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Full text of "Deutsches Wörterbuch"

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T 


DEUTSCHES 


WÖRTERBUCH 


ZEHNTER  BAND 
n. ABTEILUNG   I.TEIL 


II 


DEUTSCHES 


WÖRTERBUCH 


VON 


JACOB  GRIMM  UND  WILHELM  GRIMM 


ZEHNTER  BAND 
n.  ABTEILUNG   I.TEIL 

S  FRECHER— STEHUHR 
Bearbeitet  von  M.  Heyne,  Br.  Crome,  H.  Meyer,  H.  Seedorf 


LEIPZIG 

VERLAG  VON  S.  HIRZEL 

1919 


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LIBRARY 

722S54  . 

UNIVERSITY  OF  TORONTO 


SPRECHER 


SPRECHER 


SPRECHER,  m.  dir  da  fpricht,  im  Hnielnen  falle  oder  getrerbs- 
ninssig.  eine  ältere,  gleichbedeutende  bildurtg  in  ags.  spreca  rat- 
geber.  Bosworth-Toller  <i04'  (jettt  engl.  Speaker),  altfries.  in 
forspreka  (tereimelt  forspreker).  Richthofen  753',  alid.  sprehho 
(eono  sprehho,  legum  lator,  dazu  bisprehho,  furisprehho,  ziii- 
sprehho  bifarius).  LJraff  G,  389;  doch  übertriegt  hier  schon  die 
später  im  deutschen  alleinherrschende  ableilung  sprebhari,  -ere, 
Sprechare  locutor,  ecclesiastes,  cnncionator  (dazu  kasprehhari. 
bisprecliare.  fersprechare).  ebenda;  mhd.  sprechaere.  sprechen 
Le^er  Aaniirft.  2, 1 1 1 1 ,  mnd.  spieker  Schiller -l.fBBE!«  4,  344', 
ehevfn  mnl.  hoU.  aus  lebenden  mundarten  selten  bezeugt:  bair. 
Sprech»  ,  demin.  spn'chrf']  Sch«.  2,699;  ostfrits.  sprekcr,  spräker 
fEN  DooRKkAAT  KtiuLMAS  3,  2SS'.  rj/.  Weigasd  2, 775.  Sprecher 
ist  nicht  übermäszig  häufig  und  begegnet  meist  in  specielleren 
bedeulungen;  ausierdem  in  Zusammensetzungen  (nach  Adelgng 
käme  es  für  sich  allein  nur  in  der  bedeutung  4,  6  vor). 

1)  der  im  einseinen  falle  spricht:  Sprecher,  der,  et  sprecherinn, 
die,  mos,  et  foemina  loquens.  Stieleb  2100;  dicens  Stei^bach 
2,639;  zum  sechsten  wird  gesagt  {Marc.  14,22):  'und  spricht.' 
:iuf  diesen  Sprecher  sott  du  sehen,  liehe  seele,  und  hören 
auf  sein  wort,  und  glauben,  was  er  saget.  Möller  erkl.  der 
erang.  (1729)  30'.t';  der  Sprecher  brachte  nicht  etwa  g.inze 
reihen  neuer  töne  Tor,  ...  sondern  die  ausdrücke  kareen  im 
fluss  der  rede  einzeln  vor.  ...  aller  äugen  und  ehren  sind 
auf  den  redner  geridilet.  Fichte  8, 317;  Ingo  sah  finster  auf 
den  Sprecher.  Frettag  ahnen  1,29;  plötzlich  hielt  der  Sprecher, 
der  in  eine  sanfte  erregung  geraten  war,  wi«  erschreckt  ione. 
Keller  5,  56; 

nichts  ist  verdrieszlicher,  als  einen  Sprecher  hören, 
der  selbst  nicht  recht  weisz.  was  er  spricht I 

Glbim  5.343; 
jedem  Sprecher  fehlt  die  spräche, 
fehlt  dem  hörenden  das  olir. 

Grillparzer*  6,  l:<4  (der  träum  ein  leben  1). 

2)  der  viel,  gern,  häußg  oder  gut,  fliesiend  spricht;  mit  ad- 
jecttren.  so  besonders  ein  grosser  Sprecher,  un  grand'  oratore. 
Kraher  diel,  i,  878'; 

du  weisst.  mein  schätz,  ich  bin  kein  grosser  Sprecher. 

WiELAN»  4,  184  [Am.  8,  19). 

sprichwörtlich:  grosse  Sprecher  sind  nicht  immer  grosse  tbüter. 

Wander  4, 743, 2.    ferner: 

wen  ärgpris  nicht,  wenn  nur  gestimmt  auf  eitle  pracht, 
mit  Schulgelehrsamkeit,  die  keine  wärme  macht, 
80  ktihne  sprechen  oft  in  hohem  sinne  prange«. 

WiTHor  bW  Ki?iDiRLi!«6  427; 
jene  menschen  sind  toll,  so  sagt  ihr  tod  heftigen  Sprechern, 
die  wir  in  Frankreich  laut  hören  auf  siraszen  und  markt. 

GöTHi  I,  3t>4  (epigr.  57); 
ihr  seid  mir  ancli  der  rechte  Sprecher 
und  wohl  ein  unerfahrner  Schacher.    Tiici  1,  IOC. 

vgl.  bair.  'mensch,  der  gerne  das  grosze  wort  führt',  Schm.  2,  699. 

3)  der  berufs-  oder  getrerbsmdsiig  spricht;  so  im  spätem  mittel- 
alter  und  noch  nhd.  beseichnung  des  sptelmanns,  der  gedichte, 
eigene  oder  fremde,  vorträgt,  recitiert,  rgl.  Spruchsprecher  und 
mhd.  nb.  2,  2.  b3Z' f.  Leser  handirb.  2,  im.  Wachermagel  gesch. 
der  d.  //«.'■'  1,  149.  2,  4t.  Sch».  2,  699^.  Schmiht  bist.  wb.  der  eis. 
mundart  334*.  Kehrein  1,384  C^deklamator,  gelegenheitsdichter', 
veraltet).  Gödeke  Gengenbach  s.  557,  anm.  K.  Eülisc  Studien  über 
Heinr.  Kaufringer  (l9'>o)  s.  102 /f.  120 /f..'  ganeo  . .  .  hd.  sprechen; 
lietsprecher.  Dief.  gloss.  257' ;  histrio  . . .  sprecher  vel  herolt.  279*; 
spr'icher,  ;ils  der  ein  geschieht  oder  gedieht  spricht,  pro~ 
nuntiotor.  Maaler  381*;  unter  diesem  sprecher  wird  verstanden, 
ein  reim-sprecher,  s.  oben  reim-  oder  spruch-sprecher.  wie 
noch  bey  den  handwerken  in  Nürnberg  bey  den  hochzeiten 
und  andern  zusammenkünfTten  ein  solcher  noch  sogenanter 
spruch-sprecher  ist,  der  mit  seinen  albern  reimen  den  gasten 
aufwartet.  Frisch  2,  3(i6';  von  den  sechs  Sprechern,  di  uff 
meislersrhaft  lichten  in  lanigravin  Hermans  hofe.  Könir9, 6; 
ilem  einem  sprecher.  des  von  Rosenberg  knecht,  geheii 
1  scbnckch  gnoschen.  quelle  vom  j.  13»9  bei  Eulimc  a.a.O.  s.  120; 
en  {kaiser  Heinrich  III.)  traib  von  seinen  hoff  die  Sprecher, 
geyper.  und  alle  spilllcwt,  und  gab  sein  gut  mildiglichen  den 
armen  lewlen.  Gregor  Hagen  bei  I'ez  script.  rer.  i4'/»(r.  1,1060, 
tgl.  Wackerwagel  a.a.O.  1,149,17;  so  dasz  dawaren  fünfte- 
halp  hondert  farender  lüde,  so  spellude,  pifer,  dromper, 
spredier  unde  farender  scholer.  Limb,  chron.  93,  29  U'i/sj  (f.2t»0); 
unde  alle  spillewip  sprecher  seiiger  unde  germden  die  liess 
her  weissen  uss  seyrae  houfe.  Rotbe  dür.  chron.  265  (vgl.  Germ. 

X.  2. 


5,  244);  in  dissenn  louften  was  so  balde  in  der  sfad  ErfFiirlhe 
ein  fromder  persofant,  ein  sprecher,  der  maclitess  balde  ein 
getichte  vonn  den  berurlen  geschiebten  und  mit  namenn  das 
die  vonn  Erffurthe  Wassinburg  gewunnen  hatten  (i45i).  zeitschr. 
f.  d.  alterth.  8,470;  nun  nym  herfür  die  ersten,  die  allain  gutes 
von  dem  herren  sprerihent  das  ihund  ctwann  die  heroldt  unnd 
die  Sprecher,  dieselben  leüt,  als  die  konien  für  ainen  grossen 
herren,  so  fahend  sy  an  und  machen  aynen  sprucli  damit 
sy  den  herren  loben,  sy  sagent  von  dem  grossen  adel  seines 
Slams  u.  s.  r.  Keisersberg  pred.  (1510)32';  es  kam  ein  sprechen, 
ein  abenthüren  einmal  uf  des  ammeistens  stuben  und  woll 
da  essen.  evjngeL  (1517)  4S'  {vgl.  Frisch  2,306');  gauckler. 
Sprecher  und  Springer  . . .  sein  gern  bei  den  forsten.  ufT  den 
Stuben,  da  sie  ir  abenthür  treiben.  brOs.  i,  40'  6«  Cb.  Schmidt 
htst.  vb.  der  eis.  mundart  334';  kumpt  ein  pfififer,  ein  sprecher. 
ein  gauckler,  ein  foglen  du  fnagest  yn  nfll,  du  gib[s]t  im  das 
en  begenet.  narrenfch.  (152)  130';  also  thönt  ettwan  die  walhen 
oder  die  spnechen,  die  sagen  da  hen  sprüch  und  neimen,  die 
anden  gemacht  haben,  die  sie  nit  verstond.  155*;  unns  ist 
zumermalen  angelanngt,  wie  gemaine  unnser  landschaEfl  aller 
slennd,  durch  die  singer,  pfeiffer,  lautenschlaher,  geyger, 
Sprecher,  schalksznarrnn  und  annder  spilleüt  und  hofirer,  in 
jren  hettsern,  auch  in  den  herbergen  vilfelligklich  unnd  täg- 
lich uberlaufifenn  (werden),  landpot  in  Obern  «.  Sidern  Bairn 
(1516)  15';  und  begab  sich  uff  ein  mal.  das  ein  sprechen  ein 
göt  gesel  benachtet,  uud  kam  an  das  kloster  in  dem  winter, 
und  begcrt  herbcrg.  Pauli  schimpf  u.  ernst  s.  51  Osterley  (e.  6«); 
und  es  kam  uff  ein  zeit  ein  abenthürer  oder  ein  sprecher 
über  des  keisers  Vespasianus  tisch,  da  er  mit  dem  fürsten 
asz,  und  macht  ein  Spruch  also,  das  er  alle  die  berfiret  in 
seinen  reimen  und  spnüchen  die  da  mit  dem  keisen  Vespasiano 
zfl  tisch  Sassen,  und  einem  ieglichen  hennen  sagt  en  etwas, 
als  dan  semliche  spnecher  wol  künnen.  128  (c.  189);  es  was 
ein  statt  die  het  einem  sprecher  ein  rock  geben  von  inen 
färb.  241  (c.  396);  eins  mals  begab  sich  zuo  Straszburg  anff 
des  ammeysters  stuben,  die  weil  mann  noch  lange  tisch 
braucht,  das  ein  sprecher  kam.  und  den  bengel  mit  seinen 
Sprüchen  lang  übt.  411  (1533,  nr.  .mj9);  am  ersten,  da  eriAlexander 
Severus)  ins  regiment  trat,  schuef  er  ab  dem  kaiserlichen  hof 
all  schalknarren  und  suppenfresser,  ...  alle  freihaiter.  alle 
Sprecher.  Avemiü  cÄron.  l,  912,  18;  nachdem  unser  under- 
tanen  ain  zait  her  mit  den  vergebenen,  unnotdurfftigen  per- 
sonen,  als  Sprechern,  gemeinen  singern,  und  hofierem,  leyrern, 
unnd  andern  undüchtigen  saytenspielern  ...  beschwaert  worden 
sein.  Tyroler  landsordn.  (1603?)  7,6  6«  Scherz-Oberlin  i.>42, 
vgl.  Schöpf  692;  als  nun  Fortunafus  bey  andern  herren  zu 
tisch  sasz,  kamen  manchenley  spnecher  und  spilleüt  fün  den 
hennen  tisch  kuntzweil  zu  machen,  auff  dasz  sie  geld  ver- 
dieneten.  Fortun.  D%'; 

dar  nach  sach  man  für  gän 
zw£ne  wol  singende  man, 
iwene  guote  sprechtere. 

Laurin  1047  Miillenh.  (sing«re  1033  Holz); 

'nacht  enkain  spilman  han?' 

der  tOfel  sprach  mit  lachendem  mund  : 

'so  varend  si  all  in  minen  slund  .  .  . 

Sprecher  und  och  göugler 

sind  mir  allsamend  nit  unmcr. 

lies  leufeix  nett  11978; 
Sprecher,  scheller  und  varend  lüt 
siekend  recht  in  aiiir  hüu      i;(340: 

herolden.  sprecher,  partzifand. 
die  sirofTten  ettwami  öfTlich  schand 
und  hatten  dar  durch  ereo  vil. 

Braut  nnrimsch.  63,55; 
aiifT  ein  abent  ein  sprecher  kam 
der  im  kloster  auch  herberg  na'ro.    H.  Sachs  2,4.125'; 

da  kam  ein  sprecher.  der  wolt  sprechen 

den  gsellen  ein  spruch  allensand 

der  trug  ein  lotterholiz  in  der  hand.     4.  3,  58*; 

vil  mehr  sol  das  ein  sprecher  thon 

der  umb  sein  gsprech  nimpt  seinen  lohn 

und  wil  bey  den  leuieii  hofliren 

der  sol  sein  sprüch  fein  höl'lich  zieren 

mit  Spot  und  höhn  gar  niemanii  stechen 

sonder  er  sol  den  leuten  sprechen 

geistlich  und  auch  weltlich  hisiori 

und  was  dienet  zu  gottes  glori 

lu  lehr  dem  aller  uud  der  jiigendt 

loben  uud  preisen  gute  tugeodt 

und  all  Unzucht  und  iaster  lebenden.    69*; 

1 


SPRECHER 


SPRECHEREI  —  SPRECHKLASSE 


iw  Straspurg  nrar  ein  »preclier.  .  . . 
keiner  war  im  sunsi  gleich 
mit  spreclien  oder  «Ingen. 

22,  416  r.öiie.  vgl.  ged.  5.  384*. 

in  neuerer  leit  rereinteü  dichterisch  in  freierem  sinne: 

sinil  die  gisie  vcrsammlei:  so  ISsri  die  liarfe  sich  hören, 
situ  iler  richier,  fo  iiiit  redner  und  Sprecher  Tor  ihn. 
Griechenland  ist  lirisnmmen  :  cl»  singen  dichter. 

llEaPKii  ilt.  LS!»  Siiiihan  ('iliif  innere  Olympia'); 
wer  in  iinserm  guten  Oentschland  »precher  will  und  dichter 

sein.    Gbibrl  1,  2I&. 

retüotr.r:  wenn  ein  •»ünger  oder  Sprecher  sicli  neiszig  den 
mund  und  die  zühne  verinitieist  . . .  wassiTS  reinigt,  .  . .  und 
die  zunge  lleiszig  im  sprechen  übt.  Zelter  an  Gi<the  l,  93. 

4)  auch  son^t  steht  Sprecher  metst  in  emem  prdgnnntfren  und 
offieifUeren  sinne,  theih  lur  beieichnung  eines  dauernden  nmtes, 
theüs  in  beiug  auf  einen  einzelnen  fall. 

a)  der  für  eine  gesamlheit  das  «ort  führt  {so  jetzt  am  gewöhn- 
lichsten): die  esel  beklagten  sich  bey  dein  Zeus  ...  mein 
geschiipf,  antworlele  Zens  ihrem  Sprecher.  Lessing  1,  146 
^fah.  2, 10);  hier  erinnere  ich  mich  an  den  Sprecher  des  schwe- 
dischen banrenstandes,  als  Christina  abdankte:  'bleibt  doch 
im  karren,  gute  frau'.  J.  t.  MClier  U,  t!0»; 

kommt!   dnhey  bleibt'»!   schlagt  nlle  einl 
Piccolomini  soll  unser  .«precher  seyn. 

.Schiller  fi,  50  (U'()//(>niteiiis  lager  II); 
billig  wird  mit  einem  becher 
dieser  waclsre  mann  beschenkt: 
weil  er,  als  des  lamles  Sprecher, 
klaren  wrjn  hat  eingeschenkt. 

Ubland  ged.  I,  400  ScIimiiH-llaitmann  (inschr,  ouf 
i(em  nöhlingrr  ehrenbecher  fiir  Mb.  Schiitl)- 

(iherhnvpt,  der  eine  rerh/tndlung  führt:  auch  ich  habe  einen 
boten  zutnRatiz/u  senden  in  geschäflen  des  Frankenkönigs. ... 
du  aber  wirst  der  Sprecher  sein  um  den  loskauf.  Kreytac 
thnen  I,  319. 

b)  früher  aU  technischer  ausdruck  für  den  Präsidenten  des 
enißischen  unlerhiuses:  Sprecher,  oratenr.  ein  zeitiings-wort 
aas  dem  englischen  staats-rccht.  wenn  ein  neues  parlament 
beruffen  worden,  erscheint  der  ki.nig  mit  gewühnlicheni  ge- 
präng  in  dem  nberhause,  laszt  das  Unterhaus  berzurulTeo,  und 
gibt  ihm  hefehl,  einen  Speaker,  oder  Sprecher,  zu  wählen.  .  .  . 
das  aml  des  Sprechers  bestehet  darin.  Hasz  er  das  directoriiim 
in  der  Versammlung  führet,  den  Vortrag  thul,  erlaubnisz  zu 
reden  gibt,  die  stimmen  einnimmt,  und  im  numen  des  hauses 
das  wort  führet.  JARionsm  74l';  Sprecher  (der)  dicens,  orator 
curia«  regni  britannici.  Steikraci  2,  63t);  5.  auch  Frisch  2,306*. 
Adklokc. 

e)  ähnlich  vereinjelt  in  neuerer  zeit  für  ein  amt  in  vereinen. 
beim  Schützenfest:  denn  plötzlich  stellte  sirli  die  Wahrheit 
heraus,  dasz  zu  einer  fabne  ein  Sprecher  gehöre,  wenn  man 
mit  derselben  aufziehen  wolle.  Killer  6,307.  ebenso  vom  Vor- 
sitzenden der  frankfurter  'turngemeinde' ,  und  wol  auch  in  andern 
lumrereinen. 

d)  der  ror  gerickl  für  einen  spricht,  veraltet,  s.  Brünner 
d.  reckttgesch.  IfWJ;  freier:  wie  kann  man  also  wohl  sichrer 
hierbey  gehen,  als  dasz  man  Jeden  von  diesen  (heilen  höret  . .? 
zum  guten  glücke  finde  ich,  so  wohl  hier  als  da,  zwey  Sprecher, 
an  deren  geschicklicbkeit  es  waiirhaftig  nicht  liegt,  wenn  sie 
nicht  beyde  recht  haben.  Lessing  4,  lll.     fürtpreeher: 

sie  hat  die  kindlein  dort  als  ihre  Sprecher. 

Tue»  l,l«-2. 

e)  in  der  iUem  spräche  auch  für  den  riehter  oder  schiedz- 
monn,  vgl.  sprechen  tt,o,  atbüer :  dariimb  haben  wir  beyder- 
«eit  erkoren  ...  zu  einen  schiedmann  und  Sprecher.  . .  .  und 
ick  gib  dem  obgen.  schiedmann  des  zusprechen  und  zu 
«ckeiden  «ollen  gewalt.  t/rlr.  ton  I3.s»  bei  Haltaus  n09; 

ibunt  alles  Tcrspolten.  und  verlachen, 
•eiad  aadier  und  »precher  in  eignen  sachen. 

FlscMtar  ilidii.  2  377  hui  t  (•!.  i/rl.  il.  verk.  1782). 

f)  fkr  ein  omt  <in  altgerman.  fiirüenhöfen:  iler  Sprecher  trat 
krran«  und  lud  ihn  mit  feierlichem  griisz  vor  den  lierreiisitz. 
FaHTTAC  ahnen  I,  18;  der  fürst  stand  «nr  dem  hetrenhaiise 
und  empflng  dort  die  edlen  und  die  freien  haiieni,  welche  ... 
•«  feAffnelcn  Ibor  foo  Hildebrand,  dem  tprerlier,  begrüszt 
»itrileii.  U. 

%)  ßr  i*%  ttMr:  lUar,  starl  oder  «precher,  ist  ein  be- 
hannler  *agrl,  welcher  zur  ahendszeit,  nachdem  er  seinen 
gr<ang  vollbracht,  tcbwarmweitz  in  das  gemhre  fallet.  ÜRerK 
wMrti.  )4ttT  tU^. 


6)  sonst  in  freier  Übertragung:  triff  nicht  allein  contorn  und 
färbe;  sey  auch  vorzüglich  genau  bey  äugen  und  mund:  denn 
sie  sind  die  lautesten  Sprecher  der  seele.  Kretscbxamn  5,369; 
man  inusz  die  dinge  im  ganzen  und  groszen  anschauen  und 
anzuschauen  geben,  und  die  phantnsie  musz  der  Sprecher 
sein.  Li'OwiG  5, 464. 

SPHEtJHEHEI,  f  dicendi  ars  Steinhach  2.640  {als  erschlossenes 
stammteort),  'das  sprechen,  wie  auch  etwas  gesprochenes,  in  an- 
sehung  der  art  und  weise  und  in  verächtlirhem  sinne'.  Campe: 
er  . . .  suchte  den  sak  seiner  rede  kunst  hervor.  ...  ich  war 
diser  sprecherey  (der  complimente  des  schnfers)  fast  überdrüssig. 
J.  SCHwiGER   Cynthia  (IWiO)  B  3*. 

SPHECHERilEWICHT,  n.  die  dem  redner  eigne  gewichtigkeit, 
würde,  vgl.  Campe: 

doch  siehe!    da  stehet  ein  winziger  wicht, 
ein  Zwerglein  so  zierlich  mit  nmpelen-licht, 
mit  redner-gebärden  und  sprechcrgewichi. 

GöTHE  I,  tn«. 

SPRECHERIN,  f.  quae  dicit.  Steinbach  2,  64o,  vgl.  Stieieb 
unter  Sprecher  i.  so  zunächst:  eben  wollte  ein  giftiges  worl 
den  lippen  der  Sprecherin  entgleiten.  Heiib  4,  4«*0  Elfter;  und 
nun  begann  die  Sprecherin  in  ihrer  angenommenen  rolle  die 
neue  läge  mit  den  heilsten  färben  auszumalen.  Möriek  erz.  331; 

bleibt,  ihr  geheimniszvolleii  Sprecherinnen, 
und  sagt  nur  mulii  !     Schiller  13,  {^  (Mach,  t,  5). 

freiwerberin :  der  arme  schelm  hat  nicht  herz  zu  einer  liebcs- 
erklärung  gehabt,  und  sie  zu  seiner  sprecherinn  auserkohren. 
Hamburg,  theoter  l  (1778),  4,  61.  freier:  die  neuere  tragüdie, 
wenn  sie  gleich  ihren  bogen  nicht  so  scharf  spannen  und 
ihre  käule  so  rasch  schwingen  kann,  als  die  alte,  hat  dennoch 
mit  ihr  einerlei  endzweck.  sie  spricht  zum  innersten  gc- 
fühl  .  . .  des  menschen.  . . .  beide  sind  Sprecherinnen  vor  dem 
erhabensten  richterstuhl  unsres  geschlechts,  vor  der  humanitat 
selbst.  Herder  t7,  184  Suphan  (human,  br.  37);  naiur!  du  bist 
die  sprecherinn  gottes.  den.  bei  Lavater  handhibl.  1790,  4,  73 
und  Campe. 

SPRECHERSCHAFT,  f.:  es  ist  das  auflodernde  feuer  einer 
jungen  spülte,  die  sich  die  sprecherschaft  und  dann  noch 
etwas  anderes  erringen  will.  Jahn  2,  7Sl  Euler. 

SPRECHFENSTER,  n.  l)  mnd.  sprekevenster  für  sprach- 
fenster  (in  <r/östern),  s.  dieses,  sp.  2749,  Schilleh-LCbbbn  4,344*. 

2)  modus  quis  pugnandi  ghdio:  das  spreihfenster  dasz  ist 
auch  ein  hut,  dar  in  du  wol  sicher  sten  magst,  und  die  hut 
dasz  ist  der  lang  ort,  der  edelst  u.  die  pest  were  am  swert. 
quellt  bei  ScnERZ-OBERLiN  1543;  ein  ander  stand  lieist  auch 
dasz  sprechvenster,  wen  du  mit  dem  zu  vechten  schier  zu 
ym  komben  bist,  so  setz  din  lincken  fusz  vor,  und  hall  ym 
den  ort  lanck  ausz  den  armen  gegen  dem  gesiebt  oder  der 
prust,  ee  wan  du  ym  an  dasz  swert  pindest  «.  s.  w.  ebenda. 

SPRECHFREIHEIT,  f.:  zweitens  freu'  ich  mich,  dasz  ich 
hier  gelegenheit  habe,  die  deutsche  nazion  auf  die  zensur- 
und  sprechfreiheit  aufmerksam  zu  machen,  die  sie  allgemein 
genieszet,  wenn  sie  im  bette  ist  und  im  schlafe  spricht. 
J.  Paul  palingen.  2,  24. 

SPRECHFÜSZ,  m..-  ich  stehe  mit  ihm  auf  dem  sprecbfusz, 
d.  h.  wir  sprechen  mit  einander,  wenn  wir  uns  treffen;  dazu: 
auf  meiner  snnntagsreise  nach  Leipzig  war  ich  mit  ihm 
(Joseephy)  . . .  ins  gespräch  geralhen,  dadurch  waren  wir  auf 
den  sogenannten  grüsz-  und  begegnungs-sprech-fusz  ge- 
kommen, und  sehr  bald  hatte  sich  daraus  ein  verlrauler  Um- 
gang entwickelt.  Hoi.tei  40;(i/ire  4  (l*«44),  229. 

SPRECHfiELD,  n.  expensae  in  senUnttam  scabinorum:  dass 
hinfüro  alle  solche  gemeine  handel  er.<tlich  vor  den  grad- 
geriihten  durch  die  verordneten  beysitzere  sollen  versprochen 
unnd  geörtterl  werden  aldo  soll  jeder  tbeil  von  einer  jedenn 
clageii  oder  sacbenn  nicht  mehr  denn  4  gl.  zum  sprech-gelde 
SU  erlegenn  schuldigk  «ein,  welches  geldt  halb,  als  4  gl.  denn 
Schoppen  unnd  die  andern  4  gl.  dem  schöppen-  ader  gerichts- 
schreiber  gebühren  unndt  ziistendigk  sein  sollen.  fürstL  sächs. 
grad-gericlils  ordn.  zu  Weisenfels  von  1520  ft«t  Haltaos  1709 
[wechselt  uetterhin   mH  urthel-geld). 

SPRECHKLASSE,  f.:  auszerdem  habe  ich  die  alte  tust 
wieder  bekommen  eine  sprerbrlasse  zu  etabliren,  wozu  ich 
mir  fürs  erste  ein  paar  junge  lalenle  pbilologisciier  und  llien- 
logischer  cunfessionen  heranrufen  werde,  Ziiter  un  lioethe 
5,45.")  (10,  moi  tssn).  freier:  sind  diese  {die  schtiflstelUr)  be- 
kehrt, so  wird  die  kleine  s-stürinerei  auch  bald  die  lesenden 
•prechklassen  ergreifen.  J.  Paul  dopiirtw.  49. 


5  SPRECHLICH  — SPRECHSTÜCK 

SPRECHLICH,  adj.,  als' simplex  nur  in  der  altem  spräche 
rereimelt,  vgl.  Lexee  handvb.  2,1112  und  SritLKB  2101  {simplex 
in  usu  vix  est,  sed  compos.). 

1)  adivisch,  teer  sprechen  kann. 

a)  beredt,  gesprächig:  /uijuajf .. .  sprechlich,  sprekelick.  Dibf. 

gloss.  33c'.     sprecheliche  traft,  beredsamkeit: 

von  diire  iuncvrowen, 

ilie  uns  uberhoweu 

hat  mit  spreclielicher  krafl.    pass.  6TS,  21  Knpke. 

datu:  desertUudo  sprechlichkait.  DiEF.nor.jJosi.13S';  ich 
sag  das  er  (Christus)  die  lugeiit  der  redgeb  und  sprechlicheit 
Tolkouimenlich  . .  .  erzöget  bat.  kEisEasBEBc  passion  22'  bei 
Cb.  SchüiDT  bist.  u'b.  der  eis.  mundait  334'.  vgl.  auch:  facundia 
sprecbkeit  Dief.  gluss.  222'.  —  hierher  wol  auch:  affalim 
(i.  abunde,  facunde)  hd.  sprecLlich,  sprecbeliclien,  sprelich, 
nd.  sprefcelick,  emsiglicb,  gered.   15';  sprechleich  nov.  gL  lO'. 

b)  aduUus  . . .  sprecbiicb  tel  mjndich.  Ditr.  gloss.  15*. 

2)  passivisch,  was  ausgesprochen  werden  kann:  effabilis  sprecb- 
Jich.  ...  sprekelicb.  Dikf.  gloss.  t'ib',  j.  aur/i  Dikf.-WCickeb  S69. 

SPRECHLUST,  f.,  vgl.  spraihlusi,  sp.  2771:  Sprech-  und 
börlusl  hielt  uns  naunter.  —  bis  dermond  ging  unter.  HCcsert 
(ibs2)  11,240  (3.  Hiafr.);  man  räumte  durch  bestimmte  fragen 
die  sprechiust  der  alten.  W.  Alexis  Isegrimm  99. 

SPRECH.MAMEW,  f.:  bei  tisch  vollends  wunderte  er  sich 
insgeheim  über  den  unbefangenen  guten  ton,  die  abweseubeit 
aller  schlechten  sprccbmanier  verbockter  kreise  mit  ihren 
trivialwitzen  und  Zweideutigkeiten.  Kelieb  8,350. 

SPRECHMAN.NSCHAFT,  /".;  wenn  ein  anderer  dichter  etwa 
einen  einzelnen  deklamator  als  seinen  proklainalor  anwitbt, 
so  stellt  der  theaterdichter  . . .  mehr  als  ein  dutzend  oder 
eine  ganze  sprechmannschaft  von  deklamatoren  auf  einmal 
bin,  die  noch  dazu  nicht  blos  Sprecher,  sondern  auch  thäter 
des  Wortes  sind.  J.  Paul  kl.  büclierschau  2,  59. 

SPRECHMIMSTER,  m.;  minister  ohne  portefeuille,  so- 
f!enannte  sprecbminister,  werden  die  gesetzenlwürfe  vor  den 
kammern  verteidigen.  Flatbe  in  der  allgein.  weltgesch.  (Grote) 
12, 1C3. 

SPRECHORGAN,  n.,  vgL  spracborgao,  sp.  2774:  die  ersten 
werte  vernimmt  der  Säugling  an  der  mutterbrust  von  der 
weichen  und  sanften  mutterstimme  ihm  entgegen  gesprochen, 
und  sie  schmiegen  sich  fest  in  sein  reines  gedächtnis.  be\or 
er  noch  der  eignen  Sprechorgane  mächtig  geworden  ist. 
i.  Gbiüm  kl.  sehr.  1,278;  sie  (die  Schauspielerin)  besasz  ...  die 
wohlklingende  fülle  eines  umfassenden,  kräftigen  und  dennoch 
zum  herzen  dringenden  sprecborgans.    Holtei  to  jalire  5,194. 

SPRECHSAAL,  nt.  saal,  der  für  gesellige  Unterhaltung  oder 
für  besprecliungen  bestimmt  ist,  vgl.  sprachsaal,  sp.  27:S;  in 
klösleru,  parlatorium,  s.  Oite  kunst-archäol.^  \,\\a;  übeitragen: 
der  kleinstaatlicbe  liberalismus  . .  .  und  der  rationalismus  . . . 
fanden  da  (in  Paulus'  tritschr.  Sop/ironiton)  selbander  ihren 
sprecbsaal.  Tbeitscbke  d.  gesch.  2,  97. 

SPKECHSAM,  adj.:  fabundus  sprekesam  Dief.  nov.  gloss.  164* 
(lat.-nd.  wb.  ton  1417). 

SPRECHSANG,  in.  recitalivitcher  gesang,  als  neubtldung  bei 
Campe,  nicht  üblich  geworden. 

SPRECHSILBE,  /..•  in  Nürnberg,  wo  der  meistersänger, 
der  auf  dem  singsiuhle  sein  singen  mit  reden  unterbrach, 
nach  der  zahl  der  sprech-sylben  abgestraft  wurde.  J.  Pacl 
vorsch.  der  ästh.  i,  203. 

SPRECHSITTE,  ^;  am  geburtslage  des  groszen  goldlisches 
(su  heisze  nach  orientalischer  sprecbsitte  der  kaiser  von 
kleincbina).  Ihmerman.n   .V«nr/i/i.  2,  29  (3, 5). 

SPRECHSPRACHE,  f.,  tgl.  spräche  8,  d,  «p.  2739:  unser 
deutsch  ist  aus  einer  lebendigen  spreclisprache  eine  balbtodte 
büchersprache  geworden.  HanEuRAitb  aufsätu  9ö. 

SPRECHSTIU.ME,  f.:  bei  den  aliendmusiken  sang  sie  einen 
volltönenden  alt,  der  uuch  als  sprccbstimme  alle  fibern  eines 
musikalischen  herzens  in  freudige  Stimmung  setzte.  G.  Pabtbev 
jugenderiiinerungen  (1S7I)  2,40%. 

SPRECHSTHOM,  «!..•  wird  bei  einem  telegrafensysteme  der 
electriscLe  ström  in  der  art  verwendet,  dass  er  in  bestimmten 
iiiter\allen  in  die  Imie  gebracht  wird,  uui  hier  die  einzelnen 
Signale  zu  erzeugen,  heisst  diese  anordnung  eine  Schaltung 
auf  arbeits-  oder  sprechstrom  (rourant  en  travail  —  tcnrking- 
courrent).  Kaiiiiabscb-IIeeren^  3,  197. 

SPRECHSTÜCK,  n.;  die  spräche  ist  ein  hauptmittel  für 
Shakespeare,  seine  stücke  im  tone  zu  uniersclieiden.  ... 
Hamlet    ist   mehr  sprechend  als  handelnd,   seine  witze,   die 


SPRECHSTUNDE  —  SPRECHWEIT  6 

beredte  durs'.ellung  seiner  Situation,  sind  sein  bandeln,  so 
ist  da«  ganze  ein  sprechstück  geworden.  Lldwig  6, 133. 

SPRECHSTUNDE,  f.  l)  stunde,  wo  einer  xu  sprechen  ist, 
besonders  bei  är:ten,  anwälten  u.  s.  w.  für  geschäftliche  coiuiU- 
tationen      erst  im  19.  jahrh.  aufgekommen.  Weigand*  2,  775. 

2)  Unterrichtsstunde  in  conversation :  ich  nehme  indesz  eine 
Sprechstunde  bei  deiner  frau.  Stübh  2,  3l6 

SPRECHSUCHT,  f.  sucht  xu  sprechen.  Campe. 

SPRECHSUCHTIG,  adj.:  ich  hüpfte  mehr  als  ich  ging 
meinem  sprechsüchtigen  begleiter  zu.  TatMiiEL  reise  7,  32ä; 
auch  nahm  er  den  fürsten  nur  für  die  uiaske  seiner  sprech- 
süchligen  Schwester.  J.  Pall  bei  Campe. 

SPRECHTAKT,  m.  gruppt  von  silben,  die  unter  einem  accent 
stehen,  eine  rhythmische  einheit  bilden,  s.  i.  b.  Sievebs  in  Paols 
grundr.*  1,  2S7.  307. 

SPRECHTEMPO,  n.  tempo,  zeitmasz,  geschwindigkeitsgrad 
der  rede. 

SPRECHTON,  m.,  vgl.  sprachton,  sp.  2783:  Shakespeares 
tragische  poesie  ist  eine  weit  der  stärksten  kontraste  in 
situatianen,  Charakteren,  gefühlen,  sprechtOnen    Lldwig  5,  121. 

SPRECHÜBUNG,  f.  übuug  im  sfirechen,  besonders  in  einer 
fremden  spräche. 

SPRECHUNG,  f.,  sehr  seltne  bildung:  ahd.  in  nähsprechunga 
inlatio  Graff6,  3^6,  mhd.  sprechunge  narratio,  in  M.  v.  Beheims 
evangelienb.  von  1343.  Leser  handwb.  2, 1113;  nhd.  sprecbung,  f. 
dicimento,  peroramento  etc.  Kbameb  dict.  2,  S79';  sprechung,  die, 
et  das  sprechen,  loquela.  Stielee2I0I;  dictio,  sententia  Steik- 
BACH  2,  Ü40  {als  erschlossenes  Stammwort);  die  sprechung  des 
Segens,  besonders  in  Zusammensetzungen  wie  be-,  freisprechung; 
auch  für  sprecberei.  Campe,  wenig  üblich,  in  der  litteratur  be- 
sonders bei  Klopstock  belegt: 

die  gewisseiibafte  Jeklamazion. 
rürcbte  die  (reue  sprecbung,  die  ganz,  was  du,  dichter,  ihr 

gäbest, 
bildet  dem  obre,  wie  du,  steiget,  und  sinket,  wie  du. 
bore  sie,  lerne  von  ihr,  warum  kein  itousseau  lloraz  ist, 
und,  was  Friedricli  auch  sagt,  keiu  Yoliäre  Virgil. 
reichen  dir  diese  Tremdeu  nicht  zu;  nun  so  Trage  der  treuen 
sprechung  kenner.    es  giebt  deutscher  exempolcbeo  auch. 

Klopstock  7,  340  lepigr.  39); 
tiuguug  des  liedes  du  übertriffst  auch  die  schönere  sprecbung. 

35.'  f59): 

oder  wo  sonst  unsere  spräche  zu  eigenlhümlicber  sprecbung 
ausartete.  Voss  bei  Campe. 

SPRECHVERS,  m.  gesprochener,  recitativisch  vorgetragener  vers, 
im  gegensatze  tum  gesangters,  s.  Sievebs  allgerm.  metrik  s.  22 
und  reg. 

SPRECH  VERSUCH,  m.:  von  zeit  zu  zeit  brach  sie  über 
irgend  einen  sinnlosen  kinderspasz  oder  einen  komischen 
sprech\ersuch  ihres  pfleglings  in  ein  wildes  jubeliacben  aus. 
Ricarüa   Hucb  vita  snmn.  breve  1,271. 

SPRECH  VOGEL,  m.  vogel.  der  sprechen  kann,  wie  staare, 
elstern,  papageien,  vgl.  sprechen  11.  1,  c.  Köcel  gesch.  der  d.  litt. 
1.  2,  359.  SS3. 

SPRECHWALZE,  f.  i.  Padl  fiegetj.  4, 31,  s.  unter  spielwelle, 
sp.  2425. 

SPRECHWEICHE.  /..-  dieselbe  sprech-weiche  bei  denk-härte. 
J.  Pall  Levana  2, 114. 

SPRECHWEISE,  f.  weise  zu  sprechen,  vgl.  sprachweise  und 
sprecbart,  sp.  2789.  2797:  er  gedachte  nun  den  dialekt  zu 
studieren  und  ihn  beim  unterrichte  als  grundlage  der  denk- 
und  Sprechweise  zu  benützen.  Auebkacb  dorfgesch.  2, 113;  un- 
vermeidlich ist  die  Sprechweise  im  'Ingo',,  dem  am  weitesten 
abliegenden  Stoffe,  am  fremdartigsten.  Freitag  l.247(erinn.363); 
in  ihrer  matten  Sprechweise  überscbülteie  sie  mich  mit  Zärt- 
lichkeiten. Stdrm  1,153;  da  war  er  wie  er  sich  ausdrückte, 
Saul  auf  dem  wege  nach  Damaskus,  denn  an  biblischer 
Sprechweise  und  Spruchanwendung  fand  er  groszes  behagen. 
ANZENGnL'BEB'3,  369;  Christian  seinerseits  pflegte  seinen  neuen 
verwandten  mit  gekrauster  nase  zu  beuiiachlen  und  am 
nächsten  tage  sein  benehmen  und  seine  Sprechweise  ein- 
gehend nachznahuien.  Tb.  M\t<J(  Buddenbrooks  2,74.  auch  von 
einzelnen,  festgepragtcn ,  idiomatischen  redewendungen  [so  be- 
sonders früher):  der  reichste  und  belleste  komische  spracb- 
born  ...  ist  unser  schätz  von  gemein-allgemeinen  sprccbweisen. 
J.  Paul  vorsch.  der  ästh.  l,  220. 

SPRECH  WEIT,  adj.  adv.  so  weil  entfernt,  dusz  man  mit 
einander  sprechen  kann  (ungewöhnlich): 

nun  sin<1  wir  sprechweil  nah,  und  dann,  und  <lonn. 
wie  sonderbar  verkürzt  sich  unsre  eile.    Lilikmcio"!  8, 78. 

1* 


SPRECHWEITE  —  SPRECH  ELMEURER 


SPRECKELN  —  SPREEKOSAKE 


8 


SPHECHWEITE,  f.:  Jukundiis  »einerseits  verliiell  sich  kühl 
in  dieser  sui  he  und  liebte,  so  wenig  als  möglich  in  der 
Sprech  weile  de*  geisi  liehen  lu  weilen.  Keilei  5,  292;  die 
fremden   v\aren  auf  »prechweite  heran  gekommen. 

SPKECHWERK,  «.  kennt  Campe  für  mundwerk:  'gutes  sprech- 
werk haben,  gtlaufig,  schnell  sprechen  können.' 

SPHECHWERhZElIG.  n.,  vgl.  Spruchwerkzeug  (sp.  2790)  und 
«prechurgau:  die  spräche  ...  ist  ein  unvermerktes,  unbe- 
wusztes  geheimnisz,  welches  sich  in  der  Jugend  einpflanzt 
und  unsere  sprecliwerUzeuge  für  die  eigenthiimlichen  vater- 
ländischen tüüe,  liiegungen,  Wendungen,  härten  oder  weichen 
bestimmt.  J.  (iRimm  gramm.  l*.  5.  i\. 

SI'HECHZEUG,  n.,  für  sprechwerk(zeug):  o  lieber  Vult,  so 
sei  nur  diesz  mahl  desto  gezähmter  und  stiller  und  bandige 
dein  sprechzeug  und  gesiebt  blusz  bis  morgen  nachts.  J.  Faul 
hei  Ca  HPK. 

SPRECHZIMMER,  «.  zimmer,  wo  einer  lu  sprechen  ist,  be- 
sonders geschäftl'fli;  }elst  üblicher  ah  sprachzimmer  {vgl.  das., 
sp.  2791);  Sprechzimmer  eines  arztes  u.  ähnl.  —  in  klöstern: 
als  er  aber  das  kloster  der  Dominikanerinnen  betrat  und  im 
Sprechzimmer  stand,  um  seine  frau  tante,  di<'  äbtissin,  nach 
dem  jungen  weihe  zu  tragen.  Kkllkr  7,258;  nachdem  er  ge- 
gessen hatte,  sprach  er  ein  dankgebet  ...  und  liesz  sich 
dann  . .  in  das  Sprechzimmer  des  klosters  führen.  L.  Hbsbkiel 
Nürnbeiger  fand  2,  39. 

SPHECKE,  f.  niacula.  vgl.  das  folgende,  wo  auch  das  wort- 
geschichtliche narhiusehen  ist:  ist  es  sach,  das  eyn  mor  sin 
hAt  verwandten  mag,  oder  ein  pantherthier  sine  sprecken  der 
büt?  Judas  Sasarei  M;  dann  sie  sonderliche  thier  darzu  aus- 
erlesen, welchen  sie  die  haut  abstreifen  und  unterscheiden 
sie  darnach  mit  allerlei  sprecken.  Micylius  Tacitus  Ua';  ein 
gespreckelter  dracli,  dessen  schweif  voller  sprackeu  allein 
drey  eilen  lang  war.  quelle  bet  Sciim.*  2, 7uu. 

SPRECKEL,  m.  n.?  macula;  gebräuchlicher  als  das  vorige. 
vielleicht  eine  alle  nasallose  nebenform  lu  Sprenkel  (s.d.).  dazu 
sUllt  sich  Island,  sprekia,  schwed.  sprilkla.  vgl.  Kluge  etym.  wb.'^ 
auch  verhält  sich  ags.  specca,  neuengl.  speck,  speckle  zu  utiferer 
form  wte  ags.  spaeca»,  neuengl.  to  speak  su  ahd.  sprehhan, 
nhd.  sprechen  (vgl.  oben),  spreckcbel,  lenligo  Ditr.  324*;  noch 
in  heutiger  tnundart  spregkeln,  sommersprussen.  cimbr.  wb.  235*; 
spregg'l  Lexkr  kämt.  wb.  ül  (vgl.  unten):  der  eibaii,  der  in 
lodia  Wechsel,  der  ist  sprinkelubt  oder  spreckelloht  mit 
weisen  und  mit  swarzen  spreckeln  oder  sprinkeln.  Meckn- 
■im«;  321,12;  zunicb  baijt  lazürstain  ...  der  ist  himelvar, 
wan  er  ist  p\i  mit  goltvarben  sprekeln.  46(>,  1;  liiser  weltlich 
lew  oder  weltlich  mensch  würt  erkant  in  etlichen  sprecklen 
und  masen  die  er  an  sich  hat  Keisersuerg  brOsaml.  \,  5i' 
bei  SciiNibT  d>.  wb.  334';  suuderlicli  hat  auch  die  mägdmilch 
grosse  kraft,  die  eitrigen  und  lliessenden  schaden,  auch  die 
Sprue  kein  genant,  zu  \ertreihen.  ÜRtANUER  practicirbuch 
(I&37I  42;  der  {der  arm  des  gvistesi  war  mit  langen  spitzen  am 
ellenbiigen  und  durchauss  . .  .  mit  ploe  und  biiietfarb  und 
gelen  spreckln  aisu  «ermischt,  das  ich  vim  dem  edelman  selhs 
gebort,  das  er  all  sein  lag  eilender  und  greuslicher  anblirk  nie 
gesehen  bab.  Zimm.  chron.*  3, 7,  2>;  wer  merl  oder  spregcheln 
uoder  den  äugen  hat.  quelle  bei  Scbh.^  2, 700;  auch  in  dir 
nebenform  sprickel:  das  untertbeil  ist  rötlicht  oder  auch 
weisziicbt  und  gehen  die  »prickeln  oder  flecken  Qberzwerg. 
faleonaria  { I<>I7)  33;  vgl.  dazu  die  bemeikung  unter  sprickel,  m.  3. 
Spregg'l  in  karntischtr  mundart  name  eines  gefleckten,  gesprenkelten 
tckafes.  Ltxci  237. 

SPRECKKLEIDECilSE,  f.  gesprenkeUe,  gefleckte  eidechst. 
f.  unten  sprickeieiderbse,  f. 

SPRECkEI.EI.CGEL,  m.  beteuhnung  einer  tagfalterarl,  papiUo 
amtihra.  KüChitz  encycl.  l(il,6»u. 

SPRfcCkELHEIT,  f.:  spreklbajl,  lentige.  vor.  von  1419  bei 
Sota.*  2, 7uu.   l)iKr.  924' 

SPHECkELLERCHE,  /.  betrichnung  einer  besonderen  art  der 
•Celenbf.  "lauda  mirina  {vgl.  theil  \(>,  l,ii),  eines  merrfisches, 
mit  ruckiirht  auf  ihre  gefleckte  haut:  spreckellercb,  exocortus 
eritlatui.  (fkiRER-EoHKR  fiichbuih  ('.  Campe  schreibt  dafür 
•  |*rc|ellrrc  be.     *gL  unten  sprrgi-ln,  »erb. 

SPRECKELMEl  RER,  m.  eine  tee/ischart  mit  flecken  auf  den 
teksipfen:  nn  »preg elmeurcr,  tcarui  raiius.  Ijkknkr-Furir 
flscUueh  '';  spregelmeurrr,  labrus  uaruu  Campe,  {rgl.  dazu 
unlen  »prrgeln,  terb.)  su  tprerkel  ittbiläet  wu  das  vorhergehende. 
(JK»t«-KuRt«  flukbuch  hat  uu  regutet  tiuh  dementspiechend 
spreckelutewer. 


SPRECKELN,  verb.  ==  sprenkeln  (s.  d.).  über  die  herkunft 
vgl.  oben  spreckel.  hauptsächlich  tn  süd,teutscheu  munJarlen 
noch  lebendig:  spreckeln,  punktieren,  gefleckt  machen.  Scbmio 
Schwab,  wb.  504;  spregk'ln  ScHüpr  692;  spregkeln.  sfirenkeln 
ScHM.'-'  2,  700.  vgl.  Seiler  Basier  mundart  275'.  cimbr.  wb.  23o'. 
in  älterer  spräche  spreckeln,  sprikeln,  sprenkeln,  scretiare, 
scritiare,  variare.  Kramer  dict.  2  (1702),  ssb*.  pari,  gespreckelt. 
scretiato,  scritiato,  variato,  sparso.  macchiatu,  distinto  di  vaiii 
iolori.  ebenda;  gespreckelt,  gespreckelet  Scbh.*  2,  7ou;  ge- 
spreck'll  SiBöiF  (iiri;  g'spregkelt  cimbr.  «»6.235';  g'spiiggled, 
scheckig,  gefleckt,  bunt.  Seili  r  basler  mundart  275'.  daneben 
kommt  seilen  vor  sprecken  {entifrechend  sprenken,  verb.,  s.  unten). 
ScHüi'K  Olli.    part.  g'spreckl  ebenda. 

1)  sprenkeln,  fleckig,  bunt  machen:  aber  diese  entferbung 
{der  haare)  krümmet  sich  mit  gesprecklet  werden  nit  anders 
dann  ein  nater.  VVinsu>ü  arzneibuch  4u;  gespreckelte  federn, 
penne  scretiate.  varie.  Krameii  dict.  2  (1702),  sSs";  e' g'spregklle 
larve,  ein  gesicht  volter  Sommersprossen.  Scbm.*  2,  700.  ebenso 
g'spreck'ltes  gesiebt.  ScnöPK  «92.    vgl.  auch  sprecke  sp.  3. 

2)  sprühen,  funken  spritzen,  vom  (euer:  wenn  die  Hamm  im 
angezündeten  liecbt  still  brennet  ohn  alles  spiassen  und 
sprecklen,  so  ist  die  lutt  geneigt  zu  trockuem  weiter.  Coler 
calend.  12s,  vgl.  dazu  die  ganz  parallele  Wendung:  so  das 
feiler  bleich  wird  und  sprasset  und  spritzet.  132  und  unlen 
spritzen,  veib. 

3)  in  einer  betjrtjfsweiterentwicklung  auch  abändern,  verändern, 
tgl.  oben  die  von  Kiiaheh  gegebene  erkldrung  spreckeln,  rartar;. 
hierher  leol:  ich  bekenn,  das  alle  professiones  ein  angeborne 
art  von  artzney  an  jhn  haben,  doch  in  keiner  andren  gestalt, 
sundern  wie  sie  den  alten  wcibern  anhangen;  einer  durch- 
lisst,  der  ander  höret,  und  wie  das  bandtwerck  ist,  damit 
sie  nmbgebend,  also  nmsz  es  gesprecklet  werden.  I'akacelsis 
chir.  Schriften  (itils)  265'. 

SPRECKENRAUPE,  f.  bezeichnung  mehrerer  raupenaiten,  deren 
feil  mit  kleinen  andersfarbigen  punkten  gezeichnet  ist.  Nem.mch. 
gebildet  zu  sprecke,  f.  {s.  oben)  statt  zu  dem  hiiuflger  verwandten 
spreikel.    vgl.  oben   spreckelllügel,  S|ireckellerche  u.  s.  w. 

SPRECKLKi,  adj.  mit  spreckeln  {s.o.)  versehen,  ahd.  sprebhi- 
lohl ,  maculosus  CiHArro,  3^*1.  mhd.  spreckelelit,  spreckeloht. 
uhd.  sprecklicbt,  spreckelicht,  scretiato,  sciitiato,  variato,  sparso, 
macchiato,  distinto  di  varii  colori.  Krämer  dict.  2  (I7U2I.  SSb'; 
spreklicht  {als  in  der  alemann.  mundart  noch  gangbar  verzeichnet], 
varius,  guttatus,  versicolor.  Kriscb  2,  307'.  in  heutiger  mundart 
spreckelicht  Vilhar  394  {für  Hessen  ah  'allgemein  üblich'  auf- 
geführt, ebenda);  spreckelig  Autenhiltu  135.  häufiger  daneben 
die  form  sprickelicht  Vilmar  394.  Ukrtel  232.  Klkemasn  21*. 
JECHr  1U6';  s|)rickelig  Autenrietb  135,  zu  dem  schon  mhd.  ein 
sprickelicht  zu  belegen  ist.  spri^gelig  StiiLEn  Hasler  mundart  275' 
führt  hinüber  zu  einem  schon  früh  verzeichnetin  sprigelobt: 
(fon  Labans  schafen:)  diu  aber  sprigelobt  werden,  da^  ist 
grün  und  gel,  unde  maiieger  lai  varwe  diu  »i'^en  min.  Ijriks- 
HAUER  predigten  1,10;  unde  swa<  schäle  waren  wi;  niide  swarz 
diu  waren  lierren  Labans;  sweliii  aber  waren  sprigelot  unde 
grün  unde  gel,  diu  waren  herren  Jacobs.  2,61.  austerhalb 
des  weslgermanischen  vgl.  noch  allnord.  sprcklüttr.  der  eiban 
der  in  India  wechset,  der  ist  spnnkeloht  oder  spreckelloht 
mit  weisen  und  mit  swarzen  spreckeln  oder  sprinkeln.  .Meüe.n- 
BBRG  321,11;  grawe,  schwartze,  weisse  und  spreckelechte 
müiicb.  Zell  bei  Schmiut  eis.  wb.  yn\    vgl.  noch: 

die  liant  die  miiu:  er  mir  liie  lAn, 

dA  der  spreckeleliiu  vogel  oben  nie  stäi. 

NmuiitiT  210  Haupt, 

wo  der  sprinze  {s.  unten  sprinz ,  m.  u.  s.  w.)  oder  jagdfalke 
gemeint  ut.  scherzhaft  wurde  ein  am  landgnifUchen  hofe  zu 
Itotenburg  befindlicher  herr  von  Hahn  wegen  seines  mit  grau  unter- 
mischten  haares  sur  Unterscheidung  der  spricküchte  bahn  ge- 
nannt.  Vilmar  391. 

SPREÜENKNOTE.N,  m.:  ich  uuichle  wissen  wie  die  endten 
die  spredenknolen  duich  die  enge  kehle  fiebracbt  hatten. 
colica  229. 

SPREEKAHN,  m.  bezeichnung  eines  kahnet,  der  besonders  auf 
der  Spree  gebräuchlich  ist:  kann  es  etwas  anziehenderes  geben, 
als  su  ein  blick  über  den  c|nai,  die  brücken  .  .  .  und  die  ebr- 
lichen,  alten  Spreekübne,  die  jetzt  so  schläfrig  in  der  inittags- 
sonne  liegen ,  wie  ich  mir  di«  gruszen  satten  krokudile  am 
iNilufer  denke.   llittsK  kinder  der  weit  1,59. 

SI'REKkOSAKE,  m.  srhershaftt  bezeichnung  der  Herhnrr,  mit 
btstehuuj   auf  tkit    russischen    neigungtn:    im  jabie  5u  wurde 


SPREESCHIFFER  —  SPREHE 


SPREI  — SPREISZE 


10 


ich  von  unsern  gegnern  verrätheriscber  hinneigung  zu  Ostreich 
angelilugt,  und  man  nannte  uns  die  Wienerin  Berlin;  später 
fund  man,  dasz  wir  nach  juchten  rochen,  und  nannte  uns 
Spreekosaken.  Bismarc«  erinnerungen  1,  171. 

SPREtSCHIFFEH,  m.  schiffer  auf  einem  Spreekahn  (i.  oben): 
man  sah  es  dem  niedrigen  zimmer  freilich  nicht  mehr  an, 
dasz  es  einmal  betrunkene  Spreeschifler  beherbergt  hatte. 
Hev>e  kinder  d<r  weit  1,6-2. 

SPRtGEI.LEBCHE,  f.,  s.  oben  spreckellerche. 

SPREGELMELHER,  wi..  t.  oben  «preckelmeurer. 

SPREGELN,  verb.,  eine  mhd.  spraejen  naher  stellende  nehtn- 
form  von  spreckeln:  der  staar  uder  rinderstaar,  so  auch 
sprehe  genennt  wirdt,  der  ist  vast  so  grosz  als  ein  amsel, 
gespregeld,  und  jedermann  bekannt.  HEt^szLiN  vogelbtuh  22&'. 
ij/.  auch  unter  sprecklig. 

SPREHDROSSEL.  f.  eine  drosselart,  die  durch  ihr  geßecktei 
gefieder  an  die  spreiie  erinnert,  auch  einsame  drossel  genannt, 
turdus  solitarius.  Aoelcsg. 

SPREHE,  f.  beieichnung  von  sturnus  vulgaris  neben  staar,  m. 
(s.  dies  unten),  die  nhd.  gewöhnliche  form  findet  sich  zuerst  eben  als 
sprehe  in  einer  quelle  von  l3St  bet  Schmidt  eis.  wb.  334';  sprehe, 
sturnus  DiEK.  55>>';  der  staar  oder  rinderstaar,  so  auch  sprehe 
genennt  wirdt.  Het^sziiN  vogelbuch  Tlii' ;  sprehe  Neiisicb  2, 1392; 
sprahe,  sprebe  ScBM.- -2,695;  sprehe  Vilmar  394  (o/s  das  staar, m. 
fast  vollständig  neben  steh  ausschlieszendewort  ver zeichnet);  sprehe 
Fbiscbbier  3ä5*.    vgl.: 

wf  Uli  wir  iiüusz  ziehen  auf  den  acker, 
l'ahii  lerclien,  wacbteln  oder  spreliu: 
krieg  zum  wengsten  elu  oder  znen. 

Waldis  tso/icc  2.  71,  17. 

daneben  besonders  auf  niederdeutschem  gebiet  die  Schreibung  spree: 

spree,   sturnus    Dief.  r>5*';    spree,  sturnus,   ein    staar   Frisch 

2,307';  spree,  staar  SchTtze  4, 175;  spree  {neben  spreie,  spreje 

und  sprene)  Schahbacb  2u6'.    vgL  sprea,  sturnus  Steinheter- 

SiEvERS  ahd.  glossen  4,  2o9, 24. 

von  etlichen  hauen  und  einer  «pree. 

Waldis  /-.sh/ims  3,  25  {überschr.) ; 

da  «pi-acli  die  spree  :  'nun  wil  ich  mich 

nicbi  mehr  bekümmern'.    3,  28,  11 ; 
der  hänlling  pfeift  aus  einer  becke,  der  Stieglitz  zwitschert  aus 

den  büschea, 
die  spreen  und  stahren  irurgeln  dort.    Brockks  7,  äS; 

wie,  am  ufer  der  stolzen  Elbe, 

der  spreen  schwarze  welke 

vom  gesträuch  aufiönt!     Klopstock  7,203. 

einsilbig  als  spre  Vilmab  394.  Schiller-Lluben  4,  314*.  Dahneii. 
2U5*.  Bauer-Cüllitz  9->'.  vgl.  auch  oben  den  beleg  Bürih.  Waidis 
3,  2S.  U.  als  sprei  Mi  85';  vgl.  Schaübach  2o6'.  hierher  noch 
altitiederd.  sprä.  vgl.  Weicand'*  2,775.  Graff  6,36'?  und  auch 
westerw.  sprob  r«(*ric.  id.  '239;  ostpreusi.  sproh  Frischbier  2,355'. 
rieben  den  oben  aufgewiesenen  formen  findet  sich  auch  noch  ein 
siny.  spren,  gewöhnlich  masculinen  geschlechtes,  vielleicht  ver- 
anlasite  der  durch  das  scharenweise  auftreten  des  vogels  gebräuch- 
licher gewordene  plural  ein  verblassen  der  alten  singularform  und 
beförderte  die  neue,  die  dann  nach  analogie  von  staar.  m.  zumeis't 
das  masculine  geschlecht  annahm,  vgl.  norh  dazu  Heppe  2b3'. 
spren,  m.  Jurdck.  wörterbuchquelle  bei  Scbiller-L? bben  4,  344'; 
en  spraen,  sturnus  Üief.  55S';  spreen  {masc.)  brem.  wb.  i,9'.3. 
DÄHNERT454';  sprin  {fem.)  Vilnar  394.  unentschieden  dem  ge- 
schlecht nach  stiren  Nemnich  2,  l;i92  und  spriig'n  üanseil  2u5'; 
spreen  korrespondenibl.  des  Vereins  für  nd.  Sprachforschung  iß,  s4; 
die  Meckelnburger  nennen  ihn  {den  staar)  spreen.  Coler  Aaus- 
tucA  479;  neben  sprehe.  spree,  f.  (vgl.  oben): 

es  bet  ein  bürger  etlich  ban 

zusainen  in  ein  korb  geihan. 

dazu  kaullt  er  jm  noch  ein  spren 

und  thet  sie  zu  denselben  zwen. 

Waldis  /.  ..,  ii<  3.  28. 
vielleicht  ist  aber  die  ableitung  der  singularform  spreen  aus  dem 
plural  nicht  notwendig,  denn  es  scheint  eine  form  sprene,  f. 
schon  von  allers  her  daneben  vorhanden  gewesen  lu  sein:  sprene,  f. 
sturnus  Schottel  1419.  Scbambacb  20o'.  einen  Singular  spreine 
setzen  wol  die  spreinen  bei  Comkrius  152  rorous.  sprjne, 
sturnus  Lief.  55S*;  sprinne  .Nemkicb  2,  1392.  etymologische  Ver- 
wandtschaft besteht  zu  mhd.  spraejen,  sprühen,  spritzen,  sprengen, 
vgl,  sprühen,  sprühen  Hertkl'231;  spreen,  spregen,  san/i  regnen 
Fkischbikr  355',  vgl.  Schm.*  2,  695.  das  mit  weiszen  tüpfeichen 
gesprenkelte  gefieder  da  vogels  veranlaszte  die  Wortbildung,  vgl. 
noch  holl.  gpreeuw  MihC  311*;  spreeuwe,  sturnus  Kii.ian  6-22'. 
altes  lehnwort  ist  altfranz.  esjirohon,  wallon.  sprew  {dir  holl. 
form  entsprechend)  Üiez*  575. 


SPREI ,  f.  auf  niederdeutschem  gebiete  eine  zum  staute  aus- 
gebreitete wollene  tisch-  oder  bettdecke;  wort  und  sache  kamen 
uns  aus  Holland  zu:  niederl.  sprei,  paradedecke  Mieg  311*,  zu 
spreiden  in  fin^r  weiteren  zusammenziehung  gebildet;  sprei  {für 
das  Rheinland  bezeugt)  Weicand*  2,  776;  sprai  Woeste  '251'. 
vgl.  spreiie,  spreitdecke,  spreitlaken. 

SPREIDEL,  ffl.  Span,  splitter.    s.  unten  spreil. 

SPREIDICHT,  n.  kleines  buschholi.  spraidich  als  flurnnme 
bei  Pfister  2S2.  ahd.  spreidabi,  spreidachi  Graff  6,  393.  vgl. 
J.  Grimm  ^ranitn.  2,  312  und  Sciim.'-' 2,  701. 

SPREIL,  fli.  kläner  holzspan,  Sjlttter.  dasselbe  wie  oben  speil 
{th,  10, 1,  20S4).  vgl.  auch  speidel  {Ih.  lO,  l,  -2ü73).  wol  zusammen- 
gezogen aus  spreidel:  r^{.  spreidel,  lignum  ßssum  Wächter  1569. 
ScHM.^2,702;  spreidel,  6r«nns;7an  Birlisc ER  409*.  im  besonderen 
tum  auseinandersperren  dienendes  hölzchen.  zeitschr.  f.  hd.  mund- 
arten  l,  62.  nicht  unmöglich  aber  ist  auch,  dasz  es  zu  mhd. 
spri^en.  unten  behandeltem  nhd.  spreiszeo  gehört  {wie  speil  sich  zu 
mhd.  splijen,  nhd.  spleiszen  stellt),  s.  theil  lO,  l,-20S4  und  Edw. 
Schröder  zeitschr.  f.  d.  alterth.  42,61.  allgemein:  hatte  das  Un- 
glück, sich  einen  spreil  in  den  fusz  zu  reiszen.  quelle  bei 
Uücer-Khuli.  5'2s*.  als  sperrholi:  spreil  in  Göllingen-Gruben- 
hagcn;  der  wolf  zerheiszet  netz  und  seil  und  zannet  an  dem 
eingelegten  spreil.  Cbr.Lehhann  historischer  schauplali  der  natür- 
lichen merkwürdigkeiten  in  dem  meisznischen  Obererzgebirge  566 
{zeitschr.  f.  hd.  mundart  1,  62). 

SPREILEN,  verb.  zu  dem  vorigen,    bair.  spraln  Sciim.'  2,  702. 

1)  splittern,  ebenda. 

2)  auss]annen.  spreizen,  ebenda. 

SPREISZE,  SPREISZE.N,  m.  astula.  mhd.  sprije  lu  mhd. 
spnjen,  nhd.  spreiszen,  findere  (s,  unten),  daneben  eine  starke 
form  spreisz,  in  älterem  lautstandc  sprisz,  wol  späte  analogie  zu 
spalt.    vgl.  die  begriffliche  Verwandtschaft  unter  4  {theil  10,1,  ls5«): 

in  sinera  oug  sehe  ich  ein  «prisz. 
soll  ich  mir  lugen  selbs  mit  llisz, 
ein  balken  füiid  ich  in  dem  min. 

Murner  iinirfiibi'-.ihw.  57,  9  Gödeke; 
ich  söl  den  wisboura  vor  usziebn 
US  minem  oug,  eb  dass  ich  sech, 
dass  dich  ein  spriss  in  diu  eng  stech. 

Mamel  354,  2010   B,1clitolJ. 

nom.  plur.  sprisze:  es  seind  doch  die  sprisse  in  äugen  auch 
so  grosz,  dasz  fürwar  schwer  davon  zu  redin  ist.  dann  nit 
vergebens  hat  Christus  gesagt  von  den  sprissen  in  äugen. 
Pabacelsüs  (1590)  196.  noch  heute  hessisch  vereinzelt  spriesz 
Vii.MAR  394;  schwäbisch- augsburgisch  sprisz,  kleiner  span  zum 
feuern  benutzt.  Bibli.nger  409*,  neben  spreisz  ebenda.  Scbmio 
schwib.  wb.  504:  und  die  peyn  für  ain  täglich  sünd  ist  als  ain 
spreisz  oder  halm.  Keiskrsberg  schiff  der  pen.  is*.  gewöhnlich 
aber  ist  die  form  spreisze,  spieiszen;  mit  älterem  vocalstande 
sprisze:  ein  stupiTel  oder  sprieszen  von  einem  sirohalm,  ägel, 
festuea.  Golii  ononiast.  37S.  noch  heute  aargauisch  sprisse. 
HuNzikER  248.  in  jüngerer  form:  oder  etwas  darein  (in  die 
wunde)  geschossen  ;ils  ein  pfeil  oder  dorn  oder  spreisseii 
wäre.  Braunschweig  Chirurgie  (1498)  27*;  was  sichstu  aber  den 
spreijssen  in  deines  brCiders  aug,  und  wirst  nit  gewar  des 
baicken  in  deinem  aug  (.Vjtt/(.  7, 3).  Züricher  btbel  (I53l)  2, 19'/; 
halt,  ich  wil  dir  den  spreyssen  aus  deinem  aug  ziehen,  ebenda; 
zeuch  am  ersten  den  baicken  aus  deinem  aug,  darnach  be- 
sieh wie  du  den  spreissen  aus  deines  brüders  aug  ziehest. 
ebenda;  von  stund  an  zobe  ich  unden  ausz  seinem  fusz  einen 
groszen  stefflen  oder  spreissen.  Kircbbof  wendunm.  '203*;  so 
ist  gewisz  ein  ledige  spreissen  darinn,  der  noch  nicht  gar 
ledig  ist  worden,  aber  doch  bald  herlür  wil,  und  derselbige 
mag  wol  eyn  blutadern  nach  darbey  haben,  die  er  auch  ver- 
seert  so  er  geregt  wirdt.  WCrtz  practica  der  wundartzney  24. 
im  plural:  du  meynst  gar  sicher  tragen  disen  stah,  dich  zu 
halten  und  zA  sturen,  so  bricht  er  dir  in  der  hant,  das  dir 
dye  spryssen  in  den  henden  gestecken.  Keisersberg  (il^rr- 
schaft  '25';  zweifelhaft,  ob  nicht  zu  spriesze,  f.  (s.  unten):  man 
soll  ihn  {den  hafer)  aber  fein  dünne  säen,  dann  \\ann  er  zu 
dick  gesäet  wird,  so  hindert  eines  das  ander,  dasz  er  vor 
dem  andern  nit  wachsen  kan,  und  bleibei  stecken  . . .  und  be- 
kommt kleine  sprissen.  Coler  hausbuch  l,  151*.  in  d«r  form 
spreissen :  item  wer  sich  zä  vil  stüret  autT  ein  ror,  der  stat 
sorglich ,  wenn  das  ror  bricbet ,  und  gond  im  die  spreissen 
in  den  leib.  Keisersberc  der  hellisck  low  a '' ;  nach  Vollendung 
derselben  {der  drei  tage)  löset  sie  im  das  band  auf,  da  hell  die 
zwybel  nicht  allein  die  spreissen.  Sondern  das  ganlz  aug  ver- 
derbet und  auszgezogon.  Kircbbof  tcfndunm.  1,147;  diese  tbier 


11 


SPREISZEL 


SPHEISZELHEERE  —  SPREISZEKKUPFER   1 2 


»ollen  Dil  wenig  krafft  haben  wider  das  giffi  der  scorpionen: 
item  geknutscht  auffKclflgt  sollen  pfeil.  dorn,  spiti,  spreissen . . . 
ausr  angehorner  anziehender  kraffl  heransziiehen.  Ges!ier- 
KoiEii  fisehbueh  u;';  e«  bleibt  der  reinste  sand,  in  welchem 
das  gold  stecket  twiscben  den  rauhen  spreiszen.  HKNKLiug 
äUiiographia  I  (i704),32l.  tveifelhaß,  oft  nicht  tu  vnten  spieiie,/^. 
gekOng,  bf zeichnen  spreiszen  in  der  spräche  der  wagner  kleine 
klütie,  teelche  durch  sperren  eine  ollnhihltche  krümmung  der 
wagenhölier  bewirken.  Jacobsson  4,  23»',  vgl.  spreisz.  das  spreisx- 
holx  am  uagen.  Scbm*  2,  706,  mit  neben  form  s\tre{i<i,  die  schon 
auf  «nr  beetnflussung  durch  die  gruppe  spreizen,  verb.  {s.  unten) 
kintceist;  sprausz  BiRi  iKCf  r  408*.  auch  das  hei  dieser  der  tech- 
nischen spräche  eigenthiimltihen  hedeutung^fdrbuug  sich  findende 
femintne  geschlecht  {bei  Campe  die  spreisze  und  Hirlincüh  a.a.O.) 
geht  wol  auf  rechnung  von  spreize,  f.  (s.  unten). 

SPREISZEL,  tn.,  tcie  das  vorhergehende  zu  spreiszen.  verb. 
geiiörig.    mhd.  sprtjei. 

II  span,  siiUtler  {vgl.  das  vorige):  spreissel,  hobelspün, 
ziminerspan,  assula,  schidinm.  Cobvinus  72';  spreissel,  m. 
scheggia  Krämer  dtct.  2  (17021.  !»se\  assula,  schtdium  Wächter 
1569.  spreiszel  in  der  Augsburger  bäckersprache  die  späne  zum 
vor-  oder  feuerlicht  am  eingange  des  ufens.  Biiii.inger  4(»9'.  vgl. 
ScH«.*  2, 7(ki;  spreissel.  ÄoJisp/jn  IIncer-Kholl  528*.  Spiess  23S. 
Hertel  232;  «preiszl  Neubaükr  92';  oft  in  tautologischer  Ver- 
bindung spanspreissel.  Scbm.*  2,  706  {vgl.  ein  entsprechendes 
spansplitter  theil  lO,  l,  löl8).  daneben  tn  älterem  vocalstande 
sprissel,^  für  Thüringen  belegt  durch  eine  handschriftliche  mit- 
theilung  Hoffman.ns  v.  Fallersleben;  Schwab,  sprissel  Schmid 
schväh.  üb.  504;  bair.  sich  einen  sprissel  einziehen,  einen  splitler 
einiiehen.  Schm.*2.70«.  vgl.  auch  unter  2.  selten  mit  anderm  ge- 
selilecht:  der,  die  spreissel,  sunt  assulae  et  schidia.  Stihler  2096; 
spreissl,  n.  Schöpf  693 ;  ob  aber  weren  etliche  kleine  spreisselen 
oder  slücklen  desgleichen  ron  dein  gebein  von  not  gebürt 
sich  die  bübslich  und  siibtilich  aus  zenemen.  Kraunsciiweig 
Chirurgie  (1498)  33';  und  schusz  mich  vorn  auf  den  krebs  dasz 
der  pfeil  zu  apreisseln  gieng.  Götz  v,  Uermchingen  65;  des 
kleinen  spreiszels  oder  gemülbs  in  irs  nechsten  aug  uiilgen 
sie  nit  vergessen.  Luther  auslegung  des  vater  unser  30;  ich 
hab  nicht  einen  spreissel  boltz  im  hause,  io  non  kö  uno 
sttcco  di  legno  in  casa.  Kramer  dict.  2  (1702),  886';  die  spreissel 
aufleseo,  zusammenraffen,  cogtiere,  corre,  racorre  qua  e  lä  le 
sehegqie.  ebenda;  kaufte  Augustin  holz,  stellten  sich  die  kinder 
in  die  reihe  und  handlangien  einander  die  spreisseln.  quelle 
bei  Stb«.*  2,  706.     vgl.   Scbhpf693; 

sciion  minchet  eifrers  scharfes  glaubensschwert 
ward  mir  tum  kiizel,  eh's  zu  spreisseln  ging! 

tUupTHANN  vrmunkene  glock«  130. 

in  der  form  spreussel:  schicffer  auszuziehen:  ...  magst  es 
tbun,  ehe  dann  es  schwieret,  und  wann  es  gleich  schwirret, 
«teinwurtzel  mit  scbmeer  gestossen,  und  an  das  schadhafte 
ort  geleget,  ziehet  den  spreussel  heraus.  Huhberc  3,1,244'. 
sehr  itUen  und  ungewöhnlich  als  sprcizel:  aber  herr  obwohl 
ihr  to  lleissig  speere  zerstecht,  dasz  die  spreizet  durch  das 
ganze  land  (liegen,  so  habt  ihr  doch  andere  sewohnheiten, 
welche  ich  lieber  verehre.  Fbettac  lo,  lüü.  in  der  sehilfbau- 
iprache  sind  ipreisel  gans  dünne  brcttchen.  Hohhik  653*.  in  sprich- 
wörtlicher Wendung:  in  einem  anerbieten ,  vorgange  u.  s.  w.  einen 
•preitsel  linden,  itiitiig  werden,  sich  turüt k:iehen,  entsprechend 
ein  haar  in  etwas  finden  (r;(.  (Aeii  4,  2,  I9I,  wol  zurückgehend 
auf  eine  wendung  wie  in  der  suppe,  der  tubertititm  speise  einen 
tpreiizel  finden:  ar  bat  'n  spreissl  d'inn  g'fiinna.  Huckkrt  173. 
2)  holt  tum  auteinondertperren  ein^i  iiegemtandes,  wie  sperr- 
boli  3  (theü  10,1,2186):  spreissel,  spdnchen  tum  ausiinnnder- 
tpannen  des  geflügelt  beim  braten.  Schm.' 2, 70«.  vgl.  Wtir.nw* 
2,*76.  dte  tprotten.  querholter  einer  leiter.  Frisch  2,307*(f.  unt^n). 
HOrii  I,  167.  Scaa.*  2, 7ue.  Schöpf  693.  Liier  238.  die  sitt- 
ttangen  in  einem  rogelhaui.  IIüfir  3,167;  tiabchen,  aus  denen 
du  fogelbauer  gefertigt  werden.  Lehr  238.  auch  die  schienen, 
wekhe  tur  hetlung  einet  arm-  vder  brinbrurhs  angewandt  werden. 
ebenda,  in  der  jigertj'Taihe  kleine  stecken,  die  in  die  hiihner- 
garne  eingebunden  »erden,  um  >ie  am  erdboden  bi fatioen  tu 
können.  KtHtCill  27H.  auch  hier  {vgl.  oben  unter  I)  diineben  die 
9ork0mmenden  formen  ■pri««el:  tpreitsel,  iprisael,  gradut  live 
iaeulmt  in  tcaln  lignea.  Frisci  1,307*;  da  inust  ihm  dann  ein 
ftrtoer  um  geb<>riire  Irilern,  die  die  rechte  höhe  und  stUrcke 
babeo  und  vno  zUhen  guten  hdllt,  mit  wolverkeilleo  und  \er- 
•klMiICO  «pri<«ela  versehen  find,  umgehen.  Honbirc  I,44i*. 
itmehtm  Mfur  sprOsarl:    laiier«prü<<>rl,  gradut  «coiohi  FRitn 


-•,ä07';  sprässl  Lexkh  k')rnt.nh.Ti%;  spriissel  hEHRF.iN27«,  formen, 
die  in  die  etymologische  entwirklung  der  gruppe  spreizen  ,  i'erft. 
(s.  unten)  hineingehören  und  für  unser  wort  den  rerdacht  weit- 
gehendster becinllussung  von  ebendorther  rege  machen. 

SPItEISZELBEKKE,  f.  in  Haiem  beieichnung  von  vaceinium 
vitis  idaea.  Scbm.^2,  7U6.  sonst  lieidelbeere  ((hei/ 4,  3,  803),  auch 
Preiselbeere  (theil  ;,  2093)  genannt. 

SPREISZELN.  verb.  zu  dem  vorhergehenden,  ahd.  sprijalön 
Ghaff  6  402. 

1)  transitiv. 

a)  lindere  (vyl.  spreiszel  l):  spreisseln  (neben  spreiszen), 
sminiiziare  in  stecchi,  scheggiare.  Krämer  dict.  2  (I70i),  sse*. 
part.  gespreisselt,  scheggioto.  ebenda,  spreisseln,  spalten,  splittern. 
ScHM.*  2,  706.  Schöpf  693.  holtz  spreisseln  o  zerspreisseln, 
scheggiare  delle  legnn,  farle  in  scheggie  o  scheggiarelle.  Kraner 
dict.  2  (i:02),  886". 

b)  schidio  extendere,  enlsfirechend  spreiszel  2:  spreisseln. 
geflügel  zum  braten  mittelst  eines  Stäbchens  auseinandei spannen. 
Schöpf  693.  Schm."  2, 706. 

2)  intransitiv. 

a)  in  splittern  gehen,  zersplittert  werden:  spreiszelen,  assuJartm 
fommmui.  Stieler  2096. 

b)  spreiszeln  in  Franken  ein  ausdruck  für  ^galoppieren'.  Scbm.* 
2,706.  vgl.  spreiszen  2.  wol  anstatt  spreizein.  spreizen:  ich 
bin  ein  Jäger,  —  und  du  bist  ein  ir.iger.  —  «ir  geben 
zusammen  keine  scbwüger.  —  lenke  du  links  deine  fette 
Stute  —  ich  schwenke  rechls  mein  rosz,  das  woblgemutlie.  — 
da  spreiszelte  er,  dasz  es  funken  siob.  HfcKERT  11,394. 

SPKEISZELUNG,  f.  handlung,  inrgang  des  spreiszelns: 
spreiszelung,  quassatio,  ruptio,  omnisque  actus  discerpendi,  per- 
tundendi  et  interfrangendi.  Stiei.br  2(i96. 

SPREISZEN,  »ert.,  nAd.  spri7,an  Graff6,  400.  mAd.  spri^en. 
s.  auch  oben  spreisze,  »n.,  spreiszel,  m.  und  spreiszeln  und  vgl. 
schwel,  spratta,  spratta,  trennen,  spalten,  ursprünglich  starkes 
verbum:  als  ein  gescöi  da^  ouge  ceswe 

sprei{  ü;  imi  verre.     .Xnnnlifd  834  Rdilüiei; 

heute  nicht  mehr  eigentlich  lebendig. 

1)  <r(iri.«itit';  findere,  spreiszen,  comminuere.  Stieier  209«; 
spreissen  {neben  spreiszeln),  sminuiiare  in  stecchi,  scheggiare. 
Kranbr  dict.  2  (1702),  886*.  part.  gesprcisset  Stiki.er  a.  a.  o.; 
scheggiato  Kramer  a.a.O.;  wiewol  das  gebein  selten  zerknitscbt 
wird,  es  wirt  ee  gespreisset  und  gerissen.  Rrauhschweig 
Chirurgie  (1498)  27*. 

2)  reflexiv  {von  einer  gebärenden):  und  wann  sie  zu  der  ge- 
hurt arbeitet,  darf  sie  sich  nicht  so  stark  gleich  auf  einen 
druck  spreissen,  sondern  die  natur  allgemach  machen  lassen. 
Maoriceau  ron  den  zufallen  und  krankheiten  der  schwangeren 
weiber  und  kindbettei innen,  deutsch  Nürnberg  1687,  462. 

3)  intransitiv  absplittern:  die  giinkel  ist  rauch  und  spreissel, 
wa  sie  sy  angreift,  so  sticht  sy  sy  in  die  hcnd.  Keisersrerg 
Spinnerin  c  7*.  in  der  bergwerk^prarhe  von  dem  ausscheiden  eines 
metalles  durch  schmelzen:  das  ist  sehr  gemein,  das  weisssilber 
aus  gediegen  glaserz  spreisset.  Matresius  Sairpta  (1587)  is', 
ieo(  ursprünglich  statt  sich  spreiszen:  hierher  wol  auch  die  Zu- 
sammensetzung aiisspreiszen  :  und  so  die  gedigen  Silber  schier 
rein  und  fein  im  natürlichen  feuer  werden,  spreissen  sie  oft 
aus  wie  kleine  bekelin  und  machen  wut.'clierling  die  in 
einander  kreiiseln,  als  wenn  das  pier  aulm  potlich  gieret. 
Matresids  Sarepta  30*.  vgl.  auch  das  vollständig  entsprechende 
spleiszen  4,6,  theil  10,1,2654.  ein  von  Schmid  schwäb.  irb.  .S04 
verzeichnetes  intransitives  sprei«zen ,  hurtig  retten,  galoppieren 
{vgl.  spreiszeln  2,  b)  gehört  wol  zu  spreizen. 

SPHEISZEM.ICIIT,  n.  licht,  das  durch  einen  spreiszen  {t.oben) 
erzeugt  wird,  dann  auch  der  lichterteugende  spreis/en  selbst, 
hieiher  wol:  anstatt  der  leuchler  lilszt  er  grusze  rtiben  auf 
den  tisch  stellen,  in  welche  man  die  kerzeo  stecket,  aber 
sonst  brennet  er  das  ganze  jabr  nur  spreilten  lichter, 
des  Jucundi  Irbentbeschnibuug  132.  vgl.  die  Schreibung  spreize 
Freitag  io,  HK)  {der  bileg  oben)  und  wegen  des  begriffs  notk 
spanliclt  {thetl  lo,  l,  |8.s9). 

SPREISZKR,  m.  tctstor,  fttsor,  tertor.  Sriii  «h  2096. 

SPREISZEHIN,  /.;  spreiszerinn,  foemma  effringrnt,  per- 
fringens,  comminuens,  cnnquassans.  Stklkr  2096. 

SPREISZEHKUPFER,  n.  tn  der  bergwerktsprorhe  ein  im 
spleiszofen  (t.  theil  lo,  l,  2655)  vollttdndig  gereinigtet  kupfer.  legt 
narbmnlt  dieselben  koboltkönig  oder  kupITerstein  wideninib 
40  centen  aulT  einen  spleiszofen  und  spielst  davon  herab 
io    31  oder  34  reuten    liebeler   oder   ipreisserkupfer.    Krciki 


13 


SPREISZFEDKR  —  SPREITE 


SPREITEL  — SPREITEN  (i,  1.  2; 


14 


bergkwfrck^arten  105'.  vgl.  auch  oben  spreiszen,  veib.  3  uvd 
«pleiszen.  rerb.  4.  b,  theil  10,  l,  2654. 

SPREISZFEDER,  f.,  s.  unten  spreizfeder. 

SPREISZHAKEN,  m.,  zu  üben  spreisze,  m.,  in  der  köhler- 
sprache  bezeichnnng  einer  langen  slange ,  welche  dient  die  fusz- 
fchette  aus  dem  meiler  herauszuziehen  und  die  gebrannten  kohlen 
INS  ihm  hinausiustoszen.  Jacobsson  4,  234*. 

SPREISZGESCHIRR,  n.  ein  gerät  der  hebomme.  vgl.  unter 
spreiszen  2:  und  im  fall,  wann  man  einen  solclien  ri?z  ver- 
wahrloset, die  lefzen  darvon  mit  einer  narben  verballt  wären, 
so  müste  man  ...  die  narbe  mit  guten  scbeerlein  oder  dem 
spreiszgeschirr  wieder  öffnen,  wie  man  tliut  bey  einer  hasen- 
scharten  oder  bey  gespaltenen  lefzen.  Mauriceau  hebammen- 
buch  {deutsch)  463. 

SPREISZIG,  adj.  l)  voll  spreiszen :  spreiszicht,  ru^tuf.  quassus, 
quassatus,  effractus.  Stielkr  2096.    mit  älterem  vocalstande: 
bin  atisgeschut  (laider!)  wie  wasser  gissi^ : 
al  mein  gebnin  hat  sich  zertrennet  sprissie. 

Meli.«sus  iisnliiiru  22, 13  neudr. 

in  der  bergwerkssprache  entsprechend  spreiszen,  verb.  3:  damit 
der  eigennützige  und  gewinnsüchtige  ,=chmied  diejenigen  siürk 
und  Sachen,  so  ein  gutes  und  zähes  eisen  erfordern,  nicht 
aus  dem  groben  und  sprissigen  schmiede  und  mache.  Hohberg 
3,1,73. 

2)  spreiszig  ^  spreizig,  j.  unten. 

SPREISZIGKEIT,  f.  =  spreizigkeit,  f.,  s.  unten. 

SPREISZLER,  tn.  .•  spreiszeler,  scissor,  ftssor,  sector.  Stieler 
2096.    vgl.  oben  spreiszer.  m. 

SPREISZLEIN.  n.,  demin.  zu  spreisze,  spreiszel:  sie  hawen 
eynen  dicken  palmenbaum  umb,  und  kliberen  den  ian  kleyne 
spreiszlin.  H.  Staden  qlll;  machen  darnach  eyn  gesteile  von 
truckenem  holtz ,  legen  die  spreisziein  darauff.  36.  über- 
tragen scherzhafte  beieichnung  eines  langen  hageren  menschen. 
ScHM.'*  2,  706. 

SPREISZLIG,  adj.,  wie  oben  spreiszig:  spreiszelicht,  ruptus. 
quassus,  quassatus,  effractus.  Stieler  2096;  spreisselicht  {da- 
neben ein  spreusseiicht),  scheggioso ,  scaglioso.  Kramer  dirt. 
2  (1702),  886'. 

SPREISZüNG,  f.,  dasselbe  wie  oben  spreiszelung.  Stikler. 
s.  die  erklärung  d'irt. 

SPHEIT,  n.,  s.  unten  spriel. 

SPREITBEIiMG,  adj.  mit  ausetnandergespretzten  beinen :  {«■) 
stieg  verdrossen,  den  but  im  nacken,  die  hiind'  in  den  hosen- 
taschen,  spreitbeinig  den  weg  hinan.   Axzk.ngrüber  1,46. 

SPREITDEChE,  f.  decke  zum  fiberbreiten.  Campe  (entsprechend 
noch  spretdecken  tes  Doornkaat  Koolsias  3,  2S7'),  haui4säch- 
lich  auf  nicderd.  gebiete,  holl.  spreideken,  paradedecke,  über  bett 
oder  tisch  gebreitet;  niederd.  spreideke  brem.  wb.  4,  964;  da- 
neben spredeken  teh  Doorsraat  Koolmai»  3,  287',  spreedekke 
StCre."»bl"rg  265',  spreeileke  brem.  wb.  4,964,  spreedeek  Schütze 
holst,  id.  4, 175.  schon  afr.  huuerso  een  man  dulgen  wirt  buppa 
dera  sprideka.  in  den  gesetzen  der  Westergoer  bei  RicnrnoFEN 
469,  8.    über  das  cutturgeschichtliche  vgl.  oben  sprei,  f. 

SPREITE,  f.,  zu  spreiten,  verb.  unten.     1)  ein  ausgebreitetes. 

a)  ein  ausgebreiteter  häufe  flachs,  hanf,  getreide  u.  s.  w.: 
spreiti  Stalder  2,  3S7.  Hunziker  248;  ich  lag  am  schatten  im 
baumgarten,  da  sah  ich  ol)cn  aus  dem  bülzchen  ...  einen 
knaben  und  zwei  mädchen  hervorspringen,  mitten  durch  jungen 
klee  über  eine  spreiti  flachs  weg.  Gotthelf  l,  hj3;  der  meister- 
frau  lächle  ununterbrochen  das  herz  im  leibe,  wenn  die  körbe 
mit  kirschen  kamen,  flachs  tind  werch  in  schönen  spreitenen 
vor  ihr  sich  aus<iehnien.  Uli  der  knecht  lib ;  vgl.  ene  spredde 
flas,  hemp.  DXhnert  454*.  beim  dreschen  eine  spreite  körn: 
anfangs  wenn  die  dreschdegel  auf  die  volle  spreite  fallen, 
da  gehl's  langsam  und  man  liörts  nur  wenig.  Auerbach  dorf- 
gesch.  4,  53;  {auch  als  masz:)  er  mühte  noch  den  acker  bis 
zu  ende;  nur  noch  eine  spreite  siand.  4,  tS9.  spreide,  zum 
trocknen  ausgebreitetes  gras.  Bauer-Collitz  98'.  auch  ene  spredde 
lüg.  zum  bleichen  auf  dem  rasen  ausgebrette  wasche.  Däbnert  454'. 

b)  entsprechend  oben  sprei,  f.  und  spreildccke,  f.  eine  decke, 
welche  zur  zier  über  einen  gegenständ  gebreitet  wird,  lischdecke, 
bettdecke:  sehen  sie's  nicht  . . .  das  belt  ist  ja  aufgemacht, 
die  spreite  abgenommen;  das  musz  die  paclilersfrau,  schon 
ehe  wir  kamen,  getban  haben.  L.  SchCch^g  tn  der  garten- 
laube  1871,  58'.  auf  oberd.  gebiet  ist  zu  vergleichen  anspreiti,  f. 
leinwandbezug  für  ein  bett.  Stalder  2,  3^7.  gewöhnlich  in  einer 
kürzeren  form,  die  in  ihrer  beschränkung  auf  mrhein.  und  nd. 
gebiet   wol   unter  dem  einßusz  von  sprei  (5.  oben)  steht:   spreii 


HioiG  149';  spreed,  /.  Gangler  427;  spred  ten  Doorriaat 
KooLMA>  5,  287";  spreet  StCrknblrg  253'.  vgl.  engl.  s^xt^A'^bett- 
decke'  Tbieme  553'.  neutrales  geschlecht  wird  für  das  wort  ver- 
zeichnet bei  te»  Door.nraat  Koolsan  3,287". 

2)  dann  auch  der  ort,  wo  flachs,  hanf  u.  s.  w.  ausgebreitet 
wird:  sprätle  Schmio  schwäb.  wb.  :-)0i;  der  flachs  liegt  auf  der 
spreite.  Campe,  vgl.  brem.  wb.  4,964;  was  sagte  der  hopfen, 
liegend  auf  der  spreite?  quelle  bei  Frischbier  2.  35')". 

SPREITEL,  m.  span,  splüter  zum  auseinandersperren,  zu 
spreiten,  verb.;  in  oberdeutschen  mundarten  dasselbe  wie  oben 
spreiszel,  m.  Schmio  schwäb.  wb.  504.  Schm.'  2,  707. 

SPREITELN,  verb.  zum  vorigen.  1)  entsprechend  oben  spreiszeln 

1,  6.     mittelst  Splitter  auseinandersperren.  Schm.^  2,  707. 

2)  dasselbe  iri«  spreiten:  blatter,  heu  spreitcln.  Hertel  232. 
SPREITEN,  verb.  sternere,  spargere.    wol  bewirkungsworl  tu 
primären   mhd.  spriten ,  spriden ,  sich  ausbreiten ,  in  einer  Zu- 
sammensetzung : 

behangen  mit  speriacben  dar, 
die  meisterliche  warn  gebriten, 
wol  geworcht  und  uiiderspriten 
mit  siden  unii  mit  golde. 

IIkimrich  V.  Frkiberg  Tristan  884  Dechstein. 

ahd.  spreitan,  spreiten  Graffi,  394;  mhd.  spreiten;  niederd. 
spreden  (spresen)  Friscbbier  2,356",  vgl.  liefländ.  idiot.  223; 
spreden,  spredden  Dähnert  454";  spreden,  spreden  te5  Doorn- 
EAAT  KooLMAN  3,  287*;  spredeu  brem.  üb.  4,  964.  StCrenblrg 
255*.  ScBi^TZE  holst,  idiot.  4,  175;  sprceden  Gangler  427.  da- 
neben die  form  spreiden :  clevisch  spreyden  quelle  von  1475  bei 
Wbiga!id*2,776;  spreide  Hör«:Gl49';  spreiden  Baüer-Collitz98'. 
StCresbürc  255',  vgl.  Dähmert  454".  mit  vertust  des  dentals  [vgl. 
o6en  sprei,  ^):  sprayen  Sebiz /ieWft. 503;  spreien  Scha»ibacb206"; 
sprein  Dahreil  205";  spraien  Woestb  25l';  spreien  brem.  wb. 
4,964;  neben  spreen  ebenda.  SchCtze  holst,  idiot.  4,175  und 
sprien  Woestf.  25i'.  als  oberdeutsch  mjg  noch  erwähnt  werden 
spräta  {und  spräta)  Tobler  38o'.  vgl.  spreien  {neben  spreiten, 
vgl.  auch  oben)  Frischbikr  2,356".  pari.  nd.  gespreit  Hümg  149'; 
gespreedt  Gangler  427:  espret  Bauer-Collitz  98";  oberd.  ge- 
spräat  Tobler  3So'.  der  niederdeutschen  gruppe  vgl.  sich  noch 
holl.  spreyden,  spargere,  sternere,  tendere.  Kilian  2,622';  spreiden 
Mieg31i";  ags.  spraedan  SsfAT584*;  neuengl.  to  spread.  junges 
lehnwort  aus  dem  nd.  dän.  sprede  Helms  3!'8*,  schwed.  sprida. 
einen  etymoloijischen  Zusammenhang  mit  breit  mittelst  eines  got.  ' 
*usbraidjan  herstellen,  wie  Kldge  etym.  wb.^  372'  will,  ist  kaum 
statthaft. 

I.  triinsiliv.  l)  spreiten,  sternere  Dasypodrs;  sternere,  con- 
spergere  .Maaler  3^2";  spreiten,  hin  und  herweiffen  oder  strewen, 
espardre,  jeder  cä  et  la.  Hclsils  (1616)  3ii4';  spreyten,  aus- 
spreyten ,  stendere ,  di<tendere,  spahdere  qua  e  la.  (1618)236"; 
spreiten  spargere  hin  und  wieder  streuen.  Schottel  1419, 
spargere  Stieler  226,  spargere,  alhrgare,  slargare,  tendere,  disten- 
dere,  stendere.  Krämer  die/.  2  (17021,  886'.  häufig  in  weiter  ver- 
deutlichender wendung:  von  eynander  spreyten,  diffundere.  dis- 
pergere.  Dastpodius;  von  einanderen  spreiten,  diffundere. 
Maaler  382";  vgl.:  mit  dera  baareisen  werden  die  voneinander 
gespreite  abstehende,  hin  und  her  hängende  haarlocken  ge- 
kräuset.    Comenids  586;    hin    und    wider  spreyten,    diuulgare. 

DASTrODIÜS. 

2)  mit  object. 

a)  besonders  alterthümlich  in  landwirtschaftlicher  spräche:  den 
flachs  spreiten,  den  hanf  spreiten,  ihn,  wenn  er  aus  der  röste 
kommt,   auf  dem  anger  zum  trocknen  ausbreiten,    vgl.  Stalder 

2,  3>7.  ScHAMDACB  206".  Baüer-Collitz  98*.  Dawneil  205* :  (üe 
frauen)  muszten  hanf  jäten,  den  samen  ausklopfen,  spreiten 
und  im  weiher  einweichen.  Auerbach  dorfgesch.  2.  242;  vgl.: 
wann  den  gerössten  flachs  ausz  dem  wasser  gezogen  hast, 
sultu  jn  über  wellen  oder  häutTlin  .  .  leuen  und  mit  prettern 
und  grossen  steinen  beschweren,  darnacii  wiederum  sprayen 
und  auffiecht  an  die  sonn  stellen,  das  er  desto  besser  dürr 
werde  umi  austrockne.  Sebiz  feldbiu  503.  abweichend  hiervon 
erklärt  Schm.'  2, 707  har  spraett'n,  flachs  zum  rüsten  ausbreiten, 
vgl.  spreite  l,o.  entsprechend  gras,  heu  spreiten,  es  zum  trocknen 
auseinandrrstreuen :  heu  sprei'n  Dankeil  205*;  wenn  auch  die 
wiesen  gemehet,  sollen  die  schulthcyssen  der  herrn  das  gras 
spreiden,  wo  auch  ein  widtfrau  wehre,  die  keinen  man  helle, 
die  soll  spreiden  hellTen.  weisth.  2,19«  (r.  ;.  1549).  hierher  auch: 
as  der  (pfeffer)  ouch  ruf  is,  soe  . . .  snijdt  man  ien  af  ind 
spreii  die  druven  in  die  heisze  sonne.  Harff  pilgerf.  146,29. 
weiterhin  auch  den  mist,  dünger  spreiten,  ihn  zur  düngung  auf 
dem  felde  ausstreuen:  mist  sproata  schwäbische  quelle  von  1633 


15 


SPREITEN  (I,  2) 


SPREITEN  (1,2) 


16 


tu  FaoMMAifNB  xeittrhr.  4,87;  mest  spräta  Tobler  3So'.  vgl 
Staldbr  5,  387.  lufTbtr  gehört  «ol  die  das  ohject  auslassende 
trendimg:  lo  wiid  na  ene  drifl  spreiden,  die  tifhlrift  in  tkrer 
breite  beengen.  Därnert  464',  tcol  durch  slreuen  des  mistes  und 
damit  durch  das  unter  den  pflüg  genommene  iind.  schon  mit 
ßhlbarer  localer  beiiehung: 

man  spreil  die  berliii  für  ilie  schwein 

iin<l  wüilTt  daü  heiligthiimb  liir  die  hiind. 

aus  roscn  mir  bcreiict  Fischaht  i,  369  Kurt; 

(jar  weich  die  lioperstalt, 

auch  lügen  hnnlig  spreitet. 

SpRB  Irulmncht,  45  Ifalke; 
t^:  diu  krippe  was  bereitet, 

das  böune  drin  ge5preitei. 

LiapRKCHT  T.  Recküsrurg,  $.  Francisken 
Ichrii  3119. 
deutlich  ist  solche  beziehung  in  der  wendung  gras,  paimcn  auf 
den  weg,  in  die  slraszen  spreiten  (lum  festlichen  schmuck): 
den  Summer  aber,  wen  es  lieisz  was,  lagend  wier  uff  dem 
kilchhor.  trügen  grasz  zamen,  das  man  in  summer  in  den  lierren 
gaszen  für  die  hüser  am  sainsziag  spreittet.  Thom.  Platter  22; 

bo.<ianna  singt  man  ihm,  es  spreitet  mancher  jfide 

die  palmen  auT  den  weg. 

Ff.RMi:<G  19,141  iMi'pcttberij. 
tgL:  mit  tliin-ern  tepchen  !>idin 

wart  der  estrich  beleit 

und  rösen  vil  ilar  iif  gespreit. 

Hki!^r.  V.  Frkihkrg  Tiitlan  2.'>26. 

b)  von  tnchtirtigen  gegenständen,  nur  selten  ohne  weitere  locale 
liesltmmung,  so:  licht  ansteken  uiide  utdon  unde  spreydeii  dnt 
baldrken  to  der  deciitnisse,  also  dat  »onlik  is  in  der  kerken. 
tjuelle  bet  Schili.er-Iäbhen  4,342'.  gewöhnlich  ist  dieses  fehlen 
noch  in  Wendungen  wie:  einem  ein  frisch  und  gut  bett  spreiten, 
sltndere  cioe  fare,  preparare,  acconciare  un  letto  fresco  e  buono 
<id  un-».  Kraner  diel.  2  (1702),  SS6';  vgL  hall,  het  bed  spreiden, 
das  bett  mucken.  Miir,  311";  so  wurden  nahe  der  feiierstälte 
zwei  lagerstätten  gespreitet.  IIalsuath  pater  Maternus  296; 

sollen  schön^ekränzte  madchen 

dir  ein  roscnlager  spreiten?    Ovkrbrck  f/i?({.  130, 

CM  in  den  sinn  l.  a  übergreift;  passivisch  gewendet: 

da  was  ein  bethlein  «eis  gr>preit, 

da  f:icngen  wir  ligen  rasten. 

\mlinixri   lirtlrih.  153,  20. 
gern   dafür   lutammenfetzungen   wie  anspreiten:    lebe   du    bis 
morgen    und   spreite   itzt   ein    bett  an,   für   mich  und  dich. 
WiELAKD  6«  Lessimg  6,  33;   rgl.  ein  entsprechendes  oberd.  subst. 
anspreile,  f.  oben  unter  spreite  l,ft;  aussprcilcn: 

die  bunten  leppich  spreitet  aus 

und  herrlich  ibut  erscheinen! 

Spbe  tiuliniuht.  118  Tinlke. 
gewöhnlich  jedoch  mit  einer  weiteren  localen  bestimmung.  kleider, 
tOcher  in  den  weg,  auf  den  weg  spreiten  als  zeichen  der  freude 
{vgL  auch  oben  \,a):  da  haben  sie  im  alle  miteinander  re- 
»erentz  erbotien.  etlich  spreiteten  ire  kleider  in  den  we^  zö 
eren  got  dem  herren.  Kbisersherg  evangelirn  5';  dem  sij  dar 
spreitent  in  den  weg  ire  kleider,  da$  der  esei  sanft  daruf 
gieng,  dem  zfigend  sij  sein  kleider  aus  und  wurfTend  das  losz 
um  sie.  der  seeUn  paroditi  1!»H*;  (Wolf  Wolflam)  hat  sich  herr- 
lich und  mehr  als  seinem  stände  gemesz.  mit  seinem  weihe 
geballen,  also  das  er  auch  in  seinem  brauttage  englische 
laken  auf  die  ga<:se  spreiiete,  und  darauf  zur  kirche  gieng. 
MiCRÄiics  alles  Pommern  3,420.  den  mantel  u.  ä.  auf  die  erde 
spreiten,  um  darauf  xu  ruhen:  wenn  ich  dann  nicht  in  der 
kammer  allein  bleiben  wollte,  muszie  sie  eine  schürze  auf 
den  boden  tpreiien,  ««orauf  sie  mich  nackt  setzlc  Rraker 
der  artne  mann  im  Torkenburg  12;  vgl.:  als  er  seinen  mantel 
auf  die  erden  gespreitet,  zorh  er  den  gatil  darauf  und  spiach 
zu  mi:  nu  hall  da*  pferd  beym  zügel  und  sich  zii,  das  es 
mit  keinem  fAsz  vom  mantel  trelte.  Kircbhh»  wendunm.  l,3S5. 

•r  spreitt  »ein  mantel  in  das  gras 
er  bat  sie  dati  lie  xö  im  sa«z. 

ÜHLAMD  vottsl.  74  AlO; 
mein  «Iterhesle  kappen 
die  kofi  mich  fiinr/ig  pTund 
•  prall  ich  nie  zu  iler  erilen 
«enlorben  mächt  sie  werden.     IM,  4; 

mit  einer  leichten  Unterdrückung  dieser  bestimmuug: 

•ia  girr.Ken  ein  wenig  ftirder 
wol  auf  ein  grünen  plan  -. 
'■prell  |r  eur  kappirin  nidrr. 
•a  Wirt  wol  be*ier  wider. 
lind  spllt  mit  mir  im  grun 

poUter  umher  »preiien:  (da  waren)  poUin  uinnpr  cespreilel  — 
and   tbronae»*el  breitet.    HOirrrt  it,  40ii.     eine  decke  über 


einen  gegenständ  spreiten,  häufig  zum  schmuck  {vgl.  oben  sprei,  f., 
spreite,  f.  I,  b  und  spreitdecke, /.):  einen  leppich  auf  (über)  den 
tisch  spreiten,  tendere,  stendere  un  tapHe  suUa  tavola.  Krämer 
rfirt.  2  (1702),  SS6';  gieng  darumb  bey  irer  beydor  körn,  das  in 
zweypn  häufen  geleilt  ...  lag,  spreitet,  auf  dasz  er  in  der 
nacht  nit  irr  griffe,  seinen  manlel  über  seines  gesellen  häufen. 
KiRCBHOF  wendunm.  1,  34fi;  ich  gieng  zu  Pisa  in  ire  kirchen  und 
sähe  einen  beschornen  narren  . . .  vor  einem  stainhauffen  stehn, 
darüber  waren  tüchcr  gespreil.  h' KKy  gartenges.\\,2i  Rolte;  zwei 
lange  breiter  waren  in  der  Stuben  neben  einander  auf  hölzerne 
bocke  gelegt,  anstatt  des  tisches;  Margrethe  hatte  ihre  feinsten 
tisclitücher  drüber  gespreitet.  Stillings  leben  1,28;  sie  spreitete 
eine  biütenweisze  serviette  über  den  sophatisch  und  setzte 
alles  dort  zurecht.  Storm  10(l877),  47;    (bei  einem  götlerbild:) 

mahne  unsre  multer,  dasz  sie  stracks  .  .  . 

. .  .  ölTne  den  verschlusz  des  heiligihums 

und  spreit  ein  resigewnnd,  so  ihrem  sinn 

das  herrlichste,  das  gröszte  dünkt  im  schrein... 

der  blonden  göttin  übern  schoosz.     IIörcrr  170*; 
Theano  spreitete 

das  festgewand  der  götiin  über'n  schooai, 

und  betete  zur  tochter  Zeus,     172'. 

vgl.  mhd.  die  spaltende  wendung: 

wan  uns  ist  über  den  Tülen  mist 

der  pTeller  hie  gespreitet,    der  arme  Heinrich  731. 

faiiggarne,  netze  spreiten,    5t>  lum  fange  aufstellen,  auslegen: 

eyn  narr  ist  wer  wil  Iahen  sparen 
und  für  jr  ougen  spreil  das  garn. 

Braut  iinrreiisch.  39,2; 

auf  ein  zeit  kamen  zwen  fisclier  mit  iren  garnen  und  spreiten 
sie  in  das  wasser.  der  alten  weisen  exempel  (Fran/i/.  1565)  42'; 

ich  will  aiiT  mich  machen  im  kleinen  kahne.  will  wieder 
spreiten,  es  ist  so  gut  als  neu,  das  netz  in  der  runden 
fclsenbucht.      Stolrkrg  3,  2^5. 

selten  spreiten  vom  enlfillen  und  ausbreiten  von  briefschaflen : 
er  Offnet  die  sclintulle,  nimmt  ein  packet  briefe  heraus,  die 
er  alle  über  die  tafel  spreilet.  Schii  i.er  Fiesko  2, 18.  hierher 
gehört  noch  die  s]>richwörlliche  wendung  den  manUl  nach  dem 
winde  spreiten,  es  verstehen,  die  jeweiligen  Verhältnisse  für  sich 
auszunutzen ;  den  herrschenden  meinungen  sich  anschliesxen,  leicht 
mit  dem  scheine  des  wankelmütigen: 

man  schicke  sich  in  ort  und  zeit, 
den  mantel  nach  dem  winde  spreit! 

iRVERRAItn   13,  181. 

c)  von  theilen  des  menschlichen  oder  thierischen  körpers  {häufig 
anstatt  spreizen,  s.  unten):  die  flügel  spreiten,  spargere  le  ale. 
KRAMiiR  dict.  2  (1702),886';  mit  gespreiteten  flügeln,  ali  sparse. 
ebenda;        zwo  lurteltauben  keusch, 

die  spreiten,  heben,  senken 

die  llngel  ohn  geräusch.      Seil  truttnachl.  158  Batkc; 

auch  im  bilde: 

il.'iromrung  will  die  flügel  spreiten, 

schaurig  rüluen  sich  die  bäume.    EicHinDORrr  1,237; 

dafür  auch  ausspreilen: 

(fee  lAhetle)  stiesz  am  platz  den  zarten  fusx  auf, 
wie  der  rudrer  smszt  vorn  Innd  ah, 
hob  sich  in  die  lüric,  spreitet' 
aus  die  lliigol.      Immkrma>n  12,  75: 

(wie  zum  schütze:)  dann  die  cherubim  spreylelend  die  flügel 
aus  an  dem  ort  da  die  laden  stund,  und  bedacktend  die 
laden  und  ire  Stangen  von  oben  iiiir.  Züricher  btbel  (t531) 
lA'ön.  S,  7;  {nicht  in  solcher  Zusammensetzung:)  und  die  {die 
heiligen  engel)  dar  zA  ior  vetcchen  über  uns  sprailenl  und 
uns  deckent,  da,7  uns  kain  arbait  nieuimerme  an  gewege. 
Griesbabkr  predigten  2,126; 

sie  {'lif  iimnreltrn)  lassen  virh  schon  nieder 

und  spreiten  ihr  gelieder 

auf  zarte  blunn'lein.     Fr.  Müllir  2,37:). 

die  (inger  spreiten,  sie  ausstrecken,  sie  fdcherförmni  ausrecken, 
als  geste  des  hohnes  und  spottes:  F.duard  ...  setzlf  den  daumen 
an  die  nase,  spreiiete  die  linger  und  plürrle  die  zunge  gegen 
den  allen.  Pichler  allerlei  gesch.  aus  Tirol  1,58.  auch  sonst: 
sie  spreitete  alle  zehn  linder  über  ein  buntes  halbseidenes 
halsluch,  das  sie  über  den  vollen  nackrn  geschlungen  trug. 
Anzbncrurbr'  3.  60;  dann  spreitet  er  {'fer  schattend  die  klopfen- 
den (Inger  wie  zu  einem  schwur.  4-'*,  172; 

willst  du  den  ring  daran  ('im  liiujci)  denn  nicht  lasatn  gleiten? 

das  amlre  drauf    warum  so  einpekicmmt 

haltst  du  die  band?  du  folUt  die  linger  spreiten. 

neCRRRT   3.  187. 

dem  entsprechend   auch  die  bände  spreiten,   trenn  die  gesamt 
heil  der  fincier  in  frage  kommt:  und  Saloino  tratt  für  den  allar 


17 


SPREITEN  (1,2.  II,  1.2) 


SPREITEN  (II.  3.  4)  —  SPREIZE 


18 


desi  herrn  gegen  der  gantzen  gemeynd  Israels  und  spreytet 
seine  hend  ausz  gen  himmel  und  sprach.  Züricher  bibel  (1531) 

1  kön.  8. 22  (LcTHBR  :  breitet);  die  arrae  spreiten,  sie  ausstreckend 
ausbreiten;  mit  gespreiteten  armen,  coUe  braeäa.  Kramer  diet. 

2  (1702),  8S6'.  häufig  mit  «eiterer  bestimmung:  die  arrae  über 
die  erde  spreiten,  spargere  le  braccia  per  terra,  ebenda;  sie 
versuchte  sich  aufzurichten,  aber  ohnmächtig  stürzte  sie  auf 
ihr  angesiebt,  beide  arme  der  länge  nach  auf  den  boden  ge- 
spreitet. Schiller  3,569.     als  flehende  gebärde: 

dein  böte  liegt  im  kerker  von  Turin. 

siehst  du,  wie  er  nach  dir  die  arme  spreitet, 

und  hast  du  keinen  Schilling  mehr  Tür  ihn? 

Ubla!<d  ge<i.  449. 

diese  form  inbrünstigen  gebetes  ßhrt  luletit  lu  Wendungen  tri« 
den  leib  spreiten,  sich  auf  die  erde  werfen  und  mit  seinen  glied- 
masien  die  form  des  kreuies  nachahmen:  zem  andern  mal  so 
soltu  got  da  mit  ere  bieten,  daj  du  dinen  lip  «olt  spennen 
und  spraiten  in  sinem  dienst  nnd  in  sinem  namen.  Grieshaber 
fr edigUn  i,  i33;  dann  auch  gespreitet  ligen,  giaeer  sparso, 
disteso.  Kraker  dict.  2  (1705),  886*; 

der  jämmerlich  lag  gspreitet 
in  flnsternis 
nnd  todes  bisx. 

lierterhuch  lies  16.  jahrh.  239.  44  GOdeke-Tittmann. 

d)  eine  kerze  spreitet  ihr  licht,  gewöhnlich  mit  weiterer  be- 
stimmung: eyne  keerse  spreit  oer  licht  arer  alle  menschen, 
de  dar  bi  syn.  quelle  bei  Schilleb-L(?bbei»  4,342';  vgl.  auch  das 
bild:  (die  grosie  menge  der  rornamen)  wird  in  einer  eignen 
samlung  einmal  ungeahntes  licht  auf  alle  theile  und  zeiten 
unserer  spräche  spreiten.  J.  Grinii  vorrede  lum  deutschen  Wörter- 
buch XIX, 

e)  selten  in  mehr  unsinnlichen  Wendungen,  entsprechend  2,  a: 
(Wilhelm  Farell  hat)  Ton  Murten  an,  item  von  Nenenstat  an, 
am  Leber  bis  gan  Genf  das  heilsame  evangelium  mit  harter 
müe  gespreitet.  Ahsbelm  ßern^r  eÄron.  6,  24,  24 ; 

was  tobte  di  rede  me  gespreit. 

Brdn  V.  Scbokricck  1309. 
entsprechend  2,  a  oder  i,b: 

all  kuDst  der  beiigen  ist  gespreit 
in  den  weg  der  fürsicbtikeyu 

Brint  nartensch.  42,  4. 

evtsprecheni  2,  c.    vgl.  Wendungen  wie  die  flflgel  Aber  einen 

spreiten:         der  keiser  hat  die  gnade  sin 

▼il  gar  von  mir  geleitet 

und  über  mich  gespreitet.     Otte  mit  dem  harte  460. 

f)  eine  eigenartige  objectserweiterung  findet  in  den  folgenden 
passivischen  Wendungen  statt:  do  zogete  das  her  aber  für  Stros- 
burg  wider  Hetzgerowe  zfi  nnd  rantent  durch  den  Kalggiessen, 
der  was  tot  allenthalben  mit  f&sysen  gespreitet,  d.  städte- 
chron.  9, 688,6;  nicht  weit  vom  ufer  war  ein  wirtbsbaus,  Stilling 
mit  seinen  cameraden  gieng  da  hinein,  und  in  die  stube, 
welche  Toller  Stroh  gespreitet  war.  Stillikgs  Wen  3,173.   vgl.: 

dir  zuo  was  der  esterich 

mit  guoten  teppechen  gespreit.    Eree  8600; 

da  meinde  er  dai  Täixelin 

das  ini>  dem  gwande  was  gespreit.     Gregorius  827; 

der  selbe  pfilsere 

...  ist  nach  wisheite 

mit  swibogen  gespreitet.    Flore  u,Blanscheflur  ^Ul. 

tu  solchem   gArauche  führen   troi  fügungen  wie  die  folgenden: 

sie  tbut  davor  (ror  dem  sonnenstrahle)  ihr  haupt  hinweg, 
verbirgt  es  in  der  blätter  grünen, 
die  spreiten  ihm  ein  schirmend  dach. 

Iaa»«Ann  13,20  Hempel; 
von  tbrinen  genetzt  weigert  die  laute  den  klang, 
und  es  zittert  die  band,  die  arme  spreiten  Umarmung 
aus.      Arndt  ged.  88. 

11.  reflexiv,  l)  entsprechend  eben  1, 2,  o.  (;  christeDliche  liebe 
spraitet  sich  anff  alle  menschen.  Keisersbbrc  siben  schaiden  7; 

die  selben  öden,  falschen  zungen 
von  BabiloDia  .«indt  entsprungen 
und  handt  sich  also  wevt  gespreit, 
das  sj  uns  Deutschen  hie  dAndt  leyt. 

MoRiiii  scbelmemunft  vorr.  55; 
dyser  keyser  soll  mit  flysx 
füren  ein  wopen  rot  und  wysz 
welches  sieb  spreiten  wirt  so  weit 
als  ye  keins  keisers  lange  zeyt. 

GiNGiNiACH  Nollhart  386. 
2)  entsprechend  oben  1, 2,  b : 

schüestt,  felsen,  ener  steinern  thor, 
schnee,  spreite  dich  als  decke  vor. 

iHiERaANif  1,  2,  37  Koch. 
X.3. 


3)  entsprechend  oben  1, 2,  e: 

auf  grüner  haid  und  matten 
bei  krausem  lorberbaum 
ich  spreitet  mich  in  schatten, 
sank  ab  in  süszen  träum. 

Sfkr  truimnchl.  34  Balke; 

von  einer  pflanzenwuriel:  die  wnrtzen  spreitend  sich  minder 
weyter  ausz,  dicker  in  einanderen,  angustius  distunduntur  radices. 
Maaler  382'. 

4)  anstatt  sich  spreizen  (s.  dies  un(en): 

je  mehr  das  glücke  sich  mit  seinen  gaben  spreitet, 

je  mehr  wird  nachmals  dann  durch  Unglück  umbgekehrt. 

Opitz  3,  288. 

SPREITGARN,  n.  fanggarn  der  fischer  lum  ausspreiten. 
vgl.  spreiten,  rerb.  l.1,b.  daneben  auch  spreizgarn  (s.  unten): 
ein  spreitgarn  der  fischeren,  ererrieultim  rete  est  piscatorium. 
Calepinos  513';  spreitgarn,  ein  in  Bayern  verbotenes  fischergarn. 
Frisch  2,30^',  vgL  Schm.'  2,707;  spreitgarn,  das  dicke  garn. 
ebenda. 

SPREITHOLZ,  n.  hoU  «im  auseinanderspreiten  eines  gegen- 
ständes: die  rippen  dienen  als  spreithölzer  für  die  falle. 
Breb«  iüustr.  thierleben  2,801. 

SPREITLAKEN,  n.  ein  weiszes  überlaken,  das  zur  tier  Ober 
die  gewöhnliche  bunte  bettdecke  gelegt  wird:  spreelaken  SchCtzb 
holst,  idiot.  4, 175.  vgl.  entsprechend  oben  sprei,  f.,  spreite,  f.  1,  b 
und  spreitdecke,  f. 

SPREITLING, «.,  niederd.  spretling;  als  solches  in  der  gauner- 
spraehe  bezeichnung  der  bettdecke,  der  deckmatratze ,  des  ober- 
bettes.  Ate-Lallekast  4, 610.  rgk  zeilschr.  für  deutsehe  wortf. 
2, 199'  und  das  vorhergehende  spreitlaken,  n. 

SPREITSEGEL,  n.,  s.  unten  sprietsegel. 

SPREITTLCH,  n.  in  Ostpreuszen  ein  grosies  viereckiges  wollenes 
tuch  ton  grüner  färbe,  früher  ein  bequemer  Überwurf  für  die 
frauen  auf  einem  Spaziergange,  besonders  aber  ein  kkidungs- 
stück  der  mägde.  Frischbie»  2, 356'  bringt  spretnch  mit  niederd. 
spreen  ^leicht  regnen  zusammen,  also  eigentlich  'regentuch',  doch 
wahrscheinlicher  gehört  es  su  der  oben  reichlich  aufgewiesenen 
bedeulungsgruppe  sprei,  f.,  spreite,/'.  l,b,  spreitdecke,  f.,  spreit- 
laken, n.  u.  5.  w,,  wofür  auch  die  ebendort  belegte  form  spreit- 
tuch  spricht,  vgl.  die  sprichwörtliche  redensart:  es  geschieht, 
wenn  die  katze  ein  spreittuch  trägt,  von  etwas  unmöglichem, 
gewöhnlich  aber  die  niederdeutsche  form:  wenns  arg  kommt 
gehen  die  katzen  mit  spretüchern  herum.  Frischbier  cLa.o.; 

da  fast  die  halbe  Stadt  in  einem  spreetuch  geht, 
kein  wunder,  wenn  es  auch  in  meinen  versen  steht. 

Lacsoh  erster  versuch  in  gedickten,  ebenda. 

SPREITüNG,  f.:  spreitung,  spargimento,  aUargamento,  disten- 
dimento.  Kraiei  diet.  2  (1702),  886'.  älter  in  der  Zusammensetzung 
ausspreytung,  dispersio.  Dastpodids.  wol  in  der  bedeutung  ^lager- 
stätte'  [vgl.  oben  spreiten,  verb.  1,2,6): 

was  not  war  von  Speisebereitungen, 
von  kleidung  auch  und  spreitungen, 
leitdecken  und  wänden  und  rossen  dazu 
beschaffte  Piran  in  einem  nu. 

Röciirt  Firdosi  2,  193; 
kleidung  ist  dünne,  spreitung  ist  roh 
ach  und  die  minne?  ...  in  heu  und  auf  stroh. 

ScBirrit  gaudeamiu  52. 

SPREITWEIZEN,  m.  eine  weizenart,  die  mehrere  ähren  auf 
einem  halme  trägt,  tritieum  compositum.  Nehnich  2,  t4S9.  auch 
wunderweizen  genannt. 

SPREIZBAL'M,  m.  starker  bäum,  balken  zum  stützen.  vgL 
spreize  und  spreizstange:  spreitzbaam,  6arra  a  suffolcire,  pun- 
tello.  Krämer  dict.  2  (1702),  887*.  bei  den  bierbrauem  ein  starkes 
holz  zum  anspreizen  des  stelü>odens  im  gärboltich.  Jacobsson  4, 234*. 

SPREIZROGEN,  m.  in  der  baukunst  ein  das  mauerwerk  zu- 
gleich stützender  bogen:  spreuzbogen  Schb.*  2, 708. 

SPREIZE,  f.,  o/id.  spriuza  GiArrO,  401;  mhd.  spriuze.  zur 
wortgeschirhte  vgl.  spreizen,  verb. 

1)  slrebeholz,  Strebepfeiler,  Stützbalken:  sprütze,  spnitz;  sprQcze, 
sprys,  spris,  pretentaeulum,  sustentaculum.  Dief.  458';  spreize, 
sui(en(dcuium ,  statumen.  Stieler  2096;  spreitze,  stanga,  barra 
o  suffolcire;  puntello.  Krämer  dict.  2  (1702),  887'.  heute  mund- 
artlich noch  spreuzen,  f.  stütze.  Scbm.*  2,708.  tn  Ostpreuszen 
die  spr^sie  {daneben  sprese)  einer  brücke,  eines  baufälligen 
hauses.  Friscbbiik  2,  366';  eine  spr^sze  untersetzen,  ebenda, 
entsprechend  in  der  bergwerkssprache  spreize  etn  balken,  der 
hereinstürzen  wollendes  gestein  äützL  Vbith  455. 

2)  ohne  hevorhebung  des  begriffes  des  stützenden. 

a)  spreszen  tn  Ostpreuszen  die  auseinandergespreizten  arm* 
der  deicksel  und  des  langbaumts  beim  wagen.  Frisch  2, 356';  m 


19 


SPREIZEL  — SPREIZEN  (1.1.2) 


SPREIZEN  (I,  2.  11,1) 


20 


ier  hergrerkisfiraehe  xr«  krtiiTveis  gffUUte  höher  zum  versfirren 
rinn  gffährdflfn  ftrrrke.  rgl.  spreizen,  rerh.  dazu.  Vuth  455: 
finden  dieselben  {die  fahrhniier)  eine  arbeit  (eine  arbeitsstelU) 
mit  schlagenden  weltern  angefüllt,  so  verschlagen  sie  die- 
selben mit  spreizen,  quelle  ebenda. 

b)  mehr  in  der  bedevtung  ran  spreisze,  s/ion,  splitter  (j.  diet): 
spreize  in  der  bergirerksaprarhe  ein  pflock,  an  dem  bei  rermessunp«»» 
die  sfhnüre  befestigt  Verden.  Vf.ith  455;  lass  dir  zwo  spreutzen 
«chlagen.  schraube  daranf  deine  scbnnr  nnd  henge  deinen 
gnibenrompas»  an  die  schnür,  quelle  ebenda. 

SPBEIZEL,  m.  1)  gegenständ  zxtm  avseinanderfpreiten,  die 
tjtrotse  an  der  leiter;  über  die  fchrribung  rgl.  die  uorlgefcliiclite 
ron  spreizen,  verb.  und  spreissel  (sprissel),  gradus  sive  barulus 
in  $rola  lignea.  Fniscn  2, 307*,  das  aber  ebensoirol  zu  sprris/.el, 
Span,  Splitter  (».  oben)  gehören  kann,  siehe  auch  »prössel  und 
spnlsscl. 

2)  trie  unten  spreizer,  m.  rin  mensch  mit  gespreiztem  vesen: 
dOs  is  a  relta  spreizll  ein  dummstolzer  mensch ;  sfrcM^ze],  langer, 
magerer  mensch.  Scn«.'  2, 706.  (iher  hedevtungsvermischungen 
xfrisrhen  unterm  vort  und  »preiszel,  spon,  Splitter  vgl.  das  letztere 
oben. 

SPREIZELEI,  f.  gespreiztes  wesen  eines  menschen:  spreizeley, 
fastus,  supercilium  grande,  tumor  mentis,  superbia  ventosa. 
Stieler  2;ti.    rgl.  spreizen,  rer6. 

SPREIZELN,  r?r^.    1)  ein  wenig  auseinanderspreizen.  Campe. 

7)  entsprechend  dem  vorigen  spreizelen.  pompam  agere,  magni- 
fice  et  fluctuatim  incedere,  wie  die,  denen  alle  gaszen  zu  en^ie 
werden  wollen.  Stieles  226.  ganz  trie  spreizen,  verb.  rgl.  auch 
unten  spreizler,  m. 

SPREIZEN,  verb.  fuleire,  suffulcire.  ahd.  sprinzan  Gbaff 
6, 400.  mhd.  spriuzcn  zu  ahd.  spriuza,  mhd.  sprinz,  spriuze, 
nhd.  spreize,  f.  (s.  oben)  gebildet,  also  'mit  einem  slrebehnlhen  ver- 
sehen, stützen,  das  wieder  zu  unten  sprieszen,  i^rfc.  mittelst  ysuf- 
fixet  gebildet  ist.  in  älterer  form  noch  spryssen,  fulcirc  Dief.  250', 
daneben  jünger  spreiiszen  Steinrach  2,643:  ich  habe  gespreuszt. 
eb'nda,  noch  heule  bair.  spreuszen  {neben  spreuzcn)  Schm.*  2, 'OS 
und  spreiszen:  spreissen,  fulcire  Dief.  25o',  dem  heutiges  ost- 
preusz.  spn'szen  {auch  sprfsen)  entspricht.  FsiscnniER  2, 356. 
neben  der  Umwandlung  des  früheren  iu  entsprechenden  stamm- 
voeals  eu  in  ei  ist  auch  die  eines  früheren  inlautenden  j  in  z, 
ungetrisz  wann,  erfolgt:  spreizen  für  älteres  spreiszen  verhält 
sich  wie  beizen,  heizen,  reizen  zu  älterem  beiszeii,  lioiszen, 
reiszen,  weize  zu  weisze.  auf  dem  wege  zum  heuligen  schrift- 
deulschen  lautäande  noch  schwankend  ist  Stiei.er  209ii:  spreiszen 
alto  dialecto  eliam  dicitur  spreizen;  vgL  auch  knAHER  unten  1, 1; 
spreiszen  neben  spreizen  Schmid  scliwäb.  wb.  504.  sonst  auch 
in  den  oberd.  mundarten  spreizen:  schbraiz'n.  Casteili  231; 
gpreilzen  idiot.  austriac.  117.  Schöpf  693.  üncer-Khüll  528'; 
spreiz'n  HCcel  153'.  ein  pari,  gesprissen  bei  VVecriierlin  (s.  den 
beleg  unter  II,  3)  und  Scbm.*  2,  706. 

I.  transitiv.  1)  einen  gegenständ  mit  einer  stütze  versehen: 
spreitzen,  spreissen,  sprcutzen,  puntellare.  appuntellare,  folcire, 
toffokire,  soppoggiare.  Kbamer  diel.  2  (1702),  >sr/;  gespreilzet, 
jmntelUito,  folcilo,  toffolcilo,  it.  disteso,  it.  resisteso.  bS7';  eine 
mauer  spreizen.  Sch«.*  2,  708;  einen  baiini  spreizen,  einen  mit 
früehtt*  überladenen  bäum  durch  ein  Stangengerüst  slMzen.  ebenda, 
rgl.  Lexei  kdrnL  üb.  237.  SceiiPF  693;  die  bamer  werden  ge- 
spreizt, damit  kein  att  abbricht,  quelle  bei  Mareta  58*.  im  berg- 
bau  baiifüiligc  gSoge  spreizen,  sie  durch  Strebebalken  gegen 
hertinstiirzen  ton  gestein  schlitzen.  Veith  456.  gern  wnd  auch 
daftr  unterspreizen  gebraucht:  ein  haus  unterspreizen,  es 
$ti4un.    tgl.  Mareta  59*.    vgL: 

kisin  in  der  mitt,  sin  dicken  shz, 

keyff,  niod  vtrbelbt,  schön  undersprentit. 

Oswald  t.  WoLitsniiri  89,  3,  2. 

})  der  dem  gebrauch  ton  1, 1  mehr  nebensächlich  innewohnende 
begrilf  des  emporreckent ,  ausitreckent  entwickelt  sieh  zu  selb- 
ttandtger  bedevtung  und  nähert  sich  so  dem  gebrauch  von 
spreiten,  rerb.  etwas  {wit  durch  eine  daiwitrhengeselzte  sj>reize) 
tuiitrecken,  autrinonderbreHen ,  aufsperren  u.  t.  w.  vgl.:  ein 
|iMer,  «ine  tkflre MfopraitMn.  Hofer  s,  ig«:  ein  geschlachtetes 
lurib  aOMinaiKlcrtfrtiMR ,  indem  spreizen  in  die  bouchhohle 
kkuJmgnminft  werden,  Csipi;  die  fOste  auseinander  spreitzen. 
AmcoM,  dth  auch  ohne  soleht  susdtu  (f.  unt4r  a). 

«)  VMI  »utärtektn,  tmseintndtrsptrren  u.  s.m.  der  gUeder  des 
mtmidkhAt»  «Ut  (hieritelm  Urjms:  die  fOsie  spreitzen,  weil 
9*n*inandtr$tlm»t  BAnia  S,  IftS;  gewöhnlicher  die  beine  spreizen : 
die  gespreislN  kelM  aollen  ihn  {den  gentui)  entweder  im  fort- 


schreiten begriffen,  oder  in  derjenigen  Stellung  zeigen,  die 
der  kiirper  natürlicher  weise  nimmt,  wenn  er  den  einen  arm 
mit  nachdrnck  zurück  schleidern  will.  Lersinc  ?<,  23t;  viele 
hören  ihn  {den  geist)  seufzen  nnd  jammern,  norii  andere  haben 
ihn  gesehen  sitzend  auf  einem  baumstock,  die  langen  spindel- 
dürren beine  über  den  weg  gespreizt.  Leoprechting  aus  dem 
Lerhrain  127;  vgl.:  er  wickelte  sich  auf  die  einladung  hin 
wollüstig  in  die  ganze  decke  oder  spreizte  die  beine  weit 
auseinander,  legte  sich  quer  über  das  bett  und  schlug  in 
harmloser  lust  purzelbäume  darin.  Keller  4,223  und  oben  1,2 
einl.  die  finger  spreizen;  mit  gespreizten  ungern:  er  inasz 
die  hohe  schiidelstirn  mit  den  gespreizten  lingern.  Sohnret 
im  grünen  klee.  im  wriszen  schnee  130.  entsprechend  bei  Ihieren 
die  lliigel  .spreizen:  bey  dem  fusze  (der  eftrenp/'orfe)  sprenszte 
ein  phönix  die  flügel  und  drehete  den  gestirnten  thierkreysz 
mit  einem  fiisze  herum.  l.,onEresTEiN  y4rmin.  1,355*;  der  phiinix 
(log  mit  melodischem  geräusch  zu  ihren  füszen,  spreizte  seine 
(ittichc  vor  ihr  ans,  auf  die  sie  sich  setzte,  und  schwebte  mit 
ihr  über  den  thron.  Novalis  2, 203; 

der  köniRsvogel  (rfer  adlrr) 

spreizt  seine  ew'gen  schwingen,  wetzt  den  sclinabel, 

als  war'  sein  gotl  vergnügt.     Slinkp.tpeaiv  Cymbrline  5,4; 

ein  blitx!  —  ein  krach!  —  die  stille  luft  erzittert,  ... 

ein  wasserdrache,  der  den  raub  gen-ittert. 

so  naht  es  pfeilschnell  mit  gespreiztem  flfigel. 

Keller  9,  25 ; 

(bildlich.)  die  gleichsam  nunmehr  gefesselten  Dacier,  Pannonier 
und  Dalmatier  waren  so  ungewohnt  auser  der  freyheit  als  ein 
fisch  ausser  wssser  zu  leben;  daher  spreiszten  sie  abermals 
ihre  federn  und  schärften  ihre  schein  wider  die  römischen 
landvögte.  Lohenstein  Armin.  2,  75'.  vgL  dazu  unten  II,  3,  b 
sp.  22. 

6)  mit  geringer  bedeutungsfärbung  auch  die  äugen  spreizen, 
sie  weil  aufrciszen,  grosze  auijen  machen.  Höfer  3, 165;  die  äugen 
waren  weit  aufgesprissen.  quelle  bei  Scbm.^  2, 1W>.  ebenso  den 
mund  spreizen   (von  einem  überraschten,  erstaunten  menschen): 

den  mund  er  spreutzt 
und  macht  ain  kreutz. 

OsWALn  V.  WoLKBflSTRlT»   1,  3,  12; 

hierher  auch  das  bild:  und  dieweil  dann  {im  frühling)  das  frech 
crdreich  seinen  rächen  wider  der  sonnen  gegenschein  wird 
aulTreissen  und  von  dem  warmen  regen  geschwängert  spreissen. 
Fischart  jrossm.  (A/o.strr  8, 564);  vgl.:  gaben  ihme  durch  auf- 
gesprissenen  mund  einen  schwedischen  trunk.  quelle  bei  Sch«.' 
2,70»;;  sie  haben  ihme  sinen  . . .  mumi  mit  einem  holz  auf- 
gesprissen. quelle  des  17.  jahrh.  bei  Schöpf  693. 

c)  auch  vom  ganzen  körper,  mit  gewalt  ausrecken,  auf  die  folter 
spannen,  vgl.  auch  den  entsprechenden  gebrauch  von  spreiten,  rerfc. 
I,  2, c  (sp.l'i):  und  darmit  Ihor  sUmd  niy  armen  unschuldigen 
man  schwerlich  tho  pine  gestalt  und  inyne  ledeniathe  gesprizet 
und  nlh  ein  geretten  und  darnach  myn  lilf  mit  water  up- 
gevullct.  quelle  von  1,532  bei  Scbillbr-LOrben  4,347*  (gesprizet 
für  gesprüzel). 

d)  selten  wird  spreizen  in  dem  sinne  von  spreiten,  rer(.  I,  2,  b 
gebraucht: 

da  legten  ihre  stecken 
die  Wandrer  aus  den  h&nden. 
und  spreizten  weiche  decken.    Frrilicratr  1,  122; 
vgl.:       (ein  hiium,)  der  sn  ein  helles  lauhdach  wölttnnd  spreizte, 
als  ob  vom  himmelsaug'  er  jeilcii  striihl 
in   grünen  spiegeln  aurtiirangeii  gei/te.     ItücKssT  3,  166. 

e)  in  der  spräche  des  bergbaus  eine  strecke  spreizen ,  sie 
wegen  gefälirlichkeit  durch  kreuzweise  gestellte  hölzer  ahs]vrren. 
Veith  4.">6,  dafür  auch  gern  verspreizen.  538. 

II.  reflexiv.    1)  im  eigentlichen  sinne. 

a)  entsprechend  I,  1  sich  mit  einer  spreize  versehen,  sich  spirizen- 
arlig  ausrechen:  sich  spreizen,  sich  stemmen.  Mareta  58';  sich 
gegen  die  wand  stemmen.  Campe,    häufiger  mit  localem  zusalze: 

ist  man  den  lang  zu  tisch  gesessen, 
das  du  vol  bl«i  mit  trincken,  essen, 
so  leg  (lieh  aiilT  mit  beydn  clbogen  . .. 
und  sprcitz  dich  binden  an  die  wend. 

II.  Sachs  17,  419.  4  Keller  aiHtes 

dafür  auch  sich  anspreizen  (Iheil  1,470):  darauf  er  sich  an 
zw»  wiirzlen,  so  aus  dem  felsen  giengen,  eingehengt,  mit 
den  knien  angesprissen  und  in  anruerfung  gottes  drey  stund 
daran  gehungen,  quelle  bei  Sciia.'  2,  706.  mit  weiterem  instru- 
mentalen zu  satte :  sich  mit  den  füszen  an  die  wand  spreitzen 
i)  anspreitzen,  poggiarsi  eontro  con  i  ftiedi.  appuntar'  i  piedt  al 
muro.  lat,  ubniti  pedtbus.  met.  reiistere.  Kramkr  di<-<.  2(I7(i2),ss6'; 
sich  mit  den  fOsten  an  die  wand  spreitzen.  Adilui«c.    hierher 


21 


SPREIZEN  (11,2.3) 


SPREIZEN  (II.  3) 


22 


gehört  noch:  ruckt  und  spreizt  sich  auf  Leid'  eilbög'n.  quelle 
bei  Maiieta  5o'.  weiterhin  auch:  sich  eiriäpieu/en,  die  arme  in 
die  hupen  stemmen.  Schm.*  2,  lOS.  vgl.  die  transitive  Wendung: 
die  liände  in  die  seilen  spreizen,  sich  in  positur  stellen,  vgl. 
Mareta  ü»'. 

b)  sich  ausstrecken,  ausbreiten,  entsprechend  1,2,  a: 

die  sleifeu  reiierii  spreizteu  sich 

aus  allen  ihren  lallen; 

sein  llügel  rauschte  lürchterltcb 

und  risz  ins  erdreicli  spalten. 

Hamler  (iibellese  2,  431. 

mehr  entsprechend  1, 2,  d;  seine  biätler  seyn  wie  binszen  oder 
röhr,  spreiszen  sich  ausz  also,  dasz  sie  biszweilen  in  der 
länge  eine,  in  der  breite  ein  halbe  eleu  erreichen.  Tabebnae- 
MONT.  1175 K;  alantwurtz  ist  gut  im  anfang  des  hornungs  zu 
pQantzen;  man  solls  aber  trei  schuh  weit  von  einander  setzen, 
dann  es  macht  grose  breite  plettir  und  die  wurtzel  spreuszt 
sich  weit  von  einander.  Sehu  feldbau  20S. 

2)  in  vergleichenden  Wendungen,  die  schon  hinüberführen  zu 
dem  gebrauch  unter  3:  sich  spreuzen  wie  der  haspel  im  sack. 
ScHM.^  2,  7o8; 

er  sprüsst  sich  wie  ein  katz  im  wetschger  (,manlehack), 
nablet  wie  ein  liolzboiscbger  (liolzhuuer). 

S.  Manuel  212  liäcklold; 

in  einer  personification  vom  lichtdocht: 

wie  in  der  kerze  wildOattei'ndem  leuchten 
der  klumpen  sieb  widerlich  spreizend  quält; 
liistern  leckt  er  die  lippeu  die  l'uucbteu. 

Immkkhann  1,  2,  79  Koch. 

3)  Übertragen. 

a)  das  sich  in  die  höhe  recken  wie  ein  Strebebalken,  die  hdnde 
in  die  hüflen  stemmen  und  die  beiiie  spreizend  auseinander- 
setzen büden  das  charakteristische  benehmen  des  prahlers,  yrosz- 
thtuis  und  geldprotien  und  veranlasiten  die  folgenden  Über- 
tragungen, dasi  die  rein  sinnlich  wahrnehmbare  erscheinung  dem 
gebrauch  zu  gründe  Hegt,  mögen  die  folgenden  belege  zeigen: 
sobald  du  zu  einem  ämptlein  kommest,  dich  sehen  lassen, 
dich  herfür  thun,  dich  spreulzen:  die  wort  und  den  gang 
nach  dem  grilT  und  schlag  richten:  dich  nicht  zu  gemein 
machen.  I'uiia.nüer  1,  .015;  das  macht  unser  volk  ijesetzt,  be- 
scheiden und  stille,  wahrend  hier  jeder  sich  spreizt,  die  arme 
schlenkert  und  die  giieder  wirft.  Hauskath  pater  Maternus  50; 
daher  sich  spreizen,  grosz  thun,  vornehm  thun  (als  besonders  in 
Baiern  gebräuchiUii).  ("ampe,  vgl.  Lexeh  237;  sich  spreitzen, 
grusithuerisch  auftreten.  SceöfF  093.  Lnger-Khcll  52»*,  vgl. 
ktEi.N  2,  lt>4  und  dte  wendung  ich  spreusze  mich  aus.  me  ex- 
tendo.  Steinuach  2,  tj44;  der  kerl  spreuszt  sich,  homunculus 
arroganter  incedit.  b43;  nun  fort  du  schelin,  wie  spreutzt  du 
dich!  ScuMELZL  David  u.  Goliath  (1545)  13';  dann  kunipt  ein 
manu  mit  aim  gesprenkelten  fätzen  an  ain  staiige  gemacht,  — 
der  spraitzt  sich  wie  der  teufel,  ich  mein  er  spraizt  sich, 
mein  Lindel  (Leonhard)  wie  spraizt  er  sich.  kiKCUuoK  wendunm. 
(I(iu2)  145: 

UuuH  Will  spreist  sich  und  spricht: 

ich  wil  mein  taler  haben  kurtz, 

es  sai;  der  pl'air  gleycb,  was  er  wöl. 

U.  Sachs  14,  3U2,  19  keller-Gölie ; 

der  gotlosz  mit  gekrümbtem  mund, 

mit  spötlich  autTgerunipTier  uusen, 

sich  spreissend,  iiittet  auir  den  grund, 

gaulz  irutzig,  uuwürsch,  aull^eblaseu. 

Wkckukrun  (1648)  35; 
dann  dehnt  sich  ihr  busea  aus,  dann  liebäugeln  ihre  blicke: 
wie  ein  scliuues  aiadcheu  thul,  das  sich  vor  dem  Spiegel  spreizet. 

Götz  tjfd.  2,  73; 

die  tugend  ist  ganz,  wie  ein  andrer  Staat. 

in  den  der  eitle  mensch  sich  spreizend  bullt. 

Hkbbkl  (lb:4li  1,  117. 

substantivisch:  on  alleyn  in  dem  sich  spreisseu  was  wider  gott 
ist,  das  nimpt  sich  allweg  selbs  ausz,  da  sollen  die  knechl 
Jhr  freiheyt  behalten,  sich  darwider  setzen,  doch  dasz  ein 
gäter  eifer  darbei  sei!  Pelrarcha  trostbücher  116*.  auch  von 
abstractem:  gallouirte  Dichtigkeit  die  ...  sich  spreizt.  Heysk 
4,243;  nicht  ins  gewiibl  der  raiischemlen  redouten, 

wo  ttuzerwiz  sich  wuuderberrlich  spreiszt. 

ScuiLLBR   1,  234,  4; 
ich.  der  ich  ehedem,  an  Jugend  wärmer, 
herunterstieg  in  spröde  Wirklichkeiten, 
und  mit  dem  Unverstand  begann  zu  turnen, 
lief  sielzeubal't  gespreizt  sich  auf  cothnrnen. 

I'latrn  321*; 
wenn  hier  Iheim  aller)  die  rechte  minue  l'ehlt, 
soll  sich  die  hochzeit  dennoch  «preizeu 
in  fesilichkeiteu  auserwählt. 

iMHüHMANt«    13,  IbU  llempel. 


mit  angäbe  der  Ursache:  sich  spreitzen  mit  etwas,  aggrandirsi, 
farsi  gründe,  pompeggiare,  braiare  . . .  sparnazsare  . . .  con  qualche 
cosa.  Kramer  dict.  2  (17ü2),  sSG';  er  spreitzet  sich  gewaltig  mit 
seinem  etc.  egli  pompeggia  etc.  fä,  mena  tanta  puiza,  fa  tanto 
strepito.  a>>'t' ;  sich  mit  etwas  spreizen,  grosz  machen,  sich  dessen 
rühmen,  sich  damit  brüsten,  äüelokg;  alle  übernatürlichen 
Wissenschaften  spreizen  sich  mit  der  poesie.  Bude  Montaigne 
deutsch  3  (1793),  5ül; 

so  sich  vor  mir  mit  allen  reizen  spreizend, 
versuchten  eil'erud  sie  an  mir  ihr  bestes, 
wettbuhleriscb  um  mein  gelalleu  geizend. 

KücKERT  yeä.  1  (1S40),  158. 

auch  sonst  in  entsprechenden  Wendungen: 

wan  es  zeit,  pllegest  du  die.  so  sich  spörreud  spreissen, 
und  sehen  überzwerch  in  jhreni  pracht  und  trutz, 
schnell  in  das  grab  zu  schmeisseu.    Wkckukrlin  (lt54S)U7; 
da  sah  man  sie,  die  sich  in  gold  mit  pracht  zuvor 
gesprissen,  sich  uu  mehr  mit  rew  und  layd  bedöcken.    71; 
gedeuckend,  dasz   unlängst  ich  (glickreich)  mich  gesprisseu, 
und  dasz  hingegen  mich  dein  ratvc  Taust  nu  mehr 
erhaben,  mit  mehr  macht  uud  spot  zu  grund  geschmissen.  2U7; 
wol  redt  mau  auch  von  eiuer  —  e  —  gewissen  — 
die  sich  als  Iran  uun  spreiszt.      Schiller  1,  354,  38; 

und  wenn  sie  sich  auch  noch  so  spreizen  in  ihren  gold- 
gestickten Qipsen,  mit  tressen,  händern  und  federn,  schon 
aus  dem  knarren  ihrer  stiefeln  höre  ich  heraus,  wo  sie  her 
sind.  Alexis  Isegrimm  242. 

b)  sich  sperren,  uideistand  leisten,  sich  zieren  u.  s.  w.,  mit  rück- 
sicht  auf  dds  durch  ausemanderstellen  und  gegen  den  boJeu 
stemmen  der  beine  charakterisierte  gebühren  eines  widerwilligen, 
vgl.  den  mehr  sinnlichen  gebrauch: 

er  steigt  vom  Froutin  ab,  als  jenes  sich  so  spreusset, 
(Froniino  dieses  rosz  des  edleu  ritters  heiszet) 
uud  steiget  uaulT  aulT  das,  das  so  wol  Uiegen  kan. 

D.  V.  D.  Werder  Ariusls  rasender  liolanU  4,  46,  1; 
der  vogel  fleugt  umbher,  und  macht  wol  hundert  runden, 
mit  seinen  klaweu  jbn  ins  antlitz  zu  verwunden, 
und  gegen  Rabican  sich  Qadderud  also  spreust, 
dasz  er  gehorsam  nicht  mehr  haud  und  sporen  leist.   8,  S,  7; 

es  ((/(>.':  käulein)  läszt  sich  auch  nicht  heiszeu, 

gar  schnell  sich  widersetzt. 

tliut  brüsten  sich  und  spreitzen, 

bleibt  immer  uuverletzL 

des  knaüen  wunäerhorn  2,  536  Boxberger; 

er  (der  iieier)  hat  sie  lang  gereizet 

durch  seinen  Qbermutb, 

bis  dasz  sie  sich  gespreizcl, 

zu  webreu  seiner  wuth.    Rüceert  geJ.  (1841)  161. 

hieraus  ergeben  sich  weiter  verschiedene  bedeutungsfarbungen: 
sich  spreitzen,  steh  weigern,  steh  wehren,  sich  zieren,  das  frauen- 
zimiuer  spreizet  sich  utlt,  nur  desto  besser  das,  was  es  ver- 
langet, zu  erhalten.  Hädlbin  (1711)  &3u';  das  frauenzimmer 
spreitzet  sich  gemeiniglich,  da  es  ihm  nicht  ums  hertze  ist. 
ebenda;  sich  spreizen,  sich  widersetzen.  Campe,  ganz  wie  sich 
sperren,  verb.  1[.  B,  2, 6, /?,  theil  10, 1,  2lb0  {doch  nur  in  all- 
Idylicher  rede  gebräuchlich.  Adblong);  sich  weigern  etwas  zu  thun, 
slutzifi  sein.  Lexer  kamt.  wb.  237;  sich  turückhaüend  benehmen. 
Uhger-Kbüll  5-2»'.  HCgbl  153',  vgl.  Klbhi  2, 164;  spröde  Ihun, 
sich  zieren.  Castelli  231;  sich  spreitzen  von  einem  gaste,  der 
sich  zum  essen  allzusehr  nötigen  läszt.  Uüfer  3,165;  die  sich 
aber  im  einzelnen  nicht  genau  sondern  lassen:  Thomas  stehet 
und  spreutzt  sich,  sein  hertz  streubt  sich,  will  hey  seinem 
gott  zeiien  zeugen  nicht  glauben:  ir  sagt  mir  vil,  so  hör  ich 
viel.  MatuesiIjS  hislor.  tun  Jesu  Christo  2,  Sl'; 

was  sie  thut,  musz  er  im  lan  glallen; 
spreitzt  er  sich,  so  ligt  im  nachmals 
ir  Ireundschallt  mit  neid  oh  dem  hals. 

H.  Sachs  10,  527,  4  heller-Gölte; 
vgl.:  dd  kom  der  kunic  gekruenet 

unde  vorderie  da^  kriuze. 
ob  sich  der  biscboll  iht  spriuze?    Uttoear  9637. 

auch  die  sache,  die  arbeit  spreuzt  sich  (spreuzt  sich  ein), 
kostet  anstrengung,  will  nicht  von  statten.  Scbh.'  2, 70S.  mehr 
in  der  bedeutung  '^sich  zieren,  spröde  Ihun  :  ja,  ich  werd'  nacher 
so  dumm  sein,  uud  werd'  mich  spreizen,  wann  mir  der  herr 
vetter  drei  zwanziger  anträgt,  quelle  bei  Mareta  59*; 

du  berzenleukende  gutlinn! 

heilte  briug'  ich  nur  bluhnien. 

weil  noch  das  miidchen  sich  spreitet; 

aber  machst  du  es  freiindlicb,  ,.  . 

so  weih  ich  dir  die  geliebte 

des  arkadischen  guties  [die  flehte).    Götz  grd.  3,  50. 

mit  einer  weiteren  bestimmung  der  zeit,  des  maszes:  er  hat  sich 
lang   gesproilzel,    egli  ha   fatto  lunga  resistenza,   egli  ripugnv, 

2* 


23 


SPREIZEN  (II,  3.  III) 


SPREIZENBART  —  SPREIZSTANGE 


24 


rtsisleUe,  c<mtrasto  un  ptito.  Kiamer  dict.  2(1702),  887';  er  wird 
sich  nicbt  lange  spreitzen.  ädblonc;  die  braut  hat  sich  eine 
weile  gespreilzet,  bis  sie  das  jawort  hören  liesz.  Höfkb  3,165; 
geh,    ipreitz  di  not  lang,   idiot.  Ausliiac.  117,  vgl.  HOcel  153'; 

wolautr,  das  bad  ist  schon  geheiuti 
«BS  billTi  es,  dass  ir  euch  lang  spreitxt? 

H.  Sacus  21.  »,  )6  Keller-Gölte; 

er  wird  sich  nicht  viel  spreitzen,  egli  non  fara  gia  gran  re- 
tislenia.  ktAHEB  did.  2  (1702),  887*.  mit  anyabe  des  gegenständes, 
uider  den  man  sich  spreiil:  sich  wider  jemand  spreitzen, 
spreissen,  spreutzen,  resiitere,  ripugnare,  conlrastare,  far  re- 
sxslenia,  far  lesta  ad  uno  . . .  intestarsi,  ostmarsi,  arborarsi  contro 
alcuno.  ebenda;  sich  wider  jemand  spreitzen.  Adelung;  so 
sich  gegen  einen  ceuturio  gesprissen.  Fkunsperger  3,  28S'; 
herzog  Wilhelm  Vischarl  von  Apulieu  spreust  sich  wider  die 
Schlangenart,  bienenk.  138'  randbemerkung ; 

ob  er  sich  gleich  vrolt  gen  uns  spreussen 
mit  samt  den  audern  plairciiknechteu, 
nii  laug  wird  weru  ir  gegeiirechieu. 

U.  Sachs  21,  5,  18  heller-GöUe; 
(neben  sperren,  verb.:) 

icb  wolt  mir  ee  in  die  lungen  beissen, 
das  ich  mich  wider  sie  wuli  ipreisseu, 
uud  wolt  mich  gegen  ineu  speireu. 

MuR.NKK  lulh.  narr  810  Kurt. 

das  SU  gründe  liegende  bild  wird  deutlich  durch  eine  fügung  wie: 
aber  sowahr  ich  lebe,  sie  spreitzte  sieb  gegen  mich,  wie  eine 
katze  im  sack.  Jucundi  lebensbesclireibung  15  {vgl.  auch  oben  11,  2). 
abgeschwächter,  in  dem  sinne  von  's/c/t  sträuben':  da  sich  nun 
diese  auch  dagegen  gespreusset  (die  leichen  der  eitern  zu  kochen 
und  2u  verzehren),  als  vor  einer  sacbe,  davor  sie  einen  abscheu 
hätten,  erwiese  üarius,  dasz  des  poeten  i'induri  meinung  wahr 
sey,  dasz  nebmiich  der  brauch  und  gewuhnbeit  über  alle 
dinge  herrsche.  WibOEHAHN  poet.  gefangensch.  1,45:  darwider 
(den  abbruch  der  vorstädle  von  llreslau)  sieb  aber  die  katholische 
geistlicbkeil  belTtigsl  spreuszte.  Steinbkrger  tageb.  bei  Gbün- 
UAGEN   Friedrich  der  grosie  u.  die  Breslauer  U9,  anm.  3; 

mir  scheiuet  wiedernnih  die  siiu, 

das  glück  thut  sich  nit  gen  mir  sprewseu. 

li.  Sachs  14,95,  18  heller-Götte. 

auch  sich  vor  einem  dinge  spreizen:  icb  spreiz'  mich  vor 
ein'n  dukaten  auch  nüt.  quelle  bei  Markta  59'; 

ich  sprach,  leg  mir  vor  klerlich  ausz 

warunib  du  auir  eym  esel  rryist? 

er  sprach,  das  ich  mich  ailmal  spreist 

vor  aller  arbeyt  grob  uud  schwer, 

als  ohs  mir  schaud  und  schedlich  wer. 

H.  Sachs  1  (1558),  331". 

III.  auf  das  refiexivum  geht  auch  ein  nur  sclieinbarer  tnfranst- 
liver  gebrauch  turiick.  entsprechend  oben  II,  3,  a:  sprt-utzen, 
maguifice  et  ßuctuatim  incedere,  einberprangeii,  sieb  ausbreiten 
und  alieutlialben  mit  den  kleideru  austussen.  Scuuttei.  1419; 
spreizen,  tumere,  superbire,  efferri,  subnixum  ambulare,  magnum 
tpirare.  Stieler  209«;  spreuzeud,  gruszthuend  Scuh.'  7(i»;  auch 
machet  die  närrische  muda  tracbt  und  das  possirliche  vor- 
stellen und  spreissen  ebensowenig  einen  wackeren  und 
tapffereu  mann  oder  Soldaten,  als  der  absurde  und  lächer- 
liche einsidler-habil  einen  grossen  heiligen.  Sim/^I.  l  (1C85),  70; 

liud  einhi^iinische,  gehohrne  llohmeu, 

von  de«  Terschkas  karabinieren,  . .  . 

unter  allen  die  schlimmsten  just, 

■preilzen,  werfen  sich  in  die  brüst. 

Schiller   Wallviiateinii  lager  1,1; 
liehen  i><  nur)  ein  armer  komodiant,  der  spreitt  und  knirscht 
•ein  «lündcheD  auf  der  biihn',  und  dauu  nicht  wehr 
vernommen  wird.     HUakesiieare  Uacbelh  5,  5. 

tnttprechend  oben  11,3,6.'  spreitzen,  widerstreben  Scbmiu  uhwdb. 
&Ü4;        ,jj  ^oiiun  gen,  i^  rreiheit  reisseo, 
wider  oberkeiten  tpreisieu. 

MuRNRR  lulh,  narr  2453  Kurt; 

aber  da  half  jetzt  kein  spreitzen  und  kein  bitten,  der  herr 
guuteraeur  wollte  absolut  die  schranneu  weg  haben.  Stkin- 
üKRCiB  lagebuch  bet  GkCnbacen  Fnedrick  der  grosse  und  die 
brtslauer  IWI.  auch  dte  folgenden  adjecltvisch  gewordenen  parli- 
cifun  gehen  wol  auf  den  reflexiven  gebrauch  lurück:  gespreitzt 
' grostthutrnck ,  aufgeblasen,  geziert',  g'spreitt,  stetf,  geziert. 
Mamüta  U*.  Scaopr  M3;  getpreuit  Scan.*  2,708;  gicbbraizt, 
f«Mnf,  aufgeblasen.  Castklli  IM;  ein  gespreizter  kerl.  Huikb 
S,  IM:  eine  gespreizt«  almkub,  btteuhnung  eines  koffitUgen 
miiektns.  liacBB-kauLi.  (>>'.  gewöknUeh  aber  gespreizte  worte, 
|Mpreizle  reden,  d.  h.  mit  fioskeln  überladene,  lang  aiitgedthnte 


U.S.W. :  eine  gespreizte  manier,  hoc/itrabende  ar(.  vy{.  Harbta59*; 
dieses  gespreizte,  hochtrabende,  pomphafte  wesen,  dieser 
furcirte  teutonismus  ist  in  diesen  lebensäuszerungen  . . .  um 
nichts  lächerlicher  als  die  ganze  romantische  richtung  und 
zeit  überhaupt.  Gebvinus  litleraturgesch.  b,6S0;  der  angebende 
witwer  begleitete  sie  bis  auf  die  strasze,  und  es  fand  ein 
gespreizter  und  ansehnlicher  abschied  statt.  Keller  5, 137. 
adverb:  icb  rede  nicbt  so  gespreizt,  ich  rede  nicht  in  hoch- 
mütigem tone,  vgl.  Mareta  59*;  gespreitzt  tuoo,  grott  thun. 
Lexer  237.    vgl.  noch: 

und  das  duckt  sich  uoch  scheinheilig 

oder  bläht  sich,  stolz  gespreiiet.     Hbinb  1,222  Eltttr. 

SPHEIZENBART,  m.;  spi eitzenbart,  praAiAans  Ungkr-Kbull 
628*.    vgl.  spreizer  2  und  spreizler. 

SPHEiZER,  m.  zu  spreizen,  verb.  das  wortgeschichtltche  vgl. 
ebenda. 

1,  a)  einer  der  spreisen  setzt:  spreitzer,  puntellalore  Kramer 
diä.  2(1702),  887*. 

b)  wie  spreize,  f.  (s.  oben)  der  Strebebalken,  Stützpfeiler:  der 
spreuzer  Scbm.^  2,  708. 

2)  einer  der  sich  spreizt:  spreizer,  superbus  Stielbb  2096;  was 
geht  hier  vor  ein  spreizer,  quis  hie  ansalus  ambulat?  subnixis 
alis  se  infert?  ebenda;  spreitzer,  pompeggiatore,  pavoneggialuie. 
Krämer  dtc<.  2 (1702), 887';  spreizer, pra/iier,  ;rosi(/iuer.  Mareta  5»'; 
spreitzer  Schmid  schwdb.  wb.  504.  Schiipf  (trol.  idtot.  693.  Unger- 
Kbull528';  spreitzar  Leier  Aiärnt.ivfc. 237;  spreuzer  Scbh.' 2, 7u3; 

die  Voilsherger  bueben  sein  rechti  spreitzer, 
bam  suusiea  koa  geld  als  kupferkreutzer. 

quflif  bei  Unckr-Khull  &28*; 
geh  nur  hin  zum  groass'n  küuig, 
frag  wo  ist  der  herr  Jesu  C.lirist, 
er  woass  grad  wie  du  so  wenig, 
weil  er  nur  a'  spreitzer  ist. 

kann,  hirtenited  bet  Wkinhold  weihnaclUsUeder  416. 

SPUEIZEKEI,  f.  entsprechend  spreizer  2,  geziertes,  qrosz- 
thuerisches  wesen.  Mareta  58',  ziereret  HCckl  153';  bahnt  d' 
narren  nüt  a  prahln,  a  grossi  spreizerei,  quelle  bei  Mabbta  59*. 

SPliEIZFEDER,  f.:  spreizfeder  in  einer  grOszeren  uhr  eine 
gabelförmige  stählerne  feder,  welche  das  sperrrad  gegen  die  walze 
preszt.  Jacobssun  4,234*;  auch  eine  feder,  welche  den  windfang 
auf  seiner  welle  in  der  nchtigen  Stellung  hält,  indem  sif  auf  den 
windfang   aufgenietet  sich  in   eine   kerbe  der  welle  preszt.    234*. 

SPREIZGARN,  n.,  dasselbe  wu  oben  spreitgarn,  n.  (s.d.): 
spreitzgam,  everriculum  Stiblbr  6U;  spreitzgarn,  everrioAo 
Krämer  dic(.  2(1702),  887*.  spreitgarn  gegenüber  spreitzgarn  ais 
das  gewöhnlichere  hingestellt  von  Fbiscb  2, 307*. 

SPREIZIG,  adj.  mit  gespreiztem  wesen.  vgl.  spreizen,  verb.  und 
spreizer  2:  spreizicbt,  inßatus,  superbus,  ansatus.  Stieleh  209<>; 

o  weh!    ein  heller  gansehauf!  .  .  . 

watschelt  eine  vor  die  fronte,  schwer  und  trag, 

vertritt  dem  fegerlein  den  weg. 

die  siebt  wie  ein  bauergweib  fett  und  geizig 

bautsiafl'elueidig,  dumm  und  sprrizi^'. 

H.  Ikuaz  1,  103. 

von  einem  litlerarischen  product  (vgl.  spreizen,  verb.  III):  das 
gedieht  ist  etwas  spreizig  gegen  eine  balliidenfurni,  wie  sie 
wohl  aus  den  vielen  nuten  ersehn  werden;  doch  wird  es 
wohl  sich  singen  lassen.  Zeltkb  an  Ijoethe  am  12.  junt  lsu9 
{briefw.  1,  362). 

SPREIZIGKEIT,  ^.  1)  möglichkeit,  eignsckaft  des  sich  aus- 
einanäerspreizens ,  des  anspreiuns  u.  s.  w.  vql.  spreizen,  verb. 
\l,l,a.b:  spreissigkeit,  vis  elasliea.  Wacbtbr  1570.  st/r 
sclireibung  vgl.  dte  wortgeschichte  von  spreizen,  vab.  und  tum 
begrifflichen  spreizfeder,  f. 

2)  gespreiites  wesen,  entsprechend  oben  spreizig,  adj. 

SPREiZLER,  m.  einer,  der  spreizelt  (s.  oben  spreizein,  ver5.): 
apreizeler,  syrma  trahens,  grandi  supercilii>  lucerlos  hbians, 
fMivonino  ambitu  se  circumspectans  et  admirans.  Stieler  226. 

SPREIZLING,  m. .'  spieizlinge,  ausscheiduni/en  aus  geschmol- 
zenem Silber  nach  der  erkaltung.  Jacobssun  4, 234*.  übet  na« 
mögliche  Zugehörigkeit  su  spreiszen,  spreiszeln,  tvr6.  s.  dort.  — 
doch  vgl.  die  form  spratzliug  o6en. 

SPREIZRING,  m.:  spreilzringe,  bei  den  schmieden  zwei  ringe, 
welche  auf  du  radnabe  bis  naJie  an  die  Speichen  getrieben  werden. 
Jacovssoi«  4,  294'. 

SPREIZSPRUNG,  «i.  6«i  den  turnern  ein  spruni  auf  dtr  stelle, 
6et  dem  die  beme  in  der  luft  gespreizt  werden. 

SPREIZSTANGE,  f.  slange  zum  stutsen  eines  gegenständes, 
tgl.  oben  spreize!  1  und  spreizbulkcu,  m.:  spreilziUngc,  Oanga 
a  iulfolcire,  puntello.   Kbaber  dic<.  2  (1702),  8»;*. 


25 


SPREIZSTELLUNG — SPRENGE 


SPRENGEISEN  —  SPRENGEL 


26 


SPREIZSTELLÜNG,  f.  bei  den  turnern  eine  grundstellung  mit 
gespreiikn  beinen.  spreizstellung!  entsprechendes  ausfuhrungs- 
commando. 

SPREIZÜNG,  f.  1)  herrichtung  einer  spreite,  s.  oben  spreize,  f.: 
spreitzung,  puntellamento  Kraher  did.  2  (l702),  sä7'. 

2)  übertragen  entsprechend  spreizen,  verb. 

a)  prahlerisches,  hochmütiges  wesen:  spieizung,  fastus,  inso- 
kntid.  Stielkr  20&(i;  spreitzung,  pompeggiamento  Krameb  dict. 
2(1702),  ss7'.    vgl.  spreizen,  teri.  II,  3,  a  unii  spreizer,  m.  2. 

b)  sich  sperrendes,  widerstrebendes  benehtnen:  spreitzung,  reni- 
tenza,  ripugnanta,  eontrasto.  Krameb  a.  a.  o.  vgl.  spreiten,  verb. 
II,  3,  b. 

SPKENG,  /.,  s.  unten  sprenge,  f. 

SPRENGAKÜEIT,  f.  di*  im  bergwerksbetriebe  mittelst  sprengen 
ausgeübte  arbeit.  Karmarscb-Heeren^  1,384.  Scheücbenstu8l229. 
Veits  456.  auch  die  sprengarbeit  im  Steinbruch;  einen  schiff- 
baren flusz  durch  sprengarbeiten  vom  eise  befreien;  die  spreng- 
arbeiten  mit  erfolg  fortsetzen;  der  arbeiler  fand  bei  spreng- 
arbeiten seinen  tod.    vgl.  sprengen,  verb.  l,  3. 

SPßE.NGBAND,  n.  zur  hersteilung  eines  sprengioerkes  dienendes 
band  (vgl.  unten  sprengwerk,  n.  3):  ''/VzoUig  starkes  lichtenes 
holz  zu  hängsäuleu  und  gprengbänder.  quelle  von  1827  i«i  Uhgbr- 
Kholl  5-28*. 

SPKENGBAR,  adj.  sich  sprengen  lassend,  quelle  bei  Campe. 
s«  sprengen,  verb.  1, 3. 

SPRENGBARKEIT,  f.,  iwn  vorigen,  ebenda:  die  sprengbar- 
keit  eines  gesteines. 

SPHENGBECHER,  m.  ein  becherartiges  gefäst,  welches  zum 
besprengen  der  blumen  im  garten  dient,  zu  sprengen,  verb.  I,  2,  a. 
vgl.  auch  unten  sprengfasz,  n.,  sprengkrug,  m.:  sprengbecber, 
subfusorium  Frisch  2, 308'.  übertragen  auch  bezeichnung  einer 
Tührenschneckenart:  sprengbeeber,  serpula  penis.  Nesjmch  2,1287, 
sonst  auch  entsprechend  gieszkanne  genannt. 

SPRENGBLOCK,  m.  in  der  spräche  der  belagerungskunst  ein 
auf  rädern  ruhender  blockartiger  balken,  der  in  einer  höhlung 
pulver  oder  handgranalen  birgt;  dte  enttündung  erfolgt  durch 
leitfeuer.  Jacobsson  4,347*,  sonst  auch  Sturmbalken,  sturmblock, 
sturmwalze  (s.  unten)  genannt,  im  vergleiche:  so  flog  der  gött- 
liche gedanke  in  mir  auf,  allemal,  während  der  douuer  auf 
seiner  heerpauke  fürchterlich  wirbelte,  an  die  kammerthüre 
wie  ein  sprengbluck  mit  dem  ganzen  leibe  anzurennen  und 
sie  etwan  eiuzustoszen.  J.  Pacl  kom.  anh.  zum  TUan  2,70. 

SPRE.NGBOCK,  m.  eine  jochartige  hülzverbindung,  welche  einen 
balken  zu  tragen  hat.  Karmabsch-Heeren^  1,676.  ähnliche  be- 
stimmung  hat  auch  der  bängebock.    vgl.  auch  oben  sprengband,  n. 

SPRENGBOHRLOCH,  n.  bei  sprer.garbeiten  das  für  die  auf- 
nähme des  Sprengstoffes  gebohrte  loch:  der  durchmesser  der 
Sprengbohrlocher  ist  bei  einniänuischem  bohreu  nicht  leicht 
unter  ^j*  zoll,  quelle  bei  Veitii  45ö. 

SPRENGBOLD,  m.  nach  raufbuld,  zankbold  u.  $.  te.  gefundene 
Verdeutschung  für  anarchist.  köln.  zeitung  von  1894.  vgl.  teitschr. 
für  den  deutschen  Unterricht  15, 266. 

SPKENGBOLZEN,  m.  im  tunnelbau  bezeichnung  der  zum  ab- 
spreizen der  Joche  dienenden  höher.  KarmaRscb-Heeren^  9,733. 

SPRENGBUSCHEL,  m.  büstltel  zum  sprengen  von  flüssigkeit. 
Campe,     wie  unten  sprengi^uast,  m.  und  Sprengwedel,  m. 

SPRENGDRAHTGITTER,  n.  bezeichnung  eines  kleinmaschigen 
drahtgitlers,  welches  zum  gleiehmäszigen  besprengen  eines  papieres 
mit  färbe  dient.  KARMABSCii-HeEr.KN^  2,172. 

SPRENGE,  f.     1)  entsprechend  sprengen,  verb.  l,  2. 

a)  flüssigkeit,  welche  zur  besprengung  verwandt  wird  (wie 
sprengWBsser:)  uos  aquam  lustralem  ereximus  et  dedimus 
potestatem  extinguendi  mortem  weihewasser  und  spreng. 
LiiTHEi  25, 470, 14  Weim.  ausg.  ein  hinzugesetzter  genitiv  fültrt 
hinüber  zu  der  bedeutung  ^handlung,  Vorgang  des  besprengens' , 
doch  bleibt  tunächst  noch  das  ältere  concretum  deutlich: 

die  warme  sprenge 
des  regen«  schwellet 
das  laub,  gehellet 

vom  Sonnenschein.    Voss  5  (1802),  22ö; 
denn  mir  gebot  allvater.  zur  priesteriii  an  dem  orakel 
seiner  natur  sie  zu  weibn.  die  holdanredeade  JungTrau, 
dasz    sie    die    hlumen    ertrischte    mit   taglicher  sprenge    des 
nektars.    Utas,  «eUie  un  6lolbenj  44; 
suletit  vvrblaszt: 

jetzt  nach  heiliger  spreng'  eutlasst  mich  In  Iriedeu,  und  lebt 

wohl!     üiiyttte  13,  39; 
auch   beschwur   er  mir  selbst,    bei   beiliger   spreng'   in   der 

wohuuug, 
schon  sei  niedergezogen  das  schilT,  und  rüderer  fertig, 
um  mich  heimiuseudeu  zum  lieben  laude  der  Täter.    14,  331. 


b)  gerät  zum  sprengen:  sprenge,  clepsydra,  harpagium.  Stieler 
2097;  sprenge,  afßatoio  innaffiatoio,  rigatoio.  Krameb  dict. 
2  (1702),  887';  sprenge,  gieszkanne  KrCmtz  «ncj/cl.  161,  693.  vgl. 
unten  sprengkanne,  sprengkrug,  sprengfasz  und  oben  spreng- 
beeber. auch  gegenständ,  welcher  eine  flüssigkeit  sprengt,  mit 
gröszerer  selbsitliätigkeit :  sprenge,  die  quelle.  Scbröer  207*.  wie 
unten  spring,  ni. 

2)  sprenge  'ein  kurzer,  doch  sehr  jälier  abschusz  an  einer  strasze, 
der  gewöhnlich  mit  einer  knüttelbrücke  festgemacht  ist.'  Stalder 
2,  3s7,  also  ein  ort,  wo  der  unvorsichtige  wandrer  in  den  ab, rund 
gesprengt  werden  kann:  die  sprengi,  jäher  abhang.  Honzikeb  248. 
hierher  die  wendung:  er  st£t  auf  der  spreng,  er  steht  auf  der 
kippe.  ScHM.'  2, 7U2.  auch  die  sprenge  eines  tisches,  der  rand: 
stell  das  glas  nicht  gerad  auf  die  spreng!  ebenda,  vgl. 
sprengen,  verb.  1, 1,  b. 

3)  sprenge,  klammer,  fusieisen  für  Verbrecher.  Schmid  schwäb. 
wb.  5U4.  Wei.nbolu  schles.  wb.  93*.  die  bedeutungsentwicklung  des 
Wortes  tU  nicht  deutlich,  vielleicht  stand  sie  unter  etnflusz  von 
unten  Sprenkel,  m.  [s.  dies):  junge  starke  schukeler  und  land- 
recken soll  man  in  die  sprengen  schlagen  und  den  pflästerer 
in  seine  arbeit  schicken,  ulmische  lerordn.  von  1614  bei  Scbmid 
schwäb.  wb.  482 ; 

ich  liesz  ihm  eisin  spreng  ansvbmiedea 
darzu  ein  halszband  wie  eim  rüden. 

Fhisculin   H'emielgard  V,  1. 

neben  der  den  gefangenen  an  den  klotz  schmiedenden  fessel: 

man  lasse  klammern  dann  und  sprengen  leriig  machen 
und  spann  ihn,  sperrt  er  sich,  bej  so  bewantiten  sacbeu, 
mit  fesseln  an  das  klotz.    A.  Gaipuius  1  (1698),  268; 

'^''^^  *»'••■  lass  keinen  der  ihn  liebt 

eindringen  auf  die  bürg:  ihn  auch  heisz  feste  schlieszen; 
mit  ketten  au  den  arm,  mit  sprengen  an  den  füszeu.    44. 

SPRENGEISEN,  n.  eisen,  welches  dazu  dient,  ein  glasgefäst 
an  einer  bestimmten  stelle  zu  zersprengen,  im  besonderen  den  hals 
eines  solchen  gefdszes  abzusprengen.  jACObssoN  7,414*.  vgl.  auch 
sprangeisen,  n.,  theil  10, 1,2793. 

SPRENGEL,  m.  l)  gerät  zum  sprengen  des  wassers,  im  be- 
sonderen des  geweihten  aassers,  vgl.  unten  sprengen,  verb.  I,  2,  a: 
Sprengel,  sprengil,  aspersorium  Dikf.  54';  sprengel,  spersorium 
546';  spreanel,  aspersorium  Schm.*  2,702;  sprengel,  aspwyiüum, 
quo  aquae  luslraiis  guttis  aspergunt  praesentes  in  templo.  Frisch 
•1,30b';  Sprengel,  weibwasserquaste  ScBüPF  693.  vgl.  auch  unten 
Sprengquast,  m.  und  Sprengwedel,  m.  geeignet,  weihungen  der 
verschiedensten  ort  zu  bewirken,  im  besonderen  aber  böse  geister 
zu  vertreiben,  gehört  er  su  den  hauptsächlichsten  cultusgeiäten 
der  katholischen  kirche:  dann  er  {der  pfaffe)  kam  mit  seiner 
küchin  processiunsweis  daher,  welche  zwey  wacbstiechier 
und  einen  weyhwasserkessel  am  arm  trug;  er  selbsten  aber 
war  mit  dem  chorrock  bewaffnet  sampt  den  Stollen  und  hatte 
den  Sprengel  in  der  einen  und  ein  buch  in  der  andern  band. 
Simpl.  1,  361,  "27  KeUer;  da  nam  der  gesell  einen  reibtopff  toI 
butter,  setzte  jhn  ans  fewer  und  lies  sie  heis  werden,  gos 
sie  in  einen  messingskessel,  und  zuch  eine  weisze  badkappen 
au  und  nam  ein  rottes  windelbandt  um  den  hals  wie  ein 
stot  und  einen  kleinen  sprengel  in  die  handt.  Hennebercer 
preusz.  landtafel  483;  der  uian  wurff  das  bette  vom  weibe  ujd 
findet  sie  nackend  ligen  und  hell  sie  mit  einer  band  fest 
und  mit  dem  sprengel  in  die  siedende  butter  dunckte,  und 
besprenget  sie  sagende:  asperges  me  domine.  ebenda;  (be- 
schreibung  eines  leichenzuges :)  voraus  gebt  der  bar  mit  weih- 
kessel  und  sprengel,  dann  der  wolf  mit  einem  kreuz,  der 
hase  mit  der  kerze,  hierauf  folgt  die  bahre  mit  dem  todiea 
fuchs.  J.Grimm  Reinhart  fuchs  ccwiii; 

uim  bin  den  sprengel,  den  er  treit, 
den  crietem  und  das  buute  kleid. 

B.  Walbis  i>db$il.  reyctt  1,  16: 

schon  in  mhd.  zeit  erscheint  es   als  typisches  gerät  des  katho- 
lischen getstUchen:  sie  taten 

in  we,  die  gotes  prelaten: 

vor  die  sprenget      starcke  knien 

sie  furteo.     Ludwi(fs  kreutfaltrt  7238. 

in  einer  vergleichung  mit  rücksicht  auf  seine  beschaff enheit : 

ich  gleich  sie  eiuem  enget, 
die  herzallerliebste  mein: 
ir  härleiii  kraus  als  ein  sprengel, 
ir  mnndlein  rot  als  rubin.    (:  rubeiu  6«ryr.  ISneuär.). 
tiedert)uch  1»,  17  Cödeke-Tiltmann. 

2)  dann  auch  der  amlsbezirk  eines  geutUehen,  eigentlich  der 
bezirk,  welcher  von  seinem  sprengel  (f.  unter  1)  geweiht  war  und 
noch  dauernd  unter  der  weihenden  Wirkung  desselben  stand.    e$ 


27 


SPRENGEL 


i$t  4tr  bette  beweis  für  du  ursprüngliche  btdeutung  des  geratet 
im  cuUmt  der  alten  kiiche,  dasi  solche  bedeutungsübertragung  sich 
m4  dem  worte  verbinden  konnte,  diese  sevunddre  beJeutung  ist 
besonders  alt  auf  nieäcrdeutscJiem  gebiete,  vgl.  auch  du  bedeutungs- 
tntieicklung  von  kirchs|iifl,  n.,  theil  i,%'i3:  bischup  Itodulf  de 
LaJde  iu  vuller  b«siiliage  de  stede  unde  siute  des  stichtes 
{von  Utrecht)  unde  den  tullea  und  tyos  ...  inen  biscbup  Sweder 
{der  vom  papst  bestätigt  war)  badde  allenen  den  sprenge!  unde 
Mr«t  de  papbeit  reulea  koode.  Litbecker  chruii.  bei  Sciiilleb- 
LCnkfcN  4.  S44';  vau  deiue  watere  Ceyna  an  . . .  wente  to  Sles- 
wick  alle  laud  horedea  iu  deu  Sprengel  to  Aldenburgh,  wente 
in  deuie  lande  nocb  neue  stiebte  efte  biscbupduiue  weren. 
koHNKa  !>t>'  ebenda,  doch  auch  schon  Lurata  scheint  diese  be- 
deutung  tu  kennen:  darum  bat  der  bapst  Cbhslus  reicb  gar 
verwüstet,  su  weit  sein  Sprengel  reicbet.  16,  l&l,^!  Weim.  ausg., 
«M  beide  bedeutungen  möglich  sind. 

a)  Sprengel,  districtus  kircbspieU  Schottbl  1419;  sprenget, 
dtstriäus paroecia aUasHrcb8pie\,dioecesis.  SriELKR209b;  sprengel, 
dulrictus,  praectpue  ecclesiasticus.  WACHTtt  1570;  im  besonderen 
aufsichtsbesirk  etnes  bischofs:  sprengel,  kircbsprengel,  districtus 
ecclestastuus  episcopi  alicujus.  der  bezirk  wie  weit  eines  biscbuCTs 
gerecbligkeit  und  aufsicbt  gebt.  Frisch  2,308*;  su  scbeinet 
mir  die  meinuDg,  dasz  Curl  mit  der  seit  die  biscbüflicben 
Sprengel  angeordnet  habe,  wahrscbeinlicher.  Müskr  osnabr. 
gesch.  1,  231  anm.  er  ist  abgabepflichtig,  wie  die  Zusammenstellung 
mit  zebntllur  leigt:  die  Urkunde,  wurin  die  gränzen  der  biscbüf- 
licben zehntOur  oder  des  sprengeis  beschrieben  gewesen  seyn 
sollen,  ist  nicht  niebr  vorbanden.  281.  seine  grenzen:  wo  die 
natur  nicht  durch  Qüsze  oder  uuf  andre  art  selbst  grunzen 
setzte,  schienen  die  bischoflieben  sprengel  dergleichen  nicht 
zu  empfangen,  sondern  sich  auf  eine  uiannzahl  zu  schlieszen. 
1.233;  überhaupt  scbeinet  unser  sprengel  die  Emse  und  die 
Hunte,  deren  lauf  sich  doch  oft  verändert,  zu  seiner  grüuz- 
linie  gehabt  zu  hüben.  1, 280.  beyde  pübste  suchten  sich  einen 
anhang  zu  machen,  auf  seilen  des  letztern  stand  die  übrige 
geistiicbkeit  des  rOmiscben  sprengeis  und  der  adel  der  sladt. 
ScBlLLKR   9,  243; 

(1er  fromine  kirclieuvoct  —  er  selber, 
desz  sprengel  überall,  wo  liülfe  notb, 
•r  kam  herbei  iu  seines  lieireii  diensi, 
su  streuen  aussaat  cliristliclier  gesitiung. 

Grillparzih*  7,  99; 
der  seeleobirt  gebort  in  seinen  sprengel.    8,  36; 
und  ist  eu'r  sprengel  hier  im  lager?   Neustadt, 
Neustadt  und  Wien,  dort  leuchte  euer  Hebt,    ebenda. 

dann  auch  der  pfarrbeiirk  der  leutpriester,  wie  kircbspiel.  vgl. 
auch  oben  Stiülilr  10.iH:  diese  erzpriesler  hielten  sehr  auf 
ihre  gewalt  gegen  die  bischofe,  wie  sie  denn  auch  ihre  eignen 
Sprengel  hatten.  Moser  otnabr.  gesch.  i,  2Si ;  ihre  (der  priester) 
uufauglicheii  missioosdislricte  lieszen  sich  leicht  in  pfurr- 
spreugel  verwandeln,  die  mit  der  zeit  in  kleinere  vertbeilet 
sind,  ebenda. 

b)  weiterhin  auch  beteichnung  der  weltlichen  obrigkeilen  unter- 
itelUen  beiirke.  für  den  weg  dut^r  begrijfserweilerung  vgl. :  vor- 
nehmlich aber  halten  bischofe,  herzöge,  pfalzgrafen  und  andre 
kaiserliche  represenlauten  iu  den  provinzien  die  iu  ihren 
spreogeln  gelegne  vogteyeu  an  sich  gebracht.  Müskr  in  den 
buttern  von  deuluher  arl  und  kun.4  118  neudr.;  unser  haus  lag 
im  churpHllziscben  sprengel,  und  wir  hatten  uns  einer  neuen, 
obgleich  erfreulichen  einquartierung  zu  erfreuen.  Göthe  24,287 
(dagegen:  über  die  grunzen  der  verschiedeneo  chiirfürstlicben 
bezirke  war  man  nicht  einig.  293);  noch  heule  gericblsspreugel, 
heurk  eines  amts-  und  laude sgerulites,  vgl.  theil  i,  l, 'Milb. 

e)  in  weilerer  leraUgemetnerung:  und  diese  perfectibilität 
oder  corruptibiliiat,  die  weiter  nichts  ist,  als  erstere  in  ent- 
gegengesetzter richtung  wirkend,  isl  es  eben,  was  den  menschen 
■Mckt,  und  was  ihn  vuo  dem  spieogel  der  physiognoroik  auf 
ewig  ausscblieszeo  wird.  Licbtknrero  vrrm.  icAr.  4,  27. 

I)  dasselbe  »i«  unten  Sprenkel,  m.  voiii-lfalle.  Kkbkkin  weid- 
wsaunsspr.  176:  sprengel,  ein  gebogener  dünner  ast  oder  schusz 
eines  Strauchs  zum  Vogelfang ,  vtrga  flexa  ad  capiendas  avts. 
Ftisca  1,  JOfc;  er  Idtr  liebhaber)  bUngt  jetzt  schon  den  sprengel 
■IU.  daroacb  kommen  auch  die  beerchen:  darnach  hals 
«OfdckM  iMt  U  Bascitcu:  ts  dreiU  sich  und  nattert  noch 
•bl  WVÜekm  kM«m,  und  esdlich,  und  endlich...  Wkiszk 
iom.  9pem  l ,  43 

4)  vol  ait^  ff  und  der  dhnltehkeit  mit  sprengel  1,  sprenget 
teutfhnung  ton  brainea  rapa  oteiftra.  auch  wttterhsn  rObsspreugel 
ftuannt,    an  der   btrgttiasse.    l'siTtSL-JksSKR  (kl. 


SPRENGELKASSE  — SPRENGEN  (L  1)         28 

Sl'llENGKLK.\S.SE,  f.  kasse  eines  geistlichen  sprengeis 
{s.  sprengel  1.2):  die  kasse  mag  nun  die  liischüfliche  oder 
die  geistliche  kasse  oder  auch  die  gottcs  und  kirchenkasse 
geheiszea  haben;  genug  es  war  die  wahre  Stifts-  oder  sprengel- 
kasse.   Moser  patr.  phant.  3,9i. 

Sl'HENCiELKÖit.NLLIiN,  n.,  wie  unten  springkorn,  n.  beieich- 
nung  von  catapucia,  heule  ttthymalus  lathyiis.  I^ritzel-Jessen  4Uü: 
spreiigelkOrnli,  eatapucia.  voc.  opt.  43,08. 

SI'HE.NGELLEUTE,  p/ur.,  in  Göttingen-Grubenhagen  sfteügel- 
iQe,  die  bewuhner  eines  kirchspiels. 

SIMtENCELSYNOüE,  f.  die  von  den  pastoren  eines  kirch- 
sprengels  besuchte  sijnode.  Sailm&nn  84\     vgl.  sprengel  2,  a. 

Sl'UENÜ  ELIA  LIFE,  f.  mittelst  weihsprengel  (s.  oben  sprengel  1) 
vorgenommene  taufe  einer  grOsieren  menschenmenge ,  im  gegen- 
sati  XU  der  taufe  des  eintelnen,  den  die  hand  des  priesters  allein 
besprengt:  vor  vil  jaren  haben  sie  vil  kinder  geborn.  ...  die 
{Margarethe,  grdfin  von  Holland)  hat  unib  die  jar  nach  Christi 
gepurt  gezelt  1313  in  einer  kindtbet  dicibundertsechzig  und 
vier  kinder  geporen,  alle  in  mentschlicher  und  voikoinner 
gestalt,  sein  auch  lebendig  zum  sprengeltuuf,  wie  maus  buist, 
kommen.  Ztmm.  c/iron.' 4,  4, 11,  wo  zweifelhaft  bleibt,  ob  nicht 
sprengel  taufen  ,  n.  gemeint  ist. 

SPRENGEN,  verb.,  causativbildung  zu  springen;  ahd.  sprcngan 
Graff  6,  399;  mhd.  sprengen,  zu  belegen  noch  als  ags.  sprengun 
ItoswoRTH-ToLLER  9U5';  ai(;iord.  spi'eugja  Fritzner  3,  499*  {dän, 
spränge,  schwed.  sprünga).  über  weitere  Verwandtschaft  auszerhalb 
des  germanischen  vgl.  die  wortgeschicIiU  von  springen,  verb.  nhd. 
schreibt  man  noch  ich  spränge,  spargo,  conspergo,  dtrumpo  und  ich 
hübe  gesprüngt  Steinbacq  2,645,  doch  gewöhnlich  dafür  sprengen. 

I.  transitiv,  l)  sprengen,  bewirken,  dasz  etwas  springt,  mit 
beziehung  auf  lebende  wesen  als  ubject:  sprengen,  inuclicn  dasz 
etwas  springt,  faire  saillir  ou  sauter.  far  sallare  qualche  cosu. 
HuLsius  (101(3)304';  sprengen,  suKure,  faire  sailler.  Scuottel  1419; 
sprengen,  facere  saltre.  Stieler  2106. 

a)  reitthiere  als  object:  ein  pferd  sprengen,  faire  sauler  «n 
cheval.  HuLSius  (lolG)  304';  ein  pferd  sprengen,  far  correre  il 
suo  cavallo.  Krahkh  dict.  2  (t70'2),8!>8'.  vgl.:  sprengen,  ein  pferd 
schnell  laufen  iiiuchün,  equum  ad  cursum  tncitare.  Frisch  2,  .iU8'. 
die  durch  auslassung  des  objects  hervorgerufene,  jedoch  nur 
scheinbare  intransitive  Verwendung  vgl.  unter  111.  im  mhd.  i>t  die 
hervorhebuny  des  objectes  noch  ganz  gewöhnlich,  vgl.: 
er  sprancte  dar  durch  liebe       der  ma:re  liult  guot. 

.    ,     ,  huäruit  472,  2, 

tn  der  handschr.  jedoch: 

er  sprungkie  daj  rosz  durch  liebe; 

diu  sper  sie  under  sluogeu,      dö  sprengten  sie  diu  res. 

,.  ...  .  Wotfdittricli  DV209; 

diu  res  si  dö  sprancten,  ' 

vil  ritterlich  si  sancleu 

diu  sper  über  Schildes  rant.     Walhi-ran  1009; 
diu  twerge  sprangten  auch  ir  bök 
und  siiessens  iiiiler  sam  die  Ktök. 

iUiNR.  V.  W'lTTKNWSlLIII    Mlll/   &2',  17. 

ebenso  vereinzelt  auch  noch  im  nhd.  bis  auf  unsere  zeit:  gynner 
der  bruchl  das  pferd,  er  ritet  es,  er  sprengt  es  und  schlecht 
es  und  thül  im  wee,  aber  diser  Ibüt  im  iiül,  aber  er  ver- 
achtet es  und  danckt  gott,  das  er  im  krallt  bat  geben,  dasz 
er  gon  ma^.  Keiskusuhüc  bilijeischaft  \U';  das  ross  isl  schon 
vor  dem  mann,  der  dencket  nicht,  dann  wie  ers  reitlen, 
sprengen  und  zu  seim  lust  nutzen  wull.  Franck  sprichw. 
2(lJ4i),7l',  danach  Fischaht  ehetuclitb.  kl';  ileni,  ein  beugst 
zu  sprengen  und  musterhalliig  zu  reiten  hett  er  {der  abt) 
keinen  ineister.  kiHCiiuoF  wenduum.  1,  490  Usterley;  do  war 
ainer  under  des  bischofs  diener,  der  hett  uin  Hucken  gaul 
und  wolt  auch  vorm  frawenziniiner  tehen  lassen,  was  er 
konle.  der  sprangt  und  domlct  im  vorholT  das  pferdt  nach 
vortbeil.  Zimtn.  chron.  l'',ho\,lb:  schon  stand  ich  auf  dem 
Scheideweg,  wollt  eben  mein  pierd  über  die  grenzen  sprengen, 
mit  Verwünschung  diesen  bodeu  auf  ewig  vorlassen.  Ki.iNbKn 
1,83;  er  verstand  aber  das  zaubern  und  zumal  so  halt'  er 
ein  röszlein,  das  konnte  wohl  reiten  und  traben,  iliiinit  setzte 
er  in  hohen  Sprüngen  Über  felsen  und  risse  und  spieii);te  es 
über  den  llusz  Wieseol,  ohne  das  wasset  zu  rühren,  brüder 
Grimm  sagen  I3U; 

Ich  selbst,  bowafTnal  mit  gascbost, 

bettelse  mein  «rabiich  reit.  .  .  . 

und  als  Ich  »«inen  lorn  eninannnet, 

rasch  auf  dtn  dracben  spreng  irirs  lot. 

ScHiLi.ia  11,  277; 

ibm  brannte  dns  haupl  von  räch'  und  luul, 

•r  ipr^iiftte  duf  ruiroii  In  dii<  lliii. 

htkkSRT  tirdosi  l,  b3; 


9  SPRENGEN  (I,  1) 

er  löste  vom  halfter  das  ringelpeflecht 

und  legt'  es  vor  sich  auf  dein  saitel  lurecht, 

sprengte  das  rosz,  und  getön  erklang.    "2,  505; 

auch  rriter  mit  äuszerem  object  verbunden:  (er)  sprenget  das 
pferdt  ein  höflichen  sprang  vor  dem  keiser,  grüsset  jn  dc- 
mütiglich.  Fierrabrns  G4. 

b)  mit  besiehung  auf  personen  als  object. 

a)  einen  sprengen,  ihn  eilends  wohin  schicken,  fortschicken. 
Hertel  232;  dahei  ist  gleichgültig,  ob  von  reitern  oder  fuszgängern 
die  rede  ist:  einen  jungen  hin  und  her  sprengen,  itrabalzare 
«n  ragazzo,  facerlo  trottare,  galoppare.  posteggiar,  in  volta,  e  correre 
qua  e  la.  Kraiieb  dicL  2(1702),  8?S*;  sie  hat  die  arme  magd 
bin  und  her  gesprengt,  ella  fece  trottare  la  porera  fante  qua  e  la. 
ebenda;  Radirobanes  hat  jhm,  ...  mich  mit  bnszhafftiger  that 
zu  entführen  fflrgesetzet,  unnd  den  vater  sampt  mir  unter 
der  beschönung.  als  ob  er  etliche  auffzüge  an  dem  ufer  halten 
wolle,  dahin  gesprenget.  Opitz  Barclajus  teutsch  1,480;  ich  will 
sie  nicht  eher  herübersprengen  als  nöthig  ist,  denn  es  ist 
noch  nicht  einmal  wahrscheinlich,  dasz  wir  mittwoch  spielen. 
GöTBE  an  Schiller  512*;  Gonzalo.  ich  will  einen  nach  Sarossa 
sprengen.  Camiüe.  all  eure  leute  und  pferde  sind  mit  Se- 
bastianen. 57, 193;  aber  ich  werde  den  Lormeuil  nicht  von 
Toulon  nach  Paris  gesprengt  haben,  dasz  er  als  ein  jung- 
gesell  zurückkehren  soll.  Schiller  der  neffe  als  onkel  3,  9; 
besteilt  ein  gutes  abendessen,  sprengt  einen  burschen  für 
doppeltes  trinkgeld  nach  der  Stadt,  um  uns  champagner  zu 
Terschaffen.  Iumbrsiash  Münchh.  3, 194;  die  Maitiene  aufs  fehl 
hinaus  sprenge.  Seii.fr  Basier  mtindart  275'.  oft  mit  deutlicher 
Charakterisierung  des  nutzlosen:  einen  sprengen,  ihn  unnötig 
wohin  schicken,  vgl.  ebenda;  einen  sprengen,  ihn  in  den  april 
schicken,  zum  besten  haben.  Hdszirer  24S;  daßr  oucA;  in  abrille 
spränge.  Seiler  Basler  mundart  275';  die  pferde  wollte  ich 
ifg.  gern  schicken,  eines  aber  war  mir  auf  der  vergebenen 
reisen  nach  Kressen,  dahin  ifg.  mich  und  andere  gesprenget, 
gestorben,  die  andern  zwei  wären  nicht  des  fullers  werth. 
ScHWEiNicHES  denktcürdigkeiten  150  Oslerley;  auch  meiden  die 
gerichtsleut,  daz  man  kainen  gesessen  gerichtsman  ausz  dem 
geliebt  vordem  und  sprengen  oder  in  vergeben  zerung  und 
unkost  laiten  soll,  österr.  weisth.  1,206, 17;  es  sollen  auch  dorf- 
maister,  fünfer  und  die  saltner  gwalt  haben,  und  nit  albegen 
ain  ganze  gemain  umb  ain  schlechte  sach  von  irer  arbait 
zusamen  sprengen,  tirol.  weisth.  2,328,22;  er  ist  ein  schurk.  ... 
dasz  er  uns  so  unnütz  ins  schiosz  sprengt,  und  nicht  einmal 
mitkommt,  wie  er  es  doch  versprochen.  Pkstalozzi  Lienh.  und 
Gertrud  1,204;  herr  untervogt,  es  murreten  da  etliche,  dasi 
ihr  sie  also  ins  schiosz  gesprengt,  nnd  da  noch  wider  euer 
versprechen  allein  gelassen.  205;  also  hält  ich  wohl  können 
daheim  bleiben,  und  klagte,  dasz  ihn  die  vögtin  so  eilfertig 
über  den  berg  gesprengt,  und  dann  noch  her  einem  so 
schlechten  wetter.  3,56;  einem  so  unfreundlichen  und  uner- 
warteten bescheide  fügten  sie  noch  allerlei  spüttereien  hinzu, 
und  lachten  sich  untereinander  aus,  dasz  sie  durch  diesen 
irrtbum  in  den  regen  gesprengt  worden.  Göthe  18,253;  der 
kardinal  von  Lothringen  ...  war  so  fein,  den  könig  zu  bitten, 
sich  im  rath  einzufinden  . . .  der  könig  fragte  darauf  den 
kardinal  von  Lothringen,  ob  er  keinen  andern  grund  gehabt, 
ihn  in  den  rath  zu  sprengen,  als  diesen?  Scbiller  (1834)  1129*; 
ich  bin  nur  deshalb  fortgesprengt  worden,  um  geschwätz  über 
seinen  besuch  zu  hören.  Freitag  6,  I76.  vielleicht  schon  zu  der 
Verwendung  unter  1, 1,  6,  i;  ßhrl  folgendes:  dadurch  [durch  diese 
Versäumnis  des  angesetzten  gerichts)  ihre  gegenparteien  vergcbent- 
lich  umb  die  weeg  ge.sprengl  und  in  mehrern  uncosten  ein- 
gcfierl  werden,  österr.  weisth.  l,  105. 20,  wo  umb  die  weg  wol 
den  gegenständ  der  Schädigung  ausdrückt. 

ß)  in  die  höhe  springen  machen:  ein  kindt  sprengen,  danser 
un  enfant.  far  ballare  un  bambino.  Hülsii;s  (1616)  304';  einen 
hoch  auf  sprengen,  bewirken,  dasz  er  vor  entrüstung  von  seinem 
sitze  aufspringt  oder  in  dir  höhe  fährt:  manchmal  am  nach- 
mittag sei  noch  kein  belt  gemacht  und  abends  um  neun  uhr 
wisse  man  noch  nicht,  was  man  zu  nacht  essen  wolle,  es 
bStle  sie  hoch  auf  gesprengt,  als  sie  das  gesehen.  Uli  der 
knccht  375. 

v)  heraus  springen  machen:  dein  toben  hat  ihn  aus  dem 
bett  gesprengt.  Göthe  11,174;  bildlich:  einen  sprengen,  einem 
durch  ranke  sein  amt  nehmen.  HoNziiEi  248,  eigenllich,  bewirken, 
dasz  er  aus  seinem  amte  heraussprengt,  doch  bleibt  eine  heeinflussung 
von  1,3  her  zweifelhaft,  vgl.  unter  springen,  verb.  Wendungen 
wie  einen  springen  lassen,  ihn  beseitigen,  aufgeben  u.  s.  w. 


SPRENGEN  (I.  l) 


30 


S)  einen  ins  gePängnis  sprengen,  ihm  zu  einer  gefängni^straf« 
verhelfen,  dementsprechend  mit  unsinnlicherer  Utraler  beziehun§ 
einen  ins  ungifick  sprengen  anstatt  des  gewöhnlicheren  einen  ins 
Unglück  stürzen:  wenn  er  einmal  sein  elend  vergessen  wolle 
und  sich  Instig  machen,  so  käme  alles  auf  ihn  los  nnd 
suche  ihn  zn  unterdrücken,  wer  ihn  ins  nnglück  sprengen 
könne,  der  thue  es.  LH  der  knecht  28.  einen  in  mühe  und 
Unkosten  sprengen:  will  auch  schier  ein  jeder  so  etwa  ein 
handl  vor  gericht  hat  seinen  fürgesezten  richter  für  parteiisch 
halten,  vor  ime  nit  antwort  geben  und  dadurch  seinen  gegen- 
tail  in  mühe  und  uncosten  sprengen,  österr.  weisth,  6.503,41. 
Wendungen  wie  einen  in  einen  handel  sprengen  liegen  wol  m 
folgenden  zu  gründe:  indessen  wenn  ich  dir  gut  zu  rate  bin, 
so  lasz  dich  nicht  ein;  man  will  dich  bineinsprengen,  nnd  die 
andern  wollen  sich  hinter  dir  draus  machen.  VU  der  knecht  75. 

*)  als  strafe  für  einen  betrügerischen  bäcker:  einen  becken 
sprengen,  ihn  zur  strafe  ins  wasser  werfen.  Schji.' 3, 702.  einen 
ins  feuer  sprengen,  ihn  ins  fever  werfen  und  verbrennen  lassen: 
die  lieb  printzes  von  Wallis  schreibt  mir,  dasz  sie  den  Bullin- 
bruck  mitt  einer  figur  von  einer  non  milt  einem  kindt  in 
seinen  armen  dorch  einen  teüffel  haben  in  feüer  gesprengt. 
Elisabeth  Chariotte  3,  672  Edland.  auch  sonst:  Stini  fluchte, 
dasz  er  es  habe  ins  (»nwi-)Ioch  sprengen  helfen.  Uli  der 
knecht  120. 

t)  allgemein  einen  rn  tode  sprengen,  ihn  ron  einem  erhöhten 
punkte  herabstürzen,  dasz  er  zerscheül:  sie  fürten  in  bisz  zn 
dem  grot  des  hergs.  uff  daj  sie  jn  überal  zn  tod  sprengten 
oder  stürtzten.  KEisERSBERGpo5ti7J«2,58;  das  hausz  und  schiosz, 
da  denn  der  grafF  vom  Forst  innen  gesessen  war,  den  da  Goffroy 
zu  todt  sprenget,  buch  der  liebe  284*.  anders  ist  wol  aufzu- 
fassen: dann  die  wittib,  deren  keysers  Trajans  son  das  kind 
zu  tod  hat  gesprengt,  wolt  dem  keyser  den  rechtspmch  dar- 
über zu  geben  nicht  so  lang  sparen,  bisz  er  auss  seim  vor- 
habenden zug  wieder  kam.  Garg.  226',  wo  das  aus  sprengen 
1, 1,  a  abgeleitete  sprengen  MI,  auf  dem  rosz  daher  jagen,  wol  tu 
gründe  liegt,    vql.  auch  noch  unier  \,  l,  c. 

Tj)  einen  um  ein  ding  sprengen,  ihn  darum  bringen,  betrügen. 
REHREI5  nassau.  volksspr.  2,51;  was  will  er  machen?  steckt 
dem  in  den  klauen  ganz  und  gar,  musz  zu  allem  jetzt  ja 
sagen,  am  end  ist  aber  doch  meine  Schwägerin  allein  drum 
[um  die  hinterlegte  geUsumme)  gcsprengl.  Fr.  Mf  lleb  1, 275. 
wol  zu  erklären  aus  !,  I,  6,  a,  wo  die  nebenbedeutung  des  zum 
narren  habens  (vgl,  dort  Wendungen  wie  in  den  april  sprengen) 
sich  zu  der  des  betrügens  weiter  entwickelte,  den  Übergang  ver- 
anschaulicht der  letzte  beleg  unter  1, 1,  b,  a. 

c)  scheuchen,  aufscheuchen,  verjagen,  verfolgen;  wol  ursprünglich 
Jäger-  und  fischerausdruck:  indessen  wurde  der  Kolilwald  von 
den  immer  zunehmenden  geiszen  übertrieben,  die  rosse  die 
man  auf  den  fettern  graszplätzen  weiden  liesz,  bisweilen  von 
den  geiszbuben  verfolgt  oder  gesprengt,  der  arme  mann  im 
Tockenburg  33; 

vom  nahen  lärm  erapor  gescheuchi, 
feld  ein  und  aus,  berg  ab  und  an 
gesprengt,  verfolgt,  doch  unerreiehl, 
ereilt  das  wild  des  angers  plan.    Bdrcer  70\ 

bildH^  Mick  von  personen:  hast  da  nicht  diesen  edlen  ver- 
wundet; seine  liebste,  seine  braut  aus  den  armen  ihres  vaters 
gesprengt,  der  ihr  diesen  schritt  nie  verzeihen  wird?  Götbk 
57,211.  von  einem  verfolgten  pascher:  als  ich  wie  ein  halb 
zu  tode  gesprengter  niederfiel.  Fbldbb  reich  und  arm  293 
{vgl.  olien  zu  tode  sprengen  unter  I,  i,ft,  ^,  von  dem  dieses  su 
unterscheiden  ist),  ins  garn  sprengen:  das  ist  recht  wüst,  und 
ich  will  von  der  ganzen  sache  nichts  mehr  hören;  ich  lasse 
mich  nicht  so  hinein  sprengen,  wie  man  die  fische  ins  garn 
sprengt.  Uli  der  knecht  398.  auch  als  bildliche  wendung:  dich 
so  bethören  zu  lassen!  siehst  du  nicht,  dasz  das  ein  eintältig 
angelegter  plan  ist,  um  dich  ins  garn  zu  sprengen?  Götbi  10, S2. 

d)  die  Stute  sprengen,  die  kuh  sprengen  wird  von  Hengsten 
und  stieren  gesagt,  wenn  sie  vor  dem  eigentlichen  Sprung*  das 
weibliche  thier  sunichst  aufscheuchen  und  verfolgen;  dann  auch 
ganx  wie  springen,  verb.  {s.  unten)  btieichnung  des  begattungs- 
vorgangs  selbst.  vgL  KEnRsm  volksspr.  in  iVotMU  1,385:  unnd 
ist  eben  als  sünd,  als  wenn  ein  stier  die  gantze  herd  sprengt 
und  tragend  macht,  dann  wie  der  farr  kein  wehrend  oder 
verbietend  gesatz  hat  darwidcr  er  sündiget,  also  auch  goll. 
S.  Frahck  chronica  (1531)  442'.  ganz  entsprechend  beteiehnet 
sprengen  in  der  ueidmannssprache  jenen  Vorgang,  ^wenn  der 
hirteh  das  thier,  welches  er  beschlagen  will,  mit  dem  geweihe  einige 


31 


SPRENGEN  (1. 1-  2) 


SPRENGEN  (1,2) 


32 


f«i(  getrieben  hat  *nd  et  dann  flüchtig  macht,  um  xvm  betchlag 
aufzufüllen.'  Traih   I,  285. 

e)  auch  ron  anderen  eonireten  gegentländen  wird  sprengen 
in  dem  unter  I,  1  aufgewiesenen  finne  gesagt,  heraus  springen 
machen:  sie  Iheten  mit  jren  schwerdlern  das  fetir  aiisr  heim 
nnd  schulen  sprengen.  Fierrabnn  Bf>;  zu  kilt  {zum  närhtlirhen 
hesHch  der  geliebten)  läuft  man  nicht  in  den  iiolzbndpn  {holz- 
schuhen),  und  wann  sprengt  man  mehr  srhuhnägel  aus,  des 
lages  oder  des  nachts,  wo  man  keinen  stein  «iehl,  kein  loch, 
keinen  graben.  Uli  der  knerht  47.  hinunter  springen  machen: 
demnach  zog  er  sin  schwert  usz  und  schluog  ein  rjlter  damit 
nflr  sin  heim,  da;  er  inn  unlz  ufT  die  zenn  zerspielt,  demnach 
ein  andren,  also  daj  er  im  den  kopff  uff  die  erden  sprangt. 
Haimonskinder  231,24.  «n  einem  dem  oben  unter  c  aufgeiciesenen 
gebrauche  ähnlichem  sinne:  diesem  gleich  erhandelten  unsere 
Jünglinge  eines  der  auf  den  Irödel  gesprengten  kirchenbilder 
um  den  geringsten  preis.  Göthk  43,396.  hierher  noch  der  hand- 
verksausdruck:  der  Zimmermann  sprengt  die  schnür,  trenn  das 
tu  lersdgende  holi  krumm  ist  und  der  den  schnitt  vorteichnende 
tehnurschlag  der  krümmung  entsprechend  geworfen  wird.  Jacobssoh 
4, 2>4',  wo  eigentlich  der  sinn  des  versprengens  lu  gründe  liegt. 

f)  selten  wird  sprengen  bildlich  auf  abstractes  bezogen  {ent- 
sprechend I,  l,a): 

Hafls  insbesondre  schafTet  ärgernisse, 

Mirza  sprengt  den  geist  i'ns  Ungewisse, 

saget,  was  man  thun  und  lassen  müsse.    Göthk  5,  33. 

entsprechend  1,1,6."  eine  rede  unter  die  leute  sprängen,  ser- 
mones  spargere.  Steinbach  2,645. 

2)  sprengen,  spargere  Maaler  382';  sprengen,  aspergere 
ScBOTTEL  1419;  strewen,  sprengen,  spargere  Cobvinds  619"; 
sprengen,  spargere  Stiei.er  2096.  Wächter  1517.  part.  gesprengt 
(besprengt),  sparsus,  aspersus.  Hemsch  1568,38. 

a)  flüssigkeilen  mehr  terstäubend  spritzen:  sprengen,  gieszen, 
arrouser,  asperger,  addacquare.  Hülsids  (1616)304';  sprengen, 
fundere,  madidare,  madefacere.  Stiei.er  2096.  gewöhnlich  mit 
angäbe  des  objectes  {über  seine  seltener  vorkommende  auslassung 
vgU  unter  III,  2,  sp.  40):  wasser  sprengen,  wegen  des  staubs,  ehe 
man  auskehret,  spargere  aquam  et  vertere.  Frisch  2,  308*.  mit 
weiterer  localer  angäbe:  die  hirten  Tersuochent,  welbiu  schaf 
geleben  mügen  über  den  winter,  und  sprengent  eiskalteg 
wayer  auf  ir  aller  «ter;,  welhej  dann  dag  wasjer  vast  top 
im  srhütt,  äaz,  ist  stark.  Megenbbrg  154,19;  das  sebzehend 
ist,  da;  der  frawen  milich  dick  ist  und  zseh,  als6  der  si 
sprengt  auf  ein  glas,  sft  at^nt  die  tropfen  dar  auf  als  die 
arwai;  und  fliejent  niht.  41,8;  ein  Schneider  der  nimt  da; 
mul  Toll  wasser,  er  trinckt  es  aber  nit,  . . .  und  da;  wasser 
speutzet  und  sprengt  er  uff  das  tfich.  Kbisersrerg  emeis  24'; 
und  nach  der  Ordnung 

setzten  sich  alle  gereiht  auf  stattliche  sessel  und  throne. 

diesen  auch  iprengetan  wasser  die  herold'  über  die  bände. 

■J  .  ,     ^        j       .  j  .      .  .  Oilussee  1,  146; 

vpi..  ein  fiur,  dai  Arst  enttundet  wirt, 

da;  ist  zehant  zergenget. 

swer  drüTe  ein  Intzel  sprenget 

Ton  waiier,  ti  erlischet  wo),    troj.  krieg  22120. 

geweihtes  wasaer  aprengen  als  bedeutsame  cuUushandlung,  nicht 
nur  bei  den  beiden,  sondern  auch  in  der  christlichen  kirche. 
tgl.  PrANNRNScBHiD  dos  weihwosser  im  heidnischen  u.  christlichen 
ruUut  {Hannover  1869).  die  durch  wasser  bewirkte  rein  kürper- 
hche  reinigung  des  menschen  wird  symbolisch  umgedeutet  für 
entsprechende  unsinnliehe  Vorgänge  in  seinem  innern.  vqI.  die 
substantivische  wendung:  do  baten  wir  pfenner  und  die  ge- 
kornen,  das  der  rath  uff  morgen  sonnlagk  nach  dem  sprengen 
den  rath  und  meitter  besenden  woide.  Spittendorff  denk- 
würdtgkeilen  3&8,  »o  die  reinigende  Wirkung  des  kirchganges 
symbnhuh  dadurch  ausgedrückt  wird,  dasz  der  priester  auf  die 
gemetnde  beim  verlassen  der  kirche  wasser  sjirengt.  vgl.  t'FANKEn- 
soiHiD  177^.  und  185.  weiterhin  hat  sich  der  Wirkungskreis  dieser 
heihgen  handlung  mannigfach  erweitert,  wie  besonders  der  beleg 
hei  KaeRLin  t.  lirRzauRC  und  bei  Hosecger  zeigt,  vgl.  auch  oben 
•prengel,  m.  l  und  unten  Weihwasser,  n.:  denn  ich  wil  euch 
aus  deo  beiden  holen,  und  euch  aus  allen  landen  versainlen  . . . 
und  wil  rein  waaser  über  euch  sprengen,  daa  jr  rein  werdet 
toD  alle  ewr  uoreinigkeit.  Hesek.  u,  25;  also  sollu  aber  mit 
joen  thun,  das  du  si«  reinigest,  du  solt  sündwasser  auff  sie 
aprengen,  and  aolien  alle  Jre  bare  rein  abscheren.  4  Afoi.  8,  7; 
wtao  «her  jemand  jrgend  einen  todten  menschen  anrürel, 
m4  liMs  nicki  entsündigen  woll,  der  verunreiniget  dir  wonunge 
dea  lK>rrn,  und  aolrhe  «eele  snl  ausgerottet  werden  aus  Israel, 
danimb  das  aprengwasser  nicht  über  jn  gespreiigel  ist.  t»,  tS; 


ich  glaub  wol,  der  teuffei  erwecke  etwan  ain  ungewitter  unnd 
lasse  davon  ab,  so  man  glocken  leOt  unnd  weychwasser 
sprengt.  Jon.  Ererlin  t.  GCkziujrg  2,9  nrudr. ;  das  gesiebt 
gegen  morgen  gerichtet,  stellte  sich  der  magier  jezt  auf  den 
teppich,  sprengte  Weihwasser  nach  allen  Tier  weltgegenden, 
und  neigte  sich  dreimal  gegen  die  bibel.  Schiller  1,  215;  ich 
wusztp  wohl,  er  hatte  norli  den  haussegen  zu  beten;  ... 
auch  sprengte  er  Weihwasser  an  thür  und  fenster,  um  somit 
zum  schütze  des  eigenthums  alles  gethan  zu  haben,  was  ein 
guter  Christ  zu  thun  vermag.  Rosegcbr  waldheimat  3,16;  vgU  als 
jedoch  nicht  ganz  entsprechend: 

die  trophen  die  nider  Ounen. 
di  im  entwunc  der  ^warte, 
die  Iniiren  die  siechen  harte, 
wurden  die  di  mit  gesprenget. 

Servatiim  737  Haupt. 

ganz  entsprechend  im  hebräischen  cultus  das  blut  des  opferthieres 
sprengen,  vgl.:  sich  und  mit  dem  {blute)  sprengende  so  wart 
da;  Volk  von  Israel  von  aller  ieren  Sünden  gesüberet  und  ge- 
lainet.  (Jrieshaber  predigten  i,  U9 ;  und  stunden  in  jrer  Ord- 
nung wie  siclis  gebürt,  nach  dem  gesetz  Mose  des  maus 
gottes.  und  die  priester  sprengeten  das  blut  von  der  band 
der  Leviten,  denn  jr  waren  viel  in  der  gemeine,  die  sich 
nicht  geheiliget  hatten.  2  ehron.  30, 16;  und  {der  kuehen)  sol 
des  priesters  sein,  der  das  blut  des  danckopffers  sprenget. 
3Afo5.  7, 14;  mit  deutlicher  angäbe  der  örtlichkeit:  wan  da  («n 
levitico)  lesen  wir,  da;  der  bischof  in  da;  tabernacel  gie  und 
in  dem  der  böche  blflt  ze  sieben  malon  sprancte.  Griesbaber 
predigten  2,  l\h ;  das  blnt  auf  den  altar  sprengen:  Mose  nam 
die  helffte  des  blufs,  und  thels  in  ein  becken,  die  ander 
helfft  .sprenget  er  auff  den  allar.  2Afoj.  24,  6;  da  schlachten 
sie  die  rinder,  und  die  priester  namen  das  blut  und  sprengeten 
es  auff  den  altar,  und  schlachten  die  widder  und  sprengeten 
das  blut  auff  den  altar;  und  schlachten  die  lemmer,  und 
sprengeten  das  blut  auf  den  altar.  2  chron.  19,  22;  und  lies  das 
blut  der  danckopffer,  die  er  opffert,  auff  den  altar  sprengen. 
2Äön.  16, 13;  dis  sollen  die  silten  des  nitars  sein,  des  tages 
da  er  gemacht  ist,  das  man  hrandopffer  drauff  lege,  und  das 
blut  drauff  sprenge.  Hesek.  43,  IS;  auch  in  weiterer  Verdeut- 
lichung des  sprengen  zu  gründe  liegenden  begriffes  das  blut  auf 
dem  altar  umher  sprengen:  und  die  priester,  Aarons  söne, 
sollen  das  blut  auff  dem  altar  umb  her  sprengen.  3  Mos.  3,2. 
auch  als  altgermanische  sitte  gedacht: 

dreimal  heulten  sie,  sprengten  sie  blut, 
schlugen  dreymal  auT  ein  nohngelach. 

Klopstoci  2, 147. 

ebenfalls  als  weihende  handlung  öl  sprengen:  darnach  sol  er 
des  ülcs  aus  dem  log  nemcn,  und  in  seine  lincke  band  giessen, 
und  mit  seinem  rechten  finger  in  das  iS\e  tuncken,  das  in 
seiner  lincken  band  ist,  und  sprengen  mit  seinem  flnger  das 
öle  sieben  mal  für  dem  herrn.  3  Mos.  14,  16.  wein  auf  etwas 
sprängen,  vino  aliquid  conspergere.  Steinbacb  2, 645;  besonders 
von  der  libation  des  weines  bei  den  Griechen: 

trat  in  die  mitte  des  hoTs  und  betete,  sprengte  den  wein  dann, 
schauend  gen  himmei  empor.    Vo.«s  llias  16,232; 

das  objecl  in  einen  partitiven  genitiv  eingeschlossen: 

als  sie   des  tranl<i  nun  gesprengt  und  nach  herzenswuntcha 

getrunlien.  Uiiytxee  3,  312 . 
und  er  Tand  der  Phaialten  erhabene  fürsten  und  plleger, 
sprengend  des  tranks  aus  dem  becher  dem  spähenden  Argos- 

würcer, 
dem   sie   zuletzt  noch   sprengten,   des  scnlars  und  der  ruha 

gedenkend.    7,  137: 
und  nachdem  er  gesprengt  des  berzerlVeuenden  weinet, 
trank  er  und  reichte  den  becher  zurück  dem  vAlkergehielar. 

IS. 15t  . 
viel  auch  sprengt'  er  das  weins  ans  goldnem  becher  und  flehte. 

Hin.«  23.  196; 

und  ein  solches  trankopfer  ist  auch  in  der  folgenden  wendung 
den  göllern  opfer  sprengen  gemeint: 

und  dazu  noch 
schenk'  ich  ein  schönes  gefAsz,  damit  du  den  ewigen  göttern 
opfer  sprengst  und  meiner  an  jeglichem  tage  gedenkest. 

Odytee  4,  5S1. 
in  bezug  auf  eint  zauberwirkende  ftiissigkeil: 

Clrce  sprenci  ihr  Krausei  eeaiisch,   und  die  sin«  des  glftas. 

(hid  2.  SM. 
in  stark  poetischer  Übertreibung  thr.lnen  sprengen: 
der  helle  lae  wird  mir  zur  nacht, 
Ja  dasz  ich  heiKzn  Imiien 
jetzt  aprengen  musz  mit  »ehiien, 
ach  scheiden  das  hatln  Kemarht! 

KliT  f'ninaiiH«  413. 


33 


SPRENGEN  (1,2) 


SPRENGEN  (I,  2) 


34 


b)  selten,  und  eigentlich  nur  der  älteren  spräche  grliufig.  mit 
beiiehung  auf  trockene  gegenstände  als  object.  auf  da»  haupt 
erde  sprengen  als  teichen  der  trauer:  und  hüben  auff  jre 
stimme,  und  weineten,  und  ein  jglicher  zureis  sein  kleid,  und 
sprengeten  erden  auff  jr  heubt  gen  himel.  Hiob2,l2;  erde 
sprengen,  erd^lücke  werfen  {gegen  einen  feind):  aber  Simei 
gieng  und  fluchet  gegen  im  durch  die  höh  des  berges  von 
der  selten  und  warf  die  stein  gegen  im  und  sprenget  die  erde. 
bibel  ron  1483.  150"  (2  Sam.  16,13)  (tgl.:  mittens  iapides  ad- 
versum  eum,  lerramque  spargens.  vvlgata).  die  deutliche  xu- 
gehörigkeit  lu  dieser  bedeutungsgruppe  leigt  folgende  dem  in- 
iransiliten  gebrauch  sich  nähernde  itelle:  aber  Simei  gieng  an 
des  berges  selten  neben  jm  her,  und  flucht  und  warff  mit 
steinen  zu  jm,  und  sprenget  mit  erdenklössen.  2Sam.  16, 13. 
ofenrusz  sprengen:  da  sprach  der  herr  zu  Mose  und  Aaron, 
nemet  ewre  feusle  toI  russ  aus  dem  ofen,  und  Mose  sprenge 
jn  gegen  himei  für  Pharao.  7Mos.9,S;  und  sie  namen  russ 
aus  dem  ofen,  und  tratten  für  Pharao,  und  Mose  sprenget 
jn  gen  himei:  da  füren  auff  böse  schwartze  blättern,  beide 
an  menschen  und  an  rieh.  10.     ebenso  asche  sprengen: 

die  ascüen  si  aämen, 
für  den  chunich  chömen, 
si  (praocten  si  si  xe  stunt 
vor  in  allen  in  den  luTi. 

exüdus  142,  25  Diemer; 

wenne  man  den  schern  {maulvurß  prennet  ze  pulter  und 
sprenget  in  mit  aim  weijen  ains  ais  auf  des  siechen  antlütz, 
da;  ist  guot  für  den  aujsetzel.  Megesberg  160,29,  hier  in  naher 
berührung  mit  dem  gebrauche  unter  a;  denn  »o  der  ochsen 
und  bocke  blut,  und  die  aschen  Ton  der  kue  gesprenget 
heiliget  die  unreinen,  zu  der  leiblichen  unreinigkeit,  wie  viel 
mehr  wird  das  blut  Christi  .  . .  unser  gewissen  reinigen  ton 
den  todten  wercken.  Hebr.  9,14;  noch  heute  in  Eisleben  asche 
sprengen  beim  eintreten  von  glatteis.  saitz  auf  etwas  sprengen, 
sale  superspergtre  quid.  Frisch  2,308";  saitz  auf  etwas  ipriingen, 
aliquid  sale  inspergere.  Steinbach  2,645;  er  sprängt  über  das 
fleisch  saitz,  camem  sale  superspergit.  ebenda;  substantivisch 
mit  obscönem  beisinn: 

die  ('/i''  jiiiiqfrnu)  wil  ich  nii  also  laszen  rerderben, 
Sünder  Ich  wiU  mit  salzsprengen  wol  bewarn. 

fattn.  sp.  641,  9  Keller. 
in  diehteriseher  spräche  perlen  sprengen: 

all  perlen  und  safran  sprengten  sie, 
all  muskus  mit  weine  mengten  sie, 
muskus  und  wein  von  den  mahnen  flosz, 
und  goldstücke  trat  mit  dem  liuTe  das  rosi. 

RüciBRT  Fivilosi  1,80. 
noch   die  in  heutiger  mundart  lebende  vendung:   somen  inn  e 
g'länd  spränge,  ihn  ganz  dünn  aussäen.  Seiler  Baskr  mund- 
art 275'. 

c)  mit  einem  Wechsel  des  objeets.  den  Übergang  zeigt  der 
folgende  gebrauch  {vgl.  auch  unten  111,2):  mit  wasser  sprengen, 
tpargere,  spruztare,  sbro/fare,  spargolare  con  acqua.  Krämer  dict. 
1  (1702),  887';  und  der  auch,  der  mit  dem  sprengwasser  ge- 
sprenget hat,  sol  seine  kleider  waschen,  i  Mos.  19.21;  und 
{der  firiester)  sol  seinen  finger  in  das  blut  tuncken  und  damit 
sieben  mal  sprengen  für  dem  herrn ,  für  dem  furhang  im 
heiligen.  3  Mos.  4,  6;  und  Muse  nam  das  salböle,  und  salbet 
die  wonung,  und  alles  was  drinnen  war,  und  weihet  es,  und 
sprenget  damit  sieben  mal  auff  den  altar,  und  salbet  den 
aiiar.  8,10;  der  (der  priester)  sol  die  erste  {turteltaube)  zum 
aQndopffer  machen,  und  jr  den  kupff  abkneipen  hinder  dem 
gcnick,  und  nicht  abbrechen,  und  sprenge  mit  dem  blut  des 
sündopffers  an  die  seile  des  altars.  5, 9.  gewöhnlicher  dafür 
besprengen  (j.  theil  1, 1642).  mit  deutlicher  angäbe  des  erweiterten 
objerts,  im  übrigen  noch  m  naher  berührung  mit  dem  vorher- 
gehenden: da  nam  Mose  das  blut  und  sprenget  das  volck 
damit  und  sprach,  sehet,  das  ist  blut  des  bundes,  den  der 
herr  mit  euch  macht.  2  Mos.  24,8;  damit  aber  das  gras  nicht 
dürr  werde,  so  sprengen  sie  es,  wann  es  nicht  regenwetter 
wil  sein,  mit  wasser.  FRunsPERccR  kriegsbuch  3fHi'; 

man  sol  nemen  gut  Oächsin  tiicli 

mit  klein  Oächsin  garren  strengen 

und  die  mit  weichwasser  sprengen 

und  dieses  loch  {in  der  holte)  mit  zudammen. 

ii'ineji6uc/i  129,  1278  Bobertag; 
aber  des  malils  sei  wieder  gedacht,  und  die  bände  mit  wasser 
sprenge  man  uns.     Voss  Üdynnee  4,214; 
spracb's:   und  Asphaiion  sprengte  die   händ'   itit  allen   mit 

wasser.    216: 
etwas  mit  thränen  sprengen,  aliquid  lacrymü  spargere.  Stein- 
■Aca  2,645;  mit  nektar  sprengen: 
X,  2. 


aber  dieweil  das  geschick  ihm  wehrt  ein  so  kühnes  TerUngen 

(itfii  loten  wieder  aufzuweeken), 
sprengt  «r  den  leib  und  den  ort  mit  balsaraduftendem  nektar. 

Voss  Ueid  1,  223; 
passirisch  gewandt:  und  dar  nach  so  nam  er  den  bock  und 
die  kalbellon,  mit  der  blöl  daj  tabernacel  . .  .  wa;  gesprenget. 
Grieshaber  predigten  2, 119;  das  brunnenwasser  ward  rott  wie 
bluol  und  flosz  so  vast,  das  der  gantz  platz  darvon  gesprängt 
was.  Morgant  der  riese  295,21  Bachmann; 

rings  auch  troffen  die  kräuter  gesprengt  mit  blutigen  tropfen; 
und  es  erhub  das  gestein,  so  scbiens,  dumpfbrüllende  laute. 

»    j-     IUI-  t  j  ^0**  ^"''  2,350; 

vgl.  die  btldbche  Verwendung: 

gleich  wie  ein  reilTes  obst  mit  süsz  und  säur  vermenget, 
so  ist  des  menschen  lust  mit  bitierkeit  gesprenget. 

Kacbkl  siil,  ged.  19. 
zuletzt  auch  ohne  diesen  instrumentalen  xusatz:  so  nam  er  des 
blütes  und  sprangete  mit  sinem  ringer  daj  propitiatorium  gegen 
der  sunnon  üfgange  ze  süben  mälon,  und  sprangte  den  esterich 
och  ze  süben  mälon.  Grieshaber  predigten  2,  119;  leinwad 
sprengen,  irrigare  linteum  crudum.  Stielbr  2096;  das  gelQche 
auf  der  bleiche  sprengen,  spargere,  bagnare,  sbruffare,  rigare 
ü  bucato  0  le  tele  per  hiancarle.  Krämer  dict.  2(1702),  887';  den 
boden  sprengen  zum  auskehren,  spargere,  sbruffare  il  suolo  di 
aequa  prima  di  spanarlo.  887';  den  garten  sprengen,  affiare, 
adacquare,  rigare,  irrigare  il  giardino,  lepiante,  8S7';  {zur  kühlung :) 
•doch  wer  mein  haus  am  hellen  mittag  sprengt?'  —  'du  dankst 
ihm,  dasz  die  glut  dich  weniger  sengt.'  ROciert  11,427; 
auch  an  weine  gebrachs,  die  brennenden  opfer  zu  sprengen. 

Voss  Odyssee  12,  362. 
vgl.  noch  das  fleisch  (mit  saitz)  sprengen,  spargere  la  earne  di 
sale  cioe  salarla  kggiermente.  Kramer  dict.  2(l702),887'.  passivisch 
gewandt:  gesprenget,  irrijotH»,  ungesprenget,  non  rigutus,  siccus, 
aridus.  Stiei.er  2U96:  gesprengt  fleisch,  cames  saU  aspersae, 
salsugine,  muria  condilae.  Hemsch  15&b,  39;  gesprengt  fleisch, 
carne  sparsa  leggiermente  con  sale.  Kramer  dict.  2  (17C2),  887*. 
vgl.  auch  einsprengen  theil  3,  304. 

d)  einen  gegenständ  sprengen  mit  dem  beisinn  des  anders- 
farbigen, anstatt  des  gewöhnlicheren  sprenkeln,  rerb.  l  (s.  unten): 
ein  buch  sprengen,  in  der  spräche  des  buchbinders  den  schnitt 
eines  buches  mit  gespritzten  färben  verzieren.  Jacobssox  4,234'; 
sie  sinkt,  blut  färbt  ihr  flächsernes  haar  und  sprengt  wie  frühe 
mayröschen  ihr  blasz  gewand.  Fr.  MCller  l,  190; 

wann  die  kühlen  fruchte  reifen, 
die  nicht  hat  die  glut  versengt, 
bat  der  herbst  mit  kalten  reifen 
auch  die  blätter  fahl  gesprengt. 

REcKKRT  yed.  (1841)  242; 

gewöhnlicher  in  passirischer  Wendung:  da|  weij  ist  gevar  »am 
ob  sein  pleter  gesprengt  sein  mit  melb,  aber  daj  swarz  ist 
praun  und  hat  der  sprinkel  niht.  Mecehbeig  409,3;  wan  si 
(die  Ölbäume)  habent  daj  merer  tail  neur  zwai  plälel  und 
sint  weij  und  gesprängt  mit  ainer  gelben  varb.  335,15; 

swa;  si  wcte  solden  haben, 
da;  was  side  unt  golt  gemenget 
mit  porten  gesprenget.    Servaliut  468  Haupt; 
bIQmen,  gras,  loub,  rösen, 
von  ferre  man  ir  farw  erkennen  künde, 
hie  grüen,  wi{.  röt,  blä,  gel  und  swarz  gemenget: 
mit  solcher  temperte 

was  wald,  beide,  anger,  ouwe  und  feld  gesprenget. 
Hapahai  V.  La*ir  56; 
vgl.:  si  (die  goldtropfen)  stuonden  hie,  dort  unde  di 

nicb  wünsche  drin  gesprenget; 
sus  bete  sich  gemenget 
luo  bläwer  siden  rdtej  golt.    troj.  krieq  7471. 

das  pari,  in  mehr  adjectivischen  functionen:  gesprengt,  ge- 
scheckicht,  von  vielerley  färben,  rerstfoior,  varü  coloris.  Henisch 
1568,46;  das  gesprengt  werck,  kleine  gezierden  an  guldinen 
und  silbernen  geschirren,  so  man  darvon  oder  daran  zu  thun 
mag,  als  bildle,  blümle,  spengle,  emblemata.  41; 

und  was  fehlte  dem  scbinken,  der  gänsebrust  und  dem  bering? 
was  dem  gebratenen  lamm,  und  dem  külilenden  röthlich' 
kopfsalat?    Voss  1, 15  (Ltit>el);  gesprengten 

(rill  kleinef  kind)  haschte  Schmetterlinge, 
die  um  die  rosen  buhlten, 
und  strich  die  goldnen  stäubeben 
von  den  gesprengten  Hügeln. 

E.  V.  Kleist  ged.  1  (1760),  38  ; 

in  prädicativer  Stellung:  dar  nebend  was  ein  schönne  zält  uff 
geschlagen  von  grüenem  und  brunnem  sattio,  mit  gold  ge< 
sprängt.  Morgant  der  riese  305,21  Bachmann; 

da  stuont  ein  hövesclier  zobel  vor, 

der  miit  als  In  diu  mäje  sneit,  ..  . 

gesprenget,  swarz  unde  grä.    Tristan  10931 ; 


35 


SPRENGEN  (1,  2.  3) 


SPRENGEN  (I.  3) 


36 


hier  roggen,  der  Relhlich  über  die  scheitel 
wallet«;  dort  bucbwelzen  mit  blumen  eesprengt. 

Voss  U4,  42  Sauer. 

hierher  vol  audi  folgendet:  da  wider  (gegen  den  schmerx  in  den 
gliedern)  ist  in  (den  elephanten)  gesunt,  da;  8i  trinkent  kalt 
wa;^er  und  ej;en  gras  mit  bunig  gesprängi.  Mecenberc  136, 16; 
darczu  gehurt  auch  getntlen  wein  mit  hunig  gesprengt,  kuchen- 
meisterey  c  6  {die  ausg.  von  1530  hat  hesprengl),  wo  jedoch  lu- 
gehörigkeü  i«  I,  2,  e  iweifelhafl  bleibt. 

e)  in  der  miiUer spräche  das  wasser  sprengen,  durch  künsUieh 
hergesteUlen  fall  seine  kraft  mehren:  wenn  man  Wassermühlen 
haben  will  auf  den  Aussen  mit  unterscblöchtigem  wasser  und 
solches  langsam  laufft,  so  musz  man  einen  dämm  oder  wahr 
schlagen,  dos  wasser  zu  sprengen,  dasz  es  schneller  gewalt 
thuet.   Becher  hausviter  26. 

3)  sprengen,  rumpere,  frangere;  einen  gegenständ  sprengen, 
bevirken,  dasi  er  auseinander  springt,  lumeist  mit  starkem  bei- 
sinn des  lerstörenden. 

a)  in  einem  «eiteren  bedeutungskreise. 

a)  ein  band,  eine  fessel  sprengen,  durch  starkes  auseinander- 
dehnen sie  lerreissen:  die  saitcn  auf  einem  musikinslrumente 
sprengen,  durch  alliu  heftiges  spannen.  KrOmtz  encycl.  161,  695; 
und  bald  fühlte  sie,  wie  es  {das  in  einen  packen  eingeschnürte) 
TOD  innen  iieraus  sich  dehnte  und  die  immer  schwächer 
werdenden  bände  zu  sprengen  strebte.  Storm  1,192; 

Hebe  sprenct  die  kett  entzwey, 
bricht  durcli  ttalil  und  stein. 

A.  Grtphius  1  (1698),  162; 
die  möven  bringen  künde  von  Kreia's  heim'schen  Strand, 
er  hört  die  möven,   schüttelt  und  sprengt  sein  sklavenband. 

Chamisso  3,  337. 

in  poetischer  spräche,  die  fessein  des  eises  sprengen,  vom  personi- 
fiaert  gedachten  flust  gesagt  (vgl.  unten  unter  S  das  eis  sprengen): 

in  dieser  düstern,  bangen  teil, 
wo  bochanschwellend,  donnernd  der  geschicliie  ström 
die  starren  langgeliegten  eisesTesseln  sprengt.     3,365; 
tgl.:  (l'B  sonne  sprenget  des  winters  bände, 

XU  rieselndem  wasser  wird  das  eisz. 
,     ,.,j  HorriANN  T.  FiLi.EasiMRK  ged,'  133; 

roUttändig  au  btld: 

auf!   sprenge  dieses  Schlummers  bände, 

der  deinen  geist  gefesselt  hält.    GoTTsa  1  (I7S7),  223. 

ß)  die  ader  sprengen,  beim  aderlasz:  so  sie  {die  schafe)  das 
feber  haben,  so  spränge  man  jnen  die  ader  am  knoden  oder 
zwischen  den  zweyen  hörnen  an  füien  oder  man  lasz  jnen 
blut  ausz  den  oren.  Sebiz  feldbau  141; 

wiltu  dann  lustig  sein  ein  woch, 

spreng  die  ader,  aufT  beyrisrh  doch: 

nemlich  hindern  Umhang  gelegen, 

dasx  dir  kein  lulTt  nicht  gang  entgegen.    Garg.  4S'. 

eine  flecbse  sprengen: 

und  der  rauhe  stein  zerschmetterte  diesem  die  pfanne  {an 

der  hiiftp), 
sprengte  die  beiden  flechsen  darüber,  und  schrammt'  ilim  die 
haut  ab.     Uörcir  224'  lllim  5,  307). 

/)  eine  thOr,  ein  thor  sprengen  u.  d.,  sie  gewaltsam  Offnen: 
wenn  ein  kühner  geist,  voller  vertrauen  auf  eigene  stärke,  in 
den  tempel  des  geschmücks  durch  einen  neuen  eingang  dringet, 
so  sind  hundert  nachahmende  geister  hinter  ihm  her,  ...  doch 
umsonst;  mit  eben  der  starke,  mit  welcher  er  das  thur  ge- 
sprengt, ichUgt  er  es  hinter  sich  zu.  Lessikc  3,209;  die  ihüre 
geht  nicht  auf;  das  fehlte  noch,  so  sollen  doch  alle  elftausend 
Jungfrauen  den  nichtswürdigen  Schlüssel;  ...  ich  musz  die 
ibQre  sprengen.  Geibbl  7,119.  mit  angäbe  des  werkteuges:  in 
rasendem  ritte  durch  das  schlafende  land  und  die  linstere 
fübnwarme  nacht  brausend,  seien  sie  im  morgengrauen  wie 
gespenster  vor  Ricillicrg  aufgetaucht,  haben  das  thor  mit  axt- 
bieben  gesprengt.  C.  F.  Meye*  Jenatteh  93.  dafür  auch  ein- 
sprengen (i.  lAnl  3,304):  ich  gehe  zurück,  sprenge  die  Ihüren 
ein.  ScBiLi  er  2,Vli  {rduber  3.2  schausp.).  hierher  auch  mehr 
oder  weniger  bildliche  leendungen  wie  ^räber  sprengen,  ent- 
sprechend den  Vorstellungen  über  die  vorginge  am  jüngsten  tagt: 
ich  kaon  graber  sprengen  und  todte  auferstehen  heissen.  290; 
hier  In  freier  erde  haben  mrinen  Uib  sie  eingesenkt: 
gib,  mein  geti,  dssi  frti  lie  bleibe,  bl>  mein  leib  *l«  wieder 
sprengt!     W.  Mebiss  vd.  2.  119. 

den  kerker  sprengen:  diea  blutige  (schwert)  bringst  du  meiner 
braut,    ihr  kerker  ist  gesprengt.  Sciiukr  Ftesko  h,  i, 

S)  der  Strom  sprengt  dt»  eit  im  frükjahr :  endlich  sprengte 
aack  der  ström  die  nsdecke  und  ergosz  seine  flut  herrsch- 
instii  Abtr  das  juoge  grUn  der  wiesen.  FaaTTAC  0, 195.  rgl. 
nudt  ttn  unter  a:  ein  deich  wird  ruo  zu  starkem  eis-  und 


wasserg.nng  gesprengt.  Jscobsson  7,414*;  das  feuer  sprüngi 
die  mauern,  incendium  muros  interrumpit.  Stei!<vacb  2,645. 
hieihtr  auch:  der  nicht  ausgegorene  wein  sprengt  sein  fasz; 
(im  bilde:)  die  thorheit  musz  wenigstens  einmal  im  Jahre  aus- 
gähren,  damit  sie  das  fasc  nicht  sprenge.  Moser  patr.  phant. 
4,33;  vgl.:      es  nahe  keiner  seiner  kammer. 

wenn  er  sich  ungeduldig  drongt 

und  jedes  band  und  jede  klammer 

mit  jugendlichen  krähen  sprengt. 

Notalis  2, 136  {teeiulied)  Ueistner, 

f)  das  küchlein  sprengt  die  schale  des  eies;  vgU  die  folgende 
bildliche  Verwendung:  er  brütet  schon  eine  geraume  zeit  dar- 
über {über  dieser  entschliestung),  und  der  heutige  Vorgang  hat 
nur  die  schale  gesprengt,  die  über  kurz  oder  lang  doch  hätte 
brechen  müssen.  Wieland  20, 118  {Abderiten  i,  l\).  die  puppe 
des  schmetlerlinges  sprengt  ihre  hülle;  mit  beiug  auf  den 
schöneren  neubau  eines  Schauspielhauses  als  bild  gebraucht: 

gesprengt  ist  jene  raupenhülle,  neu  belebt 
erscheinen  wir  in  dieses  weiten  tempclü  räum. 

GÖTHE  11,  303. 

^)  bildlich  das  herz  sprengen,  einen  tätlichen  schmers  erregen: 
nein,  lieber  im  dunkel  seufzen,  still  verschwiegen,  als  von 
deiner  muse  an's  helle  tagesiicht  geführt,  beschämt,  bekränzt; 
das  sprengt  mir  das  herz.  Bbttine  brieft  1,222.    anders  gewandt: 

wie  der  sonne  strahl  im  lenze  gleich  der  goldnen  heldenlanze 
eines  flusses  panier  sprengt  und  die  wogen  wärmt  mit  glänze : 
also  sprengt  dein  augenstrahl  mrines  lierzens  starre  rinde. 
W,  MÖLLIR  ged.  l  (1868),  155. 

h)  im  besonderen  geht  sprengen,  verb.  auf  die  xerstörung  eines 
gegenständes,  einer  ganzen  anläge  u.  s,  w.  durch  anwendung  irgend 
eines  Sprengstoffes  wie  pulver,  dynaniit  u.  a.:  sprengen,  pulvere, 
pyrio  evertere.  Wächter  1570. 

a)  mit  instrumentaler  angäbe:  einen  felsen  mit  pulver  sprengen, 
spejiare  una  rocca  con  polvere  di  eannone.  Kramrr  dict.  2(1702), 888*; 
ein  thor  mit  einer  petarde  sprengen,  chiantare,  far  saltare, 
spexiare  una  porta  con  una  petarda;  petardart  una  porta.  ebenda; 
ein  bund  stroh  aufzuheben,  musz  man  keine  maschinen  in 
bewegung  setzen;  was  ich  mit  dem  fusze  umstoszen  kann, 
musz  ich  nicht  mit  einer  mine  sprengen  wollen.  Lessing  7,358. 
die  Sprengladung  als  subject: 

der  Städte  thore  gehen  auf,  von  selbst, 

nicht  die  petarde  braucht  sie  mehr  zu  sprengen. 

SCUILLIR  l'ucol.  1,  4. 

ß)  mit  einer  richtungsangahe:  eine  festung,  einen  Ihurm,  ein 
schiff  in  die  luft  sprengen,  mandare  in  aria  una  fortexxa,  un 
torrione,  un  vascello.  Kra««r  rfirt.  2  (1702),  888';  der  feuerfunke, 
der  in  ein  pulveimagazin  fällt,  einen  thurm  in  die  luft  sprengt 
und  hundert  häuser  verschüttet,  bat  darum  doch  nur  ein 
einziges  körncben  gezündet.  Schiller  4,  298;  ihr  seid  ge- 
schickter, tyrannen  zu  verfluchen,  als  sie  in  die  luft  lu 
sprengen.  Fietko  2,18; 

der  Türk  mit  feurigen  kugeln  schosz,  ... 

er  grub  wohl  unter  dem  boden  durch: 

he,  in  die  luTt  wollt  er  sie  {dif  stadt  Siulit-Weistenburt) 
sprengen,     tcunderhoni  2,  0  lio.thei-ger. 

Moor,  ladet  alle  gewehre!  es  fehlt  doch  an  pulver  nicht? 
Schweizer  springt  auf.  pulver  genug,  die  erde  gegen  den  mond 
zu  sprengen.  Schiller  2,  99  (rdufrer  2,  3  schausp.). 

•/)  heule  gewöhnlicher  ohne  diese  angäbe:  einen  lurm  sprengen, 
ictu  turrim  discludere.  Stieler  210«;  eine  vestung,  einen  thurm, 
ein  schiff  sprengen,  far  saltare  una  fortezza,  un  lorrwne,  un 
vascello.  Kramer  dict.  2(l702),888';  einen  felsen  springen,  rupem 
dirumpert.  Steinbacr  2, 645;  gestein  sprengen  beim  tunnelbau. 
Karmarsch- Heeren'  9,719;  im  berguerk  Jacobsson  4.234*, 
ScHKiicHENSTCBL  229;  wie...sich  begeben,  dass  vielmahl  un- 
nötiger weise  geschossen  und  an  den  Ortheren  eine  wand 
gesprenget  wird,  der  wol  mit  gezeu  abbruch  geschehen  können. 
köln.  hergoriln.  von  1669  bei  Yiith  456;  kohlenge winnung  ...  sie 
erfolgt  durch  hereinreissen  oder  sprengen  des  über  dem 
schräm  anstehenden  kohls.  quellt  bei  Veitb  456. 

was  für  gewulbe  .'•ind  zu  sprengen. 

In  welrlien  kliirien,  welchen  gingen 

musz  alcli  der  schatzbewuszla  drangen 

zur  narhbarschaft  der  unterwell.    (iAtri  41,20. 

eine  brücke  iprmpen,  als  Wortspiel  mit  der  heJeutung  unter 
1,2,  e.°  indem  tr{MoUke)  elasti-^cben  schiiltes  den  salon  meiner 
fraii  vcriiesz,  wandte  er  sich  an  der  thüie  noch  einmal  am 
und  richtete  in  ernsthaftem  tone  die  frage  an  mich:  'wissen 
sie  dasz  die  Sachsen  die  Dresdner  brücke  gesprengt  hnbeoT' 
auf  meinen  auidruck  des  erslaunens  und  bedatierns  erwiderte 
er:  'aber  mit  wasser,  wegen  staub.'  Bisa a rcb  r-inn/ruiiym  2,92. 


37 


SPRENGEN  (I,  3) 


SPRENGEN  (1,3.4.  11,1.2.111) 


38 


6}  selten  in  heutiger  tprache  das  die  Sprengung  bewirkendt  als 
object:  eine  bombe  sprengen,  far  crepare  una  pompa.  Krämer 
dict.  2  (1702),  8S8';  gewöltnlicher  noch  eine  mine  sprengen;  in 
bildlicher  Verwendung:  weliren  sie  sich  so  gut  sie  künnen.  — 
ich  lasz  alle  minen  sprengen.  Schiller  kabale  u.  liebe  3,3; 
passivisch  gewandt: 

und  wenn  nach  manchen  fehlgesprengten  minen 
ihr  eignet  blut,  von  wilder  lust  geglüht, 
die  stolze  tugetid  deiner  schönen 
luletzi  an  deiner  brüst  verrietb?    1,  249. 

ganz  anders  aufzufassen  sind  natürlich  Wendungen  wie:  der  feuer- 
mörsel  ist  gesprenget,  mortarium  pulvere  pyrio  displosum  est. 
Stieler  2106;  ein  stück  durch  Überladung  sprengen,  far  crepare 
un  peixo  di  cannone  per  haverlo  sorcaricato.  Kh&mer  dict. 
2  (l';02),  88S*. 

f)  auf  b  beruhender  übertragener,  bez.  bildlicher  gebrauch. 

a)  eine  Spielbank  sprengen,  wenn  ein  glücklicher  Spieler  durch 
stäteii  gewinn  zuletU  eine  weitere  bankhaüung  unmöglich  macht: 
dann  erschallt  auf  einmal  ein  ruf  grünzenloser  bewunderung: 
j  die  bank  sey  gesprengt!  es  geschah  dieszmal  in  ruth  und 
schwarz,  der  vorsichtige  gewinner  setzte  sich  alsbald  in  eine 
postihaise,  seinen  unerwartet  erworbenen  schätz  bei  nahen 
freunden  und  verwandten  in  Sicherheit  zu  bringen,  Güthe 
31, 105;  ich  selbst  werde  auf  den  abend  alles  berichtigt  haben, 
und  noch  überdiesz,  wenn  das  glück  will,  die  bank  im  pbarao 
sprengen.  Schiller  Fiesko  3,  ä,  wo  die  Wendungen  die  bank  im 
pharao,  in  rot  und  schwarz  sprengen  ganz  entsprechen:  einen 
gegenständ  in  einer  mine  sprengen  {vgl.  den  beleg  unten  unter  y). 

ß)  die  spielende  person  als  object:  könnten  wir  mit  dem  grafen 
Balluzzo,  dem  groszniüthigsten  spieler,  in  einer  hübschen  ge- 
sellscbaft  moitie  machen,  so  wär's  ein  leichtes,  den  marquis 
zu  sprengen,  man  müszte  aber  eine  summe  wagen.  Klinger 
1,  121;  vgl.:  die  baronin.  ohne  witz!  wenn  ich  bitten  darf. 
V.  Trümmer,  mein  witz  hat  bankerott  gemacht,  und  sie  sind's, 
die  ihn  gesprengt  hat.  Gottkr  3(1802),  296. 

v)  den  Zusammenhang  des  gebrauchten  bildes  mit  b  machen 
die  folgenden  Wendungen  deutlieh:  und  nun,  da  sie  ihre  miene, 
mich  zu  sprengen,  so  wohl  angelegt  hätten,  sollten  sie  durch 
ein  einziges  wort  künnen  bewogen  werden,  sie  nicht  springen 
zu  lassen?  Lkssing  1. 42ä;  Franz  Moor,  ein  heuchlerischer, 
heimtückischer  Schleicher  —  entlarvt,  und  gesprengt  in  seinen 
eigenen  minen.  Schiller  räuber  {ankündigung);  dieser  Selicour 
ist  in  die  luft  gesprengt!  in  die  luft,  sag  ich.  —  rein  ver- 
loren! —  in  seinem  ehrgeitz  soll  ihn  der  vater,  in  seiner  liebe 
der  söhn  aus  dem  sattel  heben,  der  parasit  1,2;  in  kurzem 
trat  auch  wirklich  ein  ganz  vertrackter  zufall  ein,  völlig  d;izu 
gemacht,  mich  mit  einem  schlag  in  die  lüfte  zu  sprengen. 
MüRUK  2,  89. 

S)  eine  Verfassung,  einen  vertrag,  eine  freundschaft  u.  d'. 
■prengen  {mit  grüszerer  deutlichkeit  des  bildes):  um  die  be- 
schwerden  {der  jetzigen  Verfassung)  aus  dem  gründe  zu  heben, 
musz  das  ganze  zusammengeflickte  gebaude  in  die  lutt  ge- 
sprengt, und  ein  ganz  neues  dafür  aufgeführt  werden.  Moser 
patr.  phant.  3,317;  es  ist  eine  gemeine  einwendung  sogenannter 
gefühlvoller  herzen,  dasz  dergleichen  {mehr  kaufmännische)  Ver- 
handlungen die  liebe  sehr  sperren  oder  gar  sprengen.  J.  Paul 
Titan  2, 174;  sobald  aber  die  preuszisch-östreichische  freund- 
schaft gesprengt  worden  wäre,  würde  auch  damals  das  ein- 
greifen des  europäischen  seniorenconvents  in  der  dänischen 
frage  unter  englischer  führung  erfolgt  sein.  Bisharck  erinne- 
runyen  2,335;  dasz  wir  aber  das  preuszische  Zollgebiet  mit 
ausnähme  von  Ermeland,  Westpreussen  und  Posen  nicht  zer- 
reiszen, ...  nicht  den  Zollverein  der  Convention  wegen  sprengen 
können,  liegt  auf  der  band,  reden  3,76;  die  pression  der 
"  dämpfe  im  Innern  musz  ziemlich  hoch  gespannt  sein,  sonst 
ist  es  gar  nicht  verständlich,  wie  das  Öffentliche  leben  bei 
uns  von  lappalien  ...  so  aufgeregt  werden  konnte,  und  im 
auslande  wird  man  nicht  begreifen,  wie  die  huldigungsfrage 
das  cabinet  sprengen  konnte,  erinnerungen  t,  243 ;  wenn  irgendwo 
in  der  nachbar.scliaft  es  galt,  gewaltsam  ein  widerstehendes 
regiment  zu  sprengen,  eine  schwache  mehrheit  einzuschüchtern, 
...  so  zog  jedesmal  . . .  von  Seldwyla  ein  trupp  bewaffneter 
leute  aus.  Keller  4, 187. 

Ie)  in  der  hndsknechtsprache  eine  sprengen,  ein  modell 
»prengen,  ein  mädchen  verführen.  Hörn  soldatenspr.  129:  und 
hierbei  rottiereu  sich  3,  4,  5,  6  oder  mehr  zusammen,  da 
freyet  einer  dem  andern,  so  sie  nun  in  einer  gesellscbaft 
mDÜ  rotte  also  eine  oder  zwei  gesprenget  (dann  das  ist  solcher 


idioma,  ein  modell  sprengen,  auf  rotwelsch).  WALLHicsEi» 
defens.  patr.  163,  ebenda  anm.  vgl.  auch  eine  haartruhe  {vulva) 
sprengen,  ebenda. 

^  studentisch:  einen  mit  sechs,  sieben  u.  s.  f.  ganzen  in 
die  luft  sprengen,  wenn  einem  von  vielen  auf  einmal  je  ein 
ganzes  glas  zugetrunken  wird,  «ol  weil  das  bescheidthun  ihn  be- 
trunken machen  soll. 

d)  mit  einem  finalen  object.  eine  spalte  sprengen:  wetter- 
stürme sind  über  ihn  {den  felsblock  mit  dem  daraufstehenden 
kreuzbilde)  hingezogen  und  haben  die  rinde  gelöst  von  dem 
bolze,  sie  sind  dem  kreuzbilde  nicht  weiter  gefährlich  worden, 
aber  die  milden  Sonnentage  haben  spalten  gesprengt  an  den 
balken.  Rosegger  waldschulmeister  181.  eine  bahn  (wie  durch 
felsen  hin)  sprengen:  seitdem  Schriften  gedruckt  und  aller 
enden  geieson  werden,  sind  Wörterbücher  entsprungen  und 
der  Sprachwissenschaft  ganz  neue  bahnen  gesprengt  worden. 
J.  Grimm  vorrede  zum  deutschen  Wörterbuch  x. 

e)  einen  gegenständ  durch  sprengen  bearbeiten:  sie  {die  sägen- 
schliger)  wissen  ein  stück  feuerstein  durch  wenige  geschickte 
schlage  zuerst  in  längliche  Splitter  zu  thellen  und  dann  den 
rand  eines  Splitters  so  zu  sprengen,  dasz  seine  zacken  un- 
gefähr den  dienst  der  zahne  einer  metallenen  sägenkiinge 
verrichten  können.  Vischer  auch  einer  i,  143;  einen  balken 
sprengen,  ihn  mit  absieht  krumm  sdqen.  brem.  wb.  973;  wol  ent- 
wickelt aus  der  wendung  einen  faden  sprengen  {oben  unter  i,e). 

4)  sich  entwickelnd  aus  1  und  3  zugleich,  etwas  sprengen, 
bewirken,  dasz  eine  als  einheit  zusammengefaßte  nelheit  wieder 
auseinander  springt,  läuft  u.  s.w.:  gesprengt  suchen  die  reiter 
schütz  hinter  den  cohorten.  Fbevtag  17,97; 

ihm  wurde  nur  wohl,  wenn  von  feinden  bedrängt, 
er  Schilde  lerklüliet  und  reiben  gesprengt, 
wenn  schreckenverhüllt 
die  alles  austilgende  schlacbt  Ihn  umbrülit. 

Leutuold  ged.*  315; 

in  der  Jägersprache:  ein  rudel  wild  sprengen,  um  das  zur  jagd 
bestimmte  thier  davon  zu  sondern.  Behlen  5, 661 ;  eine  kette 
hühner  sprengen,  sie  durch  schüsse  auseinander  treiben,  dasz 
die  thiere  zerstreut  wieder  anfallen,  hierher  auch  wol:  ich  ward 
daher  zuerst  genötbiget,  bis  zu  der  epoche  des  mit  herzog 
Heinrich  dem  löwen  gesprengten  groszherzogthums  Sachsen 
zurückzugehen.  Moser  osnabr.  gesck.  1,  i.vi,  wozu  zu  vergleichen: 

dat  got  wil  Verheugen 

den  heiden  daj  sie  sprengen 

bediu  Hute  unde  laut.    Servutiiif:  1016  Haupt. 

gern  wird  dafür  auseinander  sprengen  gebraucht:  in  der  be- 
stimmten nacht  nämlich,  indem  das  vulk,  der  ausgelassensten 
freude  preisgegeben,  jauchzend  in  den  straszen  der  Stadt 
umherschwärinte,  —  ward  der  häufen  auf  einmal  vor  schrecken 
auseinander  gesprengt.  Wacienroder  herzenserg,  148;  'warum 
bist  denn  jetzt  anders?'  'weil  du  jetzt  alles  wieder  auseinander 
sprengst,  weil  du  in  feiudschaft  davon  gehen  willst.'  Adkruach 
dorfgesch.  2,220; 

wir  haben's  heft  noch  in  der  band, 
lassen  wir  uns  auseiitamler  sprengen, 
werden  sie  uns  den  brotkorb  höher  hängen. 

ScuiLLB«  Wallensliiiis  Inger  lt. 

U.  reflexiv.  \)  entsprechend  l,\,b,£.  sich  wohinein  sprengen, 
sich  irgendwoliinein  stürzen:  durch  disse  bullen,  ynn  wilcher  er 
die  schaff  Christi  alszo  weidet,  das  sie  yhr  sund,  sich  selb  und 
gottis  gericht  nil  erkennen,  .  . .  szondernn  mit  auffgesetzten 
hornerun  der  huffart  gegen  got  lauffen  und  ynn  abgrund  der 
hellen  sich  sprengen  sollen.  Luther  7,439,  13  Weim.  ausg.;  ich 
hab  deren  gewehrt  und  erbalten,  die  sich  selbs  hat  wollen 
ins  feuer  sprengen.  Bolz  Terentius  (1544)  lo';  dann  auf  solche 
weise  haben  unsere  voreitern  vor  alten  zelten  etliche  Cananeer, 
die  dem  schwerd  Josuä  entronnen  und  sich  aus  desperation  in 
den  See  gesprenget,  in  Americam  geführet.  Simpl.  2,67,19  Kurt; 

sie  (■lif  monlwiitiii)  hat  sich  in  den  brunnen  gesprengt, 
er  bat  sieb  in  der  scheuer  gehängt. 

wuiiäerlwrn  2,  81  Boxberger; 

von  einem,  der  sich  zum  fenster  hinausstürzt,  sich  zu  tode 
sprengen,  entsprechend  l,i,b,^:  wie  der  gratf,  sein  vetter, 
in  solcher  flucht  umb  das  leben  kam  und  sich  selbst  zu  todt 
sprengt,  buch  der  liebe  2S0'. 

2)  entsprechend  1,4:  das  volk  hat  sich  gesprengt,  wenn  ein« 
aufgescheuchte  kette  hühner  zerstreut  uieder  einfdUt.  Kihrei.i 
weidmannsspr.  278. 

iH.  intransitiv,  doch  ist  dieser  gebrauch  nur  ein  scheinbarer, 
durch  die  fortlassung  des  als  selbstverständlich  scheinenden  objectes 
in  den  transUwen  Wendungen  hervorgerufenn: 

■6* 


39 


SPRENGEN  (lll,  1) 


SPRENGEN  (111,1.2) 


40 


l)  enttprechend  1, 1,  a. 

a)  den  Übergang  von  dem  transUtven  gebraucht  z«  dem  t'n- 
transiliten  machen  die  folgenden  Wendungen  deutlich:  mit  dem 
pferde  sprengen,  incitare  curtum  tqui,  calcafibus  quadrupedem 
agtlare.  Stieler  21U6;  mit  einem  pferde  »prengen.  kRiMki 
di(t.  2(1702),  8ss';  er  kam  gesprengt  mit  seinem  gaul,  venut 
correndo  a  tutta  briglia,  a  speruni  ballutü  ebenda;  xu  pfetde, 
auf  dem  pferde  sprengen: 

ellentharie  sprengeo 

müeiet  ir  i'orse  alsu« 

Ober  Li  gweii  prelljikg.     /'art.  6Ü2,  4; 

•in  linab  auf  schnellem  roit 
■preogi  auf  der  liaisrin  scblosi. 

toundei /torii  t,  S5  Boxbenjer. 

wgl.!  durcb  ungebabnte  bergesengen, 

wo  rechts  und  links  der  abgrund  gfihnl, 
dort  bab'  ich  oft  daiiinxusprengen 
auf  wildem  renner  mich  gesehnt. 

SiaACHwjix  iiei(.  78  WeinAoM. 

6)  dann  mil  vollständiger  Auslassung  des  objecta,  weUhtt  ge- 
sprengt wird,     ein  schon  mhd.  gebrauch: 

doe  »pcancie  be  vor  sinre  sliaren. 

VgLDKKi  Erteil  7312; 

do  sprancie  der  kOuec  Erec 

vil  sire  lachende  üf  den  wec.    Eiec  8028; 

mil  dem  zQgel  er  hancie, 

er  biu  unde  sprancte 

und  lie  hin  g&n  punieren.    Trist.  91S6; 

er  Torbt,  der  vremde  wancie, 

der  im  doch  engegen  sprancte.    Lantelft  2910; 

si  sprengten  beide  in  den  bach.    5150; 

er  sprancte  vor  in  an  den  wie.    7597; 

der  beiden  was  ein  teil  md 
doch  sprankten  die  getouften  6. 

Mai  u.Btaßor  114,36; 

do  dij  her  in  maniger  rote 

sprengeta  in  Vrancriche.    iiassional  94,  59  höiike. 

man  so!  die  burc  büwen  unde  berästen,  die  wtle  e;  noch 
vride  ist,  ...  und  sol  sich  vor  wäfenen,  i  da;  die  vlnde  zuo 
sprengen,  mystiher  1,316,11  Pfeiffer;  Cjrus  unde  de  sine  voi- 
geden  ere  na  unde  braken  ere  scare,  do  sprengeden  hiuder 
in  de  twe  läge.  d.  chron.  277,24.  ziü  letst  in  dem  dritten 
(r^nen)  sprengten  sye  inn  solchen  krefften  zu  sanieQ,  su 
trifft  üaimy  den  H&pert  mit  einem  solchen  harten  stich,  das 
er  sich  von  stund  an  seines  satteis  scheinen  must.  Galmy  hl*; 
millea  unter  das  volck  sprengen,  scaoüarsi  a  cavallo  fra'l  popvlo. 
kaAiiER  dict.  2(1702),  8$b';  er  sprengte  über  die  gassen,  als 
wüie  er  rasend,  egli  scorseggiava  ä  cavallo  per  It  slrade  da  for- 
itnnato.  ebenda,  in  neuerer  spräche  ein  den  transitiven  durchaus 
übet  wiegender  gebrauch;  gleich  schnell,  eilig  reiten:  Angtlo.  da 
kam  ja  der  alte  Galutti  so  gunz  allein  in  die  Stadt  gesprengt, 
«a»  will  der?  Pirro.  nichts  will  er:  ein  bloszer  Spazierritt. 
Lbssinc  2,  131;  der  alte  aiutmann  kam  auf  die  nacbricht 
herein  gesprengt.  GOtbk  ig,  191;  es  ist  ein  aiifruhr.  sprengt 
unter  sie.  nenn  meinen  uainen.  Schiller  Fiako  2, 4;  jetzt 
tunt  die  losung,  die  reitcrey  sprengt  gegen  den  feind  und 
das  fuszvulk  ist  in  anmurscb  gegen  die  grüben.  8,288;  viele 
lausend  husaren,  draguner  und  jfiger  sprengen  um  die  anhühe 
und  hallen  die  luftlOcher  besetzt.  2,97  (räuber  2,  3  ir/iauzp.); 
da  sprengte  ein  reitertrupp  aus  dem  tbor  und  trieb  die  auf 
der  heiszen  strasze  ziehenden  inassen  auseinander.  CK.  Mevk* 
iürg  Jenatsch  274;  fremdes  gesindel  wurde  oft  auf  den  land- 
»Iraszen  gesehen,  troinpeter  sprengten  mit  icblimmen  nach- 
richtcn  nach  den  Städten.  Freitag  20,  Iü7  ;  sogleich  bestieg 
er  sein  rosz  und  sprengte  zu  dem  zeit  des  Attila.  17,  läl; 
die  reitcr  sprengten  in  den  bufraum  der  bürg,  an  allen  thüren 
drängten  aich  bewaffnete  iiiiinuer.  8,116;  schon  war  das  fusz 
de*  kunigt  gasattell,  da  sprengte  ein  böte  in  den  buf.  9,  136; 
•io  reisiger  luano  sprengte  den  Wanderern  entgegen  und 
wirbelte  schon  von  weitem  grUszend  seinen  speer  in  der 
lufu  158;  da  aprengie  au»  dem  fiustern  walde,  der  hinter 
dem  bultring  ragte,  eine  scbaur  leiter  dem  burgwall  zu.  167; 
boten  der  durileule  rannten  in  den  hof,  reisige  manner 
•prengteo  ab  und  zu.  188;  gmgen  die  brandenliurgisrben 
draguoer ...  gegen  den  feind  vor,  sprengten  durch  dessen  erste 
liuie  hindurch.  Hiontia  d.  gestk.  i,%2T; 

acht  nur  oli  »ar  dar  juogan  knaben, 

41a  über  da*  pnatler  do  »prengrn. 

dao  »oltu  uicbl  lu  «ii  naclihengeti. 

f.inr.  .p.  104,  Ii  Ktller/ 


fort  sprengt  der  knab  bergan, 

liesz  in  der  kais'rin  band 

das  hörn,  so  wellbekannt,   wunderhorn  t,il Boxbeigeri 

der  Junge  bald,  bedeckt  mit  seinem  scfaild, 

sprengt  unter  sie  (die  feinde). 

WiiLAND  22,  58  (Oberon  3,  4); 
mit  eingelegter  lanze  sprengt 
der  alte  gegen  ihn.    SroLaa*«  1,72; 
nun  kommen  sia  {die  liebenden)  zum  schlosi  gesprengt, 
io  himmelswonn'  entzückt.    71 ; 
wie  die  glöcklein  klingen,  die  reiger  ziahn, 
viel  ritter  sprengen  durchs  liaidegriin. 

StaicHWitz  gvd.  106  Wciiihuld; 
den  Speer  gesenkt,  die  zügal  verh&ngt, 
das  haupt  auf  die  fanst  gebogen, 
so  kommt  er  durch  die  schranken  gesprengt.    203; 
da  hob  er  die  mald  in  saiiel  vorn 
und  sprengte  von  dannen  wie  wetterzorn,     105. 

freier,  von  einem  centauren  {vgL  c): 

von  Chiron  könntest  du°*  erfragen; 

der  sprengt  herum  in  dieser  geisternacht, 

wenn  er  dir  steht,  so  hast  du'*  weit  geliracbt. 

Goiaa  41,  122; 

hierher  wol  auch  die  folgende  uendung:  wenn  der  geist  nur 
antwortet,  so  treffe  ers  zumal  fein,  aber  wo  er  sprenget,  da 
ist  er  feindselig.  Lltbeh  3,  4i>l';  vgL  den  ^eist  ins  ungewisse 
sprengen  unter  1, 1,  f. 

c)  dieser  intransitive  gebrauch  Hess  insofern  eine  erweilerung  tu, 
als  nun  auch  von  dem  reitthiere  als  subject  sprengen  für  das 
eigentlich  hier  in  betracht  kommende  springen  gesagt  werden  konnte: 

und  hinab  in  das  meer  mit  wagen  und  trosz ! 
doch  voinen  sprengte  des  todes  rosz, 
und  als  in  die  gasse  ritt  mann  für  mann, 
aufbrülhen  die  wogen  und  schlössen  sich  dann 
hoch  über  ihr  altes  belle. 

Stsachwitz  yed,  272  Weinhold; 
vgU:  es  war  ein  jenisch  pferd,  es  llog  mehr,  als  es  lief. 

ihm  war  kein  berg  zu  hoch,  kein  graben  war  zu  tief, 
es  sprengt  ihn  mutliig  durch. 

ZicHAaiÄ  1  (1722),  6  (der  renommisl  1): 

sweifelhaft  bleiben  in  bezug  auf  das  (psychologische)  subject  (ob  reiter 
oder  reitlhier)  die  beiden  folgenden  steLen:  sie  hielten  an  und 
suchten,  endlich  fanden  sie  die  bufspur  zweier  rosse,  welcher 
sie  folgten,  bis  Ingram  eine  stelle  traf,  wo  der  boden  weicher 
wurde,  'in  gestrecktem  lauf  sind  die  thiere  gesprengt,  wer  von 
der  achaar  kann  gefahren  sein  wie  der  wind'.  Freitag  8,290; 

wild  stampfte  der  hengst  und  tanzte  keck, 

zum  graben  sprengt'  er  herum. 

Strachwitz  (led.  102  WeinltoUl, 

2)  entsprechend  oben  I,  2  sprengen,  spargere. 

a)  das  object  scheint  aus  dner  vorhergehenden  coordinierten 
Wendung  noch  heraus  und  seine  ergänzung  iwingt  sich  dah'ilb 
noch  auf:  denn  sollu  jn  (den  widder)  schlachten,  und  seines 
bluts  nemen,  und  auff  den  altar  sprengen  rings  rumb.  2  Mos. 
29,  16;  und  soi  des  bluts  vom  farren  nemen,  und  mit  seinem 
tinger  gegen  dem  gnudensttiel  sprengen  fornen  an,  sieben  uial 
sol  er  also  für  dem  gnadenstuci  mit  seinem  tinger  vom  blut 
sprengen.  3  Mos.  16,14;  und  Eleasar  der  priesler  sol  jrs  [der  kuh) 
bluts  mit  seinem  iinger  nemen,  und  stracks  gegen  die  hülteü 
des  stiflls  sieben  mal  sprengen.  4  Mos.  19,4;  und  Muse  nam 
des  Salböles,  und  des  bluts  auff  dem  altar,  und  sprenget  anff 
Aaron  und  seine  kleider.  sAfoz.  8,  sü;  und  sie  schlachteten 
das  passah,  und  die  priester  uaiiien  von  jren  henden  uu4 
sprengeteu.  2  chron.  35, 11. 

b)  diese  irinnerung  an  das  object  i4  in  höherm  masse  gt- 
ichwunden: 

wir  stehn  und  sprengen  dir  (''«m  tfetsl  der  quelle),  und  daukeu 

an  freilieit  und  uaiur,  und  schwenken 

den  laiilibekrnnzten  hui!      Vuss  4,233; 

aber  nachdtin   du   «esprengt  und  gaflebl  hast,   wia  der  ga- 

hrvuch  itl, 
dann  gieb  diesem  den  becher  des  herzerlreuenden  weines. 
dasz  er  Kpreng';  auch  dieser,  vcrmtith'  ich  ja,  werde  die  ^uiior 
gern  aullehn.      Odysire  3,  4.°i.  17. 

im  garten  sprengen,  iirigare  herbus  in  hortis.  Stikler  2(i9'; 
im  garten  sprengen,  afßare,  innaffiare,  adaci^uare,  rigare, 
trrigare  tl  giardino.  Kramkr  diel.  2  (17ii2),  887  ;  im  garten 
sprengen,  trtuniie  herbas  conspergere  flanttts  et  (lures.  Krim.b 
2.308';  ein  anderer  lief  mit  wasser  und  xprengwcdel  umher 
und  sprengte,  dasz  e»  kühl  sei.  BatniAHo  5,  I05;  hieiher 
auch  dte  unf>eisonliche  wendutig:  et  hat  nur  gesprengt,  noN 
pluil,  sed  modo  roravit,  ttrram  paucis  guttu  mudefecit.  Faisci 
2,30*1*:  es  li:il  drnusien  nur  ein  wonig  gesprengt.  ;Ji»ria  minu- 
ttltm  deslilUittl,  terra  piuvM  fnui  tmbuta  est.  SiikLka  2096;  es 


41 


SPRENGER  —  SPRENGGRÄBER 


sprengt  ein  wenig  draussen ,  spruitare  cioe  piotere,  piovignare 
un  poco  in  tempo  di  seccaggine  e  dt  poliere:  egli  spruiza  un  poco. 
Kbamer  d»V<.  2  (1702),  8S7'.    auch  in  folgender  art: 
bis  zur  ermattung 
kehn"  ich  das  heu  auf  der  wies',  und  ein  regenschauer  ver- 
trieb mii'h. 
sonderbar,  wie  es  dort  platzregneie;  doch  ron  der  brücke 
bis  zu  dem  dorf  hat  kaum  ein  einziger  tropTen  gesprenget. 
Voss  2,  239  (kirschenpflücktiin  30). 

<;)  mit  denn  leuchter  sprengen,  d.  h.  funken  fliegen  lassen 
und  feuersgefahr  verursachen: 

als  werdet  ihr  die  weil  vertreiben, 
für  Tielem  Unfall  sieber  bleiben, 
und  bey  euch  hao  der  engel  ?iel 
mehr,  als  wol  bey  dem  karienspiel, 
darein  sieb  gern  der  teufTel  mengt, 
und  mit  dem  ieucbter  umb  sich  sprengt. 

RiNGWALOT  lauter  marheil  88. 

SPRENGER,  m.     l)  entsprechend  sprengen  I,  t. 

a)  Sprenger,  eques  caballum  tnsiliens,  tt.  in  gyros  torquens  et 
concitans.  Stieleb  2107;  Sprenger,  eorritore  ä  catallo  ä  tutta 
brigUa.  Kbameb  dirt.  2  (i:02),  8Sä'. 

b)  entsprechend  dem  gebrauche  von  sprengen  (tgl.  sprengen,  t;«r6. 
111,  l,e)  gleich  springen,  z.  b.  in  Wendungen  wie  das  pferd  sprengt 
dahin  ist  sprenger  auch  eint  baeichnung  des  pferdes:  sprenger, 
tquus  saltalor.  Stikleb  2107.  sprenger,  der  Springer  im  Schach- 
spiel. VVoESTE  252*.  vgl.  auch  sprenger,  saltator.  Dief.  509*. 
ganz  entsprechend  ist 

c)  sprenger,  die  Heuschrecke,  besonders  auf  niederdeutschem 
gebiete:  heusreciie  vel  hupper  vel  sprenger,  locusla.  Dief.  335'; 
sprenger  brem.  wb.  4,974;  sprenger,  gryllus  Nemnich.  auch 
susammengesetit:  koelsprenger,  loeusta  OiEr.  335*.  vgl.  auch 
unten  sprengsei. 

d)  sprenger,  ein  stück  wUd,  das  bei  der  jagd  von  seinem  rudel 
durch  tersprengung  abkommt.  Jacobsso.i  4,235.  die  sprenger 
eines  rudels  birscbe,  sauen;  die  sprenger  einer  kette  reb- 
bübner.  dann  überhaupt  jedes  aus  dem  lager  aufgejagte  und 
flüchtig  gemachte  stück  wtld.  handschriftl.  mitthetlung  r.  Hoffma.i» 
T.  FALLtRSLEBEN.    Vgl.  daiu  oben  den  gebrauch  unter  b. 

i)  entsprechend  sprengen,  verb.  1,2:  sprenger,  mas  irrigans, 
irrorans.  Stieieh  2097. 

3)  entsprechend  sprengen,  verb.  1,3:  sprenger,  muros  etturres 
suffodiens  et  quassans.  Stieleb  2107;  der  spränger,  qui  rumpil. 
Stei.ibach  2,645.  in  der  lusammensetiung:  minensprenger,  cuni- 
eulo  ignem  applicans.  Stieleb  2107;  vgl.  theil  6,  sp.  2237. 

4)  wie  oben  sprenge,  f.  3,  ein  strafwerkteug  für  Verbrecher: 
•n  einer  eisernen  stange  sind  vier  schellen  angebracht,  von  denen 
die  beiden  äusseren  zum  fesseln  dtr  hände,  die  beiden  inneren 
zum  schlieszen  der  füsze  dienen.  Jacobsson  4, 235*.  vgl.  auch 
unten  Springer,  m. 

SPHENGERSAMMET,  SPUENGERSAM.MT,  m.  sammt,  dessen 
grundfarbe  andersfarbig  gesprenkelt  ist:  sprengersamiiiet  mit 
güldenen  oder  silbern  grund.  nach  einer  Rostotker  kleider- 
ordnung  von  1591  bei  Frisch  2, 44'. 

SPRENG  FASZ,  n.  subfusorium,  womit  mau  das  garten  werk 
besprengt  oder  begieszU  Fbiscii  2,308*.  vgl.  oben  sprenge,  f.  \,b, 
tp.16,  sprengbecber,  m.  und  unten  sprengkanne,  f.,  spreng- 
krug,  m. 

SPREiNGFENSTER,  n.,  s.  unten  sprenkfensler,  n. 

SPRENGGABEL,  f.  in  der  spräche  der  Schlosser  bezeichnung 
eines  gabelartigen  Werkzeuges,  das  zum  herstellen  kunstvolleren 
gitterwerkes  dient.  Jacobsson  4, -234'.    vgl.  unten  sprengwerk,  n. 

SPRENGGANG,  m.  mine  zum  in  die  luft  sprengen.  hiSüERLiwe 
reinigkeit  der  deutschen  spräche  139.    vgl.  unten  sprenggraben. 

SPRENGGEFÄSZ,  n.  gefäsz  zum  wassersprengen:  borstwisch 
und  sprenggefäsz,  die  Vorarbeiter  neuer  gaste,  trieben  ihn  in 
sein  Zimmer  zurück.  J.  Paul  flegelj.  3,134.  vgl.  oben  sprenge,  f. 
1,  b,  sp.  26  und  sprengfasz,  n. 

SPRENGGESCHIRR,  n.,  uHe  das  vorhergehende:  spreng- 
geschirr, n.  afßatoio, innafßatuio, rigatoio.  Kbamer  dict. 2 (1702), &S7*. 

SPRENGGESCHOSZ,  n.  ein  hohlgeschosz,  das  mit  sprengsto/f 
gefüllt  nach  der  abfiuerung  zerplatzt,     vgl.  sprenggranale,  f. 

SPRENGGRABEN,  m. ,  von  Ki.ndeblihc  vorgeschlagene  Ver- 
deutschung von  mine,/.  (i.  theil  6,223h),  von  Campe  :u  gunsten 
»tm  Sprenggrube,  f.  (i.  unten)  bekämpft,  von  dem  es  sich  aber 
begrifflich  durchaus  unterscheidet:  minireu,  ausholen,  unter- 
graben, sprenggraben  machen.  Kihdeblinc  reinigk.  der  deutschen 
spräche  '^99.    vgl.  oben  sprenggang,  m. 

SPRENGGR.\BER,  m.  zu  dem  vorigen:  sprenggrübt-r,  mineur 
Ki!itEBii."n;  rdnigl:.  der  deutnhen  fprarhe  139. 


SPRENGGRANATE  —  SPRENGKRÜG  42 

SPRENGGRANATE,  f.: 

sorgt  darum,  dasi  man  vertheile 

zur  Tollbringung  eurer  thateo 

ans  gesindel  giftge  pfeile, 

brandraketen,  sprenggranaten.    Eiibt  ged.  TU. 

SPRENGGRAS,  n.  bezeichnung  einer  sehr  gefährlichen  gräserart, 
deren  genusz  das  zerbersten  des  viehes  bewirkt:  sprenggras,  carex 
acuta  Nemnicb.  sonst  auch  berstgras,  n.  (<A<iI  1, 1628)  oder 
platzgras,  n.  (theil  7, 1924)  genannt. 

SPRENGGRL'BE,  f.  grübe,  wekhe  ßr  eine  sprengarbeit  mit 
Sprengstoff  angefüllt  wird.  Caiipe,  ron  sprenggraben,  m.  (s.  oben) 
unterschieden. 

SPRENGGCRT,  m.,  vgl.  oben  sprengband,  n.:  4  sprenggurten 
48  kr.  quelle  von  17S2  bä  üj^cer-Khill  52S'. 

SPRENGHACKE,  f.  hacke,  um  einen  gegenständ  auseinander 
zu  sprengen,  weiterhin  ein  besonders  groszes  beil  der  zimmeikute. 
Unger-Khlll  52S'. 

SPRENGJAGE.N,  n.  eine  wilden  sehweinen  gegenüber  angewandte 
jagdart:  die  thiere  werden  mit  viel  lärm  aus  dem  lager  gesprengt 
{vgl.  oben  sprenger,  m,  l,  d)  und  ton  hunden  gehetzt.  Eccebs 
kriegslex.  2, 1348. 

SPRENGIG,  SPRENGICHT.ad;.  l)  entprechend  sprengen, t<r». 
1, 1 :  sprengicbt,  insiliens  Stieleb  2107. 

2)  entsprechend  sprengen,  rerft.  I,  2.  neben  den  Zusammen- 
setzungen ansprengicbt  i^nd  besprengicbt:  sprengicbt,  dispersus, 
conspersiis,  diffusuf.  2t. 97. 

3)  entsprechend  sprengen,  rerfr.  I,  3:  sprengicbt,  erumpens, 
quassans,  quatiens,  labefactans,  dissiliens,  disrumpens.  2107; 
sprengicbte  minen,  cuniculi  subterranei  dirumpentes,  ebenda. 

SPRENGINSEL,  f.,  plur.  sprenginseln,  von  Jab.h  gegebene 
Verdeutschung  für  die  im  dgeischen  meere  liegenden  Sporaden. 
im  vergleiche:  denn  in  unserer  ursprache  schwimmen  die  ur- 
wörter  nicht  wie  sprenginseln,  sie  strecken  sich  aus  wie  eine 
feste.  icerA«  2,  lOöO  Euler. 

SPRENGKANNE,  f.  kanne  zum  besprengen  der  blumen,  giesi- 
kanne.  Jacobsso:«  4,  235*.  Ai  elcsc.  L'.nger-Khcll  52s'.  vgl.  oben 
sprenge, /.  1,  fr,  sprengbecker,  m.,  sprengfasz,  n.  und  unten 
sprengkrug,  m. 

SPRENtiKASTEN,  m.  ein  mit  allerlei  Sprengstoff  angefüllter 
kästen,  sie  werden  besonders  in  der  Seeschlacht  verwandt,  wo 
man  sie  auf  dem  verdeck  aufstellt,  um  sie  im  notfall,  wenn  das 
schiff  von  den  feinden  gestürmt  wird,  als  vertheidigungsmittel 
in  brand  zu  stecken  und  in  die  luft  zu  sprengen,  während  sich 
die  eigene  mannschaft  unter  dem  verdeck  verbirgt.  Jacobssü5 
7,414*.  KbC.'^itz  «nc^i.  161,697.    r^I.  auch  unt^n  springkasten,m. 

SPRENGKESSEL,  m.  im  cultus  der  katholischen  kirche  ein 
kessel,  zur  aufnähme  von  Weihwasser  bestimmt,  welches  mittelst 
Sprengwedel  ausgesprengt  wird,  um  einen  gegenständ  tu  weihen : 
Sprengkessel,  aspersorium  üiek.  54';  ein  sprengkessel,  ama, 
amula,  cas  luslrale.  Cokmnus  42*;  sprengkessel,  «aio,  it.  pila 
da  acqua  tenedetia  o  santa.  Krameb  diVf.  2  (1702),  8^7*;  sprei:g- 
kessel,  weihbrunnkessel  U.nger-Kucll  52S';  und  denn  so  fragt 
mein  gnediger  herr  der  biscbof  ernstlich,  ...  ob  die  ampel 
vor  dem  hülzin  gützen  brennen  und  ob  der  sprengkessel 
waszer  behebe  und  wie  vil  glockensei!  seind.  Scbade  sat.  u. 
pasqu.  3,181,32;  dieselbig  weidige  muttwillige  lose  bursse  bat 
albie  zue  Magdeburgk  zum  thume  auch  in  ander  kircben  und 
klöstern  die  sprengkessel  umbgewurffen,  vulgemachte  töpffe, 
todte  kalzen  und  alte  federn  und  kalck  darin  geworffen. 
d.  städteehron.  27,191,17  (z.  ;'.  1524);  auch  von  bedeutender  schwere 
und  grösze:  djweile  sie  den  sprengekessel  nicht  umb- 
werffen  konden,  haben  sie  yne  vol  unQots  gelragen.  201,  34 
(:u  demselben  jähre). 

SPRENGKETTE,  f.,  das  demin.  sprengkettlein  bezeichnet 
bei  den  webern  die  kette,  »eiche  den  sprengprügel  {s.  unten)  in 
Umdrehung  setzt.  Scbm.'  2, 702. 

SPRENGKISTE,  /. ,  dasselbe  wie  oben  sprengkasten,  m. 
BuBBIK  653*. 

SPRENGKNÜTTEL,  m.  an  einem  wagen  wol  das  holt,  weMtet^ 
in  Umdrehung  versetzt,  das  Spannseil  straff  zieht  {vgL  unten  die 
entsprechende  bildung  sprengprQgel,  m.):  ain  sprengknüttel  zu 
aineiu  alten  wagen  1  kr.  macherlohn.  quelle  von  1602  bei  üncEB- 
KbL'LL  528'. 

SPRENGKRÜG,  in.  krug  zum  wassersprengen,  dasselbe  wie 
oben  sprengkanne,  f.  yieszkanne  nach  Aoelcng;  dafür  spricht 
auch:  sprengkrtig  im  garten,  rl^piydra, /larpayium.  Stielkb2097: 
sprengkrug,  tuii/usorium,  womit  man  das  gartenwerk  besprengt 
und  begiesxt.  Frisch  2,308*;  sprengkrug  setzt  auch  gleich  spreng* 


43 


SPRENGKRUKE  —  SPRENGQUAST 


SPRENGREGEN  —  SPRENGUNG 


44 


kanne  Urckb-Khuil  S2S'.  diese  begriffliche  gleichheit  ist  zweifel- 
haft in  sprengkrug,  afßatoio,  innafßatoio,  rigatoio,  sbruffatoio. 
Krämer  diet.  i  (1702),  SS;'; 

min  noch  die  blumen  auT  den  estrich.  —  dock. 

wie  liegt  nur  das  geruilie  rings  am  boden? 

der  tprengkrng  und  der  wedel,  hast  und  binden. 

saumsel'ge  dienerinnen  dieses  liauses, 

euch  stand  es  zu.      Gkillpaizer*  K,  4. 

SPHEiNfikKUKE,  f.  groszer  krug  zum  wassersprengen.  vgl.  das 
vorige,  garten-  sive  sprengkruge,  trua,  aquiminale,  alias  giesz- 
knig,  harpagium.  Stieler  1043. 

SPRENGKUGEL,  f  kugeln,  welche  mit  piilver,  schlagen  und 
handgranaten  gefüllt  sind,  im  belagrungskampfe  benutzt,  um  die 
arbeiten  in  den  laufgiäben  u.  s,  if.  zu  hindern.  JAConssoN  4,  23j'. 
EcGEHS  krie>jslex.  2,959:  sprengkiigel,  pelarda  Krämer  dict. 
2  (1702),  S8s';  die  handgranaten,  so  in  diese  sprengkugein  ein- 
gesetzet,  können  vorbero  mit  zwlilicb  oder  dünnen  flitz  über- 
zogen und  in  pech  gelaufft  werden,  damit  sie  sich  in  wäbrenden 
führen  nicht  so  leicht  loszmachen  und  an  einander  stoszen 
oder  reihen  können.  Fleming  teutscher  soldat  C29'. 

SPRENGLAUS  (?),  f. :  ilein  so  »ertreibt  er  {der  gebrannte  tpein) 
die  sprennglos  und  die  posten  oder  posleltcn  und  auch  den 
krampff,  wer  sich  damit  salbet.  ȟrUmh.  knchb.  15.  jahrh.  in 
HAL'fTs  it-itschr.  9,36S.  vgl.  als  ähnliche  bildung  oben  sprenger,  m. 
\,b  und  unten  sprengling  i. 

SPRE.NGl.AUT,  in.  in  der  phonetik:  'der  verschlusz  wird  durch 
einen  plötzUchen,  auf  den  moment  der  versehlnszlösung  konzen- 
trierten luftstosz  geradezu  gesprengt;  das  platzgeräusch  hat  da- 
durch einen  scharf  abgestossenen  Charakter.'  E.  SiETBfts  im  grund- 
risz  der  german.  philologie*  1,  29S. 

SPRKNGLIG,  adj.  das  gewöhnlkhere  sprenklig  (s.  unten)  an 
sprengen  angeglichen:  sprenglicht,  guttatus,  maculosus,  versi- 
color.  Fmsca  2, 308* ;  punt:  halb  schwarlz  und  weisz,  spreng- 
licht.  LuTBER  14,417,26  Wetm.  aus;.;  dann  es  schreibet  Lobelius. 
dasz  seine  blatter  jederzeit  mit  dreyerley  färben  gezieret  seyen 
mit  sprenglechte  tüpOTIein.  Tabehnaemunt.  SISE;  die  blumen 
(der  eschenuurz)  haben  eine  schüne  rote  pur|)urliraune  färb  und 
weisz,  sprenglicbt  mit  Uderlein  durchzogen.  lt59H;  bleib' 
beim  weiszen  schaaf.  lasz  dem  wakker  die  sprenglichten  und 
dem  amtinann  die  schwarzen,  es  sind  viele  feile  von  bocken 
spreoglicbt  und  schwarz,  bleib  wie  dein  vater  beim  weiszen 
ehrlichen  schaaf.  Hippel  iverJrc  2,  391.  in  der  Zusammensetzung 
•  preoglichtgrau,  mustellinus  Stikleh  guö. 

SPRENGLING,  «i.  l)  wie  oben  unter  spronger,  m.  l,c,  die 
heusihrecke  RrrK  thierbuch  (1545)  319  {zeitschr.  für  deutsche  Wort- 
forschung 4,  203'). 

2)  iprengling,  schnell  und  hoch  aufgeschossener  sprosz  eines 
baumes.  Scbm.'  2,703;  in  der  spräche  von  Wien,  vgl.  zeitschr. 
für  deutsche  Wortforschung  5,  274*. 

9)  in  der  Zusammensetzung  einsprengling  in  derbergwerkssprache 
bezeichnung  eines  tninerals,  das  in  ein  anderes  eingesprengt  ist. 

SPKENG.MAST,  f.  im  gegensatt  zur  vollen  mast  (oder  auch 
ganzen  mast)  und  der  halben  mnst  (s.  thtil  ii,  Uli)  bezeichnet 
fprcnginast  nur  eine  ganz  geringe  ernte,  wenn  nävilich  die  eichein 
und  bucheckern  nur  ganz  vereinzelt  unter  den  bäumen  liegen: 
sprengmast,  glandium  parva  eopia  in  quercelis.  Fbiscb  2,30s*; 
sprankmast  Uautieht  453\  die  sehweine  weiden  nur  auf  kurze 
teü  oder  überhaupt  nicht  in  dte  sprenginasl  getrieben.  Beblen  5,6iii. 

SPKENfiMliHLE,  f.  als  'hausmühle'  erklärt,  markturdnung  tun 
1M18  bei  Uncer-Kbull  hlft'. 

SPRE.NGNACHE.N,  m.  grOsterer  nachen  tum  übersetzen  oder 
iibersprengen  ron  pferden,  wagen  u.  s.  w.  Kebrkin  Volkssprache 
in  Nassau  1,  Ss4. 

SPRENGÜL,  n.,  ein  noch  jungi-s  wort;  bezeichnung  von  nitro- 
glyeertn,  erst  1847  erfunden.  Karmauscb-Heeren'  3.334.  vgl. 
•prengpulver,  n.,  sprengfloff,  m. 

SPREN(;PATRONK, /:  huUe  aus  papier  oder  metall  zur  auf - 
netkme  einer  Sprengladung.  Karmarsch-IIekren^  (i,  578. 

SI'RENGPLNSKL,  m.  bet  den  buchbiudrrn  bezeichnung  eines 
harstenpinsels,  mit  dem  der  schnitt  eines  buches  verschiedenfarbig 
gesprengt  wnd.  Jacorisud  4,  2S5* ;  die  maurer  sprengm  mit  dem 
iprrnipinte!  »atser  auf  die  steine,  bevor  sie  in  das  mauerwerk 
eingriettl  werden.  AuiLtinc. 

sPHKNGPHÜGEL,  m.  Mt,  mit  dem  die  leinwand  auf  dem 
Webstuhl  straff  getpannt  wird.  Sciim.'  2, 702.  vgl.  oben  spreng- 
kttlr,  f.  und  all  mltirrrehend  iprengknütlel,  m. 

SPHKNGPÜLNKIt ,  n.  In-iondert  grobkörniges  pulver,  weichet 
tum  syrrngen  von  gestetn  dient.  ScnKtCHKiiiTtKL  22V. 

ikPHtNGQl'AST,  m.,  Jasulbe  mie  uut<n  »pieogwedel.  V.kurt. 


SPRENGREGEN,  m.  regen,  bei  dem  die  tropfen  nur  vereinzelt 
und  weit  von  einander  fallen:  sprengregen,  imber  DiBr.  287"; 
eyn  sprengeren  (so!),  imber.  ebenda;  sprengregen  brem.  wb. 
nachtr.  Z33;  sprankregen  Däbnert  453'. 

SPUENGRING,  m.  rin;,  welcher  heist  gemacht  den  hals  eines 
gefässes  absprengt.  Jacobsson  7, 414*.  das  gerat  wird  auch  das 
sprengeisen  (s.  oben)  genannt. 

SPRENGROT,  adj.  suppurpureus ,  versicolor,  maculij  rubtit 
aspersus  sive  intertinctus.  Sri  ei. er  IC25. 

SPRENGSAt^K,  m.  mit  Sprengstoffen  gefüllter  sack:  einen 
sprengsnck  mit  der  lunte  anzünden. 

SPRENGSCHUSZ,  m.  beim  tunnelbau  bezeichnung  der  gestein 
forträumenden  Sprengungen  im  gegensatt  zu  den  einbruchs- 
scliüssen.  Karmarscu-Heeren'  9,727. 

SI'RENGSEIDE,  f.  nome  einer  gattung  besonders  feiner  seide. 
alte  quelle  bei  Ungeb-Kbull  528*.     vgl.  oben  sprengsammet,  m. 

SPRENGSEf..,  m.  l)  entsprechend  sprenger  l,c  bezeichnung 
der  heuschrecke:  sprengsei,  locusta  in  der  mark  Brandenburg. 
Fbisch  2,  308*;  sprengsei  in  Ostpreuszen.  Fhiscbuier  2,356*;  in 
der  Schreibung  sprenksei,  gryllus.  Nem.'^icb.     als  demin.: 

in  des  ackers  gansedisteln, 
in  der  Vogelmilch  am  rain, 
in  den  feldkamilleu  nistein 
kafer,  grill  und  spiengselnin 

Schmidt  v.  Wernkuchrn  qed.  175. 
übertragen  als  bezeichnung  einer  tänzerin:  freilich,  ...  wo  die 
täiizt-rinnen  als  leichtfertige  sprengsei  verrufen  sind,  die  als 
nixen  ins  wasser  gehen  und  gelegenheit  zu  gunst  gewahren, 
da  mögen  den  tanzhelden  wohl  böse  träume  urogaukeln. 
Jahn  2,  S37  Euler. 

2)  sprcngsel,  dasselbe  wie  sprenkcl,  m.  (s.  unten),  ein  fang- 
gerät: sprengsei  'ruthe  zum  Vogelfang'.  Reinwald  heniieb.  idiot. 
2,120,  auch  bei  Campe;  sprenks'l  Dakneil  207';  wenn  aber 
die  Stallbuben  ihre  schlingen  und  sprengsei  im  strob  auf- 
stellen, da  bleibt  auch  mancher  (sperling)  hüngen.  Armm  ges. 
werke  H,\9i;  auch  in  einer  fast  tautologischen  zusamuienselzung 
dohnensprengsel  (vgl.  dobne  theil  2,\2io):  an  den  vordersten 
stammen  waren  einige  dohnensprengsel  mit  ihren  lotlien  eber- 
eschenbüschelchen  sichtbar.  Fontane  vor  dem  s/urm  2  (IS7's), 35. 
in  bildlicher  wendung:  wie  es  ihm  gelungen  sei,  in  seinem 
garten,  vermittelst  einem  feinen  spiengsel  eineu  ätherischen, 
sehr  gebildeten  geist  zu  fangen.  Tieck  norellenkranz  4,  34. 

SPRENGSTOFF,  m.  stoff,  welcher  zum  in  die  luft  sprengen 
dienlich  ist. 

SPRENGSTÜCK,  n.  1)  eine  in  einer  hülle  befindliche  Spreng- 
ladung, uhlche  dazu  dient,  befestigungswerke  in  die  luft  zu  sprengen. 
Campe. 

2)  abgesprengtes  stück:  sprengstück  einer  granate;  ein  spreng- 
slQck  verletzte  einen  arbeiter  (im  Steinbruche),  übertragen, 
von  versprengten  theilen  eines  Volkes:  nur  ein  sprengstück  von 
ihnen  (den  Ostgoten)  entwich  mit  dem  kleinen  königssohne 
Widerich  an  den  Dnjester.  Giiote  allgem.  ueltgeseh.  4, 4, 100, 
wo  ((6fr,  wie  der  folgende  beleg  deutlicher  zeigt,  wol  weniger  an  das 
bild  einer  zersprengten  gesteinsmasse,  als  vielmehr  an  die  rerhält- 
hiise  eines  auseinandergesprengten  rudels  hirsche  u.  s,  w.  gedacht 
werden  musz;  dnsz  sich  verschiedene  male  sprengstücke  vom 
huuptstanimc  gelöst  haben.  I74.    vgl.  sprengen,  verb.  1,4,  sp.  3S. 

Sl'RENGTAG,  m.  kirchliches  fest,  an  welchem  Weihwasser  ge- 
sprengt wird.  vgl.  sprengen,  verb.  I,  2,  o.'  sprengelagc,  dies, 
quibus  aspersione  aquae  lustralisin  ecclesia  utuntur.  Friscb  2,  3u8'; 
ein  virarius  soll  an  solchen  lagen  den  pfarrern  gegenwärtig 
sein,  auf  die  sprengetage  zu  sprengen,  ebenda. 

SPRENGTENNE,  f.,  nach  Jacorsson  4,  424'  begrtffUch  dasselie 
wie  sprengkugel  (s.  oben). 

SPltENGTONNE,  f.  im  ernstfeuerwerke  beseichnung  einer  tonne, 
welche  mit  schlagen  und  granaten  gefüllt  ist  und  tur  abwehr 
unter  eine  stürmende  srhaar  geworfen  wird.  Jacorsson  4, 918*. 
auch  slurnifusz,  n.  (5.  un(;n)  genannt. 

SPRE.NGTOI'F,  m.  topf,  aus  welchem  man  wasser  sprengt. 
Campe,  vgl.  oben  sprengbecber,  m.,  sprengfaiz,  n.,  spreug- 
kanne,  f,  sprengkrug,  m. 

SPREMiTRICHTER,  m.  trichterförmigrs,  einem  giestkannen- 
kopf  ähnliches  gefdsz,  dessen  hoden  fem  durchlöchert  ist.  dadurch, 
dasz  man  die  obere  gröttere  Öffnung  entweder  offen  listt  oder 
mit  dem  daumen  vertrhlieszl,  kann  man  einen  gröberen  oder 
feineren  Staubregen  verursachen,  der  besonders  tur  Wässerung 
ausgesäirn  samrns  dient.  Jacübison  4,235*.   ocon,  lex.  2738. 

SI'RENtiUNG,  f.  handlung,  rorgaug  des  sprengens. 

1)   enttpiechend    »preiigen,  verb.  I,  1:    Sprengung,    irriyiifio, 


i 


45 


SPR  ENGVORGANG  —  SPRENGWEDEL 


SPRENG  WERK  —  SPRENKEL 


46 


roratio.  Stielbr  2097;  Sprengung,  spargimento,  spruizamento, 
innaffiamento.  Krimer  diel.  2  (1702),  S&7';  die  sprängung,  $paTsio. 
Steirbacb  2,645;  die  Sprengung  des  gartens;  Sprengung  in 
den  straszen;  so  war  es  genchehn,  und  vergebens 

dürstete  wiederverwandlung  der  wünsch. 

niederTerwandlung  in  sie,  die  sie  war  vor  der  Sprengung  des 

bluie», 

und  der  lache  des  bohn$.      Klopstock  2,  14$. 

2)  entsprechend  sprengen,  r^rft.  1,3:  Sprengung,  ruptio,  qunsfus, 
eontusio,  convulsio,  fractura.  Stieler  2107;  Sprengung  der  inauren, 
eoncvssio,  concussura,  concufsus  et  libe(aclio  muri,  ebenda; 
Sprengung,  attione  dt  far  sallare  <]  crepare.  Krämer  diel. 
2  (1702) ,  888' ;  Sprengung  eines  feisens,  einer  brücke,  bey 
dieser  (der  bloszen  znmalmung  des  diamants  in  pulver)  ist 
weder  ein  feliciler  nocli  infeliciter  zu  denken;  wohl  aber  bey 
einer  solchen  Sprengung  des  diamants,  die  eine  gewisse  art 
TOD  splittern  gewahren  soll.  Lkssing  8,  90.  bildlich  gewendet: 
die  Sprengung  ihrer  fractiun  ist  nach  meinem  unterthänigsten 
dafürhalten  eine  wesentliche  aufgäbe  der  erhaltenden  poliiik. 
BisMARCK  erinnerungen  1,370;  wir  haben  diesen  somraer  erreicht, 
wonach  wir  zwölf  jähre  lang  Tergebens  strebten,  die  Sprengung 
der  Bregenzer  coaliiion.  2,5. 

SPRE.NGVOKGANG,  m.  Vorgang  bei  sprengarbeiten.  Karmarsci- 
Hkere>'  9. 727. 

SI'KENGWAGE,  /.  bei  einem  nagen  das  auf  einem  eisernen 
zapfen  ruhende  tcagerechte  holi,  an  welchem  die  schicengel  hängen. 
Jacobsso5  4, 133'.  schon  Adelung  vermutete  Zusammenhang  mit 
der  Wendung  holz  sprengen,  es  in  krummer  linie  sägen,  weil 
die  sprengwage  gewöhnlich  gebogen  sei:  die  sprengwage  an 
einer  kutsche,  volee  de  carosse.  Eggers  kriegslex.  2,  1262. 
fld.  sprenkwaclit,  der  festsitzende  Schwengel  eines  kleinen  wagens. 
korrespondensbl.  des  Vereins  f.  nd.  sprachf.  18,  42.  in  weiterer  zu- 
tammensetzung :  sprengwagtocke,  Z".  der  eiserne  zapfen,  auf 
welchem  die  sprengwage  ruht.  Lkcer-Kbcll  528',  dafür  auch 
sprengwagkloben,  ni.  ebenda. 

SPRENGWAGEN,  m.  uagen  mit  starker  Sperrkette,  er  dient 
zur  holzbeförderung  bergabwärts.  Cnger-Kblll  528'. 

SPHENGWASSER,  n.  geweihtes  wasser  zum  sprengen:  spreng- 
wasser,  aspersorium  Dief.  54'.  (mit  einem  aschenzusatz:)  und 
ein  reiner  man  sol  die  asschen  von  der  kue  auffraffen,  und 
sie  schütten  ausser  dem  lager  an  eine  reine  stete,  das  sie 
da  selbs  verwaret  werde,  für  die  gemeine  der  kinder  Israel, 
zum  Sprengwasser,  denn  es  ist  ein  sündopffer.  i  Mos.  19. 9. 
doch  vgl.  sprengen,  veib.  I,  2,  b.  wenn  aber  jemand  irgend 
einen  todten  menschen  anröret,  und  sich  nicht  entsündigen 
wolt,  der  verunreiniget  die  wonunge  des  berrn,  und  solche 
seele  sol  ausgerottet  werden  aus  Israel,  darumb  das  das 
Sprengwasser  nicht  über  jn  gesprenget  ist.  13;  denn  er  hat 
das  heiligthum  des  herrn  verunreiniget,  und  ist  mit  spreng- 
wasser  nicht  besprenget,  darumb  ist  er  unreine.  20;  und  der 
auch,  der  mit  dem  sprengwasser  gesprenget  hat,  sol  seine 
kleider  waschen.  21;  und  wer  das  sprengwasser  anrüret,  der 
sol  unrein  sein  bis  an  den  abend,  ebenda;  alles  was  das  feuer 
leidet,  soll  jr  durchs  feuer  lassen  gehen,  und  reinigen,  das 
mit  dem  sprengwasser  entsündiget  werde.  31,  23;  welches 
holii  ieiehenholz)  ...  die  drujden  aber  alleine  zu  Verbrennung 
der  opffer  und  die  zweige  zum  sprengwasser  . . .  brauchen. 
LoBK?(STEi5  4rmin.  1,970; 

der  eitis  tags  gieng  io  tempel  dar 

der  göttii)  Fortune  fürwar,  .  .  . 

als  im  eiiigang  de$  tempeU  geschwind 

der  götzn  plafT  mit  sprengwasser  gusz, 

zu  rernigen,  . .  . 

sprach:  warum  geust  mit  wasier  mich, 

als  wolst  mich  rtynigeu  warlich? 

H.  Sachs  15,  534,  28  Keller-GOtte. 
SPRENGWEDEL,  m.  wedel  zum  sprengen  des  Weihwassers, 
wie  oben  Sprengel,  m.  l:  Sprengewedel,  aspersorium  Dief.  54*; 
sprenguadel,  Sprengwedel,  aspersorium.  ebenda,  spersorium  546'; 
sprängwadel,  aspergillum  Dastpouios;  sprengwadel,  darmit  man 
Wasser  an  etwas  sprengt,  un  guespillon.  Hulsios  (1616)  3U4'; 
Sprengwedel,  aspergolo  (1618)  236";  Sprengwedel,  aspersoiio, 
tpargoU),  aspergolo,  spergolo.  Kbambr  did.  2  (1702),  887';  Spreng- 
wedel, aspergillum  Faisca  2,308*.  die  in  älterer  spräche  vor- 
kommende form  sprengwadel  (s.  oben)  noch  heute  in  steirischer 
mundart  belegt.  Umcer-Kbcll  528": 

iie  jagen  uns  mit  muukenwideln, 

wie  d'  pfatren  das  gspänst  mit  sprengwädeln. 

FiscuART  3,  20,  (>64  Kurt; 
Georg  trägt  eyn  weykessel  mit  wasser  und  Sprengwedel,  auch 
ein  rauchfasz  mit  weyrach.  Ayrer  dianun  1761,33  Keller;  es 


hat  sich  auch  ein  heft  oder  griff  von  erz  von  einem  Spreng- 
wedel gefunden.  Wirckelmask  2,207;  der  Sprengwedel,  mit 
Weihwasser  getränkt,  der  unter  den  bösen  geistern  sonst  auf- 
räumte wie  die  fliegenklappe  unter  den  Stubenfliegen,  ver- 
mochte lange  zeit  nichts  gegen  die  hartnäckigkeit  der  ge- 
spenstischen amazoncn.  .McsÄcs  volksm.  4,114  Hempel;  mehrere 
kleine  Jungen  läuteten  am  glockensirang  aus  leibeskräften. 
ein  anderer  lief  mit  wasser  und  Sprengwedel  umher  und 
sprengte,  dasz  es  kühl  sei.  Brentano  5,  205,  «ro  gleichwol  ge- 
weihtes wasser  gemeint  sein  wird,  dagegen  zum  sprengen  nicht 
eigentlich  geweihten  irassers  dienend:  aus  dem  kruge  schüttete 
sie  mit  einem  Sprengwedel  wohlrüchendes  wasser.  aus  dem 
korbe  blumen  aus.  Lobehsteii»  Armin,  i,  1406'.  zum  sprengen 
von  blul  gebraucht:  man  sammelte  (beim  opfern)  das  blnt  in 
gefäsze,  und  mit  Sprengwedeln  wurden  das  estrich  und  die 
wände  mit  bhit  bestrichen,  imgleichen  die  menschen  damit 
besprängl,  Dahlma:»?»  dän.  gesch.  2,94;  in  einem  unsinnlichen 
vergleiche:  unsere  (der  prediger)  zungen  müssen  seyn  wie  ein 
Sprengwedel,  so  in  dem  blute  Christi  eingetuncket  ist,  dasz 
wir  damit  die  hertzen  unserer  zuhörer  besprengen.  Spbrlixg 
■Sicodemus  quaerens  1  (1718),  41.  «nen  ansatz  zu  jener  unter 
Sprengel  2  (s.  oben)  aufgewiesenen  bedeutungsübertrogung  butet 
der  folgende  beleg:  also  haben  sie  bald  nach  der  apostelzeit 
geschwermet  und  dreierley  concilia  eingesetzel  und  geordnet, 
1.  gemeine  oder  general,  2.  provincial,  3.  und  bisthumblich, 
das  ist,  dasz  in  einem  jeglichen  bisthumb,  soweit  sein  spreng- 
weddel  reicht,  gehalten  solt  werden.  Lütbe«  liicÄr.  (1568)364'. 
Sprengwedel  o*JCön  bezeichnung  des  membrum  virile  in  der  sol- 
datensprache.  Hob.i  soldatenspr.  129  anm.  vgl.:  dann  hat  der 
münch  sichern  zugang  mit  seinem  sprengwadel  in  das  nonnen- 
kloster.  Schilürnbcbt  harmonia  in  fortaütiis  3,  15  bei  Hörn  s.i. 
SPRENGWERK,  n.  1)  entsprechend  sprengen,  verb.  1,1. 
Vorrichtung  zum  wassersprengen:  spreng-,  spritzwerck,  aquilitiae. 
Stieler  2558. 

2)  entsprechend  sprengen,  verb.  1,3,  b:  sprengwerck,  macchina, 
slromenli  da  fare  schiantare;  eome  sone  petarde.  Krämer  dict. 
2  (1702),  888*. 

3)  sprengwerk  in  der  zimmermannssprache  das  syttem  von 
strebebändern,  welches  lange  balken  verbindet  und  stützt,  im  gegen- 
satz  zum  hängewerk  ((Aei/ 4,2,454).  Jacobssob  4,23«>*.  Karmarscb- 
Hbere;i^  2,93;  sprengwerk  einer  brücke,  ebenda,  daiuspreng- 
werksbrücke,/".  brücke  die  von  einem  spreng  werk  jrtrajrn 
wird.  105;  sprengwerkdach,  n.  «n  mittelst  sprengwerk  ge- 
stütztes dach.  469. 

4)  6«  den  schlossern  bezeichnet  spreogwerk  ein  gitterwerk, 
dessen  felder  mittelst  sprenggabel  (s.  oben)  mit  mannigfach  ge- 
bogenen venierungen  ausgefüllt  sind,  Jacoussos  4,  235':  was 
auch  zu  der  Sicherheit  gehöret  . . .  wie  auch  sprengwerck, 
gitter  vor  fenster  (vgl.  unlen  sprenkfenster,  n.),  und  eisern 
gatterthüren,  ohnerachtet  diese  von  groben  starcken  eisen 
gemachet  werden.  Vignola  civilbaukunst  übers,  von  Stürm  200. 

SPRENGWIRKUNG,  f  die  Wirkung  eines  einfachen  bleigeschosses 
in  dem  getroffenen  körper;  die  einschuszwunde  ist  nur  klein,  da- 
gegen die  ausschuszwunde  sehr  grosz;  mit  bezug  auf  das  mit 
einem  stahlmantel  versehene  militärgeschosz :  das  eine  geschosr 
war  durch  die  hinge  gegangen,  das  andere  unter  der  Wirbel- 
säule hindurch,  von  einer  Sprengwirkung  war  nichts  zu  be- 
merken. Götzen  durch  Afrika  55. 

SPRENGWISCH,  m.  in  der  handwerkssprache  der  bäcker  ein 
an  einer  stange  befestigter  Strohwisch,  welcher  dient,  das  brod  mä 
wasser  zu  besprengen.  Jacobssün  4,  236'. 

SPRE.NGZEUG,  n.  l)  in  der  bergwerkssprache  das  zu  spreng- 
arbeiten notwendige  gerät.  Veith  58S.   Schelcbenstcel  230. 

2)  im  steierischen  bezeichnung  einer  gewissen  gattung  von  ge- 
spinsten  oder  spitzen.  ü.>ger-Kbüll  62S'. 

SPRENKE,  f.?  1)  dasselbe  wie  Sprenkel  (I):  fleck  oder 
sprenken  in  der  haut.  Dan.  t.  Czepeü  Coridon. 

2)  entsprechend  sprenken,  ci-rft.  2:  die  sprenken,  plur.  c/atÄri, 
tirgulae  ligneae  aut  ferreae,  quibus  fenestrae  rel  fores  muniuntur. 
Stieler  2097. 

SPRENKEL,  m.  macula.  unterschieden  vom  folgenden,  mhd. 
Sprenkel  (die  nasallose  nebenform  spreckel,  m.  s.  oben  sp.l): 
sprenckel,  Untigo  Dief.  324*;  sprenckel  nach  forme  der  linsen. 
ebenda;  sprenkel  ScBoriEt  1419;  sprenkel,  ansprank,  flecken, 
lenligo,  liehen,  mentagra.  Stieler  2ü'j8;  sumrsprenklii,  im  Ost- 
lichen Erzgebirge  bezeichnung  der  Sommersprossen.  Göpfert  in 
der  zeitschr.  f.  hochd.  mundarten  1,  62;  ausgesprochen  niedtrd. 
de  blauen  spreukela,  bläulich  oder  gar  sehwartticii  scheinender 


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SPRKNKEL 


SPRENKELBKIN  —  SPRENKRLKOPF 


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auitfhlag.  brem.  tcb.  973  naehtr.  Dcinocritus  sagt,  die  seel  sey 
ein  ingepflantzler  geisl  Athonis,  das  ist  den  sprencklen  in 
der  sonn.  S.  Frarck  chron.  h';  flecken  oder  sprenkein  uff  der 
but.  Brdnscbwic  distiUieTbuch  SO'  bei  Si.bmidt  eis.  wb.  33t';  neben 
•prinkel  (s.  den  beleg  unten):  der  Krotendorrer  marmor  siebet 
wie  kieselstein  mit  spiegellicliten  sprenckein.  M.  Chr.  Lebmann 
histor.  Schauplatz  4&7  (zeitsehr.  f.  hochd.  mundarten  1,62).  da- 
neben findet  sich  eine  heute  nicht  mehr  gewöhnliche  form  sprinkel : 
sprinckel,  lentigo  Dief.  S'24*;  sprinckej,  sprinckil,  kntigo,  lenti- 
cula.  Dibf.-WClcker  S60;  sprinkel  im  antlitz,  anjtllale.  ebenda; 
•prinkel,  lenligines,  macule  subrufe  ...  in  facie.  Trochüs  0  l'; 
der  eiban,  der  in  India  wecbset,  der  ist  sprinkeluht  oder 
tpreckelioht  mit  vrcijcn  und  mit  swarzen  spreckeln  oder 
sprinkeln.  Mkcenbekc  321, 12;  das  wei;  ist  gevar  sam  ob  sein 
pleter  gesprengt  sein  mit  melb,  aber  das  swarz  ist  prann  und 
hat  der  sprinkel  nibt.  409,4;  so  man  ein  ei  bratet,  so  nini 
das  wasier,  das  aus  dem  ei  schnitzt,  wo  man  das  hinstreicbt, 
da  tergehen  die  sprinkel.  (^iÄbelkboter  anneibuch  i,9\;  neben 
Sprenkel  (s.  den  beleg  oben),  der  {peli  des  luchses)  viel  weisze 
sprinckel  und  flecken  bat.  M.  Cbr.  Lebmank  historischer  Schau- 
platz 563  (zeitsehr.  f.  hochd.  mundarten  t,62).  ganz  vereinzelt  findet 
tieh  als  weitere  nebenform  sprunkel  (5.  unten),  die  annähme  eines 
lusammenhanges  zwischen  sprenkel  und  sprengen,  verb.  bei. 
springen,  verb.  ist  nicht  als  unwahrscheinlich  abzulehnen:  sprenkel 
'rt'n  angesprungener,  dann  auf  der  haut  entsprungener  fleck'  mit 
hinveis  auf  den  beleg  bei  Megenberg  409,4  {s.  oben).  Weigand^ 
2,  778;  doch  vgl.  Kluge  etym.  wb.^  372'.  rgl.  auch  hoU.  sprenkel, 
der  feuerfunke.  Mieg  310*  und  im  übrigen  spreckel,  n.  u.  s.  w.  {oben 
tp.'i).  als  deminutiv  erseheint  sprenklein,  n.;  manig  spren- 
kelin  in  dem  marmer  ist  gewesen.  Keisersrbrc  drei  Marien  57* 
bei  ScBMiD  fl5.  tcft.  334' ;  klein  früsch,  so  über  ruck  grawfarb, 
am  baucb  goldfarbig  sprcnckJin  haben.  Sebiz  landbau  (1.SS0)5; 
in  einer  an  sprengen,  rerü.  angeglichenen  Schreibung:  spreng- 
leyn  under  den  äugen,  lenttgo.  Dief.  324*. 

SPKENkEL,  m.  1)  decipula  avium.'  sprenckel,  vogelstrick, 
laqs  d'oyuau.  Hulsius  (I6I6)  304' ;  sprenkel,  laqueus,  vogelstrick. 
Scbottel  1419;  sprenkel  (neben  sprinkel,  t.  u.), /a^ucu«,  pediea, 
tendiculum,  lendicula.  Stielbr  2107;  sprenkel  (neben  sprinkel), 
calappio,  trappola,  trabocchetto  da  pigliar  uccelli.  Kraugk  dict. 
2  (1702),  SSS*;  Sprenkel  und  schlingen.  Leipziger  avanturier  1, 51 ; 
sprenkel  Hertbl  232.  Salzunger  mundart  44;  sprenkel  brem. 
wb.  073.  die  ausschlieszlich  zum  Vogelfang  benutzte  falle  besteht 
aus  einer  schwanken  gerle,  welche  umgebogen  und  durch  eine 
doppelte  schnür  in  der  biegung  gehalten  wird,  zwischen  die  beiden 
schnüre  wird  dann  ein  schnellhölzchen  geklemmt,  welches  die  lock- 
speite  trägt,  der  steh  darauf  stürzende  vogel  tritt  das  hölzchen 
heraus  und  fängt  sich  mit  den  füsien  zwischen  den  beiden  fdden. 
tgl.  öcon.  lex.  27S3;  mit  schneisze  (s.  schneisze  2,  theil  9, 12S5) 
begrifflich  dasselbe.  Eccbbs  2,959,  auch  schnellerschleife  (vgl. 
lAcü  9, 1303)  genannt.  Beblbn  5,661;  vgl.  noch  Hevnb  d.  haus- 
oUert.  2,247:  sprenkel,  pedtca,  so  aufscblecht  und  sich  die 
TOgel  mit  den  fassen  fangen.  Scbottei.  1419.  das  wort  ist  wol 
erst  in  verhäUnismdszig  später  zeit  aus  dem  niederd.  in  das  nhd. 
gedrungen,  rgl.  die  allgemeinere  bedeutung  von  holt.  Sprenkel 
alt  tau  und  teilschlinge.  Mieg  311'.  die  in  der  älteren  spräche  sich 
noch  vereinzelt  findende  form  sprinkel  zeigt  noch  deutlieh  nähere 
betiehung  tu  ahd.  springa,  pedtca.  Graff  6,  397  (vgl.  auch  engl. 
springe,  vogelschlinge):  sprynckel,  druw,  strich,  decipula,  laqueus. 
wörterbuchquelle  bei  Scbiller-LOdrem  4,346*,  r^l.  Wbicand^  2,777; 
iilTslag,  sprinkel,  aucipula  Uikf.  59';  sprinckel,  decipula  I6s'; 
sprinckel  (neben  sprenckel  in  der  ausgäbe  von  1616,  s.  oben), 
vÖgel  zu  fangen,  trappola,  trobocco  da  pigliar  ucrelli.  Hülsius 
(1618)236*;  sprinckel  oder  aufTschlag,  da  sieb  die  vügel  mit 
den  füssen  fangen,  pedtca.  Cürvinus  464';  sprinkel  neben 
Sprenkel  bei  Stibler  uM<f  Khaber  (s.oben);  im  winter  liengen 
wir  Tdgel  mit  sprinckeln  und  stricken.  .Sim;i<.  1,39,16  Kurz 
{die  ausgäbe  von  1669  hat  sprinke,  1.  unten,  die  folgenden  je- 
doch sprinckel,  r;'.  W'EiCANb*  2,  777).  ein  Zusammenhang  mit 
springen,  verb.  ist  wahrscheinlich,  wobei  das  k  auf  einfluss  eines 
ytuffixes  zurückgeführt  werden  kann.  rgl.  Klocb  etym.  wb.  in 
itetem  falle  wäre  Urverwandtschaft  mtt  Itttauisch  springti  ^würgen', 
sprangüt  'würgend'  abzuweisen,  zumal  der  sprenkel  im  gegen- 
tott  sur  dobne  (1.  Ihetl  2,  l22o)  das  gefangene  Ihier  ntchl  zu 
lode  murgt.  rgL  auch  unten  iprinke.  eine  selten  vorkommende 
•R  Sprengel  angeglichene  form  1.  Sprengel,  m.  3,  ip.  27.  dte 
nhi.  gewuhnltche  und  heute  aus$chUes:lich  gebräuchliche  form  iä 
Sprenkel:  sprenkel  aufstellen,  tendicvlis  insidias  aribut  parare. 
SriBtta  3107;  sprenkel  aufslellen,  ttnäer  ealappti.  Krabsr  did. 


2  (1702),  8S8';  ich  Stelle  allenthalben  sprenckel  auf,  dasz  sich 
was  fangen  soll,  causenmacher  19.  dafür  auch  einfach  sprenkel 
stellen:  so  haben  sie  ein  halbschock  sprenkel  auf  ihren  vogel- 
herd  gestellt,  polit.  Stockfisch  vorrede;  da  war  ich  denn,  wenn 
ich  gefragt  wurde,  nicht  gegenwärtig,  sondern  mit  meinen 
gedanken  auf  dem  thurme  bei  den  Sperlingen,  oder  im  busche 
bei  den  sprenkeln,  die  ich  gestellt  hatte.  Seumb  11(1827),  33; 

wie  ist  doch  im  walde  gut  wohnen! 

wie  mancherlei  l'reude,  juchhe  ! 

bald  stell'  ich  mir  sprenkel  und  dohnen, 

hald  jag'  ich  den  hirsch  und  das  reh. 

llorrHANN  V.  Fallrrslirbh  ged.  310. 
.'dlener  dafür  sprenkel  setzen,  metlre  de  laqs  pour  prendre  des 
oyaeaux.  Huisios  (1616)304*;  sprenkel  richten,  tender  calappii. 
Krämer  dict.  2  (1702),  888'.  allgemein  mit  sprenckein  fangen, 
prendre  avec  des  laqs.  Hulsius  a.a.O.;  vögel  mit  dem  sprenkel 
fangen,  pigliar'  uccelli  al  calappio.  Krambr  a.  a.  0.; 

der 
ist  nur  ein  schlechter  TogeUteller,  welcher 
mit  einem  sprenkel  denkt  den  Tang  zu  machen, 
all  überall  siell'  ich  dem  glück  die  schlingen. 

iMMRRRANfl    I,  1,268    KoCh, 

dafür  auch  in  sprenkeln  fangen:  (der  Vogelsteller)  fanget  sie 
in  sprenckel  oder  dohnen.  Comemus  428;  sich  im  sprenkel 
fangen,  in  laqueos  se  induere.  Stieler  2107;  bald  sahen  sie 
ihn  auch  in  einem  busche  zwei  Schnepfen,  die  sich  in  einem 
Sprenkel  gefangen  hatten,  in  seinen  ranzen  stecken.  Brentano 

5    ^S  * 

'      '  80  wie  ich  dir  den  hänDing  fange, 

bringt  er  es  (da-i  rotr  band)  dir  an  seinem  hals  zurück  .  .. 
doch  sind  die  sprenkel  auch  noch  heute  leer.     HitaEL  6,  69; 

fängst  nicht  den  vogel  und  verlierst  den  sprenkel?  —  der 
köder  ist  hin  und  fort  der  lacbs.  KCckbrt  11,  266.  mehr 
bildlich,  auch  als  fanggerät  für  menschen  dienend:  dann  bin  ich 
auch  der  mann  nicht,  der  sich  sprenkel  stellen  lüszt  —  oder 
im  bandel  prellen  läszt.  320.     von  dem  strick  am  gulgen: 

wofern  ein  solcher  schlimer  held 
nicht  in  des  seylers  sprencklen  feit. 

ttiNfiWALDT  lauter  warlteit  S14. 
demin.  sprenkelcben,  n.; 

n-o  ein  härchen  deines  bauptes 

unterm  kämmen  niederfiel, 

nimmts  ein  Amor  auf  vom  boden, 

macht  ein  schlingclien  draus  zum  spiel. 

vom  rubin  des  munds  ein  lächeln 

dient  an  rother  beeren  statt, 

und  ein  sprenkelchen  ist  fertig, 

wie  mich  eins  gefangen  hat.    Rdcksrt  ged.  I,t89. 

2)  tvol  nach  seiner  ähnlichkeit  mit  dem  vorigen  heistt  der  brüst' 
knochen  der  gans  sprenkel:  an  gedachtem  brustknocben  oder 
sprenckel,   wie   ihn   auch   etliche   nennen.    Hubberg  3,1,79*. 

3)  Sprenkel,  ein  stück  holz  zum  atiseinandersperren.  brem.  wb. 
973;  n  sprenkel  in  de  mund  steken.  tbr  Doornkaat  Koolman 
3,288';  'n  sprenkel  tüsken  de  döre  un  de  dörram  selten,  dat 
de  döre  apen  stAn  blift.  ebenda;  ein  Sperrholz,  welches  zwischen 
zwei  zusammendrückende  wände  gesetzt  wird.  Jacobsson  4, 236*. 
nach  TEN  UooRNRAAT  KoOLHAN  0.  0.  0  ouch  bezcichnung  eines 
klemmholzes:  'n  sprenkel  up  de  nüse  (up  de  sterl)  selten. 

4)  sprenkel,  sitzstäbchen  an  einem  staarenkasten.  PnsTBB 
naehtr.  282. 

SPKENKELBEIN,  n.  1)  bein,  krummgebogen  wie  ein  sprenkel 
(vgL  sprenkeln  II,  l).  Campe. 

2)  auch  beieichnung  der  jterson,  welche  mit  to  beschaffenen 
beinen  ausgestattet  ist.  ebenda. 

SPRENKFXBEINIG,  adj.  zu  dem  vorigen. 

SPHENKELUOHNE, /L  bunt  gesprenkelte  höhne,  phaseolut  vul- 
garis. Pritzel-Jessen271';  sprenkelbnnen,;)Aaifoiui  Mattniolus- 
Cahmerarius  kräulerbuch 3\H;  sonst  auch  türkische  buhne  genannt. 

SPHENKELBÖBS,  m.  entsprechend  spienkel,  m.  macula,  be- 
zcichnung einer  art  gefleckter  börse,  perca  punctatus.  Campe. 

SPHENKELFANG,  m.  Vogelfang  miUelst  sprenkeis  (i.  oben 
Sprenkel,  m.  decipula  avium):  der  sprenckelfang  ist  lu  aus- 
gaiig  des  augusti  und  im  anfang  des  Septembers  am  besten, 
öcon.  {r.r.  2783;  sprenkelfang  Eglers  2,059. 

SPBENKELFISCH,  m.  eine  mit  flecken  versehene  goldfischurt, 
conjjihaena  equiselis.  Nrmnk.B   l,  1254. 

SI•nE^KELGESI'E^ST,  n.  ein«  käferart,  dessen  griin'-  /Htgel 
mtt  weissen  pünktchen  besprengt  sind,  mantts  irrorata.  KrCniti 
encycl.  161,  703. 

SPItKNKELHEIT,  f.:  sprinckelbeit,  lenHgo  Diar.  S14*.  »#L 
oben  spreckelheil,  /.  (sp.  7). 

SPKENKELküPF,  m.  entspretkend  sprenkel,  m.  mtcula. 


49 


SPRENKELKRUMM  —  SPRENKELN 


SPRENKELNERITE  —  SPRENKLICH 


50 


1)  gefleckter  köpf  eines  stücket  rindvieh :  schbringelkobb  Cbe- 
CELius  oberhess.  tcb.  2,801. 

2)  dann  auch  beieichnung  des  thieres  selba.  ebendi. 
SPRENKELKRüMM,  adj.    krumm,   gebogen  rie  ein  sprenkel 

{zu  Sprenkel,  m.  decipuli  ai-ium):  ein  neger  zeigte  mir  sein 
ccwehr  vor,  welches  ein  gorilla  sprenkelkrumm  gebogen  halte. 
Breii»  illustr.  thierleben  1, 15. 

SPRENKELMEIL,  n.  macula,  lentigo.  vgl.  meil,  n.  theil  6, 1906: 
wenn  diu  sternslang  ertrenket  wirl  in  wein  und  dar  inne  er- 
stirbt, der  nein  benirat  dem  antlütz  seineu  sprinkelmail,  ob 
man  ej  da  mit  wescliet.  Megenberg  280,32.  vgl.  tu  sprinkel 
r'ben  unter  sprenkel,  m.  macula. 

SPRENKELN,  rerb.     1)   zu  sprenkel,  macula:   sprenckeln, 

biindtmachen,  piecoter,  macchiare,  maculare.  Hoi.sics  (1616)304'; 

sprenkeln,  bundmacben,  variare.   Schottel  1419;  sprenkelen, 

instar  chhthrorum  variare,  variis  coloribus  pingere.discoloribus  signis 

n'Aare.  Stiei.er  2097;  sprenkeln,  ...  ifrrfjarf,  scritiare,  variare. 

Kramer  diel.  2  (1702),  &8S';    mit   allerhand    färben    sprenkeln, 

retiare,  variare,  spargere,  taccare,  macchiare,  distinguere  di  ogni 

-irte    di    colori.    ebenda;    sprenkeln,    mit    tropfen   besprengen. 

l!AH."»ERT  454',  mit  verschiedenen  färben  besprengen,  brem.  wb.  973; 

sprenkeln  (daneben  sprinkeln,  vgl.  dazu  oben  unter  sprenkel,  m. 

m'icula) ,    färbe   mit   einer  steifen   quaste   auf  einen  gegenständ 

r^rengen.   TEN  DooR^KAAT  Koolman  3, 2>&'.     part.  gesprenkelt, 

rretiato,    scritiato,   rariato ,  sparso,  macchiato,  distinto  di  varii 

■'lori.  Kramer  rfirt.  2  (1702),  8S8';  g'sprankit  Schöpf  693.     dann 

jmpt  ein  mann  mit  aim  gesprenkelten  fätzen  an  ain  Stangen 

gemacht,   darinne    halt    aine   benne   mit    zwaien  köpfen  (der 

deutsche    reichsadler)    genähet.     Kiüchhof  wendunm.  (1602)  145. 

::fsprenkeltes    blatt;    gesprenkelter   apfel,    mit  andersfarbigen 

ecken  gezeichnet: 

gieb  Amalien  dort  den  gesprenkelten  GraTensteiner, 
welchen  sie  liebt.     Voss  1,122; 

auch  gern  mit  angäbe  der  färbe  gelb,   grau,   roth,  weisz  ge- 
prenkelt:  roth  und  weisz  gesprenkelte  mohnäcker  waren  wie 
ranzende    stücke    eines    zerschnittenen    prachttcppichs    da- 
zvischen  gesäet.  Hebbel  9  (1891),  248; 

dort  sind  ragende  bäume  gepflanzt  mit  laubigen  wipreln, 
...  voll  grüner  oliven  und  roth  gesprenkelter  äpfel. 

Voss  Odyssee  7.  116. 

doch  xumeist  ohne  solche  bestimmte  angäbe:  ich  sah  im  geiste 
die  mehreren  tausende  der  von  mir  gesprenkelten  fahnen- 
stecken  gleich  einem  unabsehbaren  zäune  aufgestellt  und  mich 
als  den  feldbauptmann  der  hölzernen  armee  mitten  vor  der- 
selben stehend.  Kellers,  S2;  rote  schäfchenhimmel,  gewitter- 
stürme   und  andere  gesprenkelte  naturerscheinungen.   4,216; 

Ungstreifige,  dunkel  und  hellgrün 
wallende  korngefilde,  mit  farbigen  blumen  gesprenkelt. 

Voss  1.  21  (Lime  I,  127); 
brachte  mama  den  stattlichen  bräutigamsschUrrock, 
fein  von  kattun,  kleerötbJicb,  mit  farbigen  blumen  gesprenkelt. 

213  (3,  873); 
dort  steht  müsziges  volk  um  den  hölzernen  pulcinell  . .  . 
hier  Wahrsager  mit  ihrer  gesprenkelten  Schlangenbrut. 

die  färbe  als  subject: 

zwischen  dem  greis' und  dem  Jünglinge  schwebt' ihm  das  alter; 

jugendlich  blühte  die  kraft,  es  sprenlielte  siiber  die  schlafen 

{voriabnnt  tempora  cnni).    Voss  Ovids  metamorph.  52,261. 

seltener  intransüiver  gebrauch:  die  trauben  beginnen  zu  spren- 
kelen, uvae  variare  incipiunt.  Stielkr  2097. 

2)  sprenkeln,  «in  klemmholi  auf  oder  xtcischen  etu^as  setzen: 
dat  swin  is  sprenkeld,  ist  mit  einem  klemmholz  auf  der  nase 
versehen.  TEN  Door.niaat  Koolman  3,  28S';  dann  auch  'n  osse 
sprenkeln,  dem  geschlachteten  thiere  ein  Sperrholz  luischen  die 
beine  oder  rippen  stecken,  ebenda;  sprenkeln,  ein  seil  durch  einen 
hindurehgesteckten  knebel  herumdrehen  und  dadurch  fest  anziehen. 
Pfister  nachtr.  282;  so  wird  die  säge  gesprenkelt,  ebenda,  dann 
auch  ein  beliebtes  mittel  der  tortur:  ihm  (tur  peinigung)  ein 
knödigt  seyl  umb  den  kopIT  gebunden,  und  mit  einem  holtz 
gesprenkelt,  quelle  bei  Crecelics  oberhess.  wb.  2,801;  Hans 
Fuchs  dem  Jüngeren  zu  Kaulstosz  ein  seil  umb  den  kopff  ge- 
macht, gesprcnckelt,  die  ßnger  zusammengebunden,  ebenda; 
danck  gott,  dasz  wir  keine  krieger  mehr  haben,  dasz  der 
teufel  die  galgenvögel  nach  der  reihe  geholt  hat  ...  sie 
sprenckelten  uns  jo,  wars  möglich,  und  schuriegelten  uns, 
dasz  es  eine  sönde  und  eine  schände  war.  ScBoca  stadenten- 
leben  D  l". 

3)  wie  unten  sprenken,  verb.  2:  sprenkelen,  canceUare,  gra- 
ticchiare,  aggraticchtare.   lat.  clathrare.  Krambr  dict.  1  (rü2),  888*. 

X.  2. 


SPREiNKELNERITE,  f.  nerite  oder  krammetsvogel,  in  sprenkeln 
zu  fangen  (vgL  sprenkel,  m.  decipula  avium).  KrCnitz  encycL 
161,  703. 

SPRENKELROSE.  ,''.  im  trestfälischen  als  name  einer  gefleckten 
kuh,  d.  i.  gesprenkelte  Rose.  Woestk  252'.  über  rose  als  kuh- 
name  s.  theil  S,  il77  (unter  6,  6). 

SPRENKELRUTE,  f.,  dasselbe  wie  sprenkel,  m.  decipula 
avium,  als  sprenkel  dienende  rute:  wenn  sie  (die  vügel)  da 
zur  träncke  kommen,  werden  sie  mit  den  sprenkelruthen  ge- 
fangen. Coleb  (1680)  615". 

SPRENKELSTOCK,  m.  entsprechend  sprenkel  (H),  3  und 
sprenkeln,  rerft.  2.  stock  zum  auseinandersperren,  ten  Doornraat 
KOOLMAN   3,288'. 

SPRENKELUNG,  f.  entsprechend  sprenkel,  m.  macula  und 
sprenkeln,  terb.  1 :  sprenkelung.  scretiamenlo,  scretiatura.  Kramer 
dict.  2  (1702),  8S8';  der  pelz  ist  tiefgrau,  auszen  aber  schwärzlich 
mit  gelber  sprenkelung.  Rrehh  thierl.  2, 12. 

SPRENKELVOGEL,  m.  rogel,  der  im  sprenkel  gefangen  «erden 
kann.    plur.  sprenckelvögel  Ocon.  lex.  2783. 

SPRENKEN,  rer6.  1)  wie  sprenkeln,  verb.  1.  etwas  bunt 
färben:  und  ich  will  ihm  noch  schenken 

ein  starlien  hirtensiecli. 
mit  färben  ihn  will  sprenken, 
gebrennt  mit  feuer  und  speck. 

Spie  tiuiznachl.  160  Bnlke. 

2)  wie  sprenkeln,  verb.  3,  in  einer  sprenkeln,  verb.  2  und 
sprenkel  (II),  3  nahestehenden  bedeutung  sprenken  mit  einem  gitter 
versehen:  sprenken,  gesprenket,  clathrare,  cancelhrse  fenestras, 
et  alia  loca  clathris  et  cancelli^  munire.  Stieler  2097;  vgl.  auch 
unten  versprenken.  sprenken,  canceUare,  graticchiare ,  aggra- 
ticchiare.  Krämer  dfct.  2  (1702),  888';  ein  fenster  sprenken  o  ver- 
sprenken, canceUare  una  ftnestra.  ebenda;  ein  gesprenket  fenster, 
ßnestra  eancellata,  graticchiata,  fatta  a  eancelü.  ebenda. 

SPRENKER,  m.  zu  sprenken,  verb.  2:  sprenker,  mos  clathrans, 
cancellans,  reticulans.  Stielkb  2097.  j.  auch  unten  versprenker,  m. 
dazu 

SPRENKERIN,  f.:  sprenkerinn,  femina  elathrans,  canceUans, 
reticulans.  Stieler  2097. 

SPRENKFENSTER,  n.  fensler  mit  einem  gitter:  sprenkfenster, 
ßnestra  cancellata,  graticchiata,  fatta  a  eaneeUi.  Kkamek  dict. 
2  (1702),  888'. 

SPRENKIG,  adj.  entsprechend  oben  sprenke,  /.  2,  vgL  sprenken, 
rerb,  2.  mit  einem  gitter  versehen:  sprenkicht,  clathratus,  can- 
cellatus,  clathris  et  cancellis  septus.  Stieler  20!i7. 

SPRENKLICH,  SPRENKLIG,  adj.  entsprechend  sprenke,  f., 
Sprenkel,  m.  macula  mit  sprenken,  sprenki'ln  versehen:  sprengk- 
lecht,  mustelinus  color.  DiEF.-Wt^LCüER  860;  sprencklich,  flecket, 
bund  ...,  das  mancherley  färben  hat,  varium,  versicolor,  macu- 
losum,  maculis  conspersum.  Hesisch  558,  26;  sprenckelicht,  mit 
färben  durchsprengt,  bundt,  picote,  maculato,  di  diuerse  varie 
macchie.  Hdlsils  (1616) :i04';  sprenklicht  Schottel  1419;  sprenke- 
licht, versicolor,  variegatus.  Stieler  2097;  sprenklicht,  scretiato, 
scritiato,  variato,  sparso,  macchiato,  distnito  di  varii  coloru  Kramer 
dict.  2  (1702),  888'.  und  sonderte  des  tages  die  sprenckliche 
und  bundte  bocke,  und  alle  fleckete  und  bunte  ziegen.  1  Mos. 
30,  34;  also  empfiengen  die  herde  über  den  stehen,  und 
brachten  sprenckliche,  fleckete  und  bundte.  39;  wenn  er  aber 
sprach,  die  sprenckliche  sollen  dein  lohn  sein,  so  trug  die 
gantze  herd  sprenckliche.  31,8;  und  sihe.  die  bocke  Sprüngen 
auff  die  sprenckliche,  (leckete  und  bunte  herde.  10,  vgl.  12. 
daneben  >ra«c/i/LcTHER  sprincklicht  (s.den  beleg  unten):  sprenck- 
lecht  eidex,  sterneidex,  stellio.  Hetden  Plinius  170;  stöberte  die 
flöhe  daraus  (aus  der  hose),  welche  ihn,  wie  man  an  seiner 
sprencklichten  haut  wol  sähe,  schröcklich  tribulirt  hatten. 
Simpl.  1, 267,  24  Kurz;  sprenkelichte  hüner,  gallinae  mvUicolores. 
Stieler  2097;  nd.  sprenklig  tüg.  sprenklig  band.  Dähnert  454"; 
eine  form  gespreuklecht:  (die  canonici  gehen)  in  einem  grawen, 
weissen  oder  gesprenklechten  belli.  Zell  fcei Schmidt etj.icft. 334'. 

so  wie  diQ  vögel  sich  in  schaaren  sammeln 
um  den  sprenkliebten  vogel,  ihn  mit  lautem 
feldgesclirei   und  hitze  des  feindes  ohn°  erbarmen  verfolgen. 

Stolbbrg  4,  79. 

daneben  eine  jetzt  ausgestorbene  form  sprinkiig  (vgl.auch  oben 
sprinkeln  unter  sprenkeln):  sprincklecb,  lentiginosut  Rief.  nov. 
gloss.  23l';  der  eiban,  der  in  India  wachset,  der  ist  sprinkeluht 
oder  spreckclloht  mit  weisen  und  mit  swarzen  spreckeln  oder 
"^jirinkeln.  Megenberg  3'Jl,  11 ;  mein  erbe  ist  wie  der  sprincklicht 
^ogel,  umb  welchen  sich  die  vogel  sumlen.  Jerem.  12,9;  die 
bei  Luther  sonst  häufigere  form  sprencklich  s.  oben,    die  nalur 


51 


SPRENKUNG  —  SPRENZEN 


SPRENZERLING  —  SPREU 


52 


des  parden  oder  paniert bier  reimet  sich  wol  mit  derart  der 
(iriechen,  denn  $ie  (die  j»inther}  sind  (princklicb,  geben  von 
sieb  guten  geruch.  Melarcbtbon  der  prophet  Daniel,  deutsch  von 
Joi«A8  (lW6)bl;  spriukelecht  worin,  iUllio.  Dief.-WOlckbb  8«0; 
dasx  der  leib  gar  ottergilbicht  und  sprincklicht  worden. 
M.  Cbb.  Lebüank  historischer  Schauplatz  622  [seiltchr.  f.  hochd. 
mundarten  1,62).  vgl.  im  übrigen  noch  oben  unter  spreoglig,  odj. 
{sp.  43). 

SPKENKUNG,  f.  handlung  des  sprenkens,  zustand  des  gesprenkl 
setns,  vgl.  sprenken,  verb.  2;  sprenkung,  dasselbe  wie  sprenk- 
werk.  Stiblkb   209T. 

SI'RENkWEKK,  n.  xu  sprenken,  verb.  2:  sprenkwerk,  n., 
clathro,  tirgulae  ligneae  aut  ferreae,  quibus  fenestrae  tel  fores 
muniuntur.  Stibler  2097;  sprenkwerck,  canceUi,  ferriate,  grate, 
opere  eanceUate.  Kb&mer  diel.  2  (1703),  S88*.  v^  auch  oben 
sprengwerk,  n.  4  {sp.  46). 

SPRENZ,  m.  im  hessischen.  1)  wie  unten  sprenzel,  m.,  das- 
selbe wie  Sprenkel,  m.  decipula  avium.  Vilmak  394. 

2)  sprienz,  lang  aufgeschossene  person,  dann  auch  ein  empfind- 
luher  mensch.  Vilmar-I'fister  ergänzungsh.  37. 

SPRE.NZE,  f.  1)  mundartlich  dasselbe  wie  sprenke,  giesskanne. 
Adtinrietm  135,  dann  auch  übertragen  auf  eine  dirne:  spiienza 
TOBLBB  3S1'. 

2)  sprinze.  wie  oben  sprenz  I  gleich  sprenkel,  decipula  avium. 
VIUIAR394;  sprenz'n,  f.  Rccbert  unterfränk.  mundart  lU. 

SPRENZEL,  m.    l)  wie  oben  sprenkel,  m. 

0)  sprenzel,  rute  zum  Vogelfang.  RtiwwALD  2, 120.  Spiess 
henn^.  idioL  239,  vgl.  Hektel  Salzunger  mundart  44. 

b)  sprenzel,  Sperrholz,  knebel,  entsprechend  sprenkel,  m.  (11)  3. 
».  den  beleg  unter  sprünzel,  m.  2,  fr,  theil  10, 1,2794. 

2)  sprenzel,  sprosse  an  der  leiter.  Hunziker  248;  spränzel 
Seileb  Basler  mundart  275\ 

3)  eint  hagere,  aufgeschossene  person.  Seileb  n.  a.  o.  vgl.  oben 
sprenz,  m.  2  und  sprcnze,  f.  l. 

SPRENZELBCCHSE,  f.  sprüzbiichse,  spritze.  Woeste  252". 
SPRENZELN,  verb.,  zu  sprenzel  gebildet,  gleichbedeutend  mit 
dem  folgenden  {s.  dort). 

1)  sprenzein,  mit  wasser  spritzen.  Woeste  352*;  auch  vom 
funkenspnVienden  docht  einer  lampe:  wenn  dann  das  öl  zu  ende 
ging  in  der  lampe,  der  docht  sprenzelte,  stellte  Käthi  das  rad 
wiederum  bei  seite.  Gottheif  Kuthi  kap.  13. 

2)  aufputzen,  schmücken,  zieren,  wol  eigentlich  mit  wolriechenden 
wassern  besprengen:  dis  ist  aber  alles  nur  ein  schmuck  vor  den 
eusserlicben  menschen,  welcher  je  sehrer  er  gesprenzelt  ist, 
je  hesslicber  ist  und  stinket  der  innerliche  mensch.  Barth 
weiberspiegel  T5*;  die  nicht  allein  ihr  haupt  nicht  verhüllen, 
sondern  auch  ihre  haare  sprenzein,  das  sie  durch  die  fliegen- 
netze  glänzen.  V  l\ 

3)  spränzeln,  mit  grosien,  gravitätischen  schritten  einher- 
stolzieren. Stalder  2,  3S6. 

SPREiNZEN,  verb.,  wol  ursprünglich  sprengezen,  als  intensiv 
zu  sprengen,  verb.  {s.  oben)  gebildet,  doch  wol  auch  unter  ana- 
logischem einfiusz  von  spritzen,  verb.  heule  nur  in  mundarten 
noch  lebendes  wort. 

I)  sprenzen,  spritzen,  mit  wasser  besprengen:  sprentzen, 
spargere  Dief.  541*;  sprentzen,  sipare  Dastpodios;  sprengen, 
sprentzen,  giessen,  artouser,  addacquare.  (liiLsius  (1616)304*; 
harpagium  gieszkräg,  damit  mun  die  gärten  sprentzt.  nomencU 
von  ib29  bei  Scbm.*  2,704;  den  buden  sprengen  o  sprentzen 
zum  auskebreo.  Kbaiikr  dic(.  2(ro2),8S8';  sprenzen,  sprenzgen, 
küchengewdchse,  blumen,  leinwand  auf  der  bletche  begieszen.  Scumid 
Schwab,  wb.  UM ;  Kprenzen,  den  boden  anfeuchten.  Scbrüeh  307*; 
i^rtDitn,begieiun.  Eifler  muudail  in  Frümiiakns  iei(tc/ir.  6, 19. 
selten  hat  sprenzen  «inc  andere  bcdeutung  (sprenzen,  einen  eilig 
forlichieken,  vgl.  Hübtkl  i/irac/iscA.  232,  entsprechend  sprengen, 
verb.  1,1),  ein  die  annähme  eines  analogiewirkenden  einflusses 
von  spritzen,  verb.  stärkender  umstand:  es  i»l  nit  gät  sprentzen 
in  den  bimel,  wan  ek  velt  her  wider  ab.  meistkb  Inculu 
goldenes  spiel  75,35  ScJnOder;  vom  wichwasser.  was  das  für 
tugeoden  und  gaislliche  rrart,  nämlich  da  es  in  aineiu  «uten 
glauben  und  (urtalz  uf  aio  grab  werde  gexprenzet.  Zimm.  chron* 
3,410,  >4:  da»  hertz  de«  maullliier»  gederrt  und  mit  wein  ge- 
tpreozt  ...  macht  unl>lrhafi.  (ieszNKB-FoRKB  thtcrb.bi';  den 
weicbbrunnen  an  tirh  sprentzen  mit  zweien  Ungern.  J.  Pauii 
icnii.  und  wer  es  situ  an  »ich  sprentzt.  ebenda;  der  barb- 
•teltz  dantz  und  alzeln  «cbwkniz  das  bausz  nit  sprenl/i. 
FiacaABT  grMtm.iA;  dieweil  man  •!■•  wasser  zu  darren  sommrr 
Miteo  brauchet,  die  farleo  damit  tu  spreolzen,  so  soll  niiin 


nicht  jedes  dazu  nemmen.  Sebiz  feldb.li;  dise  stuck  zusammen 
gemischt  sol  man  ein  wenig  sprentzen  mit  wasser.  Seuter 
rosiarznei  l!<3;  auch  von  trocknem  (vgl.  oben  sprengen,  verb.  I,  2,  b 
sp.  33) :  min  kiinc  iiocli  eins  erloub  vor  mir 

das  ich  den  boden  vor  glenüts 

vor  dir  mit  diser  eschen  «prentz.     Daniel  (lälft)  V. 

2)  das  besprengen  mit  öl  und  wolriechenden  wassern  konnte 
leicht  XU  der  neuen  bedeutung  hinüberführen:  schmücken,  zieren, 
aufputzen,  vgl.:  die  ansprentzen  mit  wohlriechender  salb, 
myro6r«f/iarü.  üastpodius. 

di»e  malerien  er  hat 
gesprenxet  in  sö  lichte  wit 

Him*.  V.  Fbeibbrg  Tristan  34; 
(re/I. .)  der  künic  und  die  kiinigin 

die  helen  sich  so  schöne 
gespreniet  under  cröne.    2536; 

wie  schöne  sie  hei 
sich  üi  ger^gctieret, 
l^espreiizet  und  gszieret 
in  ir  bestej  gewant!    4478. 

gewöhnlich  m  Zusammensetzungen  aufsprenzen  (theil  1,  743)  und 
aussprenzen  (theil  i,  979). 

SpRENZERLIiNG,  ni.,  dasselbe  wie  unten  Sprint,  m.; 

eyn  falken,  biowräsz,  sprentzerling 
und  was  man  mit  dem  habich  ling, 
die  iiandt  so  wol  bereiten  küniien. 

Mcrnrr  gäuchmatl  1606  Uhl. 

SPRENZLERIN,  f.,  zu  sprenzein,  verb.  2,  vgl.  auch  sprenzen, 
verb.  2.  bezeichnung  einer  putzsüchtigen  Weibsperson,  sprienzleri, 
eine  kokette  weU)sperson,  die  gern  auf  männer  liebesjagd  macht. 
ToBiBBäSl';  on  etlichen  landen  ist  dies  der  Jungfrauen  hof- 
zucbt,  früh  haben  die  sprenzlerin  gnug  zu  sprenzlen  und  zu 
scbmingen,  dann  gehet  es  zur  kirchen,  das  man  sich  da 
umsehe  und  sehen  lasse.  Barth  weiberspiegel  K  1".  zu  einer 
bildung  sprenzlieren,  verb.: 

was  soll  mir  halt  ein  sprenzlirerin? 

fasln,  sp.  72,  2  keller. 
ein  enttpreehendes  masc.  findet  sieh  mhd.: 

mich  verdringent  aber  geiler  s|)renzelcre  viere 
von  der  wolgclänen  diu  mich  singens  niht  eriit. 

Nbiobart  5S,  3  lliiniii. 
vgl.  noch  54,  27  und  84, 12. 

SPRENZLING,  ni.  eine  kleine  fischart:  sprentzling  und  mai- 
ling  fangen.  Hobberg  l,  117*.    vgl.  sprazling,  m.  theil  10, 1,  2797. 

SPRENZi.INGFANG,  m.  fang  der  sprenzlinge  (s.  das  toiige): 
der  sprentzling-  und  mailingfang,  welches  kleinere  und  mittlere 
äschsorten  sind,  soll  allein  ddn  landleuten  vor  Calharinae 
erlaubet,  sonst  aber  gäntzlich  verhotten  seyn.  Hobbbrg  2,  4(>S*. 

SPREU,  f.    acus   palea.     l)   /or//i   und  geschickte  des  worles. 

a)  ursprünglich  ist  spreu  auf  Ober-  und  Mitteldeutschland  be- 
schränkt (das  niederdeutsche  braucht  an  seiner  stelle  kaff,  n., 
s.<Aeti  5,  20):  sprew,  palea  Dief.  406';  sprew  ader  feyl,  quis- 
quilia.  480';  sprew,  kaff,  palea.  Hekisch  7S6,  3;  sprew,  korn- 
hülse, Stroh,  paglta.  Hulsids  (1618)  236'  (daneben  sprewer, 
s.  unten);  sprew,  kafft  rocan(  Saxones,  palea.  Corvinds  lo*; 
sprew,  palea  Scbottel  1419;  spreu,  palea,  acus.  Stiei.br  226. 
ahd.  mhd.  spriu  neutralen  geschlechts:  thiu  spriu  bibrennit  in 
fuire  unaricskenlemo  (paleas  autem  comburet  igni  inextinguibüi). 
Tatian  13,  24  Sievers; 

si  wegen  iuwer  boieschai't 

liht  unde  ringe  alsain  ein  spriu.     troj.  Itrieg  18357. 

die  vorherrschend*  Verwendung  des  Wortes  in  colterlivem  sinne 
veranlasste  die  umdeulung  des  plurals  mü  neutralem  geschlecht 
in  einen  Singular  femininen  geschlechts ,  das  im  nhd.  dann  das 
allein  herrschende  bleibt  (vgl.  entsprechende  übergangurschetnungen 
bei  fihre.  J.  Grimm  gramm.  i,  563,  beere,  f.,  s.  theil  t,  1243),  und 
zuerst  in  der  form  mhd.  spriuwe,  md.  sprAwe,  nhd.  spreiiwe 
hervortritt:  sprewe,  spruwe,  acus.  Dief.  tl';  das  si«  heissen 
der  gottlosen  raht,  der  sünder  weg,  der  spOlter  sitz,  und 
gott  nichts  von  jhnen  wiesen  will,  auch  eitel  sprewe  sind, 
die  der  wind  verweht.  Lutbbb  a,  soo*; 

vre  und  reiche  mit  untreuwe 

und  vorn  wel;  und  binden  spreuwt.      >rnner  ISII6. 

du  rollectire  bedeutung  hat  nur  wentge  autnahmen  neben  sich, 
so  bezeichnet  spreu  selten  die  etnselne  getradehulse:  wer  nicht 
in  der  liebr  bleibt,  der  bleibt  in  gott  nicht,  noch  gott  in  jm, 
sondert  und  schelet  sich  selbs  aus  als  ein  unnOtte  untüchtige 
httlsen  oder  spre«.  Luthkb  •,  4>';  auch  tu  neuerer  spräche: 
wenn  eben  ihr  virlleicbt  denket,  dasz  ich  am  ersten  zur 
männlichen  tbttligkeit  aufgefordert  werde,  nur  eine  spreu  in 
bauche  des  windes  getragen  über  die  »üste.  Ibamisso  &,  lu5 


53 


SPREU 


SPREU 


54 


ishaU)  auch  nur  stlten  im  plural  {wenn  auch  die  gleickheit  der 
■  <rm  sichere  beobachtung  unmöglich  macht):  schmelzeD  die  spreu 

in  spreuersack  oder  ist  meinem  kanieraden  etwas  passiert? 
Hebel  3,8;  als  sie  aber  halbsteif  nach  hause  gekommen  waren 
iinii  die  spreu  aus  dem  sacke  ausleeren  wollten,  da  schosz 
-twas  ganz  anders  als  spreu  heraus,  ebenda,    als  tereinselnder 

lural  Kurde  ahd.  spriuwir,  spruwir,  spruir  Geaff  6,  869,  mhd. 
-priuwer,    spriur,    nhd.  spreuer  veritendet,    eine  form,   die  in 

'  erdeutschland   noch   heute   geltung    hat:    Hans  Joggi    solle  in 

le  mühle  und  fragen,  wann  man  spreuer  haben  könne;   er   I 
oUte  lieber  nicht  allemal  auf  Bern  fahren,  und  der  müUer   \ 
.  ibe  seine  eigenen  spreuer  ihm  selber  und  nicht  andern  leuten.    ! 
(ii)TTBELF  LH  der  knecht  15;  wirke  nie  mit  trugscblüssen  und 
kleinlichen  spitifindigkeiten,  mit  denen  man  nur  die  spreuer 
bewegt;    den   kern  des  volkes  rührst  du  nur  mit  der  vollen 
wncht  der  «ahrheit  um.  Kelle«  6, 320.    Aüzlchg  belegt  diesen 
plural  ßr  Mtisien   und  Oberdeutschland,    will  ihn  aber  in  der 
scJiriftsprache   nicht   gelten    lasten,     bei  Norddeutschen   findet   er 
steh  selten:  m,p  wohl  zur  erbaltung  wgr  es  mir, 

als  ich  an  der  brutlwehr  lag,  auf  spreuern  hingestreckt. 

Voss  Ansio})ltan>-/!  J  (1821),  8. 

das  bedürfnis  dieser  tereinielung  war  aber  so  gross,  dast  spreuer 
auch  als  Singular  aufgefasst  wurde  und  als  solcher  vielleicht  nach 
analogie  ton  hafer,  m.  (hafer  mit  s\freu  oder  häcksel  vermischt 
gewöhnltches  pferdefutter,  vgl.  auch  die  entsprechende  gesehlechts- 
angltichung  bei  häcksel  theil  4,  2,  108)  maseulines  geschlecht  an- 
nahm: spruwer,  palea  Dief.  406";  spreiwer,  acus  ll';  spreyor, 
palea  406*;  sprewer,  acer,  acus,  palea.  Dajypodiüs;  »preuwer 
Frisics  623'  bei  Weicakd*  2,  "79;  der  spreuwer,  palea,  acus, 
aceris.  Maaleb  382*  {daneben  382'  sprüwer  oder  kleyen,  acus, 
aceris,  mit  mhd.  vocalstand  und  wol  als  plural  vom  Singular  unter- 
uhieden);  sprewer,  kornhülse,  f<<iille,  paglia.  HcLsas  (l6t6)304'; 
der  spreuer  Krämer  teutsch-ital.  wb.  (1678)  996'  bei  Weigasd* 
2,779;  item  wa  vi!  usi  einem  closter  angalgen  lauffen  und 
apostatieren,  da  soll  man  sich  vermessen,  das  es  hart  be- 
schlossen ist  und  gerefonniert  und  das  der  sprüwer  Ton  einem 
kernen  laufft.  Keisebsberc  narrenschifjf  6b' ;  das  ist  der  recht 
gauch,  der  oben  schwimmet,  als  der  schäum  in  dem  hallen 
und  der  spreuwer  in  der  wannen.  119';  sie  {die  münche)  haben 
uff  gericht  bruderschafften,  patrocinia,  sonder  hailigen  dienst, 
...  sitzen  die  somen  pferdt,  die  mest  schwyn  in  klösteru, 
stifften  U.S.W,  und  füllen  sich  vom  kern,  lassen  den  andern 
den  sprewer.  Ebeklin  v.  GC'Hzblrg  1,179  neudr.;  ich  vermische 
mit  sprewer,  ocero.  Dasypodius;  teyme  der  mit  sprewer  ge- 
mischet ist,  aceratum  lutum.  ebenda;  leym  oder  lätl,  der  mit 
sprewer  gemischt  ist,  paleatum  lutum.  ebenda;  was  möchte  es 
dir  schaden,  so  du  es  {das  verleumden)  fürüber  lessest  fahren 
und  nichts  anders  weder  einen  spreuer  hieltest?  är>dt  Thomas 
V.  Kempis,  detUsch  (lö70)  279;  selten  noch  mit  neutralem  geschlecht: 

ir  meslsüw,  was  bedarf  man  üwer? 

Tait  us!   man  geh  ücb  nit  ein  :>prüwer! 

.-  ,u„fi.  Maniel  46,  376  Bdcktold, 

iwetfelnaft : 

die  arbeit  ist,  by  gott,  umb  sust, 

das  üch  eier  wannen  gelnst. 

«e  kein  sprfiwer  falt  do  neben. 

MtRNBi  narrenbeschw.  226  neudr. 

plural  sprüwern,  spreu wern,  spreuern:  alse  sprüwern  und 
strou  wider  edelmc  weissen.  Tacler  predigten  bei  Scbhidt 
eb.  irb.  335*;  item  es  leit  ein  huCfen  fesser  da  oder  dinckel, 
darumb  etlich  sprüwern  darvon  gond,  darumb  achtest  du 
nicht  den  buffen  das  es  sprüwer  sei.  Keisersberg  narrensch.  66'; 
der  pawr  verwilliget  dem  verheissen,  und  nam  die  sprüwern 
und  stro,  bedecket  den  fuchs  mit  der  gabelen.  Steiruöwel 
bei  W'ackerracel  leseb.  1*,  10«U;  aber  mit  den  äugen  und 
winckung  zeigte  er  an  das  er  under  den  sprüwern  verborgen 
lag.  1061;  ist  sach,  dasz  die  meinung  sich  mit  dem  evangelio 
clerlich  verglichet,  so  gib  im  glauben;  ist  das  nit,  to  iosz 
für  oren  |on  als  sprüern  die  im  wind  fliegen.  Scbadb  sat.  u. 
pasqu.  3,24,11;  was  \erglichnus  sind  die  spreuern  zum  weizen? 
spricht  der  herr.  23,2a.    (sprugern,  plur.,  s.  unten); 

so  got  das  giiot  vom  bösen  treibt, 

»pruwern  von  dem  korone  want 

und  die  scliatr  von  den  geissen  bandl. 

MutülR  bailtnfalirt  12,20  Martin. 

ditses  matculine  geschlecht  von  spreuer  hat  dann  auch  vereinten 
auf  spreu  einßusi  gewonnen:  das  ist  denn  der  zorn  und  die 
frucht  ihres  drewens,  sprew  ists,  den  der  wind  verweht. 
LotbilI  5,  &I';  ich  las  die  besten  Schriften  der  kunstrichter 
mit  vergnügen  und  nutze,  hatte  aber  nicht  stärke  genug,  sie 


zu   wannen,   und  den  bäuQgen  spreu  von  der  reinen  frucbt 

zu  sondern.  Scblbarts  leben  1,92; 

warum  tragen  wir  den  leid, 

ob  der  mensch  gleich  musz  verderben, 

i.«!  doch  alles  fleisch  nur  heu; 

gott  spricht  selber:  du  musi  sterben, 

ja  verslieben  wie  der  spreu.    Rist  PormiMu«  141; 

gleichwie  der  leichte  sprew  verfleugt. 

lob  und  äanck  abc  {Frankf.  1664)  68. 
vgl.  schon  mhd.: 

ir  sult  den  spriuw 

hie  scheiden  von  dem  kerne.    nu<<R.  v.  Meissbm  132, 8. 

wie  denn  auch  andererseits  selten  spreuer  unter  dem  einflust  von 
spreu  als  femininum  erscheint:  spreu,  spreuer,  f.  pula,  pagUa, 
loppa  vigliuoli.  Krämer  dict.  2  (1702),  888',  vgl.  auch  Wbigand* 
2,779;  dann  wie  in  der  grille  krottestischer  geystloser  mül 
zur  römischen  frucht  steht,  so  will  die  spreier  allzeit  oben 
schweben.  Fiscbart  bienenk.  35'.  formen  mit  mundartlicher 
färbung:  sie  fecit  Judaeis  Hierusalem  abstulit  Jacobum, 
Petrum,  Paulum  et  alios  Chiisiianos.  ibi  eytei  hülsen  sprey, 
ideo  Stack  ers  an.  Lutber  28,  iu2, 18  Weim.  ausg.  spreier.  f., 
s.  kurs  vorher  den  beleg  aus  Fiscbabt  bienenk.  Zo  ;  plur.  spreier: 
wann  die  spreier  abgemahlen,  soll  der  müllner  ain  viertl  khorn 
nehmen,  quelle  bei  ^cnu.*  2,  69b.  vgl.  auch  unten  spreien,  pJwr. 
als  mitteldeutsch  ist  noch  hervorzuheben  eine  form  sprü,  palea. 
Dief.  406';  spru,  spruw,  quisquilia.  480';  spru,  acus  Dief.- 
WClcser  860;  daneben  spruwe,  sprühe,  sprue,  paJ^a.  Dief.  406', 
spruwe,  acus  u';  wetterauisch  noch  heute  sprau.  W'eicand*  2, '"9; 

alsus  hete  er  die  spru  verlorn 

und  behielt  dat  edele  körn,    passionat  454,7  Köpke; 

plur.  spruwer:  das  körnlein  das  nit  under  den  pflege!  kumpt, 
das  bleibet  in  den  sprüwern  iigen  und  fressen  es  die  meusz. 
Keisersberg  etn<if  62*;  dann  auch  entsprechend  sprau,  sprauwer: 
man  gibt  den  pferden  erwärmende  speisen:  als  da  in  Sonder- 
heit sind  sprauwer  oder  häuw  mit  niter  gemischt.  Uffenbach 
neues  rossb.  2,133.  vgl.  schon  ahd.  den  plur.  sprfiir  (neben  spriur). 
Graff  6,369:  spruuir,  quisquilia,  frumenti  purgamenta.  Stein- 
meyer-Sievers ahd.  gl.  3,  307, 1 ;  cheva  vel  spruir.  siliqua  specih 
frugis  vel  leguminis.  308,40;  sprüer,  quisquilia,  frumenti  purgalio. 
312,  65.  vtreinselt  ist  das  w  durch  spirantisches  velares  g  ersettt: 
sprugern,  acus,  appluda.  Dief.-WClcker  860;  sprugern,  acus 
Dief.  not.  gloss.  7';  auch  ein  allein  stehender  nd.  beleg  sprugge 
{ßrstenthum  Lippe).  Fbommanns  leitschr.  e,  484.  mit  utnlaut: 
b  ^  die  sprüger  und  die  klien  zö  fürende,  quelle  von  1424  bei 
ScBMiDT  eis.  wb.  335".  vgl.  aargauisch  spreujer  Hcxziser  248. 
alt  drmin.  ist  wol  aufiufatsen:  aber  das  meel  ist  gar  wol  ge- 
beutlet worden  durch  so  vill  heiliger  veiler  kommen  wie  wol 
das  alles  nicht  geholffen  bette  wa  nicht  durch  wirckung  des 
heiligen  geistes,  das  also  gereinigt  und  geheiliget  wer  worden, 
also  das  kein  sprewel  oder  by  der  erbsünd  noch  Christum 
den  herren  noch  sein  werde  mftter  bereit  halt.  Keisersberg 
schiff  des  heils  10';  spreuel,  plur.  Schh.*  2,  695.  bemerkenswert  ist 
auch  ein  seltener  plural  schwacher  ßexion  spreuen :  spreien,  plur. 
die  granen  der  ähre.  Gangler  427; 

und  kumpsi  dann  heim  und  bringest  ir  die  spreuen 

und  meinst,  sie  sulle  die  vrei^zen  keuen. 

foitn.  sp.  852,  28  Keller; 

{vgl.  noch  sprewden,  palea  Dief.  nov.  gloss.  276*,  in  der  heutigen 
mundart  Steiermarks  spreuden  [neben  spreuer]  plur.  ünger- 
Kbcll  528'.)  wahrscheinlich  gehört  hierher:  mir  wart  nie  so  wol 
also  mir  itzunt  ist,  wan  der  weize  wirt  nicht  behalden,  her 
werde  ser  üj  geslagen  üj  den  sprüwen.  mysttker  1,85,14  Pfeiffer, 
wo  jedoch  auch  die  möglichkeit  bleibt,  die  form  als  dat.  zu  dem 
im  ahd.  belegbaren  plur.  thiu  spriu  (5.  oben)  aufzufassen. 

b)  etymologisch  verwandt  ist  spreu  mit  mhd.  sprsejen,  «prewen, 
■prewen.  mkd.wb.i*,i2i'  'stieben,  stäuben,  sprühen' ,  ndi.sproeien 
FiANCR  946;  weiterhin  auch  mit  spratzeln,  verb.  {s.  oben),  unten 
spröde  und  sprühen;  vgl.  auch  das  verb.  spreuen  unten,  wie 
den  sprau,  mundfaule,  strahlen  faule. 

2)  in  eigentlicher  bedeutung. 

a)  die  bei  dem  worfeln  des  getreides  abstiebenden  hülsen,  tgl. 
Hetnk  d.  hausaltert.  i,60.  in  feinerer  Unterscheidung  uird  bis- 
weilen mit  spreu  nur  der  abfall  von  speit  bezeichnet,  zum  unter- 
schiede von  kaff  theil  5, 20  und  sied ,  dem  abfall  der  übrigen 
getreide,  vgl.  Frisch  2,308";  vielleicht  gab  der  besonders  reiche 
hülsenabfaU  des  speltes  tu  dieser  begriffseinengung  anlast,  vgl.  oben 
speit  th.  10, 1, 2139  und  die  etymologie  von  spelze  {th.  10, 1, 2141); 
gewöhnlieh  aber  findet  betiehung  auf  alle  getreidearten  statt  ivgi. 
auch  oben  \.a):  der  sprödigkeil  wegen  gab  die  gerste  nebst 
der  birsc  die  ft-inste  und  dem  staube  ähnlichste  spreu.  Voss 


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SPREU 


SPREU 


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Virgilsländl.ged.2,\M.  verschiedene  arten  sprea:  weitxengpreu, 
tüttceje  I oleae,  Stei.nüacb  2,637.  Adelokc;  rockenspreu  ebenda; 
gerstcnspreu,  i.Üi. 4,1,3740;  baferspreii,  haberspreu,  j.t/i.4,2,87; 
kirsenspreii  Adblong;  erbsenspreu  ebenda;  bohnenspreu,  acus 
fabaginum.  Stiirbacb  2,637;  vgl.  bonenbalg,  bonenhaut,  hülsen, 
sprew,  fabago,  purgatnentum,  lunica  fabarum.  Henisch  452,  31 ; 
bunfspreu  Aubldnc;  leinspreu  ebenda;  das  körn  von  der  spreii 
reinigen;  den  weitzen  von  spreu  reinigen,  abscheiden,  mondare, 
tefarnre  il  formento  dalla  paglia,  spularlo,  svigliarlo.  Krämer  dict. 
2  (i7U2),  S68';  auch  die  apreu  absondern,  acus  rertiovere.  Stein- 
ü4CB'2, 637;  die  spreu  v^annen,  ttatt  des  häußgeren  das  körn 
wannen,  es  mit  der  kornschwinge  reinigen  (s.  unten  wannen,  verb.), 
schon  ahd.:  (ventilatio),  diu  diu  tpriuuuer  binawanoot.  Notkbr 
ps.  24, 21.    vgl.  : 

bette  ich  ein  wan  so  wolt  ich  swingen 

die  spräen  äs  dem  koren.    Muskatolut  83,  US. 

anders  der  wind  verweht  die  spreu:  nachdem  durch  wind  oder 
worfeln  die  spreu,  nemlich  das  zermalmte  kurze  strob  samt 
den  acheln  und  hülsen,  sich  gesondert  hatte,  ward  das  reine 
getreide  roll  körben  in  die  scheuren  oder  Speicher  gebracht. 
Voss   Virgilt  ländL  ged.  2, 101 ; 

wann  von  dem  gedroschenen  körne  die  tenu'  aurdröhnt,  und 

dem  worQer 
schou  die  nichtige  spreu  im  steigeuden  weste  verweiiei.  2, 475 ; 
doch  nie  der  wind  hintraget  die  spreu  durch  heilige  tennen 
Uliler  der  worfeler  scliwung,  wann  die  geihgelockte  Demeter 
sondert  die  Trucht  und  die  spreu  im  haucli  andringender  winde, 
fern  dann  bäuTt  das  weisze  gestöber  sich.    Uins  5,  499.  5Ul. 

spreu  ist  im  allgemeinen  wertlos:  diese  spreuer  werden  vor  die 
müh!  bingeschüttet,  da  sie  der  wind  verstreuet,  oder  sie 
werden  wann  sie  zu  häutig  liegen  bleiben  angezündet,  da  sie 
nach  und  nach  wegglimnien  ohne  flammen,  und  wann  ea 
gleich  regnet,  hält  sich  das  feuer  doch  in  den  bälglein. 
Frisch  2,  308',  vgl.  auch  unten  das  darauf  sich  gründende  biblische 
bild.  als  brennstoff  verwandt:  des  erster  ist  er  mit  nassen 
seQlern,  und  nachmals  mit  einer  kettin  an  disen  pfal  gstrickt 
und  darnach  mit  hultz,  und  nit  mit  klainem,  sonder  mit 
grossem  umb  seine  brüst  umbiegt,  und  darzwischen  spreuwer 
gworffeu.  NicLAS  v.  Wevl  bei  Wackernacel  leseb.  t,  1049,  11. 
alt  futter  der  thiere:  den  pferden  spreu  und  häcksel  unter 
den  hafer  mengen;  vgl.  spreu  untermengen,  paleam  immiscere. 
Steinhach  2,637.  die  rusz  so  die  erden  arbeiten,  werden  mit 
spreuer  geweidet;  die  pferd,  so  müssig  geben,  werden  mit 
haber  gcmesL  Schuppics  712.  sonstige  Verwendung :  also  spannten 
sie  den  rappen  an  den  rennschlitten  und  legten  einen  sack 
voll  spreu  darauf,  um  weicher  zu  sitzen.  Hebel  3,7; 

wohl  schlier  ich  auf  der  spreu  im  stall, 
uuu  hab  icii  eiu  beit  von  seiden  Tein, 

GciBiL  iiiicliiiisi  36. 

Deben  ihio  {dem  maicnmann)  gingen  zwei  andere  knaben, 
einen  mit  spreu  und  eiern  gefüllten  korb  an  den  henkeln 
tragend.  Aijeruacu  doifgesch.  1,87;  denn  hüutig  waren  betrug 
und  falsche  Würfel:  manche  würfii  hatten  zwei  fünien  oder 
Sechsen,  manche  zwei  es  oder  daus,  andere  waren  mit  queck- 
silber  und  blei  gefüllt,  mit  zerschnittenen  haaren,  schwamm, 
spreu  und  kohlen.  Fheviag  20,68.  spreu  wird  tum  tpvU  und 
hokn  einer  person  auf  die  hausschweüe  gestreut: 

geant  auii*  eier,  wie  mer's  wella, 

tust  streue  mer  tpreuer  auf  dia  schwelle. 

wu  sie  nun  keine  eier  erhielten,  vollführten  sie  ihre  drohung 
und  streuten  mit  Jubel  und  lachen  eine  handvoll  spreu  auf 
die  schwelle.  Auerhacb  dorfgesch.  1,87.  auch  den  gefallenen 
wHdchen  wird  spreu  ror  die  Ihür  gestreut:  spreujer  zetteln, 
ndmkch  einer  braut  in  der  nacht  vor  dem  hochzettsfeste^  um  damit 
amuieigen,  ne  braucite  sie  nächstens  tu  einem  wiegensack.  Seiler 
Basier  mundart  275'  (vgl.  unter  häckerling  theil  4,;,  106);  auch 
der  weg  tum  lirbhaber  wird  mit  spreu  kenntlich  gemacht.  liiR- 
LincKR  volktUiitmUches  aus  Schwaben  2,  95.  vgl.  tu  dem  brauche 
noth  SoBNREt  rosmarin  u.  häikeiltng,  berlin  1809.  seltener  ge- 
tchieht  tt  dem  abgewiesenen  freier,  der  achullbeisz  erhielt  eine 
abschlägige  antwurt  sein  antrag  war  aber  im  flecken  bekannt 
gewurden;  die  juugen  bumchen,  die  dem  strengen  mann  gern 
eineo  streich  »piciteu,  streuten  ihm  des  nachts  spreu  von 
•eioein  bause  bis  tu  dem  bause  Melchiors.  Auerbacb  dorfgesch. 
1,U.  »Ugemetner,  nur  tur  kenntUchmacJiung  eines  weget:  'wolan', 
apracb  die  fraw,  'ich  tibe  wul,  das  sie  dir  nach  deinem  leben 
•Iclieo  und  oicbt  rht  liabeo  werden,  biss  sie  dich  umbringen, 
daruiiib  ao  gab  yetz  bieo  und  iiim  sprewer  und  strew  die 
abrniLilt  vor  dii   bifo,  wif  du  mit  dem  srgiiirl  gt-tbon  IüdI, 


so  kanstu  wider  heim  kummen.'  Mohtanus  tcliwankbücher  261,29 
Balte;  n&n  gieng  das  gi'it  Gretlin  mit  seinem  holte  den  sprewern 
nach,  biss  er  wider  heim  kam.  262,  5. 

b)  seltener  allgemein  in  kleine  stücke  ter schnitte nes  stroh:  die 
bauren  in  den  dörfern  haben  ire  hüuser,  mit  stro  deckt, 
müssen  abdecken  und  das  stro  dem  (ich  schneiden,  damit 
es  etwas  z&  essen  hab.  man  hat  i  sack  spreuer  um  3  s. 
geben,  d.  stddtechron.  26,  30,  9. 

c)  ohne  eigentliche  erweiterung  des  hegiiß'es  heisten  auch  in  der 
Sprache  der  botanik  bei  einigen  lusammengesetsten  biUten  die  auf 
dem  fruchtboden  stehenden  und  die  eintelnen  blumen  scheidenden 
spreuartigen  blättchen:  spreu,  palea  Nkmnich  2,S36.  Bbhlem  5,66t. 

3)  tti  sprichwörtlichen  redewendungen.  mit  beiiehiing  auf  seine 
leichte  brennbarkeit  {vgl.  oben  2,  a)  feuer  mit  spreu  loschen 
wollen  von  einem,  der  vergebliches,  thörichles  sich  tum  xiele  settt: 

geleicli,  als  ob  man  leschen  thu 
ein  gross,  gewaltig  brennent  Tewer 
mit  holtz,  stro,  stuppel  oder  sprewer: 
so  wird  das  Tewer  nur  gwältiger, 
stercker,  grausamer  und  viil'aliiger. 

H.  Sachs  Ib,  442,  24  Kellet-Gölte. 

gewöhnlich  aber  mit  hervorhebung  des  unbedeutenden,  wertlosen, 
unnützen  im  gegensati  zu  dem  wertvollen  körne:  spreu  für  kurn 
verkaufen:  boret  dis,  die  jr  . . .  sprecht,  wenn  wil  denn  der 
newmond  ein  ende  haben,  das  wir  getreide  verkeuffen,  und 
der  sabbath,  das  wir  körn  veil  haben  mügen  ...  aiiffdas  wir 
die  armen  umb  geld  .  .  .  unter  uns  bringen,  und  sprew  (ur 
körn  verkeuffen.  Arnos  8,  6,  vgl.  Grbtter  erkl.  der  epistel  Pauli 
an  die  Römer  (1566)  773;  sprewer  vor  kern  verkaufen.  I.bb- 
«ann  105;  beweisen  jhm  (dem  pfuri er)  alle  untrew, 

geben  fürs  meszliorn  staub  und  sprew. 

HoLLONius  sumnium  viiae  huin.  781  neudr. 

apreu  fOr  körn  mahlen,  vermählen:  dasz  man  aber  solches 
{den  ausdruck  der  spräche)  für  das  hauptwerck  halten  und  den 
Sachen  selbsten  vorziehen  wolte,  hiese  den  esel  von  binden 
aufge/äumet,  spreuer  für  körn  gemahlen.  Hohpler  vorrede  3,3\ 
allgemeiner  einem  nur  die  spreu  gönnen,  ihn  schlecht  abspeisen, 
stiefmütterlich  behandeln: 

ir  sond  neraen  den  kernen 

und  gend  den  pfafTen  die  spriwer  gerne. 

des  leufils  neti  13464  Barack. 

den  kern  nicht  der  spreu  wegen  fortwerfen :  {er)  meint  darbey, 
das  von  wegen  desz  Schmutzes  die  alte  real  nicht  hinzuwerffen 
seyen,  noch  die  kern  von  wegen  der  sprewer.  Garg.  8.  vgl.: 
aber  das  wolt  ich,  das  wir  spreuwer  nit  lieber  betten  dann 
der  edlen  keren.  Luther  7,  250, 1  Weim.  ausg.  von  einem,  der 
wählerisch  im  essen  ist,  mit  beiiehung  auf  die  Verwendung  von 
spreu  als  schlechteres  viehfutter:  er  iszt,  wie  wenn  er  spreu 
auf  dem  teller  hätte;  obgleich  alles  so  gut  war,  aszen  der 
bauer  und  seine  tochtcr  doch  als  ob  ihnen  das  essen  zuwider 
sei;  sie  gabelten  auf  dem  teller  herum,  als  ob  sie  spreuer 
in  demselben  hätten.  Gottbelf  1,21.  zugleich  in  die  rein  bild- 
liche Verwendung  hinübergehend:  ßerthar  aber  rief  in  den  häufen 
der  bleibenden:  'nicht  durch  einen  wurf  fällt  auf  der  tennc 
der  spreu  aus  dem  walzen,  noch  manchen  sehe  ich,  den  der 
wind  über  den  zäun  wegblasen  mag.'  Fbeytag  8,  2ü1. 

4)  im  vergleich,     tum  ausdruck  der  häufigkeit: 

zu  Rom  band  ir  ein  betuudren  gott, 
dem  gebend  ir  gelt  glich  wie  spiüwer. 

Manuil  71.  1068  Bdchtolä; 
so  wölt  ich  gewinnen  was  ich  wil 
der  pt'enning  als  der  spreur.    Unland  volksl.*  603; 
ich  daclite  xu  linden  gold  wie  spreu 
und  Ireilieit  weit  und  breit, 
nuu  hab  ich  gefunden  nichts  alt  reu? 

GsiBKL  iiiichlass  26. 

2umm(  aber,  um  für  einen  gegenständ  den  begriff  des  unbrauch- 
baren, unnütilichen,  weitlvsen  tu  bestimmen,  vgl.  oben  unter  2,  a 
und  3:  hier  griffen  ...  noch  zwei  mitarbeiler  verschiediier  arl 
und  befähiguiig  ein  und  strebten  in  aller  hast  eiu  Wörterbuch 
anzuschwellen,  das  der  gelebrsaiiikeit  entraten  konnte,  da  alle 
etymuldgien  als  unnütze  spreu  verworfen  wurden.  J.  Guimm 
vorrede  tum  deutschen  Wörterbuch  xxiv ; 

•climurltbild.  mctull  und  pin  gclelirt  papier 
lül  nichts  aU  <>pteu  und  l«iclil«r  !<taub  vor  mir. 
,,      .  .  ,  A.  (iaTPHius  1  (IttiM).  M. 

feld  wie  apreu  verschwenden: 

die  bfirger  thet  er  helTiitf  stawren 
verachwsudel  das  gelt  gielrh  den  iprewran. 

II.  Sacm-  16.  M)h,  i:t  helln-GHu, 

mit  betitkung  auf  Wendungen  wu  spteu  unter  das  gute  koru 

iiii»cbeii:    au  mischte  er  wubrbeil  und   iirthum,  wie  Kprcucr 


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SPREU 


SPREU 


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um!  guten  »aamen,  ihm  selbst  unkanntlich,  durcheinander. 
Pestalozzi  Lienh.  u.  Gertrud  1, 168.  im  besonderen  wird  gern 
der  vergleich  mit  der  vor  dem  vehen  des  vindes  verstiebenden 
spreu  angewandt:  wie  die  sprew,  die  von  der  tennen  rerwebd 
wild,  und  wie  der  rauch  von  der  fewrmeur.  Hosea  13,3.  tgl.: 
ich  hal.e  dich  zum  scharffen  newen  dreschwagen  gemacht,  ... 
das  du  soit  berge  zudreschen  und  zumalmen,  und  die  hügel 
wie  sprew  machen,  du  soll  sie  zurstrewen,  das  sie  der  wind 
wegfüre,  und  der  wirbel  verwebe.  Jes.  41,15.  im  vergleiche 
fnit  geld,  gut  u.  s.w.:  da  wurden  mit  einander  zumalmet,  das 
eisen,  Ihon,  ertz,  silber  und  gold,  und  wurden  wie  sprew 
auff  der  sommeriennen,  und  der  wind  verwebt  sie,  das  man 
sie  nirgend  mehr  finden  kundte.  Daniel  2,35; 

darausz  da  musx  ich  nemen  ab, 
dasi  ich  ubei  gewunneo  hab 
mein  gelt,  wei'u  übel  hinweck  gehl  .  .. 
dann  was  einer  unrecht  gewind, 
das  versteübt  wie  spreuer  im  wind. 

At«k»  2828,  8  Keller; 
was  ein  bettler  sich  träumt,  ein  kalter  miszbraucht, 
war  wie  schlechte,  fliegende  spreu  bei  meiner 
rrille  zu  achten!     Stolbsrs  2,  (>8. 

auch  personen  werden  ihr  verglichen,  ein  für  die  unten  aufge- 
wiesenen Übertragungen  und  bildlichen  Verwendungen  bedeutungs- 
oller gebrauch:  und  die  menge,  die  dich  zustiewen,  werden  so 
ei  sein,  als  ein  dummer  staub,  und  die  menge  der  tyrannen, 
vvie  eine  webende  sprew.  Jes.1'),b;  sie  (die  gotilosen)  v;erdea 
sein  wie  stoppeln  für  dem  winde,  und  wie  sprew,  die  der 
Sturmwind  wegfürel.  Hiob  21, 18;  der  ist  wie  ein  bäum,  ge- 
[tlantzet  an  den  wasserbecLen,  der  seine  frucht  bringet  zu 
seiner  zeit  ...  und  was  er  macht,  das  geret  wol.  aber  so 
sind  die  gottlosen  nicht,  sondern  wie  sprew,  die  der  wind 
verstrewet.  ps.  l,  4;  sie  müssen  werden  wie  sprew  für  dem 
winde,  und  der  engel  des  henn  slosse  sie  weg.  35,5;  sainlet 
euch  und  kompt  her,  jr  feindseliges  volck,  ehe  denn  das  urteil 
ausgehe,  das  jr,  wie  sprew  bey  tage,  dabinfaret  Zephanja  2,1; 
windträger  (falsche  propheten),  die  ihren  bauch  mit  wind  an- 
gefüllet,  vergeblich  in  wind  reden  und  mit  ihren  Weissagungen 
dabinfabren  wie  spreuer.  J.Pbätobids  anthropod.  plutonic.  1,22"; 

sie  holTen  üho  Lestand,  ohn  grund  sie  sich  erfrewen, 
dan  die  wind  bin  und  her  wie  sprewer  sie  zuströwen. 

Wkciherlin  (1648)  2; 
die  Sünde  wird  mich  armes  kind 
biurüliren  noch  gleich  wie  der  wind 
die  spreuer  last  verstieben. 

Rist  neuu  Uiml.  lieder  (16öl)  6; 
aber  wen  die  sünd  erfreuet, 
mit  dem  gehts  viel  anders  zu: 
er  wird  wie  die  spreu  zerstreuet 
von  dem  wind  im  schnellen  nu. 

P.  Gbiuakot  44,  27  Gödeke. 

linnlieker  gefasU:  nachdem  der  herr  kaplan  den  letzten  reb- 
stock mit  dem  wadel  aus  dem  weihwasserkessel  bespritzt  hat, 
fliegt  die  ganze  prozession  wie  spreu  auseinander,  der  küster 
nimmt  Tabue,  weihkessel  und  wadel,  stola  und  cburhemd,  alles 
unter  dem  urm,  und  trägt's  eilends  davon.  Betti^ib  briefel,23\. 
auch  abitracles  wird  verglichen,  vgl.  den  beleg  aus  Schade  sat. 
u.  pasqu.  3,24,  11  unter  l,a:  sie  die  ächte  tugend  des  weisem 
wanket  ihm  nicht,  .  . .  ihm  ist  sie  ein  mächtiger  harnisch  gegen- 
trozend  den  donnern  des  himmels,  ein  gewaltiger  schirm  wenn 
zu  trümmern  geben  die  bimmel,  wenn  die  scbeintugend,  wie 
Tor  dem  winde  spreu  binwegOattert.  Schilleb  i,67;  (in  eigeti- 
artiger  weiterführung  des  Vergleichs:)  sie  geberden  sich,  als  ob  sie 
die  vettern  des  kriegsgottes  wären  und  betrachten  aller  anderen 
Schicksal  wie  spreu,  die  sie  vor  sich  herblaseu.  Fbevtag  8,  65; 

o  Kyklope.  Kyklopel    wie  ist  der  verstand  dir  verflogen. 

datz  du  wie  schlechte  spreu  streuest  die  lieb'  in  den  wind. 

HiJCKSiT  (l$4t)  265. 
tnü  hexieliung  auf  die  beseUigung  der  spreu  durch  verbrennen: 
alle  sQnder  wird  der  künfltig  tag  wie  spreuwer  verbrennen. 
Heiszner  Jerusal.  1,  \-6' ;  vgl.  auch  unten  die  bildliche  Verwen- 
dung, mit  rücksicht  auf  die  eigenschaft  des  bernsttins  spreu 
antuiiehen:  unnd  das  desz  maus  feslleibigkeit  die  weibliche 
blödmütigkeit,  wie  der  augstein  die  sprewer  an  sich  ziehe, 
(j'orj.  ttö';  nieszwurtz  zeicht  die  wuchtein,  der  agstein  die 
»preyer, ...  der  magnet  das  eysen.  250*.  vgl.  agstein  theil  1, 190 
und  augstein  (/i«ill,bl6.     bemerkenswert  noch: 

der  Zunge  Zauberkunst,  die  den  achisameu  geist. 

wie  leichte  spreu  ein  Nil,  dem  ström  nach  lolgsam  reiszt. 
.X    ■     .  , ...  ,  ,  Lessinc  1,  192. 

»)  tn  oudltcher  Verwendung. 

a)  von    moralisch   oder  physisch   angekränkelten  oder  minder- 
wertigen   menschen,    entsprechend    dem    unier   4   aufgewiesenen, 


haujtsächlich  in  biblischer  spräche  beliebten  vergleiche,  icoxu  noch 
als  für  diese  Weiterentwicklung  von  Wichtigkeit  gestellt  werden  mag: 
aber  sie  sind  unter  uns  wie  sprew  unter  dem  körn,  wenn 
es  zum  treffen  gehet,  so  sibet  man,  wer  sie  sind,  und  wo 
sie  hingehören,  denn  da  ist  nichts,  denn  stultz,  eigen  dQnckel, 
neid,  Verachtung,  und  der  teufel  seibs.  Lcther  6,  49*.  das 
alter  des  gebrauchs  betreffend  vgL: 

er  soitz  doch  iemer  häo  vor  iu, 
er  ist  das  körn,  ir  sit  diu  sprü. 

Waltukr  18,  8,  handechr,  C, 
anstatt  des  Vergleiches  in  A: 

er  sollz  doch  iemer  hän  vor  iu, 
also  der  weitie  vor  der  spriu. 

!  die  beim  jüngsten  gericht  sur  ewigen  pein  verurteilten:  er  hat 
seine  worffschauffeln  in  der  band,  er  wird  seine  tenne  fegen, 
und  den  weitzen  in  seine  schewnen  sanilen,  aber  die  sprew 
wird  er  verbrennen  mit  ewigem  fewr.  Matth.  3, 12;  vgl.  auch 
Luc.  3,17;       die  christlich  kircb,  die  ist  ein  schür, 

etlicbs  wolleil,  etlichs  tür, 

sprüwer,  klien,  fesen,  kern, 

am  jüngsten  tag  so  ist  die  ern, 

so  will  das  gott  aissamen  wannen, 

Ml'rmr  nai  renbeschw.  175,  60. 

mit  betiehung  darauf:   von   denen   wülfen   hat  got   der  herr 

durch  die  propheten  obgestimpt  geklagt,  wie  du  gehört  hast, 

dasz  sie  ir  eigen  treum  lernen,  den  spriiern  predigen.  Scbade 

sat.  u.  pasqu.  3,25,15;    noch  ähnlich,  nur  anders  gewendet:  der 

Verlust  trift  nur  die  paleas  levis  fidei;  nur  die  leichte  christ- 

,    liehe  spreu,  die  bey  jedem  windstosze  der  bezweiflung  von 

I    den    schweren    kürnern    sich  absondert   und  auffliegt,    von 

I    dieser,  sagt  Tertullian,  mag  doch  verfliegen  soviel  als  will! 

I   avolent   quantum  volenti  —  aber    nicht   so   unsre    heutigen 

j    kirchenlehrer.     auch   von   der   christlichen   spreu    soll    kein 

hölschen  verloren  gehen!    lieber  wollen  sie  die  körner  selbst 

nicht  lüften  und  umwerfen  lassen.  Lessisg  lo,  ISl.    dann  auch 

allgemeiner,  im  gegensats  ium  kern  {vgl.  kern  13,6,  theil  .^eoi): 

die  spreu  ist  von  uns  weggeflogen,  ein  kernvoik  ists.  Freytas 

ahnen  5, 9o;   vgl.  den   beleg  bei  Keller  6,320   oben  unter  l,a, 

sowie  den  beleg  bei  Fbettag  8,201   unter  3; 

jedoch  ein  löwenmuth  ich  bab, 
und  vorn  sollt  ihr  mich  sehen: 
der  kern  springt  vor,  die  spreu  bleibt  hinten. 

wunitertioin  1,275  Uoxherger; 

auch  ohne  hervorhebung  dieses  gegensaties:  in  dem  nun,  als 
es  nacht  was  worden,  viel  noch  ein  zai  hungeriger  sprüren 
über  die  muren  uss  zu  den  iwn,  die  inen  sagten,  es  wäre 
getan  mit  irem  herzogen,  ässbelm  ßerner  cAron.  2,  298,  5; 

Vaterland!  ja  du  muszt  siegen, 

aller  weit  an  ehren  gleich: 

lasz  die  spreu  von  daunen  fliegen. 

nur  durch  arbeit  wirst  du  reich!     Kkllir  9,  266. 

b)  dann  auth  von  einielnen  eigenschaflen  des  menschen,  von 
seinen  schwächen,  fehlem  und  mangeln:  denn  diese  (letbes- 
übungen)  sind  dem  menschlichen  kürper  was  das  schwingen 
dem  weitzen  ist;  alle  acheln  und  spreuer  fliegen  davon,  und 
das  reine  körn  drängt  sich  dicht  in  einen  hauffen  zusammen. 
WiELAJtD  Lucian  4,345;  Claudine  ist  nun  in  der  arbeit,  wird, 
so  zu  sagen  ganz  neu  ausgeführt,  nnd  die  alte  spreu  meiner 
existenz  herausgeschwungen.  GOtbe  29,142.  ton  der  untäehtig- 
keit  eines  ehemannes: 

und  kumpst  vor  mitternacht  nimmer  in  das  haus 
und  sleicbest  zu  den  wiukelsecken  naschen,  . . . 
und  kumst  dann  heim  und  bringest  ir  die  spreuen 
und  meinst,  sie  sulle  die  vreiszen  keuen. 

fasln,  s; .  852,  28  Keller. 
vgL  auch  771,8  oben  unter  l,  a. 

e)  von  eitlen  und  nichtigen  gedanken,  worten  und  werken: 
denn  was  ist  keiser,  bapst,  könige,  fürsten  und  alle  weit 
gegen  gott?  ...  sie  gehen  mit  stro  schwanger,  und  werden 
sprew  geberen.  Lutbbr  5,  5|";  der  hauch  pausst  jnen  grewiich, 
als  wollen  sie  berge  geberen,  das  die  schwulst  schrecklich  ist 
anzusehen,  und  ist  doch  eitel  stro  und  gut  fewrwerck,  und 
wens  geboren  ist  und  wol  ausgericht,  so  ists  sprew.  ebenda; 
die  rechten  Christen  aber  werden  selig,  dann  sie  halten  jr 
eigne  gerecbtigkeit  jrer  guten  werck  für  sprewr,  kol  und 
unflat  und  trachten  allein  darnach,  wie  sie  die  gerecbtigkeit 
Christi  durch  den  glauben  erlangen  mögen.  Gbettbb  erkl.  der 
epistel  Pauli  an  die  Römer  (1566)  GIS; 

ein  köpf,  der  von  oaiur  mehr  spreu  als  grütxe  führt, 
und  keinen  edlen  trieb  zur  wahren  Weisheit  spürt, 
vergaflt  sich,  wie  ein  kiad,  an  larheo,  glasi  und  schaleo. 

GÜKTUK«  &ld; 


59 


SPREUARTIG  —  SPREIIEN 


SPREllER  ALTER  —  SPREUERSPITZE 


60 


mit  verdeutlichendem  adjectiv: 

deine  worte,  sind  es  keine  leere  spreu?    Platin  293*. 
mit  erklärendem  tusatte  im  genitiv:  wQrlT  den  kropIT  von  dir, 
den    du  Tol    gessen   liest  der  gersten  kurner  und  sprüweren 
der  weit,   und  alles  das  dar  in  begrifTen  ist,  das  ist,  wQrlT 
vun  dir  din  weltliches  gemOt.  Keisfashebc  bilgersch.  10'. 

d)  ton  den  mangeln  eines  kunUwerkes:  Wilhelm  wollte  gar 
Bicht  hören,  wenn  jener  {Serlo)  von  der  absonderung  der  spreu 
von  dem  weizen  sprach,  es  ist  nicht  spreu  und  weizen  durch- 
einander, rief  dieser,  es  ist  ein  stamm,  äste,  zweige,  blütter, 
knuspen,  blQtbea  und  fruchte.  Güthe  19, 15S.  von  den  einem 
uisienschafllichen  problem  noch  anhaftenden  irrthümern: 

wo  unsre  seel'  im  körper  sey? 

und  nie  sie  denkt?  das  mögt'  ich  selbst  wohl  wissen. 

nur  hat  von  tausend  liindernissen, 

ein  Leibnil  selbst  und  Newton,  kaum  die  spreu 

binweggeblasen.     Göckinok  1, 172. 

6)  als  bildlicher  ausdruck  der  grösiten  nichtachtung  eines  dinges: 
denn  es  musz  mit  solchen  gewissen  glauben  und  vertrawcn 
gebandelt  werden,  das  wir  nicht  alleyn  die  urteyl  der  gantzen 
well  als  strcw  und  sprew  achten.  Luther  8, 4S3, 13  Wcim.  ausg.; 

es  (Jas  nlhck)  mag  mit  höchster  tyranney 
sich  trotzig  wider  mich  aulTblehen. 
sein  wüten  ist  mir  wind  und  sprey. 

S.  DiCH  im  Köni(]sberger  dichterkreis  04  neiiily.; 
er  ist  kein  söhn  der  freiheit!    das  Vaterland 
ist  spreu  dem  Teigeu.      Stolbkdg  1,21; 
was  dir  noch  neu  ist, 
wird  dich  auch  reizen; 
was  mir  schon  spreu  ist. 
ist  dir  noch  neizen.     Rijcekrt  ofd.  (1841)  317. 

hierher  auch  die  im  mhd.  beliebte  Verstärkung  der  negation  niht 
uuib  ein  spriu: 

nü  wolte  ich  achten  umb  ein  spriu 
nicht  M  iuwer  clalTen.      Iroj.  krit^g  12706. 

tgl.  J.  GiiMM  pramm.  3,  729  und  oben  das  entsprechende  nicht 
ein  kaf  (kaff  theil  6,  2o). 

SI'KEUARTIG,  adj.  in  der  art  von  spreu,  der  spreu  ähnlich. 
in  der  botanik  eine  spreuartige  wurzcl,  eine  u>uriel,  welche  mit 
kleinen  häutigen  schuppen  besetzt  ist:  spreuartig,  paleaceus  Nehnicb 
2,830.  ftbertragen:  die  reisebeschreibungen  des  Orients,  deren 
wir,  obgleich  fr«ylicb  nur  über  die  spreuartigsten  reste,  \iele 
vortreffliche  haben.  Mattbisson  2,20.  daiu  spreuartig- 
keit,  f.  Campe. 

SI'KLL'BALEK,  m.  in  Königsberg  ein  bauer,  der  in  der  stadt 
spreu  kauft,  oft  mit  übler  nebenbedeulung,  indem  von  ihm  anstatt 
Spreu  betrügerischerteeist  gelreide  eingesackt  wird.  Frischbier  2,35C'. 

SI'KELHEHALTER,  m.,  allgemeiner  als  spreukasten,  spieu- 
korb,  dxvpoSoxtj.  Pape  griech.-deulsches  wb.^  t,il[)*. 

SPHEiHLATTCHEN,  n.,  wie  oben  spreu  2,  c,  in  der  spräche 
der  bolanik  tereinselnde  beieichnung  der  bei  xusammengesctUen 
blumen  die  einielnen  bluten  trennenden  bodenständigen  blättchen, 
paleae.  Nemricb  2,  836.  0KEN2, 41. 

SPHEUULLME,  f.  beieichnung  einer  ausländischen  pßanie, 
die  unstrm  hahnenkamme  nahe  verwandt  ist,  sich  aber  durch 
das  Vorhandensein  von  spreublattchen  {s.  das  vorhergehende)  von 
ihm  unttrscheidet ,  achyranihes.  Nemnicb  1,40.  vgl.  das  ent- 
sprechende holt,  kafbluem.  ebenda. 

SPREUBODEN,  m.  hausboden,  auf  welchem  die  spreu  auf- 
gehoben wird,  palearium,  colum.  Corvinus  437',  palearium  Stiblei 
nachsch.  29*. 

SPREt'HORSTE,  f.  in  der  spräche  der  botanik  ein  spreu- 
blattchen (t.  oben),  ähnlich  einem  haare  oder  einer  börste,  /imbiilla. 
b»LEii  6,661. 

SPBEUEL,  «.,  t.  oben  spreu  l,a,  sp.  64. 

SPREUEN,  verb.  spargere,  dispergere,  tu  spreu  gebildet, 
mhd.  ipr&uwen,  «preuwen  mhd.  wh.  2,  2,  &5l\  vgl.  auch  mhd. 
tprcjen,  verb.  621*:  sprewe  in  {den  ßsch)  mit  guten  edelen 
wurtzen  . . .  und  tlupfe  io  daniie  mit  eime  messer.  quelle  bei 
Diir.-WOiCBiR  86u;  stunden  zwo  halbe  kugeln  daran  gaoz  rot, 
kleiner  daane  die  rechte  sonne,  die  fewer  und  blitz  vun  sieb 
■preuetrn  als  tcbiisxe  man.  Nicrinui  papist.  inquisition  668; 
tl$  aussprruco  {vgl.  Iheil  1,979):  der  under  uns  gezalt  was  ein 
afotlei  Krisli,  der  b&l  besagten  den  acker  von  dem  l&ne  der 
Mtheit,  und  irbaiigen  zurei;  her  inittrne  und  alles  sin  ge- 
demia  ist  &2l*spreweU  mystiker  t,\n,i.  entsprechend  der  form 
•prei  (t.  ohtn  unter  spreu  1,  a)  auch  sprcien : 

Jr  frsuwUiD 

»prail  on  w»ft  twcig  und  lilUralsln. 

litTüBa  llnchanaHs  Jephlet  [Slraitb.  1609)  S  f. 


die  küele  winde  weient, 

die  under  ougen  spreient 

den  wijen  und  den  kalten  sne, 

dsi  tuot  den  unberalen  we.    I^artina  4t,  34. 

vgl.  neben  ausspreuen  noch  bespreuen,  zerspreuen. 

SPHEUERALTER,  n.  mit  beziehung  auf  spreu  5, 6  (jp.  58) 
beieichnung  des  kraftlosen,  schwächlichen,  untüchtigen  alters:  man 
soll  jhm  igott)  nicht  die  sprewer  opffern  wie  Cain,  sondern 
das  schaffscbmalz  wie  Abel,  darumb  schilt  s.  Augustin  aulT 
die  jungen  bachen,  die  ihre  plQsl  der  Jugend  in  aller  uppig- 
keyl  dem  teuffei  opffern  und  das  verdorret  machtlosz  sprewer- 
aller  unserm  herrn  gott.  Garg.  273'. 

SPREUERBROD,  n.  schlechtes  brod,  in  das  spreu  mit  ein- 
gebacken: sprewerbrodt,  grob  hauszbrodt,  poin  pailleux,  pane 
pien  di  paglie.  Hulsius  (I61fi)  304*. 

SPREUEKliÜLSE,  f.  eine  mehr  tautologische  bildung,  vielleicht 
aber  zur  hervorhebung  des  vereinzelnden  beisinnes:  der  stollz,  ao 
gotte  und  menschen  ein  greuel ,  wird  auch  zersteuben  wie 
spreuer  in  dem  winde,  weil  er  leichte  und  keine  glitte  fruchl 
ist,  dessen  scbwehres  körn  gleichsam  aus  demul  zur  erden 
füllet,  da  hingegen  die  spreuerhülsen  emporscbweben  will. 
BuTSCHKY  Pathmos  974. 

SPREUERIG,  adj.  anstatt  spreuicbt  (s.  unten):  sprewerig,  voll 
sprewer,  acerosus.  Dastpodiüs;  sprewerig  oder  sprewericht, 
voll  sprewer,  plein  de  paille.  Hulsius  (1616)  »04*;  vgl.:  das  körn 
ist  gantz  sprewerig,  ce  bled  est  plein  de  peille.  ebenda;  spreuericht 
(neben si)\emchl), paglioso,puloso,loppolo.  kRAMERdic<.2(i;02).8S9'. 

SPRELERKAMMER,  f.,  dasselbe  wie  unten  spreukammer: 
sprewrkamer,  palearium.  voc.  von  1482  bei  Dief.  406*.  vgl.  zur 
bildung  spreu  1,  a. 

SPREüERKASTEN,  m.,  dasselbe  wie  unten  spreukasten:  ein 
steig  0.  sprewrkaslen,  paleare  vel  palearium.  Dief.  nov.  gl.  276'; 
eyn  spre werkaste,  paleatium.  Dasypodius;  der  spreuwerkast, 
palearium.  Maaler  3S2',  daneben  noch  der  sprüwerkast,  palea- 
rium. 3S2';  (nfbfn  spreukasten)  spreuerkaslen,  paüaio.  Krambr 
dict.  2  (1702),  689'.    vgl.  zur  bildung  spreu   1,  a. 

SPREU  ERNTE,  f.  ernte,  die  nur  spreu  giebt,  als  bezeichnung 
einer  schlechten  ernte,  dxüp/uws,  d//tjTÖs.  Pape  griech.-deut>ches 
wb.^  1,420*. 

SPREL'ERSACK,  m.,  dasselbe  wie  unten  spreusack,  sack,  mit 
spreu  gefüllt,  als  sitz  oder  ruhelager.  vgl.  Heyne  hausallert.  2,  61. 
vilid.  spriuwersac.  spreuersack  {neben  spreusack),  sacco,  saecone 
empita  di  pula,  pagliariccio,  pulariccio.  Krämer  dict.  2  (1702),  889*. 
zur  Wortbildung  vgl.  spreu  l,  a:  es  holen  sie  {die  spreuer)  die 
armen  leute  weg  und  füllen  sie  in  sacke,  worauf  sie  schlaffen, 
welche  spreuersäcke  davon  heissen.  Frisch  2,308*;  noch  heute 
in  süddeutschen  mundarten:  spreuersak  Seiler  Basier  mundart 
275*;  spreujersak  Hunziibr  24$.  als  aber  die  frau  ihn  fragte, 
wo  hast  du  denn  das  leintuch,  und  lag  auf  dem  bloszcn 
spreuersack,  da  gingen  dem  Dieler  erst  die  äugen  auf.  Hebel 
2, 143;  schmelzen  die  spreu  im  spreuersack,  oder  ist  meinem 
kamcraden  etwas  passiert.  3, 8.  zur  füllung  dieses  als  bett- 
einlage  dienenden  sprouersackes  wird  einem  gefallenen  mädchen 
spreu  vor  die  thür  getragen,  um  zum  spott  anzudeuten,  dasz  es 
bald  die  wiege  zurüslen  müsse.  Seiler  a.  a,  o.  vgl.  für  das  zu- 
grunde liegende  thatsächlicht  auch  unten  unter  spreuersückleiii.  im 
vergleich:  sey  stob  hin,  sam  ein  spreuwersnk, 
bis  dat  sey  zu  üertschiii  kam. 

WiTTKNWBILIl    »»HO    17.  32. 

als  schelte  der  bauern: 

und  ob  ir  tading  nicht  enkiek, 
so  lissen  wir  di«  spreuwersek 
vechtens  werden  ubervol, 
ob  es  euch  gevellet  wul.    47',  17. 

demin.  spreuersflcklein:  Anneli  verliesz  den  dienst,  richtete 
sich  in  dem  kleinen  hüuschen  ein,  machte  seine  kirider  zu- 
recht, bereitete  einen  korb,  füllte  ihn  mit  einem  spreuer- 
säcklein  —  das  kleine  deckbett  lieh  ihr  die  wittwe  —  und 
erwartete  so  getrost,  was  der  herr  Ober  sie  verhiingen  werde. 

(ioTTHKLF    1,  229. 

SPRELERSPEICHER,  m.,  datulbe  wie  <*en  spreuboden: 
sprüwerspycher,  palearium  Maal»  381*.  sttr  bildung  vgl. 
spreu  1,(1. 

SPREUERSPITZE,  f.  sjntze  einer  einzelnen  getreidehülse,  über- 
tragen, wol  entsprechend  spreu  6  nur  in  weitner  Verstärkung  von 
etwas  ganz  unbedeutendem:  es  ist  kein  zweiffel,  dasz  es  um 
einen  hofmanii,  welchem  sein  fürst  sehr  gewogen  nicht  eine 
grosze  berrlichkeil  sei:  aber  das  anslussen  an  die  geringste 
•preuerspilze  machet  dasz  er  auf  einen  beu^jehündleiii  sterben 
lOU».  A.  Grtpiioi  I  ( low),  407.    als  i^ersetzung  vn  dtt  htrut 


61 


SPREUFARN  —  SPREUSACK 


SPREUSCHUPPE  —  SPRICHWORT 


62 


Arclinus:  tarnen  lo  incampiar  in  un  ßlo  di  paglia  lo  fa  morire 
sopra  un  fascio  di  ßeno. 

SPREUFARN,  »n.  beteichnung  einer  farnkrautarl,  deren  friicht- 
häufchen  mit  einer  borstenähnlichen  spreu  (vgl.  auch  oben  spreu  2,  c, 
spreublättchen,  n.  und  spreuboiste,  /".  sp.  59)  bedeckt  sind, 
notochlaena.  Oken  3,323. 

SPREUFERKEL,  n.  ferktl,  das  nur  mit  spreu  gefüttert  wird, 
ako  nicht  gemästet  werden  soll,  es  wird  zum  faseischwein 
(s.  theil  3,  1339)  grosi  gefüttert,  nd.  sprifarkel  Frischbieb  2, 356*. 
übertiagen  in  der  redensart:  he  ös  dem  Ifiwe  goltke  sin  spri- 
farkel. ebenda. 

SPREÜFRUCHT,  f.  entsprechend  »preu  5,c  von  eitlem  menschen- 
werk:  ich  lebe  und  ir  soll  auch  leben  und  darnach  zusehen, 
wie  er  (gott)  mit  irem  strobaucli  und  sprewfrucht  umbgehen 
wird  am  tage  seines  grossen  fewrs.  Lutheb  ö,  bl',  wozu  die 
belege  aus  dem  sprachgebrauche  Lcthebs  unter  spreu  5,  c  zu 
vergleichen  sind. 

SPREUFUTTER,  n.  futter,  das  nur  aus  spreu  besteht.  Campe. 
vgl.  oben  die  entsprechenden  bildungen  spreuernte  und  spreufrucbt 

SPREUHäFT,  adj.  mit  spreu  behaftet,  selten  statt  spreuig, 
spreuicht  {s.  unten):  palearis,  acerosus  Steinbach  2,637. 

SPREUHAREN,  m.  in  einem  rechnungsbucbe  bei  Ungeb-Kbdll 
$leir.  wortseh.  52S'. 

SPREUHÄUFEN,  m.  dyiputd.  Pape  griech.- deutsches  »6.* 
1,420*.  in  mehr  scherzhafter  Übertragung,  entsprechend  spreu  5,  c.  d, 
von  einem  häufen  briefe:  ich  hatte  schon  bey  einer  stunde 
meinen  spreubaufen  hin-  und  hergeworfelt,  ehe  ich  das  seltne 
weitzenkürnchen,  das  mir  dabey  schon  oft  über  die  finger 
geschlflpft  war,  bemerkte,  ich  blätterte  und  blätterte  alle 
briefe  vorbey,  die  nicht  von  der  königin  waren,  und  von 
denen  ich  doch  jetzt  die  meisten  in  ihren  staub  zurückwerfe, 
da  sie  schlechterdings  des  durcbsiebens  nicht  werth  scheinen. 
THi?»i!iEL  rei<e  8,  160. 

SPREUHÜLSE,  f.,  dasselbe  wie  oben  spreuerhülse. 

SPREUICHT,  adj.  wie  spreu  beschaffen,  voll  spreu  {vgL  auch  oben 
spreuerig):  spreuicht,  ac«ra/us  Stieler  nacAscA. 29";  spreuicht 
[neben  spreuericht),  paglioso,  puloso,  lopposo,  mislo  di  pula  o  non 
mondato  bene  da  efla.  Kbauer  dict.  2  (1702),  8S9';  spreuicht, 
aeerosus  Steinbacu  2,637;  spreuicht  brod,  pane  paglioso.  Kbamer 
a.  a.  0.  eine  Weiterbildung  spreuecbtig  hat  Tabernaemont.: 
ein  sprewecbüger  samen.  krävterh.  (i58S)  65S.  vgl.  dazu  i.  Grimm 
gramm.  2,  3S3. 

SPREUKAMMER,  f.  kammer,  in  der  die  spreu  aufbewahrt  wird, 
vgl.  auch  oben  spreuerkammer,  f.:  sprewkammer,  paleare;  locus 
ubi  pake  in  horteo  (l.  horreo)  repununtur.  Biet.  406';  sprey- 
kammer,  horreum  aceris,  palearium.  Stieler  921  (vgl.  zu  letzterem 
spreu  \,a). 

SPREUKASTEN,  m.  truhenartiger  karten  lum  außeuahren  der 
spreu  oder  des  häcksels.  vgl.  auch  oben  spreuerkasten,  m.: 
Spreukasten,  paliaio  Krameh  dict.  2  (l7o2),  SS9*. 

SPREUKORB,  m.  corbis  bajulatoria.  Stieler  1014;  ein  aus 
ungeschälten  Weidenruten  roh  geflochtener  groszer  korb  mit  zwei 
handhaben,  er  dient,  die  spreu  von  dem  spreuboden  herunter- 
luholen.  vgl.  Heyne  hansaltert.  2,  61:  sprewe-  und  dragkörbe 
in  den  hoff  machen  laszen.  Hichelsen  A/attiz^r  Ao^44.  viund- 
arllich:  spreikorb  Kleemamn  21'.  Jecht  106";  sbreikorb  Hertel 
sprachsch.  232;  sbreiskorb  ebenda.  Salzunger  wb.  44;  sbraugorb 
Hebtel  sprachsch.  232;  sprökorf  Schambacb  207*.  zur  bezeich- 
nung  guten  appetits:  ich  fress  alle  stären,  ä  janzen  spreikorb 
»uU  kräppeln.  Jecht  106*. 

SPRELLAGE,  f.,  s.  uuien  sprietlage. 

SPREULOS,  adj.  übertragen  entspieehend  spreu  5,6; 
zu  ihm  die  herzensliebe 
gab  mir  die  sichtung  ein:  doch,  allen  ungleich, 
schuf  euch  der  blmmel  spreulos. 

Shakespeare  Cymbeline  1,  7, 

SPREURAUM,  m.  wol  als  bezeichnung  des  theiles  der  ttnne, 
auf  dem  sich  beim  getreideworfeln  die  spreu  ansammelt,  als  freie 
Übersetzung  von  d^v^utd.  Ilias  5,  502: 

wie  der  wind  die  spreu  auf  heiliger  tenne  zerwehet, 
wahrend  die  männer  worfeln,  zur  zeit,  da  die  goldne  Demeter 
unter  dem  hauch  des  windes  die  spreu  absooaeri  vom  körne; 
weisziich  bestaubt  erscheint  der  spreiiraum.     Börgei  227*. 

SPRELREGEN,  m.  ein  ganz  feiner  regen.  Campe;  wol  anstatt 
•t>rübregen  (s.  unten),  vgl.  spräen,  verb.  tftWi  10,  1,  2792  «nd 
•preheln,  terb.  theil  10,  l,  2797. 

SI'REUSACK,  m.  sack,  mit  spreu  gefüllt;  wie  oben  spreuer- 
sack:  spreusack  (neben  spreuersack),  tacco,  saccone  empüo  di 
puln  pagliariccio,  puloriecio.  Kramer  diet.  2(1702), 8i>9'.  als  mensch- 


liches lager  (vgl.  auch  oben  spreuersack):  in  ihrem  sprüwe- 
sack  fanden  sich  viele  hundert  gülden  solch  entwendeten 
geldes.  Leoprecbting  aus  dem  Lechrain  112;  die  ofenbank  ist 
eine  hölzerne  bank  mit  kopfgestell,  letzteres  faullenzer  ge- 
nannt, auf  eiuer  seile  des  ofens;  bat  sie  noch  einen  sprüwe- 
sack  und  federkissen.  heiszt  sie  gautschen.  220. 

SPREUSCHUPPE,  f.  in  der  spräche  der  botanik  bezeichnung 
der  spreuartigen  Schüppchen,  welche  in  der  nähe  der  knospen  sich 
befinden,  ramentum.  Rehlen  5,267.  vgl.  oben  btldungen  wie 
spreublättchen,  n.,  spreuborste,  f. 

SPREUSTAUB,  ni.  staubartige  spreu;  jene  feinste  spreu,  welche 
mittelst   kornfege   von   dem  getraide  abgesondert  wird.    Adelung. 

SPREUSTEIN,  m.  bezeichnung  eines  minerals,  dessen  einzelne 
haarförmigen  theilchen  ähnlich  der  spreu  an  einer  ähre  gelagert 
sind,  acerosus  lapis.  Nemnich  1,30;  als  bezeichnung  des  natrolith. 
Karmarsch-Heeben'  6,314.  vgl.  die  entsprechende  holl.  bildung 
kafsteen.  Nemnich  a.  a.  o.  und  die  auf  derselben  vergleichung 
beruhende  benennung  ährenstein.  Jacobsson  5,  27*. 

SPREUTENNE,  f  übertragen:  es  ist  ein  abgeschmackter 
Wahn  unsres  lustrums,  dasz  die  bibel  eine  spreutenne  kahler 
moralen  und  trockner  akroame  seyn  müsse;  weder  die  natur, 
noch  sie  selbst  hat  den  wabn  genehmigt.  Herder  8,  543  Suphan. 

SPREUWERK,  n.  übertragen  entsprechend  spreu  5,  e(sp.  5S): 
hiemit  stosset  dieser  vers  die  losen  faulen  rechte  der  menschen, 
als  der  klöster  und  stiffte  mit  jren  spinweb  und  sprewwerck, 
das  ist  mit  jren  regeln  und  Statuten.  Luther  5, 210*. 

SPRICHWORT,  n.,  proverbium,  adagium,  sententia.  J.  Gbimh 
gramm.  2,  679  dachte  an  einen  engsten  Zusammenhang  mit 
sprechen,  verb.  und  glaubte  Sprichwort  entstellt  aus  sprechwort, 
andere,  wie  s.  b.  WACKEBWACtL  in  Hacpts  xeilsehr.  8,378  und 
Weigahd*  2,779  wiesen  auf  das  nur  aller  dir -s  ganz  vereinzelt 
vorkommende  spriche  {so  Windberger  psaJm«»  113, 22)  hin  und 
faszten  Sprichwort  als  eine  tautologische  Zusammensetzung  also, 
^ein  wort,  das  viel  gesprochen  wird'  (besser  noch  als  die  erkldrung 
'gesprochenes  wort'.  Kluge  etym.  wb.^  373'),  eine  ansieht,  die  vieles 
für  sich  hat.  vgl.  noch  nd.  sprik  brem.  wb,  4,972:  he  het  kien 
sprik,  ei-  spricht  kein  wort,  ebenda,  in  der  älteren  spräche 
herrscht  ausschlieszlich  die  form  Sprichwort:  mhd.  Sprichwort, 
frühnhd.  webart  vel  Sprichwort,  proverbium.  Dief.  46>i'  ;  sprich-, 
spriechwort,  proverbium.  ebenda;  spräche,  bey  sprach,  Sprich- 
wort, preambulum.  451*;  eyn  schmitzwort,  Sprichwort,  dic<eri«m. 
Dasvpoüiüs.  (entsprechend  nd.  bi-  vel  sprecwor,  proverbium. 
Dief.  4üS'.  auch  die  dem  verb.  sprechen  angeglichene  form  geht 
wol  auf  niederd.  Ursprung  zurück:  sprechwort,  proverbium.  ebenda, 
in  heutiger  mundart  sprekwort.  Danneil  205*;  sprekwörd  ten 
DooRNSAAT  Koolman  3,  28S* ;  clev.  spreckwoirt  Weigand*  2,779; 
dagegen  sprikkwoord  Dähnebt  454*.)  schon  früh  empfand  man 
in  dem  ersten  compositionsgliede  einen  Zusammenhang  mit  spruch 
und  schrieb  entsprechend  sprüchwort:  sprüchworl,  proverbium, 
dictum  verbum  adagium.  Maaleb  382*,  proverbium  Stieler  2579, 
proverbio,  adagio,  detto  proverbiale  o  proverbioso.  Kbambr  diet. 
2  (1702),  SSI*,  ja  vereinzelt  erscheint  sogar  sprüchwort:  man 
spricht  ion  einem  gemeinenn  sprüchwort:  lasz  den  wyssen 
faren  und  sag  im  nüt.  Morgant  der  riese  289,  25.  vielleicht  ver- 
anlaszte  die  reichliehe  Verwendung  des  Sprichwortes  im  recht 
(häufig  wurde  die  eigentliche  rechtsentscheidung  in  ihm  nieder- 
gelegt, vgl.:  wan  du  zu  recht  stellest,  so  mustu  einen  mann 
iieyschen  allzeytt,  so  gybt  dir  der  vogt  einen,  darnach  heische 
noch  einen  zur  besserung,  so  gybt  er  dir  einen  zur  besserung. 
wan  derselben  menner  uffgestanden,  so  sage  inen,  worauff 
deyne  sache  stehet,  und  wan  du  kanst  eyn  Sprichwort  an- 
hengen,  so  thu  es,  dan  nach  sprichwortten  pOegen  die  bauren 
gerne  zu  sprechen,  handschr.  quelle  bei  Haltads  17lu)  diese  volks- 
elymologische  umdeutung  des  Wortes  (vgL  unten  spruch,  m.  [in  der 
rechtssprache] ,  Spruchbrief,  m. ,  spruchsprecher,  m.  u.  s.  v.); 
so  versucht  Haltaus  selbst  diese  form  aufzustellen:  sprucbwOrter, 
adagia,  sententiae  notae  et  celebres  . . .  facilius  animo  haerent  et  vel 
morum  vel  juris  sunt  regula. . . .  nimirum  quod  proverbio  dicitur 
id  etiam  jure  fieri  putatur.  a.  a.  o.  auch  Campk  sucht  sprüch- 
wort noch  zu  vertheidigen.  daneben  ist  aber  die  form  Sprichwort 
von  einem  theile  der  lexicographen  als  die  allein  berechtigte  immer 
wieder  verzeichnet  worden,  neben  den  schon  oben  angeführten 
älteren  belegen  vgl.  noch  Sprichwort,  un  proverbe,  mot.  HuLSius 
(1016)304*;  Sprichwort,  proverbio,  motto.  (1618)236*;  Sprich- 
wörter, proverbia  Cohbnius  753;  ein  Sprichwort,  adagtum. 
CoRvi.Nus  28*;  Sprichwort,  proverbium  Fbisch  308*  und  auch  heule 
noch  ist  es  die  mit  recht  gebräuchliche  form,  in  der  declination 
steht  der  plur.  Sprichwörter  als  der  gewöhnliche  nebe't  dem  seltneren 


63 


SPRICHWORT 


SPRICHWORT 


64 


die  sprich woric  (so  bei  Göthb,  s.  den  beUg  unten  unter  2,  über 
du  damit  verbundene  bedeutungsverschiedenheit  vgl.  unten  wort,  n.). 
1)  in  allgemeinerer  bedeutung  von  jeder  festgepragten  Wendung, 
redensart  v.  s.  r. ,  vor  allem  ohne  Hervorhebung  des  lehrhaften 
moments,  das  geradezu  fehlen  kann. 

a)  geßiigeltes  »ort,  das  sich  weithin  verbreitet:  dagegen  aber 
schreiet  gottes  volck,  die  Juden  Messestu  diesen  los,  so  bislu 
des  keisers  freund  nicht.*  das  mag  ein  gemein  Sprichwort 
sein.  LoTHER  18,  367,2S  Weim.  ausg.;  und  des  herrn  wort  ge- 
schach  lu  mir,  und  sprach:  'du  nienschenkind,  was  habt  jr 
für  ein  Sprichwort  im  lande  Israel?  und  sprecht,  weil  sichs 
so  lange  terieucht,  so  wird  nu  fort  nichls  aus  der  Weissagung.' 
Hesek,  11,22;  was  treibt  jr  unter  euch  im  lande  Israel  dis 
Sprichwort  und  sprecht?  die  veler  haben  heerlinge  gessen, 
aber  den  kindern  sind  die  zeene  davon  stunipfl"  worden.  18,  2; 
so  war  als  ich  lebe  spricht  der  herr  herr,  solch  Sprichwort  sol 
nicht  mehr  unter  euch  gehen  in  Israel.  3;  da  jn  aber  sahen 
alle,  die  jn  rorhin  gekand  halten,  das  er  mit  den  prophelen 
weissagetet,  sprachen  sie  alle  unternander,  was  ist  dem  son 
Kis  geschehen?  ist  Saul  auch  unter  den  propheten?  ...  da 
her  ist  das  Sprichwort  komen:  ist  Siiul  auch  unter  den  pro- 
pheten? 1  Sam.  10, 12;  'stecke  dein  schwerd  in  die  scheide'  ... 
CS  sol  ein  Sprichwort  sein  wider  alles,  so  man  one  befelh  zu 
thun  sich  unterstehet  wenn  ein  priesler  sich  unterstehet  zu 
predigen,  da  er  weder  beruff  noch  befelh  hat,  da  heissts: 
stecke  dein  schwerd  in  die  scheide.  Ldthe«  28,  253, 10  Weim. 
ausg.;  so  wirstu  ein  solch  Sprichwort  füren  wider  den  könig 
zu  Babel  und  sagen,  wie  ists  mit  dem  treiber  so  gar  aus, 
und  der  zins  hat  ein  ende?  Jes.  14,4;  etliche,  die  das  ablas 
untücht  erkenneten,  und  doch  dem  sündeler  zu  Rom  nicht 
thürsten  widerstreiten,  haben  ein  Sprichwort  gehabt  und  ge- 
sagt, das  ablas  sey  ein  göttlich  betriegen.  Luther  1,420';  denn 
es  wurde  zu  einem  Sprichwort  in  Griechenland,  demjenigen, 
dem  man  das  ärgste  an  den  hals  wünschen  wollte,  einen 
prozesz  in  Abdera  zu  wünschen.  Wieland  19,209  [Abderiten  2,4). 
mit  etnem  tum  schein  lehrhaften  inhalt:  si  wis  in  mundo  esse, 
lern  das  Sprichwort:  Barrabas  sol  los  werden.  Ldtber  28,329,1 
Weim.  ausg. 

fr)  bei  einer  einulnen  person  als  angewöhnte  redensart:  von 
denen,  so  sich  unwissend  eigene  Sprichwörter  angewehnen, 
und  was  sich  deszwegen  oft  für  lächerliche  schick  zutragen. 
SimpJ.  1104  Keller;  eine  histori  von  einen  baucrn,  der  ebenmöszig 
ein  dergleichen  Sprichwort  an  sich  gehabt.  1105,  51;  zu  unsern 
Zeilen  braucht  ein  fürst  gar  höflich  des  fuchs  Sprichworts 
zum  hann,  da  man  von  grossem  friede  schneiden  wolle,  es 
mag  wol  ein  landfried  angestellel  seyn,  er  ist  aber  noch  nicht 
jedermann   verkündiget.  Scbdppids  832; 

viel  lausend  und  mehr  spricbwörter  kau  man  hören; 
man  inusz  sich  aber  nicht  im  minsten  daran  kehren, 
greifTt  man  sie  etwan  an:  'er  mag  sich  nicht  so  grün, 
(sagt  sie)  sonst  möchten  ihn  die  xeugen  zu  sich  liehn'. 
und  viel  Sprichwörter  mehr.    Racubl  sat.  gfd.  118, 

dethalb:  voll  sprüchwörler,  prorerfrioso.  Kraiier  dtc(.2(1702),88l'. 
vgl.  noch:  h6  het  dal  so  to  'n  sprekw6rd.  ten  Doorniaat 
KooLüAH  8,288*.  nicht  ausgeschlossen  ist,  dasi  sich  mehr  oder 
weniger  die  bedeutung  von  Sprichwort  2  in  solchen  Wendungen 
einstellen  kann.  vgU:  wie  ain  alter  erlicher  man  zu  Mösskirch, 
genannt  Conrad!  Burger,  ain  sprüchwort  het:  user  hast  macht 
man  bafensail,  was  ain  karger  erspart,  wurt  aim  geuder  zu 
tail.  Zimm.  chron.*  2,  545, 11 ;  mit  der  lust  gehts  bey  mir  wie 
der  fraw  von  Rotzenbaussen  Sprichwort:  esz  geht  klein  her, 
wie  der  wolff  sprach,  so  (er)  schnacken  frasz.  Ei.isabbtb 
CiARLOTTE  3,644  Holland. 

e)  in  einer  Verstärkung  des  begriffet  ^eigentümliche  redensart' 
ertcJieinl  es  vereinuU  als  'Wahlspruch',  so:  eine  fromme  Jungfrau 
pflegte  lag  und  nacht  in  ihrem  kämmerlein  zu  bellen,  und 
diente  die  Obrige  zeit  den  armen,  diese  hatte  ein  Sprichwort, 
tagend  in  allen  begebenheilen  zu  gotl:  mein  will,  dein  will. 
dein  will,  mein  will.  Harsdörffer  mordgesch.  'ii. 

d)  auch  tonst  von  Wendungen  in  fester  prdgung :  er  bat  gell 
in  ein  welzitein  vernebel,  den  hat  im  ein  hund  hin.  er  sucht 
das  fenshörnlin.  die  letzten  ■prichwOrter  braucht  man  auch 
wider  die  etwas  luchen  und  irr  gehen,  aber  ein  anders  för- 
weodea.  Francr  tprtehw.  l,  4';  sie  sab  alle  bedeutung  der 
nusz  in  gettall  und  Wirkung,  ja  bis  io  die  sprichworte  von 
dieaer  frucht:  kopfnüsxe  gebeo,  eine  nutz  mit  einem  zu 
knacken  haben  u.  t.w.  Brkiitaiio  4,  SM;  die  frau  wurde  geizig 
über  die  maizto.    ein  ipricbworl  giDg  beim  volk,  tie  tinge 

der   benoe    Umt   ei.    M.nu^    erulhlungen  32; 


butterbrot  bedeutet  ein  paar  kramsvögel  und  drosseln, 
etwa  mit  apfelmus;  nach  dem  Sprichwort  nuisz  es  dabei  sein. 
Voss  1,  124  (/.m'sc  A,  45). 

doch  die  Übergänge  von  hier  tu  der  engeren  bedeutung  unter  2 
ttnd  nicht  immer  genau  zu  bestimmen,  vgl.  i.  b.:  auf  einen 
groben  klotz  gebort  ein  grober  keil;  dies  Sprichwort  ist  für 
die  naturlehre  gemaclit,  denn  sie  soll  ja  hier  durch  den  ver- 
stand gespalten  werden.  NovAtis  3,72  Meiszner. 

e)  bisweilen  in  der  bedeutung  von  'gleichnis'.  alt  mittel 
evangelischer  Verkündigung:  solchs  hal>  ich  tu  euch  durch 
Sprichwort  geredt,  es  kompt  aber  die  zeit,  das  ich  nicht 
mehr  durch  Sprichwort  mit  euch  reden  werde,  sondern  euch 
frey  heraus  verkündigen  von  meinem  vater.  Joh.  16,25,  vgl. 
haec  in  proverbiit  loeutus  sum  vobi^.  vulg.;  ich  bin  vom  vater 
ausgegangen  und  komen  in  die  well ...  sprechen  lu  ihm  seine 
jünger,  sihe  nun  redestu  frey  heraus,  und  sagest  kein  Sprich- 
wort (et  proverbium  nullum  dicis).  29. 

ß  gern  in  Wendungen  wie  ein  Sprichwort  machen,  die  nur 
hier  möglich  sind  und  ein  untei scheidendes  merkmal  gegenüber 
der  Verwendung  unter  2  abgeben:  gleich  als  wenn  ich  in  deudscher 
spräche  aus  dem  wort  'galgen'  oder  'am  galgen  hangen'  wolle 
ein  Sprichwort  machen  und  spreche:  meine  erbeit,  armut, 
schände,  kranckheit  thut  mir  wol  so  wehe,  als  helle  ich  am 
galgen  oder  am  creulze  gehangen,  da  würde  aus  der  marter 
ein  Sprichwort  und  hiesse  galgen  oder  creutz  eines  jglichen 
unfal  und  unglück ,  übel  und  leiden.  Luther  28,  384,  20.  24 
Weim.  ausg.;  ytzt  ists  genug  soviel  davon,  das  die  christliche 
gemeyne  der  art  ist,  das  sie  nicht  eytel  heiligen  hat,  davon 
ich  offt  gesagt  habe,  und  were  gut,  das  man  ein  Sprichwort 
daraus  machte,  denen  zu  antworten,  so  sich  an  unser 
schwacheit  ergern,  imd  sagte:  hat  doch  der  käste  Noah  beyde 
unreine  und  reine  ihier  haben  müssen.  21, 177,5;  doch  habens 
illiche  besonnen  und  aus  eigener  erfarung  inne  worden,  das 
sie  ein  fein  edel  Sprichwort  drauff  gemacht  haben  und  gesagt, 
früe  auffstehen  und  früe  freien,  das  sol  niemand  gerewen. 
2,172';  denn  sie  zu  Rom  kein  gut  exempel,  sondern  eitel 
ergernis  sehen,  und  wie  sie  selbs  ein  Sprichwort  gemacht 
haben,  je  nehcr  Rom,  je  erger  Christen.  l,30l';  seltener  dafür 
ein  Sprichwort  erdichten:  der  teufel  hat  solchs  auffbracht, 
und  solche  verfluchte  Sprichwort  erlicblet:  es  mus  einmal 
genarret  sein,  wers  nicht  thut  in  der  jugent,  der  ihuts  im 
aller.  2,  172',  wo  der  nebensinn  des  trügerischen,  lügenhaften  ge- 
weckt werden  soll. 

g)  von  einem  (oder  auf  einen)  ein  Sprichwort  machen,  ihn  int 
gerede  bringen,  tumeist  mit  weiterem  beisinn  des  spöttischen, 
höhnenden:  was  gilts  aber?  dieselbigen  alle  werden  einen 
Spruch  von  jm  machen  und  eine  sage  und  Sprichwort,  und 
werden  sagen:  weh  dem,  der  sein  gut  mehret  mit  frembden 
gut,  wie  lange  wirds  weren?  Habakuk  3,6; 

die,  denen  weder  du,  noch  deine  warheit  kund    ohn  allen  grund 

ein  beyspii)!,  ein  Sprichwort  und  bossen  von  uns  machen. 

WüCKaiRLiN  (l(j48)  164. 

vgl.  noch:   so  viel  der  streit  fehrlicher  ist  und  sawrer  wird, 

je  lieblicher  und  frölicher  der  sieg  und  die  ausbeute  isl,  . . . 

da  ist  spott  und  Sprichwort  von  den  feinden  und  ist  dat  land 

freuden  vol.  Luther  3,176'; 

wir  tugen  uichti  baidniscber  örter 

als  nur  für  yres  hons  Sprichwörter. 

Mklissus  /<5ii/m  44,  im 

(dafür  in  der  prosa:  dfl  hast  uns  gemacht  z&m  beispiel  Anter 
den  haiden). 

h)  dann  geradesu  'abschreckendes  beispiel,  exempel'  u.  i.  w. 
häufig  in  Verbindung  mit  entsprechenden  ausdrücken  zum  Sprich- 
wort setzen,  geben;  er  hat  mich  zum  Sprichwort  unter  den 
Icuten  gesetzt  und  mus  ein  wunder  unter  jnen  sein  (potuit 
me  quasi  in  proverbium  vulgi).  Hiob  17,6;  und  dis  haus,  das 
ich  meinem  namcn  gehfiliget  habe,  werde  ich  von  meinem 
angesicht  werfl'en,  und  werde  es  zum  sprichworl  geben  und 
zur  fabel  unter  allen  völckern  (et  tradam  tarn  in  f>arabolam  et  | 
in  exemplum.  ruiyata).  2  cAron.  7,11.  don»  liucA  zu  einem  sprich-  ' 
Wort  werden:  und  Israhcl  wird  zu  einem  Sprichwort  und  zu 
einer  spollrede  allem  volk.  bibel  von  14S3,  i  kOn.  u,  7;  und  wil 
mein  angesicht  wider  den  seidigen  setzen,  das  tie  »ollen  wüst 
und  zum  zeichen  und  »prichwort  werden,  und  wil  sie  aus 
iiieiiiiMn  volck  rotten  [et  fuciam  eum  in  exemplum  et  in  pro- 
verbium). Uetek.  14,  H;  ich  wil  jnen  unglück  zufügen,  und  in 
keinem  kuuigreich  hwfi  erden  bleiben  lassen,  das  tie  tollen  l 
zu  schänden  werden,  zum  tprichwort,  zur  fabel  und  zum 
fluch  an  allen  orlen,  dahin  ich  tie  verttotien  werde.  Urem. 


65 


SPRICHWORT 


SPRICHWORT 


66 


24.  9;  da  er  . . .  nun  mehr  mit  spott  und  bon  iedermans  in 
seinen  alten  tagen  betteln  muszte,  sprach  er  die  leut  also 
omb  ein  almiisen  an:  gebt  umb  gotteswillen  einem  armen, 
verdorbnen  kauffniann.  der  sieb  und  die  zeit  verrechnet  hat. 
ward  darmit  mennigklichs  Sprichwort  und  lecherey.  Kirchhof 
wendunm.  1,  267  Osterley;  zu  einem  sprüchwort  werden,  andar' 
in  proterbio  {abire  in  prorerbium).  Kbaher  dict.  2  (1702),  88l';  er 
ist  (andern)  lum  Sprichwort  geworden,  cessit  in  proterbium. 
Wabde«  4,746;  wenn  ich  ihn  {den  Malvolio)  nicht  so  foppe, 
dasz  er  zum  Sprichwort  und  zuni  allgemeinen  gelächter  wird, 
so  glaubt  nur  dasz  ich  nicht  gescheidt  genug  bin,  um  grade 
im  bette  zu  liegen.  Shakespeare  4. 27  {der  heihge  dreikönigs- 
abend  2,  3).  selten  dafür  auch:  in  ein  gemein  sprüchwort 
kommen  sein,  in  proveibium  usque  celebrari.  Maaler  3S2°.  in 
der  Wendung  ein  Sprichwort  sein:  und  Israel  wird  ein  Sprich- 
wort und  fabel  sein  unter  allen  vülckern  (eritque  Israel  in  pro- 
rerbium et  in  fabulam  cunctis  populis).  l  kün.  9,  7 ;  und  wirst 
ein  schewsal,  und  ein  Sprichwort  und  spot  sein  unter  allen 
völckern,  da  dich  der  herr  hingetrieben  hat  (et  eris  perditus 
in  proverbium  ac  fabulam).  5  Mos.  2S,  37  (auf  diesen  fast  aus- 
sehliesilieh  biblischen  gebrauch  geht  uol  zurück:  nun  bin  ich  das 
Sprichwort  der  weit,  das  gelächter  der  thoren.  der  spott  des 
Volkes.  TiECK  3,9.  vgl.  auch  oben  unter  zum  Sprichwort  werden 
den  beleg);  solt  einer  doch  lieber  ein  schinder  sein  den  ein 
grosser  reicher  pfaff,  der  yedermans  gecze  und  Sprichwort  sein 
muste.  LcTHER  19,275,6  Weim.  ausg.;  das  den  Juden  sol  so 
wol  gehen,  das  alle  beiden  ...  sagen:  'gott  gebe,  das  dies 
so  wol  gehe  als  den  Juden'  und  also  ein  gut  seliges  Sprich- 
wort von  yhn  aus  kome,  gleich  wie  zu  vor,  da  sie  verstüret 
worden,  sie  ein  böse  exempel  und  Sprichwort  waren.  23,603,6.7. 
t)  ohne  diesen  tadelnden  beisinn  ein  gegenständ  wird  zum 
Sprichwort,  tcird  leutekundig,  kommt  als  berühmt,  vorbildlich 
«.  s,  «.  in  der  menschen  mund:  ihr  gemahl  war  offizier  von 
der  garde:  sein  feiner  wuchs  zeichnete  ihn  unter  dem  corps 
aus,  und  das  feuer,  das  seine  äugen  hatten,  war  bej  meinen 
Schwestern  ein  Sprichwort.  Chr.  L.  Hekne  Antonie  (eriähL  des 
\S.jahrh.  24,  2S); 

sie  schworen  sich  den  todesbund, 
und  ihrer  beide  Hebe  wart  im  land  umher 
zum  Sprichwort.    Wiblasd  18,  33  (Geron  der  adliche); 

vgl.:  das  ist  ein  Sprichwort  worden,  hoc  proverbii  locum  obtinet. 
Frisch  2,  30S'. 

2)  in  verengerter  bedeutung  eine  formelhafte  Wendung  in  gleichnis- 
artiger form,  die  ohne  ausgesprochenen  lehrhaften  ton  doch  lehr- 
hafte  Wirkung  ertielt:  Sprichwörter,  schöne,  weise  herrliche 
clugreden  und  hoffsprüch,  darinnen  der  alten  und  nach- 
komuienen  aller  nationen  unnd  sprachen  grüste  vernunfft  und 
kliigheyt.  Fianck  sprichw.  (1641)  titel;  bey  den  alten  ist  und 
heyszt  Sprichwort  ein  kurtze  weise  kl&gred,  die  summ  eines 
gantzen  handeis,  gesatz  odder  langen  sententz  als  der  kern 
in  ein  engs  sprüclilin  und  verborgen  griflin  gefaszt,  da  mehr 
etwa  anders  verstanden  dann  geredt  wirt.  vorrede  4';  und  ist 
bei  allen  nntionen  und  zungen  die  gröszt  weiszheyt  aller 
weisen  in  solich  hoffred  und  abgekürtzte  Sprichwörter  ...  als 
in  einen  verschlossen  kästen  alle  irrdische  und  ewige  weiszheyt 
eingelegt,  ebenda;  tu  form  und  inhalt  vgl.:  aber  die  rechten 
natürlichen  Sprichwörter  sind  abkürtzt  und  seltzain  gefunden, 
mit  einer  figur  und  tropo  in  ein  summ  begriffen,  ebenda;  das 
echte  volksinässige  Sprichwort  enthält  keine  absichtliche  lehre, 
es  ist  nicht  der  ertrag  einsamer  betrachtung,  sondern  in  ihm 
bricht  eine  längst  empfundene  wabibeit  blitzartig  hervor  und 
findet  den  höheren  ausdruck  von  selbst.  \V.  Grimm  kl.  sehr. 
4,22;  diese  erhebung  des  gedankens  in  eine  reinere  luft  sichert 
dem  Sprichwort  innern  gehalt,  weite  Verbreitung  und  gellung 
durch  Jahrhunderte,  ebenda;  die  natur  des  Sprichworts  ver- 
langt stätigkeit  der  form,  ohne  welche  es  sich  selbst  aufgeben 
würde.  2,464;  hierher  auch  das  Sprichwort:  jedes  Sprichwort 
musz  einen  zipfel  haben,  wo  maus  anfaszt.  Wanuer  4,  746. 
es  begreift  eine  hauptsächliche  gattung  der  rolk.<:poesie :  denn  da 
Sprüchworte  und  denkreime  vom  volke  ausgehn,  welches,  weil 
es  gehorchen  musz,  doch  wenigstens  gern  reden  mag,  die 
oberen  dagegen  durch  die  that  sich  zu  entschädigen  wissen. 
GüTHB  26,323;  allein  es  sind  (Freidanks  sprüche)  nicht  aus- 
spräche individueller  betrachtung,  sondern  die  ausfüllung  des 
Werkes  besteht  grossentheils  aus  den  dem  ganzen  volke  zu- 
gehörigen Sprichwörtern,  die  frisch  und  lebendig,  frei  und 
geistreich,  häutig  mit  anmuth  und  zieriicbkeit  ausgedrückt 
werden.  W.Grimm  Ai.  sehr.  3, 451;  vgl:  Sprichwörter  sind  die 
X.  2 


Weisheit  auf  der  gassc.  Wasder  4,746.  besonders  reichlich  hei 
uns  Deutschen  ausgebildet,  ohne  anderen  nationen  jedoch  zu  fehlen: 
wenn  der  Deutsche  einen  gedanken  aussprethen  wollte,  so 
erfand  er  ihn  in  ein  bild  gehüllt,  die  für  alle  zeit  geltende 
Wahrheit  drückte  er  aus  wie  einen  Vorgang,  den  er  aus  der 
Vergangenheit  berichtete;  wenn  er  eine  lebenserfahrung  in 
Worte  fassen  wollte,  erschien  sie  als  Sprichwort.  Frevtag 
17,296;  wie  jede  grosze  empündung  des  Deutschen  darnach 
ringt,  sich  im  bilde  darzustellen,  und  wie  lehre  und  grundsatz 
ihm  in  form  eines  Sprichworts  erscheinen,  so  ist  auch  alle 
bedeutsame  that  an  vorgeschriebene  worte,  geberde,  sinnbild- 
liche handlungen  gebunden.  413:  schon  weise  sprichworte, 
kluge  lebensregeln  übten  besonderen  einflusz  auf  das  leben 
dessen,  der  sie  gebrauchte;  man  konnte  sie  kaufen  und  wieder 
an  andere  abgeben.  20,  73.  über  sein  alter  (vgl.  auch  unter  2,  b): 
bei  uns  zeigt  sich  das  Sprichwort  schon  in  frühster  zeit,  aber 
ich  glaube,  dasz  es  erst  bei  freierer  beweglichkeit  des  geistes 
zur  eigentlichen  ausbildung  gelangte.  W.  Grimm  kl.  sehr.  4,  22. 
seinen  reichthum  betreffend:  alle  Sprichwörter  aufzuschreiben  ist 
so  wenig  möglich  als  die  sterne  zu  zählen  oder  die  see  aus- 
zuschöpfen. Simroci  deutsche  rolksb.  5,  rorr.  4. 

a)  mit  einer  weiteren  aus  dem  vorhergehenden  entspringenden 
bestimmung.  ein  gemeines,  allgemein  bekannntes  Sprichwort: 
eyn  gemeyn  Sprichwort,  adagium,  proverbium.  Dastpodids;  es 
ist  ein  gemein  sprüchwort,  tritum  in  sermone  proverbium, 
Maaler  382';  ein  gemeines,  allgemeines  sprüchwort,  proverbio 
commune.  Krämer  die/.  2  (1702),  881* ;  man  spricht  in  einem 
gemeinen  spruchwortt,  man  solle  einem  berüefften  fyend  nüt 
zevyl  vertruwen.  Morgant  der  riese  306,  tS;  diser  antwurt  lachten 
Eumicus  und  alle  gesellen  und  merckten  das  er  seine  schuld 
mit  gleicher  müntz  wolle  bezalen,  nach  gemeinem  Sprich- 
wort: ein  gevatterschaft  über  den  zäun,  die  ander  herwider. 
VVacrernagel  lesebuch  1, 1059,  3;  vgU:  das  sprüchwort,  gemeine 
sag,  proverbium,  dictum,  verbum,  adagium.  .Maaler  3S2';  dafür 
auch :  das  bei  unsern  deutschen  dichtem  des  mittelallers 
gangbare  Sprichwort.  J.  Grimm  kl.  sehr.  5, 139. 

ein  altes  Sprichwort:  ein  oldt  sprickwordt.  fastn.  sp.  Uli 
Keller;  gleychs  zu  gleyche,  nach  dem  alten  sprüchwort,  gsellet 
sich  gern,  par  pari  gaudet.  Maaler  382';  es  ist  ein  alt  Sprich- 
wort, hungern  und  harren  macht  ungedultig.  Corvinds  28'; 
nach  dem  allen  Sprichwort,  veteri  proverbio.  Frisch  2,308'; 
grosze  tyranney,  wüst,  wildt  und  seltzam  row  leben  der 
obern  hat  das  alte  Sprichwort  selbst  erweckt,  das  da  sagt, 
ein  fürst  sey  so  seltzam  im  hiramel,  als  wildpreth  in  eins 
armen  manns  küchen.  KtRCEBor  wendunm.  \ ,  %h  Osterley ;  hoirt 
eins  myne  gue  kerspelslue,  't  is  eyn  ault  spreckwaurt,  men 
mot  winkup  hebbeii,  al  scholmen  braut  bidden  un  verkaupen 
de  korsten.  niederd.  bauernkomödien  44  Jellinghaut; 

man  werdit  houbtsiech 
vil  dicke  von  bosir  geselschaTt, 
dit  ist  ein  aldis  Sprichwort. 

riilerspiegel  134  Barltdi; 
ist  ein  altes  Sprichwort, 
als  ir  dicke  baut  gehört, 
schade  der  hei  gerne  spot.    Martina  63,89; 

waoD  uns  ein  altes  Sprichwort  seit: 
der  müssiggaiig  vil  unrats  gelt. 

(I.  Sachs  21,  142,28  Keller-Gdttei 

sogar:  jr  wiszt  ein  uralt  Sprichwort  ist, 

so  näher  Rom,  so  böser  Christ. 

Wicksam  »it  reitend  pilger  82'. 

beide  bestimmungen  neben  einander:  ein  alts  und  gemeins  sprüch- 
wort, bey  den  alten  fast  im  brauch  und  Übung,  contritum 
vetuslate  proverbium.  Maaler  382*. 

ein  wahres  Sprichwort :  dag  sprüchwort  Ist  wol  war,  das 
sagt,  das  niemniand  bösser  ist  dann  ein  pur,  wenn  er  rych 
wirl.  Morgant  der  riese  212, 11 ;  es  ist  jnen  widerfaren  das  wäre 
Sprichwort,  der  hund  frisset  wider  was  er  gespeiet  hat.  i  Petr. 
2,22;  denn  war  ist  das  Sprichwort,  gedanckcn  sind  zollfrey. 
Luther  2, 198';  denn  war  ist  das  Sprichwort,  was  hundert  jar 
unrecht  gewesen  ist,  ward  nie  kein  stunde  recht.  2, 150';  das 
ja  das  Sprichwort  war  bliebe,  grosse  diebe  beugen  die  kleinen 
diebe.  2,490*;  weil  auch  ein  wahrsagendes  Sprichwort  kinder 
mit  einer  gewiszen  reihe  von  lesern  als  brüder  paart,  die 
ich  aus  Wohlstand  oder  furcht  des  höllischen  feuers  nicht 
namhaft  machen  kann.  Hamann  2,491;  vgl.:  es  ist  auch  under 
allen  leeren,  nienschenurteylen  und  sententzen  nicht  warers 
noch  gewissers  dan  die  Sprichwörter,  welche  die  erfarung 
gelert,  auch  die  natur  und  vernunfft  in  aller  menschen  hertz 


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SPRICHWORT 


SPRICHWORT 


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und  mund  geschriben  und  gelegt  hat.  FtAiiCK  tpriehw.  l(l54l),4' 

v«nede,  und  das  sprichworl: 

•prichwort, 

wahr  wort.    Sihrock  9779. 

aueh  tonst  in  entsprechenden  uendungen :  ich  beflnde  das  «prich- 
wort warbafflig,  das  verzweifeln  macht  das  mehrer  teil  roOnch 
und  pfaffen.  Lutbbr  i,  3tS'; 

(lö  wart  diu  w&rhelt  wol  schin 
des  Sprichwortes,  dat  du  gibt, 
dai  schulde  ligen  und  rülen  nibu 

GoTira.  T.  Straszbdrs  Tristan  5M1 ; 

er  könnt  ihn  nur  ein  jähr  behalten  und  sah  noch  zu  rechter 
zeit  die  Wahrheit  des  Sprichworts  ein:  wer  will,  dasi  es  ihm 
ling,  schau  selber  zu  seinem  ding.  Brärrr  der  arme  mann 
im  Tockrnburg  IS,  denn  ein  Sprichwort  trügt  nicht,  der  himmei 
fällt  nicht,  bochmulh  währt  nicht.  Wander  4,746; 

kein  Sprichwort  lügt, 

•ein  sinn  nur  trügt,    ebenda; 

das  Sprichwort  selten  thut  betrügen 
der  Tiel  schwAtxet,  thiil  viel  lüeen. 

quelle  hri  Wai«>kr  ♦,  744. 

()  seine  xugeköngkeit  (als  litterarische  galtung)  lur  pofsit  eines 
Volkes  wird  durch  entsprechenden  jusatt  hervorgehoben,  am  deut- 
lichsten in  dem  titel  einer  entsprechenden  Sammlung  wie:  syben- 
huodert  und  fiinfflzig  teutscher  Sprichwörter,  verneüwerl  und 
gebessert.  Joban  Agricola,  Hagenau  Ihit.  hierher  jedoch  auch: 
sihe  da  wie  der  weise  könig  in  der  heiligen  scbrilTt  so  hart 
und  hefitig  verbeut,  für  andere  bürge  zu  werden,  auch 
stimmet  mit  jm  das  deudscbe  Sprichwort ,  bürgen  sol  man 
würgen.  Luther  2,483';  aber,  wie  das  teulsche  Sprichwort 
sagt :  'gleich  und  gleich  geselt  sich  gern'  sprach  der  tenffel 
zum  kollenbrenner.  EiisABttH  Cbari.otte  3,  557 //olland;  frey- 
lich  rousz  man  hir  gedult  haben,  undt  wie  das  teutsche 
Sprichwort  sagt:  gedult  überwindt  butteimilch.  358,  denn  wir 
Deutschen  haben  viel  grobe  Sprichwörter,  aber  gute  meinungen. 
SiiEoct9'S0;  wir  haben  viel  grobe  Sprichwörter,  aber  gute 
meinung.  Wakder  4, 746.  auch  als  eigenthum  anderer  Völker 
heseichnet.  bulländisches  Sprichwort:  wann  er  sein  gebet  ge- 
tban  hatte,  und  keine  assislentz  von  andern  sähe,  pflage  dieses 
holländische  Sprichwort  zu  brauchen :  laet  loopen.  Schdppids 
612;  weUcbes  Sprichwort:  französisches  Sprichwort:  es  ist 
auch  ein  welsch  Sprichwort:  wirstu  melonen  zu  viel  fressea, 
so  wirstu  auch  bald  die  kernen  müssen  essen,  dann  in  hitzigen 
fiebern  braucht  man  die  milch  von  den  zerstossenen  kernen 
zur  speisz  oder  tranck.  Taberi«aemo!«t.  859C;  man  kan  vom 
kOnig  Görgen  sagen,  wie  das  frantzösische  sprichwordt:  'il 
eograisse  de  mal  avoir'.  Ei.isabgtb  Cbarlotte  3,  677  Holland; 
9gl.:  die  Italiüner  pOegen  in  dem  sprüchworte  zu  sagen,  das 
die  frohmen  und  schönen  weiber  der  äugen  paradeis,  die 
bösen  und  ungestallen  eine  hölle  des  gemüttes,  beyderley 
aber  ein  fegefeuer  des  beuleis  zu  seyn  pflegen.  Botscbky 
Pathmos  129. 

c)  Sprichwort  als  subject  in  verbalen  Wendungen:  wie  das 
•prüchworl  sagt,  eome  dice  proverbio.  Krahei  dict.  2(1702>,  88l'; 
wie  das  Sprichwort  sagt:  'mit  eszich  fengt  man  keine  mucken'. 
ELitARETB  Cbarlotte  3, 43  f/oliantf ;  und  das  sprichworl  sagt: 
bohre  das  bret,  wo  es  am  dünnsten  ist.  Lbssinc  7,208;  notb 
bricht  eisen,  wie  das  sprOchwort  sagt.  Schiller  3,  &42; 

ick  weet  wol  wat  dat  sprickwort  secbt, 
wol  iynem  prester  unrecht  techt  . . . 
ok  UDwaer  secht  sjorn  advocat, 
de  bringt  sik  lülTst  lu  noth  und  schad. 

HoLLONioi  tomiiium  vitae  humanae  069; 

tchon  mhd.:    diu  berxelAse  blintheit 

von  der  ein  Sprichwort  dl  seit: 
diu  blintheit  der  minnen 
diu  blendet  0(e  und  innen, 
sie  blendet  ou^en  unrie  sin. 

GoTTri.  V.  STRAstauR»  Tristan  17744; 

ioA  W  itr  reiehthum  entsprechender  Wendungen  grösser,   vfL: 

■Is  ein  warlicbez  Sprichwort  gibt: 

'diu  niBDegsB  mToae  sinnet. 

diu  Ist  manegem  uDgemlnnal'.    18046; 

•Is  dai  all«  sprlcbwon  sprlcbet:  sweo  der  woir  riebet, 

iar  Ist  «rrocbeo  als4  wol,  dat  nanj  niht  TOrbat  rechen  sol. 

•In  dinc  »il  dicke  ergit,  *'*'*  "*•' 

das  diu  sprichworl  iprechenlt 

swat  dl«  llui«  ab  f«bracb«ot 

•l«aw«DDC  mit  üoreht. 

dai  ••  mit  luat  wiri  gespabl.    kröne  30249  Scholl. 


mit  hervorhebung  des  in  ihm  beruhenden  lehrhaften:  kein  böses 
bleibt  ungestraffet,  wie  auch  das  sprichworl  leret,  wo  mensch 
nicht  straffet,  da  straffet  gott.  Lutber  1,  4to'; 

das  ah  sprichworl  gut  kundschalTl  git: 
mit  schweigen  verredt  man  sich  niu 

H.  Sachs  21,  115,  13  Keller-Gitte. 

in  intransitiven  Wendungen:  wie  das  sprQchwort  laut,  come  dice 
le  proverbio.   Kramer  diel.  2  (1702),  881*;    aber  die    hohe    not 
zwinget  mich,  das  ich  gans,  wie  das  sprichworl  laut,  unter 
den  schwanen  scbnatlern  musz.  Luther  1,57'; 
wie  denn  lautet  das  alt  Sprichwort: 
ein  lantzkiiecht  und  ain  taistes  schwein, 
die  Solen  alle  leit  toI  sein. 

H.  Sacis  fabeln  1,  385  Gölte; 

vgl.  die  substantiiisehe  fügung:  da;  der  alten  rechten  teutschen 
componisten  liedlin,  so  schier  (wann  ichs  sagen  dürift,  nach 
laut  des  Sprichworts)  noch  an  besten  sein,  sampt  Iren  meistern 
. . .  vergessen.  G.  Forster  liedlein  torr.  i  (neudr.  3).  lu  er- 
wähnen sind  noch:  es  gehl  ein  sprichworl  unter  uns.  Wander 
4,746;  es  gehet  hie  das  sprichworl,  wer  des  fewers  haben 
wil,  mus  den  rauch  auch  leiden.  Luther  2,169';  r;L.'  das 
gmein  sprichworl .  . .  das  allenthalben  ynn  der  well  gehet. 
16, 522,  9  Weim.  ausg.  dafür  auch:  und  ist  unter  jnen  ein  sprich- 
worl: keusche  pfaffen  sind  dem  bischoff  nicht  zutreglich.  2,137'; 
in  den  schulen  ist  ein  altes  sprichworl.  Schuppius  753;  ohne 
solchen  localen  jitsatz:  darumb  ist  ein  Sprichwort,  welchs  wol 
werd  were  mit  gold  zu  schreiben,  das  da  sagt,  widerschlagen 
macht  hadder.  Luther  2, 361*.  mit  rücksicht  auf  eine  beschrankte 
anwendbarkeit:  alle  sprichwörlter  treffen  nicht  allezeit  ein. 
Elisabeth  Cbabi.otte  3,  677  Holland;  'sie  schielen',  lachte  der 
alte,  'das  sprichworl  gilt,  je  gröszer  ein  könig,  um  so  wilder 
die  flöhe  in  der  Schlafdecke,  die  er  dem  zugewanderten  gast 
breitet.'  Frettag  8, 118;  sein  Sprichwort:  'allerlei  gemenschel' 
kommt  in  glorreiche  anwcndung.  Gutzkow  n((er  vom  ;m(c9,223; 

doch  dünkt  mich,  paszt  das  sprüchwort  hier: 
vom  pferde  sich  auf  einen  esel  setzen. 

GöKiiiGK  1,  125; 
die  Spruch  Wörter  treffen  ein,  i  proverbi  non  fallano.  Krämer 
dtc(.  2(l'02),88l'.  mit  rücksicht  auf  seine  entstehung  und  herkunfl: 
davon  ist  das  sprichworl,  ex  hee  proverbium ;  unde  proverbium 
natum.  Friscb  2,308';  wenn  gott  durch  mittel  der  creaturn 
wirckt,  so  sihet  man  öffentlich,  wo  gewalt  oder  schweche 
sey,  daher  das  sprichworl  kompt,  gott  hiifft  dem  sterckesten. 
Luther  1,493';  und  sihest  doch,  das  dem  ungerechten  nach 
allem  seinen  mutwillen  gehet,  das  ein  sprichworl  hieraus 
geflossen  ist,  je  gröszer  scbalck,  je  besser  glück.  529';  wie 
von  der  well  ein  Sprichwort  ist  worden,  das  man  sagt,  die 
well  ist  untrew  vol.  2,338';  wovon  das  sprichworl  entstanden. 
Fleming  teutscher  jdger  107'. 

d)  sprichworl  als  weitest  gefasites  object  in  verbalen  Wendungen. 
ein  sprichworl  führen,  haben:    da  ich  jung  war,  füret  man 
in  der  schulen  ejn  sprichworl  'non  minus  est  negligere  scho- 
larem  quam  corrumpere  virginem'.  Luther  15,33,9  Weim.  ausg.; 
diu  lute  hant  ein  sprichworl: 
an  dem  ende  wirt  uekort. 
nie  der  mensche  hat  gelebt.     Martina  23*,  37; 
ein  Sprichwort  sagen: 

disz  Sprichwort  man  zu  den  thut  sagen, 

die  gar  ein  schweres  creutz  thun  tragen 

und  immerdar  gedencken  dran, 

aich  auch  nicht  wollen  trösten  lau, 

den  sol  man  dieses  sprichworl  sagen: 

sie  sollens  aus  dem  sinne  schlagen.     EvRaiNc  1,  142; 

daßr  aueh  in  einem  Sprichwort  sprechen,  sagen:  man  spricht 
inn  einem  gemeinen  sprüchwort,  es  werd  niemmer  kein 
guothet  verloren.  Morgont  der  riese  97, 33,  vgl.  aueh  noch  267, 27; 
als  gesagt  wirt  in  eim  allen  sprichworl:  von  den  unmillen 
geel  aus  die  unmilligkeit.  1  Sam.  24,  14,  b^el  von  1483,  IS8', 
vgl.  dasu  oben  2,  a;  wie  man  im  Sprichwort  sagt,  ut  in  pro- 
verbio est.  Frisch  2,908';  vgl.  noch: 

als  man  dicke  beeret  sprechen 

in  ir  sprichworlen  die  wisen.    kröne  14825. 

ungewöhnlicher  dafür:  wie  man  sagt  nach  dem  alten  Sprich- 
wort, von  gottlosen  kompt  untugent.  2Sam.  14, 14;  passivisch 
gewandt:  darumb  wirt  es  gesagt  zu  eiro  Sprichwort:  der  blind 
und  der  iam  werden  nit  eingeen  in  den  tempel.  &,  8,  bibel 
von  U83.  dagegen  bei  Luther:  daher  spricht  man,  las  keinen 
blinden  und  lamen  ins  haus  koinen  hierher  noch:  mit  sprilch- 
wOrlern  reden,  parlar  per  proverbi.  kRAMia  dtct.  2  (1702),  881*; 
sihe,  alle  die,  so  tprichnort  pflegen  zu  übm,  werden  von 
dir   dis    Sprichwort    sagen:    die   tocbter   ist    wie    die   mutier. 


69    SPRICHWÖRTCHEN  —  SPRICHWÖRTERSPIEL 

Hesek.  16,44.  von  einem  ein  spricbworl  sagen  (vgl.  oben  l,  g.h): 
zu  meiner  reit  sagte  man  dasz  Sprichwort,  so  ihr  cittiert. 
von  der  geisz,  ahnstatt  des  esels.  Elisabeth  Cbailottb  3,484 
llcll'ind;  tgl.:  einen  mit  sprQchwürlern  durchziehen,  pro- 
lerbiare  uno.  Kbaner  diel.  2  (1702),  SSl'. 
ein  Sprichwort  boren,  vernehmen : 

ein  alt  Sprichwort  häo  ich  Ternomen, 
das  manchem  zu  der  tur  ist  komen. 

livl.  yeimchion.  6099; 
wenoe  ich  habe  ein  ait  Sprichwort 
gar  diciie  und  oTte  gehört, 
das  man  die  treue  lobet  allermeist 
die  man  nach  dem  tode  leist. 

o^teispiel  des  Ib.  jalirh.  hei  Wackbii!1ag«l  1,1023; 

dasz  sprichwordt  habe  ich  mein  tag  nicht  gehört,  dasz  man 
sagt,  man  stosze  einem  das  maul  auff  den  tisch,  wenn  man 
einem  zu  gast  ladt.  Elisabeth  Charlotte  3,  39  i/oUand.  über 
ein  Sprichwort  lachen,  älter  eines  Sprichwortes  lachen: 

ich  faab  des  Sprichworts  dicif  gelacht, 
das  keyn  kreg  eya  dullen  macht. 

Mdrns*  schelmemunft  vorr.  75.    Frankf.  druck. 

ein  Sprichwort  merken,  einem  sprichw orte  nachdenken  u.a.: 
und  merck  die  allen  Sprichwort,  die  on  allen  zweifei  die 
erfarung  geleret  hat  und  gewis  sind:  'des  herrn  äuge  macht 
das  pferd  fett'.  Lltheb  2, 203';  ich  hab  , . .  an  das  sprigwort 
gedacht,  wie  mon  pfleckt  zu  sagen:  'ich  sterb  wol,  ehe  du 
zu  mir  kemst'.  B,  Pacmgartneb  briefe  14  Steinhausen;  und  mus 
eben  dem  alten  sprigwort  nachdencken:  aus  den  äugen,  aus 
dem  sinn.  141;  tgl.:  es  kompt  mir  das  Sprichwort  der  welt- 
weisen in  gedächtnus.  Schuppils  727.  sich  nach  dem  Sprich- 
wort richten  u.d.:  rieht  dich  nach  den  Sprichwörtern  der 
weisen.  S.  Frarck  sprichw.  1541  (njo</o  aus  Jesus  Sirach);  die 
vernünftigen  geben  sich  auf  die  Sprichwörter,  ebenda;  kürtz- 
lich,  hie  mus  man  sich  halten  des  Sprichworts,  wer  nicht 
kan  durch  die  finger  sehen,  der  kan  nicht  regirn.  Lother 
2,  402";  ich  mus  das  Sprichwort  erfüllen,  was  die  weit  zu 
schaffen  hat,  da  mus  ein  müncb  bey  sein.  1,  2^S'. 

e)  in  merkwürdiger  Überführung  ins  concreU:  und  wer  wäre 
nicht  gern  (in  der  alten  heimat)  geblieben,  wenn  er  nur  ein 
stück  brot  und  jenes  unentbehrliche  'sanfte  ruhekissen'  des 
alten   Sprichworts   sich   hätte  erhalten  können.  Storm  1, 174. 

/)  ein  Sprichwort  verkörpern:  sie  schien  mit  ihrer  weisen 
und  maszvollen  band,  am  herde  stehend,  täglich  das  sprüch- 
wort  zu  verkörpern:  der  mensch  iszt,  um  zu  leben,  und  lebt 
nicht,  um  zu  essen!  Keller  1,42. 

g)  Sprichwörter  spielen,  ein  Sprichwort  aufführen,  die  zu- 
grunde liegende  lebensieeisheit  zum  gegenstände  einer  schauspiel- 
handlung  machen.  Campe,  vgl.  das  franz.  proverbe  tn  ent- 
sprechender anuendung  und  unten  sprichwörterspiel,  n. 

SPUICHWÖRTCHEN,  n.,  demin.  zum  vorhergehenden:  ich 
würde  mich  gewundert  haben,  wenn  du  nicht  ein  sprich- 
wOrtchen  in  dein  gespräch  eingemischt  hättest,  Tieck  don 
QuixUe  2,216. 

SPRICHWÖRTERFREL'ND,  m.  freund  von  sprichtcürtern : 
unser  sprücbwörterfreund  wird  wohl  sagen  . .  .  Gottsched 
bei  Reicbel  kl.  Gottsched-wb.  55. 

SPRICHWÖRTERN,  t'«r6.  mit  leichtem  ironischen  btigescbmack: 
hier  haben  wir  ein  besseres  sprüchwort:  achte  dich  zuerst 
selbst,  und  deine  feinde  werden  sich  nicht  an  dich  wagen, 
übrigens,  capitain,  sind  wir  in  einem  freyen  lande  und  sie 
mögen  Sprichwörtern  wie  sie  wollen.  K.  Postl  der  legilime  und 
der  republicaner  3,45. 

SPRICHWÖRTERSAMMLtiNG,  f.  Sammlung  von  Sprichwörtern. 
»Isbueh:  glücklicherweise  kam  ihm  aber  am  folgenden  abend 
ein  ganz  anderes  buch,  nämlich  eine  deutsche  sprichwürler- 
•ammlung  in  die  band.  Acerbacb  dorfgesch.  2,  I2l. 

SPRICH VVÖRTERSCH ATZ,  m.,  vie  oben  sprichwörtersamm- 
luog,  f.,  doch  mit  hervorhebung  des  wertvollen:  die  kunst  und 
gewöbnung,  alten  schlichten  kernigen  worten  und  Wendungen, 
auf  die  man  nicht  besonders  mehr  achtet,  die  aber  den  dingen 
auf  den  grund  gehen  (unser  sprichwörlerscbatz  ist  voll  davon), 
wieder  auf  den  grund  sehen  zu  können.  Hildbrrand  d.  sprach- 
unterr.  97. 

SPRICHWÖRTERSPIEL,  n.  mimische  darsteUung  eines  spnch- 
mortes,  vgl.  auch  oben  ein  Sprichwort  spielen  (Sprichwort  2,  g, 
sp.  69):  ich  habe  leben  und  weben  hineingebracht,  die  carten- 
spiele  abgeschaft,  sprüchwOiterspiel  eingeführt,  sogar  mit 
d.  Buchholz  ein  gesellschaftliches  theater  eingerichtet.  Gramer 
an  Bürger   am  6.  nov.  1774  (Bürgers  trieft  1,215  Strodtmann). 


SPRICHWÖRTERWEISHEIT  —  SPRICH        70 

SPRICH  WÖRTERWEISHEIT,  f.  Weisheit,  die  in  Sprichwörtern 
niedergelegt  ist:  'es  ist  der  fremde  klang,  der  unser  ohr  ge- 
fangen nimmt.'  —  'gewisz;  aber  es  ist,  über  denselben  hinaus, 
doch  scblieszlich  ein  anderes  noch,  was  diesen  altdänischen 
namen  ihren  eigentümlichen  zauber  leiht,  es  spricht  sich 
nämlich  in  ihnen  jene  der  spricbwörterweisheit  der  Völker 
verwandte  begabung  aus,  menschen,  erscheinungen,  ja  ganze 
epochen  in  einem  einzigen  beiwort  zu  charakterisieren.' 
FoHTARE  vor  dem  stürm  3. 143. 

SPRICHWÖRTISCH,  adj.  das  zum  Sprichwort  gehört,  pro- 
verbialis.  Dasypodios.    vgl.  unten  sprichwörtlich,  adj. 

SPRICHWÖRTLICH,  adj.  nach  art,  in  der  form  eines  Sprich- 
worts: sprichwörtlich,  «fi£m  Sprichwort  ähnlich.  Adelung;  sprich- 
wörtliche redensarten.  ebenda,  als  gegensatz  zum  Sprichwort, 
dem  grössere  Stetigkeit  der  form  eigen  ist:  wir  begnügen  uns  an 
der  sprichwörtlichen  redensart  und  am  figürlichen  ausdruck, 
schaffen  deren  noch  jeden  tag  neue,  wie  andere  nationen 
oder  Städte  ihre  modewitze  haben,  und  es  ist  vielleicht  be- 
zeichnend, dasz  wir  jene  redensarten  oft  mit  dem  sprichworte 
selbst  verwechseln.  Gervirus  bei  W.  Grimm  kl.  sehr.  2,465. 
sprichwörtliche  Wendungen;  sprichwörtliche  wetterprophe- 
zeiungen,  bauernregeln,  die  auf  den  künftigen  ausfall  des  wetlers 
aus  gewissen  anzeichen  vorher  schlieszen  (neben  bauernregel): 
verschiedene  bauernregeln  und  sprüchwörtliche  wetterprophe- 
zeyungen,  welche  diesz  jähr  eingetroffen  seyn  sollten,  ver- 
zeichnete ich  ins  taschenbuch,  und  als  man  theilnahme  be- 
merkte, besann  man  sich  auf  mehrere,  die  denn  auch  hier 
ihren  platz  finden  mögen,  weil  sie  auf  landesart  und  auf  die 
wichtigsten  angelegenheiten  der  bewohnei  hindeuten,  Güthe 
43, 278.  sprichwörtlich  reden,  einen  gedanken,  einen  einwand 
durch  ein  Sprichwort  zum  ausdruck  bringen:  das  ist  sprich- 
wörtlich geredel;  sprichwörtlich  heiszen,  sprichwörtlich  sein, 
entsprechend  oben  Sprichwort,  n.;  die  zeit  der  Barmekiden  heiszl 
daher  sprüchwürtlicb:  eine  zeit  lucales,  lebendiges  wesens 
und  Wirkens,  von  der  man,  wenn  sie  vorüber  ist,  nur  hoffen 
kann,  dasz  sie  erst  nach  geraumen  jähren  an  fremden  orten 
unter  ähnlichen  umständen  vielleicht  wieder  aufquellen  werde. 
GöTHE  6,40;  es  giebt  im  waffenleben  ...  gewisse,  eben  des- 
halb factisch  wiederkehrende  streiche,  weil  sie  sprüchwürtlicb 
sind.  Keller  nachL  38.  sprichwörtliche  duiumbeit  u.  s.  w.: 
nachdem  die  eingeborenen  sich  mit  der  sprichwörtlichen  Saum- 
seligkeit der  Orientalen  eingefunden  hatten.  Hassert  reise  durch 
Montenegro  107. 

SPRICHWÖRTLICHKEIT,  f  zu  dem  vorigen,  ab  ausdruck 
der  poesie:  es  äuszert  sich  . . .  dieses  (das  rein  anschauen  des 
äussern  und  innern)  symbolisch,...  durch  rede,  uranfänglich, 
tropisch,  als  poesie  des  genies,  als  sprichwörtlicbkeit  des 
menscbenverstandes.  Gothe  22,  239.  die  sprichwörtlichkeit 
eines  dinges,  sofern  es  gegenständ  eines  Sprichwortes,  einer  sprich- 
wörtlichen redensart  ist. 

SPItICHWORTSWEISE,  adv.  nacharl  und  «eise  eines  Sprich- 
wortes, eine  erst  nhd.  bildung:  sprichwortsweise,  proverbialis 
Frisch  2,308';  die  rein  substantiiische  grundlage  noch  deutlich: 
item  'wer  auf  dem  felde  ist'  etc.  sind  alle  auff  sprichworts- 
weise geredt.  Lctheb  15,747,32  Weim.ausg.;  da  würde  aus 
der  marter  ein  Sprichwort  und  biesse  galgen  oder  creutz 
eines  jglichen  unful  und  Unglück  ...  also  lesst  sichs  auch 
ansehen,  das  Christus  auff  Sprichworts  weise  geredt  habe. 
28,384,20;  dann  gewöhnlicher:  dis  ist  sprichwortsweise  gered. 
23,556,39;  und  wie  man  in  unserer  sprach  sprüchwortsweisz 
saget.  Fischabt  ehezuchtb.  A'';  wie  man  von  den  mörfarien 
spricbworlsweisz  sagt,  dasz  man  daselbs  wol  beten  lerne, 
also  ist  es  auch  in  der  ebehaltung  beschuffen.  Js';  mit  der 
zeit  bricht  man  rosen,  pQegt  man  sprichwortsweise  zu  sagen. 
Sperli.ng  Nicodemus  quaerens  1  (l'ilQ),  it2;  dabero  auch  die 
Italiäner  sprichwortsweise  sagen  sollen:  alles  Unglück  ist  gut 
und  noch  wohl  zu  tragen,  wenn  man  nur  noch  brod  darbey 
zu  essen  hat  301 ;  dabero  auch  sprichwortsweise  ein  schreck- 
licher hunger  Saguntina  fames  genennel  wird.  304. 

SPRICK,  n.  dürres  reisigholz,  nebenform  xu  sprock  (s.  unten), 
wie  dieses  hauptsächlich  auf  niederd.  Sprachgebiet  beschränkt, 
vgl.  Schiller-LCkbem  4,  345';    LCbben  371';   Strodtmann  226; 

TEN  DoORNIAAT  KOOLHAN  3,289';   WoESTE  252';    SCHAMRACB2U6'; 

Fromhanns  zeitschr.  2,43,28.  im  besonderen  wird  damit  der  wind- 
fall im  walde  bezeichnet,  gewöhnlich  ist  die  colltetive  bedeutung: 
ein  häufchen  knisterdürres  tannen-  und  bucbensprick,  des 
Schwefelholzes  gewärtig,  liegt  schon  seit  gestern  abend  auf 
der  feuerstelle  des  breiten  lebinsteinherdes.  Sobnret  im  grünen 


71 


SPRICKBEERE  —  SPRIEGEL 


SPRIEGELN 


72 


klte,  im  weisten  sclinee  bu  nur  uUm  leigt  sich  deshalb  ein  plural, 
lumeist  im  susammenhang  mit  einem  vereinielt  auflretenden  masc. 
gesclilechl :  »inik,  »i.,  die  sprikeo,  plur.  Sibahbacb  20»';  vgl.: 

Diu  wuir  bi  eneni  holte  wa*, 
dar  kleiie  sprickeii  de  duve  las, 
dar  se  woMe  uesieti  mede. 

Gkihard  V.  Minden  96,2  Seelmaiin; 
eflu  mi  nu  seggen  woldeit, 
nai  du  mit  den  sprickeo  soldeit, 
de  du  liir  lest  al  den  dach.    8. 

als  plur.  des  neutr.  spricker  FaoiiiiANNt  leilschr.  2, 136.  vgl. 
hüll,  sprik  HiEC  Ml',  ags.  sprec,  neuengL  !>prig  Buswortb- 
TuLLEH  903',  aün.  sprek  Fbitznhr  3,499*.  etymologische  veruandl- 
schaft  besteht  tielleicht  tu  Ut.  spiagii  ^prasseln,  vgl.  auch  unten 
sprock,  subst.  trahrscheinlicJier  aber  xu  lit.  gproginü  'sprteszen, 
wozu  Ju  vgl.  holL  spiik,  engl,  sprig  mit  der  von  ihnen  erhaltenen 
bedtutung  spross,  sprüsiling,  schöszüng,  die  wir  dann  als  die  ur- 
spränglichrre  aniusprechen  hätten. 

SI'HlCKBbtKE,  f.,  »te  das  folgende  beteichnung  ton  rhamnus 
frangula.  L.  Pritzkl-Jkssen  33o'. 

SIMtlCKE,  f.,  vie  oben  sprecke  bezeichnung  von  rhamnus 
frant/ula.  als  gattungsname  der  xanthoxyleen  bei  Oken  3, 1276, 
anstatt  sprecke,  mit  ritcksicht  auf  die  gesprenkelten  blätter. 

Sl'HICkEL,  m.  l)  verdorrter  zweig,  auf  niederdeutsches  gebiet 
beschränkt,  gegenüber  dem  oben  angeführten  mehr  collectivischen 
sprick  hat  es  hauptsächlich  vertinzelnde  bedeutung:  nd.  sprikel 
Bauek-Collitz  9&',  sprickel  Scbiller-Lühben  4,345'.  StCeen- 
buac  25ö'.  daneben  vorkommendes  ncutr.  geschlecht  verzeichnen 
Caiipe  und  Bauer-Collitz  a.  a.  o. 

21  in  übertragener  bedeutung  von  einem  kleinen  schwächlichen 
kinde.  Bauek-Cullitz  %'. 

3)  als  nebenform  von  spreckel  (s.  oben)  =  spreDkel  ver- 
ieiehnet  ton  Cabpe. 

SPHICKELEIDECHSE,  f.,  anstatt  spreckeleidechse ,  zu 
spreckel,  m.  macula  sp.l:  spickeleidex,  stellio  ükntzlek  1,745'. 

Sl'HICKELHOLZ,  n.,  dasselbe  wie  oben  sprick,  mit  deutlicherer 
hervorhebung  der  colUcttven  bedeutung.  für  Mecklenburg  und 
Pommern  belegt.  Fritzkl-Jessen  33o'. 

SPKICKELMONAT,  m.  nach  Cabpe  in  Oberhessen  beteichnung 
des  februar  statt  der  gewöhnlicheren  form  spQrkel,  spürkelmonat 
(i.  unten). 

SI'HIChELN,  verb.,  s.  oben  spreckeln. 

SPBICkEK,  m.,  wie  oben  sprickel  bezeichnung  von  rhamnus 
frangula.  .N'emmcb.  gewöhnlich  dafür  fauibauiii,  m.  ((A«ii3, 1373). 
vgl.  auch  spargeibaum,  m.  {theil  10, 1,  1936). 

SPKICKISCH,  adj.  auf  niederdeutschem  Sprachgebiet  von  einem 
dünnen  hageren  menschen  {vgl.  oben  sprickel  2),  d.  i.  dünn  wie 
«n  sprick.    vql.  nd.  sprikksk  StCrekburg  255'. 

SPBICKLEI.N,  n.,  demin.  xu  sprick,  n.  (s.  oben),  vgl.  Scbillbr- 
LObbeh  4, 345'. 

SPBICKLKJ,  adj.,  s.  oben  sprecklig  sp.  8. 

SPKICKVN  tP.h,  n.,  den  culUctiven  begriff  von  sprick,  fi.  ver- 
deutlichende bildung,  wie  oben  sprickeUiolz.  Schambacb  2U6'. 

SPItliiUEL,  m.,  s.  unten  spriltel. 

SPHIÜDELN,  verb.,  $.  unten  sprilteln,  verb. 

SPBIEljEL,  ffl.  arcus.  ein  wort  noch  unbekannter  bexiehung: 
Spriegel,  arcus  Stieler  227;  Ugnum  teuue  et  ßexibtle.  Krisch 
2,  S(Jt>'.  AüELUNC.  Ganclbr  427.  daneben  älter  belegt  eine  form 
sprQgel:  {holz  hauen)  zA  wideu,  buscn,  phelen  und  zu 
»prögelo.  quelle  von  1363  bei  Schmidt  eis.  wb.  3X0';  der  spriigfl, 
die  wagendecke,  lywpanum.  GoLii  onomasl.  i5S2,  55;  sprtigei 
Coleb  iiausb.  (t.  die  belege  unten),  quelle  von  1652  bei  Vilmar  394; 
sprügel  ScaoTTKL  1420,  arcus  Steinbach  2,644.  spricgei  und 
sprügel  nd>eneinander :  apriegel,  sprügel  llui.sius  (1016)305*; 
Spriegel,  sprügel,  arco  i  legno  pieyato  in  arco  ü  mezo  cerehio  per 
far  tenda.  Kramei  did.  2  (1702),  8S9*;  ry<.  VVeiüanu^  2,779.  rin; 
form  sprügel  Schh.'  2,702;  sprügel  (Sordhuusen)  Bkcb  xxi; 
»prejel  JicuT  106*;  iprigel  Hertel  sprachsch.  232;  vgL  unten  den 
beleg  bei  Ettner.  die  von  Kebrein  Volkssprache  Nassaus  l,3t>5 
belegte  form  spriel  {neben  spriehel)  läszt  immerhin  du  möglichkeit 
xu,  etnen  zusammenhany  mit  oben  spreil  (sprti),  m.  anxune/inirn, 
riellncht  als  Weiterentwicklung  oder  auch  anyleichuni)  an  Worte 
WM  bQgel,  m.  über  den  begrifflichen  Zusammenhang  mit  der 
$ifpe  spreil,  m.  vgl.  die  erkldruny:  sprügel,  gespaltene  weiden 
(NÜt  lüsciaUbe,  Mclthe  Ober  die  liolzwende  genttgeit  werden, 
hü»  4its«  mit  Irbin  sollea  übertugen  werden.  Brusenius 
tetkn^ogit  2,  123.  auch  sonst  ist  du  hmtellung  der  sprirgel 
dtstch  auteinamdetreuxen  von  hulistdben,  rulen,  stecken  hdu/iy  be- 
xenjfL    auch  t*  der  weiteren  bedeutungsentwtcklung  beider  wOrtti 


kommt  entsprediendes  vor:  Spriegel,  das  Sperrholz,  welches  die 
hinterbiine  und  den  bauch  eines  geschlachteten  thieres  auseinander 
spreizt.  Ganclbr  427.     vgl.  dazu  oben  spreil,  m.  sp.  10. 

1|  dünnt  krummgebogene  schiene  aus  eschen-,  hasel-  oder 
weideuhnlz,  über  die  ein  sehutzlnken  ausgespannt  wird,  als  be- 
slandtheil  eines  wagenverdeckes:  ein  wage  mit  sprügeln,  arcuatus 
currus.  Scbuttel  1420.  besonders  bei  einer  kutsche:  wageo- 
spriegel ,  kutschenspriegel ,  areo  da  cocchio.  Krämer  dict. 
2  ( 1702),  8S9'.  vgl.  Scbambacb  207*.  Lenz  67*;  die  cbaise  war 
leer,  der  knabe  stieg  hinein,  mit  einigen  geschickten  hand- 
griOfen  warf  er  die  spriegel  zurück,  und  so  war,  io  einem  du, 
das  niedlichste  gebäude  zur  lustigsten  spazierfnbrt  vor  den 
äugen  aller  anwesenden  bereitet.  Gütbk  21,  165. 

weil  noch  kein  handwerksinaiiu  zu  der  vpidammten  tracbt 
die  sprügel  und  den  räum  hat  hoch  genug  gemacht. 

Ck-iiti  121; 

auch  aus  eisen  gefertigt,  um  grössere  last  tragen  xu  können:  man 
stelle  sieb  die  decke  des  kulscbkaslens  vur:  auf  jeder  ecke 
war  an  der  seite  ein  eiserner  spriegel  angebracht,  welcher  in 
seiner  höchsten  Wölbung  nicht  hüber  war  als  etwa  6  bis  7  zoll 
. . .  auf  dieser  decke  saszen  drei  persunen  mit  dem  gesiebte 
auch  dem  kutschersitze  und  drei  persunen  mit  dem  gesiebte 
nach  der  hintersten  schoszkette.  Baiiuht  leben  3,313.  am  ver- 
deck eines  kahnes,  nachens:  iiaclienspriegel,  arco  da  barca.  Kramer 
dict.  2  (17(i2),  8b9*.  als  be^tandtheil  des  himmels  einer  kinderwiege: 
die  wiegenspriegel,  arcus  cunis  aptati.  Stieler  227;  wiegen- 
spriegel,  arco  da  cuna.  Krämer  dict.  2  (1702),  S&9*;  spriegel  über 
die  wiege  ist  ein  von  holtz  absonderlich  geschnitztes  gestelle 
mit  zwey  gelencken  versehen,  welches  man  dem  kinde  zum 
haupte  in  die  wiege  stecket,  damit  man  ein  tucb  doch  sunder 
Verhinderung  und  beschwernisz  über  sein  gesichtlein  bey  dem 
schlalT  breiten  kann.  Amarantbes  1s91  ;  auch  sul  man  das  kind 
oben  am  heubte,  sonderlich  wenn  es  leit,  mit  einem  sprügel 
und  scbwartzen  tuche  verbeugen  und  verwaren.  BARTiscBau^rn- 
dienst  (1583)  17;  weszvvegen  ich  allezeit,  wo  es  seyn  kau,  einen 
spregel  oder  bugeu  über  die  halbe  wiege  von  obenher  machen 
lasse,  und  darüber  ein  tucb  hänge,  damit  das  kind  das  liebt 
nicht  frey  sehe  uud  die  äugen  wenden  dörffe.  Ettner  uncor- 
sichtige  hebamme  S15.  vgl.  noch:  da:sz  eine  katze  einem  kleinen 
kinde  unter  dem  spriegel  und  tucb  die  hirnschale  aufgebissen. 
M.  Chr.  Lebman  historischer  Schauplatz  667;  vgl.  zeitschr.  f.  hochd. 
mundarten  1,  62.  auch  von  dem  trauergerüst,  welches,  mit  einem 
tuche  bedeckt,  über  grobem  errichtet  wird,  dem  sog.  blinden  sarg: 
an  theils  urten  pflegt  man  uf  die  gräber  das  leichtuch  über 
einem  sprügel  über  die  ludtenbabr  zu  ziehen,  quelle  von  1652 
bei  Vilmar  394:  spregel  auch  das  gerippe  eines  korbes.  Hertkl  232. 
mit  einer  erweiterung  des  begriffes  auch  das  deckende  tuch  selbst: 
bei  den  Schiffern  das  über  die  schiene  gespannte  tuch,  welches 
gegen  sonne  und  regen  schützt.  Kebiiein  Volkssprache  im  herzogt. 
Nassau  1,385;  do  siehn  eich  unnerm  spriehel  erseht  sein  fraa. 
ebenda,  vgl.  auch:  sprogeln,  eine  ort  markibuden  zu  Nordhausen, 
unterschieden  von  tentoria.  quelle  bei  Becb  xxi. 

2)  das  zum  fangen  von  thieren  dienende  sehneUholz:  spnigel, 
eine  art  schnellbugen,  dasselbe  wie  oben  sprenkcl,  m.  Scbn.*  2,7ut; 
spn'jcl,  Sprenkel  Jecbt  106*.  wo  er  (der  hase)  seinen  gang 
bat,  da  mache  ein  sprügel  oder  etliche  neben  einander  in  die 
erde  und  machen  schlöffen  oder  schleufen  danin,  die  etwan  so 
buch  bangen,  als  der  hals  mit  dem  köpf  ist,  wann  er  gehet. 
Cui.EK  hauib,  577*.     vgl.  auch  unten  springel,  m. 

3)  mit  einer  Verallgemeinerung  iiberliaupt:  sprOgel,  prügel, 
knüttel,  starker  stock.  Spikss  'J39;  slab,  leiste  Lenz  67*,  8pr<'^gel 
sogar  als  stützen  der  Obstbäume  {wie  oben  spreize,  f.).  Hertel 
sprachsch.  232.  in  der  spräche  des  bergbaus  spriegel  *die  kurzen 
und  dicken  stücken  holz,  womit  die  ritzen  zwH'Chen  den  pfählen 
verstopft  werden'.  Jacoiisson  4, 236*.  am  nächsten  steht  noch  der 
bedeutung  unter  I :  spriegel ,  dünne  biegsame  spfine  an  die 
wunde  oder  an  die  ziiiiiiierdeckeii  lu  schlagen,  dieselbe  mit 
gyps  zu  bedecken.  Frisch  2.  308*. 

SPHIEGEI.N,  verb.  zu  dem  vorigen,  mit  Spriegeln  versehen: 
Spriegeln,  arcuare  Stieler  227;  gespriegelt,  arcuatus.  ebenda; 
Spriegeln,  sprügeln,  arcare,  voltare  con  tali  Irgni  piegatt  m 
arco.  Kramir  dirf.  2  (1702),  889*;  getprogeltc  buden  auf  dem 
markte  xu  Nordhausrn.  rtchttquelle  bei  Becb  xxi;  vgL  oben 
spricgei  1:  einen  wagen  Npriegelii.  Aiikldmc.  aufgrund  der 
lÄen  unter  spriegel  1  aufgewiesenen  begriffui Weiterung  auch  su- 
spriegeln,  mi<  einem  über  sprügel  gespannten  tuch*  etwas  ver- 
decken: spriegele  die  wiege  zu!  Stikirr  227.  entspechend 
spiiegel  3:    Spriegeln,   ii^nii  lenuibui  partetem  vestire  et  gyps^ 


73 


SPRIEGELTUCH  —  SPRIESZEN 


SPRIESZEN 


74 


tegire.   FaiscH  2,  309",   dementsprechend   ein  zimmer  Spriegeln. 
Adelcsg;  daßr  gern  verspriegein  (i.  unten). 

SPRIEGELTÜCH,  n.  tuch,  tcelches  über  die  spriegel  gespannt 
wird,  qudle  bei  Campe;  spriegeltuch,  bogetUuch  über  der  wiege. 
ScHMiD  Schwab,  «b.  504. 

SPRIEGELWAGEN,  m.;  spriegelwagen  Frisch  2, 30S*;  ein 
wagen,  mit  Spriegeln  versehen.  Campe. 

SPRIEGELZAUN,  m.  taun  mittelst  Spriegeln  hergeitellt :  die 
zaunpfähle  werden  mit  etwa  daumensdicken  stecken  durchflochten. 
Jacobssox  4,237*.  nach  handschriftlicher  mittheüung  besteht  der 
spiegelzaun  in  Sachsen  aus  swei  eilen  langen  haselstöcken,  welche 
tn  die  erde  gesteckt  und  oben  mit  weiden  oder  stroh  an  einer 
langen  stange  befestigt  weiden. 

SPRIEGLIG,  adj.  mit  Spriegeln  versehen:  spriegelichl,  arcuatu> 
Stieles  227;  ein  spriegeiichter  wagen,  currus  arcuatus.  ebenda. 
vgl.  oben  spriegelwagen,  m. 

SPRIESZE,  f.,  vgl.  mhd.  spriej  unter  1.  1)  germen,  wie 
sprosse,  f.:  man  soll  ihn  {den  hafer)  aber  fein  dünne  säen, 
dann  wann  er  zu  dick  gesäet  wird,  so  hindert  eines  das 
ander,  dasz  er  vor  dem  andern  nit  wachsen  kan  und  bleibet 
stecken  und  bekommt  kleine  sprissen.  Coleb  (IGSO)  1, 151*. 
uo/  in  einer  angleichung  an  spreisze  als  ältere  nebenform  von 
spreize,  f.  {über  den  wirklichen  etymologischen  Zusammenhang 
vgl.  sprieszen,  verb.):  dein  weyb  wirt  sein  eben  als  ein  wein- 
stock, der  fruchtbar  ist,  doheim  in  deinem  hansz,  und  deine 
kinder  wie  die  junge  spreissen  werden  urab  deinen  tisch  her- 
lauCfen.  Lctiier  9,  585, 10  iVeim.  ausg.  im  mhd.  das  im  nhd. 
verloren  gegangene  masc.  allgemeiner  'hertorschiesunder  straW: 
lies  wajgers  sprieg.  Fbace.ilob  406, 12; 

du  gibst  geperlt  in  spiegelsprie;.    155, 13. 

2)  ßeekchen  auf  der  haut.  vgl.  das  entsprechende  sprosse,  f. 
und  Sommersprosse,  f.  </i«l  10, 1, 1557 :  eynem  weyb  in  Sicilien, 
Himera,  ireüraete,  wie  sie  im  himel  were,  und  sehe  eyn 
grossen  starcken  man  bleych,  geel  geslalt,  und  mit  vil  sprissen 
under  den   äugen.    Acbicola  sprichw.  023;    sprisse,  leiehdorn 

Hü.NZIKER  24S. 

3)  spriesze,  fulcrum,  fulcimentum,  wie  oben  spreize,  mit  dem 
es  ursprünglich  identiiih  ist,  später  aber  an  spriesze,  f.  germen, 
sprieszen,  verb.  angeglichen,  die  lautliche  ähniichkeit  iwischen  der 
älteren  nebenform  von  spreize  als  spreusze  und  spreuszen,  verb., 
älter  neben  sprieszen,  rerb.  gab  wd  zu  dieser  analogischen  an- 
gleichung den  anlasz.  doch  vgl.  auch  das  folgende  sprieszel,  tn. 
und  sprieszen,  verb.  2,  b.  einen  bau  mit  sprieszen  stützen, 
spriesze,  in  Ostpreussen  eine  stange,  welche  den  sack  oder  wenter 
im  Wasser  befestigt.  Frischbieb  2,  356*,  wo  aber  auch  die  mög- 
Hchkeit  eines  Zusammenhanges  mit  spreisze,  f.  assula  besteht, 
doch  vgl.  noch  spriesze,  sprosse  einer  leiter.  spriesze,  sprosse, 
lacke  am  geweih.  Kehreix  weidmannsspr.  278. 

SPRIESZEL,  m. ,  dasselbe  wie  spriesze,  f.  S.  wol  aus  einer 
angleuhung  von  sprüssel  (j.  dies  unten)  an  sprieszen,  verb.  ger- 
minare  hervorgegangen,  doch  rgl.  oben  die  bemerkungen  unter 
spriesze  3.  spnss'l  neben  sprüss'l  Leier  kämt.  wb.  23S.  im 
hoehd.  nur  selten  gebräuchlich.  Adelung,  als  neutr.  verzeichnet 
von  Castelli  232.  sprieszel,  sprosse  an  der  leiter.  Höfeb  3, 167; 
sprissel  HCcel  153'.  Kehbein  nassauische  vrAkssprache  l,  385; 
gpriaszeln,  pJur.  Heanzei  und  sprisseln,  plur.  {Preszburg)  Fro«- 
1IA5SS  i«/sc/ir.  6, 331.  schbriss'l,  hüpfstange  im  Vogelkäfig. 
Castblli  232.  in  der  Zusammensetzung  eissprieszel  am  hirseh- 
geweih  die  zacken  über  den  augensprossen.  koELCSQ.  s.obenth.i,3S\. 
entsprechend  spriesze,  f.  2:  spriszl  tn  der  Zusammensetzung 
«ummaspriszl,  Sommersprosse.  Necbauer  Egerländer  mundart  92'. 

SPRIESZELBEERE,  f.,  wie  oben  spreiszelbeere  {sp.  12). 

SPRIESZELN,  verb.,  dasselbe  wie  sprieszen,  verb.:  sprieszelen, 
fcsprieszelet,  germinascere ,  puUululascere  et  pullescere;  dicttur 
quoque  spreuszJeu.  Stieler  Hrni.  auch  in  der  Zusammen- 
setzung aufsprieszien,  adoleuere,  gemmas  agere,  folia  emittere. 
ebenda. 

SPRIESZELSTUHL,  m.,  wol  anstaU  spreiszelstubl,  stuhl, 
dessen  polsterung  mit  spreiszeln  angefüllt  ist:  sprisselsluhl  quelle 
ton  1773  6h  L!«gbr-Khcll  529*.    vgl.  oben  unter  spriesze,  f.  3. 

SPRIESZEN,  verb.,  mhd.  spriei;en,  ahd.  nicht  belegt,  als 
*gpriojan  anzusetzen,  starker  ftexion:  ich  sprosz  Stielbr  2098. 
Steinbacb  2,643;  ich  sprösze  Stieler  2098;  part.  gesprosien 
^nda.  Steinbach  2,643;  imp.  spriesz.  in  älterer  spräche  findet 
Mck  im  prds.  eine  nebenform  ich  spreusze,  du  spreuszest 
Stibler  2098,  spreuszst  Steinbach  2,613;  er  spreuszet  Stieleb 
«•0. 0.,  spreuszt  Steinbacb  a.a.o.  von  Apelunc  als  oberd. 
noch  belegt,    vgL:    die   beste   zeit  haberu  zu  säen  ist,  wenn 


das  birkene  laub  heraus  spreust  und  die  ecker  fein  rauchen. 
Coleb  hausb.  (i640)  183.  selten  in  schwacher  fleiion:  über  die 
hügel  der  toten  bat  sich  moos  gesponnen  und  gestrüpp,  vögei 
und  wind  haben  Samenkorn  hingetragen  und  busch  und  bäume 
sind  lustig  aufgesprieszt.  Scheffel  Ekkeh.lil;  üppige  pflanzen 
mit  groszen  blättern  sprieszten  auf.  230;  vgl.  auch  die  stelle 
RtcsBRT  11,  322  unter  1,  c.  hauptsächlich  nur  der  unter  2,  6  auf- 
gewiesenen Verwendung  eigenthümlich.  Adelung  bemerkt  noch, 
sprieszen ,  verb.  gehöre  gegenüber  sprossen  hauptsächlich  der 
poetischen  spräche  an.  innerhalb  des  westgerman.  gehört  wol  hierher 
mittelniederd.  spretcn,  parU  gesproten  Scbillbr-Lübben  4,354*; 
ags.  spreötan  Bosworth-Toller  905'.  vgl.  noch  aün.  spretta. 
springen  und  sprossen,  aus  dem  präsensstamm  unseres  Wortes 
ist  mittelst  pn-suffixes  wol  gebildet  ahd.  spriuzan,  vielleicht  auch 
erst  durch  Vermittlung  eines  nomens  wie  mhd.  spring,  springe 
(s.  oien  spreize, /'.),  m/id.  spriu^en,  nAi.  spreizen  (i.  oien).  den 
laut  des  prät.  zeigt  die  abüitung  sprossen,  verb.  zu  vergleichen 
ist  noch  unten  spritzen,  rerb.,  eine  factitivbüdung  tu  unserm  worle. 
1)  infrans,  spriessen,  germinare  Schottel  1419,  germinare, 
surculari,  frondescere  Stieler  2098,  germinare,  progerminare, 
puUulare  Krämer  dic<.  2  (l 702),  889".  Frisch  2,309",  germinare, 
fruticari,  oriri,  nasci,  pronasei  Wächter  1571. 

im  walde  sprieszt  und  grünt  ei 

last  JuDglräuÜch  iustbekloiumen.    Ubine  1,  201  E<«/e>-. 

a)  im  eigentlichen  sinne  von  blumen,  laub  und  gräsern:  gott 
musz  die  wurzel  sein  aus  dem  ein  bäum  soll  sprieszen 
der  nicht  durch  macht  der  zeit  .  . .  wird  umbgerissen.  Opitz 
Grottus' ica/irA«/ 299 :  wenn  die  knospen  springen  und  junges 
grün  aus  der  erde  sprieszt,  dann  schaue  empor  zur  frühlings- 
sonne  und  lausche,  ob  du  den  sang  der  wilden  schwane 
hörst.  Freytag  8,111;  er  weisz  wohl,  was  es  zu  bedeuten 
hat,  dasz  das  mistelreis  nicht  auf  der  erde  sprieszt,  sondern 
hoch  oben  aus  dem  baumstamme.  17,209;  die  frühlingssonne 
beschien  den  estrich  {des  gartensaales)  und  durch  die  offenen 
flügelthüren  drang  der  duft  der  sprieszenden  blälter  und 
knospen.  Storm  1,46; 

mein  bestes  nacbtigallenkor 

soll  ihr  (äer  Flora)  erwacben  laut  begrüszeu, 

und  blumea  immer  ueu  hervor 

aus  jedem  ihrer  tritte  sprieszen.     Wiklai>d  9, 179; 

blumeu  sehet  rubig  sprieszen.     Gütuk  41,27; 
er  ist  hingegangen, 

wo  kein  schnee  mehr  ist, 

wo  mit  mays  die  felder  prangen, 

der  von  selber  sprieszt.    Schiller  11,2.^; 

am  zäune  sprieszt,  durchwärmt  von  rrüblingsglui, 

das  junge  gras. 

ScHBlDT  T.  \VEi;<KicBEH  ütm.  ßr  1802  y.  23; 

will  ruhen  hier  an  bacbes  rand, 

wo  duftige  blümiein  sprieszen.     Uhla!«d  ged,  57; 

du,  reizender  als  Ceres  tochter,  Kora, 

die  jeden  lenz  als  neue  blume  sprieszt. 

RöcKiRT  ged.  (1841)  307; 

wenn  das  kern  anTängt  zu  spriessea, 

fängt  der  kappes  an  lu  scbhesteo. 

nassanische  bauernregel  nach  bnnJsdirifll. 
miitheilung  von  Wsican»; 

kling  kinaus  bis  an  das  haus, 

wo  die  blumen  sprieszen, 

wenn  du  eine  rose  schaust, 

sag,  ich  tasz  sie  grüszen.     HutiE  1,  208  Elster; 

und  wie  sie  (die  nachtinntl)  sang,  sprosz  überall 

grüngras,  viele,  apfelblüt.    207. 

substantivisch  gewandt:  hier,  näher  dem  herzen  der  groszeo 
mutier,  wo  unter  dem  sprieszen  und  wachsen  schon  vernehm- 
licher ihre  pulse  klopfen,  hier  musz  ich  es  aussprechen,  das 
Zauberwort.  IiiiithH.vNN  2,2,78  Koch; 

sonst  wüszt'  ich  niemand  just  zu  grüszen, 

vielleicht  die  schlimme  Lorelei 

und  deiner  reben   l'reudig  sprieszen.     Keller  9,  163. 

zu  dem  übertragenen  gebrauch  unter  1,  c  führt  die  folgende  bild- 
liche Verwendung : 

dasz  die  natur  auf  allen  stufen 

des  lebens  blumeu  sprieszen  beisxt, 

die  der  zufriedne  pilger  pDücket.    Götter  1,  460; 

und  alle  blumeu  sind  ein  heller  neid, 

weil  rosen  nur  auf  ihrer  wanee  sprieszen. 

RÜCEERT  ged.  (1841)  307: 

im  grünen,  im  grünen,  im  grünen, 

wo  uus're  wiegen  sprossen, 

wir  selber  aulgeschossen. 

HorriA.-<N  T.  Fallresleben  ged.*  306, 
der  erst   aus  einem   samen  sprieszen  mitssende  bäum,   aus  dem 
dann    künftig  eine  wteg«  gefertigt  wird,   spielt  in  erlosungssagen 
eine  graste  rolle. 


75 


SPRIESZEN 


SPRIESZHAFT  — SPRIET 


76 


h)  an  eintn  ursprünglich  weiteren  gehrauch  des  ivortes  (vgl.  oben 
unUr  sprieste.  f.  I,  mhd.  wajjerss  priej,  spiegelsprie?)  erinnert 
noth:  komm  in  der  freundschaft  himmeNglanz  und  helle, 

empfinde  dicli  in  treuer  guten  mitte, 
da  sprie>(e  dir  des  lebens  heit're  quelle. 
,  ,  .  .       /,  fiöTiii  22.9i; 

üfL:  sin  ros  al  von  swijte  llo^, 

da{  blut  im  durch  dhe  siten  sprot- 

Braiinsclia.  reimcliron.  3311 ; 
primeln.  tulpen  und  nariissen, 
Sterne.  Iielche  hundertTarbiß 
sah  ich  durch  einander  spneszen.    Küllir  9.  85, 

fon  jenem  traumhaften  gefiimmer,  das  bei  nächtlichem  slernen- 
gUnt  vor  dem  mensdiUchen  äuge  spielt. 

c)  übertragen;  von  dem  entstehen  einer  folgeerscheinung : 

(«n  den  nchlaf:) 

o  lasi  auch  meine  äugen  sich  jeizl  schlieszen, 

des  süsxen  hild  mir  ans  dem  lierzen  sprieszen. 

...  .._  TiicK  1,304; 

blutige  versübnuDg  sprieszet 

aus  der  beil'gen  nunden  mahl!    ßaii«T*iio  3,90; 

zerstöre  nicht  dein  eignes  jugendleben, 

aus  dem  die  liebe,  tief  gewurzelt,  sprieszt! 

Plätm  167»; 
und  wenn  dann  Clelia.  die  traute, 
ans  renster  tritt  mit  holdem  grüszen, 
so  will  in  mir  die  hofTnung  sprieszen. 

UULAND  gfil.  298; 

de  wäre  ruwt  de  spretet  ute  der  ]eue  godes.  quelle  bei 
Scoiii.gr-LCbbbn  4,345';  auch  ohne  örtliche  angäbe:  die  lieblich- 
keit  der  nachtgespräclie  sprieszle,  —  bis  dasz  der  morgen 
nieste.  RfctERT  11.3-22; 

wie  dir  blicli  und  kusz  auch  sprieszen. 

willst  du  dich  nach  mord  hinscliiien.    Tieck  1,  369. 

mit  erneuter  bildlichkeit : 

auT  ihren   (der  gntiin  meinrs  söhnen)  pl'aden  soll  die  freude 

sprieszen, 
und  jede  blume  die  das  leben  schraückt! 

ScHiLLKR  14,  67  (braut  v.  Heus.  2,  6); 

verrSther  wachsen  hier  zu  land  wie  unkraut  — 

je  mehr  man  sie  vertilpt.  je  arger  sprieszen 

sie  aus  dem  boden.      Grabbi  2.  339; 

sie  {die  freiheii)  hat  gar  eine  reiche  saat 

verborgen  in  der  erde  schosz: 

sie  forscht,  ob  die  und  jene  that 

nicht  schon  in  grüne  halme  sprosz.    Kbller  9,  CO. 

auch  von  Verwandtschaft,  abkunft  u.  s.  w.:  syne  voerfudern  weren 
gesprotten  van  den  Ürunswickeschen.  quelle  bei  Sciiii.ier- 
LCbben  4,348';  utb  dessem  ersten  stnte  van  arbeide  syn  ge- 
gprotea  noch  dre  State,  vorrede  zu  Reinke  de  vos  4  I'rien;  de 
drydde  stad,  de  uth  deme  State  derarbeyder  is  ghesproteo,  ... 
dat  synt  de  Torsten  unde  beren  der  weit.  5. 

2)  transitiv. 

a)  hiniiherleilet  eine  aus  1,  a  erweiterte  gebrauchsweise:  durch 
das  offene  fenster  weht  der  primelduft  aus  dem  garten,  und 
drauszen  unter  dem  sprieszenden  syringenbaume  stellt  plötz- 
üch  meine  muse.  Storm  3, 133;  das  frühste  spiel  des  sommers 
ist  der  ball  in  der  dorfstrasze  oder  dem  sprieszenden  anger. 
FaiTTAe  18,48; 

er  ruft  herab:  ei  werde  1 

und  Segen  schwellt  die  erde, 

der  fruchtbaum  und  der  acker  sprieszt. 

Voss  4,  68  (lisdilied). 

dann  auch  mit  object  als  deutliches  ^spriesien  machen': 

seine  rechte  verwandelt  den  saft  des  schiires  in  zucker, 
bebet  deo  dattelkern  aprleszend  zur  palme  empor. 

Herdrr  1,1,  196,  2  Kürschner; 
aber  arobroiia  iprosz  der  Simois  jenen  (den  göUerrossen)  zur 
weide.     Voss  llias  6,  777; 
hier  aber  den  giprelgeschmückten,  . . . 
strume  herniedergieszenden, 
baumwuchs  zum  himmel  sprieszenden,  .  .  . 
den  konig  der  berge  seh'  ich  ragen.    RCcekrt  12,50; 

{doit,  Srnjirl,) 

w«  die  blumen  inlch  urawirrten, 
die  dein  leoz  zum  himmel  aprieazi.    perf.  (1841)  298. 
»)  »Utk  hMkth: 

und  sein«  attdte  sprieizen  Tolk, 

wie  kraut  die  erde  dringt 

aus  ibreio  achoos  hervor.    Hbbdu  8,  638  Sufthan. 

t)  sprieizeD  tu  der  spracht  der  bauhandwerker  ein  bau- 
fdUtges  haus  ausen;  rol  aiti  iprOisen,  fulnre,  ältere  form  von 
•prriieo,r^t.  an  aprie«zen,  germinare  angeglichen,  vgl.  sprysen, 
fmlnrt  Oir.r.  150*  und  oben  f|ircizcn,  verb.,  auch  die  bemerkungen 
misttr  (priette  t.  dast  diese  anglrichung  nicht  auf  gewerbliche 
tfr*du  h«»ehrämkt  ist,  uigt  der  folgende  beleg:  er  (der  grnss- 
prakttr)  «pritit  »icb,  «r  bllbt  aicb,  er  icbnarrct  und  tcbnarcbet 


mit  der  red,  bläszt  rund,  misset  die  wort  nach  der  eblen  aus, 
in  seinem  gang  gleicbte  er  offt  mehr  einem  Spanier  als 
Teutschen.  Simpl.  1.  406  Keller,  wo  deutlich  sich  spreizen  ge- 
meint ist.  eine  erinnerung  an  spreizen,  verb.  ist  auch  die  diesem 
gebrauche  ausschlieszlich  eigene  schwache  flexion:  ich  spriesze, 
er  sprieszete,  sprieszte;  gesprieszet,  gesprieszt.WBic*HD*2,780; 
das  haus  musz  gesprieszt  werden. 

SPRIESZHAFT,  adj.  propr.  rireseens,  pullulans,  fruticans, 
metaphor.  utilis,  salutaris,  commodus.  Stielkr  2099.  dasselbe  wie 
unten  sprieszlicb. 

SPHIESZLEIN,  n.,  demin.  tu  spriesze,  f.:  sprieszlein,  sur- 
culus.  Stiei.er  2099;  hergrautenblätter  mit  den  jungen  spriesz- 
lein  von  den  lorhiiumen  gesiossen.  Tabernaemont.  40'G. 

SPiUESZLICH.od;.,  vgl.  oben  sprieszhaft:  sprieslich  Schottel 
1419;  sprieszlicb,  vireseens,  pullulans,  fruticans,  metaphor.  utilis, 
salutaris,  commodus.  Stiei.er  2099.  gewöhnlich  statt  dessen  er- 
sprieszlich,  adj.    s.  oben  theil  3, 989. 

SPRIESZLICHKEIT,  f.  zum  vorigen:  utiUtas,  commodum, 
emolumentum,  operae  pretium,  compendium.  Stibler  2u99.  an- 
statt des  gewöhnlichen  ersprieszIichLeil,  f.  oben  t/ieiJ  3.  989. 

SPRIESZLING,  m.  yermen.  vgl.  oben  spriesze,  f.  und  unten 
sprüszüng,  m.:  spriesziing,  stirps  arboris  Stieler  nachsch.  29'; 
seine  {des  süszhohes)  wurtzel  fladert  hin  und  her,  gibt  viel 
langer  spriesziing,  auszwendig  scbwartzlechtig  oder  bullz- 
färbig,  innwendig  aber  gelb.  Tabebnaemont.  916H  ;  dies  tbun 
auch  die  jungen  spriesziing  oder  geschosz  von  holder.  MinnEnEn 
kriegsartzney  (1634)205;  nim  eychene  spriesziing  oder  rinde, 
schabe  die  äuszerste  rinde  davon,  so  viel  als  etwan  ein  liand- 
voil,  und  lass  es  mit  essig  und  ein  wenig  alaun  halb  einsieden. 
CoLBR  (1680)2,136';  sie  sind  wie  ein  alter  bäum,  welcher 
immer  noch  junge  spriesziinge  hat,  ob  er  gleich  ehester 
tage  vollends  verdorren  wird.  Sperlij(C  Piirodemus  quaerens 
2  (1719),  653;  spriesziing,  malieolus  J.  Grimm  oben  theü  4,1611 
unter  fexel,  m. 

SPRIESZLING,  f.  germinatio,  fruticatio.  Stibler  2098.  daneben 
erspricszung,  f.,  hervorsprieszung,  f.  ebenda. 

SPRIET,  ri.  ein  ursprünglich  dem  niederdeutschen  angehöriges 
wort.  ud.  spriet  entspricht  ags.  spre6t,  stange,  schaß,  vgl. 
Bosworth-ToI-ler  905'  {neuengl.  spril  Skeat  ;>84*),  das  von 
ags.  spreötan,  germinare  abgeleitet  ist.  vgl.  i.  Grimm  gramm.  2, 21 ; 
so  knüpft  enge  Verwandtschaft  das  wort  an  nhd.  sprieszen  (s.  oben) 
und  mhd.  sprieg,  ni.  {mhd.  wb.  •.•,2,552')  ist  seine  genaue  ent- 
sprechung.  vgl.  auch  nachher  unter  i  und  2  die  nebenform  spr6t 
rn  mnd.  spreten,  sprieszen.  Sciiii  LER-LfnBKS  4,  315*.  inwieweit 
aber  spriet  nähere  beziehungen  zu  dem  von  sprieszen  abgeleiteten 
spreizen,  verb.  {s.  oben  sp.  19)  hat,  ist  zweifelhaft;  verwandtschaß 
wird  vermutet  mit  spiesz,  ni.  1  {theil  10,  t,  243T).  vgl.  J.  Gbimm 
gramtn.  3,  443.  Weicand''  2,780. 

1)  ffi  der  seemannssprache  spriet,  die  vom  mast  ausgehende 
Stange,  welche  das  {sfr\el)segel  ausspannt.  Bobrik  653*.  Gödbl455. 
H?PKES  seemannsspr.  52:  spryet  of  dat  rick,  dair  dat  seyie  of 
segel  anbenght.  wörterbuchquelle  bei  Schili.er-LObbbn  4,345'; 
spriet,  antenna  seu  lignum  transversum  in  malo,  seegelsiange. 
ScitoTTEi.  1419;  spriet,  antenna  dell'  albero  della  nave.  Kramer 
dict.  2(1702),889';  »egel-  ö  mastspriet  ebenda  {vgl.  segelspriet,  n. 
theil  10,1,97);  spriet,  antenna  Frisch  2,309';  vgl.:  spriet  van 
den  mast,  antenna,  lignum  transversum  in  malo.  Kiman  2,  623. 
die  Stange  wächst  gleichsam  wie  ein  schöszling  aus  dem  mast- 
bäume  hervor,  daneben  ßnden  sich  formen  wit  spreel,  spret: 
13  IL  pro  duobus  anchoris  ...  pro  uno  provest,  pro  haken  et 
spreetb.  Hamburger  kdmmereirechnung  bei  Scbili.er-LCrbbn  4,345'; 
pro  sprele.  rechnung von  1387,  ebenda;  und  secbt  tnghenn  wider, 
dat  J.  H.  dat  spreetb  loszgelatenn,  sin  scbip  umme  geswengeth. 
brem.  Urkunde  von  1564,  ebenda;  spret,  antenna  {neben  spriet). 
Frisch  2,  3o!i';  sprett  (neben  spriet).  Robrik  653'.  au^  das 
ebenda  verzeichnste  spretit  geht  wol  die  bei  A.  GRTPaiua  sich 
findende  entstelluhg  spreu  zurück: 

wie  olTt  liab  ich  den  wind,  und  nord  und  sud  verkennet  I 
wie  BChadhafn  Itt  spreu,  mast,  ateur,  rüder,  achwerdi  und  kiel. 

2  (1698),  323. 

die  form  «preit  terueiehnet  Jacomsoii  4,334*. 

2)  mit  einer  unter  dem  einflusz  von  spreizen,  verb.  (i.  ein{.) 
stehtndrn  begri/fsfdrbung  spriet,  bäum,  stange,  stab,  der  gabelig 
gewachten  u.  s.  ».  tst:  barkeiispreet,  der  gabelförmige  stiel  einer 
harke,  brem.  wb.  4,965;  barkensprlt  FinsciiniiiR  2,35*';  beim 
leiterwagen  ist  spriet  ein  starkes  in  form  einer  gabel  auseinander- 
gehendes holz,  welches  den  vorder-  und  hinterwagen  zusammen- 
hält. Jacuiissun  4,237';  aprcel  UABNaai  454*.    sonst  atuk  schere 


77 


SPRIETBAUM  —  SPRING 


SPRING  ADER  —  SPRINGAUF 


78 


(j.  theil  8,  256S)  genannt,  übertragen  auf  tlieile  des  menschlichen 
körpers:  spriet  tuschen  de  beenen,  feminum  partes  tuperiores. 
intervallum  inter  femina.  Kilian  6*^3'. 

3)  spriet,  bezeichnung  eines  jagdspieszes:  spriet,  venabulum 
ScHOTTEL  1419;  vgl.:  spriet,  venabulum,  pedum,  agolum,  baculus 
pastoralis,  bidens,  cuspis.  KiLun  2, 623'  und  schon  ags.  eoforspreöt. 
Beowulf  i43S. 

SPRIETBAUM,  m.,  dasselbe  wie  spriet  1.  vgl:  sprietbooni, 
antenna  Kaun  2, 623*. 

SPRIETBLOCK,  m.  in  der  seemannssprache  beieichnung  eines 
wüt  mehreren  löchern  versehenen  hulzes,  welches  eine  anzahl  laue 
susammenfasit.  sonst  auch  spinnenkopf  (theil  10,1,2534)  genannt, 
BoBRiK  119:  durch  einen  sprietblock  fährt  auch  der  dxrk  einer 
gaffel  (raa).  ebenda,  vgl.holl.  sprietblok  Mieg  311^  spruitbluk  311*. 

SPRIETHOLZ,  n.,  dasselbe  wie  sprietblock,  m.  Campe. 

SPRIETLAGE,  f.  kleine  sich  gabelnde  weidenhölzer  werden  m 
die  Uferböschung  gesteckt,  um  sie  gegen  den  stromandrang  wider- 
standsfähiger zu  machen,  als  spreutlage.  Karmabsch-Heeren^ 
10,263;  an  spreu,  palea  angeglichen:  spreulage  Jacobsson  ■;, 414*. 
vgl.  spriet,  n.  2. 

SPRIETLÄGEL,  n.  die  lägel  (kurzen  taue),  welche  das  segel 
«n  dem  bulienspriet  festhalten.  Bobrik  653*. 

SPRIETMAST,  m.  als  neutr.:  und  hebben  (die  EanseaUn)  dat 
engelske  Tolk  vn  dat  spretrnast  und  takel  gehangen  und  so 
erworget.  Hamburg,  chron.  bei  Scbiller-LCbbk»  4, 345*,  wo  wol 
das  bugspriet  des  schiffes  gemeint  ist. 

SPRIETSEGEL,  n.  groszes  viereckiges  segel,  welches  von  dem 
spriet  in  der  diagonale  ausgespannt  wird.  Bobrik  629*.  Jacobssor 
7,414*.  all  spreitseegel  Frisch  2, 30'*.  /loli.  sprietzeil  Miec  3ll\ 
neuengl.  spritsail  Tbiehe  554*;  schwed.  spritsegel,  ddn.  spritseji. 

SPRIETSTAKEN,  m.:  spreetstaken,  eine  schifferstange,  welche 
mit  einem  zweizackigen  eisen  beschlagen  ist.  brem.  wb.  4,  965. 
vgL  oben  spriet,  n.  2. 

SPRIETTAU,  n.  bezeithnung  der  taue,  wdeht  in  einem  spriet- 
block oder  sprietholz  zusammenlaufen.  Bobrik  653*.  auch  kurze 
taue,  welche  an  den  wanlen  befestigt  sind  und  die  marspüUinge 
festhalten;  s.  auch  das  folgende,    hall,  spriettouw  Mieg  311'. 

SPRIET  WURST,  f.  in  der  seemannssprache  scherzhafte  be- 
ieichnung einer  art  kurier  taue.  Bobrik  653*.  vgl.  das  vorhergehende. 

SPRIND,  m.  n.,  auf  niederdeutschem  gebiet  dasselbe  wie  unten 
I  spring, m.,  sprind,  quelle.  Frischbier  2,356',  waldqueUe.  Elbingsche 
mundart  3S.  der  Sprint  in  dem  amte  Friedrichsberg  . . .  führet 
swar  kein  stark  mineralisches,  aber  doch  schweisztreibendes 
klares  wasser  ...  noch  beträchtlicher  ist  der  sprint  bei  Kiauten. 
Bock  bei  Frischbier  2, 356'.  daneben  eine  unten  spring  noch 
näherstehende  form  springd.  ebenda. 

SPRI.ND,  n.  landschaftliche  bezeichnung  eines  gerätes  zum  apfeU 
pßücken.  Campe:  da  lob  ich  mir  ein  sprindt  zu  suchen  und 
dec  apfel  herabzuholen,  ehe  er  natürlichen  todes  so  alt  und 
schwach  stirbt,  dasz  er  inwendig  faul  ...  ist.   Hippel  4, 14S. 

SPRINDIG,  adj.  quellig,  quellreich,  zum  vorigen.  Frischbieb 
2,357*;  sprindiger  boden,  nasser,  feuchter  boden.  ebenda,  da- 
neben auch  springdig.  ebenda. 

SPRIND  WASSER,  n.  queUwasser,  hartes  »asser  lum  trinken. 
Fkischbier  2,  357*. 

SPRING,  m.  l)  aus  der  erde  springender  Wasserstrahl,  quelle. 
ein  hauptsächlich  auf  niederdeutschem  gebiet  lebendiges  wort:  spring, 
quelle  Fruchbier  2,356*.  Woeste  252*.  Scbahbach  206*.  Kebrein 
nassauische  Volkssprache  l,  385.  in  Hessen  als  ßurbezeichnungen 
käußg,  sonst  aber  in  der  Volkssprache  nicht  mehr  lebendig.  Pfister 
nachtrage  zu  Vilmars  tdiot.  2S2.  Crecelics  oberhess.  wb.  801. 
Adelckg  bezeichnet  spring  als  ^ein  nur  in  den  gemeinen  sprech- 
arten  übliches  wort.'  daiuben  ist  im  niederdeutschen  eine  Ver- 
härtung 2U  k  eingetreten:  sprink  (neben  spring)  Frischbier  2,356*. 
Däbhert  454*,  für  Hinterpommem  bezeugt  im  korrespondenzblatl 
des  ver.  für  niederd.  sprachf.  13, 86.  neutrales  geschlecht  ver- 
zeichnet WüESTE  252*  und  neben  dem  masc.  Frischbier  2, 356*. 
9gL  ahd.  urspring,  fons,  caput  fluvii.  Graff  6,397;  mhd.: 
»6  Tfiicb,  si>  guot,  denn  ob  der  sprinc  kerne  üj  siiiea  yalten. 

Fradknlob  72, 11; 
den  worden  ist  zeim  pfuole 
der  kl&re  sprinc.    343,9; 
da{  was  et  aller  wunder  sprioe.    236,  S. 

«s.  spring  in  aba-spring  Heliand  3919;  ndl.  gprinck,  springb, 
springende  water,  aqua  saliens,  fons  saliens,  fons  vivus.  Kiliar 
2,6-23*;  neuengl.  spring,  vgl.  auch  oben  sprind,  m.  quelle,  welche 
das  Wasser  mit  einiger  yewalt  herauswirft,  in  niederdeutschen 
und  mttteldeutschen  gegenden  häufig  als  flurbezeichnung.  PrisrER 


nachtrage  zu  Vilvars  hess.  idiot.  2<2.  Crecelius  oberhess.  wb.  $oi. 
in  der  landschaft  Göttingen- Grubenhagen  Spring  name  einer  quelle 
bei  Weende,  bei  Gladebeck,  ebenso  in  der  Zusammensetzung  Maria- 
spring bei  Borenden,  vgl.  Scham b ach  2ij6*.  als  alter  locativ  ist  wol 
das  springe  in  Ruhmspringe,  Lamspringe  u.  s.  w.  aufzufassen. 
H.  Meter  Sprachgrenze  der  Harzlande  (1892)  s.  12;  vgl.:  he  ward 
gekoren  to  den  7  springen  an  deme  januario  des  8.  dages. 
d.  c/iron,  2,  273,  4;  SO  sollen  auch  sustent  in  den  Stadtgraben 
riele  guter  springk  sein  (Magdeburg),  d.  städtechron.  27, 188,32; 
wü  böse  sümpf  oder  spring  wären,  sollen  brücken  gemacht 
werden.  Jülichsche  polizeiordn.  bei  fuscB  2,309*;  he  scheppede 
alle  creature  ane  arbeit,  recht  also  dat  wuler  fletet  uth  deme 
spiinge  sunder  arbeit,  quelle  bei  Scbiller-LCbbe.i  4,346*;  dat 
se  mögen  graren  maken  unde  dyke  unde  springe  upsuverea. 
ebenda;  um  wenigstens  meinen  durst  zu  löschen,  kroch  ich 
zu  einer  quelle  ...  ich  ahnete,  dasz  es  mit  diesem  wasser 
eine  eigene  bewandtnisz  haben  müsse,  denn  gewalt  und  klar- 
heit  wohnten  in  ihm  so  nahe  beieinander,  dasz  es  kein  ge- 
wöhnlicher spring  sein  konnte.  iMMEBMAN.f  A/ünrAA.  2,  67;  da 
ist  denn  eines  tages  der  kleine  spring  an  der  höhe  losgezogen 
mit  gepolter,  und  gosz  so  viel  wasser  ia  einer  stunde  als  in 
Jahren  nicht,  dasz  der  boden  weichte.  Alexis  hosen  des  herrn 
von  Bredow  107; 

du  wärest  Tast  von  glut  und  Oammen  auffgeQogen, 

wo  du  der  Anger  braiid  zu  kühlen  bingesetit, 

und  was  du,  aus  der  rorm,  für  einen  spring  geschätzt. 

HoFFMAKNSWALDAU  verin.  yeiS.  1(1697),  175. 

plural  springe:  der  Hermon  hat  wie  alle  kalkgebirge  die 
eigenbeit,  die  quellwasser  in  spalten  su  sammeln  und  dann 
am  gebirgsfusze  als  starke  springe  heraustreten  zu  lassen. 
Stade  geschichte  des  volkes  Israel  1, 102.  als  das  aus  einem  spring 
(lieszende  wasser,  quellwasser,  hartes  zum  trinken  geeignetes  wasser: 
und  ob  sie  (die  gänse)  wol  drejerley  getränck  als  sprinck, 
born  und  bach  haben,  gänse  logia  (1690)26;  von  einem  alten 
köhler  habe  ich  die  distinction  ihres  geträncks  offtmals  ge- 
höret: der  meister  träncke  spring,  die  knechte  born  und  die 
jungen  wasser,  wird  aber  aus  einem  quelle  geschüpfet.  Dübel 
3,64  ;  ein  porzellanerDer  mannOscii 

blies  aus  der  Schnecke  den  spring  von  krystall,  der  gewölbt 

in  des  beckens 

Spiegel  sich  gosz.      Voss  2  (1802),  218. 

spring,  in  dem  sinne  von  Springflut,  f.  1  (i.  unten),  bei  voll-  und 
neumond  wird  gesagt  es  ist  spring,  wir  haben  spring,  vgl.  ostfr.: 
d'r  sitt  gen  spring  in  't  water,  't  is  dode  ti.  teh  Doorrkaat 
Koolman  3,  289*;  dr£  dage  na  nemdn  kan  man  noch  marken, 
dat  d'r  noch  spring  in  't  water  sitt.  ebenda  und  holl.  spring, 
springßut  Mieg  311\  dann  auch  fast  gleichbedeutend  mit  spring- 
zeit,  f.  Bobrik  653'.  Jacobssor  7,  414*. 

2)  selten  von  in  die  höhe  springenden  thieren:  sprink,  heu- 
schrecke  in  kohlsprink,  kolspring,  locusta.  Dief.  509";  sprink, 
locusta  Ratzebübg  die  forstinsecten^  3  (1839),  260.  bezeichnung 
einer  ßschart:  gleicherweise  in  Holland  gar  kleine  üschlein, 
springk  genandt,  aus  dem  gescht  des  meeres  werden.  Horscbt 
geheimnisse  der  natur  2e3*.  sprink  als  ochsenname  im  kärnt- 
nischen. Leier  238.  vgl  Fromm anrs  zeitschr.  4, 160,  wol  weil 
er  die  kühe  bespringt. 

3)  in  der  seemannssprache  bezeichnet  spring 

a)  die  erhebung  der  decke  eines  schiffes  von  der  mitte  nach 
dem  vorder-  und  hintertheiL  Bobrik  653*.  Rarmarsch-Heeren' 
7,  599. 

6)  eine  trosse  (starkes  tau),  welche  durch  eine  achterpforte  zu 
dem  ankertau  des  vor  anker  liegenden  schiffes  hingezogen  wird, 
wodurch  das  schiff  quer  gelegt  wird:  mit  einem  spring  auf  dem 
tau  ankern.  Bobrik  39*. 

SPRINGAüER,  f.  eine  aus  der  erde  hervorspringende  Wasser- 
ader: springader,  vera,  fönte,  d*  acqua  viva  e  sorgiva  sagliente. 
Kramer  dict.  2  (1702),  890*. 

SPRINGANKER,  m.  ein  kleinerer  anker,  welcher  bei  schwerem 
Sturme  ausgeworfen  wird,  um  den  gröszeren  anker  lichten  su 
können  und  dessen  tau  nicht  zu  früh  kappen  zu  müssen,  ebenso 
werden  die  sprinjianker  benutzt,  um  einem  kriegsschiffe  bei  der 
bescitieszung  einer  festung  oder  eines  feindlichen  schiffes  die  rechte 
läge  zu  geben.  Bobrik  16*.  vgL  auch  spring,  n.  3,6  und  unten 
springtau,  n. 

SPRINGASSEL,  f.  eine  springende  asselnart.  Oken  6,  600. 

SPRINGAUF,  m.  n.  imperativische  bildung.  l)  tn  einigen 
gegenden,  besonders  in  Schlesien  name  von  convallaria  majalis. 
Nemnicb  1,  1202.  Pritzkl-Jessen  107.  sonst  auch  maiblume 
(s.  thetl  6,  1471)  genannt:    springauf,  m.    maiglöckchen   Weir- 


79 


SPRINGBACH  —  SPRINGBÖSE 


SPRINGBRUNNEN 


80 


HOLD  »3*;  neutraUs  geschlecht  r  er  zeichnet  Kdeivko:  die  mil  ihn» 
{dem  frühling)  an  färbe  und  gerucb  kämpfende  maienblume 
oder  springauf.  Lobenstbiw  i4rmin.  1,  ISIS; 

unten  der  springaur,  des  frülilinges  lier, 

stöMet  »ein"  artige  glökklein  heifür. 

ScHBarrBR  gpn.  112; 

lur  teil,  alt  der  springauf  aufsprang 

und  der  ichwingauf  sang  und  »ich  aufschwang. 

twurJilotcB  leben  und  lieihcn  18"i9  «.  bl 
bei  FaOHH.  4,  186; 
hupfe  doch  wie  ich  empor, 
rief  der  springauf  aus  dem  moor 
einem  Teilchen  lustig  tu. 

Gbishkib  geil.  1,271  ebenda; 

springauf  trinltt  und  m&rxbecher 
himmelsibau  und  sonnengluth, 
und  du  alter  enxecher, 
du  »erlierest  jetzt  den  muih? 

HorriANfi  V.  Fallirslkbbn  ged.'  2b»; 

wir  lassen  knospen  unser  herx 
dem  springauf  gleich  im  hage.    266. 

in  treuerer  zusammensettung  springaufblümlein,  m.: 

wolgemtitt  und   springaufblümlein   aulT  dem  mundhollxsafri 
sich  mühn.     Schkrffkh   inl.  536. 

1)  spriogauf  auf  niederdeutschem  gebiet  als  benennung  der 
tchneUkäfer:  springup,  elateridae.  korrespondenzbl.  des  ver.  für 
ntederd.  sprachf.  1, 50. 

3)  springauf  am  tiiederrhein  benennung  einer  tanzweise  in 
sechsachteUakt.  Mobtanus  Volksfeste  60". 

SPRIMGBACH,  m.:  hohe  springbäche  strahlen  aus  den 
quellen.  E.  T.  A.  Hofkmann  7,2C8. 

SPRINGBALL,  m.  fangball  der  kinder,  welcher  beim  auffallen 
auf  die  erde  in  die  höhe  springt:  springball  Cokeriüs  941; 
spring-  oder  »erfball,  pila  lusoria.  Stieier  87;  springball, 
palla  da  balzo  cioe  da  giuoco.  Krämer  d(C(.  2  (1702),  890'. 

SPRINGBECKEN,  ti.  becken  eines  Springbrunnens,  in  welches 
sich  der  Wasserstrahl  ergiesit.  Jacobsson  4, 237*. 

SPRINGBEUTLER,  «i.  springendes  beuteUhier:  die  riesen 
dieser  gattung  sind  die  kängurus,  springbeiilier  oder  beutei- 
basen.  Breiii  illustr.  thierlebtn  2,  42. 

SPRINGBOCK,  m.     1)  bezeichnung  einer  in  Afrika  lebenden 
antihpenart,  welche  bevorstehende  stürme  durch  hohe  luftsprünge 
anuigl.  antilope  pygarga.  Neu nicb  1,351;  antilope  euchore,  mar- 
supialis.   Oben  7,  1373;    sonst   auch  springende   gazelle,    luft- 
springergazelle    genannt.    NtuwicH   a.  a.  o.     in    einer   verall- 
gtmeinerung  ron  einem  bock  aus  dem  gemsengeschlecht  überhaupt: 
der  strengen  Diana,  der  freundin  der  jagden, 
lasset  uns  folgen  ins  wilde  gehöiz, 
wo  die  Wälder  am  dunkelsten  nacliten 
und  den  springbock  stürzen  vom  Tels. 

Schiller  braut  v.  Stets.  1,  7, 

WO  vielleicht  an  den  Steinbock  zu  denken  ist.  demin.  spring- 
böckcben,  von  einem  zahmen  jungen  Ziegenbock:  dann  rief 
er:  ringlöckchen,  —  springböckchen  —  mit  dem  klingglöck- 
chen  I  RCciERT  11,  519,  hier  alt  anrede  für  einen  lustig  springen- 
den jungen. 

•l)  springbock,  wie  oben  springauf,  m.  2.  eine  benennung  der 
Schnellkäfer,  elater.  Dannbil  207'. 

3)  gerät  zum  springen,  als  turngerät  in  gestalt  eine$  bockes: 
'stemme  dich  von  auszen  gegen  die  tbar,  Eggo',  begann  der 
abt  nach  rückwärts  gewandt,  'damit  der  (zur  strafe  eingesperrte) 
scholasticus  saliarius  nicht  auf  den  einfall  komme,  uns  selbst 
als  spriogbücke  zu  gebrauchen  oder  gar  in  unserm  eigenen 
keller  eiozuscblieszen.'  Fieytag  9,72. 

4)  ein  in  die  höhe  schnellendet  kinderspielzeuy,  aus  dem  brust- 
bein  einer  ganz  oder  eines  huhnes  gefertigt.  Dann  eil  207'. 

SPRINGBORN,  m.,  auf  niederdeutschem  gebiet  dasselbe  wie 
Springbrunnen,  ni.  (i.  das  folgende),  vgl.  auch  oben  spring,  m.  i: 
ntederrh.  spriogborn,  tcatebra  Dicr.-WCLCBER  860;  springborn, 
spno|burre  Scbamhach  206';  doch  auch  oberhestitch  springborn. 
CsBcKLios  2,  Mtl.  in  der  siede  dar  eyn  bejt  sprinckborn  ys. 
ftteUcftfi  ScBtLiKt-LfBBB!«  4, 346';  de  hilge  here  sunte  Gunter 
Uck  dar  inne  begraven,  de  ein  lanlgrcve  to  Hessen  hadde 
fCWMMi  und  sik  dar  in  dat  closter  als  ein  converse  hudde 
gtfatM,  dar  he  ein  springborn  gode  af  gebeden  und  mit 
slner  eigeaen  band  gemurel  badde.   d.  ttOdtechron.  7,  M8, 32; 

olcbl  des  tprlngborns  holdes  gesftusel 
reist«  sein  ohr.      Cirkir  Tunitia»  b,  144. 

SPEINGBÖSE,  adj.  dermatten  bOte,  dass  man  seinem  gegntr 
im  iat  feäekt  tprinfen  möeMte,  FaoaaANiit  zeiltehr.  S,  141.  vgl. 
tmdt  «Mira  iu  enUfndnade  sprioggifiig,  »dj. 


SPRINGBRUNNEN,  m.  allgemein  brunnen,  aus  dem  das  wasstr 
mit  einiger  gewalt  hervorspringt  dasselbe  wie  oben  spring,  m.  1, 
springborn,  m.  und  unten  springquell,  m.  springbrunn  schreibt 
Kbamer  (5.  unten),  als  Überschrift  Brqckes  2,132.  Mercb  6rt«^i(<.  1, 
vorr.  40  und  Scblegbl  Shakespeare  Julius  Cäsar  2,  2  (s.  die  be- 
lege unten),  springbrunn  Danneil  207'.  in  der  Schreibung 
Sprüngbrunnen:  (Adelmund)  fübrete  mich  in  den  garten,  da 
wihr  zu  einem  überaus  schönen  lust-  und  sprQngbrunnen 
gelangten.  Zesen  adriat.  Rosemund  42  n«udr.  überhaupt  'queUe' : 
ausz  den  verborgenen  wässern  (wässerigten  sumpffen)  quillen 
die  Springbrunnen,  daher  die  bäche  flieszen.  Cohbnids  65. 
vgl.  Dankeil  207'.  dann  im  besonderen  bezeichnet  es  alt  Ver- 
deutschung von  franz.  fontaine  kunstvollere  anlagen,  welche  das 
wasser  in  strahlen  emporwerfen:  springbrunn,  springbrunne, 
fontana.  Kraheb  dict.  2  (1702),  890';  springbrunne,  aqua  e 
tubuHs  arte  hydraulica  saliens.  Frisch  2,309';  vgl.:  wenn  wir 
einer  fontaine  den  namen  eines  Springbrunnens  beylegen;  so 
sagt  man  uns:  dieses  sey  eine  pure  caprice.  Gottsched  bei 
Reicbel  55.  es  versteht  sich  aber,  dasz  Reicbard  die  fenster 
um  den  Springbrunnen,  weither  an  der  milternäclitiichen  seile 
des  kreutzganges  {im  kloster  Hirschau)  war,  nicht  milgezählet 
hat.  dieser  lag  in  einem  besondern  erker,  welcher  eigentlich 
zu  dem  kreutzgange  nicht  gehörte.  Lessing  9.249;  markiplatz, 
worauf  ein  Springbrunnen  steht,  oben  drauf  Kneliius,  und 
unten  um  den  brunnen  seine  trabanten.  Fr.  M(!li.er  2,103; 
an  den  tagen,  da  sie  (frau  Hinkel)  hieran  (an  der  herstellung 
der  kleinen  vügel)  auf  den  verfallenen  stufen  des  trocknen 
Springbrunnens  sitzend  arbeitete.  Brentano  5,  4s;  ein  garten 
voll  hoher  flatternder  Springbrunnen,  welche  vor  der  sonne 
glanzlrunken  ihre  bogen  durcheinander  warfen.  J.  Paul  Titan 
5,60;  in  der  mitte  stand  ein  springbrunn,  der  alles  befruchtete, 
rund  um  den  garten  wuchs  ein  weinstock.  Brentano  8,404; 
(blühende  granaten),  die  neben  dem  Springbrunnen  leuchteten, 
in  dessen  bassin  sich  die  goldßschcben  funkelnd  bewegten. 
TiECK  19,201;  unzählige  Springbrunnen  plätscherten  mit  ver- 
goldeten kugeln  spielend,  einförmig  in  der  groszen  einsainkeit. 
EicHENDORFF  3, 124;  man  glaubte  sich  entrückt  in  eine  italie- 
nische mondnacbt  mit  stillen  cypressenalleen,  schimmernd 
weiszen  statuen  und  träumerisch  plätschernden  Springbrunnen. 
Heine  6,  451 ;  mitten  in  dem  saale  drängte  ein  groszer  Spring- 
brunnen seine  Wassersäule  fast  bis  zur  decke  der  kuppel 
empor;  seine  wogen,  in  tausend  blinkende  sterne  zerbrochen, 
weckten  in  das  silberbecken  zurückfallend  die  süszesten 
cymbeltöne.  Ludwig  2,  465;  eine  spacke  heringstonne,  die  ein 
mal  den  Springbrunnen,  auf  fünf  minuten,  gespeist  bat.  nat.- 
zeitung  14,136  s.  2'; 

der  Springbrunnen  und  der  hieb. 

der  springbrunn  sah  den  bach  in  tiefen  ufern  schleichen. 

'so  schnell?'  rief  er  ihm  spöttisch  nach. 

Mbrce  briefu).  1,  vorr.  40; 

der  springbrunn  rief  mit  stolzen  mienen: 

'. .  .  betrachte  mich  in  meinem  stand«, 

mich,  reist  der  fremde,  zu  besehn.'    ebenda; 

(das  vöijlein)  lästt  betrogen  dann  es  (dos  bldltlein)  fallen 

auf  des  springbrunns  marmorrand, 

und  er  spielt  mit  süszem  lallen 

mit  dem  süszen  frühlingstand.    Brentano  3,  354. 

im  vergleiche:   sein   mund  glich  einem  vollen  Springbrunnen, 

so  gosz  er  hervor.  Hrinse  Ardinghello  1,381; 

sie  {C'ilpurnia)  träumte  diese  nacht,   sie  sah'  mein  bildnisi, 

das  wie  ein  springbrunn  klares  blut  vergosx 

aus  hundert  röhren.      Shakespeare  Juliii.i  Cdsar  2,2; 

wie  Springbrunnen  blasen  sie  (di<>  wutc)  strahlen  empor, 

und  sclinauben  wie  Orgelpfeifen,      ScHKrrsL  gnudeamus  144. 

übertragen  (als  Sinnbild  der  freude):  alle  prangenden  Spring- 
brunnen der  freude  waren  plölilicb  niedergefallen,  die  lüfte 
verödet  und  das  wasser  rourineltc  in  den  tiefen.  J.  Paul  Titan 
5,  VI.  wie  sehn  ich  mich,  naiur,  nach  dir, 

dich  treu  und  lieh  zu  fühlen! 
«in  lustger  springbrunn,  wirst  du  mir 
aus  tausend  röhren  spielen.    Götrb  2,  191, 

demtn.  springbrttnnlein,  n.;  an  dem  orte,  da  golt  Mosi 
iui  feurigen  buscbe  erschienen,  hätte  kayser  Juslinianus  auih 
eine  tapclle,  und  bey  derselben  einen  lustgnrten  gebauet,; 
benebcD  einem  springbrflnnlein.  Sperling  fiicodemus  quaerent ; 
2  (1719),  135.  springbrQnnchen,  n.:  dort  ao  dem  alten 
springbrUoncben  wasche  dich,  bade  dir  deine  fflsze,  ruhe  ein 
bischen  aus.  Rrkntanu  5,34.  weitere  compontion:  spring- 
brunne nbecken,  n. ,  dasselbe  wie  oben  springhecken,  n. 
Cahpi. 


^\ 


SPRINGßÜCHSE  —  SPRINGEN 


SPRINGEN 


82 


SPRINGBCCHSE.  f.:  60  sprinkhiichsen.  anzager  für  künde 
der  deuUchen  toruxl  1S57  ip.  24". 
,  SPRLNGBCGEL,  m.  in  die  höhe  schlagender  iügel,  als  theil 
eines  fangntites  für  vögel:  der  vogeler...  überzihet  die  durch 
lockrögel  herzugelockte  ...  vögelein  entweder  mit  dem  kloben 
(rogelnetze,  springbSgeln),  oder  hält  sie  an  mit  der  leimnithen. 

COÜEML'S    42S. 

SPRING  DOCKE,  f.  infolge  federkraft  in  die  höhe  hupfende 
ftippe:  springdocke,  hamboccia  saltante,  salterina.  Rbaxer  dict. 
2  (1702),  S90'. 

SPRINGE,  ,'.,  s.  oben  sprenge. 

SPRINGEL,  m.  l)  dasselbe  wie  oben  sprinkel  unter  sprenkei,  m. 
äeäpula  avium,  vgl.  die  neben  form  sprenge!,  m.  und  Kehkei?« 
weidmannsspr.  27S:  springel,  calapjio,  trappola,  trabocchetto  da 
fiigliar'  uccelli.  Kramer  (fiel.  2  (1702),  894' ;  springet,  tendicula. 
quelle  bei  Frisci  2,30$'. 

2)  ein  turngerät  für  springübungen.  Kehrein  tceidmannstpr.  278. 

3)  als  beslandtheil  eines  tcagens: 

von  den  Alpen  kam  der  witz  lastenweise  hergeTahren, 
achs  und  springel  knarreten  von  den  zentnerschweren  waaren. 
ScuöRAicH  Gnissel  (1755)  24. 

4)  wol  als  deminutivum  aufzufassen. 

a)  springet,  n.  im  steirischen  benennung  der  gartenbalsamine, 
balsamina  impatiens.  Uncer-Khüll  52S\ 

b)  springile,  kärntischer  liegenname.  Lexer  23S. 
SPRINGELBLLME,  f.  benennung  von  galium  verum.  Pritzel- 

Jerskn  160^,  sonst  auch  Sternkraut  genannt. 

SPRINGELN,  terb.  häußg  und  wiederholt  springen,  saltellare, 
iaUicchiare.  Krämer  2  (17U2),  890*. 

SPRINtiELTWIETE,  f.  Hamburger  strasunname.  sie  springt 
ton  der  Stein-  in  die  ISiederstrasu  hinab.  ScbCtze  holst  idiot.  4. 175. 

SPRINGEN,  verb.  salire.  mhd.  springen,  ahd.  springan, 
as.  springan  (ndl.  springen),  ags.  springan,  got.  spriggan  nicht 
helegt,  altn.  springa,  schwed.  springa,  dän.  springe,  urverwandt 
ist  vielleicht  gr.  a7iiQ%ea&(u  'eilen,  anepx*'*^^  'hastig',  lehn- 
Kort  aus  dem  germanischen  ist  itaL  springare  ^mit  den  füsien 
zappeln .  altfrans,  espringuer,  springend  tanzen,  picavdisch  vor 
freude  springen.  Diez^  304.  unser  wort  gehört  zur  starken  con- 
jugation.  die  fleiionsweise  des  wortes  in  der  älteren  spräche  ge- 
wöhnlich ich  springe,  ich  sprang,  du  sprungest,  er  sprang,  wir 
Sprüngen,  gesprungen,  dann  trttt  neben  sprang,  tgl.:  Gnffroy 
spränge  aber  gegen  den  riesen  und  zuckte  so  gar  einen 
Stareken  schlag  mit  seinem  guten  schwerdt.  buch  der  liebe  278', 
unter  dem  einflusse  ton  du  sprungest,  sie  Sprüngen  auch  ich 
Sprung,  er  sprung:  schlenkerte  gleich  Paulus  die  otter,  welche 
ihm  nach  erlittenen  Schiffbruche  in  der  insu!  .Melite  an  die 
kand  sprung,  ohne  schaden  ton  sich.  Sperling  ^icodemus 
quaerens  2  (1719),  832; 

zuband  das  männlein  herausz  sprung, 
schön,  zart,  gerad,  gesund  und  jung. 

H.  Sachs  4,  3,  70*; 
tgl.:  du  lieTest  was  man  laufen  kann; 

du  sprungest  in  die  Stadt!     Glei*  4,  11; 

«rten  sprang  noch  verzeichnet:  ich  sprang  et  sprung.  dn 
sprangest  et  sprungest,  er  sprang  et  sprung.  wir  Sprüngen. 
Stieler  2104:  ich  sprung,  ich  sprang.  SiEnBACH  644;  du 
sprangest  Gleim  4, 11  (unter  i,  d,  S);  er  sprung  Schiller  I,  179 
{unter  l,a,  S).  noch  heute  mundartlich:  Hdkzikbr  24«.  Lexer  238. 
ScBAMBACH  206*.  WoESTE  252*.  in  der  heutigen  Schriftsprache 
iit  dagegen  die  entgegengesetzte  angleichung  durchgedrungen :  ich 
sprang,  du  sprangest,  er  sprang,  sie  sprangen,  ein  schwaches 
part.  ich  bin  gesprungt  Zircerle  lusern.  wb.  52';  ich  bin  ge- 
sprungt  ftmfcr.  wb.  206'.    vgl.  im  übrigen  unten  nhd.  sprung,  m. 

1)  springen  von  der  hüpfenden  bewegung  meist  lebender  wesen 
gesagt, 

a)  einer  ursprünglicheren  bedeutung  noch  nahe  stehend  im  be- 
sonderen von  einem  plötzlichen  in  die  höhe  fahren,  zumeist  mit 
einer  entsprechenden  b estimmun g ,  sehr  häufig  al«  ausdruck  des 
Schreckens,  der  freude:  in  die  höhe  springen,  exilire,  esvUare. 
Stieler  2I0.S;  in  die  hübe  springen,  saltar'  in  allo  n  in  aria. 
Krämer  di.i.  2  (1702),  s*«»';  die  gestalt  erseufzete,  sah  auf, 
sprang  in  die  höhe,  und  lag  zu  ihren  ffiszen.  Chr.  L.  Heyne 
tti  den  erzählern  des  i%.  jahrh.  22:  er  sprang  in  die  höhe  und 
rief:  'was  kreuzmillionenhagel  ist  denn  das?  bin  ich  confus 
oder  nicht?'  Keller  5,128;  daßrauch:  springe  hoch  mädchen! 
eine  freudenpost.  Schiller  Fiesko  1, 12.  anders  gewendet:  wie? 
nicht  in  die  luft  springst  du,  da  dir  die  glocke  zur  freiheit 
läutet?  räuber  4, 13  trauersp.;  gebt  acht,  wie  hurtig  er  auf  die 
beine  springt?  rUüelt  ihn.  he  du!  es  gibt  einen  tat  er  zu  er- 
X.  2. 


morden.  5,  l  si-hausp.  vgl. :  wer  von  uns  sah  ohne  beben  zu. . . . 
als  aufgeschrückt  aus  träumen  der  ewigkeit,  von  den  Schreck- 
nissen des  nahen  gerichts  umgeben,  Franz  Ton  Moor  aus  dem 
Schlummer  sprang.  Schriften  3,  515.  häufig  in  entsprechender  Zu- 
sammensetzung, so  aufspringen  (s.  (h.  1,743):  also  balde  stunden 
seine  (des  lahmen)  Schenkel  und  knöchel  feste,  sprang  auff, 
kund  gehen  und  stehen  und  gieng  mit  inen  in  den  teropel, 
wandelte  und  sprang  und  lebete  gott.  apostelgesch.  3,  S:  wie 
Ton  einer  wespe  gestochen,  sprangen  die  gesellen  auf  und 
stellten  sich  auf  die  beine.  Keller  4,257;  (der  bursch)  sprang 
auf  wie  ein  geschreckter  hirsch  und  rasete  davon.  RoSEceER 
1,324;  (emporspringen,  vgl.  tAe»/3,  440:) 

sie  sprang  empor,  sie  schrie  so  laut, 

wie  noch  kein  herz  geschrieen.    Stosm  8,  209. 

b)  dann  auch  wiederholt  eine  hüpfende  bewegung  machen,  fast 
ausschlieszlich  als  zeichen  der  freude:  springen,  hüpffen,  sauUer, 
sailltr.  Hdlsics  (1616)  304';  springen,  hüpffen,  salire.  Corvinus 
56l';  springend  kommen,  venire  saltando,  sallellando  o  saltelloni. 
Krämer  dict.  2  (1702).  S90*;  vgU:  ich  spring  ejn  wenig,  ich 
hupff  auff,  subsilio.  subsulto.  Dastpodiüs;  da  ist  die  stimme 
meins  freunds,  sihe,  er  kompt  und  hüpffet  auff  den  bergen, 
und  springet  auff  den  bügeln,  hohelied  2,8; 

voll  trunkener  entszückimg, 

sprang  er  auT  einem  bein.     Höltt  11; 

doch  manchmal  in  der  wasser  stürz 

sind  wir  (ilir  hiöif  mit  riim  nie  einschliestenden  kiesel) 

gewaltig  gesprungen.    Kellkr  10,  103; 
und  will  euch  drum  doch  nicht  vergessen, 
dasx  ihr  nicbts  könnt  als  springen  und  Tressen. 

Storm  8,  290; 

besonderes  kennseichen  der  kinderlust:  die  andere  das  vorwitzigste 
tollste  kiad,  springend.  Jauchzend,  übermütbig  alles  drunter 
und  drüberkehrend  und  wieder  sanft  und  treuherzig  zum 
entzücken.  Rosegger  1.356; 

das  mädchen  mit  den  hellen  autren. 

die  wollte  keines  liebste  sein; 

sie  sprang  und  liesz  die  Zöpfe  fliegen, 

die  freier  schauten  hinterdrein.    Storm  8,  290. 

a)  mit  angäbe  des  erregenden  gefühls:  von  fröuden  springen, 
wenn  es  einem  übel  gadt,  unnd  trawren,  wenn  es  einem  wol 
gadt,  insultare  malis,  rebusque  aegrescere  Inetis.  Maaler  382*; 
für  freuden  springen,  saltare.  salteüare  (tripudiare)  di  gida. 
Kramer  did.  2  (1702),  889';  springen  vor  freuden,  laetitia  ex- 
sultare.  Frisch  2,309';  vor  freuden  springen,  laetitia  exsultare. 
Steinbach  2,  645;  er  springt  vor  freuden,  laetitia  effertur.  ebenda; 
hette  ich  doch  nymermebr  gegleubet,  das  es  also  soll  komen, 
also  das  du  für  freuden  springest  und  müssest  bekennen, 
du  seyest  nicht  allein  erhöret,  sondern  wunderlich  erhöret. 
Luther  25,638,24   W'eim.  ausg.; 

diu  Diemuot  dan  vor  fröuden  springet, 
diu  Gedult  vii  lüte  singet. 

I.4MPRECRT   V.  RkGE5SBUR6   lOCkUr  t.  SjfOM  lfl€3; 

die  weit  nur  Jesum  singe 

und  immerdar 

das  ganze  jähr 

vor  ihm  in  freuden  springe. 

Spei  Irultnncki.  14,  200  Bitte; 
alsdann  mit  bester  zier  geschmückt, 
noch  basz  in  freuden  springet, 
dem  Schöpfer  feiret  unverzuckt 
und  Jubel  grosz  vollbringet.     140,82; 
mitten  nun  auf  diesem  plaan 
in  der  güldnen  himmelsbahn 
höret  man  ein  solches  singen.  . .  . 
■las  man  mag  für  freuden  springen. 

Rist  l'iiinnsz  '72; 

(auch:)  das  bertz  springt  mir  vor  fröuden,  saht  mihi  cor. 
Maaler  382*.  mehr  zu  \,a  sich  stellend :  wir  sprechen  in  ge- 
meinem leben:  für  freuden  mit  dem  köpfe  wider  die  decke 
springen.  Lessi.ig  3,408.     mit  nur  adverbialer  angäbe: 

nun  freut  euch  liebe  Christen  g'raein, 
und  laszt  uns  frölilich  springen. 

LiTHER  im  liunnov.  gesangb.  263, 1; 
frölich  soll  mein  herze  springen 
dieser  zeit,      da  vor  freud 
alle  enget  singen.     I>.  Gibhardt  57,  1  Gödeke. 
substantivisch  gewendet: 

so  kommet  vor  sein  angesiebt 
mit  jauchzenvollem  springen 
bezahlet  die  gelobte  pfliclit 
und  laszt  uns  fröhlich  singen, 

J.  J.  ScHÖTZ  im  hannor.  ijexanqh.  449.  9. 
ß)   ohne  weiteren  zusatz  springen  überhaupt  bcseichnung  für 
[leudvoUes   hüpfen,    als    Übergang  zum  folgenden:  jetzt  stehen 

6 


83 


SPRINGEN 


SPRINGEN 


84 


die  kinder  auf,  drängen  sich  an  sie  und  den  vatcr,  und  die 
Gertrud,  und  sagen:  wir  bekommen  jetzt  eine  hochzeit!  und 
springen  und  lachen.  Peitalozzi  I.ienh.  u.  Gertrud  %{l'M),&l; 

ir  schult  nimer  also  jenierlich  hucken, 
und  scliült  nu  lauTm  und  springen 
und  frölich  sein  und  auch  singen. 

/Vjsfn.  s):  603,  20  Keller; 

uns  geziemt  vor  allen  dingen, 
mit  der  jngend  leichten  schwingen 
zwanglos  durch  die  well  zu  springen. 

floFFMAnn  V.  Fali.irsi.erin  qril^  MO. 

auch  übertragen  {vgl.  oben  unter  a):  sollte  ddo  nicht  ein  herz 
springen  und  vor  freude  zerdieszen  wenn  es  zur  arbeit  ginge? 
Li]THER  gr.  katechismus  64  Bertheau;  mein  geist  springet,  jauclizel 
und  frolocket  in  dem  hcrrn,  mio  sjurito  salta.  sallella,  esulta, 
giubila,  briUa  e  festrggia  nel  signore.  Krämer  dkt.  a  {1702),  889'; 

so  erhehet  sich  der  ^eist 
Ton  des  liehtes  volleist, 
als  ob  er  wolle  springen. 

i.AipaiiciiT  V.  RKGE!»SBDa6  tochler  t.  Syon  2581. 

v)  in  einer  lusammenslellung  mit  singen,  verh.  schon  mehr  alt 
taktmanige  tantbeteegung  gekennieichnet:  und  war  jederman 
frölich,  iungen  und  sprnngen,  beide  jung  und  alt.  Judith  15,16; 
Harlequin  bringt  den  Scaramonche  unter  verschiednen  ge- 
stalten herein  und  dieser  empfängt  also,  unter  springen  und 
singen,  einzig  und  allein,  was  Pantalon  unter  eine  grosze 
anzabi  von  personen  auszulbeilen  glaubt.  Lkssing  4,440; 

darumb  wel  ich  springen 

und  ein  gut  lilgen  singen.    41s/.  ;Mssion»«;).  1794; 

davon  ich  allzeit  fröjich  sey, 

zu  springen,  singen  jmer  frey 

das  rechte  susaninne  schon. 

LUTHE«  hei  Wacker!<agel  kirchenl.  3, 23'; 

springen  und  singen  soll  die  Jugend, 
die  alten  warten  aller  tugend. 

Petri  hpi  Wanper  4,  747; 
»Inget,  springet, 
jubilieret,  triumphieret, 
dankt  dem  herren. 
grosz  ist  der  könig  der  ehren. 

nnch  Phil.  Nicolai  im  haniiov.  gesangh.  292,0; 

alles  «inget, 
alles  springet. 

was  nur  lallen  kann.     IIoltt  17b; 
ich  kann  nicht  singen  und  springen, 
ich  liege  krank  im  gras.    Heine  1,205  Elster: 
tgl.  noch:       wolauf,  meine  herze,  sing  und  spring 

und  habe  guten  mut.      I'.  Gerhardt  119,  49  Gödeke, 

S)  in  tautologtscher  lusammenstellung  mit  tanzen  und  ähnliehen 
terben:  ich  tantze  oder  springe  embsig,  salto.  Dastpodios; 
springen  und  dantzen,  desultare.  Maai.br  3S2*;  tantzen  und 
springen,  daniare  {ballare)  e  saltare,  tripudiare.  Kramer  dict. 
2(1702),  8>t9';  wir  haben  getantzt  und  gesprungen,  habbiamo 
baUato  e  taltato.  ebenda;  tanzen  und  springen,  saltare.  Frisch 
2,309';  und  da  die  lade  des  herrn  in  die  stad  David  kuin, 
kucket  Michal  die  tocbter  Sauls  durchs  fenster,  und  sähe 
den  könig  David  springen  und  tanizen  für  dem  beim.  2  .San». 
«,18;  z6  weybenacht  begehn  sy  {die  Franken)  die  kindtlieyt 
Christi  also,  sy  setzen  ein  wiegen  aufl'  den  altar,  dareyn 
ein  gschnilzt  kind  gelegt,  disz  wiegen  die  stall  kind  ein  grosse 
menge,  springen  und  dantzen  umbs  kind  in  einem  ring. 
S.  Franc»  wtitb.  io';  item  sy  (die  fränkischen  burtchen)  flerhten 
ein  alt  Wagenrad  voller  strow,  trugens  uff  einen  hohen,  gaben 
berg,  haben  darauff,  so  sy  für  kälte  bleiben  mögen,  den 
gaiitzcn  lag  ein  gAlen  inöt  mit  vilerlei  kurtzweil,  singen, 
springen,  dantzen.  .M"  (vgl.  datu  auch  unter  y); 

•0  bewine  dich,  tochter,  liobelichl 
du  talt  um  danczen  und  springen. 

Alhlet'ter  pattionstp.  928; 
und  wil   gar  tUi  dar  inne  (im  dienu  Her  jitwifrauen) 

beleihen,  .  . . 
far  hubschlich  tagen  und  rrolicli  singen, 
mit  den  junkTrauen  tanzen  und  springen. 

fattn.  ^/l.  521,  13  Keller; 
schlah  auf.  last  uns  tanzen  und  springen.    522,0; 

jetzt  kau  er  tanzen  und  springen; 
zuvor  koni  er  nicht  ein  liedlein  singen. 

Surnlienjer  trhrriiiertpiel  ton  165« 
in  Bayern*  mumlnrien  2,  41 , 

wir  fuhrea  ein  engliiche«  laben. 
sind  dennoch  ranz  lualig  daroebrn, 
wir  lanz«>n  und  springen 
nnd  hupfrn  und  slngrn. 

>ic.  Stuaa  tili  it.  IlttDBaRAH»  maleriali^n 
tum  »ullulieä  $,  61 ; 


hüpfen  und  springen:  (hierher  wol:) 
nun  laszt  mich  hüpTen, 
nun  laszt  mich  springen, 
zu  allen  lüften 

hinaiil  zu  dringen.    Göthe  41,2:^: 
da  er  noch  in  unsern  reyhen  liüpfte, 
da  er  noch  in  unsern  armen  sprung. 
und  sein  herz  an  unsre  herzen  kniipfte,  — 
0  der  scheidenden  erinnerung!     Schiller  t,  179; 

treten  und  springen: 

si  traten  iinde  sprnngen 

nach  ires  herzen  rate 

vor  der  kemenate.    jiassional  293,  22  Kipke; 

springen  und  schwingen:  manchen  sah  ich  springen  und 
schwingen  auf  weichem  rasen,  der  hoher  spriinge  in  der 
feldschlacht  vergiszl.  Frettag  8, 34. 

e)  auch  springen  aUein  als  beteichnung  eines  mehr  oder  weniger 
kunstmdssigen  tantens:  in  dem  reicbsabschiede  von  1577  wird 
den  weibsleuten  das  springen  verboten,  und  jezt  läszt  man 
sie  so  viel  springen,  wie  sie  wollen.  Müser  patr.  phant.  1,357; 
Tör'n  Schilling  springen,  scherzhafte  beieichnung  für  tanzen. 
DXhnert  454';  diese  weine  glitschen  herrlich,  unsre  tänzerinnen 
springen  a  merveille.  Schiller  Fiesko  1,5;  der  alte  faszte  die 
band  der  Jungfrau,  sprang  wie  ein  jüngling  und  schwenkte 
sie  rüstig  über  den  rasen.  Frevtag  8,88;  dir  aber  sage  ich,  wer 
im  tanze  den  Römern  gefallen  will,  musz  nackt  springen.  70; 
so  hört  doch  einmal  zum  (su)  springen  auf,  ihr  tollen  saker- 
menler!  es  gebt  alle  an,  wenn  ein  solches  ungiflck  geschieht! 
BOSEGGER   1,  359; 

euch  tbut  zum  tanz  verpnaren : 

vor  ihm  nur  frisch  und  freudig  springt, 

nun  flechtet  ihm  den  reihen. 

Spee  iruitnnchl.  139,69  Butte; 

mit  mir  auch  sollen  überall 

die  bäum  und  siauden  springen; 

heck,  laub  und  gras, 

wanns  merken  das, 

mit  raütsens  auch  zum  reihen.     13,  184; 

da  sitzen  zwey,  die  alte  mit  der  jungen, 

die  haben  schon  was  rechts  gesprungen. 

GöTHB  12.  215; 
nackt,  ein  genius  ohne  OGgel,  faunenariig  ohne  thierheit 
springt  er  auf  dem  fetten  boden.    41.229; 

hört  ihr  kindeslieder  singen, 

gleich  ist's  euer  eigner  scherz; 

seht  ihr  mich  im  tacte  springen, 

hüpft  euch  elterlich  das  herz.    231 ; 

es  kamen  in  sein  grünes  haus 

viel  leichtbeschwingte  gaste: 

sie  sprangen  frei  und  hielten  schmaus 

und  sangen  auf  das  hatte.    Ubland  gei.  61; 

tuftj((in(ti^5c/i  gewendet: 

wie  lange  sich  daj  springen  zoch, 

gnuc  ir  (der  tämer)  von  dem  tanze  vioch 

wand  in  die  arbeit  was  zu  groj. 

pussioiiiil  293,  20  Köpke; 
es  quam  ze  jungest  ouch  also, 
dai  einer  hi  im  nicht  enbleib, 
idocli  er  do  sin  springen  treib, 
als  in  der  tuvel  betwaiic, 
der  mit  im  zwene  tage  spranc, 
do  viel  er  nider  und  was  tot.    38,40. 
ich  (ilrr  reichlhum)  hab  luslgärten.  rosenstAck,  .  .  , 
all  freüd  und  die  du  magst  genennen, 
mit  ilulriiieren,  stechen  nnd  rennen, 
mit  singen,  springen  und  höheren, 
mit  tantzen.  jagen  und  pArrschieren. 

H.  Sachs  /nsln.  «>).  1,  27,  191   ßn/ir. 

vgl.  datu  auch  oben  unter  y  und  f; 

reicht  eine  geige  mir  zur  band. 

't  wird  geben  gleich  «in  andres  klingen 

und  in  der  schenk'  ein  andres  springen  1 

Lrnau  2,  121  Koch. 

5)  auch  mit  einer  weiteren  angäbe  des  objects.  den  reigen 
springen:  uf  ain  zeit  du  erscheinen  im  in  der  nacht  drei 
beser  gaist  in  der  gestalt  wie  moren,  die  sähe  er  bei  im  hin 
und  wider  gegen  seim  betl  danzen  und  den  raien  springen 
und  hört  sie  singen  ganz  lieblich.  Zimm.  r/irnn.*  l,  114,  36; 
ich  wil  auch  tanzen  iimb  den  hin 
und  wil  den  ersten  reian  springen. 

f.iUn.  «;>.  5M,  19  A'eUer; 

einen  sprung  (tantsprung)  tpriogen: 

Ich  w«l  thun,  was  ich  sail 

und  tpringen  aber  einen  sprung. 

Altfelilrr  f>nuioni$p.  1R0<; 

du  hllfeti  dancien  und  singen: 
ich  wel  mit  <ler  •pringrii 
manchen  frolichen  sprungk.     1787; 


s5  SPRINGEN 

.■en  tanz  spiiugen: 

wie's  Tölklein  in  Jer  stube 

die  tollsten  länze  springt.     Le."<au  2,  122  Koch; 

dafür   auch  die  melodü  eingesetU.     die  weise  springeu  anstaU 

nach    der  weise  springen:    spiel  den  reigen  sänger.  ...  den 

Ja  heut  des  königs  mägde  gelehrt,  damit  auch  wir  geschickt 

die  weise  springen  auf  der  haide.  Freitag  8,62; 

wai  man  In  pfeyfft,  dar  thon  sy  springeu. 

T.  Sti««e»  comedta  11. 

..Itener  auch  in  präpositionaUr  ßguixg.    im  reigen  springen:  die 

-linitter  banden  dem  groszen  gütt  des  voikes  die  letzte  garbe   \ 

uat    frommen  zuruf   und    brachten  im  reigen  springend  den   j 

abrenkranz   zur  halle  des  fürsten.    Kreytag  8,  6S.     anden  ist 

uüJ  die  folgende  Wendung  an  den  reigen  springeu  aufzufassen, 

wo  vielmehr  das  sich  anschicken  zum  tanze  sum  ausdruck  kommen 

soll:  Liliis  des  teufeis  gruszmutter  springet  auch  an  den  reyen, 

fastn.  sp.  902, 6  Keller;  ebenso: 

Scolastica  sprang  au  den  tanz. 

Co>»*D  Dasgkiotzhii«  nambuocli  M; 

Uinrick  Royper.  Bartolt  Langlians 
weren  ghesprungheii  an  den  daus. 

Bniunschw.  schicitlspiel  1219  in  d.  Hädtechr.  16, 141. 

c)  springen,  vermittelst  eines  Sprunges  ein  hindernis  übem-inden, 
'.ich  durch  einen  sprung  schnell  und  plötzlich  von  der  stelle  be- 
wegen: springen,  einen  sprung  thön,  dare  saltum,  salire,  saltare, 
ialtitare.  Haaler  382*. 

a)  aus  dem  bette  springen,  saltare,  seagliarsi,  balzarsi,  sbalzare 
gtü,  trarsi  dal  letto.  Kramer  dict.  2  (1702),S89";  Eckarth  sprang 
aus  dem  bette,  wündschet  dem  general  einen  fröliclien  morgen. 
Ettner  unvorsichtige  hebamme  10; 

si  (Kriemitilde)  spranc  Ton  «in«!!»  beue,     di  st  ruowende  lac. 

Sib.  683,  4  Lachmann; 
sorgende  wacter  (Albrich)      der  Nibelunge  man, 
er  spi  acli :  "wol  üf,  ir  beide,       ir  sult  ze  Sifride  gin*. 
si  Sprüngen  von  den  betten      und  wären  nl  bereit.    472,  1; 
(Hanne)  schläft  ruhig  ein.  und  springt  aus  ihrem  bette, 
sobald  die  sonn'  ins  fensier  blickt.     Hölii  180,  15  Halm; 

mit  verdrusz  nun  sprang  ich  vom  lager, 
kleidete  mich,  und  sabe  die  funkelnden  stern'  aus  dem  leiister. 

Voss  1,  109; 

TOD  dem  persischen  plübl  in  dem  purpurgezelt 
sprang  säbelumgürtet  der  herr  der  weit. 

SiBACHwiTZ  geä.  215  Weinhold. 

zugleich  unier  etnflusx  von  1,  a  stehend  mit  dem  beisinn  des  vor 
erregung  in  die  höhe  fahrens.  von  dem  stuhl  springen:  da 
wandelt  gott  dem  könige  sein  herlz  zur  giile,  und  im  ward 
bange  für  sie  (die  ohnmächtige)  und  sprang  von  seinem  stuel 
und  umbfieng  sie  mit  seinen  armen,  stücke  in  Esther  4,8; 

der  küoic  von  liebe      von  dem  sedel  spranc. 

üib.  712,  1  Lachmann; 

aus  dem  sessel  sprang  er,  der  krachend  brach. 

Strachwiti  (jed.  89  Weinhold. 

tieh  schon  mehr  dem  gebrauche  unter  \,d  nähernd:  und  schnell 

wie   ein   raubthier  sprang  er  von  den  stufen  und  stiesz  die 

waffe  dem  häuptlinge  der  Thüringe  durch  paozer  und  brüst. 

FiBYTAG  8,205;  vgl.: 

dö  spranc  von  einer  stiegen      Giselber  ze  tal. 

.\»').  564,  2  Laclimann; 

wie  balde  geiu  Im  Uagene      von  der  stiegen  s*pranc! 
Nibelunges  swert  daz  guote      vil  lüte  üf  Dietrich  erklanc. 

2-285.  3. 

TOD  einem  wageu  springen:  aber  der  herr  erschrecket  den 
Sissera  sampt  allen  seinen  wagen  und  ganlzem  beer,  für  der 
scherffe  des  schwerls  Barak,  das  Sissera  von  seinem  wagen 
sprang  und  floh  zu  fiissen.  richter  4, 15.  dafür  auch  aus  dem 
wagen  springen:  ror  der  apotheke  befahl  er,  aus  dem  wagen 
springend,  die  thüre  offen  zu  lassen,  und  sobald  er  gelaufen 
komme,  (liegend  mit  ihm  abzurennen.  J.  Paul  Kalienbergers 
badereise  1, 5'J.     entsprechend 

ß)  von  einem  bäum,  einer  mauer  springen  u.s.w.,  gern 
dafür  herabspringen  ((A<ii  4, 2, 1013):  meine  mama  ist  noch 
reizend,  noch  jung.  Katbi!  ich  glaub,  sie  kOnnt  noch  heute 
10D  der  mauer  springen.  Sturm  4,213; 

aus  der  scliwankeu  kroue  {der  flehte)  springet 

boheu  Sprungs  die  amazoue, 

springt  die  schöne  reiterpolin, 

die  getanzt  auf  der  Schabracke 

mancbesmaL     Killsi  10,221. 

aus  dem  fenster  springeu,   sallar  fuori  dalla  finestra.    Khamem 
diit.  2(l';02),8t»»'; 


SPRINGEN 


86 


wir  v\öln  mit  dir  heim  geliu  all  drey, 
das  du  nicht  etwan  thust  ein  scbadeo, 
oder  springst  ausz  zum  kammerladen, 
oder  falst  etwan  in  ein  biunnen. 

H.  Sachs  14,  302,  27  Keller-Götte. 

mit  weiterer  richtungsangabe :  zu  dieser  zeit  belagert  Simon  die 
stad  Gaza  ...und  stürmet  die  stad  und  erobert  einen  ihurm 
und  dieselbigen  so  auff  den  thurn  kamen,  Sprüngen  in  die 
stad.  1  Ifacc.  13, 44;  durch  eine  grosze  lücke  der  hofmauer, 
welche  die  nachtgesellen  gebrochen,  sprangen  sie  ins  freie. 
Frettag  s,  167. 

y)  in  eine  Öffnung,  einen  behälter,  eine  flüssige  oder  feurige 
masse  u.  s.  w.  springen:  und  als  jener  noch  kaum  den  zügel  in 
der  band  hatte,  war  Hauke  schon  in  die  kluft  gesprungen  und 
hielt  das  kleine  winselnde  thier  in  seinem  arm.  Storm  7,  243; 
iiern  dafür  hineinspiingen  (I/iei«  4,  2,  1424):  ist  es  wahr,  dasz 
Julie  ins  grab  hinein  sprang,  als  sie  den  leichnam  verscharren 
wollten.  Fa.  MCller  3, 2S9;  ins  wasser,  ins  feuer  springen, 
saltare,  seagliarsi,  lanciarsi  neW  acqua,  nel  fuoco.  Kramer  diä. 
2(no2), 8*9';  vom  schiff  ins  wasser  springen,  projicere  se  e 
navi  in  aquam.  Frisch  2,309';  ins  wasser  springen,  projicere 
se  in  flumen.  Steisbach  2,645;  ins  meer  springen,  dejicere  se 
in  mare.  ebenda;  da  sprang  Jonathas  und  sein  volck  in  Jordan 
und  kamen  über  das  wasser,  und  Bacchidis  »oick  war  nicht 
so  küne,  das  sie  sich  ins  wasser  begeben  betten,  l  .Wacc.  9, 48; 
ich  sag  euch,  wenn  man  aus  dem  glühenden  ofen  ins  eis- 
wasser  springt,  kann  man  den  abfal!  nicht  so  stark  fühlen 
als  ich,  da  ich  am  andern  ufer  war.  Schiller  räuber  2,  3 
schausp.;  dann  wolle  er  mit  seinem  schlichten,  hölzernen 
Instrumente  vor  ihren  äugen  ins  meer  springen.  Novalis  2,  35 
Meissner;  vgl.:  da  sprang  der  sänger  mit  heitrer  Stirn  in  den 
dunklen  abgrund  hin,  sein  wunderthätiges  Werkzeug  im  arm. 
ebenda;  nun  aber  macht  die  execution  den  armen  heros  so 
wüthend,  dasz  er  mit  der  kraft  der  Verzweiflung  sich  los- 
reiszt  und  trotz  dem  stürm  in's  wasser  springt.  Viscber  auch 
einer  1,49; 

der  Franke  in  die  wellen  springt. 

Strachwitz  yeri.  282  Weinkold. 

häufin  als  that  eines  lebensüberdrüssigen:  ich  will  in  den  flusz 
springen,  vater,  und  im  hinuntersinken  gott  den  allmächtigen 
um  erbarmen  bitten.  Schiller  kab.  u.  liebe  5,  l. 

3)  in  den  wagen  springen:  er  sprang  schnell  noch  in  den 
wa|en.  entsprechend:  ins  schiff  springen,  saltar'  in  barca. 
Krämer  dict.  2  (i 702),  889'; 

Rolf  Dnring  sprang  ins  boot  zur  stund 
und  ruderte  über  den  Oeresund. 

Stracuwitz  ged.  2äl  Weinhold, 

e)  bei  der  landung:  aufs  laud  springen,  desilire  in  terram. 
Stein  BACH  2.  645.  s.  auch  den  beleg  unten  aus  Krämer,  als 
mittel  seemännischer  fahrtbestimmung :  unde  men  sal  se  (die 
felsen)  laten  liggen  an  sturbort,  unde  mot  dar  so  na  segelen, 
dat  dar  eyn  man  uppe  spryngen  mach,  seebuch  7,7;  item  de 
wil  segelen  . .  .,  de  mot  vaste  by  den  Motton  segelen,  gelyk 
dat  dar  eyn  man  uppspnngen  mach.  9,51;  vgl.  noch  die  ent- 
sprechende'«endung  auf  die  erde  springen:  der  wildschüli  blieb 
noch  eine  weile  kauern  auf  dem  steinvorsprung,  endlich  erhob 
er  sich,  sprang  auf  die  erde,  lauerte  und  lief  davon.  Rosegger 
1,109.  daneben  aber  ans  land  springen:  ans  (aufs)  land  springen 
(aus  dem  schiffe),  saltar'  in  terra  (dalla  barca).  Krambr  dict. 
2(1702), SS9';  ans  land  springen,  desilirein  terram.  Frisch 2,309'; 
bald  sah  er,  wie  drüben  bei  einer  schroffen,  dunklen  stelle  ... 
das  boot  sich  beilegte  und  eine  untersetzte  gestalt  daraus 
ans  land  sprang.  Storm7,  21S;  ein  gebrauch,  der  sich  koI  unter 
dem  ein/luss  von  ans  ufer  springen  entwickelt  hat:  Ingo  aber 
I  sprang  durch  das  eisige  wasser  ans  ufer.  Fbettag  8,  t02;  er 
'  glaubte  einen  augenblick  im  unsichern  mondlichte  eine  grosze 
gestalt  mit  gezogenem  degen  auf  dem  vordertheile  des  um- 
zingelten nachens  zu  erblicken,  sie  schien  ans  ufer  springen 
zu  wollen.  C.  F.  Meter  Jürg  Jenatsch  152. 

^  auf  einen  gegenständ  springen  mit  dem  beisinn  in  die  höhe, 
in  der  commandosprache  der  seeleute:  spring  auf  den  bugspriet! 
spring   auf  die   ree!    vgl.  Eggkrs  2,961;    um  besser  sehen  tu 

können:    ^j,,  tQnec  von  Amelunge      spranc  üf  ein  banc. 

iVi6.  1918,  3  Lacitmann. 

auch  auf  personen,   sich  vom  folgenden  unterscheidend,     in  der 
teklackt  auf  den  gefallenen  Vordermann  springen: 

lücken  reiszt  die  streitende  kaitätscbe, 

auf  vormanns  rümpfe  springt  der  hinterniuan, 

ScuiLLiR  1,232  {viiiianti'  vonnaoas  rümpf); 

6* 


87 


SPRINGEN 


SPRINGEN 


88 


foL:  da  flel  der  riese,  das  war  ilim  lu  grob! 

und  auf  ihn  sprang  Kolf  Ufiiing. 

STRikCHwiTZ  iieil.  25}  Weinhold. 
auf  einen  spriugcn.  Kramer  dict.  2  ( I7ü2),  S89'. 

17)  davon  unterschieden  beim  angrifT  auf  seinen  gegner 
springen:  an  einen  oder  auff  einen  springen,  consilire,  assul- 
tare.  Maaler  382*.  ittmeist  mil  angäbe  eines  bestimmten  kürper- 
theiles:  mit  dem  anlaufT  sy  z&  ruck  anfallen,  oder  binden  auff  den 
rugken  springen,  assultare  tergis  pugnantium.  ebenda;  vgl.:  icb 
machte  den  fürsten  Gortschakow  lebbafie  vorwürfe  und  sagte, 
es  sei  kein  freundscbaftlicbes  »erbalten,  wenn  man  einem  ver- 
trauenden und  nichts  ahnenden  freunde  plötzlich  und  binter- 
rOrks  auf  die  schulter  springe,  um  dort  eine  circusvorstellung 
auf  seine  kosten  in  scene  zu  setzen.  Risharck  erinnerungtn 
2, 174.  der  wolf  sprang  ihm  an  den  hals,  il  lupo  segli  uuvenio 
alla  gola.  Kramer  dict.  2  (I7u2),  SS9';  einem  auf  den  leib  (hals) 
springen.  889';  einem  auf  den  hals  springen,  insilire  alicujus 
tergo.  Stbinbach  2, 645;  he  springt  vor  de  best,  geht  einem  zu 
leibe,  auch  übertragen  im  kartenspiel  gebräuchlich.  SchPtzk  4,  177; 
da  hättet  ihr  über  sehen  sollen,  sie  wür'  mir  bald  ins  gesiebt 
gesprungen,  seitdem  schaut  sie  mich  immer  scheel  an.  Picbi  kr 
alleilii  geschichten  aus  Tirol^  1,15,  eine  ursprünglich  der  katie 
eigrnthiiniliche  kampfesweise,  vgl.  auch  oben  springböse,  adj.  sp.  79 
und  unten  springgiflig,  adj. 

&)  im  besonderen  wird  noch  springen  vom  reiter  gesagt,  n'enn 
er  sein  pferd  besteigt,  bet.  verläsit:  aufs  pferd  springen,  saltar' 
in  tella,  seagliarsi,  auventarsi  a  cavallo.  Kramer  dict.  2(1702),  SS9'; 
aufs  pferd  springen,  in  equum  tnsilire.  Frisch  2, 309*;  aufs 
pferd  springen,  insilire  in  equum.  Steinbacb  2,  645;  dann  band 
er  ihr  ein  porlrüt  um  den  hals,  drückte  sie  an  seinen  busen  ... 
sagte:  'lebe  wohl!',  sprang  auf  sein  pferd  und  jagte  davon. 
Chr.  L.  Heyne  in  den  erxäklem  des  18.  jahrh.  24;  er  drückte  sie 
nocii  einmal  an  sich,  sprang  auf  das  rosz  und  trabte  dem 
walde  zu.  FnEYTAC  s,  378;  einen  augenblick  beugte  er  sich 
über  den  liegenden,  dann  packte  er  die  wurfkeule  des  Sorben, 
sprang  auf  ein  lediges  pferd,  welches  zur  seile  angepflöckt 
stand  und  warf  sich  wieder  in  das  getümmel.  382; 

da  sprang  ich  auf  mein  schnelles  rosz, 

auTs  rosz  der  phantasie. 

Strachwiti  iied.  103  Weinholtl. 

dafür   auch   in   den   saltel  springen;    dann  sprang  er  in  den 

satlel  und  ritt,  ohne  sich  nach  den  leuten  umzusehen,  davon. 

Storm  7,234; 

wie  wollt  icb  in  den  sattel  springen 

da,  wo  die  zeit  mit  blute  tauft! 

Stracuwitz  ged,  83  Weinhold. 

der  fremde  legte  die  hand  auf  den  Widerrist  des  pferdes  und 
sprang  wuchtig  in  den  sitz,  der  führer  nickte  zufrieden. 
Fbettac  8,  7.  ebenso:  behend  vom  rosz  springen,  desilire  ad 
pedes.  Maaier  382';  vom  pferd  springen,  saltare,  sbaliare  da 
cavallo.  Krämer  dict.  2(17021.889';  vom  pferde  springen,  desilire 
ex  equo.  Frisch  2,  309';  ringferlige  oder  ungesattelte  pferd,  ab 
welchen  man  leicbllich  spiinget,  equi  desultorii.  Dastpodius; 
da  sprang  ich  von  meinem  wallach.  Storh  7,223;  er  sprang 
fröhlich  vom  pferde.  Frbttac  6,98;  der  fremde  sprang  vom 
pferde  und  neigte  sich  der  Jungfrau  von  ferne.  8,8;  ersah, 
wie  diese  {die  künigin)  nach  fassung  rang  und  dasz  Sintram 
vom  rosse  gesprungen  war.  178;  wir  aber  ersuchten  sie,  zuerst 
zum  essen  zu  bleiben,  sie  sprangen  von  den  pferden,  tafelten 
mit  uns  und  wiesen  uns  am  nächsten  tage  den  weg.  17,148; 

sie  springen  von  den  pferden,  sie  ziehen  stolze  reihn, 
die  langen  spiesze  siarren  :  wohlanfl  wer  wagt  sich  drein? 

Umland  ni-il.  '.Mi'i. 
dafür  auch  aus  dem  sattel  springen:  der  reiter  sprang  aus 
dem  saltel.  springen  auch  beim  pfrrdewechsel  gewöhnlich:  ab 
einem  müden  und  abgcritlnen  rosz  auff  ein  frisch  und  wol- 
ger&weis  springen  oder  sitzen,  consilire  in  equum  recentem. 
Maalbi  982';  von  einem  müden  pferde  wieder  auf  ein  frisches 
springeo,  (raniiuUare  in  recentem  equum  ex  fesso.  STBinnACB 
2,  Mt;  fürnemlich  war  er  wol  geübt,  von  eim  pferd  auff 
dM  andere  grschwind  zu  springen.  Garg.  17C';  vgl,  noch  die 
uhertkafte  redentart:  vom  gOckel  zum  esel  springen,  von  eim 
ungiBck  in  das  ander  fallen,  de  caUaria  in  carhonarium. 
Maalbr  sn*. 

d)  springen,  einen  Sprung  thun  mit  dem  beisinn  des  besonders 
getchukluhen :  springen,  taltare,  far'  vn  salto.  iluisius  (1018)236*. 

a)  springen  alt  korperhche  iibung:  mit  springen  sich  üben, 
$tkemdo  M  exerare.  Maaibr  382*;  wie  icb  dann  oft  und  dick 
von  einem  tbewren  nun  gehört,  das  er  unter  allen  kurtz- 
weUen  . . .  kein  gAtlicber,  ehrlicher  und  schönere  wisi,  dünn 


die  edel  music,  ursach,  das  all  andre  kurtzweil,  als  spielen, 
fechten,  springen  ...  da  bin  gericht,  das  yeder  vermeint  dem 
andern  vor  zu  sein,  oder  anzugewinnen.  G.  Forster  liedlein 
vorr.  neudr.  s.  4;  rang,  liff  und  sprang,  sprang,  lief!  und  rang. 
Garg.  178*;  dise  tanzten,  dise  lungeu. 

dise  liefen,  dise  Sprüngen, 
dise  schütten  zuo  dem  zil.    I-Mein  68; 
vgl.:   dti  half  dem  schermraeister,      daj  er  wite  spranc 
alsam  ein  Ubart  wilde.      Kudiun  361,  1   Martin. 

als  altgermanisehes  spiel  tn  Verbindung  mit  dem  steinwurf:  sie 
schleuderten  den  schweren  felsstein  und  sprangen  ihm  nach. 
Frbvtac  8,26;  wenn  die  holieute  beim  steinwurf  sprangen, 
dann  zogen  die  Vandalen  ihre  mienen  kraus.  87;  vgl.: 

den  stein  huop  vil  höhe      diu  edel  maget  guot. 

si  swanc  in  krefticiicbe      verre  von  der  haot: 

dö  spranc  si  nach  dem  würfe,     dat  täte  erklang  ir  gewant. 

JVi/;.  435,  4   iMchinann; 
den  stein  warf  sie  verre,     dar  nlch  si  witan  spranc.   3°i6, 1 ; 
den  stein  sol  er  werfen       und  springen  dar  nich.    404,1; 
Sifrit  was  küene      kreftic  unde  ianc: 
den  stein  warf  er  verrer,     dar  zuo  er  witer  spranc.   437,  2. 

im  besonderen  Ober  ein  rusz  springen:  es  freut  sie,  wenn  ihre 
fürsten  über  sechs  rosse  weg  springen.  Frbvtag  17,94;  die 
knaben  des  dorfes  begannen  den  kämpf,  damit  auch  sie  das 
lob  der  krieger  erwarben,  sie  rannten  nach  dem  ziel,  sprangen 
über  ein  rosz  und  schoszen  mit  dem  rohrpfeil  nach  der  stange. 
8,26.  als  leistung  der  gaukler  {substantivisch  gewendet):  kunst- 
springen,  gauckelspringen,  far  salli  artisti,  giuocolare  di  salti 
artißciosi  e  maestrevoli.  Krämer  dict.  2  (1702),  889*.  item  er  {der 
Seiltänzer)  gieng  auch  und  lantzet  auf  scharpfen  schermesser, 
tantzet  und  sprung  auch  bintersicb  und  fürsieb.  d.  städtechron. 
11, 700, 30  {Nürnberg  z.  j.  I50u);  item  er  sprung  auch  mit  zwaien 
keten  die  zwen  füsz  zweier  spann  weit  geslossen  bintersicb. 
701,  1;  item  er  {der  Seiltänzer)  leget  sich  auch  an  den  rücken 
auf  daz  sail  und  kniet  mit  paiden  knien  auf  dem  sail  und 
auf  den  knien  tantzt  und  sprung.  5.  hierher  noch:  durch  die 
reiffe  springen,  saltare  per  i  cerclii.  Krämer  dict.  2(1702),  889*; 
das  kind,  die  kunstreiterin  springt  durch  den  reif. 

j3)  durch  einen  solchen  geschicklichen  sprung  ein  hindernis  über- 
winden, unterschieden  von  dem  gebrauche  oben  unter  b:  über 
einen  graben  springen,  saltare,  francare,  un  fosso  0  una  fossa. 
Kramkr  dict.  2  (1702),  889';  über  einen  graben  springen,  fossam 
transilire,  saltu  trajicere.  Frisch  2,  309^  in  eim  zulauff  sprang 
er  über  ein  graben.  Garg.  178'; 

(wer)  mit  ainem  hirsen  in  die  weit  wil  springen 
über  tiefe  graben  und  dingen. 

imamfl  hei  Krllir  ntte  tchwänke  *.  12; 
wie  das  närrische  mädchen  sich  anstellt!    ist  denn  der  kaliii 

nicht 
grosz  und  breit?  sei  ruhig,  mein  tuchterchen,  oder  ich  wiege, 
sonst  so  keck  und  verwegen,  wanns  gilt  in  die  bäume  zu 

klettern, 
über  die  graben  zu  springen,  und  hoch  in  der  luft  sich  zu 

schaukeln.    Voss  I,  70: 

die  kinder  sprangen  miteinander  von  fels  zu  fels.  Ober  stock 
und  stein,  über  bach  und  quelle.  Götme  21,  40;  im  anfange 
waren  beine  und  gelenke  erstaunt  über  die  starken  zu- 
muthiingen,  zuletzt  sprang  icb  frisch  über  stock  und  stein. 
Freytac  an  S.  Uirzel  217  (v.  16.  ;uni  1876);  mit  beflügelleiu 
schritt  eilten  die  männer  thalab,  sie  sprangen  in  weilem 
scinvunge  von  stein  zu  stein,  von  bauin  zu  bäum,  vorauf 
der  junge  Wächter  ...  ges.  werke  8,6;  fiy/.  noch:  Waser  drückte 
seinen  filz  tiefer  in  die  stirn,  schnallte  sein  ränzcben  fester, 
und  sprang,  am  jetzt  steil  werdenden  abhänge  die  weiten 
Windungen  des  sauinpfudes  kürzend,  eilig  abwürts.  C.F.  Meybh 
Jürg  Jenatsch  24.  anders  gedacht:  denn  mit  dir  kau  ich  kiiegs- 
volck  zuschmeisseii  und  mit  meinem  gott  über  die  mauren 
springen.  2  Sam.  22,30;  wie  aber  Jubst  über  ihn  wegspringen 
wollte,  erwischte  ihn  der  Bayer  am  rockschosz  und  zug  sich 
daran  in  die  buhe.  Kki.lkr  4,  263;  pl6tzlich  begannen  sie  (die 
dunAlen  nebelgestalten)  wie  narren  unheimlich  auf  und  nb  zu 
springen,  die  groszen  über  die  kleinen  und  die  kleinen  gegen 
die  gruszen.  Stürm  7,  159;  noch  einmal  sah  er  sie  mit  treuen 
äugen  an,  dann  brach  er  mit  mfichtigen  satz  aus  der  liiür, 
sprang  über  die  glühenden  bulzkloben  vor  der  treppe  und 
schleuderte  seinen  speer.  Frbytac  8,304;  die  jungen  burschen 
springen  über  das  johannisfeuer  (eine  verblasUe  heidnische  cuU- 
handlung).  t'^t.  HuEiNSSRRc-DCaiNCsrBLn  das  festliche  jahr^  "üi; 
die  jungen  sprangen  hie  und  da  durch  die  naiiiiiien  und 
jodelten  lustig  herum.  L.  Ricbtkr  (fl6s(6io^ap)n>*  ioh;  er  «prang 
wie  ein  kuabe  über  die  bucbsbaunibrete.  FaKUAce,  90.    ab- 


S9 


SPRINGEN 


SPRINGEN 


90 


geschwächter  und  mehr  in  dem  sinne  des  gebrauches  unter  b: 
aucb  wil  ich  zur  selbigen  zeit  die  heimsuchen,  so  über  die 
schwelle  springen,  die  irer  lierrn  haus  füllen  mit  rauben  und 
tilgen.  Zephanja  1,9.  vgl.:  hast  du  vergessen,  dasz  ich  die 
schwelle  bin,  worüber  du  springen  oder  den  hals  brechen 
iiiust?  ScHiLLBB  kab.  u.  liebe  2,6. 

v)  hierher  gehören  noch  einige  sprichtcörtliche  redemarten.  einer, 
der  immer  mit  seinem  beispiele  vorangehen  mus2,  sagt  ron  sich: 
ich  musz  immer  übers  bänkel  springen.  Wei."«hold  93';  mancher 
springt  über  einen  besen  und  fallt  über  einen  hundedreck. 
"^IXBOCK  97S3,  d.  h.  ihm  gelingt  oft  das  grösxere,  Kährend  das 
leinere  sich  ihm  versagt,  als  Umschreibung  für  das  vermögen, 
etwas  tüchtiges  leisten  zu  können:  wer  wohl  springen  kann,  dem 
liiingt  kein  kränz  zu  hoch.  Wasder  4,  747;  wer  gut  springen 
i.ann,  baut  sein  nest  hoch,  ebenda;  wer  gur  springt,  dem 
-elingt,  sagte  der  floh,  und  kam  vom  fusz  ans  knie,  ebenda. 
denn  niemand  kann  wn*B»^pringen  als  sein  springstock  lang 
ist.  SiJiROCK  9781;  hätte  mancher  einen  stab.  so  könnte  er 
auch  hinüber  spiingen.  97S2,  und  wer  hoch  (weit)  springen 
will,  musz  einen  guten  anlauf  nehmen.  Wanher  4,747;  wer 
weit  springen  will,  musz  rückwärts  gehen,  ebenda,  deshalb: 
besser  gesprungen,  denn  beltellieder  gesungen.  946.  hierher 
gehören  wol  auch  Wendungen  wie:  die  alte  kann  noch  tüchtig 
springen,  rüstig  schaffen  wie  eine  junge,  vgl.  Spiess  239.  von 
ttner  schwangeren:  sie  wird  nicht  mehr  weit  springen,  sie  wird 
nächstens  niederkommen,  ebenda:  ich  kann  nicht  weit  springen, 
h'jbe  keine  bedeutenden  mittel  zu  meiner  Verfügung,  vgl.  auch 
unten  sprung,  m.:  man  ist  mir  jelzunder  500  m.  ft  schuldig, 
kan  also  nicht  weit  springen,  wie  ihr  woil  secht  undt  leicht 
glauben  könt.  Elisabeth  Charlotte  3,  694  Holland. 
S)  über  den  eigenen  schatten  springen  können: 

die  poeten. 
über  ihren  schauen  springen 
kan  dem  leicbsten  nicht  gelingen, 
tichtern  aber  kans  gelingen, 
über  ihren  tod  zu  spriugen.     Logau  3,  134,  88. 

e)  tweifelhaft,  ob  hierher  gehörig,  bleibt  die  Wendung:  der 
tod  springt  mir  übers  grab,  im  munde  eines,  der  vom  frost- 
schauer geschüttelt  wird: 

den  kräfigen  leib  durehiuckt  dir  oft 
frostschauer  rasch  und  unverhoffi, 
dem  solchen  sinn  der  volksmunJ  gab: 
es  sprang  der  tod  dir  übers  grab. 

A.  Giij.i  qes.  werke  4,  ISO, 

«0  der  frostschauer,  von  der  phantasie  des  kranken  gesteigert  zum 
todesschauer,  die  Vorahnung  baldigen  todes  veranlasst,  der  tod 
aber  thut  auf  der  künftigen  ruhestätte  des  bald  gestorbenen  einen 
freudensprung,  weiht  sie  förmlich  ein  und  nimmt  von  ihr  besitz 
für  den  kranken,  der  ihm  bald  zugehören  wird,  dieses  durch  den 
sprung  symbolisch  in  besitz  nehmen  findet  wol  seine  bestätigung 
durch  die  folgenden  Wendungen: 

min  lieijet  allej  da?,  swaj  himel  und  erde  treit, 

got  selbe  ouch  in  min  erbe  spranc, 

er  wolt  sich  miner  forme  wern, 

unt  nimt  vür  guot  noch  hiute,  da;  er  wart  min  scbaz. 

FiiL'ESLOB  jpi-Bch  427,  6  ; 
»ie  (die  Caritas)  fuor  in  den  himel  hin 
einen  wunderlichen  wec: 
Sne  Stic  und  äne  stec 
sie  darin  mit  gewalte  spranc.  ' 

Lahprkcbt  V.  RiG«.NSBC»c  441,  3077  WeinholJ, 

wo  die  gewaltthat  doch  nicht  rechtlidien  symbols  entbehrt,  vgl.  noch: 
und  sol  ...in  solo  Christo  fidere  quem  non  vidit,  das  heist 
aus  allen  seinem  tretten  und  springen  in  Christum,  Luther 
27, 122, 2S  Weim.  ausg.;  es  wirt  der  geist  des  herrn  in  dich 
springen.  S.  Francs  de  vanitate  124'. 

e)  in  anderer  begriff serweiterung  springen,  ein  verstärktes  laufen, 
eilen,  rennen,  eine  in  den  mundarten  weitverbreitete  Verwendung, 
ohne  dasz  überhaupt  noch  ein  unterschied  des  grades  den  übrigen 
Wörtern  gegenüber  gefühlt  wird.  Tobler  3>1'.  Staldbb  2,  3S>7. 
HcnziKEB  24s ;  laufen  kommt  daneben  überhaupt  nicht  vor.  Lexbr 
kämt.  wb.  23S;  das  gleiche  beuugt  Reinwalü  henneb.  idiot.  2,120. 
Weinhold  93'.  ich  meine,  er  ist  gesprungen,  als  er  den 
Schergen  erblicket.  Kbaher  dict.  2(1702),  890';  auf  der  land- 
strasze  sprangen  zwei  Sänftenträger  in  kurzem  gallop  zwischen 
deo  tragestangen  ihres  ledernen  Würfels  dahin.  J.  Paul  Hetp. 
I  i^fi . 
'        •  erst  hub  ich  mich  an  zu  dringen, 

wol  durch  den  klee  her  springen, 

mein  holTnung  die  war  gros,     bergreiheii  3,3  nemtr.; 

schau  wie  sie  (die  knulien)  purzeln,  wie  sie  springen. 

und  jeder  will  der  erste  sein.    Stob»  »,249: 


mit  adverbialer  bestimmung:  ich  will  ge-chwind  springen  und 
ihms  sagen,  io  correro,  volaro  presto  a  dirglielo.  Krämer  dict. 
2  (1702),  890';  spring  geschwind  und  komm  bald  wieder,  corri 
presto,  eorri  spacciatamente  e  ritorna  subito,  ebenda,  hierher  auch 
die  redensart: 

wenn  es  mit  dem  springen  nicht  will  gebn, 
musz  man  sich  zum  kriechen  verstehn. 

Wahder  4.  747. 

a)  in  einer  Zusammenstellung  mit  laufen,  verb.:  geh  den 
augenblick,  lauf,  spring,  sieh,  wo  der  pastor  bleibt,  heisz  ihn 
eilen.  Schiller  rduber  b,ischausp.;  (von  einem  wettlauf:)  sollen 
wir  wirklich  laufen  und  springen?  Keller  4, -257;  und  wie  die 
{Zöpfe)  flogen,  wenn  sie  lief  und  sprang!  Storm  4,211;  vgl: 
i  bi-nem  gsprunga  n'ond  glauffa,  ich  habe  mich  möglichst  an- 
gestrengt, ihm  zu  gefallen.  Tobleb  381". 

ß)  anstatt  sprengen,  verb.  I,  l,  6,  a  sp.  29:  einen  springen 
laszen,  machen,  ihn  eilig  wohin  schicken,  einen  springen  machen, 
far'  uno  saltare  cioe  correre.  Krämer  diel.  2(1702),  890";  ich  will 
ihn  schon  springen  machen,  io  lo  färb  saUare.  ebenda;  lasz 
den  jungen  geschwind  dabin  springen,  fa  saUarti  presto  tl 
ragazzo.  ebenda. 

■/)  gesprungen  kommen,  eilig  gelaufen  kommen:  der  knecht 
kommt  gesprungen,  servus  citntim  venit.  Stei.nbach  2,  646;  Ich 
fragte  nach  dem  ältesten,  und  sie  hatte  mir  kaum  gesagt, 
dasz  er  sich  auf  der  wiese  mit  einem  paar  gänsen  berumjage, 
als  er  gesprungen  kam,  und  dem  zweylen  eine  haselgerte 
mitbrachte.  Göthe  16,  20;  eilig  kamen  bediente  mit  lichtem 
auf  die  treppe  des  hauptgebäudes  gesprungen.  18,253;  ich 
sah  ihn  bald  genug  über  die  gasse  gesprungen  kommen. 
ThCmmel  reise  5,  15; 

da  kommt  eiusmals  gesprungen  sein  jüngster  edelknab! 

Ubla.nd  ged.  359; 
was  rauscht,  was  raschelt  durch  den  busch?  ... 
mein  liebchen  kommt  gesprungen,  husch! 
und  herzt  mich  fast  zu  tod.    24. 

S)  mit  angäbe  des  zieles:  in  einen  ort  S|)ringen,  saltu  locum 
quendam  petere.  Frisch  2,309';  ich  will  nur  einmal  in  den 
stall  springen,  (um  nachzusehen,  was  dort  vorgeht).  Spiess  239; 
{vom  Selbstmord:)  an  einen  ort  vorausspringen,  den  ich  nicht 
länger  missen  kann  —  ist  denn  das  sünde?  Schilleb  kab.  u. 
liebe  5,1;  die  Vandalen  sprangen  an  die  thore,  von  da  die 
stufen  hinab  einer  nach  dem  andern,  wie  der  alte  sie  rief. 
Fbkttag  8,203; 

hab  anfang'  zu  springen 

nach  Wetlahem  in  stall. 

Wbi>hold  weihnachtsspiele  93; 

'der  mutter  sag  icb's!'  ruft  das  tolle  kind 

und  springt  lur  thür.     Storm  S,  301. 

vgl.:  wir  seynd  tapfer  gesprungen,  dasz  wir  das  thor  erreichet 
haben,  habbiamo  saUato  cioe  corso  spacciatamente  per  gtungere 
la  porta.  Kbaheb  dict.  2  (1702),  89(i'.  auch  personen  als  richtungs- 
angabe:  Fiesko !  Fiesko!  Andreas  ist  zurück,  halb  Genua 
springt  dem  Andreas  zu.  Schiller  Fiesko  5,  n,  d.  h.  läuft  ihm 
entgegen ; 

nur  eine  faszte  sich  und  sprang  zum  Aescuiap, 

der  durch  ein  krälTt'ges  saltz  die  schlaffsucht  ilüchiig  machte, 

und  den  gerührten  gott  soweit  zu  rechte  brachte, 

dasz  er  mit  welcker  band  ein  lebenszeichen  gab. 

GCNTHKB  (1735;  512; 
schau  ich   hin,   da  springt  ein  knabe  von  der  frauen  schosz 

zum  manne, 
von  dem  vater  xu  der  mutter.    Görat  41,228; 

so  schon  mhd,: 

niuwan  ein,  Kälogröanl, 

der  spranc  engegen  ir  (der  köniijin)  zehaot, 

er  neic  ir  unde  enpfienc  sL    /tr<>iii  106; 

Hagene  zühtecliche      ze  den  boten  spranc 

unt  enpfie  si  minnecliche.     Sih.  1376,  3  Lachmann. 

in  ein  hausz  springen,  sich  zu  retten,  saUare,  sbalxare  in  una 
casa  per  salvarsi.  Krameb  dirt.  2  (1702),  89o';  und  wann  werd' 
ich  in  dein  haus  springen  oder  schleichen?  gott  verhüte  letztes! 
J.  Paul  Eatzenbergers  badereise  1,48;  wenn  der  Soldatentrupp  in 
dorf  oder  landstadt  einrückte,  sprangen  die  Soldaten  wie  teufel 
in  die  einzelnen  bäuser,  die  gröszte  düogerstätte  lockte  am 
meisten,  denn  doil  war  der  gröszte  Wohlstand.  Freitag  20,98; 
da  sprang  durch  die  erschrocknen  freier 
ein  toller  knabe  in  das  baus.     Storm  8,291. 

die  knaben  sprangen  hinter  den  wagen  und  hemmten  den  rück- 
Inuf  durch  steine,  und  doch  zerrten  die  zugthiere  machtlos. 
Fbeytac  8,  156;  da  als  der  alle  unter  die  bäume  sprang, 
dröhnte  der  machtige  steintrog,  abwärts  aus  seinem  lager 
gev\orfen.    197;    er  sprang  in  den  weg  vor  den  häufen.    199. 


91 


SPRINGEN 


hierher  auch  noch:  da  das  die  apostel  Barnabas  und  l'aulus 
höreten,  zurissen  sie  jre  kieider  und  spruugen  unter  das  volck, 
scbiien  und  sprachen:  jr  nienner,  was  niacbet  Jr  da?  apostel- 
gesch.  14,  14. 

f)  dem  vorigen  entsfn-echend  mit  einer  angäbe  des  woher  in  der 
bedeutung  ^forteilen,  eilig  herauslaufen  :  ein  jüger  sprang  aus 
einem  gebüsch  und  legte  auf  den  hund  an.  Cor.  L.  Heyne  in 
den  erzählern  des  IS.  jahrh.  20;  da  sprangen  fünf  bis  sechs  be- 
diente aus  dem  hinierbait,  und  entwanden  mir  den  degen. 
ScuiLLEB  rduber  3, 2  schausp. ; 

das  mädcheD  erschrickt,  sie  ruTi  uach  liilTe, 

der  bursche,  der  feurige,  springt  aus  dem  schüfe. 

LiNAU  2,  121  Kürschner; 
wie  rehte  tobelichea      er  iti  dem  hluote  spraiic. 

A«/'.  19S7,  1  l.tniimann. 
belegen  unter  dl  entsprechend  auch  von  personen:  er  gehorchte  und 
sprang  von  ihr.  Freytag  1,48.  auch  von  fluchtartiger  entfemung: 
aus  dem  kioster  springen,  saltare  cioe  scappare,  fuggire  dal 
cliiostro.  Krämer  dicJ.  2  (1702),  890*;  aus  dem  kioster  springen, 
abjicere  cucullutn.  STtiNUACH  2,645; 

derlialb  sie  [die  niönchr)  ausz  den  klöstero  springen, 

sind  unleidlich  solclis  uugemachs, 

fliehen  das  creutz.      H.  Sachs  17,330  Keller-Cönr; 

vgL:  mach  izt  nur,  dasz  du  fortkommst,  und  ungesehen! 
spring  durch  die  bintertbüre  in  den  bof,  von  da  über  die 
gartenmauer.  Schiller  räuber  2,1  schausp.; 

also  der  stritemüede      üi  dem  iiüse  spranc, 
wa{  iteuiwer  swerte      ü(  sime  helme  erklanc. 

At/>.  1877,  1  Liickmann. 
nur  in  dem  sinne  von  schnell  herabkommen: 

er  (Ctiiistus)  tarn  menschen  unverdrossen 
sprang'  von  seinem  gülden  saal. 

Spee  Irulznaclii.  18t,  22  Balke. 

schnell  hervorkommen,  hervorlau feti : 

unser  herre  got  was  ein  brudgam : 
usz  einer  kammer  sail  hie  springen. 

Alsfeläfi-  piissionssp.  4973. 

an  den  luken  der  dorfhüuser  wurden  frauenküpfe  sichtbar, 
aus  jeder  thür  sprang  eine  schaar  blauäugiger  kinder.  Freytag 
8,11;  und  dasz  aus  dieser  neuen  thür 

bald  fromme  kindlein  springen  lür. 

Uhland  tjeit.  62  (zinimermannssprticli). 

P  springen  von  einem,  der  sich  eilig  und  schnell  und  deshalb 
mutvoll  in  die  schlacht,  dann  überhaupt  in  eine  gefahr  begiebt: 
ins  feld  springen ,  saltar'  in  campo.  met.  correr'  alla  guerra, 
lt.  presentarsi  al  duello.  Krämer  dict.  2  (1702),  890";  es  war  auch 
dem  manne  nur  verhültniszmäszig  seltenes  Ihun,  mit  ge- 
sträubtem haare  brummend  wie  ein  bär  in  die  feinde  zu 
springen.  Fbeytac  17,89; 

von  dem  rosenpfühl 
in  das  Speergewühl 
ein  jeder  gepanzert  springe. 

SiiACHwiTz  (jfid.  71  Weinhold; 
vgl.:  er  ilwein)  het  sin  (i/>'5  töwm)  wol  enborn 

und  lie'{  ouch  äne  gröjen  zorn, 
da{  er  in  sine  helfe  spranc.    Iwriu  lAOX 

'zürne  nicht'  antwortete  Ingo,  'wenn  ich  diesmal  in  die  gefahr 
springe  wie  ein  fahrender  recke  und  nicht  herumgehe  wie 
ein  seszbafter  mann..'  Freytag  8, li&; 

die  ihr  schon  vom  taumelkelch  berauschet 

in  die  arme  des  Verderbens  springt. 

kommt  zurüke  Jünglinge  und  lauschet 

was  der  weisziieit  ernste  leyer  singt.    Schiller  l,lt)7. 

fj)  auch  sonst  von  eiligen  bewegungen  im  kämpfe:  Ingo  fuhr 
empor;  wie  damals  in  der  balle  strahlte  sein  untlitz  vor  Freude, 
wahrend  die  andern  iniinner  zu  einem  häufen  sprangen  und 
uacb  den  watlen  griffen.  Frbytag8,80;  da  strauchelte  Theodulf 
unter  schwerem  schlage  und  wieder  sprang  Ingo  nach  ihm.  102; 
du  «prungen  zuo  den  vinden       de«  luargri'iven  man. 

Nih,  2146,  1  l.iirhmiinii. 

die  ludfeinde  sprangen  gegeneinander,  schildlos  in  helinkuppe 
und  panzerbemd  mit  geschwungenem  scbwert.  Frettac  8,102; 

dein  hulTart  halt  ich  in  ein  ichantz 

und  tli&n  midi  kurtz  besinnen 

erwiich  ich  dich  In  dem  mejrland 

dapITer  wend  (/.  wernd;  «vir  zAsamen  ipriiigen. 

Gknoe.'<«acu  17,  IUI  Oöitekf; 

hierher  wol  auch:  Ton  einander  tpriogen,  di$iiUre.  Stkihsacb 
7,  US. 

9')  mit  einer  finalen  besttmmung:  nach  etwas  springen,  saltare 
t*oe  ipiccar'  un  salto  per  aUignere,  yiungere,  cofliert  u  acchiappare 
tiuakhe  cota.  Krämer  dir(.2(l7ü2),8b9';  ao  ein  icbwerdt  spriügen, 
(unlirt  in  ferium    Maalkh  382*; 


SPRINGEN  92 

Junker  Casper  zu  der  siuben  eintrat, 
der  Liudenschmid  von  herzen  ser  erschrack  .  . . 
der  Lindenschmid  der  war  ein  freier  reuiersman, 
wie  bald  er  zu  der  klingen  sprang. 
_  I  ,  ,  .  .  UULAND  vulksl*  272 ; 

vgl.  einen  eilig  wohin  senden: 

si  bieten  halde  springen,      di  man  Ir  geweffen  vant. 

Nib.  2105, 1  iMchmann; 
Albreht  der  furste  junge 
hie;  halde  springen, 

die  hantveste  bringen.    Ottokar  reimchron.  36136. 
hierher  auch: 

mit  drabtnen  peitschen  sprangen  die  Tartaren, 
dem  lästigen  die  sohlen  zu  beflügeln. 

Strachwitz  iieil.  290  Weinhold. 
f)  springen  von  thieren  gesagt. 

u)  als  benehmen  eines  halsstarrigen  und  dem  menschen  nitht 
gehorchenden  (zug-  oder  reit)lhieres :  als  aber  der  knecht  sich  jetzt 
auf  seinen  (des  schimmeis)  rücken  schwingen  wollte,  sprang  er 
mit  einem  jähen  satz  zur  seile  und  stand  dann  wieder  unbeweg- 
lich. Storm  7,  224.  dann  überhaupt  eine  dem  hintenausschlagen 
nebengeordnete  begleiterscheinung:  ja  aller  massen,  wie  ihr  an 
eim  esel  secht,  wann  jnen  die  junonische  roszpräinen  stecken, 
hin  und  wider  on  weisz  und  weg  lauffen,  ...  obn  unlerlasz 
wie  ein  veitsdäntzer  springen  und  bindenausz  schlagen. 
Garg.2'ot';  vgl.:  (leichtfertige  geister)  ...  katze\n  sich  selbs  mit 
feinen  gedancken,  das  sie  gleich  lecken  und  springen.  Luther 
23,  485, 13  Weim.  ausg. 

ß)  als  eigenschaft  des  katiengeschlechtes  {vgl.  oben  l,c):  sie 
{die  tiger)  können  sehr  hoch  springen.  Fleming  der  teutsche 
Jäger  S5";  springen,  tn  der  Jägersprache  von  dem  ein  thier  be- 
schleichenden und  im  sprumj  anfallenden  luchse.  Jacobsson  4,237'; 
die  katz  springt  auf  den  herd,  la  galta  salta  sul  focolare. 
KiiAMER  dict.  2(1702),  S89';  und  kroch  ich,  wenn's  mir  kalt 
wurde,  in  mein  bell  —  es  dauerte  nicht  lang,  so  sprang  er 
{der  kater)  zu  mir  und  legte  sich  auf  meine  frierenden  beine, 
und  wir  schliefen  so  warm  mitsammen.  Storm  7,  164. 

y)  in  ähnlicher  bedeutung  auch  von  pferden  und  künden  gesagt: 
das  pferd  springt,  kan  springen,  quel  cavallo  saUa,  fa  salti,  e 
saltatore.  Kramer  dirt.  2  (1702),  889*; 
ich  gibe  dir  zuo  der  wiete 
einen  hengest  der  ist  drcete 
und  der  wol  springe  ziune  und  graben. 

meier  llclmbrecht  237  Keinti 
und  über  graben,  schanz'  und  wall 
hin  sprang  er  {der  heiKist)  wild  und  toll. 

Strachwitz  ged.  102  Weinhold, 
der  hund  springt,  canis  satit.  Stei.nbach  2,645;  da  ließ"  der 
hund  vorbin,  ...  und  wedelt  mit  seinem  scbwantz,  sprang 
und  stellet  sich  frölich.  Tob.  li,9;  der  hund  springt  auf  die 
banck,  «/  cane  salta  sulla  panca.  Krämer  dict.  2  (1702),  889*; 
denn  es  {das  hündlein  von  breiten)  sprang  nicht  nur  für  aller- 
hand beliebte  hohe  und  niedere  Standespersonen  und  für 
allerhand  schone  Jungfern  seiner  zeit  durch  den  reif.  ßiiENTA.'«o 
4,418;  dann  aber  übergehend  in  die  bedeutung  ^schnell  laufen, 
rennen  {entsprechend  obenl,d):  unterdesz  hatte  der  Wächter 
für  sich  eins  von  den  rossen  eingefangen,  welche  in  besonderem 
gehege  sprangen.  Fbettag  8,9;  nimm  die  spitze,  Wolf,  und 
lasz  die  rosse  springen,  frisch  bläst  die  nacbtiuft.  152; 
der  Dachen  übern  spiegel  scliosz 
als  wie  ein  springend  Perserrosz. 

Strachwitz  y.rf.  282  Weinhold. 
plötzlich  springt  er  {der  hundj  in's  dorf  zurück  und  sucht  den 
kameradeu  {seines  kerrn).  Hebel  2,167; 

sonst  war  es  kirchenstiil  in  alle  weite, 
kein  vogel  hörbar;  nur  an  meiner  seile 
sprang  schnaufend  ah  und  zu  des  oheims  hund. 

Stoim  8,  228. 
d)  von    dem   hüpfenden  laufen  der  kdlber  und  Idmmer:    das 
springen  der  külher,  vitulamen.  Frisch  2,  S09'; 

so  frisch  die  saugend  lammerleiii 
noch  nie  zun  hrüiten  sprangen, 

Spee  truunachi.  14»,  30  Batke;  i 

f:lRich  deine  «cliitriela  mancher  ton  1 

n  blauen  felden  iprungen.     130,  44; 
die  welsieii  Ittmmer  springen 
im  welchen  grünen  klee.    Heine  I,  205  Eltirr. 

vgl.:  behaglich  schien  mir's  oft,  im  Sonnenschein  über  den 
Ihälern  zu  sitzen,  wenn  die  bucklein  in  unserm  bofe  gegen- 
einander sprangen.  Friitag  s,  18G. 

/)  die  genise  springt  in  dem  sinne  von  l,  c: 

auf  klippen.  wo  den  pfad  die  fnnhi  vertchlingi, 
wohin  verzweifelnd  nur  dl*  geniio  npringi. 

I.BNAU  2,  M  kmfchner. 


I 


',5  3 


SPRINGEN 


SPRINGEN 


94 


^)  ton  den  wilden  thieren  des  tcoldes:  ist  aber  er  (der  fuchi) 

linrt  gevangen.   s6    slift   er  sich  töten,  ung  man  in  aug  der 

drawhen  gezeuclit.  s6  springet  er  sein  sträz.  Megenberg  164,11; 

wo  etwa  ein  wind  hauchet.  . . .  oder  das  wasser  mit  vollem 

';uiff   rauschet,   oder  die  steine  mit  starckem  poltern  fielen, 

der   die    springenden    Ihier,    die   sie    nicht    sehen   konnten, 

elfen,  ...    so    erschreckt   es    sie   und    machte    sie    verzagt. 

'  "ish.  Sal.  17,19;    das  wild,    welches  im  Sonnenlicht  springt, 

liegt  mein  herr  mit  seinen  knaben  wohl  allein,  bei  der  wolfs- 

gd  in  der  nacht  will  ich  ihm  nicht  fehlen.  Frettag  8, 122; 

er  hase  springt  aus  dem  lager;  der  hase  springt  durch  den 

lisch;  ich  nim  mir  ein  ebenbild 

bey  mancliem  tierlein  wild. 

das  springt  auf  grüner  beide, 

got  btiüi  im  sein  gefildl     Uhlajid  volkfl.  213,4; 

in  schatlenreichen  wäldern 
war  braunes  wild,  das  brüllend  sprang. 

Uz  213  Smer; 
kein  beszre  lust  in  dieser  zeit, 
als  durch  den  wald  zu  driugeu, 
wo  drossel  singt  und  habicht  schreit, 
wo  hirsch'  und  rehe  springen.    Uhlahd  ged.  32. 

deutlich  sich  an  1,  c  knüpfend:  der  hirsch  springet  über  den 
zeug,  il  eervo  salta  le  tele,  le  tende.  Krämer  dict.  2  (1702),  SS9'. 
in  der  tceidmannssprache  vom  fliehenden  hasen:  der  hase  springet 
ubers  zeug,  oder  wege  und  graben.  Döbel  1,  3l'.  Jacobsso?! 
4,  237'.    BehleN   5,661. 

»7)  selten  vom  hüpfen  der  vögel: 

(truiznachtiqall')  von  bäum  zun  bäumen  springet, 

durchstreichet  berg  und  thal, 

in  feld  und  wäldern  singet 

weisz  keiner  noten  zahl.     Spkb  tiuiznacht.  Z,iZ  Balke. 

d')  vom  hüpfen  der  früsche.  (mit  beziehung  auf  die  sage  von 
iler  schuangerschaft  des  kaiser  ?iero:)  in  der  that  hat  die  wut, 
=ich  die  attribute  des  andern  geschlechts  anzueignen,  immer 
etwas  Neronisches;  möge  jedesmal  die  kröte  in  den  sumpf 
springen.  Keller  7.90; 

me  seth  de  ützen  u|>  den  stöl  — 
se  sprynget  wedder  in  den  p6l. 
unde  so  ein  yderman  is. 
socht  he  syn  selschop,  dat  is  wys. 

Hraunsehw.  scIiicIiUpiel  2171  in  den 
d.  städtcchron.  16, 171 ; 
die  kröte  springt  aus  dem  kieselstein. 
ein  hin  bat  ihn  zerschlagen.    Killh  10,  103. 

t)  von  der  sich  aus  dem  wasser  schnellenden  bewegung  der 
fische:  der  flsch  springt,  il  pesce  saüa,  cioe  palpita.  Krämer 
die«.  2(1702),  S90'; 

(im  friiliting:) 

da  die  Togel  lieder  singen. 

da  die  fische  spränge  springen.    Logau  1,  151,50; 

die  üsche  springen,  und  das  Wasserhuhn 

taucht  unter,    ein  gewitter  ist  im  anzug. 

zu  dir.  zu  dir  Scbiller  14,  273  (TeH  1.  1); 

ruft  mensch  und  thier! 

der  Togel  dir  singt, 

das  fischlein  dir  springt.    Brk:itai«o  5,  177; 

auch  sonst  von  meerungeheuern :  du  bist  gleich  wie  ein  lewe 
anter  den  beiden,  und  wie  ein  meerdrach,  und  springest  in 
deinen  strömen,  und  trübest  das  wasser  mit  deinen  füssen. 
Hesek.  32,  2. 

x)  die  heuschrecke  springt,  dc//ieriÄr«6enefinHnjensprenger,ni. 
I,e.<p.  4!,  sprengsei,  m.  1  sp.  44,  Springer,  m.  {s.  unten). 

}.)  springende  thiere,  ein  in  die  höhe  schnellendes  spielzevg 
in  der  gestall   von  hunden,   katien ,    mausen,   hasen,    fröschen. 

JiCOBSSON   7,  414*. 

fi)  im  besonderen  wird  springen  von  der  begatlung  des  «eiblichen 
tiekes  durch  das  männliche  gesagt  {vgl.  auch  oben  bespringen,  rerb,  1 
Iheil  1, 1643):  springen,  faszlen,  als  wenn  der  springhengst  auff 
die  stöten  springt,  salire  dicuntur  animalia  bruta.  Maaler  382'; 
springen,  porro  de  admissione  equi  ad  equam  dicitur.  Stieles  2105 ; 
springen,  bespriugen,  als  das  meiste  vieh,  wann  es  sich  ter- 
mehren  will,  coire.  Frisch  2,309'.  denn  wenn  die  zeit  des 
laufTs  kam,  hub  ich  meine  äugen  auff,  und  sähe  im  träum. 
und  sihe,  die  bocke  Sprüngen  auf  die  sprenckliche,  lleckete 
und  bundte  herde.  l  Mos.  31, 10;  er  {der  engel  gottes)  aber 
sprach,  heb  auff  deine  äugen,  und  sihe,  die  bocke  springen 
auff  die  sprenckliche,  lleckete  und  bundte  herde.  12;  der 
Hengst  springt  auf  die  stute,  lo  Stallone  salta,  sale  cioe  copre  la 
nalla.  Kramer  rficf.  2  (1702),  8S9';  der  stier,  hengst  springt  die 
i<ue,  die  stueten.  Scbii,*  2,703,  hier  deutlieh  anstatt  hesfr'xngen. 
dann  auch  Wendungen  wie:  einen  hengst,  bock  springen  lassen, 
far  saure,  U.  nmmettere,  dare  lo  Stallone  alia  giumenta,  tl  beceo 


I   aUa   capra.   Kramer  dict.  2  (1702),  889';   die   bßcke  haben  ge- 
!    Sprüngen,  eapri  coiverunt  cum  capellis.  Stieler  2105;  der  hengst 
hat  gesprungen,  lo  Stallone  ha  salite.  Kramer  dict.  2(1702),  S90'; 
de  numi  {luchtstier)  springt,   bespringt  die  kuh.   Hcnzuer  248. 
substantivisch    gewendet:    das    springen    der    thiere    der   zucht 
halber,  coitus.  Frisch  2,309*;  von  der  brunsticit  des  wildes: 
und  wenn  es  in  dem  springen  steht, 
so  scheuchst  weder  hecken  noch  dornen. 

Atiibraser  liederb.  119,  11. 

zweifelhaft,  ob  hierher  gehörig:  item  welcher  springete  rosz  hat 
oder  durchgeents  vich,  das  soll  er  seinen  nachparn  an  schaden 
halten,  tätten  sie  aber  schaden,  soll  es  der  entgelten,  dessen 
das  vich  ist.  österr.  weisth.  I,  21,  6,  wo  aber  immerhin  beschälende 
rosse  gemeint  sein  mögen. 

v)  springen  der  thiere  im  vergleich,  zur  Charakterisierung  von 
menschlicher  tanzbewegung :  spilt  wie  der  walfisch  mit  den 
tonnen,  sprang  wie  die  meerkälber.  Garg.  178';  wie  kalber 
springen,  vituliri.  Frisch  2,  309';  er  springt  wie  ein  kalb  auf 
der  wiese.  Wander  4,747; 

so  hab  ich  aber  pfennig  mer 

oder  ain  neuen  rock. 

TOD  freuden  spring  ich  als  ain  pock. 
,       .  .        ,         .         -     .  ,  /■"«<«.  sp.  498.  11  Keller; 

{so  ist  wol  auch  aufzufassen:) 

mein  wohl  gestimmtes  spiel,  das  manchen  held  besungen, 
steht  kaum  noch  diesem  an,  der  nach  dem  bocke  springt. 

Gü.NTHKR  (1735)  all; 
da  {beiyn  pflügen)  sing  ich  jjir  die  arbeit  leicht 
und  spring  und  tanze  wie  ein  hirsch.    Höltt  39. 

in  dem  sinne  von  springen,  verb.  i,  c:  auff  die  füsze  springen 
wie  eine  katze,  soltar'  in  piedi  come  la  gatta.  Kramer  dict. 
2  (1702),  889";  als  heuschrecken  springen,  suftsi/tr«.  Frisch  2,309'. 
xur  Charakterisierung  schnellen  laufens:  er  springt  wie  ein  hirsch, 
egli  salta,  corre  come  un  cerbio.  Kramer  die«.  2  (1702),  890* ;  er 
mag  springa  wie  n'en  has,  er  ist  ein  sehr  guter  Idufer.  Toblbr  381*. 

g)  von  leblosen  concreten. 

a)  ein  rundlicher  körper  springt  ton  einer  erhöhung:  'vil  köpff. 
»il  sinn',  sprach  ein  fürmann,  der  warff  einen  wagen  mit 
krauts  köpff  umb;  da  sprang  einer  hie  aus,  der  ander  dort 
aus.  MoRTANCs  Schwankbücher  345  Bolte.  infolge  irgend  einer 
anderen  kraftwirkung  veranlaszte  hüpfende  bewegung  eines  gegen- 
ständes: der  ball  springt,  la  palla  balza.  Kramer  die/. 2(1 702), S90'; 
der  ball  höret  auf  zu  springen,  la  palla  muore.  ebenda;  vgl: 
springende  docke,  bamboceia  saUante,  saltarina.  890';  das  spiel 
des  lebens  sah  mich  heiter  an  vom  grünen  tisch,  wenn  stark 
pointirt  wurde,  und  die  kugel  für  die  bank  sprang.  Immermahh 
Münchh.  1,  121.    in  einem  Springbrunnen: 

hier  hüpfen,  springen,  steigen,  fallen 

viel  kleine  kugeln,  die  so  rein, 

dasz  auch  die  reinsten  bergcrystallen 

nicht  rein  bey  ihrem  schimmei-  seyn.    Brocees  2,111; 

weisze  blasen  seh  ich  springen, 

wohl  die  massen  sind  im  Qusz.    Schill»  11,306; 

er  drischt  sein  stroh  noch  weiter, 

im  lust'gen  klipp  und  klapp, 

und  als  die  körner  springen, 

da  folgt  ihm  mann  für  mann.     Hebbel  7,  63. 

sieh!  selbst  der  tisch  springt  von  dem  erschütterten  boden 
in  die  höh!  Lessing  4,  279;  es  ist  aber  den  ästhetischen  kunst- 
griffen,  womit  ein  autor  die  erwartung  seiner  leser  so  auszer- 
ordentlich  anspannt,  ganz  gemäsz,  dasz  ich's  nicht  eher  er- 
öffne, was  von  Jenner  in  der  springenden  sanfte  sasz.  J.  Paul 
Hesp.  1,  178.  das  rad  springt  aus  dem  geleisc;  vgl.  in  weiterer 
Übertragung:  wie  es  denn  dem  notwendigen,  springt  es  aus 
dem  alten  geleise,  in  solch  einer  dorfgemeinde  einmal  so  geht. 
Sohnrey  im  grünen  klee,  im  weiszen  schnee  132.  in  einer  art 
personifitierung  von  der  sonne: 

und  abend  ist's,  mit  wildem  satze  sprang 

die  sonne  plötzlich  in  den  Untergang. 

am  himmel  rollt  herein  ein  schwarz  gewitter. 

I.e:iau  2,  182  Attrjtc/iner. 
ron  einem  mehr  plötzlichen  Wechsel  des  windes  in  der  seemanns- 
sprache:  der  wind  sprung  gen  norden.  Egcers  2,961;  vgl.  der 
wind  springt  um.  springende  ffämmchen  als  meteorologische 
erscheinung  einer  springenden  geisz  verglichen  und  darnach  ge- 
nannt: ej  gcschiht  auch  oft,  daj  der  vaijt  dunst  zesträwet 
ist  in  vil  stuck,  die  doch  nähent  pei  einander  swebent  in  dem 
luft,  und  springt  denne  diu  flamm  von  ainem  an  daj  ander 
wol  snell,  reht  als  der  mit  ainem  prinnenden  scbaub  füer 
Ober  vil  kerzen  und  die  snell  nAch  ainander  entzQnte.  .Mege."*- 
BERG  77,35;  so  dunkt  uns  denne,  daj  ain  flamm  spring  in 
dem  lüfte  sam  ain  gaij.    darumb  hai^t  da;  feur  diu  springend 


95 


SPRINGEN 


SPRINGEN 


96 


gai|.  7S,S.  4.  anders  ift  aufzufassen:  das  feuer  spirogel,  il 
fuoco  cripo,  crepola.  Krameb  dict.  2  (1102),  890';  es  sprüht  funken, 
vgl-:  daj  iiur  spranc  von  Stile,     sam  cj  wate  der  wind. 

Sil',  430,  4  Lnchmatiu. 

der  wein  springt  im  glasz,  ü  vino  saltella,  brilla,  grilla  nel 
bitthiere.   Kramer  diel,  2  (1702),  890',   wenn  er  stark  moussiert: 

wo  in  der  schale  springt  der  wein, 

wo  kluge  seilen  spielen  rein, 

wo  süsse  küsse  Tallen  drein. 

da  kan  man  hertilicb  lustig  seyn.     Lookv  3,  '6,  5. 

anstatt  sich  sträuben  ton  den  haaren:  Verrina.  das  ist  der  ort 
fiourgognino,  der  schrüklicbste,  den  du  auffinden  konnl<;si. 
vater,  wenn  das,  was  du  hier  Tornebroen  willst,  dem  orte 
gleichsieht,  vater,  so  werden  meine  haarspizen  aufwärts 
springen.  Schillfb  Fiesko  3, 1.  eine  hrückc  springt  ülier  den 
tlusz,  das  thal:  den  steilsten,  Zickzack  über  felsen  springenden 
stieg  erklommen  wir  mit  hundert  und  aber  bunderten,  lang- 
sam. GüTHE  43.  260. 

ß)  im  vergleiche:  springen  wie  ein  ball,  saltare,  baliare. 
Kramer  diel.  2  ( l ■;02),  S89' ; 

und  so  liüpft  er  auf  die  masse  dieses  Telsens,  von  der  kanic 
lu  dem  andern  und  umher  so  wie  ein  liall  geschlagen  springt. 

GöTHK  41,  229. 

h)  im  schaehspiel  haben  einige  figuren  das  recht  zu  springen, 
d.  h.  beim  weilergehen  einige  feldtr  in  bestimmter  Ordnung  zu 
überschlagen: 

sd  sich  der  erat  (drr  kdnig)  der  reis  enspart 
und  noch  üf  eigem  velde  stät,  . . . 
80  mac  er  springen  in  die  wit 
für  den  rilter  zer  tenken  sit. 

Beringen  acliachgetl,  9766 ; 
er  (der  knnig)  mac  ouch  Tür  sich  in  die  riht 
wol  springen,  aber  fürbat  niht 
dann  an  die  dritten  zilen.    9797; 

substarUiviseh  gewendet: 

die  allen  al  des  riches  wal 
durcbvarent  mit  ir  springen.    10330. 

vgl,  auch  unten  Springer,  m.  3  sp.  105. 

i)  eine  person,  ein  ding  springt,  wird  vernichtet,  dementsprechend 
auch  eine  person,  ein  ding  springen  lassen. 

a)  lu  gründe  liegt  wol  dem  später  stark  verblaszten  gebrauche 
die  Wendung  einen  über  die  klinge  springen  lassen,  ihm  das 
leben  nehmen,  vgl,  auch  oben  theil  5, 1173.  eine  noch  ganz  eigent- 
liche Wendung,  wie  zur  leibesitbung:  über  blosse  degen  springen, 
saltare  su  per  le  spade  nude.  Krämer  dict.  2(1702),  889'  hat  wol 
lu  dieser  als  ein  wilder  soldatenscherz  aufzufassenden  Übertragung 
anlasz  gegeben,  dasz  du  (Luther)  die  irrenden  menschen  (auf- 
ständischen bauern)  also  schumplierest  und  über  die  kalten 
klingen  (wie  du  benkerisch  darvon  redest)  springen  kansl 
loszen.  IcKELSAMER  dag  etl.  brüder  a2';  Canut,  kunig  von  Däne- 
mark, hat  sich  der  Stadt  Winchester,  durch  vcrriitherey  eines 
eiowobners,  bemächtigt,  und  befiehlt  alles  über  die  klinge 
springen  zu  lassen.  Lessirg  4, 327 ;  als  rein  moralisches  ab- 
urtkeilen  gefaszt:  aber  diese  neuern,  sagte  Selim,  die  sie  hier 
80  vracker  über  die  klinge  springen  lassen,  sind  doch  bey 
weitem  so  verächtlich  nicht,  als  sie  vorgeben.  7,377.  die 
Wendung  durch  die  klingen  springen,  cervices  securi  subjicere. 
SaiüMKLEDKR,  Itesie  fast  eine  dem  spieszrutenlaufen  ähnliche 
exeeution  vermuten,  wenn  nicht  hier  gleichsam  an  ein  hindurch- 
tpringen  des  hinzurichtenden  durch  die  klinge  des  richtbeilrs  ge- 
dacht wird,  die  oben  vertretene  auffassung  findet  bestätigung 
durch  Wendungen  wie:  der  köpf  wird  ihm  über  die  klinge 
springen  mässen.  Rädlein  &16';  daneben  schon  in  rerblassung: 
also  treden  de  pertiebroder  äff  unde  leten  de  vestingh  ghan 
unde  gingen  unde  nuckeden  unde  drawcden  unde  spreken 
opeobar:  'i»T  scbullen  noch  itliken  de  koppe  umme  springen'. 
hraunsehw.  sehicktbuch  s.  j.  1446  (d.  stddtechron.  16,343, 10); 

Hocker,  ich  schaue  nicht  wie  sie  mit  nacbdruck  sey  zu  zwingen. 
I'eier.     tu  zwingen?  last  zwey.  drey  der  frechsten  köpITe  springen. 

A.  (ilTPBlus  1  (1698),  289; 
*#!•'      44  sluoc  dai  kint  Ortlieben      Ilagen  der  helt  guot, 
d«t  im  gein  der  hende      anme  swerte  vlöz  da{  bliioi 
nnt  der  kbniglnae      ds^  houpt  »pranc  in  die  scIiAj. 

.Mh.  189H.  3  l.iichmnnu. 

ß)  in  toüständiger  verbUutung  dann  er  mu»z  springen,  er  ist 

aufzugeben,  er  mutz  sterben  u.s.w.:  er  wird  springen  müssen, 

egli  doura   saltare  ctor  andare,   spar^iar  lerreno.    Krämer  dict. 

J  (I7OT),  •*)*.     von  einem,  der  im  sterben  siegt: 

der  Ist  lobenswerih,  der,  wenn  er  nun  miisz  springen, 
41*1,  was  Ihn  zwingen  wll,  kan  mit  zu  hnden  dringen. 

A.  UaTraiiii  l  (iei»8),  65. 


;)  allgemein  ^verloren  gehen,  drnufgehen:  es  wird  sein  hausz 
wol  springen  müssen,  possessio  ejus  absque  dubio  perditum  ibit. 
Stieler  2105;  meine  bibliolhek  wird  springen;  ich  behalte  von 
öoou  stück  nichts,  als  was  ich  zu  meinen  vorhabenden  arbeiten 
unumgänglich  brauche.  LESSI^c  12, 17«*;  besonders  gern  vom  gelde 
gesagt:  mein  gelt  musz  springen,  pecunia  profundenda  est. 
Stieier  2105;  das  geldlein  wird  springen,  ü  danaruccio  sen 
andera  a  spasso.  Krameb  die/.  2  (1702),  890",  s.  auch  unten,  ein 
ding  springen  lassen,  es  aufgeben,  draufgehen  lassen,  sich  des- 
selben verlustig  machen:  eine  gab  mir  ihren  ring  vom  finger, 
um  ihn  zum  andenken  zu  tragen;  da  hält  ich  nun  bald  in 
der  Verwirrung  ein  groszes  versehen  begangen,  und  ihr  nichts 
wiedergegeben,  der  graf  Nivello  raunte  mir  ins  ohr,  dasz  es 
meine  ulir  scyn  müsle.  lasz  sie  springen!  dacht'  ich.  Stürz 
2,411;  einen  daler  springen  laten.  DXhnert  454";  geld  springen 
lassen,  gegen  seine  gewohnheit  viel  geld  ausgeben,  um  sieh  zu 
zeigen,  Spiess  239;  ein  paar  ochsen  wollt'  ich  springen  lassen, 
wenn  ich  den  Michel  kunnt  loskriegen.  Rosecceb  1,43. 

S)  in  erneuter  bildlichkeit,  an  a  sich  ansehlieszend  einen  über 
die  Zunge  springen  lassen,  abfällig,  absprechend  über  ihn  urtheilen: 
Plato:  er  bat  sieb  ..  .  unterfangen  dich  zu  lästern,  und  uns 
alle . . .  Philosophie:  wie?  ihr  könnt  euch  so  erhitzen,  wenn  euch 
jemand  über  die  zunge  springen  last?  Wieland  Lueüin  1,  413; 

nimm  dich  meiner  freundschalTt  (piopinqnitas)  an 

und  verzeih  den  lästerzungen, 

über  die  ich  olTl  gesprungen.    Gönther  f/crf.  (1735)76: 

ähnlich:  diese  (die  narren)  aber  offt  tadeln,  beraffeln,  und  über 
den  zäun  ihrer  närrischen  vernunfft  springen  lassen,  was  sie 
niemalen  gewust  oder  verstanden,  ja  auch  was  nicht  einmal 
tadelnswerth  ist.  Simpl.  ],*»»  Keller;  als  entsprechend  noch  :a 
vergleichen  einen  von  der  kanzel  springen  lassen,  ihn  in  der 
predigt  gehörig  durchnehmen: 

ihr  solt  auch  nicht  ausz  hoher  räch 
all  neue  m,ihr  und  eigne  sach 
leichtrertig:  auf  die  cantzel  hringn 
und  leute  lan  herunder  springn 
auf  dasz  man  euch  nicht  werde  gram. 

I'HILANDER   V.  SlTTEMWALp    1,  445. 

dagegen  ohne  den  beisinn  des  tadelns  und  absprcchens:  er  springt 
von  der  kanzel,  wird  proklamiert,    vgl.  Woeste  252'. 

k)  in  mancherlei  bildlicher  Verwendung, 

n)  über  einen  satz,  eine  gedankenschwierigkeit  u.  s.  w.  nicht 
springen  können,  nicht  darüber  hinwegkommen,  sich  nicht  darüber 
hinweg  setzen  können:  sie  werden  nicht  über  den  spruch  springen 
heretici  'Juda  sol'.  Luther  20,567,3  U«m.  ausg,;  lieberlas  sie 
gehen,  sie  werden  mir  nicht  über  den  spruch  springen:  'Juda 
wird  geholffen  werden'.  24;  über  die  text  können  sie  nicht 
springen.  27,173,4.  vgl,:  las  sehen,  ob  der  Luther  über  das 
stücklin  springen  werde,  ich  meyne,  er  sey  gefangen.  3,143*; 
nu  sie  (die  natur)  ...  gotls  zorn  und  straffe  fulet,  helt  sie 
nicht  anders  von  gott  denn  als  von  eym  zornigen  tyrannen, 
kan  sich  nicht  über  solchen  zorn  schwingen  odder  über  solch 
fulen  springen.  19,223,15  Weim.  ausg.;  die  vernunfft  hat  sich 
jrer  (der  werke)  nicht  können  erwehren,  niemand  hat  können 
drüber  springen.  28, 675,  ."13;  eyn  solch  urteyl  bette  ybm  keyn 
b.ipst,  keyn  Jurist  noch  keyn  buch  geben  mügen,  sondern  es 
ist  ausz  freyer  vernunfft  über  aller  bflcher  recht  gesprungen 
so  feyn,  das  es  yderman  billichen  musz.  lt,2!<0,  I4.  hierher 
gehören  wol  auch  die  beiden  folgenden  stellen:  nu  sibe  mir  auch 
nicht  allzu  genaw  zu,  wie  ich  wil  so  scbwermerissch  springen 
und  iladdern.  23, 112, 15;  wol  in  dem  sinne  h'ergebUch  versuchen, 
darüber  hinwegzukommen,  es  zu  verstehen  :  wenn  sie  nu  Iietlrn 
wollen  oder  können  antworten,  solten  sie  uns  haben  hc- 
stendiglich  beweiset,  wie  gott  keine  weise  v\üszte  noch  vcr- 
inücbt,  das  Christus  im  himel  und  zugleich  sein  leib  im 
abendmal  were,  da  liegt  der  knote,  da  springen  sie  die  guten 
gesellen.  3,454'.     vql.  dazu  oben  theü  5,1605. 

ß)  mit  einem  einspruch  in  eine  rede  springen:  aber  in 
seinen  reiszeiiden  rcdestrom  war  mit  keiner  gegenrcde  zu 
springen.  J.  Paul  kämet  3,214. 

y)  springen,  in  einer  ernihlung  etwas  überschlagen:  wir  springen    i 
aber  auch  und  berichten,  daiz  es  dieser  hub  zwanzig  jähre 
spbter  etwas  genauer  nahm.  Kosiccer  1,297. 

<^)  von  einem  punkt  zum  andern  springen:  neine  seele 
springt  von  Vorsatz  zu  vorsatz;  der  geist  der  räche  lAszl  sich 
schwarz  über  mich  nieder,  und  umfoszt  mein  herz.  Kiincrr 
1, 13;  sein  argwöhn  sprang  Ton  eiaein  auf  den  andern,  und 
es  schien  mir  iininer,  als  wenn  er  nur  den  rechten  mann 
nicht  nennen  wolllr.  9,  Sil;  laszl  mich  den  h.nsz  mit  ihm  ins 


07 


SPRINGEN 


SPRINGEN 


98 


grab  legen,  dasz  er  nicht  ton  ihm  auf  euch  springe.  1,343; 
«labei  wird  es  ein  vorlheil  für  enlwicklung.  wenn  dem  leser, 
zumal  dem  deutschen,  ein  tapferes  springen  von  ähniichkeilen 
zu  ähnlichkeiten  über  iramer  breitere  graben  angesunnen  wird. 
J.  Paul  grönländische  prouist  l,  rorr.  10.  häuf.g  mit  dem  beiiinn 
des  flüchtigtn,  ungeordneten  u.  s.  w.:  Ton  einer  red  zu  der 
andern  springen  oder  fallen,  assilire  aliquod  genus  orationis. 
Maalkr  382";  von  einer  materi  ohne  Ternunffl  zur  andern 
springen,  saltare  di  palo  in  frasca,  scappare  dal  proposito. 
hRAiiEB  did.  2  (1702),  8S9';  sein  anhaltender  nnerniüdlicher 
fleisz  ging  so  weit,  dasz  er  die  ganze  ansehnliche  sammlung 
nach  allen  ihren  nummern  durchzeichnete,  indessen  wir  kinder 
Tom  einen  köpf  zum  andern  sprangen,  und  uns  nur  die  aus- 
wählten, die  uns  gefielen.  Gütbe  24,184; 

und  Ordnung  herrschte  nicht  im  reiche  der  nauir, 
die  niemals  flüchiig  springt,  und  siulTenweise  nur 
auf  ihrer  güldnen  leiter  steiget.      L'x  139  Sauer. 

im  part.:  vor  Überraschung  verhörte  er,  was  der  vogel  noch 
pfiff;  im  ganzen  schien's  ein  sehr  unregelmäsziges  springendes 
dnrcheinanderpfeifen  der  verschiedensten  vogelvveisen.  J.  Paul 
Mien  Fibtls  43;  bei  der  unruhig  springenden  und  alle  zeit 
begehrlichen  polilik  des  groszen  vater*.  Prltz  preusi.  gesch. 
2,292;  alle  die  Voraussetzungen,  die  einer  so  springenden,  im 
gründe  inkonsequenten  poIitik  Österreich  gegenüber  zum  ziele 
Tcrholfen  hätten.  3,  285. 

c)  in  einer  an  l,  h,  S  sich  anschlieszenden  yebrauchsweise  ein 
wort  über  die  zunge  springen  lassen  u.  ä.  häufig  mit  dem 
ieisinn  des  unbedachten:  dasz  sie  {die  jungen  leute)  nicht  sollen 
umb  die  tische  herunibstehen,  wenn  irgend  ein  rauthwilliger 
hochzeit-ga<it  ein  schlipffrii  b  wort  liesse  über  die  zunge 
»pringen.  Weise  erxn.  159  neudr.;  springt  einem  ein  nasen- 
weises wort  über's  maul  —  buinbs!  habens  fürst  und  nialresz 
und  Präsident,  und  du  hast  das  siedende  donnerweiter  am 
halse.  ScHiLLEB  kab.  u.  liebe  1,2; 

da  versetzte  sogleich  der  apotheker  bedächtig, 
dem  schon  lange  das  wort  von  der  lippe  zu  springen  bereit 

war.    GöiH«  40,  2S1. 

hierher  auch:  lieber  die  schönsten  zühne  nicht  gezeigt,  als  alle 
aogenblicke  das  herz  darüber  springen  lassen!  Lessing  l,  526. 
auch  ohne  solche  deutlichkeil  des  bildes:  Steffen  liesz  heute  ein 
terdächlig  wort  springen,  das  uns  all'  in  unruh  und  schrecken 
gesetzt.  Fr.  MüLLEB  3,290;  andere,  minder  gefährliche  und 
minder  nützliche  bonmots  liesz  ich  in  menge  springen,  würde 
aber  kein  einziges  hier  der  reiseweit  anbieten.  J.  Paul  aus 
des  teufeis  papieren  1, 27. 

u)  ein  gegenständ  springt  in  die  äugen,  tritt  hervor,  wird 
deutlich,  erkennbar,  hebt  sich  von  seiner  Umgebung  ab  u.  s.  ir., 
10  ton  einer  anzeige  in  der  zeitung:  als  am  sonnabenünach- 
mittage  unsere  guten  bürger  ihr  frisches  wochenblättchen  aus- 
einander falteten,  sprang  ihnen  in  breiten  lettern  die  anzeige 
io  die  äugen:  'morgen  Sonntagabend  sieben  uhr  auf  dem 
rathhaussaale  marionettenlheater  des  mechanikers  Joseph 
Tendier  hicselbst.'  Storm  4,  91;  dann  auch:  ich  versäumte 
nicht  die  allerliebsten  motive  hervorzuheben,  die  aus  diesen 
wOrdigen  kleinen  gebilden  dem  äuge  entgegen  sprangen. 
GOtbb  30,241;  rgl. : 

nur  allzu  wahr  ist  was  die  sclimähsucht  spricht; 
und  wollt  ich  läiignen,  spränge  nicht  . 

aus  euern  äugen  mir  die  wahrheil  ins  gesiebt? 

WiELA?<D  5,  251  {dir  vcrkl.  Amor  4,  '1). 

meHerhin  auch:  die  fehler  springen  in  die  äugen.  Lessinc  7,30b; 
wenn  nun  auf  diese  weise  schon  eine  grosze  und  würdige 
mannichfaltigkeit  in  die  äugen  springt.  Gütbe  44,  115;  sie 
{die  leser)  können  sich  unmöglich  die  zeit  nehmen,  einer 
•teile,  deren  sinn  ihnen  nicht  beym  ersten  anblick  in  die 
äugen  springt,  ein  wenig  nachzudenken.  Wikland  8,225 
{Danischmend  27);  (von  einem  lügengewerbe ,  eomplott  u.  s.  w.:) 
ich  dächte  doch,  das  gewebe  eines  ineisters  sollte  künstlicher 
•ein,  als  dem  flüchtigen  anfänger  so  gerade  zu  in  die  äugen 
in  springen.  Schiller  Fiesko  i,&;  bei  uns  musz  man  edel- 
mann  sein  oder  viel  geld  haben,  um  im  Staate  ein  mann  zu 
werden  ...  zwei  Verdienste,  deren  gültigkeit  jedem  vernünftigen 
•ogleich  in  die  äugen  springt.  i'iEVME  mein  leben  H;  doch  die 
magerkeit  eines  gothischen  oder  selbst  althochdeutschen 
giossars  gegen  das  mittelhochdeutsche  springt  ins  äuge. 
^  J.  Grimm  vorrede  zum  deutschen  urörterb.  l,  s.  iv;  mit  neuer  bild- 
lichkeit:  in  der  Sphäre  der  poesie  ist  alles  entschiedener  — 
jede  funktion  ist  höher  lebendig  und  springt  farbiger  in  die 
äugen.  Novalis  3,54  Mtiszner.  als  gleichbedeutend  ein  gegen- 
X.  2. 


stand  springt  zu  gesiebte:  er  übergab  mir  ...  die  ihm  fiber- 
reichten beweise  mit  dem  zusatze  —  mit  dem  zusatze,  ob 
nicht  hier  und  dort  mehr  zu  nehmen  —  und  da  und  dort 
weniger  zu  geben  sey  ...  nehmen  und  geben  springt  gar  zu 
sehr  zu  gesiebte.  Klinceb  9,  217.    vgl.  auch  oben  den  beleg  bei 

WiELARD  5,  251. 

T])  der  springende  punkt,  dem  lat.  punctum  salieus  ent- 
sprechend (eigentlich  den  blutßerken  im  eiweisz  bezeichnend,  der 
nach  Aristoteles  hist.  animal.  6,  3  das  herz  des  werdenden  vogels 
anzeigt  und  wie  ein  lebewesen  hfipft  und  springt.  Aldovrandi 
ornil/ioJ.  [1610]  XIV,  1),  der  punkt,  welcher  besonders  in  einer 
Verhandlung  u.  s.  w.  hervortritt,  um  den  sich  das  ganze  dreht: 
der  dualismus,  dem  . . .  die  . . .  gegnerschaft  Oeslerreichs  und 
Brandenburg-Preuszens  in  Deutschland  entwickelt  hatte,  wurde 
nun  vollends  zu  dem  springenden  punkte  in  der  geslaltung 
der  deutschen  dinge.  Pbijtz  preusz.  gesch.  3,62;  der  springende 
punkt  einer  Verhandlung,  eines  gespräches,  einer  anklage. 

&)  entsprechend  oben  1,  d.  mit  beziehung  auf  die  frühreife 
eines  Jünglings:  Karlos  selbst  war  in  meiner  gunst  gefallen, 
vielleicht  aus  keinem  andern  gründe,  als  weil  ich  ihm  in 
Jahren  zu  weil  voraus  gesprungen  war,  und  aus  der  entgegen- 
gesetzten Ursache  hatte  marquis  Posa  seinen  platz  einge- 
nommen. Schii.leb  6,35.  von  einem  grrücht:  kurz  nach  dem 
unheimlichen  auftritt  am  frühen  morgen  war  die  neuigkeit 
von  der  wunderbaren  erfindung.  deren  erzeugnisse  Arthur 
mitgebracht,  wie  ein  lauffeuer  durch  die  hüllen  gesprungen. 
Vislher  auch  einer  l,  172.  mit  dem  beisinn  des  frohlockenden: 
ha,  Fernando!  da  du  zu  mir  tratst,  imd  mein  herz  dir  ent- 
gegen sprang,  fühltest  du  nicht  da?  verirauen  auf  deine  treue, 
deine  gute?  Göthe  10, 1S3;  vgl.:  denn  die  weil  sie  (die  mutier 
gotles)  mit  frolichem  springenden  geyst  hie  sich  rumet  und 
got  lobet,  er  bah  sie  angesehen,  ob  sie  wol  nidrig  und  nichts 
geweszen  sey,  musz  man  glewben,  das  sie  arm,  vorachte,  ge- 
ringe ellcrn  gehabt.  Luther  7,548,31  Weim.  ausg. 

2)  springen,  von  flüssigkeit  gesagt. 

a)  schnell,  eilig  von  einem  orte  herabßieszen.  hierher  wol:  das 
Wasser  springt,  aqua  salit.  Steisbach  2,645.  in  eilender  (lucbl 
schmolzen  die  schneemassen  und  wasser  sprangen  von  allen 
abhängen,  lachend,  redend  und  singend  mit  tausend  zungen. 
Keller  5, 164; 

da  (im  icalile)  rauschten  bäume,  spraugen 

vom  fels  die  häciie  drein, 

und  tausend  stimmen  klangen 

verwirrend  aus  und  ein.     EicHcnootrr  1,  339. 

auek  von  thrdnen: 

mir  zähr  von  augeii  «prangen. 

Spke  tiutznachl.  148,20  Balke; 
heisze  thränen  sprangen  durch  die  lider, 
die  des  vaiers  hand  —  nicht  zugedrficlii! 

Freiligratu  3,  77. 

lang  herabwallendes  haar  wird  pieszendem  wasser  verglichen: 

IUI  was  der  vrouwen  här  so  laue, 
daj  e{  ir  üT  diu  hüfTel  spranc. 

r/PI   cerkerte  wirt  330  Lamb-I. 

b)  mU  dem  beisinn  des  in  die  höhe  spritzens:  eine  Wasser- 
kunst springen  lassen,  far  giuocare  le  acque  d'urtificio.  Kramer 
die/.  2(1702),  i>90';  von  einer  Springflut:  dal  water  springt,  got 
wel  wo  bog.  TEN  DooRKKAAT  KooLMAM  3,28»';  von  dem  gischt 
einet  Springbrunnens: 

es  (ein  reines  weis:)  iiüpTt,   es  springt,  es  sprülzt,  es  scheint 
zu  leben.     Grockks  2  (1739),  113, 

der   Champagner   springt,   den    champagner  springen  lassen: 

wenn  die  glut  des  tag«  versengend  drückt 
und  uns  kaum  ein  iropren  wasser  erquickt, 
kaoDtt  du  champagner  springen  lassen. 

KöRKiR  1,78. 

ton  dem  aus  einer  wunde  spritzenden  blut:  das  blut  sprang  aus 
den  ädern,  il  sangue  sali,  spicäo  dalle  rene.  Kbameb  dict. 
2(1702), 89o';  das  blut  (des  harpunierten  walmsses)  sprang  in  häsz- 
licben  stralen.   Petermanns  mitti^eilungen,  ergänzungsh.lG,i2; 

si  (hünhill)  druhte  »ine  (Sifii'lrf)  heiide,      da^  ü{  den  naglen 

spranc 
daj  bluot  von  ir  kreTte:      da^  was  dem  lielde  leii. 

Stb,  623,2  Lachmann; 
dö  der  herre  SiTrit      ob  dem  brunnen  Iranc, 
er  (llagenr)  schöj  in  durch  da^  criuze,      dafvon  der  wunden 

spranr 
das  hluot  von  dem  herzen      vaste  an  Hagneii  wät.    1)22,2; 

ji  sihe  ich  durh  die  helme     von  swerten  springen  dat  bluoi. 

192:J,  4; 

7 


99 


SPRINGEN 


SPRINGEN 


100 


ich  saeh  die  Rrimmigen  din  kinl  Talien 
und  es  an  ein  gruslich  crucz  slahen 
mit  neu,  die  worn  siomp  und  langk, 
dasi  das  blut  durch  bende  und  Tun  sprangli. 

AUfelder  passionnsp.  5995. 

rem  menschlichtn  tarnen:  es  sprechen  auch  elleich,  sei  da; 
des  mannes  sdm  springe  auj  seim  rechten  gezeugiein  in  die 
rehtea  seilen  der  niuoter,  sü  werd  ain  knäblein  dar  au;  ...; 
spring  aber  der  sAm  au;  dem  lenken  gezeugiein  des  mannes 
in  die  rehten  seilen  der  muoter,  sd  werde  dar  au;  ain  män- 
leich  weih  oder  ain  mSnnine.  Mecenbebg  39,  31.  33.  vgl.:  ein 
fein  keüiels  schafTeuteriein  (vuha),  wann  man  mil  dem  kleinen 
fioger  dran  schneiet,  so  springl  das  wasser  herausz.  Lindbkrr 
Katiipori  117  Lichltnstein. 

c)  im  besonderen  springen  von  quellen  gesagt,  springend,  spru- 
delnd hertnrqueUen:  springen,  quellen,  tliessen,  sourdre,  sorgere. 
Hdlsius  (1616)  304';  da  springl  ein  brunn,  la  sale,  sorge,  spiccia 
una  fontana.  Krambb  dirt.  2(t70'i),890';  der  bronne  springel  ausz 
einem  bäum,  e'esle  fonlaine  a  sa  source  en  un  arbre.  Hdlsius 
(1616)  304';  selbiges  wasscr  springl  aus  einem  felsen,  queW 
scqua  sale  spiccia,  sorge  de  una  rocea.  Krämer  dict.  2  (1702),  890'; 
weisz  der  durstige  und  kümmerts  ihn,  ob  die  quelle,  die  ihn 
tränkl,  aus  dem  bauche  eines  berges  springl,  der  mil  gifl 
angefüllt  ist.  Klikcer  3,279; 

schau,  die  reinen  brünnlein  springen. 

Spei  tniituaclit.  74,  25  Baike; 
jeizt  ölTnet  sich  der  erden  sclioosz. 
die  brünnlein  fröhlich  springen.    b7,  62; 
so  lange  die  quelle  springt  und  rinnt, 
.-0  lange  bleiben  wir  gieichgesinul.    Göthb  1,217; 
wer  weis'i  mich  nach  Elysen  hin! 
möeht  gern  die  brunnen  springen  sehn. 

Schiller  1,  256; 
ti'äg  ziehn  die  quellen,  die  so  kühle  sprangen, 
von  trüber  schwüle  liegt  die  weit  iimTangen. 

EiciiEMDORFF  1,  343; 
die  Waldung  glühte,  silbern  sprang  der  born, 
und  wie  das  mährclien  scholl  das  wundcrhorn. 

Frkilicratu  3, 18; 

in  pnrtieipialer  Wendung:  springender  brunnen,  sorgiva  di  fontana. 
Krämer  dict.  2(l702),  880';  springend  wasser,  acqua  sagliente. 
ebenda;  z&  letst  kam  er  ...  in  Aquilaniam  an  ein  waldigen 
berg,  daselbst  fand  er  springend  brunnen,  spitzig  schrofcn, 
wösl  und  unwegsam  erdtrich.  Franck  chronira  460'; 

da  Ascbanes  mit  seinen  Sachsen 
aus  den  llartzTelsen  ist  gewachsen, 
war  mitten  in  dem  grünen  wald 
ein  springends  brünlein  süesz  und  kalt, 
das  an  dem  Faickenstein  hehr  llosz. 

RoLLR^BACKK  frotchm,  C6'; 
so  eing  das  schwarze  weih  in  das  haus, 
in  den  hoT  zur  springenden  quelle-; 
sie  wusch  sich  hcl'tig  die  äugen  aus.    Göthb  t,21ß. 

ungewöhnlicher  auch  von  dem  in  einem  see  seinen  Ursprung 
habenden  ßusse:  nit  ferr  von  der  statt,  da  der  Jordan  ausz 
dem  galileischen  inöhr  springl.  Franck  weltbuch  170*. 

d)  bildlich  gewendet:  weil  ich  aus  der  traurigen  einförmig- 
keit  meines  bisherigen  lebens  einmal  herausgehe  und  herum- 
schaue, ob  nicht  irgend  anderswo  eine  quelle  des  genusses 
für  mich  springt.  Scdiller  i,2>si;  er  {der  reiche  fürst)  Llszt 
die  quellen  seines  landes  in  stolzen  bögen  gen  himmel 
springen,  oder  das  mark  seiner  unterthanen  in  einem  feuer- 
werk  binpufTeo.  kab.  u.  liebe  2,1;  ihr  nerven-  und  lebensgeist 
sind  die  lodernden  feuerquellen  der  liehe,  die  aus  den  ver- 
wandten herzen  ineinander  springen.  J.Paul  Hesp.  t,  112; 

hier  in  diesem  busen 
•nringt  eine  quelle,  rrisclicr,  Teuriger, 
alt  in  den  trüben,  lumpHgcn  behäliorn, 
die  Philipps  gold  erst  odnen  musz. 

Sciiillkr  ilun  Kaito*  2,  2. 

t)  terblasster,  mil  der  weiteren  bedeutungsentwicklung  lu  enl- 
ijrringen,  entttehen,  seinen  ursfrung  in  eliciis  nehmen,  haben. 
9gl.  das  tu  dieser  bedeutung  führende  bild:  es  ist  mir  leid,  bc- 
■onderi  da  die  quelle  davon  (ton  den  sünden  und  lästern), 
nach  gotl  und  meinem  scbwaher  Noab,  in  ihrem  eignen  ver- 
dorbenen herzen  springen  toll.  Klimcer  0,  93.  springen,  ent- 
ttehen, teinen  anfung  nehmen,  sourdre,  prendre  commtncement, 
tenir  a  tstre.  HtLsiut  (1616)  304';  die  genade  itl  getprungen 
von  der  warn  gennden,  die  bCite  gekundiget  wart  unter  lieben 
Trouweo  tente  Merien,  von  dem  heiligen  engele  tente  Gabriele. 
SciniiRACi  oUd.pitd.  I,S3I,28  anm.;  die  Trojaner  erf&ren  zu 
ipat  der  (^riccbeo  ratb  mil  dem  boltiin  pferd,  darautz  jr  ver- 
derbung  sprang.    Ka*i«ci  tprtthm.  1  (t&4t),  109';   nun   wittan 


weiter,  dasz  die  kranckheiten ,  so  jetz  in  der  gantzen  weit 
gemein  seind,  im  anfang  der  well  je  eine  der  andern  nach 
gesprungen  ist.  Paracelsus  opera  l  (tui6),  90C;  ein  solcher  ge- 
danke,  sprecht  selber!  konnte  nur  aus  einem  verschmizten, 
politischen  köpfe  springen.  Schiller  räuber  1, 6  trauersp.; 
sprang  dein  denken  aus  deiner  Innern  kraft,  ohne  dasz  das 
äuszere,  Qber  das  du  nicht  gebieten  kannst,  das  seinige  hinzu- 
that.  Klinger  5,376;  grasse,  finstre  gedanken  sprangen  aus 
diesen  betracbtungen,  gleich  den  gespenstern  aus  der  zer- 
rütteten Phantasie  des  üebcrnden.  4,202;  der  dichter,  auch  ich 
habe  gewisse  stünde  nicht  sonderlich  geschont,  der  Weltmann. 
recht  gut,  wenn  es  aus  wahrer,  klarer  absieht  springt.  9,289; 
ich  bitte  sie,  wie  können  sie  ein  flüchtiges  wort,  das  aus 
der  Sache  sprang,  so  deuten?  270;  dieses  jetzt  so  ziemlich 
allgemeine  anerkennen  {der  souverainitdl  desvolkes)  sprang  denn 
doch  aus  Küusseaus  satz.  11,  192. 

3)  springen  ron  pßansen  gesagt. 

a)  die  knospe  springt,  sehlieszt  sieh  auf,  mehr  in  der  be- 
deutung von  springen  5:  eine  solche  hohenzeit  stand  sonnen- 
warm über  Griechenland  nach  dem  siege  über  Xer.\es:  in  ihr 
sprangen  alle  alten  bluten  auf  und  alle  jungen  fruchte  reiften. 
l.Vkvi politische faslenfredigtenlli;  wenn  die  knospen  springen 
und  junges  grün  aus  der  erde  sprieszt,  dann  schaue  empor 
zur  frühlingssonne  und  lausche,  ob  du  den  sang  der  wilden 
schwane  hörst.  Freytag  S,  Itl;  eine  weinlaube,  deren  blasses 
frühlingsgrün  sich  eben  aus  den  springenden  knospen  ent- 
wickelte. C.F.  Mkver  Jürg  Jenatsch  184;  {substantivisch  gewendet:) 
einen  laut,  so  leise  wie  das  springen  einer  knospe,  verwehte 
der  wind  von  den  jungen  lippen  in  die  leere  luft.  Storm  4,225; 

ihr  bluroen,  da  ihr  doch  nicht  wollet  springen, 
bis  auch  die  lieim'  in  meiner  brüst  entsprangen. 

RociERT  ged.  i,  242; 
im  wunderschönen  mouat  mai, 
als  alle  knospen  sprangen, 
da  ist  in  meinem  nerzen 
die  liebe  aufgegangen.    IIrihi  1,  66  Elster; 
die  rosen  in  deinem  garten 
sprangen  im  Sonnenlicht; 
sie  können  kaum  erwarten, 
dasz  deine  band  sie  bricht.    Storm  8,216; 
der  frühling  zog  prophetisch  über  land, 
die  lerchen  jauchzten  und  die  knospen  sprangen.  23T; 
vgl,  mhd.:   hoeri  er  vogel  singen, 

silit  er  bluomen  springen, 
elliu  dinc  trcestent  in. 

Lampricut  v.  Rrcinsburg  lochler  v.  Synn  3811 
WeiiihuU. 

b)  mehr  an  2,  b.  e  sich  anschlieszend  im  sinne  ton  sprieszen,  verb., 
sprossen:     p^  ^j^  im  schönen  monat  mal, 

die  blumen  sind  aus  der  erde  gesprungen. 
,  .  ,  Himi  1,213  Elster; 

auch  im  vergleiche: 

es  wiegt  die  nacht  mit  himmelweiten  schwingen 
sich  auf  der  südsee  blauen  wassergärten, 
daraus  zurück  wie  silberlilien  springen 
die  Sterne,  die  in  tiefer  llnt  verklärten. 

Keller  9,  25; 

und  im  bilde:  den  nehsten  sul  wir  niht  ein  unser  ki^nden 
und  die  unser  sippe  sint  vursten,  sAnder  ein  igelichen  menschen 
der  unser  ebinchristen  ist,  wanc  wir  sin  alle  in  sime  namen 
ein  und  sin  alle  von  einer  wfirziln  gesprängen,  das  ist  von 
Adames  rippe  in  dise  wrrit  cüuien.  ScBiiNDACH  altd.  pred. 
I,  279,3;  hierher  wol  auch:  hinter  uns  das  majesliitische  Venedig 
mit  hundert  aus  dem  wasser  springenden  thürincn  und  mästen, 
alles  disz  gab  uns  das  herrlichste  Schauspiel  von  der  weit. 
Schiller  4,206. 

4)  springen  ron  dem  mehr  plötzlich  sich  unter  fremdem  ein- 
flusse  beseitigenden  verschlusse  irgend  eines  behältnisscs ,  einer 
kammer,  eines  kastens  u.  s.  w. 

a)  vom  zurückspringen  eines  riegeis  u.  s.  r.  vgl.  losspringeo 
theil  6,1172: 

krack!  to  ipringen  alle  riegel, 

und  der  schwarten  kanimer  Oügel 

öfuen  ilch.      Gotter  I,  52: 

'hall  nun  sind  wir  an  der  tchwalle!' 

rief  der  Druischo.  siiesz  ans  scblosi: 

rasioliid  sprang  die  feder  lot.    Stoliirs  1,160; 

die  liebe,  sie  kam  mil  ihm 

und  es  sprang  das  achloss  und  der  riegel  sprang. 

und  et  ward  licht  in  dem  tchooti  der  alten  ntclit. 

2,  2JI>i 
Ihürpfotten  bebten,  riegel  springen, 
tonn  ktml  ihr  selber  nicht  licreln.    Götii  41,  96; 
die  schelle  klingt,  der  riegel  springt: 
hertlD  mein  kleeblalt  vitro  1    FRiiLitaATa  3,200; 


I     101 


SPRINGEN 


SPRINGER 


102 


komm,  Muberblnme,  Tor  der  die  scblösser  springen,  rielleicht 
bedarf  ich  deiner.  Ludwig  3, 11'. 

b)  dann  auch  von  der  rtTSchlieszenden  thür  u.  i.  te.  selbst, 
dafür  auch  aufspringen  theil  \,  743: 

es  ist  noch  um  ein  eisern  thor, 

so  wird  die  pTorte  sprincen  müssen. 

GcNTHi«  (1735)  124; 
bin  leb  derselbe  denn  nicht  mehr,  dem  hier 
sonst  alle  thüre  sprangen?  wie  ist  alles 
Terwandelt  um  mich  her  —  wie  fremd  — . 

ScuiLLiR  don  Harlos  4,  22; 

was  rumort  denn  drin  im  kästen? 
fcerch.  es  kracht,  es  springt  der  deckel,  wie  emporgesprengte 

lasten!    Platr!i  217; 
im  behaglichen  zimmer 
beim  sturragebraus 

saszen  und  schwatzten  die  alten  noch  immer, 
nicht  hörend,  wie  drunten  die  saalthör  sprang. 

cli  ähnhch  vgl.: 

das  eis  von  allen  strömen  springt, 
bäcblein  auf  bächlein  jauchzend  klingt. 

LuDwie  1, 103. 

5)  springen  mit  beisinn  des  auseinander,  ähnlich  der  bedeutung 
ton  zerspringen,  verb.  (i.  unten). 

a)  springen,  einen  riss  bekommen  (vgl.  auch  unten  sprung,  m.): 
springen,  zerspringen,  als  ein  glas  in  der  hilzc,  dissilire.  Fbisch 
2,  309';  das  stück,  der  hafen  ist  gesprungen,  ilpeiio(di  canone), 
la  pentola  e  crepata,  sehiantata.  K bah eb  (itf/.  2(1702),  S90';  ein 
gesprungener  Lafen,  f>ignata,  pentola  crepata.  ebenda;  das  holtz 
springet,  le  legna  erepano.  89o';  das  glas,  das  eis,  der  leim; 
das  salz  springet,  il  vetro  crepa,  ü  ghiacci  crepa,  la  eolla,  il 
sale  crepa.  ebenda;  die  kästen  (kastanien)  springen  im  feuer, 
la  eastagne  erepano  nel  fuoco.  ebenda;  seine  nachkommen  heizten 
dann  immer  die  grosze  stube,  dasz  der  ofen  springen  wollte. 
I'icBLEi  allerlei  geschichten  aus  Tirol^  1,10; 

und  als  das  trinkglas  gellend  springt, 
springt  das  gewölb'  mit  jähem  knall. 

Ublako  gpd.  355; 
hSsilicb  genug,  wie  er  ist,   noch  fratzen  zu  schneiden,  und 

welche! 
dicht  Tor  dem  iplegel!   es  springt  —  himraeU  mit  nächstem 
das  glas.    Mörike  ged,  Mb. 

auch  von  der  menschlichen  haut  infolge  hitxewirkung: 

wo  der  finger  sich  mit  Weyrauch  unrein  macht, 
wil  ich  den  augenblick,  wo  brand  und  flamme  kracht, 
die  rechte  scharren  ein!    und  wenn  die  haut  wird  springen 
und  schrumpffen  in  die  gluih ,  will  ich  toII  Ireuden  singen. 

LoGiU  1  (179S),  505; 
nein  das  zarte  lippchen  ist  gesprungen, 
weil  nun  über  reif  und  frost  die  winde 
spitz  und  scharf  und  lieblos  mir  begegnen. 

ÜÖTUK  2,96; 

du  stehst  am  berd  in  (lammen  und  rauch, 

dasz  die  feiuen  binde  dir  sprangen.    Sturm  8,  19<). 

b)  schon  mehr  in  dem  sinne  ron  *in  stücke  zerspringen:  ich  reite 
spornstreichs  durch  Genua,  halte  sie  {die  zetlel)  so,  so  werden 
die  steine  hinter  mir  springen,  und  die  hunde  zettermordio 
heulen.  Schilleb  Fiesko  3,5;  die  Wurfspeere  und  das  gestählte 
röhr  der  pfeiie  fliegen  unaufhörlich,  im  gewühl  schlägt  messet 
an  messer,  die  panzer  springen  von  den  heiszen  schwert- 
hieben. Fbettäc  17,  9S; 

welch  ein  tönen!  welch  ein  schauer! 

treppe  schwankt,  es  bebt  die  mauer;  .'.  . 

springt  das  estricb.  und  von  oben 

rieselt  kalk  und  schutt  verschoben.    Götbb  41,04. 

dieser  sinn  ist  deutHrh  bei  springen,  vom  zerplatzen  eines  Spreng- 
geschosses gesagt:  die  schlimmste  (granate)  sprang  zum  glück 
nicht.  BiSMARCB  briefe  an  seine  braut  nr.  471 ; 
gott!  kameraden!  seht 
hinter  uns,  wie  die  kartetsche  springt. 

SCBILLIR   1,232. 

die  thore  spalten  sich,  die  gitter  springen,  die  mauer  stürzt 
von  ihren  bänden  ein.  Güthe  8,  277.  hierher  noch  einige  mehr 
oder  weniger  bildliche  Verwendungen: 

so  denken  wir  an  den  jüngsten  tag 
und  hören  posaunen  scliallcu,  * 
die  gräber  springen  vom  donnerschlag. 

Uhlidd  ged.  69. 

rot«  theilen  des  menschliehen  körpers:  oh  Behrisch,  ich  dachte 
mein  köpf  spränge  mir  für  wuht.  Göthe  brief  vom  10.  nov.  1767 
Weim.  ausg.  4, 1, 137; 

hier  war  dem  armen  bauernjungen 

vor  angst  bey  nah  das  herz  gesprungen. 

LtssiN«  1,  106; 
mir  springt  im  schmerze 
der  wuth  mein  herze.    Götbi  11,21; 


einziger  gedanken  du. 
der  diesen  busen  bis  zum  springen  schwellt, 
reif  in  des  Schweigens  schatten.     Lcowie  3,  327. 

e)  von  bandartigem  gesagt,  in  ein  oder  mehrere  stücke  gewaltsam 
auseinander  gehen,  zerreissen:  es  war  ein  knall,  als  ob  dem 
himmelfasz  ein  raif  gesprungen  wäre.  Schilleb  rduber  2, 3 
schausp.;  und  jetzt  . . .  ist's  nit  anders  gewest.  als  war  in  einer 
uhr  die  feder  gesprungen.  Roseggeb  1,  I63.  vgl.  den  büdliehen 
gebrauch:  unheilbar 

auf  ewig  sprangen  zwischen  mir  und  ihm 
die  demanistarken  bände  der  natur. 

Schill»  don  Kariös  1,2. 

nicht  gant  entsprechend:  kein  philosoph  hört  sich  lieber,  als 
ich  mich  höre,  und  springt  meine  ader  einmal,  so  möcht'  ich 
mich   lieber  erdrosseln  lassen  als  schweigen.    Klixceb  6, 14. 

d)  häufig  geradezu  mit  dem  tusatze  in  stücke: 

von  Torfs  verwegne  faust  nimmt  einen  schweren  stein, 
und  zielt  mit  diesem  fels  nach  einer  lampe  schein  . , . 
sogleich  da  durch  den  stein  die  lamp'  in  stücken  springt, 
singt  man  ein  siegeslied.  wie  man  in  Jena  singt. 

ZACUtiiÄ  poel.  tciirifteu  1  (1772),  IS: 
'die  tteinwand',  spricht  er,  'springt  in  stück, 
die  hohe  säule  musz  zu  fall.'      ÜULtND  ved.  356. 

e)  in  die  luft  springen  mit  dem  beisinn  des  auseinanderplatiens : 
das  schiff  mit  seinen  siebenzig  fässern  pulver  bekam  feuer, 
sprang  in  die  luft,  und  in  einem  augenblick...  waren  ganze 
lange  gassen  voll  häuser  mit  allem,  was  darin  wohnte  und 
lebte,  serschmettert.  Hebel  2,55; 

die  reisen  Sprüngen  in  die  luft, 

auch  öffnet  sich  der  gräber  gruft 

und  das  darinnen  lebte.    P.  Gkrhirdt  3S,  292  Güddie. 

ohne  den  besonderen  Zusatz  in  die  luft:  die  mine  springet,  la 
mina  salta,  il  fornella  giuoca.  Kbameb  dict.  2  (1702),  890*;  seine 
dicken  pauspacken  strotzen  ihm  vom  winde;  seine  lange  nase 
stürmt,  seine  äugen  werfen  feuerkugeln  ...  seine  stimme 
donnert;  wohin  er  tritt,  da  springt  eine  mine.  Müseb  werke  7,94. 
ohne  den  beisinn  des  zerplatzens: 

bald  springt  ein  knopff,  bald  reissen  nihte, 
bald  bleckt  die  zeb,  bald  platzt  der  schuh. 

Gci^TBBi  (1735)  1050. 

f)  springen  lassen,  machen  in  dem  sinne  von  oben  sprengen, 
rerb.i:  eine  mine  springen  lassen  o  machen,  dar  fuoco  alla 
mina,  farla  giuocare.  Kbaheb  diet.  2  (1702),  890";  eine  mine 
springen  lassen,  ineendere  pulrerem  pyrinm  latenten  et  evertere 
omnia,  quae  supra  illam  locum  sunt.  Frisch  2,309';  neben 
sprengen:  und  nun,  da  sie  ihre  mine,  mich  zu  sprengen,  so 
wohl  angelegt  hätten,  sollten  sie  durch  ein  einziges  wort 
können  bewogen  werden,  sie  nicht  springen  zulassen?  Lessinc 
1,  425.  eine  ader  springen  lassen,  far  spicciare  cioe  aprire  una 
rena.  Rbaheb  dicfc  2  (1702),  890';  endlich  präludiert  er  weisz  der 
himmel  was  für  ein  ding  ohne  melodie  und  mensur,  stürmt 
gleich  so  hitzig  in  sein  Instrument  hinein,  dasz  er  auf  den 
ersten  schlag  drey  saiten  springen  macht.  Wieland  luctan  6,44. 

6)  rrräftnun^  niu5:  noch  die  seltsame  redensart  finden:  springen 
zu  einem  stein,  in  einen  stein  verwandelt  werden.  Seat.*  2.  :03; 
ursprünglich  wol  gesagt  von  swergen  und  anderen  dem  licltt- 
zauber  ausgesetzten  mythischen  wesen,  die  der  überraschend  herein- 
brechende tag  in  stein  verwandelt,     auch  sonst: 

so  will  mein  narr  noch  nit  auffsthon; 

nit  wunder  wer,  das  ich  allein 

vor  zoren  sprung  zu  einem  »lein. 

Tl.  Sachs  14.  171,  19  Keller-GMte; 

ja,  meyn  liebs  weyb.  bei  meinen  trewen. 

niehi  wunder  wer.  als  ich  vermein, 

das  einr  vor  sorg  sprüng  zu  eim  stein.    290,3-1. 

wol  'in  ihn  hineinsfiringen',  rgU  dän.:  han  sprang  saa  vildt  i 
bjergel  om,  og  blev  til  flintesten  sorte.  danske  viser  1,223. 
und  als  entsprechend  auch  fliegen  gebraucht:  saa  flöj  han  bort 
i  roden  flint.  185.  »y/.  J.  Gbihh  mytii.'  519.  oder  ist  gemeint, 
dasz  sie  während  ihrer  sprungartigen  flucht  plötilich  zu  stein 
verwandelt  werden? 

SPRl.NGER,  m.  zu  springen,  verb.  l)  ron  pertonen,  einer, 
der  springt,  sprünge  macht,  entsprechend  springen,  verb.  1: 
Springer,  saltator  Dur.  509';  Springer,  saltator  SniLBa  2106; 
Springer,  lalienj,  saltator.  Steinbach  2,  646. 

o)  einer,  der  kunstvolle  und  ansehnliche  sprünge  zu  tkun  vev 
mag.  ohne  jedoch  diese  kunst  als  eine  gewerbsmässige  auszuüben: 
wohlan,  ...  hast  du  uns  deine  gewohnheit  gezeigt,  so  ver- 
such' es  auch  mit  unserm  brauch,  führt  den  Springern  die 
rosse  heran.  FBEtTAC8,28;  zuerst  wurden  zwei  rosse  neben 
einander  gestellt,  köpf  an  köpf  und  schweif  an  schweif,    die 

7* 


103 


SPRINGER 


SPRINGER 


104 


Springer  traten  zurQck  und  schwangen  sich  mit  kurzem  an- 
lauf  hinüber,  ebenda;  für  ehrenwerther  als  ein  Springer  gilt 
bei  uns  der  mann,  der  seine  nnrben  vorn  am  leibe  trägt.  34; 
entsprechend  in  der  Utrnersprache ,  vgl.:  solche  {Wörter)  wie: 
springen,  Springer,  springe!  —  fechten,  fechter,  fechte!,  hieb- 
fechtel,  stoszferhte!  —  sind  schon  durch  ihre  ableitung  ver- 
■tandüch  und  gerechtfertigt.  Jahn  2S  IS  Eukr; 

dem  aiißesicht  der  muntern  Brillen 

stelli  «ich  mit  kühn  und  sclineilen  scliriiten 

ein  unbekannter  Springer  dar, 

es  überrascht,  o  wie  verwegen  ! 

■ein  umschtTung  über  blosze  degen 

die  vor  verwundrung  stumme  scliaar.    Lichtwer  154; 

der  Springer  steigt  auT  das  gerOste. 

man  wünscht,  als  ob  er  springen  müszle, 

ihm  glück  zu  der  gewissen  gruTt.    155; 

Springer  im  germanischen  heere  (mit  besiehung  auf  Tacitus  Germ.  0 
und  Caesar  bell.  gall.  l,  48):  was  gehörte  aber  nicht  dazu, 
um  solche  Springer,  die  sich  mit  ofnen  äugen  in  den  todi 
stürzten,  zu  bilden?  wie  muszten  die  sehnen  und  muskeln 
dieser  kerle  tod  kindesbeinen  an  gewöhnt  und  gestärket  seyn. 
MüSEB  patr.  phant.  i,\i;  diese  Springer  waren  aber  auch  nur 
in  der  ersten  linie,  und  die  edelsten  Jünglinge  der  nation.  15; 
rol  mit  besiehung  auf  diese  kampfessitte  auch  sonst  von  kämpfern: 
da  rief  der  alte  mit  heiserer  stimme:  'wo  säumt  der  vortänzer? 
die  Springer  harren.'  Fbevtag  8, 204,  wo  sugleich  der  kämpf  als 
ein  kultustans  im  dienste  des  gottes  aufgefasst  tdrd,  vgl.  unter  1,  b. 
auch  als  fester  beiname,  so  Ludwig  der  Springer,  landgraf  von 
Thüringen:  einige  legenden  von  der  heiligen  Elisabeth,  dem 
sagenhaften  sprung  Ludwigs  des  Springers.  Freytac  verm. 
aufs.  1,373.  in  sprichwörtlicher  Verwendung:  die  hohen  Springer 
brechen  den  hals,  t  piu  alti  sallatori  si  ßaccano  il  collo.  Kraner 
dict,  2(1702),  8üO';  junger  Springer,  alter  steltzer,  giovane  salta- 
tore,  vecchio  sappalore.  ebenda;  junger  Springer,  alter  stelzer. 
SiMRoct  97S5.  vgl.  auch:  jene  {die  in  eins  fortlaufenden  Schriften) 
erfordern  einen  gesetzten,  immer  gleichen  schritt;  dieser  ver- 
langt mit  unter  sprünge:  und  selten  ist  ein  hoher  Springer, 
ein  guter  ebner  tänzer.  Lbssing  lO,  I75.  bildlich  gewendet:  wie 
schwer  steigt  sich's  hinauf  die  gedankenhöhen  und  hinab  die 
tiefen,  wenn  immer  ein  gedanke  sich  auf  den  andern  türmt 
und  plötzlich  kollernd  wegrolU.  es  bedarf  da  eines  festen 
Steigers  und  kecken  Springers.  Auerbacb  3,240; 

es  sitzt  keine  kröne  so  fest,  so  hoch, 
der  mutliige  Springer  erreicht  sie  doch. 

ScHiLLBR  II,  213; 
entsprechend:   Springer,  ein   offisier,   der  im  avancemenl  tehon 
ältere  kameraden  überspringt.  Horr  soldatenspr.  S4. 

b)  Springer  im  Äcuttuj.'  surlnger,  d.  h.  junge  minner  schwingen 
sieh  mit  ihren  mädchen  über  das  Sonnwendfeuer  hinweg,  um  sich 
und  die  gelieble  im  kommenden  jähre  vor  unheil  su  schützen. 
vgl,  Reinskerc-DCrincsfeid  das  festliche  jahr^  234;  den  {vom 
Johannesfeuer)  ungesengien  Springer  kommt  diesz  Jahr  kein 
fieber  an.  LEOpREcerifiG  aus  dem  Lechrain  183;  Springer,  theil- 
nehmer  an  der  springprozession  xu  Echternach:  bezahlte  Springer 
und  die  schar  der  Wallfahrer  springen  unter  den  klängen  einer 
bekannten  melodie  jedesmal  einige  schritte  vor  und  dann  wieder 
etwas  surück,  so  dasx  sie  fast  drei  stunden  brauchen,  um  die  nur 
wenig  entfernte  pfarrkirche  su  erreichen,  vgl.  hessische  blätter  für 
Volkskunde  2, 138. 

e)  Springer,  als  ihre  kunst  gewerbsmäszig  betreibende  leute,  be- 
teiehnung  einer  klasse  der  fahrenden:  Springer,  bassator  Dief.  G9'; 
Springer,  5c/itronotnon.  voc.  opt.  i-2,3T;  Springer,  ludio,  ludius, 
sallator.  Maaleb  382';  dantzer,  liintzer,  hupffcr,  springet-,  sal- 
tator.  IIehiscb  647,  62;  gauckler,  Springer,  der  sich  schwinget, 
der  vi!  seltzame  possen  mit  den  hUnden  treibt,  oder  den 
inoriskenlantz  tantzet,  Ventilator,  chironomus  et  qui  saltationem 
gestUulaloriam  gestat.  1373,36;  pürczlär,  gauckliir  und  Springer. 
i]uelU  bei  Scb«.*  2,  7u3;  Springer,  der  seltzame  sprünge  thut, 
faiteur  de  saubre  saulta,  cht  salta  su  la  corda.  iluLsius  (1616)  304'; 
Springer,  gesttculator ,  eirculator,  petaurisla,  Stiei.kb  2107;  ein 
bQosilichfr  »pringer,  kunstspringer,  luftspringer,  saltarino, 
buUarino,  maestro  saltatore.  Krambii  dtct.  2  (17ü2),  890';  Springer, 
...  der  sich  mit  seinen  springen  ums  geld  sehen  lliszt,  ein 
lulTlspringer,  petaunsta,  diveriii  soUibus  vibrans  corpus  in  aere. 
¥»t*CM  2,  S09*:  vgl.  auch  kunstspringer,  m.  Iheil  5,372'«  und 
luftspringer,  m.  thetl  6,1203;  un<ier  bischof  seind  gastfrei, 
dann  sie  haben  vil  bofg«indt,  nemlii-h  Springer,  ringer,  fechter, 
iutenscblaber,  tromeler  und  des  leichtfertigen  Volks  nur  gar 
ril.  SfBADB  sat.  u.  patqu.  3,  Iso,  15;  wer  sich  ober  geo  yderman 
mit  hübschen  wurtcn  und  künolen  «il  erzeigen,  der  wird  ge- 


hasset gleicher  weys  als  geschieht  mit  den  fecbtcrn,  spiingern, 
hoffierern  und  andern  behenden  Icutcn.  Albr.  v.  Eybe  ob  einem 
manne  sey  su  nemen  ein  eelichs  weyb  »der  nit  85';  eine  grosze 
gesellschaft  Seiltänzer,  s[iringer  und  gaukier,  die  einen  starken 
mann  bei  sich  hatten,  waren  mit  weih  und  kindern  eingezogen. 
GüTBE  18,141.  (t'on  ballettänzern:)  das  ballet,  von  elender  er- 
lindung,  ward  im  einzelnen  ausgepfiffen,  einige  treffliche 
Springer  und  springetinnen  jedoch  ...  wurden  weidlich  be- 
klatscht. 27,115; 

swer  di  schrift  versten  kan  eben 

der  vindet  knnk  Oavides  liarpTen  clunk 

und  wie  nianic  Springer  vor  im  tprank 

in  gutes  dinste,  so  er  got  lobte,     renner  5872: 

vgl.  dazu  oben  unter  b.  im  besonderen  von  Seiltänzern:  Springer, 
der  aufT  einem  sayl  springet,  joueur  de  soupplesses.  Hulsius 
(1616)  304';  dem  Springer,  so  auff  dem  sayi  geet  ist  begönnt 
bis  sonnlag  schul  zu  hallen.  {Nürnberg  i.  j.  l5Ub),  d.  stddtechron. 
II,  700,  anm.  3;  dah\üler  (hinter  den  planken)  muszten  sich  die 
schaulustigen  halten,  dasz  innerhalb  der  ganze  räum  frei 
bleibe  für  die  fastnachtsspiele,  sowie  auch  für  die  freiiiden 
tänzer  und  Springer,  welche  ihr  groszes  seil  ganz  in  der  mitte 
querüber  vom  rathhaus  aufgespannt  hatten.  .MOrikb  eriähl.  231; 
nachdem  der  ganze  mummenscbanz  . . .  langsam  herum- 
gekommen . . .  war,  . . .  bestiegen  die  Springer  und  tänzer  das 
seil.  237;  nun  aber  zum  beschlusz  der  gauklerkünste  erschien 
im  bergmannshabit,  mit  einer  halben  larve  vor'm  gesiebt,  ein 
neuer  Springer,  ein  kleiner  stumpiger  knorp;  ...  alsbald  be- 
schritt er  das  seil  ohne  Stange.  239.  als  allgemeinere  bezeich- 
nung:  'Springers  nennt  der  geringe  mann  im  allgemeinen  die 
Seiltänzer,  positurenmacher ,  pferdekünstler  in  den  buden  und 
kleinen  spektakeln.'  ScnfrzE  holst,  idiot.  4, 178. 

d)  auf  die  bedeutung  Springer  ^gaukier'  u.  s.  w.  geht  teol  die 
Verwendung  in  der  gaunersprache  zurück:  Springer,  bezeichnung 
eines  gauners,  auch  in  der  susammensetiung  Scheinspringer,  m. 
dieb,  der  bei  tag  stiehlt.  Ave-Laixemant  2,121. 

e)  Springer,  ein  soweit  herangewachsenes  kind,  dasz  es  auf  die 
gasse  laufen  kann.  Cbecelius  oberhess.  u'6.  2,  802. 

2)  von  thieren. 

a)  vom  pferde.  Springer,  in  Sprüngen  dahinsetzendes  rosz: 
Springer,  equus  admissarius  et  sternax,  assuUim  ingrediens,  saltum 
in  sublime  cogens.  Stibi.br  2105;  Springer,  saltatore,  saltaiino, 
it.  cavallo  tale.  Kraheb  dict.  2  (1702),  S9u';  einen  muligen  Springer 
tummeln,  maneijgiare  un  fiero  (cavallo)  saltatore.  ebenda; 

nenne  die  namen  (der  jiferde),  o  muse.    der  wil>le  Centaurus, 

ein  spriniter, 
leicht  auf  zierlichen  Schenkeln,   er  wiehert  der  grätlnn  ent< 
gegen.    Zachariä  307  ilHiaelou  2,42); 
es  (logen  die  rosse 
eilend  einher  (über  die  meercsßäihi),  und  ohne  zu  netzen  die 

ehernen  achsen; 
zu  den  schilTen  brachten  ihn  bald  die  flücbiigen  Springer. 

Stolbsrg  vi,  5; 
(com  Pegasys:)  galoppiren  auf  dem  Springer, 
reiten  ihn  zur  trank, 
nennen  sich  gar  hohe  sängor.    Schiller  1,245. 

im  besonderen:  Springer,  auf  der  reitschul  ein  pferd,  das  luOt- 
springe  thun  kan,  equus  sussultor,  worauf  die  so  recht  reiten 
wollen,  sich  im  gewicht  halten  lernen.  Friscb  2,309';  Springer 
bcisset  ein  pferd,  das  nach  erfordern  ordentliche  sprünge 
macht,  welche  in  balotaden,  croiipaden,  und  capriolcn  unter- 
schieden werden,  öcon.  lex.  27S5.  vgl.  Jacuusson  4,237.  Eccebs 
2,961;  Springer,  equus  sucrussor.  .Stelniiacr  2,646. 

b)  auch  sonst  von  sprungtüchtigen  thieren  gebraucht:  dann  rief 
er  den  hasen  und  sptach:  'geh  hin,  lieber  Springer,  und  hol 
tnir  von  detn  hrot,  das  der  könig  ist.'  brüJer  Grimm  kinder- 
und  hausmärclien  60; 

jüngst  sah'  Ich  einen  rroscli,  wie  wir  spsisiren  giengeii, 
durch  das  betliau'ie  gras  In  grOsier  eile  springen: 
iliu  kindcr  waren  gleich  schnell   hinter  ihm  darein, 
den  feuchten  Springer  zu  erhaschen.      IIroceek  I,  123; 

von  einem  leopardeu: 

liehe,  welch  ein  »prnng!  —  der  (priiiger  hat  de*  loten  arm 
erlasii.    I'Beilicrath  I,  155. 

r)  als  feste  benennuny: 

a)  verschiedene  fische  heissen  Springer,  tor  ollem  der  delpliin, 
delphinus  delphis.  ^EMfllcB  1, 13s"j,  und  der  Ihunfisch,  scomber 
thynnus.  2,  1259;  auch  der  bUufelchen  (eine  salmenart)  im  vierten 
yihre,  während  er  im  dritten  gangtistli,  m.  (s.  Ihril  4,  l,  t,  12471 
genannt  ririi.  1212,  nach  S<  iimid  Schwab,  »b.  174  heisst  dte  blau- 
f eiche  Springer  im  dritten  jähre;  Springer  auch  btietchnung  wu 
ftjualius  leucitcut  vulgaris,   einer  fischail,  welche  sehr  hoch  aus 


105 


SPRLNGER 


SPRLNGEREI  —  SPRINGERIN 


106 


dem  tcatser  springen  kann.  Siebold  203.  tonst  auch  basel,  m. 
oder  bäsling,  m.  genannt  {vgl.  theil  4,  2,  546). 

ß)  Springer,  bezeichnung  einer  meertskrabbenart,  welche  luft- 
sprünge  macht,  cancer  locusta.  NE^inicu  1,  TU9,  ebenso  auch  des 
klfiren  flolikrebses  (j.  theil  3, 1SI5),  canctr  pulex.  803. 

v)  Springer  als  benennung  einer  eidechsenart,  lacerta  agilis. 
Nemsich  2,291. 

S)  Springer,  die  heuschrecke;  springar  cimbr.  tcb.  235';  ».  auch 
oben  Sprenger,  m.,  sprengsel,  in.,  unten  springhabn,  m.  u.  s.  v. 

e)  Springer,  dasselbe  wie  unten  springspinne,  f.  aranea. 
Nemmcb. 

J)  Springer,  eine  sich  fortschnelknde  made,  die  sich  in  faulen 
gegenständen  findet,  tek  Doobneaat  Koolman  3,  290*.  rgL  unten 
spiingmade,  f. 

d)  Springer,  ein  halbwürhsiges  tfhwein,  das  so  weit  ist,  äasz 
es  lut  weide  gelrieben  werden  kann.  vgl.  Cbecclics  oberhess,  wb. 
2,  802. 

3)  Springer,  über  fck  springende  figur  im  Schachspiel:  Springer 
im  Schachspiel,  sallaliir  latruncularius.  Stielib  2105;  springen 
im  Schachspiel.  Kbaheü  dir/.  2  (noi),  890';  springen,  im  schacli- 
spiei,  latruneulus  transsiliens.  Fbisch  2,  3oä';  der  Springer  im 
schache.  zwey  knabep  wollten  scbach  ziehen,  weil  ihnen 
ein  Springer  fehlte,  so  marhten  sie  einen  üherdüssigen  bauer, 
4iircli  ein  merkzeichen,  dazu,  ey,  riefen  die  anderen  springen, 
woher,  herr  Schritt  vor  Schrill?  Lessing  1,141; 

Siltah.     nimm  diesen  zug  zurück. 

.  .  .  der  Springer 

wird  unbedeckt.    2,  2U<>  (Aui/mn  2,  1}; 
Saladin,  aus  dieser  klemme  seli' 

ich  wob),  ist  ohue  busze  nicht  zu  kommen. 

mags!   nimm  den  Springer  nur.    ebemla; 
Siltah,     ich  geh  vorbey. 
Saladin.  _  du  schenkst  mir  nicbis.    dir  liegt 

an  diesem  platze  mehr,  als  au  dem  Springer,   ebenda; 
Siitalt.  nicht  ganz  (matt);  du  ziehst  den  Springer  noch 

dazwischen,      rhemia. 

4)  in  niederdeutschen  gegenden  Springer  anstatt  spring,  in. 
bexeichnung  einer  qtuUe.  Woestk  252". 

5)  Springer,  eine  fessel,  welche  ani  gehen  nicht  hindert.  tgL : 
»prmger...  fuszeisen,  weiche  an  einer  kette  beide  füsse  fesseln, 
dasz  sie  nur  einen  kleinen  schritt  thun  künnen  und  keinen 
Sprung,  compedes.  Fbiscb  2,  309',  doch  bleibt  das  eigentliche 
namengebende  moment  dunkel,  vgl.  oben  sprenge,  f.;  Springer, 
compedes,  pedicar.  würterbuchquelle  bei  Schm.*  2,  703;  Springer, 
eine  eiserne  Stange  mit  vier  schellen,  ebenda;  Springer,  fuszeisen 
AvE-L.\LLEiiA»T4,6l0.  i;KGEB-hHDLL52S'.  scbieget  sic  in  fessel 
uod  Springer.  Matbesils  fastenpred.  4:';  Springer  anlegen,  in 
nolhslall  stoszen,  das  fulter  abbrechen,  hellTen  zur  zucht. 
Lebhanr  148: 

ball  scbliesset  sie  all  in  die  springet 

und  legt  sie  gTangen  in  die  zwjnger! 

darinnen  sie  stets  mü.-sen  wachen 

und  jhn  Tertrieben  werd  das  lachen. 

Atbbb  1059,  1  Keller. 
•tockmeister  führt  Torello  an  einem  Springer  ein.  1S25, 16; 
kommen  Dives  und  Rebellus,  seind  gar  übel  angelegt  und 
gebn  an  einem  Springer.  7s2,  3;  wenn  man  aber  unnötige  krieg 
anfehet,  und  hell  sich  za  böser  geselschafft,  .^.  da  hawet 
man  gemeinigklich  mit  versen  hinder  sich,  oder  da  einer  nicht 
gar  die  zincken  auffkei  t,  niusz  er  lernen  auff  den  knien,  oder 
im  Springer  und  ketten  tantzen.  Mathesius  Sarepta  22*;  der 
teuffei  unterlasse  keins  wegs  nicht,  seine  gefangen  Zauberer 
und  unholden  inn  der  baftung  zu  besuchen,  mit  jhnen  zu 
sprachen  und  jbiien  zu  rhalen,  nichts  zu  vermelden,  ja  welchs 
mehr  ist,  jhnen  die  fessel  und  Springer  Ton  bänden  und 
füssen  zu  bringen.  Fiscbabt  Bodin  173';  aber  das  heit  ich 
Dicht  verstehen  können,  wie  disz  zngienge,  dasz  der  salhan 
einen  zauberer  oder  einer  heiin  die  eisenhand,  fessel  und 
springersoll  können  ledig  machen,  ebenda;  der  marklschreiber 
lu  Essing  hat  s  tag  den  Springer  tragen  müssen  (1645).  handsehr. 
quelle  bei  Scbm.*  2, 703 ; 

auch  niCTelt  (tchmeru)  mich  hart  der  Springer. 

Atrbb  7vi,  33  Keller. 
«)  Springer  in  der  kUidermode  des  16.  und  17.  jahrh.  ein  in 
das  kleid  eingenähter  bügd,  welcher  dazu  dient,  es  in  rundlicher 
Wölbung  vom  kurper  abstehend  zu  machen,  jedoch  ohne  die  über- 
treibende Wirkung  der  Sfäteren  reifrücke  und  crinuUnen  zu  er- 
tielen:  ein  langer,  umbschweilTender  rock,  ein  Springer,  cytUis, 
reslis  longa  et  sp'ttiosa  foeminis.  Cobvinls  154" ;  bogenrock,  cyclas, 
alias  ein  Springer,  veslis  foeminea:   dtcitur  Hiam  schlepprock. 


Stieler  1573;  vgi.:  birbei  will  ein  radt  die  ungeheure,  nevve 
eingeschiekene  perdontzen  . . .  edder  van  figenkurven,  starren- 
den stricken,  tonnenbenden  edder  andern  hultenen  edder 
stieven  bogein  gemakede  und  utbgespannene  Springer,  im- 
gliken  die  scbleprucke  . . .  ganz  ernstlich  vorbaden  bebben. 
Stralsunder  kliderordn.  von  1570   bei  Schiller -LCiisg."i  4,346'; 

die  schürtzen  lang  und  breit, 
sind  köstlich  ausgeneidt, 
einen  Springer  darunder 
•ulT  das  sie  scheinen  weit, 
seiden  schnüren  an  die  töpIT, 
damit  binden  sie  sich  um  die  köpff. 

newe  Zeitungen  1600  bei  Aoria!«  mittheilungen  371. 

wir  wollen  auch  hiermit  die  an  diesem  ort  unlängst  eingefurte 
Springer,  desgleichen  die  kleinen  runden  . . .  paretlein  . . .  ver- 
boten  haben.  Erfurter  stadtordn.  .N3';  denen  so  auf  freiers- 
füssen  gehen,  dienets  also,  wenn  sie  die  tust,  ein  weib  zu 
nemen  ankörnt,  dasz  sie  nicht  allein  darnach  sehen,  welche 
einen  hübschen  köpf  und  schöne  glatte  stirn  hat,  und  in 
einem  weiten  grossen  Springer  daher  gehet  schwenzen,  wie 
ein  pfawe.  Rotb  aller  christl.  hausmittter  abc  B  5;  mit  mutzen, 
baretten,  krösen,  menteln,  schauben,  rücken,  beizen,  springero 
und  dergleichen  neuen  mustern.  H5; 

auch  last  uns  alle  sein  fein  still, 
und  braueben  gar  kein  seiienspiell, 
und  auch  abicIialTen  alle  däntz, 
die  jungTrawen  tragen  keine  kranu, 
darzu  die  springen  und  die  krausn. 
auch  bunte  rock  und  grosse  pausu. 

FoBCHHKiM  clagtchriffl  1592; 
ich  schalTi  mir  springen,  giildne  hauba, 
gezogne  borten,  marderscliaiibn 
und  seidne  jopeii  schön  bescbnürt, 
obs  meinem  stand  wol  nicht  gehört. 

RiscwALDT  fivu«  Eckarl  J3*; 
ja  mau  braucht  springen  und  berduntzo, 
und  gros  gekröse  wie  die  piuntzn, 
die  jetzt  mit  sündiicben  geberda 
so  ungeschickt  getragen  werdn, 
das  sie  den  jun^'frawn  und  ge^elln 
ihr  maul  und  angesicht  ver^telln.     lauti-r  warheit  96. 

7)  Springer,  ein  gerät  zum  fischfang.  nach  Fbommaüss  zeitichr. 
7,  US  «erden  dadurch  die  renken  in  die  liefe  gejagt,  wo  sie  den 
schweren  seewalUrn  und  hechten  zur  beute  faüen:  dieweil  solch 
tischen  mit  Jen  rollen  und  Springer  dem  see  grosz  nacbthaillig. 
z.  j.  1520,  bei  SCHM.'  2, 703;  Springer,  eine  art  üschernetze. 
Fnisca  2,  309*. 

8)  Springer,  das  im  ehemaligen  Nürnberger  rugsamt  befind- 
liche, alle  handwerksordnungen  enthaltende,  über  30  pfund  schwere 
buch.  ScBM.'  2,  703,  es  war  wol  angekettet  und  wurde  sowol  des- 
halb, wie  auch  wegen  seiner  schwere  scherzhaft  vielleicht  mit 
Springer,  pedica  verglichen.  Scbmelleb  vermutet,  die  bezeichnung 
vergleiche  steh  dem  renner  als  benennung  eines  regisiers  tum 
aufsuchen  irgend  eines  punktes,  vyl.  2, 111. 

9)  Springer  tn  der  bedeutung  von  spriing,  m. ?.•  als  Lucae 
am  1.  capitel  die  alte  Elisabeth  die  stimme  des  grusses  der 
jungfräulichen  niiitten  .Mariae  hönete,  bupffet  mit  frewden  das 
kind  in  jhnem  leibe,  üben  und  widen  den  gewöhnlichen  lauff 
den  natur,  dasz  der  noch  nicht  reden  kondte  und  sehen, 
einen  zeugen:  und  der  noch  nicht  gehen  kundte,  einen 
Springer  geben,  und  den  Mesiam  der  weit  mit  hoher  reverentz 
empfahen  muste.  Mbyfabt  das  hinml.  Jerusalem  2  (lb30)  99, 
oder  ist  hier  gemeint  'einen  Springer  abgeben'  ?  heiszt  im  folgenden 
einem  einen  springen  geben  Hhm  den  laufpasz  geben'  oder  muss 
oben  an  springen  5  bei  der  erklärung  angeknüpft  werden  1  das 
ist  bei  den  stolzen  weltjunkein  lauter  beiszendes  salz,  lauter 
widerwärtiger  senf,  lauter  unangenehmer  Sauerteig,  darum 
gpben  sie  dem  evangelio  und  der  ev.  frümigkeit  einen  springen. 
Herbebgeb  evangelische  herzpostille  1611. 

SI'KINGEKEI,  f.  hüpfen,  springen,  im  ladrlnde*  sinne.  CAarK: 
mach  nicht  solche  spningerei! 

SPRl.NGERIG,  adj.  gentiyt  zu  springen.  tgL  Fiomhaniis 
zeitichr.  2,  461. 

SFRi.NüERIN,  f.  entsprechend  springen,  «.1.  l)  ein  tanzendes 
mddchen,  tanzeide  frau,  meist  mit  dem  beitinn  des  gewerbs- 
mdsiigen:  Springerin,  bassatrix  DiEr.  69';  Springerin,  springeren, 
saltatrix  509*;  Springerin,  ludia  .Maaleb  382';  die  verrugte 
Springerin  Herodias,  quell'  infame  zallatrice  di  Herodiade.  Krämer 
dict.  2  (1702),  890'; 

des  {der  falschheit  des  Hmidet)  der  liab«  sant  iobannes  entgah. 

der  zu  der  bobtit  sin  leben 

verlos,  da  sin  haubi  wart  gegeben 

einer  spriiigeriune  ze  miete,    lennei  5743; 


107 


SPRINGKRISCH  —  SPRINGFEDER 


SPRINGFEDRIG  —  SPRINGFLUT 


108 


er  (Salomo)  hete  ouch  springerinne  und  singerinne  nnd  onder 
habischer  liute  vil,  da;  e;  äne  m!iie  was.  Uertbold  t.  Recens- 
BOiG  t,  176, 14  Pfeiffer;  nit  bis  emsig  mit  der  Springerin  noch 
hör  sie.  das  du  vielleicht  icbt  verderbest  in  irer  Wirkung. 
Jesus  Sirach  9, 4,  bibel  von  I4$3,  vgl.  cum  saltatrice  ne  assiduus  sis. 
tulgata;  Llther  hat  singerin.  das  ballet,  von  elender  er- 
fmdung,  ward  im  ganzen  ausgepfiffen,  einige  treffliebe  Springer 
und  gpriogerinnen  jedocb,  welche  letztere  sich  es  zur  pflicht 
rechneten  die  Zuschauer  mit  jedem  schönen  theil  ihres  körpers 
bekannt  zu  machen,  wurden  weidlich  beklatscht.  Götbe  27,115. 
das  mit  ihrem  burschen  über  die  segnende  glut  des  johannisfeuers 
springende  midchen:  die  ungesengte  Springerin  wird  für  dieses 
jähr  nicht  angebrannt  {nicht  schwanger).  Leoprechtinc  aus  dem 
I^ehrain  '.SS. 

2)  Springerin  bestiehnung  einer  wilden  kub,  »eiche  häufig  über 
die  einfriedigung  ihres  Weideplatzes  hinwegspringt:  springen 
TOBLEK  38t'. 

3)  alt  name  der  weide:  salix  baijt  ain  weid  und  ist  als  vil 
gesprochen  als  ain  Springerin,  dar  umb,  da;  der  paum  snell 
auf  springt  und  wecbst.  Mecenrerc  347,8. 

4)  in  der  taschenspit-lerkunst  die  kleine  chinesische  Springerin, 
eine  mechanisciu  puppe,  welche  eine  kleine  treppe  hinunter  hüpß 
und  sich  zuletit  auf  einem  kleinen  stuhle  niederläsit.  KrI^.nitz 
eney cl.  162,  59. 

SPRINGERISCH,  adj.,  «ie  oben  springerig,  adj.  geneigt,  auf- 
gelegt su  springen:  's  isch  mer  nit  springerisch,  bin  nicht  tum 
springen  aufgelegt.  Seiler  Basler  mundart  i'b*;  alle  gebrechen 
musten  in  ihren  äugen  eine  tugend  seyn,  also  dasr  sie  einen 
hoffbriigen  Spanier  anders  nicht  als  ehrbar,  einen  unver- 
schämten Welschen  freundlich,  einen  leichtsinnigen  Franlzosen 
behertzl,  einen  springerischen  Engelländer  huriig  und  einen 
versoffenen  Deutschen  lustig  und  vertraulich  zu  nennen  pflegten. 
Opitz  2.258. 

SPRINGERLEIN,  SPRINGERL,  n.,  demin.  zu  Springer,  m..- 
springerle,  saltolricuh.  Maaler  382'. 

1)  springerle  name  des  hasen.  springerle  in  Schwaben  ein 
weihnaehtsgebäck  in  thierform.  Meier  schwäb.  sag.  462. 

2)  springerl,  ei»  AWner  sü«icoss*r/{5c/i,pftoxtnu»laet'W.  U.nger- 
Khüll  529',  sonst  auch  pfrille  genannt  [s.  theil  7,  1795). 

3)  springerl,  der  aus  der  frurhlkapsel  hercorspringende  same, 
so  von  linum  usitatissimum  crepitans.  Unger-Kboll  529*.  vgL  unten 
springllachs,  m. 

4)  in  Süd  Ostdeutschland  springerl  ein  fläschchen  kohlensaures 
»aster. 

5)  springerl ,  dasselbe  wie  springhauslein  (i.  unter  spring- 
bans, 11.). 

•  SPRINGERSCHE,  f.,  auf  niederdeutschem  gebiete  dasselbe  wie 
oben  Springerin,  ^;  springersche,  saltatrix  Diek.  509'. 

SPRINGERWEG,  m.,  bei  Polgöns  in  den  kirchenakUn  von  1569. 
Crecei  ics  oberhess.  wb.  2,  802.  vielleicht  der  weg,  den  eine  spring- 
frocession  geht. 

SPRINGEUPHORRIE,  f.  euphorbia  lathyris.  KrBhitz  eneycl. 
162,67.    vgl.  Springkraut,  n. 

SPRINGFADEN,  m.  aus  glas  gezogene  fäden,  welche  durch 
plitzliche  abkühlung  in  wasser  so  spröde  werden ,  dasz  sie  beim 
zerbrechen  in  f-inen  staub  zerspringen.  JicOBSSox  4,237'.  vgl. 
auch  unten  springglas,  n. 

SPRINGFALLE,  y.:  springfallen,  mflusz  zu  fangen,  calopio 
ia  pigliar'  i  sorzi.  Hulsius  (1618)  236'. 

SPRINGFEDER,  f.  elastische  feder,  welche  dem  druck  naeh- 
giebt  und  darauf  wieder  zunuksrhnellt.  J&cobsson  4, 237\  vgl. 
auch  unten  Sprungfeder,/^..'  springfedern  einer  matratze;  spring- 
feder  in  einem  sofa,  einem  polsterstuhl;  Kalzenberger  aber 
üesz  auf  ihn  {den  provisor)  durch  den  druck  einer  springfeder 
sein  gemsenhorn,  woran  noch  die  vnrstecklocke  des  vor- 
gesetzten hing,  abfahren  und  schosz  damit  die  ganze  linke 
hraslwarze  de»  provisors  zusammen.  J.  Paoi.  Katzenbergers  bade- 
rniel,  69.  im  rerglrich:  wenn  man  den  menschlichen  geisl 
mit  einer  springfeder  vergleichen  dürfte,  so  möcht'  ich  wohl 
sagen,  dasz  die  gute  königliche  boheit  seinem  witze  zu  viel 
geboten  h.-it,  und  da«z  nunniehro  die  elasticitst  darunter  ge- 
litten. TiecR  10,10.  bildlifh  von  personen:  und  v»ie  vollkommen 
mnsi  diejenige  slastimascbine  seyn,  wo  «ir  als  die  geringsten 
springfedrrn  derselben  eine  so  Rchmeicbelh;ifte  nnfiiierk'<um- 
keil  verdient  haben!  nnit:  ich  ineyne  die  springfedern  in 
allen  ehren.  Miisis  pttr,  phant.  9,  r>l ;  von  einer  körperlich  ge- 
wandten fierson  sa/t  man  sie  bat  springfedern  in  den  gliedern, 
grlenken    u.a.:    und   di«M  {die   mnllei)   war    die    kciIc    des 


hauses,  und  diese  seele  wohnte  in  einem  anmutigen  kraftigen 
körper,  der  in  jedem  gelenke  eine  springfeder  zu  halten  schien. 
GoTTHELF  1,131.  unsinnlich  von  geistigen  kräfen:  so  haben 
wir  vielleicht  Ursache,  die  gescbäftigkeit  der  eigenliebe,  uns 
gegen  uns  selbst  zu  entschuldigen,  für  eine  von  den  nötbig- 
sien  springfedern  unsrer  seele  ...  anzusehen.  Wieland  2, 226 
[Agathon  9,4);  mit  brziehung  auf  diese  stelle:  Danae  hätte  mehr 
als  eine  sterbliche  seyn  müssen,  um  aurh  gegen  die  unmerk- 
lichen drücke  dieser  ersten  springfeder  der  menschlichen 
natur  immer  auf  der  hut  zu  seyn.  3,  2<j3  (13, 7).  Hamlet  hat 
gefallen  von  der  obersten  gallerie  bis  zur  dame  von  16  ahnen, 
deren  herz  wenig  springfedern  des  gefallens  mehr  hat.  Rojb 
an  Bürger  am  3.  jan.  1777  {im  briefu:  des  letzteren  2.4  Slrudtmann). 
überhaupt  von  einem  bewirkenden,  anlasz  gebenden  moment  {vgL 
ouch  unten  triebfeder,  ^):  aber  in  der  that,  wer  von  ihr  {der 
moralischen  freiheit)  gründlich  reden  wollte,  der  niQszte  ganz 
(las  innere  wescn  und  die  erste  springfeder  aller  tbäti^keit 
erkennen.  GOtbe  33,103;  ach  das  liebenswürdige  Unglück!  . .. 
aber  —  besehen  sie  es  von  allen  seilen!  lassen  sie  keinen 
Schieber,  keine  springfeder  entgehen.  IrriANt)  der  mann  von 
wori  5,  t ;  diesen  (widerstand)  möglich  zu  machen,  hat  es  zweier 
stärker  wirkender  springfedern  bedurft:  der  erneuerung  des 
preussischen  Staats  und  der  geistig-sittlichen  Wiedergeburt  des 
deutschen  volks.  Flatbe  bei  Grotb  allgem.  weltgesch.  lO,  415. 
auch  von  veranlassenden  ranken,  planen  u.  s.  w.:  er  weisz  Wurm, 
wie  sehr  sich  mein  ansehen  auf  den  einflusz  der  lady  stützt  — 
wie  überhaupt  meine  mächtigsten  springfedern  in  die  walltingen 
des  fürsten  liineinspielen.  Scbiiler  .3,375  {kab.  u.  liebe  \,h). 
in  neuer  bildlichkeit:  Napoleon  suchte  daher,  soweit  es  die 
Politik  im  stände  ist,  neben  der  springfeder  der  ehre,  welche 
nach  Montesquieu  die  der  monarchien  ist,  . . .  noch  die  der 
religion  zu  stählen  und  zu  spannen.  J.  Paul  ddmmerungen  139. 
fl/5  groteske  bezeichnung  der  muskeln  des  gesiebtes:  aber  der 
regierende  bürgermeistcr  Kuhnold  winkte  mit  der  band,  der 
hoffiskal  und  der  buchbändler  spannten  alle  spring-  und 
schlagfedern  an  ihren  gesiebten  wie  an  fallen  wieder  an  ood 
jener  las  fort,  obwol  mit  erzwungenem  ernste.  flegelj.\,6 
{vgl.  dazu  oben). 

SPRINGFEDRIG,  adj.  zum  vorigen,  eine  springfeder  habend, 
mit  einer  springfeder  versehen.  Campe,  ton  einem  lebhaften 
mädchen  {vgl.  unter  springfeder  den  beleg  Gotthblf  1, 131):  sei 
nur  deine  ankunft  auch  so  {fröhlich),  du  springfedriges  wesen. 
J.  Paul  Katzenbergers  badereise  1,  II. 

SPRINGFEUER,  n.  in  Steiermark  bezeichnung  des  sonnen- 
wend-  oder  Johannisfeuers,  weil  die  jungen  burschen  mit  ihren 
liebsten  hindurchspringen,  ^n  rest  alter  cultushandlung.  vgl.  Unger- 
Kbüil  529". 

SPRINGFINGER,  m.  ßnger,  welcher  Sprungkraft  hat:  auf- 
merksam will  ich  darauf  machen,  dasz  so  alte  sagen  {wie  die 
vom  mondgolte  und  vom  mann  im  monde)  sich  pünktlich  so- 
gleich als  wahre  erweisen,  vor  einem  augenzeugen  . .,  welcher 
durch  ein  zufälliges  selbermagnetisieren  auf  springfingern  eben 
in  den  roond  sich  versetzt,  und  dann  alles  ansieht.  J.Paul 
herbstblumine  3,231. 

SPRINGFISCH,  m.  fisek,  der  tick  durch  einen  zprung  aus  dem 
wasser  emporschnellt,  im  besonderen  bezeichnung  einer  fliegenden 
fischart,  erocoetus  exsUiens.  Nemnicb  1, 1555. 

SPRINGFLACHS,  m.  eine  art  flachs,  dessen  reife  Samenkapseln  ■ 
in  der  tonne  mit  einem  knisternden  laut  von  selbst  aufspringen.  I 
Nehnich.     sonst  auch  klanglein,  ni.  {s.  theil  b,  9i9)  genannt.  * 

SPRINGFLAGE,  f  ein  stück  ackerland.  das  infolge  von  darauf 
befindlichen  quellen  {vgL  oben  spring,  m.)  sumpfig  und  feucht  ist. 
Jacobsson  7, 414'.  sonst  auch  wassergallen  {s.  unten)  genannt, 
vgl.  auch  galle,  f.  (II)  unter  1,c,ß  (</ini  4, 1, 1, 1188).  j 

SPRINGFLUT,  f.  1)  an  der  meeresküste  eine  zur  zeit  des 
neu-  oder  voUmondes  eintretende  grosse  flut.  im  gegensalz  zur 
nippflut  ((AnJ  7, 852).  ÜOBRii  654'.  G0okl456:  die  schwächsten 
fluten,  die  man  nippfluten  nennt,  sind  mit  den  inondsvierteln, 
sowie  die  Springfluten  mit  dem  neu-  und  Vollmonde  verbunden. 
Rraniies  vorles.  über  astronomie  (1827)  1,  22«.  die  springdut 
dauert  drei  tage  vor  und  anderthalb  tage  nach  dem  n*u-  bes. 
Vollmonde.  Rohhik  6.'>4'.  Springflut,  fluctus  aestuarius;  aestus 
maris  pleno  luna  concilati.  Frisch  2,  90<.t';  nd.  ipringfloot  {neben 
sprengfloot)  brem.  wb.  974;  springflöd  trn  DooRNtAAT  Koolhan 
3,  290'.  vgl.  hoU.  sprinckvioed,  fluctus  aestuarius,  aeUus  mari- 
timut  major,  aetlus  mans  plena  luna  conitali.  kiiun  2,  i>23'. 
wenn  sich  dazu  (tu  dem  die  wassermatten  in  den  kaual  treibenden 
weftwtnde)   nurji    eine   springlluth   gesellt,    donn    steigen    die 


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SPRINGFRAU  —  SPRINGFLSZIG 


wilden  wasser  oft  lu  einer  hölie  und  furcht  barkeit,  die  einera 
das  herz  erbeben  machen.  Allmkbs  marschenbuch  Zi;  stand 
eine  springOulh  bevor,  so  konnte  man  sicher  sein,  er  (Hauke) 
lag  trotz  Sturm  und  welter  weit  draussen  am  deiche  mutter- 
seelen  allein;  und  wenn  die  möven  gackerten,  wenn  die  wasser 
gegen  den  deich  tobten  und  beim  zurückrollen  ganze  fetzen 
von  der  grasdecke  mit  ins  meer  hinabrissen,  dann  hätte  man 
Haukes  zorniges  lachen  hören  können.  Storm  ',  157; 
der  Wässer  griuim.  o  herr,  nimpt  vollen  laulT, 
die  ipriogflut  sieigl  mit  grossem  brausen  aufT. 

Opitz  psulmen  178: 

'wahrlich,  veiier,  es  schäumt  und  schwemmt, 
es  brülU  um  der  klippe  xiBken;"  — 
'ruhig,  mein  junge,  die  springDui  kömmt, 
iasi  sie  steigen,  sie  wird  schon  sinken'.  — 

DcosTl-HtJLSUOtr  1,248; 

nag  die  ehrliche  deutsebe  see 
vom  schleim  der  molluske  sich  röthea, 
springllut  brausen,  zischen  die  bö 
und  die  Wasserhose  trompeten, 
drunten,  drunten  ist's  klar  und  licht, 
wie  droben  die  wellen  gebahren,    249, 

5)  Überhaupi  ^springende  flut'  in  einer  erst  verhdltnismäszig 
ipdten  Verallgemeinerung :  sie  {die  scheune,  bez.  ihr  dach)  formte 
kleine  tosende  sturzbäche,  rieselnde  wasserfäden,  gurgelnde 
Springfluten  und  stellenweise  fröhliche  Sprühregen.  Anzen- 
GRCBER  5,51.  wie  oben  Springbrunnen,  m.  {sp.  SO)  äne  Ver- 
deutschung ron  franz.  fontaine: 

aus  den  urneii  aber  stieg  die  springQut 
rein  empor,  wie  eine  schlanke  lilje.    Platen  336'; 
am   mittag  lubt'  ich  dann  auf  weichen  purpurdeekeu 
im  luftigen  gemach,  wo  im  marmorneD  hecken 
der  springüut  rauschen  nie  verstummt. 

Geibel  1i  115. 

ton  dem  zu  köpf  steigenden  blute:  \a  Fritzens  bleiches  antlitz 
schosz  eine  springfluth  junges,  purpurnes  blut.  H.Hucb  Haduwig 
im  kreuigang  60. 

3)  im  vergleiche:  lange  zeit  bleiben  die  eigentlichen  grund- 
empündungen  eines  kreises  von  tagestäuschungen  überhüllt; 
endlich  aber  drängen  sie  sich  doch  wie  springQutben  unwider- 
stehlich an  die  Oberfläche.  Immermam»  Münchh.  i.ss. 

4)  auch  bildlich:  mitten  in  einem  ergreifenden  auftritt  oder 
kapitel,  aus  dessen  anfange  der  leser  vor  acht  tagen  sprang, 
und  zu  dessen  eude  er  nach  acht  tagen  wiederkommen  will, 
so  dasz  während  dieses  Zwischenraums  die  ganze  springfluth 
des  dichters  rn  ihm  verlaufen  ist.  J,  Paul  kl.  bücherschau  2,'i; 
80  gibt  es  tribunen  hier  unten,  die,  wenn  die  ebbe  beginnt, 
wenn  die  revolutionären  Springfluten  sich  wieder  verlaufen, 
diese  erscheinung  den  intriguen  der  Jesuiten  zuschreiben. 
IIeike  6,421.     Wirklichkeit  und  bild  zugleich: 

auch  solche  springfluth  hört  zum  leben! 

sie  jagt  es  auT,  sie  frischt  es  an, 

sie  hütet  es  vor  dumpfem  stocken  — 

drum  ohne  bangen  in  den  kahn, 

und  gib  dem  stürme  deine  locken.    Freiligratu  3,  Sl. 

SPRINGFEIAÜ,  f.  nach  dem  Volksglauben  der  Mark  eine  über- 
irdische frau,  welche  in  einem  besonders  klaren  quell  wohnt,  sie 
ist  den  menschen  wolgesinnt:  nd.  springfrü.  Kou«  märkische 
forschungen  1  (1841),  135.     gebildet  zu  oben  spring,  m.  l  {sp.  77). 

SPRINGFRUCHT,  f.  in  der  botanik  bezeichnung  der  fächer- 
förmig aufspringenden  frucht  des  euphorbium.  Bebler  5,  6G1. 
tgL  auch  oben  springeuphorbie,  f. 

SPRINGFUSZ,  m.  l)  allgemetn:  springfüsse,  Jal/a<orii  ped«. 
Nkhhicb.  die  springfüsze  des  springhasen  {s.  unten  spring- 
bas«,  m.),  der  heuschrecke  und  anderer  hüpfender  insecten,  im 
gegentali  zum  lauffusz  (theil  6, 330).  auch  von  den  füszen  des 
menschen:  eh'  icbs  gut  erkläre,  warum  der  gerichthaiter,  der 
former  der  vokazion,  diese  so  dumm  aufsetzte:  wollen  wir 
zwei,  ich  und  der  leser  ...  uns  bei  Fixleins  freudigen  spring- 
fQszeo  aufhallen.  J.  Paul  Quintus  Firlein  156;  auch  büdhch: 
jetzt  durch  die  geistigen  springfüsze,  durch  das  leichtere  ver- 
binden aller  ideen  ...  musz  die  weit  zuletzt  mit  kühnen 
bildern  aufhören,  so  wie  sie  damit  anfing,  torschult  der 
itlhetik  2,  i:9. 

2)  springfusz,  benennung  ton  seiurus  vulgaris.  Nemmcb  2,1249 
(soml  gewöhnlich  eichhorn,  eichbörnchen,  n.  [s.  Iheil  3.81]  ge- 
nannt), eben  weil  das  thierchen  es  zur  virtuosen  meisterschaft  im 
gebrauch  dieses  gliedes  (s.  unler  1)  gebracht  hat. 

SPRLNGFCSZIG,  adj.: 

springfüsiig  floh  nach  süden  die  gazella, 
eo  sie  der  wiuier  zwang  in  bäreol'elle. 

LiLiincRON  S,  122  (ausgew.  ged,  26). 


SPRINGGARDINE  — SPRINGHAÜS         110 

SPRINGGARDINE,  f.  auf  ein  bleehrohr  gewickeite  gardine, 
welche  mittelst  einer  feder  selir.ell  auseinander  gewickelt  werden 
kann,    sie  dient  zum  schütz  gegen  die  sonne.  Jacobsso.-«  7,  414*. 

SPRINGGAL'CHBLU-ME,  f.,  wie  unten  springkresse,  f.,  be- 
zeichnung von  cardamine  impaliens.  KrCmtz  encycl.  162,63.  über 
den  anUisz  zur  Wortbildung  vgl.  oben  springeuphorbie,  f.,  spring- 
flachs, m.,  Springfrucht,  f.  und  unten  springgurke,  f.  u.  s.  w. 

SPRINGGIFTIG,  adj.  auszerordenllich  giftig i  zornig,  erbost, 
eigentlich  so  zornig,  dasz  man  seinem  gegner  am  liebsten  ins 
gesicht  springen  möchte:  springgiftig  Scb«.*  2,703.  L'.ngeb-Kbcll 
529*;  springgifti  Frommasks  i«lsc/ir.  3, 188,  33,  vgL  auch  oben 
springböse,  adj.  sp.  79. 

SPRINGGINKERL,  n.  üwger-Khcll  529',   wie  das  folgende. 

SPRINGGINKES,  m.  bezeichnung  eines  jungen  leichtfüszigen 
menschen.  Schm.*  2, 703.    vgl.  unten  Springinsfeld. 

SPRINGGLAS,  n.  gläserner  tropfen,  der  nicht  im  kühlofen 
allmählich  abgekühlt,  sondern  im  kalten  wasser  sehr  plötzlich  ge- 
härtet wird,  er  ist  duszerst  spröde  und  zerspringt  zu  feinem 
staub,  sowie  man  von  dem  fadenähnlichen  schwänze  nur  ein  ganz 
kleines  Stückchen  abbricht.  Jacobsso»  4, 233".  7,414'.  sie  werden 
sonst  auch  vexierglüser  genannt,  vgl.  auch  oben  springfaden,  m.: 
springglas,  lachrymae  ritreae.  Frisch  2,309*.  büdlich:  belei- 
digungen  der  ehre,  der  liebe,  des  mitleidens  machten  den 
physikus  nie  warm  und  er  behielt  seinen  Überzug  aus  glattets 
an;  aber  Störungen  seiner  kuren  erhitzten  ihn  bis  zum  zer- 
springen; und  so  sind  wir  alle  springgläser,  die  den  hammer 
vertragen  und  nicht  eher  in  tausend  splitter  zerfahren  als  bis 
man  die  kleine  spitze  abbricht.  J.  Pacl  Titan  1,  198. 

SPRINGGRABEN,  m.  graben  für  springübungen.  Jahr  2, 1, 18 
Euler.    vgl.  Kbühitz  encyci.  162,63. 

SPRINGGRÜBE, /.,  begrifflich  dasselbe  wie  das  vorhergehende. 
Jahs  2,  1, 18  Euler.  heute  in  der  turnersprache  kaum  noch  ge- 
bräuchlich. 

SPRINGGRÜND,  m,,  dasselbe  wie  unten  Ursprung,  der  erste 
theil  der  Zusammensetzung  birgt  ohne  zweifei  spring,  m.  1  fons: 
wo  kan  men  idt  gude  wercke  beten,  so  de  sprinckgrunt  böse 
und  unreyne  is.  quelle  bei  Scbiller-LCbbes  4,346*. 

SPRINGGURKE,  f.  benennung  einer  wilden  gurkenart,  deren 
reife  frucht  bei  der  leisesten  berührung  zerspringt  und  zugl6ch  den 
samen  umherstreut,  momcrdica  elaterium.  Oke!<3,  S25.  Pbitzel- 
Jesse!«  239:  springgnrke,  cucumis  sylvestris  oder  asininus.  Frisch 
2,309*;  auch  als  garlenpflanze.  öcon.  /ej;.  2786.  sie  wird  sonst  auch 
eselsgurke,  f.  theil  3, 1152  und  spritzgurke,  f.  (s.  unten)  genannt. 

SPRINGHAFER,  m.  eine  haferabgabe,  welche  von  dem  herrn 
der  besprungenen  stute  an  den  besitzer  des  hengstes  gleich  nach 
der  begaltung  zu  leisten  ist,  diese  leistung  wiederholt  sich  noch 
einmal,  wenn  die  stute  auch  trächtig  geworden  ist.  brem.  wb.  974. 
Adelühg.    s.  auch  unten  sprunghafer,  m. 

SPRINGHAFT,  adj.  saltatorius,  exsiliens,  exsaltans,  saltu  pernici 
corpus  tollens.  Stiei.br  2106;  springbaftes  pferd,  equus  se  al- 
toUens,  gressus  glomerans.  ebenda. 

SPRINGHAHN,  m.    i)  hahn,  welelier  die  henne  triU.  Cakpk. 

2)  hauptsächlich  in  niederdeutschen  gegenden  eine  benennung 
der  heuschrecke.  vgl.  oben  Sprenger,  tn.  l,c{jp.41),  sprengsei,  m.  1 
(sp.  44),  Springer,  m.  2,  c,  S  (sp.  104)  u.  s.  w. ;  sprinkhane,  bruchus. 
alte  wörterbuehquelle  bei  Schiller-LCbbe»  4,  34ü';  sprinchahne, 
lecusta  Dief.-WClceer  860;  sprinckhaen, /ocusta  Kiliax  2, 623'; 
springbahn,  gryllus  Neükich  2, 80;  springhabn,  locusta  Ratze- 
burg die  forstinsekten  3,260.  demin.  sprin  ckhaenken,  n. 
attelabus  Kilias  2,  623*. 

3)  spring bähnchen,  n.  eine  blattkdferart ,  chrysomela. 
zweifarbiges  Springhähnchen,  chrysomela  bicolor.  KrISritz  encycl. 
162,  64. 

SPRINGHAI,  tn. ;  sprinckhaye.  galeus  glaucus.  piscis  ineredibili 
agilitate  quatuor  cubilorum  aUiludine  e  mari  exiliens,  ne  praedae 
ac  lanienae  pateat.  Kilian  2,  623'.    vgl.  oben  springtlscb,  m. 

SPRINGHANS,  m.  munter  springender  Hans  als  bezeichnung 
eines  fröhlichen,  lebhaften  knabens.  Campe,  demin.  sprin g- 
hänschen,  n.,  nd.  sprinkhänsken  brem.  wb.  i,9H. 

SPRINGHASE,  m.  benennung  einer  art  von  erdmäusen  mü 
hasendhnUcheni  köpf,  die  Vorderbeine  sind  sehr  kurz,  dagegen 
die  hinterbeine  ungewöhnlich  lang,  so  dasz  sie  sich  nur  springend 
fortbewegen  kann,  mui  jaculus.  Nemricb  2,  653,  vgl.  Oken  7, 796. 
vgl.  auch  unten  Springmaus,  f.  und  springratte,  /.  springhase 
auch  bezeichnung  einer  kleinen  näuseart,  die  im  flugsande  lebt, 
mus  sagitta.  Nem.iich  2,  65$. 

SPRINGHAUS,  n.  eine  käfigartige  vogelfalle,  vgl.  oben  spring- 
falle,  f.,  springhaus,  n.  FRoaMAnns  zettschr.  7,105: 


1 1 1        SPRINGHENGST  —  SPRINGINSFELD 

wellichem  ('fem  ruhen)  waren  wol  kekandt 
in  den  wilden  und  aulT  dem  land 
der  Togler  list,  darmit  sie  neiigen 
die  Waldvögel,  die  iinikiubringen 
mit  garen,  springlieusern  und  kloben. 

H.  Sachi  17,  454,  7  KcUer-Götzf. 

iemn.  •  p ri  n g hS u 9 1 ei D ,  n.:  tpringliauszlein,  decipula.  tevttck- 
lat.  »K  8.  nach  FaoiiiiAiins  xeiltehr.  7, 105  dient  da$  spring* 
häuilein  nur  dazu,  dit  Sperlinge  von  dem  futler  fermubalten, 
und  nicht  daxu,  den  fremden  togel  xu  fangen,  doch  rgU  dagegen 
oben  und:  im  fröbjahr  da  geh  i  bei  zeilen  mit  'o  »pringhäusl 
aufsi  in  wald.  ebenda,  nach  Uncer-Kbull  S29*  ist  springhäusel 
überhaupt  Uhierfalle. 

SPRINGHENGST,  m.  besehäler.  rgl.  springen,  rerk.  U  f>  ." 
(ip.  93):  springbengst,  ein  bengst,  den  man  zA  den  gurren  oder 
»lutea  \aizt,  admissarius  equus.  MaalebSSS';  springbengst,  e(;uuf 
ädmissarius.  SriBLSa  7(2;  springbengst,  Stallone ^  ammassario, 
eavallo  da  rasxa.  Krämer  dict  2(1702),  890*;  springbängst,  fguui 
ädmissarius.  Frisch  2,309*;  der  >pringbcn);$t  sol  nichts,  äd- 
missarius iners  in  venerem.  Maaler  3S2';  springen,  faszien, 
als  wenn  der  springbengst  auff  die  stäten  springt,  salire  dt- 
cuntur  animalia  bruta.  ebenda;  wann  der  springbengst  das 
mutterpferd  ersieht,  so  binnewibelet  er.  Garg.  "\ 

SPKINGHEKD,  m.  rogelherd,  welcher  mit  springwänden  (s.  unten 
springwand,  /.)  umstellt  isL  der  fang  geschieht  mittelst  lockvogels. 
Jacobsso!«  7,  41&*. 

SPRINGHOCKEN,  n.  in  der  lurnersprache :  während  des 
Sprunges  wird  der  körper  in  hockstellung  gebracht,  d.  h.  die  Ober- 
schenkel an  den  leib  herangesogen.  Krünitz  encycl.  162, 4S. 

SPKINGHOHN,  n.  benennung  einer  blasensehneckenart,  bulla 
terebellitm.  Ncmnicb  7,719. 

SPHINGIG,  adj.  1)  entsprechend  springen,  verb.  1:  springicbt, 
saltatorius,  exsüiens,  exsaltans,  saltu  pernici  corpus  toUens. 
Stibler  2106;  springichte  bocke,  capri  salienles.  ebenda. 

2)  apT\ng\i,  quellreich,  quellig.  Danneil  207*.  Frischbier  2,357*; 
rgL  springen,  verb.  2  5p.  98  und  spring,  m.  l  sp.  77,  springiger 
bod^D,  springiger  acker.  nd.  sprinkig  (vgl.  auch  oben  sprink 
unter  spring,  n>.),  sprinkige  steile.  Friscbbier  a.  a.  o. 

S)  entsprechend  springen,  r«rfr.  5  <p.  101:  springig,  brüchig, 
steif,  hart,  von  der  seide  gesagt.  Seiler  Basier  mundort  275*. 

SPRINGINSFELD,  m.  imperativisehe  bildung.  ursprünglich 
rot  name  eines  landsknechtes :  'eile  in  das  feld,  d.h.  in  den 
krieg.''  u.  ä.  rgl.  auch  die  entsprechenden  bildungen  renninsland, 
hüpfinsholz  m.  s.  w.  J.  Grimm  ^ramm.  2,  962,  daher  sein  vor- 
kommen als  eigenname  in  der  älteren  zeit  zu  erklären:  Spring- 
iat-feld,  der  ein  abgefäumier  ertzvogel  war  und  kein  latein 
verstünde.  Simpi.  362, 10  £eU«r ,  als  buchtitel:  der  seltzame 
Springinsfeld,  das  ist  kurtzweiiige,  iusterweckende  und  recht 
lächerliche  lebensbeschrcibung  eines  weiland  frischen,  wul- 
«ersücbten  und  tapffern  Soldaten,  nunmebro  aber  ausgemergel- 
ten, abgelebten,  doch  dabey  recht  verschlagnen  landstürtzers 
und  bettlers  .  .  .  von  Pbilarcho  Grosso  von  Tromerheim. 
(Grihmblshaosen)  1670.  vyLGötiEKEfrundr. 9,252.  ausderlands- 
kneehlssprache  auch  in  das  handwerkerceremoniell  eingedrungen: 
Hansz  Springinsfeld  als  schleifname  eines  böttchergesellens.  brüder 
Giihii  altd.  Wälder  \,\(A.  vgl.:  wo  steckst  du  dann,  bebe! 
aus  dem  tomister  heraus,  du  lustiger  Hans  Springinsfeld!  was 
situ  du  da,  wie  ein  kalendermacher,  der  auf  re^'en  und  wind 
•ludirt?  Fr.  Müllbh  1,  30<J.  Springinsfeld  als  name  des  teufeis. 
J.  Gbimh  my(Aoi.*  2,  SS8;  dementsprechend  mag  auch  in  dem 
vorhergehenden  beleg  sehr  wol  an  den  eigennamen  eines  lustigen 
kobolds  gedacht  werden,  für  das  alter  der  Wortbildung  vgl.  noch 
nd.  ein  springe  ynt  vell.  Grtse  wedewen  ipegel,  Rostock  1596  L2 
bei  ScBiLLER-Lt'BBEK  4,  S15*.  ndl.  XU  belegen  als  spring-in't-veld. 
grundr.  der  germ.  philol.  1,909.  wie  sehr  die  Zusammenstellung 
als  einheilUches  ganze  gefühlt  wird,  zeigt  die  fleiion  des  letzten 
composttionsgliedeu-  Junge  unerfabrne  Springinsfelde  werden 
durch  dergleichen  blicke  freilich  leicht  aus  reih'  und  glied 
gelirachU  HirrEL  werke  (,136;  eine  heilige  familie  auf  einer 
waldhobe,  wo  ...  die  mutler  über  einige  munteie  kleine 
springinsfelder  wache  hielt.  J.  Paul  kom.  anhänge  zum  Tttan 
2,  «2;  diese  jungen  Springinsfelds  haben  andere  gedanken  als 
wir,  fragen  sie  nur  ihre  friulein  töcbter.  Alexis  Isegiimm  ISO. 
in  dieser  schon  in  den  ebenaufgf fahrten  gebrauchsterisen  hervor- 
scheinenden  reralljemetnerung  bezeichnet  das  worl  einen  lusttgen, 
fröhlichen  jungen  menschen,  etnen  leichlfusz,  doch  nicht  immrr 
mit  wsorohuhem  bnstnn: 

ich  «iU  ralt  der  aoprobi  hinObcr  lu  dem  ipringlntreld. 

KoTiBBva  ifrcMMl.  »fiele  i,  243. 


SPRINGINSFELDISCH  —  SPIUNGK  ASTEN     112 

es  wird  von  personen  beiderlei  geschUchts  gebraucht,  von  knaben 
und  jungen  männern: 

er  war  ein  rechter  springinsCeld 

im  ersten  bunten  kleide, 

und  ward  daher  der  jungen  weit 

und  auch  der  mubmen  t'rcude.    liARrooRii  3.112; 

herr  Gries.  der  seneschall, 

ist  euch  bekannt. 

so  war  kein  Springinsfeld 

im  ganzen  land: 

auch  hieitx  er  überall 

ier  mädcliRnheld.    Wirland  I<<,  305; 

ich  war  wohl  recht  ein  Springinsfeld 
in  meinen  jüngliiigstagen, 
und  that  nichts  lieber  auf  der  weit, 
als  reiten,  fischen,  jagen.     Börcrr  30'; 

da  lieg'  ich  nun  und  träume, 

ich  junger  Springinsfeld.     Frrilicratu  2,  318; 

sieh  nur!  ein  paar  artige  knaben  sitzen  auf  dein  bocke,  der 
eine  springt  herunter,  die  kutsche  fährt  langsam,  er  kommt 
aufs  haus  zu.  das  ist  ein  Springinsfeld!  da  ist  er  schon. 
GöTBB  11,278;  sie  bat  gut  sagen,  weil  sie  alle  mit  unserem 
Vater  vergleicht,  der  freilich  ein  ausbund  ist,  dem  nicht  jeder 
das  Wasser  reicht!  und  doch  ist  er  vielleicht  nicht  minder 
ein  kleiner  Springinsfeld  gewesen.  Keller  8,  lt2;  wenn  ihr 
nur  nicht  schon  ein  springin.'sfeld,  ein  junger,  im  köpf  steckt. 
RosEccBR  1,427.  hierher  wol  auch:  stöbert  mein  Springinsfeld 
{der  major?)  erst  noch  dieses  kapitel  aus  —  heb  da!  geht 
ihm  ein  licht  auf,  wie  meinem  Rodney,  wenn  er  die  Witterung 
eines  Franzosen  kriegt.  Scbilii-r  kab.  u.  liebe  1,1.  im  öster- 
reichischen bezeichnet  Springinsfeld  ein^n  stutzer.  idiot.  Austr.  108. 
auch  von  jungen  mädchen  gesagt: 

denn  ihre  (der  mäilcheii)  rasche  pliantasie 

hfipft.  blindlings,  unter  tausend  schlingen 

herum,  und  eh  wir's  uns  versehn,  . .  . 

ist's  um  den  Springinsfeld  geschehn.    Gökinck  1,139; 

du  warst  immer  so  ein  springinsTeld;  als  ein  kleines  kind 
schon,  bald  toll,  bald  nachdenklich.  Göthe  8,194;  Allg'cier 
that  ihr  (seiner  slieftochter)  nicht  weh,  er  liesz  sie  gewähren 
und  liebte  seine  eigene  tochter,  den  Springinsfeld,  die  Klein- 
Lilly,  desto  mehr.  Mosen  7  (1863),  167.  ohne  weitere  angäbe  des 
geschlechts  überhaupt  von  kindern  s.  oben  den  beleg  bei  J.  Paul 
kom.  anhänge  zum  Titan  2, 62, 

SPRINGINSFELDISCH,  adj,  zu  dem  vorigen,  in  einem  buch- 
titel: das  wunderbarliche  Vogelnest  der  springinsfeldiscben 
leyrerin  . . .  nützlich  und  kurtzweiiig  zu  lesen  ausgefertigt 
durch  Michael  Recbulin  von  SehmsdortT.  (Grimnelsbacsbn)  1672. 
vgl.  Gödeke  3,  252. 

SPRINGINSGELD,  tn.,  ganz  entsprechend  oben  Springinsfeld,  m. 
gebildet,  wol  als  bezeichnung  eines,  der  sein  geld  vergeudet:  ein 
springe  ynt  velt,  ein  springe  ynt  gell.  (iRtsE  wedewen  spegel 
(1596)  L2  6«  ScHiLLER-LConEN  4,315*.  doch  vgl.  das  folgende, 
wonach  es  vielmehr  einen  bezeichnen  würde,  der  plötzlich  reich  wird, 

SPHINGINSGLT,  m.,  wie  das  vorige  gebildet  und  wol  von 
ähnlicher  bedeutung:  ein  «princk  ynt  gut.  Gryse  wedewen  spegel 
(I59ti)  L2  bei  Scbiiler-LCbrkn  4,345*;  dagegen  spring  in't  good 
von  einem,  der  plötzlich  reich  wird,  i.  b,  durch  grosse  erbschaft. 
brem.  üb.  4,  974. 

SPRINGKÄFER,  m.  bezeichnung  einer  kdferart,  der  auf  dem 
rücken  liegend  wieder  auf  die  fiisze  springen  kann,  elater.  üeri.en 
5,661.  NtMNicH.  sonst  auch  Schnellkäfer,«.  ((/i<ü  9, 1307)  ge- 
nannt, vgl.  auch  oben  unter  Springer,  m.  2,  c  sp.  104.  itbertragen, 
von  einer  tanzschülerin :  wir  hatten  zeit,  da  er  (der  tanzmeister) 
von  h — 6  uhr  auf  neue  springkäfer  lauerte,  die  aber  heute  alle 
im  komOdicnbause  saszen.  J.Paul  Katxeubergers  baderiisei,l\9. 

SPRINGKAMMEH,  f.  kammer,  hOhlung  eines  berges  oder  felsen, 
in  der  sich  die  quelle  eines  flusses  oder  baches  befindet,  viil.  oben 
spring,  m.  t  fons  sp.V.  in  einer  fast  kühlen  grutte,  nnsz 
welcher  nicht  allein  dieses  wasser  siimptlich  gedussen  kam, 
sondern  auch  andere  sirOme  durch  verborgene  gilnge  und 
ädern  der  feilen  hinausz  diungen.  dies  ist,  sagte  sie  (die 
quellnymphe) ,  die  springkamnier  der  flüsse,  darvun  so  virl 
felder  befeuchtet,  so  viel  flecken  und  stAdte  versorget  werden. 
Opitz  2.260. 

SPRINGKARPFEN,  m.  bezeichnung  einer  karpfenart:  »pring- 
karpf,  eyprinus  ciriosus.  Sirruld  61. 

SPRINGh ASTEN,  m.  kosten  mit  Sprengstoff,  welcher  in  die 
erde  vergraben  wird,  um  darüberhineilende  feinde  in  die  luft  zu 
sprengen.  Jacubsson  4,23s*:  springkasten,  arra  pyrobolana  in 
terra  iefossa,  Faiica  3^  300*.    rf(.  o6eii  ipreogkiiten,  m.  (sp.  43) 


113 


SI'RINGKATZt;— SPRINGKRAUT 


SPRIMiKREBS  —  SPRliNGLICHT 


111 


und  unten  springkistc,  f.  deniin.:  (auf  den  schiffen)  spring- 
käs 1 1  e  i  n ,  dem  feind  mit  feuerwerck  zu  scharfen.  Fbisch  o.  a.  o. 

SPÜI.NGKATZE,  f.,  in  der  landuhafl  Gotlingen-Grubenhagcn 
springkalte  I)  spitltische  beuichnung  des  springenden  löwen  im 
hessischen  Kippen.  Schaübach  206';  2)  mit  rüeksicht  darauf  auch 
benennung  des  hessischen  guten  groschen.  ebenda,  sonst  auch 
klumpscliwanz,  m.  (klumpswans)  genannt.  104*. 

SPRINGKEHN,  m,  im  steirischen  der  aus  der  frucht  heraus- 
springmde  samenkem:  l)  ton  euphorbia  lathyris.  Ukgei-Kbui  L  529'. 
vgl.  auch  unten  sprinkorn,  n.  2)  ron  iinum  usilalissimum  cre- 
fttans.  ebenda,  tgl.  oben  springerl,  n.  3  sp.  107.  3)  ron  n'finuj 
communis,  ebenda. 

SPRlNGhlSTE,  f.,  teie  oben  der  »pringkasten  hergestellt,  jedoch 
ausschlifsiiich  auf  den  schiffen  tertrendet.  tgl.  dazu  oben  spreng- 
kiste,  f.  (sp.  42).  Jacofsso!»  T,  414*.  Eggebs  1,  S70.  Bobbu  653'. 

SPKINGKLAri'E,  f.,  bei  Cknn  für  springTenlii,  n.  (s.  unten). 

SPKINGKLINGE,  f.  besonders  eingerichtete  klinge  einrs  dokhes 
'der  einer  Stangenwaffe,  ton  den  beiden  seilen  des  blattes  können 
durch  den  druck  auf  eine  feder  zvei  theile  abgespreizt  Verden, 
'der  iveck  der  springklingen  war,  die  Kunde  lu  erweitern,  nach 
rollfiihrtem  stosz  wurde  auf  die  feder  gedrückt  und  die  klinge  in 
geöffnetem  zustande  rasch  aus  der  vunde  gezogen,'  Bübeim  waffen- 
lunde  301,  vgl.  SSO. 

SPKINGKNOCHEN,  m.  in  der  anatomit  bezeichnung  des  os 
naiiculare,  sonst  auch  scbiffbein,  n.  {Iheil  9,62)  genannt.  S'eümch. 
nach  Campe    auch  dasselbe  wie  sprungknocben,  m.  {s.  unten). 

SPRINGKOLBE.N,  m.  ein  wie  der  springfaden  {s.  oben)  und 
das  springglas  {s.  oben)  hergestellter  glaskolben,  der  bei  einer  nur 
',eringen  beschädigung  in  staub  zerspringt.  Jacobssoh  4, 23S.  nach 
AüELUsc  auch  Bologneser  flascbe  genannt. 

SPRINGKORN,  n.    l)   benennvng   der  frucht   von  euphorbia 

ilnthyru.  Neulich;  tilhymalus  lathyris  PßiTZkL-JESSES  405.  in  der 
apotheke  unter  cataputia  minor  bex.  major  geführt,  s.  unten  Spring- 
kraut, n.  springkörner  haben  den  namen,  dieweil  der  same, 
wenn  er  zeitig  ist,  selbst  auszspringt.  Mattbiolcs-Camebaries 
423B;  creutzbluro,  grosz  springkörner,  wunderbaum,  cafapufia 
major.  Dastpodics;  springkörner,  treybkörner  .  .  .  ^J/Ai/^w, 
amygdalites.  Maaler  382*;  springkorn  Wibscnc;  springkörner, 
cataputia  ofßcinis  rel  cataputia  minor.  Coivi;«cs  130';  spring- 
körner, eatapuccia  Kbamer  rfid.  2  (1702),  890*;  springkörner,  der 
saamen  des  Springkrauts,  grana  eataputiae  minoris.  Frisch  2.309'. 
tgl.  sprinckkoren,  kthyris,  cataputia  minor  et  fdperitis  sili- 
quastrum.  hiLiA>  2,623'  und  dän.  schwed.  springkorn  Nemmch 
1, 1»45.  kürbisz:  springkorn  vel  wilde  korvcs,  cc4oquintida.  roc. 
Engelhus  bei  Sciiilleb-LCbbeh  4,  346*.  springkorn  als  bezeich- 
nuiig  der  frucht  ron  euphorbia  lathyris  noch  in  Ostpreuszen. 
Fbiscbbier  2,357*.  als  armeimittel:  springkörner  10  oder  12  zer- 
stossen  und  mit  weyn  eingetruncken,  fahren  beyderseits  ausz, 
das  ist,  durch  speyen  und  stulgänge,  treiben  phlegma,  die 
gallen,  das  nasser  ausz.  Matthiolcs-Caüerarils  423B.  tgl.: 
wultu  spyen  unde  gba(n)  mede  lo  gtole,  so  etb  sprinkkorn. 
gothaisches  arzneibuch  40",  23  Regel  s.  35.  vgl.  noch  oben  sprengel- 
körnlein,  n.  sp.  7f<. 

21  bezeichnung  der  pßanzengattung  impatiens  oder  noli  me 
längere.  Neu  sich  2,223. 

SPRINGKRAFT,  f.,  dasielbe  wie  unten  sprungkraft,  f.:  die 
Springkraft  der  ziegen.  hannov.  magazin  von  li»44  s.  336.  als 
Verdeutschung  von  elasticität:  elasticität  (springkrafi)  ist  das 
tennögen  einer  materie,  ihre  durch  eine  andere  bewegende 
kraft  veränderte  grösze  oder  gestalt  bei  nachlassung  derselben 
wiederum  anzunehmen.  Kart  &,  522. 

SPRINGKR.\FTIG,  odj.  zu  dem  torigen.  Campe,  dazu  weiterhin 
auch  spri  ngkräftigkeit,  f.  ebenda. 

SPRI.NGKRALT,  n.  m  der  botanik.  1)  euphorbia  lathyris. 
seine  frucht  heiszt  springkorn,  n.  (j.  oben  springkorn  1).  vgl.  auch 
unten  springwurz,  f.  als  die  ältere  bezeichnung  dieser  pßanze: 
spriogkrut  Bbunscbvvic  destillierbuch  117'  bei  Schmidt  elsäss. 
vfr.  335*;  Springkraut,  lathyris  Matthiolcs-Caherabics  423B ; 
Springkraut,  lathyris  Wibsurg;  Springkraut,  wild  balsamkraut, 
hirscbmölten.  ScBWERsrELi  siirpium  et  fossilium  Silesiae  cata- 
logus.  V,;  Springkraut,  lathyris  Dentzleb  1,3^2';  Springkraut 
ConEKicsreffts/er;  Springkraut  ...  iatiri  Kbameb did.  2 (1702), 890'; 
Springkraut,  lathyris,  cataputia  minor,  tithymolum,  weil  seine 
saamkürnerherausspriogen.  Fris(h2,309';  Springkraut, «ufiftorfrio 
lalftyrü.NEMNiCB  1,1545;  Springkraut.  JtJhytnaJu«  Jar/iyris.  Pritzel- 
Jesser  405.  vgl.  hoU.  sprinckkruyd  . . .  lathyris.  Kilian  2,  623*. 
ton  seiner  natur :  Springkraut  ist  warm  im  drillen  grad,  und 
feuclil  im  ersten.  Matthiolus-Cauebabius  423*. 
X.  2. 


2)  impatiens  oder  noli  me  längere.  Neu  .sich  2,  223.  auch  seine 
zur  zeit  der  reife  herausspringende  frucht  heiszt  springkorn 
(j.  oben  springkorn  2):  springkriU,  impatiens  noli  längere,  quelle 
bei  Schmidt  elsäss.  wb.  335*.    vgl.  Piitzel-Jesses  190. 

3)  in  weiterer  Zusammensetzung  springkrautsaraen,  m., 
dasselbe  wie  oben  springkorn,  n.:  springkrautsamen  G.  Fkakcus 
ßora  francica  72. 

SPRLNGKREBS,  m.  ein  aus  dem  wasser  sich  in  die  luß 
schnellender  krebs,  dcmin.  springkrcbslein,  m.:  springkrebszlio 
Ges.neb-Foker  ßschb.  127*;  ein  andere  figur  des  springkrebsz- 
]ins  in  Italia  gemablei.  12^'. 

SPRINGKRESSE,  f.  benennung  einer  kressenart,  deren  zeitiger 
samen  bei  der  geringsten  berührung  herautschnelit ,  cardamine 
impatiens.  NfiiiniCH  1,  868. 

SPRINGKUGEL,  f.  1)  die  springkuglen,  das  ist,  bleykuglen 
so  die  habend  die  auff  dem  seyl  gond,  das  sy  sich  im  gewicht 
mögind  enthalten  und  kein  misztriit  Ihün,  halieras.  .Maaleb  3S2'; 
Springkugel,  halter  Dief.-WClcier  s60;  eine  bleyerne  spring- 
kugel,  das  gewichte,  so  die  in  bänden  füren,  so  auff  dem 
seil  geben,  halter.  Curh^ls  562*;  springkugeln,  welche  die 
Seiltänzer  vor  diesem  in  den  bänden  gehabt  an  statt  der 
Stangen,  halteres.  Frisch  2,309.  vgl.  die  später  an  ihre  stelle 
getretene  springitange,  f.  unten. 

2)  in  der  landschaft  Göttingen- Grubenhagen  {so  in  Eiinbeck) 
sind  springkugeln  kleine  gebrannte  thonkü gelchen ,  mit  welchen 
die  knaben  zur  frühlingszeit  spirlen  und  die  sie  sieh  gegenseitig 
abzugewinnen  suchen,  vgl.  knippen,  verb.  1,  b  theil  5, 1436  und 
schusser,  f?».  theil  o,  2076. 

SPRINGKLKUMER,  f.,  wie  oben  springgurke  (jp.  HO)  be- 
nennung von  momordica  elaterium.  Pritzel-Jessem  239.  über  den 
anlasz  zur  Wortbildung  vgl.  springkraul,  f.,  springkresse,  f.  u.  s.  w. 

SPRI.NGKUNST.  f.  kunst  des  springens:  springkunst,  arte  di 
spiecare  salti  maestri  e  giuocolareschi.  Kraheb  dtc(.  2(1702),  S90'; 
selbst  in  der  springekunst,  die  an  die  stelle  der  tanz- 
kunst  getreten  ist,  sind  sie  nicht  reich.  Reicbbabdt  bei  Campe. 
im  besonderen  ron  der  kunst,  sich  durch  einen  sprung  auf  ein 
{dahinrennendes)  pferd  zu  schwingen:  springekunst,  ars equos 
insultandi  teque  circacircum  ephippium  gyrandi.  Stieleb  1011; 
oflcirer  und  reuler  sollen  billicb  in  rosssprunge  geübet  seyn ; . . . 
ein  solches  exercitium,  welches  nicht  allein  geschwinde  und 
gerade  leute  macht,  sondern  auch  in  noblen  sehr  dienlich;  . .. 
massen  den  thebaniscben  kriegesfürsten  Epaminondas  die 
springkunst,  darinnen  er  sehr  erfahren  war,  oftmals  aus  grosser 
gefohr  leibes  und  lebens  gerettet.  Butscbkt  Patimios  96. 

SPRINGht'NSTLER,  m.  zum  vorigen  und  gleich  .«pringer  f,  c 
(sp.  103):  aber  wie,  wenn  eben  Holland  der  bajazzo  Deutsch- 
lands wäre,  und  letztes  erst  der  rechte  springkünsller?  macht 
denn  der  bajazzo  nicht  alle  luftkünste  des  Springers  recht 
ungelenk  und  langsam  vor,  damit  der  nachkommende  künstler 
nachher  durch  den  abstich  desto  herrlicher  glänze?  J.  Paul 
dämmeiungen  42. 

SPRINGKÜRBISZ,  m.,  wie  oben  springgurke,  f.  und  spring- 
kukumer,  f.  bezeichnung  von  momordica  elaterium  L.  KbCmtz 
encycl.  162,67:  springkiirbs,  eucumer  asininus,  cucumer  sylvestris, 
cucumer  aguinus,  eucumer  erralicus.  \\  ibsukg.  gewöhnlieh  esels- 
gurke  theil3,lihi  oder  eselskörbis  (/(rtl3, 1154  genannt. 

SPRLNGL.\CHS,  m.  ein*  benennung  des  gewöhnlichen  lachses 
salmo  salar,  weil  er  über  kleine  Wasserfälle  hinweg  springt. 
KbChitz  encycL  162,  27. 

SPRINGLADE,  f.  an  der  orgel  eine  vindlade,  deren  tentil 
durch  das  rcgister  aufgesprengt  wird.  Jacobssoh  4,  24S*:  spring- 
laden sind  windladen  in  den  Orgelwerken  gewesen  . . .  canaüs 
venli  in  organo  pneumatico.  Fbiscb  2,  3o9'.  vgl.  oben  schleif- 
lade, f.  {theil  9, 6i'b)  und  springklappe,  f.  »p.  113. 

SPRINGLAUS,  f.,  s.  oben  sprenglaus,  f.  sp.  43. 

SPRINGLEBENDIG,  adj.  von  einem  sehr  gesunden  gesagt: 
springlefendig,  ausgezeichnet  munter.  ^E^  Doobnkaat  Koolman 
3,290*,  eigentlich  so  gesund  und  munter,  dasx  man  tor  freude 
und  körperlichem  wolbefinden  hüpfen  und  tanzen  möchte,  vgl. 
springen,  verb.  l,  0.  b  sp.  si.  S2 

SPRI.NGLEIN,  m.  in  Würtemberg  benennung  von  Iinum  wi- 
tatissimum  crepitans.  Pbitzel- Jessen  217,  auch  klanglein,  m. 
genaniiL  Karmaksch-Heiber^  3, 507.  vgl.  oben  springflachs,  m. 
sp.  10s. 

SPRINGLEIN,  n.,  z,  unten  sprünglein,  n. 

SPRINGl.ICHT,  n.  als  feuergefährlich  verboten:  drittens, 
werden  jedermäniglich  die  spSnn  und  springieichter,  auch  das 
tobackraucben  in  den  häusern  bei  dem  holtwerch,  auf  den 

8 


115 


SPRINGLING—  SPRINGQUELL 


SPRINGQUELLE  —  SPRINGRAUPE 


116 


thennen,  stallen  und  dillen  und  dergleichen  orten  bei  6  ihaller 
und  weiterer  straff  eingeholten,  tirol.  «eisth.  von  1730,  öiterr. 
»fisrt.  3, 361, 10 ;  tcol  ein  offenes,  nicht  von  glas  ii.  dergl.  ein- 
geschlossenes lichl,  das  ungehinderl  funken  sprühen  kann.  vgl.  das 
entsprechendt  mit  dem  leuchter  um  sich  sprengen  unter 
sprengen,  rerb.  III,  2,  c  sp.  41.  zu  dem  verbot  vgl.  oben  span 
A,  1,  6,  theil  10,  t,  1863. 

SPKLNGLING ,  m.  saltarello  Kramer  dtc(.  2  (1702),  S90':  ein 
Junger  springling,  un  saltarello  di  ragazzetto  cioe  Itggiero  e 
snello.  ebenda. 

SPHINGLINGS,  adv.,  s.  unUn  sprünglings. 

SPIU.NGLÜKE,  f.  auf  dem  schiffe  eine  kleinere  luke.  Bobbu479'; 
nach  Campe  so  benannt,  weil  durch  sie  eine  person  unter  deck 
sttigen  oder  springen  kann,  ohne  dasz  die  grössere  luke  geöffnet 
zu  «erden  braucht. 

SI'RINGMADE,  f.  eine  sich  fortsehnellend  bewegende  madenart: 
sprangmoid,  m.  Gancler  427.     vgl.  Springer,  m.  2,  c,  ^  sp.  105. 

SPHINGMAL,  n.  beim  ballspiel  ein  durch  einfachen  oder  wieder- 
hollen  Sprung  festgesetztes  mal,  von  dem  ausgelaufen  uird.  Campe: 
springmabl  im  ballenspiel.  Ricret2S4;  springmaal:  ballspiel. 
ScbCtze  holst,  idiot.  4, 177. 

Sl'RINGMANN,  m.  in  der  landschaft  Güttingen-Grubenhagen 
anwohner  eines  Springs,  einer  quelle  {s.  oben  spring,  m.  1  5p.  77). 
dann  auch  zum  festen  eigennamen  geworden. 

SPIU.NGMÄNNLEliN,  n.  aus  einem  stück  hoUundermark  ge- 
fertigt und  mit  einem  stück  eisen  oder  blei  beschwert,  ein  kinder- 
spielzeug: springmannl  Unger-Khüll  52'j'. 

SPRINGMAUS,  f.  benennuiig  von  mus  sagitta.  Nemnicii  2,658. 
sie  hat  sehr  lange  hinterbeine  und  nur  kurze  Vorderbeine,  so  das: 
sie  sieh  nur  mehr  hüpfend  und  springend  fortbewegen  kann, 
tgl.  Okkk  7,  785.  vgl.  auch  oben  springbase,  m.  5p.  lio  und  unten 
springralte,  f.  übertragen  auf  tanzlustige  mädrhen:  'dann  kam 
sie  heran',  fuhr  die  multer  fort,  'machte  sich  an  mich  und 
hatte  keine  ruhe,  als  die  armen  musikanten  laut  wurden,  bis 
ihre  knaben  ihre  tanzkunst  zeigen  durften,  was  unsern  beiden 
spriagmäusea  da,  versteht  sich,  gunz  genehm  war!'  Keller 
8,  100. 

SPRINGMONTAG,  m.  bezeichnet  in  norddeutschen  gegenden 
den  als  haupltng  in  eine  jahrmarlitszeit  fallenden  montag,  an  dem 
tanzvergnügungen  abgehnUen  werden:  springemaondag  SciiiJTZE 
holst,  idiot.  3,69.     vgl.  springen,  verb.  1,  b, y.  S.  f.  g  sp.  83.  84. 

SPRINGMÜCKE,  f.  benennung  einer  kleinen  grauen  mücke, 
welche  einen  mehr  tn  absätzen  scbieszenden  flug  hat,  so  dasz  sie 
Sprünge  zu  machen  scheint.  Popowitsch  551. 

SPRINGMCHLE,  f.  mühle,  die  sich  in  der  nähe  einer  stark 
strömenden  quelle  {s.  oben  spring,  m.  1  sp.  77)  befindet,  eine  Spring- 
mühle bei  Grone  in  der  nähe  von  Göltingen,    vgl;  Schambach  2(i6'. 

SPRINGNACHEN,  m.  Kebrein  nassauische  volksspr.  1,  3S3. 
s.  oben  sprengnachen,  m.  sp.  43. 

SPRINGNETZ,  n.,  vielleicht  dasselbe  wie  oben  Springer,  m.  7 
5p.  106:  sprincknet,  pantheron,  vulgo  rete  saltabnndum.  Kilian 
2,  623'. 

SPRINGOCHSE,  m.  zuchtochse,  bulle,  bos  domesticus.  Nehnich 
1, 646.    vgl.  springen,  terb.  1,  f,  n  sp.  93. 

SPRINGPFERD,  n.  1)  wie  oben  Springer  2,a  sp.  104.  «n  pferd, 
das  tüchtig  springen  kann,  kunslmäszige  Sprünge  versteht:  Spring- 
pferd, eauus  desultorius.  Stiklkr  1441;  Springpferd,  cavaÜo 
taltatore  o  saltarino.  Kraher  dict.  2  (t70>),  890\ 

2)  der  Zuchthengst,  wie  oben  springhongst,  m.  sp.  111:  Spring- 
pferde etiam  dteuntur  die  hengste  equi  admissarii.  Stibler  1441; 
rgl.  sprinckpecrd,  equus  admissarius,  emissnrius.  Kilian  2,  623'. 

3)  Springpferd,  turngerät,  an  dem  sprimjübungen  vorgenommen 
werden.  Euler  bei  Jahm  2,  1, 18  inm. 

SI'RI.NGPILZ,  ni.  eine  an  waldbäumen  vorkommende  pils- 
gatlung:  springpiU.  perichaena  Rehie.n  5.603. 

SPRINGPROZESSION,  f.  die  an  dieser  prozession  thcil- 
nehmenden  Wallfahrer  bewegen  sich  nur  in  Sprüngen  vorwärts, 
häufig  dazwischen  vorkommende  rücksprünge  hindern  das  von  der 
stelle  kommen  sehr  und  lassen  selbst  ein  sehr  nahes  ziel  erst  nach 
terh'iUnismäszig  langer  lett  erreichen,  berültmt  ist  die  apring- 
prozestion  von  Ecbternach. 

SPRINtiQLELL,  m.  ^oni  saliens.  häufiger  als  das  folgende 
springquelle,  f.  das  wort  biaucht  nicht  blosie  lautolugische  Zu- 
sammensetzung ton  spring,  m.  {s.  oben)  und  (|iiell,  m.  (5.  th.  7. 2 13<<) 
tu  sein,  sondern  mag  eher  in  seinem  ersten  gliede  auf  springen,  rerb. 
zurückgehen,  also  'hervorspringender  quell',  gebildet  rnlfprechtnd 
springha^e,  m..  ipringniaus,  ^.,  Springpferd,  n.  l  u.s.w.:  spring- 
quell,  fons  taUeni  STiEtii  1403;  springquell  Caipb. 


1)  im  eigentlichen  sinne:  wie  er  hereintrat,  ward  er  einen 
mächtigen  strahl  gewahr,  der  wie  aus  einem  springquell  bis 
an  die  decke  des  gcwülbes  stieg  und  oben  in  unzählige 
funken  zerstäubte,  die  sich  unten  in  einem  groszen  becken 
sammelti'n.  Novalis  2, 7  Meiszner;  rechts  im  rorgrunde  ein 
veieinielt  stehender  fels,  an  dessen  nach  vorn  gekehrter  seile 
ein  springquell.  Grillparzir^  7,  134.  sehr  häufig  mehr  oder 
weniger  in  der  bedeutung  von  Springbrunnen,  m.  5p.  SO,  als 
Verdeutschung  von  franz.  fontaine:  ein  mächtiger  springquell 
stieg  zwischen  den  vielen  fackeln  mit  zahllosen  lichtem  hinauf 
in  die  dunkelheit  der  tönenden  wipfcl  und  bekleidete  mit 
melodischem  plätschern  die  mannichfaliigen  gesänge.  55;  dort 
(bei  Cassel)  ist  die  ritlerburg,  und  dort  weiter  rechts  das 
chinesische  dorf,  dort  der  springquell,  der  dreimal  im  jähre 
springt.  Cbamisso  5,104;  zu  füszen  lag  das  klostcr  mit  all 
seinen  gebäuden  und  ringmauern;  hier  sprang  der  wohl- 
bekannte springquell  im  hofe.  Scheffel  Ekkeh.  65; 

mein  ohr  umtönt  ein  harmonieennujz, 

der  springquell  Tallt  mit  angeneiimem  rauschen. 

ScaiLLKR  11,200; 
ein  gewiisser  liört  er  endlich  rauschen, 
und  gelangt  an  einen  prächtigen  springquell, 
der  mit  silberklaren  lluten  über 
blanke  marmorstalTelii  niedertanzte.    Platin  336'; 
schweigen  rings;  im  garten  der  villa  plaudert 
nur  der  springquell.     Leutuold  grd.  84; 

als  springequcll: 

solchem  sieg  zum  elirenbogen 

wölbt  aus  Silbersäulen  hell. 

von  dcmantenstauh  umllogen, 

sich  des  gartens  sprlngequell.    A.  Grön  90''.'  174. 

im  plural  mit  dem  folgenden  springqucUe,  f.  zusammenfallend: 
in  milchtigcn  springqnellen  stieg  der  brennende  sprit  aus  den 
groszen  weinlagern  auf  und  nieder.  Treitschre  d.  gesch.  5,178; 

springquellen  hochanrrauschend  lustig  stiegen 
krystallnen  snulcn  gleicli  so  funkelhell, 
als  könnte  niemals  ihre  diith  verslegen. 

Mose?«  2  (18fi3),  20. 

die  mannigfalligkeit  und  Zierlichkeit  der  gestalten  und  die 
lebhuftigkcit  der  lichter  und  färben  gewährten  dus  herrlichste 
Schauspiel,  dessen  pracht  durch  einen  springquell  in  der  mitte 
des  gartens,  der  zu  eis  erstarrt  war,  vollemlrl  wurde,  Novalis 
•2,  165  Meiszner.  das  aus  einer  quelle  geschupfte  nasser:  er 
schöpfte  das  taufwasser  aus  dem  din^e  selbst,  konnte  man 
sagen;  oder  sein  taufwasser  war  springquell  und  nicht  (lusz- 
oder  gar  tcichwasser.  Hippel  kreuz-  u.  querzüge  l,'.i."). 

2)  im  vergleich:  die  natur,  die,  wie  ein  schäumender  spring- 
quell, emporgedrungen  war  in  allen  pflanzen  und  bäumen, 
stand  jetzt  schon  da  vor  meinem  verdüsterten  sinne.  Hölderlin 
2,47.  hierher  auch:  0  Goethe,  hätte  der  springquell  eine  seele, 
er  könnte  sich  nicht  erwarlungsvoller  an's  licht  drängen,  um 
wieder  empor  zu  steigen,  als  ich  mit  ahnender  gewiszheit 
mich  diesem  neuen  leben  entgegen  dränge,  das  mir  durch 
dich  gegeben  ist.  Bbttine  1,  193;  zur  Charakterisierung  des 
distichons: 

im  hexameter  steigt  des  springcpiells  silberne  säule, 
im  pentamctcr  draul'  fällt  sie  melodisch  herah. 

Schiller  U.  ISö. 

3)  bildlich  (vgl.  oben  spring,  wi.  1  5p.  77):  kann  er  [der  mensch) 
den  springguell  seiner  handiungen  und  zustände  nicht  in  sicli 
...  linden?  Stbausz  glaubensl.  2,  7:>; 

es  schöpTe.  Treund,  der  bildende  künstler  auch 
anschauungcn  aus  dem  lebendigen  rpringquell  der  gasfinge. 

Puten  133». 

SPRINGQIJELLE,  f.,  dasselbe  wie  das  vorhergehende,  doch 
seltener  als  dieses  und  neben  ihm  heute  kaum  noch  gebräuchlich: 
spring({uelle,  veno,  fönte,  fonlana,  scuturigine  d'acqua  viva  e 
sorgiva  sagliente.  Kraher  d>r(.  2(1702),  S'.io';  springquelle,  sca- 
turigo  KniscR  2,309*;  springquelte  AnFLUNC.  bildlich:  EpSnetiis 
bat  pllrgen  zu  sagen,  dasz  ein  lügner  eine  springquelle  alle* 
Unheils  sey.  Reinicke  fuchs  {Rostiick  16:>n)  is3. 

SPRINGRATTE,  f.,  wie  oben  springhase,  m.  tp.  110  (1.  <J.) 
benennung  von  mus  jaculiis.  Campe. 

SPRINGRATZE,  f.,  dasselbe  wie  das  vorhergehende.  Nembicm 
2,  653. 

SPRINGRAIJPE,  f.  'der  ...  hopfen  muss  der  kUinen  ... 
springraupe  eine  sehr  angenehme  speise  sein.  . . .  man  braucht 
nur  eine  hopfenstornje  tu  schütteln,  so  fallen  sie  in  mengt  her- 
unter und  springen  auf  dem  boden  eine  zeit  lang  herum,  mi« 
aut  dem  wasser  geworfene  fische,'  Oskn  5, 1250. 


117 


SPRINGREICH  —  SPRINGSCHLOSZ 


SPRINGSCHNALLE  —  SPRINGSTANGE       1 1 8 


SPRINGREICH,  adj.   eine  seltene  bildung,   reich,  tüchtig  im 

springen:     nach  reitersbrauch  ich  reite 

mein  röszlein  in  das  leid,  .  .  . 

werrs  'rum  auf  alle  seilen. 

mit  spornstreicb  mach  icb's  springreich. 

icunderhurn  1,  470  Boxberger. 

SPRINGREIF,  m.  reif,  von  hindern  und  gauklern  für  ihre 
Springkünste  gebraucht:  tanz-  sive  springreif,  circulus  praesligia- 
torum.  Stieler  158ü.  vgl.  unter  springen  l,  d  sp.  87  durch  den 
reif  springen. 

SPRINGREISE,  f.:  sprinckreyse ,  eruptio,  excursio.  Kili&n 
2,  623'. 

SPRINGREITER,  m.;  die  springrenter  warend  bering  unnd 
geübt  reuter  in  kriegen  furtend  zwei  pfärd  und  sprungend 
schnall  ab  einem  auf  das  ander,  desuUores.  Maaleb  3S2'; 
Springreiter,  eques  desultorius.  Stieleb  1600;  vgl.  sprinckruyter, 
reysigher,  desultor.  Kilian  2,623'. 

SFRINGRIEMEN,  m.  beim  gesattelten  pferde  der  vom  bauchgurt 
zwischen  den  Vorderbeinen  des  thieres  hindurch  zum  zäum  laufende 
breite  riemen.    s.  auch  unten  Sprungriemen,  m.: 

doch  dir,  mein  flammend  tiiier,  ist  sie  (ilie  cäxiii)  ein  felsenrisz 
des  Sinai  —  zerhrecbt,  springriemen  und  gebiszl  — 
du  jagst  hinan,  da  klafft  die  ritze.      Freilicrath  1,S7. 

SPRINGROCK,  m.:  Unterrock,  den  ein  frauenzimmer  beym 
aufstehen  zuerst  über  «irfift,  und  gleichsam  in  denselben 
hineinspringet.  Richky284;  springrok  SchCtze  holst.  idiot.i,\'n. 

SPRLNGROHH,  n.  Campe,    s.  das  folgende. 

SPRI.NGRÜHRE,  f.  l)  ein  das  wasser  aus  ei7iem  brunnen 
leitendes  röhr:  wir  verwunderten  uns  daher,  als  er  auf  eine 
der  vielen  springröhren  losrilt,  den  pfropf  (des  fasses)  eröffnete 
und  wasser  einlaufen  liesz.  Göthe  2S,  15); 

anfügend  den  drei'n  springröhren  die  lechzenden  lippen. 

Baggssen  büi  Campe. 

2)  springröhre  im  err]dfeueru'erke  eine  mit  Zündstoffen  gefüllte 
blechröhre,  welche  in  das  Zündloch  eines  geschützes  gesetzt  wird 
und  zur  abfeuerung  der  ladung  dient.  Jacobsson  7,227*.  sonst 
auch  brandröhre,  f.  oder  schlagröhre,  f.  {Iheil  9,423). 

SPRINGROSZ,  n.,  vgl.  oben  springpferd  l  {sp.  115): 

(er)  verherrlichte  die  feste  der  gölter 
mit  stattlichen  riudopfern 
und  Wettstreits  fünftägigem  kämpf, 
auf  pferden,  mäulern  und  springrossen. 

der  jaittj,-  Göihe  2,  14. 

SPRINGRUTE,  f.  bezeichnung  einer  rute  für  den  fuchsfang, 
die  zur  erde  gebogen  wird,  und  durch  eine  Vorrichtung  wieder 
emporschnellt,  wodurch  sich  ein  sie  berührender  fuchs  erdrosselt; 
vgl.  jACOBSSo.t  7,  414'.  vgl.  die  ähnliche  herstellung  des  sprenkeis, 
s.  Sprenkel,  m.  decipula  avium  sp.  47. 

SPRiNGS.\.ME,  m.,  wie  oben  springkorn,  n.  der  samenkern 
des  Springkrautes  (s.  oben  sp.  113). 

1)  springsanien,  die  frucht  von  tithymalus  lathyiis.  Pbitzel- 
Jessen  405.    vgl.  oben  springkorn,  n.  i. 

2)  spriogsamen,  die  frucht  von  impatiens  nolitangere.  Nehnich. 
Springsamen  Wigand  catalogus  herbarum  in  Borussia  nascenlium 
(1583)71.  in  weiterer  Zusammensetzung  springsamenkrau  t,n., 
dasselbe  wie  oben  Springkraut,  n.  s/i.  113.  Adelung,  springsamen- 
kraut,  Springkraut,  waldwolfsmüch.  Lösel-Gottsched  (1703)  23. 

SPRLNGSÄL'LE,  f.  in  die  höhe  springende  Wassersäule,  vgl. 
oben  Springbrunnen,  m.  sp.  80,  springQut,  f.  2  sp.  109:  {mikro- 
skopische thi.rchen),  welche  auf  einem  baumblatt  eine  uuub- 
sebbare  grüne  wiese  finden,  denen  die  durch  die  pflanzenzellen 
dringende  feuchtigkeit  als  ein  beer  von  gewaltigen  katarakten 
und  Springsäulen  vorkommt.  Keller  nachlasz  40. 

SPRINGSCHEIÜE,  f.  benennung  des  den  fusztritt  des  webe- 
sluhls  mit  dem  webekamm  verbindenden  holzes.  ostfr.  spring- 
scbede,  springsche  ten  Doornkaat  Koolmas  3,290*. 

SPRiNGSCHlFF,  n.  eine  benennung  der  mit  bombenmörsern 
ausgerüsteten  kriegsschiffe,  sonst  auch  bombardiergalliote  genannt. 
BoBRiK  653*.  nach  Campe  gründet  sich  diese  bezeichnung  auf 
den  umstand,  dasz  das  schiff  während  des  schieszens  in  eine 
springende  bewegung  versetzt  wird. 

SPHINGSCIILI.NKE,  f.  bezeichnung  einer  besonderen  art  der 
uhhnken,  einer  algenfamilie,  eonfervaceae  (s.  scblinke  6,  o,  th.  9 
ip.  744),  deren  zeitige  samenkörnchen  die  rundlichen  fäden  durch- 
brechen und  frei  herumschwimmen.  Okex  3, 199. 

SPRINGSCHLOSZ,  n.  schlosz,  das  von  selbst  zuspringt:  sprang- 
■cbloss,  plur.  sprangschlüszer  Gancler  427;  sprincksloete,  so 
angenagelt  werden  in  laden,  kisten,  Schoppen,  quelle  bti 
Schiller-LCdbe!*  4,  34ü'. 


SPRINGSCHNALLE,  f.,  dasselbe  wie  oben  springrute,  f. 
Jacobsson  7,414'. 

SPRINGSCHNÜR,  f.  1)  in  der  turnersprache  eine  schnür, 
über  welche  hinweggesprungen  wird.  s.  auch  unten  sprung- 
schnur,  f. 

2)  eine  thierfalle.  vgl.  oben  sprenkel,  m.,  springbügel,  m., 
springfalle,  f.,  springhaus,  n.,  springrute,  f.,  springschnalle,  f. 
u.  s.  w.  hier  wol  eine  mit  einer  glocke  versehene  schlinge,  die  in 
den  busch  auf  den  Wechsel  gehängt  wird: 

herr  Thedel  war  ganz  unerschrocken, 
die  Springschnur  gab  und  auch  die  klocken 
dem  Schreiber  sein,  zu  dem  er  sprach: 
'stell  du  die  garn  all  fein  gemach!' 

icititderhorn  2,  167  Boxberger. 

SPRINGSCHRECKE,  f.  bei  Oken  ö,  1513  allgemeine  benennung 
der  zunft  der  heuschrecken  und  grillen,  vgl.  oben  sprenger  \,c 
sp.  41,  sprengsei,  m.,  Springer,  m.,  .springhahn,  m.  u.  s.  w. 

SPRINGSCHüH,  m.  wol  eine  leichtere,  bequeme  schuhart,  im 
gegensatz  zu  den  schwereren  reitstiefeln.  eigentlich  schuhe,  in 
denen  man  tanzen  und  springen  kann:  es  waren  vier  kerls  bey- 
sammen,  welche  eynander  mit  starrenden  feurigen  äugen  und 
erblasztem  gesiebt,  die  zahne  auf  einander  beissend  ansahen; 
zogen  die  wämster  ab,  warffen  sie  beyseits,  auch  die  hüte, 
stunden  allda  allein  in  scblaffhosen  und  springschuhen,  und 
hatte  jeder  ein  langes  scharffes  rapier  in  der  faust.  Philander 
1,597;    hierauf  nimmt   bezug  Reinicke  fuchs  {Rostock  1650)  293. 

SPRINGSCHWANZ,  m.  l)  schwänz  gewisser  kdferarten,  den 
sie  benutzen,  um  sich  fortzuschnellen,  cauda  saltatoria.  Nemnich 
2,  1215. 

2)  dann  auch  benennung  eines  thieres,  das  mit  einem  solchen 
schwänze  ausgerüstet  ist,  so  s.  b.  eines  pflanzen flohs,  podura. 
Nemmch  2,  1020.    mehrere  arten  Springschwänze.  Rehlen  5,063. 

SPRINGSEL,  m.  locusta  Fbisch  2,309'.  s.  oben  sprengsei,  ni.  l 
sp.  44. 

SPRINGSO.NETT,  n.  sonett,  in  dem  der  gleiche  reim  mehrfach 
nach  mehreren  Zeilen  sich  wiederholt:  sobald  er  die  andere  seile 
gedachter  linden  entrindet,  schrieb  er  zu  eröffnung  seiner 
gedancken  folgendes  springsonuet.  Schoch  krieg-  u.  friedens- 
schäferey  12. 

SPRINGSPIEL,  fi.;  dagegen  entzog  sie  sich  den  üblen  lauf-, 
spring-  und  lärrasplelen,  welche  später  {nach  dem  essen)  beliebt 
wurden,  und  nahm  mich  unverhohlen  abermals  in  anspruch. 
Keller  7,100.  vgL:  springens- oder  ringensspiel,  Jtidu»  palM<raf. 

llASYPODIÜS. 

SPRINGSPINNE,  f.  benennung  von  salticus  scenieus.  Oken 
5,679:  springspinne  erhascht  ihre  beute  mit  springen,  aranea 
saltibus  muscas  captans.  Frisch  2,  302';  springspinne,  quae 
saliendo  praedani  capit.  309*.  die  springspinne  schleicht  sich  wie 
eine  katze  an  ihre  beute  heran  und  stürzt  sich  in  einem  Sprunge 
auf  sie.  Oken  5,  679. 

SPRLNGSTAB,  m.  stab.  der  dazu  dient,  sich  über  ein  hindernis 
hinwegzuschwingen,  ähnlich  unten  springstock,  m.  bildlich  von 
der  fähvjkeit,  irgend  welche  Schwierigkeiten  u.  s.  w.  zu  überwinden: 
aus  dem  gesellschaftlichen  gewQhl,  unter  dem  seine  innern 
flugel  erlagen,  könnt'  er  nur  durch  einen  springstab  von 
auszen  in  die  höhle.  J.Paul  unsichtb.  löge  2,121;  ich  nahm 
mich  des  gekränkten  abwesenden  mannes  an  und  sagte,  so 
viel  ich  aus  seinem  munde  wisse,  so  heb'  er  sich  gerade 
auf  den  schwungbrelern,  und  an  den  springstäben  und  Steig- 
eisen der  krillk  mehr  als  mit  den  oberdügeln  seiner  psycbe 
auf.  Quintus  Fixlein  12;  vermittelst  dieses  springstabes  schiesz' 
ich  mich  über  den  vierten  tbeil  fast  gänzlich  hinweg,  aus  des 
teufeis  papieren  2,  56;  noch  kein  volk  machte  mit  solcher 
schönen  leicbtigkcit  in  so  wenigen  ostermessen,  gleichsam 
auf  zwei  springstäben,  den  weg  durch  drei  philosophische 
Systeme  {die  von  Kant,  Fichte,  Schelling).  ddmmerungen  40;  aber 
ich  (lebe  alle  meine  tagwähler  und  künden,  die  bisher  am 
Springstabe  des  Zeigefingers  über  die  Schalttage  weggesetzt 
sind,  ernsthaft  an.  Uesp.  3,173;  vgl.:  wir  brauchen  in  diesem 
leben  keinen  springstab,  sundern  eine  balancierstangc,  keine 
stelzen,  .  . .  nur  krücken.  litlerarischer  nachlasz  2, 180. 

SPRINGSTANGE,  f.  l)  eine  an  den  beiden  enden  mit  blei 
ausgegossene  stange,  welche  die  setltdnier  tragen,  um  das  gteich- 
gewiclit  auf  dem  seile  nicht  zu  verlieren.  Jacobsson  4,  24>>'; 
springstange,  halter  Frisch  2,309*.  Aueldnc.  vgl.  dazu  oben 
Springkugel  1  sp.  114. 

2)  dasselbe  wie  oben  springstab,  m.  und  unten  springstock,  m.: 
der   auTseber  w.ir  so  entzückt  von  dieser  neuen  lebensaus- 


119 


SPRINGST  APEL  —  Sl'lUNliSTOCK 


SPRIKGSTHAHL  —  Sl'UliNGVVASSEIl        1 20 


sieht,  dasz  er  mit  einer  springslange  über  den  kaoal  setzte 
und  unsern  freund  mit  tiirünen  umarmte.  Arnim  15,312.  hierhtr 
wol  auch  dit  bildliche  Verwendung:  zu  dem  begriffe  des  nichts 
griangl  man  anders  nicht  als  an  der  springslange  des  seins. 
ViscHEB  auch  einer  2,221. 

SI'HINGSTAPEL,  m.  loeusta,  grißlut.  auf  nieder  den  tseliem 
gebiete  lebendiges  mort:  sprinkstapel  (für  Osnabrück).  br«m.  wb.  974 ; 
Springstapel,  loeusta,  eine  in  Preusun  gewöhnliche  bezeichnung. 
Hatzeburc  forstinsekten  3,260;    springslapel,  gryllus   NBMnica. 

SPHINGSTATT,  f.  palatstra:  springstat,  gymnicus  (sc.  locus). 
Dier.-WCicKER  H60. 

SPKINGSTECKEN.  im.  stecken  mit  pfriemenartiger  sjpUxt,  mit 
hülfe  dessen  man  geldndesehu-ierigkeilen  überwindet,  von  den 
fusisoldaten  während  der  niederländischen  befreiungskriege  be- 
nutzt, um  über  die  in  Holland  befindlichen  zahlreichen  kanäle 
hinwegzuspingen.  Üoebeim  329;  springstecken,  der  alpenstock. 
L'nceb-Khull  529*.  vgL  oben  springstab,  m.,  springslange,  f.  2 
und  unten  springstück,  m. 

SPRINGSTEIN,  m.  *um  die  Verbindung  zwischen  den  Häusern, 
die  einander  gegenüberliegen,  zu  erleichtern,  mtrden  quer  über 
die  Strasse  einzelne  steine  gelegt,  auf  denen  man  freilich  nicht 
ohne  springen  trockenen  fuszes  hinäberkam.  in  einigen  Städten 
(z.  b.  Dortmund)  waren  die  hauseigenthümer  verpflichtet,  spriog- 
steine    zu    legen.'     handschriftliche   mittheilung   von    lloFruAiiN 

V.  pALLERSr  EBEN. 

SPRINGSTIER,  «n.,  dasseUe  wie  oben  springochse,  m.  sp.  US: 
so  man  geschluchte  külber  begehrt  zu  haben,  so  soll  man 
den  springstier  oder  Steiger  zween  monat  zuvor,  ehe  man 
jhn  steigen  lasset,  mit  gersten  fütern  und  wol  ausmästen, 
so  werden  die  kälber  geschiachl.  Tabernaemoht.  G25F. 

SPRINGSTOCK,  m.  l)  stock,  mit  den  man  über  irgendwelche 
hindernisse  hinwegspringt. 

a)  in  der  norddeutschen  marsch:  springstöcke  .  .  .  lange 
Stangen  mit  einem  klotz  am  äuszersten  ende.  Weserzeitung  1853, 
nr.  3033;  mit  hülfe  eines  solchen  springstockes  schwingt  sich 
der  marschbewohner  in  aller  gemächlichkeit  über  die  graben 
...  und  geht  quer  über  die  fennen.  ebenda;  springstock,  contus 
hiLiAN  2,623';  springstock,  contus  ad  transiliendas  minores  fossas, 
über  die  kleinen  grüben  zu  springen.  Frisch  2,309';  vgl.  auch 
oben  springstab,  m.,  springstange,  f.  2  und  springstecken,  m. 
sonst  auch  klumpstock,  m.  z.  b.  an  der  Elbe  genannt,  vgl.  auch: 
da  nun  die  felder  {in  Dietmarschen)  durch  sehr  breite  abzugs- 
grüben  geschieden  sind,  so  bediente  er  sich,  um  die  ent- 
fernungen  abzukürzen,  eines  springstocks,  . . .  dasz  er  noch 
im  siebziegsten  Jahre  mit  einem  solchen  sogenannten  kluv- 
slaaken  über  einen  zehn  fusz  breiten  graben  sprang.  Niebuhr 
kl.  sehr.  1,65;  halten  wir  uns  etwas  verspätet,  so  trafen  wir 
ihn  wohl  schon  auf  unserem  wege  drauszen  auf  den  fennen, 
seinen  unzertrennlichen  begleiter,  den  springstock,  auf  der 
Schulter;  und  während  Anne  Lene  auf  dem  fuszbrett  um  die 
hecken  ging,  lehrte  er  mich  nach  landesweise  über  die  graben 
zu  'setzen'.  Storm  1,69;  den  verteitigern  tut  sie  (die  flut) 
nichts  an;  sie  verstehen  ihre  springstücke  zu  gebrauchen. 
LiLiENCRON  zehn  novellen  118. 

6)  Springstöcke  ...  sind  lange  mit  eisen  beschuhete  stücke 
in  form  eines  piquenschaftes,  mit  welchen  man  über  bliche 
und  graben  zu  setzen  pllegt.  Egcers  2, 962.  vgl.  auch  oben 
springslecken,  m. 

c)  wol  ganz  allgemein  wie  oben  springstab,  m.  oder  doch 
zweifelliaft  ob  zu  a  oder  b  gehörig,  als  Sprichwort:  niemand 
kann  weiter  springen,  als  sein  springstock  langt.  Sihroci  9781. 
bildlich:  dieser  (der  Franzose)  bewegt  sich  mehr  mit  dem 
Bpringstock    des   Scharfsinnes.    J.  Paul  litterar.  nachlasz  4, 51. 

2)  aus  1,6  lirA  entwickelnd  auch  als  eine  wafft  der  häscher: 
eine  halbe  picke,  ein  springstock,  esponlon  hastae  species. 
UuEZ  («  rruy  (^uiion  (1657)99:  springstock,  brandistocco,  spunto, 
meza  piea.  Kramer  dtct.  2  (1702),  S90':  springstock  der  weit  lauf 
1,229.  vgl.  zetlschr.  f.  deutsche  Wortforschung  1,49;  Cardenio.  ich 
werde  lustig  nur  vor  liebchens  haus,  da  brennt  noch  so  ein 
schön'  laternchea  (er  schlägt's  ein).  I'amphilio.  zum  teufel, 
eben  schlug  ein  springstuck  mir  an's  bein.  die  häschtr.  ihr 
berren  platz,  wer  hat  hier  eingrscbingen  die  laterneri?  Arnim 
Halle  u.  Jerusalem  iji.  doch  auch  hier  noch  alt  mittel  schnellerer 
forlbewegung  gebraucht,     vgl.: 

docti  sie  [ilir  Jenenter  ^luitentr»)  verrolKi  im  fliehen,   gleicli 

rliieiii  wrtirr>iral, 
der  sprinctiock,   uml   ein  heer  von  liriiniKKlitckieii  Hangen, 
dl«  liinter  ilta«D  her  auf  (laiuo  pntiier  »iiriingen. 

/acharia  renuminiU  b,  725. 


Cani-e  vermutH,  der  springstock  sei  den  davoneilenden  und 
fliehenden  von  den  häschern  zwischen  die  beine  geworfen,  um  sie 
zu  fall  zu  bringen. 

SPRINGSTRAHL,  m.  der  in  die  höhe  springende  Wasserstrahl 
eines  Springbrunnens:  das  plütschern  des  springslrahles  . . ., 
der  drunten  im  garten  unter  den  zweigen  des  alten  watlnosz- 
baumes  tänzelnd  emporstieg...  Tb.  Mann  Tristan  1:1. 

SPRINGSTROM,  m.,  dasselbe  wie  oben  springHut,  f.  \:  dal 
de  mahn  de  ebbe  und  floht  regeret,  und  de  vorloping  des 
getides  verorsaket,  ys  jetzunder  by  ein  jeder,  und  in  sunder- 
beit  by  den  seefahrenden  genoch  bekandl.  ...  dat  eienehr 
de  mahn  füll,  olTt  nie  ys,  dat  alszdenn  de  tluthen  hoger,  und 
de  ebben  syder  fallen,  weickes  by  uns  ein  sprinckslrom  ge- 
nohmet  werd.  beschriving  van  der  kunst  der  Seefahrt,  Lübeck  1673, 
s.  56  bei  GüDBL  seemannsspr.  ih6,  vgl.  sprinckstroom,  flucius 
oestuaiius,  aestus  maritimus  major,  aestus  tnaris  plena  luna  con- 
citati.  K1LIAN  2,623'. 

SPRINGSTROPP,  in.  in  der  seemannssprache  bezeichnung  einer 
art  kurur  taue,  welche  mit  dem  oberen  ende  um  die  raa  gelegt 
werden,  während  ihr  unteres  ende  die  paarden  oder  pferde  der 
raa  hält.  Bobrik  654*. 

SPRINGSTüMPE,  »1.;  und  sol  der  weihet  das  boltz  schirmen, 
und  darzu  lugen,  und  weicher  darin  hullz  haue,  der  das  nicht 
thun  soll,  den  sol  er  pfenden,  von  einem  eichenen  Stumpen 
um  10  Schilling  pfenning,  um  einen  täninen  Stumpen  um 
5  Schilling  pfenning,  und  um  einen  springstunipen  um  3  Schil- 
ling Pfenning.  (Wellhausen  im  Thurgau.)  J.Grimm  ueisth.  l,25i. 

SPRINGTANZ,  m.  tanz,  der  hauiisächlich  springende  oder 
hüpfende  bewegung  fordert,  quelle  bei  Ca)ii>k.  springtanz  (vgl. 
altfranz.  espringale,  espringerie)  als  bezeichnung  des  mittelalter- 
lichen reien,  im  gegensatz  zu  dem  umgehenden  tanze.  Weinuold 
d.  frauen  2, 159. 162. 

SPRINGTAU,  n.  in  der  seemannsspraehe  heiszen  springtaue 
die  taue,  welche  zwei  nebeneinanderliegende  schiffe  untereinander 
verbinden,  sie  fahren  gewöhnlich  kreuzweise  von  dem  rorderthetl 
des  einen  nach  dem  hinterlheil  des  andern.  Bobru  654*. 

SPRINGTHALER,  m.,  5.  unten  sprungthaler,  m. 

SPRINGTHIERCHEN.  n.,  demin.  xu  s  p  r i  n  g  t  h  i  e  r  oü  bezeich- 
nung der  ziege:  nun  ist  diese  ziege  —  Amalthea  ein  so  kurzes 
ding,  gegen  eine  lange  kuh  gehalten,  die  in  keinen  kurzen  vieh- 
slall  hineingeht,  dasz  von  jeher  arme,  die  von  Viehzucht  lebten, 
ihren  viehstand  eben  auf  dieses  lüppische  springtbiercheii 
eingezogen  .  . .  haben.  J.  Paul  leben  Ftbels  189;  alt  bezeichnung 
des  flohes:  in  das  eine  feld  (det  wajypens)  liesze  ich  einen 
fuchs  mahlen,  . .  .  der  durch  einen  llusz  schwimmt  und  aus 
seinem  maule  ein  stück  holz  fallen  iäszt,  worauf  sich  die 
langbeinigen  springthierchen  aus  seinem  pelze  gerettet  haben. 
Wbuer  sagen  der  vorxeit  1,  195. 

SPRINGTROSZ,  f.  in  der  seemannsspraehe  dasselbe  wie  oben 
springtau,  n.;  die  springlrosse  wurden  abgehauen,  vgl.  national- 
teitung  12, 177. 

SPRINGUNG,  f.  heute  ungewöhnliche  bildung:  eyn  tantzuog, 
hupfTung,  springung  auf!  der  erden,  Iripudium.  Dastpodius; 
springung,  saltatio,  saltut,  saliatus,  sallura.  Stiele»  2105; 
springung,  saltamento  Kramer  diel.  2  ( 1702),  890*.  schon  früh 
vom  tanze  der  Herodias: 

davon  der  zorn  chiineges  und  «cerfe  rewe 
der  tpringur>ge  (sattutwnif)  gäbe  vercliodfie. 

KEURKiri  kirchcn-  umt  reti>jiose  liedcr  85,  2. 

SPRINGVENTIL,  n.  renlil  an  einer  springlade  (t.  oben). 
Jacobssün  4,24b'.  ADBtUNG;  >.  auch  oben  die  von  Cahi-e  ge- 
gebene weitere  Verdeutschung  springklap|>«,  f.  sp.  113. 

SPRINtiVERS,  m.,  plur.  springversc,  versi  saltellandi  ö  sdiue- 
cioli.  Krämer  dict.  2  (17u2),  890'.    vgl.  auch  üben  springsunett,  n. 

SPRINGWAL,  m.  eine  wal/ischart.  nach  quelle  bei  Campe 
dasselbe  wie  unten  spritzwal,  m.:  springwaal,  orca  (animal). 
Uief.-WClchkr  860;  der  springwaal,  ein  galtung  eines  waal- 
tischs  in  dem  meer,  hat  aulT  deiu  rugken  ein  holen  breiten 
spitz,  orca.  Maaler  383';   sprinckwal,  orca,  piscis.  Kiuky  2,6.'3'. 

SPRINGWAND,  f.  benennung  ton  zum  Vogelfang  dienenden 
garnwdnden,  welche  so  auf it stellt  werden,  dasz  sie  bei  der  ge- 
ringsten beiührung  umfallen  und  ubaspnngen  und  so  den  hmein- 
grlockten  vogel  fange».  Jacursson  7, 414*.  vgl.  auch  oben  spring- 
herd,  tn. 

SPRIMiWANZE,  f.  benennung  einer  tfringenäe»  wantenart, 
eimex  saltatonut.  Nkmnicm. 

SPRINGWASSEH,  n.  l)  aus  etnem  spring  (t.  oWutpring.M.  i 
sp.  77)  geschöpftet  watier:  spriugwasier,  ar^Ma  torgiia,  soglicnte, 


121 


SPRINGWEIN  —  SI'RINGWORT 


SPRINGWLRM  —  SPRINGWURZEL 


122 


dcqua  Viva  di  fonlana.  hBAHEB  die».  2  (1702),  SOO';  spriugwasser 
AnELcsG;  nd.  springwäter,  queüwasser,  brunnenwasser.  Schaji- 
UACH  2U6';    springwaol'r,   quellvatter   Damneil  207';    weil  wir 
aber  gottes  reines  wort  nicht  geachtet  haben,  noch  das  frische 
kalte   springwasser  getrunken,  so    sind  wir  Yon  den  hellen 
bornen   zu    den   pfulzen   gerathen,  und  daraus  warm,   faul, 
stinkend  wasser  gesoffen.  Lctheb  tischr.  1,53;  wer  grosse  hitze 
und  sieihen  im  haupte  hat,  der  nehme  ein  frisch  ey,  so  des 
tages  gelegt  isr,   und  so  viel  springwasser,  als  in  die  eyer- 
schale  gehen  mag,  rühre  es  zusammen,  und  trincke  es  auff 
dreymal  in  einer  stunde  ausz.  Coleb  (i6S0)2,  78"; 
auch  kuurit  ich  nit  giiug  sehen  mir 
desz  neuen  scliönen  messen  briiuuen, 
den  sie  neulich  gebaut  jetzunneu, 
der  so  vil  schöns  springwassers  geit. 

Atrk«  522.  2  fieller; 
doppelsinnig:  darf  ich  springwasser  zur  abwascbung  brauchen? 
—  nicht  einen  finger  kannst  du  drein  ohne  Verunreinigung 
tauchen.  RCckebt  11,423,  wo  auf  die  bedeulung  des  tcortes  in 
Wendungen  wie  ein  springwasser  machen,  sein  ausser  abschlagen, 
angesf^ieU  uird,  die  sich  zu  dem  gebrauche  unter  2  stellt,  vgl.  die 
anmerkung  ebenda. 

2)  mit  gewalt  emporgetriebenes  teasser,  entsprechend  oben  Spring- 
brunnen, m.  sp.  SO,  Springflut,  f.  2  sp.  109  und  springquell,  m.  1 
sp.  116:  eyn  sprinkwater,  scatebra.  Dief.-WClcker  S60;  spring- 
waszer,  jca/e6ra,  aqua  scaturiens,  caduca,  regurgitans.  Stieleb 
2445;  springwasser  Adelung;  auf  den  wiesen  des  Lonthals, 
von  Urspring  bis  Breitingen  herunter,  . . .  entstehen  nach 
nassen  milden  wintern  periodische  quellen,  hier  springwasser 
genannt,  die  auf  der  thaltlacbe  hervorsprudeln.  Birlinceb 
lolkstliümliches  aus  Schwaben  1, 142;  ich  könnte  hier  ein  ganzes 
register  von  verstopften  und  an  anderen  orten  ausgebrochenen 
quellen,  von  recht  hoch  aus  der  erde  herausgeschossenem 
springwasser  und  dergleichen  aus  der  gesihicbte  anderer  erd- 
beben  anführen.  Kant  9,  4ü;  sie  rangen  und  wanden  die 
schneeweiszen  bände,  flehten  die  Najaden  vergebens  um  er- 
barmung an  und  liefen  ängstlich  am  marmornen  gestade  hin 
und  wieder,  indesz  das  springwasser  recht  geflissentlich  sie 
mit  einem  platzregea  nach  dem  andern  übergosz.  Mesäus 
volksm.  1,  9. 

SPRINGWEI.N,  m.  stark  emporschäumender  ttein:  springwein, 
lifium  exiliens.  Stieler  2478. 

SPRINGWEISE,  adr.,  vgl.  auch  uii/en  sprungweise:  springs- 
weisz, sailim.  Dasypodil's;  springweisz,  mit  springen,  ensaultant, 
saltando.  Hllsils  (1616)304*;  spiingweisi  bat  er  ein  bein  ge- 
brochen, il  ha  rompu  une  jambe  en  saultanl.  ebenda. 

SPRINGWEITE,  /.,  springweite  eines  geschoszes,  umkreis, 
in  dem  das  plattende  geschosx  seine  stücke  streut:  da  eben  eine 
itombe  niedergefallen  war,  so  beorderte  ein  auszer  ihrer 
springweite  stehender  schöner  patrizier  mit  einem  muthe,  der 
nichts  fürchtet,  seine  leute,  mit  ähnlichem  hinzulaufen  und 
wasser  darauf  zu  schütten.  J.  Pall  Piepomukkirche  121. 

SPRINGWELLE,  f.  in  die  höhe  springende  welle,  vgl.  oben 
Springflut,  f.,  springstrom,  »n.,  springwasser,  n.  2.  neben  fon- 
taine:  wie  die  kugel  zum  ersten  mal  auf  das  bewegliche 
element  aufschlug,  entsprang  eine  starke  sich  viele  fusz  in  die 
hübe  bäumende  springwelle;  diese  war  noch  nicht  zusammen- 
gestürzt als  schon  eine  zweyte  in  die  hübe  getrieben  wurde. ... 
denn  es  folgte  schusz  auf  schusz,  immer  wieder  neue  mächtige 
fontainen.  Göthe  30,297. 

SPRINGWERK,  n.  uasserkunst,  vgl.  Springbrunnen,  m.  sp.  SO, 
Springflut,  f.  2:  im  august  vorigen  Jahrs  erhob  sich  hier  noch 
ein  prächtiger  gartensaal;  terrassen,  springwerke  machten 
diesen  unmittelbar  am  Rhein  liegenden  lusturl  höchst  ver- 
gnüglich. Götbe  30,326;  bildlich:  die  leidenschaften,  das  Welt- 
meer aller  groszen  lugenden  und  bandlungen  und  lasier  sind 
aus  einer  lebendigen  quelle  ein  elendes  springwerk  der  kunst 
geworden.  Herder  6, 103  Suplian.  nach  KrI^nitz  encycl.  162,  84 
spiingwerk  als  beieichnung  der  feuersprilzen. 

SPRINGWIÜDER,  m.  der  die  schafe  besfn'ingende  bock,  spring- 
wider,  emissarius  aries.  Maaler  382*.  vgL  oben  springhengst,  m. 
$p.  Hl,  Springpferd,  n.  2  sp.  115,  springochse,  ni.  sp.  115,  spring- 
lUer,  m.  sp.  ii9,  springhabn,  m.  i  sp.  ito. 

SPRINGWORT,  n.  saubertüchliges  icorl,  Zauberspruch,  welcher 
ein  verschlossenes  gemach  u.  s.  w.  öffnet:  wie  er,  also  reich  be- 
laden, wieder  hinauswollte,  sprach  sie:  'aber  vergisz  das  beste 
Dicht!'  er  meinte  nicht  anders,  als  das  wären  die  schätze 
und  glaubte  sich  gar  wohl  versorgt  zu  haben,  aber  es  war 
das  spriugwort.  brüder  Grimm  sagen  9,  wo  es  für  die  öffnende 


Springwurzel  (s.  unten)  gebraucht  u-ird,  eine  ganz  seltsame  Ver- 
wendung, wozu  in  den  altdeutschen  Wäldern  2,95  bemerkt  wird: 
'dw  Springwurzel  ist  gleichsam  leiblich  das  Zauberwort,  das  man 
ausspicht,  um  alles  verschlossene  zu  ö/fnen';  doch  möchte  man 
gleichwol  lieber  an  tin  auf  dem  nd.  springwort  (s.  unten  unter 
springwurz,  f.)  beruhendes  miszverständnis  denken. 

SPRINGWLRM,  m.  l)  benennung  eines  sich  in  die  höhe 
schnellenden  eingeweideuurms,  ascaris.  Nemsich  1,493,  insbesondere 
von  ascaris  vermicularis.  496.  sonst  auch  madenwurm,  m. 
(theil  6,  142S)  oder  spulwurm,  m.  i;enanut.  vgl.  auch  oben 
springmade,  f.  sp.  115. 

2)  bezeichnung  des  wurmes  der  pferde.  Nemsich. 

3)  auf  niederdeutschem  gebiete  auch  ein  name  der  heuschrecke: 
de  springkwornie  hadden  6  vuete  unde  2  tenen,  de  harder 
weren  wan  vlintsteyn.  se  badden  viogele  lick  vledermusen 
und  van  veiheyd  vorstoreden  se  de  lurht  und  vordusterden 
so  sere,  dat  men  in  den.e  middagbe  de  sunnen  nicht  seen 
konde.  quelle  bei  Schiller-Lcbben  4,347".  rgl.  oben  sprenger,  m. 
1,  c  sp.  41,  sprengsei,  m.  5p.  44,  Springer,  wi.  2,  c,  •/  sp.  loö, 
springhahn,  »n.  2  sp.  lio. 

4)  in  weiterer  Zusammensetzung  s pringwurm Wickler,  f?j. 
bezeichnung  einer  den  Weinreben  schädlichen  schmetterUngsart. 
Kabmarsch-Heerer^  10,373. 

SPRINGWLRZ,  f.  1)  wie  oben  Springkraut,  n.  t  sp.  113  be- 
nennung von  euphorbia  lathyris.  schon  ahd.  sprincwurz  Grakf 
1,1051;  sprinchwrz,  sprinchwurcz,  sprincwurz,  sprencwurz, 
lactaridia.  Steismeyer-Sievebs  a/id.  gioss.  3,  lo4, 32 ;  sprinchwrze, 
actureda  Dief.  11*;  springwurtz,  springeworz,  catapucia.  106'; 
sprincworcze,  coJofj/n(/rii.  133';  springwurz, /o/Zii/ris.  320';  spring- 
wurz, scaniom'a.  516*;  springwurz, /JtimuWux.  Iiortus  sanitatis.  395; 
springwurtz,  lathyris.  Dasypodics;  grosz  springwurtz,  tilhymalus, 
lactuca  marina  et  herba  lactaria.  ebenda;  springwurtz,  lathyris. 
amygdalites.  Maaler  382';  springwurz,  lathyris.  Stieleb  2586. 
nd.  sprinkwort,  lathyris.  quelle  bei  Schiller-LCbbes  4,  a4i'; 
sprinckwort,  scammonia.  ebenda;  sprincwort,  catapucia.  Dibf. 
106';  sprincwort,  coloci/nlhis.  133'. 

2)  u-ie  Springwurzel,  f.  2  als  zauberkräftige,  schätze  zugänglich 
machende  würzet: 

nun  zu  keller  niedersteiget 
Apo,  wo  an  reuchiem  ort 
springwurz,  die  jed'  schlosz  erweichet, 
ruhet,  dasz  sie  uicht  verdorrt.    liRK>TA!«o  3,404; 
und  die  springwurz  hält  der  meisler 
an  des  gürteis  beilig  schlosz.    406; 
der  Specht  umQog  sein  nest  mit  bangen  schwingen, 
das  Zvrratka,  meine  kluge  l'rau.  versiopH, 
er  sollte  ihr  die  starke  springwurz  bringen, 
vor  der  die  schtösser  all,  au  die  sie  klopft, 
und  alle  Siegel,  alle  felsen  springen, 
schnell  flog  gen  morgen  er  und  kehrte  wieder, 
erscblosz  sein  nest,  und  ätzte  seine  brut. 
und  warf  zum  Teuer  dann  die  springwurz  nieder. 

6.  82. 

vgl.  auch  die  oben  unter  springwort,  n.  ausgesprochene  Vermutung, 
übertragen:  [die  alten  namen)  bewahren  in  ihren  urlauten  den 
Schlüssel  zum  Sprachschatz,    sie  sind  die  springwurz  von  des 
urworttums  horte.  Jaus  2,  595  Euler. 
SPRINGWLRZEL,  f.     l)  in  der  botanik. 

a)  wie  oben  springwurz,  f.  1  benennung  von  euphorbia  lathyris. 
Nemsicb  1, 1545:  sprincwurtzel.  scamonia  Üief.  516*.  vgL  auch 
oben  Springkraut,  n.  und  seine  frucht,  das  spriugkorn  5p.  113. 

b)  benennung  von  dictamnus  albus.  Pbitzel-Jessen  134.  sonst 
auch  Spechtwurzel  genanrit  (s.  theil  10, 1,  20.10)  und  vom  Volks- 
glauben wol  als  identisch  gedacht  mit  springwurzel  2. 

2)  eine  geheimnisrolle  würzet  von  zauberischer  Wirkung,  welche 
schätusuchrr  brauchen,  um  verschlossene  und  versteckte  schätze 
sich  zugänglich  zu  machen,  vgl.  i.  Grimm  myll,oL*  812  und 
naclitr.  289,  50u-ic  Meveb  mythvL  92.  HO.  283:  von  einigen  ge- 
lehrten raäonern,  die  von  der  moipe  oder  springwurtzel  ge- 
schrieben haben,  werden  dem  gemeinen  voicke  viele  aber- 
gläubische Sachen  in  den  kupf  gesetzet,  sie  sagen,  man 
niüste.  wenn  man  einen  vergrabenen  schätz  heben  wolle, 
die  Springwurzel  haben,  womit  man  auch  sogar  eiserne  thüren 
oder  andere  behältnisse.  worinnen  derselbe  verbürgen  wäre, 
nur  durch  bluszes  anrühren,  eröflnen  könne.  Döbel  4,6*. 
über  ihre  erwerbüng:  die  springwurzel  erliält  man  dadurch, 
dasz  man  einem  grünspecht  (elster  oder  Wiedehopf)  sein  nest 
mit  einem  holz  zukeilt;  der  vogel,  wie  er  das  bemerkt,  fliegt 
alsbald  fort  und  weisz  die  wunderbare  wurzel  zu  flnden,  dif 
ein  mensch  noch  immer  vergeblich  gesucht  hat.  er  bringt 
sie  im  scbnabel  und  will  sein  nest  damit  wieder  utTneu;  denn 


123 


SPRINGZEIT  — SPRINKE 


SPRINKEL  — SPRINZE 


124 


balt  er  sie  vor  den  liolzkeil,  so  springt  er  heraus,  wie  vom 
stärksten  schlage  getrieben,  brüder  Grimh  d.  sagen  9.  zuvor  hat 
man  ein  rotes  tuch  unter  den  bäum  gelegt,  auf  das  der  specht 
nach  vollbrachter  arbeit  die  springwurzcl  fallen  Idsit.  vgl.  betr. 
das  alter  dieses  aberglaubens  den  berieht  des  Plinibs  hist.  natur. 
10, 1$  über  den  ein  wunderkraut  suchenden  specht.  vgl.  auch  obvn 
unter  specht  3,  theil  10,1,2027:  in  Schweden  soll  die  spring- 
wurzei  häufig  wachsen  und  dem  pferd,  das  darüber  schreitet, 
die  hufcisen  absprengen.  aUd.  wdlder  ^,9h;  über  ihren  gebrauch 
und  ihre  Wirksamkeit:  öffne  die  verschlossene  thür  milteist  der 
wohlbekannten  spring» urtzel,  welche  bei  dir  zu  tragen  du 
nicht  vergessen  darfst;  sonst  ist  all  dein  thun  verloren  und 
du  endest  nichts  mit  Werkzeug  und  breciieisen.  MusÄus  tioU:5m. 
2,104;  sei  unverzagt,  ob  die  thür  gleich  mit  groszem  krachen 
und  geprassel  auffährt  wie  der  knall  einer  donnerbüchse;  es 
geschieht  dir  kein  leid,  und  die  kraft  kommt  aus  der  spring- 
wurzel.  ebenda;  vor  Zeiten  hütete  ein  schäfersmann  friedlich 
auf  dem  Köterberg,  da  stand,  als  er  sich  einmal  umwendete, 
ein  prüchtigcs  königsfraulein  vor  ihm  und  sprach:  'nimm  die 
spriogvvurzcl  und  folge  mir  nach.'  brüder  Grimm  d.  sagen  9; 
eine  solche  springwurzel  l>esasz  der  hirt.  Hetz  nun  seine 
thiere  herumtreiben  und  folgte  dem  fräulein.  sie  führte  ihn 
hei  einer  höhle  in  den  berg  hinein,  kamen  sie  zu  einer  thüre 
oder  einem  verschlossenen  gang,  so  muszle  er  seine  wurzel 
vorhalten  und  alsbald  sprang  sie  krachend  auf.  ebenda,  dasz 
der  gebrauch  der  springwurzel  durch  Zauberspruch  wirksam  unter- 
stützt werde,  berichtet  Döbel  4,  6".  vgl.  auch  oben  springwort,  n. 
beim  verlassen  dir  schätzebergenden  höhle  darf  man  sie  nicht 
vergessen:  in  der  eile  hatte  der  scheue  Schatzsucher  die  köst- 
liche springwurzel,  die  er  beim  einraffen  des  goldes  aus  der 
band  gelegt,  mit  sich  herauszunehmen  vergessen,  wodurch 
ihm  der  zweite  transporl  unmöglich  gemacht  wurde  MusÄcs 
volksm.  2,12«.  vgl.  noch  springwurzel,  ehe  eines  mann«  314 f. 
nd.  bekannt  als  springwortel.  Woeste  252".  im  bildlichen  ver- 
gleiche: Fahland,  wie  seine  ganze  diebesbando,  hält  das  abend- 
roth  und  ganze  haine  blos  aU  spriogwurzeln  an  das  weibliche 
herz,  damit  dieses  vorlejieschlosz  der  person  aufspringe. 
J.  Paul  kom.  anhänge  zum  Titan  2,26.  vgl.  noch:  ich  wcisz 
kein  anderes,  als  viel  geld  zu  haben,  da  kann  man  eingehen, 
wo  man  will,  das  ist  der  wahre  huuplschlüssel ,  die  wahre 
springewurzel,  bei  deren  berübrung  die  thüren  aufgehen. 
Aküih  1,23. 

SPKINGZtlT,  f.  1)  die  zeit  um  neu-  und  vollmond,  in 
welcher  die  springdut  herrscht;  sie  dauert  vier  und  einen  halben 
tag.  boBRU  651*.  vgl.  auch  oben  unter  Springflut,  f.  1  sp.  lOS: 
nd.  sprengtide.  sprengtie.  brem.  wb.  5,61;  spiingtied,  irenn  zur 
zeit  der  monddvderung  das  wasser  steigt  und  fahrbar  wird.  SciiC  i  ze 
holst  idiot.  4, 25S;  springtide,  springt!  tkn  üoor>kaat  Koulman 
3, 2'Jo'.  die  zeit  der  nippflut  heiszt  entsprechend  lote  zeit : 
ddJe  lien  un  springtien  stän  sük  legen  afer.  2»9\ 

2)  springzeit  des  viehes;  die  zeit,  in  welcher  man  springhengste, 
tpringochsen  u.  s.  w.  zur  begattung  zuläszl:  springzeit  des  viehes, 
admissura.  Stieler  2612;  springzeit  Adelung. 

SPRINGZEUG,  n.  nach  KrC.mtz  encj/d.  162, 84  die  gesamt- 
heit  der  tum  springen  verwendeten  turngeräte. 

SPHl.NGZIKADL,  f.  eine  besondere  qaltung  der  zikadenfamilie, 
die  dem  frosch  ähnlich  sich  hüpfend  forlbewegt.  KrIjnitz  encycl. 
Iü2, 80.  vgl.  oben  die  entsprechenden  beuennungen  der  heuschrecke: 
Sprenger,  m.  \,c  sp. 41,  sprengsei,  m.  1  sp.  4t,  Springer,  m.  2, c,^ 
$p.  lOö,  springhahn,  m.  1  sp.  110  u.  s.  w. 

SPKINK,  m.  auf  niederdeutschem  gebiete  benennuny  der  heu- 
whrecke:  sprink,  gryllus  Nemnich.    t.  oben  spring,  m.  2  sp.  7S. 

SPRINKE,  m.?  wie  das  vorige  auf  niederdeutschem  gebiete 
benennuny  der  heuschrecke:  sprjnke,  brutus  {l.  bruchus).  würler- 
buchquelle  bei  ScwiiL^t-Ltuutn  4,346*;  sin  {des  schnees)  nederval 
if  alse  en  i^prinke,  de  sek  nedcr  gheuet.  ebenda,  auch  in 
kulsprinke,  kottprincke,  lucusta.  Die».  3J&';  bausprinke  brem. 
»b.  4, 071.  schon  as.  sprinco  Heyne  kleinere  niederd.  denkm.  hl>', 
w>(  recht  ton  Krkmki  korrespondenzbl.  des  ver.  für  niederd.  tprach- 
forsck,lo,i\i  liegen  IIultbausens  (pringu  (frctir.  10,578)  vertheidigt. 
rgl,  auch  oben  tprankr,  f  Itheil  10,1,2793). 

SPRINKE,  f,  dasselbe  wie  oben  Sprenkel,  m.  decipula  avium 
</).  17:  im  Winter  liengen  wir  vögeln  mit  sprincken  und  stricken. 
SimpL  I,  78, 15  Keller  {nur  in  der  ausg'ibe  von  1669,  die  folgenden 
haben  «princkel,  i.  oben  unter  Sprenkel,  m.  sp.  47).  vgL  auch 
die  schon  frühe  bildliche  Verwendung:  nie  werd  denn  in  der 
minne  tprinkca  gefangen  und  ergripfet.  minneburg  30'  bei 
LttKi  mM.  wb.  3,  lllü. 


SPHINKEL,  m.,  s.  oben  unter  Sprenkel,  m.  macuk  «p.  46 
und  Sprenkel,  ni.  decipula  avium  sp.  47. 

SPHINKEN,  i'er6.,  wie  oben  sprenken,  verb.2  sp. 50:  sprincken, 
eancellare,  graticchiare ,  aggraticchiare.  lat.  clathrare.  Krämer 
diel.  2(1702),8S&*. 

SPHINZ,  m.  falco  nisus.  nach  verbreiteter  anschauung  nur 
eine  benennung  des  männlichen  sperbers,  doch  vgl.unten  sprinze,^..' 
spryncz,n»us  Dief.  3Sl';  sprintz,{inuncuiuj  DisTPOnius;  sprintz, 
urcWio  Hdi.sius  (161S)  236';  sprinz,  falco  nisus.  'muscetus'.  quelle 
bei  ScHM.*  2,705;  sprintz,  avis  Scbottel  142ü;  sprinz,  nomen 
avis  est,  muscdum  vocant.  alias  moszett.  Stikler  2107;  sprintz, 
uccelletto  piccolo  che  caccia  alle  mosche,  lat,  muscetum.  Kramer 
diel.  2  (1702),  &95';  sprintz,  acciiiler  minor  mas.  Frisch  2,310'; 
dieser  vogel  so  von  allers  nisus  genannt  worden,  wird  von 
Teutschen  sperber,  das  mannlin  aber  sprintz  oder  sprintzel 
gcheissen.  Gesner-Fdrer  Ihierb.  1,143';  der  sprintz  hat  gälechte 
bein.  ebenda;  sperber,  sprinz,  in  einem  sonst  lateinischen  briefe. 
Luther  brie/«  2,  263;  den  namen  sperber  führet  eigentlich  das 
Weibchen,  denn  das  männchen,  so  etwas  kleiner  ist,  heissrt 
man  sprinz  oder  sprcnzgen.  Heppb  jagdlust  3,19; 

icii  bring  dir  liopch,  bloTiiesz  iinnd  lulcken, 
sperwer,  sclirayrliii,  snrintz,  kmzen  und  ilen 
de  mit  so  inag:>tu  dien  wol  kunzwylen. 

.,,.,.  ..  ijed.  tum  haturat  CIV; 

ir  wirie  dö  diu  meit  •*  ' 

von  ireii  locken  seit, 
wie  die  wa'ren  gcsialt 
da  enkegen  er  ir  vor  zalt, 
w!i{  sin  sprinz  hiur  liet  gevangen.    Ottokar  179S9, 

vgl.  dazu  \V.  Grijim  AJ.  scAr.  1,397.  zweifelhaft,  ob  hierher  oder 
zu  sprinze,  f.  gehörig:  er  stellet  oder  hänget  sich  also  gegen 
den  wind  als  wenn  er  angebunden  wäre  und  man  nicht  siebet, 
dasz  er  seine  Hügel  reget,  wie  die  sprinlzen  bisweilen  thun. 
falconaria  von  1617  s.  45.  das  wort  stellt  sich  zu  sprenzen,  verb. 
sprenkeln  sp.  51,  tntf  rücksicht  auf  das  gesprenkelte  gefieder  des 
Vogels,     vgl.  auch  das  folgende  wort. 

SPRIiSZ,  m.  1)  macula,  zu  oben  sprenzen,  verb.  sprenkeln 
sp.  bi  gehörig:  sprinz,  kleiner  fleck.  Sciim.*  2,  705;  sprintz,  be- 
sondirs  fleck  auf  der  haut,  Sommersprosse.  Uncer-Kuuli.  52^'; 
auch  vom  farbenschmelz  der  blumen: 

neu  und  alt 

band  sich  gesuesset, 

gruesset 

sei  ir  sprintz  imd  spraiitx. 

Oswald  v.  \Volke!(stki.n  33,  2,  21. 

vgl.  auch  oben  spranz,  m.  1  {theil  10,1,2791).  demin.  sprinz- 
lein,  n. ;  die  drei  hennen  sind  also  gestall  als  die  hieigen 
hennen  in  der  grösz  und  beten  einen  hals  und  köpf  als  die 
pfaben,  und  helen  vedern  die  beten  weisse  sprintzlein  einer 
linsen  f  rait  und  ains  einer  linsen  von  dem  andern,  d.  städte- 
c/iron.  II,  692,  t3;  die  sprintzlein  an  dem  alllicz.  quelle  bei 
ScBH.^  2,  70Ö.  hierher  auch  wol  sprinczel  unter  den  äugen, 
lentigo.  quelle  ebenda. 

2)  sprinz  ein  wol  bunt  schillernder  stein :  eingefaszl  von  glatten 
sprinzcn,  war  er  {der  garlen)  rcgelmäszig  in  beele  abgeteilt. 
PiCBLER  allerlei  gesch.  aus  Tirol  1,26,  oder  ist  an  weisigeschälte 
weidenholzbügel  zu  denken,  welche  um  die  beele  herumgesteckl 
werden?  dann  gehörte  das  wort  eher  zum  folgenden  sprinze,/".  M 
bügel  zum  Vogelfang.  9 

SPRINZE,  f.,  wie  oben  spriuke  2,  dasselbe  wie  Sprenkel,  m. 
decipula  avium  sp.  47:  sprinze,  f  bügel  zum  Vogelfang.  Vilmar  39(; 
sprinze  («cliprinz),  sprenkel  Crecelius  oberhess.  wb.  1,  !i>02 ,  an 
die  sprinz  gehen,  sich  bethören  lassen,  insbesondere  von  mddchen 
gebraucht,  ebenda; 

wir  sind  gar  zu  langsam  gezogen, 

uns  i>l  warlicli  der  vogel  entpflogen 

dem  wir  die  sprinlzen  betten  gstell. 

II.  Sacus  3.  2,  98\ 
vgl.  auch  unten  sprinzel,  m.  und  oben  sprenx,  m.  l  sp.  51. 

SPRINZE.  f.  der  weibliche  sperber:  sprinze,  nisula  Dief.  3Sl*; 
sprinize  Lncer-Kbuil  52s'.  der  einen  sperwer  oder  eine 
sprinzen  oder  ander  vogel,  die  man  nf  der  bnnt  treit,  still 
oder  siebet,  der  sul  einen  als  guten  wider  geben  und  einen 
schillinc  darzu.  Schwabensp.isi,3.     als  sprcnzc: 

die  ^prenie,  die  ■preiiiu. 

die  Kol>  aiisi  sclitiiie  kreuze.     Uhlaüd  I'oUa/.*  31. 

doch  tgl.  oben  sprinz,  m.  falco  nkut,  ebendort  auch  dit  wort- 
erkldiung. 

SPRIN/E,  f.  1)  macula:  sprinz'n,  llbipriox'n,  tommer- 
tprossen.  Lex  er  kdrnt.  wb.  238.  sprinze  dann  auch  namr  einer 
scheckigen  kuh.  IIintner  212;  auch  von  kindein  mit  einer  von 
blut  durchlaufenen  haut,  ebenda. 


120 


SPRINZEL  — SPRITTEL 


SPRITTELX  — SrUlTZE 


126 


2)  sprinze  (schprinz)  Spottname  eint%  langen,  hageren  väbs- 
'i.'i«.  Crecelids  oberliess.  »b.  7,%0i. 

SPRINZEL,  m.  l)  tcie  oben  sprenkel ,  m.  decipula  arium  sp.  47 
und  oben  sprinze,  /.;  sprintzel,  machinula  irretiendis  ariculis 
cotnparata.  Schottbl  1420;  sprintzfl,  deeipulum  Cobtisds  121'; 
sprinzel,  laqueus,  ptdica,  tendieu'Mtn,  tendicvla.  Stieler  2107. 
als  fem.:  eine  sprintzel,  meisekasten,  IransMno.  Cobtiscs  68S*; 
fadea  der  an  der  sprintzel  oder  dalinen  von  einander  gesperrel 
wird,  ebenda,  noch  heute  sprinzel  in  der  Satzunger  gegend. 
Hebtil  sprachseh.  232. 

2)  auch  als  eine  art  ßscherneti:  das  geerfisclien,  sprinzl  und 
sengrcisrhen  legen  ist  durchausz  bei  straff  des  gricht  rer- 
bolten.  üslerr.  iceisth.  6,  208,  32.  vgU  auch  oben  Springer,  m.  7 
sp.  106. 

SPRINZEL,  m.  i)  faleo  nisus,  wie  oben  sprinz,  ni.;  der 
sprintzel,  tnuscetus  Maaler  jS2';  sprinzel,  falco  nisus  Nei.hich. 
j.  die  rorterkldrung  unter  sprinz,  m.  einem  pawrn  urab 
3  sprintzl  12  dn.  rechn.  v.  1392  bei  Schm.'  2,  toö;  rgl.  auch  den 
beleg  aus  Ges:«bb-Fober  thierb.  1,143';  diese  beede  sind  einerley 
art  der  raubröeel,  aber  zweierley  geschlechts,  die  sperber 
sind  das  weiblein,  und  die  sprintzel  so  etwas  kleiner  das  mäan- 
lein.  Hobberc  2,  66S'.    als  neutr.  vol  demin.  zu  oben  sprinz,  m.: 

darnach  reit  künic  Prinzel 
als  ein  snelle;  sprinzel. 

lliiM«.  T.  Neustadt  Apollon.  1145t. 

2)  sprintzel,  dasselbe  «ie  oben  sprenzling,  m.  tp.  52.  Gxgei- 
Kmcll  52S'. 

SPRINZELN,  verb.:  sprinczeln,  nictari,  blintzlen,  kleine 
äuglein  machen,  mit  den  äugen  unkeusche  lossung  und  minen 
geben.  Screbz-Orerli!«  1511;  sprienzl'n,  liebäugeln,  mit  einem 
mädchen  schäkern.  Leieb  kämt,  vb.  23S. 

SPRINZEN,  rerb.  l)  maculare.  adj.  gewordenes  pari,  sprinzet, 
mit  Sommersprossen  versehen.  Schöpf  693;  sprinzit,  gefleckt, 
scheckig  {von  kühen).  Hist.neb  212.  rgl,  auch  oben  sprenzen,  verb. 
sp.  51. 

2)  entsprechend  sprenzen,  terb,  2  sp.  52.  sprinzen,  schmücken^ 
sseren,  aufputzen: 

mr  wellen  klaider  und  har 
dar  zu  sprinzen  und  spranzen 
und  wellen  mit  Treuden  tanzen. 

fasln,  f}).  448,  23  Kpller. 

SPRINZGARN,  n.  koI  ein  fischneti  tcie  sprinzel,  m.  (1)2: 
1  sprinzgarn  per  2  Q.  inventar.  von  I7u6  bei  Ungeb-Kboll  52y'. 

SPRINZLING,  m.  falco  nisus,  wie  oben  sprinz, m.,  sprinzel,«».; 
sprinzling,  percus,  fringillarius,  wörterbuchquelle  ton  1618  bei 
ScB>.*2, 705;  sprintz  oder  sprintzling,  museetus.  Cobtircs  120*. 

SPRlS'ZSPERRER,  m.  tautologischezusammenutzung:  sprintz- 
sperber,  terzaletlo  di  falcone.  Kraseb  rfirf.  2  (1702),  S95*. 

SPRINZWLRZ,  f.,  wie  oben  springwurz,  f.  1.  benennung  von 
euphorbia  lathyris:  sprinzwurz,  üctarica,  sprinula.  toc.  von  1482 
hei  Fbisch  2,  3lo';  sprinlzwurz,  lathyris  Dief.  320'. 

SPRIT,  ffl.,  mit  langem  oder  kurtem  i,  zusammengezogen  aus 
Spiritus  {rgl.  dies  theil  10, 1, 2555),  rolksmässig,  besonders  in  ?ioTd- 
deutschland,  gleich  diesem  als  allgemeine  beuichnung  des  u-ein- 
geisls,  {äthyl)alkohols ,  spiritus  rini:  de  spriet  is  em  in  kopp 
steegen,  er  ist  betrunken,  ScbCtze  4, 177,  aber  auch,  so  in  tech- 
nischer spräche,  als  besonderer  name  für  starken  Spiritus. 
KAKaARScn-HEEREN^  8, 38S,  fuselfreien  und  hochgradigen  recti- 
pcierten  spiritus  1,  7&I  und  ßr  starkeri  tssig,  der  mit  wiederholtem 
nuotz  ron  alkohol  bereitet  wird.  3, 299,  essigsprit  8, 3b8. 

SPRITFABRIK,  f.:  'das  ist  die  spritfabrik",  sagte  Erich; 
'ich  habe  sie  erst  vor  zwei  jähren  angelegt  ...'  Storm  samil, 
werke  l  (1899).  26. 

SPRITFLAMME,/..'  silberschalen,  die  ...  ihre  blaszblauen 
sprilflammen  in  zwei  leise  zitternden  Säulen  aufsteigen  lieszen. 
FoRTANE  vor  dem  stürm  4, 110. 

SPRITHÄNDLER,  m.:  der  mann  der  gazelle  {einer  so  be- 
zeichneten  frau)   war  ein  groszer  sprithändler.   Keller  7,93. 

SPRITLAMPE,  f.  Spirituslampe,  nd.  spriellamp.  ScbCtze  4,177. 

SPRITLER,  ffl.;  die  spritler  oder  spaltnägel  (on  der  lafette). 
Fboüspebcer  kriegsb,  (1596)  2, 15*.     rgl.  sprittel. 

SPRIT-MASCHLNE,  f.:  und  nun  zQnd  dir  die  spritmaschine 
an  und  koch  dir  deinen  kaffee.  Stobm  sämtL  werke  4  (1899),  210. 

SPRITTEL,  in.  n.  in  oberd.  {bair.)  mundarten  sprosse  an  einer 
Ititer,  Stäbchen  in  rinem  rogelbauer,  holzspan,  schiene  zur  heilung 
«JIM  beinbruchs.  Lkxbr  kämt.  wb.  235*  {als  n.).  Hi;«T!«eb  Defer- 
egger  dialekt  211  {als  m.):  nim  V  oder  VI  sprittel  {sie  um  ein 
gebrochenes  kein  tu  binden),  quelle  bei  ScH».'  2, 707.  etymo- 
logisch SU  spreiten  gehörig,  nebenform  lu  spreitel  (i.  dies  oben). 


mit  dem  sinnverwandten  sprossel,  mundartlich  sprüssel,  sprissel, 
nd.  sprultel  kann  et  aus  lautlichen  gründen  nicht  unmittelbar  zu- 
sammengestellt werden. 

SPRITTELN,  verb.,  den  fusz,  den  arm,  ihn  mit  schienen  ver- 
sehen. lii>T.iEB  Deferegger  dialekt  211.  vgL  das  vorige  und 
spreitein  oben. 

SPRITZ,  ffl.  zu  spritzen,  soviel  auf  änmal  spritzt,  durch 
spritzen  entstandener  fleck  {vgl  sprutz,  m.  und  spritzet,  m. 
unten):  so  lange  sie  {eine  mit  einem  theil  der  wand,  woran  sie 
sitzt,  blau  übermalte  wanze)  im  blauen  ging,  war  sie  kaum 
von  der  wand  zu  unterscheiden,  als  sie  aber  aus  dem  be- 
strichenen bereich  hinaus  trat  und  die  letzten  Tertinzelten 
spritze  hinter  sich  hatte,  wandelte  das  gute  himmelblaue 
thierchen  weitbin  siebtbar  seine  bahn  durch  die  dunkleren 
bezirke.  Keller  4(lS99),  243. 

SPRITZ.\RßEIT,  f.  arbeit  des  spritxens,  im  Salzbergbau  ein 
verfahren,  wobei  gegen  die  wegzugewinnende  gebirgsmasse  wauer- 
strahlen  gerichtet  werden,  die  die  im  wasser  lösluhen  theile  der- 
silben  außösen  und  dadurch  das  niederfallen  der  übrigen  tkeüe 
als   schlämm  veranlassen.    Veitb  bergab.  455.     vgL  spiitzwerk. 

SPRITZB.\D,  n.  bad,  wobei  der  körper  nur  mit  wasser  bespritzt, 
wie  von  einem  regen  benetzt  wird,  douche.  CkMPE{als  neubüdung): 
in  den  früheren  Zeiten  war  das  bad  der  Wiedergeburt,  nicht 
wie  jetzt  ein  sprützbad,  sondern  ein  plongierbad.  j.  Pacl 
holxschnitte  11, 177. 

SPRITZRAGGER,  «.;  jetzt  wandelte  ich  dort  {am  nord- 
ostsee-kanal)  auf  dem  rerdickten  schlämm  der  apritzbaggrr. 
TiMU  Krüger  die  wohnung  des  glucks  (1^97)  26. 

SPRITZBECHER,  ffl.,  Schweiz,  {in  Basel)  sprützbächer,  kleine 
spritze  für  den  fuszboden.  Sbiler  276",  die  vor  dem  kehren  be- 
nutzt wird.    vgl.  spritzhafen. 

SPRITZBEWL'RF,  m.,  was  spritzwurL 

SPRITZBIERLEIN,  komischer  eigenname  im  Vrfaust,  wtl  im- 
perativisch  aufzufassen: 

dann  Tordersamst  mit  dem  logie 
wüsst  icb  euch  wohl  nichts  bessers  hie, 
als  geht  zu  Trau  Sprizbierlein  morgen; 
weis  Studiosos  zu  versorgeu.    29ö. 

SPRITZBRETT,  n.  über  einem  rade  angebrachtes  brett  an 
einem  wagen,  das  den  anspritzenden  straszenkol  auffangen  soll, 
rgl.  spritzleder. 

SPRITZBOCHSE,  f.  büchse  zum  spritzen.  Campb,  handsprilze 
der  Wundärzte.  KrCxitz  encycl.  162  (1835),  1S7,  kleine  spritze  von 
ausgehöhltem  holunder,  womit  die  kinder  zu  spielen  pflegen. 
Adelc.'vg.  Campe,  sprützbüsse  Spiess  239,  so  auch  nd.  sprütt- 
büss  Da5!<eil  207'  und  sprütz(el)büsse  Bacer-Collitz  97 ,  mit 
obscöner  Übertragung  cunnus,  schbrizbixn  Castelli  232,  wol  von 
hier  aus  zu  persönlicher  anwendung  auf  weibliche  personen  ent- 
wickelt, so  studentisch  ßr  mädchen.  Klcge  studentenspr.  127' 
{bezeugt  aus  den  jähren  17S7  u.  1846).  rgl.  zeitschr.  f.  d.  wort- 
forseh.  2,  293.  auch  sonst  als  verächtluhe  oder  scherzhafte  schelte 
für  eine  weibliche  person.  Berrd  291,  als  scherzhafte  bezeichnung 
kleiner,  auch  schon  erwachsener  mädchen.  KrCwitz  encycl. 
162  (1835),  187,  junger  weibUcher  personen.  ScH«.'  2,  708,  mit 
anlehnung  an  mundartliches  sprützen,  spritzen,  steif  aufgerichtet 
sein  {s.  unten  spritzen)  sprützbQchsen,  steif  einherstolzierendes 
midchen.  ebenda,  spritzbüchs  Scbmid  504  und  mit  aufnähme 
eines  anderen  begriffs  aus  der  gewöhnlichen  bedeutung  des  zu- 
gehörigen verbs  behendes  mädchen.  ebenda  {rgl.  spritze  1,  c,  a), 
daneben  mit  selbständiger  entwicklung  im  anschlusx  an  Wendungen 
wie  gift,  geifer  spritzen  für  eine  person  mit  argem  mundwerk. 
RcctEBT  unterfränk.  mundart  174  und  ßr  einen  jähzornigen. 
Urceb-Kblll  steir.  worlsch.  S.V.  vgl.  noch  nd.  spritsbüks,  dn 
Schimpfwort.  Däbnert  454'. 

SPRITZBL'CKEL,  f.  der  sprilskrug  {vgl.  dies),  dit  gietzkanne. 
Scbm.*   1,207. 

SPRITZE,  f.  zu  spritzen.  1)  womit  man  spritzt,  Vorrichtung, 
gerät  zum  spritzen,  spruzze,  clebsedra  {für  clepsydra).  Stbi^heteb- 
SiE«ERS  a/id.  ${.  3, 639, 49  {\i.jahrh.),  sprQtze  (Hclblirg,  rfuner), 
sprutze  (TocBEB),  spritze  ( 15.  ;a/irA.)  Leier  m/id.  Aandrfr.  2, 1122, 
sprulze,  sprücze,  sprutz,  sprotze,  spritze,  spritz,  lixale.  Dief.  33i', 
ein  sprützen,  sprQtz,  lii{i)ale.  nur.  gl.  23»',  im  älteren  nhd.  meist 
mit  ü,  sprützen  oder  rören  (die),  siphon.  .Maaleb  S82',  sprütze 
oder  strütze.  damit  man  wasser  sprützet,  une  syringue.  Hclsius 
(1616)  305',  sprütze,  siphunculus  Becbics  bergwerkb.  (1620)  register, 
sprütze  CoiiE!<i(:s  spraehenth.  übers,  v.  DucEmos  (1657)  teutsch. 
index,  sipho  Scbottbl  1120,  spritze,  sprütze,  f.  sckizzafoio, 
siringa.  Kbahbb  dtutsch-itaU  dict.  3(t702),896',  sprütze,  die,  plur. 


127 


SI'RITZK 


SPRITZE 


128 


sprützen,  quibusiiam  spritze,  fipho.  Steinbacb  2,  r>4s,  auch  hei 
Gütbe:  hirr  ist  ein  anschlag  zu  einer  sprüzzr.  br.  5,117  Weim. 
ausg.  (vom  25.  apr.  1787.  an  frau  von  Sttiu)  tieben  der  form  mil  i: 
2j.  {Jupitfr  =  Karl  August)  d.  den  tag  mil  seinen  feuersprizcn 
pp  zugehracbt  halte,  tageb.  1,120  (22.  ;uni  1780),  beute  in  der 
Schriftsprache  ungewöhnlich.  Weicand*  2,  781,  mundartlich  uoch 
sprötze.  SciiRüER  mundarten  d.  ungr.  berglandes  207*,  spriitze 
Lexer  kämt.  vb.  238,  spiötza  Tobier  apprni.  sprachsch.  SSl', 
sprö'z  MCli.er-Weitz  Aachener  mundarl  232,  spreuz  Hüsic 
Kölner  mundart  119',  daneben,  spriilze  mehr  und  mehr  zurück- 
drängend, spritze,  sipho,  siphunculus.  Dastpodius  {vgl.  sipho  e>n 
bninDenrör,  spriilze.  lat.-drulsch.  thfil),  cannone  da  gittar'  acqua 
(I  da  far  aristeii.  Huisius  (16l'>)  1,230',  sipho,  diabetes  Stielei 
20S4,  spritze  {ouch  spriilze).  Kramer.  Stei:<bach  (s.  oben),  tiphon 
Wächter  1572,  sipho  Kbisch  2,31o'.  Adelung.  Cahpe,  auch  mund- 
atilich  spriizen.  ScHörr  tir.  idint.  693,  spriz'n  HCcEt  Wiener 
dial.  154*,  spritze  Kurecut  Leipz.  mundarl  215*,  ^brizen  Hf.rtel 
Ikür.  sprachsch.  232,  ^breze  Salxunger  üb.  41,  nd.  als  lehnuort  aus 
dem  hd.  sprilze.  Däbnert  454*,  spriitse,  sprüls  ter  üuornkaat 
Koolüan  3, 29l',  »iprüts*  Bauer -CoLLiTz  08".  aber  auch  schon 
mnd.  sprutte.  LCnüEN  mnd.wb.Zli'  und  eiüsprechend  nnd.  sprQlt. 
ScbCtze  4,  17>>'.  Danneil  20i'.  Mi  85'.  vgl.  schwed.  sprula, 
d4n.  sproile. 

a)  meist  als  bezeichnung  von  geraten,  spritze,  syrinx,  seringue, 
'nn  verkzeug,  bestehet  aus  einer  röhre,  in  welche  ein  stöszel  geheb 
eingesetzet,  und  dadurch  das  nasser  in  die  ferne  gleich  als  ge- 
schossen icird.'  Jablonski  lex.  (1721)  742*,  '«n  Werkzeug,  wodurch 
man  einen  ßtissigen  körper  spritzen,  d.  i.  durch  den  druck  in 
einem  langen  strahle  an  einen  entfernten  ort  bringen  kann'. 
Adelung:  mit  einer  spritze  spritzen,  schizzare  cotta  siringa. 
Kramer  dentsch-üaL  dict,  2(1702), 895',  eine  spritze  füllen,  laden: 
dasz  aber  nun,  der  brautfiibrer  an  der  spitze,  die  jungen 
bursche  ihre  spritzen  in  der  Jauchengrube  luden,  war  mir 
noch  merkwürdiger.  Ludwig  2(1891),  517. 

a)  am  bekanntesten  als  feuerlOschgerät ,  feuerspritze,  siphon 
incendiarius.  Stieler  2084,  brandspritze,  feuerspritze  Kramer 
d«<bffc-i<aJ.  die'/.  2  (1702),  895',  ebenso  bloszes  spritze:  auch  do- 
zumall  als  palt  zu  iedem  vierteil  {dtr  stadl)  zwen  vierteil- 
meister  gesetzt  und  gegeben  wurden,  und  darnach  verlassen 
ir  iedem  funfizelien  liderein  eimer  und  zwue  grosz  messein 
sprutzen  zu  geben,  also  wo  fewer  pei  oder  in  iren  vierteilen 
aiisz  kerne,  das  si  dann  solicbe  einier  und  sprutzen  zu  dem 
fewer  pringen  nnd  senden  sollen  damit  rettung  zu  thun. 
TccBER  baumci4erb.  132,31;  vierteilmeister  am  Milchmarckt 
sein  Mertein  Hoitzscbuer  und  Endres  Tucher,  der  icder  hat 
in  seinem  haus  funflzehcn  liderein  eimer  und  zwu  grosz 
sprutzen  in  einem  liderein  sack.  133,33;  Artton  Kresz  uber- 
antbort  mir  adi  31  Inio  das  pücblen  des  lirtelmaislersampt 
roitsampl  3  messen  sprüczen  und  25  lidren  aimern.  Ant.  TucBtR 
hamhaltungtb.  175,  8;  es  war  beym  brande  keine  sprütze  ver- 
banden, nullus  in  publica  sipho  ad  compescenda  incendta  erat, 
Steinuacb  2,  i>48;  wenn  ...  ein  solches  einzelnes  entfernles 
Strohdach  brennt:  so  wird  die  sprütze  aus  dem  dorfc,  wenn 
sie  auch  auf  rädern  steht,  viel  zu  spät  kommen.  Muser  patr. 
phant.  3(1778),  100;  gesetzt  nun  auch,  sprutzen,  lettern  und  zuber 
dienten  blos  im  dorfe,  und  auf  ebenen  pflaster.  162;  wer  warf 
das  leuer  ein?  ...  gleich  eilt  mit  sprüzen  und  eimern. 
Schiller  Fiesko  5, 9;  vor  uns  sahen  wir  in  der  entfernung 
das  (lammende  haus,  den  rotben  gegenschein  am  himmel, 
die  fernen  blitze,  der  donner  rollte  noch  dumpf,  wir  hörten 
das  gerassei  der  sprutzen.  Arnim  Hollins  liebrieben  60  Minor; 
es  hoben  und  streckten  rasch  die  spritzen  ihre  arme,  und 
io  hohem  bogen  stürzten  wasserwogen  auf  die  däcber  nieder. 
GoTTBELF  1,184  {vgl.  ScBiLLER  11,311  unter  spritzen); 

well   gloclMDSturm !  trompeteii«tosz!  nml  spritzen  rätseln  durch 
die  ga««eii.    Drostr  2,  23  ScIiUckini). 

redemarttn:  ht  «oppt  «•  en  sprütt,  er  tauft  ttark.  ScbCtzk 
4, 178.  besoiTen  wie  eine  spritze,  tehwer  betrunken  {so  roll  von 
fliutigkett  wie  eine  tfrritzt).  Albrkcbt2I5*.  vgl.  nd.  S|irüttendiiun, 
roU  und  toll,  betrunken.  Schütze  4, 178.  («in  mann)  bei  der 
spritze  »ein,  nne  rolle  spielen,  etwas  zu  bedeuten  haben ;  an  die 
feuertprüun  wurde  nicht  jeder  gestellt.  Alrrkcbt  'Wo',  et  iis 
rncr  «UD  der  sprüli,  ein  tüehtiger  mann  {tiebenb.-iäclu,),  Kroh- 
MAHRS  zetUehr.  &,  32,  17,  d<^s  is  a  mh  bei  der  spiütz'n  {koburg.). 
iHf  17,  tbendtt  alt  euch  am  Rhein  üblich  rerteirknet,  entsprechend 
Mi.  datt  ist  ^0  von  de  sprlllt,  «n  tüchtiger  kerl.  Danneil  207', 
in  hetug  auf  rfutige  btreittcliaft  und  thittgkeit  an  enitcheidendei 
itelle:  die  «iebeo  nUnner  waren  uicliu  weniger  als  unbetrtlcbt- 


üch;  in  allen  Volksversammlungen,  Vereinigungen  und  der- 
gleichen halfen  sie  einen  festen  kern  bilden,  waren  unermüdlich 
iiei  der  spritze  nnd  lag  und  nacht  bereit,  für  die  parici  gänge 
und  gescbüfte  zu  thun,  welche  man  keinen  bezahlien  leulen, 
sondern  nur  ganz  zuverlässigen  anvertrauen  konnte.  Kbller 
0  (1899),  209.  bei  der  spritze  bleiben,  in  der  not  ausharren: 
jetz  drickc-se  sich  erbei:  wehrn-se  vorhin  bei  der  spritz  ge- 
bliwwe.  Strekk  des  burschen  heinikehr  106.  Sprichwörter :  wann 
OS  brennt,  darf  man  der  sprizen.  Eiseiein  575,  wenn  es 
brennt,  vermisst  man  die  spritzen.  Sihrdck  462,9789.  die 
sprizen  kommen,  wann  das  haus  abgebrannt  i<t.  Eisblein  575. 
SiMROcK  402,9788. 

ß)  in  ärztlicher,  hygitnischfr  Verwendung,  clistierspritze, 
srhizzatoio  da  ciisteo  o  lavamento,  servitiale.  Kramer  deutuh'it. 
rfii/.  2(1702),  895',  gemächlspritze,  siringa  a  spruzzare  nel  con- 
dvtto  del  membro  virile,  ebenda,  halsspritze,  siringa  da  gar- 
garizzare.  ebenda,  wundspritze,  siringa  a  ferüe.  ebenda,  die 
spritzen  der  wundürzte.  Aoelu.nc,  sprütze,  canone  da  far 
erUteri.  Hulsius  (loio)  305*:  die  spritzen,  wenn  sie  die  klistier 
losdrükten  wercn  den  pisiolen  zu  vergleichen.  Heinirke  fuchs 
(1650)  35<j;  ein  Sultan  zitiert  vor  seinem  arzt,  der  fürsten  und 
knechte  unter  die  nämliche  sprüze  zu  demütigen  weis.  Sturz 
1,  204. 

y)  oh  kfichengerät,  mehlspritze,  sipho  farinarius,  quibus  spirae 
crocatae,  sive  scribitae  striatae,  die  Spritzküchlein,  efflantur. 
Stieler  2084,  küchleinspritze,  schizxatoio  da  bozzolaio.  Kramer 
deulsch-ital.  dict.  2(l702),&yi',  nudeUpriize,  schizzatoio  da  vermi- 
cellini  o  fidelini.  ebenda,  l>utterspiil/.e,  schizzatoio  da  butiro 
fresco.  ebenda,  'spritze,  ist  ein  von  blech  hol  getriebenes  oder 
von  holtz  gedrehetes  iiisirumevt,  so  die  koche  in  ihren  kfichen 
nölhig  haben,  als  da  ist,  spritze  zu  Spritzkuchen,  spritze  zu 
Würsten,  v.  d.  g.'  Amarantbes  (171."))  1S92,  die  spritzen  der 
köchc  zu  sprilzkuihen.  Akelunc:  gebackene  Spritzkuchen, 
machet  den  teig  gleich  als  bey  vorhergehenden  schnee-ballcn, 
ab,  bringet  solchen  in  die  darzu  verfertigten  spritzen,  die 
forne  einen  stern  haben  nuisz.  Aharambes  (1715)  635. 

S)  mundartlich  auch  im  sinne  von  gieszkanne,  so  appenz. 
sprötza.  ToBLER  381",  in  Aachen  sprü'z  MCller-Weitz  232,  in 
Köln  spreuz  Hümg  149',  düring.  aiisgusi  an  einer  gieszkanne. 
Hertel  thür.  sprachsch.  232. 

*)  scherzhaft  von  einer  puderquaUe:  er  lic^z  diese  spritze 
des  farbenpulvers  des  kupfes  kalt  da  liegen.  J.Faul  Hesp.  i,9l. 

^)  in  der  Soldatensprache  scherzhafte  bezeichnung  des  gewehrs. 
HuRN  05. 

t])  ähnlidi  basl.  sprüze, b^isro/ir  (als  kindertpielzeug).  Seii.er376*. 

b)  früher  bezeugt  von  einem  körpertheil,  dem  die  fihigkeit  zu 
sjiritzeit  eigen  ifl: 

si  tuonil,  als  diu  sclirezveüer  tä(. 

die  vorn  bat  ein  rreuiitllch  autlüiz. 

Ir  zaget  ist  aber  der  gilt  ein  spiülz.     m.ncr  4114. 

hierher  gehört  anscheinend  auch  die  folgende  stelle,  wo  Jas  woit 
wol  für  cunnus  steht: 

ir  (einer  reichrn  witwe)  gl  öj  guol  wol  lüegen  kau 

tia;  sie  nimt  ein  junger  mun. 

I'iir  ir  alte  runzeii 

git  sie  im  silberpiinzeu: 

lue  knn  er  wol  nützen 

und  reut  ir  üf  die  spiüizeii.    IIelbling  6.  104. 

c)  im  ansehlusz  an  a  oder  b  entwickelte  besondere  bedeulungen. 
a)  die  unter  b  erwähnte  anwendung  liegt  gewisi  dem  gebrauch 

von  weiblichen  personen  zu  gründe: 

seit  ich  von  einer  jungen  cprüixeii 

mich  also  sehenden  und  sclimehrn  la.<iien? 

Atr»  3258,24  Keller; 

ach  ihr  jungen  spritzen,  lasset  es  bey  den  alten  löchern 
bleiben,  und  lasset  die  neuen  ungcbobrt.  Weise  erzn.  19;  neuär. ; 
eine  junge  spritze,  puella  intlar  siphiinculi.  Stieikr  20S4;  sie 
ist  eine  junge  spritze,  ella  e  una  fregalina,  fregaruola,  lateitetta, 
tdrucciola.  Krämer  deutsch -ital.  dict.  2  (1702),  895'.  studentisch 
noch  dienstspritze,  dienstmädchen ,  ohne  allen  üblen  nebensinn, 
so  in  Gvitingen.  mundartlich  in  Wien  spriz'n,  tchimpfname  auf 
eine  alte  buhlerin.  Hügel  15t',  bair.  sprutzen,  junges,  aufge- 
schossenes niädchen,  mit  anlehnung  an  dort  ühUches  sprutzen, 
sprossen.  Senn. '  2,  708,  ebenso  hess.  sprieze,  wii<  anlehnung  an 
•prieszen.  i'risTEii  282,  sehwäb.  spritzen,  behendes,  daher  stol- 
tierendet  mäichen,  mit  anlehnung  an  tchwdh,  spritzen,  auf-  u 
gericlitet  einhergeiien.  ScnMin  :>04,  im  un;r.  bergland  sprflizri  | 
ttolte,  lilppnche  dirne.  Scbrhkr  2U7'  {vgl.  sprize,  stols  tinhergehendt 
dirne.  EuLDA  bei  Campe,  aii  landschaftlich  beteichnet). 


129 


SPRITZEIMER  —  SPRITZEN 


SPRITZEN  (I,  1) 


130 


ß)  ichveii.  heisxt  die  brustvurzel,  angeliea  silvestris  spritie 
{Bern,  Glarus),  sprotza  {St.  Gallen).  Pbitzel- Jesseü  30\  »ol 
iceil  von  kindern  aus  ihren  Stengeln  wie  pfeifen,  so  auch  spritten 
oder  blasrohre  gemacht  Verden,  vgl.  oben  a,  ij  und  spritzen- 
kraut. 

;.')  in  der  Zoologie  bezeichnung  einer  zum  geschlecht  der  schiff- 
kutteln  gehörenden  Schnecke,  nautilus  siphunculus.  Campe,  vielUicht 
wegen  des  durch  die  leeren  hinteren  theile  des  gehäuses  gehenden 
röhrenförmigen  fortsalzes  derartiger  thiere,  der  sipho  heiszl. 

S)  sprützen,  kücblein  in  der  pfannen  gebacken,  pizza, 
schiacciuta  frila  nella  padella.  Hdlsics  (1618)  1, 236',  eine  arl 
kucben,  alOs  sprützkucben,  spira,  placenta  per  siphonem  Irans- 
missa  {vox  non  ubique  usitata).  Stei5bacb  2,  648.  ebenso  ndl. 
Sprits,  f.,  lehnwort  aus  dem  hd. 

2)  in  der  Studentensprache  ein  fuhrverk,  das  zu  einem  ausßug 
gemietet  ist,  und  der  ausßug  selbst,  in  der  letzteren  bedeutung 
auch  veiter  verbreitet.  Pacl  ab.  430*,  so  in  Leipzig,  luslpartie, 
ausßug.  besonders  zu  wagen.  Alurecht  215',  in  Altenburg,  land- 
yaitie.  Hertel  thür.  sprachsch.  232.  sie  kann  sieh  auch  unmittelbar 
aus  dem  rerb  entwickelt  haben:  das,  ein  spritzen,  und  trsl  im 
anschlusz  daran   ist   vielleicht  die  concrete  bedeutung  erwachsen. 

3)  rom  spritzen  herrührender  ßeck. 

SPHITZEIMER,  m.:  spritzaraper,  grosses  wassergefdsz ,  das 
zum  löschgeräle  gehört.  Usger-Khcll  steir.  wortsch.  528'  {doch 
wol:  das  zum  iprilzen  dient),  vgl.  spiitzeneimer.  in  Wien  spriz- 
amper,  gieszkanne.  HCgel  153'.    tgl.  sprilifasz.  -kaane,  -krug. 

SPKITZELIG,  adj.  zu  spritzein,  spritzelnd.  Campe  {als  niedrig 
bezeichnet):  die  licbter  brennen  so  spritzelig.  ebenda. 

SPKITZELLICHT,  n.  lieht,  das  spritzelt,  U<ht  von  unrei»em, 
schlechtem  talg.  Campe  {als  niedrig  bezeichneth 

SPRITZELN,  rer6.,  Weiterbildung  zum  folgenden,  ein  wenig 
spritzen.  Campe,  spritzelen,  spruzzolare,  sprizzolare.  Kbamer 
deutsch-ital.  dict.'l  {\'M),%9b'.  in  persönlicher  anwendung,  vom 
ausspritzen  des  speicheis:  ja,  du  buren-sohn,  spracb  sie,  und 
fubr  ibro  mit  der  band  über  das  gesiebte;  Eckartb  und 
Serapion  hätten  vor  lachen  vergehen  mügen,  als  hierauf  Rente 
mit  dem  maule  spritzelte,  und  sagte,  du  alte  wetterkaze,  wo 
geyer  bastu  die  hündc  gehabt,  dasz  sie  so  fett  und  saJtzigt 
seyn.  Ett:(er  unw.  doct.  335;  beim  reden  spritzeln,  den  speiehel 
um  sich  spritzen.  Campe,  auch  ohne  solche  verdeutlichenden  Zu- 
sätze, sprützelen,  spuere  (r.  1587).  Dief.  518*: 

ich  gprützle,  scbelt  uad  (lieb,  wo  so  ein  unding  (ein  geiziger) 

sitzt, 
mit  grössrem  scbauder  fort,  als  wo  ein  dracbe  blitzt. 

GÖKTB»  483; 
verbessre  das  stammleo,  verbeisz  und  vermische 
das  bublrisciie  spritzelu.  das  geiie  gezische.     929. 

Sprichwörtlich:  denn,  erstlich  ist  es  eine  tuhrbeit,  sich  mit 
grossen  berren  in  stieit  einzulassen,  und  wer  in  die  hübe 
spritzelt,  dem  fällt  der  speiehel  auf  den  kopff.  Bctscukt 
Pathm.  621.  anders:  spritzen,  spritzeln  im  stulgang,  tpruzzare, 
sprazzolare,  squaccherare  andando  di  corpo.  Kramer  deulsch-itaL 
dict.  2(l702),s95*.  in  unitersönlichem  gebrauch:  ein  licht  spritzelt, 
r«nn  rom  brennenden  dachte  kleine  funken  abspringen,  z.  b.  in 
folge  von  nässe.  Campb.  con  leichtem  regen:  es  spritzet,  spritzelt 
ein  wenig  draussen,  egli  tpruizcia,  piovigna  uu  poco.  Kiameb 
a.  a.  0. 

SPRITZEN,  rerb.  in  strahl  und  tropfen  gewaltsam  springen 
machen  oder  springen.  Weicaüd*  2,  '81,  mhd.  sprützen  Lexeb 
mhd.  handwb.  2,1122,  ebenso  im  früheren  nhd.  häufig.  Maalbb  3h2*. 
Hdlsics  (1616)  305*.  Comemus  sprachenth.  (i65T)  leutsch.  index. 
Corvi>cs  fons  lat.  1  (l660),629'.  ScBOTTBL  1420.  Kramer  deutsch- 
tloi.  <fic<.  2  (i:02l,  895*  {mbeii  spritzen).  STEi.iBAcn  2,  649,  auch 
bei  Schiller  Fiesko  l,  lO  {s.  unten  II,  t,  a).  Schriften  11, 311  ne5«n 
spritzen,  rauher  schausp.  4,3  (s.  unten  II,  l,fr),  vereinst  U  noch  bei 
jüngeren  Schriftstellern: 

wenn  weinmond  ist,  so  mfisit  ibr  wissen, 
da  giebt  es  trauben,  most  und  wein, 
und  weil  die  armen  beeren  müssen, 
so  sprützen  sie  in«  Tasz  hioein. 

NoviLis  1,220  Mei*tner; 
tinlta  wurden  darunter  gestützt, 
schwarzes  napblha  darauT  gesprützt. 

KccKiRT  Firaoti  3.  182; 

mundartlich  bis  heute,  Schweiz.  Stalder  2,  3S7,  sprüze  Homzker 
249.  Seiler  276*,  sprütza,  sprötza  Tobler  381",  bair.-österr.  in 
äüerer  spräche  ohne  umlaut  sprulzen.  Schm.*  2,  708  {rgL  auch: 
luare,  wallen  vel  sprulzen  [anfang  des  16.  jahrk.].  Dief.  334'), 
und  so  in  einzelnen  gegenden  bis  heute.  Lbxbr  kämt.  »b.  238. 
X.  2. 


HiüTiiBB  Deferegger  dial.  212,  doch  auch  sprützen  rimbr.  wb.  263* 

und  spritzen  (f.  unten),  mfränk,  sprutze,  sprüze  {Aachen) 
MCller  Weitz  232,  spreuze  {Köln)  Homc  149.  in  der  Schrift- 
sprache wird  sprützen  zurückgedrängt  durch  das  schon  im  älteren 
nhd.  erscheinende  spritzen.  Hcisius  (161s)  1,236'.  Stieler  2083. 
Kbamer  2,8)5*  {neben  sprützen,  j.  oben).  Wächter  1572.  Frisch 
2, 3I0'.  Adblo:<g.  Campe,  das  auch  in  heuligen  mundarlen  be- 
gegnet, so  bair.-öslerr.  Sciim.*  2,  70S.  Schopf  693,  spriz'n  HEgkl 
153',  rheinfränk.  spritsa  Le5z  67*,  düring.  neben  schriezen 
(s.  dies  oben  theil  9,  1736)  und  stritzen,  striezen.  Hertel  thür, 
sprachsch.  232.  nd.  als  lehnworl  aus  dem  hd.  spritzen.  Dähhert 
454",  sprütsen  ten  Doormiaat  Koolia:<  3,292*,  sprüts'n  Bader- 
Collitz  98',  aber  auch  sprutlen  6r«n.  wb.  4,976,  sprütten  Mi  85*. 
Da.niibil  207*,  m  besonderem  sinne  götting.  sprütjen,  spuere. 
Scham  BACH  207*,  ndL  als  lehnwort  aus  dem  hd.  spritsen,  wol 
vom  nd.  in  die  nordischen  sprachen  gedrungen,  dän.  sprutte, 
schwed.  norm,  spruta,  eine  westgermanische  bildung,  wie  engl, 
sprit,  spritzen,  keimen  zeigt,  dessen  zweite  bedeutung  den  weg 
der  bedeutungsentwicklung  weist  und  es  als  unmittelbare  fort- 
setsung  von  ags.  spryttan,  sprossen  treiben,  sprossen,  keimen. 
BoswoRTB- Toller  9ü6'  erscheinen  läszt.  demnach  ist  das  bei 
ScHM.*  2,  70S  aus  älterer  spräche  bezeugte  sprützen,  sprossen  auch 
hierher  zu  ziehen,  spritzen,  als  dessen  grundform  *sprul-jaD 
anzusetzen  ist,  fügt  sicli  also  dymologiseh  zu  sprieszea.  Wbigand^ 
2, 781,  wo  hingewiesen  wird  auf  mhd,  sprie?  im  sinne  von  quell 
bei  Fracbnlob.  vgl.  sprieszeo,  spriesz.  vielleicht  ist  das  jüngere 
spratzen  verwandt,  s.  dies  oben,  tu  bair.  sprützen,  steif  machen, 
ragen  machen,  steif  aufgerichtet  sein  {in  diesem  sinne  auch 
sprützen).  Schm.'2,  708.  schwib.  spritzen,  steif  aufgerichtet  einher- 
geJien.  Schmid  504  (sprizen  Fllda  bei  Campe,  als  landschaßlich 
bezeichnet)  vgL  spreizen  oben. 

I.  gewaltsam  springen  machen  und  durch  solches  thun  treffen, 
so  seltener,  doch  schon  früh  bezeugt: 

wastarman,  den  steinpock  sprütz. 

Oswald  v.  \Volkb5STEII<  17,  1,  32, 

im  syntaktischen  gebrauch  Wörtern  wie  werfen,  sprengen  gleich. 
1)  gewöhnlich  von  flüssigem,  in  strahl  und  tropfen. 
a)  aus  einer  Öffnung. 

a)  des  körpers:  ,    ^  ,,•  ..  ,. 

am  Witwe  als  höflich  brunzet 
durch  ainer  oadel  ör  da;  triitz  das  ej  ieroent  hör. 
vogt  Hansen  sprulzt  si  in  diu  äugen. 

PriirrER  ad,  übungsb,  IM,  111; 

spritzen,  spritzeln  im  stulgang,  spruzzare,  sprazzolare,  squacche- 
rare andando  di  corpo.  Kramer  deutsch-itaL  dict.  2  (1702),  895*; 
wall-  und  andere  grosse  fische,  welche  das  wasser  durch 
eine,  ihnen  hiezu  von  der  natur  gegebene  röhre  empor 
spritzen,  ebenda;  wasser  aus  dem  munde  spritzen,  ebenda. 
Adeloxc;  vgl.: 

•ie  (ein  Urachennrlitjes  ungeheuer)   sprütiet  (aift)  aus  dem 
munde.    Hei!<ricb  v.  Nidstaot  Äiiolt.  9030: 

in  gleichem  sinne:  der  alle  begann  wieder  auf-  und  abzugehen 
und  spritzte  dabei  die  schwarze  tabaksjaucbe  von  sich.  Storm 
sämtl.  r«rA»  7  (li>99),  166;  vgl.:  sie  werden  ussgespritzt  von 
gott  {apoc.  3,16).  Keisersbebg  ev.  87'  bei  Schuht  eis.  wk.  335*; 
mit  angäbe  der  richlung  wohin: 

ee  er  die  spisz  dfit  abhfn  schlucken 
d&t  er  eyn  stich  jnn  becher  gucken 
und  macht  eyn  suppeo  mit  dem  wyn 
dar  mit  scbw'encki  er  die  backen  syn, 
oder  sprytzt  es  eym  andern  licht 
iiins  drinkgeschir'r  oder  angesiebt. 

Braut  narmnsclt.  110*,  95  Zamcke; 

da  schosz  die  schlänge  mit  grimmigem  zi«chen, 
spritzte  geiTer  auT  ihn  und  iogstlich  «prang  er  zur  seile. 

üöTBi  40,  157; 
im  piioe.*     auf  die  edelsten  gemütber 

spritzet  sie  {nieUertrdchtiijkrit)  zuerst  Ihr  gift. 

lIiaDta  Cid  31  (cert  2063); 

er  . . .  blickte  starr  auf  den  deipbin  {die  figur  eines  solchen), 
der  wasser  in  das  becken  spritzte.  Schiller  4,339;  ohne  object: 
auff  disz  sprOtzeie  sie  drey  mal  in  Jbre  schosz.  Opitz  2  (1690), 281 ; 
mit  anderer  adverbialer  besiimmung:  einer  spritzt  beim  sprechen ; 
auch  ohne  Zusätze  der  art  sprützen,  spuo.  CoRvms  fons  latinit. 
1  (1660),  629*,  exspuere  Schottel  1420.  Stiklbr  2083,  ich  sprütze, 
spuo  Stbikbacb  2.649:  wan  einer  vil  spritzete  oder  roubset 
und  kengel  in  der  nasen  hat  und  sie  hinein  siipfel.  Keisers- 
BERG  evang.  (i.M7)  22*.  heute  in  der  Schriftsprache  ohne  zusälu 
nicht  im  allgemeinen  sinne  von  speien,  aber  noch  mundartlich  so, 
in  Aachen  spmtse,  master  aus  dem  munde  spritzen.  MOllm- 

9 


131 


SPRITZEN  (1,1) 


SPRITZEN  (I,  1—5.  II,  1) 


132 


Wbitz  233,  göUing,  sprütjen,  spvtre  Scham racb  20:'.  auch  be- 
logen auf  Öffnungen,  die  durch  Verwundung  oder  krankheil  ent- 
stehen:     eh"  er  üiei  herz  hier,  da^  getreu  ihn  liebt. 

auT  eines  tiiches  winli,  der  kugel  preis  giebt, 

eh'  sieh,  eh'  öfTiiet  er  die  eigne  brüst  sicli, 

und  sprützt  sein  blut  selbst  tropTenweis  in  staub. 

il.  V.  Kliist  /irim  «.  Homburg  3,  t ; 

freier:  da,  da  sprizt  es  (das  laster)  den  eitrichten  fressenden 
schäum  aus  stirn  und  wanden  und  mund,  und  der  ganzen 
fläche  des  leibes  zum  scheuszlichen  aussaz  hervor.  Schiller 
rduber  schausp.  1,3;  passivisch: 

des  irart  da  b!  dem  eniiel 
von  liluote  naj  ietweder  spor, 
das  in  die  lüTte  wart  enbor 
den  orsen  üi  gesprützei. 

Konrad  v.  Würzbirg  lioj,  krieg  34511; 

von  einer  oder,  ohne  objecl,  im  bilde: 

der  regen  ist  kaum  neg,  so  folgt  ein  wolcken-bruch, 
die  adcr  tröpTelt  noch  und  niusz  \on  neuem  sprützen, 
die  wunden,  welche  mir  zeit  und  verhängnisz  ritzen, 
bekommen  statt  des  bands  ein  frisches  leichen-tucli. 

GiSuTIIKR  CI2. 

ß)  aus  einer  anderen  Öffnung,  meist  eines  geröts  zum  spritzen, 
einer  spritze:  mit  einer  liandspritze  nuf  jemand  (sc  wasser) 
spritzen.  Campe,  mit  einer  spritze  auf,  in  etwas  spritzen, 
freier:  jemand,  jemand  nasz  spritzen,  auch  ohne  bezeichnuvg 
des  geräts,  wasser  spritzen,  per  siphonem  aquam  emittere. 
Steinbacb  2,  Ö49,  spritzen  mit  wasser,  giUnr  acqua  con  ilcannune. 
HuLsitis  (I61&)  1,2o(i'  und  ohne  zusaU  sprützen,  aquam  in  ollum 
spargere  e  siphone.  Scbottel  1420,  spritzen,  aquam  per  nphonem 
in  altum  spargere.  Stieler  2083,  spritzen,  sprützen,  schizzare, 
sfdcciare  colla  siringa,  siiingare.  Krämer  2  (1702),  805',  ich 
sprQtze,  siphone  aquam  spargo.  SiEiNRACn  2,  619,  spritzen, 
siphone  aquam  spargere,  per  siphonem  aquam  emittere.  FmscH 
2, 31o',  und  so  bis  heute  allgemein,  zum  löschen  von  feuer,  eines 
brandes:  ins  feuer,  in  den  brand  hineinspritzen.  Kramer 
deutsch-ital.  dict.  2  (1702),  895*,  in  das  feuer  spritzen.  Adelung; 
alles  spritzen  half  nichts,  das  feuer  konnte  niciit  dadurch 
gedümpft  werden.  Campe,  zu  ärztlichen  zwecken:  einem  in  den 
hals  spritzen  (gurgelwasser)  Kramer cfeu/sf/i-j7.(/if/.2(l702),S95'. 
Aüelüng;  die  Wundärzte  spritzen  in  den  hals,  wenn  er  näm- 
lich geschwollen,  wund  ist.  Campe;  in  die  nase  spritzen. 
ebenda;  jemanden  in  die  wunde,  in  den  schaden  spritzen. 
KrCnitz  enrj/f/.  162, 139 ;  rom  spritzen  in  den  mastdarm:  man 
spritzte  den  kranken  täglich,  aber  ohne  errolg.  Campe,  bei 
Pferden  in  betrügerischer  absieht:  wann  ein  rosz  ritzig  ist,  und 
du  will  jhms  vertreiben  am  tag  daran  du  es  verkauflfen  will, 
80  niinb  quecksilher,  tüds  mit  einem  nüchtern  spuichel  oder 
scharpffem  essich,  und  nimb  leinül,  mach  es  zusamen,  spritz 
jhms  in  die  naszlucber,  so  verstehet  es  jbm  ein  lag  oder 
zwen.  SBt;TER  rosznrzn.  43.  vgl.:  etwareyn  sprützen.  inspergere. 
Maaler  382'.  im  Salzbergwerk,  wasser-ftruhlen  gegen  eine  wegiu- 
gewinnende  gebirgsmasse  richten,  die  die  im  wasser  löslichen  theile 
derselben  auflösen  und  den  zusammenfall  der  übrigen  als  schlämm 
veranlassen.  YEiin  bergwb.  ih6.  anders:  die  diiite  aus  der  feder 
spritzen.  Campe;  unpersönlich:  die  feder  spritzet,  wenn  sie 
einen  langen  schnabel  bat,  und  kleine  trOpfchen  dintc  fahren 
läszt  und  um  sich  her  verbreitet,  ebenda;  in  eben  diesem 
»inne  griff  ich  weit  lieber  zu  dem  bleisiift,  welcher  williger 
die  Züge  hergab:  denn  es  war  mir  einigemal  begegnet,  dasz 
das  schnarren  und  spritzen  der  feder  mich  aus  meinem  nacht- 
wandlerischen dichten  aufweckte,  mich  zerstreute  und  ein 
kleines  produkt  in  der  geburt  erstickte.  CürnE  4^,  15. 

y)  der  begriff  des  yewaltsamen,  heftigen  tritt  bisweilen  zurück: 
sprützen,  wasser  oder  dergleichen  salTt  gieszen,  arrouser  d'aue, 
ou  d'autre  liqueur.  HoLSius  (1C16)  305';  irAtreiz.  plueme  sprüze, 
begieszen.  Seiler  27C';  ähnlitk,  unpersönlich,  der  un(;r  II,  i  er- 
wähnten anwendung  naht: 

alldä  pflegt  er  (Jnux)  zu  scliwlizen 
in  rotem  kelterhaus; 
allda  die  brOnnlein  {-c.  wasser)  tpritzeu 
mit  •ann  und  lindem  saus. 

Spii  tiuitimihl.  37.111  Balkei 
er  (90(0  gleszet  aus  die  btclilein  schnank. 
er  macht  die  briinnleia  spritzrn.      141,  HO. 

b)  mit  der  band,  den  lingcrn  spritzen,  meiH  schleudernd, 
Mtl  $öckHehem  objecl: 

die  njmiiiirn  sclierizen  um  den  sand, 

lind  iprutzan  mit  geübter  band 

«iel  bogen  iiatirr  lu>lbarkeilfn.     Göntuiir  I3Ü; 

$0  tMeickt  auch,  mit  au^lastung  der  adverbialen  bestimmung  und 
$utr4t  mnti  dal.  der  ptrion:  eiaein,  lo  in  obnmacbti  eiv«as 


ins  gesiebt  spritzen,  als  rosencssig  :c.  Krämer  deutsch- itaL 
dict.  2  (1702),  895'; 

komm  ich  zu  einem  klaren  wasserbach,  . . . 

ich  spritz  mir's  ins  gesiebt  und  iliu  mich  waschen. 

»underhorn  2,  193  Boxberger; 

mit  auslassung  des  sächlichen  objecls: 

man  schreyt  ihm  (riitem  nnsclieiiicnd  loten)  in  die  obren, 
man  kneipt  ihn  in  das  kinn.  man  spritzt  ihm  ins  gesiebt. 

ItAMLKR  fitltellese  2,534: 

mit  acc.  der  betroffenen  person  und  instrumentalem  tusatz:  ob 
sie  auch  noch  wüszten,  wie  sie  als  kleine  buhen  am  brunnen 
im  Zeisig  einen  andern  mit  wasser  gespritzt  haben,  weil  er 
zu  seiner  mutter  nicht  mama  sagte.  Keller  s,  loo.  mit  den 
füszen  spritzen,  beim  gehen,  laufen  auf  nassem  wege,  auch  ohne 
solchen  zusatz:  {der  amtmann)  muszte  in  den  pantoffeln  zwischen 
den  pferden  im  koth  mitlaufen,  und  spritzte  die  rosse  nicht 
sehr,  aber  die  rosse  ihn.  Hebel  2,  tut ;  im  anschlusz  an  den 
hier  zuletzt  erscheinenden  gebrauch  von  pferden  auch  freier  von 
einem  reiter:  hier  kommt  einer  zu  pferde  (im  regen)  und 
schnaubt  und  stampft  und  spritzt  vorbei,  dasz  die  weiber 
aufschreien,  und  die  männer  fluchen.  Lodwig  2,  15,  oder  auf 
andre  art  theile  einer  fufsigkeit  emporspringen  machen:  jemanden 
den  koth  in  das  gesiebt  spritzen.  Adelung;  koth  an  die  kleidcr 
spritzen.  Campe;  unpersönlich: 

ein  gräbchen  ward  binabgeriizt 

,    .  wo  jetzt  das  rüder  emsig  spritzt.    Cöthi  41,  30.>; 

freier : 

er  [der  wein,  alt  tjolt  fiefastl)  sprützt  in  ungezählten  straiileii 
sein  innres  leben  in  die  weit.      Novalis  2,137  ileistner. 

eiyenarlig  mit  instrmentalem  zusatz  und  acc.  des  betroffenen 
gegenständes,  hyperbolisch: 

er  (der  'wiiiilvoot')  miscliet  mer  mit  mcr, 
und  machet  wasser-berg'  aus  vielen  wällen  her, 
die  auch  mit  nassem  sand  die  himels-liechler  spritzen. 

KOMPLER   71. 

2)  funken,  flammen  spritzen,  nit<  unpersönlichem  subject: 
SO  wie  der  Ätna  dort  zu  aller  zeit  erhitzt 

die  flammen  von  sich  stöst,  die  l'uncken  von  sich  spritzt. 

.      ,  -I     II  I-  I'lCANDER   1,  111; 

spritze  funken,  Säbelklinge, 
werde  meinen  bammerscnlagen 
hart  geschmeidig,  scharf,  du  degen, 
dasz  dich  froh  der  reiter  schwinge  I 

Leüau  I,  .181  Koch. 

frei:   hal  was  spritzen  deine  viugen  funken?  Klinger  theatcr 

4, 191 ;  mit  einem  blick,  der  flamiueu  spritzet. 

Pkefkel  poel.  veis.  3,91, 
»n  gleichem  sinne  ohne  objeet: 

wie  die  nadeln  spritzen, 
und  wie  die  äste  knattern:     Uroste  1  (1879),  t09. 

3)  ton  festen  gegenstünden,  in  bezug  auf  ein  stieben  kleinster 
theile: 

du  (ein  yferd)  wirst  nicht  mehr  mit  mir  die  luft  durchsausen, 
den  sand  von  deinen  fersenbusclieln  spritzend. 

^TRACUWITZ  (1891J  2S9. 

auch  anders,  wie  schieszen,  mit  instrumentaler  bezeichnung  dessen, 
was  geschossin  wird: 

nun,  so  wöll  wir  vor  allen  sacheii 
ins  läger  und  schinchtordnuiig  machen, 
in  llü^el  stellen  die  bogenschützen, 
die  mit  pl'eiln  unter  die  feiiidt  spriitzen. 

II.  Sachs  U,  279,  24  hilirr. 

irie  slosien:  spritz'  zu,  eisgrauer  vuter  (Appius  Claudius)'. 
Schiller  Fiesko  2, 11. 

4)  ähnlich  in  freierer  anwendung.  von  einem  wort,  das  hcraus- 
gestoszen  wird: 

er  spritzet  ab  ein  kräftigs  worl 
von  lindgcrührier  zungen. 

Spee  liuimachl.  130,  41  Ualkf. 

von  rasch  hingeworfenen,  flüchtigen  bemerkungen:  einen  aulor 
recht  zu  ediieu,  da/u  gehört  mehr,  als  . . .  ein  paar  nülelgen 
dran  zu  spritzen.  Heiske  leben  84.  wienerisch  als  aurdruck  beim 
tarockspiel:  den  dreier  spriz'  i',  sage  ihm  contra,  was  doppelt 
gut.  llfcEL  153'.     vgl.  sprengen  in  ähnlichem  gebrauch. 

5)  gcsprützt  (si//'tn.  u(  adj.)  fp.arsus.  Steinbacb  2, tili):  mitten 
in  dieser  kröne  (des  frauensehuhs,  der  blume)  sitzt  der  guldne 
pokal,  ein  hübschgelbes  schühlein,  inwendig  rot  gespritzt. 
Uraker  191  Reclam. 

II.  gewaltsam  springen,    l)  von  flüssigem,  in  ttrahl  und  tropfen. 

a)  aus  einer  Öffnung. 

a)  des  körptrs:  das  blut  spritzte  au«  den  ädern.  Krämer 
dcutsch-ttal.  dtcl,  2  (nü2),  bUj'.  Auelukc;  vgl.  (im  bilde):  al« 
wenn  allei  gifl  nur  aua  einer  und  eben  der  krote  aprAzle. 


133 


SPRITZEN  (II,  1.  2) 


ScsiLLE»  Fiesko  1,10;  mit  beuichnung  der  richtung  wohin:  das 
blut  sprilzle  aus  den  adern  in  die  höhe.  Qhpe;  nur  mit  einem 
lusatx  der  letUeren  art:  das  blut  ist  mir  in  das  gesichl,  auf 
die  kleider  gespritzt.  Adelung; 

was  zog  er  aus  der  tascben? 

ein  messer,  war  scbarT  und  spitz; 

er  stacb's  seiner  lieben  durcbs  herze, 

das  rothe  blut  gegen  ibn  spritzt. 

wunderhom  1,  316  Boxberger; 

vgl  auch:  dieser  Vorwurf,  von  dessen  gifte,  wie  ich  bewiesen 
habe,  ein  groszer  tbeil  auf  mich  zurücke  spritzt.  Lessirg 
10,232;  mit  einem  lusatz  anderer  art: 

er  sah  bey  mehr  als  fünfzig  küben 

um  aus  den  eutern  milch  zu  ziehen, 

beschäfTt'ge  melkerinnen  sitzen, 

er  sah  die  fette  milch  in  strengen  stralen  spritzen. 

dasz  muld'  und  eimer  schäumt.      Biockis  1  (1739),  149. 

ohne  lusali: 

drauf  kniet'  er  nieder,  und  —  mit  einem  streich  —  ... 
sab  ich  blut  spritzen,  sab  den  rümpf  hinfallen, 
und  bocb  in  benkers  band  das  tbeure  haupt. 

ScBiLLii  Tur.  1, 1. 

ß)  aut  einer  Öffnung  anderer  art:  das  wasser  spritzet  aus  der 
rören,  aqua  saUt  ex  siphunculo.  Wächter  15T3,  sprilzl  aus  der 
röhre.  Adellhg;  der  wein  spritzt  aus  dem  fasse,  wenn  man 
dasselbe  schüttelt  und  den  spund  öffnet.  KBCRiTzencj/c/.  162, 13S; 

durch  der  bände  lange  kette 

um  die  wette 

fliegt  der  eimer,  hoch  im  bogen 

sprützen  quellen,  wasserwogen.     Scbilleb  11,311. 

h)  schon  früh  in  allgemeinerer  anwendung  bezeugt:  (im  bilde) 
ich  (goU)  bab  sie  gekeltert  in  meinem  zorn,  und  zutretten  in 
meinem  grira,  daher  ist  jr  Tcrmügen  auff  meine  kleider  ge- 
■prützt,  und  ich  hab  alle  mein  gewand  besuddelt.  Jes.  63,  3; 
zuckt  damit  den  stecken ....  und  traff  im  streich  sein  un- 
schuldigs  krüglin  dasz  es  zu  scberben  zerfuhr,  und  jhro  der 
honig  ins  angesicht  haar  und  hart  flosz  und  sprilzl.  Gaig.22b*; 
das  spritzen  des  kobts,  lo  spruzzo,  sprazzo  del  fango.  kiiAXEB 
deutsck-ital.  diel.  2{\;02),i,Qb':  mit  welchem  geräusche  er  («n 
ni  einen  fiusx  geworfever  leichnam)  das  wasser  zertheilet,  das 
hoch  in  die  iuft  spritzet.  Lessing  7,  ISO;  war  mirs  nicht  als 
wenn  mir  ein  kobel  eiskalt  wasser  übern  naken  sprizte. 
Scbilleb  räuber  schaufp.  4,3:  ich  steige  kaum  aus  dem  wagen, 
so  werden  die  bengste  scheu,  stampfen  und  schlagen  aus, 
dasz  mir  ...  der  gassenkoth  über  und  über  an  die  beinkleider 
eprüzl.  kab.  u.  liebe  1,6:  wir  hurten  die  büchscn  knallen,  sahen 
ihr  gehirn  auf  das  pflaster  sprüzen.  2,  2;  wie  wenn  man 
wasser  aus  der  ganzen  breite  des  mundes  ausspeyt  oder  es 
aus  einem  gefSsz  an  d:e  erde  fnl'en  lüszt,  dasz  es  von  ein- 
ander spritzt.  Orer  7,1071;  aber  der  deich,  wie  er  gegen 
wärlig  lag,  war  vor  dem  rand  der  «ehle  zurückgetreten;  das 
«asser  spritzte  auf  den  weg,  als  das  mädcben  daran  vorüber 
eilte.  Stobm  sämti.  verke  4,  224 ; 

war'  leb  nur  ein  dorn  der  hecke, 

welche  schlau  ihr  röckeben  ritzt! 

nur  ein  tröpfcben  Ton  dem  drecke. 

der  an  ihre  wad«  spritzt!    IIöltt  206,  12  llnlm; 

die  fluten  spritzen  und  schäumen 

von  meinem  ruderschlag.    W.  MEllib  ^erf.  (i86S)  2, 15. 

•»«in  tm  hüttenbaue  kalte  Iuft  oder  feuehtigkeit  'lu  dem  ge- 
tthmolzenen  metalle  kommt,  so  stehet  es  auf  und  spritzet  um 
rieb  herum'.  Adelc.ng;  geschmolzenes  Silber  spritzt  oder 
spratzt  {tgl.  spratzen  oben),  wenn  es  beim  erkalten  den  auf- 
genommenen Sauerstoff  unter  geräusch  vieder  entläszt,  das  durch 
das  durchbrechen  der  x.th.  erstariten  Oberfläche  entsteht.  Kabhabscb- 
HtEBER^  8,  aS9. 259.     nach  c  überleitend: 

blitzend 
liebn  die  sterue  auf  am  bimmelsrand, 

spiiizeod 
senkt  der  thau  sich  auf  das  dnrst'ge  land. 
tgll,a,y.  IJ....L  7  (1891),  27. 

e)  ton  leichtem  regen :  es  spritzet,  spritzelt  ein  wenig  draussen, 
<yb'  spruzzola,  fiorigna  un  poco.  Kbamer  deutsch -itoL  diel. 
J (1702),  895";  noch  österr.  es  fangt  zum  spriz'n  an,  zu  regnen. 
HCciL  153';  schueit.  schauern  (vom  regen),  sprützen.  Staldeb 
2,  S87,  sprözza,  sprütza.  Tobleb  SSI*. 
2)  ron  flammen,  funken: 

ein  solcher  (rin  layferrr,  hcsländigei)  achtet  nichts  .  .  . 
wann  gleich  der  Atnna  lest  viel  tausend  flammen  sprützen. 

Bist  iiorl.  lufig.  E6'; 
unter  der  ntrvigten  faust  sprützen  die  funken  des  Stahls. 

ScuiLLta  11,87. 


SPRITZEN  (II,  3—5)  —  SPRITZENKRAUT    134 

bildlich:  nun  so  werde  dann  der  ungctheilte  fluch  über  mich 
ausgegoszen,  und  dasz  kein  blitz  bey  zu  sprütze.  Leisewitz 
Jul.  V.  Tarenl  107  (act  4,  6)  neudr. 

3)  tön  festen  körf^rn:  der  heyd  traf  Uengnolden  uff  sin  schilt, 
also  das  sin  sper  zuo  stucken  sprutzt.  Morgant  d.  riese  39, 13 
Bachmann;  die  zwen  rytter  rillend  hindersich  und  kämmend 
gegen  ein  andren  mit  semlicher  stercky,  daj  ire  sper  zuo 
stucken  sprutztend.  62,22;  do  sy  (Anthea,  die  tochler  des  sultons) 
uff  dem  platz  was,  nam  sy  ir  sper  und  ersehnt  die;  darnach 
zerrant  sy  die  im  erlricb,  also  daj  die  stuck  inn  lufft  sprutztend, 
so  hoch  daj  man  die  gsicht  darab  verlor.  17t,  37;  auch  muss 
man  sich,  wann  ein  solcher  thurn  durch  geschütz  gefeilet, 
vor  dem  sprützen  der  stein,  auch  vor  dem  fallen  der  baicken, 
alles  Schadens  besorgen.  Fborspebgeb  kriegsb.  l,  I3l';  nocA 
schu-eiz.  ron  harten  körpern,  springen,  zerspringen,  sprützen 
.Staldeb  2,  3SS,  sprözza,  sprütza  Tobleb  381".  tgl.:  bach. 
nach  der  lehre  der  berren  neologisten  thut  nun  ein  bach 
das,  was  man  sonst  vom  sande  sagte,  jener  stäubet,  und 
dieser  sprützet  Schöraich  neol.  vb.  38  Küster,  rereinzelt  ton 
den  äugen  vie  springen:  denn  zorn  eim  krancken  menschen 
vorab,  keine  frölicbe  färb  in  seinem  angesicht  geberen  thut, 
sonder  ein  bleiche  tödtüche  färb  mit  zusammen  gebissenem 
mund,  mit  wider  und  für  spritzenden  äugen,  und  zitterndem 
leib,  buch  d.  liebe  234*. 

4)  ron  scharen,  auseinander  stieben:  er  (ein  reiter)  rauschte 
schnell  dicht  hinter  der  hühner-kette  von  pilgern,  die  scheu 
auseinander  spritzte.  J.  Pacl  flegelj.  1,93;  tn  der  spräche  des 
heeres:  eine  geschlossene  abteilung  musz  auf  das  kommando 
'schwärmen!'  auseinander  spritzen,  in  tertcandter  anwendung 
studentisch  einen  ausflug  machen,  reiten  oder  fahren,  Klcge 
studentenspr.  127'. 

5)  ein  sprützendes  gelächter,  trol  eigentlich:  das  mit  einem 
geräusch  terbunden  ist,  une  es  beim  spritzen  entsteht:  und  sich 
wunder-grosse  poeien-meister  lassen  dOncken,  wann  sie  irgend 
einem  kitziichen  leser  ein  sprützendes  gelächter  und  seinen 
gewichtlichen  beifall  mögen  abjagen.  Brandt  bericht  r.  leben 
Taubmanns  31.  in  vervandttr  anwendung  freier:  eine  weise 
tmelodie),  einfältig  und  kindlich  und  sprützcnd  von  fröhlich- 
keit  über  nnd  über,  ein  frischer  busenstrausz  mit  flatterband 
dem  mädel  angesteckt,  so  muszte  es  sein.   Hübiie  erz.  361. 

SPßlTZENBOCK.fn.  hölieriwr  bock,  tcoiüber  man  den  ledernen 
schlnuch  einer  spritze  legt,  damit  er  nicht  auf  der  erde  fort- 
geschleift und  zerrissen  wird,  schlauchbock.  KbC.mtz  encycl.  162,l.'t9. 

SPRlTZENßOHRER,  m.  bei  den  rot-  und  stück^iiesurn  der 
bohrer,  womit  die  über  den  kern  gegossene  messingene  spritzen- 
rühre ausgebi^hret  wird.  Jacobssoh  4, 238*. 

SPRITZENBUCHE,  f.  in  Baiern  soldatisch  ßr  suppe.  Hobr  86 
(ifO«ni{  sie  uol  als  dünn,  wässerig  bezeichnet  werdin  soll). 

SPRITZENDECREL,  m.  epistomium.  Stieler  2S4.  tgl.  das 
folgende. 

SPRITZENDRÜCKER,  m.:  spritzendeckel,  Spritzendrucker, 
nionico,  schizzo  dnüa  siringa.  kBAMEB(feu<tc/i-t/<iI.<f(r(.2(l702),895'. 

SPRITZENEI.MER,  m.  zu  einer  feuerspritie  gehöriger  eimer. 
vgl.  spritzeimer. 

SPRITZENGEBACKENES,  n.,  s.  spritzgebackenes. 

SPRITZENGERÄT,  n.  alles,  was  zu  einer  feuerspritte  gthört, 
sprilzengeräth  KrCritz  encycl.  162, 139. 

SPRITZENHAUS,  n.  haus  zum  aufbewahren  ron  s\iritzen, 
feuerspritzen.  Adellrg.  Jacobssor  4, 238*,  in  Waldeck  sprüts'n- 
h°üs  Baceb-Collitz  9S':  eine  halbe  stunde  von  dort  lag  das 
alte  spritzenhäuschen,  dieses  kleine  gebäude  war  unter 
den  Streitigkeiten  zneier  bauerschaften  darüber,  welche  das- 
selbe zu  erhalten  habe,  verfallen;  und  darauf  hatten  sich  die 
beiden  bauerschaflen  neue  Spritzenhäuser  erbauen  müssen. 
Imkebharr  4,  7S  {Münchh. ',11)  Boxberger.  bildlich:  Journale 
nun  sind  die  Spritzenhäuser  des  neides.  J.  Padl  grönlind. 
proz.  1, 5*. 

SPRITZENHOLZ,  n.;  sprützenholtz,  bei  Prätorius  unier  den 
gesträuchen  Preuszens.  Fbiscbbieb  2,  357'.  tgl.  spritze  1,  c,  ß 
und  spritzenkraut. 

SPRITZEN  KASTEN,  nj.  wasstrkasUn  einer  spritze,  feuerspritze. 
KbCritz  encvd.  i62.  MO. 

SPRITZEN KO.M.MISSION, /".  kommission,'  die  die  aufächt  über 
die  spritzen  einer  gemeinde,  eines  Stadtbezirks  führt.  KbChitz 
rncycl.  162. 142. 

SPRITZENKRAl'T,  n..-  schweis.'$  sprQzechrutI,  Vd/Jany<'üia, 
aus  deren  hohen  stengelgliedern  die  knaben  blttsrokrcmaeheß» 
Seilbb  276*.    tgl.  spritzenholz.  ",  '. . 

9* 


1 35         SPRITZENKÜCIILEIN  —  SPRITZER 

SPRlTZENhCCHLElN,  n.,  5.  spritiküchlein. 

SPHITZENKUMM,  m.,  dasselbe  u-it  spritzenkasten.  KrCniiz 
eneycL  tG2,  140.    vgl.  kiimm,  »1.  oben  (/i«il  5, 25SS. 

SPRiTZENLELTE,  plur.  leute,  die  eine  feuerspritze  hand- 
haben, Mienen.  KrCmtz  eneycl.  \^i,  U2.  vgl.  spritzeninann: 
welch  aufsehen  machte  mein  goldstüifrock  unter  den  schwarzen 
sprQtzenleuten,  ein  spaszvogel  unter  ihnen  brachte  die  sage 
in  Umlauf,  der  teufel  habe  ihnen  beygestanden,  als  ein  kammer- 
herr  gekleidet,  darum  sey  das  feuer  so  schnell  gelöscht  worden. 
Arnim  HoUint  Hebel.  67  Minor;  auch  die  gebratenen  (bei  einer 
feuersbrunst  verbrannten)  sprilzenleute  und  litzenbrüder  {packer. 
aufseher  beim  Warenverkehr),  die  einige  tage  später  aus  Ham- 
burg ankamen,  muszten  nicht  geringeres  erstaunen  im  lande 
Piutos  erregen.  Heine  6,  337  Elster;  die  dächer  wurden  {beim 
brande  des  Opernhauses  in  Berlin)  sogleich  mit  militär  und 
Spritzenleuten  besetzt.  Moltke6,  80;  sie  marschirte  zwischen 
den  beiden  spritzen  hindurch  ...  dann  ...  sagte  sie  zu  den 
Spritzenleuten:  'de  Huhen-Ziesarschen  kOnnen  nu  wedder  to 
buus  foohren'.  Fontane  vor  dem  stürm  3, 131. 

SPHITZE.N.MACHEK,  m.  der  gewerbsmäsxig  spritzen  verfertiyt. 
Cahpe.   KbC.mtz  encycL  162, 143. 

SPRITZE.NMAN.N,  m.  einer  von  der  bedienungsmannschaß  einer 
feuerspritze.     vgl.  sprilzenleute  und  das  folgende. 

SPRITZENMANNSCHAFT,  f.  bedienungsmannschaft  einer 
feuersprttze :  die  rals  und  bezirksgewitternaclitwachen  sowie 
die  spritzenmannschaften  waren  schon  seit  stunden  beisammen. 
Ludwig  1  (l$9i).  360. 

SPRITZENMEISTER,  m.  aufseher  über  0/fentliehe  feuerspritzen 
und  ihren  gebrauch.  Adelung.  KrFnitz  encycl.  162, 143:  kühne 
rohrfOhrer  drangen  ein  zwischen  den  brand  und  die  zu  schir- 
menden gebäude;  die  Spritzenmeister  reihten  die  verworrene 
menge;  durch  ihre  hünde  Oog  der  eimer.  Gottheit  I,1S4. 
redensart:  saufen  wie  ein  Spritzenmeister.  Hostel  thnr. 
sprachsch.  232.  bei  seinem  amt  ist  ausser  gewöhnlicher  durst  be- 
greiflieh, vgl.  aber  auch  saufen,  besoffen  wie  eine  spritze  unter 
spritze  t,a,  o. 

SPRITZENPROBE,  f.  Untersuchung  von  spritzen  auf  ihre 
brauchbarkeit,  KrCnitz  encycl.  162, 143. 

SPRITZENPROBIERUNG,  f.,  dasselbe  wie  das  vorige,  spritxcn- 
probirung.  Krünitz  encycl.  162, 143,  veraltet. 

SPRITZENROHR,  n.  das  röhr  einer  feuerspritze,  aus  dem  der 
Wasserstrahl  herausspritxt.   Campe. 

SPKITZENSCHLANGE,  f.,  dasselbe  wie  das  folgende.  KrCnitz 
encycl.  162, 144.    vgl.  schlänge  9,  i  oben  theil  9,  450. 

SPRITZENSCHLAUCH,  m.  der  lange  lederne  schlauch  einer 
feuerspritze,  wodurch  das  wasser  getrieben  wird.  KrCnitz  encycl. 
162,144:  ich  füllte,  wie  die  Danaiden,  ganze  ladungen  wasser 
in  meine  gefäsze,  dehnte  meine  gedärme  wie  sprüzenschlüuche 
aus,  ohne  dasz  darum  meine  kräfte  sich  mehrten.  Sturz  1,192; 
eine  dampfmaschine  treibt  durch  Spritzenschläuche  luft  hinein 
(in  eine  taucherglocke).  Moltke  6,241. 

SPRITZENWACHE,  f.  feuerwaehe  bei  einer  spritze,  im  spritzen- 
hause. KrCnitz  encycL  162, 145. 

SPRITZER,  m.  der  spritzt,    l)  in  persönlicher  auwendung. 

a)  Spritzer,  spritzerinn,  mas,  foemina  irrorans.  Stieler  2084, 
Spritzer,   spritzeler,    sprQtzeler,    spruziatore,  it.  squaceheralore, 
Ü.  sputacchiatore  conlinuo,  Kramcr  deutsch-ital.  dict.  2  (l702),  895', 
*person,  welche  spritzet,  spritzen  macht.'  Cami-k,  bei  einer  feuers- 
brunst:        ^y  liuerien!   die  itadt  wird  brennen, 
schrie  mann  und  kiiid, 
weil  iprOzer.  die  nicht  «priizen  können, 
>ni  löfchen  tind!       iilmanacli  d.  d.  mnsen  o.  1780  215. 

h)  mit  bildlicher  auffassung  des  verbalbegriffs  Schweiz,  sprützer 
(sprötier  Tobler  381*),  perstßn  jäh  auffahrenden  und  empfind- 
lichen Wesens.  SiALUER  2, 388,  en  junga  sprOtzcr,  junger  vor- 
witziger kerL  Torler  381",  spritzer,  hochfahrender  mensch:  was 
denkt  der  verdammte  spritzer,  der  ichloszschreilier,  dasz  er 
mir  den  tilel  niciit  giebt,  wie  er  mir  gehtirt.  Pestalozzi 
1  (1819),  75  düring.  sprutzer,  flotter  bursche.  Hertel  thür. 
$praehsch.  232. 

2)  in  unpersönltcker  anwendung. 

a)  gerät  zum  spritzen,  giesun,  sprOtzer,  hesprOlzkruf;,  har- 
poffium,  eUpsydra,  ras  foraminosum,  quo  hortorum  herbae  et 
pulrilli  iniguhtur.  ilRNiscR  310,35,  in  Basel  sprUzer,  kleine  tprilse 
für  den  fuszboden,  Siuer  276*  {vgl.  sprilzbecber),  im  Ueferegger 
dialtet  sprutzer    girszkanne.  IIintneii  212. 

h)  leichter  vorubergehmder  {das  lamt  bespritzender)  regen. 
WnCAND*  2,  781  (rgl.  spritzen  II,  l,r),    mundartlich    weit   ver- 


SPRITZERIN  —  SPRITZGURKE 


136 


hieltet,  so  Schweiz,  sprüzer  Seiler  27c',  eis.  spritzer  Frommanns 
xeitschr.  3,485,  bair.-östcrr.  spritzer,  sprützer.  Schm.*  2, 708, 
Spritzer  Schöpf  694.  IICgel154'.  Uncer-Huull  528',  our/i  sprutzer 
Lexer  kämt.  üb.  238'.  Hintner  212,  ebenso  md.  sprützer  Spiesz 
239,  spritzer  Hertel  thür.  sprachsch.  232:  es  wird  nur  ein 
tüchtiger  spritzer,  wir  können  derweil  beim  Hochmair  unter- 
stehen. PicBLER  allerlei  gesch.  aus  Tirol  (t897)  1,21,  ebenso  als 
deminutiv  sprützerli,  n.  Seiler  276*,  spritzerle  (eis.)  Frohmanns 
zeitschr.  ifibH,  sprutzerle  Hintner  212: 

's  tröpriei  scbo,  ne  sprützerli  chunnt,  driiT  regnets  gar  tölli. 

IIebkl  1, 155. 

vgl.  auch  schtreiz.  sprutzerle,  leicht  regnen.  Seiler  276*. 

c)  Osterr.  beimischiing  des  Sodawassers  zum  wein.  HIjcel  154', 
mit  sauer-  oder  Sodawasser  gemischter  wein.  Urcer-Kboll  sleir. 
worlsch.  52s'. 

d)  angespritzter  fleck.  Weigand*  2,781.  HCcel  154",  in  bair.- 
österr.  deminutiv  form:  wie  wir'm  bauer  vom  hof  af  der  weiten 
bald  unsern  ersten  b'such  g'macht  hah'n,  da  war  ich  in  mein' 
sunntagsstaat,  kein  siüuberl,  kein  faltcrl,  kein  spritzerl  von 
köpf  bis  zun  fusz.  Anzemcruber  2,234.    freier: 

und  nächtens  . . . 

erblicken  lieT  wir  unter  uns  die  sonne, 

ein  schwaches  lleckclien  nur,  und  um  dies  lleckcheu 

kreist,  die  wir  nicIit  entdecken  hier,  die  erde, 

ein  Spritzer  jenes  kleinen  Sterns,  der  sonne. 

ÜKTLRV  V.  Lilikncron  8,  20."). 

e)  landschaßlich  einen  spritzer  haben ,  von  ungewöhnlicher 
geistiger  beschaffenheil:  ein  seltsamer  mensch!  sagte  der  löwen- 
wirth  vor  sich  hin,  als  Lenz  die  stube  verlassen,  aber  so 
ist's,  alle  inusikanten  haben  einen  spritzer.  Auerbach  edel- 
weisz  158. 

3)  name  eines  Springkäfers,  elater  tputator.  KrOnitz  encycl. 
162,  145. 

SPRITZERIN,  f.:  spritzerinn,  foemina  irrorans.  Stibleb  20S4. 

SPRITZETE,  f:  Schweiz,  sprützelen  (die)  pluvia  tenuis. 
Maalbr  382*,  die  sprülzete,  regenschauer.  Stalder  2,388,  die 
sprötzeta,  sprützeta,  in  gleichem  sinne.  Tobler  Sisl',  in  Basel 
d'  sprQzede,  das  aus  dem  sprüzbücher,  sprüzer,  einer  kleinen 
spritze  für  den  fuszboden  (vgl.  sprilzbecber,  spritzer  2,  o)  ge- 
spritzte wasser.  Seiler  276*.  zur  büdung  vgL  Weinhold  alem. 
gramm.  §  247,  5.  209  oben. 

SPRITZFAHRT,  f.  studentisch  kleine  ausfahrt  zum  vergnügen, 
vgl.  spiitze  2  und  spritzen  II,  4. 

SPRITZFASZ,  n.  gieszkanne.  Jacobsson  2,92*.  vgl.  spritz- 
kanne,  spritzkrug. 

SPRITZFISCH,  m.  ein  kleiner  am  Strand  und  an  den  ßusz- 
mündungen  von  Java  beobachteter  fisch,  der  dadurch  insekten 
fängt,  dasz  er  sie  mit  einigen  wassertropfen  aus  seinem  röhren- 
förmigen Schnabel  von  den  ufrrpßanicn  herunter.<ipritzt,  chaetodon 
rostralus.  Adeiung.  Nemnicu  1,  990.  Oren6,  2i5. 

SPRITZGEBACKENES,  substantimch  gebrauchtes  part.,  in 
älterer  spräche  sprützengeliackens,  n.  torteaux,  pizsa,  schiacciata. 
HuLSius  (1616)305*,  sprützc  gebackeus  Rädlein  (I7I1)  832*  bei 
Weigand^  2, 781,  mundartlich  erhaUen  (s.  un(£n),  in  neuerer  Aas 
spritzgebnckene,  backwerk,  dessen  dünner  teig  durch  eine  eigens 
dazu  verfertigte  spritze  in  heiszes  schmalz  getrieben  wird,  wodurch 
es  eine  dünne  und  krause  gestalt  bekommt.  Campe.  Wbiüanü* 
2,  781,  anders  düring.  spritzgehacki-nes,  gebäck  mit  obenauf  ge- 
sprilstem  lucker.  Hertel  thür.  sprachsch.  232.  in  IJnterfranken 
u-ird  spritzageback'ns  als  abweisende  antwort  auf  die  neugierige 
frage  gesagt ,  was  es  zu  essen  gehe.  Ruckert  174.  vgl.  köln. 
spreuzegebäcks,  in  gemeiner  redeueise:  starkes  abführen.  Honig 
149'.  die  ältere  form  beruht  unmittelbar  auf  spritze,  f.  {vgl.  dies 
1,  a,  '/);  die  jüngere  scheint  an  spritzen  angelehnt  zu  sein. 
s.  auch  spritzkuclien. 

SPRITZGESCHIRR,  n.  o  sprötzgcschirr,  vaso  da  spruzsare, 
it.  innaffiatoio,  adacquntoio.  Kramer  deutsch-it.  dict.  2  (1702),  S95'. 

SPRITZGLAS,  n.  glas  damit  tu  spritzen.  Campe,  mit  be- 
rufung  auf  Krämer:  spritzgbsziein,  sbruffatoio  da  barbiere, 
deutsch-ital.  diel.  2  (1702),  895*.  vgl.  bruffaloio,  sbruffatoio,  ein 
enges  sprilzglttslein,  wie  die  b.irbicrer  zum  rosenwnssrr 
brauchen,  ital.-deutsch.  üb.  (169S)  146'. 

SPRITZGCRKE,  f.  die  e>eUgiirke,  tpringgurke,  dit  frucht  von 
momordica  elaterium  und  die  pflanze  selbst,  öron.  irx.  (i'41)  27s.'>. 
Adelung.  Nkmnich.  0«en  regislir.  Pritzkl-Jessen  23»'  (*ii*  . . 
springt  mit  einem  platzen  von  ihrem  Stengel  von  selbst,  oder  auf 
das  geringste  anrühren,  läart  einen  safft  von  sich,  und  spntst 
den  taamen  umher.'  Oeon.  lex,  a.  a.  o.  vgL  Nrmnicb  2,  590. 
OlEN  3,8.'5). 


137         SPRITZ  HAFEN— SPRITZKÜCHEN 


SPRITZKÜCHLEIN  — SPRITZLOCH  138 


SPRITZHAFEN,  m.:  Schweiz,  sprützbafe",  trichterförmiges 
gefäsz  mit  einer  kleinen  Öffnung  zum  bespritzen  der  dielen  tor  dem 
kehren,  schueiz.  idiot.  2 (iSSö),  1017  (vgl  sprilzbecber,  spritzen  2, o) : 
en  huel  wie  en  sprützbafe",  ein  spitzer,  ebenda. 

SPRITZHAFT,  adj.,  sprilzicbt,  et  spritzlich,  guttatus  et  gutta- 
tim,  distillans,  et  ad  modum  distiUantis,  sive  difßuenUs  aquae. 
Stiei  er  20M. 

SPRITZHAHL,  -HAEHL,  adj.:  bair.  sprützhal,  sprizbäl, 
schroff  und  glatt.  ScHn.*  2,708.  vgl.  bair.  sprützen,  steif  auf- 
gerichtet sein  unter  spritzen  cor  I  und  hahl,  häbl,  adj.  oben 
JA«/  4,  2, 15S ,  auch  steir.  spritzheil,  orf;'.  spiegelglatt.  Uhger- 
Kbull  steir.  Kortsch.  52S'. 

SPRITZHERB,  adj.:  spritzharb,  1)  sehr  gesalzen,  sehr  herbe, 
2)  sehr  zornig,  sehr  böse.  üngbr-Khlll  steir.  tcortsch.  52S'. 

SPRITZICHT,  adj.,  s.  das  folgende. 

SPRITZIG,  adj.  zu  spritzen.  Stieikb  bietet  spritzicht,  spritz- 
haft, et  spritzlicb,  adj.  et  adv.  guttatus,  et  guttatim,  disttllans. 
et  ad  modum  distiUantis,  sive  diffluentis  aquae.  2084,  Kr.\«er 
spritzicht,  spritzlicht,  adv.  spruzzolamente,  o  spruzzolo:  spritzicht 
bezahlen,  pagare  a  spruzzolo,  pagare  ä  piscia-porco  eioe  a  poco 
a  poco  {allmählich,  tropfenweise'),  deutsch-ital.  dict.  2  (17u2),  895*. 
heute  ist  spritzicht  verschwunden,  das  dem  sinne  nach  nicht  dem 
bildungsprincip  der  adjectiva  auf -hl  entspricht  {fast  nur  von  Sub- 
stantiven. WiLMANNS  gramm.  2,  §  353,  3).  wir  können  spritzig  in 
der  bedeutung  *zum  spritzen  neigend,  leicht  spritzend'  gebrauchen: 
eine  spritzige  feder.  technisch  ein  spritziger  wein,  der  ein  wenig 
moussiert.  Schweiz,  heiszt  sprützig  was  leicht  springt,  sich  weder 
biegen  noch  schneiden  läszt  {vgl.  spritzen  II,  3).  es  wird  auch 
auf  Personen  übertragen  im  sinne  von  jäh  auffahrend,  empfindlich. 
Stalder  2,388,  ähnlich  in  Liv-  und  Esthland  spritzig,  patzig. 
HüPEL  224:  anfangs  habe  er  sich  sprützig  und  hochfahrend 
angelassen  und  sich  sonst  verkehrt  benommen.  Keller  8,  293. 

SPRITZKANNE,  f.  kanne  zum  spritzen.  Campe,  gieszkanne 
Adelcsg.  Jacobsso5  2,  92".  Unger-Khcll  steir.  uortsch.  52S'. 
vgl.  spritzfasr,  spritzkrug:  die  gärtner  brauciien  forderist  der 
Spengler  oder  klampfferer  ihr  arbeit,  benanntlich  die  spritz- 
kannen,  mit  denen  sie  die  jungen  pflantzen  benetzen,  und  folg- 
sam zum  wachsen  beförderen.  Abraham  a  S.  Clara  1  (1699),  290. 
oberdeutsche  nebenform  spritzkandel,  f.:  wann  der  faule  und 
saumselige  gärtner  nicht  öffter  die  spritz-kandel  in  die  band 
nimbt,  und  den  matten  pflantzen  einigen  trunck  spendiret, 
80  folgt  nichts  änderst,  als  dero  gäntzlich  verderben,  ebenda. 
in  Tirol  ist  spritzkandl  eine  scherzhafte  bezeichnung  des  gärtners. 
ScBüPF  693.  studentisch  gilt  sprilzkanne  heule  für  eine  grosie 
holzkanne  voll  Lichlenhainer  bier. 

SPRITZKOPF,  m.  seüter,  brause  einer  spritzkanne.  Umcer- 
Khcll  steir.  wortsch.  52'5'. 

SPRITZKRAPFEN,  m.  in  Osterreich  eine  gewisse  art  backwerk. 
Klein  provwb.  2, 164,  eine  mehlspeise,  wobei  der  teig  mittelst  einer 
spritze  geformt  wird.  Castelli  232.    vgl.  Spritzkuchen. 

SPRITZKRUG,  m.  krug  zum  spritzen.  Campe,  gieszkanne 
Jacobssos  2,92'.  Uxgeb-Khcll  steir.  wortsch.  h^*.  vgl.  spritz- 
kanne, spritzfasz: 

da  trat  er  mit  dem  spritzkrug  hin, 
zu  hfilTe  der  armen  kränklerina. 

ÜLCHAUEt  bei  Campe. 

SPRITZKUCHEN,  m.  plaeenta  per  siphonem  tran'Smissa,  spritz- 
kugen.  GoLii  onomast.  342  bei  Frisch  2,  3I0',  spira,  ein  ge- 
krünimeter  kuchen,  ein  pretzel,  ein  sprützkuchen,  ein  kringel. 
CoRvi.NLS  fons  /a/ini;.  1  (1660),  625',  stribilita,  ein  gedreheter 
kuchen,  sprützkuch,  streublein.  6S4*,  panis  strepticins,  ein 
sprützkuch.  722',  Spritzkuchen,  placentae  tortiles,  panis  streplicius. 
Stieler  90S,  sprQtzkuihen,  plaeenta  tortiüs  per  siphonem  facta. 
Steinbacb  1,  S92,  Spritzkuchen,  ein  gebackenes,  wozu  der  teig 
durch  eine  besonders  verfertigte  spritze  in  das  heisze  sehmalz 
{oder  heisze  butter.  KrCnitz  encycl.  102  [lS3ä],  146)  getrieben  wird. 
öcon.  {^x.  (1744)  2786.  ADELUNG.  Jacobssojc  7,415*.  Campe  {vgl. 
spritze  l,a,y),  anders  schprilzkouchen,  kuchen  mit  obenauf  ge- 
spritztem Zucker.  Liesenberg  Stieger  mundart  202,  Spritzkuchen 
ebenso.  Hebtel  thür.  sprachsch.  232.  vgl.  das  folgende  und  spritz- 
gebackenes  oben:  gebackene  Spritzkuchen  (mit  einer  spritze 
sehneckenartig geformt,  in  schmalz  gebacken),  \MkKAnrt\Es{l'!lb)G2'o; 
Peter  (mit  einem  korbe  gebückens)  ...  holla!  ihr  leutchen! 
kauft  ihr  beute  nichts?  ...  makronen,  krafttürtchen,  zucker- 
hrezein,  »Spritzkuchen:  nichts?  Lessikg  2.  393;  man  hörte  sie 
kaffee  mahlen,  zucker  zerstuszen  und  dazwischen  laut  mit 
der  magd  reden,  die,  einen  Spritzkuchen  an  einer  langen 
gäbe!  emporhaltend,  nicht  aus  dem  staunen  über  das  ereignis 


herauskam.  Keller  8, 155;  gieb  dem  Irompeter  vom  frischen  . . 
Spritzkuchen.  Arsim  schaub.  2,  292;  im  vergleich:  das  linke  Ohr- 
läppchen des  Julian  ist  ein  biszcbeu  in  sich  gewickelt,  etwa 
wie  ein  stücklein  Spritzkuchen,  ganz  appetitlich!  Keller  8, 101. 
in  derbem  scherz  de  merda:  Spritzkuchen  (die  hinner  dem  zäune 
stehen),  engl,  komöd.  \,%',^.  dazu  Spritzkuchenteig,  m.: 
diese  repräsentanten  von  blälterteig  hätten  allen  verfassungs- 
Hiäszigen  nutzen  gebracht,  bis  der  nachfolger  gekommen  wäre 
und  sie  aufgegessen  hätte,  weil  er  willens  sei,  neue  von  spritz- 
kuchenteig  backen  zu  lassen.  Immermarn  2,30  (A/üncAA.  3, 5) 
Boxberger,  und  das  folgende. 

SPRITZKÜCHLEIN,  n. ,  dem.  zum  vorigen,  spira  crocata, 
scribilita  striata.  Stieler  2084,  bozzalato  siringato  b  spruzzato. 
Kramer  deutsch-ital.  dict.  2(1702),  895*,  daneben  sprützenkücblein, 
ein  gebacken  streublein,  scribilita.  Dentzler  1,  690*,  spritzen- 
küchlein  Kramer  a.a.O.,  eine  heute  veraltete  form.  vgl.  spritzen- 
gebackenes  neben  spritzgebackenes  unter  dem  letzteren. 

SPRITZKÜKüMER,  f.,  dasselbe  wie  spritzgurke.  Nemsich  2, 590. 

SPRITZLEDER,  n.  leder  an  einem  wagen  zur  abhaltung  des 
anspritzenden  kols.  Adeluhg.  Jacobsso.i  4,  238*.  Schöpf  693. 
HCgei.  153*,  ebenso  an  einem  Schlitten:  Berndt  hatte  das  spritz- 
leder  schon  zurückgeschlagen,  sprang  herab  und  stand  recht- 
zeitig genug  zur  seile,  um  Kathinka  die  band  zu  reichen  und 
ihr  beim  aussteigen  aus  dem  schütten  behülflich  sein  zu 
können.  Fo.ntase  vor  dem  stürm  2,19*.  frei:  'monsieur  Her- 
wegh',  sagt  Mörike  einmal,  'scheint  doch  einen  ganz  erstaun- 
lichen wert  auf  das  prädikat  'eines  lebendigen'  zu  legen, 
"jetzt  will  ich  kugeln  aus  den  lettern  gieszen"  —  wenn  wir 
dergleichen  künftig  von  ihm  lesen,  so  werden  wir  uns  den 
helden  unwillkürlich  immer  unter  dem  spritzleder  denken.' 
Euphorion  1  (1894),  132. 

SPRITZLEIN,  n.  1)  deminutiv  zu  spritze,  ein  spritzlein, 
als  die  wund-ärzte  haben,  siphunculus.  Frisch  2, 31o',  siringhetta, 
schizzetto,  heimliches  spritzlein,  schizzetto  segreto.  KhAMER  deutsch- 
ital.  dict.  2  (1702),  895*,  sprützlein,  siphunculus.  Steir bach  2, 648, 
petite  syringue,  canoncino  per  gittare  acqua,  o  far  seuiciale. 
HcLSius  (1610)  305*,  siphunculus,  eyn  kleyns  rörlin  der  brunnen, 
sprützlin.  Dasypodics  dict.  lat.-germ.,  vgl.  sprOtzle  (das),  siphun- 
culus, sprützle  oder  trächterle,  dardurch  man  komlich  die 
artzneyen  in  die  oren  mag  giessen  oder  sprützen,  orieularius 
clyster.  Maaler  382*. 

2)  deminutiv  zu  spritz,  m.,  kleiner  angespritzter  fleck. 

SPRITZLER,  m.  der  spritzelt,  besonders  der  beim  sprechen 
den  Speichel  um  sich  spritzelt.  .Moerbeer  bei  Campe,  Spritzer, 
spritzeler,  sprützeler,  spruzzatore,  it.  squaccheratore,  it.  spulacchia- 
tore  continuo.  Kram  er  deutsch-ital.  dict.  1  (l702),  895*. 

SPitITZLICH,  adj.,  spritzicht,  spritzbaft,  guttatus,  et  guttatim, 
distillans,  et  ad  modum  distiUantis,  sive  difßuentis  aquae.  Stieler 
2084.  mischfijrm:  (spritzieht),  sprilzlicht,  adv.  spruzzolamente, 
a  sprtiszolo.  Kramer  deutsch-ital.  dict.  2  {\'02),S%*.    vgl.  spritzig. 

SPRITZLICHT,  adv.,  s.  das  vorige. 

SPRITZLING,  m.  der,  was  spritzt  oder  gespritzt  wird,  ist. 

1)  in  persönlicher  anwendung,  schweizerisch. 

a)  mit  übertragener  auffassung  des  verbalbegriffs  sprülzling, 
person  jähauffahrenden  wesens.  Stalder  2,388,  sprötzlig,  ebenso. 
Tobler  381*.  ähnlich,  von  einem  unstäten,  fahrigen,  oberfläch- 
lichen: die  schwäche  des  pfarrers,  der  sich  bey  seinem  re- 
ligionsunterricbt  durch  sein  {eines  knaben)  gutes  gedächtnisz, 
mit  dem  er  leicht  auswendig  sagte,  was  er  inwendig  nicht 
fühlte,  blenden  und  abhalten  liesz,  liefer  und  kraftvoller  gegen 
das  keimende  venlerben  dieses  jungen  sprülzlings  (Wind- 
beutel) einzuwirken.  Pestalozzi  2(1819),  351.    rj/.  spritzer  l,ft. 

6)  aarg.  sprüzlig,  kleiner  kerL  Hurziker  240.  vielleicht  eigent- 
lich: schösziing  oder:  der  so  klein  ist  wie  ein  angespritzter  fleck. 

2)  als  name  von  Viieren. 

a)  eine  molluskengattung,  tethys.  Adelurc.  Neumch  2,1438, 
mit  zwei  Öffnungen  oben  am  körper;  *faszt  man  sie  an,  so  ziehen 
sie  sich  zusammen  und  spritzen  das  «asser  durch  beide  löcher 
aus'.  Oeen  5,  500. 

b)  eine  forelienart,  trutta  edentula  4.  kl.  Campe,  vielleicht 
wegen  ihrer  tupfen. 

3)  von  Sachen. 

a)  sprüzgebackenes  C\mpe. 

6)  spritzleder  UhgerKblll  sieir.  uortsch.  52n',  weil  es  gespritzt, 
d.  h.  bespritzt  wird. 

SPRITZLOCH.  n.  loch  zum  spritzen,  am  körper  von  thieren: 
die  Spritzlöcher  liegen  bei  dem  erwachsenen  thiere  etwa 
10  fusz  von   dem  schnauzende  entfernt.   Breh<i  Ihierl.  2,  868. 


139 


SPRITZMITTEL  —  SPUlTZWERK 


Sl'lllTZWURF  — SPROCK 


140 


SPIUTZMITTEL,  n.  arxneimiltel,  das  eingespritit  wird,  klyslier, 
als  neubildniig  bei  Campe,  nicht  durchgedrungen. 

SPUIT/NLUEL,  f.  eine  arl  runder  feiner  nudeln,  wozu  der 
teig  aus  einer  spritte  gelrieben  wird.  Canpe.  ädblünc.  vgU  Spritz- 
kuchen. 

SPHITZPINSEL,  m.  pinsel  zum  ansprilien  flüssiger  färbe  oder 
von  Wasser.  KrCmtz  encyrl.  102  (lfe35),  150. 

SPRITZQUAST,  m.  groszer  spritzpinsel.  KbOnitz  enetjeU 
162  (lS3ö).  150. 

SPRITZHEGEN,  ni.,  sprengregen,  pioggia  di  poea  dnrata  che 
non  fa  che  spruziare  un  poco  ü  suolo,  acquicella.  Kramer  deutsch- 
ital.  dict.  2  (1702),  895',  feiner  regen  Campe  {als  landschaftlich 
beieichnel),  Schweiz,  sprüzrege  Hunziker  249. 

SPHITZUEGNEN,  verb.  tum  vorigen,  piovignare.  Krämer 
deutsch-ital.  diel.  2  (1702),  895'. 

SPRITZROHR,  n.  röhr,  woraus  gespritzt  wird,  an  einer  feuer- 
spiitze.  KrCmtz  encycL  162  (1835),  151. 

SPRITZHÖH  HE, /".  röhre,  woraus  gespritzt  wird.  Caiipb,  can- 
none,  condotto  da  spruzzare.  Krämer  deutsch-it.  dict.  2  (1702),  895': 
die  spritzröhren  am  köpfe  der  walßscbe.  Campe.  NEHNicn  2,5C9. 

SPIUTZSCHLANGE,  f.  eine  Schlangenart,  die  ihr  gift  den 
menschen  entgegen  spritzen  soll,  die  speischlange.  Campe. 

SPRITZTASCHE,  f.:  eile  eile  fiere  comme  un  pet,  sie  ist  eine 
stolze  spritztäscbe.  Duez  franz.  u.  teutsche  sprüchwörter  (1679)  66. 
vgl.  spritzbücbse. 

SPRITZTOUR,  f.  studentisch  kleiner  aus/lug.  Kujce  Studenten- 
sprache \l'\     vgl.  spritzen  11,  4. 

SPRITZUNG,  f.  das  spritzen,  adspersio,  adspersus,  roralio, 
ipseque  conspergendi  actus,  distillatio.  Stielbr  20S4,  spruzzamento, 
spruzzolamento ,  spruzzo,  spruzzolo.  Krämer  deutsch-ital.  dict. 
2  (1702).  895*. 

SPRITZVORRICHTUNG,  f.:  die  einfachste  Spritzvorrichtung 
ist  die  gewöhnliche  handspritze  ohne  ventile.  Karmahscb- 
Heeren'  5,631. 

SPRITZWAL,  m.  spritzender  wal,  walßsch,  der  das  wasser 
besonders  hoch  spritzt,  spritzwali,  physeter.  Adelung,  physeler 
maxinius  Krüritz  encycl.  162  (1835),  151  und  balaena  physalus 
Nennicb  1,572:  in  dem  indianischen  mecr  gibt  es  die  aller 
meiste  grusle  thier,  unter  welchen  die  wall  oder  braunßscbe 
vier  äcker  lenge,  und  die  sprützwell  zweybundert  eilen  bogen 
lang  sind.  Heydeh  Plin.  (1565)  304';  von  dem  sprützwall,  phy- 
salus seu  physeler  . . .  dieweil  nun  dieser  (wölfisch)  etwas  be- 
sonderer gestalt,  viel  grosser  roren  und  lücber  hat,  durch 
welche  er  wasser  berausz  sprülzt,  dann  die  andern,  wird 
er  zu  rechtem  unterscheid  sprützwall  genennet,  von  den 
Lateinern  physeler,  vom  wasser  auCfblasen  oder  sprützen. 
Gesner  fischb.  übers,  v.  Forer  (1598)  lOO';  es  vermeint  der 
scribent  disesz  buchs,  dasz  der  sprützwall,  physeter  und 
pristes,  nicht  zweyerley  fisch  seyen,  sonder  dasz  mit  solchem 
namen  nur  ein  fisch  bedeutet  werde.  lOl".  im  bilde:  nichts 
aber  schadet  discm  hauszscbiQlin  also  sehr,  dann  dasz  schreck- 
lich grosz  mörwunder,  der  sprützwall  (sonst  der  pricster 
genant)  dasz  ist  der  uberflusz  und  die  wollust.  dann  gleich 
wie  derselb  wallfisch  ausz  seinen  zweien  rören  aufif  dem  kopIT 
80  lang  hauffenweisz  wasser  inn  dasz  schiff  sprützt  und  gieset, 
bisz  ers  erseufft;  also  uberschwempt  auch  der  wollust  teufel 
ausz  den  roren  der  geylheit  unnd  desz  muthwillens  die  hausz- 
haliung  . . .  bisz  er  es  zu  fall  pringet.  Fiscbart  ehes.  (1597)  J  2*. 

SPRITZWASSEH,  n.  wasser  zum  spritzen,  so  zum  löschen 
eines  brandes:  wird  nun  vor  dein  gebrauche  das  Stäbchen  bc 
herausgezogen  und  der  extincieur  eiwas  geneigt,  so  kippt 
die  Qascbe  um  und  ergiesst  ihren  Inhalt  in  das  spritzwasser. 
Karharscb-Heeren'  6,643,  in  ärztlicher  Verwendung:  ein  gut 
grün  sprOtzwasser.  Gocleh  haus-  u.  feld-apothec  (1067)  7'. 

SPRITZWEUEL,  m.  wedel  zum  spritzen,  bespritzen,  Spreng- 
wedel. Moebbeek  bei  Campe,  daneben  in  älterer  s^nache  sprütz- 
wadel  (der)  aspergillum.  Maaler  382'.  Calbphi  diel.  (1579)  135', 
sprilzwadej,  aspergillum,  penieulus  luttralis.  Doet  le  vray 
guidon  1657. 

SPHITZWERK,  n.  l)  vorriehtunq  zum  spritzen,  sprilzwerck,  n., 
tpritzzeug,  m.  marhina,  ordegno,  ingegno  da  siiruzzare,  v.  spritze. 
KiAHEi  deutsch-ital.  dict.  2  (1702),  89 j',  im  Salzbergbau  bezeich- 
nung  der  Vorrichtung  zur  spriltarbeit  {rgl.  dies  oben).  Vbith  456. 

2)  iraf  gespritzt  wird,  ist,  so  von  wolriechendem  wasser  zum 
spritzen,  sprengen:  et  »ind  etliche,  wclclie  ülicr  den  45.  ps. 
Davids  V.  0.  geschrieben,  und  dafür  halten,  dasz  er  (Sulomo) 
besondere  ehrliche  wcibsperionen  und  Jungfrauen  in  seinem 
comitat  gebobt,  welche,  wano  «r  ausxgefabren,  mit  ihren 


köstlichen  wolricchenden  salben  und  balsamwasser,  und  davon 
zubereilelem  rauch-  und  sprilzwerck,  die  ürter,  da  Salomo 
fürüber  passirt,  bespritzt  und  begossen  haben.  Scbuppius  108. 
vielleicht  gehört  hierher  sprilzwerk  et  sprengwerk ,  aquilitiae. 
Stieler  2558.  frei  von  baulichen  Verzierungen,  im  reimspiel: 
welche  kirchel  welche  wunder  der  architekto-natürlichkeit, 
der  ungeheure  grosze  gotliische  säulenwald  mit  unzähligen 
schnitz-,  spitz-,  glitz-,  blitz-,  ritz-,  kritz-  und  spritzwerk  . . . 
Obertraf  das  unerhörte.  Brentano  6, 195. 

SPRITZ  WURF,  m.  im  bauhandwerk  spritzend  hergestellter  putz 
an  mauerwerk,  rauhputz,  bewurf,  anwurf.  Karmarsch-Heere«' 
1, 169,  auch  spritzliewurf,  namentlich  rauher  mörtelputz  mit  einer 
Schicht  dünnen  kalkmOrtels,  der  kieselsteinchen  enthält  und  eine 
körnige  ober/lache  bildet.  10, 1 16. 

SPHITZWURM,  m.  spritzender  wurm.  Campe,  name  von  thieren, 
nach  Oken  5, 5S1  die  gattung  holothuria,  seewürmer,  die  das 
wasser,  das  sie  einziehen,  mit  groszer  gewalt  wieder  ausstoszen, 
nach  Nennicb  2,  1307  und  Campe  die  gattung  sipuneulus,  die  bei 
Oken  5,  579  als  heberwurm  bezeichnet  und  zu  derselben  zunft 
gerechnet  wird. 

SPRITZZEUG,  s.  spritzwerk  1. 

SPRIZE,  s.  spritze. 

SPRIZEN,  s.  spritzen. 

SPROCK,  subst.  1)  mnd.  sprock,  n.  dürres,  leicht  zerbrech- 
liches reisig,  leseholz.  ScniLi.ER-LfJBBEN  4,347",  ebenso  nnd.  sprokk, 
trockene  reiser.  DXbnert  454',  sprok,  kleines  dürres  holz,  holz- 
reiser.  Scni?TZE  4, 17>,  sfvock,  abgestorbene  baumreiser.  Danneil 
207',  trockenes,  gebrochenes  holz.  Wobste  252',  n.  und  m.  lese- 
holz, dürre  äste.  Friscubier  2,357',  daneben  sprük  SchCtzb 
4, 178,  auch  ind.:  sarmenta  .i.  ligna  vitis,  sprok  vel  wynranken. 
voc.  Vrat.  msc.  (nach  Hoffmann  v.  Fallersleijen).  vgl.  mhd.  wb. 
2,2,521*.  DiEF.  nov.  gl.  327'  und  oberd.:  sprocken,  plur.  die 
kleinen  abfalle  beim  kleinhacken  der  fichtensweige  etc.  zu  streu. 
Schöpf  693.  f/6fr  etymologische  beziehungen  s.  das  verwandle 
sprick  olien.  vgl.  auch  die  folgenden  und  sprücke,  f.  unten: 
ligna  dicta  vulgo,  ut  mos  est,  stock  unde  sprock.  quelle  von  1316 
bei  Scbiller-LGbben  4,347; 

an  wuir  an  cuem  holte  was, 
dar  klene  sproli  en  duve  las, 
dar  se  wulüe  nesteii  mede. 

Gerhard  v.  Minden  88,  2  Leiltmann. 

redensart:  he  kann  nig  veel  sprük  sIeepen,  er  kann  nicht  viel 
aushalten,  sich  auPtalsen  lassen.  ScbCtze  4,178.  vereinzelt  in 
der  neueren  Schriftsprache  erscheinend: 

da  hiniit  ein  alter  Jude 

in  weiszeni  hart  durcli's  dorf, 

der  krocli  aus  seiner  bude 

um  etwas  sprock  und  lorf.    Hebbel  7  (IS9t),  62. 

auch  zur  bezeichnung  schlechter  wäre,  des  ausschusses  einer  wäre, 
so  in  Ost-  und  Westpreuszen:  die  wäre  ist  lauter  sprock. 
Friscbbier  2,357*.     vgl.  sprockwnie  unten. 

2)  mecklenb.  sprock,  libellenlarre,  in  einem  rohrhalm  verborgen. 
Mi  85*,  aus  Hinterpommern  bezeugt  in  der  pluralform  sprocken. 
korrespondenzbl.  d.  Vereins  f.  nd.  sprachf.  15,63,  nach  Oken  be- 
zeichnung der  larven  von  Wassermotten,  frühlings-  oder  maifliegen, 
die  sich  ein  bewegliches  futteral  aus  allerlei  dingen ,  besonders 
grashalmen  und  holzsplittern  bauen:  im  deutschen  nennt  man 
sie  kärder,  sprocke,  auch  hüisenwürmer,  im  französischen 
charr^es.  5, 1459,  auch  sprott,  sproekaas,  sprockwurro,  s.  diese 
unten,  es  ist  wol  dasselbe  worl  wie  1  oder  eine  eng  verwandte 
bildung. 

3)  pomm.  sprokk,  eine  art  kleiner  geräucherter  fische,  Sardellen, 
auch  sprott  (5.  dies  unten).  Däbnert  454*.  auch  das  könnte  zu  l 
gehören,  vermitteln  würde  der  begriff  der  klrinheit.  vgl.  auch 
sprock,  adj.  frugilis  unten. 

SPROCK,  adj.  spröde.  Krämer  deutsch-ital.  dict.  2  (yioi),  wo 
es  als  nebenform  dazu  erscheint  (sprock,  sprüt  <•  spröd),  spröde, 
zerbrechlich.  Adelung,  als  nd.  bezeichnet,  auf  nd.  Sprachgebiet 
auch  reichlich  bezeugt,  sprok,  spröde,  zerbrechlich,  brem.  wb. 
4,975,  sprokk,  spröde,  zerbrechlich  wie  alles  holz.  DXbnert  454*, 
sprock,  spröde,  leicht  zerbrechlich.  Darkeil  207*.  Woestk  252", 
spröde,  brüchig,  mürbe.  Friscbbier  3,357',  sprok,  xerbrechlicJi, 
spröde,  brüchig,  ten  DoornkaaT  Koolmai«  3,  29o',  spröde,  ganz  l 
ausgedörrt,  vom  boden,  futter,  leder  u.  dhnl.  Scbamracb  2ii(>',  Ij 
auch  md.,  besonders  rheinfrdnkisch,  hessisch  und  mittelfrdnkisdi,         ^ 

sprock.    SCBHIDT  22'J.     KeHRüIN   1,385.    AUTENRIETB  I3.°i.    MClLBR- 

Wbitz  232.  PnsTKR  2S2  Klein  2,  164  (Jülich- Berg].  Honig  149', 
daneben  spruck  Kebrein  1,385.  Cbbcblius  2,802.  KiKii  2,164 
(Kobknt),  ebenso  niederfränkisch,  mnd/.  tprock,  fragilis  Kilian, 


141 


SPROCKAAS  —  SPUÜCKVORTHEIL 


SPROCKWARE  —  SPRÖDE 


142 


daneben  sporck  ebenda,  sporc  Fbasci  elym.  woordenb.  947.    vgl. 

sprock,  subst.:  sprockes,  sprütes  {sprüdes)  eisen  etc.,  ferro  etc. 

ingralo  cioe  scaglioso,  agro,  crudo,  fragile.  Krames  deutsch-iial. 

dict.  2  (1702),  896";    bisweilen  auch  in  der  neueren  schrißsprache 

erscheinend:  A^g^  bracht'  alles  Susanna, 

pfelTerkuchen  dabei  und  prefferniiss'  auf  dem  teller, 
süsz  UQd  sprock  und  gewürzt,  für  unvermutete  gäsie. 

Voss  1  (1802),  197  (Luwtf  3,  726), 

daiu  die  anmerkung:  spruck,  sprüde,  zerbrechlich.  227; 

beträufelt  an  bäum  und  zäun 

ein  baisam  das  sprocke  holz? 

Stkfa;«  Geobge  (um*  Irinnen)  in  den  bläitein  für 

die  kuiiil.    auslese  aus  ilen  jähren  1892 — 1S98 

•.  38. 

SPROCKAAS,  n.  die  larve  der  frülilings fliege,  wassermotie, 
phryganea  bei  den  ftschern,  von  denen  sie  als  köder  gebraucht 
wird.  N'ENMcn  2,954.     vgl,  sprock,  subsl.  2. 

SPROCKEL,  subst.,  was  spiock  1,  mnd.  sprockel,  n.  dürres, 
leicht  zerbrechliches  reisig,  leseholz,  Schiller-LCbbe.n  4,  317*  (aus 
den  belegen  ist  das  geschkcht  nicht  zu  erkennen),  nnd.  bezeugt 
als  n.  Baüer-Collitz  9S'  und  m.  Woeste  2ö2',  auch  hd.  land- 
schaftlich. PaiTZEi- Jessen  64ö',  besonders  md.  sprockel,  hisla. 
üief.  279'  (Cöln,  V.  1507),  hess.  nass.  als  f.  Kebbein  1,385. 
Pfisteb282;  mndl.  sprockel,  hi^a  Dief.  279",  cremium  {auch: 
caries),  Kiua5,  nnd/.  sprokkel,  *7i.  reis.  vgl.  sporkel,  m.  name 
des  monats  februar  theil  10, 1,26:8  und  sprickel,  m.  oben  sp.  71. 

SPRÖCKELERBSE,  f.  in  Ost-  und  Westpreuszen  bezeichnung 
der  grauen  erbsen.  Frisciibieb  1,427"  (bezeugt  aus  der  zweiten 
kälfle  des  18.  jahrh.).     vgl.  das  vorige. 

SPROCRELN,  verb.  1)  nass.  {in  Heidesheim)  die  sprockeln 
auflesen.  Kebbein  l,  3S5,  ebenso  ndl.  sprokkelen,  holz  sammeln, 
nach  J.  Gbihm  gesch.  d.  d.  spr.  91  geldrisch,  vgl.  sprockel  und 
sprocken  l. 

2)  nd.  sprokkeln,  sprökkeln,  spröde,  brüchig,  rissig  werden. 
TE.N  DooBnuAAT  KooLHAK  3, 29u'.  Vgl.  sprock,  adj.  oben  und 
sprocken  2. 

SPRÖCKELWEtDE, /l,  was  sprockweide.  Neiinich,  sprückel- 
weide,  spruckelweide,  salix  viminalis  (Schlesien).  Piitzel- 
Jessen  355'. 

SPROCKEN,  verb.  1)  in  den  folgenden  stellen  im  sinne  von 
(holz)  abschneiden,  abbrechen  oder  von  (holz)  sammeln,  vgl. 
sprockeln  1  und  sprock,  subst.  l:  item  wer  da  bolz  sprockel 
in  dem  gemeinen  dorffgiaben,  der  halt  verprocheo  der  gemein 
ein  pfund  hailer.  weislh.  1,800  (rheinfränk.,  gegend  von  Al:ei, 
um  1500);  item  welcher  holz  sprockel  oder  abhauet  ist  ein 
gülden.  802  (dieselbe  quelle). 

2)  sprocken,  spröten  e  spröden,  scagliarsi,  inscabbirsi, 
innagrirsi,  incrudirsi,  sich  sprocken,  sprock,  spröt  werden, 
idem.  Kbameb  deutsch-ital.  dict.  2  (1702),  S9o':  das  eisen  sprockel 
sich,  quel  ferro  si  scaglia.  ebenda,     vgl.  sprockeln  2. 

SPRÖCKER,  m.  der  faulbaum,  rhamnus  frangula ,  'wegen 
seines  sprocken  (s.  oben  sprock,  adj.)  hohes.  Campe,  spröckern 
Nemsich,  sprocker  Pbitzel-Jesses  330*.  vgl.  spricker  oben  sp.  71. 

SPROCKHEISTER,  m.  in  Ost-  und  Weslpreuszen  die  strauch- 
elsler,  der  graue  Würger,  lanius  excubitor.  Friscbbier  2,  357*. 
wo/  zu  sprock,  subst.  l  gehörig,  der  vogel  spieszt  seine  beute 
auf  dornige  zweige,  er  heiszt  in  denselben  gegenden  auch  kaddig- 
heisler,  zu  kaddig,  wachholder.  Friscufieb  l,324*t  vgl.  mnd.: 
hezere,  sprock,  atis.  quelle  bei  Schilleb-LCbben  6, 26'/. 

SPROCKHEIT,  f.  zu  sprock,  adj.  Campe,  vgl.  sprockigkeit 
unten. 

SPROCKHOLZ,  n.  in  Ost-  und  Westpreuszen  dünnes  astholz, 
im  gegensalz  zu  lagerholz,  auch  die  ausgebaggerten  holzrestchen 
und  borkenstückchen,  welche  die  nach  bernstein  schöpfenden  bagger 
mit  zu  tage  fördern.  Fbiscbbieb  2,  357",  für  dürres  holz  wol 
auch  in  anderen  gegenden  Sorddeutschlands  und  in  Mitteldeutsch- 
land begegnend,     vgl.  sprock,  adj.  oben. 

SPR(JCKIGkEIT,  f.,  sprüligkeil  0  sprödigkeil,  scagliosita, 
agrezza,  scabbrosita,  crudezza,  it.  magrezza.  Kramer  deutsch-ital, 
dict.  2  (1702),  896".  vgl.  sprockheit  oben,  ndl.  sprockig,  sprüde, 
tprnckigheit,  sprödigkeit. 

SPROCKSEL,  n.  hess.  gebroclienes  leseholz.  Pfister  2S2.  vgL 
sprockel,  subst.  oben. 

SPROCK VORTIl EIL,  m.;  nd.  sprokvordeel,  der  vortheil,  den 
ein  uhntp  flieh  liger  von  einem  stücke  landes  hat,  dasz  er  davon 
bis  24  hocken  zu  seinem  brotkorn  vor  gezogenem  zehnten  nehmen 
kann,  auch  hungerbokken.  brem.  wb.  i,^'ib,  vielleicht  bezieht 
sich  das  wort  eigentlich  auf  die  hulme,  die  nach  dem  garben- 
binden   noch   auf  dem  felde  liegen  bleiben,    vgl,  sprock,  subst. 


SPROCKWARE,  f.  dürre  zweige,  die  der  wind  abgeschlagen 
hat,  abfall  beim  holzkauen,  reehtsalterth.  507.  Kebbein  1,385  (als 
dem  älteren  nhd.  angehörig  bezeichnet). 

SPROCKWEIDE,^.  eine  weidenart,  mnd.  sprokwyde  (j.ttn(«n), 
nnd.  sprokwiden,  in  Bremen  brookniden,  eine  ort  weiden,  die 
beim  biegen  leicht  urbrechen.  brem.  wb.  4, 975,  icoJ  darnach  von 
AbELL'NG  als  nd.  angeführt,  in  der  Altmark  sprockwid,  bruch- 
weide. Danseil  207',  auch  in  .Mecklenburg  für  die  bruchweide, 
Salix  fragilis.  Pritzel- Jessen  355',  in  hd,  form  sprockweide. 
quelle  von  1770  ebenda.  Adelcng  (obgleich  er  es  als  nd.  be- 
zeichnet, s.  oben),  sprockweide,  sprockweide,  saUx  fragilis, 
Nemnicb  2, 1200,  nach  dem  regisler  auch  ßr  die  korbweide,  salix 
t'tminaüs.  vgl.  sprock,  adj.  oben:  wil  se  baden,  so  bade  se 
mjt  sprokwjden,  myt  poppelen  unde  myt  roden  byvote. 
mnd.  Gothaer  arzneib.  49", 30;  nym  heyden,  negenkrafteswortelen, 
sprokwyden,  sede  dyt  an  eneme  kethele  unde  bade  darmede 
(gegen  die  Wassersucht),  62",  26.  vgl.  auch:  des  Verden  dages 
make  eyn  bat  van  poppelen,  sprok  unde  heyde.  61',  4. 

SPROCKWERK,  n.;  nd.  sprokkwark,  frocAenerriser.  Dähnert 
454'.    vgl.  sprock,  sufis*. 

SPROCKWLRM,  m.  in  Ost-  und  Westpreuszen  die  larce  der 
rautenfleckigen  köcher Jungfer,  phryganea  rhomboides  (rhombica), 
die  in  einem  gehduse  von  holzstäckchen  wohnt.  Friscbbieb  2,  357'. 
rgl.  sprockaas,  sprock,  subst.  2. 

SPRÖDE,  adj.  brüchig,  ungeschmeidig,  ahd.  und  mhd.  nicht  be- 
zeugt, zuerst  im  15.  jahrh.  als  sprod.  fastn.  sp.  47, 14  Keller  (s.  unten 

1,  b,  ß),  im  16.  jahrh.  als  spröde,  adr.  queüe  von  1523  bei  Dief.- 
WÜLCKER  S60  (s.  unten  \,b,  a),  spred  (zugeen)  Sgbade  sat.  u.  pasqu. 
2,70,9  (v.  1524,  s.  unten  2),  spröde  (zugehen)  Lutbeb  23,601,  1 
Weim.  ausg.  (s.  unten  2),  spröden,  dat.  sing.  8,  38*  (s.  unten  2), 
sprod,  10  mehrfach  bei  H.  Sacbs  (s.  unten  2),  spröt  Aybeb  833,  22 
Kelter  (s,  unten  i,b,ß),  bei  lexicographen  des  n.  jahrh.  sprod. 
Hemscb  627, 14.  ScBOTTEL  1420.  SiiELER  2107,  Vereinzelt  aus  der 
zweiten  hdlfte  des  17.  jh.  belegt  als  spret(e).  Jan  Perus  (s.  unten  l,o), 
spriede  Lobenstei.'«  Hyae.  23  (s.  unten  3),  in  Kramebs  deutsch- 
ital.  dict.  2  (1702),  8U6"  spröt  e  sprüd,  auch  Lei  Fbiscb  2,  310' 
spröd,  gelegentlich  so  in  der  Schriftsprache  noch  später.  Ose«  1, 103 
(i.  unten  1,  a),  auch  noch  spröte.  Jacobssok  4,  23S'  (s.  unten  1,  a), 
meist  in  der  Schriftsprache  des  18.  und  19.  jahrh.  sprüde.  Stein- 
BACQ  2,  643.  AoELtKC.  Campe.  Weiganu^  4,  782.  mundartlich 
häufig  in  kürzerer  form,  so  Schweiz,  spröd.  Hunzuer  249,  spröd 
Seiler  275',  ebenso  bair.  spröd  Schm.'  2, 701,  auch  im  ungi- 
tischen  bergland  und  henneb.  spröd.  Scbröeb  207*.  Rel^wald 
2, 161,  in  Handschuhsheim  spreet  Lexz  67',  göttingisch  »proie 
Scbambach  206'.  oJs  secunddre  nebenform  oder  eng  verwandle 
bildung  kann  angesehen  werden  frühnhd.  sprö,  spröh,  rauh.' 
urens  ventus,  eyn  spröer  wind,  spröer  oder  scharpffer  wind. 
Dasipodius  lat,-germ.  (in  der  ausgäbe  von  1537  spröh),  bair. 
sproe,  spröer,  fehkrhaft-trocken,  rauh,  dürr,  hager,  spärlich. 
SciiH.^  2,695,  ostfränk.  spröh  in  spröbtrucka,  trocken  bis  zur 
sprödigkeit.  Sabtorios  116,  rheinfränk.  (Handschuhsheim)  spree 
Lekz  67',  norddür.  (Stiege  a.  H.)  scbprae,  trocken,  leicht  brechend. 
LiESE.'«BEBG  202.  in  gleichet  anwendung  begegnet  mengl,  spre[)e, 
nfläm.  sprooi,  früher  nndl.  spru.  Klcge  etym.  wb.*  336",  wahr- 
scJieinlich  urverwandte  bildungen,  während  schwed.  spröd,  dän. 
spred  wol  aus  dem  deutschen  entlehnt  sind,  sprüde  ist  vielleicht 
mit  spreu,  sprühen  etymologisch  verwandL  Kli;cb  a.  a.  o.  vgl. 
diese  und  beitrage  z.  gesch.  d.  d.  spr.  u.  lit.  11,280  (Bbemeb). 

1)  die  gewöhnliche  bedeutung  des  worts  ist:  nicht  schmiegsam, 
nicht  geschmeidig,  als  ursprünglicher  sinn  darf  der  vermuteten 
etymologischen  beziehung  gemäss  angesehen  werden:  nicht  zu 
biegen,   zu  bilden,   vielmehr  bei  solchen  versuchen  zerspringend. 

a)  in  eigentlicher  anwendung,  seit  aller  zeit  bergmännisch,  von 
erzen,  metallen,  mineralen,  aeris  Vitium  in  argenti  fodinis, 
Mathesius  bei  Fbiscb  2,  310',  cupffer,  hart,  sprüd,  das  nur 
zum  giessen  dienlich,  aes  calJarium:  quod  diligentius  tarnen 
exeoctum,  etiam  fit  ductile.  Hehiscb  627,  I4,  spröd,  unartig,  un- 
rein, rauh,  spröder  schwefel  im  bergwerke.  Scuuttel  1420, 
sulphur  impurus,  vividum  quideni,  sed  non  exeoctum.  Stieleh  2lu7, 
solfo  crudo  Kbameb  deutsch-ital.  dict.  2  (1702),  896',  sprödes  eisen, 
ferrum  crudum,  rüde,  et  friabtle.  Stieleb  2107,  sprockes,  sprötes 
eisen,  ferro  ingrato,  cioe  scaglioso,  agro,  crudo,  fragile.  Kramer 

2,  896',  sprödes  eisen,  ferrum  quod  malleum  non  fert,  quod 
non  extenuari  polest,  fragile.  Fhiscb  2, 31o',  das  ungeschmeidige 
eisen,  welches  sich  schwer  verarbeäen  läszt,  rouverain.  Eggers 
kriegslex.  2(1757),  962,  das  sich  nicht  dehnen  läszt,  sondern  eher 
bricht.  Adelung  (daher  auch  spröde  kohlen,  auf  den  eisen- 
hdmmern,  weicht  das  eisen  spröde  machen  solkn.  ebenda),  sprödes 


143 


SI'RüDK 


SPRÖDE 


144 


erizt,  aes,  quod  tnalleum  non  fert.  Steinhacb  2,  643,  spiüdes 
silberglas,  ein  braunes,  etwas  licht  fallendes,  tchlackenhoßes 
silbereri,  spröde,  doch  leicht  su  schmelzen,  schlackenerz.  Jacobsson 
3,  60'',  sprödes  glaserz,  ein  silberen,  das  im  bruche  glänzend, 
körnig  und  gleichsam  kraus  ist,  roschgewdchs.  7,415*:  ein  mineral 
ist  1)  sprüd,  wenn  bey  dem  versuche,  kleine  theile  von  dem- 
selben mit  einer  stahlspitze,  einer  feile  oder  einem  messer 
loszutrennen .  die  trennung  sich  nach  mehreren  richtungen 
fortsetzt,  wodurch  die  theile  ihren  Zusammenhang  verlieren, 
mit  geräusch  abspringen  und  als  feines  pulver  oder  kleine 
Splitter  umherfliegen.  Oken  1,103;  in  substantivisdier  neutraler 
cnieendung:  j^,^,  gesellen,  frisch! 
prült  mir  das  gemisch, 

ob  (las  »pröde  mit  dem  weichen 

.<ich  vereint  zum  guten  zeichen.    Schillkr  II,  30S. 

von  einem  ehernen  Standbild: 

(liinipr  drölint.  wenn  kaum  der  morgen  grauet, 
4ias  spröde  erz  von  niächi'gen  sirelcheo; 
doch  nimmer  will's  im  gründe  weichen. 

Kind  ged.  1  (1817).  99. 

auch  sonst  von  metallenen  gegenständen:  wie  oft  habe  ich  mit 
spröder  fedcr  grob  geschrieben,  wo  ich  freundlich,  und  mit 
zu  weicher  schlaff,  und  breiig,  wo  ich  mannhaft  entschieden 
schreiben   wollte!   Vischeb  auch  einer  2(1900),  308;   im   bilde: 

wird  ihres  Karls  freiwillige  ergebung 
nicht  siiszer  sein  als  die  erpreszte  l'rohn 
gebändijiter  va^allen,  die  geheim 
in  ihres  eides  spröde  ketten  heissen? 

ScuiLLKR  änin  liarlos  2,  3. 

und  so  in  allgemeiner  anwendung,  spröde,  spröte,  unbiegsam, 
bröcklicht,  zerbrechlich,  was  sich  nicht  breit  drücken  oder  schlagen 
läszt,  sondern  sich  wie  mehl  und  staub  zermalmet.  Jacobsson 
4,248':  der  starre  körper  ist  spröde,  wenn  seine  theile  nicht 
können  an  einander  verschoben  werden ,  ohne  zu  reissen. 
Kant  8,518;  das  unzureichende  Werkzeug,  Jas  ihm  den  kämpf 
mit  dein  spröden  stein  erschwerte.  Yiscbeb  auc/i  einer  i(i900),  141; 
in  der  botanischen  terminulogie  spröde,  fragilis,  was  leicht  ab- 
bricht, wie  die  triebe  an  der  bruchweide  (vgl.  sprockweide  oben). 
Behlen  5,664;  auch  sonst:  sprödes  holz,  das  leicht  bricht. 
AuEiDRc;  vgl.  weiter: 

wie  auf  dem  rauhen  (larz,  wenn  durch  den  hohen  wald 
die  wilde  kuppel  bellt,  das  laute  hüfthorn  schallt, 
mit  wildgesiräubtem  haar  ein  aufgebrachter  hauer 
den  dickverwachsnen  hain,  wo  er  in  schwarzen  schauer 
bemooster  eichen  lag,  mit  festem  zahn  zcrsltickt. 
und  den  behnrzien  leib  aus  spröden  huschen  rückt. 

Zacuariä  1,  77  (lenomm,  4,  292); 
wie  wenn  die  löwiiin  . .  . 

mit  langsam  trägem  schritt  sich  durch  den  sand  bewegt, 
das  dürre  scharfe  laub  mit  schweren  klauen  drücket. 
so  manchen  spröden  husch  mit  breiter  brüst  zerstücket! 

91  (5.  176); 

ein  spröder  hart,  dessen  haare  hart  sind  und  beim  rasieren  leicht 
abspringen:  wer  {als  barbier)  mit  leichtigkcit,  bequemlichkeit 
und  gewandtbeit  der  flnger  einzuseifen,  den  sprödesten  hart 
zahm  zu  machen  versteht.  Göthe  15.59;  Schweiz,  spröd  ton 
der  seide,  leicht  reiszend,  weil  nicht  elastisch.  Seiler  275';  gölling. 
sproie  mmentlich  vom  garn.  Scbamiiacb  °20u';  {auch  in  der  Schrift- 
sprache kann  spröde  so  gebraucht  werden);  gnomisch: 

Libutna.  wie  ist's  mit  jenem  mann?  IMiromita.  er  ist  von  stahl. 
lAbussa.  es  brach  wolil  auch   ein  schwerl  schon  im  gefecht. 
was  spröde,  ist  zerbrechlich. 

Grillparzbr  7  (1887),  188. 

im  anschluts  daran  wie  trocken,  rissig,  vom  erdboden:  das  grab 
war  sprüd  und  trocken  wie  eine  feldfurche  am  hellen  suminer- 
tng.  SoBNiKY  im  grünen  klee  148,  to  auch  von  anderem  im 
gegensatz  zu  feuchter  geschmeidigkeit :  spröt  brod,  pane  secco, 
semolato  o  semoloso,  trocken.  Kramer  deulsch-il.  dict.  2  (170*2),  800', 
sprödes  brot.  AuEirtic,  ähnlich:  ich  war  von  langem  fasten, 
oder  meiner  gewöhnlichen  speise ,  welche  unterweilen  ein 
Bpreter  kSse,  oder  harte  eyer,  die  daselbst  aberflOssig  sind,  . . 
krafftlotz  und  schwach  worden.  Jan  Perus  286.  sehr  gewöhnlich 
von  der  haut:  spröde  baut,  scabra  cutis.  Wacbtir  1573.  Fmsca 
3, 3lü'.  AoBLDNC,  namentlich  von  den  tippen:  rauher  wind  macht 
die  lippen  tpröd,  ex  venti  asperiUile  areseunt  labra.  rriisci  3,  Slu'; 

jetzt  aber  tlemt  es  um.  die  sorgen  wegztiwischen, 
die  tpr6Jen  lippen  narli  dem  kampfitaub  onzufrischcn 
mit  weialbau.      ÜCcrmt  12  (1682), -i'20 

und  von  den  bänden. 

b)  bilältfh,  uneigentltch. 

a)  in  unprrtünlifhen  Verbindungen,  die  sich  unmittelbar  an  a 
anuhluuen  {vgL  SciiLLk«  dorn  karlos  2,  S  unler  a). 


es  srhopfe.  freund,  der  bildende  künstler  auch 
anschauuiigen  aus  dem  lebendigen  springqucll  der  gesänge: 
er  lerne  die  anmut  hervorlocken  trotz 

des  sprödesten  stolTs,   das  bedeutende  stets  von  dem  wüst 
abscheidend.     Platkn  l'i'i*; 
doch  da  die  zeit  betrübter  wird  und  ärmer, 
so  möcht'  Ich  lliehn  in  fabellinfte  Zeilen: 
ich,  der  ich  ehedem,  an  Jugend  wärmer, 
binunterstieg  in  spröde  Wirklichkeiten.    321*; 
die  Weltgeschichte  sucht  aus  spröden  stofTen 
ein  reines  bild  der  menschlirit  zu  gestalten, 
vor  dem.  die  jetzt  sich  schrankenlos  entfallen, 
die  Individuen  vergeh'n.  die  schroffen. 

Hebbel  7(1891),  1*9; 
adverbial:  so  ging  er  sehr  fehl,  dasz  er  den  menschen  ein 
paar  läge  vor  dem  schriftsteiler  abgesondert  voraus  schickte 
{bei  der  ersten  bekannlscha/t  mit  einer  dame  nicht  sagte,  dasz 
er  der  von  ihr  verehrte  Schriftsteller  sei);  denn  jener  verhärtete 
sich  in  Theoda's  plianlasie  und  liesz  sich  spröde  nicht  mit 
diesem  verarbeiten  und  verquicken,  indesz  umgekehrt,  bei 
einer  gleit  hzeitigen  ungetheilten  Vorführung  beider,  das  schrift- 
slellerische  sogleich  das  menschliche  mit  glimmer  durch- 
drungen hatte.  J.  Paui.  Katzenb.  1,26.  freier,  nach  1  überleitend: 
CS  lest  sich  die  handlung  noch  spröde  an.  quelle  von  1523  bei 
Dief.-VVülcker  860. 

ß)  auf  gesinnung  und  deren  äuszerung  bezogen,  mangcl  an 
freund  lieh  keit,  nachgiebigkeil ,  empfänglichkeit  bezeichnend,  von 
personen:     warumb  mich  oft  auf  das  narrenort 

mein  weih  hat  gesetzt,  die  hur,  die  sprod, 
die  alzcit  mich  bat  gebalten  schnöd. 

fasln,  s/).  47,  14  Keller; 
über  ein  weil  sagt  er  zu  jhm  : 

domine  Kichartc,  was  macht  jhr  hie? 
da  hett  wir  euch  gesucht  noch  nie. 
was  macht  jhr  hie  in  der  einödl? 
er  schweigt,    der  könig  sagt: 

ach,  wie  ist  er  so  dürr  und  spröt! 

Atrkr  833,  22  Keller; 

im  gcgentbeil  wird  auch  der  sprödeste  mit  bewunderung  und 
freude  wahrnehmen,  wie  übeiall  ein  sich  gleichbleibender 
gehalt,  in  entsprechender  reiner  form,  und  angemessenein, 
richtigem  und  zierlichem  ausdruck  sich  darstellt.  Götbb  45, 239; 
stärker  im  ungarischen  bergland  schpröda  knecht,  schlechter, 
roher  bursche.  Schhöer  207".  vom  wesen,  von  der  denkungsart 
und  dem,  was  darauf  deutet:  überdis  nahm  er  ein  sehr  sprödes 
wesen  an,  und  beobachtete  gegen  alle  und  jede  ein  so  rauhes 
bezeigen,  d;isz  niemand  mehr  mit  ihm  umgehen  konnte. 
Heilman  Thuc.  148;  eine  spröde  antwort.  At)ELUNc;  Oietegen 
aber  hielt  sie  nach  seinen  jugendlich  spröden  begrifTcn  für 
ein  bös  gewordenes  wesen,  das  nicht  recht  thun  könne. 
Keller  5  (1899),  232; 

und  weim  mein  eifer  sein  gesiebt  mit  etwas  spröden  mieneii 
rührte.    Göntukh  bei  Stbinbacu  '2,643; 
lasz  ihn  thun  sie,  jene  that, 
bittend  dann  nach  lohn  sich  wenden: 
man  gibt  gold  mit  spiöden  hunden, 
und  er  geht,  wie  er  gcuaht 

Grillparzbr  6  (1887),  153. 
adverbial,  B|iröde  Ihun:  die  pliysikotheulogen  haben  also  gnr 
nicht  Ursache,  gegen  die  transscendentalc  beweisart  so  spröde 
zu  thun,  und  auf  sie  mit  dem  eigendünkel  hellsehender  nattir- 
kenner,  als  auf  das  Spinnengewebe  finsterer  grübler,  herab- 
zusehen. Kant  2,482;  so  spröde  oder  geringscbützeud  auch 
diejenigen  thun,  die  eine  Wissenschaft  nicht  nach  ihrer  natiir, 
sondern  allein  aus  ihren  zufälligen  Wirkungen  zu  beuri heilen 
wissen.  632.  stärker,  wie  grob,  roh,  landschaftlich:  ein  buiier 
aber,  der  in  der  mitten  (eines  zugfs)  ging,  ein  enterischer 
scIirolle,  der  floderte  fuchtig  auf  und  schrie  spröd:  ja  gseiig 
dirs  der  teufel!  Leuprechtinc  aus  dem  Lechrain  91.  in  nrueier 
zeit  namentlich  unempfänglichkeit  für  liebeswerbungen  bezeichnend, 
'im  engsten  verslande  ist  es  von  dem  andern  geschlechle  am 
üblichsten,  wenn  es  die  Itebkosungen  des  männlichen  mit  kaU>inn 
oder  un gefälligkeit  aufnimmt'.  Auelunc,  wobei  man  mit  KRfniTZ 
encijcl.  162  (1835),  156  natürliche  sprödigkeit  und  unnatUrliche  ('eine 
ausstudirte  kokelterie'.  153)  unterscheiden  kann:  sterben?  und 
um  eines  spröden  niUdrhens  willen?  Uz  3l3,  l  Sauer;  eine 
spröde  schöne.  Adelung;  ich  freue  mich  daiz  meine  lochler 
äugen  bat,  sie  ist  sonst  spröder  wie  das  eisen  in  dem  fnisl. 
AkNiH  tckaub.  t,  136;  die  spröde  schöne  ist  von  eigenliobe  oder 
von  eigendünkel  belhörl.  Krünitz  «nryc/.  163  (|83&),  153;  m< 
(rine  junge  frau)  ist  nicht  spröde  —  und  ist  nicht  blöde. 
HCCBBnr  11  (ls82),  405; 

du  kennst,  versetzt  Tiren.  die  spröde  Sylvia, 

die  schOchlern  vor  mir  floh,  to  oft  sie  mich  sonst  sah. 

Gbllbrt  1  (1776),  lUS; 


145 


SPRÖDE 


SPRÖDE 


146 


nie  hat  <n  dieser  brüst,  die  dir  entgegen  wallt, 

ein  gott  noch  sterblicher  gelegen  . . . 

ihr  bitten  fand  mich  taub,  ihr  feuer  spröd  und  kalt. 

Wi»ti5D  n,2S  (liir.  1,32); 
dann  versenk  ich  dein  bild,  spröde  gebieterin, 
in  den  silbernen  schhiramerquell!     Höltt  115,7  Halm; 
(hört,)  spröde  damen  mit  der  kalten  tugend, 
blonde  schönen  mit  dem  leichten  mut! 

SCHILLIR   1,  1S6; 

substantivisch  eine  spröde.  Campe:  dieses  sind  ausgemachte 
Wahrheiten,  wogegen  eine  person  tod  feiner  eriiehung  nicht 
anstossen  kann,  ohne  für  eine  offenbare  närrin,  oder,  wenn 
man  es  fein  sagen  will,  für  eine  spröde  gehallen  zu  werden, 
N^  eiche  aus  noth  den  kleinen  mund  macht  Möseb  patr.  phant. 
3(1778),  8;  die  kleine  spröde  flieht  mich!  Weisze  kom.  op. 
1  (1771),  115;  (die  dame)  machte  so  viele  umstände,  dass  der 
herr  prokurator,  welcher  sich  wenig  auf  die  kunsl  verstand 
spröden  zahm  zu  machen,  die  geduid  zehnmahl  verloren  hätte, 
wenn  er  durch  keine  stärkere  gewalt  als  die  bejahrten  an- 
nehmlichkeiten  seiner  grausamen  zurückgebalten  worden  wäre. 
WiELAND  11, 107  {Sylr.  V.  Ros.  2,  l);  die  spröde  (Überschrift  einet 
gedichts).  Götbb  1,  2t;  kunst  die  spröden  zu  fangen  (Überschrift). 
1,  37,21  Weim.  ausg.;  eine  solche  spröde,  die  es  aus  Charakter, 
aus  natarlicberneigung  ist,  ist  weit  achtungswürdiger  als  jene, 
die  blosz  ein  blendwerk  damit  treibt,  blosz  zum  scheine  die 
spröde  spielt,  um  die  jungen  männer  nach  gefallen  zu  foltern. 
KBt:i»iTZ  encycl.  162  (lS35),  156; 

ich  komme  gleich  von  dieser  kleinen  spröden. 

Gelle»!  1  (1775),  t08; 

ich  seh  es  gar  xu  wohl,  die  spröde  liebt  mich  nicht. 

3  (1775).  352; 

der  Jüngling  schmachte  nicht  umsonst  um  wein  und  kusz 

und  sterbe  keiner  spröden  wegen!     Uz  311,33  Sauei'; 

0  göttinn,  (fieng  er  an,)  was  nützet  mir  dies  (tatiber-)h*nA 

bny  einer  spröden  stolz?    bey  einem  widerstand, 

der  unbegreiflich  ist?      ZacbaiiI  1,  188  (ren*.  4,64); 

wie  süsz!   wie  süsz 

ist  für  die  liebe  flnsternisz! 

fie  schaffet  muth  den  blöden, 

besänftiget  die  spröden, 

und  macht  die  stummen  reden. 

Weisze  kom.  op.  1  (1771),  124; 
wer  sollte  dieser  spröden, 

mit  dieser  Vestalinnenmiene,   mit  diesem  abschreckenden 

blick. 

was  menschliches  anzusinnen  sich  nur  im  träum  entblöden? 
WiELiWD  5,  74  (n.  Atnart.  14,  20); 

Astarte  sucht'  und  fand  in  ihrem  herzen 

und  seinem  geist,  in  seinem  Unterricht, 

oft  auch  in  leichten  muntern  scherzen 

ersatz  für  —  etwas,  das  (zum  mindsten,  wenn  die  pOicht 

es  beiligt)  spröden  selbst  nicht  allzu  gern  entbehren. 

bah  an!    halt  an!    du  spröde!  10,285  (A'om*.  530); 

halt  an  und  höre  mich!      Scbillee  1,352; 

heraus,  heraus  du  kleine  spröde 

heraus  zum  traualtar.    Kotzebce  dramat.  sp.  2,  303; 

gebe  gott  ihm  gutes  glück 

gegen  eine  spröde, 

die  mich  selber  jüngst  zurück 

hat  gewiesen  schnöde.     Rüceert  (1841)  361. 

die  spröde  spielen:  madame  Gertrude  spielte  vor  den  angen 
der  weit  die  fromme  spröde;  aber  insgeheim  war  sie  die 
gefällige,  feurige  freundina  eines  gewissen  Bernard.  Lessing 
1,46;  die  Sorgfalt  des  Stallmeisters  nahm  mehr  zu  als  ab, 
Qnd  da  die  ofQciere  auch  stark  auf  sie  (Phüine)  Eindrangen, 
Dod  sie  sich  in  einem  so  reichlichen  demente  befand,  fiel  es 
ihr  ein,  auch  einmal  die  spröde  zu  spielen.  Göthe  18,279; 
die  rolle  der  spröden  spielen:  will  sie  die  rolle  der  spröden 
fortspielen?  Hacff  7,228.  mit  Possessivpronomen,  die  spröde 
§eUebte  eines,  die  gegen  einen  spröde  ist  {nicht  nur  in  der  an- 
rede): an  seine  spröde.  Göthe  Überschrift  eines  gedichts; 

er  bat,  er  gab  sich  alle  müh  : 

doch  seine  spröde  hört  ihn  nie.    Gellbet  1(1775),  52. 

$eltneT  vom  männlichen  geschlecht:  er  fühlte  recht  innig,  dasz 
er  sie  lieben  konnte,  aber  ihm  graute  vor  den  folgen;  daher 
fuhr  er  fort,  jeden  gedanken  an  sie  zu  widerstehen,  doch 
war  er  immer  ins  geheim  zärtlich  gegen  sie;  es  war  ihm 
■oroöglich,  spröde  zu  seyn.  Stilli:«c  2(i806),  S5;  Pbiline 
lauerte  in  der  Unordnung  dieser  lebensart  dem  spröden  beiden 
aaf,  für  den  sein  guter  genius  sorge  tragen  möge.  Götbe  19,16; 

in  dieser  leit  lebt'  ein<!t  auf  Latmos  höb'n 
ein  junger  hirt,  wie  Ganymedes  schön, 
schön  wie  Narciss.  doch  nicht  so  spröde. 

Wi(la:<d  10,  136  {Diune  m.  Endfm.  20). 
prddicatit  mit  dativ  der  person: 

noch  iizi  verfhr  ich  Chloris: 
mir  aber  ist  sie  spröde.    Hacedobr  3,  61; 
X.  2. 


ähnlieh:       i*t  ci"  mädgen  deinen  küssen 

gar  zu  spröde,  trotz  dem  may?    Göcei:<ge  2(1781),  48; 
(im  biide:)  sie  (i/es  dichlers  muse)  wollte  zwischen  dir  und  mir 

die  dritte 
nicht  seyn.  drum  blieb  sie  spröde  meiner  bitte. 

Stolbbec  2,  281; 
«I»  für  und  aec.  der  person: 

denn  Thoms  nur  findet  vor  Röschens  äugen  gnade, 
nur  Thoms,  der,  spröde  für  sie,  an  Miekens  kette  zieht. 

Wielahd  5.  163  (H.  Amari.  18,  8); 

mit  gegen  und  aec.  der  person:  (im  bilde:)  die  gegenwart  ist 
eine  grosze  göttin  und  selten  spröde  gegen  den,  der  sie  mit 
einem   gewissen    heitren   muthe   behandelt.    W.  v.  HuaBOLOT 
ges.  sehr.  5,  276.    so  auch  oft  ton  der  gesinnung  und  dem ,  rat 
darauf  deutet:  endlich  erinnerte  er  sich,  dass  die  dame  sich 
jederzeit  durch  eine  sehr  spröde  tugend  und  einen  erklärten 
hang  für  die  metafysik  unterschieden  hatte.  Wiela.sd  3,  lio 
(Agath.  12,5);    er  machte  seine  erste  liebeserklärung  mit  ge- 
schenken,  die  vielleicht  manche  spröde  und  stolze  lugend  in 
versochung  hätten  führen  können.  12, 132  (Sylr.  r.  Ros.  5, 1$); 
«ine  (scliäfe'in)  ward  in  spröder  blässe 
und  in  strenger  bäuslichkeit 
hüterinn  der  feueresse 
und  die  Vesta  jener  zeit.    Hacedobn  3,  78; 
ihr  unempflndlich  herz,  ihr  spröder  eigensinn, 
das  sind  die  fehler,  freund,  die  mich  an  ihr  betrüben. 

GELLtRT  3  (1776),  346; 
und,  kurz,  man  bringt  (nicht  ohne  viel  gespötte 
und  acbselzuckerey  des  hofes  und  der  Stadt) 
sie,  die  den  ruf  der  sprödsten  kälte  hat, 
bey  hohem  wohl  —  mit  Zwillingen  zu  bette. 

WiELA^D  18,  140  (Perv.  1); 
also  batte  auch  sie  sogar  dem  verlobten  noch  vieles 
abgeschlagen,  was  selbst  die  sprödeste  sitte  gestattet 
und  die  sorglichste  mutler  nicht  rügt.     Hebbel  8(tS9l),  220. 

adverbial:  sie  behandelt  ihren  liebhaber  ungemein  spröde. 
Campe  ;  die  bewerber  um  ihre  band  wies  sie  spröde  ab.  ebenda; 
spröde  thun.  ebenda;  indem  wir  eilend  weiter  schritten, 
gingen  wir  um  einige  spannen  entfernt  neben  einander  her; 
ich  hielt  mich  spröde  zurück,  während  mein  obr  keinen  ton 
ihres  festen  und  doch  leichten  Schrittes  verlor  und  begierig 
das  leise  rauschen  ihres  kleides  vernahm.  Relleb  1(1899).  410; 
fangen  sie  an,  herr!  und  seien  sie  witzig  und  vorlaut,  und 
ich  (eine  dame)  werde  mich  zieren  und  spröde  thuni  7,25; 
in  bildern:     wenn  Fortuna  spröde  thut, 

lasz'  ich  sie  in  ruh.    Eicbehdobff  1  (18S4),  254; 

was  zagt  ihr,  traf  und  blöde? 

was  schön  ist,  wird  doch  dein! 

die  weit  thut  nur  so  spröde 

und  will  erobert  sein.    457. 

in  gleicher  art  dichterisch  auch  von  unpersönlichem,  das  perunten 
verglichen  oder  persönlich  gedacht  wird: 

spröde  sondert  sich  ab,  was  kaum  noch  liebend  sich  mischte, 

und  das  gleiche  nur  ist's,  was  an  das  gleiche  sich  reybt. 

stände  seh  ich  gebildet,  der  päppeln  stolze  geschlechter 

zieho  in  geordnetem  pomp  vornehm  und  prächtig  daher. 

0  wunder,  wer  hat  das  vollbracht?  Schille»  11,85; 

der  knospen  spröde  hülle, 

wer  brach  sie  auf  in  einer  nacht 

xu  solcher  liehesfülle?      W.  Mi:LLE«  ged.  (t868)  1,87; 

der  spröden  rosenknospe  gleich  erscheinst  du  mir,  april. 

die.  wie  auch  luft  und  licnt  sie  kost,  sich  noch  nicht  öffnen 

will.  2,  139. 
2)  unmittelbar  an  den  unter  1,  a  erwähnten  gebrauch  schlieszt 
sich  die  frühnhd.  anvendung  im  sinne  von  elend,  kümnurUch, 
dürftig,  gering,  von  einem  lande,  rielleicht  noch  wie  dürr,  un- 
fruchtbar: die  haben  so  lange  gestritten  wider  den  Mahmel, 
bis  er  ist  aus  dem  spröden  mördeminckel  Arabia  komen, 
und  bey  vier  hundert  deudscher  meile  wegs  laod  gewonnen. 
Ll'Tbkb  8,38*,  i^on  nahrung  und  gevinn,  oft  bei  H.  Sacbs: 

Oeischpenck  und  marckt  war  ler  und  öd, 

die  narung  mager,  dürr  und  spröd.     7,417,11  Keller; 

derhalben  wil  ich  (ilie  ffldmau!()  wider  heint 

hinausz  atiff  meinen  acker  öd. 

ist  gleich  mein  narung  ring  und  spröd, 

so  hab  ich  aber  doch  darneben 

ein  frölich,  frey  und  sicher  leben.    9,  146,  7; 

stund  auff,  als  es  ward  heller  tag, 

und  war  gar  leichnam  hart  gelegen 

von  seines  spröden  nachtmal*  wegen, 

das  im  heimlich  gar  hoch  verschmacht.    525,  t; 

alta,  die  wirdtschafft  wil  werdii  sprödt, 

unser  hausi  ist  von  gesien  ödt, 

wir  müssn  schier  essen  mit  der  katxen.     14,290,22. 

da  ist  weder  gut,  lust  noch  freud, 

weder  bey  viech  oder  bey  ieut; 

allein  eilend  und  armut  ist 

hie,  spröde  nahruog,  kot  und  mist.     17,  378,  18; 

10 


147 


SPRÖDE  —  SPRÖDETHUN 


SPRÖDEWEIDE  —  SPRÖDIGKEITSSÜNDE     148 


wir  seind  etwas  vil  jar  und  tag 

gewohnt  in  einer  insel  öd, 

da  unser  nabrung  war  gar  spröd.    20,  103,  29; 

ich  (ein  krämer)  hab  heut  närrisch  kaufTleut  {käufri)  ghabt, 

hab  nit  gar  TünfT  batzen  erschnapt. 

wer  die  losung  all  tag  so  spröt, 

so  wiird  mein  liram  bald  leer  und  öd.    21,48; 

es   ist   heut  spröd  der  handel  mein   [rines  jüdischen  artlet); 

es  komt  niemand  zu  mir  herein, 

der  mir  einen  brunnen  xu-trag.    66,12; 

als  {iilUi')  was  erber  war  allein, 
das  log  Tost  alles  zw  mir  (finfm  wui)  ins  hauai. 
das  trug  mir  gar  wol  brodt  ins  hausx. 
iettt  ist  es  gar  spröd  uberausx.     80,9: 
die  thierlein  flolien  darvon  wurt  der  walt  gar  öd 
derhalb  sein  narung  in  die  leng  ward  schmal  und  spröd. 

meUlerl.  f.  23,  ii> .  160. 

adverbial:  in  Arenbergischer  refier  wirt  es  sprcd  zfl  geen: 
wir  werden  vil  fasUag  haben,  dann  die  lagreis  seind  gar  weit. 
Schade  sat.  u.  pasqu.  i,lo,  9;  es  dünckt  euch  unmüglicb,  was 
icb  itzt  veriieisse,  weil  ewer  so  wenig  ist  und  so  spröde 
zugehet.  Luther  23,601,1  Weim.  ausg.  vgl.  ftair.  sproe,  sproRr, 
spärUch.  ScH».'  2,  695. 

3)  in  ältfrer  spräche  auch  wie  hager,  schieächlich,  gleichfalls 
im  anschlusx  an  1:  ein  spröder  mensch,  un  huomo  scarno, 
scarmo,  mogro,  smilzo,  it.  deboluccio.  v.  mager,  hager.  Kramer 
deutsch -ital.  dict.  2  (1702),  S96',  noch  später  landschaftlich ^  so 
henncb.  sprod.  Reinwald  2, 161.  vgl.  vereinzeltes  spriede,  ge- 
brechlich : 

denn  ist  der  spriede  leib  (des  menschen)  gleich  nur  von  thon' 

entsprungen, 
so  sieht  man  doch:   das  gott  aus  dieseu  schlacken  gläntzt. 
LoHENSTEIN  hyaciiitlieii  23 

und  bair.  sproe,  sprcer,  hager.  Schm.' 2,695. 

4)  ebenso  im  anschlust  an  1:  ein  spröder  wind,  un  vento  apro, 
freddo;  rovaio.  ».rauh.  Krämer  deutsch-ital.  dict.  i{\nyi),H^', 
von  Adelung  als  nur  in  einigen  gegenden  üblich  bezeichnet,  auch 
heute  in  der  Schriftsprache  nicht  üblich,  in  ißeicher  bedeutung 
erscheint  bei  Dasypodiüs  spröer  wind,  s.  das  formale,  ob  hier 
eine  erweiterte  anaendung  im  sinne  von  rauh  oder  eine  Wendung 
des  Worts  zu  factitiver  bedeutung  {^spröde  machend)  vorliegt 
{cgL  spröde  kohlen  urUer  1,  a),  Idszt  sich  nicht  entscheiden. 

5)  dte  maier  gebrauchen  spröde  von  färben,  die  für  den  an- 
bUck  unangenehm  sind.  Jacorsson  4,  23S.    vgl.  1,6. 

SPRÖDE,  f.  das  spröde  sein,  selten  {vgl.  sprödigkeit),    nach 

1,  ft,  /3:  ich  (ein  mann)  beharrle  bei  meiner  spröde  -^  und 
wies  den  schnöden  von  mir  schnöde.  RCckert  11  (1S82),  339; 

wo  die  spröde  musz  pausiren, 
wenn  die  lust  ein  solo  singt, 
wenn  die  äuglein  pizzikiren, 
bis  der  lieb  ein  saiie  springt. 

wiimicrhorn  2,  322  Boxberger. 

vgl.  sprau,  f.  oben  theil  10, 1,  2797. 

SPRÖDELWEIDE,  f.  die  bruchweide,  salix  fragilis.  Nkmnich 

2,  1200.     vgL  spröckelweide  und  sprüdeweide. 
SPRÖDEN,  verb.  zu  spröde,  adj.     1)  intransitiv,    spröden, 

gesprödet,  asperarsi,  friabilem  esse,  teri,  frangi.  Stibleb  2107, 
sprocken,  spröten  e  spröden,  scngliarsi,  inscabbrirsi,  innagrirsi, 
incrudirsi.  Kramer  deutsch -ital.  dict.  i  (\'0'i),f'96':  die  wunde 
sprödet,  Ja  ferita  {piaga)  incrudisce.  ebenda. 

2)  reflexiv:  das  eisen  sprödet  sich,  ferrum  ob  impuritatem 
suam  friatur.  Stiei.br  2107;  kleyenbrot  sprödet  sich  durch  und 
durch,  panis  furfureus  non  cohaeret,  sed  facile  dilabilur.  ebenda, 
vgl.  bair.  sprcnen  (spr^'n,  sprörn),  trocken  machen,  durch  das 
gefühl  der  trockenheil  afficieren:  da  l.ihak  sprit  mi'.  Schm.' 2,695. 

SPRÖDERZ,  n.  strahliger  bUiglanx.  Jacobssoi«  4,23h'.  vgl. 
■pröde,  adj.  \,a  und  sprotterz. 

SPRÖDESEHEN,  n.  {vgl.  spröde,  adj.  \,b,/3): 

du  halt  nur  zuTiel  obr  dafür  zu  lieben, 
wo  höhn  mit  gram  erkauTt  wird,  sprndesehn 
mit  herzensaeurzern,  ein  moment  der  Ititt 
mit  zwanzig  wachen,  milden,  langen  iiichten. 

Shakesprarc  die  hi-vlvu  Veroiioer  1,1. 

SPR(»DETHUN,  «.  versMUe  sprödigkeit.  Campb  (17/.  spröde 
i,b,ß): 

•in  kurzer  Unterrock  zeigt  Ihr  gedrechselt  bein, 
und  auch  Ihr  sprödeibun  Döizt  buhlerii  kühnhelt  ein. 

Uz  :106,  92  Siiuei ; 

004  wenn  Ich  (ein  mditchen)  ihn  durch  sprödigkeit  beiriihie, 
•0  wotite,  glaubet  mir,  mein  herz  kein  wort  davon. 

WiiLtND  22,  109  {Oh.  S,22); 
wall  Ihr  jugendlich  iprödethiin  der  jOnglinjc 
•rnoihari  nahm,  nml  vom  kut«  erblAdet  ablieM. 

Vota  3(IM2).M. 


SPRÖDEWEIDE,  f.  salir  fragilis  und  viminalis.  Nennicb. 
vgl.  sprockweide  und  sprödelweide. 

SPRÖDGLASERZ,  n.  ein  reiches  silbererx,  das  neiben  dem 
Silber  schwefel  und  anlimon  oder  arsen  enthält,  prismatischer 
melanglanz.  Oken  1,421,  mrlanglanz,  schwarzgiltigeri,  Stephanit. 
Karmarsch- Heeren^  S,  3S9,  auch  sprödglanzerz,  n.  Oken 
regisier.     vgl.  spieszglanz  neben  spieszglas,  antimon. 

SPRÖDHEIT,  f.,  selten  für  sprödigkeit,  nach  spröde,  adj. 
l,b,ß:  als  er  nun  sah  meine  {eines  mannes)  sprödhcit  — 
und  erfuhr  meine  schnödheif.  Rjjckert  11  (1882),  403;  uns 
(mdnn*r)  verdrosz  seine  unerklärte  sprödbeit  —  und  tadeins- 
werthe  schnödheil.  502. 

SPRÖDIG,  adj.,  Weiterbildung  zu  spröde,  adj.,  idem  quod 
spröde,  sed  adverbial,  magis  in  usu  est,  aspere,  asperiier.  dicitur 
etiam  sprödiclit,  sprödichter  teig,  massa  furfurosa.  Stieler  2107, 
bei  Steinrach  2, 643  nur  der  ableitung  {des  folgenden)  wegen 
angeführt. 

SPRÖDIGKEIT,  f.  das  spröde  sein,  asperitas,  ruditas,  fria- 
bilitas.  Stieler  2107,  sprockigkeit,  sprötigkeit  0  sprödigkeit, 
scagliosita,  agrezza,  scabbrosita,  crudezza,  it.  magrezza.  Kramer 
deutsch-ital.  dict.  2  {1102),»%',  sprödigkeit,  friabilttas.  Steinrach 
2, 643,  asperitas,  aspreda,  scabrilies,  ariditas,  friabilitas.  Frisch 
2,310'.  Adeluhg. 

1)  nach  i,a  ^eine  eigenschaft  trockner  körper ,  nach  welcher 
sie  sich  leicht  zermalmen  und  eher  zu  mehl  machen,  als  sich 
ausdehnen  lassen .  Jacobsson  4, 238'  und  allgemeiner  wie  un- 
geschmeidigkeit  in  sinnlicher  bedeutung:  sprödigkeit  des  Stahls, 
friabilitas  chalybis.  Stieier  2107;  sprödigkeit  der  erden,  fria- 
bilitas terrae,  ebenda;  sprödigkeit  des  guszeisens.  Jacobssor 
4,238';  sprödigkeit  eines  holzes.  Campe;  die  sprödigkeit  der 
färben  besteht  in  ihrer  wenigeren  zerreiblichkeit  und  niiscbung 
mit  öl  oder  sonst  einem  flüssigen  kürper.  KReniTZ  encycl. 
162  (1835),  157;  sprödigkeit  der  haut. 

2)  nach  1,6,  meist  in  beziehung  auf  personen,  starre  xurück- 
haltung  bezeichnend:  in  Jonien  merkt  man  den  erweichenden 
einflusz  des  warmen  asiatischen  himmels,  so  wie  man  hin- 
gegen in  der  frühesten  dorischen  masse  die  geheimniszvolle 
sprödigkeit  und  strenge  der  iigyptischen  goltheiten  gewahr 
wird.  Novalis  3,  49  Meiszner;  in  all  ihrem  {einer  geistlichen 
Schwester)  leiden  keine  feigheit ,  in  all  ihrem  klagen  kein 
winseln,  kein  verletzen,  ohne  sprodigkcii  voll  zucht,  ohne 
wegwerfen  voll  hingäbe,  ohne  anklammern  voll  anhüngiich- 
keit.  Brentano  9,284;  doch  er  wandte  sich  blöd^ —  und 
Ihat,  als  sei  der  magcn  ihm  öde,  —  dasz  schier  seine  sprödig- 
keit mich  verdrosz,  —  und  ob  seiner  schnödheit  das  blatt 
mir  schosz.  RPckert  11  (18^2),  3I6;  besonders  gegenüber  hebes- 
werbungen,  namentlich  von  weiblichen  personen.  Campe:  der  ge- 
sprächige Italiener  kam  endlich  auch  auf  die  weiber  /u 
sprechen,  er  klagte  über  die  unsittliche  sprödigkeit  der 
Deutschen.  Brentano  5,297;  und  wie  es  der  weit  lauf  ist, 
wurde  sie  von  der  sprödigkeit  verlassen,  die  sie  soeben  noch 
vor  der  thüre  aufrecht  gehalten,  und  sie  litt  es,  als  Erwin 
ihr  mehr  schüchtern  als  unternehmend  band  und  wange 
strei(  holte.  Keller  7,68; 

die  schöne,  die  ihn  oft  im  wachen 

durch  ihre  sprödigkeit  betrübt, 

musz  Timons  glück  vollkommen  machen; 

denn  träumend  sieht  er  sich  geliebt.    Gillirt  I  (1775),  7t  ; 

ich  zweiHe  nicht,  die  schöne  hat  ihn  lieb; 
und  ihre  sprödigkeit  ist  ein  verstelltes  wesen. 
um  nur  von  ihm  mehr  brieTe  noch  zu  lesen.    78; 

wenn  gleich  Ihr  äuge  zürnt,  .«0  zürnt  es  dennoch  schon, 
und  i^elbst  die  sprödigkeit  kann  ihren  reiz  erliöhn.   3,  347; 

die  sprödigkeit  der  schönen 
Ist  nur  ein  dämm  der  einen  regensirom 
zurüfkepreszt,  uud  ungestümer  prallen 
die  fluten  an.      Schiller  1,325; 

von  einem  manne: 

beweise  nicht  durch  sprödigkeit  und  höhn, 
das*  deinem  reitz  die  höcliste  zierde  fehle! 

WiaiAnn  17.28  (Mr.  1,31). 

auch  plurolisch  von  einzelnen  duturungen  spröden  weten$.  Adelung, 
doch  so  heute  nicht  üblich. 

?)  nach  3  maijreiza.  KRAHBt  deutteh'ital.  dict.  2  (1701),  SOO*. 
vgl.  oben. 

SPRÖIUGKKITSSONDE,  f.,  nach  sprödigkeit  2:  »eyn  sie 
mitleidig  gn.ldige  frau,  nehmen  sie  das  reuige  paar  zu  gnaden 
an!  —  und  wenn  sies  auch  nur  thillen,  um  einen  theil  ihrer 
sprOdigkcilssanden  wieder  gut  zu  machen.  Uottbr  i,  415. 


149 


SPRÖDIGLICH  —  SPROOTHOLZ 


SPRÖSEN  — SPROSSE 


150 


SPRÖDIGLICH,  adv.  {vgl.  sprödig  und  sprödlich):  sie  (eine 
Statue  der  Venus)  hat  ein  grübeben  im  kinn  . . .  und  nur  haib- 
erüfnete,  oder  zugehaltene  äugen,  die  das  innere  nicht  er- 
lieniien  lassen  wollen,  sprödiglich.  Heinsk  Ardingh.  2  (1787),  276. 

SPRÖDLICH,  adv.  zu  spröde  (vgl.  das  vorige),  nach  l,  b,  ß: 
etwas  sprödlich  neben  den  übrigen  stimmen  verhielt  sich 
iriilessen  der  herzog.  Mürikk  Nollen  i,liO. 

SPRÖDSINN,  m.,  nach  spröde  i,b,ß:  sie  erwartete  einen 
pi  inzen  oder  grafen,  der  ihren  reizen  huldigen  würde,  und  alle 
minder  hocbgebornen  paladins,  welche  ihr  den  hof  machten, 
wies  sie  mit  kaltem  sprödsinn  zurück.  McsÄcs  volksm.  i,\l6 
Hempel. 

SPRÖGEL,  subst.,  nebenform  zu  spriegel  (5.  dies  oben  sp.  7t), 
6«  den  bienenzüchtern  bezeichnung  der  qutrhölter  in  strohernen 
bienenkörben,  auch  von  gespaltenen  hasel-  oder  Weidenruten,  womit 
die  bänder  xu  solchen  körben  umwunden  werden.  0 verbeck 
bienenicb.  78. 

SPROH,  SPROHL,  subst.,  s.  sprehe. 

SPROREiNKKELZ,  n.;  in  der  Lausitz,  in  Pommern  und  in 
anderen  gegenden  bestand  ehedem  die  sitte,  dasz  an  der  stelle, 
wo  man  einen  ermordeten  oder  verunglückten  gefunden  hatte, 
jeder  vorübergehende  einen  baumzweig  niederlegte  und  dazu  ein 
gebet  sprach,  sodasz  dadurch  mit  der  zeit  ein  gröszerer  reisig- 
haufen  entstand,  die  reiser  hat  man  wol  ursprünglich  kreuzweise 
gelegt  und  diesen  kreuzen  den  namen  sprokeokreuze  gegeben. 
zeitschr.  f.  d.  d.  unterr.  15,  733,  im  Münsterlande  sprokenkrüs, 
spukkreux.  man  deutet  es  so,  dasz  ein  erschlagener  an  der  statte 
seines  todes  umgeht,  es  wird  dort  ein  einfaches  kreuz  errichtet, 
ohne  dasz  darauf  zweige  gelegt  werden.  17,  527.  wahrscheinlich 
ist  es  eine  Zusammensetzung  mit  sprock,  subst.  1.  vgL  Sahr 
a.  a.  0.  15,  733,  so  dasz  besser  sprockenkreuz  zu  schreiben  wäre, 
ursprünglich  bezeichnet  es  wol  ein  kreuz  von  sprachen  oder  ein 
kreuz,  bei  dem  sprocken  niedergelegt  werden. 

SPROLL,  m.  Schwab,  der  gemeine  karpfen  {cyprinus  carpio) 
im  zweiten  jähre.  Scbhid  504.  vgl.  schwdb.  prolle,  dicker  mensch, 
piollig,  dick.  100,  österr.  brollad,  wolbeleibt,  fett.  Castelli  9«, 
ndl.  prol,  f.  brei,  prollig,  dick,  zähe. 

SPROLLEN ,  verb.  aufschneiden,  lügen,  in  älterer  spräche. 
ScHM.*  2,  702,  vgl.:  denn  er  (ein  prediger)  maint,  so  im  iemant 
(2.  niemant)  in  der  kirchen  wider  spricht,  so  stand  sein  sach 
wol.  wann  er  aber  im  Weinbaus,  auf  dem  blatz  oder  im  bad 
darbei  war,  so  hörte  er  göt  sprolien.  Schade  sat.  u.  pasqu. 
2,146,3,  wozu  der  Herausgeber  bemerkt:  '«  mujz  Hwa  so  viel 
wie  unser  rdsonnieren  heiszen'  335,  während  Schmidt  eis.  wb.  335" 
hier  sprolien  als  acc.  (doch  wol  plur.)  eines  subst.  sprolle, 
spöttische  rede  faszt.  das  vorkommen  eines  derartigen  subst.  wird 
durch  das  folgende  wort  bewiesen,  sprolien  heiszt  eigentlich  wol 
laut  reden,  dann  aufdringlich,  unverschämt  reden  und  ähnliches, 
vgl.  prollen,  pröilen  oben  theil  7,2164,  broUen,  bröllen  </i«J2,396, 
uüzu  sich  weiter  prahl,  m.,  prahlen,  verb.  und  prall,  m., 
prallen,  verb.  {s.  diese),  auch  sprall,  m.  risz  Fulda  6«  Campe 
zu  fügen  scheint,  so  dasz  sieh  eine  basis  mit  der  bedeutung 
^geräusch'  annehmen  liesze. 

SPROLLENMACHER,  m.  lügner,  aufschneider.  Schmid  schwäb. 
üb.  504.    vgl.  das  vorige. 

SPROLWEIDE,  ^  Salix  fragilis.  Nemnich.  PaiTZEL-JessEn  355' 
{Sachsen),  auch  salix  viminalis,  eigentlich  wol  die^erstere,  die 
auch  sproekweide,  bruchweide,  knackweide,  krachweide  heiszt,  wegen 
der  brüehigkeit  der  zweige,  vgl.  Nehnich  2, 1200.  sprulweide 
bedeutet  wahrscheinlich  dasselbe  wie  diese  bezeichnungen.  vgl. 
sprolien  schlusz. 

SPRONZEL,  f.  kleiner  fleck,  sprosse,  z,  b.  im  gesteht,  bei 
•  AMi'ii  als  landschaftlich  verzeichnet,  mit  berufung  auf  Krämer, 
5|jiüniiel,  sprünlzel,  it.  sprote,  sprute,  f.  [da  spritzen  0  sprossen] 
lentigtne,  broffa,  broffola,  brozza.  v.  sommerflecken,  dessen 
deutsch-ilal.  dict.  2  (1702),  896*,  mfränk.  spronzeln,  sommer flecken 
m  gesiebt  und  an  den  händen  (Jülich-Berg).  Klein  2,164,  spronzel, 
Sommersprosse  (Koln).  Hökig  149':  voller  sprontzeln ,  broffuto, 
hroffoluto,  lentiginoso,  pleno  di  brojfole.  Krämer  a.  a.  0.  vgl. 
spreuzen  und  spräazel  3  oben. 

SPRONZELIG,  adj.  zum  vorigen,  spronzeln  habend,  sprossig, 
bei  Campe,  als  landschaftlich  verzeichnet,  mit  berufung  n«^  Krämer, 
sprontzelicht,  spröntzelichl,  sprüticht,  sprulicht,  ad;,  lentiginoso, 
broffoluto.  dessen  d*uJsc/i-i/aJ.  dir/.  2  (1702),  896',  kölnisch  spron- 
zelig,  sommersprossig  Hö.tic  150*:  ein  sprontzelicbles  gesicht, 
tiio  bru/foluto  di  lentigini.  Kramer  a.a.o. 

SPROOTHOLZ,  n.:  in  einem  von  ziemlich  schlechten,  von 
spruothülz  aufgeführlCD  gebäuden  umgebenen  gehöfte  hielten 


wir  still.  Unterhaltungen  am  häusl.  herd  (IS55)  bd.  3, 13  («n  einer  in 
Schlesien  spielenden  erzählung).  vgl.  sprod  als  nebenform  zu  spröde, 
adj.  und  nd.  sprote,  sprate  als  entsprechung   des  hd.  sprosse. 
SPRÖSEN,  verb.: 

(loch  das  stehet  auch  nicht  fein,  wenn  man  pTünder  einzulösen, 
und  die  Jungfern  wollen  sich  so  erschrecklich  drüber  sprösen, 
wenn  das  spiel  ein  spanisch  creutze,  oder  sonst  was  anbefielt, 
lieber  gar  davon  geblieben,  als  verdrieszlich  mit  gespielt. 

PiCANOEt    1,  441. 

vgl.  sprusen  unten. 

SPROSSE,  m.  f.,  SPROSZ,  m.  zu  sprieszen,  mit  verschiedenen 
bedeutungen,  die  in  der  heutigen  Schriftsprache  in  sofern  nach 
form  und  geschlecht  getrennt  sind,  als  im  sinne  von  querholz 
und  ron  hautfleck  hier  nur  das  f.  sprosse  gilt,  im  sinne  von 
schöszling  meistens,  nicht  ausschlieszlich .  sprosz  (sprosse),  m. 
gebraucht  wird,  nur  ßr  sprosse,  hautfle-k,  das  vielleicht  aus 
dem  nd.  übernommen  ist,  läszt  sich  ein  älterer  gebrauch  als  m. 
nicht  mit  sicherheil  erweisen,  im  sinne  ron  querholz  an  der  leitet, 
in  der  bis  zum  15.  jahrh.  allein  belegten  bedeutung  ist  ahd.  {als 
einzige  form)  und  mhd.  ein  schwaches  m.  (sprojgo,  sproj^e)  be- 
zeugt, in  der  bedeutung  schöszling,  die  doch  wol  als  Voraussetzung 
für  jene  zu  gelten  hat,  ist  «n  schwaches  m.  erst  von  frühnhd. 
zeit  an  belegt,  neben  dem  etwa  gleichzeitig  im  selben  sinne,  dann 
auch  in  der  bedeutung  ^querholz'  ein  starkes  m.,  wol  eine  jüngere 
bildung,  auftiitt.  im  ersteren  sinne  ist  dies  heute  bei  singu- 
larischem gebrauch  häufiger  als  das  schwache  m.,  das  so  im 
eigentlichen  gebrauch  überhaupt  nicht  mehr  üblich  ist,  während 
der  früher  ziemlich  gebräuchliche  starke  plural  heute  seltner  ist 
als  der  schwache,  später  als  das  m.  kommt,  vielleicht  unter  ein- 
flusz  der  schwachen  pluralform,  für  beide  bedeutungen  das  f. 
auf,  das  im  sinne  ron  querholz  {so  schon  mhd.  renner  20281, 
s.  unten  2)  das  m.  völlig  zurückgedrängt  hat,  anscheinend  wesent- 
lich unterstützt  durch  Gottscheds  scharfe  Scheidung  zwischen 
sprosz,  reis  und  sprosse,  /'.  querholz  an  einer  leiter  (vgl.  unten 
1  und  2).  frühnhd.,  mundartlich  auch  heute  begegnen  nebenformen 
mit  u  (s.  unten  1  und  2),  mundartlich  auch  formen  mit  affrikata 
statt  der  spirans  (s.  unten  l  und  2).  vgl.  mnd.  sprate ,  leiter- 
sprosse.  Schiller -Lübbes  4,347',  sprote,  sprute,  fleck,  sprösz- 
ling.  348,  nnd.  sprate,  sprote,  sprute,  oft  f.,  spröstling,  durchweg 
mit  diesem  genus  als  leitersprosse  und  hautfleck  (s.  unten  2  und  3) ; 
mndl.  Sporte,  nndl.  sport,  f.  (mit  melathesis?),  leitersprosse. 
Francs  e/ym.  wb.  943,  mndl.  sproete,  nndl.  sproet,  f.  Sommer- 
sprosse 946  neben  mnld.  sprute,  nndL  spruit,  f.  schöszling 
(vgl.  engl,  sprout)  947;  ags.  sprota,  m.  schöszling,  pflock  Bos- 
woRTH-ToLLER  906*  neben  sprot,  n.  schöszling.  ebenda,  mit  anderer 
ablautsstufe  mengl.  sprute,  nengl.  sprout,  schösiUng;  anord. 
sproti,  m.  schöszling,  stock  Cleasbt-Vigfcsson  584',  schwed. 
sprote,  m.  breiter  span,  die  sprosse  neben  sprate,  dünner  stock, 
die  sprosse;  auch  spriesze  oben. 

1)  sprosze,  sprosse,  sprosz,  sprusze,  sprusz,  zurev/u5. 
DiEF.  568',  eyn  sproj,  sprosz,  sprusz  aller  vel  allerley  kreuter, 
thyrsus.  585',  sprosz,  zweig,  germen.  Dasypodiüs,  sprosz, 
zweig,  m.  sourgeon,  scion,  bouton,  germe.  Hclsios  (1616)  304*, 
sprosz  (druck fehler?,  aber  auch  sprössung),  zweig,  germogUo, 
germe,  rampollo,  seme  de  gli  alberi.  (1618)  1,236*,  sprosz,  m. 
germen.  Schottel  1420,  sprosz,  der  (plural  belegt  als  sproszen 
und  sprosze),  germen,  surculus,  turio,  auch  sprosze,  die,  sur- 
culus.  Stieler  2098,  sprosse,  sprossen,  plur.  germe,  surculo, 
rampollo,  propagine,  butto,  getto,  broccolo  {als  m.  belegt).  Kramer 
deutsch-ital.  diet.  2  (1702),  896',  sprosz  (der,  plur.  sprosze, 
sprosze)  und  sproszen  (der,  pjur.  sprossen)  germen,  surculus. 
Steinbach  2,  644,  spross,  surculus,  germen.  Wächter  1573, 
sprosz,  sprosse,  germen,  surculu.^.  Frisch  2,309*,  sprosi, 
germen,  ein  hervorschieszendes  reis.  Gottsched  sprachk.  142, 
der  sprosse,  des  sprossen,  pJur.  die  sprossen,  oder  die  sprosse, 
filur.  die  sprossen,  ein  junger  hervor  sprossender  theil  oder  zweig 
eines  gewächses.  Adelung,  der  sprosz,  sprosse,  flectiert  sprossen, 
oder  die  sprosse,  was  sproszt,  in  die  höhe  wächst.  Campe,  der 
sprosz  (o  A;urz),  gen.  sprusses,  plur.  sprosse,  gekürzt  aus  der 
sprosse,  flectiert  sprossen,  pflansenlrieb ,  nachkomme  eines  ge- 
schleelites.  Wbiga;<d^  2, 782,  heute  meist  im  sing,  stark,  im  plur. 
schwach,  in  uneigentlicher  anwendung  [vgl.  b)  oft  auch  im  sing, 
schwach,  mundarllieh,  so  in  Slrirge  a.  //. ,  auch  schprusz,  m., 
schprusze,  f  Liesenbkrg  202,  bair.  auch  sprusz  Scbm.*  2, 706, 
cimbr.  sproz  cimbr.  wb.  235*,  mnd.  sprute,  sprote,  sprosz, 
spröszling.  Scbiller-LCbren  4,  3is',  nnd.  spiate,  germen,  sur- 
culus. brem.  wb.  4,976,  spraten ,  spröszlinge,  besonders  com 
braunen  kohl  im  frühjakr,  Schützb  4,  175,  ebenso  sprulen 
Däbnert  454*.    Dam  NEIL  207*,  sprute,  f.  Wueste  252',   sprute, 

10* 


151 


SPROSSE 


SPROSSE 


152 


spröl,  sing,  tew  DüoBiikAAT  Kooi.han  3,  29o',  8pr°üt*n ,  plur. 
Bauer  -  CoLLiTz  9S',  sprö(e,  f.,  plur.  spr6ten.  Scham  bacb  20ti\ 
a)  in  eigentlicher  anwendung ,  als  sprosse ,  m. ,  noni.  sing. : 
neuer  sprosse,  germe  nuovo,  nuovo  rampollo,  soreolo  novello. 
Krameh  deutsch-it.  diel.  2(1702),  896*;  in  der  pluralform  sprossen 
(sproszen):  sproszen  bringen,  surculos  ferre,  progtuerart. 
Stikler  209S;  junge  sprossen,  rampolli  teneri,  sorcoli  novelli. 
Krämer  deulseh-ital.  diel.  2  (1702),  896';  kohl-  o  kohlsprossen, 
werschingsprossen,  broccoli  di  cavoli,  di  verti.  ebenda;  etliche 
sprossen  abschneiden,  gertnina  quaedam  abscindere.  Stein bach 
2,644;  die  sprossen  steigen  über  den  bäum,  surcüli  tram- 
seendunt  arborem.  ebenda;  junge  sprossen,  koLlsprossen. 
AoELDNc;  die  sprossen  der  bäume.  Cahpk;  der  rosenstrauch 
treibt  sprossen  oder  sprösziinge,  wenn  er  neue  thcile  aus 
•einen  wurzeln  treibt.  KrCmtz  encyd.  162  (i83i>),  167; 

die  saat  im  aurgeschossen 

und  reizt  der  scliniuer  band, 

die  blättervollen  sprossen 

beschatten  berg  und  land.    Hagedorn  3,  70; 

•r  {Zi^iltyi)  flattert  um  sprossen  und  garben.   98; 

das  vögelcbeu  springt 

auf  sprossen,  und  singt: 

der  lenz  ist  erschienen!    Voss  4(1802),  114; 
laubige  sprossen  des  baums,  von  blinkendem  golde  gerötbet, 
spielten  um  goldene  äste,  die  friicht  aus  golde  beschattend, 

Ovids  veiw.  1,238; 
indem  er  (der  lein)  täglich  neue  sprossen 
vom  winterschlafe  zieht  empor.     Lenau  2, 162  Koch. 

(vgl:  wolde  ghan  enes  morghens  in  eren  kolghardea  unde 
lesen  wal  sproten.  quelle  bei  Schilleb-LCbbeh  4,  348*;)  in  der 
gleichen  form  als  nom.  sing.,  völlig  veraltet: 

er  (Ji-sus)  ist  herfür  geschossen, 

§leich  wie  am  Libanon  ein  ungekiümter  sprossen, 
er  mit  der  wurtzel  recht  bisz  in  den  abgrund  reicht, 
und  einen  gipfel  hat,  der  sich  dem  hiramel  gleicht- 

Fleming  92; 
tn  der  form   sprosz:   surculus,   germen  novellum,   ein  junger 
sprosz,    so   weit   es    ein  jähr  treibt.    Corvinus  fons   latinit. 
1  (1660),  652';   junger   sprosz,   germen  tenellum.   Stieler  2098; 

in  flug  eilend  zum  hohen  ziel, 
das  mit  beiligem  sprosz  bardeu  umschatteten, 
hin  zum  höheren  ziele, 
das  der  himmlischen  palm'  umweht, 
sang  die  zürnende  (Deutschlands  muse)  mir. 

Klopstock  1,  109; 

den  cicaden  nicht  ungleich,  die  in  der  waldung 
titzend   auT  laubigem  sprosz,   hellschwirrende   stimmen   er- 

gieszen.    Voss  ll.  3,  152; 
aber  Amalia  brach  von  der  Sinarose  des  fensters 
einen  belaubeten  sprosz,  der  zwei  halb  ofTeue  blQmlein 
trug  mit  knospen  umber,  und  Tügl  an  den  busen  der  braut  ihn. 

ged.  1(1825),  HO. 

tntf  absichtlicher  gesuchtheit  des  ausdrueks:  gelüstet  dich  nach 
dem  sprosz  des  grases,  weshalb  beiszest  du  nicht  in  gras? 
Ihuebhann  2,84  {ilünclih.  3,9)  boxbergtr;  im  plural  (vgl.  sprösse 
Opitz  ps.  80,6  uii(«n): 

und  die  mütter  brachten  den  knaben  sprosse  der  palme. 

Klopstock  6,66  (Mm.  17,  268); 
neben  ihr  spielte, 
streute  blumen  ihr  in  den  weg  der  knabe  Nephtboa, 
junge  blumen,  und  sprosse  mit  halbgebildetem  laube. 
/,^„.  .         „        :  190  (««•««.  19,511). 

jreur .  einen  Herminoon, 

der  unter  den  tausendjährigen 
eichen  einst  wandelte, 

unter  deren  alterndem  sprosi  ich  wandle.    1,  241 ; 
l'eniheuii   indeis  von   der  steile  der  felshöhn  schauete  alles, 
iB  einbeimischen  sprosse  versteckt,  dem  alteuden  mastjrx. 

Voss  Theokr.  id.  20,  11. 

tprusse  itidlich  alt  f.  (vgl.  lisRDKt  i.  phil.  u.  gesch.  3,  17  und 
öfter  unten) : 

dufte  sprüht  die  junge  sprosse  fernehin.  TLiTiN  7U*. 
•prusse,  f.  in  der  botanik  als  technischer  auidruck  ein  kriechender, 
aus  der  wursel  entspringender  Uiel,  voraus  eine  neue  pflanse 
entsteht,  stolo.  Campe,  sprosse  (sprussc),  sprosz  in  vergleichen 
(cgi.  KiEHiNC  32  o6«n):  as  junge  sprossen  der  oliveuboeuie, 
sicut  noteüat  otivarum.  köln.  quelle  des  li.  jalirh.  in  Krummanns 
teiischr.  2,  45S';  wie  ein  jungt-r  sprosz  steigt  es  (Rum)  hervor 
■US  dem  uralten  bobleo  stamme  der  ehemals  erhabnen  uti- 
geheuren  eiche.  Hbinse  Ardingk.  i  (1787),  6; 

to  wtcbsl  der  wiofel  der  freybeii  hoch,   und  sie  währt, 

wU  dl«  eich',  und  ihres  Sprosses  sprösxliugl   Klopstock  9,232; 

und  wie  des  frühlingi  tsrte  sproasea. 

M  wuchs  io  Ihm  «in  iDorer  »inn.    Novalis  I,S24  Neistner. 

in  aufgeführten  bildern :  darumli  vue  des  fewrs  flsnitiie  slroh 
verzt-ret,  und   die   lube   stoppeln   hin    uiuipt,  uisu  hiiJ  jre 


wurtzel  verfaulen,  und  jre  sprossen  auffaren  wie  staub,  denn 
sie  verachten  das  gesetz  des  herrn  Zebaoth,  und  lestern  die 
rede  des  heiligen  in  Israel.  J«.  5,  24;  (ton  der  regierung  eines 
weisen  fürsten:)  der  jungen  sprosse  kommt  er  zu  hülfe,  und 
niininl  sie  in  schütz  gegen  das  unterdrückende  unkraut. 
HERnER  X.  phil  u.  gesch.  3, 17; 

den  bergen  kundl'  er  {der  weinslock,   bildlich  für  das  jüdische 

Viilk)  schatten  reichen, 
die  sprösse  hohen  cedern  gleichen, 
die  äste  hiengen  überher 

vom  rothen  bisz  zum  grossen  meer.  Opitz  pn.  80,6; 
seyd  stoltz,  auch  ihr  saht,  dichter,  wo  durch  die  irr' 
ein   steiler  pfad  ging,    ohne  die  frischuug  {dip  <iii Erkennung 

durch  Fni'diich  il.  i/r.),  wuchs 
im  hain'  (der  deitisclien  dichlunq)  es  fort,  und  neue  sprosse 
sauselten,   rauschten  von  frühlingslüfien.      Klopstock  2,  29; 

klimmen  wir  nie   hinauf  su  der  höh  (der  lebftisanschuuung), 

wo  nur  wenig 
wahres,  hier  sprosz,  da  beichatter,  dem  orkan  steht, 
und  wollin  du  dem  dichtverwachsnen 
wald'  ohne  blul  nicht  entrinnst?    72; 

(tu  Chrisluf,  in  betuq  auf  tnrnschen :)  pflege  der  zarltn 
biegsamen  sprosse,  dasz  sie  zu  jeder  fruchtbarkeit  reifen, 
welche  du  in  sie  legtest.      4,242  (.Mk»«.  10,884); 
wähnst  du  (brudei),  sie  dufte,  diese  rose  (mddchenliebe),  stärker 
als  das  rankengewebe,  das,  mit  tausend 
armen,  uns,  und  kräuselnden  sprossen,  fester 
stets  uns  umschlinget?     Stolbsrg  1,242; 

gnomiseh:    ists  io  dem  spätjahr  unsers  lebens  zeit, 

neu  auszusäen?    neu  verdienst  zu  pflanzen? 
der  dürre  stamm  treibt  keine  sprossen  mehr. 

Schiller  l'icc.  2,  7  viniiiiiU-  {i:jl.  sehr.  12,126). 

sprosz  eigenartig  in  verbale  bedeutung  umschlagend,  wie  sie  eine 
derartige  form  an  sich  sehr  wol  haben  kann: 

darum  erbub  höher  er  (der  bäum,  im  bilde  fiir  den  könig  der 

Assyrcv)  sich,  wie  die  andern 
bäum'  im  geflid !    und  es  ward  ihm  zu  der  äste 
vollem  sprosz  und  der  zweige  wassers, 
sie  zu  verbreiten,  genug!    Klopstock  6,  245  (Hess.  20,  334). 

b)  in  freiem  bildlicher  anwendung :  je  vielfacher  die  innere 
Organisation  des  gescböpfs  zur  feinern  lebenswürme  ward, 
desto  mehr  sehen  wir,  wird  dasselbe  fähig,  lebendige  zu 
empfangen  und  zu  gebähten,  abermals  eine  sprosse  desselben 
groszen  lebensbaumes  durch  alle  gattungen  der  geschöpfe. 
Herder  ideen  z.  phil  d.  gesch.  80,  26  (3,1)  £ü/infniann;  die 
edelsten  Verbindungen  bienieden  werden  von  niedrigen  trieben, 
wie  die  schilTarth  des  lebens  von  widrigen  winden  gestört 
und  der  schöpfer,  barmherzig-strenge,  hat  beide  Verwirrungen 
in  einander  geordnet,  um  eine  durch  die  andre  zu  zühmeu 
und  die  sprosse  der  Unsterblichkeit  mehr  durch  rauhe  winde 
als  durch  schmeichelnde  weste  in  uns  zu  erziehen.  187,  23  (5, 6) ; 
unmöglich  würe  die  ausschlieszung  aller  solcher  (würter), 
die  im  l)oden  unsrer  sjtrache  lüngst  wurzcl  gefuszt  und  aus 
ihr  neue  sprossen  getrieben  haben.  J.  Ghimm  vorr.  i.  d.  wb. 
(oben  theil  l)  xxvii; 

hier  (in  diesem  leben)  treibt  der  geist  die  ersten  sprossen, 
was  hier  gekeimt,  das  reilfet  dort.      Drollinckr  23; 
verdirbt  bey  stillem  reiz,  vom  laster,  das  er  flieht, 
kein  unbemerkter  sprosz  ihm  sein  dort  grosz  gemuth? 

/.EftNiTZ  84.     rgl.  Scuönaicu  ni-ul.  ivb.  337,  36  Konter; 
viel  zweig'  und  sprossn  haben  die  lugenden:  .    . 
viel  zweig'  und  sprosse  hat  auch  die  böse  iliai. 

Klopstock  7,  16; 

er  erstach  mir  meinen  vater,  . . . 

Ihn.  der  ehre  deines  reiches 

ersten  sprosz,  in  deiner  kröne 

ihn,  den  ersten  edelstelu.    HKRoia  28,409  Suphan; 

und  dieses  leben  sollt  ihr  billig  kennen, 

das  land  wohl  kennen,  dem  es  angehört, 

'das  immerdar  in  seiner  flureii  mitie 

den  deutschen  biedersiuu,  die  eigne  sitle. 


der  edlen  freiheit  iungsieu  sprosi  genährt'. 

GutuK  II, 


331; 


vgl  auch  ehren-  &  tugciulsprosze  (plur.),  soboles  virtutis  et 
honoris.  Stiller  '2098.  tur  beieiehnung  einer  rethe  von  einander 
abslammendei-  oder  blutsverwandter  menfchtn,  etnem  getchleciU 
(vom  Verhältnis  tu  einer  grösseren  gemeinschaft  aus):  da  Karl 
der  grosze  der  gipfel  dieser  um  ganz  tumpa  verdienten  sprosze 
ist,  so  möge  sein  bild  uns  statt  aller  dastehn.  Herder  ideen 
s,  phxl.  d.  gesch.  745,  u  (18,3)  Kuhnemann;  beide  (würden  des 
königs-  und  proiihelcnlliumrs)  verlieh  er  (goU)  als  erbschafl 
meiner  vUter  und  ahnen,  unserin  sprosz  auf  kind  und  kindes- 
kind.  ÜiKTERici  streit  swischen  mensch  u.  thier  (1858)  24.  ihnltek:  1 
es  (das  jüdische  volk)  war  das  einziggeliebte  Volk  gotles,  schon  f 
in  seinen  vorfahren  erwählt:  kein  segen  kuiiiint  auf  irgend 
eine  neue  sprusse  desselben,  wu  uicht  zugleich  ein  lluch  auf 


153 


SPROSSE 


SPROSSE 


154 


üie  benacbbarteD  stamme,  sollten  es  auch  brüder  und  nahe 
verwandte  seyn,  fiele.  Herdeb  z.  rel.  u.  Iheol.  2,4.  oft  von 
einzelnen  personen,  tn  ^anuhung  Uirer  abstammung  von  den  altern 
und  vorfahren'.  Campe,  tgl.  nachsprosz,  nepos.  Stieleb  2098. 
gern  wird  dabei  das  geschücbt,  die  familie  als  stamm  bezeichnet 
[L-gl.  stamm,  Stammbaum  unten): 

öde  trauren  um  die  sprosse  (p'ttr.) 
seines  edlen  beldeusianimes 
Remlings  aninutbsTolle  thale 
und  das  alternde  Kastell.     Stolbkrg  1,  00; 
Aifir  ....  wer  wars?   wer  hat  mein  einzig  kind  gerettet? 
Ainenaide . .  der  letzte  sprosz  des  hoben  ritterstammes, 
der  gröszte  sterbliche,  der  mich  nun  auch, 
wie  jedermann,  verkennt!    es  ist  Tancred! 

GöTHE  7,  309; 

init  vergötternder  Inbrunst  schaute  das  weissagende -äuge  des 
blühenden  kindes  (Christi)  auf  die  tage  der  Zukunft,  nach 
«einen  geliebten,  den  sprossen  seines  götterstamms,  unbe- 
kümmert über  seiner  tage  irdisches  Schicksal.  Novalis  i,  96 
Meisiner.  man  sagt  aber  auch  sprosz,  sprosse  eines  geschlecbts, 
bauses,  einer  familie  u.  dgl:  von  jeher  hielt  es  die  familie 
so,  dasz  die  neuen  sprossen  in  dem  wohnsitze  des  senioris 
familiae  intabulirt  wurden.  Hippel  S  (1828),  lOS;  auf  diese  weise 
war  die  genesis  sämmtlicher  gräflich  Blankenspeerscher  und 
Schneider  Morgensteruscher  sprossen  abgehandelt  worden. 
Hauff  2,827  {sktzzen,  letztes  stück)  Reclam;  sie  {die  Heruler) 
senden  aus  Ulyrien,  wo  sie  damals  siedeln,  eine  gesandtschaft 
nach  Skandinavien  zu  dem  königlichen  stamm  ihres  volkes, 
um  von  dort  einen  sprosz  ihres  erlauchten  geschlecbts  zu 
holen.  Freytag  17  (1S97|,  77;  zur  zeit,  wo  meine  erinnerung 
beginnt,  war  nur  der  staatshof  noch  im  eigentbum  der  familie 
(weiblicher  familienglieder)  , .  .  der  letzte  männliche  sprosse  war 
als  fünfzehnjähriger  knabe  auf  eine  gewaltsame  weise  ums 
leben  gekommen.  Stör«  sämtl.  werke  l  (i899),  58; 

denn  mein  vater  verliesz  mich,  einen  weisen  in  seinem 
bause;  die  mutter  zog,  zwiefach  an  sorge,  mich  auf, 
aber  sie  hat  mir  nicht  die  hochzeitfackel  getragen, 
sab  vom  fröhlichen  sprosi  keine  belohnende  Irucbt. 

Hbroer  :.  seil.  lit.  u.  k.  10,  35 ; 

ein  sprosse  des  gefährlichen  geschlecbts, 

Tancred,  ist  übrig.     Göth»  7,242; 
wenn  um  würdige  männer  und  züchtige  mütter  und  schöne 
sprossen  der  edlen  sie  (die  glockeu)  ballten. 

Cludids  bei  Caipk; 

im  alter  fallen  seb'n  die  tbeuern  sprossen, 
sich  kinderlos:  ein  trauriges  geschick! 

CoLLiN  bei  demselben; 
ihm  versetzt  der  jüngste  sprosz  des  Abbas.    Platen  323*; 
ein  kreuz  auf  hohem  felsen  blickt  nieder  in  das  land 
und  zeigt  den  ort,  wo  bebend  einst  tlabsburgs  sprosse  stand. 
AwAST.  GaÖJi  der  letzte  riltei*  103; 

ich  {könig  Alpher)  musz  gesandte  schicken  und  friede  heischen 

und  band 
und   musz  den  eignen  sprossen  als  geisel  stellen  zur  stund. 
ScHEfFKL  tMeh.  (1886)  393. 
iknlieh:  mein  vater  .  .. 

erkor  zur  zweiten  eh'  ein  niedrig  weih, 
das.  neidisch  auf  des  ersten  bettes  sprossen 
und  überall  Vorwurf  sehend,  weil  sie  selbst 
sich  Vorwurf  zu  verdienen  war  bewuszt, 
den  xorn  des  vater*  reizte  gegen  mich. 

Gkillpaize*  4  (18S7),  19. 

sprossen  wie:  iindtr,  ohne  deutliche  beziehung  auf  abstammung, 
mehr  auf  das  lebensalter  deutend: 

holde  kioder,  zarte  sprossen, 

bleibet  in  dem  vorhof  stehn.    Göthe  14, 191. 

sprosse,  f.  von  einer  «eiblichen  person,  in  bezug  auf  ihre  ab- 
üammung:  im  grabe  noch  kehrte  sich  der  selige  uronkel  um, 
wenn  er  davon  hörte,  ein  schustersuhn  habe  seine  leibliche 
sprosse  zur  redoute  geführt.  Klamer  ScBaiDTÜrom.dicAtun^^nSOS; 
ohne  solche  bexiehung,  wol  auf  jugendliches  alter  gehend: 

denn  ich  klage  dich  (Helivdora)  schwer  —  o  schwerbetrübel, 

iudesz  du, 
süsse  scliatiengestall,  unter  den  todten  nun  wohnst, 
mir  entrissen,    wo  bist  du,  schöne  sprosse?    wer  bat  mir 
deine  blume  geraubt?    acb,  der  entstellende  staub. 

Hkidei  26,  31,  12  Suphaii. 

sprussen.  m.  als  technischer  ausdruck  in  der  Zoologie:  ein  ander- 
lUül  theilt  sich  ihr  (niederer  Ihiere)  leib  in  sprossen  wie  bei 
pllanzen.  und  jeder  sprussen  wird  ein  ganzes  tbier.  Okkn  4,314. 
1)  ahd.  sprojjo,  gradus  (scalae)  Graff  6,402,  tnAd.  spro; je,  m.  ^. 
letlersprosse  Lexsr  mhd.  handwb.  2,  1120,  sproj,  m.  schwach 
ScBuNBACu  ad.  pred.  i,  288,  4  (f.  unten),  nhd.  sprosz  vel  sprüssel, 

rts  OiEF.  268'  (t.  1482),  sprosz,  Staffel  in  einer  leyter,  in. 


gressüs,  escheüon.  Scbottel  1420,  sprosze,  die,  idemquod  sprosz, 
surcvlus,  sed  praeterea  nolat  gressum,  et  gradum  scala«  gesta- 
toriae,  climacter  etiam  dictus.  Stibleb  2098,  sprosse,  it.  sprosset, 
sprüssel,  sprossen,  plur.  pivolo,  pirolo,  pirvölo,  pirlo  della  scala; 
scalino.  Kraiibr  devlsch-ital.  dict.  2  (1702),  896',  sproszen  (der, 
plur.  sprossen)  an  einer  leiter,  gradus  scalarum.  Steirbach 
2,644,  die  sprosse,  ein  ^uerAoiz  an  einer  leiter.  Gottscheu 
sprachk.  142,  diejenigen  stecken  in  den  leitern  und  wagenleitem, 
welche  besonders  in  den  erstem  stall  der  staffeln  dienen.  Aoelcng, 
rundes  oder  plattes  querholi  in  der  leiter.  Caüpe,  Stäbchen  als 
Staffel  in  einer  leiter.  Weigahd^  2,  782,  in  der  heutigen  Schrift- 
sprache auch  nur  sprosse,  f.,  aber  noch  mundartlich  der  sprosse, 
so  in  Handschuhsheim.  Lenz  67*,  nass.  meiitens.  Kebbein  1, 3S6, 
oberhess.  der  sprosz  neben  die  sprosse.  Cbecelics  2, 802,  mit 
affricata  statt  der  spirans  appenx.  sprotza,  m.,  plur.  sprOtza, 
sprosse  an  der  leiter,  der  krippe.  Tobler  28i',  auch  mit  anderem 
stammvocal  sprussen,  acc.  sing.  m.  Lctheb  3,  3b'  (s.  unten), 
mundartlich  scbprusze,  f.,  so  in  Stiege  a.  H.  Liesehberi;  202; 
mnd.  sprote  (bezeugt  sprate),  gewöhnlich  trame.  Schiller-LCbbe.n 
4,347',  nnd.  sprote,  f.  Woeste  252':  l  engl,  von  einer  leiter 
zu  sprossen,  quelle  des  \h.  jahrh.  bei  bi£T.-\\'tLcini»&60;  (einer) 
band  jn  also  hart  an  einen  sprussen  an  seinen  hals,  das  jm 
maul  und  nase  blutte.  Ldther  3,35';  der  dieb  am  galgen,  da 
jhm  der  hencker  sagt:  noch  ein  sprossen.  Fischabt  groszm.  69; 
weite  und  enge  sproszen,  transtersaria  laxa  et  arcta,  larga  et 
angusta.  Stieles  2098;  den  sprossen  zerschneiden,  gradum 
incidere.  Steinbacb  2,644;  einen  sprossen  heraus  nehmen, 
gradum  tollere,  ebenda;  die  sprossen  sind  nicht  gut  befestiget, 
radii  male  haerent.  ebenda; 

ist  etwas  in  stücken, 
so  ist  sein  (des  buttern)  erstes  werck,  es  wiederum  zu  flicken, 
verkeilet  alles  wobl,  liebt  neue  sprossen  ein  (an  der  boden- 

uder  an  der  wayenleiler), 
dasz  alles  bej  der  saat  im  stände  möge  seyn. 

PiCANOER  1,417; 

des  klostergartens  mauren  waren  leicht 
auf  hoher  leiter  sprossen  überstiegen. 

Schiller  braut  v.  Mess.  1603; 

bildlich:  an  demo  fucftin  spro2;<eu.  Noteer  bei  Graff6,  402; 
dirre  leitersprojjin  sint  v&mfzebne,  wane  mit  vunfzebn  estiu 
der  minne  sol  man  cumen  zu  himele.  der  erste  sprojje  ist 
die  gedult ...  an  disen  sprojjen  setze  wir  die  vöje,  ob  wir 
durch  got  lieden  ungemach  als  er  durch  uns  leit.  der  ander 
sproj  ist  die  gute  die  uns  genujit  den  engelin.  ScBönaAca 
ad.  pred.  i,  288, 1.  4;  ir  stSnt  an  dem  ersten  sprojjin  der  leiterin. 
quelle  bei  Leier  mhd.  handwb.  2, 10;  nu  hab  ich  gesucht  und 
funden  etwa  bey  drey  und  zwaintzig  sprossen  und  f&szstapffen 
dardurch  der  herr  ist  aufgestigen,  als  durch  ain  laiter  in  sein 
hailigs  leiden.  Keisersberg  schiff  der  pen. 'i' ;  der  erst  spross 
ist.  anoemung  der  traurigkait,  wölcher  nachvolgen  will  Christo 
dem  herrn  in  seinem  balligen  leiden,  der  setz  sein  füsz  auf 
disen  ersten  sprossen  auf  die  traurigkait  und  forcht.  74';  ich 
aniwurt,  wir  dörfften  wol  einer  leiteren  sollen  wir  änderst 
im  (Christus)  nach  steigen,  und  an  dj  ort  kumen  da  er  bin 
gefaren  ist.  was  seint  aber  die  sprossen  (sprichst  du)  daran 
wir  uff  mügen  steigen.  . . .  der  ander  sprosz  ist . . .  brauchen 
die  werck  der  barmbertzigkeit.  Sünden  des  munds  86';  der  sich 
in  der  poeterey  etliche  sprossen  höher  verstiegen  hatte.  Weise 
kl,  leute  287;  nun  begreife  ich  sehr  wobl,  wie  uns  der  dichter 
aus  einer  jeden  leidenscbaft  zu  der  ihr  entgegenstehenden, 
zu  ihrem  völligen  widerspiele,  ohne  unangenehme  gewaltsam- 
keit  bringen  kann;  er  thut  es  Uüch  und  nach,  gemach  und 
gemach;  er  steiget  die  ganze  leiter  von  sprosse  zu  sprosse, 
entweder  hinauf  oder  hinab,  ohne  irgendwo  den  geringsten 
Sprung  zu  thun.  Lessirg  7, 121;  Wielands  plaisanterie  über 
den  bunkel  ist  so  gerecht  als  lustig,  und  Nikolai  mag  sie 
auch  wobl  gegen  ihn  verschuldet  haben.  12,  522;  wir  sind, 
m.  h.,  oder  wollen  wenigstens  seyn,  die  erste  sprosse  auf 
der  leyter  der  frei  handelnden  selbständigen  geschöpfe.  Lenz 
2,  204;  die  Stufenleiter  (der  sprachentwicklunq)  setze  ich  fol- 
genderiiiaszen  an.  die  erste  sprosse  und  aller  grund  ist  das 
verbuni  und  von  da  wird  zum  participiuiu,  dann  zum  ad- 
jectivuin  und  subslantivum  fortgestiegen ,  hernach  zu  den 
Partikeln  und  auf  oberster  sprosse  zu  den  fleiionen.  J.  Gbimii 
kL  sehr.  1.311;  sie  büffle,  ihn  einst  als  druiden  zu  sehen,  und 
da  stieg  ihre  pbantasie  von  sprosse  zu  sprosse;  wir  würden 
sagen:  pfarrer,  diakonus,  Superintendent,  praelal.  Viscber 
auch  einer  i  (VMO),lbO;  er  iiiöcbt  no  en  sprotza  böcher,  noch 
eine  stufe  höher  (von  einem  rangsächltgen  beamten).  Tobler  381*; 


155 


SPROSSE 


SPROSSEL  —  SPROSSEN 


156 


swer  dise  leiteren  stigea  sol, 

der  bedarr  ze  örsten  woi, 

sol  er  vollen  nilit  herab, 

dat  er  wol  gebihtct  hab, 

und  an  die  ärsien  sproßte»  trete 

mit  vasien,  an  die  andern  mit  gebet«. 

rpiiner  20231 ; 
wolan!   et  Ist  vollbracht,  wir  steigen  durch  den  Tall 
und  aus  der  kercker  grulTt  in  den  besternten  saal, 
weil  leichen  itzt  zu  golt  zu  sprossen  mir  gedeyen. 

A.  Gryphius  1  (1698),  536; 
Ordnung  herrscht«  nicht  (würd)'  nicht  hrriittlieii) 
im  reiche  der  natur, 
die  niemals  nüclitig  springt,  und  stufTenweise  nur 
auf  ihrer  güMnen  leiter  steiget, 
wo  sich  der  mensch  auf  mittlem  sprossen  zeiget. 

Uz  139  (^Tltfodicei-),  108  Sauer; 
auT  der  erde  stehet  die  leiter  der  Weisheit,  und  reichet 
ao  den  himmel;  wir  sehn  wenige  sprossen  von  ihr. 

Stolbirg  1,  408; 
du,  dein  äuge  stralt  so  heiter, 
wie  wenns  neu  erl'nnd! 
eine  spross«  stiegst  du  weiter? 
sag'  uns,  wo  der  kenntnis  leiter 
dir  im  nebel  schwand  !     Voss  4  (1802),  253; 
Daviil.      hier  ist  kein  frevel :  meiner  dame  herz 

mucht'  ich  ersteigen  auf  der  töne  leiter. 
Ahsnion.  o  trauet  eurer  leiter  nicht  zu  sehr! 
es  krachen,  brechen  alle  sprossen. 

UHL4ND  (1864)  164. 

auch  unmittelbar  mit  dem  genetiv  eines  abstrartums  verbunden: 
er  drang  in  die  dicke  flnsterniss,  bestieg  die  morschen  un- 
sichern  sprossen  der  Vernunft.  Klinger  4,271;  sie  schwebte 
noch  auf  der  iezten  sprosse  des  gebeths  —  sie  hatte  die 
erde  noch  nicht  berühret.  Schiller  4,319;  jede  sprosse  der 
endlichen  erkenntnisz  wird  durch  lehre  und  allmälicbkeit  er- 
stiegen. J.Paul  Lev.  1,60; 

und  mit  also  schwankem  gang, 
mit  so  ärmlich  halbem  inutbe 
wolltest  du  der  beri'schart  sprossen, 
du  den  steilen  weg  zum  gi'oszen, 
du  erklimmen  macht  und  rang? 

Grillparzkr  6(1887),  215. 

sprosse  in  einer  raufe.  Jacobsson  4,  23b',  iirippp.  sprosse  in 
einem  fensterrahmen ,  querholz,  dünnes  holzstnck  zwischen  den 
Scheiben.  Aüelükg.  Jacobsson  4,  23S'.  sprosse  in  einem  vogel- 
katig,  querholz,  querstange,  auf  die  der  vogel  hüpft:  das  rotli- 
kehlchen,  mit  leisem  gezirp,  hüpfte  aus  dem  ring  auf  die 
sprossen  und  wieder  von  den  sprossen  in  den  ring.  Fontane 
vur  dem  stürm  1,  85.  auch  sonst  wie  querholz.  weidmännisch 
sprossen,  kleine  Stäbchen  zum  aufstellen  der  rehgarne.  Kehr  ein 
weidmannsspr.  279.  vgl.  weiter  nd.  sprute,  sprftt,  slange  an  der 
kappe  einer  mühk  von  holländischer  bauart,  womit  dieselbe  ge- 
dreht und  nach  dem  uinde  gestellt  wird,  tkn  Do.ornkaat  Koolman 
3,290". 

S)  weidmännisch  sprossen,  die  zwei  untersten  enden  an  einer 
hirsehstange.  Heppk  wohlred.  jäger  (1763)  283".  Kehkein  weid- 
mannsspr. 279,  die  enden  oder  zinken  am  hirschgeweih.  Egcrbs 
kriegslex.i{r.bl),962.  Jacousson  4,23S\  Nemnicb  1,969.  Beblen 
5, 664  liesie  sich  wol  unmittelbar  an  1  anschlieszen,  scheint  aber 
eher  tu  2  zu  gehören  {gleichsam:  querstänglein) ,  wofür  auch 
spricht,  dasz  es  heute  gewöhnlich  als  f.  gebraucht  wird:  er  fühlte 
sich  alle  augenblicke  an  die  slirne;  da  er  aber  weder  geweih 
noch  sprossen  merkte,  schlich  er  sich  wieder  zurück,  um 
hinter  den  myrienhecken  der  ankleidung  seiner  schönen 
nympfe  zuzusehen.  Wielanü  12,  221  (Sylv.  v.  Ros.  0,2). 

4)  im  sinne  von  hautfleck,  sommerfltck  begegnet  mnd.  sprole, 
sprute  {schon  im  Guthaer  arineibuch  spruten,  plur.).  Schiller- 
LObbbk  4,  348*,  nnd.  sprute  Dähnert  454*,  f.  Woestk  252", 
mndl.  sprocie,  f.,  nndi  sproet,  /*.,  ebenso  bei  Schottel: 
•proete  laubllekken,  lentigu,  maculae  subrufae  in  facie.  1420, 
bei  Stieler.'  sprote  (o  ist  hier  wol  miszverständlich  gesetzt  für 
ndl.  nd.  oeaau),  &  sprute,  die,  lentigo,  maculae  subrufae  in 
facie.  2107,  bti  Krämer:  sprole,  sprute,  f.  lentigine,  bro/fa, 
bruffola,  brozza,  deutsch-itul.  dict.  2  {l'M).  swi\  diesen  also  an- 
uhemend  nur  in  nd.  ndl.  lautstande  bekannt,  aber  im  17.  jahrh. 
auch  hd.  sprussen,  lenltculae.  Corvinuh  fons  latinit.  I  (lOUu),  3.'>7': 
ein  anders  {mtUel),  wider  die  sprussen  oder  sprenokeln  im 
angesicbU  roLUR  Oconom.  2(1080),  t23\  nach  (iomhert  zeitschr. 
f.  ä.  wwlforuhung  \,  UO  schon  in  einer  schlesischen  quelU  von  1579 
f onmersprossto ,  ebenso  soramersprossen  (die,  plur.)  vari, 
maculae  faciei,  lentigo.  SrEiNRArH  2,  eit  (zu  sprossen  [der, 
pJur.  sprutienl  germen,  sureulus  gf4rllt),  sing,  totnmersprotie. 
Adeloiic  {unter  sprosse,  m.  eruähnt,  aber  unter  Honimersprosse 
alt  f.  verzeichnet) ,  heute  durchtreg  f.    vgl.  sommertprutie  oben 


sp.  1557.  auszerhalb  dieser  Zusammensetzung  ist  sprosse  in  solcher 
itnwendung,  die  aus  dem  nd.  tu  stammen  seheint,  heute  nicht 
üblich. 

SPROSSEL,  SPRÜSSEL,  subst.,  mit  dem  vorigen  eng  verwandt, 
mbd.  sprügjel,  stock,  leitersprosse.  Lexer  m/ii. /landiofr.  2, 1122, 
vgl.  ahd.  sprujil,  repagulum  (holz  zum  zusperren?).  Graff  6,401. 
auch  nhd.  begegnet  sprüssel,  daneben  mit  angleichung  an  sprosse, 
sprosz:  sprossel,  sprüssel.  das  wort  lebt  heute  hd.  nur  in 
mundarten.  entsprechungen  bieten  das  nd.  und  in  der  bedeutung 
'Sommersprosse'  das  ndl.  das  geschleckt  wechselt,  vgl.  sprieszel, 
sprissel  oben. 

1)  6air.  sprüszel,  m.  sprüszling  Schm.*  2,706,  ebenso  nd.  spralel 
brem.  wb.  4, 97G,  sprötel,  f.  Scbambacb  206'.  übertragen:  ado- 
lescens  ein  Jüngling,  junger  aufgeschossener  mensch,  sprüssel 
ungefähr  von  12  jähren  bis  auf  das  21.  Heupoldius  dict.  (1620)  14; 

den  Jüngling  heist  sie  (ilii-  lorli)  einen  sprüssel. 

H.  Sachs  17,235,  13  ketlei-Cilte. 

2)  sprosz  vel  sprüssel,  ^raduj.  Uief.  268",  sprüssel  an  einer 
laytern,  scalare.  515*,  sprossel,  trames.  592*,  sprüssel,  sprüssel, 
trames.  nov.  gl.  37o',  sprossel  an  einer  leiter.  Corvinus  fons 
latinit.  (1660)  register,  sproszel,  transversaria.  Stibler  2098, 
sprosse,  it.  sprossel,  sprüssel,  sprossen,  plur.  pirolo,  pirolo^ 
pirvolo,  pirlo  della  scala;  scalino.  Krameb  deutsch  -  ital.  dict. 
2  (1702),  896',  sprüssel,  leitersprosse.  Jacobsson  4,  249,  bei  Wei- 
GAND^  2, 783  auch  mit  dieser  bedeutung  in  der  form  sprüssel,  m. 
als  bair.  verzeichnet,  hess.  sprüszel,  m.  sprosse  der  leiter.  Pfister  282, 
nass.  sprossel,  sprüssel,  sprissel,  m. ,  ebenso.  Kebrein  1,385, 
kämt,  spruss"!,  spriss'l,  so  und  ähnlich.  Lexer  kämt.  wb.  238, 
vgl.  ferner  sprissel  unter  sprieszel  oben  sp.  73,  spreiszel  2  oben 
sp.  11  und  leitersprüssel,  m.  oben  theil  6,  736:  von  einem  hundert 
leittersprüssel  zu  fewerleittern  {werden  den  ximmerleuten  gegeben) 
zwelf  Pfenning,  von  der  slat  holtz.  Tucber  baumeisterb.  116, 12; 
darzn  [zum  reinigen  eines  brunnens)  lelie  ich  im  ein  reitleinne  von 
sechunddreissig  klofter  lanck  und  ein  leiltern  von  sechtzeben 
sprusseln.  195, 21 ;  Bernh.  fragt,  welchs  die  zwey  holcz  sint, 
darin  die  sprüssel  oder  stalTel  geflocht  sin  an  einer  leiter. 
quelle  bei  Scbebz-Obbrlin  1546;  Fritz  Dolle  steigt  ein  sprüssel 
oder  zwen  {auf  der  galgenleiler)  hinaull.  Ayber  2845,23  Keller, 
in  bildern: 

die  gern  schier  komen  dar  {ins  himmelreich), 

nemt  einer  kurzen  leitern  war, 

die  hat  drei  spru{{el  und  euch  zwdn 

leiterboume.     rfiniier  20211; 

ain  zwyfacb  layter  vor  dir  schyeb 

von  goites  und  des  nächsten  Iveb  . . . 

steyg  kägklich.  täglich  für  und  für. 

mach  tügent  sprüssel,  stargk  dj  mäng  (eine  qroste  mfnge). 

ScRWAITZKNBERe    153'. 

von  einem  intervall  in  der  musik:  secund ,  ist  in  musica  ein 
auff-  oder  absteigung  eines  sprüssels,  alsz  vom  ut  ins  re. 
Heupolüius  dict.  (I62ü)  344.  im  allgemeineren  sinne  von  stock 
oder  von  stütze: 

er  liiugt  den  rücke,  swenn  er  sich  habet 

durch  euBus  fif  über  die  scbü{{el. 

der  im  setzt  ein  sprü^el  undern  drO(ial, 

da{  er  üf  gerillt  sxio 

doch  die  wile  und  dai  er  xtt, 

der  hat  niht  übel  in  gohandell. 

KoNRAO  v.  IIaslad  jünijliMg  569. 

weidmännisch  sprüssel,  spreiszel,  spuhle,  'die  kleinen  stecken, 
welche  in  die  hühner-  und  Steckgarne  eingebunden  sind,  um  die 
garne  stecken  zu  können'.  Hbppe  wohlred.  jäger  2ii3'. 

3)  weidmännisch  sprüssel,  prüssel,  eissprüssel,  eissprissel, 
die  enden  des  hirschgeweihs,  die  sich  unmittelbar  über  den  augen- 
sprossen  befinden.  Nbmnich  1,969.  vgl.  eisspriesxel,  m.  oben 
theil  3,381. 

4)  mrhein.  (in  Aachen)  sprossel,  f.  Sommersprosse.  MOiler- 
Wkitz  2;i2.  ebenso  ndl.  spructel,  f.;  mnd.  sprotele,  sprutele. 
ScMiLi  er-LObbbn  4,348",  spruetele,  sprolel,  clev.  sproittel, 
cesia,  nevus.  DiEr.-WCLCKKR  860,  sprotlel,  lentigo.  Apbkrdiani 
(j/rociniuni  (I58<))  4U,  mit  nd.  lautstande  in  einem  hd.  lest:  es 
vertreibt  die  linsenlleckeii,  sprutleii  genannt  und  andere  maseii 
des  nngcsichts.  Tabkrnaemont.  (I5s^)742.  i^l.  spriiszliclit  unten. 

SPROSSKLN,  verb.  tum  vortgen  l  oder  ireilerhüdung  lum 
folgenden,  bildlich:  solches  musz  mit  der  Jugent  aiifTstehen 
und  einwachsen:  wie  wachst  es  dann  in  den  allen  pulribus 
ein?  die  verwachsen  seindt  und  kommen  daher,  und  die  zeit 
ist  bin,  haben  nicht  grhiühet,  bnben  nicht  gesproszlet,  haben 
nicht  auszgeschoszU  Paracelsus  opera  l  (leis),  22äC. 

SPROSSEN,  verb.  zu  spniSHe,  «prosz  oder  unmtttelbar  tn 
•prietzen  gebildet,  erst  nhd.  beseugl,  berfür  sprossen,  germiHtrtt  i 


157 


SPROSSEN 


SPROSSEN 


158 


vernare,  pubere.  pubescere,  metaph.  puUulare.  Dastpooids  deutsch- 
lat.  Ihetl,  germtno,  ich  sprosz  herfür,  egermino  ^-  progermmo, 
ich  wachs,  oder  sprosz  weiter  heraus,  lat.  -  deutscher  theil, 
sprossen,  härfür  sprossen,  vil  kleiner  schössen  und  esten 
geben,  dick  in  einandern  von  einer  wurtzen  auff  härfür 
sprossen,  fruttcare.  Maaler  3S2',  sprossen,  herfür  spreussen, 
auszschlagen,  germer,  bourgeonner.  Hclsiüs  (I616j  304*,  fruti- 
cescere  Scbotiel  1420,  sproszen,  gesproszet,  id.  quod  sprieszen, 
excrescere,  in  herbam  pubescere,  germen  emiltere.  Stieler  2098, 
sprossen,  germmare,  germogliare,  butlare,  puUulare,  il.  broccolare. 
V.  sprieszen,  it.  auszschlagen.  Krämer  deutsrh-it.  diit.  2 (1702),  S06', 
ich  sprosse,  ich  habe  gesprosset,  puUulo,  puUulasco.  germino, 
progermino.  Stkinbach  2,644,  sprossen,  mit  seyn  in  gleichem 
sinne  u-ie  sprieszen,  'aber  mehr  in  der  dichteri  chen  Schreibart', 
mit  haben  im  sinne  von  sprossen  treiben.  Adelüsg  (das  von  ihm 
angeführte  part.  gesprossen,  das  üblicher  sein  soll  als  gesprosset, 
gehört  natürlich  2u  sprieszen).  Campe,  entstehend  hervorwachsen, 
sprosz  sein  und  sprossen  treiben.  Weigasd*  2,  782,  mundartlich 
schprussen,  emporspriesten.  Liesenberg  Stieger  mundart  202. 
vgl.  mnd.  spruten,  sprieszen  in  schwacher  flexion.  die  neben  der 
starken  begegnet.  Schiller -LCbben  4,  34S',  nnd.  [neben  stark 
fiectierendem  spruten.  brem.  teb.  4,976.  Woeste  252".  ten  Doorn- 
lAAT  KooLMAN  3,291*,  s.  oben  sprieszen)  spröten,  sprossen. 
Schambach  206*.  Bader -Collitz  98",  mit  schwacher  flexion, 
Sprotten,  sprossen,  brem.  wb.  4,976,  in  besonderem  sinne  ver- 
teichnet  bei  Danneil  207*  (s.  unten  4). 

1)  entstehend,  als  sprosz,  in  sprossen  hervorkommen,  wachsen 
(mit  sein.  Adelung). 

a)  von  pflanzen:  das  gstüd  sprosset  von  der  9rd  auszbin, 
arbusta  saliunt  e  terra.  Maaler  382*;  aus  dem  alten  stocke 
sprossen,  ex  trunco  veteri  puUulare.  Steinbacb  2,644;  es  sproszt 
aus  einem  neuen  reben ,  ex  novo  palmite  puUulascit.  ebenda ; 
die  büitze  sprossen  aus  der  erde,  fungi  ex  terra  progerminant. 
rtendo;  keime,  blumen,  pflanzen,  welche  aus  der  erde  hervor 
sprossen.  Adelung;  eine  lilie  sproszte  zwischen  beiden  aus 
dem  boden.  Götbe  21,  IS;  lustig  schien  die  sonne  über  das 
helle  grün  und  das  sprossende  laub.  Fbettag  8,158; 
wenn  itzt  die  äugen  (lics  ireinstocks)  sprossen. 

Albinos  Salomons  gaitenlied  C"; 
ein  blümchen  sprosze,  wann  wir  gestorben  sind, 
aus  jedem  rasen,  welchen  ihr  fusz  betrat. 

Höltt  99,  13  Halm ; 
alles  musz  sieb,  wo  sie  wandelt,  heitern! 
blumen  sprossen  und  der  wesl  erwacht.    159  (nr.  91),  6; 
gott  sah  herab;  es  schmolz  das  eis; 
seht,  unsre  ähren  sprossen.     Stolberg  2,7; 
einigen  gräbern 
schattete  schon  der  gepflanzte  bäum,  es  sproszte  das  gräschen 
auf  dem  lockern  buden  der  andern.     3,  303; 
ein  blumenglöckchen 
vom  boden  hervor 
war  früh  gesprosset 
im  lieblichen  flor.    Göthe  1,28; 
nicht  ferne  lag  ein  halb  versunkner  stein, 
wo  kräuter,  reich  an  tugend,  sproszten, 
in  jedem  mai  drei  hohe  liiien  schoszten.     Kind  i,  156; 
still  in  die  gruft 
musz  es  ('/ns  körn)  sich  senken, 
eh  es  zum  lichte  die  spitze  kann  lenken, 
sprossen  und  reifen  in  himmlischer  luft. 

RÜCKUT  (1841)^216: 
am  säume  (Jes  sees)  bins'  und  weide  heimlich  (lüstern, 
und  sanftgewiegte  wasserbluraen  sprossen. 

LiNAO  2,  147  Auch; 
wenn  ich  satt  am  sonnentrank 
mich  im  sfid  getrunncn  habe, 
eine  lilie  weisz  und  schlank 

sprosset  dann  aus  meinem  grabe.   Isoldb  Koix  9e(/.S78. 
eigenartig: 

auch  Daphne  Oohe,  zu  keusch!   den  jungen  Apoll, 
und  stand,   und  fühlte  nicht  mehr,  und  sprosste  zum  bäum. 

Rahler  (1772)  20. 

Klopstoci  gebraucht  sprossen  gern  von  zweigen,  laub  als  sieges- 
preis,   wobei  es   sich    zum  theil  um  ausgeführte  büder  handeü: 

dann  hebt  mein  geist  sich,  dürstet  nach  ewigkeil, 

niclit  jener  kurzen,  die  auf  der  erde  bleibt; 

nach  palmen  ringt  er,  die  im  himmel 

für  der  unsterblichen  rechte  sprossen.    ),8S; 

trunken   lieben  sie  sich  {der  i/enius  und  die  kunsl ,  /kt- 

-"»i/id>i7)!   neben  den  glücklichen 
sprosset  der  künftige  kränz.     2,58; 
doch  wenn  du  aller  streite  verwünschter  bist, 
die  hohe  todeslanze  nicht  nehmen  magst: 
so  Ilieli!   der  lluclil  sproszt  sonst  kein  lorber; 
aber  nach  dieser,  wirst  du  gekrönei!    155; 


da,  da  ist  kein  tempel  des  ruhms,  da  sprosset  kein  lorber, 
eures  hauptes  kröne  zu  werden.     6,  154  {Sie»'.  18,  818J. 
ebenso: 

hoch  aus  den  wölken  strahlet  das  ziel  des  geweiheten  köchers, 
jedem  siegenden  pfeil  sproszet  die  palme  des  lohns. 

Stolberc  2,328; 
des  dichters  lorbeer  sproszt  auf  steiler  höh'.    5,77; 
ähnltch:  die  myrihe  sproszt  im  tritte 

der  wöliirahrt  leicht  hervor, 
doch  lim  des  elends  hütte 
scbieszt  Unkraut  nur  empor. 

Novalis  1.231  .Weis:»«). 

vom  harte,  meist  beginnenden  bartwuchs  bezeichnend:  das  gold- 
gelbe haar  bewegt  sich  um  das  gesiebt  (Jasons),  und  die  feine 
wolle  sproszt  um  die  wange.  Göthe  3n,  39;  der  schmucke 
uod  wohlgebildele  jünglmg,  über  dessen  lippen  schon  der 
erste  flaum  sproszte.  C.  F.  Meyer  no».  2. 178; 

da  sproszt'  ihm  {Max  Piccolomini)  kaum  der  erste  fiaum  um's 

kinn.    Schillbr  Hcc.  1, 1; 
jugendlich  sprosste  der  bart.     Voss  Oeiils  verw.  52,  189; 
um  der  lippe  feinen  säum, 
wie  am  rand  der  quelle, 
sproszt  ein  weicher  frülilingsllaum 
a«is  der  jugend  welle.     Rdckert  (1841)  360. 

von  Sommer  flecken: 

Blondine...  ein  wort,  mein  herr !   ihr  seht  ein  klar  gesiebt, 

jedoch  so  ist's  im  leidigen  somraer  nicht! 

da  sprossen  hundert  bräunlich  rothe  Oecken. 

die  zum  verdrusz  die  weisze  haut  bedecken. 

GöTUE  41,  78. 
auch  sonst  gelegentlich  in  uni^ersönlieher  stnnUcher  anwendung 
von  dem,  was  gleich  pflanzen,  pflanzentrieben  wächst  oder  hervor- 
kommt, rein  dichterisch  vom  aufgehenden  monde:  auf  dem  berg 
sproszte  der  mond  wie  eine  geschlossene  lilicnglocke  heraus. 
J.  Paul  Fixl.  30;  blasz  visionär: 

sah  er  vielleicht  allein  nicht  vorher,  was  vor  aller 
aug  in  der  fern  unverhüllt  lag,  der  erobrung 
jammcrerndte?    nicht  hundertfältig 
sprossen  gcbein  aus  gebein?     Klopstock  2,75. 

b)  von  Personen,  zur  bezeichnung  körperUchen  wachsthums  und 
jugendlicher  enticickluny  überhaupt,  meist  mit  Verdeutlichung  des 
unmittelbaren  anschlusses  an  den  gebrauch  von  pflanzen  durch 
einen  vergleich  oder  sonstige  zusammensteUung  damit: 

nie  empfand  ich  sie  einst,  sprossend  ich  selbst, 

jene  maye!     Klopstock  2, 168 ; 
frühlingsbirke,  du  stehst  hier  über  dem  grabe  der  Schwester 
herbstlich  einsam,  und  streust  blätter  und  thränen  darauf, 
deiner  unschuldigen  brüst  will  ichs  vertrauen :  sie  sproszte 
dir  gleich,  leise  vom  hauch  himmlischer  lüfte  bewegt, 
ach  und  vermochte  nicht  zu  bestehn  dem  stürme  des  winters. 
Herder  29.  t'26  Siiiihan; 

denn  er  gedeiht  und  sproszt  empor, 

wie  auf  der  wies"  ein  schlankes  röhr; 

und  lebt  und  webt,  der  gottheit  voll. 

an  kraft  und  Schönheit  ein  Apoll.    Hörgei  51»; 

sproszt  ihr  (d-imm)  wie  des  frühlings  junge  triebe, 

ahmt  die  wange  seiner  rosen  glut. 

soll  das  herz  auch  ahmen  seine  liebe, 

wie  das  herz  des  Irühlings  mild  und  gut. 

Lbnad  I,  417,  1  A'ocA. 

vom  körper  selbst,  ohne  solche  Zusammenstellung,  auf  die  frühste 
kindheit  gehend: 

auch  die  seelen,  die  zarten,  nur  sprossenden  leibern  entflohen, 
sammelten  sich  um  den  seraph  herum,  sie  Qohen  noch  sprachlos, 
mit  der  kindheit  xärtiichem  weinen. 

Klopstoci  3,  45  {Mesf.  1.  670). 

vgl.  ScHö>AiCH  neol.  wb.  257,  34  Röster,  abstammung  bezeichnend 
(vijL  die  schöne  oben  theil  4,2,120)  unter  hervorsprossen  an- 
gefahrte stelle  GüTBE  32,41),  in  wunderlichem  bilde: 

was  aus  dem  zepter  sproszt.   das  soll  kein  knecht  entführen. 
klarer:  Hoffbanmswaldau  hti  Stkimbach  2,644. 

welcher  der  siebente  sproszt«  vom  stamm  des  alternden  Belus. 
.,.,,,        .  .  Voss  bei  Campe 

«na  frei  m  folgender  art: 

aus  ehlichem  beiseyn  sproszte  dann  Herraione.    Göthe  41. 194. 

c)  in  freierer  unpersönlicherer  anwendung.  bei  Klopstock 
heiszt  es  mit  bezug  auf  das  fruhlingsjunge  grün: 

die  luft  ist  heiter,  mein  vater, 
und  verschönt  in  dem  weiten  geQlde  den  sprossenden  frühling. 

5,  9S  (Mrss.  11.  1177). 
ICO   sprossen    kaum,   wie  Campe   wiU,   im    sinne  von  sprieszen 
machen   aufzufassen   ist   (vgl.  unten  2).     so  auch:   so    vergiszt 
sie  (die  natur).    dasz  sie  einen  frübling  voll  blölhenherrlicb- 
keil  hat  sprossen   lassen.  Vischer  auch  einer  l  (1900),  90; 


159 


SPROSSEN 


wo  dir  hieben  und  zwanzig  lenze  sproszten. 

rieben  und  zwanzig  winier  dich  umschloszten, 

sieben  und  zwanzig  mal  der  herbsi  dein  haupt  umnog. 

KOSKGARTKN    fhllflS.  1,  146. 

tn  der  folgenden  stelle  tind  die  Jugendjahre  des  menschen  gemeint: 

tief  in  der  Oberwinder  scbaor  .  .  . 

stand  ein  jüngiing.    die   todesbiässe  der  sprossenden  jähre, 
und  die  geduld,  in  der  blOibe  sich  langsam  sterben  zu  sehen, 
war  mit  anderer  schöne  belohnt,  als  jene,  die  vormals 
den  noch  sterblichen  schmückte. 

Klopstoc«  6,  tl8  (MrFs.  18.  263). 

•n  sonstiger  bildlicher  anwendung,  mit  engerem  oder  loserem  an- 
schluti  an  den  gebrauch  von  pßamen:  die  freundschaft  sprosset, 
näürt  sich  und  wächst  blos  durch  den  genusz,  weil  sie  geistig 
ist  Rode  Montaigne  2,11;  wohin  nur  ein  saamenkorn  des 
Vergnügens  fiel,  sprossen  schon  tausend  keime  des  jamniers. 
Scbii,li;r  2,353;  die  persönliche  tapferkeit,  die  den  beiden 
auszeichnet,  ist  die  base,  auf  der  sein  ganzes  wesen  ruht, 
der  grund  und  boden,  aus  dem  es  bervorsproszt.  GOthe  48, 177; 
als  ich  war  in  Hagraljemame,  —  sproszte  mir  des  übel- 
befindeng  same.  Rücrrrt  11  (iS82),  529; 
wenig  Treuden 

sprosxen  auf  den  ufern  des  leben«! 

ilÖLTT  112,  15  Halm; 

die  blumen  der  gesundheit  sprossen 

auf  ihrem  schonen  angesiclit.     Böncsa  26'; 

sage  {lirudei ),  sproszte  dir  je, 

keimte  mir  je  ein  gedank', 

dessen   hülle  nicht  du 

hobest,  nicht  ich?    Stolbkrg  1,221; 
diese  lügend, 

ich  fürchte  sehr,  ich  kenne  sie  —  wie  wenig 

reicht  sie  empor  zu  jenem  ideale 

das  aus  der  seele  mütterlichem  boden 

in  stolzer  schöner  grazie  empfangen 

freiwillig  sproszt  und  ohne  gärtners  hilfe 

verschwenderische  blüthen  treibt. 

Sdhiller  dorn  Karlot  3,  2; 

es  sproszten  dir  Tiel  schöne  blüthen  der  geselligkeit. 
HöiDERLiN  (1813)  109; 

lange  todt  und  tiefverschlossen, 

grüsxt  mein  herz  die  schöne  weit, 

seine  zweige  blüh'n  und  sprossen, 

neu  TOD  lebenskraft  geschwellt.    I.  147  hösllin. 

blauer:  all  unsere  tbätigkeit,  all  unser  vergnügen  spruszt  aus 
der  geselligkeit.  Schiller  1,32;  rühm,  der  ihm  sogar  aus 
diesem  rückzug  sproszte.  Hauff  11, 140. 

2)  rein  adivisch ,  sprossen  ansetzen ,  treiben  (mit  baben. 
Adeld!<c):  die  bäume  sprossen  schön,  gli  alberi  buttano.  Kramer 
deutsch-üal.  diel.  2  (1702),  896\  Aoeldng;  der  kohl  sprosset 
wieder,   il  eavolo  broccola,  ributta.   Krämer  a.  a.  0.   Adelung; 

briunlich  sprosst  die  eiche 

am  umgrünten  teicbe.    Voss  4(1802),  165; 
emphatisch: 

(du,  Fr.  Stotberg) 

trinkst  aus  jeder  blum'  im  thal, 

aus  jeder  knosp'  am  sprossenden  haupte  des  hains, 

heiligen  uektar  des  gesangs! 

ScHÖNBORN  liei  Stolbrrg  1,  196. 
tn  freier  bildlicher  anwendung:  so  scheine  hingegen  Johann 
Bunkels  erhabene  Sonderbarkeit  die  frucht  eines  genies  und 
einer  einbildungskraft  zu  seyn,  die  durch  romantisches  wesen 
und  religiösen  eifer  wie  in  einem  (reibhause  erhitzt  und  zum 
Rprossen  getrieben  worden.  Wieland  suppl  5,284; 

den  schmuck  der  zweige  habt  ihr  abgehauen, 
da  steh'  ich,  ein  entlaubter  stamm!    doch  innen 
im  marke  lebt  die  schalTende  gewalt, 
die  sprossend  eine  weit  aus  sich  geboren. 

ScuiLLKR   WalU-nsIrins  tod  3,  13. 

auch  transitiv,   sprossend   entstehen   lassen,   hervorbringen,    von 

pflanzen: 

sieb  der  veraltete  stumpf,  Im  siedenden  kessei  gequirlet, 
phnt  voll  Saftes  zuerst,  und  es  wibrt  nicht  lange,  so  sprosst  er 
laub,  und  piözlich  erscbeini  er  umhängt  mit  vollen  oliven. 

im  bilde:  ^'*"  '^'"''"  "''""•  32,  2S0, 

•US  Deutschlands  sümpfen  ringt  sich  eine  xwote  Tiber, 
und  ihren  sprosst  der  lorbeer  des  Apoli! 

i.  b.  MicHiiLis  (1780)  177, 

und   HO»  der  trde:    es   sprosse    die   erde  allerlei    sprossen. 

MiRDiLSSoaN  I  Mos.  1,11  {bei  Luther:    lasse  aufgeben);   goll 

sprach:  »protie  die  erde  zartes  jungfräuliches  kraul.  Hrrurr 

6,14t  Suphan; 

and  tum  Okeanos  sank  des  Helios  leuchtende  fackel. 
tiebead   die   dunkel«  nacbt  auf  die  nabrungsprossende  erde. 

Voss  II.  8,  4M  ; 
v6lUf  ein  mear  von  biui  ward  die  Dur, 
tfi*  arde  schien  tulpen  zu  sprossen  nur, 

KtiCKIRT  l'irdosi  1,  118. 


SPROSSI'NBIKR  —  SPROSStNGEWINDE     160 

auch  in  andern  Verbindungen: 

die  waag"  in  ihren  bänden 
spiosscte  rosen, 
sproszte  lilien.     ükrdrr  27,  121  üuphan; 
freier:  ihr  knospen  sproszt  der  mühe  süsse»  streben.   25,  519. 

3)  als  lechniscber  ausdruck  in  der  naturwissenschaft  im  sinne 
von  1  und  2:  sprossende  blumen,  'wenn  aus  einer  blume  eine 
andere  hervor  wächst'.  Adelung;  prolifer,  sprossend,  hervor- 
Ircihend.  -  poji/fr  ftos,  'wenn  eine  blume  in  einer  anderen 
blume  enthalten  ist,  uie  sich  dergleichen  misgestalten  bey  gefiilUen 
blumen  zu  zeigen  pflegen',  auch  von  Stengeln,  wurzeln,  gliedern 
der  koraUen.  Nemnich  2.  1065,  sprossender  stamm,  prolifer, 
'der  nur  aus  dem  mittelpunkte  des  gipfeis  äste  treibt'.  .Iacobsson 
7.  41.V;  vgl.  weiter:  besciiauen  wir  das  wachslhum  {einer  pflanze) 
näher,  so  sehen  wir,  dasz,  indem  die  pflanze  «ich  von  knoten 
zu  knoten,  von  blatt  zu  blatt  fortsetzt,  indem  sie  sproszt, 
gleichfalls  eine  fortpüanzung  geschehe,  die  sich  von  der  fort- 
pflanzung  durch  blüthe  und  frucht,  welche  auf  einmal  ge- 
schieht, darin  unterscheidet,  dasz  sie  successiv  ist,  dasz 
sie  sich  in  einer  folge  einzelner  entwickhingen  zeigt  diese 
sprossende,  nach  und  nach  sich  äuszernde  kraft  ist  mit  jener, 
welche  auf  einmal  eine  grosze  fortpflanzung  entwickelt,  auf 
das  genaueste  verwandt.  Götbe  58,76;  eine  pflanze  welche 
sproszt,  dehnt  sich  mehr  oder  weniger  aus,  sie  entwickelt 
einen  stiel  oder  Stengel.  77;  auch  auf  thiere  bezogen:  diese 
forlpllanzung  ist  wieder,  wie  die  einzelne  reproduction  doppelt; 
1)  entweder  geschieht  sie  ohne  besonders  dazu  eingerichtete 
Organe,  und  dann  heiszt  sie  sprossen,  so  wächst  plötzlich 
aus  einer  rinde  einer  pflanze  eine  knospe  hervor.  . .  .  bey 
vielen  niederen  thieren  kommt  dasselbe  vor.  Oken  4,  296; 
wir  haben  also  hier  sogleich  viererley  entstehungsarten,  durch 
ursprüngliche  bildung,  durch  eyer,  durch  sprossen  {oder  plur. 
zu  sprosse)  und  durch  theilung.  314. 

4)  nd.  {in  der  Altmark)  sprott'n,  den  wetzen  xurüekschneiden, 
wenn  er  im  frühjahr  zu  üppig  wächst.  Dähnert  207',  ;«n  ge- 
brauch, der  zweifellos  unmittelbar  an  das  nomen  anknüpft  {die 
sprossen  abschneiden,   vgl.  kOpfen,  den  köpf  abschneiden  u.  ähnl.). 

SPKOSSENBIEH,  n.  von  ftchtensprossen  bereitetes  bier.  Berlbn 
5,  664,  bei  Campe  als  nordamerikanisches  bier  von  den  sprossen 
der  Sprossenfichte  {s.  dies)  verzeichnet,  nach  Skeat  5S5*  seit  langer 
zeit  in  Deutschland,  so  in  der  gegend  von  Danzig,  bekannt,  woher 
wort  und  suche  von  den  Engländern  übernommen  sein  soll,  deren 
spruce-beer  (mit  anlehnung  an  Spruce  für  Pruce,  Preusien,  im 
älteren  englischen?  doch  heiszt  auch  die  sprossenfichte  spruce  und 
spruce-fir)  schon  1706  bezeugt  ist.  auffällig  bleibt  dabei  das  fehlen 
älterer  Zeugnisse  für  das  deutsche  wort,  das  zudem  in  der  gegend 
von  Danzig  nd.  lautstand  gehabt  haben  müszte.  bei  Höfer  3,  IRS 
ist  es  als  sprucebier  verzeichnet,  also  in  einer  form,  die  deutlich 
englischen  Ursprung  zeigt. 

SPROSSENBILDING,  f:  auch  hängt  offenbar  die  spn.ssen- 
bildung  (6«  niederen  thieren)  mit  der  eyerbildung  zusammen. 
OkEN   4,314. 

SPROSSENBOHRER,  tn.  bezeichnung  einer  kAferarl,  die 
sprossen,  bluten-  und  laubknospen  von  Obstbäumen  und  strduchern 
anbohrt,  um  ihre  eier  hineinzulegen,  der  blaue  Sprossenbohrer, 
rhynchites  alliariae,  conieus.  Ösen  5, 1658. 

SPROSSEiNDHEIECK,  n.:  auf  dem  turmdach,  unmittelbar 
unter  der  wetterstange,  befand  sich  der  hau  eines  in  kühnen 
linien  emporstrebenden  gerüsles,  das  in  dem  oben  zusammen- 
laufenden Sprossendreieck  die  turmstange  überragte.  Timm 
Kru(;eii  schuld?  119. 

SPROSSENFAHRT,  f.  bergmännisch  die  gewöhnliche  fahrt,  tum 
ein-  und  ausfahren  angebrachte  leiler  in  einem  schacht.  Veith  16s. 

SPROSSENFENSTER,  n.  fenster  mit  sprossen.  Jacobsson  4,':4!r. 

SPROSSENFICHTE,  f  eine  art  schöner  fichten  in  Nordamerika, 
aus  deren  jungen  sprossen  das  sprossenbier  {s.  dies)  gebraut  wird, 
die  nordamerikanische  flehte,  auch  sprucelichte  (engL  spruce-tir), 
pinus  canadiensis.  Nehnicr  2,977.  (^ampr,  die  schwarzftchtf. 
fiinus  nigra.  Oken  3,361. 

SPROSSENGEWEBE,  n.,  bildlich:  wenn  wir  aber  n.ihn 
sehn,  so  zeigt  sich  {bei  der  betrachtung  der  quellen  des  kind' 
mords),  dasz  es  nicht  Verwirrung  in  den  keimen  des  üb<-l-. 
«undcrn  in  dem  sprossengewebe  Ihres  wachsthuini  ist.  Pfsta 
Lozzt  8  (1822),  16. 

SPHOSSENGEWINDE,  n.; 

ihr  unsterbilchoD,  gebt 
mir  sprossengewind* 
tum  angeblnde 
dem  neugebornen  kinde!    Stolbir«  2,330. 


t61 


SPROSSENKOHL—  SPROSSER 


SPROSSIG  —  SPROSZLING 


162 


SPROSSE.NKOHL,  m.     II    der   ipargelkold,    bmssica    bolritis 

lofa,  brasska  nsparagoides  crispa,  an  dessen  stengelende  ein 
.ochel  von  sprossen  hervorspriesst,  die  man  wie  blumenkohl  :u- 
heieitet.  Campe,   ^eiimch. 

:)  rf«-  rosenkohL  brassica  oleraeea  gemmascens.  Piitiel- 
Jessei»  65'. 

3)  die  sprosfen  der  im  frühjahr  wieder  ausschlagenden  Strünke 
des  braunen  kohls  als  gericht.  in  yorddeutscfüand,  nd.  spraten- 
kooi  &r«n.  tt'6.  4.  97R.  SchCtze  4. 1'5,  spriitenkohl  Strodtmami 
IT..  DÄiisERT  454',  sprAt'nköl  Danseil  20:',  sprotenkäl  Sciiah- 
BAcn  :!06',  sproltküol  brem.  «b.  4,  !i76. 

SPROSSENKREL'Z,  n.  von  sprossen  gebildetes  kreuz  in  einem 
fer.^ter. 

SPROSSENLEITER,  ^  leiter  mit  sprossen :  endlich  gelanges 
der  adminislration  den  ort  zu  schlieszcn .  ja  zu  vennauern, 
s  1  dasz  eine  ganze  zeit  lang  diejenigen  die  das  abendnialil 
(Leonardo  da  Vincis)  sehen  wollten,  auf  einer  Sprossenleiter 
von  der  auszerhalb  zugänglichen  kanzel  herabsteigen  muszten, 
von  wo  sonst  der  Vorleser  die  speisenden  erbaute.  Götiie 
39,  lOS;  bildlich:  jede  sprosse  der  endlichen  erkenntnisz  wird 
durch  lehre  und  alimälichkeit  erstiegen,  aber  das  unendliche, 
welches  selber  die  enden  jener  Sprossenleiter  trägt,  kann  nur 
auf  einmal  angescbauet  werden,  statt  zugezählt;  nur  auf 
üügeln,  nicht  auf  stufen  kommt  man  dahin.  J  Padi.  lev.  1,61. 

SI'ROSSENRAD,  n.  bezeichnung  einer  im  bergbau  üblichen 
art  der  horizontalen  hebel,  von  menschen  getrieben  {franz.  roue 
avec  des  menoltes,  engl,  wheel  wilh  handles).  Karmabsch-Heeren^ 
i,  2S1. 

SPROSSENSCHARE,  f.  eine  art  der  schaben,  motten,  die  auf 
^•-nssen  von  bäumen  lebt,  phalaena  tinea  ramella.  Adelung. 
>  ;mnich,  tinea  turionella  {in  ftchtensprossen).  Oken  5,1196. 

SPROSSENSCH LINKE,  f.  eine  algengatlung  mit  seitwärts  an- 
schwellenden und  sprossenden  gliedern,  oedogonium,  prolifera, 
die  blasige  sprossenschlinke,  conferva  vesicata.  Ojbn  3,  202. 
tgl.  schlinke  6,  o  oben  theil  9,  744. 

SPROSSENSTAMM,  ni.  sprossen  treibender  stamm,  im  bilde: 

baut  um  den  liauin!    behaut  die  äste, 
streifet  das  iaab  und  verstreut  die  rrüchle! 
dasz  ihier  und  vogel  fliehe  mit  angstgescbrei! 
doch  schont  der  wurzel,  schonet  des  «prossenstaturaes. 

Stolbkrc  4,  97. 

SPROSSENWAND,  f.  von  den  aus  stöben  gebildeten  uänden 
etnet  Vogelbauers: 

und  weisz  das  arme  finklein 

in  seinen  Sprossenwänden 

bescheid  in  Jedem  winklein 

dann  geht  es  an  ein  blenden.    Le^au  neue  ged.  230. 

SPROSSENWEISE,  adv.:  ich  hörte  deutlich,  wie  es  sprossen- 
weise an  der  leiter  emporklomm.  Stobm  sämtl.  werke  2  (1899),  17. 

SPROSSENWERK,  n. .•  das  doppelte  sprossen-  und  masz- 
werk  der  groszen  thurmfenster  (des  Frankfurter  doms)  .  . .  (soll) 
in  kfinstlerischer  Vollendung  ausgeführt . . .  werden.  Didaskalia 
15.  Jon.  1873. 

SPROSSER,  m.  1)  die  grösiere  naclitigall.  frauenzimmerlex. 
bei  ScHDLTz  alUagsl.  140.  öconom.  lex.  (1744)  2787.  Adelung. 
Jacorsson  7, 41ä'.  NENiftcB  2,  bl3.  Oker  7,39,  mit  der  folgenden 
%d>enform:  es  ist  zwar  noch  eine  art  (dernachtigall^),  welche 
Ton  einigen  sprossen  genennet  wird.  Döbel  jäger-pract.  l,  63' 
{ebenso  im  register),  vgL  weiter  spruszvogel  unten,  nach  Cahpb 
tm  nd.  für  das  männchen  der  nachtigall  gebräuchlicli ,  ebenso 
und  gleich  sproszvogel  für  die  nachtigall  schUchthin  auch  hd. 
{$.  die  belege),  bei  Weigand*  2,  782  wird  vermutet,  'der  name 
wol,  weil  er  in  sprossen  lebt?'  (vgl.:  'jw  liebt  gebüsch'.  Okek 
7,39).  vielleicht  ist  der  name  zu  erklären:  der  sprossen  hat 
{vgl.  unten  2)  und  aufzufassen  nach  sprosse  4,  hautßeck  {wegen 
der  flecken  im  gefieder,  'brüst  hellgrau  mtt  dunkelgrauen  flecken'. 
Oken  7,  39).  auch  dte  müglichkeit  einer  unmittelbaren  Zugehörig- 
keit zum  verbum  sprossen  {wegen  der  lauten,  schwellenden  töne?) 
bleibt  zu  erwägen: 

was?  rier  der  sprosser  {variier:  eine  nachtigall),  triumest  du, 
er  labet  sich  an  diesem  kraute?     I.icbtwer  (1828)  112; 

der  sprosser  hüpft  von  zweig  auf  zweig, 
und  jubiliert  dir  vor. 

Thobsbn  im  GöUiufier  musenalm.  a.  1771,  .<.  21 
Heillich; 
es  Oötet  der  zärtliche  spro^ser.     Clddids  bei  Cahpb; 

liebesiöneo,  schmachtend  gezogen, 
lauscht  des  sprosser«  glückselige  braut. 

Lbnad  ged.  (IH65)  453; 
1.2. 


wie  kommt  des  winters  eis  zum  raaienleste, 
wo  laut  der  frübliiig  jubeh  im  erwachen, 
wo  jugendlich  der  erde  waiigen  lachen, 
des  sprossers  lied  ertönt  aus  jedem  neste? 

Stracbwitz  CSgi)  149, 
wie  mag  dein  geist  im  staub  vergilbter  schrilten  ruhn, 
wenn  dringend  dich  zu  bessrem  thun 
des  sprossers  brünst'ge  schlage  locken? 

Gkibel  3  (ISS8),  33. 
bildlich:    sie  sind  verstummt,  ach!    oder  sind  gestorben! 
kein  adler  mehr  in  deutseben  dichterhainen  ! 
schwan,  lerclie,  sprosser  —  hin  sind  ihre  tage! 

Freiligiath  2  (1886).  240. 

2)  kirsch  mit  sprossendem  geweih,  sprossen(vgl.  sprosse,  sproszS): 

den  grimmigen  keuler 
wiiszi'  er  zu  finden  im  hallenden  Porst,  die  fährte  des  sprossers 
zu  erkunden  im  dickicht  des  waldes. 

KOSKGARTEN  iwps.  1  (1798),  258. 

SPR0S8IG,  adj.,  daneben  früher  sprossicht.  vgl.  auch  sprössig. 
CoMENiüS  sprachenlhür  übers,  v.  Dücemiüs  (1657)  teutscher  index. 

l)  äprossTcht,  germinans,  pullulascens.  Steinbacb  2,644. 
vgl.  sprossen  l  und  2,  sprosse,  sprosz  l. 

i)  nich  sprosse  2  in  Verbindungen  wie  eine  sechs-,  sieben- 
sprossige  leiten 

3)  im  sinne  von  sprosse  4  spruszick,  nd.  spruetich  vel  vieckich, 
sprulich  vel  vlackich,  nevosus.  Dief.  379',  sproetich,  lenticulosus. 
nov.  gl.  23l',  auch  in  dem  unmittelbar  zu  Sommersprosse  ge- 
hörigen sommersprossig.  Adeldng  {vgl.  oben  theil  10,1,1558), 
sommersprossicht,  lentiginosus,  cymosus.  Steihbach  2,  644. 

SPROSZBEERE,  f.:  im  ungarischen  Berglande  sprosrpern, 
preiszelbeeren.  Schröer  19"',  wahrscheinlich  gleichen  Ursprungs  wie 
preis(z)elbeere,  s.  dies  oben  theil  7,  2093. 

SPRÖSZCHEN,  n.,  deminutiv  zu  sprosse,  sprusz.  Adbldng, 
nach  1 : 

komm,  knabe,  wähle!  —  sieb,  ein  spröszcbeu  iorbeer, 
und  eine  lilie;  du  wählest  recht!     Herder  28,392  Suiihan. 

SPROSZFORM, /^;  die  endungen  der  lateinischen  adjective 
sind  von  zweierley  art:  eine  Stammform  oder  (und  eine)  sprosz- 
form.  G.  F.  Grotefend  lat.  gramm.  (1823)  1,76. 

SPROSZGEWACHS,  n.  sprossendes,  sprossen  treibendes  ge- 
wächs.  Moerbeek  bei  Campe. 

SPRÖSZLELN,  n.,  deminutiv  zu  sprosse,  sprosz,  in  älterer 
spräche  auch  ohne  umlaut,  sproszlein,  malleolus.  Heniscb  10S9,46, 
junges  sproszlein.  Cobemus  sprachenlhür  übers,  v.  Docemios 
(1657)  teutscher  index,  sproszlein,  buttareUo,  rampollino,  sorcolino. 
Kramer  deutseh-ital.  dict.  2  (1702),  896'.  Adelung  (als  oberd.  be- 
leichnet).     im  sinne  von  sprosse,  sprosz  1,  von  impfreisern: 

letzt  weil  die  schösse  klein, 
bricht  er  was  wild  ist  ab,   impfft  gute  sproszlein  ein. 

Opiii  1  (1690),  154. 
vgl.  sprosserlo,  (plur.)  sprossenkohl.  Hügel  154',  sprussel, 
sprüssel  oben. 

SPRÖSZLICHT,  adj.:  sproeszlecht,  lentiginosus  Dief.  324', 
niederrhein.  sproteücb,  nevosus  3:9*.  vgl.  sprösse!,  sprüssel  4. 
SPRÖSZLING,  m.  Weiterbildung  zu  sprosse,  sprosz  mit  der 
vielleicht  älteren  nebenform  sprüszling  (vgl.  scbüsziing  neben 
schöszling.  Davis  zeüschr.  f.  d.  wurtforsch.  4,163):  sprüszling, 
adolescens,  quelle  von  147u  bei  ScH«.*  2,706;  sprüszling,  was 
vom  stamm  ausspreust,  stirpes  arborum.  Corvikos  fons  latinit. 
l  (1660),  633'; 

gebt,  lernt:  dasz  gottes  geist  in  menschen  sey  gestiegen, 
dasz,  der  für  menschen  war,  Im  menschen  möge  liegen, 
dasz  der,  dem  tausend  jähr  sind  als  ein  gesing  tag, 
ein  sprüszling  der  natur,  ein  mensch,  ein  kind  seyn  mag. 
LouinsTEl!«  himmel-scIUüssel  18; 

noch  mundartlich,  so  hair.  sprüszling.  Scbm.'  2,  706.  früher  be- 
zeugt ist  eine  form  mit  o  {s.  unten  l).  unumgelavlele  formen 
halten  sich  bis  ins  mittlere  nhd,  sprösziing  ist  vom  anfange  des 
17.  jahrh.  an  belegt,  s.  unten  1.  vgl.  mnd.  sproetling.  Schiuer- 
LCbben  4,348*. 

1)  nach  sprosse,  sprosz  i,  sproseling,  surculus.  quelle  von 
1420  bei  Weicard'  2,782  (vgL  Leier  mhd.  handwb.  2,  ll2o, 
sprösziing  quelle  von  1480  bei  Weicahd  a.  a.  o.,  wol  m  gleichem 
sinne),  sprösziing,  ein  zweig.  Hdlsius  (1616)304',  sprosling 
{mit  verweis  auf  Opitz  ps,  80,  i.  unten).  Schottel  372',  zweig- 
lein, lour^eon,  sprösling.  1420,  sprösziing,  germoglio,  sorcolo 
noteUo.  Krämer  deutsch-ttaL  dict.  2  (1702),  896',  germen,  surculus, 
stirps,  stolo.  Stbirbacb  2,644,  hervor  gesprossenes  junges  ge- 
«dchs,  keim  oder  zweig,  besonders  von  jungen  zweigen  oder 
schössen  der  bäume.  Adbluhg. 

a)  eigentlich:  die  sprösziinge  ab  schneiden,  germina  ofticin- 
liere.  Steinbach  2,  644;  hier  faulen  stamme  zu  tausenden  über 

11 


163 


SPRÖSZLING 


einander,  und  junge  spröszlinge  keimen  in  unzahl  auf  halb- 
vermoderlen  vorfahren.  Göthb  25,330; 

zarte  lauben  sali  ich  dich  entblältern, 

junge  spröszlinge  zerschraettern, 

und  in  abgrund  sank  das  blüthenreiche  thal. 

J.  G.  Jacoii  3,  -238; 
mit  genetiv  des  Ursprungs:  jeder  kommende  frübiing  der  die 
spröszlinge  der  pflanzen  aus  dem  schoose  der  erde  treibt, 
gibt  mir  erlöuternng  über  das  bange  räzel  des  lodes,  und 
widerlegt  meine  ängstliche  besorgnisz  eines  ewigen  schlafs. 
Schiller  4,42;  an  persönlichen  gebrauch  (s.  unten)  anklingend: 
siehe,  schon  streckt  der  sprösziing  der  ceder  den  grünenden 

arm  aus, 
und  die  weiche  slaude  des  balsams.  KlopstockS,*  (.Urs«.  1,65); 

anders:         es  tranken  die  haine,  die  blumen  und  grSschen, 
jedes  nach  seinem  maasze,   vom  lelienirunkneren  menschen 
bis  zum  gräschen  im  Ihal  und  bebenden  sprosling  des  berges. 

Stolbkro  I,  203. 
in  tergleichen:  dyne  kindere  solen  syn  as  de  jungen  sproet- 
linge   der   oiyhome.   quelle  bei  Schiller -LObben  4,348'  (nach 
pt.  128, 3,  bei  LuTBER :  wie  olezweige,  eine  bibelsteUe,  die  auch 
dem  folgenden  belege  tu  gründe  liegt); 

sei  ((» tochter)  ihm  (dem  galten)  ein  fruchtbarer  weinstock 
um  sein  haus;  die  kinder  um  eueren  tisch  wie  des  Ölbaums 
spröszlinge!     Voss  1  (1802),  152  (/.i;is,>  3,301); 

wie  eines  spröszlings  sorgsam  im  quelienthal 
vor  frommer  menschen  hülle  die  Dryas  pflegt, 
so  pflegen  dein,  o  zartes  knäblein! 
sorgsam  die  Musen,  Apollon  sorgsam. 

Stolberg  4,  276. 
in  ausgeführten  bildern,  vom  jüdischen  volke: 

goli  Zebaoth,  nun  wende  wieder, 
ach!   schaw  ans  deinem  himmel  nieder: 
sieh'  anfl*.  nim  diesen  stock  in  acht, 
den  sprösziing  lasz  nicht  unbedacht 
den  du  gepfrofl"!.      Opitz  //s.  80,  8; 

von  einzelnen  menschen: 

dort  (in  deremqkeit)  find'  ich,  was  mein  heri  sieb  sucht, 

und  hier  nicht  finden  kann; 

du  nimmst  den  sprösziing  an, 

pflanzest  weiter  ihn  auf  himmelsauen. 

sey's  Veilchen  im  thal, 

oder  ceder  gottes: 

alle,  alle  blühen  wir 

in  gottes  reiche.    Hkrdir  t.sch.iil.u.kunst  3,115: 
hier  irrte  der  fröhliche  knabe, 
unter  des  frühlings  blüthcn,  und  blühte  selber  mit  schöner 
frucbtverheiszender  blume,  eh'  ihn  der  enge!  des  todes 
leise  pflückte;  er  schneidet  nicht  nur  vom  bäume  des  lebens 
reife  frucht,   oft  trift  die  hippe  den  knospenden  sprösziing. 

Stolbirg  1,  378; 

wie  pflegte  sie  mit  flammeneifer 

des  zarten  s])röszlings,  bis  er  reifer. 

ein  stolzer  wuchs,  zum  himmel  scliosz. 

Schiller  3,  165. 

b)  in  fesler  Übertragung  erscheint  schon  im  1 5.  jahrh.  sprüsz- 
ling  für  adolescens  (vgl.  oben),  ebenso  sprösziing,  ein  halb- 
wachsender  knab  oder  inägdlein,  un  garfon,  ßlette.  Hulsius 
(1616)  305",  giovanetto  tenerello  ed  inesperto.  Kramer  deutsch-ital. 
dict.  1  (1702).  896'.  in  neuerer  spräche  meist  auf  abstammung 
gehend,  wobei  wol  die  familie  als  stamm  bezeichnet  wird:  die 
einzigen  noch  überigen  spröszlinge  des  INicolaischen  Stammes. 
GöCKi.NGi  leben  Nicolais  31 ;  die  Cherusker  erbaten  sich  einen 
römisch  erzogenen  landsinann  von  Rom,  weil  er  der  letzte 
sprösziing  aus  dem  erlauchten  stamm  Ärinin's  war.  Freytac 
17  (1897),  77;  aber  auch  freier:  Dämonassa  (die  schöne  Spinnerin 
in  der  Parnassischen  grutte)  war  der  letzte  sprössling  eines 
edelo  geschiecbts,  welches  vun  sehr  allen  zelten  her  nahe 
bey  Delfi  am  fuss  des  l'arnassus  begütert  war.  Wieland  38, 116 
(Hexameron,  üafnidion);  es  gehe  schon  lange  die  sage  von 
sprOszIiogen  der  Huhenstaufen,  die  in  einem  unzugänglichen 
schlösse  der  zeit  warteten,  den  kaiserthron  zu  eistreiten. 
AtRiM  kronenw.  1,251;  als  einziger  sprösziing  des  jütlündischen 
köoigshauses.  DiBLM*fiN  ddn.  gesch.  l,50;  das  aint  ihrer  priurin 
»ar  wSbreDd  langer  kriegsjahre  unbesetzt  geblieben  und  sie 
sehnten  sich  darnach,  dasz  es  endlich  wieder  würdig  be- 
kleidet und  geehrt  werde  Ton  einem  bei  gott  und  menschen 
angesehenen  spröszlinge  einer  gioxzen  familie.  C.  K.  Mkykr 
hnatsch  (tbOl)  180; 

die  nun  fuhrt«  zum  kämpf  Elepbenor,  iprotzling  d«<  Ares, 
vom  CbaUodoD  ericiigi,  heerlürtt  der  erhabnen  Ahaiiier. 

Voss  //.  2.  640 ; 


dti  ja  weit!  Ich  ganz  gewltg, 
du  eben  Jeui  von  dum  ichilde  si 


dass  di«a«t.  was  au  «Deo  jeui  von  dum  iciillde  (ingti, 
niemals  du  vergisscil,  du  ein  sprössling  solches  muun*. 

.t/Mlu/anr«  3.  <H*. 


SPRÖSZLINGSZWEIG  —  SPROTT  1 64 

mü  abhangigem  gen.  anderer  ait: 

es  wohnte  diesem  in  der  nähe 
ein  sprösziing  eigcnnüizger  ehe. 

„,._      .        ,  ,  Hagedorn  2(1771),  66. 

ohne  derartigen  lusati : 

wie  bin  ich  so  reich,  wie  war  ich  so  arm! 

nun  wieg'  ich  der  spröszlinge  zwei  im  ai  m. 

Chimisso  I,  212  Knch. 
hoffnungstoller  sprösziing:  du  kannst  dir  nichts  anmasz- 
lichercs,  »erwegeneres,  hohnsprechenderes,  impertinenteres 
denken  als  den  russischen  nationalgeist,  nicht  den  des  volks, 
sondern  der  hoffnungsvollen  spröszlinge  der  gtoszen  familien, 
die  die  nächste  anwartschaft  auf  ämter  im  civil  und  bei  der 
armee  haben.  Seume  2,  103  Hempel.  auch  heute  gern  spottend: 
da  hat  er  ja  einen  recht  hoffnungsvollen  sprösziing;  er  sollte 
seinem  hoffnungsvollen  sprösziing  mal  eine  gehörige  tracht 
prügel  verabfolgen. 

c)  auch  in  anderer  art  von  personen,  auf  den  Ursprung  ihres 
amtes  gehend:  indem  ja  die  geistlichen  kurfürsten  allen  andern 
vorangingen  und  als  spröszlinge  der  hierarchie  einen  unan- 
gefochtenen ehrwürdigen  räum  behaupteten.  Güthe  48,  70. 
ebenso  in  unpersönlicher  bildlicher  Verwendung  in  bezug  auf  ab- 
stammung, Ursprung:  denn  nie  würde  es  den  priestern  und 
andern  meistern  jener  täuschenden  künste  gelungen  seyn, 
diesen  neuen  sprössling  des  aberglaubens  (die  magie)  zu  einem' 
80  üppigen  und  fruchtreichen  bäume  zu  ziehen,  wenn  nicht 
sein  keim  sich  aus  der  menschlichen  natur  selbst  entwickelt 
hätte.  Wielakd  32,  206  (;4jo//iodäm.  4,2);  als  das  {römüche) 
reich  in  der  westhäifte  zu  tode  krankte,  trieb  der  abgehauene 
stamm  neue  spröszlinge  aus  der  lateinischen  wurzel,  die  in 
einem  vierfachen  bücherwesen  blühen.  Jahn  i,  199  Euler; 
blasser:  wenn  nicht  gnr  die  bürgerliche  gesellschaft  nur  ein 
sprösziing  der  freymaurerey  ist.  Lessing  10,  298. 

2)  nach  sprosse,  sprosz  2  sprösziing,  ein  holtz  in  der  leyter, 
darauff  man  tritt,  Staffel,  m.,  un  eschellon.  Hdlsiüs  (I616)  305' 
(an  der  stelle  steht  sprüling,  aber  es  geht  vorher  sprösziing,  es 
folgt  Spruch,  so  dasz  zweifellos  ein  druckfehler  anzunehmen  ist). 

3)  besondere  gebrauchsarten. 

a)  bezeichnung  eines  jungen  hirsches,  sprössling,  eerbialto  d'un 
anno,  lat.  subulo.  Kraheh  rfeufccA-i/a^  dic<.  2  (1702),  896*.  vgl.  l, 
sprosse,  sprosz  3  und  sprosser  2. 

b)  spraziinge,  spräzlinge,  spreiszlinge,  spröszlinge,  'die 
mdnnchen  oder  herfürsproszungen,  welche  aus  dem  abgetriebenen 
Silber,  wenn  die  duszere  fläche  erkaltet,  in  die  höhe  treten. 
Jacobsson  4, 234',  in  diesem  sinne  wol  von  sprossen,  verb.  aus 
entwickelt. 

SPRÖSZLINGSZWEIG,  m.: 

Elim  bedeckt'  ihn  mit  spröszling^zweigen  des  schattenden  Öl- 
baums.   Klopstock  3,  130  (Mess.  3,  365). 

SPROSZTANNE,  f  eine  baumart  in  Neuseeland,  aus  deren 
blättern  ein  antiscorbutischer  thee  bereitet  wird.  Cannabich  geo- 
graphie  (1825)  133.     vgl.  sprossenfichte. 

SPROSSÜNG,  f.  das  sprossen,  germinatio.  Dastpodiüs,  das 
auszscbiessen,  germinatio,  egerminatio,  germinalus.  Maaler  382*, 
in  veralteter  Schreibung  sproszung,  et  das  sproszen,  germinatio, 
fruticatio.  Stieler  2008,  vereinzelt  sprössung,  germinatione. 
H0L8ID8  (1618)  1,236',  auch  in  eoncreter  bedeutung  möglich,  bild- 
lich von  Chrütus:  das  ist  der  weingart  unnd  pDantzung  des 
berrn,  Esai.  III  ,  Mattli.  XXI  .  der  gerecht  und  ein  sprossung 
der  gerechtigkeit.  Zach.  IX  .  Esai.  II .  Hier.II.  III.  Franc«  kriegb. 
d.  friedes  212. 

SPROSZVOGEL,  m.  die  grössere  nachtigall.  Campe,  spross-  i 
vogel,  mit  gleicher  erkldrung.  Nemnich  2.  613,  sproszvogel,  die  | 
nachtigall.  IIeppb  wohlred.  jägerm'.    vgl.  sprosser  1.  " 

SPHÖTE,  subsl.,  s.  sprosse  4. 

SPROTT,  m.,  dasselbe  wie  sprock,  subst.  2,  sproekwurni, 
'ftei  den  fischern  einiger  gegenden,  besonders  Niederdeutschlauds' 
Adeldnc,  sprot  iNrhnicb  2,954,  wol  ein  nd.  wort,  das  uu.« 
sprock  unter  anlehnung  an  nd.  sproten,  sprossen  tntwickelt 
sein  kann.    vyL  die  folgenden. 

SPROTT,  m.  in  Ost-  und  Westpreusien  Überfracht,  welche 
auf  schiffen  durch  betrüqerische  mittel  (1.  6.  anndssen  der  ladung) 
erzielt  wird.  Ffriscrhier  2,357',  wol  nd.,  vielleicht:  uns  aus 
der  ladumi  als  besonderer  gewinn  sprosU.     vgl.  das  vorige. 

SPROTT,  m.,  SPROTTE,  f  ein  kleiner  henngsarliger  fisch,  der 
geräuchert  wird,  in  der  form  sprott  aus  einer  quelle  von  1716 
bezeugt  6ri  Weicand*  2, 783,  ebenso  sprott,  'eine  art  Sardellen 
oder  anschovis,  so  geräuchert  und  aus  Engelland  tu  uns  ge- 
bracht werden.  JASLu.Mski  ifx.  (17:1)  74J'.  ocun.  lex.  (\;ii)  2787. 


165 


SPROTTERZ  — SPRUCH  (1, 1) 


SPRUCH  (I,  1) 


166 


Jacobsson  4,249'.    sprot,  'eine  art  kleiner  heringe,  so  man  ge- 
räuchert iu  uns   bringt,   eine  art  sardeUen'.    Fbisch  2, 310*,  nd. 
rot,  apua  infumata,  sarda,  brem.  wb.  4,  975,   sprott,  ^eine  art 
r  kleinsten  und  von  geschmack  feinsten  bUckUnge'.  SchCtze  4,  ITS, 
.ledivisch :  eine  tonne  sprott.  quelk  von  1716  bei  Weigand*  2, 7S3, 
Kieler  sprott,  in  Kiel  zubereitet.  Schütze  4, 17S: 

ilraul'  kauTt'  ich  etwas  kalte  kost, 
und  Kieler  sprott  und  kuchen. 

M.  CtiODics  5,  168  (Urions  reite), 

in  Kiel,  dem  deutschen  haufUorte  der  Zubereitung,  heute  nd.  und 
hd.  nur  als  m.  üblich,  es  heiszt  in  ankündigungen  nur  frischer 
sprott,  neuer  sprott  u.  s.  f.  auch  sonst  nd.  m.  Feed.  Richtebs 
tn  der  teitschr.  f.  d.  wort  forsch.  5,  277.  m  dem  ältesten  vorliegenden 
deutschen  beleg  ist  die  schwache  pluralform  sprotlen  beieugt: 
Sprotten  eine  tonne  12.  gülden.  Coleb  hausb.  (1640)  187  {ausg. 
i .  I6s0  1, 133*).  der  Verfasser  war  pfarrer  zu  Parchim  in  Mecklen- 
burg, auch  diese  form  kann  natürlich  zu  einem  m.  gehören,  die 
1774  erschienene  Übersetzung  von  Li.ns^s  systema  naturae  von  prof. 
MClleb  in  Erlangen  bietet  die  sprotte,  clupea  sprattus.  s.  Richters 
d.  a.  0.,  ebenso  Adelung.  CiMPE.  Weigamd^  2,783.  Richters  ver- 
mutet a.  a.  0.,  dasz  dies  fem.  eine  erßndung  MCllkrs  sei.  Ose» 
nennt  den  fisch  spratt,  m.  6, 371.  so  heiszt  er  neuenglisch,  während 
das  mittelengl.  als  Leieichnung  eines  kleinen  ßsches  sprott  bietet, 
ebenso  ags.  sprott,  m.  Boswobth-Toller  906".  ist  also  der  name 
von  England  übernommen,  worauf  die  oben  erwähnte  bemerkung 
Jablonskis  deutet,  so  mutz  die  entlehnung  erfolgt  sein,  als 
sprott  im  englischen  noch  die  herrschende  form  war.  auch  das 
ndl.  kennt  das  wort,  sardijn,  sprot,  plasken,  sarda.  quelle 
von  1577  6«  DiEF.  512',  sprot,  apua  infumata  vel  harengae 
soboles,  sive  halecis  puUus.  Kilia.n,  heute  sprot,  f.  auch  von 
HoUand  kann  et  übernommen  sein,  doch  reichen  hier  die  Zeug- 
nisse lange  nicht  so  weit  zurück  wie  in  England,  möglich  ist  ferner, 
dasz  es  zum  allen  gemeinsamen  sprachgule  des  nd.,  ndl.  und  ags. 
ijehört,  also  auch  im  nd.  hohes  alter  hat,  wobei  freilich  das  fehlen 
alter  belege  auffällig  bleibt,  übrigens  hängt  die  bezeichnung  wol  tty- 
mAogisch  mit  sprieszen  zusammen  und  bezeichnet  vielleicht  eigent- 
lich junge  fische,  junge  heringe  u.  dgl.  vgl  sprosse,  sprosz  oben. 
SFROTTERZ,  n.  strahliger  bleiglanz.  Jacobssok  4, 249",  plum- 
bum  rnineralisatum  striatum.  Nemsicm.  vgl.  spröderz  oben  sp.  147. 
SPHOTTHEHING.  m.,  dasselbe  wie  spiott,  sprotte  als  fisch- 
name,  clupea  sprattus.  KrCnitz  encycl.  162  (1835),  160. 

SPROTTHUF,  m.  eine  fiieszende  geschwulst  über  der  kröne  des 
pferdehufs.  Jacohsson  7,  415".  vielleicht  mit  sprüde  zusammen- 
hängend. 

SPROTZEN,  verb.,  mit  ö,  tirol.  stier  mit  weitgeöffneten  äugen 
dreinsehen,  glotzen,  den  sprözer  haben,  stier  dreinschauen. 
Schöpf  694.  vgl.  brotzen  oben  theil  2,407  und  protzen  theil  7, 2177. 
SPUÖTZER,  SPRÖTZERN,  tubtt.  l)  sprötzern,  die  hecken- 
kirsehe,  Lonicera  xylosteum.  Glbditsch  (1737 — 1789)  bei  Pritzel- 
Jessen  220*.  sprotzern,  spözern  iNemnich  2,444,  bei  Campe 
als  f.  verzeichnet,  auch  sprutzern  MCüchhausen  hautvater  5.  bd. 
(1770)  bei  Pbitzel-Jessen  220*. 

2)  sprözer,  der  faulbaum,  rhamnut  frangula.  Gleditsch 
ä.  a.  0.  33u*,  sprötzerholz  iNehnicb  2,1146,  sprutzern,  m.  quelie 
von  181S  bei  Fbischbier  2, 357*. 

vielleicht  hängt  das  uort  mit  spritzen  zusammen,  die  beeren 
eider  sträucher  führen  ab.  * 

SPRÖWELN,  rerft.,  ».  sprebeln  oben  (AetJ  10, 1, 2'27. 
SPRUCH,  m.  eigentlich  das  sprechen,  einmaliges  sprechen,  ge- 
wöhnlich: was  {auf  einmal)  gesprochen  wird,  ist,  meist  prägnant, 
mhd.  Spruch,    i-bildung,   daher  mit  umgelautetem   plural.     im 
Ueren    md.  begegnen   unumgelautete   pluralformen.   Elisabeth  57 
.  unten  U,  2,  a).  quelle  von  1504  (Marburg)  bet  Dief.-WClcibb  860 
.unten  1,2).     einmal  ist  ein    umgelauteter  sing,  beieugt:   ein 
-prücli    wie   einer   clagt    sein    ellendt.    fastn.  tp.  1432   Keller. 
eine  md.  nebenform  sproch  Braunschw.  reimchron.  8489  Wetland 
[s.  unten  11,  2,  a)  lebt  mundartlich  forL    Gangler  luxemb.  um- 
gangsspr.  i-i&.     vgl.  mnd.  sprok(e),  m.  Scbilleb-LCbben  4, 347*, 
und.  sprüke(e),  m.   ten  Doobnkaat  Koolhan  3,290*,    sprQak 
Woeste  252',  sprük  Baüer-Cüllitz  98'. 

I.  verbaler  sinn  ist  zum  theil  noch  erkennbar  bei  der  Ver- 
wendung des  wortt  in  der  rechlssprache.     vgl.  sprechen  II,  11. 

1)  entscheidung,  urlheil,  in  verbalem  sinn  und  das  urtheil  nach 
form  und  inh.lt  bezeichnend,  auch  ohne  rücksirht  darauf,  ob  es 
zuerst  wirklich  gesprochen  oder  in  anderer  art  bekannt  gegeben 
ist,  Spruch  eines  ricbters,  decretum,  placUum,  dogma,  tudicit 
^enlentia.  Maaleb  382*,  Spruch  oder  aussprucb  des  ricbters, 
'enlenita  judicis.  Frisch  2,310*.  Aüelc.ng,  aibitrorum  lel  judicit 


ordinarii  pronuntiatio.  Haltaus  1709,  nach  Frensdobff  hist.  auf- 
sätze  dem  andenken  an  Georg  Weitz  gewidmet  (ib^)  455  in  älterer 
spräche  weniger  ^sententia'  als  ^arbitiium',  Schiedsspruch,  vgl, 
richterspruch,  Schiedsspruch,  urtbeiisspruch:  die  sacbe  steht 
auf  dem  spruche,  negotium  in  Judicium  est  adduclum,  sub  iudice 
lis  est,  causa  sententiam  judicis  postulat.  Stieler  2104,  auf 
den  (?)  Spruch.  Adelung,  die  sacbe  kommt  zum  spruche: 
wenn  es  wird  zum  spruche  kommen,  quando  sententia  ferelur. 
Steinbacb  2,  638.  die  gerichtlichen  Terbundlungen  liegen  zum 
spruche  vor.  Campe,  eine  sacbe  zum  spruche  bringen.  Adelung, 
zum  Spruche  einrichten,  vorbereiten,  einleiten.  Campe,  in  einer 
sacbe  geschieht  ein  spruch:  es  sind  in  dieser  sacbe  schon 
drey  spruche  geschehen.  Adelung,  einen  spruch  sprechen: 
die  richter  sprechen  einen  spruch,  judiees  sententiim  pro- 
nuntiant.  Steinbacii  2, 63S;  (im  bilde:) 

ich  ger  mit  recht  des  lecbteo, 

und  bit  darumbe  fragen. 

ob  sich  mit  iriuwen  siechten 

zwei  lieb  gesamcat  liabt^a  suuiler  bägeu. 

darumbe  hat  diu  Stete  ir  spruch  gesprocheu. 

ÜADiNAR  y.  Labir  jagä  521,  5. 

einen  spruch  tubn,  sententiam  ferre,  judicio  decernere.  Stieler 
2104,  thun  Steinbacb  2,638.  Adelung,  aucA  als  Schiedsrichter. 
Frisch  2,  310*:  nach  des  Spruches  sage,  den  der  marggraf  von 
Prandenburg  getan  bste.  quelle  im  mhd.  wb.  2,2,539';  seinen 
gütlichen  oder  rechtlichen  endlichen  spruch  tun.  quelle  des 
\5.  jahrh.  bei  Haltaüs1709;  sover  sie  sich  aber  mit  einander 
nit  künden  vergleichen,  so  sold  der  bropst  alweg  gewalt  haben 
ain  Spruch  daruniben  zu  tbun.  steir.  taid.  273,8;  der  zusalz, 
so  beid  teil  also  gesetzt  band,  bat  darumb  einbeliigkiich  ein 
spruch  getan  nach  innbalt  eines  sprucb-briefs,  darüber  geben. 
Tsciiuoi  2,217';  's  gricht  bet  e  spruch  to.  Hu.izueb  24'.i; 

hier  that  er  (der  zwinyhen-  in  der  Schieeiz)  manchen  feilen  spruch, 
liesz  btiit  und  tbränen  rinnen.    Stolberg  1,  100; 
von  ganzem  herzen  bitt'  ich  das  gericbi, 
den  spruch  zu  tbun.     Shakespeare  kaufm.  4,  1. 

einen  spruch  machen,  frei: 

hernach  mach'  einen  spruch,  ob  ich  zu  tadein  sey. 

lloFrHA!(!<swALDAU  bei  Stbi:<bacb  2,  638. 
fällen,  in  freierer  anwendung: 

virat  der  doktor  (nrzt)  hochgelehrt, 

der  diesen  spruch  tbät  Tällen!  Schillir  1,257. 
verfassen:  rerfassi  den  spruch!  A.  Gbtphius  1  (1698),  33,  334. 
einem  spruche  genug  tun,  ihn  erfüllen:  dem  spruch  genug  zu 
tun,  den  danne  der  statte  werglüte,  zwischen  ine  . . .  gethan 
haben,  quelle  von  1427  bei  Scherz-Obeblin  1545.  einen  spruch 
halten,  frei:  ir  was  auch  der  spruch  (Tristans  in  einem  streite 
der  Isolde  mit  Brangäne)  ringe,  und  den  willig  zehaiten,  wann 
sie  gedaucht  z&  Widerlegung  nichts  ziivil.  Tristrant  u.  Isolde 
63, 10  Pfaff.  sich  einem  spruche  widersetzen:  wollen  sie  sich 
der  selben  spruch  wider  setzen,  d.  städtechron.  10,254, 19  (.Vürn- 
berg,  r.  1460).  aus  dem  spruch  gen,  dem  sehiedsrichUrlehen 
Spruche  nicht  nachkommen,  quelle  von  1459  6et  Schm.^  2, 700. 
den  Spruch  (des  ratbes)  um  stoszen,  sententiam  {:^enalus)  labe- 
facere.  Stei.nbacii  2,638.  andere  belege:  so  begehre  er  umb 
sollicben  frevel  das  recht  und  eines  redlichen  spruchs.  quelle 
von  1516  bei  Haltacs  1709;  wie  die  urtbailen,  auch  giietig 
spruch  und  vertrag  in  compromiss  und  andern  handlungen 
geschöpft  und  publiciert  werden  sollen,  tird.  weisth.  4,637,34; 
ob  die  penn  geviel  aber  nicht,  so  soll  doch  die  läding  und 
diser  spruch  alzeit  bei  kraft  und  bei  macht  bleiben,  als  oben 
geschriben  sieet.  169,  43  (18.  jahrh.);  wenn  der  weitenbau 
auseinander  fällt,  und  der  spruch  des  gericbts  aucii  die  bände 
des  bluts,  auch  der  liebe  zerschneidet,  bleibt  dieses  fünf- 
fache beldenblatt  ganz!  Schiller  Fiesko  2,  18;  mein  vater,  des 
königs  oberster  käminerer,  wurde  bezichtigt,  in  verräl'rischem 
vernehmen  mit  Frankreich  zu  stehen,  durch  einen  spruch 
der  Parlamente  verdammt  und  enthauptet,  kab.  u.  liebe  2.3; 
wenn  ein  ochs,  der  es  nicht  durfte,  ihm  auf  den  acker  trat, 
so  konnte  er  zwanzig  oder  dreyszig  gülden  daran  wagen, 
um  einen  spruch  zu  erbalten,  dasz  der  nachbar,  dem  der 
ochs  entronnen  war,  ihm  >o  viel  balzen  für  den  schaden 
sciiuldig  wurde,  als  ihn  der  spruch  gülden  kostete.  Pestalozzi 
Lien/i.  u.  Certr.  1  (1790),  321;  der  mann,  der  dir  den  Planta 
erschlug,  ist  dir  von  recbtswegen  verfallen,  er  stellt  sich  dir 
und   erwartet    hier  deinen  spruch.   C.  F.  Mbybr  Jenalseh  14^ 

ouch  mand  er  an  den  spruch 

die  vier,  den  et  enpbolhen  was, 

als  man  ou  der  abschriri  las, 

als  diu  handveste  stiioiit. 

däniii  man  si  versuoot.    Ünon*  10777  SeemtUer; 


167 


SPRUCH  (I.  1.  2) 


SPRUCH  (1,  2) 


1«8 


und  also:  Tulir  der  lichier  fort,  wenn  ibr 
nicht  meinen  ratli.  statt  meines  spiuclies,  wollt: 
gellt  nur!      I.essing  2,  280; 
kek  nahen  izt  die  todte  sich 
luiu  höllischen  monarcben  — 
der  Trau  I'luiouin  in  die  küch 
ein  lapperdan  i^tiickfucli)  —  macht  gute  sprüch 
und  fromme  Arisiarchen.    Schill««  I,1i7; 
brfider  —  einen  sanften  spruch 
aus  des  todtenrichters  munde!    4,  ö; 
(Palamedes)  der,  boshaft  angeklagt,  weil  er  den  krieg  mlsratheo, 
sein  leben  durcli  der  Griechen  Spruch  verlor,    ö,  350; 
aber  euch  wünsch'  ich  zum  letzten 
milden  spruch  des  ewgen  richters. 

Uhland  (I8C4)  2'ö. 

sprach,  wahrspruch  der  geschworenen.  vyU  auch  feblspruch. 
freier:  als  sie  aber  durch  die  siedle  zogen,  uberantworlelen 
sie  jnen  zu  halten  den  spruch,  welcher  von  den  aposteln 
und  eltesten  zu  Jerusalem  beschlossen  war.  apostelnesch.  16,4; 
ein  feyerlicher  spruch  der  nation  entsetzt  den  tirannen  des 
thrones.  Schii  i.En  7,11;  in  der  fnlgenden  stelle  handelt  es  sich 
um  eine  von  Saturn  gefällte  enlscheidung  eines  streits  zwischen 
göttem,  wodurch  das  geschieh  des  menschen  bestimmt  wird: 

des  Schicksals  spruch  ist  erfüllet 

und  mensch  heiszt  dieses  geschöpf. 

ÜEKOBR  2M,  76  Suphan. 

aber  auch  sonst  mit  abhängigem  gen.  eines  abstractums:  den  man 
nie  nennt,  ohne  dasz  eben  die  lippen,  welche  einst  nie  er- 
müdeten ihn  lobzupreisen,  den  spruch  des  hasses  und  der  Ver- 
werfung ober  ihn  aussprechen.  Kunceh  8.  4.  auch  vom  urtheil 
i-ines  einzelnen  in  einer  strittigen  sache,  das  nicht  die  endgültige 
entscheidunu  darstellt,  so  verblassend:  dar  nach  kdmen  sie  {die 
meister)  wider  ze  rebter  zit  und  brahte  ir  ieglicher  wider  sinen 
spruch,   der  nim  ich  iezuo  zwei  oder  dr'ie.   d.  myst,  2,266,11; 

viel  nachdenken  erheischt  das  gesuch, 
und  einzuholen  ist  mancher  spruch. 

HöcKERT  Firdiisi  2,  52. 

mit  2  vermittelt  die  folgende  stelle,  wo  das  wort  jedenfalls  die 
rechtssphäre  berührt : 

uns  irret  einer  bände  diet: 

der  uns  die  furder  tKte, 

80  möble  ein  wol  gezogener  man 

ze  hove  haben  die  stat. 

die  läjent  sin  ze  spruche  niet,    Walthrr  103,  22. 

2)  rechtliche  klage,  forderung,  das  fordern  und  sein  inhaU, 
was  einer  als  rechtlich  ihm  zukommend  bezeichnet,  bezeichnen 
kann,  Sprüche  etiam  sunt  praetentiones,  et  actiones.  Stieler  2103, 
spruch  pro  ansprucb,  compellatio  iudicialis,  actio.  Haltaus  1709, 
ton  Adelung  als  oberd.  angeführt,  vgl.  Sihm.^  2,  7U0,  aus  der 
schriflsfn-ache  durch  ansprucb  völlig  verdrängt:  um  solch  sprüch 
bot  sich  der  vorgenanler  herr  von  Heidecl;  zu  recht  und 
wurden  leg  doran  geniacbt.  d.  städtechron.  2,  123,  lo  {Nürnberg, 
M.jahrh.);  so  mag  doch  derselbigcn  stück  jede  parthei  ge- 
brauchen zu  kreftigung  anderer  irer  sprfich.  235,9;  und  da- 
selbst spruch,  antwort,  rede,  Widerrede  und  nachrede  auch 
urthcile  ergangen  seyn.  quelle  von  1456  bei  IIaltaus  1709;  und 
waren  eitel  unredlich  sprüch.  d.  städtechron.  22,  220, 1  {Augs- 
burg, V.  1469);  der  kaiser  soll  das  heiratguet  noch  schuldig 
sein:  da  brachen  si  in  ainen  spruch  ab  ainein  zäun  und 
wollen  dasselbig  an  des  gefangen  kUnigs  stat  haben.  Atentinus 
chron.  2,  Sos,  32  l.exer;  aber  ausserhalhen  erslgemelter  cohe- 
renzeo  bclangeiil  der  gmain  ier  sprüch  unvergrilTen  und  un- 
beoumroen.  tird.  weisth.  4,75,31  (e.  1.89);  was  Sprüche  sind, 
die  grund  und  boden,  erb  und  eigen  antreffen,  die  sollen 
berechtet  werden  in  den  gericbten,  darinn  solch  grund  und 
boden  liegen,  (juelle  bei  Scbm.*  2,700; 

•In  vorvar,  herr  Hudolf, 
bit  (iiiem  spruche  frumt 
Doch  klne«  uistunis 
«ö  vil  iiiht  erztugt, 
dö  er  mit  iina  iirliiigt 
und  um  winde  bekrenken, 

ÜTTOKAii  56151  Sermüller. 

Spruch  tu  einem  (atlributit):  darumben  herzog  Steffan  von 
l^ndshuel  schrieb  xu  Münichcn  ein  lundschaft  aus  . . .  von 
der  ieuf  und  spruch  wegen  zu  den  iierzogen  von  Osterreich 
vuD  des  pirgs  wegen.  Atkrtihus  ehron.  2,  511,  32  Lexer.  spruch 
an  etwas  {dat.):  iteiii  herczog  Albrecbl  ist  gericht  mit  den 
von  Kotweil  nnih  den  brant  und  spruch  an  dem  slosz  lluhem- 
berg  d.  städtechron.  2,  237,  6  (^urllberg,  15.  jahrh.).  (einen) 
Spruch,  Sprüche  baheo  zu  einem :  da  marggrufT  Albrecbt  sähe 
und  raercki,  da;  im  sein  wille  nit  ergen  wolt,  da  klagt  er, 
wie  er  sprOcb  zu  den  von  Ntirmbcrg  hct.  124,26;  am  aftcr- 


mäiitag  vor  Bartholomei  laublen  zvveii  brüeder  von  Freyberg 
und   nanien   den    von  Köln,    Franckfurl   und  andern  sietten 
am  Hein  wol  13  wägen  gfils  . . .  und  betten  gantz  kain  spruch 
zfl  in.  22,115,4  {Augsburg,  v.  1455);    ob   auch  derselb  Maitits 
zw    dem   yelzgemellen  Hofnian    spruch   zu  haben  vennainet. 
urk.  Max.  94;  spruch  zu  sein  gnaden  haben,  quelle  des  IG.  jahrh. 
bei  Dief.-WClcker  860;    freier:  si  unus  debet   loo,  ego  looOO, 
ergi»    etiam    debeo   me   coram    hominibus    halten    für  einen 
sunder,   quia   ein   itzlicher  bat  ein    spruch  zu  mir  und  ich 
wider  zu  im.  Lutiieb  19,517,9  Weim.  ausg.;  mit  näherer  sach- 
licher bestimmung:  Sprüche  zu  einem  haben  um  etwas,  quelle 
von  IU2   bei   Sf.HH.*  2,700;    ob  er  sich  nit  einlassen   (wollte), 
äol  man  ime  ainen  rechlag  verkünden,  desgleichen  dem  gegen- 
tail,  der  spruch  zu  im  hat  um  erbar  sacheii.  salzb.  taid.  67,2; 
auch   ergänzt  durch  gen.  der  sache  mit  folgendem  halben,   urk. 
Max.  156,  s.  unten,    spruch,  spruche  haben  zu  etwas:  ist  aber 
das  ein  perkman  in  wein,  getiaid  und  ander  gut  greift  darzu 
ein  andrer  spruch  hell,  steir.  taid.  412,5;  allen  erben,  geltern 
und  gläubigem  menigelicb.   so  sprücb  darzae  zu  haben  ver- 
mainen.  tirol.  weisth.  4,667,39;  und  sein  spruch,  so  er  zu  jm 
{dem  schlösse)  zu  haben  vermeint,  urk.  Max.  39;   die  guter,  da 
zu  sie  Spruche  zu  haben  vermeynt.  quelle  von  1504  {Marburg) 
bn  DiKF. -WüLCSER  860.     gegen    einen    {frühnhd.  einem):    im 
16.  jar  keiser  Karoli  reigirung  kam  derselb  Karel  gein  Nürem- 
berg  und  hielt  da  in  dervasten  einen  grossen  hove,  in  welchem 
bove  die  spruche  und  zwitrecbt,  so  burggrafT  Kriderich  gein 
der  sUt  Nürenberg  . . .  hett,  . . .  gütlich  hin  gelegt  und  ausz- 
gesprochen  und  des  yedem  leyle  von  den  fursten  brieffe  ge- 
geben wurden,   d.  städtechron.  A,2Hh,2i  {Nürnberg,  ib.  jahrh.); 
vgl.  auch  den  unten  angeführten  beleg  von  1514  bei  Waitavs  1709.  wo 
zu  und  gegen  in  Verbindung  mit  haben  neben  einander  erscheinen. 
sich    Sprüche  zu  einem  vornehmen:   {Albrecht  v.  Brandenburg) 
nam   im    fast   vil   sprüch    zu   im    für.   d.  städtechron.  2, 123,  8 
{Nürnberg,  ib.  jahrh.);    wann    die    sprüch,    die    im    marggraf 
Albrecht  zu  dem  von  Heideck  für  nam,   waren  nichtz  wert. 
124,6;  vgl.  weiter  ll,7t>3,  5  unten,     statt  zu  erscheint  hier  auch 
an,  das  ebenso  in  andern  Verbindungen  möglich  ist.  Bad.  chron. 
6,374,12,  s.  unten.    Sprüche  zu  etwas  gerichtlich  vornehmen : 
so  yemand  zu  den  erkauften  gütern  ainiche  forderung  oder 
sprOcb  gerichtlich  fürnemen  wurde.  A'ürnft.  re/'orina/ioB  (1564)92*. 
Spruch  zu  einem  setzen,  ihn  anfordern,  klagen.   Avb.ntin  bei 
ScHM.*  2,700;   Sprüche  wider   einen:    wo  iemants  wider  den 
andern  sprich  ze  sözen  vermaint,  der  soll  es  vor  der  geord- 
neten oberband  thuen  und  alda  rechts  erwarten,   salzb.  taid. 
184,4  {l'i.  jahrh.).     spräche    suchen    zu   einem:   wo  aber  nit 
(einer  nicht  auf  frischer  that  eryri/fen  ist)  und  ist  hernach  über 
kurz  oder  lang  wider  darein  komen,  hat  in  die  oberkait  nit 
mer  anlangen  dürfen,  sonder  der  zu  im  sprich  gesuecbt  bat 
in  vor  seinem  gerichlsherrn  zuLobenau  fürnemen  müssen.  84,  is 
(um  1660).     seinen  spruch,   seine  Sprüche  suchen  vor  einem 
(richter):  das  der  klüger  .  . .  soll . . .  sein  spruch  weiter  suecben 
vor  der  urbar  herrschaft.  tirol.  weisth.  2,  376,  19  (16.  jahrh..);  das 
der  klager  den  antworter  unib  sullicb  klag  müessig  machen 
soll  bei  dem  frembden  gericht  . . .  und  sein  sprüch  suecben  vor 
dem  urbar-ambt-man   und  gericht.  salzb.  taid.  1,22  (11.  jahrh.). 
seine  (zwietiacht  und)  spruche  rechtlich  austragen:  daj  wir 
beider  teile  unser  zwilracht  und  spruche  vor  seiner  küniglich 
majestat  rechtlich  mit  einander  ausztragen  . .  .  sollen,  d.  städte- 
chron. 2, 134,  30  (Nürnberg,  i:>.  jahrh.) ;  ähnlkh  3,  285,  28,  s.  o**n  ; 
auch:  und  ob  wir  spruch  und  vorderung  zu  einander  gewonnen, 
sollen  die  auszgetragen  werden,  urk.  Max.  89.    seine  Sprüche 
ruhen,  anstehn   lassen:    daj    wir  dem  mergenanten   fürslcii, 
inarggrflIT  Albrecbtcn  umb  sulcbe  seine  furgelegte  und  gemelte 
Sprüche    und    anvurderunge,    also    an    uns    getan,    vor   dem 
allerdurchlaurhtigsten    fursten    und    herrn    bern    Friderichen, 
römischen  künige  :c.  iiiiserni  gnedigislen  herru  rechtens  und 
billichs   ausztrags   phlegen   und    unsere   spruche  ...  zu  dem 
male  ruwen  und  ansleen  laszen.  2, 134,20  (Nürnberg,  ib.  jahrh.). 
seinen  spruch,  seine  Sprüche  fallen  lassen :    zum    ersten    sol 
beitzüg  Ludwig   alle   sein   sprücb   gein   marggraf  Albrechten 
fallen  lassen  und  süllen  ab  sein.  22,  l&o,  5  {Augsburg,  von  I45'.i); 
all  unser  sprüch  mUessen  wir  fallen  lassen.  221,  ig  (i<on  iioe); 
will  alsdan  der  rlager  seinen  vermainlen  sprücb  gegen  ihme 
nicht  fahlen  lassen,  tahb.  taid.  IS4. 12  (17.  ;oÄr/i.).  ähnlieh:  so 
Süllen    wir   oder  die  . .  .  lecbtiosz  sein  und  den  »prucb  ver- 
lühren  haben,  quelle  von  I8»8  in  Haltsus  l7o9:  dasi  sieb  der 
lierizog  aller  sprürh  verzig,  di«  er  z6  dem  Regel  bell.  d.  stiutlt' 
fkron.  2b, 23ii,2l>  [Augsburg,  t.  \i,:i.):    wcliubei    aber    über   doi 


^ 


169 


SPRUCH  (1,2.3) 


SPRUCH  (11,1.2) 


170 


\erpott  . . .  Ihet,  der  ist  in  dei-  Lerrschafl  schwären  straff 
and  dem  andern  all  seine  sprQcb  abzulegen  schuldig,  steir. 
taid.  4S5, 16  {vgl:  wer  dasz  öberfüer,  der  ist  in  der  herrschaft 
schwören  straf  und  dem  andern  alle  seine  sprüch  »erfüllen. 
J4,  26) ;  sich  der  weiblichen  sprQcb  begeben,  klausel  in  kon- 
trakten.  Schm.*  2,  TOO. 

mit  sinnverwandten  ausdrücken  terbunden,  Sprüche  und  forde- 
rungen.  Stieleb  2103,  anforderungen:  in  derselben  gegen- 
berlickeit  nu  der  vorgenante  fürst,  marggraff  Albrecbt,  seiner 
Sprüche  und  anvorderunge  etwe  manige  und  sünderlich  unter 
andern  in  melduoge  des  genanten  hern  von  Haideck  bandeis 
dargelegt  und  lauten  hat  laszen.  d.  städtechron.  2, 134,  6  (.Vürn- 
berg,  15.  jahrh.);  nachdem  und  ir  {Albrtcht  v.  Brandenburg)  euch 
Sprüche  und  anvorderung  gen  dem  edelen  berrn  Conraten  berrn 
zfi  Heideck,  uns  und  unserm  commawn  fiirgenonien.  515,6; 
das  ich  {oder)  nyeniant  von  meiner  wegen  solcher  stuck  halben 
keynerley  spruch  noch  anforderung  zu  gemeyner  stat,  dem 
erbern  rat  noch  sundern  personen  weder  gutlich  noch  recht- 
lich dorynnen  furnemen  ...  sollen  noch  wollen.  11, '63, 5 
(Nürnberg,  r.  146S);  von  solds,  Schadens  und  ander  spruch 
und  vordrang  wegen,  was  er  der  zu  uns  gehabt,  urk.  Max.  53; 
umb  sein  gerechtigkeit,  spruch  und  vorderung,  so  er  zu  dem 
könig  zu  haben  vermeine.  S<j;  aber  er  der  zwayer  slüsser 
halben  sprucb  und  forderung  zu  uns  zu  haben  vermaint.  15U; 
ob  binfüro  jemand  . . .  spruch,  klag  oder  forderung  zu  und 
gegen  den  rath  der  Stadt  Wormbs  . . .  haben  oder  zu  haben 
Tenneinen  und  fürnehmen  würde,  quelle  ton  1514  bei  Haltaüs 
1709;  was  sich  gesagter  Argentischen  Sachen  halb  gegen  ynen, 
iren  hab  und  gütern  zutragen,  von  dessen  wegen,  an  ein  stat 
Basel,  noch  gmein  eidgenossen,  ir  aller  lüt,  hab  und  guter, 
niemerme  rechen,  weder  sprucb  noch  vorderung  furnemen, 
ze  haben  noch  ze  hruchen,  inn  noch  usserthalb  rechten, 
in  kein  wys.  ßasJ.  f/iro«.  6,  374, 12  (r.  1540);  wann  einer  zum 
andern  sprüch  und  fürderung  zu  haben  vermeinet.  Ayrer 
proe.  2,2;  wer  auf  unser  grund  und  güeter  icht  vermaint  erb, 
berrngnad  und  paurecbt,  leibgeding,  freistüft  oder  andere 
gerechtigkeit,  sprich  und  anforderung  ze  haben,  salzb.  taid. 
5,24;  da  . . .  von  wegen  entwendterjunkfrauschaft  forderung 
oder  sprich  firfohlen  (vorfallen).  \38,12  {l'i.  jahrh.).  mit  recht: 
ond  solle  nachzumahlen,  wie  gemelt,  nit  allain  dem  tail,  so 
Tor  inserierter  massen  geschädigt  worden,  sonder  auch  auf 
erfordernden  fal  der  gsainbten  nachtperschaft  ire  sprich  und 
recht  zu  ersueeben  vorbehalten  sein.  tiroL  tceisth.  i,  2S2,  8 
(e.  1674);  doch  sollen  . . .  ihre  sprich  und  recht  genzlich  vor- 
behalten sein.  2,172,4;  bey  verlierung  ihrer  sprüch  und 
Wittiben  rechten,  quelle  bei  Schebz-Oiieblin  1545.  mit  schaden: 
wurde  er  von  dem  würlh  beclagt  umb  aufgetragene  zech,  su 
bt  er  dem  pfleger  und  seinem  richter  verfallen  umb  das 
wandl,  dem  wirtb  umb  sein  sprucb  und  schaden,  salib.  taid. 
19, 6  (f.  1625);  so  muesz  der  vatter  oder  herr  für  in  tättigen 
nmb  das  wandl  und  umb  die  sprich  und  schaden  antworten. 
23, 34  (f.  1625);  wo  man  dan  sunderlichen  sich  deren  annemben, 
dem  belaidigten  die  sprüch  und  schaden  darzue  bevorstehen 
solle  zu  ersueeben.  steir.  taid.  490,  U.  mit  adjedivischen  zusdtien, 
heurathlicbe  sprüch,  praetensiones  ex  padis  dotalibus  obienientes. 
Scberz-Oberlin  1545,  beiratliche,  \^  eibliche,  wittibliche  sprflch, 
forderungen  in  betreff  des  heiratgutes,  des  uitwenau'itrags  u.  s.  f. 
ScBH.'2,  700:  es  kunnte  dann  das  weih,  wie  recht  ist,  in 
jar  und  tag  genugsam  beweisen,  dasz  sie  solcher  bandlung 
halber  ihr  heyraihliche  sprüch  verlieren  müszten.  quelle  bei 
Scberz-Obeblin  1545,  persönliche  sprüch,  forderungen,  welche 
üuf  die  person  und  nicht  auf  geld  und  gut  gehen,  ein  ausdruck, 
der  jedoch  im  7.  artikel  der  (bair.)  erklärten  lindifreilieit,  wo  er 
auf  die  prälaten  und  adelichen  bezogen  ist,  laut  der  vorrede 
t.  1616  gleichsam  per  [trivilegium  in  letiterem  sinne  genommen 
wtrden  musite.  Scbm.^  2,  700. 

3)  in  der  rechttsprache  wurzelt  auch  einsprach,  ebenso  vielleicht 
Widerspruch,  das  hier  der  unter  2  erwähnten  bedeutung  von  spruch 
tntsprechend  die  antwort  des  beklagten  bezeichnet,  der  verbale 
iharakter  dieser  beiden  Zusammensetzungen  ist  noch  heute  deutlick 
erkennbar,  man  sagt  einspruch  {oder  einspräche),  Widerspruch 
erheben  wie  ansprucb  erheben,  es  erfolgt  einspruch,  Wider- 
spruch, hter  hat  kein  plural  statt,  den  einspruch  überhaupt 
nicht  kennt,  der  bei  Widerspruch  eintreten  kann,  wenn  einzelnes 
femeint  ist,  was  'str/i  widerspricht',  s.  dies  unten,  auch  ver- 
spruih  hat  als  verpflichtendes  übereinkommen  bezieliung  zur  reehtt- 
Sfiraehe  und  seigt  durchaus  verbalen  Charakter,  abseits  scheint  von 
■  uianimensilzuugeii    mit    verbalem   Charakter    nur   Zuspruch    sv 


stehen,  und  doch  vermittelt  der  geistliche  Zuspruch,  der  einem 
deUnquenten  zu  theil  wird,  auch  hier  die  beziehung  zur  rechts- 
pßege. 

H.  sonst  wird  spruch  durchweg  von  gesprochenem,  in  warten 
ausgedrücktem  gebraucht. 

1)  in  allgemeinem  sinne,  an  den  gebrauch  in  der  rechts- 
sprache  erinnern  Wendungen  gleich  den  folgenden: 

er  kom  zuo  der  spräche      an  einem  morgen  Truc. 
lützel  guoter  sprCiche      redet  er  dar  zuo.     Sib.  1440,  2: 

deutlich  von  einem  geschlossenen  ausspruch  {vgL  unten  2,  ß: 

'nun  her  mit  dem  glücke  von  Edenhall!' 
der  schenk  vernimmt  ungern  den  spruch. 

UuLAND  (1S64)  354. 

auf  die  ältere  spräche  beschränkt  bleibt  der  allgemeine  gebrauch 
von  gesprochenen  warten: 

ir  jähet  min  ze  kebseu :      da;  sult  ir  läjen  sehen. 

mic.ist  von  iwren  sprücheu,       da;  witiet,  leide  geschehen. 

Sib.  789,  4 ; 
'man  so!  so  vroweii  ziebeo',      sprach  SiTrit  der  degen, 
'daj  si  üppec  spiüche      lä^eii  uader  wegen'.      805,  "2; 
dö  wiseie  man  die  sclicenen      vrider  in  den  sal. 
gemelicher  sprüclie      wart  da  nibt  verdeit.    1612,  3; 
wie  liikke  ich  mich  der  törheit  underwiade, 
swanue  ich  vor  ir  stän,  luni]  spräche  ein  wunder  vinde, 
unt  muo{  doch  von  ir  uogesprochen  gän. 

miiiiirs.  1,  126*  Hagen; 

dö  manic  guoter  sprucb  geschach. 

die  in  schimpfe  eines  gein  dem  andern  sprach. 

Lonenijr.  1014 : 

die  (fraufn)  mit  süejen  Sprüchen  rieh 

künden  schön  enprähen  den  künic  lobellcb.    1664; 

man  hörte  da  sprnche  wilde 

von  der  garzünea  croie.    kiune  804; 

ein  arairali  hie;  Cardes, 

der  lialf  die  scliar  in  leiten 

und  ür  den  strit  bereiten 

mit  werken  und  mit  Sprüchen.    32693; 

er  sprach  ir  sint  böser  Sprüche  rieh 

und  schelten  min  hern  teglicb.    /iedtrs.  2,  525. 773; 

were  er  {gott)  ungesprochen,  daj  selbe  were  ein  spruch.  d.  myst. 
2,130,16;  die  strojje  bedutet  den  hochniut  und  die  deinen 
vedere  subtiles  inquisiliones,  die  swinden  vragen  und  die 
listigen  spruche.  Schönbacu  ad.  pred.  1, '26, 35;  und  Hiob  für 
fort  und  hub  an  seine  sprüche,  und  sprach.  Hiob  27, 1.  zur 
betonung  der  geschlossenheit :  voller  sprucb,  periodus.  Dastpodius. 
deutlich  ßr  ein  einzelnes  wort: 

swenn  ich  dan  ü;  erkirne 

die  selben  Sprüche  (:ive  und  Eva)  beide, 

und  iuli  ir  uuderscheide 

gemerke  wider  unde  vür. 

Koniao  v.  Wüizbobs  goläii.  schm.  411. 

ßr  eine  grammalische  form:  also  setz  wir  oft  den  spruch 
der  gegen würtichait  für  den  spruch  der  künftichait.  MEüKneEBu 
60,  31. 

2)  meist  aber  prägnant,  von  gesprochenem,  in  warten  aus- 
gedrückten, was  wie  der  spruch  des  richters  feierlich  vorgetragen 
wird,  was  feste  form  hat,  was  durch  form  oder  (und)  inhalt 
allgemeineres  interesse  beansprucht. 

a)  in  bezug  auf  dichtung.    vgl.  sprechen  U,  12. 

a)  mhd.  von  dichterischen  uorten,  zunächst  gewisz  von  solchen, 
die  gesprochen,  nicht  gesungen  werden,  so  wol  in  folgenden  stellen, 
wo  es  stc/t  um  epische  nicht  strophische  darsttllung  handelt: 

aü  beeret  den  Sprüchen  (üiurlirfeit:   uu  beeret  da; 

mere  [ward  li-..  6]  mit  sprächen,  hs,  a), 
wie  die  diebe  Krücheu 
für  ^erihte  mit  ir  bürden 
da  SI  erhangen  würden.    Helmbrechl  1651; 
dise  materien  er  (Gollfrieä  w  Strattbunj)  hit 
gespreuzet  in  so  lichte  wät, 
da;  ich  zwivele  dar  an, 
ob  ich  indert  vindeii  kan 
in  mines  sinnes  gebuge 
rede,  die  wol  siiude  lüge 

bi  disen  sprächen  guldin.    HiitiiticH  t.  F*iiib*6  29: 
ob  ich  iuch  uu  wolle  pTrengeu 
und  dise  rede  lengen 

von   adelichen  spruchen  als  ich  kau.     kröne  '2'2231  : 
bette  koninc  .Alexander 
bi  bevoren  uuie  llarius 
zo  striie  gbelialdeu  sii^, 
men  soll  it  noch  mit  sprocheo  recken. 

Braunscliw.  reiwchiuii,  84b9  Weüand; 
ob  ich  et  dan  nii  ebene 
uach  reble  vollebreugeo 
jocb  ir  lob  ersprengeii 
mit  sprachen,  als  ich  dede, 
ob  ich  die  vollcist  hede.     Eliiabeth  57. 


171 


SPRUCH  (11,2) 


SPRUCH  (H,  2) 


172 


Sprüche  mit  würten  zusammengenannt : 

mit  josi  wolt  in  empiiälien 

der  junge  Thöseiis  zeliant, 

den  ich  naii  worten  in  genant 

und  mit  Sprüchen  hän  d&  vor. 

Konrad  v.  Würzburg  troj,  krieg  36095, 
sprflcbe  und  reime  unter  schieden: 

snrtich  und  rinie  beider 

bin  ich  ungewallic.     Ih'infr.  v.  liiaunschir.  12750. 

vielleicht  in  bezug  auf  slrophitche  daraellung,  aber  mit  sprechen 
susammengestellt: 

nieman  sol  das  rechen 

ob  ich  höiie  sprnche  hftn. 

wä  von  »ol  der  sprechen 

der  nie  liöhen  muot  gewan? 

ich  hin  höcli  gemüeie.     minneii.  frtihl.  146,  36. 

Sprüche  dem  sänge  gegen  über g eftellt : 

ich  lion  mit  Sprüchen  und  mit  sänge 
gewirden  wol,  die  mir  sini  hell'ebxre. 

miiines.  3,  104*  Hagen. 

vereinult  in  neuerer  spräche  ähnlich:  eine  magische  gewall  üben 
die  Sprüche  des  dichlers  aus.  Novalis  2,31  Meisxner. 

ß)  mit  betonung  der  geschlosseuheit  gilt  spruch  in  älterer  spräche 
für  ein  zum  hersagen,  {vor)lesen,  nicht  zum  singen  bestimmtes 
gedieht,  vgl.  W.  Wackebnagei.  in  Haupts  zeitschr.  8, 508.  spruch 
dem  lied  gegenübergestellt:  dises  sagt  von  den  Wienern  und 
stet  das  man  es  lesen  mag  als  ainen  spruch,  oder  singen  als 
ain  liet.  Beheim  buch  v.d.  Wienern,  Überschrift,    dem  gesang: 

meine  gedieht,  spruch  und  gesang, 

die  ich  hei  dicht  vor  jaren  lang. 

H.  Sachs  2,  243,  89  TiUmnnn. 

denselben  sinn  hat  das  wort  augenscheinlich  in  stellen  gleich  den 
folgenden:  nun  volgt  hernach  ain  spruch  vom  burger  im 
harrnäsch.  Kelleb  ad.  erz.  197,1;  ain  gar  schöner  spiuch  von 
aim,  der  soll  ain  doctor  weiden,  wie  er  sein  geltl  verthetl. 
:m,  1;  ain  spruch  von  ainem  chrancz.  643,1;  ain  schöner 
spruch  von  aiin  thunibrobst  von  Wirzpurk  und  aim  maier. 
fastn.  sp.  11:9  Keller;  ain  schöner  spruch  von  ainem  ediinan  mit 
der  wolfsgrueben.  1183;  ein  spruch  vom  pfennig.  1336;  ein  guter 
abenteurlicher  spruch.  1349;  ain  hübscher  spruch  von  ainem 
paurn  gar  kurzweilig  zu  lesen,  nachlese  307 ;  ain  spruch  der  sagtt 
von  ainem  edelman  der  hell  ain  frawen  die  bull  ain  pfaffen.  308; 
ein  spruch  von  ainer  frawen  und  ir  m;igd  wie  sy  milainander 
kriegenn.  322;  ein  fast  abenteurischer  spruch  von  einem  kaulT- 
man  von  Sirasspurg  der  gen  Rom  zcoch.  {von  FuLZ,,  druck 
vom  ende  des  \b.  jahrh.).  Hadpts  z«7sc/) r.  8, 517;  ain  spruch 
volgt  hernach,  zaigt  an  von  wannen  die  äffen  kommen  {von 
demselben,  handschr.  v.  1524—26).  537;  spruch  von  ainem  ritier 
mit  den  nussen  (von  Uosemilüt,  handschr,  des  15  jahrh.).  9,168; 
demnach  hab  ich  . .  .  alieriey  handschriflen.  alte  freihait,  über- 
gab, briefe.  chronica,  rüef,  reimen,  sprücli,  lieder,  abenteuer, 
gesang,  pelpüecher  . . .  durchlesen  und  abgeschriben.  Aventinos 
ckron.  1,6,32  Lexer;  ain  gereümpter  spruch,  genant  der  kummer 
trost.  ScBWABTZENüEBG  148*;  ein  neu  wer  spruch,  wie  die  geysl- 
licheil  und  etlich  haudtwercker  über  den  Luther  clagen. 
H.  Sachs  23,505,1  Keller-Götze;  herr  Jobannes  Wernher  hat  ain 
deutschen  spruch  gemacht  von  ainer  abenteurlicben  iiaudlung, 
die  im  in  seiner  jugendt  mit  ainer  scheneu  frawen  ist  begegnet. 
Zimm.  cAron.*  1,5S6, 21;  disen  spruch  hat  er  herzog  Eber- 
harten  von  Würtenberg  zugeschrieben,  ...  und  facht  der  spruch 
an  wie  hernach  volgi.  33;  in  disem  capitel  werden  vermeldet 
zwen  Spruch,  in  reimen  verfasst,  die  grave  Gottfridt  Wernher 
in  seiner  jugendt  am  würtenbergischen  hoff  gemacht  hat. 
4,213,7;  er  hat  ain  gaistlichen  sprach  gemacht,  darin  er  ge- 
ruehe  alle  moralia  so  weislichen  angezogen,  das»  sich  dess 
die  eitern  dozumal  hoch  haben  verwundert,  14;  neben  disem 
gaistlichen,  moralisierten  spruch  hat  discr  graff  auch  in  seiner 
jugendt  ain  weltlichen,  kurzwilligen  spruch  gemacht.  215,42; 
ein  Schoner  spruch  von  den  vier  und  zwantzig  buchstaben 
{von  W.  Wkbeii).  teiltchr.  f.  d.  phil.  16, 177; 

der  bertz  spruch  (diu  hertmdie  Konsad*  v.  WOiibubo). 
. . .  hieran  so  mOgea  pild 

riUer  unde  fraweo 

■D  disem  spruch  {im  uiitjiiinl :  mvie)  schuwen. 

IIÄTZLKRIN  2,  »r.  23; 

frO  da  munil  ich  fro  aulT  und  giaiig 

uad  macht  ausi  dem  gatprecli  ein  apruch. 

ii.  Sachn  2  (1570).  2,  U'i 

nachdem  Tant  ich  darinnen  frei 

(•lalllch  und  welillcli  mancherlei 

■•apracb  und  aprücb  vom  lob  der  tugeou 

ituhiunij^ii  2.  246,  171  Tiltmiun; 

•lo  apruch  du  um  henpi  «eben  thii ! 

'  ATBiB  791.20  heller. 


ähnlich:  Petrus  nach  dissem  spruch  (den  einleitungsvcrsen 
des  ^proclamatorz' ,  die  ein  ganzes  bilden)  stat  uff  für  den 
salvator  und  spricht.  More  schausp.  des  mittelalt.  2,  161,  253. 
noch  heute  heiizt  volksmäsiig  ein  kurzes  gedieht,  das  hergesagt 
wird,  besonders  bei  feierlichem  anlasz,  spruch.  Honzikeb  249. 
SCBM.*  2, 700. 

/)  aber  spruch  geht  mhd.  auch  in  allgemeinerer  art  auf 
dichterische  worte,  so  wenn  singen  in  offenbarer  beziehung  auf 
Sprüche  gebraucht  wird: 

hie  vor,  i\ö  man  so  rehte  minneclichen  warp, 
dö  wären  mine  Sprüche  Iröiden  riebe: 
Sit  daj  diu  minnecliche  minne  also  verdarp, 
Sit  sanc  ich  ouch  ein  teil  nnminnecliche. 

Walther  43,  13 

mit  deutlicher  betonung  der  geschlossenbeit  erscheinen  spruch 
und  lied  in  iileichem  oder  ähnlichem  sinne:  wann  er  {der  dichter 
oder  Sänger  von  tanzliedern)  .  . .  inuss  uff  sine  sele  nemen  und 
ewicliclien  pin  liden  für  die  sunde,  die  uss  den  lidern  oder 
spruchen  gent,  ussgenommen  riiwe  und  buss.  ad.  bl.  1,  53. 
vgl.  auch:  einem  ein  spruch  machen  oder  dichten,  componere 
Carmen  alicui.  Maaler  382*. 

S)  bisweilen  bezieht  es  sich  in  mhd.  stellen  auf  poetische  worte 
oder  gedicbte,  gesprochene  und  gesungene,  von  besonders  bedeut- 
samem,   zumal  von  lehrhaftem  inhalt  (vgl.  unten  dundf),  mit 
Zusätzen:     wä  sprüche  sam  die  rösen  dar, 
wn  sinnic  satz,  wa  vündic  sin? 

Heinrich  v.  Friibbro  4; 
diu  swachen  gcbemelichen  wort 
von  liünstelösen  tören 
baj  hellent  in  ir  ören. 
dann  edele  sprüche  tugentsam. 
ohne  solche :  '^°''"*"  "■  Wöbzbubo  troj.  krieg  151  j 

mine  sprüche  sint  niht  beladen 
mit  lügen  sünde  schände  schaden.    Fbbidank  129, 17; 
swÄ  meister  Ernest  wirt  vertriben 
i  unt  der  gemalten  zühte      pärät  meister  ist  beliben, 

I  da  vindent  mine  sprüche     vil  selten  stillen  rAm  noch  berndet 

i  grünt.    Rkinbar  v.  Zwetbr  156,3  Itöihe. 

e)  spruch  als  bezeichnung  einer  besonderen  gatlung  von  mhd. 
j  gedichten:  solche  töne  oder  Strophen  {von  denen  jede  ein  ganzes 
1  bildet,  aber  mehrere  im  selben  tone  gedichtet  sind,  während  jedes 
lieJ  seinen  eigenen  ton  hat)  möchte  tnan  sprüche  nennen, 
;  ein  ausdiuck,  der  bei  Walther  mehrmals  vorkommt,  und  nicht 
wohl  auf  anderes  bezogen  werden  kann,  ihr  Inhalt  ist  ge- 
wöhnlich politisch  oder  geistlich,  dasz  sie  gesungen  worden, 
ist  allerdings  wahrscheinlich,  auch  sind  sie  dem  gesetz  der 
dreilheiligkeit  fast  immer  unterworfen;  vielleicht  wurden  sie 
aber  mehr  recilativ  oder  parlando  vorgetragen,  so  dasz  sie 
wohl  als  Sprüche  bezeichnet  werden  konnten.  Simrock  in 
ged.  Walthers  v.  d.  Vogelweide  übers,  v.  K.  Simrock  u.  erläutert 
V.  K.  Simrock  u.  W.  Wackernagel  1  (1833),  175.  vgl.  W.  Wacker- 
nacel  gesch.  d.  d.  litt.^  i,  301.  304.  ;i27.  Koberstein  grundrisz'' 
1,  214.  215.  ScHEBER  deutsche  Studien  i9ff.  die  sachliche  Unter- 
scheidung mag  berechligt  sein,  es  ist  aber  nicht  dafür  der  beweis 
erbracht,  dasz  das  worl  spruch  im  mhd.  in  diesem  technischen  sinne 
gebräuchlich  war.  im  mhd.  wb.  2,  2,  539'  und  bei  W.  Wacier- 
NAGEL  gesch.  d.  d.  litt.^  l,  304  anm.  wird  diese  bezeihnung  als 
von  Simrock  herrührend  angeführt,  vgl.  auszer  den  oben  ange- 
führten stellen  minnes.  3,101*  und  Waltiier  48,13  noch: 

her  VVicman,  ist  da;  ere, 
da;  man  die  meister  irren  sol 
so  meisterlicher  sprüciie?    18,  :i. 

b)  von  formelhaften  Wortverbindungen  allgemein ,  die  bei  be- 
stimmten anlassen  gesprochen,  feierlieh  vorgetragen  werden. 

a)  von  Zauber-,  segens-,  fluchformeln,  die  poetische  und  /-ro- 
saische  form  haben  können: 

Hl  sprach  »ö  vrevelichiu  wort 
von  zoiil>erliclien  »achen, 
dat  der  walt  erkracheii 
begunde  von  ir  Sprüchen 
und  sicli  ze  witen  brnchan 
vil  harter  vlliiie  dA  tercloup. 

Konra»  V.  WüazauB«  IroJ.kritf  10539; 
durch  iliren  spruch  verseilt  sie  berge, 
macht  stein  aus  volk,  aus  riesen  iwerge. 

l.icHTWia  (1828)  79  (3,  I); 
»auu  die  hexe  .  . .  den  spruch 
des  laubVers,  düclie  mummelnd,  schuldigte. 

Stolbkbo  5,  65; 

*i«  {die  Germanen)  hatten  heilkraftige  sprüche  gegen  krankbeil, 
gegen  den  bohrenden  wurm  im  linger  und  lahn  und  gegen 
zerbrochene  glieder,  sprüche,  deren  wurto  noch  jetzt  ebenso 
io   unaereiii  vulke  klingen,   wie   sie  iu   deu  Veda  der  Inder 


173 


SPRUCH  (11,2) 


SPRUCH  (H,  2) 


174 


.erzeichnet  sind:  es  soll  gefügt  sein  glied  zu  glied,  bein  zu 
heia  und  blut  zu  blut  Frkytag  17(1897),  54;  gute  Sprüche, 
deren  kraft  er  (der  Germane)  oft  empfunden,  sind  durcL 
wandernde  götter  den  weisen  der  vorzeit  offenbart.  210;  er 
{der  Germane)  suchte  heilkraul  zu  frommem  spruch,  und  er 
fand  die  zauberkräftige  pQanze  nicht  mehr.  213.  von  einem 
gebet  mit  fester  form: 

wobi!   nun  kann  der  gusz  beginnen, 

schön  gezacket  ist  der  bruch. 

doch,  bevor  wir's  lassen  rinnen. 

betet  einen  l'rommen  spruch!     Scuillek  It,  310. 

ß)  formelhafte  Sprüche  bei  anderen  feierlichen  anlassen :  die 
braut  steht  unter  der  hausthüre;  circa  50  schritt  von  der 
thüre  steht  der  bräutigam  mit  dem  brautfOhrer  und  noch 
einem  kameraden  und  thut  einen  spruch,  welchen  die  braut 
erwidert.  Birlihger  volksth.  a.  Schwaben '2,  39i;  der  hochzeit- 
lader,  mit  bändern  und  strausz  geschmückt,  ladet  unter  her- 
sagen eines  Spruches  zur  bochzeit.  394;  Sprüche  der  hand- 
werker:  vom  deutschen  handwerksieben  in  brauch  spruch 
und  lied.  Schade  im  »eim.  ;a/ir6.  4,  241;  und  ganz  in  prosa, 
gleichfalls  dichterisch  beseelter,  so  jedoch,  dass  nur  stellen- 
weis sich  ein  schmückender  gleichlaut  und  etwa  am  schluss 
eines  ganzen  in  längerer  folge  reime  sich  darunter  mischen, 
sind  die  Sprüche  der  bandwerksgesellen,  der  schmiede,  der 
bütticher  u.  s.  w.  abgefasst,  die  rede,  wenn  ein  lehrling  geselle 
wird  oder  ein  gesell  auf  der  Wanderschaft  das  handwerk 
grüsst.  W.  Wacreenägel  gesch.  d.  d.  litt.*  2,  43.  der  spruch, 
den  der  Zimmermann  {polier)  spricht,  wenn  ein  haus  gerichtet 
wird,  gipfelt  in  einem  Segenswunsch,  freier,  in  archaisierender 
nrache:  steh,  waldganger,  und  singe  den  spruch,  der  dich 

n  meinem  eisen  löst!    {yieb  die  losung).   Freytag  8  (1897),  1. 

;)  ebenso  von  dem,  was  nur  einmal  bei  bestimmtem  anlasz 
feierlich,  entscheidend  ausgesprochen  wird,  soweit  es  kurz  und 
nach  form,  inhalt  bedeutsam  ist.  von  Weissagungen  u.  ähnlich: 
da  hub  er  (Bileam)  an  seinen  spruch,  und  sprach.  4  Mos.  23,7; 
als  elfe  {weise  frauen)  ihre  Sprüche  eben  gethan  hatten.  Gbimji 
märchen  196  {Domröschen);  da  wirft  der  held  (Hagen)  um  den 
spruch  {der  Wasserfrauen)  unwahr  zu  machen,  den  einen  während 
der  überfahrt  in  die  Qutb.  Freytag  17  (1897),  205; 

es  gebt  ein  alter  spruch : 
des  reiches  adler  werJe  ruh  erst  finden 
im  nest  des  löwen.     Grillrarzer  5(1887j,  38. 

gottes  Spruch,  oracula  dei.  Dasypodics.  Maaler  382*.  vgl.: 
dartimb,  das  ein  hoher  geist  bey  im  {Daniel)  funden  ward, 
dazu  verstand  und  klugheit  trewme  zu  deuten,  tunckel  Sprüche 
zo  erraten  und  verborgen  Sachen  zu  offenbaren.  Dan.  5, 12. 
AR  Spruch  als  anspräche  beim  zutrinken  kann  formelhaft  sein 
tder  sich  freier  entfalten,  in  einem  Segenswunsch  gipfelnd  berührt 
er  sich  wieder  mit  b,a.  vgl.  trinkspruch:  Jürg  kostete  den 
wein  und  reichte  ihn  mit  dem  spruche:  'auf  dein  wohl, 
Locretia,  und  auf  das  deines  vaters!'  dem  schweigenden 
kinde.  C.  F.  Meyer  Jenatsch  {iW)\)  19.  freier,  von  einer  vorbe- 
reiteten feierlichen  rede,  wol  mit  leichtem  spott:  Wilhelm,  obgleich 
seinem  gefühl  nach  die  {seine  geplante)  pathetische  rede  zu 
dem  natürlichen  empfang  nicht  recht  passen  wollte,  nahm 
sich  doch  zusammen,  ging  auf  die  schwelle  los  und  wollte 
seinen  spruch  beginnen.  Gotbb  20,  8.  volksmäszig  auch  allge- 
wiein  von  jedem  redestück,  so  bair.  Schm.*  2,  700.  soldatisch  in 
ebd.  gegenden:  sprach  reiszen,  machen,  das  grosze  wart  führen. 
UoBN  soldatenspr.  82. 

d)  häufig  kurzer  prägnanter,  eine  lehre,  mahnung,  Wahrheit 
enthaltender  satz,  der  oft  ausgesprochen  wird  oder  es  verdient. 
xuerst  bezeugt  von  solchen  in  poetischer  form.  vgl.  oben  a,  S. 
alter  spruch: 

min  vorderunge  ist  üt  in  (kfmig  Otto)  kleiner  danoe  ein  bdne; 
ein  si  so  vil,  obe  er  der  alten  sprücbe  wsre  Trö. 

Waltüik  2«,  27; 
der  alte  spruch  der  ist  wir: 
swer  guoten  boten  sendet, 
sinen  viumen  er  endet.    Iwein  6064; 
die  alten  sprücbe  sagent  uns  daj:  swes  bröt  man  eijen  wil, 
des  liet  sol  man  oucb  singen  gerne,  und  spilo  mit  vli^e,  swes 
er  spil.     miiines,  2,  153*  Huijcu; 

dogedeuk  des  uralten  spruchs,  dasz  ein  bruder  dem  andern 
wie  die  band  der  band  helfe,  übernahmen  wir...  das  dur- 
gereichte geschäft.  J.  Grimm  vorrede  oben  theil  1,  ii.  mit  anderen 
lusdtzen:  kurtzer  spruch,  der  eyn  verborgene  lehr  begreifft 
oder  anzeygt,  symbolum.  Dasypodius,  herrlicher  spruch,  gnoma. 
ÜAALEii  382',  denkwürdiger  spruch,  gnoma.  Stieler  2lo3;  ein 
weiser  Spruch,  dictum  sapiens.  Steimbach  2,  63.%  u.  ähnlich:  von 


mancherley  feinen  Sprüchen.  Kibcbhof  wendunm.  l,42i  Oslerley; 
der  Teutscben  scharpfsinnige  kluge  spruch.  titel  eines  1626  zuerst 
erschienenen  buchs  von  Ziscgref;  ein  gedieht  musz  ganz  uner- 
schöpflich seyn  wie  ein  mensch  und  ein  guter  spruch.  Novalis 
3, 31  Meiszner;  frauen,  mit  ihrem  gesunden  mutterwitz  und 
im  gedächtnis  gute  Sprüche  bewahrend,  tragen  oft  wahre 
begierde  ihr  unverdorbnes  Sprachgefühl  zu  üben.  J.  Grimm 
vorrede  oben  theil  l,  xiii; 

man  musz  sehn,  dasz  mans  klug  anfang, 
wenn  recht  sol  gehen  seinen  gang 
ein  solcher  kluger  spruch  würd'  allen  bringen  frommen. 
.  .     .    ,.  ,  Reiiiicke  fuchs  (16.50)  235: 

sprichwörtlich: 

weise  Sprüche,  gute  lehren 

soll  man  thun  und  nicht  hlosi  hören.    Simrock  462,9790. 

ohne  Zusätze  spruch  (der)  leerspruch,  gulde  wortl,  sententia, 
eßalum,  verbum,  proverbium,  adagium,  paroemia,  dictum.  Maaler 
382*,  sentenza,  proterbio,  motto.  Hdlsiüs  (1618)  1,236',  didum, 
proverbium.  Scbottel  1420,  axioma,  gnoma,  eanon,  proverbium. 
Stielek  2103,  von  ädelukg  als  'in  der  anständigen  schreüiart' 
veraUet,  nur  noch  'jm  gemeinen  leben'  üblich  bezeichnet,  auszer 
in  Zusammensetzungen,  aber  noch  heute  durchaus  üblich.  rgU 
Weigand'*  2,  783:  der  ander  (der  sieben  weisen)  ist  Chile  von 
der  kriechischen  stat  Lacedaemon.  sein  spruch:  'erkenn  dich 
selbs,  lern  dich  selbs  erkennen  wol'.  Aye.ntiscs  1,305,  l3Lexer; 
denn  hie  ist  der  spruch  war,  dieser  seel,  der  ander  schneit. 
Joft.  4, 39;  wo  also  ein  mensch  halt  grosse  erkantnusz  der 
nature  der  unvernunfftigen  thieren,  bedarff  man  dysen  spruch 
nit  bevveren  lang  und  vil.  Eberliü  v.  GCsibcrg  2,  5  neudr.; 
das  wirt  in  deutschen  landen  auch  gebreuchlich  gewesen  sein, 
wie  diser  spruch  meldet.  Agricola  ( 1534)  540;  derbalben  der 
Spruch  des  allererfarnesten  kaisers  Maximiliani  'halt  massl' 
wol  in  achtung  zu  haben.  Zimm.  cAron.*  2, 198,  38;  leben  und 
leben  lassen,  war  sein  spruch.  Güthe  aufger.  l,-;  spruch 
des  Confucius.  Schiller  11,  14.  304;  diesen  hellen  scharfen 
geist  {Lessing)  lenkte  seine  vorliebe  für  fabel  und  spruch 
nur  zu  wenigen  altdeutschen  dichtem  zweiten  oder  dritten 
rangs.  J.  Grimm  vorrede  oben  theil  1,  v; 

ein  spruch  was  bi  den  alten: 

geselleschart,  diu  bösheit  kan, 

von  der  wirt  houbetsiech  ein  man. 

Fbaue^lob  spr.  271,  16; 

ein  meister  hei^it  Boecius, 

der  ist  schöner  kunste  vol. 

der  sprichit  einen  spruch  alsus.    rUler.'pieget  1507; 
nemant  is  edüel  noch  gut,  men  got  alleine, 
hirumme  merket  recht  dessen  sproke  algemeine: 
de  de  werlt  eddel  holt  unde  hoch  geboren, 
merke,   wat  hebben  se  vor  den  anderen  minschen  tovoren? 

des  doites  danz  1616; 

suum  cuique!    berr  Ovid! 

laszt  andre  mit  dem  spruche  scherzen, 

schön  ist's  doch,  wenn  in  unserm  herzen 

ein  trieb,  ihn  zu  erfüllen,  glühu    Gökligs  1,  125; 

sein  spruch  war:  leben  und  leben  lassen. 

Schiller  Waltensleins  lager  6. 

vgl.  denkspruch,  Sinnspruch,  Wahlspruch,  wappensprucb 
{zum  letzteren:  das  Sinnbild  war  ein  vogel  mit  dem  spruch: 
hiernachstrebte  ich  lang!  Krämer  deutsch-ital.  diet.  2[i'02],ssi*). 
die  Sprüche  Salomonis:  und  er  (Salomo)  redet  drey  lausend 
Sprüche.  lkön.i,32;  dis  sind  die  spruch  Salomo  des  königes 
Israel,  Davids  son.  zu  lernen  Weisheit  und  zucht,  verstand,  klug- 
heit, gerechligkeit,  recht  und  schlecht.  spr.SaL),l;  der  selb 
prediger  war  nicht  allein  weise,  sondern  leret  auch  das  volck 
gute  lere  und  forschet  und  stellet  viel  sprücbe.  pred,  Sal.  12,  9; 
und  {du  Salotno)  hast  alles  mit  Sprüchen  und  leren  erfüllet. 
Syr.  47, 17 ; 

als  spricht  der  wise  Salomön 
einen  järoerlichen  spruch. 
der  ist  gebeijen:  'ach  und  uchl 
dar  zuo  mi :  we  und  och ! 
da{  uicman  ist  üf  erden  doch, 
da{  er  si  vor  töde  vrü'     hl.  (ico'g  1079; 
bochweiser  Salomon!  dein  apruch, 
'dasz  unter  tausenden  kein  gutes  weib  zu  floden', 
gehört  —  gerad"  heraus  —  zu  deinen  zungensündeii. 

Lkssikc  I,  9. 
auch  sonst  in  der  bibel,  schon  vor  Lcther:  als  wie  der  lam 
hat  schöne  scbinbein  umsunst,  also  unzymiich  ist  der  spruch 
in  dem  mund  der  toren.  bibel  v.  1483  304  {spr,  Sa/.  26,  7);  ein 
spruch  in  eins  narren  mund,  ist  wie  ein  dornzweig,  der  in 
eins  truncken  band  sticht,  ip*.  Soi.  26, 9:  dieselbigeu  alle 
werden  einen  spruch  von  jm  machen,  und  eine  sage  und 
Sprichwort  und  werden  sagen:  weh  dem,  der  sein  gut  mehret 


175      SPRlCHANWtNDlIiN«;  —  SPRUCHBAND 

mit  freinbdciii  gut,  wie  lange  wirds  weren?  //u&n/tuft  3,  6 ; 
höre  gern  gottes  wort,  und  mercke  die  gute  spritche  der  Weis- 
heit. %r.  6, 35;  verachte  niclit,  was  die  weisen  reden,  sondern 
richte  dich  nach  jicn  Sprüchen.  8,9;  er  mus  die  geistiiciien 
Sprüche  lernen,  und  in  den  liefTen  reden  sich  üben.  30,3; 
diesen  sprucb  saget  Jhesus  zu  jnen,  sie  vernanien  aber  nicht, 
was  es  war,  das  er  zu  jnen  saget.  JoA.  10. 6.  redensarl:  hä 
smitt  dermed  um  sik  as  Sirach  med  den  sprUaken.  Woeste  252*. 
rgl.:  vom  pressen  stehen  auch  viel  schöner  sprüche  in  der 
h.  schriiTt,  die  man  bey  pressung  des  weins  bebertzigen  und 
l'i'dcncken  soll.  Coleb  öron.  1  (16S0),  273'.  sprflche  aus  der 
bibel:  das  allerfürnebmste  (löblichste)  sol  seyn,  den  lehr- 
kindern  die  Sprüche  aus  der  bibel  eintröpfflen.  Combmds 
iibers.  V,  Docemios  (1657)  733. 

oUgemdner  von  stellen  der  heiligen  schrift  biblische  sprüche, 
äicta  biblica,  loca  i.  scriplurae.  Stikler  2103,  ein  sprucb  aus 
I).  schrift,  schriftspruch,  un  detlo,  passo,  passaggio,  luogo  della 
sagra  scrittura.  kRAMER  dcutsch-ital.  dict.  2  (1702),  SSI',  ein 
sprucb  der  h.  schrift,  dictum  s.  scrijturae.  Frisch  2,  3Io\  in 
Luthers  bibel  selbst  allgemein  von  älteren  aussprüclien  heiliger 
mdnner,  stellen  bibliicher  bücher :  auff  das  erfüllet  würde  der 
Spruch  des  propheten  Isaia,  den  er  saget,  berr,  wer  gleubet 
unserm  predigen  und  wem  ist  der  arm  des  herrn  offenbaret? 
Job.  12, 3S;  das  erfüllet  werde  der  sprucb  in  jrem  geselze 
geschrieben,  sie  hassen  mich  on  ur^^ache.  15,  25;  indessen 
wundert  es  mich  doch  bisweilen,  wie  mein  vater  und  der 
|ifarrer  von  diesem  oder  jenem  sprucb  in  der  bibel,  von 
diesem  oder  jenem  bücbli  denke.  Brauer  38  Reclam.  meist 
bleibt  aber  der  gebrauch  eingeschränkt  auf  bedeutsame  stellen, 
die  inhaltlich  abgeschlossen  sind. 

e)  im  anschlusz  daran  bezeichnet  sprucb  auch  ohne  verdeut- 
lichenden iusati  stellen  der  heiligen  schrift.  mit  starker  einschrän- 
kung:  daher  heiszen  auch  die  stellen  de.sselben  {heiligen  buches), 
die  einen  glaubenspunct  darlegen  sollen,  schlecblhin  sprüche. 
Kant  6,  278.  allgemeiner:  si  papa  fürt  den  sprucb:  nonne 
legisti  'nun  potestis  portare  modo'  (Joh.  16,  12).  Luther  20, 52,  9 
Weim.  ausg.  über  einen  sprucb  (der hl. schrift)  hüpfen,  springen, 
bei  Luther'  wer  will  über  diesen  sprucb  hüpfen?  an  den 
Christi,  adel  d.  nat.  50;  sie  werden  mir  nicht  über  den  spruch 
springen  :  'Juda  wird  geholffen  werden'.  20,  567,  2  Weim.  ausg. 
schöne  sprüche  anziehen,  lernen,  sprechen,  bei  passi  {della 
scrittura).  Krame«  deutschital.  dict.  2  (1702),  S8l';  sprüche  üii- 
führen,  auswendig  lernen,  hersagen.  Campe,  einen  spruch 
beten.  Stieler  2103.  Kramer  a.  a.  o.  berührt  sich  mit  b,  a: 

biüzweilen  bin  ich  krank, 
da  lieg  ich  auT  der  bank 
und  bete  meine  sprüclie.    Fuchsmundi  57; 
ähnlich:  halb  todi  vor  schrecken,  reckt  Sibylle 

zuerst  das  olir, 

dann,  tieT  aus  Ihres  bettes  hülle 
die  nas'  hervor, 
und  kreuzigt  sich,  und  murmelt  sprüche. 

(iOTTKR   1, 156. 

f)  überhaupt  kune  geschlossene  Wortverbindung,  bchaiiptung, 
sali  mit  etgenaiiigem  inhalt,  besonders  soweit  sie  auf  allgemeine 
beachtung  anspruch  machen:  also  spricht  da;  puocli  ze  lutein 
und  etlich  ander  spruch  der  alten  maister,  die  mir  zweifelhaflig 
sini.  Mecenbbrc  27,2;  spruch  oder  meinung  darvon  wir  reden 
und  handien  wollend.  Maaier  382';  selzuuier  spruch,  para- 
doxum.  STitLER  2103;  in  neuerer  zeit  besondert  von  solchen,  die 
auch  äutterlich  für  sich  stehen  und  unmittelbar  auf  viele  wirken: 
an  den  wanden  standen  alberne  sprüche. 

SPHUCHANVVEiNÜLNG,  f.:  da  «ar  er  wie  er  sich  aus- 
drückte, Saul  auf  dem  wege  nach  Damaskus,  denn  an  biblischer 
Sprechweise  und  Spruchanwendung  fand  er  groszes  behagen. 
Anze.hcrddeb  3  (1S97),  369. 

SI'HCCHaKT,  f.,  von  arten  sprichwörtlicher,  stehender  Wen- 
dungen: an  keiner  dieser  spruch-arten  fehlt  es  den  Ueutschen; 
sie  sind,  wu  nicht  gemüblde  hie  und  da  herrschender  sitten, 
so  gewi»z  Überbleibsel  alter  ruher  zeit.  IIebder  24,388  Suphan; 
weil  ich  fast  ausscblicszlicb  mit  studierenden  und  angehenden 
gelehrten  umging  und  als  ein  geselliger  huspitunt  ihre  sprucb- 
und  lebeiiKarten  teilte.  Kbller  3(1899),  5U.    vgl.  sprechart. 

SPUI'CHÜANI),  n.  band  worauf  ein  Spruch  sttht:  die  in- 
schrilten  bildlicher  darsteliungcn  stehen  in  der  gotischen 
Periode  gewObolicb  auf  schmalen,  anfangs  einfachen,  spUler 
nalli-raden  bandartigen  streifen  (spruchb.1ndern).  Otts  handb, 
der  kirehl.  kunitorchaologte  l  (I88S),  448;  man  unterscheidet 
Ctbrigens  diese  kurtrn  (va;ip«n-)»prüi:be,  welche  besser  scblacbt- 


SPRUCHBK  ÄMTER  —  SPRUCHlUCHTrNfi     176 

ruf  (im  französischen  'cri')  genannt  werden  und  gewöhnlich 
über  dem  wappen  angebracht  sind  ...,  von  den  eigentlichen 
devisen,  mit  denen  das  um  den  schild  geschlungene  unter  dem 
Schilde  llailernde  'spruchband' . . .  beschrieben  ist.  Gritzneb 
handb.  d.  herald,  ierminol.  (18".iO)  186. 

SPRUCHBEAMTEH,  m.  beamter  mit  richterlichen  funrtionen, 
richter,  der  beamter  ist.  Hadher  Ilohenstaufen^  3,  364  {die  stelle 
s.  unter  spruchgewall). 

SI'HLCHBEHUHÜE,  f.  behörde,  die  richterliche  spriiehe,  ur- 
thetle,  eutscheidnngen  fällt,  vgl.  Frensdorff  hisU  aufsätze  dem 
andenken  «n  Georg  Waitz  gewidmet  {i^m)  455. 

SI'HUCHBHIEF,  m.  schriftlich  ausgefertigte  {schiedsrichterliche 
entscheidung,  schriftlicher  vertrag,  in  älterer  spräche.  Lexer  mhd. 
handwb.  2, 1121  {mit  belegen  von  13SS,  1391  u.  s.  f.),  bei  Campe 
als  veraltet  angeführt:  noch  der  spruchbricfe  lut  und  sage. 
quelle  von  1419  bei  Scherz-Orerlin  1545;  item  houptvall,  gwandt- 
väll  und  bclstatt  stath  altes  ganz  in  dem  spruchbricwc.  weisth. 
1,275  {Thurgau.  v.  1432);  als  unnser  gncdiger  berr  inarggrauf 
Albrecht  von  Branndenburg  iC.  der  spenn  halb,  die  von  Augs- 
purg  und  die  von  Argon  anireffent,  ain  berichtnus  nach  lut 
der  Spruchbrief  darüber  begriffen,  der  datum  Intuffsamstag 
vor  Reminiscere  in  der  vaslen  anno  LIX,  gemacht,  rf.  städte- 
chron.  5,420,7  {Augsburg,  v.  1459);  und  ob  der  liandl  aisu  ge- 
than  wäre  daruniben  beiralbrief,  verzieht,  übergab,  spruchbrief 
oder  ander  bekantnus  ausgiengen  oder  sonst  in  taidingsweis 
vor  der  herschaft  gemacht  wurde.  s/«r.  (atd.  227, 11  (r.  1494); 
so  darnach  sollen  si  ir  ieder  zu  ihren  lechen  ain  ros  haben 
auf  dem  mos  nach  Inhalt  aines  spruchbriefs,  damit  sie  ihr 
hei  einfielen,  salzb.  <a(d.  282, 14  (r.  1497,  spätere  ab  schrift);  der 
Zusatz,  80  beid  teil  also  gesetzt  band,  hat  darumb  einhelligklich 
ein  spruch  gethan  nach  innhalt  eines  spruch-briefs,  darüber- 
geben. Tschüdi  2,217'  {anscheinend  nach  einer  älteren  quelle): 
sie  haben  darüber  ihren  uszspruch  gethan,  darumbe  auch 
ein  sonderbarer  spruchbrief  uffgericht  würdt.  quelle  ron  I610 
bei  Scherz- Oberlin  1545.  verbunden  erscheinen:  sprucb-  und 
Vertragsbrief,  tirol.  weisth.  l,  199,  anm.  (r.  1547).  blinder  spruch- 
brief, ungültiger:  item  das  auch  markgraf  Albrcchl  bestell 
herauszzegeben  die  plinten  spruchbrief,  die  fert  zu  Nurmberg 
geben  sint  zwischen  dem  pfaltzgrafen  eins  und  dem  bischof 
von  Maintz,  hertzog  Ludwig  von  Veldentz  und  dem  von  Wirten- 
berg, ir  iedem  als  ein  sunder  partei,  aim  ander  tail.  d.  städte- 
chron.  10,254,15  {Nürnberg,  v.  U6O). 

SPRUCHBRÜCHIG,  adj.  vertragsbrüchig,  in  älterer  spräche 
{vgl.  das  vorige):  also  rittend  die  hotten  in  Appenzell  für  ein 
gantze  landsgemeind,  do  wollend  die  landleut  nit  spruch- 
brüchig seyn.  Stumpf  Schweiz,  chron.  2,35*. 

SPRUCI^BUCH,  n.  buch,  das  sprüche  enthält,  daneben  frühnhd. 
sprüchbuch,  nd.  sprökbook  Hichet  284,  sprökebook  Strodt- 
MANN  380'. 

1)  nach  sprucb  11,2,0,^,  frühnhd.  sprüchbuch,  das  gedidäe 
enthält,  die  zum  sprechen,  nicht  zum  singen  bestimmt  sind: 

(ic/i)  wurt  gar  ein  fleisziger  (lurchsücher 
der  meistergsang-hüciier  zu-mal, 
der  warn  seclitzehne  an  der  zai; 
aber  der  sprüclihücher  der  was 
sibenzehne,  die  ich  durclilasz; 
das  aclitzehend  wart  angefangen. 

(1.  Sachs  21,  340,  5  K»lUr-G6lte; 
die  achtzehen  sprüchbücher  numb 
ich  auch  her  in  die  hende  mein.    341,33. 

2)  nach   Spruch  II,  2,  d  spruchbuch,  0  bQchlein,  n.  libro, 
libretto  disentenze.  Krämer  deutsch-ital.  dict.  2(1702), bSi',  spruch- 
buch, gnomolugia,  liber  sententiarum.  Fiusch  2,  3Iü',  das  denk- 
sprüche,  lehrspritche,  sitlensprüche  enthält.  Campe,    von  AdelunSb 
mit  unrecht  als  fast  ganz  veraltet  bezeichnet:  ein  neues  Sprüchen 
buch  von  Frida  Schanz,  daheim  3i,  126.  I 

3)  nach  spruch  II,  2,  e,  das  sprüche  aus  der  bibel  enthält. 
Adelung    oder  das  bibetsprüche   nachweist,    concordant.    Campk. 

SPRUCHDEUTER,  m.  spiegatore,  inteiprete  di  oracoli  o  detti 
otcuri  ed  ambiguu  Kram  er  deutsch-üaL  dict,  2  (1702),  S8t\ 

SPRUCHDICHTEH,  m.,  nach  spruch  II,2,a,/9;  Hans  Sachs 
als  sprucbdichter,  nach  c:  Waltlier  von  der  Vogelweidc  als 
sprucbdicbter,  to  in  wissenschaftlicher  spräche,  allgemein  nach  4, 
gnomendtchter  Lenz  bei  Campe:  Rückert  als  sprucbdicbter, 
daneben  frühnhd.  sprucbdicbter,  in  allgemeinerem  sinne  sprück* 
dichter,  \erszmacber,  rersificator,  potta,  tatu.  Maalbb  3M*. 
igU  spruch  II,  2,  a,  y. 

SPRl CHDICUTI  NG,  f  den  gtbraucMarten  des  vorigen  ent- 
sprechend: die  spruchdichlung  des  iians  Sachs,  Walthers  von  J 


177 


SPRÜCHE  —  SPRUCHFORM 


dpr  Vogel  weide;   auszer  Rückert   gibt  es  wohl   kaum   einen    \ 
ren   poeten,    der    die    spruciidichtung  mit  so  spielender    j 
i.iigkeit  und  anmut  bebandelt,  wie  Frida  Scbanz.  daheim 
Sl,  ii6. 

SPBÜCHE,  ^.  XU  sprechen:  in  der  Aachener  mundart  sfrUch,  f., 
er.  xpruch  oder  kleines  gedieht.  MCller-Weitz  232,  wo  nd.  spröke, 
r. ;  .   sprciik,  f.  verglichen  werden. 

^rHÜCHEL,  «.,  deminulir  lu  spriicb.  eigentlich  oberd.  {vgl.: 
ein  feins  unnd  eerlicbs  sprüchle,  ser.tenti  la.  Maaler  3S2'  und 
sprüciilein  unten),  von  Caupe  als  niedrig,  aber  nicht  rerwerßich 
verzeichnet,  rolksmäszig,  launig  besonders  in  den  Verbindungen 
sein  sprQcbel  beten,  herbeten,  sagen,  auf-,  hersagen,  vgl. 
Spruch  n,  2,6.  c.  e: 

bleib  da.  präRlein,  furcht  dich  nit, 
sag  dein  sprücliel  und  tbeil's  uns  mit. 

Schiller   Wullensteiii  lager  8; 
und  kam'  ihm  {drm  schäfei)  xu  nacht  auch  wag  seilsames  Tor, 
er  betet  sein  sprüchel  und  legt  sich  auTs  ohr. 

MöaiKi  itea.  t9; 

als  die  reihe  des  erzählens  an  mich  kam  und  mein  herkömm- 
liches spräche!:  'Toul,  Jungfrau  von  Orleans,  Vaucouleurs 
und  Domremy'  diesmal  in  deutscher  spraclie  Ton  mir  auf- 
gesagt worden  war,  fragte  der  kleine  nach  meinem  namen. 
Fortank  kriegsgefangen^  105.  ähnlich:  unten  auf  dem  boden 
habe  ich  ew.  holieit  mein  spröchel  von  damalt  aufgeschrieben. 
Fbeytag  handschr.  2, 153. 

SPRCCHELCHE.N,  n.  als  Verkleinerung  des  vorigen  bei  Caiipe 
rerzeichnet,  eine  art  doppelter  deminulivbüdung,  die  des  besseren 
klangs  vegen  statt  der  form  mit  einfachen  -chen  üblich  ist  {vgl. 
bii.  Iielchen,  sächelcben),  meist  nach  spruch  II,  d  oder^  traulicl: 
oder  mit  leichtem  spott:  dasz  er  seine  gescbickLgkeit  zu  markte 
bringe,  und  sich  mit  anderer  gelehrten  gute  nicht  bereichere, 
oder  seine  sachen  mit  nichts  als  sprQcheigen,  die  er  aus 
denen  alten  und  neuen  scribenten  zusammen  gesucht,  aus- 
sclimücke.  Tmomasiüs  von  nacliahmung  der  Franzosen  9, 15  Sauer; 
ich  will  ihnen  die  devise  verdeutschen,  sie  heiszt:  für  die 
'  tugend!  können  sie  etwas  tiockeners  und  frosligers  träumen, 
als  dieses  sprüchelcben  ist?  Gellert  3  (177?»),  275;  wenn 
mein  vater  zugegen  wäre,  so  würde  er  gewisz  sagen:  manus 
manum  lavat.  hast  du  ihm  die  alberne  gewohnbeit  nicht 
angemerkt,  dasz  er  bey  aller  geiegenheit  ein  lateinisches 
sprüchelcben  mit  einflickt?  Lessing  1,215;  ein  grosser  ver- 
piand;  ein  in  der  familie  vom  vater  auf  den  söhn  geerbtes 
sprüchelcben  so  zu  erweitern.  6,157;  weil  er  glaubte,  alle 
'  schöne  sprücheichen  mQszten  in  den  werken  dieses  dichters 
stehen.  355;  primus  sapientae  gradus  est,  falsa  intelligere; 
(wo  dieses  sprüchelcben  steht,  will  mir  nicht  gleich  bey- 
fallen).  7,  317; 
I  Haii.oi  trat  wie  rasend  aiiT,  und  sang  in  wilder  ode, 

mii  einem  rauhen  ton  ein  sprücbeichen  vom  lode. 

ein  Flaccus  sang,  in  rauher  ode,  ^^  '■^^'^'  '^  Sauer; 

ein  Trostlg  sprüchelgen  vom  tode.    390,47; 

das  unliebsame  sprüchelcben  ('unn  ex  Uli f  ultima'  auf  einer 
uhy)l    mein  pater  fand, 

die  alte  hexe  fange  nachgerade  an 

lu  sticheln,  und  das  war  verdrieszlich.     MöaiKt  g^il.  244. 

SPRÜCHEN,  verb.  tu  spruch,  schireizetisch.  1)  nach  spruch  1, 1 
da«  gerichtliche  entscheidung  treffen,  ein  urtheil  fallen,  durch  ein 
wrtheil  erklären,  mit  prädicativem  lusati  frei,  auch  in^tusammen- 
tetiung  mit  be-:  endlich  kommen  die  ergänzten  akten  ein 
zum  besprücben  und  endlich,  wenn  sie  nicht  verloren  gehen, 
vs erden  sie  wirklich  besprüchet,  nun  sprächet  man  ...  den 
kerl  frei.  Gottbelf  sehuldenb.  81. 

21  bezeichnet  es  die  fertigkeit,  schön  und  passend  zu  red«n, 
WTSügUch  stellen  aus  büchtrn  lu  dedimieren.  Stai  uer  2,  3^7. 
ffL  Spruch  11,  2,  c. 

SlHtUCHFÄHlG,  adj.  fähig,  befugt  einen  rechtssprueh  lu  thun, 
€9ntpetent.  CkUft:  ein  sprucbfiihi^er  richter.  ebenda,  datu 
•  prucbfäbigkeit,  f.  ebenda. 

SlMtüCHKEUTIG,  adj.  so  reit  gediehen,  dast  ein  richterlicher 
ipucA,  ein  urtheil  g<-fällt  Verden  kann.  Campe:  die  sacbe  liegt 
»prurbferlig.  ebenda,    vgl.  spruchreif. 

SFKÜCIIKEST,  adj.  fest,  sicher  in  bibelsprüchen.  vgl.  bibel- 
ÜMt:  trotzdem  sie  auf  dem  ainte  hochdeutsch  erzogen,  und 
im  kiinfirmandenunterrichl  bei  piistor  Länmierhirl  viel  spruch- 
fesler  gewesen  war  als  ihre  kleine  freundiu.  Fontane  ror 
dem  Sturm  4,  3  t. 

SPRÜCHKORM,  f.,  nach  spruch  II.  2,  a,  e  in  vissenschaftltcker 
^ache:  ein  mittelbochdeulsches  gedieht  in  Sfiruchfurui,  nach 
%d,   allgemein:  eine  lehre  in  siirucbform  geben. 
X.  2. 


SPRUCHGEDICHT  — SPRÜCHMACHER      178 

SPRUCHGEDICHT,  n.,  den  gebrauchsarten  ton  spruchdichter 
entsprechend:  die  bedeutendsten  und  berühnileäten  spruch- 
und  Sittengedichte  fallen  erst  in  das  dreizehnte  Jahrhundert. 
kuBERSTEiN  ^rundr.  d.  gesch.  d.  d.  nationallit.^  1,  245;  dichtungen 
von  Hans  Sachs,  zweiter  theil.  spruchgedichte.  herausgegeben 
von  Julius  Tittmann.  tUtl  eines  1870  tu  1.,  1885  in  2.  aufl.  er- 
scliieiiencn  buches. 

SPRUCH  GELD,  n.,  vas  Sprechgeld.  Scberz-Oueblin  1545. 
Campe  {als  veraltet  bezeichnet),  mit  berufung  auf  Haltads,  der 
aber  nur  sprechgeld  zu  bieten  scheint. 

SRRUCHGESANG,  m.  gesang,  dessen  text  aus  einem  bibel- 
spruche,  aus  bibelsprüchen  besteht,  Verdeutschung  von  molette 
bei  CiMPE. 

SPRUCHGEWÄLT,  f.  gewalt,  befugnis  reckt  zu  sprechen :  die 
den  niederen  gericbten,  und  die  den  höheren  gerichten  über 
die  niederen  ertheilte  spruchgewalt,  die  Wichtigkeit  der  sprucb- 
beamten  selbst  neben  und  über  den  lehnsricbtern  u.  s.  \v.,  war 
ein  wichtiges  heraustreten  aus  dem  nMnen  und  abgeschlossenen 
lehnswesen.  Racmer  Hohenstav fen*  3,  ißi. 

SPRÜCHLEHRE,  f.  dMrina  o  didaltica  per  detti  o  sentenze. 
Kramer  deutsch -ital.  dict.  2  (1702).  Si.l'. 

SPRCCHLEI.N,  n.,  deminutiv  zu  spruch (rj/.  sprüchel,  sprüchel- 
cben). Campe,  bei  Lutdeb  sprücblin  {s.  unten),  mhd.  sprücbelin 
Le.xlr  mhd.  handub.  2,  li2i,  nach  spruch  11,  2,  a: 

der  kond  nii  jn  dem  sinne  sin 

80  mangei'  hande  sprüchelin  (yeiliuckt:  sprüchalin) 

vinden  nach  getihlen.    /ierfer«.  1 ,  537,  3t, 

nhd.  meist  nach  2,  d,  Sprüchlein,  sentenliola.  Stieler  2103. 
Stei\bach  2,  6>8.  sententiuli,  dictum  breve.  Frisch  2, 310':  so 
brachte  er  das  alte  Sprüchlein,  mit  groszen  herren  sey  kirscb- 
essen  nicht  gut,  auf  die  bahn.  Götbe  26.  323; 

einmal  für  allemal  gih  das  wahre  Sprüchlein  der  allen: 
wer  nicht  vorwärts  gehl,  der  kommt  zurücke  1  so  bleibt  es. 

40.261. 

von  einer  bibelstelle:  ich  wollt  aber  den  verblendten  leutten 
gar  trewlich  radten,  das  sie  sich  fursehen  für  eyneni  kleyn- 
kleynen  sprücblin.  der  {das  m.  erkläit  sich  wol  durch  einflusz  von 
spruch)  ym  lu6.  psalm  steht.  Ldtber  11,270,10  }yeim.  ausgäbe, 
von  einem  gebet: 

mit  meinem  rosenkranz  und  frommen  sprücbleiu 
nehm  ichs  allein  auf  mit  dem  goltseibeiuns. 

LoDWie  3  (1891),  216. 
ron  einem  zaubersjiruck : 

zwei  hat  ein  Sprüchlein  fest  gebannt; 

zu  kohle  müssen  sie  brennen.    .Möiike  ged.lO. 

SPRUCH  LEUTE,  plur.  arbitri  ad  pronuntiandum  in  causa 
electi.  Haltacs  1710.  mhd.  spruchliute  Lexeb  mhd.  handwb. 
2,  1121,  daneben  sprüchleute.  tgl.  spruchmann:  wiewol  die 
sprucbleut  überein  wareut  kuuien.  so  vordereten  sy  doch 
zuo  yn  den  obmau  Joseph  und  legeten  ym  für  die  spiücb. 
quelle  bei  Scberz-Oberlin  1545;  darauf  hat  ie  ain  tail  aus  der 
gegenpartei  zu  spruch-  und  tSdingsleulen  erwölt  de  jenen, 
so  im  gefSllig  und  der  sachen  tnugenlich  angesehen  gwe«en. 
tiroL  weisth,  4,  80, 9  (r.  1536);  also  ward  der  krieg  verriebt, 
und  uff  sprucblüt  gesetzt.  Tschldi  1,587";  rechtliche  oder 
gütliche  schid  oder  sprucblcuie.  quelle  bei  Haltads  1710. 

SPRÜCHLICH,  adj.  einem  Spruche  ähnlich,  nach  art  eines 
Spruches,  Verdeutschung  ron  aphoristisch.  Trapp  frei  Caupb. 

SPRUCHLOB,  n.  lob  in  einem  sprurhe.  Campe,  mit  folg-ndtm 
beleg:  wie  natürlich  diese  {erftndung)  in  solch  sprucblub  zu 
verfassen,  erlinder  und  erßudung  zu  verewigen.  Herder. 

SPRUCHLOTTERIE,  /..■  einige  böliische  gottesgelebrleo 
haben  dergleichen  biblische  sprucblotterieen  angesleliel.  GoTT- 
scBED  bei  Reicbel  kl.  Gottsched-vb.  55. 

SPRUCHLOS,  ad}.,  wie  sprachlos  5,  s.  dies  oben  theil  10, 1, 2770 
{vgl.  spruch  1,2):  wer  es  aber  sach,  das  sie  in  der  zeit  der 
gewerscbafit  etc.  anspruchig  wurde,  es  wer  von  geistlichen 
oder  werentlichen,  so  wollen  wir  etc.  das  vertrelteu  und 
spruchlos  machen,  on  allen  iren  schaden,  quelle  von  1501 
bei  Haltaus  1710. 

SPRCCH.MACHER,  in.,  frUhnhd.  nach  spruch  11,2,0  poeta, 
sprüchmacherin,  poetria,  Maaler  3S2',  in  neuerer  zeit  badisch 
nach  II,  r,  der  das  grosse  wort  führt:  kolossale  sprOchmucher. 
bad.  quelle  vom  ende  des  19.  jahrh.  bei  Hohn  soldatenspr.  82.  der 
biUung  liegt  vielleicht  der  plur.  Sprüche  zu  gründe,  doch  kann 
dir  Umlaut  au-fi  durch  nachwirkung  des  alten  stammhußen  i 
vim  Spruch  {stamm:  spruchi)  entstanden  sein.  vgl.  frühnkd. 
sprücbdicbter  für  spruchdichter,  sprüchleute  ßr  sprüchleute. 

12 


179 


SPRUCH3I  ANN  —  SPRUCHREICH 


SPRUCHREIF—  SPRUCHSTELLE 


180 


SPRÜCHMANN,  m.  1)  nach  spruch  I,  t,  in  äUerer  spräche 
spnichmann,  arbiter.  Dief.  nop.  gl.  Sl'  (r.  anfang  des  lö  jahrh.), 
sprucbman  quelle  von  14T4  bei  Lexbb  mhd.  handirb.  2,  1121, 
ton  Adelcnc  und  Campe  als  veraltet  angefühlt,  für  den  plural  isl 
auch  sprucbleutc  fü>!iih,  s.  dies:  die  bnisscn  gutlich  sprucii- 
menner,  und  im  latein  arl)iiratoiTs,  oder  ainicaics  coinpusiiures. 
bair.  hndr.  v.  1518  tit.  I4,  ort.  3  bei  ümtaus  1710;  wir  die 
hejde  underbändler  und  wissentlicbe  spruchmänner.  queUe 
von  1557  ebenda. 

2)  nach  II,  2,  0,  /3,  frühnhd.  Verfasser  von  gedichten,  die  ge- 
sprochen Verden,    vgl.  spnicbspreclier: 

icti  bin  mil  iirlaub  ein  sprucliman, 
der  gut  spruclireümen  machen  kan, 

Atrb*  791,  14  heller. 

3)  nach  II,  d  der  in  Sprüchen  spricht,  häußg  Sprüche  anführt. 
Caiipe. 

SPKÜCHMÄSZIG,  adj.  dem,  einem  spruche  gemäsi,  nach  art 
eines  Spruches,  apophthegmalisch.  Campe. 

SPRUCHMEISTEH,  m.,  wie  spruchsprechcr  1:  teulscher 
Spruchmeister  nennt  sich  der  Spruchsprecher  W.  Weber  in  Nürn- 
berg (I6ü2 — 1661)  auf  einem  neujahrswunschc  i658.  seitschr.  f. 
d.  pl.il.  16,  IS3. 

SI'RCCHMS,  subst.  frühnhd.  das  gut  sagen,  bürgschaß,  vgl. 
sprechen  II,  ll,/i  oben  theil  in,  i,  2835:  sie  bunt  acblbiindert 
malter  kornes  den  Mejn  lierüff  gefürt,  dafür  sie  üch  ilan  sprüch- 
nisz  geton  han.  quelle  von  I45i  (Mainz)  bei  Dief.-WCi.cker  S6(i; 
liegern  wir  von  Qcb,  die  unsern  soiicher  sprücbnisz  ledig  zu 
sagen,  ebenda;  ir  wollent  uwern  geleylskneclit  gunsilicb  tun 
bescheiden,  die  unsern  der  obgemelten  spiüchenisz  und 
geleitsgeld  . . .  ledig  zu  sagen,  quelle  von  1473  ebenda. 

SPRUCHPOESIE,  f.,  was  Spruchdichtung. 

SPl\\JCW\iEÜlGEl{,m.  predicatore  senlenlioso.KtikUEti  deutsch- 
ttal.  dtct.  2  (170-2),  S8l'.    vgl.  spruch  I!,  2,  e. 

SPRUCHREDE,  f.  l)  nach  spruch  II,  2,  rf  sermone  sententioso, 
oratione  colma  di  sentense.  Krämer  deutsch-ital.  dict.  2  (i702),  »-81', 
rede  in  Sprüchen,  besonders  in  bibelsprüchen.  Campb:  so  sagt 
die  scbrift,  ergänzte  der  fürst  endlich  die  spruchrede.  Benzel- 
Sternad  bei  demselben,  ähnlich: 

weislich  wort  Terkuinlcii  wird  mein  ni'ind, 
kl&gen  verstand  einbilden  mein  haertzlund: 
ich  wiel  mein  ör  zö  meiner  sprfichrSd  keren, 
fint  sinreich  ding  harpTend  euch  deutlich  Irren. 

Mklissus  ;><.  49,  1; 

wie  Sprichwort:   sprucbrede,  adagium,   paramia.   Stiei.er  1541. 

2)  wol  in  al  gemeinerem  sinne,  von  gehobener  spräche:  in  den 
ältesten  zeiten  war  die  spruclircdc  kurz,  erhaben,  kräftig, 
wie  wir's  aus  den  segensprücben  der  allväter,  den  reden  Hiobs 
lind  den  orakelsprQchen  Bileams  wabrnebuien.  Herder  z.  rel. 
«.  theoL  2, 107. 

3)  periodo  compito,  senso  inliero.  Kramer  deutsch -ilnl.  dict. 
2  (17U2),  S8l',  so  uol  in  der  folgenden  stelle  von  sprachlichen 
Perioden,  vgl.  spruch  II,  1  am  ende:  aldicweil  die  teulschc 
spräche  eine  solche  pracht,  würde,  bewe^ligkeit  und  iieliliciie 
art  an  sich  hat,  dasz  sie  mit  alU'U  anderen  sprachen,  nicht 
allein  was  die  zier,  sondrrn  auch  die  beweglicbc  ordnuiig, 
und  kräftige  einslQsse  der  würier  und  die  aussweilTende, 
bald  sonst  und  so  abfliessende  arten  der  sprucbreden  be- 
langend ist,  einen  t;egensland  wagen  könne.  Scbuttel  17. 

SPRLCHREGISTER,  n.  register  über  sprüehe,  besonders  über 
biOelsprüche,  concordani.  Campb. 

SPRUCHREICH,  adj.  ricco  di  sentenie,  sententioso.  Krämer 
ieutsch-ital.  dict.  2  {\'()2),8S\',  sentntwsus  Frisch  2,31»',  reich 
an  Sprüchen,  sinnreichen ,  lehrreichen  kurzen  Sätzen.  ADELtRc, 
von  der  Sprech-  oder  schretbart.  von  gesprochenem  und  ge- 
schriebenem: Dun  ist  zwar  der  Tacitus  dcszwegen  zu  loben, 
dasz  er,  nicht  nur  eine  kurtze,  einsthafTte,  und  spruchreiche 
redens-art  führet;  sondern  uiicli  \iel  sonderhahre  stals-sachen, 
in  sich  begreilTet.  Butscrkt  Pathm.  30;  ein  npruchreicher  Stylus. 
sententioso.  Krämer  a.  a.  o.;  die  gar  zu  erhabene  Schreibart 
der  sprucbreicben  trnuerspiele.  (JoirscfED  bei  Rkicmel  kl.Cott- 
sehed-wb.  56;  Rrato  sagt  deui  armen  jOiigling  im  träume  noch 
mehr  derglei<  hen  sprucbreiche  sacben.  VViei.and  bei  Sauer 
ausg.  der  pott.  werke  von  Uz  einl.  s.  xlviii;  und  nun  ward  aus 
diesen  ingredienzirn  Abbis  «til;  kurz  und  sprucbreicb,  wie  der 
Römer  {Tacitus),  munter  und  blrmlcnd,  wie  ein  Voltaire,  kolorirt 
und  lanniKcb,  wie  ein  Britte.  Hehkkh  2,  27»  Suphan.  in  anderer 
unpern'm'Hher  anwrndung:  diese,  in  unseren  sprurbieiiben 
uod  Ibatlecren  teilen  »ebr  gemriii  gewordene  moAime  ricbicl 


nun,  wenn  sie  etwas  moralisches  (lugend-  oder  rechtsplliclit) 
belriffl,  den  gröszien  schaden  an  Kawt  5, 367.  persönlich: 
bat  einer  (spricht  der  sprucbreiche  Seneca)  es  um  einen 
verdienet,  dasz  er  ihn  schimpfet  und  spottet,  so  leidet  ers 
billig.  Reinicke  fuchs  (1050)83;  {Tacitus)  der,  so  wie  ich  ihn 
kenne,  nicht  bilder-  sondern  spnichreich  isl.  Herder  2,276 
Suphan.  nach  spruch  11,2.6;  wenn  der  slrobfidelversler  und 
der  liänkelsänger  den  dichter  bilden  soll,  so  wird  der  sprucb- 
reiche hoclizeiibitler  und  der  kränz  aufsleckende  zinuncr- 
gesell  auch  bald  den  deutschen  redner  unterrichten,  un- 
genannter bei  Sturz  1,118. 

SPRl'CHREIK,  adj,  reif  zum  gerichtlichen  spruche,  zum  urthcil, 
zur  entscheidung :  die  sache  ist  noch  nicht  spruchreif,  so  auch 
in  freierer  anwendung.    vgl.  spruchfertig. 

SPRUCHREIM,  m.  l)  reim,  der  gesprochen,  nicht  gesungen 
wird,  in  allerer  spräche  {vgl.  spruch  11,2,  a,/}): 

ich  hin  mil  tirlaub  ein  sprucliman. 
der  gut  spruclireümen  machen  kan. 

Atrsr  791,  15  Keller. 

2)  spruchreim,  rima  senteiitiosa,  sentenia  ridoita  in  rima. 
Kramf.r  deutsch-ital.  rfic/.  2  (|7(>2),  sst',  gereimter  denkspruch 
u.  ähnl.  Campe  (vgl.  spruch  II,  2,  d):  das  wollle  er  nicht  löugnen, 
hatte  aber  schnell  einen  anderen  spruchreim  zur  band  ,  der 
uns  in  Verlegenheit  setzen  soliie.  Götue  iG,  323. 

SPRUCHSAM.MLUNG,  f.  Sammlung  von  sprächen,  gesammelte 
spräche. 

SPRUCHSCHREIBART,  f.  aphoristische  Schreibart.  Trapp  bei 
Campe,    vgl.  sprüchlich. 

SPRUCHSPRECHEN,  n.,  nach  spru.  b  II,  2,  c:  er  {der  küster) 
hat  mir  wie  ein  wahrer  ceremonienuieister  der  zinspflicht  das 
ganze  ritual  ausgelegt  und  sich  bei  dem  empfangen,  ver- 
wahren und  spruchsprechen  mit  solcher  würde  und  kliigbeil 
benommen,  dasz  ich  ihn  jedem  minister,  welcher  eine  ver- 
wickelte aiigelegenheit  sein.?s  hofes  zu  schlichten  bat,  als 
muster  empfehlen  mochte.  Inmehmann  1,187  {Münchh.  2,9) 
Hempd.     vijl.  das  folgende. 

SPRUCHSPRECHER,  m.  l)  nach  spruch  Il,2,ft  der  gediclite 
spricht,  niclit  singt,  namentlich  bcrufsmäsziger  Improvisator  ge- 
sprochener gedichte  bei  fami'.ienfesten ,  unter  dieser  bezeichnung 
aus  älterer  nhd.  zeit  für  Nürnberg  bezeugt.  Hoi.stbih  zeitschr, 
f.  d.  phil.  16,  U>bff.,  nach  Frisch  2.  lOj'  ein  ^reimen-sprecher  auf 
den  hochleiten  der  handwerkslcute'  in  Sürnberg,  nach  ScH»i.'2,7(iO 
dort  noch  zu  seiner  zeit  nicht  ganz  verschollen,  nach  Hoffhann 
V.  FALi.KRsrEREN  auch  mndL  sproocspreker.  horae  belgicae  6,  20:i, 
in  neuerer  wissenschaftlicher  spräche  allgemein  von  derartigen 
gelegenheitsdichtern  älterer  zeit.  vgl.  Sprecher  3  oben  sp.  l :  der 
tcutscben  poeterey  liebhaber,  spruclisprecber  und  buiger  in 
Nürnberg  nennt  sich  \V.  Weber,  ein  snkher  reimet  (I6ü2 — 16«i), 
auf  einem  neujahrswunschc  1639.  xeitschr.  f.  d.  phtl.  16,183;  dieses 
bildniss  und  kurtzen  lebens-laulT  W  ilhelm  Webers,  gewesenen 
gekrönten  poeten  und  spruchsprecbers  in  .Nürnberg,  verehret 
die  liinterlassene  wittwe,  einer  ebrlOlilichen  bürgerschafl 
und  bandwerckern,  zu  einem  glückseeligen  ...  neuen  Jahr. 
MÜCLXII.  185;  anders  freilich  sah  die  kreuzfahrten  an,  wer 
selbst  unter  die  zahlreichen  begehrlichen  gehörte,  die  für  sich 
vor! bei!  hoETten,  wie  berolde  und  spielleute,  Spruchsprecher 
und  Sänger.  Freytac  18  (1897),  224;  in  der  mitte  des  15.  ja br* 
bunderts  werden  sie  (die  fahrenden)  auf  dem  reicbstage  lu 
Frankfurt  bereits  durch  kaiserliche  Verordnung  als  vagabundea 
bedniut,  zumal  die  sänger  und  spruclisprecber,  weil  sie  geisir 
lieben  und  weltlichen  stand  verächtlich  anlasten.  455. 

2)  nach  spruch  2,  d  poeta  che  prononcia  versi  e  rime  sen- 
tentiose,  it.  Sputa- sentenze.  Krahkr  deutsch-ital.  did.  i  (I7U2I,  8si'. 
Krämer  icar  Sprachlehrer  in  Siirnberg.  er  kennt  das  wort  also 
wol  aus  dem  unter  l  erwähnten  gibrauch  und  deutet  es  in  dieser 
weise  um,  i 

3)  nach  H,  c  von  einem,  der  einen  trinkspruek  auAringt:  sif ! 
erfuhr  aber  erst  beim  nacbliausegebro,  \«er  der  sprucbsprecber 
gewesen   war.    Huffnann  v.  Fallbrsirrrn    fn«i/i  leben  t,  iw, 
wol  auch  mit  anMnung  an  I. 

SPRUCHSTKLLE,  f.  stelle  einer  schrift,  die  einen  spruch  ent- 
hält oder  darstellt,  schnflstelle  als  spruch:  »enn  freilich  eint 
kleine  nähere  anzeige  der  spriicbslellr,  worüber  er  (Hamann) 
commentirt,  vieles  entr:ktli>elu,  aber  auch  verrathen  würde. 
Herper  s.  lit.  11.  kunst  1,  125;  der  mistbrauch  einer  beknnnieo 
spturlisielle,  wodurch  man  noch  tu  dieser  frist  das  incon- 
!<e(|uetile  ladierlirh  zu  machen  sucht:  gleich  wie  der  li>we 
ein  gri  umiges  tbicr  ist,  also  sulleo  wir  auch  iu  einem  beiligea 


ISl 


SPRUCIIT  AFEL  —  SPRUDEL 


SPRUDELEI  —  SPRUDELN 


182 


leben  wandeln;  schreibt  sah  aus  dieser  familie  her.  Hippel   ' 
8  (1S2S),  3. 

SPHUCHTAFEL,  f.,  von  der  merktafel  oder  gesetiestafel  der 
meistersingtr:  alle  bekränzt,  ging  die  gute  scbar  derselben 
(der  meislersinger  in  änem  maskenzuge)  daher  mit  ihrer  spruch- 
tafei.  Keller  •!,  17S. 

SPRLCHVERS,  «.,  pluraliseh  von  sprüeheu  in  versform:  aoch 
besusz  sie  einige  der  hübschen  gescbicbten  ton  Christoph 
Schmid  und  dessen  kleine  erzahlungen  mit  den  artigen  spruch- 
>e!5en  am  ende.  Keilek  4,232. 

SI'HLCHVERWA.NDT,  adj.,  in  älterer  spräche,  lur  gerichts- 
barkeit  einer  obrigkeit  gehörig,  auch  sprücb-,  spricbverwandt. 
rgl.  sprach  1, 1  und  su  den  formen  sprüchmacber  {hier  darf 
mit  Sicherheit  nachicirkung  des  stammhaften  i  ton  spruch  an- 
genommen werden):  darmit  e.  f.  g.  Ihömcapitel,  auch  andere 
Ire  sprücbverwandten  stifft  und  ciöster  alibie,  desgleichen  wir, 
unsere  burger  und  inwoner,  ain  anzali  jar,  ob  wir  uns  deren 
Tergleicben,  bei  ainander  leidenlicher  gestalt,  frid  ich  und 
ruwig  bleiben,  wunen  und  hinkomeu  möchten,  d.  städtechron. 
23.346,11  [Augsburg,  v.  1533);  zum  6.  wiri  solicbeD  iren  pre- 
digen gemesz  das  naclitmal  des  berrn  [in]  e.  f.  g.  sprich- 
»erwanten  sliflften,  clOstern  und  an  andern  orten  alhie  nit 
nach  auffsatzung  Cristi.  unsers  seligmachers,  in  beiderlei, 
sunder  allein  in  aincrlei  gestalt  ...  gehalten.  349  2;  zum  7. 
wirt  in  e.  f.  g.  sprucbTcrwandten  stiffteu  und  clöstern  die 
bapstlich  mesz  geballen.  9. 

SPRLCHWEISE,  adv.  als  ein  tpruch,  in,  mit  einem  Spruche, 
in  Sprüchen.  Caxpe.    vgl.  das  folgende. 

SPRUCHWEISE,  adj.  «eise  an  Sprüchen,  substantivisch  spruch- 
weyser,  ethologus.  Stieler  2ö69,  spruchweiser,  savio  che  non 
dice  0  proferisce  che  sentense  e  detti  sevlenliosi.  Kbamer  deutsch- 
it'jl.  dict.  2  (17U2),  <Sl'.  dies  wort  oder  das  vorige  in  secundärer 
adjectivischer  anvendung  kann  in  der  folgenden  stelle  vorliegen: 
von  der  Stadtschule  her  und  aus  dem  konfirmationsunier- 
ridite  hatte  sie  die  äbung  ununterbrochen  beibehalteu,  auf- 
satze  und  geistliche  memorierungen  und  allerhand  spruch- 
weise Schemata  zu  schreiben.  Kell»  4,  -:32. 

SPRL'CHWEISER,  m.,  was  Spruchregister.  C»iip«. 

SPRLCH WEISHEIT,  /.  weisheil,  die  steh  in  sjirüehen  duszert. 
vgl.  spruih weise,  adj.:  und  die  reiche,  schöne  sprucbweisbeit 
des  mitielalters  ron  Freidank  bis  zu  den  Sprichwörtern  des 
Volkes,  beruht  sie  nicht  auf  demselben  bedürfnisz,  gemein- 
same Ordnung  und  gütige  formel  zu  finden,  welcher  sich  das 
innere  leben  des  einzelnen  unterordnet?  FiirtAC  17  (1897),  17; 
mit  si<üttisehem  beisinne:  mit  jenen  entlegenen  erdwinkeln,  wo, 
abgesondert  von  jeder  lüftung,  Yielhundertjährige  dummbeit 
währte  und  gärte,  derselbe  schale  spasz  und  stumpfe  ernst, 
dieselbe  sprucbweisbeit,  unangenehme  derbe  geradbeit  und 
hinterhältige  »erschmilztheit  wie  bei  den  vorvordern  bestand, 
dürfte  es  bald  anders  bestellt  sein,  .\nzengbubeb  3,20«. 

SPRCCHWOHT,  n.,  s.  Sprichwort. 

SPRLCHZEICHEN,  n.;  der  historien  Schreiber  Paulus  Jovius 
erzählet  in  seineu  italiänischen  gespräcben  Ton  den  spruch- 
zeicben  oder  citeln.  anm.  weish.  lustg.  212. 

SPRLCK,  adj.,  s.  sprock. 

SPRÜCKE,  f.  'auf  dem  lande  einiger  gegenden,  x.  b.  im  amte 
Sekkeuditx,  unförmliche  grasflecke,  welche  ein  jeder  nachbar  von 
einem  gemeindestücke  zu  seinem  anthetle  eingeräumt  bekömmt, 
mit  den  haufMücken  nicht  zusammen  hangen,  aber  doch  mehren- 
theils  durch  einen  graben  abgesondert  sind'.  .\dei.l:<c.  nach  thm 
mit  sprock,  adj.  Is.  dus  oben)  lutammenhdngend  (durch  tlieüung 
entitandenes  stiick). 

SPRLCKE.NKÜHL,  m.  der  rosenkohl,  brassica  oleracea  gern- 
mnscens  (gärten).  Pritzel-J essen  6ö',  wol  aus  md.  spiuttenkobt 
enL4elU.    vgl.  oben  sprossenkobl. 

SPRL'DEL,  m.  zu  sprudeln.  1)  das  syrudeln:  mit  sl:irkein 
•^udel   kömmt  das  wasser  unter  den  felseu  hervor.  Campe. 

2)  meist:  sprudelndes  wasser,  quell.  Campe: 
iwaozig  eileteii  hin  zu  des  Telsborns  dunkelem  iprudel  (ini 
xoij»-»^»'   ufXdt-vSpoi).    Vo«s  Oii.  20,  15S); 

riDgsher  oprerten  wir  den  unslerblichen  dort  um  den  sprudel 

(mpi  xptjrtjr) 
•uf  den  peweihien  altären  Tollkommene  lesiliekatüiiilien 
unter  des  aborns  erüa,  wo  eutspraug  das  blinkende  wasser. 

n.  2,  3üö; 
docti  seit  Hans  ror  dem  jähre,   das  Test  der  Luise  tu  Teiern, 
beiinlich  den  spruJel  getieft  und  roll  höherem  ru$en  umbordet, 
neoot  ihn  born  der  Luise  das  liaus  und  die  freunde  de*  liause*. 
geUidttK  1  (li»:6),  21  {Lui^e,  si>äiere  fauung  1,3(5); 


er  setzt  sich  stets  zur  stelle,  wo  aus  dem  felsenspalt 
am  beiszesten  und  Tollsten  der  edle  sprudel  wallt. 

Chlasd  (1864)  3ö8; 
mit  genetivischem  lusatz,  im  bilde: 

wir  hämmern  an  den  Telsen.  bis  hell  der  stein  erklingt, 
und  an  das  licht  der  sprudel  lebend'gen  wassers  springt. 

CuAHisso  3  (1836),  in. 

t»  einigen  bädern,  z.  (.  in  Karlsbad,  heisit  eine  sprudelnde  be- 
sonders warme  quelle  der  sprudel.  Campe  (vgl.  Uhlano  358  oben): 

froh  am  schönen  Teste  solTt  in  Carlsbad  sejn!  ... 
lust'ger  ist  der  sprudel  heut  schon  aufgewacht. 

GöTUK  47,  112; 
da  {in  Kaitthait}  hat  der  schmerz  den  sprudel  abgekühlt, 
seil  er  nicht  mehr  die  holden  lippeo  rühlt, 
Too  deren  kusz  er  höher  brausend  schäumte. 
,.       ,  .    ,  W.  Möllb»  ged.  l  (1837).  308; 

die  alte  schale,  ...  >         « 

die  mir  an  Carlsbads  waldumrauschtea  sprudel  einst 
die  Treundin  schenkte.     Gkibsl  8,29; 

der  sprudel  {in  Karlshad).  Überschrift  eines  gedichts.  Körneb 
1, 119  Fischer;  im«  vergleich:  wenn  der  ström  der  zeit  einen 
autor,  wie  der  Karlsbader  sprudel,  ganz  übersintert  und  ver- 
steinert hat.  J.  Paul  jubeisen.  66.  auch  vom  wasser  aus  solcher 
quelle:  Karlsbader  sprudel  trinken,  bildlich:  er  stürzte  alle- 
zeit den  ordenkelcb  und  willkommen  des  warmen  sprudeis 
einer  neuen  freundschaft  so  unmüszig  hinein,  wie  ein  gast 
in  Karlsbad  den  seinen.  Hesp.  2,49;  der  Oucborkao  {das  fluchen) 
sollte  ihn  etwas  stärken,  hatt'  er  geholTt.  aber  der  alte  heisze, 
sonst  eisenhaltige  sprudel  überlegte  ihn  diesz  mal  blos  mit 
einem  maltguld  nachglänzender  zeit,  und  er  sank  kränker 
ins  enge  haus  zurück,  leben  Ftbels  52; 

wohlgewiziget  auch,  schöpTi  er  des  nrories  kraft 

aus  des  heimischen  spracligenius  frischestem 

und  urlauierem  sprudel, 

von  fremdartiger  ader  rein.     Voss  3(1802),  199; 

tränktest  du  mich  nun  mit  deiner  liebe  —  sprudel. 

BÖRGia  64*  {Uebeserkläruiig  nach  corjetchriebenen 
endreimen); 

du  bist  die  nympbe,  die  in  purpurschalen 
den  wirndertraok  bewahrt  fiir  meine  quälen. 
0  lasz  ihn  bald  aus  deinem  herzen  springen 
und  Toll  zu  seiner  süszen  münduii!;  dringen! 
den  becher  werf  ich  weg;    mit  lueinfii  lippen 
will  icD  des  sprudeis  erste  perle  uippeu- 

W.  MÖLLRR  >ie'i.  1(1837),  311. 

SPRL'DELEI,  f.  das  sprudeln  und  gesprudeltes,  in  überlragener 
anwendung:  nun  habe  ich  einmal  die  Russiniscben  sprude- 
leien  so  gehört  wie  ich's  mir  wünschte.  Zelter  an  Güthe 
im  briefw.  beider  3,  193. 

SPRL'ÜELHÖHLE,  f.: 

sanft  bauch'  aus  deiner  sprudelhöhle. 

o  geist  {i^iiier  qurllt-)'.    und  still  werd'  unsre  seele, 

wie  deine  Hut,  und  rein!      Voss  4  (1802),  2oO. 

SPRLDELKOPF,  m.  sprudelnder,  leicht  aufbrausender  kupf, 
mensch.  Cakpe,  brausekopf:  mir  wurden  viel  sprudelköpfe  zu 
tbeil,  welche  fast  den  ebrennamen  eines  genie's  zum  Spitz- 
namen herabgebracht  hätten.  Götbe  31,40;  in  Ulm  schläft 
noch  niemand  als  dieser  sprudelkopf,  den  man  zur  abküblung 
heute  nacht  recht  hart  gebellet  bat.  Hauff  4.  S5  Hempd 
{Lichteiift.  1,  tl):  um  so  angenehmer  war  es  ihm,  dasz  der 
sprudelkopf  sich  für  beute  jeden  besuch  verbeten  halte.  Aiexm 
Isegrimmili;  eine  thurheit  mit  der  andern  gut  machen?  so 
unüberlegt  im  nachgeben  sein,  wie  icbs  im  übelnehmen  war? 
alter  sprudelkopf.  Loowie  3,41  (erbförster -l,  l). 

SPRUDELN,  verb.  als  qufU  oder  einem  quell  gleich  aufwallen, 
hervorbrechen,  herausströmen,  in  der  Schriftsprache  erst  seit  dem 
18.  jahrh.  begegnend,  lexicographisch  xuerst  von  Aoklcnc  ler- 
xeichnet,  wol  avs  älterem  mundarllichem  gebrauch  übernommen, 
vgl.  appenz.  sprodla.  Tobler  3^1*,  /uj-em6.  sprudelen  {in  be- 
sonderem sinne,  s.  unten  1,  f)  Gangleb  428,  nd.  spruddeln 
Däbnert  454'  und  das  folgemie.  das  tcort  scheint  eng  verwandt 
XU  sein  mit  prudeln  (s.  dies  oben  Iheil  '<,  21M),  wie  schnn  Aüelung 
vermutet  auch  sein  hxnweu  auf  sprühen  verdient  heute  noch 
beachtung. 
1)  intransitiv. 

a)  VON  flüssigkeHen,  »ft  mit  örtlichen  xusätzen,  ton  kochenden : 
ihr  gleicht  dem  siedenden  wasser  das  von  zu  vieler  liitze 
aufsprudelt.  Akelorc;    kochendes  wasser  sprudelt  im  tti|ife; 

diese  (Aue  alühende  stohlkolbe)  taucht  er:  siedend  sprudelt 

sein  pemiscb,  und  schäumt,  und  strudelt 

Im  pokal!    im  pokal!     Voss  veil.  4(1825),  76. 

und  ton  quellenden,  quellenartig  wallenden  allgemein,  so  vom 
wasser:  wie  schon  sind  die  quellen,  wenn  sie  aus  klippeo 
sprudeln,  und   dann  durch  blumige  Hieseu  sich  schlängelo. 


t83 


SPRUDELN 


SPRUDELN 


184 


AoELONf.;  so  sah  ich  denn  ton  oben  hinab  seinem  (des  was'ers) 
slflrzen,  seinem  sprudlen,  seinem  ruhigen  lauf  zu.  Bkttinb 
tageb.  6U ; 

heisz  noch  sprudelt  der  quell.    Stolbkrc  1.413; 
der  quellen  »prudeln,  »o  die  {rründe  decken, 
der  wBsserscIilaiigen  plätschern  töiil  allein, 
kaum  liorbiir  dir,  durch  duostig-gchwere  luft. 

„       ^.  ,     ,.,,  V.  Webm  Teil  123; 

dasz  alle«  himmels  ruile 

aus  liaumperäuscli,  an»  üprudeln  saiifier  quellen, 
und  des  atlmacht'gen  liiliiiiisz 
aus  stein  und  feU  und  aus  des  baclies  wellen 
entgegen  wir  mit  lieliesathem  quillt.     Tikck  1,366: 
und  ich  klomm  in  dem  finsteren  wald  empor, 
wo  wilder  die  berge  sich  heben; 
da  brauiite  roll  macht  aus  dem  felsenihor 
lautwugend  ein  spi  ii.lcinder  ström  herTor. 

E.  SciiULZ»  3,  109: 

in  rerglfichen :  dies  {die  erste  äusieiuvg  künstlenscher  begnbvng) 
ist  wie  das  erste  sprudeln  einer  i(!eiuen,  munlern  quelle, 
welche  nachher  zum  mächtigen  und  bewunderten  slrohine 
wird.  VVackknrodkr  herzensergieszungen  63;  kurze  sätze  nehmen 
{im  monologe  Hamlets)  immer  anlauf  zu  einem  lungeren,  als 
wenn  das  ühermasz  von  atem,  das  die  lunge  unfähig  innchte, 
erst  hinweggesloszen  werden  müszie,  oder  wie  wenn  etwas 
eine  röhre  verstopft  hat,  das  gestaute  wasser  erst  heftiger 
und  in  slOsien  gesprudelt  kommt,  ehe  der  gleichmäszigere 
flusz  sich  niedei  herstellen  kann.  Lunwic  5,133; 
denn  es  quillet  heller 

nicht  Tom  Parnasz  die  ew'ge  quelle  spiiideind 

von  reis  zu  Tels  in's  goldne  llial  hinab, 

wie  (reude  mir  vom  herzen  wallend  llioszi. 

und  wie  ein  selig  meer  mich  rings  umlängt. 

GöTHK  9,  54; 

wie  sprudeln  von  quellen  schlug's  an  sein  ohr. 

ScHEFFRL  iiiiiideaiiitis  IC5. 

im  anseJilvsz  daran  freier:  sanfte  entziickungen  sprudeln  aus 
jeder  quelle.   Gesznür  bei  Auelünc;  und  ganz  uhsinnlich: 

aus  eben  diesem  schöprerflusz, 

woraus  wir  menschen  sprudeln, 

quillt  giHterkral't  und  genius.     Schiller  1,'26S. 

ebenso  mit  grammatisch  unbestimmtem  subject: 
und  horch!  da  sprudelt  es  «ilberhell 
ganz  nahe,  wie  rieselndes  rauseben.     11,287. 

vom  wein,  der  aus  dem  f<isse  quillt  oder  im  glase  schäumt:  man 
zeigt  seine  pokale;  allein  es  sprudelt  Champagner  darin. 
Hjppkl  8  (lb28),  235;  efttfnjo; 

bei:  'hoch  dem  kaiserl'  spiudelt's  in  den  kellern. 

Götue4I,66; 
freier:       freude  sprudelt  In  pokalen.     Schiller  4,  4. 

vom  blut,  das  aus  ädern,  wunden  spritzt,  quilU:  soll  ich  bin- 
gehn.  und  diesem  abgciichlcien  Schäferhund  die  gurgel  zu- 
sammen schnüren,  dasz  ihm  der  rotlie  saft  aus  allen  schweis- 
lücbern  sprudelt?  räuber  sehausp.  2,3;  (tni  bilde:) 

du  sahst  mein  blut  aus  tausend  wunden  sprudeln. 

Heini  I,  61  I-Mii-; 

das  unruhig,  stürmisch  in  den  ädern  piesit,  eigentlich  und  freier: 
er  risz  sich  mit  so  vieler  Schonung  als  seine  Verzweiflung 
zuliesz,  von  den  gegenständen  seines  Jammers  los  und  jagte 
sein  sprudelndes  b!ul  nach  Auenllial  zu  Wuz  —  in  meine 
Stube.  J.  Paul  unsichtb.  löge  3,29;  denn  dies  Nürnberger  burg- 
giafciiblut,  das  allfs  besser  wissen  will,  alles  besser  ein- 
richten, klilger  sein,  froinuier,  es  sprudelt  und  spukt  in  einem, 
wie  in  dem  andern.  Alexis  hosen^^;i;  tgl.: 

manchen  bat  ins  elend  fie  (Venuk)  gestrudelt, 

eingcirillert  mit  sirenensang, 

dem  im  herzen  warme  kralt  gesprudelt. 

Schiller  t, 190. 

von  hervorquellenden  thränen:  heisze,  heis/e  Ibrilnnn  siedeten 
in  Annelis   herzen    und    s|irudelten    in  reichen  slruinen  über 
ihre  wangen.  Gotthelf  gelJ  u.  geist  (18!i5i  60. 
b)  vom  geräusch  hervorquellender  ftüssigkeit: 

er  sah  die  fette  milch  in  strängen  Straten  spritzen, 
dasi  miild'  und  eimcr  schäumt.    iiic*t  sprudelnde  gctön 
.  .  .  klang  recht  angenehm  und  schon. 

llsocEE«  I  (1739).  i.M). 

«•m  $pralieln  eines  lichts:  es  (ein  lieht)  senkte  sich  —  sprudelte 
nnd  «erlosch,  ehe  ich  nach  einem  andern  rufen  konnte. 
TbChiiei.  reite  h  {\'H),  l!>\ ;  in  diesem  scheuen  angenblirke 
•prudelte  mein  abgebrnnntes  liclil,  verlosch,  und  alle  Schreck- 
nisse der  narbt  «lOr/t'-n  Ober  mich  zusaumien.  7  (IMX)),  42u. 
ton  rasch,  hastig,  unruhig  strümender  rede:  wie  nun  die  reden 
ipriidelli-n.  HrckEiT  11  (1882),  255;  nachdem  iler  andeie  seine 
•prudelnde,    Waaer  anklar  gebliebene   rede  \ollendet  halte. 


C.  F.  Meter  JenaUeh  (t»0l)  33;    auch  in  folgender  art:  zornige 
werte  sprudelten  aus  seinem  munde  hervor. 

c)  von    lebhafter,    unruhiger,    sich   stürmisch   und   wechselnd 

duszernder  innerer  art,  inneren  Stimmungen  und  ihren  äuszerungen 

seihst  ollgemein:  da  war  ein  herziger  lieber  jungt,  voll  narr- 

heit    und    sprudlender    phantasie.    Klinger  t/ieai^r  3, 116;    sie 

hielten  ihn  (einen  Vortrag)  für  eine  von  den  sprudelnden  auf- 

wallungen  einer  noch  ungelüuterten  lügend,  welche  gern  auf 

schöne    ausschweifungen    zu  verfallen   pflegt.  Wibland  i,  353 

{Agathon  10.51;   indesz  wollen  wir,  ich  und  ieser,  nicht  par 

zu  strenge  über  irgend  einen  stil,  i.  b.  über  einen  sprudelnden, 

ja   nicht  einmal  über  einen  trocknen  herfahren.  J.  Paui.  grön- 

idnd.  proz.  1.  ix;  der  nichts  weniger  als  arglose  Zürcher  fiagte 

sich,  ob  diese  herzlichkeil  acht  sei.    ja,  sie  sprudelte  voll  und 

natürlich.   C.K.Meyer  Jenatsch^*  \1H;   mit  einem  sprudelnden 

witz  derbilder  und  gegenslitze.  Huf-iEisEN  6«  Kellk«  nafAJ.88; 

sprudelnde  heiterkeil;  mit  unbestimmtem  subject: 

ach,  es  gibt  kerls  genug,  bei  deiisn's  immer  sprudelt. 

GöTHK  7,  44. 

auch  von  anderem,  was  solcher  art,  solchen  Stimmungen  entspricht: 
aber  wie  im  menschlichen  leben  mitten  in  das  leid  die  freude 
tritt,  mitten  in  die  freude  das  leid,  so  spiudell  oft  in  den 
tiefsten  ernst  hinein  das  lächerliche  (es  handelt  sich  um  ein 
Idclierliches  vorkommttis  von  unbea'sichtigter  komik),  und  um- 
gekehrt   Gotthelf  4  (iS'Js),  75. 

d)  sprudelnde  fülle,  sprudelnde  hast,  eile,  gesteigert:  dai 
erste  worl  jedes  absatzes  stellte  einen  hemmenden  pfropfen 
dar,  der  erst  durch  ein  gewaltsames  rütteln  aller  f;esichls- 
muskeln  zum  springen  gebracht  werden  muszte.  dann  aber 
schäumten  die  andern  ihm  in  desto  sprudelnderer  eile  nach. 
Ludwig  2  (1891),  47. 

e)  auch  von  dem,  woraus  etwas  quillt,  worin  etwas  wallt,  so 
von  gefäszen:  dass  es  hiihere  freuden  giebt,  als  die  von  den 
lippen  der  mädchen  und  ans  sprudelnden  gläsern  winken. 
Wikland  suppl.  3,  163  {Sympathien  6);  gnomiseh: 

wessen  das  geTäsz  ist  gelullt, 
davon  es  sprudelt  und  nlicrquillt. 

Schiller   Ualtenaieins  lager  8. 

die  flüssigkeit  kann  dabei  durch  von  mit  dat.  bezeichnet  werden,  frei: 
so  ging  es  denn  zur  bilde  Loi-sets;  — 
wie  sprudelte,  ein  übervoll  geTasz, 
vom  schäum  des  volks  der  luli'ge  kästen  1 

rRKILICRATH    I   (1886),   129. 

»on  kOrpertheilen:  ^g^gj  ^^  ^gi„  ncbwäUfi)  auch  völlig 

wie  ein  sprudelnder  steiss,  der  die  wische  verhöhnet. 

Voss  AiUtoph.  1,  359  (wcve/i  616); 
mitleidig  trat  sie  auf  mich  zu  und  schlcsz 
die  ader,  die  am  stärksten  sprudelte, 
mir  mit  der  band.     Hebiel  I  (1891),  156; 

(er)  fühlte  mich  zu  einem  hause,  dessen  euter  sprudelten,  — 
und  dessen  lüpfe  brudelten.  RCcsert  11  (1882),  502;  freier,  in 
bezug  auf  rasches  reden: 

wie  sprudelt  ihm  die  bocbgelabrie  kehle! 

Lenau  1,  20  Ixuch. 

ganz  unsinnlich  sprudelnder  köpf,  in  dem  es  sprudelt.  Campe. 
vgl.  Sprudelkopf. 

f)  im  anschluss  daran  von  lebeuesen  wie  geräuscJivM  spucken, 

prusten,  fauchen.  Adei.ünc,  so  von  kalten: 

denn  als  sie  kaum  darein  (in  eint  ntt»t)  den  ersten  bisz  gotlian, 
so  schnaubt  und  sprudelt  sie,  als  wenn  sie  gras  gefre.-'Si'ii. 

LESSirta  I,  129; 

da   sprühte   die   sehne  des  bogens,   so  wie  das  sprudeln  dar 
katien.    Baumann  Nimrod  518  (i'<;(.  Scuöraich 
veot.  Wh,  386,  36  Kastei); 
endlich  tantzien  alle  katzen, 
poltern,  lärmen,  dasz  es  kracht, 
zischen,  beulen,  sprudeln,  kratzen, 
bis  der  herr  im  haus  erwacht.    Lichtwer  SS. 

ebenso  von  menschen: 

voll  begierde  bist  er  tu: 

llaiiscben,  o  was  aprudilst  du.    Weiszr  In-i  AoRLUNe; 

10  oder  vielleicht  auf  das  abschütteln  von  wasser  gehend:  er  («ii«r 
der  aus  dem  wasser  gezogen  ist)  sagte  das  gleichsam  im  lorn, 
ganz  durchweicht,  sprudelnd  und  triefend,  Gütuk  31, 2<.i8. 
»prndelen,  beim  sprechen  den  Speichel  «m  sieh  her  spritzen, 
GAKr.i.tR  lex.  d.  lusemb.  inngnngsspr.  4'2s  mW  instrumentalem 
zuialx:  tauchte  er  den  kopl  in  die  schule  und  sprudelte  mit 
dem  wasser  umher.  Stoin  twei  nov.  179;  ähnlich,  in  über- 
tragener anwendung: 

der  du  von  glft  und  galle  recht  fesprudeli 
uud  uns  verllucbt  zum  tlefsien  hollenpruble. 

UüLARD  (1864)  I3I(. 


185 


SPRUDELN 


SPRUDELN  — SPRÜHEN 


186 


fgl^;  ausgezischt  unü  ausgedudelt 

jeden  witzkompan, 

der  nur  geckt  und  neckt  und  sprudelt, 
mit  gefleischtem  zahn!    Voss  4  0802),  SO. 

hast,  übersiüriung  beim  sprechen  bezeichnend,  von  einem  Stotterer: 
(lies  stottern  seiner  stimme, 
dies  sprudeln  wenn  er  spricht  ist  sein's. 

Shafinspeare  Cymb.  4,  2. 

auch  allgemeiner  auf  reichlich  ßiesunde  worte  als  äusxerung 
erregter,  lebhafter  stimmujig  gehend,  also  mit  betonung  des  inhalts: 
kann  man  sein  amt  nicht  rerwalten,  ohne  grob  zu  werden? 
wie  sollte  der  herr  gericbtsverwalter  gesprudelt  haben,  wenn 
er  in  den  zeiten  geboren  vNäre,  wo  die  hexenprocesse  noch 
mode  waren I  Rabenkr  (1';64)  1,33;  aber  der  weiter  sehende 
Fiiistus  fand  nicht  für  dienlich,  seinen  herrn  in  dieser  leicht- 
sinnigen laune  fortspriideln  zu  lassen.  Wiela!«d  2,  344  {Agathon 
10,4);  Vosz  gibt  künftig  die  fortsetzung  des  göttingischen 
almanachs  zu  Wandsbeck  verrauthlich  heraus:  Dietrich,  der, 
so  sehr  als  er  kann,  deszwegen  wider  mich  sprudelt,  setzt 
den  seinigen  fort.  ßoiE  in  den  briefen  an  Merck  (1835)  57;  mit 
ähnlichen  ausdrücken  verbunden: 

oder  wüthet,  schäumt 
und  sprudelt  er  im  tragischen  kothurn? 

WiKLA^D  llüimeiis  brii'fr  1,76: 

auch  mit  adverbialen  zusätien:  einer  sprudelt  von  witz  u.  ähiiU 
ebenso  von  anderer  hastiger,  lebhafter  ätiszerung  innerer  erregung: 
aber  der  apotheker  war  denuaszen  im  kochen  und  sprudeln, 
dasz  er,  als  der  balgtreter  seinen  köpf  unteriiielt,  um  dessen 
antwort  einzuholen,  seine  band  in  eine  kugel  anschieszen 
und  sie  wie  einen  glockenhammer  auf  die  pfeilnaht  des  unter- 
gehaltenen hauptes  fallen  iiesz.  J.  Paul  Hesp.  3,  15.  nach 
Adelü!«g  ^im  gemeinen  leben':  sich  zu  etwas  ungeberdig  stellen. 
2)  trmsitiv. 

a)  unpersönlich:  ein  brunnen  sprudelt  wasser;  im  vergleich; 

sie  igesäiiije)  stehen  dort  (in  Enijtand)  beisammen  so  dicht  im 

engen  räum, 
all  ob  an's  land  gesprudelt  sie  hätte  des  meeres  schäum. 

RÖCKERT  12  (18S2),  315. 

bildlich:  der  deklamator  fordert  an  sein  gehirn  bilder  und 
starke  gedanken  —  da  es  nun  zu  wässerigt  dazu  war,  sie 
aufzufassen,  —  so  sprudelt  es  ihm  mit  luft  gefüllte  blasen 
in  die  feder.  Klikgeb  11,  lb8. 

b)  persönlich: 

er  sprudelte  von  den  lippen  schäum 
und  ritt  in  des  treflens  vordem  räum. 

RccKERT  Finlosi  2,549; 

tn  bildern:  sie  kommen  in  die  quetsche  und  beide  partheyen 
sprudeln  ihr  gift  auf  sie.  Wbisze  lustsp.  i  (l'iSZ),  iZ;  wer... 
mir,  um  mich  zu  hänseln,  wasser  in  meinen  wein  mischt, 
darf  sich  nicht  wundern,  wenn  ich,  ohne  lange  daran  zu 
schlucken,  den  unreinen  trank  ihm  in  das  fratzengesicht 
sprudele.  TniSmiEL  reise  10  (1805),  260.    im  anuhlusz  daran: 

sielie  das  Tolk.  da  mit  einmahl  sprudelt  es  lachen,  der  greise 
bäullein  sprudelte  mit.      Somnenbkrg  hfii  Campi. 

worte  sprudeln,  hervor  sprudeln,  hastig,  rasch  sprechen,  rein 
äuszerlich  und  mit  hindeututig  auf  lebhafte  xnnere  Stimmung, 
deren  aiisflusz  sie  sind,  dann  auch  von  rasch  geschriebenen  Worten, 
unüberlegten  schriftlichen  dusxerungen  u.  ähni:  sie  . .  .  sprudeln 
iter  käizer  um  sich  (schimpfen  so).  Kabener  4,230;  ohne 
h  uiich  nur  auf  einen  einzigen  tudel  einzulassen,  eilert 
und  sprudelt  er  {Gottsched)  da  etwas  her,  woraus  kein  mensch 
klug  werden  kann.  Lessing  6,  !8i;  ich  habe  schon  in  meinem 
woribriefe  gebeichtet,  und  mit  dem  gegenwärtigen  ist  alles 
so  rein  und  klar  zwischen  uns,  als  es,  wie  gott  weisz,  in 
meinem  herzin  war,  da  ich  den  vorigen  brief  dahin  sprudelte. 
llipcEL  14(1839).  340;  Sentenzen  sprudelt  er  von  sich.  Kotzebüe 
kleinstadt.  1,5;  dann  ling  er  an  zu  sprudeln  witz  —  und  zu 
~;  lühen  blitz  um  blitz.  KCckebt  11  (1882).  438; 

die  schleuderten  stäbe  und  schrieen  'bailob!' 
die  sprudelten  wiize  wie  schlössen. 

ÜKosTS-HÜLsuorr  l,  224  S(hiicking. 

nit  anfnhrung  directer rede :  was,  sprudelteer,  soll  das  heiszen? 
^»PE;  der  alte  summier,  dem  die  saclie  das  herz  durch- 
-  hnit',  S|iriideltc  wie  eine  flasclie,  von  welcher  der  pfropfen 
ahgedcgen  ist:  ifoltjt  directe rede).  IiiNEBHAtfi«  4,25  {Munchh.:,!) 
Hempel;  der  weber  aber,  der  von  alledem  nichts  merkte, 
hustete  und  sprudelte  unterdessen:  ja,  so  stark  wie  die 
weibsleut  sind,  und  so  klug  wie  die  weibsleut  sind!  Luonic 
2(lS9t),  19;  der  gast  aber,  indem  er  den  iöfifel  in  die  gute 
suppe  tauchte,  rief  und  sprudelte  über  dicke  lippen  hinaus: 


'es  ist  eine  freude  zu  leben!'  Kellbb  3(1899),  195;  blind! 
blind!  blind!  o  ...  polizei  und  schwarzer  staar!  sprudelte 
der  Schreiber.  Raabe  die  leute  aus  dem  walde  2,210. 

SPKÜDEL.X,  verb.  bair.-österr.  stark  aufrühren,  außrausen 
machen,  quirlen.  Schm.' 2,701.  Höker  3, 168.  Castelii232,  auch 
sprütfln  Lexer  kämt,  ab,  23S'  und  sprud'ln  HCgel  154",  in 
engster  beziehung  stehend  zum  vorigen,  wol  eine  causativbildung 
dazu. 

SPRUDELQUELLE,  f.  sprudelnde  quelle.  Campe,  vom  Karls- 
bader Sprudel:  er  sah  eine  weisze  gestalt  in  der  halle,  die 
sich  abwechselnd  beugte  und  sich  dann  wieder  erhob:  der 
Sänger  dankte  ihr  mit  anstand  —  es  war  die  sprudelquelle 
in  eigner  person.  Arsj«  2,321,  auch  sprudelquell,  m. 

SPHUDELHÖHRE,  f.  von  den  ädern: 

am  Ursprung  bin  ich  hier  vom  beil'gen  quelle, 
der  lebensl'risch  durch  tausend  sprudclröhren 
vom  mitteipunkt  verschickt  die  edle  ivetle. 

RccKKBT  3(1882),  129. 

SPRUDELSäLZ.  »I..*  Karlsbader  sprudelsalz,  aus  Karlsbader 
Sprudel  gewonnen,    vgl.  sprudel  2  sp.  1S2  oben. 

SPRUDELSCHALE,  f.  von  der  natürlirhen  unterirdischen  Um- 
hüllung des  sprudeis  in  Karlsbad:  und  wie  sie  einander  die 
band  gaben,  krachte  es  in  der  tiefe  des  Tüpelllusses.  Mie 
sprudelschaule  ist  geborsten!'  riefen  viele  leute  und  liefen 
hinab,  in  das  innere  der  natur  zu  schauen.  Arxim  2,329. 

SPRUDELSEIFE,  f.:  Karlsbader  sprudelseife,  mit  sprudel- 
salz oder  dql.  bereitet,    vgl.  sprudelsalz. 

SPKUDELSTELN,  m.  im  sprudel  eines  bades,  z.  b.  in  Karlsbad, 
sich  ansetzender  steiniger  körper.  Campe,  im  rhombischen  Systeme 
kry<tallisierende  mudijicalion  des  kohlensauren  kalks,  aragontt. 
Kabmabsch-Heere.n'  1, 179. 

SPUUDELSUPPE,  f.  mit  Karlsbader  sprudel  bereitet:  Halbgott 
kostete  'pfui,  was  ist  das?'  —  'sprudelsuppe,  wie  ew.  durch- 
laucht  alle  abend  befohlen  haben'.  Abmm  2,322. 

SPRUDELVVASSER,  n.  sprudelndes  wasser  und  wasser  aus 
einem  sprudel,  z.  b.  in  Karlsbad.  Campe. 

SPUUDELZELTCHE.N,  n.:  Karlsbader  sprudelzeltchcn,  mü 
sprudelsalz  bereuet,  vgl.  sprudelsalz  und  zeltcben,  zucker~ 
plätichen  u.  dgl.  unten. 

SPRÜHEN,  verb.  mundartlich  garstig  machen,  beschmutzen. 
dmbr.  u'b.  235',  vielleicht  mit  sprudeln  verwandt. 

SPRCDERN,  verb.  mundaitlich  sieden,  wallen.  Zingeble 
lusern.  wb.  52*.  eng  verwandt  mit  sprudeln. 

SPRUDLER,  m.  1)  zu  sprudeln,  wallen,  quellen,  der  sprudelt, 
uneigentlich  der  leicht  außraust.  Campe,  sprudeler.  d(r  beim 
sprechen  den  speichel  spritzelt,  der  schnell  und  unverständlich 
redet.  Gasgler  Luxemburger  umgangsspr.  428,  eigenartig,  in  bezuy 
auf  geologische  theorieen:  ohne  künig  zu  seyn,  verhalte  ich  mich 
im  stillen  eben  so  gegen  jene  slrudler,  sprudier  und  quetscher, 
indem  ich  der  natur  in  ihrem  groszen  thun  einfachere  und 
grandiosere  mittel  zutraue.  Götbe  an  Zelter  686  (ö,  ;)05). 

2)  zu  sprudeln  (neben  sprudeln,  s.  dies),  aufwallen  machen, 
österr.  quirl  HOgel  154*.  CASTtLU  232. 

SPRÜGEL,  m.,  s.  spriegeL 

SPRÜllAUGE,  n.  sprühendes,  feuriges  äuge.  Campb. 

SI'RÜHBäRT,  m.  henneberg.  hinJernis,  etwas,  wij  einem  bei 
einem  unternehmen  in  die  quere  kommt.  Reikwald  1, 155,  ein 
merkwürdiges  wort.  falls  kein  miszverständnis  lorliegt,  musz  man 
wol  das  bild  eines  feuer  sprühenden  oder  speichel  spritzenden 
bärtigen  mundes  heranziehen. 

SPRÜHE,  f.  das  sprühen  oder  was  sprüht  (intr.):  mit  der 
sprühe  fähet  man  sie  (meisen)  bald  vierzehen  tag  nach  Jacobi 
oder  um  Laurentii  bisz  auOT  .Michaelis,  wenn  der  «ogei  sehr 
ziehet  ...  da  stellet  man  nur  mit  der  sprühe  (denn  also  beist 
mans)  wenn  sie  geflogen  kommen  aber  das  elscnholtz,  so 
wirff  nur  einen  but  in  die  buhe,  und  sprühe  mit  dem  munde, 
so  fallen  sie  Qugs  unter  sich,  und  dencken,  es  ist  ein  sperber, 
darnach  kriechen  sie  auGT  den  zweigen  immer  wieder  auf- 
wärts, und  wollen  sehen  wo  der  sperber  blieben,  und  kommen 
in  die  leimspindlein.  Coleb  ücoriom.  l  (I6S0),  618*. 

SPRÜHEN,  verb.  tropfen,  funken,  kleinste  thetlchen  um  sieh 
verbreiten,  stieben,  zuerst  bei  Ldtbeb  erscheinend,  der  Spruen,  inf., 
spruet,  sprQet.  3.  pers.  sing,  praes.  bittet  (s.  unten  l,u),  noch  im 
18.  jahrh.  spruble,  praet.  Eschen bl'rc  über  Shakespeare  ü33 
(s.  unten  2),  damals  auch  noch  sprüen  geschrieben.  Fbiscu  2,  3Iü*. 
Lessikg  10,3  {s.  unten  1,6),  daneben  sprühen  Scbaliek  theolog. 
'  heroldt  (1601)422  (i.  unten  2).  Steihkaco  2,CI4.  Fkisch  2.  3 ig*. 
1    ADELU^c.  Campb   und   so  sp^er  durchweg,   dem  ndU  sproeien 


187 


SPRÜHEN 


SPRÜHEN 


188 


entiprechend.  Fianci  eiym.  woordenb.  946,  wahrtcheinUrh  etymo- 
logisch verwandt  mit  spräen,  sprühen,  s.  dies  oben  thril  Ki,  l,  2:92. 
als  mundartliche  nebenfortn  verzeichnet  Kdeiükq  spreuen,  tgl.  dies 
oben  sp.  ä9.  s,  weiter  die  unter  sprülicr  erwähnten  düringtschen 
formen. 

1)  intransitiv, 

a)  von  lebeicesen:  die  katie  sprüht,  felis  ringit.  Steikbach 
2,  Ci4.  sprühen  wie  eine  katze,  pfucbzen,  salivam  spargendo 
se  defendere.  Fbiscb  >,  316*,  in  solcher  anwendung  heute  der 
Schriftsprache  fremd,  die  aucli  deu  augenscheinlich  daraus  ent- 
wickelten frühnhd.  gebrauch  von  personen  im  sinne  von  wüten, 
toben,  lästern  nicht  mehr  kennt:  das  sie  iulTt  hiilicn  niügen  das 
•vangeliuni  auszurulTen,  das  ist,  über  den  Luther  zu  leslern, 
mordschreien,  und  spruen.  Lctbek  i,  549*;  sollen  wir  darumb 
Christus  bencker  und  uiorder  sein,  wie  der  rottengeist  spriiel? 
S,  51*;  ey  wie  brüllet,  tobet,  wiitel,  und  sprüti  er  {der  po pst), 
recht  uls  einer,  der  mit  \iel  tausent  teufein  besessen  sey,  in 
seinen  decrelen.  8,221":  da  warflf  sich  auff  der  grosi  rum- 
redticber  hellt  {Eck),  spruet  unnd  schnawbt,  als  hett  er  mich 
schon  gefangen.  7,7,18  Weim.  ausg.;  und  ein  solch  arm  creatur 
(Emser)  seynen  golt  schOplTer  szo  erschrecklich,  grewiich  an- 
speyet  und  sprüet,  das  auch  entsetzlich  ist  davun  zu  hören 
unnd  reden.  66s,  8;  sihe,  wie  . . .  «-r  {der  papxt)  sprüet  und 
fluchet  16,97,24;  wenn  der  herr  Christus  den  teufel  aus- 
treibet, so  scheniiiet  er,  sprüet  umb  sich.  16;  der  teufTel 
schlelTt  nicht,  iondern  sprüet  noch  ynier  dar.  23,282,8;  damit 
der  bapst  jtzt  sprüet  und  die  leiite  würget,  eben  damit  wird 
er  unler);ehen.  2S,  2r>7, 21;  da  spruet  und  wuttel  etc.  du  wil 
er  {der  teufet)  nicht  eraus.  29,80,9.  später  von  personen  nur 
im  anschluss  an  b  oder  c  bildlich:  bist  nur  du  beim  minister,  so 
hab'  ich  geist  genug  und  sprühe  ordentlich.  J.  Paul  //csp.  2,61; 

*B^'       wie  ich  (prinirs^in  Schnrcflöckchen)  brenne,  wie  Ich  glühe, 
keine  seel«  glaubt  es  je, 
wenn  ich  gleich  von  namnien  sprühe, 
beisz'  ich  doch  der  kalte  schnee.    Arndt  (1860)  351. 

h)  in  sonstiger  anwendung  nach  Adelung  mci^t  'ftnen  flüssigen 
oder  aus  kleinen  Iheilen  bestehenden  festen  körper  mit  einiger 
heßigkeit  um  sich  verbreiten',  auch  heute  noch  so  durchaus  üblich, 
gemöhnlich  mit  der  Vorstellung  eines  begleitenden  geräusches  ver- 
bunden, vorwiegend  auf  ßiissigkeiten  oder  feuer  und  auf  die  ab- 
lösung  gleichartiger  thcilchen  gehend:  sprüen,  dtsjicere  et  dissipare 
proxima  quaeque,  wie  puher  das  angezündet;  wie  glüeiid  erz 
wann  was  nasses  im  giessen  dazu  kummt.  Frisch  2,  31u'; 
hast  du  di«  welle  gesehen,  die  über  das  ufer  einher  scIiltigV 
tiehe  die  zweyte.  «le  kommt!   rollet  sich  sprühend  schon  aus! 

GöTHi  1,384; 
seit  der  liiigel  sich  geschlossen, 
und  der  sclieiierliaiit'ea  sprühte. 

KovALis  1,  168  HeiKtner; 
da  wir  heut  das  fest  begehen, 
dem  tausend  rreiulenreuer  sprähn 
und,  wo  sie  nicht  von  liergen  wehen, 
doch  tier  in  allen  herzen  glühn.    Uuland  (1864)84; 
fühlst  du,  wie  die  winde  kosen? 
hörst  du,  wie  die  quelle  sprüht?    Platbn  10*; 

auch  mÜ  instrumentalem  zusnli:  schon  an  den  Voralpen  blieben 
sie  {die  wölken)  biingen,  tobend  und  wild,  und  sprühten  mit 
gewaltigen  wassergüssen  um  sich.  Gotibki.f  4  (is9s),  i^*.  in 
beiug  auf  and(rsu'tige  Iheile:  in  der  dunkeln  schmiede  neben 
dem  sprühenden  heerde.  Kaabe  nach  dem  grosien  kriege  *:>. 
der  gebrauch  von  der  sonne,  wie  ihn  die  folgenden  stellen  zeigen: 
wenn  die  sonne  ein  $|)rüheudes  feuer  sein  soll.  Hebei.  3,  150; 
und  Itnger  wirr-t  du  {'•••nnr)  nicht  am  liiminel  iiprülien, 
alt  ich  (rosr)  im  kränz  des  rrulilingü  werile  blülien. 

llÜCIKiT  grs.  iiril.  I,  lÜS 

leitet  über  lu  der  allgemeineren  beiirhung  auf  lichtstruhlen:  tlie 
sonne  sab  erst  {-im  morgen)  unter  den  triumpbthoren  herein  — 
alle  »een  sprühten  in  einem  breiten  feuer.  J.  I'aül  Titan  i,bi,; 

und  ist  ihr  nur  der  ditier  lieh, 

der  In  die  äugen  «prühl.    RSckeit  (1841)  400; 

iaii<eii4i  edelxtelne 

ipruhn  In  meinem  scharht,     1  (1S82),  408; 

ein  hober  berg.  tom  morgen  angeglülil. 

der  hell  und  Iroh  licrauT  im  oden  «prnlit. 

Lcntu  2.  94  Huch, 

mit  verinnerlichung  des  begriffs  von  den  äugen,  sofern  sie  innerrs 
feuer  rerroten,  dis  durch  stärkeres  funkeln,  glänsen  auch  sir.nlich 
wahrnehmbar  wird.  Camik:  ihre  an^en  sprühten  voll  schel- 
mischen feuert.  FaKRitk!«  undirüftn  h2;  er  erging  sich  mit 
sprühenden  augeo  in  gru<zi  n,  über.«cliwenglirh«n  bildein.  J>'tin 
LM  310.    dann  gani  unstnnlich  vom  iiitmclilicheu  tnnern,  geist, 


gemüt,  heri  selbst,  lebhaßeste  äusterunq  bexeichnend:  aber  warum 
wollen  einige  Ton  ihnen  mir  nicht  glauben?  dasz  dieser 
feurige  geist  Dicht  immer  sprüete  und  luderte,  sondern  unter 
ruhiger  asche  auch  wieder  nabrung  an  sich  zog.  Lessimg  lo,  3; 
die  gemöter  sprühten  und  loderten  nun  wie  harzige  tannen. 
RosECGER  llöllbart  I3u;  aber  besser  ein  sprühendes  herz,  denn 
ein  kaltes  und  sprödes,  sünderi/l.  14I.  vgl.  weiter  den  unter  1 
am  ende  erwähnten  gebrauch  von  personen. 

c)  auf  solche  art  verbrettel  werden,  nach  Adblunc  seltner, 
heute  ganz  gewöhnlich,  meist  con  tropfen,  kleinsten  wassertheilen 
und  funken,  die  zum  theil  sehr  nahe  beiiehung  zu  b  lassen 
einige  der  belege  deutlich  erkennen:  sie  sind  wie  sanfter  ncbel, 
der  steigend  vom  see  aufs  thul  sprüht,  (iutbe  16,172;  mit 
dem  stahl  i\n  einen  stein  schhigen,  dasz  die  Tunken  sprühen. 
('ampe;  feuerquiilm  scheint  aus  den  schnaubenden  nüstern  zu 
sprühen.  Vischkr  auc/i  m«r  1  (i900),  238;  die  funken  sprühten 
von  den  Schwertern.  Freitag  8  (1S9T),  33;  es  (ein  felsstück) 
brach  durch  den  waid  und  splitterte  den  stein,  bis  es  in  den 
gieszbacb  schlug,  dasz  der  gischt  buch  gegen  den  hiniuiel 
sprühte.  164;  willkommen,  Wilfriede,  rief  der  rilter  aus  und 
zog  sie  tiefer  in  die  halle,  denn  der  regen  sprühte  über  die 
schwelle.  L.  Hesekiel  Nürnberger  land  2,137; 

die  funken  sprühn  aus  halb  verbrannten  Tackeln. 

Wii^zi  hei  Adblo!«6; 
aber  der  hausknecht 
fing  die  sprühenden  funken  des  stals  in  schwammigen  zunder. 

,       ,     ,  -,.  Voss  1  (1*02),  36; 

wenn  der  funke  sprüht, 
wenn  die  asclie  glüht, 

eilen  wir  den  alten  göttern  xu.     Götub  1,250; 
der  Tunke  sprüht,  die  bälge  blasen, 
als  galt  es,  Telsen  zu  verglasen.    Schillir  11,250; 
aus  schäum  hist,  Venus,  du  hervorgegangen, 
der  auf  des  meeres  lichter  welle  sprühet. 

W.  V.  Humboldt  7,478; 
wie  aus  Trühlingshiromcln  reiner 
regen  sprüht.     Rückkiit  t  (IS82),  474; 
im  bilde:     sprühn  einmal  verdächt'gn  Tunken 
aus  den  rosen  —  sorpe  nie! 
diese  weit  glaubt  nicht  uu  llaramen 
und  sie  nimmt's  Tür  poesie.     Heine  1,  218  El>ter, 

mit  unbestimmtem  subject: 

witi's  blitzt  und  platzt,  in  Tunken  sprüht  1 

GöTHE  41,52: 

es  sprühet,  regnet  sehr  fein.  Campe:  ehgestern  wie  ich  nachts 
den  Kritz  hinausleuchte,  fängts  an  zu  sprühn,  just  wie  jetzL 
Ludwig  3(l89l),  472.     freier  von  sonnenhitte,  tonnenlicht: 

als  sonnenTeuer  .«prülite 

und  lieisz  der  sommer  glühte,     Brentano  2,  268; 

der  adler  strebt  Ins  grenzenlose, 

sein  äuge  trinkt  sich  voll  von  sprühiidem  gold«. 
.MöRiEE  geit.  17U. 

auf  blicke  bezogen,  die  inneres  feuer  verraten: 

auT  des  riiters  wange  glühte 
xorn  und  liebe:  Teuer  sprühte 
aus  den  äugen  wild  umher.    Stolbebg  1,57; 
kaum  Tiihlt  das  thier  ('/er  Pfjasuis)  des  meisters  sichre  hand, 
so  knirscht  es  in  des  zügels  band, 
und  steigt,  und  blitze  sprühn  aus  den  beseelten  blicken. 

Schiller  11,  22; 
auch  mit  einem  abstractum  als  subject: 

verderben  sprülit  aus  seinem  blick. 

Ppeffbl  f"'t  Cahpb; 
lauber  sprüh'n  aus  iliren  blicken. 

TiEOCE  liri  demselben; 
iu  aller  äugen  sprühte  die  tust, 
der  todesschluclit  sich  zu  weihen.     Körner  I,  189; 

über  der  beule  standen  die  münncr  gegen  einander  und 
heis/er  hns/.  sprühte  aus  ihren  uugen.  Frkttag  s  (1897),  »9; 
ähnlich:  Lucia  errölhete  vor  fieude  und  blickte  mit  seliger 
beuunderiing  in  Jürg's  übermnthiges  angesicht,  aus  dem  eine 
wilde  freude  sprühte,  C.  F.  Meyer  Jury  ./^«ad. /i  (I9(il)  75.  das 
berührt  aich  wieder  eng  mit  b,  ebenso  der  allgemeinere  gebrauch 
von  einem  abstractum: 

sprüh',  sprülie,  edler  torn  t 

Aindt  i»i  iiiHfeniilm.  it.  1S&9  24. 

iprObender  witt,  lebhafter.  Caupb;  ähnlich:  doch  waren  sie 
schweigend  entsrhlossrn,  ihn  nach  der  sprühenden  rede  mit 
ihrem  blule  zu  retten,  J.  I'all  //«p.  4,  ü«.  zweifellos  hierher 
gehörig:   die   gedanken  sprnlicn  ihm  herTor,    wie  unter  dein 

hnm schlag  die  funken.  ItANtit  werke  l,i\0;  »»den  gebrauch 

vom  regen  angelehnt: 

tum  lohn  des  altu  in  des  IcbeiM  tagen 
gtübteH  ttrahleiiiuhiii  vom  liiimuel  sitrühet. 

W.  v.  IltakuLvr  :i.  S!)«. 


189 


SPRÜHEN 


SPRCHER  —  SPRUNG 


190 


d)  von  derartiger  bewegung  und  derartigem  geräusch  selbst, 
auf  wisser  und  (euer  bezogen,  im  jMft.  präs.:  viel  freundliche!- 
a!s  wenn  ein  Milcan  sich  aufthiil  und  sein  sprühendes  getös 
lanze  gegeoden  mit  Untergang  bedroht,  zeigte  sicli  diese  er- 
«cheinung.  Göthe22,1T5;  herrlicher  war  das  farhenspie!  {dei 
Rheinfalls)  in  dem  augenhiick  der  sinkenden  sonne,  aher  auch 
alle  bewegung  schien  schneller,  wilder  und  sprühender  zu 
werden.  4:«,  161.  in  übertragener  anvendung  sich  mit  b  und  a 
berührend:  wie  er  t Walkt),  den  bleistifl  in  der  haiid,  mit 
sprühender  lebendigk^it  und  anschauliciifceit  den  handwerkern 
a:i   ort  und  stelle  wei^^ungen  erteilt,  daheim  31,  lo'. 

2)  transitiv,  in  engem  anschlutx  an  1,  b,  bei  Adelcbg  nicht 
danm  gesondert,  *in  kleinen  Iheilen  {mit  heftigktit)  umher  ver- 
breiten'. Caiipe.  auch  hier  meist  in  bezug  auf  flüssiges  oder  feuer: 
Solcher  schrecklichen,  grewiiclien.  und  abschewiichen  orter 
unnd  berge,  hats  in  der  weit  hin  und  her  mehr,  die  da  stets 
brennen,  und  fewerfuncken  und  flaniinen,  von  sich  sprühen, 
und  werffen.  DA;«iEf.  Schallek  theolog.  heroldt  (J604)  422;  die 
wölken  sprühen  regen.  Campe; 

man  sah  die  kohlen  noch  ilie  rothen  Tunken  sprühen. 
Zacha*iä  iiri  Adk.imc; 
(im  bilde:)  eh'  die  wölke  platzt  und  bliixe  sprühet  (sein  unmut 

Hch  äwtierl).    VVikla!<d  18   194  (Per».  3); 
an   1.  (1  rührend: 

hoih  bäumte  sich,  wild  schnob  der  rapp' 
und  sprühte  Teuerrunken.     Böiger  Iö'; 

denn  wie  ein  kriegesfürst  im  lande  der  Araben, 

so  lassest  du  (Jri  sunnenqiili)  einher  die  muth'gen  rosse  traben, 

i!ie  ilarkerndes  gestrabl  aus  ihren  nüstern  sprühn. 

FaKiLiGtiTB  2  (IS86).  121; 
£..t  und  galle  sprühen,  als  wünsch: 

ich  {<•»«  tdrjlei')  war  Tor  diesem  falle  dem  Jäger  schon  nie  grün, 
jetzt  bätt'  ich  girt  und  galle  gar  mögen  auf  ihn  sprühn. 

He-cKK«T  (1S4I)  213, 
auch  rein  bildlich,     freier  m  besug  auf  Sonnenhitze: 
und  wo  der  mittag  flammen  sprüht- 

Uz  Ihi  Adbldnc; 
sab  die  groszgeaugte  sonne 
glänz  und  gold  und  gluien  sprüh'o. 

KoSEeAlTKN  bei  CaipB; 
90U  den  »ugen  eines  gespensts,  ganz  sinnlich: 

die  tieTen  hohlen  äugen  sprühn 

ein  düsierrothes  Teuer. 

und  glühn.  wie  schwereillammen  glühn, 

durch  ihren  weiszen  Schleier.     HöLir  34,  74  Halm; 

aher  auch  ron  äugen,  blicken,  die  inneres  feuer  verraten:  das 
jugendliche  feuer  seiner  äugen  sprühte  funken  des  basses  und 
strafte  die  silberfarbe  seines  kurz  geschorenen  haares  lügen. 
C.  K.  Mete«  Jürg  Jenatsch  (1901)  275;  hyperbolisch: 

blitze  gottes  sprühte  dein  ilUiciinis)  blick! 

SrOLBiae  2,  305; 

äh-.lich:  jetxl  ward  ihre  wange  bleich;  und  gleich  darauf 
-  ihte  sie  feuer,  wie  die  lüfte  blitze,  von  sich.  Eschenblbg 
. '   Shakespeare  533; 

e«  ist 
der  beim,  der  sie  so  kriegerisch  beseelt, 
iebi  eure  locbter  an.    ihr  äuge  blitzt, 
nnd  glübtnd  feuer  sprühen  ihre  wangen! 

ScHlLLiR  JHiigfr.  iirol.  3; 

fom  menschUcheu  inneren  selbst  in  bezug  auf  teint  äusxerung 
tu  den  äugen: 

und  gab'  es  keine  kerzen, 
man  Tande  sich  auch  drein; 
es  sprühn  ja  unsre  herzen 
d«n  «cbönsten  augenschein. 

HOPFIANII   T.  FALLiaSLIBM   Ofit.*  273. 

m  bezug  aufreden  und  handeln:  sein  lebhaftes  naturell  sprühte 
funken  des  witzes.  STaLi>c  leben  4,58;  freilich  brach  die 
jugendliche  tbalkraft  der  Tölker  oft  sturmgewaltiger  herTor 
als  heutzutage  und  ihr  genie  spruheie  bald  im  nord  bald  im 
Süd  helle  blitze.  Hiehl  deutsche  arbeit  65.  dies«  anwendung 
des  Worts  erweitert  sich  aber  auch  durch  die  Verknüpfung  mit 
anderen  objecten.  so  erscheint  ei  bezogen  auf  einen  staubföimigen 
körper:  im  herl.sle  sieht  man  fliegen,  die  »ich  innerhalb  des 
xiuimers  an  die  fensler  anklammern,  daselbst  unbeweglich 
»erweilen,  erstarren  und  nach  und  nach  einen  weiszen  staub 
ton  sich  sprühen.  Götiie  58,  I7ü;  dichterisch  auf  gerüche: 

düTie  iprübt  die  junge  sprosse  Ternehin.    I>lati:i  70*; 
auf  tone:  ja  drang  aus  dem  nächsten  geltüscbe 

hinter  mir  nachiigalbchlag  herrlich  auf  einmal  bervor, 

irotr  «ie  honig  durch  das  gezweig  und  sprühte  wie  Teuer 

zackige  töne.      >loaiKB  1  (t8i>»),  140; 


auf  geistige  bethätigun;: 

noch  im  wollustreichen  mai  des  lehens, 
wo  die  Seele  sonst  eiitschlfisse  sprüht, 
Tühl'  ich  in  der  wärme  mirines  sirebens. 
wie  mein  lebenselemeni  rerglübt.    Plate^  8': 
so  auch  allgemeiner  gebräuchlich:  gedanken,  wilze  sprühen. 

SPHLHLK,  m.  der  sprüht,  dür.  shriwer,  Sprühregen,  auch 
sbrcwer(chen).   HEfiTEL  t'iür.  sprachsch.  232. 

SrKUHFEüER,  n.  sprühendes  feuer.  Campe;    hier  (auf  dem 
Molo  ton  Seipel)  sah  ich  . . .  den  Toilmond  in  seiner  ganzen 
herrlichkeit  neben  dem  sprühfeuer  des  Tulcans.  Göthe  28, 277. 
SPHÜHGLANZ,  m.: 
{.komHcii)  die  ihr  mit  dunsi'gen  schweifen 

wer  weisz  wie  weit,  könnt  greifen 

und,  weiten  noch  im  reifen. 

vom  eignen  sprühglanz  blinku    RöcKBtT  7  (18S2),  260. 

SPRÜHHAAR,  «.  pon  feinen  losen,  aus  der  masse  der  übrigen 
gleichsam  heraussprühenden  haaren  eines  mädchens:  ihre  blonden 
Zöpfe  flogen  in  toller  Unordnung  um  ihr  liebliches  gesiebt, 
lockige  sprühhaare  fielen  wie  ein  goldner  schein  auf  ihre 
feinen  brauen.  Marie  v.  OiFtus  der  Schmetterling,  deutsche 
dichtung  lu,  6a\ 

SPRÜHKEGEL,  m.:  in  demselben  augenblicke  brannte  er 
mehrere  sprühkegel  an,  die  er  aus  puWer  und  rergossenem 
wein  in  der  stille  geknelet  hatte.  Brestaso  4,242.  vgl.  sprüh- 
teufel. 

SPRÜHPüMPE,  f.  in  der  amerikanischen  landwirtschaft  zur 
tötung  von  inseklen  gebraucht:  besitzt  man  eine  auf  rädern 
ruhende  sprühpnuipe.  wie  solche  heutzutage  für  diesen  zweck 
in  so  groszer  Vollkommenheit  hergestellt  werden,  so  gebührt 
der  bespritzung  ohne  zweifei  der  »orzug  tor  der  bestäubung 
mit  dem  trockenen  puker.  haus-  u.  bauern freund  (Milwaukee) 
10.  apiil  1896. 

SPRÜHREGE.N,  m.  /Inner  regen.  Campe  oder  kurzer  regen- 
sehauer:  zu  diesen  heiligen  gedanken  Teranlassete  unsern 
lieben  hn.  m.  Schmeltzern.  wie  ich  glaubte,  der  kleine  sprOh- 
ond  so  genannte  Sonnenregen.  Fehenb.  4,23;  schon  dämmerte 
der  tag  und  mit  demselben  strich  ein  Sprühregen  daher. 
GöTHE  30,68;  der  Sprühregen  schlug  uns  heftiger  ins  gesiebt. 
ebenda;  eine  feuchtigkeit ..,  die  von  einem  Sprühregen  herzu- 
rühren schien.  58, 179;  der  alte  hulunderbusch  hat  Ton  dem 
leisen  Sprühregen  ein  hochzeilkleid  an,  weit  prächtiger  als  der 
role  kirchenfrack  des  meisters  Schramm.  Lcdwic  2!lS91),  297; 
unter  solch  einem  frischen  Sprühregen  (rorAer;  'lustige  regen, 
die  in  hast  befruchtend  herniederstärxen')  schritt  Florian  auf 
die  Ortschaft  zu.  Anzengbdber  2,  2I0;  sie  (eine  scheune)  formte 
kleine,  tosende  slurzbäche,  rieselnde  wasserfaden.  gurgelnde 
Springfluten  und  stellenweise  fröhliche  Sprühregen.  5,  51 ;  n 
der  form  sprüheregen: 

ihr  lenzgeruch  wallt  mir  entgegen, 

süsz,  wie  bei  stiller  abendlull. 

nach  einem  milden  spriiheregen, 

der  mosclius-hyaciotbe  dufl.     Böa«ii  26*; 

frei,  von  einem  Wegen'  ieichttr  pfeile: 

erst  achtet'  er  ein  spiel  der  tropfen  sprüheregen. 
den  er  abschüttelte.      Rcckert  12  (18^2),  155. 

dazu  sprühregenflitter,  m.; 

ich  beuge  mich  lauschend  am  ihurme  ber  (der  am  ufer 

ilrt  lloiiriisees  ttehl), 
sprühregenflitter  fährt  in  die  höh', 
ba,  meine  locke  ist  feucht  uml  schwer! 
was  treibst  du  denn,  unruhiger  sce? 

OiosTE-IICLsaorr  I,  130  Schirking. 

SPRCHTELFEL.  m.  kleiner  feuerwerkskörper,  hdufchen  an- 
gefeuchteten schieszi'Ukers,  das  zur  belitstigung  angezündet  wird, 
in  Leipzig.  Albrecbt  215*  und  anderswo:  denn  noch  (um  1700) 
war  es  ein  festfergnügen  der  landleute,  mit  pul>>r  zu  spielen 
und  unglückliche  fremde  durch  sprühieufel  und  kleine  raketen, 
die  man  ihnen  vor  die  füsze  oder  an  die  perrücke  warf, 
zu  belästigen.  Freitag  ges.  werke  20  (i89S),  439.  übertragen: 
(rem  modernen  französischen  dramn:)  Sprühteufel,  die  explo- 
dierend erstaunen  und  Überraschung  erregen,  aber  nichts 
hinterlassen  als  dampf.  Lchwig  5,351;  glücklieber  weise  waren 
es  nur  sprühieufel.  als  worte  Bi<hari  ks  ü^er  die  fortsehritts- 
portri  r.ach  Bcsca  tagebuchbliitler  mitgetheül  im  Weichsbote»  vnm 
30.  märz  1809  nr.  77. 

SPRING,  m.  salttts,  tu  springen  gehörig,  mhd.  sprunc, 
gen.  Sprunges  Lexbr  mhd.  handwb.  2,  li2i,  ahd.  sprung,  als 
l-stamm  im  plural  mit  umlavt,  der  ahJ.  noch  fehlt.  (JRAFf  6.  398, 
gelegentlich  auch  mhd.  und  selbst  frühnhd.  fastn.  sp.  426,8  (i.  unten 


191 


SPRUNG 


SPRUNG 


192 


1,  0,  ß),  in  ältfrer  spräche  im  jdural  vol  mit  i  slntl  mit  il  ge- 
schrieben. P.  GerhaR!'  2 '.2,  13  Gödeke  {s.  \,  o,  e).  Simpl.  4,  206,  U 
Kurx  {s.t,a,S).  Wieüemann  gefangensch.  ;u/i  öS  (s.  1,  o,  «). 
Plesse  1,60  {i.  unten  1,0,  x),  in  beutigen  md.  mnndnrlen  auch 
sprong.  MfLi.E8-\VtiTZ  Aachener  mundart  232,  spronk  Schmidt 
vefteTW.  idiot.  229,  spränk  Spiesz  henneb.  idiot.  239;  mnd.  spnink 
Scbili.es-LCbbbn  4, 348',  nnd.  Sprung  Scbambacii  2u6',  sprung, 
»prunk,  plur.  Sprünge  DXnNEitT  454*.  ScnfTZE  4, 178,  sprung, 
plur.  Sprüngen  ten  Doornkaat  Koolman  3,  290\  mndl.  nndl. 
sprong.  vgl.  schwed.  sprSng,  n.  sprung,  Schweiz,  sprunggen,  m. 
holssplUter,  glasscherbe.  Staloer  2,  387. 

1)  nach  springen  1. 

a)  verbal. 

a)  von  persunen  in  eigentlicher  anwcndung: 

sie  t»t  nAch  vröuden  einen  sprunc, 

der  manne»  herze  tiete  vrö, 

embor  über  ir  Amis  hö.    kröne  237IS; 

man  seil  noch  von  dem  Sprunge, 

den  Ei  zuo  der  stresier  tPt 

an  dai  waiier  in  da;  terret  (.<c/ii/f). 

Ottoka«  4724  Seemüller; 

der  win.  der  mich  da  mächet  junc, 

dem  wil  icli  springen  einen  sprunc.    wrinschwelg  U2  ; 

der  min  uuine  verit  al  in  sprungrn  an  den  bergon.  Wiliirah 
35,1  Seemüller;  ich  bab  gefelel,  ich  will  den  sprung  ver- 
befsern.  Gam.  23o';  dem  sprung  (über  einen  graben)  halt  ich 
leib  und  leben  zu  danken.  Scan  ler  Täuber  schausp.  1,2;  der 
gesetzlose  sprung  der  frcnde  wird  zum  tanz.  sfAri/Zen  lO,  3S0; 
da  uard  es  mir  fast  leichl  und  rrüblicb  zu  muthe.  und  hätte 
ich  wohl  mögen  einen  sprung  Ihun.  Brentano  4,5;  diese 
(eine  frau)  Ibat  einen  sprung  (vor  Verwunderung).  Keiler  4,131; 
nun  hielten  sie  sich  gegenseitig  fest  und  drehten  sich  langsam 
zum  thore  hinein,  nur  zuweilen  einen  sprung  Tersucbend, 
um  einer  dem  andern  zu  entkommen.  2t>3;  wo  ein  breites 
rinnsal  den  gang  hinderte,  wiederholte  er  den  sprung  nach 
rückwärts,  um  seinem  gefährten  muth  zu  machen.  Freitag  8,6. 
beim  tonten: 

ich  will  zu  den  pauren  keren 
und  will  si  neue  sprunge  leren. 

faftn.  »p.  426,  8  Keller; 
mit  spröngen  ligstu  in  allen  ob.    585,20; 
die  weiszen  Schleier  llaltern, 
die  schwarzen  slolen  wehn, 
die  kerzenllämmclien  flattera, 
wie  sie  im  sprung  sich  drehn.    Uhland  (I8A4)  401; 

wenn  die  alte  mutter  mit  am  tantze  umbhero  schrolt,  und 
schüttet  die  alten  runlzeln  ab,  unnd  musz  alle  Sprünge  sorge 
haben,  sie  Terzettelt  einen  zaan.  Mathesios  katechismus  ti6; 
denn  die  musick  ist  gleichsam  die  secle  des  tantzes,  welche 
alle  springe  regieret.  Wiedkmann  gefangensch.  juli  68;  die 
sonst  im  trauerspiel  so  ernsten  Franzosen,  denen  Noterre 
die  tragischen  Horazier  Corneilie's  als  einen  pantomimischen 
tanz  gegeben;  folglich  in  Sprüngen.  J.  Paul  Katienb.  2(52),  60; 
(sie)  begannen  aufs  neue  (beim  schwerttam)  im  kreise  gegen 
einander  zu  springen,  jetzt  .«^prünge  und  schwertscblöge  schnell 
wie  der  blitz.  FrettagS,  33;  die  mädchen  des  hofes  klagen, 
dasz  unsere  spriinge  ihnen  die  knöcbel  renken.  87;  es  par 
sprOng  tue,  ein  tdnichen  machen.  IIunzirer  oarg.  tvb.  249;  sprung 
^beim  tonten,  wenn  man  sich  mäszig  in  die  freie  luft  erhebt, 
mit  beiden  beinen  zugleich  oder  nur  mit  einem  bein  (caprioles, 
entreehats)'.  Jacobssor  7,415';  die  sieben  sprung,  eine  ort  tanzes, 
der  sich  ubwechielnd  im  'Ja  und  */<  takl  bew(',t,  bair.  Senn.'  2,703, 
auch  kölnisch.  704;  sprung  auch  geradezu  für  tont.  Krameii 
deutseh-üal.  diet.  I  (1702).  891* ;  vielleicht  mit  versteckter  anspielung 

""'   ^'  aliz  ob  Ich  (fin  nlln)  iuiig 

gericht  zum  sprung 
künt  den  weibluiii  honcrcn. 

FORSTlR  '.  lirill.  1,34  nrvdr.; 
Casca,  ist  an  jähren  alt,  ist  am  nlllen  ober  jung: 
weigert  keinem  keinen  kutz,  sclieut  nimmer  keinen  sprung, 

LocAU  2.213,  14; 

((•  ncher  einen  sprung  mit  einer  ibun,  bnllnre  eon  uno,  met. 
viare  caruolmrnte  con  essa.  Krämer  deutsch-itul.  diel.  3  (1702),  sno*. 
hei  körperlichen  Übungen,  kunststdcken :  nehmen  sie  einen  lufl- 
springer.  ton  den  wenigsten  »prüngen  kann  er  seinen  srbüleiu 
den  «eigentlichen  inerbnnisnius  zeigen.  I.rssinc  12,00;  sterben 
ist  etwai  mehr  alt  barlequin«  s|irung.  Scbillk*  rduber  schau- 
sjiiel  2,3;  als  Tlicodulf  in  niAi  biigem  schwunge  den  trbwrrsicn 
•tein  geworfen  und  den  weid-tien  sprung  gelhan.  Fkk.ytac 
HjM;  der  fremde  neigte  das  iiaupl  ein  wenig  und  thal  den- 


selben  sprung  (Über  rosse)  so  sieber,  dasz  das  feld  vom  hrifall 
wiedrrhallte.  29;  das  fest  wurde  gefeiert  durch  weltlauf  der 
rosse,  durch  weltkampf  der  münnner  in  sprung,  gerwurf, 
Steinwurf  und  steinstoszen,  den  alten  turnspieleu  der  Indo- 
germanen.  17,85.  sprung  durch  das  johannisfeuer :  ich  sprang 
freudig  die  erste  durch  das  feuer,  und  risz,  wie  ülilicb,  im 
sprung  eins  der  rüslein  ab,  welche  an  rotben  woUfaden  von 
dein  groszen  grünen  kränz  über  jedem  der  feut-r  niederhingen. 
Brentano  4, 13i;  eigenartig:  komm  führe  mich  in  mein  bleicli- 
zelt,  sonst  stehe  ich  dir  für  nichts  gut,  denn  mir  ist,  als 
stecke  mir  noch  ein  sprung  in  den  füszen.  132.  im  kämpf: 
sie  (die  alten  Deutschen)  rückten  dem  gegner  dicht  auf  den 
leib,  schmelterlen  schwere  wurfw;i(Ten  auf  seinen  scliild  und 
fuhren  in  mächtigem  sprunge  nach,  das  schwert  in  die  feind- 
liche brüst  slüszend.  Freytag  17,  52.  als  kommando  im  heutigen 
deutschen  heere  beim  infanterieangriff:  sprung!  auf,  marsch, 
marsch!  und  dementsprechend:  wir  wollen  noch  zwei,  drei 
Sprünge  machen  und  dann  zum  stürm  vorgeben;  nicht  zu 
lange  sprunge  machen,  es  handelt  sich  dabei  um  ein  rasches 
laufen  über  kleinere  gelän dcstr ecken ,  das  jedesmal  durch  plött- 
liches  hinkauern  oder  hinlegen  beendet  wird,  sprunge  6ftm  laufen 
in  sonstiger  anwendung:  der  knabe  flog  wie  ein  junger  hirsch 
in  groszen  Sprüngen  dem  herrenhofe  zu.  Fheytag  8,11.  sprung 
mundurUich  wie  schnelllauf.  Hunziker  249.  bisweilen  vom  reiter, 
vgl.  ß. 

ß)  in  gleicher  ort  von  thieren,  so  von  pferden: 

sin  marb  gienc  in  sprungen.     Ilolnnddied  372,  33; 

diu  doch  von  sprungen  niht  belibn, 

ir  ors  mit  sporen  si  bdde  tribn 

uiera  walap  in  die  rabbin.     I'ari.  37,21; 

minem  gedanken  wart  nie  bat 
danne  so  ich  z'orse  gesa;  . . . 
und  mich  da;  ors  von  sprunge  truoc.    Cyeg.Hn; 

ei  saj  der  milie  liöcligemuot 

öl'  ein  ros  snel  iindc  guol: 

da{  fuor  in  sprungen  durch  di  .<tat. 

LiciiTKMfTiiN  172,3; 
hei  lumpcngesindel,  gieb  mir  platz, 
hinüber,  mein  rosz,  hinaus; 
hei,  Schenkeldruck  und  sprung  und  satz, 
ade,  philisterliaus!      Strachwitz  1U3: 

Sprünge  der  pferde  auf  der  reitschul.  Kraher  deutsch -itaL 
dic{.  2  (1702),  891';  er  ...  sucht  den  abgrund,  in  welchem  er 
bey  der  scblacht  sein  leben  verloren,  mit  sammt  seinem 
pferde,  wenn  es  noch  einen  einzigen  sprung  gethan  hätte. 
Lessing  2,  .S20;  die  königin  lachte  und  trieb  ihr  rosz  \\ied<'r 
in  wilden  sprungen  umher.  Freytag  8,136;  ähnlich:  hier  liiilie 
er  sein  thier  (maulthier)  so  heftig  gestachelt,  dasz  es  in  ei- 
schreckten  aprüngen  vorwärts  setzte.  C.  F.  Meter  Jenatsch 
(1900)  58.    von  hier  aus  bildlich: 

tumbiu  Werlt,  ziucb  dinen  zoum,  wart  umbe,  sich, 
wilt  du  li'in  louTen  dinen  muoi.  sin  sprunc  der  vcllet  dich. 

Waltuir  37,  25. 

bisweilen  auf  den  reiter  übertragen.  Abraham  a  S.Clara  2(I6<>»),  4.'>, 
5.  /..  von  anderen  thieren:  das  gewild  nimpt  ein  sprung  über 
den  scbweynspiesz  ausz,  fera  saltu  fertur  super  rrnnhula. 
Maaler  382';  hasen,  welche  sich  von  den  nachlaufenden  bunden 
zu  retten,  selzame  sprunge  thun  Frisch  2,311';  es  (das  hünd' 
lein)  . . .  that  auch  für  allerhand  alte  wcibcr,  was  unsere  nett- 
modischen  hundfstutzcr  nicht  gern  thun,  seinen  wohlgemeinten 
toleranten  sprung  (durch  den  reif).  Brentano  4,  418;  der  lauf 
besteht  nur  aus  einer  reihe  von  paszarligen  Sprüngen.  IIrku« 
Ihierl.  2,19;  in  jähem  sprunge  fährt  das  ungethüm  auf  Arthur 
los.  Visi.nER  auch  einer  1,237;  darauf  trat  auch  der  fürst  mil 
Ingo  heraus  und  freute  sich  an  den  lustigen  Sprüngen  d  s 
alTen.  Freytac  8,  r.9; 

seine  (den  liasen)  litt  ist  sonderbar,  dosi  von  spOr-  und  ander« 

hundan 
deren  nasen  ihm  fatal,  seine  spur  nicht  sej  gePiinden. 
macht  er  liin  und  wieder  sprOnge,  eh'  er  sich  ins  lager  legi, 

(laocKii  9  (1750). -252: 

(ein  riehhörnchen)  das  aprOngfl  macht  wie  Pauialon. 

Novalis  1,  1^3  Uritmer, 

ueidmAnniieh  der  lux  ihut  weile  Sprünge.  Döhbl  jägrr-prarU 
1,3»';  Sprünge  thun,  rom  luchs,  sitze  machen  um  seinen  rauh 
zu  fangen.  ksRaeiN  weidmanntspr.  279.    vom  leojiarden  heiiit  et! 

der  lApart  \H  ein  rnellei  ticr, 

n»l  er  niht  begrlfen  fcliier 

niBC  mit  wiien  rprOngen  drin. 

n&ch  dem  Ul  er  sin  loufcn  sin.    renner  19224 1 


I 


193 


SPRUNG 


SPRUNG 


194 


Christus  wird  darum  mit  dem  leoparden  vtrgliehen: 

du,  reine  creatiure  (.Maria), 

gebore  uns  den  ril  zarten 

erweiten  lebarten, 

des  drivalteciicber  sprunc 

da{  wilde  tier,  alt  unde  iunc, 

mac  ergäben,  so  man  gibt. 

swai  er  mit  drin  springen  nibt 

geTähet,  des  tuot  er  sieb  abe: 

da  von  ich  in  gelichet  babe 

zuo  dinem  snellen  kinde.    goldne  sclimiede  750. 

in  eintm  anderen  vergleiche:  scbneller  als  der  sprung  des  liirsches 
und  flug  des  falken  eilt  der  zorn  dieses  weibes.  Fbkytag  8. 174. 
btidlich:  Lirt  der  Marvinge,  wann  erwartest  du  den  sprung 
{der  wvlßn,  d.  h,  den  angriff  der  königin)  gegen  deine  liürden?  183. 
von  vögeln,  in  freierem  gebrauch: 

de  badde  rangen  twei  duren  junge, 

dar  se  to  ereme  ersten  Sprunge 

üt  ereme  neste  viegen  wolden.    Heinke  de  voi  3544. 

auch  von  fustlosen  thieren,  so  von  fischen: 

(im  früUling)  da  die  fische  spränge  springen.  Logau  1, 101,50; 
ihren  tiefen  entschlüpTten  die  fische,  Yom  laurenden  reiber 
oft  erspäht,  ihr  zappelnder  sprung  Terbreiiete  kreise. 

Stoliibg  1,  380. 

vgl.  bocksprung.  Kraher  det/(5c/i-jta/.  dic<.  2  (1702),  891',  pferd-, 
roszsprung.  89i',  hasen-,  hirsch-,  katzen-.  karpfensprung.  891' 
und  den  unter  u  erwähnten  besonderen  gebrauch. 

•/)  rein  sinnlich  weiter  von  gegenständen,  die  durch  eine  kraft 
getrieben  sich  hüpfend  fortbewegen:  sprung  des  bailens  im  ballen- 
spiei,  baho  che  fa  la  balla,  quando  si  giuoca.  Hdlsids  (1618)236'; 
Sprünge  des  bailens,  des  Steins  auf  der  erden.  Kbaner  deutsch- 
ital.  diet.  2  (1702),  891*;  wo  wir  knaben  uns  übten,  die  meisten 
Sprünge  der  flachen  steine  im  wasser  herTorzubringen.  Göthe 
Ib,  111;  das  felshaupt  löste  sich  und  sank  in  Sprüngen  hinab 
Ton  der  höhe  in  das  thal.  immer  wilder  die  sätze  und  scbneller 
der  sprung.  Freytac  8,  KU.  von  würfeln,  bildlich:  setzen  wir 
darum  unser  leben  auf  den  sprung  eines  würfeis?  Schiller 
räuber  trauersp.  4, 13.  auch  von  gegenständen,  die  sich  ruckweise 
hin  und  her  bewegen:  der  kapellmeister  .  . .  drehte  seinen 
schlanken  körper.  bald  beifällig,  bald  ärgerlich  winkend,  von 
einem  Instrument  zum  andern,  wobei  sein  züpfchen  hinter 
seinem  rücken  die  lustigsten  spränge  machte.  Hern.  Klrz  2, 14ä; 
im  bilde:  da  gehet  sein  gauckelsack  in  Sprüngen.  Ldther  3,463'. 

S)  iur  beteichnung  der  bewegung  von  Schachfiguren,  besonders 
über  mehrere  f eider  des  Schachbretts  weg: 

diu  küiiigin  nach  ir  Ersten  van 
dar  nach  haltet  ir  sunderart, 
sA  sol  si  solicb  sprünge  län 
und  niur  von  veld  zu  velde  gän. 

Hkimr.  v.  Beringb!«  schachged,  10128; 
wiixet  euch,  daj  der  alten  rart 
bliht  alleweg  in  einer  art, 
als  er  zem  ersten  Sprunge  gäi.    102&8; 

wann  da  ihn  (einen  holender)  aber  nur  einmal  ohne  aufmerk- 
samkeil  liesest,  so  gehet  dirs  wie  einem  angebenden  Schach- 
spieler, der  wunder  meinet,  was  er  könne,  wann  er  das  erste 
spiel  die  stein,  ihre  art,  gäng  und  spring  hat  kennen  lernen. 
Stmpl.  4,  20«,  14  Kurs. 

f)  verblassend  in  der  anwendung  vom  herzen,  die  gewiss  ur- 
tprünglieh  rein  sinnlich  sein  starkes  schlagen  bezeichnet: 

lieb  wenn  mir  da;  bail  beschicbi, 

dat  dich  in  fröden  und  min  gesiebt, 

so  stat  min  hertz  in  Sprüngen  ho 

und  kan  dann  nit  wan  wesen  fro.    lieders.  i,a,a; 

mein  berze  gebt  in  springen 

und  kann  nicht  traurig  sein, 

ist  voller  freud  und  singen, 

sieht  lauter  Sonnenschein. 

I>.  GiauAROT  232, 113  GBdeke. 

anscheinend  mit  umdeutung  in  eine  fortbewegung: 

swenn  e{  (äa$  Itpit)  diu  oiigen  sante  dar, 
seht,  so  brähtens  im  diu  mcre, 
da{  ei  fuor  in  Sprüngen  gar.    Walther  99,19; 
herze,  dirsi  ze  gäch. 
volgest  du  den  oiigen  nich 
das  ein  scbcene  wip  ersehen, 
so  verst  in  den  Sprüngen  brehen 
unde  gedenkest  'heya,  het  ich  disen  goldes  grif. 
Neiouart  100,  34. 
dann  auch:    min  sin  was  hoch  in  springen.    miitnes.2,H'  Hagen, 

5)  für  den  gang,  rhythmus  von  versen:  doch  musi  man  in 
trochaischen  versen  ...  zu  Zeiten  nachsehen  und  die  aussprach 
etwas  glimpflicher  lenken  nach  dem  sprung  derselben  versen. 
Speb  trutznackt,  uit  Balke. 


rf)  in  allgemeirur  bildlicher  anwendung  sonst  meist  zur  be- 
teichnung eines  jähen  Übergangs  mit  auslassung  von  zuischen- 
stufen:  das  ist  ein  grosser  sprung,  von  eines  grossen  königes 
saal  und  hofe  in  ein  hirten  haus  komen.  Luther  16,37,15 
Weim.  ausg.;  so  redet  ein  Franzose!  und  welcher  sprung 
von  dem  Franzosen  auf  den  Deutschen.  Lessiug  6,214;  in 
zwey  besondern,  von  einander  gänzlich  abgesetzten  (musik-) 
stücken  musz  der  sprung,  z.  e.  aus  dem  ruhigen  in  das 
stürmische,  aus  dem  zärtlichen  in  das  grausame,  notwendig 
sehr  merklich  seyn,  und  alle  das  beleidigende  haben,  was 
in  der  natur  jeder  plötzliche  Übergang  aus  einem  äuszersten 
in  das  andere,  aus  der  finsternisz  in  das  licht,  aus  der 
kälte  in  die  hitze,  zu  haben  pQegt  7,  121;  das  hat  der 
nehmliche  mann  geschrieben?  wie  soll  die  nach  weit  .. . 
einen  so  plötzlichen  sprung  von  weisz  auf  schwarz  sich  er- 
klären? 10,1-29;  dasz  sie  [die  Syrakusaner)  den  Athenern  auch 
an  lebhaftigkeit,  feuer,  wankelmulh.  leicbtsinn,  und  raschen 
Sprüngen  von  einem  äussersten  zum  andern,  den  vorzog 
streitig  machen  könnten.  VVieiand  33,  354;  was  für  ein  un- 
ermeszlicher  sprung  von  der  oberfläcbe  des  leibes  zum  innera 
der  seelel  Lichtenuerg  4,9;  hätten  wir  einen  sinn,  die  innere 
beschaffenheit  der  kürper  zu  erkennen,  so  wäre  jener  sprung 
noch  immer  gewagt,  ebenda;  der  sprung  vom  schiffsraeister 
zum  lieutenant  oder  capitain  ist  äuszerst  schwer  und  selten.  147; 
poesie,  die  uns  älteste  geschichte  in  fabelhaften  bildern  über- 
liefert, nach  und  nach  sodann  ins  klare  hervortritt  und... 
ohne  sprung  die  Vergangenheit  an  die  gegeowart  heranführt. 
GÖTIIE6, 45;  noch  einige  neue  steinerne  aber  ganz  schlichte 
häuser  finden  sich  auch;  das  übrige  ist  alles  von  altem  schlag, 
doch  wird  sich  das  gasthaus  der  sonne  durch  einen  sprung 
(in  der  bauart),  wenn  es  fertig  ist,  auszeichnen.  48,72  {vgl.:  dasz 
der  neuerbaute  gasthof  auf  einmal  über  alle  stufen  der  archi- 
tektur  wegsprang.  74);  aliein  zuletzt,  da  er  auf  die  Newtonische 
lehre  übergehen  will,  geschieht  es  durch  einen  sprung.  wie 
denn  ja  die  lehre  selbst  durch  einen  sprung  in  die  physik 
gekommen.  54,141;  nie,  nie  wärt  ihr  gestorben!  es  war  ein 
sprung  gewesen,  wie  man  von  einem  gedanken  auf  einen 
andern  und  schönem  hüpft.  Schiller  räuber  schausp.  2,2;  von 
dem  vergoldeten  säum  der  berge  können  wir  uns  nicht  ohne 
einen  sprung  auf  die  blühende  und  duftende  wiese  versetzen; 
und  dieser  sprung  wird  dadurch  noch  fühlbarer,  dass  wir 
auch  einen  andern  sinn  ins  spiel  setzen  müssen.  Schriften  io,248; 
plötzlich  lief  der  Engländer  zu  den  Spielern  und  forderte  — 
die  Sprünge  und  läufer  seiner  ideen  in  musik  gesetzt  zu 
sehen  —  von  ihnen  das  beste  adagio.  J.  Paül  Hesp.  3,233; 
dass,  ohne  gewaltsamen  sprung,  eigenschafien  des  mensch- 
lichen gemüths  auf  das  thier,  und  thierische  äusserungen  auf 
den  menschen  übertragen  werden  dürfen.  J.  Grimii  Reinh.  fuchs 
vorrede  ii;  ihre  vor  dem  schreckbild  scheuende  einbiidungs- 
kraft  erging  sich  in  den  abenteuerlichsten  Sprüngen.  C.  F.  Meter 
Jenatsch  84;  nach  einer  kurzen,  in  Sprüngen  geführten  Unter- 
haltung. Fontane  vor  dem  stürm  4, 115;  der  glaube  wagt  diesen 
kühnen  sprung.  Smend  alUest.  religionsgesch.  453; 
verzeih  den  sprung  von  dieser  frage 
auf  etat  grille,  die  mir  Just  durchs  köpfcbeo  fliegt. 

GoTTia  1,  289; 
der  sprung  vom  könig  bis  zur  erdenscholle 
IM  ein  leichter  kleiderwechsel  nur.     ScuiLLEt  1,  181; 

von  der  bettlerhütte, 
bis  zu  dem  tron  ist  für  den  glücklichen, 
der  sie  gesehen  bat,  der  sprung  nicht  schwer. 

dorn  Karton  1,  5: 
lasz 
die  wilden  sprünge,  komm  zur  sachel     GaAiaa  2,  2M. 

Sprung  im  ({oj^A«n)  schlieszen,  beweisen:  ein  sprang  (saltus) 
im  scblieszen  oder  beweisen  ist  die  Verbindung  einer  prä- 
misse  mit  der  conciusion,  so  dasz  die  andere  prämisse  aus- 
gelassen wird,  ein  solcher  sprung  ist  rechtmäszig  (legitimus), 
wenn  jeder  die  fehlende  prämisse  leicht  hinzudenken  kann; 
unrechtmäszig  (illegitimus)  aber,  wenn  die  Subsumtion  nicht 
klar  ist.  Kant  1,471; 

so  viel  überseh  ich  auch,  dasz  wir  etwas  recht  zu  wissen. 

und  von  grund  aus  zu  verstebn,  keine  sprünge  machen  müssen. 

GSl^THER  8ö9. 

vgL  gedankensprung  und  frans,  saut  in  solcher  anwendung. 
Singer  seitschr.  f.  d.  Wortforschung  3,234'.  man  sagt  die  natur 
thut,  macht  keinen  sprung  {entsprechend  dem  vielleicht  dlteren 
lat.  natura  non  facti  saUus.  Linni  philosophia  botanica  77):  die 
natur  tut  keinen  sprung.  Cbristian  Wolff  bei  Paul  Piur 
Studien  x.  sprachL  Würdigung  Ch.  Wolffs  (1903)  58.  Adbl(}Iig;  die 

IS 


195 


SPRUNG 


SPRUNG 


196 


natur  Dimmt  den  kürzesten  weg  (lex  parsimoniae);  sie  thut 
gleichwohl  keinen  sprung,  weder  in  der  folge  ihrer  rerAnde- 
rungen,  noch  der  zusummenstellung  specifisch  Yerschiedener 
formen  (lex  continui  in  natura).  Kant  7,21; 

deun  die  naiur  tliut  keinen  sprung.    Brockc»  I  (1730),  355; 

xwar  machte  die  natur  auch  diessmal  keinen  sprung. 

WriLAND  IH.  175  {l'eiv.  3,34); 
vgl.:  in  der  natur  der  seele  gibt's  keinen  sprung.  Hbhder 
i.  reL  u.  tlieoL  lb,i2;  nichts  in  der  natur  geht  sprungweise, 
und  so  ist  auch  aus  dein  zustünde  der  barbarischen  uiytho- 
logie  zur  ersten  heitern  philosophic  kein  sprung  gewesen. 
derselbe  bei  Campe;  die  weltregierung  handelt  überall  so  im 
groszen,  dasz  sie  sogar  das  langsame  gesetz  der  stUtigkeit 
durch  wunder  des  Sprungs  unterbricht;  z.  b.  durch  december 
voll  winterlilüten  und  Sommermonate  mit  scbnee.  J.  I'aoi. 
berbftblum.  3,  29.  als  technischer  avsdruck  in  der  musik  für  alle 
intervalle,  die  mehr  als  eine  Sekunde  von  einander  entfernt  sind. 
AüBLUNG.  Sprung  wie  laune,  übermütiger,  unüberlegter  streich, 
mit  anschlusi  an  den  sinnliehen  gebrauch  von  thiertn: 

(rin  junt)er  herr)  ist  zornig,  doch  nicht  lange; 
od  scherzhart,  selten  klug;  voll  sprünge,  wie  sein  gaul. 

lUcEDORN   1,  120. 

landschaftlich  allgemein  in  solcher  anwendung,  so  in  Cöln.  Honig 
150*.  ähnlich,  Sprünge  wie  ausfluchte:  dieser  wollte  sein  gewöhn- 
liches kopfweh,  jener  die  kolik  haben,  der  könig  aber  kannte 
wohl  ihre  entschuldigungen  und  sprünge.  W.  v.  Wolzogen 
denkwürdigkeiten  a.  d.  leb.  d.  marsch.  Vieilleville  bei  Schiller  1097. 
in  anderer  bildlicher  Verwendung:  das  leben,  besonders  das 
sittliche,  bat  flug,  dann  sprung,  dann  schritt,  endlich  stand. 
J.  Paul  Lev.  1, 26. 

<?•)  mit  adjectivischen  lusätxen,  groszer,  weiter  sprung,  saltus 
ingcns,  immensus.  Stiblbr  2105  u.  ähnlich:  kein  grössern  graben 
noch  gruben  wird  man  finden,  als  die  höll  ist,  massen 
selliige  etliche  teutsche  meil  brait  und  tieH  soll  seyn,  braucht 
demnach  ein  zimblichen  sprung,  wann  jemand  über  solchen 
abgrund  sicher  zu  kommen  Terlangt.  ARitABAM  a  S.Clara  Judas 
2  (lb89),  45;  einen  hohen  sprung  thun,  spiccare  un  salto  sublime, 
un  salto  in  aria.  Khamer  deutsch-ital.  dict.  2  (l'02),  S90';  sein 
{des  luchses,  subjectiver  gen.)  fang  geschieht,  wie  gedacht,  mit 
beschleichen  und  weiten  Sprüngen.  Döbhi.  jöy^r-prac/.  1, 33'; 
er  selbst  ordnete  die  pferde  anders  . . .  und  wagte  den  mäch- 
tigen sprung.  Freytag  8,29;  manchen  sah  ich  springen  und 
schwingen  auf  weichem  rasen,  der  hoher  sprünge  in  der  feld- 
schlacht  vergiszt.  34;  der  waldriese  {ein  auerochse)  arbeitete 
sich  empor  bis  zum  bochwald,  in  weiten  sprängen  folgte 
ihm  speerlos  Ingo,  sein  messer  schwingend.  9S;  unerträglich 
wurde  endlich  den  feinden  an  der  steile  zu  haften,  in  gruszen 
Sprüngen  flohen  sie  zurück.  197;  wenn  man  es  {ein  pferd)  . .  . 
in  langen  Sprüngen  laufen  lassen  kann.  Moltkb  6,270; 

«wie  witer  sprünge  er  pllsege       für  des  sales  want, 
doch  ergälit   in  vor  der  stiege       der  alte  llildebrant. 

iedoch  in  diser  leide  ^•'''  ^'^^t  • ; 

tet  der  vrisclie  degeu  junc 

zu  dieiiste  tsdieu  einen  sprunc 

•ö  lind  aUö  witen, 

dat  bi  keinen  ziien 

nieman  so  witen  sprunc  gesacb. 

lliiKii.  V.  Frriiirc  5532; 
dA  die  zwdne  küene  man 
luo  dem  strfte  Sprüngen, 
ir  halsberge  erklungen, 
ir  tprutige  wären  wite.     I^urin  1576; 
der  hohen  sprung  scholiu  nicht  sparn. 

faUn.  (t;j.  5S5,  10  Keller; 
deine  groszen  hunde,  die  holen  mich  (ein  mddchm)  nicht,  . . . 
•ie  wissen  meine  holie  weite  »prünge  noch  nicht. 

wundcrh.  t,  77  Hoxberger; 
meine  weiten  sprung,  die  waren  ungemetsen.  143; 
schon  setzt  er  {Ufr  töwe)  an  zu  weitem  sprung.  Kind  4,20; 
sprichwörtlich:  der  ein  grossen  sprung  wil  thun,  gehet  zuror 
hinder  sich.  Ecenolf  spricbw.m';  wer  einen  groszen  sprung 
tbun  will,  gehl  erst  rückwärts.  Sihrock  462,9786.  vgU  auch 
grosze,  weite  sprünge  machen  unter  x.  mit  angäbe  einer  be- 
stimmten enlfernuny  bei  weit:  ist  es  {das  wtld)  ihnen  {den  luchsen) 
nun  nahe  genung;  so  springen  sie  in  der  furie  drauf  zu, 
kOonea  wohl  iO  bis  12  schritte  weite  sprünge  tbun.  Döuel 
jdger-praä.  1, M*.  andere  Verbindungen:  geschwinder  sprung, 
rokni.  ahruptus  taltus.  Stiki  kr  2to&,  rascher,  schneller  sprung, 
tpriekwürtlich :  schnelle  sprünge  geralhen  selten.  Sibooci 
Wl,  9717.    ähnlich : 

ein  uberellier  ipninf  tritt  nieisiens  Übel  luT. 

Sropri  (ir<  STBlNiAca  2,  646. 


geßhrllcher  sprang,  «otto  pericoloso,  salto  mortale.  Kraher 
d*u/jc/»-i<oJ.  d»e<.  2  (1702),  890*.  Adelung,  haisbrechender,  kühner 
Sprung:  durch  einen  baisbrechenden  sprung  sich  in  die  Stadt 
machen.  Steindach  2,646;  Nero  (ein  hund)  fuhr  in  kühnem 
Sprunge  aus  dem  hause.  Frbttag  6, 9S.  hübscher,  gerader 
Sprung,  in  älterer  spracht:  wan  ein  kind  gefallen  ist  und  im 
Tal  geletzt,  weint  und  hült,  so  spricht  die  amm:  o  wie  ist 
das  so  ein  hübscher,  so  ein  gerader,  redlicher  sprung  ge- 
wesen. Keisersberc  an  bischof  Mhrecht  Xf)'.  fröhlicher  sprung, 
heim  tarn:     du  hilTest  danczen  und  singen: 

ich  wel  mit  der  springen 

manchen  rrolicheii  sprungk. 

Al$f.  patsiomsy.  1787  Grein; 

freier:  hätte  der  frosl  des  alters,  oder  der  bleierne  gram 
den  frölichen  sprung  deiner  (/f6enj-)gcister  gestellt.  Scbii.le» 
Fi«Ao  3, 1.  eigenartig  stählerner  sprung:  als,  aus  dem  seiten- 
gäszchen  rasch  herauslenkend,  ein  hagerer  caTalier  an  ihm 
vorüberschosz  und  mit  einem  stählernen  sprung  auf  der 
brücke  stand.  C  F.  Meyer  Jenatsch  loi.  wunderlich«  sprünge, 
assultus  varii.  Stielbr  2105,  wunderliche,  seltsame  sprünge, 
salti,  met.attioni,  imprese  etc.  strane,  stravaganli.  Kramer  deutsch- 
ital.  dict.  2  (1702),  891":  allerley  seltsame  sprünge  machen. 
Adelung,     krumme  sprünge,  von  thieren: 

dai  prert  sich  üTleinte, 

als  ei  der  ubele  vicnt  twanc. 

manigen  krummen  sprunc  et  ipranc. 

passional  209,  66  Kdpke; 
im  bette  kommt  ein  Hoeb 
und  hupft  mir  gar  zu  hoch 
und  macht  so  krumme  sprünge.    Fuchsmundi  58. 

auch  bildlich,  krumme  sprünge,  krummsprünge,  corvette,  corbette, 
salti  torti  e  traversi,  it.  attegiamenti,  posture,  gambate,  scambietti, 
met.  truffarie,  busbaccherie ,  inganni,  malitie.  Krämer  deutsch- 
ital.  dict.  2  (1702),  891*.  vgl.  einem  viel  krumme  sprünge  machen 
unter  x. 

i)  mit  adverbialen  xusätien:  mit  in  und  acc:  item  2  guldln 
darumb  ze  springen  ainen  sprung  in  die  wUe.  quelle  bei  Lexer 
mhd.  handwb.  2,1121;  der  sprung  in  die  weite  und  höhe  ist 
aus  den  beiden  abgehandelten  arten  zusammengesetzt.  Jahn 
2,  1, 34  Euler;  der  sprung  in  den  Rhein  schied  mich  von 
meinen  mannen.  Freytac  8,  72;  damals  erschien  mir  der 
letzte  sprung  in  die  schar  der  feinde  als  das  beste  glück.  1S6; 
in  freier  gebrauchten  Wendungen:  Simplicius  thut  den  ersten 
Sprung  in  die  weit,  mit  schlechtem  glück.  Simpl.  l,  114  Keller; 
würden  wir  mit  unserm  beitritt  nichts  anders  wie  einen 
Sprung  ins  finstre  thun.  Bisharck  an  Gerlach  208;  das  bedeuiet 
für  uns  einen  sprung  ins  dunkle,  mit  anderen  Zusätzen: 
Sprung  von  einem  zum  anderen,  insultura.  Dasypodius  {vielleicht 
bildlich  nemeint,  vgU  rj);  ein  sprung  vor  sich  und  hinter  sich. 
Kramer  deutsch-it.  dict.  3  (1702),  S90';  einen  sprung  zum  fenstcr 
hinaus  wagen,  ebenda,  hinunter  wagen.  Adilonc;  erst  wenn 
der  reigen  sich  mit  dem  tief  herabgebrannten  balken  geendigt, 
beginnt  der  eigentliche  sprung  über  das  (;o/ianiit5-)feuer,  all- 
zeit paarweise.  Leoprecbting  aus  d«m  LecArain  183:  meint  der 
fremde  mit  dem  sprung  über  die  rosse  sich  hineinzuschwingen 
in  den  erbhof  meines  herrn.  Frkttag  8,76;  dann  trieb  er 
sein  rosz  zum  sprünge  durch  das  hoftbor.  108;  sprung  von 
der  stelle,  als  turnerische  Übung; 

die  letzte  wnbl  steht  auch  dem  schwächsten  ofTen, 

eil)  sprung  von  dieser  brücke  macht  mich  frei. 

_       ,  11-  ScHiLLRR  Teil  1, 2; 

mincliei'  seine  quäl  zu  kurzen 

zog  den  sprung  zur  tieTe  vor, 

wo  zerschellt  iii  J.-ihen  stürzen 

bald  sich  sein  gebein  verlor. 

ScHsriiL  gnudeamui  150. 

x)  als  object  in  häufigeren  verbalen  Verbindungen,  einen 
Sprung  springen: 

sin  ors  vil  Itleiner  Sprunge  spranc. 

I.ICHTINSTIIN  208,  33; 

ich  wel  thun,  was  ich  sali 

und  springen  aber  «inen  sprung  ((unten). 

Muf.  ;>(i««ionM/i.  1808  Grein/ 

vgl.  auch  LocAU  1,151,50  (von  fischen,  t.  ß)\  mit  adverbialem 
tusals:         Ik  sprank  dar  ni  mannigen  spriink. 

lirinke  <le  vos  6236; 

in  Verbindung  mit  treten,  auf  tarnen  gehend: 

do  begunde  er  sprinKcn  unde  treten 
managen  sprunc  sellsvnen.    »eiitschwel'j  236. 

auch  sonst  mhd.  als  object  bei  treten,  in  gleichem  sinne: 

dt  w(lrd  Im  manec  vrischer  trunc, 

und  trvl  euch  rainegen  vrltchen  sprunc. 

lllLBLIKO  5,  73. 


197 


SPRUNG 


SPRUNG 


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«b  objtd  bei  nehmen: 

Gringuljet  (ein  jifnil)  nam  bexit« 

sinen  sprunc  so  wite 

dat  Gawin  tallen  gar  TermeiU    Van.  611, 14; 

diu  Areatiure  ime  des  giht, 

da^  er  ror  dem  degen  junc 

nam  manegen  snellen  sprunc.    kröne  1U93; 

dn(en)  sprung  nehmen,  rom  vild.  Maaler  3S2'  (u  ß)  und 
«ocA  ichvceii.  e  »prung  n6,  einen  sprung  thun.  Hcäzuer  W9, 
i»  der  Schriftsprache  nicht  mehr  üblich  {vgl.  jedoch  einen  aolauf 
aebmen),  bildlich: 

dö  was  al  sin  rreude  ouch  blint, 

die  Too  im  e  nam  witen  sprunc. 

passionat  254,  87  Kfipke. 

dnen  spruog    thun.    Krahbb  deulseh-ital.  dict.  i  (t 701),  890*. 

FtilOl  2,310*.  AdE(.D>C: 

sebt  an  mine  siten  junc, 

diu  tuot  manigen  geilen  iprunc. 

minnes.  2,  118'  Ilagen; 

tadlieh:  die  natur  thut  (macht)  keinen  spruog.  r^i.  tj; 
mit  adverbialen  Zusätzen,  angäbe  der  richtung  vohin:  bisz 
er  (der  hast)   ins   lager  einen  sprung  thut.    Fleming  t.  jäger 

1  (1719),  104';  da  sah  er  an  der  offenen  thüre  . . .  eine  grusze 
lauernde  katze,  die  auch  sogleich  einen  heftigen  sprung  herein 
that.  BBEKTano  5,37; 

und  hui !   tbat  er  binab  (der  stier  tum  meeresufer), 

kein  weilcben  zu  verlieren, 

den  sprung  mit  allen  vieren.    BcicEa  22'; 

freier  einen  sprung  thun  an  einen  ort,  una  scorsa  in  o  versa 
«n  luogo.  Kranei  deutsch-üal.  diä.  2  (17u2),  S9l':  ich  hahe  nur 
einen  sprung  nach  Paris  gethan,  und  musz  schon  heute  abend 
wieder  —  nach  meiner  garnison  zurückreisen.  Schiller  neffe 
ab  onkel  1,  6;  mit  angäbe  der  richtung  woher,  bildlich:  das  wäre 
ja  kein  vollkommener  gewalt,  wan  man  ...  sich  nicht  eiwas 
mehr  erlustiren  und  frölich  machen,  und  nicht  je  zumablen 
einen  sprung  ausz  den  schrancken  thun  dörffte.  Pbilander 
1,584;  mit  doppelter  rirhtungsangabe,  bildlieh: 

ül  dem  leben  in  den  tot 

tet  vil  maneger  einen  sprunc. 

SraiCKia  Daniel  6170  bei  Lixia 
mild.  handwK  2,  1121; 

es  ist  ein  sicher  gewisser  sprung  zu  thun  von  diesem  leben 
ynn  ilienes.  Lcther  19, 161, 12  H«ni,  aujy.;  plötzlich  tbat  er 
einen  sprung,  aus  dem  mütterlichen  romane  und  aus  allen 
rührungen  in  seinen  eigenen.  J.  Paul  leben  Fibels  62.  mit  be- 
zeichnenden beiwürtern  (vgl.  &),  bildlich:  einen  grossen  sprung 
thun,    un    impresa   pericolosissima.    Krämer   deutseh-itaU  dict. 

2  (1702),  S9i';  he  hett  enen  goden  sprung  daan,  er  ist  von 
einem  niederen  amte  xu  einem  hohen  gestiegen.  Däb.nert  454'; 
pluraltsch,  negativ:  er  kaa  keine  grosze  Sprünge  tuhn,  parum 
virium  habet,  praestabit,  efficiet.  Stibler  2105;  keine  grosse 
(iiuhe)  Sprünge  thun  können,  esser  debole,  poiero  etc.  Krämer 
deutsch-ttal.  dict.  2  (1702),  890*.  heule  hier  und  auch  sonst  lieber 
mit  machen  verbunden:  mit  ihren  bekannten,  denen  sie  mit 
ihren  höflichkeiten  so  zusetzen,  dasz  sie  ihren  antheil  an  der 
allgemeinen  Unterhaltung  gar  nicht  nehmen  können,  sondern 
nur  immer,  zum  vergnügen  der  geselischaft.  Sprünge  und 
männerchen  machen  müssen.  Lessirg  7,417;  ich  sah  etwas 
ganz  allerliebstes,  nämlich  ein  kleiner  harlekio  kroch  aus 
eiuem  ei  und  machte  die  zierlichsten  Sprünge.  Brentano 
(,  15;  mit  angäbe  der  richtung:  (der  Hallore)  machte  den  sprung 
auf  Männike's  Schienbeine  herunter.  J.Paul  Kalienb.  2,4; 
freier:  machen  s'  an  sprung  zu  mir,  kommen  sie  auf  einen 
augenblick  tu  mir.  ÜCqei.  Wiemr  dial.  154';  btldltch  einen  sprung 
machen,  in  seiner  laußahn  piölsUch  ein  stitek  vortiärts  kommen, 
einen  sprung.  sprimge  machen,  in  seinem  gedankengange,  u.  ähnU 
tgl.  f],  sprung  machen,  etwas  gegen  die  Ordnung,  erwartung 
vornehmen.  Schm."  2,704,  chtcanen.  ausßüchte  machen.  Schmidt 
westerw.  idiot.  229.  auch  sonst  tolksmäaig:  wir  {leilobte]  hätten 
einander  lange  genommen,  wenn  mein  Tater  nicht  solche 
•prünge  machte  (der  junge  mann  ist  ihm  nicht  reich  genug). 
Weisze  tom.  op.  3  (1777),  1";  mit  dativ  der  person  jemanden 
?iele  Sprünge  machen,  thm  viel  xu  schaffen  machen.  Adelung, 
uelbei  die  Vorstellung  eines  störrischen  thiers  xu  gründe  liegen 
kann  oder  der  gedanke,  dasz  die  durch  den  datirischen  zusati  b«- 
teiehnete  person  viel  springen,  laufen  musz.  Borchardt-Wustmas» 
449,1123,  auch  nd.:  de  makel  mi  vele  Sprünge,  er  will  sich 
nicht  bequemen.  Däbüert  454',  hier  wol  im  ersteren  sinne  auf- 
tufassen ,  ebenso:  er  macht  mir  viel  krumme  sprQnge,  omni 
re  me  lacessit,  acerrime  oppugnat  me.  Stieier  2105.  Krambi 
deUsch-ttal.  dict.  2  (i:02),  891*  {vgl.  &),   dagegen   mol   im  letx- 


teren:  einem  sprQnge  machen  und  pfähle  stecken  bey  jemand, 
ihm  hindernisse  bereiten,  ihn  verleumden.  Scbm.'  2,  704.  negativ 
kein  sprung  maache,  mit  seinem  einkommen  nicht  weit  kommen, 
nicht  ausreichen.  Hönic  Kölner  mundart  150*,  gewöhnlich  mit 
attributiven  susälun:  mach'  ned  viel  sprung,  sonst  kannst 
bf  dein  gehn.  HtcBL  Wiener  diaL  154',  mit  adjectiven,  sinnlicher 
anwendung  nahe:  Selbitz  ,. .  das  hätte  dir  übel  gerathen  können. 
Georg,  so  denk'  ich  auch  hinten  drein,  ein  reitersmann  der  das 
voraus  denkt,  wird  keine  weiten  Sprünge  machen.  Götbe  8,69; 
er  macht  keine  groszen  sprung  mehr,  lebt  nicht  mehr  lange 
(Pfalz).  Kleih  prozinzial-wb.  2, 164.  ScoMmr  westerw.  idioL  229; 
blasser:  eine  besatzung,  meint  er,  die  dem  bürger  auf  dem 
nacken  lastet,  verbiete  ihm  durch  ihre  schwere,  grosze  Sprünge 
tu  machen.  Götbe  8,227;  keine  groszen  Sprünge  machen 
können,  nichts  wichtiges  aus  mangel  an  hülfskräften  unternehmen 
können.  Adellrg,  keinen  groszen  aufwand  machen  können. 
Spiesz  henneb.  idiot.  239,  so  allgemein  üblich;  mit  näherer  in- 
strumentaler be.^immung:  da  mein  geld  vorratb  auf  die  neige 
gieng,  dasz  (ich)  also  keine  grosse  springe  mehr  damit  machen, 
noch  mich  etwa  anderwerts  logiren  und  leben  konte.  Plesse\,60. 
ebenso  keine  weiten  Sprünge  machen,  aus  mangel  an  mittein 
nichts  grosses  unternehmen  können.  Borchardt-Wöstha.'»!«  sprich- 
wörtliche redensarten  450,  1123.  vgl.  Schweiz.:  er  macht  keni 
grosse  Sprung,  kommt  nicht  vorwärts.  Hd?izikbr  249,  brin0  es  xu 
nichts.  Seiler  2:5';  nd.  he  hed  sin  högste  (grötste)  sprungen 
mäkt.  TE.1  DooRNKAAT  KooLMAN  3,  290'.  Sprünge  schneiden, 
in  älterer  spräche:  solche  Sprünge  (bocksprünge,  capriolen) 
schneiden  oder  machen,  spiceare  eapriole,  fare  scambiettt,  seam- 
biettare  colU  gambe.  Kramer  deutich-tt.  dicL  2  (1702),  891'.  sprung 
als  object  bei  wagen,  einen  sprung  6  den  sprung  wagen  o  thun, 
fare  un  salto  o  il  saUo  met.  un  impresa  perigliosa,  it.  una 
frappata  pieni  di  rischio.  890':  mich  dünkt,  du  hast  wohl  schon 
früher  weite  sprünge  auf  blutiger  baide  gewagt.  FrettagS,  6; 
bildlich:  darum  wünsche  der  vater,  dasz  Brandolf  sich  ent- 
schlieszen  könnte,  den  sprung  zu  wagen  (das  wagnis  xu  unter- 
nehmen, zu  heiraten).  Keiler  7,163; 

mit  riesenmui  bätt'  ich  den  sprung  (oon  der  belilerhüite  tum 

throne)  gewagt, 
mit  riesenkraft  vollendet.     SciiiLLca  dom  kariös  1,  5. 

l)  in  adverbialen  füqungen.  im  sprung,  subsultim.  Maaler  3S2': 
im  Sprunge  durchbrach  er  die  wachen  des  Römers.  Fbettac 
8,40;  er  ist  im  sprung  g'si,  mitten  im  lauf.  Hunziker  aarg. 
wb.  249;  freier  im  sprung,  »n  der  eile,  ebenda,  bildlich:  das  sind 
aber  dinge,  die  man  nicht  im  sprunge  machen  kann,  wenig- 
stens nirht  ohne  grosze  stösze.  Bismarck  ged.  u.  erinn.  1,131; 
tn  anderem  sinne: 

bald  jr  ein  bund  scbeisst  aulT  das  grab, 
oimbt  er  von  jr  seel  wegn  eiu  junge, 
mit  der  er  lebt  rrölicb  im  sprunge. 

H.  S*CBS  2(1591),  4,71'; 
in  Sprunge,  in  älterer  spracJie: 

uiider  im  gie  in  sprunge 

sin  ors,  dat  was  bebende,    kröne  7445; 

er  (Hekior)  ihe  üf  einem  orse  dar, 

da;  was  unmä;en  snel  erkani; 

et  schein  oocb  swerzer.  denne  ein  brant 

und  gienc  in  sprunge  aam  ein  tier  (wildes  ihiei). 

Konrab  ▼.  WJSaiacae  i><v.  Itrieg  ^793; 

zusammengezogen  ensprunge: 

er  reit  ein  ravit  daj  was  rAt, 

dat  e>e  ensprunge  schöne.     Wigalois  394; 

dat  ors,  da  er  üf  reit, 

et  was  wert  maneger  marc, 

scbsne  snel  unde  »larc. 

e{  gieng  ensprunge  saro  ein  tier.     Eracl.  4731. 

vgl.  in  sprungsweys,  sallim.  Maalbr  382*.  in  einem  (betont) 
Sprunge:  dasz  einer,  nahmeos  Hormyrins,  seinem  pferdt 
etliche  wort  in  das  ohr  geredt,  gleich  darauff  die  sporn  an- 
gesetzt, und  in  einem  sprung  von  dem  geschlosz  VVissegrad, 
bisz  aber  den  grossen  flusz  Moldau  hinüber  gelangt.  Abraham 
A  S.  Clara  Judas  2  (I6&9),  45; 

Hann,  immer  noch  von  ihrer  treu 

im  herzen  überzeugt,  liuft  breoneod,  wie  ein  icbier 

•Dlhusiasi, 

In  einem  spruDg  bis  zum  palast. 

WiRLAüD  18.  291  (Hann.  u.  Gülp.  187); 
bildlich:       was  dir  bej  jahran  lang  mit  grosser  müh  gelang, 

dasselbe  glükket  ibm  vielleicht  io  einem  «prung. 

Racmal  50  neudr. 
im  ersten  sprang: 

da  er  stund  in  vollem  streit. 

ia  dem  Reink"  im  ersten  sprung, 

bald  zwo  junge  tauben  fung.     /I'M.  fuchs  (1650)  23S. 

13* 


199 


SPRUNG 


SPRUNG 


^00 


vgl.:  was  der  pardel  (das  pantertbier)  im  dritten  Sprung  nicht 
erwisctiet  (erliascbet)  das  lasset  er  fahren  (geben).  Comenius 
ipraehenth.  vbert.  v.  Docenius  (1657)  195.    in  sprängen: 

den  beleden  vil  jungin 

giengen  die  ros  in  spriingin.     Hother  2642; 

ime  ginc  dat  marc  in  Sprüngen 

ba{  dan  eime  jungin.    4964; 

mhi.  xusammengetogen  enspruDgeo: 

Erec  nihi  beiten  wolde, 

wan  er  gröjcr  liste  wiell. 

den  zouDi  er  zuo  ime  hielt 

und  lie  sin  ros  ensprungen  varn.     Lantelot  30S9; 

mit  attributiven  2usätzen: 

man  gicbt  was  nlt  erspringa 
der  leobart  in  sprOngen  dryn 
ufT  sines  robes  gewin 
das  setzt  er  ufT  und  lat  davon. 

lieileif,  2,  -.iO»,  91   Laazberg; 

wfr . . .  fest  glaubte,  das  Christus  sein  bruder  were,  der  würde 
{vor  freude)  in  eitel  Sprüngen  daher  gehen.  Luther  28,  458, 32 
Weim.  ausg.;  wenn  man  . . .  bedechte  . . ,  das  , . .  golt  ym  hymel 
sey,  der  solchs  haben  wil..,  kund  man  ynn  eitel  Sprüngen 
binlauffen  und  solch  geringe  werck  ...  lieber  thuen,  denn 
kein  andere.  29,567,37;  in  vollen  Sprüngen  dahineilen,  in 
allerer  spracht  auch  entsprechend  singuhrisch:  im  ToUea  Sprunge 
laufen.  Steinkach  2, 646; 

er  (der  hirtch}  lief  im  vollen  sprung. 

Hein,  fuchs  (1650)  332: 
bildlich:       wie  sicher  sind  wir  doch,  als  wann  wir  friede  betten  I 
wir  gehii  in  vollem  sprung  und  unser  heil  an  ketten. 
LoGAD  3,  164,  56. 
iD  Sprung,  accusativisch: 

er  sperrt  ihm  {einem  pfenle)  den  gaiim  auf  und  setzt'  Ihn  in 
sprung.     RöcKBHT  Finlosi  1,  286. 

tgl.  frühnhd.  in,  an  die  sprüng(e)  bringen,  in  die  sprQng  kommen 
unten,     für  in    mit  dat.  erscheint  mhd.  hier  auch  an  mit  dat.: 

dat  ros  an  raanegen  spriingen  spranc. 

Bertuold  V.  HoLLi  Craiie  1479. 
mit  Sprunge,  mhd.: 

der  stein  was  gevallen      7weir  klafter  dan: 
den  wurf  brach  mit  sprunge       diu  maget  wol  getin. 

^lfc.  436,  2. 

mit  einem  sprung,  a  »alto,  di  saito  o  in  un  salto.  Khambr 
deutsch-itaL  dict.  1  (1702),  891*: 

über  deine  gartenbecken 

sprang'  ich,  hops!  mit  einem  sprung* 

GöcEtHCK  lieder  zm.  lieb.  M. 
frei,  vielleicht  mit  an$pielung  auf  fi: 

mit  tausend  schritten  macht's  die  Trau; 

doch,  wie  sie  auch  sich  eilen  kann, 

mit  äinem  sprunge  macht's  der  manu.    Götuk  12,208. 

in  technischer  spräche  mit  einem  sprunge  weben,  eine  art  zu 
weben,  wobei  man  einen  schaff  zuerst  und  den  andern  zu- 
gehörigen kurz  darauf  in  die  höhe  sprivgen  Idszt.  Jacobsson  4, 239'. 
mit  Sprüngen,  subsuUim.  Maaieii  382': 

ti  {das  rosz)  gienc  mit  Sprüngen  sunder  twäl 
under  im  vor  siner  schar,     \Mlteli.  368,26; 

mit  grossen  (weiten)  Sprüngen,  a  gran  salti.  Krahf.r  deutsch- 
ital.  ilict.  2(1702),  891*;  auch  so  mit  voll  verbunden  (vgl.  obm 
in  Tüllen  Sprüngen),  mit  vollen  Sprüngen,  assuUim  ingrediens, 
cum  tripudio.  SriKLHR  2l0ö,  freier:  erwecke  midi  vom  sclikilT 
der  Sünden,  und  regiere  mich  durch  deinen  heiligen  geist,  dasz 
ich  mit  freuden  komme,  und  mit  vollen  Sprüngen  zu  deinem 
abendinabi  eingebe.  MAtiTin  Müller  erkl.  d.  evang.  (\'i29}  hl6\ 
frühnhd.  zu  8prung(e),  mhd.  le  sprunge,  1*1«  im  sprunge,  in 

sprängen:     her  Wigalois  der  küeiie  man 
lie  hin  ros  ze  sprucige  gAn 
engegen  der  meide  wolgetin.     Wiguloit  2465; 

im  bilde:  denn  sie  wollen  auch  nicht  ia  die  belle  zu  jrem 
Verderb  draben,  sondern  zu  sprung  hioein  rennen.  Mathssius 
Sar.  11',    entsprechend: 

g&hes  zeime  sprunge 

ipranc  er  ü(  den  esterlch.    Flore  5833. 

mhd.  ze  Sprunge  itio,  zum  sprunge  bereit  stehn,  kauern,  sein, 

ron  einem  thier: 

{iin  löiDP,  im  uinpi'i-n)  het  sirh  (\I  diu  beln  gesroogen, 
rchi  ssm  «r  «tuende  ze  sprunge.    kione  10555; 

freier,  von  personen: 

ich  sitn  dicke  le  ipriiofe  als  ich  welle  dar 

so  sl  mir  s<)  luoie  vor  gestAt.     r;iinne<.  fruhl,  117,30; 

re%n  bildlich,  mit  anderem  adverbialen  susalt: 
dem  glicht  der  biderbe  edele  junge, 
der  »Ul  üf  guoten  dienst  z«  Sprunge.  jUnvling  334; 


auch  vuo;  erscheint  als  subject: 

es  (das  glück)  widemet  sich   in  keiner  staf ,  (m  «ttt  der  vuo 
,    ,  *e  Sprunge.    Frauenlob  sm:  119,  19. 

mnd.  begegnet: 

se  {die  Jungfrau)  stunt  up  eren  ersten  sprunk  {uar  reif  für  den 
einlritl  in  die  weit,  stand  in  der  erttrn  Jugendblüte), 
mnd.  ged.  1,  3  bei  Scuillir-I.Gbbbn  4,  318. 

nhd.  auf  dem  sprung  stehen,  stare  sul  salto  0  su  i  salti  cioe 
in  procinto,  pronto,  fülle  scocco.  Kramer  deut.tcb-ital.  dict. 
2  (1702),  890',  er  steht  auf  dem  sprunge,  in  procinctu  est. 
Sieinbach  2,646,  auf  den  (so!)  sprung  stehen,  in  procinctu 
esse  abeundi  sive  fuga  evadendi;  in  praecipitio  esse,  parum  abefse 
a  casu,  periculo.  Frisch  2,311*,  auf  dem  Sprunge  stehen,  im 
begriffe  stehen.  Adelong.  vgl.  Spibsz  henneb.  idiot.  1Z9,  nach 
Frisch  a.a.o.  von  thieren,  besonders  hasen,  hergenommen,  die 
vor  menschen  fliehen,  und  in  der  that  anscheinend  zunächft 
nähe  des  entfliehens,  Weggehens,  verschwinden)  bezeichnend:  gott 
gäbe  den  edlen  frieden  wieder,  den  er  genommen  halte; 
allein,  man  sehe  ob  er  nicht  auch  schon  bey  diesen  jeuigen 
Zeiten  uns  bereits  zimlicb  wieder  den  rucken  kehret,  und 
auff  dem  sprung  stehet?  Simpl.  l  (IG86),  1,4,  s.  17; 
sie  {freier)  stehen  aulT  den  sprung 
und  treten  immer  ab,  weil  immer  andre  kommen. 

Flk«ing  666; 

noch  landschaftlich  so  ohne  zusats,  sinnlich:  A.  wollen  sie  schon 
furtgehen?  B.  ja,  ich  stehe  schon  lange  auf  dem  Sprunge; 
unsinnlich:  du  stehst  aufn  sprung,  auf  dem  punkt  entlassen  zu 
werden.  HC^gbl  Wiener  dial.  154".  in  allgemeinerem  sinne,  bercit- 
schaft  XU  einer  handlung  bezeichnend:  jeder  hielt  sein  instrument 
bereit  ohne  zu  spielen;  . . .  mit  antheil  bemerkte  man,  wie  sie 
gleichsam  auf  dem  sprunge  standen.  Göthb  22, 157;  in  Stettin 
sind  katholisch  geworden:  Burchard ,  ...  Seydl  ...  mehrere 
candidateo  der  theologie  sollen  in  Berlin  auf  dem  sprunge 
stehen,  Brentano  9,  36.  durch  einen  mit  und  angeknüpften 
zweiten  verbalen  ausdrurk  ergänzt,  der  ursprünglichen  bedeutung 
nahe:   weil    sie,   ohne   das,    stür 


:,  aer  urspntngltcnen  oeaeulung  j 
indlich  aufm  sprunge  stehen  1 
Itcn  muslen.  Cbehnitz  schued,        * 


und  zum  aufbruch  sich  fertig  baltcr 
krieg  4, 1, 45'.  in  neuerer  zeit  meifl  durch  einen  inf.  mit  zu 
ergänzt:  auf  dem  sprung  sieben  zu  fallen.  Khameb  deulsch- 
ital.  diä.  2  (1702),  891*  {heute  kaum  noch  so,  sondern  in  der  regel 
nur,  wo  wirkliches  handeln  gemeint  ist);  auf  dein  sprung  stehen, 
etwas  ZU  thun ,  star'  in  procinto  di  far  qualche  cosa.  ebenda, 
auf  weggehen,  abreisen  bezogen:  ich  . . .  stehe  auf  dem  sprunge, 
auch  von  hier  weiter  zu  geben.  Lessinc  12,428;  demuogeachtet 
stand  ich  zcither  immer  auf  dem  sprung,  die  reise  nach 
Hamburg  anzutreten.  Eva  Künic  bei  demselben  13, 45i ;  so  eben, 
I.  B.(ote),  steh  ich  auf  dem  sprunge  nach  Ascbersleben  . . , 
abzureisen.  Bürger  br.  I,  259  (vom  2.  deeember  1775)  S<rodtmann; 
ähnlich:  einigen  das  leben  zu  fristen,  die  auf  dein  sprunge 
standen,  durch  ihre  grausamkeit,  in  die  elysischen  felder  ver- 
trieben zu  werden.  Göthb  14,28.  allgemeiner:  dass  ich  einigemal 
auf  dem  sprunge  gestanden  habe  mich  zu  verlieben,  br.  2, 137, 14 
{vom  31.  deeember  1773,  an  Bettij  Jacobi)  Weim.  ausg.;  man  hat  ia 
erfahrung  gebracht,  dasz  sie  auf  dem  sprung  stünden,  sich  mit 
diesem  berrn  zu  schlagen.  Schii  ler  neffe  als  onkel  3,2.  seltener 
ergänzt  durch  für  mit  aer.:  der  für  das  beste  der  leidenden 
menschheit  immer  auf  dem  sprunge  stehende  leibchirurg  und 
aderlaszsi  hnepper  rief  die  seele  der  . .  .  Eilegia  durch  eine  . . . 
blutenlassung  wieder  aus  der  Innern  tirfe  ihres  herrlichen 
gemütbs  auf  ihr  edles  antlitz  zurück.  Brentano  6, 146.  mit 
neutralem  subject:  alles  steht  auf  dem  sprung.  Lebmann  196; 
dat  steid  up  de  sprung.  te>  Uoornkaat  Koolman  3,290*.  ent- 
sprechend auch  auf  dem  sprung  sitzen,  bereitschaß  zum  fort- 
gehen bezeichnend,  ohne  zusats:  nu  würe  es  ja  ein  ungleich», 
düs  sie  ihm  möchten  urlaub  gehen,  wenn  sie  wollten,  und 
er  also  immerdar  iiiu>te  unstüt  und  auf  dem  sprung  sitzen. 
Luther  br.  5,62;  ich  sitze  bis  elf  auf  dem  sprunge.  Moitkb 
6,  197;  ebenso  nd.  be  siti  upp  den  Sprung,  er  sitzt  zum  auf- 
spiiugen  und  weggehen  bereit.  ScmOt/b  4, 178.  auf  dem  sprung 
sein:  der  kranke,  der  gantmUszige  is  arm  sprung,  absprung. 
ScBM.'  3,704;  mtt  inf  und  zu:  die  krieg^lrul  aber,  die  in 
Nanse  lagen,  waren  schon  aulTm  sprung  mit  bertzng  Carol 
sprach  zu  halten,  sich  zu  ergeben.  Kincntior  wendunni.  ^,^i 
Osterley;  ich  Mar  eben  auf  dem  sprung,  mich  beym  magisirat 
anzugeben,  dasz  die  kanaille  mir  meinen  namen  so  verhunzen 
toll.  Schiller  rduber  schausp.  2,3;  aber  zugleich  hinterbringen 
mir  meine  Spionen,  dasz  der  obersrlienk  von  Buk  auf  dem 
Sprunge  sei,  um  die  lady  zu  werben,  knb,  u.  liebe  3,2;  it  h 
will  voo  morgeo  tn  immer  auf  dem  sprung  icyn,  abzureisen. 


201 


SPRUNG 


SPRUNG 


202 


derselbe  an  Götke  515.  bei  unpersönlichem  suijeet,  mit  anUhnung 
an  3,  a;       jjs  verlebte  jähr  wird  jung. 

die  gelehrten  Tögel  singen: 

wald  und  feld  ist  auCT  den  sprung  (wili  blühen), 
Flswiüc  377. 

einen  auf  einen  sprang  besuchen,  auf  einen  sprang  za  einem 
kommen,  eilig,  auf  kurie  zeit,  dafür  auch  mü  einfachem  arc: 
vielieicht,  wenns  nicht  zu  spät  wird,  komm  ich  auf  dem 
riickweg  noch  einen  sprang  herein.  Ludwig  3  (i890),  470.  anders 
auf  einen  {betont)  sprung  vie:  mit  einem  Sprunge: 

(ic/i)  sprang"  aUbald 
Ober  deine  gartenhecken, 
wir'  am  baus°  auf  einen  sprang. 

GöciiüGK  tieder  zw.  lieb.  55. 

auf  mit  acc.  erscheint  heute  auch  durchweg  i»  einer  besonderen 
gruppe  bildlich  gebrauchter  Wendungen,  die  t.  Ih.  einßusi  der 
unter  b,  ß  erwähnten  bedeutung  leigen.  frühnhd.  begegnen  einige 
entfprechende  Verbindungen  mit  anderen  präpositionen.  einen  in, 
an  die  sprOnge  bringen,  in  bewegung  bringen,  antreiben,  deutlich 
an  das  antreiben  des  rdtpferds  ank'iüpfend:  tch  was  lassen 
sich  die  leut  mit  des  gemeinen  pöfeis  gescbrey  spören  {mit 
Sporen  antreiben)  unnd  inn  die  Sprünge  bringen.  MiTBESins 
hist.  V.  Jes.  Chr.  1  (1569),  So'; 

xwöifT  dariich  gülden  schenck  ich  dir 
das  wir  jn  an  die  spriing  bringen. 

H.  Sachs  3  {t5«l),  2,  66'; 
wie,  wenn  ir  euch  gegn  im  erzeiget, 
samb  werd  ir  im  in  lieb  geneiget, 
ob  ir  den  alten  brecht  int  sprung, 
i»%  im  durch  den  list  miszgelüng  . . .? 

12,  249,  10  Keller-Götze; 

srUer  einen  auf  die  Sprünge  bringen,  metter'  uno  su  i  salti, 
met.  farlo  fare  o  parlare  rio  che  si  ruole.  Kbameb  deutsch-üaL 
dict.  1  (I7u2),  S9l',  ansam  fare  faciendi  rel  conandi  aliquid. 
Frisch  2, 31i*:  drumb  brachte  er  den  wirlh  besser  auf  die 
Sprünge,  und  erfuhr...  die  person.  Weise  erzn.  60  neudr.; 
daher  ich  ihn  bitten  müsse,  Torsicbtig  zu  sejn  und  nicht 
zum  nachtheil  des  publicunis  und  der  Schriftsteller  einen 
(iummkopf,  der  das  geld  dazu  hätte,  auf  die  spriinge  zu 
bringen.  Göckisgi  an  Bürger  26.  juli  1776  bei  Strodtxam«  br. 
ton  und  an  Bürger  1,332;  in  singularischer  antcendung  veraltet, 
einen  auf  den  sprang  bringen,  alicui  ad  aliquid  ansam  dare. 
Steiübach  2,  646,  ebenso  mit  einem  attributiven  zusati: 

ich  selbst  nam  in  der  brunst  mein  laster  nicht  in  acht 
bifz  mich  mein  eigen  sinn  auf  neue  sprünge  bracht. 

A.  GiTPHics  (t69S)  1,  194,68. 

einem  auf  die  Sprünge  helfen.  Gottsched  sprachk.  545*.  je- 
manden auf  die  sprünge  helfen,  ihm  die  nötigen  kunstyri/fe, 
i\e  art  und  veise  des  Verfahrens  angeben.  Adelcsg,  ihm  den 
leitfaden  an  die  hand  geben,  ihn  [beim  erzählen  cte.)  auf  den  rechten 
•  f;  bringen,  quelle  von  1795  bei  Klcge  studentenspr.  127*,  mit 
'ibutirem  zusatt:  wen  mir  dasz  wieder  fährt  {dasz  ich 
Uchtes  deutsch  schreibe),  bitte  ich  euch,  liebe  Louise,  corrigirt 
mich  und  helfft  mir  wider  auf  die  rechte  sprung!  den  so 
mag  ich  nicht  reden.  Elisabeth  Charlotte  3,  124  Holland. 
frühnhd.  in  die  sprüng(e)  kommen,  in  zug:  es  wil  etwan  einer, 
damit  er  nit  unhöflich  geacbt  werd,  den  hohen  und  adels 
Personen  wilfaren,  damit  kompt  er  in  die  sprung.  Wiciraii 
kumt  zu  tr.  vorred;  das  man  gleich  alle  teilet  und  platten 
vor  euch  bat  müssen  wegräumen,  unnd  daraach  wann  man 
inn  die  sprung  kommen,  die  mutwilligste  gescbirr  herfür  ge- 
sucliet.  Garg.  19*.  später  auch  bei  kommen  in  bildlicher  an- 
wendung  mit  auf  und  acc.  verbunden: 

tritt  vor,  der  du  mich  nilljt  ob  solcher  that  besprechen! 
wer  ists  mit  dem  ich  ie  auf  solche  sprünge  kam? 

A.  GRTPaius  (1698)  1,  447.  185; 

er  ist  auf  närrische  sprünge  kommen,  ad  rona  et  toties  irrisa 
reiolutus  est.  Steiübacb  2, ö46.  früher  häufig,  heute  unüblich 
auf  voiige  sprünge  kommen,  ad  ingenium  venire.  Steinbacb 
2.646,  auf  seine  alle  sprünge  kommen,  ad  ingenium  redire. 
■■  nscii  2,3ir,  wieder  auf  seine  allen  sprünge  kommen,  auf  seine 
'ige  art  und  weise  zu  handeln.  Adelung:  doch  bin  ich  nicht 
:,va  wieder  auf  meine  allen  sprünge  gekommen?  Lessing  t2,65; 
ebenso  nd.  he  küinmt  up  de  olle  sprünge,  er  wird  so  wieder, 
itie  er  gewesen  iit.  DÄnnERT  454*.  das  könnte  an  b,  ß  angeschlossen 
werden,  ebenso  auf  die  Sprünge  eines  andern  kommen,  rotiones 
»lieujus  detegere,  vesligia  certa  jam  videre.  Krisch  2,  31t*,  einem 
•nf  (hinter)  die  sprünge  kommen,  scopire  le  gambate  ete.  eioe 
gl'inganni,   le  furberie,  le  menate,  le  pratiche  di  uno.    Krame* 


deutsch-itaL  diet.  2  (1702),  S91*,  jemanden  auf  die  sprünge  oder 
hinler  die  sprünge  kommen,  hinter  seine  schliche  kommen,  seine 
ranke,  kunstgrijfe  entdecken.  Adeldüg:  Termag  man  denn  einem 
taschenspieler  so  leicht  auf  die  sprOnge  zu  kommen,  Ton 
dem  wir  doch  wissen,  dasz  er  uns  zum  besten  hat?  Göthb 
15,133;  und  sie  soll  lieber  sehn,  wie  sie  ihre  sach  könnt 
▼erdankeln  (verstecken),  als  dasz  sie  den  leaten  selber  auf 
ihre  sprung  hilft  kommen.  Ludwig  2  (1850),  176;  auf  eine  innere 
eigenschaß  einer  person  bezogen:  überliesz  es  meiner  inteiligenz, 
seiner  gioszmut  gleichsam  auf  die  sprünge  zu  kommen.  Gaddi 
erz.  44.  anders  luiemb.:  e'  geet  op  de'  spröngen,  ist  heiratS' 
lustig.  Gangler  428.  Sprungs  wie  im  srrunge:  lie  rannten 
Sprungs.  Hedio  Com.  23;  in  n*uerfr  spräche  noek  so  in  Ver- 
bindung mit  einem  adj.: 

aus  der  schwanken  kröne  (eines  bäum«)  spr'°**' 
hohen  sprungs  die  amaione.      Kbller  10,  22l. 

ft)  in  besonderem  tinne  handlung  des  befruchtens  bei  thieren. 
Adilü5G,  zumal  groszen,  so  hengsten:  den  beugst  zum  sprung 
lassen,  lasciar  saUre  lo  Stallone,  amnetterlo  al  salto,  alla  monta. 
Kbameb  deutsch-ital.  did.  %  {l-,02),  S90'.  AdelcüG;  dasz  er  {der 
hengst)  seine  sprünge  thue.  öeon.  lex.  24*. 

b)  in  anderer  anwendung. 

a)  als  bezeichnung  einer  entfemung,  entwickelt  von  Wen- 
dungen wie: 

wan  drler  spränge  lanc 
Sih.  879,  3. 


der  lewe  lief  nich  dem  schule 


dann  es  ist  noch  ein  guter  sprung  bin,  un  gran  Camino,  buon 
pezzo  di  strada.  Kbaher  deutsch-ilal.  dict.  2  (1702),  891*;  es  ist 
nur  ein  sprung  bis  dahin,  eine  kurze  entfernung.  Adeldäc. 
heute  gewöhnlieh  das  ist  nur  ein  katzensprnng.  vgL  dies  oben 
theil  5,  301. 

ß)  spur,  fährte,  Wechsel  eines  wildes:  so  legt  man  auch  die 
teller-eisen  auf  den  sprung  (der  marder).  Döbel  jäger-praet. 
2, 156*;  vgl.  die  fohlenden  bildlichen  Wendungen:  müssen  der- 
halben  noch  zur  zeit  unserer  Seligkeit  mit  furcht  und  zittern 
warnemen,  und  uns  alle  stund  und  augenblick  fallens  und 
Straucheins  besorgen,  dasz  uns  etwa  der  teuffei  ausz  den 
Sprüngen  unsers  glaubens,  und  zu  fall  bringe.  Schaller  thtoL 
herold  (1604)  370; 

nun  steht's  mit  meinem  Faust  am  rechten  sprünge  {gehl  es 
nadi  vunsch  mit  ihm).    Lüiau  2.  118  Koch; 

auch  einem  anf  die  sprünge  kommen  «nd  ähnliche  Verbindungen 
un'-'  a,  X.  hasensprnng.  die  fährte  eines  flüchtigen  hasen,  auch 
eile  merkzeiehen,  das  in  qestaü  einer  hasenfährte  in  einen  bäum 
gehauen  wird.  Heppb  wolred.  jäger  159*. 

y)  Sprünge  werden  des  hasen  füsse  genennet  FLEaine 
/.  Jäger  1  (1749),  110.  öfon.  lex.  (1744)  2,  787.  Eggebs  kriegslex. 
2(1757),  962,  Sprünge,  weidm.  die  hinterläufe  der  hasen.  Caiipk. 
Beblen  5,664.  Kebreik  iretdmanns5pr.  279: 

seine  (des  hasen)  lange  hinterbein'. 
welche  man  sonst  sprünge  nennt.     Brockes  9  (t7äO),  251. 

vgl.:  der  hasz  hat  läuff  und  nicht  füsz.  der  basz  hat  zwen 
Sprung.  Sebiz  feldbau  (1579)  568;  auch  hasensprung  3  oben 
theil  4, 2,  542- 

8)  Sprung,  a^agalus.  quelle  von  1677  bei  Htrtl  kunstw.  d. 
anat.  145,  'fin  bein  unten  am  fusse,  talus,  astrogatus'.  Stei.nbach 
2, 6)6,  'ein  bein  des  vorderfuszes  an  dem  menschlichen  und 
thinischen  körper,  welches  ...  das  springen  erleichtert  und  be- 
fördert, talus,  astragalus,  hasensprung.'  Adblorg,  hasen-sprung, 
astragalus  leporis.  Friscb  2,311',  'das  krumme  beinlein  in  des 
hasen  hintern  läußen.'  Heppe  wolred.  jäger  159*,  auch  nd.  hasen- 
sprung, knothen  am  hinterlaufe  des  hasen.  teü  Doormia&t 
kooLMAM  3,290*:  die  so  genannten  hasen-sprünge  {osso  picculo, 
wie  die  Italiäner  sie  nennen,)  waren  im  letzten  gelancke. 
Fleming  t.  jäger  l  (l  719),  136*.  rgl.  hasensprung  2  oben  th.  4, 2. 542. 

f)  weidmännisch  auch  als  bezeichnung  mehrerer  familienweise 
vereinigter  rehe.  Behlkk  5,664.  Kehrein  1,  3S6  {wol:  die  zu- 
sammen laufen):  ebenso  wird  der  rehstand  gerühmt  im  Sellings- 
loh  und  in  der  llojaerweide  sind  sprünge  Ton  6 — 8  slück 
gesehen  worden,  hannov.  tagesnachr.  1899  nr.  109. 

s|)  Stange  im  Vogelbauer  {worauf  der  tcgel  springt):  der  bauer 
{der  nachtigall)  musz  lang  sein  und  sie  musz  inwendig  drei 
Sprünge  haben.  Coleb  hausb.  (I640)  477. 

t])  sprung,  sprang,  die  bei  der  sprungfisekerei  (s.  i.)  gebrauchte 
angel.  Adelung. 

c)  verbal  und  concret  in  bezi<hung  auf  pMsUche,  starke  ver- 
dnderung  der  riihtung  bei  sich  erstreckendem,  so  bergmännisch  das 


203 


SPRUNG 


aitdsen  eines  ß6$ut  oder  gange$  von  seiner  richtung.  J&cobssor 
4.  239',  Verwerfung,  hebung  oder  Senkung  einer  verworfenen  lager- 
stätte  jenseits  des  durchsetzenden  ganges  oder  der  kluft,  durch 
welche  die  Verwerfung  bewirkt  wird.  Veith  bergwb.  456:  spning 
ins  hangende,  liegende,  *5:;  in  Sprüngen  liegen,  ebenda;  mit 
anUhnunf  an  4,6;  man  nennt  derartige  Veränderungen  {der 
gebirgsmassen)  daher  auch  Terschicbungen,  auch  yerwerfungen, 
and  die  spalten,  welche  mit  solchen  Verschiebungen  im  cuusal- 
nexus  stehen,  rücken,  klüfte,  «prünge,  gänge.  Oibn  1,570; 
wol  von  hier  aus  bildlich:  da  die  gedichte  der  alten,  und  wilden 
Völker  so  sehr  aus  unmittelbarer  gegcnwart,  aus  unmittel- 
barer begeisterung  der  sinne,  und  der  einbildungskraTt  ent- 
stehen, und  doch  so  viel  würfe,  so  viel  Sprünge  haben. 
Herder  S,  ISS  Suphan.  in  der  baukunU  heisü  sprung  ein  den 
krant  der  säule  bedeckender  theil,  satllie  de  la  co  niche.  nautiach 
ist  Sprung,  spring  der  außauf,  die  erhöhung  des  vorder-  und 
hinterschi/fs  im  vergleich  zum  mittelschi/f,  so  dasx  dies  der  niedrigste 
theil  des  schiffs  ist,  die  erhebung  des  decks  nach  vorn  und  hinten 
lu.  GöiiEL  seemaunsspr.  455.  ähnlich  Schweiz,  sprung,  jäher 
Hügel.  Spreng  bei  Seiler  276*.  vielleicht  gehört  hierher  auch 
Sprung  als  bezeichnung  der  vordersten  oder  kürzesten  seile  eines 
stagsegels,  die  gegen  den  mast  befestigt  ist.  Bobrik  naut.  wb.  634'. 

2)  nach  springen  2. 

o)  verbal,  vom  pulsieren  des  bluts:  ich  habs  immer  gelesen, 
dasz  unser  wesen  nichts  ist  als  sprung  des  gebiüts,  und  mit 
dem  lezten  blutstropfen  zerrinnt  auch  geist  und  gedanke. 
Schiller  räuber  schausp.  5,1;  nicht  der  sprung  des  blutes 
macht  das  leben  aus.  iMMERHANif  .1,  79  [Münchh.  5,9)  Boxberger. 
von  kochendem  wasser:  dat  water  kaakt  in  vullen  Sprüngen. 
SchCtie  4,  178  {eigentlich  wol  das  aufsteigen  und  zerplatzen  der 
blasen  bezeichnend),    vom  quellen: 

auch  lobet  gott,  ihr  brünnlein  klar, 
ihr  bächlein  krumm  gebogen, 
in  sietem  sprung  das  ganze  jähr, 
in  stetem  gang  erzogeo. 

Sp»  M  u(«iiac/ir.  120,  203  BoUte. 
0)  queUe: 

dai  wauer  niender  ist  so  guot,  aö  da  e{  üi  von  Sprunge  g&t. 
minncs.  2,  230'  Ilagen; 

de  sprunk,  hoven  der  hugen  molleno.  weisth.  3,94  {Westfalen); 
sprung,  quelle  desz  bronnen,  la  source  d'une  fontaine.  Hulsius 
(1616)  305*;  nachdem  wir  erst  unsre  Weinflaschen  an  den 
frischesten  platz  gestellt,  gerade  wo  der  sprung  hervorstrudelte. 
Heinsi  Ardingh.  1  (1787),  102;  in  der  heutigen  Schriftsprache  nicht 
üblich,  doch  noch  landschaßlich.  so  rheinfränk.  mfränk.  sprung, 
sprong,  quelle.  Fbobmanns  zeitschr.  3,272,  14.  MCller-Weitz  232 
(Aachen).  Hömc  150*  {Coln),  gülting.  seltener  neben  spring  {vgl. 
dies  oben).  Scbambach  2u6'.  bair.  der  Reg6nsprung,  Ursprung 
des  rtgenßusses).  Schm.'  2,  704.    bildlich: 

ir  (iiuier  (räum)  schin  durchliuhtet  elliu  lant: 
di  von  ist  mir  vil  unbekant 

ir  schines  sprunc,  ir  schines  ort,    Licbtinstein  1,  19; 
die  {eine  art  der  liebe)  nimpt  von  drein  sacheii  üprung. 
ViNTLKR  b/um.  d.  ((/<;.  521. 
vgl.  Ursprung  unten. 

c)  mhd.  von  Sprunge  varn  als  ausdruck  für  den  eiutriU  des 
jungen  menschen  in  das  volle  leben  und  für  beginnen,  anheben 
scheint  an  diese  Verwendung  anzuknüpfen,  vgl.  minnes.  2,  23ü' 
Hagen  oben  unter  b: 

»6  petftn«  rcte 

wecLent  s^r  die  Tursten  junge, 

iö  si  varent  von  «prunge, 

ür  urliugei  gier.     Ottoiar  23037  Seemüller; 

ich  bin  ein  riiter  junge 

und  var  dar  von  Sprunge 

und  «ol  mich  noch  rreuden  taten.    03196; 

entsprechend  auch: 

min  herxe  alrArst  von  «prunge  vert 
und  ist  reht  als  ein  vogel  vil. 

Konrad  v.  Würzbur«  troj.  krieg  14526; 
slo  acbllt  alrtrtl  von  iprunge       vert  in  ntner  niu«ven  riiier- 
«cherie.     jfing.  lit.  2053,  2  ; 
Ton  iprunge  alrtrit  verl  din  nam: 
den  loltu  machen  bekennellch.     Hielricht  fluclil  3338. 

eb»n$$  von  iprunge  gio: 

si  gibt  et  (4  von  tpruaga 

und  sl  «fo  aoagange.    r.  d.  übL  mtib$  19)  Haupt, 

voD  Sprunge  vliegen: 

iö  ir  lop  von  iprunge  vlouc, 
gar  aller  lügend«  ni«D  im  jach. 

miniu*.  1,  206'  Hagtn, 


SPRUNGBEIN— SPRUNGGELD  204 

vgL  auch:       also  lebt  wir  her  von  sprunge 

mit  freude  um  wünneclichem  spil, 

des  hete  wir  zailen  ziten  vil.    warnung  3042. 

3)  nach  springen  3. 

a)  das  sprieszen  oder  blühen,  im  bilde: 
ei  welch  ein  vin;ilc,  zirisic  bach 

die  bluomen  min  durcliriuhtet,  dai  si  st&nt  nftcb  wunsclie  in 
..,.,.,  Sprunge.    Faaurnlob  />.  t,  12,  24; 

rein  btldltch: 

die  (Agalhr)  was  schöne  unde  jiinc 

und  bet  wo!  ir  vollen  sprunc 

in  der  tugend«  richeit.    pasxional  176,  8  Köpke. 

b)  im  anschlusz  daran  local,  mnd.:  een  spronc  . . .  etiam  {est) 
locus  Silvester  ubi  arbores  saliunt  in  altum  crescendo  plus  quam 
in  aliis  Incis.  Schillkr-LCbhen  4,  348*. 

4)  nach  springen  6. 

a)  verbal,  dat  zerspringen: 


war  der  saite  sprung 
eine  antwort  auT  die  frage, 

die  ich  eben grausen  füllt 

die  brüst!     Möllrir  scliuld  l,  \. 


b)  durch  zerspringen  entstandener  risz,  schianta,  crepalura, 
Krämer  deutsch  -  ital.  dict.  2  {l'M),  $90%  ebenso  später  allgemein 
üblich.  Adelung,  auch  mundartlich  Hokziier  Aarg.  wb.  219. 
SciminT  westerw.idiot.  229.  Hünig  köln.  mundart  150*:  das  glas, 
der  krug  hat  einen  sprung.  Krahbr  2,891*;  das  glas  hat  einen 
sprung.  Adelung;  Sprünge  bekommen.  Caupb;  mein  bisheriges 
loch  {logis)  liegt  dicht  nebeB  der  wand  mit  dem  sprunge. 
Immermann  2,115  (;Vüric/iA.  3,  10)  Boxberger;  Alt  Sprünge  und 
wandrisse  hier  herum  müszten  mich  sehr  täuschen,  oder  es 
gelingt  mir,  einen  theil  des  mauerwerks  auf  mich  und  euch 
zu  stürzen.  3,149  {Münchh.  6,7);  vasen  ...welche  sprunge 
und  risse  bekommen  haben.  Moltre6,  100;  mei'  fenster  had 
an  Sprung.  HCgel  Wiener  dial.  154'; 

freilich  zeigst  du  (eine  schale)  manchen  sprung. 

Giibel  8.  29; 

in  technischer  spräche  ein  brueh  im  holze,  der  quer  hineingeht. 
Jacobsson  4,239'.  auch  bildlich:  herzen  und  glocken  hekommen 
so  leicht  Sprünge  bei  starkem  bewegen.  J.  Paol  Katienb.  2,66. 
Sprung  bei  den  webern  die  gespaltene  Öffnung  der  kette  oder  det 
aufziigs  zu  einem  stück  zeug,  das  gewebt  werden  soll,  fach,  gelete. 
Jacobsson  1,  63o'. 

5)  in  Aschaffenburg  der  reps.  Scbm.'  2,  704. 

SPKUNGBEIN,  n.  latus,  astragalus.  Nbhnici.  Oibr  4,37. 
vgl.  Sprung  i.b,  o. 

SPHUiNGBElZE,  /. .•  sprungheize  auf  reiher  'wird  vorgenommen, 
indem  man  in  die  gegend  zieht,  wo  sich  reiher  aufhalten,  und, 
nachdetn  sie  aufsteigen,  den  falken  steigen  läsil'.  B edlen  5,661. 
vgl.  reiherbeize  oben  theil  8, 660. 

SPRUNGBEREIT,  ad).:  sprungbereit  kauerte  die  kalze  ia 
der  ecke. 

SPRUNGBEWEGUNG,  A.-  sie  besitzen  jede  begabung,  welche 
zu  einer  raschen  und  gewandten  kletter-  oder  sprungbewegung 
erforderlich  ist.  Breii«  thierl.  1,36. 

SPRUNGBRETT,  n.  brett  zum  absprung  beim  springen  mit 
anlauf  als  turnübung. 

SPRUiNGFÄHIG,  adj.,  nach  sprung  l,a,  //.'  300  stück  sprun|- 
fuhiges  rindvieh  und  dazu  nur  3  bullen. 

SPRUNGFEDER,  f.,  wie  springfeder,  ».  dies  oben  sp.  107: 
übrigens  war  es  eigentlich  gar  kein  pferd,  sondern  nur  eio 
auf  Sprungfedern  ruhender,  schön  ausgenähter  sattel  mit  einem 
vierbeinigen  holzgestell  darunter.  Storm  sdmt/.irrrAy  3(1899),  i80> 

SPRUNGFERTIG,  adj.  tum  sprunge  fertig,  bereit.  CkUPtt', 
der  vornehme  Jüngling  setzte  sich  ans  erste  beste  lischcheo, , 
ohne  durch  den  sprungfertigen  rotbrock  {einen  bedienten)  etwat  1 
zu  fordern.  J.Paul  flegelj.  1,155;  das  sprungfertige  volk  der 
gemsen.  Bbrlbpscb  Alpen  170.  dazu  aprungfert  igk  eit,  f,] 
Campe. 

SPRUNGFISCHEREI,  f.  das  angeln  von  fischen,  die  de»  köderi 
mit  einem  sprunge  zu  erhaschen  suchen.  Jacobsson  4,  239'.  9g^\ 
»prung  1,  b,  t). 

SPRUNGFLUT,  f.,  dasselbe  wie  Springflut  (i.  dies  oben  tp.  10«lkj 
Campe,  sprungfluth,  im  sinne  von  Springflut  1.  Jacomsson  4,239*«| 

SPRUSGGANG,  m.  ^wenn  jemand   bestellet  wird,  im  seh» 
einen  gewissen  weg  oder  ßügel  tu  reiten,   dasz  er  nachsehe, 
er  Wölfe  oder  dergleichen  spure',  spurrttt.  Jacobsson  7,  23'i'. 

SPRUNGGELU,  n.  gebühr  für  das  bespnngen  der  stute  dur^lj 
den  hingst.  Wkicand^  3,783.   Baobr-Culiitz  waUetk.  wb. 
vgl.  iprung  I,  a,  ft. 


1 


205 


SPRUNGGELENK  —  SPRUNGRING 


SPRUNGRÖHRE  —  SPRUNGZEIT 


206 


SPRUNGGELENK,  n.  gelenk  in  den  beinen,  dm  zum  springen 
itotwendig  ist.  Caüpb,  das  hinterknie  des  pferdes.  Neulich. 
Sprunggelenk  eines  hundes:  weiszt  du  nicht,  dasz  nach  einem 
Vierteljahr  solchen  qualdienstes  der  belle  band  struppiert 
ist.  lahm  im  kreuz  und  Sprunggelenk?  Vischer  auch  einer 
1  (1900),  39. 

SPRUNGGEOBT,  pari.: 

dieser  (hügel)  wird  Baiieia   geoannt  tod  sterblichen  männern, 

•wigen  heisit  er  das  mal  der  sprunggeübten  (noXtaxdod'uolo) 

Myrine.     //.  2^  814. 

SPRUNGHAFEB,  ».,  wie  springbafer  {s.  dies  oben  sp.  lio). 
Adblürc. 

SPHLNGHäFT,  adj.  in  Sprüngen  geschehend,  sich  vollziehend: 
sprunghafte  bewegungen;  gewühnlich  biUlich:  der  bändner  iiesz 
dieses  kecke  und  sprunghafte  geplauder  schweigend  über 
sich  ergeben.  C.  F.  Meter  Jenatsch  (1901)  133;  sprunghafte  ent- 
wicklung.    vgl.  springhaft  oben  sp.  lio. 

SPRÜNGHÖHE,  f.  l)  nach  sprung  1,  a,  a:  ein  wort  ma» 
das  andere  erklären,  jedes  ist  ein  Schlüssel  zur  sprach- 
kanimer.  das  erste  beste  ist  der  reigenführer  zur  ganzen 
Wörterfolge,  wie  bei  der  angäbe  der  Sprunghöhen:  knöchel- 
hoch,  wadenboch,  kniehoch.  Jah»  -2,  l,  i:  Euler.  vgl.  sprungtiefe. 

2)  nach  Sprung  1,  c  die  niveaudiffereni  zwischen  zwei  gegen 
änander  verschobenen  thnlen  einer  gebirgsmasse.  Mbvers  kon- 
tersationslex.  17  (1S97),  292*. 

SPHUNGKISTE,  f.,  dasselbe  wie  springkiste  {s.  dies  oben  sp.  113). 

JiCOBSSO!«    4,  249'. 

SPRUNGKLLFT,  f.  die  verwerfungsspalte  zwischen  ztcei  gegen 
einander  verschobenen  gesleinsmassen.  Meters  konversationslex. 
17  (1S97),  292".    vgl.  sprung  1,  c. 

SPRUNGKR.MJT,  n.,  in  oberdeutsdser  deminutiv  form:  das 
sprungkräute!  oder  das  krüutel,  so  roter  bühnerdarm  heiszt, 
in  einen  neuen  häferl  samt  einem  schubfleck  gesotten,  ist 
gnt,  um  eine  entwichene  person  zur  rückkehr  zu  zwingen. 
quelle  ton  1695  bei  Urcir-Khcll  steir.  wortsch.  520*.  vgl.  Spring- 
kraut oben  sp.  113. 

SPRÜNGLEIN,  n. ,   deminutiv  zu  sprung,  saltello,  saüuccio, 
salioUno.  Kraher  (/<i'(5(/i-i(ai.  du;}.  2  (1702),  891',   mit  i  statt  ü: 
wiltu,  so  lasz  die  hirschlein  klein 
in  Wäldern  thun  ein  springlein  Tein. 

MiTFART  liimml.  Jens.  (1630)  1, 122. 
tjfL.'  ein  sprüngel  vür  die  tür  sprinc.    Helbliüg  1,  1001; 

n■^ch  springen  3  spröngele,  plur.  kohlsprossen.  Mt5LtER-\VEiTz 
Aichener  mundart  232. 

SPRCNGLICH,  adj.  et  adv.  idem  quidem  est  quod  springicht, 
sed  minus  usitatum.  Stieler  2106.    vgl.  ursprünglich. 

SPRC.NGLINGS,  adv.  in,  mit  einem  Sprunge,  vereintelt: 

und  Ojeeg,  das  Oscherwiesel, 
sprünglingt  folgt'  ihm  durch  die  Öffnung! 

FiBiUGKATH  6(1S86),  129  (Longfellom 
song  of  HiawalUa  16). 

SPRUNGLUSTIG,  adj.:  gelangt  endlich  das  geschöpf  auf 
die  Oberfläche  {der  erde),  so  ist  es  hupf-  und  sprunglustig. 
GöTBE  55,  320. 

SPRÜNGMASZIG,  adv.  nach  art  eines  sprungs,  bildlich:  eine 
Toranstait  für  diejenigen,  welche  den  Übergang  Ton  der  schule 
zur  bocbschule  minder  sprungmäszig  machen  wollen.  Campe 
reise  von  Hamburg  bis  in  die  Schweiz  in  seinen  kinder-  u.  jugend- 
tehriften  l%30  bd.  18,  $.  23. 

SPRL'.NGREIM,  m.:  welches  insonderheit  in  acht  musz 
genommen  werden,  nemlicb  in  den  sprung-reim  oder  rersen 
in  teutscher  sprach,  die  sonsten  trocbaische  vers  bei  den 
gelehrten  genannt  werden.  Spee  trutz-nacht.  ui  Balke.  vgl. 
tfnui  1,  a,  ?. 

SPKU.NGRIEMEN,  m.  l)  ein  breiter  vom  bauchgurt  zwischen 
den  Vorderschenkeln  hmdurch  bis  zum  zäum  gehender  riemen  am 
pferdrgefcltirr,  der  das  schnellen  mtt  dem  köpfe  verhindern  soll, 
icon.  lex.  (17441  2787.  Adei.chc,  sprungricm,  camorra,  camorrone. 
Kramer  deulsch-itaL  dict.  2  ino:),  89l'  {camarro,  camarrone,  ein 
sprungriem  eines  pferds.  ital.-d.  wb.  [!69S]  164'). 

2)  bezeichnung  von  riemen,  die  unten  an  den  hosenbeinen  be- 
festigt sind  und  unter  den  stiefeln  lusammengekndpft  werden. 
kaÜNiTz  encycL  162  (1835),  179,  steg  an  der  hose,  nd.  sprung- 
reim  Ml  85':  der  fremde  ...  ordnete  sein  hemd,  zog  an  srinen 
pantalons,  an  denen  er  die  gelösten  Sprungriemen  wieder 
befestigte.  Gutzsow  rilter  r.  getst  1  (1850).  23. 

SPRLNGRING,  m.,  an  einer  tabakspfeife :  ein  doppeltes 
4lbernes   kettchen   mit  einem   sprungringe  diente   statt   der 


II 


schnür  und  hielt  das  kurze  röhr  mit  der  lingen,  Tielgelenken, 
krummen  mundspitze.  Aderbacb  dorfgesch.  l,  29. 

SPRCNGRÖHRE,  f.,  wie  springröhre  2  (oben  tp.  117).  KhCj^itz 

encycl.  162  (1835),  180. 

\        SPRUNGRÜCKEN,  m.  bei  den  buchbindern  ein  von  sich  ver- 

j  jungenden  dünnen  pappstreifen  geklebter  buchrücken,   der,  selbst 

I    unbtegsam,  dem  buche  grosze  elasticitdt  beim  aufmachen  verleiht. 

Bbockhads  konversationslex.  3  (1892),  651*. 

SPRUNGSCHRITT,  m.  schritt,  der  mitUlst  eines  tprungs  aus- 
geführt wird:  er  stand  da  bis  zum  bauche  in  dem  ziemlich 
trüben  wasser,  ...  und  sah  . . .  den  beiden  entgegen,  die, 
sicher  ihrer  beute,  mit  langen,  schäumenden  sprungschritten 
daher  kamen.  Thomas  .Man5  Buddenbrooks  2, 342. 

SPRUNGSTIER,  m.,  was  springsiier,  s.  dies  oben  ip.  119. 

SPRUNGTHALER,  m.,  nd.  sprunktaler,  '«n<  abgift  der  ne« 
angehenden  eheleute  im  amte  Lüchow,  welche  sie  des  morgens 
nach  der  hochzeit  dem  am/man»  sowol  als  pastoren  ihres  orts, 
und  zwar  einem  jeden  einen  rthlr.  geben',  brem.  wb.  4,  975. 
vgl.  sprung  l,  a,  u. 

SPRUNGTIEFE,  f.,  beim  tiefsprung:  zur  Übung  darf  man 
{beim  turnen)  die  sprungtiefe  Ton  2  leibeshöhen  nicht  über- 
schreiten. Jah5  2, 1,  34  Euler.    vgL  Sprunghöhe  1. 

SPRUNGTUCH,  n.  zur  rettung  von  menschen  bei  einer  fetters- 
brunst:  ein  verzweifeltes  mittel  ist  das  herabspringen  auf  das 
Sprungtuch.  ...  es  wird  Ton  mehreren  feuerwehrleuten  am 
rande  oder  an  eingenähten  ösen  gefaszt  und  in  richtiger  weite 
unter  dem  herabspringenden  aufgespannt  KARiAnscn-HEEBKii' 
5,  650. 

SPRUNGVERÄNDERUNG,  f.,  beim  turnen:  sprungTcrände- 
rungen:  1.  in  die  weite...  2.  in  die  höhe...  3.  in  die 
tiefe    Jahn  2, 1,  35  Euler. 

SPRUNGWEISE,  1)  eigentlich  adv.,  Vorstufe:  in  sprungweysi, 
mit  Sprüngen,  saltim,  saUuatim,  assuUim,  exvltim.  Maaler  3S2*, 
dann  sprungsweis,  sa//ua(im.  Cobtibüs  ^ons /a/int*.  1  (|tj60),  562*, 
sprnngweis,  adv.  per  salto,  a  salti.  Kramer  deutsch-itaL  dicL 
2  (1702),  891*,  sprungweise,  adr.  durch  einen  sprung,  mit  einem 
Sprunge.  Campe:  alsdann  ging's  hadri,  hudri,  mit  den  Pan- 
duren  die  weinberge  hinunter,  sprungweise  über  eine  mauer 
nach  der  andern  herab,  in  die  ebene.  Bsäker  110  Reclam; 
drang  nun  die  Infanterie  über  die  schutzlose  ebene  sprung- 
weise gegen  den  gedeckt  siehenden  feind  vor.  Moltkb  3.  25i. 
bildlich:  nichts  aber  in  der  natur  geht  sprungweise.  Herder 
bei  Campe;  wie  unerträglich  ein  solcher  zustand  sey,  entging 
seinem  {Voltaires)  hohem  geiste,  seiner  zarten  reizbarkeit  nicht; 
er  machte  sich  manchmal  sprung-  und  stoszweise  luft.  Götbe 
26,60;  eben  so  war  ein  gewisser  theoretisch  praktischer  sinn 
in  mir  aufgegangen,  dasz  ich  Ton  den  dingen,  mehr  wie  sie 
seyn  sollten  als  wie  sie  waren,  rechenschaft  geben  konnte, 
ohne  eigentlichen  philosophischen  zusammenbang,  aber  sprung- 
weise treffend.  165;  was  ich  {über  Wieland)  mehr  aus  einer 
fast  vierzig  jähre  geprüften  neigung,  als  aus  rednerischer 
Überlegung,  keineswegs  in  gehöriger  Terbindung,  sondern  Tiel- 
mehr  in  kurzen  salzen,  ja  sprungweise  vortrage.  32,237;  in 
ihm  {dem  mittel^ande)  offenbart  sich  immer  neu  der  wahre 
rühm,  die  macht  und  herrlichkeit  der  nation,  die  es  ja  nur 
ist  durch  ihre  sitte,  durch  den  bort  ihres  gedankens  und 
ihrer  kunst,  und  dann  durch  den  sprungweise  herTortretenden 
heldeiimuth,  wenn  die  dinge  einmal  wieder  an  den  ab- 
schüssigen rand  des  Verderbens  getrieben  worden  sind. 
Ihmermamn  1, 190  {Vünchh.  2, 10)  Boxberger;  dasz  ich  aber  aus 
dem  stalle  und  der  gewehrkammer  in  das  Torzimmer  gelangte 
und  mich  zuletzt  auf  die  schwelle  der  königlichen  schlaf- 
kammer  wie  ein  rüde  betten  durfte,  das  geschah  nicht  sprung- 
weise, sondern  allmllig  Ton  schritt  to  schritte.  C.  F.  Mbtbr 
der  heilige  (1901)  47. 

2)  in  adjectivischer  anwendung:  sprungweises  Torgehen  beim 
infanterieangriff,  tti  der  spräche  des  heeres.  bildlich:  über  eine 
sprungweise  conversation  kam  man  nicht  hinaus.  Funtare 
vor  dem  stürm  2, 41. 

SPRUNGWEITE,  f.:  sitze  Ton  zwanzig,  ja  dreiszig  fusz 
Sprungweite  sind  ihnen  spasz.  Breih  illuslr.  thierU  1,  7.  t«  der 
form  sprungsweite:  wie  des  tigers  äugen  auf  den  raub  ge- 
richtet sind,  dem  er,  bis  tur  sprungsweile,  entgegen  kriecht. 
V.  Weser  sagen  4.  503. 

SPRUNGWELLE,  f.  in  eine  flustmündung  eindringende  ßut- 
welle  des  meeref.  Meters  konversationslex.  16  (1897),  277*. 

SPRUNGZEIT,  f.,  wie  springzeit  2  {oben  sp.  123).  vgl. 
Sprung  1,  a, /f.*    leider   roOsse  er  anzeigen,    dasz   Felix  ... 


207    SPRUNGZCGEL  — SPRÜTZELKERN 

die  registerrabning  aber  die  belegten  stuten  sehr  Tcrnach- 
laszige.  Abkih  is,  276. 

SPRUNGZÜGKL,  m.  eine  besondere  art  von  lügel.  Meters 
konrersotionslex.  17  (l^S').  '"/VJ  zäumung. 

SPRL'NKEL,  subst.  1)  sprunckel,  lenligo  Dikf.  324*.  vgl 
Sprenkel,  m.  macula  oben  sp.  46,  ansprung,  austchlag  theil  1,  472 
und  mhd.  tprunkelebt,  gefleckt,  mhd.  vb.  2,  2,  548". 

2)  oberhesfisch  iprunkel ,  m.  nasser  galliger  baden ,  ijenauer 
eine  beständig  durch  waster,  das  aus  felsiijem  unttr()runde  quillt, 
nasse  stelle  im  acker.  Ffisteb  2.ergdntungsh.  37.  tgl.  Sprung  2,6, 
springen  2,  e. 

S)  mhd.  sprOnkelin,  kleiner  halm:  ein  blettelln,  ein  kleine 
grassprankeltn.  Tadlei  bei  Schmidt  eis.  vb.  iib'.  vgl.  sprung  3,a, 
springen  3. 

SPRUNZE,  f.  tirolisch  die  Öffnung,  mündung  des  kornsacks. 
Schöpf  694.  vgl.  sprnnz,  fissura.  gramm.2,i{6,  spranz  2  und 
spranzen  2  oben  theil  10, 1,  2794. 

SPRÜNZEL,  ffl.  appenieUitch  ein  hOliernis  gitt*ru)erk,  womit 
im    Sommer   die    thürö/fnung   des    schweinettalls  gesperrt    wird. 

TOBLER  SSI". 

SPRUNZELN,  verb.  mundartlich  wallen,  queUen,  sieden, 
cimbr.  wb.  235',  wol  mil  springen  etymologisch  verwandt. 

SPRUSEN,  verb.  sternutare.  Dief.  552",  vielleicht  verwandt  mit 
prusten  und  ähnlichen  bildungen.    vgl.  spröseo  oben  »p.  160. 

SPRLSSE,  SPRliSZ,  s.  sprosse,  sprosz. 

SPRCSSEL,  s.  sprossel. 

SPRÜSSIG,  adj.:  allein  dasz  er  (antimon)  ein  grober  Mer- 
curius  ist,  und  ein  spriissiger,  ausz  Ursachen,  dasz  er 
nicht  kommt  von  der  reinen  arth  desz  Mercurij.  Paracelsus 
2  (1616),  Ol  C.    vgl.  sprissig  unter  spreiszig  1  oben  sp.  18. 

SPRUTE,  SPRUTTE,  t.  sprosse. 

SPRÜTKE,  subst.  ap feikern ,  birnenkern.  Nehricb,  darnach 
bei  Campe  als  f.  verteichnet,  eigentlich  nd.  Strodtmanh  idiol. 
Osnabr.  227.    vgl.  sprützelkern. 

SPRUTTE,  subst.  bczeichnung  einer  gatlung  der  kracken 
{schneckenartiger  wasserthiere)  bei  Oben,  die  sprutten  oderdinten- 
schnecken,  sepia.  3,583.  vielleicht  ist  es  die  nd.  form  für  sprosse 
{vgl.  das  vorige),     die  thiere  sind  gefleckt. 

SPRUTTEL,  f.,  u  sprosse!. 

SPRITZ,  m.  tu  spritzen,  landschaftlich,  vgl  spritz  ofcen  sp.Ui. 

1)  soviel  auf  einmal  spritst,  gespritit  wird,  aus  einem  munde, 
einer  gieszkanne.  Staldeh  Schweiz,  idiot.  2,  388,  aus  einem  gefdsi. 
Siii.ER  Basler  mundart  276",  gehörige  quantität  wasser,  um  tu 
spritzen,  giesten,  aufsufüUen.  Sartorios  mundart  von  Würiburg 
1,117,  wassersprutz:  denn  bei  dem,  der  die  feslordnung  hat 
gemacht  —  ...  nicht  macht  rein  vom  brunnen  Semsen  {einem 
heiligen  brunnen  in  Mekka)  ein  wassersprutz  —  den,  der  ver- 
senkt ist  in  sQndenschmutz.  RCckert  11  (1882),  416. 

2)  vom  regen,  mit  abhängigem  gen.: 

aber  als  der  erste  sprutz 

sich  ergosi  der  wolkenscbleuse, 

bargt  ihr  euch  und  eiiern  puti 

unter'm  reeenscbirmgeliäuse. 

Kdckbrt  2  (18S2),  456. 
auch    ohne  tusati    wie^  regenschauer.    Stalder  2, 388.    Hertel 
Saliunger  wb.  44  {mit  ü).     vgl.  Spritzer  2,  b  oben  sp.  135. 

3)  eine  kleine  menge  bier.  Spiesz  henneb.  idiot.  174,  wein? 
Rockert  unterfrdnk.  mundart  174,  ein  kleiner  abschiedstrunk,  den 
der  Steher  noch  vor  dem  nachhausegehn  verlangt,  in  Meiningen 
{mä  Q).  Spiess  239. 

4)  angespritzter  fleck,  kotspritier  an  den  kleidern  bei  schmutzigem 
wdter,  Schweiz.  Seiler  276*.  Honzibei  Aargauer  wb.  249.  vgU 
Spritzer  2,  d  oben  sp.  136. 

5)  kleiner  ausflug.  Hcnzibea  249,  auch  studentisch.  Kluck 
studentenspr.  127*  {beltgt  aus  dem  jähre  1846).  vgl.  spritzen  4, 
schlusz  oben  sp.  134. 

6)  einen  spruz  haben,  nicht  reckt  bei  trost  sein,  in  Nürnberg. 
ScB«.*  2, 708,  im  köpf  haben,  geistig  nicht  normal,  huffärtig 
sei*.  Rocbert  unterfränk.  mundart  174,  sbrüiz,  anflug  von  trriinn. 
Hertel  Salzunger  wb.  44.    tgl.  spritzer  2,  c  oben  sp.  136. 

1)  bopf  und  sprutz,  neuangeworbener  soldal,  in  äU«rer  tol- 
dotiuher  spracht.  seHschr.  f.  d.  Wortforschung  1,  361. 

SPRÜTZELKERN,  m.  Schweiz,  grana  pomi.  Maaler  382', 
obstkern,  schmen.  idwt.  S  (iv.i5),  468,  sprflzclcherne,  fruchtkem 
eines  apfels,  einer  birne.  iluNSiBEi  Aarg.  wb.  2\9  u.  ähnl.:  der 
sprOlzeikernen  oder  samen  von  Weinbeeren,  quelle  von  I503 
im  uhweii.  idiot.  1(1895),  468;  citronensamen  oder  «prützei- 
kernen.  sprülzelkernen  »on  quittrn  quelle  von  UM  ebenda; 
uond  dasi  ich  dieae  aach  mit  einem  bejspil  «ergleicbe,  ao 


SPRUTZEN  — SPUCKEN 


208 


hat  mancher  Ton  seinem  bäum  geessen,  welchen  er  ausz  einem 
sprQtzelkern  gesetzt  unnd  auch  zweiget  hatte,  ja  ich  hab 
selber  geesten  von  der  frucht  in  sechs  juhren  hernach,  so  Ton 
sprützelkern  gesetzt  worden.  VVCrtz  pract.  d.  »undarxn.  (I6i2), 
anhang  480.  spratzelkernli,  in  scherzhafter  Übertragung  vom 
diamantkörnchen  der  glaser.  quelle  im  Schweiz,  idiot.  3(i895),  468. 
auch  sprötzelcherna,  -cbernli  Tobler  appenz.  sprachsch.  381', 
sprütze"-,  sprützerkern  Schweiz,  idiot.  3  (1895),  468,  mit  nased 
sprünziikerna  Tobler  38i',  sprünzelkern  Schweiz,  id.  3  (1895),  46$, 
mit  Spirans  statt  der  affricata  und  langem  vocal  sprüs(s)el-, 
sprüsligkern.  ebenda,  die  letzten  formen  fügen  sich  etymologisch 
zu  spriezen,  trenn  man  die  länge  des  ü  als  secunddr  betrachtet, 
der  sprQsselkern  erscheint  darnach  als  Vermittler  und  träger  *det 
im  jungen  bäum  neu  sprossenden  pflanzenkbens' .  Schweiz,  idiot. 
3  (1895).  468.  sprützelkern  und  die  ähnlichen  formen  können  an 
sprützen,  alt  und  mundartlich  für  spritzen  («.  dies  oben  sp.  129), 
angelehnt  sein,  weil  man  solche  kerne  im  scherz  zu  schnellen 
pflegt.  Tobler  381*.  auffällig  bleibt  freilich,  dasz  sprützelkern 
zuerst  belegt  ist.  es  musi  daher  auch  eint  um;ekehrte  enluick- 
lung,  spätere  angleichung  an  sprieszen  und  endlich  ein  unmittel- 
barer Zusammenhang  dieser  form  mit  sprieszen  oder  einer  ab- 
leitung  mit  dem  gleichen  sinn  als  möglich  bezeichnet  werden. 
zu  den  nasalierten  formen  vgl.  sprunzein  oben. 

SPRUTZEN,  SPRÜTZEN,  s.  spritzen,  vgl  noch  nürnberg. 
gesprutzt  sein,  nicht  recht  bti  trost  sein.  Scbm.*  2,  708  und  dazu 
sprutz  6. 

SPÜCHT,  m.,  ».  spuk  1. 

SPUCK,  m.,  s.  spuk. 

SPUCKRECKEN,  n.  becken,  darein  auszuspucken.  Jacobsson 
4,  249*. 

SPUCKE,  f.  Speichel,  sputum.  landschaftlicht,  vorzugsweise 
den  östlichen  gegenden  Mitteldeutschlands  angehörige  bildung  zu 
spucken  {s.d.),  wie  dieses  verbum  der  oberdeutschen  Volkssprache 
unbekannt;  seit  dem  18.  jahrh.  verbreiteter,  doch  bis  heute  nur 
der  derben  norddeutschen  rede  angehörig,  während  das  verbum 
spucken  in  die  allgemeine  Schriftsprache  übergegangen  ist.  Fbisci 
führt  das  subst.  zuerst  auf:  die  iNiederdeutschen  . . .  sagen  annoch 
spucken,  sputre,  haben  auch  davon  das  dcrivatum  die  spucke, 
Sputum.  2,311*;  bei  Adelung  und  Campe  spucke  wort  des  ge- 
meinen lebens,  besonders  Niederdeutschlands ;  das  hat  mein  söhn 
mit  etwas  spucke  gemalt.  (KCgklcen)  Jugenderinnerungen  einn 
alten  mannes  371 ;  wir  poliren  Nine  {eines  hundes)  sein  grab 
mit  spucke.  Storh  3,199; 

mit  geduld  und  spuck« 

fängt  man  eine  mucke,    sprichworl. 

SPUCKEN,  verb.  spuert.  1)  das  wort  gehört  zu  dem  vtrbum 
speien  und  seinem  kreise  {thtil  10, 1,  2ü74  /f.)  und  fuszt  auf  der 
mitteldeutschen  form  sp6gen,  die  sich  neben  spüwen  für  spiuwen, 
splwen  ergeben  hat,  und  die  auch  als  sp6hen,  spöchen  auftritt: 
spucre  8p6gen,  spAchen  Dief.  548';  spucken  trwtist  sich  als 
intensivbildung  davon,  wie  zucken  von  ziehen,  oder  schmücken 
von  smiegen,  ags.  smdgen,  vgl.  bd.  9,  1069.  1117.  überliefert 
wird  es  zuerst  bei  Rädlein  (l'll)  als  spucken,  spejtn,sputare, 
crachti:  832",  mit  der  bemerkung:  wie  man  hier  (in  Leipzig) 
nicht  gerne  speyen  oder  schneutzen,  oder  rotz  sagen  will, 
sondern  haben  will,  man  sage  spucken,  scbnnupen.  vorredt  6*; 
dann  von  Steinbacb:  ich  spucke,  ich  habe  gespuckt,  spuo.  2,649, 
der  es  aber  als  wort  der  gemeinen  rede,  in  Schriften  nicht  an' 
wtndbar,  kennzeichnet;  während  es  Aoelubc  der  vertraulichen 
tprechart  in  Ober-  und  Niedersachsen  zuweist,  zu  seiner  zeit  greift 
spucken  schon  über  ein  weiteres  gebiet  und  wird  allgemeines  uort 
der  Schriftsprache,  das  sich  an  stelle  von  speien  in  der  bedeutung 
^Speichel  auswerfen'  festzusetzen  beginnt  {vgl.  theil  lu,  l,'207(i  un(en). 
2)  spucken  ohne  nebenstnn,  von  der  entleeruni)  des  sptiehels^ 
intransitiv:  er  spuckt,  er  musz  immer  spucken; 

aber  die  jungTrau 
eilte,  Tom  sitz  auTstebend,  und  mühte  sicti  hu«i«nd  am  Teuer, 
dasi  sie  des  Tatort  pTeir  aniümleie,  welrlie  dem  greife 
schon  in  der  liertigrii  red' erloschen  war;  reichte  sie  ieixt  iha 
brennend,  und  spuckte  tIcI,  und  maclii'ein  krauses gefichtcheo» 
Voss  1,  63  (l.iusf  1.  427): 

in  Verbindung  mit  anderen  ausbrüehen  aus  dem  munde:   gleich 
der  luflrithre  alles  fremdartige  mit  unangenehmen  husten  uai 
fipuckcn  ausstoszen.  J.Paul  llesp.  l,  vorrede  vi; 
wie  er  rAu^perl  und  wie  «r  «piirki 
das  habt  ibr  ilim  glürkllch  ab|eKucki. 

ScHiLLsa  li.  2:i  (tVa<(rnil«<ii«  Itger  6)i 

mit  örtlichen  Zusätzen:  auf  die  erde  spucken  Adelung;  an  den 
buden,  «0   die  waud  tpuckcn;   er  spuckte  ins  tinimer;  all 


209 


SPUCKEN — SPÜCKN  APF 


SPÜDEN  — SPUK 


210 


anzekhen  der  trunkenheit:  er  kann  nicht  mehr  Ober  den  bart 
spucken.  Licbtenbebc  3, '5. 

3)  in  die  bände  spucken,  um  sie  für  eine  schwere  Ihätigkeit 
gefügig  zu  machen  {vgl.  in  die  bände  speien  lA«i  10, 1, 2077), 
auch  zeichen  des  gaüstetseins  zur  arbeit:  der  burscb  spuckte 
in  die  fäusle  und  nachdem  er  den  ersten  sensenschwung 
gethan,  sagie  er.  Akzekgbcbeb  5,  lU;  auch  der  weber  konnte 
vor  Ungeduld  nicht  mehr  sitzen  und  spuckte  schon  in  die 
bände  (um  einen  festgefahrenen  wagen  losmachen  zu  helfen). 
Lldwig  2,23; 

(Pervonte)  schreitet  draur  zum  werk,  spuckt  in  die  bände, 
kriecht  im  gesträuch  herum  und  bringt  so  ziemlich  bald 
sein  bündel  dürres  bolz  zusammeu.      Wielano  18,  132. 

auch  sich  in  die  bände  spucken:  hut  und  jacke  hatte  er  von 
sich  gelegt,  in  die  bände  hatte  er  sich  gespuckt,  den  spaten  an- 
gefaszt  und  zu  graben  begonnen.  Roseggeb  weltgifl  (liW3>  *.  274. 

41  spuciien,  sinnbildiich ,  zeichen  der  Verachtung,  gering- 
schätzung,  v^/.  einen  anspucken,  vor  einem  ausspucken;  einem 
oder  einen  ins  gesiebt  spucken;  frei:  er  las  immer  wieder 
in  dem  buche  and  sagte,  ein  satz  spucke  dem  andern  ins 
gesiebt.  Jensse!»  Jörn  Uhl  (1902)  s.  138;  das  ist  das  merk- 
würdige .. .  da*z  die  beiden  edelsten  dinge,  die  es  auf  der 
ganzen  weit  giebt,  diese  beiden  stolzen  und  edlen  königinnen, 
nämüch  treue  und  liebe,  sich  zankten,  und  sich  vor  wut  ins 
gesiebt  spuckten.  499;  auf  den  köpf,  den  scheitel  spucken; 
die  beiden  hielten  ein  groszes  gelage,  mich  aber  bestimmten 
sie  zu  jämmerlichem  tode,  weil  sie  mein  geschorenes  haupt 
salien,  und  die  teufel  spuckten  mir  auf  den  scheitel.  Frettag 
ahnen  1,306;  als  roher  spasz  eines  höhern  gegen  einen  niedern: 
erzählte  . . .  Ton  dem  besuch  des  czaren  Peter,  welcher  den 
pagen  zum  scherz  auf  die  frissur  gespuckt  hatte.  5, 2S0;  auf 
einen,  etwas  spucken:  man  spuckt  auf  einen  kleinen  schelm, 
aber  man  kann  einem  groszen  Terbrecher  eine  art  achtung 
nicht  rerweigern.  Göthe  36,  9S;  das  erste  produkt,  welches 
in  einer  zeitung  gedruckt  wurde,  war  ein  jesuitenlied,  dem 
es  aber  schlecht  erging;  denn  eine  konservative  nachbarin, 
die  in  unserer  stube  sasz,  als  das  blati  . . .  gebracht  wurde, 
spuckte  beim  vorlesen  der  gräulichen  verse  darauf  und  lief 
davon.  Keilbb  nachlasi  19;  als  derbe  redensart,  um  Verachtung 
auszudrücken :  ich  spucke  auf  den  kerl,  auf  die  ganze  sache. 
einem  auf  den  zopf  spucken,  ihn  grob  oder  herrisch  anlassen; 
'der  forcht  sich  nit,  der  spuckt  dem  feinde  auf  den  hut', 
fiel  mirs  ein.  als  ich  dem  braven  Sergeanten  . . .  auf  das  beisz- 
gesicht  sab.  D.  v.  Liliencbon  zehn  ausgewählte  novellen  5.  3U; 
auch  einem  in  die  suppe,  in  die  scbüssel  spucken,  um  Uim 
rur  einer  sache  ekel,  abscheu  beizubringen;  als  abergläubische 
Handlung:  augenblicklich  lief  sie  aus  dem  hause,  spuckte  wie 
ein  bauer  auf  die  schwelle  desselben,  und  lief,  wie  sie  war,  ... 
aus  der  siadt.  Killeb  werke  7,54;  sie  verstanden  auch  schäd- 
liche einwirkung  überirdischer  gewalten  durch  beschwörung 
zu  bannen,  sie  spuckten  das  schädliche  ab  oder  wiesen  ihm 
die  zunge.  Fbeytac  bilder  l,bi. 

5)  spucken,  transitiv,  mit  ace.  des  durch  spucken  entfernten: 
Adam  schüttelte  den  köpf  und  spuckte  das  abgebissene  auf 
die  erde.  Müsbb  patr,  phanl.  3,m;  er  spuckte  lauter  rosen- 
svrup,  er  piszte  lauter  pomeranzenblüthwasser,  und  seine 
windeln  enthielten  die  kösthchsten  sachen  von  der  well. 
Wieland  12, 175;  in  erweiterter  fügung,  reflexiv: 

zu  tode  mfiszt'  ich  mich  vor  gift  und  galle  «packen. 

GoTTiB  3,138; 

frei:  geld  spucken  mflssen,  gezwungen  hergeben,  auch  nur 
spucken:  der  alte  will  nicht  mehr  spucken.  Laube  5,  SO;  nach- 
dem man  goldene  funken  gespuckt  bat,  wie  eine  rakete 
(goldstücke).  Fbbttag  verl,  handsehr.  2.  142;  der  ofen  spuckt 
hitze.  auch  mit  verstandenem  objed:  der  ofen  spuckt. 

SPUCKEN,  s.  spuken. 

SPL'CKEK,  m.  der  da  spuckt.  Campb;  als  geschütznam« : 
einzelne  (der  stücke)  trugen  namen:  die  laus,  der  freszsack, 
broder  des  donners,  . . .  der  spucker.  D.  v.  Liliencron  zehn 
ausgewählte  novellen  s.  112.  mundartlich  aber  auch  spuker  der 
tpeichel.  Kbaher  idiotismen  des  Btstritzer  dialects  1. 126. 
'  SPüChlG.  adj.  mit  spucke  benetzt,  besudelt.  Campe. 

SPL'CKKASTEiN,  m.  kastenförmiger  behält^  zur  aufnähme  des 

r  ^gespuckten.  Jacuussor  4,249';  dim.  spuckkästchen.  J.  Pacl 
■n.  anhang  z.  Titan  2,  10. 
r  SPL'CKiNAPF,  m.  napf,  ausgespucktes  aufzunehmen.  Jacobsso.n 
4,149':  gieb  mir  den  spucknapf.  H.  Heine  2,  194  [mit  komischer 
außösung  der  Zusammensetzung :  ich  ...  reiche  ihr  auf  verlangen 
X.  2. 


den  napf  des  spuckes.  195);  mit  beziehung  auf  das  spucken  vor 
ekel:  kQszte  sie  ihn  nicht  auf  die  glühenden  lippen,  sondern 
auf  die  glühende  stirne,  so  dasz  sein  gesiebt  tiefer  binab- 
reichte...  signor  Barlolo!  rief  ich,  erlauben  sie  mir,  dasz 
auch  ich  mich  des  spucknapfes  bediene.  19C;  eine  gar  grosze. 
weitlauftige  dame,  ein  rotbes  quadratmeilengesicbt  mit  grübchen 
in  den  wangen,  die  wie  spucknäpfe  für  liebesgötter  aussahen. 
3,  12;  von  menschen  sieb  als  spucknapf  bergeben,  als  ekle 
ablagerungsslätte:  er  (Wittgenstein)  machte  sich  dem  könig  an- 
entbehrlich als  ^spucknapf  seiner  üblen  laune'.  Protz  preusx. 
gesch.  4,S3;  (zeüungsblätter)  welche  die  deputation,  die  dem 
deutschen  kaiser  entgegenkam,  in  ihrer  rohen  weise  damit 
beleidigten,  dasz  sie  huETten,  der  kaiser  würde  sie  als  spuck- 
napf benutzen.  Bismarci  reden  6,111  Böhm. 

SPl  DEN,  s.  sputen. 

SPUGMS,  n.  trugbild,  trug  (für  spuknis,  t.  d.  und  vgl.  ge- 
spuknis  theü  4,  i,  illO  f.),  bei  Lqtbeb:  da  jn  die  jünger  sahen 
aufT  dem  meer  gehen,  erschracken  sie  und  sprachen,  es  ist 
eyn  spugnisz.  Matth,  14, 26  in  der  septemberausgabe  von  1522 
{später  in  gespenst  geändert,  wie  auch  der  Basler  nachdruck 
erklärt:  spugnisz,  gespenscht,  vgl.  Frohm.  6,  44':  ^dvraofta 
griech.  text);  das  sie  (kOnige  und  fürsten)  glewben,  es  were 
Widder  got,  szo  man  ybn  (den  romanisten)  nit  gehorchte  in 
allen  solchen  schalkhaffligen,  listigen  spugnissen.  urrie  6, 407, 3 
Weim.  ausg.;  sihe,  solch  scbewchter  und  spugnis  ist  allis, 
was  der  bapst  ynn  der  weit  macht.  8, 170,  29;  also  ist  Salomon 
gewis  gewesen,  das  sein  trawm  von  gott  war,  nicht  ein 
spugnis.  15, 6:o,  29;  sah  grewliche  gesiebter  und  spugnisz. 
Uschr.22\';  lianac/i  &ct  Matbesius  mit  umlaut:  er  (Christus)  sei 
nur  ein   spügnusz  oder  gespenst  gewesen,  hist.  Christi  i,  IS*. 

SPUK,  m.  gespenst;  gespensterhaftes,  toUes  treiben. 

I.  geschichtliches  und  formelles.  1)  das  eigentliche  Verbreitungs- 
gebiet des  u-ortes  im  miltelalter  ist  Niederdeutschland  und  die 
Siederlande  (vgl.  J.  Gbihm  mythd.  762),  wo  es  mit  vocalen  er- 
scheint, die  auf  verschiedenen  Ursprung  zurückgehen:  mnd.  spök, 
spuk,  spoek  Scoii.leb-Lübben  4,  335';  striges  eyn  spoyk  Dief. 
nov.  gloss.  351*;  myt  dem  kleynen  spouke.  d.stddtechr.  16,204,3277 
{Braunschweig);  dazu  in  den  neueren  mundarten  spook  gespenst 
RiCBET  2S3.  brem.  wb.  4,960;  spükels  gespenst  Uähnebt  452*; 
spook,  spök  ScbGtze  4, 173.  Danneil  204';  spoikeding  gespenst 
Scbambacu  205';  ostfries.  spök  ten  Doobnkaat  Koolhan  3,2^2'; 
mnl.  spoocke,  spoocksel,  spectrum,  larva,  phantasma  Kilian 
(als  sicambrisch,  d.  i.  in  Geldern,  Jüüeh  und  Clere  gebräuchlich, 
friesisch  und  holländisch  bezeichnet);  ins  scandinavische  Sprach- 
gebiet reichend,  wo  dän.  speg,  spasz,  scherz,  seJtwed.  spöke 
gespenst,  spuk,  norweg.  spjok  gespenst  dazu  gehören,  ins  mittel- 
deutsche: sp6k  für  spuk  in  Leipzig.  Albrecbt  214';  auch  ver- 
einzelt ins  hochdeutsche ,  wo  die  wortform  kurzvocaUsch  auftritt; 
ein  allein  stehendes  gespüc  bei  Bertbold  v.  Regensbleg:  alle 
die  an  zouberle  geloubent  und  an  wärsagen  und  an  wär- 
sagerinne  und  an  lüppelerinne,  an  naiufrouwen  und  an  so 
getan  gespüc  und  an  pilwij.  2,  70, 32,  das  in  zwei  handschriften 
durch  gespot  ersetzt  wird,  kehrt,  nur  mit  diphthong  für  ein- 
fachen vocal,  als  gespeuck  im  haus  Simpl.  4,70  Kurz,  wieder; 
mit  hochdeutschem  consonantenstande  gewährt  ferner  spuch 
speärum,  phantasma  (als  neutrum)  Scbottbl  1420,  und  spuch 
neben  spuk  Stieleb  3093,  trozu  sich  ein  oberpfälzisches  spuchen 
spuken  Scbm.  2*.  655  stelU;  und  dazu  tritt  eine  mascuUne  Weiter- 
bildung spucht,  die  gemeinschaftlich  nieder-  und  hochdeutsch  ist 
und  die  eigentliche  bedeulung  des  Wortes  beleuchten  hilft:  spucht, 
was  kleines  und  schmächtiges  unter  menschen  und  Ihieren,  een 
spucht  vam  jungen,  ein  kleiner  unansehnlicher  bube.  Richet  284; 
spugt,  he  is  man  een  spugt,  er  ist  nichts  als  haut  und  bein, 
er  ist  nur  klein  und  schwach,  mit  der  nebenform  spigt  brem.  wb. 
4,977;  Sfugl,  eine  schwache  magere person.  Uäb^rrt  ibi';  ähnlich 
spucbt  ScbOtzb  4,178;  spucht,  hagerer,  dünner,  geisterhafter 
mensch.  StGie^ibkbc  3.S6*;  spucht,  spugt,  schwaches,  schmächtiges 
und  hageres,  völlig  abgezehrtes,  fleischloses  wesen,  gerippe,  geist. 
TEN  DooBNKAAT  KooLMAN  3.292*;  spucht,  uhmöchtigeT  mensch 
Woeste252'u.  j. ».;  auf  dem  bairischen  walde  der  plur.  spuchlen, 
trugbilder,  täusehungen,  pßffige  einfalle,  vorwände,  ausfluchte, 
mit  spucblel,  weib  das  nicht  mehr  schwanger  wird.  Schm.  2*,  «5«; 
rheinfränkisch  spricbten,  scherze,  späsze  Fbomm.  6,277,9.279. 
das  schwanken  in  den  vocalverhältnissen  {vgL  darüber  auch  Jahr- 
buch des  Vereins  für  niederd.  Sprachforschung  IS,  142)  hindert, 
einen  genauen  etymologischen  einblick  zu  gewinnen;  dagegen  scheint 
es  sicher,  dasz  von  den  bedeutungen  des  Wortes  die  persünUehe 
die  älteste  ist,  weil  sie  mit  grosser  übernrutimmung  in  den  nuderd. 


211 


SPUK 


SPUK 


212 


mundarten  auftritt,  und  xwar  nicht  im  sinne  der  unheimlichen, 
grauenhaften  erscheinung,  sondern  eher  mit  niedrigkomischem 
beitinn;  daher  Übertragung  auf  wesen  von  geiinger  erscheinung: 

do  eschede  Isegrim  van  er  (iler  meerknttc)  to  eten; 
he  spruk:  langet  her,  edder  ik  helpe  ju  sokeo; 
it  helpet  mi  bat  van  dessen  spoken  {iliren  kindern). 

lleinke  de  voi  6052; 

mundartlich  een  iQttk  spook  kleiner  hagerer  mensch,  een  recht 
spook  van'rdeerD,  ein  kkines  mädchen.  Ricbei  283.  vgl.  ScbCtze 
4,  nS;  'l  is  man  'd  spöük,  ein  sehr  hagerer,  geisterhafter  mensch. 
Stürerberg  254*;  vgl.  datu  düringisch  scbpuuk,  häszliche  gestalt 
Herwig  idiotismen  aus  Thüiingen  1892  s.  29".  könnte  man  er- 
weisen, dasi  niederd.  spilik  der  alte  name  für  die  aus  lumpen 
gefertigte  Schreckgestalt  gewesen  sei,  die  die  heidnischen  Sachsen 
fertigten  (de  simulacris  de  pannis  faclis.  indiculus  superstit. 
et  paganiar.  27)  und  die  sie,  um  die  bösen  geister  lu  schrecken, 
unter  lärm  und  gelöse  durch  ihre  flur  trugen  (de  siinulacro, 
quod  per  campos  portant.  ebenda  28),  so  würde  sich  der  Über- 
gang der  persönlichen  bedeutung  zu  der  des  lärmens,  getümmcls 
und  spaszes  natürlich  ergeben  und  ein  weiter  cuUurhistorischer 
hinteryrund  gewonnen  sein. 

2)  ir^nn  auch  das  worl  mit  seinem  verbum  spuken  seit  Schottel 
in  den  Wörterbüchern  der  nhd.  Schriftsprache  aufgeführt  wird,  so 
erlangt  es  doch  erst  lebendige  einführung  in  dieselbe  seit  dem 
18.  jahrh.  unter  dem  tiefgreifenden  einßuss  des  niederdeutschen 
durch  Schriftsteller  entsprechender  heimat.  noch  Steinbacb  führt 
spuck  für  gespenst,  spectrum,  phantasma  als  niedrig  mundartlich 
auf  2, 649  und  Frisch  2.  31 1'  kennt  spuk  spectrum  nur  als  nieder- 
deutsches woii.  wenn  in  der  Schreibung  des  18.  und  thetlweise 
noch  des  19.  jahrh.  spuk  mit  spuck,  spuken  mit  spucken 
wechselt,  so  will  das  nicht  schwankende  ausspräche  anzeigen, 
das  ck  ist  schreiberzug  der  zeit  für  einfaches  k  wie  in  eckel, 
mackel  für  ekel,  makel  u.  a.,  für  die  ebenso  durchgängiye  länge 
des  stammvocals  fest  steht. 

3)  einen  plural  entwickelt  das  «ort  im  persönlichen  sinne, 
mnd.  spoke  Reinke  de  vos  6052  (vgl.  die  stelle  oben  unter  l); 
mundartlich  nnd.  mit  umlaut  spok,  spuk,  gespenst,  plur.  spuke 
WüESTE  251*;  in  der  Schriftsprache  hat  sich  der  plural,  den 
Adeiünc  und  CiHPE  als  ungebräuchlich  bezeichnen,  erst  bei 
neueren  als  spuke  ergeben,  immerhin  selten,  aber  nicht  nur, 
wenn  spuk  persönlich  steht  (ll>  1)>  sondern  auch  wenn  es  spuk- 
haftes treiben  bezeichnet  (s.  II,  2). 

II.  bedeutung.  i)  spuk,  gespenst,  geisterhaftes  wesen;  als 
collectivum:  irrwiscbe  ...  und  sonst  noch  allerhand  inländischen 
und  auslandischen  spuk  in  gestalt  der  kleinen  chinesischen 
wackeiköpfe.  Klopstocr  12,328;  gewöhnlich  aber  als  einzel- 
bezeichnung :  A.  wie  machte  es  der  mann,  dasz  er  den  spuk 
wieder  wegbrachte?  J.  er  pfiff  auf  dem  finger,  dasz  es 
schmeilerle,  da  war  der  geist  weg.  383;  er  gestand,  was  er 
bisher  ausgetrieben  hätte,  möchte  wol  der  rechte  teufel  nicht 
gewesen  sein,  sondern  ein  geringerer  spuk.  Arnih  2,388; 
wenn  sie  trunken  im  schlafe  lagen,  stieg  er  wie  ein  spuk 
über  sie  hin,  schnitt  so  viel  köpfe  ab  als  er  vermochte,  und 
trug  sie  nach  Trier.  Freytac  fciW^r  1,175;  trieb  hier  ein  spuk 
sein  wesen?  Heise  noeWkn  4  (1885)  s.  94; 

weil  du  einmal  nicht  rastest, 
bU  du  des  Spukes  nameo  vernimmst. 

KLorsTOCK  2,  133; 
bioaua,  du  apuk  (qfUt  Bübetahl),   hinaus  aus  ihr  (der  well), 
wenos  dir  gefällig  ist; 
wo  nicht,  so  daure  krieg  mit  dir, 
bis  du  bezwungen  bistl      Gliib  7,  199; 
der  spuk  des  todtengribers  {gespenst  in  todtengribers  gesttU) 
grub,  was  nachher  geschah, 
um  mitternachl  zwei  grülle, 
wie  lleioz  der  küsier  sah.    IIöltt  13  Halm; 

vorige  neiijabrsaacbt,   da  es  zwölf  schlug,  wankte  sie  (ein 

mitdchen)  rücklings. 
eine  deck'  um  den  köpf,  hellweisz  wie  ein  spuk,  aus  der  haus- 
thür.    Voss  2,  112  {iäyti.  •.  133); 
auf  spring  ich  vom  llammenlager, 
und  durclis  nirrende  gemach 

stürz  Ich  fort,  der  spuk  mir  nach.    tiiiLLrtiZRR  3,43; 
und  wllls  mit  Worten  nicht  gelingen 
d«n  spuk  zu  treiben  aus  dem  haus: 
ei  nun.  wir  rdhren  gute  klingen, 
kalt  eisan  treibt  den  teufel  aus.     GiiatL  nacht.  163; 

ich  bin 
kein  gespenst,  leb  bin  kein  npuk: 
laben  kocbt  In  meinen  ädern.    11.  IIiini  18,77; 

hier  im  walde 
»cbiu  4icb  nicht,  hier  baust  kein  böser  spuk ! 

Ltiswio  I,  06; 


auch  trugbild  einet  gegenständes:  ist  dai  ein  dolch  da  vor  mir, 
der  griff  gegen  meine  band?  her,  dasz  ich  dich  packe!  wie? 
nicht?  und  doch  seh  ich  dich  immer!  verdammter  spuk! 
bist  du  denn  nicht  für  die  faust,  was  du  fürs  äuge  bist? 
BOrgeb  294"  {Macbeth  2, 5,  fatal  vision  Shakesp.).  im  plural 
{vgl.  oben  1,3):  diese  weiszen  und  schwarzen  flauen  gelten 
bei  kennern  als  die  allerechtesten  spuke,  gerade  weil  ihnen 
das  fehlt,  was  dem  laien  die  hauptsache  dünkt:  eine  ge- 
schichte.  Fontane  vor  dem  stürm  2,72;  in  Grönland  . . .  sahen 
die  Grönländer,  die  wohl  hundert  spuke  haben,  ihre  ge- 
spenster  ruhig  weiter.  161. 

2)  gebahren  solcher  geister,  mit  dem  beisinne  des  unheimlichen, 
tollen  oder  wilden  treibens:  ein  nachtwächter  sorgt  unter  andern 
dafür,  dasz  die,  welche  durch  eine  spitze  oder  scharfe  feder 
im  Zweikampf  erlegt  sind,  und  nun  als  gespcnster  umgehen, 
des  Spukes  nicht  zu  viel  machen.  Klopsioci  12,49;  er  meinte 
auf  erden  nichts  grüszlicberes,  keinen  iirgeren  spuk  in  miiter- 
nächtlicher  einbildungskraft  gesehen  zu  haben.  Arhih  kronenw. 
1,164;  um  von  den  als  geisterbanner  und  exorcisten  bewährten 
Vätern  (kapuziner)  allerlei  mittelchen  einzuhandeln  gegen  krank- 
heit  von  menschen  und  vieh  und  gegen  teuflischen  spuk. 
C.  F.  Meyer  Jenatsch  83;  eine  minute  später  war  die  erscheinung 
verschwunden,  selbstverständlich  schlug  jetzt,  zur  Vollendung 
des  Spukes,  auch  noch  die  erste  stunde  nach  milternacbt 
an  einer  entfernten  turmnbr.  Keller  7, 198; 

nun  ist  die  weit  von  solchem  spuk  {iifistererscheinunnen)  so  voll 
dasz  niemand  weisz  wie  er  ihn  meiden  soll.     Göthi  41,  314; 

mir  selber  war  vor  deren  {der  kobolde)  ipuk  nicht  bange. 

RücKiRT  165; 

der  zwergenspuk  war  um  mich  her  zerstoben.    166; 
wobi  durch  die  verbängten  fenster  wirft 
die  sonne  neugierige  bücke, 
doch  wie  sie  gewahrt  den  alten  spuk, 
prallt  sie  erschrocken  zurücke.    H.  Hei:ir  18,42; 

mit  hinüberschwanken  in  die  persönliclie  bedeiäung  (1),  isn  eollec- 
tiven  Singular: 

grabentstiegner  spuk  der  nacht, 

müssen  büszend  wir  nunmehre 

irre  gehn  in  diesen  mauern.    59; 

im  plural:  die  götter  sind  uns  stumm,  die  wunder  der  heiligen 
fragwürdig,  die  spuke  der  kobolde  und  geister  verdächtig  ge- 
worden. Arzenghdber  4,  30. 

3)  verblassung  des  begriffs  in  vtrschiedentn  ahstufungen  und 
Übergängen. 

a)  mit  noch  deutlichem  bezug  auf  die  bedeutung  2:  Hamlet 
und  seine  monologen  blieben  gespenster,  die  durch  alle  jungen 
gemüther  ihren  spuk  trieben.  Götbe  26,218;  der  nüchlliche 
spuk  war  nur  ein  verspiel  gewesen  eines  gröszeren  Schreckens, 
der  sie  jetzt  erwartete.  Keller  4, 23S;  Jocbel  zog  das  seil 
an,  und  der  spuk  verschwand  endlich  {das  treiben  dreier  als 
teufet  verkleideter  landstreicher).  7,  172;  um  dem  sflndbaften 
spuk  ein  ende  zu  machen.  345;  hätte  er  nicht  geschlafen, 
so  hätte  ihn  die  Griechin  durch  einen  spuck  scheu  geinachl, 
so  war  ihr  plan.  Scheffel  Ekkehard  (i>>8S)  354;  im  ausruf, 
kennxeichnung  eines  unbegreiflichen  Vorgangs:  während  der  zeit 
lief  das  hier  aus  dem  fasz  immer  zu,  ...  und  als  die 
kanne  voll  und  tonst  kein  plutz  da  »ar,  so  lief  es  in  den 
keller  und  hörte  nicht  eher  auf,  als  bis  des  ganze  fasz  leer 
war.  Catherliescben  sah  schon  auf  der  treppe  das  Unglück, 
spuck!  rief  es,  was  fängst  du  jetzt  an,  dasz  et  der  Frieder 
nicht  merkt?  Grimm  kmder-  u.  hausm.  273  (nr.  59). 

6)  dieser  bezug  (o)  hat  sich  verloren,  spuk  steht  nur  wi» 
unfug,  aufsehen,  Verwirrung;  schon  mnd.: 

mit  rückende  dref  ha  mannigen  spok. 

GtauARD  V.  Mif<DiN  65,30  Letitinawi; 

nhd.:  j«  du  einfältiger  tropff,  was  machest  du  uns  vor  einen 
spuck  unter  den  leuten?  caustnmacher  114;  mein  vater  emplieng 
ihn  sehr  ficundlich.  um  keinen  spuck  in  die  hochzeit,  welch« 
morgen  vor  sich  gehen  solle,  zu  machen,  t'clsenb.  3, 159;  um 
ohne  spuk  und  aufsehen  sie  im  ruhigen  besitz  ihres  reicb- 
Ibums  zu  erhalten.  Mütius  1,49  Hemi^l  {Hnbezahl  IV);  und 
doch  halten  die  jungen  fakirn  mit  ihren  lingaint  . . .  einen 
verdammten  apuk  unter  euch  anrichten  können.  Wieiand  8,  2&7jl 
{Danitchmend  31);  drei  fakirn  und  ein  kalender  . . .  riclitrteoi| 
binnen  jabr  und  tag  einen  solchen  apuk  unter  dem  guteO 
einfaltigen  vOlkchen  an,  datz  icht  nicht  langer  mit  nnseliea 
konnte.  351  {cap.  42);  er  bat  eine  vogelhecke  darunter  lunfer 
dem  hüte),  die  möchten  her^urllirgen  und  einen  »erteufellea 
tpuk  tuacbeo;  denn  et  tind  lauter  lote  vOgel.  Gotbk  25,  S62; 


213 


SPUKBEDÜRFNIS  —  SPUKBILD 


SPUKDING— SPUKEN 


214 


als  zur  weit  die  tochter  kam, 
o  dasz  ich  nicht  gleich  ihr  das  leben  nahm! 
ich  nahms  ihr  nicht,  folgte  nicht  meinem  ahn; 
nun  hat  sie  mir  diesen  spuk  gethan. 

RccEERT  Firdmi  1,  179. 

c)  in  andern  fallen  hat  sich  die  bedeutung  des  lebhaflen,  lauten, 
lirmenden  treibens  ergeben:  spuk  etiam  quemvis  tumuUum,  con- 
fusionem  et  turbam,  ilem  quicquid  horridum  aspedu  est.  denotft. 
es  ist  ein  greulicher  spuk,  foedum  est  spertaculutn.  Stieler  2094; 
einen  eutseizlichen  spuk  machen.  Adeldsg;  das  war  ein  spuk. 
ebenda;  in  der  Altmark  maok  nich  so  Täöl  spok,  mache  nickt 
M  viel  lärm.  Danreil  204^ 

fanz  abgegchlossen  von  des  lichtes  strahl  (bricht  die  perle) 
aont  ich  den  spuk  nicht  drauszen  vor  dem  bause. 

.  .    .  ,   ,  RCCIKRT  151 ; 

der  iracbter  auf  den  zinnen 

treibi  gar  gewaitgen  spuk. 

siebt  gar  wohl  gaste  kommen? 

er  sclireit:  guck,  guck,  kukuk:     Giillfiizir  1,60; 

oder  des  vernunftlosen,  leeren  gebahrens:  der  alte  spuk  mit  den 
Hohenstaufen  und  iüren  Termeintiichen  anbängero.  Abkih 
krönen».  1,  218; 

der  Togel  sieht  io  grosier  ruh 

dem  spuk  von  seinem  bäume  tu; 

sagt  nicht  ein  wort,  bis  mantel,  kragen 

und  warams  und  wange.   bart  und  haar 

sich  Hans  zerfetzt  hat  ganz  und  gar. 

V\"i«la;«d  18,  379; 

eU  toller  spuk  charakterisiert:  immer  wieder  störte  er  (rt«Jk) 
den  lesero  ihren  glauben  durch  willkürliche  einfalle  und  un- 
mögliche erfindungen  oder  gar  durch  den  schlechthin  un- 
poetiscben  spuk  des  tollhauses.  Treitscbke  d.  gesch.  3,695; 
lasz  nur  den  tollen  spuk  der  zeit  rorüber  flirren ! 
ergötzen  kann  er  dich,  er  kann  dich  nicht  verwirren. 

RCcKBiT  userke  4.  140  bölime; 
was  während  eines  mondes  kurzer  dauer 
von  tollem  spuk  und  schrecklichem  geschehen, 
merkwürdgem  wagnis  und  rucliloser  (hat 
die  zeiuing  brachte.     Kkllii  10.  148; 

landschaßliih  niederdeutsch  auch  in  die  bedeutung  der  winkel- 
te, hindernisse  übergegangen:  einem  vielen  spuk  machen. 
Adblcnc,  nach:  maak  man  nig  veel  spooks,  mache  nur  nicht 
fiele  krumme  spränge,  brem.  u-b.  4,  961. 

d)  auf  grund  komischen  beisinnes  der  bedeutung  2  ergeben  sirh 
tmdere  antcendungen ;  so  der  einer  eigenartigen  belhätigung  der 
§edanken-  und  gefühkweU,  gebaliren  als  ^närrischer  kert: 

bab  immer  meinen  spuk  für  mich, 
und  ist  mir  wohl  dabeyl 
kalmäusre  bald,  bald  wälz'  ich  mich! 
bald  ^ins  ^efrohnt.  bald  frey! 

b.  ScBiiDT  im  Leipz.  almanach  der  deutschen 
muten  1779,  s.  251 ; 

ifferei,  neckerei:  mit  einem  seinen  spnk  treiben;  aber  indem 
■ie  so  vermutben  und  wir  uns  so  stellen:  so  haben  die 
•eblauen  Tögel  in  der  Stadt  ihren  spuk  mit  uns.  Möseb  palr. 
fikant.  4, 169;  besonders  hatte  Fortunato  sich  diesen  abend 
mehrere  mal  verkleidet  und  trieb  fortwährend  seltsam  wechselnd 
■innreichen  spuk.  Eicbendobff  3^133; 

nun  gebt  der  rechte  spuck  erst  an. 

PFKFriL  poet.  tert.  1,  69; 

besonders  von  ertdhltem  oder  son^  berichteten  abenteuern,  spasx: 
lasz  dir  den  spuk  erzählen.  Lenz  1,175;  etwas  viel  bessers 
giebts:  ein  informator  zu  werden  in  Auenthal  .'. .  und  den 
ganzen  spuk  drucken  zu  lassen.  J.  Paci.  unsichtb.  löge  1,103; 
die  ganze  geschiebte  werde  wohl  ein  leer  gerede  sein,  ein 
•pok.  wie  ihn  mSgde  oft  anstellen.  J.  Gottbei.f  Uli  der  knecht  Z0\  ; 
viel  lächerlichen  spuk  ...  erzählen.  Keller  1,73; 

ein  giengen  zum  saale  die  püppchen  schmuck, 
traten  zuoa  mond  und  erzählten  den  spuk. 

RccKiRT  Fiideti  1,159; 

$dbsi  tu  den  tinn  eine$  unerquicklichen  Vorgangs,  einer  Idstigen, 
ärtxkenden  sache  umgeschlagen: 

Z,  zwar  sagt  mein  gewissen, 
dasz  Ich  beut  auf  krummen  wegen  bin. 
W,  ach.  Jariraril    bei  ihren  küssen 

schlägst  du  den  spuk  dir  bald  aus  dem  sinn. 

KöR!<iR  nachlwichter  8.  auftr.; 

ei  wir  ein  spuck,  wenn  mirs  mit  diesen  Türken  Teblte. 

K6CKIRT  12.  216. 

SPÜKBEDÜKFiMS,  n.:  mädchen  in  den  spinnstuben  . . . 
>j'il  spuk-  und  gespensterbedürfnis.  t  ürtaiie  vordemsturm  1,94. 

SPLKBILD,  n.,  bild,  welches  einen  spuk  darstellt,  erscheinung 
gespensterhafter  wesen:  dort  am  walde  ■ . .  hören  wir  schon  die 
klosterglocken  wieder,  da  müssen  die  spukbilder  weichen. 
Aleiis  hosen  des  herrn  v.  Bredow  112. 


SPCRDING,  SPCKEDING,  n.  gespenstiges,  spukendes  vesen 
(vgl.  ding  9.  d.  theil -2.  sp.  Ilf>3);  niederdeutscher  volksausdruck, 
spoikeding.  in  Lij^pe- Detmold  spökeding.  Schajjbach  2'i5';  'du 
siehst  ja  aus,  als  hättest  du  ein  gespenst  gesehen!'  wie  so'n 
spukding  war  er  {ein  mann}  auch  anzusehen,  sties?.  Jochen 
heraus.  L.  Hbsekiel  Nürnberger  tand  2,226;  und  eure  Regen- 
trude  ist  ein  spukeding,  ein  hirngespinst,  ein  gurnichts. 
Stor>«  2,  220. 

SPUKEN,  verb.  als  spuk  umgehen;  spuk  treiben. 

1)  das  verbum  schliesit  sich  in  beiug  auf  ursprüngliches  Ver- 
breitungsgebiet und  erweiterung  desselben  in  der  neueren  Utteratur- 
spraehe  dem  zu  gründe  liegenden  subst.  spuk  {sp.  210)  eng  an; 
tu  frühest  ist  es  bezeugt  mnd.  und  mnl.:  spoken,  spoicken 
Schillbr-LCbbes  4,336*,  von  wo  es  sowol  ins  scandinacische  als  ins 
hochdeutsche  Sprachgebiet  reicht,  und  dänisch  als  spoge,  umgehen 
wie  geister,  auch  spasien,  scherzen,  schwed.  spöka  spu'en,  um- 
gehen, mundartlich  hochdeutsch  mit  regelrechtem  eonsonanten- 
stande  in  der  Oberpfalz  als  spucben ,  es  spncht  {geht  um) 
ScH«.  2',  65.1  auftritt;  Schottel  1420  bietet  spüchen.  Stieler  2094 
spuken  und  spuchen.  allgemein  in  die  Schriftsprache  aufgenommen 
wird  das  wort  erst  nach  der  mitte  des  18.  jahrh,  in  der  form 
spuken  mit  niederdeutschem  consonantenstande,  während  nieder- 
deutsche umgelautete  nebenformen  sich  nicht  einbürgern,  von 
letzteren  erscheint  das  an  mnd.  sp6k  angelehnte  spuken  ver- 
änzelt  ton  Schriftstellern  niederdeutscher  heimat  des  16. 17.  jahrh. 
herübergenommen:  und  hören  sagen,  wie  die  herren  erschlagen 
und  es  greulich  auf  dem  schlösse  spöken  solte.  He!(!<e!(rerger 
preusz.  landtafel  (1595)  s.  47;  dieser  ertrunkene  mansch  oder 
vielmehr  ein  gespenst  in  seiner  gestalt  hat  etliche  tage  her- 
nach schrecklich  gespöket  in  und  neben  dem  schiffe  in  der 
see.  AxDERSER  Orient,  reisebeschreib ung  herausgeg.  von  Olearius 
(1696)  4%^  das  auf  die  form  spdk  zurückgehende  spuken  dringt 
im  18.  jahrh.  ziemlich  häufig  in  die  Schriftsprache,  um  nachher 
wieder  gänzlich  aus  ihr  zu  verschwinden ;  bei  Fbiscb  einer  etymo- 
logischen ansieht  zu  lie'>e  spiken  geschrieben,  mit  ausdrücklichem 
Zeugnis  für  die  herkunft:  spiken,  ein  nidersächsisches  wort, 
so  mit  dem  lateinischen  spectrum  verwandt  ist,  wird  von 
gespensten  gebraucht.  2,301'  {neben  spuken,  spuken,  opparere 
h(  Phantasma.  302*).  die  Schreibungen  spucken  und  spucken 
/ur  spuken,  spuken  begegnen  bis  in  das  19.  jahrh.  hinein  nicht 
unhäufig,  soijar  im  reime  (angeschickt :  spuckt :  erblickt  Wibland 
4,125.  rucken:  spucken  der  junge  Göthe  3,'Oi,  s.  die  belege  unten), 
doch  beweisen  sie  ßr  die  kurze  ausspräche  des  stammroeali  so 
wenig  wie  die  uhreibung  spack  für  spuk  {tgL  spuk  1, 2,  oben 
sp.  211). 

2)  die  bedeutung  knüpft  zunächst  an  den  persönlichen  sinn  von 
spuk  (II,  1)  an,  als  gespenst  umgehen,  sein  wesen  treiben,  es  ist 
begrifflich  gleich  mit  dem  süddeutschen  geisten  (7,  s.  theil  4, 1 
sp.  2743)  und  geistern  (1,  ebenda  2751);  tn  unumgelauteter  form, 
auch  in  der  Verbindung  spuken  gehen:  ein  geist  in  gestallt 
eines  alten  bagern  mannes  spuckt  im  hnuse,  spectrum  senex 
macie  et  squalore  confectum  in  aedibus  apparet.  Steikbacb  2,649; 
in  einem  hause,  wo  vierzig  tausend  geister  spukten.  Wielaüd 
12,193  {Sylv.  V.  Rosalva  i,6,\);  dasz  derjenige,  welcher  einen 
gränzstein  verrückt,  oder  einen  falschen  eid  schwört,  oder 
seinem  hofe  etwas  vergiebi,  spuken  gehen  müsse.  Miser  werke 
7(l79S),  333;  die  verstorbene  frau.  sagt  man,  spuke  im  bause. 
Campe;  aus  seelenangst  nickte  ich  unbedingte  Zustimmung  bei 
jedem  salz,  womit  der  spukende  doctor  {das  gespenst  eines  ver- 
storbenen) die  absurdität  aller  gespensterfurcht  bewies.  H.  Heine 
1,54;  auch  ich  war  schon  dem  büsen  zauber  verfallen,  der 
in  solch  einsamen  gewässern  spuken  geht.  Storii  2, 70; 

schon  spuckt  die  wetsze  Trau ,  und  wahrsagt  das  verderben, 
und  jemand  aus  dem  scblosz  musx  in  dem  jähre  sterben. 

Zachiriä  ued.  (1761)  281; 
sie  schwatzten  diesz  und  schwatzten  das, 
vom  reuermann  und  ohnekopT. 
vom  amtraann.  der  im  riorfe  spukt, 
und  mit  der  Teuerkette  klirrt, 
weil  er  nach  ansehn  sprach  und  geld. 

ilöLTT  3*  Halm; 
so  schauderstiftend.  schaudervoll 
sie  selbst,  ihr  Schemen  spucken  soll ! 

Stolbrrc  5.  271; 
wenn  feiater  spakSD,  geb  er  seinen  gang. 

GOTHI  41,  SU{ 

was  spukst  du  hier,  du  wonkendes  gespenst, 
Erebscher  schatten,  kraftlos,  sinnbeiäuut? 

UhL4RD  ged.  915: 
ich  glaub,  da  thut  noch  einer  spuken  (Wn  lotei). 

KiLLiR  9.  250; 

U* 


215 


SPUKEN 


SPUKEN 


216 


tn  wUsiger  »nwendung  auf  nne  lebendige  Schreckgestalt:  zwischen 
hier  und  Oszoabrück  . . .  liegt  ein  meyerhof,  in  weichem  eio 
altes  fräulein  spukt,  vor  dreiszig  jähren  mag  sie  den  reisenden 
gefsbrlich  gewesen  sein;  nun  ist  sie  ihnen  nur  schrecklich. 
Kabeneb  4,  IM;  in  bildern  und  vergleichen:  ich  weisz  es  leider 
gar  wohl,  dasz  das  stubengeipenste  der  gelehrten  auch  bei 
iliueo  spucket.  Heiske  bei  Lbssing  i3,  44u:  wenn  TerrStherey 
und  hofgunst  unter  seinen  nächsten  anhangern  wie  unwider- 
stehliche gespenste  spuckten ,  —  immer  war  sein  (Coliguys) 
mulh  ungetrübt.  Schii.ier  9,367;  (in  einem  Hede  aus  des  knaben 
«underhorn)  spukt  eigentlich  nur  der  Halberstadter  grenadier. 
GuTBE  33, 198;  so  ganz  leere  norte,  wie  die  von  der  decom- 
position  und  polariialion  des  lichis,  müssen  aus  der  physik 
hinaus  wenn  etwas  aus  ihr  werden  soll,  doch  wäre  es  mög- 
lich, ja  es  ist  wahrscheinlich,  dasz  diese  gKspenstcr  noch 
bis  in  die  zueyte  bilfte  des  Jahrhunderts  hinüber  spuken. 
50,130;  ihre  (der  winkelpropheten)  art  spukt  indes  ab  und  zu 
immer  noch  um  jenen  heig  herum.  Keller  6,  4tl;  so  schlimm 
sind  wir  daran,  die  wir  zu  früh  den  aufreihenden  beruf  er- 
wählten, junge  witwen  zu  trösten,  deren  lote  männer  noch 
unbegraben  umherlaufen,  unser  lohn  ist,  selber  vor  der  zeit 
als  tute  männer  zu  spuken.  Ludwig  4,  2S9. 

die  umgelautete  form  spuken  ersclieinl  hier  in  der  Schriftsprache 
früher  als  spuken,  doch  nur  in  quellen  bis  ende  des  IS.  ;a/irA. ; 
hätte  geglaubt  er  wäre  schon  tudt,  und  fienge  schon  an 
urobzugehen  oder  zu  spftcken.  Cbr.  Weise  erm.  180  Braune; 
der  bauer  hat  durchgehends  den  . .  .  aberglauben,  dasz  der- 
jenige ewig  spuken  gehe,  der  neue  pflichten  auf  seinen  hof 
nimmt.  Moser  patr.  phant.  2,  294;  (stadte  wo)  die  einwohnen 
gespenstern  glichen,  die  in  diesen  verödeten  gemäuern  spukten. 
Wieland  6,  22;  die  geister  ihrer  personen  (gestalten  des  dramas) 
spucken  noch  immer  um  mich  her,  und  schweben  mir  auf 
jedem  blatte,  das  ich  lesen  will,  Tor  äugen.  Ebbrt  bei  Lessing 
13,  375;  die  scele  ist  also  noch  jetzt  gleichsam  das  ge- 
spenst,  das  in  der  zerbrechlichen  hätte  unsers  körpers  spUkt. 
Lichtenberg  1  (litOu),  156; 

ein  schnrarm  autoren  spukte 

um  des  Kozjtus  raod.      Scuillkr  1,207. 

3)  w  dieser  bedeulung  auch  unpersönlich  und  allgemein  es 
spukt:  es  spukt  an  dem  orte,  lorvae  grassantur  in  eo  loco, 
oeuUs  occurrunl  daemonia.  Stirler  2094;  es  gab  in  ganz  Weins- 
berg fast  kein  haus  mehr,  worin  es  nicht  spukte;  ein  polter- 
geist  begann,  so  zu  sagen,  zur  cinriclitung  einer  ordentlichen 
wirthschaft  zu  gehören.  iMMERMiNN  Münchh.  2,  [60 ;  ich  ver- 
sichere sie,  es  spukt  hier.  Gutzkow  riUer  v.  geisl  6,201;  es 
spukte  wahrlich.  Kelleh  7,196; 

das  teufelspaek  es  fragt  nach  keiner  regel. 
wir  sind  so  klug  und  dennoch  8pul<t'8  in  Tegel. 

GöTUK  12,217; 

dasz  es  allda  am  hellen  tage  spuckte.  Avantür.  i,B't. 

4|  das  ruhelose  umgehen  und  wandern  eines  gespenstes  ist  über- 
tragen auf  Vorstellungen,  phantasiegebilde,  die  in  den  köpfen  der 
menschen  umgehen,  ihr  tvesen  treiben;  nd.  idt  spöket  cm  im 
koppe,  er  ist  nicht  richtig  im  köpfe,  brem.  wb.  4,  9t)l ;  he  snakket, 
as  wen't  spuket,  er  fiVirt  seltsame  und  wunderliche  reden,  ebenda; 
luerst  von  Adelung  auch  hochdeutsch  aiiff/e führt:  es  spuckt  in 
seinem  köpfe,  er  hat  erscheinungen,  es  ist  mit  seinem  verstände 
nicht  alltu  richtig;  in  eurem  köpfe  mus/.  es  wunderlich  spuken, 
ich  sehe  nichts.  G0tbe14,  200;  das  bild  wird  ausgeführt:  die 
gegenwart  so  vieler  tausend  rüstigen  menschen  in  dieser  gegend 
wird  nur  noch  in  den  köpfen  einiger  alten  lente  spuken.  19,3; 
bald  spukte  die  halbe  weit  in  seinem  guten  gedäclitnisse.  111; 
er  findet  sich  mit  einem  mahler  zusammen,  . . .  wie  dergleichen 
viele,  in  der  offnen  uelt,  mehrere  noch  in  romanen  und 
draraen  umherwandeln  und  spuken.  22,124;  sie  glaubten  daran 
(an  meinen  stücken)  ein  panier  zu  sehen,  unter  dessen  vor- 
schritt alles,  was  in  der  Jugend  wildes  und  ungeschlachtes 
lebl.  sich  wühl  räum  machen  dürfte,  und  gerade  dir  besten 
krtpfe,  in  denen  schon  vorläufig  etwas  ähnliches  spukte, 
wurden  davon  hingerissen.  26,  2()6;  dasz  seine  gesinnungen  . . . 
in  der  neuern  zeit  als  theoretische  grundmaximen  fortspuken. 
86, 2tS;  um  dieses  expeiiment,  welches  nun  auch  schon  über 
hundert  jähre  in  der  geschichte  der  farbenlehre  spukt,  Ins 
tu  werden.  50,  M7;  ich  mu*z  mich  darauf  gefaszt  machen, 
wie  auch  auf  manches  andere,  was  dir  im  köpfrhen  und 
herzen  spuken  mag  in  Helttnens  briefen  1,339;  mit  benanntem 
lubjed:  ob  t%  wirklich  noch  Jesuiten  ^iebtT  manchmal  will 
es  mich  bedOnkeo,  tla  Mi  ihre  txistcnz  nur  «ine  cbimäre, 


als  spuke  nur  die  angst  vor  ihnen  noch  in  unsern  köpfen, 
nachdem  längst  die  gefahr  vorüber.  H.  Heine  2,43;  das  könnte 
ich  vollends  brauchen,  wenn  sie  den  ganzen  morgen  mit  lesen 
zubrächte  und  solche  romanideen  im  köpfe  trüge,  wie  ich  schon 
welche  habe  spuken  sehen.  W.  Haukf  10,92  Hempel  (bettlerin  31); 
gott  gebe,  dasz  solcher  greuel  nur  in  den  welschen  köpfen 
spukt!  C.  F.  .Meter  Jenaisch  Ify,  das  mädchen,  der  kindskopf, 
spukte  mir  plötzlich  durch  alle  meine  gedanken.  Tu.  Stobm 
ges.  Schriften  10  (1877),  27;  ein  geist  der  unbotinäszigkeit  spukt 
in  den  köpfen.  Fontare  vor  dem  stürm  3,6; 

noch  spukt  der  babylonsche  thtirm, 

sie  sind  nicht  zu  vereinen!     Götiii  2,  244; 

auch  in  umgelauteter  form  während  des  is.jahrh.:  zu  der  zeit 
wo    das    physiognomische   unwesen    in    Deutschland    spukte. 

LiCHTI.MlERG    2  (1801)   t.  IV; 

das  schönste  bild,  das  je  die  rnntasie 

der  liebe  mahlen  half,  stand  ilzt  vor  seiner  stirne  — 

was  sag  ich?  füllte  sein  hetz,  und  spukt  in  seinem  gehirne. 

WlBLANn  4,87  (n.  Amaä.  3,  16); 
Indtssen  war  nun  alles  angeschickt, 
die  Schwestern  tu  suclieo,  von  denen  die  gute  Üindonette 
■och  immer  im  kopT  des  brennbaren  ritters  spukt.    125  (6, 9); ' 
mädchenschalkheit  ipiiekt  ihr  im  gehirne.    Gotti*  1.335. 

5)  Übertragung  dieses  spuken  auch  auf  menschen  selbst,  di» 
sich  in  unheimlicher  art  herumtreiben:  eine  alte  l)ucklige  Zigeu- 
nerin.., die  nicht  ohne  Ursache  in  dieser  gegend  herum 
spukte.  Wieland  11,227  (Syh.  v.  Bosalva  1,3,6);  unter  deri 
hausthüre  spukt  ein  kerl  des  ministers,  und  fragt  nach  dem 
geiger.  Schiller  3,408  (kab.  u.  liebe  2,4);  nun  besprachen  wir^ 
wiederholt  mit  unsern  guten  hausleuten  das  manüver  gegen 
die  nachzügler:  denn  schon  spukte  das  geschmeisz  hin  und 
wieder.  Göthe  30, 119; 

ein  alter  satyr  spukte 

um  meine  muse,  die 

umherzog,  und  hegukte 

durch  eine  brille  liistern  sie.    Schills*  1,350; 

auch  hier  unpersönlich:  sieh  dich  vor,  hauptmann!  es  spukt! 
ganze  häufen  böhmischer  reuter  schwadroniren  im  bolz  herum. 
2,97  (räuber  2,3); 

potz!  da  liegts  wie  alpen  schwer  auT  allen, 
närrisch  spukts  nm  unsern  amtroann  her.    1,193; 

vgU  auch  herum  spuken  theil  4,  2,  5p.  1182. 

6)  weitere  bedeutungen  haben  sich  mundurtlich  niederdeutsch 
ergeben  mit  geringeren  ausstrahlungen  in  die  Schriftsprache ;  so 
nach  dem  subst.  spuk  II,  3,  c  (sp.  2i3)  die  des  lauten  gebahrens, 
lärmens,  tobens:  niederd.  spoiken  grossen  lärm  machen.  Scbah- 
BAcn  205';  ostfries.  spöken,  runuiren,  lärmen,  toben,  rasen,  heftig 
brausen,  stürmen.  TtN  Ooornkaat  Koolman  3,283*;  spök'n  gnhn 
von  unruhiger  see.  Lüpkes  .««^mannjsprae/i*  1,233;  rhein fränkisch 
spöken,  spuk  machen,  sich  ungebärdig  stellen,  lärmen.  Fromm. 
6,280,42;  spnken,  lärmen,  toben,  sonst  spöken.  5,520,5,  was 
sich  auch  Schriftdeutsch  vereinzelt  leiyt:  als  vor  kurzem  der 
berühmte  Paracelsus  Gompel  von  seinen  gegnern  nicht  ritler- 
mäszig  erlegt,  sondern  auf  gut  irokesisch  so  war  zersiümmelt 
worden,  dasz  er  vor  aller  weit  äugen,  glied  bei  glicd,  d;ilag: 
konnten  seiner  gleichwohl  drey  nachlwäcbter  nicht  herr 
werden,  so  gewaltig  spukte  er,  und  schrie  immer  dabey:  ich 
bin  aber  noch  nicht  erlegt!  Klopstock  12, 30; 

hött  er  nicht  hinter  seinem  rucken 

hören  mit  klappern  und  schellen  spucken. 

äer  jithi/r  GOTHI  3,  703; 

übertragen  auf  seelische  zustände,  Wallungen  im  blut,  wofür  auch 
das  sinnverwandte  rumoren  (theil  8,  tp.  1485)  gebraucht  wird: 
nd.  de  wien  spöket  em  im  gOvel,  der  wein  ist  ihm  tu  kopfi 
gestiegen,  brem.  wb.  4,  9i>t ; 

sein  li'il'srzt,  ein  studirter  berr, 

mit  knotigier  perüke. 

srgumenilrte  olui  betchwer 

auü  Hippokral  und  Zeltut  her. 

wo'i  lliro  gniden  »pOke.    Scrillir  1,251t 

urnhnherr  war  der  »chöntten  hold, 

da»  rpukt  so  hin  und  wieder.    (iöTHi  4,  3ü3; 

•o  spukt  mir  schon  durch  alle  gliedür 

die  herrliche  V\'alpurgl«ii«cht.     12,  192. 

die  bedeutung  des  sinnlosen,  unüberlegten  gebrauches  und  Ver- 
fahrens: mit  dem  vüer  spöken,  unvorsichtig  mit  dem  ftuer 
umgehen,  mit  drin  gelde  spöken,  das  geld  versehwenden,  brem, 
wb.  4, 9i'>l;  in  der  Altmark  mit't  für  spöken,  mit  dem  feuer 
spielen  und  unvorsichtig  umgehen.  Dannkil  204*;  holttciunch  >ipOk 
nig  mit  dem  für,  gehe  mit  dem  feuer  vorsichtig  um.  .sciii  rzg 
4,173;  in  Pcmmern:  mit'n  gelde  spöken,  sein  geld  mit  geiäusek 


217 


SPUKENELLE  —  SPÜKGESTALT 


verthun,  mit'n  für  spöken,  unvortichtig  mit  dem  feutr  umgehen 
Dähnkrt  452',  ist  nur  nitderdeutsch  geblieben,  eigenthümlich  ist 
ein  unpersönltches  spuken  für  nicht  von  statten  gehen,  hindernis 
haben:  jetzt  galt  es  uns  beide  fortzuschaffen,  aber  damit 
spukte  es,  kbentgeschicJUe  eines  bad.  Soldaten  (Heidelberg  l%6i)  i4; 
es   li;iperle  und  spukte  selir.  s.  30.  —  vgl.  vorspuken. 

SPUKENELLE,  /.  in  der  gaunersprache  das  gespenst,  be- 
sonders der  gehilfe  des  sefelgräbers  {vgl.  oben  theil  10,1,  jp.  81), 
welcher  den  beschworenen  geisl  und  schatihüter  macht.  A»e- 
Lailemamt  4. eio. 

SFLKEREI,  f.  das  gespukt,  vielfältiges,  anhaltendes  spuken, 
mnd.  spökerie  Schiller -LObbbh  4,336*,  in  umgelauteter  form 
uiich  dem  niederdeutschen  spökerije  (brem.  »6.4,961),  spökerij 
(Däbnert  452')  als  spükerei  vereinzelt  seit  dem  16.  jahrh.  auch 
in  der  Schriftsprache  auftauchend:  man  hört  auch  bei  ihm  (dem 
heiligen  meer)  und  um  dieses  wasser,  Tiel  fremder,  seltsamer 
spükerei,  auch  heulen  und  schreien,  besonders  bei  der  nacht. 
Tbürneisser  von  wassern  (1572)  372;  eine  vermeynie  spöckerey, 
rockenphilos.,  i.  hundert  (170T)  286;  auch  als  spükerei:  wie  denn 
andre  im  hanse  sich  auffhaltende  von  fielen  vermerckten 
spückereyen  zu  reden  wüsten.  J.  PRiiORiüS  anthrop.  plut.  1,370; 
es  trägt  sich  so  offt  das  und  jenes  so  seltsam  zu,  dasz  dessen 
gedancken,  der  es  ansiehet  oder  höret,  nicht  anders  geführet 
werden  können,  als  auff  leuffelische  spückerey.  rockenphilos., 
4.  hundert  (1707)  s.  2SC;  bei  Stieler  ohne  umlaul  in  der  später 
üblichen  form  verzeichnet:  spukerey,  das  spuken,  rtsio,  visus 
nocturnus,  apparitio  phantasmatis,  occursus  seu  occursatio  umbrae, 
vel  simulacri  noctivagi,  2094;  seitdem  hat  man  zwar  in  dieser 
gegend  oft  im  finstern  einen  kuss  gehurt;  aber  niemals  ge- 
glaubt, dasz  es  eine  spukerei  der  Sylika  sey.  Moser  «erke 
2.  358;  es  (das  schlosz)  stand  im  rufe  arger  spuckereien. 
MöRiiE  2.21;  in  der  bedeutung  ^glauben  an  spuk':  sie  (unsere 
nordischen  vorfahren)  muszien  sich  daher,  besonders  als  die 
christliche  religion  ihre  götterlehre  verdunkelte,  in  ihrem  vor- 
trage, mit  einem  lirben  gölte,  und  einem  bösen  geiste,  oder 
mit  ein  bischen  spukerey,  behelfen,  Moser  7,332;  wie  ich 
ihnen  einen  Vorwurf  über  ihre  thörichte  spukerey  machte, 
riefen  beide:  o  wir  mügten  um  aller  weit  nicht  die  nachrede 
haben,  dasz  wir  uns  etwas  zugeeignet  hätten  was  uns  nicht 
von  rechts« egen  zukäme;  und  so  war  ihre  ganze  spukerey 
der  kurze   symbolische    ausdruck    des  edelsten  gefülils.  334. 

SPUKFEST,  adj.  fest  gegen  spuk,  geistererscheinungen:  das 
offen  stehende  scheunenthor,  vom  winde  gerüttelt,  knirschte 
und  stöhnte  heiser  über  den  öden  hof,  und  so  spukfest  ich 
mich  glaulite,  schien  es  mir  dennoch  zuträglich,  das  unheim- 
liche revier  zu  verlassen,  P,  Heyse  ges.  werke  7  (1885)  94;  spuk- 
fest wie  ein  kind  im  mutterleibe,  im  Par.  2, 181, 

SPLKFREIHEIT,  /,  freiheit  für  das  spuken:  in  den  zwöften  . . 
sollen  kobolte,  wehrwölfe,  verbannte  gespenster,  und  anderes 
ongethüm.  besonderer  spukfreiheit  genieszen,  Voss  2,  335. 

SPUhGEIST,  m.  spukender  geht,  gespenst:  so  unangenehm 
für  den  grundherrn  das  gespilde  seines  Schlosses  mit  dem 
nächtlichen  ungeihüm  war,  so  vortheilbaft  war  ihm  der  spuk- 
geist  in  rücksirht  der  groszen  Sicherheit  vor  dieben.  McsÄus 
2,75;  gebannte  spukgcister  scharrt  man  häufig  in  ihnen 
{Schluchten,  welche  teufelsküchen  heiszen)  ein.  Lboprecbtiiig  aus 
dem  Lechrain  113. 

SPUKGESCHICHTE,  f.  geschichte  von  eitiem  spuk:  (er)  ver- 
meinte, die  Spukgeschichte  sei  leeres  geschwätz.  McsÄus  2, 76; 
jetzt  erst  vertrauete  er  die  Spukgeschichte  seinen  gefährten, 
J.  Pacl  bei  Campe;  wir  müssen  uns  ,..  in  den  fall  versetzen, 
wo  in  einem  hause  gebildeter  leute  ein  gespenst  gesehen 
worden  ist,  oder  gar  eine  fortgesetzte  spuk-  und  geister- 
geschichte  rumort  hat.  Kellkr  7,106;  der  sich  troti  seines 
Luthertums  einen  starken  glauben  an  spuk-  und  gespenster- 
geschichten  bewahrt  hatte.  Fontaub  vor  dem  stürm  t,70. 

SPUKGESICHT,  n.  erscheinung  eines  spuks:  (ein  kind)  das 
aus  gespensterfurcht  in  ein  helles  zimmer  flicht  und  ins  licht 
•larrt,  um  links  und  rechts  keine  spukgesichter  zu  erblicken. 
Heise  kinder  der  weit  2,217. 

SPUKGESPENST,  n.  spuk  treibendes  gespenst: 

nicht  werden  larven,  ungesialten, 
nicht  spukgetpenster  her  und  hin 
vor  dir  die  wirren  tanze  halten. 

laMBRiA.iN  13,  188. 

JPüKGESTALT,  f.    spukende   gestalt,    gespenst:    eine    art 
ik-  oder  sagengestalt,  etwa  wie  der  KObetahl.  AüZENeBOUKa 
3,260; 


SPUKHAFT  — SPUL  218 

der  pfarrer,  der  auTs  tanzen  schalt, 

und  filz  und  wuchrer  war, 

steht  nun  als  schwarze  spukgestalt 

am  Dächtlicben  altar.      IIöltt  188  Halm; 

to  Oiebe  nur,  ja  stiehl  dich  immer  fort, 
ich  martre  dicti  in  tausend  spukgestalten! 

MöaiKB  maier  Hollen  1,  177. 

SPUKHAFT,  adj.  und  adv.  spuk  in  sieh  schliestend,  mit  tpuk 
verbunden,  gespenstisch,  mnd.  sp6kaftich  spuk-,  gespensterhaft 
Schiller -LCrber  4,  33C';  niederd.  spükhaftig.  was  einem  §t- 
spenste  oder  dem  spuken  ähnlich  ist,  spökhaftig  uut  Seen,  ein 
seltsames  ansehen  haben,  spökhaftig  gaan,  mit  magern  beinen 
und  wankenden  füsxen  einher  stolpern,  brem.  wb.  4,  961 ;  spöök- 
haftig,  spOükachtig  spukartig  StCrenborg  254';  grauwelijk  un 
spaukachtig  niederd.  bauernkom.  15  Jellinghaus;  noch  bei  Caipb 
in  der  form  spükhaftig  als  nur  dem  niederdeutschen  eigen  ver- 
zeichnet, in  der  Schriftsprache  des  19.  jahrh.  als  spukhaft  sehr 
gebräuchlich  geworden :  (ich)  habe  noch  nicht  das  geringst« 
spukhafte  weder  an  dem  papier  noch  an  mir  bemerkt  W.  HAorr 
7,  26  (mem.  des  satans  1,  4);  es  schien  mir  fast,  als  ob  die  be- 
griffe treue,  ehrlichkeit,  Wahrheit  gegenüber  dem  Staate  ordent- 
lich gespensterartig  würden  und  spukhaft.  J.  Gottbelf  1,  SU 
Vetter  (bauernspieg.  32);  dasz  die  freunde  ihn  mit  fragen  be- 
stürmten, ob  er  krank  sei,  oder  auf  dem  wege  durch  den 
wald  ein  spukhaftes  abenteuer  erlebt  habe,  Hetse  im  para- 
diese  2, 181 ;  das  weisze  in  seinen  äugen  ist  wie  von  perlmutter 
oder  wie  das  quecksilber  in  unserm  thermometer.  es  sieht 
ganz  spukhaft  und  unmenschlich  aus.  kinder  der  weit  1, 129; 
als  der  spukhafte  lärm  immer  lauter  wurde.  Kblleb  6,252; 
dem  zweiten  theile  (von  Göthes  Faust)  fehlte  diese  rinheit  des 
tones,  die  auch  das  wunderbare  glaubhaft  machte;  er  er- 
schien zu  ernst  für  ein  märchenspiel,  zu  spukhaft  für  ein 
drama.  Treitschke  d.  geseh.  i,4\3;  das  nach  dem  spukhaften 
und  schauerlichen  drängende  romantische  bedürfnis.  Fohtahi 
vor  dem  stürm  1,20; 

ein  winzger  herr.  im  pelz,  von  gicht  ganz  krumm, 
noch  jung,  steht  sprachlos  da.  wo  kommt  er  her? 
und  »teilt  noch  immer  spukliaTt  starr  und  stumm. 

D,  V.  LiLiancaot«  werke  12  (1904),  166, 

SPUKHAUS,  n.  haus  worin  es  spukt: 

ein  prächtgpr  bau!    doch  ^anz  und  gar 
ein  spukhaus  eben,  will  mich  dünken! 

Frbili6«atb  3,65. 

SPUKMÄRCHEN,  n.  märchen  von  spukerei:  wunderanek- 
dötchen  und  spukmärcben.  Soknbnbcbc  bei  Campe. 

SPUKNACHT,  f.  nacht  in  der  es  spukt:  dasz  ich  ein  narr 
wäre,  in  dieser  spuknacht  weiterzuziehen.  EicBERDOBrr  2, 555; 

damit  die  spuknacht  ewig  mich  umschlösse. 

RÖCKBIT  166. 

SPUKNIS,  SPÜKNIS,  n.  spuk,  gespenst,  mnd.  sp6kenisst 
Schilleb-LGbben  4,336*;  fantasma  duvelich  spüknisse  Dief.  225*; 
gespenäiges  wesen:  wie  uberausz  erschrecklich  und  peinlich 
wirds  denn  sein,  wenn  die  verdampten  alle  hellische  geister, 
der  viel  tausend  legion  sind,  mit  all  jren  gespenst,  «pQck- 
nisz,  und  wesen,  allzeit  für  äugen  sehen  und  haben  werden. 
D.  Scballer  theoL  heruldt  (i604)  439;  es  gehöret  ja  gar  zu  viel 
beweisz  darzu,  wenn  man  eine  sacbe  will  zu  einem  gespenst 
oder  spQcknisz  machen,  rockenphtlos.,  4.  hundert,  s.  286.  bei 
Ldthbr  in  der  form  spugnisz,  v^I.  oben  sp.  210. 

SPUKSCHLOSZ,  n.  schlest  in  dem  es  spukt:  als  es  abends 
wurde,  war  er  schon  wieder  oben  im  spukschlosz,  und  machte 
sich  ein  feuer  an.  Becrstein  murchenb.  143. 

SPUKSTUNDE,  f.  üunde  in  der  et  zu  spuken  pflegt,  tpuk- 
stunde,  auch  spukzeit.  Campe. 

SPUL,  m,,  masculine  nebenform  »um  fem.  apule  (<.  d.),  tut 
dem  ahd.  und  mhd.  ins  altere  nhd.  reichend,  seit  dem  18,  jahrh. 
tu  gunsten  des  fem.  völlig  gewichen,  so  weit  es  sich  nicht  i» 
oberdeutschen  mundarten  noch  schwankend  hält:  der,  auch  di« 
spuelen,  bairisch.  Schm,  2*,  606;  in  Appenzell  der  spuel,  plvr. 
spüel  Toblbr  38i'. 

t)  als  gerät  am  Webstuhl  und  Spinnrad,  ahd.  spuol  und  spuoU: 
panut,  spuolo,  id  est  ubi  /fla  tolcuntur  in  giro.  spulo  theutitee. 
Stbinmeyek-Sievers  ahd.  gloss.  2,377,20;  panus  spuolo,  spuole, 
spuel.  3,250, 39^;  panus,  lignum  quo  füa  in  telam  portantur, 
spolo.  305,40;  panui  spuol  327,18;  panus  spuolo,  spät  4,118,50; 
panus  spulo  t7S, 47,  u.U.;  mhd.  spuol,  spunle:  panui  spuel 
Dur,  410*;  pfnuia  spAl,  spuel,  spole,  spoyl  423';  Irama  spule, 
spule,  spuol,  spul  692'; 


219 


SPULBACK  — SPULE 


SPULE 


220 


Rom  dar  und  Sagcliincbiuog 

der  Lappenliauser  paner  truog, 

dann  Ich  wainn  dai  genialei  wfir 

mit  einem  spul  ein  sneyderschftr.    ring  5t',  36; 

nkd.  der  sp&i,  garnspfil,  glomus  texlorius,  ßlorum  congeiies. 
MiALER  382'; 

80  eilt  lieiD  neber-spul,  wie  die  gescliwinde  zeit. 

GÜNTBKa  610; 

in  der  redemarl  der  spul  läuft  leer  (nämlich  von  dem  darauf 
gewickelten  faden),  es  tritt  mangel  ein,  es  fängt  an  am  nol- 
wendigen  xu  fehlen:  dasz  ime  der  spul  leer  laufien  möcht. 
J.  Ayber  1,9; 

gellt  aucb  ytz  ab  {ea  fehlt  euch  pfiffen)  zu  unsern  zelten, 
das  euch  auch  laulTt  ein  spulen  1er. 

II.  Sachs  fnsln.  «;>.  1,  11",  77  Gölte; 

mir  wird  heint  laulTn  ein  spulen  leer.    3,61,155; 

der  Winter  schleicht  aber  da  her, 

mir  wil  laulTen  ain  spuelen  ler, 

das  ich  mus  leidn  huuger  und  kumer.     7,  39,  77; 

{die  viönche)  wartten  lang  auT  tranck  und  speisz,  ... 

sahen  sawer  einander  an  ; 

der  spul  ira  bauch  jn  leer  war  galin, 

ein  rad  abgangen  war  dem  karren, 

buDgers  balb  mochten  nimmer  harren. 

fiibeln  n.  schwanke  2,  318,  74. 

3)  federfpule  tum  schreiben:  pennula  ain  spuol,  eyn  spule, 
spul,  inslrumentum  scriploris.  Dief.  423*. 

s.  netteres  unter  spule. 

SPL'LBACK,  n.  bei  den  tuchmachern  ein  kästen,  worin  sie 
die  spulen  aufheben.  Jacobsson  4,  240*.  vgl.  mnd.  hAk,gefäsx, 
behäUer,  trog,  mulde.  .Schiller-Lübben  1,  142*. 

SPÜLBAChE,  f.  neckische  bexeichnung  eines  der  die  backe 
spült,  Saufbruder:  diese  spuelbacken  waren  alle  tage  bei 
einander,  d.  slädtechron.  16, 453,  anm.  2  {Braunschweig). 

SPULBAÜM,  m.  euonymus  europaeus.  Nemmcii  4,  1550,  neben 
spillbaum  oben  Iheil  lu,  1,  sp,  24S1,  auch  in  der  form  spülbauni, 
spQllbaum. 

SPÜLBECKEN,  n.  Wasserbecken,  welches  das  wasser  zur  spülung 
einer  hafenstrasze  liefert.  Stenzel  deutsches  seemännisches  Wörter- 
buch (19U4)  s.  3.)b'. 

SPÜLBRENTE,  f.  labrum  in  quo  lavantar  vasa  culinae  et 
mensae,  spühlbrenle.  Frisch  2,  31l'.    vgl.  brente  th.  2,  sp.  3~lf 

SPÜLBRET,  n.  als  theil  des  mühlgerinnes :  lücke,  die  erst 
bei  Wassersgefahr  mil  einem  nothdeiche,  der  auf  dem  spül- 
bret  aufgebaut  wurde,  verschlossen  wurde,  im  spülbret 
waren  zu  diesem  ende  löcher,  in  weiche  pfähle  eingesteckt 
und  hinter  diesen  dann  der  notbdeich  aufgeführt  wurde. 
Opperhami  hundert  jähre  1,  274. 

SPCLBÜTTE,  f.  bütte  tum  spülen  von  gefdszen.  Campe. 

SPÜLCHEN,  n.  kleine  spule,  das  diminutiv  von  spule  bereits 
in  der  alten  spräche  häufig:  panucula  spuolili,  spuololi,  spülele 
neben  spol  und  spul.  Steinmeyer-Sievers  ahd.  gloss.  4,  liu,  3/f.; 
panucula  sp&lili  153,61;  mhd,  spuolele  Dief.  4!0';  panu5,  eyn 
wijfelspölin,  das  man  an  eyn  spQlin  wicklet,  und  durch  den 
Zettel  schiesset.  Dasypodiüs;  in  der  heutigen  form  erst  der 
neueren  spräche  avgehürig:  die  kleinen  spühlchen  mit  dem 
eintragsgarn.  Götbe23, 64;  bildlich:  frau  Meyenihal  fing  das 
garn  ihrer  rede  auch  sofort  ein  und  wickelte  es  behende 
auf  ein  spülchen,  welches  sie  der  gegnerin  mit  dem  trumpfe 
zurückgab,  dasz  sie  das  übel  von  Seldwyla  gar  wohl  kenne. 
Kelier  5,271;  wollte  es  ihr  nicht  gelingen,  ein  einzelnes 
Verhältnis  (liebesverhdltnis)  abzusondern  und  ordentlich  auf  ein 
spülchen  zu  wickeln.  7,  47. 

SPÜLDIHNK,  f.  dirne,  die  die  gefäsze  in  einer  haushaltung 
spült:  hab  ich  es  so  gut  gemeint  und  er  miszhandell  mich 
wie  eine  spüldirn.  Piculer  allerlei  gesch.  aus  Tirol  i,  155.  — 
vgl.  spülmagd. 

SPULE,  f.  gerät  beim  weben  und  spinnen  tur  aufwickelung  des 
fadent;  ein  nur  in  den  sprachen  des  westgermanischen  gebieles 
altbeuugtes  wort,  ahd.  mhd.  gewöhnlich  masc.  {vgl.  spul  tp.  218), 
doch   ausnahmsweise    auch    fem.:   panut   spuola    Steinmeyer- 

SiiTBRi  3,  S'8,  4; 

gät  was  ir  wille 

fr  spiele  und  ir  spille 

durch  die  netze  drlte  «Igen. 

Alir.  V.  Halrbrstadt  15,  104; 

dagefen  mnd.  nur  fem.  apAle,  mittelengl.  sp/ile;  ins  dänische 
und  sckwediseke  ah  «pole  dbernommen.  das  weibliche geichlecht  tritt 
in  der  nhd.  lehriftipraehe  einug  hervor,  ebenso  in  mundarlen,  wo 
früher  das  masc.  herrschte:  dir  »fwele,  spule  des  webers.  Mi  nzikkr 
Aargauer  wörterb.  24!t.  herkunfl  und  ursprüngliche  bedfutung  des 
Worts  tU  durchaus  btslrttttn.    dass  ein  alter  technischer  ausdruck 


der  weber  vorliegt,  ist  wol  sicher,  dennoch  wird  die  von  Detter 
in  der  Zeitschrift  für  deutsches  alterthum  42,  58  vorgetragene  ansieht, 
dasz  mhd.  spuole,  ahd.  spuola  auf  einer  vorgermanischen  form 
*8pndhlä  beruhe  und  mit  griech.  andd'rj  weberholz  verwandt  sei, 
nicht  das  richtige  treffen,  wahrscheinlich  hat  das  gerät,  in  der 
ältesten  gestalt  ein  dünnes  rundes  holz,  von  dieser  seinen  namen  und 
hängt  zusammen  mit  dem  subst.  spale  dünn» ,  langes  und  zu- 
gespitztes holz  {rgl.  theil  10,  t,  sp.  1845  unter  spal),  und  spale  2, 
leitersprosse  {ebenda),  für  das  sich  auch  die  form  spole  {theil  10, 1, 
sp.  2673),  düringisch  selbst  schpualn  (Herwig  idiotismen  aus 
Thüringen  1892  s.  11')  findet;  im  dänischen  hat  spole  nefc^n  der 
technischen  bedeulung  die  einer  sprosse  der  wagenleiler.  ist  diese 
annähme  richtig,  und  hat  spule  den  eigentlichen  sinn  eines  dünnen 
rundholzes,  so  erklären  sich  alle  sonst  auseinander  liegenden 
bedeutungen  des  Wortes  ungezwungen  als  Übertragungen  von  der 
form  des  geräts  her. 

1)  spule,  gerät  beim  weben,  zusamt  dem  aufgewickelten  garn: 
panus  spöle,  spule  textorum.  Dief.  noi'.  gloss.  279';  spul,  f.  globus 
textorius,  peleton  de  ßl.  Sciiottel  1420;  spule  globus  textorius, 
item  arundo  eteanna  glomeratoria.  Stielek  2108;  die  spule,  plur. 
spulen,  glomus  textorius,  panus.  Steinbach  2, 619;  vgl.  weber- 
spule; kunstweber  ...  der  an  der  laufenden  spule  die  fasern 
noch  zu  erwischen  und  so  geschickt  anzuknüpfen  versteht,  dasz 
auch  nicht  der  kleinste  knoten  zurückbleibt.  TbL'hmel  7, 131 ; 
indessen  steckte  der  vater  die  spuhlen ,  um  zu  zciteln,  auf 
einen  mit  querstähen  abgetheillen  rahmen.  Götbe23,  5"<;  der 
eintrag  {wird)  auf  kleine  spuhlen  gewunden,  wie  sie  ins 
Weberschiffchen  passen.  63;  feine  musseline  werden  nasz 
gewebt,  nämlich  der  sirang  des  einschlagegarns  wird  in  leim- 
wasser  getaucht,  noch  nasz  auf  die  kleinen  spuhlen  gewunden 
und  sogleich  verarbeitet.  64; 

ich  wil  dir  meine  Schwester  geben, 
meine  scliwester  Greie,  .  .  . 
sie  kan  die  spulen  schieszen. 

Venusgdrtlein  «.30  i'.  Waldberg; 
sie  sang  mit  melodischer  stimm'  in  der  kammer, 
emsiger  eiP  ein  gewebe  mit  goldener  spule  sich  wirkend. 

Oäyss.  5,  62  {^fvoe/rj  xeQxtS*  iSyatvev); 

das  edle  paar,  verwaist  und  dürftig,  webte 

l'ür  ärmre  kleider.    in  der  band  die  spuhle 

sang  man  am  tage  heiiger  lieder  viel.    Kind  1,156; 

dann  tritt  sie  an  den  webestulil 

und  wirrt  mit  zager  band  die  spul. 

Uhland  ged.  352; 
in  dem  Webstuhl  läuft  gescliäftig 
schnurrend  hin  und  bor  die  spule,    il.  Heinz  18,  184. 

2)  nach  erßndung  des  Spinnrades  {theil  10,1,  sp.  2544  f.)  wird  di* 
spule  in  etwas  veränderter  gestalt  auf  dieses  übertragen,  das  ge- 
sponnene garn  darauf  tu  wickeln:  spule  am  rocken,  rolta 
Stieler  2108;  spuhle,  ist  derjenige  herumlaufende  ...  theil 
am  Spinnrade,  welcher  den  von  dem  wocken  herunter  ge- 
zogenen und  zusammen  gedreheten  faden  durch  das  an  selbigen 
beiindliche  kleine  eiserne  rührlein  auf-  und  annimmt,  und 
im  herum  drehen  selbigen  aufwindet.  Amarantues  frauen- 
zimmer-lexicon  (1715)  1892;  die  spule  voll  spinnen.  Adelung; 
eine  spule  garn.  ebenda;  garn  auf  die  «pule  laufen  lassen. 
Cami'e;  das  garn  läuft  von  der  spule,  u'^nn  es  neben  der 
spule  auf  die  spindel,  auf  welcher  sie  steckt,  lauft,  ebenda; 
eine  spule  garn  abwickeln,  ebenda;  nimm  das  Spinnrad,  setze 
dich  an  das  ufer  und  spinn  die  spule  voll.  Grimm  kinder- 
u.  hautm.  s.  630  {nr.  181); 

ja  endlich  haben  wir  erlebt  die  güldne  jähren, 
dasz  auch  das  weiher-volk  last  spul  und  baspel  fahrea 
und  macht  ein  kun.'itgedicht. 

Hachrl  <a/yr.  geil.  (.111  Ures^er  (der  poet  158); 
«0  manches  garn,  so  manche  spule.    Güntrir  169; 
der  knabe  pflegt  des  ohstes  schule. 
da«  müdchen  nadel,  knüit  und  spule.    Vot«  2,06; 
dann  {tu  himmelfohri)  Ist  keine  schule, 
dann  wird  rad  und  spule 
samt  dem  zeichentuch  verwahrt.     4,  170; 

synonym  mit  spindel  {th.  10, 1,  sp.  2492):  das  arme  müdcbea  . .. 
muszte  so  viel  spinnen,  dasz  ihm  das  blut  aus  den  Ungern 
sprang,  nun  trug  es  sich  zu,  dasz  die  spule  einmal  gani 
blutig  war,  da  bflckte  es  sich  damit  an  den  brunnrn  und 
wollte  sie  abwaschen.  Grimm  kinder- u.  kausm.  s.l04(nr.U); 

den  zotlen  »chwarzen  vlicsze»  «ntraurete 
di*  faden  Klotho.   I.aciieiii  ilroheie 
die  spule  seufzend,  und  mil  hohnblick 
zOckte  nun  Airopoa  «chou  den  mordsiahl. 

Stolibrc  2,  170; 
Immar  drab  lob  dU  «pul«,  doch  will  tle  Dimmer  sich  riiilen. 

Hüciirt  263. 


221 


SPULE 


SPÜLE— SPULEN 


222 


3)  bildlicher  gebrauch  von  spule  lehnt  an  den  faden  an,  der 
steh  auf  sie  aufwindet  oder  siih  von  ihr  abwindet;  in  einem 
ausgeführten  bilde  der  lebenshaltung:  E.  Würfel!  das  gebt  also 
noch  immer  so  fori?  S.  wie  der  fadea  eiamal  gesponnen 
ist^wird  er  geweift  und  Terwoben;  da  ist  nun  weiter  nicliis 
mehr  dran  zu  ändern.  E.  ihr  habt  aber  auch  gar  zu  loses 
garn  auf  eurer  spule.  Göthe  42,  292  (mit  beiiehung  auf  lose  4. 
(A«l6, 11&3);  redensart  eine  ?pnle  läuft  leer,  etwas  hat  keinen 
gehaU,  es  ist  nichls  dabei:  ihr  berren,  sprach  der  Holländer,  . . 
und  wird  mich  ein  glas  wein  da  mehr  ergötzen,  als  euer  biszher 
geführter  und  lerer  perruguen-discurs.  ja,  sprachen  wir,  weil 
die  spublen  den  gantzen  tag  so  leer  laullen,  halten  wir 
beede  mit  ihm,  und  sind  gleicher  meiaung.  französischer 
Simflicissimus  1, 127;  auch  in  beiug  auf  den  sich  nach  und  nach 
tollständig  abwickelnden  faden,  von  einem  sich  einstellenden 
mangel  {vgl.  das  mase.  spul  1,  sp.  219):  es  läuft  ihm  eine 
spule  leer,  darum  kömmt  er  zu  mir,  es  geht  ihm  eine  seiner 
gewöhnlichen  Unterhaltungen,  künden  u.  s.  k.  ab,  darum  sucht 
er  sich  bei  mir  2u  erholen.  Keiswalo  hennebergisches  idiotikon 
bei  Campb;  leer  gelaufen  sei  ihrer  gelehrsamkeit  die  spule. 
RCctERT  tl,  318; 

wie  wol  ietzund  vor  kurzen  tegeo 
so  ist  der  faulen  müDnich  hauffen 
manaicher  spulen  leer  gelauiren  (ilire  nahrung  itt  ge- 
sctimäleri).    U.  Sachs  17,  330,  14  KeUer-Götte; 

maacher  geiit  aus  zu  liulea, 

Terthut  vii  geltä  damit, 

and  laufTi  ibm  lebr  ein  spulen. 

gibt  er  kein  ruh  noch  fiidt.    J.  Atbii  2145,37  Keller; 

begehrte  nun  der  leser  noch  weiteres  zu  wissen,  ...  so 
würde  ich  bekennen,  dasz  meine  spule  abgelaufen  sei,  bis 
auf  das  wenige,  das  hier  nachfolgt.  Mörike  eriähl.  s.  219; 
besonders  in  beziehung  auf  den  lebensfaden ,  der  sich  von  einer 
spule  abwindend  gedacht  wird:  mittlerweile  lebt  ein  jedes  eben 
so  Tor  sich  hin  und  treibt  seine  spule  gewohntermaszen  aufs 
Ungewisse  fort.  Möriee  brief  von  1S66  im  Euphorion  1,134; 

so  hab  ich  durcb  mein  saitenspiel 

die  vollen  spulen  meiner  stunden 

Tergnügt  bis  an  das  nahe  ziel 

des  letzten  knötcbeus  abgewunden!    TaGaiKi,  4,299; 

die  spule  ist  abgelaufen,  das  ende  ist  da:  vater  und  mutter, 
deren  ihr  lebensfadea  auch  schon  von  der  spuhle  abgelaufen 
war.  Hebel  3,12;  spule  für  das  auf  der  spule  laufende  garn : 
wann  die  spuhl  ihres  lebens  würde  abgerissen  werden. 
BoTscHKT  Pathm.  7S4. 

4)  spule,  belogen  auf  den  kiel  einer  vogelfeder,  besonders 
den  untern  theil  desstlben,  der  auch  zur  weberspule  (vgl.  unten 
spulen  1),  besonders  aber  zum  schreiben  dient,  vgl.  das  masc. 
spul  2,  oben  jp.  219 :  mnd.  spole,  pennula  Schiller-LCbbe!» 
4,336';  federspule,  p/umo,  scapus  pennae  SiiELEBiiOS;  gänse- 
spulen,  schwanenspulen  Adeld^g;  spuhlen,  sind  bey  der 
schreiberey  die  starken  kiele  aus  den  Qügeln  der  groszen 
Tögel,  als  der  günse  und  trutbüner.  spuhlen,  gezogene,  sind 
gute  grosze  und  gleiche  federkielen  von  alten  gänsen. 
J4C0BSS05  7,415';  er  verfluchte  die  gänse,  mit  deren  spulen 
sie  (die  feenmärchen)  geschrieben.  Wieiajid  12,  12  (Sylv.  von 
Rosaita  5,  2);  da  das  schreiben  bei  nachtlichte  mir  gar  nicht 
mehr  tod  der  spule  will.  Zelter  an  Goihe  835; 

es  mangelt  mir 
ao  der  spubU  nur  die  Teder, 
nichts  am  bogen,  als  papier.    Kmo  \,49. 

t)  ipulen  bei  den  jdgern  die  kleinen  stecken  in  den  hühner- 
tiwt  tterkgarnen,  tonst  auch  sprieszel  und  spreiszel.  Adelung. 

6)  spule  nennt  man  an  einigen  orten  ein  weiszes  brod,  das 
auf  beiden  stüen  gespitzt  zugeht,  alt  eine  schiesz-spule,  panis 
forma  radü  teitorit.  Krisch  2,  311 ';  in  Aörnfterg  spuele,  spuel- 
N^eck,  brot  von  feinstem  mehl  in  form  einer  spuü.  Scb«.  2',  66C. 

7)  spule,  span  von  ßchten-  und  andern  hoiz  lu  groben  korb- 
macher- arbeiten,  ebenda. 

8)  spule,  der  quirl,  im  österreichischen.  Cahpk. 

9)  spule,  deutscher  ausdruck  für  einen  elektrischen  kiter,  der 
in  Windungen  um  eine  arhse  gewickelt  ist,  tolenoid.  Setniei. 
deuttchts  seemännisches  vörf^rfr.  ( 1004)  386'.  466'. 

10)  spulen,  spulenähnliche  figuren  in  wappen.  Siebhacber- 
GrCtzurr  herald,  lerminologte  137. 

11)  ein  anderes  wort  und  zu  spülen  gehörig,  ist  wol  spule 
im  hatlischen  salzwerk,  ein  graben  mit  einer  abzugsvorrichlung : 
was  nun  an  sole  von  den  siegen  gekehret  wird,  wie  auch 
wu  voa  regen,  scbuee  und  andern   wasser  ins  tbal  fället. 


das  samlet  sich  in  denen  darzu,  unter  der  erden  gemachten, 
mit  eichenen  holen  und  pfalen  ausgesetzten  graben  und 
spulen,  daraus  es  in  den  Sal-strom  flieszet,  geleilet  und  ge- 
gossen wird.  Ho5üOBFFS  beschreibung  des  saltzwerckt  zu  Halle 
in  Sachsen,  vermehret  von  Dbetbacpt  (1749)  s.  37,  mit  der  er- 
läuterung:  eine  spule  ist  dasjenige,  was  bei  bergwerken  ein 
stollea  genennet  wird,  nur  mit  dem  unterscheide,  dasz  bey 
bergwerken  durch  den  Stollen  die  unterirdischen  wasser  zu 
tage  aus  abgefübret  werden,  durch  die  spulen  aber  die  tage- 
wasser,  so  aus  der  stadt  in  das  ihal  fallen,  abgeleitet  und 
weggeschafft  werden,  damit  sie  denen  saltz-brunnen  keinen 
schaden  thun.  t.  38. 

SPÜLE,  f.  handlung  und  zustand  det  spülens:  wasche  in 
der  spüle  haben;  ort  wo  gespült  wird,  besonders  eine  am  ufer 
eines  ßusses  angebrachte  bühne,  auf  welcher  die  Wäscherinnen 
die  Wäsche  in  dem  flutte  tpüUn.  Campe. 

SPL'LEI,  n.  kleines  verkrüppeltet  hühnerei,  das  die  form  einer 
walze  hat.    in  Düringen  und  dem  Osterlande. 

SPÜLEISEiN,  n.  eiserne  spindtl,  auf  welche  die  spule  gesteckt 
wird  und  worauf  sie  sich  dreht:  rertibulum  spuolisen  voc  opt. 
s.  25*,  19  Wackernagel;  girria  spuleysen,  spülysen  Dief.  263*; 
panulea  ein  spuelysen,  spoeliseren  4I0';  verticulum  spuoleysen 
614';  panneferum  spuleysen  nov.  gloss.  279*;  spuleisen,  ferrum 
quod  per  tubulum  transü,  das  eisen  so  durch  den  spulen  geht, 
worauf  die  fäden  gespuhlt  werden.  Frisch  2,  31 1'. 

SPULEiN,  cer6.  auf  die  spule  laufen  lassen,  im  ahd.  nicht 
bezeugt,  mhd.  spuolen,  im  bairischen  auch  spuelnen  neben 
spuelen.  Schm.  2',  666;  mnd.  spulen  pila  voluere  ad  pennulam 
Schiller-LCbbb.n  4, 337*;  die  spuren  einer  umgelauteten  form 
zeigen  sich  im  frühen  nhd.: 

die  spinn  sieb  auch  nicht  lang  besann, 
zobe  ein  zu  einem  armen  man, 
begundt  gemächlich  anzuheben 
zu  spinnen,  haspeln,  späten,  weben. 

B.  Walois  Esop  2,  31.  158. 

bedeutung.  l)  spulen  im  eigentlichen  sinne,  als  weber-  und 
spinnerarbeit:  penulare  spuelen,  spuln  Dief.  423';  spülen,  plome- 
rare,  cumulare,  accumulare  fila  Maaler  382*;  spulen,  glomerare 
ScBOTTEL  1420-  Stieler  2108.  Frisch  2,  3ll';  absolvU:  früh  waren 
die  garnstränge  schon  trocken  und  man  bereitete  sich  zu 
spuhlen,  nämlich  das  garn  am  rade  auf  rohrspulen  za  winden. 
Göthe  23,  5S; 

die  gans  die  bat  nütze  vil: 
die  niberin  spQIt  über  den  kil, 
damit  sie  bullen  weben. 

käniij  r.  Udenwalde  III,  73,  s.  60  Sehrlider; 
sie  haspeln  unde  wiQdeii 
vorne  unde  binden, 

sie  spulen,  weben,  walken.    VI,  29,  s.  59; 
abbretten,  netzen, 
und  uammen  setzen, 
und  spuolan  und  wollslaben. 

teufets  nel2  12616  anm.; 
we  soliden  rait  of  urdel  geven 
die  gespoilt  baint  alle  ir  leven?  (iii<>6e)'  gewesen  sind), 
d.  ttäiilechron.  12,  61,  1399; 

transitit:  das  garn  spulen,  es  auf  die  weberspulen  bringen. 
Adelung;  jetzt  wurde  die  gesponnene  wolle  in  die  webstube 
gebracht ,  zum  zeddel  gespult,  fett  gemacht  und  gestärkt. 
Hebel  3,  85; 

ich  ging  von  schule  zu  schulen 

bi{  daj  \i  (lies  ich)  larte  spulen, 

mit  spule  spulet  ich  rot  und  wi{, 

und  mancher  band  varwe  glii. 

Brüh  v.  ScHO!<iiBCK  2736; 

vgL  abspulen,  aufspulen;  in  hier  sich  anschliesunden  bildem: 
er  spublte  freudig  das  lange  seidne  wickelband  (ein  zopfband) 
von  seinem  köpf  au  ihren.  J.  Paul  71;.  1,90;  seine  paar  eilen 
flor  um  den  arm  spublen  (als  seichen  der  trauer).  komet  2,58; 
man  liesz  die  fabrik  (mätelmdsziger  dramatischer  stücke)  zuletzt 
spulen  und  schnurren ,  ohne  ferner  eingriffe  in  ihre  thran- 
duftigen  räder  zu  versuchen.  ImiEiiaANR  Münchh.  i,  28. 

2)  landschaplich,  in  Düringen  (nach  spule  4)  gänse  spulen, 
iAnen  die  tpulfedern  ausreisun;  ebenso  in  der  Wetterau.  Weigand 
wb.  2,  784. 

3)  efrenio  volksmäszig  spulen  ron  langem  und  gleichmdssigem 
essen:  er  spult  mit  groszem  appetil;  er  hat  ein  ganzes 
brot  hintergespult,  aufgespult. 

4)  spulen,  in  älterer  spräche  v»n  einem  gleichmassig  an- 
haltenden sprechen,  das  wie  «on  «iiier  tpuU  sich  abwickelt  {tgL 
leiern  3,  tAeii  6,  sf.  686) : 


223 


SPÜLEN 


SPÜLEN 


224 


doch  flng  ich  wid«r  an  xu  sagen 
und  tpracli :  mein  höchste  Zuversicht, 
die  TTorl  sOlln  alle  gelten  nicht 
die  ir  gen  mir  habt  ab  gespullt. 

Hans  Foli,  llaupli  tcUfcht:  8,515,  t.S3; 
nu  hab  ich  doch  in  liurzen  jarn 
bei  liundert  Trauen  wol  erpuU 
und  so  viel  wort  nie  darausz  (/.  heraiia)  ge*pult, 
darmit  ich  sie  mocht  han  erTert  {etschrecki). 

fasln.  </>.  320,  32; 
einer,  der  ümb  sein  eeneib  pult, 
lind  ir  mit  aolchen  werten  rürspult, 
ir  man  sei  zu  schwach  und  zu  alt.    711,  8. 

6)  spulen,  von  einttn  gleichmäszigen  schnurrenden  tone  der 
tögel:  eine  gesellschaft  wandernder  tann-,  kobl-,  hauben- 
und  blaumeisen,  denen  sich  ein  halbes  dutzend  goldhähnchen 
angeschlosteo,  streicht  durch  den  tann,  ...  häkelt  sich 
kollernd,  «pulend,  .,zit-zit"  rufend  an  alle  spitzen  und  wipfel. 
TscuuDi  Ihierleben  der  alpenwelt  86;  hSuflger  in  allen  nadel- 
holzschlägen  ist  die  brauagraue,  weiszbauchige  haubennieise,  .. 
die  sich  schon  von  weitem  durch  ihre  spulenden,  kollernden 
locktöne  verratb.  87. 

SPÜLEN,  rerb.  icbwenkend  reinigen,  »ort  det  westgermanischen 
tprachgcbietes:  ahd.  spuolen  in  irspuolen  Notrer  ps.  95,  6 
(<.  die  stelle  unten  3),  mhd.  spüelen,  prät.  spuolle,  mnd. 
spölen,  mnl.  spoelen,  spuelen,  diluere,  eollutre,  eluere,  sordes 
tollere.  Kilian;  die  nächste  grundlage  des  wortfs  bildet  das  mnd. 
subst.  sp6l,  Spülwasser:  popisma  spol  darm  {da  man)  dey  schotel 
inne  waschet.  Dibf.  447^  popisma,  papisma  i.  squalor  spuul 
dar  me  scottelen  inne  heft  gewasschen.  not',  gloss.  29S*;  weitere 
belüge,  namentlich  solche  zu  spule,  sind  ganx  unklar,  das 
wort  besagt 

1)  als  küchen-  und  wirtsehaftsausdruck,  mit  Spülwasser  hantieren, 
spülend  reinigeji:  luvare  spulen,  nd.  spolen  Oibf.  321';  squalere, 
spuelen,  spulen  549';  spieen,  durch  ein  wasser  ziehen,  diluere, 
erwäschen,  colluere,  luere,  eluere,  proluere.  Maaler  382'; 
absolut:  ich  aber  dich  nit  anders  denn  in  schlechter  un- 
nOiziger  kleydung  in  der  kflchen  gesehen  hab,  spttlen  und 
holz  tragen.  Galmylii; 

die  Muszkünn  wirt  in  noch  leern 
das  er  musz  spüln,  halzen  und  kern. 

fastn.  s;).  786,  21  ; 
ich  trag  holz,  pet,  ker,  apuel,  und  ihue  ab  haspen. 

meitlerliedei-  der  Bert,  handuchr.  s.  23,  nr.  89; 
ich  kan  eim  wol  ein  knchen  Tersehen, 
mit  kochen,  spüln  und  kelirn.    i.  Atrir  Singspiele  162'. 

3)  mit  acc,  der  die  hausgeräte  und  haustheüe  angibt,  die 
ipülend  gereinigt  werden: 

den  esterich  si  spuolten.  kaiterchron.  iWil  SchrOder; 
die  holländischen  klinker,  womit  der  boden  gepflastert  war, 
sahen  so  feucht  und  frisch  geipQlt  aus.  Storh  ges.  sehr. 
S  (1884),  14;  gefäsze  spülen;  ists  aber  ein  ehern  topff,  so  soll 
man  jn  schewren,  und  mit  wasser  spQlen.  sAfos.  6,  28;  das 
hültzen  fasz  sol  man  mit  wasser  spülen.  15,12;  wenn  die 
kOchin  einen  hafen  spielet.  Lctbbr  12,591  12  Weim.  ausg.;  die 
gleser  oder  anderley  geschirr  spälen,  vatcula  tluere.  Maalbr  382'; 

scbussel  spulen  und  wiotel  waschen. 

fattn.  sp.  123,  21 ; 
Oink  mir  die  gläser  gespOltl 

Voss  1,  166  (Luise  3,423); 

wische,  zeuge,  kleider  spülen: 

den  (über  AT  ir  houbl  si  nan, 

und  zogte  zuo  dem  bacb  hin  dan, 

und  spuolt  ir  tuocb.    Bonia  edelslein  48,71; 

•m  roeeresufer  in  der  abendgltil 

siehst  du  die  weiber  ihre  wasche  spQlen. 

Hlisi  ged.  (1880)  n.  279; 

aueh  erweitert:  ein  glas  rein  spülen,  die  wasche  sauber  spülen; 
sie  spülte  am  wasser  den  säum  des  durchnäszten  gewandes 
rein.  Frkttac  ahnen  1,  227;  «nd  statt  des  persönlichen  mit  säch- 
lichem ,ub)ea:  „„,„  schwitzen 

und  Ischen  spülte  frisch  und  leicht  die  welle 
die  schönen  kleider  rein.     Götub  57,  315. 

S)  von  dieser  engeren  Verwendung  aus  freierer  gebrauch;  so  in 
beiug  auf  menschlichen  leib  und  menschliches  innere,  wofür  auch 
reßexive  fügung  eintritt,  sich  spülen,  sich  rein  spülen;  so 
dd  dih  Irspuülest,  so  bist  du  scAne  fore  imo.  Notier  pi.  95, 6; 

die  sonne  uns  im  dunklen  llszt, 

im  meere  sich  zu  spülen.    EicasnDORrr  1,  240; 

fonil  leib,  mund,  zihne,  eingewride  spülen:  den  mund  spülen, 
Ol  perluere  Stiblu  3107;   wen  die  tlkD  wacklia,  muss  man 


sie  nie  mitt  opiat  noch  mitt  nichts  reiben,  aber  den  mundt 
ofTt  mit  wein  spülten.  Elis.  Cbarlutte  3,  292;  mit  sächlichem 
subject:  wasser  ist  zum  denken  gut, 

spült  den  köpf  und  kühlt  das  blut. 

W.  .MÖLLlR  ged.  (1868)  2,  78; 

in  festen  Verbindungen,  einem  die  gurgel  spülen,  reichlich  zu 
Irinken  geben:  von  diesen  seinen  vettern  gicng  er  zu  andern 
freunden,  denen  er  oft  die  gurgel  gespület,  und  ihnen  aus 
nöhten  gehulffcn  hatte.  Scbuppius  224;  sich  die  gurgel  spülen, 
reichlich  trinken; 

da  gieng  es  fröllch  Tort,  wir  spülten  so  den  Schlund, 
bis  dasz  der  liebe  irunk  das  hertz  bracht  in  den  mund. 

Rachil  faiyr,  ged.  87  Drescher  (7,  103); 

das  essen  in  den  magen  spülen,  im  gemeinen  leben  für  trinken, 
Adelung :  in  erweiterter  fügung:  die  speisen  hinunter  spülen; 
als  ich  in  den  gasthof  kam,  spülte  ich  sie  {meinen  vorrat 
von  Witten)  mit  einem  glas  wasser  hinunter.  Gottbr  3,  212; 
den  mund,  die  zahne  rein  spülen;  trink,  GOtze,  's  ist  von 
dem  bittern  Zerbster  {hier) ,  das  spült  den  magen  wieder 
klar.  Alixis  hosen  des  herrn  v.  bredow  137; 

es  (das  wisserbeckcii)  schien   gemacht,  die  badlust  zu  er- 
wecken, 
der  ritter  hatte  kaum  die  äugen  hingewandt, 
so  llel  ihm  ein,  sich  hier  ein  vrenig  abzukühlen, 
und  seinen  schönen  leib  vom  sommersiaub  zu  spülen. 

..    ,  WiELAHD  17,  22  Udri»  1,18); 

mit  verstandenem  object: 

wühlendes,  spülendes, 

kühlendes  tränkchen!    Göthe  II,  149; 

bildlich  :  sie  fassen  hyn  und  her  der  andern  sflnde  auff,  das 
sie  ybr  maul  damit  spülen  wie  die  sew  auCT  der  gassen 
dreck  auffraffeln.  Luther  16,  524, 19  Weim.  ausg. 

4)  spülen,  durch  spülen  entfernen:  den  schmutz  Ton  den 
tellern  spülen ; 

die  koche  die  da{  fleisch  di  suten 
swa{  die  von  waiter  und  von  labe 
gespuolten  maneger  schüiiel  abe, 
dai  wart  Of  in  gegou^n. 

K.  V.  WoRZBURG  Alexius  688; 

bildlich:  ein  laster  ab  jm  spälen  und  verthadigen,  diluere 
crimen.  Maaler  382'; 

wenn  . . .  der  nektar  ihres  kusses 
alle  spuren  des  Verdrusses 
aus  der  seeie  tiefen  spült.    Gotter  1,  128; 
die  an  der  quelle  des  Lethe 
becher  auf  becber  nun  schlürTen,  die  gichtisclien  Fclimer;    ■ 

der  liebe 
aus  den  gliedern  zu  spülen.      Götub  ged.  3,  123  Stiehike; 
die  mir  mit  ihrem  leisen  wehn  die  wehn, 
so  mich  bezwungen  aus  der  seele  spülen. 

Hockest  7h0. 

5)  erst  in  neuerer  spräche  uird  spQlen  auch  von  dem  lebrndigen 
wasser,  der  welle,  woge,  dem  flusse  und  meere  gebraucht:  der 
See  spület  schilf,  schäum  ans  ufer.  Campe;  das  wasser  hat 
holz  Tom  ufer  gespület,  ebenda;  das  roeer  spült  eine  leicbe 
ans  land;  als  zuerst  seine  bisherige  weit  von  ihm  gerissen, 
und  er  wie  auf  ein  fremdes  ufer  gespült  ward.  Novalis  3, IS 
Meissner;  er  sah  mit  verschränkten  armen  in  das  wasser..« 
es  rauschte  vom  dämme  und  spülte  die  erde  zur  tiefe.  FüBTtAe 
Verl,  handschr.  3,  308;  wo  das  gerOll,  welches  unter  ihnen  (den 
wurzeln)  lag,  vom  wasser  fortgespüll  war.  ahnen  \,  9;  die 
wogen,  ...  die  unser  ufer  hohl  spülen.  J.  Paul  kam.  anh. 
s.  Tiian  1,  18;  am  klaren  wässerlein,  welches  dort  »eine 
rSnder  zu  einem  breiten  becken  auseinander  gespült  hatte. 
Ihmbrmanr  Münchh.  >,  90; 

regiert 
nicht  eine  Windsbraut  oft,  und  rührt 
in  einen  garstgen  brey  die  liebe  well  zusammen, 
tettt  euch  in  einem  huy  das  gröszte  schlosz  in  flammen, 
bricht  d&mme  durch,  spült  manchen  schönen  ort 
mit  jung  und  alten  weg,  reiszt  uler,  wilder  fort? 

Wieland  10,  31b  (tchuch  Lnlo  3S)| 
da  sah  er  ein  bret  von  brandenden  weilen 
hin  und  her  gespület  zwisclien  den  reisen. 

Stolsers  3,  290; 
so  scheinbar  still  die  see,  so  wellenlos. 
doch  spült  sie  weiter  stets  den  kahn  hinaus. 

UiLAND  ged.  t 
das  blOmchen  spülen  aus  der  hand, 
der  sinkenden,  die  wogen.    Platin  3*: 


.1 


in  bildern: 


rettend  spülen  dirh  die  wellen 
In  des  herzens  stille  well.    KicMBRDORrr  1*,  S42| 
wer  jeden  blitz  beschwor,  Ihn  zu  zerstören, 
und  jndcn  sirom,  da.«  er  hinweg  ihn  spüle, 
nit  allen  quälen,  die  sein  herz  empören. 

Platbn  99'; 


225 


SPÜLENBANK  —  SPÜLER 


SPÜLFASZ  —  SPULH  AUS 


226 


und  wenn  die  ganze  bölle 
sich  gösse  über  euch, 
ihr  spült  sie,  wie  die  welle 
das  Sandkorn,  weg  von  euch. 

Arndt  gcä.  (1840)  s.  506. 

6)  ebenso  der  neueren  poetischen  spräche  angehörig  ist  spülen, 
wenn  es  nur  die  kreisförmigen,  schwankenden  betcegungen  der 
vellen  und  des  bewegten  wauers  bezeichnen  soll :  der  flusz  spült 
an  die  mauer,  benettt  in  seiner  vellen förmigen  bewegung  die 
mauer  Adelung  ;  vor  einem  spycher  stund  ein  fäszclieD  mit 
ungelöschtem  kalk,  bis  dorthin  spülte  das  wasser  unbemerkt. 
J.  GoTTHBLF  4, 16  Vdter; 

und  wie  er  erwachet  in  seliger  lust, 
da  spülen  die  wasser  ihm  um  die  brust. 

ScHlLtER  14,271  (Teil  1,1); 
die  fluthen  spülen,  die  Däche  saust    Götiie  2,37; 
seh  ich  einen  bach  sich 
durch  die  Teider  wühlen, 
zwischen  blumen  tanzen, 
über  kiesel  spülen.    Platin  21'; 

mit  scbluramerton  das  wasser 
spülte  drunter  an  den  sandstrand. 

Fbeiligrath  dicht.  6,  176; 
wo  drunten  wogen  spühlten. 

DaosTi  ged,  (1873)  s.  328; 
wenn  klatschend  an  die  binsensträuche 
das  grünliche  gewoge  spült.    Strachwitz  ged.  62; 

übergreifend  in  den  sinn  5 :  der  marschbewohner  . . .  der  ihn 
(den  heimatboden)  jabr  aus  jähr  ein  mit  ungeheurer  kraft  und 
ausdauer  behaupten  und  vertbeidigen  musz  gegen  die  wilden, 
ewig  nagenden,  ewig  wühlenden  und  spülenden  fluthen. 
Allmees  marschenb.  10;  seine  (des  rohres)  wurzelschlangen 
packen  in  kurzer  zeit  so  sehr  alles  erdreich,  dasz  dasselbe 
bald  den  spülenden  fluthen  treSlich  zu  widerstehen  vermag.  16; 
selten  für  das  transitive  umspülen: 

(wenn)  der  west  das  schlalTe  seegel  kühlet, 

und  matter  schäum  das  rüder  spület.    Götter  1,224. 

7)  die  eigtnthümliche  bedeutung  des  reinen  und  vollständigen 
ausrnubens,  die  bei  spülen  einige  mal  im  16.  jahrh.  hercortritt, 
ist  «ol  der  spräche  der  landsknechtt  entnommen,  die  diese  thätig- 
keit  unter  dem  bilde  des  schüsselspülen s  faszten:  kamen  zwen 
•olclier  tropfsbeise  (landsknechte)  hinein  und  spületen  mir  den 
balken  mit  wursten.  Papk  bettet-  u.  garteteufel  P2';  er  satzte 
die  kröne  aufif,  und  macht  sich  zum  könige  in  Egypten,  raubt, 
plündert  und  spület  das  ganize  land  Egypten.  Luther  vorrede 
über  den  propheten  Daniel,  bibel  7,  374  Bindseil;  nicht  allein 
aber  spület  und  scbemlet  der  scbendlicbe  Antiochus  den 
tempel,  sondern  unterdrückt  auch  den  scbevet  oder  sultan. 
uhriften  (Jena  1558)  8,  S6*;  da  Antiochus  die  stedte  in  Egypto 
besetzt  hatte,  und  seiner  weise  nach  geplündert  und  gespüiet. 
Jonas  Melanchthons  proph.  Daniel  ausgelegt  (Wittenberg  1546)  s.  148. 
vgL  unter  ausspülen  theil  1,  sp.  981,  und;  er  (ein  verschwende- 
rischer bischoß  hat  alle  schlosz  und  höfe  des  stiflfls  aus- 
gespület  und  TersatzU  Frisch  2,  311'  (at<i  Bratuffs  chron.  von 
Merseburg). 

SPULENBANK,  f.  »agerechte  scherbank,  worin  die  spulen  tum 
kettenscheren  der  seidenzeuge  lieijen.  Jacobsson  4,  24o'. 

SPLLENMACHER,  m.  verfertiger  von  weberspulen:  meesler 
Klotz-George,  spulenmacber.  A.  Grtpbids  l,  719. 

SPULENZIEHER,  m.  reiniger  der  spulen  im  salxwirk  xu  Balle. 
Jacobsson  4,  24o'.    vgl.  spule  10,  sp.  221. 

SPLLEK,  m.  der  die  web  faden  auf  spulen  sieht:  vertibulalor, 
verticulator  spuoler,  spuler  Dibf.  614';  spuler,  textor,  linifex, 
knteo  Stibler  2108  mit  dem  fem.  spulerinn;  auch  halt'  ich 
anfangs  viel  mübe,  genug  spubler  und  weber  zu  kriegen. 
«.  mann  im  Tockenb.  212. 

SPOLER,  m.  der  ge fasse  spült:  spüler,  spOlerinn,  mos  et 
femna  lavans,  purgans,  ad  fonlem  nttidans.  Stieler  2108;  bei 
den  Soldaten:  lixa,  ein  koch  und  spüler,  Wäscher  under  dem 
troszvolck  im  krieg.  Dastpodids;  spöler,  koch  under  den 
kriegeren,  lixa.  ebenda;  in  Ttml  heisst  der  gehilfe  des  sennen 
■pfleler  vom  reinigen  der  mikhgescMrre.  Fromii.  4,61;  das  fem. 
•puolerin  die  küchin  Schöpf  695.  mhd.  in  der  tusammenselsung 
schOjiel-spüeler,  einen  der  niedrigsten  küchendiener  bezeichnend: 
du  sxbest  vi!  gerne,  da;  sie  (knechte  und  mägde)  dir  deste  baj 
dienten  und  dich  lieber  hseten  danne  ander  Hute,  unde  dö  des 
gar  wol  inne  würdest,  da;  sie  den  swerzesten  schü^^el-spOeler 
lieber  hteien  den  du  iendert  bietest  Er.  Bertbold  1,273,25; 
koehbuben,  scbflsselspieler.  bratspiszwender.  Firchart  grosi- 
mutter  72;  dann  geradezu  einen  schmarotser:  parasitus  $chu;el- 
■puler  Steinneveb-Sievers  u/id.  ploii.  3, 42S,  50 ;  und  den  sinn 
X.2. 


eines  armen  schluckers  gewinnt  auch  das  einfache  spüler  in  der 
sprichwörtlichen,  reimenden  redensart:  farender  schäler  bleibt 
ein  spAler,  das  ist,  er  wirt  nit  reich.  Sprichwörter,  schöne  weise 
klugreden  (1560)  i.  63*. 

SPÜLFASZ ,  n.  fasz  zum  spülen  der  küchen-  und  eszgeräte, 
echinus,  labrum  eluacrum.  Steikbacb  1,413;  spüblfasz,  labrum 
in  quo  {arantur  vasa  culinae  et  mensae.  Frisch  2,311';  spül- 
fasz,  ist  ein  hölzernes,  rundes,  flaches  fasz,  worinnen  bei 
reinigung  des  küchengeschirres  die  gescheuerten  teller  und 
schusseln  aufs  reinste  abgespült  werden.  Amaranthes  frauenz.- 
lex.  (1773)  3345  (in  der  ersten  aufläge  1715  spielfasz  und  ab- 
gespielet  sp.  18S0);  eine  jungeroagd,  die  sieb  aus  neugierde 
mit  der  hexensalbe  der  Gretlieschen  einschmiert,  und  durch 
den  sibornstein  auf  dem  besen  zu  der  groszen  assemblee 
des  Blocksberges  zu  fahren  glaubt,  . . .  während  sie  eigentlich 
im  Starrkrampf  in  der  küche  hinterm  spülfasz  oder  in  der 
asche  auf  dem  herde  liegt.  Bbentaro  ges.  sehr.  4,445. 

SPULFÖR.MIG,  adj.  u.  adv.  in  der  form  einer  spule. 

SPCLGEFÄSZ,  n.  gefäsz  um  darin  zu  spülen. 

SPÜLGELTE,  f.  gelte  zum  spülen:  spülgelt,  situla  elutoria, 
vas  elutorium,  vas  lotorium,  aquarium.  Maaler  382';  spül- oder 
aufwaschgelte,  poüubrum,  trua.  Stieler  742;  waschzuber,  (rua, 
alias  spülgelte.  2637;  spühlgelte  Fbisch  2, 311';  eine  stinkende 
spielgelte,  mägdelob  70; 

ein  spulgelt  zimpt  auch  wol  für  war  (in  die  kidiengerdte). 

fasln.  ,<p.  1216. 

SPÜLGEN,  rerb.  gewohnheit  haben,  pflegen;  ein  im  späteren 
ahd.  und  im  mhd.  sehr  häufig  gebrauchtes  wort,  das  nur  dem 
oberdeutschen  angehört  und  erkennbare  etymologische  bezüje  nicht 
hat  (die  in  Pauls  grundrisz  1*,  s.  3!»0  vorgetragene  Vermutung, 
dasz  spulgan  aus  uspulgjan  hervorgegangen  sei  und  zu  german. 
plegan  gehöre,  entbehrt  allzu  sehr  der  Sicherheit),  im  15.  jahrh. 
wird  es  seltener,  im  16.  verschwindet  es  aus  der  Schriftsprache, 
solere  spulgen  Dief.  540*;  mit  dem  gen.:  des  sie  spulgent,  da; 
begagenet  in.  menniscen  llent  sie  triegen.  betrogen  werdent 
sie.  Ndtker  ps.  72, 18;  der  dises  lütirtranches  spulgit,  der  wirt 
vil  gesunt  Pfeiffer  anneib.  1,  26 ; 

80  darr  ein  man  wol  guotes 

der  edelen  herzen  muotes 

wil  pflegen  unde  spulgen.    Engelhard  277; 

soihs  ruomes  spulgent  si  hie. 

Laiprbcht  t.  RiGCNSBUtc  Franz,  453; 
mit  folgendem  infinitiv: 

nebeln  frum  man  spulget  den  anderen  honen. 

genesis  in  den  fundgr,  2,  29,  18; 

gewöhnlieh  durch  zu  vermittelt:  man  spulget  grossen  herren  bröt 
ze  bachenn  in  zwivaltigem  fiure.  Wacrernagel  pred.  44, 114; 
donoch  für  er  gen  Spire  in  die  slat,  do  vor  alter  die  romeschen 
kunege  spulgetent  ire  begrebde  zu  habende,  d.  städtechron. 
8,56,6;  als  nu  ein  iglicb  persone  in  der  Stadt  Mencze  ge- 
sessen, und  die  dar  in  kommen  und  ziehen  werden  und  die 
nicht  sin  von  den  alten,  eins  iglichen  jars  auch  zu  gewoa- 
lichen  schaczungen  spulgen  zu  geben  von  iglichem  hundert 
einen  gülden  an  golde.  17,86, 16;  daselbs  sollent  liegen  balken 
und  holzer,  da  man  oCT  spulget  zu  sitzen,  weislh.  2, 175  (Hunds- 
rück,  von  1442);  das  osterlamp,  da;  dye  Juden  spulckten  zn 
essen  an  dem  14.  tage  desz  ersten  monets.  Spiegel  menschL 
behaltnusse (\i9-2)  9'' ;  in  der  form  s])o\gei> :  solich  some(summe) 
spolgen  die  recbmeister  in  ir  inname  zu  schriben.  d.  städte- 
chron. 11,301,  \0;  umgelautet  als  spulgen:  als  ein  Jude  sich 
spulget  zu  bewaren  gen  dem  andern.  Frankfurter  quelle  ton  1402 
bei  Dief.-WClcker  S6i;  als  man  spulget  ze  tbuon.  Kbisersrerg 
irr.  schaf  G5';  deszhalb,  so  spulget  man  die  seel  zö  teilen 
in  das  ober  teil  das  auch  genant  wOrt  d;  geinOt  oder  der 
geist,  und  das  under  teil  d;  genannt  wflrt  die  sinnlicheit.  D4'; 
als  auch  dieselben  mOnschen  nit  spOlgend  z&  verwilligen, 
sunder  miszfalt  inen.  B  2*. 

auch  in  den  oberdeutschen  mundarten  ist  das  wort  vergessen 
(Kebrein  386.  Schöpf  695);  nur  im  hennebergschen  hat  es  sich 
mit  bedeutungswandel  erhatten:  sich  spulgen,  sieh  pflegen,  gütlich 
Ihun.  Seil«.  2*.  C67. 

SPÜLGIESZER,  m.  leichtes  schöpfgefäsz  mit  stiel,  um  eine  schiff»- 
«and  nach  der  reinigung  mit  ausgeschöpftem  wasser  abzuspülen. 

SPOLGOSSE,  f.  gösse  in  der  küche,  über  welcher  man  etwas 
abspült.  Campb. 

SPULGUNG,  f.  gewohnheit:  der  nüw  gebrucb,  soll  ich  [sagen] 
spulgung.  Gbszlbr  formulare  und  lütseh  relhoriea  (1511)  l'. 

SPULHALS,  n.  haus  über  einer  spule  des  hallisehen  salzwerks 
(tgl.  spule  10,  sp.  221):    wie  ...  das  wasser  in  Tier  dazu  ge- 

15 


227 


SPÜLHONIG—  SPÜLICHT 


SPÜLICHTFASZ  —SPÜLLAPPEN 


228 


machten  spalbSusern,  aus  den  deutseben,  gutjährischen  and 
meteritzschen,  auch  backenborniscfaen  spulen  mit  baspelen 
und  einiern  gewunden,  in  die  über  die  spulen  gemachten 
trOge  oder  käbne  gegussen,  daraus  in  rennen  gezapffei  und 
vermitteisl  derselben,  durch  die  Stadtmauer,  in  den  Saalstrom 
geOösset  wird.  Hondorff  beschrdbung  des  $altiirercks  zu  Halle 
in  Sachsen,  vermehret  durch  Dreyhaupt  (1749)  x.  38. 

SPOLHONIG,  m.  melicratum,  honig  »elcher  beim  ausbrechen 
{favorum  exemtio)  vorfällt.  iNemnich  3,533, 

SPÜLICHT,  n.  was  durch  spülen  entfernt  wird,  abwasser  von 
gespültem  küchengerät;  coUeclivbildung  tum  verbum  spülen,  wie 
fegicht  lu  fegen,  kehricht  tu  kehren,  ein  ahd.  *spuolahi  voraus- 
setzend, das  sich  als  vielgebrauchtes  wort  der  häuslichen  spräche 
mild,  in  verschiedene  formen  gespalten  hat,  spuolach,  spüelach, 
spüclecbt,  gpüelet:  nidor  spulet,  spulach  Dief.  380';  popisma 
spulecb  447',  spueleich  nov.  gloss.  298"; 

»\  »luogen  im  ze  spise  dar 
da{  spüelech  iu  der  swine  kar. 

Alexiiis  s,  81,  226  Matrmann; 
und  ßiben  im  danne  dar 
»chütielspüeld  üime  kar.    ».  132,  1074; 

und  in  solchen  sich  bis  ins  nhd.  fortsetzt:  spülich  et  gespülich, 
eUlutief,  eluvies,  estque  omne  liquamen,  et  sorbitio,  quibus  pecora 
saginantur  tt  opimantur.  Stieler  210S  vgl.  auch  gespülich  oben 
theili.},  sp.  4171;  Spülwasser,  spülicht,  gespülicht  spoelwater, 
spoelsel.  Krämer  hoch-niederteutsches  wörlerb.  201";  das  spühiig, 
das  spfllilwasser,  aqua  impura  ex  lavatis  vasis.  Frisch  2,  311*; 
das  spQlig,  oder  spülicht  Adelung;  spüligt,  vgl.  nachher,  neben 
dem  gewöhnlichen  neulrnlen  gesclilecht  begegnet  das  feminine:  mit 
wüster  spület  Keisersberg,  s.  die  sti-Ue  unten;  trag  auch  eyer 
usz  in  der  spület,  wann  dir  der  pfaff  zu  nahe  darull  sieht. 
de  ßde  concub.  97,  26  Zarncke;  vgl.  eluvies,  auszspületen,  unflat. 
Dastpodids;  häufiger  das  masculine:  der«(  das  spülich  proluiies. 
Stbinbacb  2,619; 

durch  hundert  kleine  wasserlrulien, 
die  wie  verkühlier  spüligt  stehn, 
lü  stelzen  mit  den  gummischuhen, 
bei  gott,  heiszt  das  spazieren  gehn? 

A.  V.  Droste-IIülshoff  geil.  (1873)  153; 
und  ich,  dem  selbst  der  quell  der  musen  jetzt, 
der  himmelstrank,  nie  scnnlRr  spülicbl  mundet. 

P.  Hkysk  ged.  (1NS9}  1,97. 

ein   plural  begegnet  in  der  alten  spräche,    fehlt  in  der  neuern: 

da;  hüsgesind  tet  im  vil  schand 

Ton  maniger  band,  da;  si  dt  In  gu^i^en 

diu  spüelach,  diu  da  ÜT  in  flutten. 

Ale.vius  s.  143,  215  Mastmnnn. 

bedeutung:  spüligt,  spieligt,  dieses  ist  zweyerley,  dat  küchen- 
spüligt  und  branntweinspüligt.  das  erste  ist  das  unreine 
Wasser  Ton  dem  abgespülten  geschirre,  das  andere  aber  t)e- 
steht  in  dem,  was  in  der  branntweinsblase,  nachdem  der 
branntwein  völlig  herühergelaufen,  übrig  geblieben,  und  aus 
selbiger  heraus  in  das  branntweinspüligtfasz  geschüpfet  wird. 
Jacobsson  4,240;  nur  als  fortzuwerfendes  Spülwasser:  item  auszen 
vor  der  gepretterten  kucben  liesz  ich  eine  grosze  gruben 
graben,  darein  das  spülach  ausz  der  küchen  lieff  und  versanck; 
die  grub  was  mit  swarten  verdeckt,  sust  wer  das  spülach 
von  der  kucben  den  perck  herab  kumen  und  hrt  ein  groszen 
Unlust  gemacht.  Tucher  baumeisterb.  303,  9;  eine  (schwester) 
sagt,  wie  sie  spület  ull  sy  gescbüt  hette;  die  andere  sprach, 
wie  tie  offt  und  dick  ir  halszstreich  zA  gefügt.  Keiskrsberg 
bilg.  fts';  du  giengent  sie,  und  schütten  in  mit  wüster  spület.  76*; 
die  dorffrauen  . . .  lieszen  sich  hernach  nicht  hindern,  das 
gebrauchte  geschirr  zu  reinigen  und  in  der  küche  alles  an 
seinen  ort  zu  stellen,  dann  gössen  sie  das  spülicht  weg. 
Kelle*  8,295;  tubereilet,  gekocht  oder  gewärmt  alt  nahrung  be- 
tondert  für  tehweine:  also  begert  das  pferd  gras  und  Tuter, 
das  Schwein  kleigen,  spülach  und  mist.  Keisersberg  pred,  tl7*; 
das  spObligt  musz  denen  Schweinen  etwas  warm,  doch  nicht 
CO  beisz,  gegeben  werden,  öcon.  lex.  %^Z9; 

es  (dai  ichtofin)  iat   leicht   zu    unterhalten,     alle*  friizt  ai, 

früclite,  kraut, 
•icbeln,  bOchen.  ipüllcht.  höhnen,  wurzeln,  trcber,  ja  was  man 
in  der  wirtachan  von  dem  abfall  lontt  fait  ear  nicht  brnuchen 

kann.     RaocKB«  9,  2(10; 
wie  BuT  einem  Teuerherd 
«io  topf  voll  (pfilig  kocht  und  gabrt.    TaCaasL  5.  W: 

auch  für  hunde: 

die  hauikofi  wurda  «cbmal  und  ichlaebt; 
bald  war«  ein  aligevcbklter  knocban, 
bald  «pOlIrbl  odrr  härtet  brod. 

l'rarrBL  im  mtuenalm.  von  1718  <i.  t&3. 


teräehüieh  ßr  tchlechte  suppe  oder  andere  ähnliche  fiüssigkeit: 
fort  mit  spflhiig,  bring  fasanen,  forellen!  Arnim  2,  322;  es  ist, 
als  ob  man  wein,  hier,  wasser,  milch,  branntwein,  essig,  dinte 
und  spülicht  zusammengösse,  und  es  eine  nationalsuppe  nennte, 
die  koche  ober  essen  nicht  mit.  Ci..  Brentaho  ges.  sehr.  4,454; 
glaubt  ihr,  es  wird  uns  verdrieszen,  wenn  sich  der  gast  in 
den  schenken  plötzlich  in  den  wirth  verwandelt  und  uns  zum 
dank  neuen  nectar  reicht?  ...  nur  spülicht  musz  es  nicht 
sein,  was  ihr  uns  bietet.  Hebbel  9,  234; 

schaudernd 
trank  er  diesen  trank  hinabwärti, 
denn  er  schmeckt  ihm  stets  wie  spülicht. 

Ibmirmann  12,  61; 

in  bildem:  alle  die  stücke,  die  seitdem  wie  ein  nie  Ter- 
siepender  spülicht  zwischen  den  coulissen  hervorgebrodelt  sind. 
Afünc/iA.  1,  29;  ein  grimmiger  verdrusz  . . .  über  den  plumpen 
spasz  des  daseins,  welcher  oft  spülicht  und  die  blume  des 
weins  zusammenmischt.  4,37;  besonders  die  larmoyante  fasel- 
hanselei,  lauwarmes  spülicht  der  Sentimentalität,  wird  sick 
bei  dieser  gelegenheit  gellend  machen.  H.  Heine  10,65. 

SPÜLICHTFASZ,  n.  fast  worein  spülicht  geschüttet  wird:  {auf- 
waschwasser)  welches  man  in  das  in  der  kücbe  stehende 
spttiiligt-fasz  oder  spühligl-gelte,  welche  letzte  mit  zweyen 
henckeln  oder  handhaben  versehen,  zusammen  zu  gieszen 
pflegt,  öcon.  lex.  2338. 

SI'ÜLICHTGELTE,  f.  geUe  zur  aufnähme  des  spülichts:  spühligt- 
gelte  öcon.  lex.  2338,  s.  die  steUe  unter  dem  vorii/en;  das  sclieur- 
fasz  oder  die  spüliclitgelte.  Amos  Comeni  js  janua  1644  5.  128. 

SPÜLICHTHAFEN,  m.  hafen,  topf  zur  aufnähme  des  spülichts: 
wo  er  etwan  zö  einer  elenden  herberg  kumpl,  do  man  im 
etlwen  ein  ermliche  suppen  darselzt,  die  nach  dem  spület- 
haffen  smackt.  Keiserskerg  bilg.  17';  du  sitzest  im  kor.  und 
best  da;  oug  im  böch,  und  ist  da;  herz  dort  usz  am  galgen, 
und  die  ander  stecket  mit  den  henden  im  spülethalTen  oder 
in  den  spenen  und  ist  mit  irem  bertzen  by  gott.  188*. 

SPULIG,  adj.   l)  spulen  habend:  ein-,  zweispuiige  spinnrSder. 

2)  nach  spule  10,  sp.  221:  trüb  und  spulig,  limosus,  turbidutf. 
wird  von  dem  wasser  in  den  salz-brunnen  gesagt,  wann  es 
etwas  schleimiges,  sumpfiges  oder  morastiges  in  sich  hat 
Frisch  2, 3n*. 

SPÜLIG,  adj.,  vgl.  rad-spülig  theil  8,  54. 

SPULJüNGE,  m.  bei  den  Webern  lehrjunge,  der  die  spulen 
richtet:  spuljung,  famulus  qui  ßla  textori  in  cannas  glomerat. 
Fruch  2,  31i'. 

SPÜLKAHN,  m.  fischerkahn  aus  einem  stück  holu  gehauen. 
Campe. 

SPÜLKAMMER,  f.  kammerartige  anläge,  die  das  zur  spülunf 
von  kandlen  nötige  wasser  enthält. 

SPÜLKANAL,  tn.  kanal  der  zur  spülung  des  drempeU  einer 
schleuse  dient.  Stenzel  deutsches  seemänn.  wOrterb.  395*. 

SPULKASTEN,  m.  worüber  das  spuleisen  geht,  an  welchem 
die  spule  steckt  und  umgedreht  wird,  receplaculum  sub  tubulo  tn 
quem  ßla  ennglomcrantur.   Frisch  2,311*. 

SPÜLKELCH,  m.   calix  elutorius,   ad  abluendam  hostiam  in 
ecclesia  Romana,  spülilkelch.  Frisch  2,311*;  in  der  katholischen 
kirche,   der  in   einem   kelche   beßndliche,   aber  nicht  consecriert' 
wein,  welcher  dem  communicanten  auf  verlangen  gereichet  wr  : 
das  consecrierte  brot  damit  hinunter  tu  spülen.  Adelong;  als  ( 
dritter  {knabe)  ihr  den  spiihlkelch  reichte,  da  bebte  seine  srt 
vor  verlangen,  nach  ihr  aus  dem  kelch  zu  trinken.  Siegu 
(1778)  2,  258.    X.  Spülung. 

SPÜLKESSEL,  m.   kessel   in   welchem  geschirr  gespült   «f  . 

SPULKNECIIT,  m.  webergerät  auf  welches  iwei  spulen  geUe 
werden,  um  deren  fäden  iusantmenzudrehen ;  tn  Mecklenbu 
spiilknechL  korrespondembl.  des  Vereins  für  nd.  sprackf.  17,  ^ 
vgl.  datu  knecht  7,  r,  Vieil  b,  \:\w. 

SPULKOHB,  m.  korb  fnr  spulen:  nebe-,  spinn-  tiv*  sp  : 
korb,  tnlassus,  talassio,  qualus.  Stieler  1014. 

SI'ÜLKÜHEL,  m.  kübel  zum  abspülen  ton  gesehirr. 

SPOLKUMP,  m.  halbrundes  gefdtt  tum  auspülen  von  tass^'^. 
auch  spQlkumpf.  Adei.unc; 

auch  stehet  am  tpülkurap 
Irmliche  kann  und  oprersetcbirr. 

Vota  Hörnt'  ut.  I,  «,  117. 

SPllLLADE,  f.  bei  webem  lade  für  die  spulen;  in  Westfil  ■■ 
apeoll.'ien.  korrrnpondenibl.  für  nd.  sprachf.  ll,3:. 

SPÜl.LAIi'E.N,  m.  läppen  beim  spulen  des  getehirrs  gebrauc: 
apUhllappe,  (in(«t<m  ad  lavanda  et  ptirganda  vasa  eulinae.  Kri'-'  < 
S,Sll'. 


229 


SPÜLMÄDCHEN  —  SPÜLWASSER 


SPÜLWÄSSERIG  —  SPUND 


230 


SPÜLMÄDCHEN,  n.  küclienmädchen ,  das  vorzugsweise  ge- 
schirr  spüU. 

SPÜLMAGD,  f.  anctila  quae  in  cultna  vasa  latat,  spühl-inagd. 
Frisch  2,311*. 

SPULMASCHINE,  f.  mascinne  tum  aufspulen  von  seidenfaden. 
Jacobsson   2,  62il*. 

SPCLMÜSCHEL,  f.  eine  muschelart :  seien  sive  dadylus  mas 
uagelmuscbel,  roür-  oder  spülniuschel,  männlin.  Gbszneb 
ßsckbuch  149". 

SPÜLNAPF,  m.  napf  tum  spülen  des  geschirrs.  Adelorg: 
seiD  trinken  sei  ain  verdorbens  pier, 
ein  spülnapr  sei  scia  triukl'as.    faiin.sp.  711,  24; 

scheltwoTl  für  ein  weib: 

du  kupplerin,  geitiger  scblunt  und  nasenrimpf, 
du  spulnapT,  bebenstreit,  wenteuschimpr.    256,  lü. 

SPÜLPFEIFE,  f.  bei  den  webern  die  röhrenförmige  spule  im 
Weberschiffchen  {vgl.  pfeife  3,  y,  theil -,16U):  die  waflelspulen 
oder  spulpfeiffen  gehen  ins  tuch,  frz:  les  fusees  ou  espeulles, 
it.  la  spola.  Amos  Cumünius  janua  (1644)  s.  150. 

SPÜLPüMPE,  f.  kleine  kolbendampfpumpe,  welche  beständig 
seewasser  in  einen  auf  überdeck  aufgesleUlen  spülwasserb ehälter 
drückt.  Stknzbl  deutsches  seemdnn.  wörterb.  395". 

SPÜLRAD,  n.  rad  zum  wickeln  des  garns  auf  die  spule: 
spulrad  rata  glomeratoria ,  harpedone  Stieler  1500;  spulrad 
rhombus  Steinbach  2,213;  spulrad  rhombus  gut  lubulum  vertit, 
so  das  spul-eisen  mit  den  spulen  umdreht  und  dieselben  voil- 
wickelt.  Frisch  2,  311';  man  bereitete  sich  zu  spuhlen,  näm- 
lich das  garn  am  rade  auf  rohrspulen  zu  winden,  der  alte 
groszvater  . . .  verrichtete  diese  leichte  arbeit,  ein  enkel  stand 
neben  ihm  und  schien  begierig  das  spuhlrad  selbst  zu  hand- 
haben. GüTHE  23,  58 ;  mehrere  stuhle  waren  {in  der  weberstube) 
in  bewegung,  da  gingen  noch  spinn-  und  spuhlräder.  64; 

aus  der  gesindestube  darauT.  vom  rummelnden  spulrad, 
rief  sie,  die  thür  halb  ölTnend,  Marie,  die  geschäTtige  hausmagd, 
welche  gehaspeltes  garn  von  der  wind'  abspulte  xum  weben. 
Voss  2,  2'i9  {-iebtigsier  geburtstag  v.  104). 

SPLLROHR,  n.  arundo  calamogrostis ,  wiesenschüf,  rohrgras. 
Nemnich  1.  487. 

SPÜLSCHLEüSE,  f.  lur  Spülung  einer  fahrrinne  benulste 
schleuse.  Stehzel  deutsches  seemänn.  wörterb.  355*. 

SPOLSCHCTZ,  n.  senkrecht  bewegliche  tafel  zur  regulierung 
eines  spülstroms.  ebenda  395*. 

SPÜLSPINDEL,  f.  Spindel,  auf  welche  die  spule  eines  spul- 
rades  oder  eine  weberspule  gesteckt  wird:  spulspindel  woran  man 
die  pfeifen  steckt  wann  man  sie  voll  faden  haben  will,  fusus 
im  cujus  altera  parte  cannulae  ßlis  implentur.  Fbisch  2,  3il'. 

SPÜLSTANDE,  f.  stände,  standgefäss  zum  spülen:  gantze 
spülstanden  voll  {wasser).  mdgdelob  (>0; 

darnach  iun  die  kucben  verrüg  . . . 

ein  spülstand,  pantzerQeck  dabey, 

Schüssel  und  deller  mancberlev  {als  hnusrat). 

H.  Sachs  1,  440». 

SPÜLSTEIN,  m.  goststein  in  der  küche  zum  abspülen:  spül- 
steio  lavatrina  Stieleb  2140;  der  ganze  fuszbuden  übrigens 
gedielet.  bis  auf  ein  kleines  eckchen  am  fenster  um  den  spül- 
stein, das  gepflastert  war.  Güthe  16, 22S;  ich  steh  nun  grad 
am  spülstein  und  wasch  das  silber.  Auehbach  dorfgeich.  2,  163. 
SPÜLSTHOM,  m.  wasserstrom  der  zur  Spülung  einer  schleuse 
benutzt  wird. 

SPÜLTHOK,n.  cfrie/iluizvorrtc/Uuny  einer  spülschleuse.  Stenzil 
deutsches  seemdnn.  wörterb.  395". 

SPÜLUNG,  f.  das  spulen,  labor  conglomerandi,  convoltendi  et 
circumvulfndi  fila  in  globum,  glomeratio.  Stieleb  210». 

SPÜLUNG,  f.  handtung  des  spülens:  Spülung,  lavatio,  actus 
tlulandi  sice  eluendi,  perluendi,  prduendi  et  purificandi.  Stibler 
2iuä;  tgl.  ab-,  aus-,  bespOlung.  in  der  katholischen  kirche  das 
itinunterspülen  der  empfangenen  geweihten  hostie  durch  nn«n 
schluck  nicht  geweihten  weins  und  der  datu  gebrauchte  wein  selbst 
{vgL  spülkelch):  ein  hroder  van  der  prediker  urdco,  de  gaf 
den  keiser  gudes  lichainiiie:  und  alse  he  dem  keiser  scholde 
geven  de  abluden,  dat  is  de  spulinge,  de  vorniengede  he  mit 
«orgift,  und  vurgaf  om.  d.  stadlechron.  ',  IhS,  5;  des  van  katzen- 
ellenbogen  capellain  . . .  as  he  der  grevinnen  sulde  geven  die 
•poelung  nae  dem  sacramente,  so  wolde  he  ir  vergeven  haven. 
14,  hZi,  4. 

SPÜLWASSEH,  11.  aqua  rebus  eluendis  destinata.  Stiinbacb 
1,  M9;  gpühlwasser,  aqua  ex  ablutis  vasis  rulinae  impura. 
Fiiscu  2,311';  spülwusser  wird  jbm  nicht  vergUnnet.  Kirchhof 


wendunm.  55*;  waschet  euch  hernach  mit  spielwasser  wieder  ab. 
mdgdelob  62;  ein  waschtrug  ...  in  weichem  sich  spühlwusser 
befand  Tieck  don  Quixote  2,  2i' ;  begann  ein  küchenjunge  es 
[das  männchen)  zu  spotten  und  höhnen,  ...  mit  dreck  aus 
der  küche  auf  es  loszuwerfen  oder  es  mit  Spülwasser  zu 
begieszen.  Grimm  sagen  1,^9  (nr. 'i5); 

sie  sprach:  gotz  bey  secht  an.  wie  gluDst 
dem  mau  sein  angesiebt  vor  Tewrl 
ach.  der  im  det  ein  deine  stewr 
und  güsz  ein  Spülwasser  auf!  in! 

H.  FOLZ,  Hau/ils  teitschr.  8,  513,  49; 
uu  han  ich  lang  nach  ir  geticbl, 
pisz  sie  mir  zilet  an  iren  laden. 
do  ward  sie  mich  mit  spulwds.ter  baden. 

fastn.  sp.  200,  27 ; 
ich  will  gen  in  die  kucben  uausz 
und  mit  Spülwasser  Ja  begieszen. 
das  über  sein  leib  ab  musz  Uiesien. 

H.  Sachs  fuHii.  sp.  3.  33,  135. 

dazu  spfilwasserbebälter,  auf  dem  oberdeck  eines  Seeschiffes 
aufgestelltes  cylindrisches  gefäsz,  das  stets  mit  seewasser  gefüllt 
und  unter  druck  gehalten  wird,  um  zur  si.ülung  für  aborle, 
aschschütten,  bäder  u.  dgl.  zu  dienen.  Stenzel  deutsches  seemänn. 
wörterb.  395". 

SPÜLWÄSSERIG,  adj.,  für  spülwässericht,  wie  Spülwasser: 
spulwasserige  hufsuppen.  Garg.  (l59o)  81. 

SPULWECK,  vi.  weck,  gebäck  in  form  einer  spule,  vgl.  spule  6, 
sp.  221:        ijjgj  jjp  gfehr  über  den  marck  laulTen, 
da  sab  er  weysze  spulweck  Tail. 
die  l'acbin  den  koler  an  zum  ibail, 
und  hin  zu  eynem  karren  sasz, 
bey  siben  grosze  spulweck  asz. 

H    Sachs  fnb.  u.  schwanke  1,  SOO,  9  Gölte 
(der  koler  mit  den  spulwecken). 

SPULWINKEL,  m.  winket,  hinterster  theil  einer  stube,  wo 
gespult  wird:  schäm  und  zucht  (wo  anders  noch  einige  im 
hindersten  spulwinckel  bey  jnen  verborgen).  Garg.  i. 

SPULWURM,  m.  spulenförmiger  eingewcidewurm,  mhd.  spuol- 
wurm:  lumbricus  Spulwurm,  spulewurm,  spoelwurm,  spole- 
wurm  u.  ä.  Dief.  339';  spiilwürm,  würm  so  iiu  bauch  des 
nienscbens  und  der  thieren  wachsend,  lumbrici,  tineae  rotundae. 
Maaleb  3b2';  für  die  spüiwürme.  lumbrici  haissent  spulwürm, 
die  wacbsent  in  dem  leib.  Obtolf  von  Baybland  (i477)3o'; 
wann  sich  die  schafe  oder  lämmer  nach  ustern  von  der  neuen 
weyde  verunreinigen,  oder  sie  die  spuhvürme  beiszen.  Culer 
öc.  1,435;  der  zehende  {patient)  wolte  der  Spulwürmer  gerne 
losz  sein.  Chr.  Weise  erzn.  92  Braune;  wie  löblich  und  nölhig 
CS  übrigens  ist,  den  aberglauben  durch  kluge  Verbreitung 
richtiger  begriffe  von  der  natur  der  dinge  nach  und  nach  der- 
maszen  zu  entkräften,  dasz  er,  wie  die  Spulwürmer  durch 
gewisse  arzneyen,  zuletzt  unvermerkt  und  ohne  beschwerde  . . 
von  den  menschen  abgeht.  Wielard  34, 352;  Scheltwort  für  die 
fuchse  unter  den  Studenten:  andere  waren  da,  die  musten  aulT- 
warien,  einscbencken,  stirnknuppen,  haarropffen  auszhalten,  .. 
welche  auffwarter  von  den  anderen  genant  wurden,  bachanten, 
peonäl,  hauszhanen,  Spulwürmer,  mutterkälber,  Säuglinge, 
quasimodo  geniti.  junge  herren.  Philander  l(l64i),  s.  343. 

SPULWURMSTERN,  m.  eine  art  seesteme,  asterias  ophiura. 
Nbhiiich  1,52t. 

SPULZEÜG,  n.  gerät  zum  spulen:  verticula  ein  spulzeug, 
auch  spulgezeug,  spulgeczaw,  spule-geczauwe.  Dief.  614*. 

SPÜLZÜBER,  »I.  zuber  worin  geseilter  gespült  wird :  ociosilas, 
müsz,  müszig  gon,  ist  ein  spülzuber,  ein  weitsack  aller  ao- 
fechlung.  Keisersuebg  narrensch.  1»9'. 

SPUND,  m.  verschluszzapfen.  i)  du  wort,  eine  einführung 
italiänischer  weinhdndler  des  mittelalters  {vgl.  Hetre  deutsche 
hausaltert.  2,365).  kommt  seit  dem  11. —  \2.  jahrh.  hoch-  und 
niederd.  in  einer  doppelform  vor:  als  punct,  punt,  pund  und  mit 
erweichtem  anlaut  bunt,  bunte  {vgL  theil  2,  529.  7, 2242),  und  als 
spunt,  spund;  wovon  punct,  punt  {ital.  puoiu)  auf  lat.  pungere, 
spunt  auf  expungere  zurückführt,  ursprünglich  bezeichnet  es  nur 
die  stelle,  wo  das  fast  angestochen  ist,  alsbald  aber  auch  den 
hölzernen  zapfen,  der  diese  anstichstelle  verschlieszt ;  eine  be- 
deutung,  die  die  erstere  mehr  zurückgedrängt  hat.  die  form 
ohne  anlautendes  a  ist  noch  jetzt  in  der  Schweiz  allgemein  iiblirh: 
punt,  punten,  bundeo  schwetz.  idiotikon  4  (I9ui),  1399;  ebenso 
im  Elsasz  bunden,  bunten  Martin  und  Lie.nhart  wörterb.  der 
elsäsz,  mundarten  2,60*;  sonst  untergegangen,  das  geschlecht  det 
Wortes  iü  ganz  überwiegend  männlich,  das  neutrum  kommt  aus- 
nahmsweise vor:  spund,  n.  im  fasse  operculum  Sch<>ttei.  1420; 
handsäge,   womit   das   spund  zum  fasz  ausgeschnitten  wird. 


231 


SPUND 


SPUNDBAJÜNETT  —  SPUNDEN 


232 


Jacobssoü  4,242';  die  declinalion  stark  und  ichwa^f  piur.  spunde, 
Bpünde  und  spuaden,  belege  s.  unten, 

2)  Spund,  anstichü/fnunq  eines  fasses:  orifirium  spunt  l.  hol 
DiEF.  40o';  Spund,  runde,  auch  riei eckte  Öffnung  oben  in  der 
mitte  eines  fasses,  den  flüssigen  kürper  dadurch  in  das  fasi  su 
füllen,  auch  spundlucb.  Adklokg;  die  wunden  (eines  fasses) 
ist  der  spunt  und  die  zapfealuclier,  daraus  flaust  der  wein. 
Haupts  zfitschr.  3,21;  so  saufe  si  oben  ausz  dem  spunde  mit 
einem  strohalm.  Schade  sat.  u.  pasqu.  2,26%  \ü;  und  als  der 
(wein)  nit  laufen,  bat  er  baiszen  den  «ponten  üben  uftbon 
und  dem  wein  luft  machen.  Zimm.  chron.  2*,  S44, 3i ; 

rreund,  so  du  trinken  will,  so  setz  doch  deinen  mund, 
nie  ein  vcrnünlTtiger.  recht  an  itesz  fasses  spunJ. 

SciiErrLBR  cherub.  wandersin,  s.  50  neudi.} 
so  erlischt  der  durst  nach  wein  in  dir 
am  ersten  vor  des  l'asses  spunde.    Göciinck  ged.  3, 1&8; 
ich  wollt,  ich  lag  zur  stunde 
am  Heidelberger  fasz, 

den  offnen  mund  am  spunde.    Gkibrl  1,  164; 
's  Oleszt  nirgend  mehr  ein  tropTen  wein 
aus  krug  und  bahn  und  spund. 

ScHEFFBL  (jaudeamus  s.  86; 
bildlieh:    der  munt,  des  leibes  spunt.    rennet  9603; 

obscön:     und  {ich)  meinet  si  küssen  an  den  munt, 

und  dral'  ir  eben  den  iiinteren  spunt.    faHn,  ,«/).  331,11; 
da  biesz  ers  {er  sie)  den  ars  iusz  renster  recken, 
da  woli  ich  wenn  (wälini-u).  es  wer  ir  roter  round, 
und  küsi  sie  eben  unten  für  den  spunt.    611,9. 

8)  hölierner  verschlusz  dieser  Öffnung,  kurzer  verschluszzapfen: 
obstructorium  spunt,  spunt  in  einem  fasz,  spunt  an  einem 
fasz,  sponte  l.  ponte  als  oben  in  dem  fasz,  spont  in  ein 
vasz.  DiEF.  390';  obstructorium  i.  obturatorium  eyn  spont,  als 
eyn  vasz  bat.  nov.  gloss.  26a* ;  spund,  operculum,  oblburamen- 
tutn  {neben  foramen,  oiificium,  labrum  dolii),  it.  epistomium. 
Stibler  145*2;  das  fasz  mit  dem  spunde  zuemachen,  orißcium 
dolii  operculo  obstruere  vel  contegere.  ebenda;  der  spund,  plur. 
spunde  et  spunde,  operculum  doUi,  epistomium,  os.  Steinbach 
2,650;  spund,  obturamentum  orificii  superioris  dolii,  operculum 
doliare,  den  spund  zuschlagen,  obturamento  claudere  dolium. 
Frisch  2,312*;  sül  man  im  machen  ein  spunt  von  weisz 
weidenliolcz  der  als  lang  sey,  so  man  in  oben  hinein  stust, 
das  er  nicht  auf  den  poden  rur.  kuchenmeislerey  d4;  spund, 
ist  der  böltzerne  pfrupGT,  womit  das  loch  oben  in  der  mitte 
des  fasses,  welches  man  das  spund-locb  nennet,  und  da- 
durch das  fasz  fället,  zugestopHet  wird,  wenn  man  die  spunde 
tu  denen  eszig-fäszern  von  weiden-holtze  macht,  soll  der 
estig  desto  länger  gut  bleiben,  öcon.  lex.  2339; 

de  tappen,  bauen  und  spunde 
dat  syn  der  tunnen  ingeseggel. 

Uhl  priaiiicl  s.  262,  nr.  362; 
{der  iude)  das  fäsziein  wider  zuschlug, 
berafchs  eint  andern  Juden  klug, 
und  verpetschiri  den  spund  der  mas, 
als  ob  conlect  darinnen  was. 

II.  Sacus  -21,  2-26,  15  Keller -V.ölte; 
am  f&szlein  brach  er  auff  den  spund.    227,  4; 
den  spund  er  mit  gewalt  aulTzucket, 
fuud  das  raszieio  den  dritteil  leer.    227,  24; 
auf,  brüder,  lösen  wir  den  spund 
und  machen  frei  den  wein! 

W.  MGllkr  ged.  (I86Sj  2,48; 
doch  das  antike  vasura  war 
von  thon  und  spitz  nach  unten, 
und  auch  vom  cadui  ist  nicht  klar, 
ob  reif  er  trug  und  tpunteu. 

ScuBFFBL  gaudeamut  t.  108; 

ein  fasz  ist  voll  bis  zum  spunde,  so  dost  die  flüssigkeü  bis  an 
den  Spund  reicht,  vgl.  spundvoll:  es  lagen  aber  in  dem  ge- 
meinen keller  der  brüder  zwei  weinfüsser,  noch  voll  bis  zum 
spunde.  FkEiTAC  btlder  1,279;  den  spund  frei  geben,  ;e»(a<(fn, 
dass  da$  fasz  angezapft  verde: 

der  becher  Bchiumt,  der  becher  klirrt, 

jedweder  ist  «ein  eigner  wirt, 

der  hautherr  gab  den  «punden  frei. 

Hbdwitz  Amtiianlh,  abschied; 

auch  verschlusz,  zapfen  einer  ftaschr,  eines  kruges,  vgl.  spunden 
und  «pundflasche;  tn  btldern:  sonst  wird  die  inUnclicrcy,  beide 
spund  und  boden  mit  dauben  und  reifTen  verlieren  I.ithkr 
6,2.)';  er  könnte  ihm  da  lange  zureden,  was  das  nütze,  wenn 
man  spunden  in  den  obren  habe.  J.  GorraRLr  Hans  Joggtli 
(1893)  t.  68. 

41  spund,  mannigfach  in  der  $prache  der  gewerke  auf  tpund- 
dknhchtt  (nach  der  bedcutung  2  und  8;  überttagtn. 


a)  an  den  röhren  eintr  Wasserleitung  Öffnung  und  dieselbe 
verschlieszender  holzpfropf:  zu  zeitten,  so  der  slat  pflasterer 
ob  den  rürn  zue  pllaslern,  sullen  sie  geilissen  sein,  das  sie 
allweg,  wo  spünt  in  die  rürn  sein,  das  sie  an  dem  rörn- 
heintzen  woll  erfarn.  Tücher  6aur;uM(er(.  49,  28;  item  so  ist 
ein  kästen  im  pflaster  hart  bei  dem  stock,  do  das  wasser 
auf  geet  ...  in  demselben  kästen  ist  ein  zapf  und  ein  spunt 
in  die  riir.  174,  t. 

b)  artilleristisch  pfropf  womit  die  mündung  eines  geschüizes 
verwahrt  wird,  zapfen,  mundzapfen. 

c)  im  Schiffsbau  holzstück  als  ersatz  für  eine  aus  einer  planke 
oder  dergleichen  herausgearbeitete  fehlerhafte  stelle.  Stenzel 
deutsches  seemdnn.  wörterb.  3'J5*. 

d)  bei  den  dreehslern  kurzes  rundes  Stückchen  holz,  welches 
an  der  spindel  befestigt  wird,  um  das  zu  drehende  stück  darauf 
anzubringen. 

e)  an  einem  fischteiche  auslaszzapfen :  der  spund  an  einem 
teich,  welchen  man  heraufzieht,  wann  man  das  wasser  aus 
dem  teich  lassen  will,  obturamentum  slagni.  Frisch  2,  3i-2'. 

f)  in  der  baukunst  ein  Schlupfloch,  wodurch  man  bei  vor- 
fallenden umständen  zum  inner»  des  tchornsteint  kommen  kann. 
Jacobsson  7,416*. 

g)  bergmdnnnisch  im  Harz  eine  kleine  uetterblende.  Veith  4.i7. 
h)  sonst   im   berghau    ein  stück   holz   in    der  Öffnung  an  der 

kolbenröhre  eines  kunstsatzes,  das  herausgenommen  werden  kann, 
um  zum  kolben  zu  gelangen. 

i)  bei  Zimmerleuten  zapfenstück  eines  balkens  zum  einstecken 
in  die  höhlung  eines  andern  balkens. 

k)  bei  tischlern  breit  mit  falz  am  rande. 

l)  beim  Orgelbauer  eichenes  brett,  womit  die  thüren  der  wind- 
laden verspundet  werden. 

m)  im  Wasserbau  ein  aus  zwei  bäumen ,  siotscAen  welche 
breiter  eingeschnitten  werden,  bestehendes  werk  in  einem  gerinne, 
wenn  der  boden  nicht  im  stände  ist,  die  benötigten  wasser  zu  ertragen, 
mineral-lex.  (1743)  s.  534* ;  das  güspette  und  spunt  an  dem 
scutümpfel.  TucBEii  baumeisterb.  201,22;  ein  spunt  ...  darauf 
das  wasser  von  dem  were  scheust  und  nimmer  als  sehr 
spult,   als  es  vormals  getban  bat.  2ol,  30. 

5)  ein  anderes  spund,  umdtutuvg  von  spint,  unausgebackene 
stelle  im  innern  eines  backwerks  und  weiche  hulzmasse  zwischen 
rinde  und  kern,  vgl.  spint  2  und  3,  oben  theil  lu,  1,  sp.  2519; 
bei  Frisch  2,  3i-2*  spünd  und  spind,  albugo  ligni. 

SrUNDBAJONETT,  n.  ein  in  den  lauf  des  schieszgeuehres  zu 
steckendes  bajonelt:  nuchtheil  der  spundbajonette,  die  man 
erst  vom  gewebre  berabnchmen  muszte,  um  mit  diesem  auch 
schieszen  zu  können.  Bobheih  handbuch  der  wafjenkunde  (I&90) 
s.  500. 

SPUNDBAND,  n.  hei  böUOtern  band  oder  reif,  welches  dat 
fasz  zunächst  am  spunde  umschlieszt. 

SPUNDBALM,  m.  iei  Wassermühlen  und  wehren,  giund-  oder 
fachbaum  unmittelbar  vor  dem  gerinne,  im  holzliandel  tin  baunt, 
aus  welchem  starke  spundbretter  geschnitten  weiden  können. 

SPÜNÜBIEK,  n.  'an  einigen  orten'  eine  ergetzlichkeit  an 
bier  oder  geld,  welche  den  kleibern  gegeben  wird,  wenn  sie  den 
boden  flechten  und  das  letzte  holz  einlegen  und  gleichsam  ein- 
tpündcn.  Adelung. 

SPUNDBl.ECH ,  n.  blech  »on  geschmiedetem  eisen  zur  ver- 
selUieszung  des  troges  in  einem  pochwerke.  Jacoisso.*«  4,  241\ 

SPUNDBOHHtB,  tn.  lerffcro  forammis  opcrculorum,  spuni 
borer.  Stielgr  213;  spundbubier,  terebra  ad  facieudum  foranuu 
dolii  supeiius.  Fuislh  2,  312*. 

SPlNüBBtTT,  n.  starkes  brett  für  fuszböden,  das  mü  einem 
andern  zusammen  gespundet  wird:  spundbret,  so  zusaininru 
gefalzt  wird,  auf  dem  boden  eines  gemuchs,  aiser,  qui  m 
parimento  cum  alio  conjungitur.  Frisch  3,313';  auch  spündebroil. 

SPIINDDIELL',  f.,  was  spundbretU 

SPl  NDE.  f.  bettstelle.  für  sponde  theil  10,  t,  »;i.  2678:  spunde, 
tponda  Frisch  2,  312*;  für  die  wandlleus.  nim  vom  hanfslüiigcl 
oben  ab  das  kraut  mit  dem  samcn  und  leg  das  in  dein  bei- 
laden oder  spunden,  so  bleiben  sie  nicht.  II.  v.  BtiNsciiwiCk 
apothek  (i534)  1.6. 

SPÜNDE,  f.  der  sptnd,  schrank.  Campi.  nebenform  tum 
fem.  spinde,  vgl.  theil  lu,  1,  tp.  2491. 

SPÜNBEMKSSEIt,  n.  messer  zum  einspünden.  Wiiszk  kom. 
opern  2(177;)  1. 15,  s.  die  stelle  unter  spilnden  1. 

Sl'UNDEN,  SPÜNDEN,  rerJ».,  mit  einem  spund  verschliesun; 
mkd.  spunden,  spUnden  in  verspunden,  verspunden  mhd.  üb. 
3, 3,  bb4'. 


233 


SPÜNDER  —  SPUNDHEFE 


SPÜNDHOBEL  —  SPÜNELLE 


234 


1)  nach  der  eigentlichen  bedeulung  von  spund  (nr.  9,  tp.  2Sl): 

•karare  spunden  Dief.  391';  spunden  op^rcu/or«  Schottel  1420; 

spunden  obthurare,  oecludere   opereulo  Stiklx*  1462;    ein   fasz 

spunden  Adeldng; 

zwölf  Ikiüge)  nun  fülle  mir  an,  und  spunde  tie  alte  mit  deckeln. 

Odyss.  2,334; 

löse  den  spundenden  deckel.    3,392; 

begrifftausehend  den  wein  spunden,  ihn  im  fasu  durch  spund 
einschlieszen :  wenn  der  wein  gebrauset  hat,  so  liissel  man 
ibn  spunden.  Adelohg;  in  freierem  gebrauch,  ohne  beiug  auf 
den  vein,  verschliesxen  mittelst  eines  xapfens  oder  pfropfes:  mehl 
in  fässer  spunden,  ^enda;  da  lernte  ein  Jude  einen  armen 
üscher,  er  solle  eine  consecrirte  ostien  in  hollz  spunden, 
und  mit  an  das  garn  hängen,  so  würde  er  viel  fische  fangen. 
HENNEnBEBCER  431 ;  Tgl.  einspündeu  theü  3,  ZOb;  im  neumond 
drei  biutstropfen  aus  den  drei  fingern  auf  Laumwolle  auf- 
zufangen und  solche  in  eine  junge  ab  dem  wege  stehende 
weide  einzuspünden.  ädebbach  dorfgesch.  i,l\&; 

gefiels  ihr  noch  nicht  fromm  zu  seyn; 
80  kriegi  ich  eins  der  gröszten  fässer, 
ich  nahm'  mein  groszes  spündemesser 
und  spundete  sie  ein. 

Weiszi  kam.  opern  2  (t'"')  ».  15; 

einen  ins  gei^ngnis  spunden,  einspünden,  im  tolksmdsiigen 
scherze  für  einsiierren. 

2)  spunden,  spunden  gemäsz  der  späteren  Übertragung  des 
subitatitits  in  der  spräche  der  geverke;  an  einem  teiche  wasser 
absperren  (spund  \,e): 

jetzo  erreicht  er  die  bucht  am  kanal  des  oberen  teiches, 
den   ein   hölzerner  mönch  (zapfen)  einspüudeie,   doch  wenn 

das  wasser 
schwoll   aus  geöCTnetem  Schlund,  in  den  see  sich  strudelnd 

herabgosz.    Voss  142,57  Sauer; 

besonders  aber  nach  spund  4,  i  und  k,  bei  simmerleuten  und  tisch- 
lern: spunden,  compaginare,  compingere,  coassare,  einen  boden 
spunden,  coassare,  compingere,  contabulare,  axibus  sternere  solum. 
Stieleb  1452;  ich  spunde,  asso,  coasso,  contabulo.  Steixbach 
2,650;  spunden,  in  einander  und  an  einander  fügen,  als  tischler 
oder  timmerltute,  coassare,  conlabulare,  asseres  compingere.  Kbisch 
2,312;  also  bawet  er  das  haus  und  volendets,  und  spundet 
da.«  haus  mit  cedern,  beide  oben  und  an  wenden.  lA-ön.6,  9; 
^pündets  (das  haus)  mit  hoitz  inwendig,  und  teffelt  den  boden 
des  hauses  mit  tennen  breiter,  v.  15;  spundet  er  den  altar 
mit  cedern.  v.  20;  das  gro$ze  haus  aber  spundet  er  mit 
tennen  holtz.  2  chron.  3,5;  in  Mose  finde  ich  nichts  vom 
spunden  oder  leimen  . . .  aber  Salomo  spundet  und  täfelt  den 
tempel  inwendig  mit  cedern  und  tennen  brettern.  Matbesics 
Sar.  5:';  die  decke  ist  getäffeil  (gespundet),  lacunar  tabu- 
Ulum.  CoMEMDS  janua  (1664)  s.  16o;  frei: 

ein  schwaibeiipaar  führte  der  lenz  mir  herbei; 
sie  hauten  ihr  nest  mir  über  die  thür  . . . 
sie  verkleibteu  gar  wobt  und  spundeten  zart 
ihr  kleines  gemach  und  bezogeu's  mit  Daum. 

Stolbkrc  2,  257; 

spunden  im  Wasserbau,  pfähle  mit  federn,  spunden  oder  nuthen 
n  einander  fügen.  Jacobssor  4,242';  der  salzborn  zu  Hall 
in  Sachsen   ist   unten   mit   bohlen  gespundet.   Fbiscb  2, 312'. 

f.  auf-,  aus,  ein-,  Ter-,  zu-,  zusammeuspündea  (-spunden). 

SFÜNOER.  m.  der  fdsser  spundet,  zuspundet  und  roll  in  den 
keUer  schafft:  spünder,  bierspünder,  qui  dolia  repleta  oppilat 
H  reurat.  Fbiscb  2,  312*;    vgl.  auch  weinspünJer: 

als  ich  den  spünder  jetzt  thet  holen, 

ders  {das  fa^i)  mir  zuspündt. 

Akdrias  TüiBiics   kluge  der  lieben  freu  Gerste 
bei  Doi5AviL's  om;</itifiea<r.  lapiend'ae  1610  1,225; 

und  nam  den  spünder  auch  mit  mir, 

bekam  umb  mein  geldt  guttea  hier,    ebenda. 

SPUNÜKLASCHE,  f.  flasche  mit  einem  spund  oder  pfropfen 
verschlossen  (rgL  spund  3  gegen  ende):  Jacob  der  heilige  piigram 
trug  sein  spundllescbleio  oder  ülhörniein  auch  mit  sich,  da 
er  . . .  seinem  zornigen  bruder  entwiche.  Mathesius  Sar,  I9l'; 

wenn  sie  die  buitermilch  ausztruckten, 
bald  auff  den  abent  zsammeii  ruckten, 
asseus  mit  lölTeln  ausx  spontflasclien  (ndnische  leule). 
b.  Waluis  Esop  4.  90,  39. 

SPl'NDGELD,  n.  abgäbe  von  vertapflem  bier.  AnsLCNC.  auch 
im   1&.  jahrh.  abgäbe  von   dorfbier  betnt  einführen  in  die  sladt. 

SPL'NDHEFE,  f.:  spundhefen  heiszen  diejenigen  befeo, 
so  aus  denen  bieridssern  oben  zum  spundloche  heraus  stoszen, 
werden  auch  sunsteo  oberhefen  genennel.  öeon.  lex.  2339. 


!  SPUNDHOBEL,  m.  dolabra  quM  asserum  juneturae  fiunt,  wo- 
mit die  herausstehenden  und  eintcärts  gehenden  theile  einer  fuge 

!    oder  falze  der  breitet  gezogen  werden.  Friscb  2,  312'. 

'  SPL'iNDHÖHE,  f.  höhe  des  Spundloches  in  einem  fasse:  dar- 
nach medir  die  bödem  und  spunihohe  zusammen.  Ebbast 
Helm  im  anhang  zu  Adam  Rysens  rechenbuch  G ''. 

SPL'.NDHOLZ,  n.  holz  wie  es  von  den  simmerleuten  zum 
spunden  gebrauciit  wird:  ein  klein  spunthoitz,  das  doch  24  sehuch 
lang  ist.  TcciiEB  baumeisterb.  Tö,  5. 

SPÜNDICHT,  1)  adj.  zum  spunden,  zusammenfügen  geschickt, 

compactilis:  spündichte  balken,  trabes  compactiles.  Stieler  1452. 

2)  nach  spund  5,  sp.  232  bei  bäckern,  spündichtes  brot;  aueh 

spündiges,    spundiges  brot,  unausgebackenes,  schliffiges.   Schm. 

2*,  678;  spüodig,  minus  excoctus  Fsiscb  2,  312'. 

SPUNDKLOTZ,  m.  in  pochwerken  ein  kurzer  hölzerner  absatz 
zwischen  den  pochsäulen.  Jacobsson  4, 242*. 

SPUNDLADE,  f.  in  orgeln  eine  wituikde,  deren  boden  aus- 
gemeiszelt  und  nachher  wieder  verspundet  worden  ist.  ebenda, 
tgl.  spund  4,  l. 

SPUNDLOt'H,  n.  obere  Öffnung  eines  fasset,  durch  das  die 
flüssigkeit  eingegossen  oder  entnofflinen  wird;  verdeutlichende 
Zusammensetzung  für  das  einfache  fremde  spund,  das  ursprüng- 
lich für  sich  dasselbe  ausdrückt  (vgl.  spund  t  und  2,  sp.  230  f.): 
spiraculum  spuntloch  Steimie\eb-Sievers  ahd.  gloss.  3,156,46 
(neb^n  phuntloch,  vgl.  oben  unl^r  spund  l);  orificium  eyn  spont- 
loch  Dief.  400';  Spundloch,  orj^cium,  l<i<>iunt  Stieleb  1102;  die 
sollen  das  fasz  mit  dem  von  uns  ihnen  anfertrauten  sieget 
an  dem  Spundloch  versiegeln.  Breslauer  weinordn.  rön  1631 ;  ich 
fund  neulich  eine  Lrüte  auf  dem  Spundloch  sitzen.  Cbb.  Weise 
comüd.  241 ;  frische  weine  sprengen  das  fasz,  wenn  man  ihnen 
nicht  das  Spundloch  öffnet  .Moses  rerm.  schrifL  1  (1797)  s.  112; 
wenn  du  den  zapfen  aus  dem  Spundloch  ziehst,  so  will  ich 
trinken.  Platen  212'; 

einfüllen  lä^zt  genie  sicli  nicht  mit  einem  trichter: 
kein  Spundloch  bat  der  köpf,  gebohreo  wird  der  dichter 

GOTTBk  3. 198; 
(ei)  führt  mit  anstand  zu  den  lippen 
eins  der  beiden  oxhcft-fässer, 
trinkt  gelinde  aus  dem  spundioch.    laHEaEANii  12,  59; 

als  schelte  für  einen  säufer:  seine  genossen  nennen  ihn  m 
Spundloch,  ein  bierfasz!  Rosbggbs  sünderglöckl  (VA)4)  t.  6;  — 
Spundloch,  obscön  für  tulva  HiRTikunslworteder  anatomies.lil. 

SPUNDNAGEL,  m.  nagel  zum  spunden  von  brettern:  band- 
nagel  sice  spundnagel,  paxill'is.  Stieleb  I3.>4;  spundnagel 
clarus  ad  firmandos  asseres  in  patimento  conjunctos.  Frisch  1,312'; 
spQnduäge!  ebenda. 

SPUNDPF.\HL,  m.  pfähl  zum  ausspunden  der  scUeusenwände 
gebraucht.  Jacobssos  4,  242*. 

SPUNDSÄGE,  f.  säge  womit  der  spund  ium  fasse  ausgeschnitten 
wird,  ebenda. 

SPUNDSTOCK,  n.,  was  spund  4,  m,  sp.  m.  mineral-lex. 
(1743)  S.  534*. 

SPUNDTIEFE,  f.  tiefe  eines  fasses,  wenn  dasselbe  durch  den 
spund  gemessen  wird,  liefe  in  der  mitte  des  fasses.  Jacobsson 
4,242'.    vgl.  mitteltiefe  theil  6,2il2. 

SPUNDUNG,  SPÜNDÜNG,  f.  handlung  des  spündens  und  da- 
durch hergestelltes:  commissura,  compago,  incastratura,  ein  fuge, 
spundung.  Tbucbls  Ob';  spflndung,  obthuramentum ,  operi- 
«nentum,  opertorium,  item  compago  et  compages.  Stieler  1452; 
in  der  schiffsbaukunst  spündung.  spundung  kerben  in  jeder 
Seite  des  kiels  eines  holzschtffes,  um  pliinken  hineinzußigen,  auch 
niederdeutsch  sponung.  Sterzel  deutsches  seemdnn.  wOrterb.  39b'. 

SPUNDVOLL,  adj.  bis  an  d*n  spund  des  fasses  mit  ßüssigkeit 
gefüllt,  z.  h.  von  Weinfässern:  der  von  bodensatz  freie  most 
■vird  von  der  kelter  in  extra  starke,  sorgfältig  gearbeitete, 
nicht  zu  grosze  gebinde  gefallt  und  twar  spundvoli.  Fnnk- 
furter  Journal  1S68,  nr.  297. 

SPU.NDWAND,  f.  im  schleusenbau  eine  aus  ipundpfdhien  er- 
richtete wand.  Iacohsson  i.  242'. 

SPUNDWEIIK,  n.  werk  dessen  theile  in  einander  gespundet 
sind.  Campe. 

SPUNDZAPFEN,  m.  ein  wor  die  mündung  der  kanone  ge- 
steckter tapfen  oder  pfropf,  damit  der  liuf  reinlich  bleibe,  auch 
mundpfrupf,  deckelpfropf.  Jacobsson  9, 1U2'.  terschluszzapfen 
an  leichen  Adeldnc. 

SPUNDZIEGEL,  «.  plottnegeL 

SPINELLE,  f.  ribes  «ra  crispu,  krause  stachel'^eere ,  für 
Spinelle  ((/Ktl  10,  l,25V5).   NEmiicu  wb. 


235 


SPÜNNK  — SPUR 


SPUR 


236 


SPÜNNE ,  t'  »•  m«ö«r6rust,  muH«-mi7cfc,  ahi.  spunni,  mM. 
spQane,  lu  ahd.  spenen  \aclart  (vgl.  span  ufcfr,  mamma  theil 
10,1,  *p.  1871,  Spänen  sp.  1873)  gehöriges,  in  der  alten  spräche 
häufiget  viorl:  welleslu  versuochcn,  ob  der  sieche  genesen 
uiüge  oder  des  legers  sterbe,  so  niin  eines  wlbes  spönne, 
diu  ein  dechencliint  ziehe,  und  niin  des  siechen  harn  und 
mische  diu  zesamen.  Pfeiffer  arzneib.  2,&'; 

so  saitu  mit  diner  «puue 

min  ougen  ot  bestrichen, 

darabe  sol  entwichen 

min  alte  stete  blindekeit.    passional  03,  U  Köftke; 

die  muter  mit  ir  selbes  spune 

ir  kint  zoch  sunder  amme.    393,22; 

mir  ist  ein  kus  von  iuwerm  munde 

also  senlte  und  also  süe;e  .  .. 

und  ist  min  mirre  wünue 

dan  dem  kinde  si  da{  spiiune 

von  siner  muoter  brusie.    I''loie  bOO; 

spättr  nur  noch  in  resten ,  auf  die  mundarten  zurückgezogen  : 
das  und  die  spunne,  spünue,  auch  spin  mutlerbrust,  mutter- 
mikh.  ScBii.  2*,  676;  in  der  Eifel  spinn,  f.  multermilch.  Fbomm. 
6, 19;  in  der  spräche  der  jdger:  spinne  wird  beim  weiblichen 
rolh-  dam-  elen-  und  rehwild  das  gesäuge  genannt,  v.  ThIJncen 
weidm.  prad.  309 ;  sie  {die  hirschkälber)  werden  (t>ön  der  mutter) 
nicht  blos  vor  gefabr  geschützt,  sondern  auch  bis  zur  nächsten 
Setzzeil  an  der  spinne  geführt,  t.  9.  in  Westfalen  heiszl  spund 
auszer  der  allgemeinen  bedeutung  auch  das  euter  {offenbar  aus 
spunne,  spunn  verderbt),  spunder,  spunner  euterstück.  Woeste 
252'.  vgl.  auch  gespünn  tAeiJ  4, 1, 4171,  gespunst,  gespünst 
ebenda  und  spinferliei  theil  10,  1,2505. 

SPUNST,  f.  handlung  und  erzeugnis  des  Spinnens,  neben  dem 
gewöhnlichen  colleäiven  fem.  und  neutr.  gespunst,  theil  4, 1,  4172  : 
seht  hie  diese  liigenspunst.    Fischart  1,229,3837  Kurt. 

SPUNSE,  f.,  s.  spons  oben  theü  10,  l,  2673. 

SPUNSIEUEN,  SPUNZIEIJEN,  s.  sponsieren  theU  XO,  1,2674. 
dazu  spunzwerk,  unerlaubter  liebesumgang :  spuntzwerk  . . . 
ze  iribende.  d.  städtechron.  9, 1025,  8  {Straszburg,  von  1409). 

SPüH,  f.  vestigium. 

l)  formelles,  spur  steht  neben  dem  gemeingermanischen  neutr. 
spor  {theil  10, 1, 2674/'.),  welches  den  durch  niedertreten  oder-slossen 
gebildeten  eindruck  des  fuszes  im  boden  bezeichnet,  und  mit  dem  das 
verbum  spüren  (s.  d.)  in  engster  beiiehung  ist.  zu  diesem  verbum 
wird  das  Substantiv  ahd.  spurunga,  handlung  des  spürens,  spüruiig 
(Gbaff  6,  356)  bezeugt;  daneben  musz  es  auch  ein  ahd.  nicht 
bezeugtes  *spuri  und  *spura  gegeben  haben,  von  denen  ersleres 
mit  spurunga  (jltichsinnig  war,  das  letztere  mehr  die  art  und 
fähigkeit  des  spürens  ausdrückte,  beide  bildungen  sind  seit  dem 
mhd.  als  spüre,  spür  und  als  spur  bezeugt:  die  entere  noch 
bis  ins  \6.jahrh.:  der  jeger  maclite  sich  mit  seinen  hunden 
auff  die  spür  nach  holtze  zu.  Spangenbebc  jagteufel  (i56u)  Ds'; 
besonders  in  festen  Verbindungen,  die  den  alten  ursprünglichen 
begriff  der  handlung  des  spürens  bemahren,  auf  der  spür  stehn, 
spür  auf  einen  haben: 

(er)  hat  sein  spur 
jetzt  aufr  die  pöden,  dan  im  keller. 

H.  FOLZ  in  den  failn.  sp.  1292; 

ich  wil  die  weil  stehn  aur  der  «pur, 

ob  iemandt  gieng  wider  und  für.    H.  Sachs  3,  2,2t  ^'; 

liehst  du  nit,  das  hausz  ist  verluilet 

mit  den  kriersleuten  umb  die  thür, 

die  haben  all  auf  dich  jr  spür.     4,  I,  11'; 

beint  öfTn  ich  dir  die  kammerihür, 

daraulT  der  ritter  liett  sein  spür.    4,2,5'; 

deshalb  soll  im  krieg  ein  hauptman 

auKeii  und  obren  offen  han 

autr  den  feind  haben  gute  spür.    5,306*; 

du  siclijt  wol  wie  er  mir  zu  setzt 

und  allzeit  hat  aiilT  mich  sein  spür: 

lob  darlT  kein  tritt  tbun  lür  die  thür. 

desypn  fa-lH,  »;'.  4,  90,  27  Götze; 
(null  Witt  i'i/i)  am  ihennen  stehn  In  die  holtzkammer 
und  auff  den  plalTn  haben  mein  spür  (:  thür).    06,  214; 

andererseits  aber  hat  spüre,   spür  schon  eher  sieh  in  den  tinn 
des  neutrums  spur  verloren,  vgl.  vestigium  fuoszspür  üibf.  016*; 
nü  het  der  edel  keiser  Tür 
■ich  mit  »uoch  aemiichet,  als  üt  nluwer  spOr 
elo  edel  bunt,  den  man  n&cb  wilde  bengni. 

iMhemjrin  5642; 
«nludeln  (ihoren)  und  muiidufTeu 
mich  dunkt.  du  riiett  iif  der  spür  (:vOr). 

Viiginat  9iO,  B: 
Woiriiart.  nü  rit  du  bilde  vür. 
wir  «lu  ül  der  rehten  spür.    M6,  6; 
leb  hin  cehagi^i  trinm  viMtnun  iji-machl)  und  w||  Jagsn, 
tfU  spürt  wil  leb  nUfflSO  sageD.    lieäeitaul  3,  M7,  •; 


und  so  noch  im  16.  jahrh.:  wie  ein  schiff  auf  den  wusser- 
wogen  dahin  leufft,  welches  man,  so  es  furuber  ist,  Iteine 
spür  finden  kan  (non  est  vestigium  invenire  vulg.),  noch  des- 
selbigen  ban  in  der  Out.  oder  wie  ein  vogei  der  durch 
die  luffl  tleuget,  da  man  seines  weges  keine  spüre  linden 
kan  (cu;u5  nullum  invenitur  argumentum  itineiis  vulg.).  weish. 
Sa{.  5, 10. 11 ; 

da  kam  ich  ("in  wotf  npricht)  auff  eins  hundes  spür, 

der  war  gelaufen  kurtz  vor  mir.      B.  Waldis  Eso/i  4,  49,  27. 

das  fem.   spur   zeigt  täne  alle  bedeutung   der  spürkraft   noch 

bei  Licitweb: 

es  lebt  aus  Reineckens  gesclilecbte  ■ 

ein  jung  und  eitler  abkömmling,  ■ 

der  oft  mit  mehrerm  glück  als  rechte  '^ 

der  schnellen  bunde  spur  entging,      s.  90  (fab.  3,  6); 

der  schnupfen,  der  mich  plagt, 
benimmt  mir  alle  kral't.  das  wildpret  auszuspüren, 
deswegen  könntest  du  mich  führen; 
es  mangelt  dir  nicht  an  der  spur.     s.  123   (fnb   4,  4); 

aber  auch  hier  tritt  Vermischung  mit  spor  nach  bedeutung  und 
form  ei»,  indem  spur  dasselbe  besagt  wie  spor:  vestigium  fuosz- 
spure,  fuoszspür  Uief.  616'; 

auf  rehter  spur  des  hirzen  vart.    SncaE!«wiRT  18, 18: 
und  theilweise  auch   das  neutrale  geschlecht  von  spor  annimmt: 
auff  dem  spur,  den  sie  gegangen.  Tbubneisser  magna  alchymi» 
(1583)  vorrede  2; 

wie  ein  frisches  wind  das  spur  der  schlauen  binden, 
durch  berge,  buscb  und  thal  mit  riechen  weisz  zu  finden. 

Kacubl  sat.  qed.  s.  19,  109  Drescher; 

das  neutrale  geschlecht  schlägt  auch  in  das  masculine  um  {man 

denkt   an   synoymes   tritt,  s.  d.):    such  den  spur.    PABACbLsas 

opp.  1,  626B;  mit  dem  plur.  spüre,  spür: 

vertrit  die  alten  spür!   (:  für). 

0.  V.  WonEMSTRiN  44,  31  (».  IM)  Schatz; 

endlich  entsteht  ein  feminines  die  spor:  uf  die  recht  spor 
kommen.  Zimm.  chron.  l',  272,  27; 

ich  holT  nimmer  uf  die  spor. 
daraulT  ich  bin  gewesen.     4^,231,3. 

vgl.  über  die  mannigfalligkeit  der  formen  auch  gespor  theil  4, 1, 
sp.  415S/.,  gespur,  gespür  sp.  4173.  das  schwanken  beginnt  im 
17.  jahrh.  sich  zu  verlieren  und  seit  dem  IS.  hat  das  fem.  spur 
sich  für  die  Schriftsprache  die  alleinige  herrschaft  erobert. 

2)  die  bedeutung  des  wortes  geht  zunächst  auf  den  hinter- 
lassenen  eindruck  der  fusztrilte  eines  wildes  oder  menschen,  im 
collecticen  singular:  spur,  f.  vestigium  Schottel  1420. 

o)  beim  wilde,  als  technischer  ausdruck  der  jäger:  spur  be- 
deutet eben  das,  was  färtbe  heisset.  spur  aber  wird  am 
meisten  vom  geklauelen  wildpret,  als  dem  hasen,  luchs,  wolf, 
dachs  und  dergleichen  gesagt.  Hhppe /eii/iund  113;  die  schweine 
liaben  ihre  spuhr  grüszer  und  mehr  geschlossen  als  die  säue. 
HoHBEBG  2,  619;  das  mannlein  {unter  den  rehen)  hat  eineo 
stärkeren  fusz  ...  als  das  weiblein,  welches  eine  hohle 
und  auswärts  gewandte  spuhr  hat.  624';  wegen  seiner  {de$ 
tigers)  spuhr  und  gefährd  hat  man  . . .  bey  uns  wenig  nach- 
richt,  auszer,  dasz  sie  . . .  der  katzen  art  nach  solche  an 
ballen  und  klauen  .  .  .  formiren  sollen.  Fleüinc  teutschtr 
Jäger  86';  {es  ist  notwendig,  dasz  ein  Jäger)  den  fusz  oder  dl« 
spulir  eines  jeden  thiers,  das  über  einen  weeg  hingegangen, 
und  die  form  oder  gestalt  eines  fuszes  allda  mithin  eingedruckt, 
oder  hinderlassen,  zu  erkennen  wisse:  und  ist  solche  spuhr 
gar  leicht  zu  beobachten,  wann  entweder  ein  schnce  liget, 
oder  die  erden  weich  ist,  oder  auch  wann  es  vorhcro  eines 
kleinen  regen  gethan,  und  absonderlich  frühe  morgcnds,  eb« 
noch  einige  menschen,  oder  das  auszgetribne  vich  darüber 
gewandict;  als  wordurch  sonsten  der  wilden  thicr  spukr 
verlretten  wurde,  adelicher  seitvertreiber  4,«/.;  ebenso  in  aU- 
gemeiner  spräche,  besonders  in  festeren  Verbindungen,  auf  d\$ 
spur  kuinmen,  geraten,  auf  der  spur  sein,  ein  wild  auf  der 
spur  haben;  man  lindet  keine  spure  tod  wilde,  nullius  fera» 
vestigium  exstat.  Steinbacii  3,650;  der  hund  laulTt  der  spur 
nach,  ranis  investigat.  ebenda;  das  wild  auff  der  spur  fangen, 
feras  indaganter  eapere.  ebenda;  der  spur  nach  das  wild  fangen, 
indngantrr  ferat  eapere.  Hkuebich  lt24{  die  hunde  sind  mir 
auf  eine  falsche  spur  geralhen.  Weiszk  kom.  opern  1,  107; 
deine  gedanken  eilen  gerade  vorwttrts,  wie  der  hund  aot 
der  spur  eines  hiriches.  Kbbitac  a/in«n  1,  170; 

•  Udann  In  {den  hunden)  erst  die  waffel  schäumt. 

und  kommen  auf  die  «pur  uncüanmt. 

1-ucuABT  'jinckh.  icliiff  371) 


237 


SPUR 


SPUR 


238 


wo  (isind)  die  äugen,  falkenhelle, 

die  des  renailiiers  spur 
zäliltea  auT  des  grases  welle, 
auT  dem  tliau  der  fliir. 

ScHiLLM  11,  234  (nadowess,  todlenklagf); 

eines  wildes  spur  entdecken,  Tcrfolgen,  verlieren,  eine  spur 
verwischen:  wie  der  low  sein  spur  mit  dem  schwantz  selbst 
versclilägt.  Gorff.  (1590)  534; 

die  spur  (der  tliiere  in  die  höhle  des  löwen)  Ut  wol  hinein  geriebt, 
aber  keine  berausz  nicht  sieht.    441; 

mit  leichten  lauften  streicht  jetzt  ein  heer  gedeckter  hindinnen, 
und  hirsche.  mit  äsien  gekrönt,  durch  grüne,  rauschende  büsche, 
setzt  über  klülte,  gewässer  und  robr.    moräste  vermissen 
die  spur  der  (liegenden  last. 

E.  V.  Klkist  irerike  1,  171  Körte  (früliling  273); 

einem  wilde,  raulilhiere  auf  der  spur  jagen,  seine  fährt»  ver- 
folgend:   ^e„n  wir  xusamraen  oft  dem  wilde  nach 

durch  berg  und  tbaler  rannten,  und  dereinst 
an  brüst  und  faust  dem  hohen  alinherrn  gleich 
mit  keul  und  schwert  dem  ungeheuer  so, 
dem  räuber  auf  der  spur  zu  jagen  hofften. 

GöTHE  9,31  (Iphig.  i,  1); 

hldlich:  ich  habe  ein  ganz  ander  wildpret  auf  der  spur. 
Lessi!»g  1,  244  (;'.  gel.  2,  3);  hr.  Klotz  kann  Staat  darauf  machen, 
dasz  ich  mich  so  bald  von  seiner  spur  nicht  will  abbringen 
lassen,  er  mag  auch  noch  so  viel  Seitensprünge  versuchen. 
12,  20S;  herr  von  K.  ist  in  Hamburg,  und  gebt  in  allem  ernste 
darauf  um,  eine  reiche  frau  dort  aufzujagen,  er  hat  auch 
schon  wirklich  etwas  auf  der  spur.  359. 

h)  spur,  anxeichen  der  fusstritte  eines  menschen:  wann  jemand 
an  einen  ort  kam,  da  ich  die  schuhe  verweciiseln  lassen, 
sähe  es  nicht  anders  in  der  spure,  als  wann  zwo  partheyen  allda 
zusammen  kommen,  auch  mit  einander  wieder  verscliwunden 
wären.  Simpl.  i,  245  Kurz;  so  waren  ohn  das  meine  gänge, 
wann  es  eine  spure  hatte,  viel  verwirrter,  als  in  einem  irrgarten, 
also  dasz  es  denjenigen  die  mich  vermittelst  der  spure 
hatten  auskündigen  oder  sonst  nachjagen  sollen,  unmüglich 
gefallen  wäre,  mich  zu  kriegen  und  in  ihr  netz  zu  bringen.  246; 
der  alte  ..  .  zeigte  ihnen  eine  ziemlich  frische  menschenspur 
auf  dem  boden.  mehrere  konnten  sie  nicht  finden,  und 
so  glaubte  der  alte,  ohne  fürchten  zu  müssen,  auf  räuber 
zu  stoszen,  der  spur  nach  gehen  zu  können.  Novalis  2, 102 
Meiszner;  an  deiner  spur  sehe  ich,  dasz  du  von  unserm  volke 
bist,  denn  die  spitze  des  fuszes  strebt  auswärts  und  stark 
drückt  der  ballen.  Frevtag  a/in«n  i,  9;  der  schatten  ist  klein 
geworden,  er  deckt  nicht  mehr  die  spur  eurer  füsze.  109; 
das  schnobern  nach  der  spur  seines  herrn  hemmt  die  Schnellig- 
keit seines  (des  hundes)  laufes.  Vischer  auch  einer  l,U9; 
eines  mannes  spur  im  sande, 

die  von  dem  linken  eingang  dieser  laube 

nach  einer  grotte  sich  verlor. 

Schills«  5,  2,  283  {don  Karloi  3,  8); 

erst  eil  ich  nach  dem  thor,  das  rettung  uns  gewährt, 

und   meiner  trilte  spur  musz  mir  den  rückweg  zeigen. 
6,  3S1  [lei Störung  Trojat  127); 
Faust,  für  was  hältst  du  das  thier? 
W.  für  einen  pudel,  der  auf  seine  weise 

sich  auf  der  spur  des  herren  plagt.     Göthk  12,  62; 

find  ich  im  schnee,  ihr  herrn  euch  eine  spur  — 

was  flnd  ich  euch  fiir  eine  spur  im  schnee? 

rechts  fein  und  scharf  und  nett  gekantet  itamer, 

ein  ordentlicher  raenschenfusz, 

ond  links,  unförmig  grobhin  eingetölpelt, 

ein  ungeheurer  klotzger  pferdefusz. 

H.  V.  KtKiST  3,  150  (ier6r.  krug  11). 

3)  erweiterung  der  bedeulung  vollzieht  sich,  wenn  dieses  spur 
auch  den  hinterlassenen  eindruck  von  anderem,  als  getretenem 
beuichnel:  spur  eines  wagens,  Schlittens;  die  spur  der  rader 
läuft  im  sande;  bei  fuhrleuten  spur  halten,  genau  in  der  bahn 
eines  vorausgegangenen  wagens  bleiben,  auch  spur  fahren;  halbe 
spur  fahren,  mit  den  rädern  auf  einer  seile  des  wagens  zwischen 
den  beiden  gleisen  und  mit  den  rädern  auf  der  andern  seile 
tuszerhalb  desselben  fahren.  Campe,  rp/.aucA  Wagenspur  (/u  13, 474; 
er  {der  postillion)  wisse  nicht  wo  wir  wären,  könne  keine  spur 
sehen.  Gücsikck  an  Bürger  \,i6i  Slrodtmann;  wenn  aber  der 
weg  nur  einiger  maszen  in  Ordnung  ist  und  durchaus  kein 
wagen  die  spur  des  vorhergehenden  hält,  so  kann  kein  gleis 
und  kein  einschnitt  entstehen.  Seühe  spazierg.l,\ll;  aucli  in 
freier  anwendung: 

die  Weisheit,  die  ihn  führt,  hält  deiner  tueend  spur. 

Bessb«  sc'iriflen  (17iO)  «.  37S; 

bei  den  pferdemühlen  müssen  die  pferde  immer  in  einer  und 
ebenderselben  spur  bleiben.  Aoeluhg; 


iene  gewaltigen  wetterbäch«  ... 
hres  laufes  furchtbare  spur 
geht  verrinnend  im  sande  verloren. 

Schiller  14,  25  (braut  v.  Ue$i.  v.  250): 

hatte  ...  die  «pur  verloren,  die  mich  hierher  führte.  TbOhmbl 
2  (1791),  78. 

4)  auch  weniger  sinnlich,  der  hinterlassene  eindruck  eines 
menschen  nach  seinem  aufenthaü,  wesen,  seiner  erscheinung, 
wirksamkeil:  keine  spur  von  einem  wahrnehmen,  non  videre 
vestigium  alieujus.  Steinbach  2,650;  keine  spur  wo  von  sich 
lassen,  non  relinquere  vestigium  sui  in  aliquo  loco.  ebenda;  bis 
itzt  ist  es  unmöglich  gewesen  auf  ihre  {der  verschwundenen  Lait) 
spur  zu  kommen.  Wiblard  36,20  (Aristipp  4,2);  ich  denke  ich 
bin  auf  der  spur.  8,295  {Danischmend3l);  man  fand  nirgendwo 
die  geringste  spur.  Heinsb  Ardingh.  1,157;  die  polizei  ist  einem 
Verbrecher  auf  der  spur;  sie  haben  uns  die  spur  abgelauert  — 
rings  ziehen  ihrer  etliche  tausend  einen  kordon  um  den  mittlem 
wald.  Schiller  2,97  [räuber  schausp.  2,  3);  er  war  durch  einen 
sehr  sonderbaren  zufall  den  thätern  jener  nächtlichen  misz- 
handlung  auf  die  spur  gekommen.  Göthb  18,314  (k/ir;a/)re  3,11); 
nur  kurze  zeit  werden  das  zertretene  stroh  und  die  ein-; 
gegrabenen  kochlöcher  noch  eine  spur  zeigen;  dann  wird  .. 
die  gegenwart  so  vieler  tausend  rüstigen  menschen  in  dieser 
gegend  . . .  nur  noch  in  den  köpfen  einiger  alten  leute  spuken. 
19,3  (4, 1);  unterrichtete  ihn,  wie  er  die  drei  musikanten  sich 
merken  und  ihre  spur  verfolgen  müsse.  Keller  7,168;  wie 
er  Lucretias  verschwinden  spät  bemerkt,  dann  aber  gleich 
sich  aufs  pferd  geworfen  und  die  reisende  mit  leichtigkeit 
von  spur  zu  spur  verfolgt  habe.  C.  F.  Mbter  Jenatsch  s.  I7; 
dasz  man  . . .  dem  verräther  des  mobilmachungsplans  auf  die 
spur  kommen  wolle.  Freytag  ert'nn.  258; 

Scheelsucht  käme  dann  uns  auf  die  spur.    G6tx  3,7; 
vom  kleinsten  bis  zum  gröszten 

§ebt  alles  seinen  gang,  bringt  alles  auf  die  spur 
es  gröszten  wesens  und  des  besten.    Glkih  7, 168; 
wo  erruft  sie  meine  stimme? 
wie  entdeck  ich  ihre  spur?    Gottki  3,449; 

schnell  wäre  ihre  spur  verloren, 
sobald  das  mädchen  abschied  nahm.    Scbillib  11, 197; 
Titan,  deine  strahlen  alle 

sandt'  ich  nach  der  theuern  spur  (de*  kindet).    190; 
ist  mir  nichts  von  ihr  geblieben, 
nicht  ein  süsz  erinnernd  pfand, 
dasz  die  fernen  sich  noch  lieben, 
keine  spur  der  theuren  band?    201; 
and  auf  ihrem  pfad  begrüszte 
irrend  nach  des  kindes  spur, 
Ceres  die  verlaszne  küste.    292; 

eher  nicht  bescbliesxt  er 
umzukehren,  bis  er  Heliodorens 
spur  gefunden  und  die  spur  des  ränbers, 
sollt'  er  jagen  bis  zum  fernsten  Indien. 

Platin  333*  (Abbasiden  6,  131); 
du  kamst,  du  giengst  mit  leiser  spur, 
ein  flücbtger  gast  im  erdenland. 

Uulard  118  (iiuf  den  tnd  eines  kindet). 

5)  ferner  die  deutlich  merkbar  haftenden  anzeichen  von  zu- 
ständen, thätigkeilen ,  dingen:  spur  eines  Verbrechens,  eines 
Schlages,  einer  miszhandlung;  spur  des  allers;  der  lange  ver- 
weilende kusz  auf  ihren  entblöszten  arm,  dasz  noch  die  spur 
seiner  zahne  im  flammenrolhen  fleck  zurückbiieb.  Schiller  3,9 
(Fiesko  1, 1);  bei  ihrem  jetzt  den  Siebzigern  nahen  ehemann 
begann  schon  das  greisenulter  seine  leise  spur  zu  ziehen. 
Stör«  4,297; 

(die  heere  der  sterne)  zeigen  von  des  Schöpfers  macht 
in  der  wirkenden  natur. 
uns  die  allerklärste  spur.     Brockbs  5,241; 
den  rost  der  weit,  der  leidenschafien  spur, 
hat  längst  der  Ousz  der  lelt  von  ihr  hinweg  gewaschen. 
WiBLAKD  23.  79  (Uberon  8,  U); 
ihn  bnit 
in  schranken  nur  dis  deutliche  gesetx, 
und  der  gebrauche  tiefgetretne  spur. 

Scuillr«  12,327  (\\alitnsteint  tod  4,  2); 

viele  tage  gehen  vorüber,  ohne  eine  spur  hinter  sich  zu  lassen. 
Novaiis  1,3»;  Meissner; 

hinter  mir  blieb  der  gärten,  der  hecken  vertraute  begleitung. 
hinler  mir  jegliche  spur  measchlicher  binde  lurück. 

Schiller  11,  90  (iiputievg.  177); 

ihr  alle  fühlt  geheimes  wirken 

der  ewig  waltenden  natur, 

und  aus  den  untersten  bezirken 

schmiegt  sich  herauf  lehendge  spur. 

GöTHB  41.  I»  (Faust  II,  I); 

es  kann  die  spur  von  meinen  erdentagen 

nicht  in  aonen  uoiergehn.    321  (II,  6j; 


239 


SPUR 


SPUR 


240 


in  fetteren  Verbindungen,  die  da  sehen  lasten,  dati  auch  hier  im 
hinUrgrunde  die  Vorstellung  von  jagd  und  Verfolgung  steht:  auf 
der  spur  sein,  vesligia  persequi,  auf  die  spur  kommen,  rem 
odorari,  in  vestigia  currere.  Stielkb  2109;  aber  was  für  eine 
Unternehmung  kann  denn  das  sein?  ...  ich  denke  ich  bin 
auf  der  spur.  Wielako  8,  295  (Z)anisc/itnenc(  37) ;  auf  eine  neue 
spur  geleitet  {für  den  bezug  besserer  uiarcn),  Moser  patr.  phant. 
1,11;  wenn  ich  die  spur  linden  sollte,  wober  diese  wider- 
sezlichkeit  stammt?  Schiller  3,  38i>  (kab.u.  liebe  l,l);  ein  ge- 
wisses gerücht,  dem  ich  auf  die  spur  gekommen  bin.  4,347; 
um  diesem  verdacht  naher  auf  die  spur  zu  kommen.  Gütbb 
18,315  {lehrjahre  3, 11);  wie  lange  ich  schon  dieser  enideckung 
auf  der  spur  war,  und  wie  ich  doch  erst  jetzt  zur  gewisziieit 
kommen  konnte.  20,231  (8,6);  helfen  sie  mir  auf  die  spur 
wegen  des  Jungen  mannes.  292  (8,  to);  ich  suchte  Jede  spur 
auf,  die  «ich  von  dem  Charakter  Hamlets  in  früher  zeit  vor 
dem  tode  seines  Taters  zeigte.  19,27(4,3);  doch  kommt  man 
freilieb,  nach  und  nach,  auch  in  Frankreich  auf  die  spur, 
dieses  stück  nach  seinem  wahren  werthc  zu  schätzen.  SC,  192; 
auch  hier  ist  der  sonderbare  mann  {Göthe)  der  naiur  auf  die 
spur  gekommen  und  hat  ihr  einen  artigen  kunsIgrifiT  abgemerkt. 
Novalis  3,40  Meiszner;  [Luther  hat)  gemeint,  dasz  Jeremia  . . . 
hier  die  übrigen  frommen  mit  sich  zu^^leich  einscbiiesze; 
wozu  aber  an  diesem  orte  wohl  die  spur  fehlt.  Hirscbbercer 
bibel  (1846)  xu  Jer.  15. 15 /f.;  wie  kommt  man  oft  auch  bei 
denen,  die  fromm  sein  wollen  und  nie  fehlen  im  hause  des 
berrn,  so  viel  hüszlichem  geiz,  so  viel  uncbristlichem  manimun- 
dienst  auf  die  spur.  Geboi  psalmen  1, 132;  wenn  ein  günstiger 
zufüll  auf  dieser  spur  zu  der  handschrifl  leitet.  Freytac  verl. 
handschr.  1,17;  sich  des  gestrigen  Vorfalles  erinnernd,  verfiel 
er...  endlich  auf  die  richlige  spur.  Keller  werke  4,l\i;  ob 
noch  eine  andere  bedeutung  zu  gründe  liege,  darüber  habe 
ich  lange  vergeblich  gefoi's<ht,  glaube  aber  Jetzt  auf  der 
richtigen  spur  zu  sein.  Viscber  auch  einer  l,  116;  ohne  spur 
verschwunden.  C.  F.  Metbb  Jenatsch  158; 

kommst  du  aber  auT  die  spur 

dasz  du's  nicht  getrofTen, 

XU  der  wahren  kunstaatur 

stellt  der  pfad  schon  ofTen.    Göthe  3,  126; 
(f?«)  blieb  doch  nur 

vom  besten  wollen  halb  und  halbe  spur.    137; 

da  seyd  ihr  aur  der  rechten  spur.    12,  94  (Faust  1); 

sie  gehn  den  flironichen  auf  der  spur, 

und  glaub'n  sieb  nah  dem  schätze.    229; 

den  scbitzen  war  ich  auf  der  spur. 

41,216  (Faust  11,3); 

spar  haben  too  etwas:  'ei',  sagte  kopfschüttelnd  der  pfarrer, 
'da  furcht  ich,  er  richtet  mir  mit  seinem  branntwein  mehr 
schaden  an,  als  mit  seinem  gered !'  so  arg  is's  nit,  hochwürden ; 
und  besonders,  seit  dö  kramerin  spur  davon  hat,  werden  die 
kleinen  herzstärkungen  immer  seltner.  Arzencruber  5, 80; 

vom  euleo  hab'  ich  sichre  spur, 

vom  besxrea  leider  nicht.    UuLAns  ged.  89; 

spur  sehen,  ergreifen: 

ich  sab  die  spur  (der  roheil)  auf  den  entweihten  wangen. 

GaiLLPARZBR  1',  231; 

wer  Ist  et,  der  den  eeiit  und  die  natur, 

wie  er  (GOthe)  ergrelri  auf  ungeirennter  spur? 

Hebbel  i/fd.  7,  111; 
eine  spur  tilgen,  verwischen;  Ja  wohl  würden  wir  eine  zweyte 
kindheit  antreten,  wenn  wir  zur  tabula  rasa  geworden,  und 
nach  ausgetilgter  spur  früherer  grundsütze,  die  anfange  einer 
neuen  weit  wieder  hervurzulocken  unternahmen.  G0tbk53,  163; 
und  keliren  wir  zurück, 
so  tiaben  sie  von  diesem  raschen  eindruck 
die  letzte  spur  vertilgt.      9,  I(j9  (Tasso  2,  5). 

in  die$en  beispielen  schon  in  die  bedeutung  unten  7  verlaufend. 
6)   tu   den  bedeutungen  2  bis  5   hat  sich  seit  dem  17.  jahrh. 
ein  verewielnder  plural  spuren  eingefunden,  der  aber  in  technischer 
spräche  der  jager  {vgL  2,  a)  nicht  statt  hat: 

und  ich  machte  darauf  ein  groszcs  Idrmen  im  dorre, 
dasz  leb  die  menschen  erregte,  die  spuren  des  wolfes  xu  finden. 
(iöTHB  40,  5U  (Hein,  fuclis  3,  320); 

meiä,  wenn  4*$  wort  in  freierer  Verwendung  (4.  5)  ist :  nttmlich 
eines  der  indianischen  mlldchen  zog  ihn  unwiderstehlich 
bioOber,  dasz  er  seine  ganze  siegreiche  Vergangenheit  vergasz 
und  einem  neuling  gleich  auf  den  spuren  einer  wilden  umher 
irrte.  Kili  cr  stnngedicht  s&9:  er  liesz  seine  äugen  umher  );ebcn 
an  den  wanden  und  zählte  alle  die  vertrauten  spuren  von 
den  vielen  gesellen,  die  hier  schon  |ewohnt  kürzere  oder 
ilDgera  zeit    ic^i«  4,244; 


ich  bin  entdeckt.  Ich  bin  durchschaut  —  wie  kam 
der  unglückselige  auT  meine  spuren! 

ScBiLLKB  12,  518  (A/.  Sluarl  4,  4); 
da  der  herr  noch  kraTt  verleihet, 
will  ich  alle  seine  (meines  (jaUvn)  i>|)uren 
einmal  noch  in  Tels  und  fltiren 
Tromm  besuchen.    Tiick  1,230; 
drum  haben  die  obskuren 
und  argen  ihn  gehaszt. 
sie  l'olgien  seinen  spuren, 
verlieizten  ihm  die  rast.    Frbilisratb  3,46; 

spuren  von  wunden,  schidgeo;  ruhmlose  wunden  auch  birgt 
das  henule,  die  spuren  der  streiche,  die  den  rücken  bedrängten. 
Frbvtac  ahnen  1,46;  unsinnlicher:  ich  habe  ...  diesen  spuren 
der  Vorsehung  oft  mit  tiefer  ebrfurcht,  obgleich  mit  einem 
innerlichen  schauer,  nachgedacht.  Gbllert  4, 3öo;  (er  wird) 
viel  bemerken,  aber  wenig  ergründen;  auf  mancberley  spuren 
gerathen,  über  keine  verfolgen.  Lbssinc  11,457;  finden  sich 
gleich  auch  viele  solche  mühlen  in  privathänden;  so  finden 
sich  auch  so  viele  spuren  alter  zersplitterter  gerichtsbarkeiten 
und  ämtrr,  dasz  man  auch  die  mühle  für  einen  solchen  alten 
Splitter  ansehen  kann.  Möseb  patr.  phant.  2,  2ib; 

zieh  liin!   und  flnd  auch  da  der  vorsieht  goldne  spuren, 
um  dich  besorgt,  von  dir  verehrt.      Lessing  1,92; 
in  der  jugend  ist  ihm  ein  rroher  gefährte  der  leichtsinn, 
der  die  gelahr  ihm  verbirgt,  und  beilsam  geschwinde  die  spuren 
tilget  des  schmerzliclicn  i'ibels,  sobald  es  nur  irgend  vorbeizog. 

Göthe  iO.TiS. 
7)   in  der  bedeutung  des   nachgelassenen  eindrucks  und   an- 
tekhens   tritt  uns  von  vorn  herein  die  Vorstellung  des  geringen, 
kleinen ,    eben    noch   merkbaren   entgegen ,    die  in   verschiedenen 
Wendungen  besonders  scharf  ausgeprägt  ist. 

a)  im  sing,  spur,  besonders  in  den  festen  verneinenden  formein 
keine  spur,  nicht  die  geringste  spur,  nicht  die  blasse  spur: 
auch  in  dieser  ist  nicht  die  geringste  spur  von  der  didak- 
tischen klugheit.  Lessing  6,254;  man  fand  abscheulich,  ... 
dasz  in  der  groszen  weit  keine  spur  von  natürlichem  und 
herzlichem  unigang  zu  finden  sei.  Göthe  19, 17;  hier  sasz  das 
Wärzchen;  sie  sehen  keine  spur  mehr  davon,  ersähe  keine 
spur,  aber  er  sah  ihr  ins  äuge.  20, 41;  es  ist  immer  ein 
hübscher  burscbe,  aber  keine  spur  von  mir.  29,8;  feen  ... 
von  denen  keine  spur  mehr  existiert.  Novalis  1,57  Meismer; 
sie  ist  schon  wieder  ganz  hei  besinnung,  und  die  schwäche 
abgerechnet  ...  ist  in  diesem  uugeniilick  wenigstens  keine 
spur  von  gefahr.  Hauff  11,  U  (die  Sängerin  2);  der  {Bugsinger 
wald)  hatte  seinen  namen  von  einer  Ortschaft  auf  dem  berg, 
von  welcher  heutzutag  die  spur  nicht  mehr  vorhanden  ist 
Mörike  erx.  169;  nirgends  auch  die  blasse  spur  von  ahnung 
der  eigentlichen  Intention  des  tiefsinnigen  dichters.  Yiscbbi 
auch  einer  1,96;  „j,  menschen  Schönheit  nennen, 

ist  doch  nur  staub,  Verwesung  nur! 
das  schönste,  was  wir  hier  erkennen, 
hat  desz  was  dort  ist.  keine  spiihr. 

J.  C.  Lavater  liiinäbibliothek  1790,  III,  17; 
da  war  auch  keine  spur  von  neugier  und  verstand, 
nichts  ging  in  seinen  köpf,  nicliis  ging  ihm  von  der  band. 

,  ,     j  .  ..  „.     ...  WiBLANO  18,  130; 

sieh,  deine  zeit  fliegt  hm, 

und  läsxt  dir  keine  spur 

dahier  von  ihrem  gleis.    Gleih  5,332; 

du  hast  wohl  recht;  ich  finde  nicht  die  spur 

von  einem  geisi,  und  alles  ist  dressur.    Göthe  12, 6S{ 

zuniclist  der  schweTel  . .  hier,  bey  diesen  Griechen 

ist  von  dergleichen  kaum  die  spur  xu  riechen.   41, 154; 

keine  spur  von  donnern  .  . . 

wahrbahig,  kein  gedanke! 

Schiller  1,322  (Semele  r.  254); 

und  doch 

in  ihrem  aug'  nicht  eine  spur  der  Treude. 

5,  6  (dom  kartot  1,  1); 

ich  sehe  mich 

wie  unter  fremden  menschen,    keine  .<pur 

von  meinen  vor'gen  wünschen  mehr  und  Treuden. 

b  1  1  j  «.u  ■     I..  .1.  12.  134  (/'».f.  3,3); 

keine  spur  wird  übrig  bleiben. 

was  die  vtiter  auch  gethnn.    GBiLLrABZBii  3.  9; 
ungewöhnlich  keine  spur  von  der  völligen  abwesenheit  einer  müf* 
Itehkeit  xu  handeln: 

er  ilutsi,    was  soll  er  ihun?    sur  flucht  iit  keine  «pur. 

Uacedob!«  2,  ttt 
auch  ausitrhalb  solcher  formein  im  sinne  des  kleinen  merkieicheni: 

eb  ihr  «ie  int  erab  mUszi  senken, 
gebet  mir  die  locke  nur, 
fönnet  meinem  angadeuken 
diete  einige  dunkle  «pur.    ROcbbbt  H; 
dit  Wechselspiel  von  hlQten,  rrOcIitcn.  garben 
war  hinter  mir  geschwuodao    tpur  um   «pur  (knum 
mrrkiiili).    301. 


241 


SPUR 


SPÜRBAHN  —  SPÜRCHEN 


242 


b)  im  pJural  spuren:  spuren  eberaaliger Schönheit;  inicissen- 
schaftlicher  spracJie:  im  wasser  befanden  sich  spuren  von  kallc 
{eine  wegen  ihrer  kkiiiheit  nicht  mehr  bestimmbare  menge) ;  man 
hat  die  spuren  vom  gifte  an  dero  cörper  wahrgenommen, 
quae  solent  esse  indicia  et  vestigia  reneni,  in  ilUus  mortuae  corpore 
fuerunt.  Hederich  2124;  sein  kurzes  aufgelaufnes  haar  gab 
indessen  seinem  gesiebte,  bis  auf  etliche  spuren  von  kummer, 
die  aus  seinen  äugen  nicht  vertrieben  werden  konnten,  ein 
unerschnicknes  ansehn.  Gellert  4, 405 ;  des  zergliederers 
messer  findet  ja  keine  spuren  von  wunde  oder  korrosivischen 
gifl.  Schiller  2,59  {räuber  schausp.  i,  l) ;  wirst  du  auch  die 
welken  lippen,  die  bleichen  wangen  mit  Zärtlichkeit  an  deine 
lippen  drücken?  werden  die  spuren  des  alters  nicht  die  spuren 
der  vorübergegangenen  liebe  seyn?  Novalis  2,160  Meiizner; 
seine  frau,  welche  spuren  von  kindlichkcit  zeigt.  Brentano 
P, -ise;  spuren  uraller  cultur.  Freytag  bilder  \,&1  anmerkung; 
es  sind  spuren  erhalten  von  noch  älterer  strenger  volks- 
sitte.  87;  die  färben  und  abzeichen  der  einzelnen  stamme  und 
ihrer  häuptlinge  sind  uns  bis  auf  wenige  spuren  verloren.  136; 
solch  innige  Verbindung  zweier  männer  begegnet  einige  male 
in  der  deutschen  heldensage,  spuren  davon  haben  sich  im 
Tolk  bis  zur  neuzeit  erhalten.  2,1,6;  Erwin  küszle  die  er- 
wachenden spuren  eines  neuen  geistes  ihr  von  äugen  und 
mund.  Keller  7,86;  die  dame  des  hauses,  fast  jung  noch, 
aber  die  spuren  vergangenen  leides  in  dem  blassen  gütevollen 
angesicht.  Stör«  ges.  sehr.  6,%0; 

ineinander  zukender  naturen 
ach!  nur  matte  spuren.    Schill»  1,283; 
ein  blick  aiiT  rrühlingsnuren 
söhnt  stracks  uns  mit  dem  leben  aus 
und  löscht  des  tiefsten  kummers  spuren 
sogleich  aus  sinn  und  busen  aus. 

^ovALls  1,  195  Meistner. 

S)  andrerseits  aber  kann  spur  als  quaniitdtsbegriff  ein  völliges, 
reichlich  merkbares  bezeichnen,  mit  verdeutlicliendem  adjectiv: 

die  natur 
bat  reichlich  bracht  hieher  (auf  die  wangm  dt-r  jungfrnuen) 

in  einer  Tollen  spur 
die  gaben  ihrer  liunst.    Logad  2,  63,  57; 

es  ist  kein  einiger  hier, 
dero  sie  nicht  wohlgethan,  der  nicht  an  sich, 
in  haus  und  Feld,  au  gut  und  bei  den  seinen, 
Ton  ihrer  milde  reiche  spuren  trägt. 

Gbillpakzkk  3,238. 

9)  spur,  in  dem  sinne  solches  merkzeichens,  aber  nun  deutlich 
auf  die  zukunfl  «eisend,  und  eine  zu  verfolyende  bahn  betonend: 
auf    einigen   spuren    seiner   menschenphilosopbie   ist  augen- 

I  scheinlich  Rousseau  sein  führer,  Herder  2, 276  Suphan ;  die 
i  frage  wäre  nun,  wie  schafft  man  auf  seiner  {Shakespeares) 
'  spur  dankbare  rollen?  Ludwig  5,118; 

und  aul'  der  spur  des  Griechen  und  des  Britien 
ist  er  dem  bessern  riibine  nachgescbritien. 

Schiller  11,  322; 
auf  den  anfang  eines  u-eges,  einer  entwickelung  bezogen: 

wenn  wir  mit  trunknen  blicken  an  dir  hangen, 
als  zog  ein  neuer  stern  die  erste  spur. 
im  p{ur.;  Hebbel  verke  8,26; 

viel  böses  kümt  gegangen  vielmal  ausz  guten  spuren; 
ausz  engein  werden  leulTel,  ausz  jungTern  werden  huren. 

LoGAU  3,  195.  22. 

10)  spur,  aus  der  bedeutung  des  merkzeichens  in  die  handlung 
des  ßiehens  selbst  übergegangen: 

ach  lasz  dich  nur  tum  bleiben, 
wo  du  nicht  anders  wilit,  durch  meine  seuTier  treiben, 
durch  meiner  thräneo  flusz.    ball  ein  die  schnelle  spur! 

PosTlL  »itlpki„ä  (1724)  $.  196  (7,  1271); 

dann  auf  den  geviesenen  pfad,  ueg  bezogen,  den  man  dauernd 
verfolgt,  eigentlich  und  bildlich: 

daher  auf  deiner  wabrheit  spur 
fortfahrend,  hin  ich,  mein  gewissen 
rein  zu  behalten,  sehr  gedlssen.    Wickhiilin  lt4; 
und  euch  hat  eures  Ileiszes  spur 
der  heiralichkeiten  der  natur, 
die  jemal  wfirdiglich  vermehret, 
geweliret  bald,  und  ganz  erkläret.    518; 
er  treibt  philosophey,  die  aufT  die  kunst  zu  lügen 
gibt  regel  und  gesetz,  die  schicken,  schmiigeu,  biegen 
um  zu  gefallen  lehrt,  die  allen  fluch  und  schwur 
dem  wasser  und  der  lulTt  beist  geben  in  die  spur. 

LoGAU  3, 245; 
der  ehstand  Ist  zur  zeit  dem  ubrwerck  zu  vergleichen, 
das  nach  dem  weter  oft  von  rechter  «pur  wil  weichen. 

A  u  1,  105, 40; 

(rs)  war  keiner,  der  verharren 
und  ferner  fechieo  wollt':  ein  jeder  suchte  nur 
die  frejbeii  in  der  fern',  im  fliehn  de«  lebens  spur. 

Postrl  Hüickiir.l  «.292  (10,602); 

Z.3. 


drum,  liebes  paar,  zagt  nicht!   eilt  auf  beblümter  spur 

zum  altar.      Gotti*  1,81; 

süsze,  beilige  natur, 

lasz  mich  gebn  auf  deiner  spur. 

leite  mich  an  deiner  band.    Stolberg  1,  113; 

nachahmung  der  natur 

—  der  schönen  — 
ich  ging  auch  wohl  auf  dieser  spur.    Göthi  3,124; 
doch  furchtbar  wird  die  bimmelskraft 
wenn  sie  der  fessel  sich  entrafft, 
einbertritt   auf   der  eignen   spur   (den  weg  sitk  $elbst 

bahnend) 
die  freje  tocbter  der  natur.    Schills«  11,310; 

es  ist  nicht  lange  her, 
da  gieng  ich  jagen  durch  die  wilden  gründe 
des  Schächenthals  auf  menschenleerer  spur. 

14,341  (Teil  3,1); 
als  es  des  schäfers  sein  mutter  erfuhr  (dost  der  söhn 

■jcf'tnijen  war)  . .  . 
da  macht  sie  früh  sich  auf  die  ^pnr. 

wunderliom  l,  258  Boxberger; 
ists  möglich,  ein  geschöpf  in  der  natur  zu  sein, 
und  stets  und  wiederum  auf  falscher  spur  zu  sein? 

I'LiTEN  84»  ('jliaselen  113); 

auf  die  spur  helfen,  auf  den  richtigen  weg:  unsere  ehrlichen 
alivordern  mögen  wohl  nicht  so  unrecht  gehabt  haben,  wenn 
sie  glaubten,  dasz  ein  guter  genius  . . .  sich  damit  abgebe, 
einen  ehrlichen  kerl  in  Danischraends  umständen  auf  die 
spur  zu  helfen.  Wieland  8,24. 
11)  spur,  in  technischer  spräche. 

a)  im  strasienwesen  die  weite  eines  weges  in  rücksicht  auf  das 
ihn  befahrende  fuhrwerk,  und  der  abstand  des  räderpaares  eines 
wai]ens  von  einander:  durch  das  dorf  selbst  ist  der  weg  schlecht 
und  enge  spur,  hinter  demselben  aber  bat  man,  »or  kurzem, 
den  weg  bergauf  dergestalt  verbreitert  und  mit  quergelegten 
holzstämmen  zur  ableitung  des  wassers  eingerichtet,  dasz  er 
gar  wohl  verhültniszmäszig  für  gut  gelten  kann,  wenigstens 
leidet  eine  breitere  spur  keinen  anstosz.  Gütbe  5l,l07;  der 
bald  auf-,  bald  absteigende  weg  ist  schlecht  und  hier  findet 
man  wieder  enge  spur.  108;  einen  wagen  auf  schmale,  breite, 
weile  spur  bauen;  hierbey  fällt  mir  ein.  ob  sie  nun  auch  den 
Wiener  wagen  behalten  wollen?  er  ist  ungemein  bequem, 
sagen  sie  mirs  in  antwort,  so  lasse  ich  ihn  zur  weiten  spur 
einrichten.  E.  Kö.mc  bei  Lessirg  13, 570;  dem  Wiener  wagen 
lasse  ich  weitere  spur  geben.  573.  bei  eisenbahnen  abstand  der 
schienen  des  geleises:  normalspur,  Schmalspur;  doppelspur  bei 
zweigeleisiger  bahn. 

b)  vertieftes,  eingedrücktes  verschiedener  art. 

a)  beim  bergbau  spur  das  durch  die  schieszpflöeke  gebohrte 
loch  zur  durchßhrung  des  Zünders;  der  zicischenraum  zwischen 
den  das  hundegeslänge  bildenden  breitern,  in  welchem  der  spur- 
nagel  läuft;  die  erste  Vertiefung,  welche  zum  zweck  des  abbohrens 
eines  sprengbohrloches  in  das  gestein  einyehauen  wird.  VeiTH  457. 

ß)  spur  im  hüttenwesen.  was  spor,  theil  10, 1,  2676. 

y)  spur  im  deichbau,  loch  für  den  untersten  soden  der  besodung. 

^  spur  im  Schiffbau,  hölzernes  oder  eisernes  Zapfenloch,  vier- 
eckig oder  rund,  in  das  ein  häufig  ebenfalls  spur  genannter  spur- 
zapfen eingesetzt  wird.  Stekzel  deutsches  seemänn.  würterb.  395*. 

e)  anatomisch:  auf  der  rechten  seile  und  gegen  die  mitte 
befindet  sich  {im  rechten  vorhofe  des  heriens)  ...  die  spur  des 
eirunden  loches  (vestigium  foraminis  ovalis).  Mecbel  anat.  3,33. 

SPCRBAHN,  f.  bahn  auf  der  gespürt  wird:  immer  näher  ist 
ihm  {dem  hirseh)  die  hetze  auf  der  spürbahn.  D.  v.  LiLieKCtoN 
zehn  novellen  155. 

SPÜUBAH,  adj.  was  gespürt  werden  kann,  leise  merkbar: 
{parlheyen  die)  ihr  daseyn  durch  allerhand  äuszeruDgen  spürbar 
machten.  Wieland  29,412;  insonderheit  ist  der  einOusz  der 
Seele  ungemein  spürbar,  wenn  sie,  wie  es  von  recbtswegen 
seyn  soll,  der  herrschende  theil  be;  einem  menschen  ist. 
4.  suppl.-band  s.  57  {Timoklea);  eine  weit  ...  die  wahre  Unend- 
lichkeit hat,  aber  nur  dem  verstände  spürbar  ist.  Kant  4,288; 
dieser  unterschied  war  ...  spürbar.  Kellbb  1,417; 

wohn,  0  du.  der  seele  lust  ('lolt), 
spührbar  hier  in  dieser  brüst! 

J.  C.  Lavatir  handiibl.  1790.  III.  23«. 

SPURBIENE,  f.,  was  späbbiene,  oben  theU  10,1,1835. 

SPURBREITE,  f.  brette  zwischen  dem  rdderpaare  eines  wagens, 
auch  spurweile,    vgl.  spur  ll,  a. 

SPÜRCHEN,  n.  kleine,  kaum  merkbare  spur,  in  der  bedeutung 
von  spur  7,  a  oben  sp.  240:  in  der  provinzialsprache  würde  man 
{für  grieeh.  tvx&öv,  Utas  1,354)  noch  treffender  sagen:  er  ehrt 
mich  kein  spüreben.  Bürger  190*,  anm. 

16 


243 


SPÜREI  — SPÜREN 


SPÜREN 


244 


SPUREI,  n.:  spureyer,  eyer,  welche  sehr  schmal  sind, 
und  denen  entweder  der  dotter,  oder  das  weisze,  oder  sonst 
etwas  fehlt.  Nbmrich  «fr.;  nnder«  ^orm /ür  sparei,  sporei,  s.d. 

SPLREISEN,  n.  krummes  eisen  oder  messer,  womit  die  spur 
im  Irribherd  ausgeschnitten  vird.  Jacobsson  4,  243'. 

SPL'HEN,  verb.,  nehenform  lu  sparen  (theil  10, 1,  sp.  1933)  und 
Sporen  (sp.  3677),  schimmeln,  schimmUchl  riechen:  spuren,  udum 
esse,  situm  dueere,  situ  eorrumpi,  der  keller  spurt,  cella  haec 
est  uliginosa,  das  spuhren,  mador  et  situs  dolia  corrumpit. 
Frisch  2.312*;  der  keller  spuret,  wenn  er  durch  den  gtruch 
verdorbene  feuchtigheit  verrät;  als  landschaftlich  oberdeutsches 
wort  AnELURG. 

SPUREN,  verb.  spur  halten.  Campe;  ausdruck  der  fuhrleute 
und  Wagenbauer:  der  wagen  spurt,  geht  in  dem  geleise  schon 
vorangegangener;  spurweile  haben:  der  wagen  spurt  normal,  hat 
die  normale  spur.    vgL  dasu  spur  11,  a. 

SPÜREN,  SPÜREN,  verb.  spur  suchen  und  finden. 

l)  wort  des  gesamten  germanischen  Sprachgebietes,  altn.  spyrja, 
schwed.  spära,  dän.  spure;  ags.  spyrian,  im  englischen  unter- 
gegangen, aber  schottisch  als  speer,  speir  to  ask  noch  lebend; 
ohd.  spurien,  spurigen,  spurren,  invesligare,  sciscäare  Graff 
6,356;  mhd.  spüren,  spürn;  mnd.  sporen,  spören;  mnl.  sporen 
t.  speuren  intestigare  Kilian;  das  allere  nhd.  kennt  verschiedene 
nebenformen,  die  von  der  neueren  spräche  wieder  abgestoszen  sind; 
speuren,  vgl.  oben  theil  10,1,2197;  unumgelautetes  spuren: 
vesligiare  spuren,  sporen  Dief.  616'  [vgl.  auch  unten  unter  spür- 
sam);  das  ist  die  natur  und  art  des  geysles,  das  er  sich 
spuren  und  mercken  lest.  Ldtber  20,224,26  Weim.  ausg.;  sie 
Tive,  ut  qiiisque  spure  dein  iuventutem.  27,161,14;  und  noch 
nach  Adei.unc  'in  einigen  mundarten'  spuren,  wenn  das  wort 
in  der  bedeutung  2  unten  steht;  ferner  spüren:  man  hat  auch 
an  im  nichts  können  spüren,  das  ehr  etwas  sonderliches  were. 
Ldtber  9, 405, 30  Weim.  ausg.  {predigten  gesammelt  von  Poliander); 

denn  goit  vorlest  die  seinen  nicht,  ... 
leichtlich  wil  er  una  auch  hörn, 
trewiich  wir  sein  hülfle  sporn. 

AcKKiiMAN-VoiTH  205,  1500  Holstein; 

und  spiren,  was  aber  nur  wiedergäbe  einet  landschaftlichen  aus- 
tprachüe  von  spüren  ist:  welchs  gleichwol  wenig  leut  an  im 
haben  ge^pirt.  Zimm.  chron.  4^,  175,31;  ausspieren  Lbssing  4,269, 
tfl.  die  stelle  unter  spürhund ; 

darum  wer  doppeltes  gut  will 
anschauen,  riechen,  schmäcken,  spiren. 

Wbckiierlin  631  (Od.  III,  15,4); 
vgl.  auch  unter  spürlich. 

l)  spüren,  tm  eigentlichen  engen  sinne,  eine  spur  aufnehmen, 
einer  fährte  folgen,  als  jägerausdruck,  ahd.  indagantes  spurienta 
Steirheter-Sievers  aA(i.  ^/o5j.  2, 258,  56;  nhd.  spüren,  vestigia 
videre,  die  fuszspur  halien  Friscb  2,  312*. 

a)  vom  Jäger  selbst;  absolut,  allgemein  von  seiner  beschdfligung 
oder  seinem  berufe  gesagt: 

swer  einen  Triunt  wil  suochen  da  er  sin  niht  enhüt, 
und  vert  le  walde  spüren  so  der  *a6  zergät  (.als  bei- 

fpirl  terqeheiier  urbcil).     miiiiies.  fiiilil.  21,14; 
der  Jäger  iummt  es  (änt  tu"l)  vor  sieb  her, 
spürt  er  im  btigenhage.    Gkiril  1,28; 

mit  priposilion,  den  bestimmten  fall  meinend,  nach  einem  wilde 
spüren,  vgl.  nachspüren  theil  7,  132; 

dem  Toise  wRrt  do  na  gesporet. 

Gbruaro  V.  MiNDiM  47,  94  See<mann; 

mit  aee.,  ein  wild  spüren;  so  vermag  der  jäger  das  thier  nicht 
zu  spühren  und  gewahr  zu  werden,  wohin  oder  wuher  es 
wechselt.  Göcbhausen  notabilia  venatoris  {IH\)  s.i;  in  passiver 
Wendung:  dort  (im  forste  von  Kunersdorf)  war  ein  wildes  si  hwein 
gespürt,  und  es  dauerte  auch  nicht  lange,  so  hatten  die  treiber 
es  im  dichten  unterbolz  auTgefunden.  jetzt  wurde  eine  nieute 
von  fünfzig  hunden  auf  dasselbe  losgelassen.  Moi  tki  Schriften 
6  (IS92),  48 

b)  vom  Jagdhunde:  tpQren,  als  ein  bund,  invesligire,  indagare, 
odorari.  KiiscB  2,  SPi';  die  bunde  spüren  im  walde,  spüren 
Mch  dem  wilde.  Adelung;  die  bunde  spüren  ein  wild,  ebenda; 
häufig  in  biUern  und  vergleichen: 

lugende  «pürt  er  t»m  da{  will 
•In  natewiitr  brar-ke. 

iC.  T.  WeiiiUR«  3BA,  250  Uarttth; 
i»  tcbauet  *ie  {<iir  Srmrti')  empor  xuro  blick  des  Zeus, 
4ein  blutbeglergeii  Jatdferthri«o  gleich, 
4«r  Blliuiicbres  wild  In  bufclie  ipbri, 
«od  wedelnd  auf  den  prall  des  Jäger*  harrt. 

Stolbirs  4,  61; 


laszt  mir  so  lange  ruh,  ihr  unterirdschan, 
die  nach  dem  blut  ihr,  das  von  meinen  tritten 
hernieder  treulelnd  meinen  pfad  bezeichnet, 
wie  losgelassne  hunde  spürend  hetzt. 

GöTiii  9,28  diiUig.  2,  I); 
wie  mans  herz  üeisiig  soll  abrichten, 
da»  es  wie'n  Jagdhund  schnüfTelnd  spürt. 

TllCK  kaiser  Uctavian  s.  373. 

e)  dann  auch  vom  wilde,  in  reflexiver  fügung,  spur  machen, 
hinterlassen:  der  bär  spürt  sich  fast  gleich  einem  menschen, 
welcher  ohne  schuh  und  strumpfe,  also  barfusz,  gegangen; 
nur  dasz  er  die  nägclklauen  ruroe  heraus  zeiget.  Hkpi-e  jagd- 
lust  (17S3)  1,343;  und  in  freierem  sinne,  ohne  genauen  beiug 
auf  die  fusispur,  Witterung  haben:  sie  (Jte  wilden  schweiiie) 
spühren  den  menschen  von  ferne,  wann  sie  den  wind  von 
ihm  haben  können.  IIobbbrc  2,  62o'. 

3)  spüren,  bildlich,  in  engem  anschlusx  an  die  bedeutung  i,  a, 
in  dem  sinne  eines  feindlichen  nachsteUens  und  suchens:  ein 
polizeidiener  spürt  umher,  spürt  nach  einem  Verbrecher;  ich 
habe  nämlich  den  allen  Jochem  allein  weiter  spüren  lassen, 
denn  vor  allen  dingen  ist  incognilo  nöthig,  wenn  wir  ihn 
{den  verfolgten)  entdecken  wollen.  Immerxann  Münchh.  1,170; 

Viren.  Ljsander  wird  gewisz  den  grimmsten  feind  verlieren. 
Olymp,  mehr  ich,  die  dadurch  frey  von  seinem  steten  spüren. 
Viren,    der  keuschbeit  wird   umsonst  gespüret  und  gestellt. 

A.  Grtpuius  1,219; 
was  hat 
der  kerle  hier  herum  zu  spüren, 
und  heiige  reden  zu  verTüiiren? 

TiicK  kaiser  Octavian  t.  107; 

auch  milder,  wie  blosies  suchen,  lu  ßnden  verlangen:  {das  arme 
mütlerchen)  muszte  den  schlotternden  körper  zusammendrücken 
in  einer  ecke,  in  den  eigenen  gliedern  noch  irgendwo  nach 
einem  restchen  wärme  spürend.  J.  Gotthelf  4,  7;  ich  spürte 
nach  des  mädchens  kammer:  umsonst,  noch  rührte  sich  kein 
laut  im  ganzen  hause.  Mörikb  erzähl.  68; 

nicht  geht,  noch  hoher  rang,  darnach  der  eitle  spüret, 

hat  Philalethens  arm  die  gattin  zugeTühret, 

die  seine  zeit  versüszt.      LicuTwia  166; 

den  Naia  suchend,  sie  fuhren 

durch  dörfer.  Städte  und  Düren, 

spürend  auf  allen  spuren, 

um  thäler  und  bergesspitzen.    RBckkrt  12,90; 

wie  forschen: 

si  begunden  alurame  spurn, 

mit  wigheii.  beide  her  und  dar, 

wie  si  wurden  gewar 

eines,  der  dem  selben  hove 

vügete  zu  einem  bischove.    paff.  9,  50  KSpke; 

dies  hindert  nicht,  nach  einem  princip  zu  spüren.  Kant  7,262; 
sie  sind  hinweg  und  spüren  durch  die  iusel; 
denn  wiszt.  herr  Adam  ist,  was  man  so  nennt, 
ein  tiel'gelehrler  mann,  der  seine  wallTahrt 
zugleich  beiuitzt,  was  ihm  an  steinen.  pHanzen  ... 
merkwürdiges  und  eignes  nur  begegnet, 
xu  sehn  und  im  gedächtnis  zu  bewahren. 

TiRCK  kf.iser  Octavian  t.  160. 

auch  von  der  nase,  Witterung  haben,  an  den  Jagdhund  angeknü^ß 
{oben  2,  fr):  eine  spürnase,  wie  die  ihrige,  wird  schon  spüren, 
was  an  ihm.  Merck  briefs.  2,220; 

der  weise  Ferasis  fand  den  angenehmen  geruch 

der  ihm  entgegen  weht,  von  guter  Vorbedeutung; 

...    sie  folgen  also  der  leitung 

der  spürenden  nase.    Wiiland  5,  58  (n.  i4mad.  13,  28). 

4)  spüren,  in  den  allgemeineren  sinn  des  empßndens,  merkens, 
wahrnehmens  verlaufend;  die  Vorstellung  des  folgens  auf  der 
fährte  ist  ganz  in  den  hintergrund  getreten. 

a)  absolut:  auch  war  er  fleiszig,  wie  ich  an  allerlei  spüre. 
GöTHB  16,  13; 

hie  mit  er  wart  geswiget  »6, 
dat  er  niht  mt  getorste  dd 
sprechen,  ob  ich  rebte  »pOr. 

K.  V.  \MiRZRi)R8  SUsetier  39S7; 
sie  sind  vom  Itheine,  wie  ich  spüre.    Göthr  12,112. 

b)  mit  einem  acc.  der  ;>erion.-  aber  gehe  ich  nu  slrads  für 
mich,  so  ist  er  (der  allmächtige)  nicht  da,  gehe  ich  zurück, 
so  spür  i(h  ihn  nicht.  //iofr23,  d; 

ir  (furttt'i)  habt  dem  rieh  geitogen  abe     die  ganze  babo, 

de*  rechten  bort      i*t  ganz  ermori, 

dar  au  Ich  uch  wol  »pure!     Mt)*KATaL6T  81,60; 

varteu(ch)  dich  nicht  xu  lang 

da*  dich  mein  man  nicht  spüre. 

bergt  eihrn  t.  17,  1  neiidr.  ; 

binler  mein*  vater*  hof  *l«hl  eine  Ihür  . .  . 

da  geh  hinein,  datz  man  dich  nicht  teh  noch  «pOrl 

munäeihoin  I.  116; 


245 


SPÜREN 


wenn  ich  und  du 
da  schickt  er  zu, 


ihn  (qotl)  nicht  mehr  spüreo, 
UDt  wol  zu  rühren. 

V.  GzKaAiD  276.  61  Gödeke; 


den  teurel  spürt  da«  völlichen  nie. 

und  wenn  er  sie  bei'm  krapen  hätte.     Göthb  12,  t08; 

wo  ist  der  kerl?  wenn  ich  ihn  spüre, 

er  soll  mir  nicht  lebendig  gehu!     118; 

last  von  den  dingen  dich  gern  umwinden, 

du  wirst  dir  dadurch  nicht  selbst  entschwinden; 

Ton  je  mehr  selten  sie  dich  berühren. 

je  mehr  wirst  du  dich  selber  spüren.     Röckibt  323; 

in  erveiterUr  ßgung :  ich  dich  zu  aller  reit  als  einen  waren 
rechten  liebhaber  gespüret  und  erkennet  hab.  Galmy  94; 
Bagoa3  ward  gefangen:  Tbeagenes  und  Chariclia  wurden  auch 
gefangen,  vermeineten  es  were  unliillich  ton  jhm  zu  weichen, 
dieweil  sie  jhn  als  einen  freundt  gespüret,  buch  d.  liebe  i[^* ; 

man  spürt  euch  blosz  auf  da«,  was  ewig  heist.  bedacht. 

Rist  Pam.  827; 
da  ihät  er  einen  narren  spüren 

mit   bocks-  und  affensprüng   hoQreo.     Götbb  IS,  129; 
ach  da  sind  wir  an  der  thüre ! 
bebend  hält  er  in  der  band 
schon  den  schlüssel.  —  wart',  ich  spüre 
jemand  gehen,  Amarant! 

GöcKi!«GK  lieder  tmeier  lieb.  (1779)  üi. 
e)  mit  acc.  der  sacke. 

a)  die  aUe  spräche  hebt  an  spüren,  als  vielgebrauchtem  tcorte, 
mehr  die  schärfere  bedevlung  des  vollkommenen  erkennens,  wahr- 
nehmens  hervor:  merken,  gewahr  werden,  spüren  etwas,  sentire 
aliquid.  Hedebich  1602; 

den  sumer  ich  spür 
an  den  vogellinen  und  an  manigem  tiere. 

minnes.  2,  261»  Hagen ; 
des  spurte  er  wol  die  strafe, 
die  in  dai.  himelriche  treit, 
mit  der  barmherzikeit.    i>as^.  63, 10  Köpke; 

I  sihe  nicht  drauff,  wie  Ternunfftige  leute  es  seyn,  die  da  etwas 
anders  leren,  ...  wo  du  nicht  gottes  wort  spurest,  so  zweyffel 
nicht  daran,  das  es  eytel  finsternis  sey.  Lcthb«  14,30,8  Weim. 
ausg.;  das  am  bofe  . . .  schöne  kleidung,  hoffart,  pracht  ge- 
spüret, auch  geld  und  gut  alda  erlanget  wird.  16,25,20;  also 
kanstu  leichtlich  an  den  fruchten  den  bawm  spüren.  28,168,11; 
dein  ausgang  und  eingang  mit  mir  im  beer  gefeit  mir  wol, 
ond  bab  nichts  arges  an  dir  gespürt.  2  Sam.  29, 6,  vgl.  v.  8; 
dein  weg  war  im  meer,  und  dein  pfad  in  groszen  wassern, 
und  man  spüret  doch  deinen  fus  nicht,  ps.  "",  20;  und  sie 
zogen  Daniel  aus  dem  graben,  und  man  spüret  keinen  schaden 
an  jm,  denn  er  halte  seinem  gott  ?erlrawet.  Dan.  6,28;  als 
wenn  ein  pfeil  abgeschossen  wird  zum  ziel,  da  die  znleilele 
luft  bald  wider  zusamen  feit,  das  man  seinen  flug  dadurch 
nicht  spüren  kan.  weish.  Sal.  5,12;  an  der  silbermOnz  und 
dreissigern  oder  Schillingen  merkten  und  spürten  sie  die  ge- 
rechligkait  der  Römer,  das  dieselbig  all  gleich  an  der  wag. 
Atenti!«  6aj/r.  c/irofl.  1,  6S2, 20  Lexer ;  sie  {die  Türken)  tragen 
eyn  erbcr  kleydung,  an  jren  sätlen,  zemen  (zdum^n)  wirt 
keyn  fürwitz  und  überflussz  gespürt.  S.  Francs  9S';  ist  doch 
solcher  fehl  nicht  allein  bey  uns  ...  zu  spüren.  Kirchbof 
vendunm.  40o';  da  man  jre  trew  . . .  gniigsara  gespüret,  discipl. 
milit.  S;  daraus  ich  gottes  sonderliche  führung  und  erhaltung 
zu  spüren  ...  hätte.  Scbwehicbeh  1,  il ;  dabei  haben  ifg.  mein 
treu  gehorsam  gemüte  zu  spüren  gebabL  2,123;  die  vertrag, 
gehrhabscbaft,  kauf,  Obergaben  . . .  sollen  unverzogentlich  bei 
gericht  angezaigt  werden  und  nit  unterschlagen,  wie  man 
genugsamblicb  spüren  musz.  österr.  reisth.  l,lOZ,  6;  damit  du 
meine  mütterliche  liebe  gegen  dich  im  wercke  spüren  mögest. 
ScHuppics  470;  bis  tu  Lessi>c:  in  dem  dritten  (munA)satze 
vermischen  sich  die  beweglichen  tonwendungen  mit  stolzen; 
I  denn  die  bühne  eröfnet  sich  mit  mehr  als  gewöhnlicher  pracht; 
I  Seniiramis  nahet  sich  dem  ende  ihrer  herrlicbkeit;  wie  diese 
hf^rrlichkeit  das  äuge  spüren  musz,  soll  sie  auch  das  ohr 
vernehmen.  7,  120  {dram.  27); 

kein  lieb  ich  an  dir  spür.    /'aKn.  </>.  123,  4 ; 

der  leg  es  hie  dem  ricbter  für. 

das  er  die  warhait  da  pei  spür.    314,  10; 

freunt  laszi  eur  zeugen  auch  berfür. 

das  man  die  rechten  warheit  bie  spür.    Sit,  30; 

allererst  man  Weisheit  an  im  spürt.    316,2; 

falsch,  .  .  ... 

102,90 


untruw,  bschyssz  würt  gäiz  gspuri. 

ÜB  AMT  nairentch. 


f 


da  «elbs  do  spurt  man  erst  ir  duck, 
si  wurfend  ab  die  Aren  brugg. 

LiLiB'scBO!*  hUt.  tulkst.  4,66,37  (v.  1&33); 

den  freund  spürt  man  in  nOthen. 

auch  wer  sein  br&dar  sei.    82,27  (r.  1&34); 


SPÜREN  246 

dem  leyb.  den  man  mit  fingern  zaygt. 
die  wesilich  menschlich  art  nit  aygt. 
viel  mer  der  seel  dasselb  gebürt, 
der  berscbuog  würt  im  leyb  gespürt. 

SCBWABZBKBBBC   152*; 

min  sprach  spürt  man  an  inen  wol  (spricht  der  teufel), 
die  ist  fluchens  und  scheltens  vol.     N.  Makcbl  272,400; 
sag  was  dein  gscheft  und  handel  «ey, 
da«  ich  dein  ellent  spüer  darpey. 

H.  Sacbs  fayln.  fp.  2.  2,  34; 
ob  ich  den  guten  fuhrt  wohl  eigentlich  kan  spüren, 
pOegsiu  mich   doch  zu  grund  und  in  den  sumpf  zu  führen. 

D.  T.  D.  Wbbdeb  Aiiiist  2,  1,  5; 
scbaw,  jetzt  dai  weite  feld.  von  so  viel  tausend  mann 
bedecket,  dasz  man  kaum  das  erdreich  spüren  kan. 

Rist  poet.  lusigarleu  E2; 
ja  die  stund  ist  schon  fürbanden, 
nerr,  ich  spühre  die  gefahr, 
lasz  mich  vor  der  frommen  scliaar 
werden  nimmermehr  zu  schänden. 

himml.  lieder  4  262: 

in  wobrten  und  geberden 
wird  (im  ewioen  lehen)  nichts  gespürel  werden, 
als  lauter  frömmigkeit.    5,  326 ; 
im  feuer  wird  das  gold,  obs  reine  sey,  probirt, 
und  deine  lieb  im  kreutz,  wie  lauter  sie,  gespürt. 

Angelcs  Silksics  cltenib.  waniersmann 
139,  304  FMintier; 
ein  königlich  gepräng  wird  um  und  um  gespüret, 
so  Fridrichs  frömmigkeit  dem  groszen  vater  weiht. 

V.  Bbssbb  Schriften  (1720)  s.  142; 

noch  mit  nahem  bezug  auf  verfolgendes  spüren  (oben  2,  a): 
{geraubtem)  rindvicbe  und  pferden  wüste  ich  stiffeln  oder 
schuhe  anzulegen,  bisz  ich  sie  auf  eine  gänge  strasze  brachte, 
damit  man  sie  nicht  spüren  konte.  Simpl.  l,  248  Kurz;  in  der 
Verbindung  spüren  lassen,  wahrnehmen,  merken  lassen,  zeigen: 
mein  collega  . . .  konte  mir  hernach  nicht  genugsam  rühmen 
die  sonderbare  devotion,  welche  dieser  cavallier  in  der  belebt, 
und  bei  empfahung  desz  heil,  abendmahls  bab  spüren  lassen. 
ScHCPPius  255;  {sie  hol)  dieselben  als  ihre  andere  eitern  ge- 
ehret und  geliebet,  und  sonderbahre  wohlgewogenheit  gegen 
sie  bisz  in  den  tod  spüren  lassen.  J.  B.  Cabpzot  leichpredigleu 
(1698)  131;  {da  irh)  aber  mein  billiges  miszvergnügen  zur  zeit 
nicht  spühren  liesz.  ehe  eines  mannes  75;  dasz  keiserl.maj.  selbst 
ein  allergnädigstes  Wohlgefallen  darüber  spüren  lieszen.  2>8; 
ob  einer  liebe  zur  erkäntnisz  der  Wahrheit  hat  und  insonder- 
heit auch  nach  einer  wissenscbafft  begierig  ist,  kan  man  aus 
dem  Tergnügen  abnehmen,  so  er  von  sich  spüren  lasset, 
indem  davon  geredet  wird.  Chb.  Wolff  vernünft.  gedanken  von 
der  menschen  thun  und  lassen  (1733)  s.  227;  und  noch  bei  Göthe: 
die  zurückgesetzten  lieszen  auf  allerlei  weise  ihren  verdrusz 
spüren.  19,293  (W.  Meisters  lehrj.  3,9). 

ß)  seit  dem  17.  jahrh.  in  den  anfingen,  entschieden  seit  dem 
18.  jahrh.  schKdcht  sich  {wol  nicht  ohne  einwirkung  des  subst. 
spur  7,  0,  und  besonders  b,  oben  sp.  Unf.)  die  bedeutung  a  ob  xu 
gunsten  der  eines  blossen  mehr  oder  veniger  deutlichen  empfindens, 
gesagt  von  sinnestcahrnehmungen,  gemütsbewegungen,  körperlichen 
und  geistigen  xuständen:  ich  spüre  es,  mihi  subolet  Steikb\cb 
2,650;  einen  unangenehmen  geruch  spüren  Adelung;  gelobet 
sey  gott!  noch  spür  ich  den  gift  nicht.  Scbilleb  3,503  Ikab. 
u.  liebe  b,');  mein  alter  {herr)  spürt  auch  wohl  den  vor^ug, 
Jen  mir  der  graf  vor  ihm  gibt,  Götbe  16,94;  der  Selbst- 
betrug, wozu  er  eine  fast  unüberwindliche  neigung  spürte. 
19,5:  der  nun  auch  als  gevatter  zu  dem  hause  eine  doppelte 
neigung  spürte.  24,  134;  die  sonne  war  indcsz  hinler  dein 
Ettersberge  hinabgegangen;  wir  spürten  in  dem  gehölz  einige 
abendkühle.  EcilEbbans  gespräche  1,154;  da  sie  anwandlungen 
von  trübsinn  an  mir  spürte.  Gotteb  3,36;  je  näher  man  Rom 
kommt,  desto  deutlicher  spürt  man  die  folgen  des  päpst- 
lichen Segens,  die  durchaus  wie  llucb  aussehen.  Siuke  spaiierg. 
1,113;  obgleich  sonst,  wie  die  frommen  klagten,  von  christ- 
licher gesinnung  wenig  in  ihm  {dem  Frankenvolke)  zu  spüren 
war.  Fbbttac  btlder  1,231;  man  spürt  das  alter,  wenn  rings- 
umher die  alten  bekannten  und  freunde  verschwinden.  Moltbe 
Schriften  5,257;  in  dem  linken  arme  trug  er,  als  spürte  er 
die  last  nicht,  seine  lodte.  C.  F.  Mkteb  Jürg  Jenatsch  so-,  lust, 
schmerzen,  verlangen,  hunger,  durst,  müdigkeit  spüren;  auch 
»llgemein   es  in  allen  gliedern  spüren,   es  im  köpfe  spüren; 

bey  hoir  Ist  alles,  wers  nur  spürt. 

mit  falschheit  zierlich  tapeziert.    Losau  3,27,25; 

ich  sprach,  kein  leben  man  mehr  «pürt, 

et  ist  mit  Ihm  verloren. 

Hein,  fuchs  {Rostock  1652)  228; 

die  reue,  die  sie  spürt.    Hasbdobn  2, 159: 


247  SPÜREN 

das  ist  der  nerr«,  wo  !ch  gichter  «pure. 

ScBiLLi«  5,  1.  Ili>  (ilom  Karlos  2.  9); 

Ich  spOre  was  in  mir  von  seinem  geist. 

12,  2-15  {Wiillenxleins  toil  2,  2); 

Itein  athem  hebt  den  busen  mehr,  doch  leben 

ist  noch  zu  spüren  in  der  warmen  hand. 

-u         n  >r.  13,  334  Ot/ny/'r.  r.  OW.  5,  14); 

über  allen  gipfeln  >         \j     ji  >     i. 

ist  ruh. 

in  allen  wipTeln 

spürest  du 

kaum  einen  hauch.    Göthb  1,109; 

du  klagest  junger  Treuiid,  unfreundlich  sei  dein  haus, 

und  denkst  dir  mancherlei,  dem  abzuheilen  .ins. 

ich  rate  dir,  hinein  ein  rreiindlicli  weib  zu  riihren, 

so  wirst  du  freundlichkeit  in  allen  ecken  spüren. 

RiJCKBRT  wrike  2,  2iia  liöhme; 

es  ist  kein  vöglein  so  gemein, 

es  spürt  geheime  schauer, 

wenn  drauszen  streift  der  Sonnenschein 

vergoldend  seinen  bauer.    EicHR!<DORFr  1,460; 

erst,  wenn  du  külin  von  jedem  wein  getrunken, 

wirst  du  die  krall  im  tiefsten  Innern  spuren, 

die  jedem  stürm  zu  stehn  vermag;  im  lanze. 

liBBBKi.  ti,  318  Werner ; 

verhüllender  ausdruck  für  leichte  trunkenheit:  er  spürt  den  wein. 

LiCHTENBBRG  1  (tSOl),  34. 

d)  mit  abhängigem  salze;  auch  hin,  wie  bei  dem  vorigen  (c) 
ein  unterschied  des  alleren  und  neueren  Sprachgebrauchs,  dort  im 
tinne  des  erkennens  und  wahrnehmens,  hier  mehr  des  empßndens. 

a)  in  allerer  spräche: 

ich  möhte  an  allen  zwivel  gar 

an  diner  tugent  wol  hau  gespurt 

da;  du  waere  von  gehurt 

edel  gar  und  üj  erkorn.     Emidhard  1481; 

dö  8US  sin  trüren  was  verkart 

zu  vreuden,  als  mau  spurte, 

er  tet,  als  im  geburte.    ;/n.<!.s.  24,34  Kniike ; 

las  mich  gnade  für  deinen  äugen  finden,  ich  spüre,  das  mich 
der  herr  segnet  umb  deinen  willen.  1  Mos.  3n,  27;  unser  keiner 
las  im  feilen  mit  brangen,  das  man  allenthalben  spüren  möge, 
wo  wir  frölich  gewesen  sind,  weish.  Sal.  2,9;  denn  er  war 
so  gar  erschrocken,  das  er  aller  zitterte,  daraus  man  leiclitlich 
spüren  kundte  wie  übel  jin  zu  sinn  war.  2  Macc.  3,  17;  auch 
haben  wir  mit  jm  gesand  unsern  hrudcr,  den  wir  offt  ge- 
spüret haben  in  vielen  stücken,  das  er  vieissig  sey.  2  Cor.  8,  22; 
ja  er  {der  satan)  spüret  und  fület,  das  (wie  gdltcs  wort  art  isi) 
ylie  mehr  mans  druckt,  yhe  weytter  es  leufft  und  zunympt. 
Luther  l.s,  211,  6  Weim.  ausg.;  daraus  e.  f.  g.  und  alle  weit 
spüren  und  greyffen  soll,  das  diser  geyst  gewisz  ein  lügen- 
haffiiger  teuffei  ist.  216,13;  daran  man  spüren  und  mercken 
künde,  wie  diese  meyne  oben  geschrieben  gründe  und  sprüche 
auffgericht  werden  und  gehen  müssen.  304,26;  ich  sehe  und 
spüre,  dasz  das  ende  meines  lebens  nahe  sei.  Schcppius  490; 
warum  wolle  ich  nicht  die  fehler  meines  nächsten  dulden, 
znvoraus,  wenn  ich  klärlich  spühre,  das  das  hertze  iiichl 
büse  ist.  BuTscBKY  Pathmos  148;  überdis  sol  einer,  den  man 
in  legntionen  gebrauchen  wil,  vorhin  eine  und  andere  charge 
bedient  haben,  daraus  man  spüren  möge,  was  ferner  von  ihm 
zu  hofTen  oder  fürchten.  399; 

ein  ieder  hei  den  werten  spür. 

dasz  es  IdiiK  iiniiüchi-  wuri)  uuch  zfi  disen  zelten 

forsten  und  herrn  mOcht  bedeuten. 

LiLiiNCRON  hist.  volkül,  4,  2,  OH  (p,  1530); 

noch  mynder  nrlfz  wir  gottes  macht. 

dann  was  zi'i  wissen  uns  gepürt, 

wüii  durch  sein  liaylge  ler  gespürt. 

SCHWARZENIBRC    156'; 

•pdren  lassen:  da  sie  denn  zur  genüge  \on  sich  spüren 
lassen,  dasz  sie  mit  dem  nahmen  [Luther)  auch  die  gemülhs- 
gaben  empfangen  babe.  J.  K.  Carpzov  leichpredigten  {,\mfi)\i\; 
ilttU  des  abhängigen  suties  erweiterte  accusattvfügung :  damit  mnns 
nicht  spQret  etwas  guls  zu  seyn  (dati  et  etwas  gutes  sei), 
wicklet  sie  das  in  liederlich  lumpen,  buch  d.  liebe  \^' ; 

es  wer  das  liest, 
wenn  du  zeitlich  auszseizen  thetst, 
eb  dein  herr  der  |$riIT  innen  würd 
'  und  dich  ein  falben  gaul  da  spürt. 

iiai  leiibucli  (/ii'nioii  ron  Peter  l^eurn) 
112.  7U3  nnhertng; 
dareb  flost«rnli  deckst  du  des  lande*  pracht, 
und  glebat  Ihm  uro  da«  braune  kicid  der  nacht; 
dB  »purei  man  alidann  die  thiere  kriechen, 
da  köropt  das  wild  eni  recht  hervor  geschlichen. 

Opitz  pmlmen  «.  IIM  (/'>.  IUI,  10). 

fi)  in  ntutrer  spräche,  seit  dem  Id.  jahrk.:  der  zuscboiier 
•pflrel  liaad|reinicb,  dasz  ihn  der  dichter  lielrUgU  Lcssinc  3, tri; 


SPURKNLOS  — SPÜRER 


248 


wenn  er  spüit,  dasz  es  ernst  ist.  Götbe  10,109  (Ciarigoi); 
ich  hoffe,  die  frau  pfarrerin  soll  es  an  butler  und  eyern  und 
übrigem  zutrauen  spüren,  was  für  eine  wunde  sie  ihrem  (ute 
gegeben  hat.  16,124;  doch  hab  ich  bei  ganz  fremdem  anlasz 
aus  hiiigeworfnen  worlen  gespürt,  dasz  es  in  seiner  seele 
g^lirt.  57,34;  leih,  seele  und  geist  setzte  ich  an  mir  aus  so 
vielen  Fingerspitzen  und  fühlfaden  zusammen,  dasz  ich  es 
schon  spürte  (die  quinterne  spürte  es  gar  noch  eher)  wenn 
unsre  zwei  schatten  zusaminenstieszen.  J.  Paul  Hesp.  i,  53; 
wie  in  der  spräche  überhaupt  viele  Wörter  erkalten,  ihrer 
Wurzel  vergessen  oder  gar  sie  verleugnen,  eigennamen  sinnlos 
werden  und  bei  manchen  benennungen  nicht  mehr  zu  spüren 
ist  aus  welchen  lebendi|;en  appellativen  sie  einst  hervor- 
giengen.  J.  Grimm  R  5c/in/(;n  7, 207 ;  bat  er  denn  da  (bei  der 
abfassung  des  buches)  nicht  spüren  können,  dasz  auch  arbeit 
froh  macht?  Vischer  auch  einer  l,  44;  der  einfache  mann  spürte 
wol,  dasz  man  mit  den  nützlichen  erßndungen  ...  nicht 
schlecht  fahre.  190; 

das  isis  ja,  was  den  menschen  zieret, 

und  dazu  ward  ihm  der  verstand, 

dasz  er  im  Innern  herzen  spüret, 

was  er  erscliallt  mit  seiner  hand.    Schiller  11,305; 

kennst  du  auch  die  grosze  lehre 

von  der  hutier  und  dem  schmalz? 

spürst  du  in  den  flngerspitzen, 

wie  viel  pfeffer,  wie  viel  salz?    ühland  <7''rf.  309; 

Im  Sturme  spannt  der  adler  seine  schwingen  — 

blas  zu!   da  spür  ich,  dasz  ich  mann! 

ElCHENOORFF    t,  342. 

e)  reflexiv,  sich  spüren,  sich  spüren  lassen:  sich  spüren 
lassen  elucere  Steinrach  2,650;  intelligi  Krisch  2,312*;  sogar 
der  güliT-geiz  spürt  sich  durch  langes  bereichern  endlich  auf 
einem  geldhaufen,  wie  auf  einen  berg  gestellt,  von  wo  aus 
er  in  ein  Kanaan  langer  goldllüsse  blicken  kann.  J.  Paul 
nachdämmerungen  s.  78; 

iäszt  sich  ein  gefreuter  mit  sieben  mann 

In  einem  dorfc  von  weitem  spüren, 

er  ist  die  oluigkeit  und  kann 

nach  liisi  drinn  walten  und  kommaudiren. 

Schiller  12,45  {Wiilifnsleing  Intjer  11). 

SPURENLOS,  adj.  ohne  spuren:  so  gaben  ja  diese  er- 
f;ihrungen  selbst  unsrer  göttin  das  rad  unter  die  füsze,  das 
immer  beweglich,  spurenlos  hinläuft.  Herder  15,419  Suphan. 
vgl.  spurlos. 

SPUKENSTEIN,  m.:  typolilhi,  spurensleine,  abdrücke,  ah- 
drucksteine,  steine,  worauf  sich  das  bild  eines  thierkürpers 
oder  einer  pflanze  abgedruckt  befindet.  Nemnich  4,  1519. 

SPUKER,  m.  der  da  spürt,  ausspült;  vestigalor  spurrer 
DlEF.  616'. 

I)  von  einem  menschen,  der  der  fährte  eines  wildes  folgt 
(spüren  2,  a,  sp.  243): 

du  sprichst,  o  freund  und  führer: 
'so  folge  mir  doch  nuri 
ich  bin  ein  aller  spürer 
und  längstens  auf  der  spur, 
schon  hangt  mir  vor  den  krallen 
des  wildes,  das  du  jagst. 

Frkilicrath  iliclituiuipii  2,  172; 

häufiger  nach  spüren  3,  sp.  244,  feindlicher  kundschafter  tini 
nachsteller,  sinnverwandt  zu  spioii  :>,  theil  lu,  1,2553:  ttaL  sbirro, 
insidutUir,  ein  spürer,  ausspjiber  Stieler  46;  eure  spürer 
können  nicht  allenthalben  sein.  Fichte  zur ücksend. d.  denkfr.  b3; 
kein  spürer  der  Kalten  achtele  auf  meinen  pfad  seil  sechs 
nüchten  und  lagen.  Frevtac  ahnen  1,5;  da  nun  auch  die 
sächsische  behörde  nicht  allzu  willig  war,  sich  von  den  übel» 
beleumdeten  spürern  aus  Iterlin  in  dieser  angeiegcnheit  be- 
nutzen zu   lassen,  erinn.  25<.i; 

bOse  spiiier  des  betragens 
•  ndrer,  lest  und  leset  recht! 

llBROER   :.  liK.  5,  177  (CM  60); 
nur  schnelle  flucht 
•nitog  uns  seiner  spürer  Wachsamkeit. 

Schiller  13,  :t45  iTurnniiot  1,  1);  ' 
Richard  nur  lebt,  der  hölle  schwarzer  ipürer. 

Sliiikn./:   lUthanl  Hl.  4,4, 
IHcliani  yet  livrf,  /ic//'«  hlack  inlelttifiicer; 
die  truppen  und  führer  sind  all  hei  dir, 
die  weiten  und  tptuer  siml  all  bei  dir. 

KecEERT  Fii  >/n<i  3,209; 
offen  breitet  die  strasi« 
durch  die  ebne  «ich  aus,  «loch  Christian  meidet  sie  ftngMlIch, 
weil  ihn  neben  den  (pürern  und  streifern  tu  Tust  und  tu  plerde, 
die  Im  dieiKi  des  geteltes  den  frevel  belauern  und  pai  ken. 
auch  die  tungen  der  erde,  die  lelecraphen,  erurhrecken, 
welche  slldte  mit  stidten  und  Itnuer  mit  liindcrn  verlimdeAi 

ilSIBBL  l>,  2->U, 


249 


SPCREREI  —  SPÜRHUND 


SPÜRHUND 


250 


m'.lder  von  einem,  der  nur  neuigkeiten  aufspürt:  ich  wiederhole 
nur,  was  mir  Bartusch,  mein  alter  maulwnrf  und  spürer, 
heule  früh  zugetragen  hat.  Gutzkow  riller  v.  gast  3,67;  und, 
einspielend  in  die  folgende  bedetitung  i:  was  steht  zu  befehl? 
die  nase  des  spürers,  oder  der  Stachel  des  Skorpions?  {mohr 
zu  Fiesko).  Schiller  3,  70  {Fiesko  2, 15). 

2)  spürer,  nach  spüren  2,b,  sp.  243  von  einer  art  Jagdhunden, 
in  technischer  spräche  auch  ohne  umlaut:  finder,  spurer,  spurhund. 
Ju-iBSSos  1,724;    Spürhund,    spürer,    allgemeine   beieichnung 

ender  Jagdhunde,  wenn  sie  frei  gehen  und  suchen,  ädeldrg; 

die  trüffelD, 
die  ich,  dem  spürer  zum  troz,  aussiöherte,  tief  ans  dem  erd- 

grund.     Voss  2.226  lidyll.  13,  164); 
freilich  I  dem  manne  gehört  ja  der  hund,  der  ferne  dahinstarb ! 
...   ein  weidlicher  spürer  auch  war  er.    Odyss.  17,317; 
ihr  lauft  so  auf  der  liste  mit! 
wie  dachs  und  Windspiel  alle  hun  te  heiszen, 
die  eigne  rasse  aber  unterscheitiet 
den  schlauen  spörer,  den  getreuen  Wächter 
den  Düchigen  Jäger.      Schiller  13,72  {Uacbeih  3,4); 
rasch  zum  Jäger!    er  borgt  mir  sicher  den  eifrigsten  spürer, 
nud  das  freundliche  thier  ist  willig  zu  folgen,  es  kennt  mich. 

HiBBEL  8.249. 

3)  spflrer  nadi  spüren  2,  e,  sp.  244,  allgemein  von  einem  thiere, 
das  vitlerung  hat:  alle  thiere,  welche  gute  spürer  oder  witterer 
»ind,  besitzen  feuchte  nasen.  Bbebx  illustr.  thierleb.  l,  xiit. 

SPCREKEI,  f.  das  spüren,  nachspüren,  ausspüren,  im  rer- 
iehtlichen  sinne.  Campe. 

SPUKFAHREN,  n.  das  fahren  in  der  spur  eines  rorauf- 
geganyenen  vagens  {vgl.  unter  spur  3  sp.  237):  es  ist  mathe- 
matisch zu  beweisen,  dasz  die  gewohnheit  des  spurfahrens, 
xnmal  der  schweren  wagen,  die  beste,  festeste  chaussee  in 
kurzer  zeit  durchai>s  verderben  niusz.  Sei]mb  spazierg.  1,111; 
durch  das  niohispurfahren  verändern  auch  die  pferde  be- 
ständig ihre  tritte.  ebenda. 

SPCRFäHRT,  f.  fahrt  zum  zwecke  des  spürens,  ausspürens: 
als  er  sich  auf  einmal  erinnerte,  dasz  er  bei  dem  abschiede 
Ton  dem  alten  Jocbem  diesem  ja  gar  nicht  gesagt  habe,  wo 
er  während  dessen  spürfahrt  verweilen  wolle.  Ixmebiia!«!! 
Münchh.  1,  161. 

SPL'RFOLGE,  f.  1)  folge  der  spur  eines  wildes  auf  der  jagd: 
wenn  der  sudwind  . .  .  von  miitag  wahet,  ist  die  zeit  zä  dem 
jagen  deszbalb  ungelegener,  dieweil  er  die  spurfolg  durch 
•eine  feucbtigkeit  vernichtiget.  Sebiz  feldb.  575. 

2)  im  altdeutschen   recht   folge  auf  der  spur  eines  frisch  ver- 

Üien  Verbrechens,  vgl.  Bblnner  deutsche  rechtsgesch.  2,  iW:  war 

^  ein  tier  oder  eine  bewegliche  sache  gestohlen  und  innerhalb 

'  dreier  läge  entdeckt,  dasz  die  spurfolge  in  ein  haus  führte, 

8ü    konnte    der    bestohlene    sofort    haussuchung    anstellen. 

Pfligk-Harttdüg  jn  Grotes  allg.  wellgesch.  4,630. 

SPÜRGABE,  f.  gäbe,  latent  auszuspüren:   (sie)  mögen  sich 

-•eslört  ihrer  spürgabe  . . .  erfreun.  Voss  4, 303. 

>PL'RGANG,  m.  gang  auf  der  spur  des  wildes,  namentlich 
vn  frischen  schnee:  spurgang  thun  heistt  die  fährte  suchen. 
Jacobssos  7,  416'.  öron.  lex.  2339. 

SPÜRGANG,  m.  gang  um  zu  spüren:  indessen  wir  an  den 
schönen  abenden  unsere  spürgänge  für  die  nächste  Jagdzeit 
f'jrisetzten  und  dabei  die  reizendsten  gründe  und  hüben 
durchstreiften.  Keller  1,204. 

SPÜRGEL,  m.  einer  der  vielfach  wechselnden  namen  für  die 
]  pflanze  spergula  arvensis,  spargel,  ackerspargel,  vgl.  auch  spörge! 
'■  Iheil  10,1,2678;  auch  spurgis,  spurgist,  spurgeist,  spurrer, 
rrcy,  spurre  Neihiich  4, 1338. 

"•l'LRGESL'CH,  n.   das  suchen   nach   der  spur  eines   wildes, 

und  dte  so  gesuchte  spur:  gleichwie  auch  der  mon  dj  spur- 

'  gesuch  ringert.  Sehiz  feldb,  575;   zur  furschung  und  sächung 

i  der  läger  . . .  des  wilds   musz    der  Spürhund  sich  länger  als 

im  <:purgesuch  säumen.  576. 

SPÜRHAFTjfld;.  und  adr.  sensibilis,  cognobilis,apparens,  odorus, 
indjganter,  nolabiliter  neben  spüricht  und  spürlich.  Sueleb  2109. 

SPCRHENGST,  ffl.;  ein  hengst  von  geringem  werth,  dessen 
I  man  sich  bedient,  um  erst  zu  erfahren,  ob  die  stute  wirk- 
I  lieh   hitzig  ist,   heiszt  ein   spürhengst,  oder  probierhengst. 

NlHKlCB    2, 1509. 

SPURHERD,  m.  im  hütlenwerke  räum,  in  welchem  die  «pur 
gemaelit  wird.    vgl.  spur  \l,b,  ß,  oben  5p.  242. 

SPURHOLZ,  n.  ebendaselbst  dünne  haselrute,  mit  »elcher  man 
^tdem  die  spur  sii  machen  pflegte.  Aueli^rg. 

SPÜRHUND,  m.  hund  der  dem  wtlde  nachspürt,  ahd.  spuri- 
hunt   in   der   lex.  bajut.,   vgl,  Gbaf»   4,977;    mhd.    spürhuut; 


odorisequus  spurbunt,  spürhunt,  spyrhunt,  sporhunt  Dief.  393'; 
die  nhd.  jdgerspraehe  braucht  die  form  spurhund  Jacossson  1,724' 
neben  spürbund  Coleb  /lausfr.  1,572'  (s.  die  stelle  unten  l).  die 
form  spierhund:  wie  ein  spierhund,  der  an  dem  langen  leit- 
bande  das  wild  ausspielt.  Lessi!(G  4, 269,  ist  landschaftlicher 
ausspräche  von  spüren  {oben  sp.  243)  gemäsx. 

1)  Spürhund  in  eigentlicher  bedeutung: 

da  nam  ein  alter  jägere  einen  spürhunt. 

er  brähte  den  lierren  in  einer  kurzer  stunt 

da  sie  vil  tiere  funden.    Sih.  876,  1; 

einen  eher  grölen  vant  der  spürhnnt.  881,1; 
aber  die  jagthund  sind  wiederümh  mancherley,  dann  es  sind 
Spürhunde,  canes  sagaces  vel  odorisequi,  vel  vestigatores, 
die  man  nur  dazu  brauchet,  dasz  sie  das  verborgen  wild  ausz- 
spühren,  anszkundschaften  und  mit  ihren  anschlagen  melden. 
Coleb  hausb.  (t5S0)  1,572';  er  verfluchte  sich,  dasz  er  für 
disputiren  die  Spürhunde,  Wachtelhund,  hünerhund,  stäuber, 
wasserhund  ...  hellen  hören.  Philander  1(1642),  494;  endlich 
erreichte  das  beer,  von  Spürhunden  geleitet,  zu  unbeschreib- 
licher freude  einen  flusz  und  die  fruchtbare  gegend  des  phry- 
gischen  Antiochien.  Racneb  gesch.  der  Bohenstaufen  l*,  112; 
er  ging  hinab  in  den  hof  und  löste  die  hunde;  der  spürbund 
und  der  leithund  sprangen  an  ihm  hinauf.  Scheffel  Ekkeh.  25; 

wie  grimmig  Amor  mir  schon  nier  und  mihi  verzehret, 
wie  mich  sein  spurhund  jagt  und  sein  wind  ausgehetzt, 
der  in  die  biosze  brüst  die  scharfen  zahne  setzt. 

A.  Grtpuids  1698  2, 104. 

2)  in  vergleichen:  er  {der  wachsame  knappe)  horchte  und 
windete  zugleich  wie  ein  spürbund,  denn  ihm  wehete  ein 
geruch  an,  wie  der  von  wohlriechenden  kräutern  und  zer- 
quetschten grashalmen.  McsÄos  Volksmärchen  1,32;  bei  diesem 
Worte  sähe  ich  den  von  der  Risch  aufzucken  gleich  einem 
spürbund  bei  der  Witterung.  Stobh  3,242. 

3)  übertragen  auf  personen  und  personificationen:  mein  bausz- 
vater  war  desz  commandanten  spürbund  und  mein  büter, 
maszen  ich  merkte,  dasz  er  all  mein  thun  und  lassen  dem- 
selben binterbracbt  Simp/.  479  heiler;  der  arme  Capriccio! 
Iiat  der  es  nun  auch  mit  den  Schweizern  verdorben?  noch 
im  jabr  1749  . . .  war  er  der  muntere  spürbund,  der  in  einer 
schallenden  jagd,  die  das  büfthorn  bis  in  die  abgelegensten 
dunkelnsten  winkel  der  menschlichen  kenntnisse  ertönen  lüszt, 
das  seltsamste  wild  aufjagt.  Lessi:«c  6,267;  zu  mittage  speiste 
icii  in  groszer  gesellschaft;  und  bemerkte  bald  ein  paar  Spür- 
hunde, die  auf  mich  ausgesandt  waren;  und  führte  ihre  naseu 
auf  allerley  abwege.  Heinse  Ardingh.  l,2»i;  man  stellt  mir 
nach?  ...  ha!  ich  kenn  die  husche  besser  als  ihr,  und  ihr 
habt  keine  sonderlichen  spOrhunde;  und  die  besten  heiszen 
uns  nicht.  Götbe  57,  197;  braucht  mich  wozu  ihr  wollt,  zu 
eurem  spürbund,  zu  eurem  parforcehund ,  zu  eurem  fuchs, 
zu  eurer  schlänge,  zu  eurem  kuppler  und  benkersknecht. 
Scbiiler  3,31  {Ftesko  i,  9) ;  für  diesmal  musz  ich  sie  bitten, 
spOrhunde  zu  sein  und  mir  hinnen  drei  stunden  die  zwanzig 
tausend  thaler  auszuwittern.  Kotzebce  dramo/.  sp.  2, 314;  wo 
nicht,  so  hab'  ich  ein  paar  wackere  spOrhunde,  und  es  müszte 
nicht  richtig  zugeben,  wenn  ich  mit  ihrer  bilfe  nicht  über 
kurz  oder  lang  unser  obskures  genie  aus  irgend  einer  spe- 
lunke,  dachstube  oder  dem  narrenhaus  selbst  hervorziehen 
sollte.  MöRiKE  ffial^r  Sollen  1, 15;  darauf  nam  der  cäsar  den 
riesen  in  dienst,  er  ordnete  ihm  salische  Franken  zu,  die  in 
nachtarbeit  nicht  ungeübt  waren  und  sandte  die  häufen  als 
Spürbunde  in  den  waldversteck  der  feinde.  Frettag  bilder  I,t75; 

ir  kuplerin  und  merleindrager, 

des  dewfTels  spürhunt  und  nachjager. 

H.  Sacbs  fiib.  1, 197, 156  Götte; 
wieder  so  ein  spurhund.  gebt  nur  acht, 
der  die  jagd  auf  den  herzog  machu 

ScBILLtR  12,  17  (lVo//ensJrMj  laqer,  7.  auflr.); 
unter  ihrem  (ilfr  mönchfrei)  schwarzen  rabenflügel 
zischen  die  cabalenzungen  gift, 
brechen  laurer  frech  das  freundschafissiegel, 
sinkt  dem  streiche,  wen  der  spürbund  triin. 

Sil'Bl  geä.  64  {eUgie  auf  einem  feste  tu  Wnrsdiau); 
pfui,  argwobo,  (pfirhuod  von  des  teufels  meute! 

Grillparikb  5,  55. 

das  haftgenie  Christoph  Kaufmann  nannte  sich  selbst  einen 
gottesspürhund  nach  reinen  menschen ,  auf  ihn  beliehen  sieh 
GöTHES  r«ri«; 

Ich  hab  als  goties  spürbund  frei 

mein  schelmenleben  stets  getrieben. 

die  gotlesspur  ist  nun  vorbei. 

und  nur  der  buod  ist  übrig  blieben. 

geiiicJite  3,  2C8  Slrehlke. 


251 


SPÜRHUNDEREI  —  SPÜRMESSER 


SPURMÜTZE  —  SPURWEISE 


252 


SPCKHüNDEREI,  f.:  er  gestand  mir,  dasz  ihm  diese  spür- 
hiinderey  (treiben  als  spion)  so  zur  natur  geworden,  dasz  er 
nicbl  me'ir  davon  lassen  liönoe.  Ulb.  H  egn er  ;m.  scAri/teu  3,  6S. 

SPUKIG,  adj.  spur  habend;  in  technischer  spräche  bei  Wagen- 
bauern gesagt  vom  abstand  der  räder  eines  wagens  (vgl.  spur  II,  a, 
sp.2i2):  jagdwagen,  leicht,  spurig  (zu  verkaufen).  Berliner 
tfitung;  auszeihalb  technischer  spräche  in  bedeutendem  sinne, 
eine  sehr  sichtbare  spur  ziehend: 

und  wenn  wir  nocli  so  breit  und  spurig  wandeln. 

D.  V.  LiLlKNCRON  «eike  U  (1904),  14; 

vgl.  datu  breitspurig  (theil  2,  361),  das  auch  in  übertragener  be- 
deulung  steht:  breitspuriger  menscb,  etwas  breitspurig  dar- 
legen; groszspurig. 

SPIJRIG,  adj.  von  fiulnis  angegangen,  schimmlig,  nach  dem 
masc.  spor  theil  10, 1,  2676  und  dem  verbiim  sporen,  spuren  oben 
sp.  243:  spurig,  madidus,  humeclus  Frisch  2,312';  spurig,  sporig 
J.  Grimh  kl.  sehr.  6,  315;  in  der  form  spuricht  udus,  uvidus,  uligi- 
nosus,  humorosus,  humectus,  humecte  Stielkr  2109. 

SPÜUIG,  adj.  lum  spüren  geeignet,  geschickt:  ein  spüriger 
Jäger;  spürige  bunde;  als  spürichl  sensibilis,  cognobilis,  apparens, 
odorus,  indaganter,  notabiliter  Stieler  2109. 

SPÜHJAüD,  f.:  papst  Gregor  IX,  der  gerade  damals  überall 
eine  spürjagd  gegen  die  leute  angeordnet  halte,  welche  aus- 
geartetes pfaffenwesen  nicht  mehr  als  chrislenlhum  anerkennen 
wollten.  Schlosser  weltgesch.  ',  401. 

SPURKEL,  SPÜRKEL,  m.  name  des  monats  februar,  s.  unter 
gporkel  theil  10, 1,  2678. 

SPÜRKR.\KT,  f.  kraß  zu  spüren,  auszuspüren:  der  fehler 
war  verziehen,  der  zu  einem  solchen  beweis  meiner  spür- 
kraft  gelegenbeit  gegeben  hatte.  Göthe26,  333;  mit  entsetzen 
sah  der  bauer,  das^  die  fremden  Soldaten  mit  einer  spürkraft, 
die  er  der  Zauberei  zuschrieb,  aufzufinden  wuszten,  was  er 
lief  in  der  erde  versteckt  halte.  Frbytag  bilder  3, 107 ;  schon 
vordem,  mit  der  qualvollen  spürkraft  der  cifersucht,  halte 
sie  herausgefunden ,  wohin  die  stadlbesuche  ihres  gastes 
zielten.  Th.  Storm  ges.  sehr.  13  (1SS2),  s.  139;  mit  seiner  untrüg- 
lichen spürkraft  ahnte  er  (Talleyrand)  schon  den  Umschlag 
des  welters.  Trf.itschke  d.  gesch.  4  (tS89),  s.  15; 

es  schnaubt  der  doggen  spürkraft  durch  die  wälder. 

ScHlLLKR  6,  391  (üido  24). 

SPÜUKl'NST,  f.  kunst  zu  spüren,  auszuspüren: 

trotz  eurer  spürkunst  war  Maria  Stuart 

noch  beute  frei,  wenn  ich  es  nicht  verhindert. 

Schiller  12,  529  (  tf.  Stuart  4,  6). 

SPURKIJPFER,  n.,  vgl.  sporkupfer  </ifiI  10, 1,  2679. 
SPÜRLICH,  adj.  und  adv.,  wie  spürbar,  2U  spüren,  zu  er- 
kennen:  spürlich,  sensibilis,  cagnobilis,  apparens,  odorus,  inda- 
ganter, notabiliter.  Stieler  210.)  (neben  spQriclil  und  spürliaft); 
in  der  schreibunij  spirlich  (vgl.  spiren  für  spüren  sp.  243): 
damit  man  die  hie  beygesetzten  zeichen  wol  und  spirlich 
darauff  ersehen  mögen.  Thuhneisser  beschreibung  inßuent. 
Wirkungen  (1578)  69. 

SPLRLOS,  adj.  und  adv.  ohne  spur,  spuren  nicht  zeigend 
oder  nachlassend:  bis  endlich  alles  . . .  blasser  und  blasser 
zerrinnt,  und  spurlos  verschwindet.  H.  Heine  l,  104  (llarzreise); 
wie  er  . . .  den  pfad  ihnen  bezeichnet  in  der  spurlosen  wüste. 
Ri^CkERT  11,487;  dennoch  ruthe  ich  nichl,  dasz  du  den  worten 
des  königs  trauest  . .  .  denn  spurlos  müchtesl  du  verschwinden 
hinler  den  Steinmauern.  Freytac  ahnen  1,92;  waghalsig  sind 
wir  den  heimkehrenden  Sorben  wieder  nachgezogen,  doch 
spuHos  bliebeD  uns  die  flüchtigen  auch  wübreiul  dem  zweiten 
ritl.  MS;  jgj„  pgj    ,]gg  immer  bewegliche, 

•purlose.     Heidir  il>,409  Supitan; 
denn  schnell  und  spurlos  geht  des  mimen  kunst, 
die  wunderbare,  an  dem  sinn  vorüber. 

Scuiller  12,0  (IVa</ens(ein,  })ru/ov); 
spurlosleicbt: 

ich  bitt  euch  herr,  schalTt  nicht  dies  nichts  tum  was, 
und  gebt  dem  spurlosleicliteu  erst  gewicht. 

„..«, _     ,    .  LuDwie  4,333. 

SPGHLIST,  /.  lutt  X*  spüren: 

■•1d  (lies  hirtchei)  glück,    dlM  to  wie   ihm    die  vorsieht 

einsclilier, 
auch  unirer   bunde  spiirlust  schlummerte.    Luowio  4,126, 

SPLRMtNSCH,  m.  nackipürender  mensch:  zuweilen  kam 
ihm  vor,  als  wenn  ferne  spQrmenschen  ihn  in  weiteo  kreisen 
uintcblichen.  J.  Paijl  Titan  5, 107. 

SPI'HMESSER,  m.  das  vrrkteuq  oder  messer,  womit  die  spur 
im  den  herden  der  schmeltoftn  ausgeschnitten  wird,  Jacuhisuii 
4,  243*.    tgl.  »pur  l\,b,/3. 


SPURMÜTZE,  f.  name  einer  sonntäglichen  frauenmiUze  in 
bürgerkreisen  Fallerslebens.  Fromm.  5,  296.  wol  wegen  ihrer  s/i/x 
in  die  höhe  gehenden  form  aus  spieruiülze  verderbt,  vgl.  spier 
theil  10,  I,  2431.  in  Düringen  heisit  eine  ähnliehe  kopflraeht 
sperlunze,  ebenda  2169. 

SPüRNAGEL,  m.  der  leitnagel  an  dem  bergmännischen  fordet' 
Werkzeuge,  dem  hnnde;  auch  leitungsvorriehtung  bei  der  Schacht- 
förderung mit  fördergestellen.  Veith  457. 

SPÜRNASE,  f.  spürende  nase:  diejenigen,  die  ihre  feinen 
Spürnasen  darauf  leiten ,  solche  dinge  aufzustöbern  und  zu 
enthüllen.  Bode  Montaigne  \,S1;  inhaber  einer  solchen:  spUr- 
nase  Merck  biiefs.  1,220  (s.  den  beleg  unter  spüren  3);  wo  der 
Sitterbach  durch  tannbewaldet  enges  tbal  schäumt,  war  ein 
trefflicbes  plätzlein,  waldabgeschieden,  als  wenn  keine  heid- 
nische Spürnase  den  pfad  jemals  finden  sollt'.  Schkffbl 
Ekkehard  s.  176, 

SPÜRNÄSIG,  adj.  und  adv.  mit  einer  spürnase  versehen:  spQr- 
näsige  bunde. 

SPÜROHR,  n.  spürendes,  forschendes  ohr:  tiscbmusik  bringt 
die  menschen  zur  spräche,  wie  vögel  zum  gesang,  Ibeils  als 
feuer-  und  Schwungrad  der  gefüiile,  theils  als  ein  ableiter 
fremder  spür-ohren.  J.  Paul  Katzenbergers  boder.  2,  49. 

SPURPFERD,  n.  im  fuhrwesen,  pferd,  welches  in  der  spur 
eines  andern  geht:  das  in  den  Stangen  gehende  (karrenpferd) 
beiszl  das  Stangenpferd;  das  unmittelbar  vor  ihm  hergebende, 
das  mittelpferd;  das  dritte,  wenn  noch  ein  viertes  vor  ihm 
ist,  das  spurpferd.  Jacorsson  6,  22l'. 

SPURPLATTE,  f.  unterer  thed  der  fuszlager  bei  stehenden 
wellen  einer  maschine.  Weisrach  lehrbuch  der  ingenieui-  und 
masciünenmechanik  3,25. 

SI'URRE,  f.  name  des  ackernelkengrases,  holosteum  umbellalum. 
Nkmnich  3,  1C9.  auch  dasselbe  was  ackerspergel ,  vgl.  unter 
spürgel  sp.  249. 

SPURRITT,  ff),  spurgang  (s.  d.)  eines  Jägers  zupferde:  spur- 
gang oder  spurritt ,  excursus  venatoris  ad  quaerenda  vestigia 
luporum  in  nire.  Frisch  2,  312'. 

SPURROLLE,  f.  rollenfürmige  leitungsvorriehtung  bei  der 
Schachtförderung  im  beigwcrk.  Veith  457. 

SI'ÜRSAM,  adj.  und  adv.  zu  spüren  geeignet:  spürsam  per- 
sentifcens  Dief.-VVOlcker  hoch-  und  niederd.  wb.  861 ;  «n  der 
form  spursam  (spuren  für  spüren  oben  sp.  243):  dieweil  die 
frosl,  wann  die  sonn  aufTgebt,  sich  pdegl  zu  änderen  und 
nachzulassen,  da^  es  auch  die  spur  minder  ruchbar  oder 
spursam  mache    Seimz  feldb.  575. 

SPURSCHNEE,  m,  schnee  der  die  spur  eines  wildes  zeigt: 
fallt  aber  spuhrschnee.  Fleming  teutsch.  jäger  1,  39ii';  tn  der 
form  spürscbnee,  nix  ad  investigandos  lupos  commoda.  Fhisci 
2,  312'. 

SPiJRSCHWALBE,  f.,  vgl.  spierscbwalbe  tt«i  10, 1,  2436. 

SPÜRSINN,  in.  sinn,  begabung  und  geschick  tu  spüren:  do 
bist,  wie  ich  sehe,  mit  einem  auszerordenllich  feinen  Spür- 
sinn für  unser  geschiccht  begabt.  Wielano  35,33;  in  gebirgigen 
gegenden  immer  zu  fusze  brachte  er  mit  eifrigein  Spürsinn 
alles  blühende  zusammen.  GiiTHE  58,93;  rechtloser  Vergewal- 
tigung sah  sich  jeder  preisgegeben,  der  dem  Spürsinn  der  von 
dem  baszerfüllten  kaniptz  geleiteten  Inquisitoren  . .  .  irgend 
verdiicbli^'  erschien.  Prutz  preusz.  gesch.  4, 105. 

SPURSTEIN,  m.    l)  was  spurenslein,  sp.  24s. 

2)  im  hüttenbaue,  unreines  kupfer,  das  sich  beim  schmelzen  dit 
Schwarzkupfers  in  der  spur  des  herdes  sammelt,  vgl.  sporstein, 
theil  10,  1,  2688. 

SPURTFUIIRE,  f.  name  des  krummholibaums,  pinus  niontaat. 
Neu NicB  4,980.  der  zweite  thed  des  namens  lieht  für  foitr% 
(/lei/ 3, 1^6<.l;  der  erste  theil  ist  dunkel. 

SPÜRTHUM,  n..'  diese  regie  mit  ihrem  entwickelten  spOi^ 
und  denun/iantenllium  . . .  hat  dem  groszen  Friedrieb  die  Zu- 
neigung seiner  unlertbanen  geraubt.  Pbilippson  in  der  all§, 
weltgesch.  von  Grote  0  (l»«87)  53«. 

SPURUNG,  f.  Situs,  humnr,  mador,  uligo.  Stielrr  2to9.  rp(. 
das  verbum  spuren  schimmeln  oben  sp.  24S  und  spurig  sp.  lil. 

SRÜRUNG,  f  mdagatio,  vesttgatio.  Stielkr  2109. 

SPURUNGSGANG,  m. .-  niuszte  ich  mir  gestehen,  dasz  eil 
solcher  spOrungsgang  ein  kleinliches  thun  wttre.  Viicnn 
auch  einer  2,  3. 

SPUR  WEISE,  adv.  in  der  ort  einer  tpur,  ab  spur:  etwü 
koniml  spurweise  vor,  wird  spurweise  sichtbar,  auch  als 
adj.:  der  spurweise  Übergang.  Anühesen  Sprachgebrauch  und 
sprachriehligkeit*  (issü)  i.  toi. 


253 


SPURWEITE  — SPUTEN 


SPUTEN 


254 


SPURWEITE,  f.  abstmd  der  spur  bei  geleisen  und  wagen 
wad  auf  Eisenbahnen,    viß.  spur  3  und  11,  a,  sp.  237.  242. 

SPL'UWIESEL,  n.  ägyptisches  wiesei,  khneumon,  von  besondrrer 
ftsehicklichkeit  im  aufspüren  der  vögel.  Aoei.cng. 

SPCRZELN,    verb.   spucken,  speien,  neben  form  zu  spirzeln, 

Äril  10, 1,  2556,  wo  nachweise  auch  für  die  liier  gegebene  form: 

und  spürzel  nicht  ze  vil  aus, 

wann  es  macht  den  leulen  grau?.    Vihilkr  921S. 

I  SPCRZEN,  verb.  spucken,  speien,  nebenform  m  spirzen, 
iheil  10,1,2556,  vgl.  auch  ausspürzen  theil  l,  9S1:  so  der  mund 
Toll  speicheis  und  spürzens  wird  (si  salivae  pknum  os  est). 
Cdsus  von  KhOffner  (1531)  s'; 

(iieim  tabakrauchni:)    iniiner  schmauchea,    räuchern   immer, 
immer  schmutzig  sein  vom  rusz, 
I        immer  spürizen,   lioixen,  rotzen,  dir  selbst  machen  viel  ver- 
I   •  drusz.    labacolo'ji^i  (1690)  ■■=.  11. 

mit  an:  der  trow  achteten  sie  nit  und  spurzlen  an  den  abgot. 
hfiligenleben  (1472)  109';  mit  auf:  oder  da  Christus  seine  tinger 
in  des  stummen  obren  leget  und  spörizet  auff  des  zunge. 
Mathesids  Sar.  127';  mit  in:  wie  ist  vergangen  uy  zier  deines 
ailerwunnsampsten  antiitzs  von  dem  unflat  der  unraynen 
in  dich  spurtzenden  ieffizen.  herzmaner  183';  in  dem  bisz 
und  keuwet  er  jm  selb  die  zungen  ab,  und  spürtzets  in  des 
lyrannen  angesirhf.  S.  Fbanck  chronica  9l';  wann  der  knabe 
ein  vieh  mit  der  band,  darein  er  gespürtzt,  bestridien  hat. 
HoHBERG  2,  645";  mit  um: 

spurz  nii  umb  dich,  sey  nit  geTressig. 

meistfrl.  fol.  23,  nr.  212; 

mit  unter:  da  spürzten  sie  im  under  sein  antlitz  und  schlugen 
in  mit  halsschiegen.  tibel  v.  1483  483' (3/o«ä.  26,  67);  als  aus- 
spürzen: er  begreiff  die  band  des  blinden  und  fürt  in  aus  dem 
weg  und  spurzl  aus  in  sein  äugen,  ebendann'  (Marcs,  23); 

und  wo  sie  ungfer  mir  dAet  neben, 

so  went  sie  von  mir  ir  ang>iclit, 

spürzt  aus,  mag  mich  ansehen  nicht. 

H.  Sachs  fasln,  yp.  5,  128,  148; 

wir  spürzen  ofTt  in  dem  cbor  ausz, 

kan  mans  doch  kehren  wider  rausz.    J.  Atrbr  131"; 

bespüricn:  o  du  adellichs  antlitz  meines  berren  Jbesu  Christi, 
»ol  frewntlicher  erwirdigkeyt,  von  den  Juden  schnodigklich 
bespurtzet,  unzuchtigklich  geschlagen,  herzmaner  197*;  voll- 
spürzen: 

sie  (ein  alles  leiih)  kreist  und  feist,  ächtxet  und  liracht, 
und  spfirtzet  mir  all  ecken  toI.       H.  Sachs  I  (1590),  396*. 

I  SPCUZICHT,  n.  Speichel,  auswurf,  zu  spörzen  gebildet  wie 
j»pülicbl  oben  sp.  m  zu  spülen:  spurz;ite  saliva  Lexer  mbd. 
handwb.  2,1126;  und  des  kranken  spurzech  gallig  oder  eiterig 
ist  (Sputum  eliam  biliosum  et  purulentum).  Celsus  von  KbI^ffner 
(1531)  lO'. 

SPüT,  f.  fortgang,  beschleunigung,  eile,  das  ahd.  fem.  sp6t, 
gpuot,  durch  welches  lat.  successus,  provectut,  celeritas,  substantia 
glossiert  wird,  dem  ein  aUsächsisches  gleichbedeutendes  spöd  (sp6t 
HeUand  1901  im  cod.  Mon.),  ags.  spid,  engl,  speed,  entspricht, 
und  das  sich  als  eine  bildung  zu  ahd.  mhd.  spuon  succedere, 
bene  procedere.  darstellt,  üt  im  dgentliihen  mhd.  untergegangen, 
hat  sich  aber  mnl.  und  mnd.  sehr  lebendig  erhalten,  vgl.  Sciuller- 
LCbben  4, 340',  neben  dem  fem.  auch  als  masc:  Tele  hende 
maken  licht  werck,  umie  gude  hulpe  giiilTt  guden  spoet.  Job 
Veche  224,  30;  und  reicht  von  hier  aus  in  niederrheinische  quellen 
hinüber  (mhd.  wb.  2,  2,  554'): 

nu  Ternempt  mit  wilcher  spoil  (eile) 

dat  it  darzo  quam.  •'.  s/(i<<(^(/i/ on.  12,  252,  330  (Cöln); 
gelegentlich  selbst  in  das  ältere  nhd.,  ohne  jedoch  eigentlich  ver- 
istanden  zu  werden,  Schottei.  gibt  als  niederdeutschet  (auf  ge- 
lehrtem wege  erkanntet)  Stammwort  spoet  acceleratio,  haste,  mit 
dem  verbum  spoejen,  accelerare  an  1419; 

der  edle  priotze  wol  gemuih 

ist  kommen  l'ur  den  grave 

mit  der  spul.      Soltau  2,  276  {lied  ton  1586). 

SPUTEN ,  verb.  mit  einer  thätigkeit  eilen ,  vorwärts  machen, 
als  transitive  und  reflexive  ableilung  des  vorigen  Substantivs  durch 
^dat  alte  westgermanische  Sprachgebiet  verbreittt;  ahd.  spuoten: 
{odumine,  saivum  me  fac,  o  doniine,  bene  prosperare,  ja  du 
I  trübten  tuo  mih  kehaltcnen,  trübten  wola  gespuute  mina 
[fartze  dir.  Notie»  ps.  117,25;  postea  acteleraverunt.  darnib 
ikespuoton  sie  sich.  15,4;  alts.  spödian,  fördern,  guten  erfolg 
Iverieihen:  spuodda  ihie  mahta 

ii  handgewerek,  hölag  drohtin.     (jenesis  t06; 
i«>i.  spfdan  to  Speed,  have  suecess,  succeed  Bosworih-Tollkr900*. 
■  während  das  wort  im  mhd.  ausgestorben  itt,  lebt  es  auf  nd.  und 


nl.  boden  weiter:  spoeden,  festinare,  properare,  accelerare,  progredi 
KiLiAS;  namentlich  in  reflexiver  fügung  sik  spoden  in  der  be- 
deutung  'sif/t  beeilen,  sich  eilends  fortmachen  :  nichts  desto 
min  . . .  leet  de  rat  gudliken  des  beren  bischoppes  sende- 
badeo  aviseren  und  warnen,  de  sik  in  alle  biiligkeit  (lies 
hilligkeit)  van  dar  spodeden.  Lappesberg  hamburg.  ehron.  343 
{bericht  üUr  den  aufstand  1483);  deswegen  de  ducbtige  Henrik 
Vridag  sik  ser  hemliken  von  Hamborch  spodede  na  der  Har- 
borcb.  355; 

de  derde^  wolde  nicht  lenger  rouwen, 
spodde  sich  midde  na  der  Vastenouwen. 

I.ilik:ic80!»  Iiist.  toltisl.  3.  22,  60  (r.  150S); 

und  wird  to,  in  niederdeutscher  form  seit  dem  17.  jahrh.  auch  in 
den  Wörterbüchern  der  neuhochdeutschen  Schriftsprache  angeführt: 
sich  mit  der  arbeit  hasten,  alias  spuden,  maturare,  accelerare  opus 
Stieler  780;  aber  ausdrücklich  aü  niederd.  dialectwort  bezeichnet: 
spuden,  sputen,  festinare,  ist  Tor  alters  in  Oberteutscbland 
bekannt  gewesen  ...  im  niderteulschen  aber  ist  sich  spuden 
noch  gangbar.  Frisch  2,311';  auch  Apellsg  kennt  sich  spuden, 
eilen,  etwas  mit  gfschunndigkeit  verrichten,  alt  'nur  in  den  ge- 
meinen sprecharten,  besonders  Hiederdeutschlands,  üblich',  seit  den 
siebziger  jähren  des  IS.,  jahrh.  a''er  erscheint  das  wort  in  der 
litteratursprache  bei  Schriftstellern  hoch-  und  niederdeutscher  heimut, 
gleichsam  als  dichterisches  modewort,  anfangs  in  der  niederdeutschen 
form  sich  spuden:  der  prinz  wirft  alle  uhren  zusammen, 
schimpft  auf  ihre  trägheit,  dasz  sie  sich  nicht  spuden,  und 
die  stunde  so  schnell  bringen,  als  seine  leidenschaft  es 
heischt.  Klirger  theater  2,  219;  Luca  Giordano  muszte  sieb 
freilich  spuden,  um  solche  Häcben  auszufüllen.  Götbe  28, 26; 

spude  dich,  Rronos! 

fort  den  rasselnden  trott! 

der  juiKjc  Göthi  3,  159  (v.  1774); 
Qugs  ist  kafian,  gurt  und  alles  umgethan; 
die  Wirtin  spudet  sich,  ihn  recht  heraus  zu  kleiden. 

WuLANO  22,  206  (Uh.  5,  28:  /f«uit  iler  ersten 
auiijabe  müht  sich  viel); 

Voss  schreibt  in  hochdeutscher  Umsetzung  sich  sputen: 

hole  die  silberne  kann',  und  spute  dich,  liebe  Susanna. 

1,  f.  100,  vgl.  f.  174  imil  weiiläuftiQer 
eiklärung  s.  223); 
erst  fädle  ein,  und  spute  dich 
am  säum;  ich  nähe  kettenstich.    4,243; 

welche  form  seitdem  allein  giblieben  ift:  aber  sputet  euch,  ich 
werde  sehr  müde.  Ab.mm  schaubohne  2,  2i0;  es  wäre  gut,  ich 
sollte  mich  nun  aber  auch  sputen.  Tieck9,  277;  die  schönen 
recherinnen  sputeten  sich  wie  flüchtige  rehe,  in  hochgefüllten 
schürzen  das  zusammengerechete  nachtragend.  J.  Gotthelf 
Uli  der  knecht  •2(H;  Uli  sputete  sich  freilich  ganz  wunderbar, 
und  es  schien  manchmal,  als  ob  er  zwei-  und  dreifach  sei.  205; 
frisch,  munter,  sputet  euch  allerseits!  Keller  5,15; 

siehst  du  nicht,  seit  du  (schnee)  die  erde  hast 

80  weich  belegt,  wie  ich  mich  spute? 

GöcEiDCK  lieiler  zweier  lieb.  107; 

kommt  herbei,  ihr  luftgen  Schwestern! 

seht!    ein  holdes  erdenkind. 

sputet  euch,  bevor  sie  fliehet!    Uhlaüd  308; 
da  spulen  sich  die  riiter:  sie  wappnen  sich  in  stahl, 
sie  heischen  ihre  rosse,  sie  reiten  stracks  zu  thal.    363; 

auf  weiter  heid  stand  weisze  meid, 

grub  tief  die  crd'  mit  grahescheit  . . . 

die  schöne  meid,  die  sputet  sich.    B.  lUini  15,24; 

sagt,  dasz  wir  warten  hier,  und  spulet  euch! 

,.  ,       ,  GKlLLPAkZ»  8,  124; 

mit  verdeutlichendem  zutatz: 

knecht  Ruprecht,  rief  es  (das  Chiisikinä)  alter  gesell, 
hebe  die  beine  und  spule  dich  acbnell!     Storm  I,  187; 

\  sich  bei  etwas,  sich  mit  einer  arbeit  sputen:  wisset  ihr  euch 
bei  allen  geschäflen  so  zu  sputen?  Scheffel  Ekkeh.  240;  warten 
sie,  ich  hole  sie  (die  ttrümpfe)  ihnen  gleich,  ich  habe  mich 
to  damit  gesputet,  weil  ich  damals  schon  dachte,  sie  müszteo 
fort.  Uktse  kinder  der  weit  i,':&8;  auch  sich  xu  etwas  sputen: 
wenn  er  sich  nicht  zur  hülfe  sputet. 

LttiAO  u'i-ike  f.  516  Barthel. 

G.  Keller  braucht  sich  sputen  gern  in  der  verengten  bedeutung 
'  'str/i  schleunig  wohin  begeben',  mit  Ortlichen  lusätzen:  ich  wollte 
fragen,  was  denn  vorginge,  erhielt  aber  keine  antwort;  viel- 
mehr  sputeten  sie  sieb  ängstlich  von  hinnen.  1,168;  doch 
we\si  ich  nicht,  wie  es  kam,  dasz  ich  mich  schleunig  wieder 
auf  unser  schiff  sputete.  4,32;  (der  fluts)  warf  die  last  (die 
auf  ihm  schwimmenden  holzscheite)  mit  wilder  kraft  vor  sich 
her,  als  der  ungeschlachte  bolzknecht  der  guten  Stadt,  dasz 
das    holz   gar  eilig   in    deren    bereich    sich   sputete.  6,  il; 


255 


SPUTIG  — ST 


STAAR 


256 


sputete   er   sieb,   was  er  vermochte,   durch  das  offene  thor 

(des  Münsters).  63; 

dann  thun  dem  schifTer  die  äugen  weh, 
er  sputet  sich  ängstlich  zu  lande.    9,39; 
ein  heimatloser  sputet  sich 
waldeinwarts  durch  den  grünen  plan.    52. 

SPÜTIG,  Sl'iJTIG,  adj.,  Übertragung  des  niedeid.  spödig: 
spoodig,  erity,  fleiszig  Bigmey  2t>3.  ScbCtze  4, 173;  spodig,  fl</^, 
geschicind,  hurtig  brem.  wb.  4,  <J60;  niedeii.  spoedigh  proptrans, 
festinans  Kilian;  ostfries.  sp6dig,  gut  und  glücklich  von  statten 
gellend,  rasch,  sich  schneU  folgend,  ohne  Unterbrechung,  häufig 
rtn  DooRNKAAT  KuoLMAN  3,  2^.2',  ins  hochdeutsche;  in  der  be- 
deutung  ^ eilig' :  sputig  als  niederdeutsch  Campe;  in  der  bedeutung 
'geschickt,  geeignet':  sagt  sie  sein  nun  spudig  zukünlTtige  dinge 
zu  sagen.  H.  Stauer  (1557)  s  l';  zu  diesen  werken  allen  werden 
in  den  planetenbücblin  stunden  angezeigt,  welche  darzu  spQtig 
und  unspütig  seyn  sollen.  Ihcalr.  diabol.  229'. 

SPITZE,  f.  spucke,  speichcl.  Vilnar  394.  Campe  als  ober- 
deutsch,   vgl.  spitze,  theil  10, 1,  2596,  und  speuze  2197. 

SFÜTZEiN,  verb.  spucken,  speien;  iteralivbildung  lu  speien, 
aus  spüwezen  entstanden,  vgl.  (/leti  10, 1,  2075  unf^r  speien  2; 
mehrfache  neben  formen,  die  mit  der  formellen  unfestigkeit  des 
tonmalenden  grundworles  zusammenhängen,  vgl.  speizen,  spetzen, 
speuzen,  spitzen,  auch  spirzen  t^nd  spürzen  {oben  sp.  253).  ein 
ober-  und  mitteldeutsches  toort,  entspricht  ihm  niederl.  spuyten, 
siplwne  exonerare,  exspuere,  spuere  Kilian,  und  die  niederdeutsche 
Weiterbildung  splittern,  im  reden  den  speichel  ausspiitzen  und  wie 
einen  Staubregen  ausstoszen,  besputtern,  bespritzen,  besprengen 
brem.  wb.  4,977;  westfäl.  spiielern,  spützen,  wenig  und  oft  speien 
WoESTE  252';  da;  spützen  (s/^«ic/ie)a6sonderun^)  Megenbebg  549 
{Variante  zu  4tiO,  26);  legete  jm  die  (inger  in  die  uren ,  und 
spützet,  und  rüret  seine  zunge.  Marc.  7,33;  spützet  in  seine 
äugen.  8,  23;  da  er  solches  gesaget,  spützet  er  aulT  die  erden, 
und  machet  einen  kot  aus  dem  speichel.  Joh.  9,6;  wenn  der 
leib  auch  am  gesundesten  ist,  so  kan  er  doch  nicht  rein  sein, 
er  mus  auswerffcn,  spützen,  rotzen,  und  jmerdar  mit  seinem 
uuQat  sieb  tragen  und  fegen.  Lutber  8,  330';  er  hatte  aber 
gehöret,  oder  im  neuen  koinplimeniirbuche  gelesen,  es  wolle 
sich  nicht  ziemen ,  angesichts  gruszer  herreu  zu  räuspern, 
zu  spützen,  oder  im  haupte  zu  schaben.  Siegfr.  v.  Lindenb.* 
2,189;  transitiv:  es  bat  eine  art  der  schlangen,  die  man  die 
speiende  nennet,  daher,  weil  sie  von  weitem  ihren  gift  auf 
einen  menschen  oder  ander  thier  ausspeien  und  spützen. 
SciivEB  seelenschati  (1684)  103;  unumgelautet,  in  der  form  spützen : 
nach  solcher  königlicher  klugheit  gehöret  das  reuchen,  cor- 
poral,  kelcb  wischen,  vieleicht  das  niesen  und  spützen  über 
dem  altar  auch  zur  messe.  Luther  2,144*.  Steinhacb  ver- 
xeichnet  ich  spütze  conspuo,  ron^Tiuto  2,651  als  nicht  überall  ge- 
bräuchliches wort.  Frisch  2,  299  bezeuyt,  spützen  findet  man 
noch,  Adelung  erklärt  spützen  als  ursprünglich  oberdeutsches 
wort,  'welches  im  hochdeutschen  wenig  gebraucht  wird,  auszer 
zuweilen  in  der  edlern  und  anständigem  Schreibart',  wobei  er 
jedenfiills  das  vorkommen  in  der  bibel  im  sinne  hat.  mund- 
artlii.h  lebt  spützen,  meist  spitzen  gesprochen,  noch  in  Althessen 
ak  fast  austchhetihch  herrschende  form.  Vilmar  3'.)4. 

SQÜADHON,  f.,  vgl.  schwadron ,  theil  9,2175.  im  anfang 
des  17.  jahrh.  von  einem  reiterhaufen :  squadron  ((juateinio) 
bezeichnet  im  anfang  des  dreiszigjührigen  kricges  noch  deu 
tcblacbthaufen  der  reiterei,  welcher  ursprünglich  aus  vier 
compagnien  zusammengesetzt  war.  Fueytac  btlder  i,i3;  dann 
aber  auch  vom  fuszvolke:  obgeducbte  6.  corporalschalTlen 
werden  ...  in  drey  squadronen  oder  flOgel  abgetheilct:  also, 
dasz  ein  Jede  squadron  von  zweien  corporalschalTlen  begriffen 
seyp,  darvou  werden  jederzeit  zwecn  Hügel  von  inuszcjuetierern, 
unde  eine  squadron  zu  piquenirer  gemacht.  Uöckler  kriegs- 
tckule  (1868)  s.  573;  auch  ah  mosc:  erstlich  führet  der  capitain 
den  eriten  squadroo  oder  (lügel  muscjuelierer  . .  .  hernach 
führet  der  fendrich  den  andern  s(|uadrun  piquenierer.  578. 
im  18.  jahrh,  wird  die  Schreibung  und  anwendung  des  wortes  ton 
ScBöKAici  verspoltet,    vgL  dessen  neul.  wörlerb.  338,  3.  10  hüsttr. 

SKA,  m.  verschämte  umkehrung  von  ars:  bückt  sich  und 
decket  den  hindern  aulT  und  sprach,  aspice  nudatas  Barbara 
terra  nates,  sibe  da  du  beslia,  kucke  mir  in  den  sra. 
LuTlEi   •<,3M\ 

ST,  inlerj.  hem,  eue.  Stbimacii  2,661,  Hm  gemeinen  leben 
und  der  tertraultehen  tprechart  iiblich  .  .,  wenn  man  damit  rin 
btdfutenäti  ttiiltehwagen  geboten  wtU,  um  auf  etwas  su  horchen, 
tu  lauern  u.  $.  f.'.  Auelurg,  schon  tat.  bei  I'lautus,  TktiEHZ, 


CiCBRO  und  anderen.  Forcellini  lex.  5,  616',  in  verschiedenen 
neueren  sprachen,  so  im  ndl.  und  franz.  spontane  entstehung 
solches  gebrauchs  dieser  lautterbindung  an  verschiedenen  orten 
darf  als  wahrscheinlich  gellen;  andrerseits  musz  bei  seinem  späten 
auftreten  in  deutschen  schriftquellen  (]'.  jahrh.)  die  möglichkeit 
einer  enllehnung  aus  dem  lat.  oder  einer  neueren  spräche  zu- 
gegeben werden.  Steinbacii  verzeichnet  eine  ausspräche  mit  voca- 
lischem  anlaut:  pronuntialur  \s{.  2,051,  Adelung  bemerkt:  'nur 
ein  bloszer  laut,  welcher  ohne  allen  Selbstlaut  ausgesprochen  wird', 
und  dazu  stimmt  unsere  gegenwärtige  ausspräche,  vgl.  bst,  pst 
oben  theil  2,  ihl  und  7,2201.  als  laut,  der  schweigen  oder  leises 
sprechen  und  auf merksamkeit  fordert:  st!  wahrhaftig  er  kömmt. 
LiiSsiNC  1,263;  Solbist.  herr  Leander —  Wums/i.  hat  ihn  der 
hcnker  geholt?  SolbisU  st!  hören  sie  doch  nur.  365;  aber, 
hum!  ich  höre  Jemand  kommen  —  ha!  sagt'  ichs  nicht? 
es  ist  die  fce  selbst.  —  st!   VVielano  12,39  (Sylt.  5,4); 

sie  war  es  aber  doch,    wie?  ist  sie  denn  verschwunden? 

acli !    melde  ilocli  ein  wort!    hier  hin  ich.    wo  bist  du? 

st!    nein-    ich  höre  niciits.     Flshing  629; 

£t!  st!   ich  höre  stimmen: 

er  stimmt,  er  spielet  schon.    Göntueh  346; 

'0  nähre  (nähere)  dich,  erwünschter  tod !  .  .  .* 

st!  st!   was  raschelt  dort,  dort  hinter  jenem  sirauche? 

beglückter  wanderer!    dein  wünsch  ist  schon  erhört. 

Lkssing  1, 125. 
auch  lediglich  mahnend  zu  schweigen,  leise  tu  sein:  Chrys.  ... 
sehen  sie,  dasz  nicht  sowohl  ich,  als  er  auf  diese  heyrath 
dringt?  Uamis.  ich?  ich  auf  die  heyrath  dringen?  Chrys. 
st!  st!  st!  Damis.  ey  was  st,  st?  meine  ehre  leidet  hier- 
unter. 265;  st!  8t I  schrey  sie  nicht  so!  371;  Franziska... 
alle  zwanzig,  herr  Wachtmeister?  (indem  sie  beide  hände  mü 
gespreitzten  fingern  in  die  höhe  hält)  Werner,  st!  sti  frauen- 
zimmerchen, frauenzimmereben!  561;  st!  st!  so  halt't  doch 
eure  mäuler,  dasz  das  mädel  singen  kann.  F.  MCi.ler  1,  245; 
st!  sie  wecken  diese  todte  auf.  Ihmehhann  8,42  Hempel; 
'st!'  zischelte  sie  ihm  zu;  'der  baron  schläft  noch,  sie  er- 
wecken ihn,  wenn  sie  im  saal  arbeiten.'  —  st!'  zischelte  er 
nach;  'mäuschenstill  sollen  sie  mir  als  inodell  stehn.'  58. 
besonders  in  solcher  anwendung  auch  mit  verbreiterter  ausspräche 
seht,    andrerseits   auch  lediglich  zur  erregung  der  aufmerksam- 

keit:  Anton  . . .  und  dazu  meine  dummheit Chrys.  Ja, 

die  du  annimmst,  um  ihn  desto  dümmer  zu  machen.  i4n(on. 
(bey  Seite)  st!  der  kennt  mich.  Lessing  1,232; 

St.  st.    sie  spitzt  das  ehr.   was  neues  aufs  tapet. 

GÜNTHER  457; 
heute  oft  gehraucht,  um  die  aufmerksamkeit  vorübergehender  t« 
erregen,     als   scheuchlaut,    im   anschlusz   an   den   gebrauch   alt 
mahnung  zu  schweigen: 

das  Wasser  war  ihm  (Chiislus)  land.  die  see  die  must  ihn  tragen; 

es  ist  ihm  um  ein  st.  so  neuget  Eolus. 

Neptunus  wildes  feld  Tür  ihm  erstummen  musz.     Flrmin«  5; 

st!   satyr  weg,  Sylvau!    geh  weit  von  diesem  bacbe.    637. 
auch  heute  noch  so  zu  thieren,  lieber  seh  oder  ksch. 

STAAK,  STAR,  m.  slurnus,  mhd.  star,  m.  Lexbr  mhJ.  handwb. 
2,  1142  (das  geschlecht  zeigen  die  unten  angeführten  stellen 
Fraueni.ob  197,1  und  Megenuerg  224,  3o),  ahd.  sturo,  m.  Haupt« 
MÜsc/ir.  3,  3^0',  häußger  statu,  f.  CiRAFFö,  701;  mnd.  stär  (be- 
zeugt staer).  ScBiLiER-Lt^uHEN  4,365',  nnd.  nicht  üblich,  dafür 
spie(h)e,  spreie,  vgl.  spiehe  oben  sp.  9;  mndl.  starre,  sterre 
kiLiAN  2,  636'  (als  vetus  bezeichnet),  nndl.  dafür  spreeuw; 
ags.  8ta;r  Buswortii-Toi.ler  909'  [vgl.  stearn,  vogelname  914'), 
engl,  mundarllteh  Stare,  starn,  allgemein  dafür  die  Weiterbildung 
starling  (v^l.  starl  als  deutsche  viundai tliche  form  ui(rn); 
anord.  sturi,  m.  Fritzner  3,  53o',  schwcd.  stare,  m.,  dan.  sta>r; 
ioi>/irsc/iriii/t(-/i  urveruandt  mit  der  lat.  bezeichnung,  mit  der  man 
es  schon  früh  zusammenstellte.  Colkr  öcon.  1  (I68ü),  625'.  Friscb 
2,  312'  (itt  einer  icursri  str,  streuen,  wegen  des  gesprenkelten  gt- 
fieders?  vgl.  /acbeh  klm.  monatsbU  f.  augenheilk.  12  [1874],  JOS). 
das  geschlecht  scheint  schon  im  mhd.  als  männlich  festzustehen, 
entsprechend  dem  vereinzelt  begegnenden  ahd.  staro  flectiert  das 
wort  mhd.  schwach  (belege  un(en),  und  diese  flexion  erhält  steh 
bis  in  die  heutige  zeit.  Adelung.  Weicand*  2, 787.  ein  das  aLI. 
staro  fortsetiender  oder  später  im  anschlusz  an  die  schi.chf 
ßexion  neu  entwickelter  nom.  stare,  slarhe,  starcn,  st;irn  Dihi .  .>-•>', 
starn  Corvikus  fons  lutimt.  l  (I6U0),642'.  Sciiuttel  1420,  staren 
Stieleii  nachsch.  iu'  ist  später  aufiiegehen;  vereinzelt  noch: 

oft  «ucii  mischt  ein  frecher  kiinde 

■einen  pKalter  drein,  ein  »laar«.    IIrintano  3,  22. 

ne6en    der  schwachen   flexion   tritt  im  nhd.  die  stärkt  auf,  dit 

heule  du  regt Imaszige  ut.  STKi.>UAcn  2,  Ij84.  Auklung.  Weicahd* 


257  ST AAR 

2.  :si:  keyscrs  Claudii  söhne,  hatten  ein  star  und  nachtigall, 
die  konlen  lateinische  und  griechische  Wörter  herschwatren. 
Hammer  bist,  rosengarten  (1654)  222.  Göthe  flectiert  das  wort 
schwach  13,3.  42,322  und  stark  24,  S3  {s.  unten  l).  Brentano 
gebraucht  in  dernselben  gedieht,  tco  die  singularform  staare  steht, 
auffälliger  weise  den  starken  flural: 

und  entflohn  zum  nahen  thurme 

lehrt  der  staar  die  andern  staare.    3.  22. 

dir  «ahrscheinüch  erst  im  nhd.  eingetretene  länge  des  stammrocals 
{mhd.  Star  reimt  auf  kurzes,  aber  auch  auf  langes  a)  tcird  oft 
durch  ein  zweites  a,  seltener  durch  h  bezeichnet,  staar  Dastpodids. 
HoLSics  (1616)  305".  CoRTiNos  fons  lat.  1  (l660),  642".  Schuttel 
1420.  Jablonssi  Jfx.  (1721)743'.  Steihbach  2,  684.  Frisch  2,312'. 
öeon.  J«.  (1744)  27S9.  Gottsched  sprochA".  Weigand'' 2,  787:  von 
dem  slaaren.  Ges5BR  vogelb.  übers,  von  Hecszlis  (1582)228'. 
stahr  Dastpodids.  Steisbach  2,  684.  öcon.  Ux.  (i744)  2789. 
Adeicxg;  heute  ganz  unüblich:  wenn  man  die  jungen  stahren 
ausnimmt.  Hohberg  2,  68l',  vereinzelt  staher  Dief.  558'  {tgl. 
weiter  die  oben  angeßhrte  form  starhe),  md.  {rhein.)  stair  ebenda, 
auch  staer  Nemnich  2, 1392.  daneben  hält  sich  die  Schreibung  mit 
mnfachem  a,  star  Ai.bercs  did.  (1540)  Z  3'  bei  Weigand*  2, 787. 
Haaler  384'.  Stieleb  nachsch.  29'.  Wächter  1588.  Campe,  sie 
kann  frühnhd.  auch  kürze  des  a  bezeichnen,  vgl.  dazu  die  ver- 
einzelte Schreibung  starr,  älbercs  dict.  (l540)  R  3'  bei  Weigand* 
i,  787.  verdumpfung  des  stammvocals  zeigen  die  formen  staur, 
8tor,  storn,  storm.  Dief.  55S'.  sie  scheinen  dem  oberd.  Sprach- 
gebiet anzugehören,  au  für  ä  bieten  bair.  (besonders  tirok)  quellen 
häufig,  im  neueren  alem.  begegnet  storren.  Staldbr  2,  401, 
slor,  Store  Seiler  2S0',  rinder-störe  Hcszuer  250.  auf  land- 
tchaftlichen  gebrauch  beschränkt  geblieben  ist  die  Weiterbildung 
«tärl.  Hkppe  wolred.  jäger  283'  {der  umlaut  erklärt  sich  durch 
ias  zurückgetretene  i  des  Suffixes),  slail  Ne.m!»ich_2,  1392.  Campe, 
iesond<rs  bair.-üsterr.,  stärl  Popowitsch  553,  slä'l  Sciim.*  2,7S2, 
«täri  Höfer  3,  271.  Castelli  233.  Schöpf  700,  starl,  starile 
Lbxkr  kämt.  wb.  239,  mit  d  für  r  staadel  (österr.)  Klei!»  pro- 
vinxial-wb.  2.  165.  stadl  Campe. 

1)  gewöhnlich  für  sturnus  vulgaris,  der  genauer  bezeichnet  wird 
ah  gemeiner  staar.  Okes  7,  304.  Behlen  3,225,  wiesenstaar, 
rinderstaar  (weil  er  sich  auf  rinder  setzt,  um  insekten  von  ihnen 
abzupicken).  Behlen  3,  227:  von  dem  slarn.  sturnus  haizt 
ain  star.  Plinius  spricht,  da;  die  »tarn  klain  vogel  sein, 
snell  ze  TÜegen,  und  sint  swarz  vogel  mit  weisen  sprekeln. 
Megenberg  224,  30;  staaren  oder  sprauwen  seyn  auch  sehr 
wo!  bekandt.  Lomcercs  kräuterb.  Z2%D:  der  staar.  oder  rinder- 
staar, so  auch  sprehe  genennt  vrirdt,  der  ist  vast  so  grosz 
als  ein  amsel,  gespregelet,  und  yederman  bekannt.  Ges.ner 
mgelb.  übers,  von  Helszlin  (1582)228';  von  den  slahren.  es 
ist  ein  bekannter  vogel,  von  schön  gläntzenden  und  ge- 
scheckichten  federn.  Hohberg  2,  681 ;  staar  oder  stahr,  sprehe, 
ist  ein  vogel  in  der  grosse  einer  amsel  oder  drossel,  hoch- 
beinigt,  hat  eine  ziemlich  breite  brüst,  und  einen  nicht  allzu 
langen  gelMicbten  schnabel.  öcon.  lex.  (1744)  2789; 

meht°  ich  gevliegen,  als  ein  star, 

so  ta?le  diu  liebe,  des  ich  ger.    minnef.  2,  92'  Hagen; 

ein  wilder  wolf  wirt  dir  (flptnmar  ü.  Zweier)  ein  bunt, 
ein  gans  ein  gouch,  ein  trappe  ein  star.    241'; 

{im  bilde:)  min  herze  gen  nicht  touben, 
biäclivogel,  giwii,  staren, 
so  kutule  e;  stKte  roiiben, 
ej  wil  ouch  keines  kleines  rogels  raren. 

Hadamar  V.  I.AIBB  jayd  528,  2; 
an  dpr  grceje  si  (heuschrccken)  warn 
wol  als  die  starn.    Ottokar  96059; 

do  ich  myn  frawen  sacb 

!>o  meiiterlich  gebarn, 

als  ob  sie  sieben  starn 

weit  nemen  »i  eynem  nest.    Altswbrt  ankang  221, 13; 

könnt'  ich  mich  zum  staare  machen, 
Ilög"  ich  über  berg  und  wald 
hin  zu  deinem  aul'enthali. 
rief  an  deinem  fensier  leise: 
tliii  mir  auf,  mein  Amarant. 

GÖCKIMGK  lieder  zweier  lieh.  55 ; 
im  walde  liesz  sich  erst  lange  nichts  blicken: 
als  elsiern  und  staare.     Kinn  1,238; 
wie  sie  alle  lustig  sind, 
flink  und  Troh  sicii  regen! 
amsel,  droszel.  fmk  und  staar, 
und  die  ganze  vogelschaar 
wünschet  uns  ein  Trobes  jabr, 
lauter  heil  und  segen 

HoFrMAXN  V.  Fallbrslkbi.'i  f)fd.^  199; 

X.  i. 


STAAR 


•258 


link  und  schwalbe,  star  und  spatz  — 
wie  das  flirrt  und  flattert!  — 
haben  bald  den  silberschatz 
deines  haupts  (aboescliuittene  weisie  barthaare)  er- 
gattert.    KlLLIR  10,  124. 
a)  die  staare  fliegen  gern  scharenweise: 

itzt  rauschen  durch  die  lulTt,  in  ungezählten  scharen, 
die  krammets-vögeln,  drosseln,  staren.     Brockes  1,206: 
zugleich  erschien  ein  schwärm  von  staren.    Hagedorn  2, 126: 
daher  heiszt  es  vergleichend: 

wir  wollen  alle  mit  iu  tarn 
gelicher  wise  als  die  starn. 

qiieUe  bei  Lex»  mhd.haudwb.i,  1142; 

ej  was  als  ungelich, 

dai  sag  ich  äne  iriegen, 

als  da  vier  tüben  fliegen 

gegen  zeben  scharn, 

darin  sich  samnent  die  starn.    Ottokar  48269; 

Wetterregel:  wenn  die  staaren  morgens  scharweysz  fliegend, 
so  wirt  morgens  ein  wälter  kommen:  fliegend  sy  aber  gmach, 
so  wirt  lang  hernach  ein  wätter  kommen.  Gesser  vogelb. 
übers,  von  Heuszlin  2-2S'.  vielleicht  hängt  damit  auch  die  folgende 
angäbe  zusammen:  die  staren  und  schwalben  {im  träume  ge- 
sehen) bedeuten  ein  kriegsvoick,  das  im  ftld  liegt.  Löwesilaw 
traumb.  deutsch  nr.  265,  s.  576.  auf  das  zerstieben  einer  schar 
von  staaren  geht  der  folgende  vergleich:  das  gantz  königliche 
hausz  ist  zerstreuet  wie  stahren.  Elisabeth  Charlotte  3,623. 
sie  holten  sich  gern  in  der  nähe  von  gewässern  auf:  die  staaren 
haltend  sich  an  allen  wässerigen  orten,  bächen  und  pfützen. 
Gesser  vogelb.  übers,  von  Heoszlix  228';  schön  liegt  der  wald 
überm  meer,  schön  der  abend  . . .  wie  die  staaren  schwärmen, 
wie  die  älstern  fliegen,  sich  spiegeln  in  dem  wasser!  F.  MClleb 
1,81;  sie  schlafen  gern  im  rühricht,  sehilf: 

selbst  die  lauten  siahre  ruhn  ('ibends) 

auf  den  schwanken  binsen  wieder.    Stolbkrc  2, 124. 

sie  lieben  Weintrauben:  in  Wahrheit,  {ich)  hab'  ihn  (Bacchus) 
selbst  einmabl  so  mit  kohlen  an  ein  fasz  gerissen,  wie  er 
zwey  staaren  von  einer  traube  scheucht.  F.  MIIller  1,  165. 
sie  sind  Zugvögel:  bald  nach  Michaelis  kompt  der  stahr  gar 
weg.  CoLER  öfon.  i  (16S0),  626".  als  ihre  freunde  gelten  krähen: 
in  Österreich  und  Ungarn  (da  es  dieser  krayen  [nebelkrähen] 
viel  gibt)  wird  man  meistens  bey  den  stahren  etliche  krayen 
finden,  als  ob  sie  ihre  convoy  oder  salvaguardia  waren. 
Hohberg  2, 681*.    falken  stellen  ihnen  nach,  daher  die  folgenden 

veryletche.    menlich  sie  gein  im  quamen  gevarn : 

rebt  alse  da  ein  valkenterz  kumt  under  starn, 
sus  sie  mit  hurt  die  koverung  zestörten. 

...        ,   ,       ...     ,  l.ohenijr.i'l9; 

der  hoch  gelobte  biderbe  man 
mit  hurt  die  vinde  sus  kom  an. 
rebt  als  der  srairel  tuot  den  starn, 
sacb  man  in  durch  den  hüO'en  rarn 
mit  hurt  reht  als  ein  windes  prüt. 

Licutenstei!«  92,  lt. 

es  heiszt:  der  liund  scheucht  den  staaren.  Gesner  vogelb.  übers, 
von  Heuszlis  228'. 

6)  der  staar  gilt  als  artiger,  possierlicher,  lustiger  vogel :  vom 
stahr.  dieser  ist  einer  der  artlichsten  vögel,  die  man  hier  zu 
lande  hat.  Fleming  t.  jag.  149";  von  den  staaren.  unter  denen 
in  Deutschland  befindlichen  vögeln  ist  wohl  dieses  der  poszir- 
lichste.  Döbel  jäger-pract.  1,58; 

Stieglitz  mit  dem  reihen  kämmchen, 

ammer  mit  dem  goldenen  latz 

und  der  staar,  der  possierliche  matz. 

Stör«  geil.  (1852)  106; 

daher  vergleichend:  wir  sitzen  lustig  zusammen,  wie  die  staare. 
Frettag  journaU  2,2.  das  erklärt  sich  z.  th.  daraus,  dasz  er 
bei  der  fortbewegung  auf  der  erde  nicht  hüpß,  wie  die  meisten 
vögel,  sondern  schreitet,  was  den  eindruck  des  komisch  -  gravi- 
tätischen macht,  i.  th.  aus  der  art  und  dauer  seines  unermüd- 
lichen gesang^  oder  gezwitschers :  in  den  höchsten  zweigen  des 
ahornbaums,  der  an  der  gartenseite  des  hauses  stand,  trieben 
die  staare  ihr  wesen.  Stobn  ;».  sc/ir.  3  (18S4),  t>9; 

nun  ('in  mai)  klappern  die  reisenden  storche; 
nun  schwätzet  der  gaukelnde  staar.    Hackoorn  3,97; 
vergkiehend: 

ach  schau  sie,  guck  sie.  komm  herbei 
der  papst  und  kaiser  und  clerisey, 
haben  lange  mäntel  und  lange  schwänz, 
paradiren  mit  eichet-  und  lorbeerkränz, 
troitiren  und  stäuben  zu  hellen  scharen, 
machen  ein  gezwatzer  als  wie  die  staren. 

GöTHK  i:{.  X 
dazu   kommt   seine  gelehrigkeiU     in  der  gefangenschaft  Urnt  er. 
uenn  ihm  die  zunge  gelöst  ii^l,  menschen-  und  thieistimmen  nach- 

17 


259 


STAAR 


ST  AAR 


260 


ahmtn.  Oken  7,  306:  ich  verston  dasz  die  Staren  so  in 
heüsern  erhalten  werdend,  gar  wo)  singend,  und  aller  anderer 
vüglen  stiram  an  sich  nemmind.  Gksneb  vogelb.  übers,  von 
IlEUäZLiN  22ü';  eines  staaren  listige  red.  Zincgref  apophthegm. 
(I(>3t4)  393;  es  hatte  ein  leib  artzt  in  Sachsen  ein  staaren, 
einen  klugen  vogel,  der  schwetzte  alles  nach,  was  er  hörete. 
ebenda;  ich  will  einen  staaren  abrichten,  der  dir  die  namen 
immer  wiederholen  und  bitte!  bitte  hinzufügen  soll.  Götbi 
42,  322;  besonders  holte  er  die  jungen  stanren  und  Wiede- 
hopfen aus  den  hohlen  bäumen,  weil  er  gehört  hatte,  dasz 
man  diese  sprechen  lehren  könne,  und  gab  sich  mit  deren 
Unterricht  viele  mühe.  Miller  Siegw.  1  (1177); 

wa<r  ein  sitich  oder  ein  «lar,  die  meliten  alt 

eelernet  hau 

aai  si  sprachen  Minnen. 

minifs.  frühl.  127,23  (vgl.  132,8); 

der  Star  ein  rede  wol  lernen  mac, 
spricht:  'Dietrich,  setze  mir  den  stuoll' 

FiAUiNLOB  spr.  197,  t 
0  das,  das  i$t  ein  staar! 
bey  nah  seit  einem  jähr 
lehr'  ich  den  vogel  schwatzen: 
so  lernte  keiner  nicht, 
er  lacht,  er  weint,  er  spricht: 
er  mauzet  wie  die  katzen. 

Weiszk  knm.  op.  3  (1771),  320, 
ja,  einen  staar  scIiafT  ich  der  nichts  soll  lernen 
zu  schreyn,  als  Mortimer,  und  geh'  ihm  den, 
um  seinen  zorn  stets  rege  zu  erhalten. 

Shakespeare  llcinr.  IV.  1, 1,  3; 
ich  möcht'  mir  ziehen  einen  jungen  staar, 
bis  dasz  er  spräcli'  die  worte  rein  und  klar,  .  .. 
dann  sang  er  liell  durch  ihre  fenslersclieiben : 
dein  ist  mein  herz,  und  soll  es  ewig  bleiben. 

W.  MÖLLER  ijed.  (IS6S)  1,9; 
daher  vergUtchend:       i^g^g^  ^•^^  g^ß,,  a^g  ^^^  a^gen, 

so  richtet  man  euch  ab,  wie  einen  staar. 

Schiller  Tur.  3,  4. 

andere  sprichwörtliche  vergleiche,  die  auf  den  staar  in  der  ge- 
f an  genschaft  gehen:  ersteht  da  wie  staar  im  gatter.  Leoprechting 
aus  dem  Lechrain  296;  einem  zureden,  wie  einem  kranken  star, 
eindringlich,  unverdrossen  lureden.  Albrecht  Leipz.  mundart  216'. 
frei  lebende  sprechende  staare  im  märchen:  die  staare  besonders 
schwätzten  das  närrischste  zeug;  der  eine  rief  immer:  Piiris, 
Paris,  und  der  andre:  Narcisz,  Narcisz,  so  deutlich  als  es 
ein  schulknabe  nur  aussprechen  kann.  Göthe  24,  83.  auch 
das  geiwitscher  des  frei  lebenden  staars  wird  wol  als  schwatzen 
bezeichnet,  s.  Hagedorn  3,97  o6en.  es  ist  darum  nicht  ausiu- 
mochen,  ob  der  folgende  sprichwörtliche  vergleich  dies  oder  wirkliches 
sprechen  des  staars  meint:  schwätzen  wie  »'  std  1,  plauderhaft 
sein.  Scn«.*  2,  782. 

c)  ollgemein  wurden  staare  früher  gern  gegessen,  namentlich 
in  der  zeit  der  Weinlese,  wo  sie  am  fettesten  sein  sollen.  Jablonski 
lex.  (1721)  743'  und  junge:  die  jungen  staare  sind  so  delicat 
zu  essen,  als  wie  eine  drossel.  Üobel  jäger-prart.  1,  58'.  heute 
isit  man  sie  nur  noch  in  einzelnen  gegenden;  schon  Jablonski 
bemerkt  a.  a.  o. :  '/leu.'  zu  tage  kommen  sie  nicht  auf  gute  tafeln'. 
dieser  rückgang  mag  zu  folgender  erwdgung  in  bexiehung  stehen: 
die  staaren  fressen  alles  was  ihnen  vorkommt,  ja  sie  greilTen 
so  gar  das  aas  an,  daher  man  biilich  einen  absehen  haben 
solle,  selbige  zu  essen.  Hohbkbg  3,2,372'.  sie  werden  auch 
geradezu  als  ^ungesunde  speise'  bezeichnet.  Jablonski  a.  a.  o.  ältere 
schreiben  ihnen  aber  medicinische  Wirkungen  zu:  ein  staaren  in 
derspeisz  genossen,  hilfTt  denen  so  etwas  tödtiichs  getruncken 
habend.  Gesner  vogelb.  übers,  von  Heuszlin  229';  star,  starn, 
heisset  griechisch  psarus,  und  lateinisch  sturnus,  ein  be- 
kannter vogel,  ist  gut  im  kalten  catharr  und  im  aussatz. 
WiBsoNC  arzneih.  (1597)  1.  reg. 

d)  der  fang  von  staaren  ausdrücklich  erlaubt:  doch  hierjnnen 
aussgenuinen  swulben,  slaren,  spercken,  ruchen  und  tauben, 
die  ein  yeder  vahen  mag  Nürnberger  polizeiordn.  310.  sie 
wurden  früher  in  grossen  mengen  gefangen ,  um  als  speise  zu 
dienen:  als  nun  der  Vogelsteller  uinb  sich  griffe,  einen  staaren 
nach  dem  andern  würgte.  ZiNCCRer  apoiMhegm.  (IC39)  394; 
wann  nun  die  slahren  eingesessen  {sich  im  röhricht  nieder- 
gelassen haben),  und  die  nacht  herbey  kommen,  werden  die 
Rtahren  überzogen,  und  gewürgt.  IIoubkrü  2, 082';  an  andern 
orten  werden  die  slahren  mit  einer  rcuschen  oder  hüiierheer 
gefangen,  ebenda;  man  kan  auch  einem  lebendigen  stabren 
einen  zwey  elen  langen  faden  mit  leim  an  den  schwciff 
binden,  und  also  unter  ilni  haiiffen  iliegen  lassen,  so  werden 
•ich  etliche  darein  verschlagen,  und  mit  herab  fallen.  08::'; 
•laaren  bey  lageizeit  tu  fangen,  ckon.  («x.  (t74l)  2791;  staare 


j  auf  dem  heerdc  lu  fangen.  Döbel  jäger-pract.  2,233;  die  jungen 
staare  zu  fangen,  verlohnet  sich  wohl  der  mühe.  233';  die 
staare  in  der  trommel,  reisen  und  garn-sacke  zu  fangen.  234; 
die  staare  auf  eine  andere  invenlion  (mit  garnen)  zu  fangen.  235. 
aus  solchem  gründe  wurden  früher  auch  nistkästen  für  staare 
aufgehängt,  die  man  heute  anbringt,  um  ihnen  schütz  zu  bieten 
und  sich  an  ihnen  zu  erfreuen:  in  Schlesien  hey  den  dörflern, 
werden  auf  die  hohen  dicken  bäume,  kleine  viereckichte, 
doch  etwas  langlicht-formirte  kästlein  angchenckt,  offt  zwanzig 
dreyssig  auf  einem  bäum,  darein  nun  nisten  die  stahren, 
und  mit  denen  werden  die  jungen  getheilt,  haben  also  die 
Icute  jährlich  ihr  gewisses  einkommcn  dabey.  Hohbbrg  2,  681'. 

e)  der  staar  erscheint  auch  als  wappenthier.  GrCtzner  herald, 
terminol.  in  Siebnachers  wappenbuch  (1890)  93. 

2)  als  bezeichnung  verwandter  vögel,  zur  gattung  sturnus  ge- 
höriger und  anderer:  der  einfarbige  staar,  sturnus  unicolor,  im 
Süden  Kuropas,  der  wasserstaar,  sturnus  cinclus.  Nemnich  2, 1392, 
der  indianische  staar.  2,  72,  indische  staar,  gracula  religiosa. 
Campe.  Oken  7,306,  der  javanische  staar,  eulabes  javanus.  307, 
der  (amerikanische)  viehstaar,  icterus,  embcriza  pecoris.  308, 
der  reis[z]staar,  emberiza  oryzivora,  ictertis  acripennis.  312. 

STAAB,  STAR,  m.  bezeichnung  gewisser  augenkrankheiten. 
hd.  zuerst  bezeugt  in  Luthers  bibelübersetzung  als  stark  flec- 
lierendes  m.  star.  Tob.  6,10.  11,14  {s.  unten  l,e).  in  gleicher 
Schreibung  auch  später.  Corvinus  fonslat.  1  (1660),  286*.  Stieler 
nachsch.  V3'.  Kräder  deutsch -ital.  dict.  2  (i7u2),  911*.  Wächter 
1588.  Friscbi  2,  320*.  Campe,  daneben  staar  Schottel  1420. 
Steiniiacii  2,684.  Gottsched  s/zrar/i /f.  142.  Adelung.  Weigand* 
2, 787,  nur  in  älterer  spräche  auch  stahr,  starr.  Krämer  deutsch- 
ital.  dict.  2  (1702),  911",  also  in  derselben  art  wie  das  vorige, 
obgleich  einzelne  lexirographen  es  durch  andere  Schreibung  davon 
zu  unterscheiden  suchen,  meist  bei  späteren  wie  in  Luthers  bibel 
mit  starker  flexion.  Stieler  nachsch.  29'.  Kramer  deutsch-ilal. 
dtft.  2  (1702),  911*.  Steinbach  2, 684.  Frisch  2,  32o'.  Adelung. 
Camik.  VVeigand^  2, 787,  im  plural,  der  naturgemäsz  seilen  ist: 
ich  habe  stare  gesehen  und  auch  gewirckt,  die  achtzohen, 
zwanizig,  und  dreissig  jar  sind  alt  gewesen.  Bartiscm  augen- 
dienst  (1583)  64'; 

das  tageslicht  —  obgleich  der  abend  schon  begann, 
das  blendende  zu  mildern  —  blitzte 
jetzt  schmerzlich  ihre  blliuien  äugen  an, 
als  wenn's  mit  nadeln  ihre  staare  ritzte. 

ÜAGCKSKN  4(1836),  206. 

aber  bisweilen  auch  in  die  schwache,  die  früher  häufigere  von  staar, 
sturnus  umschlagend,  acc.  starn  roc.  ron  1618  bei  Schh.' 2,  775, 
stahrn  quelle  von  1734  bei  Schöpf  (iroJ.  ipft.  700,  Staren  Pestalozzi 
4  (1820),  292,  starren  />i«nA.  t/.  G^r/r.  2  (1790),  259,  plur.:  weiii- 
rauten  mit  wein  gestossen,  und  über  die  äugen  gelegt,  vertreiiiet 
die  anfahende  stahren.  Tabernaemont.  (ltiü4)3y6J;  im  heutigen 
bair.  anscheinend  rrgelmäszig  sUr,  flectiert  staren.  Scbm.' 2, 77.i, 
mundartlich  wie  slaur,  nturnus  weitergebildet  zu  stärl.  Schöpf  tirol. 
wb.  700.  Lexer  liärnt.  wb.  239,  slärile  Lexer  ebenda,  andrerseits 
mundartlich  aber  auch  scharf  unterschieden  vom  vorigen,  so  Schweiz. 
Star.  Seiler  277'  neben  stör,  störe,  sturnus.  2S0'.  statt  des  a, 
das  in  der  regel  wie  während  der  nhd.  zeit  beim  vorigen  lang  ist 
(doch  vgl.  die  oben  angeführten  Schreibungen  siarr  bei  Kramer, 
starren  bei  Pestalozzi),  erscheint  bisweile'i  c,  vielleicht  weil  man 
das  wort  mit  sierii,  stellt  in  Zusammenhang  brachte:  für  allerley 
gebrechen  der  äugen,  es  seyen  perlen,  feile,  contracteii  oder 
Stern.  Coler  öcon.  2  (ir>su),  in';  auf  dem  einen  äuge  habe 
ich  einen  stern,  auf  dem  andern  schiele  ich.  Kahener  sat. 
4  (1757),  36.  ron  anderen  geimanischen  sprachen  bieten  das  mnd. 
staer  (adj.?)  vel  blint,  oblalmia  {Ophthalmia),  quelle  von  Ul.'>, 
slar,  n.  Scriilek-LObben  4,  366',  das  nnd.  star  Dähnert  455'; 
das  mndl.  slar,  das  nndl.  staar,  f.;  das  schwed.  starr,  m.,  das 
dän.  staer.  en.  viel  früher  bezeugt  ist  das  zugehörige  adj.  st;iar- 
hliiid  {s.  dies);  daher  musz  dies  subst.  als  ane  jüngere  bildung 
auf  grund  jenes  Worts  gelten,     weiteres  s.  dort. 

l)  staar  im  menschlichen  äuge, 

a)  das  wort  bezeichnet  ganz  verschiedene  krankheiten,  die  von 
der  älteren  medicin  unter  einem  gesichlspunkt  betrachtet  wurden. 
sie  hielt  den  staar  für  einen  die  puptlle  veischliessendcn ,  :u 
einem  häutehen  geronnenen  flüssigkdmropfen,  welcher  sich  aus 
dem  hirn  in  das  äuge  verirrte.  IIthtl  alt.  kunstworte  d.unal.  Ul 
der  stahr  in  den  äugen,  der  sich  also  für  das  löchlein  mitten 
im  uugensleine  legt,  welches  zu  lalein  uvea  genannt  wird. 
kommt  auch  von  den  hösen  nOssrn  des  hnupts.  Coi  kr  öcon. 
2  (lUttü),  117'.  sie  unterschied  demgemdsz  «n^  gutta  opaca,  uoliei 
von  auszen  eint  trübung  des  nuges  durch  die  pupilU  wahrnehmbar 


261 


STAAR 


STAAR 


262 


ist,  und  eine  gutta  serena,  wobei  sich  nichts  derartiges  zeigt.  Htbtl 
c.  a.  0.  Zacher  klin.  monatsbl.  f.  augenheilk.  12  (1874),  297.  dieser 
theorie  entsjiricht  auch  die  lat.  bezeichnung  su/fusio  (oculorum). 
CoBviNLs  fons  latinit.  i  (i660),  286*.  Schottel  1420.  Stieleb 
nachsch.  29*.  Kra«eb  deutsch-ital.  dict.  2  (1702),  911*.  Steisbach 
5,684.  Wächter  15S8.  Fbisch  2,  320'  (pupillae).  JABLo.^SEI  lex. 
(1721)743"  sowie  die  grieeh.-lat.  catarracta.  Jablonski  a.  a.  o.: 
der  Star  oder  Cataracta  ist  ein  trübe,  zehe  und  scbleimige 
inateiia,  inwendig  im  äuge,  in  der  fördern  feuchtigkeit,  welche 
albugineus  genant,  vor  der  sebe  oder  dem  Sternen,  mit  namen 
Uvea,  vorgelegel.  Bartisch  augendienst  (1383)43',  die  an  den 
angeführten  stellen  ohne  weiteres  der  deutschen  bezeichnung  gleich- 
gesetzt werden,  während  sie  an  andern  (s.  unten)  deutlich  als 
bezeichnung  der  hauptform  der  alten  gutta  opaca,  des  grauen 
oder  weiszen  staars  erscheinen,  über  arten  des  staars  bemerkt 
Coleb:  es  ist  aber  mancherley  stabr,  und  wird  der  unlerscbeld 
genommen  von  den  färben,  dann  etlicher  ist  scbwartz,  ... 
etlicher  ist  blau.  ...  etlicher  ist  weisz,  etlicher  roth.  öcon. 
2  (lt>80),  in',  vgl:  so  es  (gemeint  ist  der  staar)  zeitig  wird, 
erscheinet  es  vorneralichen  in  fünfferley  färben  zu  sehen,  als 
weis,  graw,  blaw,  grün  und  gelbe.  Babtisch  43';  auszerdem 
kennt  er  auch  den  schwarzen  staar,  s.  unten,  der  weisze  staar 
ist  identisch  mit  dem  grauen  oder  eine  abart  desselben.  Jabloski 
lex.  (1721)  743'.  Höfleb  deutsches  krankheitsnamenb.  670* :  wie 
man  diesem  weissen  stare  in  der  zeit  begegenen  und  vor- 
komen  sol.  Babtisch  47*.  der  graue  staar,  glaucoma  [eine 
heute  anders  gebrauchte  beuichnung,  s.  unten),  Cataracta.  Steir- 
BACH  2,684,  Cataracta,  suffusio  ädbllkg  ist  eine  Verdunklung 
der  kristalllin^e  oder  ihrer  kapsei  oder  beider  theile  zusammen. 
Campe.  Höfleb  deutsches  krankheitsnamenb.6~a':  der  grawe  star, 
änerea  Cataracta,  bat  auch  seinen  Ursprung  und  ursacb  aus 
dem  leibe,  und  auch  aui  dem  heubte.  Bartisch  49';  erstens 
bettelt  einer,  der  von  seinem  grauen  slaare  lebt  {ein  blinder 
straszenbeüler) . . ,  weit  mehr  vom  eben  so  blinden  glück  und 
PIulo  zusammen,  als  ein  anderer  der  sehen  musz.  J.  Pacl 
biogr.  belust.  l,  154.  nach  dem  Stadium  der  krankheit  werden 
hierbei  unterschieden  der  wachsende,  reife,  überreife  staar. 
Hüfler  a.a.O.,  entsprechend  auch  der  harte,  weiche  staar. 
ebenda,  nach  dem  eigentliihen  sitz  kernstaar,  rindenstaar,  kapsel- 
»laar.  ebenda,  nach  der  besonderen  färbung  der  federstaar,  eiter- 
staar  oder  gelbe  staar  (:  weiter,  so  wird  ein  star  befunden, 
der  wird  genant  der  gelbe  star,  buxea  Cataracta.  Babtisch  54"), 
milchstaar  oder  (milcb)weisze  staar  u.  s.  f.  ebenda,  eine  ganz 
andere  krankheit  ist  der  bei  Coleb  weiter  erwähnte  blaue  staar. 
Höfleb  669'.  auch  bezeichnet  als  grüner  staar,  «ne  ^Verdunklung 
4er  gläsernen  feuchtigkeit,  glaucoma'.  Campe,  eine  glaskOrper- 
anomaüe,  «c^ei  der  augenhintergrund  grün  durch  die  stark  ver- 
gröszerte  pupille  hervorleuchtet,  glaukom.  Höfleb  670':  es  ist 
auch  noch  ein  star,  welcher  von  wegen  seiner  färbe  und 
materien,  der  grüne  star,  viridis  Cataracta,  genandt  wird. 
Babtisch  52';  glaukoma,  wie  bekannt,  ist  diejenige  krankheit 
des  auges,  »eiche  unsere  augenärzle  den  blauen  oder  grünen 
staar  nennen.  Lessinc  6,  337.  völlig  von  beiden  verschieden  ist 
der  auch  bei  Coleb  angeführte  schwarze  staar,  gutta  serena. 
Steimbach  2,684,  'uenn  der  augapfel  bey  einer  völligen  blindheit 
seine  natürliche  färbe  behält,  welche  art  des  slaares  für  ganz 
uniteilbar  gehallen  wird,  weil  die  netzhaut  des  auges,  oder  dessen 
verve  alsdann  unbrauchbar  geworden,  amaurosis,  gutta  serena'. 
Adelung,  amaurosis.  gutta  serena,  suffusio  nigra.  Campe,  catarrhacta 
nigra  Höflfb  krankbeitsnamenb.  670'  (die  pupille  ist  dabei  ver- 
gröszert,  aber  schwarz,  daher  der  name.  vgl.  Babtisch  86'):  ferner 
sol  man  wissen,  das  noch  eine  art  des  stares  ist,  der  wird 
in  gemein  genant  der  schwartze  star  bey  den  gelerten  &uwä- 
fwais,  obfuscatio,  gutta  serena.  und  ist  das  ein  solcher  star, 
der  da  viel  ein  ander  natur,  art  und  eigenscbaft  an  ihm  hat, 
auch  viel  ein  andere  gestalt,  form  und  ansehen,  als  die 
andern  alle  (er  ist  unheilbar).  Babtisch  augendienst  (1583)  85*; 
im  vergleich:  du  kannst  deinen  bul  an  die  sonne  hängen, 
bruder,  und  ich  wette,  sie  stehlen  ihn  dir  herunter,  als  ob 
das  äuge  der  weit  den  schwarzen  staar  gehabt  hätte.  Sciiilleb 
riuber  Irauersp.  2,  7. 
h)  es  heiszt  der  staar  tritt  ins  äuge: 

Antipatcr  kann  scherzen, 
wenn  der  staar  ms  äuge  triu.    Lichtwe*  273; 

»ol  auch  in  älterer  spräche  der  staar  fällt  vors  äuge,  der 
unter  a  erwähnten  theorie  entsprechend,  worauf  der  folgende  ver- 
^eich  deutet:  wenige  tage  darauf  liel  mir's  wie  ein  staar  vor 
beide  äugen,  ich  sab  fast  nichts  und  muszte  die  arbeit  stehen 


lassen.  Göthe  34, 165.  als  gegensatz  dazu,  in  ganz  unsinnlicher 
anwendung :  siehe,  da  fällts  wie  der  staar  von  meinen  äugen! 
Schiller  räuber  schausp.  1,2.  vgl.:  es  fällt  mir  wie  schuppen 
von  den  äugen,  den  staar  bekommen:  (der  blinde  sagte,  er) 
wäre,  nachdem  sie  von  Africa  abgereiset,  in  dem  meer  unver- 
sehens erblindet,  hätte  nicht  fortgehen  können,  und  den  staar 
bebekommen.  A.  Gbyphids  (1698)  1, 186.  einen  staar  in  äugen 
haben,  haver'  il  panno,  haver'  un  oeehio  appannalo.  Kbaueb 
deutsch-ital.  dict.  2  (l'Q-l),  Sli',  den  staar  haben,  hyperbolisch: 
ich  weisz  nicht,  ob  ich  den  staar  habe  —  aber  ich  finde 
im  ganzen  garten  keine  (rose).  Gotteb  3,257;  bildlich: 

die  thorheit  hat  den  staar.  doch  tappte  sie  voran, 
es  musten  sie  ein  greisz  und  sieben  kinder  leiten. 
Iris  zeigt  sich  ohne  schleier;  Gditheb  493; 

doch  der  meuscb,  er  hat  den  staar.    Göthi  4,  379; 

vgl.  auch:  diejenige,  welche  den  stahrn  nicht  im  gehirn  haben. 
queUe  von  1734  bei  Schöpf  700. 

c)  heilung  des  staars:  unde  ok  is  se  (bathonie)  ghud  vor 
dat  Star,  quelle  bei  Scuiller-LCbben  4,366*;  die  galle  vom  fisch 
ist  gut  die  äugen  damit  zu  salben,  das  einem  den  star  ver- 
treibe. Tob.  6,10;  der  star  gieng  jm  von  den  äugen,  wie  ein 
heutlin  von  einem  ey.  11,14; 

berührt  von  seinem  (Oberons)  iilienstabe,  klären 
sich  Gangolfs  äugen  auf,  verschwunden  ist  der  staar. 

WiELASD  22,  298  (06.  6,  90). 

salbe  erscheint  wie  in  den  bibelstellen  auch  später  als  heilmitteU 
das  setzt  das  folgende  büd  voraus: 

das  oculisten-schild  hast  du  necbst  auszgebenckt, 
als  du  die  salbe  mir  vor  meinen  siaar  gescheuckt, 
des  nächsten  splitter  soll  dir  deine  balclien  decken, 
und  andrer  blösze  dich  und  deine  scbaar  verstecken. 

Gö:<TaifR  417. 

über  latwergen,  tränke,  bdhungen  u.  dgU  als  heilmittel  s.  Babtisch 
augendienst  (1583)  47 /f.  einen  am  staar  wirken  (operieren), 
stechen,  in  älterer  spräche:  (zahnbrecher  und  titeriacksleute) 
nemen  die  leute  an,  und  stechen  sie  am  star  auff  dem  markte 
im  winde  und  luETt  vor  jederman ,  lassen  sie  also  darvon 
gehen,  wie  ein  sawe  vom  tröge,  aber  solches  heisst  nicht 
am  Star  gestochen,  sondern  die  äugen  ausgestochen.  Bartisch 
augendienst  (1583)60';  wenn  du  einen  an  einem  star  wircken 
oder  stechen  solt.  6i*;  einen  staar  wirken,  operieren,  in  älterer 
spräche,  s.  Bartiscb  64*  oben  unter  dem  formalen,  den  starn 
stechen,  voc.  von  161S  6«  Schm.*  2,  775,  einem  den  star  stecheu, 
mederi  pterygio.  Stieler  nachsch.  29*,  levare  ü  panno  dell'  occhio 
ad  uno.  Kraneb  deutsch-ital.  dict.  2  (1702),  911',  einem  den  staar 
siechen,  acu  suffusionem  oculorum  alicujus  discutere.  Steinbach 
2,  684,  curatio  su/fusionis,  paracentosis.  Frisch  2, 320*,  den  staar 
stechen,  ihn  (den  grauen  staar)  niederdrücken  oder  herausziehen. 
Aüelurg.  Campe,  beim  grauen  (weiszen,  gelben)  staar  wurde 
in  älterer  zeit  die  getrübte  linse,  die  man  für  ein  häutchen  hielt, 
vielfach  mit  der  staarnadel  [s.  dies)  in  den  glaskörper  hinab- 
gedrückt (vgl.  Bartisch  augendienst  [1583]  63'),  «in  hygienisch 
bedenkliches  verfahren,  während  sie  in  neuerer  seit  regelmäszig 
entfernt  und  ihre  Wirkung  durch  eine  staarbriUe  (s.  dies)  ersetzt 
wird,  auch  bei  anderen  arten  des  staars  versuchten  ältere  gewisz 
dasselbe:  wultu  dat  star  steken,  so  nym  einen  griffel  van 
sulvere,  de  schal  vore  scharp  wesen  ...  so  lose  dat  star  in 
den  oghen  bi  der  nezen  ersten,  quelle  bei  Schillek-LCbber 
4,366";  wie  man  rechte,  zeitige  und  reilfe  stare  wircken  und 
stechen  sol.  Bartisch  augendienst  (i5>3)  60';  wann  man  einem 
den  stahr  sticht,  das  thut  nicht  sonderlich  wehe.  Coleb  öcon. 
2(1680),  in',  unter  den  beil-mitteln,  die  wider  den  weissen 
staar  gebrauchet  werden,  ist  das  sicherste,  das  man  ihn 
stechen  lasse,  d.  i.  mit  einer  goldenen  nadel  bebend  in  das 
äuge  fahre,  und  das  häutlein  für  dem  augapffel  wegnehme. 
Jäblo.nssi  lex.  (1721)  743';  freier: 

da  hub  das  alte  männlein  an  zu  sprechen: 
das  heisz'  ich  mir  docli  wundenbat'ge  steine, 
die  so  den   grauen  staar  den  äugen  stechen!    (er  hat 
durch  den  tiiiblick  rineit  mdclien  do<  gesteht  wieder 
bekommen).    RBckut  3  (1882).  161. 

zu  allgemeinem  bildlichen  gebrauch  des  ausdrucks  leiten  gnomische 
Wendungen  gleich  den  folgenden  über:  es  ist  besser  man  bebalt 
den  Staren  in  äugen  als  dasz  man  mit  gefahr  lebens  denselben 
sieche.  Lehmann  Ol  (für  die  kunst  der  alten  ^oculisten  höchst 
bezeichnend);  einem  alten  ist  nun  freilich  der  staar  schwerer 
zu  stechen.  Herder  1,214  Suphan;  nur  dann,  wenn  man  licht 
anzündet,  kann  man  zeigen,  was  die  nacht  ist,  und  wenn 
man  den  staaren  sticht,  was  die  blindheit  gewesen.  Pestalozzi 

17* 


263 


STAAU 


STA  ABARTIG—  STA  ARBLIND 


264 


ILtrnh.  B.  Cn-fr.  3  (t:90),  2&9.  wittig:  der  4.  knnte  kein  geld 
im  hause  sehn,  drum  wolle  er  sich  (ton  einem  rtisetiden  arzte) 
den  staar  stechen  lassen,  dasz  er  geld  zu  sehen  kriegte. 
Weise  er:n.  92  neudr.  in  allgemeiner  hildliclier  antcenduvg: 
nach  der  befreiung  Wiens  1683  üe(  das  Wortspiel  gegen  den  Türken 
um:  graf  Slarhemberg  kann  dir  den  staar  wohl  steclien. 
BoRCHARDT-WusTHARN  sprickw.  redtnsorten  452, 1129;  sodann  will 
ich  noch  lOoo.  und  mehr  ilialer  daran  wenden  wenn  es  Ja 
erfordert  werden  solte,  dasz  die  h=  =  =  Helena  rechtsrhalTen 
prostituiret,  und  dem  tan  Steen  der  siaar  gestochen  werden 
möge.  Felsenb.  3,213;  die  meisten  menschen  scheinen  leute 
zu  seyn,  denen  vor  kurzem  der  staar  gestochen  ist:  das  rechte 
tageslicht  können  sie  doch  noch  nicht  venragen.  Karl  Lessing 
in  Lacimanns  Lessing  -  ausg.  13,  tiü7;  soll  ich  dir  den  slaar 
stechen?  ich  darf,  ich  kann  nicht,  thu'  die  äugen  auf,  und 
sieh!  Klinckr  theal.  2,230;  kurz  der  staar  wurde  mir  mit  der 
sta;irnadel  gestochen,  und  ein  bischen  das  herzchen  dabei. 
J.  Paol  Katirnb.  2,67;  man  musz  ihm  den  staren  stechen. 
Eiselein  il";  aber  wenn  man  und  weib  nur  aus  woilust  zu- 
sammengehen, wie  die  pferd  und  steinesel,  die  keinen  ver- 
stand haben,  denen  sticht  der  wcliestand  bald  den  staar,  sie 
haben  eine  fortdauernde  hölle  dahier.  Leoprecbtikg  aus  dem 
Lechrain  245; 

doch  eh'_  du  ihm  den  staar  auT  immer  stichst, 

so  sinn  ihm  nach,  was  du  dabei  gewinnst, 

wenn  jeder  nach  dem  nutzen  seiner  kunst 

geschätzet  wird.      Stolbrrg  H,  27; 

seit  mir  den  staar  die  n-eisheit  stach.    Gottkr  1,443; 

stich  diesen  liier  oder  auch  mir  den  staar! 

stellt  ihr  das  werk  so  hoch,  wie  sie? 

Hebbel  3  (1891),  229. 

einem  den  staar  stechen  über  etwas,  bildlieh:  ihr  konsulent, 
der  arotshauptmann,  hat  ihnen  den  staar  über  ihre  umstände 
gestochen.  Gottkr  3,30t;  wo  es  auf  die  hauptsachen  für  das 
bauernwohl  ankommt,  da  sind  alle  herren  halb  blind  und 
wollen  es  seyn,  und  wenn  man  ihnen  hierüber  den  starren 
stechen  und  keine  koinplimente  machen  will,  so  ists,  wie 
wenn  man  ihnen  an's  herz  greifen  würde.  Pestalozzi  Lienh, 
M.  6V(r.  3  (1792),  109;  wahrlich  es  ist  ein  verdienst  um  die 
inenschheit,  diesen  guten  leuten  den  slaren  hierüber  zu 
stechen,  sehr.  4  (l820),  292.  nicht  blosz  mit  dativ  der  person: 
sie  hatte  die  leidenschaft,  'unpassende  parthieen'  zu  hinter- 
treiben und  blinder  liebe  bei  Zeilen  den  'staar  zu  stechen'. 
Gutzkow  ritter  v.  geist  4,  60.  ohne  zusatz:  er  hell  e  iiiänige  st;ir 
g'stoche,  manchen  aufgeklärt,  eines  besseren  belehrt.  Seiler  277'. 
den  staar  ausziehen,  gleichfalls  vom  grauen  staar:  indem  sie 
{die  ode)  die  einbildungskraft  mit  bildern  hi.nreiszt,  wie  das 
licht  einen,  dem  der  staar  ausgezogen  worden.  Lichtenberg 
2,  39.    eigenartig : 

ich  (Oberon)  will  {durch  ein  wunder)  den  staar  von  Gangolfs 

äugen  schleifen, 

und  aur  der  Trischen  tiiat  soll  sie  sein  hlicli  ergreil'en. 

WiELA!iD  22,  2i»8  (üfc.  6,  88). 
einen  vom  staar  heilen,  bildlich: 

denn  die  {eine  adeUslotte  frau)  wird  nur  xu  ürückenau  {wo 
ndeliche  das  bad  vt-rlassen  müsaen,  wenn  nie 
nicht  mit  biirqriliche»  tanten  wollen) 

geheilt  von  ihrem  staar.     Göckihck  3,  169. 

d)  staar  tu  freierer  bildlicher  anwendung  mit  dem  gen.  eines 
ttbstractumt:  ^^^  ^^^^^  j^^  blinden  Sünden 

da«  band  der  tauben  lust,  der  holTart  stummer  wahn 
wird  fonsl  durch  keinen  nicht,  als  diesen  (C/iru/uO  abgethan. 

FLimrie  65V; 
das  alter,  da  des  erdenpilger*  bahn 
allmuhlicli  sich  zu  einer  höh'  erhebet, 
auf  welcher,  Ire!  von  seiner  kindheil  staar. 
das  äuge  voll  begier  hinaus  in's  weile  strebet. 
wer  t»be  zwanzig  seiner  jähre  Börci»  104'; 

fOr  Ctsars  rulim  und  Crösus  geld? 
ich  nicht!   so  lange  von  dem  siaare 
des  wahna,  rieh  rrejr  mein  aug'  erhftit. 

GöCKlNSK  I  (1780),  Ul. 
enttpreehende  lusammentetiungen: 

0  wunderbares  all,  eröffne  mir  die  äugen, 
dasi,  vom  gewohuhells-star  berrey't, 
ile  beute  dein«  herrllchkeit 
In  deiner  creaiur  xu  acbtuen  taugen. 

BaocKKs  I  (1739),  394; 
ist  man  nicht  gar  xu  blind 
an  tilelttaar.    TitMi  t  (1706),  300. 

iknlick  mü  einem  aäj.: 

«r  kennt  aieb  selber  kau«,  er  hei  den  sioluen  aiaer. 

RAcau.  M. 


e)  von  der  älteren  theorie  aus,  die  den  staar  als  ein  häutchen 
auffaszte,  ist  es  verständlich,  dasz  Haller  die  haut  so  bezeichnen 
kann,  die  das  äuge  des  menschlichen  embryos  bedeckt: 

mein  olu  verschlosz  ein  Teil,  mein  aug  ein  staar.    154, 101. 

f)  eine  erweiterung  des  sinns  bei  concreler  anwendung  liegt 
in  folgender  stelle  vor: 

und  heisze  tiirnnennuth  entrann 

dem  todeslinstern  staar  (i-ini-s  blinden), 

Wkithis  hei  .Matthisson  lyi.  anthol.  9,  249. 

g)  besondere  beachtung  fordert  die  bisher  nur  bei  Luther  nach- 
gewiesene redensart:  er  furcht  sich  für  seinen  eigen  staren. 
LuTHEiis  sprichtrörlersammlung  15  Thiele,  in  den  Schriften  auch 
staar,  slaaren  {vgl.  Tbielk  a.  a.  o.  s.  41.  42):  auszgenmnmen 
der  bapst  und  sein  kirche,  die  furchten  sich  billich  für  jhren 
eygen  slaren  yin  äuge.  7,  406, -^2  Weim.  ausg.;  obs  einmal  ge- 
rathen  wollt,  dasz  die  könige  sich  für  dem  geuialelen  teufel, 
oder  ihrem  eigen  staar  oder  für  des  papsts  forz  fürchten 
wollten.  26,  183  Erl.ausg.;  will  er  golt  nicht  fürchten,  wohlan, 
so  fürchte  er  sich  für  seinem  eigenen  slaaren  im  äuge.  38.  12h. 
daneben  begegnet:  unnd  geschieht  dyr  eben  (wie  mann  sagt), 
das  du  dich  furchlist  für  deynem  eygen  augennstern,  denn 
wo  du  fest  glewbist,  der  wolll  sey  hynder  dem  offen,  oh 
er  schon  nit  da  ist,  szo  ist  er  doch  dyr  da,  der  du  nit 
änderst  ihust  und  ferist,  alsz  sey  er  da.  8,  170,26  Weim.  ausg. 
{vgl.  Thiele  a.  a.  o.).  stern  als  oblique  nebenform  zu  staar  alt 
krankheitsbezoichnung  ist  oben  unter  dem  formalen  bezeugt.  Thiki  e 
möchte  a.  a.  o.  s.  42/f.  von  dieser  stelle  ausrehend  in  den  Sub- 
stantiv formen  der  andern  ntbenformen  zu  stern,  steüa  vermuten, 
das  hier  pupille  bedeuten  soll,  aus  sprachlichen  gründen  mus: 
das  als  höchst  fraglieh  bezeichnet  werden ,  obgleich ,  wie  er  .».  46 
anführt,  mundartlich  {in  Wittenberg  heute)  slarn  für  stern  be- 
gegnet, das  vielleicht  auch  Luther  braucht,  s.  45  {womit  noch 
kein  nom.  dat.  star,  staar,  kein  dat.  slaren,  slaaren  im  sinne 
von  Stella  für  Luther  erwiesen  wird),  obgleich  er  das  bis  jetzt 
nicht  sicher  erklärte  lichlstar  (.<;.  dies  oben  t'ieil  6,892)  heransieht. 
es  kann  kaum  etwas  anderes  gemeint  sein  als  die  krankheits- 
beieichnung,  wonach  der  sinn  sein  musi:  sich  vor  seiner  eigenen 
blindheit  fürchten. 

2)  als  bezeichnung  entsprechender  oder  ähnlicher  augenkrank- 
htilen  bei  thieren ,  besonders  bei  pferden.  öcon.  lex.  (i744)  27'j2, 
bei  denen  hauptsächlich  grauer  und  schwarzer  staar  außrtit. 
der  graue  staar  bei  pferden  heiszt  auch  grüner  staar.  Höflbr  G7ü*. 
abarten  desselben  sind  der  balkenslaar.  669',  der  marmor- 
staar.  670*,  der  punklstaar.  ebenda,  weiszer  staar  bei  pferden, 
weisze  hornhauttrübung.  67u'. 

STAABAUTIG,  adj.  zu  staar,  slurnus:  sie  {die  krähen)  zer- 
fallen in  2  abtheilungen,  in  die  staararligen  und  rabenartigen. 
Orek  7,  3üt. 

STAABAUGE,  n.  l)  mU  dem  staar  behaftetit,  staarblinde- 
äuge,  starauge  Cahpb,  bildlieh:  ein  mensch  der  da  hin  geredi. 
krigt  Star  äugen  et  nihil  amplius  videt  et  incedit  ut  cecu< 
Luther  28, 757,  2.  rji.  starrauge,  starr  sehendes,  stehendes  äuge, 
person  mit  solchen  äugen.  Campe,  das  daraus  entwickelt  sein 
kann  wie  wahrscheinlich  starrblind  aus  starblind.    5.  staarhlind. 

2)  äuge  eines  staars,  starauge  Campe  oder  dem  eines  stjart 
gleich,  d.  h.  groszes.  weites,  so  läsit  es  sich  in  der  folgendtn 
!<lelle  fassen,  wo  freilich  auch  die  möglichkeit  einer  stcuudären 
anlehnung  eines  eigentlich  zu  1  gehörigen  worts  an  staar,  sturnut 
möglich  ist.  vgl.  staarhlind:  der  verliebte  edelmann  sähe  mich, 
als  oh  er  mich  für  liebe  fressen  wolle,  stets  mit  staaraugen 
an.  Jan  Perus  148. 

STAAHAUGIG,  adj.  staaraugen  habend,  slarfiugig  Campr. 

1)  nach  staaiauge  l,  staarbltnde  äugen  habend.  Canpk:  armer 
staräugiger!  was  zeigten  dir  deine  äugen?  Wächter  bet  dem- 
selben,   vgl.  slarrüugig,  starre  äugen  habend,  ebenda. 

:)  nach  staarauge  2,  ou^en  rie  ein  staar  habend.  Caupi. 

STAAKbEIÜE,  /.  mundartlir/i  brülkasten  für  staare.  AliskciT 
Leipziger  mundart  216*.  rgl.  heute,  hölurner  brtnnkorb,  kokUr 
kliAz  in  den  die  waldbtenen  bauen  oben  theil  i,  1750. 

STAABULI^O,  adj.  durch  den  4aar  blind,  bei  offenen  äugen 
blind,  ahd.  ttaraplint,  starabliiit  Graff  n,  7ul,  mhd.  slarbliot 
Berthuld  v.  Kkcinsburc  1,433,15.  Alt'-ukrt  36,19,  s(ar(r)e- 
blint  21,31,  frühnhd.  stnrblint,  aorosia  Di^r.  :i9',  epiphora  3ut*, 
slarpiint  ebenda,  starnblind,  cecus  l(i9',  »Inrcublint,  aorasia  39*, 
staerblindt,  glaueoma  194*,  storblind,  reeus  luu',  auch  tpAttr 
starblind  Luihkr  12,319,11  Witm.ausg.  Stirler  195.  nachsch.-nt'. 
Krämer  dfuficA-il.did.  3(1702),  911'.  SrKiMiAca  1,133.  Wachtrs 
268!).  Campe,  ia/ieten  staarhlind  .Matuasius  £<ir.  2, 84*.  AoitiuNa 


265 


STAARBLIND 


STAARBLIND 


266 


{mundartlich  für  völlig  blind).  Weigasd'*  2,  TS",  starnblind  noch 
tl.  Sachs  20,  62,  i:  Weim.  ausg.  Atre»  2464,23  Keller,  veraltet, 
ebenso  staarcnbliml  Gäbelebover  orjn«6.  (1599)  1,113,  starr- 
'  bliod  als  gleichbedeutend  noch  Tabeiraemont.  (1664)  157  J.  165 C. 
Kraher  lUutsch-ilal.  dict.  2  (iT02),  911*,  später  eingeschränkt  auf 
die  bedevtung  'völlig  blind'.  Adblü.ig  {als  mundartlich  bezeichnet). 
Campe  ('u«J  bei  blinden  personen  die  äugen  gani  starr  und  ohne 
»usdruck  stehen),  bildlich:  da$s  sie  (dieliebe)  auch  ein  miidchen 
mit  so  helien  Junonsaugen  und  eineni  so  itlaren  verstand, 
wie  meine  freundin,  blind,  stücii-  und  starrblind  inacben 
könne.  Latte  ich  erst  noch  zu  lernen.  Wielamd  39, 269  (Ära/. 
«.  Hipp.  2b).  auch  das  landschaftliche  sternbliDd,  völlig  blind 
Cahpe  kann  auf  sta(a)rblind  zurückgehen ,  durch  vermitilung 
wen  starnblind.  eine  verstärkurig  ist  stockstartilind,  bildlich: 
so  tieff  haben  alle  geistlichen  und  gelerleo  geschlafen  und 
geschnarckt,  ja  stuck  star  blind  sind  sie  genest.  Ldther 
5,21';';  und  wer  solchs  nicht  sihet  noch  achtet,  der  mus  ent- 
weder gar  stock  starblind,  oder  gar  steinhart,  und  erstorben 
sein.  6,48';  hyperbolisch:  man  sagt  viel,  das  adeler  und  luchse, 
scharff  sehen,  aber  sie  sind  stockstarblind  gegen  diese  meisler, 
welche  in  diesen  evangelijs  ersehen  können,  beide  canones, 
kleider  und  allerley  kremerey  der  messen.  5,29»'.  rjJ.  stock- 
blind unten,  mnd.  begegnet  starblind  Schiller-Lübbes  4,  36<j'; 
mndl.  staerblent  Reinaert  77,  nndl.  staarblind  (vgl.  sterreblind, 
steinblind):  afries.  starnblind.  stareblind,  staerblynd,  starblind 
RicHTHOFEM  lu44' ;  oQs.  stjerblind,  staereblind,  stareblind  Bos- 
woRTH-ToLLER  909',  mengl.  stareblind  Sieat^  592',  nenjj.  star- 
blind, zum  theil  blind  neben  vielleicht  umgebildetem  mengl.  stark 
blynde.  Skeat  a.a.O.,  nengl.  starkblind,  stockblind;  schiced. 
ttarrblind,  slaaiblind,  stockblind,  dän.  slaerblind,  vgl.  auch  nisl. 
staiblinda,  f.  blindheit.  Cleaset-Vicfcssos  5S9'.  da  die  Zeug- 
nisse für  das  adj.  viel  weiter  zurück  reichen  als  die  für  das 
zugehörige  subst.  (vgl.  dies  oben),  musz  bei  der  etymoU^gisrhen 
erklärung  ton  dem  adj.  ausgeganijCn  werden.  Babtisch  erklärt 
in  seinem  berühmten  augendienst  (1583)  ;»ar;  woher  es  {das 
augeiileiden)  aber  der  star  genant  wird,  und  woher  jhm  dis 
wort  slar  künibt.  kan  ich  üur  zeit  noch  nicht  wissen,  denn 
dieser  namen  also  bekant  und  breuchlicb  ist,  das  bürger  und 
bawer,  gelerle  und  ungelerte  darvon  «issen.  denn  wenn  sie 
ton  einem  gar  blinden  menschen  hören  sagen,  sehen  oder 
reden,  wissen  sie  nicht  anders  zu  sagen,  als  vom  stur,  und 
sprechen ,  er  ist  oder  sey  starblind.  42',  aber  seine  weiteren 
ausführiingen  zeigen,  dasz  er  staar  als  krankheitsbezeichnuiig  für 
identisch  mit  dem  vogelnamen  hält:  aber  das  dieser  gebrechen 
und  mangel  der  slar  genant  wird,  das  ist  kein  wunder,  denn 
man  findet  mehr  gebrechen,  mängei  und  schaden  der  menschen, 
die  nach  thieren  und  auch  andern  dingen  genant  werdon, 
als  diesen  mangel  allein,  ebenda,  auch  neuere  neigen  einer 
zusammen sttllung  mit  dem  vogelnamen  zu.  Zacher  klin.  monalsbl. 
f.  augenheilkunde  12.  301.  sie  ist  formal  möylich,  aber  der  sach- 
liche grund  einer  solchen  Übertragung  ist  bishir  nicht  überzeugend 
dargethan  worden.  Zachebr  a.  o.  o.  gegebener  hinweis  auf  die 
ähiilichkeit  der  beim  grauen  staar  getrübten  linse  mit  dem  ge- 
ßeder  des  staars  befriedigt  nicht,  tudem  erweckt  er  bedenken 
wegen  der  dabei  vorauszusetzenden  bildungsarl  des  adj.  unbedingt 
abzulehnen  ist  aus  sprachlichen  gründen  die  folgend^  erklärung: 
^weil  dieses  glaucoma  den  so  genannten  stern  im  aug  überzieht, 
so  scheint  slar  davon  herzukommen.  Krisch  2,  y2o',  die  auch  von 
Htrtl  kunstworte  d.  anatomie  94  geboten  wird,  die  oben  erwähnte 
nebenform  sternblind  {vgl.  auch  stern  für  staar  unter  dem  letz- 
teren) scheint  auf  seeundärer  angleichung  an  stern,  slella  zu 
beruhen,  wie  starnblind,  staarenblind  {vgl.  starn  als  nebenform 
XU  staar)  durch  secunddre  angleichung  an  staar,  sturnus  ent- 
standen sein  mögen.  Adelung  stellt  staar  als  krankheitsbeziich- 
nung  mit  starr,  rigidus  zusammen,  'da  mit  dem  staare  behaftete 
personen  starr  vor  sich  hinsehen'  und  verweist  weiter  auf  ags. 
starian,  anord.  stara,  starr  blicken  und  das  gleichbedeutende 
deutsche  {von  ihm  als  niedersächsisch  bezeichnete)  stieren,  das 
adj.  starr  begegnet  allerdings  erst  mhd.  als  starre,  ebenso  die 
nebenform  sterre,  aus  der  stier,  adj.  {mit  stieren,  stier,  starr 
bUeken)  entwicket  i>t,  aber  auch  ahd.  ist  ein  stammierwandtis, 
dem  anord.  stara  und  dem  ags.  starian  entsprechendes  staren, 
stair  blicken  bezeugt.  Graff  6, 701.  mit  diesem  verb  darf  sliar- 
blind  unbedenklich  unmittelbar  zusammengestdlt  werden,  gramm. 
2,557.  W  RIGA  HD*  2, 787,  sodasz  sich  als  grundbedeutung  ergiebl: 
mit  starren  äugen  blind,  es  erscheint  so  als  bezeichnung  der  form 
der  blindheit,  bei  der  die  äugen  nicht  ganz  zerstört  sind  und  die 
lider  geöffnet  werden  können,  wnbei  zweifelhaft  bleibt,  ob  es  etwa 


zunächst  auf  den  grauen  staar  als  für  andere  besonders  bemerk- 
bare art  dieser  blindheit  ging  und  der  sinn  dann  erweitert  wurde 
oder  ob  es  gleich  einen  allgemeineren  sinn  halte,  vgl.  das  jüngere 
staar  oben  und: 

nuyne  {iles  leichnamf)  ogben  stau  meck  to  stare. 

visio  Philiberlisi.  225  bei  Schillir-Löbii!«  6,  27S\ 

l)  in  sinnlicher  anwendung. 

a)  gewöhnliih  ton  personen ,  so  wol  schon  in  der  ahd.  glosse 
hi/ena  {hyaena)  bestia  euius  pupille  lapideae  (lapides)  sunt,  stara- 
plint  des  seha  augono  stani  sint,  stara  plind  thes  aukun  (thes 
sehun)  stein  si[n]l  (edho  zi  steine  uuordato  [l.  uuordano]), 
stara  plint.  Stejsheter-Sieters  l,  170,  I9 — 22,  wo  augenschein- 
lich nur  der  relativsatz  dem  deutschen  entspricht,  man  kann  die 
hyäne  unmöglich  deshalb  staraplint  genannt  haben  —  ganz  ab- 
gesehen davon,  dasz  das  wort  zweifellos  ein  adj.  «/  — ,  weü  ilire 
augcn  nach  aller  ansehavung  steine  enthalten  sollten,  vgl.  Zacher 
in  den  klin.  monatsbL  f.  augenheiVsunde  15,282.  dasz  dem  relativ- 
satz auszer  der  wOttlichen  Übersetzung  das  adj.  staraplint  gleich- 
gesetzt wird,  erklärt  sich  aus  der  alten  medicinischen  theorie,  die 
den  staar  durch  erstarren  eines  aus  dem  hirn  ins  äuge  gedrungenen 
feuchügkeitstropfens  entstehen  läszt.  vgl.  das  zugehörige  subtt.  oben, 
auf  personen  beziehen  sich  wol  auch  die  glossen  olbios  oculus 
{verschrieben  für  albioculvs),  staraplinter.  Steiüheyer-Sieters 
3, 12, 16  {deutlich  auf  den  grauen  oder  weiszen  staar  weisend) 
und  glaucoma,  starablint.  2,11,6  {glaucoma  wird  später  grüner 
staar  genannt),  ebenso  gewisz  zunächst  die  erklärungen  nhd.  lexieo- 
graphen  «tarblind,  ex  suffusione  rel  albugine  coecus.  Stieler  195, 
suffusione  tali  {oculi)  laborans,  coecutiens.  nachsch.  29*,  star-  o 
stairblind,  chi  ha  il  panno  suW  occhio  o  un  ocehio  appannato. 
Krämer  deutsch- ital.  dict.  2  (1702),  911*.  ex  suffusione  coecus. 
SiEi^BACH  1, 133,  durch  den  staar  am  äuge  blind.  Cahpe.  wie 
in  diesen  erklärungen  geht  es  auch  in  den  folgenden  stellen  sicher 
oder  wahrscheinlich  auf  die  oder  eine  der  als  staar  bezeichneten 
krankheiten:  rettigwnsser  in  die  äugen  gethan  und  getrunken 
zerlest  die  feuchtigkeit,  die  da  ist  in  cornea  der  äugen,  davon 
die  menschen  starnblind  werden.  Vogter  wie  man  alle  gebresten 
und  krankheiten  des  menschlichen  leibs  . . .  arzneien  und  vertreiben 
soll  mit  ausgeprannten  wassern  (1532)8;  wer  staarenblind  ist. 
Gäbei.khoter  arjn^ift.  (1599)  1,113;  wann  einer  durch  ein  kranck- 
heit  starrblind  worden  were,  so  nimb  fenchelwasser  das  mit 
dem  honig,  wie  oben  gemeldt,  eingesetzt  worden,  und  zweymal 
gestillirt  ist,  und  thu  jhm  alle  stund,  tag  und  nacht,  jedesmal 
ein  paar  tröpfflein  in  ein  jedes  aug.  Tarersaejiost.  (1C64)  157J; 
gemeldeter  safft  [des  haarstrangs)  mit  geläutertem  fenchelsafTt 
zertrieben,  und  ein  wenig  des  auszgetruckneten  safifls  lycii 
darzu  gethan.  bringet  die  wider  zu  recht  die  anfahen  starr- 
blind  zu  werden,  liiglich  einmal  oder  zwey  etliche  tröpfflein 
in  die  äugen  geträufft.  165 C;  wer  staarblind  ist,  der  nehme 
tormentill  und  lege  sie  in  wein,  tiincke  den  wein  ausz,  und 
sonst  nichts  anders.  Coler  öfon.  2  (I6SO),  1I8';  starblind  seyn, 
harere  gli  occhi  appannati,  esser'  acciecato  dal  panno  sul'  occhio. 
Krämer  deut^ch-ital.  dict.  i  {l'i)'>),9n'.  staarblindes  äuge  an- 
scheinend  von  völliger  blindheil  unterschieden:  und  ist  daj  der 
mage  überget,  s6  geraetet  der  überfluj  ctewenne  gein  dem 
houbete,  da;  dem  menschen  etewenne  diu  6ren  rervallent, 
daj  er  ungehoernde  wirt,  oder  für  die  gesiht,  daj  er  erblindet 
oder  sus  boesiu  ougen  gewinnet,  süröuge  oder  glaseöuge  oder 
starblint  {sc.  öuge).  Bertbold  v.  Rece.'isbcrg  l,  433,  15.  staar- 
blind als  'mit  offnen  äugen  blind'  erscheinend:  es  wird  ein 
solch  mensch  daraus,  der  dahin  gehet  als  der  starr  blind 
{lesait:  starblind)  wird  und  mit  offenen  äugen  nichts  mehr 
sihet  noch  acht  oder  fület.  Llther  28,  757,  8  Weim.  ausg.  zu 
berücksichtigen  ist,  dasz  die  baujilarlen  des  staars,  der  graue, 
grüne  und  schwarze  staar  nach  alter  medicinischer  anschauung 
die  hauptformen  der  blindheil  bei  erhaltenen  äugen  darstellen, 
von  der  augenblicklichen  blendung  der  äugen  durch  glänz,  sdiimnur 
heiszt  es: 

ich  sacb  (auf  der  wand  gemall)  menigen  (chilt  und  heloi, 

die  ich  han  gesehen  ulT  der  ban, 

die  ich  vil  wol  geneonen  kan, 

wan  sie  ujerwelt  sint. 

ich  was  nach  worden  starreblint  Uesaiteii:  starrblint.  «tare- 
...  bllDl).    Altswirt  21,  34: 

und  auch  geradezu: 

ich  war»  schauwens  (vom  antchauen  einer  bürg  aus  melall) 

starblint.    36,  19: 
das  liecbt  das  macht  uns  so  starnblind. 
das  wir  des  wegs  rerfehlei  habn.     Atrrr  2464,23  Keller. 

mundartlich  wird  staarblind  nach  Adeidng  ßr  völlig  blind  ge- 
braucht  {auch  bei  zerstörten  äugen?),     das   nach  Adellsc  und 


267    STA  ARBLINDHEIT  —  ST  AARENFLEISCH 


STAARENHERD  —  STAARHÄHER 


268 


Campb  in  gUiehtm  sinne  übliche  starrblind  ist  augenscheinUch 
erst  in  jüngerer  xeit  von  staarblind  differeniierl ,  das  in  der 
neueren  Schriftsprache  bei  eigentlicher  anwendung  durchaus  be- 
schränkt ist  auf  die  unmittelbare  beziehung  zu  staar. 

b)  von  thieren,  besonders  von  pferden:  verkoft  en  man  deme 
anderen  ein  pert,  dar  ilime  gewerescap  an  gewerl,  die  sal 
yme  geweren  an  dem  perde,  dnt  it  nicht  stedich  ne  si, 
noch  starbliot  noch  unrechtes  anevanges.  quelle  von  1369  bei 
ScBiLLER-Li)BBBN  4,  366'  {auf  andere  mnd.  Zeugnisse  wird  dort, 
bei  Fkiscb  7,  i2o' und  rechtsalterth.60.\  hingeu<iesen);  starblindej 
pferU  quelle  des  14.  jahrh.  bei  Lexer  mhd.  handteb.  2,  lt42; 
starnlilindtc  pferdt.  quelle  bei  Schm.'  2,  775;  ist  ein  pferd 
starnblindt.  Ai.brecbt  rosiarznei  (1541)  l.  von  anderen  thieren, 
im  thierepos: 

dat  bise  (Her  fuclis  die  Jungen  des  wolfs)  besekede  daer 

si  iaghun, 

datier  twe  noint  roeer  ne  saghen 

ende  si  worden  slaerblent.    Itcinacri  I  77  Martin; 
darnach:      he  benieecb  unde  besejchede  se,  dar  se  legen, 

dat  der  dre  nj  soilder  en.cecen 

und  worden  dar  alT  al  starblynt.    Iteinlie  de  vos  49. 
vgl.  auch:    bi  daie  \>u  (die  etile)  art  stareblind. 

quelle  bei  Bosworth-Tollbr  909*. 

2)  in  bildlicher  anwendung:  da  ist  sie  {die  vernunß)  star 
blindt.  Luther  \-2,ZVj,nWeim.ausg.;  irseyt  übersichtig;  secht 
nur  io  die  hübe  aufT  den  grossen  weltlichen  bauflen,  der  dann 
(wie  vor)  alle  mal  mit  lesterlichen  Sünden  herein-fert.  daran 
werdet  ir  dann  gar  starnblindt,  falt  wider  zu-ruck  aufT  cwer 
zierliche  gleisznerey,  halt  die  für  heylig.  H.  Sacds  22,67,31 
Keller-Gütxe ;  dasz  man  klärlich  genugsam  sehen  würde,  wie 
starrbiind  für  wenig  jaren  alle  menschen  gewesen,  brodkorb  der 
hl.  röm.  reliquien  (1594)  8;  dieweil  aber  die  ganze  weit  staar- 
blind ist  und  sitzet  in  ßnsternisz  und  schatten  des  todes. 
Matbbsios  Syrach  (1586)  2,84";  wer  ein  übel  los  seyn  will  der 
weisz  immer  was  er  will;  wer  was  bessers  will  als  er  hat, 
der  ist  ganz  staarblind.  Gütbe  17,24; 

bald  sie  ('Uulerry  und  (rembde  lieh')  in  fechl  und  uberwindt, 
so  macht  sie  in  iholl  und  «tarnblind, 
dasz  er  nit  wol  weisz,  ^Yns  er  ihut. 

H.  Sachs  20,  62,  17  Keller-GoXte; 
wie  seid  jhr  menschen  kind 
so  toll?   so  tum?    und  so  starblind? 
das  jhr  golt,  Silber,  edcigstein 
euch  samlet,  nur  zur  pracht  und  schein  . . .? 

HoLLONius  sommum  vilne  humanae  27,429  Spenqler. 

STAARBLINDHEIT,  f.  zum  vorigen,  starbliniheit  quelle  von 
1420  bei  Lexbr  mhd.  handwb.  2,1142,  starbliniheit,  storblint- 
beit,  stamblintheit,  aucti  starblindikeit.  starblintkcit,  aorasia. 
DiEF.  39*,  Star-  o  starrblindbeit ,  appannamento  degli  occhi. 
Krahkr  deutsch -ital.  Jict.  2  {\H)2),'Ai\  starbijndheit  Campe,  mit 
berufung  auf  Krämer  ,  wovon  er  mit  berufung  auf  denselben 
Starrblindheit  als  völlige  blindheit  unterscheidet:  vor  das  sternfeil 
oder  Starrblindheit:  niinb  schellkraulsafft,  dürrwurlzsafft,  jedes 
ij  loth,  jungfrawenhonig,  iiij  luth,  vermiscbs,  und  Ihu  darvon 
des  tags  drey-  oder  vieimal,  jedesmal  drey  oder  vier  triipflein 
in  die  äugen.  TABtB>'AEMüNT.  (iC64)  104  J;  in  seiner  (angeborenen) 
staarblindbeit  hatte  er  den  tag  von  der  nacht,  und  bei  starkem 
lichte,  das  schwarze,  weisze  und  hellruthe  von  einander 
unterscheiden  können;  ...  das  augc  wurde  geöfnel.  IIehdeii 
4,50  Suphan.  bililich:  ah  und  web  über  die  undanckbarkeit 
und  starblindbeit,  deren,  die  dein  (gottes)  wort  nicht  allein 
nicht  bOren  wollen,  sondern  es  auch  niutwilliglich  verachten, 
verfolgen  und  leslern.  Lutbrr  8,328';  starblindbeit  der  Egyplcr. 
10,  346  anmerkung  (randbemerkung)  Weim,  ausg. 

STAAHIILINDIGKKIT,  f.,  s.  das  vorige. 

STAAHUKILLE,  f.  brxüe  für  solche,  denen  der  staar  gestochen 
ist.  JiiiLONSKi  lex.  (1721)  110*.  Adei.uhc,  brille,  die  die  Wirkung 
der  bei  der  Operation   des  grauen  staars  entfernten  linse  ersetzt. 

STAAHKNACHAT,  m.  ein  achat,  der  versteinert»  korallen  ent- 
hält und  wie  ttaarenfedern  gesprenkelt  ist,  auch  slaarenstein. 
jAcoktioR  7,417*.  Nkmkich. 

STAAHENFANG,  m.  .*  nachmals  aber  ist  es  om  besten,  dasz 
man  den  staaren-faDg  gantz  allein  in  teichcn  und  gerobrigen 
vornehme.  DObbl  3,233';  staarenfang:  l)  auf  dem  vogel- 
beerde  ...  3)  fang  in  der  troinmel,  in  reuszen  und  im  garn- 
sacke. RiiLtn  6,  MS.  OM;  da  der  staarenfang  nicht  zu  den 
wiebtigeren  weidinAnuiscben  Verrichtungen  gehört.  oOs. 

STAAKENKEDEH,  f.:  ein  acbat,  so  versteinerte  korallen 
enibsit,  und  wie  slaarenfedern  gesprengt  ist.  Jacubsson  7,  417*. 

STAARKNKLEISCH.  n.  fleisch  von  ilaaren:  HhatfS  lobet  das 
«labrennciscb  gar  sehr.  Coibb  öron.  l  (lOso),  OiO*. 


STAARENHERD,  m.  vogelherd  zum  fang  von  staaren,  stauren- 
heerd  Jacohsson  4,243',  starenhcrd  Campe:  in  manchen,  seiir 
staarenreichen  gegenden  veriäszt  man  daher  zur  zeit  der 
gnimmeternte  die  wiesen  und  errichtet  auf  groszen  Stoppel- 
feldern einen  andern  staarenheerd,  nach  art  des  heidelerchen- 
bcerdes.  Bebler  5,666. 

STAARENHÜHLE,  f.  höhle,  uorin  ttaare  nisten:  vom  gehl 
und  geldeswerlh  ward  (nach  aufhebung  einer  räuberbande)  wenig 
aufgefunden,  auszer  durch  zufall,  in  brnnncn,  slarenhohlen, 
hohlen  bäumen  und  dergleichen.  Leoprecbting  aus  dem  Lech- 
rain  142. 

STAARENKASTEN,  m.  brütkasten  für  staare,  mundartlich 
auch  der  nebenform  des  ersten  subst.  mit  1  entsprechend  (vgl. 
staar,  sturnus  oben)  staarelkaslen,  so  in  Leitmeritz,  wo  dies  wort 
auch  gebraucht  wird  für  einen  Schwätzer,  ^der  so  viel  schwatzt 
wie  die  staare  in  ihrem  kästen',  korrespondenzbl.  des  Vereins  für 
nd.  Sprachforschung  14,65. 

STAARENKOBEL,  t». ,  bair.  dasselbe  wie  das  vorige,  vgl. 
kobel,  m.  stall,  hfitte  2  oben  tbeil  5, 1539  und  staarkübel:  in  dem 
gcäste  dieser  bäume  i^ind  staarenkobel  (ausgehöhlte  fichteo- 
stöcke)  angebracht.  Leopreciiting  aus  dem  Lechrain  229. 

STAARENNEST,  n.  n«<  fon  staaren,  für  staare.  »pj.  siaaren- 
kasten:  in  der  Schlesien  macht  man  viel  stahrennester,  auff 
die  linden  und  andere  bäume,  darinnen  hecken  sie,  in  der 
fasten,  oder  in  dem  frühling,  dasz  ihr  ofTt  ein  mann  viel 
schock  mit  einander  ausznimpt,  und  in  den  statten  verkaufft. 
Coler  öcon.  1  (16S0),  626',  in  der  form  staarnest:  was  die 
Schlesier  vor  eine  lust  im  frühling  mit  den  stahrnestern  haben, 
das  hab  ich  im  andern  ort  gemeldet.  026\ 

STAARENHEICH,  adj.:  Beblen  5,666  (die  stelle  ist  unter 
staarenherd  angeführt). 

STAARENSCHIESZEN,  n.  'indem  man  sich  anschleicht  und 
aus  einem  hinterhalle  die  staaren  im  fluge  oder  im  sitze  zu  schieszen 
sucht'.  Behlen  5,668. 

STAARENSTRICH,  m.:  der  stahren-strich  währet  nicht  lang 
nach  Michaelis,  höret  auch  biszweilen  noch  vor  Michaelis 
auf.  man  hält  dafür,  sie  ziehen  weg;  etliche  wollen,  sie 
verschliefTen  sich  nur  in  die  hohlen  bäume  und  klumsea 
der  felsen.  Hobbbrg  2,  6S2\  vgl.  schnepfenstrich  1  oben 
theil  9,  1315. 

STAARENSTÖRER,  m.:  jr  zuckerpapagoi,  hetzenamseler, 
hetzenscbwetzer,  starnstörer.  Garg.  1"'.  die  vorangehenden 
Wörter  machen  es  wahrscheinlich,  dasi  der  erste  bestandtheil  der 
vogelname  ist.  vielleicht  ist  der  sinn:  Schwätzer,  der  den  staar 
überschwatzt,  ihn  im  schwatzen  stört,  es  könnte  auch  einen  be- 
zeichnen, der  staarennesler  ausnimmt,  oder  einen  pfuschenden 
slaarstecher.    vgl,  slörer,  pfuschender  landstreicher  unten. 

STA  AREN  VOLK,  n.; 

erst  am  llusz  um  busch  und  binsen 
schwärmt,  zur  wanderschaTt  sich  sammelnd, 
mit  gekreisch  ein  siarenvolk.     Giibil  uaclil.  149. 

STAARKELL,  n.  der  staar  im  äuge,  älterer  medicinischer  An- 
schauung gemäss  als  feil,  häutchen  betrachtet  {vgl  staar,  ati^fn- 
krankhiit  oben),  starfell  Mobrbeek  bei  Campb,  starrfell.  stahrfell: 
darum  solcher  gebrechen  (des  auges)  von  etlichen  ein  starfell 
genant  wird.  RvKr  chir.  (1559)  36';  dann  wo  solches  starfell 
schwarz  oder  grau,  grün  oder  rütiech  und  so  du  mit  dem 
daumen  auf  dem  auglid  reibest  sichs  nit  ausspreitet,  so  ist 
solches  starfell  nit  mehr  zu  vertreiben,  ebenda;  nardensaamen 
zu  reinem  pulver  geslossen,  und  mit  Teyelwurtzöl  in  die  naie 
gegossen,  vertreibet  die  anfahende  starrfeil.  TABSRNAeMonr. 
(1061)  185F;  deszglcichen  zu  den  äugen  gebrauchet,  machet 
er  (lasersaft)  ein  scharpiT  gesiebt,  und  vertreib!  die  anfahenda 
Starrfell  der  äugen.  210 C;  und  dafür  sin>l  die  pilulae  sioe 
quibus  esse  nolo  gut,  und  nehmten  das  siahrfrll  weg.  wann 
man  sie  zu  rechter  zeit,  alsz  neinlich  bald  im  aufang  brauchet. 
Coleb  Oeon.  2  (I680),  117'.  in  der  form  starenfell:  stnrenfell 
(bei  Pferden),  welche  in  schwarlzcr  färb  doch  ganlz  durch- 
scheinend und  ciyslallisch  nnzusclien.  I'inter  pferdschatt 
(1688)  879.  Fbisch  führt  aus  älteren  quellen  an  stiirnfell.  310*. 
atcrfell,  sternfeil  332'  (Golii  onomnsfirum).  die  Iftite  form  bietä 
nach  ScHM*  2,783  auch  ein  vncabular  von  1018,  ebenso:  vor  das 
•ternfell  oder  tt.irrblindheit.  TAiiERnABMoriT.  (1004)  104  J.  hier 
hat  augenscheinlich  angleichung  an  stern  im  sinn«  von  pupiUe 
üattgefunden. 

STAARIIAIIER,  m.  der  tannenhäher,  nuszhiher,  eorvut  earyO' 
eatactts.  der  ähnlich  gefirbt  irf  wir  ifer  'tnnr.  IVipkwitscii  5i4. 
Nbmhich  I,  lUi,  starüeher  Campk. 


269 


STAARHAMMEL  —  STAARMESTE 


ST  AARNADEL  — STAAT 


270 


STAARHAMMEL,  m.:  unter  einer  heerd  schafe  werden  ja 
nicht  lauter  reutige  und  unbändige  staarhäinmel  oder  faule 
mutzen,  sondern  auch  geduldige  und  willige  schäflein  sein. 
mdgdelob  4.    vgl.  stähr,  stär,  schaßock  unten. 

STAARHAUT,  f.,  dasselbe  wie  staarfell,  im  bilde:  vermuth- 
lich  hat  alsdenn  diese  nadel  (vgl.  staarnadel  unten)  dem  äuge 
di«  Sehkraft  gegeben,  dem  sie  die  slaarhaut  wegschaffet. 
Herder  5,  44  Suphan. 

STAARINHAßER,  m.;  schielen  —  sagt  Richter,  der  staar- 
stecher,  nicht  der  staarinhaber  {der  Verfasser,  der  fürchtet,  den 
schwarzen  staar  zu  bekommen),  in  seiner  wundarzneikunsl 
(b.  HI,  s.  426.)  —  läuft  untrüglich  dem  staare  voraus.  J.  Paul 
unsicbtb.  löge  3,  45. 

STAARKliBEL,  m.  brütkasten  ßr  staare.  vgl.  »laarenkobel: 
nach  Lenz  nisten  die  weibchen  (der  eiehhürnclien)  auch  in 
staarkiibeln,  welche  nahe  am  wald  auf  bäumen  hängen.  Brebm 
Belleben  1,  72. 

STAARL,  subst.,   s.  staar,  sturnus. 

STAARLANZETTE,  f.  lanzette  zum  stechen  des  augenstaars. 
tgl.  staarnadel:  das  zimmer  wurde  verschnttet,  die  staar- 
lanzette  vorgeholt,  und  das  kranke  äuge  festgemacht.  J.  Paul 
Hesp.  1, 18. 

STAARLINSE,  f.  die  vom  (grauen)  staar  verdunkelte  kristall- 
linse  des  auges,  starlinse  Cahpe:  Viktor  drückte  die  reife 
slaarlinse  —  diese  auf  die  Schöpfung  geworfene  dampfkugel 
und  Wolke  —  in  den  boden  des  augapfels  hinab.  J.  Paul 
Besp.  1, 19. 

STAARMATZ,  m.  der  staar,  sturnus,  in  der  spräche  des  täg- 
lichen lebens,  starmatz  Campe,  eigentlich  kosename  für  den  staar 
u-ie  matz,  vgl.  dies  oben  theü  6, 1769,  6,  appeilativisch : 

lieber  staarmatz,  o  bey  mir 
soll  ein  prächtig  tiäuschen  dir 
einen  siebern  wohnplatz  geben! 

Weiszb  kom.  op.  3  (1771),  324; 

is  allgemeiner  anwendung  von  staaren  in  der  gefangenschafl: 
frau  Schnips,  singt  sie  nicht  artig,  frau  nachbarinn,  wahrhaftig 
wie  eine  beydelerche  so  schön!  frau  Zange,  nein,  lieber  wie 
mein  staarmatz,  das  ist  ein  scharmantes  thier,  das  kann 
sagen:  du  hure!  und  du  schelm!  2(t:6S),  181;  ist  das  der 
dank,  dasz  ich  mir  alle  morgen  ein  Stündchen  vom  schlafe 
abgebrochen  habe,  den  staarmatz  abzurichten?  3(1771),  322; 
ich  geh' nicht,  ich  geh'  nicht,  ich  bin  kein  staarmatz.  Auebbach 
dorfgesch.  3,94;  aber  aus  dem  dahinter  liegenden  zimmer  läszl 
sich  jetzt  weder  das  pfeifen  des  dompfaffen,  noch  das  ge- 
krächze  Don  Pedros,  des  lahmen  staarmatzes  vernehmen. 
Stobm  sämtl.  werke  l  (1899),  129; 

vergebt  mir,  warf  der  staarmatz  ein, 

er  {der  herr  nefunqener  vönel)  würde,  wollt'  er  ja  nichts  sparen, 

mit  altem  käse  besser  fahren.     Lichtwer  (1828)  112; 

Golo.  was  macht  die  gräfm? 

Katharina,  einen  staarmatz  lehrt 
sie  Siegfrieds  namen.    Hebbel  l  (1S91),  96; 

«M  frei  lebenden  staaren:  sieh',  so  liesz  ich  (in  einer  Zeichnung) 
dem  Bacchus  den  linken  arm  übers  knie  bambeln.  sieh  doch, 
den  rechten  hub  er  so  in  die  höh';  schlug  mit  einem  stecken 
dem  einen  staarmatz  (er  scheucht  zwei  staare  von  einer  traube) 
auf  den  köpf,  dasz  ihm  die  gestohlne  beer'  aus  dem  schnabel 
fiel.  F.  Müller  l,  165;  ich  könnte  höchstens  die  elstern  und 
staarmälze  herunter  schieszen  lassen,  die  etwa  vorüber  fliegen. 
Hebbel  2  (1891),  49.  uneigenllich  ein  mensch  von  beschrduktem 
§ei$te,  der  andern  nur  nachschwatzt  wie  ein  staar.  Campe. 

STAARME.NSCH,  m.:  mag  es  (ein  volk,  das  seine  eigene 
spräche  verlernt)  dann  aller  weit  sprachen  begreifen,  und  über- 
gelehrt bei  Babels  thtirmbau  zum  dollmetscher  taugen,  es  ist 
kein  volk  mehr,  nur  ein  niengsel  von  staarmenschen.  Jah!» 
1, 30  Euler.    vgl.  staar,  sturnus  1,  b. 

STAARMESSER,  n.  messer,  das  zu  staaroperationen  gebraucht 
mrd:  eine  Verbesserung  des  Wenzelschen  staarmessers.  Ja- 

COBSSOH   7,  417*. 

STAARMESTE,  f.  brütkasten  für  staare,  in  Schlesien  Weix- 
■OLU  62'  und  in  Sachsen  Albrecbt  Leipziger  mundart  l7o'. 
»jL  raeste  2  oben  theil  6,2134:  (der  staar)  hecket  gerne  in 
hohlen  bäumen  und  äspen,  »onderiich  in  specht-löchern, 
star-mesten  und  höhlen  jährlich  zweymal  und  werden  öffters 
ausgenommen.  Fleming  /eu<scAer  jäff^r  (1719)  149".  in  Schlesien 
hing  man  früher  briitkilsten  für  staare  in  die  bäume  um  einen 
theil  der  jungen  auszunehmen  und  als  eszware  zu  verkaufen. 
vgL  staar,  sturnus  l,c.    darauf  geht  die  bemerkung  bei  Frisch: 


in  Schlesien  heiszt  man  eine  art  sie  zu  fangen  eine  staar- 
meste.  2,312'. 

STAARNADEL,  f.  nadel  zum  siechen  des  augenstaars,  golden 
Adelu.nc.  Jacobsson  4,  243'  oder  silbern  mit  vergoldeter  spitze: 
eine  jede  gute  und  rechte  starnadel,  sol  von  gar  gutem  und 
feinem  siiber  gemacht  und  bereitet  werden,  und  nicht  von 
messing,  stal  oder  eisen  ...  es  sol  aber  die  spitze  vergüldet 
sein.  Bartisch  augendienst  (15S3)  65';  vgl.:  das  erst  instru- 
mentlin  so  auch  dem  haupt  aber  besondern  gliedern  des- 
selbigen  nemlich  den  äugen  zugeeignet,  ist  dieses  und  wirt 
ein  starnadel  genant.  RyrF  chir.  (i559)  36*.  im  bilde:  denn 
Niesz  schickte  mir  unter  dem  essen  meinen  brief  an  ihn 
und  seinen  kupferstich;  kurz  der  staar  wurde  mir  mit  der 
staarnadel  gestochen,  und  ein  bischen  das  herzchen  dabei. 
J.  Paul  Kalzenb.2,6',.  freier  mit  dem  gen.  eines  abstractums: 
so  trifft  das  genie  noch  leichter  das  ziel  ohne  die  staarnadel 
der  kritik.  grOnldnd.  proz.  ^,S.  daneben  staarennadel,  »je  die 
folgende  Zusammensetzung  zeigt:  staarennadelmesser  des  herrn 
Siegerist.  dieses  ist  eine  Verbesserung  des  Wenzelschen 
staarmessers.  Jacobssom  7, 417*. 

STAAROPERATIO.N,  f.  chirurgisches  verfahren  zur  heilung 
des  augenstaars. 

STA  ABSTECHEN,  n.  das  stechen  des  augenstaars.  vgl.  staar, 
augenkrankheit  l,  c:  er  [der  augenarzt)  sol  feine  gerade,  subtile, 
klare,  gesunde  arme,  feuste  und  finger  haben,  auch  auff 
beiden  feusten  hurtig  und  fertig,  linckes  und  rechts  sein, 
auff  das  er  beide  hende  .  . .  füren  und  brauchen  kan  und  mag, 
und  solches  ist  sonderlichen  von  nuten  im  starwircken,  oder 
im  starstechen.  Bartisch  augendienst  (i583)  ll';  so  werden 
auch  sag  merfeltig  abgegangner  bevelch  die  frembten  gemainen 
pader  und  andere  unerfarne  ärzt,  so  sich  des  starnstechen, 
stain-  und  pruchschneidens  und  hailens  untersteen  und  ge- 
brauchen, wann  si  nit  priMlegiert  oder  mit  patenten  versehen, 
zu  passiern  genzlich  verpoten.  tirol.  weisth.  1,24,2"  (17.  jahrh.); 
vom  stabr-stechen.  Coleb  2,117';  staar,  heiszt  auch  eine 
augen-kranckbeit,  die  entweder  das  gesiebte  schwächet  oder 
gar  nimmt,  wenn  es  der  schwartze,  vor  unheilbar,  und  wenn 
es  der  weisse  vor  heilbar,  sonderlich  durch  das  staar-stechen 
gebalten  wird.  öcon.  lex.  (1744)  2792. 

STA  ABSTECHER,  m.  ocularius,  vulgo  oculista,  starstecher. 
Stieler  nachsch.  29*,  star-,  staar-  o  stahrenstecher,  oculista, 
oftalmico,  operatore  che  so,  levare  il  panni  da  gli  occhi.  Kram  er 
deutsch  ilal.  dict.  2  (1702),  911*,  staarstecher,  'ein  wundarzt,  der 
ein  eigenes  geschäft  daraus  macht,  andern  den  staar  zu  stechen, 
dergleichen  personen  sich  doch  lieber  oculisten  oder  augendrzte 
nennen  lassen.  Adelung,  heute  mit  der  sache  in  eigentlichem 
sinne  veraltet,  vgl.  das  vorige:  wenig  zeit  hernach  kompt  ein 
artzt  oder  staarstecher  aus  der  insel  Senderib  an,  welcher 
seine  kunst  durch  viel  glückliche  proben  berühmt  gemacht 
hatte,  pers.  rosenlh.  43*  (2, 37) ;  ich  meines  ortes  rüste  mich 
schon  darauf,  dasz  sie  (ratten)  morgen  unter  dem  stiebe  an 
dem  staarstecher  und  an  dem  pazienten  hinaufspringen. 
J.  Paui.  Hesp.  1,  8. 

STAARSTECHZLMMER,  n.  von  einem  zimmer,  worin  einem 
der  augenstaar  gestochen  wird:  der  kaplan  guckte  mit  einer 
lächerlichen  angst  und  quäl  auf  das  schlafende  wochenkind, 
um  mit  ihm  bei  dem  kleinsten  schrei  sogleich  aus  dem  staar- 
stecbzimmer  hinauszulaufen.  J.  Paul  Hesp.  l,  18. 

STAARVVEISE,  adv.  zu  staar,  sturnus:  starweise,  sturnatim 
Stieler  nachsch.  29*. 

STAARVVIRKEN ,  n.  das  operieren,  stechen  des  augenstaars, 
in  älterer  spräche,  vgl.  staar,  augenkrankheit  l,c:  solches  ist 
sonderlichen  von  nöten  im  starwircken,  oder  im  starstecben. 
Bartisch  augendienst  (1583)  U*  (vollständiger  ist  die  stelle  unter 
staarstechen,  n.  gegeben). 

STAAT,  m.  status,  ornatus,  respublica,  mit  Sicherheit  seil  dem 
15.  jahrh.  nachzuweisen  (vgl.  unten  l),  Staat,  Status  Diek.  551*, 
in  gleicher  Schreibung  bei  .Maaler  382'.  Kraher  deutsch-ital.  dict. 
2(1702),  912*.  Steisbach  2, 6S6.  Frisch  2,  313'.  Adelung.  Campk, 
daneben  früher  stat  Dief.  551".  Stieler  2114.  Kramer  2,  912", 
Stadt  Bkant  narrensch.  88,  9.  Keisersberg  post.  2,  4*,  stabt 
Wecisiiebli»  95.  104.  425,  noch  von  Jahn  gefordert:  Staat  ist 
altdeutsch,  jetzt  zunächst  aus  der  niederländischen  mundart, 
sollte  aber  billig  staht  geschrieben  werden  (er  leitet  es  von 
stehen  ab,  s.  unten).  2,699  Euler,  statt  Petbi  2(1605),  Tt  l' 
(die  doppelconsonanz  ist  hier  wol  als  Idngezeichen  zu  fassen), 
md.  staet,  stayl  Dief.  551*,  stait  d.  städtechron.  13, 4S2,  4  (Cöln, 
V.  149U),    oberd.  stät  ßosfcr  cAron.  5,  478, 6,  staut  herzog  Ernst 


271 


STAAT 


STAAT 


272 


239,21  BarUeh,  stot  Kei^ersbf.rc  (tt;.  58*,  slodt  Braut  narr^nsch. 
74,33,  mit  solcher  vocaherdiimpfung  auch  md.,  sloot  Paasch 
Alteiiburger  bauerndeutsch  loo  und  nd.  (s.  unlen),  unter  nd.-vdl. 
einflusx  slaad  Simpl.  i,  152,33  Kurz,  phir.  staaden  81,6,  mrhein. 
staede,  dat.  d.  städtechron.  li.4hh,l  {Cöln,  r.  1499);  »nnrf.  stat, 
State  Sciiiiler-LCbben  4,366',  auch  stad  {s.vrtten),  nnd.  Staat, 
stät  brem.  trb.  4, 1006.  SciifTZE  4, 181.  Danneil  2Io'.  Mi  85'. 
TEN  DooRNKAAT  Kooi.MAH  3,303',  staad ,  städ  Dähkert  455". 
WoESTE  252'  {auch  ßectiert  stad-,  schon  in  älteren  quellen. 
Däbnkrt  455",  wol  mil  anlehnung  an  ein  ursprünglich  deutsches 
wart);  tnndl.  stael{t),  nnd/.  Staat;  engl.  State;  schu^ed.  stat, 
ddn.  stat,  bürgerliche  gesellschafl  neben  stads,  gepränge.  zu 
gründe  liegt  lat.  Status  (vgl.  afrani.  estat;  n franz.  etat;  Hai. 
stato).  unbedingt  abzulehnen  ist  Jahns  crklärung:  Staat  kommt 
von  stehen,  auf  ständen  waren  unsere  deutseben  Staaten 
sonst  gegründet,  und  sie  bestanden,  l,  283  Euler.  die  be- 
deutungsentiricklung  des  deutschen  worts  ist  zweifellos  durch  das 
franz.  und  das  ndl.  heeinflusit.  bisweilen  erscheint  im  deutschen 
die  französische  form:  Salomo,  unter  dessen  regierung  der 
jödisrlie  estat  in  Toller  blute  stund.  Scriver  Seelenschatz  2, '91; 
CS  machen  zwar  die  bcyden  von  diesem  liebes-wercke,  welches 
der  Pythias  an  Damone,  der  Nisus  an  Euryalo,  der  Pyladcs 
an  Oreste  gethan,  einen  grossen  estat.  Sperling  Mmdemus 
quaerens  et  Jesus  resiwndens  2  (1719),  810  {vgl.  unten  3).  in 
einer  bestimmten  gebrauchsart ,  für  aufstellung,  vergleich,  betrag 
der  einnahmen  und  ausgaben  hat  das  franz.  etat  das  deutsche 
wort  völlig  zurückgedrängt  {vgl.  unten  2).  die  beeinflussung 
durch  das  ndl.  wort  zeigt  sich  in  formaler  beziehung  an  dem 
deutlich  auf  ndl.  vorbtld  weisenden  plur.  Staaten,  der  im  deutschen 
zuerst  von  den  holländischen  generalstaaten  gebraucht  erscheint. 
Krämer  dfu/srft-»taJ.  did.  2  (1702),  912".  Steinbach  2,  687.  Frisch 
2,813",  dann  erst  in  weiterem  politischem  sinne.  Adelung,  es 
ist  die  einzige  in  solcher  anwendung  erscheinende  und  beute  über- 
haupt die  einzige  allgemein  bekannte  pluralform,  was  schon  für 
das  17.  jahrh.  zu  gellen  scheint,  der  form  des  deutschen  wurts 
nach  sollte  man  einen  starken  plur.  erwarten,  frühnhd.  begegnet 
er  thatsdchlich,  und  zwar  mil  umlaut,  also  der  i-declination  ge- 
mäsz  (wie  rat  —  rate),  im  sinne  von  stand  {vgl.  unten  \,a,  t): 
zu  Verachtung  und  straff  der  narbeyt,  blintheyt,  yrrsal  und 
dorheit,  aller  stät,  und  geschlecbt  der  menschen.  Braut 
narrensch.  vorrede,  überschr.;  zu  dem  ersten  sprich  icb  das 
du  von  emeissen  leren  {lernen)  solt,  und  aller  meist  die  re- 
genten  in  beiden  stäten  {im  geistlichen  und  weltlichen  stände). 
Keisersrerg  emeis  {\h\',)  19';  darumb  ist  diszer  stat  (d<T  siand 
der  Obrigkeit)  über  alle  ander  stet,  arbeitsam,  sorcklich  und 
schwer,  seelenpar.  137*.  in  der  bedeutung  ^prunkende  kleidnng' 
(vgl.  unten  3)  zeigt  das  wort  mundartlich  einen  plur.  scbtäder. 
Crecei.ius  oberhess.  wb.  2,  802.  bei  VVEii;ANn*  2,  788  wird  für 
diese  bedeutung  der  plur.  släter  verworfen  und  statt  dessen  Staate 
angesetzt,  allgemein  üblich  üt  diese  form  heute  weder  in  dieser 
noch  in  anderer  anwendung.  in  Cöln  gebraucht  man  Staat  im 
sinne  von  pracht,  rang,  prung,  putz  auch  als  f.  Hünig  150". 

1)  Status,  conditio.  Maai.er  382',  fortuna,  conditio,  Habitus  et 
varietas  rerum.  Stieler  2114,  stato,  grado,  posto,  ordine.  Kramer 
rfeu/sc/i-i/ol.  dic<.  2(1702),  912',  zustand,  stand,  von  Fiii«cn  2,  313" 
als  veraltet,  von  Adelung  und  Campe  als  nur  noch  in  einigen 
oberd.  gegenden  üblich  bezeichnet,  auch  heute  in  der  Schriftsprache 
unbekannt. 

a)  auf  personen  bezogen. 

a)  im  aUtjemeinen  sinne  von  zustand,  läge:  was  in  eme  var- 
iiken  State  des  lives  undc  der  zelen.  quelle  bei  Schillkr- 
LCtBER  4,  36«'; 

wie  »örglich  sy  der  narren  stau 

Braut  narrennch.  vorr.  52; 
wer  l^bt  inn  eym  »örglichen  stat 
der  hab  Jen  i^chad,  wie  es  jm  gat.    45,33; 

du  soll  in  gelficke«  stat 
dich  niclit  hoi'limfiiig  machen. 

GöDKEi-TiTTlANii  Uederhiich  nu*  drvi  \<i,  jnhvli. 
381,77: 

auf  die  geiamtlieit  des  menschengeschleehts  bezogen: 

(Irr  wcrlie  iiAi  is  leider  nu  »0  geworden. 
dal  d«  meiste  liAp  holt  einen  sündigen  orden. 

f/e«  (loHeM  Haut  1473 ; 
den  wer  beschrib  der  weit«  siadi. 
der  mflsi  wol  Ȋsen,  wie  es  gadt. 

Mtia^ta  nchrlment.  x.  71,37  Matlhia»; 

$piUr  noch  in  formelhaften  Verbindungen :  in  «tat  aeyn  zu  reisen, 
t$$4r'  in  istuti)  di  vt'iggiare.  Kbamkr  deuttrh-il'il.dict.  2  (1702),  012'; 


nicht  in  «tat  seyn  aufzustehen,  auszugeben,  zu  zahlen,  ebenda; 
ht  is  d'r  to  in  stat,  um  sin  h(is  in  hrand  to  stekrn.  ten 
DooiNKAAT  KooLMAN  3,303';  ouck  $0  nicht  mehr  in  der  heutigen 
srhriftsprarlie. 

ß)  in  der  älteren  kirchlichen  spräche  gern  vom  Verhältnis  des 
menschen  xu  gott  und  seinen  geboten:  stat  der  Unschuld. 
Keisersrerg  bei  Scherz-Oberi.in  1558;  der  gnade:  oick  niotea 
de  zelekens  in  solkem  State  staen,  dat  se  des  werdich  syn, 
dat  man  voer  en  bidden  moghe,  dat  is  dat  se  syn  in  den 
State  der  gbenade.  Vechr  214,  25;  auch  später  nd.noch:  heia 
in  de  stiit  fan  genade  kamen,  ten  Doornkaat  Kooi.man  3,303'; 
als  gegensatz:  in  dem  stat  der  ewigen  verdamnusz.  quelle  bei 
Scherz- Oberiin  1558;  auch  in  den  folgenden  belegen  vom  zu- 
stande der  Seelen  nach  dem  tode:  wie  er  dem  leyen  noch  tode 
erschein  und  inie  scite  von  sime  State,  wie  gar  wol  . . .  e» 
sinre  seien  erging.  Tacler  6ei  Schmiht  «J«.  erfr.  337' ;  sie  fragte 
(Iciszig  nach  dem  statt  ihrer  Schwester,  die  erst  verschieden 
war.  Kkisersbfrg  bei  Frisch  2,313". 

y)  damit  berührt  sich  eheliiher  Staat,  ehestand:  das  sie  sich 
wider  zuo  elichein  staut  durch  vennäheln  verheirat.  herzog 
Ernst  230,^2  Bartsch;  eelicber  stat  ist  ain  hörter  stat.  Kfiser8> 
r.EBG  7  Schwerter;  wann  er  hott  do  wellen  zeigen  das  eelicber 
stat  ein  erlicber  stat  ist.  derselbe  bei  Scherz-Oberlin  1558; 
vor  alten  zelten  da  wont  zu  Gerdaw  im  land  zu  Lünenbflrg 
ein  par  aller  leüt,  die  bei  .1  iaren  im  eelichen  stat  bei  einander 
gesessen  waren.  Eulensp.  i'.hist.;  darumb  so  i?t  eelicber  stat 
ein  verbitleretter  stat.  Pauli  schimpf  u.  ernst  \Z^  Osterlej/ ;  aUe 
denne  de  vorben.  Andreas  seck  in  den  eliken  Stadt  körtet 
gevende  wardl.  quelle  von  1525  bei  Schm.ier-LCiiren  4,367"; 
der  tufel  Asmodeus  hat 
TÜ  gnalt  yetz  jnn  dem  eelichen  siat. 

Braut  narrensch.  52.  ."^O. 

entsprechend:  in  deme  State  des  echtes,  quelle  bei  Sciulle«- 
LPbben  4,  367"; 

up  dat  se  roi  einem  fmen  manne  geven, 

dar  ik  in  dem  echten  state  mede  mochte  ieven. 

(/('S  iSudes  ilanz  1314. 

im  anschlusz  dcuan  erscheint  das  «ort  in  Zusammensetzung  mit 
vortretendem  ehe-  im  sinne  von  ehepaar,  hausstand:  item  ein 
ieder  ehestadt  durch  das  gantz  kirspel  ist  schuldigh  dem 
pastor  jarlichs  zu  geben  drei  brolteren  von  den  dreier,  hocben 
festen.  weislh.2,6\9  (Eifel).  als  ijegensatz:  Hanna  blieb  nach 
ihres  mannes  tod  in  dem  statt  der  wittwen.  Keisershrc  bei 
Frisch  2,  313".  vgl.  auch :  he  {könig  Heinrich  IL)  baide  ein 
edel  vromme  ind  billige  vrauwe  ind  was  Kunigundis  ge- 
noempt,  ...  ind  leveden  bi  ein  in  eim  jonfeilirhen  stait  bis 
in   den  doit.  d.  städtechron.  13,  4S2.  4  (Cöln,  r.  1499). 

S)  vom  Uhensalter,  zunächst  wol  in  rücksicht  auf  die  dadurch 
bedingte  Stellung  in  der  menschlichen  gesellschafl:  (ein  söhn) 
der  . . .  nun  iizt  in  niänlichem  staut  gewachsen  was.  herzo§ 
Ernst  229.  21  Bartsch. 

e)  der  durch  abstammung,  amt.  beruf  bedingte  stand  innerholk 
der  menschlichen  gesellschaft,  Stellung,  rang,  amt.  beruf:  darna 
warstii  secnde  ene  vrouwen  van  bogen  State,  quelle  bei  Schiller* 
LCmben  4,367*;  dat  de  olde  rad  van  Lubeke  «edder  in  ert 
stad  linde  in  eren  stact  (|iiemen.  ebenda;  item  umh  die  vier 
verslegere  der  solen ,  das  darzu  nicht  bnrger.  die  uns  und 
unszer  stat  Halle  eythafflig  weren,  sundern  uszwendige  anne 
luthe  geringes  stats  darr.u  gekorn  und  uffgenomen,  die  auck 
leichllich  georloubt  werden.  Spittkndorff  89,23  Opii;  wisz,  du 
gar  hart  von  dem  nidern  stat  an  den  höchern  ze  gangen  wird« 
quelle  von  1485  bei  Schm.'  2, 792;  up  dat  eyn  yslyk  leser  dessM 
bokes  van  Beynken  deme  vossc  wol  moghe  viirstaen,  so  is 
to  merken,  dat  der  mynschen  state  is  ghedelei  an  veer  ataU» 
Reinke  de  vos  2.  vorrede;  ind  as  nien  noch  zer  zil  saget  wanM 
ein  fürst  verböget  wirt  in  ein  hoeger  «irdicbeit,  hat  he  dsi 
wal  liedreven  e  he  darzo  quaini',  als  he  niinre  van  stait  was, 
nochlunt  schrift  men  dat  ind  noempt  dat  as  hrtle  be  dtt 
bedreven  in  dem  boeghen  siaet.  d.  städlrrhron.  13,  305,  16.  I* 
{Cöln,  r.  149;i);  die  geholt  gottes  und  glübden.  die  yederman 
noch  seinem  stat  pilicblig  ist  zö  halten.  Kkisfrsbi  i'c  setUn- 
pnr.  137';  du  solt  dich  ziehen  noch  dem  din  sint  ist  ersaio- 
lirhen,  nit  alle  wucb  ein  nflwe  scbub  an  tliAn.  bilg.  5s';  ick 
bin  ein  prediger,  und  inAssz  tu  meinem  Stadt  büiher  habeo. 
fo«<.  2, 4*;  die  drit  frucht  ist,  nit  bei  denen  wonen  die  In 
hohen  stillen  seint,  wen  du  magst  dich  gar  kiim  enihallMf 
du  inusl  in  aOnd  fallen,  derselbe  bei  Scrmiht  eis.  wb.  337": 
icb    es    selber    wol    vieixz,    das  es  meinem  stat  und  ineill 


■'•ff 


273 


STAAT 


STAAT 


274 


ercn  nit  gebürt.  Hurner  r.  d.  gr.  luth.  narren  vorr.;  durch  der 
füren  glast  gsach  man  die  krysten  wol  alles  ertöden,  so  sy 
fundend.  das  sy  nieinmand  sparlend,  geb  waj  statz  er  were. 
Morgant  der  riese  331,33  Bachmann;  änderst  thün  dann  seinem 
glaat  zimbt.  Maaler383';  das  erst  ist,  dasz  du  von  deinem 
oberherren  kein  ampt  annehmen  solt,  ob  du  anders  dich 
Bonst  ehrlich  auszbringen  magst,  denn  mit  einem  guten 
gnögen  hast  du  als  gniig  nach  deinem  stat,  als  ein  konig 
oder  keiser.  buch  der  liebe  313';  mit  der  zeit  kam  er  (eiri  leib- 
eigener) durch  glückliches  geschick  des  himmels  zu  einem 
ansehnlichen  Staat,  pers.  baumg.  4,  15;  ich  war  durch  dienst- 
willigkeit bey  meinem  herrn  in  solchem  ansehen,  dasz  er 
meinen  Staat  von  slaffel  zu  Staffel  erhühete.  Jan  Perus  75; 
seinen  stat  in  acht  nehmen,  statum  et  dignitaiem  suam  tenere 
etque  tueri.  Stieleb  2114,  osservare  il  suo  grado,  posto.  ordine. 
Kbameb  deutsch-ital.  dict.  2  (1702),  912';  dat  is  sinem  Stade  nig 
to  naa,  das  ist  für  ihn  nicht  zu  geringe.  Dähkert  455*; 

wil  ik  (fiel-  papsi)  minen  stät  betrachten  unde  bedenken  rechte, 
so  bin  ik  gewest  en  knecht  aller  knechte. 

ilex  dodes  dam  157: 
her  pawes,  du  werest  hoch  geresen  in  State.    169; 
»lle  uncristen  to  hebben  in  hate. 

se  to  vorvolgen,  dat  togeborei  dinem  (des  kaisers)  State.    216; 
wenie  jo  hoger  stät,  jo  mßr  dogede  därbi  scholen  wesen.    223; 
got,  de  du  mi  {die  kaiserin)  hefst  gesät  to  dessem  State.    255; 
alsus  is  hirtovoren  vele  gesecht  van  etliken  stateu, 
van  den  liogen  unde  siden.     1553; 

dann  du  nit  frndest  erneu  Stadt 
inn  dem  es  yetz  nit  übel  gat. 

Brant  narremtch,  88,9; 
jeder  fron  sich  in  dem  kleinen  Stadt, 
den  im  got  vor  bescheret  hat. 

ders.  Moretu^  bei  Schiidt  eh.  wh,  337*; 
wer  erhar  lebt  und  tugend  bat. 
kumt  zgroszen  eren  und  hohem  stat. 

FusKKLiN  siicl  r.  streit  il.  Venus  u.  d.  Pallas 
325  Tillmann; 
mit  jbr  (des  königs  töchterlein)  wuchs  ich,  und  hatl' 
am  bofe  neben  jhr  gar  einen  guten  staat. 

Dietrich  v.  d.  Werder  Ariosl  5,  7,  4; 
wol  nicht  wil  uth  der  lüde  ere  gratie  schuppen, 
de  moet  de  fedder  teniiik  deep  in  stippen, 
und  seilen  den  titel  höger  ein  par  graed, 
als  mitbringt  dessülven  person  und  staet. 

Lacremberg  Scherzlied.  3,436; 

spriehicörtlich:  de  stät  wysel  den  man,  ipse  magistratus  ammum 
demonstrat  et  iram.  Tcnmciüs  261;  jo  hoger  unde  groter  van 
»täte,  jo  he  otmodiger  sal  syn,  quo  maior  quisque  est,  sit  eo 
submisior  usque.  1128;  so  tcol  auch: 

sau  de  staut, 

sau  auk  de  praut.    Sibrock  462,  9793'. 

mit  sinnverwandten  ausdrücken  verbunden:  in  wat  Stade,  grade 
und  vornemecheit,  de  sünd.  quelle  von  1436  bei  Dähkert  455*; 
in  was  wirden,  states  oder  wesens  die  sein,  quelle  bei  Le.xeb 
mhd.  handtcb.  2,1123;  walte  states  efte  coiidicien  de  sin,  de 
dussen  unsen  breyff  lesen,  hören  edder  vorekomen  werd. 
d.  städtechron.  16.399,  3  (Braunschweig.  v.  1502);  hir  umme  is  dat 
recht,  dat  die  van  Bremen  geistlick  unde  weltlick  gan  boven 
die  van  Hamborch  yewelick  in  sinen  grade  und  state.  quelle 
im  brem.  wb.  6,  338;  ir  erwirdigen,  ersainen,  fr.umen  leser, 
geistlich  und  welllich,  welcher  würden  oder  statz  ir  seien. 
Mlrner  r.  d.  gr.  luth.  narren  vorrede; 

got  kent  alle  ere  namen,  van  wat  State  efte  ampte  se  ök  sint. 

des  dodes  dam  1163. 
mü  Zusätzen  zur  (jenaueren  bezeirhnung  der  art  des  Standes, 
amtes,  berufs:  geistlicher  Staat:  aller  geistlicher  stot  ist  ge- 
setzet uf  lesen  und  singen,  quelle  des  15.  jahrh.  bei  Scbmidt 
eis.  wb.  337*;  du  bist  in  einem  geistlichen  stot  got  zu  dienen. 
Kl  isebsbebg  bilg.  40';  crem  geestliken  Stade  to  hülpe,  zur 
ihülfe  in  ihrem  klosterleben,  quelle  bei  Dähnert  455*;  in  gleichem 
HTin  und  ähnlich:  und  wer  es  sach,  das  die  person  die  ver- 
letzt wörd  geistlich  were,  oder  in  pfaffischem  stat.  Kbisebsberg 
dreieck.  spieg.  Cc  2* ; 

we  dem,  der  den  priesterlicben  stai  veracht. 

Jaspar  V.  Je:i:<ep  llomulus  1723; 

bestimmter:  im  vor  geschribnen  jor  (1439)  am  25.  tag  junii  do 
ward  hopst  Eugenius  der  vierd,  der  was  genant  Gabriel,  ab- 
gestosseo  von  bäpstlichem  stat.  Basler  chron.  5,  478,  6.  geist- 
licher und  weltlicher  Staat  einander  gegenübergestellt:  he  sy 
in  welkem  state,  gbeistlik  eder  werlllik,  dar  he  sy.  d.  städte- 
rhron.  16,78,25  {Braunschweig,  v.  1414);  naedein  als  gemein- 
X.  2. 


liehen  die  naekomende  inwoner  ind  besitzer  einiger  plaetzen, 
in  geistlicliem  of  werltüchem  staede,  anziehen  ind  willen  des 
beroempt  sin  ind  vurgezogen.  so  wanne  der  eirste  anbever 
der  wonunge  desselven  plaetze  grois  is  gewest  van  adel  of 
ampt.   13,455,1   (Cüln,  v.  1499); 

seius  Slots  sich  keiner  mer  thut  hallen, 
in  geistlich  und  weltlichen  stodt 
das  hinder  für  das  vorder  godt. 

WicKHA«  irr  reit.  pilg.  S4'  (68'). 

Staat  der  laien:  {bischof  Formosus)  wart  van  pais  Johannes  gantz 
afgesetzt  ind  untwiet  ind  wart  degradiert  zo  dem  staide  der 
leien.  d.  städtechron.  13,423,23  {Cöln,  r.  1199).    königlicher  Staat: 

dat  beboret  ök  te  dinem  konninkliken  state. 

des  ili-des  dant  355. 

fürstlik  stad,  die  fürstliche  würde.  Dähnebt  455*  {aus  älterer 
spräche);  in  hd.  form:  alszo  ist  nicht  mynner  uns  {erzhischof 
Johann  v.  Magdeburg)  eygentlich  vorkomen,  wie  wir  von  etlichen 
under  uch  gröblich  zu  reden  gesalzt  sint,  das  auch  unszerm 
fürstlichen  stale  zu  nahe  ist,  das  dann  ye  gescheen.  Spitte;«- 
DORFF  120,7  Opel;  vgl:  (l364  sind  die  burggrafen  v.  Nürnberg 
geforstet)  also  das  sie  als  wirdige  gelide  des  heiligen  römischen 
reiches  fursten  sein  und  fursten  stat  und  recht  mit  muntzen, 
glayten,  zollen  und  anderen  herlicheyten  und  freybetten  haben 
und  geprauchen  sollen  und  mochten,  d.  rfäd/^cAron.  3, 2S6, 2'5 
(Nürnberg,  um  1450).  Staat  der  obrigkeit :  deszgleichen  ist  es 
mit  dem  stat  der  oberkeyt.  Keisebsberg  seelenpar.  137*.  vom 
adel:  wanne,  wie  und  wairumb  der  stait  der  edelinge  up- 
komen  is.  d.  städtechron.  13,262,6  {Cöln,  r.  1499).  ron  den 
ständen  im  alten  Rom:  gelich  as  zo  Rome  waren  drieriei  stait, 
as  der  ritterliche  stait,  der  raitzlude  stait  und  der  stait  der 
gcmeinre  bürgere.  31S,  24.    vgl.  weiter: 

die  Hessen  doch  den  Jäger  stodt 
aus  truwten  sie  nit  dienen  gott. 

Brast  narrensch.  74,  33. 
Q  vom  ränge  der  engel: 

mine  engele  in  dren  gerachien  (scAaren) 

de  kunnen  sik  alle  wol  gevlien 

nach  orem  State  unde  werdichelt.    sündenfaU  149; 

Michael  bef  dy  bi  my  (noll), 

ein  werk  wil  ek  bevelen  dy, 

dat  mach  dy  lernen  nach  Jinera  State.    412. 

ri)  prägnant,  hoher  stand,  rang,  hohe  würde,  angesehene 
Stellung,  ansehen:  ein  staat-süchtiger  mensch  ist  gemeiniglich 
hoffärtig,  und  weisz  nicht,  dasz  ansehen  und  slaat  zu  erlangen 
durch  die  selbst-erniedrigung  geschieht,  pers.  baumg.  4,  II;  die 
deinen  {des  königs)  äugen  woll  gefallen,  werden  beschenckel 
und  zum  Staat  erhoben.  4,  13; 

miner  seien  salicbeit  hebbe  ik  (ein  ritler)  noch  nicht  vele  ge- 
sucht, 
men  allene  stät  unde  werltlike  ere.    des  dodes  dant  613; 

hirumme  nicht  en  spare  ik  (der  tod)  wer  adel  efte  joget, 
nein  gell,  stät,  wisheit  el'te  doget.     1604; 

do  de  man  sus  hy  state  kam  (voi/t  wurde). 

d.  ^lädiechron.  16,  157,  1712  (Braunschweig,  r.  1488); 
na  State  stunt  doch  al  or  priis.     2.'>8,  4422  fr.  1491); 

nicht  sulvest  rynghe  (finer)  na  State, 

roen  raalken  by  eren  late 

der  got  öm  glian  unde  de  lüde.    254,  4906; 

vielleicht  noch  so: 

in  der  ruh  vergnügter  sinnen 

steckt  das  höchste  guth  der  weit: 

und  disz  Kleinod  zu  gewinnen 

braucht  man  weder  Staat  noch  geld.    Gö:«THn  213. 

&)  auch  die  gesamtheit  der  zu  einem  stände  der  menschlichen 
gesellschaft  gehörigen  bezeichnend :  wo  in  vörtiden  alle  State  der 
niinscben  beter  weren  wan  nu.  des  dodes  danz  register  3C; 
niiT)  den  andern  stat  für  dich  die  ordenszlent,  so  sihestu  wye 
gantz  der  zerrissen  ist.  Keisersberc  emeis  2l';  dann  also  söl 
jeder  Staat  sein  sach  verweiten,  der  pfaff  mit  betten,  der 
fürst  mit  schütz  und  schirm,  der  underthan  mit  grosser  arbait: 
das   darmit  ain   stat   dem  andern  sein  müe  vergilt.   Ec«  bei 

ScilEBZ-OBBRLin   I55S; 

der  babst.  der  bischof,  der  cardinal, 
der  geistlich  siad  gar  über  al 
keiser,  kung.  Iiertzoge  und  grafTen 
die  kochent  all  in  einem  hafTea. 

-Mo^t  sckuusp.  des  mitlelalt.  2,  379,24; 

ich  waisz  ain  stät,  hulf  billich  darzQ, 
aber  lieber  machends  den  leuten  unrö, 
das  sind  docior  und  Juristen. 
vor  den  kann  sich  niemant  fristen. 

LlLlEilCRON  tolkil.  I,  560"  (Nr.  123*),  21; 

18 


275  STAAT 

men  nicht  lange  iok  liir  up  buwe, 

wan  ik  see  (ter  prelaten  stad, 

de  eilyker  wegen  nu  i»  seer  qiiad.    Rrink^  de  vn»  i9lb\ 

wo  »wack  is  nu  de  glieysilyke  siad.    407t ; 

wann  der  ley  gesclioien  hat  {den  tfhnlen  i/eiiommrii hnt), 

dann  kompt  er  zA  geisilichem  stat: 

der  vril  den  armen  man  erst  schinden. 

MuRNER  iiarrfnbescliw.  33,  &9  Spanier; 
wa  yeiziindt  de!>  ndels  stat 
prrfinden  zu  verlyhen  hat. 
die  selb  den  rycfien  sy  verkoufTen.    35,  19; 
doch  wollen  wir  Statuten  schreiben, 
die  heimlich  under  unsz  bleiben, 
darnach  der  gant^  weltlich  stat 
t&  leben  und  regieren  hat.    v.  d.  gr.  luth.  narren  1413. 

h)  auf  unpersönliches  bezogen. 

n)  wie  stand,  feste  stelle  oder  Ordnung,  in  sinnlicher  an- 
Kerjdung:  got  .«tciioppe  (bestimmte)  dem  water,  dal  yd  schulde 
hebben  synen  stat,  dar  en  mach  yt  nicbt  overgan.  quelle  bei 

ScBrLLEB-LfRBEN    4,36«'; 

hy  dem  gode.  de  \6f  unde  gras 

und  alle  dink  geschapcn  hat, 

des  hemels  löp,  der  örden  stät.     Theophilus  557. 

/9)  vie  zustand  in  allgemeinem  sinne,  auf  personen  oder  un- 
persönliches kann  sich  beliehen :  es  ist  ein  schlechter  stat,  res 
dubia,  turbida,  afflicla,  turbultnta  et  in  arcto  est.  Stieleb  2114; 
sich  im  guten  slat  befinden,  trovarsi  in  buono,  prospero  stato. 
Krauer  deutsch-ital.  diet.  2  (1702),  912'.  hierher  gehört  sicher: 
'l  is  dar  all  göd  in  stät,  ten  Doornkaat  Koolman  3,303';  he 
hold  »tn  bude!  {seine  Wirtschaft,  sein  gescbäft  oder  dgl.)  göd 
in  stät.  ebenda. 

r)  in  der  mitte  steht  Staat  für  den  zustand  eines  gemein- 
wesens,  in  bezug  auf  allgemeine  culturelle  Verhältnisse:  ich  will 
sagen,  der  auctor  ist  werth  gewesen,  dasz  er  zu  Heydeiberg 
gewohnet  hat.  denn  wer  sich  den  Staat  dieses  berühmten 
ortes  nur  in  etwas  bekant  machet,  wie  er  sich  vom  anfange 
dieses  seculi  bisz  auf  den  landverderblichen  krieg  befunden 
hat,  der  musz  bekennen,  dasz  sowohl  die  Universität,  als 
auch  die  gesamte  Stadt  vor  vielen  andern  in  Teutschland 
dozumahl  den  rühm  einer  galanten  curiosität  gehaupten  kunte. 
Weise  vorrede  zu  Zinkgrefs  apophthegm.  (IC93),  besonders  auf 
politische  Verhältnisse,  einrichtung,  Verfassung,  umfang  u.  dgl. 
{vgl.  lat.  Status  civitatis,  rei  publicae,  der  Wohlstand.  Cicero): 
bidde  wy,  dat  ghi  vor  oghen  nemen  den  stat  dis  landes, 
alse  he  vor  is  ghewest  unde  in  wat  maniren  dat  he  riu  vor- 
andert  is.  quelle  von  1382  bei  Schiller -LiBnEN  4,366';  sprak 
royt  ene  van  deme  State  des  rykes.  quelle  ebenda;  damit  das 
beilig  römisch  reich  bey  seinem  stat  und  herkommen  unzer- 
drennet  und  unzerlidet  beleihen  mocht.  d.  städtechron.  2,384, 14 
{Nürnberg,  um  1450);  demjenigen,  der  den  Staat  seines  landes 
verstehen  will.  Seckewdorf  fürstenstaat  (1656)  3;  ich  wil  mein 
alt-gesetztes  leben  noch  ferner  dahin  richten,  wie  ich  könne 
den  stat  meines  geehrten  vateilimdes,  aufnehmlich  befördern 
belffen.  Butscbky  Pa(/im.  40;  mancher  hat  noch  keine  fremde 
lufift  ieinals  gerochen,  weis  nicht  recht  den  stat  und  zu- 
stand seines  Vaterlandes.  500;  itziger  Staat  des  königreichs 
Persien.  Überschrift  eines  anhangs  zur  pers.  reiscbeschr.  eon 
Oleariut;  der  landsherr  soll  . . .  den  Staat  des  landes  nicht 
verändern.  GötbeS,  204  {Egm.  2,  in  bezug  auf  die  Niederlande, 
als  ausdruck  aller  Urkunden); 

kein  fürii  kan  den  staht  der  landschalTt, 
und  seine«  voicks  gemüht  und  aigenschalTt 
•0  wol  als  er  imaikyruf  Fiifiliicli  v.  Iluilrn)  verstehen  und 
bekehren.    Wbckiikrlin  425: 

ebenso  vom  zustande,  der  art  bestimmter  öffentlicher  einrich- 
tungen:  inglcicben  soll  auch  der  «laat  sowohl  der  kircben, 
als  auch  des  weltlichen  reglinents  in  dem  vorigen  seculo 
gelehrt  werden,  corpus  constit.  Brandenb.-Culmb.  1,504;  huf-, 
kriegs-,  kaniiner-staat,  die  Verfassung  des  Hofes,  des  Unterhalts 
der  kriegsvölker ,  des  kammeruesens.  Ja*lon(ii  lex.  (I72l)  743' 
{vgL  7),  vgl.:  deruberOsterreicbischen  regiirung- und  kainmcr- 
weetens  staat  und  canzleyen  etc.,  knecht  und  jungen,  quelle 
fM  1609  bei  Scan.*  2,  792,  dichterisch: 

Ibr  kehret  ehtiens  gar  Im  musenheiligthum 

den  «in  geführten  itaat  mit  sanimt  der  herrschan  um. 

GÜKTHIR  '«'1  SiEiNBAca  2,  OSO. 

im  ontchluiz  daran  bisweilen  wie  vorichrift,  norm,  Urkunde  über 
pflichten  und  befugnme  ron  beamten.  Scbn.*  2,  702.  Scmmid 
tchwdb.  wb.  504  {bestimmung  über  art  und  Verhältnis):  nach  in- 
halt  des  »tadti.  quelle  van  1540  bei  Scbm.' 2, 791;  eio«n  statt 
•ufricbteo,  eine  noim  verfügen,  quellt  ebenda. 


STAAT 


276 


2)  nach  einer  besonderen  richtung  entwickelt  sieh  Staat,  stand 
wol  unter  einßusz  des  franz.  eslat,  etat  tn  bezug  auf  vermögen, 
guter,  geld  und  geldeswert  {status  bonorum),  zunächst  als  be- 
rechnung  und  aufzeichnung  solcher  dingt:  staet  inaecken  van 
den  sterf-huyse,  commentarium  bonorum  conscribere,  vulgo  m- 
verUariare.  Kii.ia;i;  du  nuist  de  stüt  fun  din  guderen  un  dtn 
»aken  irst  upmaken,  damit  wi  sen,  wo  d'in  buJel  steit. 
TEN  Doornkaat  Koolma:»  3,303',  dann  als  anschlag,  Überschlag, 
rechnungsüberficht  über  ausgaben  oder  (und)  einnahmen.  Senn.* 
2,792,  wofür  heute  die  französische  form  itat  iiblich  ist,  eine 
anwendung,  die  die  grundlage  bildet  für  Staat  auf  etwas  machen, 
auf  etwas  rechnen,  im  sinne  zahlenmäsziger  rechnung  und  freier 
sich  darauf  verlassen,  es  vermuten,  hoffen  {franz.  faire  etat  de), 
Adelung,  auch  mit  attributiven  Zusätzen,  veraltet:  worauf  machst 
du  Staat?  qua  spe  fretus  es?  Steinhach  2,687;  die  laub-  oder 
unter-höllzer  werden  an  einigen  orten  acker-  oder  morgen- 
weise verkanfft,  und  ist  solches  für  den  eigenlhümer  gantz 
gut,  weil  er  das  geld  von  einem  oder  etlichen  bald  und  auf 
einem  brete  bezahlt  kriegt,  und  also  in  der  gesetzten  zeit 
.'taat  darauf  machen  kan.  Döbel  jdger-pract.  3,  AI' ;  aber  auf 
beyfall  wird  er  nicht  viel  staat  machen.  J.  E.  Schlecei.  3, 143; 
ik  make  kenen  staat  darup,  ich  rechne  oder  baue  nicht  darauf, 
brem.  wb.  4, 1006;  up  ein  is  kien  Staat  to  inaken,  man  darf 
nicht  auf  ihn  bauen,  ebenda;  man  kan  up  sinen  würden  Staat 
maken,  man  kann  seinen  warten  trauen,  ebenda;  dar  is  neen 
staad  up  to  maken,  darauf  kann  man  sich  nicht  verlassen. 
Dähnert  455*;  auf  seinen  vater  kiinncn  sie  sichern  staat 
machen,  sich  sicher  verlassen.  Adelung;  ich  hal>e  lange  Staat 
da)auf  gemacht,  es  lange  gehofft,  vermutet,  ebenda;  lierr  Feuer- 
eisen hatte  mir  so  viel  Versprechungen  wegen  des  drucks 
gemacht,  dasz  ich  ihm  ohne  bedenken  das  manuscript  an- 
vertraute, zum  guten  glücke  aber  ihren  namen  noch  ver- 
schwieg, auf  welchen  umstand  sie  staat  machen  können. 
Lessing  12,73;  das  ge!d  dafür  will  ich  ihnen  auf  ihr  erstes 
aviso  assigniren,  darauf  können  sie  sicherern  staat  machen, 
als  wenn  ich  ihnen  einen  heytrag  zu  ihren  briefen  oder  zu 
ihrer  Sammlung  verspräche.  I53;  hr.  Klotz  kann  staat  darauf 
machen,  dasz  ich  mich  von  seiner  spur  nicht  will  abbringen 
lassen,  er  mag  auch  noch  so  viel  Seitensprünge  versuchen.  208; 
weil  man,  wenn  sie  {der  rat)  einmal  gewonnen  waren,  mehr 
Staat  auf  sie  machen  konnte,  als  auf  das  übrige  volk. 
WiELAND  20,87;  aber  auf  ihn  («inen  begriff),  als  erweiteruog 
unserer  selbsterkenntnisz  durch  reine  Vernunft,  ...  können 
wir  nimmermehr  staat  machen.  Kant  2, 672;  auf  den  elenden 
tropf  in  purpur,  an  den  mich  der  oheim  der  marquise  empfahl, 
kann  wohl  kein  vernünftiger  mann  den  geringsten  staat 
machen.  TbOhmel  rm;  4,  9; 

denn  wenn  er  bey  den  zofen  sas» 

im  vorgcniach, 

war  Staat  darauf  zu  machen, 

dass  Junker  Gries 

die  weiszen  zahne  wies, 

und  zwischen  ernst  und  lachen 

von  aeinen  beldenihaien  sprach. 

W'iBLAND  18,305  Uommermdrcheii)  i 

mit  reflexixem  dativ:  fangen  wir  nicht  von  erfahrung  an  oder 
gehen  wir  nicht  nach  gesetzcn  des  empirischen  Zusammen- 
hanges der  erscheinungen  fort,  so  machen  wir  uns  vergeblich 
Staat,  das  dasein  irgend  eines  dinges  errathen  oder  erforschen 
zu  wollen.  Kant  2,222;  ich  inüszte  ja  im  köpf  TeriQckt  seyn, 
wenn  ich  mir  auf  eine  mitgäbe  von  ihnen  staat  machte, 
Lenz  2,  4!).  staU  mit  auf  auch  mit  inhaltlicher  bestimmung 
anderer  art,  nd.:  ik  make  staat  de  andere  weke  wedder  to 
huus  to  wescn,  ich  denke,  dasz  ich  die  folgende  woche  wieder 
zu  hause  sein  werde,  brem.  wb.  4, 1006. 

3)  aufwand,   dann  prägnant  firoszer  aufwand,  geprdnge,  ie 
sonders    in    prägnanter   anwendung    bis    heule  üblich,    »«     ■'  ( 
vielleicht  der  staudesgemäsze  aufwand  {vgl.  l,a,  f),  wol  beei      .-.t 
durch  franz.  estat,  6tat. 

a)  aufwand,  lebentführung,  Haushaltung  und  das  dazu  niAige 
geld:  die  zwen  dociore.'*  »int  noIturlTtig  300  gülden,  yeglicher 
150  gülden  für  linen  stale.  Batlrr  chron.  5,  467.24  (r.  145»): 
so  man  in  nianchcrley  weisz  haltet  einen  zerhalTtigen  :ilat 
ülier  sein  eigen  rcndt  und  feil,  zinsz  und  gült,  wann  zei 
hadtitjer  slat  heisriirt  zerhalVligm  und  grossen  rendt  Kiiskk!» 
BKRC  dreieck.  i\iegel  Cc4';  [der  herzog  von  Savnyen)  erpüte 
•ich  . . .  den  Meylündiüchrn  herzogen  mit  (rlichein  Nial  zA 
versehen.  Anshkih  4,104,16;  daruiub  ists  besser,  dasz  eine 
fraue  ein  kicydung  und  statt  halte,  dadurch  sie  guten  namen 


277 


STAAT 


STAAT 


278 


bekomme,  denn  einen,  dar»on  sie  beleumbdet  werden  mag. 
buch  d.  liebe  2S9';  darumb  . .  ist  es  ein  gut  ding,  ein  mitlen  stat 
zu  halten,  nacb  weise  der  frommen  frawen,  und  desz  ge- 
meinen Sitten  desz  landes  darinue  man  ist.  ebenda;  scblecliten 
Staat  machen,  modico  cinlique  cuUu  esse.  Steinbach  2, 6Sti,  fübren 
Fbisch  2,313";  weil  ibrer  guter  nicht  gar  zu  viel  und  ein- 
träglich waren,  hatte  sie  als  wittwe  ihren  Staat  in  gantz  enge 
Bchranckeu  gezogen,  und  lebte  von  ihren  renthen  also  zwar 
nicht  prächtig,  aber  dennoch  vergnügt  und  zufrieden.  Plesse  3,72. 

b)  XU  prägnanter  antcendung  leitet  über  der  gebrauch  von  der 
kaushaltung  eines  grossen  herrn,  eines  fürsten:  gy  hebbet  my 
gesacbt,  dat  he  eyn  klein  arm  here  sy,  mer  he  hevet  groter 
»tad,  den  wy  hebbet.  quelle  bei  Schilleb-LCbbes  4,36"';  dasz 
meine  {eines  heriogs)  zwen  söhn  nit  sogar  khinder  mehr  sind, 
gondern  dasz  sie  nunmehr  ein  ordentlich«n  stat  baiteii  müssen. 
queüe  von  1597  bet  Scim.'' 2,  792;  ob  ich  (ein  künig)  gleich  so 
einen  Staat  führe  wie  ihr  sehet,  fers,  baumg.  4, 13;  der  gantze 
königliche  Staat,  omnis  apparatus  regiae  magnificentiae.  Stein- 
bach 2,  6S6;  einen  königlichen  Staat  führen.  Adelung;  welche 
neue  last  zugleich  für  den  unterthan,  den  kostbaren  Staat 
zu  bestreiten ,  der  einem  königlichen  heerführer  zukam. 
Schiller  6,  247; 

wer  dieser  sacbe  scbutz  wird  nehmen  an  die  band,  . . . 

8ol  iiabea  sie  {die  loclUer  des  königs)  zum  weih',   und  solcbeu 

Staat  dabej, 
wie  einer  solchen  dam'  er  ebenmäsjjg  sey. 

DuTRiCH  V.  D.  VVsROER  Ariosl  4,  60,  7. 

vom  aufwand  eines  solchen  herrn,  der  bei  festlichem  anlasi 
wahrgenommen  wird,  besonders  von  seinem  gefolge,  der  gesamt- 
heil der  um  ihn  befindlichen  personen.  vgl.  bufstaat :  her  Otto 
quam  rayt  vollen  (vitleri)  rutern,  edelyngen  unde  knechten  . . . 
myl  groten  State  unde  glorie.  quelle  bei  ScHiLLER-LtiBBEN  4,367*; 
kertich  Cristoffer  quam  to  Lub.  myt  grotem  State.  queUe  ebenda; 
als  ich  nach  diseni  allem  fürier  gienge,  kam  Lucifer  mit 
seinem  stath  aufgezogen.  Philander  1,644;  er  kam  mit  groszem 
Staat,  oder  gefolg  aufgezogen,  quelle  von  1716  bei  Weigand*  2,788. 

c)  dasselbe  gilt  für  Wendungen  gleich  den  folgenden:  item  in 
dem  selben  jar  scbikde  de  stat  van  Colen  her  Diderich  van 
Munster,  ein  grosse  meisler  in  der  gutbeit,  und  meister  Jan 
van  Nuwenstein,  doctor  in  beiden  rechten,  zu  Constans  mit 
berliche  State  und  kost.  d.  slädtechron.  13,  lü2,i  (Cöln,  v.U99); 
einen  grossen  stat  haben,  menure  grande  stato  cioe  far  gran 
fompa.  Krämer  deutsch  -  ital.  dict.  2  (I7i2),  912';  die  frau  will 
auch  ihren  Staat  fübren,  und  dieselbe  darinnen  zu  handhaben, 
kost  gelt,  ebenda;  einen  prächtigen  Staat  führen,  sein  haut- 
wesen  äusierlicU  in  einer  ansehnlichen  Verfassung  halten.  Jablonski 
lex.  (1721)  743';  einen  groszen  Staat  bey  seinem  amte  führen, 
implissime  ac  magnificenlissime  honores  gerere.  Steisbach  2,  6s6; 
einen  groszen  Staat  machen  oder  führen.  Adelung;  he  förd 
so'n  stät,  dat  d'r  hast  (fast)  gen  geid  legen  to  krigen  is,  um 
dal  to  fülfören  un  to  betalen.  ten  Bournkaat  Koolhan  3,304*; 

dal  ick  scboid  kopoiaa  syo,  tui  düuckt  dat  wehr  kein  raet, 
ick  würd  tho  sehr  braveeru,  unde  löbien  groteu  staeu 

Laurkhberc  scherzged.  1,  94. 

d)  in  allgemeiner  prägnanter  anwendung,  pompa,  lusso,  splen- 
iore,  grandexia,  sfoggia  (conveniente  u  adequata  al  suo  grado). 
Kbameh  deutsch -ital.  dict.  i(i:oi),9il\  stat,  prachl,  hoffart. 
quelle  von  1711  bei  WEiGANn^  2,  7S8.  ostenlalio,  'luxus  Apini 
gloss.  öO:,  magnificentia  Steinbach  2,6SC.  Frisch  2,313*,  glänzende 
und  kostbare  hülfsmitttl  im  gesellschaftlichen  leben,  kostbare  kltider, 
fTichlges  hausgerät  u.  s.  f.  Adelung,  aufwand  in  geprdnge, 
pTunksaehe,  besonders:  koatbare,  prunkende  kleidung.  Weigand^ 
5,788,  prunk,  putt,  pracht.  Hertel  tht'ir.  sprachsch.  iil.  Frou- 
■anns  uitschr.  6,421, 10  (frdnk.-henneb.).  Honig  Kölner  mundart 
IbO*  (auch  als  f.),  ebenso  nd.  Woeste  252*.  Dannbil  210*,  auch 
tehon  mnd.  (s.  unten)  vgl.  schweit.  g'stad,  g'stat,  m.  luxus. 
Seiler  152':  unde  vorleth  de  werk  und  eren  stath  unde  her- 
licheyt  (ward  manch),  quelle  bei  Schiller -LObbkn  4,367*;  der 
•tat  niusz  fortgefübret  werden,  sollen  auch  die  backen  darüber 
einfallen  oder  loo.  creditoreu  drüber  verderben.  Kraiier  deultch- 
ttal.  dict.  2  (1712),  »12*; 

wer  wolle  nun  den  siaal  so  übergrosser  ehren, 
die  wanckelbare  pracht  ihm  wün^clien  und  begehren, 
und  suchen  nicht  vielmehr  den  siclierii  miueUtandt, 
der  einmabi  gut  und  bösz  vernünlTiig  liai  erkandl? 

Racuil  63; 
ein  abend  war  genug,  gemüther  gleicher  an 
obn'  auserlicbeii  Staat  empfindlich  xu  verbinden. 

Günturr  6S6; 
was  billTt  euch  aller  Staat  und  prachi? 

derselbe  bei  StknaAUi  2,  686. 


von  prächtiger  kleidung,  schmuck,  der  am  körper  getragen  wird, 
in  neuerer  zeit  besonders  so:  haben  sie  sich  diesen  kostbaren 
Staat  (Ohrringe)  selber  geschafft,  oder  ist  es  ein  präsent  von 
ihrem  herrn  liebsten?  Gellert  3  (1775),  239;  er  (ein  kutscher) 
wird  also  auf  den  Sonnabend  zu  mittage,  in  vollem  Staate, 
und  in  tiefer  ehrfurcht,  vor  ihrem  hause  erscheinen.  4,230; 
in  völligem  Staate  erscheinen.  Adelung;  seinen  ganzen  Staat 
anlegen,  ebenda;  se  geet  in  eerem  staad.  Oäbnert  455*;  für 
stallt  viel  geld  ausgeben.  Campe;  ich  nahm  es  (ein  alles 
mäntekiien)  mit  schämen  von  dem  fenster,  und  legte  es  um 
über  meinen  neuen  staat.  Brentano  4,  6;  sie  hatte  ihnen  zu 
ehren  einen  ungewöhnlichen  Staat  angelegt.  Keller  4,247; 
dar  hol  sein  ganzen  sioot  ufgelet.  Paasch  Altenb.  bauernd.  100; 

baddestu  {'lie  kuixprin)  biirnihertich  gewest  ovar  de  armen, 

got  scbolde  sik  diner  wedder  erbanueu. 

dal  were  di  nu  beter,  waa  alle  din  siät. 

dii  segge  ik  to  allen  vrowen,  se  sin  van  sidem  eTlvan  hogem 

grät. 

se  hebbeii  groten  acht,  wo  se  dat  us  den  licbam  mögen  lircu. 

des  dodes  danz  273; 

zum  ganzen  putz,  von  fuss  zu  baupt, 
den  stierelchen  aus  übergüld'iem  leder 
bis  zu  dem  demautknopr  der  hoben  straussenfeder 
am  lurbau.  mangelt  nichts,    der  gute  ritter  glaubt. 
ihm  träume   noch,    wober  kann  solcher  staat  ihm  kommeu? 
WuLAN»  22,  iOe  (Uh.  5,  27j; 

sie  {andere  mädchen)  prunken  wie  döckleiu 

in  Diiterndem  staat  : 

ich  trage  mein  röckleia 

vom  eigenen  rad.    Voss  6(1802),  44; 

denn  anders  nicht  soll  sie  mich  wiedersebn, 

als  in  der  grosse  schmück  und  staat. 

ScuiLLRR  bntul  V.  )lrss.  803; 

so  wol  auch:  sie  wird  sie  (in  der  ehe)  durch  übertriebenen 
Staat,  durch  beständige  ergötzlichkeiten  und  schmausereyen, 
um  alle  das  ihrige  bringen.  Lbssirg  1, 260 ;  ihr  (der  gattin) 
übermäsziger  staat  brachte  mich  in  unzählige  schulden.  845; 
vgl.  weiter  die  als  sprichwörtlich  verzeichnete  wendung: 

statt  und  kleid, 

hilllt  aber  uicht  zur  Seligkeit.    Pstri  2  (1603),  Tt  1\ 

sich  in  Staat  werfen,  sich  herausputzen,  herausstaffieren.  UDcel 
Wiener  dial.  154*:  Mariane.  geschwind,  mach  unsere  Sachen 
zurecbte!  Männchen,  ha!  wir  wollen  uns  gewisz  in  Staat 
werfen?  Weisze  3,181.  dafür  auch  sich  in  Staat  begeben: 
das  ebepaar  hatte  sich  in  staat  begeben.  Möruk  erz.  27. 
Wendungen  gleich  den  folgenden,  wo  Staat  im  sinne  von  schmuck 
erscheint,  stehen  dieser  gebrauchsart  nahe:  kehrt  er  wieder  bei 
uns  ein,  dann  musz  das  alte  haus  seinen  besten  staat  an- 
thun.  Freytag  6,67;  die  zimmer  mit  dem  prächtigen,  halb 
bäuerischem,  halb  städtischem  slaaU  Fbensskn  Jörn  Uhl  4. 
zum  Staat,  in  der  folgenden  stelle  mit  attributivem  susali  von 
einem  kleidungsstuck: 

nun!  geb  dir  auch  noch  die  blaue  mutz, 
bab'  sie  so  eben  im  glücksrad  gewonnen, 
siehst  du?  sie  ist  zum  höchsten  staat. 

ScuiLLKR  iVuUensleitu  lager  S, 

aber  auch  allgemeiner:  A.  sind  sie  Jäger?  B.  nein,  die  Dinte 
hängt  da  nur  zum  Staat,  ebenso  noch  in  allgemeinem  sinne: 
das,  es  ist  ein  Staat,  ein  wahrer,  reiner  staat,  herrlich,  prächtig. 
Albrecht  Leipt.  mundart  215*.  BuckERT  unterfränk.  mundart  174, 
auch  anderswo  in  der  Umgangssprache,  mit  nälieren  bestimmungen : 
dal  is  jo'n  stät  mit  de  miuske.  tbn  Duoinsaat  Kuolman  3, 3u4*; 
dat  is  jo'n  stät  um  dat  to  sen.  ebenda;  i  is  'n  sldt  fan'o 
hüs,  'n  wicht,  ebenda,  die  letztere  art  näherer  bestimmung  ist 
im  hd.  ungebrduclilich.  rein  mundartlich:  det  it  der  staat  all! 
X.  b.  von  mehl,  brot,  zur  bezeichnung  der  vorzüglichen  beschaffen- 
hext. BuCKERT  unterfränk.  mundart  171;  das  ist  all'  der  Staat! 
ausruf  der  Verwunderung.  Spiess  henneb.  tdtot.  239.  allgemeinere 
anwendung  hall  sich  auch  bei  Staat  machen,  in  bezug  auf 
kleiderprunk  ist  es  sehr  gewöhnlich.  Hu^zirer  Aarg.  wb.  249: 
Kuri  schonte  sie  (schuhe)  freilich,  denn  er  balle  sie  ausgezogen 
und  neben  sich  auf  den  schiffskaslen  gestellt,  um  erst  in 
Zürich  damit  staat  zu  machen.  C.  F.  Meter  Jenatsch  86,  nicht 
blosz  sehweixerisch.  vgl.  das  nd.  Sprichwort:  de  man  geld  up't 
flk  hed,  de  bräkd  gen  stät  to  maken.  ten  Doornraat  Koolman 
3,  304*.  mit  unbestimmtem  artikel:  die  macht  am  sonnlag  einen 
Staat.  Checelius  oberhess.  wb.  2,802;  an  stat  machen,  aufwand 
in  kleidern  machen,  aber  auch  eine  xierde  abgeben,  s.  b.  ein 
gegenständ  in  einem  zimmer  macht  an  stat.  Hi.tTNER  Deftregger 
dial.  229.  den  staat  machen,  in  besonderem  sinne:  vielleicht 
wäre  es  am  besten,  dem  willen  der  frau  muhme  zu  folgen 
und   eine   gleichgültige   dame   ins   haus   zu   setzen,   di«  den 


279 


STAAT 


STAAT 


280 


Staat  macht  und  uns  kalt  lüszt!  Kkller7,  267.  Staat  machen 
wie  geprdnge  machen  allgemein:  nicht  eines  {kein  buch)  thut 
ein  haschen  nach  unnütigen  nur  Staat  macheiiüen  krnutnissen 
kund.  38.  mit  etwas:  mit  ihren  waren,  ihren  kenntnissen, 
ihren  kindern  können  sie  keinen  Staat  machen,  auch:  mit 
dir  machen  wir  keinen  (groszen)  Staat,  nicht  viel  umstände. 
Alurecht  Leipx.  mundait  215*.  stat  von  etwas  machen,  fare 
stato  di  qualche  eosa.  KRAMtR  deutsch  -  ital.  dict.  2  (1702),  912*, 
stat  von  einer  pcrson  machen,  fare  stato  (conto,  stima)  di 
qualche  persona,  ebenda;  Staat  von  etwas  machen,  praedicatiune 
iactare.  Apini  gloss.  507;  von  etwas  Staat  machen,  magni  ali- 
quid aestimare.  Stei>bacb  2,  CS7;  groszen  staut  Ton  etwas 
machen,  laude  dignum  aUquid  ducere,  magni  aestimare,  plurimi 
facere  aliquid.  Krisch  2,313*,  viel  au/hebens  daron  machen,  ent- 
sprechend dem  ital.  fare  gran  stato  (und  franz.  faire  etat  de). 
Adelung.  Campe,  heute  nicht  mehr  allgemein  bekannt,  mit  un- 
bestimmtem artikel:  eilen  dannenhero,  dasz  sie  dieses  heilige 
buch  bald  durchlesen  mögen,  und  davon  machen  sie  nach- 
gehends  einen  grossen  Staat,  wo  sie  hinkumnien,  da  be- 
rfihmen  sie  sich  damit,  dasz  sie  so  vielmahl  die  bibel  durch- 
gelesen hätten.  SptRLisG  Nicodemus  quaerens  et  Jesus  respondens 

1  (1718),  40.    vgl.  die  oben  unter  dem  formalen  angeführte  stelle 

2  (1719),  810,  die  die  französische  form  estat  zeigt,  in  gleichem 
sinne:  der  ausdruck  lugend,  womit  der  Stoiker  auch  groszen 
Staat  trieb.  Kart  4,  106.  ähnlich:  sich  einen  Staat  woraus 
machen,  sich  auf  etwas  viel  zu  gute  thun.  Crecelius  oberhess. 
wb.  2,  802,  negativ  sich  keinen  Staat  daraus  mac  hen.  irrgarten  65. 

4)  der  fdur.  Staaten  erscheint  zuert.t  im  unmittelbaren  amchlusz 
an  die  gleichlautende  ndl.  pluralform  von  der  politischen  Ver- 
tretung der  ehemaligen  republik  der  vereinigten  Niederlande,  ihrer 
gesetzgebenden  Versammlung,  die  die  fottsetiung  einer  unter  bur- 
gundisiher  herrschaft  eingerichteten  stdndevirtretung  der  einzelnen 
provinxen  war.  das  Vorbild  für  diese  Institution  war  die  fran- 
zösische, im  14.  jahrh.  zueist  berufene  Vertretung  der  stände  (des 
adek,  der  geistlichkeit  und  des  bürgerstandes,  tiers  estat,  etat), 
die  bis  1614  tn  unregelmäszigen  Zwischenräumen  hauptsächlich 
zur  bewilligung  auszerordentlicher  subsidien  berufen  wurde,  dann 
erst  wieder  unmittelbar  vor  dem  ausbruch  der  durch  sie  be- 
stimmend beeinflu^zten  revolution  von  17S0,  die  alte  franzöiischc 
bezeichnung  estats  wurde  mit  der  einrichtung  von  den  Nieder- 
ländern übernommen,  sie  knüpft  unmittelbar  an  an  estat  im  sinne 
der  gesellschaftlichen  Stellung,  die  auch  das  deutsche  staut  in 
alter  spräche  zeigt  (vgl.  oben  I,  a,  e  und  staeten  des  lands, 
ordines  provinciae.  Kilian).  Staaten  (die,  pluralis).  senotores 
Belgii  foederati.  Stbinbach  2,  687,  die  Staaten  von  Holland  und 
W'estfriesland,  die  abgeordneten  der  vereinigten  niederländischen 
Provinzen.  Adelung,  auch  (dem  franz.  etals  generuux  ent- 
sprechend, ndl.  staaten-generaal)  die  Staaten  general  der  ver- 
einigten Niederlande,  die  deputierten  aus  den  sieben  vereinigten 
procinzen ,  bei  denen  das  höchste  regiment  und  die  Verwaltung 
des  gemeinen  wesens  steht.  JABioN^ki  lex.  743',  general-staaten 
von  Holland  und  West-Friesziand,  praeponentes  et  celsissimi 
proceres  Hcllandiae  et  Frisiae  OcciJ.  Apim  gloss.  245,  generul- 
staaten,  ordines  Belgii  confoederati.  Steinbach  2, 6S7,  die  general- 
staaten,  die  abgeordneten  aus  den  Staaten  oder  ständen  der 
provinzen  zur  Verwaltung  der  angelegenheitin  der  gesammten  re- 
publik. Adelung,  sogar  mit  dem  zusatz  hcrrcn,  der  diesen  flur. 
deutlich  als  bezeichnung  einer  Versammlung  von  Vertretern  kenn- 
zeichnet (ndl.  de  beeren  staaten-generaal  der  vereenigde  Neder- 
landen),  die  hochmögenden  berren  staten  von  Holland  und 
West-Friesziand  o  die  berren  staten  general  v  general-stutni, 
{i  prepolenti  signori  stoti  di  llollanda  e  di  Vestfrisia  o  gli  slati 
generali  deUe  prorincie  unüe.  Krämer  deutsch-it.  dtct.  2  (1702),  t*12*, 
die  berren  general  staten,  ordines  Belgii  foederati.  Frisch  2,  .'^IS', 
dann  auch,  besonders  in  der  Verbindung  die  general-staaten. 
zur  bezeichnung  der  Niederlande  als  eines  polUisclien  ganten, 
vgl.  general  4,  c  oben  (Arit  4, 1,  33S1 :  als  erst  kurtz  verschirner 
zeit  ...  die  statt  tmbden  ...  zu  den  unirten  staden  in  .Nider- 
land  ein  absprung  gennmiiien.  reichstagsabsch.  783  (c.  1603); 
wann  zu  zeit  obbedachter  vorgehender  legalion  in  die  .Nider- 
land  «olche  einbdiscbe  unrubcn  nit  geNtilk-t,  sondern  mit 
bOlff  und  zutbun  der  unirten  staden  bisz  dabin  conlmnirt 
würden.  7M;  da  ich  nach  Amuterdam  kam,  war  das  wort 
oder  die  frag,  wai  neu«?  zwischen  jederiiian  so  gemein, 
data  t$  fchieor,  als  warm  die  bochmOgende  herrn  sluaden 
der  vereinigten  Niderlanden  tolcbes  den  ibri)ten  zu  einer 
loiung  geben  blllen.  SmpL  4,  h\.  6  A'uri.  auf  die  zeit  der 
tfanitchen  htrrschaß  beziehen  steh  dte  folgenden  stellen:  ausser 


ihr  (reilerei)  sollte  auch  uoch  fuszvolk  angenommen  werden, 
wozu  sich  aber  die  Staaten  bis  jezt  nicht  verstehen  wollten. 
Schiller  7,94;  da«  die  »laaten 

der  Niederlande  seiner  nur  erwarten, 
die   spau'scliei)  ketten  abzuwerren.      don  Kartos  5,  8. 

auf  die  ständevtrträung  einzelner  niederländischer  provinzen  be- 
zogen erscheint  es  in  den  nächsten,  die  also  das  ältere  Stadium 
der  entwicklung  zeigen:  jede  provinz,  so  klein  sie  war,  hatte 
ihre  stauten,  ihre  landstände.  Götbe  8,  201  (Egm.  2);  um  solche 
(die  ausrüstung  der  flotte)  zu  beschleunigen  entscblosz  sich 
endlich  Teligny,  selbst  nach  Middelburg  zu  gehen,  wo  die 
Staaten  von  Seelunil  versammelt  waren.  Schiller  9,50.  general- 
staaten  wird  auch  gelegentlich  von  entsprechenden  einrichtungen 
anderer  länder  gebraucht,  s.  general  oben  a.  a.  o. 

b)  rwpufcJica  StHOTTEL  1420.  Stieibh  2114,  respublica,  governo, 
dominio.  KaAUEti  deutsch-ital.  dict.  2  ({10i),9\2',  rigierung,  regi- 
mentsform  und  Verfassung  zuischen  obrigkeit  und  unterthanen 
eines  landes.  Jablonski  lex.  743',  respublica,  status  publicus.  Ai'iNi 
gloss.  507,  das  genuine  wesen,  reich,  herrschaft,  res  publica, 
imperium,  civitas.  Steinbacb  2,687,  modus  et  ratio  regnandi, 
imperium,  regnum,  ditio.  Frisch  2,313*,  dauernde  Vereinigung 
von  menschen  ''unter  dem  gemeimcha filichen  bände  einer  rcgie- 
rungsform'.  Adelung,  eine  zu  einem  selbständigen  organischen 
ganzen  erhobene  gemeinschaft  von  menschen.  Weigand*  2, 7s8, 
selbständige  politische  gemeinschaft  nach  leitung,  gliederung  und 
besitz:  ein  staut  (civitas)  ist  die  Vereinigung  einer  menge  von 
menschen  unter  rechtsgesttzen.  Kant  5,  14.%  in  Zusammen- 
hang mit  1,  c  stehend  (auch  mit  3,  b?),  unter  romanischem  (zumal 
französischem)  und  niederländischem  einflusz  entwickelt,  für  den 
letzteren  ist  besonders  der  plur.  Staaten  beweisend,  vgl.  das  for- 
male und  4.  auch  die  in  politischem  sinne  gebrauchte  neu- 
lateinische  Verbindung  ratio  Status  Aann  unmittelbar  eingewirkt 
haben:  und  haben,  aus  dem  luteinischen  wurle  Status,  die 
Welschen,  das  wort  stato,  die  truutzosen,  das  wort  estat; 
die  Niederländer,  deu  nahmen  Staat  geniachet;  welche  letztere 
nahmen  so  viel  seyn,  als  ein  regiment,  oder  das  gemeine 
wesen;  welches  mau  auch  auf  deutsch,  hut  angefangen,  den 
stat  zu  nennen.  Butschey  Pathmos  iO  (unffr  ratio  statäs);  die 
so  genandte  neue  statisterey  aber,  Ichret  nichts  anders,  als 
einen  icden  stat,  nach  derjenigen  richt-schnur,  welche  bej 
dem  lateinischen  ratio  statüs,  auf  deutsch  der  stats-nutzeu 
heisset  (es  gehe  nun  recht  oder  unrecht  zu)  bey  euserlichea 
wohlstunde  zu  erhalten,  ebenda,  allgemein  üblich  tsl  solche  Ver- 
wendung seit  dem  17.  jahrh,,  doch  scheint  sie  schon  bei  Keisersberg 
irr.  schaf  F  3'  vorzuliegen,  war  also  wol  schon  damals  von  Frank- 
reich ins  Elsasz  herübergedrungen  (die  stelle  s.  unter  a).  alt 
bezeichnung  gelehrten  Ursprungs  von  eigenartig  schillernder  be- 
deutung  und  vorwiegend  abslractem  charakter  begegnet  das  u 
gebrauchte  wort  in  Deutschland  oft  einer  gewissen  abneigung: 

die  rrcilieii  scheint  uns  bald  ein  jugeudrauscb, 
es  sinkt  das  vaterlund  lierab  zum  staal, 
ein  lustig  (lultig?)  nort.  das  jeden  uiisinn  weiht, 
ein  leeres  K6tzenl)ild,  dem  meiisclienmark 
geopfert  wird,  dem  Minotauros  gleicli. 

Stolkkrg  liei  Saukr  Gotlitiyer  liichlerbund  3,  140. 

bezeichnend  dafür  ist  auch  die  antwort,  die  ein  bauer  dem 
pieuszischen  köiiige  Friedlich  Wilhelm  IV.  gab.  als  dieser  ihm  et» 
gesuch  unter  berufung  auf  den  staut  und  dessen  Ordnung  ab- 
schlug: ich  wuszte  wohl,  dasz  nicht  mein  geliebter  köoig 
mir  entgegensieht,  sondern  der  rucker  von  staat.  Hoffmahn 
Deutschland  einst  u.  jetzt  (1868)  299  nach  Nehry  citatenschatt  4G0, 
zumal  da  diese  bezeichnung  sprich  wo itlich  geworden  ist. 

a)  als  piditisches  regiment,  die  regierung  eines  gruszeu  herra, 
königs  oder  fürslen.  Frisch  2, 313*  ist  staat  im  anschlutz  an  l 
wol  in  stellen  gleich  den  folgenden  aufzufassen:  als  man  auch 
des  gleich  findet  in  weltlichen  grsatzdcn,  da  etlicb  sOnd 
werden  mit  dem  tod  ge.HlralTt,  etliche  nill,  wie  wol  sie  sind 
wider  die  gebot  und  Statut,  wenn  sie  zuckent  nit  den  schul- 
digen underwurir  gegen  dem  lieiri  n  und  stat  noch  gegen  dein 
uecbsteu.  Kkiskrsukhg  irr.  schuf  F3*:  wil  doch  aller  euro- 
päischen putentaten  macht,  sial,  ruht  und  anschlage,  und 
den  gantzen  kreis  des  römischen  reichs,  in  den  engen  kreit 
seines  gehirns  verfassen.  ItuTscuk\  l'uthmos  boo.  rgL  fürsteo- 
Alat,  gubematio,  regimen,  dudus  et  ratio  principit.  Stiklkr  2114» 
freier,  von  goU: 

daher  auch  billich  er.  •!§  böchtier  noieniai 
und  ewicor  iiionarch,  wie  er  will,  allen  telilei 
(well  alles  under  lelneni  »inliil 
io  allsm  SU  btfsbleo.    Wkckusslin  95; 


2S1  STAAT 

wer  ist  dan  diser  potentat, 

wer  ist  der  könig.  dessen  staht 

und  macht  die  weit  nicht  kan  beschliessen?    104. 

b)  dann,  in  neuerer  zeit  gewöhnlith,  mehr  auf  einheitlich  ge- 
gliederte leitung  oder  Verfassung  als  tertretung  der  gesamtheit 
gehend  oder  auf  die  gesamtheit,  wie  sit  in  einheitlicher  Verfassung 
ihren  politischen  ausdruck  findet. 

a)  ak  allgemeiner  begriff:  etwas  wider  den  slat  reden, 
schreiben,  handeln,  Tornehmen.  Krämer  deutseh  -  ilal.  dict. 
X  (1702),  912';  des  stals  angelegenheit  beobachten,  l'interesse, 
U  ragione  dello  o  di  stato.  ebenda;  rum  nachtheil  des  stats. 
Ebenda;  den  Staat  Tenvalten,  rem  publicam  administrare. 
Steisbach  2,  657;  in  der  erhaltung  des  Staates  müde  wer- 
den, «n  conservanda  re  publica  defatigari.  ebenda;  den  Staat 
placken,  rem  publicam  vexare.  ebenda;  ein  verbrechen  wider 
den  Staat,  ädelcsg;  zum  besten  des  Staates,  ebenda;  aliein 
Frankreich  hält  dafür,  und  jeder  kluger  mensch  wird  es  dafür 
halten,  dasz  der  s'.aat  weniger  leide,  wenn  fünf  thaler  an 
einen  einheimischen  als  drey  an  einen  fremden  bezahlet 
werden.  Moser  patr.  phant.  i  (1775),  32;  der  Staat  darf  dies 
Ton  seinen  gliedern  fodern.  Caupk;  deutsche  söldnerschaaren 
(Kurden)  in  röraischen  dienst  genommen  und  für  erhaltung 
des  Staates  Terbraucht.  Freytag  17,  4»;  Colonen..,  welche 
einen  tlieil  des  ertrages  dem  grundherrn,  und  dem  staat  so 
fiel  Ton  ihrer  ernte  und  den  gespannen  abgeben  muszten, 
dasz  auch  in  ruhiger  zeit  ihr  Schicksal  hoffnungsarm ,  in 
kriegszeilen  verzweifelt  war.  118;  nach  tödtlicher  erschöpfung 
des  Tolkes  erhebt  sich  langsam,  unbchülfiich  die  gerettete 
»eele,  schwach,  krank,  ihre  erdenhülle,  den  Staat  suchend. 
bilder  2(1859),  4ui;  man  mut  fol  geld  an  de  stät  belaien. 
TEK  DoüRRKAAT  KooLMAN  3,304";  beamtc  dienen  dem  Staate, 
werden  vom  staat  angestellt,  besoldet;  etwas  gehört  dem 
Staate,  ist  eigenthuni  des  Staats;  der  Staat  fordert  steuern 
Tom  einzelnen  bürger;  der  staat  kann  einen  rechtsstreit  haben 
mit  einem  einzelnen  bürget; 

wer  aber  sich  dem  staai  zu  dienen  hat  bestimmt, 
und  nach  der  gottheit  steil'  auf  tugend-sialTeln  klimmt, 
der  würkt  am  wohl  des  volks,   und  nicht  an  seinem  glücke, 
und  ist  zum  heil  des  lauds  ein  Werkzeug  vom  geschicke. 

IliLLiB  (176S)  103  (.w  teidorb.  sitUii); 

Terderhnisz  untergräbt  den  Staat  mit  schneller  macht. 

114  (der  mann  nacli  U.  well); 

es  ist  der  Staat  die  ehe  zwischen  bürgern. 

GuiLLPAgig«  8,  202  Sauer. 

fgl.:  an  prince  est  le  premier  serriteur  et  le  premier  magistrat 
de  l'etat.  Fbiedricb  d.  gboszk  memoires  pour  servir  ä  l'histoire 
de  la  maison  de  Brandebowg  (oeurres  1,  123  Preus:),  gewöhnlich 
übertrogen:  der  fürst  ist  der  erste  diener  seines  Staates.  iSEiiBT 
citaUnschtlz  1-22, 3b4.  von  Staats  wegen,  auch  gesehrieben  von 
Staatswegen:  die  ehe  ist  von  Staatswegen  oder  um  des  Staats 
willen.  Hippel  5,  106.  staat  und  kirche:  staat  und  kirche 
sind  Moses  und  Äarou.  Haxakr  7,62;  Staat  und  kirche  mögen 
allenfalls  ursacbe  finden,  sich  für  herrschend  zu  erklären  .., 
aber  in  den  Wissenschaften  ist  die  absoluteste  freiheit  nOthig. 

GüTBE   23,209. 

/S)  in  engem  susammenhang   damit  von  einzelnen  arten  selb- 
4ändiger  politischer  gimeintcesen,  ein  monarchischer  Staat,  ein 
I    freystaat.  Adelung,  ein  kaiserstaat.  Campe  u.  ähnl.:  ich  habe 
i    es  schon  bey  vielen  andern  gelegenheiten  gesehen,  dasz  ein 
I    demorratischer  staat    nicht    im    stände  ist   über  andere   zu 
berrscheu.    Heilmann   Thuc.  352;   man    erklart    diejenigen    für 
1    freye  Staaten,  wo  die  unlerthanen  sowohl  als  der  fürst  von 
I    gesetzen  abhängen.  Hamann  1, 145;  dasz  alle  glauben,  der  sei 
j    der  beste  staat,  den  man  am  wenigsten  empGndet.  Scbieier- 
I     MACHER  mcnoi. 62  kirchmann;  diese  zweite  periode  der  deutschen 
i     geschichte  . . .  unterwirft    schliesziich   alle  stände   dem  staat 
\     der  fürsten.  Frettag  iS,  3;  wie  die  neuen  edelleute  im  16.  Jahr- 
hundert dem  fürstlichen  staat  eingefügt  werden.  5; 
flieh  scIbt!   ein  freyer  staat  btdarr  nur  Trejer  seelen, 
wer  selber  dienen  will,  soll  Treyen  ntcbl  bel'ehieo. 
W^m  Halle*  (I76b)  tot  (<(ie  ttrduib.  skten); 

jj^^K  der  beste  staat. 

^^H    'woran  erkenn  ich  den  besten  Staat?'  woran  du  d-e  bette 
^^H    frau  kennst;  daran,  mein  Treund,  dasx  man  von  beiden  nicht 
j^^P  spricht.     ScHiLLH  11,46. 

1^^;')  ron  einzelnen  seWsttindigen  politischen  einheilen,  mit  geo- 
graphischer oder  anderer  genauer  beitimmung  (rgl.  zur  entvick- 
,  lung  von  1,  c  aus  der  staat  von  Spanien,  Franckreich  «.  i.  v., 
I  'tuttand,  umfang,  regierungsform  und  andere  umstände  solcher 
!     Ttieht'.  Jabloriki  lex.  74S')   der   stat   des  grosz-hcrtzogs  von 


STAAT 


282 


Florentz.  Kramer  deuUeh-ital.  dict.  2  (1702),  912",  der  venedische 
stat.  ebenda,  der  kirchen-stat.  ebenda,  der  französische  staat. 
Adelung,  pluralisek  die  Staaten  von  Italien,  'die  sämtliche  ver- 
schiedene regierungen  {vgl.  a),  so  sich  in  selbigem  lande  befinden. 
Jablonski  lex.'ii',  die  europäischen  Staaten.  Adelung  ,  die 
vereinigten  Staaten  von  Amerika.  Campe:  damals  erschölle  in 
gantz  Europa,  dasz  der  könig  in  Franckreich  den  staad  von 
Holland  eygentiich  bekriegen  würde.  Simpl.  4,  152,  33  Kurz; 
die  europäischen  Staaten  haben  Ursache,  die  eherechte  auf 
alle  nur  mögliche  weise  in  schütz  zu  nehmen.  Hippel  5, 106; 
um  400  regieren  gewandte  häuptlinge  über  hof,  beer  und  staat 
von  Rom  und  Byzanz.  Frettag  17, 103; 

etwas  ist  Taul  im  Staate  Dänemark. 

Stiakespeaie  Haml.  1,  4  (^omeihing  is  rollen 
in  Ihe  State  of  Deitmark!). 

cgi.  auch  Scriver  seelensch.  2,791  unter  dem  formalen,  wo  die 
franz.  form  estal  in  solcher  anwendung  erscheint,  in  Verbin- 
dungen anderer  art:  das  er  [der  legat)  sey:  ...  des  stats,  so- 
wohl dessen,  zu  dem  er  gesandt,  als  jenes,  von  welchem  er 
abgeordnet  wird,  beiderseits  kündig  und  erfahren.  BuTSCHkT 
I'athmos  401;  entdeckt  dem  gantzen  stat 

den  fall  {sturi)  der  tjranney. 

A.  Grtpuics  (169S)  i,  U  (Leo  5,  449); 

fürs  erste  lerne  der,  der  gross  zu  seyn  begehret, 

den  iunerliclieii  stand  des  Staates,  der  ihn  nähret. 

Haller  (1768)  103  (,tlie  rertloib.  sitlen}; 

itzt  sinken  wir  dahin,  von  lauger  ruh  erweichet, 

wo  Rom  und  jeder  staat,  wenn  er  sein  ziel  erreichet! 
114  (iler  mann  nach  d.  well); 

das  lehrt  uns  Hiero,  der  einen  reichen  Staat 

eiir  jabre  lang  regiert,  und  oft  gesieget  bat. 

Hagedorn  1,  31; 

diesem  esel  gleicht  ein  staat, 

der  den  räubern  der  provinzen, 

zweeuen  ueuverbundnen  priuzen 

zeitig  sich  ergeben  hat!    2,  5U; 

mit  recht  verhalten  sich  die  heiren  kleiner  Staaten, 

so  wie  die  groszen  poientaten.    126. 

mit  betonung  der  inneren  eigenart  bei  genauer  bezeichnung:  der 
Germane  sah  ohne  acbtung  auf  die  Römer,  aber  die  idee  des 
römischen  Staates  erschien  itm  dorh  grosz  und  ehrwürdig. 
Freitag  I7,  t07. 

c)  bisweilen  ist  besonders  das  gebiet  gemeint,  das  einem  poli- 
tischen ganzen  von  personen  gehört,  das  unter  einer  herrsdiaft 
fitht  und  seiner  nruaUung  nach  sMst  ein  ganzes  darstellt: 
seinen  stat  ausbreiten.  Kuamek  deutsch  ÜjL  dict.  2  (lH)2),Qll'; 
durch  den  stat  eines  fürsten  reisen,  ebenda,  vgl.  der  staat 
hat  an  iändereyen  zu  geuümuien.  Stel^racm  2,  687. 

d)  im  plural  auch  von  theikn  einer  poiitiiohen  gesamtheit,  die 
eine  gewisse  Selbständigkeit  oder  HnheiUichkät  besitzen,  von  ge- 
bieten unter  gleicher  lierrschaft,  wobei  anscheinend  der  unter  4 
erwähnte  gebrauch  unmittelbar  nachwirkt:  durch  eine«  Staaten 
reisen.  Adelung;  die  preuszischen  Staaten,  ebenda;  seine  Staaten 
Termehren.  ebenda:  der  könig  bereiset  seine  Staaten.  Campe; 

in  allen  Staaten  meines  königs  wer 
ist  frech  genug  mit  giftigem  verdacht 
die  engelgieiche  lugend  anzuhauchen? 

Schiller  liom  Karlos  3,4; 
bey  gell!   im  ganzen  umkreis  meiner  Staaten 
der  einzge  mensch  der  meiner  nicht  bedarf!    3,8. 

e)  übertragen  auf  andere  einheitlich  gegliederte  selbständii,e 
genossensihaften,  Verbindungen. 

a)  in  bezug  auf  personen,  ein  Staat  im  Staate:  und  so  werde 
ich,  aus  dem  wohlmeinenden  urheber  einer  gesellscbaft  uohl- 
thätiger  kosmopoliten,  am  ende  der  Stifter  eines  unruhigen 
und  gefähriichen  geheimen  Staats  im  Staate  geworden  seyn. 
WikLAND  32,378  {Ägathodäm.  6,Z);  so  bildete  bisher  die  rö- 
mische kirche  in  den  römisch- kristlichen  Staaten  einen  Staat 
im  Staate.  Campe,  auch  auszerhalb  dieser  Verbindung:  nun 
ging  man  {reisende  Schauspieler,  die  eine  neue  einrirhtung  ihrer 
gesellschaft  planen)  sehr  lebhaft  zu  rathe,  wie  man  die  form 
des  neuen  Staates  aurs  beste  einrichten  wolle.  Göt8e19,  23. 
ß)  in  bezug  »uf  Ihiere:  sie  allein  {die  bienen)  haben  geniein- 
heit  der  kinder,  des  Staats  und  des  vorraths.  Voss  Yirplt 
ländl.  ged.  4,789; 

der  löwe  bleibet  allemal 

monarcb  des  gaozen  siaats.    Uaserorn  3,  49: 

doch  nicht  lange  so  gesessen 

hau'  im  siaai  er  bei  den  hibern.     Freilisratm  6.  139. 

y)  in  anderer  anwendung:  in  jedim  moralischen  wesen  legt 
sie  {die  natur)  ein  neues  centrum  an,  einen  staat  im  Staate. 
SCBILLER   4, 290. 


283 


STAAT  —  STAATENBUND 


STAATENBÜNDISCH  —  STAATENHAUS  284 


STAAT,  f.  siebenb.-sdchs.  Pferdeherde,  gestüt.  Schollbr  62. 
Haltiiicb  4S'.  Krämer  Bistritm  dial.  127.  Frohmanns  zeitschr. 
4,  195,  in  ablaulsverhältnü  stehend  zu  Stute,  weibliches  pferd, 
mhd.  ahd.  stuot,  Pferdeherde,  gestüt  Schüllkr  a.a.O.  in  diesen 
lusammenhang  gehört  augenscheinlich  auch  nd.  stalle,  junges 
füllen.  Strüdtharn  id.  Osnabr.  228.  siebenb.-sdchs.  bezeichnet 
stüder  den  rosihirten,  vgl.  mhd.  sluotsre,  ahd.  stuotAri,  tnulio. 

SCBOLLER    a.  a.  0. 

STAAT-,  die  so  beginnenden  susammensetzungen  sollen,  soweit 
formen  mit  Staats-  daneben  erscheinen,  unter  den  letzteren  an- 
geführt werden. 

STAATBAUSTEIN,  m.,  nach  Staat  6:  o  du  grinzende  mumie, 
dachte  Viktor,  ein  edelstein,  den  du  (ein  minister)  nicht  als 
einen  Staatbaustein  Termauern  kannst,  ist  dir  weniger  als  ein 
sandbiock.  J.  Padl  Hesp.  2,  ISS. 

STÄÄTCHEN,  n.,  i.  stätchen. 

STAATDRECHSLER,  m.,  nach  Staat  6:  das  volk  ist  ein 
gerader  stamm,  aber  alle  spühne,  in  welclie  ilin  die  staat- 
drechsler  Ibeiien,  krümmen  sich.  J.  Paul  liomet  2, 173. 

STAATEN-,  die  to  beginnenden  Zusammensetzungen  folgen 
meist  der  unter  6,  seltener  der  unter  4  erwähnten  bedeutung  von 
Staat,  die  meisten  haben  formen  mit  Staats-  neben  sich,  deren 
sinn  in  der  regel  mehr  oder  weniger  abweicht. 

STAÄTENAHNLICH,  adj.:  die  lächerliche  buntscheckigkeit 
der  landkarte  machte  einer  zusammenballung  der  atonie  zu 
staatlichen  oder  doch  slaatenühnlicheren  gebilden  platz,  allgem. 
weltgesch.  (Grote)  io  (Fi.atbe),  320, 

STAATENBAU,  m.; 

stand  der  oat  in  rollten  kriegesnaramen, 
brach  in  glulh  ein  staatenbaii  zusammen. 

Freilicrath  2  (1886),  263. 
vgl.  Staatsbau. 

STAATE.NBESCHREIBUNG,  f.  politische  geographie.  Campe. 

STAATENBIBEL,  f.,  dem  ndl.  statenbijbel  nachgebildet,  die 
von  1626 — 1637  im  auftrage  der  generalstaalen  verfaszte  nieder- 
ländische bibelübersetzung. 

STAATENBILDUNG,  f.:  mehrere  menschenalter  nach  dem 
trojanischen  kriege  ereigneten  sich  Wanderungen  hellenischer 
Stämme,  durch  welche  ein  fester  besitzstund  gegründet  und 
ruhige  Staatenbildung  Vürbercitet  wurde.  Becker  weltgesch. 
1,  319;  er  (der  rdigionskampf  des  16.  jahrh.)  hat  verursacht, 
dasz  ein  groszer  tbeil  des  deutschen  volkes  . . .  jetzt  die  Hühen- 
staufenzeit,  ja  das  reichsregiment  des  ersten  Maximilian  be- 
trachten darf  wie  eine  dunkle  sage,  denn  seine  Ptaaten- 
hildung,  seine  rechte,  seine  gemeindegesetze  sind  kaum 
so  alt  als  die  der  nonlamerikanischen  freistaaten.  Freytac 
1»  (1898),  S. 

STÄATENBRASS,  m.:  beisammensein  -  ohne  zusammen- 
wirkung einer  walte  (Oberleitung)  giebl  eine  tote,  leblose  masse, 
wüst  und  slaatenbrasz,  ein  gesialt-  und  gehaltloses  unding. 
Jahn  1,  4U7  Euler.    vgl.  bras,  häufe,  wüst,  mengsei  oben  th.  2,306. 

STAATENBUND,  m.  bund,  Verbindung  von  Staaten  zu  dinem 
zwecke.  Campe:  endlich  geriethen  die  Römer  über  sie  (die 
Etrusker),  denen  sie  unglücklicherweise  zu  nahe  lagen;  denen 
also  auch,  trotz  alles  rühmlichen  Widerstandes,  weder  ihre 
cultur  noch  ihr  Staatenbund  ewig  widerstehen  mochte.  Herder 
id.  t.  philos.  d.  gesch.  14, 1;  der  nehmliche  Staatenbund,  welcher 
streitfertig  dastand,  dem  religionszwang  seiner  glieder  zu 
steuern,  sicherte  sich  eben  dadurch  vor  politischer  Unter- 
drückung, denn  ohne  diese  war  jener  nicht  müglich.  Schiller 
8,12;  eine  solche  ekklesia  halten  die  griechischen  Staaten- 
bünde so  wohl  als  vereinigte  Staaten.  Nieuuhr  rüm.  gesch.  2,  34; 
auch  der  Staatenbund  ist  ein  organisches  ganze,  ein  völker- 
rechtliches gemeinwesen,  n)il  einer  rechtlichen  auf  dem  all- 
gemeinen willen  beruhenden  Ordnung,  welchem  sich  der 
individuelle  wille  der  gliederslaalen  in  den  allgemeinen  oder 
bundes-angelegenbeiten  notwendig  unterordnen  musz.  Zacoaria 
uhweiz.  eidgenosuntch,  7;  aber  su  hochherzig  seine  (Theodeiicht) 
absiibten  waren,  scheiterte  doch  der  germanische  Staaten- 
bund an  den  kühn  aufstrebenden  Frankenkönigen,  üieserhei  bt 
geich.  d.  d.  kaiserteit  1  (1881),  76;  so  war  aus  der  monarchic 
karU  des  groszen  durch  das  neue  kaisertlium  vorläufig  (unter 
Otto  I.)  gleichsam  ein  Staatenbund  geworden,  in  welchem  dem 
ostfrinkiscben  kOnig  die  vorstandschaft  zukam.  4st.  staulen- 
buod  und  bundesilaat  werden  seit  der  ersten  uit  des  deutschen 
bundei  alt  zchlagworte  einander  gegenüber  gestellt.  (iuMBEir  in 
der  teittehr.  f.  d,  Wortforschung  s,  I70,  mit  belegen  (t.  auch  332), 
darunter  du  folgenden:  politiich  bedeutsam  war  au  den  leeren 
Worten  (der  rede,  mä  der  der  ötltrreichitche  bunJe4agsgefandte 


graf  Buol  am  11.  november  1816  die  bundesversammlung  eröffnete) 
nur  die  bestimmte  erklärung:  'der  deutsche  bund  sei  kein 
bundesstaat,  sondern  ein  Staatenbund'.  Treitscbke  2, 147;  wir 
wünschen  keinen  schlaffen  Staatenbund,  sondern  einen  fest 
vereinigten  bundesstaat.  Fribs  vom  deutschen  bunde  u.  deutscher 
Staatsverfassung  (1816) ;  weil  Deutschland  die  den  künftigen 
bundesstaat  bedingende  entwickelungsstufe  des  bloszen  Staaten- 
bundes noch  nicht  vollständig  durchlaufen  hat.  P.  Pfizer 
Vaterland  (1815)  197;  vor  allem  verlangen  wir,  dasz  Deutschland 
aus  einem  Staatenbund  in  einen  bundesstaat  verwandelt  werde. 
Friedrich  Wilhelm  1Y.  patent  vom  18.  märz  1848;  (mit  bezug 
darauf:)  ew.  majestät  haben  sich  aus  der  fülle  der  macht 
und  aus  Überzeugung  einer  unvermeidlichen  notwendigkeit 
für  einen  ehrlichen,  starken,  deutschen  bundesstaat  statt  dei 
unehrlichen,  schnUchlichen  früheren  Staatenbundes  erklärt, 
Arndt  brief  vom  9.  märz  1819  bei  .Meisneb  u.  Gebrdi  E.M.ArndL 
ein  lebensbild  in  briefen  (1898)467. 

STAATENBÜNDISCH,  adj.  zum  vorigen,  in  adverbialer  fügung: 
eine  reihe  der  centralistischen  paragraphen  der  vermittelunga- 
acte  war  staatenbündisch  abgeschwächt  worden.  Gervinoi 
gesch.  des  19.  jahrh.  l,  312. 

STAATENBÜNDNLS,  n.;  daher  es  kein  wunder  war,  wenn 
einem  rohen  volk  ein  beinahe  erschlafftes,  einem  kriegerischen 
ein  handelndes,  einer  vestvereinigten  Stadt  ein  uneiniges 
staatenbündnisz  zuletzt  unterliegen  muszte.  Herder  id.  i.  phüot, 
d.  gesch.  14,  1. 

STAATENFAHNE,  /.  fahne  vereinigter  Staaten,  so  der  ver- 
einigten Niederlande,  der  vereinigten  Staaten  von  Nordamerika. 
Campe,  bezeichnung  einer  art  der  blasenschnecken  in  Ostindien, 
wegen  der  ähnlichkeit  in  der  Zeichnung,  die  auch  prinzen flagge, 
Oranienflagge  heiszt,  bulla  physis,  ndl.  staatenviaggetje  Neunicb 
1,718.  Staaten  falincnnadel,/'.  eine  art  der  walzenschnecken, 
voluta  sanguisuga.  Campe,  in  Ostindien  häufig,  ndl.  staalen- 
vlaggcn  Nehnich  2, 1579.  aucfi  sie  kann  der  ndl.  bezeichnung 
gemäsz  staatenfahnc  genannt  werden,     vgl.  slaatenllagge. 

STAATENFAMILIE,  f.:  die  älteste  unter  den  stolzen 
nationen,  welche  auf  den  trümmern  des  Röinerreichs  ent- 
standen (die  deutsche),  ist  jetzt  in  vieler  beziehung  das  jüngste 
mitglied  der  Staatenfamilie  Europas.  Frettac  19  (1S98),  3. 

STAATENFLÄGGE,  f.,  was  staatenfahne.  KrCnitz  eneycL 
164  (1836),  96. 

STAATENFLICKER,  m.  der  an  Staaten  flickt,  ihre  einrick- 
tungen  zu  verbessern  sucht  (verächtlich).  Campe,  mit  folgendem 
beleg:  Erdmann  beschlosz  den  monolog  mit  dem  weihblick 
des  zünftigen  staatenflickers.  Benzel-Sternau. 

STAATENGEBILDE,  n.;  Sachsen,  wo  alles  ...  den  baldigen 
zerfall  des  künstlichen  prcuszischen  Staatengebildes  erhoffte. 
Prctz  preusz.  gesch.  4,75;  die  bevöikerung  von  Uschiroinbo 
und  den  angrenzenden  kleinen  Staatengebilden  nennt  sich 
Wassumbwa.  Götzen  durch  Afrika  77. 

STAATENGESCHICHTE,  f.  'geschichte  aller  oder  doch  der 
vornehmsten  Staaten.  Adelomg.  vgl.  staatsgeschichle:  wie  dieser 
irrstem  (der  kämet)  bald  den  lichtkreis  der  sonne,  bald  dessen 
üuszerste  grenzen  berührend,  nmschweift  und  mit  seiner 
scharfen  esoterischen  gestall  auf  die  wunderbar  einschnei- 
denden Umwälzungen  der  staatengeschicbte  deutet.  Brentaho 
4,  410. 

STAATENGESELLSCHAFT,  f:  aber  Europa  ging  ununter- 
drückl  und  frey  aus  diesem  fürchterlichen  krieg  (dent  iojdhr, 
krieg),  in  welchem  es  sich  zum  erstenmal  als  eine  xusammeo- 
bängendc  Staatengesellschaft  erkannt  hatte.  Sciimlep  8,  6;  is 
der  Staatengesellschaft  sei  das  recht  der  Intervention  ebenso 
unentbehrlich  wie  die  polizei  für  den  einzelnen  Staat.  PauTt 
preusz.  gesch.  4, 112. 

STAATENGEWICHT,  n..-  die  politlk,  die  es  doch  wahr- 
haftig mit  klaren  dingen  und  bloss  mit  dingen  von  dieser 
weit  zu  tbun  hat,  ist  gleichwohl  eben  so  voll  leerer  worie^ 
als  die  metuphyüik.  man  nehme  nur  Völkerrecht,  Staaten» 
gewicht  U.S.W.  KiiNGER  11,82.  das  wort  ist  heute  nicht  all- 
gemein bekannt,  die  bedeutung  ist  wol:  bedeutung,  mjcht,  einfluu 
von  Staaten. 

STAATENGRCNDER,  m.:  Friedrich  der  grosze  ist  billif 
genug,  ZU  gestchen,  daic  wenigen  slaatengründrrii  so  trefflidl 
vorgearbeitet  worden  sey,  als  ihm.   Becier  weltgesch.  10,  Sil 

STAATENHAUS,  n..'  nach  der  'Verfassung  des  deutschen 
reiches'  (vom  27.  märz  i849)  sollte  da*  bisherige  bundcsgcbid 
einen  konilitutionellen  bundeti«taat  bilden,  mit  . . .  einem  aiil 
•tauten-  und  volksbiius  bestehenden  rcichstaBe;  das  alaateil* 


285  STA  ATENKÜNDE  —  STAATEN  VERHÄLTNIS 

baos  sollte  zur  einen  hälfle  aus  Vertretern  der  regierungen, 
inr  andern  aus  abgeordneten  der  einzellandtage  bestehen, 
das  Tolkshaus  aus  unmittelharen,  geheimen  Tolkswahlen  her- 
Torgehen.  ScHBönER  d.  rechlsgesch.  (1S94)  811. 

STAATENKU.NDE,  f.  kunde,  kenntnis  von  Staaten,  ihrer 
imveren  und  duszeren  Verhältnisse.  Adelcxg.    vgl.  Staatskunde. 

STAATENKÜNDIG,  adj.  slaatenkunde  besitzend,  der  staaten- 
kondige.  Campe. 

STAATE.NLEBEN.  n.;  wer  diese  psychologische  Wahrheit 
im  angc  behält,  der  kann  sich  gar  manches  räisel  im  staaten- 
leben  erklären.  Gutthelf  Uli  der  knecht  278  Rechm.  vgl. 
Staatsleben. 

STAATENLEHRE,  f.  lehre  von  den  Staaten,  buch,  das  su 
nthält.  Campe,    vgl.  Staatslehre. 

STAATE.NLEHRER,  m.  der  Staatenlehre  vorträgt.  Campe. 
tgl.  staatslehrer. 

STAATENLEHRIG,  adj.  Staatenlehre  betreffend.  Campe.  vgL 
•taatslehrig. 

STAATENMENSCH,  m.:  übrigens  begehrt  der  mensch,  be- 
sonders der  staaten-mensch  die  Veränderung  und  den  umbau 
des  Staats  so  lange  bis  die  ruine  oder  der  neubau  da  ist; 
dann  flucht  er  aufs  neue,  und  wünscht  das  allerneueste. 
Dämlich  das  alle.  J.  Pacl  frieden-predigt  8. 

STAATENRAT,  m.  rat,  der  aus  Vertretern  von  Staaten  besteht 
oder  rat,  der  aus  ^den  stalten  oder  landständen'  {vgU  Staat  1) 
teitelit,  staatenralh.  Campe.    vgU  Staatsrat. 

STAATENRECHT,  n.  recht,  inbegriff  der  rechte  ton  Staaten 
gegeneinander.  Campe,  vgl.  Staatsrecht:  das  staatenrecht  wird 
im  deutschen  nicht  ganz  richtig  das  vülkerreeht  genannt. 
Kaxt  bei  demselben;  die  vertheidiger  der  Staaten- und  rölker- 
reclile.  Recker  rceltgesch.  14,30. 

STAATEN  RECHTLER,  m.:  die  Sklavenhalter  waren  es  natur- 
geroäsz,  welche  das  recht  der  einzelstaaten  verfochten,  daher 
sie  Staatenrechtler,  antiföderalisten,  später  demukralen  ge- 
nannt wurden,  allgem.  weltgeseh.  (Grote)  12  (Flathe),  174.  vgl. 
das  vorige. 

STAATE.NSEELE,  /.  seele  der  Staaten,  was  einem  Staat  erst 
iedeutung,  leben  und  kraft  giebt.  Campe,  mit  folgendem  beleg: 
0  du  hehrer  schutzgeist  des  geselligen  lebens,  du  staaten- 
»eele  —  gemcinsinnl   Renzkl-Stersaü. 

STAATENSTAAT,  m.,  von  Deutschland  ums  jähr  1840  wegen 
seiner  staatlichen  vielgetheiltheit:  wir  wissen  auch,  dasz  Frank- 
reich beim  ausbruche  des  krieges  den  ausstosz  und  aushieb 
kat:  denn  ein  staatenslaat  ist  durch  seine  bundesverfassung 
wohl  zum  schütz,  doch  nicht  gleichmäszig  zum  trutz  ge- 
rüstet. Jahs  2,966  Euler. 

STAATENSTIFTER,  m.:  dichter,  philosophen  und  staaten- 
itifter  haben  sie  (die  'decke  der  lukunft')  mit  ihren  träumen 
beroahlt.  Schiller  4,  293. 

STAATENSTILLE,  f.,  von  einer  zeit  der  ruhe,  des  friedens 
iwischen  Staaten:  während  der  staatenstille  geschrieben,  wo 
der  eisTogel  sturmsicber  brütet,  bevor  noch  die  windsbraul 
der  freiheit  und  des  friedens  schwanenlied  singt.  Jah.i  2,974 
Aller. 

STAATENSYMPÄTHIE,  f.:  eben  diese  allgemeine  staaten- 
■jmpathie,  welche  den  stosz  in  Böhmen  dem  halben  Europa 
BOiitlieilte  {im  30 jähr,  kriege),  bewacht  jetzt  den  frieden,  der 
diesem  krieg  ein  ende  machte.  Schiller  S,  % 

STAATEN  VERBAND,  tn.;  der  deutsche  staatenrerbaad. 
BiciER  weligescil.  14,  304. 

STAATENYERBCNDLNG,^.:  ihre  staatenverbündung  konnte 
ihnen  [den  Etruskem)  auch  wenig  nutzen  schaffen,  da  die 
Rfimer  sie  zu  trennen  wusztcn  und  mit  einzelnen  Staaten 
fochten.  Herder  id.  s.  philos.  d.  gesch.  I4, 1. 

STAATE.NVEREIN,  m.  'verein  mehrerer  Staaten  mit  einander 
tu  ünem  twecke  oder  zu  dinem  ganzen  .  Campe.  r;i.  staals- 
verein:  sollte  etwa  die  bierarchie,  diese  symmetrische  grund- 
6gur  der  Staaten,  das  prinzip  des  Staatenvereins  als  intellek- 
tuale  anschauung  des  politischen  ichs  sein?  Novalis  3,  361 
^leuiner. 

STAATENVERHÄLTNIS,  n.;  es  ist  sehr  unrecht,  dasz  wir 
anniilig  scheinen,  wenn  wir  in  den  höchsten  Interessen  des 
bürgerlichen  Staatenverhältnisses,  arme  an  geist  und  reiche 
an  empirischer  verruchtbeit  sich  unnütz  und  leer  . . .  gegen- 
seitig zerdiplomatisiren  sehen,  da  wir  doch  dasselbe  taglich 
in  dem  kleinsten  Verhältnisse  thun.  Brenta.ho  8,  2u4;  eine 
fast  allgemeine  umwäliung  der  Staaten-  und  völkerverhält- 
Disse.  Becker  weltgesch.  liftöl.    vgL  staatsverhältnis. 


STA  ATENVERSAMMLüiNG  —  STA.\TLOS     286 

STAATENVERSAMMLÜNG,  f.  Versammlung  von  Vertretern 
mehrerer  Staaten  oder  von  landständen.  Campe,  vgl.  staatenrat 
und  Staatsversammlung. 

STAATEN  VIELHEIT,  f.:  der  mann  des  einheitlichen  Frank- 
reichs, Mirabeau  beneidete  Deutschland  seine  Staatenvielheit. 
Gervixcs  gesch.  d.  19.  jahrh.  1.314. 

STAATE.NVORBILD,  n.;  er  liebte  England  und  sah  in  seinem 
Volk,  seiner  freiheit,  seiner  gesetzlichkeit  das  einzige  slaaten- 
vorbild,  dem  nachzueifern  sei.    Fontane  vor  dem  stürm  2,9. 

STAATEN  WANDERUNG,  f.:  ähnlich  der  zeit  der  Völker- 
wanderungen, rüstet  sich  unsere  zu  geister-  und  staaten- 
wanderungen.  J.  Paul  Lev.  l,  2. 

STAATENZERSPLITTERLNG,  f.:  bei  der  deutschen  Staaten- 
zersplitterung. J.  Paul  bei  Campe. 

STAATISCH,  adj.  xu  Staat,  m.  1)  nach  Staat  3,  landschaft- 
lich, so  pfälzisch  im  sinne  von  prächtig:  nu,  will  euch  ein  lied 
singen,  das  eine  adliche,  die  einmahl  eine  Zeitlang  bey  mir 
gewohnt,  als  gesungen,  wenn  sie  ihr  kind  eingcwieget.  soll 
ein  staatisch  lied  seyn;  ich  meines  theils  versteh'  kein  wort 
davon.  F.  MCller  1,258,  appenzell,  städisch,  aufgeputzt,  mit 
kleidern  prangend,  stattlich.  Toeler  406*,  nd.  (in  Oftfrieüand) 
stdtisk,  Staat,  aufwand  machend,  eitel,  hoffärtig,  stolz,  te!«  Doork- 
kaat  Koolmar  3,304*,   auf  nd.  Sprachgebiet  ins  hd.  übertragen: 

ein  edler  sclimaus  bat  uns  geschaart, 
nicht  karg  Doch  allzu  statisch.    Voss  5,  '257. 

oft  zusammengezogen  zu  staatsch,   50  in  Leipzig  im  sinne  von 
Staat  machend,  geputzt.  Albrecht  215*,  norddär.  {am  Harz)  uie 
geputzt,  prächtig.  Hertel  thür.  sprachsch.  232,  besonders  auf  nd. 
Sprachgebiete,   auch   in  der  hd.    Umgangssprache   nd.  gejenden, 
staatsch,  wohlgekleidet  Schütze  4,  ISl,   geputzt,  stattüeh  Mi  &ö', 
kostbar  oder  fein  angezogen  Scbamrach  20S',   vornehm,  prächtig 
(staadsch)  Däbxert  455',  stattiicA  (staotsch)  Dan.ieil  2lo',  an- 
sehnlich, stattlich,    geputzt    Friscbbier  2,  35S'.    Scbemionek  ,38, 
Staat  machend,  geputzt  Bernd  293,  von  Campe  als  Staat  machend, 
Staat  liebend  (^niedrig')  angeführt  mit  folgendem  beleg: 
nnsers  schützen  zartes  Hedclien. 
und  das  siaatsche  kammermädchen 
tbuD  am  kirmes  so  bequem.    Voss  2,  108,  85. 

daneben  lediglich  nd.  staatsk,  stattlieh,  prächtig,  mit  den  besten 
kleidern  geputzt,  brem.  üb.  4,  1006,  stätsk  te»  Düor.hsaat  Kool- 
MAX  3,  3u4  {vgl.  oben  stätisk),  statsk,  stattlich  Bader-Collitz 
waldeck.  wb.  9S'.    vgl.  Staats-. 

2)  nach  Staat  4,  den  generalstaaten  der  yiederlande  gehörig, 
sie  angehend:  könige  seynd  geringern  ungern  verbunden,  ob 
wir  gleich  derselben  krön  (Dänemark)  einen  noch  grössern 
reuter- dienst  gethan,  und  eine  doppelte  hochmögende  staa- 
discbe  macht  hätten.  Simfl.  4,  85,  25  Kurz;  wie  aber,  wenn 
er  {der  grosze  kurßrst)  die  staatische  allianz  daran  gab.  Protz 
preusz,  gesch.  2,  7. 

3)  nach  Staat  5,  im  gewöhnlichen  sinne  von  staatlich,  selten: 
so  wie  man  als  grundzug  des  staatischen  Zusammenhangs 
eines  germanischen  Stammes  das  gefolgewesen  darstellt. 
ScBACMAR.f  in  d.  Gott.  geL  anz.  1839  s.  345;  {Friedrich  der  grosze) 
schuf...  das  preuszische  nationalgefühl,  anch  durch  sein 
landrecht  das  provinziale  trachten  dem  staatiscben  unterord- 
nend. Dablmann  gesch.  d.  franz.  rev.  420. 

STÄÄTLEIN,  n.,   s.  stätlein. 

STAATLICH,  adj.  zu  Staat,  m.,  nach  Staat  5,  vereinzelt  schon 
frühnhd.:  staatlicher,  poüticus.  toc.  rer.  von  1509  uvi,  erst  viel 
später  allgemein  üblich,  den  Staat  angehend.  Campe,  ron  ihm 
ausgehend,  ihm  gehörig:  er  beglückwünschte  den  Zürcher, 
dasz  dem  kleinen  lande  aus  dem  erwarteten  friedensschlusse 
ohne  zweifei  eine  durch  feste  vertrage  verbürgte  staatliche 
Unabhängigkeit  erwachsen  werde.  C  F.  Meter  Jenatsch  156; 
als  normales  prodnkt  unsres  staatlichen  Unterrichts  verliesz 
ich  Ostern  1832  die  schule.  Bismarck  ged.  u.  erinn.  i,  i;  meiner 
preuszischen  Schulung  widerstrebten  tumultuarische  eingriffe 
in  die  staatliche  Ordnung.  2;  gegen  einen  wird  ein  staatliches 
verfahren  eingeleitet;  es  giebt  städtiche  und  staatliche  schulen. 
t.  auch  stattlich  unten. 

STAATLOS,  adj.,  nach  Staat  5:  sich  zu  entscheiden,  ...  ob 
er  sein  haupt  unter  sicherem  dach  bergen,  oder  aber  ohn- 
mächtig und  thatlos  dahinleben  will,  ein  Deutscher  beim 
glase  wein,  im  ernst  des  lebens  ein  staatloses,  kraftloses, 
verachtetes  einzelwesen.  Frkttac  15(i897),  295;  wie  die  staat- 
lusen  Pfalzer  sich  nach  einem  vaterlande  irgendwo  in  den 
wölken  sehnten,  so  freuten  sich  die  Preuszen  ihres  ...  glor- 
reichen Staate«.  Trbitscbie  5,51. 


287         STAATMACHEN  — STAATSACTION 

STAATMACHEN,  n. ,  nach  Staat  3,  d;  durch  slaatmaclien 
bringt  die  frau  den  mann  oft  in  schulden;  in  staatmacb'n 
sen  sa  vorndrou  —  ober  ho  (haben)  tbon  sa  nex.  Buckebt 
unterfiänk.  mundart  174. 

STAATMACIIER,  m.,  nach  »t&ati,d:  aber  die  jungen  und 
die  wilden  und  die  staatmacher,  die  gingen  nicht  hin.  Frenssin 
Jörn  Uhl  (l902)  18$. 

STAATS-  als  erstes  glied  in  tiisammenaelzungen  erscheint  ge- 
wöhnlich im  sinne  von  staut,  m.  3,  d  oder  von  5.  aus  der 
grossen  neigung  der  Umgangssprache,  etwas  durch  die  Verwendung 
ton  Staats-  in  solcher  art  als  vorzüglich,  prächtig  zu  kenn- 
zeichnen {nach  Staat,  m.  3,  d),  erklärt  es  sich,  dasz  Staats  mund- 
artlich auch  als  selbständiges  adj.  mit  solcher  bedeutung  empfunden 
wird,  aber  wol  unter  eirivirkung  von  staaliscb,  staatscli  {vgl.  dies 
oben),  wofür  die  daveben  auftretende  bedrutung  'geputtt'  spricht. 
MCller-Wbitz  Aachener  mundart  232.  Hö;«iG  Kölner  mundart  15u'. 
WoESTi  westf.  mundart  252'  (als  bergisch  verieichnet) ,  dasz  es 
hier  demgemäsi  auch  ohne  folgendes  subst.  und  in  adverbialer 
anwendung  auftritt.  Frohmanns  zeitschr.  6,  277,  20.  2,  54$,  44 
(rheinfränk.) ,  dasz  es  flexion  zeigt.  Kerkein  volksspr.  u.  volkss. 
in  Nassau  1,386.  Fbommanns  seitschr.  3,46,7  (rheinfränk.),  auch 
der  Steigerung  fähi^j  ist,  Staats,  staatser,  am  slaatsten.  Creceuds 
oberhess.  wb.  2,  803. 

STAATSABGRÜND,  m.;  in  dem  unsittlichen  Stadt-,  hof- 
und  staatsabgrunde,  der  sich  hier  auftliat,  erblickte  er  sogleicii 
die  greulichen  folgen  der  zukunft.  Biei.schowsky  Göthe  ],3(j9. 

STAATSABSICHT,  f.,  nach  steat  5:  wenn  ihn  nicht  Staats- 
absichten daran  verhinderten.  Gottsched  bei  Reichbl  kl.  Gott- 
sched-wb.  55. 

STAATSACTION,  f.  ^Schauspiel  worin  Staatsbegebenheiten  dar- 
gestellt werden ,  slaatsschauspiel'.  Campe  (ergämungswb.  unter 
action),  zuerst  nachgewiesen  aus  der  zeit  um  1700,  wo  die  prinzi- 
palin einer  wandernden  schauspielertruppe  Sophie  Julie  Elenson 
durch  ihre  mit  (leiss  choisirten  Staatsaktionen  und  kapital 
bourlesken  die  witwe  des  magisters  Velthen  aus  Frankfurt  a.  M. 
verdrängte.  Ei.isAriEiH  Mbntzel  gesch.  d.  Schauspielkunst  in  Frank- 
furt a.  M.  (1882)  144.  die  Elenson  kündigte  in  mehreren  Städten 
merkwürdige  haupt-  und  staatsactionen  mit  den  arlequin  und 
curiosc  burlesken  mit  ballet  als  nachspiel  an.  ebenda  130  (haupt- 
aciionen  im  gegensatz  zu  den  nachspielen),  die  von  Karl  Weisz 
1854  unter  dem  titel  Wiener  haupt-  und  staatsactionen  behan- 
delten 15  stücke  aus  dem  an  fang  des  ii.  jahrh.  (II  sind  datiert 
von  1724)  bieten  diese  bezeichnung  anscheinend  nicht,  oft  be- 
zeugt ist  die  Verbindung  in  den  ankündigungen  der  trujipe  von 
Wallerotty  aus  der  zeit  ihres  aufenthalts  in  Frankfurt  1741 
und  1742,  die  E.  Mentzbl  o.a.o.  mittheilt:  Aitselhen  werden 
(um  10.  mai  1741)  aufführen  eine  unvergleichliche  und  wegen 
ihrer  ausnehmenden  Vollkommenheiten  sehenswürdige  haupt- 
und  Staats-aktion,  betilult:  Mars  in  der  tiefsten  trauer,  ... 
das  ist:  der  unglückseelige  todes-fall  des  allerdurchlauch- 
tigsten  Caroli  XU.  t.  442  (das  stück  ist  von  H.  Lindner  [Dessau 
1845,  nach  der  Zerbsttr  handschr.]  und  von  Carl  Heine  (Wa/tc  1>88, 
nach  der  Wiener  handschr.]  herausgegeben,  es  hat  eine  lustige 
person:  Arlequin  ein  lustiger  cürassicrreuter.  nur  an  komischen 
stellen  wird  improvisiert);  dieselben  werden  wiederum  heute 
montag  (5.  märz  1742)  eine  gewiss  vortreffliche  intrigante  und 
extra  lustige  haupt- und  staats-aktion  vorstellen,  betitult:  die 
brichst-löbliche  regierung  der  grossmütbigen  Bianca,  königin 
Ton  Tyro  und  Phoenicien  . . .  den  bescbluss  mai  hct  eine 
modeste,  nacb-comOdie.  443;  eine  unvergleichliche  sinnreiche 
haupt-  und  staats-action,  betitult:  der  aus  liebe  entsetzlich 
tyrannisirende,  und  endlich  in  seinem  eigenen  blut  erstickende 
tarlariscbe  wQtericb  . . .  mit  Hanns-Wurst  einem  unglück- 
seeligen  und  zu  vielerlei  marler  verdammten  schiven,  verzagten 
Soldaten  und  von  vielerley  furien  entsetzlich  geplagten  auf- 
seher  vor  das  verlieble  frauenzimmer  . . .  statt  einer  nach- 
comOdie  aber  wird  eine  uperctte-comiijue  oder  rousicaliscbrs 
lu<*t-spiel  aufgeführel  (li.  april  1741).  444;  eine  der  galantesten, 
neuen,  wohl  ausgearbeiteten  bnupt-  und  stnats-actiunen,  be- 
titult der  Probierstein  unglaublicher  geduld,  oder:  die  un- 
überwindliche groszmuth  einer  lugendliafTlen  seelr,  in  der 
getreuen  und  bestfindigen  Griselda  (köniqin  von  Sicilien)  . . . 
mit  Hantz  Wural  einem  interessirten  hof-narren  .  . .  nebst 
1  bsilels  wird  unner  arlequin  auf  vieles  und  hohes  begehren 
mit  einer  luftigen  nsrb-romudie  aufwarten,  belilult:  Arlequin 
die  versoffne  Sybilla  (81.  mai  1741).  44»;  eine  moralische,  aus 
der  bibel  gezogene  tragödie,  welche  eine  vullkummene  baupt- 
uod   •Uattaclioo   voratellea    kann,   betitult:    Davids   vatler- 


STAATSACTION 


288 


thränen  über  den  unglQckseeligen  Untergang  Absalons... 
nebst  guten  arien  wird  auch  mit  2  täntzen  und  einer  extra 
lustigen  nachcomüdie  aufgewartet  werden  (3.  aug.  1741).  452; 
eine  gewiss  galante  und  lustige,  haupt-  und  staals-nction, 
betilult:  der  unsterbliche  rühm  eines  hochgebohrnen  adels. 
oder:  der  durch  die  treue  gestürzte  und  von  eben  dciselbea 
wieder  erhöhete  minister  . . .  mit  unserer  lustigen  person  ver- 
wirrten hofstreichen  . . .  den  bescbluss  aber  machet  ein  ballet 
und  lustige  nach-comödie  (\.sept.  1741).  454;  eine  unvergleich- 
liche, mit  sinnreichen  intriguen  und  guter  lustbarkeit  angefüllte 
haiipt-  und  staats-action,  betilult:  der  weibliche  Staats- 
minister  . . .  mit  Hanss-Wurst  . . .  den  beschlus»  machet  eine 
lustige  nach-comiidie  (30.  april  1742).  468.  noch  für  den  G.  october 
1756  kündigt  Wallerotty  bei  einem  neuen  aufenthalt  in  Frankfurt 
an:  eine  unvergleichliche,  und  mit  besondern  Vorstellungen  dei 
theatri,  angefüllte  sehenswürdige  haupt-  und  staats-aktion  ... 
betitult:  die  unerschrockene  kühnlieil  eines  beiden  ...  mit 
Hannswurst  . .  .  den  bescbluss  macht  ein  ballet  und  eine 
recht  lustige  nach-comOdie.  487.  längst  hatte  Gottsched  seinen 
kämpf  gegen  die  rohen ,  meist  vnn  schauspielern  verfaszten  oder 
nach  ausländischen  Vorbildern  bearbeiteten  stücke  der  Wander- 
truppen eröffnet,  in  denen  (auch  soweit  sie  eine  ernste  haudlung 
hatten)  Hanswurst  eine  hervorragende  rolle  sjAelt.  im  17.  stück 
des  1.  theils  seiner  Zeitschrift  ^die  verniinfiigrn  tadlerinnen'  vom 
25.  april  1725  heiszt  es:  denn  was  königliche  und  fürstliche 
personen  anlanget,  die  in  den  sogenannten  haupt-  und  staats- 
actionen vorgestellet  werden:  so  ist  es  zwar  gewisz,  dasz 
der  gezwungene  glänz  ihrer  kleidungen,  und  die  pracht  ihrer 
hofstatt,  die  äugen  des  untersten  pübels  sehr  blendet:  allein 
denen,  die  etwas  besser  iirtheilen,  musz  dieses  güuze  wesea 
lächerlich  und  ungereimt  vorkommen,  die  harten  zufalle,  die 
regierenden  hauptern  und  andern  Standespersonen  begegnen, 
können  zwar  in  beweglichen  trauerspielen  zu  erregung  des 
Schreckens  und  mitleidens  vorgestellet  werden:  aber  als- 
dann brauchet  man  die  narrenpossen  eines  harlekins  nicht 
dabey,  die  gleichwohl  von  schlechten  comödiantcn  immer  ein- 
gemcnget  werden,  durch  seinen  einflusz  geriet  mit  der  sachi 
die  bezeichnung  allmählich  in  miszkredit.  sie  blieb  haften  aa 
stucken  der  schauspielertruppen  vor  der  Gottschedschen  reform  det 
deutschen  theaters  und  wurde  sachgemäsz  auf  gleichartige  erzeug- 
nisse  des  17.  jahrh.  ausgedehnt,  gelegentlich  verschoben  sich  aller- 
dings dabei  die  richtigen  grenzen  des  begriffs.  die  bezeichnung 
galt,  wie  die  oben  angeführten  belege  zeigen,  nicht  blas  für  stücke 
mit  ernster  haupthandlung  oder  für  dramatische  bearbeitungen  zeit- 
genössischer ereignisse,  dagegen  nur  für  solche  politischen  oder 
verwandten  Charakters  (abzulehnen  ist  die  in  Robersteins  grundr.* 
2,  2()2  versuchte  Zusammenstellung  mit  Staat,  praeht,  prunk  [3,  d]). 
in  freier  anwendung  verächtlich  von  historischer  wissenschaftlichtr 
darstellung : 

ein  kehrichtfasz  und  eine  runipelkammer 
uiul  liönlisteiis  eine  haupt-  und  siaatsaciion 
mit  irelTlichen  pragmatischen  maximen, 
wie  sie  den  puppen  wohl  im  munde  ziemen ! 

GöTHK  12.  38. 

es  begegnen  auch  andere  Verbindungen  in  gleicher  anwendung: 
eine  gantz  neue  sinn-reiche  mit  einem  guten  mural  sowohl, 
als  geziemenden  lustbarkeitm,  wie  nicht  weniger  verschie- 
denen wohlgesetzten  arien,  durchaus  vermischte  hof-  liebe»- 
und  staats-actiun,  betitult:  der  durchlaucbtigte  gärtner.  oder: 
die  auf  den  thron  erhobene  Weisheit  und  tugend.  mit  Hanst 
Wurst  ...  ein  nieister-slück  einer  leutschen-comüdie  . . .  den 
völligen  bescbluss  aber  macht  Arle(|uin  und  Pantalon  mit  einer 
extra  lustigen  nach-comödie.  ankündigung  der  Wallerottyschtn 
truppe  vom  29.  tnai  1741  bei  E.  Mentzil  a.  <i.  o.  449  (vgl.:  ein« 
aus  dem  frantzösiscben  übersetzte,  ungemein  bizarre  no4 
vcritable  hof-  und  baupt-piece,  betitult:  les  freres  confondai» 
\).  sept.  1741.  454);  unsre  Staats-  und  helden-actionen  warM 
voller  unsinn.  Lbssinc  6, 41 ;  unsere  Staats-  und  faelden-aclionM 
wimmelten  davon  (ron  künstcleien),  die  in  allem  nach  dM 
spanischen  muslern  zugeschnitten  waren.  7,28t.  staatsaclioi 
allein  wird  später  noch  gelegentlich  in  allgemeiner  bedeutung  itr 
ron  Cahpe  gegebenen  durchaus  tutreffenden  erkUlrung  gcm<ist  ohne 
verächtlichen  nebensinn  gebraucht:  im  plane  (ron  Shakespear 
Richard  II.)  nichts  rafllniertes.  eine  reine  staatsakticin.  LuDWiif 
:>  (189t),  1<M.  vgl.  auch:  die  kalte,  unfruchtbare  Staatsaktion  < 
dem  menschlichen  herzen  herauszuspinnrn  und  eben  dadur 
an  das  menschlirhe  herz  wieder  anzuknüpfen  —  den  mal 
durch  den  st.nalsk lugen  köpf  zu  verwickeln  —  ...  das  staM 
bei  mir.  ScniUKa  S,  •  (Fittko,  vorworl},    hier  scheint  allerdin§t' 


nvim 
laai 


289     STAATSADRESZBUCH  —  STAATSANWALT 

eine  unmittelbare  ankhnung  an  den  allgemeinen  sinn  von  actioD, 
handlung  vorzuliegen,  das  Schillerlexikon  von  Rüdolf-Goldbeck 
erklärt  staatsaction  im  anschlusz  an  diese  stelle  als  ^eine  handlung 
der  regierung,  welche  wesentliche  Umänderungen  im  Staatswesen 
lur  folge  hat',  solche  anwendung  ist,  obgleich  sie  in  dieser  steUe 
nicht  klar  tu  tage  tritt  und  augenscheinlich  nicht  der  alten  an- 
wendung zu  gründe  hegt,  die  von  action  im  sinne  von  Schauspiel 
ausgeht,  an  sich  durchaus  möglich,  vielleicht  ist  sie  Voraussetzung 
für  die  heule  gebräuchliche  Wendung:  eine  staatsaction  aus  etwas 
machen,  über  eine  unbedeutende  sacke,  besonders  ein  vergehen, 
mit  umsländlicher  uichtigkeit  verhandeln,  man  nennt  allerdings 
auch  eine  pomphaft  in  scene  gesetzte  Verhandlung  eine  haupt- 
nnd  staatsaiitioD.  BtJcHMANt«  (1900)  143,  was  wieder  deutlich  an 
den  bühnengebrauch  anknüpft. 

STÄATSADRESZBLCH,  n.,  was  Staatskalender.  Kbüsitz 
encycl.  164  (lS3ü),  99. 

STAATSALMAiNACH,  m.,  was  gtaatskalender.  Rbömtz  encycl. 
164  (IS36),  99. 

STAATSALLMACHT,  f.:  die  Wahrheit,  dasz  der  rcchts- 
bildende  gemeingeist  der  modernen  Völker  sich  am  stärksten 
in  ihren  staaisgesetzen  bethätigt,  verachtete  er  {Friedrich 
Wilhelm  IV.)  als  eine  verirrung  der  Hegelianischen  staalsver- 
götterer;  von  dieser  'staatsallmacht'  sollte  seine  christliche 
monarchie  sich  allezeit  fern  halten.  Treitschre  5,9. 

STAATSALTERTHCMER,  pluT.  staalseinrichtungen  alter  zeiten 
in  zusammenfassender  litterarischer  darsteliung :  griechische, 
römische  staatsaitertiiümer. 

STAATSAMT,  n.  ^amt  in  einem  Staate,  sofern  damit  ein  theil 
der  Staatsverwaltung  verbunden  ist'.  Campk.  amt  im  Staatsdienst: 
ein  reicbsgrundgesetz  schlosz  {in  Schweden)  die  anbänger  des 
pabsttbums  von  allen  staatsämteru  aus.  Schiller  s,  I04;  die 
bekleidung  oberer  staalsäuiter,  die  fiihrung  eines  groszen 
hausbaltes  lassen  es  nicht  mehr  zu,  dasz  ich  ohne  schaden 
unbeweibt  fortlebe.  Keller  6  (1899),  240;  ein  staatsamt  be- 
kleiden und  Christ  sein  hielt  man  nicht  mehr  für  unvereinbar. 
Brieger  Constantin  d.  gr.  (isso)  2S; 

in  ehr'  und  staatsamt 
siebst  du  Trauea  nur.    Ivmebman  12,  33  Hempet. 

STAATSANGEHÖRIG,  fli;'.,  gewöhnlich  substantivisch:  schade, 
dasz  nicht  alle  Staatsangehörigen,  die  beamten  ausgenommen, 
Sträflinge  sind,  wie  mild  und  vorsorglich  erschienen  da  viele 
jetzige  regierungenl  Auerbach  dorfgesch,  2,öO. 

STAATSANGEHÖRIGKEIT,  f.  zuni  vorigen:  sieht  doch  {in 
Petersburg)  der  eigentliche  bürger  von  seiner  Staatsangehörig- 
keit nur  beschwerden  und  lasten,  nirgends  vortheile.  morgen- 
blalt  1S46  s.  S87". 

STAATSANGELEGENHEIT,  f.  angelegenheit  des  staaU,  sache, 
die  den  staat  betrifft.  Cahpe,  ratio  stalus  Frisch  2,313*,  stats- 
angelegenheit,  interesse  di  stato.  Krämer  deutsch  -  ital.  dicL 
2  (r02),  nl2':  hier  sieht  man  die  Ursache,  warum  ich  bey  den 
Staatsaugelegenheiten  den  ausdrücken  des  herrn  Vise  nach- 
geahmt habe.  Gottsched  bei  Reichel  kl.  Gottsched-wb.  55;  meiner 
ansieht  nach  ist  der  amtliche  theil  des  reichs-  und  staats- 
aozeigers  für  solche  Veröffentlichungen  da,  welche  bezüglich 
der  reichs-  und  der  preuszischen  staats-angelegenheilen  unter 
Verantwortlichkeit  des  reichskanzlers  resp.  des  preuszischen 
Staatsministeriums  erfolgen.  Bismarck  ged.  u.  eriun.  2, 19'<. 

STAATSANLEIHE,  f.  geldanleihe,  die  ein  staat  macht,  ge- 
wöhnlich durch  ausgäbe  einer  bestimmten  zahl  verzinslicher  schuld- 
schfine  von  gleicher  höhe:  vierprozentige  preuszische  Staats- 
anleihe. 

STAATSANSTALT,  f.:   ein   ähnliches  miszverhälinisz   des 
menschen    zum    menschen    scheint   eben    so    natürlich   allen 
iTentlichen  staalsanstalten  anzukleben.  Hama.in  7,  60. 

STAATSANSTELLUNG,  f.  anstelluug  im  Staatsdienste. 

STAATS.A.NWALT,  m.  anwalt  des  Staats,  beamter  der  staatlichen 
rechtspftege,  der  im  interesse  des  Staats,  der  öffentlichen  Ordnung 
straflhnten  verfolgt,  öffentliche  klage  gegen  den  verdächtigen  er- 
hebt, bei  der  hauptverhandlung  die  anklage  vertritt  und  die  voU- 
zii'hung  der  strafe  überwacht:  dabei  mag  erwähnt  werden, 
dasz  durch  jene  Verordnung  zuerst  in  den  provinzen  des  all- 
eeincinen  landreclits  der  Staatsanwalt  eingeführt  worden  ist, 

>  defensor  matrimonii  und  zur  Verhütung  von  collusionen 
'.'T  Parteien.  Bismarck  ged.  u.  erinn.  l,  8;  der  justizminister 
graf  zur  Lippe  hatte  vielleicht  von  seiner  thätigkeit  als  slaats- 
»nwall  die  gewuhnheit  beibehalten,  auch  das  schärfste  mit 
lächelnder  miene,  mit  einem  höhnischen  ausdrucke  von  Über- 
legenheit zu  sagen.  302. 
X.2. 


STAATSANWALTSCHAFT  —  STAATSBAU     290 

STAATSANWALTSCHAFT,  f.  behörde,  der  ein  Staatsanwalt 
vorsteht:  unsere  bekanntschaft  datiert  aus  der  zeit,  in  der 
ich  als  referendar  der  Berliner  Staatsanwaltschaft,  der  graf 
Pückler  damals  noch  angehörte,  zur  beschäftigung  überwiesen 
worden  war.  Samosch  provenzalische  tage  18. 

STAATSÄNWEISUNG, /'.  staatspapier,  welchem  Staatsgüter  xum 
unterpfande  dienen,  assignai.  Campe. 

STAATSANZEIGER,  m.  leUung  für  staatliche  bekannt- 
machungen,  officielle  zeitung  eines  Staats:  noch  sind  wir  auf  die 
spärlichen  nachrichten  angewiesen,  welche  die  officieilen 
telegramme  des  preuszischen  Staatsanzeigers  bringen.  Fbeytag 
15  (1897),  301 ;  dasz  herr  von  Schleinitz  an  den  curator  des 
'reichs-  und  staats-anzeigers'  das  ansinnen  gestellt  habe,  diese 
ernennung  in  dem  amtlichen  blatte  zu  publiciren.  Bismarck 
ged.  u.  erinn.  2, 199. 

STAATSARCHIV,  n.  institut  zur  aufbewahrung  staatlicher 
Urkunden,  für  einen  staat  bedeutsamer  Schriftstücke.  Kküritz 
encycl.  164  (1S36),  13". 

STAATSARCHIVAR,  m.  leiter  eines  Staatsarchivs.  KrC.mtz 
encycl.  164  (l836),  213,  archivar  an  einem  Staatsarchiv. 

STAATSARZNEIKLNDE,  f.  arzneikunde  im  dienste  des  staaU, 
gerichtliche  medizin  und  medizinische  polizei.  KRtnirz  encycl. 
164  (1836),  223. 

STA,\TSARZT,  m.  von  einem  staatsverbesserer : 

lausend  kleinere  mittel  benützte  sclion  oftmals  ein  siaatsarzt. 
So:4.ne;<bkrg  liri  Camps. 

STAATSAÜFSEHER,  m.  aufseher  über  einen  staat,  über  die 
staatliche  Ordnung,  ^dergleichen  bei  den  Griechen  die  ephoren 
und  bei  den  Römern  die  ccnsoren  waren .  Campe:  diese  staats- 
aufseher  bleiben  nur  ein  jähr  im  amte,  haben  den  vorsitz  über 
alle  andern  obrigkeitlichen  personen,  unmittelbar  nach  dem 
epistaten,  und  werden  vom  volk  als  eben  so  viele  für  seine 
rechte  und  für  die  öffentliche  woblfabrt  wachende  schutz- 
geister  angesehen.  Wielawd  33,  405. 

STAATSAUSDRUCK,  ni.  auf  das  staatliche  leben  bezüglicher 
ausdruek:  gewisse  starke  staatsausdrücke,  die  wir  im  latei- 
nischen mit  ganz  römischer  seele  fühlen,  sind  im  deutschen 
(in  einer  Übersetzung  des  Tacitus)  in  so  matte  elende  Um- 
schreibungen verflossen,  dasz  wir  uns  in  ihnen  nichts  denken, 
was  der  Römer  dachte.  Herder  4,327  Suphan. 

STAATSÄUSGABE,  f..  gewöhnlich  im  plur.  ausgaben  {an  geld), 
die  ein  staat  hat.  Campe:  der  kreisfürst...  legt  alsdann  den 
gesanimten  ständen  eine  bereclinung  der  ordentlichen  Staats- 
ausgaben des  kreises  für  die  folgenden  zehn  jähre  . . .  vor. 
\Viela>d  31.  427  {gespr,  unter  4  äugen  lü). 

STAATSBAHN,  f.,  was  staatseisenbahn,  dazu  staats- 
bahnbof,  m. 

STAATSBANK,  f.  wechselbank  eines  Staats,  Un  welcher  die 
Staatspapiere  zu  gelde  gemacht  werden  können.  Campe. 

STAATSBANKEROTT,  m.  Zahlungsunfähigkeit  eines  Staats: 
während  ein  dritter  .  . .  auf  einem  Stückchen  schiefer  {die 
abgelegte  rechnunq  des  Schatzmeisters)  nachrechnet  und  durch 
die  miene,  womit  er  seitwärts  nach  dem  Schatzmeister  schielt, 
den  nahen  staatsbankerott  weissagt.  Wieland  33,3l2(.4ris(.  i,30). 

STAATSBAU,  m.  l)  nach  staat  3,  d  prächtiger  bau.  Rdceebt 
unterfränk.  mundart  171. 

2)  nach  Staat  5. 

a)  der  staat,  die  einrichtung,  Verfassung  des  Staats  als  bau 
betrachtet:  angemessener,  den  staatsbau  in  eine  spitze  als  in 
einen  söller  ausgebn  zu  lassen.  Dablmak»  gesch.  der  franz. 
rev.  385;  und  Prcuszen  selbst?  ist  denn  sein  staat>bau  stark 
und  kräftig,  abrundung  in  seinem  gebiet,  einheit  in  den 
höchsten  Interessen  seiner  landestlieile?  Frettag  15(1897),  83; 
auch  die  landschaft  seiner  (eines  deutschen  gutsherrn  des 
16.  jahrh.)  heimat  ist  keine  politische  einheit,  der  staatsbau 
seines  lehnsberrn  ist  noch  ein  schwaches  gerüst.  seine  treue 
und  unbänglichkeit  sind  nur  zufällig.  17, 7 ;  in  der  form  staatbau : 

jedem  hat  gott  xur  liand 

gegeben  ein  bandwerksgerithe,  . . . 

jeder  .«oll  rühren  seins; 

wo's  noth  thui,  alle  eins, 

des  Staatbaus  gründliclisieu  hebel, 

den  degen  oder  den  säbel.    Röckkrt  (1841)  149. 

vgl.  Staatbaustein  und  Staatenbau  oben. 

b)  bau,  der  auf  kosten,  im  auftrage  des  Staats  ausgeßhrt  oder 
{concret)  errichtet  wird,  ist.  als  plur.  dient  Staatsbauten:  wie 
wichtig  die  staaL-ibauten  ...  als  erwerbsquellen  vieler  gewerb- 
trcibcnden  and  handarbeiter,  dem  gesaramtkörper  sind,  be- 
weiien   diejenigen   Staaten,   in  weichen   der  landesherr  oder 

19 


291      STA  ATSBAÜKUNST  —  STAATSBEHÖRDE 


STAATSBEITRAG  —  ST  A  ATSBÜNDLERISCH     292 


die  regicrung  riel  bauen  läszt.  KrCnitz  «ncyci.  164  (1S3C.),  224; 
bei  Staatsbauten  pflegt  man  handwcikerarbeiten  im  sub- 
inissionswege  zu  vergeben,    vgl.  das  folgende. 

STAATSBAUKüNST,  f.  'die  öffentliche  baukunst,  alle  havten, 
die  auf  koilen  des  Staates  unternommen  werden'.  Khiinm  encycl. 
104  (1836).  223. 

STAATSBAUM,  m.  prächtiger  bäum.  Sbilbr  BasUrmundarfin*. 
vgl.  Staat  3,  d. 

STAATSBEAMTER,  m.  der  ein  staatsamt  hat.  Campe,  vom 
Staat  angestellter  beamter:  das  gespriicli  fiel  unvermerkt  auf 
die  unmüglicbkeit.  dass  ein  Staatsbeamter  in  einer  demokratie, 
bey  einer  ausdauernden  hcharrlichkeit  auf  seiner  pflicbt,  dem 
hass  und  der  Verfolgung,  die  er  sich  dadurch  zuzöge,  nicht 
in  kurzer  zeit  unterliegen  sollte.  Wibland  33, 122  (i4ri5(.  1,0); 
in  bejderiey  fällen  haben  sie  (die  eparrhen  in  Kyrene)  den 
räthen  und  übrigen  sUiatsbeamten  Vorstellungen  zu  tbun.  404 
(Arisl.  1,  43);  aber  diese  Umwälzungen  im  personal  der  höchsten 
Staatsbeamten  (der  minister)  sind  darum  nicht  minder  ein 
Unglück  für  ein  land,  das  mehr  als  jedes  andere  der  Stabilität 
bedürftig  ist.  Heine  6,  36'j  Elster;  nicht  nur  die  sämtlichen 
Offiziere  der  drei  kricg^scbiffe.  sondern  auch  eine  anzahl 
büherer  Staatsbeamten  mit  ihren  vreibern  oder  töchtern,  welche 
die  reise  mitmachten,  bildeten  die  ansehnliche,  auf  die  lösung 
des  ritsels  begierige  Versammlung.  Keller  t,  229. 

STAATSBEAMTI.N.  f.  tum  vorigen:  'heiratet  aber  eine  staats- 
beamtin. Fichte  n a<urrecA<  2,  221. 

STAATSBEBEN,  n.  für  eine  gewaltsame  staatsverdnderung, 
revoliition.  Hess  sat.  sehr,  bei  Kinder i.ing  reinigkeit  d.  d.  spr.  427. 

STAATSBEDARF,  m.  bedarf  eines  staats  an  Vorräten,  an 
benmten  u.  ähnl.    vgl.  staalsbedürfnis. 

STAATSBEDIENTER,  m.  der  dem  Staate  dient,  Staatsbeamter, 
von  Campe  als  ungut  bezeichnet,  heute  vöUig  veraltet:  die  kunigl. 
schwedische  staatsbedienle.  Cbemnitz  schwed.  krieg  3,  1,  24*; 
nemlichen  es  währe  zu  rühm  und  auffnalim  der  teutschen 
nation  und  spräche  dienlich,  dass  einige  hohe  pcrsohnen  iiuch 
Vdrnebme  staatsbedienten  und  sonst  an  geist.  gelehrsanikeit 
und  guten  gaben  ausbündige  und  bierinn  wolgesinnete  leute 
in  ein  Verständnis  diesfalss  treten  möglen.  Leibniz  unvorgreiß. 
gedanken  115.  hannov.  mscr.  Schmarsow ;  die  kaiser  und  ihre 
slaatsbedienten  kannten  und  liebten  die  Wissenschaften  nicht. 
Gottsched  bei  Reicbel  kl.  Gotlsched-wb.  65;  wäre  er  ein 
staatsbedienter  geworden ,  hätte  er  alles  in  Verwirrung  ge- 
setzet, und  tausend  unglückliche  gemacht.  E.  v.  Kleist  (i';7l) 
2,167;  dass  alsdann  gewiss  eben  diese  staatsbedienten  diesem 
edlen  regenten  aus  allen  kräften  entgegenarbeiteten.  Klingbr 
12,  146. 

STAATSBEDIENUNG,  f.,  vas  staatsamt.  Campe,  veraltet: 
er  hatte  ehemals  einige  Staatsbedienungen  am  bnfe  des  kaufen 
bekleidet.  Cbn.  Lerer.  Heyne  Omar  i.  kap.  (Fi^nsT  deutsche 
er  Zähler  des  t«.  jahrh.  31, 14). 

STAATSBEDÜRFNIS,  n.:  dieser  tauscbhandel  ist  forl- 
dauernd im  gange,  und  ist  staatsbedürfnisz  geworden.  Tb(}mmel 
reise  4,  560;  da  auch  das  kircbenwesen  . . .  (als  anstatt  zum 
öffentlichen  gottesdienste  für  das  volk,  aus  welchem  dieser 
auch  seinen  Ursprung  hat,  es  sei  meinung  oder  Überzeugung.) 
ein  wahres  staatsbedürfnisz  wird,  sich  auch  als  untertlianen 
einer  höchsten  unsichtbarrn  macht.,  zu  betrachten.  Kant5, t61; 
eingerechnet  unsere  Privilegien  und  immiinitilten  . . .  zahlen 
die  ärmeren  fast  durchaus  fünf  sechstheile  der  staatsbedürf- 
oi«se.  Seoiik  2  (182*;).  46. 

STAATSBEFÖRDERUNG,  f.:  statsbeförderung,  interesse  di 
stato,  Kräder  deul^eh-ital.  dict.  2  (t7o2),  912*. 

STAATSBEGEBENIIEIT,  f.  den  stiat  betreffende  begebenhrit. 
Campe:  eine  der  merkwürdigsten  slaatsbrgehenheiten,  die  das 
«echszehnte  Jahrhundert  zum  glänzendsten  der  weit  gemacht 
haben,  dünkt  mir  die  grflndung  der  niederländischen  freibeiU 

ScBILt  ER  7,  7. 

STAATSBEHÖRDE,^,  staatliche behörde.  Campe:  nachhaltiger 
aber  wurde  unser  ökonomischer  zustand  durch  die  Vor- 
sorge der  Staatsbehörden  verbessert,  (irillparzek  15(lHilt7),  7S; 
berreo,  welche,  stets  kühl  gegen  die  kircbe  und  kritisch  gegen 
die  slaaisbebördrn,  sich  zwar  wohl  hüten,  irgendwo  an  einer 
praktischen  thiiligkeit  wirklirlien  anteil  zu  nehmen,  nichts 
desto  weniger  aber  einer  radikalen,  wo  nicht  frivolen  gesinnung 
bezichtigt  «erden.  Keller  6,  li*«;  man  hatte  ...  geholTt,  datz 
die  staaltbebörden  durch  die  einführung  der  heutigen  localen 
■elbstTerwalliing  an  geichsflen  und  an  beamlen  würden  ent- 
bOrdet  werden.  Bishabcr  ged.  u,  erinn.  1,  ti. 


STAATSBEITRAG,  m.  geldbeitrag  des  Staats  zu  einer  Unter- 
nehmung u.  dgl. 

STAATSBEMÄNTELUNG,  f.:  statsbemäntelung,  oblentum 
salutis  publicae.  Stieler  1228. 

STAATSBERATER,  m.:  staatsberather,  Verdeutschung  von 
consul  bei  Campe,  staatsberatherschaft,  -stelle,  consulat.  ebenda. 

STAATSBESCHÄDIGER,  m.:  statsbeschädiger,  eversor  rei- 
publicae.  Stieler  1706. 

STAATSBESCHLUSZ,  m.  beschlusz  des  Staatsrats,  den  staat 
betreffender  beschlusz.  Sonnenbebg  6«  Campe. 

STAATSBESTE,  n.  das  beste,  wohl  des  Staats:  unter  dem 
deckmantel  des  stats-bestens,  sotto  colore,  mantello  dell'  interesse 
di  stalo.  Kramer  deutsch-itai  dict.  2  (l702),  912*. 

STAATSBESUCH,  m.  mü  gepränge  abgeslatteler ,  feierlicher, 
förmlicher  besuch,  vgl.  Staat  3,d:  muszte  mich  denn  die  stolze 
frau  Richardinn  eben  heule,  und  zwar  vormitlage,  mit  ihrem 
Staatsbesuche  quälen,  und  mich  in  ihrer  neuen  andrienne 
nöthigen,  über  mein  vermögen  zu  reden?  Gellkrt  3  (1775),  387; 
was  hattest  denn  du  für  Staatsbesuch?  Ki.inger  (/ieat«r  2, 213; 
um  keinen  augenblick  mit  leeren  förmlichkeiten  und  Staats- 
besuchen  verschwenden   zu    dürfen.   Becker  weltgesch.  9, 504. 

STAATSBETRIEB,  m.:  die  lolterie  ...  wurde,  bisher  ver- 
pachtet, in  staalsbetrieli  genommen.  Protz  preusi.  gesch.  3,256; 
alle  haupteisenbahnen  in  Preuszen  sind  in  Staatsbetrieb  ge- 
nommen. 

STAATSBETRUG.  m,  am  Staate  rerübUr  betrug:  in  Schlesien 
und  Südpreuszen  war  der  staalsbelrug  unter  diesem  minister 
systematisch  ausgebildet,  bläller  f.  lit.  Unterhaltung  1846  .«.  2;3. 

STAATSBEVÖLKERUNG,  f.  Kochsthum  der  volkszahl  in  einem 
Staate.  KuCnitz  encycl.  104  (is.36),  565:  da  in  ihren  werken 
(dichtungen)  nur  immer  die  rede  von  liebe  ist,  unter  welcher 
bis  jetzt  noch,  zum  heile  der  weh,  Jünglinge  und  Jungfrauen 
den  zeugungs-akt  verstehen,  so  arbeiten  leute  für  die  siaats- 
bevölkerung,  an  die  man  gar  nicht  denkt,  deren  man  im 
Staate  gar  nicht  achtet.  Klinger  11,212. 

STAATSBEWEGUNG,  f.:  durch  keine  auszerordentlichen 
Staatsbewegungen  beschäftigt.  Becker  weltgesch,  11,  425. 

STAATSBEWÜSZTSEIN,  n.;  die  englierzigkeit  der  stände, 
ihr  mangel  an  staalsbewusztsein  und  pflichtgcfühl . , .  verschul- 
deten den  tiefen  fall  Brandenburgs.   Prutz  preusz.  gesch.  1,284. 

STAATSBIBLIOTHEK,  f.  dem  Staate  gehörige  bibliothek:  die 
k.  k.  hof-  und  slaalsbihliothek  zu  Wien. 

STAATSBLUTSAUGER,  m.,  von  einem  eigennützigen  staaU- 
mann:  sie  {arme  Junker  und  amtleute)  zweifelten  nicht,  der 
grosse  Staats-blutsauger  kenne  den  Zusammenhang  des  aus- 
saugens  im  grossen,  mit  dem  aussaugen  im  kleinen,  und 
gönne  um  seiner  selbst  willen  den  kleinern  würmern  im  land 
ihre  gewohnte  nahrung  auch  gern.  Pestalozzi  Lienh.  u.  Gertr, 
3  (1702),  276. 

STAATSBILANZ,  f.  jährliche  übersieht  der  einnahmen  und 
ausgaben  des  Staats  nach  kaufmännischen  grundsätzen.  KrPnitz 
encycl.  164  (1836),  337. 

STAATSBOTE,  m.  'bothe,  welcher  von  den  obem  Staatsbehörden 
in  Staatsangelegenheiten  an  einen  andern  staat  abgesendet  wird 
(Courier)',  slaatshoihe  Campe. 

STAATSBRIEF,  m.  im  namen  des  Staats  geschriebener  brief: 
wann  eine  botschafl,  oder  ein  staalsbrief  des  kanzlers  ins 
Inger  gelangte,  welche  mein  könig  zu  unterzeichnen  hatte. 
C.  F.  Meyer  d.  heiliiie  i(i4. 

STAATSBRUCH,  m.  bruch  der  staatlichen  Ordnung:  {Mephi- 
slopbiles)  wird  traun  bey  hier  und  tobak  unterm  pre  und 
contra  fideler  lieber  consorten  der  höll'  ein  neu  gesetzbuch 
schmieden,  wo  allemahl  das  pdaster  für  jeden  Staatsbruch 
prubatum  vorher  dictirt  steht.   F.  .MCller  2,11. 

STAATSBUCH,  n.  buch,  dos  rom  Staate  handelt:  unser« 
Staatsbücher  enthalten  alles,  was  dermen.>ich  zu  wissen  brnurbl. 
Klinger  3, 40;  wenn  mir  einer  von  t»r\\  (teufein),  ausser  deo 
rechten  benannter  hoben  personen,  nur  ein  einzige«  wort 
über  das  recht  des  gesindris  der  menschen  in  einem  unserer 
staatsbücber  zeigen  kann,  so  will  ich  mich  zu  einer  brennenden 
fackel  drehen  lassen,  und  die  ehre  haben,  auf  seiner  majestit 
(satans)  prächtiger  tnfel  zu   leuclilen.  41. 

STAATSßl  ND,  m.  bund,  den  ein  staut  sehliettt,  Canpr,  auA 
wol  für  Staatenbund,  n;/.  das  folgende. 

STAATSBLNDLERISCH,  odj.:  das  grfühl  der  gemeinsam- 
keit  und  einbeit  ...  zu  stärken  in  der  voraussieht,  dasz  die 
geschirhte  dahin  führen  werde  ...  die  scblnlTen  staatsbünd- 
iarischen    besiimmungen    In    bundessiaatliche   uniruwondeln. 


293  STAATSBÜRGER  —  STAATSBÜRGERSCHAFT 

deutsche  zeitung  ed.  Gertisds  in  der  allgem.  icdtgesch.  (Grote) 
11  (ISsS.  Fläthe),  4s3. 

STAATSBÜRGER,  m.  'bürger  eines  Staates,  ein  mitglied  der 
gesellschaft,  welche  man  staat  nennt;  besonders  ein  solches,  welches 
das  Stimmrecht  in  der  gesetzgebung  für  den  staat  hat'  (nach 
Kaht,  vgl.  unten  K.  5, 146.  aber  auch  die  abweichende  auffassung 
in  den  belegen  unter  staatsbürgerrecht) ,  wahrscheinlicli  in  der 
xek  der  französischen  reiolulion  aufgekommen,  vgl.  W.  Feldmark 
ts  der  zeitschr.  f.  d.  Wortforschung  6,340:  was  der  pflicht  ihrer 
glieder  als  Staatsbürger  widerstreite.  Kant  rel.  innerh.  d.  gr. 
i.  bl.  Vernunft  113  Kirchmann;  die  zur  gesetzgebung  Tereinigten 
glieder  einer  solchen  gesellschaft  (societas  civilis),  d.  i.  eines 
Staats,  heiszen  Staatsbürger  (cives).  werke  5, 146;  nur  die  fähig- 
keit  der  stinimgebung  macht  die  qualification  zum  Staatsbürger 
aas.  147;  übrigens,  wenn  eine  revolution  einmal  gelungen 
und  eine  neue  Verfassung  gegründet  ist,  so  kann  die  unrecht- 
mäszigkeit  des  beginnens  und  der  voilführung  derselben  die 
onterthanen  von  der  Verbindlichkeit,  der  neuen  Ordnung  der 
dinge  sich,  als  gute  Staatsbürger,  zu  fügen,  nicht  befreien.  156; 
ohne  alle  würde  kann  nun  wohl  kein  mensch  im  Staate  sein, 
denn  er  hat  wenigstens  die  des  Staatsbürgers;  auszer  wenn 
er  sich  durch  sein  eigenes  verbrechen  darum  gebracht  hat, 
da  er  dann  zwar  im  leben  erhalten,  aber  zum  blosen  Werk- 
zeuge der  wilikühr  eines  anderen,  (entweder  des  Staats,  oder 
eines  anderen  Staatsbürgers)  gemacht  wird.  164;  alle  wahre 
republik  aber  ist  und  kann  nichts  anderes  sein,  als  ein  re- 
präsentatives System  des  volks,  um  im  namen  desselben, 
durch  alle  Staatsbürger  vereinigt,  vermittelst  ihrer  abgeord- 
neten (depuiirten)  ihre  rechte  zu  besorgen.  178;  sollte  nicht 
anch  diess,  sobald  der  fall  dazu  eintritt,  eben  so  gewiss  als 
die  meinung  und  gesinnung  der  meisten  Staatsbürger  an- 
genommen werden  können,  als  man  annehmen  kann,  dass 
jedermann,  sobald  der  anlass  dazu  da  ist,  zweymahl  zwey 
für  vier  erkennt?  Wieland  31,  365;  alle  rechtshändel  unter 
den  übrigen  höhern  und  niedrigem  Staatsbürgern  gehen  den 
gewöhnlichen  gang,  der  durch  ein  grundgesetz  über  die  ge- 
rechtigkeitspflege  vorgezeichnet  worden  ist.  426;  sie  {die 
kammern  der  landsldnde)  sind  so  organisiert,  dass  kein  stand, 
d.  i.  keine  der  vier  klassen  von  Staatsbürgern,  ein  politisches 
übergev^icht  über  den  andern  hat.  427;  der  ackernde  Staats- 
bürger, welches  sind  die  ackernden  Staatsbürger  im  gelehrten- 
fache?  LicBTENBEBC  1,  312;  sie  (die  poesie)  soll  das  herz  treffen, 
weil  sie  aus  dem  herzen  flosz,  und  nicht  auf  den  Staats- 
bürger in  dem  menschen,  sondern  auf  den  menschen  in  dem 
Staatsbürger  zielen.  Schiiler  10,174;  man  ist  eben  so  gut 
Zeitbürger,  als  man  Staatsbürger  ist.  276;  hieraus  Qieszt  nun 
ferner  die  befugnisz  jeden  Staatsbürger,  der  ohnehin  als  kampf- 
lustig und  streitfertig  angesehen  werden  darf,  in  die  schlacht 
tu  rufen,  zu  fordern,  zu  zwingen.  Göthe  6,26;  wenn  die 
Staatsbürger  mosaischen  gesetzes  dem  hausfreund  gute  worte 
geben,  und  wieder  einmal  schwarze  baumwollene  strumpfe 
zum  neujahr  schenken,  wie  anno  93,  so  schreibt  er  ihnen 
auf  das  jähr  5572  ihrer  rechnung  einen  eigenen  hausfreund. 
Heijel  2,  170;  wenn  der  Unverstand  zu  breit  regiert,  so  wird 
er  dem  ruhigsten  Staatsbürger  unerträglich.  Isimebiiakr  3, 201 
(Münchh.  6, 17)  Hempel;  der  mensch  macht  ihn  ( Tiberius  Gracchus) 
zum  schlechten  Staatsbürger.  Lddwig  5  (ISdl),  Hi;  die  er- 
haltenden Parteien  setzen  sich  im  ganzen  zusammen  aus  den 
zufriedenen  Staatsbürgern.  Bishahck  ged.  u.  erinn.  2, 160. 

STAATSBÜRGERLICH,  adj.  einem  Staatsbürger  eigen,  gemäsz, 
ts  seinem  Verhältnisse  begründet,  citique.  Campü:  dieses  unver- 
gleichlichen mannes  (Mosers)  kleine  aufsätze,  staatsbürger- 
uihen  Inhalts,  waren  schon  seit  einigen  jähren  in  den  Osna- 
nicker  intelligenzblättern  abgedruckt,  und  mir  durch  Herder 
..ekannt  geworden.  Göthe  26,  239. 

STAATSBÜRGERRECHT,  n.  recht  eines  Staatsbürgers:  ol)- 
gleich  sich  der  staat  gegen  einen  Verbrecher  im  zustande  des 
krieges  befindet,  so  ist  der  Verbrecher  doch  immer  bürger 
des  Staats,  und  er  bestreitet,  dasz  er  das  staatsbürgerrecht 
verloren  habe.  Scbmaiz  6«  Krlsitz  «ncyci.  164  (1S36),  6s7;  der 
Verbrecher  behält  daher  unter  allen  umständen  das  staats- 
bürgerrecht, selbst  dann,  wenn  sein  leben  auf  der  blutbühne, 
dem  schaffiitte  endigt.  KnC-firz  ebenda. 

STAATSBÜRGERSCHAFT,  f.  eigenschaß,  würde,  verkäUnis 
tines  Staatsbürgers  als  eines  solchen.  Campe:  die  worte:  patrio- 

Iüsmus,  Staatsbürgerschaft  und  dergleichen,  tüdteu  gewöhnlich 
MS  werk  im  ersten  augenblick,  weil  die,  vor  denen  man  sie 
Bsspricht,  solche  ausdrücke  entweder  für  nichts  bedeutende 


STAATSBÜRGERTHUM  —STAATSDIENER     294 

phrasen,  oder  für  blendendes  gaukelspiel  halten,  worunter 
der  warme  redner  seinen  geheimen,  lieben  freund  verbergen 
will.  Klinger  12,163;  die  Zeiten  finstern  druckes  und  herber 
knechtschaft  in  voller  manneskraft  hinleben,  bis  der  tag  kam, 
der  den  standesgenossen  des  siebzigjährigen  die  freibeit  brachte 
und  sie  zur  vollen  Staatsbürgerschaft  erhob,  änze.ngbdber  4, 197. 

STAATSBÜRGERTHUM,  n.  Inbegriff  aller  eigenschaflen  und 
aller  rechte  eines  Staatsbürgers.  Kutnnz  encycl.  164  (1S36),  273, 
stand  der  Staatsbürger :  indem  er  die  Wehrkraft  seines  Staates 
auf  den  baucrnstand  gründete,  erhob  Friedrich  Wilhelm  diesen 
zu  staatsbürgerlichem  recht  und  staatsbürgerlicher  ehre  und 
tbat  damit  einen  groszen  schritt  vorwärts  zur  entwickelung 
eines  preuszischen  staatsbürgerthums.  PacTz  preus».  j«c/i.  2,362. 

STÄATSBÜRGERZEITLNG.  f.  zeitung  für  Staatsbürger,  als 
name:  mitgeteilt  in  der  konstitutionellen  staatsburger-zeitung, 
Leipzig  1S46,  8.  okt.  (no.  144).  Eüler  Ja/ins  werke  2,  9S8;  jetzt 
erscheint  in  Berlin  eine  staatsbürger-zeitung. 

STAATSCH,  adj.,   s.  staatisch. 

STAATSDAME,  f.  zum  hofstaat  gehörige  tornehme  gesell- 
schafterin  einer  fürstin.  Campe.  Adelung,  illustris  aut  nobilis  in 
g^ynaeceo  regio  femina  vel  matrona.  Apihi  gloss.  (1728)  507,  von 
Jablonski  lex.  (l72l)  743'  als  neulich  aufgekommenes  wort  be- 
zeichnet, vgl.  Staat  3,6:  er  reichte  es  der  staatsdame  und  diese 
reichte  es  der  königstochter.  Freitag  handschr.  2,  ls3.  auch  wol 
'«'n  sehr  geputztes  frauenzimmer .  Adelung',  dame,  die  viel,  gern 
Staat  macht.  Campe  (schweiz.  g'slaatsdame,  die  groszen  aufuand 
treibt.  Seiler  Basler  mundart  277*).  vgl.  Staat  3,d:  und  dann 
ist  es  («in  mädchen)  auch  noch  nicht  einmal  zum  tisch  des 
berrn  gewesen,  und  soll  schon  in  die  komödie  und  die  staats- 
dame machen.  Lenz  1,  263;  diese  staatsdame  aber,  wie  er 
(Göthes  vater)  sie  (Lilli  Schönemann)  im  vertrauen  gegen  seine 
gattin  za  nennen  pflegte,  wollte  ihn  keineswegs  anmuthen. 
Gütbe  48,  164;  ich  war  nicht  wenig  verwundert,  in  der 
eigenthOmlichen  staatsdame  die  arme  magd  wiederzufinden. 
Keller  7,  83. 

STAATSDECKEL,  m.;  statsmantel,  statsdeckel,  manUUo, 
coperla  (ragione  fiuta)  di  stato.  Krämer  deulsch-it.  dict.2[l'(i2),9V2', 
politischer  vorwand  also,  veraltet:  derer  printzen  (ßrstm),  die 
weiter  nichts,  als  das  gemeine  beste,  und  ihres  reiches  nutzen 
betrachten,  werden  ja  noch  in  der  weit  gefunden,  aber 
meistens  mus  dieser  titel  sowohl,  als  andere  stats-deckel, 
zu  ihrer  fürgesetzten  ergrösserung  dienen.  Bltschry  Pathm.  19. 

STAATSDEGEN,  m.  prächtiger,  zum  staat  getragener  degen. 
Campe,  der  daneben  staatdegen  (ungebiäuclilieh)  anführt:  über 
den  zweiten  stuhl  hat  er  seinen  violetten,  mit  goldenen 
franzen  besetzten  mantel  gehängt  und  den  staatsdegen  daran- 
gelehnt. Mose.n  s,  105;  vor  lauter  carossen,  staatsdegen,  roben 
und  fächern,  musik  und  allem  spektakel  der  weit,  wer  sieht 
denn  da  (im  Wiener  prater)  noch  sonst  etwas?  Möbiie  erz.  816. 

STAATSDE.MOKRAT,  m.  der  eine  demokratische  Staatsver- 
fassung verficht:  hei  was  johr  ut  johr  in  ärgerlich,  wil  hei  en 
demokrat  was,  natürlich  kein  staatsdemukrat,  denn  de  gaww't 
dünn  noch  nich  in  Meckeinborg,  ne,  blot  en  städtschen. 
Reuter  7  (189&),  52. 

STÄATSDENKER.  m.  der  über  den  staat  nachdenkt:  darüber 
seyen  alle  einsichtsvolleren  Staatsdenker  einig,  beilage  zur  Kass. 
zntung  1847  s.  671. 

STAATSDEDTSCH,  n.;  statsteutsch,  n.  tedesco  di  stato  cioe 
modeino,  elegante  si  mä  Iramescolato  ed  immaccaronixzato  con 
termini  francesi  ed  italiani.  Kraheb  deutsch-ital.  dict.  2  (1702),  913*, 
daneben  kanzeley-  bof-  &  statteutsch,  Stylus  politicus,  aulicus, 
et  forensis.  Stieler  2277. 

STAATSDICHTL'NG,  /.  ton  einer  unberechtigten,  willkürlichen 
auffassung  des  Staats,  vgl.  staatsüction:  von  einer  solchen 
Staatsdichtung,  das  hauswesen  des  regenten  zur  gestalt  und 
summe  des  reichs  zu  machen,  wuszten  weder  Griechen  noch 
Römer,  weder  Alexander  noch  Augustus.  Hehdeb  id.  z.  phil. 
d.  gesch.  1$,  6.  das  wort  kann  natürlich  auch  eine  dichtung  be- 
zeichnen, die  sich  mit  dem  Staate  besehäfttgt.    vgl.  Staatsroman. 

STAATSDIEBSTAHL,  m.  gegen  den  staat  begangener  dteb- 
ttahl,  peculatus.  Wieland  übers,  r.  Ciceros  briefen  l,  15. 

STAATSDIKNER,  m.  diener  des  Staats.  Staatsbeamter.  Campe: 
die  familie  der  Barmekiden  stammte  daher,  die  so  lange  als 
einfluszreiche  staatsdiener  glänzten.  Götbe  6,25;  ein  siaats- 
diener  darf  nun  jederzeit,  wenn  er  will,  seinem  fürsten  auf- 
kündigen, selbst  wenn  sein  abgang  der  regierung  unersetz- 
lichen nachtbeil  brächte;  der  fürst  hingegen  kann  niemals 
den  Staatsdiener  entlassen  ohne  gerechte  Ursache  oder,  wenn 

19* 


295     STAATSDIENERSCHAFT  —  STAATSENGEL 


STAATSENTWURF  —  STAATSFEIND       296 


kein  genügender  grund  da  ist,  ohne  schadlos  haltende  pension. 
J.  Grih»  iti.  sc/ir.  s,  424 ;  die  Staatsdiener  wSren,  die  könnten 
nicht  abgesetzt  werden,  wenns  ihnen  nicht  zu  erweisen  stund, 
dasz  sies  verdient  hätten.  Ludwig  3  (tS9l),  84. 

STAATSDIENERSCHAFT,  f.  die  sämmtlichen  staatsdiener  zu- 
sammengenommen. Campe. 

STAATSDIENERTHÜM,  n.;  in  der  hauptsache  unterzeichne 
ich  meine  damaligen  ansichlen,  in  bezug  auf  die  misere  unsres 
staatsdienerthums  noch  jetzt.    Bismabck  br.  an  s.  braut  nr.  6. 

STAATSDIENST,  m.  dienst  im  Staate  und  für  den  staal. 
Cakpe:  bis  ich  im  Staatsdienste  befördert  werden  könnte. 
Grillparzer  I5(I8S7),  78;  in  den  sioatsdienst  eintreten,  plu- 
ralisch: wichtige  Staatsdienste  leisten.  Cahpk;  in  heute  un- 
geicöhnlicher  anwendung:  ich  war  empört  und  beschlosz,  die 
Staatsdienste  zu  verlassen.  Grillparzkr  15  (1887),  100. 

STAATSDOKUMENT,  n.,  trat  staalsurkunde.  KrCmtz  eneycl. 
164  (1836),  326. 

STAATSEHRE,  f.  1)  ehre,  die  dem  Staat  eigen  ist:  so  ward 
den  materiellen  Verlusten  des  gegners  der  schmerz  verletzter 
Staatsehre  hinzugefügt.  BtciER  ueltgesch.  14,  44. 

2)  ehre,  die  der  staal  ertlieiU,  in  der  form  staatehre:  was 
überkommt  aber  denn  sonst  das  gute  arme  voik  für  staat- 
ebre,  indesz  in  höhern  ständen  täglich  alle  litel  höher  auf- 
wachsen .  .7  J.  Pacl  nachdämmerungen  82. 

STAATSEIFER,  ro.  eifer  des  Staats  oder  für  den  staat:  der 
Staatseifer,  tilel  eines  1712  erschienenen  dramas  von  Job.  Riemer, 
das  die  geschichtt  der  Maria  Stuart  behandelt. 

STAATSEIGENTHUM,  n. ;  darum  habt  ihr's  dahin  gebracht, 
dasz  die  eisenbahn  nicht  staatseigenthum  wird,  damit  ihr 
auch  ämter  zu  vergeben  habt  und  auch  titel.  Aueruach  dorf- 
gesch.  2, 186. 

STAATSEINHEIT,  f.:  der  erste  gründer  der  preuszischen 
Staatseinheit  war  der  grosze  kurfürst  Friedrich  Wilhelm.  Daml- 
MANH  gesch.  d.  franz.  rev.  420;  erst  durch  die  Sachsenkaiser 
wurde  das  deutsche  reich,  welches  seit  Ludwig,  dem  enkel 
karl's,  die  Völker  deutscher  zunge  zusammengebunden  hatte, 
zu  einer  festen  Staatseinheit  geschlossen.  Freytag  17  (l897),  349. 

STAATSEINKOM.MEN,  n.,  was  Staatseinkünfte.  Campe:  ihr 
{Franzosen)  prahlt  mit  der  Verantwortlichkeit  eurer  minister, 
die  ungescheut  und  ungestraft  die  unverantwortlichsten  dinge 
begehen,  das  Staatseinkommen  verschleudern,  wie  glücLsritter 
abenteuern  und  die  hauptstadt  in  einen  groszen  zwinger  um- 
pferchen.  Jahn  2,  »73  Euler. 

STAATSEINKCiNFTE,  plur.  ^einkünfte  eines  Staates  von  dessen 
gliedern'.  Campe,  was  ein  slaat  an  geldem  einnimmt:  die  inter- 
essen  izinsen  der  Staatspapiere)  werden  wieder  aus  den  Staats- 
einkünften bezahlt,  die  meistens  von  den  ürmern  bestritten 
werden.  Sbume  2  (1S26),  47. 

STAATSEINRICHTER,  m.:  nun  haben  wir  zwar,  unnatzer 
und  schädlicher  weise,  in  vielen  stücken  den  kreis  der  ge- 
lehrten und  volkscultur  verwirrt  und  diese  beinah  bis  zum 
umfange  jener  erweitert;  die  alten  Staatseinrichter,  die  mensch- 
licher dachten,  dachten  hierinn  auch  klüger.  Hkbdbr  id.  z. 
phil.  d.  gesell.  11,  5. 

STAATSEINRICHTUNG,  f.  l)  einrichlung,  Verfassung  emes 
Staats.  Campe:  indessen  bewies  der  erfolg  in  wenig  jähren, 
dass  seine  (Solans)  neue  slaatseinrichtung  mit  (Einern  gebrechen 
behaftet  war.  Wikland  33,145  (Arist.  1,12);  was  ist  bleibend 
auf  dieser  weit?  und  sollte  eine  Staatseinrichtung  bleiben 
können?  Götbe  8,262. 

2)  einzelner  theil  der  staatlichen  Ordnung:  das  einverständnisz 
s.  k.  b.  {des  kronprinzen)  mit  den  hcschlüssen  der  regierung 
wird  niemand,  der  unsre  staatseinrichlungen  auch  nur  ober- 
flächlich kennt,  daraus  folgern,  dasz  s.  k.  h.  ohne  Stimmrecht, 
also  ohne  die  möglichkeil  wirksamen  Widerspruchs,  die  Ver- 
handlungen des  ronseils  anhört.  Uismarck  ged.  u.  erinn.  1,328. 

3)  vom  Staate  getroffene  einrichtung:  schon  ist  die  Versorgung 
der  armen  eine  siehende  slaatseinrichtung  geworden.  LOckb 
in  der  vorrede  zur  naehrichl  vom  güttingischen  waitenhause  1842  i.  4. 

STAATSEINZUG, m.  fettlicher,  prächtiger  einzuy  {vgl.  Staat  3,<i): 
bei  der  Deborab  {im  litde  der  Üeborah)  ist  alles  gegenwärtige, 
lebendige  bandlung;  bei  David  {im  08.  ptalm)  sull  eine  alte 
helden-gr*chirhte  der  schmuck  eines  staatn-einzugs  «erden, 
der  immer  doch  nur  staais-einzug  bleibet.  Heruer  sur  rel.  u. 
theol.  t,  \n. 

STAATSEISENBAHN,  f.  dem  ttaale  gehörige  rittnbahn. 

STAATSENGEL,  m.  sehutungel  einet  ttaatt.  Adbluno,  (tati- 
engel,   genio   tutflare   ä'uno   ttalu.    Kramir   deuhrk - ital.  dict. 


5  (1702),  912',  reichs-  sive  fürstenengel,  genius  imperii  et  prin- 
cipis,  alias  statsengel,  angelus  patronus  reipublicae  vel  principum. 
Stieleb  3S1. 

STAATSENTWURF,  m.;  der  Wohlstand  des  landes  war  in 
so  weit  gesichert,  als  er  den  Staatsentwürfen  seines  be- 
herrscbers  nothwendig  war.  Schiiler  7, 48. 

STAATSEREIGNIS,  n..-  dasz  Firdusi  die  ganzen  vergangenen 
Staats-  und  reichsercignisse,  fabelhaTt  oder  historisch  auf- 
behalten, vorwegnahm.  Güthe  0,70. 

STAATSEHFAHREN,  adj.  in  der  staatskunst  erfahren.  Campe: 
der  staatsorfahrne  herrscher.  Rahleh  bei  demselben. 

STAATSERFAHRENHEIT,  f.  zum  vorigen:  nichts  war  ihm 
unbegreiflicher,  als  wenn  er  hörte,  dasz  ein  mann  wegen 
seiner  tapferkeit,  wegen  seiner  Staatserfahrenheit,  oder  wegen 
andrer  Verdienste,  die  er  dem  valerlande  erzeigt  halte,  in 
den  adelstand  erhoben  ward.  Rabener  2,61; 

der  (eilt  Schmeichler)  lobt  an  Lesbien  die  deinuth  und  die 

treu,  . .  . 
an  einem  jungen  rath,  die  staatserrahrenheit. 

Hagedorn  1,  55. 

STAATSERHALTEND,  part.:  die  staalserhaltenden  poli- 
tischen Parteien. 

STAATSERSCHÜTTERUNG,  f.  politische  revolution.  Kinler- 
LiNG  reinigkeit  d.  d.  spr.  427:  dass  bey  solchen  staatserscbütte- 
rungen  die  volksklassen,  welche  die  grosze  mehrheit  aus- 
machen, in  zu  heftiger  gährung  ...  sind.  Wibland  31,355 
{gespr.  unter  4  äugen  9);  in  diesen  tagen  der  gewaltigsten 
Staatserschütterungen  und  Staatszertrümmerungen.  Mattuissur 
sehr.  3,  38S. 

STAATSERZIEHUNG,  f.  vom  Staate  geleitete  erziehung,  öffent- 
liche erziehung.  KrCnitz  eneycl.  164  (1S36),  342:  wenn  ich  indes« 
nicht  eine  zu  gute  meinung  von  dem  badischen  landvolk 
habe,  was  doch  in  vergleichung  mit  vielen  andern  wirklich 
gut  ist,  und  die  schönen  fruchte  einer  wohlthätigen  staats- 
erziehung  nicht  verläugnet.  Hkbel  3,210. 

STAATSESSEN,  n.  prächtiges,  vorzügliches  essen,  gericht 
(vp/.  Staat  3,  d):  er  konnte  dieses  staatscsseu  nur  unter  seine 
vorzüglichsten,  das  beiszt,  wie  bekannt,  unter  seine  weib- 
lichen gaste  vertheilen.  TiiChmel  rme  5,  230. 

STAATSEUTER,  n.,  von  staatlicher  besoldung:  wer  sein  maul 
ans  Staatseuter  bangen  könne,  werde  am  schnellsten  fetL 
GoTTriEi.F  bauernspiegel  kap.  33. 

STAATSEXAMEN,  n. ,  was  Staatsprüfung.  KafniTz  enrycL 
161  (1836),  437:  er  {ein  chirurg)  war  sich  zwür  bewuszt,  keinerlei 
Staatsexamen  gemacht  zu  haben.  Imherhann  3,  2u3  {Münehh. 
6, 17)  Hempel. 

STAATSFABRIK,  f.  fabrik,  die  dem  slaale  gehört,  'deren  In- 
haber der  regent  selbst  ist'.  Jacobsson  7,  417*. 

STAATSFACH,  n.  '■dasjenige  fach  des  Wissens  und  der  thdtig- 
keit,  welche  den  Staat  zum  gegenstände  haben.'  Campe,  mit  fol- 
gendem beleg:  sich  dem  staatsfuche  bestimmen. 

STAATSFALTE,  f,  von  der  Stirnfalte  eines  Staatsmanns:  in 
diesem  augenblicke  zeigte  sich  die  senkrechte,  tiefe  staats- 
falte  wieder  zwischen  den  feinen  brauen  des  kanzlers. 
C.  F.  Meyer  der  heilige  73. 

STAATSFAMILIE,/,  der  staat  als  familie  betrachtet:  hier  die 
andacht  zum  allerthum,  die  anhänglichkeil  an  die  geschicht- 
liche Verfassung,  die  liebe  zu  den  denkmalen  der  altvätcr 
und  der  alten  glorreichen  slaatsfamilie  und  freude  des  ge- 
horsam«. Novalis  3,  362  Meissner. 

STAATSFEHLER,  m.  fehler  teider  die  staatskunst,  staatskluf- 
heit.  Campe:  so  oft  er  an  einem  der  europäischen  höfe  einen 
staatsfehler  entdeckt,  so  soll  er  schuldig  scyn,  dieses  ver- 
gnügen über  seine  schlaue  einsieht  mit  2u  stüvern  zu  lösen. 
Raiiener  4,266;  woraus  denn  in  einer  sladl  von  der  gröttei 
und  die  noch  dazu  über  andere  die  hersrhaft  fiirele  {Athen), 
eine  menge  staatsfcler  erwuchsen.  HtiLMANN  Thuc.  256;  ist 
das  inass  seiner  staatsfebler  und  $taats\erbrecben  endlich 
SU  voll,  dass  man  ihn  enirerncii  iiiuss,  so  zieht  er  sich  lu- 
rück  wie  ein  Calo.  Klinger  ll,207;  nach  jenem  unglückieligea 
blinde  war  ein  arger  stuatsfehler  nur  einiger  maszen  wieder 
gut  gemacht,  den  man  vorher  h:itle  vermeiden  müssen.  Hbin«! 
Ardingb.  1,20;  er  {harl  V.)  iiiilcrgriib  die  griindpfeiler  seiner 
angeerbirn  macht  durch  den  staatsfebler,  dnsz  er  die  untci^ 
jochung  des  deutschen  reichs  für  den  erden  Bcbrilt  iiir 
allgemeinen  inonarrbie  ansah.  Schillk*  4,05. 

STAATSFEIND,  m.  feind  des  ttaats  oder  eintt  Staats.  CampI: 
sie   sah    licb  für  die  freiwillig  dienende  des  kriegenden  d«* 


297     STAATSFEINDLICH  —  STAATSFREUNDLICH 

partements  Ton  CaWados  an,  folglich  für  eine  kriegerinn  gegen 
den  Staatsfeind,  nicht  für  die  strafparze  einer  obrigkeitlichen 
person.  J.  Padl  bei  demselben;  nur  Catiiina  und  Manlius 
worden,  bei  ihrer  offenbaren  empörung,  für  Staatsfeinde  er- 
klärt. Beciebs  «rttjwch.  3  (1S61),  280;  anhänger  gewisser  poli- 
tischer Parteien  werden  als  Staatsfeinde  bezeichnet,  rgl.  das 
folgende. 

STAATSFEINDLICH,  adj.:  sie  {die  Jesuiten)  waren  es,  be- 
hauptete er  dreist,  die  zuerst  sinn  und  verstand  in  die  sich 
widersprechenden,  menschen-  und  staatsfeindlichen  lehren  des 
unvermittelten  christenthums  gebracht  hatten.  C.  F.  Meter 
Jenaisch  132;  wenn  die  conservative  partei,  anstatt  mit  mir  zu 
brechen  und  mich  mit  einer  bitterkeit  und  einem  fanatismus 
zu  bekämpfen,  worin  sie  keiner  staatsfeindlichen  partei  etwas 
nachgab,  der  regirung  des  kaisers  geholfen  hätte,  in  ehr- 
licher gemeinsamer  arbeit  die  reichsgesetzgebung  auszubauen, 
so  würde  der  au«bau  nicht  ohne  tiefe  spuren  solcher  con- 
servativen  mitarbeit  geblieben  sein.  Bisharck  ged.  u.erinn.  2,150. 

STAATSFELINGEB,  m.  als  bezeichnung  reisender  quacksalber, 
die  noch  zu  anfang  des  19.  jaltrh.,  von  komödianten,  seiltänsern, 
gauklern,  äffen  und  künden  begleitet,  in  equipagen  einherfuhren 
und,  mit  attestaten  iind  concessionen  versehen,  mitten  in  den 
Städten  auf  offenen  plätten  ihr  geirerbe  betreiben  durften,  erwähnt 
bei  Ave-Lallemakt  2,270.  Staats-  hier  koI  im  sinne  von  Staat  6, 
«egen  ihrer  Zeugnisse,  zu  felinger  vgl.  nd.  ve-,  veilinge,  feil- 
bieten, verkauf,  handel,  wäre,  die  feilgeboten  wird.  Schili.er- 
LÜBBEN   5,227*. 

STAATSFICTION ,  f.:  mithin  ging  seine  {des  königs)  ge- 
sammtwürde,  die  blos  eine  staatsfiction  sevn  sollte,  auch  auf 
seine  trabanten,  diener  und  knechte  über.  Herder  id.  x.  phil, 
d.  gescL  18,6;  die  alte  staatsfiction  wurde  zur  nackten  Wahr- 
heit: das  ganze  reich  ward  in  die  tafel,  den  staJl  und  die 
koche  des  küniges  verwandelt,  ebenda. 

STAATSFIEBER,  n. ,  zu  Staat  5  gehörig,  in  älterer  spräche 
statsfeber:  wie  nun  alle  dinge  nur  eine  weile;  nach  der  arbeit 
der  lohn  erfolget:  also  wird  ihme  (dem  'neuen  Statisten)  die 
larve  der  trügerey,  doch  auch  abgezogen,  das  er  im  stats- 
feber  erkrankt;  mit  schand  und  spott  nehmen  mus,  ein  kläg- 
liches ende.  Bdtschkt  Pathm.239;  das  wunderpolychrest . ., 
das,  wenns  hübsch  fleiszig  genommen  wird,  unsere  politische 
nasen,  über  kurz  oder  lang,  mit  thronTukaturen  und  staats- 
fiebern  kizelt  Schiller  i,  201. 

STAATSFINTE,  f.,  was  staatsiist.  Ksaüeb  deutseh-itat.  dict. 
1  (1702),  912'.   Fbisch  2,  313". 

STAATSFLAGGE,  f.  besonders  grosze,  nur  bei  feierlichen  ge- 
kgenheiten  benutzte  kriegs-  oder  handelsflagge.  Stenzel  deutsches 
uemänn.  würterb.  (1904)  127*. 

STAATSFLUCH,  m. .■  die  gesamte  geistlichkeit  des  landes 
aber  hatte  gegen  den  'hochverrater  und  religionsfrevler' 
(Alkibiades)  den  groszen  Staatsfluch  zu  schleudern,  allgem. 
wellgesch.  [Grote)  2  (Hertzberg),  265. 

STAATSFLÜGEL,  m.;  so  dasz  sogar  England  seine  staats- 
flOgel,  wie  Degen  die  seiner  flugmaschine,  aus  zusammen- 
geleimten papierchen  {papiergeld)  macht  {seine  poUtische  schwung- 
kraß dadurch  gewinnt,  erhält),  i.  Paul  dämmerungen  132. 

STAATSFORM,  f.  form,  einrichlung  des  Staats:  die  Staatsform 
ist  entweder  autokratisch,  oder  aristokratisch,  oder  demo- 
kratisch. Kant  5, 175;  die  Staatsformen  sind  nur  der  buch- 
slabe  [littera)  der  ursprünglichen  gesetzgebung  im  bürgerlichen 
zustande.  177. 

STAATSFORST,  m.  forst,  der  eigenthum  des  Staats  ist. 
BtBLB:«    5,  668. 

STAATSFRAU,  f.  1)  wie  stautsdame  :  er  soll  mich  als  eine 
tiaats-frau  halten,  c'est  ä  dire  in  modi-kleidern,  in  staats- 
caren,  in  divertissement.  quelle  bei  Schultz  alltagsl.  einer  d. 
fnu  zu  anfang  des  18.  jahrh.  ls6. 

2)  statsfrau,  statsweib,  statshure,  concubina,  6  cortigiana 
familiarr.  Kraheb  deutsch-ital.  dict.  i  (1702),  913*. 

STAATSFltÄLLEIN,n.  unterheiratete  staatsdame,  zum  hofstaate 
einer  fürstin  gehörige  hofdame.  Krüsitz  encycl.  164  (1S36),  438; 
staals-dame  und  staats-fräulein  (dames  d'honneur)  bei  hofe. 
frauent.-lex.  (1773)  3347.  als  bezeichnung  won  modedamen:  was 
können  dann  die  staatsfriiulein?  Jungfer:  ä  l'ombriren,  curti- 
sireo,  galanisiren,  galanterie  massig  sich  aufführen,  quelle  bei 
SciOLTZ  alltagsl.  einer  d.  frau  zu  anfang  des  18.  ;oArÄ.  186. 

STAATSFBEUND,  m.  freund  des  Uaats,  eines  Staats.  Campe. 
tfU  staatsfeind. 

STAATSFRELNDLICH,  adj.,  gegensats  zu  ttaatsfeindlich. 


STAATSFÜND  —  STAATSGEFANGENER     298 
STAATSFDND,  m.,  was  staatsiist.  Krämer  deutsch-ital.  diet. 

2  (1702),  913*. 

STAATSGANG,  m. ;  so  ergab  sich's  aufs  sonderbarste,  dasz 
mancher  einzelne  in  seinem  persönlichen  werth  entschieden 
hervortrat,  der  sich  bisher  im  bürgerlichen  lebens-  und  staats- 
gange ohne  bedeutung  eingeordnet  und  eingeQochten  gesehen. 
GöTBK  30,  214. 

STAATSGANZES,  n..-  das  verhältnisz  des  kriegsheers  zum 
staatsganzen.  Becker  aeltgesch.  U,  bi, 

STAATSGEBÄUDE,  n.  l)  der  staat  aU  gebäude  betrachtet, 
auch  die  zusammengesetzte,  künstliche  einrichtung  eines  Staats. 
Campe:  er  {ein  genius)  kniet  auf  gemauertem  gründe,  die  setz- 
wage, die  auf  diesem  zu  seinen  füszen  ruht,  erinnert  uns 
an  das  gesetz  der  wagerechten  erbauung  alles  menschen- 
werks  und  also  auch  des  Staatsgebäudes.  Bre5TAwo  4,404; 
er  theilte  die  irrtbünilicbe  ansieht,  dasz  auf  dem  papiernen 
gründe  der  theorie  und  des  Terordnens  ein  dauerhaftes  staats- 
gebäude  errichtet  werden  könne.  Scblosseb  weltgesch.  16, 425; 
was  bliebe  von  dem  grundbau  des  Staatsgebäudes  übrig,  wenn 
diese  abneigung  sich  mehrte!  Gutzkow  ritter  v.  geiste  9,438. 
in  der  form  Staatgebäude:  unter  allen  Staatgebäuden,  iehr- 
stühlen  und  tempeJn  bebt  die  erde.  J.  Padl  L«r.  l,  3;  in  aus- 
geführtem bilde:  unsere  staatgebäude  sind  fast  ganz  mörtel, 
den  hohen  schluszstein  etwa  ausgenommen,  dämmerungen  85. 

2)  dem  Staate  gehöriges  gebäude.  KRc.tiTz  encycl.  164  (b36),43$: 
die  Verschönerung  der  neuen  hauptstadt,  worin  ausser  den 
andern  öffentlichen  Staatsgebäuden,  welche  sie,  als  der  sitz 
der  höchsten  reichsversammlung,  enthalten  müsste,  dem  kOnige 
in  Germanien  und  jedem  kreisfürsten  ein  eigener  pallast  von 
reichs  wegen  erbaut  und  unterhalten  würde.  Wieland  3i,  425 
{gespr.  unter  4  äugen  10). 

STAATSGEBIET,  n.  einem  Staate  gehöriges  gebiet:  er  be- 
günstigte einen  unsinnigen  verbrauch  von  luxuswaaren,  welcher 
nicht  durch  eine  entsprechende  Schaffung  von  neuen  werlben 
innerhalb  des  römischen  Staatsgebietes  ausgeglichen  wurde. 
Fbeytag  17,  284. 

STAATSGEBILDE,  n.;  so  lange  Preuszen  nicht  zu  einem 
der  deutschen  nationalität  annähernd  entsprechenden  staats- 
gebilde  gelangt  war.  Bishabck  (^ed.  u.erinn.  l,  272;  der  absolu- 
tismus  wäre  die  ideale  Verfassung  für  europäische  Staats- 
gebilde, wenn  der  könig  und  seine  beamten  Dicht  menschen 
blieben  wie  jeder  andre.  2,60. 

STAATSGEBRECHEN,  n.  gebrechen  m  der  Verfassung  oder 
Verwaltung  eines  Staats.  Campe. 

STAÄTSGEBCHR,  f.:   statsgebür,  ratio  Status.  Stieler  862. 

STAATSGEDANKE,  m.:  was  soll  ich  mit  diesem  politischen 
don  Quixote  {einem  privatmanne,  der  gern  politisiert)  machen? 
weil  er  bey  seiner  faulheit  der  weit  gar  nichts  nützt,  so  soll  er 
doch  wenigstens  seine  staalsgedanken  verzollen.  Rabe.xer  4,266. 

STAATSGEDICHT,  n..-  ein  stats-gedichte,  so  die  weise, 
eines  arg- witzigen  wahl-fürstens,  nach  dem  leben  fürbildet, 
und  mit  bekwehmen  färben,  pinselt.  Bltscbit  Pathm.  916. 

STAATSGEFAHR,  f.:  wenn  man  es  zugeben  musz,  dasz 
freiheitsliebe  bei  diesem  volke  zur  unanständigen  schimpf- 
sucht artet,  so  dulden  die  Brillen  auch  wieder,  dasz  man 
sie,  in  dringenden  staatsgefahren,  wie  negersklaven,  zum 
dienste  preszt.  Stürz  l,4'2- 

STAATSGEFÄHRLICH,  adj.:  die  mittelmäszigkeit,  von  der 
dieselben  {schriften)  ein  strafbares  zeugnisz  aMegen,  ist  wenig- 
stens nicht  staatsgefibrlicb.  Hetse  kinder  d.  weit  1,167;  der 
provveditore  Grimani,  der  den  Bündner  merkwürdiger  weise 
für  ein  wichtiges  und  staatsgefährliches  subjekt  halte,  hätte  ihn 
gern  sogleich  in  den  kaiial  versenkt.  C.  F.  Meter  Jenatseh  176; 
als  einen  wichtigen  gewinn  durfte  ich  schon  die  beseitiguog 
der  katholischen  abtbeilung  und  ihrer  staatsgefährlichen  thätig- 
keit  in  Schlesien,  Posen  und  Preuszen  betrachten.  Bismaick 
ged.  u.  erinn.  2, 134; 

euch  ist  jede  mengchlicbe  regung 

unerklärlich, 
euch  ist  jede  freie  bewegung 
ttaalsgreräbrlich. 

llorriANn  v.  Fallirslhbn  ged.*  1&5. 

STAATSGEFXHRLICHKEIT,  f.  zum  vorigen:  da  lag  die 
staatsgefährlichkeit  des  triumvirats  Wartenberg,  Wittgenstein 
und  Wartensleben.  Piiutz  preusz.  gesch.  2,  324. 

STAATSGEFANGENER,  m.  der  wegen  eines  Staatsverbrechens 
gefangen  gehalten  uird.  Campe,  der  unmittelbar  vom  staut,  nicht 
von  der  rechtspflege  gefangen  gesetzt  ist:  er  {em  offizier,  der 
eine  königstochter  liebte)   sasz   seit   seinem   zwanzigsten  jähre 


299  STAATSGEFÄNGNIS  — STAATSGELDER 

{ohne  rechUspruch)  als  Staatsgefangener.  Arnih  Holtins  Hebel.  92 

("5  Minor) ; 

nicht  möglieb  ist's,  mit  so  geringer  mannscliart 

■olch  einen  staatsgefangnen  (WaUenstein)  zu  bewaliren. 

ScHiLLia   Wallenileins  tod  4,  6 ; 

absichtlich  verschleiernd  von  einem,  der  unter  dem  verdaelit  einer 
nichtpolitischen  strafthat  in  haft  genommen  wird,  eine  der  bildung 
des  Worts  nach  mögliche  anwendung:  als  er  mit  allen  büchern 
und  akten  fortgebracht  worden  sei,  habe  er  der  frau  nur 
kurz  ein  adieu  zugerufen,  mit  dem  beifügen,  er  sei  leider 
Staatsgefangener  (wie  wenn  er  etwas  höheres  und  feineres 
ausgearbeitet  hätte).  Keller  8,  293. 

STAATSGEFÄNGNIS,  n.,  dem  vorigen  entsprechend:  als 
Raphaels  wunde  geheilt  war,  wurde  er  nach  dem  slaats- 
gefängniss  in  Madrid  gebracht.  Klinckr  4,200;  auf  dem  wege 
nach  dem  Staatsgefängnisse  fühlte  er  den  athem  des  geistes 
an  seinen  wangen.  7,  170;  sei  er  galant,  freund  —  biete  er 
dieser  dame  den  arm  an;  sie  hat  lusl  mein  staatsgefängnisz 
zu  sehen.  Schiller  fi«ko  4,13;  die  fränkischen  klöster,  die' 
sowohl  unter  den  Merowingern,  als  unter  den  Karolingern 
zu  Staatsgefängnissen  und  vornehmen  Zuchthäusern  dienten. 
ScBLossKR  wellgesch.  5, 4li;  Grimani  ...  warf  ein  paar  worte 
auf  ein  papier  und  bat  den  jungen  mann  den  befehl  in  das 
staatsgefängnisz  zu  bringen.  C.  F.  Meyer  Jenatsch  168. 

STAATSGEFLECHT,  n.  die  einrichtung  des  Staats  als  geflechl 

brachtet:       es  ist  gut  und  ist  recht, 
dasx  verschiedene  kräl'te 
im  groszen  staaisgellecht 
sind,  jede  für  eigne  geschäfte.    Röckert  (1S41)  149. 

STAAASGEFOLGE,  n.,  nach  Staat  3,  d  [vgl.  b): 

bis  ihn  (/ioH*,-c<ui)  Priapus  in  Ermenenville 
mit  in  sein  staatsgel'olge  sclilosz. 

Thümmel  reise  3,  318. 

STAATSGEFCGE,  n.,  nach  Staat  5  (vgl.  Staatsgeflecht),  ohne 
umlaut:  seine  gehurt,  sein  herankommen,  sein  stand,  seine 
bcschäftigung,  sein  wesen,  seine  neigungen  stehn  ihm  durchaus 
entgegen,  dasz  er  irgend  in  ein  staatsgefüge  eingreifen,  oder 
sich    zu    einer   stelle  im   adreszkalender   qualiüciren    sollte. 

GöTHE   49,  184. 

STAATSGEFÜHL,  n.:  auszuharren  wurde  ihm  {dem  volk) 
weniger  durch  sein  Staatsgefühl  ermüglicht,  das  immer  noch 
nicht  allzu  rege  war,  als  durch  die  wachsende  anhänglich- 
keit  an  seinen  ...  könig.  Fiiuiz  preusz.  gesch.  3,77;  das  in 
den  süddeutschen  stauten  neben  dem  particularistischen  und 
dynastischen  Staatsgefühle  lebendige  Deutschthum  hatte  bis 
1866  das  politische  bewusztsein  gewisscrmaszen  mit  der  ge- 
sammtdentscben  tiction  unter  Ostreichs  leituug  beschwichtigt. 
BiSMARca  ged.  u.  erinn.  2,  88. 

STAATSGEGENSTAND,  m.:  nach  Reinholds  abgang  ...  war 
mit  kühnheit,  ja  Terwcgenheit,  an  seine  stelle  Fichte  berufen 
worden,  der  in  seinen  Schriften  sich  mit  groszheit  aber  viel- 
leicht nicht  ganz  gehörig  über  die  wichtigsten  sitten-  und 
Staatsgegenstände  erklärt  hatte.  Göthe  31,31. 

STAATSGEHEl.MNIS,  n.  geheimnis,  das  den  Staat  betrifft, 
staatsgeheimnisz.  Adelung,  stuatsgeheimnüsz,  secretum  rationis 
imperii  ohcujus.  Friscd  2,  313",  statsgeheimnis,  misterio,  arcano, 
secrdo  di  stato.  Kramer  deutsch-ilal.  dict.  2  {lW2),9n':  welche 
fruchte  sie  {die  Vereinigung  der  Rheinlande  mit  l'reuszen)  trägt 
und  tragen  wird,  das  ist  freilich  ein  stautsgeheimnisz,  und 
ein  wahres;  denn  kein  staatsweiser  kann  es  aussprechen. 
Immeimani«  20,127  Hempel;  weisz  ichs,  Jungfer  neugier?  da 
frag  den  ehrenfesten  hcrrn  stadtschreiber;  der  sitzt  im  sluats- 
geheimnis  wie  der  wurm  in  der  nusz.  Ludwig  4  (l89i),  231. 
in  freier  anwendung:  {der  Ihmeritbersetzer)  führe  uns  als  kund- 
scbafter  umher,  die  sich  nicht  um  schulgeschichlen  und  Wort- 
klaubereien, »ondern  um  da«  ganze  grosze  staatsgeheimniaz 
der  griechiscbeo  litteratur  beinüben.  Herder  1,  290  Suphan; 
iiiQsfen  wir  in  alle  siaatsgehcimnisse  der  göttlichen  regieruog 
dringen?  Engil  philotoph  f.  d.  weit  (1787)  1,61. 

STAATSGEHEIMSCHREIBER,  m.  Verdeutschung  von  staats- 
•ecrelSr  bei  Campe. 

STA  ATS(i EIST,  m.  ^fiinnun;,  die  im  slaattgamen  zu  tage 
tritt:  der  im  boden  deutscher  gesinnung  festgewurzelte 
preuttiücbe   «taats-   und   «olksgeiit.   Recrer  weltgetch.  14,  .'>4. 

STAATSGELÜEK,  plur.  dem  Staate  gehörige  gelder:  alle  staats- 
gelder,  welche  der  bof  und  die  beaniten  aus  den  httnden 
liefzPD,  wurden  verbraucht,  die  beere  in  Uritunoiea,  ao  Rbeio 
uad  Dunau  tu  erbaUeo.  KtHtTAc  17,  U4. 


STAATSGELEHRSAMKEIT—  STAATSGESCHICHTE  300 


STAATSGELEHRSAMKEIT,  f.  'gelehrte  kenntnisi  von  dem 
natürlichen  zustande  der  Staaten  sowol,  als  auch  von  der  geschickte 
und  den  äuszern  Verhältnissen  derselben'.  Camhe. 

STAATSGELEHHTEH, m.  derstaatsgelehrsamknt  besüzt.  Campe: 

der  staatsgelehrten  witz  halt  er  für  dumme  leiire. 

Lohrnstkin  bei  demselben. 

STAATSGEMACH,  n.  prunkgemach  {vgl.  Staats,  d): 

(:um  kdfft'ciioU:) 

der  du  mit  deinem  trank  hoizhacker  so  beglückst, 
als  du  im  slaatsgemach  den  groszen  herrn  entzückst. 

Zacuariä  iv/iomm.  3,92; 

ihm  (einem  kater,  aber  nur  dem  bilde  änes  solchen)  wurde  in 
einer  kammer,  wo  die  kiiuler  spielten,  aus  bauholz  ein  eigenes 
haus  mit  wuhn-  und  Staatsgemächern  aufgebaut.  Storh  samtl. 
werke  3  (1899),  195. 

STAATSGEMEINE,  f.:  wie  es  dort  darauf  ankommt,  dasz 
sich  der  einzelne  ganz  der  staatsgemeine  und  ihrer  idealen 
aufgäbe  bingiebt.  Moser  8, 172. 

STAATSGENOSSE,  m.  genösse  in  einem  Staate.  Campe:  dort 
das  entzückende  gefühl  der  freiheit,  die  unbedingte  erwartung 
mächtiger  Wirkungskreise,  die  lust  am  neuen  und  jungen,  die 
zwanglose  berührung  mit  allen  staatsgenossen.  Novalis  3, 361 
Meiszner;  welches  Stamms  die  neuen  staalsgenossen  auch 
waren,  ihre  gesammtheit  machte  eine  gemi-inde  aus.  Niebubr 
fön»,  gesch.  1  (1828),  453.  vom  Staatsbürger  als  dem  stimmberech' 
tigten  Staatsangehörigen  unterschieden:  in  dieser  Verfassung  aber 
das  recht  der  stimmgebung  zu  haben,  d,  i.  Staatsbürger,  nicht 
blos  Staatsgenosse  zu  sein,  dazu  qualificiren  sich  nicht  alle 
mit  gleichem  rechte.  Kant  5, 147. 

STAATSGEPRÄNGE,  n.,  nach  Staat  8,6  oderi:  sUtsgepränge, 
stalsceremonien,   cerimonie  di  stato.  Krämer  deutsch-ital.  dicL 

2  (1702),  912';  nach  Staat  3,  d;  'ein  gepränge  zum  Staat,  um  Staat 

zu  machen.  Campe,  der  daneben  staatgepränge  anfuhrt.  ' 

STAATSGERICHT,  n.  gericht  zur  entscheidung  über  beschul- 
digungen,   die  gegen   hohe  staatsbeamle   wegen  ihrer  amtslhätig-      i 
keit  erhoben  werden,    vgl.  Krünitz  encyel.  164  (1836),  438.    dazu 
Staatsgerichtshof,  m. 

STAATSGESCHÄKT,    n.    geschäft,    das    den    Staat    betri/fL      . 
Adelung,  gewöhnlich  pluralisch,   statsgeschäfte,  negotia  publica. 
Stieler  1713,  a/fari,  impicci,  impieghi  di  stato.  Kramer  deutsch-      ' 
ital.  dict.  2  (1702),  912':  wann  sie  auf  das  weite  mer  der  stal«- 
gcschäfften  gebracht.   Rutschky  Hathm.  088;   am  allermeisten      | 
aber  ist   unser  mangel,   wie  (gedacht,    bey  denen  worten  zu 
spühren,  die  sich  auf!  das  sitlen-wesen,  leidenschalTten  des 
gemüths,  gemeinlichen  wandet,  regierungs-sachen,  und  aller- 
hand bürgerliche  lebens-  und  staals-gescbäCfte  ziehen.  Leisniz 
unrorgreiß.  gedanken  15  Schmarsow;  kommt  mir  nur  itzt  nicht,      ! 
wenn   man    staatsgeschäffte  im    köpfe   hat.  Weisze  kom.  op, 

3  (1771),  27;  wir  wollen  die  jetzigen  staatsgescbäfte  ein  wenig 
mit  einander  bey  einem  gläschen  überlegen.  Lbssinc  1,266; 
(iianettino  Doria  wird  herzog.  Staatsgeschäfte  werden  uns 
keine  grauen  haare  mehr  machen.  Schiller  Fiesko  l,  7;  zwar 
war  ich  in  Staatsgeschäften  ganz  lai.  RCckert  11  (18S2),  254;  I 
das  masz  von  Selbstachtung,  .  . .  ohne  welches  sich  in  diesen 
schwierigen  lagen  am  hofc  und  im  lande  die  Staatsgeschäfte 
nicht  führen  lassen.  ItisMAncK  (;fd.  ».  «fifin.  2, 204;  indem  er  | 
{Wtlhelm  I.  als  regent)  'slaHlsgescIiiifte  erledigte',  so  arbeitete 

er  wirklich,  mit  vollem  ernst  und  voller  gewissenhaftigkeiU  280;     | 
laszt  die  groszen  immerhin 
sich  mit  staatsgeschaltea  plagen. 

Wkiszb  kom.  ofi.  2  (1768).  70. 

STAATSGESCHÄFTIG,  adj.  tum  vorigen  {vgl.  das  folgende) :  | 
mit  diesem  Vorfall  hatte  mein  slaatsgeschäftiges  treiben  eia  • 
ende.  Hkgner  ges.  sehr.  3,1b6. 

STAATSGESCHÄFTLICH,  adj.  zu  Staatsgeschäft  {rgl.  das 
vorige):  gar  manche  nainen  (Weimars  wurden)  in  literarischer, 
«laalsgeschäftllcher  und  geselliger  hinsieht  hervorgehoben,  und 
in  solchem  sinne  Musäus,  Kirms,  ücrendis  und  Ludecus  ge- 
nannU   (JOtbe  48,  147. 

STAATSGESCHICHTE,  f.,   früher  auch  n. 

t)  als  n.  von  einer  dichtung,  die  den  staat  betrifft :  weil  der- 
selbe {der  autor)  in  die^'m  slats-geschichte,  die  weise,  eine» 
argwitzigen  wahl-fiirsleiis,  nach  dem  leben  fürbildet,  und 
mit  bekwehmeii  färben  pinselt.  Rltscbry  Pathm.  017. 

2)  pluraltsch  {ücher  als  f.  emi'funden)  im  sinne  von  Staats- 
angelegenheiten: auf  meiner  hociiirit  wurde  nicht*  von  slaats- 
gescliicbten  geredet.  Storh  s<tmtl.  werke  2(1899),  Sil. 

3)  geschirhte  ein«  einzelnen  Staats  oder  mehrerer  sViaten  ol' 
ganzes  belrackut.  Adblorc:  die  grenzen  ihrer  cpochen  unter- 


301    STA ATSGESELLSGHAFT  — STAATSGEWISSEN      STAATSGEWOHNHEIT  — STAATSGRÜNDSATZ    302 


scheiden  sich  in  der  ganzen  Staats-  und  kirchengeschichte, 
mit  einer  solchen  optischen  grüsze  und  klarheit,  welche  alle 
Jahrhunderte  welscher  pseudoprophefen  . . .  zu  ammen-  und 
kinderniährchen  verdunkelt.  Hamann  ',  loS;  die  geschichte 
dieses  Übergangs  {von  der  einen  art  zu  denken  und  zu  handeln 
zur  andern)  macht  einen  \^abren  theil  der  Staatsgeschichte 
aus.  Moser  patr.  phant.  2,  200. 

STAATSGESELLSCHAFT,  f.  die  gefamtheit  von  personen,  die 
xum  Staate  verbunden  sind:  diese  meinung  der  geselUchaft 
wurde  deshalb  von  dem  gesetzgeber  zum  gesetze  erhoben, 
damit  in  einem  solchen  falle  nicht  nach  der  willkiihr  des 
richters,  sondern  gerade  so,  wie  es  die  staatsgesellschnft 
für  recht  hielt,  entschieilcn  werden  sollte.  KRtiitiTz  encycl. 
164  (ISSR),  440. 

STAATSGESETZ,«,  gesetz,  das  sich  auf  die  Verwaltung  eines 
Staats  und  dessen  öffentlichen  zustand  bezieht.  Adelüwg,  auch 
vom  Staate  gegebenes  gesetz.  vgl.  KrCnitz  encycl.  164  (l'; 36),  440. 
vgl.  slaaiügrundgesetz. 

STAATSGESETZGEBUNG,  f.:  über  die  persönlichen  und 
Tolksrechte  . . .  erhob  er  {Karl  d.  grosze)  durch  seine  capitu- 
larieii  ...  ein  allgemeines  reichsrecht,  eine  Staatsgesetzgebung 
umfassendster  «rt.  Giesebrecht  gesch.  d.  d.  kaiserz.  i',  127. 

STAATS(;ESLN.NLNG,  f.:  es  war  nölhig,  ...  dem  ganzen 
Tolke  ein  gemeinsames  arbeitsfeld  zu  eröffnen,  auf  dem  sich 
ein  bewusztes  Pneuszenthum,  eine  lebendige  Staatsgesinnung 
bethätigen  konnte.  Tbeit'chke  5,32. 

STAATSGEWALT,  f.  gewalt  im  Staate.  Campe,  des  Staats: 
da  das  volk,  um  rechtskräftig  Ober  die  oberste  Staatsgewalt 
(summum  impnium)  zu  urtheilen,  schon  als  unter  einem  all- 
gemein gesetzgebenden  willen  vereint  angesehen  werden  musz. 
Kant  5,151;  der  allgemeine  volkswille  hat  sich  nämlich  zu 
einer  gcsellschaft  vereinigt,  welche  sich  immerwährend  er- 
balten soll,  und  zu  dem  ende  sich  der  inneren  Staatsgewalt 
nntcrworfcn,  um  die  glieder  dieser  gesellschaft,  die  es  selbst 
nicht  vermögen,  zu  erhalten.  160;  dieses  Oberhaupt  (der  sou- 
verain)  ist  sofern  nur  ein,  (das  gesammte  volk  vorstellendes) 
gedankending,  als  es  noch  an  einer  physisi  hen  person  mangelt, 
welche  die  höchste  Staatsgewalt  vorstellt,  und  dieser  idee 
Wirksamkeit  auf  den  volkswillen  verscb.ifff.  175;  die  höchste 
Staatsgewalt  ist  in  einer  ziemlich  zweckmässigen  proporzion 
(wie  mich  däucht)  zwischen  dem  senat  . . .  und  dem  volk  . . . 
verliieilt.  Wielahd  33,  3'.i9  {Arist.  1.43);  das  geld  war  damals 
gewissermaszen  eine  Staatsgewalt  geworden.  Scblosser  welt- 
gesch.  4, 19;  ohne  vorwissen  Bodmers  gingen  die  strengsitt- 
lichen zu  werke  und  verschmähten  nicht,  zur  geheimen  an- 
zeige an  die  Staatsgewalt  zu  greifen,  deren  druck  sie  doch 
zu  mildern  gedachten.  Keller  6, 172;  einer  wird  wegen  Wider- 
stands gegen  die  Staatsgewalt  verhaftet,  plurolisch  auch  per- 
sönlicher bedeutung  nahekommend  (vgl.  das  folgende):  hätte  ich 
nie  etwas  anderes  geschrieben,  als  wohei  es  sich  darum 
bandelt,  ob  Hans  die  Grete  bekommt  oder  nicht  bekommt, 
ich  wäre  der  abgott  der  Staatsgewalten  gewesen.  Gbili.parzer 
15(1887).  78. 

STAATSGEWALTHABER,  m.:  nun  haben  die  recensenten 
gemeiniglich  ...  die  unart  der  Staatsgewalthaber  an  sich,  dasz 
sie  sich  mehr  anmaszen .  als  ihnen  von  naiur-  wpA  Staats- 
rechts wegen  zukommt.  BCrger  350".    vgl.  das  vorige. 

STAATSGEWAiSD,  n.  pmchtgewand  {vgL  Staat  3,  i):  mit 
Schonung  für  die  neuen,  im  kotier  eingepackten  staatsgewänder 
war  der  anzug  des  gemahls  hescheidentlich  von  frau  Con- 
stanzen (Mozart)  ausgewählt.  Mörike  erz.  312. 

STAATSGEWÄSSER.  n. ,  von  staatlichen  einrichtunqen ,  im 
bilde:  solche  angler  in  den  sfaatsgewässcrn  habe  ich  im  vorigen 
kapilel  dargestellt:  angler,  die  auch  in  der  kirrhe  fischen 
wollen,  stellt  das  begonnene  kapitel  auf.   Gottheit  1,  421. 

STAATSGEWEBE,  n.  prachtgewebe  [vt^l.  Staat  Z,d): 
dem  siaatsgcweb'  Arachnens  musz 
die  kun»t  der  Pallas  weichen, 
'mein  ist.  so  spricht  die  spinnerinn, 
mein  ist  die  kiinst  der  kiiiiste'. 

IIkrdir  27.  292  Sttphan. 

>TAATSGEVVIMN,  m,,  nach  staat  3,  d  oder  frei  nach  5:  ist 
e«  [schiiesit  Vir  männer  euch  von  einander  ab),  um  eure  zeit 
desto  höher  anzuschlagen,  und  keinen  augenblick  ohne  Staats- 
gewinn entkommen  zu  lassen;  so  wiszt:  wer  arbeit  und  er- 
holung  so  in  einander  mischt,  versteht  weder  zu  arbeiten, 
Doch  sich  zu  erholen.  Hippel  .5,118. 

STAATSGEWISSEN,  ti.;  stat^gewissen,  n.  eonscienza  dt  stato 
"  di  statista.  Kramer  deutsch-ilal.  did.  2  (1702),  912'. 


STAATSGEWOHNHEIT,  f.:  statsgewonheit,  institulum  politi- 
cum.  Stibler  2496. 

STAATSGLÄüBIGER,  m.  dem  der  staat,  ein  staat  geld  schuldH, 
inhaber  eines  Staatsschuldscheins.    KrTnitz  encycl.  164  (1836),  447. 

STAATSGLEICHGEWICHT,  n.:  einst  traf  ich  ihn  (Klopstock) 
bei  einer  karte  in  tiefem  nachsinnen  an;  er  zog  linien,  masz 
und  theilte.  —  wird  es  wol  gar  ein  partagetraktat?  oder  ein 
System  eines  bessern  Staatsgleichgewichts?  Stürz  1,186. 

STAATSGLIED,  n.:  da  es  aber  einmal  geschehen  war,  und 
die  Wissenschaften  sich  als  ein  Staatsglied  im  Staatskörper 
fühlten,  einen  rang  bei  processionen  und  andern  feierlich- 
keiten  erhielten,  war  bald  der  höhere  zweck  aus  den  äugen 
verloren.  Götbe  2,  it,  149  Weim.  ausg.;  die  gesellschaft  die  wir 
genugsam  kennen  ist  nun  berechtigt  dort  besitz  zu  nehmea. 
mitten  in  der  vollkommensten  bürgerlichen  einrichtung,  von 
da  sie  als  einfluszreiches  Staatsglied  ihren  vortheil  ersehen 
und  sich  in  die  noch  «nangebaute  wüste  fern  verbreiten  kann. 
23,  203  ausg.  letzt,  hd.;  er  .  . .  wird  ...  die  öffentliche  gewalt, 
ohne  Unterdrückung  und  sogar  ohne  beunruhigung  gut  ge- 
sinnter siaalsglieder  wieder  herstellen.  Pestalozzi  3(1792),  30l. 

STAATSGLl.MPF,  m.  politische  rücksicht,  in  älterer  spräche: 
da  braucht  er  {der  satan)  einen  heuchlerischen  staatsglimpf. 
Christoph  Starke  Synopsis  n.  test.  2  (1735),  105. 

STAATSGBAB,  n.,  staatgrab,  prunkgrab,  Mausoleum.  Mokb- 
BEEK  bei  Campe,    vgl.  staat  3,  d. 

STAATSGRA.MMATIK,  f.,  vielleicht  nach  staat  3,i;  ist  das 
nun  ein  wahres,  fränkisches  hofdeutsch,  darauf  sich  gewisse 
gelehrte  und  publicisten  in  ihren  Staatsgrammatiken  soviel 
zu  gute  thun:  so  weis  man  wahrhaftig  nicht,  was  denn  roth- 
wälsch  heiszen  soll.  Gottsched  bei  Rbicbel  kL  Gottsched-wb.  56. 

STAATSGRENZE,  f.,  nach  Staat  5,  c:  ich  hielt  änderungen 
der  Staatsgrenzen  in  Süddeutschland  für  keinen  fortschritt 
zur  einigung  des  ganzen.  Bismarci  ged.  u.  erinn.  2, 74. 

STAATSGRIFF,  m.,  was  staatslist  Krambr  deutsch-Ual.  dict. 
2  (1702),  912':  anno  1627.  hatte  ich  die  ehre,  dasz  ich  mit  dein 
hn.  Claude  de  Mesme  abgesandten  ausz  Franckreich  nach 
Venedig,  und  von  dar  nach  Rom  gehen  dürffte,  da  lernte  ich 
viel  staatsgrieffc,  welche  zwischen  Venedig  und  Spanien,  in- 
gleirhen  zwischen  Venedig  und  dem  pabste  vorgenommen 
wurden.  Weise  erzn.  38  neudr.;  unterdessen  will  er  doch  auch 
nicht  unterlassen  einen  Staatsgriff  anzuwenden.  Lessinc  4,  273 

'     was  für  staatsgrifT  und  paradoxen, 

die  nicht  auch  auf  unserm  botlen  wachsen. 

SoLTAD  hei  Campb. 
STAATSGROLL,  m.  politischer  groll,  scherzhaft: 

die  waren  erst  nun,  hund  und  mann, 
sich  lierzlich  zugethan  : 
da  kam  dem  hund  ein  Staatsgroll  an  — 
ward  toll,  und  bisz  den  mann. 

Herder  25,  569  Sttphiin. 

STAATSGROSZE,  f.  politische  grüsze:  aus  Überschätzung 
schimmernder  Staats-,  kriegs- und  schriftstellergröszen.  Becker 
weltgesch.  14,  30  anm. 

STAATSGRÜBLER,  m.  politischer  grübler:  dieser  vorgebliche 
Weltbürger  hat  zwar  seine  zweifei  und  anfragen  ausdrücklich 
nur  den  Staatsgrüblern  zur  prüfung  und  beantwortung  ge- 
widmet. Wieland  28,  ;Vi3. 

STAATSGRÜBLEKISCH,  adj.  zum  vorigen:  da  aber  einige 
der  ersten  {zweifei)  ...  so  beschaffen  sind ,  dass  sie  ohne 
alle  staatsgrübleriscbe  spitzflndigkeit  mit  blosser  hülfe  des 
schlichten  menschenverstandes  gehoben  werden  können.  Wie- 
LAWn  2s,  333. 

STAATSGRUND,  m.  politischer  grund.  Campe:  aus  solchen 
Staatsgründen  {sich  vermählen).  Lobenstein  Armin.  2, 157';  die 
natur  ist  so  wenig  einem  blinden  ungefähr  oder  ewigen  gesetzen 
unterworfen,  als  sich  alle  begebenheiten  durch  charactere  und 
st:iat<«gründe  aufschlieszen  lassen.  Hamann  1,55;  die  iiüchste 
lese-freiheit,  welche  die  abhandlung  den  menschen  überhaupt 
erstreitet  und  zusichert,  kommt  also  auch  z.  b.  den  böhmischen, 
mährischen,  ungarischen  Zensoren  und  den  staatsgrOnden 
ihrer  einsetzung  zu  gute.  J.  Pajl  freili.-büchl.  92;  auf  dem 
Stuhle  des  primas  und  erzbischofs  von  Canterbury,  welchem 
der  eroberer  weiland  aus  staatsgründen  die  anderen  englischen 
bislhümer  völlig  untergegeben  hatte,  sasz  damals  ein  trotziger 
Normanne.  C.  F.  Meyer  d.  heilige  102. 

STAATSGRL'NIXiESETZ,  n.  grundgesetz,  grundlegendes  gesetz 
für  den  staat:  eine  nation,  bei  der  glaube  und  Verehrung 
eines  gotles.  ohne  bild,  Staatsgrundgesetz  war.  HerelS, 231. 

STAATSGRUNDSATZ,  m.  grundsatz  für  den  staat. 


303   STAATSGUT  — STA  ATSHERRSCHER 


STAATSHEXE— STAATSKALENDER   304 


STAATSGUT,  n.  dem  staatt  gehöriges  gut.  Campe. 

STÄATSHANDBLCH,  n.  handbuch,  das  die  einrichlungen  einet 
Staats  verteichnet.  vgl.  Staatskalender:  die  scutaiii  seniores 
haben  in  der  notitia  dignitalum  rothen  scliild  mit  gelbem 
centrum.  . . .  leider  ist  aus  den  bildern  der  späten  hand- 
scbriften  jenes  staatsbandbucbs  Tom  jabre  400  wenig  zu  macben. 
Freytag  17  (1S9:),  13$. 

STAATSHANDEL,  m.  l)  eosa,  materia  dt  stato.  Keamkr 
deutsch-ital.  dict.  2  (l'02),  013',  politischer  handel,  politische  an- 
gelegenheit.  Campe:  es  ist  vergebene  arbeit,  dasz  man  jungen, 
unverständigen  leuten  viel  von  politiscben  Staatsbändeln  aufT- 
briefen  will,  weil  sie  docb  mit  ibrem  einfältigen  verstände 
so  weit  nit  langen.  Weise  erxn.  93  neudr.;  sieb  in  staats- 
bändel  einlassen,  verwickeln.  Campe. 

2)  kaufmännischer  handel,  den  die  regierung  für  ihre  rechnung 
treibt,  treiben  läszl  oder  die  handelsverhältnisse  eines  Staats  über- 
haupt. KrCnitz  encycL  164  (1S36),  462. 

STAATSHANDLLNG,  f.  l)  politische  handlung:  keine  sUats- 
handlung  durfte  obne  vorbergegangene  befragung  der  gütter 
vorgenommen  werden.  Becker  weltgesch.  2,  3^2;  solche  kost- 
barkeiten  erwarb  ein  (germanischer)  fürst  durch  gescbenke, 
welche  bei  jeder  staatsbandlung,  bei  besuchen,  gesandt- 
schaften,  friedensverträgen  gegeben  oder  empfangen  wurden. 
Freitag  17  (1897),  185. 

2)  wit  staatsbandel  2.  KRrniTt  encycl.  164  (1836),  501. 

STAATSHAUBE,  f.  prunkhaube.  Campe,  der  auch  staathaube 
rerieichnet.    vgl.  Staat  3,  d. 

STAATSHAUPT,  n.;  jedoch  ist  nur  ein  an  tugend  eben- 
bürtiger des  liederfreundes  aufgetreten,  nämlich  dessen  Ur- 
enkel Rüdiger,  der  gegen  fünfzig  jabre  lang  ratsmann  und 
•taatsbaupt  in  Zürich  gewesen  ist.  Keller  6, 123.  vgl.  Staats- 
oberhaupt. 

STAATSHAUPTSTADT,  f.,  von  der  hauplstadt  eines  der  ver- 
einigten Staaten  von  Nordamerika:  der  bric  ä  brac-händler, 
welcher  in  einer  staatsbauptstadt  des  amerikanischen  weslens 
für  den  ersten  Juwelier  galt,  ward  durch  seinen  clerk  be- 
nachrichtigt. E.  v.  Di>CKLAGE  kurte  erzählungen^  184. 

STAATSHAUSHALT,  m.  finanzielle  führung  eines  Staatswesens 
und  der  finanzielle  theil  des  Staatswesens  selbst:  unter  seiner 
{Pillersdorffs)  leitung  zeigte  der  {österreichische)  Staatshaushalt 
im  jabre  ifcSo  zum  ersten  male  seil  jahrzehenten  einen  über- 
schusz  der  einnahmen  gegen  die  ausgaben.  Gkillparzer 
15  (1887),  113;  durt  (in  Englands  imponierte  uns  in  den  letzten 
Wochen  wieder  ein  Staatshaushalt,  der  wie  spielend  die  groszen 
lasten  für  beer  und  flotte  trägt.  I'rüytag  15  (1897),  344. 

STAATSHAUSHALTER,  m.  der  nnen  slaatsaushalt  führt: 
Tielleicbt  würden  die  staatshaushälter  finden,  dasz  manche 
ihrer  besorgnisse  wegen  des  eintrags,  den  fremder  neisz  dem 
einbeiuiischen  bringen  soll,  ungegründet  sind.  Garve  anm.  zu 
Cicero  de  off.  (1783)  3, 199. 

STAATSHAUSHALTSGESETZ,  n.;  so  dasz  der  lamltag  am 
5.  august  mit  einer  thronrede  eröffnet  werden  konnte,  die 
ankündigte,  dasz  die  landesvertretung  in  bezug  auf  die  ohne 
ttaatshausbaltsgesetz  geführte  Verwaltung  um  nachträgliche  ver- 
willigung  angegangen  werden  solle.  Bismarck  ged.  u.  erinn.  2,70. 

STAATSHAUSHALTUNG,  f.  ßnamielle  führung  eines  Staats- 
wesens: die  Städte  sind  in  Europa  gleichsam  stehende  heer- 
lager  der  cultur,  Werkstätten  des  flciszes  und  der  anfang 
einer  bessern  staatsbausballung  geworden,  ohne  welche  dies 
fand  noch  jetzt  eine  wüste  wäre.  Herdkr  id.  z.  phil.  d.  gesch. 
2ü,  5;  unsere  Staatskunst  ist  bestimmt,  in  denjenigen  gegen- 
ständen, weiche  die  grOszte  aufmerksamkeil  in  der  stauts- 
bausbaltung  verdienen,  am  meisten  zurück.  Pestalozzi  Lienh. 
U.  Certr.  3  (1792),  257. 

STAATSHEER,  n.  heer  im  dienste  eines  Staats:  reform  des 
bürgerlichpn  Staats-  und   kriegsheers.   Kliuger  9,  217. 

STAATSHEIRAT,  f.  betrat  aus  Staats-,  politischen  gründen: 
•(  ist  wahr,  dasz  die  staats-beyratbcn  nicht  allezeit  gerathen, 
und  ihres  zwerks  fehlen.  Lo■e^8TKlN  Armin.  2,  W*. 

STAATSHEHBERGE,  f.,  nach  Staat  3,d: 

nun  «dje,  lieldetberg;! 

bUl  «Ine  rechte  sttsisherberg. 

tt"»i'f>T>iorri  2,  244  fioxhergtr. 

STAATSHEIIHLICHKEIT.  f.,  nach  sUat  &:  vielmehr  kfimpfr 
unsre  spräche,  dies  geprSge  der  rümiscben  staatsherrlicbkeit 
auszudrürkrn.  Hkrokr   i,  »2*t  Suphan. 

STAATSHKHItSCHKB,  m.  herrtrher  über  etnen  staot,  vom 
regierer,  ttgenten  unterschieden:  endlich  kann  weder  der  slaats- 


herrscher,    noch   der  regierer  richten,   sondern  nur  richler. 
als  magistrate  einsetzen.  Kant  5, 150. 

STAATSHEXE,  f.,  nach  staal  3,  i,  als  komisches  Scheltwort  von 
einem  jungen  mädchen:  das  ist  ja  eine  staatsbexe!  Keller  6,295. 

STAATSHILFE,  -HÜLFE,  f.  bilfe  durch  den  staat,  aus  Staats- 
mitteln :  nach  staatshilfe  schreien. 

STAATSHIMMEL,  m.  cotlum  stalisticum,  politicum,  stats- 
himmcl.  Stieler  840:  der  printz  (/ürs()  selbst,  als  das  güldne 
liertz  und  leben,  eines  so  höflichen  stuts-himmels,  leuchtet 
in  seiner  majestätischen  klarheil,  ohne  wölken  und  nebel 
einiger  Verkleinerung  und  scbm;ich.  Butscbkt  Pathm.  730; 
keine  legio  fulminatrix,  um  unsern  prinimetalienen,  por- 
celaiiien,  papiernen  kirchen-  und  staals-bimmcl  in  blitz, 
donner  und  hagel,  wolkenbrüste  und  weinscbläuche  zu  ver- 
wandeln. Hamann  4,274. 

STAATSHOF,  m. ,  als  gehöftname  in  Storms  noveUe:  auf 
dem  Staatshof.  sämtl.  werke  1  (1899),  55/^.,  wol  eigentlich:  dem 
Staate  gehöriger  ho  f. 

STAATSHOLZ,  n.,  nach  Staat  3,  d:  auch  hat's  {giebt  es  hier) 
schöne  flehten  und  eiclibäuin'  und  noch  andere  prächtige 
bäum',   die   geben   ein  staalsholz.    Auerbach  dorfgesch.  l,  ISO. 

STAATSHOSE,/'.,  staaüiose, prachtbose.  Campe  (»p/. slual  3,d). 

STAATSHUBE,  f.:  statsbure,  concubina,  6  corligiaua  fami- 
liäre.   Krahkr  deutsch-ital.  dict.  2  i\^i)2),  919'.     s.  staatsfrau  2. 

STAATSHÜT,  m.,  slaalhut,  prachthut.  Campe  (vgl.  staal  3,  d). 

STAATSIN(iUISITION,  f.  Staatsbehörde,  die  verbrechen  zu 
ahnden  hat,  in  der  republik  Venedig:  wir  standen  noch  und  über- 
legten, was  zu  thun  wäre,  als  die  thüre  sich  öfiiete  und  einige 
bedienten  der  staatsinquisition  bureintraten.   Schiller  4,  203. 

STAATSINQUISITOB,  m.  richtcr  der  staatsinquisition:  einer 
von  den  greisen,  wahrscheinlich  der  oberste  Staatsinquisitor, 
nabelte  sich  dem  prinzen.  Scmiller  4,203;  bereits  13 10  fand 
(in  Venedig)  eine  weitere  Steigerung  dieses  scbreckenssystems 
polizeilicher  alimacht  statt  durch  einsetzung  des  kollegiumi 
der  zehn  staatsinquisiloren.  allgem.  weltgesch.  (Grote)  6  (Pfldck- 
Harttung),  298. 

STAATSLNTERESSE,  n.  (vgl.  staatsnutzen):  eine  intrigante, 
auserlesene,  aas  der  römischen  historie  gezogene  haupt-  und 
staats-action,  betitult:  gli  sponsali  per  l'impero,  das  ist:  dir 
aus  Staats-interesse  geschlossene  Vermählung,  oder  der  intri- 
gante, den  römischen  hof,  in  die  grüsste  Verwirrung  setzende 
politicus.  ankündigung  einer  anfführung  der  Wallerottyschen  truppe 
in  Frankfurt  a.  M.  vom  22.  sept.  1741  bei  E.  Mentzkl  gesch.  d. 
Schauspielkunst  in  Frankfurt  a.  M.  (1S8J)  455;  hätte  nicht  der 
privatvortbeil,  nicht  das  Staatsinteresse  sich  schnell  damit 
vereinigt,  nie  würde  die  stimme  der  theologen  und  des  volka 
so  bereitwillige  fürsten,  nie  die  neue  lehre  so  zahlreiche,  sa 
tapfre,  so  beharrliche  Verfechter  gefunden  haben.  Schiller  8,5; 
um  aus  der  polilik  der  persönlichen  freundschaft  der  beiden 
kaiser  (des  deutschen  und  des  russischen)  einen  Übergang  zu 
der  des  kühlen  russischen  Staatsinteresses  zu  finden,  das  1S14 
und  1815  bei  absteckung  des  französischen  gebiets  masz- 
gcbcnd  gewesen  war.  Bismarck  ged.  u.  erinn.  2,231.  ein  staats- 
interesse:  mein  herz  wird  das  opfer  eines  elenden  Staats- 
Interesse.  Lessinc  2, 122. 

STAATSJUNGFER,  f.,  was  «taatsfräulein;  sUitsjungfer, 
i-irgo  honoris.  Stieler  ö47:  sie  hätte  sieb  bey  des  gedachten 
grafTen  geinabliii  vor  eine  staads-jungfer  aufgehalten.  SimpL 
3,50,28  Kurz;  die  dainen  hir  im  landt  haben  keine  staadls- 
jungfern  mehr.  Elisabeth  Charlotte  3,  554  Holland.  vgL: 
Saliime.  Serena.  Cassandra.  der  königin  Stadt  Jungfrauen. 
A.  Grtphius  1  (1(198),  95. 

STAATSKABINET,  n.  kabinrt  (vgl.  caliinet  theil  2,602),  tn 
Staatssachen  erwogen  oder  bearbeitet  werden:  man  bringt  die  zeit 
bei  tische  wie  im  staatskahinctte  zu,  und  redet  mit  der  vop- 
sieht  eines  gesandten.  Möskii  patr.  phant.  2,  240. 

STAATSKALENDtB,  m.  'kaUndn,  worin,  ausser  dem  hofi 
und  hofstaote,   die  sämmilichen  staalsanstnlten ,   alle  cvil-  und 
militairbehurden,  departemrnts  oder  kollegien,  und  die  dabei  an- 
gestellten   diener   namentlich   verzeichnet  smd'.    KrOnitz  enci/cL 
164  (IS36),  99:     io    will    ich    durch    meine    erfahrung    jedtn 
menschen  wohlmeynend  warnen,  (^to's  lettres  und  i> 
Tncilus  nicht  zu  lesen,  oder  wenn  er  ja  verwägen  gi  i 
darinnr  zu  lesen,  suglcicb  zum  niederschlagen  deraufw:ii 
palriiitiürben   bitze,  eine  seile  vom  staat^kalendrr  an  ^^ 
lu  lernen.   Rarnkr  0, 15;  sagt  mir  doch,  nach  welehrin 
kulender    habt    ihr    die  fürstl.  persmicn  vor  euren  ^ril 
nach  dem  ränge  geordnet?  Gockinck  an  Burgtr  2i>.feb>.  i  " 


305        STäATSKANZLEI  — STAATSKASSE 

bfi  Stbodtmass  briefe  ton  und  an  Bürger  3,  S;  es  miiszte  denn 
anders  einer,  der  z.  b.  den  Staatskalender  auswendig  weisz, 
auch  ein  gelehrter  zu  heisien  verdienen.  BCrger  an  Heyne 
S.  mui  17S4  o.a.  0.  137;  während  Keinhard  sich  durch  seine 
besuche  eine  umfassende  kenntnis  des  staaiskalenders  ver- 
schafTte,  konnte  Lorle  zu  hause  sich  noch  gar  nicht  in  das 
stadtleben  finden.  Auerbach  dorfgesch.  3,78;  es  war  dies  aller- 
dings nicht  das  geeignetste  mittel,  um  in  einem  jungen  herzen 
den  respect  vor  den  autoritüten  des  Staatskalenders  grosz  zu 
ziehen.  Stosh  sämtl.  verke  (1S99)  3,122; 

und  es  will  sich  doch  nicht  schicken, 

dasz  man  so  mit  jeder  geht, 

seit  papa  im  Staatskalender 

in  der  dritten  classe  steht.    S,  221. 

äaiu  Staat skalenderer,  m.  der  im  slaatskaUnder  steht: 

ihr  sagt,  es  sei  ein  kämmerer, 
ein  schöner  staatskalenderer: 
doch  sieht  denn  nicht  ein  jeder, 
dasz  er  genäht  aus  leder?    222. 

gtaatskalen  dernumm  er,  f.  nummer  im  staatkalender : 
diese  kerle  —  ich  wette!  —  wischt  man  ihnen  die  staats- 
kalendernumnier  von  der  stirn,  so  sitzen  sie  da  wie  aus- 
geblasene hülsen.  4.4ö. 

STÄATSKANZLEI,  f.  kamlei,  ^trekhe  sieh  mit  ausfertigung 
der  Staatssachen  beschäftiget',  staatskanzelley.  Adelc.ng,  staats- 
kanzelei  Cahpe:  ich  besuchte  in  Meraghet  die  staatskanzlei. 
BCcsERT  11  (iS82),2d4;  du  arbeilest  ja  auf  eurer  staatskanzlei. 
C  F.  Mkyer  Jenatsch  43;  der  ritter  beobachtete  die  vorsieht, 
seine  briefe  nicht  an  die  staatskanzlei,  sondern  an  Heinrich 
Waser,  den  Privatmann,  zu  richten.  92;  wie  grosz  das  misz- 
trauen  der  kaiserlichen  staatskanzlei  sein  werde,  wenn  wir 
plötzlich  in  der  langjährigen  gepflogenheit  eine  änderung  ein- 
treten lieszen.  Bisvarck  ged.  u.  erinn.  1,230.  dazu  staats- 
kanzleirat,  m.:  die  Stimmung  der  Böhmen  erzeugte  sich 
übrigens  nicht  ohne  aufheizerei,  und  die  faden  gingen  so 
ziemlich  auf  einen  staatskanzlei-rath  böhmischer  abkunft  zu- 
sammen. Gbillp.\rzeb  15  (ISS7),  127,  wozu  «eiter  staats- 
kanzleirätlich,  adj.:  als  derseibe  (ein  aufsatz)  dem  ob- 
gedacliten  staatskanzleiräthlicben  censor  in  die  bände  kam, 
erklärte  er,  darüber  nicht  aburtheilen  zu  können,  ebenda. 

STAATSKANZLEH,  m.  vorgesetzter  der  staatskanzlei.  Adelisg, 
der  höchste  reranticorlliche  beamte  der  Staatsregierung:  an  die 
spitze  der  Verwaltung  trat  (tSIO  in  Preusieit)  ein  kabinet  von 
fünf  Staatsministern  (für  inneres,  finanzen,  auswärtige  an- 
gelcgenbeiten,  krieg  und  Justiz),  dessen  haupt,  der  staats- 
kanzlcr,  als  oberster  rat  der  kröne  die  Oberaufsicht  über  die 
gesamte  Verwaltung  zu  führen  hatte.  Schröder  d.  rechtsgesch. 
(1S94)  S27. 

STAATSKAROSSE,    f.    prächtiger    kutschicagen ,    galawagen 
(vgl.  Staat  3,  d):  man  kann  ja  nicht  ewig  in  einerley  gothiscben 
staalscarosse  fahren.  Moser  patr.  phant.  3  (l"^),  2;   der  düng 
karrn  und  die  Staats  carosse.  Lichtenberg  aphorismen  2,212,  657 
Leitzmann;  so  sprach  der  könig  und  ging,  und  am  Ihore,  bis 
wohin  wir  ihn  begleiteten,  stand  eine  küstliche  Staatskarosse 
für  ihn  bereit,  die  ihn  nach  hause  brachte.  Ludwig  2  (1&91),  43S; 
er  naiim  die  halbe  Stadt  in  sold, 
bedeckte  sich  und  sein  ^eTol^  mit  gold, 
und  brüsiete  sich  mehr  in  seiner  staatsqarosse, 
als  die  daran  gespannten  rosse. 

Gbllbrt  1  (1775),  99; 
darum  (bei  einem  ben>ühi,is)   am  thor  (der  liirclie)  so  manche 
,..,  slaatskarosse.    Drosti  1,  65  Sc/iüc*inu; 

.■■.  bilde: 

da  hüpft,  neumodisch  angethan, 

berr  fope  leicht  daher,  ersucht  den  wundermann  (Homer), 
ihm   seine   staatskarosz  (den  sonnenwagen  A)iulto$)  ein  wenig 

abzutreten. 
Voss  bei  Sahir  Göttinger  dichierbunil  1,  333,  7; 

mit  anlehnung  an  Staat  5,  im  bilde: 

Tahrt  im  land  °ne  staalskarosse; 

ziebtt  sie  acht  lainose  rosse  (gemeint  sind  die  preuszi^chen  pro- 
rinzen).    Friiligratu  3  (1SS6),  55. 

STAATSKAHREN,  m. ,  nach  Staat  3,d:  statskarn,  pracht- 
karn,  bijuge,  curriculum,  carruca,  Calli  appeUant  chaise. 
Stibier  931.     vgl.  das  vorige. 

STAATSKASSE,  f.  ^jede  öffentliche  kasse  eines  Staates,  be- 
londers  die  hauptkasse  eines  Staates,  in  «eiche  alle  einkünfte 
desselben  fliesten  .  Campe:  die  alten  demokratischen  Athener  . ., 
die  doch  auch  ein  sehr  freyheit  liebendes  und  eitelstolzes 
»i'lkchen    waren,    und    sich    gleichwohl    die   ausübung   ihres 

uveränitätsrechts  jedesmahl  mit  einem  baren  halben  kopf- 
luck  auf  den  mann  aus  der  Staatskasse  bezahlen  Hessen. 
X.  2. 


STAATSKATECH1S51ÜS  —  STAATSKLUG    306 

Wieland  31,422  (gespr.  unter  4  äugen  10);  zwischen  all  dem 
wesen  versleckten  die  geistlichen  und  Stifter  ihre  ländereien 
und  capitalien  unter  scheingescbäftcn,  damit  der  präfect 
sie  nicht  auswittere  und  in  den  groszen  Schlund  der  Staats- 
kasse werfe.  IxxERMANN  20, 12b  ^empfL  dazu  staatskassen- 
führer,  m.  Campe,  statskassen Verwalter,  m.  ebenda. 

STAATSKATECHIS.MUS,  m..-  statslehr,  statscatcchismus, 
morale,  calechismo  di  stato.  Kkamer  deutsch-ital.  dict.  2(1702), 912'. 

STAATSKENNTMS,  f.  kenntnis  vom  Kesen  des  Staats,  von 
den  rerhältnissen  eines  Staats.  Campe. 

STAATSKERL,  m.  rolksmäszig  stattlicher,  prächtiger  mensch. 
Hetzel  Kie  der  Deutsche  spricht  (iS96)  2!)7,  stoolskarl  Pasch 
AUenburger  bauemdeutsch  loo,  staatskarl  Rdcsert  unterfränk. 
mundart  174,  e  stadskerli  Hunzikbr  Aargauer  vb.  249;  den 
(Schnupftabak)  hat  mir  mein  Florian  bracht,  gelt,  es  ist  ein 
Staatskerle?  so  ist  keiner  auf  zwanzig  stund'  wegs.  Adebbacb 
dorfgesch.  2, 13. 

STAATSKIND,  n.  tum  Hofstaat  gehöriges  kind,  in  älterer 
spräche  (vgl.  staatsdame,  -fräulein,  -Jungfer):  Bela,  Zephi, 
Thema,  drey  stalts-kinder  an  Elons  hofe.  Weise  comödien- 
probe  1.  spiet  personen;  Bela,  Zepbi,  staats-kinder  an  Elons 
hoffe,  s.  25. 

STAATSKIRCHE,  f.  religiöse  gemeinschaft ,  die  einen  staat 
umfaszt:  seine  kirchenpolitik  . . .  hat  den  grund  gelegt  zur 
Staatskirche.   Brieger  Constantin  d.  gr.  (ISSO)  32. 

STAATSK1RCHENTL.M,  n.  zum  vorigen:  wer  wollte  die 
Schattenseiten  des  staatskirchentums  leugnen?  Brieger  Con- 
stjntin  d.  gr.  (ISSO)  33. 

STAATSKIRSCHENTORTE,  f.,  nach  Staat  3,d; 

den  abend  drauf,  nach  scbrittschubfahrt 
mit  jungfräulein  von  edler  an, 
staats-kirschentort,  gemeinem  hier 
den  abend  zugebracht  allhier.    Götbe  56,  65. 

STAATSKLEID,  n.  schönes,  kostbares  hleid,  vomit  man  Staat 
macht.  Campe,  festgewand,  nach  Campe  auch  staatkleid  (vgL 
Staat  5.d):  so  sasz  er,  im  Staatskleide,  frisirt,  wie  eine  ge- 
putzte leiche,  am  reichbesetzten  tisch  vor  den  silbernen  arm- 
leuchtern.  Eichendorff  3,322;  da  drangen  sie  mir  endlich 
ihren  hausarzt  auf,  einen  don  Bucciolotto,  eine  karikatur, 
wie  sie  bei  Goldoni  vorkommen,  in  perücke,  Staatskleid  und 
ellenlangen  manschetten.  GRiiLrARZER  15  (1SS7),  90;  nun  be- 
gann sie  aber  die  kostbare  zeit  zu  verzetteln,  indem  sie  erst 
mit  verstellter  unentschlussenbeit  ein  staatskleid  aussuchte  und 
mit  niedlichem  gepiauder  seinen  rat  verlangte.  Keller",  235; 

er  gebt  ott  durch  die  gassen 
Selinden  und  der  stadt  sein  staatskleid  sehn  zu  lassen. 

Zacuariä  verwanttlunyen  4,  142. 

STAATSKLEIDUNG,  f.,  dem  vorigen  entsprechend,  staat- 
kleidung  Campe:  niemand  aber  ist  gern  beständig  in  einer 
slaatskleidung.  Moser  patr.  p/ian<.  2,  223;  nach  dem  empfange 
dieses  briefes  begab  sich  meine  multer  in  ihre  Staatskleidung. 
Keller  1, 224. 

STAATSKLUG,  adj.  politisch  klug.  Camie.  vgl,  auch  Kbaheb 
deutsch -iial.  dict.  2  (1702),  912*  (s.  unten),  von  personen:  sie 
(eine  Tacitus-übersetzung)  liefert  nicht  die  huste  eines  slaats- 
klugen  Römers,  sondern  die  verrückte  ligur  eines  stammelnden 
Deulschlateiners.  Herder  4,  32S  Suphan;  den  mann  durch  den 
staatsklugen  köpf  zu  verwikeln.  Scbiller  3,  6  (Fiesko  vorr.). 
schon  früher  in  substantivischer  anuendung  bezeugt,  statsmann, 
stat^kIuger,  slatskopf,  statista,  polttico.  Kramer  devtsch-ital.  dicL 
2  (1702),  912':  so  kan  ich  doch  denselben  staats-klugen  vieler 
völcker  nicht  gäntzlich  ablegen  (bedeutung  absprechen),  welche 
künste  und  wissenschalTten  ...  am  pöfel  für  bley,  oder  oft  gar 
giftiges  spiszglasz  halten.  Lohenstein  i4rmin.  2, 180';  nach  dem 
heutigen  plan  der  weit  bleibt  die  kunst  gold  zu  machen  also 
mit  recht  das  höchste  project  und  höchste  gut  unserer  staats- 
klugen. Hanann  2,7;  macht  das  kabinet  und  die  kanzley 
slaatskluge,  so  wären  es  lauter  gelehrte,  die  in  die  schule 
gingen.  3,61;  wir  geben  dem  physiognomen  gerne  zu,  sich 
unter  die  naturlehrer  zu  zählen,  nur  musz  er  keinen  gruszern 
rang  unter  ihnen  behaupten  wollen,  als  der  prophet  unter 
den  staatsklugen.  LiCBrENRERG  4,39.  vom  handeln  und  denken: 
doch  deine  wähl  war  zu  staatsklug,  als  dasz  ich  sie  deinem 
mutterwiz  zutrauen  sollte.  Scbillbr  Fitsko  i,9;  Katharina  (von 
iledicis),  durch  die  weisen  rathschläge  des  kanzlers  von 
ilopital  geleitet,  erwählte  den  staatsklugen  ausweg,  sich  keiner 
von  beyilen  parteyen  zum  Werkzeug  gegen  die  andre  herzu- 
geben, und  durch  ein  woblgewähltes  mittel  zwischen  beyden, 

20 


307 


STAATSKLUGHEIT 


STA  ATSKLÜGLER  — STAATSKRANKHEIT  308 


den  meister  über  sie  zu  spielen,  tchriften  9,271;  das  ganze 
stück  {Schillers  Maria  Stuart)  bat  zum  gehalt  da^  pro  und 
contra,  die  erörterung  der  gründe  für  und  gegen  den  lod  der 
Maria,  sowobi  die  recbtücben  als  die  staatsklugen.  Lddwig 
s  (1891),  31».  in  adverbialer  fügung:  der  krieg  ward  von  den 
Franzosen  staatsklug,  von  den  Engländern  ritterlich,  tapfer 
und  trotzend  geführt.  ScnLossEii  weltgesell.  S,  Hi; 

er  (leuszt 
von  wei«beit  über,  wenn  er  bei  dem  thee 
mit  des  ministers  Trau  den  soplia  tlieilt, 
und  im  Tornehroen  kreise  staaisklng  lehrt: 
der  rOrsi  sei  gottes  bild.    Stolbirg  :t.  36 ; 

er  (K'nloi.aU  kö'ig)  scliliirt  beraiischi  in  diesem  himmel  ein, 

den  sein«  «klaren  staaisklug  um  ilin  pflanzen. 

ScBiLLKR  dorn  Karlos  1,2,9; 

nnd  sieht  er  (der  kaiser)  uns  in  unsern  schranken  bleiben, 

vielleiclit  besiegt  er  staatsklug  seinen  zorn.     Trll  2,2; 

80  wirst  du  Ulfirmnmi)  doch  den  Flambert  mindestens, 

den  Torsi  und  Alarich  und  Siiigar, 

die  Torsten  an  des  Maines  uTer. 

von  deinem  wagstück  staatsklug  unterrichten? 

H.  V.  Kliist  llerrmannischl,  4,  S. 

frei  gebraucht:  im  groszen  (/'amtW«n-)rate  wurde  der  staats- 
kluge beschlasz  gefaszt,  dasz,  wenn  bis  zur  kirchweihe  die 
Konstantinischen  wirren  noch  nicht  ausgcgeglichen  wären, 
Tbaddä  mit  Hedwig  und  der  lebrer  mit  Agnes  zum  tanze 
geben  sollten.  Acerbacb  dorfgesch.  2,n2; 

Belinde,  bis  hieher  hast  du  mit  deinem  graTen 
die  mittel  stets  gewiiszt,  die  thoren  zu  besiraTen; 
und  bis  hieher  hat  es  kein  goldner  geck  gewagt 
und  ein  staatskluges  nein  zur  spielparthie  gesagt! 

,.     ,       .  Zacuahiä  sc/»nup/tuc/i  2, 8; 

(ton  einem  furslen  :) 

von  seines  landes  gold  ein  rauher! 

beld  im  serail,  staaisklug  im  kartenspiel! 

GöcKiJiGK  3(1782),  252. 

STAATSKLUGHEIT,  f.  politische  klugheit,  polüik.  Adelung, 
prudentia  politica.  Frisch  2, 313',  statskiugheit,  statswitz,  pru- 
dema  di  stato,  cioe  politica.  Kraheii  deutsch-ital.  dict.  2(1702),  912*: 
als  derselbe  (ein  Jurist)  von  einem  printz  {fürsten),  zu  ruhte 
gezogen  ward;  weil  man,  hinter  einem  manne,  der  so  viel 
geschrieben,  keine  schlechte  stats-klughcit  suchte.  Butschiiy 
Pathm.  4S9;  dasz  die  slaats-kluglieit  der  meisten  (fürstlichen) 
beyrathen  kuplerin,  aber  auch  die  verfälscherin  der  reinesten 
liel)e,  und  das  giftigste  sclieidewasser  der  verknüpftesten 
hertzen  sey.  Lobekstein  ;4rm«n.  2,  156';  sintemal  wir  dafür 
halten,  dasz  eben  so  wol  das  buch  der  natur  das  beste  sey, 
woraus  man  die  sitten-weiszbeit  und  die  staats-klugheit  be- 
greiffen  könne.  750';  zumal  da  dieser  letztere,  auch  an  staats- 
klugbeit  und  tapferkeit,  damals  seines  gleichen  nicht  gehabt 
hat.  GoTTscBEO  bei  Heichei.  kl.  Gottsched -wb.  56;  ihre  (der 
ältesten  rOlker)  Staatsklugheit  erstreckte  sich  von  dem  göiter- 
dienst  bis  auf  die  spiele,  die  tanzkunst  und  musik.  Hamann 
1,10;  sie  (die  gcsellschaft  und  Ungleichheit  der  menschen)  sind 
keine  erfindungen  der  Staatsklugheit,  sondern  entwürfe  der 
TorsebuDg,  welche  der  mensch  wie  alle  andere  gesetze  der 
natur  theils  miszverstanden,  tbeils  gemiszbraucht  hat.  13; 
mit  gewohnter  Staatsklugheit  hatte  Richelieu  die  Verlegenheit 
dieses  fürsten  (des  kurfürsten  von  Trier)  benutzt,  Frankreichs 
macht  zu  vergrOszern  und  ihm  einen  wichtigen  alliirten  an 
Deutschlands  grenze  zu  erwerben.  Scbilier  8,226;  die  staats- 
klugbeit  rieth  also,  sie  (die  Juden  in  Egypten)  scharf  zu  bc- 
waclien,  zu  bescbäHtigen,  und  auf  Verminderung  ihrer  anzahl 
zu  denken.  9,  102;  das  ist  immer  das  alte  ende  vom  immer 
neuen  lied,  wenn  die  besiegte  schwäche  gegen  die  groszmuih 
oder  Staatsklugheit  der  sieger  trotzen  ...  will.  Hehel  3.  116; 
sodann  nehmen  sie  (die  l'hiiister)  den  ^or  dem  Wahnsinne 
Saul's  nächtigen  David  aus  staatsklugbeit  auf  und  glauben, 
er  werde  für  sie  als  vaterlands-verniiher  fechten,  überhaupt 
ist  Staatsklugheit  mit  niederträchtigkeit  verbunden  ein  baupt- 
zug  aller  Philister.  BaeNTANu  5,  404;  der  künig  von  Angola 
fühlte  sieb  durch  diese  bolschaft  nicht  angenehm  berührt, 
suchte  sich  aber  mit  eigentümlicher  staatsklugbeit  aus  der 
•acbe  XU  ziehen.  Kei.i  ei  7,  241.  von  einer  allegorischen  dar- 
ttellung:  aus  diesem  (dem  thor  eines  palasts)  kam  ein  von  zwey 
löwen,  zweyen  fücbseo,  und  so  viel  schlangen  gezogener,  mit 
vielen  larten  und  spiegeln  bebSnekter  wagen,  auf  diesem  sasz 
die  »taattklugheit.  LoBKMTeiN  Armin,  i,  1400*.  frei  gebraucht: 
wenn  e»  auf  den  gescbmack  derandacbi,  die  im  philosophischen 
geist  und  poetischer  wabrbeil  besteht,  und  auf  die  staats- 
klugbeit der  versiflcalion  ankommt;  kann  man  wohl  einen 
flaubwOrJigero    xeugcD   aU   dco   uotterblicheo   Voltaire  an- 


führen . .?  (dazu  die  anmerkung:  la  seule  politique  dans  un 
poeme  doit  etre  de  faire  de  bons  vers,  sagt  der  berr  von  Voltaire 
in  seinem  glaubensbekenntnisz  über  die  cpopüe).  Hamann  2,277. 

STA  ATSKLÜGLER,  m.  der  in,  über  staatsanoelegenheiten 
klügelt.  Adelung:  welch  ein  greuel!  dasz  sich  Christus  mit 
seinem  wort  und  gnade,  nach  dem  gehirn  der  elenden  staats- 
klügler  richten  und  schmiegen  soll.  Christoph  Starke  si/nopsis, 
n.  fest.  (1735)  2,  lOö;  die  Verfassung  hat  seine  (des  königs  von 
England)  würde  zuverläsziger  gegen  alle  gefahren  verschanzt, 
scharfsinniger  von  den  traurigsten  pflichten,  von  dem  leiden 
der  berscbaft  befreit,  als  es  irgend  ein  staatsklügler  aus- 
denken mag.  Sturz  1,39;  im  vergleich:  es  gebt  solchen  sprach- 
kundigen, wie  den  staatsklüglern,  die  allgemeine  Terbesse- 
rungen  träumen.  RCdiger  bei  Campe. 

STAATSKLÜGLING,  m.   überkluger  politiker,  in  freier  an- 

wendung:  ,  ,,_   ,. 

an  einen  staats-klugling  . . . 
klug  in  verwirrter  aacir,  in  deutlicher  ein  thor: 
80  hast  du  mir  zwar  lang'  im  ruszsteig  nachgesetzt, 
im  landweg'  aber  da  verlorst  du  mich  zuletzt. 

Wbii-<ikr  44, 

mit  der  anmerkung:  nichts  ist  gewisser  als  dasz  man  manche 
staats-klüglinge  nicht  besser  betrügen  kan,  als  wenn  man 
ihnen  die  blosse  warheit  saget. 

STAATSKMFF,  m.  politischer  kniff.  Campe:  um  das  ganze 
werk  desto  schneller  umzutreiben,  hatte  man  (in  Schiida)  den 
Staatskniff  gebraucht,  auch  unwissende  leute  zu  lehrern  an- 
zusetzen, damit  diese  doch  eine  gelegenheit  fänden,  von  denen 
Sachen  etwas  zu  lernen,  über  die  sie  Unterricht  ertheilten. 
TiECK  9,77. 

STAATSKONTROLE,  f.  kontrole,  aufsieht,  die  der  staat  aus- 
übt: dasz  die  markgenossen  ohne  bewilligung  derjenigen, 
welche  die  staalskontrole  führen,  einen  theil  grundes  steuer- 
frei verkaufen  können.  Moser  palr.  phavt.  2,  105;  wenn  man... 
die  allgemeine  staalskontrole  zur  band  nimmt.  194. 

STAATSKOPF,«,  köpf  und  inhaber  eines  solchen  (vgl.  köpf  11,5, 
theil  5,  1765 /f.)  mit  begabung  für  die  angelegenheiten  des  Staates: 
Richelieu,  Mazarin  und  dergleichen  hauptwilzige  statsköpffe. 
BüTScHKY  Pathm,  708. 

STAATSKÖRPER,  m.  der  staat  als  körper  genommen  (vgl.  dasu 
kürper  II,  5,  (A«/ 5, 1838):  statskürper,  respublica,  corpus  rei- 
publicae.  Stiei.br  1015;  die  verschiedenen  mascbinen,  welche 
man  diesen  tag  über  auf  beiden  seilen  hatte  spielen  lassen, 
brachten  den  abderitischen  slaatskOrper  ...  in  eine  art  von 
wagerechtem  schwanken.  Wieland  20,  126  (Abderitcn  4,  12); 
gleichgewicht  von  Europa!  du  grosze  erlindung,  von  der  kein 
Zeitalter  vorher  wuszte!  wie  sich  jetzt  diese  groszen  staats- 
körper,  in  denen  ohne  zweifei  die  mcnschheit  am  besten 
gepflegt  werden  kann,  an  einander  reiben,  ohne  sich  zu  zer- 
stören. Herder  lur  phil.  u.  gesch.  3, 121;  in  einem  so  künstlich 
organisierten  staatsküiper,  wie  der  deutsche  ist  und  immer 
war,  muszte  die  band  des  despotismus  die  unüberseblichsten 
Zerrüttungen  anrichten.  Scbillek  kr.  ausg.  8,164;  es  ist  aller- 
dings unzweifelhaft,  dasz  Luxemburg  sich  an  irgend  einen 
grüszeren  Staatskörper  anschlieszen  musz.  Preuszen  im  bundes- 
tage  1,306  (von  1853);  wie  alle  Icbenskrüfte  nach  Rom,  wie 
nach  dem  herzen  des  Staatskörpers,  sich  zusammendrilngien, 
so  trieb  dies  auch  wieder  unat>lässig  neue  reiche  safte  allen 
theilen  des  reiches  zu.  Giesebrecht  gesch.  der  deutschen  katter- 
leit  1,29. 

STAATSKOSTEN,  plur.  ko$ten  welche  die  Verwaltung  einet 
Staates  erfordert.  Campe;  kosten  welche  der  staat  trägt:  etwas 
auf  Staatskosten  anschaffen;  auf  Staatskosten  reisen. 

STAATSKRAFT,  f  kraft  die  ein  staat  bisitit:  es  georhnh 
unter  dem  einflusz  dieser  ervvägungen,  ...  dasz  ich  in>. 
entscblosz,  jeden  schachzug  im  iniiern  danach  einzurichicu, 
ob  der  eindruck  der  Solidität  unsrer  staatskraft  dadurch  ge- 
fördert oder  geschädigt  werden  könnte.  Bismarck  ged.  u.  erinn. 
i,  56;  im  vtreinielnden  plur.:  jetzt  kann  iii.in  von  Rii-^/  nii 
sagen:  es  arbeitet  an  seiner  grösze,  nicht  an  seiner  sch«t.i'  i  r. 
und  ihm  ist  der  rühm  vurbobalteo,  die  innern  staatskrülir 
ganz  zu  entwickeln.  Klinger  11,2!>:  ein  regent,  der  auf  die 
entwickeliing  der  innern  staatskrafte  arbeitet,  ebenda;  die 
glänzendsten  siege,  welche  ...  die  Staatskräfte  erschnpfen. 
ebenda;  nicht  bluaz  mit  den  staatskraften  des  erul<erteo 
Preuszens  waffiiete  sich  Napoleon  zur  furtführung  des  krieget. 
Bkckers  weltgettk.  14,28. 

STAATSKRA.NhllKIT,  f   krankheit,  an  der  ein  staat  i  i  ' 
diese  blufung  der  examiua,   deren  überzahl  ja  acboo  L>  k-i 


309   STAATSKREDIT  — STAATSKÜNSTLER 

eine  preuazische  Staatskrankheit  war.  Treitschke  d.  gesch. 
5,236;  heillose  zeiten  hatte  man  durchlebt,  in  siebzehn  jähren 
waren  sieben  kaiser  erhoben  und  gestürzt,  die  empörungen 
SU  einer  Staatskrankheit  geworden.  Pflcgs-Harttunc  in  Grotes 
MÜgem.  weltgesch.  4,  72t. 

STAATSKREDIT,  m.  kredü,  dessen  ein  staat  geniesa. 

STAATSKUH,  f.  kuh  die  einen  prächtigen  anblick  gewährt 
{tgl.  Staat  Z,d  sp.  277):  seine  schafe,  seine  rinder,  voran  die 
pracht-  und  staatskuh,  die  graue  Lisel.  Vischer  auch  einer  1, 148. 

STAATSKULT.  m.  vom  Staate  geduldeter  oder  geschützter  kult, 
staatlich  anerkannte  religionsgenossenschaft:  Privilegien,  die  die 
staatskuite  und  ihre  priestertümer  längst  besaszen.  .M(;ller 
kirchengesch.  (1S92)  1,  173. 

STAATSKUM.MER,  m..-  statskummer,  cura  reipubticae  Stie- 
le a  «25. 

STAATSKUNDE,  f.  kenntnis  eines  einzelnen  Staates  oder  meh- 
rerer Staaten  als  ganzes  betrachtet.  Adelung,  unterschieden  von 
staatenkunde,  oben  sp.2ib;  auch  in  practischer  anwendung  (wie 
sonst  Staatskunst,  s.  ct.):  in  der  Staatskunde  bewandert,  vgl. 
niederl.  Staatskunde,  staatsaissenschaft,  politicd  Krämer  nieder- 
hochd.  u-b.  1.  364*. 

STAATSKUNDIG,  arf;.  in  der  staalskunde  erfahren:  sich  gleich 
grosz,  als  menscbenfreund  und  als  slaatskundiger  inonarch  zu 
zeigen.  Meiszseb  6«Cahpe;  staatskundige  Weisheit.  Schlosser 
veitgesch.  7, 13;  sein  geschicktester  slaatskundigster  cardinal. 
Hanke  päpste  1,333; 

staatskuodiger  und  stolzer  noch  als  er 
ist  berr  Pbilaulos.  dem  des  fürsten  beri 
im  beiclitslulil  offen  steht.      Stolberg  3,36, 

in  substanltver  Stellung  {vgl.  niederl,  staatkundige,  politiker): 
kein  staatskundiger  in  diesem  lande  ist  gründlicher,  als  er, 
Ton  dem  zustand  der  finanzen  ...  unternebtet.  Sti;rz  1,42; 
{die)  im  verfolg  der  zeiten  nachkoramenden  gelehrten  und 
staatskundigen.  Herder  3,404  Suphan  {krit.  wälder  3,  i). 

STAATSKUNST,  f.  kunst  einen  staat  zu  leiten:  statskunst, 
politica  Stieler  lOlO;  das  wort  statskunst  ist  nur  aus  andern 
sprachen  von  den  neulingen  in  unsere  muttersprache  ein- 
geschoben: und  haben,  aus  dem  lateinischen  worte  Status 
die  Welschen  das  wort  stato,  die  Frantzosen  das  wort  estat; 
die  Niederländer  den  nahmen  Staat  gemacbet.  Butschky 
Pathm.  40;  stastskunst,  die  fertigkeit,  die  «ohi fahrt  eines  Staates 
auf  das  vortheilhaftestt  zu  erhalten  und  zu  befördern,  Adelcbg; 
wenn  alle  volker  unter  dem  römischen  joche  gewissermaszen 
die  Völker  zu  seyn  aufhörten,  die  sie  waren,  und  also  über 
die  ganze  erde  eine  stautskunst,  kriegskunst  und  Völkerrecht 
eingeführt  wurde.  Herder  zur  phil.  u.  gesch.  3,  t»2;  die  ver- 
wickelten grundsätze  eiaervollkuminenen  slaatskunst.  TbShuei. 
reist  4, 148;  wahre  Staatskunst  kann  sich  in  keiner  rühm- 
licheren probe  versuchen  {als  in  der  regierung  der  Siederlande), 
und  sieche,  gekünstelte  politik  hat  keine  schlimmere  zu 
fürchten.  Schiller  At.  ausg.  7,  ül;  ihre  (der  Römer)  slaatskunst 
heizte  volk  gegen  volk,  häuptling  gegen  häuptling.  Frevtag 
biWerl, 48;  von  schwachen  Gotenkönigen  hatte  die  byzan- 
tinische Staatskunst  gefordert,  dasz  das  römiscLe  volk  bei 
den  circusspielen  . . .  zuerst  dem  oströmischen  kaiser  heil 
wünschen  sollte.  126;  die  ...  gründlich  erwogenen  probleme 
europäischer  slaatskunst.  C.  F.  Meyer  Jürg  Jenatsch  5S; 
die  unscbulü  ist  das  schönste  kieid, 
der  völcker  lievl  di«  reicliste  crone, 
die  klügste  slaatskunst  billigkeit.  Gönthk  149: 
denn  diesz  (unlrniclitemlt.^  qcsfiTäch)  ist  ohne  streit 
der  staais-Lunst  liohe  schul  und  auch  der  tapl'erkeit. 

I'OSIIL  Willekimi  (1724)  t.  123  (Ituch  6,16); 
der  kühne  riesengeist 
wird  uusrer  staatskunsi  liuien  durchreisien. 

Scuilles  k:.  aiisy.  ä,  139  (dorn  hartes  2,13); 
dasz  mein  eigner  sobn 
mit  unbedachtsam  rasendem  beginnen 
der  Slaatskunst  mühevolles  werk  vernichtet. 

12,  197  (IHcc.  5,  3). 

STAATSKCNSTELEI,  f.  kleinliche,  rdnkevoUe  ttaatskunst: 
fnicbibarer  an  hülfsmittelü,  als  die  staalskünstelei  der  könige. 
Stobz  1,267;   so  sehr  er  die  Staatskünstelei  verachtete.  2,  IUI. 

STAATSkC.NSTLEU ,  m.  meister  in  der  slaatskunst:  grosze 
lUatskünstler  haben  niemabis  einige  ruhe  begehret,  welche 
aus  anderer  leute  quahlung  entsprossen,  pers.  baumgarten  1, 12; 
ganz  anders  verhält  es  sich  mit  dem  pädagogischen  und 
politischen  künslier,  der  den  menschen  zugleich  zu  seinem 
roaterial  und  zu  seiner  aufgäbe  macht.  . .  .  mit  einer  ganz 
andern    achtung,   als  diejenige  ist,    die  der  schöne  künslier 


STAATSKUTSCHE  — STAATSLEIDEN       310 

gegen  seine  materie  vorgiebt,  musz  der  staatskünstler  sich 
der  seinigen  nahen,  und  nicht  blosz  subjektiv,  und  für  einen 
täuschenden  effekt  in  den  sinnen,  sondern  objektiv  und  für 
das  innre  wesen  musz  er  ihrer  eigentümlichkeit  und  Per- 
sönlichkeit schonen.  Schiller  krit.  ausg.  10,  2S3  (über  die  äslhet. 
erziehung,  4.  brief);  je  eingewurzelter  jemand  in  diese  mecha- 
nische ansieht  der  gesellschaft  ist,  je  mehr  er  es  versteht, 
diesen  mechanismus  zu  vereinfachen,  indem  er  alle  theile  der 
maschine  so  gleich  als  möglich  macht,  und  alle  als  gleich- 
mäszigen  stoff  behandelt,  für  einen  desto  gröszern  Staats- 
künstler gilt  er,  mit  recht  in  dieser  unsrer  zeit.  Fichte  reden 
an  die  deutsche  natvm  (1808)  s.  217. 

STAATSKUTSCHE,  f.  currus  ad  pompam.  Frisch  2, 313'  {nach 
Staat  3,  d,  sp.  277);  als  er  an  eine  rosenrote  staatskutsche 
herantrat,  um  deren  Insassen  zu  grüszen.  Keller  werke  6, 147. 

STAATSLAND.  n.  land  das  dem  Staate  gehört. 

STAATSLÄNDEKEI,  f.  zusammenhängendes  staatsland;  ge- 
wöhnlich im  plur.:  staatsländereien  pachten,  bewirtschaften; 
die  abgäbe  zu  zahlen,  die  er  für  die  benutzung  der  staats- 
ländereien zu  zahlen  verpflichtet  war.  Beckers  weltgesch. 
(186!)  3.3. 

STAATSLAST,  f.  last  die  der  staat  trägt;  gewöhnlich  im  plur.: 
Staatslasten,  steuern  der  bürger  für  Unterhaltung  des  Staates, 
onera  publica.  Campe;  durch  gerechte  vertheilung  der  staats- 
lasten  den  bürger  und  bauer  zu  erleichtern.  Schlosser  welt- 
gesch. 16,  426. 

STAATSLAUF.  m.  ratio  Status.  Stieler  1082. 

STAATSLAUFBAHN,  f.  laußahn  (s.  d.  Iheil  6,  312)  in  diensten 
des  Staates:  alle  die,  welche  die  staatslaufbahn  betraten. 
Beckehs  weltgesch,  3  (1S61),  393. 

STAATSL.\UNE,  f.  laune  mit  der  man  gleichsam  staat  macht 
(vgl.  Staat  3,d,  sp.  277):  ein  vollkommener  mensch  würde  un- 
erträglich seyn,  und  dieses  aus  sehr  natürlichen  Ursachen, 
erstlich  .. .  zweitens  würden  wir  ihm  keine  schwäche  zeigen 
wollen,  und  in  seiner  gesellschaft  alle  unsre  kräfte  anspannen, 
um  dieses  zu  verhindern,  niemand  aber  ist  gern  beständig 
in  einer  Staatskleidung,  und  noch  weniger  in  einer  staats- 
laune.  .Moser  patr.  phant.  2,223. 

STAATSLEBEN,  n.  i)  leben  das  der  slaat  füiirt  oder  wie  es 
innerhalb  des  Staates  geführt  wird:  ein  ruhiges,  regelrechtes 
Staatsleben  bringt  die  menschen  nur  allzu  leicht  in  das  be- 
queme und  sichre  gleis  dergewohnheit.  Beckers  weltgesch.  14,37; 
die  Griechen  endlich  haben  zuerst  von  allen  Völkern  ein 
echtes  und  wahres  staatsieben  geschaden.  Schlosses  welt- 
gesch. 1, 11)2;  so  fühlten  sie  (die  alten  Deutschen)  auch  gegen 
ein  Staatsleben  absehen,  welches  die  menschen  wie  willen- 
lose wesen  zusammeozwängt  und  den  willen  und  die  Interessen 
des  einzelnen  schlechthin  der  gesammtheit  zum  opfer  bringt. 
Giesebrecht  geschickte  d.  d.  kaiserzeit  1,  lü;  da  das  staatsieben 
nicht  einen  augenblick  stille  stehen  kann.  Bismarck  red.  2,37. 

2)  leben,  das  gleiehsam  zum  Staate,  nach  auszen  hin  geführt 
wird  (igl.  Staat  3,  d):  häusliche  freuden  und  pHichten  die 
immer  noch  zu  genieszen  und  auszuüben  übrig  bleiben,  wenn 
das  staatsleben  vorbey  ist.  Gabve  anmerkungen  zum  1.  buche 
von  Cic.  de  off.  (i7S3)  s.  216. 

STAATSLEHRE,  f.  lehre  vom  slaat,  seiner  einrichtung  und 
Verwaltung:  slaalslehr,  politica  Frisch  2,313";  was  jetzt  als 
neueste  politische  Weisheit  aus  Frankreich  herüber  kam,  war 
für  uns  im  gründe  nur  ein  anachronismus,  ein  frischer  auf- 
gusz  jener  durch  Niebuhr  und  Savigny  längst  wissenschaft- 
lich überwundenen  formalistischen  Staatslehre,  welche  das 
wesen  der  freiheit  allein  in  der  Verfassung  suchte.  Tbeitscbkü 
d.  gesch.  i.  702. 

STAATSLEHHER,  m.  «ner  der  die  Staatslehre  lehrt,  vorträgt, 
auch  Verfasser  einer  Staatslehre.  Campe:  gewaltsame  eruberungea 
vertraten  also  die  stelle  des  rechts,  das  nachher  nur  durch 
Verjährung,  oder,  wie  unsre  staatslehrer  sagen,  durch  den 
schweigenden  kontrakt  recht  ward.  Herder  zur  philos.  und 
geschiehte  3,213. 

STAATSLEHRIG,  adj.  zur  Staatslehre  gehörend,  dieselbe  be- 
handelnd, betreffend.  Campe  alt  Verdeutschung  von  statistisch  neben 
slaatenlehrig,  s.  d. 

STAATSLEIB,  m.  corpus  reipublicae.  Stielbb  1132;  Ismel 
nach  dem  tode  seines  staalsleibes.  Klostermanr  gesch.  des 
Volkes  Israel  s.  211. 

STAATSLEIDEN,  n.  leiden,  gebrechen  des  Staates:  eine  grosze 
arznei  gegen  gewisse  slaatsleideu.  Brentano  ges.  schnfttn 
4,  3'Jl. 

20* 


31 1     STAATSLEIHHAUS  — STAATSMAGAZIN 


STAATSMAGD  — STA  ATSMASCHINE        312 


STAATSLEIHHAUS,  n.  ein  vom  Staate  oder  der  regierung 
errichtetes  inslitut,  wo  den  geldbedürfligen  gegen  \tfand  geld  ge- 
liehen wird,  auch  staatspfandhaus.  Krömtz  164,533. 

STAATSLEITER,  m.  der  einen  staat  leitet:  eine  lehranstall 
für  redner  und  Staatsleiter.  Schlosser  wellgesch.  2,26';  iim- 
stimmung  der  Staatsleiter.  Uhlbobn  kämpf  des  Christentums  mit 
d.  heident.  (1899)  225. 

STAATSLEITER,  f.  der  slaat  in  den  abftufungen  seiner  ein- 
richtungen  einer  leiler  verglichen:  der  miltelmann  glaubt,  die 
Obermänner  stehen  darum  auf  den  höheren  sprossen  der 
stnatleiter,  um  besser  die  nachsleiger  zu  überschauen.  J.  Padl 
flegelj.  4,  lü5. 

STAATSLEITCNG,/'..*  unter  Perikles  staatsleitung.  Schlosser 
»eltgesch.  1,416;  die  verwickelter  gewordenen  geschäfte  der 
Staatsleitung.  4,130;  traf  anordnungon  zur  Sicherung  der  aristo- 
kratischen Staatsleitung.  Beckers  irW/^e5c/).3(lS6l),23r>;  collectiv- 
bezeichnung  der  Staatsleiter:  minister,  welche  der  obersten 
staatsleitung  unbequem  waren.   Bisharck  ged.  u.  erinn.  1,211. 

STAATSLENKEH,  m.  lenker  eines  Staates,  maszgebender  Staats- 
mann: ein  erfahrener  Staatslenker. 

STAATSLEL'CHTER,  m.  prunkleuchter  (vgl.  Staat  3,  </):  in- 
dessen die  frau  nach  ihren  staatsicuchtero  eilte  und  die  rosen- 
roten kerzen  entflammte.  Keller  werke  2,ihi. 

STAATSLEUTE,  plur.  i)  staatskluge  leute,  personen,  ohne 
rücksicht  auf  das  geschlerht.  Campe;  stalsleule,  lernen  kein- 
mahl  aus.  Bütschky  Pathm.,  register;  zu  einer  zeit,  wo  die 
staatsleule  noch  so  kindisch  waren,  ein  langes  und  breites 
über  das  volk  und  dessen  gerechtsame  zu  schwatzen.  Kiinckr 
3,40;  die  Staatsleute  in  der  Schweiz  kommen  mir  in  diesem 
augenblick  vor,  wie  bauleute,  die  weder  über  den  risi  des 
gebäudes,  noch  über  die  materialien  dazu  einig  werden  können. 
11,59;  bof- und  Staatsleute.  127;  Staats- und  geschäftsleute.  137; 
vor  Staats-  und  weltleuten.  12,163;  laszt  mir  den  Staat  und 
die  Staatsleute  weg,  sagte  Pbiline,  ich  kann  mir  sie  nicht 
anders  als  in  perücken  vorstellen.  Gütiie  is,  149;  die  unart 
aller  Staatleute  und  Staatmaschinenmeister,  die  menschen  zu 
bandhaben  nur  wie  körper,  nicht  wie  geister.  J.  PAUi.//e.«p. 4,101. 

2)  Staatsleute,  personen,  welche  staat  machen  (vgl.  Staat  3,  d) 
in  kleidern,  geraten  u.s.w.  Caiipe. 

STAATSLEXICON,  n.  Wörterbuch  von  Staatssachen:  ein  ganzes 
staatslexicon  der  Römer  von  namen.  würden,  Staatssachen, 
Zeitläuften,  curialien.  Herder  4, 327  Svphan. 

STAATSLIEBE,  f.  liebe  zu  einem  Staatswesen;  von  staatsklug- 
heit  eingegebene  liebe:  solche  seichte  staalsliebe.  Lobenstein 
i4rnitn.  2,  157'. 

STAATSLIST,  f.  ars  simulandi.  Stieler  1168;  stratagema 
politicum,  artificium  rationis  Status  {als  gewöhnlicher  ausdruck  für 
Staatsstreich,  s.d.).  Frisch  2,  313';  ein  labyrinlh  der  verfloch- 
tensten, widrigsten  Staatsinteresse,  persönlicher  anmaaszungen 
und  Staatslisten.  Herdeb  briefe  su  beförderung  der  humanität, 
10.  sammig.  121. 

STAATSLISTIG,  adj.  staatslist  habend  oder  zeigend:  es  (ge- 
wisse rate)  sind  hochgelehrte  und  staatsiistige  leüte.  Moscberosch 
Christi,  vermächtn.  101. 

STAATSLIVEREI,  f.  liverei  (s.  d.  theil  6,  1073)  als  zeichen  einer 
Staatsbedienung:  der  soldat  ist  erster  luhndicner  des  despo- 
tismus  in  staatsliverei.  Herder  5,534  Suphan. 

STAATSLOSUNG,  f.  losung  die  ein  staat  ausgibt:  wohl  des 
Taterlandes,  ehre  der  nation  wird  in  ihr  (der  geschichte)  das 
feldgeschrei  und  bei  trüglichen  Unterhandlungen  die  slaats- 
losung.  Hbrdkr  briefe  zu  beförd.  der  humanität,  10.  sammig.  121. 

STAATSLOTTERIE,  ^.  lotterie  die  der  staat  veranstaltet :  dem 
nichsteo  briefe  legte  er  (Gleim)  einen  schein  zur  hebung 
TOD  1000  fl.  in  einer  preuszischen  Staatslotterie  bei.  Voss 
briefe  3, 101. 

STAATSLOTTO,  n.  lotto  vom  Staate  veranstaltet:  der  glQcks- 
topf,  der  bescheidene  ahnherr  der  staatslottos  und  lotterieo. 
Frettac  bilder  a.  d.  d.  rergangenh.  2,  2,  827. 

STAATSI.USTRARKEIT,  f.:  siaatslusibarkeilen,  sowohl  die 
volkttergnügungen ,  ah  auch  die  hofvergnügungen ,  die  lustbar- 
keiten  des  Hofes.  KrOritz  enrykl.  104,  535. 

STAATSMACHT,  f.  macht  die  ein  staat  besitzt:  statsmacht, 
petestas  reipubbeae  Stiklir  1205;  mag  der  siaat  nicht  «o  sein, 
wie  er  sollte,  so  Terkennt  ihr  doch  alle  prinzipien  de«  staats- 
lebens,  «renn  ihr  darauf  ausgehl,  die  xtuattmacbt  tu  schmälern 
und  zu  spalten.  Alerbach  dorfgesch.  2, 180. 

STAATSMAGAZI.N.  n.  magattn,  Vorratshaus,  welches  der  staat 
unterhält:  (elreidegesetz,  demzufoli«  den  ärmeren  bürgern  der 


Stadt  monatlich  körn  aus  den  Staatsmagazinen  zu  möglichst 
niedrigem  preise  ...  vertheilt  werden  sollte.  Beckers  wellgesch. 
3  (ISGI)  s.  207. 

STAATSMAGD,  f.:  von  dem  früheren  bestreben  des  Staates., 
die  kirche  zur  staatsmagd  zu  machen.  J.  Gottbelf  1, 422. 

STAATSMAHLZEIT,  f.  mnhlzeit  auf  kosten  des  Staates:  die 
vielen  öffentlichen  fest-  und  fastenessen  (im  allen  Augsburg),  der 
'süsze  trunk',  slaatsmahlzeiten  auf  allgemeine  kosten  —  alles 
kam  ah.  Riebl  culturstudien  aus  drei  Jahrhunderten  (1S59)  5.  313. 

STAATSMANN,  m.  l)  mann  der  Staatsangelegenheiten  zu  leiten 
versteht  oder  dem  solche  anvertraut  sind,  im  17.  jahrh.  nach 
franz.  homme  d'estat  gebildetes  wort  (komme  d'etat,  honime 
qui  regit  les  affaires  publitfues.  Littrk  dict.  de  la  langue  franc. 
2,2036'):  statsmann,  politicus  Stieler  1237;  Staatsmann,  poli- 
ticus,  pacis  artibus  clarus  Frisch  2,313';  mehr  mit  Hervorhebung 
der  art,  befähigung,  einsieht:  wer  n;ich  mode  studieret  hat, 
den  tituliret  man  einen  statsmann,  hat  ein  ansehen,  und  wird 
befördert.  Bütscrky  Pathm.  39;  mein  vater  wird  noch  sitzen 
und  die  zcitung  auswendig  lernen,  damit  er  morgen  in 
seinem  kränzrhen  den  Staatsmann  spielen  kann.  LEssi>r.  1,271 
(j.gel.3,2)\  der  tugendhafte,  der  patriotisch  gesinnte  Staats- 
mann. Kl iNGER  11,207;  ich  hätte  den  Staatsmann  erst  hören 
sollen,  ob  der  streich  auch  zu  seinen  Charten  passe?  Schmier 
3,504  (kab.  u.  liebe  i,S);  in  der  rauhen  schule  des  kricgs  er- 
wachsen. ...  fehlte  ihm  die  geschmeidigkeit  des  Staatsmanns 
und  höflings,  welche  durch  nachgeben  siegt  und  durch  Unter- 
werfung gebietet.  9,300;  mehr  amt,  Stellung  und  Wirksamkeit 
betonend,  vorzüglich  in  der  neuern  spräche:  der  grosze  Staats- 
mann der  Römer  (Cäsar)  dämmte  auf  einige  zeit  diese  einbrüche 
der  Germanen.  Frevtac  bilder  a.  d.  d.  vergangenh.  1,48;  der 
leitende  preuszische  Staatsmann.  Preuszen  im  bundeslag  1,  21* 

auch  deine  weiblictikeit  hat  ihre  rechte, 
der  zarte  punkt  gehört  vor  dein  gericlit, 
nicht  vor  des  Staatsmanns. 

ScuiLLKR  12,  4S5  {M.Stuart). 

plur.  Staatsmänner,  mit  Hervorhebung  des  geschlechts  (vgl.  oben 
Staatsleute):  von  Staatsmännern  und  regenten.  Wieland  31. 3U; 
die  grosze  mchrzahl  der  feldherren  und  Staatsmänner,  denen 
Deutschland  seine  befreiung  verdankte,  gehörte  ja  dem  adel 
an.  Treitschke  d.  gesch.  2,107;  jene  exklusiven  herren  der 
ritterscbaft  sind  mehr  partei-  als  Staatsmänner.  Preuszen  im 
bundestag  1,  302. 

2)  Staatsmann,  mann  der  staat  macht  in  kleidern,  geraten 
U.S.W.  Campe  (vgl.  staat  3,  d);  auch  in  vertraulicher  rede  uol 
von  einem,  mit  dem  man  staat  machen  kann,  prächtiger  mann; 
das  ist  ein  Staatsmann!    vgl.  Staatsmensch. 

STAATSMÄISMSCII,  odj.  und  adv.  einem  staatsmanne  (\)  eigen 
oder  gemäsz:  so  bildete  sich  nun  ganz  natürlich  der  staats- 
männische erfahrungssalz:  dasz  das  beste  eines  klugen  nii- 
nisters,  das  beste  des  fürsten,  und  durch  den  fürsten,  des 
Staats  oder  des  ganzen  ist.  Klinger  11,230;  staatsmännisrbe 
ihätigkeit.  Dablmann  gesch. d.  franz.  revol.  147;  staatsmannischer 
tact.  244;  mit  staatümännischer  mäszigung.  Treitscbkk  d.  y»rA. 
2,104;  er  hatte  damit  begonnen,  des  herzogs  ruhmreiche 
tapferkeit  und  seine  erhabene  staatsmännische  Weisheit  zu 
preisen.  C.  F.  Meykr  Jenatsch  'l'^^;  keine  einzige  staatsniännische 
capacitat.  Bismarck  (;«d.  u.  erinn.  l,  210;  auseinandersetzungea 
über  die  staatsinännischen  Verdienste.  2,311. 

STAATSMANTEL,  m.  in  zwei  bedevtungen :  l)  nach  dem 
eigentlichen  gebrauch  von  mantel  und  staat  Z,d,  mantel  von 
prächtiger  art,  mit  dem  man  staat  macht,  zum  Staat  getragen: 
Staatmantel  und  staatsmantel  Camps. 

2)  nach  der  bildlichen  Verwendung  von  mantel  S,  c  (th.  6, 1609): 
statsmantel,  praetejtus  aut  velum  salutis  pubticae.  Stielbr  1227. 

STAATSMARK,  f.  eine  zu  Lübeck,  Hamburg,  Lüneburg  und 
Wismar  ausgeprägte  silbermünze.  Jacobssok  7,  417*. 

STAATSMASCHINE,  f.  der  staat  unter  dem  Mde  einer  mn^-hr-r 
{vgl.  maschine  (A«/ 6, 1697  und  seilschr.  für  deutsche  woil' 
6, 122):  einen  solchen  tiefhiick  halt'  ich  noch  nicht  in  dn^  ii.  :  < 
triebwerk  der  stsatsmasrhiiie  gethan.  physiogn.reisen  {i;s»)  3,  \». 
selbst  das  christentbum,  sobald  es  als  slaatsmaschirne  auf 
fremde  Völker  wirkte,  drückte  sie  schrecklich.  Hkrdcr  brufe 
su  beförd.  der  humanttät.  10.  stmmlg.  (1797)  114;  dasz  wenn 
der  hiinger  in  den  Kophern  nicht  gewirkt  h.ltte,  wie  in  nn>li m 
menscbenthieren,  die  ganze  stoatsinnschine  bald  gesiai  '><n 
haben  würde.  Klincrr  6,322  (von  I7nj);  es  haben  rrfii  >  n 
gelebt,  die  die  staatsmnschinr  mit  solchem  gepoller,  gci 
gerltuicb,  geklatscbe  und  ungestüm  herum  trieben,  das/. .]'"'' 


313 


STAATSMASSE— STAATSMÜTZE 


STAATSNAHT  —STAATSPAPIER 


314 


augenblick  la  befürchten  war,  sie  oder  die  maschine  niüszten 
davon  zerlnimmert  werden.  11,4  (von  iSOl);  dasz  unsre  staats- 
mascbine,  wie  richtig  sie  auch  einige  jähre  spielen  mag.  noch 
ehe  dreyszig  jähre  in  die  weit  gekommen  sind,  wieder  ins 
stocken  gerathen  ...werde.  Wiela.nd  33,356  (Aristipps  briefe 
4,43):  aber  das  muszt  du  doch  gestehen,  dasz  unser  staats- 
ieben in  einander  greift  wie  ein  uhrwerk.  wenn  ich  hier 
einen  druck  an  der  slaatsraaschine  anbringe,  bewegt  sich  eine 
feder  im  entlegensten  dorfe.  Auerbach  dorfgtsch.  2,140;  je 
tiefer  ich  in  das  getriebe  der  Staatsmaschine  und  des  staats- 
dienerlebens  hineinschaute.  3,  ;^;  das  räderwerk  der  eng- 
lischen Staatsmaschine.  H.  Heise  6,370  Elster;  die  schon  über- 
mäszige  friction  uusrer  staatsmnschine  kann  nicht  noch  ge- 
steigert werden.  Bismabck  ged.  u.  erinn.  2,2; 

der  staatsmascliin'  erfahrner  drehen  (der  minister). 

BoiE  III  Schillers  Iwen  1T96,  stück  12  s.  32. 

dazu  staatsmascbinenmeister.  J.  Pacl  Betp.  4,101  (5.  den 
ieleg  vnler  Staatsleute). 

STAATSMASSE,  /.  Staat  als  masse  gedacht:  so  lange  die 
gibrung  der  ganzen  Staatsmasse  dauert.  Wieiakd  31,33S  (gespr. 
unter  Her  äugen  9);  am  eine  vermoderte  Staatsmasse  zu  stürzen. 
Fbe\tag  gesammelte  aufsätze  1,83. 

STAATSMÄSZFG,  adj.  l)  dem  Staate  und  seiner  art  gemäsz: 
staatsmäszige  erwägung,  staatsmäszige  handlun^zen  eines 
ministers. 

2)  dem  Staat  (5.  d.  Z,  d),  prunk  entsprechend,  stattUeh,  prächtig; 
mundartlich  üblich,  so  baifisch  Sch«.  2*,  792;  schweizerisch,  in 
Basel  Seiler  27S';  im  Koburgschen  Fboiiii.  3, 176, 3;  aber  das 
soll  alles  schön  und  der  stil  staatsmäszig  sein.  Lichtenberg 
1,302;  und  ich  sag,  der  hart  paszt  ihm  staatsmäszig,  ersieht 
aus,  wie  der  heilig  Joseph  in  der  kirch!  Auebbach  dorf- 
gesch.  3. 9. 

STÄATSMAXIME,  f.  richtschnur  für  den  staat  und  dessen 
Uitung:  dasz  er  als  ein  nebenwerk  aber  die  slaatsmaiimen 
aller  böfe  sich  bekannt  machen  wolle.  Gottsched  bei  Heiciiel 
kl.  Gottsched-wh.  (i9u2)  s.  56. 

STAATSMEER,  n.  der  Staat  einem  meer  verglichen:  ja  es 
steigen  auf  dem  stats-mere,  oder  in  der  land-scbifTart,  alle 
stunden  und  augenblikke,  auch  mitten  auf  den  schönsten 
wiesen,  gefährliche  felsen  herfür,  die  das  schiff  der  hoffnung, 
in  dem  sicheren  bort  zu  führen,  nicht  verstatten;  sondern 
offl  plötzlich  zertrümmern.  Bctschrt  Pathm.  735. 

STAATSMENSCH,  m.  mensch,  der  durch  sein  vesen  oder 
iusieres  Staat  macht,  jirächtiger  mensch;  in  verlraulicher  rede: 
i*s  ist  ein  Staatsmensch  I    vgl.  staatskerl,  Staatsmann  2. 

STAATSMINISTER,  m,  minister  eines  Staates  (vgl.  dazu 
minister  t/ieii  6,  2-23S) :  statsminisler,  ministro  di  stato,  ministre 
d'elat.  RÄDLEI^t  europäischer  Sprachschatz  (1711)  83S";  staats- 
minister,  s/inc/iorij  collrgii  consiliariorum  niembrum.  Fbisch  2,313'; 
ich  selbst  bin  keine  stunde  sicher,  dasz  ich  nicht  nach  Berlin 
com  staatsminister  Schulenburg  masz.  Göckirci  an  Bürger 
2,266  Strodtmann; 

und  der  herzog  wählt  ihn  gnädig 

sich  zum  ersten  staatsminister.    AR!fii  7,255. 

dazu:  Staatsministerium:  als  mein  bruder  mich  sofort 
zom  mitglied  des  staatsministeriumi  ernannte.  WjrBELM  I.  bei 
BisMARCK  ^ed.  u.  rrtnn.  2.  301;  staatsministe  rialsitzung. 
ebenda;  sie  sollten  sich  von  den  slaatsniinisterialsitzungen 
losmachen,  l,  210. 

STAATSMISZBRAUCH,  m.  misibrauch  der  im  namen  des  Staates 
geüblen  gewall:  er  {der  landtcächter]  bat  einen  staatsmiszbrauch 
begangen,  herr  richter!  Rusegceb  das  sünderglockel  (1904)  5.  I5l. 

STAATSMITBLHGER,  m.  mäbürger  einet  staaUs,  tlaaUgenosse. 
Campb. 

STAATSMITTEL,  n.  plur.  besitz,  gut,  vermögen  eines  Staates 
(«yl.  mittel  12,  (Afti  6,  23S9) :  statsmittel,  reipublicae  opes,  re- 
wudia  politica.  Stieler  12S8;  aus  Staatsmitteln  erbalten,  er- 
■ihrt  werden. 

STAATSMOKAL,  f.  moral  in  den  grundsätxen,  nach  denen  ein 
ttaat  gtleitet  uird:  Venedig  erlangte  den  traurigen  rühm,  die 
heimat  des  durch  eine  entartete  staatsmoral  legalisierten 
neachelnuirdes  zu  werden,  allgem.  vellgesch.  6(lS9t),  29S  Grole. 

STAATSMÜTZE,  f.  mütie  wie  sie  ein  Staatsmann  aufsetzt, 
zttfleich  mit  dem  beisinne  des  prunkenden:  ein  kerle,  welchen 
die  natur  zu  einem  baculaiio  in  der  a.  b.  c.  schule  deputirl 
kat,  mag  so  politisch  werden  als  er  will,  so  kuckt  doch  die 
ruihe  und  der  stecken,  gleichsam  als  zwey  lange  eselsobren 
noter  seiner  staats-mütze  hervor.  Chb.  Weise  erzn.  148  Braune. 


STäATSN.\HT,  f.  prunknahl,  mit  Sorgfalt  erstellt,  im  gegen- 
satz  zur  schlichten;  beim  Schuhmacher  eine  naht  hinten  an  den 
steifen  stiefeln  längs  des  Schaftes,  welche  nur  halb  durchgenäht  ist, 
staatsnath  Jacobssoh  4, 243';  staatnaht  und  Staatsnaht  Campe. 

STäATSNATL'R,  f.:  so  grosz  war  damals  die  kraft  der 
mittleren  deutschen  gebiete,  so  entschieden  ihre  staatsnatur 
in  den  inneren  einrichtungen  ausgebildet,  dasz  das  deutsche 
Tolk  sich  in  seiner  gesammtheit  nicht  als  ein  Staat  darstellen 
konnte,  allgem.  ueltgesch.  9  (lSS9),  647  Grote. 

STAATSNELIGKEIT,  f.  einen  Staat  beireffende  neuigkeit,  neuig- 
keit  von  Staatsbegebenheiten,  von  Staatssachen.  Campe. 

STAÄTSNL'TZEN,  m.:  die  so  genandte  neue  statisterey  aber, 
lehret  nichts  anders,  als  einen  ieden  stat,  nach  derjenigen 
richtschnur,  welche  bei  dem  lateinischen  ratio  statüs,  auf 
deutsch  der  stats-nutzen  beisset,  (es  gehe  nun  recht  oder 
unrecht  zu)  bey  euserlichen  Wohlstände  zu  erhalten.  Botschbi 
Pathm.  40. 

STAATSOBERHALPT,  n.  oberhaupl  eines  staaUs,  ßrst,  künig, 
kaiser  u.  s.  w.  Campe:  so  kann  und  darf  es  (das  volk)  nicht 
anders  urtheilen  als  das  gegenwärtige  Staatsoberhaupt  {summus 
imperans)  es  will.  Kaut  5,151;  Cäsar  wollte  eben  Staatsober- 
haupt, nicht  oder  nicht  mehr  Parteiführer  sein.  Beckers 
weltgesch.  3(l86i),  s.  340.  dazu:  es  lag  in  der  natur  der 
Sache;  bis  wieder  ein  mann  auftrat,  der  es  wagte  wie  Gaius 
Gracchus  nach  der  staatsoberhauptschaft  zu  greifen, 
konnten  die  führer  nur  lückenbüszer  sein.  Mommsbn  röm.  gesch, 
2  (lSä5),  490. 

STAATSÜRONOMIE,  f.  Staatshaushalt,  staatsmrtschaft:  ein 
regent,  der  auf  die  entwickelung  der  Innern  Staatskräfte 
arbeitet,  der  die  staatsökonomie  von  sich  selbst  anfängt,  für 
den  tand  und  pracht  keinen  reiz  haben.  Klincer  U.  2S;  der 
erhabene  sterbliche  {Friedrich  der  grosze)  verstand  sich,  ohne 
zweifei,  eben  so  gut  auf  mcnscbenkunde,  wie  auf  taktik 
und  staatsökonomie.  Mattdisson  sr/iii/it.  3, 35S.  da:ustaats- 
ökonom,  auch  von  einem,  der  den  Staatshaushalt  wissenschaftlich 
erforsclit  und  lehrt;  staatsükonomisch,  adj.:  staatsöko- 
nomische maszregeln,  vortrage. 

STAATSOPFER,  n.  ein  dem  Staat«,  zum  besten  des  Staates 
gebrachtes  opfer.  Campe. 

STAATSORDNER,  m.  ordner,  einrichter  eines  Staatswesens: 
er  {Schiller)  arbeitete  an  einem  gedichte,  dessen  held  der 
mächtig  hervorragende  seber,  gesetzgeber,  heerführer  und 
Staatsordner  der  urweit  war,  Moses.  Schiller  krit.  ausg.  \,  u. 

STAATSORD.NLNG, /■.  ordinatio  politica,  statsordnung  Stieleb 
1399,  geregelte  einrichtungen  eines  Staates:  natürlich  gegliederte 
Staatsordnungen.  Dahlhakn  gesch.  der  franz.  revol.  105;  die 
grundlagen  der  Staatsordnung.  352;  der  verein  soll  auch  die 
vortheile  unserer  geregelten  Staatsordnung  genieszen.  Aderbach 
doifgesch.  2, 140;  kaiser,  landesherren  und  kirche  merkten, 
dasz  solche  heidnische  ansieht  {sich  recht  zu  suchen  nach  eigener 
tcahl)  jede  feste  Staatsordnung  unmöglich  mache.  Freytag 
bilder  a.  d.  d.  vergangenh.  2,1,274;  mit  dem  besteben  jeder 
Staatsordnung  sei  es  unverträglich,  wenn  ein  Staatsangehöriger 
für  sich  das  recht  in  anspruch  nehme,  gesetze,  welche  ihm 
ungerecht  erscheinen,  als  für  ihn  nicht  gültig  zu  betrachten. 
Preuszen  im  bundestag  l,  35. 

STAATSORGANISMUS,  m.,  vgl.  Organismus  theil  7,  1339: 
nicht  durch  gesetze.  nicht  durch  einen  kunstreichen  slaats- 
organismus,  nicht  durch  ein  groszes  beamtenheer  beherrschte 
Otto  das  abendland.    Gieserrecbt  gesch.  d.  d.  kaiserzeit  1,  482. 

STAATSPÄCHTER,  m.  pdchler  eines  Staatsgutes  oder  eines 
Zweiges  des  staalseinkommens,  z.  b.  vom  posttcesen ,  von  salz- 
werken. Campe:  {veidebefugnis)  wofür  man  den  staatspachtern 
steuerte.  Voss  Yirgils  Idndl.  ged.  3  (1^00)  s.  579. 

STAATSPAPIER,  n.  l)  gewöhnlich  im  plur.  Staatspapiere, 
papiere,  Schriften,  die  den  staat  und  Staatsangelegenheiten  be- 
treffen. Campe;  als  ich  mich,  da  eben  staatspapiere  nach  Brüssel 
zu  überbringen  waren,  zur  reise  erboL  Gbillpabzeb  15,161; 
dasz  ein  autor,  der  die  neueste  gescbicble  üeutscblands  und 
Preuszens  auf  grund  preuszischer  staatspapiere  schreibt,  alles 
mit  den  äugen  seiner  preuszischen  gewährsmänner  ansieht. 
Pbctz  preusz.  gesch.  1,9. 

2)  vom  Staat  ausgegebenes  mertpaiiier:  die  staatspapiere 
steigen,  fallen.  Campe;  nach  meiner  meinung  ist  für  den  staat 
nichts  ungerechter  als  eigentliche  staatspapiere,  so  wie  unsere 
Staaten  jetzt  eingerichtet  sind.  Secme  spazierg.  1.33;  die  in- 
baber  der  »taatspapiere.  ebenda;  ein  besitzer  preuszischer 
ttaatapapiere.  Preuszen  im  bundestag  3,495; 


315 


STAATSPERSON  —  STAATSPOST 


STAATSPREIS  —  STAATSRAT 


316 


bei  gott!   es  war  ein  wichtiges  gespräcb; 
sie  unierliielicn  sicli  den  ganzen  weg 
von  dirnen  und  von  staatspapicren. 

Friiligrath  liichiungen  1,  129. 

STAATSPERSON,  f.  person  die  im  Staate  eine  bedeutende 
stelle  einnimmt:  diejenigen  erhabenen  «tatspeisonen  oderhocb- 
bewürdete  cavalliers,  so  sich  vor  der  hilre  ihrer  gedanlien 
kaum  wissen  zu  bergen.  Butscbkt  l'athm.  ~2\ ;  siaatspersonen 
verlangen  in  die  geüellschaft  eingeführt  zu  werden.  Niebuiir 
leb.  2,  4>»7. 

STAATSPEHÜCKE,  f.  pTunkperücke  {vgl.  perücke  theil  7, 1569 
und  Staat  3,  d) :  die  staatsperrücke,  'me  art  grosier  perrücken, 
welche  von  den  schultern  tief  auf  den  rücken  hinabfallen,  und 
ehedem  eine  vonügliche  tracht  nicht  nur  der  regierenden  herren 
und  Staats-minister,  sondern  auch  anderer  vornehmen  personen 
tum  Staate  war.  Adklunc;  spanische  paruke,  staatsparuke 
Jacobsson  4, 193'; 

aur  geratlie-wol  Terschreiben,  andre  neben  tich  verschmSbn, 
und  sieb  bey  dem  sterbe-beite  in  der  siaats-peruque  blälin, 
ist  so  tböricbt  als  gemein  (con  einem  arzte).    Günther  859; 

bildlich:  während  der  Aachener  regierungspräsident  graf  Arnim 
zwar  die  generelle  staatsperrücke,  aber  doch  keinen  geistigen 
zopf  trug    BisMARCK  ged.  u.  erinn.  1, 10; 

die  staatsperücke  der  manierlichkeit 
bedeckt  gewöhnlich  einen  haubenstock 
statt  eines  wiizigen  gehirns.    I'latkn  197; 

träger  eines  solchen,  bild  für  einen  steifen,  aufgeblähten  menschen 
vornehmer  abkunft:  der  bräutigam,  eine  kalte  staatsperücke 
TOD  widrigem  gesiebte.  Heinse  Ardingh.  1,9». 

STAATSPEST,  f.  pestis  reipublicae,  i.  e.  eversor  et  hostis  salutis 
publicae,  statspesl  Stieler  1429. 

STAATSPFANDHAUS,  n.  ttaatsleihiiaus  {s.  d.).  KrCnitz  164, 
533.  563. 

STAATSPFIFF,  m.,  wie  8taalskni£f,  als  wort  vertraulicher  oder 
niedriger  Sprechart.  Campe,    vgl,  pfiff  3,  theil  ',l6',il. 

STAATSPFLICHT,  f.  pflicht  des  Staates  gegen  seine  glieder 
und  Pflicht  der  glieder  gegen  den  Staat.  Campe;  statsptlicbl, 
juramenlum  reipublicae  praestilutum.  Stiei.br  1447. 

STAATSPFHÜ.NDE,  f.  pfründe  (s.  d.  2,  theil  7, 1800),  die  der 
Staat  reicht:  die  staatspfründen  ...  im  alten  bestände  zu  lassen. 
Gutzkow  ritler  vom  geiste  1,  224. 

STAATSPFUSCHEUEI,  f.  ardelionatus,  polypragmasyne,  stats- 
pfuscberey  Stieler  1453. 

STAATSPLAN,  m.  plan  zur  einrichtung  eines  Staates  oder 
seiner  Verwaltung.  Campe:  die  kalte  gescbichte  rechnet  unter 
der  regel  eines  angeblichen  positiven  rechts  nach  staatsplanen. 
Herder  briefe  xu  beförd.  der  humanität,  10.  sammig.  121;  einen 
edleren  maasstab  des  Verdienstes  ...  als  den  jene  willkübr- 
liche  staatsplane  enthielten,  ebenda;  daher  erscheint  die  ganze 
gescbichte  des  jüdischen  vulks  ...  ein  diamantnei,  fortschrei- 
tender fingerzeig  auf  die  jobelperioden  und  stautsplane  der 
göttlichen  regierung.  Hamann  7,56. 

STAATSPLATZ,  m.  prunkplatz  (staat  3,  d):  {allegorien  mit 
attributen)  wenn  sie  auf  triumphbogen,  oder  auf  Staats-  und 
ehrenplatzen  erschienen.  Herder  t.  schon,  kt.  u.  kunst  17, 14:>. 
t.  Staatsraum. 

STAATSPOLITIK,  f.  staatskunst,  kunst,  den  Staat  zu  regieren 
und  ihre  anwendung  {vgl.  dazu  polilik  (/iei7  7, 1979):  Staats- 
politik, Staatsklugheit  KrCmtz  encykl.  164,565;  die  persön- 
liche, der  staatsraison  in  der  regel  zuwiderlaufende  pnlitik 
der  kaiserin  Augusla  fand  in  frau  von  Mübler  eine  bereit- 
willige dienerin,  und  herr  von  Mühler,  wenn  auch  ein  ehr- 
licher und  einsichtiger  beamter,  war  doch  nicht  fest  genug 
in  seinen  Oberzeugungen,  um  nicht  dem  bausfricden  con- 
cessionen  auf  kosten  der  Staatspolitik  zu  machen.  Hismarck 
ged.  u.  erinn.  1,302;  militärische  ressoripolitik  .. .  der  ich  den 
entscheidenden  einllusz  auf  die  stoatspolitik  und  deren  Zu- 
kunft nicht  einrtiuinen  konnte.  2,3s 

STAATSPOLIZEI,  f.  vom  Staate  geleitete  polisei  {vgl  dazu 
polizei  2,  theü  7,1982)  und  deren  organe,  behörden  und  beamte: 
•taatspoiizey  KrCnitz  eneykl.  16I,  5(j.'i.  dazu:  eine  ernste, 
•  taatspolizeilich  erlaubte  beiterkcit  belebte  die  gesell- 
•cbafu  J.  MosEN  (11)63)  8,  5t;  dasz  . . .  seine  {iahnt)  enllassnng 
jedoch  dem  hoben  justizminislerio  anzuzeigen  sei,  damit  die 
dabei  etwa  nötigen  stautspulizeilichen  maszregeln  zugleich 
getroffeD  werden  könnten.  Jahn  2,109;  das  langwierige  staals- 
polizeyffescbflft  (visieren  dtrpAsst).  Mattbissun  icAri^f. 3,378. 

STAATSPOST,  f.  vom  Staate  eingerichtete  und  verwaltete  potl. 
ktOMiTi  tncykl  104,  CI3. 


STAATSPREIS,  m.  vom  Staate  gewährter  preis  für  eine  hervor- 
ragende leistung:  wie  viel  austheilung  der  staatpreise  wirken, 
sehen  wir  in  olympischen  spielen  und  römischen  triumphen; 
ganze  Völker  wurden  beflügelt.    J.  Paul  nachdämmerungen  79. 

STAATSPROPllET,  m.: 

klüglicli  nimmt  er  (der  hmoq)  an  den  jungen 

sicIi  zum  hoT-  und  staaisproplieten, 

dasz  er  ilim  die  kröne  halte: 

der  nun  alles  weisz,  was  künTtig, 

bringt  die  weit  gar  bald  zum  ende.     Arnim  7,  256. 

STAATSPRÜFUNG,  f.  i)  'die  prüfung,  welche  der  regent  am 
Schlüsse  eines  jeden  Jahres  über  die  staats-verwallungsbehörden 
durch  einreichung  der  berichte  über  den  zustand  ihrer  Verwaltung 
an.4elll,  um  daraus  zu  sehen,  ob  das  volk  im  laufe  des  Jahres 
glücklicher  geworden   sey   oder  nicht'.    KrCnitz  encykl.  104,  613. 

2)  prüfung  behufs  erlangung  eines  staatlichen  amtes.    ebenda. 

STAATSPUPPE,  f.:  man  musz  also  zwar  den  fürsten  nicht 
zu  einer  groszen  staatspuppe  machen.  Gottsched  bei  Reichel 
kl.  Goltsched-wb.  56. 

STAATSQUACKSALBER,  ra.  quacksalber  am  Staatskörper, 
ungeschickter  staatskünsller:  die  politischen  kannengieszer  und 
staatsquacküalber  unserer  zeit.  Bode  bei  Campe. 

STAATSRAD,  ri.  rad  des  Staatswagens  {s.d.):  höchstens 
diesz  kann  man  verstehen,  dasz  die  idylle  als  ein  voliglück 
der  beschränkung,  die  menge  der  mitspieler  und  die  gewalt  der 
groszen  staatsräder  ausschlieszc.  J.  Paui.  vorsch.  d.  dslh.  2,  132. 

STAATSRAISü,  m.  rang  den  ein  staat  unter  Staaten  einnimmt: 
die  allgemeine  stimme  musz  über  den  werth  des  bioszea 
Staatsranges  und  seiner  zeichen  ...  siegen.  Herder  briefe  zu 
beförd.  der  humanität,  10.  sammig.  119;  auch  wol  rang,  den  einer 
im  Staate  einnimmt. 

STAATSRANK,  m.  rank  eines  Staatsmannes,  eines  staatsklugen. 
Campe,  vgl.  rank  und  rank  4  und  6,  theil  8,  100/'.;  gewöhnlich  im 
plur.:  daher  seyn  alle  die  stats-regeln,  die  man  aus  ihm 
{Tacitus)  lernen  kan,  nichts  anders,  als  Unterweisung  zur 
tyranney  und  Ungerechtigkeit,  auch  heucheley  und  betrug, 
und  andern  schlimmen  statsrencken.  Butscbkt  Palhm.  St; 
slaatsränke  der  nachbarn.  Lobenstein  Armin.  2, 156'. 

STAATSRAT,  wi.,  in  zwei  geschiedenen  bedeutungen. 

1)  nach  rat  10  und  11,  theil  8, 109/'.,  behörde  zur  beratung  über 
Staatsverwaltung  und  Staatsangelegenheiten.  Adelung:  geheimer 
staatsralb,  oberstes  coUegium  dieser  art.  ebenda;  staatsralb,  der 
über  krieg  und  frieden  und  die  auswärtige  sicherheil  wachte. 
Schiller  krit.  ausg.  7,  93  {yesch.  des  abfalls  der  ^Niederlande  l); 
jeder  provinzstatthalter  war  zugleich  ritter  des  vliesses  und 
mitglied  des  staatsralhs.  ebenda;  unterdessen  herrschte  Gran- 
vella  beynahe  unumschränkt  in  dem  staatsrath.  115;  das  con- 
sistorium,  der  staatsrath  des  kaisers  (Constantin) .  in  dem 
vornehmlich  die  ersten  hofbeamten  . . .  ihren  sitz  hatten. 
Giesebrkcht  gesch.  der  d.  kaiserzeit  1,43;  der  bundesrath  re- 
prüsentirl  die  regierungsgewalt  der  gesammtsouveriinetät  von 
Deutschland,  dabei  etwa  dem  staalsrathe  unter  andern  ter- 
bältnissen  entsprechend.  Bismarck  ged.  u.  erinn.  2,190;  die 
beratliung  des  staalsiaths  ist  heut  zu  tage  informatorisch  nicht 
nur  für  den  könig,  sondern  auch  für  die  verantwortlichen 
minister.  271;  den  Staatsrat  berufen,  entlassen,  schlieszeu, 
vertagen,  dem  Staatsrate  Vorsitzen,  Staatsrat  hallen; 

mau  soll  nicht  sagen,  dasz  in  deinem  staatsrath 
die  leidenschart,  die  Selbstsucht  eine  stimm« 
gehabt,  nur  die  barralicrzli;keii  geschwiegen. 

ScuiLLiR  12,  450  (.Wuiia  Stuart  2,  3); 
das  will  im  staatsrath  erst  erwogen  sein. 

IltBBKL  6,  67  {üemrlrius.  2,  9); 

in  scharf  eollediv  -  persönlicher  bedeutung:  saal  des  Ibrones. 
Staatsruth  in  erwartung  des  kaisers.  Götbe4I,8  {Faust  II,  \}. 
dazu:  staatsratsprflsident;  staatsratssi  i  zu ng;  das 
aufgeben  einer  geheimen  staatsratstelle,  obgleich  letztere 
mehr  einbringt  als  das  beste  öffentliche  tribunal.  U.  IIkink 
4,  14  Kliter. 

2)  nach  rat  12,  theil  8, 172,  einzelnes  mitiilieä  eines  staalsr>>i^  ( 1 1 : 
slatsrahl,   sanetioris  constlii  Senator  Stielkr  1517;    zu  fi 

zeit  aber  erhielten  alle  staatsräihe,  die  sich  unter  ~ 
{GranvfUas)  Verwaltung  freiwillig  verbannt  hatten,  von  ilem 
bofe  befebl,  sich  im  sennl  zu  Biüssel  wieder  einzufinden. 
ScaiLLKR  11,133;  das  consistorium,  der  staatsrath  des  kaisers, 
in  dem  vornehmlich  ...  die  befeblshabcr  der  kaiserlichen  Icih- 
Iruppeii  neben  den  slaatsrttlhen  ihren  sitz  balteo.  Gicsksricrt 
gcfrh.  der  d.  kaiserzed  1,4S;  so  saszen  sie  uun  erstaunt  und 
ichweigcud  auf  ihren  slUhieu  gleich  fuiif  staatsrftten.  KkLLSS 


317    STAATSRÄTLICH  — STAATSREGEL 

werke  6,241;  als  titel:  der  staatsralh  von  Linde.  Preuszen  im 
hitideslag  i,  12,  13;  'in  welchem  falle  die  galtin  desselben  staats- 
räthin  benannt  wird'.  ADELD.fG.  Campe. 

STAATSUÄTLICH.  adj.  dem  Staatsrat  zugehörig,  ihn  betreffend: 
bei  der  staatsräthliclien  verbaadlung.  Grillparzbr  13, 163. 

STAATSRAUM,  m.  firunkraum  {vgl.  Staats, d):  auf  münzen 
eodlicli,  zumal  unter  den  Römern,  ward  der  allegoiie  ein  staats- 
raum  gegönnet;  ansehnlich,  aber  kalt,  oft  anmaszend.  hier 
traten  nun  die  personiticirten  lugenden  auf,  die  wir  gewöhn- 
lich allegorien  nennen.  Herder  i.  schön,  lit.  u.  kunsl  17,  145. 
tgl.  Staatsplatz. 

STAATSRECHNUNG,  f.  rechnung  (s.  d.  1,  a,  theil  8,  335)  über 
ttaatsbedürfnisse  und  Staatsverwaltung:  auszüge  aus  den  jahr- 
lichen Voranschlägen  der  einnahmen  und  ausgaben,  aus  den 
Staatsrechnungen.  Keller  irerfce  S,  ISS;  vgl.:  das  staalsrech- 
nungswesen  begreift  ...  die  ganze  bewirthschaftung  des  staats- 
«rmögens  in  sich,  in  so  fern  es  hier  auf  die  berechnung 
und  Verrechnung  aller  gegenstände  ankommt,  die  zum  staats- 
vermögen  gehören,  und  rechnungssummen  abwerfen.  Krümtz 
encykl.  164,624  ;  auf  slaatsrechnung,  auf  rechnungsmäszige  kosten 
und  vortheil  des  Staates:  Turgot  trug  nicht  auf  freye  ausfuhr 
{des  getreides)  ins  ausländ  an,  ihm  genügte  die  hergestellte 
freyheit  des  inneren  Verkehrs  und  dasz  die  magazine  auf 
staaisrechnung  aufhörten.  Dahljia.'«:«  gesch.  der  franz.  revol.  54. 

STAATSRECHT,  n.  das  für  einen  staat  geltende,  innerhalb 
seines  umfangs  ausgeübte  recht,  gesamtheit  der  grundsdtze,  durch 
die  öffentliche  rechte  und  pflichten  in  beiug  auf  einen  Staat  fest- 
gestellt werden:  slatsrecht,  jus  reipublicae  Stieler  1552;  das 
deutsche  Staatsrecht,  jus  publicum  Adell^c;  es  geht  hiermit, 
wie  mit  der  politischen  idee  eines  Staatsrechts,  sofern  es 
tngleich  auf  ein  allgemeines  und  machthabendes  Völkerrecht 
bezogen  werden  soll.  Kant  5,145;  von  dem  gemeinen  deutschen 
Staatsrechte  war  in  der  anarchie  des  deutschen  bundes  wenig 
mehr  übrig,  mit  der  betrachtung  eines  der  neununddreii^zig 
souveränen  einzelstnaten  mochte  sich  niemand  begnügen,  also 
verfielen  alle  politischen  Schriftsteller  unwillkürlich  in  die 
abstraktionen  des  sogenannten  allgemeinen  constitutionellen 
Staatsrechts.  Treitscbke  d.  gesch.  2,  lOS;  Aristoteles  erklärt 
die  freundscbaft  für  das  höchste  politische  gut.  dies  dünkt 
uns  neueren  kaum  verständlich:  in  unserm  Staatsrecht  — 
nichts  von  freundscbaft  I  in  unserer  politik  —  nichts  von  liebe! 
RtCHL  aus  der  ecke  (1890)  t.  4.  dazu;  eine  Staatsrechts- 
frage  zur  erörterung  stellen;  Staatsrechtslehre;  staats- 
rechtslehrer; zur  wahren  freude  unsrer  staatsrechts- 
liebenden Deutschen.  Müjer  patr.  phant.  2,177;  von  natur- 
und  Staatsrechtswegen.  BtjRCER  350*  {s.  den  beleg  unter 
Staatsgewalthaber);  Staatsrechtswissenschaft  (KrOnitz 
1«4,  627). 

STAATSRECHTLER,  m.  der  Staatsrecht  studiert  und  lehrt; 
mit  leicht  spöttelndem  beisinn:  als  historiker  und  staatsrechtler 
hatte  er  {hofrat  Böhme)  einen  erklärten  hasz  gegen  alles  was 
nach  schönen  Wissenschaften  schmeckte.  Götbe  25,49;  an  die 
staatsrechtler.  Überschrift  eines  gedichts  bei  Plates  57*. 

STAATSRECHTLICH,  adj.  und  adv.  dem  Staatsrechte  eigen 
oder  gemäsi.  Caiipe:  engeres  staatsrechtliches  band.  Giese- 
BREcHT  gesch.  der  d.  kaiserzeit  1,  480;  die  staatsrechtjichen  hand- 
langen. C.  F.  Meyer  Jenatsch  88;  dasz  für  den  ausfali  des  zu 
fassenden  bundesbeschlusses  nicht  sowohl  staatsrechtliche 
gründe  als  politische  rücksichten  entscheidend  sein  werden. 
Preuszen  im  bundeslag  1,329;  meine  ernennung  zum  ministcr- 
praesidenten  behielt  der  künig  vor,  bis  er  mit  dem  fürslen  von 
Hohenzollern,  der  staatsrechtlich  diese  Stellung  auch  inne 
hatte,  die  desfalisige  correspondenz  beendet  haben  werde. 
BisHAKCK  ged.  u.  erinn.  1,269;  dasz  zwischen  dem  gesammten 
Deutschland  und  der  habsburgischen  monarchie  eine  staats- 
rechtliche Verbindung  bestand.  2,237. 

STAATSREÜE,  f.  politische  rede:  statsrede,  oratio  de  re- 
publica.  Stieler  1541.  auch  mit  dem  sinne  des  höfischen  prunkes: 
die  hof-  und  Staatsreden  sind  nur  kurze  reden,  die  an  höfen 
bei  gewissen  feierlichkeilen  gehalten  werden,  hierzu  gehören: 
giöckwunschreden  aller  art,  antrage  von  gesandten  oder  bot- 
scbaftern,  einführungsreden,  landlagsreden  u.  s.  w.  KrCnitz 
encykl.  i6i,  hl,  dazu  staatsredekuast  Beckers  weltgisch. 
14,  447. 

ST.^ATSREDNER,  m.:  Cicero,  der  damals  zuerst  als  staats- 
redner  auftrat.  Beckcrs  weltgesch.  3  (I86l),  265. 

STAATSREGEL,  f.:  stalsregel,  ratio  Statut,  canon  politicus 
Stieler  1577,  majrime  ou  art  ajiome  poütique  RioLEi.*«  836';  alle 


STAATSREGENT  —  STAATSSACHE 


318 


die  stats-regeln.  Bctscbkt  Pathm.  30  (s.  den  beleg  unter  staals- 
rank);  und  da,  sagte  er,  sey  es  am  zuträglichsten  für  ihn, 
wenn  er  mit  den  Atheniensern  die  herrschoft  theilete,  indem 
ihre  slaatsregeln  sowol,  als  wirkliche  kriege,  seinen  vortheilen 
gemäszer  sein.  Heilsian  Thucyd.  1084;  jedes  volk  hat  an  der 
spitze  seiner  geschichte  einen  Zeitraum,  wo  nicht  gesetz  und 
Staatsregel,  sondern  die  freie  kraft  des  einzelnen  die  ent- 
wickelung  der  öffentlichen  zustände  bedingt.  E.  Reosz  ge- 
schichte der  heiligen  Schriften  alten  lest.  §  93. 

STAATSREGENT,  »n.  .•  ein  wunderbares  tragisches  bild, 
der  Staatsregent  von  Schottland,  wie  er  eigenhändig  den 
Schlüssel   zur  person  der  königin  überliefert.  Lcdwig  5,  3S9. 

STAATSREGIERUNG,  f.  'die  oberste  leitung  aller  Staats- 
angelegenheiten, sowohl  der  inneren,  als  der  äuszeren'.  KrCsitz 
encykl.  164,723;  so  gelangten  denn  die  plebejer  zu  einem  gebüh- 
renden antheil  an  der  Staatsregierung.  Beckers  weltgesch.  i,z~l; 
auch  die  dafür  bestellte  behörde:  wenn  du  dich  an  die  staats- 
regierung  jener  landschaft  wendest.  Freitag  verl.  handschr.  i,53. 

STAATSREICHTÜM,  m.  reichtum  eines  Staates.  Campe. 

STAATSRELIGIO.N,  f.  'diejenige  religion,  welcher  sowohl  der 
regent,  als  auch  der  gröszte  Ihdl  des  volks  in  einem  Staate  zu- 
gethan  ist'.  Kri^sitz  encykl.  164,  723;  wo  ihm  {dem  Griechen)  der 
glaube  helfen  mochte,  war  er  scheinheilig  und  hütete  sich 
der  neuen  staatsreiigion  {dem  christentume)  ein  ärgernisz  zu 
geben.  Freitag  bilder  a.  d.  d.  tergangenh.  i,  106;  der  Christen- 
glaube wurde  Staatsreligion.  217. 

STAATSRETTEND,  part.  den  Staat  aus  einer  gefahr,  vom 
Untergang  rettend:  zur  zeit  der  staatsrettenden  reformen  waren 
die  leitenden  beamten  und  die  Junker  todfeinde  gewesen. 
Protz  preusz.  gesch.  4,173;  in  der  staatsrettenden  thätigkeit 
Metternichs.  200;  darin  lag  das  demoralisierende  dieser  'staats- 
rettenden anarchie'.  315. 

STAATSRETTER,  m. 

STAATSRETTLNG,  f.:  wenn  in  der  europäischen  politik 
Wendungen  eintreten,  die  für  Oestreich- Ungarn  eine  anti- 
deutsche politik  als  Staatsrettung  erscheinen  lassen.  Bisxarck 
ged.  u.  erinn.  2,250. 

STAATSREVIER,  n.  bereiek  de»  staaUtf  tlaat  nach  seiner 
räumlichen  ausdehnung: 

so  überraschte  mich  mit  Ihr  {der  kSniqin) 
der  kronenträger  selbst  in  seinem  schlaf-Iosier, 
und  zwang  mict)  meinen  kopT  und  kragen 
aus  seinem  sctiönen  Staatsrevier 
durchs  kammerfenster  wegzutragen. 

BCRGER  llü*  (*ö/.('ytfi  w.  Golkondf  659). 

STAATSREVOLÜTION,  f:  beim  ausbruch  oder  im  fortgang 
einer  staatsrevoluzion.  Wieland  31,321.    5.  Staatsumwälzung. 

STAATSRICHTER,  m.:  es  {das  staalsgericht)  soll  aus  meh- 
reren miigliedern  besteben,  welche  den  namen  Staatsrichter 
führen.  KrOnitz  encykl.  16,438. 

STAATSRISZ.  m.  damnum  reipublicae,  statsrisz  Stieler  1594. 

STAATSROCK,  m.  prunkrock  {vgl.  Staat  3,  i),  bei  Caipe 
staatrock:  meinen  staatsrock  her...  und  ein  weiszes  man- 
schettenhemd!  Schiller  3,407  {kab,  u.  liebe  1,  i). 

STAATSROMAN,  m.  'ein  roman,  sofern  dessen  absieht  ist, 
durch  eine  erdichtete  geschichte  regierende  herren  und  staatsminister 
zu  bilden'.  Adelung. 

STAATSRÜCKSICHT,  f.  rücksieht  die  man  auf  den  staat  nimmt: 
Schmeichler  stellten  ihm  {Antonius)  vor,  dasz  Octavia  ihm 
dl  ch  nur  aus  Staatsrücksichten  verbunden  sei,  Kleopatra  aber 
aus  liebe  für  ihn  alles  ...  preis  gegeben  habe.  Beckers  welt- 
geseh.  3  (IS61),  376. 

STAATSRUDER,  n.  leüung  des  Staates  unter  dem  bilde  des 
Staatsschiffes  {s.  d.)  durch  dasruder:  sie  {Egmont,  Hoorn,  Oranien) 
erklärten,  dasz  das  allgemeine  miszvergnügen  nicht  aufhören 
würde,  so  lange  dieser  verbaszte  prälat  {Grantella)  am  staats- 
ruder  säsze.  Scbiller  krit.  ausg.  9,9;  das  staatsruder,  dessen 
sich  die  herrsciiende  geldaristokratie  täglich  mehr  und  mehr 
bemächtigt.  H.  Heine  6,361  Elster;  als  . .  .  das  staatsruder  bei 
wachsender  gefahr  keinen  routhigen  Steuermann  gefunden. 
C.F.  Ms^ER  Jenatsch  hl.    vgl.  slaalssleuer,  n. 

STAATSRUHE,  f.:  regimenisruhe  sire  statsruhe,  reipublicae 
tranquillitas.  Stieler  1635. 

STAATSRUMOR,  m.  turbamenta  reipublicae,  statsrumor 
Stiei  er  1640. 

STAATSSACHE,  f.  sache  die  den  staat  und  dessen  Verwaltung, 
in  älterer  spräche  auch  den  fürstenhof  betrifft:  die  Staatssache 
AbSLUNC;  so  bald  die  republik  durch  die  frösche  in  gefahr 
gesetzt  wird,  sehen  sie,  so  wird  eine  Staatssache  daraus,  und 


319      STAATSSACK  — STAATSSCHÖPFUNG 


STAATSSCIIREIBER— STAATSSEELE      320 


da  haben  die  priester  der  Latonia  nichts  drein  zu  reden. 
Wieland  20,237  (Abderilen  5,5);  gewöhnlicher  im  plural:  slals- 
sachen,  des  affaires  d'elal  ou  des  malieres  politiques.  Rädlein  s36'; 
die  gehcitnnisz  und  staat-sachen  vornehmei-  fürsten  und  herren, 
dardurch  sie  dem  gemeinen  mann  die  äugen  verkleistern  und 
Terschmieren.  Schüppiüs  420;  nun  ist  zwar  der  Tacitus  Je>z- 
wegen  zu  luben,  dusz  er  . . .  viel  sonderl)ahre  statssachen  in 
sich  begreiffet  von  hofhaltungen,  iebensarten,  rathschlägen 
und  gcwohnheiten  fürstlicher  pcrsonen.  Butschkt  l'athm.  30; 
andre  hingegen  deuteten  es  für  eine  grosze  kübnheit,  dasz 
ein  junger  mann  von  etwa  dreyszig  Jahren  . . .  sich  unter- 
stünde, über  geheimnisse  der  staatssnchen  ...  zu  lesen,  und 
die  ailergrüste  hofT-politic  als  eine  schul-wissenschaTt  tractiren 
wolle.  Cor.  Thomasius  von  nachahmung  der  Franzosen  s.  15; 
weder  ihr  noch  ich  mischen  unsz  ja  in  keine  stadtssachen. 
Elisabeth  Cbablotte  briefe  aus  den  jähren  1707  bis  1715  s.  50; 
von  stadssachen  reden,  s.  599;  auf  welthündel  und  Staatssachen 
verstehen  sich  euer  ehrwüideu  nicht.  Wielard  20,225  {Ab- 
deriteri  5,4);  Staatssachen  sollte  der  mensch,  der  drein  ver- 
setzt ist,  sich  ganz  widmen.  Gütbe  briefe  5,55  (von  17S1);  der 
einzelne  aber  niusz  zuvor  in  seinem  eigenen  wescn  die  billig 
hcrrscheniien  gewallen  von  den  billig  dienenden  unterscheiden 
lernen,  ehe  er  von  Staatssachen  zu  urteilen  unternimmt. 
Dahlharn  poUtik  s.  0;  von  höchst  wichtigen  sachen  im  allge- 
meinen: ha!  die  assemblee  (eine  gesellschaft  von  bauerweibern) 
kömmt,  ich  musz  doch  hören,  was  für  stoatssachen  sollen 
abgethan  werden.  C.  F.  Weisze  kom.  opem  2, 121. 

STAATSSACK,  m,:  herrn-  sive  statssack,  fiscus,  saceUus, 
in  quo  aera  publica  deferuntur.  Stieler  1658. 

STAATSSÄCKEL,  m.  ßscus,  Staatskasse:  wenn  er  es  {der 
bund  das  geld)  sich  nicht  verschafft,  so  wird  der  preusziscbe 
Staatssäckel  Toraussichtlich  dafür  einstehen  sollen.  Bismarck 
red.  4, 1S2. 

STAATSSCHABRACKE,  f.  prunkende,  prächtige  schabrackt 
(s.  d.,  tÄCTiS,  1955): 

ob  mancher  lösung  stolz  und  kühn, 

ritt  ich  in  schön  gestickter  jacke, 

auf  meinem  Tuciis  die  Staatsschabracke, 

froh,  wie  ein  prinz,  durch  liiiuieisgrün.    Kinb  1,  202. 

STAATSSCHATZ,  m.  vorrat  von  mittein,  besonders  geld,  den 
der  äaat  besitzt:  der  Staatsschatz  war  leer.  Beckers  weltgesch. 
3(1861),  s.  293. 

STAATSSCHICKSAL,  n.;  die  auslegung  sylällinischer  bücher, 
die  den  Römern  das  Staatsschicksal  vorher  verkündigt  haben 
sollen.  Kant  lo,  198. 

STAATSSCHIFF,  n.  der  staat  unter  dem  bilde  eines  schiffes 
(vgl.  Staatsruder,  Staatssteuer):  ists  nicht  genug,  dasz  ein 
paar  fürstliche  lungentlügel  sich  Staaten  als  flugliäute  an- 
setzen, und  dasz  ihr  ullimen  wie  moussons  die  Völker  be- 
wegt: müssen  noch  vollens  die  kranken  blähungen  des  Zufalls 
dazukommen,  als  Wirbelwinde  der  armen  staatschiHe?  J.  Palm. 
ddmmerungen  s.  57;  umsonst  verlangt  er  (Vemades)  Verzeihung, 
. . .  weil  er  nur  die  trümmer  des  staatschilTes  im  Schiffbruch 
lenke.  Böckb  Staatshaushalt  der  Athener  \  (ihm),  2iZ;  der  könig, 
der  . . .  das  Staatsschiff  in  einen  andern  kurs  herumgeworfen 
halte.  Pbltz  preusz.  gesch.  3,290;  der  kaiser  Franz  Joseph  ist 
eine  ehrliche  natur,  aber  das  östreichisch-ungurische  staats- 
schiff  ist  von  so  eigentbümlichcr  Zusammensetzung,  dasz 
seine  Schwankungen,  denen  der  monarch  seine  hallung  an 
bord  anbequemen  musz,  sich  kaum  im  voraus  berechnen 
lasten.  Bisma«ck  ged.  u.  erinn.  1,350; 

das  staaitschiir  herbergt  seine  ratten, 
die  werden  Tett  und  haben's  gut. 
wird  leck  das  schifT  auf  Tels  und  walteu, 
dann  erst  vergeht  die  böse  brut. 

llorFMiNN  V.  Fallcrslkibn  mein  leben  6,  943. 

datu:  politische  konjunkturen,  welche  die  umsichtigste  führung 
uosers  staatsschiffleins  erfordern.  C.  F.Mkyek  Jenaisch  20; 
die  eine  bSlfte  des  graduierten  fleckens  ging  im  werkeitag- 
gescbirr,  im  staatscbiffziehen  der  arbeit,  die  andere 
scbwamm  im  buceotauro  der  lust  recht  aufgeputzt  dahin. 
J.  Paul  palingeu.  Ol. 

STAATSSCHMLCK,  ni.;  die  nacbwell  bat  von  ihm  (Karl 
dem  groiien)  geerbt,  was  i'-r,  sofern  ers  konnte,  zu  unter- 
drücken oder  zu  besiero  suchte,  vatallen,  slSnde  und  ein  bar- 
bariscbes  geprange  des  franLincben  staatsscbmuckes.  Hkrüeii 
2.  phiL  u.  geuh.  7,  143  (idrtn  zur  phil.  d.  geteh.  IH,  9). 

STAATSSCnöPFUNO.A:  die  neudeutsche  weit-  und  siaati- 
tcbOpfuog.  Bkcrirs  weltgetck,  14, 443;  die  begonnene  reorgani- 


sation  vor  seinen  (Napoleons)  eingriffen  zu  schützen,  riet  er 
(S<(tN),  möge  man  sie  für  eine  nachahmung  seiner  staats- 
schöpfung  ausgeben.  Prutz  preusz.  gesch.  3,456. 

STAATSSCHREIBEH,  m.  bezeichnung  eines  höheren  Staats- 
beamten: man  solle  zehn  münner  als  slaatsschreiber  wälen. 
diese  sollen  einen  Vorschlag  von  der  besten  einrichlung  des 
Stadtwesens  schriftlich  entwerfen.  Heilhan  Thucyd.  1108.  in 
schweizerischen  kantonen  führt  der  obersU  Verwaltungsbeamte  den 
titel  Staatsschreiber. 

STAATSSCHRIFT,/,  ^eine  schrift,  welche  die  gerechtsame  oder 
Verhältnisse  eines  Staates  belrifjft'.  Adelung;  staatsscbriften,  hier- 
unter versteht  man  sowohl  die  altin  Urkunden  oder  doku- 
inente,  diplome  u.  s.  w.,  welche  den  Staat  betreffen,  und  in 
den  Staats-  und  andern  archiven  aufbewahrt  werden,  als  auch 
eine  jede  Schrift,  welche  Staatsverhältnisse  berührt.  KrInitz 
encykl.  164,725;  in  staatsscbriften,  so  die  angelegenheiten  und 
rechte  hoher  bäupter  und  polentzen  betreffen.  Leibnitz  «n- 
vorgreifl.  ged.  s.  29  Schmarsow;  ein  alter  offizier  verzögerte 
noch  um  eine  ganze  stunde  den  scbwerralligen  Umlauf  dieser 
slaatsschrifl.  Thümmel  mse  2, 128;  er  (Zwingli)  war  die  seele 
des  geheimen  und  des  offenen  raths,  lehrer  und  prediger, 
Staatsmann  und  diplomat  und  schrieb  mit  der  gleichen  feder 
theologische  abhandlungen,  sittengesetze,  staatsscbriften  und 
kriegsplane.  Keller  6,  3S6;  in  der  that  hat  dieses  votum  (ein 
hannoversches  Separatvotum  in  der  holsteinschen  frage)  weniger 
den  Charakter  einer  Staatsschrift,  als  den  eines  publicistisrhen 
libells.  Preuszen  im  bundestag  3,399;  dasz  man  die  letzleren 
(antrage)  der  in  staatsscbriften  üblichen  rücksichtsvolleren 
formen  entkleidet.  406;  die  von  mir  gelieferte  vier  seilen 
lange  staatsschrift.  Bismabck  ^ei.  ti.  «rinn.  1,89. 

STAATSSCHRIFTSTELLER,  m.  der  Verfasser  einer  staaU- 
schrift,  publicistischer  Schriftsteller.  Campe;  des  D.  Tuckers,  eines 
eifrigen  staatsscliriftstellers.  Hebdbb  briefe  zu  befürderung  der 
humanität,  10.  sammig.  115. 

STAATSSCHUH,  wi.  prunkschuh  (vgl.  Staat  3,d):  schuster, 
welche  vor  die  andern  Insulaner  gemeine  schue  von  den 
häuten  der  meerthiere  und  denn  auch  staatsschue  von  hirsch- 
und  rehleder  machten.  Felsenb.  l,  134. 

STAATSSCHULD,  f.  geldschuld  die  auf  einem  Staate  lastet: 
patent .  . .  durch  welches  der  zinsfusz  der  Staatsschuld  von 
5  auf  4  piocent  heraligesetzt  wurde.  Gbillparzeb  15, 1I3;  wo 
hätte  der  Staat  die  Verbindlichkeit,  den  reichen  auf  kosten 
der  armen  ihre  kapitale  zu  verzinsen?  und  das  ist  doch  am 
ende  das  facit  jeder  Staatsschuld,  jede  Staatsschuld  ist  eine 
krücke,  und  krücken  sind  nur  für  lahme.  Seche  spazierg.  1,94; 
gewöhnlicher  im  vereinzelnden  plural  Staatsschulden:  ein  groszer 
fehltritt  .  .,  sich  aus  der  Verlegenheit  wegen  groszer  Staats- 
schulden dadurch  helfen  zu  wollen,  dasz  er  (der  herrschet) 
es  dem  volkc  übertrug,  diese  last  nach  dessen  eigenen  gut- 
iiefinden  selbst  zu  übernehmen  und  zu  verlheilen.  Kant  5,178; 
dasz  durch  die  Staatsschulden  die  ärmeren  gezwungen  sind, 
auszer  der  allen  last  auch  noch  den  reichen  Interessen  zv 
bezahlen,  sie  mögen  wollen  oder  nicht.  Seche  spazierg.  \,H; 
sie  legten  die  ganze  summe  der  Staatsschulden  vor;  sie  zeigten 
die  ganze  erschöpfung  aller  quellen.  Pestalozzi  Lt>n/i.  3, 304; 
maszregeln  in  betrelT  der  bisherigen  Staatsschulden.  Preusten 
im  bundestag  3,473.  dazu:  grosze  ferligkeit  der  Staats- 
seh  u  Idenina  c  her.  Klingrb  12,54;  Staatsschulden- 
tilgung;  Staatschuldenverwaltung;  Staatsschulden» 
Verzinsung;  Staatsschulden wesen;  staatsschuld- 
brief,  staatsschuldpupier  KrCnitz  encykl.  165,335.34t; 
Staat  sscb  uldschei  n  ebenda  $.360;  besilzer  preuszziscber 
staatsschuldscheine.  Preuszen  im  bundestag  3,  S6;  statt«» 
Schuldverschreibung  KrC.mtz  165, 3Uü. 

STAATSSCHL'LDNER,  m.  der  gegen  den  Staat  eine  gtU' 
schuld  hat. 

STAATSSCHULE,  f.  von  der  regierung  eines  Staates  errichtete 
schuht  tum  unterschiede  der  privatschulen ,  welche  von  privaten 
errichtet  werden.  KbCnitz  encykl.  165,361;  schule  für  dif  '-•(?""• 
eines  Staates,  bildlich:  und  so  ward  diese  reise  unsrrr> 
lauihtigslen  Friedrichs  eine  wahrhafte  slaatsichule  dri  >  : 
Cottscbrd  bei  Reicbkl  kl.  Cottsched-wb.  s.  M. 

STAATSSEELE,  f.  in  der  form  staalseele:  wenn  es  eiiu 
bekannte  klage  ist,  dasz  die  neuem  Staaten  mehr  stnatkörper. 
die  alten  hingegen  staatscelrn  sind,  welche  mehr  mit  dem 
geistigen  bewegten  und  verknUpflen  durch  beredsamkeit,  dnirb 
titlen,  durch  musik,  nicht  durch  hölzerne  rüderwerke  df» 
formalisinus.  J.Paul  friedenpredujt  an  Deutschland  1.41. 


32  t  STAATSSEKRETÄR— STAATSSTREICH 

STAATSSEKRETÄR,  fn.  Campe,  mit  der  veTdeulsehung  staats- 
geheiraschreiber .  der  geheimschreiber  bei  der  obersten  Staats- 
behörde; als  tüd:  der  Dachstebende  brief  des  Staatssekretärs 
Ton  BQlow.  BisMABCK  ged.  u.  erinn.  2, 167. 

STAATSSICHERHEIT,  f.:  Verletzung  der  staatssicberheit 
Kam  rechtslehre  (r.9B)  s.V.O. 

STAATSSIEGEL,  n.  das  grosze  Siegel  eines  Staates,  mit  velcbem 
die  in  der  staatskamlei  ausgefertigten  sacken  besiegelt  wertfen. 
Campb;  (die)  märtyrer  Felii,  Regula  und  Exuperantius,  welche 
trotz  aller  reforniation  zur  stunde  noch,  die  häupter  in  den 
bänden,  das  Zürcher  Staatssiegel  bilden.  Kelleb  «erke  6,  367. 

STäATSSITTE, /:;  nicht  die  anstandspflicbt  monarchischer 
Staatssitten,    sondern    die    pflicht    historischer    gerecbtigkeit 

thigt   zu   dem   urtbeil,   dasz   nur   das  feste  vertrauen  auf 

iedrich  Wilhelms  anverbrüchliche  treue  die  deutschen  forsten 
uewegen  konnte  ihre  Souveränität  freiwillig  zu  beschränken. 
Tieitscbre  d.  gesch.  4,  406. 

STAATSSORGE,  f.  sorge  um  das  wohl  des  Staates;  im  ter- 
einielnden  plural:  ist  dies  der  verschlossene  kanzler  mit  den 
kalt  prüfenden  bücken  und  den  Staatssorgen,  fragte  ich  mich 
verwundert.  C.  F.  Meyer  der  heilige  72;  die  wachsenden  staats- 
sorgen.  107;  hier  liesz  er  sonst  die  Staatssorgen  vor  der  thür 
und  freute  sich  in  züchten  des  lebens.  Jenatsch  95. 

STA.ATSSPARBGCHSE,  f.:  ich  fühle  mich  ...  glücklicher 
in  einem  lande,  dessen  natur  reicher  ist,  als  dasz  es  nüthig 
wäre,  dem  unterthan  die  staatssparbücbse  beständig  vorzu- 
kalten.  Hebder  briefe  zu  beförd.  der  Humanität,  6.  sammig.  80. 

STAATSSPRACHE,  f.  amtliche  spräche  eines  Staates;  in  der 
form  Staatsprache:  das  latein  als  Staat-,  als  altar-  und  als 
kathedersprache  (im  miUehUer).  J.  Paul  nachdämmerungen  98. 

STAATSSPRCCH,  m.  spruch,  ausspruch  des  Staates  oder  im 
namen  des  Staates.  Cahpe. 

STAATSSTELLE,  /".  staaUamt  und  Staatsbehörde.  Campe. 

STAATSSTELLUNG,  f.  amtliche  Stellung  im  Staate:  eine 
Staatsstellung  einnehmen,  bekleiden. 

STAATSSTELER,  f.  Steuer  die  an  den  staat  entrichtet  «ird: 
seine  Staats-  und  gemeindesteuern  bezahlen. 

STAATSTEUER,  n.  leitung  des  Staates  unter  dem  bilde  des 
Uaatsschiffes  (s.  d.)  durch  das  Steuer:  das  staatssleuer  ergreifen, 
führen,  am  Staatssteuer  sitzen.    vgL  staatsruder. 

STAATSSTRASZE,  /.  l)  Strasse  auf  kosten  des  Staates  lur 
Verbindung  seiner  hauptsächlichen  orte  unter  einander  angelegt 
und  unterhalten ,  im  gegensatx  su  den  bloszen  gemeinde-  und 
nachbarwegen  {vgl.  nachbarweg  theil  7,2b):  Lcutershofen  vrar.. 
ein  raarktflecken  au  der  slaatsstrasze.  Auerbach  dorfgesch.-2.-20b. 

2)  stattliche  strasze,  prunkstraste :  das  (Augsburger)  bäcker- 
sonfthaus  steigt  am  Perlacbherg  ganz  breit  und  sicher  aus 
dem  eigentlichen  quartier  des  handwerks  empor  und  blickt 
mit   der  vorderen   Schmalseite  keck  in  die  slaatsstrasze  der 

inehmen  leute.  Riehl  culturstudien  aus  drei  jahrh.  s.  275. 

STAATSSTREICH,  m.  l)  in  äUerer  spräche  ein  staatskluger 
streich:  statsstreich.  coup  d'etat,  coup  de  politique.  Rädlein  836^; 
Staatsstreich,  stratagema  polUicum,  artißcium  rationis  status,  vulgo 
staalsfinle,  staatslist.  Frisch  2,313';  Staatsstreich,  'uneigenllich, 
jedes  gelungene  unternehmen  zu  gunsten  des  Staates,  besonders 
gebraucht  man  dieses  wart  bei  vorlheilhaften  Unterhandlungen,  auch 
bei  anleihen  oder  andern  geldgeschäften  zum  nutzen'oder  rortheile 
des  Staats'.  KrChitz  encykl.  165,362;  (mir  ist  bewust)  dasz  die 
staalsklugheit  der  meisten  heyrathen  kuplerin,  aber  auch  die 
Terfälscherin  der  reinesten  liehe,  und  das  giftigste  scheide- 
wasser  der  verknOpftesten  hertzen  sei.  weil  aber  der  himmel 
nichts  minder  der  urheber  keuscher  flammen,  als  ein  beheltnis 
der  unausleschlicben  lichter  ist ;  machet  er  insgemein  durch 
solche  Staatsstreiche  als  durch  eine  falsche  rechnung  einen 
strich.  LoBENSTEi»  Armin.  2,156*;  Catharina  wuszte  sich  da- 
gegen zu  bereden,  dasz  sie  nur  etwa  4.  bis  6.  von  den  er- 
Dordungen  der  Bartholomäusnacht  auf  dem  gewissen  habe. 
nnd  von  diesen  hatte  sie  leicht  sich  zu  absolviren ,  wenn 
etwa  ihr  beichtvater,  wie  Naud^,  für  den  ganzen  frevel  den 
fetoen,  höfischen  naroen  eines  Staatsstreichs'  erfinden  oder 
ahnen  konnte.  Schiller  krit.  ausg.  9,3i6; 

vor  diesem  dacht'  ich  init  der  zeit 

ein  grosi  und  vornehm  thier  zu  werden  .  . . 

ich  sann  viel  staat».<<ireich  auszufübren, 

TergalTte  mich  am  Mazarin, 

und  grielT  mit  Teurigem  stiidiren 

nach  palmen,  die  den  klügsten  blühn.    Gömthei  196. 

5)  seit  184S   besonders   auf  einen  streich,    eine  Unternehmung 
femendet,  welche  auf  die  Umänderung  der  Verfassung  eines  Staates 
X.  J. 


STAATSSTUBE— ST  AATSTHÜMLICH       322 

absielt:  der  Staatsstreich  Napoleons  III.  gegen  die  französische 
republik  (i&5i);  dasz  graf  Rechberg  das  auserlesene  Instru- 
ment sei,  um  irgend  welche  verwegene  Staatsstreiche  auszu- 
führen. Preuszen  im  bundestag  2, 173;  der  fragliche  artikel  der 
kreuzzeitung  scheint  .. .  von  der  Besorgnis  vor  einheimischen 
Staatsstreichen  eingegeben.  4,  261. 

dasu:  diejenigen  katholiken,  die  . . .  der  staatsstreich- 
artigen neuerung,  welche  die  Unfehlbarkeit  bedeutete,  die 
anerkennung  verweigerten.  Prutz  preuzs.  gesch.  4, 461 ;  wenn 
vorher  etwas  mit  redensarten  von  octroyiren  und  Staats; 
streicheln  gerasselt  ist.  Bisharck  ged.  u.  erinn.  1,260; 
während  er  selbst  {Ludteig  Sapoleon)  sich  beQeiszigte,  jeden 
Staatsstreichgedanken  in  abrede  zu  stellen.  Fiathe  in 
Grates  allgem.  treUgesch.  11,624;  für  ihren  (der  rerolutionären 
bestrebungen)  träger  galt  namentlich  Gneisenau,  dem  man  sogar 
staatsstreichgelüste  andichtete.  Pbctz  preusz.  gesch.  4,79; 
staatsstreichler,  m.  der  einen  Staatsstreich  macht  oder  an 
einem  Staatsstreich  theil  nimmt;  auch  den  könig  beunruhigten 
gelegentlich  seine  angeblichen  staatsstreichpläne.  Protz 
preusz.  gesch.  4,313. 

STAATSSTUBE,  f.  prunkstube,  gute  stube:  als  sie  . . .  vom 
dorfe  hergekommen  ist,  hat  sie  in  der  staatsstube  licht  ge- 
sehen. Fre."«ssex  Jörn  Vhl  (I9ü2j  s.  14. 

STAATSSUCHT,  f.  1)  sucht  nach  hohem  ränge  und  einflusz 
im  Staate  (vgl.  Staat  l,a,tj  oben  sp.  274): 

soll  rachsuclit  mindern  grimm  als  Staatssucht  mit  sich  bringen? 

LouEüSTEi:!  Cteopatra  s.  9,  287; 
die  Staatssucht  Tulliens  kennt  blut  und  vater  «icht.    .«.22,750; 
man  wiegt  die  gunst  hier  nicht  für  schwere  kisten  bin, 
die  ehrsucht  theilet  nie,  w,is  werth  und  huld  verbunden, 
die  Staatssucht  macht  sich  nicht  zur  unglücks-kupplerin. 

Rallir  geil.  s.  27  (Alpen  v.  128). 

2)  sucht  Staat  zu  machen,  staatsucht  Campe. 

STAATSSÜCHTIG,  adj.,  nach  Staatssucht  1:  ein  slaat- 
sfichtiger  mensch,  pers.  baumg.  4,  U;  s.  die  stelle  unter  Staat 
i,a,T],  sp.  274. 

STAATSSYSTEM,  n.  'das  System  oder  die  grundsätze,  welche 
ein  Staat  in  bdreff  der  eigenen  terhdltniese  und  derjenigen  zu 
andern  stauten  beobachtet'.  Krc.mtz  encykl.  165,362; 

ihm,  der  weiten  zwinget, 
wird  ehrenkranz  die  that,  die  ihm  gelinget, 
er  schafTet  gärten,  städte  sich  und  ströme, 
und  Staatssysteme; 

und  Staatssysteme,  die  er  mit  gesetzen 
nach  Zeiten  ordnet. 

Herdkr  Adraslea  Ili,  6  (macht  de*  menschen). 

STAATSTEUFEL,  m.  1)  der  slaat  mit  seiner  Verwaltung  und 
einrichtung,  scheltend  unter  dem  bilde  des  teufeis:  Staatsteufel 
ratio  Status  Stieler  428. 

2)  prunkliebe  (vgL  Staat  3,  d)  unter  dem  gleichen  bilde:  vom 
Staat  in  der  kleidung  vornehmlich  ist  die  rede,  wenn  ein 
frauenzimmer  beschuldiget  wird,  sie  sei  vom  Staatsteufel  be- 
sessen; welches  eine  gefährliche  eitelkeit  ist.  frauenzimmer- 
lex.  (1773)  3347. 

STAATSTHÄTIGKEIT, /:.-  schon  in  Meisters  wanderjahren 
forderte  er  (Gothe)  eine  hochgesteigerte  slaatsthätigkeit,  wie 
sie  erst  in  der  gegenwart  sich  zu  entfalten  anfängt.  Treitschke 
d.  gesch.  4, 411. 

STAATSTHEATER,  n.  Staat  einem  theater  verglichen:  wer. .  auf 
dem  well-  und  Staatstheater  eine  gute,  nützliche,  vorzügliche, 
eine  edle  und  glänzende  that  durchsetzen  will.  Klinger  12, 163. 

STAATSTHORHEIT,  f.:  in  erwegung  dessen  (dasz  man  hslfe 
zur  rechten  zeit  und  am  rechten  orte  bringen  soll)  schreibet  der 
Magolino  Bissaccioni:  es  sey  die  grüste  staatsthorheit,  einen 
fallenden  bäum  stützen:  denn,  die  stützen,  so  darunter  ge- 
salzt werden,  verterben  und  verfaulen,  und  andere  genüssen 
die  fruchte  desselben.  Bctschet  Pathm.  610. 

STA.KTSTHLM,  n.  eigenthfimliche  art  eines  Staats:  (es)  wurde 
mit  groszem  eifer  dahin  gewirkt,  begeisterung  für  die  be- 
griffe und  formen  des  neuen  staatsthums  zu  erzeugen.  Beckers 
weltgesch.  14  (l'>41),  177;  mehr  aber  als  durch  das  staalsthum 
wurde  der  nationalgeist  durch  die  erneuerte  richtung  auf 
ausbildung  der  religiösen  Ideen  und  feststellung  der  kirch- 
lichen formen  beschäftigL  181;  staat  in  seiner  eigenViümlichen 
art:  das  griechische  staatsthnm.  K.  A.  Me>zel  religion  und 
Staatsidee  in  der  vorchrisll.  zeit  (1872)  s,  17;  das  staatsthum  des 
Aristoteles,  s.  47,  mit  dem  plural  staatsthümer:  die  ältesten 
slaatsthümer  in  Asien,  Aegypten  und  Merüe.  s.  12. 

STAATSTHCMLICH,  adj.  dem  staalsthum  eigen  oder  gemäss: 
staatsthümliche  einrichtungeo. 

21 


323  STAATSTREIBER  — ST AATSVERBESSERUNG   STAATSVERBINDUNG— STAATSVERRICHTUNG  324 


STAATSTREIBER,  «i.  rerdchllich  für  die  regitrer  des  Staats 
unter  dem  bilde  der  viehlreiber:  erinnern  sich  die  staatsireiber 
ibrer  vorurtbeile  ia  rücksicht  der  vuruitbeile  der  menscben- 
tbiere.  Klinger  11,261. 

STAATSÜBEL,  n.;  leider  ist  dieses  jetzt  das  allgemeine 
siantsübel,  wenn  der  wehrstand  . . .  mit  weibern  und  kindera 
den  nährstand  überwiegt,  und  eine  menge  kleiner  und  mittel- 
mäsziger  bediente  sich  wie  das  Ungeziefer  anhängen.  HOsbb 
patr.  phant.  2, 246. 

STAATSUMKEHRUNG,  f.:  den  tuilkühnen  mutb,  wumit 
diejenigen,  die  bey  staatsumkehrungen  nichts  zu  verlieren 
haben,  bereit  sind,  sich  zu  allem  gebrauchen  zu  lassen,  was 
ihnen  eine  Verbesserung  ihres  zustnndes  verspricht.  Wieland 
29,  461  (aufsätze  über  die  frani.  revoL  19). 

STAATSUMSCHAFKENÜ,  part.:  den  staatsumscbaffenden 
trSumen  der  Hamburger  bandelsberrea.  Mattbissok  Schriften 
»,  200. 

STAATSUMSCHAFFUNG,  f.: 

auch  ich  stand  auT  einem  der  hohen  Telsengestade, 

sctiaute  helsitheilnelimend  hinab 
auf  die  empörten  wogen,  des  donnernden  ozeans  berge, 

alle  sie  spiele  des  Sturmes, 
in  die  nacht  hinab  der  staaisumschafTungl 

Klopstock  2,  192  (tion  n95). 

STAATSUMWÄL^END,  part.:  ruhig  und  unbefangen  be- 
trachte der  ächte  beobachter  die  neuen  staalsumwälzenden 
Zeiten.  Novalis  3, 354  Meismer. 

STAATSUMWÄLZUNG,  f.  Verdeutschung  des  franz.  revolution: 
um  jenen  fürchterlichen  anfüllen,  die  man  Staatsumwälzungen 
nennet,  und  die  dem  buche  der  menschenordnung  ganz 
fremde  werden  sollten,  zuvorzukommen.  Herder  zur  phil.  u. 
gesch.  3,23  {von  1792);  dasz  eine  solche  meinung  (die  öffentliche 
meinung)  jeder  Staatsumwälzung  vorgeht  und  gleichsam  das 
zeichen  zum  anfang  derselben  gicbt.  Wieiand  31,322  (ton  1798); 
so  könnte  nun  der  bösewicht  und  Verbrecher  zu  allen  Unter- 
nehmungen —  ZU  mord,  Vergiftung,  aufruhr,  staatsumwäl- 
zungen  —  gesellen   und  heltershelfer  finden.   Klinger  12,  4. 

STAATSIJNRUHE,  f.,  plur.  Staatsunruhen,  aufregungen  des 
vdks.  KstlNiTz  encykl.  165,376. 

STAATSL'HKUNDE,  f.  öffentliche,  von  der  Verwaltung  des 
Staates  ausgestellte  Urkunde:  Staatsdokument,  staalsurkunde 
Kbünitz  encykl.  iu4, 326. 

STAATSUBSACHE,  f.  politische  Ursache :  sind  gewisse  Staats- 
ursachen SO  wichtig,  dasz  sie  allen  andern  gründen  vorgehen 
müssen.  Garve  anni.  zu  de.  de  off.  3,  224. 

STAATSVERÄNDERING,  f.:  mit  welcher  menge  läppischer 
werke  sind  wir,  um  nicht  weiter  zurück  zu  gehen,  nun  seit 
der  groszen  staalsveränderung  (168&)  beschweret  worden! 
Hacedor!»  Sammlung  neuer  öden  und  lieder  (1742)  vorrede  hl* 
{Übersetzung  einer  stelle  aus  dein  16.  stück  der  englischen  zeit- 
tchriß  Guardian);  zumal  bei  den  itzigen  groszen  staatsver- 
Sndcrungen,  die  ganz  Europa  in  bewegung  setzen.  Gottsched 
bei  Beiciiel  kl.  Gottsched-wb.  56;  die  regierung  der  Stadt  setzten 
sie  auf  den  fus  einer  cligarcbie,  und  diese  Staatsverände- 
rung blieb  eine  gei-aume  zeit  in  dieser  veifassung.  Hkilhan 
Thucyd.  ■S54;  ich  bin  ein  bettler,  wenn  die  izige  Verfassung 
nicht  übern  häufen  fällt.  . . .  eine  Staatsveränderung  soll  n)ir 
luft  machen,  hofl"  ich.  Schiller  3,15  {Fiesko  t,3);  meines 
Defifen  räche,  sein  eingebildetes  recht,  leben  so  lange,  als  er 
alhmet,  sind  als  gültig  von  jedem  anerkannt,  der  in  staats- 
Teränderungeo  vortbeil  hofft.  Klincer  5, 205. 

STAATSVERBANU,  ni. .*  ein  ehrenwerther,  in  denselhen 
■taatsverband  gehöriger  volkssiamin.  Giillparzer  15,  I2S;  der 
lange  kämpf  zwischen  Rom  und  den  Germanen  ...  bei  dem 
es  sich  ja  von  anfang  an  weniger  um  die  Vernichtung  des 
alten  Weltreichs  gehandelt  hatte,  als  um  die  aufnähme  der 
deutschen  stamme  in  den  groszen  Staatsverbund  der  gebildeten 
vOiker.  Gibsebrecbt  p^r/i.  (f.  d.  üiaitfrzet/ l,  122;  die  auflösung 
it$  alten  «laatsverbandes.  Freytag  bilder  a.  d.  d.  vergangenh. 
1,21;  preuszischerseils  wurde  kaum  recht  versucht,  sie  (die 
folnischen  erverhungen)  dem  staalsverband«  fett  einzufügen. 
PacTZ  preusi.  geseh.  S,  320. 

STAATSVERBESSERER,  m.:  war  er  nicht  staattverbesserer, 
thronerschOlterer,  so  Hürde  er  höchstens  zum  puliliichen 
ronianeniclirriber  taugen.  Sturz  1,41. 

STAATSVKRBESSERUNG,  f.  rerbeistrung  des  Staates  in  on- 
ithung  seiner  Verfassung  oder  tencallung:  das  jetzige  Zeitalter, 
weit  eotfernt  uns  diejenige  form  der  menscbheit  aufzuweisen, 
welche  als  oothweodi|e  bedingung  einer  moraliscbea  Staats- 


Verbesserung  erkannt  worden  ist,  zeigt  uns  vielmehr  das 
direkte  gegentheil  davon.  Schiller  lo,  295. 

STAATSYERBINDUNG,  f.  die  Verbindung,  tn  «eiche  ein  Staat 
mit  dem  andern  tritt,  oder  in  welcher  er  mit  dem  andern 
sieht.  Campe;. Staatsverbindung,  Staatsverein,  der  zusammentritt 
mehrerer  zerstreut  lebenden  faniilien  zur  gemeinschaftlichen  hülfs- 
leistung  und  zun»  schütze  in  eine  geseUschaft.  Krümtz  encykl. 
165,  379. 

STAATSVERBRECHEN,  n.  verbrechen  gegen  die  wolfahrt  des 
Staates:  slaatsfehler  und  Staatsverbrechen.  Klinger  11,207  (t.  die 
stelle  unter  staatsfebler); 

man  kennt  Cecils  gelieimniszreiche  miene, 
wenn  er  die  jagd  auf  staaisverbreclieu  macht. 

Scuillir  12,  517  (.1/.  Stuart  5,3). 

übertragen  für  besonders  schweres  verbrechen,  besonders  in  iro- 
nischer rede:  er  bat  ihn  in  seiner  kritik  scharf  mitgenommen, 
aber  das  ist  doch  kein  sluatsverbrechen! 

STAATSVERBRECHER,  m,  der  ein  Staatsverbrechen  begeht. 
Campe;  violator  majestatis  KRt^niTZ  encykl.  165,612;  ohne  dasz 
sich  die  verschwornen  für  verschworne  und  folglich  für  Staats- 
verbrecher halten.  Ki.inger  12,74. 

STAATSVER DIENST,  n.  verdienst  um  den  staat: 

ihr  (deutliche  frauen)  tragt  noch  nicht  die  bunten  bäniler, 
die  man  dem  staatsverdiensie  weiht; 
euch  sind  noch  eure  hausgewänder 
mehr  wertli  als  ein  beamtenkleid. 

UoFFMANN  v.  Fallerslkrei«  qed.  (9.  aufl.)  s.  377. 

STAATSVEREIN,  m.  KaiJNiTZ  enn/W.  165,379.  v^t.  ofren  staats- 
verbindung,  und  Staatenverein  sp.  285. 

STAATSVERFASSUNG,  /.  Verfassung  eines  Staates,  Ver- 
deutschung von  Constitution  Campe:  es  ist  unläugbar,  dasz 
Samuel  die  ersten  friedlichen  zeiteii  der  Staatsverfassung  ge- 
nutzt habe,  wie  er  sie  nutzen  konnte,  auch  zum  anfange  der 
kullur  des  landes  am  geisle.  IIkrmer  zur  rel.  u.  theol.  3,  ITC; 
in  das  innere  einer  Staatsverfassung  eindringen.  Moser  patr. 
phant.  2,191;  die  nazion  sey  nicht  schuldig,  deszwegen  weil 
die  Staatsverfassung  monarchisch  sey,  sich  despotisch  be- 
herrschen zu  lassen.  Wieland  31,  337;  einführung  einer  neuen 
Staatsverfassung  und  regierung.  29,367;  in  einer  slaats>er- 
fassung,  die  so  beschaflen  ist,  dasz  das  volk  durch  seine 
repräsentanlen  . . .  dem  minister  gesetzlich  widerstehen  kann. 
Ka.nt  5,156;  dies  ist  die  einzig  bleibende  Staatsverfassung, 
wo  das  gesetz  selbstherrschend  ist,  und  an  keiner  besonderen 
person  hängt.  17S; 

und  (der  herzog)  will  gerne  mit  ihm  (dem  minister)  reden 
von  der  wahren  staatsverTassung.    Arnim  7,  255. 

STAATSVERGEIIEN,  n.  Staatsverbrechen,  crimen  majestatis 
sive  perduellionis.  KrCnitz  encykl.  165,  äSO. 

STAATSVERHÄLTNIS,  n.  Verhältnis,  in  dem  sich  ein  Staat 
befindet,  oder  das  ihn  angeht:  die  Staats-  und  erbschafts- 
verhältnisse,  ob  man  sie  gleich  so  wenig  als  möglich  zu  be- 
rühren suchte,  kamen  doch  manchmal  zur  spräche.  GOtbe 
23,138;  in  das  weseu  der  Staatsverhältnisse  und  Verfassungen 
wurden  tiefere  blicke  als  vormals  gethan.  Beckeks  ireligesch. 
14,44!);  das  jener  zeit  eigontbümliche  staatsverhnltnisz,  nach 
welchem  der  wehrlose,  ungerüstete  und  ungeübte  gar  nichts 
war.  Schlosser  wfftjMcA.  6,  .VJ8;  staatsverhiiltnisz,  das  verhält- 
nisz  oder  die  Verhältnisse,  woiin  ein  Staat  mit  andern  Staaten 
stehet,  politisches  verhältnisz.  Campe. 

STAATSVERHANÜLL'NG,  f.  'eine  suche,  »eiche  verhandeU, 
abiiemacht  wird,  besonders  zwischen  einem  Staate  und  dem 
andern.  Campe. 

STAATSVERKEIIR,  m.:  mit  keiner  beleidigenden  rede  oder 
langweiligen  beghardenpredigt  verdarb  er  seine  sache,  das  ist 
nicht    gebräuchlich   im  staalsverkehr.   C.  F.  Meitsr  der  heilige 

s.  103. 

STAATSVER.MÜGEN,  n.  vermögen  welches  ein  Staat  besitzt. 
Campe;  Zuwachs  des  staatsvermögens.  Kant  5,16t. 

STAATSVERRAT,  m.  verrat  gegen  den  Staat,  stine  Verfassung 
und  leitung:  staatsverrat  begehen. 

STAATSVEHRÄTER,  m.: 

diesen  «taatsverrilher 
oebml  In  Verwahrung  und  bewacht  ihn  wobll 

Schiller  12.  521  {U,  Stuart  4,  4). 

dazu:  staatsverrätherei  Schlosser  weltgesch.  li,  i6\ . 

STAATSVEHItlCHTllNt;.  f.  Verrichtung,  gesrhäft  dm  staot 
und  seine  Verwaltung  betreffend:  rei-^en  in  slaalsverrichlungro. 
WiBLAND  Übersetzung  von  Uorasens  ((U.  (1794)  l,  161. 


325    STAATSVERSAMMLUNG— STAATSVISITE 

STAATSVERSAMMLUNG,  f.  die  Versammlung  der  mitgUeder 
des  Staatsrates  in  Staatsangelegenheiten,  und  die  Versammlung  der 
stände  eines  Staates.  Campe. 

STAATSVERSCHWÖRUNG,  f.  Verschwörung  gegen  den  staat: 
das  empfehlen  zu  posten  und  ämtern,  von  dessen  beamten 
an-  und  untereinander,  ist  eine  immer  dauernde,  immer 
wirkende  Staatsverschwörung  gegen  eben  den  staat,  dem  sie 
vorstehen.  Klingbr  12,  74. 

STAATSVERSORGUNG,  f.  Versorgung  die  man  vom  Staate 
erhält:  eine  staatsversorgung  erlangen;  Versorgung  die  der  staat 
von  seinem  leiier  empfängt: 

er  (der  schah  bei  einer  Staatsberatung)  nickt,  im  Schlummer 

zwar,  doch  dieser  nick  entscheidet! 
sein  seneschall  maclit  eio  edikt  daraus. 
der  staatsversorgUDg  folgt  ein  schmaus. 

\SiELA>D  9,  253  (lias  leben  ein  träum  6). 

STAATSVERSTÄNDIG,  adj.  staatsklug:  der  Staats  verständige 
Amilcar  rieth  dannenher:  dasz  Carthago,  ehe  es  mit  den 
Itömern  wieder  anbinde,  die  Numidier  . ..  demüthigen  und  sich 
in  Hispanien  vorgrosz  machen  soite.  Lohknsteis  i4rmin.  1,St8'; 

vfas  soll  diesi  reich  sich  mit  unglücklichen  beschweren? 
der  himmel  straft,  wenn  man  das  was  er  will  verheeren, 
mit  vieler  treu  beschützt,    ein  staatsverständger  mann 
hält  die  glückseligen,  nicht  die  elenden,  an. 

PosTKL  Wülekind  S.  129  (>.  207). 

STAATSVERTRAG,  m.  vertrag  den  ein  Staat  schlieszt:  staats- 
▼erträge,  Verbindlichkeiten  Kelche  zum  zwecke  des  Staats  ein- 
gegangen werden,  und  die  das  rechtsgeseti  des  Staats  begründen. 
KbC.mtz  encykl.  165,679;  die  Eisasser  Lutheraner  waren  durch 
Staats  vertrage  von  alters  her  vor  der  verfolgungssucht  ge- 
schützt. Dablhank  gesch.  der  franz.  revol.  160;  revolutionäre 
zeit,  während  welcher  den  staatsverlrägen  und  den  regierungs- 
handlungen  eine  gültiglieil  nicht  zuzuschreiben  gewesen  wäre. 
Preuszen  im  bundestag  1,235;  in  dem  nebel  der  phraseologie, 
mit  welcher  die  bundesdiplomaten  sich  gegenseitig  in  dem 
waline  bestärken,  als  ob  die  bundesverträge  von  einer  ganz 
anderen  bedeutung  wären,  als  staatsverlräge  überhaupt.  3,  504. 

STAATSVERWALTER,  m.  Verwalter  eines  Staates,  staatsver- 
weser.  Campe;  die  beste  Verfassung  ist  die,  durch  welche  der 
Staatsverwaller  zum  besten  regenten  gemacht  wird.  Kant  5,  I76; 
wie  Friedrich  sich  in  Küstrin  zum  slaatsverwalter  ausgebildet 
hatte,  so  entwickelte  er  sich  in  Ruppin  zum  Soldaten,  allgem. 
wellgesch.  9,  221  Grotc. 

STAATSVERWALTUNG,  f.  Verwaltung  eines  Staates,  als  Ihat 
und  beruf:  stats-  et  regimentsverwaltung,  regimen  et  gubernatio 
reipublicae.  Stiei.er  2425;  diesen  groszen  mann  (Perikles)  und 
-'ine  Staatsverwaltung  näher  kennen  zu  lernen.  Wieland  33,70 
Arislipps  briefe  1,1);  System  der  Staatsverwaltung,  unter  das 
sich  alles  schmiegen,  in  das  alles  passen  soll.  Klinger  11,207; 
in  einer  zeit  ...  wo  die  innere  Staatsverwaltung  fast  lediglich 
in  der  handhabung  der  rechtspflege  bestand.  Giesebrecht 
ge<,ch.  d.  d.  kaiseri.  1,  i37 :  den  stiat  verwaltende  bthurde:  indessen 
eine  unweise  Staatsverwaltung  sich  mit  alten  miszbräuchen 
und  Ungerechtigkeiten  einer  unterdrückenden  verfassang  . .  . 
vereinigte,  das  volk  von  stufe  zu  stufe  bis  zur  thierischen 
gefOliliosigkeit  der  Pescherähs  herabzudrücken.  WfELAfiD  31,331 
(gespr.  unter  vier  äugen  9). 

STAATSVERWANDLUNG,  f.:  nur  das  Übergewicht  eines 
Mjlchen  Charakters  bey  einem  volke  {Vereinigung  von  kraft  und 
gebundenheit)  kann  eine  Staatsverwandlung  nach  moralischen 
principien  unschädlich  machen,  und  auch  nur  ein  solcher 
Charakter  kann  ihre  dauer  verbürgen.  Schilleb  10,281  {über 
die  äithet.  erziehung,  4.  brief). 

STAATSVERVVESER,  tn.  verweser ,  Verwalter  eines  Staates: 
ni:inn  und  weih,  vater  und  söhn,  freund  und  feind  sind  be- 
stinunte  Verhältnisse  und  namen;  aber  führer  und  könig,  ein 
eiblicher  gesetzgeber  und  richter,  ein  willkürlicher  gebieter 
und  slaatsverweser  für  sich  und  alle  seine  noch  ungebornen  — 
diese  begriffe  wollen  eine  andre  entwickelung,  als  wir  ihnen 
hier  zu  geben  vermögen.  Herder  zur  philos.  u.  gesch.  5, 161 ; 
jeder  Staatsverweser.  Göthe  26,321. 

STAATSVERWHIKUNG,  f.:  nach  eioem  langen  Zeitraum 
zerrüttender  bürgerkriegc  und  8taass\erwirrungen.  F.  A.  Wolp 
übers,  der  ersten  Horaxischen  sat.  (1S13)  s.  9. 

STAATSVISITE,  f.  visite,  besuch  mit  grosiem  auftug  und 
gepränge  {vgl.  staat  3.  d  sp.illff.):  die  frau  von  Bellaston 
niaclite  der  letzten,  als  sie  wieder  zur  Stadt  kam,  eine  feyer- 
iiche  slaatsvisite.  Bodb  Titomai  Jones  6,  497  {b.  is,  eap.  13). 


STAATSVOLK  —  STAATSWERT 


326 


STAATSVOLK,  n.  volk  das  einen  Staat  ausmacht,  volk  in 
rücksichi  auf  politische  gliederung:  als  naturvolk  sind  wirnation, 
wir  wuchsen  auf  als  nation,  während  wir  uns  zum  staats- 
volk  bildeten.  Riehl  deutsche  arbeit  57;  man  konnte  nicht 
einmal  die  arbeit  eines  Staatsvolkes  als  ein  ganzes  fassen; 
kein  wunder,  dasz  man  für  das  persönliche  gesammtleben 
der  nation  vollends  gar  kein  äuge  hatte.  70. 

STAATSVORFALLENHEIT,  A.-  werdet  ihr  ihm  {dem  kaUer 
Augustus)  . .  .  bey  Livias  geheimsten  hausgöttern  die  unver- 
muthete  staatsvorfallenheit  ins  ohr  anvertrauen?  Klopstock 
8, 193  (Hermatmsschlacht,  11.  sc). 

STAATSVORTHEIL,  m.;  das  deutsche  kaiserhaus  war  durch 
die  zweifachen  bände  des  bluts  und  des  staatsvortheils  an 
das  spanische  geknüpft.  Schilleb  7, 64; 

Burleigh! 
der  denkt  allein  auf  deinen  staatsvortheil. 
auch  deine  Weiblichkeit  hat  ihre  rechte  (Leicester  tu 
Elitabelh).     12,  4i5  (.W.  Stuart  2,  9). 

STAATSWAGEN,  m.  1)  Staat  unter  dem  bilde  eines  wagens, 
in  rücksicht  auf  leitung  und  führung:  zwei  sorgen  ausgenommen 
—  die  erste  war,  ob  sein  Emanuel  ihm  bald  genug  schreiben 
würde,  damit  er  ihn  vielleicht  noch  besuchen  könnte,  eh  er 
an  die  deichsei  des  hof-  und  Staatswagens  geschirrt  wäre. 
J.  Padl  Hesp.  1,127;  jedes  grosze  staatliche  gemeinwesen,  in 
welchem  der  vorsichtige  und  hemmende  einflusz  der  be- 
sitzenden . . .  verloren  geht,  wird  immer  in  eine  der  entwick- 
lung  der  ersten  französischen  revohition  ähnliche,  den  staats- 
wagen  zerbrechende  geschwindigkeit  gerathen.  das  begehrliche 
element  hat  das  auf  die  dauer  durchschlagende  übergewicht 
der  grüszern  masse.  es  ist  im  Interesse  dieser  inasse  selbst 
zu  wünschen,  dasz  dieser  durchschlag  ohne  gefährliche  be- 
schleunigung  und  ohne  zerlrümmerung  des  Staatswagens  er- 
folge. ßisMABCK  ged.  u.  erinn.  2,  60. 

2)  prunkwagen,  zierwagen:  statswagen,  chiramaxium,  item 
currus  eminens.  Stiei  E8  2529;  namentlich  prunkwagen  bei  offi- 
ziellen aufxügen:  sodann  kam  der  erzbischof  in  einem  Un- 
geheuern, alten,  vergoldeten  Staatswagen  mit  vier  stattlichen 
mauleseln.  Sedme  spazierg.  2,3^;  die  verschiedenen  gefolge 
des  reichserbmarschalls  und  der  von  den  sechs  weltlichen 
kurfürsten  abgeordneten  wahlgesandten  zogen  sodann  schritt- 
weise daher,  keins  derselben  bestand  aus  weniger  denn 
zwanzig  bedienten  und  zwei  staafswagen.  Göthe  24,303;  Kur- 
köln und  Kurtrier  hatten  über  zwanzig  staafswagen.  ebenda; 
Wien  hatte  uns  zu  sich  eingeladen  und  uns  seinen  staats- 
wagen  mit  vier  fuchsen  geschickt.  Hoffma.nn  t.  Fallebsleben 
leben  5,  99. 

STAATSWAMS,  m.  prunkwams:  der  madam  Jobsen  staats- 
wams.  C.  F.  Weisze  kom.  op.  2,  II2. 

STAATSWAPPEN,  n.  wappen  des  Staates:  (der  ratsdiener) 
legte  ihn  {den  brief)  mit  einer  oblate  unter  die  an  den  lisch 
befestigte  siegelpresse,  das  kleinere  Staatswappen  darauf 
drückend.  Keller  8, 142. 

STAATSWEIB,  n.  foemina  pro  ratione  Status  malrimonio 
sociatia ,  statsweib  Stieler  2470.  heute  in  vertraulicher  rede, 
weib  von  prächtigem  aussehen  oder  benehmen  (vgl.  staatskerl, 
Staatsmann  2,  Staatsmensch):  das  ist  ein  Staats  weib! 

STAATSWEISE,  adj.  weise,  sieh  weise  zeigend  in  Staats- 
angelegenheiten: ein  slaalsweiser  Campe;  statsweyser,  poläieut, 
vulgo  publicista  Stieler  2569. 

STAATSVVEISHEl T,  f.  Weisheit  bei  der  Verwaltung  eines  Staates: 
einfach  in  seiner  staatsweisbeit  wie  in  seinen  sitten,  erkühnt 
es  {das  volk  der  fiicderländer)  sich  einen  veralteten  vertrag 
aufzuweisen,  und  den  herrn  beider  Indien  an  das  naturrecbt 
zu  mahnen.  Schiller  7, 10;  die  ruhig,  fest  und  schlau  ent- 
wickelte staatsweisbeit  der  päbste.  Schlosser  wellgesch.  6,232; 
republik  von  san  Marco...  die,  einzig  in  Italien,  mit  der 
staatsweisbeit  und  dem  rechtssinne  der  alten  Roma  eine 
parallele  bilde.  C.  F.  Meter  Jenatseh  158. 

STAATSWELT,  f.  well,  Inbegriff  der  leute,  die  im  Staate 
massgebend  sind:  Johann  Michael  von  Loen  ..  .  bekannt  mit 
der  hof-  und  staatsweit,  und  eines  erneuten  adels  sich  er- 
freuend, erlangte  er  dadurch  einen  namen,  dasz  er  in  die 
verschiedenen  regungen,  welche  in  kirche  und  staat  zum  Vor- 
schein kamen,   einzugreifen  den  muth  hatte.    Göthe  24,115. 

STAATSWERT,  m.  wert  für  den  staat,  in  staaU:  die  ge- 
ringen unterschiede,  welche  des  menschen  staatswerth  und 
würde  bezeichnen,  sind  blosz  von  des  despoten  persönlicher 
gemüthsart  abhängig.  Götbb  6,90. 

21* 


327 


STAATSWESEN  —  STAATSWORT 


STAATSWUNDER  — STAB  (I.  1) 


328 


STAATSWESEN,  n.  eigenlhümliche  art  und  bescha/fenheit  eines 
slaatsganxen :  beym  itzigeo  statswesen  könte  man  die  ge- 
rechten an  fingern  züblen,  die  in  bösen  gewissen  verhafTten 
aber  mit  viel  lausenden.  Bdtschkt  Pathm.m;  Verbesserung 
des  Staats-  und  kriegswesens.  Beckers  veligesch.  8,417;  das 
so  beschaffene  staotsganxe  selbst:  der  materielle  gewinn  würde 
aber  allein  Ostreich  zufallen,  welches  dann  an  der  Donau 
im  namen  Mitteleuropas  auftreten  und  hinter  seinem  kranken 
Staatswesen  die  preuszischen  tlialer  und  die  deutschen  bajo- 
netle  rasseln  lassen  würde,  um  seinen  eigenen  zwecken  zu 
dienen.  IVeuszen  im  bundeitag  4, 180. 

STAATSWICHTIGKEIT,  f.:  sein  (eines  /urilfn)  hertz  und 
gemüthe  dadurch  {durch  die  jagd)  . . .  der  gestalt  zu  erfrischen, 
das  es  andern  stats-wicbtigkeiten  hernach  desto  gewachsener 
sei.  BuTSCHKT  Pathm.  S3S. 

STAATSWIDIUG,  adj.  dem  Staat  und  seinein  bestehen  zuwider 
laufend:   staatswidrige    grundsütze.    Beckers  wellgescJi.  13,291. 

STAATSWIRT.  m.  der  den  staat  wie  ein  kluger  hauswirt 
leitet:  er  iKlopstock)  läszt  ihm  {FriedTich  dem  grossen)  nur  ge- 
rechtigkeit  wiederfahren  als  glücklichem  tuktikcr  und  als 
klugem  staatswirthe.  Matthisson  Schriften  3,  198;  er  {Cajus 
Gracchus)  entwickelte  nach  allen  seilen  hin  eine  ganz  auszer- 
ordentliche  thatigkeit,  als  agitalor,  als  Verwalter,  als  staats- 
wirlh,  überall  controlirend,  eingreifend,  überwachend  und 
anregend.  Beciers  weügesch.  3  (1861)  s.  208. 

STAATSWIRTSCHAFT,  f.  die  Verwaltung  der  einkünfte  und 
ausgaben  eines  Staates ,  zum  unterschiede  von  der  privatwirlh- 
scbaft.  Alelünc:  zu  einer  zeit,  wo  eine  gänzlich  zerrüttete 
staatswirthschaft  für  die  Verschwendung  des  hofes  keine 
quellen  mehr  aufzutreiben  . . .  vermag.  Wielako  31,333  (gespr. 
unter  vier  äugen  9);  hierauf  beruht  auch  das  recht  der  staats- 
wirthschaft, des  ünanzwesens  und  der  polizei.  Kant  5,159; 
dasz  in  dem  gesicherten  bestände  der  mittleren  und  kleinen 
grundbesitzer  zugleich  die  näl^rende  und  erhaltende  kraft  für 
das  ganze  liege,  konnte  Karl  nicht  verbürgen  bleiben,  der, 
wie  man  behauptet  hat,  der  einzige  fürst  des  ganzen  mittel- 
alters  war,  der  tiefere  blicke  in  die  erst  jetzt  sich  erschlieszen- 
den  geheimnisse  der  staatswirthschaft  that.  Gieserrecht  gesch. 
der  d.  kaiserzeit  1, 137. 

STAATSWIRTSCHAFTEB,  m.  der  staatswirtschaft  treibt: 
pflicht  des  slaatswirthschafters,  cultur  und  kunstlleisz  zu 
befördern.  Garvb  anmerk.  tu  Ciceros  de  off.  b.  3,  s.  162. 

STAATSWIKTSCHAFTLICH,  adj.  der  Staatswirtschaft  dienend 
oder  ihr  gemäss:  die  staatswirtbschaftiiche  lehre,  die  mil  dem 
namen  merkantilsystem  bezeichnet  wird.  Beckers  weltgesch. 
14,401;  die  Vollzieher  des  in  staatswirtschaftlicher  hinsiebt 
gewisz  sehr  zweckmäszigen  Unternehmens  (der  landesver- 
messung)  bieszen  geonielcr.  Auerbach  dorfgesch.  2,  7. 

STAATSWISSENSCHAFT,  f.  die  wissenschaftliche  oder  aus 
gründen  hergeleitete  erkennlnis  der  einrichtung  und  Verwaltung 
eines  Staates.  Adelung  ;  dasz  es  im  wesentlichen  der  staats- 
wissenschaft  und  der  Volksbildung  darauf  ankomme,  dasz  die 
schlechteste  bütte  und  der  unbedeutendeste  mensch  in  allen 
wesentlichen  angeiegenheilen  ratb  und  that  fmde.  Pestalozzi 
Lienh.  u.  Gerlr.  3,201;  im  vereinzelnden  plural:  staatswissen- 
scbaften  lehren,  studieren. 

STAATSWISSENSCHAFTLICH,  adj.:  slaatswissenschaft- 
licbe  erläuterungen.  Scblosser  weltgesch.  15,3. 

STAATSWITZ,  m.  ratio  Status.  Stieler  2570;  Staatswitz, 
ttaatsklugheit  Campe. 

STAATSWITZIG,  ad;.;  weit-  stats-  und  krieges-wit/ige  leute 
gebrauchen  offt  sonderliche  renke,  krumme  striche,  wenn  der 
gerade  strich  nicht  trelTen  wil.  Butschky  Pathm.  702. 

STAATSWOHL,  n..'  über  den  einflusz  dernaturwissenschaficn 
auf  das  gesammte  staatswobl.  titel  eines  buches  von  Ghblin  1809. 

STAATSWOHLFAHKT,  f.:  durch  den  mund  Bismarcks  er- 
klSrte  die  regierung,  sie  . . .  halte  sich  im  Interesse  der  Staats- 
Wohlfahrt  verbunden,  sie  (die  reorganisation)  aufrecht  zu  er- 
ballen. I'iurz  preusz,  gesch.  4,  386. 

STAATSWOHLTHÄTEH,  «.,•  noch  weniger  isla  begreiflich, 
wie  der  mensch  also  für  den  siaat  gemacht  seyn  soll,  dasz 
aus  dessen  einrichtung  notbwendig  seine  erste  wahre  glück- 
•eligkeit  keime:  denn  wie  viele  Völker  auf  der  erde  wissen 
von  keinem  Staate,  die  dennoch  glücklicher  sind,  als  mancher 
gekreuziftle  staatswohllbSter.  Hi^roeii  zur  phit.  u.  gesth,  'o,n\. 

STAATSWOBT,  n.  ausdruck  für  eine  staatssathe,  terme  d'etat, 
•tatswort  RirjLBiR  (17111  »M*;  auch  prunkwort:  hochtrabende 
staalsworte,  rerha  renlosa  Frikb  2, 313*. 


STAATSWUNDER,  n.  wunder  das  den  staat  betrifft:  die  kühne 
Vermischung  der  natur-  und  staatswunder  ist  seele  des  liedes 
(nämliih  des  psalmes  147).  Hepder  zur  rel.  u.  Iheol.  3,  22. 

STAATSWÜRDE,  f.  würde  im  Staate,  würde  die  der  staat 
verleiht,  die  mit  ihm  zusammenhängt:  alle  jene  drei  gewalten 
(die  gesetzgebende,  vollziehende  und  rechtsprechende)  im  Staate 
sind  würden,  und  als  wesentliche,  aus  der  idee  eines  Staats 
überhaupt  zur  gründung  desselben  (Constitution)  notbwendig 
hervorgehende,  Staatswürden.  Kants,  148;  (der  stand  der  geist- 
lichen) bekam  ...  hohe  stautswürden  und  öffentlichen  eintlusz. 
Rai'mer'  1, 15;  der  umfang  des  (römischen)  reiches  war  un- 
ermeszlich,  die  münzen  und  goldenen  trinkschalen,  die  wallen, 
gesetze  und  Staatswürden  reichten  fast  Ober  die  erde.  Frbttag 
bilder  a.  d.  d.  vergantjenh.  1, 107. 

STAATSZEITUNG,  f.  eine  von  seilen  der  regierung  selbst 
oder  unter  deren  gewährleistung  herausgegebene  politische  zeitung. 
KrCmtz  fncyA-{.  167,  576.    vgl.  Staatsanzeiger. 

STAATSZEUG,  n.  prächtiges  zeug,  von  einer  kleidung:  als  er 
das  bunte  Staatszeug  (pluderhosen)  um  hatte.  Alexis  hosen  des 
herrn  v.  Bredow  39. 

STAATSZIMMER,  n.  l)  zimmer  in  dem  Staatsangelegenheiten 
beraten  werden:  also  schelten  ihrer  viel  den  Machiavelliira 
olTendlich:  lieben  und  buhlen  ihm  dennoch  in  geheim;  rühmen 
und  ratben  dasselbe  in  den  statszimmern,  was  sie  in  gesell- 
scbafion  und  gemeiner  conversalion  zum  höchsten  verdammen. 
Butschky  Pathm.  424. 

2)  prunkzimmer:  slaalszimmer,  in  srhlössern  und  pallästen 
der  fürslen  und  anderer  groszen  dii'jenigen  zimmer,  welche  sich 
durch  ihre  reichen  und  prachtvollen  Verzierungen  aller  art  ... 
auszeichnen  und  zum  empfange  hoher  fremden  u.  s.  w.  bestimmt 
sind,  die  prunk-  und  putzzimmer  in  den  hdusern  und  Wohnungen 
anderer  Staatsbewohner  sind  nachbildungen  dieser  staatsiimmer. 
KiiC.MTz  encykl.  167,  570;  dem  valer,  der  in  sein  kaum  voll- 
endetes haus  fremde  militärische  bewohner  aufnelimen,  ihnen 
seine  wohlaufgeputzten  und  meist  verschlossenen  staatsziuimcr 
einräumen  ...  sollte.  Götiie  24,  151;  bald  darauf  verheizen 
wir  die  stube  und  besahen  die  einrichtung  des  gebiiudes, 
vorab  den  groszen,  Sauberkeit  und  frische  athmenden  milch- 
keller;  wie  Arnold  bemerkte,  das  eigentliche  Staatszimmer 
unserer  bauern.  Stohm  qes.  Schriften  (i884)  2, 134. 

STAATSZUGEHÖBIGKEIT,  f.  Zugehörigkeit  zu  einem  Staate: 
von  London  nach  dem  tode  des  königs  und  der  amtsnieder- 
Icgung  Bischofswerders  zurückberufen,  trat  er,  in  dem  rich- 
tigen gefühl  erst  dadurch  seine  staatszugehörigkeit  zu  be- 
weisen, zum  Protestantismus  über.  Fontane  vordem  stürm  3,85; 
aus  Glücksladt  wird  gemeldet,  dasz  die  Elbinsel  Pagensand  ... 
an  den  Hamburger  staat  verkauft  wurden  sei.  die  insel  ge- 
hört zur  provinz  Schleswig-tlolstcin;  ein  Wechsel  der  Staats- 
zugehörigkeit ist  mit  dem  verkauf  nicht  verbunden,  zeitung  I90t. 

STAATSZUSAMMENHANG,  m.;  (6«  den  Germanen  steht)  eine 
geringe  festigkeit  des  siaatszusaminenhangs  neben  dergrüszten 
festigkeit  im  persönlichen  zusanimenhang  der  stammgenossen. 
Freytag  bilder  a.  d.  d.  vergangenh.  1,94. 

STAATSZWECK,  m.  zweck  den  der  staat  hat:  eine  unum- 
schränkte fürslenmacbt,  mit  allgemein  vernünftigen  staats- 
zwecken  verbunden,  ist ..  thatsiichlich  in  allen  Zeiten  möglich. 
Beckers  weltgesch.  n,T;  die  regierung  des  Staats  ist  zufolge 
des  Staatszwecks  zum  schütz  aller  rechte  verpflichtet,  allgrm. 
an:,  d.  Deutschen  1845,  5.3643;  indem  der  staat  mehr  als  ehe- 
dem sittliche  aufgaben  als  staatszwecke  verfolgte.  Briecer 
Constantin  d.  gr.  (is80)  5.  28;  ich  bin  stets  der  meinung  ge- 
wesen, dasz  der  transport-  und  correspondenzverkehr  zu  dem 
Staatszwecke  beizusteuern  habe  und  diese  beisteuer  in  der 
porto-  und  frachtvergütung  einzubegreifen  sei.  Bisnarci  gtd. 
u.  erinn.  2,  210. 

STAB,  wj.  baculus. 

I.  Verwandtschaft  und  form,  t)  «tab  ist  ein  gemeingerma" 
nisches  wort,  got.  stafs  (belegt  im  dat.  plur.  stabiiii  Gal.  4,3.9. 
Col.  2,  Jo,  mit  der  abgeleiteten  bedeutung  ^elemente',  aToi%fXtt^ 
vgl.  dazu  l.{\n\uu  my(Ä.^2,  i.  xl.  HnxMutct  seitschr.  f.  d.phil.  \,\i, 
GniENiiKRCiR  unters,  sur  gol.  worlkunde,  Wien  1900,  s.  2lu); 
oltn.  stafr  (pl.  slafar)  stab,  pfosten,  daube,  stock;  buchstaben, 
lehre.  CLEAsnY-VicrusKON  bMl'f.,  norw.  dän.  slav,  schwed.  staf; 
ogt.  stuf  (pL  stnfas)  Bosworth- Toller  9ü7*.  mitttlengl.  staf 
(Staues),  neuengl.  staflT;  altfrirs.  stef  (äab;  eid)  Ricbtrufen  1046, 
jeitl  weitfnes.  slaef,  sateil.  staf  (pl.  stt^wa),  wangrr.  stef, 
lyti.  Uti  (pl.  st^wr),  f.  TEN  Doornkaat  Koolman  3,  2'i4*.  Sirrr 
in  Pauls  grundr.*  1,  1350.  1384;   alli.  staf  (stabu  tm  abecedar. 


329 


STAB  (I,  2—5) 


STAB  (I,  6—8.  II,  1) 


330 


nordmann.,  staph  venabula  in  den  Oxforder  Yirgilgl,  s.  Waostkih  | 
U.  alts.  sprachdenkm.  s.  20,  5.  111',  2,  im  Htliand  nur  b6k-, 
idstaf,  buocstaf  auch  in  den  allnfr.  ps.),  mnd.  staf  [pl.  Steve) 
ScBiLLER-LtBBEK  4,  369,  ebenso  mnl.,  hoU.  staf  und  staaf ;  ahd. 
Stab,  stap  (plur.  stabä,  dativ  stabon,  doch  auch  stabin,  stapen) 
bacului,  cylindrus,  Uttera,  pedum,  regula,  seorpio,  virga.  Graff 
6,610^.;  mhd.  stap,  stab,  mütelfränk.  staff,  staf  Leier  handtcb. 
2, 113s/'.,  vgl.  die  glossen:  baculus  hd.  stap,  stab,  stayp,  nd.  staf. 
DiEF.  gloss.  65';  pedum  bischoffes-,  bischop-,  hirtes-,  hirten- 
stap,  -Stab,  -stayb,  nd.  -staf,  ...  kruch  vel  staff,  stab.  421*; 
podium  stap,  stape,  stab,  stabe,  staf,  staff  vel  raste  rel 
helffe.  443';  staff  i.  baculus.  iiov.  gl.  296'. 

2)  mit  Stab  ist  noch  verwandt  ahd.  Stäben  steif  werden,  s.  unten 
Stäben  I.  Graff  6,  613  (auch  stobarön  617?).  über  stehen,  stamm 
s.  das.  austerhalb  des  germ.  stellt  sich  am  nächsten  tu  slab 
lett.  Stabs  pfeiler,  lit.  stäbas  1.  göttenbild  (eigentlich  säule?), 
2.  schlagßusz,  aUpreusi.  stabis  stein;  ferner  mit  ablaut:  stebas 
Stab,  stock,  pfeiler,  dürres  hdz,  leU.  stebs  dürres  holz,  stebe 
mast;  mit  nasal:  stambas  knhlslrunk.  stambias  stengel;  aslav. 
stoborü  Säule;  lit.  stebiu's,  in  f.  stiptis  sich  hoch  aufrichten, 
auf  die  lehen  stellen ,  stebiu's ,  stebetis  staunen ,  stebinu  sette 
in  erstaunen,  stabaü,  inf.  stabvti  und  stabdaü,  stabiKli  auf- 
halten, stehen  machen,  diese  lusammenslellungen  weisen  auf  eine 
idg.  Wurzel  stabh-,  die  auch  in  skr.  stabhnali,  stabhnöti, 
stambbäyati  befestigen,  hemmen,  med.  sich  stützen,  und  in 
gr.  dareufijs  vorliegt,  s.  Fi«"*  1,145.  {weitere  Vertreter  dieser 
wund  im  slai:  verzeichnet  Zcbatt,  Prager  süiungsber.  1895,  x?i, 
s.  Uf.)  dann  kann  das  allslav.  stapü  nur  als  lehnwort  aus 
ahd.  slap  aufgefasit  werden  {obtrol  an  sich  das  germ.  b  auch 
aus  idg.  p  hergeleitet  werden  könnte,  wie  es  t.  b.  Fics'  1,  245.  820 
geschieht),  vgl.  Ublesbeck  in  Padl-Braüres  teitr.  26,  308,  wie 
später  das  magy.  istap,  s.  Ldmtzer-Melich  deutsche  ortsn.  u. 
lehnw.,  Innsbruck  1900,  J.  141.  jedenfalls  ist  femxuhalten  got. 
staua  {zeitschr.  f.  d.  phtlol.  1, 141)  und  lal.  stTpes  (Fici'  3,  345, 
dagegen  *  1, 568  richtig  mit  steif  tusammengestelit).  vgl.  noch 
l.  Gbimm  gramm.  2,51.  A.  Kens  zeitschr.  f.  vergl.  Sprachforschung 
1,139.  J.  Schmidt  zur  gesch.  des  idg.  vocalismus  1,  154 /f.  Kluge'' 
874'.  UiiLESBECK*  13s'.  Franc»  953.  Sreat  i89'.  ten  Dooi.NtAAT 

KOOLMAN    3,  -294'. 

3)  die  form  des  wortes  teigt  im  deutschen  nur  geringe  Schwan- 
kungen, durch  die  tondehnung  mrd  der  vocal  der  ßectierlen 
formen  lang,  auch  das  unflectierte  stab  wird  auf  hochdeutschem 
boden  wol  allgemein  mit  langem  vocal  gesprochen,  dagegen  nord- 
deutsch als  stap.  in  der  schriß  wird  die  länge  nur  ganz  ver- 
einzelt durch  doppelschreibung  zum  ausdruck  gebracht:  der  fiert 
den  staab.  weüth.  1,819,  anm.  (schweiz.  quelle  von  1597);  mit 
Schwert,  backen,  Stangen  oder  stücken,  staab  oder  stainen. 
üeir.  taid.  259,  9  (r.  ;.  1629).  auch  in  Gritzners  handb.  der  herald. 
terminoL  (Mrnberg  lsS9)  wird  staab  geschrieben,  s.  unten  II.  11,  h, 

4)  das  geschlecht  ist  überall  das  masc.  (über  die  nordischen 
tprachen  vgl.  i.  Grim«  gramm.  3,  533,  anm.),  ganz  vereinzelt  kommt 
dafür  das  neutr.  vor:  so  sol  ain  boptmann  von  Fürstenburg 
an  slal  ains  heren  von  Chur  da  sin  und  sol  daz  stab  in  die 
band  nämen  und  sol  mit  der  aidswerer  rat  ain  ander  ricbter 
sezzen,  und  der  selb  sol  an  daz  stab  grifen,  ain  gemainer 
ricbter  ze  sin,  ...  und  die  aidswerer  sollen  abcb  an  daz 
Stab  grifen  pei  dem  aid.  tiroL  weisth.  3,  343, 20 — 24  (t.  j.  1427). 
jettt  in  einigen  nd.  mundarten,  vgl.  unten  7  {südhann.  staf  masc. 
und  neutr.  Scbahbacb  207',  waldeck,  stuf,  n.  in  der  bedtutung 
^daube'  ÜACER-CoLLiTz  98"). 

5)  ebenso  findet  sich  hier  und  da  eine  sehwach  flectierende 
nebenfurm.  so  engl,  slave  in  der  speciellen  bedeutung  ^daube' 
{vgL  II,  J,  b),  s.  SsEAT  592,  ebenso  dän.  stave.  auch  ostfries. 
ßndet  sich  in  diesem  sinne  stave,  plur.  staven  neben  staff,  stäte 
StCbknbcrg  262',  staf  und  stafe  {auch  in  b6kstafe)  ten  Doorn- 
I  BAAT  KooLHAN  3, 294'.  dagegen  gilt  für  das  nl.  staaf,  f.  diese 
i  einsrkränkung  nicht,  vgl.  Franc»  949.  {vgl.  luxemb.  stäf,  pl.  -en 
Gancler  429.)  —  im  hd.  begegnet  stabe  nur  vereinzelt  im 
15. — IG.  jahrh.  und  ist  kaum  anders  tu  beurtheilen  als  die  zahl- 
reichen anorganischen  end-t,  vgl.  die  glossen  unter  1  {podium), 
ferner:  deheine  unfflge  ...  die  do  geclagel  were  oder  der 
Stabe  begriffen  bette,  d.  stddtechron.  9,  945,  27 ;  stabe  pertica 
AcnicoLA  bergwerckb.,  avszUgung  der  bergkw.  doch  auch  schon 
in  Heinrichs  Won«  {handschr.  des  lt.  jahrh.): 

Uin  Stabe  unt  din  gerte.    fumigr.  2,237,2. 
festgesetzt  hat  sich   die  schwache  form  in  der  susammensttzung 
buchslabe    {mhd.    buochstap    und    -slabe),    s.  theil  2,  479 /f. 
Kicct*  Gl*/.  —  stave  als  fem.  im  Karlmemet,  s.  II,  5,  f. 


6)  'stafs  im  got.  folgt  der  i-ßexion,  dagegen  zeigen  die  andern 
altgerm.  dialecte  einen  a-stamm,  plur.  aün.  stafar,  ags.  stafas, 
ahd.  stabä,  s.  1.  {vgl.  auch  lit.  stäbas  gegen  altf/rtusz.  stabis. 
in  nhd.  bibelglossen  des  10. — X\.  jahrh.  findet  sich  stapen,  stabia 
als  dat.  pl.  Graff  6,  611.)  mW.  finden  sich  im  12.  jahrh.  noch 
umlautslose  plurale: 

er  nam  alberina  staba. 

fnndgr.  2,44,36  {Wiener  gen.,  daßr  später  slüba, 
t.  unten  II,  1,6); 
die  (fpifilleiile)  bei;  der  belet  Grimme 
durch  Tmelötis  willen 

bit  deu  zugeweicben  (schwanken,  biegsamen)  sttTen 
Taste  recken  unde  slän.    Rother  4297; 
zfi  deme  sende  quamen 
patriarcbe  unde  cardinale. 
unde  eiir  hflndert  krummer  stabe, 
also  wir  da;  bAch  boren  sagen.    Trierer  Silv.  620; 

später  seltner: 

xw€n  die  tragent  isniniu  swert,  die  zwene  wije  stabe  (:  abe), 
s.  Keiohart  t.  Relental  239,61. 

j,  auch  Wartburgkr.  46  (II,  2,  c)  und  II,  6,  6.  später  ist  der  umlaut 
durchgedrungen,  doch  zeigt  sich  seine  seeundäre  art  noch  darin, 
dasz  er  nur  zu  einem  offenen  e  oder  ä  führt,  wie  häufig  auch  aus 
der  Schreibung  oder  den  reimen  erhellt,  tgl.  Zwierzina  zeitschr. 
f.  d.  alterth.  44,  253,  onm.  1.  271,  anm.  286,  anm.  45,  413/'.  im 
mnd.  lautet  der  plural  Steve,  nhd.  kommt  stabe  nur  gant  ver- 
einzelt vor  {einsiger  leleg  unter  II,  S,  l).  anders  tu  beurtheilen 
ist  unßectiertes  stab  m\t  tahlen  als  maszangabe,  s.  II,  l,  c.  9,  d. 

7)  die  formen  der  lebenden  mundjrten  sind  im  ganzen  gleich- 
mdszig.  hochd.  stets  mit  langem  (meist  nach  o  neigendem)  a, 
plur.  (und  deminutiv)  mit  umlaut:  so  Schweiz,  stäb,  pl  stäb 
Stalder  2, 3S8.  Hdnziker  249.  BChler  Daves  1,137.  Seiler  276*, 
eis. 'stäp,  p/.'släp,  »fifen'stÄp  .Mabtin-Lienhart  2,567",  scbwäb. 
Stab,  Stäbe  Scbhd  .s04;  6air.  siäb,  stä*  Scbm.  2,  716,  stäb 
ScBöPF  695,  st6b  HiRTRBR  228,  stap  cimir.  wb.  235*;  in  Hand- 
schuhsheim staap  Lenz  67*.  mittelfränk.  mit  auslautendem  Spi- 
ranten, aber  ebenfalls  mit  langem  vocal  (und  anlautendem  s):  köln. 
stäv  HöNiG  150',  luxemb.  staf  Gangler  426  (vgl  oben  6).  dagegen 
nd.  meist  mit  kurzem  vocal:  staff  RiciiBi  284.  SchCtze  4,  1S2. 
Dannbil  208*.  StCrenbürg  260*  (plur.  stäve,  daneben  stave, 
5.  oben  5).  WoESTE  253'.  Frischbier  358',  staf  Strodtmank  380*. 
6r<m.  wb.  4,978.  Schambach  207*  (m.  und  n.,  gen.  släwes,  plur. 
stöswe).  staf,  stav  Dähnebt  456',  staww  (plur.  stäw)  Mi  86*; 
staf,  stafe,  stäf  ten  Doornkaat  Kuolman  3,294*,  stäf  (plur. 
Stäw)  Baoeb-Collitz  98*. 

8)  Stab  als  zweiter  theil  ton  xusammenselzungen  ist  sehr  häufig 
und  findet  sich  schon  in  den  alten  dialecten,  vgl.  J.  Grimm 
gramm.  2,525/.  so  auch  in  dem  (heroischen)  eigennamen  Sigi- 
stab,  s.  zeitschr.  f.  d.  alterth.  li,3b»  f.  Förstemann  1^  1331;  sonst 
nur  Cbustaffus  (?,  vgl.  schwed.  Gustav)  und  mit  stab  als  erstem 
gliede  das  fem.  Stabelindis.  1359.  —  composita  mit  stab  an 
erster  stelle  sind  jetzt  sehr  zahlreich,  s.  unten,  sie  zeigen  durchweg 
den  einfachen  stamm  stab-,  nur  in  einer  speciellen  bedeutung 
(II,  8,  e)  ist  die  unechte  genitivische  bildung  fest. 

II.  bedeutung.  stab  bezeichr.et  ein  in  die  länge  ausgedehntes 
stück  holt  von  geringer,  in  der  reget  gleichmäsziger  dicke  und 
meistens  von  rundem  querschnitt,  oder  auch  einen  andern  gegen- 
ständ von  ähnlicher  form;  vgl.  Luecer  7,467:  stab,  baculus, 
bacillus,  dim.  virga.  Dasypodids;  slab  (der)  scipio,  baculus, 
virga,  pedum.  Maaler  383*;  gerte,  ruht,  stab,  ferula,  flagrum, 
pars  rami.  Hemsch  1522,47;  stab,  stecken,  m.  un  baston. 
HcLsins  305';  6acuiu5,  ...  ein  stab,  stecke,  backel.  Cobvincs 
fons  lat.  85';  stab  ..  .  baslone,  it.  verga.  Kbambr  dicL  2,899'; 
Stab  baculus,  scipio,  stock,  stecken.  Frisch  2, 3i3*. 

1)  Unterscheidungen  nach  dem  materiaL 

a)  Stäbe  sind  in  der  regel  von  holt:  stab  ...  '2.  tn  engerer 
bedeutung,  ein  solcher  gemeiniglich  kleiner  in  die  länge  aus- 
gedehnter steifer  körper  von  holz  . . .  hölzerne  Stäbe'.  Adblonc  (2), 
vgl.:  mein  voick  fraget  sein  holtz,  und  sein  stab  sol  jm 
predigen.  Hosea  4,  12. 

b)  mit  genauerer  angäbe  der  holsart:  cilindros  bfsklknbslbbb 
(lies:  hesilina  staba).  ahd.  yio55fn  2, 527, 40 ; 

der  nftm  ainen  besxlin  stab. 

Laszires  lietiers.  1,  303,  22&; 
er  Uttcob)  nam  alberine  sixbe. 

genef.  59,  33  Diemer  (vgl.  oben  I,  6). 
ryl.  auch:      zu  stabe  er  einen  dorn  trüc. 

Albricut  t.  Halbeestadt  6,  183, 

und  dornstab  Voss  1,181  unter  3,  d.     nhd.:  Jacob  aber  nam 
Stebe  von  gränen  papeinbawm,  baseln,  und  castaneen.  1  Mos. 


331 


STAB  (II,  1.  2) 


STAB  (II,  2) 


332 


30,37;  auch  schien  er,  auszer  einem  Stabe  von  weiszdorn, 
der  zur  nutbwehr  dienen  konnte,  . . .  keine  . . .  wafTen  . .  .  bey 
sich  zu  führen.  Müsäüs  physiogn.  reisen  2, 107;  als  der  physio- 
gnoiniscbe  pilger  mit  seinem  weiszdornen  stab  wieder  ins  haus 
trat.  HS;  {siler,)  eine  Staude,  deren  sumen  zur  arzenei  diene, 
und  wovon  der  landmann  stäbe  gegen  die  schlangen  trage. 
Voss  Virgils  ländl.  ged.  3,267.  —  auch  von  röhr:  ferula  . . . 
TOT  8laf.  DiEF.  jlüsj.  231'.   Hor.  pl.  17l',   vgl.  theil  8,113t. 

c)  Stäbe  von  metall,  wegen  der  gleichen  form  so  genannt, 
vgl.:  der  schätz  eines  fiirsten  bestand  . . .  aus  goldbarren, 
welche  in  die  rümische  form  von  stiiben  .. .  gegossen  wurden. 
Fbeytac  17, 185. 

a)  am  häufigsten  von  eisen:  stahl-stab,  eisen-stab,  verga  di 
acciaio,  di  ferro,  ein  stab  stuhl.  Kraneb  (itc(.  2,  S99',  vgl.  eisen- 
slab,  theil  3,374:  XX  stehe  eysenn.  XVI  stehe  eyscnn:  in 
summa  XXXVI  stehe  eyssenn  sind  im  vorrot i.  urk.  v.  1523  bei 
Dief.-WClcker  861 ;  eynnhame  eyszenn:  1  c  XII  stehe  eyszenns, 
...  XVI  stehe  eyszeuns.  Tenneb.  amlsreclin.  v.  1533  s.  ebenda; 
seine  gebeine  sind  wie  eiserne  stehe.  Hwb  40, 13.  so  auch  nd. 
s.  brem.  tcb.  4,  978.  STt!RENBUBG  260'.  Frischbieb  2,  358'.  vgl. 
stabeisen  l.  slab  tvechselt  hier  mit  den  ausdrücken  Stange, 
harre,  vgl.  Auei.ung  (i).  von  einem  kleineren  eisentheil:  eisen 
slab  der  den  schatten  gibt  an  der  sonnen  uhr,  sciatheras 
gnomon.  Dasypodius.  gewöhnlich  als  ansdruck  der  eisenhütlen 
und  der  sehmiede:  stab,  oder  geschmiedetes  eisen,  bciszt 
dasjenige,  so  aus  dem  roheisen  gemaciit  ist.  Jacobsson  7,417', 
geschmiedete  eiseitslange  KrIjNitz  167,583:  in  der  schmiede  er- 
weicht man  das  eisen,  indem  man  das  feucr  anbläs't  und 
dem  Stabe  seine  überflüssige  oahrung  nimmt.  Güthe  49, 103. 
so  wird  beileisen  in  die  breiteren  schrote  und  die  kleineren  släbe 
unterschieden.  Jacobsso.n  1,16"'.  s.  ferner  unten  Z,a.  U,g.  — 
Stab  in  diesem  sinne  bleibt  zuweilen  im  plur.  unverändert: 
Physiognomik  und  menscheniiebe,  ...  die  lassen  sich  nicht 
in  eins  zusammen  schmieden,  wie  zwey  stab  eisen.  MusXus 
physiogn.  reinen  2,  123. 

ß)  ein  Stab  gold,  ein  stab  silber  etc.  ranula,  pennetto,  verga 
di  oro,  di  argento  etc.  gall.  iingot.  Kramer  dict.  2,899';  hier  mit 
zain  wechselnd,  s.  Adelunc  (I).  golüner  stab  häufig  in  der 
dichtung,  besonders  als  attribut  von  mythologischen  wesen,  per- 
sonificationen  u.  dhnl.: 

berührt  vom  goldnen  stabe  (der  parte)  verschwanden  sie. 

Stolbekc  2,  176; 
wann,  friedensbotlie,  der  du  das  paradies 
dem  müden  erdenpilger  enischlieszesi.  tod, 
wann  fiihrsi  du  mich  mit  deinem  goldnen 
Stabe  gen  liimmel,  zu  meiner  heimaih? 

HöLTT  84  Halm; 
wann  ihr  (der  liehe)  goldener  stab  winliet,  bellügell  sich 
jede  seele  mit  glut.    107; 

ei  chunni  (kommt)  e  schöne  cbnab. 

er  liei  e  rock,  wie  tilberstaub, 

und  treil  e  goldiie  stab.     Hbbkl  1,  178. 

y)  bei  silber  besonders  als  bergwerksausdruck :  ao.  874  fand 
l'rzibik  . . .  einen  stab  Silbers  aus  dem  felsen  gewachsen. 
G.  Körner  böhm.  bergwerk  47;  so  überhaupt  von  natürlichen 
metallftücken:  ao.  1146  gieng  ein  mann  ...  aufm  gebirgc... 
herum  spjizieren  und  fand  einen  langen  und  lichten  aus  der 
erden  herausgewachsenen  stab,  vermeinende,  es  wäre  silber, 
brach  ihn  ab  und  brachte  denselben  der  herzogin  Gertraud 
gen  Töplitz.  dieselbige  gab  es  den  bergverstündigen  zu  pro- 
bireo,  welche  im  feuer  befanden,  dasz  es  sinn  wai.  57. 

di  vgl.  ferner  Stäbchen  l. 

J)  formen,  beschuffenheilen,  zustände. 

a)  Stab  bezeichnet,  ebenso  wie  die  synonymen  ausdrücke  stock 
und  stecken,  slets  ein  abgeschnittenes  oder  abgebrochenes  holz- 
sti'ick,  das  au  sJem  stamm  einer  stuude  oder  einem  baumzweige 
besteht,  nicht  die  lebende  pflanze  oder  einen  theil  einer  tolclien. 
vgl.  indesun  den  bildlichen  ausdruck: 

dO  no-m«  im  . . . 
berhartei  lebennes  lüp. 
dft  mite  er,  alt  ich  wolle, 
mir  wider  geben  »olle 
mit  ioKlicher  beroder  gnuht 
meuscDÜcber  blOela  frulii. 

HuDOLr  V.  Em*  Cerh.  4382. 

roll  dfv  nile  oder  gerte  vnteruheidet  sich  der  itab  durch  die 
grisure  dicke  und  die  fehlende  oder  geringe  biegsamkeit  (stab 
für  tute,  s.  Hother  4297  unter  l,G),  dagegen  ist  er  weniger  dick 
ali  der  knüppel  u.  dhnl  gewdhnlifh,  doch  nicht  notwendig,  ist 
der  itab  trocken  oder  dürr: 


de  pawest  hadd  einen  drögen  stafT, 
den  stötte  he  an  de  erden: 
'so  de  sialT  nn  grönen  weit, 
schöllen  diu  Sünde  vorgeven  werden' 
do  it  (|uam  an  den  drüdden  dag, 
de  stair  begünde  to  gröiieu; 
er  dat  to  der  vesper  quam, 
de  StafT  droech  lof  und  blomen. 

Ubland  volkst.^  s.  599/'.  (297,  Taiihauser  ii,21.27); 
der  papst  treil  ein  stab  in  seiner  band, 
vor  dürri  tut  er  spalten.     001  (C,  9); 

der  dürre  stab 
kann  zweige  treiben  in  des  glaubens  band! 

Schiller  12,  5öO  (M.  Stuart  5,  7). 

vgl.  dazu  4  Mos.  17, 10  unter  stecken. 

b)  der  slab  ist  in  der  regel  seiner  rinde  beraubt,  geschult: 
ein  her  von  Junckeraidt  . . .  soll  vurekommen  geritten  mit 
einem  gescheiten  stabe  in  seiner  band.  Grimm  weislh.  2,  681 
{v.J.  1518); 

(teufet:)  die  scliuch  wil  ich  dir  langen  nein 

an  diesem  langen  häsziein  siab, 

den  ich  vorbin  gesclielet  bab, 

aulT  das  ich  sicher  sey  vor  dir. 
die  alt  beemtrrihrrin  spricht : 

warumb  schelstu  den  stab  vor  mir? 
der  ti'uffcl  tiiriclil : 

wenn  der  stab  ungeschelet  wer, 

so  möclistii  zu  mir  liriechen  her 

zwischen  dem  holtz  und  auch  der  rinden. 

II.  Sacos  9,  43  Keller. 

der  geschälte  stab  ist  weisz,  s.  NeiiiHart  v.  Keuental  23»,  61 
unter  1,6  und  unten  4,a.h.  5,  d  (zu  ende),  f,  a.  ß.  8,  fr.  f,a. 
g,  i9,  dazu  släbchen  4,  a.  fr.  stählein  2,  c.  zuweilen  werden 
Stäbe  nur  theibveise  entrindet:  Jacob  aber  naiti  stehe  ...  und 
scheiet  weisse  streilTe  daran,  das  an  den  stehen  das  weisse 
blos  ward  und  legt  die  stehe,  die  er  geschelct  iiatle,  in  die 
trenckrinnen,  für  die  herde,  die  da  komen  musien  zu  trincken, 
das  sie  einpfangen  sollen,  wenn  sie  zu  trincken  kernen, 
also  empfiengen  die  herde  über  den  sieben,  und  brachten 
sprencklithe,  fleckete  und  bündle  (lämmer).  t  .Voj.  30, 37 — 39. 
sonst  als  kinderspielzeug,  geschnitzte,  gesprenkelte,  bunte  Stäbe; 
als  stütze  von  pflanzen  (s.  5,  j): 

wie  in  den  ersten  tagen 

des  verheiszenden  lenzes, 

das  kind  im  garten 

der  gesclinitzien  bunten  släbe  sieb  freut, 

unkundig  des  lebens, 

das  neben  dem  stabe, 

gehüllet  in  erde, 

sich  keimend  bewegt: 

so  freut  sich  der  mensch 

des  nichtigen  lebens, 

und  h»li  für  die  pflanze 

des  gärtners  stab.     Stolbkig  2, 139. 

c)  Stäbe  sind  meistens  gerade,  doch  giebt  es  auch  krumme 
släbe  ('fr«  geraden  Stäben  ist  die  axe  eine  gerade  linie,  bei 
einfiich  gekrünmiten  Stäben  eine  ebene  kurve.'  Llecer  7,  467). 
krummer,  knotichter  stab,  incurvus  et  inflexus  baculus,  fustis 
frondosus,  vel  nodosus.  Stieleb  2109; 

diu  schär  sie  weiden  da  behoben: 

dö  quam  diu  vrouwe  binder  si  mit  krumben  tlabeii. 

Warlbiirgkr,  46,  5  Simrock. 
s.  ferner  unten  7,  a.  8,  a,  ß.  e — rj. 

d)  dem  querschnitt  nach  ist  der  stab  meistens  rund,  vgl.: 
orliicularis,  . .  .  teres,  also  eyn  stall.  Dief.  nor.  gloss.  273*;  dock 
giebt  es  auch  viereckige  stäbe.  knotiger  stab  {vgl.  Stibler  unter  c 
und  GöTHE  unter  b,a),  besondert  bei  dorn: 

sorgsam  eilt'  ihn  mama  aus  dem  reisegcwaud  lu  entliQlleo, 
nahm  ilira   den   hut,   und  stellte   den  knotigen  stab   in  deD 

Winkel.    Voss  I,  tm  (l.ui>e  2,  tI8); 
und  er  enieili'  aus  der  thüre.  gestOti  von  dem  knotigen  dorn* 

«lab.    181  (3,  5u;i|. 

solche  kleine  unebenheilen  »erden  durch  glätten  oder  polieren 
weggeschafft:  ,i,„  ^^^  Jüngling 

eilte  zur  nahen  birk',  und  schnitt  von  den  iiaDgenden  iwelglela 

(cbAugeglauete  siAb'.     39  (1.  iün). 

0)  spitzer  stab,  slab  mit  einer  spitze:  man  schneidet  einen 
geraden  stock  nb,  oder  man  machet  hierzu  einen  bes.    ö   : 
Stab,  der  entweder  unten  spitzig,  oder  unten  und  oben  . 
geschnitten  ist.  DObii.  3,  5o'. 

f)  für  besondere  zwecke  wird  der  stab  innen  ausgehöhlL 
mhd.  holet  stap  bhtrt^r,  um  vögel  zu  sehiesun: 

durch  einen  boln  sinp  mit  Ateme  irlbou 
•och  leb  vll  kleiner  kOgcllln; 
der  »In  dA  pllak,      der  viiugte  pln 
vll  uiigewarnct  mangcm  vogcllln«. 

minnet.  i,  SM*  Hafen. 


333 


STAB  (II,  2.  3) 


STAB  (II,  3.  4) 


334 


eis  schwertscheide : 

ein  kotzen  er  an  leite,       siis  in  ein  stab  sein  svrert. 

Wolfdielrich  A  Üresd.  Uandachr.  309 
{BevL  heldenb,  3,  159); 

vgk:  Stab  darinn  eyn  schwerd  terborgen  ist,  dolon.  Dasypodids. 
ähnlich:  hatte  man  briefe  durch  die  feinde  zu  befördern,  so 
wurden  sie  in  ausgehöhlten  Stäben,  in  holzschüsseln  und 
flaschen  mit  doppeltem  boden  fortgeschafft.  Freytag  bilder 
2, 1,  284.    vgl.  Tschachtlan  Berner  chron.  76  unter  steciieii. 

g)  «N  Stab,  der  in  der  erde  steckt,  wird  schwarz;  'vorwärts.!' 
riefen  die  geestleute,  und  ihr  kretier  zog  den  schwarzen  stab 
ans  dem  boden.  Storm  7,184.  —  träumt  einem,  wie  sein 
Stab  faul  worden.  Coleb  traumh.  204. 

h\  ein  Stab,  der  halb  im  wasser  steckt,  erseheint  infolge  der 
Strahlenbrechung  gebrochen:  ein  stab,  der  halb  ausser  dem 
wasser  stecl<et.  und  ob  er  gleich  gerad,  dennoch  krumm, 
und  wie  mit  einem  winckel  gebroclien.  anzusehen,  ist  ein 
Sinnbild  des  betrugs  und  der  heucheley.  Jablonsri  744':  du 
siebest  den  zerbrochnen  stab  im  waszer:  du  greifest  dar- 
nach, und  bekommst  nichts;  du  siebest,  es  war  der  zurück- 
gespiegelte Stab  selbst.  Herder  4,52  Suphan. 

3)  der  Stab  als  theil  eines  ganzen, 

a)  aus  parallelen  oder  kreuzweise  gesteUlen  Stäben  werden 
zäune  (slackete),  gitter,  rosten  u.  a.  gemacht,  guter  vor  gefäng- 
nissen  aus  eisernen  stäben:  drunten  im  tiefsten  gewölb  meines 
pallastes  sollst  du  heulen  . . .  und  in  des  hungers  wut  in 
deines  gitters  eiserne  stäbe  die  zahne  schlagen.  Scbillbr  3,  244 
{Fiesko  2,  J2  bühnenbearb.); 

(Kennedy.)  die  hier  lebendig  eiogemauerl  lebt,  . .  . 

von  neuen  stäben  sich  umgiitert  sieht  — 
Paulti.        kein  eisengiiier  schützt  »or  ihrer  list. 

weist  ich,  ob  diese  stäbe  nicbt  durchreilt? 

Schill«»  12,  405  (J/.  Stuart  I,  2). 

»täbe   des    käfigs;    ungewöhnlich  dafür  der  coUedive  sing,  {im 

"'"^'-  kind.  hast  in  deinem  käfig 

gequält  mich  lang'  genug; 
ich  bab'  den  stab  zerbrochen, 
hab'  wieder  freien  flug. 

W.  MBll«r  ged.  (186S)  1,  80. 

Stäbe  des  fensters,  vgl  fenstersiab,  (heil  3,lb26: 

lasz  mich  dich  (lampp)  rücken  hier  an  diese  Stäbe! 

Grillparzer*  6,  49  (des  metres  und  der  liebe 
wellen  3). 

b)  Stab  für  daube  eines  fasses:  stab,  bey  den  böttchern,  im 
nider-teutschen  stav,  fasz-daube,  s.  daube,  tabula  doliaris. 
Frisch  2,  313';  -im  hoUhandel  und  bey  den  böllchern,  besonders 
Nieder-Deulschlandes ,  werden  die  faszdauben  gemeiniglich  stäbe 
genannt,  nieders.  sUfif . . ;  «n  welchem  verstände  es  im  deutschen 
im  plural  am  üblichsten  ist.'  Adeldkg  (l),  s.  auch  Jacobssos 
1,  400".  diese  bedeutung  ist  dem  nd.  eigenthümlich ;  sie  findet 
sieh  schon  mnd.:  vortmer  quam  dar  claghe  van  den  piktunnen, 
thertunnen  ...  dat  me  den  maket  alto  dicke  bodeme  unde 
Steve,  quelle  von  1375  bei  Schiller -LCbben  4,  30ü'.  so  auch 
in»  Karlmeinet: 

des  scbencken  sweri  Golosobele  .  . 
wart  ouch  in  eynen  schaff  gevasset, 
so  wal  gevoget  ind  gemaesset, 
dat  en  kein  man  umb  sya  leven 
gemircken  kuode  an  den  steven, 
off  dat  swert  stechen  ynue.     Hb,  5. 

hevte  in  nd.  mundarten  weit  verbreitet,  s.  Richey  284.  Strodt- 
■AiiR  380*.  brem.  wb.  4,  978.  Dähkert  456*.  StCrenblrc  26ü' 
{pL  staven  und  stäve).  Fbischhier  2,  358'.  in  der  Allmark  sagt 
mon  staff  und  stapp  nur  in  diesem  sinne,  während  für  stab 
stok  gebraucht  wird,  Da.>neil  20*'.  d'r  mut  'n  nßen  staf  in't 
fat  settd  worden,  dat  fat  falld  in  stafen.  tes  Doobsraat 
KooLBAN  3,294';  'et  geit  äwer  staves,  sagen  die  fischet,  wenn 
der  wmd  so  entgegen  ist,  dasz  sie  mit  dem  boote  umlegen  müssen.' 
Däbhert  456.  mecklenb,  rälsel  (vom  ei):  en  tunn  harr  nich 
staff  orer  band.  nd.  korrespondensbl.  14,  20,  62.  im  nhd.  als 
ausdruck  des  holihandels  und  -gewerbes:  piepen-holtz,  der  stab 
5  fusz  lang,  1  bis  i'/a  zoll  dicke,  4  bis  5  zoll  breit,  werden 
nog-weise  verhandelt,  auf  jeden  ring  vier  schock  stäbe  ge- 
rechnet, und  8  Stäbe  an  statt  des  dabey  befindlichen  bracks 
drüber  gegeben.  Üöbel  3,8i'.  —  solche  stäbe  unterscheiden  sich 
von  gewohnhchen  stäben  dadurch,  dati  sü  breit  und  zwiefach 
ttkrümmt  sind. 

t)  Stange,  woran  etwas  befestigt  ist;  so  aU  fahnenstange :  vier 
•oldaten  zu  pfnrde  ...  kämpfen  um  eine  Standarte,  deren 
•Üb  sie  alle  augefaszt  haben.  Göihe  35,  SH;  darauf  risz  sie 


!    den  langspeer  vom  fremden  banner  und  warf  betend  den  zer- 
brochenen Stab  zurück  in  den  ström.  Frbytag  8,15  {ahnen  1,3); 

»ie  stach  mit  ir  snöwijen  hant 

ein  vane  vur  dat  paulün  sin  . .  . 

Crane  mit  sime  stave  dranc. 

Beriuold  t.  Uolli  Crane  1652. 
s.  ferner  stäblein  2,  c.  ferner  als  stiel  von  allerlei  geräUn,  so  in 
nd.  mundarten,  besonders  stiel  des  dreschßegels.  StCbesbcrg  260*. 
TEN  Doorrkaat  Kooljian  3,  294".  nd.  korrespondensbl.  17,  85 
(mecklenb.).  Frischbier  2,  35S'.  —  mhd.:  harundo  angelsnuor 
Stab.  voc.  optimus  s.  46"  Wackernagel  (40, 10). 

d)  mhd.  auch  des  (frönen)  kriuzes  stab  wie  nhd.  stamm, 
stets  im  sing,  (für  das  kreuz): 

daj  an  des  frönen  criuces  stab 
sin  tot  waere  unseres  tödes  tot. 

s.  Alrbrtcs  Ulrichs  leben  $.  xi,  7»  Schmelter; 
wan  er  vor  da{  gemeine  lett 
alle  der  werlde  sich  gab 
an  des  vronen  cruces  stab. 

Roth  ftichtungen  s.  3,  65  (IUsslkr  offenb,  /oft.). 
vgl.  auch  VValther  unter  6,  c. 

e)  hatnb.  staff  stütze  für  die  bahre  bei  leichenbegängnissen, 
s,  stabträger  3.   Richey  284.    Schütze  4, 182. 

4)  gewöhnlich  ist  der  stab  ein  für  sich  bestehendes  stück  holz, 
das  meist  in  der  hand  getragen  wird:  einen  kostbaren  stab  in 
der  hand  haben,  bacitlum  preliosum  in  manu  tenere.  Stei."«bach 
2,651;  was  wiltu  für  ein  pfand,  das  ich  dir  gebe?  sie  ant- 
wortet, deinen  ring,  und  deine  schnür,  und  deinen  stab,  den 
du  in  den  henden  hast,  l  Mos,  38, 18.  —  ein  bündel  stäbe, 
besonders  in  der  bekannten  parabel:  viel  stäbe  in  einem  bünd- 
lein bilden  vor  die  einigkeil,  weil,  so  lange  sie  also  ein- 
gebunden verbleiben,  sie  nicht  zerbrochen  werden  können. 
Jablonsri  744'.  schwäb,  stäbe,  stücke  holz  in  einem  reisbündel. 
ScHMiD  504.  sonst  erscheint  der  stab  gewöhnlich  «tnxeJn  und 
dient  zu  den  mannigfachsten  zwecken,  z.  b. 

a)  man  trägt  stäbe  a/5  schmuck:  von  der  versammelten 
Jugend,  die  mit  weiszen  stäben  ausgezogen  ist,  wird  dabei 
mancherlei  gesungen.  Uhla.nd  sehr.  3,  17.  —  besonders  bei  pro- 
cessionen  werden  stäbe  getragen,  theils  von  geistlichen,  theils 
vonlaien,  s.  Stäbchen  4,6.  stäblein  2,  6.  stäblere,  stabträger  1, 
soirie  Oite  kirchl.  kunst-archäol.^  1,372. 

b)  mit  dem  stabe  deuten,  um  etwas  zu  zeigen  oder  darauf 
hinzuweisen,  (im  bilde:)  der  dichter  wird  immer  im  stillen 
eine  meinung  über  sein  werk  haben,  und  in  vielen  fällen 
selbst  am  meisten  geeignet  sein,  dasselbe  auszulegen;  wenn 
er  sich  aber  vor  dem  publico,  deutend  mit  dem  stabe,  da- 
neben stellt,  so  gleicht  er  nach  meinem  gefOble  doch  allzu- 
sehr den  leuten,  welche  die  Jahrmärkte  bänkelsängerisch  zu 
belustigen  pflegen.  Immerhann  17,  S  Hempel.  um  ein  zeichen 
zu  geben:  der  fürst  winkte  mit  seinem  stabe,  unwillig  setzlea 
sich  die  männer.  Freytag  8,52  (ahnen  1,3).    vgl,  stäblein  l,a, 

c)  Stäbe  werfen  als  altgermanisches  kampfspiel:  nur  um  des 
friedens  willen  halte  ich  unsere  knaben  gesondert,  damit 
nicht  in  der  hitze  des  kampfes  ein  falsch  geworfener  stab 
streit  errege.  Freitag  8,87  (ahnen  1,5).  —  mit  Stäben  werfen: 
ich  mach  es  wie  die  knaben,  die  vor  nuszbäumen  vorüber- 
gehen, mit  Stäben  und  steinen  drein  werffen,  und  versuchen, 
ob  etwas  herab  fallen  wolle.  Zihcgref  apophthegm.  l,  S12. 
(als  streckenmasz,  s,  9,  a,    stäbe  werfen  als  loos,  s.  10.) 

d)  Stab  zum  ballsclilagen  im  ballspiel  (neben  der  raquette), 
battoir,  KrCnitz  167,  581. 

e)  als  Steckenpferd  der  kinder,  mhd,  üf  einem  stabe  riten 
geradezu  als  bezeichnung  der  kindheit: 

der  ich  gedienet  hin  mit  ststekeit 
Sit  der  siunt  deich  üfem  stabs  reit. 

minne».  frühl.  206,  18; 
der  ich  mich  te  ainem  knecht  ergab, 
do  ich  rait  kintlich  uff  ainem  «tab. 

Laszbirc  liedert,  2,  167,  93: 
dann  auch  als  zeichen  der  thorheü: 

rite  ein  gra  man  uf  und  ab 
mit  deinen  kinden  uf  einem  stab,  . . . 
so  sprechen  wir:  seht,  wie  tummen  sin 
der  alte  man  bat!     renner  2737: 

. . .  üf  eime  stabe  geseuen, 
den  tören  riient  eteswenne. 

.  Rkinhai  v.  Zwitir  252,  8  Röthe. 

in  anderm  stnne:  '     ""*"^- 

wolt  ir  gemachet  grifen  zuo, 
»ö  ritei  ir  tanfler  einen  siap.    Port.  545,  27 
vgl.  das  Sprichwort:  wan  men  rit  up  staven,  dat  tasten  de  beine, 
crura  dolent,  si  quis  baculis  equUaverü  utquam,  Türhicios  Mi; 


335 


STAB  (11,  4.  5) 


STAB  (II,  5) 


336 


uf  eiDem  stab  geritten,  ist  halb  gegangen.  Eiselein  576.  Sihrock 
sprichw.  9795;  es  ist  docken  werk  auf  stiiben  reiten,  es  ist 
wobl  halb  zu  fusz  gegangen.  9796.    t.  ferner  stäblein  1,  c. 

f)  rudicula,  ein  hültzerner  stab  oder  spalel,  die  (liessenden 
inedicamenta  zu  untermischen  und  umzurühren.  Woyt  gaio- 
phylacium  (1734)  813.  tu  gleichem  zweck  werden  Stäbe  von  birhen 
{anstatt  der  vergessenen  lö/fel)  benutzt  bei  Voss  1,  39,  s.  oben  1,  d. 
vgl.  auch:  Jonathan  ...  reckte  seinen  stab  aus,  den  er  in 
seiner  band  bntte,  und  tuncket  mit  der  spitzen  in  den  honig- 
seim,  und  wand  seine  band  zu  seinem  munde.  1  Sam.  14,  27. 

g)  bei  den  batiern:  nur  den  reute),  den  stab,  der  zum 
säubern  des  pdugbrettes  dient,  sollten  sie  führen.  Freytac 
6iW«-  2,1,51;  ungetpöhnlich  ist  die  Verwendung  sum  graben: 
das  ist  der  brun,  den  die  fürsten  gegraitcn  liaben,  die  edlen 
im  Toick  haben  jn  gegraben,  durch  den  lerer  und  jre  stehe. 
4  Mos.  21, 18  (SociN  bei  Kaützsch:  mit  dem  scepter,  uiil  ihren 
Stäben,   beides  natürlich  synonym,  also  zu  8,  6). 

Ii)  einen  platz  mit  Stäben  abstecken  u.  ähnl.:  dann  sprangen 
Berthar  und  Siiitrain  durch  das  wasser  . . .  und  steckten  den 
kampfplatz  mit  weiszen  Stäben  ab.  Fbeytag  8,101  (a/incnl,6); 
Baldbard,  ein  meszkundiger  mann,  bezeichnete  den  lagorraum 
mit  Stäben.  157  (e<jp.  9);  daneben  bezeichneten  stäbe  im  boden 
die  stellen,  wo  die  wobnung  der  mannen,  der  stall  für  rosse 
und  rinder  und  die  vorratbsräume  erbaut  werden  sollten.  I6i ; 
ebenso  wie  zur  volksschiücht  wurde  zum  Zweikampf  tag  und 
platz  vorher  bestimmt,  ein  grund  gewählt  und  mit  Stäben 
abgesteckt.  17  (bilder  l),  204. 

i)  Stab  oder  stock  zum  abvisieren  eines  bäumet,  s.  Döbel 
3,  5oV'  (i'ff'-  oben  2,e).  —  so  auch  bei  den  landmessern:  stäbe 
decken  einander,  wenn  ihre  Seitenflächen  beim  visieren  in  einer 
ebene  liegen.  JAConssojf  7,417*. 

6)  Stab  als  stütze,  (stab  . . .  sustentaculum ,  adminiculum. 
Stielbr  2109.)  am  stabe  gehen,  in  allen  diesen  Wendungen  ist 
jetzt  stock  üblicher. 

a)  man  benutzt  den  stab,  um  sich  darauf  zu  stützen:  sieb 
auf  seinen  stab  lehnen,  appoggiarsi ,  reggersi,  sostentarsi  sul 
suo  baslone.  Krameii  dict.  2,809';  sich  an  einen  stab  länen, 
bacillö  innili,  in  scipionem  recUnare.  Stieler  2109;  so  zunächst 
im  stehen  und  ausruhen,  doch  stützt  man  sich  auch  beim  gehen 
darauf:  stab,  baculus,  baton.  ingemein  ein  rundes,  glattes, 
dünnes  holtz,  so  man  in  der  band  trägt,  sich  darauf  zu 
lehnen,  und  im  gehen  fortzubellTen.  Jablorssi  743';  sein 
langes  kleid  war  in  den  gürtel  gesteckt,  und  so  ging  er 
freier,  er  stützte  sich  auf  einen  knotigen  stab.  Gütbb  19,34 
{W.  Meister  4,  4);  besonders  im  zustande  der  ermüdung: 

Jacob,  wu  sprikst  du  so,  leve  her  duvel, 
und  wii  s\iestu  docli  so  ovel 
und  bückest  so  pinliken  over  dinen  staf?  . . . 
duvel.   ik  bin  mode  gegangen! 

DANitL  T.  Soest  123  Josles  (gem.  bicht  297). 
s.  ferner  e. 

b)  ferner  dient  der  stab,  um  sich  daran  aufzurichten:  so 
sprach  Palemon,  und  bub  sich  zitternd  an  seinem  slab  auf. 
GeszRER  3,61.  wie  auch  beim  springen;  daher  das  Sprichwort: 
sunder  staf  is  quät  springen,  transiliisse  potest  nullus  procul 
absque  bacillo.  Tunnicius  1245;  mit  einem  kurtzen  stab  kan 
man  nit  weit  springen.  Petri  Pp  l';  ohne  stab  ist  bös 
weit  springen.  Sin  rock  9797;  hätte  mancher  einen  stab,  so 
könnte  er  auch  hinüber  springen.  9782.  {vgl.  springen  1,  d,  y, 
sp.  80). 

c)  am  gewühnlichften  wird  indessen  der  stab  beim  gehen  ge- 
nommen, daher:  an  einem  stab  geben,  eaminare  col  bastone 
in  mano  per  reggersi.  Kramkr  dict.  2,899*,  vgl.  Adelung  (2,1); 

den  frieden  zu  nnden. 
nrohln  soll  ich  wenden 
am  elenden  stab.      Schiller  1,305. 

tn  tpeciellerer  anwendung  bei  watter,  sumpf,  tchnee  oder  tonst 
gefithrlifhem  boden,  um  den  weg  zu  prüfen:  item  wenn  einem 
scbopffen  zu  geriebt  verkündigt,  unnd  dartzu  geben  will,  unnd 
kompt  an  wasser,  darüber  er  gehen  muss,  soll  er  nein  gehe 
bitf  an  die  knye,  unnd  sein  stap  für  sich  setzen.  Grimm 
iMtitA.  S,  Wl.    daher  der  tpruch: 

gab  obna  iiab  nicht  durch  den  aebnee 
aod  ohae  aieuer  nicht  lur  aea. 

I.CrEEa  »remnnnmijirlUh»  f.  12B,  116. 

bildlich:  erfabruog  iat  der  stab  daran  man  gehen  musz. 
LeiMANN  205.  —  uriprünglieh  ah  ttütie  gemeint,  ist  der  stall 
dann  im  apazierstock  (i.  Ikeil  10,1,2024)  s«  einem  modischen 
ipiel-  und  iiergerOt  geworden. 


d)  der  stab  ist  daher  dat  ständige,  notwendige  gerät  dessen, 
der  einen  weiteren  gang,  eine  Wanderung  unternimmt,  vtfl.  wander- 
stab,  reisestab  {theil  8,  741). 

a)  ir  lialiei  bösen  unde  brfich, 

schAbe  gebunden     stap  in  den  banden. 

genei'is  153,  12  Diemer; 
auch  sollet  ir  gegertet  gehen  . .  . 
ein  Stab  habet  iu  uwer  hant  gar  siecht  I 

Alsfeld,  piissionssp.  3272; 

umb  ewr  lenden  soll  jr  gegürtet  sein,  und  ewre  schuch  an 
e\vren  füssen  haben,  und  stehe  in  ewren  henden,  und  solts 
essen,  als  die  hinweg  eilen.  2  Mos.  12,11;  er  ist  das  unent- 
behrlichste stück  der  marschausrüstung :  und  gebot  jncn,  das  sie 
nichts  bey  sich  trügen  aufT  dem  wege,  denn  allein  einen 
Stab,  keine  tasche,  kein  brot,  kein  geld  im  gürtel.  Marc.  6, 8, 
vgl.  indessen  Luf.  9, 3;  und  ztiweilen  der  einzige  besitz  dessen, 
der  arm  in  die  fremde  zieht:  denn  ich  hatte  nicht  mehr  weder 
diesen  stab,  da  ich  über  diesen  Jordan  gieng,  und  nu  bin 
ich  zwey  beere  worden.  1  Mos.  32,  10;  diese  stelle  wird  gern 
in  freierer  anwendung  citiert:  war  dir  ein  armer  hungriger 
tropf,  hatte  nichts  als  diesen  stab,  da  ich  über  den  Jordan 
gieng.  Schiller  2,78  {räuber2,3  schausp.).  ähnlich  auch:  wenn 
du  nun  auch  das  einmal  verlassen  musst!  das  land  wo  du 
so  viel  gefunden  hast  ...  —  wenn  du  auch  das  zu  verlassen 
gedrungen  würdest  mit  einem  slab  in  der  band,  wie  du  dein 
Vaterland  verlassen  hast.  Götiie  briefe  3, 8S  {an  frau  v.  Stein 
den  16.  juti  1776). 

ß)  daher  den  stab  zur  band  zu  nehmen  u.  ähnl.  geradezu 
für:  sich  zum  gehen  anschicken  oder  außrechen:  und  [David) 
nam  seinen  stab  in  seine  band,  i  Sam.  17,40;  dann  richtete 
sich  der  leidende  mann  malt  in  die  höhe,  griff  nach  hut, 
tasche,  slab  und  sagte  im  abgehen.  Vischer  auch  einer  1,37; 

also  sol  ouch  ein  man  genesen, 

den  ein  ungetriuwer  triutet  . . . 

so  sol  er  stap  undr  ühsen  hän  {'bereit  sein  fort  tu  wandern') 

und  sol  sich  niht  gar  an  in  län. 

J.  Grivh  Keiitli.  fuchs  s.  330,  1069,  vgL  s.  374; 
und  weiPs  nicht  anders  ist.  so  sucht  er  seinen  stab, 
nackt  seinen  kram  von  perlen  und  rubinen 
hübsch  wieder  ein,  und  rührt  sich  ab.  Wibland  10,230, 
ich  nahm  den  stab  zu  wandern.  Uuland  ged.  (1864)  103. 
/)  noch  typischer  ist,  besonders  in  dersprcu-he  des  17. — 18.  jahrh., 
die  Verbindung  seinen  stab  weiter  setzen,  porre  il  suo  bastone 
])iu  oltre,  cioe  andarsene  altrove,  cangiar  terreno.  Kramer  dicL 
2,  899,'  seinen  stab  weiter  fortsetzen ,  de  media  recedere,  dis- 
cessionem  facere.  Stiei.er  2110,  weiter  gehen.  Auei.unc  (2.1): 
gebt  mir  meinen  lohn ,  so  wil  ich  meinen  stab  fortsetzen, 
und  sehen,  wo  ich  einen  andern  herrn  bekomine.  Schoppiüs  170; 
ich  sehe,  dasz  der  teulTel  durch  ihn  und  seinen  anhang  mich 
bey  meiner  gemeine  wolle  siinckend  machen,  dasz  ich  meinen 
Stab  ferner  fortsetzen  soll.  63«;  ich  aber  uiuste  meinen  slab 
weiter  setzen.  Chr  Weise  er»n.  s.  39  neudr.;  denn  als  wir 
schon  mit  den  gedancken  Omgiengen,  unsern  stab  nSbester 
lagen  weiter  zu  setzen,  langte  iot/tgedachler  herr  . . .  an. 
ehe  eines  mannes  399;  in  einem  schlechtem  wirthshaus  . . .  er- 
schlafen  wir  nun  den  morgenden  lag,  vor  dessen  anbruch 
wir  schon  unsern  slab  weiter  setzen  wollen.  Götbe  16,  24o 
auch  nd.  sinen  staf  vudder  selten,  brem.  wb.  4,978.  —  da:u. 
jene  Achabiten  salzten  ihrem  Seelsorger  als  er  ihnen  ihre 
Untugenden  vorhielt,  des  abends  einen  weissen  stab  mit  ein 
paar  neuen  schuhen  an  die  baus-thür,  damit  er  früh  im  aus- 
treten ihre  meinung  verstehen  möjite.  Ettiher  apothecker  itt. 

e)  insbesondere  ist  der  slab  {neben  hut  und  tasche)  die  typische 
ausrüstung  und  das  kennseichen  des  pilgrrs,  Wallfahrers,  rgi 
pilgerstab  ((Arii  7,  1852),  Jacobsslab  (r/ieiU,  2,  2203):  den  {hm 
gerichteten  raubritter)  namcn  uns  {den  teufein)  Maria  und  Peler, 
der  böse  viscbere,  därch  anders  niht  wen  daz  er  geloufin 
was  tu  Rome  zu  sime  hAs  mit  sinem  stabe.  Scrömrach  pred 
1,110,33;  die  vierd  eygenscliaffl  eynes  wisen  vernünITliir! 
bilgers  ist,   dz   er  hab   eyncn   gflten  grossen  starckn 

an  den  er  sich  müg  beben  ufT  das  er  nit  in  den  tn 
und  ob  er  gefallen  were.  das  er  sich  an  dem  »lab  wni.i  ., 
züg,  und  ulT  beb  usz  dem  treck,  und  das  er  sich  stür  iilT 
dem  Stab  so  er  mOd  gerol  werden ,  ufT  das  er  nit  in  dem 
weg  gelyg,  und  zflm  dritten  das  er  mit  dem  stab  ninh  si«  li 
schlag,  und  sieb  du  mit  erwere  der  gensz,  der  hund  und  der 
wollt.  Keirersbbrc  bilg.  Sl'; 

du  sali  IU  aenie  Jtcobn  varln 

mit  dlnir  •chirpen  und!  mit  diroe  aiave 

unria  vort  lume  hAllgin  grav«. 

Dia  WILDS  HAN  S,  III  Höhn; 


337 


STAB  (II,  5) 


STAB  (II,  5) 


338 


ir  sult  laschen  unde  stab 

oemen  unde  vart  aldar.    Mai  u,  Beaß.  19S,  30; 

der  palmen  mit  der  stave 

en  woulde  hey  neit  weseo  ave, 

hey  eo  neme  sy  beyde  in  de  hanu 

hmimeinel  259,  46; 
wie  erkenn'  ich  dein  treu-lieb 
vor  den  andern  nun? 
an  dem  mu^chelliut  und  stab, 
und  den  sandelschuhn.    Shakespeare  Hamlet  4,2; 
der  pilger  xieht  mit  but  und  stab 
xum  heiligen  grabe  weit.    GaiLtrABZER^  2.  IS; 

bildlich  von  der  pilgerfahrt  des  lebens:  bin  noch  waller  im  tbal 
und  trag'  den  schweren  stab,  bis  ich  gerufen  werde.  Fr.  MCller 
3, 290.    {s.  auch  Stäbchen  4,  c.) 

f)  Kenn  der  stab  hier  für  eine  besonders  weite  «anderung 
dient,  so  ist  er  in  andern  fällen  das  gerät  und  abzeichen  eines, 
der  beständig  auf  der  Wanderung  ist,  tceil  er  keinen  festen 
wohnsÜJ  hat. 

a)  des  bettlers,  vgl  bettelstab  {theil  1,1731/.),  bastone  da 
pUocco,  tnet.  la  mendiiita.  Kraher  dic^.  2, 899",  nd.  bedel-staf 
hrem.  tcb.  4, 97S:  sj  wustenn  wol  das  er  {der  hochmeister) 
jetzundt  nicht  me  den  die  myntze  bette,  wellenn  sy  sy  ym 
oucb  benennen,  so  helle  er  gar  nicbtis,  so  müste  er  einen 
Stab  in  die  bandt  nemenn  unnd  bethelen  geen  von  hüs  zu 
hüs.  scriplor.  rer.  Pruss.  4, 165; 

so  luo  dich  niur  der  £ren  abe 

und  ge  betein  mit  dem  Stabe.    Tbicuner  234; 

wen  den  dat  geldeken  is  verteret  to  hope, 

so  moet  de  kale  mantel  bli?en  im  lope  {ipi loren  gehen), 

edder  schulen  ock  den  hoet  tho  pande  lateo, 

und  gähn  mit  einen  stare  längs  der  Straten. 

LiUREHBERG  scliertzged,  4,  314. 
vom  armen  fahrenden  spielmann: 

lät  mich  an  eime  stabe  gän 

und  werben  umbe  werdekeit  .... 

so  bin  ich  doch,  swie  nidcr  ich  si,  der  werden  ein. 

WaLTUER   T.  0.  VOGELWEIDI  66,  31, 

vgl.  dazu  die  anm.t'onWiLMisss  und  Bcrdach  Walther  1,275 — 281, 
sowie  Winsbeke  50,  5.  daher  an  den  stap  kernen  wie  jetzt  an 
den  bettelstab : 

wie  iener  (jur/'sj)  des  sache,  dirre  iens  clage 

so  lange  verzihen,  bi;  da;  sin  habe 

kume  von  dem  rosse  zu  dem  stabe.     renner  84S2. 

der  bettler  trägt  einen  weiszen,  d.  h.  geschälten  stab;  daher  als 
sprichwörtliche  redeweise:  an  den  weiszen  slab  kommen,  zum 
bettler  werden,  mit  dem  weiszen  stabe  zum  thore  hinausgehen. 
Wanoer  4,758,16.24,  s.  auch  Stäbchen  4,  a.  stäblein  2,  c. 

ß)  ebenso  räumen  verbannte  und  verwiesene  das  land  einen 
Stab  tragend,  so  dasz  der  weisze  stab  das  zeichen  der  land- 
flüchligkeit  ist,  s.  Grimm  rechtsalterth.  134,2.  734.  Schröder  rechts- 
gesch.^  61,  anm.  is.  Hai.taus  Villf.  daher  erklärt  es  sich  auch, 
wenn  solche,  die  sich  auf  gnade  oder  ungnade  ergeben,  kriegs- 
gefar.gene,  verurtheilte  aufrührer  u.  s.  ir.  einen  (weiszen)  stab 
tragen  müssen.  Grimm  134:  3000  bauern,  die  sich  zu  Zabern 
gesammelt  hatten,  ward  Schonung  verheiszen,  wenn  sie  mit 
weiszen  Stäben  in  der  band  ausziehen  würden.  Hotti.nger 
gesch.  der  eidgenossen  2  (IS29),  28,  90  {zum  j.  1525);  an.  1576  ist 
in  Görlitz  der  process  mit  den  bauern  von  Schöuborn  ge- 
balten, die  gantze  aufrührische  gemeine  ward  ins  raihs  hofe  . . 
gefänglich  verwahret.  . . .  hernach  ward  beym  pfanger  Paul 
Bernt  von  Schönburn  und  mit  ibme  noch  2.  andere  ubel- 
thüter  gerichtet  ...  die  andern  aber  . . .  immer  iwey  und  zwey 
wurden  an  denen  armen  zusammen  gebunden  und  in  den 
ring  mit  weissen  Stäben  diesen  spectarul  zuzusehen  ge- 
•tellet.  . . .  diese  musten  hernach  mit  weissen  Stäben  aufm 
marckte  kniende  der  herrschafft  aufs  neue  schweru,  boldigen 
und  geloben,  ihr  lebestage  diesen  weisen  stab  hey  Verlust 
leibes  und  lebens  bey  sich  zu  tragen,  quelle  bei  Haltaos  1711. 
0uck  abgesandte,  die  übergäbe  anbieten:  weil  nun  also  ...  des 
Pintenauers  trotz  genidt-rt  worden,  schickte  er  zween  edel- 
knaben  ...  mit  weissen  kleidern  und  Stäben  ins  lager,  erböte 
sich  durch  dieselben  zur  aufgäbe,  und  bäte  um  freyen  abzug. 
S.T.  BirilEm  sfiegel  der  ehren  des  ertih.  Österreich  (166S)  1154. 
».  auch  die  belege  unter  stäblein  2,  d. 

g)  andrerseits  tragen  den  stab  solche,  die  einer  stütze  beim 
gehen  bedürfen,  ohne  sie  niclit  gehen  können:  am  stab  gehen 
müssen,  baculo  inniti;  in  scipwnem  reclinare.  Frisch  2,313*; 
an  einem  stabe  gehen,  'licA  aus  alter  oder  Schwachheit  im  gehen 
einet  Stabes  bedienen.  Adelung  (2, 1). 

a)   so   besonders  greise:   die   hohe  gestalt   stützte  sieb  auf 
den  Stab,  aber  kräftig  tönte  die  stimme  des  greises.  Fbettac 
8,48  [ahnen  1,3); 
X.  2. 


der  Jüngling  und  der  greis  am  stabe, 
ein  jeder  gieng  beschenkt  nach  haus. 

Schiller  11,  19S. 

fgl-'  Tater,  alter  lip  und  müediu  lit, 

diu  zwei  sint  din  mit  voller  habe, 
du  wxre  &  snel :  ni'i  gät  din  trit 
le  nähen  leider  bi  dem  stabe.     \yinsbeke  59,4; 
sein  welker  arm,  der  kaum  den  stab 
noch  halten  kann,  ergreiTt  die  spate 
und  frölicb  macht  er  sich  sein  grab. 
,    .  Pfeffil  poet.  vers.  2,  155. 

vgl.  k,y. 

ß)  am  Stabe  geben  aus  krankheit  oder  schwäche,  von  Krüppeln^ 
lahmen  u,  dhnl.:  wenn  sich  menner  mit  einander  haddern, 
und  einer  schlegt  den  andern  . .,  das  er  nicht  stirbt,  sondern 
zu  bette  ligt,  kompt  er  auff,  das  er  ausgehet  an  seinem 
Stabe,  so  sol  der  jn  schlug,  unschuldig  sein,  i  Mos.  2l,l9; 
der  ein  eiterflus  und  aussatz  habe,  und  am  stabe  gehe,  und 
durchs  Schwert  falle.  2  Sam.  3.  29.  daher  aüfries.  stefgende 
und  stefgenza  {am  stabe  gehend)  geradezu  für  *lahm',  stefloma 
^stabkhmheii".  Bichtbofen  1046*. 

;')  aus  anderm  gründe  bedarf  der  blinde  des  Stabes  beim  gehen: 
'ib  bin  ij',  quad  er,  'uui^it  thaj.  ther  blint  hiar  beiolönti  sas; 
ili  io  mit  stabu  nöti      giang  uueges  greirönti. 

Otfrid  3.20,38; 
den  diep  blinden  Helmbreht 
bräht  em  stap  und  ein  knebt 
heim  in  sines  vater  hüs.    Helmhr.  1708. 

so  zugleich  im  sinne  des  bettelstabes: 

denn  alles  hat  der  landvogt  ihm  geranbt, 
nichts  hat  er  ihm  gelassen  als  den  stab, 
um  nackt  und  blind  toq  thür  lu  thür  zu  wandern. 

ScuiLLER  14,300  (Teil  \,i). 

h)  mhd.  daher  bildlich  an  einem  stabe  gän,  schwach,  kraftlos 
sein:  werlt.  du  trürest  al  ze  sere, 

din  lop  get  an  einem  stabe.     minnef.  2,  61'  Hagen. 

häufiger  äne  stap  gen,  als  zeichen  der  gesundheit  und  rOstigkeit. 
alle  rechtsformeln  verlangen  von  dem,  der  über  seine  habe 
verfügen  will,  das  vermögen  zu  gehen  und  zu  reiten  oder  frei 
zu  stehen  ungehabt  und  ungestabt,  s.  Grimm  rechtsalterth.  96: 
zu  wissen,  dasz  komen  ist  vor  gericht  zu  Kidericb  Elsa,  Peter 
Pales  huszfrauwe  inne  die  gemeynde  strasze,  ane  stab,  un- 
gehalden  und  ane  bilff  der  lüde,  testam.  v.  1464  bei  Boohan.i 
rheingauische  alterth.  647;  daz  junffrau  Anna  obgen.  vor  yres 
hoiffs  port  zu  Hatienheym  mytien  in  die  straisze  und  fryben 
gemeynen  wegk  alleyn  ane  stap,  ane  gehabt  und  ane  mensch- 
liche bülffe,  von  yrer  eigen  libes  crafft  gangen  ist.  ebenda 
(r. ;.  1498);  anno  fünfzehnhundert  ...  sint  erschienen  Vorge- 
richt Diederichs  Clese,  und  sine  huszfrauwe  Katbarina  mit 
wole  bedüchlem  mode,  fryem  willen,  und  guter  vernunfft, 
ungehabet  und  ane  stapp.  inne  die  gemeyne  straszen.  ebenda; 
so  lang  einer  ohne  stab,  stange  oder  fuhr  zu  gericht  und 
wieder  nach  hause  geben  kann,  mag  er  testiren.  quelle  bei 
Job.  V.  MfLr.ER  gesch.  Schweiz,  eidgenoss.  5, 1,  409,  anm.;  ungehabt 
und  ungeslabt  soll  nach  altdeutschen  rechten  der  mann  zu 
ring  und  ding  kommen,  der  seinen  letzten  willen  kund  und 
zu  wissen  ihun  will.  Jabs  2,  471  Euler.  —  scherzhaft  ton  frauen 
nach  der  hochzeitsnacht: 

wol  üri  stunt  ist  vester 

min  lip  dan  miner  swester 

dö  man  »i  ze  manne  gap. 

des  morgens  gie  si  äne  stap 

und  siarp  niht  von  der  selben  not.    Helmbr.  1419; 

ungehalten  äne  stap 

übergön  ich  noch  wo!  witen  rinc. 

sperwcere  34«  (Laszbirg  liedert.  1,  231); 
guotcn  morgen  er  in  gap 
'Alise,  mäht  du  ane  stap 
gen?    das  laje  uns  besehen'. 

Ul*.  t.  Törhrim  Hennew,  5313,  «.  Germ.  15,  357. 

i)  in  andrer  weise  dienen  Stäbe  pflanzen  zur  stütz«,  indem 
man  solche,  die  zu  schwiich  oder  schwank  sind,  um  frei  stehen 
zu  können,  an  feste  in  die  erde  gesteckte  Stäbe  bindet,  besonders 
junge  bäume,  reben,  rosenstücke  und  andre  blumen:  an  starcke 
Stäbe  an  binden,  ad  bacula  valida  dtliyare,  Steinbach  2,651; 
die  blumen  an  stäbe  anbinden.  Campe; 

gleich  bagel  vom  stürme  geschleudert  xerscbltgl  er  (der  krieg) 

die  nährenden  halroen; 
reistt  Stab  und  rabe  lu  boden.    E.  v.  Kleist  2,  lO; 

vgL  auch  Stolberc  2, 139  unter  2,  b.    im  vergleich: 
wie  um  ihren  stab  die  rebe 
brünstig  ihre  ranke  strickt    Borger  38*; 
wie  nach  dem  stab  dl«  wicke,  sehn'  ich  mich ! 

Platim  7*2*  (y/ia«.  19). 
22 


339 


STAB  (II,  5) 


STAB  (II,  5.  6) 


340 


bildlich  {vgl.  k): 

denn   dieses  haus  ('las  theater  in  Züricli),  auf  alten  mauern 

ruhend, 
es  bietet  dennoch  keinen  Testen  stab, 
an  dem  ein  kunstgesctz  mag  dauernd  ranken 
und  nrurzel  Tassen  in  des  Volkes  leben.    Keller  9,  230. 

vgl.  stabchen  3.   stäblein  2,  e. 

k)  Stab  findet  sich  häufig  in  freierem  übertragenem  gebrauche 
ßr  ^stütze'. 

a)  das  herauswachsen  aus  der  eigerUlichcn  bedeutung  xeigen 
vergleiche:   ^^g  freunde  sind  wie  stftbe, 

da  der  menschen  gang  sich  hält, 

dasz  der  schwache  Tusz  sich  hebe, 

wann  der  leib  zu  boden  Tällt. 

wehe  dem,  der  nicht  zum  Trommen 

solches  Stabes  weisz  zu  kommen  1  .  . . 

nun.  herr,  lasz  dirs  wolgeTallen, 

bleib  mein  Treund  bis  in  mein  grab!  ..  . 

mein  getreuster  stärkster  siab! 

F.  Gerhardt  nr.  95,  97^.  Gödeke. 
rgL  auch  unler  i. 

ß)  so  schon  mild.: 

muter  der  hosten  Trucht, 

der  cranken  staT,  der  sieben  trost. 

Iin-ff.  147,  65  Hahn; 
hie  unde  dort 
was  er  den  kranken  ein  stab, 
den  er  guten  trost  gab.    fia.vi,  11,  11  höpke; 
die  Wanten  haben  einen  stab 
an  siner  hohen  heilikeit.    155,  S8; 

ich  ehre  die  religion,  das  weiszt  du,  ich  fühle,  dasz  sie 
manchem  ermatteten  stab,  manchem  verschmachtenden  cr- 
quiciiung  ist.  Göthb  16, 131 ;  der  meister  soll  ein  stab  sein 
der  schwachen  und  ein  züchtiger  der  ungehorsamen,  deshalb 
soll  er  Stab  und  gerte  in  seiner  hand  führen.  Freytag  18,  1S7 
{bUder  2, 1,  6);  ,3,,jj  „„3 

mit  männlich  edler  Tassimg  ihr  rorangehn 
und  ihr  ein  stab  se;n  aul  dem  todesweg! 

Schiller  12,  54S  (,U.  Stuart  5, 1). 

y)  besonders  häufig  ist  die  {an  g,  a  anknüpfende)   Wendung 
Stab   meines   alters   u.  ähnL:   er  ist   der   stab   seines   aiter- 
thums,   e(fli  e  il  bastone,   cio'e  il  fostegno  della  sua  vecchiezia. 
Kbaher  dict.  2,899',  5.  auch  Adelung  (2,1); 
du  wäre  mines  älteres  stap. 

Holandsl.  208,4  (Stricker  Karl  10560); 
ji  soltO,  liebiu  tohter  min, 
unser  beider  Tröude  sin,  . . . 
uusers  alters  ein  stap.     der  arma  Heinr.  657; 

Cbariclia  ..,  welche  meines  alters  ein  stab  und  auffenthaltung 
gewesen,  darzu  mein  trost  unnd  Zuversicht,  buch  der  liebe  198'; 
du  aber  warst  durch  golles  gnade  meines  alters  stab  —  und 
wirst  nach  mir  bleiben  die  bluni'  auf  meinem  grab.  Rückert 
(1882)  11,546  (42,  tnak.); 

dich,  du  hochbetrübtes  weib,  wird  sein  Oioltps)  trösten  kräfTtig 

slärcken. 
er  wird  selbst  dein  stab  im  alter,  und  auch  dein  beschützer 

seyn.     Picander  1,  175; 
Agnes  mit  den  goldnen  locken 
war  des  greises  trost  und  stab.    Stolberc  1,56; 
dasz  er  just  mein  söhn  gewesen,  .  . . 
meines  alters  letzter  sian. 

Grillparzer*  3,  14  (ahnfr.  1). 

S)  stab  mit  synonymen  zusammengeatellt.  stecken  und  stab 
(nach  pf.  23,  4,  s.  unten  ',e,  a):  darumb  lerne  ja  ein  jglicher 
Christ  diese  kunst,  das  er  sich  an  diesen  stecken  und  stab 
halle.  Lutrei  6,347*;  lassen  sie  uns  von  den  franzüsisciien 
Übersetzern  anfangen;  sie  sind  ohnedem,  wie  ich  nunmehr 
wohl  sehe,  ihr  einziger  stecken  und  stab  gewesen.  Lessing 
9,413.  stütze  und  stab:  bedenken  sie,  wie  ich  alle  meine 
schwindenden  krifte  zusammenrafTen  muszte,  um  diesen  ver- 
zweifelodeo  stütze  und  stab  zu  sein!  Gutzkow  ritter  v.  griste 
3,398;  seitdem  bist  du  meine  stütze  und  mein  stab  worden, 
nein  ein  und  alles  in  dieser  weit.  BRe^TANo-ELBE  c/iron>Aa'9l. 
ähnlich  nd.:  h^  is  min  staf  un  min  hold,  ten  Dooinkaat 
KooLMAR  3,29t*.    mit  unbildliehen  ausdrücken: 

6»i  du  ir  leiter  und«  Ir  stab 

mit  allen  truen  soldest  wesen.    pa^^.  328,15  Hahn; 

Ich  wll  din  itab 
node  din  vestenunge  wesen.    241,06; 
4ea  todieD  ehr«,  aei  Ihr  schluromer  lind, 
die  ratb  uod  tiab  noch  den  lebendVen  sind. 

F«BiLifl>ATa*  9, 17. 

mit  andern  bUdern  susammengettellt :  al«  Wahrzeichen  des  ge- 
dachlnisses  und  Widerspruchs  aber  wird  der  eckstein  unsres  . . . 


dogmatischen  Systems,  statt  eines  lebendigen  brodts  und 
Stabes,  ein  stein  des  anstoszes  und  ein  fels  der  ärgernisz. 
Hamann  6, 12;  ist  diesz  ein  stab  und  schild  für  den  eintritt 
in  die  weit?  Viscoer  auch  mer  1,  2t6 ; 

wiird  es  nacht  vor  meinem  schritt, 
dasz  ich  keinen  ausgang  wüszte 
und  mit  ungewissem  tritt 
ohne  licht  verzagen  miiszie, 
Christus  ist  mein  stab  und  licht. 

Iiannot.  gesanqb.  332,  4. 
das  bild  anders  gewendet: 

nur  gedult  besteht  und  hält 

auch  im  lieTsteu  unglücks-risse: 

reicht  nun  sie  mir  stab  und  licht. 

o!   so  Tällt  mein  glücke  nicht.    Güf<THBfl  91; 

e)  mhd.  oft  mit  erklärendem  genitiv: 

tgnit,)  der  von  valscbeme  spote 

dem  toden  und  deme  Juden  gab 

alsus  der  genaden  stab.     pasa.  20,63  Köpke; 

dö  gwunnen  si  der  vröuden  stap.     Virg.  655,  II; 

so  im  16.  jahrh.:  von  dem  stab  der  hoffnung,  Keisersberg 
bilg.  2l';  dann  der  her  sprycht:  'wan  ich  dem  menschenn 
denn  stab  des  brotts  enzychenn  werd,  so  wyrtt  der  mensche 
umfailenn.  Dreytwein  Eszling.  ehren.  39,21  Diehl,  s.  auch  90,20. 

5)  weniger  klar  ist  das  bild  in  der  stelle:  die  verlicale  ten- 
denz.  diese  ist  anzusehen  wie  ein  geistiger  stab,  welcher 
das  daseyn  begründet  und  solches  auf  lange  zeit  zu  erhalten 
fähig  ist.  Güthe  55, 100. 

6)  mit  dem  stabe  schlagen,  baculo  percutere,  tundere. 
Stieler  2109.  Frisch  2,  313*.  auch  hierfür  gewöhnlich  stock. 
(vgl.  Adelung  2,  l.) 

o)  dinge,  in  wirtschaftlicher  thäiigkeU:  die  wicken  schlegt 
man  aus  mit  eim  stabe,  und  den  kümel  mit  eim  stecken. 
Jes.  28,27.  sonst,  bei  zauber  (vgl.  10):  und  Mose  hub  seine 
hand  auff,  und  schlug  den  fels  mit  dem  stab  zwey  mal,  da 
gieng  viel  wassers  er  aus.  4  Mos.  20,  11;  ich  wil  mit  dem 
Stabe,  den  ich  in  meiner  hand  habe,  das  wasser  schlahen, 
das  in  dem  ström  ist,  und  es  sol  in  blut  verwandelt  werden. 
2  Afos.  7,  17. 

b)  gewöhnlich,  menschen  oder  auch  thiere  schlagen,  züchtigen: 
den  hund  mit  dem  stabe  schlagen,  baculo  canem  castiqare. 
Steinbach  2,  6.^1;  einen  mit  dem  stabe  harte  strafen,  scipioni 
aliquem  male  multare.  ebenda;  Rother  ii^l  i.  un(«rl,  6; 

dö  der  vischsere 

ze  hove  choro  lirre  .  .  . 

und  man  in  vor  dem  tische 

nider  solte  strechen, 

mit  den  staben  rechen,    kaiserchron.  11935; 

ait  ab  ir  ein  sarjant, 

so  wert  Ir  gälOnt  mit  stabn.    Part.  520,25; 

si  sluogen  äT  in  mit  ir  staben. 

Ulr.  V.  TÖRHBIM  TrUttan  2254; 
beidiu  mit  stcken  und  mit  staben 
sult  ir  im  die  hüt  laben. 

Reinbot  v.  Dorne  Georg  1855; 

80  ainer  den  andern  mit  ainem  stab  schlecht,  ist  peen  acbt- 
zehen  kreizer.  tiroL  weisth.  i,i03,b;  wer  seinen  kneclit  oder 
magd  schlegt  mit  einem  stabe,  das  er  stirbt  unter  seinen 
henden,  der  sol  darumb  gestraflt  werden.  2  Afo5.  21,  20;  da 
er^irimmet  der  zorn  Bileam,  und  schlug  die  eselin  mit  dem 
Stabe.  4  Afo5.  22,27;  wann  einem  träumt,  wie  ihn  der  könig 
mit  einem  stabe  schlage,  so  wird  er  durch  einen  seinen  diener 
guts  thun.  CoLER  traumb.  c.  204.  so  auch:  fürchte  dich  nicht 
mein  volck  ...  für  Assur,  er  wird  dich  mit  dem  steckea 
schlahen   und   seinen  stab  wider  dich  aufTheben.  Jes.  10, 14; 

so  treffe  dich,  du  lumpenhund, 
des  frommen  Stabes  meisterttreicbl 

Göthe  41,40  (l'akst  II.  t). 

c)  daran  schliesien  sieh  bildliihe  rerwendungen:  sondern  winl 
mit  gerechtigkeit  richten  die  arnun,  und  mit  gericht  .«tiMH'  i 
die  elenden  im  lande,  und  wird  mit  dem  stabe  seines  niiiiulrs 
die  erden  schlahen,  und  mit  dorn  ödem  seiner  lippen  den 
gottlosen  tOdten.  Jes.  11,4;  vom  kreuse  (zugleich  eigentlich  den 
balken  meinend,  vgl.  9,  d): 

wan  rorhlent  sl  den  atap 
der  ouch  die  Juden  vlllri? 

WaLTHBR   V.  D.  VOOELWBIPE  77,  t9; 

des  kreuz«!  stab      «chltyt  unsre  landen 
bis  In  da«  grab.     l'Atit.  G^EanARDi  Nr.  tOI,S9  Gödekt. 
$,  »iseh  7,  a. 

d)  der  Stab,  jedenfalls  ein  dicker  stock,  findet  sich  in  ältrrer 
teU  auch  als  waffe,    so  schon  in  den  'altdeutschen  gesprdchen': 


341 


STAB  (II,  6.  7) 


STAB  (II,  7) 


342 


gimer  min   stap,  fustim.  55,  t.  W.  Grimm  kl.  sehr.  3,495,  vgU 
s.  504.    ferner: 

leicht  her  Stangen  und  stab! 

pesser  ist  kempl'en,  dann  bals  ab.    fasln,  sp.  509,  S. 

rgl.  auch  stäblein  (einl.).  ein  sokher  stab  dient  nicht  nur  zum 
ichlagen,  sondern  auch  lum  stoszen,  werfen,  schiesien:  wan  das 
bescbicht,  dasz  zwen  mit  aiaanJer  kriegten,  wer  der  ist,  der 
ain  spiesz,  oder  aia  messer,  oder  aia  stab,  oder  ain  stain 
üder  ain  schwert  »cbeusset  oder  wirft  vun  frävenleicher  hant, 
der  ist  verfallen  der  faerschaft  fünfzig  pfunt  perner.  tirol. 
ueisth.  2,  2&8, 40  {handschr.  v.  154S);  wo  ainer  ain  romor  an- 
facht und  in  denselben  wöbr  zuckehten,  scbliegen,  stieszen 
oder  wuerfen,  esz  wehre  nun  mit  scbwert,  hacken,  Stangen 
oder  Stöcken,  staab  oder  staiuen.  steir.  taid.  259,  9  (r.  j.  1629).  — 
das  tragen  des  Stabes  daher  als  zeichen  der  waffenfdhigkeü  und 
mündigkeil  in  folgender  stelle,  die  uns  zugleich  über  das  aussehen 
eines  solchen  Stabes  belehrt:  item  wenn  ein  zentpOichtiger  man 
ein  son  zweiffer  iar  alt  bat  unnd  der  selbig  hat  ein  stap,  der 
unten  unnd  oben  rincken  unnd  stacbel  bat,  der  verdryt  seineu 
\üter  zum  satz.  Gbimm  »eisth.  3,  S92,  vgl.  rechtsalterth.  137,  8. 
e)  darauf  beruht  die  Wendung  was  Stab  oder  Stange  tragen 
kann  bei  kriegsaufgeboten,  besonders  solchen,  die  unserni  land- 
sturm  ähnlich  sind  {vgl.  spiesz  und  Stange  unter  spiesz  1,  h, 
theil  10, 1, 2440,  soicie  unter  Stange):  was  stab  und  Stange  tragen 
kan  ...  (das  ist,  was  stark  genug  dazu  in  den  krieg  ist). 
Frisch  2,314';  die  pauren  schickten  mitler  zeit  zue  den  Ober- 
aügewern  und  Suntgewern, . . .  sterckten  sich  auch  vom  Boden- 
see, manten  auf,  wasz  stab  und  stangen  ertragen  möchte. 
quellen  zur  gesch.  des  bauernkr.  563  Baumann;  diser  (der  Tartaren- 
könig  Congiusta)  gebot,  dz  zu  ettlichen  erneuten  tagen  alles 
was  Stab  und  Stangen  tragen  raocht,  züsamen  kam,  bald 
rüstet  ers  mit  stätter  Übung  zum  krieg.  Franck  «eltb.  95*; 
es  versammlet  sich  ein  grosse  mennig  zum  streit,  nicht  allein 
die  streitbaren,  sondern  was  stab  unnd  stangen  tragen  inocht. 
buch  der  liebe  igs'; 

swer  Stab  oder  stangen  truoc, 

lors  und  ze  fuoj  was  der  genuoc.     WUleh.  117, 17; 

swaj  Stangen  oder  stap  getragen 

da  möhie  vor  uncrelten.    inj.  krieg  2354S; 

nun  helff  was  stab  und  stangen  trag. 

Utz  Ccxstbiii  rychstaij  S37. 
tUT  Jagd:    und  gebiut,  swer  einen  stap  möge  getragen, 

der  sol  mir  den  birz  helTeu  jagen,    (isieaid  2339. 
XU  anderm  zweck: 

weil  ufT,  frauwen  und  man. 

was  eynen  stab  mag  gedran. 

man  s'al  den  ricbsten  konig  baheo. 

der  ander  ilorol/f  ISOü  («.  64*  Uagen-Büsdtiiig). 
i.  J.  GtiNM  reditsalterth.*  1,  410.  52.  572. 

7)  Stab  des  hirten,  vgl.  hirtenstab,  theil  4,2, 1577:  pedum  . . . 
kd.  birtes-,  hirtenstap,  -stab,  -slayb,  nd.  -staf . . .  kruch  vel 
•taff.  DitF.  gloss.  421';  pedus  i.  clavus,  hirten  stab.  noc.  gL  285"; 
fodium  stap,  stape,  stab,  Stabe,  staf,  staff  rel  raste  vel  helffe, 
hueter  stab,  stab  vel  kolben  dar  über  sich  der  hueler  leinet. 
§loss.  443';  podium  staff  i.  baculus;  crucke  . . .  lenstap.  nov. 
fj.  296';  ayoJus  . . .  scbcffer-,  hirten-,  hueterstab,  ...  birten- 
stecken, -kule, -kewi.  gloss.  18';  hirten  Hab,pedum.  Dastpodics. 

a)  der  stab  dient  dem  hirten  ursprünglich  wol  als  waffe  zur 
tbwehr  wilder  thiere  {wie  der  sauhirt  Eumaios  zu  gleichem  zwecke 
den  Speer  Irägl:  tihro  S'  ö^vv  äxotra,  xvx-cöv  A}.xrTJ^a 
tuu  AvS^töv.  Od.  14,  531) ,  daneben  natürlich  als  stütze  beim 
gehen  und  stehen  {wie  5,  vgl.  die  glossen).  zu  diesem  zweck  ist 
tt  oben  gekrümmt  oder  mit  einer  krücke  versehen:  di  herte  sal 
och  volge  mit  siner  kulin  unde  mit  sime  krummin  stabe. 
Mühlh{auser}  rechtsb.  v.  1256,  s.  mhd.  wb.  2,  2,  592.  vgL :  der 
hirtenstab,  pedum,  agolum,  der  in  der  empfiniisamcn  Schäfer- 
poesie der  neueren  bis  zum  Qberdruss  vorkommt,  war  ...  ein 
derber  stock  von  olivenholz.  knotigem  dorn  oder  Wacholder, 
aber  mit  einer  krücke,  das  vieh  an  den  beinen  zu  fassen, 
onien  mit  einer  langen  eisernen  pike,  die  ein  ring  von  erz 
oder  kupfer  im  schafte  befestigte,  die  Griechen  nannten 
iko  krummstab,  xalatgoxp,  keule,  xo^vrti,  und  haseospiess, 
layotßokoe,  weil  ihn  der  hirt  nicht  nur  unter  die  hcerden  warf, 
•ondern  auch  zur  jagd  brauchte.  Voss  Yirgils  Idndl.  ged.  l,  275. 

b)  der  Stab  ist  daher  stehendes  attribut  des  hirten  in  der 
dieklung: 

du  empfange  den  stab.  den  Antigenes,  da  er  mir  ortmal 
iclinieiclielie,   nimmer  gewaun;   und   er  war  der  liebe  nicht 

unwerih : 
iierlicb  prangt  er  mit  erz  und  gleichen  knoten.  Menalkas. 

Vo«s  Vtnjtl  iil.  i,  88; 


er  senckt'  insz  grasz  die  matten  glieder 

bej  einer  silber-kiahren  bacb, 

und  warir  da  stab  und  tasche  nieder. 

Königsb.  äichlerkr.  s.  170  ufudr.  ('klage  emes 
terlieblen  schäfers"). 

c)  so  auch  in  der  rechtsspraehe :  weder  in  dem  ochsenwald 
noch  in  Genal  sollen  früher,  als  der  ocbsler  mit  dem  stab 
hineinfährt,  ochsen  untergebracht  werden,  tirol.rrtrf/i.2,324,19; 
formelliaft:  auch  soll  man  dem  hirien  das  vich  auf  die  treib- 
gassen  antworten,  schwein  und  küe;  so  aber  der  hirt  hin 
war,  so  soll  man  ihm  das  vich  antworten  lir  den  stab.  . . . 
wenn  das  vich  zu  schaden  etAann  gieng,  wann  es  fir  den 
Stab  geantwortet  wirdet,  dieselbigeu  schaden,  die  soll  der 
hirt  abtragen.  4,  158,  8 — 14.  nicht  ganz  klar  ist  die  häufige 
Wendung  mit  behüetem  stab  {unter  aufsieht  des  hirten,  —  zud?): 
es  ist  auch  das  des  mairbofs  recht,  das  er  ain  offne  auffart 
bat  mit  behietem  stab  htinzt  {bis)  auf  den  Pölchen.  l,  56,  43; 
daz  von  Puchlarpach  hinz  für  Weslertal  auf  gein  Neunperg 
ein  vichrüa  {weideplatz)  mit  chlainem  vich  haben  sullen  mit 
webütem  stab,  daz  niemant  scbad  weschccb.  137,29;  da  süllen 
die  von  Stans  in  dem  pach  wasser  nemen  irem  vich;  gieng 
das  ungefarlich  {zufiUig)  iber  den  pach,  so  sein  wier  dem 
gotzhaus  nicht  schuldig  darumb,  findt  mans  al>er  mit  behieltein 
Stab,  so  mag  ain  ieder  prellat  . . .  phenten.  165,6;  zum  nein- 
zübenden  solle  der...  Inhaber  des  Gallwies-  oder  Mantl- 
berger-hofs  sein  vich  mit  behietem  stab  von  und  zum  stall 
zu  treiben  schuldig  sein;  do  er  aber  sollicbem  zuwider 
handien,  und  das  vich  auf  der  waid  unbehüeter  betreten 
wurde,  soll  es  phendt  . , .  werden.  244, 7,  «.  noch  2,  42, 21. 

d)  daher  wird  stab  übertragen 

a)  auf  den  hirten  (?),  s.  Hevse  hausalterth.  2.  212  3:  daz  die 
frawen  (nennen  zu  Eberbach)  zwen  sieb  sollen  han  zil  den 
Schöffen  und  einen  stab  zu  den  rindern  und  einen  zu  den 
schwynen.  weisth.  4,  266, 1  {eis.  weisth.  v.  1429). 

/3)  auf  die  heerde:  item  si  saltner  sollen  auch  auf  die 
vichpfantung  und  veltschüden  guet  acht  und  aufsechen  haben, 
wo  si  vich  ic  velt  ersechen,  auch  den  hirten  zum  driten  mal 
zueschreien,  und  [ob]  si  iber  solliches  zueschreien  das  vich 
ausz  den  schaden  nit  weren  oder  treiben ,  migen  si  saltner 
dasselb  pfenten,  den  ganzen  stab  umb  ain  pfunt  perner,  und 
was  darunter,  allwegen  von  zwei  rinder  ain  kreizer.  tirol. 
weisth.  3,39,47;  wer  ihn  weiter  herauf  ergreift,  ist  der  straf 
von  des  hirten  stab  l  perner.  154, 10. 

y)  so  noch  jetzt  in  Schweiz,  mundarten:  ^gewisse  anzahl  saum- 
pferde  —  etwa  7  bis  9  nebst  einem  reutet  für  den  knecht'.  Stai  der 
2,388  (Uri,  Bünden);  saumpferdetruppe,  karawane  ton  gewöhnlich 
9  saumpferden.  BChler  Davos  l,  137. 

e)  oft  in  bildlicher  anwendung,  besonders  in  gerichtlicher  Sprech- 
weise, von  gott  oder  Christo:  du  aber  weide  dein  voick  mit 
deinem  stabe,  die  herde  deines  erbteils,  ...  las  sie  zu  Basao 
und  Gilead  weiden,  wie  vor  alters.  lftcAo7, 14; 

unter  seinem  sanTten  stab 
geh  ich  aus  und  ein  und  hab 
unaussprechlich  süsze  weide. 

Iiannot.  gesam/b.  533,  2  (.«(r.  2  des  Itedet:  weil 
so  wol  auch:  ''='"  ^**"  schäflein  bin). 

mit_  deiner  lehr  und  warbeit  zäum  und  stab 

mein  leben  zu  regieren, 

auff  rechter  bahn,  lasz  du,  mein  got,  nicht  ab! 

WicEUiiLi!«  107  (p.i.  25,  6). 

besonders  sind  zwei  biblische  Wendungen  sprichwörtlich  geworden, 
a)  und  ob  ich  schon  wandert  im  flüstern  tal,  fürchte  ich 
kein  Unglück,  denn  du  bist  bey  mir,  dein  stecken  und  stab 
trösten  mich.  ps.  23,  4,  mit  bezug  auf  den  gdraueh  des  hirlen- 
stabes  zur  wegleitung  und  zum  schütze,  so  schon  bei  Notier: 
din  ruöta  unde  din  stab,  dag  chit,  dina  filld  unde  dina  chestiga, 
die  habent  mih  ketrustet  {ps.  22,  4)  und  in  vielen  kirchenliedern, 

**    *'  dein  stab,  herr.  und  dein  stecken 

benimmt  mir  allen  schrecken. 

P.  GuuAioT  nr.  41.  27  Gödeke. 

ß)  der  Stab  als  Werkzeug  der  Züchtigung  kommt  beim  hirten- 
Stab  weniger  in  betracht  {auszer  beim  rindrieh),  desto  mehr  in 
den  mannigfachen  von  da  ausgehenden  übertragenen  gebrauchs- 
weisen,  s.  8.  erst  von  da  aus  wird  zuweilen  der  htrtemtab 
{im  bilde)  als  symbol  der  Strafgewalt  genommen  {so  schon  in 
NoTiKRS  übers,  von  ps.  23,4,  s.  a,  ferner:)  und  ich  hütet  der 
schlachtscbafe,  . .  .  und  nani  zu  mir  zween  stehe,  einen  hies 
ich  Sanfit,  den  andern  hies  ich  Weh,  und  hütet  der  schafe. 
Sacharja  11, 7  {vgl.  lo.  14);  noch  froher  als  über  den  gewinnst 

22* 


343 


STAB  (11.  8) 


STAB  (II,  8) 


344 


selbst  ist  mit  gründe  fast  jeder  Spieler  darüber,  dasz  doch 
dieser  sogenannte  betrug  ohne  wabre  Verletzung  der  lugend 
abläuft;  hücbstens  kann  er  für  sie  ein  stub  Sanft  aber  kein 
Stab  Wehe  sein.  J.  Paul  aus  des  leufels  pap.  i,  77. 

b)  vom  hirtenstab  aus  euttcickelt  sich  der  stab  zum  symbol 
der  herrschaft  und  der  ricliterlichen  geaalt. 

a)  am  deutlichsten  ist  die  herkunft  vom  hirtenslabe  beim  Stabe 
der  geistlichen  gewall. 

a)  er  wird  auf  den  hl.  Petrus  zurückgeführt  (mit  bezug  auf 
loh.  21,15 — 17):  dessen  (erzbischof  Theuderichs  v.  Trier)  nacb- 
folger,  Egbertus,  tbeilte  den  su  berulTeneu  stab  des  beiligen 
Fetri  mit  ertz-biscbuff  Werino  von  Cöln,  und  bracbte  die  eine 
beiffte  davon  nacb  Trier.  Hab.n  hisl.  2,129,  dazu  anm.  dd : 
allein  der  beilige  Petrus  musz  wul  mebr,  als  einen  hirten- 
stab gehabt  haben;  denn  Lamberttis  Tuitieusis  gedencket 
eines  anderen  Stabes  Petri,  der  in  Hom  verwahret,  und  unter 
Oltone  III.  zu  einer  gewissen  geistlichen  haiiüluug  nacb  Bene- 
veuto  gebracht  worden; 

seder  bieir  xo  Colne  «ent  Peters  star, 
dal  iieder  eiide  mau  zo  Treire  gaf. 

IIagkn  buUh  t.  Colne  150. 

ß)  alt  dessen  nachfolger  führt  ihn  der  papst: 

Innocencius  dlier  pabes, 
dher  xo  Roine  placli  des  siabes. 

lirauiiscliw.  reimcliron.  7643; 
sagt  mir,  der  höbst  von  Rönie,  wai  sei  iu  der  krumbe  stap, 
den  gol  dem  guoten  Saute  Peter  uus  zenbindeii  gap? 

Marnkr  Xil,  20; 
wau  er  jach  da;  der  habest  trüege  unrebie  den  stap. 

Loheiiyi:  4509; 
mii  miuem  dienst  erlangt  ich  liab 
vom  bapstlicheu  g'wallt  und  sinem  stab, 
das  mir  keiu  berr  bell  können  geben. 

HuFF  Liier  Heini  3105. 
s.  auch  2,  a.    stäblein  3,  a. 

•/)  doch  ist  der  stab  im  allgemeinen  das  attribut  aller  bischöfe 
und  Symbol  der  bischöflichen  macht:  baculus  pastoralis  hd.  eyn 
bischußs  stecke,  biszoQ's  stab,  bischuil-,  bissoOT-,  piscboU-, 
pisof-stab,  -stap,  -stabt,  »li.  eyn  biscopes  staff.  Die»,  gloss.üb*; 
piscbollT-,  byscboff-,  hcrtürslab.  nov.gl.Hi';  pedum  (s. ')  . . . 
bischolTessta(y)b,  biscbopstaf.  gloss.  421*;  vgl.  Kni^NiTZ  lü7, 
5bl — 3.  in  der  luxenib.  muiidart  giit  stuf  allein  für  bischofsslab, 
Ganc(.er  429.  dalier  im  Basler  wappen:  der  Uaszler-stab,  in 
ihrem  wappen  und  auf  den  münzen,  sieht  dem  obcr-theil 
eines  bischoff-stabs  gleich,  die  Kranzosen  nennen  ihn,  etuy 
de  Crosse,  ein  futteral  des  bischoff-stabs.  Fbisch  2,  313'.  vgl. 
slüliler  b. 

d\  so  bei  der  investitur,  s.  Scuuöder  rechtsgeseh.*  159,  anm.  IC. 
S9\f.:  in  dem  luou  und  Ujare  koren  de  con^entesbrudere  ... 
ureu  doinpruvest  Waltharduiu  to  biscbope.  den  köre  heilt 
de  erste  keiser  Hiorik  ^tede,  und  leich  om  den  staf.  d.  städte- 
c/iron.  7,  214, 14;  auch  zum  stab  weihen,  consecrare  ad  officium 
vicarii  episcopi:  es  wer  dann  das  ers  von  kranckheit  nit  thuon 
m'iclit,  dann  so  mag  er  einen  thuombherren  . . .  weyhenn 
zuom  Stab  und  entpfeihen  sein  stal  in  dem  bistumb  zuo  thuon. 
tjuelle  bei  ScBeBZ-OoEnii.'«  1548.  neben  andern  inaignien  genannt: 
de  bischop  leit  sik  beiinliken  in  dem  giiden  donrcsdage  brin);en 
•iu  bischupwanl  und  inifelen  und  staf.  d.  ttädtichron.  7,  4b,  23; 

die  der  obrisicn  öre 
Untier  der  plialTliäii  soldeu  phleecn, 
den  da;  vin):«rl  unt  der  (tap  ist  gubeu 
unt  ander  vil  bexaiclienliob  gewaul, 
da  von  si  biitcboi'  »int  ginant. 

llüi.NR.  V.  Melk  ertnn.  (>2; 
Nicolaus  wart  ul'  ^'eniimeo  .  .  . 
und  biu  iu  die  Lireben  bracht, 
da  im  siab  unde  kion« 
mit  K<'<*alte  sclione 
öffentlichen  wart  hevoln.    pasn.  10,47  Köiike; 

bifcoph  Willebalme,  du  dher  kronu 
uud  db«i  »isves  xo  Heute  placli. 

Uiuunitcliv.  reiinclirun.  1059; 
bi  dar  tli  Stabe*  unte  krönen  placb 
xo  Halt>erttai  byicoph  brantbago.    160H. 

«)  der  bitthofsstab  zeigt  noch  die  charakteiisltsche  form  des 
hirtenüabet  {'i,a):  die  biicbolle  tragen  bey  feyerlichen  gelegen- 
beiieo  eineo  stab,  welcher  oben  gleichsam  einen  haaken  wie 
ein  birteo-stab  bat.  und  der  bischofft-slab,  pedum  episcopale, 
eroMst,  genennet  wird.  jAuioHSki  743*;  stab,  eines  biscboffs, 
pedum  epitcopale,  ist  üben  krumm  gebugeo,  davon  beiszt  er 
kruiiitUb.  Fbiscu  2,  iis',  vgl.  Adblumc  (2, 2,  e)  und  kruiniuslab, 
lkeüi,U9l>f.    vgl.: 


Pitlus  Qberw6nde  (hochmütiger  f), 

tril  ü;  der  infel  werde; 

diu  strit,  diu  arc  gehere 

mit  reine  nilit  kan  volgen 

dem  edelen  krumbeu  stap.    FaAiiB.it.OB  415,5. 

für  krumber  stap  auch: 

pfairenlürsten  bunt  niht  relite 

iiid  ül  boubet,  kruinp  üf  stabe.    Har!<kr  XIV,  50. 

nur  uneigentlich   zu  verstehen   ist  natürlich   die  anschuldigung : 
eur  inrel  vor  stahel  gliixen, 
eur  Stab  hat  aiti  eisene  spitzen,    fuytn,  s;>.  643, 13. 

^1  daher  unter  dem  krummen  Stabe  leben,  unter  der  herr- 
schaft  einet   bischofs,   in  einem  geistlichen  färslenthum:   solche 
leute,  welche  von  vielen  Zeilen  ber  nicht  unter  einem  scepler,] 
sondern  unter  einem  krummen  stab  gciebet  haben,  sind  der! 
freyheit  gewohnet,  und  wollen  lieber  sterben,    als  servilisch 
tractiret  werden.  Scbuppiüs  3&4.     daher  das  Sprichwort:  under 
eim  krummen  stab,  und  underm  graven  ist  gut  wohnen,    die 
biscliofl'  und  ebt,  seiud  der  krumme  stab.  Egekouf sprichw.  2l*{; 
unter  einem  krummen  stab  und  unter  einem  grafen  wobneo. 
Pethi  Vv  5*.     unter   dem    krummen    stab(e)   ist    gut    wohuettj 
ist  auch  der  titel  zweier  schrifUn  von  J.  P.  Kress  (Jena  1720)  u« 
Brauskr  (Jena  1736),  vgl.  Wanüer  4, 757/'. 
ij)  daher  für  bischöfe  die  Umschreibung: 

swaj  krumbe  siebe  üf  erden  ireit.    kön.  Tirol  13,  5. 
doch   wird   im  mhd.  auch  geradezu  krumber  stap  für  ^bischof*^ 
gesayt:         dar  cbömen  ainlel'  hundert  crumber  stabe. 

kaisercUrun.  b494  ScUiöäer  (=  Trierer  Silv.  tt2A^I 
^I.  6J;  ' 

da  was  manic  krumber  stap, 
dö  diu  liii'ät  gescbacb.    Mai  n.  Ueafl.  b',  4. 

b)  doch  auch    der  stab    oder  das  scepler  {oxrJnT^or,  stab^ ' 
s.  theil  8,  1941^.)    des    weltlichen   herrschers   geht    wol  auf  den 
hirtemtab   zurück,    wie  Homer  den  könig   als  ''hüten  der  Völker 
(noifiiva  la&v  /i.  2,  243)  bezeichnet,    vgl.: 

grausame  polilik,  der  inenscblieit  giiick  zu  stören 
im  scliuos  der  böll  erzeugt  —  von  wem  musz  ich  sie  höreu? 
von  dir,  Christ!   dem  der  goil  des  l'riedens  seinen  siab, 
die   neue  cbrisleuschaar  zu  weiden  übergab.     Gottbr  2,  32C. 
so  allgemein: 

da  ist  wol  oll  der  pllug  gelulirt  von  solchen  bäuden, 
die  vormals  nur  gewohnt,  der  beiiscbalt  stab  zu  wenden. 

PuSTiL  W'ilUk.  2b4  (10,34b}; 
ricblet  deu  herrschenden  stab  auf  leben  und  bandeln,   und 

lasset 
Amorn,  dem  liebltcben  gutt,  doch  mit  der  Muse  das  spiel! 

GüiHK  1.  ;W8  (;<i/i)f,st.  39}. 
dazu:  der  stap  sol  amtes  wallen.    Frauenlob  81,  3. 

im  einseinen,  zunächst  stab  des  königs:   die  scepter,  so  von 
Königen  geführet  werden,  sind  slübe,  so  ihre  macht  und  berr* 
schaflt  bedeuten.  Jablunski743',  vgl.  i.Gfiiu  )trechtsalterlh.*i,33i. 
ScuRöiiER  rechtsgesch.^  loi  f.  BnuNNtn  rechtsgesch.  2, 17;  es  wird 
bey  der  crouung  der  konige  in  Frankicich  ihnen  ein  solcher 
Stab  in  die  bände  gegeben,  \on  dem  man  vorgibt,  er  sey  von 
dem  hörn  eines  einhorns  gemacht,  er  heiszt  im  französischen 
la  main  de  justice.  Fkiscii  2,  313\    (stab  bei  der  krön  im  q  neben 
dem  scepter  s.  A.  Scblltz  höf.  Icb.'^  I,ü45.)     von  fürsten  und 
herren   verschiedenen   ranges,    vgl.  fürstenslab  (Scbiller  3,  b.s, 
s.  theil  3,  SbO):  die  füsze  des  herru  ruhten  auf  einem  scheiuel, 
in  der  band  hielt  er  den  wciszen  herrenstab.  Fueytac  b.  12; 
gebieteu  mit  dem  siab 
mocbi  er  läur  'niniisni')  mit  siner  crafft 
gar  vil  der  baydenscbalTt, 
alt  sinem  ampt  wol  zain.    Altswbrt  229,30; 
dazu:  mit  umi;lüliier,  helszer  stirne  Trobnen 

unter  der  despolen  eisciisiab 
ganze,  grosze,  sclione  iiuiioneu 
von  der  kummerwiege  bis  ins  grab.      Ski  ii  (/ei/.>  66. 

t.  auch  i,g.  auch  alt  symbol  der  hausviterlichen  gewalt:  et 
soll  kein  valer  seinen  kiiulcrn  sein  gut  übergeben  odder 
seineu  stab  aus  der  band,  weil  er  yhn  selbs  hallen  kan. 
LuTBER  IG,  4!ib,  24   Weim.  ausg. 

c)  nicht  nur  htrrscher,  sondern  auch  allerlei  beamte  fuhren 
den  Stab  als  zeichen  ilirer  amtsgewalt;  daher  herren  mit  stallen, 
Würdenträger : 

und  ein  gahoi  gehl  aus,  et  soll  ■m  nlchtleo  fetl 
vom  kleinsten  Junker  an  bis  tu  den  herru  mit  Haben, 
was  ahnen  bat,  nach  hofe  »leb  erheben. 

WiKLAND  IN.  144  (/Vrr.  1,946). 

im  etnzelnen:  dem  beflelt  der  bischofT  das  burgermcisterambt 
mit  dem  stabe,  tu  iiimbt  derselbe  burgernieisler  den  sltbc. 
ijuelle  bei  Scberz-Ubkrlia  1547;  besonders  bei  hn/umtern  lim  mittel- 
alter),     die  Laiiieriere  tiagcn  siebe,  um  damit  platt  su  maihen: 


345 


STAB  (II,  8) 


STAB  (11,8) 


346 


da  wart  von  kameraire  stabn 
vil  küme  alsoliier  rüm  erbabu.     Willeh.  142,  29; 
zu  hole  wart  gedruDgeu,      swie  die  kamerere  siebe  beten. 

jung.  TU.  1&05. 
Aenso:         der  vürstinne  marschalkeä  siap 

des  küueges  marsclialc  «ö  vil  ga^en  gap, 
da{  er  die  Türsten  berbergt  uäcb  ir  rebten. 

Lokengi.  1671. 
tisi  den  plalx  bei  tische  anzutceisen: 

in  silier  bende  was  ein  siap. 
das  siizen  er  mit  zübteu  gap 
dem  jungeu  küiiec  von  Taudarnas.     Willeh.  263,13. 

SO  trägt  der  truchsesi  einen  stab,  5.  A.  Schcltz  höf.  leben  1,  ITS. 
415.  423:  darauf  kam  der  iruchsesz  mit  seinem  stabe  und 
hinter  ihm  eine  lunge  reibe  diener.  Frettac  8,31  {ahnen  l,'2j; 

dö  gienc  aldä  mit  sime  stabe 
des  keisers  irubsaeie.     Konr.  t.  WöaXBO«e  ÜUe  72; 
der  heroid: 

bei  meinem  stabe!   rub  gebalieu! 

GöTUI  41,49  (FuusI  11,  1); 

hevold.     schlag'  dieses  toU  mir  aus  dem  Teld. 
Plulus.     dein  stall  ist  wobi  dazu  bereit, 

verleib'  ibn  mir  auf  kurze  zeit.    51; 
(heroid.)  der  scbalk  erweis't  sich  übelferiig.  .  . . 

gib  meinen  stab  ibu  zu  verireibeu.    54. 

$.  auch  stabiein  3,  b.  auch  boten  und  abgesandte  tragen  stäbe, 
die  tt'öi  auf  den  einfachen  wanderstab  (i>,d)  surückgehen ,  aber, 
indem  sie  etwa  mit  dem  wappen  des  herrn  oder  andern  kenn- 
leichen  geschmückt  sind,  lugleich  zur  beglaubigung  und  zur  Über- 
tragung der  in  ihnen  versinnbildlichten  kOnigsmacht  dienen, 
tgL  J.  Gbihii  rechtsallerth,*  1, 183.  Schbödeb  rechti-gesch.^  i08. 457. 
BaustiER  rechtsgesch.  2, 19ü.   A.  Scbültz  höf,  leben'^  1, 175: 

der  kaiser  bevalcb  ime  (Gei.eJun)  siuen  siap. 

ItülanM.  51,  21,  vgl.  Stiickik  karl  -iO^l.  -2<J34. 
ähnlich  auch:  schwebt  uiclit  etwa  gar 

ilermes  voran?    bliakt  uicht  der  goldne  Stab 
heischend,  gebietend  uns  wieder  zurück 
zu  dem  uuerlreulichen.  grauiageiiden 
.  .  .     Hades?      GöidK  41,207  (FauU  11,3). 

d)  insbesondere  ii>t  der  stab  das  abzeichen  der  militärischen 
Obergewalt,  tgl.  komiiiando-,  marscbail(s)slab  (theil  6,  i6i1), 
bdton,  s.  zeitschr.  f.  d.  wurlf.  3,234':  die  marscbülle  von  Franck- 
reich  empfangen,  zum  zeichen  ihrer  würde,  einen  stab,  mit 
blauen  sammet  Überzügen,  und  mit  güldenen  lilien  bestreuet, 
haton  de  marechal,  dergleichen  auch  anderswo  fon  buhen 
generaien  gefübret  wird,  der  marschall-stab  ist  ein  zeichen 
dieses  amts  am  bofe.  ...  ein  generals-  oder  cummandii-stab 
ist  ein  Sinnbild  der  standhaß'tigkeit,  weil  er  sieb  nicht  beugen 
läszt.  Jablonski  743Y'- 

wo  Qieszt  der  Muhleren,  der  Dubenberge  blut? 
der  Seelen  ihres  Staats,  die  mit  gesetztem  muib 
fürs  Vaterland  gelebt,  l'Cirs  \aiei'land  gestorben,  ... 
da  vieh  ein  reicbtlium  war,  und  ol't  em  arm  gedreschi, 
der  sonst  den  siab  geführt. 

Uallb«  i/eil.^  95  Idie  verdorh.  siiten  41,  vgl.  Scuönaich 
äs<(i.  in  einer  nui>z  15,  14.  23  kösler) ; 
oberQfineral  . .  . 

ich  weisz  nichts  an  der  Schlacht  zu  wenden, 

begannen  sie's,  sie  mögen's  enden, 

ich  gebe  meinen  stab  zurück.     Guthk41,2&0  (FaKs<II,4); 

vom  kaiser  freylich  hab'  ich  diesen  stab. 

doch  führ'  ich  jetzt  ihn  als  des  reiches  Teldberr. 

Schills«'  l'iccul.  2,  7. 

auch  Karl  Muor  fühit  als  räuberhauplniann  einen  stab:  ich  büre 
Ton  diesem  nun  an  auf  euer  bauplmann  zu  se\n  ^—  mit 
schaam  und  grauen  leg  ich  hier  diesen  blutigen  stab  nieder 
worunter  zu  freveln  ihr  euch  berechtiget  Mahntet,  raubet  ä,  2 
tekausp. 

e)  «on  hier  aus  ergiebt  sieh  die  Verwendung  von  stab  für  die 
gesamtheit  der  höhein  ofßiiere  einet  heeies  oder  heertslheils : 
Stab  . . .  Itey  den  suldaten  die  obersten  kriegsbedienten... 
praefecti  legiouis  supremi.  SrciKbACB  2,651;  stab,  Judicium, 
regimeiits-stab,  judiäum  miUture.  Wacbtes  1576;  stab,  im  krieg, 
heiszt  der  conimando-stab  der  feld-herrn,  character  impcra- 
toris,  Signum  summae  auctmitatis.  stah,  der  general-s^tab,  die 
generalität,  summt  exercilus  praefecti.  der  regiments-stab, 
cMegium  praefedorum  kgionis.  Fbiscb  2,313';  zu  einen  stabe 
tu  fusz  und  zu  rusz,  wie  auch  dra^onern,  gehören  der  obriste, 
obri>t-lieutenant,übrist-v\acbmeJsier,  regiments-quartiernieister 
und  adjutatit,  predii^er,  audileur  und  secretarius,  regimenis- 
feidscheer,  ieldpfeifer  . . .  steckenknecht.  FLbiiit«G  t.  Soldat 
(1726)  4S!>,  i  12;  Stab,  älat  mnjur,  ist  im  kriegswesen  eine  Ord- 
nung besonderer  ofliciers  eines  corps,  die  in  demselben  vor 
den  andern  distinguiret  sind,  der  geueral-stab,  reiat-majur 
de  l'aimee,   begreift  die  sämtlitben  generals-persouen,  stabs- 


officiers  und  andere  bedienungen,  die  zum  hauplquartiere 
gehören,  und  sieb  unmittelbar  an  den  commandirenden  general 
zu  halten  haben,  der  stab  eines  regiments,  Velat-major  d'un 
regiment,  besiebt  aus  dem  obristen,  obrist-lieutenant,  major, 
regimentsquartiermeister,  dem  feldprediger,  auditeur,  regi- 
meutssrhulzen,  regimentsfeldscheer,  regiments-tambour  und 
dem  regiments-[irofosen.  Ecgers  2,964/'.,  j. /erner  Adelonc  2,f. 
Jacobsso!«  4,243*.  7,417'.  ScBM.  2,717.  GoEDEi.  etym.  »b.  der 
d.  seemannsspr.  457.  jetzt  beginnt  der  stab  bdm  bataiUon  (höhere 
Stäbe  bei  divisionen,  armeecorps,  armeen)  und  zerfällt  in  den 
oberstab  (ofßziere  und  personen  von  offizitrsrang)  und  unterstab 
{schreiber,  Ordonnanzen,  büchsenmacher).  —  diese  bedeutung  ist 
schon  im  17.  jahih.  bezeugt: 

iilu)  hebst  einen  armen  knecht  zum  hoben  stab'  empor. 

Opitz  1,  1U6  (/<>&  des  kritgesg.  560); 

ich  bin  der  kämmerilug 

Mehuman,  —  hoch  im  rang!  —  der  erste  nach  den  Stäben. 

GoTTEB  scitawtp.  72; 

der  Offizier  vom  stab 

legt  selbst  im  Pferdestall  den  herrscherblick  nicht  ab. 

,     .  ,,      ,  ,  McLLNER  diam.  werke  5,219; 

{prurz  t.  Hoinh.) 

des  herrn  durchlaucht  habt  ihr,  frisch  und  wohlauf, 

beim  Truchszschen  korps,  in  ilackelwitz,  gesehn? 

graf  S/un  eu. 

ja,  mein  erlauchter  prinz,  im  hof  des  pfarrers, 

wo  er  befehle  gab.  vom  stab'  umringt. 

11.  v.  Kleist  3,  61  Silimidi  l/jiim  r.  Humb.  2,  8); 

capitän  Spiesz  war  nicht  von  adel  und  benahm  sich  im 
dienste  als  ein  genauer  und  zorniger  mann,  wie  nach  alter 
suldatenregel  ein  hauptmann  sein  soll,  auch  beim  stabe  galt 
er  für  einen  tüchtigen  officier.  Frettag  12,  213  {ahnen  5,  H,  3). 
mundartlich  soll  nd.  staf  >'(  diesem  sinne  in  der  Götlinger  gegend 
gesagt  «erden  (?):  det  staf  lag  in  Geismer.  Sciiambach  207'.  — 
diese  bedeutung  liegt  aUen  uneigentiichen  Zusammensetzungen 
{mit  Stabs-)  zu  gründe,  s.  unten. 

f)  vor  allem  jedoch  ist  der  stab  zeichen  und  symbol  der 
richterlichen  gewaU  {mit  bezug  auf  seine  Verwendung  als  straf- 
weikzeug,  s.  6,  fr,  vgl.  schwert  II,  ä.  9,  Ihetl  9,  258°:!/'.):  stab,  ein 
kenn-zeichen  richterlichen  ansehens.  Faiscu  2,313';  t.  ferner 
Adelung  (2,  2,  c).  J.  Gkimm  rechtsullirth.  133 — 7  (*  1, 181 — 190). 
202,  7.  K.  V.  Ajiira  in  Pauls  grundr.^  3, 1^8. 

a)  der  richler  sitzt  mit  einem  stabe  zu  gericht,  vgl.  Frisch 
2,  313'.  J.  Grimm  rechlsalterlh.  134/.,  3:  als  ich  an  offner  schranen 
in  der  hofmark  Filiersee  mit  gewaltigen  stab  sass  zu  rechten, 
uri.  r.  1466,  s.  munum.  boica  2,102;  dass  ich  auf  heut  dato 
des  briefs  gesessen  bin  an  dem  landrichler  zu  Swuben  mit 
gewaltigen  stab  zurichten.  96  {urk.  v.  1475,  s.  auch  Schm.  2,716. 
Haltaus  1713):  tgU:  es  mag  auch  des  gottshuses  meier,  wenn 
in  bedunkt,  dass  es  noth  sye,  u.  gn.  b.  d.  markgrafen  vogt 
und  amtmann  wohl  anrufen,  und  bitten  by  ihm  zusizen  mit 
sinem  stab  und  den  dinghof  zu  schirmen,  weisth.  i,  328,  2ö. 
auch  sonst  bei  gerichtlichen  handlungen:  dae  mach  der  vorst- 
meister  ryden  mit  eyme  wyssen  gescbeilden  stave  in  den  hoff 
au  die  naeste  pende,  die  hey  vynt,  ind  nemen  die.  2,  773 
(r. ;.  1342).  —  er  hat,  hält  den  stab  in  der  band:  der  klag- 
putt  soll  warten,  dieweil  der  richten  säss,  und  den  stab  in 
der  band  hielt,  monum.  boica  2,  63  {urk.  v.  1414),  ;.  ferner  s.  77; 
dieweil  ich  säsz  und  stab  des  gerichts  in  der  band  biet. 
urA.  r.  1475  fr«  ScBM.  2, 716;  margraf  .\lbrecbt  von  Branden- 
burg hofmaister,  der  sas  am  rechten  und  het  den  stab  in 
der  band  und  ist  im  ratt  gewesen,  da  man  geurtailt  hat. 
s.  d.  slädlechron.  5,416,  anm.  1  (r. ;'.  1455);  lierren  Wilhalmeo 
von  Wernnaw  ritter,  ...  als  er  den  ritterstuel  besäsz,  und 
den  Stab  in  siner  band  hielt,  zue  Stuetgarten  in  der  cantzlye, 
in  der  hoffgericbt  stuben.  urk.  v.  14SS  frti  Haltads  1713;  und 
wenne  ein  probst  richtet,  so  sol  er  den  stab  in  der  band 
ban  und  sol  dei  vogt  nebent  im  sitzen  an  stab.  weiitit.  1,317; 
und  sali  der  lenherre  ader  syn  amptman  ader  wen  er  das 
betielt  den  staff  in  der  bunt  bain.  2,99,  anm.  1  {r.  j.  1465); 
ferner  hat  der  scbefTen  den  richler  gefragt,  ob  er  den  stab 
als  ein  ricbter  im  namen  und  von  wegen  der  vier  herrn  in 
banden  bah?  106  (r.  ;.  1549);  weil  die  schran  besetzt  und 
der  richler  den  stab  in  der  hent  hab.  <iro/.  irei5<fr.  l,  41, 2S; 
am  gerichtsztag . . .  soll  der  richler  die  urtheyler  beyssen  nider« 
sitzen,  unnd  er  auch  sitzen  seinen  stabe  oder  blosz  schwert, 
nach  lendlichem  herkommen  eyns  jeden  orts  inn  den  henden 
haben.  Ccrolina  i,i;  s.  auch  Sciiekz  Oberlir  1548.  dafür:  das 
solle  alles  ein  obervogt,  sidmal  er  zA  geriebt  sitzt,  und  den 
Stab  fürt,  . . .  besiglen.  weisth.  1,59  (Zürich  1572);  6  sint  urtel- 
sprecher,  der  oberste  oder  eitesie  under  iuen  ist  richler;  der 


347 


STAB  (II,  8) 


STAB  (II.  8) 


348 


fierl  den  staab  und  silzl  allein  uf  ein  banli.  819,  antn.  (quelle 
V.  1597);  item  wenn  ain  herr  von  Petersbusen  oder  sin  ainman 
zu  Langslacht  zu  gericht  sitzt  uinb  erb,  aigen  fäll,  und  lUss  und 
gelegen  gut,  sul  ain  berr  oder  sin  aminan  zu  Petcrshusen 
daruinb  ricbten  und  den  stab  innbaben.  247.  «.  ferner  unten  t.  — 
in  die  band  nehmen,  vgl.  Brunner  rechtsgesch.  1,141,  anm.  14; 
sin  majest.  hat  alsobald  den  gerichlsstabe  von  marggraven 
Albrechten  genomen,  sieb  nidergesetzt  und  furgenomen,  selbs 
zusprechen,  urk.  v.  1474  bei  Haltaus  1713;  item  wann  ain 
richter  zu  gericht  nidersizt  und  den  stab  in  die  hanndt  nimpt, 
so  soll  er  dess  ersten  umbfrag  tbun,  ob  ess  ricbtenss  zyt 
sye.  weisth.  1,274  (aus  dem  Thurgau,  1432);  ich  frag  euch  des 
rechtens  an  auf  den  aid,  ob  es  sei  an  weil  und  an  zeit,  . . . 
das  icb  als  richter  den  stab  von  dem  fronpotcn  in  die  hend 
nem,  damit  nidersitz  und  alüa  der  rüm.  kaiserlichen  majestät . . . 
ebehiifttädings  recht  besitz  und  halt,  tirol.  weisth.  l,  12,  17 
{rgl.  55,29.  2,366, 1);  dasz  . . .  ich  als  ihrer  hochfürstl.  gnaden 
besteUer  landrichter  am  llechfeldt  den  stab  in  die  band 
nemmen  und  das  gewöhnlich  iand-  und  nachrecht  ...  besüzen 
möge.  Salzb.  taid.  10,  lu,  $.  auch  ISI,  17;  ehe  er  den  stab  in  die 
band  ninibt,  so  soll  er  ainen  laudman  oder  ainen  redner 
fragen,  ob  es  nun  am  jhar,  am  tag,  weil  und  an  der  zeit  sei 
den  Stab  des  gerichts  in  die  band  zu  nemen,  richten  reichen 
und  armen,  witben  und  waisen,  allen  denen  die  des  rechtens 
begera.  steir.  taid.  426,  la — 19; 

heiT  Martin  von  StaufTeii,  edler  junckher, 
diss  ist  ietzuudt  mein  beger, 
dass  ilir  solt  nemen  ilisen  stab,  .  . . 
soll  clag  und  autwort  dan  verhören. 

Endinger  judensyiifl  (1616)  1390  (s.  72  neudr.). 

den  Stab  von  ihm  {sich)  geben:  wirt  er  aber  beclagt  unnd 
über  wunden  der  verlümbdung  schuldig  sin,  so  soll  ein  vogt 
uff  stan  unnd  dem  stab  von  im  geben  unnd  die  hochen  ge- 
richt furohin  mit  im  hanndlen  lassen,  weisth.  i,  120  {Ober- 
icinteilbur  1472);  wann  das  geschieht,  so  sol  er  den  stab  von 
im  geben  und  furo  nit  richten.  140,2  (Wieseudangen  1473); 
euch  sol  man  wissen,  das  eines  herren  amptmun  richten  sol, 
was  fOr  in  kunt,  es  wer  denn  das  yeman  klegti  umb  freuni 
{yewültthat),  . . .  su  sol  eines  herren  aniroan  den  stab  von  im 
gen,  und  sol  ein  vogt  richten.  151  {Einstcdeln ,  anfang  des 
tb.jahrh.);  {mit  dativ:)  unnd  sol  ein  apl  das  geding  besitzen, 
uncz  biss  das  es  rinem  an  den  lip  gat,  so  sol  er  denn  den 
Stab  von  im  gebenn  einem  vogt  uncz  das  die  urteil  ein  end 
nimpt.  so  sol  er  denn  nach  richten  als  vor.  346,  l  {S.Peter  im 
Schwanw.y  Hi3 — 84),  vgl.  5.350,20;  nach  diser  Verlesung  legt 
der  brühst  den  stab  auf  den  tisch  und  thuet  einen  abtritt. 
tirol.  weisth.  i,  98,26.  —  einem  den  stab  (ülier)geben:  auf  den- 
selben tag  gab  rex  den  stab  dem  edeln  hern  Gumprechten 
grufen  zu  Nev\enar,  ...  und  empfalch  im  daz  hofl'gericht. 
d.  städtechioii.  3,3ü6,\9  (v.  j.  1442);  item  der  bropsl  hat  ouch 
das  recht,  das  er  zu  Embrach  zu  gericht  sitzt,  oder  sinem 
aman  den  stab  belilcht.  weisth.  1,113  {Embrach,  Schweiz  1518); 
so  sol  ain  amtnan  des  dorlTs  zu  Langslacht  ...  darüber  richten 
und  ains  hern  von  l'etershusen  ammau  uGTstün,  und  im  den 
Stab  geben.  247;  und  het  der  probst  Qt  ze  klagenne,  so  sol 
er  einne  gutzhus  man  an  sin  stat  sezzun,  und  sol  im  den 
Stab  enpfelhun,  und  sol  im  klagun.  310  (Schwarzw.,  1344); 
beim  geriebt  zu  F(olckclingen)  setzet  sich  der  Schultheis  nider, 
und  so  er  gesessen  ist,  so  kompl  der  meiger  von  S.  Arnual 
und  hat  einen  weissen  stab  in  siner  handt,  und  spricht: 
•chultheiss,  sint  ir  zu  gericht  gesessen?  antw:  ja.  dan  sagt 
der  meiger:  su  gebt  mir  iirlauh,  das  ich  uch  den  stab  gebe.  2,  n 
{Völklingen  1422,  vgl.  i.  17);  so  der  Voigt  (;efiaigt  hab,  su  soll 
er  dem  grnntlierreo  den  stalT  lihen,  abe  ime  etwas  noit  were, 
das  er  den  stab  auch  niücht  bruichen.  halt  darnach  der  «oigt 
gefragt,  ab  er  genuich  getban  habe?  darulT  der  scbelFen 
(eantwurt,  er  mein,  der  voigt  hab  myt  der  uberlieberung 
den  Stabs  genoieh  getban.  . . .  darnach  hat  der  voigt  dem 
grunlbern  den  staff  gchihen,  da  dergrunthcr  den  stafTgcbruichl, 
bat  er  dem  foigt  den  slafT  wider  gclieberl.  7U  {Monlcler  lii\); 
alsdan  trat  bervur  des  crtzbischulTs  zu  Trier  schollbess,  als 
ein  hucbrichter  und  «chirnihrr  mit  einem  weissen  slabe,  und 
geboidc  demselben  bnOT  und  jargcding  ban  und  frieden;  und 
fOrbsss  handireicbt  und  gab  er  dem  schulteseo  s.  Symeun« 
kircben,  solche  jurgeding  ausszuhaltlen,  den  slali  in  seine 
bnndt.  eoi  {Spang  in  der  Eifel  Ibis);  so  raichet  der  ambtman 
zu  Zeilen  dem  probst  oder  seioeiii  anwalt  da  selbs  deo  slab. 
Urol.  »tiüh.  1, 139,  2; 


eil)  andern  den  stab  beTelilen  wolt. 

Kniliiiut'r  judeiispiel  1404  (v.  73  neudr.); 
weil  mir  der  stab  ist  aulTerlegt,  . . . 
so  frag  ich  eucli,  ihr  herren,  frey, 
ob  es  ietz  zeit  zue  ricbten  sey.    1406. 

aus  der  band  nemen:  item  die  rechten  halt  och  ain  herr 
von  Ow,  wenn  es  an  den  grossen  fraeffel  gat,  so  mag  er 
oder  sin  ampt  lütt  och  dem  amman  den  stab  uss  sir  band 
ncn,  und  mag  da  och  umb  den  fraedel  richten,  weisth.  l,  241,19 
(Ermatingen,  H.  jahrh.;  in  §18  dafür:  den  steken);  do  nam 
mir  Ulrich  Stainer  den  stab  aus  der  hant  und  fragt  die  ge- 
nininschaft  . . .  was  recht  wUr.  tirol.  weisth.  4,25,29.  s.  auch 
Stäbchen  5. 

ß)  auch  die  gei  ichlsboten ,  fronbuten,  büttel  trogen  stübe, 
vgl.  J.  Gkimm  recbtsalterth.*  i,  3bO :  ind  darna  so  naui  der  selve 
her  Hembolt  den  richterboiden  ire  steife,  ind  he  und  die 
sclieffene  gemeinlichen  lachten  as  vort  do  dat  hoegerichte 
neder.  d.  städterhron.  12,280,  10  {zum  j.  1372);  wenn  man  die 
unthädigen  uszlühret  zu  gerichtene,  so  sollen  die  büttel  darhei 
geben  mit  ihren  sieben  bei  den  henkern  und  schüren  und 
schirmen  vor  der  menge  des  volks.  quelle  vom  j.  1387,  s.  Giumh 
a.  a.o.;  der  budell  sull  ussgehen,  und  haben  ein  stab  und 
slagein  ahn  die  nuiuren  und  rufen  allen  den  ...  die  in  das  jahr- 
geiling  mit  recht  gehörig  seindt.  weisth.  2,  »3  {v.  j.  1463) ;  ob 
die  fronbolen  das  Übersechen,  so  müssen  sy  den  stab  ligen 
lassen  hüntz  an  der  burger  hulde.  Münchner  kramernrdn.  v.  1405 
bei  ScHH.  2,  7lü;  Jacob  ...  natu  grüne  stecklin  numen  halber 
gescheit,  ...  und  macht  sie  sprcncklecht,  wie  dye  statbutten 
sieb  tragen,  halber  grün  und  wysz.  KeisERSifRc  bilgersch.  n' ; 
im  Elsasz  trägt  der  ortsdiener  einen  stab  als  zeichen  seiner  würde, 
wenn  er  dem  gemeinderat  '^bietel'.  Martin-Lienbart  2,  567*. 

/)  dasz  auch  der  kläger  einen  stab  trug,  vermutete  schon 
GitiNM  ^ramm.  4,  845,  an*».,  aus  dem  o/td.  ruogstap;  bestimmter 
sprechen  es  Schröder  rechtsgesch.  83,  anm.  6,  und  Brunne«  1,  179 
aus.  doch  füllt  das  fehlen  der  belege  auf.  {einer  bei  Brumner 
a.  0.  0.)  vielleicht  rührle  der  klüger  an  den  stab  des  richters, 
vgl.  g,  ^.    s.  ferner  slabsagen. 

g)  der  stab  findet  im  gerichtswesen  die  mannigfachste  Ver- 
wendung. 

a)  einen  stab  tragen,  diese  fälle  sind  zumeist  schon  be- 
handelt, den  Stab  tragen  richter,  s.  oben  f,  a,  und  gerichts-boten, 
f,  ß,  wie  überhaujit  herrscher,  s.  b,  und  beamte  und  abgesandte,  c. 
der  slab  war  auch  zeichen  des  geleits,  s.  Schröter  rechtsgesch.^  577, 
anm.  29.  —  andrerseits  tragen  einen  (weiszen)  slab  landes- 
verwiesene und  überhaupt  verurtheille  oder  solche,  die  sich  auf 
gnade  und  Ungnade  ergeben,  s.  Grimm  rechtsalterth.*  1, 185^.  und 
oben  5,  f,  ß.  —  slab  als  zeichen  der  mündigkeit,  s.  6,  d. 

ß)  der  richter  eröffnet  das  gericht,  indem  er  den  stab  in  die 
band  nimmt,  s.f,a,  in  den  oberhessischen  dorfgerichten  auch, 
indem  er  damit  auf  den  tisch  schlägt  und  ihn  in  die  höhe  hält, 
s.  Grimm  rechtsalterth.  852.  dasselbe  verfahren  dient  auch,  um 
die  gerichtssilzung  aufzuheben:  letzlieh  sollen  die  holten  auss- 
roffen,  der  berrn  fry  jargeding  sy  nu  gehalten,  woe  ycniands 
vor  geriebt  zu  thun  hab,  der  mage  sich  vorziehen,  ehe  der 
keilner  den  staff  auflbebe.  weisth.  2,  299  {Casel  an  d.  Mosel  1548). 
ferner:  nach  solchem  pllegt  der  zenner  von  Lieht  abcrmulcn 
drey  mahl  mit  seinem  Stabe  an  die  lantze  zu  klopden,  ruffet 
wie  zuvor,  ...  höret  ihr  liebe  herren.  Wkhnbb  praä.  obstr' 
vat.  22>"  Schiller. 

y)  das  laden  lur  gerichtsversammlung  durch  umhersenden 
eines  Stabes  gehört  der  germ.  urzeit  und  dem  norden  an, 
s.  Schröder  rechtsgesch.'  44,  anm.  30;  ebenso  das  aufgebet  shm 
kriege  durch  einen  angebrannten  stab  (an  stelle  des  geuöhnlicht* 
heeri>feils),  s.  Grimm  rechtsalterth.  165. 

(V)  vereinzelt  begegnet  auch  die  Wendung  den  stab  setzen, 
aufrichten  von  der  eröffnung  des  gerichts:  fulgendls  h:iil  Hans 
Dieter  ...  die  frage  getban  . .,  warunib  m.  b.  von  Tholey  den 
bahn  und  slab  zu  setzen  hab?  ...  nachdem  furdt  ahn  Ibel 
er  ilans  Dieler  fragen,  aus  was  Ursachen  ein  herr  v.  Thuley 
die  erste  frage  zu  Ihnii  habe?  erkandt  der  scheOTcn,  dieweil 
das  der  berr  apt  erkent  ist  als  ein  gnindtherr,  dess  halben 
das  er  den  slah  und  Imlm  ulTzurichlen  hab,  su  hab  er  auch 
die  erste  frage  zu  Ihuii.  »«i$</i.  2,  02.  bei  den  Römern  wurit 
bei  auctionen  ein  slab  aufge.slcrkl,  vgL:  hattai  ^^  insigne  judicH 
vel  auctionis  iiubltcae,  ...  die  hasla  bey  verkUufeii  durch  lici- 
talion,  namentlich  die  liscalis  hasla,  die  io  landn-cblcn  tu* 
weilen  der  herrschaftliche  slab  beiszt.  Muco  in  d.  Gütt.  gtU 
am.  1840, 1.368.  —  betonderhett^n :  zwei  slübe  werden  in  die  eri* 
gttlickt  btt   der   fties.  entfuhrungsklage ,   t.  Grimm  rechtialltrlk» 


349 


STAB  (II,  8) 


STAB  (II,  8) 


350 


440,  10.  —  Stab  ah  stellverlreter :  und  wäre  es  sach,  dass  die 
beide  gndge  fürsten  und  Lerrn  her  setzen  einen  stab,  der  reden 
und  sprechen  iiünt,  dem  soll  man  recht  weisen  und  sprechen. 
«eisth.  4,  726,  t.  vgl.  2, 162.  antn.  2  und  schaub  2,  a,  iheü  8,  2;95. 
e)  einen  stab  (dar-,  über)reichen,  s.  K.  v.  ämira  in  Padls 
jrundr.'' 3, 212.  Scbköder  rechtsgesch.^  60,  beim  bürgsehapsvertrag 
285 f.,  als  'wette  {uadia),  pfand  287/:  Brüsker  2,366.  bei  der 
güterabiretung  s.  Grimm  rcchtsalterth.  133^.,  1  (*  1,184/'.):  diese 
zurückgäbe  des  lebens  muszte  bey  adelichen  leben  den  äliten 
persönlich  gemacht  werden,  bey  den  bauernlehen  aber  ge- 
schah sie  vor  gericht  durch  den  stab,  den  der  amraann  aus 
der  band  des  alten  besitzers  nabm,  und  in  die  band  des 
neuen  legte.  Arx  gesch.  von  St.  Gallen  2, 183. 

5)  an  den  stab  greifen,  so  von  bittenden :  welcher  an  ainess 
gerichts  stab  grifi  mit  urtel,  und  das  nit  hielt  und  kundtiich 
wurde,  der  ist  verfallen  die  grossen  buss  mit  gnad.  weisth. 
1,281;  welche  nach  der  hegung  und  nach  der  heiscbung 
kommen,  die  sollen  dem  richter  an  den  stab  greifen,  ich 
frage  euch,  was  ihres  unrechtes  darum  sey,  sintemal  sie  dem 
richter  an  den  stab  gegriffen?  es  habens  mich  meine  sluhl- 
brüder  gelehrt  und  ich  spreche  zu  recht,  wir  können  ihnen 
die  busse  nicht  vertheiien.  3,  5S1;  das  kein  inwoner  des  dorfs 
obgenant  . . .  seinen  nachgebaur  ausz  dem  dorfe  an  ein  ander 
gericht  nit  laden  soll,  geschee  es  dor  über,  so  soll,  der  also 
sein  nachgebaur  an  ein  auszwendig  gericht  geladen  hat,  dem 
obgen.  unserm  junkhern  und  sein  erben  an  seinen  stab  greifen 
und  den,  die  er  also  geladen  hett,  6n  iren  schaden  wider 
von  denselben  gerichten  her  heim  helfen.  6,65,  §  13.  besonders 
beim  schwören  und  geloben ,  s.  h.  auch:  in  ansehen,  dasz  er 
solches  bekbante  mit  antasten  an  den  gerichtsstab.  Wassebsch- 
LEBEif  rechtsqu.  2,  5.  198. 

t])  mit  dem  Stabe  berühren:  darauf  berührte  er  {der  amt~ 
mann,  bei  der  errichlung  des  Detiemer  galgens  im  jähre  1736) 
feierlich  mit  seinem  stabe  das  hochgerichtszeichen,  was  alle 
anwesenden  gerichte  nach  thaten,  die  keine  stäbe  halten, 
berührten  es  mit  der  band,  weisth.  2,  320,  anm.  1.  —  altröm. 
brauch  bei  der  freilassung,  daher:  stabe  damit  man  die  eygen 
leuth  frei  lasset,  vindtcta.  Dastpodics. 

6)  ein  brauch,  der  sich  bis  nahe  an  die  gegenwart  gehalten 
hat,  ist  das  brechen  des  Stabes  bei  todesurtheilen,  es  wird, 
ursprünglich  über  dem  haupte  des  verurtheilten,  ein  (weiszer)  slab 
gebrochen  und  ihm  vor  die  fiisze  geworfen,  s.  Grimm  rechts- 
aUerth.  135/.,  5.  S82.  in  der  alten  zeit  als  zeichen  der  friedlos- 
legung,  s.  Schröder  rechtsgesch.^  77.  Brcsner  2,  467,  anm.  29. 
GC.MHER  recht  u.  spräche  s.  16.  134/.  (nach  der  lex  salica  c.  60 
werden  bei  der  entsippung  vier  stäbe  über  dem  haupte  des  be- 
treffenden gebrochen  und  nach  den  vier  Windrichtungen  geworfen, 
tgl.  Grimm  rechtsalterth.  212.)  den  stab  über  einen  brechen, 
Tompere  il  bastone  sopra  di  uno  eioe  dar  la  sentenza  finale  di 
eondannatione  o  di  morte.  Kramer  die/.  2, 899' ;  stab  bey  einem 
halsgerichte,  so  zerbrochen  wird,  baculus  supplicH  Signum. 
Steinbacb  2,  651;  in  peinlichen  gerichten  ist  ein  alter  brauch, 
wenn  das  urtheil  über  einen  missetbäter  gesprochen,  und  er 
zum  lode  verurtheilt  ist,  dasz  von  dem  richter  ein  weisser 
Stab  über  ihm  zerbrochen,  und  hiemit  das  urtheil  unwider- 
ruffiich  bestätiget  worden.  Jablorski  744*;  vor  alter»  hatten  die 
richter  einen  stab  als  einen  scepter  in  den  bänden,  er  be- 
deutete absonderlich  den  blut-bann  oder  das  geriebt  über 
leben  und  tod.  daher  bricht  man  nach  gefällten  todes-urtheil 
annoch  einen  weissen  stab  über  die  malefitz-persohnen,  zum 
zeichen,  dasz  in  solcher  sache  kein  weiters  gericht  werde 
gehalten  werden,  scntentiam  eriminalem  conßrmare.  Frisch 
2,313',  s.  auch  Haltacs  1714.  Scherz-Oberlin  1547.  Adeickg 
{i,c).  —  die  belege  für  diesen  brauch  reichen  nicht  über  das 
IS.  jahrh.  zurück:  an  mer  enden  ist  ain  gebrauch,  das  der 
richter  seinen  gerichtz  stab  zerbricht,  etwo  so  er  vom  ge- 
richt auff  steen  will,  ettwo  so  er  dem  nachrichter  die  vor- 
geschriben  anlwurl  gibet,  zu  ainem  zaichen,  das  nichts  mer 
dawider  sei  gehandelt  werden.  Tengler  layenspiegel  (1511)220*; 
item  wann  der  beklagt  entlich  zA  peinlicher  straiT  geurtheylt 
wirdet,  soll  der  richter  an  den  orten  da  es  gewonheyt,  seinen 
Stabe  zerbrechen,  unnd  den  armen  dem  nachrichter  bevelhen. 
Carokna  96;  nach  verlesener  urtheyl,  sol  der  feldmarscbalck 
sein  Stab  brechen,  reichstäg  ordn.  u.  absch.  640  (reutet  bestallung 
zu  Speyer  1570);  zerbricht  damit  (mit  dem  aussprechen  des  todes- 

[  urtheils)  den  stab,  wirfft  denselhen  in  den  wurff,  sprechende: 

nun  belff  dir  gott,  ich  kan  dir  nicht  ferner  helffen,  wird  der 

!  anne  mentcb  darmit  zu  execulion  . . .  geführt.  Wkhuer  praet. 


obserrat.  222*  Schiller;  wir  haben  den  prozesz  jetzt  zum  fünften 
mahl   durchgegangen   und   untersucht;   das   hohe  blutgericht 
bricht  einstimmig  den  stab  über  des  delinquenten  leben,    er 
hat  doppelt  den  tod  verdient.  Fr.  MClleb  3.  364;  der  stab  war 
schon  über  dich  gebrochen!  Schiller  2, 90  (raubet  2,  3  schausp.); 
weil  ihr  habt  wie  recht  die  sach  erkennet, 
auch  den  tod  aus  Mose  gsetz  erneuoet, 
wolln  wir  auch  das  urteil  drüber  scbiiesxen,  . . . 
und  den  stab,  wie  gwönlich  ist,  zubrechen. 

schaufp.  aus  dem  16.  jahrh.  1,  77 
(RiBBUX  Sut.  4,  4,  r.  325): 
die  rathsherrn  sprechen  das  leben  leicht  ab, 
sie  brachen  dem  sechsten  schon  den  stab. 

icunderh.  1,  64  Boxberger. 

sprichwörtlich:  der  stab  ist  schon  gebrochen,  il  bastone  e  rotto, 
la  sentenza  finale  e  fulminata.  Kramer  dict.  2,899*;  das  urtheil 
ist  schon  gefället,  der  stab  ist  schon  gebrochen.  Schuppius  324, 
geuöhnlich  mit  reim:  das  urteil  ist  gesprochen,  der  stab  der 
ist  gebrochen!  EisELEi.t  576.  Simrock9794.  rjj.  nocA  Stäbchen  5. 
Stäblein  3,  d. 

t)  die  Wendung  über  jemand  den  stab  brechen  wird  sehr 
gewöhnlich  in  freierem,  bildlichem  sinne  gesaut,  einen  verurtheilen, 
ein  hartes  urtheil  über  ihn  fällen,  s.  Campe.  Borchardt  sprichw. 
redensarten^  1124:  also  den  stab  gebrochen  über  onkel  und 
neffen!  Schiller  3,94  {FieskoZ,h);  (mit  verdeutlichendem  Zu- 
satz:) nicht  alle  ...  die  in  dem  augenblicke,  wo  ich  dieses 
schreibe,  vielleicht  mit  hobngelächter  auf  seine  Schwachheit 
herabsehen  und  im  stolzen  dunkel  ihrer  nie  angefochtenen 
Vernunft  sich  für  berechtigt  halten,  den  stab  der  Verdammung 
über  ihn  zu  brechen,  nicht  alle  . . .  würden  diese  erste  probe 
so  männlich  bestanden  haben.  4,261;  bei  gott!  ich  that  . . . 
unrecht,  dasz  ich  über  die  vielen  kunstgärtner  . . .  den  stab 
brach,  die  sämmtiich  in  die  fetten  stachelMätter  einer  aloe 
ihren  namen  . . .  eingesägt  hatten.  J.  Pacl  biogr.  belust.  1. 134; 
so  auch:  wenn  meine  auffassung  keine  gnade  vor  ihnen  findet, 
so  brechen  sie  wenigstens  nicht  den  stab  über  meinen  ganzen 
menschen.  Bismasck  ged.  u.  erinn.  1,  IS5.  unbildlicher  ist  der 
dativ  anstatt  der  präp.  über: 

so  brichst  du,  grausam,  dir  und  mir  den  stab. 

GöTBB  9,  354  (nni.  tochter  4,  4). 

dann  auch  über  etwas  den  stab  brechen:  dafür  brechen  junge 
hoffnungvoUe  dichter  und  rezensenten  über  grauen  nihm  den 
Stab.  J.  Pacl  grönländ.  proc,  1,59;  ihr  müsztet  schlieszlich 
über  die  ganze  beilige  kunst  den  stab  brechen.  C.  F.  Meter 
Jürg  Jenatsch  120; 

was  hiirts.  den  stab  zu  brechen 

ob  menschlicher  gebrechen, 

von  erdenlebens  schwächen 

geärgert  und  gekränkt!    Rcckirt  2,  3S4  Böhme. 

mit  dativ:  die  folge  ist,  dasz  das  publicum  das  vertrauen  und 
den  glauben  an  den  geschmack  der  bobnenleiier  verliert,  und 
bei  jedem  neuen  stücke  mit  einem  gewissen  Oppositions- 
geiste ...  in's  theater  gebt  und  manchem  stücke  den  stab 
bricht,  welches  es  bei  einer  unbefangenen  Stimmung  viel 
günstiger  aufgenommen  hätte,  grenzboten  1S46,  nr.  43,  s.  176.  — 
mit  unpersönlichem  subject: 

ich  trar  den  mönch  ob  bösen  werken, 
wie  an  dem  wege  leicht  zu  merken; 
der  weg  hat  ihm  den  stab  gebrochen. 

Uhlasd  geil.  (1S64)  417  Oiraf  liicli.  Ohnefurchl  2). 

h)  besonders  spielt  der  stab  beim  eide  eine  rolle,  dieser  wird 
im  mittelalter  so  geleistet,  dasz  der  richter  oder  noch  früher  der 
gegner  dem  schwörenden  einen  stab  hinhält  und  dabei  die  eides- 
formel  vorspricht,  dieser  sie  unter  berührung  des  Stabes  wort  für 
wort  nachsagt,  vgl.  Grimm  rechtsalterth.*  1,186/.  (^  135,4).  2,550/. 
554/.  Schröder  rechtsgesch.*  354.  Brdnner  2,427.  K.  v.  Amira  in 
Pauls  yrundr.  3,  2iö:  do  nun  die  egenannten  mein  gnedige 
frauen  . . .  sulcb  aufgäbe  und  verzig  also  willkirlich  und  un- 
bezwungenlich  gethan,  und  dasz  vor  offnem  gericht  bekannt, 
auch  mir  als  richter  darum  an  den  stab  gerürt  betten,  urk. 
V.  1467  bei  C.  F.  Jonc  miscell.  4  (1746),  57,  s.  auch  den  beleg 
unter  1, 4,  sowie  stäbicin  3,  e.  darauf  beruht  die  sehr  gewöhnlxclie 
Wendung  den  eid  staben,  s.  staben  II,  i.  dafür  einen  eid 
stellen  =>  einen  stab  stellen:  den  hotten  einzusetzen  soll 
ein  stah  gestelt  werden,  und  mein  herr  Prüm  dem  botten 
den  eidt  stellen,  und  oben  an  den  stab  greifTen,  und  der  vogt 
unden  zu.  v«t$t/i.  2, 525;  item  einen  botten  zu  setzen  sollen 
die  herrn  einen  stab  darstellen,  undt  mein  herr  von  Prüm 
soll  den  botten  kiesen,  undt  fragen  die  schelTen.  ob  der  man 
gut  genug  sey?  darnach  soll  mein  herr  zu  Prüm  biemil 
gehen,  ejd  stellen  undt  den  8t«b  oben  fassen,  undt  der  vogt 


351 


STAB  (11.  8) 


STAB  (II,  8) 


352 


unden  zu  and  ihnen  bestedigen.  6U.  dagegen  bedeutet  in 
folgender  stelle  einen  stab  setzen  'einen  eid  schwih-en' (sodasz 
stab  geradezu  in  die  bedeutting  'eid'  übergeht,  vgl.  ahd. 
£idstai>  NOTKER  ps.  115,  5) : 

ich  {EccUsia)  wel  der  (ßynagoqa)  seczen  einen  stab, 

thustu  dich  [der]  alden  ee  nicht  ab 

und  gleubest  an  den  hern  Jhesum  Crist, 

dasz  du  dan  gancz  verlorn  bist : 

das  bot  hie  selbes  gesprochen. 

Altfeld,  pcusiomsp.  4595. 

so  gewöhnlich  an  den  stab  geloben,  'hiesz  ehemals,  mit 
berührung  des  stabes  dem  richter  an  eides  statt  versprechen'. 
Campe:  bo  einer  umb  ein  frevell  gestrafft  würt,  ist  er  ein 
insSss ,  so  soll  er  ann  stab  globenn ,  dem  gerichtshem 
inn  acht  tagenn  nssrichtung  zu  thun  umb  die  buss.  tceisth. 
1,111  (ö/n.  V.  Dachsen,  Zürich,  1532);  welcher  nit  ain  an- 
geseszner  gerichtsman  ist  und  ze  rechten  hete,  es  sei 
clager  oder  antworter,  ist  zum  rechten  ain  bestand  oder 
porgschaft  ze  thuen  schuldig  mit  zwaien  angesesznen 
gerichtsmänern ;  wo  er  aber  die  nit  gehaben  oder  auf- 
bringen mechte,  solle  er  an  den  gerichtsstab  angloben, 
beim  selbigen  gericht  vermög  des  alten  herkomen  und 
der  landschrannen  gebrauchs  sein  sachen  auszzefiern. 
Sahb.  taid.  35,  81  ; 

ir  wert  nn  all  zu  diser  frist 

celoben  ain  sicherhait  an  disem  stab,  .  .  . 

das  kainer  weder  schlahen  wöU  noch  vechten. 

fastn.  sp.  591,  13  (,vgl.  Sciim.  2,  716). 

besonders  vom  amtseid  der  richter  selbst:  es  sollen  auch 
in  ieder  gedingstat  siben  sitzer  sein ,  die  dann  .  .  .  bei 
iren  hantgeboten  in  aides  weise  dem  richter  am  stab 
loben  sollen,  gleich  urtailer  ze  sein  dem  armen  als  dem 
reichen,  tirol.  weisth.  3,  174,  35  {v.  j.  1490);  wo  ainer  ain 
gewalthaber  seczet,  der  nit  ain  angeseszner  gerichtsmann 
war,  derselb  soll  auch  mit  zwaien  gerichtsmännem  ain 
bestand  thuen  oder  wie  vorstehet  an  den  stab  angeloben. 
Salzb.  taid.  35,  48  (vgl.  oben) ;  die  alten  keller  unnd  richter 
loben  an  den  stab,  den  ayd,  wie  sie  vormalen  geschworen, 
zu  halten.  Heider  auszführung  der  reichsstadt  Lindaw 
(1643)  s.  801.  —  so  ferner  -.  und  doruf  hat  Hans  Moier,  sein 
weih  und  son  vor  sich  und  ör  erbin  ganze  und  genüg- 
same vorzieht  und  absagunge  an  gerichtsstab  gethan,  .  . . 
geredt  und  gelobet,  sächs.  recessbtich  v.  1494  bei  Grimm 
rechtsalter th.  135,4  (auch  Haltaus  1713). 

i)  stab  bezeichnet  dann  auch  in  freierer  weise  die  richter- 
liche getcalt  oder  die  gericht^barkeit :  stab,  per  meton.  signi, 
jurisdictio  et  potestas  iudicandi  tarn  civilis  quam  eccle- 
siastica.  Haltaus  1714;  so  noch  im  oberdeutschen,  s.  Sghm. 
2,717.  ScHMiD  504.  Stalder  2,388  (Gerichtsstand,  gerichts- 
aectioti). 

a)  1362  hat  Meinhardt  versetzt  die  gericht  sambt  dem 
stab  und  weishait  zu  Tramyn  und  Caltern.  quelle  bei 
Schöpf  695.  einen  stab  haben:  wem  ouch  von  ainem 
amman,  waibel,  oder  von  ainem  andern  . . ,  der  des  gotz- 
hu8  stab  und  zaichen  hat,  under  ougen  fürgepotten  wirtt. 
weisth.  1,226  (öfn.  zu  Tablatt,  S.  Gallen,  1471);  vor  dem 
obgenannten  Niclaus  Altorff  als  dem  schultheisen,  der 
dann  das  schultheisen  ampt . . .  mit  dem  stab  besass.  770 
(Damheim  1488) ;  item  der  bropst  oder  sin  amman  fürendt 
den  stab  unnd  setzent  die  gotzhuslütt  uss  den  vier  quartten 
zwölff  richter  zu  inen.  112  (Embrach  1518);  item  dasz  gotz- 
husz  Alperspach  haut  ouch  den  stab  zu  Hopfen,  ze  Nider 
und  Ober  Tobel  ouch  die  vogtye  und  oberkeit  und  alle 
ding  zerich[t]en.  urk.  v.  1488  bei  Haltaus  1714;  doch  bliben 
die  Appenzeller  bey  jhren  bürg  und  landrechten  .  .,  also 
dasz  sie  hinfüro  nur  ein  gericht  und  stab  im  land  haben. 
Stumpf  Schxoeytzer  chron.  428'';  zu  Volckersweiller  hat  es 
ein  eigen  und  besonder  gericht  mit  6  schöfTen,  . . .  und 
ist  nuhnmehr  bei  72  jaren  hero  der  stab  derendts  durch 
den  schultheissen  zu  Goss.  gehalten  worden.  Wasskrscii- 
LEBEN  rechiequ.  2,  s»  (Ofenbach  iSBß);  vor  demselben 
ordenlichen  pfli^ger  oder  seinem  richter,  der  dann  von 
unserm  gn.  herm  von  Salczburg  . . .  den  gerichtstab  hat. 
Saltb.  taid.  la,  io.  dazu:  so  muszte  der  fongt,  der  des- 
Mlb«n  gerichles  herre  was,  und  des  stabes,  ...  die  erste 
naht  des  diebes  hUien.  Straszb.  »tat.  bei  Schrrx-Orkrlin 
IM«.  —  einem  den  stab  übertragen ,  zustellen  u.  ähnl. . 
wir  toltcn  einem  andern  fursten  das  gericht  und  den  stab 
an  nnser  statt  empfehlen,  urk.  r.  1868  bei  Haltaus  1718; 
welchem  io  abwesen  des  cammerriohters  der  stab  und 


richter  ampt  befohlen  werden  soll,  reichstäg.  absch.  427; 
churf.  Pf.  und  Speyer  haben  alhie  zu  Offenbach  ein  schult- 
heissen, welchen  Pf.  ambtleuth  wählen,  .  . .  den  stab  von 
Pf.  fauth  behendiget  und  nachmals  in  gemeine  pflicht 
genommen.  Wasserschleben  rechtsqu.  2,  284,  23  (1.599); 
wann  si  die  raitung  aufrecht  und  erbar  gehandlt  zu  sein 
befinden,  sollten  si  die  beschlieszen  und  volgenis  den 
ainen  dorfpürg,  als  der  zwai  jähr  im  ambt  gewest,  seines 
glibs  erlaszen,  und  derselb  mag  den  stab  ainem  andern, 
der  es  billich  sein  soll,  zuestellen.  tirol.  weisth.  8,  280,  82. 
ferner:  es  soll  auch  der  richter  damit  den  gerichtsstab 
verloren  und  auch  wider  ere  geton  haben,  quelle  v.  1438 
bei  Haltaus  1715.  —  auch  handicerksmeister  erhalten  in 
diesem  sinne  stab  und  heiligen  (reliquien),  vgl.  st&bler  5: 
item  es  sollen  handwerckmeister  und  handwercke  die 
von  alter  her  jre  bestetigung,  auch  stab  und  heiigen 
empfangen  haben ,  solche  bestetigung ,  auch  stab  und 
hilgen  von  unsern  amptleuten  in  unserm  hoff  empfahen. 
erff.  conc.  B  l*".  —  auch  hier  wird  ifi  vielen  fällen  der  stab 
zunächst  eigentlich  verstanden  sein;  von  den  unter  g  be- 
handelten untersclveiden  sich  diese  Wendungen  jedoch  da- 
durch, dasz  es  sich  hier  stets  um  das  dauernde  innehaben 
und  atisüben  der  gerichtsbarkeit  handelt. 

ß)  ausdrücke  mit  stab  als  subj. :  also  verre  der  stab  zn 
Saspach  zu  gebietten  hatt,  das  ist  ein  habende  gerichte. 
weisth.  1,  413,  vgl.  Wander  4,  757, 12.  so  weit  als  der  stab 
reicht,  also  weit  gehet  uns.  gn.  herrn  gericht.  weisth.  2,  201 ; 
die  güther  . . .  die  anderswo  gelegen,  da  der  stab  zu  Gengen- 
bach hinreicht,  tirk.  v.  1516  bei  Haltaus  1715,  dafür:  daz 
daz  lantgericht  get  mit  dem  stab  von  dem  Maukchen- 
pach  unz  an  daz  Hösel.  tirol.  toeisth.  l,  114,  12.  —  were 
aber  das  der  .  . .  deheine  unfüge  geton  oder  begangen  bette 
die  do  geclaget  were  oder  der  stabe  begriffen  hette.  d.  stüdte- 
ehron.  9,  945,  27  (urk.  v.  1420);  wer  es  aber  das  sui  nit 
kement,  das  sui  der  stab  ergriffen  m6ht.  urk.  v.  1422  bei 
Scherz -Oberlin  1548;  item  man  spricht  ouch  zö  dem 
rechten,  wen  der  stap  begriffet  der  würt  antwürten. 
loeisth.  1,415  (Cappel  in  d.  Ortenau,  \b.  jahrh.,  als  »prich\r. 
WaNDER   4,758,14). 

/)  unter  einem  gewissen  stab  stehen,  als  ex.  gr.  unter 
dem  hof-stab,  universität-stab ,  burger-  etc.  stab,  stare. 
vivere  sotto  la  giurisdittione  d'un  certo  tribunale.  Krameu 
dict.  2,  899'';  unter  eines  stabe  stehen,  unter  dessen  gerichts 
barkeit.  Adelung  (2,  2,  c):  men  hette  nüt  über  sü  geiir 
teilet,  wenne  sü  geistliche  lüte  werent,  men  hette  nuwent 
geurteilet  über  die  leigen  die  under  irme  stabe  sehssent 
d.  städfechron.  9,  735,  anm. ;  sie  (die  Juden)  mügent  ouch 
von  allen  unsern  bürgern  und  burgerin  die  under  unserm 
stabe  sitzend,  zö  wucher  nemmen  von  ieglichem  pfunde 
zwene  pfenninge.  984,32  (ordn.  v.izib);  daz  soll  man  mit 
ainz  gotzhus  von  Chur  tagen  oder  fronpott  tuon,  un  daz 
soll  under  des  gotzhus  von  Chur  gericht  und  stab  be- 
rechtet werden,  tirol.  toeisth.  3,  340,  84  (vgl.  38;  stat.  v.  1427); 
so  soll  er  aber  sitzen  acht  tag  darnach  und  soll  alle^ 
menniglich,  der  unter  seinem  stab  ist,  ungepoten  da  sein. 
4,120,8;  klagt  auf  die  stück  und  guth,  unter  dem  ting 
und  stab  gelegen,  urk.  v.  1460  bei  Haltaus  1714;  item,  das 
ein  ietlicher  schiffer  . .  .  soUent  auch  recht  nemen  und 
geben  under  dem  stab  zu  Altenstaig.  iceisth.  6, 828,  11 
(v.  j.  1490) ;  der  schultheisse  hat  den  gewalt  von  deme  apte 
von  S wartzach  zue  gebieten  allen  den  fleschcrn,  die  under 
syme  stabe  sint  gesessen.  1,429  (*.  awcA  707/.) ;  das  ich 
auff  diesen  heutigen  tag  zu  recht  mag  sitzen ,  unnd  .  . . 
recht  sprechen,  über  alle  daszjenige,  so  under  meinen 
stab  kommet  und  vorbracht  wirdt.  Reuiter  v.  Stkii; 
kriegsordn.  (1594)  *.  89;  und  würdt  dasz  gericht  aus 
dörfem  Goss.,  Stein  und  Sultz  mit  7  schöffen  . . .  In 
und  gehören  ermelte  dörffer  amptlich  under  eimn  ui' 
richtszwang  und  stab.  WASSKnscui.v.nr.n  rechtsqu.  •i.J'^'^: 
haben  sich  die  gemeinden  im  land  Appenzell  erst  recht 
zusamen  gethan ,  und  alle  gemoinlich  under  einen  stab 
gericht  und  landtlich  regiment  begeben.  Stumpf  Schir'—'-" 
ehron.  *88»;  so  noch  in  neuerer  leit:  dasz  .  . .  der  | 
zur  gehörigen  stunde  bei  den  reichsgorichten  anpi 
und  immer  im  gange  erhalten  worden  sei,  dasz  <\< 
aber  nach  Wetzlarischer  sitte  unter  dem  stabe  des  kn  m 
riohters  seine  endschaft  nicht  erreicht  habe.  Immehuann 
6,  M  Boxberger  (epig.  1,  8,  8). 


.•)3 


STAB  (II,  8) 


STAB  (II,  8.  9) 


354 


(5)  dafür  auch  blosz :  der  dem  stab  gesessen  ist ,  ... 
jiirisdicttoni  stibditus,  in  quem  illa  exerceri  potest.  Scherz- 
Oberlin  1548;  fürter  soll  keinem  zugelassen  werden 
einigen  burger  oder  inwohner,  der  dem  stab  gesessen  und 
mit  gebotten  zum  rechten  zu  zwingen  ist,  zu  frönen. 
tffrmzb.  stat.  s.  ebenda,  dem  stabe  gesessen  sein  noch  bei 
Campe.  —  vati  den  untern  beamten:  wann  auch  ein  unter- 
nieier  oder  schöff  von  tode  abgienge ,  . .  .  der  den  also 
er  weit  würde,  derselbige  soll  dem  stab  gehorsam  sein. 
ireisth.  1,  746,  2  {Hengiceiler  im  Unterelsasz,  1584) ;  dann  soll 
ieder  beeidigter  Schreiber  dem  stab  gehorsam  sein,  tirol. 
ueisfh.  2,  186, 14. 

e)  vor  dem  stabe  vor  gericht :  so  solle  er  sich  vor  diesem 
Stäbe  verantwurtten.  urk.  v.  1330  bei  Schöpf  695;  hofhörig 
liit  mügent  ouch  ir  varend  gut  vor  ains  herrn  stab  . . . 
vermachen,  weisth.  1, 106;  der  sol  es  vertigenn  vor  mynnes 
herren  vonn  Einsidlenn  stab  oder  vor  synem  amptman.  171; 
was  unfeile  fürbracht  werden  vorm  schultheissen  und 
stabe,  soll  er  straffen  wie  ein  fautsherr.  451 ;  unterthanen 
die  vor  eines  gericht  und  stab  gehören.  Jülicher  rechts- 
ordn.  bei  Frisch  2,313^;  das  ain  ieder ...  an  den  leslichen 
feirtägen  . .  .  wol  zum  lantsrechten  sitzen  mag  und  für- 
nemen  alles,  das  für  den  stab  gehört,  tirol.  weisfh.  3, 174,  7. 

^)  ähnlich  an  den  stab  kommen,  vw  gericht :  was  pain- 
schröt  wunden  sein,  die  gehörent  in  das  lantgericht,  aber 
meiner  frawen  richter  sol  darumb  richten  und  an  das 
recht  sitzen,  und  nicht  der  lantrichter,  und  davon  ge- 
vallent  meiner  frawen  richter  zwai  pfunt  perner,  und  als 
oft  es  von  dem  stab  kumbt  mit  des  richters  Urlaub,  als 
oft  sol  es  hin  wider  komen  an  den  stab,  hintz  das  es  bericht 
oder  vertadingt  wirf,   tirol.  weisfh.  1,  255,  25/.  (=  Grimm 

Vä.  3,  726).     zum  stabe  bringen: 

ich  musz  mich  arme  frau  noch  selbst  zum  stabe  bringen, 
und  mein  sehergante  seyn,  dasz  nie  kein  feind  gethan. 

P.  Fleming  117. 

ti)  zum  stabe  gehen  in  anderm  sinne .-  wer  guter  habe 
die  nit  bau  haben,  darunder  sich  ein  keller  zue  Neustatt 
mit  einem  knecht  nit  trucken  behalten  und  stellen  möge, 
die  sollen  alle  14  tag  zum  stab  gehen,  als  von  alter  her 
kommen  ist.  loeisth.  6,  57,  §  3  {Sendelbach  in  Franken  1494); 
wo  sie  das  nit  thäten,  so  sollen  sie  einem  keller  in  aller 
maasz  thuen  als  einer  der  im  dort  unbuwiglich  säsze, 
und  zum  stab  und  zur  band  gehen.  §  5,  s.  auch  58,  §  3. 
59,  §  10;  wilche  des  niht  theten  6n  eins  richters  willen, 
die  sollen  der  hern  an  den  stab  gen,  das  bedeut  also  vil 
als  die  busze.  60,  §  2  {Greusenheim  1448).  der  sinn  der 
'    ndung,   die  offenbar  nur  geringe  Verbreitung  hatte  {alle 

''■ge  stammen  aus  dem  amt  Soten/els) ,   ist  nicht  klar, 
reg.  s.  366  sind  die  stellen  unter  'Landes-  und  ortsver- 
ueisu7ig'  (dem  stabe  nachgehen,   vgl.  f>,f,ß)  aufgeführt, 
was  offenbar  unzutreffend  ist. 

&■)  mit  dem  stabe,  gerichtlich:  all  gemain  wisen  sollen 
mit  dem  stab  befridt  werden,  steir.  taid.  430, 1 ;  man  solt 
im  einantwurtten  der  zwai  erben  leibgeding  hie  bei  der 
schranen  mit  dem  stab.  m^mum.  boica  2,78  {urk.  iM436); 
vgl.:  man  solt  dem  abbt  dasselb  guet  inantwurten,  der 
richter  mit  dem  stab  an  der  scbrann,  und  der  ambtman 
mit  grünt,  und  mit  poden.  5,  267  {urk.  r.  1378).  an  dem 
stab:  also  stehe  ich  hie,  und  will  meinem  lieben  haus- 
wirth  solch  mein  haab  und  gut  inhalt  des  verlesen  briefs 
aufgeben  an  dem  stab.  2,  97  {urk.  v.  1475);  an  stab:  der  .  . 
entschlüg  {sprach  frei)  den  Zwingly  an  stab.  Anshelm 
Berner  chron.  5,  241,  22. 

0  den  stab  begehren,  fordern,  das  gericht  in  anspruch 
nehmen:  so  soll  der  kirchher  ain  gericht  auss  seinen 
lehenleuten  verordnen,  unnd  die  oberkait  umb  den  stab 
pitten,  unnd  so  das  geschieht,  sollen  die  spenn  und  jrrung 
vor  dem  lehenns  gericht  ausgericht  werden,  weisth.  i,  .394; 
{vom  klägert:)  wer  den  stap  begeret  zu  dem  rechten,  den 
8öl  man  ime  nit  versagen,  er  lüge  wie  er  in  heisch.  415; 
item  man  spricht  zä  dem  rechten,  das  der  stap  des  obg. 
gerichts  mins  gn.  herrn  nit  sol  macht  haben  iemans  zu 
haben  zu  dem  rechten  affter  das  einer  keinen  pfening 
kan  kiesen,  wer  es  aber,  das  einer  abeging  von  todes 
nöten  oder  uss  dem  lande  ziehen  wolt,  der  den  stap 
vordert,  den  söl  man  ime  nit  versagen.  416. 

k)  zuweilen  geht  stab  von  da  aus  in  andre  bedeutungen 
über. 
X.  2. 


a)  mit  bezug  auf  die  gerichtsgebühren,  gefalle :  darumb 
sol  er  dem  stabe  sein  recht  geben  das  ist  xxviij  ^ .  weisth. 
1,  413;  das  ain  pfleger  ze  Erenberg  die  pön,  die  er  erlangt 
mit  dem  stab  vor  demselben  gericht,  soll  er  mit  ainem 
abt  ze  Füssen  tailen.  tirol.  weisth.  2, 101,  2;  und  hat  si  ain 
phleger  auf  Erenberg  auf  ain  jar  nit  mer  anzevordem, 
an  das  im  mit  dem  stab  gefeilt.  107, 14.  dann  auch  stab 
selbst  für  gerichtsgefälle,  -kasse;  stab,  per  m^ton.  pro  spor- 
tulis  et  reditibus  jtidicii  et  jurisdictionis.  Haltaus  1715 : 
auch  mag  min  herr  von  Werth(eim)  . .  .  dry  geschworen 
montag  haben ,  . .  .  und  bedarff  man  dess,  so  mag  man 
auch  zwey  affter  gericht  haben,  .  . .  und  solten  auch  zu 
derselben  zyt  von  dem  stabe  zehren,  urk.  v.  1420  s.  ebenda; 
ob  ainer  ttiat  tat,  darumb  er  fluchtig  wurd,  dasz  man 
im  nachraisen  müesset,  ob  darunder  kain  (rar..-  ain) 
zerung  beschäch,  die  sol  ain  richter  oder  pfleger  von 
desselben  hab  nemen,  ob  er  als  vil  gehaben  mag,  und 
bat  er  dan  als  vil  nicht,  so  sol  si  ain  richter  von  dem 
stab  nemen.  tirol.  weisth.  2,  288, 15 ;  und  sol  der  richter 
iiii  crü.  von  dem  stab  haben  und  ieklicher  aidswerer 
ii  crüz.  3,  350, 16. 

ß)  stab  für  die  richter  oder  schaffen  (?) :  so  soll  erstlichen 
das  gericht  mit  verdingtem  stab  und  unpartheiischen 
rechtsprechern  besetzt . .  .  werden,  tirol.  ioeisth.  2, 187, 12, 
vgl. :  auch  sol  einem  richter,  wan  er  mit  verdingtem  stab 
zu  recht  sitzt,  für  sit^geld  . . .  iedesmahls  l  fl.  gebühren.  19. 

/)  nicht  selten  für  gerichtsbezirk,  s.  Sghm.  2, 717 :  welcher 
aber  das  übertretten  wurde,  der  soll  baiden  kirchen  in 
baiden  stäben  ain  pfunt  gewicht  wachs  zu  straff  bezalen. 
tirol.  weisth.  1,  225,  29;  vermerkt  des  dorfs  und  stab  Ampans 
Öffnung.  228,  31 ;  so  begehren  beede  gerichtsgemeinden 
durch  gnädigste  einwilligung  der  landesfürstlichen  hoch- 
heit iedem  stab  ein  eigen  gerichtsinsigl  zu  verleichen. 
2, 192,  8;  Ordnung  des  ehehaft-  oder  landthätungs  der  finf 
gerichtsstäb  in  Pongei.  Salzb.  taid.  181,  1;  euch  ersammen 
geding  der  finf  stab  im  Pongei.  182,  2. 

^  'in  einigen  gegenden  der  Schiceitz  bedeutet  der  stab 
das  rathhaus  mit  der  davon  abhängigen  gerichtsstätte.' 
Adelung  (2,  2,  c). 

9)  stab  zum  messen. 

a)  in  alter  zeit  dient  zuweilen  der  wurf  eines  siabes  als 
masz  einer  entfernung,  vgl.  Grimm  rechtsalterth.  60,  42/.  .- 
auch  so  sali  eyn  gemeyner  hirte  nit  ferrer  faren  mit 
synen  schaffen  und  tziegen  in  dem  walt,  dann  er  mit 
synem  stabe  gewerffen  mag.  weisth.  1,  499  {Dreieicher  icHd- 
bann  v.  1338 ;  daz  keine  scheffer  ferrer  mit  sinen  schaffen 
darine  {in  die  liege)  faren  sal,  dann  er  mit  sinem  stabe 
von  dem  fordersten  schaffe  an,  das  darine  gangen  were, 
herwidder  usz  gewerffen  mag.  4,  536, 11  {Dieburger  weisth. 
V.  1429,  vgl.  dazu  Heyne  hausalterth.  2,212,  anm.  265). 

b)  zuweilen  sagt  man  stab  für  den  taktstock  des  musik- 
dirigenten,  dessen  niederschlagen  das  zeitmasz,  tempo  eines 
musikstückes  angiebt:  der  kapellmeister  hob  den  stab. 
Hauff  7, 169  Hempd. 

c)  gewöhnlich  wird  die  länge  des  stabes  selbst  als  längen- 
masz  benutzt,  doch  ist  das  einfache  stab  in  diesem  sinne 
nicht  üblich,  nur  in  Zusammensetzungen  wie  meterstab, 
ellstab  (ehlen-stab,  chiamato per  ordinario  ehle,  biacciale. 
Kramer  dict.  l,  268»,  tirol.  öllstöb  eile  Hintner  228),  klafter- 
stab  {canna  da  misurare,  ein  maszstab,  meszruthe,  klaffter- 
stab.  Kram  ER  dict.  ital.-tedesc.  173»).  vgl.  auch  maszstab 
{theil  6, 1750)  und :  stab  im  messen,  weil  einige  handwerks- 
leute  ihr  gewöhnliches  maasz  als  einen  stab  gebrauchen 
so  etwan  3.  schuh  lang,  und  also  das  vierte  theil  von 
der  rute ,  heissen  sie  ihn  den  maszstab ,  bactdus  geo- 
metricus.  Frisch  2,313'';  ein  Pariser  etc.  stab,  un  braccio 
cioe  canna,  verga  di  Parigi  6  parigina.  Kramer  dict.  2,899*. 

d)  dagegen  findet  sich  stab  in  älterer  zeit  und  land- 
schaftlich als  bezeichnung  einer  bestimmten  länge;  stab 
entspricht  dabei  ungefähr  dem  meter,  wodurch  es  verdrängt 
ist,  doch  tcird  die  länge  im  einzelnen  verschieden  angegeben. 
stab  in  Italien,  Fraukreich,  Brabant,  Hambttrg,  s.  Jacobs- 
SON  4,  243'' ;  'in  Leipzig  hält  der  stab  zioey  eilen  oder  vier 
fusz;  in  den  ty roiischen  bergioerken  aber  eine  eUe  und  drey 
finger.'  Adelung  (2,2,0).  besonders  findet  sich  stab  in 
Süddeutschland,  wo  es  z.  th.  noch  üblich  ist:  in  der  Schioeiz 
'längenmasz  für  schnittwaaren  =  zwei  dien  oder  vier  fusz'. 
HuNZiKER  249,  bei  Seiler  276»  als  'altes  längenmasz'.   als 

23 


355 


STAB  (II,  9.  10) 


STAB  (IT,  10-12) 


356 


offizidle  bezeichnung  galt  stab  in  der  Schweiz  nach  der 
masz-  und  geiaichtsordnung  von  1868,  umrde  aber  im  gesetz 
von  1884  xcieder  entfernt.  Lueger  7,  4€7.  ebei\so  im  Elsasz, 
a.  Martin-Lienhakt  2,567».  s.  ferner  Schm.  2,716.  belege 
aus  der  litterafur:  item  mee  i  stuck  czu  hernleilach 
(feineres  betttuch),  helt  90  steh  czu  31 '/a  ^.  facit  8  fl.  12  ß. 
item  mee  2  stuck  czu  eehalten  leilach ,  hallten  pede 
91  Vi  Stab  czu  23  ^  1  stab  facit  G  fl.  7  /9.  Tucher  hauslmltb. 

8.  74  {zum  j.  1509) ;  die  böszwichter  haben  eben  das  mit 
jhrer  ehle  und  stab  wollen  auszrichten ,  was  Moysis  ge- 
than.  Pni  LANDER  1,  391;  ein  stoff,  wovon  der  stab  zum 
allerwenigsten  einen  karlin  werth  ist.  Gotter  schart^.  215; 
dasz  ich  dem  einen  rezensenten  einige  päckchen  stu- 
dententaback  gratis  geschenkt,  und  der  frau  des  andern 
ein  wenig  taffetas  de  bonncs  femmes  darüber  gemessen 
und  ihr  einen  halben  stab  gestreiften  Batavia  gegen  wenige 
steine  bauernwolle  gelassen.  J.  Paul  fata  vor  Nürnb.  2,  7. 

e)  femer  steht  stab  in  dem  xihertragenen,  abstracten  sinne, 
der  auch  bei  maszstab  de»-  gewöhnliche  ist,  für  die  norm, 
das  feststehende  Verhältnis,  wonach  gemessen  roird:  was 
gam  er  herbringt  . .,  das  sond  im  die  liniweber  würken, 
wie  er  das  wil,  husbraite  linwaut,  braite  ald  smal,  doch 
nach  der  statt  stab  und  zaichen.  Konstanzer  ordn.  v.  1423 
in  MONES  zeitschr.  9,  185;  er  soll  auch  alle  stein,  die  .  . . 
herein  gefurt  werden,  . . .  selbs  eichen  in  dem  stab,  der 
darzu  geordent  ist.  Tucher  baumeisterb.  35,  3;  also  das 
sie  alle  stein  an  rechter  leng,  das  ist  drei  stat  schuch, 
auch  legers  dick  und  prait,  das  ist  ander  halb  schuch 
in  dem  stab,  den  ein  erber  rat  darzu  geordent  und  geben 
hat,  prechen  wollen.  80,14;  dieselben  stein  soll  denn  der 
stat  werckmeister  . . .  abzellen  und  eichen  in  den  stab, 
der  darzu  gebort.  82,  20 ; 

er  {der  tceise)  kennt  des  ganzen  bau  und  aller  theile  fugen, 
er  hat  den  wahren  stab,  der  ihr  verhältniss  misst. 

Wieland  suppl.  1,  60  (not.  der  dinge  1,  574). 

lO)  mannigfaclie  vervoendung  ßndet  der  stab  in  Zauberei 
und  aberglauben,  vgl.  zauberstab.  so  besonders  in  der  alt- 
testamenÜichen  übei-lieferung :  der  herr  sprach  zu  jm  {Mose), 
was  ist,  das  du  in  deiner  band  hast?  er  sprach,  ein  stab. 
er  sprach,  wirff  jn  von  dir  auff  die  erden,  und  er  warft 
jn  von  sich ,  da  ward  er  zur  schlangen ,  und  Mose  floh 
für  jr.  aber  der  herr  sprach  zu  jm,  strecke  deine  band 
aus,  und  erhassche  sie  bey  dem  schwantz,  da  strecket  er 
aus,  und  hielt  sie,  und  sie  ward  zum  stab  in  seiner  band. 
2  Mos.  4,  2 — 4;  und  diesen  stab  nim  in  deine  band,  damit 
du  zeichen  thun  solt.  . .  .  also  nam  Mpse  . . .  den  stab 
gotfes  in  seine  band.  17.20,  s.  ferner  7,9 — 12.15;  Mose 
und  Aaron  thaten  wie  jnen  der  herr  geboten  hatte,  und 
hub  den  stab  auff,  und  schlug  ins  wasser,  das  im  ström 
war,  für  Pharao  und  seinen  knechten,  und  alles  wasser 
im  ström  war  in  blut  verwandelt.  7,20  {vgl.  17.  19);  und 
Aaron  recket  seine  band  aus  mit  seinem  stabe,  und  schlug 
in  den  staub  auff  erden,  und  es  worden  leuse  an  den 
menschen  und  an  dem  vieh.  8, 17;  also  recket  Mose  seinen 
stab  gen  himel,  und  der  herr  lies  donnern  und  hageln, 
das  das  fewr  auff  die  erden  schos.  9,  23 ;  Mose  recket 
seinen  stab  über  Egyptenland,  und  der  herr  treib  einen 
Ostwind  ins  land  den  gantzen  tag  und  die  gantze  nacht, 
und  des  morgens  füret  der  Ostwind  die  heuschrecken 
her.  10,  18,  vgl.  noch  14,  6.  17,  9  und  oben  6,  o.  danach : 
der  stabMosis,  virga  Mosis.  Stii.ler  2109;  nefuftr  ig  ouh 
sd  umbe  diß  virgam  (glosse:  stab)  Moysi?  in  manu  ejus 
(in  slnero  hende)  uuas  si  directa  (gereht),  ugjer  hende 
ferlftjjeniü  unard  si  tortuosa  (sitechnimph).  Notker  ps. 
78, 11 ;  der  stab  Mose  wirdt  zu  einer  schlangen.  H.  Sachs 
6,  216  Keller  {überachr.).  —  zur  totenertcexkung .-  er  {Elisa) 
sprach  za  Geba«i,  gUrte  deine  lendcn,  und  nim  meinen 
stab  in  deine  band ,  und  . . .  lege  meinen  stab  auff  des 
kn&ben  andlitz.  2  kön.  4,  29 ; 

bode,  sitze  weder  up  din  perl, 

var  weder  r.o  «enl«  M.itome  wert 

nnde  nim  hei  mit  dir  minen  {Petrt)  ataf 

nnde  do  npp'avcn  Matcmua  graf 

nnde  weck«  in  mit  mime  stave : 

M  ul  lermdich  us  deme  grave 

ntt  dar  htlpcn  godes  goin. 

IIaokn  botch  V.  Colne  106—114. 

weiierti!  ißiUr.)  eine  «taude,  ...  wovon  der  landmann 
itlbe  gegen  die  ichlangen  trage.  Voss  VirgUa  ländl.  ged.  8, 

9.  M7  (immA  PUn.  24,10);  in  dieaem  wald  gegen  abend  in 


einem  vierigen  wegschied  machte  er  {d.  Fausttts)  mit 
einem  stab  etliche  circkel  herumb ,  . . .  beschwüre  also 
den  teufTel.  volksb.  von  d.  Faust  s.  13  neudr. ;  darauf  tauchte 
sie  bände  und  stab  in  einen  topf,  dasz  sie  hell  leuchteten, 
und  beschrieb  unverständlich  murmelnd  einen  feurigen 
kreis.  Eichendorff''  2,  446  {dichter  u.  ihre  ges.  10).  s.  auch 
Stäbchen  6.  —  in  der  wahrsagerey  sind  vor  alters  unter 
andern  auch  stäbe  oder  stäblein  gebrauchet  worden,  wenn 
man  derselben  eine  gewisse  anzahl  mit  besonderen  zeichen 
bemercket,  durch  einander  in  einen  köcher  gesteckt,  oder 
aus  der  band  geworffen,  und  einen  oder  etliche  wieder 
ausgezogen  oder  aufgenommen,  aus  derer  darauf  befun- 
denen zeichen  die  wahrsage  genommen  worden,  welches 
bey  einigen  morgenländischen  heyden  noch  in  Übung  ist. 
Jaulonski  744».  {im  bilde)  geworfen  sind  die  stäbe,  in 
welche  die  schicksalsfrau  deine  und  meine  zukunft  ritzte. 
Freytag  8, 182  {ahnen  i,  lo). 

ll)  techniscJies  und  besonderheiten ,  meist  zu  stab  im 
eigentlicJien  sinne  (l — 4)  gehörig,  {dazu  st&bchen  7.  stäb- 
lein 4.) 

a)  bei  den  ballm/ichem:  'der  stab  ist  ein  kleines  stück 
holz,  das  5  zoll  lang,  und  etioas  über  einen  halben  zoll  im 
durchschnitte  gedrecJiselt  ist,  und  sich  an  jedem  ende  durch 
eitle  erhöhung  in  gestalt  eines  kopfes  endigt.'  Jacobsson 
5,  143". 

b)  im  holzhandel  'stäbe  und  triebstöcke,  ein  Sortiment 
des  mühlen-  und  maschinenbauholzes,  xcerden  l — 2fnsz  lang 
und  1 — 2  zoll  ins  geviert  dick,  aus  zähen,  dichten  holzarten 
gefertigt'.  Behlen  5,670. 

c)  Schweiz,  stab  'stab  des  tcebera,  tcdcher  das  txtch  der 
breite  nach  spannt'.  Hunziker  249. 

d)  tirol.  stob  vaterstab  einer  fuge.  Hintner  228. 

e)  in  der  baukunst  heiszen  stäbe  gemsse  arten  der  glieder, 
d.  h.  der  kleinen  theile,  aus  deren  Zusammensetzung  die 
Verzierungen,  gesimse  u.s.w.  entstellen,  s.  Jacobsson  2,117*', 
und  zwar  heiszt  stab  'ein  jedes  rundes  glied,  welches  eineti 
halben  zirkel  ausmacht,  dessen  durchschnitt  die  halbe  höhe 
dieses  glieds  ist.  es  ist  eigentlich  das  grosze  erhabene  glied 
in  dem  fusz  und  schaffgesimse.  Qoldmann  nennt  ihn  den 
pfuhl  und  fr.  Jieiszt  es  le  tore,  gros  balon.  er  wird  in  den 
ganzen-  und  viertelstab  eingetheilt'.  4,  243*',  s.  auch  Eggers 
2,965.  Adelung  (2,2,6).  besondera  an  säulen:  die  stäbe, 
astragali.  Stieler  1692;  stab,  in  der  tischer-arbeit ,  und 
bey  den  werk-leuten  als  ein  halb  herausstehender  stab 
gehobelt  in  den  Zieraten  um  die  säulen  oben  am  schafft, 
hat  die  rundung  eines  halben  zirkeis,  heiszt  sonsten  bey 
den  baumeistern  der  ring,  annulus.  Frisch  2,313».  s.  auch 
Stäbchen  7,  a.  stäblein  4,  a.  nach  Lueger  7,467  'ein  kleine» 
bandartiges  glied  mit  halbkreisförmigem  querschnitf ,  da$ 
zwei  bauteile  mit  einander  zu  verbituieti  hat.  die  häußg.tie 
form  ist  der  astrogal,  doch  kommen  auch  getcundene  und 
komplizirtere  fcrrmen  vor',  im  einzelnen :  stab  mit  schnüren 
umwunden,  baguette  avec  cordons.  stab  mit  bändcrn  und 
blättern,  baguette  avec  rubans  etfeuilles.  stab  mit  blättern 
und  rosen,  baguette  avec  rubans  et  roses.  Jacobsson  5,696\ 
7,  417»  {nr.  25 — 27  unter  den  37  arten  der  glieder). 

f)  dann  auch  von  ebensolchen  Verzierungen  an  kanonen: 
stab,  an  den  canonen,  astragalua,  oder  stäblein,  der 
hinterstab  am  mundstück  einer  canone;  ein  anderer 
dabey  heiszt  der  vörder-stab.  Frisch  8,  818".  Adki.uno 
(2,  2,  b). 

g)  in  glashütten  'ein  fuaz  langes  und  3  toll  hohes  eiaen, 
welches  vor  der  scJncelle  des  ringes  am  ofen  liegt,  daat  dti 
pfeifen  und  h^fteiaen  darauf  gdegt  und  nach  der  hitse  *»• 
geschoben  oder  turück  gezogen  \cerden  können'.  JacobssoN 
4,  243*». 

h)  in  der  heraldik  tat  staab  ein  auf  die  hälfte  aeintt 
natürlichen  breite  reduzierter  pfal.  Grit/.ner  herald,  ter- 
minologie  {in  Siebmachkrs  wapjyenb.  1«90)  *.  16.  vgl.  stab- 
balkcn. 

t)  stab,  der  {atarr  werdende)  penis.  mhd.  manstap  umI 
wUnschelstap  (MRaENnsRo),  a.  Höfler  krankheitanamm' 
buch  670". 

li)  in  altgerm.  dialekten  findet  aieh  stab  allein  auch  im 
ainne   von  buchRtab(c),   vgl.  theil  i.  Vi9ff. ,   und  ir. 
gana  wie  lat.  littcra,  auch  in  den  freieren  gebrauch 
dea  plur..  ao  beaondera  altn.  stafr,  a.  Clkasry  VioFt  ss.)» 
687»,  aga.  «t«f  BoswoRTH-TOLLBR  907».    im  deutschen  ilt 


357 


STAB  (II,  13)  —  STÄBCHEN 


STABDEGEN— STABE 


358 


stab  in  dieser  bedeutung  nicht  bezeugt,  vgl.  jedoch .-  littera 
des  buches  stab  i.  fwidamentum.  Dief.  gloss.  33i".  auch 
liegt  sie  einigen  ahd.  Zusammensetzungen  zu  gründe,  ^cie 
eidstab  {vgl.  staben  II,  l),  ruagstab  accusatio  {bei  Otfrid 
und  Tat.,  vgl.  ags.  wröhtstafas  und  ahd.  stabsakßn  für 
anklagen,  im  decretum  Tassilonis  III,  s.  Grimm  rechts- 
alterth.  927.  Schröder  rechtsgesc7i.S3,anm.  Brunner  i,179. 
2, 330. 3i3.  ScHM.  2, 718),  uuidarstab,  controversia  Graff  6, 612. 

13)  die  fälle,  wobei  stab  auf  lebende  uxsen  angewandt 
wird,  sollen  hier  zusammengestellt  icerden:  stab  von  ein- 
zelnen Personen,  uiul  zwar  vom  hirten,  s.  7,  d,  a;  vom  bischof, 
».  8,  a,  Tj;  vom  richter,  s.  8,  k,  ß  (Staberl  *.  stäblein  5,  b).  — 
stab  von  einer  viellieit,  von  der  gesamtheit  der  höheren 
affinere,  s.  8,  e.     stab  für  eine  Viehherde,  s.  7,  d,  ß.  y. 

STABACHSE,  /.  die  linie,  icelche  die  schicerpunkte  der 
querschnitte  eines  stabes  verbindet,  s.  Lueger  l,  641.  7,  467. 

STABBALKEN,  m.,  in  der  heraldik,  ein  auf  die  hälfte 
seiner  geicöhnliclien  breite  verringerter  balken,  auch  leiste, 
s.  GRiTzti  ER  herald,  terminologie  (tn  Siebmachers  wajTpend. 
1890)  *.  24.    vgl.  stab  II,  11,  h. 

STABBAU,  m.  bezeichnung  des  noncegisehen  kolzbatts  mit 
baumsfämmen . 

STABBELN,  verb.,  s.  stabein  3. 

STABBLEI ,  Tl.,  bei  den  gläsern ,  eine  art  karniesblei. 
Jacobsson  7,  417*. 

STABBLOCK,  m.  'im  schiß'sbatie,  ein  starkes  stück  holz, 
ungefähr  sechs  fusz  lang,  icelches  an  den  holzgällen,  sehnten 
und  kühnen  auf  die  hebung  des  bodens  gesetzt  wird,  um 
diesen  mit  den  bordplanken  zu  verbinden' .  Adelung;  stab- 
block oder  stäbeblock ,  der  Vorsteven  eines  kahnes  oder 
ßuszfahrzeitges.  eiti  eichenes  krummholz,  das  mit  dem  untern 
ende  auf  die  vorderspitze  des  bodens  festgespikert  und  dann 
mit  den  planken  bekleidet  wird.  Bobrik  655*,  als  stäbe- 
block bei  J.\COBSSON  2,  244*.     vgl.   KftüNiTZ  167,  590/. 

STABBRECHUNG,  /.,  vgl.  stab  II,  8,  g,  t .-  celeberrimum 
scriptorem  commendare,  hoc  esset  plane  laudare,  quem 
nemo  vituperet,  schreibt  Jos.  Scaliger  in  der  vorrede  zu 
seiner  ausgäbe  des  Festus  und  Paulus ;  ein  wort,  dessen 
gültigkeit  vom  Festus  der  alterthumskundige  eben  so  un- 
verweigerlich  anerkennt ,  als  die  stabbrechung  über  die 
armselige  und  leider  doch  unentbehrliche  epitome  des 
Paulus.  Gersdorf  repertor.  23,  s.  38.  noch  ungewöhnlicher 
ist  rf/7/ür  stabbruch,  m. :  du  buchstabenausmerzer  ...  — 
und  sprachbesserer,  —  auf!  und  sprich  deinen  grab- 
spruch  —  über  den  buchstab,  der  verwirkt  hat  den  stab- 
bruch  —  und  verdiente  den  lebensabbruch  und  abspruch ! 
RCCKERT  (1882)  11,  520  (39.  mak.). 

STÄBCHEN,  n.,  deminutiv  zu  stab,  vgl.  stäblein,  stäbel; 
tufrühest  bei  Oswald  v.  Wolkenstein  als  stäbichin,  in 
einer  Frankfurter  Urkunde  als  stebchin  und  im  einem 
weisthum  von  der  üntermosel  aus  dem  j.  1446  als  stäiffgen 
bezeugt,  s.  unten  und  Lexer  handicb.  2,  1153.  stäbchen 
bacillum  Steinbacii  2,652;  stäbchen,  stäblein,  bacilltcs 
Frisch  2,  3i3<=. 

1)  stäbchen  im  allgemeinen :  einen  mit  einem  stäbchen 
in  die  äugen  stoszen ,  bacillo  alicujus  ocutb  tundere. 
Steinbach  2,652;  der  knabe  reitet  auf  einem  stäbchen, 
puer  bacillo  insidet.  ebenda  {vgl.  stab  II,  4,  e) ; 

dieses  stäbchen  tanch'  ich  ein, 
sehn  wir's  überglast  erscheinen 
wird's  zum  gusse  zeitig  seyn. 

Schiller  11,  308  (ßloeke  83). 
auch:   im  nacken  sitzt  ihm  (dem  dtfanten)  zierlich-zarte  frau, 
mit  feinem  stäbchen  lenkt  sie  ihn  genau. 

GÖTHE  41,  38  {Fangt  II,  1). 

2)  Stäbchen  nur  in  bezug  auf  die  gestalt :  auf  dem  käse- 
markt, wo  die  käsehändler  ihren  verkehr  hielten,  hatte 
sie  beobachtet,  wie  diese  männer  mit  hohlen  kässtechem 
aas  den  groszen  Schweizerkäsen  zum  behufe  des  kostens 
ihrer  qualität  runde  stäbchen  oder  Zäpfchen  herausstachen, 
davon  ein  endchen  säuberlich  vorn  abbrachen,  kosteten, 
und  das  Zäpfchen  im  übrigen  wieder  in  das  loch  steckten, 
dasz  der  käse  wieder  ganz  war.  also  versah  sie  sich  mit 
einem  gewöhnlichen  nagel,  strich  um  die  käse  herum 
und  erspähte  die  stellen,  wo  eine  zarte  kreislinie  ein 
solches  stäbchen  anzeigte.  Keller  2,  235. 

8)  als  stütze  bei  pflanzen  {vgl.  stab  5,  t) :  am  sonntage 
wandelte  er,  sauber  angethan,  zwischen  den  rabatten  auf 
und  ab,  putzte  an  den  rosenbüschen  oder  band  nelken 


und  levkojen  an  feine  selbstgeschnitzte  stäbchen.  Storm 

4,  89 ;  im  bilde  .- 

ein  schwaches  stäbchen  ist  die  liebe, 
das  deiner  Jugend  rebe  trägt, 
das  wachsend  bald  der  bäum  des  lebens 
mit  seinen  ästen  selbst  zerschlägt.    8,  219. 

4)  Stäbchen  für  den  stab,  woran  man  geht;  doch  nur 
in  typischen  veruxndxtngen. 

a)  das  weisze  stäbchen  kennzeichnet  den  armen,  bettler, 
vgl.  stab  b,f.  a .-  ^^j^j  ^^^  ^^^^  ^^^  schabab 

durch  den  unterJäger  wurd,  er  must  als  ein  armer  ziehen 
mit  dem  weissen  stäbchen  ab. 

kun«t  über  alle  kiinste  (1672)  203,  30  Köhler. 

b)  bei  processionen,  vgl.  stab  II,  4,  a  -.  und  hatte  des  radis 
frunde  iglicher  ein  wisz  stebchin  in  siner  band  {bei  der 
frohnleichnamsprocession  in  Frankfurt  a.  M.  am  31.  mai  1442 
in  anwesenheit  des  königs).  Jantzen  Franfurts  reichs- 
corr.  2,  46. 

c)  wie  den  pilger  sein  stab  kennzeichnet,  s.  das.  5,  e,  so 
näht  er  sich  auch  stäbchen  {tcirkliche,  oder  nachbildungen 
aus  zeug?)  auf  seinen  mantel: 

ach  got,  war  ich  ain  pilgerein,  .  .  . 

zwai  stäbichin  het  ich  pald  genät 

auff  ainen  höggen  (rar.  .•  mantl),  wie  ich  tat. 

Oswald  v.  Wolkknsteix  26,  9  Schatz. 

{die  2  stäbchen   bezeicJinen    vielleicht  nur  das  kreuz,  das 
der  pilger  als  abzeichen  führt.) 

5)  der  richter  liat  ein  (weiszes)  stäbchen,  vgl.  stab  8,/.- 
vort  me,  so  sulle  der  hoffman  von  s.  Petershoff  alle  jair 
des  herbstes  erscheinen  und  kommen,  und  haben  ein 
weiss  geschellet  stäiffgen  in  syner  handt.  weisth.  2,442; 
daneben  sah  man  ein  weiszes  stäbchen,  welches  vormals 
bei  gesetzlichen  und  gerichtlichen  handlungen  nicht  leicht 
fehlen  durfte.  Götiie  24,  35  {dicM.  u.  tcahrh.  l).  —  das 
stäbchen  brechen,  vgl.  siaib  8,g,&;  intransitiv: 

die  glocke  ruft,  das  stäbchen  bricht. 

GöTHK  12,  245  (ecldusz  roti  Faust  I). 
so  auch :    was  meinst  du,  was  durch  meine  adem  bebte, 

als  überm  haupt  des  richters  stäbchen  schwebte? 

Droste-Hülshoff  2, 106. 

6)  zauberstab,  vgl.  stab  10:  nun  soll  mich  zwar  der 
himmel  vor  der  Unverschämtheit  bewahren,  sie  auf  eine 
mühselige  subscribentenjagd  sprengen  zu  wollen,  allein 
es  könnte  ja  doch  seyn,  dasz  ihnen  ganz  von  ungefähr 
auf  einem  Spaziergange  ein  jagdbarer  hirsch  so  nahe 
aufstiesze,  dasz  sie  nur  das  stäbchen  zu  erheben  brauchten, 
da  meinte  ich  nun,  sollten  sie  das  wildpret  anrühren 
und  rufen:  halt!  sie  merken  unstreitig,  dasz  ich  ihnen 
einen  zauberstab  zutraue.  Bürger  briefe  3,254;  die  amme 
holte  ein  weiszes  stäbchen  aus  einem  hohlen  baum- 
stamme.  ElCHENDORFF*  2,  445. 

7)  technisches. 

a)  in  der  baukunst  heiszt  so  ein  Ideines  glied  mit  halb- 
kreisförmigem Querschnitt,  das  also  der  hälfte  eines  ge- 
spaltenen runden  stabes  gleicht,  am  gesim.se  einer  sätde; 
astragale,  tondin.  Eggers  2,970;  boquette,  astragale,  fusa- 
role,  totuiin.  Jacobsson  4,  243'',  vgl.  stab  11,  e. 

b)  bei  den  icebem  'stäbchen  zum  einlesen  des  zampels, 
ztrey  dünne  zusammengebundene  stäbchen,  zunschen  tcdche 
die  patrone  gesteckt  wird,  damit  sich  dei-  einleser  nicht 
irre,  sondern  mit  diesen  stäbchen  linie  vor  linie  nur  vor- 
rücken kann'.  Jacobsson  4,  244". 

c)  umlaufende  stäbchen,  stäblein  in  der  feuericerkskunst, 
umlaufende  stäbchen  mit  einem  schlage,  s.  Krünitz 
167,  591. 

d)  Napiersche  stäbchen  zum  stabrechnen  (».  das) :  {er) 
schreibt  einige  bücher,  macht  Neperische  stäbgen  auf  den 
kauf.  Lichtenberg  nachlasz  s.  17  Leitzmann. 

e)  jetzt  sagt  man  stäbchen  oder  stäbchenbakterien  zu- 
weilen für  baeillen,  längliche  bakterien. 

8)  vgl.  stäppchen. 

STABDEGEN,  m.  spada,  stocco  dentro  un  bastone  6  ehe 
sembra  bastone.  Kramer  dict.  2,  899«,  dolon,  gladius  scipioni 
insertus.  Stieler 270,  ^e»cöAiiZicAstockdegen(Ä. da».) Campe. 
vgl.  stab  II,  2,/  und  stabschwert. 

STABE,  m.,  schxcache  nebenform  zu  stab,  s.  das.,  1,5. 
im  nhd.  nur  in  der  bedeutung  von  buchstabe  und  offenbar 
rückbildung  nach  diesem:  staben  (der)  litera.  Steinb.\ch 
2,  652  {als  erschlossen),  als  wirklieh  üblich  nur  bei  Campe 
bezeugt  und  mit  bdegen  gestützt,     sonst  nd.  für  'daube', 

23* 


359 


STÄBEBLOCK— STABEL 


STÄBEL-  STÄBELMEISTER 


360 


*.  Stab.  —  bair.  stabe,  /.  jährliches  frühlingafeat  der  Schul- 
kinder. SCHM.  2,  717. 

STÄBEBLOCK,  m.,  a.  stabblock. 

STABEFINGER.  tn.,  s.  stabenackt. 

STABEINGUSZ,  m.  'tn  den  mihizen.  eine  eiserne  atange 
mit  einer  langen  rundlicfien  rijine,  das  silber  darin  zu 
Stäben  (II,  1,  c)  zu  gieszen'.  Adelung,  überhaupt  hei  den 
sUberarbeitem.  Jacobsson  4,  2«V  Krünitz  1G7,  592. 

STABEISEN,  n.  l)  bacilla  ferrea.  Agricola  bergwerckb. 
reg. ;  ferrum  quod  ex  officina  ferraria  in  bactilis  venditur 
variae  latitudinis,  das  stabweis  geschmidet  wird,  damit 
es  die  schmidte  desto  besser  zu  nageln,  zu  radschienen 
und  andern  gebrauchen  können.  Frisch  2,  314»;  zu  stöben 
geschmiedetes  eisen,  theils  mit  stangeneisen  gleichbedeutend, 
theils  davon  so  unterschieden,  dasz  es  eisen  in  kleineren  und 
kürzeren  stüben  bezeichnet.  Adelung.  Campe;  stabeisen, 
stangeneisen,  reifeisen,  gayneisen,  harre  de  fer.  Krünitz 
167,  592 ;  überhaupt,  das  reine,  gefrischte,  dehn-  und  hämmer- 
bare eisen,  im  gegensatze  zum.  roheisen  oder  stahl,  einerseits 
in  gehämmertes,  geschmiedetes  und  gewalztes  stabeisen, 
andrerseits  nach  der  form  in  grobeisen,  materialeisen, 
milbars,  radreife,  achsen,  streckeisen  u.  s.  w.  unterschieden. 
ScHEUCHENSTUEL  230,  gleichbedeutend  mit  schweiszeisen, 
schmiedeisen.  ICarmarsch-Heeren^  2,  778,  vgl.  175 f.  so 
schon  tnhd.,  s.  Lexer  handwb.  2, 11«;  ein  hundirt  isins,  . . 
adir  V  schonbe  stabisens  für  I.  hundirt,  (geben  zoll)  I.  helbe- 
ling.  urk.  v.  1329,  *.  Böhmer-Lau  urkundenb.  der  st.  Frank- 
furt 2,278;  ein  Zentner  stabeisens  und  löbnisch  eisens. 
Tucher  baumeisterb.  98,  26;  so  hat  er  ie  ausz  einem 
Zentner  stabeisens,  den  ich  umb  ailf  und  zwelfthalb  pfunt 
alt  ...  kauft,  gemacht  bei  vier  klafter  ketten.  101,24; 
diese  (gegossenen  eisenstücke)  werden  auf  der  hammer- 
hütte  .  .  .  unter  dem  grossen  hammer  zu  allerhand  stäben 
geschmiedet,  wodurch  die  unreinigkeit  wegspringet,  solch 
stabeisen  wird  zum  theil  auf  dem  zehnt-hammer  zu 
dünnen  und  eingekärbten  stäblein  verschmiedet,  so  man 
kraus-eisen  nennet.  Jablonski  ITS*".  nd.  stafisen  Scham- 
bach 207».  auch  in  halbhochd.  form,  staaf-,  staf-eisen 
BoBRiK  655».  vgl.  stab  II,  i,  c,  o.  —  dazu:  stabeisen- 
hammer,  m.  eisenhammer,  auf  dem,  das  rohe  eisen  zu 
Stäben  geschmiedet  icird,  getcöhnlich  7iur  stabhammer  (vgl. 
das.).  Campe;  stabeisenwalzwerk ,  n.  Karmarsch- 
Heeren''3,50.  Scheuchenstuel230;  stabeisenzoll,m. 
zoll  auf  eingeführtes  oder  ausgeführtes  stabeisen. 

2)  bezeichnung  gewisser  eiserner  gerate. 

a)  'bei  den  Stellmachern,  ein  hohleisen  zum  drelien,  womit 
dieselben  die  stäbe  und  gesimse  der  nahe  abdrehen.'  Campe, 
vgl.  Krünitz  167, 592. 

b)  stabeisen,  n.  pallette  ä  feu.    una  palletta  da  fuoco. 

Hu  LSI  US   305». 

STABEL,  m.  n.,  Weiterbildung  zu  stab.  l)  stabein,  subst. 
plur.  sind  bey  einer  salz-pfanne  gute  scheid  holz,  so  neben 
der  pfanne  etwas  in  die  erde  gegraben  werden,  die  soog- 
bäume  darauf  zu  legen,  oder  es  werden  kleine  pfeiler 
also  gemaurt,  als  am  gemäur  des  heerds  festgemachte 
stapeln  . . .  fulcra  lignea  vel  lapidea.  Frisch  2,313'=;  ebenso 
Jacobsson  4,  244».  scheint  nur  in  den  salzwerken  zu  Halle 
üblich  geuxsen  zu  sein  und  ist  wol  nur  eine  nebenform  zu 
Stapel  (vgl.  das.),  a.  auch  Adelung.  Campe.  Krünitz 
167,  592.    vgl.  staheln  8. 

2)  xceinpfahl:  die  stäbel  und  weinpföle  seyn  gar  ein 
ntitzlich  und  nöthig  ding  in  den  Weinbergen,  und  inusz 
das  holtz  alle  jähr  gepfälet  werden  .  .  .  man  musz  auch 
achtung  aulT  die  weinmeister  geben,  dasz  sie  durchausz 
keine  ptäle  ausz  den  bergen  nehmen,  . . .  sonst  brechen 
sie  die  stäbel  muthwillig  entzwey.  ...  so  lang  man  einen 
stab  brauchen  kan,  so  lang  soll  man  ihn  brauchen,  wann 
er  gleich  nur  8.  spannen  lang  wäre.  Colkr  öcon.  (icso) 
1,868*  (7,18;  in  der  axutg.  von  1604:  8,89;  1640:  77);  bald 
nach  der  weinlesezeit,  so  bald  der  wein  in  den  kcller  ge- 
bracht, soll  der  weinmeister  die  stäbel  oder  weinpfäle  ausz 
der  erden  ziehen.  861*.  die  Wörterbücher  kennen  da»  wart  nur 
aus  Colkr  und  setzen  mit  unrecht  stäbel  an:  stäbel  Coler 
4. 18.  ein  weinpfahl,  palu»  vitia.  Frisch  8, 818°,  a.  femer 
Adeluno.  (Campr  unter  stab.)  dat  ä  ist  pluralumlaut. 
vgl.  weinstabel,  mhd.  wlnstabele,  m.  Lexer  handwb.  a,  918. 

8)  tffi  tüddeuUchen  (aaltburg.tirol.)  aaltbergbaue  tat  das 
■tab(e)l  oder  bergstabel  ein  längenmaat  —  soo  Wiener  klttfler 


oder  4  Salzburg,  fusz,  Veith  458,  in  Aussee  ==  '/a  klafter, 
in  Ungarn  holzmasz  =  220 kubikfusz.  Scheuchenstuel 230, 
vgl.  ii.  Unger-Khull  567»  schreibt  stäbel,  n.  und  er- 
klärt: 'l)  ein  altes  Ausseer  längenmasz  gleich  4  sogen.  Salz- 
berg schuheri;  2)  et?»  alt.  Oberst,  masz  für  holz:  3  holzstäbel 
waren  gleich  2  holzklaftern'. 

4)  unklar  sind  einige  stellen  der  tirol.  weisfh.:  das  si 
alle  Wasser,  es  seien  prunnen  oder  päch,  so  herab 
flieszen  .  . ,  nach  irer  wolfart  gebrauchen  migen,  und  si 
pergleit  inen  dem  kains  wenigist  nit  ab-  oder  auszkern 
sollen;  ...  doch  hierunter  der  hof  zu  Grin  wegen  der 
drei  tag,  so  ime,  das  er  seine  stäbl  einwäschen  mige, 
wie  von  alters  herkomen,  noch  vorbehalten.  2,64,21;  wer 
der  wer,  der  ain  stäbel  beraubet  oder  ainen  gemainen 
wald  verprannt,  . .  .  der  ist  kumen  umb  fünfzig  pfund. 
216,  42  (im  glossar  als  'wiesgründe*'  erklärt). 

5)  in  Aaclien  stäbel,  m.  ein  gesteil  mit  Schubfächern. 
Müller-Weitz  232. 

6)  stäbel  scheint  auch  für  stäbelherr,  -meister  vorzu- 
kommen (vielleicht  in  anlehnung  an  constabel,  s.  th.  2,  634/. 
5,  1742):  (der  letzte  Karlsschüler  gestorben.)  laut  einer 
nachricht  der  Leipziger  'illustr.  ztg.'  vom  25.  october  ist 
am  12.  desselben  monats  zu  Purkersdorf  der  reichsgraf 
Karl  v.  Welsperg  -  Raitenau  . . ,  obersterblandstabel  und 
küchenmeister  der  gefürsteten  grafschaft  Tyrol  . . ,  ge- 
storben. Didaskalia  v.  16.  nov.  1873.  (das  geschlecht  Wels- 
perg erhielt  diese  würde  mit  der  grafschaft  Raitenau  1571, 
s.  Pierek''  19,  86*>.) 

STÄBEL,  m.  n.,  s.  stäbel  2 — 4  und  stäblein.  —  thür. 
l)  stäbel,/.  stütze,  stiel,  harkenstäbel  rechenstiel;  2)  stäbel, 
stöwl  dreckmatz.  Hkrtel  sprachsch.  232/ 

ST  ABELERBSE,  /  eine  art  gartenerbsen ,  die  gestäbelt 
wird,  vgl.  stäbeln,  in  grosze  und  niedrige  stabelerbsen 
unterschieden,  öcon.  lex.^  653.  Adelung;  runde  stabel- 
erbsen, auch  Stiefel-  oder  stengelerbsen ,  pisuni  hortense 
majus ;  eckige  stabelerbsen,  holländische  oder  maulwurf- 
erbsen,  pisum  majus  quadratum.  Nemnich  (unter  pisum 
sativum  5. 6) :  im  mertzen  soll  der  kuchen-gärtner  .  .  zucker- 
erbsen,  stabelerbsen,  spargel-stöcke  etc.  verpflantzen. 
Hohberg  3, 1,  369''.  dazu:  stabelerbsenschotten  der 
neuspross. palmb.,  3.  reg.,  im  text  s.  243,  Jir.  116:  stebel- 
erbsen  in  schoten,  das  'geicächs'  von  6.  Fh.  Metisebach. 

STÄBELHERR,  m.  vornehmer  beamter,  der  bei  den  tur- 
nieren  anfang  und  ende  des  tumiers  mit  dem  stabe  angab, 
auch  stäbelmeister  (s.d.),  turniervogt.  Adelung.  Krünitz 
167,  593  (die  auch  stäbelmeister  schreiben);  in  scherzhaft 
wortspielender  Übertragung  auf  mensclien,  die  am  stabe 
gelien  müssen  (vgl.  stab  II,  5,  g) :  M.  Rabelais,  der  .  . .  seine 
naupenbücher  mehr  theils  den  fuszgrammigen  krucken- 
stupffern,  stäbelherrn,  pfatengrammischen  kapaunen  unnd 
hackpretdäntzern  zugeschriben.  Fisch  art  podagr.  trostb. 
Gl»  (1577  C2»);  jhr  fuszgrammige  kruckenstupfer,  stäbel- 
herrn.  Qarg.  17»  (ein-  u.  vor  ritt). 

STABELLE,  /,  schioeiz.  nebenform  zu  schabeile  (s.  daa.  1, 
theil  8, 1948),  achemA.  Stalder  i,iOb(Qlarus,  Schaffhausen), 
staböUa  ungepolsterter  stuhl  auf  vier  beinen  mit  einer  lehne. 
ToBLER  405»,  staböUe  Hunzikeh  249:  wenn  man  sich  ge- 
wöhnt, so  hocke  man  auf  ihren  stabeilen  so  wohl  als 
auf  ruhbetten.  Gottheli'  geld  u.  geist  (1895)  l,  129. 

STABELICllT,  n.,  s.  stablicht. 

STÄBELMEISTER,  m..  s.  stäbelherr;   als  stebeln---  •■- 
tn  österr.  quellen  des  16. — 16.  jahrh.,   s.  Lexer  / 
8,1163.  Schm.  2,717:  mit  uns.  lieb,  getrewen  Ambr.  1 
uns.   stebolmaister.    brief  der   kais.  Bianca    bei   Scherz- 
Oberlin  1563;  kinig  Ferdinandus  hat  die  nachgeschribnen 
herrn  bei  im  gelmpt  am  hoff:  . . .  Endris  Ungnad,  stäbel- 
maister.   d.  städtechron.  m.itß.i  (zum  j.  1630);    Hans  Surg 
von  Surgenstain,  understäblinmaister.  25;  Hans  von 
Bailleul,  stebelmaister.  294,88;  her  Wilhalm  von  Hcrhcr- 
stain,   underliülTmaister  und   Ktcbclmaistor.   29r),  4;   dann 
jr  dchl.  haben   des   thags   grall  Georg   von   Hclfenslain, 
jren   oberston  hoffmaister,   den  landt  comonthur  nn  <<i>r 
Esch,   .  .  .   und    den    Trautson    st&blmaister   ab(!< 
reiaeb.  des  hertoga  Ferdinand  v.  Baffem  v.  1606  6e»  Fiii 

aamml.  4,886; 

graff  Ulreich  was  riter  und  do 
des  kaiser  fUrschneidcr,  also 
was  graff  Haug  stebclmaiater. 

BtuBiM  buch  V.  d.  Wienern  69,  s. 


361 


STABELN— STABELN 


STÄBEN 


362 


später  geicöhnlich  s t a b  e  1  -  meister,  lat.  architricLinitta  aulae 
imperaforis.  Apin.  508.  so  auch  bei  Adelung  ,  doch  be- 
merkt er  selbst:  'in  den  österreichischen  erbländern  gibt  es 
noch  angesehene  erbbeamte  unter  dem  nahmen  erbstäbel- 
meister'.  {vgl.  dazu  stabel  6.)  —  im  altem  steir.  stabel- 
meister,  stabvorträger  bei  kirchlichen  umzügen.  Unger- 
Khull  567». 

STABELN,  verb.,  seltne  bildung  in  verschiedenen  bedeu- 
tungen.  meist  als  iceiterbildung  zu  staben. 

1)  zuiceäen  einen  eid  stabein /«r  staben,  s.  da».  11, 1. 
Haltaus  1718  führt  als  beUg  an  das  Altenstädter  ueisth. 
{Wetterau)  v.  1485  (danach  Campe  und  Grimm  reclits- 
alterth.  902) ,  bei  Grimm  iceisth.  3,454  steht  indessen  ge- 
druckt: der  eltist  lehenher  rittersgenoss  sal  ime  den 
cidt  staben.  sonst  nur  ein  mnd.  beleg  •  do  ek  dem  raede 
sweren  scolde,  do  stavelde  gy  mek  den  eyd  sulven.  Helmut. 
Aron.  r.  1490  bei  Schiller-LCbben  4,369'*. 

2)  stabein ,  buchstabein  (buchstäbeln ,  theU  2,  48l)  für 
huehstabieren.  Campe,    nicht  üblich. 

3)  zu  stabel  l:  stabbeln,  verb.  die  salz-pfanne  auf  ein 
holz  legen,  so  unten  als  eine  gabel,  und  der  bock  heiszt, 
damit  man  den  scheb  heraus  brennen  kan  . . .  fulcro 
erigere  caldarium.  Frisch  2,  313":  darumb  der  würcker 
durch  zweene  träger  die  pfanne  von  den  herde  losz 
machen  . . .  und  hernach  unterwerts  auff  ein  holtz,  unten 
wie  eine  gabel  (das  die  würcker  einen  pfannbock  nennen), 
legen  oder  stabbeln  lasset.  Hondorff  d.  saltz-xcerck  zu 
Halle  (1670)  s.  76. 

4)  in  alem.  mundarten  für  erstarren,  steif  werden,  beson- 
ders vor  kälte,  vgl.  staben  I.  so  schtceiz.  stabein,  g'stabeln. 
Stalder  2,  388,  g'stäble  Hunziker  249,  ebenso  in  Basel 
Seiler  152»;  eis.  stable(n),  stäble(n)  (stäpla,  stäwla) 
Martin-Lienhart  2,  567,  schu:äb.  g'stabeln  Schmid  504.  — 
dazu:  wenn  er  einmal  g'stabelig  (steif)  geworden,  so 
sei  es  ustubacket.  Gotthelf  geld  u.  geist  (1895)  2,  57. 

5)  in  der  gattnersprache  stabein,  stappeln,  stapeln  'als 
bettler  vagieren,  mit  dem  bettelstab  umhergehen',  stabein 
in  der  fieselsprache  auch  für  coUectieren.  Ave-Lallemant 
4, 610.    {vgl.  stäbeln  4,  a.) 

STABELN,  verb.  l)  pflanzen  mit  einem  stabe  oder  Stäb- 
chen stützen.  Adelung.  Weigand  2,788;  thür.  sdöwel, 
ßdaweln,  z.  b.  erbsen,  bohnen,  Obstbäume.  Hertel  sprach- 
aehatz  232.    so  im  einzelnen : 

a)  erbsen  stäbeln,  kleine  stangen  einstecken,  woran  sie 
sieh  hinauf  ranken.  Adelung.  Jacobsson  4,  244»,  vgl. 
stabelerbse :     ^^g  (weiden)  schor  kahlköpfig  und  ehrlos 

oft  der  grausame  gärtner,  die  rankende  erbse  zu  stäbeln. 

Voss  2, 199  (id.  12,  50) ; 
ebenso  bohnen: 

drin  grossköpfiger  kohl,  und  gestäbelte  bohnen  und  mangold. 

217  (13,  88). 

b)  ebenso  blumen  stäbeln,  dünne  holzstöekehen  daneben 
stecken  und  sie  daran  binden.  Campe.  —  dafür,  mit  österr. 
gestaltung  der  deminutivbildung  staberlen:  tausende 
von  frisch  gesetzten  Stiefmütterchen  und  primeln,  welche 
die  öffentlichen  gärten  zieren  sollten,  sind  vernichtet,  und 
groszer  schaden  wurde  den  nelkenfeldern  zugefügt,  welche 
noch  nicht  'gestaberlt'  waren,  tägl.  rundschau  27.  oct.  1896 
{berieht  über  ein  hagelwetter  in  Nizza). 

e)  wein  stäbeln,  für  pfählen,  vgl.  stabel  2,  palare  vitem 
Frisch  2, 313«.  Adelung.  Jacobsson  7,  418'".  icol  nur  t?i 
der  altem  spräche:  schneiden,  räumen,  stäbeln,  hefTten, 
und  die  erste  hacke,  das  seyn  5.  arbeiten,  die  im  anfang 
de«  sommers  bald  aufTeinander  geschehen  müssen.  Coler 
fcon.  (1680)  1,268"  (1604:   2,  40); 

drauf  stäbelt  er  den  stock  an  zubereiten  bäumen, 
xmd  helltet,  dasz  die  reb'  an  ihren  pfählen  steckt. 

MüHLPFORTH  hochzeitged.  (1686)  90. 

2)  mit  einem  stabe  berühren,  so  bei  der  lösung  vom  banne, 
'}l.  ScHM.  2,  717/.:  do  kam  der  cardinal  mit  vil  priestern 
1  einer  process  herauss.    do  must  wir  uns  al  entblossen. 

'  '  stehlet  der  cardinal  meinen  herm  und  all  sein  ge- 
sellen ,  und  las  lang  ob  uns.  . . .  also  erbat  mein  herr, 
das  sie  den  Frodner  auch  hinein  Hessen,  der  muost 
sich  auch  also  stebelen  lassen.  (Tetzel)  Rozmitals  reise 

1!€5— 7)  S.  176. 

3)  'bei  den  tischlern  heiszt  stäbeln,  eine  fläche  so  behobeln. 
.  datz  es  scheint,  als  wären  auf  dieselbe  ?uUbrunde  atäbchen 
j     neben  einander  geleimt.'  Campe. 

I 


*)  mundartliches. 

a)  schles.  staebeln  mit  einem  stabe  gehen,  stoszen.  Wein- 
hold 93»  {vgl.  stabein  5). 

5)  thür.  sdöwel,  sdewele  steifmachen,  lang  attsstrecken, 
z.  b.  die  beine.  Hertel  sprachsch.  232. 

STABEN,  verb.  in  dieser  lautform,  fallen  verben  ver- 
schiedener bedeutung  und  z.  th.  jedenfalls  verschiedenen 
Ursprungs,  wenn  auch  aus  der  gleichen  untrzel,  zusammen, 
alle  flectieren  schwach. 

I.  steif,  starr  sein,  vgl.  er-  und  gestaben  erstarren 
{theil  3,  mi.  4, 1,  4174/.).  daneben  stabein,  *.  d.  4.  staben 
häi\gt  jedenfalls  mit  dem  subst.  stab  zusammen,  doch  ist 
es  nicht  davon  abgeleitet,  sondern  eine  selbstständige  bildung 
atis  der  gleichen  wurzel,  vgl.  stab  I,  2.  es  ist  auf  das  oberd. 
Sprachgebiet  beschränkt :  stabSn  rigere,  rigescere  {dazu  ka-, 
kistabSn  di-,  obrigescere,  stipere;  kistabSt  rigidus;  ar-, 
irstabfin  di-,  obrigescere,  gistapidi  rigor)  Graff  6,  613 :  sah 
si  den  stabenten  fater  dero  goto  in  chalti  unde  in  froste 
{in  algido  herentem).  Notker  1,837, 13 Piper  {Marc.  cap.2,4l). 
m,hd.  nur  in  er-,  verstaben  bezeugt,  a.  mhd.  wb.  2,  2,  595'*. 
s.  auch  Schm.  2, 718.  nhd.  staben,  erstaben,  für  erstarren, 
stab-steif  werden.  Frisch  2,  313°.  jetzt  noch  in  den  ale- 
mann. m,undarten:  schtceiz.  staben,  gestaben  und  (g')stabeln, 
dazu  gestabet  starr ;  roh,  ungehobelt;  stabi  tölpel.  St.\lder 

2,  388;  stäbe  starr  sein,  von  einem  leichnam,  g'ßtäble  er- 
starren. Hunziker  249;  s.  ferner  stabein  4.  in  der  Schxoeiz 
auch  in  der  litteratur:  seine  seele  war  ausgefahren,  ge- 
stabet und  kalt  waren  seine  lieben  bände.  Bräker  der 
arme  mann  im  Tockenb.  s.  129  Seclam;  wir  haben  sie  all- 
dort  für  todt  gefunden  in  einem  grüblein.  ...  sie  ist  ganz 
gestabet  gewesen.  Keller  l,  53. 

n.  andere  Verwendungen,  die  auf  eine  grundform  stabon 
zurückweisen,  scheinen  von  stab  abgeleitet  zu  sein. 

l)  am  ältesten  bezeugt  und  am,  weitesten  verbreitet  ist 
die  redeweise  einen  eid  staben,  einem  schtcörenden  den  eid 
wort  für  wort  zum  nachsprechen  vorsagen,  was  zuf ruhest 
Sache  des  gegners,  später  des  richters  war.  Adelung  ;  staben, 
nidersächs.  staven,  einen  eid,  praedicere  jui-i.<tjurandi 
verba.  einen  eid  schwören  lassen,  da  man  die  bände 
dabey  aufheben,  und  ihn  den  (7.  dem)  der  ihn  vorsagt 
nachsprechen  musz.  Frisch  2,  313". 

o)  so  altn.  stafa  eid  Cleasby-Vigfusson  586'»,  auch 
als  Zusammensetzung  eidstafa  118»,  vgl.  Fritzner*  i,  2%». 

3,  512'';  ags.  stafian  {nur  in  diesem  sinne  ziceimal  belegt) 
Bosworth-Toller  909'';  altfries.  stavia,  stowia  Richt- 
hofen  1044''/.,  vgl.  Siebs  in  Pauls  grundr.'^  \,  ».  1198; 
mnd.  staven  Schiller-LObben  4,  369"/.,  *.  atich  brem.  wb. 

4,  979jf.  DÄHNERT  458''.  StOrENBURG  262».  B.\UER-ColL1TZ 
172  {nd.  und  hd.  belege  atis  Waldecker  urk.  des  15.  jahrh.); 
mhd.  staben  *.  mhd.  wb.  1,  426''.  2,  2,  595.  Lexer  handwb. 
2, 1126,  vgl.  femer  Schm.  2,  717.  Martin-Lienhart  2, 567». 
Schöpf  696.  Kehrein  i,  386.  nhd.  im  16.  jahrh.  noch 
lebendig,  s.  die  belege  und  Jecht  106'';  spätere  kennen  es 
nur  aus  altem  quellen,  auch  die  idiotiken  belegen  es  durch- 
weg  nur  aus  der  alten  litteratur,  oder  bezeichnen  es  als 
veraltet;  nur  ten  Doornkaat  Koolman  3,  294''  führt  aus 
der  Übenden  mundart  die  abgeleitete  bedeutung  'erhärten, 
bekräftigen,  versichern'  c  (hS  stäfd  dat  mit  sin  wörd, 
mid  sin  handslag,  sin  6d,  mit  bewisen). 

b)  die  erkläntng  ist  mit  Sicherheit  nicht  su  geben,  da 
bei  der  eidesleisttmg  thatsächlich  ein  stab  berührt  tcurde. 
a.  stab  II,  8,  Ä  und  unten,  so  liegt  es  nahe,  staben  von  stab 
im  eigentlichen  sinne  herzuleiten;  störend  ist  nur,  dasz  die 
hierbei  vorausgesetzte  bedeutung  'mit  dem  stabe  an-,  tu- 
iceisen'  {s.  mhd.  wb.  2,  2,  595».  Weigand  8, 788/)  von  einigen 
zweifelhaften  mhd.  belegen  abgesehen,  attszerhalb  dieser 
formel  nicht  begegnet,  wie  denn  das  tcort  überhaupt  nur 
im  altnord.  in  verwandten  gebrauchsweisen  üblich,  icenn 
auch  nicht  häufig  ist  (stafa  einum  dauda  einen  tum  tode 
verurtheilen ;  stafa  fyrir  tcorüber  verfügen,  bestimmen), 
kaum  annehmbar  ist  J.  Grimms  erklärung.  reehtsaltfrth.  902, 
wonach  der  richter  'feierlich  mit  seinem  stab  gebährdend 
die  formel  hersagt',  andrerseits  wird  man  die  tcendung 
nicht  trenneyi  von  der  bezeichnung  eidstab  für  die  eidea- 
formel:  altn.  eidstafr  Cleasby-Vigfusson  il8»,  ags.  k^sis&l 
Bosworth-Toller  59»,  alia.  ethstaf  {Hei.  1508),  ahd.  eid- 
stab (Notker  pa.  lll,  5).  dieaea  aber  geht  offenbar  zurück 
auf  stab  im  sinne  von  bachBtab(e),  littera.  vgl.  stab  II,  13, 


363 


STÄBEN 


STÄBEN 


364 


und  meint  tcol  die  fonnd,  den  traditionellen  worttaut  des 
eidea.  an  dem  im  alten  recht  mit  peinlicher  sorg f alt  fest- 
gehalten wurde,  und  so  könnte  staben  bedeuten  'den  eid 
formulieren'  oder  'die  eidesfonnel  wort  für  toort  lier sagen', 
vgl.  Scherz-Oberlin  1548.  hrem.  wb.  4,  979.  ten  Doorn- 
KAAT  KoOLMAN  3,  294/  {vgl.  altn.  eidspjall  neben  -stafr 
Cleasby-Vigfusson  118»  [auch  nl.  eedspel  Brunner  2,427, 
anm.  2]  und  andrerseits  stafa  vereinzelt  auch  für  'buch- 
Stäben  zusammensetzen'  586",  «<ne  schired.  stafva,  dän.  stave 
bttchstabieren  bedeuten,  doch  trird  man  kaum  mit  Wacker- 
NAGEi.  gesch.  der  d.  litt.*  1,  62,  anm.  8  an  schriftliche  eidea 
formulare  denken.)  —  unklar  ist  auch  die  ahd.  glosse: 
adramire  stabön  Graff  Diut.  l,  342.  Steinmeyer-Sievers 
2,  26,  16,  vgl.  dazu  J.  Grimm  rechtsalferth.  844  (*  2,  475). 
Schröder  rechtsgesch.*  287,  a7im.  sonst  ahd.  tiur  bistabön 
arguere,  und  dazu  zi  stabothe  ad  arguendum,  s.  Graff 
e^  6J2/.  —  t'^^  zum  ganzen  3.  Grimm  rechfsalterth.  902 
(^2,554/.).  Schröder  recÄ%e*cÄ.'' 354.  Brunner  2,  427. 
c)  belege  •  so  sal  der  richter  di  boten  vregen :  ab  di  vrowe 
gestanden  si  an  dem  eide.  ist  si  nicht  gestanden,  so  sal 
man  ir  aber  anderweide  den  eit  staben  {var.:  reyten). 
Freib.  stadtr.  ».141,15  Ermisch  {cap.  23,3);  so  sal  der 
richter  boten  senden  darzu  dri  man  unde  einen  butel, 
der  den  eit  stabe.  191,17  (30,4);  ind  sworen  al  dri  zo  den 
hilgen  mit  upgerecten  \ingere  —  den  eit  staveden  en  der 
proift  van  sancti  Gereonis  vur  den  bischuf  vurg.  ind  vele 
heren  van  den  doim  ind  ritteren  ind  knechte  —  dat  si 
mit  Gerlach  van  dem  Anker  gein  rede  gehat  enhedden. 
d.  städtechron.  i3,»?,9  {Köln,  jahrb.  m  1399);  und  also  ge- 
lobeten  und  swor  der  rad  die  nottel  {urkunde) ,  die  her 
nach  geschreben  folget  .  . .  und  nam  die  gelobe  Jakob 
Wachenheimer  von  Wormesz  der  stedfrunde  einer,  und 
stabet  dem  rad  auch  den  eid.  17, 176,  22  {chron.  v.  Mainz); 
so  trad  de  borgermester  uth  der  Oldenstad  to  .  . .  unde 
stavede  one  den  eyd.  16,  345,  33 ;  und  also  stabete  der 
canczeler  den  eyd  und  swuren  die  vorgeschriben  vier  des 
rades  den  eyd  von  des  rades  und  bürgere  wegen,  urk. 
V.  1440  bei  Janssen  Frankfurts  reichscorr.  2,10;  sie  stabeten 
den  eyd  mit  den  vorgerurten  underreden  und  ungeverlich. 
Frankf.  urk.  v.  1442  bei  Diei-.-WClcker  861; 

nu  swur  der  schuldige  man, 

als  im  der  eit  wart  gestabet.     pass.  295, 17  Köpke; 

des  80I  mir  gestabt 

vor  iwer  werden  der  eit, 

das  ich  des  immer  bin  bereit. 

Otto  KAR  reimchron.  61708 ; 
(»»  künsÜicher  emetierung) 

Falk,  ich  werde  für  dich  schwören; 

graf,  ihr  könnt  den  eid  mir  staben! 

Weber  Dreizehenlinden  #.  130. 

liäufig  von  einem  diensteid:  dit  is  de  eyd  den  de  lant- 
voghet  sweret  in  gyghenwordicheyt  der  heren,  der  stede 
unde  der  guden  lüde:  dat  gy  dit  jar  willen  richten  deme 
armen  alse  deme  riken  .  . .  dissen  eyt  stavet  Öme  weme 
id  de  heren,  de  stede  unde  de  guden  lüde  heten.  d.  städte 
chron.  6,  82, 16  {Braunschtc.  feMeb.  1382);  under  den  nünen 
neme  dye  cptissen  eynen  meyer,  und  der  sol  es  entfahen 
von  der  eptissen,  und  sollent  yme  dye  vij  scheffen  den 
eyt  staben.  tceis^A.  2,  34 ;  ehe  man  den  vorgemelten  eidt 
doe,  so  heischet  der  steffer  dem  scholtessen  orlouff,  hende 
uff  de  hilligen  zu  legen  und  spricht  darnahe,  ist  iuwer 
Wille  das  ich  N.  synen  scheffen  eydt  stabe?  287;  vom 
rittereid :  wer  wel  en  der  ritter  eid  nu  stabin  ?  rUtenp.  908 ; 
rex  dieit.    afi  cprechct  alle  vrolicb  an, 

df  da  heysen  myn  man, 

den  eyt  wil  ich  ucb  staben. 

MoNE  alld.  tchaiutp.  1,  2828. 

(Q  staben  ist  in  dieser  Verbindung  gleichbedeutend  mit 
nemen:  wilge  eide  ouch  her  Hilger  van  der  Stessen  zo 
den  ziden  vur  allen  rcedcn  nam  und  staifde.  d.  städte 
ehron.  11,296,16,  auffällig  ist  dafür  geben: 

dA  ne  der  kunic  hin 

und  liej  im  einen  eit  staben  — 

vier  bivcholfc  im  den  gäben. 

ü-noKAR  reimchron.  64806. 
e*  iat  für  daa  aUe  reehtaverfahrtn  durchaus   nottcendig. 
da$»  jemand  da  ist,  der  dem  »ehwörenden  den  eid  abnimmt. 
darttuf  beruhtn  betheuerungaformdn  der  mhd.  dicJUutig  wie  .- 

■ww  mir  M  rebt«  «old«  ataben 

4m  diim  eit, 

ich  mim*  wol,  «S  wcre  ir  leit. 

Wtinne«.  /rühl.  77,  1 ; 


swie  gerne  ich  des  nu  swflre,      so  wer  mir  liht  den  eit  hie 
nieman  stabende,    d.  jung.  Tit.  3942,  4 ; 
absolut  gebraxtcht: 

ich  swer  mit  beiden  banden, 
da;  si  sich  niht  erkanden. 
ist  ieman  der  mir  stabe? 

Walthbr  V.  D.  Vogelweide  104,  22. 

nur  im  auszergerichtlichen  verfahren  ist  eine  eidesleistung 

ohne  staber  möglich: 

Parziväl  dö  mit  triwen  fuor: 

er  nam  dag  heiltuom,  drüf  er  swuor. 

BUS  stabter  selbe  sfnen  eit.    Parz.  269,  S. 

in  demselben  sitine  auch: 

für  dise  rede  ich  dicke  swuor 
manegen  ungestabten  eit.    498,  3. 

e)  die  Verwendung  eines  stahes  beim  eide  beweisen  und 
erläutern  folgende  stellen :  item  soll  der  scheffen  ein  man 
kiesen,  wann  ehe  der  man  gekorn  ist,  soll  m.  g.  von  Prümb 
dem  man  den  eydt  staben,  da  soll  m.  g.  h.  den  man  mit 
der  rechter  band  holen,  und  der  vogt  mit  der  lincker 
hand ,  und  sollen  den  scheffen  setzen,  soll  mein  gn.  h. 
von  Prümb  und  der  vogt  den  hotten  setzen,  soll  m.  gn.  h. 
oben  an  den  staff  halden,  der  vogt  unden  an  den  staff 
halden;  m.  gn.  h.  soll  dem  hotten  den  eydt  staffen.  weisth. 
2,549;  beruren  {betreffend)  den  botten,  die  kiesonge  stehe 
dem  herrn  des  sloss  Denssbur  {Dmsborn  an  der  Kill) 
und  die  eidunge  eime  herrn  apt  zu  Proeme  {Prüm)  zu 
nachfolgender  wijsse  zu,  das  ein  apt  zu  Proeme,  nach- 
dem hotte  gekosen  vom  vurss  hern  des  sloss  Denssbur 
ist,  neme  einen  wyssen  stab  aller  underst  by  der  erden, 
und  ein  herre  so  das  vurgss.  sloss  Denssbur  uff  und  zu 
thut  oder  sleusst,  zu  aller  oberst,  und  darnach  der  jhcnig 
so  zum  botten  gekosen  in  der  mitte,  alssdan  wirt  jine 
den  eidt  von  vurgss.  herrn  apt  gestaept.  566.  dasz  die 
beziehung  zu  stap  gefühlt  wurde,  beweist  auch  das  Wortspiel : 

ir  rüke  wart  kein  eit  gestabt: 

doch  wart  ein  stab  s6  dran  gehabt, 

unz  das  sin  siusen  gar  verswanc.    Parz.  151,  27. 

{vgl.  dazu  stab  II,  8,  h.)  doch  scheint  das  geschilderte  ver- 
fahren im  mittelalter  ausnähme  gewesen  zu  sein  —  beide 
belege  stammen  aus  der  gegend  von  Prüm  —;  das  gewöhn- 
liche war  jedenfalls,  unter  kirchlichem  einflusse,  die  be 
rührung  der  reliqttien  beim  eide,  vgl.  z.  b. : 

'herre,  so  lät  den  eit  iu  staben'  .  .  . 

dag  heiltuom  man  dar  truoc. 

dar  üfe  swuor  sich  Tristan 

Isöte  zeim  elfchen  man. 

Ulr.  V.  Ti'KMEiM  Tristan  192  {entsprechend 
Heinrich  v.  Frbibbro  504); 

des  stabte  in  den  eit 

der  erzpischolf  Lodomer, 

dem  swuoren  si  d6  sunderbajr 

Of  dem  heiltum.    OnOKAR  reimchron.  44025. 

auf  das  heidenthum  übertragen: 

in  da;  beth  sie  in  {Medca  den  Jaton)  leite, 

da  sie  im  got  inne  fant, 

und  hi;  in  uf  legen  die  hant. 

als  er  uf  hette  geleit, 

sie  stabete  selbe  im  den  eit: 

'Ich  swere  dir  Meiiea'  — 

Jason  sprach  ig  alle;  na  — 

'ich  wil  dich  immer  zu  wibe  han'  — 

dieselben  wort  sprach  er  san  — ,•  •  • 

'das  swere  ich  bi  dir,  Juppite(r]'  — 

das  selbe  swur  auch  er  u.  ».  w. 

HERBoiir  troj.  krieg  966  {vgl.  die  anm.^ 

f)  die  letzte  stelle  zeigt,   dasz  als  das  \eesentlicht   hrim 
staben   das  vorsprechen  empfunden  wird;  dem  01  ^^ 

die  nicht  seltne  ztutammenstellung  staben  und  vor- 
-lesen:  unde  hebben  mit  opperechten  vingeren  deseu  . . . 
ecd  gedaan  die  hem  gestaaft  unde  vorgelesen  worde  hy 
monde.   quelle  bei   Hai.taus  1718;    damit    die  jurai' 
nicht   müssen  gestabt  und  fUrgelesen  werden,   qtc 
SciiERZ-OiiERi.iN  154«;   darnach   von   cynem   iglioluu  i. 
Bunderheitt   handtgclöbniss   genomen   und   zcuhd/.ll    hntt 
eyn  ider  zcwene  fynger  auffrichten  müssen,  ist  yncn  (l<i 
eydtt  durch  Kwalt  von  Baumbacli  gpsta[b]t  und  vor;-.       ' 
chron.   Islehiense  *.  11    {hei   einer   erbhuldigung  158«  :    nnl 
wolgcdachtcr  graff  Hans  (ieorge  hat  der  gemein  den  uydt 
Hclbsten  gestabet  und  fUrgeKugt.  *.  27  {desgl.  iSflo);  .»  '""•'- 
OrroKAR  reitnchron.  87868  unter  1.   —  doch  winl  ;/•'' 
lieh  auch  beides  unterschieden,  tcvM  dann  staben  »i 
das  feieilirhe  anhören,   tUtnetimeti   der  eidesleisfun;/  ;i'"' 
ho  IcHt  one  de  »chriver  den  eydt,  wen  hc  uthgclcsen  hefTl 


365 


STÄBEN 


STÄBEN 


36(5 


so  stavet  de  olde  borgermester  one  den  eydt.  Braunschic, 
ordin.  bei  Schiller-Lübben  4,  370»  (ausführlicher  bei 
Haltaus  1718). 

g)  sehr  häufig  im  pari,  gestabter  eid,  juramentum  con 
cepfum  et  dictatum.  Haltaus  1718.  Adelung:  alle  die 
disem  orden  gebunden  sint  die  suln  sich  hüten  Tor  ge- 
stabten  eiden.  Govn.is,  191,  3  {Franciscanenegd  des  13.  Jh.); 

und  das  sij  ein  ffestabet  eid, 

dasz  es  stede  solle  wesen. 

Alsfeld.  pasHon^sp.  2479. 

geicöhnlich  in  Verbindung  mit  swem,  zunächst  als  obj.: 
und  hant  {ich  habe)  geschworn  an  den  heyligen  einen 
gestabeten  ayd,  urfehte,  und  dass  ich  den  burgern  und 
der  statt  von  Strasburg  umbe  die  getat  niemer  dekeinen 
schaden  tun  soll.  urk.  v.  1302  bei  Schöpflin  Alsat.  diplom. 
nr.  824;  her  Syfrit  . .  .  quam  an  offen  gerihte  . . .  und  swur 
da  einen  gestabiten  eyit  mit  siner  stolen.  Baur  hess.  ur- 
kundenb.  2,  ».99  (r.  j.  1334);  her  Xiclas  zum  Nordecker 
der  phaffe  .  . .  quam  an  offen  gerichte  zu  Mentze  für  den 
richtet  Scherpiln  . . .  und  swur  einen  gestabiten  eid  of 
die  heiigen  evangelia.  s.  129  (v.j.  1336);  und  was  an  disem 
briefe  .  . .  geschriben  stet,  das  habe  ich  geAsdlliklichen  und 
unbetwüngenlich  gesxsom  einen  gestabten  eit  gegen  den 
heiligen  mit  ufgehebter  hant  und  mit  gestabten  werten 
ze  tuonde  und  stete  ze  habende,  urk.  v.  1348,  s.  Alsafia 
1862,  272;  in  dem  selben  do  swuor  ich  gotte  und  siner 
lieben  muoter  mit  ufgehabenen  henden  einen  gestabeten 
eit,  das  ich  niemer  keine  sünde  me  wolte  getuon. 
Nicolaus  v.  Basel  *.  153;  wann  ihr  einer  huber  wird, 
sol  er  schweren  einen  gestabten  eid  zuvorderst  dem 
herm  abt  .  . .  gehorsame  und  gewartig  zu  sein,  tceisth. 
1,  684  (unferds.); 

des  swer  ich  ein  gestabten  eit. 

Heinr.  V.  Neustadt  Apoüon.  3440. 
dafür  mit  gestabten  eiden: 

mit  gestabeten  eiden      ze  behaltenne  si  dö  alle  swnoren. 

des  muoste  da  der  besten  hant  '        '    ' 

mit  gestabten  eiden  swern.    Bit.  1875; 

gelaist  und   geseckert  in   gouden  trouwen,   und  mit  op- 
gerichten  vingern,   und  mit  gestaifden  eden  lyflich  aver 
den  hyllgen  geschwarn.  Clev.  urk.  v.  1420  hei  Haltaus  1420. 
häufiger  mit  adverbialem  gen.:  dit  hebbe  wy  stavedes  edes 
mit  upgerichteden  vingheren  to  den  hilghen  ghesworen 
to  holdende.   urk.  v.  1422   bei  Scheiut  mantissa  docum. 
8. 302;    wir    sollen   noch   wollen    auch    nummer   keinen 
t  menschen  zu  burger  zu  Mencze  ofnemen  odir  entphaen, 
1  er  habe  dan  dise  vor  geschreben  rachtunge  .  . .  zuvor  in 
I  guten  truwen  globt  und  dar  nach  alsbalde  mit  liplichen 
1  ofgereckten  fingern  eins  rechten  gestabten  eids  zu  gode 
i  und  den  heiigen  gesworen,  stede  feste  und  unverbroch- 
I  lieh  zu  halten,  d.städtechron.  17,88,23  (v.j.usi);  also  h an 
'  wir  dy  obgenanten  mennir  geeydt  und  bestalt,  alsz  recht 
ist,  und  han  mit  lyplichin  fingern  gestabitisz  eydis  uff  die 
.  heiligen  gesworen.   iceisth.  3,  357  Qiess.  tceisth.  v.  1449).     im 
\  nd.  icird  stavedes  (edes)  zutceilen  in  stavendes  entstellt, 
"^''nsz  es  den  anschein  hat,  als  trenn  staven  itt  intransi- 
rn  sinne  gebraucht  xräre,  so  auch  •  und  we  hebbet  alle 
-=e  vorscreven  stucke  . . .  to  den  hilghen  gezworen  mit 
j  upgerichteden  vingern  und  mit  stavenden  eden  truweliken 
j  to  holdende.  urk.  v.  1388  bei  Haltaus  1718.    danach  auch 
I  hd. :  die  . . .  einkleidung  in  diesen  orden ,   war  also  ge- 
I  schaffen,  das  der  newe   bruder  cörperlichen   stabenden 
I  eides  schweren  muste,  dasz  er  die  . .  .  regel,  und  gehorsam 
I  dieses  heiligen   ordens  . .  .  halten  wolte.   Schütz  chron. 
\  der  lande  Freuszen  Ib*";    so  hat  als  dann  gedachter  Hans 
I  HoUoger  für  uns  im  gerichte  mit  auszgerechten  blossen 
leihlichen  fleischlichen  armen,  mit  auffgerichteten  fingern 
bendes  eydes  zu  den  heiligen  geschworen.  157*;  trenn 
''  dagegen  in  nd.  quellen  stanedes  (edes)  findet,   so  ist 
>  tcol   nur  verlasen   oder  verdruckt  für  stauedes :   dat 
!•  uns  ghekomen  syn  an  unse  yeghenwordicheyt  Herman 
,  Raet  und  Herman  de  meyer  van  OUenstede,  und  beholden 
Tor  uns  to  den   hilghen  mit   uprichteden  vingeren   sta- 
nedes  edes  mit  willen   und   unbedungen,   dat  de  vryen 
und  di  inkomene  lüde  in  den  kerspole  van  Goldenstede  .  . 
unsen   heren   van  Munster   höret,   urk.  v.  1387  bei  Kind- 
LINGER  münsferische  beitr.  3.  ."joe;  alle  desse  vorgescrevene 
Stacke  unde  articule  . . .  hebben  wy  heren  boi^emestere 


unde  raede  der  stede  Monstere  unde  Osenbrugge  .  . .  ge- 
loevet . . .  unde  hebet  de  mit  upgerichteden  liffliken  vingeren 
rechtes  stanedes  eydes  ton  hilgen  gesworen,  stede,  vast 
unde  unverbroken  to  holdene.  s.  522  (tirk.  v.  1393).  doch 
führt  Haltaus  1718  aus  einer  Oldenburger  urk.  v.  1408  auch 
stahndes  edes  an,  uras  diese  erklärung  ausschlieszt  und 
kaum  aus  stavendes  zusammengezogen  sein  kann;  hier 
musz  also  eine  wirkliche  entstdlung  vorliegen,  darauf  he- 
ruhend,  dasz  man  neben  (einen  eid)  staben  atich  stellen 
sagt,  vgl.  das.  und  stab  II,  8,  h.  —  ungestabter  eid,  s.  d  zu 
ende.  —  für  gestabt  zuweilen  aufgestabt,  aufgeschrieben. 
Lessing  11,  619  (beytr.  zu  einem  deutschen  gl^ss.),  mit  ver- 
iceis  auf:         pgpj,  wirdt  der  leib  genommen 

ihr  Schwert  denn  mit  der  handt 

all  auffgestabte  eyde 

mit  brieffen  und  eydes  krafil 

das  jhr  nimmer  thut  zu  leyde 

mir  und  der  bruderschaffl. ' 

heldenb.  (1560)  140».    (vgl.  Wolfdietr.  DX,  HO. 
dieselbe  stelle  bei  Frisch  2,  SIS«;.) 

ferner :  dat  loven  wy  Edsardt,  Eppo  . . ,  laven  und  schweren 
wy  mit  upstaveden  eeden  in  den  hilligen.  urk.  v.  1430  hei 
Ben  INGA  (1723)  s.  273.  vielleicht  liegt  hierbei  schon  der  ge- 
danke  an  die  aufgerichteten  finger,  die  fast  immer  als  das 
tcesentliche  hervorgehoben  werden,  zu  gründe;  jedenfalls  ist 
das  der  fall  tind  ist  die  eigentliche  bedeutung  von  staven 
vergessen,  icenn  sieh  in  o.9tfries.  quellen  auch  die  Beendung 
mit    upstaveden    fingeren  findet,    s.  Schiller-Lübben 

4,370^.  5,134».  TEN  D00RNK.\AT  KOOLMAN  3,295*':  dat  Wy 

. . .  uns  hebben  .  . .  voreeniget  mit  leve  unde  mit  frundt- 
schap  in  een  waer  vorbundt  mit  upgestaveden  fingeren. 
urk.  r.  1430  hei  Beninga  «.263,  s.  auch  «.274;  dat  wy 
hebben  Imelen  hoevetlinck  tho  Oisterhuisen  . .  .  laven  mit 
banden  und  upstaveden  vingeren,  gesekert  und  geswom 
mit  dem  munde  ihn  den  hilligen.  urk.  v.  1431,  s.  Fried- 
länder ostfries.  urkundenb.  1,  nr.  395. 

h)  zutceilen  trden  andre,  verwandte  ausdrücke  als  ohject 
zu  staben: 

die  eyds  pilicht  wart  man  stehen      aufm  marckt  vor  jung 

und  alt, 
das  new  iar  tet  solcheins      geben  (I.  solchs  eingeben?). 

Jon.  Belbr  lied  auf  die  einnähme  von  Brauns- 

berg  (1520)  bei  Jon.  Frkiberg  chron. ,  neue  pr. 

prov.  N.  1846,  1, 148. 

unde  dise  vor^enante  verbuntnisse,  . . .  das  geloben  wir  . . . 
alles  stete  ze  habende  bi  den  eyden  die  ^vir  dar  umb  mit 
ufgehobten  henden  und  mit  gestabeten  worten,  liplich  an 
den  heiligen  band  gesworen.  urk.  v.  1345  hei  J.  Wencker 
collect,  jtir.  puhl.  (1702)  2  (von  auszbtirgem),  s.  63;  by  dem 
eide,  den  sye  darumben  geschwohren  band,  mit  gestabeten 
worthen.  urk.  r.  1347  bei  H.\ltaus  1719; 

nn  hört  die  geistliche  crafl, 

die  dirre  beiden  hat  gehabt, 

big  er  die  rede  hat  gestabt.    erlösung  1933; 

braeche  si  den  eit, 

lieje  ir  mi'ne  Sicherheit 

vor  ir  vriunden  höhe  staben 

da;  ichs  immer  woldo  haben 

liep  vor  allem  liebe. 

Neidhart  v.  Reuental  100, 19. 

so  auch  fürstaben  vorsagen  ■  wie  denn  auch  im  bapst- 
thumb  vil  alter  leyen  . .  .  sich  des  leidens  Christi  seligklich 
an  jrem  ende  trösteten,  und  sprachen  jhr  gebetlein,  wie 
es  die  alten  beginen  oder  seelweiber,  so  der  krancken 
warten,  pflegten  für  zu  staben.  Mathesius  hist.  von 
M.  Luther  (l580)  isg*. 

t)  im,  mhd.  scheint  eit  staben  zutceilen  (aus  miszver- 
ständnis)  für  'schtcören'  vorzukommen : 

desn  wirt  iu  dehein  eit  gestabet, 
da  was  vil  manic  riter  guot.     Wigaioi»  902S; 
wan  e  ich  ej  verbsere,  .  .  . 
ich  wolte  mich  e  l&n  begraben: 
des  wil  ich  einen  eit  staBen.    kröne  88794; 
vidleicht  auch  • 

die  Unger  riten  zno 

und  enphiengen  disen  man  (Otto  v.  Bayern) : 

da;  si  im  undert&n 

hin  Tür  wolden  wesen, 

des  wart  im  vor  gelesen 

und  gestabt  (rar.  .gestalt)  manic  eit. 

Ottokar  reimchron.  87368. 

k)  andrerseits  hat  sieh  im  mnd.  die  redetceise  enen  staven 
'beeidigen'  (also  =  enem  den  6t  staven)  herausgebildet, 
z.  b. :  £r  de  nie  raht  tho  schwert  und  gestavet  wert ;  dcQr 


367 


STÄBEN 


STABERBSE  —  STABGERICHT 


368 


Bulve  Bcbal  desse  twintich  staven  to  den  hilligen  stavedes 
edes  to  swerende.  dithm.  urk.  v.  1447,  s.  Schiller-LObben 

2)  die  übrigen  mhd.  belege  weisen  verschiedene,  meist 
vereinzelte  und  nicht  recht  deutliche  gebrauchsiceisen  auf. 
s.  mhd.  wb.  8,  2,  695*.  Lexeii  mhd.  handwb.  2, 1126  (Diemer 
gen.  86,  24  -■  fundgr.  2,  61, 12). 

3)  auch  in  der  neuern  spi-ache  begegnen  nur  vereinzelte 
anioendungen  in  verschiedenem  sinne. 

o)  mit  einem  stab  verse}^e7^,  nur  im  part.  gestabt, 
».  Ö(«iZ  4, 1,  4175  (l).    gestabte  kerzen,  vgl.  stabkerze: 

vil  engel  kertzen  habten      uf  kantzeln  und  uf  muren 

hie  die  gewunden      dort  die  geslabtcn.      d.  jung.  TU.  389. 

8.  auch  ungestabt  unter  stab  II,  5,  h.    (westf.  sik  stawen 
sich  auf  einen  stab  stützen.  Woeste  253*»,  vgl.  auch  4,  b.) 

b)  (eisen)  in  form  eines  stabes  bringen,  s.  gestabt  2. 

c)  mit  dem  stabe,  schaft  aufsetzen: 

den  Speer,  fest  auf  den  grund  gestabt. 

WoLFF  d.  landsknecht  v.  Cochem  s.  319. 

d)  ds.  Stäben  (stÄwa)  mit  einem  stab  schlagen,  prügeln. 

MaRTIN-LiENHAHT  2,  567*. 

c)  Stäben  für  buchstabieren,  in  alterthümelnder  rede 
{vgl.  1,  b) :  ich  musz  mit  dir  recht  ordentlich  schulmeistern, 
Wörter  spellen  und  staben  und  ihren  wurzeln  nachgehen. 
Jahn  2,  765  Euler;  den  schrannenmischmasch  kann  es 
(das  voUc)  kaum  zusammenstaben,  aber  nie  spitzkriegen.  634 
(m^rke  225). 

4)  andere  bedeutungen  liegen  weiter  ab  und  haben  viel- 
leicht mit  stab  nichts  zu  thun. 

a)  reiten,  traben;  bei  Lexer  handwb.  2,1141  unter  stapfen 
behandelt,  mit  dem  es  doch  kaum  zusamirtenhängen  kann: 

do  begunden  si  staben 

vor  Orlous  in  den  borg  graben. 

Oerm.  9,  837  {mitteld.  ged.,  15.  jahrh.). 

b)  ostfries.  staven  unbedachtsam  auf  etwas  losgeJien, 
d'r  hen  (l*ngs)  staven,  dazu  stavern  holp^-ig  gehen,  taumeln. 
Sturen  BURG  262'  ('ohne  zweifei  nebenform  von  stappen'); 
stafen  'steif  u.  starr  sein  od.  werden,  steif,  unbeholfen, 
unsicher  u.  tappend  gehen,  hinken,  stolpern';  hS  stäfd  as 
'n  old  mannetje;  h§  is  gans  ferstÄfd  (ferstafd)  un  fer- 
lamd.  TEN  DooRNKAAT  KooLMAN  3,  295»,  vgl.  staf,  sHll, 
unbewegt,  steif,  lahm,  ungelenk  u.  s.  w.  294»  und  oben 
staben  I.  —  ähnlich  wesffül.  stawen  '1.  am  stabe  gehn, 
sich  stützend  gehn.  hä  stawede  daher.  2.  auf  stelzen  gehn. 
8.  gehn  überhaupt'.  Woeste  253'',  waldeck,  stawen  Bauer- 
COLLITZ  SS**. 

STABENACKT,  adj.,  auch  stabel-,  staben-nackt ,  ganz 
nackt,  vgl.  splitternackt  (theil  10,  l,  2669)  und  stocknackt, 
soioie  Grimm  gramm.  2,572.  zeitschr.  f.  d.  wortf.  4,317: 
kommt  eine  Jungfrau,  Katharina  genannt,  stabenackend 
raus.  ScHWEiNiCHEN  1,  30;  braut  und  bräutigam  ent- 
rinnen stäb entnackend  aus  dem  bett  und  kommen  un- 
versehrt also  davon  (aus  der  feuersbrunst).  Philander 
(Leiden  1647)  7,  267.  jetzt  noch  westerwäld.  stabelnackig 
Scmidt  230.  Keiirein  1,  387.  —  duTch  combination  mit 
fingemackend  (tlieil  3, 1660)  entsteht:  ja  sie  (die  haut)  wird 
der  kälte  endlich  so  gewohnt  werden,  dass  man  mit  jenem 
skythischen  weltweisen  wol  gar  im  winter  wird  stabe- 
finger-nackend  auf  dem  markte  herumspatzieren.  Hah  n 
krafft  des  frischen  wassers  (1749)  81,  *.  zeitschr.  f.  d.  phil. 
26,  252.  (HöPLER  krankheitsnamenb.  147*'  leitet  es  von  einem 
nirgends  bezeugten  stabfinger  •«=  stab  II,  11,  i  ab,  sicher  mit 
unrecht,  daneben  findet  sich,  ebenfalls  in  einer  scfUes.  quelle, 
fingerstabenackt,  *.  Weinhoi.d  20''.) 

STABER,  STÄBER,  m.  der  Rtabt  (s.  das.  II,  l),  die  eides- 
formet  vorsagt,  dictator  jurisjnrandi  Hai.taus  1709,  nur 
in  der  altem  spräche,  getcöhnlich  mit  umlxiut,  nüid.  (mitteld.) 
staber,  steiTer  Lrxer  handwb.  2,  UhS,  mnd.  stevere,  sta- 
vere  Sciiii.i.f.rLübkrn  4,  895V-,  altfries.  stavere,  stavro 
RiCHTiioi'KN  1046*:  kumt  aver  die  man  vor  den  hcrren, 
he  biddet  alreet  enes  vorspreken  undo  dar  na  der  hilpten 
und«  des  steveres  (var.:  vorstaber,  yorrcdcr  des  eides) 
dat  he  sin  gut  utUe  (wieder  an  sieh  tiehe).  weigeret  ime 
des  die  herre,  so  hebbe  he  selven  die  hilgon  unde  svere 
sonder  stevere.  8achaen»p.  lehnr.  66,  §  2;  ob  avir  der  man 
in  sines  Herrin  aniwerde  komit,  so  hoI  er  biten  eines 
vorsprechin  unde  der  heligen  ande  des  stebirs.  Qiirlitzer 
lehnr.  %,  81  (6m  Uomeykr  8aeh»enap.  s,  2,  ».  184);  her  sal 


myt  syme  rechten  fusse  deme  pferde  tretyn  uf  synen 
linken  phus  vorne,  und  sal  myt  syner  lynken  hant  dem 
pferde  gryfen  an  syn  recht  ore,  und  sal  geren  der  hey- 
iigen  und  des  steberis,  und  sal  uf  den  heyigen  dem  pferde 
obir  dem  houpt  sweren,  das  das  pfert  do  syne  were. 
Kulm,  recht  3,130,  vgl.  133  und  s.  332;  ab  ein  man  deme 
andern  swert  vor  gerichte,  her  mag  wol  uf  legen  unde 
abenemen  mit  des  richters  loube,  unde  nach  des  stabers 
geheise,  sächs.  weichbildr.  128  Walther  (var.:  sieher,  s.  *.74); 
it.  Cunrad  Winter  v.  Hattenheim  had  gefreget:  er  sulde 
eyme  eine  Unschuld  dun,  und  hette  sinen  stebir  bestalt . . ; 
und  alse  jme  der  stebir  die  band  uffgelacht,  und  jme 
vursprach,  so  zochte  der  stebir  jme  die  band  uff,  und 
Sachen  daz  fil  lüde;  dargein  fragete  sin  widdersache,  sint 
der  zyd,  er  . . .  die  band  von  den  heiigen  getan  hette,  ob 
er  jn  icht  irfolgt  und  irgangen  hette?  EltviUer  schöpfenb. 
V.  j.  1373  bei  BouMANN  rheingauische  alterth.&U;  so  heischet 
der  steffer  dem  scholtessen  orlouff.  weisth.  2,  287,  *.  staben 
II,  1,  c  (weisth.  V.  j.  1463).  —  als  vereinzelte  neubildung : 
die  Scipiones  (auf  unser  sprach  die  'stäber'  oder  'stäbler'), 
haben  die  Römer  herren  der  ganzen  weit  gemacht 
Aventin  chron.  1,464,5.  —  eis.  staber  (stäwar)  schrecken, 
vgl.  stabern.  Martin-Lienhart  2,567''. 

STABERBSE,  /. .-  stab-erbsen,  pisa  guae  in  adminiculis 
adscendunt  et  crescunt.  Frisch  2,314»,  vgl.  stabU,5,i. 

STABERGERINNE,  n.  gerinne  zu  den  staberrädern  (vgl. 
das.)  einer  müJde.  Jagobsson  4, 244». 

STABERL,  n.,  s.  stäblein.  —  staberlen,  verb.,  s.  stäbeln. 

STABERN ,  verb. ,  gleichbedeutende  Weiterbildung  zu 
staben  I,  nur  eis.  und  hess.  in  der  Zusammensetzung  ver- 
stabern,   *.  das.  Martin-Lienhart  2, 567''.  Pfitzer  283. 

STABERRAD,  n.  in  Wassermühlen  ein  unterschlächtiges 
Wasserrad  mit  zwei  feigen  oder  reifen,  ztcisclien  denen  die 
scfMufeln  gerade  ('nach  dem  radio  des  rades')  eingesetzt 
oder  eingezapft  sind;  es  treibt  im  gegensatz  zum  grösseren 
pansterrade  nur  einen  mühlgang;  vgl.  staberzeug.  Eouers 
2,965.  Adelung.  Jacobsson  7, 417''. 

STABERZEUG,  n.,  an  den  wasser-mühlen  ein  Wasser- 
rad, an  welchem  die  schaulTeln  nach  dem  diameter  des 
rades  innerhalb  der  feigen  eingesetzt,  und  das  nur  einen 
mühlgang  treibt.  Jablonski  744»;  eine  art  mühl-räder 
in  groszen  wassern,  welche  von  dem  wasser  von  unten 
getrieben  werden,  und  daher  unterschlächtige  räder 
heissen.  seine  schaufeln  sind  zwischen  den  reifen  ein- 
gesetzt. Frisch  2,  314»;  staberrad  mit  zubehör.  Adeluno, 
s.  ferner  öconom.  lex.^  2792  (eine  mühle  ist  auf  staberzeug 
gebaut).   Eggers  2, 1320.   Jacobsson  4,  244». 

STABEULER,  m..  s.  stäbler  7. 

STABFEUER,  n.,  s.  stabhammer.  Jacobsson  4,  244*'. 

STABFÖRMIG,  adj.  in  form  eines  stabes,  z.b.  stah 
förmige  träger.  Lueoer  7,  467. 

STABFUSZBODEN,  m.,  auch  Wiener  fuszboden,  schifT- 
boden,  fuszboden  aus  eichenen  brettein,  die  unter  einander 
durch  falz  vei-bunden  und  an  jedem  ende  durch  nägel  a» 
die  polsterhölzer  befestigt  werden.  Karmarsch -Hkerkn  ' 
8,  662,  bandparkett. 

STABGEFLECHT,  n..- 

die  kapeir  ans  stabgeflechten 
ist  mit  blumen  reich  vorzieret. 

Arnim  8, 160  (kronenw.  2, 1). 

STABGEMEINSCHAFT,  /.  das  Verhältnis  derer,  die  für 
ihre  schafe  einen  gemeinsatnen  hirten  haben. 

STABGERICHT,  n..    in  f rank,  und  thür.  queUev     ■-' 
stab  11,8,/.-  das  gantze  gcricht  zu  Hochheim  übn 
und  band ,   und  den  dritten  pfennig  an  dem  8tal\' 
daselbst,     urk.  v.  1898  bei  Haltaus  1716;   darinnen  m.  p. 
herr  thum  probst  die  erbgerichte  unnd   über  schulde  tu 
helffenn  hat,  auch  durch  den  Ostervcldischen  richter  y.a 
gewonUcher  zeitt,   schuld  stab  unnd  ruche  gerichttf  fr«- 
haltten  wirdt.  ebenda  (qu.  vom  j.  1676).    was  für  fi 
von  gerichten  im  eituelum  damit  bezeichnet  wird,  is' 
klar,  vgl.  Frisch  2,  8l8^    Haltaus  1716/.  Scheb/  ' 

LIN   1660.    SCMM.   2,717.      fkIcA    ÄDKLUNO    'tflOr  .stAl>, 

eine  benennung  der  niedern,  mit  keiner  crinUnaljn 
tion  veraehenen  gerichte,  und  in  diettm  vtntande  / 
diese*  wort  noch  im   öttingischen  und  andern  gnj' 
vor.  ja  in  einigen  gebenden  Jdeieaetu  «erden  die  fdd-  utul 
dorf gerichte  stabgoriobte  gttumnt'. 


369 


STABGOLD  —  STABHOLZ 


STÄBIG — STABILITÄT 


a7o 


STABGOLD,  n.  gdd  in  stoben.  Campe. 

STABHALTER,  m.  judicii  praeses  dicitur,  a  bantlo, 
qiiemgerit,  pofestatis  insigni.  Haltaus  1717,  vgl.  stab  H,  8,/ 
und  Grimm  rechtsalferth.*  2,  372;  'bey  dem  kaiserlichen 
landgerichte  in  Schicaben  toird  derjenige,  welcher  des  land- 
richters  stelle  vei-tritt,  aus  eben  der  tirsache,  soicoM  der 
stabhalter  als  der  Statthalter  genannt'.  Adelung;  eis. 
stab(h)alter  (stäwältgr,  stöwältar),  früher dorfbtirgermeister 
im  protestantischen  Hanauerlande.  Martin-Lienhart  1, 
330*'.  erst  seit  dem  il.jahrh.  belegt:  Johann  Kallmar,  der 
rechten  doctor,  .  .  .  landschreiber,  und  der  zeit  verord- 
neter stabhalter  des  freyen  kaiserl.  landgerichts  in  Ober 
und  Nidern  Schwaben,  quelle  v.  1626  Ijei  Haltaus  1717; 
diesen  scharpffen  verweisz  hat  gedachter  stattschreiber 
durch  lateinisch-reden ,  ein  stabhalter  aber  ohnweit  von 
dannen  einen  trefflichen  vortel  durch  latein-verschweigen 
zuwegen  gebracht.  Shnpl.  sehr,  i,  iiO,  29  Kurz  (2,  1122 
Keller;  t.  Michel  13);  anfänglich  soll  iedweders  gerichts 
ganze  gemeinde  solch  verliehenen  gerichtsstab  zu  führen 
....  drei  taugliche  mann  namhaft  machen  und  vor- 
stellen, unter  denen  dann  die  oberkeit  einen  nach  ihrer 
wähl  und  Wohlgefallen  zu  einem  stabhalter  und  richter 
erkiesen  .  .  .  solle,  tirol.  weisfh.  2, 185,  9  (v.  j.  1793) ;  s.  auch 
192,  5;  stabhalter,  der  zweite  vorgesetzte  in  landgemeinden. 
verschieden  von  Statthalter.  Hebel  1,324  (tcorterkUirungen,); 
'hausfreund',  sagte  der  adjunkt,  'wenn  ihr  einmal  vogt 
werdet,  stabhalter  seid  ihr  schon,  oder  gar  kreisrath,  . .  . 
so  müszt  ihr  eure  untergebenen  fleiszig  zur  baumzucht 
und  zur  gottseligkeit  anhalten.  2, 194; 

herr  stabhalter,  edler  junckher, 

diss  haben  mir  von  alten  her, 

dass  khein  mörder  khein  freyheit  hat. 

Endinger  Judenspiel  (1616)  1572. 

■mch  in  den  Überschriften  und  dem  personenverzeichnis  tcird 
der  richter  als  stabhalter  bezeichnet,  vgl.  auch  unter  stab 
II,  8.  /,  «.)  —  dazu :  dannenhero  das  grosse  stath-  und 
stab-halter-amt,  welches  zuvorhin  Belial  dem  hölli- 
schen rath  .  . .  zugesagt,  .  .  .  unbesetzt  und  ledig  verbliben. 
PiiiLANDER  1,657;  diser  (der  subornations-)teüSel  prseten- 
dirte  auf  der  weit  .  . .  die  grosse  stath-  und  stabhalter- 
amt schafft  des  Lucifers.  656. 

STABHAMMER,  m.  malleus  magnus,  der  vom  wasser 
getrieben,  nur  stäbe  von  eisen  schmiedet,  zum  unter- 
schied des  blech-hammers.  Frisch  2,314*;  'stabhammer, 
stabfcuer, /ronz.  la  choufferie,  ein  hammerwerh,  auf  welchem 
aus  rauheisen,  das  gefrischet  ist,  eiserne  stäbe  geic'imidet 
werden.'  Jacobsson  4,  244",  auch  stabeisenhammer,  vgl. 
das.,  s.  ferner  Eggers  2,  966.  Adelung. 

STABHEFTEL,  m.  (?)  pflock  zum  spannen  der  garne,  bei 
den  Jägern,  vgl.  heftet,  theil  4,2,768,  und  spannheftel, 
fheil  10, 1, 1911:  dieweil  das  jagen  auch  one  das  schädliche 
hagen,  ob  man  gleich  keynes  holtzes  zu  machung  der 
schirm,  stäbhäfftel,  und  dergleichen  bedörfftig,  mit  den 
gamen  geschehen  kan.  Sebiz  feldb.  561. 

STABHERR,  m.  est,  qui  jurisdictionem  habet,  et  den 
gerichtsstab  füret.  Stieler  811:  dem  praelaten,  als  dem 
Stabherren  des  flecken.  Würtemb.  ordn.  v.  1502  Öfei  H.\lt.\us 
1717;  die  Königsbrunnische  unterthanen  thun  .  .  .  dem  abt 
als  ihrem  rechten  naturlichen  erb-  grund-  lehen-  stap- 
und  obersten  halsherren  . . .  pflicht,  treu  und  eid.  ebenda 
(r.  ;.  1536).    s.  auch  Scherz-Oberlin  1550. 

STABHOBEL,  m.  hobel,  womit  geicisse  Verzierungen,  die 
sogen,  stäbe  (II,  11,  e)  hergestellt  icerden,  dessen  bahn  rttnd 
ausgehöhlt  und  dessen  eisen  entsprechend  halbkreisförmig 
Ht'sgeschnitten  ist,  s.  Frisch  2,  SiS*».  Adelung.  Jacobsson 
4,244".  7,417'*.  Karmarsch -Heeren' 4,  346;  bei  Eggers 
1.  1.304  mit  kehlhobel  gleichgesetzt,  vgl.  auch  KrOnitz 
167,  .595/. ;  5  staabhöbel  20  kr.  steir.  tischlerinv.  v.  1735  bei 
IJNr.ER-Kiiui.L  567».  nd.  staf-höwel  'der  hobel  der  tischler 
zn  den  rund  erhabenen  leisten'.  Dähnert  466**,  weatf.  staf- 
hüwel  nd.  korrespondenzbl.  11,  37. 
STABHOLZ,  n.  i)  holz  zu  stäben  (II,  S,  b),  breiter,  woran» 
■üben  gemacht  icerden,  zunächst  nd. .-  staf-holt  brem. 
4,982.  Dähnert  456'',  staffholt  Schütze  4, 182.  Dan- 
FIL208*,  daher  axtch  hd.  oft  in  {halb)nd.  form  als  stafT- 
holz  BoBRiK  6.55,  vgl.  Weigand  2,789:  stab-holtz,  staff- 
hoUz.  zugerichtetes  eichen-holtz,  woraus  die  tauben  zu 
allerley  fässem  gemachet  werden,    mit  demselben  wird 


i 


X.  2. 


an  der  Ost-  und  West-see  nach  Holland,  Franckreich  und 
Spanien  ein  starcker  handel  getrieben,  es  ist  dreyerley, 
nach  dem  unterscheid  der  gefäsze,  dazu  es  dienen  soll: 
pipen-  oxthoft-  und  tonnen-stäbe.  sie  werden  an  der  Elbe 
nach  ringen  verkaufft,  ein  ring  hält  4.  schock,  oder 
240.  stück.  Jablonski  744* ;  stat)-holz,  ...  bey  den  bött- 
chern,  lignum  ad  tabulas  doliares.  Frisch  2,314»;  unter 
staSF-holtz  führt  Döbel  3,  81  piepen-holtz ,  oxhöfft-holtz, 
gantz  fasz-holtz,  halb  fasz-holtz,  tannen-holtz,  dazu  boden- 
holtz  und  saltz-tonnen-holtz  auf  und  fahrt  fort:  so  wird 
auch  nicht  nur  dergleichen  eichen-  sondern  auch  büchen- 
und  kiefern-staff-holtz  gemachet  u.  s.  ic.  s.  femer  öcon. 
lex.^  2797  (staff-holtz,  stab-holtz,  stav-holtz).  Eggers  2, 966. 
Adelung.  Jacobsson  7,417''/.  Karmarsch-Heeren'i,678. 

8.  392.   Behlen  5,669.   KrOnITZ  167,596—8. 

2)  stab-holz,  bey  den  schmelz-hütten,  ein  rundes  holz 
daran  leimen  gemacht,  womit  der  stich  gestopfet  wird, 
obturaculum  foraminis  in  fomaee  fusoria.  Frisch  8, 314'. 
Jacobsson  4,  244''. 

STÄBIG,  adj.,  findet  sich  norddeutsch  zuiceilen  als  Um- 
setzung des  nd.  stäwich,  fest,  steif,  unbiegsam,  beständig, 
stämmig,  stark,  dick,  solide,  mnd.  stevich  Schiller- 
LCbben  4,396*,  neund.  stävig  Richey  284.  brem.  wb.  i,mi. 
Schütze 4, 182.  Danneil209'',  stävig,  stevig(stefig)STÜREN- 

BURG    260*.     TEN    DOORNK.\.\T    KoOLM.\N    3,305,     Stgwech 

B.\UER-CoLLiTZ  98'',  uxstf  Osnabrück,  stie^g  Strodtm.\nn 
380''.  Woeste  255''.  ebenso  nl.  stevig.  stäbig  führen  Campe 
und  Frischbier  2,364*  (n«*en  stäwich)  an  in  denselben 
gebrauchsiceisen  wie  nd.,  besonders  ein  stäbiger  kerl  'ein 
starker  kerl  von  festen  gliedern';  stäbig  stehen,  unbeiceg- 
lich.  ganz  vereinzelt  erscheint  es  in  der  litteratur.  wia« 
hat  stäbig  von  stab  abgeleitet,  s.  Richey  und  brem.  wb. 
a.  a.  o.  Campe,  indessen  ist  es  eher  im  ablaut  zu  steif  ge- 
bildet, als  Weiterbildung  des  mnd.  steve  Schiller-Lübben 

4,  394»,  vgl.  TEN  DOORNKA.\T  KOOLMAN  fl.  O.  0.  Und  FrANCK 

etym.  wb.  965.  —  davon  zu  trennen  ist  Schweiz,  stäbig  starr, 
unbiegsam.  Tobler  405''  {zu  staben  I). 

STABIL,  adj.  {mit  langer  und  betonter  2.  silbe)  standfest, 
bestand  habend,  sich  gleichbleibend,  unveränderlich;  lehn- 
icort  aus  lat.  stäbilis,  vgl.  Weig.\nd  2,  789.  stabiles  gleich- 
ge wicht  besteht,  \cenn  ein  körper  bei  einer  Störung  sich 
möglichst  wenig  aus  der  nihdage  entfernt  und  in  diese 
zurückzukehren  strebt,  so  besonders  wenn  der  Schwerpunkt 
unter  dem  unterstützungspunkt  liegt,  vgl.  Lueger  4,  701. 
6, 19.  7,  373.    stabiles  fachwerk  s.  4,  21.   stabile  träger  7, 695. 

STABILIEREN,  verh.  festsetzen,  befestigen.  Campe  erg.- 
wb.,  lehnicort  atts  lat.  stabilire:  stabiliren,  s.  establiren. 
Apin.  gloss.  (1728)  508.  schon  in  einer  handschr.  von  1689: 
ausz  welichen  disen  Ursachen  dan  her  benambste  nach- 
paren  und  gemainsleut . .  .  getrungen  worden ,  . . .  nach- 
folgent  neue  gemains-  saz-  und  Ordnung  zu  stabilieren. 
tirol.  iceisth.  3,383,40;  in  stärkerem  sinne:  ich  komme  zu 
meinem  zweck  und  stabiliere  die  souveränetät  und  setze 
die  kröne  fest  wie  einen  rocher  de  bronce.  marginal 
Friedr.  Wilhelms  I.  bei  Prutz  preusz.  gesch.  2,356.  — 
dazu  stabilierung,/. :  welche  arbeitsamen  handthie- 
rungen  .  . .  sich  ergeben  haben ,  gleich  wie  da  seyn  die 
rechtsgelehrten,  geschickte  theologi,  oratores,  philologi, 
die  bücherschreiber,  dieselbigen  seyn  gemeiniglich  in 
stabilir-  und  promovirung  ihrer  eignen  fortunse  oder  glucks 
weniger  arglistig.  Schuppius  758  {von  der  kunst  reich  zu 
werden  1663). 

STABILIST,  m. :  so  hat  man  auch  noch  ein  klein  missal 
auff  die  hohen  und  fümehmsten  feste  ohne  die  sonntage, 
welches  weyl.  der  Schichtmeister,  oder,  wie  sie  genennet 
worden,  der  stabilisten,  welche  sonnabends,  sonntags  und 
donnerstags  die  frühe-messen ,  item  im  gantzen  advent 
das  rogate  gesungen,  allhier  gewesen  ist.  Meltzer  histor. 
Schneeberg.  884  {am  runde:  kleines  missal  der  Schicht- 
meister oder  der  stabilisten,  so  weyl.  adjuvanten  gewesen). 

STABILITÄT./,  {mit  ton  auf  der  letzten  silhe)  featigkeit, 
beständigkeit,  unveränderliehkeit.  Campe  erg.  \cb.  Weigand 
2,789  {'bereits  \1^' — ?),  vom  lat.  stabilitas,  vgl.  stabil. 
im  bauwesen  die  fähigkeit  eines  bautcerks,  den  von  auszen 
einieirkenden  kräßen  mit  genügender  Sicherheit  zu  wider- 
stehen. Stabilität  oder  Steifheit  eines  schiffes,  die  kraft, 
mit  der  ein  schiff  bei  einem  seiteriicinde  seine  wagereehte 
läge  im  icasser  zu  betoahren  strebt.  BoBRiK  655»;  das  ver- 

24 


371 


STABILZUCHT — STÄBLEIN 


STÄBT,EIN 


372 


mögen,  sich  tnu  der  geneigten  läge  udeder  aufzuricJiten. 
Lukger  7,  468. 

STABILZUCHT,  /.  hienenzucht  mit  unbeiceglidien  woben. 

STABKARNIESBLEI .  n.  eine  at-t  fensterblei.  vgl.  sUb- 
blei.  Jacobsson  2,  367».  7,  418». 

STABKEHLE,/.,  das  erhabene  seitenstück  zur  Hohlkehle, 
vgl.  Stab  II,  ll,  e.    ».  z.  b.  Jacobi   Saalburg  s.  215. 

STABKERZE,  /.  heize  tnit  einem  stab,  toorati  sie  ge- 
tragen wird,  besonders  bei  prozessionen,  vgl.  staben  II,  3,  o. 
Lexer  handwb.  2, 1141  (u.jahrh.):  item  adi  9  augusto  (1515) 
das  confentt  czu  sant  Clarn  vereret  mit.  8  schün  slab- 
kerczen  mit  cziburgen  (cibwien),  iede  mitt  3  heiligen,  ge- 
wüntten  stecken.  Tucher  haushaltb.  s.  125; 

und  80  sie  sich  zu  pet  wolt  legen, 
80  traten  alweg  zwen  das  .spor 
ir  mit  zweyen  slabkertzen  vor. 

FoLZ,  s.  fastn.  «p.  3,  1227. 

STABKIRGHE,  /.  bezeichnung  der  norwegischen  holz 
kirchen,  norto.  stavkirke,  «.  Mo(.k  in  Pauls  grundr.^3,  397. 

STABKRAFT,  /.  die  in  der  achse  eine.»  graden  stahes 
mrkende  kraft,  hejionders  bei  fachwerke» ;  uurh  eine  grad 
linig  ztcischen  zwei  punkten  wirkende  kraft,  die  nicJU  nur 
von  der  entfermtng  abhängt.  Lueger  7,469. 

STABKRANZ,  m. .  Reil's  stabkranz,  ein  halbkreisförmiges 
gebiide  in  jeder  liemisphäre  des  groszen  gehiiiis,  s.  Meckel 
anat.  3,  538. 

STABKRAUT,  n.,  dasselbe  wie  stabwurz,  vgl.  das. :  stab- 
wnrtz,  f.    stab-kraut,  n.  abrotano.   Kramer  dict.  2,899«. 

WeIGAND  2,  789. 

STABKREUZ,  »i. .-  herald,  staab-  oder  leisten-kreuz,  'kreuz 
zur  hälfte  seiner  natürlicJxen  breite,  also  =  '/''  ^*'"  schild- 
breite, -vermindert'.  Gritzner  herald,  terminologie  {bei  Sieb- 
macher  tcappenb.)  s.  34.    vgl.  stab  II,  11,  h. 

STABKUGEL,  /.,  itn  seeu-e.ten  plur.  halbnd.  staf-kiigeln, 
uudi  Stangen-  oder  knüppel-kugcln,  zwei  durch  eine  eiserne 
Stange  verbundene  kugeln,  s.  Bobrik  430. 

ST ABLACK,  VI.  n.  eine  art  gummilack,  auch  stock-, 
Stangen-,  holzlack,  lacca  (gtimmi  laccae)  in  baculis.  Jabobs- 
SON  7,418''.    KnÜNITZ  167,  ."598. 

STABLEHEN,  n.,  krum-stab-lehen,  n.  feudo  ecclesiastico, 
episcopale.  Kramer  rfi<;#.  2,  899". 

STABLEIN,  n.,  deminutiv  zu  stab,  vgl.  stäbchen,  stäbel; 
mhd.  stebclin ,  steplin  Lexer  handwb.  2, 1153.  im  nhd. 
begegnen  zahlreiche  nebenformen,  so  frühnhd.  häufig  steb- 
lin,  stäblin,  s.  unten  die  belege;  ferner:  s table  (das) 
virgula,  bacülus.  Maaler  383»; 

die  feind  macht  man  ganz  wehrlos,  .  . . 
st&blen  narnen  sie  in  mr  band, 
das  war  ihr  spiesz  und  degen. 

LiLiBNCRON  hM.  volksl.  nr.  4,  «.  572  (608,  35). 

atäbel:   was,   sagt   er,   soll  ich  hencken?    das  war  ein 
feine  sach,  ich  hab  über  16.  gülden  nicht  gestohlen,  und 
soll   gleichwol   hencken?    nein!   das   thue  ich  nicht,    es 
musz  seyn,  sagt  der  k&yserl.  herr  pannrichter,  das  stäbel 
ist  schon  gebrochen.  Abele  ktinstl.  unordn.  l,  19,  *.  auch 
unten  2,  e  und  h,a;  ohne   bezeichnung   des  umlauts:   Gre- 
gorius  .  . .  batt  den  aimächtigen  got,  wer  mit  dem  wasser 
gesprengt  wcrd,  das  die  gesund  werden,   mit  dem  nam 
er  einen  badschwam  an  aiii  stäbel  und  sprengt  die  liit 
damit.  Sciiii/rBKKüER  reisen  (1394—1427)  «.148  Neumann 
\fi.  MJ;         },^t  ^f  grosz  teuffal  seinen  schnawal 
ta  braucnan  mögen,  unt  f<ain  stawal, 
er  hat  {hätte)  sie  gar  um  törfen  pUrtzlen 
mit  seiner  >iewtuniBchen  gabal. 

FisciiART  aarg.  84>>  {dicht.  3,  8»,  24  Kurz). 

mit  öaterr.  form  dei-  deminutivendung  staberl  dünner 
tpatieratock.  Hüokl  154»:  wenn  ich  nur  das  staberl  er- 
wischen könnte !  Ra  i  m  u  n  D  l ,  so  {barometerm.  1,12,  vgl.s.aS: 
entreiszt  Quecksilber  den  stab);  vgl.  unten  b,b.  mit  der 
ch-tnceiterung  {vgl.  Grimm  gr.  8,  674/.):  da  hat  der  kaiscr 
die  8  herold  mit  iren  steblaohen  und  12  trumether  . . . 
hie  zA  Augsburg  laussen  reitten.  d.  atädtechron.  88,281,11.  — 
aus  Idtenden  mundarten  werden  angifführt:  aehxceiz.  st&bll 
ÜUNZlKKR  S40,  atebli  lineal  Srii.rr  278»,  bair.  st&bl,  stiÜMl 
ScHM.  S,7ie,  Hrol.  stAbl  Schöph  695,  stiüiile  HintnerUS. 
l)  im,  allgemeinen:  baeillus  .  .,  dim.  ein  stäbloin.  Cor- 
viwuB  fönt  tat.  86«;  stÄblein,  n.  bastoncello.  baatoncino. 
0toeeareUa,  it.  baeeketta.  verga.  v.  ruhte.  Kramkk  dict. 
t,8W*:  du  •tiblein,  baeillu*.  virgula,  Stiblbh  MW. 


«)  ztim  zeigen,  deuten  (stab  II,  4,  b):  da  het  Ulcnspiegel 
ein  lang  leinin  tftch  an  die  wand  hingespant,  da  er  malen 
seit,  . .  .  und  zeugt  mit  einem  weissen  steblin  an  die 
wand.  Eulensp.  s.  40  neudr.  (27.  hist). 

b)  doch  essen  sie  mit  zweien  stäblein  sehr  sauber, 
welciie  ihnen  anstatt  der  gabel  dienen.  Crassei  Jajwn. 
kirchengesch.  (1738)  1,  9. 

c)  als  Steckenpferd  (s.  stab  II,  4,  c): 

jr  herrn  geht  hinein  auff  den  sal 

und  schaudt  ein  weil  zu  meinem  kne[b]lein 

das  reit  darinn  umb,  auff  eim  steblein. 

H.  Sachs  3, 1,  2:wo. 

rf)  von  den  geschälten  stäben  (s.  11,1,6),  im  bilde:  als 
wenig  mü?cn  dise  menschen  ein  solch  gewont  schwartz 
und  blencklecht  leben  gclossen.  wo  kumpt  es  her,  oben 
her  von  unsern  eitern,  die  haben  ab  disem  blencklechten 
steblin  getruncken,  .  .  .  und  dye  uns  noch  kummen,  werden 
denn  ouch  also  flecklecht  und  blencklecht,  es  ist  mit  einem 
solchen  gemüsthen  (gemischten)  leben  glich  wie  mit  Jacobs 
schcfHin.  Keisersberg  bilg.  41". 

e)  für  den  'splitter'  des  gleicJinis.^es  Matth.  7,3—5:  also 
«o)it  es  in  der  verfluchten  weit  zu,  das  yminer  das  schuldig 
will  unschuldig  sein  und  eines  will  einem  ein  steblein 
ausz  dem  aug  ziehen  und  hat  selber  ein  neydigen,  auch 
faulen  balcken  inn  seinem  hertzen.  Schumann  nacht- 
büchl.  70, 19  Bolte. 

2)  stäblein  als  stütze  und  beim  gehen,  vgl.  stab  II,  5. 

ö)  allgemein  als  gerät,  das  man  in  der  band  trägt:  {ich, 
der  teufd  Berlicki)  bin  einmahl  einem  (doctor)  um  mitler- 
nacht  erschienen,  mit  dem  baretchen  auf  dem  haupte 
und  stäblein  in  der  band,  unter  der  ge.stalt  des  llippo- 
crates.  Fr.  Müf.LER  2,  12.  {vgl.:  meines  äskulapischen 
Stabs.  J.  Paui,  Katzetib.  63.) 

b)  bei  proce.'^sionen :  zu  den  pannerlein  kumen  zwai  stück 
gelber  leinbat,  dar  ausz  warn  gemacht  848  panerlein  an 
weissen  steblein.    d.  städtechron.  ll,  500,  9  {Nürnlterg  IW.)  . 

c)  mit  einem  weiszen  stäblein  ziehn,  betteln.  Eiselein  5;<; 
{au^  Zincgrei'),  vgl.  stab  5,/,  a. 

d)  ebenso  von  au.sgewieseneu,  verurtheilten ,  solchen,  dif 
sich  ergeben  haben  u.s.w.,  s.  stab  b,f,ß:  den  andern 
bawrn  wurden  all  ire  wer  und  hämisch  genomen,  weyssi- 
steblin  in  die  band  gegeben  und  vor  nachtz  aus  der  .«tat! 
gewisen.  quellen  zur  gesch.  des  bauernkr.  aus  Rotenbuii 
a.  d.  Tauber  {lit.  ver.  139)  479  {S.juni  1525);  das  ein  rat  zu, 
Biberach  nach  der  huldigung  jeden  derselben  gewesten 
aufrierischen  underthonen  per  8  gülden  .  .  .  gestraft,  auch 
ir  wer  und  harnasch  confiscirt  und  zue  einem  fridens- 
zaichen  iedem  ein  weis  steblin  in  die  hänt  geben  habe.  [ 
qu.  z.  gesch.  d.  battertikr.  in  Oberxchioaben  {lit.  ver.  129)  j?.  306 ; 

da  gaben  sie  die  stat  aulT  ins  keysers  band,  .  .  .  also  lie«/ 
man  sie  ab  ziehen  unnd  bass^iern  mit  weissen  steblin, 
wie  gefangen  kriegs  leüt.  Wkller  die  ersten  Zeitungen 
.V.  74(1528);  also  nam  maus  auff  in  gnad,  liesz  auch  mit  1 
weissen  steblin  bassiern  alle  reüter  und  fuszknecht.  75, 
a.  auch  Hai.iats  I7ii; 

ihr  handvoll  nackter  leutr! 

ihr  könnt  nicht  mehr  entlliehn. 

wenn  ihr  euch  wollt  ergeben, 

80  lassen  wir  euch  leben, 

mit  weiszen  stäblein  ziehn. 

Hoffmann  v.  FALLBRäLKOKN  ged.^  861. 

e)  als  stütze  für  pßanzeti,  vgl.  stab  5,  t,  im  bilde:  ja  wie 
ein  gertner  wenn  er  hat  eine  iunge  schwache  pflant/.c, 
dieselbe  an  einen  stekken  anlehnet  oder  anbindet ,  .  . . 
also  müssen  eitern  ihre  zarte  hauspOantzlein  ihre  kindor 
gleichsam  an  stäblein  binden,  das  ist,  ihnen  treUhertzige  | 
vermahnungon  ertheileii.   Reinicke  fuchs  124.  |  ^ 

8)  stab  der  lienschaft  und  des  yerichta,    vgl.  at&b  II,  8. 
a)  des  papstes,  a.  stab  8,  a,  ß  und  8,  a  .- 

der  bapst  het  ain  steblin  in  seiner  band 
und  das  was  also  dürre: 
alü  wenig  das  steblin  gronen  mag 
kuniütu  zu  gottes  huldr. 

UULAND  wAkA.  nr.  297  A,  20. 

6)  dea  herolda  (stab  8,  e) ;  vgl.  oben  (steblach) : 

Herolden,  spreoher,  partziTand, 
die  ntrolTlen  ettwann  ftlTlicb  sohand.  .  .  . 
eyn  veder  narr  y«Is  sprechen  wil 
und  tragen  stAbfin  ruch  und  glatt. 

Brant  narrentrh    68,  W. 
c)  des  riektera  (atab  8,/,  a);  es  bot  auch  der  kcniiig  von 
Arragonj  4  horgeschiokt  mit  weyMen  itäblin,  die  soltM 


373 


STABLER 


STABLER 


374 


I       eir 


von  seinetwegen  ju^ticy  tun.  quelle  v.  1506  bei  Schöpf  695. 
reichen  {s.  stab  8,  g,  e) :  demnach  seie  ihro  ehrwürden  auf 
einen  stuhl  dazugegen  mit  einem  küssen  zugericht  nieder- 
gesessen und  ein  weiss  rüthlein  oder  stäblein  dem  schult- 
lieissen  gereicht  und  auch  heissen  sitzen,  weisth.  2,  335 
{V.  j.  1588). 

d)  das  stäblein  brechen,  *.  stab  8,  g,  &  und  oben  (Abele 
1,19):  am  andern  morgen  ging  ich  den  schweren  gang 
zu  der  hinrichtung  des  Jägers  Jürge.  ich  stand  neben  dem 
bürgermeister  im  kreis,  und  sah,  wie  er  das  stäblein 
brach.  Brentano  4,139; 

Alektryo  in  groszer  noth, 

Gallina  todt,  die  bühnchen  todt,  .  .  . 

verlangt  ein  ehrlich  halsgericht, 

wo  raugraf  Gockel  das  urtheil  spricht, 

und  über  die  katze  das  stäblein  bricht.    5,  63 ; 

dem  Schöffen  blickt  er  (der  tod)  in's  gesiebt, 

der  just  das  weisze  stäblein  bncht, 

da  sinkt's  ihm  aus  den  bänden.    Geisel  1,  91. 

e)  an  das  stäblein  rühren  beim  schwören,  a.  stabS,  ä; 
das  sy  an  das  stähl  greiffen  und  schwem,  das  sy  ain 
götlichs  und  pillichs  recht  sprechen  wollen  dem  armen  als 
dem  reichen.  Kaltenbäck  j;an- «.  bergtmdingb.i,  nr.  108, 3 

pantaiding  v.  Melh  1 197^ :  die  zeugen  beyder  parthey  tretten 
herfür,  den  Apius  das  steblin  reycht  und  spricht. 

hie  rfiret  an  zu  beyder  seyt 

zu  sagen  hie  die  gantz  warheyt.     H.  Sachs  1, 114*>. 

4)  technisches,  vgl.  stab  II,  11. 

a)  stäblein,  sive  blätlein  der  holkehlen,  striges.  Stieler 
1G93;  kleines,  halbkreisförmig  ausgebogenes  glied  in  der  bau- 
kunst,  fr.  astragole.  Jacobsson  4,  2U^,  s.  stab  11,  e. 

b)  stäblein  an  den  canonen,  s.  oben  stab  (ii,  f)  an  den 
oanonen,  astragalus.  Frisch  2,  313''. 

c)  'stäblein,  baguettes,  (bleyarbeiter)  durch  diesen  aus- 
dnick  verstehet  derselbe  die  umgelegten  falten,  icelche  sie 
an  jedem  rande  der  täflein  umlegen,  derer  sie  sich  zum 
kirchendecken  bedienen,  um  die  löthung  zu  ersetzen.'  Jacobs- 
son 7,  418*.    KrOnITZ  167,  598. 

d)  kleine  umlaufende  stäblein,  umlaufende  stäblein  mit 
einem  schlag,  in  der  feuerwerkerei  arten  von  achwärmem, 
a.  Jacobsson  4,  244''. 

5)  besonderheiten. 

a)  steht  als  bezeichnung  einer  münze  steht  wol  für 
sfäbler,  vgl.  das.  8:  item  drei  und  virzig  holden  muessen 
-wir  im  jar  zu  dem  pantaiding.  kumbt  er,  so  geit  er  ain 
*tebl;  kumbt  ir  ainer  nicht,  so  geit  er  ainen  phening  und 
air.  steir.  taid.  321,  28  (l5.  jahrh.). 

b)  Staberl  {vgl.  oben)  heifzt  eine ßgur  der  Wiener  load- 
posse.  die  A.  Bäuerle  aufgebracht  hat,  als  typus  des  Wiener 
kleinbürgers,  ein  parapluiemacher,  der  sich  in  ungeicohnten 
lagen  ungeschickt  benimmt,  aber  »ich  durch  muttermtz 
immer  zu  helfen  tceisz:  ein  höchst  närrischer  kerl  von 
komikus  spielt  hier  in  einer  posse :  Staberl,  nach  Wiener 
Volksart.  .  .  .  Staberl  reiset  als  bedienter  mit  seinem 
herm  . . .  von  Wien  nach  Frankfurt  a.  M.  hier  entstehen 
durch  die  geschwätzigkeit  des  Staberl  die  sonderbarsten 
qui  pro  quo.  Zelter  an  GöfAc  3,  221  (l. /e&r..  1822). 

STABLER,  m.  der  einen  stab  trägt,  führt,  zuiceüen  dafür 
stabler;  vseitere  nebenform^n  in  der  bedeutung  7. 

l)  als  individuelle  neubildung,  Übersetzung  des  lat.  namens 
Scipio:  der  grosz  hauptman  Publius  Cornelius  Scipio,  auf 
unser  sprach  der  'stäbler'.  Aventin  l,  455, 18,  vgl.  464,  5 
unter  stäber. 

2i  'eine  zum  zeichen  der  ridderlichen  oder  befehlaJuibenden 
getralt  mit  einem  »tobe  versehene  peraon;  in  uxlchem  ver- 
stände dieses  tcort  nur  noch  in  einigen  gegenden  üblieh  ist.' 
Akei.ung.  —  für  staber,  stäber  {hier  also  nomen  agentis 
zum  verb  staben),  qui  in  judicio  praeit  jus  jurandum. 
Sciikrz-Oberlin  1548,  ao  mnd.  steveler,  a.  ebenda;  kumpt 
he  aver  vor  dem  heren,  so  bidde  he  alder  erst  enes  vor- 
spraken,  unde  darna  der  hilgen  unde  enes  stevelers,  rieht- 
uteig  lehnrechts  10,  §10;  so  bidde  eme  sin  vorsprake  or- 
loves  .  . .  unde  dat  he  mote  nedder  knien  unde  ok  enes 
stevelers ,  unde  dat  he  mote  uplecgen  {die  hand  auf  die 
reliquien)  unde  sweren  vort.  12,  §  4. 

8)  in  der  altern  spräche  besonders  im  sinne  von  stäbei- 
rr, -meister,  s.  das.  •  stäbier  (wurden  genant  die  jenige, 
•o  mit  Stangen   auf  dem  platz  des   turniers  seyn,   und 
einen  jeglichen  heschützen  und  befriedigen  müssen,  wann 


man  bisweilen  rosz  und  mann  geworfen,  der  sich  nicht 
geben  wollen,  dasz  der  sich  nicht  ertödte,  sondern  mit  dem 
sattel  auf  die  schranken  gesetzet  worden).  Schottel  339*'. 
Scherz-Oberlin  1549,  vgl.  auch  Frisch  2,314»;  hastilttdiis 
sive  tomeamentis  inserviens.  Stieler  2110;  Eggers  i,  1107 
hat  in  dem  von  Schottel  bestimmten  sinne  grieswärtel, 
huissier  de  gravier,  certaminis  equestria  arbiter,  und  er- 
klärt stäbler  für  die  diener  dersdben.  a.  femer  Schm.  2,  717 
und  Unger-Khull  567*. 

4)  bezeichnung  einea  hofamtea :  stäbler,  ehi  porta  il  acetro 
dueale,  maiordomo.  Hulsius  (1618)  237*;  in  den  belegen  iat 
die  speeielle  function  nicht  zu  erkennen:  bey  unsz  heist 
die  Charge,  so  der  Campen  hatt,  stäbler;  der  Bettendorf 
war  es  ahn  unszerm  hoff  allezeit.  Elisabeth  Charlotte 
3, 11  (17.  märz  1707).  —  nach  diesem  kamen  die  partisanen, 
Schatzmeister,  stäbler,  pfenningmeister,  Schaffner,  schösser, 
rentmeister,  einnemmer,  burgvögt,  hauszhälter,  küchen- 
schreiber,  etc.  Philander  1,305;  ich  bin,  sprach  derselbe 
weiters,  Alexander  Magnus,  ein  söhn  des  Jupiters,  ein 
herr  und  könig  aller  weit,  etc.  hätte  als  ein  ehrsuchender 
ruhmredender  vielleicht  noch  eine  unzähliche  zahl  seiner 
titul  her  erzählet,  wann  nicht  ein  stäbler  jhm  in  die 
rede  gefallen,  und  gesagt,  ad  rem!  54i. 

5)  stabler,  pl.  handwerks-meister  der  handwerke,  die 
von  alters  her  bestättigung  auch  stab  und  heyligen 
empfangen  haben,  (das  ist,  dasz  sie  dörfen  eide  staben, 
und  andere  einen  eid  auf  die  heyligen  und  heyligthume 
thun  lassen,  die  man  ihnen  aus  dem  gerichte  dazu  gab) 
sollen  solche  bestättigung,  auch  stab  und  heyligen  von 
unsem  amtleuten  in  unserm  hof  ferner  empfahen.  Frisch 
2,313«/.  Adelung,    vgl.  stabil,  8,  i  {zu  ende). 

6)  ala  geistliches  amt;  officium  quoddam,  quo  inaervie- 
i    batur  canonicis  alicujus  ecclesiae.  Scherz-Oberlin  1548: 

dasz  die  staebler  der  kirchen  und  pfafFheit  gesind  und 
diener.  a.  ebenda  1548/.  ,•  'catalogus  offieiorum  eccles.  cathedr. 
Argent.  dum,  indicat  coUationes  canonici  habentis  officium 
eellerarii.  diss  lyhet  ein  keller,  die  zwen  stebler  genannt 
koch,  die  zwen  stebler  genant  buttel ;  den  stebler  genant 
zapfFner,  das  stebler  ambacht  genant  kuiffer.'  1562/.; 
wir  Gosso  Schilt  d.  dechan  u.  das  capitel  gemeinlich  der 
stifte  zu  S.  Thoman  zu  Str.  {Straszburg)  tunt  kunt  .  . . 
das  wir  bedaht  u.  angesehen  haut  solich  getruwe  geneme 
dienst,  die  uns  u.  unser  stifte  von  vesten  Rud.  Lentzelin 
zu  Str.  beschehen  sint  . . ,  darumb  hant  wir  einhelleclichen 
von  unser  u.  unser  stifte  wegen  . .  .  dems.  Rud.  geluhen 
u.  gesetzt  das  stebeler  ambaht,  das  Joh.  Satterer  von 
Constentze  vor  moles  von  uns  u.  unsse  stifte  gehebt  hat. 
1563  {urk.  V.  1423).  atich  latinisiert  stabelarius,  stebelarius 
{im  Wechsel  mit  bacularius).  Du  Gange  7,567''.  {pedellf  •) 
darumb  sol  man  in  zft  Parysz  zö  einem  stebler  machen, 
do  macht  in  Hugo  zu  einem  baculario  {baccalaurettaf 
s.  Du  Gange  2,  5l5'>).  Brant  2, 168''.  —  bair.  stäbler,  der 
bei  Prozessionen  den  stab  vorträgt.  Schm.  2,  717.  steir. 
'Spottname  für  die  anhänger  einer  tciedertäufersekte  im 
16.  jahrh.'  Unger-Khull  öe?*". 

7)  als  atabträger  iat  tcol  auch  die  rottcdaehe  bezeichnung 
der  bettlet-  zu  veratehen,  vgl.  stab  11,5,/.  a,  olncol  hier  fast 
auaschlieszlich  abvxichende  formen  begegnen,  die  theüweiae 
auf  latinisierung  oder  volkaetymologiacher  anlehnung  zu 
beruhen  aeheinen:  von  stabülern.  das  ander  capitel  ist 
vonn  stabülern,  das  sind  betler  die  alle  land  usz  strychen 
von  eim  heiligen  zu  dem  andern  .  .  .  und  hond  den  wetter- 
han  und  den  wintfang  vol  zeichen  hangen  von  allen 
heiligen.  .  . .  die  selben  stabüler  lond  nümmer  mer  von 
dem  betlen,  und  ire  kinder  von  iugent  uiT  bisz  in  das 
alter,  liber  vagatorum  {ibiO)  bei  Kluge  rottrelsch  1,38;  im 
voeab.  193:  stabüler  brodsamler,  *.  55  {a.  auch  Weim.  jahrb.  i, 
a.  79.  lOl),  in  der  nd.  attsg.  von  1510:  van  stabnleren.  a.  60; 
die  zunfft  desz  rabenfutters  librum  vagatorum, . . .  darinnen 
aller  färb  beschudlerum  hoch  benamset  sind,  als  breger, 
stabüler,  die  jr  krenerin  und  gatzen  in  alchen,  han  den 
wetterhan  und  gevetzten  windfang  voll  doull.  Fischart 
groazm.  M,  a.  kloater  S,  SB3  und  Kluge  l,  112;  8[t]abuler 
brotsamler.  Agyrtas  Witzenbürg.  gesch.  i,  a:: : 

also  der  alt  stabüler  erund 
mustern  au(T  anderhalb«  stund 
in  seinem  manlel,  hemb  und  rock. 

H  Sachs  17,  338,  33  Götze  {ühertchr. :  der 
bettler  schlug  seinen  niaiitelX 

24* 


375 


STÄBLER 


STABLERAMT— STABRECHNEN 


376 


a.  auch  HoRN  aoldatenspr.  27;  ericeitert:  das  ander  capitel 
sagt  von  stabuliern. 

ein  unbiblisch  gschlecht  sind  stabulem. 

sie  strichen  alle  land  uszgern 

von  einem  helfen  z&  dem  andern. 

GENtiENBACH  347  Oödekc  (bettUrord.  c.  8). 

weitere  foi-men  mit  urtünut  in  dei-  mittelsiUm  .- 

jeder  stabyl  ein  hömlütten  halt. 

S.  Brant  varrewch.  63,  41  {'von  betüeren'); 
eylBT  geschlecht  die  neert  der  h&ller: 
praffen,  bülerin.  cumasierer 
thüt  als  vom  haller  zeren ; 
klentner,  birckschlag  unnd  stab  ewler 
müsz  als  der  h&ller  neeren. 

Ji'iRG  Graff  lied  vom  hälltr  8, 

».  EoGEKS  ww^.  8,95.  Weim.  Jahrb.  ^,i2i.  BöiiUEaltcl. liederb. 
».603.  Ki.vr,Krottpelschl,Si,  vgl.  dazu:  stabflll  krüppel. — 
stabällen  bettelslab.  s.  19  {um  1490),  auch  bei  Ave-Lai.i.f.- 
WANT4,  59.  jetzt  geuöhnlich  in  der  form  stappler,  als 
Itettler  umherziehe» der  gauner;  meist  in  der  Zusammen- 
setzung hochstappler,  -stapler  gauner,  der  atts  bessei-em 
stände  zu  sein  scheint  oder  vorgiebt  {vgl.  theil  4,  2, 1633), 
atteh  linkstappler,  der  auf  falsche  papiere  bettelt,  s.  AvE- 
Lai.T.EMANT  4,  292/.  610.   2,  121.  246. 

8)  am  frühesten  und  in  der  altern  spräche  am  häufigsten 
findet  ai^  stebler,  stäbler  als  hezeichnung  einer  Schweizer 
{besonders  Basler)  münze,  so  genannt  nach  dem  darauf 
geprägten  bischofsstab ,  s.  Lexeu  handicb.  2,  1153  {schon 
1351,  1359  bezeugt);  stäbler,  eine  münze  in  der  Schweitz. 
Frisch  2, 314».  Scherz-Oberlin  1549.  Adelung;  'stäbler, 
eine  ehemalige  Basler  Scheidemünze,  deren  60  auf  einen  rhei- 
nischen goldgulden  gingen,  vom,  gepiö.ge  eines  bischofsstabes 
so  genannt.'  Stalder  2,  388,  *.  feiner  Martin-Lienhart 
2,567'*;  auch  steir.,  'königsgroschen  des  ll.jahrh.'  Ungeh- 
Khui.l  567  (2).  belege:  das  man  .  .  .  nieman  kein  zins  me 
gab,  denne  die  zinse,  die  man  von  alter  .  .  .  git,  unde  ane 
vier  phunt  steblern,  git  man  jerglichs  Clären  Wacht- 
meisterin ze  einem  lipgedinge.  Basler  chron.  4, 18,7  {rechtsb. 
zu  1362);  man  hat  Seh  zu  denselben  drin  gerichten  meng- 
lich . . .  ze  gebietend  an  fünf  Schilling  pfenning,  wer  aber 
das  deheiner  übersäs,  der  ist  doch  nit  umb  me  zu  buetzent, 
denn  umb  dry  Schilling  stebler.  Grimm  wei<ith.  i,9S  {öfn. 
V.  Ossingen,  Zürich);  und  sol  ein  yeglicher  der  ein  hub 
oder  eygen  band  enpfahet,  von  der  hub  geben  den  hubern 
VIII  rapen  .  .  . ,  und  von  der  eygen  band  den  hubern 
II  ß  stebler.  4,132  (eis.  tceisth.  t-.  146i);  item  er  soll  auch 
geben  eins  vogts  knechten  zu  Ruffach  j  erheben  zehen 
Schilling  stebler.  1.34  (r.  j.  1543);  item  ez  verfeit  och  aincm 
mayger  von  fraveli  als  manig  Schilling  st&bler,  als  manig 
phunt  st&bler  dem  vogt  vervclt.  277, 6  {Wiesendangen, 
U.jahrh.);  merck,  dasz  hievor  von  stäbler-pfenning  stat, 
das  sind  tünne  silberiche  pfenning  gewesen,  dero  60.  ein 
rhinischer  goldguldin  gultend,  sind  ouch  antlit-pfenning 
oder  antlit-angster  genämpt  worden,  habend  den  namen 
stebler  überkommen,  von  wegen  dasz  etlich  bischoff  die 
von  ersten  gemüntzet,  und  allweg  ein  bischoffstab  nebent 
einem  bischoff-angesicht  daruff  stampfen  lassen,  dannen- 
har  mans  antlit-pfenning,  oder  stebler  genämpt,  nach- 
werts  habend  andre  müntz-stett  in  obern  tütschen  landen 
afftert  ouch  dero  pfenning  gattungen  mit  andern  geprägen 
geschlagen,  die  habend  ouch  den  namen  die  stebler  be- 
halten. TsGiitDi  1,459»;  man  soll  ouch  mercken,  dasz 
1.  lib.  stäbler,  bedütet  Baszier  wärung,  und  tund  20.  Basel 
plappeK  ein  pfund  stäbler,  das  was  dero  zit  ein  guldin 
in  gold.  555»;  die  neue  grosse  orgel  allhicr  in  dem  münsler 
hat  bey  600  pf.  stäbler  gekostet  1561.  Tschamser  annales  zu 
Thann  (1724)  Itei  Martin -Lieniiart  2,567''.  dafür  auch 
die.  Zusammensetzungen  ■  wer  den  andren  .  .  .  eigen  oder 
erb  oder  dhcin  guot  anspricht,  und  der  denne  daz  mit 
dem  rechten  nit  bezUcht  noch  behept,  . . .  der  ist  einem 
vogt  verfallen  lO  u  9^  gengor  steblermUnz  ze  ErgiSu. 
leeisth.  5, 9S,  §n  (Sostril  im  Aargau,  1348);  und  {die  ge 
heilte  frau)  gab  darnach  einem  kilchhcrrn  daselbs  zd  einer 
«wigen  gab  and  almdscn  ein  pfund  pfennigcn  daselbs 
sA  Frutingen  und  ein  hön  oder  aber  darfUr  achzechen 
steblcrpfennigen.  Stretlinger chron. w,2H Bächfold ;  aber 
Bi  wollend  kein  ander  mUntz  geben  dann  alte  milnt/,,  der 
Pfenning  die  man  nampt  Collmar  rappcn,  dera  zweii  ulicin 
ein  werachttfltpfenning  (die  man  der  zit  gtäblcrpfenning 
nampt,   und  gmeinbrUchige  wenichaffl-mUntz  was)  gul- 


tend. Tsciiuni  1,458'';  aber  habend  wir  uns  underredt 
und  geeinbart,  dasz  wir  die  vorgenanten  von  Zürich  und 
von  Lucern  in  der  vorbenempten  niüntz  klein  pfenning, 
die  man  nempt  stebler  pfenning,  schlachen  sollend,  und 
ouch  die  uszgeben,  nämlich  derselben  stebler  pfenning 
drysig  Schilling  für  ein  rinischen  gülden,  derselben  stebler 
pfenning  sollend  zwen  und  sechzig  uff  ein  lot  gon ,  und 
geschroten  werden,  und  sollend  dieselben  stebler  pfenning 
zwen  teil  kupfer  sin,  und  der  drit  teil  soll  fin  silber  sin. 
2, 154'*,  dazu  am  rande :  stebler  pfen.  das  sind  haller  wie 
jetz  churer  haller;  anno  dorn.  1424  vereinbareten  sich  die 
drey  stett  Zürych,  Schaffhausen  unnd  S.  Gallen,  umb 
allerley  mangels  willen,  ein  gleychförmige  müntz  zu- 
schlahen,  nämlich  stäbler,  angsterpfcnning  und  plappart. 
der  stäblerpfening  wurden  ein  pfund  und  sechs  Schilling 
für  ein  gülden  . . .  geschlagen.  SitviPi'  Schtoeytzer  chron.il6^. 

STÄBLER.\MT,  n..  s.  stäbler  6. 

STÄBLERMÜNZE,  /.,  -PFENNIG,  m.,  s.  stäbler  8. 

STÄBLICH,  adj.  gerichtlich,  judiciarius  Hai.taus  1717: 
das  ich  uff  hüte  .  . .  vor  mich  an  den  fryliin  stuel  unter 
den  hagedorn  zcu  Eldrigkusen  vor  das  heiige  heymlich 
fryhe  gerichte  und  oflintbar  dyngk  zcu  rechter  nuen  zcyt 
tagis  eynen  echten  rechten  stebeliclien  pflichtag  gelegit 
hatte  zwoen  fryhen  scheffen.  quelle  v.  1452,  s.  ebenda. 
Scherz-Oberlin  1563.  {sonst  in  buchstäbhch,  s.  das. 
Frisch  2,  313"=.) 

STABLICHT,  n.  licht,  das  an  einem  stabe  getragen  vrird, 
idndlicht,  fackel,  vgl.  stabkerze;  m/irf.  stavelichtScHii.i.ER- 
LÜBBEN  4,369'';  nhd.:  und  glaub,  das  ob  drei  tausent 
prinnender  stabliecht  da  gesehen  wurden,  und  wart  also 
die  kaiserlich  majestat  {Friedr.  HJ.  tJi  Rom  1468)  .  .  .  ehr- 
lich empfangen.  Wihcolt  v.  Schaumburg  8;  und  verzoch 
sich  dennochten  so  lang,  das  man  bis  umb  xij  uhr  in 
die  nacht  bei  stablichter  und  schauben  hengen  muest.  29; 
darnach  wurden  gros  köstlich  banket  und  tenz  gemacht, 
dem  künig  und  künigin  der  erst  tanz  mit  einander  geben, . . 
auch  mit  den  stebliechten  vor  und  nach  durch  die 
fürsten  .  .  .  gedient.  158;  hernach  liesz  mich  ihr  vatcr,  wie 
dort  bräuchlich,  auf  einem  wagen  in  i.  f.  g.  losamcnt  führen 
und  mich  mit  stabelichtcrn  begleiten.  Sciiweinichen 
1,157;  an  solchem  saal  waren  300  lichter  und  15  grosze 
stabelichter  angesteckt.  2(52;  allda  {bei  der  trauuuy)  musten 
6  Liegnitzische  und  6  Junkern  stabelichter  tragen.  2,306. 

STABLOS,  adj.  ohne  stab  oder  stütze,  vgl.  stab  11,5; 
von  pflanzen  und  menscJien,  meist  im  vergleich  und  über- 
tragen. Campe:   wie   stablose  reben.   Dya  Na  Sore  2,  ib9; 

der  knabe  wankt  und  stürzet  ohne  stütze : 
wie  Boreas,  wenn  er  die  schwingen  rept, 
gepfropftes  reis,  das  stablos,  nieuürschlägt. 

E.  V.  Klkist  1,  132  {Kchns.  nach  ruhe); 
nicht  geschaffen,  um  stablos 
durch  des  lebens  wüste  zu  wallen ; 
gab  mir  gott  freunde.    Schl'bart  ged.  (1787)  2,  362. 

STABMESSER,  n.,  vgl.  stabdegen  und  -seh wert:  dolo{n) .. 
stab-,  schab-  vel  radier-messer.  Diek.  gloss.  189'=  {vocab. 
theuton.,  Nürnb.  1482);  gladius  d4>lose  reconditus  Frisch 
2,  314»  {ebendaher,  von  Campe  verworfen). 

STABMESSUNG,  /.  bakulomefrie,  ein  verfahren  zur 
schnellen,  ungefähren  messung  von  höhen  und  entfernungen 
ohne  in.9trtimente,  nur  mit  stöben  (^vgl.  stab  II,  4,  t). 

STABPENUEL,  n.  pendel,  das  au.s  einem  stabe  und  einer 
daran  verschiebbaren  linse  besteht.  Kahmarsch- Heeren' 
6,  591. 

STABRAHMEN,  m.  .•  am  1.  mal  erhielt  ich  mein  diplom 
als  niiiglied  des  Neu-Weiinarvereins.  ...  es  ist  sehr  hübsch 
ausgeführt  in  holzschnitt.  ...  um  einen  stabrahmen  windet 
sich  oben  immergrün ,  links  eine  rebe  mit  trauben  und 
rechts  ein  eichenzweig  mit  eichein.  Hoki-mann  v.  Fai.i.krs- 
LEREN  mein  leben  6, 128. 

STABKAIIPE,  /.,  attch  stockraupe,  die  stabförmige,  ein- 
farbige, meist  bräunliche  raupe  geieisser  naehtfalter.  Okkn 
5,  1267.  1278. 

STABKECHNEN,  n.  das  rechnen  mit  hilfe  des  rechen- 
achiebers,  einer  rtchenmaschine :  die  kirnst  des  stahrochncns, 
Berlin  1896.  —  dqfür :  rabdologic,  st  ahrechnung,  rechen- 
slUhe,  rabdologia,  raMolof/ie,  vergrite.i  numerafrices.  eine 
leichte  weise,  di«  zwey  soliwereslen  Operationen  in  der 
rechenkunst,  mullipliciren  und  dividiren,  durch  die  zwey 
leichtesten,   addiren  und  subtrahiren  r.u  verrichten,  ver- 


377 


STABRECHT— STABSCHWERT 


STABSCOURIER— STABSQUARTIER   37s 


mittelst  gewisser  viereckiger  stäblein,  so  in  gewisse  felder 
abgctheilet  nnd  mit  zahlen  beschrieben  sind,  und  zum 
gebrauch  nach  bedürlTnisz  ausgesucht,  und  neben  einander 
geleget  werden,  der  erlinder  ist  Joh.  Neper  {Xapier)  baron 
von  Merchiston,  ein  Schottländer,  welcher  auch  den  ge- 
brauch der  logarithmorum  erfunden  {icodicrch  die  recJien- 
stäbchen  entwerfet  vnirden  und  auszer  gebrauch  kamen). 
Jabi.onski  585',  vgl.  Stäbchen  7,  d.  Eggeks  2,621;  stab- 
rechenkunst,  /.  Campe,  eine  merJncürdige  art  des  stab- 
reclmens  beschreibt  Birlinger  volksthüml.  2,  nr.  219. 

STABRECHT,  n.  das  einem  gutsherm  oder  einer  gemeinde 
zustehende  recht,  fremde  schafe  iceiden  zu  lassen.  —  stab- 
rechtsgut,  n.  eigentlich  freies  banemgut. 

STABREIM,  m.  gleichheit  des  anlauts  betonter  silben. 
wofür  auch  das  freindicort  allitteration.  besonders  als 
pi-inzip  des  altgermMnischen  verses,  wo  die  damit  verseJtenen 
hebungen  stäbe  {altn.  staflr)  heiszen,  vgl.  z.  b.  Sievers 
altge^-m.  metrik  s.  36 jf. .-  der  sogenannte  Stabreim,  der  in 
dem  anfangen  mehrerer  Wörter  derselben  zeile  mit  dem- 
selben buchstaben  besteht,  und  der,  im  alten  norden 
heimisch,  auch  noch  in  unsern  ältesten  deutschen  gedich- 
ten  . . .  sich  findet,  literaturbl.  {zum  morgenbl.)  1837, 488".  — 
Stabreimdichtung,  -vers,  auch  stabreimende  dichtung  ti.s.w. 

STABREISZER,  m.,  im  forsticesen,  arbeiter,  der  das  holz 
zu  stabholz  reiszt  oder  .galtet,  auch  stabschläger.  Adelung. 

STABSARZT,  m.  militärarzt  für  bataillone  u.  s.  w.  mit 
hauptmannslang;  höhere  stufen  sind  der  Oberstabsarzt  und 
der  generalstabsarzt. 

STABSBEDIENTER,  m..  vgl.  stab  IT,  8,  c-  endlich  mnsz 
auch  der  obriste  über  die  stabes-bedienten  gehörige  auf- 
sieht führen.  Fleming  t.  soldat  163''. 

STABSCHEIDE,  /.  hohler  stab  als  schirert^cheide.  Lexer 
handicb.  2, 1141,  vgl.  stab  11,2,/  und  stabschwert: 
zwa  starcke  staff  scheyden 
dede  hey  machen  fiere. 
in  de  eyiie  stäche  schere 
Durendarde  syn  gude  swert. 

Karlmeinet  134,  61. 

STABSCHLAG,  m.  schlag  mit  einem  stabe;  altfties.  stef- 
slek,    baculi    ictus    Richthofen  1046'',    mnd.    stafslach 

SCHILLER-LÜBBEN    4,  370V- 

STABSCHLAGEN,  »i.  •  das  stabschlagen  ins  meer  (2  Mos. 
14, 16,^.)  ist  das  evangelium  frey  heraus  stossen,  predigen 
und  treiben  in  anfechtungen.  Luther  16, 269, 15  Weim.  ausg. 

STABSCHLÄGER ,  m.  forstarbeiter ,  der  holz  im  rcalde 
zu  stabholz  schlägt.  C^mpe,  vgl.  stabreiszer.  in  halbnd. 
form  •  noch  eine  viel  grössere  und  mehr  schädlichere  Ver- 
wüstung der  eichen  verursachen  die  staff-schläger  mit 
schlagung  der  so  genannten  pipen-stäbe,  oder  tauben 
{dauben)  zu  heerings-tonnen  und  anderm  gefässe.  Fleming 
t.  Jäger  69*. 

STABSCHLINGE,  /.  Schleuder,  die  zur  verstärlcung  des 
schiciinges  an  einem  stocke  befestigt  ist,  s.  A.  Schultz  höf. 
leb.'- 2,  206,  doch  auch  bezeichnung  einer  Schleudermaschine : 
ahd.  stapaslingun,  tormenta,  genus  machinae  {tormenta  ad 
lapide^  jactandos).  Graff  6,  612.  795;  mhd.  stabe-,  stap- 
slinge  Lexer  handicb.  2, 114l.  Schm.  2,  .527:  falarica... 
stabsling.  Dief.  glo.'^.'i.  223''  (voc.  theuton.  14Ä2);  fustibula, 
-balus  .  . .  stabsling ,  poler  (ebenda) ,  Schleuder  {'est  parva 
machina  ctim  fundo  et  baeulo  pendente').  2»!'';  au/th  mittel- 
engl,  staffsling  {bei  Chaucer).  Grimm  gramm.  2,  523.  alts. 
{in  den  Oxforder  Vergilgl.)  mit  ericeiterfer  büdung  *staf- 
slengira:  balistn  stafslengrie  Wadstein  112*,  4;  falarica 
stephstrengiere  (^ -slengiere)  HS*»,  19.  belege:  zum  ersten 
8ol  man  laden  . . .  auf  einen  wagen  s  zentner  {pulver), 
and  darza  ...  200  feurkugel  und  stabslingen  darzu ,  do- 
mit  man  wirft,  d.  städtechron.  2,  255,  23  {ordn.  zum  kr. 
V.  1449 — 5o);  ich  ward  mit  ainer  stabschlingen  geworffen 
uff  ain  schinbain  gar  hart  wund.  G.  v.  Ehingen  reisen 
».  27  Pfeiffer; 

ainer  schoss  und  der  ander  warff 
mit  Stab  slin^en  und  stainen  scharff. 

Beiieim  buch  r.  d.  Wienern  84, 14. 
STABSCHRECKE,  /.,  vgl.  stabheuschrecke,  heuschrecken- 
art  von  abenteuerlicher  gestalt,  phasma.  Oken  5, 1507. 

STABSCHWERT,  n.  schtrert,  das  in  einem  hohlen  stabe 
Heckt,  dolch,  vgl.  stab  11,2,/  und  stabdegen,  -messer, 
■scheide;  riurin  der  altern  spräche:  ahd.  stapaswert /rotn^-« 
Grafp  6,  612;    altnfr.   stafsuert   framea    {ps.  9,  7).    gloss. 


Lips.  856;  mhd.  stapswert  Lexer  handwb.  2,1141:  »iea  stab- 
swert voc.  opt.  32*  Wackernagel  (23,22),  vgl.  A.Schultz 
höf.  leb.^  2,  20,  anm.  8;  sicca,  ein  stabswert,  gladius  abscon- 
ditus  in  baeulo.  voc.  ex  quo  v.  1432  bei  Fromm.\nn  4,  304*; 
sica  hd.  stap-,  stab-,  staf-,  nd.  stafFswert,  staib  schwert. 
Dief.  gloss.  532''  {dafür  mit  unechter  Zusammensetzung : 
Stabes  swert,  sicca  i.  latens  gladius,  ein  verborgens.  nov. 
gl.  338*) ;  dolo{n)  schwert  scheide,  swertstaeb,  stabswert.  189«, 
aus  dem  vocab.  theuton.  v.  1482,  wonach  auch  Frisch  2, 314*, 
*.  femer  Schehz-Oberlin  1550;  mnd.  sica,  ein  stafswert 
{gladius  bacularis).  Schiller -LCbbex  4.371*;  nl.  staf- 
sweerd.  siea,  dolon.  Kilian;  nhd.  stab-schwerd,  ein  stech- 
gewehr,  welches  in  einem  stab  verborgen  von  mördern 
geführt  wurde.  Frisch  2,  314*.  von  Campe  vericorfen. 
STABSCOURIER,  m.,  zu  stabH,  8,  e- 

da  hört'  ich  plötzlich,  vor'^en  winter  war's 
nm  faschingszeit,  er  dien'  im  beere  jetzt 
und  sei  als  stabscourier  mit  eil'ger  botschaft 
hieher  entsandt.    Geisel  4,  66. 

STABSENGEREI,  /.  'das  sengen  von  Stoffen  übe;-  einem 
glühenden,  kupfernen  oder  guszeisernen  stabe' .  Karmarsch- 
Heeren^  8,  392. 

STABSFELDSCHER,  m.:  stabsfeldscheer  eines  kriegs- 
schiffs,  ehirurgien-major  d'un  vaisseau  de  guerre.  Rogers 
2,  965. 

STABSFOURIER,  m.  metator primarius.  Apin.  gloss.  508; 
Unteroffizier,  der  die  einquartierung  der  höheren  stäbe 
(II,  8,  e)  zu  besorgen  hat. 

STABSGESELLE,  m.,  freie  neubildung  nach  spiesz- 
geselle(?):  du  gottloser  staabs  geselle.  Bürger  br.  1,305 
{an  Boie). 

STABSHAUPTMANN,  m.:  die  gute  Fine  ...wird  er- 
schrecken, wenn  ich  ihr  sage,  dasz  ich  mit  meiner  familie 
jetzt  gerade  lomal  so  viel  brauche  als  der  vater  als  stabs- 
hauptmann  gage  gehabt.  Schiller  btiefel,  5  {an  Chr.Bein- 
tvald,  7.  Jan.  1803). 

STABSHINWERFUNG,  / .-  so  hat  er  {Mose)  einen  stab 
in  seiner  band,  den  wirfft  er  weg,  daraus  wird  eine  schlänge 
{2Mos.i,  3 ff'.,  vgl.  stab  II,  lo)  . .  .  das  er  na  den  stab  weg- 
wirfft,  ist  vom  predigampt  zu  verstehen.  Luther  16,90,16.27 
Weim.  ausg.,  zu  letzterer  stelle  am  rande:  stabshinwerffung. 

STABSHOBOIST,  m.  dirigent  eines  musikkorps  bei  den 
infanteriereg  imen  tsmusiken. 

STABSILBER,  m.  silber  in  stöben.  Campe,  vgl.  stab 
11,  1,  e,  y. 

STABSINGENIEUR,  m.  "koherer  mxir'ineoffizier.  dem  die 
Oberleitung  des  betriebes  der  schiffsmaschinen  obliegt. 

STABSKAPITÄN,  m..  vgl.  stab  11,8,«:  stabskapitän  von 
Thadden,  als  die  kompagnie  sich  wieder  sammelte,  trat 
an  Kniehase  heran.  Fontane  vor  dem  stürm  i,  87. 

STABSOFFIZIER,  m.  offizier,  der  zum  stabe  gehört, 
vgl.  stab  II,  8,  e.  Adelung:  stabs-officier,  lat.  praefecti 
legionis  supremi,  purpurati.  Apin.  gloss.  508;  stabs-officiers, 
officiers  de  l'etat-major.  Eggers  2,  303;  hergegen  Silius  . . . 
wiesz,  wie  hieriune  allerdinges  offtmals  eine  grosse  nach- 
sieht von  den  hohen  staabs-officiers  gestattet  würde. 
Plesse  1, 104.  daneben,  und  so  jetzt  in  der  regel,  mit  dem 
gewöhnlichen  deutschen  plural:  er  {Xaumann  in  seinem 
Nimrod  1752)  machet  auch  staabsofficire.  Schönaich  ästh. 
in  e.  nusz  32,  3  Köster  {als  fremdicort  getadelt),  femer: 
in  Tirol,  wo  es  während  des  letzten  krieges  recht  wild 
und  blutig  herging,  da  hatten  sie  eben  einen  baierischen 
Stabsoffizier  ermordet.  Hebel  2, 190;  sobald  der  minister- 
präsident  allein  nach  den  abzeichen  der  uniform  classi- 
ficirt  wurde,  die  er  im  felde  trug,  als  stabsoftizier  eines 
cavallerie-regiments.  Bismarck  ged.  u.  erinn.  2,  96. 

STABSORDONNANZ,  /.  zum  botendienst  bei  den  höhern 
Stäben,  s.  das.  II,  8,  e. 

STABSPANNUNG.  /  die  beanspniehung  der  ßächen- 
einheit  eines  querschnitts-  oder  sonstigen  fläeJtenelements 
im  innern  eines  .Stabes.  Lueger  7,  469/ 

STABSPRINGEIN,  n.  springen  mit  hilfe  eines  stabes,  als 
turniibung  und  zum  überspringen  von  graben  in  marsch- 
gegenden. 

STABSQUARTIER,  n.  ort,  ico  der  stab  (II,  8,  c)  oder  die 
Stabsoffiziere  ihr  quartier  haben.  Adelung.  Krünmz 
167,599.  dazu  stabs-quartier-meister,  tn.  designator 
iMspitiorum  militiae  dumm.  Apin.  gloss.  508. 


379     STABSRITTMEISTER— STABWANDEI. 


STABWERK — STABWURZ 


380 


STABSRITTMEISTER,  wj.,  ly//.  stabil,  8.  «•  icli  bin  die 
wittwe  iiires  eliemaligeii  stabsriltmeisters.  LF.ssiNd  i,  5lfi 
{Minna  v.B.i,6);  er  trat  in  kriegsdiensle  und  machte 
als  stabsrittmeister  einst  einen  allerdings  unwitlnsiluiii- 
lich  lautenden  rappnrt.  Immrrmann  3/(oic///i.*  l,  40  (l,  is). 
STABSSEKRETÄR,  m..  zu  stabll,8,e; 

wie  nun?    geTällt 

die  kleine  weit 

um  Ellrich  her, 

80  put  von  fem, 

als  nah,  dem  tierrn 

stabs-sekretär !     Göckinok  1,  307  (an  Bote). 

STABSTEIF,  adj..-  stab-steif  werden  hei  Fhisch  2,318« 
ah  »ynonym  zu  staben  I,  erstarren. 

STABSTEIN,  m.  eine  art  ^Versteinerungen,  orthoceratites. 
Okkn   5,531. 

STABSTROMPETER,  m.,  bei  den  f>erittenen  vaffen- 
gattxingen  dasselbe,  iras  bei  der  infanterie  stabshoboist 
heiszt  {vgl.  das.):  der  inbaber  des  zimmers,  der  stabstrom- 
peter,  ist  von  der  parade  zurückgekommen.  Jui..  Mosen 
8,104.  dazu:  und  was  hättest  du  denn  in  der  groszen 
Stadt  ?  ein  biseben  putz  und  ein  paar  anbeter  mehr,  aber 
was  käme  für  dich  dabei  heraus?  ein  städtisches  elend 
und  eine  stabstrompeter-  oder  kassenbotenfrau.  Fon- 
tane vor  dem  stürm  2,  155. 

STABSTRUPPEN,  plur.  trtippen  zum  sicherheits-  und 
mel^edienst  bei  den  höhern  stäben  (II,  8,  e)  im  felde;  die 
einzelnen  abtheilungen  heiszen  auch  stabszüge. 

STABSWACHE,/,  zur  bedeckung  der  höheren  stäbe  (II, 8,  e) 
im  kriege. 

STABSZÜG,  m.,  s.  stabstruppen. 

STABTHIERCHEN,  n.  eine  art  infusions-{aufgusz)thier- 
ehen  von  stabförmiger  gestalt,  baciüaria  {paradoxa).  Nem- 
NICH.    OkEN  5,  24.    KrIJNITZ  167,  599. 

STABTRAGEND,  adj.  Campe; 

Jupiter  kam  hieher,   wie  ein  sterblicher,   und   mit  dem  vater 

sein  sfabtragender  (cadnafer)  söhn  Merkurius,   ohne  gcfieder. 

V08S  Oi»/rf  rerwandl.  37,  77  (8,  627). 

STABTRAGER,  m.  der  einen  stab  trägt,  als  symbolisches 

zeiclten.  Adelung,  nd.  stafdreger.    insbesondere 

1)  in  der  römisch-katholischen  kirche,  der  der  geistlieh- 
keit  den  stab  vorträgt.  Adelung,  so  auch  nd.  stavdreger 
im  osnahrückischen.  Strodtmann  228;  stab -träger,  m. 
porta  sfocro,  it.  mazziere.  Kramer  dirt.  2,  899". 

2)  osnatjr.  ferner  'bey  den  hiesigen  .ichützen-compagnien 
ist  auch  ein  stavdreger,  der  ein  oberofjicier  ist.  vorzeiten  soll 
er  der  general-gewaltiger  gewesen  seyn'.  Strodtmann  228. 
Adelung. 

.3)  im  hamlntrg.  staff-dreger  'die  bey  vornehmen  leichen 
mit  stützen  {baeulis,  supeme  furcatis)  beyher  gehen,  worauf 
die  bahre  niedergelassen  wird,  loenn  etwa  die  träger  ermilden'. 
RiCHEY284.     {bei  Schütze  4, 182  dafür  staffeldreger.) 

STABÜBUNG,  /.  tumilbung  mit  einem  {meüit  eisernen) 
Stabe. 

STABULER,  STABULIER,   STABÜLL,  m.,  s.  stäbler  7. 

STABUNG,  /.  das  vorsagen  der  eidefformel,  beeidigung, 
eidesleistting :  einen  zur  stabung  lassen,  berufen.  Sciim. 
2,718;  da/Or  bestabnng,  theil  i ,  taao :  bestabung,  oder  vor- 
st&bung  des  eides,  praelectio  juramenti.  Frisch  2,314». 
{mnd.  stawinghe  schon  in  einer  tat.  urk.  von  1288,  pomm. 
urkundenb.  3,  89,  *.  nd.  korrespondenzbl.  16,  6.)  noch  in 
netterer  zeit  beim  fahneneide  für  die  nach  Vorlesung  des  eides 
von  dem  schwörenden  tu  aprerJienden  wwte:  der  neue  bai- 
rische  vom  könige  vorgeschriebene  Soldateneid  lautet  buch- 
Bt&blich:  ihr  sollt  schwören  zu  gott  dem  allmächtigen 
einen  körperlichen  eid,  dasz  ihr  .  . .  euch  nach  Vorschrift 
der  kriegsgesetze  jederzeit  so  benehmen  wollt,  wie  es  ehr- 
liebcnden  Soldaten  geziemt,  (stabung.)  ich  schwöre  zu  gott 
dem  allmächtigen,  dasz  ich  alles  dasjenige,  was  mir  so- 
eben vorgehalten  worden  . . ,  genau  befolgen  will,  deutsche 
allgem.  teitg.  (Leipzig)  vom  17.  juni  1858;  hiczu  {zum  Itai 
risrjien  fiüineneide)  ist  die  stabung :  'ich  schwöre  zu  gott 
dem  allmächtigen'  u.  «.  v>.  Oiestener  anteiger  18.  jan.  1878. 

STABWAHRSAGUNG,/.,  #.  sUb  11.  lO;  Wahrsagung  atts 
geieorfenen  (loo»)»täbeti;  entdeekung  verborgener  dinge  mit 
hilft   der    vrOruehdrtUe.     (vgl.   t.  b.  leilschr.  f.  d.  alterth. 

STABWANDEI..  w».  gerieJUsstrafe :  wer  briefgolt,  pueszen, 
tiabwandel,  kanfrecht .  atzimg,  viHch-  oder  gejaidgolt 
schuldig  ist.  tirol.  tenath.  1,1O0,  H,  s.  auch  8,878,81. 


STABWERK,  n.  die  sp^-ossen  und  pfo.tten  eines  fenster- 
kreuzes;  die  stäbe  eines  gitters  oder  ijdänders.  Lueoer  7,47ü; 
von  den  stangen  einer  laube.-  nun  sah  er  durch  das  dünne 
slabwerk  in  den  himmel  hinauf.  Heyse  kinder  der  weif  1,4. 

STABWURZ,  / ,  name  der  abei~raute,  artemisia  abro- 
tanum,  auch  eberraute,  abraute,  affrusch,  gartenhan,  gart- 
hagen,  -heil,  -würz,  gertelkraut,  kuttelkraut,  kampfer- 
kraut, scbloszwurz  u.  s.  M>.  Nemnich.  Pritzel-Jessen. 
Ehrhardt  öconom.  pflanzenhist.  11, 16  (l76l).  Oken  3,764. 
so  schon  ahd.  stabewurz,  abrotanum.  Graef  l,  1052;  alts. 
dietamnum  stafuürt.  Wadstein  106»,  23  {Straszb.  glo.'nsen); 
mnd.  stauenwort  Schiller-Lühren  4,  370'';  mhd.  stab- 
wurz  Lexer  handwb.  2,1126:  af/rotanum  hd.  gart-,  gert-, 
stab-,  stabe-,  stAubwurtz,  -wortze.  Jiw.v.gloss.V^;  8cliab(e)-, 
stagwurcz  nov.  gloss.  8*";  nim  die  rütun,  marubium,  stabe- 
wurz mit  gelichir  mäze.  arzneib.  i,  10  Pfeiffer  {12.  jahrh.); 
'bei  der  heiligen  Hildegard  (l,  106)  heiszt  die  eberraute  stag- 
wurts  und  abrotanum,  im  le.  jahrh.  stabwurz  Mwrf  gerlr- 
wurz.'  Fircher-Benzon  altd.  gnrtenflora  (1894)  75.  vgl. 
Grimm  myth.*  8,  857.  sehr  häujig  in  älteren  nhd.  icörter- 
und  kräuterbüchern  u.  ähnl. :  stabwurz  abrotanum.  vocab. 
rerum  (1509)  46;  abrotanum,  stabwurtz,  oder  scbosszwurtz, 
oder  gartenkraut.  Gersdoref  feldtb.  der  wundarfzney 
{l&^)  100^  {vocab.  herbarum).  Dasypodius;  von  stabwurtz, 
gertwurtz.  Bock  kreütterhuch  (1539)  1,  97'»;  von  der  stab- 
wurtz sagt  er  {Dioscorides),  abrotanum  beysz  absynthiuni 
ponticum,  also  haben  wir  die  zwen  wermöt  ausz  Ponto, 
unnd  mögen  dise  zwey  gewächs,  wermAt  und  stabwurtz 
oder  gertwurtz,  eyner  ley  krafft  und  würckung  haben  .  . . 
sunst  nent  man  stabwurtz,  abutonon,  heraclium,  cholo- 
peon,  tbelyphthorion,  . .  .  und  absyntbium  für  sich  sclbs. 
das  wild  stabwurtz,  nent  man  bcseni  kraut,  nmb  seiner 
vilen  reiszlin  oder  dünnen  gertlin  willen.  98*;  stabwurtz, 
abrotanum,  et  ahrotaniis.  weyn  ausz  stabwurtz  oder  gert- 
wurtz gemacht,  abrotonites.  Maaler  383";  stabwurtz  wirdt 
auch  geheissen  schoszwurtz ,  gertwurtz ,  affrusch ,  gart- 
hegen,  kuttelkraut,  ganserkraut.  . .  .  stabwurtz  ist  zweyer- 
ley,  wild  und  zam.  Lonicerus  kreuterb.  (1577)  183B;  disen 
monat  {sept.)  sind  folgende  kräuter  am  besten :  coriander, . . 
stabwurtz  oder  gartbagen.  Sebiz  feldb.  59;  wann  einer 
den  geruch  verloren  hat,  ...  so  mach  er  ein  rauch  von 
schabab  .  . .  desgleichen  von  stabwurtz  oder  garthageln 
oder  kuttelkraut.  76;  stabwurtz,  auff  frantzösiscb  gnrde 
robbe  genant,  wächszt  eher  auff,  wann  man  die  jungen 
schöszlin  .  . .  setzt,  dan  wann  man  jn  säyet.  247 ;  abrota- 
num, camphorata,  stabwurtz.  Frischlin  nomenel.  {im\)  W* 
{cap.  34);  stabwurtz  ist  zweyerley,  das  mannte  unnd  wcible. 
Gamerarius  Matthioli  kretttterb.  (1590)  2a5B;  es  wirdt  noch 
ein  andere  stabwurtz  in  den  gärten  gezielet,  die  sie  grosso 
stabwurtz  nennen.  C;  stabwnrti^,  gertwurtz,  garthaber, 
schoszwurtz,  heist  griechisch  und  lateinisch  abrotanum. 
2.16  A;  stabwurtz.  in  den  ecmächern,  oder  wo  solch  ge- 
würm  ist,  behalten,  und  noch  mehr  angezündet  und  ge- 
reuchert,  kan  disz  gewürm  nicht  erleiden.  Wirruno 
artz7ieyb.  {1591)  "JQOB;  gertel,  gertwurtz,  affrusch,  gartbagen, 
garthan,  schoszwurtz,  und  stabwurtz.  ders.  im  1.  reg.- 
cipresz,  stabwurtz,  gertwurtz,  abrotonum,  officin.  cam 
phorata,  duplea:  maior  et  minor,  maior  ist  ein  stand, 
minor  ist  ein  kraut.  Heniscm  607,  l;  stabwurtz,/.  auronne. 
cipresso  domestico.  HuLSius  305";  die  stabwurtz  oder 
eberoisz  abrotonum.  Comenius  (1644)  *.  86;  aspltodille  .  . . 
die  stabwurtz.  Duez  le  vray  guidon  (1657  und  166»)  210  (200); 
stabwurtz,/.  stab-kraut,  n.  abrotano.  Kramer  dict.  2,  899°; 
stabwurz,  die,  al.  gartenheil.  Stieler  nurltsch.  29»;  abro- 
tanum, stabwurtz,  gartheil,  gartbagen.  Wovr  gazophyhi 
rium*  (1734)  4;  stabwurtz,  aborrautc.  abrauto,  affrusch, 
eberraute,  ebenrcisz,  cbrisch,  gartbagen,  gartlinn,  garlon- 
wurtz,  gertelkraut,  gertwurtz,  hofraute,  kuttelkraut,  ist 
ein  kraut  männlichen  und  weiblichen  geschlechts.  öcon. 
lex.*  8798;  s.  femer  hortus  sanitatis  {Augsb.  i486)  rap.  s. 
Fhrisius  {Straszb.tMi).  Fethi's  deCiikrckntiis(imi)ii4. 
Leonh.  Fuchs  histor.  stirpium  {Ra.<tel  i548)  1,  s.  8.  8,1.  8, 4. 
W.  Turnbr  a  nete  herball  {London  I55l)  6.  Kyrkr  lexicon 
rei  herb,  trilingtte  {Straaab.  1558)  5.  DDiinNEUs  {Anttcerprn 
1588)  84.  Seil  wen  KFRLT  »Hrpium  catal.  {Ijeipzig  16001  SSM. 
Krisch  8,814».  Adkluno.  Popowitsch  554— «.  Heynai/. 
antiliarh.  1,  17.  KhOnitz  187,  600.  die  beiden  gesrhlrrhter 
teerden  al»  itabwurz-männlein  und  weiblein  unter 


381 


STABZAUBER— STACHEL 


STACHEL 


382 


sdiieden ;  daneben  vnrd  die  bezeiehnung  stabwurz  auch  auf 
das  männliche  geschhcht  eingeetigt.  so  sagt  zwar  Handsch 
newkreüterb.  v.  Mufthiolo  (1563)  279B:  stabwurtz  ist  zweyer- 
ley,  das  männle  und  weible,  überschreibt  aber  die  ab- 
hildtingen:  stabwurtz,  abrotanum  mos.  und  cypressen, 
abrotanum  foeinina,  und  entsprechend  das  capitel  •  von  stab- 
wurtz und  cypressen.  278D;  ebenso  Camerarius  235 A; 
ferner:  das  weiblein  von  stabwurtz  nennen  wir  cypresz, 
und  gartencypresz  abrotonum  foemina.  Wirsung  im  reg. 
(unter  gertel);  abrotonum  .  . .  stabwurtz,  gartham:  abroto- 
num mos  scilicet.  nam  abrotonum  foemina,  santolina  est, 
cypressen.  Corvinus  fons  lat.  *'.  umgekehrt  tcird  dann 
die  bezeich nung  stabwurzweiblein  auf  eine  ähnliche 
kleine  pflanze  übertragen,  das  cypressenkraut,  oder  die  garten- 
cgpresse,  santolina  cJiaviaecyparissiiS.  Nemnich.  Pritzel- 
Jessen  {auch  cypressenstabwurz ,  aUes  aus  Tabernae- 
MONT.);  CM^>es«w Äer6a,stabwurtz-weiblein,garten-cypresz, 
wird  in  gärten  erzogen,  kommt  an  kräfften  gantz  der  stab- 
wurtz gleich,  sonderlich  aber  ist  sie  berühmt  wider  den 
weissen  flusz.  Woyt  262.  mehr  arten  unter  scheidet  T.KViZK- 
NAEMONT.:  der  stabwurtz  oder  gertwurtz  haben  wir  zu 
unserer  zeit  fünff  geschlecht.  50D,  nämlich:  1.  stabwurtz- 
männlein  ebenda.  52F;  2.  stabwurtz-weiblein  50G,  dazti,: 
das  ander  geschlecht  der  stabwurtz,  welches  von  Diosco- 
ride  das  weiblein  genant  wird,  und  von  uns  Teutschen 
cypreszkraut  oder  garten  cypresz.  51 E.  52  H;  3.  wild  stab- 
wurtz, abrotonon  cumpestre.  51 A.  Kf,  auch  feld-stabwurtz 
und  besemkraut.  53  A:  4.  breite  stabwurtz,  a,brotonum  lati- 
folium.  51  F.  52 A.  53 A;  5.  kleine  stabwurtz,  abrotonum 
humile.  51 G.  52  B,  auch  welsch  stabwurtz.  53 B;  zusammen- 
fassend: von  krafft,  wirckung  und  eigenschafft  der  stab- 
wurtzkräuter.  53C;  stabwurtzkraut  gepulvert.  E.  in 
der  fruchtbringenden  geseUschaft  war  stabwurtz  das  'ge- 
wächs'  des  Rudolph  von  Babid  (235),  *.  neuspross.  palmb. 
j».  257.  Jietite  ist  stabwurz  mundartlich  für  das  österr.  gebiet 
bezeugt.  Höfer  3,171.  Unger-Khull567''.  —  zur  erklärung 
des  namens  bemerkt  Popowitsch  554:  hat  den  namen  von 
den  langen  schlanken  gerten,  die  ihre  stengel  sind; 
ähnlich  Nemnich  und  Adelung.  (Höfler  krankheits- 
namenb.  670"  bezieht  es,  kaum  mit  recht,  auf  stab  ü,  11,  i.) 

STABZAUBER,  m.,  vgl.  stab  II,  10. 

STABZAXGE,  /.,  bey  Verfertigung  des  stangen-eisens, 
eine  grosse  schmiede  zange,  damit  die  kolben  abgewärmet 
und  zum  stab-verschmieden  gebraucht  werden,  forceps 
major  in  officinis  ferrariis.  Frisch  2,  314'.  Adelung. 
Jacobsson  4,  244". 

STABZEHNTE,  m.  'in  einigen  gegenden,  derjenige  zekente, 
toelcher  von  wicken  und  andern  feldfrüchten  gegeben  wird, 
irelche  man  nicht  in  garben  zu  hiiulen,  sondern  solchen 
zehenten  mit  einem  stabe,  oder  einer  stange,  welche  die 
zehentruthe  heiszt,  abzumessen  pflegt ;  der  stangenzehente'. 
Adelung. 

STABZEÜG,  m.  die  kehlhobel,  proßlhobel  der  bötteher  zur 
ausarbeitung  von  leistenicerk  auf  den  böden  groszer  fässer. 
KarMARSCH-HeEREN^  4,  346.   8,  392. 

STABZIEMER,  «i.  ringdrossel,  turdtis  torquatus. 

STABZUGLADEN,  m.  zugjalousie.  brettchenvorhang,  aus 
dünneti  kiefernhrettchen  an  quergurten.         " 

STACHDORN,  m.:  closterbeer,  kreuselbeer,  grosselbeer, 
krauszbeer  oder  stachdorn,  auff  lateinisch  uva  crispa, 
unnd  grossularis,  uva  spina,  uva  maHiui.  Lonicerus 
kreuterb.  58  C. 

STACHEL,  m.  spitzes,  stechendes  ding;  aeuleus.  abUitung 
zu  stechen,  in  dieser  form  nur  im  hd.  vorhanden,  doch 
kennen  die  verwandten  sprachen  eine  ablautende  bildung : 
ugs.  sticel,  altn.  stikill  spitzes  ende  eines  homs,  ahd.  stichil 
aeuleus  Graff  6,  637,  vgl.  stichel  und  Figk'  3,  343.  Grimm 
f/ramm.  2,27.  {kaum  dazu  geJiören  tmrd  got.  stikls,  ahd. 
stechal  calix  Graff  6,  637,  vgl.  Uhlenbeck*  140".)  docli 
ist  Stachel  auch  im  hd.  seltr  ungleichmäszig  bezeugt,  ahd. 
findet  sich  ein  fem.  stachilla,  stacchulle  cuspis,  fustis 
acuta,  sutis  (==  sudes),  woneben  einmal  stachil  geschrieben 
wird.  Graff  6,  632.  mhd.  nur  in  glo.ssaren :  aeuleus  . . . 
stachil,  Stachel  Dief.  gloss.  ll";  einen  mnd.  bdeg  (de 
Stackellen  edder  de  scharppen  thunpäle,  vgl.  ahd.)  ver- 
zeichnet ScHii.LER-LüHBEN  4,349".  dagegen  ist  stachel  im 
nhd.  vom  beginn  des  16.  jahrh.  an  sehr  gewöhnlich,  aller 
Uitig»  zunächst  nur  in  mitteld.,  besonders  ostmitteld.  quellen. 


daher  wird  stachel  im  Basler  bibelglossar  von  1583  erklärt 
durch:  eisene  spitz  an  der  stangen,  scherpffe,  und  stachel 
lecken:  sich  gegen  dem  spitz  keren,  während  im  Augs- 
burger druck  der  artikel  fehlt,  s.  Kluge  von  Luther  bis 
Lessing  s.  89.  doch  hat  sich  stachel  bald  auch  im  oberd. 
eingebürgert,  nach  atisweis  der  glossare,  jedenfalls  unter 
detn  einflusse  von  Luthers  bibelübersetzung.  —  auch  im 
nhd.  stehen  zwei  formen  neben  einander,  die  vielleicht  schon 
im  aM.  vorliegen,  geicöhrtlich  erscheint  es  als  starkes  masc. 
der  stachel,  plur.  die  stachel:  und  die  schneiten  an  den 
sensen,  und  hawen  und  gabbeln  und  heilen  waren  ab- 
geerbeitet,  und  die  stachel  stumpft  worden.  iSam.  13,  21, 
ujid  so  immer  in  der  bibelübersetzung,  s.  4  Mos.  33,  55. 
Hesek.  26,  24.  offenb.  9,  lO.  {sonst  kommt  bei  Luther  auch 
stacheln  vor,  s.  l,  c,  /.)  diese  pluralform  hält  sicli  bis  ende 
des  17.  jalirh. :  so  viel  als  er  worte  hörete,  so  viel  stachel 
empfand  er  im  gemüthe.  Weise  kl.  leute  s.  24.  daneben 
begegnet  stachel  als  fem.,  und  zwar  in  denselben  quellen 
icrie  das  masc,  oft  unmittelbar  neben  einander:  kanstu  jni 
{dem  leviathan)  einen  angel  in  die  nasen  legen,  und  mit 
einer  stachel  jm  die  backen  durchboren?  Hiob  40,  21;  tod, 
wo  ist  deine  (frühere  ausg.:  de^o)  stachel?  helle,  wo  ist 
dein  sieg?  aber  der  stachel  des  todtes  ist  die  sünde. 
1  Cor.  15,  56/. ,  vgl. :  tod ,  wo  ist  deine  stachel  ?  . .  .  aber 
die  sunde  ist  des  todes  stachel.  werke  19, 140,  l  Weim.  ausg. 
s.  ferner  l,d,a  und  noch  vereinzelt  bei  Herder,  *.  l,b. 
zuweilen  ist  bei  (die)  stachel  nicht  mit  Sicherheit  zu  ent- 
scheiden, ob  der  sing,  oder  plur.  vorliegt,  seit  dem  n.jahrh. 
haben  sich  beide  wortformen  ausgeglichen  zu  der  miscJi- 
flexion:  sing,  der  stachel,  gen.  des  stacheis,  plur.  die 
stacheln,  «o  Stieler  2156.  Adelung,  v^^^.Weigand  2,789. — 
in  mundarten  verschiedentlich  bezeugt,  meist  zur  Schrift- 
sprache stimTnend,  daneben  in  besondem  bedeutungen: 
Schweiz,  stachel,  ».3,  Stalder  2,889,  bair.  Schm.  2,722, 
in  Handschuhsheim  Lenz  67";  eis.  stachel,  stitchl  und 
stÄchla,  m.,  stächla,/.  Martin-Lienhart  2,  571»,  oberhess. 
aZ» /ewi.  schdachiln  Crecelius  803;  auch  ins  waldeckisctie 
eingedrungen  als  stachala,  /.  Bauer-Collitz  98». 

bedeutung:  stachel,  Stimulus,  centrxtm,,  aeuleus.  Dasy- 
podius;  aiguillon.  stimolo,  pongolo,  ponzetto,  poTiziearello. 
HuLSius  305»;  aeuleus,  spiculum,  stiynulus,  spina.  Stein- 
BACH  2,  710;  stachel,  .  . .  ingemein  alles,  was  spitzig  ist. 
J.\BLONSKi  744».  (so  auch:  gipffei,  stachel,  punctura. 
Henisch  1623, 16?) 

l)  natürliche  gebilde  bei  thieren  und  pflanzen :  aeuleus, . . 
ein  stachel,  est  apum,  vesparum,  erinaceorum,  plantarum 
etiam.  Corvinus  fons  lat.  7». 

a)  ein  besonderes  organ  gewisser  inseetenarten  und  spinnen 
zum  stecJien,  das  sowol  als  xoaffe  zur  vertheidigung  und 
zum.  angriff  (wehrstachel)  wie  auch  zum,  anbohren  der 
pflanzen  und  einlegen  der  eier  (legestachel ,  theil  6,  536, 
nachstachel,  theill, 134)  dient:  insbesondere  werden  stachel 
genennet  gewisse  theile  der  thiere,  womit  sie  empfind- 
lich stechen,  als  die  bienen,  wespen,  mucken,  u.  d.  g. 
Jablonski  744»;  stachel,  einiger  fliegenden  und  kriechen- 
den thiere,  spiculum.  einen  stachel  haben,  als  biene, 
wespen,  hornissen,  scorpionen,  infesto  aculeo  armatum 
esse,  den  stachel  hinein  ziehen,  spiculum  recondere.  den 
stachel  stecken  lassen,  aculeum  relinquere.  Frisch  2,  314"; 
einen  stachel  im  bauche  haben,  aculeo  in  alvo  armari. 
Steinbach  2,710;  aeuleus  insectorum  der  stachel  oder 
angel  der  insecten.  Nemnich. 

a)  die  bienen  haben  einen  spitzigen,  ja  giftigen  stachel, 
le  peccJiie  etc.  hanno  l'aculeo  pungentissinw  anzi  velenoso. 
Kramer  dict.  2,899*;  unter  den  bienen  hat  allein  der 
weiser  (rex  apum)  keinen  stachel.  Corvinus  fons  lat.  7»; 
der  bienenweiser  hat  keinen  stachel.  Steinbach  8,710; 
die  biene  läszt  den  stachel  stecken ,  apis  aculeum  relin- 
quit.  ebenda;  stachel.  ist  das  äusserste  Werkzeug  am  ein- 
geweide  der  kleinen  oder  honigbiene ,  womit  sie  sich 
wehret,  und  im  suche  auf  der  haut  einen  giftigen  saft 
durchläszt,  der  geschwillen  macht,  ein  solcher  stachel 
ist  mit  wiederhacken  versehen;  daher  es  denn  geschieht, 
dasz  die  imme,  wenn  sie  in  die  haut  ticstochen  hat,  ihn 
nicht  wieder  zurück  ziehen  kan,  sondern  mit  samt  einem 
theil  des  eingeweides  vcrliehren  musz,  welches  ihr  dnin 
tödlich  ist.  Overbeck  bietien-wb.  78,  s.  auch  Oken  5,  8:5t ; 
warum  ich  da£  schaf  für  meinen  gröszem  wohlthäte- 


383 


STACHEL 


STACHEL 


384 


halte,  als  dich  biene?  das  schaf  schenket  mir  seine  wolle 
ohne  die  geringste  Schwierigkeit;  aber  wenn  du  mir 
deinen  honig  schenkest,  musz  ich  mich  noch  immer  vor 
deinem  stacbel  fUrchten.  Lessing  l,  159  {fab.  s,  14); 

Bie  [die  immen)  ziehen  mit  der  trummel; 

der  Stachel  weist  das  schwert. 

wunderh.  2,  359  Boxberger. 

gprichwörtlich :  wer  honig  lecken  will,  musz  den  stachel 
(der  bienen)  nicht  scheuen.  Adelung,    im  bilde: 

habt  so  lieblich  erst  geschienen, 

zöget  ein,  wie  honigbienen, 

und  jetzt  kehrt  ihr  fürchterlich 

euren  stachel  wider  mich ! 

Grillparzer*  3, 126  {ahnjr.  5). 

/Ä)  die  homässen  (brümsen)  und  wcspen  haben  einen 
sehr  spitzigen  stachel,  damit  sie  auch  alle  aus  häuten 
gemachte  umbschläge  durchbohren.  Comenius  sprachen- 
thür  220;  die  wespen  gebrauchen  den  stachel,  acuho 
utuntur  vespae.  Steinbacii  2,710;  {ivi  bilde-)  die  wespe, 
die  den  stachel  verloren  hat,  . . .  kann  doch  weiter  nichts, 
als  summen.  Lessing  2,  58  {Sara  Samps.  4,  8);  er  . .  .  glich 
einer  wespe,  die  in  langsamen  kreisen  näher  kommt  und 
im  fluge  wählt,  wo  sie  den  stachel  einbohren  wird.  Ric. 
HucH  V.  d.  köni/fen  u.  d.  kröne  66; 

ja  wie  man  in  der  brunst,  in  Polens  fetten  auen, 
dem  dicksten  jungen  stier  sich  nicht  darf  nahe  trauen; 
wenn  durch  sein  schwartzes  fei  der  wespe  stachel  dringt, 
und  ihn,  durch  heissen  schmertz,  in  volles  rasen  bringt. 

Pvra-Lange  lieder  s.  149  neudr. 

y)  zutoeilen  entliält  der  stachel  ein  gift,  vgl.  giftstachel : 
thiere,  so  giftige  stachel  haben,  animulia  infestis  aeuleis 
armata.  Steinbach  2,  710;  so  besonders  bei  Skorpionen: 
der  scorpion  hat  den  stächet  am  schwantze.  ebenda;  im 
bilde:  was  steht  zu  befehl?  die  nase  des  spürers,  oder 
der  stachel  des  Skorpions?  Schiller  3,70  {Fiesko  'i,\b); 
spridiwörtlich :  wer  den  stachel  nicht  vertragen  kann, 
musz  den  finger  in  kein  skorpionennest  stecken.  Wander 
4,  759,  8.  danach  bei  phantasiegebilden :  und  die  hew- 
schrecken  sind  gleich  den  rossen, . . .  und  hatten  schwentze, 
gleich  den  scorpion ,  und  es  waren  stachel  an  jren 
schwentzen.  offenb.  Joh.  9, 10. 

8)  der  stachel  der  wespe  ist  eigentlich  ein  rüsael: 

mit  beyden  durfte  nur  die  kühne  mücke  scherzen, 

die  ihm  (dem  löieen)  aus  edlem  hasz ,   mit  freyheitvollem 

herzen, 
des  scharfen  Stachels  spitze  botb.  Haueoorn  2, 23  (/ab.  1,12). 

vgl.  mückenstachel,  theil  6,  2613. 

e)  wie  hier,  werden  auch  sonst  fälschlich  theile  des  fresz- 
xcerkzeugs  aU  stachel  bezeichnet:  die  zunge  der  schlangen 
wird  irrig  vor  einen  stachel  angesehen.  Jablonski  744». 
ganz  unzutreffend  ist  der  ausdruck: 

doch  einen  stachel  gab  natur  dem  wurm, 
den  wilikUbr  übermüthig  spielend  tritt. 

Schiller  Teil  2,  6. 
b)  ganz  andrer  art  sind  die  stacheln  an  der  haut- 
bekleidung  gewisser  thiere,  besonders  des  igels  und  stachel- 
sehioeins,  die  eine  Umbildung  der  haare  sind:  der  igel  und 
das  stachlichte  stachel  [dorn]  schwein  hat  an  statt  der 
haar  stachelen.  Comenius  sprachenth.  206;  ein  thier  voller 
stacheln,  animans spinis  hirsuta.  Steinbach  2,710;  stachel, 
einiger  lebendiger  creaturen,  aculeus,  als  des  igels,  setae 
pungentes,  und  des  Stachelschweins,  voller  stachel,  echinus 
itpinis  hirsutus.  Fhisgh  2, 314'';  'stacheln  sind  walzen- 
kegelförmige,  starre  horngebilde  von  ungleich  gröazerem 
durchmesser,  als  haare,  und  an  der  spitze  stechend;  von 
den  eijiheimischen  säugethieren  ist  der  igel  am,  oberleibe  mit 
stacheln  bekleidet.'  Behlen  6,  670,  vgl.  Oken  4,  332.  so 
auch:  man  lief  in  den  garten  der  predigermönche,  wo  ein 
schwein  mit  stacheln  gezeigt  wurde,  damit  man  an  ihm 
gottes  wunderbare  Schöpfung  schauen  könnte.  Fueytag 
bilder  t.  \.  iS»; 

DOD  Mtst«  Mit  nraumer  seit 

ein  unfeheures  thier  daa  ganze  land  in  schrecken  .  . . 

man  räft,  es  habe  drachonflügel, 

nnd  Uaaen  wie  ein  ^eif  und  «tacbeln  wie  ein  igel. 

WiKLANü  22,  175  lob.  4,  62). 

»pruhte&riUeh :  die  ttacheln  verrathen  den  iget.  Wanokh 
4.769,4;  das  wird  uns  gelingen  wie  dem  hunde,  der  ynn 
die  Stachel  bejsset  Luthkh  19, 6S7, 19  Weim.autg.,  vgl. 
WaM'KK  6, 1466,  ihm.  im  bilde:  der  studcnt  musz  hält 
forsch  sein,  er  musz  seine  stacheln  horrorkehren ,  alle 
teine  borsten  auf  strammen.  Rosbooer  »ündtrgUkkd  «.  S8; 


ihr  entehretet  uns,  ihr  deutsche  weisen  .  .  . 
nektar  reichetet  ihr  den  groben  mägen,  und  salbtet 
mit  ambrosiaduft  lange  das  stopplirhte  haar, 
dafür  speien  sie  euch  'aufklänmg'  jetzt  in  das  antlitz, 
und  das  stopplichte  haar  sträubet  zum  yeel  empor, 
seht  I  gen  himmel  erstrecket  sich  schon  die  stacnel  des  ygels. 
Herder  29,  662  Suphan. 

ähnliche  stacheln  haben  auch  andre  thiere,  besonders  see- 
thiere,  als  umgebildete  schuppen  u.  s.w.;  bei  fischen,  s.  Oken 
4,341.  6,260  (».  stachelbarsch);  beim  'meerkalb'  {seehund): 
die  stachelen  da  mit  sye  im  mör  schwynimen,  brauchen 
sye  uff  dem  lande,  für  fflssz  .  . .  auch  soll  die  recht  stachel 
ein  würckung  des  schlaffs  an  ir  haben.  Eppenuori'K 
Plin.  108  (9, 10).  ferner :  aciilei  ecJnnorum,  die  stachel  der 
Seeigel.  Nemnich;  ein  meer-schneck  mit  stacheln,  murejc. 
Frisch  2,  su*". 

c)  stacheln  heiszen  ferner  ähnliche  gehilde  an  pflanzen, 
theils  anhänge  oder  Umbildungen  von  blättern,  ttieils  selhst- 
stündige  sjn-ossen:  also  haben  die  dornen,  die  schalen 
der  castanien,  u.  a.  m.  stachel.  Jablonski  744»;  stachel,  m. 
den  etwas  lebloses  hat,  aculeus.  das  da  sticht  wann  man 
es  angreifft,  als  die  stachel  an  castanien,  die  spitzigen 
blättlein  an  den  bäumen,  als  an  tannen,  flehten,  kien- 
bäumen, it.  an  Wassernüssen,  die  dorn  an  stachel-beern, 
Spinae.  Frisch  2,  314'';  'dornen  und  stacheln  toerden,  tcenn 
von  spitzigen  holzartigen  au.swüchsen  an  gewüchsen  die  rede 
ist,  zicar  gemeiniglich  als  gleichbedeutend  gebraucht;  allein 
in  der  botanik  unterscheidet  man  sie  noch,  und  neimet 
stacheln  oder  spinas,  dergleichen  auswiiclise,  loelcke  aus 
dem  holze  durch  die  rinde  hervorragen,  dornen  oder  aculeos 
aber,  u^nn  sie  nur  an  der  rinde  befe.ttiget  sind.'  Adelung; 
'bei  bäumen  und  Sträuchen  nennt  man  aus  dem  holze 
herauswaclisende,  ebenfalls  holzige  atiswücJise,  stacheln  — 
aculei  —  welche  verschieden  lang  und  gekrümmt,  i7nmer 
aber  kegelförmig  und  stechend  siiid.'  Beulen  5,670. 

o)  die  stacheln  der  rosen,  rosarum  spinae.  Steinbach 
2, 710  {wofür  doch  dorn  üblicher  ist,  obwol  eigentlich  mit 
unrecht),  vgl.  Oken  2,32:  der  stachel  ist  auch  angenehm, 
woran  man  eine  rose  stehen  sieht.  Steinbach  2,710; 

da  sind  sie  (blumen)'.  so  bunt  und  so  prangend,  so  schön,  . . . 
als  königinn  aller  die  rose  —  doch  nein, 
sie  hat  ja  den  stachel!     Stoluerg  2,  219. 

im  bilde:       so  fleucht  die  lust  der  weit,  .  .  . 

nichts  bleibt  uns  in  der  faust  als  die  nichtswerthon  äste, 
der  stachel,  dieses  creutz,  die  angst,  die  seelen  peste. 

A.  dRYPinu.*;  1.  105. 

/S)  bei  domsträuehern;  im  bilde:  ein  zufall  reifte  die 
stach.eln  an  der  hecke  {die  feitulseligkeit)  zwischen  beiden 
häusern.  Arnim  3  {kronenw.  l),  388;  vgl.:  und  sol  fort  hin 
allenthalben  umb  das  haus  Israel,  da  jre  feinde  sind, 
kein  dorn  die  da  stechen,  noch  stachel  die  da  wehthun, 
bleiben.  Hesek.  28,  24. 

y)  bei  disteln;  im  bilde:  es  sind  kletten  und  disfeln- 
köpffe,  wie  man  sie  wirfft,  so  keren  sie  die  stacheln 
über  sich  und  umb  sich,  und  mfissen  stechen.  Luther 
3,334»  (23,33,29  M'eim.  ausg.);  es  ist  die  weit  ein  distel- 
kopff,  wo  man  denselben  hinkeret,  so  reckt  er  die  stachel 
über  sich.  6,  1.57'',  vgl.  Zincrgef  apophthegm.  l,  253;  so 
hielt  ihn  noch  eine  zugeknöpfte  disfol  auf,  . . .  und  die 
musivischen  disteln  auf  Le  Baut«  diele  traten  vor  ihm 
ins  leben  und  zeigten  ihm  die  stacheln  der  Vergangenheit. 
J.  Paul  Hesp.  3, 185;  den  zorn  der  königin  will  ich  rühmen, 
der  meiner  distel  den  stachel  nahm.  Freytag  8,  190 
{ahnen  1, 1,  c.  ll). 

^  desz  hauwhechels  seyn  zweyerley  geschlecht ,  eines 
so  stechender  hauwhechel  ist,  und  ononis  »pinoaa  ge- 
nennet wird:  das  ander  aber  so  ohn  stacheln  wächst. 
Tabernaemont.  912J.    vgl.  d,ß  ui\d  stachelkraut. 

t)  'bei  einer  abtheil uug  (/ef»cAir(>'fnwi«(s(nchelschwfimme) 
u^erden  die  spitzen,  mit  rcelchen  die  unteifläche  besetzt  ist, 
stachel  —  eehini  —  genannt.'  Beulen  6,61of. 

5)  'stacheln  ...  an  den  getreidearten,  trelche  auch  agen, 
achcln,  gracheln,  grannen  genannt  trerden.'  Adelung. 

ij)  ungewöhrtlich  ist  stachel  für  einen  jungen  trieb,  aprnst: 
ein  weifzcnkilrnlein  wird  in  die  erde  geworfTcn,  in  welcher 
es  auch  verfaulet,  dasz  es  endlich  zu  einer  weisen  unnd 
(liossenden  malericn  sich  verändern  musz,  welches  aber 
gomachsam  sich  wider  zuBammen  findet,  und  einen  kleinen 
stachel  von  sich  stössel.  J.  M.  Meykart  da*  himml.  Jeru- 
salem (1680)  S,  46. 


385 


STACHEL 


STACHEL 


386 


rf)  vereinzelt  wird  stachel  in  auffälliger  toeise  auf  ganze 

pflanzen  übertragen. 

a)  1  marchbuesz  Krieger  Herrn  zu  Aldenstadt  hat  ein 
junge  stachein  oder  jung  buciibaumlein  abgeliawen  unnd 
scheiter  drausz  gemacht,  im  buchwaldt.  tnarckbuechlein 
zue  Sodenbach  (in  der  Wetferau)  zum  j.  1565;  Christen  der 
Ivesseler  hat  ein  jungen  buchbaum  abgehauen  oder  ein 
stacheln  im  buchwaldt.  ebenda  zum  j.  1568;  Acker  Heinz 
hat  ein  buchen  stacheln  abgehawen  im  buchwaldt.  ebenda 
zum  j.  1574;  Peters  Kenn  Krein  hat  ein  buchen  stachelnn 
abgehawen  die  jr  ein  last  gegeben  hat.  ebenda. 

ß)  finstern,  finstere  stachel,  name  der  hauhechd  in  Bern, 
ononis  anensis  und  »pinosa.  Pritzel-Jessen,  s.  auch  c,  S 
und  stachelkraut. 

2)  siB.c\it\  bezeichnet  ferner  spitze,  stechende  gerätschaften 
oder  theile  an  solchen,  gewöhnlich  von  metall:  Stimulus  .  . . 
qtio  ptingimtis,  ein  stechet  oder  stachel.  Corvincs  fons 
lat.  522»;  cttspidare,  spitzig  machen,  einen  stachel  vom 
einschlagen.  193». 

a)  zum  antreiben  von  thieren:  stachel  oder  gart  (der) 
incoitivum,  Stimulus,  centrum,  aculeus.  Maaler  383»;  die 
ochsen  mit  einem  stachel,  treibstachel  treiben,  caeciar . . 

i  buoi  coUo  stimolo  {ptmgolo),  pungitoio,   aguzzino.  pun-   \ 
tone,  spuntone,  fntgone.  K R am E R  rficf.  2,  899*=;  stachel,  von    j 
eisen  gemacht,   als  pertica  aculeata,   womit   man  acker-    | 
ochsen  antreibt.  Frisch  2,  3U^;  der  pflügen  -wü,  spannet 
die   ochsen  vor    den    pflüg,  .  .  .  alsdann  treibet  er  und 
reget  sie  fort  mit  dem  stachel.  Come.nics  spracJienth.  SdO; 
1  Sam.  13,  21,  s.  oben;  der  mauleseltreiberpatron  hatte  mir 
zum  führer  einen  kleinen  buhen  mitgegeben,   der  sich, 
sobald  wir  heraus  waren,   auf  die  kruppe  schwang,  mir 
einen   kleinen   eisernen   stachel  zum  sporn  gab,   und  so 
mit  mir  und   dem  maulesel   über  die  felsen  hintrabte, 
diese  thiere  hören  auf  nichts  als  diesen  stachel,  der  ihnen, 
statt  aller  übrigen  treibmittel,   am  halse  applizirt  wird. 
Seume  2  {spazierg.  i),  iGö  Hempel;  im  bilde: 
denn  wenn  von  rufhen 
die  narren  und  die  schurken  bluten, 
so  darf  man  hoffen,  dasz  die  herden 
am  gängelbande  strenger  zucht, 
wenn  sie  den  stachel  nun  genug  versucht, 
doch  nach  imd  nach  geringer  werden,    ged.  (1896)  23; 
die  du  geheim  den  stachel  und  zügel  hältst, 
zu  hemmen  und  zu  fördern,  o  Nemesis. 

Hölderlin  1, 141  KötOin. 
poetisch  wird  der  sporn  als  stachel  bezeicJtnet: 

der  Stachel  der  ferse,  der  schrecken  des  rufs 
verdoppeln  den  donner-galoppschlag  des  hnfs. 

Bürger  81». 

b)  diese  bedeutung  liegt  zu  gründe  der  sprichwörtlichen 
redeweise :  es  wird  dir  schweer  werden  wider  den  stachel 
lecken  {mit  den  füszen  ausschlagen),  apostelgesch.  9,  5, 
vgl.  26, 14  {daraus  Ayrer  hist.  proc.  664)  ttnd  das  zweite 
lecken,  theil  6,  480/.,  die  aus  der  bibelübersetz iing  im,  nhd. 
weife  Verbreitung  gefunden  liat,  vgl.  Egbert  v.  LOttich 
fecunda  ratis  570  mit  Voigts  anm. ;  in  wörteibüchem :  es  ist 
schwer  wider  den  stachel  lecken,  oder  bösz  reiben  gegen 
dem  stachel.  Henisch  463,50;  wider  den  stachel  lecken, 
calcitrare,  ricalcitrare  contro  lo  stimolo.  Kr.\mer  dict. 
2,899*;  contra  stimulum  sive  aculeum  calcitrare.  Stieler 
2156;  es  last  sich  nicht  \sieder  den  stachel  lecken,  Uit. 
fortunae  eedendum  est.  Apin.  gloss.  508;  in  sprichicörter- 
Sammlungen,  s.  Eiselein  576.673;  wider  den  stachel  ist 
bös  lecken.  Simrock9798.  Wander  4,739,12.15;  gegen  en'n 
spitzen  stachel  is  nig  gaud  licken.  6.  Borchardt*  1125. 
Büchmann  *"  83.  in  der  litteratur:  sehen  sie,  herr  pastor, 
es  wird  mir  unmöglich  seyn,  nicht  gegen  ihren  stachel  i 
zu  lacken,  und  die  furchen,  fürchte  ich,  die  sie  auf  dem  i 
acker  gottes  mich  mit  aller  gewalt  wollen  ziehen  lassen, 
werden  immer  krümmer  und  krümmer  werden.  Lessing 
10,131;  diese  guten  freunde  haben  es  übel  aufgenommen, 
was  ein  recensent  in  der  a.  1.  z.  vor  etlichen  jähren  an 
den  Burger'schen  gedichten  getadelt  hat;  und  der  inn- 
grimm,  womit  sie  wider  diesen  stachel  lecken,  scheint 
zu  erkennen  zu  geben,  dasz  sie  mit  der  sache  jenes  dichters 
ihre  eigene  zu  verfechten  glauben.  Sciiilleu  10, 498; 

dann  so  gehts  gwiszlich  alle  denen, 
die  sich  wölln  wider  gott  aufflenen 
und  widern  scbarpflen  stachel  lecken : 
den  bleibt  er  in  der  lersen  stecken. 

B.  Waldis  der  niide  man  v.  Wolffenb.  419 
{ßtreitged.  t.  38  nevdr.) ; 

X.  a. 


wie  Paulas  in  der  aposteln  geschieht  — 
er  wolt  auch  widr  den  stachel  lecken. 

LiLiENCRON  hüt.  volM.  4,  nr.  519,  59. 

e)  stachel  zum  stechen,  bohren,  z.  b.  Hiob  40,  21,  s.  oben; 
unbestimmt;  stachel  und  strick  sind  auff  dem  wege  des 
verkereten.  spi:  Sal.  22,  5.  poetisch  von  pfeilen  (bildlich) : 
darf  ich  solches  wohl  glauben,  dasz  di  gräfin  einen 
stachchel  ihrer  libes-reizerischen  pfeile,  welche  so  lähb- 
haft  aus  ihren  äugen  häraus-schühssen ,  in  dein  harz 
ein-gesänket  habe?  Zesen  Bosemund  ».132  neudr. 

d)  zuweilen  bezeichnet  stachel  nicht  das  ganze  gerät,  son- 
dern nur  die  (eiserne)  spitze  daran,  so  bei  einem  stock 
(vgl.  stachelstock):  unnd  der  selbig  hat  ein  stap,  der 
unten  unnd  oben  rincken  unnd  stachel  hat.  weisth.  3,  892 
(r.  j.  1523,  s.  stab  II,  6,  d).  ungeicöhnlich  sind  vericendungen 
icie:  diejenigen,  welche  im  rausche  sterben,  müssen  mit 
dem  Musüsheer  fahren,  hinterfür  auf  einem  rosse,  auf 
eisernem  sattel  von  eisernen  stacheln.  Birlinger  volka- 
thüml.  1,47,1. 

e)  sonst  ist  stachel  vielfach  als  technischer  ausdruck 
üblich,    (meist  nicht  allgemein  gebräuchlich.) 

a)  stachel,  womit  man  einen  schütten,  worauf  man 
sitzt,  forttreibt,  pertica  aculeata.  Frisch  2,  SU*»;  eis.  is- 
stachel  zum  fortbewegen  der  kinderschlitten.  Marti  n-Lien- 
hart  571»;  vgl.  stachelschhtten.  atteh  runde  stäbe  m,it 
eisernen  spitzen,  deren  man  sich  beim  eislauf  bedient.  Campe. 

ß)  ähnlich  süddeutsch  stachel  oder  stackel  {vgl.  da».) 
für  die  mit  einem  eisernen  haken  versehene  starige,  tcotnit 
der  Schiffer,  fischer,  fahrmann,  flöszer  sein  boot  oder  flosx 
fortstöszt;  stachel,  der  schiffleuth  stang,  eontus.  voc.  f.  1618 
bei  ScHM.  2,725;  item  in  Austria  dantur  ei  VIII.  denarii 
pro  staechil  et  schalten  et  cyrotecis  (handschuhe).  . . .  item 
securim  et  staechil  et  II.  cyrotecas.  monum.  boica  11, 44/. 
(obligatio  nautarum  saee.XIII).  jetzt  bair.  stAckl,  s.  Schm. 
a.  a.  0.,  Schweiz,  stackel,  stachel,  sprietstake,  schalte. 
Stalder  2,  389. 

/)  dagegen  bezeichnet  stachel,  auch  knecht,  schlepp- 
spiesz,  Schleppstange,  im  bergbau  'ein  am  tummdbaum  eines 
pferdegöpds  angebradiies  holz  mit  gabeljörmiger  eiserner 
spitze  als  bremsvorrichtung'.  Veith  458. 

S)  it.  womit  man  etwas  fest  anklebendes  abstöszt,  als 
in  bergwerken.  Frisch  2,314*';  'stachel,  alles  was  spitzig 
ist,  z.  b.  ein  eisen,  das  2'/»  bis  3  eilen  lang,  2  zoll  stark, 
und  vom  zugespitzt  ist,  und  einen  hölzernen,  etica  eilen 
langen  stiel  hat,  und  so  une  die  stecheisen  auf  schmelz- 
hütten  gebildet  sind,  sie  werden  bey  der  schmelzarbeit  des 
hohenofens  zum  abstechen  gebraucht'.  Jacobsson  4,  245», 
ebenso  7,  418^.  Adelung. 

e)  in  glashütten  ein  gerät,  wobei  6 — 8  zolllange  stacheln 
von  eisen  oder  starkem  eisendraht  an  einem  hölzernen  stid 
oder  eisernen  plättchen  aufgesetzt  und  im  kreise  um  eine 
mittlere,  etwas  längere  gruppiert  sind;  es  dient  dazu,  die 
perlen  in  das  glas  zu  stechen,  ebenda. 

^  stachel  an  der  büchse,  fibula  ligulae.  stachel  am 
armbrust,  uncus,  fibula  arcus.  Stieler  2156. 

17)  'ein  dintefasz  mit  einem  stachel,  mit  einer  eisernen 
spitze,  diese  ins  holz  zu  stechen  und  dem  dintefasz  dadurch 
einen  festen  stand  zu  geben.'  Campe. 

3)  sehr  häufig  ist  stachel  in  übertragener  Verwendung 
für  etwas,  das  sticht,  verletzt. 

a)  ausdrücke,  die  von  einer  bestimmten  gebrauchsweise 
ausgehen,  sind  schon  im  vorstehenden  angeführt,  unbe- 
stimmter und  allgemeiner  (doch  auf  grund  der  bedeiitung  l) 
besonders  in  sprichwörtlichen  redeweisen:  es  hat  einen 
stachel,  aculeum  habet.  Steinbach  8,710;  das  ding  hat 
stacheln.  Eise  lein  576;  ein  stachel  bricht  den  andern. 
Petri  Y5».  Wander  4,759,  5  (bei  Franck  1,87'»:  ein  stahel; 
es  ist  also  icol  stahl  gemeint,  vgl.  das.);  wer  sich  mit 
stacheln  krawt,  der  krigt  viel  wunden.  Petri  Jü  8»,  vgl. 
Wander  4,  759, 11.    s.  auch  Lessing  1,  2  unter  stachelreim. 

b)  an  i,a  (f)  schlieszt  an  •  er  hat  einen  stachel  im  maule, 
ipsi  est  telum  in  ore.  Stein bach  2,  710.  so  vnrd  stachel 
gern  von  scharfen,  bissigen  reden  gesagt :  stachel,  figürlich 
im  schimpfenden  reden,  facetiae  acerbae,  linguae  maledicae 
spieida,  acttUi  orationis.  Frisch  2,  SU*».  i</?.  Wächter  1578. 
im  ausgeführteren  bilde: 

genug,  verwegener  kiel,  lasz  gift  und  schweren  se^n, 
nnd  zeug  docn  nun  ein  mahl  den  bittem  stachel  ein. 

GCnthbr  6«  Stbinbach  2,  710 

25 


387 


STACHEL 


STÄCHET, 


388 


vgl.  Stachel  der  satire,  kritik  unter/,  sowif  stacheldichter, 
•gedieht,  -rede,  -reim,    richter,  -schrift,  -vevs,  -wort. 

c)  biblisch  ist  de>-  aiisdt'u^k  stachel  des  todes,  s.  oben 
1  CJor.  15,  55/.;  o  tod,  wo  ist  dein  stachel  (stimolo).  Kramer 
(lict.  2,  8W';  der  stachel  desz  todes  ist  die  sünde:  die 
kralTt  aber  der  sünde  ist  das  gesetz.  Petri  B  2»;  dai\ac}i 
auch:  der  sünden  solt,  stachel  und  straffe  ist  der  todt. 
ebenda,  in  der  litteratur:  seiner  {gottea)  gnaden-werk  ist 
es ,  . .  das  er  selbst  den  tod  für  uns  gelitten ;  unsere 
Sünden  auf  sich  genommen,  und  uns  zugleich  von  dem 
stachel  des  todes,  und  der  gewalt  des  teufels,  erlöset  hat. 
BuTSCHKY  Pathmos  s.  988; 

Jesus  Christus  gottes  son 

an  unser  stat  ist  konien 

und  hat  die  sUnd  abgcthan, 

damit  den  tod  genomen 

all  sein  recht  und  sein  gewalt ; 

da  bleibt  nichts  denn  tods  gestalt, 

den  Stachel  hat  er  verloren.    Luther  8,  359''; 

grimmiger  fodt,  kom  zu  mir  nicht, 

dein  stäche!  von  mir  wende. 

\V.  Spangenbebg  Akestis  2337  ; 

0  tod,  wo  ist  dein  stachel  nun? 

hannov.  gesangb.  114, 1. 

ähnlieh:  indem  ich  solches  alles  zur  genüge  erwogen,  und 
geprüfet,  dasz  die  namen  so  vieler  hochgepriesenen 
künstlere,  mit  der  zeit  und  geendetem  odmen  verlesclien: 
habe  ich  besonnen  und  nachgedacht,  wie  und  auf  was 
weise  dieser  tödtliche  stachel  zu  hintertreiben  wäre. 
Sandraut  academie  l,  l*". 

d)  von  2,a  geht  aus  die  xoendung:  werdet  jr  aber  die 
einwoner  des  lands  nicht  vertreiben  für  ewrem  angesicht, 
80  werden  euch  die,  so  jr  überbleiben  lasst,  zu  dornen 
werden  in  cwren  äugen,  und  zu  stachel  in  ewrn  selten, 
und  werden  euch  drengen  auff  dem  lande,  da  jr  innen 
wonet.  4  Mos.  33,55.  dann  auch  umgekehrt :  so  wisset,  das 
der  herr  ewr  gott,  wird  nicht  mehr  alle  diese  völcker 
für  euch  vertreiben,  sondern  sie  werden  euch  zum  strick 
und  netz,  und  zum  geissei  in  ewer  selten  werden,  und 
zum  stachel  in  ewren  äugen.  Jos.  23, 13.  dieser  ausdruck 
hat  sich  aus  der  bibel^prache  ioeifer  verbreitet:  er  ist  ihm 
ein  stachel  im  äuge,  egli  gli  e  cotne  un  pungolo  negli 
occhi.  Kra.mkr  dict.  2,  900";  invisus,  exosiis,  infestus,  de- 
testabilis  ei  est.  Stieler  2156;  einem  ein  stachel  in  den 
äugen  seyn,  wlg.  ipso  aspectu  molestum  esse.  Frisch 
2,314»;  auch  mit  unpersönlichem  subject:  dasz  aber  die 
Holländer  daselbst  die  stadt  Batavia  inne  und  starck  be- 
setzt haben ,  geschiehet  wider  der  Javaner  willen ,  und 
ist  ihnen  ein  stachel  in  den  äugen.  Olearius  beschreibung 
eÜ.  Orient,  insuln  149»;  denen  anwesenden  wird  es  ein 
stachel  im  äuge  seyn;  sie  [werden]  es  ihnen  für  eine  Ver- 
kleinerung zuzihen,  das  man  auch  nicht  ihrer  Verdienste, 
rühmlich  gedencke.  Butschky  Pathmos  s.  639  {'abwesender 
lobung'),  danach  ferner:  er  ist  mir  ein  dorn  im  äuge  und 
seine  flöte  ein  stachel  im  obre.  Ricarda  Hucn  Lud. 
ürsleu  s.  319; 

fasz  dich,  Sorel !   auch  deine  heft'ge  freude 
mScht'  ihm  ein  stachel  in  die  seele  seyn. 

Schiller  13,  255  {jungfr.  v.  Orl.  3,  8). 
auch  allgemein  - 

sonst  war  es  mir  ein  stachel,  sah  ich  ihn 
ira  Strom  der  tust  ...  so  ganz  gemein  vergnüglich  schwimmen. 
Rk'arda  Huch  Evoe  s.  1. 

e)  häufig  sind  verbale  fügungen:  alle  scenen  der  Unter- 
drückung, die  er  (Moses)  ehemals  mit  angesehen  hatte, 
gehen  jetzt  in  der  erinnerung  an  ihm  vorüber,  und  nichts 
hinderte  sie  jetzt,  ihren  stachel  tief  in  seine  seele  zu 
drücken.  Schim.ek  9,115; 

wenn  ich  die  hand  des  bruders  freundlich  drücke, 
stosz  ich  den  stachel  tief  in  deine  brüst? 

14,  27  (braut  V.  Mut.  1,  3,  810); 

rie  bat  den  pI^fBO  vtachel  mir  gesenkt 
in  meine  brüst,  sie  mag  zngef^en  sein, 
wenn  ich  ihn  aaszieh',  oder  im  bemllhn 
ihn  drticke  in  da*  innerste  dee  lebensl 

Okillparzbr*  6,  ISl  {könig  Ottokar  4). 
ungewöhnlteher : 

ich  denke  nicht,  dasz  diese  kleinen  stacheln, 
ihr  an  das  berz  geworfen,  euch  d*  sehr 
gM^adet  haben.    Lbhhinu  8,  M8  (tfaUum  8,  t). 

M  schien ,  ...  all  ob  man  bemUht  wäre ,  den  bruch  zu 
erweitem  und  bei  mir  den  stacbel  tiefer  einzudrücken. 
BiSMAitcK  g«d.  M.  «rinn.  I,  IM.  —  einen   stachel  zurück 


lassen,  einen  schmerzhaften  oder  unangenehmen  eindruck. 
Campe:  aber  doch  soll  sie  Wahrheit,  Verleumdung  und 
drohungen  von  mir  hören,  es  wäre  schlecht,  wenn  sie 
in  ihrem  gemüthe  ganz  und  gar  keinen  stachel  zurück 
lieszen.  Lessing  2,  61  {Sara  Sampson  i,b);  doch  liesz  es 
einen  stachel  in  ihm  zurück.  Vischek  auch  einer  t,lG6; 
ein  bauerbursch,  Engelmar,  hat  ihm  {Neid/iart  v.  Reiiental) 
das  gröszte  leid  seines  lebens  bereitet,  es  scheint,  dasz 
er  ihm  seine  geliebte  Friderun,  auch  ein  dorfkind,  ab- 
spenstig gemacht  hat,  der  stachel  blieb  dem  ritter  in  der 
seele,  solange  er  lebte.  Freytag  18  {bilder  2,l),  54;  mancher 
bringt  wohl  auch  .  . .  von  einer  so  weiten  reise  einen 
stachel  im  herzen  mit  zurück.  Göthe  21,  223  (wanderj. 
1, 12).  —  sie  reiszen  nur  6inen  stachel  aus  meiner  seele. 
Lessing  1,540  {Minna  v.  B.  2,9);  aber  werden  ihm  nicht 
in  den  neuesten  komödien  die  gröbsten  verbrechen  . .  . 
unter  so  reizenden  färben  vorgestellt,  den  giftigsten  hand- 
lungen  so  der  stachel  genommen,  dasz  ein  bösewicht  da 
steht,  als  ob  er  ganz  neulich  vom  himmel  gefallen  wäre. 
Lenz  l,  268;  dadurch  schienen  zwei  ängstlichen  hypo- 
thesen ,  die  ihrer  krankheit  und  ihres  hauskriegs ,  die 
stacheln  auszufallen.  J.  Paui.  Titan  3,51;  die  zeit  aber, 
statt  den  stachel  abzustumpfen,  zeigte  ihm  stets  gräsz- 
licher  seine  that.  Grillparzer*  11,  248  (' 13,  22l). 

/)  mit  erklärendem  genitiv,  im  ausgeführten  bilde:  er 
wuszte  dem  vergnügen  jenen  sanften  stachel  wieder  zu 
geben,  durch  den  man  es  empfindet  und  der  so  leicht 
stumpf  wird.  St.  Real,  don  Carlos  {Eisenach  1784)  bei 
Schiller  4,  *.  xlix  Boxberger  {deutsche  nat.litt.);  eine 
vergleichung ,  durch  welche  der  stachel  des  affektes  ge- 
schärft wird,  wie  der  gedanke  und  die  ausmalung  eines 
glückes,  das  verloren  ist,  die  empfindung  des  Verlustes 
schärft.  Ludwig  5,266; 

des  kusses  stachel,  der  entzündend  ritzt. 

Rltkert  ged.  40. 

stachel ,  hitzige  stacheln  des  fleisches ,  der  geilheit  etc. 
stimolo,  sti[mo]li  cocenti,  cioe  pruriti  della  carne.  libidine 
d  cartiali.  Kramer  rfjc^.  2,  899" ;  der  stachel  des  fleisches. 
Eiselein  576  {als  biblisch).  —  jener  vor.'ratz,  den  Rhein 
zu  sehen,  war  indesz  in  mir  beständig  wach  geblieben, 
und  damit  ich  nicht  ferner  den  stachel  einer  unbefrie- 
digten Sehnsucht  in  mir  tragen  möchte,  so  rieth  Goethe 
selber  dazu ,  einige  monate  dieses  sommers  auf  einen 
besuch  jener  gegenden  zu  verwenden.  Egkermann  gespr. 
mit  Goethe  1 ,  157 ;  auf  der  andern  seite  freute  mich  sein 
fester  worthaltender  Charakter,  der  sich  . . .  dem  eindringen 
der  stacheln  und  bohrwürmer  des  leidens  widersetzet. 
J.Paul  Kampaner  thal  H;  auch  der  leichteste  Zärtling, 
der  sein  gewissen  beinahe  stets  ungebraucht  Iftszt,  wird 
wenigstens  einmal  den  stachel  der  reue  gefühlt  haben. 
Herder  l,  lO  Suphan;        ^er  theuerste  besitz, 

was  wUrd'  er  frommen,  wenn  der  reue  stachel 
des  glucks  entsetzlicher  bcgleiter  wRre? 

Platkn  238'»  (treue  nin  treue  3); 

ich  kann  .  . .  den  stachel  meiner  zweifei  nicht  länger  er- 
tjagen.  Klinger  ig,  298;  was  unsern  volksbeglücker  be 
trilTt,  80  macht  er  wenigstens  ein  gesiebt,  an  dem  der 
stachel  des  schärfsten  neides  stumpf  wird.  Heyse  kinder 
der  todt  1,99.  —  vor  dem  schrecklichen  verkriecht  sich 
unsre  faigheit,  aber  eben  diese  faigheit  überliefert  uns 
dorn  stachel  der  satire.  Schiller  3,518;  die  monarchie 
und  der  idealste  monarch  .  . .  bedarf  der  kritik,  an  deren 
stacheln  er  sich  zurechtfindet,  wenn  er  den  weg  zu  ver- 
lieren gefahr  läuft.  Bismarck  ged.  u.  erinn.  2,  61 ; 

Claiaa  frUhes  sterben  dUiikt  ihm 

eine  bittere  kritik 

ohne  Worte ;  deren  stachel 

pflanzt'  er  weiter  ohne  werte.     Keller  tO,  182; 

drtlck'  nicht  des  Vorwurfs  st:t<-li(«l  in  dein  herz. 

Si'HiLLKR  14,  »5  (braut  r.  Me*f.  4,  1,  M8S). 

g)  in  den  ung^ührten  stellen  übertciegt  die  Vorstellung 
von  etwas  verletzendetn ,  sehtnert  erregendem,  icobei  meist 
die  bedeutung  l  »u  gründe  liegt  {vgl.  besonders  Hesek.  S6,  24 
unter  l,c, /);  in  andern  fällen  dagegen,  die  von  2,  n  ni«* 
gehen,  steht  der  begriff  des  ansporns  im  Vordergründe :  das 
soll  mir  ein  stachel  seyn,  questo  mi  servirä  di  stiuudo  cioe 
di  motivo  d'inritamento.  Kramer  dict.  8,899";  rj^/.  Wächter 
1578;  es  pflegen  die  hohe  ehrsüchtige  geister,  aus  stachel 
and   antrieb  seitlichen  ruhmi,  preiiei  und  ehre,   keine 


389   STACHELAFTER— STACHELBEERE 

bemühang  und  fleisz  zu  unterlaszen.  Sandrart  academie 
(1675)  1,1*;  räche!  der  getretene  wurm,  jedes  lebende 
wesen  fühlt  ihren  stachel :  und  ich  sollte  diesen  stachel  aus 
dem  empörten  herzen  reiszen?  Klinger  1,60  («iriZZ.  3,  i) ; 
nur  ein  barbarischer  geschmack  braucht  den  stachel  des 
priTatinteresse,  um  zu  der  Schönheit  hingelockt  zu  werden. 
Schiller  lO,  174;  über  dem  langen  hin-  und  herschwanken 
von  einem  stoffe  zum  andern  habe  ich  zuerst  nach  diesem 
gegrillen  und  zwar  aus  dreyerlei  gründen  ...  2)  bedurfte 
ich  eines  gewissen  stacheis  von  neuheit  in  der  form. 
hriefe  6,  414;  früher  waren  mir  anfeindungen  ein  willkom- 
mener stachel,  der  mich  zu  frischerem  handeln  spornte; 
jetzt  lähmen  sie  mich.  Ricarda  Hlch  Lud.  XJraleu  2frt ; 

die  herzen  alle  dieses  biedern  volks 

erregt'  ich  mit  dem  stachel  meiner  worte. 

,      ,        .  SCHILLBR  14,  319  (Te?;  2, 2); 

und  jede  pem 

wird  einst  ein  stachel 

der  wollust  seyn.    Novalis  1,  91  Meissner. 

STACHELAFTER,  m.,  bezeichnung  einer  icanzenart,  eimex 
seratus.  KrCnitz  167,  605. 

STACHELÄHRE,  /..  name  der  esparsette,  hedysarum 
onobrychis.  Nemnich.  Adelung. 

STACHELALOE,  /.  eine  ort  der  aloe.  bei  der  der  rand, 
die  Oberfläche  und  besonders  der  rücketi  der  blätter  ganz 
mit  stacheln  besetzt  ist.  auch  igel-aloe,  aloe  ferox.  Nemnigh. 

STACHELAMARAXTH,  m.  eine  amaranthenart  mit  dornen, 
amaranthus  spinosus.  Nemnigh. 

STACHELAäIPFER,«!.  rumex  spijiosus.  Krünitz167,605. 

STACHELAUSSATZ,  m.,  s.  stachelschweinaussatz. 

STACHELBARSCH,  m.  eine  barschart  mit  zwei  stacheln 
am  kiemendecliel  und  einem  am  vorderdeckel,  holocentrum. 
Oken  6,  260.  i"^^  KrOnitz  167,  605.  femer  fiir  stichlin^, 
s.  stachelbörs. 

STACHELBART,  m.  l)  stacheliger,  d.  h.  steifer  und 
stechender  bart;  2)  ein  mensch  mit  solcJiem  barte;  3)  auch 
bezeichnung  einer  gattung  der  klippßsche,  cliaetodon  cane- 
scens.  C\MPE.  vgl.  KrOnitz  167,  605/  —  dazu  stachel- 
bärtig, adj.:        jjmjj  jj^m  jgp  hauptmann  selbst, 

einäugig,  stachelbärtig  wie  ein  kater.     Geibel  4,  74. 

STACHELBAUGH ,  vi.,   name  von  fischarten,  und  zwar 

1)  einer  art  Seefische  mit  kugeljörmigem  körper,  stache- 
ligem bauch  und  tner  zahnen,  tetrodon.  Nemnigh.  der 
gestreifte  stachelbauch,  tetrodon  lineatiis;  der  gefleckte 
stachelbauch,  tetrodon  oceüatus.  Campe.  KrCnitz  167,606/. 

2)  in  Preuszen  name  des  gemeinen  stichlings,  gastero- 
steiis  aculeatus,  so  genannt  wegen  seine)-  beiden  bauch- 
stacheln, auch  stachlinski,  stichlinski  u.  s.  w.  Frisghbier 

2,  359».  nd.  korrespondenzbl.  8,  48.  10,  27. 

STACHELBEERBUSCH,  m.,  vgl.  Stachelbeerstrauch. 
Campe:  dort  setzt  er  (der  Schmetterling)  sich  auf  eine 
rote  bohnenblüte  gleich  neben  dem  groszen  stachelbeer- 
busch.  Ludwig  2,  259;  lustig  winkend  erhob  herr  Friedrich 
den  arm:  ,,nun  denn,  alle  mann  hoch:  'komm  röwer!'" 
und  eben  so  lustig  wies  seine  band  nach  den  brechend 
voll  beladenen  stachelbeerbüschen.  Storm  7,  329. 

STACHELBEERE,  /  l)  luim«  der  bekannten  frucht  und 
der  Staude,  vorauf  sie  wächst,  ribes  grossulfiria  {ribes  uva 
erispa.  uva  Spina).  Nemnigh.  Pritzel-Jessen.  t-^^  Oken 

3,  1906.  KrOnitz  167,  607 — 622.  daneben  sind  zahlreiche 
andre  benennungen  im  volksmunde  üblich,  so  z.  b.  agres(t) 
(Jheil  1,190),  christbeere  (theil  2,  620),  -dorn,  christophbeere, 
wilde  oder  welsche  erbsen,  grosselbeere,  grunzel,  grusel, 
klosterbeere  {theil  5,1235),  krausbeere  {tlieil  5,2092),  kräusel- 
beere  (Üieil  5,  2097) ,  kreuz(el)beere  {theil  5,  2186) ,  spineile 
{theil  10,1,2505),  Stechdom,  stick(el)beere,  wegedorn,  s.  Popo- 
wiTSCH  556—8.  Adelung.  Nemnigh.  Pritzel-Jessen. 
das  wort  findet  sich  zum  ersten  male  bezeugt  bei  G.  Neumark 
der  neuspross.  palmb.  (1668),  wo  stachelberen  das  'geicächs' 
des  1667  aufgencmimenen  Alexander  Haubold,  marschall,  f. 
8.  Magdeb.  kammerjunker  und  rittmeister,  mit  dem  kenn- 
»pruch :  bringt  liebliche  frucht  ist  (798).  sonst  erst  im 
18.  jahrh.  belegt,  von  den  loörterbüchern  hat  es  zuerst 
Rädein  (i711)  833»,  s.  Weigand  2,  789.  alter  als  die  hochd. 
ist  die  entsprechende  nl.  namensform  gebucht:  uva  erispa  .  . 
ger{man.)  wegdom,  et  crutzbeer,  belg.  stekelbesien.  M.  de 
LoBEL  plantartim  hist.  {Antw.  1576)  615.  der  tiame  bezeichnet 
»unäehst  die  frttclä  und  geht  auf  die  kleinen  härchen.  mit 
denen  sie  besetzt  ist  {dann  allerdings  nicht  auf  alle  arten 


STACHELBEEREIS — STACHELBEERGURKE  390 

gleich  passend).  Stachelbeere ,  uva  erispa,  {grossularia) 
grosseille.  obgleich  diese  beere  rohe  genossen,  schlechte 
nahrung  und  böse  geblüt  machen  sollen,  so  pflegen  sie 
die  koche  gar  doch  sehr  zu  verthun,  und  entweder  die 
unzeitigen  an  junge  hüner  und  dergleichen  zu  kochen  .  .  . 
oder  sie  schlagen  sie  in  gewisse  torten.  frauenz.  lex. 
(1715)  1892;  stachelbeer,  rauchbeer,  klosterbeer:  grossularia 
»pinosa,  grosseille.  die  frucht  eines  Strauchs,  welcher  sehr 
stachelig,  im  frühlinge  zeitig  ausschlägt,  weisz  blühet, 
in  gärten  an  geländer  und  häge  gesetzet,  und  unter  der 
scheere  gerad  gehalten  wird.  .  . .  die  frucht  ist  rund  oder 
länglich,  haarig,  im  anfange  grün  und  hart,  wenn  sie 
aber  zeitiget,  färbt  sie  sich,  und  wird  weich.  ...  es  gibt 
derselben  verschiedene  gattungen.  die  kleine,  si/lvestris: 
die  grosse  spanische,  sativa,  ist  grösser  und  lieblicher  als 
die  vorige:  die  braune,  purpurasceus ,  ist  an  grosse  der 
spanischen  gleich,  an  färben  unterschieden,  dieweil  sie 
braun  oder  viol-blau,  die  andere  aber  gelb  oder  weiszlich : 
die  rauchbeer,  hirsuta,  ist  wie  mit  wolle  überzogen. 
Jablonski  744;  stachel-beer,  uvae  Spinae  crispae.  Frisgh 
2,  SU*" ;  stachel-beere  . .  .  man  hat  ihrer  in  denen  gärten 
viererley  gattungen,  nemlich  die  grossen  blancken,  die 
grossen  gelben,  die  grünen  und  die  rothen  oder  viol- 
braunen, öco».  icx."  2793;  Stachelbeeren  die.  sind  eszbare 
beeren  von  der  grösze  der  Weinbeeren,  welche  auf  einem 
niedrigen,  mit  sehr  spizigen,  und  verlezenden  stacheln 
besezten  strauche  wachsen,  welcher  in  den  gärten  ge- 
pflanzet wird,  und  auch  wild  wächst.  . .  .  die  Schwaben, 
Franken,  und  auch  viele  Sachsen  nennen  diese  beeren 
gewöhnlicher  stachelbeer.  Popowitsch  556; 

die  kirschen  sind  zwar  etwas  kleine, 
doch  iede  frucht  wächst  in  der  still ; 
und  hält  man  sie  vor  stachel-beeren, 
was  thuts?  man  mag  sie  auch  verzehren. 

Günther  921. 

docli  tcird  Stachelbeere ,  besonders  im  plur. ,  auch  für 
die  ganze  pflanze  gesagt  {vgl.  stachelbeerbusch ,  -stände, 
-Strauch) :  der  kloster-  oder  stachel-beeren  staudigtes  bäura- 
lein  ist  sehr  bekannt,  und  Aivird  in  den  gärten  zu  hecken 
gebraucht,  hat  kleine  harigte  blätter,  wie  der  eppich. 
Hohberg  3, 1,  406»;  stachel-beer,  grossel-beer,  wächst  wild, 
wird  zu  lebendigen  zäunen  gebraucht.  Woyt  gazophyla- 
dum  (1734)  983; 

die  Stachelbeeren  blühen  frisch, 

und  so  die  renegloten. 

bei  Stachelbeeren  lallt  mir  ein, 

die  schmecken  gar  zu  süsze.    Schiller  11,  214; 

sah  die  heidelbeer,  meenahga,  .  .  . 

und  die  stachelbeer,  shahbomin. 

Freiligrath*  6,  45  {Hiawatha  5). 

in  idiotiken  wenig  aufgeführt:  thür.  sdachelsbSr,  dufür 
altenb.  stachelhänse  und  stachelitzchen.  Hertel  Sprach- 
schatz 233;  oberlaus.,  dazu  die  redensart  Stachelbeeren  {oder 
spitzen)  austheilen,  verletzende  oder  höhnische  worte.  Anton 
4, 12,  dafür  einem  Stachelbeeren  zu  verschlucken  geben. 
Wander  4,  759,  4.  in  Waldeck  auch  ins  nd.  eingedrungen 
als  stachelbär(e)  B.\uer-Collitz  98».  {sonst  nd.  stickböre; 
stick'lbär,  -bäsing  Danneil  211'';  stekeberen  und  stekkas- 
berten  Woeste  253*.  schwäb.  stechbeer,  plur.  Schmid  508. 
fehlen  des  Wortes  bezeugt  für  Handschuhsheim,  dafür 
krüsltupeen  Lenz  67''.)  —  die  ztisammenset^zungen  zeigen 
gewöhnlich  die  Stammform  stachelbeer-  {so  aufgeführt), 
seltner  Stachelbeeren-. 

2)  zu  derselben  gattung  gehört  die  schwarze  falsche 
Stachelbeere  oder  schwarze  Johannisbeere,  pfafTenbeere, 
ahlbeere  u.  s.  w.,  ribes  nigrum.  {grossularia  non  spinosa 
fructu  nigra;  piperella).  Nemnigh. 

3)  ferner  begegnet  Stachelbeere  {oder  blattapfel)  als  name 
eines  immergrünen  Strauches  auf  Jamaika  und  den  Antillen, 
mit  stacheln,  lanzettförmig  ovalen  blättern,  weiszen  und 
sehr  wolrieeJienden  bluten  und  groszen,  blaszgelben.  an 
genehm  sätierlichen  beeren,  cactus  pereskia.  Nemnigh. 

STACHELBEEREIS,  n.,  als  delicatesse:  allem  setzte  er 
die  spitze  durch  ein  arzneigläschen  auf,  das  ersieh  für  seine 
liebe  seele  im  walde,  fürDrotta,  mit  dem  feinsten  st  ach  el- 
beer en-eise  stopfen  liesz.   J.Paul  leben  Fibels  «.58. 

STACHELBEERENBÜSCH,  -HOLZ,  s.  stachelbeer-. 

STACHELBEERGURKE,/.  -KÜRBIS,  m.  eine  aus  Arabien 
stammende  Zierpflanze  mit  kugelrtimlen .  kirscJiengroszen, 
borstig  behaarten  fruchten,  rtictanis  prophetarum. 

25* 


391  STACHELBEERHECKE— STACHELBLATT 

STACHELBEERHECKE,/.;  hier  {in  Jena)  haben  wir 
den  frühling  nicht  eben  weiter  vorgerückt  gefunden  als 
in  Weimar,  blosz  die  stachelbeerhecken  zeigten  sich  grün. 
ScHiLLEn  briefe  a,  27 ;  an  den  stachelbeerhecken,  die 
Joseph  längs  des  lattenzaunes  gezogen  hatte,  reiften  die 
ersten  fruchte.  M.  v.  Ebner-Eschenbach  dorf-  u.  schlosz- 
gesch.  18. 

STACHELBEERHOLZ,  n.,  auch:  stachel-beeren- 
holtz.  DÖBEi,  im  reg. 

STACHELBEERKUCHEN,  m.  schneektichen  von  Stachel- 
beeren.  KrOnITZ  167,  623. 

STACHELBEERI^US, /.  eint  art  blattläuae  auf  stächet- 
beer  Sträuchen,  aphis  t-ibis.  Nemnich. 

STACHELBEERMARMELADE,  /.  KrOnitz  167,618. 

STACHELBEERMUS,  n.  roob  grosaulariarum.  Khvkviz 
167,  615. 

STACHELBEERPFLANZUNG,/.:  der  garten  zieht  sich 
bis  an  den  see,  parkartig  angelegt,  mit  den  schönsten 
Obstbäumen,  erdbeerfeldem ,  johannis-  und  stachelbeer- 
pflanzungen.  Hoffmann  v.  Fai,i.f.rsi,kben  mein  leben  e,ib6. 

STACHELBEERRAUPE,  /.  raupe  des  stachelbeerspan- 
ners  (*.  das.).  Krünitz  167,623. 

STACHELBEERSPANNER,  m.  ein  nachtfalter  mit  ge- 
tigerten ßügeln  {daher  auch  gefleckter  tiger  oder  harlekin), 
dessen  raupe  den  stachelsträuchern  groszen  schaden  thut. 
phalaena  geometra  grossulariata.  Oken  5,1283.  Krünitz 
167,623.   Behlen  5,670. 

STACHELBEERSTAUDE,  /..-  der  strauch,  darauf  sie 
wachsen,  wird  stachelbeer-staude,  oder  Stachelbeerstrauch 
genannt:  derselbe  ist  sehr  stachelig,  öcononi.  lex.'^  2793; 
stach-  oder  stech-  auch  stecke-  creutz-  rau-  und  riebesel- 
beer-staude.  Heppe  icoÄired.  jä^er  283'* ;  unter  jeder  stachel- 
beerstaude  sasz  mit  lachendem  angesicht  ein  unermüd- 
lich schmausender  junge.  Storm  7,330.  {nach  Krünitz 
167,  623  'eine  benennung  der  gerade  aufgewachsenen  Stachel- 
beersträucher ' .) 

STACHELBEERSTEIN,  m.  eine  art  sibirischer  granat, 
grünlich  bis  spargelgrün,  grossular.  Karmarsch-Heeren^ 
4,  150. 

STACHELBEERSTRAUCH,  m.  der  strauch,  woran  die 
Stachelbeeren  wachsen,  ribes  uva  crispa.  Jacobsson  7,  418'', 
auch  stachelbeerbusch,  -stände  und  einfach  Stachelbeere 
{vgl.  das.):  Lucretia  wurde  von  der  magisterin  zu  den 
Stachelbeersträuchern  in  den  kleinen  hausgarten  geführt, 
um  sich  .  .  .  ihren  nachtisch  selbst  zu  holen.  C.  F.  Meyer 
Jürg  Jenatsch  19. 

STACHELBEERSUPPE,  /.  loeinsuppe  mit  Stachelbeeren. 
Krünitz  167,  617. 

STACHELBEERSYRUP,  m.  syrupus  grossularia.  Krü- 
nitz 167,615/ 

STACHELBEERTORTE,  /..  a.  Krünitz  167,619. 

STACHELBEERWEIN,  m.  aus  Stachelbeeren  beseiteter 
Obstwein.  Krünitz  167,623/.,  besonders  in  England  und 
Schu>eden  hergestellt.  Karmarsch-Heeren'10,638:  brot  und 
wurst  giebt  es  bei  uns  auch,  und  eine  flasche  Stachelbeer- 
wein, von  meiner  kleinen  selbst  gekeltert,  daheim  31,  261». 

STACHELBEERZAUN,  m.:  man  konnte  über  die  nie- 
drigen stachelbeerzäune  weithin  auf  die  nachbargärten 
sehen.  Storm  i,  ai2. 

STACHELBESEN,  m.  eine  art  hornkoraUe,  gorgonia 
muricata.  Krünitz  167,  62*. 

STACHELBETT,  n..  im  poetischen  bilde: 

der  bat  .  .  .  ver^bens  ansges&'t, 

und  sich  ein  Stachelbett  aus  dornen  zubereitet. 

Chr.  Grvpiiius  bei  Campb. 

STACHELBIENE,  /  die  gewöhnliche  arbeitsbiene,  zum 
unterschiede  von  den  dröhnen,  die  keinen  atachel  haben. 
Adelung.  Jacobsson  4, 846*.  Nemnich. 

STACHELBINDE,  /  Voss  Virgila  ländl.  ged.  im  reg.; 
im  text  a.  688:  um  die  milch  der  ziegen  zu  gewinnen,  . . . 
bindert  man  si«  (die  ticklein)  am  saugen  durch  eine  binde 
mit  stacheln. 

STACHELBIRNE.  /.  eine  pflanze  auf  den  Antillen  und 
in  Südamerika  mit  groazen  veeiazen  blumen  und  wohl- 
aehmedcenden  fruchten ;  eactua  trianffttlaria,  die  dreyeckige 
faokeldittel,  die  acht«  stachelbirn.  Nkmnicii. 

STACHELBLATl',  n..-  dasz  ich  über  die  vielen  Kunst 
giriner  no»   tnchron   ^tMdten  d<>n   nlnb  brach,  die  Mämtnt- 


STACHELBLUME—STACHELFLUNDER     399 

lieh  in  die  fetten  stachelblätter  einer  aloe  ihren  namen 
als  in  ein  buch  des  wachsenden  lebens  eingesägt  hatten. 
J.Paul  biogr.  belust.  l,  134.  —  dazu:  auf  dem  kahlen, 
sonnigen  gestein  wuchsen  stachelblätterige  eichen, 
mächtige  aloös.  Hassert  reise  durch  Montenegro  205. 

STACHELBLUME,  /..  a.  stachelkraut. 

STACHELBÖRS,  m.  gasterosteus ,  ein  fisch gesehleeJit. 
Campe,  dasselbe  wie  stachelbarsch,  vgl.  daa.  und  stichling. 

STACHELBORSTE,  /  .• 

blutig  wälzt  der  eber  seine  stachelborste. 

Schiller  1,  843. 

STACHELCHEN,  n.,  aeltnes  deminutiv  zu  stachel:  ein 
held  ist  er  auch  nicht,  .  .  .  vor  dem  kleinsten  slachelchen 
fährt  er  in  die  bienenkappe.  J.Paul  Katzenb.  1,49. 

STACHELDELBER ,  m.  eine  igelähnliche  mauhcurfart. 
eentetes.  Oken  7,  942  {vgl.  delber,  tlieil  2,  915). 

STACHELDOLDE,  /.  eine  yßanze,  deren  fnicht  mit 
atacheln  gekrönt  ist.  auch  igei-,  ackerkleUe,  echinophora. 
Nemnicil 

STACHELDORN,  «1.    1)  dichteriadi  für  apwH: 
aber  das  manlbier  nam  sein  schwert, 
und  schlug  so  grimmig  auff  das  pferd, 
stiesz  es  mit  seinen  slachel  dorn,    froschm.  Pp  1»>. 

2)  bei  Hohberg  3, 1,  im  reg.:  des  stacheldoms  gebrauch, 
HO  im  text  {s.  407)  stechdorn  steht. 

3)  bei  Krünitz  167,  624  eitie  art  krebse,  die  einen  mit 
dornspitzen   besetzten   rückenschild  haben,   Cancer  spinifer. 

STACHELDRACHE,  m.  eine  fischart  mit  stacheliger 
rückenfloase,  ömcä  petermännchen,  seedrache,  Schwertfisch, 
trachimts  draco.  Nemnich. 

STACHELDRAHT,  m.  mit  stacheln  besetzter  draht.  zu 
zäunen  und  gehegen  gebraucht,  vgl.  stachelzaundraht.  — 
stacheldrahtzaun,  m. 

STACHELEIDECHSE,/  eine  art  eiileclisen,  lacerta  agama. 
Calpe,  vgl.  stachelleguan. 

STACHELFEIGE,  /  'die  gemeine  indianiaehe  (oder  apa- 
niache)  feige',  cactus  opuntia.  Nemnich: 

reich  beschützt  ist  (der  c/ariev)  rings  umher 
mit  aloe  und  stachelfeigen.     Göthe  57,  318  (yaueikaa  1,  3). 

STACHELFISCH,  m.  pesce  aculeato.  Kram  er  dict.  2,  900*, 
begegnet  als  name  verschiedener  ßscharten: 

1)  der  stichling,  gasterosteus  aculeatus.  Nemnich,  vgl. 
Siebold  süszwasserßsche  s.  ca.  so  schon  im  16.  jahrh.: 
stachellisch  alicubi  in  Germania,  ut  Rondeletitis  scHbit, 
pisciculus  quem  ipse  aculeatum  cognominat.  aliqui  pungi- 
tium  vocant.  stichling  zu  Straszburg.  Gesner  de  piaeibua 
(1556)  215. 

2)  eine  art  der  igelfische,  der  runde  stachelfisch,  kugel- 
fisch, meerkugel,  -taube,  diodon  hystrix.  Nemnich.  Krü- 
nitz 167,  624. 

8)  'ein  kleiner  fiaeh  tnit  drey  acharfen  ataeheln  auf  dem 
riicke7i  und  drey  auf  dem  bauche,  welcher  in  den  fiüsaen 
und  Seen  wohnet;  engl,  stittlebag,  ital.  strazzarigla'. 
Adelung  (1),  —  identisch  mit  2? 

4)  auch  für  stacliclroche  {s.  das.).  Adelung  (8). 

5)  ferner  eijie  art  der  seeigel,  der  mit  atacheln  veraehene 
meer-  oder  seeapfel,  echintis nuirintis.  Adelung(2):  stachel- 
fisch, s.  meerigel.  Jablon8KI744'';  echinua  marinus,  pomum 
marinum  apinis  hirautum.  Frisch  2,  SU**. 

STACHELFLATTERER,  m.  eine  weatafrikaniache  gattung 
der  atachelachiceine,  anomalurua. 

STACHELFLOH,  m.  eine  art  erdfloh  oder  blumenkäfer. 
die  wie  ein  floh  springen  kann  und  am  hinterUibe  einen 
atachel  luit,  mordelUi  actdeata.  Campk. 

STACHELFLOSSE,  /  1)  atachdige,  spitzige  oder  mit 
atacheln  veraehene  floaae.  Campe. 

8)  flache  mit  harten,  ateehenden  atrahlen  an  den  floaaen, 
audi  spitzüotaen,  acanthopterugii piacea.  Nemnich;  dafür 
gewöhnlieher  stachelflosser,  spitzflosser,  m.  Campk. 
Oken  6, 16.  Sikiiold  aüatxoaaaerf  43. 

STACHELFLÜGEL,  m.  •  hierauff  ein  böser  geist  den 
vordamlen  bey  den  bänden  ergriffen,  ...  in  seinen  feurigen 
klauen  gehalten,  mit  brennenden  stachcl-flUglon  umfasset, 
und  so  freundlich  gehalsct,  dasz  der  elende  mansch  für 
tod  damider  gesunrken.  Piiilandkr  l,  618. 

STACHELFLUNDEH,  m.  eine  art  plat^fiache  mit  stacheln 
am  köpfe;  der  linke  stacheUlunder,  struff-,  theerbuti, 
pleuronectea  jui.snri-.   Nkmnich. 


I 


393  STACHELFORTSATZ  —  STACHELGÜRTEL 

STACHELFORTSATZ,  m.  processua  spinosus.  Nemnich; 
als  theile  eines  hoLsicirbels.  Oken  4,24;  der  dritte  muskd.- 
fortsatz  am  rücJcenmark.  Meckel  anat.  2,  29. 

STACHELFRUCHT,  /.  frudd  mit  stachliger  schale,  wie 
kastanien,  wallnüsse.  Campe. 

STACHELGEDICHT,  n.,  aU  Übersetzung  von  satire. 
Heynatz  antibarh.  2,  440. 

STACHELGEHARNISCHT,  «rf/. .-  da  trommelte  derottera- 
brutfänger  igel,  der  stachelgeharnischte,  sich  selber  zu 
seinem  marsche  den  takt.  Lcdwig  2,  288. 

STACHELGEISZEL,  /.;  sie  hat  aus  der  pflicht  eine 
stachelgeiszel,  aus  der  arbeit  einen  fluch  gemacht.  Ii.se 
Frapan  v<ym  etcig  neuen  302. 

STACHELGEREDE,  n..  vgl.  stachelrede: 

in  gesundheitsdanz  wird  jeder  vielmehr  auf  der  kampfbahn 

blühend  dich  schauen, 
nicht  Schwätzer  des  markts,  nach  dem  heutigen  brauch,  der 

ein  witzlos  stachelgerede  {j^ißo/.exTQanr]i.a) 
auf  den  gegner  studirt,  der  wider  ihn  ficht  in  dem  bettel- 

hal  Unkenprozesse. 

F.  A.  Wolf  Arigtoph.  wölken  (1811)  1. 169,  v.  9%. 

STACHELGEWÄCHS,  n.  mit  stacheln  versehenes  gexcäclis, 
wie  dornen,  b-rombeersträtccher  u.a.  Campe: 

auch  ein  paar  stierledeme  schienen 
trug  er  {Laertes)  geflickt  um  die  beine,  dem  ritzenden  dorne 

zur  abwehr, 
handschuh'  auch  an  den  bänden,  vor  stachelgewächs  {ßAxwv 

ivty.').     Odys^.  24,230; 

am  mantel  zerrt  dich  der  domstrauch  .  . . 

mag  das  stachelgewächs 

dich  blutig  reiszen.    Geibel  nachlatz  97. 

STACHELGINSTER,/,  eine  futterpßame,  ulex.  s.  Stech- 
ginster. 

STACHELGITTER,  n.  l)  ein  mit  stacheln  versehenes 
gitter:  wenn  du  durch  Düsseldorf  kommst,  so  gehe  doch 
ein  viertelstündchen  ins  Carmelitessenkloster  und  ver- 
lange mit  der  priorin  zu  sprechen.  ...  du  wirst  hinter 
dem  Stachelgitter,  wo  man  tigerthiere  erwartet,  die  de- 
müthigste,  erleuchtetste  klosterfrau  . . .  erscheinen  sehen. 
Brentano  9, 14. 

2)  eine  art  stadidkoraüen,  im  indischeti  meere,  antipathes 
eUithrata.  Nemnich. 

STAGHELGRAS,  n.  l)  eine  art  exotischer  gräser,  deren 
köpfchen  mit  stacheligen  hülsen  bedeckt  sind,  ähnlich  icie 
kletten.  daher  auch  kleb-,  klettengras,  cenchrus.  Nemnich. 
Adelung. 

2)  das  rohrartige  stachelgras,  eine  graspflanze  in  Canada, 
die  wie  röhr  gestaltet  ist,   cinna  artindinacea.  Nemnich. 

3)  eiTie  art  langhaariger  binsen,  auch  haarige  binsen, 
haariges  kröten-  oder  waldgras,  buschgras,  juncus  pilostis. 
ebenda. 

4)  eine  gattung  der  fingergräser,  eehinoehloa,  panieum. 
Oken  3,397/. 

STACHELGRÜN,  adj.: 

die  stachelgrüne  fichte. 

Karschin  tia  Oöü.  mtuenalm.  1771, 12. 

STACHELGÜRTEL,  m.  gürtet  mit  stacheln,  gerät  zur 
kasteiung  bei  büszern.  Campe  (auch  stachelgurt) :  die  ein- 
same Wohnung  einer  zelle,  das  härene  gäwand  und  der 
Stachelgürtel  wären  labsale,  nach  denen  meine  seele 
schmachtet.  Göthe  16, 82;,Eugenie,  die  nur  aus  versehen 
fleisch  und  blut  bekommen  zu  haben  scheint,  die  eigent- 
lich von  marmor  sein  und  in  einer  nische  stehen  sollte, 
einen  stachelgürtel  in  der  band  und  die  ewige  lampe 
neben  sich.  Hebbel  5, 157  Werner  {die  Schauspielerin  i,i). 
nicht  selten  in  freierem  und  bildlichem  gebrauche  •  dasz  es 
keine  tugend,  sondern  nur  eine  wollust  ist,  die  dornen- 
krone  von  einer  zerritzten  stirne,  den  stachelgürtel  von 
wunden  nerven  wegzunehmen.  J.Paul  Hesp.  1,169;  ich 
mag  die  grausamen  minuten  nicht  zählen,  die  zwei  un- 
glückliche liegen  lieszen  mit  dem  stachelgürtel  des  Jam- 
mers an  einen  erblaszten  gebunden.  4,57 ;  und  wenn  vorher 
die  freude  ihren  erntekranz  nahm  und  ihn  für  sie  zum 
trauring  der  freundschaft  machte:  so  versuchte  jetzt  der 
gram  mit  seinem  stachelgürtel  dasselbe.  Titan  1, 181 ;  kaum 
war  ihr  Albano  erschienen :  so  wurde  der  stachelgürtel 
und  das  härenhemd  des  reinen  ministers  unverhältnisz- 
mäszig  rauher  und  stechender  gemacht  (»eine  läge  schwie 
rigtr  und  quäUuder).  3,193;  ein  stachelgürtel  aus  säbeln 


STACHELHAAR — STACHELKLAPPE   394 

um  den  inquisiten  geschlossen,  lit.  tutchl.  4, 190 ;  ein  teuf- 
lisches blatt  in  der  art  ist  das  {litterarische)  conver- 
sazionsblatt,  und  ich  halte  es  mir  darum  ganz  allein,  um 
es  wie  einen  stachelgürtel  gegen  die  autorlust  zu  brauchen, 
die  mich  immer  noch  von  zeit  zu  zeit  anwandelt.  Arnim 
bei  Steig  3,544  {brief  vom  \6.  jan.  1825). 

STACHELHAAR,  n.  stachliges,  steifes  und  stechendes 
haar:  das  stachelhaar  des  Schweines,  das  stachelhaar 
am  kinne.  Campe.  —  dazu  stachelhaarig,  od/,  hispidus, 
von  der  haut  mancher  thiere.  ebenda. 

STACHELHAFT,  -HAFTIG,  adj.,  begegnet  ganz  vereinzelt: 
keiner  kan  glauben ,  wie  stachelhafftig  und  hechelzähn- 
mässig-weh  einem  das  schrepffen  auf  den  Schienbeinen 
kitzelt.  Simpl.  sehr.  4,  15,  5  Kurz  {vogelnest  2,  l). 

STACHELHAHXENFUSZ,  m.  eine  art  des  hahnenfuszea. 
deren  gekrümmte  stuubicege  am  samen  sichtbar  und  so  steif 
ipie  stacheln  sind,  auch  acker-,  feldhahnenfusz,  ranuncultts 
an^ensis.  Nemnich. 

STACHELHAI,  m.  eine  art  der  haißsclie  mit  einer  staehel 
vor  jeder  rückenflosse,  auch  spornhai  (theil  10,  l,  2686), 
squalus  centri/ia  Oken  6,  61,  sqttalus  spinax  KrOnitz 
167,  627. 

STACHELHALSBAND,  n.  •  als  ich  aber  durch  den  thor- 
weg  gehen  wollte,  jagten  vom  hofe  her  zwei  fahlgraue 
bullenbeiszer  mit  Stachelhalsbändern  gar  wild  gegen  mich 
heran.  Storm  3,  219;  zwei  volle  monate  brauchte  es,  bevor 
der  Krambambuli,  halb  totgeprügelt,  nach  jedem  flucht- 
versuche  mit  dem  Stachelhalsband  an  die  kette  gelegt, 
endlich  begriff,  wohin  er  jetzt  gehöre.  M.  v.  Ebner-Eschen- 
bach  darf-  u.  schloszgesch.  142. 

STACHELHASE,  m.  eine  art  meer-  oder  Seehasen,  cyclo- 
ptenis  spinosus.  Campe.  Krönitz  167,  626. 

STACHELHÄUTER,  m.  bezeichnuirg  von  niederen  see- 
thieren,  mit  einer  ledernen  oder  kalkartigen  haut,  durch 
deren  löcher  zuriickziehbare  füsze  gelten,  tme  seesterne, 
Seeigel  u.  a.,  echinodermes.  KrOnitz  167,626/. 

STACHELHERZ ,  n.  eine  art  herzmuschel ,  die  knoten- 
reiche herzmuschel,  cardium  eehinatum.  Nemnich. 

STACHELHEU,  n.  name  der  esparsette,  hedgsarum  ono- 
brychis.  Nemnich,  vgl.  stachelähre. 

STACHELHIRSE,  /  eine  art  hirse  mit  stacheln  oder 
grannen.  Adelung. 

STACHELHUMMER,*/»,  langttste,  eine  gattttng  der  panzer- 
krebse mit  stark  bestachdtem  rücken,  palinurus;  besonders 
die  gemeine  langttste,  palinurus  vulgaris. 

STACHELHUND,  m.  eine  art  haißsche,  der  sauhund, 
squalus  centrina.  Campe:  galeus  centrina .  ein  sauwhundt, 
ein  spitzhund,  ein  Stachelhundt,  ein  giffthundt.  Gesner 
fischbuch  v.  Foher  (1598)  78''  (danach  Diep.-WClcker  86I). 
nach  KrOnitz  167,627/  squalus  acanthias. 

STACHELICH,  adj..  s.  stachhg. 

STACHELICHT,  s.  stachlicht. 

STACHELIG,  a.  stachlig. 

STACHELIGEL,  m.,  dichterisch  für  igd:  der  feind  «eht 
aber  seine  Schwerter  und  rollt  sich  zusammen,  wie  neu- 
lich der  Stacheligel.  Grabbe  3,267  Ch-isebach  {Hannibal  4); 

es  liegt  ihm  (Sapoleon)  dran,  Tirol  zu  Oberwält'gen, 
das,  lächerlich,  dem  stacheligel  gleich, 
auf  seiner  groszen  siegesbahn  sieb  kauert. 

Immkrmann  17,  23  Hempel  (trauenp.  in  Tirol  1, 4). 

STACHELKÄFER,  m.  1)  eine  käfergatfung,  deren  bnist- 
schild  und  flügeldecken  meistens  mit  stacheln  besetzt  sind, 
auch  dorn-,  igelkäfer,  hispa.  Nemnich.  Campe. 

2)  Stachel-  oder  erdflohkäfer,  eine  gattung  käfer  mit  einer 
nicht  stechenden  spitze  am,  hinterleib,  mordella  {aculeafa). 
Oken  5, 1748. 

3)  eitle  art  schildkäfer,  cassida  spinifex.  KrOnitz  167,628. 

4)  eine  art  rüsselkäfer,  curculio  scabriculus.  ebenda. 

5)  stachelkäferchen,  n.  eine  art  kleinkäfer,  der- 
mestes  muricatiis.  629. 

STACHELKARPFEN,  w».  eine  den  karpfen  sehr  ähnliche 
fiscltart  im  Comersee,  die  mit  scharfen  stacheln  oder  dornen 
versehen  ist,  auch  dornkarpfen,  -fisch,  ital.  pigo.  Adelung. 

STACHELKERBEL, -KÖRBEL,  m..  auch  nadelkerbel, 
-kraut,  Venuskamm,  scandix  peeten  veneria.  KrOnitz 
167,629.  Pritzel-Je.ssen  (in  Schlesien). 

STACHELKLAPPE,/,  eine  muschelarf,  aucfi  lazarus- 
klappe, spondylus  regius.  Campe.  KrCnitz  167,  629. 


395  STACHELKLEISCHE  —  STACHELLEGUAN 

STACHELKLEISCHE,  /.  eine  art  plat^ache.  die  de»- 
kleische  {pturoiuctes  limanda)  »ehr  ähnlich  ist.  plettronectea 
limandoides.  Nemnigh.  Campe. 

STACHELKOHL,  m.  name  einiger  arten  der ßockenblume 
mit  stacJieln  an  den  kelehschuppev .  Campe,  vgl.  stachel- 
kraut 2. 

STACHELKOMÖDIE,/.;  dieser  (dichter)  ist  selber.., 
wenn  nicht  besser,  wenigstens  milder,  als  seine  stachel- 
komödien.  J.  Paul  Katzenb.  i,  48. 

STACHELKOPF,  m.  i)  eine  art  der  klippßsche,  auch 
seereiher,  ehaetodon  cornutus.  Nemnich. 

2)  filr  artischocken  ■  die  übersendeten  stachelköpfe 
schmeckten  fürtrefflich.  Göthe  an  M.  v. TTtW^m«- 62  (*.160, 
vom  18.  nov.  1822). 

STACHELKORALLE,  /.  eine  gattung  koraUen,  die  den 
hornkoraUeti  ähnlich  ist,  aber  eine  rauhe  und  stachlige  Ober- 
fläche hat.  antipathes.  Nemnich.  Oken  ö,  117.  —  stächel- 
ko  fall  ine,  /.  eine  art  der  blasenkorallinen ,  sertularia 
echinata.  KrOnitz  167,  629. 

STACHELKRABBE,  f.  eine  art  krebse,  die  sich  gern  im 
achxcimmenden  moose  verstecken,  auch  oceankrabbe,  cancer 
pelagictts.  Nemnich. 

STACHELKRAGEN,  m.  eine  art  der  igdfische  mit  langen 
stacheln  an  köpf  und  hals,  länglich-runder  kropflisch,  see- 
taube, diodon  holocanüius.  Campe.  KrOnitz  1G7,  629. 

STACHELKRANZ ,  m.  l)  'im  gemeinen  Üben  einiger 
gegenden.  ein  stacheliger  oder  mit  stacheln  versehener  kram, 
icelchen  die  braute  am  zioeyten  hochzeitstage  aufsetzen,  um 
sich  damit  gegen  diejenigen  zu  wehren,  icelche  ihnen  den 
brautkranz  abnehmen  icoUen'.  Adelung. 

2)  bei  schalthieren  'eine  sta<^helige  henorbringung  um  die 
gcham,  icelche  sich  oft  bis  an  dit  hinterbacken  erstreckt', 
pubes.  Campe. 

STACHELKRAUT,  n.  l)  name  der  hauheclid,  ononis 
arrensis  (spinosa).  Adelung.  Nemnich.  Pritzel-Jessen 
{Thüringen);  so  schon  im  n.jahrh.:  stachelkraut  und 
purpurbraun  stachelkraut  Tahernaemont.  im  reg.  für 
ononis  non  spinosa  putpurea  (im  tea-t  913 C.  914 A  dafür: 
stalkraut,  vgl.  stachel  l,c,  S.  d,  ß);  stachel-kraut,  heckel- 
kraat,  heuhechel,  weiberkrieg:  ononis,  anonis:  arrete- 
boeiif  ...  ist  zweyerley ,  das  stachelige ,  anonis  spinma, 
siebet  wegen  der  vielen  stacheln  wie  eine  hechel  aus, 
und  hat  purpurfarbene  blumen ....  das  ohne  stacheln! 
non  spinosa,  ist  zweyerley,  das  wilde,  hat  purpur  färbe 
blumen,  wird  aber  nicht  gebraucht,  die  heuhechel  ohne 
Stachel  mit  gelbgestrcifftcn  blumen  wird  im  garten  gezielet. 
Jablonski  744'',  s.  ferner  öcon.  lex.^  1161.  Frisch  2,314b; 

(icAJsahe,  zwischen  schwartz-  und  weisz-dorn,  asp  und  schieben 

auch  brombeer,  stachel-kraut  und  schilf.    Brockes  6,  44. 

2)  hei  Tabehnaemont.  attch  in  anderm  sinne  {vgl. 
stachelkohl):  das  vicrdte  geschlecht  (der  'flockblum'),  wird 
von  wegen  der  stachelechtigen  spitzen  blätter,  von  den 
kräutlern  jacea  aculeata  .  .  .  genant  .  . .  teutsch  heisset  es, 
stachelkraut  und  stechguntzel.  437  D,  s.  auch  G. 

STACHELKREBS,  wi.  eine  sehr  lebhafte  krebaart  in  den 
europäischen  meeren,  cancer  strigosus.  Nemnich. 

STACHELKREUZBAND,  n.  das  kleine  hintere  beckenband, 
da»  vom  freien  rande  de»  kreuzbeins  zum  Sitzbein. stachel  geht, 
ligametxtum  spinoso  sacrxim  otler  lig.  pelvis  posfictim  par 
tt/m.  Campe,  bei  .MEf:KEL ana^  2,360 :  stacbclhcilipbeinband. 

STACHELKRONE,/,  dwnenkrone:  'aber  jene  dort,  mit 
dem  strengen  gesiebt,  mit  der  stachelkrone  und  mit  dem 
«tachelgürtel  und  der  knute  in  der  band  .  .  .'  'das  ge- 
wissen'. D.  V.  LiLiENCRON  xehn  nov.  *.  152. 

STACHELKUGEL,  /.  der  kugelförmige  igelfisch,  vgl. 
■tachelfisch  8,  diodon  hyatrix  (orbis  ecliinattis  s.  muricatüs). 
Campe.  Krünitz  167,880/.:  von  der  stachelkugel.  orbis 
tehinatu»  »ivt  muricatu».  ein  andere  art  desz  schnottolffcn 
oder  schnaderers,  ein  slachelungen,  ein  igelfisch.  Gesner 

flsrhb.  V.  Forkr    rir,!«)  84''. 

STACH ELKC.M.M EL.  m.  für  den  getcöhnlichen  kümmel, 
euminum.  Okkn  8, 1807. 

STACHELKUNST,  /.,  von  »atirxteher  dieMung : 
du  lehreat,  daas  mwi  zwar  kein  Cato  dörf«  bleiben, 
doch  such  die  »tacbelkuMt  nicht  ptr  zu  hoch  toll  ireiben. 

Goi-THCiiKD  ^ed.i  1,  620. 

STACHELLEGUAN,  m.  tine  art  amerikaniachtr  eidechten. 

Ui   der  die  tchuj/j/ett  an  hals  und  hintrrkopf  in  die  hohr 


STACHELLINIE —STACHELN 


396 


gerichtet  und  spitzig  sitid.  auch  stacheleidechse  (vgl.  das.), 
lacerfa  agama.  Nemnich.  Khümiz  167,631. 

STACHELLINIE,  /.  ein  indischer  se^di,  auch  gabier, 
cottus  scaber.  Nemnich. 

STACHELLOCH,  ;i.  am  hinteren  rande  des  mittleren  keil 
beiitßügels,  foramen  spinosum.  Campe.  Megkel  anat.  8,99. 
STACHELLOS,  adj.  ohne  stacheln.  Campe: 

wir  haben  uns  bestellt,  im  ringkampf  uns  zu  tummeln, 
nicht  stachellos  umher  zu  schwärmen  wie  die  huninieln 

RCCKERT  (1882)  12,  226  (Rogtem  w.  Suhrab  98); 
doch  oben,  wo  die  rinde  nichts  beföhrt, 
wird  stachellos  das  laub  und  unbcwehrt. 

Freiligrath»  2,  64  (die  ttechpalme). 

STACHELMAKRELE,  /.  ein  der  makrele  ähnlicher,  aber 
kUinerer  fisch,  auch  stöcker,  müseken,  »comber  trachuru». 
Nemnich. 

STACHELMAUL,  n.  eine  art  Stechfliege,  conops  actdeata. 
KrÜNITZ  167,  631. 

STACHELMOHN,  w.  eine  pflanze  in  Mexico  und  auf 
den  Antillen,  mit  stachligen  Samenkapseln,  auch  doppel- 
klappe, argemone  (mexicana.  —  papaver  spinosum).  Nem- 
nich. Adelung.  Oken  3, 1417/ 

STACHELMÜCKE,/., /iir»fec7imti<;A:e,  conops.  Oken  5,  77ö. 
STACHELAIUSKEL,  m..  'so  nennt  man  eine  hautartige 
bandsehne,  welche  von  der  mitte  der  basis  eines  jeden  stach- 
lichten fortsatzes  (vgl.  stachelfortsatz)  der  wirbelbeine  aus 
geht,  bis  an  die  spitze  desselben  hinaufsteigt,  und  sieh  von 
einem  dieser  fortsätze  bis  zumfortsatz  des  nächsten  wirbel- 
beins  erstreckt';  interspinosi  m^isculi,  die  stachelmuskeln, 
les  interipineux,  a)  des  rückens,  b)  des  halses.  Nemnich; 
der  grosze  und  kleine  stachelmuskel  des  rückens  und  der 
des  nackens.  Oken  4,35;  6ei  Campe  awcA  stachelmaus,/. 
STACHELMYRTE,  /.  eitie  art  immergrüner  pflanzen,  der 
(stechende)  mäu.vedom,  ruscus  aculeatus. 

STACHELN,  verb.  stimulare.  denominativ  zu  stachel, 
begegnet  vereinzelt  schon  bei  Luther  (8,119''),  ferner  bei 
RiNGWALDT  und  BuTSCHKY,  häufig  aber  erst  seit  der 
klassischen  penode  (Büroer,  Voss,  Schiller  u.  a.  w.). 
s.  die  belege,  von  den  Wörterbüchern  hat  es  zuerst  HuLSius 
(1618):  stacheln,  stimolare,  instigare.  237»;  ferner:  stache- 
len,  verb.  stimolare,  frugare.  stuzzicare,  aguzzare,  piccare. 
pongolare,  pungettare  collo  stitnolo  etc.  Kramer  dict.  2, 900». 
nach  Adelung  'nwr  im  gemeinen  leben  einiger  gegenden 
üblich',  was  schon  damals  nicht  mehr  zutrifft,  aus  leitenden 
mundarten  nur  vereinzelt  bezeugt:  bair.  stachln  antreiben 
(und  anstechen) ,  daneben  mit  bezug  auf  den  stachel  in 
den  Spazierstöcken :  wo  stAch&lst  denn  ällawÄl  umma  ? 
ScHM.  2,726;  prensz.  stacheln,  auch  entstellt  zu  stachßlen, 
quälen,  pisacken ;  aufhetzen.  aufstacJtein  durch  reden. 
Frischbier  2,359». 

1)  eigentlich,  mit  eitlem  stachel  stechen,  nicht  häufig, 
besonders  ein  thier  stacheln  mit  dem  treibstacJiel  (s.  stachel 
2,  a):  die  ochsen  etc.  stacheln,  stimolare,  frugare  etc.  i 
buoi  etc.  Kramer  dict.  2,900»;  die  och.sen  stacheln  oder 
anstacheln.  Adelung;  hier  hatte  er  sein  (mawi )thier  so 
heftig  gestachelt,  dasz  es  in  erschreckten  Sprüngen  vor- 
wärts setzte.  C.  F.  Meyer  Jenatsch  68.  dann  auch  vom 
sporn  des  reiters: 

wenn  mein  sporn  ihm  (dem  roiiz)  stachelt  die  weichen 

Lenau  2,  74  Koch  (itUehka  an  der  Marsch  8). 
andere»  nur  verzeimelt  und  dichterisch: 
manche  nadel  lileihl  zerbrochen 
zwischen  zeue  und  futter  sitzen, 
die  nachher  den  husen  stachelt 
und  das  herz  lebendig  kitzelt. 
W.  Müller  ped.  (1868)  l,  ißt  {Amor  ein  aehnetder). 

vgl.  auch:  einige  tausend  Engländer  und  Protestanten 
wurden  in  ihren  häusern  verbrannt;  andere  nackoml  mit 
Schwertern  und  spieszen  vorwärts  in  ströme  gestachelt. 
BÜI((iER  406». 

2)   sehr  häufig   iat  stacheln  i»i  bildlicher,    unsintdicher 
Verwendung. 

a)  zunächst  in  dem  ainne  'reiten,  kränken,  höhnen': 
stachlich  und  gifftig  sind  die  schlangen,  . . .  denn  sie  fragen 
nicht  darunib,  das  sie  von  uns  wolten  lernen,  ...  son- 
dern starkem  und  stacheln  uns  mit  solchen  fragen ,  zu 
höhn  und  spult  nnscrs  glaubeni<.  Luther  8, 119*';  im  aus 
lande  bin  ich  ...  oft  mit  einem  entltusiasmus  aufgonom 
nicii,  der  mich  in  Verlegenheit  gesetzt,  der  mich  scliani 


397 


STACHELN 


STACHELNATTER— STACHELPANZER  398 


roth   gemacht,  der  mich  manches  mahl  gestachelt  hat, 
weil  ich  . . .  ihn  für  grobe  persiflage  gehalten  habe.  BCroer 
briefe  4,  249.    geicöhnlich  indessen  übervnegt  die  vorstdlung 
des  aufreibens ;  in  räumlicher  beziehung: 
anch  durch  des  Gewässers  fluten 
mit  der  Sehnsucht  feur'gen  eluten 
stachelt  sie  {die  liebe)  Leanders  muth. 

SCHILLKE  11,  339. 
in  der  regel  zu  einem  thun  u.  ähnl.  stacheln:  dasz  sie 
dadurch  unersätlich ,  und  zu  vermessenen  anschlagen 
bemittelt  und  gestachelt  worden.  Bctschky  Pafhmos  s.  25; 
die  beiden  {Prettsien)  .  .  .  saszen  in  kleine  Völkerschaften 
getheilt,  ...  also  oft  entzweit  und  schwer  zu  gemein- 
samer that  zu  stacheln.  Freytag  18, 199  {bilder  2,1,6); 
so  auch:  das  thier  arbeitet,  wenn  ein  mangel  die  trieb- 
feder  seiner  thätigkeit  ist,  und  es  spielt,  wenn  der  reich- 
thum  der  kraft  diese  triebfeder  ist,  wenn  das  überflüszige 
leben  sich  selbst  zur  thätigkeit  stachelt.  Schiller  10,  377. 
ungeicöhnlicJier :  sie,  die  sonst  immer  zur  heiterkeit 
stachelte.  Gutzkow  ritter  vom  geiste  8,  69. 

b)  mit  unpersönlichem  object,  eine  empfindung  stacheln : 

mein  reichthum  selbst  war  eine  würze  nur, 
des  habens  hunger  heftiger  zu  stacheln. 

Schiller  13, 118  {Maeb.  *,  6) ; 
und  sein  helfer,  jener  schwarze,  .  .  . 
stachelt  tückisch  seine  kühnheit 
bis  zu  selbstvergeszner  wuth. 

Grillparzer*  6, 193  (fraum  ein  leb.  4); 
um  meine  wuth  zu  stacheln 
und  sie  von  neuem  anzufrischen,  will  ich 
die  schändliche  geschichte  dir  erzählen ! 

Grabbe  1,  34  Grigebach  {herzog  Theodor  1,  8). 

c)  häufiger  steld  die  empfindung  als  subject:  Unwille  und 
neugier  stachelten  den  jungen  Zürcher.  C.  F.  Meyer 
Jenatsch  s.  2S;  er  kam ,  wie  gestachelt  durch  einen  ge- 
heimen groll,  von  neuem  auf  seine  Vaterstadt  zu  sprechen. 
134;  von  beständiger  unruhe  gestachelt,  eilt  das  elende 
weib  aus  ihrem  verödeten  stadtpalast  auf  ihr  landgut. 
noi'ellen  2,  74 ; 

sie  selbst,  zur  furie  entstellt 

vom  gräszlichen  entschlusz,  der  ihren  busen  schwellt, 

mit  bluterhitztem  aug,  gestachelt  von  verlangen. 

Schiller  6,  416  {Didot  tod  116); 
so  stachelte  uns  Sehnsucht  nach  der  heimath. 

Grabbb  3, 122  Grisebach  {Friedr.  Barb.  1, 1). 

auch  sonst  mit  unpersönlichem  subject:  das  immerwieder- 
durchnehmen  der  beleidigung,  die  bemühung,  immer  noch 
etwas  neues  darin  zu  finden,  was  durch  den  reiz  der 
neuheit  schärfer  stachle,  ist  reflexion.  Ludwig  5,266;  auch 
der  lasterhafte  Germane  war  selten  ein  verworfener  mann, 
die  leidenschaft  stachelte  ihn,  übermächtige  Versuchung, 
die  noth  seines  bedrängten  lebens  und  die  ordnungslose 
weit.  Freytag  17  (bilder  i),  20l ; 

Boie,  mich  stachelte  heut  im  ängstUcben  träum  mein  gelübde. 
Voss  106  Sauer  {das  Ständchen  1). 

d)  absolut:  der  gegensatz  reizt,  die  ungleichartigkeit 
der  naturen  stachelt.  Gutzkow  ritter  vom  geiste  6,  363; 
wenn  ich  etwa  darüber,  dasz  wir  nicht  zugezogen  wurden, 
getobt  habe,  so  ist  das  nur  geschehen,  um  zu  stacheln 
und  hervorzuheben,  wie  schlecht  man  uns  behandelt. 
BiSMARCK  briefw.  mit  Gerlach  221  (6.  jan'.  1855).  so  im 
particip:  dagegen  erfüllten  ihn  stachelnde  neugier  und 
verhängnisvolle  wut,  sein  Schicksal  zu  kennen  bis  zum 
rande.  Ric.  Hucn  von  de^i  königen  274; 

und  auch  der  hat  sich  wohl  gebettet,  .  . . 

der  die  stachelnde  sucht  der  ehren 

von  sich  warf  und  die  eiUe  lust. 

Schiller  14, 117  {braut  v.  Mess.  4,  7). 
adverbial,  im  eomparativ :  dasz  sie  beisammen  sein  können, 
wo  er  sie  nicht  sieht,  ...  das  erregt  ihn  weit  stachelnder, 
als  sie  zu  sehen.  Ludwig  2, 125. 

3)  die  ältere  und  landschaßliche  spräche  gebraucht 
stacheln  auch  absolut  in  dem  sinne  'einem  spitze,  höhnische 
tcorte  geben',  offenbar  als  ablaut  zu  sticheln  empfunden 
und  gern  damit  gepaart,  vgl.  das. .-  auf  einen  stacheln  etc. 
V.  sticheln.  Kuameh  djc^.  2,  900»;  'in  andern  gegenden 
braucht  man  es  auch  figürlich  für  sticheln.'  Adelung; 
Campe  kennt  es  nur  aus  letzterem,     belege: 

far  mancher  wenn  er  trincken  sitzt,  . . . 
»0  nberkömpt  er  manche  finn, 
und  wird  ear  klug  in  seinem  sinn  .  .  . 
sitzt  stachlen  als  ein  neydisch  hund. 

RiNowALDT  lauter  rvarh.  (Ifi97)  78; 


•  es  ward  auf  Schöngeisterei  gestichelt,  auch  wol  gestachelt. 
:  Voss  antisymbolik  2, 18;  mit  andrer  loendung :  dennoch  . . 
i  stichelte  und  stachelte  das  grundböse  weib  ohne  unter- 
lasz  in  mein  böses  fleisch,  dasz  ich  schier  voraussah, 
ich  würde  mich  ihrer  nicht  erwehren  können.  Spindler 
vogelhändler  (1876)  l,  191.  folgende  stelle  läszt  sich  auch  zu  2 
beziehen :  'zeig's  zuerst  beim  vater.  bei  mir  brauchst  nicht 
anzufangen',  stachelte  Franz.  Auerb.^ch  dorfgesch.  4, 136. 
4)  das  part.  gestachelt  femer  in  dem  sinne  'mit  einem 
Stachel  oder  stacheln  versehen',  s.  G.\mpe  (2)  und  th.  4, 1, 4175. 
von  xcespen  (Voss  Arwfo/.  i,  393),  s.  ebenda.  —  bildlich: 
Viktor  wunderte  sich  über  die  allgemeine  freimüthigkeit 
von  einer  so  gestachelten  schmeisz-mouche  wie  Mathieu 
war.  J.  Paul  Hesp.  3, 162.  —  'in  der  pflanzenlehre  heiszt 
die  mutze  einer  biichse  gestachelt  {mxuronaturn),  wenn  der 
deckel  ganz  glatt  ist,  oben  in  der  mitte  aber  eine  borsten- 
artige spitze  hat.'  Campe.  —  von  anderm,  bildlich:  weil 
das  knochenwerk  als  floszrechen  und  gestachelter  herisson 
j  die  pforte  versperrte.  J.  P.aul  Katzenb.  2,10;  der  ganze 
künftige  lebens-kreuzgang  seiner  freundin  lag  gestachelt 
und  gedomet  vor  ihm.  Qu.  Fixlein  132. 

STACHELNATTER ,  /.  eine  natternart  in  Südamerika 
und  Indien,  auch  rauhe  natter,  cduber  scaber.  Nemnich. 
STACHELNUSZ ,  /.  l)  die  schwimmende  stachelnusz, 
eine  in  stehenden,  lehmigen  xcassem  icaehsende  pflanze,  mit 
einer  länglichen,  mit  vier  starken  stacheln  besetzten  frueht 
von  der  grösze  einer  kleinen  kastanie  und  von  kastanien- 
artigem geschmacke,  auch  wasser-,  weiher-,  teich-,  see-, 
spitz-,  Jesuitemusz,  wasserkastanie,  -trüffel,  trapa  natans 
{tribulus  aquaticus).  Nemnich.  Pritzel-Jessen  ;  stachel- 
nusz, /.  . .  .  tribolo  aequatico.  Kramer  dict.  2,  900»;  wasser- 
nusz,  ein  gewächs  im  wasser  so  nüsse  mit  einigen  heraus- 
stehenden stacheln  trägt,  tribulus  aquaticus.  Frisch  2,314*'. 
Adelung,  so  schon  im  16.  jahrh. :  wassernässe  heyssen 
auch  weyhemtisse,  Stachelnüsse,  seenüsse,  spitznüsse,  denn 
sie  wachsen  in  den  Wassergräben,  und  fischweihern.  .  .  . 
sie  bringen  ein  schwartze  frueht,  . . .  die  hat  drey  stacheln 
oder  spitzen.  Matthiolus  kreuterb.  verd.  v.  Handsch 
(1563)  407D,  bei  C^merarius  (1590)  333B,  ähnlich  LoNi- 
CKRUS  kreuterb.  {i5'i7)96D;  wassemüsz,  weyemüsz,  see- 
■  nüsz,  stachelnusz,  heisset  . . .  lateinisch  tribulus  aquaticus, 
j  nux  aquatica,  castanea  aquatica,  und  in  den  apotecken 
i  tribulus  marinus.  Wirsung  artzneyb. (l597)  im  reg. ;  stachel- 
!  nüsse,  oder,  wasser-nüsse,  trilmli  aquatici,  chataignes  d'eau, 
sind  dreyeckigte  nüsse  mit  ebenso  vielen  spitzen  und 
stacheln  versehen.  .  . .  der  koch  brauchet  die  stachel-nüsse 
entweder  an  andere  essen  oder  bereitet  sie  auf  folgende 
art.  l)  stachel-nüsse  zu  putzen ;  2)  stachelnüsse  zu  kochen. 
frauenz.-lex.  1893;  *.  femer  Jablonlki  305».  Woyt  gazo- 
phylac.  (1734)  959.  'öcon.  lex.*  3115.  Popowitsch  605.  —  als 
'gewächs'  des  1621  in  die  'fruchtbringende  gesell-schaß'  auf- 
genommenen Phil.  Wilh.  Bieder  vrird  bei  Neümark  neu- 
spross.  palmb.  s.  234  (40)  angegeben .-  eine  wassemüsz  wie 
sie  wächst,  dafür  im  3.  reg. :  stachelnüsse. 

2)  auch  für  den  Stechapfel  (vgl.  das.) ,  datura  stramo- 
nium.  Nemnich  (daraus  Pritzel-Jessen):  Igelkolben, 
stachelnusz,  stramoniae  alterum  genus.  Camerarius 
Matthiolus  377  C;  stramoneum,  datura  Turcarum,  stech- 
äpffel;  dieses  gewächs  ist  zweyerley,  grosz  und  klein, 
das  erste  heist  man  stramonien,  . . .  das  andere  igel-kolben, 
stachelnusz,  Solanum  somniferum,  nux  Metella.  Woyt 
gazophglac.  903 ;  stachelnusz  ...  ist  zweydeutig,  weil  einige 
den  Stechapfel  (stramonium)  auch  so  nennen,  indem  die 
schale,  in  welcher  der  samen  liegt,  auch  mit  stacheln 
besezt  ist.  Popowitsch  605  (unter  wassemüsz). 

3)  stachelnusz ,  /.  noce  pungolata  cioe  castagne  nella 
prtma  sua  scorza,  it.  tribolo  aequatico.  Kramer  dict.  2,900». 
die  bedeutung  'kastanie'  oder  'waUnusz'  scheint  auch  fol- 
gender bildlichen  Verwendung  zu  gründe  tu  liegen: 

du  bist  auch  nicht  selten  da,  wo  man  stachel-nüsse  schüttelt 
{rtichelreden  fiUirf).    GC>thbr  853. 

4)  eine  art  der  stachelschiiecken .  auch  das  pimpeichen 
von  Banda,  grosze  gezackte  maulbeere,  Sonnenstrahlen, 
murex  hippocastanum.  Nemnich,  buccinum  hippocasfanum 
Oken  5,479. 

STACHELPANZER,  tn.  .■  diese  (kaatanien)  gelangten  dann 
an  eine  fröhliche  mädchenschaar ,  die  die  fruchte  aus- 
schalten,   wobei    sie   scherzhafte   weherufe  ausstieszen, 


399  STACHELPEITSCHE— STACHELRICHTER 


STACHELRING  -  STACHELSCHNABEL  400 


wenn  der  grüne  slachelpanzer  ihnen  die  jangen  finger 
Versehrte.  Hausrath  pater  MaUrnus  s.  203. 

STACHELPEITSCHE./,  sferza  cmx  pungoli.  scorpione. 
ii.  discipUna  ä  speroncini  6  ä  palletta  armata  di  pungoli. 
Khamek  dicf.  2,  900*;  Stimulus  Stieler  1424;  peitsche  mit 
einem  stächet  am  ende  oder  mit  mehreren  riemen  und 
stacheln  dran.  Campe:  die  vigilie  hatte  er  verschlafen 
und  sogar  die  frühmesse!  wieder  blickte  er  nach  der 
stachelpeitsche.  hing  sie  umsonst  dort?  sollte  er  sich 
nicht  züchtigen  für  alle  diese  Übertretungen?  Hausrath 
pater  Matemus  s.  29. 

STACHELPFRIEMEN,  m.  name  der  ginster,  cytisus  ger- 
manicus.  Pritzei.-Jessen. 

STACHELPILZ,  m.,  so  nennt  Oken  8,127  die  hutpilze 
mit  stachliger  samenhaut.    vgl.  stachelschwamm  l. 

STACHELPULSADER,  /.  die  mittlere  himhautpulsader. 
aorta  meningea  media  s.  magna  s.  spinosa.  Meckel  anat. 
3, 111. 

STACHELREDE,  /.  stachehvorte ,  propositi  aculeati 
pungenti,  satirici,  piccanti.  v.  stichel.  Krämer  dict.  2,900"; 
oratio satyrica  Stieler  i&il,  vgl.  Campe:  weil  . . .  mancher 
durch  schertz-reden ,  den  andern  sucht  aufzuzihen;  so 
mus  man  . . .  ihnen  allen  schein  der  stachel-reden  be- 
nehmen. BuTSCHKY  Pathmos  s.  824;  doch  sind  die  leute 
mehrentheils  sehr  höhnisch,  und  voll  stachel-reden  gegen 
einander.  Plesse  3,  ii6;  die  baronin,  die  sich  durch  die 
stachelreden  der  gräfin  bis  jetzt  nicht  im  mindesten  hatte 
verstimmen  lassen.  Hippel  8  {kreuz-  u.  querz. l),  35;  freund 
kalender,  rief  Danischmend  ein  wenig  hitzig,  stachelreden 
sind  keine  gründe.  Wieland  8,114  {üanischm.  18);  dasz 
man  noch  jetzt  bei  Weinlesen,  auf  der  Themse  und  beim 
ankeraufwinden  das  recht  hat,  stachelreden  vorzubringen. 
J.  Paul  biogr.  belust.  l,  123;  gleich  muszte  die  tochter  .  .  . 
die  rechnung  abschreiben,  in  einigen  stachelreden  für  die 
nachrechnung  der  frau  gevatterin  danken.  Arnim  9,151; 
auf  den  doctor  dagegen  richteten  sich  jetzt  die  stachel- 
reden  sämmtlicher  herren.  Freytag  6,  308  {verl.  Mndschr. 
2,5);  in  den  nordischen  heldenliedern  wird  überreichlich 
die  laune  zorniger  stachelreden  geübt,  bilden,  20S;  die 
beleidigungen ,  welche  vor  dem  geschenk  geübt  waren, 
wurden  durch  die  annähme  des  geschenkes  gänzlich  ge- 
tilgt, die  späteren  stachelreden  aber  kamen  auf  neue 
rechnung.  400,  onm.,-  eine  schmucke  dirne,  beliebte,  tän- 
zerin,  will  nur  mit  der  einen  partei  tanzen:  so  kommt 
es  zu  stachelreden.  2,1,78;  und  wenn  er  grübelnd  den 
beiden  kindern  nachschaute,  so  vermochte,  trotz  der 
furcht  vor  dem  Jähzorn  ihres  eheherrn,  frau  Benedicte 
sich  kleiner  stachelreden  nicht  mehr  völlig  zu  enthalten. 
SroHM  4^  271.  —  als  Übersetzung  von  satire  als  dichtungsart 
hat  sich  stachelrede  nicht  eingebürgert,  s.  Campe  und 
Heynatz  antibarb.  2,  400. 

STACHELREICH,  adj.: 

wer  stets  mit  stachelreichen  scherzen 

auf  liebe  freunde  schalkhaft  paszt.    U/.  167  Satier. 

STACHELREIM,  m.  rimM  satinca,  poesia  aculeata,  pun- 
gente.  Krämer  dict.  2,900»;  stachel-  seu  spottreim,  carmen 
satyricum.  Stieler  1514,  daraus  Campe:  die  stachelreime 
oder  spottverse  {silli,  versus  satyrici)  sind,  darin  etwa 
ein  laster,  gestalt,  gewohnheit,  stand,  misbrauch  etc. 
eines  oder  vieler,  wird  angezüpft,  anzüglich  abgebildet 
und  mit  zierlichem  schimpfe  also  vorgestellet,  dasz  im 
letzten  verse  der  letzte  stachel  sich  müsse  gemeiniglich 
finden  lassen.  Schottel  984 ;  der  stachelreim. 

Erast,  der  gern  so  neu,  aU  eieenthQnilich  spricht, 

nennt  einen  «tachelreim  sein  leidig  Sinngedicht. 

die  reime  bOr'  ich  wohl ;  den  stachel  fUhl'  ich  nicht. 

LBSi^IN'G  1,  2. 

STACHELREITER,  m.  cavallieri  di  Spagna  d  di  Friaia. 
Krämer  dict.  2,  900»;  equus  J/Visieus,  erinaceus,  est  muni- 
mentum  quoddam  vallorum  ex  pali»  praepilati».  Stibler 
1600.    »OMt  nicht  bekannt,  vgl.  stacheUchlag,    wehr. 

STACHELRICHTER,  m.  Satiriker:  ich  will  nicht  die 
alten  zttge  wiederholen,  mit  welchen  man  den  wort- 
bücher-  schul-  und  Stubengelehrten  lächerlich  zu  machen 
pflegt;  denn  die  satyre  über  diese  leute  ist  wogen  ihrer 
ieichtJgkeit  so  sehr  zur  mode  geworden ,  dasz  wir  bey- 
lUihe  lieber  den  achulgelehrten  selbst,  als  seinen  stäche!- 
tiobUr  hören  wollen.  Hkrukh  s,  «»  Supltan. 


STACHELRING,  m. :  derjenige  der  den  ball  ausschlägt, 
steht,  die  rechte  mit  einem  hölzernen  breiten  stachel- 
ringe bewaffnet,  auf  der  obersten  höhe.  Göthe  27,66. 

STACHELROCHE,  m.  rochenart  mit  einem  pfeüförmigen 
stachel  am  schwänz,  auch  stechroche,  pfeilschwanz,  raia 
pastinaca.  Nemnicii  ;  pastinaca piscis,  ein  stachel  rochen. 
CoRVlNUS  fons  lat.  470'';  stachel  roch,  m.  raia  aculeata, 
puntata,  chioduta  ö  ä  pungoli  d  chiodi  sul  dosso.  Kram  er 
dict.  2,  900*,  so  auch  bei  Adelung  als  'eine  art  roclien, 
dessen  rücken  mit  scharfen  stacheln  versehen  ist'  erklärt, 
schon  im  le.  jahrh. :  unter  den  platten  flachen  fischen,  sind 
auch  ettliche  die  keine  federn  haben,  als  die  stachelroch, 
(awi  rande:  palinaca,  stachelroch,  angelfisch.)  Heyden 
V.  DiiAUN  Plin.Zb2  (9,20);  aber  kein  verfluchter  sched- 
licher  gilTt  ist  im  meer,  als  der  angel  an  des  stachclrochs 
schwanlz,  denn  so  ein  grüner  frischer  bäum  da  mit  ver- 
wundet wirt,  sol  er  zu  stund  von  der  wurtzlcn  herausz 
verdorren.  388  (9,  45);  pastinaca  marina,  stachelroch,  dorn- 
roch, angelroch,  gilTtroch,  angelfisch,  meerangel.  Gesner 
fischb.  v.  Forer  63». 

STACHELROSE,  /.  l)  eine  seltnere  rosenart,  deren 
Stengel  und  blattstiele  voll  grader  und  ungleicher  stacheln 
sind,  rosa  spinosissima,  pimpinellifolia.  Oken  3,  201«. 

2)  eine  form  der  krankheit  rose  mit  stechenden  schmerzen, 
in  bannformeln,  auch  stäcke(l)-,  stechrose.  Höfler  krank 
heitsnamenh.  520». 

STACHELRÜGKEN,  m.,  begegnet  als  bezeichnung  ver- 
schiedener fhierarten. 

1)  ein£  überaus  prächtige  art  seeraupen  mit  bürsten- 
artiger bekleidung  am,  rücken,  auch  goldwurm,  -maus,  see- 
maus, -raupe,  aphrodita  aculeata.  Nemnich.  Campe. 

2)  für  Stachelschwein,  hystrix  dorsata.  Krünitz  167,633. 
{auch  bei  Henisch  734,62,  s.  Stachelschwein  1.) 

3)  eine  bockkäferarf,  ceram^x  quadrimaculatus.  Krünitz 
167,  632. 

STACHELSAU ,  /.  l)  eine  fischart  in  den  europäischen 
meeren  mit  stacheln  an  den  kietnenöffnungen ,  deren  stich 
für  giftig  galt,  auch  der  groszschuppigte  drachenkopf, 
grosse  meerskorpion,  scorjyaena  scrofa.  Nemnicii. 

2)  früJicr  für  Stachelschwein:  das  meerschwein  oder 
stachelsauw,  hystrix  genandt,  ist  aller  gestalt  grösser 
dann  der  gemeine  garten  igel.  seine  stacheln  sind  spannen 
lang.  LoNiCERUS  kreuterb.  314*". 

STACHELSCHANZE,  /..  *.  stachelwehr.  Kramer  dict. 

2,  900». 

STACHELSCHEIDE,  /.  l)  scJieide  für  einen  stachel;  so 
bei  insecten  die  zweiklappige  scheide  des  after stacheis,  vagina 
aculei.  Campe;  besonders  bei  bienen,  scheide  innerhalb  des 
bauches,  worin  der  stacJtd  verwahrt  liegt.  Overbeck 
bienenwb.  79. 

2)  eine  art  der  see-  oder  meerscheiden  {moUusken),  asddia 
echinata.  Nemnich. 

STACHELSCHERE ,  /.  eine  krebsart,  eancer  cancharu». 
Nemnich. 

STACHELSCHERZ,  m. :  stachel-schertz,  m.  giuoco,  sclterzo 
satirico ,  bisticci  motteggiamenti  pungenti,  piccanti,  gall. 
raillerie  piquante,  sunglante.  Kramer  dict.  2,  900»;  asjH- 
riores  facetiae,  molesti  scommatum  aculei.  Stieler  1762; 
auch  bei  Campe. 

STACHELSCHILD,  m.  eine  art  meMkäfer,  tenebrio  muri- 
catua.  Krünitz  167,  632. 

STACHELSCHLAG,  m.,  equus  Frisicu»,  erinaceus  dietus, 
claustrtim  mililare  muricibus  armatum,  dicuntur  etiam 
stachelwehren.  Stielkr  nacJisch.  29». 

STACHELSCHLITTEN,  m.  ein  niedriger  schütten  der 
spielenden  knahen ,  im  wintcr  auf  schnee  oder  eisz  zu 
fahren,  und  sich  fortzuschieben  oder  im  hinabfahren  an 
abhtiiigigen  örtern  sich  zu  regieren,  traha  quae  aculeata 
perfica  protruditur  et  regitur.  FRISCH  8,  SU*";  'eine  art 
kleiner  niedriger  achlitten,  in  toelchem  man  »ich  im  trinter 
auf  dem  eise  vermittelst  ticeyer  mit  eisernen  stacheln  ver- 
sehener Stäbe  selbst  forthilß.'  Adelung.  Jacobsson  4,  84<)», 
vgl.  stachel  i,e,a:  wan  der  jung  hcrr  Veitl  hat  solln  in 
d  schuci  gchn,  und  ist  hindcr  d'  schuol  gangn  und  hat 
mit  den  buchmesscn  dafür  gschncballt,  oder  auffin  weyer 
mitcn  stachel-schliodlon  ccrtirt.  tintenfäatl  vor^-.  B  8». 

STACHELSCHNAUKL  .  m.  eine  vogelart  mit  aufwärts 
gebogenem  schnabel,  auch  vcrkehrtschnabel,  reeurvirostra 


401  STACHELSCHNECKE— STACHELSCHWAMM     STACHELSCHWANZ  -  STACHELSCHWEIN  402 


(avosefta).  Nemnich.  —  nach  Krünitz  167,632  name  einer 
art  fliegen,  musca  scolopacea.  und  einer  art  des  kuekucks, 
cuculus  scolopacens. 

STACHELSCHNECKE,  /.  eine  zahl-  und  artenreiche 
gattung  Schnecken,  deren  schale  in  die  höhe  gewunden,  rauh 
und  uneben  ist,  auch  felsenschnecke,  murex.  Nemnich; 
auch  in  engerm  sinne  von  einer  unterabtheilung  mit  dornen 
oder  stacheln  und  einem  langen  dünnen  schicanz,  sjxinosi. 
cauda  exserta  (ebenda),  vgl.  Adelung.  Jacobsson  4,  245». 
Oken  5,483:  stachelschneck,  certain  poisson  de  mer  ä 
coqxiille.  du  sang  duquel  on  souloit  teindre  en  pourpre. 
HuLSius  305'';  stachelschneck,  m.  riccio  7narino,  conchiglia 
aculeata,  murice,  ostrega  porporina.  Kramer  dict.  2,900*; 
eine  muschel  in  der  see  mit  herausstehenden  stacheln, 
murex.  Frisch  2,314''.  schon  im  le.  jahrh.:  Mutianus 
helt  jn  {den  ' schiff seumer',  remora)  für  die  stachelschneck, 
die  ettwas  breiter  und  volkomlicher  ist,  denn  die  purpur 
schneck,  hat  aber  nicht  ein  solches  rundes  scharpffes 
gefresz,  dasz  sich  in  beide  winckel  hinan  strecke,  als  das 
an  der  purpur  Schnecken  gesehen  wirt.  Heyden  v.  Dhaun 
P/in.  (1565)  359;  purpura,  ein  purpurschneck ,  ein  nagel- 
schneck,  ein  stachelschneck.  Gesner^cää.  v. Forer  144»; 
von  den  Stachelschnecken,  murex  marmoreus.  das  erste 
geschlecht  der  Stachelschnecken.  145» ;  murex  tiiangularis. 
ein  dreyeckechter  stachelschneck.  145''  {bei  den  folgenden 
arten  dafür  straubschneck) ;  die  alten  haben  yon  diesen 
Schnecken  gleich  so  wol  purpurfarb  gezogen,  die  köst- 
lichen wüllinen  tücher  damit  gefärbt,  als  mit  der  färb 
von  dem  purpurschnecken ,  doch  so  soll  diese  färb  von 
genandtem  Stachelschnecken  ein  schweren  heszlichen  ge- 
ruch  haben.  146». 

STACHELSCHRIFT,  /.  'ein  von  einigen  neuem  für  satyre 
gebrauchtes  vort,  vxlches  aber  wenig  begfall  gefunden'. 
Adelung;  indessen  ist  es  im  17. — iS.  jahrh.  nicht  gerade 
selten  {vgl.  Heyxatz  antibarb.  2,440):  es  weren  desselben 
schrillten  scripta  satyrica  oder  stachel-schri£ften  und  were 
der  Verfasser  selbst  ein  rechter  satyrischer  kopff.  J.  Rist 
neue  passionsand.  (1664)  vorber.  e ö'' ;  dasz ,  weil  es  nicht 
halff  die  boszheit  mit  gutem  beyspiele  zu  schelten,  sie 
ihren  worten  und  buchstaben  eine  krafTt  der  Verbesserung 
zutrauten,  und  durch  allerhand  stachel-schrifften,  welche 
sie  des  nachts  an  das  haus  des  käysers,  des  Tiberius 
anheffteten.  Lohenstein  Armin.  2,517»;  lasz  es  seyn,  dasz 
man  dir  aufif  das  schimpfflichste  nachredet,  du  bist 
schuldig  in  diesem  stücke  etwas  zu  übersehen,  denn  du 
hast  mit  deinen  stachel-schrifften  in  das  wespen  nest  ge- 
störet. Thomasius  kl.  teutsche  sehr.  (l70l)  s.  681  {lektion  an 
sich  selbst) ;  ich  werde  alsdann  gelegenheit  nehmen,  meine 
gedanken  von  den  stachelschriften  überhaupt,  und  in- 
sonderheit von  der  kanzelsatyre ,  durch  neuere  exempel 
zu  erläutern.  Rabener  2,83;  allein  solche  scherze,  wie 
die  meinigen  über  längst  begrabne  thorheiten,  nehmen 
sich  am  ende  doch  aus,  wie  eine  stachelschrift  gegen 
mumien  in  ihren  kästen.  J.  Paul  grönl.  proc.  2,  54;  der 
setzer  . . .  will  mir  dafür  haften ,  dasz  im  gründe  lauter 
fatale  stachelschriften  darin  leben  und  weben,  die  nach 
den  menschen  beiszen  und  schnappen,  aus  des  teufeis pap.  i, 
s.  X,  ähnlich  palingenes.  2,4; 

und  spanne  nicht  zu  hoch  sonst  reist  mein  zorn  die  sayten, 
und  greißt,  verstocktes  kind  !  wie  du  (l.  er?)  schon  ofR  gethan, 
dich  mit  der  stachel-schrifTt  so  scharff  una  höhnisch  an. 

Günther  475; 
welchen  meine  stachel-schriffl  ohne  grund  zu  nah  getreten, 
denen  sey  es  öffentlich  und  von  hertzen  abgebeten.    865; 
der  satz  ist,  sprichst  du,  recht  zu  einer  stachelschrift, 
damit  der  leser  gleich  auf  was  zu  lachen  trift. 

B.  Nelkirch  ged.  168  (3.  $at.). 
STACHELSCHRIFTSTELLER,  m.    saiinker:    der   igel 
(Sinnbild  des   Stachelschriftstellers).  J.  Paul  vorsch.  der 
äath.  1, 184. 

STACHELSCHWALBE,/,  name  der  rauch  oder  f euer- 
schvcalbe,  hirundo  rustica  {domestica).  Nemnich;  schon  bei 
Stieler  nachsck.  29». 

STACHELSCHWAMM ,  m.  l)  eine  gattung  schwämtne, 
die  unten  mit  pfriemenförmigen  fasern ,  xcie  mit  stacheln, 
besetzt  sind,  hydnum  {erinaceus.  echinus).  Neunich,  hyd- 
num  repandum  Pritzel-Jessen  «.461,  «.  aucA  Adelung. 
KnÜMTZ  167,633. 

2)  eine   art  der  eigentlichen  schwämme,   saugschwämme, 
spongia  muricata.  Nemnich. 
X   2. 


STACHELSCHWANZ,  m.  l)  ein  in  einen  staehel  eatt- 
laufender  oder  mit  einem  sfachel  versehener  schu^anz.  Campe. 
so  in  der  heraldik:  'stachelschwanz  heiszt  der  in  eine  Pfeil- 
spitze ausgehende  schwänz  des  drachen  u.  lindxcurms'. 
Gritzner  handb.  der  herald,  terminologie  {bei  Siebmacher 
wappenb.  einl.  B)  306». 

2)  gewöhnlich  als  bezeichnung  von  thieren  (mit  solchem 
schwänz),  und  zwar 

a)  einer  art  eidechsen  in  Asien  und  Afrika,  lacerta  cor- 
dylus.  Nemnich,  vgl.  Krünitz  167, 633/.  bei  Oken  6,615 
als  bezeichnung  einer  sippschaft. 

b)  einer  art  homfische,  balistes  aculeatus.  Nemnich. 
Krünitz  167,634.  —  jetzt  für  lederfl^che,  acronuridae. 

c)  einer  art  der  seesteme.  asteria  aculeata.  ebenda.  —  bei 
Oken  5,  40  eine  gattung  der  räderthiere.  monostyla. 

STACHELSCH\\^IN ,  n.  l)  eine  in  Afrika  und  Indien 
einheimische,  dann  auch  in  Europa  verbreitete  gattung  von 
säugethieren ,  mit  langen,  starken,  schicarz  und  weisz  ge- 
ritigelten  stacheln,  die  es  durch  besondere  muskeln  aufrichten 
und  niederlassen  kann ;  an  das  schwein  erinnert  es  höchstens 
durch  seine  grunzende  stimme,  auch  domschwein,  stachel- 
thier,  hystrix  {cristata).  Nemnich,  vgl.  Oken  7,776 — 784. 
obwol  das  thier  gelegentlich  im  mittelalter  ertcähnt  unrd 
{Heinrich  I.  von  England  besasz  eins,  s.  A.  Schultz  höf. 
leben^  1,  452),  ist  das  deutsche  wort  erst  im  IG.  jahrh.  nach- 
zuweisen, vgl.  Weigand  2,  789:  das  stachelschweyn  bei 
Frisius  nomend.  (1556)  53'',  s.  ebenda;  hystrix  Maaler  383»; 
umb  die  gegend  der  statt  Scasse  inn  Tartareien,  sind  der 
Stachelschwein  gar  vil,  und  so  man  jhnen  daselbs  nach- 
jaget, . . .  spreussen  und  schütten  {sie)  alszdenn  jhre  beige 
hefitig  auff,  und  schiessen  mit  jhren  stacheln  beide  den 
menschen  und  hunden  gar  grausam  unnd  gewisz  zu. 
Heyden  v.  Dhaun  Plin.  (1565)  181  {bei  der  abbildung  steht: 
hystrix.  porcus  spinosus.  Stachelschwein);  domschwein, 
Stachelschwein,  stachelsaw,  meerschwein,  histrix,  anitnal 
ex  marinorum  genere,  corpore  maior  et  longioribus  aculeis. 
Henisch  734,62;  porc  espie  Hulsius  305'';  der  igel  und 
das  stachlichte  staehel  [dorn]  schwein  hat  an  statt  der 
haar  stacheln.  Comenius  sprachenth. -TßG;  hystrix  Cor- 
viNUS  fons  lat.  652»;  Stachelschwein,  n.  riccio,  porco-spino 
öspinolo.  Kramer  rftc^ 2,900»;  Äwfrür Stieler  ruichsch.w^. 
Frisch  2, 314'',  s.  femer  Woyt  gazophylac.  442.  Adelung. 
Krünitz  167,634 — 640.  in  nd.  form:  stackel-swijn,  sax. 
histrix.  KiLi.'K.N.  {sonst  nl.  gewöhnlich  ijzer-,  auch  stekel- 
varken,  in  der  Btirensprache  ysterfark.)  —  jxicht  selten  in 
der  neuem  litteratur:  weder  das  Stachelschwein  noch  die 
fledermaus  sind  schön,  so  zweckmäszig  auch  ihre  theile 
gebildet  sind.  Sturz  l,  223;  wenn  das  Stachelschwein 
drohen  will,  so  treibt  es  den  wald  seiner  kiele  auf,  man 
vernimmt  dabei  ein  rauschen,  viel  zu  stark,  als  dasz  es 
aus  dem  aneinanderschlagen  der  vielen  hornspiesze  er- 
klärt werden  könnte,  das  thier  vermag  luft  in  die  röhren 
dieser  organe  zu  treiben,  um  durch  den  windsbrautähn- 
lichen ton  den  feind  zu  schrecken.  Vischer  auch  einer  2,171 
{dazu:  stachelschweinrauschen  173);  das  Stachelschwein. 

noch  zeigt  uns  die  natur  ein  thier,  das  einem  igel  ziemlich 

gleich, 
an[d]  das  nicht  weniger  als  jener  an  spitzen  stacheln  wimder* 

reich.    Brockes  9,  297. 

als  icirtsfiausschild :  an  einer  stange  war  ein  groszes 
Stachelschwein  über  der  thüre  herausgesteckt  als  schild. 
'da  sind  wir'  sagte  Martino,  'wie  glaubt  ihr,  dasz  dies 
vornehme  gastliaus  heisze?'  'zum  Stachelschwein!'  sagte 
ich.  .  . .  und  Martino  sagte :  'ihr  denket  so  zärtlich  un- 
gefähr wie  euer  schild,  das  Stachelschwein'.  Brentano 
4,246.  femer  im  vergleich:  entsetzlicher  anblick!  meine 
haar'  sträuben  sich  empor,  ich  muss  aussehen  wie  ein 
Stachelschwein.  Raimund  2,243  {alpenk.  u.  menschenf.  1,14); 

du  (dichter)  magst  die  andern  faxen  machen, 
ich  {Muta)  liefre  die  realen  sachen, 
dann  wird  aus  unserm  mein  und  dein 
ein  Instspiel,  wie  ein  Stachelschwein. 

^    „^    ^  Hebbel  1,  312  Tf'em<r  (d»am.  prol.). 

dann  auch  übertragen: 

'ach  söhn,  ach  lieber  söhne  mein, 

was  bringst  mir  für  ein  Stachelschwein?'  — 

'es  ist  fürwahr  kein  Stachelschwein, 

es  ist  die  herzallerliebste  mein.' 

winderh.  1,  130  Boxberger. 
8)   miszbräuchlich  tcird    Stachelschwein   auch  auf  den 
igel  angexcendet ,  der  ähnliche  stacheln  hat,  vgl. .-  'staehel- 

26 


403  STACHELSCHWEINAUSSATZ  -  STACHELTAUBE 


STACHELTHIER  -STACHES 


404 


Schwein  ist  eine  benennung,  welche  unrichtig  dem  igel  ge- 
geben wird;  da  Stachelschwein  doch  ein  ganz  anders  thier 
ist'  Heynatz  antibarb.  2,  440.  so  bei  Jablonski  314*'  (igel, 
Stachelschwein :  erinaceus.  porcepi,  herisson).  Woyt  gazo- 
phylac.  330.  preusz.  Stachelschwein,  nd.  -schwin,  gemeiner 
igel,  erinaceus  europaeiis.  Frischuier  2,359». 

8)  eine  art  stachehchtiecken ,  auch  spinnen-,  distelkopf, 
murex  tribtdtts.  Nemnich. 

STACHELSCHWEINAUSSATZ,  m.  ßschschuppenkrank- 
heit,  vgl.  stachelschweinmensch. 

STACH  ELSGHWEINFISGH,  m.  eine  gattung  der  hörn- 
fische.  Campe. 

STACHELSCHWEINHOLZ,  n.  aus  alten  kokospalmen  ge 
wonnenes  nutzholt. 

STACHELSCHWEINIG,  adj.  einem,  Stachelschwein  ähn- 
lich ;  bei  den  preuszischen  holzhäyullern  von  holz,  das  stark 
mit  ästen  besetzt  ist.  besonders  kiefemholz.  Frischbier 
2,  359». 

STACHELSCHWEINMENSCH,  m.  'die  benennung  eines 
icunderbaren  naturspieles  von  menschen,  icelcher  in  London 
zu  sehen  war  und  am  ganzen  köiper  mit  harten  stacheln 
bedeckt  loar,  welclie  an  einander  ra.'i.selten,  tcenn  man  darüber 
hinstrich'.  Campe:  doch  mag  er  {der  Verfasser)  .  .  .  lieber 
bei  elendem  weiter  im  winter  satirische  dornenhecken, 
und  im  frühjahr  lieber  idyllenartige  blumcnparterre  setzen, 
so  wie  umgekehrt  der  stachelschweinmensch  in  London 
seine  stacheln  blos  im  winter  abwarf  und  deswegen  nur 
in  dieser  niausezeit  seine  frau  umhalsete.  J.  Vwi.  palin- 
genes.  1,  69;  da  ich  einst  eine  familie  solcher  stachel- 
Bchweinmenschen  gesehen  und  zum  Unglück  auf  dem 
ersten  platze  stand,  ertappte  der  hornpapa  meine  band 
und  führte  sie  mit  gewalt  . . .  auf  seine  borkenhaut  mit 
den  Worten:  'fühl,  fühl,  is  all  natur'.  Brentano  5, 410. 
(solche  menschen  leiden  an  einer  huxitkrankheit ,  der  fi^ch- 
schiippenkrankheit,  die  auch  stachelschweinaussatz  heiszt.) 

STACHELSCHWEINSTEIN,  m.  'steinartige  köiper.  tcelche 
»ich  im  magen  und  in  der  gallenblase  der  Stachelschweine 
finden  (lapides  hystricini)' .  Campe,  nach  Jacobsson  4,  245» 
'ein^  art  von  bezoar,  fett  und  seifenhaft  anzusehen  und 
anzugreifen,  von  färbe  grünlidi,  gelblich,  oder  schicärzlich- 
roth',  fr.  bezoar  de  porcepic,  daher  bei  Krünitz  167,639/. 
auch  stachelschweinbezoar. 

STACHELSCHWEINSTIL ,  m. :  kürzlich  habe  ich  Val. 
Rose's  Anacreonteen  für's  centralblatt  angezeigt  —  mit 
einigen  bemerkungen  über  Rose's  Unarten  und  stachel- 
schweinstil.  Nietzsche  briefe  2,  74. 

STACHELSEEKÄFER,  m.  eine  art  käfermuschdn,  chiton 
hispidus.  Campe.  Krünitz  167,  640. 

STACHELSENF,  m.  eine  art  des  zackenkrauts  in  Süd- 
f rankreich,  deren  keulenförmige  schote  drei  oder  vier  mit 
einem  kleinen  stachel,  versehene  sameiikörner  enthält,  auch 
keulenschote,  bunias  erucago.  Nemnich. 

STACHELSPITZIG,  adj.  mucronatus,  kunstwort  der 
botanik,  'eine  krautartige  börste  an  der  spitze  eines  Mattes, 
einscJinittes  oder  blattartigen  gebildes'.  Beulen  5,671. 

STACHELSPORN,  m.  sporn  mit  stachelhals,  s.  Boeiikim 
waffenk.  TAkf. ;  freiei-  •  es  will  ein  gutes  gesiebt  dazu  ge- 
hören, . .  .  dasz  man  den  . .  .  stralenreif  (der  als  colossal 
figur  gedachten  'Jungfer  Europa")  nicht  für  eine  zacken- 
krone  nehme,  oder  für  eine  dornenkrone.  letzteres  wRre 
noch  richtiger,  da  sie  gerade  72  stachelsporen  hat,  welches 
eben  die  zahl  der  wunden  ist,  die  nach  den  katholiken 
die  dornenkrone  ritzte.  J.  Padi.  biogr.  belust.  1,36. 

STACHELSTECKEN,  m.  stock  mit  einem  stächet  am 
untern  ende ;  zum,  antreiben  von  thieren :  während  die  treiber 
mit  welscher  unbarmherzigkeit  die  abgehetzten  thiere  mit 
Peitschenhieben  oder  stachclstecken  bearbeiteten.  Haus- 
rath  pater  Maternus  19.  atich  zum  fortbewegen  der  hand- 
Schlitten  auf  dem  eise. 

STACHELSTEIN,  m. :  Judensteine,  stachelsteine,  oiiven- 
steine  heinen  die  versteinerten  stacheln  der  seeigel.  judaici 
Utpide».  Nemnich. 

STACHELSTERN,  m.  eine  artaeestem.  auch  ritter-,  pferde- 
itern, atteria»  equestria.  Nemnich. 

STACHKUSTOCK ,  m.  stock  mit  einem  »fachet  unten, 
vgl.  stachcUlcckcn;  el».,  «.  Martin-Likni!AHT  2,  671*. 

STAC-HELTAIIBK./.  eine  art  der  igelfische,  diodm  echi- 
natu».  Campe.  KhOnitz  167,  040. 


STACHELTHIER,  n.,  für  Stachelschwein,  vgl.  das. 
Adelung,  hystrix  Nemnich. 

STACHELUNG  ,  /.  stimolamento ,  struzzicamento  etc. 
Kramer  dict.  2,  900*". 

STACHELUNKE,  /.  (?):  orbis  echinatus  »ive  muricatu». 
ein  andere  art  desz  schnottolfFen  oder  schnuderers,  ein 
stacheluugen.  GEStt F.n  fiscJib.  v.  Foher  84''  (s.  auch  stachel- 
kugel),  im  reg.  dafür:  stacheluncken. 

STACHELVERS,  m.,  vgl.  stachelgedicht,  -reim.  Campe. 

STACHELVÖGLEIN,  n.,  poetisch  für  biene:  die  gesunde 
und  ordentliche  liebe  ist  ein  süsses  stachel-vögelein  oder 
biene,  so  aus  den  schönen  blumen  honig  sauget.  Bu tsciiky 
Pathmo.1  599. 

STACHELVOLL,  adj.  voller  stacheln.  Campe;  eigentlich: 

0  rose,  königinn  auf  stachelvollcm  holz. 

Gi.EiM  5, 10. 
bildlich:     la-ss  ruhn  den  stachelvoUen  jambos, 
womit  du  Föbus  echwarm  bestreitst. 

Voss  6, 117  {schwergereimte  ode). 

STACHEL  WALZE, /.  feld-  oder  ackerwalze,  die  auf  ihrer 
ganzen  peripher ie  mit  stacheln  besetzt  ist,  bei  lehmigem  oder 
thonigem  erdreich  gebraucht,  das  beim  pflügen  grosze  schollen 
gieht.  Jacobsson  4,  582''. 

STACHEL  WEHR,  /..-  stachel-wehr,  stachel-schantz ,  /. 
parapetto,  forte,  steccato  ä  riccio  cioe  fatto  o  munito  di 
cavaili  o  cavallieri  di  Frisia  ö  pali  scarpati  di  ferri  pun- 
tutt.  Kram  er  dict.  2,  900»;  s^ides  praepilatae,  ferratae. 
Stieler  2512,  vgl.  nachschusz  29»  unter  stachelschlag; 
'stachelwehr,  igel,  werden  von  einigen  die  frisischen  odei- 
spanischen  reuter  genannt.'  Jacobsson  7,418'*. 

STACHELWIRBEL,  m.  eine  art  unrbelfhierchen  in  stehen- 
den gewässern,  brachionus  mucronattts.  Nemnich. 

STACHELWORT,  n.  Kram  er  dict.  2,900»,  s.  stachel- 
rede; stachliges,  kränkendes,  höhnisches  oder  aufreizendes 
wort,  vgl.  Campe:  zum  ersten  klagt  d.  Eck,  dasz  ich 
Andreas  Carlstadius  etlich  conclusiones  wider  ihn  hab 
lassen  ausgehen,  mit  stachel-  und  verächtlichen  worten. 
Luther  6ri«/e  1,308;  dergleichen  stich-  und  stachel-wort 
war  auch  dieses,  als  anno  1419  . . .  ein  Schweitzer  von  einen 
Schwaben  spöttlich  gefraget  ward.  Wesen igk  apid-sieben 
(1702)  67; 

die  raths-berm  schütten  fluch,  die  richter  bübereyen, 

die  allsten  stachel-wort  auf  den  erlöser  aus. 

Lohenstein  geisü.  gedancken  85, 1559; 

verwund',  o  weibchen,  so  nicht  meine  brüst 

mit  Stachelworten!      Bürger  156»  {II.  3,  550); 

auch  sie,  die  alte  könieinn,  sieht  man  .  .  . 

in  stahl  gekleidet  durch  das  lager  reiten, 

mit  gift'gen  Stachelworten  alle  Völker 

zur  wuth  aufregen  wider  ihren  söhn. 

Schiller  13, 181  Oung/r.  v.  Ort.  prU.  8). 

STACHELZAUN,  m.  zauti  ott*  stachel(zaun)draht.  — 
stachelzaundraht,m.  druht  oder  drahtlitte  mit  scharfen 
stacheln  in  kurzen  abständen,  beliebtes  material  für  ein 
fiiedigungen ,  1874  in  Europa  aus  Amerika  eingeführt. 
Karmarsch-Heeren  '  8,  392.    s.  auch  stachcldraht. 

STACHELZUNGE,  /.  stachlige  zunge;  bildlich,  tunge. 
die  Stachelworte  spricht.  Campe. 

STACHELZWEIG,  m. :  ganz  bequem  war  der  (tannen) 
bäum  nicht  im  arm  mit  den  spitzen  stachelzweigen  um 
die  nase.  Ilse  Frapan  in  der  stille  (i897)  116. 

STACHES ,  m. ,  eine  weit  verbreitete  volkssprachliche 
kürzung  des  namens  Eustachius,  dann  auch  appellativisch 
gebraucht,  zunüc/ist  als  scherzhaftes  .schcltwort ,  für  einett 
dummen,  närrischen  oder  ungeschickten  menschen;  in  diesei- 
Verwendung  auch  im  plur.  stachese,  «.  Weigand  9, 789. 
die  namensform  Stachius  belegt  Crecei.ius  808  schon  aus 
einer  Fuldaer  urk.  von  1578 ;  »ie  findet  sich  auch  in  gegenden. 
die  dei\  appellaÜven  gebrauch  nicht  kennen,  ao  achwäb. 
St&ches,  Stachesie,  a.  Bayerns  mundarten  1,199,  und  sogar 
in  der  Altmark  als  Stachels  DANNEii.aos»,  vMrend  da» 
nd.  gebiet  im  allgetneinen  die  bildung  (wie  den  namen  über- 
haupt) nicfit  kennt;  im  Aarijau  rf<i/iVr  Slachcli  Frummann 
6,461,  ateirisch  Stachel  utid  St&chcrl  UnoerKiiuli.  .^07''. 
für  daa  appellativ  »cheint  folgendes  der  älteste  beleg .-  stachcs, 
ein  poBsierlicher,  ungeschickter  kerl,  der  ein  komisches 
ansehen  hat,  und  sich  daboy  zum  narren  gebrauchen 
l&sst.  diese  benennung  ist  im  reiche  gebräuchlich.  Kind- 
LEBBN  »tudentenlex.  (i78l)  I8l.  »on»t  für  folgende  land- 
»duiften  beteugt:   »chwäb.  im  Biet  Bihlinukr  409»;   el». 


405 


STÄCHET — STACHLICHT 


STACHLICHT 


406 


Martin -LiKNHART  2,  öVl*"  {schwacher,  einfältiger  mensch, 
so  auch  im  lob.  zu  Arnold  Pfingstmontag ;  als  koseform 
des  namens  dagegen  Stachi,  das  daneben  einen  groben, 
rücksiehtslosen  menschen  beseichnef);  bair.  Staches,  Stachs 
und  St&chal  Schm.  2,722,  Hrol.  Stach,  Staches  Schöpf  6%; 
besonders  aber  rhein.  Klein  2,166  (Jülich,  Berg,  Pfalz), 
pfälz.  unbeholfener  mensch.  Autenrieth  135,  um  Frankfurt 
eiti  langgeicachsener  unbeholfener  mensch  (du  bist  ein  rechter 
Staches!  da  langer  Staches!),  nass.  Staches  t{.if/  Stachil 
llödsinniger  mensch.  Kehrein  1,386,  tcesterw.  Staches  (l.'ein 
vnrklich  blödsinniger  mansch',  2.  blas  als  schdtwort:  dummer 
junge,  tölpel).  Schmidt  230.  Weigand  2,  789/.,  hess.,  be- 
sonders oberhess.  tölpel  Vilmar  394,  schtaches,  am  Vogelsb. 
Schteches  Grecelius  803.  (Ppister  283  verzeichnet  dazu 
eine  nd.  nebenform  Stäkes,  ioobei  vielleicht  andre  momente 
ins  spiel  kommen.)  in  Wien  dafür  Stlicherl  mit  der  bedeu- 
tung  'ein  alter,  schon  mühselig  gehender  mensch'  HCgel  I5i^; 
jedenfalls  auf  grund  einer  volksetymologischen  anlehnung, 
vgl.  staken.  —  eine  eigenthümliche  Verwendung  ist  aus 
Waldeck  bezeugt:  er  hat  einen  staches,  eitlen  groszen 
dunkel.  Bauer-Collitz  173. 

STÄCHET,  «.,  *.  stacket. 

STACHGARN,  n. ,  preusz.  für  fischernetz.  Frischbier 
2. 359».    vgl.  staknetz. 

STACHLICHT,  adj.  mit  sfaehdn  versehen,  ableitung  zu 
Stachel,  erst  seit  dem  16.  jahrh.  (Luther,  H.  Sachs  u.  a.) 
bekannt,  daneben  stachlig,  s.  das.  die  form  ohne  mittel 
vocal  ist  von  anfang  an  die  vorlterrschende ;  sie  steht  auch 
in  den  ältesten  Wörterbüchern,  die  das  wort  aufgenommen 
haben,  bei  Comenius,  Corvinus  {senticosus,  rauhe,  stach- 
licht. 589*,  vgl.  unten),  im  teutsch-frantz.lat.  diction.  (1669) 
321»,  s.  Weigand  2,789.  die  spätem  haben  die  form  stache- 
licht, adj.  aculeato,  agugliato,  spinoso,  ricciuto.  Kramer 
dict.  2,  900»;  aculeatus,  aculeo  armatus,  spinosus,  senticosus. 
Stieler  2156.  so  femer  stachelicht,  aculeatus.  Nemnich 
und  Campe,  dagegen :  stachlicht  {adj.)  aculeatus,  spinosus, 
pungens.  Steinbach  2,710.  Frisch  2,314*.  in  der  litte 
ratur  begegnet  stachelicht  zuweilen  im  18.  jahrh.  (Zachariä 
1,  57,  irrgarten  403,  Schiller  13,  369,  s.  unter  i).  zu  stach- 
licht scheint  der  sitperl.  stachlichst  zu  gehören,  s.  irr- 
garten 4<35  utid  C.  F.  Meyer  unter  i.  in  älterer  spräche 
nebenformen  mit  dem  vocal  e  in  der  ableittingssilbe .-  stach- 
lecht  (Eppendorff,  Tabernaemont.),  stachelecht  (Lom- 
CERUS,  Simpl.),  stachlet  (B.  Waldis),  und  tceitergebildet 
stachelechtig  (Tabernaemont.)  ,  s.  unter  2.  in  Idiotiken 
nirgends  aufgeführt. 

1)  von  thieren. 

a)  von  insecfen  mit  einem  stachel,  besonders  bienen  -. 

in  einem  bienenstock  entspann  sich  einst  ein  streit  .  . , 

wer  edler  und  unedler  wäre. 

o!  rief  die  stachlichte  parthey, 

was  braucht  man  lange  noch  zu  fragen.    Gellert  1,258. 

5)  von  thieren,  deren  häute  mit  stacheln  besetzt  sind: 
stachlichte  thiere,  anitnantes  spinis  hirsutae.  Steinbach 
2,710;  das  stachlichte  dornschwein  oder  Stachelschwein, 
hispidahy Stria:.  Comenius  janua  (1644)  58;  ein  igel  ist  ein 
stachlicht  thier.  Corvincs  fons  lat.  7»;  . 

schwarz  wimmelten  da  .  .  . 

der  stachlichte  röche,  der  klippenfisch. 

Schiller  11,  224  (taucher  119). 

dazu:  ettliche  {meerthiere  haben)  ein  harte  stachlechte 
haut,  als  die  fisch  echini.  Eppendorff  Plin.  107  (9,9). 

2)  von  pflanzen  und  pflanzentheilen :  stachelichte  kasten- 
schale, riccio  di  castagna.  Kramer  dtcf.  2,  900»;  die  hage- 
dornen  sind  sehr  stachelicht.  Stieler  2156;  stachelichte 
auswüchse.  Campe;  sein  {der  wassemusz,  vgl.  stachel- 
nusz  i)  frucht  ist  stachelecht ,  hool ,  schwartz ,  und  hat 
drey  stacheln,  gleich  wie  drey  hömer.  Lonicerus  kreuter- 
buch  96  D ;  sähe  ich  ein  stachelecht  gewächs,  so  erinnert 
ich  mich  der  dornen  crone  Christi.  Simpl.  2,2ii,20  Ktirz 
(6,23);  an  den  stengeln  {des  mangolds)  ...  erscheinen 
kleine  gelblechte  blümlein ,  . .  .  nach  welchem  runde 
stachlechte  knöpfflein  erfolgen.  Tabernaemont.  814E; 
seine  {der  'wilden  eucumem")  räben  seyn  rauch,  ein  wenig 
stachlecht.  865  J;  auff  den  stengeln  und  nebenzweyglein 
gewinnet  dieses  gewächs  {die  'fiockblum',  jacea)  schüpech- 
tige  knöpfTlein  oder  häubtlein,  wie  die  obgemeldten,  ausz- 
genommen,    dasz    sie  bäuchechtiger  und   stachelecb- 


tiger  seynd.  436 H;  das  Arierdte  geschlecht,  wird  von  wegen 
der  stachelechhgen  spitzen  blätter,  von  den  kräutlern 
jacea  aculeata  .  . .  genant.  437  D; 

das  die  strohaimen  und  die  aber 
möchten  wachssen  fein  schlecht  daher 
on  die  scharpffen,  stachleten  spitzen, 
die  eim  in  henden  bleiben  sitzen. 

B.  Waldis  Esop  2,  33,  9. 

3)  sonst  selten  in  eigentlichem  sinne,  steif  und  spitz  icie 
ein  Stachel: 

und  die  verworrenen  bärt'  umstrozt  ein  stachlichter  eiszapf 
(Hiria  horrido).    Voss  Virg.  landbau  3,  366. 

nur  einen  einzigen  ausdruck  verstehe  ich  nicht  {in 
Chr.  Weises  Masaniello),  ob  ich  gleich  aus  dem  zusammen- 
hange sehe,  was  er  sagen  will.  Allegro  sagt  zum  Bravo, 
den  er  in  sack  gesteckt:  mause  mir  keine  ducaten,  sonst 
muszt  du  mir  das  zahlbrett  lecken,  wo  es  stachlicht  ist. 
(Karl)  Lessing  13,480;  {so)  wandelte  diese  beweghche 
vestung  {die  Schweizergarde  Karls  IX.)  fort,  und  bildete  mit 
vorgestreckten  piken  eine  stachlichte  mauer,  welche  die 
feindliche  reiterei  nicht  durchbrechen  konnte.  Schiller 
9,  831. 

4)  sehr  häufig  in  übertragenem  gebrauche;  von  menschen, 
im  ausgeführteren  bilde:  'dorne'  sind  die  gottlosen,  sonder- 
lich die  das  evangelion  verfolgen,  stachlicht  und  un- 
schlachtiger  art.  Luther  19,  401, 18  Weim.  ausg.:  was  mir 
in  dieser  wildnis  ersprieszen  wird ,  . . .  musz  wohl  eher 
eine  stachlichte  distel,  als  eine  weisze  Galathee  sein! 
Keller  7,  29  {sinnged.  5); 

(ich,  Heinz  Widerborst)  bin  stachlicht,  gantz  jglischer  art, 

halt  allenthalben  widei-part, 

wann  ich  stich  mit  spitziren  Worten 

dückisch  umb  mich  an  allen  orten. 

H.  Sachs  /ab.  1,  t.  120,  57  neudr. 

femer:  an  zarte  seelen  verwöhnt  kamen  ihm  die  städti- 
schen alle  so  stachlicht  und  ungeschliffen  vor.  J.  Paul 
Hesp.  4, 16;  deutscher  könig  war  jetzt  der  verwachsene, 
herrschsüchtige  und  gewaltthätige  Albrecht,  söhn  Rudolfs, 
und  es  war  bei  anlasz  eines  aufenthaltes  desselben  in 
Zürich,  als  eine  gröszere  zahl  geistlicher  und  weltlicher 
herren  dort  zusammentrafen,  von  denen  nach  der  Weiter- 
reise des  kaisers  manche  noch  in  der  befreundeten  stadt 
blieben,  wo  fast  alle  verbürgert  waren  und  fröhlicher 
wurden,  wenn  der  stachlichte  kronenträger,  der  es  mit 
niemandem  freundlich  meinte,  wieder  verschwand.  Keller 
6,  76 ;  besonders  mit  bezug  auf  die  art  zu  reden .-  stachelicht 
in  Worten,  aculeo  et  maledicto  facetus.  Stieler  2156;  einen 
in  der  gesellschaft  zum  stichblatt  des  witzes  (zum  besten) 
zu  haben,  ohne  doch  stachhcht  zu  sein  (spott  ohne  an- 
züglichkeit),  ...  ist  eine  gutmüthige  . . .  belebung  derselben. 
Kant  lo,  293  {anthropol.  1,  8,  §  77).  in  der  fruchtbringenden 
gesellschaß  war  der  stachlichte  der  gesellschaftsname  des 
Georg  Peter  von  der  Heyde,  sein  'gewächs'  der  mäusedom, 
s.  Neumark  neuspross.  palmb.  s.  384,  554.  häufiger  von 
einer  verletzenden  oder  spöttischen  ausdrucksiceise :  eine 
stachlichte  art  zu  reden,  aculeatum  dicendi  genus.  Stein- 
bach 2,710;  stachlichte  Worte  geben,  asperioribus  facetiis 
aliquem  perstringere.  ebenda;  aculeatae  literae,  stachlicht 
und  höllische  brieffe,  die  einen  beissen.  Corvinus  fons 
lat.  7»;  so  stachlichte  worte,  die  der  christlichen  be- 
scheidenheit  nicht  gemäss  wären.  Erasmus  lob  der  narrh. 
übers.  {Leipzig  1735)  vorr. ;  ihm  {Cyrus)  ward  sein  haupt 
abgehauen,  und  aus  befehl  der  königin,  in  einen  ledern 
von  blut  befüllten  sack,  gestecket,  mit  diesen  stachligten 
Schimpfworten:  settige  dich  nun  mit  blut.  Seinicke  fuchs 
{Rostock  1650)  48:  denn  dein  jäher  zorn,  deine  stachlichte 
schreibarth  . . .  zeiget  an,  dasz  dich  der  point  d'honneur 
von  Jugend  auff  ziemlich  verführet.  Thomasius  kl.  teutsche 
sehr.  (1701)  s.  678  {lektion  an  sich  selbst);  die  sinn-gedichte 
belustigen  durch  ihre  kleinen  stacheligten  und  scharf- 
sinnigen einfalle.  J.  J.  Breitinger  crit.  dichtk.  s.  88. 

jedoch  der  treue  Putz  (pertonif.)  baut  schnell  es  wieder  auf, 
und  liesz  in  seiner  wuth  der  schniähsucht  freyen  lauf. 
Pandur  verhöhnet  ihn;  doch  nicht  zum  krieg  geschaffen, 
straft  ihn  des  Putzes  witz  mit  stacheiichten  waffen. 

Zachariä  57  (renomm.  3,  354). 
ähnlieh:  Albano  habe  heute  fast  blos  stachlichte  und 
sperrige  Wahrheiten  vorgebracht,  die  nur  erbittern,  nicht 
erleuchten.  J.  Paul  Titon  2,42;  dergleichen  hohnische  und 
stachelichte  fragen,  irrgarten  ios  {in  der  ausg.  von  173;': 

26» 


407 


STACHLIG 


ST  ACIE— STACK 


408 


picquante  fragen.  409) ;  die  empfindlichsten  und  stachlich- 
sten  antworten.  405  (1738:    picquantesten  repliquen.  411); 

doch  wer  die  stachelichten  räthsel  nicht 
auflöszt,  die  seine  frau  ihm  in  der  eh 
aufgiebt,  der  ist  verlesen  und  verlohren  I 

Schiller  13,  3(59  {Turandot  2, 1); 

persönliche  fragen  sind  stachlicht, 
wenn  man  sie  nicht  versachlicht. 

Fulda  neue  ged.  (1900)  249. 

adtneres:  und  o  wie  viele  andere  stachlichte  empfin- 
dungen  .  . .  kletteten  sich  nicht  an  dieses  belastende  ge- 
fühl  von  trennung  und  einsamkeit!  Thümmel  reise  2,  3il. 
so  auch  (eher  hierher  als  zu  stachlig,  vgl.  oben):  eben 
durchschritt  eine  schlanke  feine  gestalt  ...  die  halle,  der 
herzogliche  privatsekretär  Priolo,  den  der  adjutant  mit 
bösen  blicken  begleitete,  —  denn  er  war  in  seiner  stach- 
lichsten  laune.  G.  F.  Meyer  Jenatsch  s.  215. 

STACHLIG,  adj.  mit  stacheln  versehen,  in  der  bedeutung 
von  stachlicht  nicht  unterschieden  und  wie  dieses  seit  dem 
iß.jahrh.  (Luther)  bezeugt,  vgl.  Weigand  2,  789.  in  der 
altem  spräche  herrscht  die  Schreibung  mit  ch,  die  auf 
stachellich  zurückweist,  so  bei  Luther  gewöhnlich  stach- 
lich  {seltener  stachlicht,  s.das.i),  auch  bei  Mathesius 
und  noch  bei  Jagobsson  und  Alexis;  stachelich  findet 
sich  im  17.  (Corvinus)  und  im  18.  jahrh.  {Felsenb.,  der 
junge  Göthe,  s.  die  belege),  über  den  Superlativ  stachlichst 
s.  unter  stachlicht,  sonst  hat  sich  in  der  neuern  zeit  die 
Schreibung  mit  g  festgesetzt,  wie  überhaupt  bei  den  ad- 
jectiven,  deren  Stammwort  auf -l  ausgeht,  und  zicar  ist  hier 
die  form  mit  erhaltenem  mittelvocal  häufiger  als  die  syn- 
eopierte.  so  vereinzelt  schon  bei  Henisch  (1616):  dornen, 
dornig,  dornicht,  dornächtig,  stachelig,  das  vil  dörner  hat, 
spineus,  spinosus.  733,  40,  und  Opitz  {s.  3).  sonst  erst  seit 
m,itte  des  18.  jahrh. :  stachlig,  spinosus,  aculeatus,  spinis 
hirsutus,  pungena.  Frisch  2,  314''.  Adelung  Äa<  stachelig 
und  stachlig,  Campe  stachelig,  in  den  litteraturbelegen 
ist  stachlig  bei  Wieland  utuI  Arnim,  stachelig  von 
Schiller  an  belegt. 

l)  von  naturgegenständen. 

a)  von  thieren,  die  einen  stachel  haben  oder  deren  haut 
mit  stacheln  bedeckt  ist:  {im  bilde:)  darumb  sol  man  den 
gifftigen,  stachlichen  schlangen  auff  den  kopff  tretten. 
Luther  8, 119*".  dazu:  stachlich  sein  wie  ein  igel.  Mathe- 
sius Syrach  (1586)  2,  50*. 

b)  von  pflanzen  und  pflanzentheilen :  {im  bilde:)  es  sind 
wol  widerspenstige  und  stachliche  dornen  bey  dir,  und 
du  wonest  unter  den  scorpion,  aber  du  solt  dich  nicht 
fürchten,  für  jren  werten.  Hesek.  2,  6;  apina  alles  was 
an  kräutem  oder  Sträuchen  stachelich  oder  dornich  ist. 
Corvinus  fons  lutin.  625»;  'stachliches  blatt,  spinosum, 
{gärtner)  heiszt  dasjenige  blatt,  welches  am  runde  mit 
pfriemenförmigen,  steifen,  stechenden  spitzen  besetzt  ist'. 
Jagobsson  7,418'»;  'in  der  pßanzenleJi,re  heiszt  stachelig 
{aculeatus)  ein  stock,  wenn  die  Überbleibsel  des  laubes 
stacheln  daran  zurücklassen;  ein  stengel,  xcenn  spitzige  mit 
der  haut  sich  ablösende  Verlängerungen  daran  befindlich 
sind;  ein  blatt.  wenn  die  Oberfläche  desselben  mit  stacheln 
besetzt  ist;  eine  allgemeine  blumendecke,  woran  die  ränder 
der  blättchen  mit  kurzen  steifen  stacheln  bedeckt  sind;  ein 
allgemeiner  fruchtboden  {apiculafum),  wenn  er  mit  fleischigen 
stechenden  kurzen  spitzen  besetzt  ist.'  Campe;  onkels  baus- 
chen lag  stumm  und  tot  unter  den  breiten  kastanien,  von 
denen  die  stacheligen  fruchte  auf  das  dach  prallten.  Ilse 
Frapan  Jugendzeit  104;  sie  war  wie  ein  wildes  exotisches 
kraut,  das  einsam  in  Schluchten  wächst,  mit  dunkeln, 
harten,  stacheligen  blättern.  Big.  Huch  von  d.  königen  u. 
d.  kröne  18. 

c)  twi  körpertheiUn  Übender  wesen:  ein  aufgeworfener 
mund,  der  so  wie  das  kinn  mit  einem  schwarzen  stache- 
Hchen  baKe  besetzt  ist.  Göthk  &r^/el,21  {an  Cornelie 
d.  6.  dee.  1766);  sie  {das  meerweib)  sagte  aber,  sie  esse  es 
{da*  hert)  lieber  roh,  und  bisz  sogleich  ein  groszes  slUck 
ab  mit  ihren  scharfen,  stacheligen  zahnen.  Ric.  Hucii 
teuftleien  149. 

d)  auch  von  mineralien .-  stachliche  krystalldruse,  qtiartum 
eehinatum;  kleinere  krytlalle,  die  um  einen  andern  kiirptr 
$o  herumritten,  da**  tie  de.a$en  gante  oberfläehe  bedecken 
und  mit  ihren  nach  aunen  gerichteten  syittigen  pyramidrn 


ihm  ein  stachliges  aussehen  geben,  stachlicher  markasit, 
marcasitfi  actdeata.  Jagobsson  7,  418''. 

2)  von  werken  der  menschenhand :  dichte  verbacke  und 
stachelige  pallisaden  verrammelten  die  Zugänge  zu  dem 
steil  anlaufenden  berge.  Schiller  8,  274;  das  ganze  haus 
erschien  ihr  so  stachelig,  starr  und  finster  wie  die  eisen- 
gitter  vor  den  fenstern.  Auerbach  dorfgesch.  2,202. 

3)  in  bildlichem  sinne  {vgl.  stachlicht  4),  'beissend.  spitzig', 
so  besonders  stachelige  Worte,  welche  eine  bittere  beissende 
empfindung  in  dem  gemüthe  zurück  lassen' .  Adelung:  da 
spottet  der  prophet  des  königes  seer  helTtig  und  mit 
stachlichen  werten.  Luther  19,  421,  28  Weim.  ausg.;  in- 
spice  verba  et  opera  eorum.  nihil  est  quam  quod  sie  uns 
stechen ,  ut  sanguis  sequatur  .  .  .  si  dant  .  . .  stachliche 
wort.  27,291,4;  ihr  {der  satyra)  vorncmstes  aber  ...  ist, 
die  harte  Verweisung  der  lasier  und  anmahnung  zue  der 
fügend:  welches  zue  vollbringen  sie  mit  allerley  stach- 
ligen und  spitzfindigen  reden,  wie  mit  scharffen  pfeilen, 
umb  sich  scheuszt.  Opitz  poeterei  s.  23  neudr.  {in  der  ausg. 
von  1690  dafür:  stachlichen);  an  dem  herrentische  blieb 
es  freilich  bei  einigen  stachligen  reden.  Arnim  3,  355 
{kronenw.  3,  l) ;  weil  ich  mich  aber  erinnerte,  ihr  . .  .  noch 
andere  pretieuse  Sachen  . . .  auf  die  treue  gegeben  zu 
haben,  so  konte  doch  nicht  unterlassen,  einen  stache- 
lichen  gratulations-bricf  an  dieselbe  zu  schreiben ,  und 
meine  sachen  wieder  zurück  zu  verlangen.  Felsenb.  2,  224. 
daher  auch:  zwar  inkommodirte  ihre  stachliche  zunge 
weniger,  wo  so  viele  stachlicht  sind.  W.  Alexis  Ise- 
grimm  133.  ferner:  solchs  sey  gesagt  vom  stumpffen  und 
rauchen  antwort,  so  man  sol  den  halstarrigen  Juden 
geben,  auff  jre  stachliche  gifftige  frage.  Luther  8,124''; 
sein  witz  wurde  nach  und  nach  so  stachlig,  dass  ihm 
keine  biene  mehr  gewachsen  war.  Wieland  12, 175  (don 
Sylvio  6,i);  und  David  psalm  81.  heisst  es  einen  stach- 
lichen oder  bittern  geist,  wie  die  Juden  wider  Christum 
hatten.  Luther  6, 12''. 

STACIE,  /.,  s.  Station. 

STACIONIERER,  m..  s.  stationierer. 

STACK,  n.  1)  im  nd.  ein  vom  festen  ufer  aus  quer  oder 
schräg  in  flieszende  gewässer  hineingebauter  dämm  zum 
schütze  des  ufers  und  zur  ahleitung  des  wassers.  buhne. 
plur.  Stacken.  Campe.  Lueoer  2,  7C5;  vgl.:  'stack,  stack- 
werk, heiszt  an  einigen  orten  das  schlengenwerk,  auch  ein 
bollicerk.  überlMupt  aber  auch  ein  jeder  einbau.'  Jagobsson 
4,  245*.  so  schon  mnd.  stak  {gen.  stackes),  s.  Lübben  mnd. 
handwb.  372'',  netmd.  stack  'ein  abgestutzter  dämm,  der 
quer  in  den  flusz  hinein  gelegt  mrd,  um  den  ström  von 
einem  ufer  abzuweisen,  welches  man  entweder  ethalten,  oder 
land  daran  gewinnen  mW.  Richey  285.  brem.  wb.  4,  986. 
Schütze  4,  182.  vgl.  stackdeich  und  stackwerk,  dieses 
stack  hängt  jedenfalls  mit  staken,  m.,  zusammen,  vgl.  das.. 
doch  unterscheidet  es  sich  davon  durch  das  ck. 

2)  im  dithmars.  für  stucket,  'ein  gehege  um  den  garten. 
es  mag  aus  brettern  oder  zäun  stecken  bestehen.'  Richey  424. 
brem.  wb.  4,  986.  Campe,    {vgl.  staken  2,  6.) 

3)  nicht  mit  Sicherheit  erklärt  ist  ein  österr.  stak,  das 
zweimal  in  Mich.  Beheims  bttch  von  den  Wienern  vorkotnmt: 

so  hat  er  {der  kaüer)  in  {den  Wienern)  verlihen  schon 

ainen  adler  van  tapasion. 

der  stund  in  stak  mit  babten  zwain.    206,  88; 

da  miten  aufT  {au/  dem  fchilde)  gewalgen 
in  stak  weis  ainen  galgcn.    20<),  17. 

vgl.  ScHM.  2,  725,  der  ztceifelnd  an  stock  denkt,  und  dieses, 
die  Verbindung  in  stack  'in  aufrechtei-  Stellung,  gerade 
aufwärts  gestreckt,  in  die  höhe  gerichtet'  ist  auch  für  das 
ältere  ateir.  bei  Ungkr-Khuli.  567''  betettgt. 

4)  deutlich  steht  für  stock  das  Ituretnb.  stack,  m.,  plur. 
stäck  (1.  block,  klott;  8.  stock,  stamm,  block  beim  karten 
spiele,  was  nach  dem  geben  übrig  bleibt;  3.  einsatt  beim 
spiele;  4.  der  unverlettliehe  ruh^UUi  der  kinder  bei  lat{f- 
spielen).  Ganglkh  488. 

STACK ,  a4j.  tcörter  dieser  form  begegnen  vereintelt  in 
mundarlen  verschiedener  grtntgebiete, 

1)  sehweii.  stack  ut\fruehtbar ;  d€un*  der  stack,  starken 
hammel;  tiege,  die  keine  milch  gitbt;  $.  auch  stackeln. 
Stai.drr  8,880. 

8)  ostfries.  stakk  steif,  unbeweglich ;  gerade,  aufrecht  und 
unbeweglich  wie  eitie  stake;  Stack  staan,  stakk  in  de  wind 


409 


STACK— STACKER 


STACKERN — STACKET 


410 


upp  gaan.  StCrenburg  260'*,  s.  femer  ten  Doornkaat 
Kooi.MAN  3,  296».  ein  {ost)fries.  icort,  s.  aitfries.  stok,  stak 
steif  {im  Rüstringer  landr.  in  den  Verbindungen  stivande 
and   stak    vom  finger,    stef  and   stok  ton   den  gliedern) 

RiCHTHOFEN  lOöO*. 

3)  pretisz.  Stack  (bedetäungT):  selbige  (körper,  so  da  neben 
der  durchsichtigkeit  farbieht  oder  gefärbt  fallen)  wenn 
sie  zerstossen  oder  zermalmet  werden,  zeigen  sie  sich  in 
der  Stackesten  färbe  weisz,  so  dasz  die  weisse  färbe  die 
andern  überwindet.  Linemann  deliciae  calendariographicae 
(Königsb.  1654)  JiS»  bei  Frischbier  2,359''. 

STACK-,  vgl.  stak-. 

STACKBAU,  m.  btihnenbau,  zu  stack  1. 

STACKDEICH,  m.,  vgl.  stack  l,  nd.  stakk-diek,  'ein 
gegen  die  getcalt  des  tcassers  mit  pfählen  und  holzwerk  ver- 
tcuhrter  deich',  brem.  icb.  4,  986,  in  hd.  form  bei  Campe. 
vgl.  stakteich. 

STACKE,  m.f,  s.  stake  (l,  b.  c). 

STACKEL,  m.  l)  oberdeutsches  wort,  schifferstange,  stange 
der  ßöszer  und  schiffet-  mit  einem  eisernen  haken  am  ende, 
womit  sie  die  fahrzeuge  fortstoszen ;  nebenform  zu  stachel, 
s.  das.  2,  e,  ß.  so  in  den  nhd.  xcörterbüchem .-  stackel  oder 
stoszstang  der  schiffieüten  damitt  sy  die  tieffe  desz  wassers 
erfarend  (der)  conttis.  Maaler  383»;  stakkel,  stoszstang 
der  schiffleute.  Schottel  1420;  si&\iQ\,m. pertica ö stanga 
grossa  e  lunga  di  barcaruoli.  v.  stange.  schifF-stakel,  idem. 
Kramer  dict.  2,904»;  stakel,  der,  contus  nautarum,  alias 
eine  stoszstange,  sive  schiffstakel.  Stieler  2161.  so  auch 
in  lebenden  mundarten:  schiceiz.  stackel  {und  stachel), 
spriefstake  Stalder  2, 389;  bair.  mit  umlaut  stackel 
(stäckl,  —  t»  altern  quellen  staechil,  stachel)  Schm.  2,  725, 
ebenso  steir.  Unger-Khull  567».  —  im  tirol.  in  ande)-n 
bedeutungen,  für  die  sonst  z.  th.  stachel  üblich  ist:  l)  eiserne 
spitze  am  gehstock;  2)  stab  mit  solcher  spitze,  schifferstange; 
3)  eisenbeschläge  am,  absatz  der  sohle,  absatz.  Schöpf  696. 
das  bair.  stäckl  für  den  treibstecken  {s.  stachel  2,  a) :  und 
Sangar,  auch  ain  hauptman  der  Juden,  erschlueg  allain 
mit  aim  stäckl,  damit  man  die  ochsen  stupht,  sechs- 
hundert man.  Aventin  chron.  1, 166, 1. 

2)  dithmars.  stakkel  'ein  elender  schlechter  mensch'. 
RiCHEY  424.  brem.  wb.  4, 985;  beklagensicerter  {auch  in  Ham- 
burg-Altana):  lütj'  stakkel,  auch  adj.  min  stakkels  fro, 
meine  armefrau.  Sc iiütze  4, 185.  entlehnt  aus  dän.  stakkel, 
vgl.  stacker  2.  begegnet  vereinzelt  sogar  in  der  nhd.  litte- 
ratur:  bin  doch  kurjos  zu  wissen,  was  der  arme  stackel 
macht.  Siegfr.  v.  Lindenberg*  3,  *.  79  (43.  kap.). 

STACHELN,  verb.,  mundartliches  wort,  l)  eis.  stackele(n), 
stäkla,  stökla  stottern,  stammeln.  Martin-Lienhart  2, 580». 
Ch.  Schmidt  hist.wb.asb*':  lassen  unsz  hüten  vor  truncken- 
heit,  die  unsz  in  der  complex  die  zungen  machet  stacklen. 
Keisersberg  narrensch.  145».    vgl.  staggeln. 

2)  Schweiz,  kastrieien.  Stalder  2,  389. 

3)  tirol.  kämt,  schwer  schreiten,  fest  zutreten,  einher- 
trotten,  humpeln.  Schöpf  696.  Unger-Khlll  567''. 

4)  kämt,  stäckeln  'atif  seen  mit  Schlitten  fahren  in 
der  weise,  dasz  ein  mann  am  Schlitten  steht  ttnd  durch 
gtösze  auf  das  eis  mit  einem  langen  alpenstocka,  den  Schlitten 
in  raschem  fluge  vorwärts  bewegt',  ebenda,   vgl.  stackel  l. 

5)  siebenb.  stäckeln  'die  feUstücke  zusammennähen'. 
Haltrich  91. 

STACKEN,  verb.  l)  nebenform,  zu  staken,  a.  das.  (einl. 
und  i.c.d).  80  bei  Egc.ers  2,966.  öcon.  lex.*  2794;  neben 
staken  Jacobsson  4,245».  Campe,  besonders  sagt  man  in 
Bremen  stakken  in  den  meisten  bedetttungen  des  hamb. 
staken,  brem.  irb.  4,  986  (in  Osnabrück  stocken  Strodt- 
mann  380»).  auch  luxemb.  stacken  ständig  wachsen,  pousser 
de  grosses  tiges,  de  gros  tuyatix,  neben  stächen  («.  staken 
1,  d).  Gangler  428.  {ähnlich  siebenb.  neben  einander  st&ken 
lind  Stacken,  *.  staken  l,  d.) 

2)  das  prät.  stackte  und  das  pari,  gestackt  gehören  tu 
stecken,  s.  das. 

STACKER,  m.    l)  kleber  beim  bauen,  s.  staker  1,  b. 

2)  in  nd.  mundarten  weit  verbreitet  ist  stacker(t)  als 
bezeichnung  eines  schwachen,  gebrechlichen,  armen  oder 
elenden  mensclien;  auch  als  ausdruck  des  bedauerns.  so 
pommersch:  helpt  den  stakker,  wat  will  de  stakker? 
Dähnert  456"/.  {'man  höret  das  wort  mehr  im  gxäen  und 
mitleidigen,  als  schimpflichen  verstaiute') ;  mecklenb.  stacker 


'alter,  stumpfer  mann'  Mi  85";  in  Stade  de  arme  oder  gode 
stakker  {arme  schlucker)l  brem.  wb.  4,  984;  ostfries.  stakker 
und  stakkert  Stürenburg  261».  ten  Doornkaat  Kool- 
MAN  3,  297.  Frommann  5, 143,  31.  dithmars.  dafür  stackel, 
s.das.2.  beide  formen  finden  sich  im,  nordfries.,  *.0utzen341. 
auch  holl.  stakker  'armer  stümper'.  zuiceilen  aus  dem  nd. 
in  die  nhd.  Schriftsprache  eingedrungen:  jetzt  wird  man's 
erst  merken,  was  man  an  ihr  gehabt  hat,  und  wir  alten 
stacker  am  meisten.  P.  Heyse  stiftsdame  4.  —  das  wort 
geht  auf  das  altnord.  stafkarl  alter  hinfälliger  mann  {der 
am  Stabe  gehen  musz,  vgl.  stah  II,  5,  gr) ,  bettler  Gleasby^- 
Vigflsson  586'',  zurück,  wofür  allerdings  das  heutige  dän. 
stakkel  sagt  {neben  veraltetem  stavkarl,  schwed.  stackare, 
norw.  stakar,  stakkar,  stakall  Aasen  743»).  so  ten  Doorn- 
kaat Kooi.MAN  a.  a.  o.  {zweifelnd)  und  Franck  953.  — 
im  heutigen  nd.  zuweilen  volksetymologisch  als  staker  (l,  c) 
verstanden,  s.  brem.  wb.  4,  985  {'es  taird  eigentlich  ein  müh- 
seliger arbeiter  .  .  .  seyn  sollen').  StOrenblrg  261»,  und 
zuiceilen  daher  auch  stak  er  gesprochen:  'in  Hamburg  nennt 
mayi  einen,  der  sichs  bei  der  arbeit  sauer  icerdeji  läszt, 
einen  staker,  und  in  Stade  gebraucht  man  es  tcie  schlucker. 
der  arme  staker'.  Campe,  ebenso  für  das  preusz.  bezeugt 
{'alter,  gebrechlicher  mann").  Frischbier  2,  360''.  dazu  das 
hamburg.  fem.  eene  brave  stakersche  'ein  frauenzimmer, 
das  im  hatis  wesen  rechtschaffen  hand  anleget'.  Richey  286. 

3)  stacker  oder  stackmaschine ,  strohelevator ,  eine  Vor- 
richtung, um  das  von  der  dreschmaschine  ausgedroschene 
Stroh  fortzuschaffen  und  zu  feimen  aufzuschichten,  vgl. 
staken,  m.  7,  c. 

STACKERN,  verb.  l)  bei  Luther  als  synonymer  aus- 
druck mit  stacheln  verbunden,  vgl.  das.  (3,o)  und  stakem  (l), 
stochern :  denn  sie  fragen  nicht  darumb,  das  sie  von  uns 
wolten  lernen,  und  die  warheit  wissen,  sondern  stackem 
und  stacheln  uns  mit  solchen  fragen,  zu  höhn  und  spot 
unsers  glaubens,  als  den  wir  nicht  beweisen  können. 
8,119'';  darumb  stackern  sie  uns  also,  mit  jren  gifftigen, 
lesterlichen  Stachelworten.  120*. 

2)  auch  jetzt  als  nebenform  zu  stakern,  vgl.  da».  (2). 
preusz.  stakern  und  stackem  ohne  unterschied  neben  ein- 
ander. Frischbier  2,360''.  mecklenb.  stackern  'schwer,  steif 
einherschreiten' .  Mi  85".  mi  diesem  sinne  zuiceilen  in  der 
neuern  litteratur:  Wendel  kam,  in  einen  endlosen  kaiser- 
mantel  gewickelt,  über  den  freien  platz  herangestackert, 
daheim  31, 232"  {' waldmoder' ,  roman  des  Nordfriesen  F.  J.\- 
cobsen);  er  verliesz  das  haus,  stackerte  die  strasze 
hinauf  und  brummte  allerlei  vor  sich  hin.  S74». 

STACKET,  STAKET,  n.  laüenzaun. 

l)  Verbreitung  und  form. 

a)  das  wort  ist  eine  roman.  ableitung  aus  dem  roman. 
stacca,  das  aus  dem  deutschen  staken  entlehnt  ist.  nicht 
ganz  so  deutlich  ist,  aus  icelcher  spräche  das  wort  ins 
deutsche  gekommen  ist.  am.  nächsten  liegt  es,  an  ital. 
stacchetta  zu  denken,  doch  spricht  dagegen  das  fehlen  des 
Wortes  im  oberdeutschen ;  und  so  tcird  man  es  von  altfranz. 
estachet(t)e,  -kete,  -quete  Godefroid  3,587  herleiten  müssen, 
obwol  dies  in  der  bedeutung  xceniger  genau  stimmt  {seil  zur 
einhegnng  des  tumierplatzes ;  pfähl, ziel),  r^i.  Wächter  1579. 
Adelung.  Kinderi.ing  225.  Weigand  2,  790.  Kluge*375». 

b)  stacket  scheint  sich  vom  Niederrhein  aus  verbreitet 
zu  haben,  es  findet  sich  zuerst  in  G.  van  der  Schuerens 
Teuthonista  {Köln  1477,  clevische  mundart):  staeckette, 
palata,  vallum;  stackette  of  hamey,  fescennina.  254  (373» 

Verdam),  auch:  gelent,  staecket.  108  (115»);  hamey  off 
staecket.  115  (l39").  heute  holl.  staket,  n.,  oder  staketsei,  n., 
staketting, /.,  r^i.  Franck  953:  staecket.  t'«Z  staecketsel. 
sepimentum,  septum,  vallum.  palatio,  pedatio,  s^pes palata: 
sudetum,  erebrisurus.  Kilian.  wind,  stacket,  sticket  in 
Oldenb.  urk.  von  1544  und  1567.  Schiller-Löbben  4,349"/. 
älter  sind  die  hochd.  belege,  zuerst  als  die  stekat,  stekate 
in  Frankf.  urk.  von  1501  und  1502,  *.  Dief.-Wülcker  861, 
was  eigentlich  als  besonderes  wort  zu  rechnen  ist.  (steckade 
auch  bei  Stieleh,  s.2,a.)  deutlich  liegt  stacket  vor  in 
der  Magdeb.  historia  des  'möllenvogtes'  Seb.  Langh.\N3 
(1524,  abschr.  v.  1601):  der  radt  der  Altenstadt  hat  itzt  neu- 
lich über  alle  andere  angefangene  gebew  zwene  newe 
stakeht  im  Stadtgraben  bey  S.  Ulrichs  thore,  eins  unden 
am  walle  im  graben  und  das  ander  recht  oben  uff  dem 
walle  angefangen,   d.  städteehron.  27, 191,  2.     tceitere  belege 


411 


STACKET 


STACKET 


412 


mis  dem   16.  jahrh.   s.  unten,     in  den  loörterbüchem  aeit 

CoXlENIUS   (1657). 

c)  die  Schreibung  schwankt  ztoisehen  ck  und  k;  erstere, 
die  der  ausspräche  besser  entspricht,  herrscht  in  den  altern 
belegen  durchaus,  staket  {crebrisurum,  sepimentum  ligneum) 
Muerst  bei  Sghottf.l  1420,  fernei-  bei  Ludwig,  Wächter, 
Frisch  und  in  den  neuesten  ivörterbiichern ;  beiden  neben 
einander  haben  Stieler  und  C.wipe,  alle  andern  siacket. 
in  dei-  litteratur  frommt  staket  erst  im  i9.  jahrh.  vor.  diese 
Schreibung  soll  vielleicht  die  betonung  der  ersten  silbe  {die 
immer  kurz  ist)  verhüten,  oder  auch  den  Zusammenhang 
mit  staken  herstellen. 

d)  weitere  achicankungen  der  form  finden  sich  selten, 
a)  verdumpfung   des  a  zu  o   im,  hess.,    s.  Vi  i. mar  401; 

so  schon  im  16.  jahrh.   bei  Hans  Staden  ,   s.  unten  2,  b. 
{vgl.  stocket?)  —  sticket  in  der  Oldenb.  urk.  v.  l.54i. 

ß)  in  neuerer  zeit  begegnet  zuiceilen  scheinbare  verschielmng 
des  k  zu  ch:  stachete  neben  stackete  bei  Moerbeek 
(1768)320«,  ».  Weigand  2, 790;  stächet,  ein,  ein  gegitter. 
Kindi.eben  Studenten  lex.  {Halle  1781)  181 ;  auch  bei  Jacobs- 
SON  7,  418**.  jetzt  mundartlich  in  Salzungen  sdachßde,  /., 
aucli  preusz.  stachst  7ieben  stakßt,  s.  unten  g. 

e)  das  geschlecht  ist,  der  herkunft  gomäsz,  zunäch.9t  das 
fem.  so  in  den  ältesten  belegen,  doch  ist  bald  und  überall 
das  neutr.  herrschend  geworden,  wol  unter  einfixi^z  des 
synonymen  gitter  (gatter).  so  schon  bei  Hans  Staden  (1557), 
auch  CoMENius  sprachenth.  giebt  das  stacket  im  reg.  in- 
dessen kommt  das  fem.  hie  ttnd  da  immer  noch  vor:  die 
stackete  im  neuen  teutsch  -frantz.  -  tat.  dict.  (1669)  321»  und 
bei  Rädlein  (l7ll)  833»,  stachete,  stackete  bei  Moerbeek 
(1768)  320°,  s.  Weigand  2, 790 ;  stackete  (die,  plur.  stacketen) 
vacerra.  Steinbach  2,  6.52;  stakete  bei  Wächter  1579  und 
Frisch  2,  316*;  in  der  litteratur: 

80  wandelt  er  gemach  am  wiesensaum 
und  ordnet  sinnend  —  er  bemerkt  es  kaum  — 
an  der  staketC;  wo  sie  niederschwanken, 
des  wilden  wemes  fessellose  ranken. 

Isolde  Kurz  ged."^  141. 

htute  als  fem.  in  Satzungen,  s.  g,  und  in  TAv-  und  Esth- 
land  (stakete,  auch  stankete).  Hüpel  226. 

f)  als  plur.  wird  dagegen  auch  zum  neutr.  die  form 
stacketen  festgehalten,  so  in  der  altem  spräche  durchaus 
{ganz  vereinzelt  scheint  bei  Langiians  stakelit  als  plur.  zu 
gelten,  s.  b),  in  der  litteratur  noch  bei  Schiller,  J.  Paul, 
Brentano,  und  in  der  Volkssprache  noch  heute,  nur 
Adelung  setzt  stackete  an.  in  diesen  formen  {urie  im 
fem.  stackete)  ist  die  länge  des  e  ziceifellos,  sie  wird  auch 
für  den  sing,  staket  ausdrücklich  bezeichnet  bei  Campe 
erg.-wb.  (staket  oder  stacki't),  soioie  bei  VIlmar  401  und 
Frischbier  2,  seo'',  vgl.  die  Schreibung  stakeht  bei  Lang- 
hans unter  b.  dagegen  wird  im  nd.  allgemein  kurzes  e 
{im  Wechsel  mit  i)  gespi-ochen  (stacketten  schon  in  der 
Oldenb.  urk.  v.  1567),  und  so  auch  im,  hd.  auf  norddeutschem, 
boden.  der  plur.  dazu,  der  nicht  sehr  üblich  ist,  lautet 
entweder  stacketen  oder  es  vyird  stackets,  stackette  ge- 
bildet. —  mit  der  pluralbildung  hängt  es  ztisammen,  dasz 
die  altem  Zusammensetzungen  durchgängig  staketen-  auf- 
weisen, während  jetzt  solche  mit  staket-  gebildet  weiden, 
$.  unten. 

g)  mundartlich  ist  das  wort  besonders  im  nd.  üblich 
ai*  stakett  Strodtmann  380*.  Stürenburg  261»,  sfakkett 
Dähnert  457».  TEN  DooRNKAAT  KooLMAN  3,  297»,  da- 
neben 8ta(c)kitt  RicnEY  287.  Schütze  4, 184  {so  auch  um 
Goslar),  auch  noch  weiter  entstellt  zu  kastett,  kastitt. 
Dan  NEIL  208».  auszerdem  nur  in  den  nördlicheren  mitteld. 
mundarten:  Aes«.  stocket  Vi  lmar  401,  i7i  Salzungen  sd&ch&de 
(-aede).  Hbrtel  Salzunger  wb.  44.  aprachseh.  288,  in  der 
provinx  Sachten  stacket  Bruns  SB**,  tn  Preuszen  stakCt, 
•tacbet,  n.  Frisciibier  2,  MO**  (tn  den  ostseeprotnnzen 
».  HuPEL  uuter  e).  Popowitsch  822  kennt  stacket  {neben 
■tackenzaun)  aU  aächs.  benennung  für  lattenzaun.  {fehlt 
in  Handaehuhtheim  Lrnz  67».) 

t)  bedeutttng. 

a)  allgemeine  definitionen:  crebrisurum,  ein  siacket,  da 
immer  ein  pfal  an  dem  andern  steht.  Cokvinus  fons 
tat.  662*;  staket,  n.  tteccata,  it.  palistata,  jmlifirrata,  palan 
eata.  Khamkh  dict.  t,90^;  staket,  das,  crebrisurum,  sepi 
mentum  ligneum,  it.  »udet  praepilutae  aut  ferratae,  alias 
itcckaden,  et  pallisaden,  vaeerrae.  .Stiklkh  >l6l;  daneben 


stacket,    das,    vacerra,    roborarium,    sttdes    praepilatae^ 
nachnch.  Sil*. 

b)  in  der  altem  zeit  ah  eine  befestigung  oder  verschanzung 
zum  ztoeck  kriegerischer  vertheidigung  oder  belagerting ,  aus 
dicken  pfählen  {gewöhnlich  mit  eisernen  köpfen)  bestehend; 
vgl.  ScHUEREN  unter  l,b,  Stieler  unter  2,  a:  sepimenttim 
militare,  ein  stacket  von  pfälen.  Couvinus  fons  lat.  589''; 
Valium,  ein  wall  oder  pollwerck,  propr.  von  pfälen,  ein 
stacket.  704'';  mit  staketen  verschantzen,  fortificare  di 
palizzate  6  palificcate,  palancate;  palancare.  Kramer  dict. 
2,904»;  stacketen,  lat.  sudes  praeferratac  seu  praepilatae, 
s.  pallisaden.  Apin.  gloss.  508;  'in  der  befestigungskunst, 
eine  reifte  palisaden,  mit  welcher  ei7i  offener  räum  vor  dem 
zugange  verwahret  wird.'  Adelung.  Jacobsson  4,  24.5». 
Krünitz  167,  641.  so  in  den  belegen  des  16.  jahrh.  {vgl. 
Langhans  untei-  i,b):  auch  sein  sie  {die  wilden  eingeborneyi 
in  Brasilien)  geneygt  festungen  uinh  jre  hiilten  zumachen, 
die  ist  so:  sie  machen  eyn  stocket  unib  die  hülten  her  ausz 
palmen  beumen,  die  spalten  sie  von  eynander.  das  stocket 
ist  wol  anderthalb  klafTter  hoch,  machens  dick  das  keyn 
pfeil  hindurch  mag  kommen,  ...  und  umb  das  stocket 
her  machen  sie  noch  eyn  ander  stocket,  von  grossen 
hohen  reydeln,  aber  sie  setzen  die  reydel  nicht  hart  bei 
eynander,  nur  das  eyn  mensch  nicht  kan  hindurch 
kriechen,  und  es  haben  etliche  den  gebrauch ,  das  sie 
die  köpffe  derer  so  sie  gessen  haben,  ufT  die  stocketen 
stecken,  vor  den  eingang  der  hütten.  Hans  Staden  hist. 
^i.  beschr.  eyner  landt.9chafft  der  wilden  {Marb.  1557)  p  3»/.  ; 
also  gehets  wenn  gott  mit  in  kriegs/.rethen  sitzt,  und  im 
anzug  ist,  und  im  födersten  glied  stehet,  und  ein  gute 
sach,  als  ein  feste  Wagenburg  oder  stacket  umb  das  beer 
geschlagen  ist.  Mathesius  Sar.  22'';  hiemit  sag  ich  hat 
unser  gott  die  liebe  obrigkeit  schmücken,  unnd  gleich  als 
mit  eim  stacket  umbschrencken  wollen.  47'';  es  geschähe 
von  dem  ordensvolck  grosse  kegenwehr,  sie  fielen  offters 
aus,  und  scharmützelten  mit  den  Preussen,  zerrissen  und 
verbranten  jnen  die  polwerck,  stacketen  und  plockheuser. 
Schütz  beschr.  der  lande  Preussen  (1599)  29'';  die  stadt 
{Murten)  beschantzt  und  beschosz  er  {herzog  Karl  v.  Bur- 
gund)  hefftig  und  feindlich,  so  auch  das  schlosz,  so  aber  in 
der  stadt  und  am  see  auff  einem  felsen  gelegen,  dasz  sie, 
weil  sie  der  mauien  merertheils  entblöKzt,  wider  mit 
stacketen  und  schlechten  zäunen,  alles  mit  mist,  erden  und 
holtzwellen  hinderschütten,  auszgcfüUet.  Kirch hop  wend 
unm.  3,  51  Österley  (4,  45) ;  in  neuerer  litteratur  ganz  ver- 
einzelt- zwischen  beyden  staketen  blieb  noch  ein  räum  von 
mehr  als  sechshundert  schritten  auszufüllen.  Schiller 
9,  51  {belag.  Antwerpens);  über  die  schiffe  hinweg  wurden 
grosze  mastbäume  gelegt,  welche . . ,  mit  planken  überdeckt, 
eine  ordentliche  strasze  bildeten,  auch,  wie  die  staketen, 
mit  einem  geländer  eingefaszt  waren,  diese  Schiffsbrücke, 
davon  beyde  staketen  nur  eine  fortsetzung  ausmachten, 
hatte,  mit  diesen  zusammen  genommen,  eine  länge  von 
zweytausend  vierhundert  schritten,  ebenda,  zur  erklärung 
der  Sache  und  der  bezeichnung  vgl.  •  so  wurde  von  beyden 
entgegenstehenden  ufern  aus  ein  gerüste  in  den  ström 
hinein  gebaut,  wozu  man  die  mäste  von  den  gröszten 
schiffen  gebrauchte.  .  .  .  dieses  gebälke,  welches  fest  und 
sicher  auf  dem  gründe  des  wassers  ruhte . . ,  war  mit 
planken  bedeckt,  welche  eine  bequeme  strasze  formier- 
ten. .  ..  diese  estacadc,  wie  man  sie  nannte,  lief  von 
beyden  entgegenstehenden  ufern  ...  in  den  ström  hinein.  43. 
{auf  diese  vertoendung  ist  wol  stack  von  eii\ftttsz  geiresen, 
s.  das.  1.)  —  vgl.  unten  f. 

c)  später  dient  das  stacket  nur  der  eit\friedigung,  um- 
liegung  und  absperrung  eines  raumes  oder  vlatzes.  so  icol 
schon  in  den  belegen  des  17.  jahrh.,  die  niclit  besonder» 
deutlich  siiul:  sobald  <las  eher  {tceizetu'ihre)  sich  gespitzet, 
müssen  die  stachlichten  spcltzen,  wie  stacketen  sich  in 
die  runde  umbher  machen,  damit  die  körnlein  von  dem 
raub  der  vogel  geschützet  bleiben.  J.  M.  Mryi'art  das 
himml.  Jerus.  (l68o)  2,  47 ; 

•chlieszüch  ist  auch  diose  pfort 
mit  talTelworck  umbKebon, 
gleich  den  fliegein  eiii  joder  ort 
hat  sein  stacket  daneben. 

TuoM.  SciiRÖBR  fried-ehren4hron  (IßSO)  E  «•• 

{am  rande;  stacket  amb  desz  friedes  elireiipfort).    s.  auch 
Ulkarius  unter  e. 


413   STACKETCHEN  — STACKETENWERK 

d)  jetzt  als  zäun  um  höfe  und  gärten-,  'stacket,  vrird  ein 
von  latten  zusammengesetztes  gatter  genennet,  tvelches  man 
einen  hof  oder  ajidern  abgesonderten  räum  damit  zu  schliessen 
daselbst  anleget'  öcon.  iecr.' 279i;  'stacket,  palis,  ist  eine 
verzäumung  eines  gartens,  hofes,  oder  andern  pUitzes,  mit 
gerade  aufgehenden  nicht  gar  starken  liölzem,  die  oft  ober- 
xcärts  mit  zierlichen  köpfen  versehen,  mit  Ölfarbe  angestrichen 
sind,  und  ztciscfien  sich  eineii  räum  von  2  bis  3  zoll  zum 
durchsehen  lassen.'  Eggers  2,967,  lattenzaun  Jacobsson 
7,419»,  vgl.  2, 562'>,  soicie  Adelung.  Krünitz  167,641.  es 
besteht  in  der  regel  aus  schmalen  gesägten  latten,  die  auf 
qtierlatten  angenagelt  sind,  so  durchxceg  im  nd.,  s.  besonders 

KICHEY287.  DÄHNERTiiT».  StÖKENBURG  261».  TEX  DOORN- 

K.\.'VT  KooLMAN  3,  297»  (=  stakcnwark).  vgl.  auch  staken- 
zaun.  belege:  hat  denn  irgend  ein  paradies  so  weite  und 
niedrige  stacketen  —  so  dasz  jeder  vorbeigehende  hinein- 
sehen kann  —  als  ihres  {der  liebenden)?  J.Paul  Tito» 3,29; 
es  liefen  immer  ein  paar  prächtige  pfauen  im  hofe  herum, 
die  wir  oft  halbe  stunden  lang  durch  die  stacketen  be- 
guckten. Mörike  ges.  erz.  92;  einer  groszen  mauer  wegen, 
die  das  gärtlein  von  den  zwei  übrigen  selten  umgab, 
konnten  die  diebe  dann  nicht  so  leicht  entkommen,  wenn 
einige  . . .  die  gartenthüre  und  das  biszchen  staket  zwischen 
haus  und  scheune  besetzt  hielten.  Ludwig  2,  506;  auf  den 
schmalen  steinhof,  der  durch  ein  stacket  von  dem  garten 
getrennt  war.  Storm  2, 167 ;  nun  ist  da  ein  stacket  frei 
geworden,  vor  dem  die  schönsten  Unkräuter  üppig  auf- 
gewuchert sind.  P.  Heyse  kinder  der  weit  1,115; 

(ich)  kenne  das  gärtchen  vom  mit  dem  spitzen  stacket,  und 

die  laube 

schräg  mit  latten  benagelt.    Schmidt  v.  Werneuchen  ged.  8 ; 

so  war  mein  garten  auch  in  der  ganzen  gerend  berühmt,  und 

jeder  reisende  stand  und  sah  durch  die  rothen  stacketen. 

GÖTHE  40,  262  (Herrn,  u.  Bor.  3). 
im  bilde:  so  standen  meine  hoffnungen,  als  nun  am  Vor- 
abend ihrer  erfüllung  mich  ein  alter  diener  des  hauses, 
hcrr  Schwab,  der  buchhalter,  an  dessen  Originalitätsstake- 
ten alle  reben,  geisblatt-  und  bohnenlauben  unserer  phan- 
tasie  hinangerankt  waren,  enttäuschte.   Brentano  5, 11. 

e)  durchgehends  ist  ein  staket  von  holz  {vgl.  Schottel 
unter  i,  c  =  Stieler  2,  a),  specieller:  roborurium  ein 
stacket  von  eichenen  pfälen.  Corvinus/otis  lat.  550».  das 
gilt  soicol  von  dem  früheren  bollwerk  wie  von  dem  heutigen 
lattenzaun.  ganz  vereinzelt  auf  ein  metallenes  gitter  an- 
geicandt:  durch  diese  gieng  man  zu  einem  mit  langen 
silbern  gitterwerck  abgesonderten  gemach.  ...  es  war  . . . 
zu  hinterst  . . .  abermahl  mit  einem  dicken  stacket,  dessen 
tralgen  {stäbe)  von  klaren  golde  rund  gedrehet,  unter- 
schieden. .  .  .  die  thür  am  güldenen  stacket  war  ver- 
schlossen. Olearics  reisebeschr.  245*". 

f)  geicöhnlich  bezeichnet  stacket  das  ganze  pfähl-  oder 
lattenteerk,  doch  kommt  es  zuiceilen  auch  für  das  einzelne 
glied  vor;  pfähl:  stakete,  stipes  in  terram  deßxus.'W .^.chter 
1579;  Stakete,/,  ein  teutsches  wort  mit  italiänscher  endung, 
ein  stück  von  einem  bäum,  so  man  mit  dem  untem  theil 
in  die  erde  gräbt,  und  den  ober-theil  zuspitzt,  dient 
meistens  zum  bevestigen  der  wälle,  und  andere  werke 
zu  besetzen,  stipes  cuspidatus.  Frisch  2,  316».  in  Liv-  und 
Estland  pfähl,  latte.  Hupel  226.  in  Preuszen  bedeutet 
stakst  l)  einen  gewachsenen  oder  geschnitzten  zaunstab ; 
8)  einen  zäun  aus  lattenstäben,  wofür  gewöhnlich  staketen- 
zaun.  Fhischbikr  2,  360''.  {umgekehrt  ostfries.  stake  auch 
für  stacket,  *.  stake  3,  b;  dithm.  stack,  s.  das.  2.) 

STACKETCHEN,  n..-  ich  will  ihren  Taddeo  Gaddi  für 
echt  erklären,  wenn  der  kleine  meister  es  nur  ein  jähr 
aushalten  kann,  ohne  seine  stacketchen  und  vorder- 
gründchen hinzuklecksen.  P.  Heyse  kinder  der  weit  2,  79. 

STACKETENFLICKER ,  m.  ein  alter,  unvermögender 
mann.  Kindleuen  Studenten  lex.  {ilSi)  m;  jetzt  matis- 
feldiseh  Jeght  loe*",  haml).  en  oolen  stakittenflikker  für 
'einen  mann  dem  man  nicht  viel  zutraut,  und  der  sich 
fleischlicher  liebesirerke  viel  berühmt'.  Schütze  4, 185. 

STACKETEXTHCR,/.:  mit  dem  ersten  viertelschlage 
von  ein  und  sieben  uhr  klinkte  er  die  staketenthüre 
wieder  hinter  sich  zu.  Ludwig  1,378. 

STACKETENWERK,  n..  sive  pfalwerk,  sudea  praepilatae. 
Stieler  2558;  stake[t]en-werck ,  n.  idem  {icie  staket). 
Krämer  dict.  2,  904»;  locus  palis  crassioribus  munitus. 
Frisch  2,  sie». 


STACKETENZAUN— STACKWERK         414 

STACKETENZAUN,  »n.  sepespalata.  Frisch  2,316»,  latten- 
zaun  Karmarsch-Heeren'  ii,  153,  preusz.  staköten-  und 
stachetenzaun  Frischbier  2,  seo*»:  darm  ging  sie  langsam 
an  das  pförtchen  des  stacketenzaunes  und  lehnte  sich 
mit  halbem  leibe  in  den  dunkeln  garten  hinaus.  Storm 
2,170;  eine  wahrhaft  kunstvolle,  dreifache  befestigungs- 
linie:  erst  eine  dicke,  lebende  hecke  .  .  .  endlich  ein  dritter, 
hoher  staketenzaun,  hinter  dem  die  hütten  lagen,  graf 
V.  Götzen  durch  Afrika  (1895)  111. 

STACKETPFORTE,/.  pforte  in  eiiiem  stacket.  auch  pforte 
aus  lattenwerk  in  einem  zäune  andrer  art:  hier  wurde  die 
nördliche  häuserreihe  von  einem  grünen  weiszdornzaune 
und  dieser  wiederum  durch  eine  breite  stacketpforte  unter- 
brochen. Storm  7,  285;  während  drunten  vor  der  stacket- 
pforte sich  zusammendrängte,  was  die  kleine  gasse  an  . . 
lustiger  Jugend  aufzubieten  hatte.  328. 

STÄCKHAMEN,  m.  ein  ßscherneiz,  ein  flacher  sack  von 
netzwerk  mit  tceiter  mündung,  die  von  einem  länglich  runden 
bügel  eingefaszt  ist;  quer  über  diesen  wird  eine  lange,  starke 
Stange  befestigt,  womit  das  netz  vom  ufer  eines  grabens 
aus  nach  dem  andern  ufer  geschoben  und  zu/nick  gezogen 
wird;  auch  struckhamen,  seile.  Jacobsson  7,  419». 

STACKHOLZ,  n.,  s.  stakholz. 

STACKKNECHT,  m„  im  deichhau,  auch  meisterknecht, 
gehilfe  und  Vertreter  des  stackmeisters.  Jacobsson  7,  419». 

STACKKUNST.  /.  'ist  eine  Wissenschaft,  lodche  lehret, 
wie  man  den  abbruch  eines,  an  einem  ström  oder  flusz  be- 
legenen ufers  nicht  allein  hemmen,  sondern  den  ström  auch 
davon  abweisen,  und  selbigem  einen  andern  lauf  geben 
könne.'  Jacobsson  7,  419». 

STÄCKLEIN,  n.  alchemistischer  apparat: 

den  grossen  bschissz  der  alchemy 
die  macht  das  sylber.^golt,  uff  gan 
das  vor  ist  jnn  aas  stäcklin  gtan. 

Bränt  narrenich.  102,  52 

{'uwrden  so  vielleicht  die  zum  destillieren  benutzten  gefasze 
der  Chemiker  genannt,  tcegen  der  langen  schmalen,  stock- 
artigen halse?'  Zarncke). 

STACKLER,  m.  stammler.  vgl.  staggler:  stackler,  der 
ein  ungleitige  und  stacklende  zunge  hat,  itiexplanatae 
linguae  homo.  Maaler  383»;  so  eis.  stackler,  stackli  Martin- 
Lienhart  2,580». 

STACKLÜNG,  /.  titubantia  oris.  Maaler  383»;  zu 
stackein  l. 

STACKMEISTER,  m.,  im  deichbau,  der  die  buschlagen 
legt.  J.*.cobsson  7,419»;  nd.  stack-meister  baumeister  in 
deichen  und  dämmen.  Richey'  285  {danach  C\mpe).  brem. 
tcb.  4,  986.   (stakmeister)  Schütze  4, 183. 

STACKNETZ,  n.,  s.  staknetz. 

STACKPFAHL,  m.,  benennung  von  allerlei  pfählen  von 
6  bis  6  fusz  länge,  wie  sie  beim,  stackbau  gebraucht  icerden. 
Jacobsson  7, 419». 

STACKS,  m.,  in  mitteldeutschen  mundarten.  auch  staks, 
volksthümliche  Weiterbildung  zu  staken,  s.  das.  5;  ursprüng- 
lich wol  für  lange,  magere  menschen,  so  in  Salzungen 
sdäks  'langer  kerl'  Hertel  44,  preusz.  staks  für  hagere 
Personen.  Frischbier  2,  360»;  dann  thür.  (in  Winterstein^ 
stiicks  steifer  mensch.  Hertel  sprachsch.  233,  in  Meiningen 
dummer  mensch  {scheltname).  Spiess  240.  —  preusz.  staks 
auch  für  stich:  staks  geben,  stechen;  plur.  stakse  die 
feinen  gräten  der  fische,  namentlich  der  kaulbarsche;  auch 
kleine  fische  selbst.  Frischbier  2,  361». 

STACKSEN,  verb.  i)  preusz.  atoszen,  nieder-,  zureeht- 
atoszen.  Fhischbier  2,  359^ 

2)  vgl.  staggeln. 

STACKWERK,  n. .-  'stackwerke,  {tcasserbau)  sind  nichts 
anders,  als  starkgefütterte  zäune,  die  man  nach  der  geraden 
und  krum,men  linie  des  ufers  zu  dem  ende  vorzieht,  damit 
das  aufschlagende  wasser  das  vorhandene  tcenige  ufer  nicht 
gar  wegspühle'.  Jacobsson  4,246»,  nd.  stakk-wark  ein  zäun, 
den  jnan  unten  am  fusz  eines  deiches  zieht,  sonst  vorläge. 
brem.  wb.  i, 986  {bei  Campe  auch  stakwerk),  vgl.  stack  1: 
der  mensch  greift  mit  starkem  arm  in  die  fluth.  ...  er 
legt  schiengen,  stackwerke  und  deiche  an.  Allmers 
marschenbuch^  10;  eins  der  hauptmittel  zur  gewinnung 
neuen  landes,  wie  zur  erhaltung  des  älteren,  sind  die  . . . 
schiengen,  in  einigen  gegenden  auch  stackwerke  oder 
buhnen  genannt.  ...  es  sind  werke  aus  faschinenbUndeln, 


415 


ST  ACTEN— ST  AD 


ST  AD  — STADEL 


416 


die  hoch  aufeinander  gelegt  sind,  über  ihnen  laufen  der 
länge  nach,  um  sie  zu  befestigen,  gedrehte  6 — 8  zoll  dicke 
stränge  von  zähen  weidenruthen;  diese  aber  werden 
durch  lange  pfähle  ...  so  darauf  gepreszt,  dasz  das  ganze 
ein  starker  wall  wird,  der  oft  weit  in  den  ström  hinein- 
ragt. 18;  seeuferbau  durch  stackwerke.  468.  (davon  ver- 
schieden ist  stakwerk,  s.  das.) 

STACTEN,  /,  myrrhenharz .  aus  mitteüat.  stacten,  das 
auf  gr.  OTa^Ttj  zurückgeht.  Weigand  2,  7'JO;  stacten  ...  ist 
ain  zäher,  der  fleuget  von  dem  mirrenpaum.  Mkoenheho 
374,  25;  stacten  im  voc.  theut.  (14«2)  ee8»,  s.  Weioano  a.a.O.; 
nim  zu  dir  specerey,  baisam,  stacten,  galben  und  reinen 
Weyrauch.   2  Mos.  30,  34;    stacte,    myrrhensaft.    Kindek- 

LINO  207. 

STAD,  STAT,  adj.  und  adv.,  still,  leise,  im  oberdeutschen 
sich  nur  vereinzelt findeud,  stad  Ungeu-Khull  !i67'';  dafür 
a-.uh  gestad,  leise,  sachte,  stille,  ruhig.  2»1*  (vgl.  gestät 
theil  4,  2,  4203);  st&t,  stad  Schöpf  70;  druckt  sie  die  äuglan 
zue  und  w6rt  ganz  stät.  ebenda,;  ich  hab'  d'  fensterriegel 
schön  stad  z'ruckg'schob'n  und  a  band  breit  'n  flügel 
aufg'macht.  Anzengkurer'4,  84;  durchs  dorf  an  die  felder 
vorbei  hat  er  sich  noch  eins  'pfiffen,  wie  er  aber  auf 
die  verrufene  waldwiesen  zukommt,  da  is  er  ganz  stad 
word'n.  5, 108;  hübsch  stad  bin  ich  gegangen.  Roseggeh 
tcaldschulmeister  290 ;  auch  in  tceiterer  Zusammensetzung : 
mäuslstät  Schöpf  701. 

STAD.  STADE,  STADEN,  m.  und  n..  litus,  ripa.  porttis. 
heute  nur  auf  das  oberdeutsche  beschränktes  wort,  im  gegen- 
satz  zu  dem  dazu  gehörigen  gestade ,  ri.  {theil  4, 1,  417.5), 
icel<ihes  allgemeiner  der  schriftspraehe  angehört,  in  älterer 
spräche  hat  das  wort  weiteren  geltungskreis :  vgl.  got.  sta[)s 
(dat.  sta{)a  zxceinml  belegt);  ahd.  stat,  stad  Gh äff  6,  643, 
as.  stad,  ags.  städ.  daneben  ein  schwachflectiertes  ahd.  stado 
(mJtd.  Stade),  vgl.  auch  noch  ahd.  merstedi  Ghaff  6,  644. 
mit  dem  dazugehörigen  verb.  stedian,  gastedian,  landen, 
zur  geschichte  des  wortes  mag  das  unter  gestade  (4,  l,  4175) 
gesagte  verglichen  werden,  über  die  Verwendung  des  wortes 
in  Ortsnamen  vgl.  Ostenstadon,  Tiufstadun,  Buocstadon. 
FÖRSTEMANN  ortsTUimen  1382,  icelche  wol  als  locat.  lüur. 
aufzufassen  sind.  vgl.  auch  das  in  Hannover  gelegene  Stade, 
älter  Statho,  Stadun.  ebenda,  als  compositionsglied  in  lango- 
bardischen  Personennamen  vgl.  Brückner  spräche  d.  Lango- 
barden (quellen  u.  forschungen  75)  307*. 

l)  stad,  Stadt,  litus  Dief.  334»;  stad  neben  staden,  zu- 
gleich mit  beschränkender  definition:  stad,  ripa  Alberus, 
daneben  ein  staden,  ripa  acta,  aegialus  ufFer  der  andern 
Wasser  (twi  gegensatz  zu  den  ufern  des  meeres,  denn  vorher 
geht  littus  dy  uffer  des  meers).  ebenda,  vgl.  auch  der  stad 
(neben  der  staden),  in  einigen  städten,  wo  flüsse  durch- 
flieszen,  gebraucht  man  es  noch  von  dem  eingefaszten 
ufer,  wo  die  schiffe  stehen  oder  anlanden  können.  Frisch 
2,  314*'.  freilich  ist  damit  nicht  gesagt,  dasz  diese  beschrän- 
kung  des  wortes  als  benennung  der  ßuszufer  mit  ausschlusz 
der  ufer  des  meeres  nur  eine  allgemeine  sei.  stad,  staden 
vertritt  thatsächlich  in  Oberdeutschland  viel  weitgeliender  das 
md.  ndd.  ufer,  n.  vgl.  unten  die  belege,  stille  wasser  fressen 
das  stad.  quelle  bei  Schm.'' 2,  732; 

Riln  dO  in  da?  stad  entphienc, 

da;  schif  näco  in  undergienc.    quelle  ebenda; 

dat. :  ein  alt  vater  sach  in  dem  geiste  drie  munche  stan 
uf  des  meres  stade.  der  veter  buoch  14, 16  Falm; 

Stfrit  dö  balde      ein  schalten  eewan, 
von  Stade  er  schieben     vaste  began. 

üib.  8C8,  2  Lachmann  ; 
anderthalp  des  Rlnes      sach  man  mit  managen  schäm 
den  kOnec  mit  stnen  gasten      zuo  dem  staute  vam.    538,  2; 
Wate  der  vil  kOene      von  dem  stade  spranc 
in  eine  gälte.      Küdrün  460,  1  Martin. 

in  verkürzter  form:  von  stad  g6n,  vam.  quelle  von  1899 
bei  ScHM.'s,  788;  nan  ersachent  sy  der  künigin  kyel  an 
dem  statt  stan.  deutsche  volksbiieher  1S1,1  Bachmann  Singer; 
und  da  es  tag  ward,  da  sach  man  vil  galcnun  an  dem 
stat  ligcn.  188,18;  und  fand  man  onsaglich  vil  guocz  am 
stat  liggcn.  80; 

dajin  wir  hant  weder  synn  noch  lyst 

das  wir  usz  schwymmcn  zA  dem  stad  (:  sym  schad). 

Brant  nnrrrtmrh.  lOfl,  114  Zameke. 

in  der  form  staden:  staden  an  dem  WAHser,  litus.  Dikf. 
Mi*,  vgl.  auch  oben  Aluühus  und  Khisch.    und  6r  danne 


si  zu  lande  quAmen  dö  was  der  licham  Oj  und  funden 
in  üffe  dcme  staden,  und  brach  ein  grog  loch  durch 
den  für  des  staden  und  des  meris.  deutsche  mystiker 
1,71,36,37  Pfeiffer;  dö  si  mit  den  schiffen  zu  stijen  an 
den  staden.  223,  29 ;  so  es  (das  crocodil)  satt  ist,  liget  es  an 
dem  staden  und  lande  zu  schlafen.  Stein höwel  J5r*opu« 
164*;  und  ward  funden  am  staden  todt  ligen.  161»;  wart 
er  zornig  und  stund  uff  dem  staden  des  wassers  und  warf 
den  gebundenen  esel  in  den  bach.  142»;  die  do  gont  an 
eime  sorglichen  staden,  wcnne  sü  sich  üt  stiessent,  so 
möhtent  sü  wol  in  das  wasser  fallen.  Nicolaus  v.  Basel 
bei  Schmidt  elsäss.  wb.  3.36»;  als  nön  der  herr  im  schifTlin 
gesessen  ist,  und  die  schar  hatt  vor  im  gehaben  uff  dem 
staden  ston,  do  hatt  er  angefangen  mit  inen  zö  reden 
in  byspel  und  glichnflsser.  Keisersherg  postille  32»; 
schneckenhäuszlin,  so  daselbst  hin  und  wider  am  staden 
lagen,  btich  der  liebe  179*;  (neben  ufer:)  denn  wann  er  (der 
Nil)  nicht  auszlauft,  so  ist  er  seinem  staden  und  ufer 
allwege  gleich,  also  reichlich  ist  sein  brunn  des  Ursprungs. 
190*>;  ich  weisz,  an  welchem  staden  ein  moszschall  uff 
geläsen  ist  worden.  Gengenhach  175,  3li  Gödeke;  und  wie 
er  an  dem  Stockweyer  abhien  geht,  so  sieht  er  ein  groszen 
hechten  an  dem  staden  halten.  Frey  gartengeseU. Schaft 
31, 10  Bolte;  so  richtet  er  sich  uff,  sucht  sein  hembd  am 
staden.  17 ;  da  sähe  er,  das  er  gar  nahe  am  staden  was. 
136,24;  wann  er  (der  flusz)  entweder  in  seinem  fürt  oder 
staden  gehet,  oder  nur  ein  wenig  über  das  ufer  steiget. 
NiGRiN.  AnttwacAiaveM (1624)  147» ;  sie  richten  am  staden  des 
Rheins  drei  bretter  auf.  Hessel  Silesiographia  l  (1704),  321; 
der  dunkle  bau  .  .  schlosz  mit  seinen  dunkeln  mauern  wie 
eine  bürg  den  langen  staden  ab.  Hausrath  pater  Muternus 
85;  die  mittagssonne  lag  heisz  auf  dem  breiten  staden.  158; 

wir  faren  unib  mit  grossem  schad 

und  künnent  doch  nit  treflen  wol 

den  staden  do  man  lenden  sol. 

Brant  narremch.  108,  12  Zamcke; 

am  morgen  ging  syn  Ueh  harusz 

und  fandt  in  {Leander)  dodt  am  staden  dusz. 

Murner  gäuchmatt  2708  Uhl, 

pluralformen:  uff  beiden  stadin  des  Mcynes.  quelle  des 
14.  jahrh.  bei  DiEF.-WüiXKEu  861;  es  wachst  wie  das 
vorige  (kraut)  bey  dem  meer  an  den  staden  und  sand- 
echtigen  orten.  TAitERNAEMONT.299H;  dieses  kraut  wächst 
. . .  hin  und  wider  an  den  staden  des  Neckars.  321 A;  feste 
borde  und  boUwerke  kräftigen  sein  (des  flusses)  fortströ- 
men, schaffen  der  vorflut  räum  und  zieren  mit  häuser- 
reichen und  menschenbewallten  staden.  Jahn  2,  565  Euler; 

da  stiez  man  von  den  staden.  Suchknwirt  8,152. 
staden  als  bezeichnung  eines  am  ßuszufer  gelegenen  stadt- 
theiles  in  Basel  (Seiler  Basl.  mundart216*),  Zürich,  Sfrasz- 
bürg,  vgl.  Goedel  seemannsspr.  457.  am  Staden  noch  in 
Straszburg  gebräuchlich.  GöTHV.ephemerides21neudr.,  schon 
früh  für  Straszburg  bezetigt:  der  brant  in  Sempaches  hüsern 
am  staden.  deutsche  städtechron.  9,7^3,  ib;  in  Sempaches 
hus  am  staden  bi  sant  Niclaus  kirche.  24;  es  (das  tcasser) 
ging  ouch  in  die  böser  am  staden  und  do  umb.  866,30; 
doch  auch  in  den  mitteldeutschen  orten,  so  in  Eschteege, 
wo  der  auf  dem.  ufergelände  der  Werra  befindliche  stadt- 
theil  der  Staden  heiszt.  Vilmah  394. 

2)  im,  Sprichwort :  den  staden  pflügen,  ettcas  vergebliches, 
nutzloses  unternehmen,  ebenso:  am  staden  zu  acker  gehen: 
wer  einer  frawen  wil  hüetten,  der  godt  am  staden  ze 
acker.  Keisersuerg  narrensch.  72". 

3)  in  bildlicher  vencendung :  darumb  soltu  .  .  dich  des 
erfreuwen,  das  die  merfart  dines  lebens  kummen  ist  zd 
dem  staden  dines  todes.  bilgerschaft  72*' ;  deshalb  auch  in 
der  ttisammensetzu ng  ruhcsliidcn:  also  wenn  du  ...  nun 
kommen  bist  an  den  ruw  staden  dines  alters.  71»;  dich 
zeucht  wol  der  sfnden  der  cwikait,  aber  der  staden  der 
irdischait  und  flnischliohait  haltet  dich  vil  stärcker,  also 
dttz,  du  nit  kanst  weichen,  schiff  der  penitens  loS**. 

STADEL,  »n.  vorratsraum  für  die  verschiedenartigsten 
dinge,  zumeist  alter  für  getreide  und  Hehfutter.  das  wort 
ist  heute  eigentlich  nur  in  Oberdeutschland  lebendig;  die 
Wortsippe  jedoch  ist  gemeingerm.  vgl.  ahd.  stadal  (iRAKI» 
6,668  (mhd.  stadcl);  ags.  stadol,  stadel;  an.  sti^ull  Fritz- 
neu*  8,598;  letzteres  im  besonderen  in  der  hedeutung  'stall' 
und  'melkplats'.  so  wird  denn  stadcl,  tu  stehen,  i«r6.  ge- 
hörig, wol  ursprünglich  allgemein  'Standort'  bedeutet  habe». 


417 


STADEL 


STADEL 


418 


vgl.  Heyne  deutsche  hausaltert.  1,43  und  unten  die  ähn- 
liche etymologie  von  stall  m.,  sowie  das  zu  tat.  stare  ge- 
hörige stabulum.  zum  geschlecht  des  wortes  bemerkt  Ade- 
lung, dasz  weibliches  geschleckt  des  tcortes  gangbarer  sei 
als  das  männliche,  eine  durch  nichts  zu  erweisende  behaup- 
tung.  stadel,  horreum  Dief.  280'';  ceUa  ein  stadel  Trochus 
0  4'';  scheuer,  stadel,  horreum.  Frischlin  nomencl.2eö; 
der  stadel,  tugurium,  nubilar,  suffugium,  it.  horreum,, 
horreolum.  Stieler  2114;  stadel,  stalla  (mä  non per  bestiame) 
cioefondaco,  magazeno,  ripositorio,  granaio  ä  terra.  Kram  er 
rftc/.  2(1702),  900'';  stadel,  /iorrewni  Frisch  2, 314"=;  stadel, 
pro  Scheune,  horreum  Steinbach  2,652;  stadel  Adelung. 
in  oberdeutschen  dialectwörterbüdiem  tcird  das  wort  reichlich 
verzeichnet:  stadel  Tobler  405'';  stad'l,  scheune  Lexer 
kämt.  wb.  23S;  stadel  Schöpf  696;  stadel  Schmit»  schicäb. 
wb.  505.  Stalder  2,  389.  ZiNGERLE  52''.  ScHM.  cimbr.  wb. 
235'';  stadl  Hügel  154'';  schdädl  Castelli  232.  der plural 
lautet  stadel,  stedel,  vgl.  Weigand*  2,  790:  die  (die  vögel) 
ensSgent  nit,  die  ensnident  niht  und  samenont  niht  in 
die  stedel.  Grieshaber  jwerft^feni,  105;  es  was  also  haisz, 
das  das  lieb  getraid  Margarethe  alles  in  stedln  ward. 
deutsche  sfädtechron.  15, 161, 25 ;  (aus  einer  grenzbeschreibung .) 
hinab  auf  Lungawer  feit  zwischen  vier  städl.  österr.weisth. 
6, 451,  24,  vgl.  452, 17;  schlechte  behausung,  städl  und  stall. 
500,45;  in  den  städeln.  Hohberg  2,  52'';  andere  fielen  in 
der  jungen  herren  dorf  Frauenbrei tungen ,  verbrennten 
darinnen  das  schenkhaus  und  zwen  stadel,  desgleichen 
auch  einen  stadel  auf  dem  hof  Bussa.  Glaser  in  Span- 
genberg henneb.  chron.  163;  wir  kommen  zunächst  durch 
eine  doppelreihe  von  städeln  und  wissen  nun  schon, 
Luckenbach  gehört  zu  jenen  Städtchen,  in  deren  thätig- 
keit  sich  ackerbau  und  gewerbe  t«ilt.  Ludwig  2,28;  an 
den  äuszersten  städeln.  ebenda,  den  plural  stadel  hat  unten 
Freytag  unter  3. 

1)  besondere  arten:  ein  stadel,  der  mit  einem  feuerherd 
versehen  ist,  also  wohnztcecken  dient:  von  einem  herthaws, 
daj  ein  stuben  hat,  oder  von  eim  geherten  stadel  von 
idleichem  anderthalb  guld.,  und  von  eim  haws  oder  stadel, 
die  niht  gehertt  sein,  von  idleichem  ein  guld.  deutsche 
sfädtechron.  l,  29, 19.  22.  doch  im,  allgemeinen  treffen  wol 
erklärungen  zu  vie .-  sie  hatten  {xcährend  des  geicitters)  ihre 
Zuflucht  in  einem  stadel,  wie  sie  hier  {in  der  Schweiz)  die 
unbewohnten  schuppen  nennen,  genommen.  Hegner  ges. 
Schriften  2, 101. 

2)  eoUective  bezeichnungen  vne  haus  und  stadel: 

ich  main,  der  krieg  fei  dein  auch  nicht, 
so  man  dir  nempt  ros,  tu  und  hennen, 
duet  haus  un  stadel  dir  abrennen. 

H.  Sachs  fcutn.  np.  2,  31, 164  Götze; 
und  helt  sich  rümretig  und  prächtig 
und  kan  das  prenck  beyn  lewten  wol, 
samb  hab  sie  hausz  and  stadel  vol. 

fabdn  1,  24  Götze. 

im  plural  häuser  und  stedel :  in  der  zeit  branten  unser 
feint  unserr  armen  leut  heuser  und  stedel  ab  allent- 
halben, deutsche  städtechron.  2,200,20;  also  brenten  die 
unsern  vor  Lauff  etlich  heuser  und  stedel  ab.  216, 15;  (ein 
Wetter  schauer),  das  erschlug  das  trait  gar  vast  und  warff 
heusser  und  stadel  damider.  4, 114,  22;  er  (der  stürm)  warf 
heuser  und  stadel  emider.  117, 1;  ain  sölicher  grosser  wind, 
das  er  etlich  heusser  und  stadel  nider  warff.  313,27;  (ein 
groszer  tcind)  warf  an  vil  enden  paum,  heuser  und  stedel 
umb.  10,  340, 13;  ein  wind,  der  viel  gebäuw,  heusser,  stedel 
. .  .  einwarff.  Franck  chronica  210'';  leben  oder  zinszkauff 
auff  Weinberg,  gerten,  ecker,  wisen,  weide,  vischwasser, 
heuser,  stedel  oder  wie  solche  ligende  guter  genant 
werden.  H.  Sachs  22,  57,  27  Keller-Götze,  als  entsprechend 
ist  wol  zu  vergleichen  hof  und  stadel,  wo  aber  wol  bei 
stadel  mehr  an  den  in  der  feldmark  allein  liegenden 
schuppen  zu  denken  ist;  höfe  und  stadel:  dann  dag  sie  . . 
etlich  hoff  und  stedel  unter  wegen  abprenten.  deutsche 
städtechron.  2,  226, 12;  (einem)  sein  weib,  kinder,  hausgeräth, 
viech  und  thier,  hoff  und  stadel  helfen  nach  besstem  ver- 
mögen bewahren.  Minderer  kriegsartznei  (1634)  24.  anders: 

zu  zweifeln  schien  man  nicht  an  deinem  adel, 
schien  nicht  zu  ahnden  oder  nicht  zu  ahnen, 
dasz  du  gekommen  seist  von  htird'  und  stadel. 

RCcKBRT  ged.  (1839)  2,  91. 

8)  tautologische  Zusammenstellungen    sind   scheuer   und 
stadel,  stall  und  stadel  u.  ä.:  (/uazsoldaten)  brenten  dag 
X.  2. 


haus  ab  zu  dem  Atzelperg  und  wag  umb  daj  haus  was, 
stedel  und  ander  scheurn.  deutsche  städtechron.  2,  i9S,  3; 
umweit  der  Stadtmauern  stehn  scheuem  und  stadel.  Frey- 
tag 18, 122.  in  deutlicherer  tautologie :  dein  stedel  oder 
scheurn  sein  gesegent  und  dein  andere  ding,  bibel  von 
1483  96*;  und  den  weissen  samlent  in  mein  scheuren  oder 
stadel.  Keirersberg  evangelia  32*;  mit  den  nachpuren 
rieht  man  stadel  oder  schüren  uff.  S.  Fr.^nck  sprichxcörter 
2,131*;  Fridericus  herzog  in  Österreich  hat  gar  oft  in  der 
scheur  oder  stadel  gedroschen.  Abr.  a  S.  Cl.\ra  1,  95. 
stall  oder  stadel :  sintemahl  wahr,  dasz  er  (Jesus)  ...  zu 
Bethlehem  im  wirthshausz  in  einem  stall  oder  stadel  ist 
gebom  worden.  Ayrer  processus  533. 

4)  fruchte,  getreide,  futter  in  den  stadel  thun,  bringen 
u.  s.  w. :  er  fürbet  den  tenne  und  sammet  den  waitzen  in 
sinen  stadel.  quelle  um  1400  bei  Sc  hm.*  2,  732;  in  dem  dorff 
Stantz  zä  Underwalden  da  wolt  ein  bawr  im  hewmonat 
auff  ein  sonnen  scheinenden  tag  sein  hewe  trucken 
machen  und  in  den  stadel  thfin.  Frey  gartenges.  53, 12 
Balte,  vgl.:  wenn  die  stadel  sich  gefüllt  haben.  Rosegger 
waldheimat  l,  324;  hierher  die  bauemregel:  liechte  metten, 
finstre  stadel;  finstre  metten,  liechte  stadel.  Schm.'  2,732, 
d.  h.  tcenn  die  christnacht  hell  und  klar  ist,  giebt  es  im 
kommenden  jähr  eine  gute  ernte,  wol  allgemeiner  'vmrats- 
raum  überhaupt:  (der  reiche  mann  im  evangelium,)  der 
sinen  stadel  witete,  dag  er  deste  m6r  möhte  bevähen 
guotes  und  €ren  und  irdisches  gemaches,  deutsche  mystiker 
1, 314, 33  Pfeiffer;  dein  mann  aber  hat  bewiesen  seinen 
adel  —  und  es  trifft  nicht  ihn,  sondern  die  zeit  der  tadel,  — 
dasz  ohne  einfuhr  ist  sein  stadel.  Rückert  (1882)  11,513; 
deshalb  einen  mann  nach  seinem  stadel  abschätzen,  d.  h. 
nach  seinem  wirklichen  werte:  ich  habe  versucht  meine 
schwinge  —  und  geprobt  meine  klinge  —  und  geprüft 
die  menschlichen  dinge,  —  habe  schätzen  lernen  den 
mann  nach  seinem  stadel,  —  nicht  nach  seinem  adel. 
548.  sonstige  belege:  (der  bubenvater)  bette  ein  panier  ausz 
gereckt  in  einem  stadel  bei  der  Weydenmüel.  deutsche 
städtechron.  2,  315,  l ;  wisz  dasz  ich  das  haupt  mit  sampt 
den  füssen  des  bilgrams  in  den  sack  gelegt  hab,  das  ander 
theil  hab  ich  in  den  stadel  vergraben,  buch  d.  liebe  302»; 

nimb  heindt  vergut  in  meinem  stadel, 
an  hew  und  stro  hab  keinen  zadel, 
da  grab  dich  ein  und  hab  dein  rw. 

H.  Sachs  14, 113,  27  Kener-Götze; 
(toOT)  mich  legen  in  den  stadel  nider.    114,  30; 
thust  ir  (der  magd)  auch  daheim  stets  nEichlauSen 
in  deinen  stadel  auff  das  hew.    17, 158,  7 ; 
der  edelman  schwur  im  {dem  battem)  bey  gott, 
er  wolt  sein  stadl  im  zünden  an: 
drauff  setzen  im  ein  roten  han.    372,  32; 
gleich  dem  hund,  der  im  stadel  sasz 
und  doch  das  hew  selbert  nit  frasz, 
hüet  sein  und  lies  nymant  darzwe.    404,  32; 
Heintz,  führ  mich,  dasz  ich  nit  umfall, 
und  hilff  mir  hindern  stadel  ball!     21,  73,  14; 
setz  dich  heint  zöberst  auS  dein  stadel 
mit  deinem  sack.    216,  14, 

d.  h.  auf  das  dach  des  sfadels.    vgl.  auch  216,  31.  217,  9.  25. 

218, 1 ,  faule  hum  und  iung  starck  buben  .  .  . 

nemen  im  stadel  die  ayr  ausz. 

Ayrer  dramen  2949, 18  Keller; 
wir  stehen  gleich  auf  nadeln, 
das  hertze  bebet  uns  als  etwas  in  den  stadein 
die  Zitterbilder  thun.     Scherfker  ged.  602. 

5)  stadel  im  bergwerksbetrieb  ein  viereckig  ummauerter 
räum,  in  tcelchem  die  metalle  geröstet,  d.  h.  durch  glühen 
zur  weiteren  Verarbeitung  vorbereitet  werden.  Jacobsson 
4,245''.   Scheuchenstueli97.   Karmarsch-Heeren' 3,  4. 

6)  stadel  bei  dett,  salzsiedern  'vier  haspler  am  Salzbrunnen, 
ziceen  und  zween  gegeneinander  über,  oder  auch  zwey  zober, 
deren  auf  jeder  seite  des  troges  oder  kahns  einer  vollgezapft 
wird,  die  man  dann  mit  einander  fortträgt.  Jacobsson 
4,246*. 

7)  stadel  in  der  seltenen  bedeuttmg  'hospitium':  der  Sama- 
riter fürt  in  in  sin  stadel,  und  gab  die  zwen  pfenning 
dem  stadelmaister.  quelle  bei  Schm.'^  2,132;  vgl.  ^oi  hatte 
den  menschen  dar  zu  geschafen,  ob  er  sin  geböte  be 
halden  bette,  . .  daj  er  den  tode  nimmer  dorfte  gevorchten 
und  immer  mer  wer  gesunt  und  in  eime  stadele  und  daj 
er  solde  gebruchen  der  gesellescbaft  der  heiligen  engele 

27 


419 


STADELBAUER—  STADELPUDEL 


STADELREITER  -  STADT 


420 


ScnÖNBACH  (dtdeutsche  predigten  1,53,15.  iiber  die  mög- 
lichkeit  dieser  bedeufunffsentipicklung  vgl.  oben  unter  l. 

STADELBAUER,  m.  wol  ein  bauer,  der  nur  einen  stadel 
besitzt  oder  in  einem  stadel  wohnt,  vgl.  oben  stadel.  m. 
unter  1.    stadlbauer  Pktri  53". 

STADELBIRNE,  /.  kleine,  runde,  schmackliafte  bimenart. 
Kol  so  genannt,  weü  sie  sieh  lange  im  stadel  aufbewahren 
lüszt,  ohne  faul  zu  werden,  im  appenzeUischen  stadelb^ra 
TOULER  ■«)5^ 

STADELBRITSCHER ,  m.  in  Nürnberg  ein  mann,  der 
die  dreschfenue  atts  lehm  ebnet,  Schm.*  2,  7.S3. 

STADELFIRST,  m.  dachfirst  des  stadels:  wenn  die 
peyerin  auf  den  stadelvierst  steigt  und  ain  ay  in  ein 
schlair  oder  stauchen  nimbt,  und  von  ir  wirfTt,  alss  weite 
sy  nu  dasselbig  ay  geworffen  hat,  mag  die  henn  von  irem 
hoff  gehen.  J.  Grimm  weisth.  3.683; 

{der  den  teu/el  beschwörende  bauer) 
thet  also  bey  des  mones  glitzen 
oben  auff  den  stadelvirst  sitzen. 

H.  Sachs  21,  217,  2  Keller-Götze. 

STADELGARTEN,  m.  ein  bei  oder  hinter  dem  stadel  ge- 
legener garten:  der  lehrjunge  muszte  mit  seiner  arbeit 
vor  den  stadel  hinaus,  er  (der  Fritz)  selber  riegelte  das 
thor  hinter  ihm  zu,  die  offne  thür  in  den  stadelgarten 
gab  ihm  licht  genug.  Ludwig  2, 119. 

STADELGESANG,  m.  gesang  der  vögel  auf  der  tenne  des 
stadels.  insbesondere  des  Sperlings,  der  deshalb  auch  stadel- 
trilling  (».  unten)  heiszt: 

bey  aller  Sperling  stadelgsanp, 
wellichs  den  bawem  machet  bang. 

H.  Sachs  21,  283,  31  KeUer-Oötze. 

STADELHAHN,  m.  im  steirischen  bezeichnung  eines  bei 
beendigung  des  dreschens  festlich  zubereiteten  hahnes.  Unger- 
Khull  568*. 

STADELHENNE,  /.  l)  eine  im,  stadel  sichfutter  suchende 
henne:  hawshun  vel  hane  vel  stadelhenne,  altüis.  Dief.26''. 
2)  stadelhenne,  im  steirischen  entsprecfiend  oben  stadel- 
hahn,  m.  Unger-Kiiull  568». 

STADELHO^^,  m.  l)  stabtdum  dominicum.  eine  art  von 
frohnhof,  tcohl  so  getumnt  nach  dem  stadel,  loelcher  die  ab- 
gaben der  hörigen  aufnimmt,  entsprechend  der  zehntscheuer 
in  niederdeutschen  gegenden.  in  curtibus  stabtdariis,  quas 
vtdgo  stadelhof  dicimus.  quelle  bei  Schm.*  2,732;  des  bi- 
schoves  stadelhof,  dominicum  stabtdum.  quelle  bei  Schmidt 
dsäss.  wb.  336» ;  der  stadelhof  des  Straszburger  domcapitels 
in  einer  Urkunde  voti  1253  erwähnt,  ebenda;  das  erste  das 
ist,  dass  sie  (die  äbtissin)  soll  han  twinge  und  bann,  und 
das  höret  in  iren  stadelhoff,  und  ist  der  stadelhoff  fry, 
und  hat  von  königen  und  keysser  die  fryheit.  J.  Grimm 
teeisth.  1,726,  wo  wohl  an  eine  umfänglichere  anläge  zu 
denken  ist;  dieselbe  matt  hat  ouch  das  recht,  dass  man 
das  houe  soll  führen  in  den  stadelhoff  und  soll  myn  froue 
funff  ochsen  in  dem  stadelhoff  han.  732;  und  deme,  so 
wer  den  stadelhof  bette,  suUen  unse  herren  iren  boden 
lehinen.  5,329;  so  sol  man  sine  ros  stallen  in  dem  stadel- 
hove  (in  dominico  stabulo).  Gaupp  stadtrecJite  1,71;  vur 
den  stadelshof.  J.  Grimm  toeisth.  6,  666, 13. 

2)  im  steirischen  stadelhof  (neben  stalhof )  allgemein  ein- 
gefriedeter platz  um  einen  stadel  oder  eine  scheune,  liaus- 
hof,  vorhof  Unoer-Khull  568». 

STADELHUHN,  n.,v^j!.  öden  stadelhenne  2 :  umb  pßngsten 
(ffiebt  er)  junfie  stadelhüner.  Matuf.rivs  fu>chzeitspred.(H^. 

STADELLEHEN,  n.:  ibidem  queri  debet  unum  stadel- 
lehen.  mon.  boiea  36, 1, 174  (tirbar  um  1280). 

STADELLEINER,  m.  für  stadellehner,  m.  als  schelte 
eines  faulen  bauemkneehtes ,  der  sich  träge  an  den  stadel 
leimt,  als  eigenname  Stadelleincr  fastnachtsspiele  588,  25 
Keller,  Stadeleiner  22,  vgl.  dazu  leinen,  lehnen,  verb., 
theil  6,70». 

STADELMEISTER,  m.  Vorsteher  einer  herberge,  oben  zu 
•tadel,  m.  unter  7 :  do  zAch  er  (der  barmherzige  Samariter) 
fi;  zwen  phenninge  und  gab  die  dem  stadelmcister.  Ghies- 
HAHRH  predigten  1,  95,  9.  auch  den  beleg  unter  atadel,  m.  7. 

STADELN,  verb.  ein  gebäude  au»  baumatämmen  auf- 
richten. Stai.iikm  2, 8H9. 

STADELI'UDEL,  m.  tu  Vorehdorf  in  Oberösterreieh  toird 
•tadlpudl  ein  als  pudel  gedachtes  geapenst  genannt,  welche» 
in  dem  eingefahrenen  geträde  »ich  ver»teekt  halten  »oll. 
ILuiMUAiUiT  mythUog.  fortehunffen  106. 


STADELREITER,  /.  im  steirischen  benennung  einer  be- 
sonderen art  grober  getreidesiebe.  Unger-Khull  568»,  ». 
auch  unten  winkelreiter,  /.  und  oben  reiter,  /.  (th.  8,  780). 

STADELROBAT,  STADELROBOT,/,  im  stadel  zu  leistende 
frohnarbeit.  über  robat  s.  theil  8, 1087,  i'gl.  auch  oben  stadel- 
hof, m.  1 :  ist  ihme  die  handrobath  bisz  auf  die  stadl- 
robath  und  6  tag  troschen  nachgesehen,  qtielle  bei  Unger- 
Khuli,  568». 

STADELSCHROT,  m.(?)  /.  sUdelschratt,  fem.,  getreide- 
kaste7i,  der  auszer  dem  hofe  gelegen  ist  und  auf  vier  holz- 
sfämmen  oder  pfählen  erhöht  steht.  Unger-Khull  668».  (au» 
einer  grenzbeschreibung):  bisz  zu  des  oberen  Taudingers 
stadlschratt.  von  der  stadlschratt  abwehrts  in  des  Rogkh- 
müliners  lagken.  österr.  weisth.  6,334, 16. 17,  vgl.  auch  337,17. 
zum  zweiten  compositionsgliede  s.  unter  schrot  8,  a,  th.  0, 1779. 

STADELSTATT,  /.  stelle,  wo  ein  stadel  gestanden  hat; 
stelle  für  einen  stadel.  Unger-Khull  568». 

STADELTENNE,  /.  dreschtenne  in  einem  stadel,  vgl. 
Jacobsson  4,  245'' ; 

ich  musz  doch  hinausz  gehn,  auff  glaubn, 
dasz  sie  nicht  auf  mein  stadeltennen 
mir  stein  gäns,  enden  und  hennen. 

Ayrer  dramen  2950,  29  Keller. 

als  masc. :  item  so  geet  die  röre  doselbst  von  dem  ablosz- 
kasten  unden  durch  den  stadeldennen.  Tucher  bau- 
meisterb.  180. 

STADELTHOR,  n.  thor  des  stadels,  grosz  genug,  um 
einen  mit  frucht  hoch  beladenen  tcagen  dtircfiztdassen .-  da 
fällt  ihr  ein  offnes  stadelthor  auf,  vor  dem  eine  schnitz- 
bank  steht.  Ludwig  2,29; 

der  bahn  führt  seine  hennen 

am  stadelthor  spazieren, 

kein  körnlein  von  der  tennen 

läszt  er  sich  da  verlieren.     Rückert  (1882)  3,  84; 

so  was  er  so  brait  und  so  lank, 

daz  er  kom  mit  gezwanck 

kam  durch  ein  stadeltor. 

Laszberg  liedersaal  2,  473,  29. 

in  redensarten,  vergleichen  und  bildem:  es  ist  schon  gut, 
wenn  sich  einer  einmal  in  der  einsamkeit  auf  sich  selber 
besinnt,  aber  er  darf  kein  stadeltor  zwischen  sich  tun 
und  die  weit.  Ludwig  gedanken  62,  d.  h.  sich  abschlieszen, 
zugleich  mit  dem  beisinn  des  furchtsamen,  äng.itlichen ;  du 
bist  so  dumm,  das  du  dich  bückst,  wie  d'gäns,  die  hucket 
se,  wenn  sie  beim  stadeltor  hineingen.  Birlinger  schwäb.- 
augsb.  wb.  409»;  etwas  anschauen,  wie  die  kue  ein  neus 
stadeltor,  d.h.  in  dummer  Verminderung.  Schm.*  2,733; 
ein  maul  wie  ein  stadeltor.  ebenda,  dann  auch  ein  gewissen 
wie  ein  stadelthor.  ebenda,  in  seltsamer  veincendung :  einem 
mit  dem  stadeltor  winken,  wie  das  geioöhnlichere  einem 
mit  dem  zaunpfahle  winken,  als  eine  Steigerung  hierzu 
gedacht:  einem  mit  dem  holzschlegel  deuten  und  mit  dem 
stadeltor  winken,  einem  eine  suche  recht  begreiflich  machen, 
ebenda;  es  lacht  eh  ein  stadelthor  dann  er.  Franck 
sprichw.  1,  29»,  von  etwas  unmöglichem. 

STADELTHORWEIT,  adj.  so  weit  wie  ein  stadelthor. 
städlthorweid  Hügel  154'',  ».  die  vergleiche  oboi  unter 
stadelthor. 

STADELTRILLING,m.  benennung  des  Sperlings.  Stalder 
2,  389,  vgl.  die  bemerkungen  obeiv  unter  stadclgesang. 

STADEMEISTER,  wi.,  ufermeister.  Monk  zettecAr.  4,  78. 

STADEMIETE,  /.,  miete  für  benutzung  des  uferplatze*. 
MoNK  zeitschr.  11,259. 

STADESAND,  m.  stattesande,  sandt  des  gestats.  »aburra. 
Dief.-WOi.cker  861. 

STADLER,  m.  knecht,  der  im  stadel  für  Ordnung  aorgt, 
den  hetiboden  in  Ordnung  hält.  HöI'ER  8,171.  Scnöi'i' 696. 
S<:iiM.'2,  733;  aufsehet  iifter  den  stmtel  UN<!KRKni;i.i.  .V>H»; 
der  bischof  setzet  in  denselben  hof  einen  man,  dem  man 
sprichet  der  stadeler.  quelle  l>ei  S<;hmidt  eh('u.9.  wb.  .H36»; 
stadier  J.  Grimm  tceisth.  l,  726;  ein  killwart,  ein  zinsz- 
meister,  ein  stadier  4, 100. 

STADRECHT,  n.  1)  recht  der  benutsung  de»  uferplaizes. 
Ungkr-Kiiuli.  568*.  s)  dafür  nt  entrichtende  abgäbe,  ebenda. 

STADT,  /.   urbs,  oppidum. 

l.  formelles,  uritjtrünglich  identisch  mit  mhd.tXsA,  nhd. 
statt, /".  locus  paratiis,  s.  unten,  danriten  inhd.  stete,  nhd. 
statte,  /.  (*.  unten),  die  srhrribung  «tadt  erkannte  »chon 
AdbLUNO  al»  ein  lediglich  orthographisches  unter»dt»idung»- 
mittel  gegenüber  »UVL  locu»  paratu».  die  bedeutungeeniwid^ 


I 


421 


STADT  (I.  II.  1) 


STADT  (II,  1. 2) 


422 


lung  unseres  vxtrtes  wurde  wol  nicht  wenig  durch  die  häu- 
fige nebeneinanderstellung  von  bürg  und  si&di  gefordert :  wir 
gebietten  und  wollen,  das  alle,  die  in  dieser  frieheit  sint 
oder  sin  soUent,  sint  schuldig  zu  bebuden  und  zu  bewaren 
unser  bürg  und  stat  zu  Sarbrucken.  \ceisth.  2,  2.  vgl.  im 
ülrrigen  die  belege  unter  II,  l.  auch  ist  der  streit  der  beiden 
in  frage  kommenden  icorte  erst  sehr  spät  entschieden: 

ci  diu,  da;  dia  stat  desti  heror  diuhte, 
vrandi  si  ein  so  wise  herdnom  irliuhte, 
nnte  diu  sin  dugint  desti  pertir  weri, 
da;  her  einir  so  herin  steoi  plegi. 

Annolied  118, 115. 118  Rödiger; 
wie  man  die  hörte  clagen, 
s6  daj  man  des  wuofes      wart  in  der  stat  geware. 
die  edelen  bargaere      körnen  gahende  dare. 

Nib.  977,  3  Lachmann  ; 
daneben  ■    dö  wart  man  des  wnofes  in  der  stede  gewar.    Iig.  C. 

swer  dirre  stete  reht  hat,  der  sol  geben  ze  sante  Martins 
naht  ahte  heller,  und  sol  daj  jar  alles  fri  sin  zolles  halp. 
{aussage  über  Öringen  von  l2o3).  J.  Gkimm  iceisth.  3, 6(n  ;  wil 
der  voit  herbergen  in  die  stat,  daj  sol  er  tun  swelchen 
enden  er  wil  an  der  stete  schaden.  609.  noch  Luther:  so 
wil  ich  mit  dieser  stet  und  seinen  einwonem  umbgehen, 
das  die  stad  werden  sol,  gleich  wie  Thopheth.  Jerem.  19, 12; 
wer  dich  angehöret  in  der  stad,  den  füre  aus  dieser  stet, 
denn  wir  werden  diese  stet  verderben,  l  Mos.  19, 12 ;  trie 
denn  auch  noch  im  ndl.  beideformen  neben  einander:  stad, 
stede,  urbs,  oppidum,  civitas.  Ki  Li  an  2,  625*.  zu  bemerken, 
dasz  Eichstett,  Höchstett  (Höchst)  alte  locative  sind.  Eieh- 
stetti  u.  s.  w.,  die  noch  die  erinnerung  an  einen  ursprüng- 
lich weiteren  gebrauch  des  icortes  bewahren  (vgl.  -stetten). 
die  schreibitng  stadt  hat  sich  erst  spät  durchgesetzt,  doch  er- 
scheint sie  sclion  im  anfing  des  16.  jh.,  so  stadt  Alberus 
{fab.  19,  4.  9, 12  u.  ö.,  «.80  Braune) ;  stadt  bei  Roth  ober- 
moschler  Urkunden  von  1507  u.  1533.  Schm.''  2,  79i;  daneben 
aber  noch  bis  in  das  ende  des  Xl.jahrh.  hineindauemdes 
schicanken:  stad,  stat,  civitas.  Dief.  125';  stat,  stayd,  opi- 
dum.  sg?*";  stad,  staid,  stat,  urbs.  630*;  wiler  oder  klein 
stat,  opidum.  nov.  gloss.  2^2*;  statt,  urbs,  polis,  oppidum, 
civitas.  MAALER385*;  statt,/,  inlle.  cittä.  HuLSius  (1616)306*»; 
cittä,  terra  (1618)  238'';  stat,  urbs.  locus.  Schottel  480*; 
dann  aber  seit  Stieler  die  stadt,  die  städte,  urbs.  ci- 
vitas, oppidum.  2112.  niederdeutsch  ist  eigentlich  stede  in 
geltung  gewesen,  s.  die  belege  unten,  schon  andd.:  sis  mi 
an  got  bescirmere  in  an  stede  fastero  (in  locum  munitum). 
ps.  70,3  bei  Heyne  kl.  altniederd.  denkm.  33.  doch  scheint 
die  vom  nhd.  bevorzugte  form  schon  früh  einflusz  geübt  zu 
haben,  muszte  sich  aber  in  der  declination  angleichung  an 
das  in  den  Urkunden  oft  daneben  stehende  nhd.  der  rat, 
nd.  rad  gefallen  laszen:  tho  des  rades  unde  der  meynen 
Stades  nut.  Lüb.  quelle  bei  Schiller-LCbben  4, 368'';  wyn- 
mestere  der  stades  . .  der  stades  voghede  . .  der  stades 
hantvestene  . .  .  der  stades  annboste.  ebenda;  borgher- 
meystere,  scheppene  unde  raet  der  stades  to  Dursten,  quelle 
ebenda;  eine  angleichung .  die  zuletzt  auch  das  geschlecht 
von  nd.  stad  beeinßuszt  zu  haben  scheint:  so  welle  man 
coren  wert  in  then  rad,  the  scal  tughen  (kaufen)  en  perd 
to  thes  Stades  behove  . . .  sterft  et,  thad  ne  scal  the  stad 
nicht  gelden.  brem.  qtielle  von  1303  ebenda-;  in  des  stades 
camere  ebenda;  des  stades  muren  ebenda;  des  stades  wal. 
Oldenb.  urk.  von  1552  ebenda;  des  stades  kelder.  münster. 
quelle  ebenda;  des  stades  knecht  ebenda. 

II.  bedeutung.  i)  begriff  der  stadt.  ganz  allgemein,  wenn 
auch  nur  rein  äuszerlich,  ist  der  eines  durch  mauern, 
thürme,  thore  u.  s.  w.  befestigten  ortes.  stadt,  ein  meistens 
ummaurter  ort,  urbs,  oppidum.  Frisch  2,314"=;  deshalb: 
eine  stadt  schleiffen,  zum  dorff  machen,  demolire,  atter- 
••are,  rädere,  it.  smantellare,  sfasciare,  smurare  etc.  una 
citta.  Kramer  dict.  2  (1702),  900<=,  denn  flecken  und  dörfer 
entbehren  solcher  bedeutenden  befestigungen :  alle  diese  stedte 
waren  fest  mit  hohen  maurenthoren  und  rigeln,  on  an- 
dere seer  viel  flecken  on  mauren.  5  Mos,  3, 5,  vgl.  aber 
doch  dagegen:  die  städte  und  flecken  umbgeben  die  mawren, 
thämme,  wälle,  palewerck.  Comenius  613.  deshalb  die 
nebeneinanderstell ung  von  stadt  und  flecken:  gott  hat  die 
menschen  erschaffen  zur  weltlichen  gemeinschaft  und 
gesellschaft,  . .  .  dasz  sie  ...  statt  und  flecken  bawen 
«ollen.  Gretter  erklär,  d.  ep.  Pauli  a.  d.  Eömer  (1566)  8. 
bei  Luther  scheint  überhaupt  die  bedeutung  von  stadt  als 


loetis  munitita  noch  nicht  so  axissehlieszlieh  festzustellen: 
was  für  stedte  sind  darinnen  sie  wonen,  ob  sie  in  ge- 
zelten  oder  festungen  wonen.  4  Mos.  13,  20,  irenn  hier  ge- 
zelte  und  festungen  als  erklärende  synonyme  von  stadt 
gedacht  sind,  doch  im  allgemeinen  steht  die  erklärung  von 
Stadt  nicht  mehr  allein  als  locus  peratus,  sondern  auch 
als  locus  muris  ac  turribus  munitus  durchaus  fest,  des- 
halb  die  vergleichung  mit  kastell :  kleine  stat,  castel,  opi- 
dum. Dief.  397'';  dasz  aber  castel  hier  mit  recht  der  kleinen 
stadt  verglichen  icird,  zeigt:  wan  swie  Jerusalem  vor  w6re 
gewesen  ain  hailigiu  und  ain  künechlichiu  stat.  do  sprach 
er  ze  ainer  rehter  fersmghde  sie  were  ain  kastei  und  wolle 
si  dez  tagez  niht  haijen  ain  stat,  wan  dag  er  si  bieg  ein 
kastei.  Grishaber  predigten  2, 128,  iw  kastei  als  kleinerer 
begriff  icegicerfend  gegenüber  stadt  gebrattcht  wird,  schon 
sehr  alt  ist  die  nebeneinanderstellung  von  stadt  und  bürg, 
zugleich  ein  urkttndlicJies  zeugnisz  für  das  alter  der  be- 
deutungsenticicldung  von  stat,  locus  paratu»  zu  locus  mu- 
nittis:      ce  Keine  was  her  gewihet  bischof. 

des  sal  diu  stat  iemir  loben  got, 

dag  in  der  scönistir  bürge, 

diu  in  Diutischemi  lande  ie  wurde, 

rihtere  was  der  vnunigisti  man. 

Annolied  117, 110  Rödiger; 
auch  noch  später: 

swa;  sie  vunden,  das  muost  al  des  tödes  wesen, 
doch  bleip  vil  Volkes  bi  steten  und  euch  bi  bürgen. 
...       ,        ,    ,       „  Lohengrin  2620  SückerL 

auch  stad  neben  feste,  /.  : 

wem  enpfehlt  ir  iuwer  lant, 

die  stat  und  euch  die  veste  ?     Virgincd  11,  8  Zupitsa. 

die  den  begriff  stadt  aber  erst  vollständig  ausfüllende  er- 
klärung  findet  sich  bei  Dasypodius:  statt,  das  sein  eygen 
stattrecht  hat,  municipium;  also  die  stadt  ein  mit  beson- 
deren rechten  der  Selbstverwaltung  und  Jurisdiction  begabter 
ort,  wobei  die  befestigung  eticas  selbstverständliches,  aber 
mehr  oder  tceniger  nebensächliches  ausmacht. 

2)  die  behandlung  des  eigennamens  neben  der  begriffs- 
bestimmung  stadt  ist  eine  verschiedene,  besonders  alter- 
thümlich  und  heute  so  gut  tcie  ausgestorben  ist  die  Ver- 
bindung des  nachgestellten  eigentuimens  mit  stadt  durch 
die  Präposition  zu :  (Friedrich  von  Haustein)  der  ein  haubt- 
man  was  der  stede  zu  Limpurg.  Limbtirgtr  chron.  52,  21 ; 

daz  von  dem  starken  wuofe      palas  unde  sal 

and  diu  stat  ze  Wormje     ze  beiden  siten  lüte  erschal. 

J\7&.  966,  4  Lachmann; 

in  der  stat  ze  Pajjouwe      sa;  ein  bischof.    1236,  1 ; 

da  ze  der  stat  ze  Wiene      bereit  man  in  die  wät. 

1102,3; 

e  der  edel  Rüede^er      ze  Bechlären  reit 

Ü3  der  stat  ze  Wiene.    1104,  2 ; 

in  der  stat  ze  Augspurg.  J.  Grimm  weisth.  6,293;  cheine 
man,  der  da  zins,  erbe  oder  hauser  in  unser  stat  zu 
Prag  hat.  Prager  stadtreeht  67,  109  Bössler.  jünger  nur 
noch  in  mehr  alterthümlicher  sprechiceise :  und  die  übrigen 
flohen  gen  Aphek  in  die  stad  . . .  und  Benhadad  floch 
auch  in  die  stad  von  einer  kamer  in  die  ander,  i  kön. 
20, 30 ;  (er)  ritt  ohn  aufenthalt ,  bis  er  in  die  stadt  zu 
Wien  kam.  brüder  Grimm  deutsche  sagen  505,  wie  wir  auch 
heute  noch  in  einer  art  nachgeahmten  chronikenstyls  sagen 
können:  so  geschehen  in  der  stadt  zu  (Jöttingen.  hettte 
die  Stadt  Berlin  t«.  ä.  schon  die  statt  Rom,  urbs  Roma. 
Dasypodius;  die  stadt  Rom,  die  stadt  Paris,  la  cittä  di 
Roma,  la  cittä  di  Parigi.  Kramer  dict.  2  (1702),  DOO*".  stadt 
in  appositioneller  fügung  dem  eigennamen  folgend: 
allenthalben  schallen  ze  Wormg  in  der  stat 
hörte  man;  gesinde.      Nib.  743, 1  Lachmann  ; 

ZU  Kades  in  der  stad.  4  Mos.  20, 16;  also  ward  Rehabeam 
der  könig  bekrefftiget  in  Jerusalem  . .  und  regierete  sieben- 
zehn jar  zu  Jerusalem,  in  der  stad,  die  der  herr  erwelet 
hatte,  d.  chron.  12, 13 ;  zu  Freisingen  in  der  stat.  Zimm. 
ehron'i,  135,  29; 

dö  riten  si  von  Tolne      ze  Wiene  zno  der  stat. 

Ifib.  1301,  2  Lachmann: 

dö  si  ze  Bechlären      körnen  in  die  stat.    1105, 1 ; 

denn,  o  seht  den  alten  knaben, 

unterwegs  kam  er  nach  Schwaiben, 

kam  nach  Stuttgart  in  die  stadt.    Freiugrath  4,  25 ; 

zween  Leipziger  oder  die  beyde  von  Leipzig  ausz  der  stadt 
seynd,  duo  Lipsienses.  Corvinus  l55^  daneben  auch:  der 
hirss  nam  die  flacht  geen  Horb  der  stat.  Zimm.  chron.* 
4, 142,  S. 

27» 


423 


STADT  (II,  3) 


STADT  (11,3) 


424 


3)  in  verbalen  Wendungen. 

a)  mit  heziehung  auf  die  stadtgründung :  und  du  men- 
schenkind,  nim  einen  ziegel,  den  lege  für  dich,  und  ent- 
wirfT  drauff  die  stad  Jerusalem.  Hesek.  4,  l ;  und  er  {Kain) 
bawete  eine  stad,  die  nennet  er  nach  seines  sons  namen 
Hanoch.  i  Mos.  i,  17 ;  wolauff,  lasst  uns  eine  stad  und 
thurn  bawen,  des  spitze  bis  an  den  himel  reiche.  11,4; 
da  für  der  herr  emider,  das  er  sehe  die  stad  und  thurn, 
die  die  menschenkinder  baweten.  5;  also  zerstrewet  sie 
der  herr  von  dannen  in  alle  lender,  das  sie  musten  auff- 
hören  die  stad  zu  bawen.  8;  wir  wollen  nur  schafhürten 
hie  bawen  für  unser  vieh,  und  stedte  für  unser  kinder. 
4  Mos.  32, 16;  eine  stadt  bauen,  poneie  urhem,  conde^e,  aedi- 
ßcare.  Stieler  2112;  eine  stadt  erbauen,  urbem  condere. 
Steinuach  2,  653; 

gott  hat  diese  stadt  (Nürnberg)  gleich  selber  auferbauet. 

Rist  14ö,  101  Gödeke-Götze; 

kompt  gen  Hesbon,  das  man  die  stad  Sihon  bawe  und 
auffrichte.  4  Mos.  21,  27 ;  verflucht  sey  der  man  für  dem 
herrn,  der  diese  stad  Jeriho  auffrichtet  und  bawen.  Jos. 
6,26;  ein  neuwe  statt  bau  wen,  navam  urbem  condere. 
Maaler  385»;  eine  neue  statt  bauen,  stifften,  aufbauen, 
pflautzen,  fondare,  edißcare,  piantare  una  citta.  Kramkr 
dict.  2(1702),  900'';  jr  gott,  denn  er  hat  jnen  eine  stad  zu- 
bereit Ebräer  11, 16 ;  denn  er  wartet  auff  eine  stad ,  die 
einen  grund  hat,  welcher  bawmeister  und  schepffer  gott 
ist  11,10;  eine  stadt  gründen;  Romulus  hat  die  stadt 
Rom  gegründet,    vgl.  auch: 

heiige  Ordnung,  segenreiche 

himmelstochter,  die  das  gleiche 

frey  und  leicht  und  freudig  bindet, 

die  der  städte  bau  gegründet. 

Schiller  11,  315  (jglocke  310). 

b)  ein  statt  mit  mauren  umbgäben,  einer  statt  mauren 
machen,  cingere  urbem  muris.  Maaler  385»;  stadt  be- 
festigen, urbem  m^>enibus.  muris  ac  vallis  sepire,  operibus 
cingere,  munitionibus  firmare.  Stieler  2112;  passivisch 
geioendet .-  die  stedte  {der  söhne  Enaks)  seien  gros  und  bis 
an  den  himel  vermauret  5Jlfo».  1,28;  vgl.:  grosse  stedte, 
vermauret  bis  in  den  himel.  9,  l. 

c)  mit  besonderer  beziehung  auf  menschliches  weilen  und 
liehen,  ohne  dasz  jedoch  unser  wort  begrifflich  die  reine 
räumlichkeit  verläszt,  im  gegensatz  zu  unten :  in  der  stadt 
wonen,  urbem  incolere,  tenere  se  in  oppido.  Stieler  2112; 
in  einer  stadt  wohnen,  Itabitare,  stare  in  (esser'  habitante  di) 
una  citta.  Kramer  dict.  2  (i702),  900";  in  der  stadt  wohnen. 
Adelung;  und  Lot  (wonet)  in  den  stedten  der  selben 
gegend  und  setzt  seine  hütten  gen  Sodom.  l  Mos.  13, 12 ; 
also  nam  Israel  alle  diese  stedte,  und  wonete  in  allen 
stedten  der  Amoriter.  i  Mos.  21,25;  die  kinder  Israel  die 
in  den  stedten  Juda  woneten.  l  kön.  12, 17.  entsprechend : 
und  da  .  . .  die  kinder  Israel  nun  in  jren  stedten  waren. 
Esra  3, 1 ;  die  beiden,  die  du  hast  her  gebracht  und  die 
stedte  Samaria  da  mit  besetzt,  wissen  nichts  von  der 
weise  gottes.  2  kön.  17,26;  und  ob  jr  euch  in  ewre  stedte 
versamlet,  wil  ich  doch  die  pestilentz  unter  euch  senden. 
3  Mos.  26,  25;  aus  der  stadt  seyn,  id  est  in  der  stadt  won- 
haftig  seyn,  easere  della,  cioi  habitante  della  citta.  Kramer 
dict.  2  (1702),  goo"» ;  aus  der  stadt  seyn ,  essere  della  citta, 
cioi  esaer'  andato  in  viaggio.  ebenda,  in  die  stadt  ziehen, 
%im  künßig  dort  zu  wohnen;  in  die  statt  ziehen,  correpere 
intra  murum.  Maaler  385»;  in  eine  stadt  ziehen,  urbi  se 
committere,  deligere  oppidum,  in  quo  quis  vivat.  Stieler 
2112;  in  die  stadt  ziehen.  Aoeluno;  vgl.:  last  uns  in  die 
feste  stedte  ziehen  und  dasclbs  auff  hüllTe  harren.  Jerem. 
8, 14;  entsprechend:  aus  der  stadt  ziehen,  cii-itatem  mutare, 
relinqttere.  ab  urbe  discedere.  Stieler  2112;  sich  in  die 
Stadt  ziehen,  in  eine  stadt  ziehen,  andar'  ä  stare  ad  Itabi- 
tare in  una  citta.  Krameh  dict.  8  (1702),  900".  hiervon  zu 
untertchnden :  darnach  zoch  Jacob  gegen  Salem,  zu  der 
■lad  des  Sichern,  , . .  und  machet  sein  lager  für  der  stad. 
1  Moa.  SS,  18;  und  der  da  fleucht  zu  der  stedte  eine,  sei 
■tehen  aussen  für  der  stad  Uior  und  für  den  cltistcn  der 
■lad  seine  sache  ansagen,  so  sollen  sie  jn  zu  sich  in  die 
stad  nemen  und  jm  räum  geben,  das  er  bey  jnen  wone. 
Joaua  80,  4.    in  einem  lob  dea  landlebena : 

woodaraeliMf  mann,  welcher  der  ttadt  «ntfloh  I 

HÖLTV  ged.  IIK  Halm; 
mit  einem  dolch  bftwalTnet,  Uoti 
•r  aus  der  eladt.    IV ; 


j   die  stadt  verlassen,  urbetn  relinquere.   Steinbach  2,653; 
\    die  stadt  räumen  müssen,  doi'er  si>ucciare  la  citta,  haveme 

un  bando  secreto.  Kramer  dict.  )i  {1102),  900°;  einen  nicht 
i    in  die  stadt  lassen,  urbe  aliquem  prohibere.   Steinbach 

2,653.    in  die  stadt  gehen,   um  etwas  zu  besorgen;  in  die 

stadt   gehen,   andar'  in  dtta,   it.  tiscire,   salire  di   casa 

Kramer  dict.  2  (1702),  goo"; 

du  liefest  was  man  laufen  kann; 
I  du  sprungest  in  die  stadt.     Gleim  4, 11. 

;    in  die  stadt  reiten: 

j  der  held  von  Falkenberg  war  eben  rat  zu  schlagen 

1  geritten  in  die  stadt.    Ribi'  138,  02  Gödeke-Götze. 

I   ganz  allgemein: 

in  die  stat  sich  huoben      man  magt  unt  wtp. 
!  '  2iib.  91,3, 3  Zamcke; 

j    wenn   dein   fus  zur  stad  eintrit,   wird  das  kind  sterben. 
;    1  kön.  14, 12;  ich  näherte  mich  der  stadt,  worin  das  vater- 
I    haus  lag,  auf  merkwürdigen  wegen.  Keller  3, 103.    in  die 
]    Stadt  kommen:   wenn  wir  gleich   gedechten  in  die  stad 
I   zu  komen,  so  ist  thewrung  in  der  stad,  und  müsten  doch 
I    daselbs    sterben.  2/cöJi.  7, 4;    sie  {ineine  frau)   wird  näch- 
stens  zu   mir  in  die  stadt  kommen.  Weisze  kom.  opern 
3,  369 ;    wieder  in  die   stadt   kommen ,   in  urbem  redire. 
Steinbach  2,653;  auch: 

die  der  winter  geiszelt  in  ihrem  leide, 
o  sie  war  schön,  eh'  zur  stadt  sie  kam: 
war  des  dorfes  rühmen,  der  eltcni  freude. 

Fheiligratu  3,  216. 

durch  die  stadt  gehen,  spatzieren,  die  stadt  besehen, 
passex/giare,  spasseggiarsi  per  una  citta  per  vederla,  mirarla 
ä  bell'  agio.  Kramer  dict.  2  (1702),  900";  um  die  stadt 
herumspatzieren,  girare  una  citta  per  di  fuori,  attomiarla 
spasseggiando.  ebenda;  dasz  ein  häufen  auswanderer  die 
Stadt  durchschwärnit  habe,  denen  das  kind  wohl  angehöre. 
Keller  3, 177;  ich  .  .  .  fand  in  der  wohnst  übe  den  benach- 
barten müUer  vor,  welcher  mit  einem  leichten  fuhrwerke 
meiner  harrte,  um  mich  mit  nach  der  stadt  zu  nehmen. 
1,  262;  wer  aus  der  stadt  in  die  landschaft  reist,  der  ündet 
auch  dort  geringe  spuren  von  Wohlstand.  Freytag  13,  246. 
einen  in  der  ganzen  stadt  suchen:  als  der  bediente... 
verkündigte ,  der  gouverneur  lasse  mich  in  der  ganzen 
Stadt  suchen.  Göthe  28,  215.  in  der  stadt  geschäfte  haben, 
besorgungen  machen  u.  ä. .-  freyüch,  wer  hätte  aber  an- 
fangs gedacht,  dasz  mich  meine  geschäfte  so  lange  in 
der  stadt  fesseln  würden?  Weisze  kom.  opern  3,  370;  ich  .. 
wurde  mit  manchen  geschaffen  betraut,  welche  in  der 
Stadt  zu  besorgen  waren.  Keller  l,  360.  gegenstände  aus 
der  Stadt  beziehen:  die  damen  des  neuen  pfarrers  .  . . 
waren  stolz,  unzugänglich  und  bezogen  iiiren  putz  fertig 
aus  der  stadt.  207.  gegenstände  {zum  verkaufe  oder  sonst 
wie)  in  die  stadt  führen,  bringen  u.a.:  kalck,  den  sie 
{die  buuern)  zu  der  stat  füren.  Tuch  er  bau7neisterb.  93,  l; 
man  gibt  von  einem  summer  kalcks  herein  zu  füren  in 
die  stat ...  92,  24;  aus  der  stadt  führen,  menare,  condurre 
fuori,  esporture  della  citta.  Krämer  dict.  2  (l702),  900";  sainle 
alle  speise  der  guten  jare ,  die  komen  werden  das  sie 
getreide  auffschütten  in  Pharao  kornheuser  zum  vorrat 
in  den  stedten.  l  Mos.  41,35.  hierher  auch:  laug  ins  haus 
zu  schaffen  und  sie  inn  der  statt  zu  verkauffen.  Sediz 
feldbau  63;  wenn  der  kaufmann  in  fremder  stadt  ver- 
kaufte, so  suchte  er  am  liebsten  waare  gegen  waare  oder 
baares  gcld  umzusetzen.  Freytao  18, 235.  hie*her  auch 
Wendungen  «'ic;  dies  {das  verschttnnden  der  K-inder)  hatte 
ein  kindermädchen  gesehen ,  welches  .  .  .  darnach  um- 
kehrte und  das  gerücht  in  die  stadt  brachte,  briider 
Grimm  deutsche  sagen  245.  mit  riicksicht  auf  die  in  den 
Städten  dargebotenen  mittel  der  bUdung  und  deagenussea: 
ich  . .  .  erfuhr,  dasz  in  dem  hause  eine  kunstausstoUung 
stattlinde,  welche  durch  die  studio  zirkuliere.  Keller 
1,  264;  er  ging  alle  abende  in  einen  lesczirkol  unserer 
Stadt,  las  dort  die  franzilsischon  und  englischen  blätter. 
2,52.  in  der  stadt  speisen,  pran.iare,  cenare  in  cittä  eioi 
da  conriato.  fuor  di  caaa  »ua.  Kuamkr  dict.  2 (1709). 900«; 
vgl.:  die  kochkunst  jener  zeit  ijodich  am  besten  in  den 
groR7.cn  sl&dten,  die  gcschlcchter  hatten  zu  den  heimischen 
gcrichten  fremde  eingeführt  Frey  tag  ih,  140. 

d)  icendungen  mit  besiehung  auf  die  besondere  bedetitun§ 
der  befestigten  atadt  in  der  kriegfilhrung :  die  stadt  bietet 
soliutx  gegen  feindlichen  Überfall  u.a.  w.;  in  jenen  lu^on, 


425 


STADT  (U,  3) 


STADT  ai.  3) 


426 


wo  das  feindliche  heer  noch  einmal  in  das  land  fluthete, 
bestand  der  senior  darauf,  sein  liebes  kind  vor  der  ge- 
fahr  in  einer  stadt  zu  bewahren.  Freytao  13,  235;  deshalb: 
eine  stadt  befestigen,  besetzen,  fortificare.  piesidiare  una 
cittä.  Kramer  dict.  2  (I7ö2),  900«;  eine  stadt  mit  mann- 
schaft  besetzen,  oppidum  militum praesidio  firmare.  Stein- 
bach 2,  653 ;  und  er  legte  kriegsvolck  in  alle  feste  stedte 
Juda.  2  chron.  17,  2.  eine  stadt  belagern,  bestürmen,  an- 
greifen, berennen:  die  statt  ist  belageret,  cingitur  urbs 
obsidione.  Maaler  385»;  stadt  belägern,  ad  urbem  castra 
ponere,  obsidione  cingere.  Stieler  2112;  eine  stadt  belägern, 
asaediare  una  cittä  {piazza),  porvi  assedio.  Kram  er  dict. 
2  (1702),  900=;  sie  aber  belagerten  die  stad,  bis  das  ein 
eselskopff  acht  silberlinge  und  ein  vierteil  dauhenmist  fünf! 
silberlinge  galt.  2  Aö?».  6,  25;  nimm  eine  eiserne  pfanne, 
die  las  eine  eiserne  maur  sein  zwischen  dir  und  der  stad, 
und  richte  dein  angesicht  gegen  sie,  und  belegere  sie. 
Hesek.  4,  3;  aber  Antiochus  zog  jm  nach  gen  Dora  .  .  .  und 
belagert  die  stad  zu  land  und  zu  wasser,  das  niemand 
aus  oder  ein  kund.  1  Macc.  15,14;  also  ward  die  stad  be- 
lagert bis  ins  eilfte  jar.  2A:ön.  52,  2.  ein  statt  anfallen, 
angryffen,  anrennen,  adoriri  civitatem.  M.valer385»;  stadt 
bestürmen,  scalis  admotis  urbem  oppugnare.  Stieler  2112; 
Stadt  beschieszen,  oppidi  moenia  tormentis  quafere,  globis 
arietare,  verberare  tormentis. ebenda;  vor  eine  stadt  kommen, 
sich  vor  eine  stadt  lagern,  eine  stadt  berennen,  angreiften, 
beschieszen,  bestürmen,  aushungern,  mit  bomben  äng- 
stigen, ihr  hart  zusetzen,  assediare  una  citta,  accamparvisi 
dinanzi  (sotto),  investirlo:,  attaccarla,  assalirla,  batterla  ö 
cannonarla  darle  l'assalfo,  affamarla,  stringerla,  ango- 
sciarla  con  bombe  e  fuochi.  Kram  E R  rficf.  2  (1702),  900«;  so 
mach  dich  früe  auff  und  überfalle  die  stad.  richter  9,53; 
darumb  beschlossen  sie,  das  sie  morgens  als  bald  die- 
selbige  festen  stedte  überziehen  und  stürmen  wollen. 
1  Macc.  5,  27 ;  ein  gröszerer  anschlag  war  es ,  wenn  man 
ein  befestigtes  haus  oder  eine  stadt  des  feindes  berennen 
wollte.  Freytag  18,  292 ;  einen  ausfall  aus  der  stadt  machen, 
den  feind  zurückzuuerfen.  hierher  auch  die  folgenden  acti- 
vischen  \cie  reflexivischen  Wendungen :  aber  die  kinder  Israel 
sprachen,  last  uns  fliehen,  das  wir  sie  von  der  stad  reissen 
auff  die  Strassen,  richter  20,  32 ;  da  füren  die  kinder  Ben 
Jamin  er  aus,  dem  volck  entgegen  und  rissen  sich  von 
der  stad.  31;  und  sie  jagten  auch  Josua  nach  und  rissen 
sich  von  der  stad  eraus,  das  nicht  ein  man  uberbleib  in 
Ai  und  Bethel,  der  nicht  ausgezogen  were  Israel  nachzu- 
jeigen,  und  Hessen  die  stad  offen  stehen,  das  sie  Israel 
nachjagten.  Josua  S,  n.  ueiter:  diese  stad  wird  nicht  in 
die  hende  des  königs  von  Assyrien  gegeben  werden.  2  kön. 
18,  30;  und  wil  dich  und  dise  stad  erretten  von  dem  könige 
zu  Assyrien  und  dise  stad  beschirmen.  20,  6.  eine  stadt 
mit  grosser  gewalt  stürmen,  oppidum  summa  vi  oppugnare. 
Steinbach  2,653;  und  Judas  . .  .  stürmet  die  stad  Bosor, 
ehe  sie  sichs  versahen,  und  erobert  sie  und  lies  alle 
mansbildfc  erstechen,  und  plündert  und  verbrand  die  stad. 
1  Macc.  5,  28 ;  da  brach  man  in  die  stad  und  alle  kriegs- 
menner  flohen.  2i-ön.25,4;  eine  stadt  zur  Übergabe  zwingen, 
urbem  ad  deditionen^  redigere.  Steinbach  2,  653;  eine  stadt 
verrathen,  tradire  la  cittä.  Kramer  dict.  2  (1/02),  900<=;  eine 
stadt  verrathen,  urbem  prodere.  Steinbach  2,  653;  stadt 
übergeben,  urbem,  deditione  tradere.  Stiei.er  2112;  die 
Stadt  Übergeben,  aufgeben,  rendere  la  cittä  a'  nemici. 
Kram  ER  dict.  2  (1702),  900«;  da  that  man  jm  (dem  könige 
vo*^  Egypten)  alle  stedte  auff  und  zogen  jm  entgegen  und 
empGengen  jn  herrlich,  l  Macc.  il,  2.  eine  stadt  mit  list, 
verrähterey  bekommen,  einbekommen,  forprendere  una 
piazza  per  stratagema  di,  o  per  tradimento,  intelligenza. 
Kramer  dict.  2  (1702),  900«.  sich  einer  stadt  bemächtigen, 
urbe  potiri.  Stieler  2112;  eine  stadt  einnehmen,  erobern, 
gewinnen,  bekommen,  sich  einer  stadt  bemächtigen,  be- 
meistern,  prendere,  forprendeie ,  conquistare  una  cittä; 
impadronirsi  d'una  cittä  (piazza).  Kramer  dic<.2(l702),900«; 
eine  stadt  erobern,  urbem  capere.  Steinbach  2,653;  wenn 
du  für  einer  stad  lange  zeit  ligen  must,  wieder  die  du 
streitest  sie  zu  erobern.  sMos.  20,  IS;  und  die  mauren 
(von  Jericlio)  fielen  umb  und  das  volck  ersteig  die  stad, 
ein  jglicher  stracks  für  sich,  also  gewonnen  sie  die  stad. 
Josua  6, 80.  eine  stadt  plündern ,  ausrauben  u.  ä. :  auch 
füret  er  aus  der  stad  seer  viel    raubs.  l  chron.  21,2;    sie 


beranbeten  alle  stedte,  denn  es  war  viel  ranbs  drinnen. 
2  chron.  14, 14;  da  kamen  die  söne  Jacob  über  die  er- 
schlagene und  plünderten  die  stad.  l  Mos.  34,  27.  das 
letzte  Schicksal  der  eingenommenen  stadt  erhellen  Wendungen 
■wie:  stadt  umkehren,  verwüsten,  delere,  evertere,  extin- 
guere  urbem.  Stieler  2112;  eine  stadt  umkehren,  ver- 
wüsten, verbrennen,  einäschern,  verheeren,  plündern, 
preisgeben,  desolare,  distruggeie ,  abbrucciare,  incenerire. 
devastare,  predare,  dar'  in  preda  una  citta.  Kramer  dict. 
2  (1702),  900«;  die  stedte  hastu  umbkeret,  jr  gedechtnis  ist 
umbkomen  sampt  jnen.  ps.  9,7;  sihe,  ich  habe  auch  in 
diesem  stück  dich  angesehen,  das  ich  die  stad  nicht 
umbkere.  i  Mos.  19,  21 ;  und  keret  die  stedte  umb ,  die 
gantze  gegend  und  alle  einwohner  der  stedte.  25;  denn 
da  gott  die  stedte  in  der  gegend  verderbt,  gedachte  er  an 
Abraham,  und  geleitet  Lot  aus  den  stedten,  die  er  umb- 
keret. 19,29;  und  wil  ewre  stedte  wüste  machen,  und 
ewrs  heiligthums  kirchen  einreissen.  3  JlTo*.  26,  31 ;  weh, 
weh ,  die  grosse  stad ,  . . .  denn  in  einer  stunde  ist  sie 
verwüstet,  offenb.  18, 19;  und  die  stedte,  so  wol  bewonet 
sind,  sollen  verwüstet  und  das  land  öde  werden.  Hesek. 
12,20;  vgl.:  ein  f romer  man  kan  einer  stad  aufhelffen, 
aber  wenn  der  gottlosen  gleich  viel  ist,  wird  sie  doch 
durch  sie  verwüstet.  Jes.  Sir.  16,  5.  da  streit  Abi  Melech 
:  wider  die  stad  denselben  gantzen  tag  und  gewan  sie,  und 
i  erwürget  das  volck,  das  drinnen  war,  und  zubrach  die 
j  stad  und  seet  saltz  drauff.  richter  9,  45;  er  {der  herr) 
I  wird  auch  die  Moabiter  in  ewre  hende  geben,  das  jr 
I  schlahen  werdet  alle  feste  stedte  und  alle  ausserwelte 
!  stedte.  2  kön.  3, 19;  r^^.-  darumb  sol  das  schwert  über  jre 
;  stedte  komen,  und  sol  jre  rigel  auffreiben  und  fressen. 
j  Hoseai\,&;  das  er  gen  Kegila  kome,  die  stad  zu  ver- 
I  terben.  i  Sam.  23, 10;  woltestu  denn  die  gantze  stad  ver- 
I  derben?  l  Mos.  18,  28;  {im  vergleiche-)  was  aber  noch  übrig 
j  ist,  von  der  tochter  Zion,  ist  wie  ein  heuslin  im  Wein- 
berge, wie  eine  nachthütte  im  kürbisgarten,  wie  eine  ver- 
herte  stad.  Jes.  7,8;  euch  aber  wil  ich  unter  die  beiden 
'  strewen,  und  das  schwert  ausziehen  hinder  euch  her,  das 
eur  land  sol  wüste  sein  und  ewre  stedte  verstöret.  3  Mos. 
26,  33;  aber  sie  kamen  hin  ein  und  schlugen  Moab,  die 
stedte  zubrochen  sie.  2  kön.  z,  2h;  sihe  so  wil  ich  euch 
hin  wegnemen  und  euch  sampt  der  stad  . . .  von  meinem 
angesicht  weg  werffen.  Jerem.  23,  39;  also  wird  mit  einem 
stürm  verworffen  die  grosse  stad  Babylon  und  nicht  mehr 
erfunden  werden,  o^eni.  18,  21;  sie  ist  gefallen,  Babylon, 
die  grosse  stad.  14,  8;  denn  du  machest  die  stad  zum 
steinhauffen,  die  feste  stad,  das  sie  auff  eim  hauffen  ligt, 
der  frembden  pallast,  das  nicht  mehr  eine  stad  sey,  und 
nimer  mehr  gebawet  werde.  Jes.  25,  2.  eine  stadt  schleiffen, 
urbem  exscindere.  Steinbach  2,653;  weil  aber  die  stad 
verschlossen  war,  zoch  er  ab,  in  der  meinung,  das  er 
bald  widerkomen  und  die  stad  schleiffen  wolt.  2  Macc. 12,1; 
wird  er  sich  aber  in  eine  stad  versamlen,  so  sol  das  gantz 
Israel  stricke  an  dieselbige  stad  werffen  und  sie  in  den 
bach  reissen,  das  man  nicht  ein  kieselin  dran  finde. 
2  Sam.  17, 13;  wenn  jr  aber  die  stad  eingenomen  habt,  so 
steckt  sie  an  mit  fewr.  Josua  8,8;  und  verbranten  mit 
fewr  alle  ire  stedte  jrer  wonung  und  alle  bürge.  4  Mos. 
31,10;  aber  die  stad  verbranten  sie  mit  fewr.  Jos.  6,  24; 
du  wirst  jre  feste  stedte  mit  fewr  verbrennen.  2  kön.  8, 12; 
das  er  dein  land  verwüste  und  deine  stedte  ausbrenne, 
das  niemand  drinne  wone.  Jerem.  4,  7 ;  natürlich  entsteht 
\  feuersnot  atich  sonst  wol  für  eine  stadt:  da  fieng  an  sich 
zurheben  von  der  stad  ein  rauch  stracks  über  sich,  . . , 
und  sihe,  da  gieng  die  stad  gantz  auff  gen  himel.  richter 
20,40;  die  stadt  ist  durch  einen  brandt  sehr  übel  zu  ge- 
richtet, cii^itas  i7icendio  corrupta  et  vastata  est.  Steinbach 
2,653;  die  kerle  flogen  wie  pfeile,  steckten  die  stadt  an 
drey  und  dreysig  eken  zumal  in  brand.  Schiller  2,  91 
{räuber  2,3  achausp.); 

web'  denen,  die  dem  ewigblinden 
des  lichtes  nimmelsfackel  leihn! 
sie  leuchtet  nicht,  sie  kann  nur  zünden 
und  äschert  städt'  und  länder  ein. 

.   ,      ^.   .     ,  ,  11.  318  ialocke  388). 

tn  substantivischer  icendung: 

möge  nie  der  tag  erscheinen,  .  .  . 

wo  der  bimmel  .  .  . 

TOD  der  dörfer,  von  der  st&dte 

wiiUttm  brjuiJe  schrecklich  strahlt.    316  (339); 


427 


STADT  (11.  3-6) 


STADT  (II,  6) 


428 


vgl. :    aufsteht  mit  des  Verbrechens  wuth   und   des  elends   die 

inenscbheit 
und  in  der  asche  der  stadt  sacht  die  verlorne  natur. 

89  {Spaziergang  171). 
eitel  Wüstung  ist  in  der  stad  blieben  und  die  thore  stehen 
öde.  Jes.  24,12;  eine  stadt  wieder  bauen,  wieder  auf- 
richten, riedißcare,  ristorare,  rifabricare  una  cittä.  Khamer 
dict.  2(1702),  900<=;  sie  werden  die  verwüsten  stedte,  so  für 
und  für  zerstöret  gelegen  sind,  vernewen.  Jes.  61,  4.  wo 
der  herr  nicht  die  stad  behütet,  so  wachet  der  wechter 
umb  sonst,  ps.  127,  l. 

e)  das  alfer  der  sfadfgründujig  als  Zeitabschnitt  der  Ver- 
gangenheit: so  lang  die  stadt  stehet,  dalla  fondatione  dellu 
cittä.  Kramer  dict.  2  (1702),  90i»;  Zeitrechnungen  der  städte 
waren  in  Italien  gewöhnlich.  Niebuhr  röm.  gesch.  1,227. 
bei  ihr  begann  z.  b.  die  Jahreszählung  in  Rom:  von  er- 
bauung  der  stadt,  dalla  fondatione  della  cittä.  Kram  er 
dict.  8(1702),  901»;  die  aera  von  gründung  der  stadt.  Nie- 
buhr röm.  gesch.  1,  275. 

4)  icendungen  wie  von  stadt  zn  stadt,  von  einer  stadt 
zur  andern  u.  ä.:  von  statt  zu  statt,  oppidatim.  muni- 
ripatim.  Dasypooius;  und  so  springts  von  haus  zu  haus, 
von  stadt  zu  stadt,  von  reich  zu  reich  und  zuletzt  von 
welttheil  zu  welttheil.  Göthe  49,26;  die  zeit  sei  längst 
vorbei,  da  die  kunst  mit  dem  handwerk  verbunden  ge- 
wesen und  der  scholare  von  stadt  zu  stadt  habe  wan- 
dern können  wie  jeder  andere  handwerksgesell.  Keller 
2, 99.  i-gl.  schon  mittelnieder d. :  toch  he  van  steden  to  steden. 
quelle  bei  Schiller-Lübbfn  4,  368''.  von  einer  statt  zu 
der  andern,  opidatim.  Corvinus  449'>;  und  die  leuffer 
giengen  von  einer  stad  zur  andern  im  lande  Ephraim 
und  Manasse.  2  chron.  30, 10;  von  einer  stadt  zur  anderen 
ziehen.  Freytag  18, 127; 

ich  wil  gern  mit  dir  wandern 
von  einer  stadt  zur  andern, 
bis  wir  gen  Paris  komen. 

fagtn.  sp.  908,  29  Keller. 

durch  alle  statt,  oppidatim.  Dasypodius. 

5)  Stadt  als  ztceites  glied  in  Zusammensetzungen. 

a)  als  bezeichnungen  einzelner  theile  der  stadt;  altstadt, 
a.  theil  l,21i;  neustadt  theil  7,687;  Oberstadt  theil  7,1102; 
Unterstadt,  vorstadt,  auszenstadt,  innenstadt. 

b)  als  zusammengesetzte  bezeichnung  einer  ganzen  stadt, 
gewählt  nach  den  verschiedenartigsten  merkmalen:  grosz- 
stadt;  kleinstadt;  Weltstadt;  grenzstadt;  bergstadt,  s.  theil 
1,  1518;  meerstadt  ^ÄciZ  6, 1860 ;  Seestadt  ^/leiHo,  1,71;  küsten- 
stadt  ^Ä«Z  5,  2880;  hafenstadt  <A«Z  4,  2, 126;  wasserstadt; 
geburtsstadt  theil  4, 1, 1, 1910;  Vaterstadt  theil  12, 38;  pflanz- 
stadt  theil  7, 1721 ;  mutterstadt  theil  6, 2828.  ackerstadt  (gerne 
deminut.  ackerstädtchen, n.),  deren bevölkerung  von  acketbau 
lebt;  gewerbestadt;  fabrikstadt;  handelsstadt  <Aei7  4,2,383; 
kaufstadt  theil  5,  Si6,  vgl.  auch  hansestadt  tJieil  4,  2,  4€5; 
Universitätsstadt ;  kornstadt,  kornreiche  stadt,  theil  5, 1831 ; 
wagenstedte,  plur.  2  chron.  8,6;  vgl:  also  bauet  Salomo 
. . .  alle  stedte  der  kornheuser  die  Salomo  hatte ,  und 
alle  stedte  der  wagen  und  die  stedte  der  reuter  und  wo 
zu  er  lust  hatte  zu  bawen  zu  Jerusalem,  in  Libanon  und 
im  gantzen  lande  seiner  herrschafft.  i  kön.  9, 19;  peststadt 
theil  7, 1567 ;  kaiserstadt,  königsstadt  theil  5,45. 1715 ;  fürsten- 
stadt  theil  4, 1, 880 ;  residenzstadt  theil  8, 819 ;  pfalzstadt  tlieil 
7, 1603 ;  hauptstadt  th.  4, 2, 681 ;  provinzstadt,  provinzialstadt 
theil  7,  2179;  wahlstadt  theil  13,  589:  reichsstadt  theil  8,  610; 
freistadt  theil  i,  1,122;  bundesstadt  C/t€i7  2,520;  kreisstadt 
theil  5,  2160;   marktstadt  theil  6, 1656;   landstadt  theil  6, 142. 

6)  mit  toeiterer  adjecHviacJier  bestimmung;  nach  ihrer  Zu- 
gehörigkeit zu  einer  nation  gewühlter  zusatz:  deutsche,  fran- 
zösische, italiänische  stadt  u.s.w.:  keine  in  der  ebene 
gelegene  deutsche  stadt.  Riehl  culturstudien  263.  sonst 
mit  den  verschiedenartigsten  Zusätzen :  so  sprechen  die  vier 
floszgötter  am  Augustusbrunnen  in  der  that  auch  für 
unsere  zeit  eine  tiefe  Wahrheit  aus:  die  Wahrheit,  dasz 
Aagsburg  die  natürlichste  und  notwendigste  stndt  auf 
weit  und  breit  für  alle  epoche  sei.  Rikhl  culturstnd.  265; 
dies  (da*  freundliehgetinntsein  des  LeeJutromes)  ist  wie- 
demm  ein  natürliches  Privilegium  der  natürlichen  und 
gewordenen  stadt.  wertvoller  vielleicht  als  alle  die  vielen 
kaiserlichen  Privilegien.  86«;  äuszere  stadt;  innere  stadt 
(vgl.  5,  a);  in  einem  altertümlichen  teile  der  inneren 
■ladt,  auf  einem  kleinen  seitenplutze  stand  ein  schmales 


haus  von  geschwärztem  backstein  erbaut.  Keller  2, 170; 
herrliche  alte  stadt,  antiqua  urbs.  Maaler  385»;  uralte 
Stadt,  urbs  vetustate  famaque  conditorum  inclyta.  Stieler 
2112;  eine  alte,  uralte  stadt,  cittä  antica,  antichis.nma. 
Kramer  dtc^  2  (i702),  900».  (als  Zusammensetzung  altsl&dt, 
neustadt  im  bestimmten  sinne  eines  stadttheils ,  vgl.  oben 
5,  a) :  gen  Prag,  in  die  alten  grossen  stat  odir  in  dy  newe. 
Prager  stadtrecht  70, 117  Rössler;  an  einer  binnenmauer, 
welche  die  alte  stadt  von  einem  neueren  theile  scheidet. 
Freytao  18, 121. 

als  knabe  stieg  ich  in  die  hallen 

verlaszner  bürgen  oft  hinan; 

durch  alte  städte  thät  ich  wallen 

und  sah  die  hohen  mUnster  an. 

Uhland  ged.  223. 

eine  mächtige,  grosse,  berühmte  stadt,  urbs  amplissima, 
ornatissima.  Jlorentissima,  opulentissima.  CORVINUS  786»; 
grosze,  fürnehme  stadt,  urbs  maxima,  clarissima,  celebris, 
nobilissima.  Stieler  2112;  eine  grosse,  vornehme,  viel- 
bewanderte, wolbewohnte,  volckreiche  stadt,  cittä  grande, 
famosa,  celebratu,  nominata,  illustre  molto  frequentata, 
popolata.  Kramer  rfic^  2(1702),  900»;  dis  {Messen)  ist  eine 
grosse  stad.  1  Mos.  10, 12;  grosse  und  feine  stedte,  die  du 
nicht  gebawet  hast.  6  Mos.  6,10;  weh,  weh,  die  grosse 
stad  Babylon,  die  starcke  stad.  offenb.  IS,  10;  (der  engeV) 
füret  mich  hin  im  geist  auff  einen  grossen  und  hohen 
berg  und  zeiget  mir  die  grosse  stad,  das  heilige  Jerusalem. 
21, 10;  in  der  groszen  stadt  kann  man  sich  verstecken 
wie  in  dem  Winzelwalde;  jene  hat  ihre  schatten,  ihre 
geheimniszvolle  lust  und  schauer,  wie  dieser.  Haare  d. 
leute  aus  d.  lealde  1, 161 ; 

man  schuof  in  {den  fremden)  herberge     in  der  wUen  stat  ze- 
hant.    Nib.  1116,  4  Lachmann. 

es  war  eine  kleine,  ärmliche  stadt.  Freytag  verl.  liandschr. 
1,43;  als  wir  durch  das  thor  ritten,  fanden  wir  die  kleine 
stadt,  welche  nur  einen  mäszig  groszen  platz  bildete,  schon 
ganz  belebt.  Keller  l,  3C9.  feste  stadt,  urbs  fortissima, 
munitissima.  Stieler  2112;  eine  feste,  wolgebaute,  schöne, 
wolgelegene,  nahrhafte,  reiche  etc.  stadt,  una  cittä  (piazza) 
ben'  intesa,  bella,  ben  situata,  alfna  (buona)  abbondunte. 
ricca  etc.  Kramer  dict.  2  (1702),  901»;  eine  feste,  offene  stadt. 
Adelung;  er  bawet  auch  obern  und  nidern  Bethhoron.  das 
feste  stedte  waren  mit  mauern,  thüren  und  rigeln.  2  chron. 
8,5;  wir  haben  eine  feste  stad,  mauren  und  wehre  sind 
heil.  Jes.  26,  l ;  on  das  starck  volck  drinnen  wonet,  und 
seer  grosse  und  feste  stedte  sind,  i  Mos.  13,29;  es  (das 
böse  maul)  zubricht  feste  stedte  und  zerstöret  fürsten- 
thüme.  Jes.  Sir.  28, 11;  so  macht  Juda  viel  fester  stedte, 
aber  ich  wil  fewr  in  seine  stedte  schicken,  welchs  sol 
seine  heuser  verzehren.  Hos.  8, 14;  (Sanherib)  zog  in  Juda 
und  lagert  sich  für  die  festen  stedte  und  gedacht  sie  zu 
sich  zu  reissen.  2  c/t»on.  32,  l ;  denn  die  feste  stad  niusz 
einsam  werden ,  die  schöne  heuser  Verstössen  und  ver- 
lassen werden,  wie  eine  wüste.  Je».  27, 10;  nim  du  die 
knechte  deines  herrn  und  jage  jm  nach,  das  er  nicht 
etwa  für  sich  feste  stedte  Gnde  und  entrinne  aus  unsern 
äugen.  2  Sam.  20,  6;  denn  ich  will  dich  . .  zur  festen  stad, 
zur  eisern  seule,  zur  ehernen  mauren  machen.  Jerem. 
1, 18.  eyn  gemawrte  statt,  urbs.  Dasypodius;  unser  kinder 
sollen  in  den  verschlossen  stedtcn  bleiben.  4  Mos.  ,32, 17 ; 
da  baweten  die  kinder  Gad  .  .  .  verschlossen  stedte  und 
schafhürten.  32,  36;  auch  waren  wohlverwahrte  stiidte, 
wenn  sie  nicht  durch  verrath  oder  innere  Zwietracht  ge- 
öffnet wurden,  in  Wahrheit  für  die  angriffsmittel  joner 
zeit  (14.  u.  ib.jahrh.)  zu  stark  befestigt.  Freytao  ih,  285. 
die  Stärkeste  stadt  im  lande,  ciiitas  longe  firmissima  to- 
tius  provinciae.  Steinracii  2,653.  volkreiche  stadt,  urbs 
copiosa  et  incolis  frequens,  homin  ibtisque  affluens.  St  l  K  i .  k  1 : 
2112;  von  allen  einwohnern  der  volkreichen  stndt.  Raaiu 
d.  leute  aus  d.  lealde  161.  in  einer  wolpolicicrtcn  statt 
(■■  atadt  mit  guter  polizei),  da  stille  ruhe  und  sanftis 
wesen  wohnen  soll.  Hemer  ordnutig  von  1686  im  schirrt: 
idiot.  i,\iM.  eine  mächtige ,  herrliche  stadt,  cittä  rnilr, 
magnißca ,  su/ierba.  Kramkr  rfir^  2  (1708),  tWO»;  ein  paar 
ansehnliche  städte.  Kki.i.kr  1,878.  schöne  stadt,  urbs  orxo- 
tissima.Jloieiitissima.  Stiki.kr  2J12;  die  schönste  stadt  in 
Deutschland.  Hikiil  culturatudim  861.  eine  vortreffliche 
stadt,  egregia  urbs.  Stein  räch  8,  663;  die  berühmte  stndl 
der    armen  ((/i>  Frugrrri    in    Augsburg).    Rieiii.   culhtr 


4 


429 


STADT  (II,  6. 7) 


STADT  (II.  7.  8) 


430 


Studien  276;  die  örtliche  nothwendigkeit  der  weltberühmten 
Stadt.  261.  denn  Gibeon  war  eine  grosse  stad,  wie  eine 
königliche  stad.  Jostta  10,2;  was  sol  dein  knecht  in  der 
königlichen  stad  bey  dir  wonen.  i  Slam.  27,5;  auch  der 
böhmische  majestätsbrief  sprach  nur  von  den  ständen 
und  von  den  königlichen  städten,  deren  magistrate  sich 
gleiche  rechte  mit  den  ständen  zu  erringen  gewuszt  hatten. 

Schiller  8,  67. 

zn  Weinsberg,  der  gepriesnen  Stadt, 
die  von  dem  wein  den  namen  hat. 

Uhland  ged.  319. 

wüste  Stadt,  urbs  infrequejis.  deserta,  incttlta.  Stieler  2112 ; 
eine  wüste  stadt ,  davon  kaum  mehr  ein  anzeigen  vor- 
handen, una  cittä  distrutta,  rouinata,  di  cui  appena  ci 
sono  piü  vestigii,  nideri,  rdiquie,  rovina.  Khamer  dict. 
2  (1702),  900* ;  er  wird  aber  wonen  in  verstöreten  stedten, 
da  keine  heuser  sind,  sondern  auff  einem  hauffen  ligen. 
Hioh  15,  28;  ich  bin  gleich  wie  ein  rohrdomel  in  der 
wüsten,  ich  bin  gleich  wie  ein  küt^lin  in  den  verstöreten 
stedten.  ps.  102,  7 ;  die  lehre  stad  ist  zubrochen,  alle  heuser 
sind  zugeschlossen,  das  niemand  hin  ein  gehet.  Jes.  24,  lO; 
wenn  er  zu  deinen  thoren  einziehen  vcirA,  wie  man  pfleget 
in  eine  zurissen  stad  ein  zu  ziehen.  Hesek.  26,10;  denn 
sie  (die  glocken)  läuten  noch  in  versunkener  stadt,  tief 
unter  der  erde  oder  im  wasser.  Freytag  18, 129. 

7)  mit  besonderer  befonung  des  baulichen  xcesens  und  des 
aussehens  einer  stadt:  von  auszen  sieht  die  stadt  aus  wie 
der  prächtige  steinpalast  eines  riesenkönigs.  Freytag 
18,123;  nachdem  ich  den  hausherrn  ..  mit  einer  Verbeu- 
gung gegrüszt,  setzte  ich  mich  neben  ihn,  entschuldigte 
mein  auszenbleiben  mit  der  weitläuftigkeit  der  stadt.  Göthe 

28,  216;        wie  mag  er  gleich  die  braut  erkunden 

im  labyrinth  der  groszen  stadt.    Uhland  ged.  242. 

und  die  stad  liegt  Arierecket  und  jre  lenge  ist  so  gros  als 
die  breite,  offenb.  21,16;  die  lenge  und  die  breite  und  die 
höhe  der  stad  sind  gleich,  ebenda;  die  mauern,  thore, 
thürme,  umfriedigungen  einer  stadt:  wer  i^  sach,  dag  he 
{der  neue  bürger)  die  burgerschaft  in  deg  jares  zit  ufgebe 
in  argem  willen,  so  solden  die  bürgen  behaft  sin  vor  zwei 
phunt  phenge,  und  die  solde  man  wenden  an  der  stad 
muren.  iceisfh.  5,  246;  und  die  maur  der  stad  hatte  zwelfF 
gründe,  offenb.  21,  14;  darnach  bawet  er  (Manasse)  die 
eussersten  mauren  an  der  stad  David  .  . .  und  machet 
sie  seer  hoch.  2  chron.  33, 14;  und  kamen  und  belegten  jn 
zu  Abel  und  Bethmaacha  und  schütten  eine  schut  umb 
die  stad  und  traten  an  die  maure  und  alles  volck  das 
mit  Joab  war  stürmet  und  wolt  die  mauren  niderwerffen. 
2  Sam.  20, 15 ;  ländlich  sind  auch  die  Umfriedungen  der 
Stadt,  sogar  bei  kirchhöfen  oft  holzzäune.  Freytag  18,  128; 
im  anfange  blieben  die  trüben  sorglosen  gedanken  bei 
jedem  ausmarsche  innerhalb  der  alten  mauern  der  stadt 
eingeschlossen  zurück.  R.\abe  zum  icüden  viann  25.  die 
thore  der  stadt;  vor  den  thoren  der  stadt;  zur  lincken, 
wenn  man  zum  thor  der  stad  gehet.  2  k'ön.  23,  8 ;  und  sie 
giengen  mit  einander  hinaus  .  . .  durch  das  lager  und 
giengen  umbher  durch  das  tal,  das  sie  heimlich  ans  thor 
der  stad  kamen.  Judith  13, 11 ;  zu  den  thoren  eingehen  in 
die  stad.  offenb.  22, 14 ;  eine  bewegung  ....  welche  den 
thoren  der  stadt  zustrebte.  Freytag  6,  41 ; 

war  das  thor  der  stadt  nun  auch  eröShet, 
und  es  regte  sich  der  ganze  plunder 
des  bewegten  marktes  durch  einander. 

GÖTHB  2,  103. 

da  kamen  sie  nun  . . .  unter  der  stad  thor  und  redten 
mit  den  bürgern  der  stad.  i  Mos.  34,  20 ;  und  sie  gehorchten 
dem  Hemor  und  Sichern  seinem  son,  alle  die  zu  seiner 
stad  thor  aus  und  eingiengen.  24;  so  solt  jr  sie  alle  beide 
zu  der  stad  thor  ausfüren  und  solt  sie  beide  steinigen. 
5  Mos.  22, 24.  und  Gaal  trat  für  die  thür  {an  das  pfortchen) 
an  der  stad  thor.  richter  9,  35 ;  Abi  Melech  aber  und  die 
hauffen  die  bey  im  waren,  überfielen  sie  und  tratten  an 
die  thür  der  stad  thor.  44.  hierher  wol  auch .-  da  er  kam 
an  die  thur  der  stad.  l  kön.  17,  lO;  die  thürme  der  stadt: 
aber  was  sunst  der  thürn  umb  die  stat  sein,  darausz  man 
zins  gibt  {denn  sie  sind  bewohnt).  Tucher  baumeisterb. 
103,23;  diese  («ia««r)thürme,  quadratisch  oder  rund,  von 
ungleicher  höhe  und  dicke,  sind  bei  einer  reichen  stadt 
mit  schiefer  oder  ziegeln  gedeckt.  Freytag  18, 121.  doch 
können  die  thürme  der  kirchen  mit  einbegriffen  sein:  die 


thürme  der  stadt  sind  weithin  sichtbar;  von  diesem 
berge  aus  sieht  man  die  thürme  der  stadt ;  auf  den  hohen 
thürmen  der  stadt  wachten  die  thürmer.  Freytag  18,  287. 
die  straszen  und  gassen  der  stadt  sind  winklig;  in  den 
straszen  der  stadt  herrscht  reges  leben;  die  reinlichkeit 
und  Ordnung  in  den  straszen  dieser  zerstörten  stadt. 
Göthe  28,  217;  sehr  unähnlich  moderner  bauweise  sind 
die  straszen  der  stadt,  sie  ziehen  sich  in  der  mehrzahl 
enge  gewunden  dahin.  Freytag  18, 125 ;  die  hauptstraszen 
der  stadt  sind  hier  und  da  gepflastert,  längs  der  häuser 
besondere  steinwege.  123;  und  jre  leichnam  werden  ligen 
auff  der  gassen  der  grossen  stad.  offenb.  11,  8;  in  den  gassen 
der  Stadt  traben  die  kühe,  ein  schäfer  führt  mit  seinem 
hunde  die  Schafherde  auf  die  nahen  höhen.  Freytag 
18,123;  auf  den  platzen  der  stadt;  darnach  auch:  auf  den 
straszen  und  platzen  der  stadt ;  auf  den  platzen  der  stadt 
standen  bei  laufenden  brunnen  schöpftröge  von  stein  und 
metall.  Freytag  18, 125;  wurde  auf  einem  platze  der  stadt 
ein  fest  gefeiert,  ein  stechen  oder  Schauspiel,  dann  wurde 
der  platz  mit  stroh  belegt.  124.  in  den  fluszarmen,  welche 
durch  die  stadt  führen,  hat  das  vieh  seine  schwemmen.  123. 
die  häuser  der  stadt:  hier  beginnen  die  ersten  häuser  der 
stadt;  bis  hierher  reichen  die  häuser  der  stadt;  das  thal 
ist  durchschritten  . . .  hier  ragen  die  nächsten  häuser  der 
Stadt.  Freyt.\g  verl.  handschr.  1,ö;  soweit  die  deutsche 
spräche  reicht,  sind  in  den  städten  nicht  viele  häuser, 
in  welchen  seine  {Schillers)  werke  nicht  stehen.  Keller 
3,43;  umb  zins,  er  sey  ewig  oder  nicht,  auf  heusem  oder 
auff  hoffsteten,  di  in  unser  stat  zu  Prag  gelegen  sint.  Prager 
stadtrecht  67, 109  Bössler.  hierher  auch :  bis  zu  ihrem  Un- 
glück hatten  die  templer  ein  haus  in  der  stadt,  jetzt  noch 
die  Johanniter  und  der  deutsche  orden,  auch  den  Bene- 
dictinem  gehört  ein  freihaus.  Freytag  18, 127.  oß  mit 
entsprecfiendem  zusatze .-  im  sichersten  und  festesten  hause 
der  stadt.  Riehl  culturstudien  277.  {die  alte  linde  vor  dem 
rathaus)  ist  dem  bürger  eine  erinnerung  an  eine  zeit, 
wo  seine  stadt  noch  nicht  war  und  wo  die  Waldvögel  in 
den  zweigen  sangen.  Freytag  18,  128 ;  hier  {in  Augsbrtrg) 
war  nicht  nur  die  gesammte  stadt  eine  weit  für  sich, 
sondern  jedes  quartier,  jede  strasze  verkörpert  wiederum 
eine  besondere  phase  des  Volkslebens.  Riehl  cultursttt- 
dien  271. 

8)  die  stadt  als  theil  der  umgebenden  landschaft.  vgl. 
dazu  auch  oben  unter  7:  im  angesichte  der  groszartigen 
landschaft,  welche  die  stadt  umgiebt.  Keller  1,263;  die 
geographische  läge  der  stadt.  Riehl  culturstudien  265;  die 
stadt  liegt  am  meere,  eivitas  conjuncta  est  oceano.  Stein- 
bach 2,  653 ; 

ein  stat  bi  Tuonouwe      Itt  in  Osterlant  -. 

diu  ist  geheimen  Tulnä.    Nih.  1281, 1  Lachmann. 

stadt  oder  schlosz  auff  einem  berg  oder  felsz,  acropolis. 
CoRviNüS  155'';  die  stadt  liegt  in  einer  ebene,  oppidum 
in  planitie  positum  est.  Steinbach  2,  653.  an  einem  berg, 
der  lag  gegen  dem  morgen  der  stad  Bethel.  l  Mos.  12,  8; 
die  herrliche  aussieht  . . .  der  hinter  der  stadt  aufstei- 
genden berge.  Göthe  28,  226;  aber  zwischen  ihm  {dem  rau- 
benden buschreiter)  und  der  stadt  steht  auf  einer  anhöhe 
der  rabenstein.  Freytag  18,  121.  das  feld  vor  iren  stedten 
sol  man  nicht  verkeuffen.  3  Mos.  25,  34 ;  was  für  speise 
auff  dem  felde  einer  iglichen  stad  umbher  wuchs,  das 
theten  sie  hinein,  l  Mos.  41,  48 ;  und  sol  den  lebendigen 
vogel  lassen  hin  aus  für  die  stad  ins  frey  feld  fliegen. 
3  Mos.  14, 53;  ein  acker  oder  gut  vor  der  stadt  gelegen,  ager 
suburbanus.  Corvinl's  756»;  eyn  meyerhoff  nahe  bei  der 
statt,  suburbanum.  D.vsypodius;  eyn  dorff  nahe  bei  der 
statt  gelegen,  suburbana,  plur.  ebenda;  alle  dörffer,  die 
umb  diese  stedte  liegen.  Jostta  19,8;  lasset  alle  arme  und 
dürftige  sammeln  in  einer  scheune  vor  der  stadt,  ich  will 
sie  speisen,  brüder  Grimm  d.  sagen  242;  in  einem  alten 
frauenklösterlein  vor  der  Stadt.  Keller  1,265;  auch  auszer- 
halb  {der  mauern)  hatte  die  stadt  feste  häuser  . .  .  und 
gemiethete  bürgen.  Freytag  18,288.  ein  gehölz,  eine  stunde 
von  der  stadt  entfernt.  Keller  l,  84.  da  Hess  er  die  kamel 
sich  lagern,  aussen  für  der  stad  bey  einem  wasserbrun. 
1  Mos.  24, 11 ;  der  leute  töchter  in  dieser  stad  werden 
eraus  komen  wasser  zu  schepffen.  13;  da  aber  Holofernes 
umbher  zeucht,  merckt  er,  das  ausserhalb  der  stad  gegen 
mittag  ein  brun   war,   welcher  durch  rören  in  die  stad 


431 


STADT  (11,9-12) 


STADT  (11, 13) 


432 


geleitet  war.  Judith  7,  G.  die  mistkauten  in  und  auRzer 
der  statt  haben  die  bürger  zu  gebrauchen,  wie  vor  alters 
und  jedermann  bewust.  J.  Grimm  tceisfh.  6,488;  das  haus 
Eol  man  inwendig  rings  rumb  schaben,  und  sollen  den 
abgeschabenen  leimen  hin  aus  für  die  stad  an  einen  un- 
reinen ort  schütten.  3  Mos.  14,  41 ;  hin  aus  füren  für  die 
stad  an  einen  unreinen  ort,  46. 

9)  die  Stadt  als  landschaftsbild  (vgl.  mich  oben  7  und  8): 
die  stadt  sihet  nimmer  aus  wie  vor  diesem,  la  cittä  ha 
cangiat^)  faccia.  Kram  er  rfjc^  2(1702),  901»;  Augsburg  ist 
eine  stadt,  die  von  auszen  keine  ansieht  bietet.  Riehi, 
etdhtrstudien  261;  ein  landschaftsmaler?  das  heiszt,  merk- 
würdige Städte,  gebirge  und  weltgegenden  abbilden.  Kel- 
ler 1,  214; 

prangend  verkündigen  ihn  (den  herrtcher)  von   fem  die  be- 
leuchteten kuppeln, 
ans  dem  feleigten  kern  hebt  sich  die  thilrmende  stadt. 

Schiller  11,  85  {»pazierg.  69); 

hinter  der  landwehr  zeigt  sich  die  stadt,  die  morgensonne 
glänzt  von  hoher  kuppcl  der  stadtkirche,  von  dem  riesigen 
holzgerüst  des  neuen  doms,  an  welchem  gerade  gebaut 
wird,  und  von  vielen  groszen  und  kleinen  thürmen  der 
ßtadt.  Frevtag  18,  121 ;  Sonnenschein  lag  auf  der  stadt  und 
dem  ganzen  lande.  Kellers,  78;  über  die  stadt  und  weit 
über  alles  land  war  die  weisze  (scÄnee-)decke  gebreitet. 
Raabe  d.  leute  aus  d.  icalde  2,  245 ;  der  dichte  nebel  eines 
dunkeln  vorwintermorgens  lag  schwer  über  der  stadt.  204; 

der  himmel  wopt  in  purpurnem  gewtihle, 
rückwärts  die  stadt  in  goldnem  rauch. 

MöRiKE  ged.  137 ; 
{in  einer  art  vo7i  personißcieiting :) 

er,  er  (der  lüetling)  warf  die  verlass'ne,  die  arme 
unter  die  fOsze  der  dampfenden  stadt. 

Freiligrath  3,  217 ; 

in  den  dunkeln,  sternleeren  nachlhimmel,  in  welchen  das 
röthliche  leuchten  der  groszen  stadt  hinaufschlug,  blickte 
er.  Raabe  d.  leute  aus  d.  icalde  73. 

10)  stadt  mit  nebengeordnetem  entsprechenden  begriffe  in 
einer  coUediven  Verwendung ;  in  stadt  und  dorf,  in  stadt  und 
land,  d.  h.  überall  im  lande,  in  stadt  und  dorf  bekannt 
sein;  zeitung  für  stadt  und  land;  während  sich  in  dem 
pfarrhause  ein  stiller  kämpf  vorbereitete,  fuhr  drauszen 
in  Stadt  und  land  der  frühlingssturm  durch  die  seelen.  Frey- 
tag 13, 197 ;  in  den  kirchen  von  stadt  und  land.  215.  in 
ähnlichen  Zusammenstellungen :  jre  schale,  rinder,  esel  und 
was  in  der  stad  und  auff  dem  felde  war.  l  Mos.  24,  28 ; 
(die  alten  geschlechter,)  die  auf  diese  zeit  sind  in  wesen 
gesein  in  der  stat  und  auch  mechtig  auf  dem  laut  und  in 
schloszen.  d.  städtechron.  3,95,17;  so  geht  es  im  triumph 
von  der  stadt  aufs  land,  und  von  da  wieder  in  die  stadt. 
Bbttine  214; 

sing'  in  stadt  und  feld  das  liedchen, 

das  im  Salamanker  thal 

jeden  abend  ich  gesungen.    Uhlanü  ged.  282. 

11)  die  landleute  nennen  überhaupt  die  nächstbenachbarte 
Stadt  kurzweg  die  stadt.  wir  wollen  in  die  stadt.  wann 
gehst  du  einmal  zur  stadt?  ich  habe  in  der  stadt  zu  thun. 
Stadt  ohne  zusatz  des  namens  sagen  die  inwohner  des 
herum  liegenden  landes.  Frisch  2,314";  in  Aj^peiizell  stadt, 
die  Stadt  St.  Gallen.  Tohler  405''.  stadt  und  land,  gegen- 
tätüiche  begriffe.  Hetzel  irie  der  Deutsche  spricht  297,  vgl. 
datu  ufUtr  land  6,  b,  theil  6,  93,  schon  mhd. : 

sin  mobten  nibt  geherbergen      alle  in  der  etat: 
die  nibt  geste  wä^n,      Rttedigcr  die  bat 
da;  si  herberge      ntemen  in  da;  lant. 

ytb.  1308, 1  Lachmann. 

12)  stadt  im  vergleiche:  ein  man  der  seinen  geist 
rücht  halten  kan,  ist  wie  eine  offene  stad  on  mauren. 
»prtiehe  StUomon.  25,28;  das  gut  des  reichen  ist  jm  eine 
feste  stad,  und  wie  eine  hohe  maure  umb  jn  her.  18, 11 ; 
ein  verletzt  bruder  helt  herter  denn  eine  feste  stad,  und 
zanck  hclt  herter,  denn  rigel  am  pallast.  19;  zu  der  zeit 
werden  die  sledte  jrer  stercke  sein ,  wie  ein  verlassen 
a<t  and  zweig  .  .  .  und  werden  wüste  sein.  Jes.  17,9; 
alle  deine  feste  siedle  sind  wie  fcigenhcwme  mit  reifTcn 
feigen,  wenn  man  sie  schüttelt,  das  sie  dem  ins  maul 
fallen,  der  sie  essen  wil.  Nahum  n.ii;  die  stad  aber 
Bol  nicht  ewr  topIT  sein,  noch  jr  das  fleisch  drinnen. 
Heaek.  11,11;  diese  leale  haben  unselige  gedancken  und 
•chedliohe  rat«chlege  in  dieser  stat,  denn  sie  sprechen, 


es  ist  nicht  so  nahe,  lasst  uns  nur  heuser  bawen,  sie 
ist  der  topfT,  so  sind  wir  das  fleisch,  s.  in  sprichwört- 
lichen redensarten :  er  sieht  die  stadt  vor  bäusern  nicht. 
SiMROCK  9802;  es  ist  eine  stadt  wie  sieben  häuser  im 
dorf.  9803'';  die  stadt  ist  den  feinden  eine  brille,  haec  urbs 
est  claustrum  hostium.  Steinbagh  2,  653.  verkürzt  tcol 
aus  der  loendung:  die  stadt  ist  dem  feinde  eine  brille  vor 
der  nase,  urbs  est  claustrum  hostium,  urbs  est  imposita 
cervicibtis  hostium.  1,195. 

13)  begriffsenoeiferung  ist  eingetreten,  wenn  stadt  auch 
kurzweg  als  bezeichnung  der  gesamtheit  der  sfadteinwohner 
vencendet  tcird. 

a)  noch  auf  dem.  wege  zu  dieser  bedeutungsenttcicklung 
liegen  Wendungen  wie  die  einwohner  dieser  stadt,  die  leute 
aus  dieser  stadt  u.  s.  w.,  wo  noch  ganz  die  früher  auf 
getviesene  bedeutung  in  geltung  ist.  vgl.  auch  noch:  die 
leute  der  stad  Sodom.  l  Mos.  19,4;  alle  leute  derselbigen 
stad.  5  ilfo*.  21,  21;  und  sie  faren  daher  und  werden  das 
land  auffressen  mit  allem  das  drinnen  ist,  die  stad  sampt 
allen  die  drinnen  wonen.  Jerem.  8, 16;  da  sie  aber  dieselbe 
(die  bundeslade)  umbber  trugen,  ward  durch  die  band  des 
herrn  ein  seer  gros  rumor  in  der  stad  und  schlug  die 
leute  in  der  stad,  beide  klein  und  gros,  l  Sam.  5,9;  ver- 
bauten alles  was  in  der  stad  war  mit  der  scherffe  des 
Schwerts.  Josua  G,  21 ;  und  die  leuf  e  in  der  stad  sprachen 
zu  jm.  2  kön.  23,17;  aber  die  in  der  stad  verliessen  sich 
auff  jre  feste  mauren  und  grossen  Vorrat  von  speise.  2  Macc. 
12, 14;  auch  ist  besaget  von  der  meisten  menge  der  stat. 
weisth.  3,363  {d.  h.  von  der  mehrzahl  der  stadteinwohner); 
die  Stadt  hat  tapfere  und  getreue  leute  zu  einwohnern, 
dves  fortissimi  fidelissimique  oppidum  colunt.  Steinbach 
2,  653;  die  stadt  ist  von  den  einwohnern  verlassen  worden, 
urbs  a  suis  destituta  est.  ebenda;  aber  die  einwohner 
der  Stadt  haben  sich  damals  verlaufen.  Freytag  6, 151. 
vgl.  auch  bestimmungen  %cie:  ein  statt  mit  leuten  wol- 
besetzt,  voickrych,  tirbs  celebris  et  copiosa,  popxdosa, 
arcta  urbs  civibus,  frequens  populis  urbs.  Maaler  385»; 
volkreiche  stat.  Sciiottel  412'';  eine  sehr  grosze  und 
volckreiche  stadt,  oppidum  longe  maanmum  et  copiosissi 
mum.  Steinbach  2,653;  die  stadt  ist  von  groszen  an- 
sehen, und  enthält  vieles  volck,  civitas  magna  auctori- 
täte  atque  hominum,  multitudine  praestat.  ebenda;  eine 
menschenreiche  stadt.  Freytag  18,  121. 

b)  toichtiger  für  diese  bedeutung sentwicklung  icar  aber 
der  umstand,  dasz  die  stadt  im  mittelalter  die  einzige 
politische  gemeinde  mit  Selbstverwaltung  war,  im  gegensati 
zum  dorfe.  vgl.  v.  Amira  in  Pauls  gnmdr.  3, 125  und 
Schröoer'  G12  tcnd  die  dort  angegebene  litteratttr,  so  dasz 
ein  in  seinem  inneren  gesfaltungsreichthum  ganz  einzig- 
artiges gemeinioesen  mit  der  stadt  entstand,  vgl.  auch  oben 
unter  II,  1  die  deßnition  von  stadt.  hier  mögen  noch  fol- 
gende belege  vei-glichen  uerde7i  (für  die  entstehung  der  stadt 
aus  dem  dorfe):  ein  statt  in  freyheit  setzen,  ahstrahere 
civitatem  a  servitio.  Maaler  385»;  der  vurgenante  grebe 
Gerhart  zu  Ditze,  der  machte  eine  stat  zu  Camberg  in 
sime  lande,  want  ej  vur  ein  dorf  was.  Limburger  chron. 
44,  8  Wi/.9s;  unde  darnach  nit  lange  . . ,  da  machte  he  (Kuno 
V.  Falkenstein)  ein  stat  zu  Nidernbrechen,  want  ej  vur 
ein  dorf  was,  unde  horte  in  di  herschaft  gen  Mulsperg. 
67,4;  wir  behalten  uns  und  unsern  erben  sture  und  bete 
zu  thun  in  diesen  zweyen  steden,  die  wir  gefriehet  han. 
J.  Grimm  weisth.  2,  7;  Duitz,  dat  vurmails  ein  slos  ind  stat 
is  gewest,  und  noch  huide  des  dachs  eine  friheit  is  mit 
den  vunf  dorpern.  3,4;  item  da  man  sclireip  isoo  unde 
65  jar  da  wart  Kirpurg  in  der  graschaf  zu  Ditze  begrirfen 
zu  einer  stat.  Limhurger  chron.  43,  20  Wgss.  hervorhrbung 
dieser  besonderen  rechf.i.sfcllung  der  stadt:  dit  is  unser 
herligkeit  ind  der  stede  freiheit  ind  des  marts  recht. 
J.fiRiMM  u-eisth.  6,680;  man  sali  da  dingen  uinb  unser 
herren  herligkeit  ind  der  stadt  freiheit  ind  des  marts 
recht,  ebenda;  dat  unser  herren  herligkeit,  der  stcde  frei- 
licit  ind  des  marts  rechte  also  gelegen  ist.  68I ;  unser 
statt  freyheitten  sollen  unnserm  herren  dem  abbl  noch 
dem  gottähauHZ  khein  schade  sein  an  jhren  rechten.  4,  I9t ; 
alte  Statuten  und  gerechtigkeiten  der  statt  Wangen,  ft,  464; 
vgl.  auch:  item  vor  alten  Zeilen  hail  ein  dorf  bey  der 
badsluben  inn  die  stat  gangen,  von  demselben  dorf  an 
biss  zu  Sindorf  gingk  und  gclh  noch  die  anwan  der  stat. 


433 


STADT  (U,  13) 


STADT  (II,  13) 


434 


3,  524,  tco  verschiedenes  recht  in  den  verschiedenen  theilen 
der  Stadt  gilt,  die  eine  hälfte  der  stadt  hat  schon  stadt- 
recht, die  andere  gilt  noch  als  dorf.  ähnlich  tcol:  tzum 
ersten  han  besaget  uff  den  eyd  die  burgmannen,  die 
scheffln,  die  burger  gemeinlich  in  der  stat  tzu  Lutem- 
bach,  dasz  der  von  Eysenbach  nicht  zu  richten  hat  in 
der  stat  tzu  Luternbach,  also  die  graben  umbfangen  han. 
3,361;  grundherrliche  rechte  in  einer  stadt:  sit  die  vor- 
genante  stat  zä  Selse,  Ut  ufFe  de^  vorgenannten  closters 
eigen  zu  Selse,  und  die  bürgere  von  Selse  von  rechte 
huldent  einme  abbete  von  Selse.  1,759;  ein  apt  hat  auch 
ze  Lucerron  in  der  stat  sin  hofstatzins.  4,367;  die  Juden, 
die  muntz,  die  muhlen  half,  die  gruysz,  die  portzen  zolle, 
ind  viehetolle  binnen  der  statt,  ind  an  dem  Ryne  . . .  sint 
nnsz  herren  von  Cölne  ind  syns  gestichts.  2,747;  es  hat 
auch  mein  g.  fraw  abtissin  die  gerechtigkeit,  das  ein 
jeder,  so  huobguether  in  dörfferen  und  flecken  und  auch 
in  der  stadt  in  handt  hat  und  todt  verscheiden  ist,  das 
alsdan  seine  erben  noch  so  vil  zu  vahl  von  jeder  huob 
geben  sollen,  als  vil  zinss  er  bey  seinen  lebtagen  geben 
hatt.  4,  79 ;  die  von  Zvringenberg  aber  haben  die  besich- 
tigting  {der  aiche,  masz  und  gewicht)  und  straffen  in  ihrer 
statt  vor  sich  selbst  gehabt.  1,479;  so  haben  die  vor- 
gemelten  herm  einen  freyen  hoff  zu  Ruffach  ynn  der  statt 
gelegen  neben  der  pfarrkirchen.  4,133;  weiters  hatt  die 
fr.  abtissin  auff  dem  landt  ausserthalb  dem  gotshauss 
fünff  amptleüth,  als  nämlich  einen  meiger  in  Obernthall, 
zwen  banvrarth  in  der  stadtt,  einen  meiger  zu  Senten 
und  einen  zu  Gewenheim.  4,78;  das  ain  her  von  Co- 
stentz  unnser  gnediger  herr  haben  sol  stock  und  galgen 
yn  den  zwing  und  bennen,  als  zu  der  statt  Nuwkilch 
hörend,  und  sol  umb  das  plut  richten,  l,  291.  aber  auch 
freiheit  der  Stadtbewohner  vor  ihnen  (vgl.  stadtluft):  item, 
welcher  arm  mann  ein  hus  hat  inn  der  dörfflin  einem, 
die  inn  das  gericht  gehörent,  gelust  ihn,  er  mags  abbrechen, 
unnd  inn  ein  anders  füehren  .  . .  gelangt  in ,  er  mags 
füehren  iim  die  statt,  da  soll  es  denn  inne  beliben.  1,383; 
diu  stat  Oringowe  stet  also,  swer  drin  var,  dag  er  haben 
sol  schirm  an  libe  und  an  gute  von  dem  voite  und  dem 
schultheigen.  3,607  (aussage  über  Öringen  von  1253); 

ettlich  (knechte)  sind  och  so  cluoger  sinnen, 
das  si  ir  herren  tuond  endtrinnen 
und  werdend  burger  in  stetten. 

des  tevfels  netz  12347  Barock; 

item  wäre  es  sach,  dasz  ein  wüster  fleck  oder  hofstatt 
in  der  statt  ungebawet  lege,  käme  dann  ein  nachtbar  oder 
frembder,  der  dieselbigen  bauen  wolt,  solches  soll  man 
im  günnen.  tceisth.  6,iö;  item  auch  ist  ze  wissen,  wenn 
ainer  in  die  stat  zeucht  und  begert  burger  ze  weren, 
bedünket  dann  die  burger,  das  er  in  füg  zu  ainem  burger 
und  ratlich  sei,  so  mugent  in  die  burger  wol  aufnemen, 
doch  das  er  vor  ainem  richter  und  vor  dem  burgern  schwer. 
Ural,  weisth.  4,  351,  41;  so  ainer  in  die  statt  kombt  und 
sich  darin  ziecht  und  der  statt  freiheit  und  gerechtigkeit 
brauchen  und  gemessen  welle,  derselb  soU  burgerrecht 
bestehen  und  sich  mit  dem  richter  und  bürgern  vertragen. 
605,  31.  32.  doch  nicht  schrankenlos:  mag  der  probst  die 
gotshuslüt  nemen  und  mag  mit  inen  ...  in  die  statt  einer 
varen  und  mügent  da  die  gotshuslüt  mit  des  probstes 
urloub ,  wissen  und  willen  burger  werden,  weisth.  5,  67 ; 
wer  ouch,  das  ieman  in  dehein  statt  käme  und  da  burger 
wurd,  der  des  gotshusz  eigen  ist,  daz  sol  dem  gotshus  an 
allen  sinen  rechten  unschedlich  sin.  5,  69.  auch  freizügig- 
keit  aus  der  stadt  bestand:  item  es  magk  auch  ein  iglich 
burger  von  der  stadt  Meyningen  ziehen,  wann  oder  welche 
zeidt  er  wil.  3, 600 ;  die  burger  von  L(uzem)  haut  ouch 
das  recht,  swenne  ir  keiner  von  der  stat  ziehen  und  vam 
wil,  das  den  nieman  dar  an  irren  sol,  und  die  herschaft 
sol  im  geleite  geben  sinem  lib  und  sinem  gute  unz  an 
sin  gewarsami.  4, 367.  au«  der  stadt  verwiesen  werden 
ist  wie  des  landes  verwiesen  werden  eine  bedeutende  strafe  .- 
eim  die  statt  verbieten,  ejicere  aliquem  e  civitate.  Maaler 
385»;  die  stadt  reumen,  civitate  ejici,  earpelli,  exterminari, 
fugere  ex  urbe.  Stieler  2112;  einen  aus  der  stadt  jagen, 
schaffen,  verbannen,  peitschen,  jemandem  die  (der)  stadt 
verweisen,  einem  die  stadt  verbieten,  cacciare,  scaceiare, 
bandire.  sferzare  uno  daUa  cittä.  Kramek  dict.  2  (1702),  900«; 
darnach  so  schol  er  (der  einen  bürger  auf  dem  rathause 
X.  2. 


handgreiflich  hdeidigte)  auf  die  stat  zwainzik  schok  zu 
pu5ge  geben,  oder  er  sei  vier  jar  aus  der  stat  bei  zwainzik 
meilen  von  der  stat.  Prager  stadtrecht  bi,  87  Eössler;  der 
(gegen  die  handelsgesetze  der  stadt  verstoszende)  leidet  di 
pusse,  das  er  sizen  sol  einen  langen  tag  auf  dem  pranger 
und  sol  sein  jar  und  tag  aus  der  stat,  und  ym  kein  ampt 
nymmermer  kumen.  72,117.  entsprechend:  eim  wider  in 
die  statt  helffen,  compotem  urbis  facere.  Maaler  385». 
diese  so  mit  besonderen  freiheitsrechten  ausgestatteten  ein- 
vohner  der  stadt  heiszen  aber  nicht  städter,  sondern  bürger, 
noch  eine  erinnentng  an  die  Zeiten  ältester  stadtenttcicklung 
(vgl.  oben  II,  l):  burger  in  stat,  civis.  Dief.  125»;  burger,  der 
in  einer  stat  wonet,  opidanus.  397»;  wer  bürger  zu  s.  Goar 
seie  ?  alle  die  einwohner  der  stat  s.  Goar  und  Biebernheimb 
und  alle,  die  in  der  markt  wohnen,  die  mit  gutem  wissen 
und  willen  der  obrigkeit  und  des  rats  angenommen  und 
eingezogen  seind.  tceisth.  6,  489;  item  darnach  sol  ain  herr 
von  Brichsen  uns  ainen  richter  setzen  mit  rat  der  burger, 
der  selbig  richter  sol  burger  und  erlich  gesessen  sein  in 
der  stat.  tirol.  tceisth.  i,3i9, 3;  item,  binnen  der  freyheit 
sollen  zwen  städt  sein,  nemblich  ein  burgkmaimsstadt 
und  ein  burgerstadt,  und  esz  solle  niemants  binnen  der 
freyheit  wonen,  er  habe  der  zweier  städt  einen.  2,  560; 
item  die  zwen  städt  sollen  haben  zwen  richter,  nemblich 
die  burgleut  einen  burgkmans  richter  und  die  burger  einen 
burger  richter.  ebenda; 

dö  da;  den  bürgeren      von  der  stat  wart  geseit 
da;  da  kaeme  Kriemhilt,      des  forsten  swester  kint, 
diu  wart  wol  enphangen      von  den  koufliuten  sint. 

yib.  1238,  2  Lachmann; 

SO  soltu  die  bürger  der  selben  stad  schlahen  mit  des 
Schwerts  scherffe.  5  Mos.  13, 15 ;  nun  begab  es  sich ,  das 
ein  burger  in  der  stadt  was,  ein  grobschmied,  genant 
Eychardt.  Spittendorff  denktcürdigkeiten  2ßn ;  sein  (des 
grafen)  schultheisz  oder  vogt  sasz  den  schöppen  der  stadt 
vor,  welche  das  recht  fanden  über  bürger  und  in  bändeln 
des  marktes.  Freytag  18, 118;  die  bürger,  welche  in  ihrer 
stadt  den  schild  trugen.  194,  d.  h.  zu  den  patriziem  ge 
hörten ;  so  strenge  schied  sich  die  stadt  des  bischofs  von 
der  stadt  der  bürger.  Riehl  cultursttidien  271;  ttnd  noch 
eitle  tiefere  begründung  des  bürgerrechtes :  item  wer  nicht 
teglich  mit  der  stat  leidet  ubel  und  gut  in  allen  sachen, 
loEung  und  ander  beswerung,  der  ist  nicht  burger  und 
hat  kein  burgerrecht.  Prager  stadtrecht  93, 135  Eössler;  wil 
er  aber  purger  sein,  so  sol  er  mit  der  stat  leiden  als  ein 
ander  purger.  70, 116. 

c)  Stadt  und  die  in  ihr  wohnenden  bürger  in  stärker 
hervorgehobener  gleichstdlung :  statt,  burgerschafft,  civitas. 
Maaler  385'>;  die  bürgerschaft,  vulgo  die  stadt  id  est  die 
bürger  in  der  stadt,  civitas.  Corvinus  155'';  die  rehte  der 
stad  und  der  burger  zu  Ortenberg.  tceisth.  5,  2iS;  item  in 
diser  zit  stunt  Limpurg  die  stat  unde  di  burger  in  gar 
groszen  eren  unde  selicheit  von  luden  unde  von  richtome, 
want  alle  gassen  unde  alen  (tcinkel)  waren  vol  lüde  unde 
gudes.  Limburger  ehr on.  2r;,  15;  aber  die,  die  under  euch 
seint,  die  euch  reitzent  und  hetzent,  die  auflauf  machent, 
die  zusamenschweren  anrichtent,  das  alles  wider  ruwe 
der  burger  ist  und  wider  Sicherheit  der  stat,  die  werden 
von  solicher  missethat  mit  dem  tod  nit  ledig,  d.  städte- 
chron.  3, 140,  8;  so  las  deme  die  stedte  Juda  und  die  bürger 
zu  Jerusalem  hingehen  und  zu  den  göttern  schreien. 
Jerem.  11,12.  vgl.  auch:  und  richtet  der  rat  ir  geswom 
gerichte,  und  sezzent  ouch  in  der  stat,  was  dien  burgerren 
ze  nuze  und  ae  eren  komen  mag.  toeisth.  4,367.    deshalb: 

d)  die  Stadt,  die  gemeine  stadt,  la  cittä,  la  republica, 
il  commune,  ilpublico.  Kramer  dict.  2  (1702),  900»;  gemaine 
statt,  stadtgemeinde,  res  publica.  ScHM.*  2,794;  sich  um 
die  gemeine  stadt  wol  verdient  machen,  farsi.  rendersi 
ben  meritevole  del  commune,  della  republica.  Kramer  dict. 
2  (1702),  900»;  mit  der  ganzen  gemeine  der  grosem  stat  zu 
Präge.  Prager  stadtrecht  45,  64  Eössler;  wegen  des  rats  und 
der  ganzen  gemeynde  der  stat  Landaw.  tceisth.  1,  769; 
schultheisz,  burgermeister ,  gericht  und  ganze  gemeind 
der  statt  Altenstaig.  6,  321 ;  einem  erbergen  rate  und  ge- 
meiner stat.  Tuch  er  baumeisterb.  36. 

e)  ein  statt  regieren,  administrare  civitatem.  Maaler 3%»; 
ritterbürtige  der  stadt  und  kaufleute  sind  eng  verschwägert, 
ihre   blutsfreunde  sind  in  anderen  städten  mächtig,  sie 

28 


435 


STADT  (11.  13) 


STADT  (II,  13) 


436 


regieren  die  städte  im  frieden,  führen  häufig  die  bürger- 
lichen heerhaufen  im  kriege.  Fkeytao  18,  116;  anders  ge- 
irendet:  alle  und  igliche  regemente  der  stede  Andernach 
das  der  rait  gesalzt  hette  und  noch  setzen  wird,  iceisfh. 
2,630;  eine  bürgerschaft,  so  fest  gegliedert,  in  dem  Selbst- 
gefühl des  Wohlstandes  und  physischer  Überlegenheit, 
konnte  auf  die  länge  nicht  ertragen  von  der  regierung 
der  Stadt  ausgeschlossen  zu  sein.  Fr  eytag  18, 118 ;  auch 
das  regiment  der  stadt  war  in  diesen  stunden  (der  abend- 
ruhe) gegenständ  einer  beurtheilung,  die  nicht  immer 
wohlgeneigt  blieb.  143;  vgl.:  auch  für  ihr  eigenes  regi- 
ment baut  die  stadt  gerade  jetzt  ein  schönes  rathhaus, 
zierlich  und  schmuckvoll,  darin  einen  saal  für  die  groszen 
feste  der  stadt  und  ansehnlicher  bürger.  128. 

/)  Stadt  kurziceg  die  stadtvericalhmg  in  ihren  gesamten 
t-erztceigungen :  zu  dem  andern  male  wisen  wir  der  stede 
Andernach  zu  kornmaisse,  habernmaisse,  mellemaisse, 
vllauchmaisse  und  alle  fruchtmaisse,  die  zu  dem  echtel 
gehorent.  weisth.  2, 630;  wenn  auch  ein  abbt  gesetzet  würdt, 
der  soll  des  ersten  der  statt  und  dem  thalle  schwören.  ♦,  191 ; 
vgl.:  wir  der  rath,  die  gemeinde  der  statt  und  des  thalls. 
ebenda;  item  sie  sagen,  dasz  ein  herr  von  Würzburg  der 
statt  das  umbgeld  daselbst  geben  habe,  die  statt  damit 
zu  bevestigen  und  bessern.  6,  45;  {der  theilnehmer  an  lieim- 
lichetn  rat)  der  breche  . . .  auch  dem  rat  und  der  statt 
ihre  freiheiten  und  policeien.  651 ;  das  (die  icahl  eines 
capitelherren)  sol  das  capitel  tun  mit  rat  der  von  Klausen 
mit  sambt  andern  steten  und  gotshausleutcn.  tirol.  iceisifh. 
4,348,20;  (der  sich  widersetzende)  ist  dem  gericht  verfallen 
zwai  phunt  perner  und  der  stat  zwai  phunt  perner.  .352, 13; 
das  bild  des  Schutzheiligen,  mit  .  . .  einem  opferstock,  in 
welchen  der  bürger,  stolz  auf  seine  stattliche  brücke, 
freiwillig  einlegt,  damit  der  stadt  die  erhaltung  der  brücke 
leichter  werde.  Frf.ytag  18,  122;  damals  (im  ausgehenden 
mittdalter)  begannen  die  kleiderordnungen  der  städte  und 
landesherren,  die  erst  mit  der  französischen  revolution  auf- 
hörten. 139;  ritterschaft  und  städte  von  Geldern  schrieben 
eine  auszerordentliche  steuer  für  das  lösegeld  aus.  217; 
er  (der  ritterliche  lehnsmann)  wuszte  etwas  von  ungeheuren 
forderungen,  die  einer  seiner  vorfahren  an  die  stadt  ge- 
habt haben  sollte.  303;  denn  wegen  des  durchziehenden 
französischen  Volkes  hatte  die  stadt  auch  für  den  tag 
eine  thorwache  bestellt.  13,183;  es  kam  vor,  dasz  eine 
gröszere  stadt  die  münze  in  einer  kleineren  erworben 
hatte.  18, 2.38;  das  silbergeld  der  verschiedenen  landschaften 
und  städte.  238;  und  da  dieser  kaiser  (Sigismund)  neben 
andern  gnaden  der  stadt  auch  das  recht  des  thofzolles 
verbriefte.  Riehl  culturstudien  266.  färben  der  stadt,  des 
Stadtregiments:  die  seiden  umbheng  auf  baiden  altarn 
mit  der  stat  färb,  rot,  grien  und  weis  gemachet,  dessen 
die  thümbherrn  und  vicarien  toll  werden  wollen  und 
vermainten,  die  von  Augspurg  wollen  züvil  gerechtigkuit 
in  ir  kirchen  suchen,  d.  städtechron.  23, 132",  4.  banner  der 
stadt:  wenn  man  zu  Dornstetten  stürm  löttct,  so  sollcnt 
denn  die  armmen  lütt  uss  denn  vorgenannten  dörffern  by 
dem  aide  ziehen  zu  der  statt  baner,  wenn  sye  gemanct, 
oder  wie  sie  dess  innen  werdent ;  wer  aber  nit  zue  dem 
baner  khommen  möcht,  der  sollte  zue  der  statt  ziehen. 
xceisth.  1,382  (vgl.  unten  atich  stadtbanner);  amtbuch, 
rathsbuch  der  stadt:  wiewol  derselb  schafTer  alle  jar  zu 
dem  newen  ratfc  ob  der  stat  amptbuch  gehorsam  thut, 
alsdann  sein  eid  im  newen  eitbuch  folio  25  auszweist. 
Tücher  baumeiaterb.  82;  alle  jar  zu  dem  newen  rafe  ob 
der  stat  amptbuch  . . .  gehorsam  thun,  als  derselbe  (der  rat) 
ir  eide  im  amptbuch  folio  ...  zu  erkennen  gibt.  34;  und 
wenn  er  (der  kau/mann)  credit  (in  fremder  stadt)  gab, 
forderte  er  eine  Sicherheit  in  amtlich  beglaubigter  Ur- 
kunde, indem  er  das  geschäft  in  das  rathsbuch  der  sladt 
eintragen  liesz.  Freytao  18,  235;  auch  kurz  der  sladl  buch 
(vgl.  auch  unten  stadtbuch):  item  wer  ein  ding  an- 
■pricht  in  der  stat  puch,  pringet  er  die  ansprach  nicht 
ein  in  jar  und  tag,  als  das  ding  ist  gesprochen,  so  sol 
man  die  ansprach  auflun  (nicht  lierUcksichtigen).  Prager 
atadtreekt  98, 186;  auff  der  statt  hoch  schreyben,  referre  in 
commentario».  Maai.rk  ssö*";  guter  so  auff  der  statt  bäch 
geschriben  und  verzeichnet  sind,  /undi  fnihlici»  eommen- 
tarii»  eontignoH.  ebenda;  in  der  stat  buch  am  Tierden 
plat  TucuKR  baumtüttrb.  96,  l«.    der  stadt  siege!  («.  auch 


stadtsiegel):  item  der  pfafTen  brieff  sal  man  sigelcn  mit 
der  stat  sigel.  Prager  stadtrecht  92, 134  Rössler;  neben  der 
Stadt  buch  und  der  stadt  brief  (r^^  unten  stadt brieQ: 
sunderlichcn  so  meinen  und  wollen  wir,  das  nieman  wie 
der  genant  ist  mit  dem  gewelbe  darinn  unser  stat  insigel, 
buch ,  brief  und  frihait  beschlossen  sint  nichtes  ze  tun 
noch  ze  schaffen  sullcn  haben  in  dhein  weis.  d.  städte- 
chron. 4, 137, 13.  der  Stadt  baumeister  u.  ähnl.:  darnach  zu 
sant  Niclastag  soll  der  stat  paumeister  zu  im  vordem 
und  besenden  der  stat  werckleut  den  maurern  und  Zimmer- 
mann. Ti;nnER  baumeisterb.  34;  der  stat  paumeister  soll 
inen  (den  Steinmetzen)  leihen,  wenn  sie  mauren  oder  löcher 
prcchen,  zwispitzen  und  steinexle  oder  stecheisen,  auch 
setzeisen  und  hauer  und  kellen,  alles  von  der  stat  zeug.  W; 
der  pflastermeister  und  sein  gesellen  . . .  suUen  der  stat 
paumeister  geloben  und  ir  trew  geben,  das  sie  das  zu- 
kunftig jare  an  der  stat  arbeit  beleihen.  48;  so  soll  der- 
selb ler  jung  geloben  der  stat  paumeister  und  der  stat 
werckmeister  dreu  jar,  die  nechsten,  pei  und  an  der  stat 
arbeit  zu  bleiben.  37;  es  schol  auch  ein  ycleich  man,  er 
sey  burger  oder  gast,  kein  kaufmanschaft  aus  der  stat 
füren,  er  hab  denn  ein  zeich  von  der  stat  pholger.  Prager 
studtrecht  72,  117  Rössler;  es  schol  auch  kein  gast  kein 
kaufmanschaft  nicht  vorkauffen  bei  der  eilen ,  noch  pei 
der  wage,  nur  was  der  stat  wegar  und  messer  hinwegt 
und  mist.  ebenda;  dem  paumeister  hilflich  zu  sein  wie 
er  sein  bedarf  zu  der  stat  nottorft,  auch  der  stat  arbeitler 
und  pferde  anschicken  zu  arbeitten  nach  eins  paumeisters 
Unterrichtung.  Tucher  baumeisterb.  32;  zuo  Basel  haben 
wir  ein  völcklin,  die  nent  man  die  fryetzknaben,  das  sind 
von  stat  verordnete  sccktrager,  die  die  frücht  der  obri- 
keit  ulT  die  kästen  tragen,  iceisth.  l,  819  anm.;  was  schafe, 
zuber,  schuffen ,  stutzen  und  anders  bei  den  maurrern 
zulechset  oder  die  raifFe  abspringen,  das  er  soliche  schafe 
und  gefcsze  dann  auf  hebe  und  zu  der  stat  puttner  trag 
und  bestell,  das  die  wider  gepunden  werden.  Tuciiek 
baumeisterb.  41  ;  der  stat  pflasterer  (plur).  49;  auch  sol 
der  schafFer  das  zimmerholtz,  das  der  stat  wallhawer  zu 
der  stat  pewen  herein  antwort,  eigentlichen  mercken.  33; 
wir  sprachen  zuweilen  so  lange  und  so  laut  durch  die 
stille  der  nacht,  dasz  die  scharwächter  der  stadt  uns  zur 
Schonung  der  schlafenden  bürger  vermahnten.  Keller 
2, 174 ;  vgl. : 

der  Wächter,  der  die  stadt  bewacht, 

ging  seinen  gang  in  jener  nacht.    Uhland  ged.  319. 

entsprechend  dann  auch:  geloben  ..,  das  er  (der  schaffer) 
das  zukunftig  jare  bei  und  ob  der  stat  pewen  beleiben 
und  der  stat  nutz  und  fromen  getrewlich  furdern  und 
schaden  bewaren  wolle.  Tucher  baumeisterb.  Z2,2i\  alle 
stein,  die  von  dem  Rcuhel  perck  zu  der  stat  pewen  komcn 
und  herein  gcfurt  werden.  35;  bescliriben  geben,  wie  vil 
aller  arbeitter  an  der  stat  arbeit  dieselben  wochen  sein.  28; 
es  soll  auch  ein  jeder  tagloner  der  an  der  stat  arbeit  ist 
sein  aigne  schauffel  haben.  44;  wenn  er  (der  röhrenmeister) 
arbeit,  es  sei  am  schönprunnen  oder  an  ander  arbeit  der 
stat  nottorft.  47. 

g)  hierher  nocli:  ein  mann  bey  der  stadt,  ein  angesehener, 
zu  wichtigen  geschiiften  brauchbarer  nutnn,  der  gleichsam 
die  .itiltze  der  stadt  ist.  Adeluno;  tcelehe  formet  auch  ins 
schcrzJuifte  schillern  kann :  ein  mann  bei  der  stadt ,  ein 
angesehener  mann,  meist  in  scherzhaftem  gef/rattche.  e  ma" 
bei  de'  stad.  Schm.'  2,794;  vgl.:  die  herren  von  der  stadt, 
mitglieder  des  magistrats.    d'  herrn  vo'  de'  stad.  ebenda. 

h)  (vgl.  unten  städfebund  und  städtebündnis:)  sie  (rfi« 
Hansa)  ist  eine  Verbindung  vieler  städte  zu  gemeinsamem 
handel  in  der  fremde,  nicht  zur  verthcidigiing,  sondern 
zur  eroberung.  Freytaci  18,238;  durch  sie  [die  kauf lettte) 
werden  die  grossen  bündnisse  der  fränkischen,  schwäbi- 
schen, rheinischen  städte,  der  Hansa  möglich.  116;  diese 
blute  des  norddeutschen  handeis  war  aus  dem  freien 
bund  einzelner  städte  erwachsen.  275;  aber  auch  dieser 
verband  (von  achtpurgfno.isen)  suchte  zuerst  Vorrecht  und 
verbriefte  gunst  und  wuszte  seine  stadt  oder  einen  bund 
von  Städten  zu  bestimmen,  dasz  sie  seine  handelsvorthcilo 
vertraten.  23S;  vgl.:  die  norddeutschen  städte  suchten  in 
dieser  zeit  der  königslosigkoit  sich  selbst  zu  helfen,  sie 
zogen  die  bände  alter  handelsgenossenschafl  enger,  in 
denen  allmählich  die  Hansa  zasammenwucha.  9S. 


437 


STADT  (II,  13) 


STADT  (II.  13)  —  STADTABENTEUER   43g 


t)  nicht  nur  mit  hetonung  des  vericaltungsgetriebes.  »an- 
dern zugleich  einen  iibericiegenden  (heil  der  stadteinicohner 
bezeichnend:  statt  mit  krieg  beleydigen,  quatere  oppida  hello. 
Dasypodius;  ein  statt  in  grosz  angst  und  not  bringen, 
inferre  calamitatem  eivitati.  Maaler  385";  einer  statt 
dienst  und  gütthat  beweysen,  in  civitatem  studio  et  bene 
ficia  conferre.  ebenda;  ein  statt  mit  dienst  unnd  gütthat 
verbinden,  civitas  officiis  eonjuncta.  ebenda;  di  {herren  von 
Eeifenberg)  waren  figende  der  stede  Ldmpurg  zu  der  zit. 
Limburg,  chron.  52,23;  auch  vieng  man  ain  von  Riethain 
zu  werd,  der  was  der  stat  veind.  d.  städtechron.  i,  323,  2i; 
das  die  stad  auffrhürisch  und  schedlich  ist  den  konigen 
von  landen.  Es7-a  i,  15;  die  kirche  und  die  rathstube,  das 
zeughausz,  die  Schatzkammer,  die  kornhäuser,  Speicher 
sind  der  stadt  stärcke.  Comenius  62-2;  zu  den  geschenken 
der  Stadt  an  vornehme  gönner  gehörten  .  . .  auch  pfeffer, 
zimmt,  nägelein,  muskatnusz.  Freytag  18, 140;  mehr  als 
ein  mal  hatte  er  der  stadt  abgesagt,  hatte  bürger  gefangen 
und  in  seinen  thurm  gelegt,  bauern  der  stadt  erschlagen 
und  verstümmelt.  135;  {der  freigegebene  gefangene  muszte 
sehicören.)  dasz  er  der  stadt  und  ihren  heifern  nicht  hasz 
und  räche  nachtragen  werde.  292;  jeder  ansehnlichen  stadt 
war  vortheilhaft  ihren  erzeugnissen  dadurch  guten  absatz 
zu  verschaffen,  dasz  sie  dieselben  von  sicheren  leuten 
prüfen  und  bezeichnen  liesz.  235;  und  so  schlechthin  in 
die  bedeutung  der  gesamtheit  einer  Stadtbevölkerung  ver- 
laufend: die  statt  wird  sich  an  jn  keeren  oder  hencken, 
wirdt  alle  hoffnung  zu  jm  haben,  convertet  se  civitas  in 
cum.  Maaler  385*;  die  stadt  hat  viel  ausgestanden,  urbs 
multis  casibus  defuncta  est.  Steinbach  2,653;  er  . . .  gab 
sich  für  einen  rattenfänger  aus,  indem  er  versprach, 
gegen  ein  gewisses  geld  die  stadt  von  allen  mausen  und 
ratten  zu  befreien,  briider  Grimm,  deutsche  sagen  245; 
begeht  die  stadt  frohe  w^einlese,  dann  rücken  bewaffnete 
in  das  feld,  damit  die  schwärmenden  städter  vor  einem 
Überfall  sicher  sind.  Freytag  18,  123;  es  war  wochenmarkt 
in  der  fastnacht,  das  lustigste  frühlingsfest  der  stadt.  11,  5; 
eine  der  gröszten  sorgen  wurde  bei  dauernder  fehde  die 
Verpflegung  der  stadt,  weil  die  wirksamste  Schädigung  war 
zufuhren  aufzuhalten.  18,289;  aber  die  stadt  sorgte  noch 
durch  andere  vögel  dafür,  dasz  die  frau  vom  lande  hei- 
misch wurde,  verl.  handschr.  1,220;  denn  städte  und  Völker 
wie  der  einzelne  suchen  die  Ursache  ihres  miszgeschickes 
immer  lieber  auszer  sich  als  in  sich.  Riehl  cultur- 
Studien  267;  so  tcerden  Wendungen  möglich,  wie  die  ganze 
Stadt  weisz  es.  Adelung;  die  ganze  stadt  spricht  davon ; 
er  ist  im  gerede  der  ganzen  stadt  u.  ä.;  aber  von  einem 
kargen  filcze  redet  die  gantze  stadt  übel  und  man  saget 
recht  daran.  Jes.  Sir.  32,29;  wenn  deine  tochter  nicht 
schamhafftig  ist,  so  halt  sie  hart,  das  sie  dich  nicht 
deinen  feinden  zum  spot  mache  und  die  gantze  stad  von 
dir  sage.  12, 11 ;  eine  stad  frewet  sich,  wens  den  gerechten 
wolgehet,  und  wenn  die  gottlosen  umbkomen,  wird  man 
fro.  spr.  Salojn.  11, 10;  ein  statt  von  forcht  und  schräcken 
gantz  erstaunet,  urbs  lymphata  horroribus,  pavida  urbs. 
Maaler  885";  der  tambour  der  bürgerschützen  trommelt 
durch  die  straszen  und  ladet  zum  feste,,  aber  die  stadt 
ist  dies  mal  nicht  bereitwillig  sich  zu  freun.  Freytag 
13,169;  da  die  ersten  {russischen  reiter)  mit  ihren  langen 
härten,  auf  kleinen  struppigen  pferden  zum  ringe  ritten, 
gerieth  die  stadt  vor  freude  auszer  sich.  2li ;  die  allge- 
meine Stimmung  der  stadt  war  gegen  den  Türken.  247. 
mit  \ceiterer  Verstärkung  des  persönlichen  elementes  in  dem 
begriffe  stadt:  und  da  der  man  in  die  stad  kam,  sagt  ers 
an,  und  die  gantze  stad  schrey.  1  Sam.  4,13;  heule 
thor,  schrey  stad,  gantz  Philisterland  ist  feige.  Jes.  15,31; 
und  welche  leute  nicht  stürben  die  wurden  geschlagen 
an  heimlichen  orten,  das  das  geschrey  der  stad  auff  gen 
himel  gieng.  l  Sam.  5,12;  und  die  stad  Susan  jauchzete 
und  war  frölich.  Esther  8, 15;  und  da  sie  zu  Betlehem  an- 
kamen, reget  sich  die  gantze  stad  über  jnen,  und  sprach, 
ist  das  die  Naemi?  Euth  1,19;  dann  sogar  von  sich  be- 
wegenden Volksmassen:  des  quam  der  vurgenante  Cone 
von  Falkenstein  von  des  vurgenanten  stiftes  wegen  mit 
filtern  und  knechten  und  zoch  mit  der  glocken  usz  mit 
der  ganzen  stat  zu  Limpurg.  Limburg.  cÄro».  50, 1;  der 
{herr  v.  Falkenstein)  zog  usz  mit  der  stat  zu  Limpurg 
unde  gewan  Aldendorf.  51,18;  und  es  kam  die  furcht  gottes 


aber  die  stedte  die  umb  sie  her  lagen,  das  sie  den  sönen 
Jacob  nicht  nachjageten.  iJfos.  35, 8;  und  zogen  zwo, 
drey  stedte  zu  einer  stad,  das  sie  wasser  trincken  mochten. 
Arnos  4,  8 ;  alle  stedte  werden  für  dem  geschrey  der  reuter 
und  schützen  fliehen  und  in  die  dicken  walde  lauffen 
und  in  die  felsen  kriechen.  Je/ew.  4, 29;  denn  der  ver- 
störer  wird  über  alle  stedte,  komen  das  nicht  eine  stad 
entrinnen  wird.  48,8;  die  ganze  stad  zog  dem  spektakel 
nach,  reuter  und  fuszgänger  durch  einander  und  wagen, 
der  lerm  und  galgenpsalm  jolten  weit.  Schiller  2,  91 
{räuber  2,  3  schausp.).  mit  entsprechendem  adjectectivischen 
ztisatze:  herrliche  und  ryche  stat,  lauta  civitas.  Maaler 
385";  eine  unglückliche  stadt,  urbs  infelix.  Steinbach  2, 
653;  die  betrübte  stad  vermag  sich  nicht  zu  trösten,  denn 
es  wird  das  Unglück  vom  herrn  komen.  Micha  1,12;  du 
wärest  vol  gedönes ,  eine  stad  vol  volcks ,  eine  fröliche 
stad.  Jes.  22,2;  ist  das  ewre  fröliche  stad,  die  sich  jres 
alters  rhümet  ?  23,  7 ;  der  herr  Zebaoth  hats  also  gedacht, 
auff  das  er  schwechte  alle  pracht  der  lustigen  stad.  9; 
ich  hörte,  wie  .  .  .  die  nachtruhe  der  kreatur  eintrat, 
während  das  geräusch  in  der  fröhlichen  stadt  herüber 
summte.  Keller  3,62; 

hart  am  säum  einer  rührigen  stadt 

steht  ein  viereckt  gebäude,  massig  und  grau. 

Freiligrath  3,  218. 

es  sey  kund  dem  könige,  das  die  Juden,  die  von  dir  zu 
uns  herauff  komen  sind  gen  Jerusalem,  in  die  auffrhürige 
und  böse  stad,  bawen  dieselbige,  und  machen  jre  mauern 
und  füren  sie  aus  dem  gründe.  Esra  4, 12 ;  0  der  mörde- 
rischen stad,  die  ein  solcher  topff  ist,  da  das  angebrante 
drinnen  klebt  und  nicht  abgehen  wil.  Hesek.  2i,e;  da 
menschenkind ,  wiltu  nicht  straffen  die  mördische  stad, 
und  jr  anzeigen  alle  jre  grewel?  22,2. 

k)  personification  der  stadt  als  frau,  Jungfrau:  wie  gehet 
das  zu,  das  die  frome  stad  zur  hurn  worden  ist?  sie  war 
vol  rechts,  gerechtigkeit  wonet  drinnen,  nu  aber  mörder. 
Jes.\,2i;  vgl.:  alle  die  für  über  gehen,  klappen  mit 
henden,  pfeiffen  dich  an,  und  schütteln  den  kopff  über  der 
tochter  Jerusalem,  ist  das  die  stad,  von  der  man  sagt,  sie 
sey  die  allerschöneste,  der  sich  das  gantze  land  frewet? 
klagel.  2, 15;  die  grosse  stad,  die  bekleidet  war  mit  seiden 
und  purpur  und  scharlacken  und  übergüldet  war  mit  gold 
und  edelgestein  und  perlen.  o^enÄ.  18, 10;  insbesondere  in 
der  Soldatensprache  um  eine  stadt  werben,  sie  belagern, 
über  die  nichtdeutsche  herkunft  aller  dieser  Wendungen  vgl. 
R.  Köhler  kl.  sehr.  3,  37i.  Soltau  hist.  volksl.  l,  509  anm. 
2,  93.  372.        Lilge  {LtVe),  du  aUerschönste  stadt, 

du  bist  so  schön  und  glatt, 

schaue  meine  liebesflammen, 

ich  liebe  dich  vor  allen  damen, 

mein  herzallerliebster  schätz. 

lied  auf  die  belagerung  der  gtadt  Litte  durch 
prinz  Eugen  1708  bei  R.  Köhler  kl.  sehr.  3, 389. 

von  der  eroberung  Magdeburgs : 

er  {Tilly)  und  sein  Pappenheim,   die  thaten  sich  bemühen, 
der  guten  stadt  ihr  heil  und  leben  zu  entziehen, 
und  das  so  grausamlicb,  dasz  sie  den  heiszen  mut 
zu  kühlen  wünscheten  im  jungfreulichen  blut. 

Rist  137,  30  Gödeke-Götze ; 
damals  brach  an  die  stund'  und  das  betrübte  licht, 
die  dir,  o  schönste  stadt,  dein  lieblichs  angesicht 
so  sehr  verwüstet  hat.    138,  56 ; 

o,  weh  der  guten  stadt, 
die  schon  so  manche  not  und  angst  erlitten  hat.     145,  127. 

vielleicht  gehören  hier  auch  icendungen  her  wie  die  folgende : 
ich   will   der  stadt   keine  schände  machen,   herr  vater. 
Freytag  11,42,  wo  die  stadt  etica  als  mutter  gedacht  ist,  vgl. : 
gleich  mutterarmen  schlieszet 
die  Stadt  der  pforte  (lügel  auf, 
ihr  himmlischer  gesang  be^rrüszet 
den  söhn  nach  tapfrem  pilcrerlauf. 

Lhland  ged.  211. 

anderer  ort  sind  personificationen  itrie  die  folgenden :  aber 
die  Stadt,  wie  riesenhaft  und  toblustig  sie  sich  gegen  Ilse 
geberdete ,  war  im  gründe  ein  freundliches  ungetüm. 
Freytag  verl.  handschr.  1,220;  da  möchte  man  wohl  Belle- 
rophon sein,  um  dieses  ungeheuer  von  aufschwellender 
Stadt,  dieses  chimärische  unthier  von  mörtel,  ziegel,  elend 
and  essenqualm  niederzureiten  in  den  schmutz,  aus  dem 
es  entstanden  ist.  Raabe  die  leute  aus  dem  walde  169. 

STADTABENTEUER,  n.  stadtgeschehnisz.  in  der  stadt 
erlebtes  abenteuer :  {die  aller obetsten  behih-den.)  welche  nach 

28» 


439 


STADT  ACHT— STADT  ARBEIT 


STADTARCHIV  —  STADTBAHN 


440 


einer  höhern  ansieht  die  hof-  und  stadtabenteuer  als 
gleichgültig  vorübergehend,  sogar  manchmal  als  unter- 
haltend betrachteten.  Göthe  31,  129. 

STADTACHT,  /.  von  der  atadt  für  ihr  gebiet  ausge 
»prochene  acht.  Campe. 

STADTACKER,  m.,  stadtäcker  plur.  im  besitze  der  Stadt, 
bez.  ihrer  bürger  befindliche  äcker :  der  berüchtigte  bettler- 
palast  in  der  Länggasz  bei  Bern  samt  seinen  verschlos- 
senen behältern,  aus  welchen  genialisch  teurer  mist  für 
die  stadtäcker  gezogen  . . .  wird.  Gotthelf  l,  vorr.  11  Vetter. 

STADTADEL,  m.,  stadtadel,  patriciaiua.  Stieler  20; 
nobiltä  dttadina  o  patritia.  Kram  er  dict.  2  (1702),  901**,  no- 
bilitas  urbana.  Frisch  315V  Adelung,  {zxoei  klassen  von 
adligen  in  jener  zeit:)  sie  wurden  damals  kurzweg  als 
stadtadel  und  landadel  bezeichnet  und  drückten  ihre 
gegenseitige  abneigung  in  den  sehr  gebräuchlichen  schmäh- 
worten  pfeffersäcke  und  krippenreiter  aus.  Freytaü  20,  305. 

STADTADELICH,  adj.  zum  voi-igen.  der  stadtadlige, 
angehöriger  des  stadtadels.  Campe. 

STADTAICHE,  /.,  s.  unten  stadteiche. 

STADTAMT,  n.  l)  über  die  stadt  gesetztes  und  in  der 
atadt  b^ndliches  landesherrliches  amt:  die  selben  puezz 
sind  des  statrichters  o.  swer  meins  herrn  von  F.  statampt 
inn  hat,  denne  um  den  tod  nicht,  österr.  weisth.  6,4*5  anm. 
dazu  stadtamtmann,  m.  der  die  befugnisse  des  stadt- 
aintes  ausübende  landesherrliche  beamte:  {Hans  v.  Nem- 
mingen,)  des  heiligen  reichs  stadtamman  zu  Nördlingen. 
weisth.  6,  268 ;  it.  4  ^ ,  8  seh.  umb  8  kannten  wein  unnd 
zetragen,  geschannckt  dem  pfarrer  und  dem  stattamann 
von  Ulm  {quelle  voji  1490).  d.  etädtechron.  25,  349 ;  und  sollen 
die  achter,  so  alda  von  jren  Widersachern  betreten,  recht 
vor  dem  stattaman  und  gericht,  wie  sich  gepürt,  nemen 
und  geben.  Zimm.  chron.^  1,  241,  6. 

2)  ein  von  der  bürgerschaft  für  die  Verwaltung  der  stadt 
gesetztes  öffentliches  amt:  er  bekleidet  ein  höheres  stadt- 
amt;  der  verstorbene  hat  mehrere  stadtämter  inne  gehabt. 

STADT  ANGELEGENHEIT,/. .-  am  heutigen  abend  jedoch 
wollte  das  gewohnte  gespräch ,  worin  man  sieh  sonst 
über  Stadt-  und  landesangelegenheiten  erging,  noch  immer 
nicht  in  rechten  flusz  kommen.   Storm  14,  4. 

STADTANLAGE,  /.  bauliche  anläge  eirier  stadt  mit  rück- 
aicht  auf  ihre  befestigung  und  auastattung  mit  öffentlichen 
straszen  und  gebäuden,  so  redet  man  beaondera  von  mittel- 
alterlicher stadtanlage: 

in  Iran  und  Turan  zur  wundersage 
ward  unter  edlen  die  stadtanlage : 
an  jedem  platz  ein  Kuppeldach , 
das  mit  dem  gipfel  die  wölken  brach. 

RÜCKERT  Firdosi  2,  106. 

STADTANLEIHE,  /.  von  der  stadt  gemachte  geldanleihe. 

STADTANWALT,  m.  in  einigen  süddeutschen  städten  ein 
luther  städtischer  beamter  von  ähnlicher  bedeutung  wie  der 
stadtschultheisz  oder  stadtvogt  {s.  unten):  stadtanwald, 
pretore,  podesta,  prefetto,  govematore  della  cittä.  Kram  er 
dict.  2  (1702),  902».  stadtanwalt,  hatipt  des  inneren  Stadt- 
rates, z.  b.  in  Straszburg.  Adelung. 

STADTAPOTHEKE,  /  mit  besonderer  erlaubnis  der 
atadtbehörde  errichtete  apotheke,  dann  auch  allgemein  ivi 
geyensatz  zur  landapothekc:  nachdem  er  nämlich  alle 
büchsen  der  stadtapotheke  ausgeprobt,  und  alle  federn 
der  doktoren  zehn  meilen  in  der  runde  umsonst  in  be- 
wegung  gesetzt  hatte.  Schmidt  kom.  dichtungen  140;  da 
hielt  ein  mann  von  einem  entlegenen  hof  eines  tages 
mit  einem  wagen  und  zwei  stieren  vor  der  stadtapotheke 
still,  lud  Borgsam  eine  grosze  tannene  stubenthUre  ab 
und  trug  sie  hinein.  Hebel  2,  9«. 

STADTAPOTHEKER,  m.  inhaber  einer  stadtapotheke. 
Kramkr  dict.  2  (1702),  902''. 

STADTARBEIT,  /.  l)  im  auftrage  der  stadt  auszufüh- 
rende arbeit,  vgl.  •  so  soll  der  selb  Icr  jung  geloben  der  stat 
paumeister  und  der  stat  Werkmeister  dreu  jar  . .  .  pei  und 
an  der  itat  arbeit  zu  beleihen.  Tücher  baumeisterb.  86. 
teol  mit  betithung  auf  die  faat  apriehtoOrÜiche  trügheit 
und  lättigkeit  der  ttadtarbeiter  beteichnet  itAdtarbecht  ein 
Heines,  unbedeutende»  werk,  ouvrage  de  ville.  Ganoi.er  489. 

S)  in  der  tpraeke  der  tuckerbäeker  betieiehnung  eszbarer 
eonäUorwart  im  gegmuats  tu  der  aus  nur  künaÜichen  ver- 
witnmgm  hmtAendm  bofarbeit  (*.  theU  4,  2, 1059).  Jacobb- 

«OM  4,  M6^. 


STADTARCHIV,  n. :  schon  der  patriotische  kulturhisto- 
riker  Augsburgs,  Paul  von  Stetten,  nannte  das  durch- 
suchen des  Stadtarchivs  {wegen  seiner  liederlichen  auf 
betcahrung)  eine  'nicht  blos  mühsame,  sondern'  auch 
ekelhafte  arbeit'.  W.  H.  Riehl  cultursiudien  315. 

STADTÄRGERNIS,  n.  ärgemis,  welches  man  der  stadt 
giebt.  von  dem  die  ganze  stadt  spricht:  sie  hatten  in  der 
letzten  herberge  von  Padua  .  .  .  von  dem  geschwätzigen 
schenkwirth  das  grosze  stadtunglück  und  das  gröszere 
stadtärgernisz ,  den  Untergang  der  hochzeitsbarke  ...  er- 
fahren. C.  F.  Meyer  novellen  2,  48. 

STADTARM,  adj.,  in  substantivisclier  Stellung  der,  die 
stadtarme,  plur.  die  stadtarmen,  die  auf  kosten  der  stadt 
unterhaltenen  armen:  die  milden  gestifte  .  .  .  mach'  ich  so, 
dasz  ich  für  drei  tausend  hiesige  stadtarmen  jeder  stände 
ebenso  viele  leichte  gülden  aussetze.  J.  Paul  ^^reil;'.  1,  5. 
hierzu  das  stadtarmenhaus,  öffentliches  gebäude,  in 
dem  solche  arme  untergebracht  werden. 

STADTARREST,  m.  in  der  Studentensprache  bezeichnung 
eines  vom  Universitätsrektor  gegen  einen  Studenten  erlasse 
nen  veibotes,  ohne  erlaubnis  die  stadt  zu  verlassen.  J.  Meier 
hallische  studentenspr .  106;  den  schriftlichen  erlasz  meines 
haus-  und  stadtarrests  und  aller  schaden  und  Unkosten. 
Thümmel  rewe  5,  295. 

STADTART,  /.,  stadtart  im  gegensatz  zur  bauernart:  auf 
statart,  urbanatim.  Schottel  412''. 

STADTARZT,  m.  von  dem  rat  der  stadt  bestellter  und 
besoldeter  arzt,  der  m,it  geitissen  öffentlichen  funktionen 
ausgestattet  ist.  vgl.  dazu  Gengler  stadtrechtsalterthümer 
319:  was  gemeine  personen  sind  auff  sold  und  lohn  ge- 
dingt, als  ein  stadartzt,  staddiener,  soldener.  Luther 
Weim.  ausg.  23,  344, 10.  stattartzet  der  furnemst  doctor  in 
der  artzney,  archiatrus.  Maaler  385'';  stattartzt,  le  mede- 
ein  d'une  ville,  il  medico  d'uTia  cittä.  HuLSlus  (1616)307'; 
st&diar zt,  physicus.  Stieler  51;  stadtartzt,  incdtco,  yi*tco, 
it.  chirurgico  ordinario  della  cittä,  it.  saliarato  dal  publica. 
Kramer  dict.  2  (1702),  901  •*;  stadtarzt,  medicus  urbis. 
Frisch  315";  vgl.  auch  unten  stadtphysieus,  m. 

STADTAUSRUFER,  m.  von  der  stadt  angestellter  mann, 
welcher  amtliche  und  private  bekanntmachungen  durch  aus- 
rufung  auf  den  straszen  zur  allgemeinen  kenntnis  bringt: 
als  ich  um  elf  . .  .  aus  dem  schulhofe  trat,  kam  eben  der 
dicke  stadtausrufer  die  strasze  herauf,  er  schlug  mit  dem 
Schlüssel  an  sein  blankes  messingbecken  und  rief  mit 
seiner  bierstimme:  'der  mechanikus  und  puppenspieler 
aus  der  residenzstadt  München  ist  gestern  hier  ange- 
kommen .  .  .'  Storm  4,  48; 

euch  wundert,  dasz  Quirls  Wochenblatt 
heut  um  ein  heft  gewonnen  hat 
und  hörtet  doch  den  stadtausrufer  sagen, 
dasz  brod  und  rindfleiscb  aufgeschlagen. 

SCHU.I.KR  1,  312. 

STADTAUSSCHUSZ,  m.  ein  aus  dem  Stadtrat  gewählter 
und  aus  dem  stadtsyndicus  und  mehreren  Senatoren  be- 
stehender ausschusz,  mit  befugnis.  eilige  verwaltungsmasz- 
nahmen  zu  treffen.  Hannoversche  Zeitungen  1905. 

STADTBACll,  m.  die  stadt  durchflieszender  bach.  ein 
durch  die  stadt  mittelst  graben  geleitetes  waaaer.  stadtbach 
in  Giessen.  nach  Jiandschriftlicher  mittheilung  Weigands. 
bei  diesem  adergeflecht  von  mehr  als  einem  dutzend  stadt- 
bächen,  dem  eigentlichen  heils-  und  lehenswasser  des  Augs- 
burger groszgewerbcs.  B.\¥.\i\.  ctdturstxidien  i&i;  der  junge 
cantor,  der  mir  stunden  gegeben,  hatte  nach  einem  jähr 
aus  unglücklicher  liebe  zu  mir,  den  versuch  gemacht,  sich 
im  stadtbach  zu  ertränken.    Heysk  Ari;irffr  der  ireZM,  197; 

die  Kät/enburg  will  grosz.stadt  werden  .  .  . 

am  stadtbach  wird  em  quui  erbauet 

und  einen  boulevard  man  schauet 

vom  untern  bis  zum  obeni  thor.    Kbllkr  10,  27. 

STADTBÄCKER,  m.:  stadt bccker,  fomaio  della  cittä. 
Krämer  dict.  8  (1708).  902«. 

STADTBAD.  n.  öffentlicfiea  bad,  auf  kosten  der  stadt 
unterhalten:  der  gebrauch  des  freilich  weit  wirksameren 
sladtbades  {zu  Teplits)  ward  Seumc  ganz  untersagt.  Ci.o- 
Dius  ergäiuung  tu  8eum»:  mein  leiten  99.  stadtbade- 
haus,  n.  haus,  in  dem  »ich  von  der  stadt  angelegtes  und 
unterhaltenes  wasaerbad  bandet. 

STADTBAHN,/  eisenbahn.  welche  den  verkehr  innethalb 
einer  grossen  stiiiU  rrtmittflt.     dazu  »tadt  halmhof ,  «i. 


441 


STADTBALL— STADTBEFREIÜNG 


STADTBEGEBENHEIT— STADTBEUTEL  442 


STADTBALL ,  m.  auf  kosten  der  Stadt  etwa  auf  dem 
rathause  veranstalte fes  tanzvergnügefi :  ich  versprach  ihm 
in  der  angst  sechs  neue  menuetts  mit  doppeltem  trio 
für  den  stadtball.  E.  T.  A.  Hoffmann  1,225. 

STADTBANK,  /.  von  der  stadt  aufgeschlagene  öffentliche 
veikaufsbank  (vgl.  oben  bank  4,  theil  l,  1109):  auf  ständen, 
tischen,  in  krambuden  und  den  stadtbänken  sind  die 
waaren  (am  markttage)  ausgelegt.  Freytag  18, 129. 

STADTBANN,  m.  städtischer  gerichtshezirk:  stadtbann, 
territorium  civitatis.  Frisch  2,  315»;  kein  wunder,  dasz 
bei  solcher  Originalität  der  läge  die  alten  Augsburger 
meinten,  ihr  stadtbann  müsze  mindestens  schon  gleich 
nach  der  sündiluth  zu  einer  bedeutenden  siedelung  er- 
sehen worden  seyn.  Riehl  culturstudien  270. 

STADTBANNER,  n.  das  dem  städtischen  kriegsvolk  vorauf 
getragene  banner;  banner  in  den  färben  der  stadt  oder  mit 
dem  Stadtwappen  geschmückt:  der  Sebald  Pfintzing  was 
burgemeister ,  der  gab  dem  Peter  Volckamer  das  stat- 
paner  in  sein  hant  vor  dem  rothaus,  und  sie  waren  auszen 
zwei  monat  (zumj.U2i).  d.  städtech ran.  2,9,9;  als  nun 
die  volksgunst  dem  flüchtigen  staatshaupte  sich  schnell 
wieder  zuwendet  und  dasselbe  feierlich  mit  dem  stadt- 
banner  aus  seinem  Schlupfwinkel  als  vorsorglicher  vater 
heim  geholt  wird.  Keller  6, 125. 

STADTBARBIERER,  m.,  älter  für  stadtbarbier: 
cimgico  della  cittä.  Kramer  dict.  2  (l702),  902''. 

STADTBASE,  /.  in  Basel  bezeiehnung  einer  klatschsüch- 
tigen person,  die  alle  neuigkeiten  der  stadt  sogleich  tceisz. 
stadtbäsi,  schweizerisches  idiot.  i,  1650. 

STADTBASTEI,/,  stadtpasteyen,  ^i«r.  rampari,  ri- 
pari,  bastioni,  fortificationi  d'una  cittä.  Kramer  dict. 
2  (1702),  902«,  vgl.  auch  unten  stadtschanze,  stadtwall. 

STADTBATZE,  m.,  bair.  der  st&dbatz'n  im  munde  der 
landleute  eine  verächtliche  bezeiehnung  einer  person  aus  der 
Stadt.  ScHM.*  2,  794,  entsprechend  batze  theil  l,  1160. 

STADTBAU,  wi.  l)  die  gesamte  von  der  stadt  ange- 
ordnete öffentliche  bauthätigkeit ,  zu  deren  besorgung  im 
besonderen  das  stadtbauamt  eingerichtet  ist.  dazu  ferner 
stadtbau herr,  m.  ratsherr.  der  das  städtische  bauwesen 
unter  sich  hat.  edile,  prefetto  delle  fabriche  di  cittä.  Kram  er 
(fic^.  2(1702),  901'';  stadtbauhof,  m.  hof,  wo  die  städti- 
schen baugerätschaften  aufbewahrt  werden;  stadtbau- 
m  eist  er,  m.  architetto  del  publico.  Kramer  a.a.O.;  so  gibt 
der  statpaumeister  dem  schaffer  alle  wochen,  es  sei  veier- 
tag  oder  wercktag,  für  sein  solde  vier  pfunt  alt.  Tücher 
baumeisterb.  33;  darnach  sich  einer  (ein  zimmergeselle) 
pessert  oder  an  neme,  so  mocht  im  ein  stat  paumeister 
den  lone  pessern.  38.  stadtbaurat.m.  titel  eines  höheren 
städtischen  baubeamten. 

2)  stadtbau,  ein  einzelnes  öffentliches  gebäude  selbst,  so 
stadtbau  ein  städtisches  tcirtshaus.  s.  oben  theil  1, 1163  unter 
bau,  m.  10. 

STADTBAUER,  m.  sta.dlba.ner,  nistietis  civictis.  Stieler 
104;  tcol  ein  in  einem  stadtdorf  (s.  unten)  wohnender  bauer: 
ein  stadtbauer  wickelte  aus  seinem  tuch  eine  ungeheure 
runde  wurst.  Freytag  ahnen  6,  277. 

STADTBEAMTE,  m.  beamtet-  im  dienste  der  stadt.  Campe: 
oft  wurde  einlasz  nicht  begehrt  oder  versagt,  dann  gaben 
sie  (die  absagenden  boten  eines  feindlichen  Jierrn)  den  brief 
am  thore  in  die  band  des  stadtbeamten.  Freytag  18,  290. 
im  vergleich:  von  den  tauben,  welche  nach  altem  her- 
kommen vom  rath  gehalten  werden  und  dreist  wie  stadt- 
beamte  zwischen  wagen  und  menschen  umherlaufen.  6,i9l. 
dazu  Stadtbeamtenschaft,  /. 

STADTBEDIENTE,  m.,  vne  unten  stadtdiener  oder  stadt- 
knecht  in  der  eigenschaft  eines  von  der  stadt  angestellten 
häschers :  nur  hier  kann  ich  mich  nicht  mit  denen  verteufTel- 
ten  stadtbedienten  vertragen.  Holberg  i,  5;  ich  sähe  auch 
schon,  dasz  diese  stadtbediente  schlimme  leute  sind,  ebenda. 

STADTBEFEHLSHABER,  m.  befthlshaher  der  städtisclten 
kriegsmacht,  dann  auch  der  vom  landesherrn  in  die  stadt 
gelegten  besatzung,  für  das  halb  fremde  stadtcomman- 
dant.  Campe. 

STADTBEFESTIGUNG,  /.  du  gesamtheit  der  eine  stadt 
»ehützenden  mauern,  graben,  thore  und  thürme. 

STADTBEFREIUNG,  /.  begabung  einer  stadt  mit  stadt- 
recht. Stadtberechtigung  und  -befreyung,  jtts  civitatis,  jus 
municipule.  Frisch  2,  31ö*. 


STADTBEGEBENHEIT,  /. ;  die  geseUschaft  war  schon 
im  begriff  auseinander  zu  gehen,  als  ihre  Unterhaltung 
noch  einige  augenblicke  bei  einer  stadtbegebenheit  ver- 
weilte, die  das  publikum  sehr  zu  beschäftigen  schien. 
Mörike  erzählungen  282. 

STADTBEHERRSCHEND,  adj. .-  zur  nacht  Bonaparte  von 
seinem  streifzuge  zurück,  am  morgen  batterieen  auf  dem 
stadtbeherrschenden  gebirgsrücken  Mocatam.  Mosen  7,367. 

STADTBEHÖRDE,  /.  •  er  werde  sich  sofort  nach  einem 
andern  unterkommen  für  ihn  umsehen,  sich  nöthigen- 
falls  an  die  stadtbehörden  wenden.  Strausz  lebensfiih- 
rungen  2,93;  diese  (iS'e5aÄ^ia/i.9)gilden  waffenfreudiger  bürger 
werden  von  der  stadtbehörde  eifrig  gefördert.  Fret- 
TAG  19,  299. 

STADTBEKANNT,  adj.  jedermann  bekannt,  in  aUer 
munde:  er  stellte  also  die  sache  mit  der  Ev  als  ganz 
fertig  dar  und  zugleich  als  völlig  stadtbekannt.  Ludwig 
2,285;  die  gewiszheit  . . .,  dasz  sein  Unglückshandel  jetzt 
bereits  stadtbekannt  sein  müsse ;  denn  nicht  nur  tiatte 
freund  Wighart  jedenfalls  gestern  seinen  abendgang  durch 
ein  paar  kaffeehäuser  gemacht  und  die  neuigkeit  mit  allem 
anteil  verkündet,  ...  Keller  8,54;  er  glaubte,  sein  Un- 
glück sei  stadtbekannt.  5, 131 ;  habe  bei  deiner  mama  über 
die  stadtbekannte,  drollige  letzte  hecke  gesehen,  Veiten. 
Raabe  akten  des  vogelsangs  167;  der  commandierende 
general  des  dort  stationierten  armeecorps,  Ahmed  Pascha, 
lebte  mit  Midhat  in  stadtbekannter  feindschaft.  Sachau 
reise  in  Syrien  und  Mesop.  13. 

STADTBERECHTIGUNG,  /..  bei  Frisch  2,  315«  die  atu- 
stattung  eitles  ortes  mit  stadtrecht,  vgl.  oben  stadtbefreiung. 

STADTBERG,  m.  berg  in  oder  bei  einer  stadt.  als  eigen- 
name  (im  dat.  loc.):  daher  begnügte  sich  der  könig  da- 
mit ,  eine  missionsanstalt  ...  zu  Eresburg  an  der  Dimel, 
dem  heutigen  Stadtberge,  anzulegen.  Moser  Osnabrücker 
gesch.  1,  271. 

STADTBERING,  m.,  wie  stadtbereich,  Stadtbezirk,  Stadt- 
gebiet, doch  nur  auf  die  innerhalb  der  Stadtmauer  liegende 
Stadt  sich  beziehend:  eine  lange  zeile  neuer  tagelöhner- 
häuschen,  welche  seit  einigen  jähren  über  den  alten 
stadtbering  hinausgewachsen  sind.  W.  H.  Riehl  toander- 
btich  231. 

STADTBESATZUNG,  /.  die  in  einer  stadt  liegende  mili- 
tärische besatzung:  gtiarnigione.  presidio,  soldatesca  d'una 
cittä  0  piazza.  Kramer  dict.  2  (1702),  901«. 

STADTBESCHIRMER,  m.: 
(der  färtt,)  welcher  Nischada  bewacht, 

CTOsz  von  glänz  und  grosz  von  macht ;  . . . 
feindesburgen  kampferstürmer, 
landbefrieaer,  stadtbeschirmer. 

RÜCKERT  (1882)  12,  63. 

STADTBESEN,  m.,  ursprünglicJi  wol  entsprechend  besen  3 
(theil  1,  1615)  weibliche  person,,  xcelche  stadtneiiigkeiten  ver- 
breitet, vgl.  oben  stadtbase.  stadtbesen  stadtklütsdierin. 
Schmidt  schwäb.  wb.  505.  dann  überhaupt  'person,  die 
alle  Stadtneuigkeiten  wie  m.it  einem  besen  zusammenkehrt.' 
Stalder  2,389;  schtceiz.  id.  4,1670.  nach  Klein  2, 166  dann 
auch  Schimpfname  für  mannsleute:  wie  ein  sogenannter 
stadtbesen  seine  nase  in  alles  stecken,  gttelle  im  aehviäser. 
id.  4, 1670. 

STADTBESSERER,  m.:  statbesserer,  vicarius.  Diep.617«. 

STADTBESTE,  n.  das  allgemeine  beste  der  stadt .-  des  one 
(dem  rat,  den  gildemeistern  und  hauptleuten)  de  andere 
gemeyne  truweliken  byval  deden  wes  se  reden  vor  dat 
stadtbeste,  d.  städtechron.  16,  336,  3. 

STADTBESUCH,  m.  l)  besuch,  aufsiichung  einer  stadt: 
dieser  stadtbesuch  sollte  nicht  lange  dauern,  aber  die 
abreise  verzögerte  sich.  Göthe  26,  37;  schon  vordem,  mit 
der  qualvollen  spürkraft  der  eifersucht,  hatte  sie  heraas- 
empfunden,  wohin  die  stadtbesuche  ihres  gastes  zielten. 
Storm  13  (1882),  139. 

2)  aus  der  stadt  (auf  das  land)  kommender  besuch,  d.  h. 
besuchende:  wir  hatten  heute  stadtbesuch. 

STADTBEUTEL,  m..  wU  stadtseckel,  s.  das. .-  stadtbeutel, 
borsa  cioe  erario,  peculio  della  cittä  o  del  commune. 
Kramer  dict.  2  (1702),902».  mit  entsprechendem  zusatz:  ge- 
meiner stadtbeutel,  aerarium  publicum.  Stielkr  141;  so 
solle  alsdann  dem  Scharfrichter  von  einer  jeden  persohn 
für  seine  belohnung,  da  es  von  des  entleibten  hab  und 
gut  genohaten  werden  mag  8  fl.,  sonsten  aber,  so  es  der 


443   STADTBEVÖLKERUNG— STADTBIR 


STADTBLASER— STADTBRAUCH 


444 


stadtbeutel  zu  entgelten  hat,  ♦  fl.  bezahlt  .  .  .  werden. 
quelle  von  1800.  Biiu.iNGF.n  volkstJiüml.  aus  Schwaben  2,  241. 

STADTBEVÖLKERUNG,/.;  es  war  also  natürlich,  dasz 
er  (der  kaufmann)  mit  dem  übrigen  aristokratischen  teile 
der  Stadtbevölkerung  eng  verwuchs.  Freytao  18, 115;  die 
mittlere  und  niedere  classe  jeder  Stadtbevölkerung,  morgen- 
blatt  von  1846  a.  886;  ein  bruchtheil  hiesiger  Stadtbevölke- 
rung. Raade  die  leufe  atis  dem  walde  3, 63. 

STAÜTBEVOLLMÄCHTIGTE,  m.  ein  von  einer  stadt  mit 
vollmachten  ausgestatteter  gesandter,  abgeordneter.  Camtk. 

STADTBEWOHNER,  m.:  nun  ...  freuten  sich  diener 
und  Stadtbewohner  und  überhaupt  fast  alle  leute,  nur 
Bertalda  nicht.  Fouque  8, 71  (Undine  lo);  denn  dadurch 
{durch  das  stattit  der  templer  U7id  Marianer)  waren  — 
dem  Statut  nach  —  nicht  die  freien  Stadtbewohner,  wohl 
aber  die  meisten  dienstmannen  und  ihre  söhne  ausge- 
schlossen. Fkeytaci  18,  42.  vgl.  auch  unten  stadtwohner 
und  a.  den  beleg  unter  Stadtbezirk. 

STADTBEZIÜK,  m.    l)  wie   stadtbereich,   sladlbering, 

Stadtgebiet :     setzet  eure  vorhut  dahin, 

wo  die  Wölfe  nistend  hecken I 

sey  der  sklave  Stadtbewohner; 

Stadtbezirk  ist  unsern  braven 

wüster  felsen  klippenspalte.    Götiie  3,  221. 

2)  als  theilbezirk  der  eigentlichen  atadt,  häufig  abgegrenzt 
für  verwaltungszicecke :  im  oberen  Stadtbezirke  it.  ä.,  auch 
der  äuszere  Stadtbezirk,  von  den  atadttheilen,  icelclie  auszer- 
halb  der  mauer  und  icälle  liegen,  im  gegenaatz  zum,  inneren 
Stadtbezirk,  das  häusergebiet  innerhalb  der  icälle. 
STADTBEZWINGER,  m.: 
was  sagt  der  theure  prinz  {Heinrich  v.  Oranien) ,   der  grosze 
Stadtbezwinger.    Rist  135  Gödeke. 

STADTBIBLIOTHEK,  /.  auf  kosten  der  atadt  nnterhaltene 
öffentliche  bibliothek:  das  . . .  geschenk  eines  schönen  trink- 
homes,  das  jetzt  die  stadtbibliothek  bewahrt.  Kei.leu 
9,209;  'da  klebt  viel  schweisz  daran',  sagte  er  und  hob 
die  rolle  auf.  'ein  plätzchen  in  unsrer  neu  gegründeten 
stadtbibliothek  wird  sich  schon  für  dich  finden,  werk 
eines  dunkeln  daseins.'  C.  F.  Meyek  Jilrg  Jenatsch  164. 

STADTBIBLIOTHEKAR,  m.  vorateher  einer  stadtbibliothek. 

STADTBIER,  n.  cereviaia  patria.  Stieler  146,  birra  che 
si  cuoce  in  citta.  Khameu  dict.  2  (1702),  goi*",  cerevisia,  quae 
in  urbe  coquitur.  Frisch  2,315'.  nach  Adelung  ein  bier, 
loelcJiea  in  der  stadt  gebraut  tvird,  im,  gegensatz  zum  land- 
oder  dorfbiere:  der  rath  miethete  fuhrleute  unter  dem  ver- 
wände, dasz  sie  stadtbier  fortschaffen  sollten.  Freytag 
verm.  Schriften  2,  9  Elster. 

STADTBILD,  n.  von  einem  ausblick  geuwnnenes  büd  einer 
attidt:  indem  gerade  der  Gustav-Adolfverein  die  freund- 
liche kirche,  einen  schmuck  des  modernen  Stadtbildes, 
für  Freising  bauen  half.  Riehl  wanderbuch  248;  die  süd- 
französische landschaft,  sowie  das  Stadtbild  von  Toulouse 
bald  im  Schimmer  des  mondenlichtes ,  bald  im  hellen 
glänze  der  provenzalischen  sonne.  Samosch  provenz.  tage 
146;  sie  standen  einen  augenblick  und  blickten  auf  das 
lichtdurchstickte  Stadtbild  unter  ihnen.  Frapan  arbeit  241. 

STADTBILDUNG,/,  bildung.  toelche  der  in  den  städten 
ipohnenden  cultur  verdankt  tmrd :  gegen  die  treibende  Un- 
ruhe und  die  frivolität  der  stadtbildung  beschwört  der 
kaiser  als  höhere  gewalt  den  sinn  der  millionen  herauf, 
welche  in  der  stiile  geleitet  werden,  oft  ohne  zu  wissen, 
durch  wen.  Freytao  15,  346. 

STADTBIR,  STADTBIRNE,/,  benennung  des  teappen- 
bilde»  der  atadt  Atigabxirg,  ioahracheinlich  ur.fjtrünglich  die 
frucht  de*  tirbdbatune»  (pinua  cembra)  dar. ttel lernt,  vgl. 
d.  tiädteehron.  S,  38  anm.  4.  Sigmund  Meistkrlin  chronik 
der  reiehaatadt  Nürnberg  von  1488  tcill  das  wort  ableiten 
von  lat  pyra:  als  er  {Druaua)  wider  gen  Mentz  kam,  do 
starb  er  an  der  pestilentz,  und  wart  auf  sein  grab  ge- 
macht ein  pir,  das  ist  ein  form  als  ein  scheitcrhauf  von 
gepachen  zusamen  geschmelzten  stainen,  als  man  das 
noch  Htehl  auszerhalb  der  stat  Mcintz.  und  das  ist  heut 
der  von  Augspurg  schilt,  die  es  aus  unwiszenheit  ein 
statpim  nennen:  pir  ist  als  vil  als  feur,  wann  es  hat 
Koliclien  form.  d.  atiUllechron.  8, 38, 10.  ala  maac.  behandelt: 
am  Jakola-rthor  {tu  Auyalmrg)  ist  das  kaiserbild,  ein 
alter  »tadtpyr  und  ein  Römerstein  zur  schau  eingemauert. 
RiKiiL  ntlturatudien  ms.  faat  tautologiach  neben  wnppi-n: 
in  dem  hellen  die  zechpfleger  Conrat  Herwartt  und  EglufT 


Bissinger  ainen  neuen  zcchkasten  in  die  kirchen  gemacht, 
darein  man  die  kelch  und  ander  altargezierd  behielt, 
und  die  statpir  und  wappen  darein  gemacht,  d.  atädte- 
chron.  23,  132  anm.  4.  auch  sonst  häufig  als  Sinnbild 
atadtiicher  gewalt  und  gerechtsatnkeit  in  Augaburger  quellen 
erwähnt:  an  sant  Veitztag  ward  er  {der  neue  gottesacker) 
geweicht  mit  grossen  eren  und  ward  die  statt  bier  daran 
gesetzt.  23,66  aiun.i;  ain  stain  statper,  die  macht  man 
aussen  an  die  kirchmaur,  und  ain  gefierten  stain  und 
altu  geschrifft  darauff.  4,  33l,  12.  münzenartige  tnettUl- 
stückchen,  welche  als  theilhahermnrken  dienen,  sind  mit 
diesem  bilde  gezeichnet:  und  hat  nemantz  kain  brot  geben, 
dann  disen,  die  angeschriben  sind  gewessen  und  zaichen 
haben  gehept,  wie  die  raifTpfennig,  mit  der  statpiren  be- 
zeichnet. 23,  247, 15.  von  der  eif er. nichtigen  geistlichkeit  ein 
solelies  städtische  macht  versinnbildlichendes  wappenzeiclien 
zerstört:  {die  domherren)  habend  aber  in  dem  capitul  losz 
geworfen,  wer  die  statpir  auff  dem  fronhof  umbstossen 
soll,  die  inen  auch  wee  in  äugen  gethon  hat.  also  ist 
das  losz  auff  doctor  Neithart,  doctor  Meiler  unnd  doctor 
Mendel  gefallen,  welche  zänacht  mit  iren  knechten  die 
statpir  auf  dem  Fronhof  mit  eisen  stangen  gar  umb- 
stiessen,  dann  sie  altershalben  sonst  wol  umbzöstossen 
was.  23, 132  anm.  4.  wol  eine  nicht  weniger  absichtliche  be- 
Schädigung:  auch  ward  die  statpir  an  ainem  stechen  umb- 
gestochen  auff  dem  fronhoff,  die  wolt  der  vicari  nimmer 
auffrichten  lan,  da  richts  die  stat  mit  gewalt  auff.  4,  323, 15. 
die  bezeichnung  stadtpir  nach  der  anmerkung  zum  letzten 
belege  noch  Jieute  in  Aug.9burg  gebräuchlich. 

STADTBLÄSER,  m..  dasselbe  wie  unten  stadtpfeifer,  t.  b. 
in  Göttingen,    sie  hatten  vom  thurm  zu  blasen. 

STADTBLASSE,/,  die  charakteristische  blasse  färbe  eines 
echten  Stadtkindes:  der  hatte  alle  stadtblässe  längst  ab- 
gelegt und  war  ein  brauner  pauspackiger  bauernjodel 
geworden.  Rosegger  tceltgift  263. 

STADTBODEN,  m.  l)  der  der  atadt  ala  eigenthum  ge 
hörende  grund  und  boden  •  der  magistat  von  Berlin  sollte  . . 
ein  paar  solcher  wohntürme  auf  stadtboden  zur  probe  an- 
legen. Naumannbuch  65.  dann  audi  2)  allgemein  boden, 
auf  welchem  die  atadt  ateht. 

STADTBOTE ,  m.  der  die  botendienste  für  die  Stadtver- 
waltung besorgt:  stadt-  oder  rahtsbote,  nuncius  imblicua 
civitatis.  Stieler  182;  stadtbote,  messaggiere  pttblico. 
Kramer  dict.  2  {1102),  SOl^ ;  stadbode,  viator,  stator-  nun 
cius  urbicus.  Kilian  025*;  6  f(  peden  poten,  ambt-  und 
statpoten,  die  sullen  die  steur  auch  helfen  einpringen. 
tirol.  weisth.  i.ili,  3;  {Jacob)  nam  grüne  stecklin  numen 
halber  gescheit,  das  ein  teyl  rynd  und  das  ander  teil  nit, 
zwiglen  von  jungen  wilden  böumlin,  und  macht  sie 
sprencklecht,  wie  dye  statbotten  steh  tragen,  iialber  grün 
und  wysz.  Keiser.sberg  bilgerach.  41'*;  die  glocken  seind 
der  pfaffen  bittet  und  stattpotten.  Franck  weltbuch  133*'; 
der  viertelmeister  und  stadtbote  von  Wien.  Heiiei.2,  269; 
als  Vertreter  des  lieutigen  briefträgers:  ich  wandelte  im 
garten  auf  und  ab  und  sah  dabei  bisweilen  in  die  Zei- 
tung, welche  der  stadtbote  mir  soeben  durch  den  zäun 
gereicht  hatte.  Storm  5,  71. 

STADTBRAND,  m.  brand,  feuei-sbrtinat,  die  den  grUateren 
theil  einer  stadt  einäschert:  die  stadt schrcibcrei  ...  ver- 
sicherte aber  der  Wahrheit  gemäsz,  dasz  durch  zwei  stadt- 
brände  sowie  durch  Unordnung  in  früherer  zeit  jede  alte 
nachricht  verloren  sei.  Freytai;  6, 149. 

STADTBRAUCH,  m.  l)  die  rechtlichen  geicohnheiten  der 
Stadt:  sfadtbrauch,  .'<tatutum  civitatis.  Sc.iiottkl  42o''.  Wh 
ent.tjrrechendes  dorfbrauch  ebenda  verzeichnet ;  stadll)rauch, 
statuta  civitatis.  Sti eleu  221.  ähnlich  noch:  fremde  ge- 
sellen, welche  mit  kaufinannsgut  niclit  nach  stadtbrauch, 
sondern  nach  waldesreclit  handelten.  Frkytao  18,  186. 
hieiher  auch  icol:  die  niRdchen  besorgten  ihre  einkaufe 
und  setzten  sich  endlich  mit  Victor  auf  die  bank,  welche 
als  ein  Überrest  alten  staütbrauches  vor  dem  hause  stand. 
18,881,  wo  die  auf  dem  fnarktjtlatze  ttehende  gerichtabank 
gemeint  »cheint. 

%)  aitten  und  getcohnheiien  der  atadtbeicohner  (im  gegen 
aatz  fi<  ilenen  der  hindlente):  stadtbrnuch,  usanza.  coatume 
della  cittä.  Kramkii  </iW.  8  (i7oa),  öül*";  das  ist  so  sfadt- 
brauch. Cami'k;  schulnieisicrs  Nasi  sollt' doch  den  sladl- 
brauoh  auf  dem  lande  sein  lassen,  sie  licsze  sich  gerne 


445 


STADTBRAUEREI  —  STADTBUCH 


STADTBUCHEREI— STADTBULLE 


446 


gefallen,  dasz  er  sie  aus  respekt  'ihr'  und  'frau  mutter' 
nenne,  aber  mit  einer  dummen  bauerndirn'  brauch'  er 
keine  umstände  zu  machen,  zu  der  soll  er  'du'  sagen, 
wie  früher.  Anzengkuber  3,  24ö. 

STADTBRAUEREI,  /.  eine  der  stadt  gehörige  bierbratterei. 
so  die  1415  gegründete  stadtbrauerei  ztt  Eimheck  am  SoUinge. 

STADTBRIEF,  m.  l)  dasselbe  xde  stadturkunde:  und 
auch  nymand  sol  man  cheinen  statbrief  geben,  es  sey 
ubir  haus  oder  zins,  es  sey  denne  jar  und  tag  vergangen. 
Prager  stadtrecht  66,107  Rössler;  were  auch  sache,  das 
einen  waysen,  der  sein  jar  nicht  zu  enhette,  sein  erb, 
haus,  zins  vorkauft  wurde,  gelautmert,  statbrieffe  darüber 
geben  und  nach  der  stat  recht  bewaret.  75, 119.  auch  ein- 
fache gerichtliche  axiff orderung -.  und  ist  da^,  dag  derseib 
man,  deg  dag  erb  ist,  in  einer  andern  stat  ist  gesessen, 
so  schol  man  im  den  statprief  senden  und  schol  im  einen 
geraumen  tag  beschaiden,  da  er  czu  chome  und  enem 
antwurte,  der  auf  in  von  dej  erbej  wegen  czu  chlagen 
hat.  Brünner  stadtrecht  392, 192  Rössler. 

2)  im  modernen  briefverkehr  ein  von  der  stadtpost  inner- 
halb des  Stadtgebietes  zu  bestellender  brief  dazu  städt- 
briefträger.OT.twi gegensatz zum landbriefträger.  s. th.6, 99. 

STADTBROT,  n.  brot.  welches  in  der  stadt  gebacken  trird. 
vom  landbrot  durch  gröszere  feinheit  sich  unterscJieidend. 
mit  entsprechendem  znsatze:  das  weisze  stadtbrot,  das  bis- 
lang in  ihrem  hause  gegolten,  hatte  sie  auch  abgeschafft 
und  bezog  alle  acht  tage  ein  billigeres  rauhes  brot. 
Keller  3,  31.  stattbrot  als  randbemerkung  {als  sHchtcort 
auch  im  register  aufgeführt)  bei  Sebiz  feldbau  63  zu :  sie 
{die  meierin)  soll  mit  dem  brot  also  umbgehn,  das  man 
es  nicht  mutwillig  verschwänden  könne,  ohne  dasz  sich 
die  eigentliche  heziehiing  erkennen  liesze. 

STADTBRUXNEN,  m. :  auf  dem  markte  plätscherte  der 
alte  stadtbrunnen,  als  wenn  er  gar  nichts  wüszte.  Bren- 
tano 5, 147. 

STADTBUBE,  m.  l)  tm  gegensatz  zum  fand-  oder  dorf- 
buben  ein  bube,  knabe  aus  der  stadt:  stattbueb  {gegensatz 
burenbueb,  landbueb)  Schweiz,  idiot.  i,  943.  für  geschickter 
als  die  dorfknaben  ati.sgegeben:  was  macht  euer  Schul- 
meister mit  euch?  saget  ihm  nur,  wenn  es  so  fortgehe, 
so  werdet  ihr  vollends  wie  stadtbuben,  und  könnet  alle 
band  werker,  und  alles  lernen  wie  sie.  Pestalozzi  Lienh. 
u.  Gertr.  2,  362.  über  ihre  geringere  körperstärke  vgl.  die 
Übertragung  unter  3. 

2)  entsprechend  oben  bube,  m.  5  {theil  2,  469)  ein  schur- 
kischer mensdi  aus  dei-  stadt:  als  die  recht  zeit  verging, 
da  samelten  sich  die  schnöden  wicht  und  lieffen  in  ire 
heuser,  den  sie  den  tot  geaignet  hetten,  und  ersuchten 
die  keller,  gewelb,  haimlich  winkel,  stell  und  alles  das 
da  was,  mit  Iren  statbuben.  d.  städtechron.  3,141,26. 

3)  stattbueb  in  Solothitm  benennting  einer  kleinen,  arg 
I      stechenden  bremsenart.  Schweiz,  idiot.  4,  943,  angeblich  so  be- 
nannt nach  ihrer  schmächtigen   gestalt.     vgl.  die  vencen- 
dung  unter  1. 

STADTBUCH,  n.  öffentliches  buch,  welches  neben  der  stadt 
recht  und  sonstigen  gerechtsamen,  auch  andere  eintragungen 
rechtlichen  Charakters  oder  sonst  allgemeineren  interesses 
enthält:  statbuch,  liber  statutorum  civitatis.  Schottel478»; 
sindthücheT,  libri  statiiforum  civitatis.  Stieler  256;  stadt- 
bach,  tabidae  publicae,  worein  alle  acta  publica  gezeichnet 
werden,  zum  ewigen  beweisz,  liber  p%Micxts  civitatis. 
Frisch  2,  315»;  stadtbuch  Adelung;  niederl.  stadboek, 
tabulae  publicae  Kilian  625*;  es  wird  daselbst  {auf  dem 
rathause)  der  bürger  namenbuch  und  offene  stadtbücher 
{tabulae  publicae)  bewahret.  Comenius  650.  seinen  inhalt 
betreffend:  die  recht,  die  er  zu  dem  wald  hat,  die  do 
geschriben  stend  in  irm  stat  buch,  und  die  do  geschriben 
ist  bei  burggraf  Friederichs  zeiten  vor  siebenzig  jaren. 
weisth.  6,  97 ;  {helfen  beim  brückenbati.)  wie  dann  solches 
die  alten  statt  büecher  ausweisen  und  also  bisher©  ge- 
halten ist  worden,  tirol.  weisth.  4,  374,  26 ;  dessen  {einen 
beitrag  zum  brückenbau  zu  leisten)  sich  aber  ernantes  ge- 
richt  verwaigeret,  weilen  in  dem  stattbuech  von  sech- 
zechenden tag  monats  decembris  anno  aintausent  sechs- 
handert  vier  nachvolgendes  vorgesechen.  li ;  schuldig  ze 
versprechen  an  aides  stat,  arm  und  reich  ze  halten  und 
ze  beleihen  lassen  bei  allen  unsern  freihaiten  und  guten 
gewonhaiten  nach  unsers  brief  und  statpuchs  Inhalt.  420, 5; 


nach  ausweisung  unser  freihält,  nach  lautung  unser  brief 
und  unsers  statpuchs  und  nach  allem  herchomen  unser 
alten  guten  gewonhait.  421,27;  und  wir  uns  etlich  zeit 
sölchs  pachen  entslagen  und  nach  laut  des  statpuechs 
nit  haben  wollen  pachen,  darauf  uns  sölchs  pachen  ver- 
potten  gewesen  ist.  494,30;  alsdann  des  alles  ein  abrede 
gescheen  ist  . . ,  als  im  statbuch  steet  an  dem  hundert- 
sten und  sechtzigsten  plat.  Tcciier  baumeisterb.  227,  28; 
wer  das  {abwässer  in  den  Fischbach  geleitet  zu  haben  und 
noch  zu  leiten)  überfür,  der  must  geben  alle  tag  ein  pfunt 
haller,  als  in  dem  statbuch  steet  folio  hundert  und  sechtzig. 
231,20;  von  etlichen  gesetzen  der  gepewe  halben  im  stat- 
buch begriffen.  280,11.  auch  eine  art  hgpothekari.9cher  ein - 
tragungen  aufnehmend:  so  habe  ich  ym  50  fl.  ins  stadt- 
buch verwilligen  müssen,  wen  er  mir  dan  sovil  gelihenn 
hat,  das  dye  summe  auff  90  fl.  komen  ist,  so  habe  ich 
ym  abermals  dermaszenn  loo  fl.  ins  stadtbuch  vorwilligen 
müszen.  quelle  des  iG.jahrh.  im  Weim.  ges.  arch.  bei  Dief.- 
WÜLCKER  861.  selten  rein  annalistische  atifzeichntmgen 
enthaltend:  stadtbücher  {neben  stadtgeschichte)  croniche, 
annali  d'una  cittä.  Krämer  dict.  2  (1702),  901*',  tcozu  die 
bei  Dentzler  1,  392*'  sich  findende  erklärung:  leucoma  tafel 
darinn  der  richteren  namen  geschrieben,  stadtbuch,  den 
Übergang  bilden  mag.  vgl.  auch  unten  die  belege  bei  Aventin 
und  Luther,  es  heiszt  in  das  stadtbuch  etwas  eintragen, 
einschreiben:  und  Plinius  sagt,  es  sei  in  das  statpuech 
zue  Rom  geschriben  worden,  das  pei  den  zwaien  bürger- 
maistern  zu  Rom,  Licinio  Crasso  und  Cajo  Cassio  Lon- 
gino,  ain  maidlein  ein  kneblein  worden  sei.  Aventin 
chron.  167,8;  wir  haben  auch  in  unser  öffentlich  stadbuch 
schreiben  lassen,  was  sie  {die  boten  der  Juden)  geworben 
haben;  also,  der  Juden  boten  .  . .  sind  zu  uns  komen,  zu 
vernewen  die  freundtschafft  zwischen  dea  Juden  und  uns. 
und  wir  haben  beschlossen,  das  man  diese  boten  ehrlich 
empfahen  solt,  und  jre  rede  in  unser  stadbuch  schreiben 
lassen ,  zu  ewiger  gedechtnis.  i  Macc.  14,  22.  23 ;  nur  der 
Stadtschreiber  Seifried  wollte  seine  Verachtung  nicht 
bergen,  als  er  am  ende  halblaut  frug,  ob  er  den  Vorfall 
unter  der  rubrica  gaunerei  oder  gewaltthat  gegen  den  rath 
in  das  stadtbuch  eintragen  sollte.  Freytag  ii,  55.  als 
tceniger  zuverlässige  aufbejcahrung  von  zu  überlieferndem 
einen  zettel  in  das  stadtbuch  legen :  und  darumb  daj  ej 
fürbaj  also  stet  belibe,  haben  wir  dis  zedel  in  unser 
statpüch  heijjen  geleit.  d.  städtechron.  4, 159,  32.  das  stadt 
buch  verlesen,  damit  die  darin  enthaltenen  rechtssatzungen 
in  aller  gedächtnis  bleiben :  auf  denselben  tag  {Petri  stuhl- 
feier  oder  sonntag  invocavit)  die  ganz  gmain,  reich  und 
armb,  so  darzue  gehören  und  burgerrecht  haben  ...  bei 
gueter  weil  und  zeit  erscheinen  und  vor  dero  das  stat- 
puech verlesen  werden,  tirol.  weisth.  3,10,1;  statbuch  zu 
lesen  in  st.  Seboltspfarr:  am  suntag  jubilate.  statbuch 
zu  lesen  in  st.  Lorentzn  pfarr:  am  suntag  cantate.  d.  städte- 
chron. 11,815, 39.  816, 1.  dem  stadtbuch  nachleben,  den  darin 
ausgesprochenen  und  niedergelegten  rechtsbestimmungen  folge 
leisten  •  {damals)  hat  das  gericht  Liszen  zur  neuen  pruggen 
alle  dillen  von  neuem  beigeschaffen  und  also  lediglich 
dem  stattbuech  nach  gelebet,  tirol.  xceisth.  4,  374,  31, 

STADTBUCHEREI,  /.,  neuer  aufgekommen  für  stadt- 
bibliothek,  /.  {s.  oben). 

STADTBÜCHSE,  /.  öffenÜiche  hasse  der  stadt:  {der, 
welcher  burgerrecht  in  einer  stadt  encerben  will,)  soll  zu 
ihm  nemben  burger  zu  ainem  tisch,  und  soll  in  die  statt- 
pixen  geben  ain  ungerischen  gülden,  tirol.  weisth.  4,605,35. 

STADTBULLE,  m.  l)  der  von  der  stadt  für  die  gemeinde- 
kuhherde  gehaltene  bulle,  vgl.  das  entsprechende  dorfbulle,  m. 
theil  2, 1279.  *.  auch  unten  stadtfarre,  m.,  stadtochse,  m. 
und  stadtstier,  m.:  stadtbulle,  taurus  citncus.  Stieler  133; 
stadtbull,  toro  publica  o  del  commune.  Kramer  dict. 
2  (1702),  902«;  stadtbulle,  der  btdle,  tcelchen  die  stadt  oder 
gemeinheit  der  stadt  für  ihre  kühe,  die  stadtkühe,  hält. 
Campe;  vgl.  niederd. :  wil  hei  en  demokrat  was,  . . .  indem 
dat  hei  sick  dat  vörlöpig  tau  sine  lewensupgaw'  makt 
hadd,  den  dicknäsigen  bäcker  an"n  mark,  den  de  bur- 
meister  so  gruglich  begünstigen  ded,  de  stadbullen  ut  de 
fingern  tau  riten.  Reuter  7,  52. 

2)  übertragen:  sed  hyperbolice  lascivUnmdus,  procax  et 
qui  viginibus  in  civitate  insidiatur,  stadtbull  dici  solet. 
Stieler  13S;    stadtbull,    mtt.    arä-puttaniere    generale. 


447 


STADTBURG— STÄDTCHEN 


STÄDTCHEN 


448 


Kramer  rfi«*.  2  (i702),  902«;  stadbull,  ein  sehimpf name  für 
einen,  der  an  einem  orte  viele  liebeshäjidel  hat.  Däiinert  465'». 
STADTBURG,  /.  bürg,  tcelche  zum  schütze  einei-  stadt 
gehallt  ist;  die  stadt  überragende  biirg:  niinen,  die  ich  für 
die  reste  einer  stadtburg  oder  citadelle  halte.  Sachau 
reise  in  Syrien  n.  Mesop.  186.  hurgartiges,  besonders  festes 
haus  in  der  stadt:  mit  seiner  thurmartigen  bekrönung 
und  den  hohen  zinnen  erscheint  es  {das  Imhoßsche  haus) 
als  eine  bürg,  an  die  stadtburgen  der  groszen  geschlechter 
Italiens  erinnernd.  Riehi.  culturstudien  275;  auf  einem 
kleinen  von  vier  stadtburgen  gebildeten  platz.  G.  F.  Meyer 
7WV.  2,23;  hinter  der  stadtburg  der  Vicedomini  dehnte  sich 
vormals  ein  geräumiger  bezirk  bis  an  den  fusz  der  festen 
und  breiten  Stadtmauer  aus.  46; 

w&r  ich,  pott,  der  hömer  ledij; 
bei  dem  vatcr  in  der  stadt  bürg. 

Chami.sso  Fortunatu»  56  Kogftnann. 

dazu  Stadtburgfriede,  m.  tu  einer  Urkunde,  tvel^-he  das 
gebiet,  in  dem  der  stadtburgfriede  herrseht,  feststellt: 
also  ist  zur  abschneidung  und  abhclfung  alles  gegen- 
wärtigen und  künftigen  stritts  . .  .  zu  einem  beständigen 
stadtburgfried  aus  besondern  gnaden  folgende  burgfried- 
auszeichnung  verwilliget  und  vermirket  worden,  österr. 
iceisfh.  6,  2*9,  34.  dann  auch  das  so  festgelegte  gebiet  selbst: 
dahingegen  gehet  der  stadtburgfried  fort  in  den  graben 
bis  an  den  zäun  hinauf  erstreckent.  48. 

STADTBÜRGER,  m.  ein  das  bürgerrecht,   die  freiheiten 
und  gerechtsame  einer  stadt  genieszender :  stattbürger,  citta- 
dino  HüLSius  (1618)238».     schxceiz.  als  stadtburger:  es 
war  mir,  als  ob  sie  mit  diesem  gewaltsmann  mir  drohten 
und  seinem  gewaltshaufen  den  auserlesenen  stadtburgern 
zu  B.  GoTTiiELF  1,418  Vetter,    nhd.  stadtburger:  Walt  fand 
nichts  dabei  unbegreifliches,  als  dasz  er  im  stände  sein 
sollte,  die  wichtigsten  dinge  zu  bestätigen,  da  er  kaum  be- 
griff, wie  er  einst  einen  ehemann  oder  stadtburger  abgeben 
könnte  statt  einen  leeren  Jüngling.  J.  PAVi.ßegelj.  2,12;  ein 
Schüler,  der  söhn  eines  fanatischen  stadtbürgers.  Keller 
1,162;  aber  alle  politischen  Verbindungen  des  mittelalters 
zeigen  genau  dieselben  Widersprüche:  . .  vasallen  und  stadt- 
burger, welche  durch  schwur  ihrem  herrn  oder  ihrer  stadt 
und  gleichzeitig  ihren  feinden  verpflichtet  sind.  Freytag 
18,  242;  denn  der  stadtburger  des  13.  Jahrhunderts,  der  von 
seinen  eitern  her  als  freier  mann  bekannt  war  .  . ,,  sorgte 
selbst  dafür,  dasz  er  vom  ritterschild  nicht  ausgeschlossen 
wurde.  14;  dagegen  hob  sich  die  Stellung  der  stadtburger; 
hinter  den  mauern   bewiesen   sie  zuweilen  einen  muth, 
der  auch  den  Germanen  achtung  einflöszte.  17, 118;  bandet 
und   verkehr    hoben    sich    schnell ,    die    stadtburger   ge- 
diehen. 121 ;  nicht  nur  aus  den  römischen  städten  Italiens 
und  Frankreichs,  auch  aus  alten  pflanzstädten  der  Hellenen 
kam  in  die  neuen  werkstuben  der  deutschen  stadtburger 
erfmdung  des  handwerks,  der  bildenden  kunst  und  Wissen- 
schaft. 463;    so   zeigen   auch  die  reichen  stadtburger  ein 
modisches  und  zuweilen  fremdländisches  wesen.  18,237; 
(Caj.  Gracchus)  machte  ...  die  bisher  meist  von  der  aristo- 
kratie    beeinfluszten    stadtburger    zu    seinen   anhängem. 
Becker  M«i<^e.yc/i.* 3,207.  rfaru  stadtbürgerrechte,|ji;wr. 
rechte  eine»  Stadtbürgers;  stadtbürgerschaft,/.  gesamt- 
heit  der  stadtburger:  den  eingang  schützten  sechs  helle- 
bardierer  aus  der  stadtbürgerschaft.   Mörike  erzähl.  232. 
STADTBÜTfEL,  m.  büttel,  höscher  im  dienste  der  stadt, 
t.  unten    stadtdiener    und    stadtknecht:    item    den   fusz- 
knechten   ir  yedem   ein  cleit,   als  man  einem  statbutel 
pflicbt  zugeben  als  zwilch.  d.  städtechron.  10,414,24;  unnd 
ab  es  sich  begebe  und  mechte,  das  man  leulte  alhie  zu 
Laer  in  gefengknisse  hett,  und  die  wolt  verderben  ader 
sonst  gtralTenn  und  schedigen,  so  sal  der  stadtbuttol  unnd 
zentbuttel  einer  dem  andern  helffen,  was  sich  da  zu  thun 
gebart,   als  lang  bisz  der  züchtiger  den  gerichtet  umb 
welcherley  sache  da«  were.  uieiath.  8,688;  es  sal  auch  ein 
zentbuttel    einem    stadtbütUl   uff   iglichen   marckt   und 
kirbcrey  beholffcn  sein  stAtgelt  zu  sameln,  und  was  sich 
zu  tbun  gehurt,  ebenda,    in  Nürnberg  nach  dem  amtbuch 
«Ol»  IM«  «statpütel.  d.  städtechron.  U,  619,  i. 

STÄDTCHEiN,  n..  demin.  lu  stadt,  /..  vgl.  auch  unten 
•tIdUein.  nuntiat  ohne  jenen  mehr  »pUttischen  beisinn 
von  kleinsUdt  theübap.  llSt.  in  rein  niederd.  form:  he 
(markgraf  Friedrich  von  Brandenburg)  wan  ok  de  Loke- 


nitz  und  dat  stedeken  to  dem  Ban  und  lach  bi  6  weken 
in  dem  lande  unbekümmert,  d.  städtechron.  7,ti2, 2;  im 
älteren  niederl.  entsprechend:  Oldenborgh,  een  stedeken 
tusschen  Brügge  en  Oostende.  Joan  van  de  Sande  de 
tcaeckende  leenw  der  Nederlanden  (l65l)%;  heute  stadje.  MiEO 
313»,  steedje  Sl***.  niederrhein.  •  in  älterer  spräche  steitgen, 

steitgin:  Karlle  reit  da  van  danne 

mit  menchem  sfollzen  manne 

zo  eynem  steytgen  zo, 

dat  heysche  Legymedo.     Karlmeinet  JS."},  85; 

der  keyser  bleiff  in  dem  steytgin 

mit  alle  den  luden  sin.    45. 

daneben  steetgen:  Moran  (Meran)  is  ein  klein  fijn  steetgen, 
licht  in  eime  scheinen  dalle.  U\nv pilgerf  s,  6.  vgl.:  ein 
stättgen  mit  einer  mawer  das  hülffe  gibt,  oppidum. 
CoRviNUS  449'';  sondern  ich  bringe  sie  {die  geisz)  aus 
dem  stätegen  unten  im  thal,  welches  ich  eben  gegen 
dem  herrn  nicht  nennen  darff.  Simplicissinms  2, 36,  11 
Kurz;  anstatt  mir  wieder  so  kalt  zu  antworten  wie 
ich  gefragt  habe,  würde  man  .  . .  [mich]  den  atheist  xar 
i^o'/i}7-  im  städlgen  heiszen.  Lichtenberg  aphorismen 
1, 131,  21  Leitzmann.  heute  gewöhnliche  Schreibung .-  Städt- 
chen, entspr.  mhd.  stetichin  in  einer  Orlamünder  Urkunde 
von  1344  bei  Lexer  mhd.  rob.  2,1185;  noch  stedichin,  op- 
pidum. DiEFENBACH  397*';  dann:  Städtchen,  eittä  6  terra 
murata  si  mä  picciola;  borge,  castello.  Kram  er  dict. 
2(1702)902'',  Städtchen,  oppidulum.  Steinbach  2,655;  denn 
unsere  Volkslieder  {im  gegensatz  zu  den  älteren  rechten 
Volksliedern)  sind  oft  voll  von  einer  mythologie,  die  nie- 
mand im  Städtchen  kennt,  als  der  narr,  der  das  Volkslied 
gemacht  hat.  Lichtenberg  verm.  sehr.  1,303;  sie  {die 
räuber)  hielten  kriegsrat,  glaubten  die  gegend  um  dai 
Städtchen  Zofingen  am  sichersten,  indem  man  dort  am 
wenigsten  sie  suche.  Gotthelf  Kurt  v.  Koppigen  34;  der 
gröszte  theil  {der  Zuschauer  und  Schauspieler)  wogte  wie 
eine  Völkerwanderung  nach  dem  städtchen.  Keller  1,874; 
die  freunde  traten  an  das  fenster  und  schauten  von  der 
höhe  .  .  .  auf  das  städtchen  im  thale  und  auf  die  baum- 
reihe dahinter.  Fheytag6,  65;  im  übrigen  lebte  das 
Städtchen  geschichtslos  fort  und  der  stadtschreiber  be- 
theuerte, man  wisse  hier  nichts  von  der  alten  zeit  und 
kümmere  sich  gar  nicht  darum.  149;  das  städtchen  liegt 
im  thalgrund,  und  die  höhen  ringsum  sind  ödes  heide- 
land.  RiEHL  nov.  1,14;  noch  lange  war  und  blieb  im  freien 
alles  für  mich  gegenwart,  und  erst  nach  und  nach  wurde 
drinnen  im  städtchen  alles  zukunft,  sorgenvolle,  angst- 
volle, nebelige  zukunft.  Raabe  zum  wilden  mann  25; 

die  heil'gen  drei  könige  aus  Morgenland, 

sie  trugen  in  jedem  städtchen: 

wo  geht  der  weg  nach  Bethlehem 

ihr  neben  buhen  und  niädchen? 

Hbinb  1, 112  Elster; 

auf  den  bergen  die  bürgen, 
im  thale  die  Saale, 
die  mädchen  im  städtchen, 
einst  alles  wie  heut' ! 

tttidentenlied  von  L.  Drbvbs. 

hierher  auch  das  sprichicort: 
andere  städtchen, 
andere  mädchen.    Simbock  9801», 

häufig  so  oder  ähnlich  in  volks-  und  studententoeisen  wieder- 
erscheinend :     andre  städtchen  kommen  freilich, 

andre  mädchen  zu  gesiebt. 

ach  wohl  sind  es  andre  mädchen, 

doch  die  eine  ist  es  nicht. 

attuienieiUicd  von  Ulr.  v.  Sciiuppknbacu 
(nun  leb  wohl  du  kleine  g<u*e); 

andre  stAdtchen,  andre  mädchen, 

ich  da  mitton  drin  so  stumm 

andre  mädchen.  andre  städtchen, 

o  wie  gerne  kenrt  ich  um.    ebetida. 

als  keunzeichnung  des  für  den  tcanderr^den  burachen  be- 
stehenden Wechsels  aller  Verhältnisse,  mit  loeiterem  Musatie: 
die  Inndschaft  sah  durchweg  au«  wie  andere  deut«che 
landscliafton,  der  ort  durchweg  wi«  andere  arme  städtchen. 
Freytau  6,  42.  dem  zierlichsten  und  reinsten  städtchen 
von  der  weit,  das  mit  himmclblauseidenem  himmol  unter- 
legt ist,  mit  silbernen  wellen  garnirt  und  mit  blühenden 
fcldern  von  hiazynlhen  und  tausendsohönchen  gestickt. 

Beitink  814. 

in  ein  freundlich  ttidtchen  tret'  ich  ein, 
in  den  slraasen  liegt  roter  abendschein. 

MöUKB  fftd.  186. 


449      STADTCHRONIK— STADTDIETERICH 


STADTDING  — STÄDTEBEWOHNER        450 


zum  unterschied  und  im  gegensatz  von  stadt: 

in  der  mitte  von  zwei  herzoglichen  hof-residenzen.  .  .  . 
liegt,  gleichweit  von  beiden,  ein  Städtchen  zwischen  den  städten, 
das  ursach  nicht  hat,  neidisch  auf  eine  zu  sein. 

RfcKERT  (1882)  12,  343; 
denn  wenn  irgend  was  hohes,  bedeutendes  nimmt  von  der  einen 
staJt  zur  andern  den  weg ,  musz  es  das  Städtchen  hindurch, 
und  wenn  irgend  was  schönes  und  festliches  soll  in  der  einen 
oder  der  andern  gescheh'n ,  hört  es  das  Städtchen  denn  auch 
und  kann  geh'n  zu  der  stadt.     ebenda; 

doch  eigentümlich  im  Städtchen 
sind  Vorzüge  daheim,  welche  nicht  geh'n  zu  der  stadt. 
preisen  will  ich  hier  nicht  die  behaglichkeit  oder  die  stille 
oder  die  freiere  Infi,  oder  den  freieren  sinn ; 
•  sondern  die  fluren  umher,   die  fruchtbaren,  die  es  umgeben, 
sind  der  eigenste  schätz,  den  es  besitzt  und  benutzt.    344; 

aucfi  sonst  neben  stadt: 

wenn  er  {der  tambourmajor)  mit  trommelwirbelschall 
einzog  in  städten  und  Städtchen.      Heine  1.  305  Elfter. 

übertragen  auf  die  darin  lebende  bevölkening :  das  ganze 
Städtchen,  ihr  gnaden,  kommt  angezogen  im  sonntags- 
Echmuck,  und  mit  klingendem  spiel,  und  hält  unten  vor 
dem  schlosz.  Schiller  6,  293  {menschenfeind  5);  so  gewann 
das  Städtchen  doch  wieder  das  ansehen  einer  einzigen 
familie.  Keller  374; 

(der  zur  thedogie  neigende)  wandle  die  wege  des  heils, 
vom  hofmeister  beginnend,  durch  dorfliche  predigerämter, 
bis  Superintendent  irgend  ein  Städtchen  ihn  grüszt. 

RÜCKERT  (1882)  12,  343. 

dazu  gebildet  städtchenleute,  plur.  einwohner  eines 
Städtchens,  harmloser  als  das  deshalb  nicht  ganz  synonyme 
kieinstädter,  theil  5  sjp.  1131:  dr.  Sievers  kann  sich  gar 
nicht  zufrieden  geben  über  das  gebahren  der  sonst  gewisz 
ganz  ruhigen  städtchenleute,  während  ich  mich  freue, 
dasz  es  überhaupt  noch  menschen  giebt,  die  der  be- 
geisterung  fähig  sind.  Hoffmann  von  Fallersleben 
leben  3,  382. 

STADTCHRONIK,/,  chronik,  welche  die  Schicksale  eirxer 
Stadt  erzählt,  dann  auch  chronik,  wdche  die  Zeitgeschichte  vom 
Standpunkte  einer  bestimmten  stadt  erzählt:  imd  doch  nahm 
er  heute  noch  die  stadtchronik  von  Flachsenfingen  zur 
band,  um  mitten  unter  den  Schüssen,  pestilenzen,  hungers- 
nöthen,  kometen  mit  langen  schärpen  und  dem  rauschen 
aller  höllenflüsse  des  dreissigjährigen  kriegs  mit  einem 
obre  nach  der  gesindestube  hinzuhören.  J.  Paul  ^intus 
Fixlein  188. 

STADTDAME,  /.  dame  (vgl.  dazu  dame  3,  fheil  2,  702)  in 
der  stadt .-  nach  einem  kurzen  umgange  mit  personen  von 
stände  wirst  du  (ein  landimidchen)  gewisz  alle  stadtdamen 
übertreffen.  Weisze  kom.  opem  3,  251. 

STADTDECKER,  m.  der  in  der  stadt  befindliche,  von  der 
Stadt  besonders  verpflichtete  dachdecker:  maister  Hainrich 
statdecker.  Tucher  haushaltungsb.  153. 

STADTDIENER,  m.  stadtbeamter.  welcher  boten-  und 
häscherdienste  leistet,  vgl.  oben  stadtbote,  stattbüttel  und 
«nfe«  stadtknecht :  statdiener  Schottel  480'';  rahts- oder 
Stadtdiener,  apparitor,  lictor,  stator.  Stieler  314;  stadt- 
diener,  fante,  it.  birro  (sbirro)  publico.  Kramer  dict. 
2  (1702),  goi"" ;  Stadtdiener,  polizeidiener.  Bauer-Collitz  173, 
vgl.  ndl.  staddinaer,  apparitor,  stator,  minister  civitatis, 
minister  magistratus,  lictor.  Kili.\n  625»;  was  gemeine 
personen  sind,  auff  seid  und  lohn  gedingt,  als  ein  stad- 
artzt,  staddiener,  soldener.  Luther  23,  344, 10  Weim.  ausg.; 
und  da  es  tag  ward,  sandten  die  heubtleute  staddiener 
und  sprachen,  las  die  menschen  gehen,  apostelgesch.  16,35; 
die  staddiener  verkündigten  diese  worte  (der  gefangenen) 
den  haubtleuten.  38;  sie  sahn  ihn  (ihren  bruder)  im  streit 
mit  dem  rothnasigen  stadtdiener,  der  keine  rutschschlitten 
auf  dem  abschüssigen  markte  dulden  wollte.  Storm  1,224; 
in  den  letzten  monaten  hatte  ich  den  stadtdiener  oft  und 
öfter  in  die  schreibstube  (meines  vaters)  gehen  sehen.  2, 12. 

STADTDIENST,  m.  l)  städtischer  dienst,  sfädisches  amt: 
im  Stadtdienste  stehen ;  er  hat  den  Staatsdienst  verlassen 
und  ist  in  den  stadtdienst  getreten. 

2)  dien.9t  eines  landmädchens  bei  einer  stadtJierrschaft : 
(sie)  freute  sich  dann  auch  wie  er  mit  thränen,  und  das 
Susannli  liessen  sie  noch  heute  gehen  in  seinen  stadt- 
dienst, wie  es  wollte.  Pestalozzi  Lienh.  u.  Gertr.  l,  126. 

STADTDIETERICH ,  m.  dieterich,  welcher  das  stadtthor 
öffnet,  vgl.  oben  dieterich,  theil  2,  sp.  1145:  der  ausfall 
war  trefflich  gewählt,  denn  die  diebesferaner  wollten  eben 
X.  2. 


einen  einfall  thun  durchs  obere  thor,  und  so  sich  die 
Stadtschlüssel  oder  stadtdietriche  selber  schmieden. 
J.  Paul  Nepomukkirche  135. 

STADTDING,  n.,  entsprechend  ding  13,  theil  Vt,  *p.  1165, 
von  der  dazu  befugten  stadt  angesetztes  gericM:  statding 
Schottel  521'';  als  die  gerichtsstütte,  irelche  sich  zumeist 
anf  dem  markte  der  stadt  befindet:  knechte  der  gheist- 
liken  scholen  ere  recht  soken  legen  de  borgere  to  deme 
statdinghe  (in  placito  civitatis),  quelle  bei  Schiller- 
LObben  4,  368''. 

STADTDIREKTOR,  m.  der  oberste  vertcaUungsbeamte  der 
stadt  an  stelle  des  alten  bürge-  oder  bürgermeisters,  nach 
einführttng  der  städteordnungen  seit  anfang  des  19.  jahrh. : 
dort  (in  der  tceinstube)  fanden  sie  die  vornehmen  der  stadt 
an  drei  runden  tischen  versammelt,  an  dem  einen  die 
Offiziere  der  gamison,  bei  ihnen  den  adügen  stadtdirektor 
und  mehre  herren  vom  landadel.  Freytag  13,9;  der 
stadtdirektor  klagte  über  die  arbeitslast  (beim  attsbruch 
des  krieges).  35.  stadtdirektor  auch  heute  noch  vereinzelt 
als  benennung  des  Stadtoberhauptes  vorkommend,  so  in 
Hannover. 

STADTDOCTOR,  m.,  volJcsmäszig  gesprochen  stadt- 
docter  allgemein  arzt  mit  stadtktindschaft  im  gegensatz  zum 
landdocter,  keine  beamtete  persönlichkeit  trie  oben  stadtarzt. 

STADTDORF,  n.  dorf,  tcelches  im  Stadtgebiet  liegt,  in 
älterer  zeit  eigenthum  der  stadt  ist  und  ihrem  gerichte 
untersteht,  wegen  ihres  xcertes  als  einnahmequelle  für  den 
stadtseckel  waren  stadtdörfer  sehr  häufig  als  unveräuszer- 
lich  erklärt,    vgl.  Gengler  stadtrechtsalterth.  298.  300. 

STADTDÜRCHRÜFEND,  adj.-. 

(Kassandra)  stieg  auf  Pergamos  höh'  und  schauete  ferne  den 

vater, 
wie  er  im  sessel  stand,  und  den  stadtdurchrufenden  herold. 

Voss  Iliai  24,  701. 

STÄDTEARM,  adj.  von  einem  land,  das  arm  an  städten 
ist:  im  städtearmen  lande  blieb  Freising  eine  so  rein 
geistliche  stadt.  Riehl  tran<fer6.  276. 

STÄDTEAUSSCHUSZ,  m.  ein  aus  mehreren  städten  ge 
xcählter  vencaltungsausschusz.  städteausschusz  im  gegen- 
satz zum  landesausschusz.  Campe. 

STÄDTEBÄNDIGER,   m.,    ähnlich  tcie  unten  städtebe- 
zwinger:    g^j  kehr'  ich  von  der  zehenjähr'gen  mühe 
des  wohlvollbrachten  krieges  wieder  heim, 
der  Städtebändiger,  der  sinnbezwinger ! 

GÖTHE  57,  314. 

STÄDTEBAXK,  /.  auf  den  Regensburger  reichstagen  die 
bank,  auf  welcher  die  gesandten  der  reichsstädte  sitzen,  städte- 
bank,  scamnum  civitatrtm.  Stieler  93;  die  städtische 
bank  0  städtebank,  la  panca  cioe  il  seggio  per  li  diputati 
delle  citta  imperiali  in  una  dieta  generale  deU'  imperio. 
Kramer  dict.  2(i702),902'';  städtebank  Campe,  setzet  mich 
vielleicht  (wie  ich  nicht  wünsche)  die  städtebank  zur 
rede,  warum  ich  gerade  dieser  stadt  das  schnupftuch, 
nämlich  die  wähl  meines  absteigequartiers ,  vergönnen 
wolle.  J.  Vhiji.  palingenesien  2,9;  und  da  ich  ohnehin  nach 
der  capitulatio  perpetua  mit  dem  leser  (bei  der  bekannt- 
lich die  fürsten-  und  städtebank  ins  grasz  beiszet)  jetzt 
einen  Schalttag  machen  musz.  Hesperus  3, 173. 

STÄDTEBAU,«!,  erbauung  der  städte,  Siedlung  in  städten: 
weiterhin  findest  du  Städtebau, 
da  kannst  du  dich  laben  in  stadt  und  au. 

RCcKERT  Pirdoei  2,  99. 

STÄDTEBAUER,  m.  schelte  für  einen,  der  doch,  trotz 
aller  städtischen  bildung,  ein  bäurisches  tcesen  an  sieh  hat, 
zu  unterscheiden  von  stadtbauer,  *.  oben,  das  ohne  solchen 
beisinn  ein  rein  rechtliches  Verhältnis  bezeichnet:  noch  besser 
aber,  wenn  man  die  band  auf  einen  der  'pfäffersäcke' 
legen  konnte,  einen  der  gehaszten  'vermauerten  Städte- 
bauern'. Philippson  in  Grotes  allg.  tceltgesch.  7(l888),7,7. 

STÄDTEBESCHCTZER  ,  m.  einer,  der  den  städten  be- 
sonderen schütz  angedeihen  läszt.   Campe. 

STÄDTEBEWOHNER,  m..  im  gegensatz  zu  den  land- 
bewohnem  die  bewohner  der  stadt,  der  städte:  ein  tugend- 
hafter freund  des  landlebens  und  ein  gar  bösartiger  städte- 
bewohner  figurieren  löblich  gegen  einander.  Göthe  49,160; 
das  leben  unter  den  städtebewohnern  musz  also  sehr 
ansteckend ,  und  ihre  laster ,  worüber  gott  zürnt ,  den 
menschen  sehr  natürlich  seyn.  Klixger6,  93;  herr,  dein 
zom  ist  gerecht,  hart  und  grausam  ist  der  städtebewobner! 

29 


451       STÄDTEBEZWINGER— STADTEICHE 


STADTEIGENTHUM  — STÄDTELEUTE      452 


129;  Städtebewohner,  welche  landbau  treiben.  Hugo  iiatttr- 
recht  (1819)  165,  anm.  1 ;  unbeirrt  von  allem  treiben  der 
übrigen  weit  lebte  bisher  der  landmann  noch  in  der  alten 
weise  als  wirklicher  bauer  ruhig  und  abgeschlossen  von 
jeglichem  umgang  mit  den  städtebewohnern  seine  tage 
dahin.  Leoprechting  aus  dem  Lechrain  i9i;  auch  war 
diese  küche  (de«  landpfarrers)  nicht  der  schwächste  an- 
ziehungspunkt  für  die  genäschigen  städtebewohner.  Kel- 
ler 1,17;  spöttisch:  wo  sich  zwei  städtebewohner  träfen, 
wäre  der  grusz  hörbar:  'dichter?'  'dichter!'  oder  'künst- 
ler?'    'künstler!'  2,267. 

STÄDTEBEZWINGER,  m..  dasselbe  wie  städteeroberer; 
dazu  städ  tebezwingerin, /.  : 

städtebezwingerin,  du  Verschwiegenheit!    fUrstin  der  Völker! 
theure  göttin,  die  mich  sicher  durch's  leben  gefnhrt  .  .  . 

GÖTIIE  1,  291. 

STÄDTEBILDER ,  plur.  ansichten  verschiedener  städfe, 
X.  b.  rheinische  städtebilder.  übertragen  auch  von  biichern, 
tcelche  städfe  u.  s.  w.  sc}tüdei~n. 

STÄDTEBUCH,  n.  neben  getPöhnlicherem stadtbuch,  s.  oben : 
man  fing  auch  an,  allerhand  Chroniken,  geschieht-  und 
Städtebücher  zu  schreiben.  Gottsched  bei  Reichel  kl. 
Gottsched-wb.  56. 

STÄDTEBÜND,  m.  ein  von  mehreren  stüdten  geschlos- 
senes bündnis:  jede  politische  kraftentwicklung  erscheint 
in  form  eines  bündnisses,  ritterbünde,  städtebünde,  die 
Hansa.  Freytag  17, 15;  es  war  (das  15.  jahrh.)  ein  Jahr- 
hundert der  fehden  und  einer  rücksichtslosen  Selbstsucht, 
und  wieder  des  freien  Zusammenschlusses  zu  praktischen 
zwecken,  überall  städtebünde  und  ritterbünde.  18,2;  auch 
die  binnendeutschen  städtebünde  waren  kein  schwaches 
werk.  19,296;  das  goldene  Mainz  stand  an  der  spitze  des 
rheinischen  städtebundes.  W.  H.  Rieiil  icanderh.  221 ;  der 
patron  eines  kanaanitischen  städtebundes.  Smenü  alt 
testatnentl.   religionsgesch.  118. 

STÄDTEBÜRGER,  m.,  leie  oben  stadtbürger,  7n.;  die 
ehre  des  handwerks  stieg,  als  es  aus  den  bänden  der 
unfreien  in  die  bände  freier,  also  mit  höherer  rechts- 
fähigkeit  ausgerüsteter  städtebürger  überging.  W.  H.  Riehl 
deutsche  arbeit  2+. 

STÄDTECHRONIK,/.,  wie  oben  stadtchronik :  in  den 
Städtechroniken  des  mittelalters. 

STADTEDELLEUTE ,  plur..  vgl.  das  folgende:  auch 
diese  stadtelleute  schätzten  den  ganz  neu  geadelten  keines- 
wegs für  ihres  gleichen.  Freytaü  20,  311. 

STADTEDELMANN,  m..  vne  oben  stadtadlige. 

STÄDTEEINWOHNER, m.,  vyie  stadteinwohner(s.  unten): 
frembden  ausswendigen  gesten,  die  hie  nyt  burger  oder 
stette  in  woner  seind,  . . .  weyn  geben.  Nürnberger  poli 
zeiordn.  240. 

STÄDTEFEIND,  wi. .-  im  gegcnsatz  zu  dem  vatcr  er- 
schien ihnen  Johann  als  städtefeind.  Prutz  preusz. 
gesch.  1, 1+4. 

STÄDTEFEINDLICH,  adj.:  hinter  den  Pommernher- 
zogen erhob  sich  die  Hansa,  um  die  städtefeindlichen 
HohenzoUern   zu  demütigen.    Prui z  preusz.  gesch.  l,  166. 

STÄDTEFREUND ,  m. .-  im  gegensatz  zu  seinen  Vor- 
gängern hat  man  Joachim  I.  wohl  als  städtefreund  be- 
zeichnet: mit  unrecht,  wenn  Städtefreundschaft  sich 
äuszert  in  begünstigung  der  bürgerlichen  Selbstregierung. 
Prutz  preusz.  gesch.  i,  180. 

STÄDTEFREUNDSCHAFT./.  Vnmz preusz. gesch.  l.lso 
{vgl.  den  vorhergehenden  art.). 

STÄDTEGRÜNDER,  m.:  dasz  er  (der  deutschorden) 
städtegrUnder,  Schützer  und  theilnehmer  an  dem  grosz- 
handel  der  nordmeerc  wurde ,  das  gab  ihm  die  beste 
kraft.  Freytau  18, 183;  in  Livland  blieb  der  bischof  landes- 
herr  und  eifriger  städtegründer.  200;  sie  (der  kaufmann 
und  seine  diener)  sind  vorzugsweise  die  städtegründer.  237. 

STÄDTEGRÜNDUNG,  /.  zum  vorhergehenden,  die  zeit 
der  groszen  städtegrUndungen  des  mittelalters. 

STÄDTEHEILIGE,  m.,  vgl.  unten  stadtheilige:  es  mag 
aber  wol  glaub  und  gutte  wcrck  an  die  euserlichon  spcisz- 
heiligen,  kicyderheiligcn,  zeitheiligen,  stetheiligen  bleiben. 
LtJTiiKR  7,802,  11  Weim.  ausg. 

STADTEICHK.  /.  die  von  der  atadt  geübte  aufsieht  über 
matt  und  gewicht,  stadteiche,  misura,  cimento  liel  publiro. 
Krameh  dict.  >  (170S), 901«.  datu  stadteiobamt,  n.  utut 


Stadteichmeister,  m.,  letzterer  der  Vorsteher  der  stadt- 
eiche oder  des  stadteichamtes. 

STADTEIGENTHUM,  71.  der  stadtgemeinde  gehöriges  eigen- 
thum.  dazu  stadteigenthumsdorf,  «..-  alle  leibeigen- 
schaften  in  königlichen,  adligen  als  Stadteigentumsdörfern. 
Prutz  preusz.  gesch.  3,216. 

STADTEINKÜNFTE,  phcr.  (entsprechend  Staatseinkünfte) 
die  einnahmen  der  stadt. 

STADTEINRICHTUNG.  /.  l)  'die  einrichtung  eines  ge- 
meinen Wesens  unter  dem  natnen  stadt'.   Campe. 

2)  Stadteinrichtungen,  plur.  zum  allgemeinen  besten  von 
der  Stadt  getroffene  icohlfahrtseinrichtungen  u.  *.  tr. 

STADTEINTHEILUNG,  /. .-  die  stadteinteilung  in  gassen 
und  platzen  setzt  sich  in  der  bucht  sehr  regelrecht  fort. 
E.  V.  Dingklage  kurze  erzähl.^  197. 

STADTEINWOHNER,  m..  der  stadteinwohner  Versamm- 
lung. Sonnenberg  bei  Campe. 

STÄDTEKENNTNIS,  /. .-  gefängnisse  und  verhörslokale 
.  .  .  lagen  hier ,  wie  an  allen  anderen  orten ,  die  ich  zu 
passiren  hatte,  immer  am  entgegengesetzten  ende  der 
stadt,  so  dasz  ich  das  spieszruthenlaufen  durch  eine  feind- 
lich gesinnte  bevölkerung  gründlich  kennen  lernte:  ich 
erweiterte  auf  diese  weise  zwar  meine  städtckenntnisz, 
aber  ich  hätte  auf  diesen  Wissenszuwachs  gern  verzieht 
geleistet.  Fontane  kriegsgefangen^  29. 

STÄDTEKRAFT,  /.  die  in  den  städten  wohnende  poli- 
tische oder  sonstige  kraft  und  stärke:  entwicklung  der  deut- 
schen Städtekraft.  Freytag  17, 217;  durch  die  zunftgenossen 
und  Hansen  erblühte  die  deutsche  städtekraft.  18,  182;  in 
gesicherter  herrschaft  wuchs  die  städtekraft,  Thorn, 
Elbing,  Danzig  und  einige  kleinere  bildeten  eine  partci 
in  der  Hansa.  214;  kaiser  oder  fürsten,  fürstenmacht  oder 
ritterschaft,  landherren  oder  städtekraft.  284. 

STÄDTEKRIEG,  m.  tinter  den  städten  ausgebrochener 
krieg,  getoöhnlicher  aber:  zwischen  den  städten  einerseits 
ujid  den  fürsten  oder  rittern  andererseits  geführter  krieg, 
also  krieg  gegen  die  städte:  anno  1448  fieng  sich  ein  newer 
stettkrieg  an,  zwischen  marggraf  Albrecht  und  den  von 
Nürnberg,  darein  schlügen  sich  vil  fürsten  und  hcrrn,  land 
und  leut,  sfett  und  flecken,  der  adel  stand  dem  adel  und 
die  stett  den  stetten  bey.  Franck  chronica  250*;  (ritter) 
sitz  und  wonung  ...  ist  im  in  dem  stötkrieg  in  der 
vöcht  zerrissen  worden  und  genommen.  Zimm.  chron.* 
1,397,10;  auf  mir,  dem  jedes  schreiben  eine  anstrengung 
kostete,  ruhte  das  mühsame  geschäft  während  des  städte- 
kricges.  Arnim  3, 161  (kronenw.  2,  1). 

STÄDTEKRONE,  /.  die  in  Stadtwappen  bistceilen  sich 
findende,  in  der  form  der  mauerkrone  (tfieil  6,1777)  ähnelnde 
heraldische  kröne. 

STÄDTEL,  «.,  demin.  zu  stadt.  vgl.  auch  oben  Städtchen 
und  unten  sfädtlein:  es  wird  im  ganzen  städtel  schwer- 
lich jemand  sein,  es  (das polnische)  zu  dolmetschen.  Hebel 
2,176;  es  wäre  unter  diesen  umständen  fast  am  besten, 
wenn  ihr  gerade  durchpassirtet,  ohne  euch  aufzuhalten, 
das   städtel   ist  ja  nicht  grosz.  ebenda,    auch  städtele: 

sie  stiefle,  sie  waidle,  sie  fülle  den  bauch 

und  springe  wie  d'  schelme  zum  städtele  'naus. 

dreikönujslied  im  wunderhom  2,  331  Boxbergcr; 
und  do  mer  sin  kumme  übers  städtele  'naus,     ebenda; 
miisz  i  denn,  nnisz  1  denn  /.um  stÄdIcle  naus 
uml  du  mein  schätz  bleibst  hier.    Mittler  ro/M.  697*. 

STÄDTELAND,  n.  land  mit  vielen  städten:  die  schwäche 
bestand  bei  ihnen  (den  Goten)  wie  bei  allen  Germanen 
im  belagerungskricge,  und  da  war  ein  Verhängnis,  dasz 
Italien  von  jeher  ein  städteland  gewesen,  v.  Pflugk- 
Harttung  tn  Grotes  nllgem.  weltgeach.  4,4,866. 
STÄDTELEBEN.  .«..• 

o  I  litttt'  ich  nicht,  verfuhrt  von  treuer  neigung, 
dem  Vaterland  /u  nutzen,  mich  zurück 
zu  dieser  wildnisz  freches  städtolchcns, 
zu  (lici^oiii  wUHt  verfeinerter  verbrechen, 
zu  diesem  pfuhl  der  selbstigkcit  gewendet! 

GÖTHB  9,  877. 

STADTELEND,  n.  ^>on  städtischer  eiviliaation  gros*- 
gezogenes  elend,  besonders  bei  uns  in  grossstadtelend  ge- 
bräuchlich. 

STÄDTKLEUTE.  plur..  rfrt.».vr/Ae  tri>  t4n«m  stadtloiitc. 
neben  bUrger,  aber  wol  als  irrifrrrr,  allgemeinerer  begriff: 
doch  das  ir  donoch  an  der  flucht  pci  hundert  ersohlagca 


453 


STÄDTELOSE  —  STADTER 


würden  .  .  .  und  pei  300  purger  und  stetleut  gefangen. 
d.  stüdtechron.  10,  267,  IG. 

STÄDTELÖSE,  /,  ziceifelhaft  ob  nicht  zu  statte,  aber  wol 
eine  art  stadtsteuer  {daneben  auch  stadtlöse,  s.  unten):  wir 
sprechent  ouch  ze  recht  by  den  eyden,  dz  wir  dem 
probst  und  dem  gotzhuss  von  Ölemberg  hant  gehört  er- 
teilen den  vierdenteil  kwinges  und  bannes  und  die  stette- 
lösen  zu  Sennheim,  tceisth.  i,  118. 

STÄDTEMAUER,  /.,  ^col  nur  als  plur.  geläufig,  dasselbe 
irie  unten  Stadtmauer:  am  sonntag  exaudi  (1725)  hat  das 
bundisch  kriegsvolk  Weinsperg  eingenomen,  . . .  die  stett- 
mawrn  zum  tail  umb  und  nider  geworfen,  quellen  zur 
gesch.  des  bauernkneges  (litt,  verein  139)  i24. 

STÄDTEMEISTER,  m..  dasselbe  tcie  unten  stadtmeister : 
ein  hoher  stadtbeamter ,  neben  dem  bürgermeister  oder 
auch  ganz  an  des  letzteren  stelle,  stättmeister  {neben  stadt 
meister),  maestro  cioe  console,  governatore  della  cittä  mas- 
sime  ä  Argentina.  Kramer  dict.  2  (l702),  901';  stadtmeister, 
eine  hohe  obrigkeitliche  person  in  Straszburg,  praetor. 
Frisch  2,315*;  stadtmeister,  ehemals  der  oberste  im  rat 
der  reichsstadt  Hall.  Schmid  schicäb.  wb.  505;  auch  in 
Crinünd  bezeichnung  einer  der  höchsten  ratspersonen .  ebenda. 
%cie  mehrere  bürgermeister  vorhanden  sein  können,  finden 
auch  sie  sich  bisiceilen  in  der  mehrzahl  in  einer  stadt:  dar- 
nach so  sol  der  rat  gemeinlich  viere  erbere  unversprochen 
biderbe  mann  zu  viere  stetmeistern  der  vorgenanten 
stett  Straszburg  kiesen,  d.  stüdtechron.  9,  944, 31.  neben  dem 
bürgermeister  und  dem  ränge  nach  ihm  vorgeordnet:  wir 
stetmaister,  bürgermaister  unnd  rath  der  stat  Wormbs. 
Wormser  urk.  von  I5i2  bei  Dief. -WClcker  861.  vergleichs- 
iceise  nebeneinander  genannt:  herren,  die  dem  gemeinen 
mann  und  statten  wie  bei  uns  die  stättmeister  oder 
bürgermeister  vorsein,  straffen  die  übelthäter  gleich  wol. 
Fr.\nck  tceltbuch  230*.  vgl.  noch  •  zu  dem  jungen  Sicken 
der  des  moles  stettemeister  waz.  d.  stüdtechron.  6, 122, 17 ; 
dem  ersamen  und  weisen  herren  Conraden  Wickram, 
stettmeister  zu  Colmar.  Paracelsus  Chirurg.  Schriften 
(1618)  376  A. 

STÄDTEMÜTTER,  /.  von  Mekka  gesagt,  mit  beziehung 
auf  seine  kultu.sbedetttung  für  die  mttselmänner:  als  ich 
dort  nun  lagerte  zu  Ramie  —  ...  fand  ich  daselbst  trupp 
um  trupp,  die  rüsteten  gepäck  und  futter  —  zur  fahrt 
nach  der  städtemutter.  Rückert  (1882)  ii,  ii3. 

STÄDTEN  AMEN,  plur.  als  grammatisch  -  sprachlicher 
eollectivbegriff :  die  deutschen  städtenamen. 

STADTENDE,  n. ;  mit  einem  offenen  herzen  für  seine 
Vaterstadt  und  alle  reputirlichen  leute  in  derselben, 
mochten  sie  in  den  groszen  giebelhäusern  am  markte  oder 
in  den  kathen  an  den  stadtenden  wohnen.  Storm  7,283. 

STÄDTEORDNUNG,  /.  erlassene  Ordnung  für  die  innere 
vertcaltung  der  stüdte  seit  dem  anfang  des  19.  jahrh. :  'mit 
dieser  städteordnung  kommen  allerlei  ideen  auf,  fuhr 
der  einnehmer  fort,  'nicht  nur  die  groszen,  auch  die  kinder 
sollen   auf  neue  weise  gedrillt  werden.'  Freytag  13,  148. 

STÄDTEPROSPEKT,  m.  .•  man  kennt  jene  wunderlichen 
Städteprospekte  in  büchem  des  seclizehnten  und  sieben- 
zehnten Jahrhunderts,  auf  welchen  wir  fast  nur  festungs- 
werke,  kirchen,  klöster,  rath-  und  zunfthäuser  . . .  hoch  auf- 
ragend erblicken.  Riehl  wanderb.  IGI. 

STÄDTEPUNKT,  m.  ■  Passau  würde  durch  seine  handels- 
wichtige festungslage  auch  dann  einer  der  nothwendigsten 
Städtepunkte  Oberdeutschlands  gewesen  seyn,  wenn  nie- 
mals ein  bischof  dort  gesessen  hätte.  Riehi,  icanderb.22r2. 

STÄDTER,  m.  stadteinicohner.  in  älterer  spräche  steter, 
urbanus.  Dief.  630*,  vgl.: 

also  die  steter  ero;Iich 

liden  not  idweder  sit.    Lvdwig$  hrevzf.  5025; 

dhes  de  stetere  gar  verdro;. 

Braunfchw.  reimchron.  8267. 

nd.  steder:  hir  hebben  de  stedere  aldus  to  gesecht. 
quelU  von  1381  bei  Schillek-LCbben  4,374*'.  ndl.  städer 
M I  SS*",  nhd.  Städter  trird  in  ß-üherer  zeit  iciederholt  nur  be- 
schränkte geltung  zugesprochen,  so  erscheint  es  bei  Frisch 
2,  315*  nur  besonders  gerne  in  den  Zusammensetzungen  die 
altstädter,  eives  veteris  urbis,  und  die  vor-städter,  *t«6- 
urbicarii;  LesS'KG  bemerkt  zu  dem  vorkommen  des  icortes 
bei  LoGAU  (».  den  beleg  unten):  städter  für  einwohner  in 
den   Btädten;   ist  noch  in  gemeinen  reden  gebräuchlich. 


STÄDTERAT— STÄDTEREINIGUNG   454 

5,  344;  auch  bei  Adelung:  'am  häufigsten  in  der  ver- 
traulichen spräche  Ober-  und  Xiedersachsens' .  allgemein: 
die  ländliche  familie,  der  ich  befreundet  war,  hatte  ver- 
wandte häuser  in  der  stadt  . . .  die  jungen  städter  waren 
öfters  in  Sesenheim.  Göthe  26,34;  dann  rückten  be- 
waffnete in  das  feld,  damit  die  {zur  iceinlese)  schwärmen- 
den städter  vor  einem  Überfall  sicher  sind.  Freytag  18,123; 
Stadtbürger:  nur  an  geschützten  stellen,  auf  berg  und 
fels,  haben  sich  in  den  alten  mauern  verzweifelte  städter 
behauptet.  17, 1I8;  weist  mir  den  kram,  den  eure  städter 
heut  auslegen.  11,  9 ;  die  höfe  {der  Hansa)  und  die  schuster 
übten  harten  zwang  gegen  die  norwegischen  städter  aus. 
18, 255 ;  er  konnte  erwarten,  den  trotz  der  bürger  zu  ver- 
ringern und  bei  einem  vertrage  bessere  bedingungen 
durchzusetzen,  als  die  städter  vor  der  fehde  bewilligen 
wollten.  299;  denn  nicht  nur  der  eigennutz  stachelte 
gegen  die  städter,  ebenso  sehr  ein  bitterer  tiefer  groll.  303. 
städter  im  gegensatz  zum  landbeicohner :  und  am  ende 
des  15.  jahrhunders  schildert  das  gedieht  eines  städters 
eine  tanzscene  im  dorfe ,  ähnlichen  brauch  wie  in  den 
Zeiten  Neidharts,  nur  wilder  und  roher.  73;  wenn  schon 
Städtern  und  andern  stubenmenschen  das  wetter  als  an- 
knüpfungspunkt  ihrer  gespräche  dienen  musz,  so  ist  das 
noch  viel  mehr  bei  den  bauern  der  fall.  Felder  Sonder- 
linge 1  (1867),  s.  2;  vgl.  auch  oben  städter  Göthe  26,34; 
uraltes  landrolk,  eure  hütten 
versctiont  der  städter  stolz  nnd  neid. 

Hagedorn  8,  55 ; 

im  hesonderen  gebraucJi  des  tcortes  mit  beziehung  auf  die 
in  der  stadt  herrschende  gröszere  civilisation:  er  {Christd) 
könnte  alle  augenblicke  für  einen  städter  passiren,  wenn 
er  einen  vornehmen  rock  anhätte.  Weisze  kam.  opem 
3,29;  wer  weisz,  ob  es  nicht  dem  seltenern  verkehr  mit 
diesem  groszen  genius  {der  natur)  zum  theil  zuzuschreiben 
ist,  das  der  karakter  der  städter  sich  so  gerne  zum  klein- 
lichen wendet,  verkrüppelt  und  welkt.  Schiller  10,224; 
in  den  wäldem  waren  nirgend  glatte  pfade  für  die  zeug- 
stiefeln der  städter  gebahnt.  Freytag  6,42; 

der  krieger  art  und  werck  biszher  war  rauben,  stehlen : 
der  stäter  art  und  werck,  erkauften  und  verholen. 

Logau  1,  51,  5; 
städter  hassen  stöhrer  heffli?,  die  im  lande  rumher  streiffen; 
ob  wohl  derer  mehr  bey  städten ,  die  ans  handwerck  itmen 

greiffen.    2,  214, 15  (übergchrifl  ehebrecher) ; 
der  Städter,  der  den  gast  auf  purpnr  hinfesetzet, 
und  alles  sucht  und  wählt,  was  tellerlecker  ätzet. 

Hagkdorx  1,  26; 
wandle  auf  den  kirehhof,  wo  der  städter 
unter  marmor  schlummert.      Hölty  ged.  53  Halm; 

sein  bestrohetes  dach  .  .  . 

winket  ihm  {dem  Umdmann)  süszre  rast 
als  dem  städter  der  goldsaal.    113. 

STÄDTERAT,  m.,  vgl.  auch  unten  städtetag:  städterath, 
collegium  civitatum  imperialium.  Frisch  2,  315*. 

STADTERRE,  m.  mit  gröszeren  Vorrechten  ausgestatteter, 
schöffenbarer  stadteinicohner:  und  wären  die  northeimi- 
schen  stadterben  diejenigen,  deren  vorfahren  in  dem  dorfe 
oder  flecken  Northeim  vor  erbauung  der  stadt  gewohnt 
hätten,  quelle  bei  Grote  gesch.  von  Northeim  178 ;  vor  alters 
sey  jeder,  welcher  eine  viertel  huefe  eigenes  land  in  der 
northeimischen  feldmark  gehabt,  zu  einem  stadterben 
admittiret.  es  wären  deren  seit  ihren  gedenken  immer 
zwölfe  gewesen,  ebenda. 

STÄDTERECHNER,  m.,  in  Ulm  der  stfittrechner  ein 
beamter,  icelcher  über  die  öffentlichen  einnahmen  und  aus- 
gaben  der  stadt  zu  wachen  hat.   Schmid  schicäb.  wb.  505. 

STÄDTERECHT,  n.,  anstatt  stadtrecht  (*.  d.):  stette- 
recht,  bergrecht,  lantrecht,  urk.  vom  j.  1379  im  geschiehts- 
freund  7. 188. 

STÄDTEREI,  /.  städtisches  tcesen,  besonders  in  tadelndem 
sinne  in  kleinstädterei  {s.  theil  5,  ll3l). 

STÄDTEREICH,  adj.:  {der  umstand,)  dasz  das  Rhein-, 
Main-  und  Donauland  seit  alter  zeit  städtisch  und  städte- 
reich war,  weltoffen,  im  Weltverkehr  sich  bildend.  W.  H. 
Riehl  vxtnderbuch  251;  auch  dieser  gau  stand  unter'm 
krummstabe,  allein  er  liegt  am  weltoffenen,  städtereichen 
Rhein.  276. 

STÄDTEREINIGUNG,/  gesamtheit  der  maszregeln,  tcelche 
für  die  entfernung  der  abfallstoffe  der  stadt  und  die  rei- 
nigung  ihrer  straszen  und  platze  getroffen  icerden. 

20* 


455  STADTERHALTER — STÄDTE  VERFASSUNG 


STÄDTEVERWÜSTEND  — STADTFAHNE  456 


STADTERHALTER,  m..-   stadterhalter ,  servator  urbis. 

SriEI.KR  745. 

STÄDTERIN,  /. ,  entsprechend  oben  Städter,  eine  ein- 
Kohnerin  der  stadt:  da  die  frau  pastorin  durch  regel- 
mäszige  Sendungen  aus  hof  und  küche  dafür  sorgte,  dasz 
die  einquartierung  der  Städterin  nicht  beschwerlich  wurde. 
Freytag  13,  235.  im  ansgeaproclwneren  gegensatz  zu  einem 
landmädchen : 

keiner  stfidterin  reiz,  weder  ein  blaues  aug, 
noch  ein  kuszlicher  mund,  soll  mich  aus  deinem  arm 
zu  den  hallen  des  ianzes 
locken.      Hölty  ged.  76  Halm; 
vgl. :    sein  bestrohetes  dach,  wo  sich  das  tauben volk 

sonnt  und  spielet  und  hU|jft,  winket  ihm  sUszere  rast,  .  .  . 

als  der  polster  der  Städterin.    113; 

die  Städterin  droht 

euch  dirnen  den  krieg.    Göthb  1,  33. 

STÄDTERISCH,  adj.  in  der  tceise  eines  Städters -.  es  galt, 
den  gewohnten  bergschritt  zu  mäszigen,  so  städterisch 
als  möglich  aufzutreten  und  doch  recht  schnell  nach 
hause  zu  kommen.  Felder  Sonderlinge  l,  2. 

STÄDTERLUFT,  /.,  seltener  als  stadtluft  («.  d.).  und 
wol  meJir  m,it  tadelndem  beisinn:  (der  dichtgeist,)  der  in 
der  lauen  hof-  und  städterluft  erstickt.  J.  Paul  19  (l84l),  286. 

STÄDTERVOLK,  n.  volk  der  städter,  in  vxgwerfendem 
sinne  im  gegensatz  zum  landvolk: 

von  der  unedlen  bahn  des  städtervolkes  entfernt, 

hat  ihr  bescheidener  wünsch  ausschweifung  nie  gelernt. 

Gotter  1, 140. 

STADTERWEITERUNG,  /.  infolge  von  bevölkerutigs- 
tutoaehs  bewirkte  bauliche  ericeiterung  der  stadt  mit  hervor- 
hebung  der  dabei  beobachteten  planmäszigkeit.  auch  von 
der  einziehung  von  vororten  in  den  Stadtbezirk. 

STADTERZIEHUNG,  /.  erziehung  eines  jungen  manschen 
innerhalb  des  bildungskreises  eijxer  stadt  (wobei  gegensätz- 
lich an  die  geringeren  büdungsmittel  des  platten  landes 
gedacht  wird) :  Odoardo.  (es  icar  nicht)  die  noth wendigkeit, 
unserer  tochter  eine  anständige  erziehung  zu  geben,  was 
dich  bewog,  hier  in  der  stadt  mit  ihr  zu  bleiben.  ... 
gut,  dasz  es  mit  dieser  stadterziehung  so  abgelaufen. 
Lessing  2,  133;  unter  uns,  Karoline I  —  das  sah  ich 
kommen  (dasz  dich  auf  dem  lande  bald  langeweile  plagen 
würde)  —  und  darum  war  mir  die  stadterziehung  nur 
halb  recht.  Götter  3, 139. 

STÄDTESCHLEIFER,  m.  der  die  mauern  der  stadte 
schleift.  Campe. 

STÄDTESCHLEIFERIN,  /.  zu  dem  vorigen: 
(aöttinnen,)  die  über  krieg 
und  Schlacht  der  erdensöhnc  walten,  wie 
Athene  und  die  städteschleiferinn 
Bellona  thun.     Bürger  172». 

STÄDTESCHREIBER,  m..  wie  stadtschreiber  (s.  d.):  stete- 
schreiber,  archigrammateus.  Schehz-Ouerlin  1570;  her 
Claus  den  stetschriber.  quelle  ebenda. 

STÄDTESTEUER,  /.  stetver,  welche  die  reichsstädte  zu 
entrichten  hatten:  städtesteuer,  ce7J.su«  civitatum  imperia- 
lium,  coUecta^  annuae  civitatum  imperialium.  Frisch 
2,  315»;  ßtetsteuer  quelle  von  1392  bei  Schm.*  2,798. 

STÄDTETAG,  m.  heute  eine  Zusammenkunft  freiioillig 
zusammengeschlossener  städte,  um  gemeinsame  interesstn 
tu  verfolgen :  hannoverscher  städtetag.  ähnlich  früfier  die 
Zusammenkunft  der  reichsstädte:  städtetäge,  conventus 
civium  imperialium.  Frisch  2,316». 

STÄDTETHUM,  n..-  doch  sonst  einer  alten  stadtfamilie 
angehörend,  vereinigle  er  in  seiner  person  und  in  seinem 
hauswesen  allen  stolz,  kastengeist  und  lustbarkeit  eines 
warmgesessenen  städtetumes.  Keller  1,15;  (öffentliches 
leben,)  welches  wenigstens  im  sechzehnten  und  sieb- 
zehnten Jahrhundert  noch  immer  von  dem  nachklang 
der  politischen  Selbständigkeit  des  mittelalterlichen  städte- 
thumes  erfüllt  war.  Riehl  culturattidien  294. 

STÄDTEVKRBINDUNG.  /.  band.  Verbindung  politischer 
ort  twi»chen  mehreren  gtädten:  gerade  dort,  wo  die  alte 
Hansa  so  groszartige  stildteTerbindungen  begründet  hatte. 
Frkytac!  Ifilder  t,i,tstn. 

STÄDTEV ERFASSUNG,/.;  (ein  volk.)  dessen  sitte,  recht, 
idcalixinuH  und  lebensgcwohnheilcn  sich  fast  ausschliesz- 
lieh  im  verband  freier  landgcnicinden  entwickelt  haben, 
und  deren  Schicksal  wird,  einen  kämpf  um  das  leben  mit 
anders  gebildeten  rultiirv<"ilkcrn  auszufcchtcn,  bei  denen 


die  Städteverfassung  den  landbau  verdorben  hat  Frey- 
tag 17,  60. 

STÄDTEVERWllSTEND,  adj.  (vgl.  das  folgende): 

werd'  ich's  künftig  seyn, 
daa  träum-  und  schreckbild  jener  städteverwüstenden? 

GöTHE  41,  193; 
auch  nennt  das  gerücht  ja  sie  selbst,  die  der  schar 
als  fUrstin  gebeut  und  in  kämpf  und  gefahr 
sie  führt  und  entflammt, 
dem  stäUteverwUstenden  Ares  entstammt. 

Leutholu  qed.*'  284. 

STÄDTEVERWÜSTER,m.  Übersetzung  von  TtroXtnop&oS: 

allein  der  städteverwüster  Odysseus 
trat  mit  dem  zeptcr  nun  auf.    Bürger  198»  (llias  2,  278). 

ganz  entspi-echend : 

da  erhub  sich  der  städteverwüster  Odysseus, 
haltend  den  königsstab.     Voss  iZüw  2,  278. 

vgl.  auch  noch  .- 

schnell  auch  erhub  sich  der  held,  der  städteverwüster  Odys- 
seus.   Odyssee  8,  3; 
sag  ihm:  der  städteverwüster  Odysseus  hat  mich  geblendet. 

9,504. 
STÄDTEVERWÜSTERIN,  /.  zu  dem  vorigen : 
(die  göttin,) 
welche  von  denen  nicht  war,  so  da  walten  männlicher  kriege, 
wie  Enyo,  die  städteverwüsterinn,  oder  Athene. 

Bürger  224''. 

STÄDTEVERZEICHNIS,  n.,  in  ^cissenschaftlicher  spracJie 
z.  b.  das  Städteverzeichnis  bei  Ptolemaeus  und  sonst. 

STÄDTEVOLK,  n.  das  in  den  stüdten  wohnende  volk, 
im  gegensatz  zum  landvolk,  den  landbewohnern  in  ihrer 
gesatntheit : 

von  der  unedlen  bahn  des  städtevolks  entfernt 
hat  ihr  (der  landleute)  bescheidner  wünsch  ausschweifung 

nie  gelernt. 
Gotter  im  Göttinger  nmsenalm.  von  1771 
«.  62,  75  neudr., 

wozu  oben  unter  städtervolk  eine  andere  lesart  zu  vergleichen 
ist.  unser  wort  beruht  vielleicht  auf  falsclier  verhoch- 
deutschung  von  nd.  stedevolk,  was  gleich  stadtvolk  ist. 
vgl.  kölnisch: 

wa  sich  stedevolk  getruweliche 
hell  zo  samen,  dat  wirt  eren  riche^ 
unde  wa  it  van  ein  sich  leist  scheiden, 
it  ruwet  sich  na  arm  unde  riche  an  beiden. 

d.  städtechron.  12,  54,  1132. 

STÄDTEWESEN,  n.  gesamtheit  des  innerhalb  des  cultur- 
kreises  der  stadt  sich  abspielenden  lebena : 

das  fürsten-  und  das  städtewesen 
durchschlängelte  sein  (de«  Reucldin)  lebenslauf. 

GÖTIIB  4,  366. 

mehr  eingeschränkt  auf  Verfassung  %tnd  Verwaltung :  städte- 
wesen des  mittelalters ,  so  als  titel  eines  buches  von 
K.  D.  Hüllmann.  Bonn  1826—28;  bekannte  dinge,  die  sich 
in  dem  gesammten  deutschen  städtewesen  der  zopfzeit 
wiederholen.  W.  H.  Riehl  culturstudien  312;  eine  studie 
zur  vergleichenden  kenntnisz  des  deutschen  städtewesens. 
wanderbuch  223. 

STÄDTEZERTRÜMMERER,  m.:  (ich)  bin  froh,  dasz 
sultan  Pub  kein  völkerwürger  und  städtezertrümmerer 
gewesen  ist.  Klinger  6,  78; 

es  ordnete  sie  {die  edlen)  der  söhn  des  Oileus, 
welchen  Rhene,  das  kebsweib,  dem  städtezertrümmerer  ge- 
boren.   Stolbbho  11,  80; 
diesen  (Medon)  gebar  einst  Hhena  dem  st&dtezertrUmmrer 
Oileus.    Bürger  203>>. 

STADTFAHNE,/,  l)  vcrilhim  civitatis,  s.  auch  oben 
Stadtbanner:  sie  fniden  dieselbe  (die  Madonna)  auf  einer 
abbildung  der  alten  Stras/burger  stadtfahne  in  Königs- 
hofen's  Straszburger  chronik.  Brentano  h,  187;  ich  habe 
das  alte  originalbild  der  Straszburger  stadtfahne,  die  Maria, 
die  in  Königshofen  abgebildet  ist,  auf  goldgrund,  lebeiis- 
grosze  huiztafel,  in  der  bibliotheksrumpelkammer  ent- 
deckt. 9,  85. 

2)  an  die  ältere  allgemeinere  bedeutung  'tuch'  »ich  an 
lehneiul  (a.  fahno  l  theil  8, 1241)  stadtfahne,  aus  der  stadt 
bezogenes  tuch,  gewandstück  u.  s.  w.  hier  mit  spöttischem 
beisinn,  neben  stiultklcid,  n.  (s.  unten):  als  aber  Vefole 
sagte :  dass  die  stadlkleider  doch  nichts  seien,  und  dasz 
ein  einziges  bauernkleid  mehr  wert  sei  und  auch  mehr 
koste  als  sechs  solcher  stadtfahnon.  AtKRiiAcn  darf 
gesch.  1,59. 


457  STADTFÄHNRICH— STADTFLASCHNER 


STADTFLAPP — STADTFREMD 


458 


STADTFÄHNRICH,  m.  der  die  stadtfahne  trägt:  stadt- 
fändrich,  vexUlarius  civictis.  Stieler  400;  stadtfändi-ich, 
alfiere,  gon/aloniere  del  commune.  Kramer  dict.  2  (l70l),  901*'. 

STADTFAMILIE,  /.  in  der  stadt  angesessene  famüie: 
wer  das  leben  der  vornehmen  stadtfamilien  in  diesem  und 
den  nächsten  Jahrhunderten  mustert,  der  bemerkt  mit 
Verwunderung,  wie  schnell  —  verhältniszmäszig  —  die 
namen  der  familien  in  einer  stadt  sich  ändern.  Freytag 
18,119;  doch  sonst  einer  alten  stadtfarailie  angehörend 
vereinigte  er  in  seiner  person  und  in  seinem  hauswesen 
allen  stolz ,  kastengeist  und  lustbarkeit  eines  warm- 
gesessenen städtetumes.  Keller  i,  lö. 

STADTFARBE ,  /. .  plur.  stadtfarben ,  die  heraldischen 
färben  eines  stadthanners :  alles  schön  gemalt,  in  den 
Stadt-  und  landesfarben,  mit  wappen  und  figuren  verziert. 
Freytag  büder  2,2,30T,  in  feierlichem  zuge  marschirten 
die  festgeber  hinaus,  voran  die  pritschmeister,  dahinter 
die  zieler,  ebenfalls  in  neuen  kleidem  und  den  stadt- 
farben. 314;  einige  kinder  in  den  stadtfarben,  welche  ge- 
schenke  tragen.  Keller  5, 190. 

STADTFARR,  STADTFARRE,  m.,  dasselbe  icie  oben  stadt- 
bulle, m.  (s.  dort),  in  vergleichen  mit  beziehung  auf  seine 
reichliche  nahrung : 

thnt  mich  mein  samlen  basz  erfrewen, 
denn  dich  dein  an  wem  und  auszstrewen. 
du  streunest  umb  wie  ein  statfarr. 

H.  Sachs  fagtn.  sp.  1,  91,  289  Götze. 

häufiger  mit  beziehung  auf  seine  geschlechtlichen  gelüste  in 
Beendungen  tcie:  herumlaufen  wie  ein  stadtfarre,  d.  h.  in 
gesteigerter  hrunst: 

erst  wundert  mich  nit  sein  phantasey, 

das  also  stetigs  sewfzt  der  narr 

und  lawft  stet  umb  wie  ain  stat  farr.    5, 147,  320 ; 

etwan  regt  dich  die  eyfersucht. 

so  lauffst  du  umb  wie  ein  statfarr.    1,  61,  226. 

dann  auch  in  einer  diesem  vergleiche  entsprechenden  Über- 
tragung :  die  klöster ,  darynn  man  die  stattfarren  und 
bscheler  vom  reychen  almäsen  aushelt,  für  denen  keynem 
frummen  man  seyn  weyb  oder  tochter  sicher  ist.  Luther 
15, 134,  25  Weim.  ausg. ;  als  schelte  von  ähnlicher  bedeutung 
wd:  want  man  sach  da  vellin 

unde  schrötin  in  den  sant 

di  brüdre  mit  vrechir  hant 

di  weligen  stat  varrin.    Nie.  v.  Jbboschin  21048. 

t»  weiterem  vergleiche: 

Füruit:.  auch  must  mit  schwegel  und  drometten 

zu  nacht  herumbher  gehn  hofiem. 
der  treue  Eckhart. 

im  regen,  wind  und  sehne  erfriem 

gleich  wie  ein  rechter  stadtfarr.     H.  Sachs  2,  2,  49«. 

STADTFEIND,  »i.  •  stadtfeind,  hostis  intestinus.  Stieler 
462 ;  vor  solchen  wundern  vergaszen  der  reisige  stadtfeind, 
der  bürger  und  der  mönch  ihren  groll.    Freytag  18, 143. 

STADTFELD ,  n.  feld  oder  fliir  der  stadt  gehörig :  das 
junge  geschlecht,  welches  jetzt  vor  den  häusem  mit 
bohnen  spielt  und  den  papierdrachen  auf  die  stadtfelder 
trägt.  Freytag  13,  240;  dazu  stadtfeldmark, /.  die  ge- 
aamtheit  dieser  stadtfelder:  in  ähnlicher  weise  hat  man 
gefordert:  ...  die  Römer  hätten  besser  ihte  herrschaft 
auf  die  stadtfeldmark  beschränkt.  Raumer  gesch.  der 
Hohenstaufen  l,  xiv. 

STADTFEST,  n.,  im  gegensatz  zum  dorffest  (».  theil  2, 1280). 
allgemeiner:  das  städtische  königsschieszen ,  das  einzige 
dürftige  stadtfest,  welches  den  deutschen  bürgern  des 
18.  Jahrhunderts  geblieben  ist.  Freytag  bilder  2,  2,  339. 

STADTFESTE,/.,  bei  Campe  als  verdetitschung  von  cita- 
delle;  das  xcort  begegnet  schon  mhd.: 

da  mitten  in  der  stad  veste  starc 
erhaben  ist  ein  gröjer  sarc. 

Heinb.  V.  Neustadt  ApoUoniiu  1097, 
wt  jedoch  u)ol  gam  allgemein  an  eine  befestigte  stadt  zu 
denken  ist;  vgl.  stadtvesten  {plur.)  moenia  Kilian  2,625'* 
STADTFESTUNG,  /.  Campe,    t-^^.  das  vorige. 
STADTFINK,  STADTFINKE,  m.  schelte  für  einen  stadt 
beicohner.  Hetzel  «n«  der  Deutsche  spricht  297. 

STAÜTFLASCHNER,  m.  in  der  stadt  wohnender  kUmpner, 
a.  eben  flaschner  theil  2, 17-28,  auch  als  titel  eines  klempner- 
meisters:  Grübel,  bürger  und  stadtflaschner  zu  Nürn- 
berg, register  zu  Göthes  icerken;  dementsprechend  wird  er 
83, 178  ein  klempnermeister  genannt. 


STADTFLAPP,  m.  schelte  für  einen  Stadtbewohner  im 
munde  des  landbewohners,  hängt  wol  zusammen  mit  flappe,/". 
OS  hians  (».  theil  3, 1724).  im  luxemburgiscJien  stiaedtsflapp 
Gangler  432; 

d'  Gredchen  de  lab 

danzt  maun  stiedsflap.    vollsreim  ebenda. 

STADTFLECKEN,  m..  wol  ähnlich  tcie  oben  markt- 
flecken  {s.  theil  G,  1652) ,  ßecken  mit  einer  art  von  sfadt- 
gerechtigkeit ,  ivobei  besonders  eben  an  das  marktrecht  zu 
denken  ist:  den  ganz  elenden  erbärmlichen  zustand  des 
Stadtfleckens  Ilmenau,  qudle  im  Weimarer  archiv  voti  1603 
bei  Dief.-Wllcker  861. 

STADTFLUR,  /.  zur  stadt  gehörige  fddmark,  im  gegen- 
satz zur  dorfflur  (s.  theil  2, 1280).  Adelun'G,  vgl.  auch  oben 
stadtfeld:  denn  auch  in  den  groszen  reichstädten  treibt 
der  bürger  landbau  auf  wiesen,  weiden,  äckem,  Wein- 
bergen der  stadtflur.  Freytag  18, 122;  anrecht  . . .  auf  vier 
morgen  landes  in  der  stadtflur.  183;  wie  die  blinden  beiden, 
die  gott  zur  knechtschaft  verdammt  hat,  tragen  sie  ihre 
bilder  um  die  stadtflur,  damit  sie  regen  schaffen  oder 
die  mause  vertreiben.  Hausrath  pate)- Matemus  110.  dazu 
stadtflurschütz,  m.  von  der  stadt  angestellter  Wächter 
der  feld  mark. 

STADTFORST,  m.  der  stadt  gehöriger  forst:  der  stadt- 
säckel  war  immer  gar  ansehnlich  gefüllt  durch  die  ein- 
nähme aus  . . .  dem  ertrag  des  stadtforstes,  des  zolls,  . . . 
Hesekiei.  Nürnberger  tand  1,125;  wir  gingen  durch  ein 
vernachlässigtes  lustwäldchen,  dessen  schmale  holperige 
wege  sich  an  einem  hügel  im  stadtforste  verloren.  Keller 
7,309;  und  der  forstmeister  sandte  ihn  schon  etwa  allein 
hinaus,  . . .  die  stadtforste  zu  überwachen.  5,  206.  vgl.  auch 
unten  stadtwald. 

STADTFORSTER,  m.  forstbeamter  der  stadt,  s.  das  vorige. 

STADTFRACK,  m.  schelte  für  einen  Spaziergänger  aus 
der  Stadt  im  munde  des  landmannes. 

STADTFRAGE,  /.  frage  icie  sie  in  der  stadt  geÜian 
werden  mag:  Friederike:  haben  sie  mich  noch  so  lieb, 
wie  sonst?  .  .  .  Oberförster:  das  war  eine  rechte  —  stadt- 
frage —  die!  Iffland2, 31. 

STADTFRATZE,/.  spoU-  oder  schdtwortfür  einen  städter. 
vgl.  auch  oben  stadtQapp,  m. 

STADTFRAU ,  /.  frau  aus  der  stadt;  weniger  fein  als 
oben  stadtdame:  die  stadtfrauen  tragen  sich  so.  Campe; 
(nicht  versäumen,)  von  der  seile  auf  die  stadtfrauen  zu 
blicken,  welche  wohlgeziert  und  wohlgebunden,  die  leder- 
tasche  an  der  seite,  von  einer  magd  mit  gefülltem  korbe 
begleitet,  den  einkauf  heimtragen.  Freytag  18,137.  hierher 
auch  die  weitere  Zusammensetzung  stadt  fr  aubase,  /., 
in  Franken  stadtfraubas",  spöttisch  von  männern  und 
weibern  gebraucht,  welche  die  stadtneuigkeiten  und  lügen 
von  haus  zu  haus  tragen.  Frommann  3,  353  und  stadt- 
frauenzimmer,  n.,  in  älterer  spräche  {vgl.  dazu  frauen- 
zimmer  4  theil  3, 86).  stadtfrauenzimmer  {icol  plur.),  donne, 
matrone  cittadine  o  cittadinesche.  Kramer  dict.  2  (1702),  goa*». 

STADTFRÄULEIN,  n..-  fräulein  aus  der  stadt:  viele 
landmädchen  sind  um  ein  gut  theil  anders,  wie  die  stadt- 
fräulein.  Rosegger  waldschulmeister  82;  die  stadtfräulein 
haben  es  zumeist  nicht  ungern,  wenn  ihre  liebhaber  recht 
schön  weisz  und  zart  und  schlank  sind,  ebenda. 

STADTFREIHEIT,  /.  gesamtheit  der  einer  stadt  verliehe- 
nen gerechtsame,  deshalb  gewöhnlich  im  sing,  die  statt- 
freyheit,  civitas,  civitatis  jus.  Maaler  SSS*";  stadtfreyheit, 
libertä  it.  franchigia  publica  del  publica.  Kram  er  dict. 
2  (1702), goi*» ;  Stadtfreiheit  Campe:  auf  sonderbar  ernst- 
liche abgangne  fürstliche  mandat  und  bevelch  und  nach 
inhalt  der  stattfreihait.  tirol.  weisth.  l,2r3,il;  seine  (rf« 
zinsbauem)  kinder  ziehen  in  die  stadt,  mehren  das  gut 
im  schütz  der  stadtfreiheit.  Freytag  18,  48.  in  tcendungen 
icie:  einen  der  stattfreyheit  berauben,  adimere  civitatem 
alicui.  Maaler  385'',  ihn  aus  der  stadt  tceisen,  sein  bürger- 
recht  aufheben,  der  plur.  ist  ungeicöhnlich :  Gemarke  ist 
ein  ansehnlicher  marktflecken  von  380  häosem  mit  stadt- 
freiheiten.  Göthe  56, 170. 

STADTFREMD,  adj.  stadtfremd,  forastiero  che  non  eo- 
nosce,  ni  e  consciuto  da  nissuno  in  cittä.  Kram  er  dict, 
2  (1702),  901'' ;  stadtfremd  Campe;  als  sttbst.:  ein  stadt- 
fremder; im  andenken  an  den  geopferten  teufelsbe- 
Bchwörer,  auf  den  als  einen  stadtfremden  es  die  unholde 


459   STADTFREUND— STADTGÄRTCHEN 


STADTGARTNER— STADTGELD 


460 


doch  wohl  nicht  von  anfang  an  abgesehen  haben  konnten. 
Ric.  HucH  teitfeleien  93. 

STADTFREUND,  m.  l)  freund  des  sfadtlebens.  stat- 
freund  {im  gegensatz  zum  landfreund).  Sciiottei,  480''. 

2)  sfadtfreund,  fautor  rei  publicae,  cultor  civitatis. 
SriEi.EH  555,  wobei  an  einen  städtischen  heamten  zu  denken 
ist;  so  gab  es  in  dem  tmldeckiscjien  Städtchen  Kmbach  neben 
dem  mngistrat  und  dem  Stadtrat  ein  städtisches  colhgium, 
die  Stadt  freunde,  die  lebenslänglich  getcäJdt,  über  geldbetcilli- 
gungen  beschhisz  faszten  tind  die  städtischen  rechnungen  ab- 
nahmen;  überhaupt  die  bedeutenderen  stadtgeschäfte  scheinen 
ihnen  zugewiesen  zu  sein.  Bauer-Coi.litz  173. 

3)  stadtfreund,  in  der  stadt  looknendtr  freund,  besonders 
eines  auf  dem  l<inde  icohtienden:  {der  g rund)  seiner  liebe 
zum  einsamen  landleben,  die  vielleicht  dem  gröszten  theil 
seiner  stadtfreunde  eben  so  wenig  ;ils  seinem  villicus 
einleuchten  wollte.  Wielanu  Horazens  episteln  l  (l80l),  211. 

STADTFRIEDE,  m.  von  der  stadt  ausgesprochenem- friede : 
wenn  du,  wie  erst  dein  gelübde,  jetzt  dein  verlöbnisz 
brichst,  brichst  du  sitte,  pflicht,  ehre  und  den  stadtfrieden. 
C.  F.  Meyer  novellen  2,  llO.  dann  auch  das  gebiet,  in 
iPeUhetn  der  sladtfriede,  das  stadtrecht  gilt,  Stadtgebiet: 
swa;  in  dem  statfrid  aigens  leit,  da  sol  man  vor  dem 
statrihter  umb  taidingen.  Gengi.er  stadtrechtsälterth.  221. 

STADTFROHXBOTE ,  m.  frohnbofe  {s.  oben  frohnbote, 
theil  4, 1,233)  im  dienste  der  stadt:  item  es  sol  ain  stat- 
fronpot  bei  der  uren  und  patzeiden  messen  getreulich 
und  imgeverleich  bei  dem  aid,  den  er  gesworn  hat,  dem 
armen  als  dem  reichen,   tirol.  weisth.  i,  425,  9. 

STADTFUHRE,  /.  fuhrwerk  aus  der  stadt.  auch  stadt- 
f  Uhrwerk,  n. 

STADTFUSZGÄNGEL,  m.  fuszsoldat  im  dienste  der  stadt. 
vgl.  oben  fuszgängel  {theil  4,  1,  1020) :  item  am  suntag 
nach  Lucia  da  mustreten  sich  die  von  Nürmberg  pei 
sant  Johanns  auf  des  Stareken  wisen:  eitel  statfussgengel, 
püchsen,  helmparten,  langspiesser  und  siben  karrn 
püchsen,  pei  vier  tausent.  {zum  jähre  U^^.)  d.  städtechron. 
11,  611, 10. 

STADTGALGEN,  m.  carnificina  urbica,  locus  supplicii 
civitatis  alicujtis.  Stieler  604;  auf  einer  anhöhe  der 
rabenstein,  und  schwarze  vögel  fliegen  dort  um  formlose 
bündel  an  dem  hohen  stadtgalgen.  Freytag  18,  121. 

STADTGANG,  m.  gang  nach  der  stadt,  z.  b.  um  eine  be- 
aorgung  zu  machen:  Karl  sasz  indessen,  um  seinen  stadt- 
gang glaublich  zu  machen,  eine  halbe  stunde  vom  vogel- 
heerde  in  einem  kruge  und  vertrank  einen  theil  des 
lohnes.  Immermann  Miinchhausen  3, 134. 

STADTGÄNGER,  m.  l)  entsprechend  dem  vorigen:  er 
ist  ein  rechter  stadtgänger,  er  geht  oft  zur  stadt. 

2)  ein  bürger,  welcher  oft  in  der  stadt  spazieren  zu  gehen 
pflegt:  da  er  aber  kein  fleisziger  stadtgänger  war,  so  ver- 
mochte er  die  häuser  schon  nicht  mehr  herauszufinden. 
Keller  8,  242. 

STADTGÄNSEFUSZ ,  m.  benennung  von  chenopodium 
urbieum,  weil  er  auf  den  straszen  und  gössen  der  stadt 
icächst.  Campe. 

STADTGARDE,/,  militärische  besatzung  der  stadt:  denn 
auch  bei  der  stadtgarde  unterschied  man  eine  katholische 
und  protestantische  lieutenantsstclle.  W.  H.  Riemlcu^^o- 
Studien  319;  dazu  der  stadtgardesoldat,  »oldat  zur 
stadtgarde  gehörig:  oben  auf  die  wallarlig  breite  Stadt- 
mauer baute  man  nämlich  seit  dem  ende  des  sechzehn- 
ten Jahrhunderts  eine  lange  linie  kleiner  wohnhäuschen  für 
die  stadt^ardesoldaten,  damals  iandknechte'  genannt.  273. 

STAÜTGARDIST,  wi.,  daasellje  teie  stadtgardesoldat :  die 
Stadtgardisten  zu  pferde,  die  meist  zur  ruhe  gesetzte 
dragoner  sind.  J.  Paul  19,13. 

STADTCiARNISON.  /.  militärische  besatzung  der  stadt: 
siadtgamison ,  milifes  stationarii,  praesidia  urbana,  sta- 
tiva.  Stiklkh  8412;  stadtüuarnison,  guamigione,  presidio, 
nldatesca  d'una  rittd  d  piazza.  Khameii  dict.  2  (1702),  »Ol". 

STAI)T(iARTEN.  m.  die  vor  den  thoren  der  stadt  gelegenen 
gärten.  teeUhe  den  einzelnen  bürgern  gehören:  in  den  stadl- 
girten  sah  man  sonntäglich  geputzte  leute  sitzen,  dann 
auch  ein  Itealimmte«  landmasz.  so  in  Westfalen  «tadsgiireii. 
WoEHr  K  2.'i2''  (zu  der  Wortbildung  vgl.  brem.  wb.  nachtr.  833"). 

STAÜT(iÄHTCHEN,  n..  drmi'n  tum  vorigen:  das  stadt 
girtoben  lag  mit  symmetrisch  angelegten  wegen  und  heoten 


bunt  und  reinlich  in  der  nachmittagssonne.  Th.  Mann 

Buddenbrooks  l,  126. 

STADTGÄRTNER,  m.  ein  von  der  stadt  besoldeter  gärtner. 
welcher  für  die  städtischen  gartenanlagen  zu  sorgen  hat. 
so  z.  b.  in  Oöttingen. 

STADTGASSE,  /.  eine  gasse  der  stadt.  Campe:  also 
giengent  die  zwen  groszmütigen  fürsten  und  ritter  allainc 
wider  in  die  schönen  stat  und  nach  dem  als  si  mit 
gröszerm  vlisz  denn  vor  durchschaweten  die  gelegenhait 
der  statgassen.  herzog  Ernst  {rolksb.)  258,  25  Bartsch. 

STADTGEBÄU,«.,  vgl.  das  folgende,  stadtgebäudgebäudc, 
fabriche  publiche  d'una  cittä.  Kramer  dtc^.  8  (1708),  901*.  tu 
gebäu,  *.  theil  i,  l,  1652. 

STADTGEBÄUDE,  n.,  gleich  dem  vorigen,  stadtgebeude, 
aedißcia  publica.  Spieler  lOl;  s.  auch  den  beleg  unter 
stadtgcbäu. 

STADTGEBIET,  n.  hoheitsgebiet  der  stadt  und  ihrer  ver- 
xoaltung:  Stadtgebiet  Campe:  auf  seinem  büfTelhorne  zeigte 
er  {der  Wächter)  mit  allgemein  bekannten  zeichen  an,  wenn 
sich  noth  und  sorge  .  .  .  dem  Stadtgebiete  näherten.  Arnim 
1, 12  {kronenw.  einl.);  er  besasz  wäldcr,  wiesen  und  mülilen 
nicht  nur  im  Stadtgebiet,  auch  jenseit  der  brücke  in  Polen. 
FuEYTAG  11,  .33;  der  schifferwies  ihr  eine  steinsäule  auf 
der  höhe:  'dort  ist  die  grenze  des  Stadtgebietes'.  170; 
ich  danke  euch,  hochgebietender  herr,  dasz  ihr  gegen 
den  brauch  des  rathes  nicht  verschmäht,  die  fahrt  im 
Stadtgebiet  auf  einem  fremden  schiff  zu  machen.  310; 
von  hier  aus  führte  seitwärts  ein  fuszsteig  nach  dem 
höhenzuge,  der  nach  dieser  richtung  hin  das  Stadtgebiet 
begrenzte.  Storm  2(i884),  200;  nur  auf  dem  mäszigen 
räume  des  Augsburger  Stadtgebiets  war  gleichzeitig  eine 
solche  Sammlung  und  zerspaltung  des  wasserlaufs  mög- 
lich. yN .  H.  B.\v.\\\.  culturstudien  204;  auf  der  hydrogra- 
phischen karte  des  Stadtgebiets.  205. 

STADTGEBIETER,  m.: 

da  gab  der  stadtgebieter  ihm  hohen  sitz  im  schlosz, 
und  stand  ihm  aufzuwarten  selbst  unterm  dienertrosz. 

Rltkert  Firdosi  3,  339. 

STADTGEBRAUCH,  m.,  dasselbe  xcie  oben  stadtbrauch. 
im  sinne  von  gesetzlicher  bestimmung :  statgebrauch,  sta- 
tutum  civitatis.  Schoitel  420*';  wer  sie  {die  Satzungen) 
aber  halten  wil,  der  halte  sie,  wie  ich  ein  ander  stad- 
gehrauch,  da  ich  wone.  Jonas  bei  Llther  6, 140'>.  heute 
ist  eigentlich  nur  noch  der  plur.  stadtgebräuche  {im  gegen- 
satz zu  dorf-,  landgebräuchen)  in  ericeitertem  sinne  ge- 
bräuchlich. 

STADTGEDRÄNGE,  n.  menschengedränge  in  der  stadt: 

entzünde  strahl  des  hinimcls  dich  im  leeren 
und  triff  der  kühnen  thUrme  sichres  hnupt  I 
zertrümmr',  entzünde  sie  und  geiszie  weit 
im  stadlgcdräng,  der  flamme  wuth  umher! 

ÜÖTHB  9,  311. 

STADTGEFÄNGNIS,  n.  gefängnis  in  einem  öffentlichen 
gebäude  der  Stadt.  Campe:  der  verwundete  sah  den  hilf- 
reichen dankend  an,  erhob  sich  nach  einer  weile  schwei- 
gend und  wurde  auf  befehl  des  stadtdirektors  vorläufig 
in  das  stadtgefängnisz  geführt.  Freytag  13, 11. 

STADTGEGEND,  /.  •  und  es  {das  töehterclien)  war  ein 
prächtiger  kleiner  balg,  die  ganze  stadtgegend  kannte  sie, 
seit  sie  die  ersten  rothen  schuhe  trug.  Freytag  6,  27. 

STADTGEHEIMSCHREIBER,  m.,  bei  Campe  als  weitere 
Verdeutschung  für  stadtsekretär. 

STADTGEISTLICHE,  m.  geistlicher,  der  ein  predigtamt 
in  der  stadt  bekleidet,  im  gegensatt  tum  landgeistlichen. 
Campe. 

STADTGEKLATSCH,  n..- 

Max.        ich  wcisz,  ich  weiszl  in  Gr&z  vorm  bäckerladeii 
hast  du  gestanden,  eisern,  stunden  lang 
bis  sich  die  holde  mehlvcrwnndlerin 
am  fenster,  günstig,  eine  Venus,  /.eigle. 

Leopold,  ein  stadtgeKlatMch. 

Uojc.  CS  kiatvchte,  wie  von  kfissen. 

und  niemand  wuszt'  es,  als  die  ganse  stadt. 

Ohm.li-arzkr*  H,  40. 

STADTGELI),  n.,  dasselfte  wie  unten  stadmOnzc:  stadt- 
gcld,  moneta  rorrente  del  commune  6  publica.  Khameii 
dict.  2  (1702),  901".  nach  Campk  «iifA  ein  der  stadt  gehören 
des  gel d vermögen ,  eine  l)rdeutung.  der  die  tceitrre  tti.vam 
meusrtzung  stad  f  geldkammcr.  /.  'Schatzkammer  der 
Stadt'  enlHprechm  würde:  vgl.  8tadgheldknnier,  nerorium. 


461  STADTGEMEINDE— STADTGERECHTIGKEIT    STADTGERECHTSA.ME— STADTGESANDTE  462 


KiLiAN  2,625».  doch  in  diesem  falle  lieber  als  plur.  ver- 
icendet:  die  stadtgelder,  gesamfheit  des  stadtveitnögens  mit 
einschlusz  aller  einnahmen :  ihr  (der  geschlechter)  regiment 
wurde  als  hart  und  parteisüchtig  verklagt  und  ihre  Ver- 
wendung der  stadtgelder  als  höchst  gewissenlos.  Frey- 
tag 18,  118. 

STADTGEMEINDE,  /.  gesamte  bürgerschaß  einer  stadt: 
bürger-  oder  stadtgemeinde,  civitas,  popttlus  cum  plebe. 
Stieler 882;  stadtgemeine  ö  gemeinde, commune  della  cittä, 
repuUica.  Kramer  dict.  2  (1702),  901'';  im  gegensafz  zur  land- 
itnd  dorfgemcinde.  Campe:  aus  den  genossenschaften, 
welche  damals  die  gliederung  der  stadtgemeinde  dar- 
stellten, sind  die  Innungen,  stuben  und  zünfte  des  mittel- 
alters  hervorgegangen.  Freytag  17,  119;  und  noch  machte 
die  stadtgemeinde  den  anzug  fremder  arbeiter  leicht. 
18,117;  und  nichts  war  {in  den  polnischen  städten)  von 
dem  zu  finden,  was  sonst  einer  deutschen  stadtgemeinde 
ziemt,  dasz  sie  ihre  bürger  tüchtig,  wohlhabend  und  stark 
mache.  167.  mehr  oder  weniger  der  aus  ihr  herauswach- 
sende vericaltungskörper :  so  wurden  auch  (durch  die  all- 
gemeine münzverschlechteiting)  gewissenhafte  stadtgemein- 
den gezwungen,  allmählich  schlechter  an  schrot  und  körn 
zu  prägen.  238;  die  stadtgemeinden  pflegten  jeden,  der 
beim  stürm  das  beste  that  als  erster,  zweiter  und  dritter, 
durch  ein  ansehnliches  geschenk  zu  belohnen.  296.  kirch- 
liche gemeinde  in  der  stadt:  alle  seine  bet rächt ungen,  be- 
wegungsgründe  und  gleichnisse  waren  vom  landleben  und 
vom  akerbau  hergenommen,  und  paszten  auf  keine  stadt- 
gemeinde. Miller  Siegirart  3,182. 

STADTGEXOSSE,  m.,  welcher  die  rechte  tmd  freiheiten  der 
Stadt  mit  genieszt,  mitbiirger.  stadtgenosz,  concivis.  Stie- 
ler 1353;  vgl.  stadghenoot,  ^opwZörw,  civis.  Kilian  2,625»: 
finden  wir  nun,  bei  näherer  ansieht,  eitern-  und  kinder- 
liebe, innige  Verbindung  der  flur-  und  stadtgenossen,  somit 
auch  das  allgemeine  patriotische  gefühl  auf  den  boden 
gegründet.  Göthe  23, 118;  so  nahm  seinerseits  der  forst- 
meister  öfter,  als  zu  lebzeiten  seiner  frau  geschehen,  den 
weg  in  die  trinkstuben  seiner  stadtgenossen.  Keller5,219; 
'elückselig  sei  der  tag, 
der  tag,  da  Nürenberg  dich  (Gustav  Adolf)  fröhlich  schauen 

mag!' 
so  rief  das  freie  volk.    ja  vielen  stadtgenossen 
ist  drauf  ein  zährenbach  die  wangen  abgeflossen. 

Rist  1«,  45  Gödeie-Götze. 

STADTGERÄUSCH,  n.  geräusch,  von  dem  gesamten  leben 
der  Stadt  erregt :  durch  die  offne  gartenthür  höre  ich  nur 
blätter,  spatzen  ...,  fernes  stadtgeräusch.  Bismarck  frrie/e 
an  seine  braut  3i6.    mit  dem  beisin  n  des  unrtihevoUen : 

empfangt  mich,  Auren!,  heilige  wälder  nehmt 

dem  stadtgeräusch  entronnen  den  wandrer  auf, 

der  hier  in  euren  schatten  ruhe 

sucht  und  erquickung.    Herder  27,  397  Redlich; 

jener  liebet  den  hof,  liebet  das  stadtgeräusch, 

und  französischen  modewitz  .  .  . 

mich  entzücket  der  wald,  mich  der  entblahte  bäum. 

Hölty  110  Halm; 

hierher  auch  das  stadtgeräusch  fliehen,  die  einsamkeit 
suchen;  fem  vom  stadtgeräusch  leben,  in  der  stille  leben, 
».  auch  unten  stadtlärm.  . 

STADTGERECHTIGKEIT,  /..  eigenÜich  die  gesamtheit  der 
aus  dem  der  stadt  verliehenen  recht  sich  ergebende}*  an- 
sprüche.  gerechtsoTne  u.  s.  w.,  dann  in  dem  siime  von  stadt- 
recht selbst  gebraucht:  Stadtgerechtigkeit,  dritte  it.  jus, 
ragione  della  eitUi.  Krämer  dict.  2(l702),902;  auch  Adelung 
belegt  es  in  einer  stadtrecht  ähnlichen  bedeutung.  die 
Stattgerechtigkeit,  Statuten  und  löbliche  gewohnheiten 
▼estiglich  halten,  den  schaden  und  nachtail  wenten.  steir. 
taid.  6,458,37;  die  stadtgerechtigkeit  an  sich  selbsten  und 
ins  gemein  ist  schon  in  dem  angeregten  freyheitsbrielT 
darmit  bemercket,  dasz  darinnen  ein  Stadtgericht  ge- 
ordnet, die  wähl  bestätiget  und  die  begnadigung  mit  wetten 
und  buszen  ertheilet  worden.  Meltzer  historia  Schnee- 
bergensis  274.  dann  auch  die  einzelne  gerechtsame  {Privi- 
legium), zumeist  im  plur.:  von  besondern  stadtgerechtig- 
keiten.  ebenda;  (es)  müssen  noch  ältere  . . .  stadtgerechtig- 
keiten  als  landesfürstl.  begnadungen  vorkommen.  275; 
die  Jahrmärkte  seynd  hicrbey  auch  nicht  zu  vergessen, 
weil  sie  unter  die  Stadtgerechtigkeiten  gehören.  280.  im 
»ingular:  ferner  hat  Schneeberg  als  eine  sonderbare  stadt- 
gerechtigkeit, ein  Privilegium  de  non  accusando.  276;  das 


jus  prohibendi  ...  ist  auch  als  eine  besondere  stadt- 
gerechtigkeit zu  erachten.  280. 

STADTGERECHTSAME,  /.  'gerechtsame.  deren  eine  stadt 
genieszt.'  Campe. 

STADTGEREDE,  n.,  »ci«  stadtgeklatsch,  stadtgeschwätz : 
das  stadtgerede  fällt  über  einen  her,  er  kommt  in  aller 
letite  mund.  auch:  das  stadtgerede  bemächtigt  sich  eines. 
STADTGERICHT,  n.  ausübung  einer  der  stadt  zu- 
stellenden gerichtsbarkeit  durch  dazu  besonders  getcählte 
obrigkeitliche  personen.  statgericht  {im  gegensatz  zttm 
landgericht,  hofgericht,  kammergericht).  Sciiottel  497»; 
Stadtgericht,  curia,  senatus,  praetorium  urbis.  Stieler 
1557;  Stadtgericht,  tribunale  publico  di  cittä,  foro,  giustitia 
civile,  Camera  del  commune.  Kramer  rficf.  2  (1702),  901*; 
Stadtgericht,  Judicium  civitatis.  Frisch  2,315»;  Stadtgericht 
Adelung,  hat  ieder  {nachrichter)  sein  firsprecher  vom 
statgericht.  icei9th.  1,819;  für  das  Stadtgericht  alhie  zu 
Massmünster  fürgebieten.  4,  78;  und  wer  darnach  mit  an- 
derem mass  geit,  das  nicht  gemerkt  ist,  der  ist  dem 
statgericht  vellig  5  ft.  tirol.  weisth.  4,  426,  16  {in  der  in 
den  text  gesetzten  lesart  der  ist  im  statgericht  5  ^  ver- 
fallen bezeichnet  Stadtgericht  wol  mehr  den  gerichtsbezirk, 
s.  unten);  von  disem  statgericht  wirt  in  Sachen,  so 
sechshundert  gülden  nicht  übertreffen,  für  ein  erbam 
rath,  in  denen  aber  so  bestimmpte  summa  übersteigen, 
an  das  kaiserlich  kamergericht  appelliert,  d.  städtechron. 
11,  801,  13;  aber  die  abwesenden  auszlendischen  mögen 
einen  anwalt . . .  ausz  unsers  stattgerichts  procuratorn,  oder 
auch  einen  frembden .  .  .  durch  einen  schrifftlichen  gewalt 
. . .  vollmechtigen.  Frankfurter  reform.  1,6  §  4;  beysitzer 
im  Stadtgericht,  assessore  di  tat  tribunale.  Kramer  dict. 
2  (1702),  901'';  das  Stadtgericht  entscheidet  über  schulden- 
i  Sachen.  Stolberg  6, 93;  und  ihre  {der  eitern)  sichtbare 
sorge  bewog  ihn,  wenigstens  eine  stelle  im  Stadtgerichte  zu 
bekleiden.  Keller  6, 157;  als  ich  als  assessor  an  unserem 
heimatlichen  Stadtgericht  ihn  wieder  in  Berlin  aufsuchte. 
Ra.\be  akten  des  YogeLsanges  108,  wo  icol  allgemeiner  an  ein 
in  der  stadt  seinen  sitz  habendes  gericht  zu  denken  ist. 
als  bezirk  dieses  gerichts :  von  erst  stet  unser  Öffnung,  das 
unser  statgericht  gelangt  und  get  hinauf  in  Hettinger 
gassen  unz  auf  den  markstain  ob  des  Künigerösleins 
peunt.  tirol.  weisth.  i.,  251,  29;  und  ist  die  ober  wagenlais 
lantgericht  und  die  unter  wagenlais  stattgericht.  34.  mehr 
die  einzelne  gerichtssitzung ,  eine  gerichtshaltung :  item  wan 
eyn  zentgraf  van  der  hern  wegen  von  dem  staitgericht 
müste  aufstehen,  ader  leibshalber  gebrecblichkeit  nit  an 
dem  gericht  geseyn  mag  ader  kan.  weisth.  3,523;  an  unnser 
obgenanten  gnedigen  hem  uffen  gehegt  Stadtgericht  zu 
Meyningen.  5,  98;  solich  statgericht  würt  nun  gehalten 
am  montag,  mitwoch  und  freitag  allweg  drei  gantze  stund 
aneinander,  d.  städtechron.  11,  800,  18;  bei  einem  grossen 
sterben  wird  beschlossen,  das  statgericht  aufzeslahen.  506 
anm.  6,  d.  h.  die  gerichtssitzungen  bis  auf  weiteres  aus- 
fallen zu  lassen,  auch  der  von  Adelung  als  in  der  täg- 
lichen rede  gerne  gebrauchte  plur.  die  Stadtgerichte  ist 
wol  besonders  auf  die  einzelnen  gerichtssitzungen  zu  beziehen, 
die  zu  detn  gericht  gehörenden  beamten,   häscher  t«.  s.  tc.  ; 

warümb  fleuch  ich  nicht, 
e  mich  ergriaff  das  statgericht 
und  mich  werf  in  die  gfencknus  argk, 
jag  mich  morgen  übern  pesenraarck. 

H.  Sachs  Jattn.  sp.  7, 138,  375  Göfee. 

in  xceiteren  Zusammensetzungen:  stadtgerichtsbar- 
keit.  /.  richterliche  geicalt  l)  über  eine  stadt  und  2)  von 
einer  Stadt  ausgeübt,  stadtgericbtbarkeit  Campe,  stadt- 
gerichtsobrigkeit, /.;  {gebieten,)  dasz  sich  niemand 
unterfange,  hinterruggs  der  Kuefstainischen  statt-  und 
landgerichtsobrigkeit  testament,  vertrag  oder  andere  briefs- 
aufrichtungen  vorzunehmen,  tirol.  weisth.  i,  44,  ii ;  stad  t- 
gerichtssiegel,  n.  sieget,  welches  vom  Stadtgericht  ge- 
führt wird:  das  gewöhnliche  stadtgerichtssiegel.  Meltzer 
historia  Schneehergensis  282. 

STADTGERCCHT,  n.  gerücht,  welches  die  ganze  stadt 
erfüllt,  die  ganze  stadt  durcheilt:  er  leidet  unter  dem 
Stadtgerücht. 

STADTGESANDTE,  m.  stadtgesandter,  rei  publicae  lega- 
tus.  Stieler  2010;  stadtgesandter,  disputato  da  un  conv- 
mune  6  republica.  Kram  er  dict.  8  (1702),  901''. 


463  STADTGESCHÄFT— STADTGESPRÄCH 

STADTGESCHÄFT,  n..  plur.:  stadtgeschäffte ,  urbicae 
occupatioties.  Cofu'INUS  756». 

STADTGESCHICHTE,  /.  l)  dasselbe  xoie  oben  stadt- 
chronik:  stadtgeschichte ,  res  civitatis  ientsprecliend  rö- 
mische geschichte,  res  Romanae).  Stieler  1747;  stadt- 
geschichte,  chroniche,  annali  d'una  cittä.  Kramer  dict. 
2  (1702),  Wl*".  man  musz  etwas  stadtgeschichten  unserer 
mittelalterlichen  reichsstädte  in  sich  aufgenommen  haben. 
Naumann^mcä  51. 

2)  anekdoten,  erzähluiigen,  uxlche  in  der  stadt  umlatifen, 
fiamdoser  als  oben  stadtgeklatsch  und  unten  stadtklatsch. 
Stadtgeschichte.  Campe;  Werner  scherzte  nur  auf  seine 
art,  erzählte  lustige  stadtgeschichten  und  bat  sich  nach- 
richt  von  freunden  und  bekannten  aus.  Götiie  19,110; 
ihm  wurde  jede  stadtgeschichte  vorgetragen  und  er  musztc 
sie  vermehren  und  mit  einfallen  spicken,  so  wurde  sie 
weiter  in  Umlauf  gesetzt,  dasz  eine  art  von  reibung  in 
der  Stadt  entstand.  Aknim  i,  71.  vgl.  auch  stadtgeschrei, 
stadtgeschwätz  u.  s.  tc,  dazu  in  weiterer  comjwsition : 
Stadtgeschichtsforscher,  »n.  einer,  der  sich  um  alle 
familienverhältnisse  der  stadt  kümmert:  sie  {die  scJmcher- 
Juden)  sind  lauter  Lafontain's,  voll  familiengeschichten, 
nie  aber  um  solche  auszutragen,  sondern  die  stadt-  und 
landgeschichtforscher  wollen  blos  pragmatisch  und  prak- 
tisch sein.  J.  Paul  leben  Fibels  57. 

STADTGESCHICHTLICH,  adj.  zu  dem  vorigen:  {söge- 
nannte  geschichtsbilder,  d.  h.  gelegenheitsblätfer.)  worauf 
merkwürdige  stadtgeschichtliche  vorfalle  sofort  zum  ewigen 
gedächtnisz  abconterfeit  wurden.  W.  H.  Riehl  cultxir- 
stitdien  305. 

STADTGESCHLECHTER,  m.  angehöriger  des  stadtadds; 
vgl.  geschlechter,  m.  theil  4, 1,  3912.  stadtgeschlechter,  pa- 
tritius.  Stieler  1803;  stadtgeschlechter,  m.,  patritio, 
nobile  patritio,  cittadino  nobile  6  di  famiglia  patritia. 
Kramer  dict.  2  (1702),  90l<=.  vgl.  auch  oben  stadtadel  u.  s.  w. 
{sp.  439)  und  unten  stadtj  unker. 

STADTGESCHREI,  n.,  ähnlich  wie  stadtgeklatsch,  stadt- 
klatsch, stadtlärm: 

sie  gehet  aufF  und  nieder 
die  eine  strasz  hinaufT,  die  ander  konipt  sie  wieder 
durchsucht  ein  jeglichs  hausz,  ob  was  zu  tadeln  sey, 
da  macht  sie  denn  aus  nichts  ein  grosses  stadtgeschrcy. 

Rachel  9. 
vgl.  auch  das  folgende. 

STADTGESCHWÄTZ,  n.,  r^^  stadtgeklatsch,  stadtgetede, 
Stadtgespräch  u.  ä.: 

spukt  das  neueste  stadtgeschwätz 

noch  in  euerm  hirn?      Rückert  ged.  1,838; 

kann  mich  denn 
ein  sinnlos  stadtgeschwätz  so  ganz  verwirren? 

Geisel  6, 181. 

STADTGESCHWORENE,  m.  von  der  bürgerschaß  ge- 
wählter Vertrauensmann,  tcelcher  an  der  stadtregierung 
tfieilnimmt :  dergleichen  hat  ein  radt  der  alten  stadt  mit 
ihren  stadtgeschworen  im  radtschlage  gehabt,  d.  städte- 
chron.  27, 188, 25. 

STADTGESELLSCHAFT,  /. .-  denn  auf  der  see  und  auf 
dem  platten  lande  kann  man  immer  von  wind  und  wetter 
reden ,  ohne  den  Vorwurf  zu  verdienen ,  den  man  stadt- 
gescllschaften  dabey  macht.  Rauener  6, 17. 

STADTGESETZ,  n.  von  der  sta^  erlassenes  gesetz ;  stadt- 
gesetz,  jus  municipale,  statuta  civitatis.  Stieleh  2043, 
doch  in  dieser  stadtrecht  (».  d.)  ähnlichen  bedeutung  lieber 
im  plural:  stadtgesetze ,  leggi,  ordinanze,  statuti.  leggi 
atatutarie  d'una  rqpublica  ö  commune.  Kramer  dict. 
2  (1702),  901«. 

STADTGESINDE,  n.  die  niedere  beamtenscJtaß  einer  stadt. 
statgesinde  Arnstädter  stadtrecht  77, 143. 

STADTGESINDEL,  n..  nach  gesindel  2,  theil  4,  1,  4114 
sehleehtea  volk  in  der  atadt  wohnend :  pfui,  über  das  garstige 
stadtgesindcl  I  Weisze  kam.  opem  8, 64. 

STADTGESPRÄCH,  n.,  vgl.  entsprechende  bildungen  wie 
st«dtgeklat«cb,  stadtgeschrei,  stadtklatsch  u.  ä. :  das  der- 
zeitige thema  des  Btadtgespiilchs  kam  aufs  tapet.  stim- 
men waren  lautgeworden,  welche  die  bauf&lligkeit  des 
hohen  kirchthurmes  behaupteten,  ja  den  ahbruch  der 
ganzen  kirche  forderten,  und  schon  circulieKe  der  erste 
spottreim.  Storm  3, 166.  auch  von  einer  per aon,  zum  stadt- 
geapr&che  werden,  in  aller  leute  munde  sein.  Campk;  sie 
{ein  ehepaar)  lind  schon  stadtgesprUoh.  Ivvf  ^m.  i  iüs. 


STADTGETÜMMEL— STADTGRABEN   464 

STADTGETÜMMEL,  n..  ähnlich  wie  oben  stadtgedränge 
(.vjj.  460)  und  unten  stadtgewühl  (s.  d.):  den  kindlichen 
blinden  hatte  sogar  das  fortklingende  getöse  des  stadt- 
getümmels,  das  seinem  dorfe  abgegangen  war,  getröstet, 
J.  Paul  Hesperus  4, 120. 

STADTGETÖSE,  n.,  vgl.  unten  stadtlärm: 

wenn  ich  abends,  fem  vom  stadtgetöse 

oben  auf  dem  coiiseum  sasz.    Seume  (1835)  624. 

STADTGEWERBE,  n.  ericerbstMtigkeit  der  Stadtbewohner 
im  gegensafz  zu  der  der  landleute: 
Stadtgewerbe. 
wodurch  wird   doch  ein  bUrger  reich  ?    ihr  bauem ,   föllt  das 

urthel : 
er  schätzt  ihm  Selbsten  seine  wahr,  braucht  überall  ein  vorthel. 

Logau  2,  89,  58. 

STADTGEWOHNHEIT,  /.  l)  in  der  stadt  geltende  ge 
wohnheit,  vgl.  oben  stadtbrauch  (»p.  444):  stadtgewonheit, 
usanza,  costume  della  cittä.  Kram  er  dict.  2  (1702),  901''. 

2)  mit  rechtlicher  natur:  stadtgewonheit,  statuta  civi- 
tatis. Stieleu  2496.    vgl.  statgebrauch  {sp.  460). 

STADTGEWÜHL,  n.  das  menschengetriebe  in  einer  stadt, 
mit  dem  beisinn  des  störenden,  lürmenden  .- 
doch  freilich  nehm  ich  mich  in  acht, 
dasz  ich,  vom  hof-  und  stadtgewUhle 
nicht  irr'  in  meinem  text  gemacht, 
stets  meine  roll'  im  stillen  spiele.    Gökingk  1,91; 
ruhi?,  wie  die  stille  freystatt  war, 
wo  dich  deine  mutter,  fern  vom  stadtgcwühle, 
unterm  schütz  der  Zärtlichkeit,  gebar. 

GonER  1,  325. 

vgl.    entsprechende    bildungen    wie    stadtgeräusch ,    stadt- 
getümmel,  stadtlärm  u.  ä. 

STADTGEWÜRZ,  n.,  übertragen,  von  der  in  der  stadt 
herrschenden  Verfeinerung : 

dem  mädchen,  das,  von  stadtgewtirze 
erhitzt,  aufs  land  nach  kuhlung  läuft. 

Thüm.mbl  reite  10,  384. 

STADTGLEICH,  adj.  einer  stadt  gleichend,  ähnlich: 

demjenigen,  der  meine  kinder 

mir  herbringt,  geb'  ich  tausend  rinder, 

dazu  mit  fruchtreichen  strecken 

einen  stadtgleichen  flecken.    Rückert  (1882)12,82. 

STADTGLOCKE,  /..•  ein  paar  friedlich  wehmüthige 
{ßlocken)sehlä.zt,  welchen  die  andern  stadtglocken  den  luft- 
raum  nicht  länger  streitig  machten.  C.F.Meyer  nov.  2,115. 
übertragen  schelte  für  eineti,  der  stadtneuigkeiten  verbleitet, 
in  Mitteldeiifschland. 

STADTGOTTESKASTEN,  m.  die  von  der  stadt  verwaltete 
kasse  für  kirchen    und  schulzwecke.  Sallmann  84'". 

STADTGRABEN,  7n.  schützender  graben,  welcher  die  stadt 
tnngiebt:  pom^Hum  .  .  .  staetgrabe  Dief.  gloss.  446'*  {vocab. 
V.1517);  t'^^DiEF.-WüLCKER86i;  stattgrabe,  i€5/o««M  rf'u»j< 
ville.  le  fasse  d'una  cittä.  Iivi.sivs{i(il6)3in*;  Stadtgraben, 
fossatum,  fossa  urbis.  Stiele»  688;  Stadtgraben,  fossa  della 
cittä.  Kram  ER  dict.  2  (1702),  901«;  der  Stadtgraben,  fossa  cir- 
cum  moenia.  Frisch  2,  315V  zum  achten  so  haben  die  von 
Wangen  iewegklich  den  stattgraben  in  banden  gehapt  und 
denselben  mit  grasz  und  holz  genossen,  weisth.  b,  i6&,  S; 
item  da;  (^et(^e)^'ihe,  da^  man  da  braht,  dag  slug  man 
in  den  statgraben,  und  welche  frawe  kam  und  bracht  ain 
pürde  grass  dem  vibe  zu  essen ,  die  lies  man  der  küe 
melken,  süst  keine,  d.  städtechron.  2,  260, 8  {vgl.  Frrytao 
18,  29l);  {rat  und  geschicorene  der  stadt  wollen  beschlieszen,) 
das  sie  ihre  Stadtgraben  wollen  unterscheiden  an  sechsz 
oder  sieben  stellen  und  in  iglichem  orthe  sunderliche 
iischereyen  in  der  stadt  nutz  machen,  auch  in  denselbigen 
Stadtgraben  fünf  oder  sechsz  kornmölen,  eine  walkmöle 
und  eine  papyermölcn  durch  denselbigen  meister  lassen 
setzen  oder  hcncken  und  bawcn  mit  dem  anhange,  sie 
wollen  die  wasser  mit  rädern  über  alle  die  stadt  ein- 
giessen  lassen,  so  sollen  auch  sustent  in  den  Stadtgraben 
viele  gueter  springk  sein,  die  auch  darzue  helfen  sollen. 
27, 188,  86.  S8.  SS ;  von  den  tliieren  im  statgraben.  Tuchkh 
baumeisterb.  188, 14,  gemeint  sind  hir.whe  und  hindinnen; 
auch  so  ist  der  thier  jetzunt  im  statgraben  acht  junger 
und  alter,  die  kosten  ein  jar  zu  halten  eins  pei  zwclf 
pfunden  alt  ungeverlich  etc.  124,  t ;  darzu  hat  im  {dem 
thierwürter)  ein  paumeister  vergUnt  ein  ort  im  stat- 
graben .  . ,  also  das  er  dasselh  futter  darvon  nirsHcn  mag 
zu  seiner  nottorft.  ISS,  tS;  vgl.  auch  unten  den  In-leg  bei 
WM   H 11  III  culturttudienw»;  vor  dem  Frawenthore  «uss 


465 


STADTGRAF—  STADTGUT 


STADTHAFEN — STADTHAUS 


466 


dem  gemaurten  prunnen  im  selben  statgraben  . .  .  gegen 
der  thierhütten  über.  183,16;  ursprunck  des  Hyserleins  ist 
in  dem  alten  statgraben.  187, 20;  item  ein  prunn  mit 
zweien  eimern  auf  dem  innern  statgraben  an  der  Nadler- 
gassen. 194,  20,  die  hezeichnung  innerer  Stadtgraben  mit 
rücksicht  auf  den  umstand,  dasz  bei  stärker  befestigten 
Städten  auf  beiden  selten  des  icalles  sich  ein  graben  befand, 
dasz  auch  obstanpflanzungen  im  Stadtgraben  bestanden, 
zeigt:  als  wir  .  . .  nahe  an  den  tiefen  Proserpinens-gärten 
des  blühenden  Stadtgrabens  waren.  J.  Paul19,  lO;  auch 
erker  springen  aus  der  maner  vor  nach  dem  Stadtgraben. 
Freytag  18,  121.  {mit  beziehiing  auf  Augsburg :)  aber  die 
halbverfallene  Stadtmauer  . . .  mit  der  heimlichen,  dunkel- 
schattigen Schlucht  des  Stadtgrabens  .  . .  wiegt  wohl  ein 
dutzend  der  schönsten  bürgen  auf.  W.  H.  Riehl  eultur- 
studien  282;  schon  seit  dem  sechzehnten  Jahrhundert  hegt 
man  hirsche  und  rehe  in  den  oberen  Stadtgräben,  ebenda. 


da  drunten  flieszt  der  blaue 
Stadtgraben  in  stiller  ruh' ; 
ein  niabe  fährt  im  kahne, 
und  angelt  und  pfeift  dazu. 


Hbink  1,  96  Elster. 


doch  diese  mehr  lieblichen  Schilderungen  haben  auch  ihr 
gegenstück:  sonst  sollen  die  profeyen,  so  in  unsere  Stadt- 
gräben ire  sesz  von  alters  gehabt,  und  noch  haben,  noch- 
mals also  bleyben,  doch  die  sesz  über  anderthalben  schuch 
über  den  graben,  noch  auch  eyniger  bauw  darauff  nicht 
gestattet  werden.  Frankf.  reform,  vni,  6  §  8;  vgl.  Stadt- 
graben, cloaca.  coliiciae  et  receptacula  purgamentorum  urbis. 
Stieler  688. 

STADTGRAF,  m.  comes  civitatis,  vgl.  Scherz  1561:  e  das 
herzog  Ernst  seine  worte  gar  vollendet,  da  hiesz  in  der 
statgrave  her  tragen  volkomenlich  alles  das  leiplicher 
narunge  übervlüsziclich  decken  mocht  von  eszen  und 
trinken,  volksbiich  von  herzog  Ernst  273, 10  Bartsch. 

STADTGRENZE,/,  grenze  des  Stadtgebietes:  innerhalb 
der  alten  stadtgrenze  von  Augsburg,  kaum  eine  stunde 
Wegs  Lechaufwärts  entspringen  gut  ein  dutzend  kleiner 
bäche  inmitten  der  Lechniederung.  W.  H.  Riehl  ctdtur- 
Studien  262;  der  wintersturm  fegte..,  als  bürgermeister 
und  rath  über  die  deutsche  brücke  der  Weichsel  zogen, 
um  an  der  stadtgienze  den  einziehenden  könig  von  Polen 
zu  begrüszen.  Freytag  ii,  91 ;  vielleicht  denkt  mancher: 
'schade,  dasz  Junker  Georg  mit  seinen  knechten  so  weit 
von  der  stadtgrenze  steht'.  227. 

STADTGRUND,  m.  grund  und  boden,  der  stadt  gehörig 
und  von  der  stadtgrenze  umschlossen :  kurz  daraufkam  in 
die  Stadt  eine  Schreckensbotschaft,  dasz  fremdes  raub- 
gesindel  sich  auf  stadtgrund  eingenistet  hatte.  Freytag 
11,98;  in  partitiver  bedeutung:  Burkhard  und  Konrad  ver- 
legten sie  (die  deutschherrensüftung)  nach  eroberung  der 
Stadt  Accon  auf  erworbenen  stadtgrund.  18, 183. 

STADTGRÜNDUNG,  /.  gründung  einer  stadt,  vgl.  oben 
Städtegründung :  während  .  . .  die  gefallene  eichel  einen 
sprosz  trieb,  welcher  als  alter  urbaum  bei  der  stadtgrün- 
dung  gefällt  werden  sollte.  Freytag  17,  420. 

STADTGULDEN,  m.  von  der  stadt  geprägtes  guldenstück, 
vgl.  stadtgeld  (sp.  460)  und  stadtmünze,  stadtpfennig  u.  ä. : 
nun  denn,  gevatter  Klockreep,  habt  ihr  nit  geschnarcht 
von  vier  bis  acht  und  habt  ihr  mir  nit  dann  vier  stadt- 
gnlden  abgewonnen,  zum  zeichen  euerer  vollständigen 
besinnlichkeit.  W.  Raabe  Ttalb  mähr,  halb  mehr  lio. 

STADTGUT,  n.  l)  habe  und  gut,  den  bürgern  einer 
Stadt  gehörig:  statgut,  bona,  quae  ad  civitatem  pertinent. 
ScHOTTEL  .tOO»;  und  die  bürger  argwöhnten,  dasz  er  (der 
vxgdagerer  nur  eine  gelegenheit  erwartete,  um  aufs  neue 
nach  stadtgut  zu  jagen.  Freytag  18, 135 ;  damit  erhielt 
er  das  Vorrecht,  zum  schütz  und  zur  bedienung  des  vor- 
nehmen stadtgutes  {ztceier  fddschlangen)  einen  büchsen- 
meister  und  einige  söldner  zu  unterhalten,  ii,  113. 

2)  von  land-  und  grundbesitz ,  der  stadt  gehörig:  statt- 
gut, civitatis  bona  patrimonialia  et  communia,  quae  allo- 
dü>rum  habent  naturam.  Scherz  1561;  davor  wier  ihnen 
solches  alles  erblich  verkaufft  haben,  .  .  .  mit  gerichten 
Oberst  und  niederst,  dieselben  furder  zu  stadt-  und  burger- 
gütter  zu  verleihen,  quelle  bei  Haltaus  1721;  von  der 
andern  seite  ward  erwidert,  das  stadtgut  sei  schon  ver- 
schuldet. Alexis  Isegrimm  156;  dagegen  ist  wieder  dem 
rathe  berichtet,  dasz  ein  bäaeriein  von  den  stadtgütem 
X.  2. 


mit  einem  eisernen  flegel  gefährlich  gegen  euere  genossen 
losgeschlagen.  Freytag  ii,  37;  diesmal  hast  du  alle  brüder 
gekränkt,  welche  als  herren  auf  stadtgütem  sitzen.  126. 
icol  die  einnahmen  aus  solchem  landbesitz  (vgl.  oben  unter  l): 
aber  unrecht  finde  ich  es  hingegen ,  wenn  . . .  ein  aus 
armengütem  erzogenes  armes  kind  das  empfangene  zu- 
rückerstatten soll,  während  die  erwachsenen,  arme  und 
reiche,   aus  dem   stadtgut  alle  jähre  einseckeln.   Gott- 

HELF  1,  223. 

STADTHAFEN,  m.:  erweiterung  des  stadthafens  von 
Dortmund,  rhein.-icestf.  zeitung  vom  11.  juli  1905. 

STADTHAFNER,  m.  in  der  stadt  wohnender  töpfermeiater: 
item  adi  13  settember  czalt  dem  stathafner  von  mein  ofen 
czu  pessem,  darczu  etlich  new  kachel  dafür  par  3  d. 
Tücher  haushaliungsb.  65;  vgl.  113. 133;  item  adi  25  augusto 
dem  stathafner  für  mein  2  ofen  in  meiner  hinttem  stuben 
und  in  meinem  gartten  dafür  par  16  ^.  86. 

STADTHAFT,  /. .  bei  Campe  iceitere  Verdeutschung  für 
stadtarrest,  gerichtliche  Verfügung,  nach  der  einer  bei  strafe 
die  Stadt  nicht  verlassen  darf:  einem  stadthaft  geben. 
Campe;  stadthaft  über  jemand  verhängen,  ebenda. 

STADTHÄLFTE,  /..-  die  grosze  brücke,  welche  die 
gröszere  südliche  stadthälfte  mit  der  nördlichen  verbindet. 
Sachau  reise  in  Syrien  u.  Mesop.  67. 

STADTHALTER,  m.  im  steirischen  im  solde  einer  stadt 
stehender  viehhirt.  quelle  von  1526  bei  Unger-Khull  567''. 

STADTHANDEL,  m.  l)  handel  icie  er  in  der  stadt  ge 
trieben  unrd,  im  gegensatz  zum  handel  auf  dem  lande. 
Campe  unter  landhandel:  dann  der  stadthandel  beruhet 
meistens  auff  vorthel.  Logau  anm.  zu  sinnged.  2,77,92.  dazu 
in  weiterer  zttsammensetzung  stadthandelsbrauch,  »t. 

2)  plur.  stadthandel,  Streitigkeiten  und  zwiste  einer  stadt 
mit  irgaidu-elchen  nachbam  u.  s.  w. 

STADTHANDWERK,  n.  Krünitz  eticycl.  167,  683. 

STADTHASCHER,  m.  haschet-  im  dienste  der  stadt,  s.  auch 
oben  stadtdiener  (sp.  449)  und  unten  stadtknecht:  der  ge- 
richtfrohn  und  stadthäscher  zitierte  jetzt  den  Oberseeser 
adjunkt.  J.  Paul  biogr.  belust.  148. 

STADTHAÜPT,  n.  der  an  der  spitze  der  gtadtvenoaltung 
stehende  beamte.  liefländ.  idiot.  224. 

STADTHAüPTMANN,  m.  hauptmann  der  in  einer  stadt 
liegenden  militärischen  macht:  stathauptmann  Schottel 
287;  ein  Stadthauptmann,  ca^feZZanwj.  Cohviüvs  fons  lat 
130* ;  siadtha.uhtma,nn, praefectus  urbis,  centurio  oppidanus. 
Stieler  1235;  stadthauptmann ,  capitano  . .  .  della  cittä. 
Kramer  rftc#.2(l702),90l"';  stadthauptmann,  cenfttrio  ctwum. 
Frisch  2,  315V  Adelung.  Gaudenz  Scheuweger,  stat- 
haubtman.  tirol.  tceisth.  3,  53,  30;  denn  er  (Wihcolt  von 
Schaumburg)  trat  wieder  in  östreichischen  dienst  und 
dictirte  als  stadthauptmann  in  dem  herzogthum  Meran 
um  das  jähr  1507  das  buch.  Freyt.\g  18,395;  wir  waren 
stattlich  geleitet,  auch  vom  stadthauptmann  und  seinen 
sbirren,  tapfem  leuten, ...  die  sich  mit  vollkommener  rück- 
sicht  hüteten,  in  fremde  bändet  einzugreifen.  C.  F.  Meyer 
Jürg  Jenatsch  111. 

STADTHAUS,  n.  l)  dasselbe  urie  oben  rathaus  (theil  8, 185): 
das  statthausz,  curia  municipalis.  Maaler38ö'';  stathaus 
(neben  richterhaus).  Schottel  490*;  Stadthaus,  curia. 
Stieler  800;  stadthausz,  casa  della  cittä  del  commune 
cioe  palazzo,  curia.  Khamer  dict.  2  (1702),  901*=;  Stadthaus 
Frisch  2,  315*;  vgl.  stadhuys,  basilica,  curia  municipalis : 
curia  civitatis,  domtis  augusta,  augtistale.  Kilian  2,625» 
(neuniederl.  stadhuis).  die  in  Norddeutschland  getcöhnliche 
betonung  stddthaus  geht  zurück  auf  einfaches  der  stadt 
haus,  vgl.  der  stat  hiiis.  d.  atädtechron.  13,  330,  30;  dagegen 
die  in  Süddeutschland  vorkommende  betonung  stadthaüs  auf 
Wendungen  xoie  gemeiner  stadt  haus:  in  München  stadt- 
haüs. Schm.'  2,  794.  herbstfeier  . . ,  bei  welcher  die  jungen 
leute  sich  abends  im  saale  des  Stadthauses  zum  tanze 
zu  versammeln  pflegten.  Storm  5  (1884),  188.  vgl.  .- 
doch  brennendes  licht  —  ist  im  Stadthaus  I 
schlaflos,  sagen  sie,  leuchtet  es  dort!    Voss  Theokrit  21,  36. 

2)  überhaupt  ein  in  der  stadt  befindliches  haus,  troAu- 
hatts  u.  s.  w.  (im  gegensatz  zum  landhaus):  man  kan,  deucht 
mich,  ein  landthausz  ebenso  warm  machen  alsz  ein  statt- 
hausz, mitt  papirne  fenster  undt  gutt  feuer.  Elisabeth 
Charlotte  3, 421;  und  wenn  die  spätem  geschlechter 
einst  auf  eure  zeit  (die  zeit  des  b^reiungskrieges)  zurück- 

30 


467  STADTHAUSHALT—  STADTHERRSCHAFT 


STADTHERZ  -  STÄDTIGKEIT 


468 


schauen,  werden  sie,  was  gesund  und  grosz  war,  am 
reichlichsten  in  den  engen  Stadthäusern  und  in  den 
dorfhütten  finden,  in  denen  ihr  gelebt  habt.  Fheytag 
13,  24*;  jetzt  zerhieben  rothgesch wollene  bände  den  dach- 
stuhl, die  thüren  und  fenster  der  Stadthäuser.  11,2«; 
ihre  gebahrungen  und  manieren,  welche  sich  in  der  freien 
luft  und  im  wirtshause  hübsch  genug  ausgenommen,  waren 
in  den  Stadthäusern  viel  zu  breit  und  zu  hart.  Keli.ek  7,51. 

STAÜTHAUSHALT,  m.  gesamtheit  der  ößenÜkhen  ein- 
nahmen und  ausgaben  einer  stadt,  dazu  stadthaushal- 
tung,/.  ihre  vertcaltung  und  verhäUnismäszigevertheilung, 
auch  Stadthaushaltungsplan,  m.  die  vorläufige  feM 
Setzung  dieser  verhälfnismäszigen  vertheilung. 

STADTHEER,  n.:  jeder  abtheilung  des  stadtheeres  waren 
Sammelplätze  in  den  mauern  bestimmt  auf  markten  .  .  . 
und  an  den  thoren.  Fkkytag  18,  287. 

STADTHEIDE,  /.   heideland,  der  stadt  gehörig.  Campk. 

STADTHEILIGE,  m.  der  Schutzheilige  einer  stadt:  der 
alte  schickt  es  {das  crucifia:)  euch,  dasz  ihr  darauf  schwört 
bei  dem  manne  am  kreuz  und  bei  den  vier  groszen  stadt- 
heiligen, das  geheimnisz  dieser  kammer  niemals  zu  ver- 
raten. Fkeytao  11,163;  unterdcn  alten  kaisern  der  Sachsen, 
Franken,  Hohenstaufen  sind  die  groszen  paläste  der  stadt- 
heiligen mit  edlen  kuppeln,  starken  Säulenreihen  und 
hohem  mittelschiff  aufgerichtet  worden.  18, 126.  ».  auch 
oben  städteheilige. 

STADTHELFER,  m.: 

der  Stadthelfer  bist  du  in  sieben  gaun, 
auf  dessen  hülfe  die  städte  baun. 

Rücke RT  Firdosi  3, 19. 

STADTHENNE,  /.,  im  appenzeUischen  das  demin.  stadt- 
heneli  wol  scherzhafte  bezeichnung  eines  (verzärtelten)  kindes 
aus  der  stadt.  Tobler  405''. 

STADTHERBERGE,/..-  stadtherberg,  spedale  del puUico 
0  del  commune.  Kram  er  dict.  2  (1702),  9()2". 

STADTHERR,  m.  l)  gerichtskerr  einer  stadt:  denn  der 
stadtbürger  des  13.  Jahrhunderts ,  der  von  seinen  eitern 
her  als  freier  mann  bekannt  war,  oder  dessen  vorfahren 
als  burgmannen  unter  dem  stadtherrn  gesessen  hatten. 
Freytag  18,  14;  auch  in  alten  städten  waren  solche  (festen) 
höfe  erbaut,  zuerst  vielleicht  von  den  stadtherren  und 
ihren  vögten.  253;  begrifflich  m^hr  an  stadt  überhaupt 
rührend:  grosz  war  unter  den  einwohnern  der  eifec  für 
den  vortheil  ihrer  stadt;  die  mauern  zu  vertheidigen  gegen 
den  drohenden  feind,  oder  für  den  vortheil  des  stadtherrn 
ins  feld  zu  ziehen,  wurde  auch  dem  unfreien  pflicht  und 
ehre.  17,  422. 

2)  allgemeiner:  vornehmer  herr  atis  der  stadt,  feine 
städtiscJie  manieren  zeigend  u.s.ic:  seit  vorgestern  wurde 
schon  im  dorfe  von  erbschaften  gemunkelt  von  fremden 
stadtherren.  J.  Pavl  flegelj.  l,8i;  die  ritter  hatten  frei- 
lich aussieht  auf  reicheren  fang:  einen  waarenzug,  ein  be- 
ladenes  schiff,  einen  stadtherrn.  Freytag  18,  291 ;  oft  mit 
mehr  oder  uxniger  spöttischem  beisinn  •  Röschen  (entreiszt  sie 
[die  hand]  mit  getcalf).  o!  ich  brauche  meine  band  selber. 
die  komplimente  stehen  mir  gar  nicht  an,  zumal  von 
solchen  stadtherrn.  ich  weisz  lange,  dasz  ihnen  nicht 
viel  zu  trauen  ist.  Weisze  kom.  opern  3,109;  das  schwatzen 
die  stadtherren  uns  nur  so  vor  Campe;  schon  waren  etliche 
feine  stadtherren  dagewesen,  Stammgäste  aus  der  Linde. 
ViLLINOER  weg  der  schmerzen  \e/&.  gern  im  demin.:  mein 
lieh's  stAdtherrl,  mit  mir  muszt  keine  faxen  machen,  ein 
fräulein  ist  wohl  ein  groszestier  gegen  mich.  Anzengru  her' 
8,247;  da  sasz  er  nun,  der . .  .  bauernbursch,  und  freute 
sich  über  die  gute  aufnahm'  und  freute  sich  gleichermaszen 
über  den  ärger,  welcher  dadurch  dem  jungen  stadtherr- 
lein  bereitet  wurde.  4,187.  dazu:  stadtherrcnding.n., 
f.  b.  von  einem  kUidungsstück,  irie  es  die  stadtherren  tragen : 
der  Schneider  gcrieth  wirklich  ein  paar  mal  in  Verlegen- 
heit, denn  so  ein  stadthcrrending  war  doch  was  anderes 
als  ein  gewöhnliches  bauernhemd.  Storm  13  (ih88),  15S. 

STADTHERRSCHAFT.  /.  l)  herrschaft  über  eine  stadt 
u.a.:  stadthcrschaft,  magistratu»,  senatus.  Stieler  818; 
Stadtherrschaft,  magistratc  eittadinc,  tignoria,  rtggtnta 
eittadina.  Kramkr  dic^  s  (170S),  901'; 

ich  denke  nun.  o  micbli(er  M-hacb, 
des  glOcka  biet  da  fUrder  untoilbalt, 
4aas  dn  mir  echenkeat  iladtharrscbafl. 

KOcKaRT  Firdott  1,  68. 


2)  eine  (vornehme)  herrschaft  aus  der  stadt.  Campe. 
vgl.  oben  unter  stadtherr  2. 

STADTHERZ,  n.  als  bezeichnung  eines  tnädchens  aus  der 
Stadt:  nichts  ist  leichter  als  nach  der  entzauberunp  durch 
stadtherzen  die  bezauberung  durch  landherzen.  J.  Paul 
Titan  3, 161. 

STADTHEXENMEISTER,  m.  in  der  stadt  wohnender  und 
berüchtigter  hexenmeister :  da  kam  der  stadthexenmeister 
Pineisz  des  weges,  sah  das  kätzchen  und  stand  vor  ihm 
still.  Kei.i.er  4,  270,  hier  wol  mit  dem  scherzhaften  beisinne 
einer  von  der  stadt  geschaffenen  beamtting. 

STADTHIRT,  m.  l)  von  der  stadt  gehaltener  viehhirt. 
Campe:  item  aber,  was  änger  und  gereuter  sein,  die  nicht 
zöchend  geben,  dieselben  sollen  offen  sein  den  statthirtcn 
auf  8.  Georgen  tag  und  nach  st.  Michelis  tag,  das  man 
darin  bieten  mag  ohn  irrung.  tirol.  weisth.  4, 607,  lO;  da 
jagt  der  stadthirt  die  kuhheerde  durchs  getümmel,  den 
ochs  voran,  damit  er  sich  platz  macht.  Bettine  l,  232. 
er  besorgt  auch  die  geschäfte  des  abdeckers:  mer  so  ist 
doselbst  vor  der  stat  am  walde  ein  heuslein,  dorpei  und 
darinnen  der  stathirt,  der  pei  dem  eusern  Frawenthore 
sitzet,  sein  fiech  abzeucht  und  das  fleisch  darinnen  auf- 
henckt.  Tücher  baumeisterb.  270,33;  die  gennge  Schätzung 
seines  gewerbes  zeigt  auch  die  Zusammenstellung :  leben- 
zuchtiger,  stathirten  und  huntschlaher.  103,  22;  vgl.  lOö,  28. 
2)  nach  Campe  stadthirt  in  gehobener  spräche  hirt,  d.  i. 
der  beschützer  einer  stadt. 

STADTHOF,  m.  in  der  stadt  gelegener  gröszerer  hof: 
gegen  auszen  aber  war  der  stadthof  durch  mauer  und 
thor  abgesperrt.  Freytag  18,  253;  dann  auch  ein  hof ,  auf 
ivelchem,  von  der  stadt  baugerät  u.  ä.  aufbewahrt  \cird: 
Stadhof  DÄIINERT  2,  455^ 

STADTHOHEIT,/,  hoheit,  getcalt  über  eine  stadt.  Campe. 
STADTHOLZ ,  n. ,  dasselbe  wie  oben  stadtforst  (sp.  458) 
tmd  tmten  stadtwald.  Campe,  vgl.:  as  ick  noch  so  stah 
und  verluren  dörch  de  rufen  kik,  tuckt  min  schauster 
Linsener  mit  en  handsläden  vuU  holt  vor  sine  dör,  wat 
hei  sick  in  den  stadtholt  sammelt  hett.  Reuter  3,200. 
STADTHOPFEN,  m.  von  der  Stadtverwaltung  gebauter 
hopfen,  z.  b.  Saazer  stadthopfen. 

STADTHOSPITAL,  n.,  *.  unten  stadtspital. 
STADTHÜTER,  m.  l)  stadtwächter  (so  an  den  thoren 
der  Stadt  zur  nachtzeif):  gleich  wie  die  stadhüter  des  nachts 
hüten,  wachen  und  warten,  ob  jemand  kome  oder  gehe. 
Luther  l,  41*.  im  Schachspiel  führte  eitt.  bauer  den  namen 
stadthüter: 

der  sibent  vend,  von  dem  ich  solt 
nu  tihten,  ob  ir  harren  weit, 
der  ist  ein  stathUetacr  genant.  I 

Beringen  schachyed.  8130; 
als  suln  vor  vorhten  sin  gezamt 
die  stathUeter  und  diu  gemein.    8240; 
diu  goteliche  vorht  gezimt 
den  stathUeta3ren.    8246; 

mehrere  figuren  dieses  namens: 

80  phlit  si  {die  könifjin)  czu  der  linkin 
vor  di  stathuler  winkin. 

mitield.  schachb.  in  Haupts  zeiUchr.  17,  360,  14. 

2)  dasselbe  irie  oben  stadthirt  i:  item  aber  ist  erfunden 
worden,  welicher  der  war,  der  sein  viech,  es  war  chue 
oder  sau,  nicht  für  den  statthitter  trib  oder  treiben  wolt. 
österr.  weisth.  6,  467, 18. 

STADTJÄGER,  m.  ein  polizeibeatnter  der  stadt.  dazu 
stadtjägerhaus,  n.:  schon  vor  dem  thore  kündet  sich 
dem  Wanderer  diese  (konfessionelle)  Scheidung  an,  denn 
auf  der  Lcchseite  sieht  er  das  katholische,  auf  der 
Wertachseite  das  protestantische  stadtjägerhaus.  W.  H. 
RiEiiL  cttlturstudien  271. 

STÄDTIGKFIIT,  /.  wol  von  der  im  at\fang  des  \9.  jahrh. 
geschehenen  Verleihung  des  bürgerrechtrs  an  Juden,  icodurch 
ihre  wohnbeschriinkung  auf  die  sogenannte  judengasse  oder 
judenstrasze  aufgehoben  \ourde:  von  den  Juden  und  den 
neuen  gesetzcn  ihrer  städtigkeit  hat  dir  die  mutter  schon 
meidung  gethan.  Bkti  ink  briefw.  l,  iio  (17.  nov.  180h);  ich 
möchte  doch  sehen,  wie  sieh  die  modernen  Israeliten 
gegen  die  neue  stAdligkcit  gobchrden,  in  der  man  xic  frei 
lieh  als  wahre  Juden  und  ehemalige  kaiserliche  kamuior 
knechte  traktiert,  in.  ai4<;A  in  der  tuaammensettung  Juden 
st&dtigkoit:  nun  bitte  ich  aber  noch  um  die  judcnstädtig 


469 


STÄDTISCH 


STADTJUDE  -  STADTJUNKER 


470 


keit  (d.  h.  die  Verfügung  darüber)  selbst,  damit  ich  ja 
nicht  zu  bitten  und  zu  verlangen  aufhöre.  128  (20.  apr.  1808). 
dazu  städtigkeitsordnung,  /.:  die  städtigkeits-  und 
Schutzordnung  der  Judenschaft.  129.  für  die  erklärung 
vgl.  7wch  die  zweite  hälfte  dieses  hriefes,  doch  ist  bei  dem 
ausschlieszliehen  vorkommen  des  icortes  bei  Bettine  nicht 
auszumachen,  ob  nicht  doch  einfach  nur  miszverständlicJte 
Schreibung  von  stätigkeit,  /.  {s.  unten)  vorliegt. 

STÄDTISCH,  adj.  einer  stadt  gehörig,  eigenthümlich : 
stedtisch  Alberus  dict.  mm  a*»;  städtisch,  eivicus.  urbieus, 
oppidanus,  ciinlis,  politicus,  urbanus.  Stieler  2113;  städ- 
tisch, appartenente,  proprio  ä  cittä,  cittadano.  cittadinesco, 
cittadino.  Kram  er  dict.  2  (1702),  901*";  städtisch,  urbieus,  ur- 
banus, oppidanus.  Steinbach  2,655.  zunächst  in  der  bedeu- 
tung  engerer  Zugehörigkeit  zu  der  stadt  und  ihrer  vericaltung. 
als  eigenthum  der  stadt  zugehörig :  städtische  Wohnungen, 
städtische  häuser,  bauplätze;  die  städtischen  Stallungen 
sind  bereits  ganz  vermiethet.  Frankf.  journ.  1868  nr.  20  vom 
9.  märz;  denn  er  fuhr  . . .  auch  als  schiffer  einer  städtischen 
kogge  durch  alle  bekannten  meere.  Freytag  18,  245.  dann 
auch:  städtische  freiheiten;  städtisches  recht:  städtisches 
recht,  jus  viunicipale.  Stieler  2113;  städtisches  recht, 
dritte,  ü  jus,  ragione  della  cittä.  Kr  am  er  dict.  2  (1702),  902"=; 
städtische  handelsbücher,  acta  eivica.  Stieler  2113.  städti- 
scher dienst,  im  städtischen  amt  u.  ä. :  daher  beamte  auf 
dem  lande  geboren  und  erzogen,  wenn  sie  mit  ihrer  familie 
zu  städtischen  ansehnlichen  bedienungen  erhoben  werden, 
oder  auch  standesmäszig  sich  dazu  nur  qualificiren. 
Kant  lO,  337 ;  und  um  in  schritt  und  tritt  zu  kommen, 
hatten  sie  {die  bürgerschi'dzen)  einen  alten  unterofficier, 
der  jetzt  in  städtischem  dienst  lebte,  zum  exerciermeister 
angenommen.  Freytag  13, 143;  auf  den  alten  reichstagen : 
die  städtische  bank  («.  oben  städtebank  sp.  450):  die 
städtische  banck,  la  panca  eioe  iL  seggio  per  li  diptitati 
delle  cittä  imperiali  in  una  dieta  generale  dell  imperio. 
Kramer  dict.  2(1702),  902^.  auch  von  personen:  städtische 
beamte,  die  im  dienst  der  .stadt  stellen:  bis  1643  bezogen 
viele  städtische  beamte  einen  theil  ihres  gehaltes  in 
forellen.  W.  H.  Riehl  culturstudien  263.  dann  auch  durch 
besitz  des  bürgerrechtes  u.  s.  w.  zur  stadt  gehörig:  er  ist 
städtischer  bürger;  überhaupt  in  der  stadt  wohnhaft:  ich 
fand  ihn  {den  keüner)  als  einen  sinnigen  menschen,  der 
seine  städtischen  mitgenossen  ziemlich  zu  kennen  schien. 
GÖTHE  30, 223.  atich  städtische  weiber,  donne,  matrone 
cittadine  6  cittadinesche.  Kram  er  dict.  2  (1702),  902'',  hetite 
nicht  ohne  den  beisinn  des  niedrigen,  sclierzhaft  von  einer 
maus:  es  ^ar  gj^  j^^l  ein  städtisch  maus, 

die  ^en^  spatziem  ins  feldt  hinaus. 

Alberus  fabeln  18. 

substantivisch  geicandt:  stetischer,  burgerischer,  juridico- 
sus.  DiEF.  gloss.  312*'.  in  erweitertem  sinne  von  Verhältnissen 
und  erscheinungen,  welche  der  stadt  und  ihren  bewohnern 
eigenthümlich  sind,  als  gegensatz  zu  dörflich,  ländlich 
u.  ä. :  stetisch ,  hübsch  nach  der  stet  sytten ,  urbanus. 
Di  EP.  629«;  städtische  Sitten,  mores  urbani.  Stieler  2113; 
städtische  gewonheiten,  consuetudo  loci,  ebenda;  städtische 
Sitten,  städtische  gebrauche,  gewonheiten,  costumi,  usi 
cittadineschi ,  usanze  cittadinesche  cioe  com*  non  rustiche 
cosi  ne  auco  cortigianesche.  Krauer  dict.  2  (1702),  902*";  die 
offene  art  sich  zu  erklären  an  . .  .  einem  mit  der  städti- 
schen manier  unbekannten  landmann.  Kant  10,128;  die 
in  städtischen  manieren  geübten  menschen.  337 ;  es  wurde 
also  eine  dreitägige  hochzeit  gefeiert,  bei  welcher  die 
spärlichen  Überreste  städtischen  gebrauches,  so  die  braut 
aus  ihrem  hause  mitbrachte,  gar  jämmerlich  dem  länd- 
lichen pomp  unterliegen  muszten.  Keller  2,72.  städtische 
bildung:  war  es  denn  dieser  heftigen  und  .  .  .  nicht  durch 
städtische  bildung  veredelten  natur  stark  zu  verargen, 
wenn  sie  losbrach,  wo  heimat  und  leben  gefährdet  war. 
C.  F.  Meyek  Jürg  Jenatsch  56;  eine  grosze  anzahl  von 
städtischen  familiennamen.  Freytag  18,  194;  städtische 
kleidung,  tracht:  er  {der  wunderer)  trug  städtische  tracht. 
C.  F.  Meyer  Jürg  Jenatsch  b;  sie  trug  ein  städtisches 
schwarzes  kleid  bis  unter  das  kinn  zugeknöpft.  Keller 
2,73;  städtische  gebrauchsgegenstände;  städtisches  leben: 
wer  die  fehden  dieser  wirren  zeit  {des  14.  und  15.  jahrh.) 
mustert,  der  lindet  uralte  volkssitte  unter  jüngerer  er- 
findung,  die  durch  ritterthum  und  städtisches  gemeinde- 


leben zugebracht  wurde.  Freytag  18, 280;  im  letzten  Jahr- 
zehnt hat  man  ...  in  dem  'Maximiliansmuseum'  eine 
lehrreiche  Sammlung  städtischer  alterthümer  angelegt 
und  mit  so  feinem  sinne  für  die  historische  gesammt- 
entwicklung  der  stadt  geordnet,  ...  W.  H.  Riehl  cultur- 
studien 315.  atich:  durch  und  durch  {durch  das  Jtohe  lied) 
wehet  eine  milde  luft  des  lieblichsten  bezirks  von  Ca- 
naan;  ländlich  trauliche  Verhältnisse,  wein-,  garten-  und 
gewürzbau,  etwas  von  städtischer  beschränkung,  sodann 
aber  ein  königlicher  hof.  .  .  .  Göthe  6, 8.  t«  mehr  ad 
verbialem  gebrauche:  in  demselben  {dorfe)  erkanten  wir 
das  nächste  hausz  bey  der  kirche  vor  des  pfarrers  Woh- 
nung, weil  es  auf  stättisch  gebauet  war.  Simpl.  1,234,9 
Kurz;  Fritz  der  hüb  an  zu  lachen  . . .  und  sagt,  er  {der 
Schneider)  solt  sie  {hosen  und  icamms)  auf  stettisch  machen, 
der  Schneider,  dem  wol  war  mit  dem  Fritzen,  fraget 
'wie  dann?  du  müst  mir  ein  muster  geben'  sagt  Fritz: 
'auf  stettisch',  wie  dann  zu  Anhawsen  der  brauch  wäre, 
und  dieweil  es  sowol  ein  statt  wer  als  Ulm  und  Augs- 
purg.  Lindener  Katzipori  70  Lichtenstein,  einen,  eine  auf 
städtisch  kleiden: 

folg  mir !  es  würd  dich  nicht  ^reihen, 
er  würd  dich  hühsch  auff  stättisch  kleiden. 

Ayrer  2715,  20  Keller. 

sie  geht  auf  städtisch,  habitu  oppidano  incedit.  Stieler 
2113.  auf  städtisch  gekleidet  gehen,  reden,  andar  vesfito, 
vestire,  vestirsi,  parlare  alla  cittadina.  Kramer  dict. 
2  (1702),  902"=.  heute  gewöhnlicher:  sich  städtisch  kleiden, 
städtisch  gekleidet  einhergehen  u.  ä.."  die  drei  mädchen 
des  hauses,  welche  bisher,  obgleich  städtisch  gekleidet, 
wie  die  landmädchen  ohne  handschuhe  zur  kirche  ge- 
gangen. Keller  1,  302. 

STADTJUDE,  m.  früher  der  durch  besonderes  privileg  in 
der  stadt  geduldete  und  dort  ansässige  Jude,  so  hatte  Göt- 
tingen im,  anfange  des  19.  jahrh.  einen  stadtjuden. 

STADTJUGEND,  /.  das  junge  volk  der  knaben  und 
mädchen  «i  der  stadt:  die  stadtjugend  ist  unterrichteter 
als  die  dorfjugend.  Campe;  ein  solcher  stand  am  gasthof- 
fenster  stiftet  eine  einkindschaft  einer  jeden  drunten 
spielenden  stadtjugend.  J.  Pwl  paling.  1,95;  und  ich 
drängte  mich  eben  durch  einen  häufen  von  käufern  und 
Verkäufern  und  vergnügter  stadtjugend.  Storm3,91;  {auf- 
m.erksam  gemacht.)  wie  er  es  teilweise  mit  einer  durch 
altes  herhommen  übermütigen  und  ausgelassenen  stadt- 
jugend zu  thun  haben  würde,  worauf  er  antwortete,  er 
werde  mit  den  bürschlein  schon  fertig  zu  werden  wissen. 
Keller  1,163.  vgl.  die  gegensätzlichen  bildungen:  dorf- 
jugend {theil  2, 1281)  und  landjugend. 

STADTJÜNGE,  m.  ein  junge  aus  der  stadt:  ich  will 
nicht  vom  pferde  steigen  und  mich  nach  der  armbrust 
bücken,  während  die  stadtjungen  zusehen.  Freytag  11, 77; 
in  dem  sinne  von  gassenjunge  {theil  i,  l,  1451)  von  Campe 
verzeichnet. 

STADTJUNGFER,  /.  junges  mädchen  aus  der  stadt. 
(Campe):  {Kroton.)  wo  weiland  eine  löbliche  bürgerschaft 
sich  um  die  wette  beeifert  habe,  die  schönsten  stadt- 
jungfern  seinem  kunstverwandten,  dem  maier  Zeuxis, 
zu  dem  nämlichen  behufe  {des  malens)  vor  die  Staffelei 
hinzustellen.  MusÄus  2, 112  Hempel;  aber  was  henker!  — 
da  kömmt  ja  eine  stadtjungfer?  Weisze  kom.  opern  3,26. 
mit  spöttischem  beisinn-  RöscJien.  eine  rechte  mühe,  einen 
stuhl  zu  holen!  —  wir  sind  hier  keine  stadtjungfern  ... 
pfuy!  lasz'  er  mir  doch  die  band  los.  109. 

STADTJUNGHERR ,  m.  gleich  dem  folgenden  •  ich  lasz 
meinen  büchern  wol  thu,  fallt  ein  klitter  drein  so  bin  ich 
unschuldig,  wie  der  besport  und  gestiffelt  stattjungherr 
am  zertrettenen  kind,  der  noch  nie  auff  kein  pferd  kam. 
Garg.  242''. 

STADTJUNKER,  m.  ungehöriger  des  stadtadels;  s.  auch 
das  vorige,  stadtjuncker  Comenius;  stadtjunker,  patri- 
tius.  Stielek  905;  stadtjuncker,  patritio,  nobile  patritio, 
cittadino  nobile  0  di  famiglia  patritiu.  Kramer  dict. 
2  (1702),  901''.  1-^i.  stadjoncker,  patritius.  Kilian  2,  625*: 
also  seint  etlich,  die  seint  weder  von  dem  adel  noch  von 
der  gemein  .  .  .  die  seint  halb  edel  unnd  heissen  stadt- 
junckeren,  ia  Junckern;  sie  wollen  die  anderen  edlen 
nit  iren  und  dören  sie  auch  nit  dutzen.  Keisersberg 
narrenschiff  IZX' \  gleichwol  wolte  gott  nicht  haben,  dasz 

30* 


471 


STADTJUSTIZ — STADTKANZLEI 


STADTKASSE  —  STADTKIND 


472 


er  {Adam)  im  paradiesz  herumb  gehen  solte,  wie  heutiges 
tages  die  müssige  stadtjunckern  und  andere  pflaster- 
treter,  sondern  er  solte  etwas  arbeiten.  Schuppius  338; 
ßttcA  das  im  reg.  von  CoRViNUS  angeführt.e  stadtjuncker 
aoUfe  wol  erklären  helfen:  ambulator,  ein  pflastertretler, 
der  schlinckenschlancken  gehet.  40**;  fürnehmer  bürger- 
meister  und  rathslxerren  söhne  müssen  politici  und  stadt- 
junkern  werden,  die  dem  gemeinen  wesen  mit  der  zeit  die- 
nen und  wohl  fürstehen.  Cxnpzow  leichpredigten  (1698)155; 
rechts  und  links  saszen  sieben  freischöppen ,  die  trugen 
den  bauernkiltel ,  einer  die  goldenen  sporen,  zwei  das 
gewand  der  stadtjunker.  Hesekikl  Nürnbei-ger  fand  2,  55; 

der  stadjuncker  den  honig  leckt, 

die  speisz  jljm  aber  gar  nicht  schmeckt. 

ROLLKNHAOEN /rOÄCÄOT.   F?*". 

vgl.  atieh  obeti  stadtgeschlechter,  m.  (sp.  463)  und  stadt 
adlige,  wi.  {sp.  439).  in  tceiterer  Zusammensetzung  stadt- 
junkerstand,  m.;  der  stadtjunckerstand,  patricius.  Co- 
M  ENI  US  sprachenth.  655. 

STADTJUSTIZ,/,  reehtsprechung  in  der  stadt:  dem  rath 
gefiel  im  gründe  gar  nicht,  dasz  die  predigermönche  durch 
ein  wunder  die  stadtjustiz  hindern  wollten.  Freytag  11,5."). 

STADTKAFFEETANTE,  /.  scMte  für  klatsdisüchtige 
fraxien:  und  wenn  die  Hinzelmeierschen  aufs  tapet  kamen, 
so  tranken  die  stadtkaffeetanten  drei  näpfchen  mehr  als 
am  ostersonntagnachmittage.  Storm  8, 13. 

STADTKALB,  n.  schelte  für  dumme,  umcissende,  faule 
menschen,  loelche  der  stadt  zur  last  liegen  und  tceiiig 
nutzen  stiften:  ich  förcht,  ich  förcht  es  wolle  zänemmen, 
gott  sig  es  geklagt,  und  mäsz  zünemmen  mit  disen 
statkelberen.  dann  sy  ererbend' s  nit  von  iren  vorderen, 
das  sy  iren  müssiggang  und  ir  prassen  mögind  erhal- 
ten, quellen  zur  scJnceiz.  gesch.  {zum  jähre  1470)  1,119,5; 
sy  hend  nie  gewandlet,  sind  unerfaren,  nie  uszkon,  in 
summa  nüt  dann  stattkelber.  13;  fürnemlich,  das  ich 
mine  sön  werken  larte  und  darzö  hielte,  uff  das  sy  nit 
stattkelber  wurdint,  hernach  der  statt  und  landschaft 
überlegen  werend,  dieselben  hulfend  fressen,  wie  es  der 
bruch  werden  wil.  1.30,30;   vgl.  noch  118,20. 

STADTKAMMER,  /.  stadtkammer,  camera  civitatis. 
Stieler  921:  alldieweilen  die  stadtkammer  gar  zu  sehr 
erarmet  und  aller  mitl  gänzlich  entblöszt,  als  solle  so- 
wohl von  magistrat  als  der  ganzen  bürgerschaft  dahin 
gedacht  werden  wie  die  stadtkammer  möchte  vermehret 
und  in  stand  gesetzet  werden,  österr.  ueistfi.  6,254,43.45; 
der  es  {das  bewilligte  hauholz)  aber  anderwärts  wohin 
verwenten ,  verkaufen  oder  wohlgehackter  in  wald  zu 
schaden  liegen  Hesse  .  . .,  der  solle  den  werth  der  ge- 
meinen stadtkammer  nach  billichen  dingen  zu  bezahlen 
verbunden  sein.  255,  8.  dazu  die  weitere  Zusammensetzung 
Stadtkammerrechnung,  /..-  so  sollen  auch  jährlich 
die  Stadtgerichts-  und  stadlkammerrechnungen  vor  einer 
ganzen  bürgerschaft  abgelegt  werden.  20. 

STADTKAMMEREI,  /.  die  beamtenschaft  der  stadtkam- 
mer, sie  verwaltet  rechnungsmäszig  die  gesamten  einnahmen 
und  ausgaben  der  stadt.  dann  auch  dasselbe  xcie  stadt- 
kammer {s.  das  vorige):  er  hatte  ein  reiches  brauerbc, 
ein  baares  kapital  auf  der  stadtkämmerei,  ein  schiff  auf 
der  Weser  und  einen  meierhof  vor  der  stadt.  MusÄus 
2,69  Hempel.  nach  Adeluno  stadtkämmerei  auch  'amt, 
unlrde  eines  stadtkämmerers'. 

STADTKÄMMERER,  m.  der  der  stadtkämmerei  vor- 
gesetzte beamie:  stadtkämmerer,  camerarius  civitatis. 
Stiei.er  nachsch.  i9*.  Adeluno:  so  oft  auch  ein  neuer 
stadtkämmerer  aufgenohmcn  wird,  solte  der  vorgehentc 
alle  Schriften  und  behörige  Instrumenten  dem  neuen  stadt- 
k&mmerer  zustellen,  österr.  uxisth.  6,  225,  23.  26;  in  dem 
trockenen  Wallgraben  breiteten  sich  Obstbäume,  und  die 
g&nse  des  stadtkämmerers  weideten  darunter.  Frey- 
TAO  18,  S. 

STADTKÄMMERIN.  /.  frau  de»  stadtkämmerers:  'aber 
mit  der  stadtkämmerin  haben  Hoheit  nicht  gesprochen', 
rief  Golhlindc  Thum,  'die  arme  frau  hat  das  als  Zurück- 
setzung empfunden  und  nach  dem  concert  geweint.' 
Fbbytao  7,  212. 

STADTKANZLEI,/.  .•  «ladtkanzelley,  tabtUarium  urbicum. 
Stiklkr  989;  wie  die  gleichfalls  beigefügte  bekannt- 
tnachung  der  stadtkanzlei  todi  u.  sept  d.  J.  (1868)  nach- 


weist, erklärte  sich  die  majorität  der  abstimmenden  für 
die  annähme  der  vorläge.  Poschingeu  Preuszen  i.B.  1,328. 
vgl.  auc/i  unten  stadtschreiber  utid  stadtsekretär. 

STADTKASSE,  /.  öffentliche  hasse  der  stadt.  vgl.  oben 
stadtkämmerei:  stadtkasse  Gökingk  lebexi Nicolais i03;  wie 
sein  beispiel  frucht  getragen  .  . .,  bis  endlich  nach  jähren 
ein  zuschusz  aus  der  stadtkasse  beginn  und  Vollendung 
des  baues  ermöglicht  hatte.  Ludwig  l,  377;  sie  {die  bürger) 
...  schätzen  deinen  werth,  mond,  genau  nach  den  summen, 
die  du  der  stadtkasse  an  gaslicht  ersparst.  Freytag  6,6; 
sie  haben  wegen  ihres  gehaltes  credit,  die  stadtkasse  legt 
es  aus.  13,217;  der  einnehmer  nahm  also  goldwage  und 
Probierstein,  taxirte  die  ringe,  versprach  die  summe  aus 
der  stadtcasse  zu  erheben  ...  er  besorgte  dieses  mit  hülfe 
des  kämmerers.  ebenda;  diese  geschenke  {an  durchreisende 
herren  u.  s.  w.)  waren  der  stadtcasse  die  gröszte  last,  und 
richteten  mehr  als  einmal  die  fmanzen  zu  gründe.  18,134; 
mehr  als  einmal  klagen  bedenkliche  Chronisten ,  dasz 
ihre  stadtkasse  übermäszig  in  anspruch  genommen  sei. 
bilder  2,2,^30;  das  grosze  stahlschieszen  su  Augsburg  im 
jähre  1470  kostete  der  stadtkasse  über  2200  gülden.  331. 

STADTKELLER,  m.  öffentlicher  keller,  der  stadt  gehörig, • 
besonders  ein  wein-  oder  bierkeller:  rahts-  oder  stadtkeller, 
cella  curialis,  publica.  Stielrr  915;  stadtkeller,  cantine 
pulliche  d'un  comm.une.  Kramer  dict.  2  (1702),  901";  der 
stadtkeller,  tuberna  publica  sub  curia,  cella  oppidana. 
Frisch  2,  315».  stadtkeller,  wein-  oder  bierkeüer,  loelcher 
der  Stadt  gehört.  Adelung:  vielleicht  seiner  gelegenheit 
nach  kondt  er  den  tag  {an  dem  die  hochzeit  war)  nicht 
da  erscheinen,  und  gieng  den  andern  tag,  welcher  bey 
uns  die  nachhohzeit  genennet  wirdt,  erstlich  in  den  statt- 
keller.  Kirchhof  icendunmtith  2\ffi; 

der  {der  gute  freund)  nam  mich  mit  sich  in  stadtkellr, 
liesz  zapffen  wein  und  muscatellr. 

HOLLONius  gomnium  ritae  hnmanae  60, 1230  neudr. 

STADTKIND,  n.  kind,  in  einer  stadt  geboren :  Stadtkind 
voc.  opt.  1501  N.5'';  statkind  Schottel  480'»;  Stadtkind, 
originarius  loci.  Stieler  949;  Stadtkind,  figliuolo  citta- 
dino.  Kramer  dict.  2(1702),  90l<=;  nach  Adelung  nur  in 
gewöhnlicher  spräche  gebräuchlich,  weshalb  Gottsched 
tcenig  fein  Leibnizen  un.9er  {Leipzigs)  berühmtes  Stadtkind 
gei\annt  habe,  in  älterer  spräche  hat  das  wort  starken  recht 
liehen  beisinn:  alle  einwohner  sind  nicht  befreyet  {privi- 
legiati  sunt),  sondern  nur  die  eingeborne  (Stadtkinder, 
indigenae)  und  die,  so  mitbürger  worden  sind.  Comenius 
sprachenth.  619;  so  auch  Stadtkind,  civis  natxis.  Frisch 
2,  315»;  auch  sein  folgender  tage  d.  Johan  Scheyring  und 
d.  Johan  Holstein,  beide  magdeburgische  Stadtkinder,  von 
einem  part  zum  andern  geritten,  ist  abor  alles  ohne  frucht 
abgegangen,  d.  stüdtechron.  27,  86,  14;  wiewol  ich  e.  w. 
frembde  und  unbekand,  bin  ich  doch  verursacht  euch 
zu  schreiben,  umb  ewers  stadkind  willen,  Georgen  Schnell. 
Luther  6,2»  {an  den  rat  der  stadt  Rotenburg  a.  d.  T.); 
er  ist  ewr  stadkind,  des  ir  keine  schand  habt,  gelert  und 
froni,  mein  teglicher  haus-  und  tischgenos.  ebenda;  die 
Beelitzer,  wie  man  sich  denken  kann,  bestritten's  {dasz 
der  Schneider  ein  ausländischer,  mit  rittenecht  ausgestat- 
teter sei),  er  sei  ein  stadtkind  gewesen  und  geblieben, 
also  in  ihrem  bann.  Alexis  Äo*cn  65;  endlich  kam  man 
überein,  er  sollte  judizirt  werden  als  ein  stadtkind,  aber 
gehenkt  als  ein  ritter  und  da  gab  er  sich  drein,  ebenda; 
noch  spuren  dieser  bedeutung  in  xcendungen  wie  wir  sind 
mit  einander  Stadtkinder,  rf.  h.  in  derselben  stadt  geboren; 
der  wirth  zum  Bären,  der  meine  heimath  aus  dem  fremden 
buch  erfahren  hatte,  behauptete,  wir  beiden  seien  stadt 
kinder  mit  einander.  SroiiM  15, 164.  einen  tadelnden  bei- 
sinn bekam  aber  das  tport  als  bezrieJinung  solcher  bürger' 
kinder,  xcelche  loegen  verschtrenderiacher  neigungen  unter 
atadtvormundsshaft  gestellt  wurden:  stadtkiiidor,  prodigi, 
gut  neque  tempus  neque  finea  expenaarum  hahent.  Stiei.kr 
949;  vgl.  stadtkind,  prodigentiar  condemnatus :  cui  tanquam 
prodigo  bonia  interdictuin  est.  Kilian  8,  626»;  im  icendungrn 
ine  jemand  wird  zum  stadtkind  genmchl,  unter  Vormund- 
schaft der  stadt  gesMlt  [in  Dnnzig).  Klein  2.166.  Friscm- 
HiEK  2,  S-W*';  1'^/.  stadkind  niaecken,  bonis  jtrodigo  inter^ 
dicere;  prodigumdeclarare,  prodigentiaecondemnare.  Kilian 
a.  0.  heute  stadtkind  gewOknli^  und  f<ut  mu»»ehlie.t:lu  h 
kind.  ieelehe»  in  der  ttadt  geboren  iH,  au»  der  etadt  atam mt, 


473    STADTKIRCHE— STADTKLEPPER 

in  der  stadt  lebt,  im  ge^ensatz  zum  dorfkind,  theil  2, 12S2 
(Campe),  vgl.  auch  landkind  {theil  6, 121  untet- 1):  'sie  sind 
ein  liebes  Stadtkind',  sagte  Ilse,  'ach  die  menschen  sind 
hier  (»i  der  stadi)  glücklich,  wenn  sie  nur  einen  armen 
plattmönch  im  garten  erhalten'.  Freytag  6,  231;  auch  von 
einem  landkind  ein  Stadtkind  werden,  d.  h.  in  die  stadt 
ziehen  und  dort  dauernden  icohnzitz  nehmen:  ihr  in  den 
Städten,  und  du  bist  ein  Stadtkind  geworden,  Leuni,  ihr 
wiszt  es  nicht,  ihr  habt  es  nicht  recht  erlebt.  Fontane 
vor  dem  stuiin  1, 37 ;  diese  allgemeinere  hedeutung  auch  schon 
in  älterer  spräche  zu  belegen:  zu  weyhenacht  begehn  sy 
die  kindtheyt  Christi  also,  sy  setzen  ein  wiegen  auff  den 
altar,  dareyn  ein  geschnitzt  kind  gelegt,  diesz  wiegen  die 
stattkind  ein  grosse  menge,  springen  und  dantzen  umbs 
kind  in  einem  ring.  Frangk  iceltbuch  50*». 

STADTKIRCHE,  /.  kirehe  in  der  stadt  (Campe),  in 
gröszeren  städten  auch  icol  die  hauptkirche  der  stadt.  stat- 
kirch  ScHOTTEL  Sie** ;  folgen  ma  tante  freuUen  J.  L.  un- 
gekley(det)  in  die  stattkirch ,  dasz  kompt  mir  frembt  vor. 
Elisab.  Charlotte  3,  369  Holland;  in  der  grossen  stadt- 
kirehen  s.  Maria,  welches  ein  vortreff-  und  herrliches  ge- 
bäude  ist.  Ettner  hebamme  B16;  der  totengräber  an  der 
Stadtkirche,  ein  stiller,  ehrbarer  manu.  Keller  5,230; 
am  dritten  tage  ward  das  kind  in  der  stadtkirche  auf  den 
namen  des  dritten  unter  den  kleinen  propheten  getauft. 
W.  H.  RiEHL  nov.  2, 172;  im gegensatz  z.  b. zur  domkirche:  die 
Mariensäule  bei  der  stadtkirche  (zu  Freising),  jcanderb.  243; 
an  der  gothischen  stadtkirche  zu  st.  Georg  wirkt  der 
mangel  der  Strebepfeiler  dürftig  und  nüchtern.  250;  auch 
die  stadtkirche  bekundet  innen  den  künstler  und  auszen 
den  handwerker.  ebenda,  allgemeiner:  als  ich  den  bericht 
las,  wie  in  einer  stadtkirche  das  volk  zusammenlaufe,  weil 
ein  Marienbild  dort  die  äugen  bewegen  solle.  Keller  3,  68; 
hinter  der  landwehr  zeigt  sich  die  stadt,  die  morgensonne 
glänzt  von  hoher  kuppel  der  stadtkirchen.  Freytag  18,121  ; 
zahlreich  sind  die  gotteshäuser,  auszer  den  stadtkirchen 
kleinere  kirchen  und  kapellen.  126.  dazu  gehörig  der  stadt- 
kirchhof,  begrälnisstätfe  für  die  toten  einer  stadt,  ur- 
sprünglich bei  der  kirehe  gelegen;  glieder  der  zusammen 
Setzung  aber  sind  stadt  und  kirchhof  («.  tiieil  5,  818),  nicht 
stadtkirche,  /.  und  hof,  m. :  elegie  auf  einen  stadtkirch- 
hof  (1771).  Hölty  gedichte  52  Halm. 

STADTKIRCHXER ,  m.  küster  an  einer  stadtkirche,  im 
gegensatz  zum  dorfkirchner  (tt.  2,1282):  stadtkirchner,  oppi- 
danus  hierophanta.  Stieler  960.   s.  auch  unten  stadtküster. 

STADTKISTE,/.,  dasselbe  wie  unten  stadttruhe, /.,  vgl. 
stadtkiste,  aerarium,  archivum.  Ki  ll\n  2,  625*. 

STADTKLATSCH,  m.  in  der  stadt  umlaufendes  gerede. 
a.  auch  oben  stadtgeschwätz :  sie  (J'rau  Christine)  verkaufte 
einige  überflüssige  stücke  ihrer  aussteuer,  um  bar  geld 
zu  bekommen,  und  das  durchtriebene  bauernkind  wuszte 
dabei  die  sache  recht  heimlich  abzumachen,  dasz  nicht 
gleich  ein  stadtklatsch  daraas  wurde.  W.  H.  Riehl  ges. 
novellen  i,  17. 

STADTKLATSCHE,/.,  von  Hoffmann  v.  Fallersleben 
belegtes  Scheltwort  für  eine  klatschsüchtige  person,  tcelche 
neuigkeiten  durch  die  ganze  stadt  trägt,  auch  in  Göttingen 
gebräuchlicJi.     vgl.  das  vorhergehende. 

STADTKLÄTSCHEREI,  /.  (in  einer  scherzhaften  nach- 
ähmung  eines  börsenberichtes :)  stadtklätscherei  aber  leider 
loco  unverändert,  fest  —  jedoch  beliebt.  Raabe  die  leute 
aus  dem  walde  l,  115.    vgl.  dazu  oben  stadtklatsch,  m. 

STADTKLEID,  n.  kleid  nach  städtischem  schnitt,  vgl. 
das  folgende:  auch  das  ist  eine  Unannehmlichkeit  der 
stadtkleider  und  bezeichnet  schon  das  herrenwesen,  dasz 
man  sie  nicht  allein  anziehen  kann  und  jemand  zum 
zuhafteln  braucht.  Auerbach  dorfgesch.  l,^;  als  aber 
Vefele  sagte:  dasz  die  stadtkleider  doch  nichts  seien, 
und  dasz  ein  einziges  bauemkleid  doch  mehr  wert  sei  und 
auch  mehr  koste  als  sechs  solcher  stadtfahnen.  ebenda; 
».  oben  stadtfahne  2. 

STADTKLEIDÜNG,  /.  kleidung.  vrie  sie  in  der  stadt  mode 
ist:  denn  ihre  mutter  hatte  eine  abscbeu  vor  aller  stadt- 
kleidung  und  risz  jedesmal,  wenn  sie  aus  der  kirehe 
kam,  die  spitzenhaube,  welche  sie  als  pfarrfraa  trug, 
sogleich  herunter.   Keller  l,  207. 

STADTKLEPPER ,  m.  schelte  für  einen  müsziggänger. 
belegt  th.  5,1149;  wol  zu  klappern,  kleppem,  verb.  2  {th.  5,975) 


STADTKLUG  -  STADTKNEGHT 


474 


gehörig,    »ich    in  der  bedeutung  also  oben    stadtklatsche 
nähernd. 

STADTKLÜG,  adj.  wird  spöttisch  von  einem  besonders 
schlauen  menschen  gesagt,  wortspiderixeh  angeglichen  an 
staatsklug,  adj.  oben  sp.  306: 

ein  bürger  voll  von  recht-  der  schlimmen  Zeiten  kenner, 
Staats-  stadts-  und  vorstaatsklug ;  des  kaisers  ernster  gönner : 
er  starb,    was  war  sein  tod?   ein  fetter  ochsenschmaus. 

Hagedorn  l,  108. 

STADTKNABE,  m.  ktiabe  atts  der  stadt,  im  gegensatz 
zum  dorf  knaben  (s.  theil  2, 1282),  im  folgenden  stadtknaben 
überhaupt  junge  leute  aus  der  stadt,  auch  schon  jnann- 
bareren  alters:  der  lange  Henner  Ingersleben,  der  weder 
gut  noch  geld  hat  und  als  einlieger  bei  seinen  spiesz- 
gesellen  auf  dem  lande  haust,  weigerte  sich  höhnisch  mit 
uns  stadtknaben  im  ringelrennen  zu  reiten.  Freytag  11,28. 

STADTKNAPPE,  m.,  nd.  stadknape  ein  rat.^diener  Däh- 
NERT  4ö5'>. 

STADTKNECHT,  m.  ein  niederer  polizeibeamter  der  stadt. 
dasselbe  wie  oben  stadtdiener,  m.  («p.  449):  stadtknecht, 
lictor.  DiEF.  328*;  scherge,  statknecht,  ^ni&X,  pedellus.  420»; 
statknecht,  {plur.)  apparitwes.  42'»;  stattknecht,  apparitor. 
Dasypodius;  ein  büttel,  stattknecht,  viator.  ebenda;  der 
Oberst  rathsbott,  der  oberst  gerichtsweybel ,  eyn  herren- 
knecht  oder  stattknecht,  accensus,  minister  magistratus 
apud Romanos,  ebenda;  stattknächt,  weybel  oder  ein  herren- 
knächt,  portner,  accensus,  apparitor,  stator.  Maaler38ö''; 
statknächt,  die  in  der  statt  dienend  oder  die  man  in  der 
statt  braucht,  servi,  urbani,  lictores.  ebenda;  bittel,  herren- 
knecht,  stattknecht, . .  pedellus. . .  apparitor,  lictor,  carnij'ex. 
Henisch  401,  44;  stattknecht,  un  sergeant,  un  sergente, 
sbirro.  HüLSius(l616)307»;  stattknecht, der  obrigkeit  diener, 
trabant,  biro,  sbiro,  zaffo.  2  (1618),  eo*» ;  ein  stadtknecht, 
ein  schergant,  lictor.  3.  Starck  lexic.  lat.  germ.  {Goslar 
1620)  103;  statknecht  Schottel  470*;  ihre  {der  ratshenen) 
diener  sind  die  stadtknecht,  die  hauszdiener,  die  gericht- 
fronen {apparitores,  statores,  accensi).  Comenius  653:  ein 
stadtknecht,  scherg,  häscher,  lictor.  Corvixls  362*",  vgl. 
464*";  gerichtsknecht  und  stadtknecht,  sateües.  Stieler 
994;  stadtknecht,  fante,  birro  {sbirro)  publica.  Kramer 
dict.  2  (1702), 901'';  ein  stadtknecht,  lictor,  apparitor.  Frisch 
2,315»;  in  Mühlhattsen  {Thüringen)  noch  stadtknecht  der 
polizist,  Schutzmann.  Hertel  Thür.  sprachsch.  283.  vgl. 
oben  die  bildutig  städteknecht.  belege:  d&s  {das  Iierbst 
ding)  sol  unser  herre  der  apt  dann  VIII  tage  vor  dem 
obigen  gerichtstage  hie  in  der  stat  durch  alle  gaszen 
laszen  rufen,  domit  pfleget  zu  ryden  ein  stadeknecht 
und  eyn  zoUnir.  J.  Grimm  iceisth.  i,5(&;  vgl.  209,  tro 
stadeknecht,  stedeknecht  und  stadtknecht  nebeneinander 
vorkommen,  {einem  bürger  kann  gestattet  werden,)  eynen 
gast  umb  sein  schult  zu  vorkommern,  sulche  kommer 
also  durch  den  friboten  gescheen  sal  ader  stadtknecht, 
ab  er  der  knecht  keynen  gehaben  mögt,  so  mögt  er 
sulchen  mit  {bei)  eynem  torwartten  verkommern.  3,598; 
so  magk  der  selbe  burger  sich  der  habe  {des  Schuldners) 
mit  eynem  friboten  und  stadtknecht  underzihen,  und  die 
in  seyn  gewalt  heym  brengen  und  behalten  {bis  die  schuld 
gezahlt  ist).  599;  dedim.  '/*  ü  hl-  den  vier  statknechten 
daj  sie  den  kirchtag  zu  sant  Lienhart  beschirmen,  quelle 
von  1421  bei  Lexer  handicb.  2,1149;  aber  man  vieng  in  {den 
Nie.  Muffel)  zu  mittag  und  behielt  und  bewart  in  die  weil 
pei  tag  und  verhört  in  untz  verr  nach  mittag,  mit  den 
geschworen  schützen  und  statknechten.  d.  städtechron. 
10,  308,  2;  item  Schnappenhornlein  und  Putz,  die  stat- 
kneht,  giengen  plosz  mit  püchsen,  und  sie  giengen  mitten 
durch  die  kirchen  für  alle  briesterschaft  unz  zu  dem 
creutz.  11,555,8;  nu  was  der  kirchner  herauszen  und  luf 
nach  den  statknehten,  die  komen  gar  pald  {den  dieb 
zu  fangen).  558,27;  und  da  pant  man  in  {den  dieb)  auf 
einen  kamerwagen  und  {setzt*)  Putzen  statkneht  zu  im 
und  schickt  in  gen  Bamberg.  559,  5;  item  1499  jar  da 
ward  Vögelein  erstochen  am  Rosmarck  zum  roten  stern, 
zum  Wirt,  am  freitag  vor  Kungundis  in  der  vasten,  da 
waren  bei  ainander  Vögelein  statkneht,  auch  Jörg 
Wacheiter  statkneht,  auch  der  markmaister.  dieselben 
zwen  pei  in  wurden  auch  vast  verwunt  603,13;  als  er 
{der  manch  Qreve  Koppe)  nu  auf  den  predigslul  steigen 
wolle,    hat  Hans  Rubin    alder   auch   regierender   bürge- 


475 


STADTKOCH— STADTKüRPER 


STADTKOSTEN — STADTLAGE 


476 


meister  . .  .  einen  statknecht  dahin  geschickt  und  Greve 
Koppe  alda  zu  predigen  verbieten  lassen.  27,106,15;  die 
statknecht  helfen  dem  hausknccht  das  zeit  (des  heilig 
thums)  überziehen.  Tuen  er  baumeisterb.  127,  25;  das  erst 
und  höheste  nennet  er  (JPaulus)  principatum,  herrschafft, 
das  ist  der  oberherr,  als  der  keiser  in  seinem  reich,  . .  . 
oder  auch  ein  bürgermeister  in  einer  stad ;  .  . .  das  dritte, 
virtutes,  gewalt,  die  es  (rf<w  befohlene)  treiben  und  aus- 
richten, als  der  herrn  und  fürsten  diener,  meister  Hans 
und  stadknecht  in  stedten.  Lutiiku  6,237*;  es  gieng  uf 
ein  mal  ein  statknecht  über  feit  in  ein  dorft,  und  wold 
schuld  ynziehen  von  einem  bauren.  Pauli  63  Österley;  im 
folgenden  icird  dann  das  bekannte  märchen  vom  tetifel  utid 
dem  (ungerechten)  richter  von  dem  stadtknecht  als  dem 
Unheil  leidenden  erzählt:  darumb  so  bedörfTen  gar  wol  die 
statknecht  und  die  schuldfögt,  das  sie  sich  segnen  war 
sie  kumen  pfand  usz  zö  tragen  oder  schuld  zu  heischen, 
wan  sie  offt  und  dick  dem  tülTel  gegeben  werden,  ebenda.; 
die  gescJiichte  in  dieser  form  findet  sich  datin  auch  als 
ntsatz  {vom  jähre  1532)  et«  Murners  Ul^nspiegel  in  be- 
ziehung  zu  Eulenspiegel  gebracht:  wie  Ulenspiegel  zu  Perlin 
ein  bütel  oder  statknecht  wart  und  het  ein  grossen  lust 
den  bauren  gelt  oder  pfand  auszutragen.  142  Lappenberg, 
ifire  spitze  ist  aber  gebogen,  da  Eidenspiegel  sich  durch  die 
ihm  als  stadtknecht  zustehende  geicalt  atis  der  macht  des 
teufeis  befreit:  ich  bin  stÄtknecht  und  gebiet  dir  für 
meinen  schultheissen.  143.  ich  hab  dem  furmon,  zeiger 
dis  briefs ,  die  20  r.  nit  erlegen  derfen.  er  war  so  palt 
nit  im  haus,  so  kom  ein  stadknecht,  verbot,  das  gelt  nit 
heraus  zu  geben.  Paumoartner  briefweclisel  31  Stein- 
hausen;  wann  man  den  eitern  ein  sträfliches  kind  heim 
stellet,  dasselbe  zu  züchtigen,  so  sollen  die  stadtknechte 
dasselbe  heimfüren,  den  eitern  überantworten  und  dabei 
sein,  bis  man  es  züchtiget,  und  wann's  genug  ist,  lasz 
aufhören.  Ordnung  von  1647  bei  Birlinger  409'';  die  stadt- 
knechte nicht  mehr  mit  dem  altteutschen  amtsnamen 
häscher  zufrieden,  polit.  matilaffe  (vorr.);  ich  bin  nicht 
näher  unterrichtet,  ob  man  es  in  Leipzig  weisz,  wer  der 
rädelsführer  war,  der  vor  kurzem  in  der  messe  eine 
vexierpolizei  mit  schein -stadtknechten  spielte  und  eine 
bank  aufhob.  J.  Paul  Titan  2,26;  es  war  ein  donnerstag 
und  noch  zur  stunde,  dasz  gast  mit  gast  handeln  durfte, 
also  dasz  der  stadtknecht  mit  dem  griper  müszig  auf 
unseres  nachbaren  bcischlag  sasz,  maszen  es  vor  der 
hand  keine  brüchen  zu  erhaschen  gab.  Storm  li  (1882),  111; 

bring  uns  drumb  wein  und  brot  wie  vor 

zu  iuler  nechst  bey  dem  statthor 

auff  das  du  nit  werst  auszeespecht, 

das  dich  ergrieffen  die  statknecht. 
^     ,        ,   .  .  H.  Sachs  3, 1, 2620; 

mxt  icegirerfendem  betsinne: 

er  (der  Jrau)  erste  man  dat  was  einer  van  den  statknechten. 
Lauremherü  tcherzged.  2,  702. 

in  scherzhafter  Übertragung  stadtknecht  in  Nürnberg  be- 
zeichnung  einer  im  frühjahr  sich  auf  bäumen  zeigenden 
wanzenart,  vermutlich  cimex  apterus;  sie  sind  rot  und 
schwarz  gezeichnet  ipte  die  ehemaligen  Nürnberger  stadt- 
knechte. Hoppmann  v.  Fallersleben  in  Wagners  archiv 

1,876. 

hierher  noch  die  iceitere  Zusammensetzung  stadtknechts- 
amt,  stadtknechteamt,  n.:  stattknächtcnanit,  appa- 
ritio.  Maai.er  385''. 

STADTKOCH,  m.  coquua  urbicus.  Stiei.er;  in  Leipzig 
früher  der  stadtkoch  ein  speiseurirt,  bei  dem  z.  b.  Studenten 
zu  mittag  asten. 

STAUTKÖCHIN,  /.  zu  dem  vorigen,  allgemeiner  'eine 
köehin  aus  der  stadt':  er  weckte  darauf  seine  mutter  leise  — 
die  gaste  sollten  eben  noch  lange  in  ihren  federn  bleiben,  — 
und  diese  hatte  die  stadtköchin  zu  wecken,  die  wie  mehre 
hochzeilmeublen ,  der  stadt  auf  wenige  tage  abgeliehen 
war.  J.  Faim.  (^lintut  Fixlein  178. 

•STAUTKOMMLSSAR,  m.  in  einigen  lealdeckscften  ttädten 
ein  von  der  landrjrregierung  ernannter  Ijeamfer.  der  vor 
allem  richterlirhe  ttefugnisae  hat.  BaUKR-Coi.I.ITZ  178.  174. 
vgl.  oben  iiladtamtmann. 

STAUTKÖRFKK.  m.  die  ttadt  als  ein  gante»:  worauf 
sie  denn  mit  Zuziehung  des  ganzen  stadtkörpers  ihre  ein- 
lichtungcn  so  machten,  als  ob  sie  die  Alhenienser  alle 
augcnblick  erwarteten.  Heiumann   ThueydidetM. 


STADTKOSTEN,  plur.  geldattßrand,  ausgaben  de»-  stadt: 
die  übrigen  wurden  in  die  thürme  gesperrt,  ...  im  noth- 
fall  auf  stadtkosten  gefüttert.  Freytag  is,  292;  geschütz 
meister  waren  selten  und  gut  bezahlt,  sie  reisten  auf  stadt- 
kosten nach  anderen  ansehnlichen  städten,  um  neue  ein- 
richtungen  kennen  zu  lernen.  295. 

STADTKRAMER,  m.  kaufmann  aus  der  stadt,  zumeist 
m,it  spöttisc/iem  beisinn :  (der  fürst)  hatte  im  gründe  seines 
herzens  die  empfindung,  dasz  die  anmaszung  der  stadt- 
krämer,  welche  beim  kaiser  klagten,  büchsen  gössen  und 
seine  mitfürsten  für  sich  zu  gewinnen  suchten  unleid- 
lich sei.  Frevtag  18,  300. 

STADTKRANKENHAUS,  n.  von  der  stadt  unterhaltene» 
krankenJiaus. 

STADTKREIS,  m.  im,  gege)isatz  zum  landkreis  utid  neben 
diesem  ein  selb.9tündiger  Verwaltungsbezirk  mit  dem  bürger- 
meister der  .sitadt  an  der  spitze. 

STADTKÜCHE,  /.;  alle  geworbenen  erhielten  sold,  die 
Verpflegung  besorgten  sie  entweder  selbst,  oder  sie  wurde 
von  der  stadt  durch  grosze  stadtküchen  bestritten.  Frey- 
tag 18,  287 ;  die  übrigen  gefangenen  wurden  in  die  thürme 
gesperrt,  aus  der  stadtküche  gespeist,  wofür  sie,  wenn 
sie  es  irgend  vermochten,  kostgeld  zahlen  muszten.  292; 
vgl.  oben  stadtkoch. 

STADTKUH,/..  Jei Campe  bezeichnung  von  kühen,  toelehe 
den  bürgern  der  stadt  gehören  und  vom  »tadthirten  au»- 
getrieben  toerden. 

STADTKUNDIG,  adj.  bekannt  in  der  ganzen  stadt.  im 
älteren  nhd.  auch  mit  umlaut:  statkündig  Sc  hott  ei.  476**; 
stadtkündig,  notorio,  palese,  noto,  vianifesto  ä  tutta  la 
cittä.  Kramer  dict.  2  (i702),  90i<=;  stadtkündig  Adelung; 
eine  stadtkündige  sache,  una  cosa  notoria.  Kram  er  a.a.O. ; 
stadtkündig  werden,  palesarsi,  sbuccinarsi,  bandirsiper  tutta 
la  cittä.  ebeiula;  stadtkündig  worden  seyn,  esser  diventato 
notorio,  esser  passato  hormai  alle  orecchie  di  tutti  quanti. 
ebenda;  viele  leute  hatten  mitleiden  mit  mir,  da  die  sache 
stadtkündig  wurde,  insel  Felsenhurg  3, 149 ;  dazu  ist  meiner 
eitern  vermögen  stadtkündig.  Gottsched  bei  Reichel 
kl.  Gottsched  wb.  56;  der  rangstreit  ist  ihre  (der  schönen 
hündin)  kleinste  sorge,  und  ich  habe  es  mit  meinen  äugen 
gesehen ,  dasz  sie  einem  budel  die  oberstelle  liesz ,  von 
dem  stadtkündig  war,  dasz  sein  vater  ein  fleischerliund 
gewesen.  Rahener  1,195;  sie  verliebte  sich  nun,  wie  es 
Stadt-  und  landkündig  ist,  in  einen  zigeunerburschen,  der 
die  geige  spielte.  Fr.  Müller  i,  295;  er  wuszte  zwar  von 
deinem  gesiebte  und  von  der  sclinellen  kur  meiner  stadt- 
kündigen erblindung  nichts  mehr.  3.  Pav\.  flegelj.  2, 136. 
heute  aber  ausschlieszlich  stadtkundig  •  stadtkundig,  in  civi 
täte  cognitus.  Stieler  951 ;  stadtkundig,  omnibus  in  urbe 
notus,  pervulgatus.  Frisch  2,  315».  die  geschichte  ist  so 
stadtkundig,  als  alles  übrige,  was  ich  erzählt  habe. 
TiiüMMEL  rei«e9,229;  eine  stadtkundige  kokette. Schiller 
Eiesko  1,1;  sie  können  es  nicht  leugnen,  was  an  den 
stadtkundigen  bettlern  geschehen  ist.  Besser  apostelgesch. 
in  bibelstunden^  160;  gar  nicht  zu  verbergen  waren  die 
Schicksale  der  frau  Raschke,  denn  sie  waren  stadtkundig. 
Freytag  6,  321 ;  Astorre  der  mönch,  der  stadtkundig  freien 
müsse,  habe  Antiope  verstohlener  weise  einen  goldring 
zugerollt.  C.  F.  Meyer  novellen  2,  88;  inzwischen  wurde  es 
stadtkundig,  dasz  der  leibmedikus  in  Ungnade  gefallen  sei. 
RiEHL  gesammelte  novellen  2, 144. 

STADTKUNST.  /.,  plw.  stadfkünste;  künste.  kunst 
mittelclien,  wie  sie  in  der  stadt  gang  und  gebe  sind:  da- 
her riethe  ich  auch  ...  sie  liesze  diese  stadtkünste  hier 
weg,  solche  dinge  gehören  in  keinen  landhaushalt.  Ikp- 
LAND  2,51. 

STADTKÜSTER,  m.  küster  an  einer  stadtkirehe.   vgl.  oben 
da»  entsprechende  s\adikiTchnet:  stadtküster.n/.v' 
urbicae.  Sri  eleu  834. 

STADTKUTSCHE,  /.  kutsche  att»  der  atadt,  iwi  grgiiwi.if: 
tur  landkutsche  (thril  ß,  122).   vgl.  KrCnitz  enrgcl.  if.T,  tis». 

STADTLAGE,/,  läge  der  atadt:  die  natürliche  noth- 
wendigkeit  der  stadtlage.  W.  H.  Rikmi.  mliur.studirn  »".i. 
(ort,  vo  eitle  stadt  geatauden  hat.)  erdhUgcl  be<leoken  zum 
theil  die  stadtlage.  deren  umfang  nicht  so  sicher  zu  er- 
kennen ist  wie  der  von  Tegar.  E.  Sachat  reise  in  Sgiien 
u.  Jdesop.  loa;  nach  einer  stunde  passierten  wir  wieder 
eine  stadtlage,  genannt  Kssonimngu.  114. 


477 


STADTLÄRM— STÄDTLEIN 


STÄDTLER  —  STADTLEUTE 


478 


STADTLÄRM,  tn.,  vgl.  oben  entsprechende  bildungen  wie 
stadfgeräusch  (*p.  461):  sie  wollten  nicht  glaxiben,  dasz 
mir  der  stadtlärm  auf  ihre  süsze  landfreuden  miszfallen 
würde.  Göthe  bei  Scholl  &t;  wer  erst  wenige  tage  vorher 
dem  stadtlärm  entkommen  ist,  . . .  der  . . .  sollte  die  ruhige 
einsamkeit  zu  schätzen  wissen.  Rosf.gger  sündergl.  230. 

STADTLATER^^E,/.;  für  das  licht  in  diesen  bischöf- 
lichen stadtlaternen  muszten  einzelne  städtische  gewerbe 
und  die  geistlichen  korporationen  gemeinsam  sorgen. 
W.  H.  RiEHL  tranderbuch  247. 

STADTLÄUFERIN, /.  in  der  stadt  umherlaufendes  weib  : 

weib  des  hungrigen  Ibicns, 
abgefäumteste  stadtläuferinn. 

Ramler  bei  Campe. 

STADTLEBEN,  n.  leben  in  der  stadt,  im  gegensatz  zum 
landleben  (^ÄeiZ  6, 123) :  stattläben,  vita  urbana.  Maalek 
385'^;  das  stadtleben  ist  nicht  zu  fliehen.  Butschky 
kanzlei  431 ;  wi  vil  glükseliger  das  land-  als  das  stadtleben 
sey,  lasset  sich  besser  wirklich  erfahren,  als  schriftlich  ver- 
fassen. 434;  ich  wollte  nemlich  noch  dieses  hinzusetzen, 
dasz  mir  das  landleben  weit  unschuldiger,  geruhiger  und 
natürlicher  vorgekommen  als  das  stadtleben.  Gottsched 
bei  Reich  EL  kl.  Gottsched  icb.  56;  {allein)  wenn  es  (das 
Schäfergedicht)  mehr  ein  erdichtetes  schönes  zu  seinem 
gegenstände  hat ;  wenn  es  das  mittel  zwischen  dem  land- 
und  stadtleben  hält ;  wenn  es  sich  von  der  plumpheit  und 
dem  ekelhaften  des  bauernstandes  eben  sowohl,  als  von 
dem  zwange  und  der  list  des  stadtlebens  entfernen  . .  musz. 
Gellert  3,  436;  im  übrigen  verstanden  die  Deutschen 
nicht  übel,  sich  mit  dem  stadtleben  zu  befreunden.  Frey- 
tag 17,  276 ;  während  Reinhard  sich  durch  seine  besuche 
eine  umfassende  kenntnis  des  staatskalenders  verschaffte, 
konnte  Lorle  zu  hause  sich  noch  gar  nicht  in  das  stadt- 
leben finden.  Aierbach  doifgesch.  3, 78.  mehr  in  dem 
sinne  von  oben  städteleben  (sp.  452) :  die  raubsucht  und 
fehdelust  der  groszen  mehrzahl  (der  ritterbürtigen)  war 
mit  dem  neu  aufblühenden  stadtleben  völlig  unverträglich. 
Frevtag  18,  300.    s.  auch  unten  stadtwesen. 

STADTLEHEN,  n.  ein  lehen,  welches  die  stadt  auszer- 
halb  des  eigentlichen  Stadtgebietes  besasz.  Gengler  deutsche 
Stadtrechtsaltertümer  308. 

STÄDTLEIN,  n.,  ufie  oben  Städtchen  (sp.  447)  demin.  zu 
Stadt,  mhd.  stetelin,  stetlin:  unser  herre  Jgsus  Kristus 
gieng  in  ein  stetlin  (castellum).  d.  mijstiker  2,  47, 11 ;  noch 
frühnhd.  stetlin,  oppidum.  vocab.  von  1498  bei  Dief.  397'', 
und  diaUctisch  noch  heute.  Münsingen,  ain  klain  stettlin. 
d.  städtechron.  5,  20,  31 ;  (der  von  Falkenstein.)  der  kam  ge- 
ritten in  ain  klain  stetlin,  haiszet  Prugg.  173,9;  und  also 
kam  ir  hinderhuet  gar  pald  mit  löo  pfärden  und  gewunnen 
das  stetlin  .  .  .  und  verpranten  das  stetlin  wol  halbs.  14. 16; 
item  dominica  seil,  quinquagesima  ward  Manhaim,  das 
stetHn,  gewunen  von  dem  margraff  Albrecht.  25,327,13; 
item  des  selben  malz  gewunen  der  von  Wirttenberg  Haiden- 
haim,  das  schlosz  und  stetlin.  17;  die  stedte  mit  yhren 
töchtern,  das  ist  mit  yhren  zuhörenden  flecken  und  kleinen 
stedHn  oder  dörffer.  Luther  23,531,16  Weim.  ausg.;  und 
der  graf  het  vil  feintschaft,  also  da;  er  in  dem  stetlin 
and  in  dem  schlosz  die  zeit  vil  rütter  und  hoffolk  bei 
einander  het.  Mlrner  Ulenspiegel  29  Lappenberg; 
ein  stetelin  heilet  Hörn, 
da  erreit  nian  ü  ein  teil.    Ottokar  rnmchr.  84768. 

in  der  Schreibung  stettlin:  in  ainem  stettlin,  haist  Decken- 
dorff.  d.  städtechron.  25,  22, 10;  wie  Reichenhall  das  stettlin 
verpran  bei  Saltzburg.  27, 17;  anno  dni.  1515.  a  die  12  marzo 
verpran  Reichenhall,  das  stetHn.  19;  auff  ein  zeit  kamen 
sy  (die  beiden  diebe)  in  ein  kleines  stettlin,  konten  darin 
jrer  gattung  nicht  bekummen.  Wickham  roUicagenbüchl. 
104, 24  Kurz;  in  der  form  stättel,  stättle  (s.  auch  oben  sp.  452) : 
stettel,  oppidum  Dief.  397»»;  das  stättle,  tirUcula.  eivita- 
tida.  oppidulum.  Maaler  383* ;  auch  unumgelautet  statte!, 
oppidum.  Dief.  o.a.  0.    mhd.  stetel: 

in  einem  stetel,  als  ich  las 
Tristan  der  hfichgemuote  bieip. 

Hei.nr,  V.  Frimerg  Trittan  1585; 
die  wfle  si  da  wäm  gelegen, 
würben  si  en  widerstnt 
umb  daz  stetel,  da?  da  Itt 
in  denselben  kreijen.    Ottokar  reimehr.  71887 ; 


noch  heute  landschaftlich: 

musz  i  denn,  musz  i  denn  zum  städtele  naos, 

und  du  mein  schätz  bleibst  hier. 

Volkslied  bei  Mittler  697«. 
encähnung  mag  auch  noch  die  landschaftlich  (z.  b.  in  Augs- 
burger quellen)  vorkommende  form  städtlach  finden :  und 
waren  (bei  dem  erdbeben)  ...  auf  dem  land  vil  stattlach 
und  slosz  verfallen,  d.  städtechron.  22,121,13;  desgleichen 
tetten  sie  andern  stetlachen  und  verprantens  alles.  488,  l ; 
die  (die  feinde)  detten  dem  margraffen  gar  grosz  schederi 
und  gewunen  im  gar  vil  schlösser,  stätlach  und  märckt 
ab.  25,  324,  4.  die  heute  in  der  Schriftsprache  geltung  habende 
form  ist  städtlein :  stättlein,  picciola  cittä,  terra  murata. 
Hü  LSI  US  (1618)  238»;  stätlein  Schottel  364»»;  städtlein 
CoRviNUS;  städtlein  mit  einer  mawer.  ebenda;  das  städt- 
lein, oppidulum.  Stieler  2112;  städtlein,  cittä  0  terra 
murata  si  mä  picciola;  borgo,  castello.  Kram  er  dict. 
2  (1702),  902'' ;  städtlein,  o/>p«/t«^um.  Stein  dach  2,  655.  von 
einem  städtlein  zu  dem  andern  werden  jahrmärckte  und 
kirchmessen  gehalten.  Comenius  491;  ein  klein  städtlein, 
xina  terricciuola.  Kramer  dict.  2  (1702),  902";  ein  schlechtes! 
elendes  städtlein,  una  terra,  terricciuola povera etc.  ebenda'; 
ein  gutes,  lustiges,  leutseliges  et«,  städtlein,  una  cittadeUa 
cioe  cittarella  (per  dire  cosi)  buona.  dilettevole.  popolata  etc. 
ebenda;  aus  den  engen  Verhältnissen  eines  kleineren  städt- 
leins.  Arnim  3,11  (kronenw.);  sieh  die  schönen  groszen 
bogen,  habe  darauf  in  jungen  jähren  ...  die  chronik  von 
unserm  städtlein  geschrieben.  30;  dies  liebe  städtlein  hat 
kaum  eine  strasze,  und  auch  die  ist  nur  halb  gepflastert, 
ich  möchte  hier  nicht  begraben  sein.  364;  (e»  geschah.)  dasz 
der  Scharfrichter  nach  dem  städtlein  Grave  an  der  Maas 
berufen  wurde,  um  drei  missethäter  zu  richten.  Keller* 
2,  235;  ich  verzichtete  auf  das  gartenkonzert  der  besseren 
oder  besten  gesellschaft  des  städtleins.  Raabe  die  akten 
des  vogelsangs  101 ; 

nach  dem  das  stetlein  ward  besetzt 
nach  Peter  und  Paul  auf  mittwoch. 

H.  Sachs  Karls  V.  ztig  nach  Frankreieh  1544 
bei  LiLiEXCRON  hiit.  vdkd.  4,  A4»; 
und  abends  im  städtlein,  da  kehr'  ich  durstig  ein: 
'herr  wirth,  herr  wirth,  eine  kanne  blanken  wein !' 
Geibel  1,  49  {der  mai  iH  gekommen). 
STÄDTLER,  m.   stadtbetcohner .    unterscheidet  sich  von 
Städter  (oben  sp.  453)   icoi  durch  etwas  spöttischeti  beisinn, 
tirolisch  ohne  umlaut:  statler  Schöpf  701.    über  diese  weit 
über  hundert  fusz  tiefe  schlucht  führt  ein  steg  von  Pitz- 
ling  nach  Landsberg,  und  wird  er  fast  viel  begangen  von 
den  städtlern   wie  von  den  Pitzlingern.   Leoprechting 
aus  dem  Lechrain  117; 

die  städtler  laufen  kreuz  und  quer 

durch  wald  und  berg  und  thal.    Schiller  1,  346; 

boill  wöll'n  d'  sfadia'  d'  hean  sein, 

oft  schlog'n  wida'  baua'n  drein. 

ged.  in  Tiroler  mundart  bei  Schöpf  701. 
STÄDTLEREI,  /.  kleinliches  xoesen  in  der  stadt.  z.  b.  t» 
reichsstädtlerei  (theil  8,  6I1). 

STADTLERISCH ,  adj.    nach  art  eines  städtlers.    tiroL 
statlerisch,  städtisch,  städtisch  gekleidet.  Schöpf  701 
STÄDTLERSCHOPF,  m.: 

auswezen  wollt  er  diese  schart 
mit  manchem  städtlerschopf.  Schiller  1,  346. 
STADTLEUTCHEN,  plur..  demin.  zu  dem  folgenden: 
allein  die  übrigen  riefen,  ich  müszte  sie  durchaus  am  arme 
führen,  da  wir  so  feine  stadtleutchen  seien.  Keller  l,  237. 
STADTLEUTE,  plur.  leute  aus  der  stadt.  Stadtbewohner: 
Stadtleute,  gente,  persone  di  cittä  ö  cittadina.  Kramer  dict. 
2  (1702),  902».  Stadtleute  im  gegensatz  zu  den  dorfleuten 
(theü  2, 1282)  und  landleuten  (theil  6, 123).  niederd.  stadlue, 
die  Städter  Schambach  207»;  ick  meyne  sucke  kloite,  as 
de  statine  upr  mutse  dreget.  niederd.  batternkom.  40  Jelling- 
haus,  als  sich  dann  auch  etliche  understeen,  umb  ires 
gesuechs  willen  den  stattleiten,  so  auf  dem  veld  den 
vöglen  richten,  ire  äcker  darauf  zu  richten  vergunnen. 
tirol.  tceisth.  1,244,12;  und  eben  diesem  lesen  habe  ich 
den  nöthigen  ehrgeiz  zu  danken,  dasz  ich  mich  durch  die 
höhnischen  anmerkungen  der  stadUeute  in  meinen  pflich- 
ten nicht  irre  machen  lasse.  Moser  patr.  phant.  2,f3; 
unsre  stadtleute  sprechen  von  groszen  festschmäusen  als 
von  einer  fronarbeit.  Arnim  3, X^i  (kronenw.);  die  stadtleuf 
sind  aber  doch  pfiffig,  sie  bauen  in  die  luft  hinein,  d» 


479 


STADTLICH— STADTLING 


STADTLOTTERIE  —  STADTMANN 


480 


kostet?  keinen  platz,  da  spart  man  das  fcld  dabei.  Auer- 
bach dorfgesch.  3,79;  {ein  meierhof.)  wo  eine  gute  Wirt- 
schaft für  stadtleute  betrieben  wurde.  Keluek  7,97;  die 
vornehmen  stadtleute.  Freytag  11,83;  'dann  also  haben's 
{das  versteckte  Jdoatergut)  andere  stadtleute  geholt.'  'aber 
die  einwohner  der  stadt  haben  sich  damals  verlaufen, 
der  ort  lag  jähre  lang  verwüstet,  menschenleer,  in  trüm- 
mern.'  6, 151;  haben  stadtleute  gesehen,  dasz  die  wunde 
geblutet  hat?  11,22;  ein  anderer  aber  hat  .  .  .  die  mönche 
und  stadtleute  in  falschem  glauben  bestärkt,  und  er  trägt 
die  Verantwortung,  wenn  die  seelen  in  ihrem  irrthum 
verhärtet  werden.  56;  einzelne  stadtleute,  zumal  bürger 
aus  der  Neustadt,  zogen  sogar  ihre  mutzen,  da  der  hoch- 
meister  auf  seinem  schwarzen  streithengst  bei  ihnen 
vorüberkam.  303;  fahrt  wohl.  Thorner,  und  sagt  euren 
stadtleuten ,  wir  hoffen  bald  einmal  an  sie  zu  kommen 
und  sie  sollen  ungünstige  gaste  in  uns  finden.  217;  aber 
während  Rom  zitterte  und  die  verweichlichten  stadtleute 
in  die  schiffe  stürzten ,  um  aus  Italien  zu  fliehen ,  . . . 
17,43;  das  ist  unser  geschlecht,  das  geschlecht  der  mo- 
dernen stadtleute,  die  nicht  säen,  nicht  ernten,  deren 
acker  die  strasze  ist  und  deren  gemeindewiese  die  boule- 
wards.  NAUMANN-ftttcÄ  60; 

wie  sint  den  statleut  sO  frO. 

H.  V.  Neustadt  ApoUonius  16338  StroH; 

stadtleute  und  dorfleute. 
wer  sind  bürger?  nur  verzehrer. 
wer  sind  bauem?   ihr  ernährer. 

LoGAu  bis  Lessing  6,  205. 

stadtleute,  militärische  mannscliaft  der  atadt:  item  stat- 
leute  uf  montage  noch  sant  Andreas  tage  verlassen  in  die 
reise  anczucziehen.  d.  städtechron.  10, 425  anm.  7.  im  appen- 
zellischen  sind  stadtlüt  Uute.  welche  den  markt  in  8t.  QaUeti 
besuchen.  Tobler  405*'. 

STADTLICH,  STÄDTLICH,  adj.  der  stadt  gehörig,  im 
dienste  der  stadt,  in  der  stadt  wohnend  u.  s.  w. .-  stattlich, 
urbanus,  utbictis,  politicus,  civilis.  Dasypodius;  statt- 
licher w^eise,  civiliter.  ebenda;  stattlich,  urbanus,  oppi 
damis.  Maaler  385''.  it.  den  statlichen  wirten  zu  sagen, 
dag  sie  bei  iren  pflichten  einem  borgermeister  zu  eröffen, 
ob  ye  zu  zeiten  von  iren  gesten  gehe  rüstung,  emporung 
oder  andere  arckwonige  ding  fürgenomen  würden,  und 
solichs  gehaym  ze  halten,  d.  städtechron.  ii,ö29,S2;  denn 
wenn  einem  das  land  oder  ein  statt  verbotten  würt,  das 
würt  geschetzt  oder  geachtet  ein  stattlicher  tod  {m,ors 
civilis).  Keisersberg  posHlle  2,  41»;  ein  stattlich  und 
bürgerlich  laben,  da  einer  sälten  auff  das  land  kompt 
oder  wandlet,  vitaurbana.  Maai.er  385*";  stattlicher  oder 
bürgerlicher  mann,  homo  urbanae  frontis,  vir  civilis.  385°; 
die  statt  Erlach  aber  ist  in  der  Berner  regierung  kommen; 
aber  wenn  und  durch  was  mittel,  hab  ich  nit  erfaren; 
wirt  diser  zeit  durch  sie  beherrschet,  hat  auch  darbey 
ir  eigen  stattlich  policey.  Stumpf  Schioeitzer  chronik  590^ ; 
(da)  durch  die  stötlich  obrigkeit  den  hinterlassnen  pupiln 
gerhoben  gesetzt  und  verordnet  werden,  österr.  weisth. 
1,189,1;  die  von  stötlicher,  als  über  der  pupiln  person 
von  ordenlicher,  obrigkeit  gesotzte  vormunder.  7.  in  an- 
lehnung  an  die  bedeutung  von  unten  stattlich:  stattlich, 
freundtlich,  holdsälig,  urbanus.  Maai.er  .sa)*;  adv.  statt- 
lichen, stattlich,  hofTlichen,  urbane,  civiliter.  385°;  bürger- 
lich, höflich,  stattlich,  civiliter,  civium^  more.  Henisch 
583,  47. 

STADTLICHKEIT,  STÄDTLICHKEIT,  /.  zu  dem.  vorher- 
gehenden: stattligkeyt ,  politeia  Dasypodius.  über  diese 
angleichung  an  stattlichkeit  («.  unten)  vgl.  oben  unter  stadt- 
lich, städtlich:  jene  tugend..,  die  schon  entartet,  der 
Kömer  und  der  Grieche  in  den  städten  suchte  und  städt- 
lichkcit  nannte.  Stoi.bero  6, 182. 

STADTLINDE.  /.  linde  vor  dem  thor  der  atadt:  (die 
gatHm  einsammfinden)  soiten  .  .  .  ufl  den  abend  vor  stadt- 
lind wider  zamcn  kummen,  so  weiten  wier  ussert  der 
•tat   zläger   schlachen,    kochen    was    wier   den   betten. 

Th.  PI.ATTF.R  n  Boot. 

STADTLING,  m.  Hadtbevoohner .  wU  oben  städtler  sieh 
durch  apötlischen  beiMnn  von  Btädt«r  (*.  oben)  unterschei- 
dend: BtJUlUinK  {vor.  finta  di  poco  uao)  habitante  di  eittä, 
eiUadino.  Krämer  diet.  9  (1701),  Ml^  vgl.  hell,  ■tedeling, 
Hädier.  wtädterin. 


ob  du  zum  schmaus'  hineilst,  ein  geladener?  ob  du  zur  kelter 
eines  der  städtlinge  trabst?   o  wie  eiferig  schwingst  du  den 
fusztritt.    Voss  Theokrü  7,  25. 
STADTLOTTERIE,  /.  von  der  stadt  veranstaltete  lotterie, 
z.  b.  in  Frankfurt  a.  M. 

STADTLUFT,  /.  im  gegensatz  zur  landluft. 

1)  die  Stadtluft  macht  bleiches  gesiebt;  die  stadtluft 
bekommt  ihm  nicht,  dann  auch  die  gesamten  lebens- 
bedingungen  einer  stadt:  wie  sie  zu  hause  kamen  und 
durch  die  stadtluft  wieder  in  ihr  wahres  element  versetzt 
wurden;  so  ward  unsere  {dei- landbewohnerin)  wohlgemeinte 
bewirthung  der  gegenständ  ihres  spottes.  J.  Moser  patr. 
phant.  2,  82. 

2)  im  besonderen  bezeichnet  stadtluft  in  dem  rechtssprich- 
Worte  stadtluft  macht  frei  die  gesamtheit  der  rechte  und 
freiheifen,  welche  die  stadt  im  allgemeinen  vor  dem  platten 
lande  auszeichnet:  stadtluft  ist  freier  als  landluft;  der 
hörige  icird  durch  Wanderung  vom  lande  in  die  stadt  mehr 
oder  loeniger  frei  von  den  herrenlasten.  vgl.  die  abhandlunq 
von  P.  SciiiJTZE,  die  entstehung  des  rechtssatzes  'stadtluft 
macht  frei'.  Berlin  1903.  *.  audi  oben  luft,  theil  6, 1239,  3,  b: 
luft  macht  eigen. 

STADTLÜMMEL,  m.  ungezogener,  frecher  bursche  aus 
der  Stadt:  Elisi  wollte  nicht  (aussteigen)...:  sie  hätte 
bezahlt,  um  zu  fahren,  und  nicht,  um  zu  laufen,  und 
das  sei  ein  grober  stadtlümmel,  und  dem  {dem  kutscher) 
thäte  es  wohl,  sie  hinauf  zu  fahren.  Gotthelf  Uli  der 
kriecht  313  Vetter. 

STADTLUMP,  m.  schelte  für  einen  {verkommenen)  städter: 
luftschlicker,  nachtarbeiter  grob, 
kothschäufler,  stadtlumpen  ohn  lob. 

ScHEiBLES  flieg.  bU.  166  (v.  j.  1621). 

STADTLUSTBARKEIT,  /.  •  wenn  andere  von  stadtlust- 
barkeiten  sprachen,  und  auch  sie  dazu  ermuntern  wollten, 
dann  wiesz  sie,  wie  jene  Grachenmutter,  auf  ihre  de- 
scendenz:  'seht  da!  das  sind  meine  lustbarkeiten!  das 
meine  konzerte,  meine  balle,  meine  feuerwerke,  meine 
komödien'.  Schmidt  kom.  dicht.  422. 

STADTMACHT,  /.,  praesidia  urbis,  m.ttltitudo  ciinum. 
Stieler  1205. 

STADTMÄDCHEN,  n.  mMchen  aus  der  stadt.  Campe: 
die  Sommersprosse  auf  dem  schönen  gesiebte  eines  land- 
mädchens  ist  sehr  natürlich;  aber  dieses  natürlichen  un- 
geachtet, wünsche  ich  die  Sommersprosse  doch  lieber 
weg.  oder  wollen  sie  ein  gleichnisz  von  einem  stadt- 
mädchen?  Lessing  an  Oleim,  U.junivibl,  xoerke  12,  a5; 
alles  das  nie  gesehene,  nie  gehörte,  das  sie  hier  umringte, 
machte  einen  so  heftigen  eindruck  auf  die  armen  stadt- 
mädchen,  dasz  sie  mich  zitternd  ansahen,  mir  um  den 
hals  fielen  und  weinten.  Thümmel  reüvee,  128;  das  ist 
ein  ewiges  nasenrümpfen  und  vornehmthun  von  dir  und 
der  kleinen  Eve  drüben  ...  ihr  wollt  beide  wie  stadt- 
mädchen  sein.  Fontane  vor  dem  stürm  2, 155. 

STADTMAGD,  /. ,    vgl.   das  vorhergehetide ;    stadtmagd 
Campe:      jck  hebb  eine  stadtmaget  to  echte  genainon, 
ick  fruchte  dat  bringet  my  nenen  franien. 

fattn.  »p.  9fi5,  26  Keller. 

STADTMAGISTRAT,  m.  bürgermeister  und  rat  einer 
atadt:  denn  wenn  nur  ein  kleiner  stadtmagistrat  sein 
quintlein  gewalt  aus  der  band  geben  wollt',  so  würd' 
der  ehrliche  mag.  Gratius  unfehlbar  das  märtyrerthuin 
des  philanthropinischen  enthusiasmus  davontragen.  Mu- 
SÄUS  physiogn.  re.i.tcn  3,68. 

STAÜTMÄJOR,  m.  ein  festungsoffizier ,  icelcher  das 
schlieszen  und  öffnen  dei-  thore  überwacht.    Egoers  t.46i. 

STADTMALER,  m.:  nunmehr,  da  man  mich,  einen 
tugendübenden  stadlmaler  Liborius,  bezweckter  frevelthat 
anschuldigt.  Ric.  Hucii  teufeleien  103. 

STADTMAMSELL,/,  fräulein  aus  der  stadt.  Matthes: 
kommt  denn  das  wundcrthier  heute  noch  an?  Anton: 
was  für  ein  wunderthior?  Matthes:  die  stadtmamsell. 
Iffi.and  2,  8; 

der  welken  Htadtmamsel  abtrtlnniff,  wfthlt  er  endlich 
ein   frHiilcin  «ich  zur  dam',   halb  ln'tüsch  und  halb  Itndlicb. 
,,    „    .,  Voss  6  (180a>,  182. 

vgl.  mamsell  theil  6, 1520. 

.STADTMANN,  m.  bexcohner,  Mrger  einer  stadt;  slntman. 
urlßanus  DiKF.  689";  stattmann,  der  in  der  statt  wont  oder 
BÜzt,  urhonus,  oj>]>idnnus.  Maai.f.r  »V»'':  staltmann,  citoyen. 
cittadino.  Hui^ius  (1616)  807';    slalmann  Schottki.  888. 


48 1  STADTMANNSCHAFT — STADTMAUER 


STADTMAUER 


482 


481»;  vgl.  stadsman,  oppidanus  Kilian  2,  625»;  da  er  sich 
nun  so  gut  anliesz,  gewann  ihn  der  forstmeister  täglich 
lieber  und  sagte ,  er  müsse  ihm  gänzlich  ein  ehrbarer 
und  wehrbarer  stadtmann  werden.  Keller  5, 206;  mit 
ausge»procfienem  gegensatz  zu  einem  mann  votn  lande:  stad- 
raan  Schambach  207*;  'er  schnapse  gern  vor  dem  essen' 
versetzte  Knoll  zu  Walts  erstaunen  über  ein  solches 
postillionszeitwort  von  einem  stadt-  und  hofmann.  J.  Paul 
fiegel jähre  1,  70. 

STADTMANNSCHAFT,  /.  müitäriaehe  mannschaß  der 
atadt:  stadtmannschaft^.^twirni^'one,  presidio,  soldatesca 
d'ttna  cittä  6  piazza.  Krameh  rficf.  2  (1702), 901"=;  entsprechend 
der  bedeiitung  von  landsmannschaft  {fheil6,iu),  stadt- 
mannschaft,  verband,  Zusammengehörigkeit  von  bewohnern 
derselben  stadt:  man  hat  hiemit  (mit  dem  hinabsetzen  des 
eigenen  geschUchtes)  unweiser  gehandelt,  als  wenn  man 
den  namen  seiner  stadt-  oder  landsmannschaft  zum  eckel- 
namen  machte.  Herder  ö,  117, 18  Kühnemann. 

STADTMÄRCHEX,  n.  märchen.  seltsame  geschichte,  die 
man  sich  in  der  stadt  erzählt,  das  weiter  attsgeschmückte 
Stadtgespräch  (s.  oben  sp.  4€3)  u.  ä. :  denn  sehen  sie ,  die 
beste  neuigkeit  verliert,  sobald  sie  stadtmährchen  wird. 
Schiller  Fiesleo  3,  lO;  zum  stadtmährchen  werden,  gegen- 
ständ eines  solchen  (seltsamen)  stadtgeredes  werden.  Campe. 

STADTMÄRE,  /.,  vgl.  das  vorhergehende:  gassen-  oder 
stadtmähre,  rumores  adespoti,  profecti  ab  incertis  homi- 
nibtis.  CoRviNus  fons  lat.  12». 

STADTMARK,  /.  grenze,  mark  der  stadt:  bewaffnete 
reifer  des  nächsten  landesherrn  haben  der  karavane  das 
geleit  bis  an  die  stadtmark  gegeben.  Freyt.\g  18, 132; 
auch  die  landwehr,  wall  und  graben  um  die  stadtmark, 
wurden  durch  schranken  aus  bohlen  verstärkt,  und  wo 
sich  eine  landstrasze  durchzog,  mit  schlagbäumen  be- 
setzt. 288. 

STADTMARKT,  m.  markt,  marktplatz  einer  stadt:  stat- 
markt  Schottel442»;  stadtmarkt  Campe,  hundert  geräthe 
und  erfindungen,  die  wir  noch  heut  gebrauchen,  waren 
auf  dem  stadtmarkt  des  14.  Jahrhunderts  feil.  Freytag 
18,131;  die  (beute)xoträ.ihe  werden  gesondert  und  ver- 
schlossen und  auf  dem  stadtmarkt  an  den  meistbieten- 
den  verkauft.  291. 

STADTMARKUNG./.  die  von  der  stadtmark  umschlossene 
flur;  vgl.  oben  stadtfeldmark  (sp.  457) ;  stadtmarkung,  agri, 
vineae  et  pascua  ad  civitatem  vel  oppidum  aliquod  spee- 
tantia.  Stieler  1271. 

STADTMASZ,  n.  das  in  der  stadt  geltende  masz;  vgl. 
oben  stadteiche  (sp.  45l):  stadtmasz,  misura  del  publico. 
Kr.\mer  dtc^  2  (1702),  901"=;  stadtmasz,  in  der  stadt  Graz 
in  früherer  zeit  gebräuchliches  masz  für  flüssigkeiteji  und 
getreide.  ünger-Khull  567*";  er  (der  tavei-ner)  soll  auch 
haben  die  rechten  stattmasz.  steir.  taidinge  266,  21. 

STADTMÄSZIG,  adj.  nach  anläge,  art,  sitte  einer  stadt, 
sich  stadtmäszig  kleiden,  7iach  der  mode  der  stadt;  Hann- 
chen  kömmt  von  ferne  in  einem  artigen  nachtkleide, 
aber  stadtmäszig  angezogen.  Weisze  Ä-om.  opern  3,  26;  ein 
stadtmäsziger  flecken,  flecken,  der  an  grösze  o.  ä.  einer 
ttadt  gleicht.  ^ 

STADTMÄSZIGKEIT,  /.  zu  dem  vorigen  gebildet.  Campe. 

STADTMAUER,  /.  mauer,  tcelche  die  stadt  umgiebt; 
mhd.  statmüre.  über  die  bauliche  anläge  der  Stadtmauer 
vgl.  Heyne  d.  hausalterth.  \,Zi'.  stattmawer,  le  rempart, 
ü  bastione.  Hulsils  (1616)  307»;  stattmawer,  il  bastiohe. 
(1618)238»;  statmaur  ScHOTTEL480'>;  die  stadtmawerCoME- 
Nius  aprachenth. ;  die  stattmawren,  murus.  Corvinu.s  fons 
lat.  4ll'>;  Stadtmauern  (plur.),  moenia  in  speeie.  Stieler 
1256;  stadtmaur,  Stadtmauern,  plur.,  muro,  mura  della 
cittä.  Kramer  rfic<.  2(1702), 901";  stadtmaur,  »noenta  Frisch 
»,315»;  Stadtmauer  Adelung;  vgl.  stadmueren,  moenia, 
muri.  Kilian.  auch  so  henkt  man  pretter  an  alle  zinnen 
an  der  statmaur  ze  ring  umb  und  umb  und  überall  an  der 
statmaur.  d.  städtechron.  5,177,17;  von  sechsundviertzig 
gemachen  . . ,  die  auf  der  vesten  und  also  gerings  umb  die 
stat  von  den  thümen  und  der  innem  statmeur  in  die 
Zwinger  geen  allenthalben,  das  ein  zu  graben  dorpei  und 
zu  räumen.  Tucher  baumeisterb.  114,9;  vier  thüm  ...  an 
der  eusem  hochen  statmeur.  115,14;  der  berkfrit,  mit- 
sampt  . . .  der  hochen  statmeur.  134, 11;  das  eckehaus  pei 
der  alten  statmeur  gegen  meister  Lorentzen  hof  über. 
X    2. 


137,  4;  mer  hat  man  an  den  hernach  geschriben  enden 
und  heusern  hangent  allewegen  zwu  lang  fewerleittern 
und  zwen  fewerhocken  an  stangen  .  .  . :  pei  dem  Thier- 
gartner  thore  oben  an  der  statmeur  hocken  und  leittem. 
143,  31 ;  neben  dem  steinen  gang ,  der  auf  die  statmaur 
und  thurn  an  demselben  end  geet.  167,19.  vgl.  179,32: 
pei  der  alten  statmaur,  die  do  eins  teils  eingefallen  ist. 
187,  21;  die  weite  aber  der  vorstedte  .  .  .  sol  tausent  eilen 
ansser  der  stadmauren  umbher  haben.  4  Mos.  35,4;  denn 
jr  haus  war  an  der  stadmaure,  und  sie  wonet  auch  auff 
der  mauren.  Josua  2,15;  und  wenn  man  das  halljahrs- 
horn  bleset  und  denet,  das  jr  die  posaunen  höret,  so  sol 
das  gantze  voick  ein  gros  feldgeschrey  machen,  so  werden 
der  stadmauren  umbfallen.  6,5;  auff  diesen  tag  (21.  dez.  1529) 
ist  die  ausser  statmaur  gegen  der  strasz  bei  Geginger 
thor  zum  tail  umgefallen,  d.  städtechron.  23,246,14;  da 
lief  er  nach  einem  loch,  das  in  die  statmauer  geprochen. 
Wilwolt  v.  Schaumburg  145;  zwei  meilen  von  hier  nach 
Schorndorf  soll  noch  ein  stück  von  unsrer  alten  Stadt- 
mauer zu  sehen  sein.  Arnim  3,30  (kronenvs.);  ja,  ich  sage 
euch,  bis  in  kleinigkeiten  macht  sich  eine  freie  stadt 
kenntlich,  .  .  .  die  Stadtmauern  und  thore  sind  aber  vor 
allem  gut  erhalten.  234;  ein  landstädtchen  mit  zwei 
plumpen  kirchthürmen  und  dunklen  Ziegeldächern,  welche 
über  die  Stadtmauer  ragten  wie  rücken  einer  rinderherde, 
die  sich  gegen  ein  rudel  wölfe  zusammengedrängt  hat. 
Freytag  6,42;  das  haus  lag  unweit  der  Stadtmauer.  11,47; 
unweit  der  Stadtmauer  stand  als  Überrest  einer  vergange- 
nen bürg  ein  alter  viereckiger  thurm.  13,250:  dort  regiert 
der  burgmanne  herrisch  den  innungsgenossen,  der  neben 
ihm  dieselbe  Stadtmauer  vertheidigt.  18,  3;  der  buschreiter 
. .  .  denkt  begehrlich  ...  an  die  tausend  herrlichen  dinge, 
welche  die  Stadtmauer  seinem  wünsche  vorenthält.  121 ; 
in  Elbing  waren  die  männer  ausgezogen,  da  vertheidigten 
die  frauen  ihre  Stadtmauer.  2ll;  in  landbau  und  gewerbe 
sah  man  vor  lauter  Stadtmauern  und  gaugrenzen  noch 
nicht  die  groszen  grenzscheiden  der  nationen.  \V.  H.  Riehl 
deutsche  arbeit  Gö;  sonst  meinen  fabrikanten,  man  agitire 
für  die  bewahrung  der  alten  Stadtmauern,  und  die  sind  zur 
zeit  ganz  in  Ungnade  gefallen,  culturstudien  268;  oben  auf 
die  wallartig  breite  Stadtmauer  baute  man  nämlich  seit 
dem  ende  des  16.  Jahrhunderts  eine  lange  linie  kleiner 
wohnhäuschen.  273;  und  da  die  ganze  lange  zeile  der 
Zwingerhäuschen  gerade  die  südwestseite  der  Stadtmauer 
krönt,  .  .  .  ebenda;  es  veranschaulicht  den  mutterwitz  der 
altvordern,  dasz  sie  die  Soldaten  auf  die  Stadtmauer 
quartiert  haben,  wo  dieselben  mit  der  stadt  zunächst 
ihren  eigenen  herd  vertheidigen  muszten.  274;  aber  statt 
einer  kaserne  setzten  die  alten  die  Idylle  eines  dorfes 
auf  die  Stadtmauer,  ebenda;  deswegen  gedeiht  auch  ein 
ziemlich  guter  wein  rings  um  die  alte  Stadtmauer.  Keller 
4,  7 ;  mögen  sie  es  so  treiben ,  sie  werden  am  ende  ge- 
schickte Schulmeister  und  disputierer  sein,  aber  sicher- 
lich im  offenen  feld  keinen  streit  mehr  bestehen  und 
kaum  ihre  Stadtmauer  schirmen!  6,338;  um  sein  gemüth 
zu  beruhigen,  machte  Waser  gegen  seine  gewohnheit 
einen  raschen  gang  um  die  beschneiten  Stadtmauern. 
C.  F.  Meyer  Jürg  Jenafsch  96;  in  einem  der  allerwunder- 
lichsten  häuser  an  der  Stadtmauer.  H.  Seidel  icinter- 
märchen'i;  schon  wollte  Wendelin  aus  dem  fenster  springen, 
durch  den  garten  rennen,  über  die  Stadtmauer  klettern 
und  davon  laufen  in  die  weite  weit.  18;  nach  herstellung 
der  Stadtmauer  konnte  Ezra  die  gemeinde  auf  sein  gesetz- 
bach  verpflichten.  Smend  alttestamentl.  rel.-gesch.  346; 

da  (in  der  nac/U  bei  mondengchein)  wanderten  die 
meoszlein  beyd 

an  der  stadinauern,  nach  der  seyt. 

da  das  thor  war  beschlossen  fest, 

und  krochen  nnter  durch  zuletzt. 

Rollenhagen  /rotdun.  G  3». 

die  Stadtmauer  niederreiszen ,  schleifen ,  tcodurch  auch 
mehr  oder  Keniger  die  freiheitlichen  rechte  der  stadt  auf- 
gehoben icerden ;  eine  stattmawer  schleiffen,  muntm  diniere 
et  solo  aequare.  Corvinus  fons  lat.  411'';  die  stadtmauren 
schleiffen,  rädere,  demolire,  atterrare  le  mura,  smanteUare, 
ffasciare  la  cittä.  Kramer  dict.  2  (1702),  901°;  (die  bürger 
der  Stadt  Windsheim  beklagten  sich,)  wie  markgraf  Fridrich 
in  das  körn  und  das  getraid  nicht  sneiden  wolt  lassen, 
sie  selten  vor  ir  statmaur  nider  werfen,    d.  städtechron. 

31 


483   STADTMAÜERBAU— STADTMEISTER 


STADTMENGE  —  STADTMÜHLE 


484 


il,  675,  21 ;  nach  dem  muster  hellenischer  städte  fügen  die 
bauern  Latiums  .  .  .  die  groszen  maschinen,  durch  welche 
sie  Stadtmauern  fällen.  Freytag  17,57;  noch  immer  lieble 
der  Vandale  die  städto  nicht,  obgleich  könig  Genserich 
alle  Stadtmauern  niedergerissen  hatte.  125;  als  pars  pro 
toto:  innerhalb  der  Stadtmauer,  in  der  Stadtmauer  u.  a.  w.. 
in  der  atadt:  wer  ein  wonhaus  verkeulTt  in  der  stadt- 
niauren,  der  hat  ein  gantz  jar  frist,  dasselbe  wider 
zu  lösen.  3M(w.  25, 29;  die  post  ist  angelangt,  die  Ver- 
zeihung meines  vaters  ist  schon  innerhalb  dieser  stadt- 
mauren.  Schiller  »än&wl,  2  (»cAöm*^.);  in  den  meisten 
Stadtmauern  wechselten  wilde  aufstände  und  erzwungene 
theilnahme  der  handwerksmeister  am  rath,  gänzlicher 
ausschlusz  der  geschlechter  von  der  rcgierung  und  kurze 
Zeiten  einer  patricischen  Wiederkehr.  Freytag  18, 118; 
{lieben  bürg:)  die  letzte  frage  bei  unzähligen  kämpfen, 
die  um  bürg  und  Stadtmauern  tobten.  28*;  natürlich,  sie 
{die  Städte)  hatten  am  meisten  zu  verlieren, .  .  .  die  Stadt- 
mauer umschwärmt  von  allen  raubvögeln  der  land- 
schaft.  297; 

der  bawer  hett  darob  ein  schewen 

trollt  sich  zum  thor  ausz,  kam  heimwertz  .  .  . 

und  klaget  all  seinen  nacbbawren, 

wies  im  wer  gangen  in  der  stattmawren. 

H.  Sachs  2,  4,  se». 

auszerhaib  der  statmaur  bei  der  Juden  kirchhof  hat  man 
ain  neue  maur  zö  der  stat  wer  im  vergangen  jar  gehauen. 
d.  stüdtechron.  23, 181, 11,  d.  i.  auszerhaib  der  stadt;  ebenso 
in  und  vor  den  Stadtmauern.  W.  H.  Riehl  culttiratudien 
265,  innerhalb  und  auszei'halb  der  stadt. 

STADTMAUERBAU,  m.  bau  einer  Stadtmauer :  man  hat 
letzlich  dahin  geschlossen,  da.sz  wenn  man  mit  geld, 
steinen,  kalch  und  andrer  nothdurfft  geschickt  wäre, 
. . .  dieser  stadtmauerbau  binnen  18  wochen,  und  also  in 
einem  sommer  vollführet  werden  könnte.  Meltzer  histo- 
ria  Schneebergensis  12;  bedencken,  nach  welchem  billich 
der  stadtmauerbau  dem  höltzernen  schrancken  vorzu- 
ziehen war.  ebenda.;  eine  Ursache  des  verhinderten  stadt- 
mauerbaues.  73. 

STADTMAURER,  in.  maurermeister,  welcher  städtischen 
bauarbeiten  vorsteht,  er  ist  unterstellt  dem  stadtbaumeister 
{a.  ap.  441) :  nu  über  das  alles  so  hat  ein  erberg  rate 
einem  werckmeister  und  statmaurrer  ab  zu  sagen  und 
Urlaub  zu  geben.  Tucher  baumeisterb.  36. 

STADTMAUS,  /.,  gegensätzlich  zur  feldmaus  {theU  8, 1486) : 

von  einer  veltroQs  und  einer  statmüs. 
von  vrier  armuot. 

ein  veltmüs  eines  zites  sprach 

vil  vroelich,  dO  si  erst  ersach 

ein  statmüs,  ir  geschlechte,  komeu.     Boner  16,  1 ; 
zur  feldmaus  kam  einmal  die  stadtmaus  in  den  wald, 
in  ihren  dürftigen,  gehöhlten  aufentbalt.     Haüedorn  1,  25. 

STADTMEDIKUS,  m..  dasselbe  wie  oben  stadtarzt  («p.440) : 
stattmedicus,  phyaicua  Corvinus  fons  lat.  427'». 

STADTMEISE,  /.  spöttische  bezeichnung  der  Leipziger 
atadtaoldaten :  stadtmeese.  handschr.  mitth.  von  Hoffmann 
V.  Fallersleben  ;  stadtmesen,  plur.  Kluge  Studenten- 
sprache 107». 

STATMEISTER,  m.  l)  hoher  städtischer  beamUr,  wol 
dasselbe  wie  burgermeister,  burgemeister  (^Ä€t£  2,  540);  vgl. 
oben  auch  städtemeister  {ap.  463),  besonders  in  Süddeutsch- 
land  statmaister,  maister  der  stat  {auch  maister  schlecht- 
hin), burgermeister.  Schm.'  1, 1683;  ao  in  Straszburg:  stadt- 
meister,  maeatro  cioi  conaole,  governatore  della  cittä  mas 
rimi  ä  Argentina.  Kramek  dtc^.  2  (1702),  goi";  diese  {die 
angehörigen  de»  ratea)  ernannten  einen  eigenen  schafTer 
and  wählten  aus  ihrer  mitte  drey  pfleger,  worunter  immer 
ein  Stadtmeister  seyn  muszte.  Göthk  89,363;  in  Augs- 
burg: die  stadtmeister  haben  dasjenige  zu  strafen  was 
in  meiner  herren  oder  der  handwerkerordnung  nit  be- 
griffen ist.  Ordnung  von  1647  bei  Birlingkr  409*>;  den  stadt- 
maistem  boII  man  in  ire  straffen  nit  greiffcn,  es  sei  denn 
mit  fUrkanf  oder  anderm  unbilligem  vorhaben,  ebenda, 
doch  auch  in  Norddeutachland  bekannt:  statmeister  ScilOT- 
TEi.  «fll**;  in  Magdeburg:  Lenze  van  Hildensem,  de  do 
■tadmester  was.  d.  atädtechron.l,%w,%\  Möwe  van  Calvo, 
de  des  jarea  vor  stadmester  hadde  wesen.  V70, 18 ;  vgl. : 
do  tprak  Cone  van  Wellen  der  stad  meater.  174,8. 

t)  ein  über  die  bauarbeiten  der  atadt  aufaieht  führender 
beamtet,   dem  «UdlbaumeUUr  («.  oben  «p.  44i,   eo  vird 


er  tu  Tuchers  baumeisterb.  wiederholt  neben  dem  stat- 
meister genannt)  unterstellt,  wahr  sei teinlich  besonders  sach- 
kundige tTieister  der  einzelnen  geiperbe,  d.  h.  der  maurer, 
zimmerleute  u.  s.  w.:  mcister  Hanns  Ruprecht  maurrer, 
ietzunt  statmeister.  Tucher  baumeisterb.  35,  27;  auch  gibt 
man  dem  meister  Hannsen  dem  Dubinger,  ietzunt  stat- 
meister, alle  jare  ausz  der  losungstuben  zweintzig  gülden 
rheinisch  zu  vorausz.  38,7;  {ein  zijnmei-mann-)  ob  nu  der 
statmeister  ein  lergesellen  haben  wolt,  des  hat  man  bisz- 
her  dem  zimmermeister  nit  günnen  wollen,  doch  wo  im 
der  statpaumeister  eines  vergönnen  wolt,  solt  man  im  über 
ein  nit  vergönnen.  17;  aber  nachdem  und  meister  Hanns 
Dubinger  abgangcn  ist,  hat  der  stat  walthawer  dem  stat- 
meister, dem  Zimmermann  nichts  geben.  72,6;  auch  sullen 
die  statmeister  und  parlierer  ir  gesellen  und  tagloncr  in 
acht  haben,  also  das  keiner  ee  abgee  dann  ir  rechte  zeit 
ist.  62,28;  item  dem  stattmaister,  mawrer,  zymmerlcut, 
decker,  pflasterer  und  handwerkmaisterleut.  qxieUen  zur 
gesch.  des  bauernkrieges  a.  Botenburg  a.  d.  Tauber  178 
Baumann;  dabei  kam  es  vor,  daez  besonders  in  kleineren 
Städten  ein  solcher  stadtmeister  zugleich  stadtbaumeister 
war:  ein  statmeister  in  Rotenburg  a.  d.  Tauber,  welcher 
in  Nürnberg  einen  brückenbau  leiten  soll.  d.  städtechron. 
10,  372  anm.  3. 

STADTMENGE,  /.  bevölkeningsmenge  der  stadt:  ohne 
dergleichen  {polizei  und  markordnung)  kein  statt-  oder 
marktmenig  nit  sein  noch  in  gueten  aufnemen  kan  und 
mag.  steir.  taid.  1, 139,9. 

STADTMENSCH,  m.  mensch,  der  in  der  atadt  lebt:  als 
ackerleute  und  bergbewohner,  als  künstlet  und  stadt- 
menschen. Herder  bei  Campe,  ah  neutrum  wol  in  loeg- 
werfendem  sinne:  das  stadtmensch,  eine  Städterin.  Stai - 

DER   2,  389. 

ihr  wuchs  wird  fast  mit  einer  band 
der  schlanken  weide  gleich  umspannt, 
kein  stadtmen-sch  hab  ich  noch  gesehn 
so  frisch  wie  Männchen  und  so  schön. 

Schubart  352, 13  Sauer. 

STADTMERK  WÜRDIGKEIT /.  merkwürdigkeit ,  durch 
die  eine  stadt  sich  auszeichnet:  wie  . .  .  die  kunstreichen 
Wasserwerke  und  brunnenthürme  als  eine  rechte  stadt- 
merkwürdigkeit  noch  immer  den  fremden  gezeigt  werden. 
W.  H.  Riehl  culturstudien  203. 

STADTMETZGER,  m.  Schlachtermeister  aua  der  stadt; 
stadtmetzger,  lanius.  lanio,  camarius  urbicus.  Stiei.er 
1251;  stadtmetzger,  macellaio  della  cittä.  Kramer  dict. 
2  (1702),  902'' ;  im  nächsten  dorf  sahen  wir  den  Arnold  von 
Melchthal  ruhig  einem  stadtmetzger  einen  ochsen  ver 
kaufen.  Keller  1,366. 

STADTMILIZ,  /. .-  selbst  laien  waren  in  groszer  anzahl 
zugelassen  {zu  der  synode  vom  6.  nov.  963),  viele  vom 
römischen  adel  und  die  ganze  römische  stadtmiliz. 
Giesebhecht  1*,  4€5. 

STADTMIST,  m.  mist.  welchen  die  bauern  aua  der  be- 
nachbarten  stadt  holen,  um  ihre  felder  damit  tu  düngen. 
Campe. 

STADTMÖNCH,  m..-  er  konnte  der  stadtmönch  von 
Padua  heiszen,  den  das  volk  verehrte  und  auf  den  es 
stolz  war.  C.  F.  Meyer  novellen  2, 17. 

STADTMORAL ,  /.  moral  icie  sie  in  der  stadt  gelehrt 
wird;  als  moral  der  betheiligung  am  öffentlichen  leben  der 
Stadt:  hier  {in  dem  buche)  wollte  er  zeigen,  wie  der  gut 
denkende  bUrgcr  sich  an  die  neue  stadtordnung  an 
schlieszen  könne,  dies  nehmliche  hat  er  noch  in  den 
letzten  tagen  an  seinen  arzt  wiederholet,  und  bat  ihn 
seinen  freunden  zu  sagen:  dasz  der  gegenständ  seines 
buchs  seine  stadtmoral  sey.  Herder  17,  413  Suphan. 

STADTMüTTO,  n.,  icelchea  für  das  leben  und  treiben 
eitler  atadt  charakteristisch:  ja  ich  möchte  sie  (die  icorte 
des  knaben)  als  stadt motto  gleich  auf  das  thor  schreiben 
lassen;  denn  die  jungen  piepen,  wie  die  alten  pfeifen. 
Hei  NR  8, 18  ELater. 

STADTMÜDE,  adj.  de»  lebena  und  treibena  in  der  atadt 
müde:  stadünUde  mennchcn  machen  einen  ausflug  ins 
freie,  datu  stadtmUdigkeit ,  /..■  er  floh  voll  stadt- 
müdigkeit  in  den  wald,  aufs  land. 

STADTMÜHLK,  /.  mühte.  weUhe  die  atadt  mit  mehl  ver- 
aorgt,  vgl.  Heyne  d.  hauaaltert.  i,309:  ohne  stadtniUhlen 
war  nicht  auszukommen.  KiiKv-rAo  18,  194. 


485 


STADTMÜNZE — STADTNAME 


STADTNARR— STADTORDNUNG 


486 


STADTMÜNZE,  /.  l)  von  der  stadt  geprägte  und  in  um 
lauf  gesetzte  geldmünze:  stadtmüntze ,  moneta  civitatis. 
Stieler  1310;  stadtmüntz,  moneta  eorrente  dd  comviune 
0  puUico.  Kramer  rftc^.  2  (1702), 901»;  stadtmünz,  moneta 
eimtatis.  Frisch  2,  315».    vgl.  auch  oben  stadtgeld  (sp.  460). 

2)  stadtmünze,  ort,  baulichkeit,  anstalt,  wo  stadtgeld  ge- 
prägt ioird.  Campe. 

STADTMUSIK,  /.  l)  musik,  tciesiein  der  atadt  gemacht 
wird;  öffentliche,  auf  kosten  der  atadt  veranstaltete  musi- 
kaliscfie  darbietung. 

2;  coUectivisch  das  auf  kosten  der  stadt  unterhaltene  musik- 
oichester:  Steinmetz  war  seines  dienstes  auf  dem  raths- 
tharme  längst  enthoben  und  nur  noch  anführet  der  stadt- 
musik.  Freytag  13,  212. 

STADTMCSIKANT, m.  ungehöriger  der  stadtmusik  («.  stadt- 
niusik  2):  stadtmusikant,  auloedus,  auletes.  Stieler  1313; 
stadtmusicant,  musico  deUa  citta.  Kramer  dtc#.  2(i702),902*; 
vgl.  auch  unten  stadtpfeifer:  Miller,  stadtmusikant,  oder 
wie  man  sie  an  einigen  orten  nennt,  kunstpfeifer.  Schiller 
kab.  u.  liebe  personenverzeichnis ;  Miller  {sich  vorstellend). 
stadtmusikant  Miller.  2, 6;  jetzt  hatte  die  prügelpartie  ihre 
blüthe  erreicht,  mehre  stadtmusikanten  und  der  bratschist 
faszten,  weil  sie  friedlich  dachten,  notenpulte  an  und 
hielten  sie  umgekehrt  vor,  um  sich  blos  zu  decken,  eh' 
sie  sich  damit  rannten.  J.Pxvh  ßegelj.  2,82;  die  Bremer 
stadtmusikanten.  brüder  Grimm  kinder-  u.  luxusmärchen 
nr.  24;  aber  der  esel  merkte,  dasz  kein  guter  wind  wehte, 
lief  fort  und  machte  sich  auf  den  weg  nach  Bremen:  dort, 
meinte  er,  könnte  er  ja  stadtmusikant  werden,  ebenda; 
'weiszt  du  was',  sprach  der  esel  {zum,  hunde),  'ich  gehe 
nach  Bremen  und  werde  dort  stadtmusikant,  geh  mit 
und  lasz  dich  auch  bei  der  musik  aufnehmen,  ich  spiele 
die  laute,  und  du  schlägst  die  pauken.'  ebenda;  {zur  katze.) 
geh  mit  uns  nach  Bremen ,  du  verstehst  dich  doch  auf 
die  nachtmusik,  da  kannst  du  ein  stadtmusikant  werden. 
ebenda;  Krespel  walzte  etwas  weniges  mit  den  meister- 
frauen,  setzte  sich  aber  dann  zu  den  stadtmusikanten, 
nahm  eine  geige  und  dirigierte  die  tanzmusik  bis  zum 
hohen  morgen.  E.  T.  A.  Hoffmann  l,  246  Schweiger. 

STADTMUSIKUS,  m.,  dasselbe  wie  das  vorhergehende: 
mit  dem  frühesten  morgen  {des  neujahrstages)  waren  die 
enkel  schon  daselbst  {im  hause  des  groszvaters)  versammelt, 
um  die  trommeln,  hoboen  und  clarinetten,  die  posaunen 
und  zinken,  wie  sie  das  militär,  die  stadtmusici  und  wer 
sonst  alles  ertönen  liesz,  zu  vernehmen.  Göthe  24,129; 
im  Singular  auch  der  vorstelier  der  stadtkapelle :  als  ver- 
trauter des  stadtmusikus  gewann  er  in  seinem  dränge, 
dicht  an  der  bühne  zu  sein,  einen  platz  auf  der  bank 
der  musikanten.  Freytag  13,  257;  der  kommenden  dinge 
harrend,  plauderte  alles  mit  halber  stimme  durcheinander; 
dazu  fiedelte  unser  stadtmusikus  mit  drei  seiner  gesellen. 
Storm  4,  47. 

STADTMUTTER,  /.  ältere  dame  aus  der  stadt:  stadt- 
mutter  heisset  an  etlichen  orten  die  älteste  und  vor- 
nehmste matrone  in  der  stadt.  Amaranthes /rnwcn«.-^. 
(1715)  1894;  am  nächsten  morgen  sasz  die  prinzessin  unter 
ihren  hofdamen,  der  vergangene  tag  wurde  besprochen 
wie  brauch  ist ,  die  prinzessin  bewundert  .  . .  und  über 
kleidung  und  haltung  einiger  stadtmütter  erstaunen  aus- 
gedrückt. Fheytag  7,  212.  {mutter  eines  stadtldndes :)  eine 
Stadtmutter  wäre  im  angesichte  des  kletternden  kindes 
wahrscheinlich  in  Ohnmacht  gefallen.  Rosegger  udldl.ioi. 

STADTA^ACHTMEISTER,  m,,  welcher  die  heimlidien  ge- 
macher der  atadt  zu  reinigen  hat.  vgl.  Tucher  baumeister- 
Imch  123. 

STADTNÄCKEL,  m.  im  bairischen  schelte  für  einen  Stadt- 
bewohner, zweifelhaft  ob  eigentlich  stadtnacken  und  an 
nickel  angeglichen:  a  stattnäckhl  Bayerns  mundarten  2,173. 

STADTNAHRUNG,  /.  gelegenheit  und  mittel,  den  lebens- 
unterhalt  zu  gewinnen,  wie  sie  die  stadt  bietet,  dazu  stadt- 
nahrungsgeschäft,  n.:  denn  es  ist  {die  stadt)  ein  zu 
desto  besserer  Sicherheit  und  bequemlichkeit  eines  landes 
überhaupt  und  insonderheit  der  stadtnahrungsgeschäffte 
verwahrter  und  angebauter  ort.  öcon.  lex.  2795,  wo  an  die 
in  der  stadt  ansässigen  verschiedenen  gewerbe  gedacht  ist. 

STADTNAME,  m.  vorname,  tcie  er  in  der  atadt  gegeben 
tu  icerden  pflegt:  denn  der  herr  hatte  befohlen,  dasz  Ilse 
das  jung\ieh  mit  namen  versehen  sollte,  und  die  mägde 


freuten  sich  über  die  yomehmen  stadtnamen  Kalypso 
und  Xanthippe.  Freytag  6,  374.  tu  unterscheiden  von  oben 
Städtename  {sp.  453). 

STADTNARR,  m.:  es  füget  sich  uff  ein  zeit,  da  ein 
frembder  nar  in  die  selb  stat  kam  da  der  nar  in  was.  . . . 
uff  ein  zeit  gieng  der  stat  nar  für  den  frembden  narren 
anbin,  und  schlag  in  auch  nach  seiner  gewonheit.  der 
frembd  nar  schlag  den  stadt  narren  auch  nach  seiner 
gewonheit.  der  statt  nar  schlug  den  fremden  narren 
auch  widerumb.  und  darnach  der  statnar  den  frembden 
narren,  und  schlug  ie  einer  den  andern.  Pauli  schimpf 
u.  ernst  37  Österley. 

STADTNASCH,  STADTNASCHE,  /.  eigenüich  naschhafte 
person  aus  der  stadt,  überhaupt  im  munde  des  bauem 
schelte  für  m.üsziggänger  und  sehlemmer  aus  der  stadt: 
ein  bauer  bildet  sich  ein,  bürger  und  andere  ehrliche 
leuthe  haben  die  bände  im  schoos  ligen.  dahero  heissen 
sie  die  leute  in  und  ausser  der  stadt  müssige  leute  oder 
stadtnaschen  gleich  als  ob  denen  bürgern  gebratene  tauben 
ins  maul  flögen,  und  sie  sonst  nichts  zu  thun  hätten, 
dann  dasz  sie  sich  nur  faule  tage  machten.  Veroander 
bauernatandes  lasteiprob.  156; 

die  dritt  {magd)  sprach:  ich  bin  unbekand 
in  die  statt  erst  kommen  vom  land,  .  .  . 
will  zwar  bald  die  stattnaschen  fliehen. 

d.h.  ich  iriZi  aufs  dorf  zurück;  "'  ^^^"^  *•  '**'• 

es  müssen  nur  (l.  mir)  warlich  die  stadtnaschn 

fluchs  wider  füllen  meine  taschn. 

ich  wil  kein  kern  verkeufien  ehr, 

es  gelt  zwen  toler  oder  mehr. 

Ackermann  120, 1465  Holstein; 

ein  baner  fährt  auf  seewn  hin, 

wie  manche  stadnasch  lebt  von  ihn? 

Simpl.  1,  40  Keller. 
STADTNEFFE,  m.  aus  der  stadt  gebürtiger  treffe  {eines 
landbewohners) :  die  alte  dame  aber  gedachte  ihrem  stadt- 
neffen  und  den  Schwätzern  gleich  übel  mitzuspielen  und 
ihren  landneffen,  den  Rudolf  Hangl  . . .  zum  erben  einzu- 
setzen. Anzengruber' 4, 186;  ganz  gleichzeitig  mit  ihm 
{dem  landneffen)  traf  in  dem  hause  der  tante  auch  der 
stadtnefTe  ein.  187. 

STADTNEÜIGKEIT,  /.  neuigkeit,  welche  in  der  ganzen 
Stadt  hej-umgetragen  lüird,  vgl.  oben  stadtgeschichte  {sp.  463), 
stadtmäre,  stadtmärchen  {sp.  481) :  er  {der  doetor  Spring- 
insfeld) wuszte  seine  künden  mit  artigen  geschichtchen, 
Stadtneuigkeiten  und  kleinen  anekdoten  wohl  zu  unterhal- 
ten und  ihre  lebensgeister  dadurch  aufzumuntern.  MusÄus 
volksm,.  1,  70  Hempel;  sie  {die  beiden  freundinnen)  erzähl- 
ten einander  unbedeutende  sachen,  Stadtneuigkeiten;  wie 
diese  heirathet,  wie  jene  krank,  sehr  krank  ist.  Göthe 
16,127;  {zur  schenke  geJien,)  um  sich  die  leute  daselbst 
näher  anzusehen,  nach  bekannten  auszuschauen  und  die 
stadtneuigkeiten  zu  erkunden.  Raabe  die  leute  aus  dem 
walde  189. 

STADTOBERHAUPT,  n.  Oberhaupt  einer  stadt:  diesmal 
machten  wir  auch  dem  stadtoberhaupte  Vojvoda  Cako 
Petrovic  unsere  aufwartung.  Hassert  reise  durch  Monte- 
negro 152. 

STADTOBERSTE,  m.,  dasselbe  wie  oben  stadthaupt- 
mann  {»p.  466),  Stadtkommandant:  stattoberster,  gouver- 
Tietir  de  la  viUe.  gouernatore  della  citta.  HuLSius  (1616)  307»; 
ein  stadthauptman  oder  stadtobrister ,  casteüanus.  CoR- 
viNUS  130»;  der  stadtoberste ,  praefectus  urbis.  243»;  der 
stadtoberster,  praefectus  urbis,  praesidiariorum  militum 
capitaneus.  Stieleb  nachsch.  29». 

STADTOBRIGKEIT,  /.  •  stadtobrigkeit,  magistrato  citta- 
dino,  aignoria,  reggenza  della  citta.  Kramer  dM;<.2(l702),90l'=; 
Obrigkeit,  'deren  gerichtsbarkeit  sich  über  die  bürger  und 
einwohner  erstrecket'.  Adelung,  nehmlichen,  es  haben 
dazumahl  die  gerichten,  als  stadtobrigkeit,  ihr  gegen- 
bedencken  {gegen  den  mauerbau)  gemacht  Meltzer  histo 
ria  Schneebergensis  73. 

STADTOGHSE,  m.,  dasselbe  wie  oben  stadtbulle  {ap.  446) 
und  unten  stadtstier:  stadtochs,  toro  publico  o  dd  commune 
met.  arci  puttaniere  generale.  Kramer  dict.  2  (1702),  902». 
STADTOFFIZIER,  m.  ein  xu  der  militärischen  besatzung 
der  stadt  gehörender  offizier,  ein  offizier  der  atadtsoldaten. 
Campe. 

STADTORDNÜNG,  /.  Ordnung,  nach  der  sich  das  öffent- 
liche und  private  leben  einer  atadt  regelt,    vgl.  auch  oben 

31» 


487 


STADTPALAST — STADTPFARRER 


STADTPFEIFER 


488 


Stadtgesetz  (ap.  463)  und  unt^i  stadtrecht,  eingetragen  ist 
die  Stadtordnung  häufig  in  das  stadtbuch  {»p.  445):  eyn 
stadordenunge ;  statordenunge,  j;otttta.  Dief.  445»;  en  stat- 
ordeninge,^oh7üi.44ö'';  statordnung  Schottel4€9»;  bürger- 
aive  Stadtordnung,  statuta  cii-itatis.  Stieler  1398;  stadt- 
ordnung,  leggl,  ordiname,  statuti,  leggi  statutarie  d'una 
republica  6  commune.  Krameh  dict.  2  (1702),  902":  *.  den 
beleg  bei  Herder  17, 413  Suphan  oben  unter  stadtmoral 
(*p.  484);  oder  er  {der  Wegelagerer)  fand  unerträglich,  dasz 
die  Stadtordnung  verbot  lösegelder  für  gefangene  auf  bürger 
anzuweisen.  Freytag  18,  303. 

STADTPALAST,  m.  palastartiges  gebäud«  in  der  stadt: 
von  beständiger  unruhe  gestachelt,  eilt  das  elende  weil) 
aus  ihrem  verödeten  stadtpalast  auf  ihr  landgut  und  aus 
diesem  in  die  stadt  zurück,  in  ewigem  irrgange.  C.F.Meyer 
novellen  2,  74. 

STADTPARK,  m.  öffentlichem-,  von  der  stadt  unterhaltener 
parkartiger  garten:  zwischen  den  beiden  häusern  am 
groszen  stadtpark.  Freytag  6, 23.  auch  als  name  eines 
eoncertgartens,  s.  b.  in  Göttingen,  dazu  stadtpark  Ver- 
waltung, /.  und  stadtparkconcert,  n.  m,usikauffiih- 
rung,  welche  im  stadtpark  veranstaltet  wird. 

STADTPASQUILLANT,  «i..-  dazu  trat  noch  der  zweite 
rathmann  Scharweber  .  .  .  und  klagte  mich  als  den  stadt- 
pasquillanten  (im  galgenjubel)  an,  als  den  privatinjurian- 
ten  des  privilegirten  nachdruckers  loci  .  .  .  J.  Paul  kom. 
anhang  zum  Titan  2,  67. 

STADTPASTOR,  m.  pastor  aus  der  stadt:  da  aber  deren 
(der  feldprediger)  keiner  vorhanden,  müssen  sie  den  statt- 
pastor  darzu  vermögen.  Kihchhof  milit.  discipl.  147. 

STÄDTPATROLLE,  /.  wachpatroUe.  welche  ihre  runde 
durch  die  stadt  macht,    vgl.  patrolle  theil  7, 1505. 

STADTPATROLLANT,  m..  zu  dem  vorigen  gehörend:  so 
ist  dein  erstes,  wenn  du  in  die  stadt  kommst,  du  ziehst 
bey  den  bettelvögten,  stadtpatrollanten  und  zuchtknechten 
kundschaft  ein,  wer  so  am  fleissigsten  bey  ihnen  ein- 
spreche, ...  und  diese  künden  suchst  du  auf.  Schiller 
8,  83  (dl«  räuber  2,  3  schatisp).  vgl.  auch  oben  stadtdiener 
(*p.  449),  Stadtknecht  {sp.  474)  und  unten  stadtpolizist. 

STADTPATRON,  m.  patron  einer  stadt.  dann  auch  ein 
»chelttcort  {für  einen  viüsziggänger):  gelt,  das  hat  dir  ein 
stadtpatron  gesagt;  so  ein  kerl,  der  den  ganzen  tag  hinter 
dem  ofen  hockt,  mit  hauts  gouts  und  liqueurs  das.blut 
verbrennet  und  aus  verschrumpftem  herzen  mit  dem 
gänsekiel  die  menschen  quält?  Ifflano  2,  64. 

STADTPAUKE,  /. ;  da  gab  es  denn  keinen  geringen 
schreck,  als  wir  in  einer  mondhellen  nacht  aus  dem  schlafe 
gepaukt  wurden,  ein  arrestant  hatte  sich  nach  den  stadt- 
pauken geschlichen,  die  in  einem  benachbarten  kämnier- 
chen  {des  rathauses)  aufgehoben  wurden.  Voss  briefe  3,  23. 
vgl.  unten  stadttrommel. 

STADTPEDELL,  m.,  dasselbe  loie  oben  stadtdiener  {sp.  449) 
und  Stadtknecht  (*p.474):  stattpedell  Scherz-Orerlin  1.561 : 
herauif  sol  der  stattpedell  auf  die  stegen  tretten  —  und 
das  geschopte  urteil  vorlesen,  quelle  ebenda. 

STADTPFAHL,  m.  pfähl,  weleher  die  stadtgrenze  be- 
zeichnet, vgl.  stadpaelent.  banmijle  Kilian  2,625»,  vgl.  die 
erklärung  für  letzteres:  lajris  primus,  miliare  circum- 
scriptum  territorio  »ive  jurisdictione.  1,  32». 

STADTPFANDBUCH,  n.  öffentliches  pfandbuch  der  stadt: 
eine  schuld  in  das  stadtpfandbuch  eintragen  lassen. 

STADTPFARRE,  /.  eine  pfarrstdU  in  der  stadt.  Campe, 
im  gegensatze  zu  einer  dorfpfarre  {theil  2, 1884)  oder  land- 
pfarre  {theil  6, 126). 

STADTPFARRER,  m.  der  inhaber  einer  stadtpfarre  {».  das 
vorhergehende)  im  gegensats  zum  dorfpfarrer  {theil  2, 128i) 
und  landpfarrer  {theil  6, 126).  vgl.  auch  unten  stadtprediger: 
■tadtpfarrer,  sacerdca  urbicus.  urbanus.  Stieler  1406; 
ttadtpfarrer,  paroco,  ministro,  curato  ordinario  della  cittä. 
Kramrr  dict.  s  (1708),  901*.  {sie  wollte  ihren  »ohn  nicht 
Pfarrer  uierden  lassen)  und  das  blos,  weil  hIc  einmal  bei 
einem  ttiullpfarrer  gekocht  habe,  und  das  wcsen  kenne, 
wie  cie  sagte.  J.  Pavi.  ßegelj.  i,tB;  ist  es  ein  radikales 
regitnent,  so  scharen  sie  sich,  um  es  zu  ärgern,  um  den 
konservativen  frOmmlichen  stadtpfarrer,  den  sie  uoc\i 
gestern  gehünselt,  und  machen  ihm  den  hof,  indem  sie 
sich  mit  verstellter  begeisterung  in  seine  kiroho  drängen. 
Kellbr  4,  lu. 


STADTPFEIFER,  m.  der  zün/Hge  musiker  einei-  stadt. 
dasselbe  wie  oben  stadtmusikus  {sp.  485).  vgl.  Hildebrand 
zum  deutschen  sprachiinterricht  iii ;  hochzeitpfeifer,  stadt- 
pfeifer,  thurmpfeifer,  auloedi,  buccinatores ,  aeneatores. 
Stieler  1437;  stadtpfeiffer,  musico  della  cittä.  Kramer 
dict.  2  (1702),  902'* ;  stadlpfeiffcr,  musicus  civitatis  publicus ; 
tttbicen  in  turribus;  tibicen  et  fidicen  in  nuptiis.  Frisch 
2,  315»;  in  Augsburg  stadtpfeiiTcr  'musikanten  der  stadt. 
besonders  bei  den  geschlechtertön zen  mitwirkend'.  Birlingeh 
409'';  Stadtpfeifer  'heiszen  die  mtisici,  welche  vom  lat  und 
gemeiner  stadt  besoldung  bekommen,  daher  sie  auch  zu 
gewissen  stunden  vmn  rathhause  abblasen'.  Jacobsson  7,419; 
stadtpfeifer,  'tonspieler,  tcelche  die  tn  de?»  kirclien  gewöhn- 
lichen tonspiele  aufführen'.  Campe;  {nachdem  zur  kennt 
nis  gelangt  ist,)  das  den  gesellen,  die  ye  zu  zeiten  von 
ainicher  praw  und  lawtmerung  {verlobung)  wegen  nachts 
mit  den  stattpfeifern  iren  freunden  hofTieren,  mit  sambt 
denselben  hofierern  vor  oder  nach  volpringung  des  hof- 
fierens  köstliche  mal  gegeben  worden  seindt.  Nürnberger 
polizeiordn.  75;  am  andern  tag  macht  man  daz  freuden- 
feur  am  mark  zu  Nurmbcrg:  die  statpfeifer  stunden  auf 
dem  mark  zu  unser  lieben  frawen  auf  dem  gang  und 
musten  pfeifen  als  lang  als  man  alle  die  glocken  leutet  in 
Nurmberg.  d.  städtechron.  11,547,8;  darumb  .  .  .  warden 
auf  eines  rats  begeren,  da  es  drei  gen  nacht  schlug,  hie 
in  allen  kirchen  und  clostern  alle  glocken  geleutet  und 
te  deum  laudamus  gesungen,  zwei  freudenfewer ,  eines 
auf  der  vesten  und  das  ander  am  marckt,  angezunt  und 
von  den  statpfeifern  und  trumetern,  auf  dem  portal  unser 
lieben  frawen  capellen  gestanden,  gehofieret.  717,23;  die 
Augspurger  gaben  4  fl.  in  die  kflchin  und  den  statt- 
pfeifTern  2  fl.  25,166,3;  denn  ehe  sie  zur  antwort  kömmt, 
so  fängt  der  spielman  an,  doch  botz  tausend  dasz  ich 
die  herren  stadtpfeiffer,  oder  lateinisch  musicanten  ge- 
nant, nicht  erzürne,  so  fängt  der  herr  musikante  seinen 
tantz  an.  Weise  erzimrren  131  neudr.;  als  der  brautzug 
in  die  kirche  begann,  und  voraus  von  den  stadtpfeifern 
drommetet  und  schalmeiet  wurde,  wimmerte  und  er- 
seufzte sie  wie  in  der  unglücksstunde.  MusÄus  Volks- 
märchen 2,61  Hempel;  ein  feiger  stadtpfeifer  griff  in  die 
tasche  und  zog  mittelstücke  heraus,  die  er  als  feldstücke 
von  ferne  auf  die  besten  köpfe  warf.  J.  Paul  flegel- 
jahre  2,  81 ;  bei  Gockels  ankunft  war  das  volk  in  einem 
weilen  kreis  unter  dem  bäume  versammelt,  auf  welchem 
die  königlichen  hofmusikanten  und  die  Gelnhausener 
stadtpfeifer  einen  herrlichen  tanz  aufspielten,  nämlich 
den  eiertanz.  Brentano  5, 141;  die  stadt  .  .  .  brachte  ihm 
{dem  gesundeten  burgemeister)  unter  begleitung  der  kunst- 
reichen stadtpfeifer  ein  freudiges  lebehoch.  Arnims,  176 
{kronenw.);  hört  nur,  ich  glaube  die  stadtpfeifer  schlagen 
sich  mit  den  fremden  liedlern,  und  sie  haben  doch  alle 
zu  essen.  353;  vielmehr  hetzten  manche  bürger  die  stadt- 
pfeifer, die  fremden  meistorsinger  und  die  fiedler  gegen- 
einander, weil  sie  sich  in  ihrer  tücke  so  grundlächer- 
lich darstelHen.  855;  {als  ich  meistersinger  wurde.)  da 
gaben  mir  alle  rntsherren  ein  groszes  fest,  und  die  stadt- 
pfeifer bliesen  vor  meinem  fenster.  360;  ein  ganzes  eden 
erschlosz  sich  mir  aber,  wenn,  wie  es  im  winter  zu  ge- 
schehen pflegte,  der  stadtpfeifer  mit  seinen  gesellen,  unter- 
stützt von  ein  paar  schwächlichen  dilettanten  ein  con- 
cert  gab.  E.  T.  A.  Hofkmann  1,58;  der  stadtpfeifer,  dem 
Lauretta  ein:  asino  maledetto,  an  den  köpf  geworfen, 
hatte  die  violine  unter  den  arm  genommen,  und  den  hut 
trotzig  auf  den  köpf  geworfen.  61 ;  ich  warf  mich  dem 
stadtpfeifer  in  den  weg,  .  .  .  ich  versprach  ihm  in  der 
angst  sechs  neue  menuetts  mit  doppeltem  trio  für  den 
stadtball.  62;  im  zuge  {der  schützen)  schritten  mehre  der 
vornehmsten  jtmgfrauen  der  stadt,  festlich  gekleidet,  von 
rathsherren,  stadtpfeifern  und  Irabanten  begleitet,  auf 
den  schützcnplatz.  Frkytag  19, 838;  der  erste,  welcher 
ein  angebot  auf  ihre  {der  Küngolt)  gefangenhaltung  tiiat, 
war  der  stadtpfeifer,  ein  vertrunkener  mann,  der  von 
seiner  frau  hergpschickt  war,  um  mit  dem  erwerbe  die 
zerrütteten  umstände  etwas  zu  vorbcisern.  Keiier  5.2«» 
'willst  du  zum  Hfadtpfeifer?'  fragte  Dictcgcn  die  KUng<il' 
kurz,  und  sie  sagte  'neinl'  nachdem  sie  den  besudelten  iiikI 
rotnasigen  musikus  angesehen,  ebenda;  der  stadtpfeifer. 
Md  eintr  1847  von  W.  H.  Riehl  geschriebenen  noitlle  (jrs. 


489     STADTPFEIFEREI— STADTPFLICHTIG 

nov.  1,3/.);  er  ist  wohlbestellter  stadtpfeifer  zu  Weilburg 
und  bläst  den  bürgern  morgens,  abends  und  zu  mittag 
ein  geistlich  lied,  dasz  sie  wissen  was  an  der  zeit  ist, 
und  an  unsern  herrgott  gedenken  mögen.  6;  bleib  er  ein 
stadtpfeifer  und  werde  er  keiner  von  denen,  die  oben 
hinaus  wollen,  kein  geiger,  kein  notenfresser,  oder  wie 
man  die  vornehmen  musikalischen  lumpen  sonst  heiszt.  7 ; 
und  der  stadtpfeifer  muszte  zurück  auf  seinen  türm.  11 ; 
die  einrichtung  der  pfeiferstube,  wie  sie  der  stadtpfeifer 
von  den  eitern  ererbt,  war  gediegen  und  gut.  18;  der 
stadtpfeifer  im  ziegelroten  staatsrock  hatte  dem  zuge,  dem 
fürsten  selber,  den  marsch  geblasen.  32;  kirmesz  war 
immer  ein  stolzer  tag  für  einen  stadtpfeifer.  ebenda;  da 
erwiderte  der  witzige  pater  Placidus :  'der  zum  höchsten 
gesetzt  ist  unter  den  musikern  der  stadt,  der  stadtpfeifer 
oben  auf  dem  schloszturm'.  43. 

STADTPFEIFEREI,/,  amt  des  stadtpfeifers :  die  stadt- 
pfeif erei  warf  nur  zwanzig  gülden  jährlich  ab  nebst  dem 
freien  quartier,  hundertundzwanzig  fusz  über  dem  straszen- 
pflaster  (d.  h.  auf  dem  schloszthurme).  W.  H.  Riehl  no- 
ieWeni,l9;  stadtpfeifer  soll  ich  bleiben  mein  leben  lang, 
und  es  geht  auch  nichts  über  die  stadtpfeiferei ,  wenn 
ein  weib  auf  dem  türme  waltet  wie  du!  37. 

STADTPFEIFERGASSE,/,  gösse,  wo  die  stadtmusikanten 
wohnen;  ein  stadtpfeifergäszchen  z.  b.  in  Leipzig.  Hilde- 
brand zum  deutschen  Sprachunterricht^  111. 

STADTPFEIFERIN, /.  frau  des  stadtpfeifers:  frau  stadt- 
pfeiferin.  W.  H.  Riehl  novellen  i,  17. 

STADTPFENNIG,  m.  von  der  stadt  geprägte  kleine  münz- 
Sorte,  vgl.  Heyne  deutsche  hausalterth.  1,  297.  Eimbecker, 
Göttinger  u.  s.  ic.  stadtpfennig. 

STADTPFENNIGMEISTER,  m.  in  valdeekischen  städten 
wol  ein  dem  stadtkämmerer  {oben  sp.  471)  in  den  ihm 
obliegenden  pflichten  ähnelnder  beamter.  vgl.  Bauer-Col- 
LITZ  173. 

STADTPFLASTER,  n.  steinpflasterung  auf  den  straszen 
der  Stadt;  sprichwörtlich:  stadtpflaster  friszt  viele  Schuh- 
sohlen; Stadtpflaster  verreiszt  Schuhsohlen,  dazu  stadt- 
pflastertreter,  m.  schelte  für  eitlen  müsziggänger,  der 
viel  auf  den  straszen  der  stadt  herumläuft. 

STADTPFLEGE,  /.  obrigkeitliche  und  gerichtliche  Ver- 
waltung der  Stadt  (Campe),  das  bürgermeisteramt.  stadt- 
pflege als  Unterschrift  von  erlassen.  WUdbader  chron.  vom 
5.  aug.  1899  nr.  91;  in  weiterer  Zusammensetzung:  stadt- 
pflegamt,  n.  (neben  dem  magistraf):  der  bischof  und  das 
Stadtpflegamt  waren  dafür  (Jür  trockenlegung  des  moores), 
der  magistrat  und  die  mehrheit  der  bürgerschaft  dagegen. 
W.H.  Riehl  wanderbuch  2bl .    vgl.  das  folgende. 

STADTPFLEGER,  m.  hoher  regierender  beamter  der  stadt. 
vgl.  das  vorhergehende:  ambachtsherren,  stattpfleger,  burger- 
meister,  richter,  ambacti,  illustres  viri,  penes  quos  est 
summa  rerum  et  dominatus  in  coloniis,  mtinicipiis,  terri- 
toriis.  Heniscu  63,14;  oberster,  stattpfleger,  dictateur, 
dittatore.  HulsiüS  (1616)  307»;  stadtpfleger,  eine  obrigkeit- 
liche person,  z.  b.  in  Augsburg,  civitatis  curator,  praefectus 
urbis.  Frisch  2,  315»;  stadtpfleger  für  stadtbefehlshaber 
Erbach  bei  Campe,  vgl.  auch  die  entsprechende  bildung 
landpfleger  {fheil  6, 126) :  doch  ich  folgte  dem  zuschauer- 
trosse  —  bis  wir  gelangten  zu  des  stadtpflegers  schlösse. 
RCckert  11  (1882),  355.  döZM  stadtpflegerbuch ,  »1. :  die 
porträts  aller  magistratischen  häupter  und  pfleger  der 
stadt  sind  im  'stadtpflegerbuch'  niedergelegt.  W.  H.  Riehl 
eulturstudien  304. 

STADTPFUCHT,  /.  civilis  obsequii  debitum.  Haltaus 
1722.  daniach  einen  in  stadtpflicht  nehmen,  ihn  den  bürger- 
eid  leisten  lassen,  dann  auch  abgaben,  leistungen  an  die 
stadt.  besonders  auf  niederdeutschem  gebiete :  vordreghen  . . 
dat  se  uns  alle  yarlikes  stadplight  dön  schollen,  quelle 
von  1377  bei  Schiller-LCbiif.n  4,369»;  darto  wille  wy  em 
gheven  en  hus  in  unser  stad  vry  van  aller  stadplicht. 
quelle  von  1398  ebenda;  unde  unse  official  unde  notarien 
en  schullen  von  des  huses  wegen  dem  rade  unde  stad 
Gottingen  neyne  stadplicht  don,  schot,  wachte  edder 
dorhoyde.   Göttinger  urkundenb.  2,  303. 

STADTPFLICIITIG,  adj.  zu  dem  vorhergehenden,  schuldig, 
der  Stadt  abgaben  und  gehorsam  zu  leisten:  stadtpflich- 
tige guter.  Adelung;  statplichtich  zultegud.  quelle  bei 
Schiller -LCbijen  4, 3t;9»;  alle  stadplichtig  gud,  dat  wy 


STADTPFORTE — STADTPOUZEI 


490 


{das  Tdoster)  in  weren  hebben,  dat  schal  lik  anderem 
stadgude  plichtich  bliuen.  urk.  von  1406  ebenda,  dazu  die 
stadtpflichtigkeit.  Campe. 

STADTPFORTE,  /..  *.  unten  stadtthor.  in  älterer  spräche 
daneben,  soxcie  heute  noch  niederdeutsch  {vgl.  niederl.  stads- 
poort)  statporte:  dozwischent  das  sfl  dise  ding  antrugent, 
do  betten  so  die  statporten  beschloszen  und  besetzet 
mit  hüte  der  antwerke  gewofent.  d.  städtechron.  8, 123, 18; 
einer  verwart  der  statporten  schlissel  im  thuren.  Wigkram 
rollwagenb.  167,  2  Kurz; 

bewart  die  stattporten  wol  innen 
and  macht  ench  aufT  die  mawerzinnen ; 
auff  dasz  wir  nur  die  statt  erhalten, 
dasz  sie  der  feind  nit  thu  vergwalten. 

H.  Sachs  20,  223,  6  Kdler-QöUe. 

sonst  nhd.  stadtpforte :  es  sei  auch  der  graf  ein  obrister  voigt 
und  beschirmer  als  weit  die  mark  zu  s.  Gewahr  gehet,  .  .  . 
hab  auch  die  stadtpforten  allein  zu  bestellen,  einzuziehen, 
und  gericht  zu  halten.  J.Grimm  iceisth.  1,585;  ...  ein 
freihe  fare  zu  Liestorf  jederman  über  zu  fuhren  umb  sein 
geld,  und  das  zu  rechter  tagzeit  zu  schliessen  und  zu 
entschliessen  als  ein  statpfort.  2, 15 ;  Samson,  ein  solcher 
starcker  mann,  dasz  er  auch  gantze  stadtpforten  aus  dem 
angel  gehebt,  und  mit  sich  hinweg  getragen.  Abraham 
A  S.  CiJ^RA  Judas  3,  73; 

and  wenn  er  gleich  sterbe  zu  Rom, 

soll  man  mit  einr  processn  dorten 

beleiten  aasz  zu  der  stattpforten, 

und  fühm  gen  Alexandria. 

H.  Sachs  20,  215,  23  KeUer-GöUe. 

STADTPHYSIKÜS,  m.  ein  arzt.  welcher  über  die  gesund- 
heitliehen Verhältnisse  und  einrichtungen  der  stadt  wacht 
und  ihr  durch  eid  verpflichtet  ist.  vgl.  auch  oben  stadtarzt 
(sp.  440):  stadtphysicus  Riv.mer  polit.  maulaffe  c.  121;  stadt- 
physicus  Adelung;  Heinrich  Kranichfeld,  welcher  im 
bei^buch  an.  1564  . . .  stadtphysicus  und  doctor  auffn  Schnee- 
berg genennet  wird.  Meltzer  historia  Schneebergensis  481; 
ordentlicher  stadtphysicus.  482;  herr  doctor  Lajig,  stadt- 
physicus von  Lucern.  Altmann  versuch  einer  historiscJien 
und  physischen  beschreibung  der  helvetischen  eisberge  s.  5; 
man  wendete  sich  daher  an  den  stadtphysikus ,  der  aber 
entschied  dahin,  dieser  handel  gehe  über  seinen  horizont, 
er  gehöre  ins  nachtgebiet  der  natur,  und  beweise  das 
hereinragen  einer  geisterweit  in  die  unsre.  Brentano  4, 51 ; 
niederd.  kommt  auch  ein  dat.  stadphysikusse  vor:  ek  mot 
na'n  stadphysikusse.  landschaft  Göttingen  -  Grubenhagen ; 
doch  ist  sonst  das  zweite  glied  immer  als  fremdwort  behandelt, 
vgl.:  von  denen  stadtphysicis.  Meltzer  historia  Schnee- 
bergensis 480 ;  so  will  ich  in  diesem  titul  die  stadtphysicos 
(oder  medicos  ordinarios)  benennen,  ebenda;  die  unter 
diesem  titul  gehörige  stadtphysici  odermedici  ordinarii.  481. 

STADTPHYSIKAT,  n.  amt  des  stadtphysikus  (».  das 
vorige).  KrOnitz  encycZ.  167,  687. 

STADTPLAN,  m.  l)  plan,  grundrisz  der  stadt,  ihrer 
straszen,  platze  und  baulichkeiten :  beim  buchhändler  einen 
Stadtplan  fordern;  nach  dem  Stadtplan  die  straszen  der 
stadt  durchwandern  u.  s.  w.;  der  Stadtplan  als  grundrisz 
der  gesellschaft.  W.  H.  Riehl  eulturstudien  270;  wo  der 
grundplan  der  socialen  gruppen  schon  in  den  architec- 
tonischen  Stadtplan  eingezeichnet  war,  da  schämte  sich 
auch  der  fleiszige  arme  nicht,  in  einer  eigenen  armen- 
stadt  zu  wohnen.  278. 

2)  besonders  im  plur.  Stadtpläne,  plane,  welcJie  man  in 
bezug  auf  das  gedeihen  u.  s.  w.  einer  stadt  hegt:  durch  die 
hoffnung  eines  kindes  hatten  sich  seine  Stadtpläne ,  die 
ihn  schon  immer  beschäftigt,  über  das  mitlebende  ge- 
schlecht hinaus ,  über  entfernte  zukunft  ausgedehnt. 
Arnim  3,445  {kronenw.). 

STADTPOET,  m.  mit  spöttischem  beisinn,  dicMerUng 
aus  der  stadt: 

die  Stadtpoeten  stecken  in  die  lasche 
papier  and  bleistift  und  lorgnett'. 

Heinb  1, 135  Elster. 

STADTPOLIZEI ,  /. .  dieweile  daz  ein  ieglicher  burger 
geschworen  hatte,  dem  rade  gehorsamb  zu  sein,  und  wer 
das  nit  dede,  hat  der  rat  uf  seinen  aide  zu  strafen  in 
macht  der  stattpolicei.  J.Grimm  trew/Ä.  6,  653,  33 ;  auch 
kommen  sie  {die  demarcJten)  zweymahl  in  der  woche  zu- 
sammen, um  sich  über  alles  was  zur  allgemeinen  stadt- 
polizey  gehört,  es  betreffe  nun  abstellung  von  miszbräuchen 


491 


STADTPOLIZIST— STADTRAT 


STADTRÄUBER— STADTRECHT 


492 


oder  vorschlage  zu  Verbesserungen,  zu  berathen.  Wielanu 
33,401;  auch  die  stadtpolizey  wirkt  aus  diesen  grund- 
sätzen :  reinlichkeit  der  straszen  war  {bei  den  Persern) 
eine  religionsangclegenheit.  Göthe6,  22. 

STADTPOLIZIST,  tn.  beamtet-  der  st/idtpolizei.  a.  das 
vorige. 

STADTPOST,  /.  poat.  wdche  den  briefverkehr  innerhalb 
einer  stadt  besorgt:  ich  erhielt  damals  den  tag  vor  dem 
niaskenfest  durch  die  stadtpost  ein  anonymes  billct  zu- 
gestellt, worin  eine  blaue  bandschleife  lag  und  die  bitte 
ausgesprochen  war,  diese  dort  auf  meiner  brüst  zu  tragen. 
MosEN  7  (1863),  54;  briefc  von  der  stadtpost.  Freytag  3,86; 
der  Studiosus  empfahl  sich  und  Ilse  erhielt  am  nächsten 
morgen  durch  stadtpost  ein  ziemliches  päckchen  mit  einem 
ehrerbietigen  briefe.  6,226.  dann  auch  stadtpost,  post, 
icelche  mehr  innerhalb  der  stadt  gelegen  ist,  im  gegensatz 
zur  bahnpost,  rcelche  in  der  nähe  der  eisenbahn  sich  befindet. 

STADTPRÄFECT,  m.:  als  der  römische  stadlpräfect, 
welcher  später  pabsl  Gregor  I.  wurde,  auf  dem  sklaven- 
markt  knaben  aus  Angeln  aufgestellt  sah  . . .  Freytag  17,50. 

STADTPRÄSIDEXT,  m..  wol  bürgermeister .-  die  com- 
pagnie  wird  vom  herrn  stadtpräsidenten  in  die  Weichsel- 
miinde  begleitet.  Ettner  unvorsicht.  hebamme  275. 

STADTPRAXIS,  /.  die  in  der  stadt  wohnende  kundscJiaft 
eines  arztes,  im  gegensatz  zur  landpraxis. 

STADTPRÄZEPTOR,  m..  vgl.  unten  stadtschulmeister: 
wir  wurden  bei  einem  stadtpräceptor  Zinkhahn  unter- 
richtet, von  dem  wenig  zu  lernen  war,  auszer  fleisz  und 
strenge  aufmerksamkeit.  J.  Grimm  hl.  schnften  1,  2. 

STADTPREDIGER ,  m. .  vgl.  oben  stadtpastor  {sp.  487) 
und  Stadtpfarrer  (sp.  487):  stadtpredigcr,  aacerdos  urbicus. 
Stieler  1470;  stadtpredigcr,  paroco,  ministro,  curato  ordi- 
nario  della  cittä.  Kram  er  dict.  2  (i702),  901°.  den  gegen- 
satz landprediger  s.  theil  6, 126. 

STADTPREDIGT,  /.  predigt,  wie  man  sie  in  einer  stadt- 
kirche  hört,  im  gegensatz  z.  b.  zur  dorfpredigt:  stadtpredigt, 
concic  urbana.  Stieler  1471. 

STADTPRIESTER,  m.  .•  stadtpriester,  jpaÄ<WMr6w.  Frisch 
2,  315*,  im  gegensatz  zuin  landpriester  {theil  6, 127). 

STADTPROMENADE,/. .-  so  schaut  man  aus  den  fenstern 
und  gärtchen  hinaus  ins  freie,  auf  die  hochwipfeligen 
bäume  der  stadtpromenade  und  der  patriziergärten.  W.  H. 
RlEHL  culturstudien  273. 

STADTQUARTIER,  n.,  vgl.  unten  stadttheil:  diese  ge- 
schwänzten feuermeteore  muszte  man  denn  ganz  gelassen 
durch  die  luft  fahren  und  bald  darauf  ein  stadtquartier 
in  flammen  sehen.  Göthe  so,  31;  gegen  diese  {bürgen) 
wandte  sich  jetzt  der  angriff  Mailands;  die-  mannschaft 
von  drei  stadtquartieren  rückte  gegen  die  von  Brianza  aus. 
Giesebrecht  gesch.  der  deutschen  kaiserzeit  5,281;  diese 
{ablösung)  erfolgte  durch  die  mannschaft  der  anderen  drei 
stadtquartiere.  282;  bei  dem  alten  Planta,  der  einen  ver- 
fallenen palast  im  einsamsten  stadtquartiere  bewohnt, 
hatte  eine  verwaiste  nichte  .  . .  Zuflucht  gefunden.  C.  F. 
Meyer  Jürg  Jenatsch  137; 

der  pudergoU  indesz  mit  seinem  neuen  kleide 

war  das  gospräch  der  stadt  zu  aller  etutzer  neide. 

noch  eh  der  mittag  kömmt,  so  flieget  Fama  schon 

durch  jedes  stadtquartier,  und  blä.st  mit  hohem  ton 

den  reichen  fremdling  aus.    Zachariä  195  (veno.  4,824); 

ein  jeder  kehre  vor  seiner  thür, 

und  rein  ist  jedes  stadtquartier.    Göthe  3,  210  Hempel. 

STADTRAT,  m.  l)  handlung  des  ratlialtens  zum  besten 
und  tum  wohle  der  stadt:  Stadtrat  halten. 

S)  das  eoUegium,  loelchea  solche  beratungen  abhält:  stadt- 
raht,  magistratua  oppidanua  vd  civitatis.  Stieler  1519; 
stadtraht,  aenato  eittadino  6  di  republica.  Kramer  dict. 
2 (1702), 901";  stadtraht,  magistratua,  aenatua  civium.  Frisch 
t,  81A*;  stadtrath  Adelung,  vgl.  stadtmagistrat  («p.  480). 
(ea  tat  featgeateUt.)  das  der  stattrath  zu  Bri.xen  geraume 
jähr  her,  als  oft  auf  dieser  Rienzpruggen  ainiche  dillen 
oder  strähOlzcr  von  nöten  gewest,  ainen  thail  derselben 
an  das  gericht  Liszen  als  ainen  boitrag  angefordcrcl , 
dess«n  sich  aber  emantes  gericht  vcrwaigeret.  tirol.ioeiath. 
A,  807, 4, 7;  eben  solcher  Ursachen  halber  kam  ich  nicht 
allein  aaoh  in  den  stattrath  unHcrcr  regimcntshcrren, 
•ondf^m  gesellet«  mich  auch  sogar  zu  den  geheimen  Stands- 
cin  iliis  und  rathschlttgen  groRzmäcli liger  poteutaten. 
Si,nj>l.  achr.  4,81,81  Kurt;  in  Brügges  liesz  der  stadtrath 


selbst  einige  ihrer  {der  inquisitoren)  diener,  die  sich  eines 
ketzers  bemächtigen  wollten,  bei  wasser  und  brod  ins 
geföngnisz  setzen.  Schiller  7,143;  zwar  hatte  ein  ge- 
strenger stadtrath  den  brauch  aufgegeben,  ansehnlichen 
fremden  den  Willkomm  mit  wein  und  fischen  zu  über- 
reichen. Freytag  6,220;  der  stadtrath  hatte  bittere  be- 
schwerden  über  Unzucht,  nächtlichen  straszenlärm  gegen 
sie  {die  kleriker)  gesammelt.  18,128;  er  {Constantin)  um- 
gab sich  hier  {zu  ConstantinopeV)  mit  einem  senat,  der 
jedoch  wie  der  des  alten  Rom  nur  selten  und  in  unter- 
geordneten Staatsangelegenheiten  zu  rathe  gezogen  wurde 
und  fast  allein  die  bedeutung  eines  stadtraths  hatte. 
GiESEDRECin-  gesch.  d.  d.  kaiserzeit  1  (I86O)  *.  43; 

so  schlurft  unendliches  gesäufte 

der  etilen  herrn  den  letzten  tropfen  aus. 

der  stadtrath  musz  sein  lager  auch  verzapfen, 

man  greift  zu  humpen,  greift  zu  napfcn. 

GÖTHE  41, 14. 

3)  die  einzelne  dem  coUegium  unter  2  ungehörige  person : 
stadtraht,  Senator  urbis  Stieler  1517.  auszcrdem  ist  er 
stadtrath,  steht  seiner  bedeutenden  gesegneten  fabrik  vor, 
verwaltet  jedem  bedürftigen  das  seine,  vertritt  landes- 
gerechtsame,  ist  ein  freund  und  uneigennütziger  hclfer 
wie  keiner.  Brentano  9, 131 ;  der  neue  stadtrath  Gottlieb, 
ein  ansehnlicher  fleischermeister.  Freytag  7,  208;  ei  {der 
prinz)  hatte  lange  mit  der  tochter  des  stadtrath  Gottlieb 
gesprochen  und  das  fräulein  zu  einem  lachen  gebracht.  211. 
die  Verleihung  des  titeis  Stadtrat  an  magistratsmitglieder 
ist  für  die  secTis  östlichen  provinzen  durch  erlusz  vom 
30.  wifli  1833  nur  auf  stüdte  mit  über  20000  einwolmern  be- 
schränkt {für  stüdte  mit  20000  Ws  5000  einwohnem  ist  der 
titel  ratsherr,  für  solclie  mit  weniger  als  5000  einioohnem 
nur  der  titel  ratmann  verleihbar). 

STADTRÄUBER,  m.:  item  darnach  am  eritag  (i506)  da 
köpft  man  die  zwen  statraubcr,  beten  hie  zu  Nurmbcrg 
pei  naht  die  kandel ,  die  piret  und  das  gelt  den  Wein- 
schenken vom  zalpret  genumen.  d.  siiidtechron.  11,  697, 14. 

STADTRAUCH,  m.  rauch  und  qualm,  der  die  stadt  er- 
füllt, über  der  stadt  lagert:  wir  mochten  so  herrliche 
tage  nicht  im  stadtrauche  verleben.  Matthisson  Schriften 
3,  222.    vgl.  oben  das  allgemeinere  stadtluft  l  {sp.  480). 

STADTRAUM,  wi.  räum,  welchen  die  stadt  in  ihren 
mauern  bietet:  nicht  überall  faszte  der  stadtraum  die  zu- 
ziehende menge,  schon  erhoben  sich  auszerhalb  der  ring- 
mauern  die  hütten  der  Vorstädte.  Freytag  11,  271. 

STADTRECHNER,  m.,  a.  oben  städterechner  {sp.  454). 

STADTRECHNUNG,  /.  rechnung,  lodclie  am  sdilusz  des 
vertcaltungsjahres  über  ausgäbe  und  einnähme  der  stadt 
vom  kämmerer  vorgelegt  wird. 

STADTRECHT,  n.  jus  municipale:  statrecht,  politia. 
DiEF.  445';  das  stattrecht,  jtis  municipiorum ,  jua  mtini- 
cipale.  Dasypodius;  stattrecht  oder  weltlich  recht,  cii-jY« 
jus.  ebenda;  das  stattrecht,  oppidanum  jus.  ebenda;  das 
stattrecht  oder  bürgerlich  recht,  oppidanum  jus,  jus  cii'ile, 
civium  jus.  MaalerSSö";  stattrecht,  ^ture  ciwYe.  Hulsils 
(1618)238»;  das  stadtrecht  C0MENIU8;  stadtrecht  oder  ge- 
wonheit,  jura  civica.  Corvinus  löö*";  stadtrecht,  der 
bürger  recht  in  einer  stadt,  jus  civile.  838»;  statreclit 
ScHOTTEL  480'».  503»;  stadtrecht,  weltlich  recht,  ..  .  jua 
eivile.  Dentzler  l,  369»;  landrecht,  stadtrecht,  jW  munt- 
cipale.  ebenda;  stadtrecht,  jus  municipale,  aive  eitntatis. 
Stieler  1552;  städtisches  recht  alias  stadtrecht,  jW  muni- 
cipale. 8118;  stadtrecht,  diitto,  il  jus.  ragione  della  cittä. 
Kramer  dict.  2  (1702),  902»;  vgl.  stadrecht,  jua  civile.  jua 
municipale,  jtis  praetorium.  Kii.lAN. 

1)  stadtrecht,  gesamfheif  der  einer  stadt  verliehenen  frei- 
heiten  {vgl.  oben  stadtfrcilieit  .<tp.  458),  die  eben  das  ursen 
der  atadt  ausnuichen :  stadtrecht,  das  ein  ort,  der  vorher 
nur  ein  flecken  gewesen,  erlangt,  jua  civitatis,  jus  muni 
cipale.  Frisch  8,815»;  vgl.  auch  oben  stadtbefreiung  {»p.  44i) 
und  Stadtberechtigung  {sp.  442):  er  {Subialaua)  aber  wolle 
graben  und  planckcn  darumb  machen  jhnen  ru  gut,  er 
wolte  jncn  stadrecht  verlcyen.  HENNKNBKRaRR  preii.<>i. 
landtafel  04;  müssen  wir  jetzt  zuweilen  ertragen,  dasz  dor 
polnische  bär  ein  leben  für  sich  fordert,  es  goschiolit 
doch  nur  selten  und  nie  im  inuthwiliigvn  bruch  des  .stadt- 
recht*, denn  er  haust  nicht  unter  uns.  Frk^tao  li.  18.'>. 

2)  rechte  und  frriheitru.  irelrhe  die  stndt  den  bürgern 
gewiütrt,  t.  th.  »ich  ergebtftd  aus  l:  ilem  die  naohgebauer 


493 


STADTRECHT 


STADTRECHTS ALTERTHUM— STADTREITER  494 


haben  stadtrecht,  ob  ein  nachgebur  fürte  etwas  für 
Bruckenaw,  das  sein  were,  das  solt  ime  unvertzollet  gehen. 
xoeisth.  3,889;  wir  verleihen  in,  ein  rehtes  statreht  da  selbst 
(WiurmerfcZ)  zu  haben  und  des  selben  zu  geniejen  mit 
mulzen,  brewen,  kaufen  und  verkaufen,  quelle  von  1324  in 
MoNES  zeitschr.  2,582;  etliche  aber,  die,  so  sie  (die  fremden) 
mit  freuden  hatten  angenomen,  und  stadrecht  mit  ge- 
messen lassen,  plagten  sie  mit  grossem  schmertzen.  weish. 
Salom.  19, 15 ;  ich  hab  die  anzal  der  heuser  in  diser  statt 
fleissig  lassen  berechnen  unnd  anschlagen,  seind  ob  andert- 
halb hundert  mal  tausent  gefunden  worden,  on  die  vor- 
statt  und  anhang  der  statt,  die  in  gleichem  stattrecht 
und  burgerschafft  seind.  Franck  veitbuch  230*;  so  lies  er 
(Brasidas)  den  mit  den  Atheniensem  geflüchteten  Toro- 
näem  durch  einen  herold  bekant  machen,  dasz,  wer  lust 
habe,  sich  wieder  zu  dem  seinigen  begeben  und  sein 
stadtrecht  ungekränkt  gemessen  könne.  Hbilman  Thu- 
eydides  600; 

gsel  Rüedi,  wen  du  min  sin  hettist 

und  mir  in  dem  stuck  folgen  wettist, 

so  wetten  wir  unser  statrecht 

bruchen  mit  disem  stalknecht. 

fastn.  sp.  837,  29  KeUer. 

dann  auch  dienste  und  abgaben,  icelche  von  dei\  bürgern 
an  die  stadt  zu  leisten  sind:  der  stat  j erheben  alle  stat- 
recht tun  und  pflegen  an  geschosse,  an  wachen . . .  jenaische 
Statuten  30  a.  1. 

3)  stadtrecht,  nach  welchem  in  der  stadt  recht  gesprochen 
wird,  nach  welchem  das  leben  in  der  stadt  sich  ordnet: 
stadtrecht,  das  eine  stadt  unter  sich  selbst  gemacht,  ist 
soviel  als  marktrecht.  Frisch  2,  315";  was  aber  anndere 
personnen  für  zins  uff  vermelter  gotzhüsern,  Muri  oder 
Wettinger  gütren  hannd,  da  solle  unnd  möge,  ein  ieder 
dieselben  nach  innhalt  unnd  uswysung  siner  brieff  unnd 
siglen  oder  nach  miner  herren  von  Zürich  stattrecht  in 
tzüchen  nach  sinem  gefallen,  weisth.  l,  60 ;  dieselbin  (die 
neuen  bürgen-)  dan  geloben  und  sweren  müssen,  .  .  .  recht 
zu  Meyningen  nach  stadtrecht  vor  dem  radt  daselbst  zu 
geben  und  zu  nemen.  3,600;  so  stet  unser  Öffnung  und 
alts  herkomen,  das  wir  haben  mit  Hettinger  holzwaide  und 
gesuch  von  dem  joch  unz  herab  in  den  wag,  wir  nach 
stattrecht,  und  si  nach  dorfsrecht,  tirol.  iceisth.  1,232,13; 
nach  ausweisung  (des)  stattrecht  fälligen  zins  einziehen. 
3,  22,  36;  item,  wenn  ain  richter  zu  dem  lantzrechten  sitzt, 
so  ist  er  schuldig  und  gepunden  des  nächsten  freitag  dar- 
nach ze  sitzen  zu  dem  statrechten,  als  dan  von  alter 
recht  ist.  4,421,7,  d.h.  rechtsprechen  nach  stadtrecht,  zu 
dem  gegensatze  von  landrecht  und  stadtrecht  vgl.  auch  das 
rechfsprichwort  stadtrecht  bricht  landrecht  Simrock  9803, 
d.  h.  kann  in  tciden-pruch  zu  dem  herrschenden  landrechte 
stehen,  'recht'  ist  das  weltlich  regiment,  das  landrecht, 
stadrecht,  darnach  die  bürgermeister  und  fürsten  sollen  re- 
gieren in  eusserlichen  dingen,  da  es  betrifft  hausz,  hof  etc. 
da  gehöret  recht  zu,  als  ir  Saxen  den  Saxenspiegel  habt. 
LuT}iKR  28,543,20  Weim.  ausg.;  über  das  betten  sie  {die 
ratsherren  von  Jerusalem)  eigen  stadrecht  quod  divisum 
in  duas  partes,  in  regimen  corporale  et  spirituale.  29,  220,  l ; 
wer  handelschaft  trieb  durfte  nach  lübischehi  recht  nicht 
mitglied  des  rathes  werden,  und  spuren  ähnlicher  Zurück- 
setzung des  kaufmanns  finden  sich  in  anderen  alten  stadt- 
rechten. Freytag  18,  114;  noch  weiter  im  osten  der  neue 
markt  Breslau,  erst  vor  kurzem  nach  deutschem  stadt- 
recht geordnet ,  aber  bereits  ein  wichtiger  Vorposten 
deutscher  cultur.  120 ; 

mein  lieber  wirt,  BOß  mir  an  schlecht, 
was  ist  allhie  für  ein  stattrecht? 
was  ubels  müssen  thim  die  leut, 
dasz  man  eim  dise  statt  verbeut? 

H.  .Sachs  17,  377,  25  KeUer-Oötze. 

einzelne  stadtrechte  genossen  besonderes  ansehen  und  fanden 
als  rechtsbilcher  in  andere  städte  eingan^:  item  wir  haben 
stattrecht,  als  die  statt  ze  Innspnigg,  und  ob  unser  ainem 
notturft  oder  ain  recht  ze  schwer  wer,  so  mügen  wir 
dingen  in  den  rat  geen  Insprugg.  tirol.  iceisth.  l,2iC,  22, 
d.  h.  von  Innsbruck  neue  rechfsbelehrung  einholen;  über 
solche  niederschrißen  der  stadtrechte  vgl.  Wackernagel 
lifferaturgesch.  1,419  und  Gaupp,  deutsche  stadtrechte  des 
niittelalters.  Breslau  1851.  besondere  geltung  hatte  für  den 
Osten  das  sladtrecht  von  Magdeburg,  vgl.  Wackernagbl 


1,438:  ihre  colonisten  besiedelten  die  städte  Kulm  und 
Thorn  und  nahmen  von  der  mutterstadt  Magdeburg  ihr 
stadtrecht.  Freytag  18,  205. 

4)  gebiet,  in  icelchem  das  stadtrecht  geltung  hat,  s.  oben 
stadtmark  {sp.  48i)  und  unten  weichbild:  es  soll  kein 
meister  seine  Werkstatt  aufm  dorfe  oder  auszerhalb  des 
stadtrechts  haben,  quelle  irn  Weimarer  archiv  voti  1695  bei 
Dief.-WClcker  861. 

STADTRECHTSALTERTHUM,  n.  geschichüiches  zeugnis 
aus  dem  gebiete  der  stadtverfassung.  stadtrechtsalter- 
thümer,  plur. :  deutsche  stadtrecbtsaltertümer  von  H.  G. 
Gengler.   Erlangen  1882. 

STADTRECHTSBUCH,  n.,  zu  stadtrecht  3  gebildet:  buch, 
in  welches  das  stadtrecht  eingetragen  ist. 

STADTRECHTSFÄHIG,  adj.  fähig,  bürget-  einer  stadt  zu 
werden,  bürgerrecht  zu  encerben,  vgl.  oben  stadtrecht  2: 
vers  ist  zwar  lateinisch,  aber  nunmehr  kraft  des  be- 
kanten  gebrauchs,  teutsches  schlags  und  statrechtsfähig 
geworden.  Schottel  800. 

STADTREDNER,  m.  wwthalter  einer  stadtgemeinde: 
swenn  der  richter  oder  der  statredner  zuo  ainem  feur 
chöment,  an  swelher  gajgen  dag  sey,  so  habent  sie  bald 
gewalt  .  .  .  daj  sie  ab  haiggen  prechen  ainen  first  oder 
mer.  Münchner  stadtrecht  art.3Qö;  unverbunden:  er  gevor 
zuo  der  stat  redner.  art.  201 ;  vgl.  redner  2,  theil  8,  485. 
übertragen  auf  die  römischen  consulartribunen :  ward  also 
aber  ein  neus  regiment  aufgericht  in  der  stat  Rom, 
wurden  jerlich  erweit  die  5  statredner  und  2  paumaister 
oder  kirchenpröbst.  Aventin  chron.  310,  23. 

STADTREGENT,  m.,  wol  dasselbe  wie  bürgermeister.  stadt- 
regent,  praefectus  urbis,  rector  reipublicae.  Stieler  1574; 
stadtregent,  reggente,  console  di  cittä.  Kramer  dicf. 
2(1702),  902»;  doch  vgl.  auch  oben  stadtmeister  {sp.  483). 

STADTREGIERUNG,/. .-  stadtregirung,  governo.  reggenza 
della  cittä,  it.  politia,  forma  di  governo  cittadino,  demo- 
cratico  d  oligarchico.  Kramer  rfic^.  2(1702),  902";  jeder  zunft 
wird  wieder  durch  die  gröszere  genossenschaft  der  stadt- 
regierung  bis  ins  kleinste  verordnet,  welche  arbeit  sie 
schaffen  darf  und  welche  nicht;  endlos  sind  die  colli- 
sionen  der  zunftinteressen ,  eifersucht  und  polizeiliche 
Verordnungen.  Freytag  17, 15. 

STADTREGIMENT,  n.,  vgl.  das  vorhergehende .-  stattlich- 
eyt,  Stattregiment,  politeia.  Dasypodius;  stattregiment, 
governo,  politia,  reggimento  d'tina  republica.  HuLSics 
(1618)238»;  Stadtregiment  CoRviNUS /orw  ^^.  re^.;  stadt- 
regiment,  respublica,  civitas,  politia,  municipium,.  Stie- 
ler 1575 ;  Stadtregiment,  governo,  reggenza  deüa  cittä.  it. 
politia,  forma  di  governo  cittadino,  democratico  o  oligar- 
chico. Kramer  dict.  2  (1702),  902"=:  der  antrag  hatte  übrigens 
eine  umfassendere  tragweite  auf  herstellung  des  vormärz- 
lichen zustandes  in  Frankfurt  überhaupt,  und  damit  auf 
beseitigung  der  zur  zeit  im  stadtregimente  herrschen- 
den gothaischen  partei.  Poschinger  Preuszen  im  bundes- 
tag  1,  31. 

STADTREIF,  m.  n.  holzmasz  der  stadt  Würzburg  von 
fünf  schuh  höhe  und  fünf  schuh  breite:  die  holzkam 
sollen  gerade  einen  Wirzb.  stadtreif  holz  fassen,  verordn. 
fon  1744  bei  Schm.*  2,66. 

STADTREISENDE,  m.  kaufmännischer  reisender,  welcher 
nur  die  künden  in  einer  stadt  besucht,  welcher  für  die 
kundschaft  nur  einer  einzigen  stadt  angestellt  ist. 

STADTREISIGE,  m.  der  kriegstüchtige  mann  der  stadt: 
sein  {des  königs)  graf  oder  dienstmann  führte  die  stadt- 
reisigen. Freytag  18, 113;  er  {Kunz  von  Kaufungen)  war 
in  der  groszen  Nürnberger  fehde  von  1449  bis  1451  neben 
einem  Reusz  von  Plauen  hauptmann  der  stadtreisigen 
von  Nürnberg  gewesen.  314;  {erst  zur  nachtzeit)  wurden 
die  pferde  aufgeboten,  an  die  wagen  des  Junkers  geschirrt, 
und  von  allen  stadtreisigen  und  den  männem  der  familie 
geleitet,  vermischte  aufs.  2,  9  Elster. 

STADTREITER,  m.  reiter.  soldat  zu  pferde  im  dienste 
der  Stadt:  der  hagere  starkknochige  gesell  mit  schmalem 
angesicht,  das  bleich  und  verbrannt  und  trotz  der  Jugend 
durch  hartes  leben  und  ausschweifungcn  gefurcht  war, 
sah  auf  seinem  struppigen  klepper  gegenüber  dem  rund- 
lichen Stadtreiter  aus  wie  aus  einem  andern  lande. 
Freytag  11,  75;  und  als  er  {der  Eppele  von  Geilingen)  da- 
rauf durch  die  stadtreiter  weit  verfolgt  wurde,  sprang  er 


495   STADTREITUNG— STADTRICHTER 


STADTRICHTER  AMT— STADTSCHANZE  496 


vom  Hohensleine  mit  seinem  rosz  in  den  Main  und  höhnte 
die  reiter:  'keiner  von  euch  hat  ein  gutes  pferd'.  18,314. 
STADTREITUNG,/.  im  steirischen  stadtrechnung :  wcre 
alsdann  in  negst  verrückt  stattraitung  befunden,  tirol. 
tceisth.  3,  21,  32;  vgl.  reitung  2,  tlteil  8,  790. 

STADTREPUBLIK,  /  stadt  als  selbständige  repuUik: 
darunter  (tm<er  den  spazieren  gehenden)  befand  sich  in  der 
that  Bodmer  mit  seinem  gefolge  und  besprach  im  gehen 
den  unterschied  zwischen  ideal  und  Wirklichkeit,  zwischen 
der  republik  Piatos  und  einer  schweizerischen  stadtrepu- 
blik,  wobei  er  auf  alle  möglichen  Vorgänge  zu  sprechen 
kam  und  allerhand  dummheiten  und  Unzukömmlich- 
keiten mit  unverkennbaren  seitenhicbcn  bezeichnete. 
Kei.mci;  6, 177. 

STADTRESCHER,  m.  name  eines  im  haufache  thätigen 
städtischen  beamten.  UngerKhull  567''. 

STADTRICHTER,  m..  roelcher  in  der  stadt  recht  spricht  • 
statrichter  Sghotiel  450'';    der  oberste  stadtrichter.  Co- 
MENIUS;  Bi&dirichier,  praetor  urbautis  sive  togatus.  Stie- 
i.ER  1556;    stadtrichter,  giitdice  della  cittä.  Krameh  dict. 
2  (1702),  902»;    stadtrichter,  judex  civium.  Frisch  2,  315'; 
stadtrichter,    xcelcher  im  stadtgei-ichte   den  vorsitz  führt. 
Adelung;  vielleicht  schon  mhd.  ah  compositum: 
der  stat  rihtsere      von  der  burc  ze  Baljän, 
durch  das  *r  die  geste      s6  riebe  da  gewan, 
mit  sinen  burgseren      reit  er  da  si  vunden 
die  spa;he  koufliute.      Küdrün  293,  1 ; 
dO  sprach  der  stat  rihtsere:  'ich  so!  da;  wol  bewam, 
da;  man  iht  tuo  gewaltes  .  .  .'    Otnit  256,  3; 

und  wag  da  selber  entzwischen  (zwiscTien  den  angegebenen 
grenzen)  geschieht,  darumbe  sol  der  statrichter  richten, 
an  über  pfaffen  ain  und  wag  geistlicher  sache  ist,  über 
die  tuemmaier  und  hueber  nicht,  eg  wer,  dag  sie  ge- 
schäft  triben,  so  süllent  si  dem  richter  geben  elich 
täding.  tirol.  iceistli.  i,3Si,  2;  aver  gewalt  und  frävel  und 
alle  Unzucht  hat  ain  statrichter  ze  richten,  wa  dag  in 
dem  gericht  beschicht.  11;  (es  gehören)  mer  X  fl  einem 
statrichter  zu  Braunegk.  474, 1 ;  item  es  ist  auch  von  alter 
herkomben,  dasz  kainer  .  .  .  kainen  wein  in  die  statt 
niderlege  auf  den  fürkauf,  dasz  der  iber  drei  tag  liget, 
er  hab  dann  des  statrichters  verlaub  und  willen.  606,9; 
von  ainen  ehrsamben  burgermaister ,  stattrichter  und 
rath,  auch  gmainer  burgerschaft  zu  Gmindt.  steir.  tai- 
dinge  6,  458,  27 ;  swer  in  die  stat  gelten  sol,  den  sol  u;iscr 
sachwalt  oder  unser  statrichter  auf  beschaidenhait  hin  in 
belaiten.  {zum  jähre  1296)  monum.  Wittelsbacensiu  209,11; 
wag  da  geschit  in  den  gruben  unde  an  den  leitteren  unde 
an  der  hengebanc,  dag  sal  der  bercmeister  richten,  wag 
aber  da  ugenwendic  geschit,  dag  sal  richten  der  stat- 
richter. Freiberger  stadtrecht  37,  3  Ermisch;  wag  uf  dem 
gebirge  geteidinget  wirdet  vor  gerichte,  dag  bezugit  ein 
man  wol  herin  mit  dem  richtere  unde  den  geswornen 
luten.  unde  der  statrichter  sal  si  herin  twingen  zu  rechte.  7 ; 
ist  aber,  dag  der  statrichter  unde  di  geswornen  von  der 
stat  unde  ouch  ander  burger  .  .  .  kumen  uf  dag  gebirge 
allen  enden,  wo  dag  ist  in  dem  lande,  unde  haben  da 
z\x  schaffene,  di  sullen  swert  unde  meggerc  tragen  ane 
vare  zu  rechte.  10;  {von  der  ausstoszutig  eines  klerikers:) 
beschoren  in  einen  kittel  gekleid,  ein  schwartz  zurschnit- 
tens  paret  auiTgesetzt  und  dem  stadrichter  uberantwort 
als  einen  leien.  Luther  3,  418»;  darnach  hat  in  der  stad- 
richter genomen  und  gebunden  wider  aufl  das  schlos  ins 
gefengnis  gefürt,  ebenda;  der  stadtrichter  Körner.  Schil- 
ler 4, 188;  'das  musz  morgen  scharf  untersucht  werden', 
sagte  der  stadtrichter  freudig.  J.  Paul  biogr.  belust.  l,  137; 
der  stadtrichter  holte  durch  vormittägige  Schanzarbeiten 
zu  nachmittägigen  kanikularferien  aus,  um  den  adjunktus 
zu  genieszen.  149;  der  stadtrichter  fing  an  und  sagte:  'als 
zeitiger  und  wohlbestallter  gerichthalter  von  Obersees 
verordne  und  befehl'  er  hiermit,  . . .'  170;  da  ging  der  vor- 
nehme stadtrichter  an  ihm  vorbei,  der  ein  neugieriger 
und  dabei  ein  gewaltthäiiger  mann  musz  gewesen  sein, 
und  der  gerichtsdicner  kam  hinter  ihm  drein.  Herel  8,14; 
das  half  alles  nichtit,  und  der  stadtrichter  gab  dem  gerichts- 
diener  zuletzt  wirklich  den  befobl,  diesen  widerspenstigen 
menschen  wegzuführen.  I6;  (an  der  hauathüre.)  wo  sie 
oüt  einem  freundlich  gelispelten  'gute  nacht!'  vollsländig 
die  Oberhand  gewann  über  den  ftjultrichtrr.  Keller  6,194. 
dau  tUr  •tadtrichUr  ein  bmmtmr  dies  königs  oder  über- 


haupt landesherrn  tcar,  machen  nebeneinanderstellungen  icie 
Stadt-  und  gaurichter,  stadt-  und  landrichter  wahrschein- 
lich ■  der  ehrehaffte  dnus.  Knipschilt  gau  und  stadtrichter 
zu  Medebach.  ueisth.  3,76;  statt-  und  lantrichtcr.  tirol. 
weisth.  1,9,11;  Sebastian  Pranter,  statt-  und  lantrichter 
allda  an  Meran.  4,22,45;  nicht  weniger  und  vorderist 
würdet  selbiger  auch  erinnert,  das  er  dem  herrn  kelen- 
ambtsbeamten,  wie  auch  h.  h.  stat-  und  lantrichter,  wie 
von  alters,  die  gebürende  gehorsamb  zu  laisten.  41,43. 
doch  gegensätzlich  zum  landrichter:  ist  ouch,  dag  sich 
lute  werren  in  dem  lantgerichte  unde  kumen  des  in  dag 
wikbilde  unde  slan  da  wunden  oder  wag  si  da  tun,  dag 
sal  der  statrichter  richten  zu  rechte.  Freiberger  stadt- 
recht Z9,i  Ermisch;  ist  aber,  .  .  .  dag  sich  der  gast  von 
im  {dem  Zöllner)  inprichet  mit  rechte,  so  hat  der  lant- 
richter keine  buge  dran,  ist,  dag  sie  den  gast  herin  vuren 
wider  ing  wikbilde,  wag  si  denne  zu  teidingene  haben  mit 
einander,  dag  sal  der  statrichter  richten  zu  rechte.  40, 13. 

STADTRICHTERAMT,  n.  amt  des  stadtrichters :  also  ist 
dermahln  der  durch  gottes  gnade  noch  lebende  Groschupff 
...  als  wohlverdienender  ober-stadtschreiber  bei  seinem 
stadtrichteramt  und  anderer  berg-function  ...  zu  benennen, 
von  mir  ...  bey  seiner  stadtrichter-location  {ein- 
setzung  in  das  sUidtrichteramt)  mit  einem  sonderbahren 
epigrammate  beehret  worden.  Meltzer  historia  Schnee 
bergensis  435  (436). 

STADTRINGMAUER,  /.  mauer,  welche  rings  um  die 
Stadt  läuft,  vgl.  oben  Stadtmauer  {sp.  481) :  die  kämpfe 
und  krämpfe  des  mittelalters  waren  hier  {in  Florenz)  zu- 
sammengepreszt  in  der  stadtringmauer.  Mosen  (1863)8,32, 

STADTRÖMER,  m.  Römer  aus  der  stadt  {Rom):  kurz, 
scharf,  behend  sprach  und  gestikulirte  der  stadtrömer, 
der  Germane  begeistert,  oder  mit  bedächtiger  Sammlung. 
Freytag  17,50. 

STADTRÖTLING,  m.  eine  art  des  rotschwänzcheiwi,  mota- 
cilla  phoenicurus,  Kelches  sich  innerhalb  der  Stadtmauer 
aufhält;  vgl.  rötling  theil  s,  1313;  stadtröthling  Adelung. 
Naumann  vögel  Deutschlands  3,  525. 

STADTROTSCHWANZ,  m.,  gleich  dem  vorigen.  Nau- 
MAN N  Vögel  3,  525 ;  gerne  im  deininut.  stadtrotschwänz- 
chen,  n.  ebenda. 

STADTRÜCHTIG ,  adj.  in  der  ganzen  stadt  bekannt, 
übel  beleumdet,  berüchtigt,  in  älterer  .spräche  stadtruchtig 
{vgl.  ruchtig ,  adj.  theil  S,  i3i3):  Barrabas  erat  ein  stad- 
ruchtiger  morder  und  ward  eingesetzt  per  Pilatum  durch 
ordentliche  gewalt.  Luther  28,325,1  Weim.ausg.;  Barrabas 
war  ein  auffrhürer  und  mörder,  war  im  aufTrhur  ergrifTen 
und  hatte  einen  mord  im  auffrhur  begangen,  und  solches 
war  nicht  allein  stadrüchtig,  sondern  auch  Barrabas  war 
auff  frischer  that  ergriffen  und  durch  Pilatum  als  durch 
ordenliche  gewalt  ins  gefengnis  gelegt.  13;  widerumb  aber 
weil  Barrabas  ein  stadrüchtiger  aufTrhürer  und  mörder 
ist,  werden  die  jüden  müssen  begeren  das  ich  jm  sein 
recht  thun  lasse.  22.  in  niederd.form  stadrochtig:  nach 
dem  dat  statrochtich  sy,  dat  ...  quelle  bei  Schiller- 
LÜUHEN  4,  seg*";  unde  wat  dcne  borde  to  donde,  dat  wolde 
de  rad  unde  de  meyne  stad  myt  one  don,  darumme  dat  de 
kundcghinghe  stadrochtich  were.  d.  städtechron.  16,  id.n; 
also  dat  dat  gantz  statrochtig  ward  unde  dat  volk  ghe- 
meynliken  seden.  28,  7. 

STADTRUTE,  /.  ein  städtisches  längenmast.  vgl.  ruie 
II,  l,b,  e,  theil  8, 1.565.  in  Nürnberg  die  stadtruthe  10  bis  12 
ftMZ  messend.  Jacobsson  7, 419;  vgl.  auch  entsprechende 
bildungen  wie  stadteile,  stadt masz  {sp.  481),  stadtreif. 

STADTSACHE,/,  sache.  uxlche  die  stadt  angeht.  Cami'k; 
im  plur.  stadtünchen,  res  eivicae,  eiviles.    Stieler  ifi.'v«;. 

STADTSÄCKEL,  m.,  s.  stadtseckel. 

STADTSAGE,  /.  sagenhafte  geschichte,  tnelche  man  sirJt 
in  der  stadt  erzählt:  von  diesem  thurmc  geht  eine  alte 
stadtnage;  eine  stadlsagc  berichtet. 

STADTSASSE,  m.  Stadtbewohner:  eyn  stattsasz,  oppida- 
nus.  Dasypodiur.    vgl.  sasse  M«t/ 8, 1808. 

STADTSCHADEN,  m.  schaden,  welcher  dit  stadt  betroffen  .- 
gegenwärtig  wird  ein  stadtschadcn  von  .19000  mark  auf 
die  bewohncr  unigolcgt.  Wörls  r«',vc/ifl»i</6.    Wil d Imd '  ii. 

STADTSCHÄFKHKI,/.  von  der  stadt  betriebene  achäferei. 

STADTSCHANZE,/.,  vgl.  oben  stadtbastei  (sp.  441);  plur. 
Stadischanzen,    casteUa.    Stikler  1843;     stadtsohant/en, 


497  STADTSCHARWACHE — STADTSCHNEIDER 

rampari,  npari,  basti&ni,  fortißcationi  d'una  citta.  Kram  er 
dict.  2  (1702),  902». 

STADTSCHARWACHE,  /.  icaeh  und  Sicherheitsdienst 
in  einer  stadt,  auch  das  verliesz  für  die  gefangenen  be- 
zeichnend,   vgl.  oben  stadtgefängnis  (»p.  460). 

STADTSCHARWÄCHTER,  m.  zur  stadtscharwache  {s. 
das  vorhergehende)  gehörig:  ei,  sie  kannten  ihn  bald,  die 
Schenkwirte  und  tollen  gesellen  und  Vaganten  zu  Magde- 
burg, die  mägdelein  und  die  stadtscharwächter.  W.  Raabe 
lialb  mähr,  halb  mehr  89. 

STADTSCHATZ,  m.  schätz  einer  stadt.  Campe. 

STADTSCHEFFEL,  m.  scheffelmasz  einer  stadt.  vgl.  ent- 
.sprechend  oben  stadtelle,  stadtreif,  stadtrute:  statschefTel 
Zicickaüer  mühlenordn.  von  1333  bei  Lexek  mhd.  wb.  2, 1151. 

STADTSCHENKE,  /.  mirtsliaus  in  der  stadt:  er  befahl 
dem  stadthäscher,  die  westenknöpfe  der  biergäste  in  den 
stadtschenken  zu  zählen  und  mit  den  kreidestrichen  der 
wirthe  zu  konfrontieren ,  um  hinter  die  mäszigkeit  der 
einen  sowol  zu  kommen  als  hinter  die  ehrlichkeit  beider. 
J.  Paul  17,  148. 

STADTSCHIRiMER,  »».  der  die  stadt  beschirmt.  Campe. 

STADTSCHIRMERIN,  /.  zu  dem  vorigen,  die  stadt- 
schirmerinn.  Campe. 

STADTSCHLÄCHTER,  m.,  s.  oben  stadtmetzger  {sp.  484): 
ach  Schwester,  wenn  wir  doch  den  stadtschlächter  zu 
unserm  blutsverwandten  hätten.  Arnim  7,25. 

STADTSCHLINGEL,  m.  schlinget,  unnützer  bursche  aus 
der  Stadt:  während  der  ehrliche  tagelöhner  den  stadt- 
schlingel  von  oben  bis  unten  mit  der  allersouveränsten 
Verachtung  ansieht.  Gotthelf  Kathi  c.  9.  in  älterer 
.spräche  stadtschlüngel  {vgl.  schlingel  theil  9,  728):  und 
haben  die  groben  unadlichen  luntrossen,  die  stadtschlüngel 
und  die  dorffüze  noch  nicht  soviel  gelernt,  das  sie  unter 
dem  gottes  wort,  das  gepredigt  wird,  und  der  person  des 
Predigers  kündten  unterscheid  machen.  Luther  23, 305 
Erlanger  ausg. 

STADTSCHLOSZ,  n.  {festes)  schlosz  bei  einer  stadt,  s.  oben 
stadtburg  (*p.  447) :  si&äischXosz,  castdlum  urhis.  Stieler 
1842;  stadtschlosz,  easteUo  di  cittä  cioe  cittadina.  Kramer 
diet.2{ViQ2),  902»;  nach  Campe  auch  schloszartiges  regierungs- 
gebäude  einer  stadt. 

STADTSCHLOSSER,  m.:  stadtschlosser,  ehiavaio  della 
eittä.  Kramer  dict.  2  (1702),  902''. 

STADTSCHLÜSSEL,  m.  Schlüssel  zu  den  thoren  der  stadt: 
Stadtschlüssel,  chiave  della  cittä.  Kramer  dict.  2  (1702),  902»; 
pltir.  Stadtschlüssel,  claves  civitatis.  Stieler  1844;  einem 
oberherrn  die  stadtschlüssel  präsentiren,  presentare  le 
ehiaii  della  cittä  ad  un prencipe  sourano.  Kramer  a.  a.  o.; 
in  einiger  entfemung  von  Sachsenhausen  war  ein  zeit 
errichtet,  in  welchem  der  ganze  magistrat  sich  aufhielt, 
um  dem  oberhaupte  des  reichs  die  gehörige  Verehrung 
zu  bezeigen  und  die  stadtschlüssel  anzubieten.  Göthe 
24,302;  ja  wir  hätten  uns  vielleicht  von  den  fenstem 
zurückgezogen ,  wenn  wir  nicht  noch  ...  in  der  letzten 
{kutsche)  den  rathsschreiber  mit  den  stadtschlüsseln  auf 
rothsammtenem  kissen  hätten  in  angenschein  nehmen 
wollen.  306;  man  brachte  dem  sieger  die  stadtschlüssel 
entgegen.  Campe;  der  ausfall  war  trefflich  gewählt,  denn 
die  diebsferaner  wollten  eben  einen  einfall  thun  durchs 
obere  thor,  und  so  sich  die  stadtschlüssel  oder  stadt- 
dietriche  selber  schmieden.  J.  Paul  34, 135. 

STADTSCHMIED,  m. .-  der  veilnhawer  was  des  reichen 
Peter  schmids  sun  pei  sant  Alartha,  was  der  statschmid. 
d.  städtechron.  11, 698,  21,  tco  an  einen  aus  der  zunft  der 
achmiede  besonders  hervorragenden  meister  zu  denken  ist. 
im  gegenaatz  ztim  dorfschmiede:  und  durch  den  stadt- 
schmied  leben  hundert  dorf schmiede ,  die  ihm  in  die 
band  arbeiten,  und  ihm  die  menge  von  waaren  liefern, 
welchen  er  die  letzte  feile  und  seinen  namen  giebt. 
Moser  patriot.  phant.  1,28. 

STADTSCHNACK, m.,  entsprechend  schnack  4,  b,  ^.9,ii55, 
im  steirischen  spöttische  bezeichnung  für  einen  Städter. 
Unoer-Khull  ae?»»,  v>ol  mit  bezug  auf  sein  schwatzhaftes 
Wesen. 

STADTSCHNACKEL,  m.  im  steirischen  gleich  dem  vorher- 
gehenden. UN<iER-KHULL  öev*. 

STADTSCHNEIDER,  m.    sartore  deUa  eittä.    Krameb 
diict.  2  (1708),  908''. 
X.  t. 


STADTSCHÖFFE— STADTSCHREIBER,  498 

STADTSCHÖFFE,  m.  schaffe,  der  dem  stadtrichter  {s. 
sp.  496)  das  recht  finden  hilft:  nach  der  statschepfen 
urteil.  Breslauer  urkundenb.  l,  50  {vom  jähre  1280). 

STADTSCHONE,  /.  schönes  mädchen  aus  der  stadt.  im 
gegensatz  zur  dorfschönen  {theil  2, 1285).   Campe. 

STADTSCHORNSTEINFEGER,  m..  dessen  fegebezirk  die 
Stadt  bildet,  im,  gegeiisatz  zum  landschornsteinfeger. 

STADTSCHÖPFüNG,  /.,  icie  stadtgründung  («p.  465): 
Karlsruhe,  eine  fürstliche  stadtschöpfung. 

STADTSCHRANNE,/.,  entsprechend  schranne4(fÄ.9,1643), 
die  .städtische  gerichtsbank,  auf  welcher  stadtrichter  «nd 
Stadtschöffen  sitzen:  so  stet  unser  Öffnung  umb  die  statt- 
schrann  vor  des  Zerrenmantels  haus,  und  ist  es  schön 
und  regent  oder  sneibt  nicht,  so  mag  der  stattrichter 
sitzen  ausserhalb  des  gewelbs,  doch  mit  dem  rugken  an 
das  gewelb;  ist  aber,  das  es  regent  oder  sneibt,  so  sol 
und  mag  der  richter  hin  in  sitzen  under  das  gewelb  mit 
den  rugken   an  die  heuser  daselbs.   tirol.  iceisth.  l,  232,  5. 

STADTSCHREIBER,  m.  öffenüicher  Schreiber  der  stadt. 
welcher  dem,  rate  beigeordnet  ist.  vgl.  oben  das  seltnere 
Städteschreiber  {sp.  455):  der  oberst  Schreiber,  cantzler, 
Stattschreiber,  archigrammateus.  Dasypodius;  der  statt- 
schreyber,  scriptor,  pragmaticus.  Maaler  385"=;  statt- 
schreiber,  le  greffier  d'une  ville;  iL  secretario  d'una  cittä. 
HuLSius  (I6I6)  307»;  Stattschreiber,  segretario  della  cittä. 
(1618)  238»;  der  stattschreiber  Comexius  sprachenth.im  reg.; 
ein  Schreiber,  stattschreiber,  scriba.  CoRvixus/on«  lat.  576; 
rahtsschreiber,  sive  stadt  Schreiber,  amanuensis  euriae.  ma- 
gister  publicarum  literai-um.  Stiei.er  1922;  stadtschreiber, 
scrivano,  scriba,  registratore  del  publico.  Kramer  dict. 
2  (1702),  902»;  stadtschreiber,  secretarius  ciritatis.  Frisch 
2,  315» ;  stadtschreiber,  Protokollführer  des  rates.  Adelung  ; 
vgl.  stadschry ver ,  greffier,  scriba,  graphiarius.  Kilian. 
s.  auch  unten  stadtsekretär.  uji  des  stadtsyndikus  {s.  unten) 
stelle:  iren  syndicum  oder  stattschreiber.  Kirchhof  «wnrf- 
unmuth  133».    mhd.  statschribsere,  statschribser: 

ich  waen  an  den  statschribaer 
der  rihter  gar  verirret  waer. 

Heinr.  V.  Beringen  schachged.  9580 

Zimmermann. 

Cunrat  von  Cham,  stattschryber  Zürich,  weisth.  1,63;  {es 
ist)  nach  besichtigung  der  gmeind  Rorbiss  by  der  kilch 
Öffnung  durch  den  stattschryber  von  Zürich  inn  gschrifft 
verfasset,  und  zesamen  inn  diss  büchli  und  offnung  ge- 
zogen worden.  89;  hilff  des  fümemen,  wysen  Gebhart 
Hegners  der  zyt  stattschriber  ouch  burger  zu  Wintherthur 
unnd  geschworner  schriber  inn  einem  ampt  der  graff- 
schafTt  Kyburg.  108;  ich  Herman  Hertdegen,  statte- 
schriber  zu  Thüringkein.  4,209;  Nicolaus  statschreiber 
daselbst  {zu  Bensheim).  1, 468;  vor  mir  Johan  Fuchs,  notario 
und  dieser  zeit  stadtschreiber  zu  Buchsweiler.  752 ;  Petrus 
Schneider,  der  zeitt  stattschreiber  zu  Münster  in  sanct 
Gregorien  thal,  ausz  kays.  maj.  gewalt  ein  offner gesworener 
notarius.  4,234;  statt  dessen  atich:  von  dem  underrichter 
und  statschreiber,  dem  wir  auch  alle  jar  ain  lezelten 
geben.  6, 180.  herr  Syman  Moriz,  stat-  und  grichtschreiber. 
tirol.  iceisth.  3,53,29;  es  hat  sich  ouch  vormals  begäben, 
als  Oporinus  und  ich  professores  waren,  und  mich  der 
herr  stadschriber,  do  dcputat,  fraget  in  sinem  husz  . .  .  Th. 
Platter97  ;  ein  ehrbar  raht  jren  stattschreiber . . .  mit  sich 
nam.  Kirchhof  (cend««»i.  133»;  der  stadtschreiber  (welche 
leuth  dann  zimlich  kirr  zu  werden  pflegen,  wann  sie  gleich 
keine  stimme  haben)  fieng  an,  etlichen  gelehrten  raths- 
verwandten  seine  meinung  ohnbefragt  auff  lateinisch  zu 
vernehmen  zu  geben.  Sirnplicissimus  1121  Keller;  neulich 
bekam  ich  einen  brieff,  der  war  unterschrieben  datum 
Kunratsheim  durch  Peter  Aschern,  stadtschreibem  daselbst. 
Grvphius  Peter  Squenz  19  neudr.;  Michael  Cardinal,  ein 
gelehrter  mann,  der  aber  nicht  stadtschreiber  blieben, 
weil  er  balde  stadtrichter  worden.  Meltzer  historia 
Schneebergensis  434;  Bartholomäus  Pfenner,  .  . .  der  ein  ge- 
lehrter Jurist  und  in  die  43  jähr  stadtschreiber  und  letz- 
lichen  zugleich  rathsherr  gewesen,  ebenda ,-  wie  {er)  nicht 
weniger,  wenn  ein  stadt-  oder  gerichts-schreiber  nicht  ein- 
heimisch oder  etwa  kranck  ist,  dessen  Verrichtung  auf 
sich  nehmen  musz.  436;  Julia  Peutinger,  das  geehrte  vier- 
zehnjährige kind  des  stadtschreibers  {Conrad  Peutinger). 
Arnim  3, 193;  er  {der  bOrgermeiater)  empfahl  die  berren  in 

32 


499   STADTSCHREIBEREI  — STADTSCHUH 


STADTSCHULD— STADTSCHÜTZE    500 


dieser  angelegenheit  dem  stadtschreiber.  Freytag  6, 149; 
der  stadtschreiber  neigte  sich  respectvoU  vor  seinen  col 
legen  von  der  feder,  ergriff  ein  rostiges  Schlüsselbund 
und  öffnete  das  kleine  gewölbe  des  ratiiauses,  wo  alte 
akten  in  dicker  staubhülle  die  zeit  erwarteten  {wo  sie  ein- 
gestampft werden),  ebenda;  der  stadtschreiber  betheuerte, 
man  wisse  hier  nichts  von  der  alten  zeit  und  kümmere 
»ich  gar  nicht  darum,  ebenda;  kommt,  bruder  stadt- 
schreiber, und  weist  mir  den  kram,  den  eure  städter 
heut  auslegen,  ii,  9;  nur  der  stadtschreiber  Seifried  wollte 
seine  Verachtung  nicht  bergen,  als  er  am  ende  halblaut 
frug,  ob  er  den  verfall  unter  der  rubrica  gaunerei  oder 
gewaltthat  gegen  den  rath  in  das  stadtbuch  eintragen 
solle.  55;  sogar  der  stadtschreiber  Seifried,  der  wegen 
seiner  bösen  zunge  im  Artushof  nicht  gut  beleumdet  war, 
kam  zur  Unterredung.  133;  es  sind  nicht  mehr  die  vor- 
nehmen Benedictiner ,  welche  schreiben,  sondern  kleine 
leute,  bettelmönche,  stadtschreiber  und  ehrliche  bürger, 
welche  aus  dem  gesichtskreise  ihrer  mauern  die  welt- 
ereignisse  beurtheilen.  18,  93;  als  er  bei  dem  stadtschreiber 
ein  buch  über  das  concilium  mit  reichem  bilderschmuck 
und  den  wappen  aller  fürsten  und  herren  sah.  verm. 
aufs.  2,11  Elster;  Diebold  Schilling  II,  kaplan  zu  Luzern, 
welcher  als  gehülfe  seines  vaters,  des  Luzerner  stadt- 
schreibers,  selbst  zu  Stanz  anwesend  war.  50.  im  vergleich : 
er  hat  bände  zart  wie  ein  Junker  und  waden  wie  ein 
stadtschreiber.  Pestalozzi  Z/ren/wirrfM.  Geri^rud  l  (1790), 42. 
vgl.  unten  stadtschreiberwade.  stadtschreiber  als  bezeich- 
nung  einer  sdtachfigur,  s.  oben  den  beleg  aus  Heinrichs 
V.  Bekingen  schachbuch,  in  weiterer  Zusammensetzung: 
stadtschreiberamt,  n.  amt  des  stadtschreiber s.  stadt- 
8chreiberdeutsch,n. .-  d.  Mengering  hat  auch  zu  seiner 
zeit  darüber  geklaget:  man  musz  sich  auf  cantzeley-  und 
stadtschreiberteutsch  legen  und  die  predigten  müssen  mit 
krausen  prächtigen  werten,  formuln  und  arten  zu  reden 
nach  der  weit  manier  und  plaisir  eingerichtet  seyn. 
Luther  der  beste  prediger  (1722)  17;  stadtschreiber- 
dienst,  m.  dienst  des  stadtschreibers :  nachdeme  aber 
an.  1624  die  kirchen  daselbst  (in  Schlackenwalda)  gesperret 
worden,  ...  ist  er  im  maj  des  1628 sten  jahres  zu  dem 
damahls  vacirenden  stadt-  und  gerichts-schreiberdienst  all- 
hier  gelanget  und  in  demselben  ein  wohlverdienter  mann 
worden.  Meltzek  hisioria  Schtieebergensis  434;  stadt- 
schreiberruh,/.  spöttisch,  ruhe,  wie  sie  der  stadtschreiber 
pflegt,  in  der  form  städteschreiberruh  {vgl.  oben 
st&dtesohreiber  sp.  455): 

bistu  denn  es.sens  satt,  und  hast  was  uberdroschen, 
die  aufren  wollten  zwar,  nichts  aber  in  die  goschen 
zu  kriechen  mehr  gelüst;  die  äugen  falln  dir  zu 
und  wollen,  wie  man  spricht  zur  städteschreiberruh. 

ScHEiDT  Orobianm  139. 

stadtschreiberwade,  /.  wade,  so  dünn  wie  die  eines 
stadtschreibers:  nur  der  junge  Galli,  der  eben  da  sasz, 
muszte  über  die  stadtschreiberwaden  lachen.  Pestalozzi 
Lienhard  u.  Gertrud  (1831)1,37. 

STADTSCHREIBEREI,/,  amt.  arbeit  des  stadtschreibers: 
Christian  Spitzner,  . . .  welcher  vorhero  5  jähr  lang  bey  der 
stadtschreiberey  als  ein  amanuensis  gebrauchet.  Mei.tzeh 
historia  Schneebergensis  436;  auch  sein  amtslocal:  auf  der 
sladtschreiberei  nachfragen,  als  bezeichnung  der  person 
de*  stadtschreibers:  die  stadtschreiberei  wuszte  ein  wenig 
unter  den  alten  papieren  bescheid,  begriff  auch  vollständig 
die  Wichtigkeit  der  mittheilungen,  welche  von  ihr  er- 
wartet wurden,  versicherte  aber  der  Wahrheit  gemäsz, 
dasz  .  .  .  jede  alte  nachricht  verloren  sei.  Frevtacj  6, 149. 

STADTSCHREIBERIN,  /.  frau  des  stadtjtchreibers :  ihr 
kinder,  sagte  die  stadtschreiberin ,  bauersgulden  kosten 
in  der  stadt  nur  drei  batzen.  {aus  der  Werragegend.)  wie 
da»  vUk  spricht  1838. 

STADTSCHREINEK,  m.  marangone  deüa  cittä.  Krämer 
diet.  i  (1702),  902'>. 

STADTSCHRIFT,  /.,  plur.  stadtschriften,  Schriften  und 
Urkunden  der  stadt :  stadtschriften,  acritture,  archivi  d'una 
eUtä.  Kkamru  diet.  »  (i7oa),  Boi*.  in  alt«n  stadtsohriften 
findet  sich  . . . 

STADTSCHUH,  m.  I)  besondert  feiner  schuh,  tcie  er  in 
der  »tadt  getragen  wird,  im  gegenjNits  iu  den  derberen 
iMUieriMcUuhen :  der  schoerer  ist  ein  ausgemaohter  hcrr. 


er  darf  unser  einem  wohl  nicht  antworten;  er  trägt  j» 
spitzhosen,  stadtschuhe  und  am  sonntage  manschetten. 
Pestalozzi  Lienh.  u.  Oertr.  1,  42. 

2)  ein  in  der  stadt  gebräuchliches  U7id  erlaubtes  längen- 
masz,  vgl.  oben  stadtrute  (*p.  496):  der  {der  lusthäuschen) 
mag  yemant  eins  und  nit  mehr  in  seinem  garten  haben, 
machen  lassen  und  gebrauchen,  doch  nit  grosser,  dann 
sechzehen  statschue  lang,  sovil  preyt  und  auch  sech- 
zehen  statschue  ho  bis  an  das  tach.  Nürnberger  polizei- 
ordn.  922;  von  einer  rutten,  die  hat  dreizehen  stat  schucb. 
Tücher  baumeisterb.  51,  a;  also  das  sie  alle  stein  an 
rechter  leng ,  das  ist  drei  stat  schuch ,  auch  legers  dick 
und  preit  .  .  .  prechen  wollen.  80,13;  so  ist  binden  von 
demselben  stadel  pisz  auf  den  obgeschriben  ursprting  des 
Wassers  pei  neunundzweintzig  stat  schuch.  163,16;  niemant 
soll  auch  kein  heimlich  gemach  in  den  Vischpach  leitten 
noch  auf  zehen  stat  schuch  auf  das  minst  hinzu  nit  haben. 
231,18;  so  soll  der  stat  paumeister  das  in  acht  haben 
und  des  nit  gestatten  zu  pawen,  es  pleib  dann  acht- 
zehen  statschu  zwischen  der  statmeur  und  solichen  newen 
gepeud  ligend.  261,30;  item  der  knöpf,  so  man  auf  den 
gemelten  turn  am  eritag  vor  Viti  (1483)  . .  .  gehaben,  hat 
in  zirckcl  an  der  weiten  8  statschuh  8  zoll ,  an  der  höh 
2'/a  zoll  und  2  statschuh.  d.  städtechron.  11,477, 12. 13; 

das  {bild  ApöUo»)  war  hundertfünff  stattschuch  hoch. 

H.  Sachs  16, 199,  30  Keller-Oötze. 

STADTSCHULD,/.,  plur.  stadtschulden,  welche  die  stadt 
zu  zahlen  hat.  Campe:  stadtschulden,  nomina  civitatis. 
Stieler  1940. 

STADTSCHULE,  /.  l)  schule  in  der  stadt,  im  gegensatz 
zur  dorfschule.  Adelung. 

2)  öffentliche,  von  der  stadt  unterhaltene  schule:  stadt- 
schul, schola  publica  civitatis.  Frisch  2,  315»;  Stadtschule 
Adelung,  man  spricht  in  gemeinen  Stadtschulen  von 
in  succum  et  sanguinem  convertiren,  aber  man  giebt, 
ich  wette,  diese  redensart  offt  aus  ohne  sie  zu  kennen. 
Lichtenberg  aphorismen  l,  128  Leitzmann ;  aber  Berthold 
setzte  seinen  schreiberstolz  darin ,  ihn  allein  weiter  zu 
bringen,  als  die  bequemen  geistlichen  in  der  Stadtschule  es 
mit  allen  Züchtigungen  bei  den  Stadtkindern  vermochten. 
Anrim  3,38  {kronenic.  1,3);  denn  die  stadt  hat  nicht  nur 
einige  Stadtschulen,  welche  von  den  pfarrgeistlichen  beauf- 
sichtigt werden,  auch  eine  höhere  lateinische  schule  . . . 
Freytag  18,  127;  die  leistungen  meiner  bescheidenen 
armenschule  .  .  .  erwiesen  sich  bei  der  aufnahmeprüfung 
so  genügend,  dasz  ich  neben  den  Zöglingen  der  guten 
alten  Stadtschulen  vollkommen  bestand.  Keller  1,128; 
von  der  Stadtschule  her  und  aus  dem  konfirmationsunter- 
richte  hatte  sie  die  Übung  ununterbrochen  beibehalten, 
aufsätze  und  geistliche  memorierungen  und  allerhand 
spruchweise  Schemata  zu  schreiben.  4,  282. 

STADTSCHÜLER,  m.  schüler  einer  Stadtschule.  Campe. 

STADTSCHULLEHRER,  m.  lelirer  einer  Stadtschule. 
Campe,  dazu  stadtschullehreramt,  n.  {ebenda)  und 
stadtschullehrerstelle,/.  amt,  stelle  eines  stadtsclttd- 
lehrers.  ebenda. 

STADTSCHULMEISTER,  m.  Schulmeister  in  der  stadt, 
im  gegensatz  zum  landscluilmeister  {theü  6, 135).  dazu 
stadtschulmeisterei,/.  amt,  stelle,  wohnung  des  stadt- 
Schulmeisters. 

STADTSCHULTHEISZ,  m.,  welcher  im  namen  des  königa 
recht  spricht,  s.  auch  oben  stadtanwalt  {sp.  489)  und  stadt- 
richter  {sp.  496):  ein  richtcr  in  der  stadt,  stadtvoigt,  stadt- 
schultheisz,  praetor  urbanus.  Cürvinus  fons  lat.  238*; 
si&AiscXwiMeis,  praetor  urbieus.  Stieler  825;  stadtschult- 
hcisz,  pretore.  podestä ,  pr^etto,  governatore  delUi  cittä. 
Kram  ER  dü;<.  2  (1702),  902»;  stadtschuldheisz,  vorgesetzter 
eines  Stadtgerichtes.  Adelung;  stadtschultheisz  dann  attch 
in  einigen  atädten  bezeirJinung  des  bürgermeisters .  so  im 
}Valdeekschen.  Bauer  Collitz  173.  174;  in  Würtenberg 
UÜNTIIEH  recht  u.  spräche  109  anm.  180.  dasu  das  stadt- 
schultheiszcnamt,  n.  amt  eine»  stadtsehultheisten : 
stadtschuidheiszenunit.  Campe. 

STADTSCHUSTER,  m.  sartore  dMa  cittä.  Kramer  diet. 

8  (1708),  908'>. 

STADTSCHUTZ,  m.  prae^dia  urbia.  Stieleh  194«. 

STADTSCHÜTZE,  m..  slalschUlze  quMe  vom  jähre  um 
im  Lripz.  urkundenb.  l,  176. 


501       STADTSCHWALBE— ST  ADTSIEGEL 

STADTSCHWALBE,  /.  acJncalbenart,  tceldie  in  der  stadt 
nistet,  hinindo  urbica.  stadt-  oder  fensterschwalbe.  Oken 
7, 94.  Naumann  vögel  6,  49.    vgl.  holt,  stadzwaluw. 

STADTSCHWLMMER ,  m.  in  Österreich  'ein  in  Stahl- 
federn hangender  tragen,  damit  in  de>'  stadt  (spazieren)  zu 
fahren'.  Campe,    vgl.  Schwimmer  3,  e,  theil  9,  2643. 

STADTSECKEL,  m.,  s.  auch  oben  stadtbeutel  (ßp.  U2), 
öffentlicher  seckel  der  stadt:  stadtseckel,  aeraritis.  voeab. 
V.  1509  11;  der  stattseckel,  der  gemein  seckel  nnd  schätz 
einer  statt,  aerarütm.  Maaler  385"=;  stadtseckel,  borsa  cioe 
erario,  peeulio  della  citta  6  del  commune.  Kramer  dict. 
2  (1702),  902*.  dem  stattseckel  rechnung  gSben,  ad  aerarium 
rationes  sttas  referre.  Maaler  a.  o.;  der  stadtsäckel 
(alt-Berlins)  war  immer  gar  ansehnlich  gefüllt  durch  die 
einnähme  ans  den  Zinsen  der  kammereidörfer  Stralow, 
Neuhof  . . .  und  des  stadtforstes,  des  zolls.  der  niederlage, 
der  statte-  und  platzgelder,  der  gewerkhäuser,  des  buden- 
und  markzinges  und  der  Schankgerechtigkeit.  Hesekiel 
Nürnberger  tand  1, 125. 

STADTSEITE,  /.  l)  seite.  auf  irelcher  die  stadt  liegt: 
indem  ich  aber,  um  an  den  mittelpunkt  zu  kommen,  der 
die  freyeste  aussieht  in  das  offene  meer  gewährt,  an  den 
häusern  hinschlich,  die  ihn  von  der  stadtseite  her  ein- 
schlieszen,  ...  ThCmmel  reise  6,277;  sie  muszten  jetzt 
einen  weiten  um  weg  durch  feld  und  wiesen  machen,  um 
die  feste  des  burggrafen  zu  erreichen,  zu  der  niemand 
von  der  stadtseite  aus  unmittelbar  gelangen  konnte. 
Hesekiel  Nürnberger  tand  l,  16;  eine  winde  im  wächter- 
zimmer  war  zu  doppeltem  gebrauche  eingerichtet,  sie  hob 
in  einem  groszen  eimer  von  der  stadtseite  zu  bestimmten 
stunden  seine  (des  Wächters)  lebensmittel  empor  und  nahm 
in  demselben  eimer  von  der  landseite  nach  dem  unerbitt- 
lichen thorschlusz  alle  verspätete  Sendungen  an  rath  und 
bürger  der  stadt  . .  .  auf.  Arnim  3, 12  (krotietiw.);  er  (der 
kästen)  wurde  an  der  winde  nach  der  stadtseite  befestigt,  82. 

2)  dann  auch  die  nach  der  stadt  gelegene  seite  eines 
gegenständes,  einer  örtlichkeit:  die  stadtseite  des  walles. 
C\mpe  (unter  böschung). 

3)  gegend,  theil  einer  stadt:  bei  diesen  worten  zog  er 
den  alten  Martin  über  die  trümmer  der  wüsten  stadtseite 
fort  Arnim  3,44  (kronenir). 

4)  übertragen  stadtseite  partei  der  stadt:  die  Schlösser 
aber  beider  stadtseiten  hatten  pforten  auf  das  feld,  so 
dasz  sie  sich  ohne  alles  hindemisz  nach  möglichkeit 
stärken  und  leute,  so  viel  sie  wollten,  einlassen  konnten. 
Freytag  18, 432;  hierher  auch:  die  damen  der  prinzessin 
begrüszten  und  ordneten  die  frauenweit  durch  leise  winke 
zu  einem  kreis,  .  . .  auf  der  einen  seite  die  familien  des 
hofes,  auf  der  andern  die  stadt.  die  gaste  fügten  sich 
mit  behendigkeit  dem  zwange  der  mathematischen  linie, 
nur  auf  der  stadtseite  gab's  kleine  Unordnung.  7,  208. 

STADTSEKRET,  n.  geheimsiegel  der  stadt:  und  von  disser 
abred  ward  yeder  zunfft  ein  geschrifft  geben  und  mit  dem 
statsecrett  zä  halten  versiglet,  uff  zinstag  den  6.  tag 
january  anno  1529  jar.  Basler  chron.  6,  i\b,h. 

STADTSEKRETAR,  m.  heute  getcöhnliche  benennung  des 
Stadtschreibers  (*.  oben):  es  war  damals  sitie  in  unserer 
.Stadt,  dasz  alle  öffentlichen  bekanntmachungen  nicht  wie 
jetzt  durch  den  prediger  in  der  kirche,  sondern  aus  dem 
offenen  fenster  des  rathssitzungssaales  durch  den  stadt- 
secretär  verlesen  wurden.  Storm  2,  23;  der  alte  stadt- 
secretär  mit  seinem  weiszgepuderten  köpf  erschien  drüben 
in  dem  mittelfenster.  25. 

STADTSENIOR,  m.  titel  eines  ratsmitgliedes .  e.  b.  in 
icalderk.^ien  städten.    vgl.  Bauer-Coli.itz  173. 

STADTSIEDELUNG,  /.  städtische  siedelung .  sieddung 
in  form,  nach  art  einer  stadt:  wo  wir  auf  dem  boden  einer 
recht  uralten  stadtsiedelung  stehen,  da  werden  in  der  regel 
auch  reiche  trinkwasserquellen  sprudeln.  W.  H.  Riehl 
culfurstudien  263. 

STAIJT.'^IEGEL,  n.  öffentliches  siegel  der  stadt.  vgl.  oben 
8tadt.«ekret:  stadt«iegel,  Signum  publicum.  Dentzi.er 
2.264»;  B{a.dts\e^c\,  sigilhim  cifitatis.  Stieler  20)9:  stadt- 
siegel,  sigilla  ptiblico  della  cittä  6  del  commune.  Kramek 
dict.  2  (1702),  902*;  di  purger  und  purgerinne  ...  in  unser 
dtat  zu  Präge,  di  briffe  haben  mit  dem  statsigel.  Prager 
stadtreeht  s.  97, 109  liössler;  brieff  mit  dem  statsigel  dar 
nber  (über  einen  r-erkauf)  geben.  75,ii9;  ausser  dieser  umb- 


STADTSITTE  —  STADTSÖLDNER 


502 


schrifft:  sigiUum  civitatis  Schneebergensis.  1665.  praesentiret 
sich  die  gestalt  oder  bildung  sothanen  neuen  stadtsiegels 
uff  dem  kupffer-titul  über  der  in  risz  gelegten  bergstadt 
Schneeberg.  Meltzer  historia  Schneebergensis 281 ;  so  siehot 
man  in  solchem  alten  stadt-  oder  itzigen  gerichts-siegel 
schlegel  und  eisen  auff  dreyen  grünen  bergen,  darzwischen 
ein  plötz,  und  drüber  eine  crone.  ebenda. 

STADTSITTE,  /.  sitte.  icie  sie  in  der  stadt  herrscht: 
Stattsitte,  oder  höfFlichkeit  und  zucht,  eivilitas.  Dasy- 
PODius;  Stattsitte,  zucht,  urbanitas.  eivilitas.  ebenda; 
Stattsitte,  costume,  ttsanza  della  cittä.  HcLSius  (1618)  238^; 
Stadtsitte  Campe. 

STADTSOHN,  m,.  söhn  einer  stadt,  bürgersohn.  vgl.  oben 
Stadtkind  (sp.  472) :  jede  der  metallnen  stimmen  (der 
glocken)  redete  vertraulich  dem  stadtsohne  zum  herzen, 
denn  in  jeder  vernahm  er  den  grusz  eines  Schutzheiligen 
der  Stadt  und  jede  hatte  hohe  stunden  seines  eigenen 
leben«  geweiht.  Freytag  11,  5. 

STADTSOLDAT,  m.  sddat  im  dienste  der  stadt.  zur 
Stadtbesatzung  gehörig:  stadtsoldat,  mil^s  praesidiariu». 
Stieler  2055;  stadtsoldat,  soldato  del-  presidio,  presidiario 
6  della  gtiamigione.  Kramer  dict.  2  (i702), 902* ;  stadtsoldat, 
miles  in  civitatis  presidio.  Frisch  2,  315*;  stadtsoldat,  ztir 
besatzung  der  stadt  gehörig.  Adelung,  da  man  mich  nun 
oft  mit  dem  Verluste  von  Vadutz  aufzog ,  . . .  sagte  die 
hausfreundin,  die  frau  rath,  mir  mitleidig  ins  ohr:  'lasz 
dich  nicht  irre  machen,  glaub  du  mir,  dein  Vadutz  ist 
dein  und  liegt  auf  keiner  landkarte,  und  alle  Frankfurter 
stadtsoldaten  und  selbst  die  geleitsreiter  mit  dem  Anti- 
christ an  der  spitze  können  dir  es  nicht  wegnehmen.' 
Brentano  5, 14;  er  müsse  ins  Zuchthaus,  und  der  stadt- 
soldat, der  ihn  begleiten  sollte,  stand  schon  vor  der  thür, 
denn  es  war  zwanzig  stunden  weit.  Hebel  2,255;  unter- 
wegs erzählte  er  dem  stadtsoldaten,  er  sei  auch  schon 
militär  gewesen,  ebenda;  der  treuherzige  begleiter  sagte: 
'ich  habs  nie  weiter  bringen  können,  als  zum  stadt- 
soldaten. eigentlich  war'  ich  ein  nagelschmied.  aber  die 
Zeiten  sind  schlimm.'  ebenda;  'im  gegentheU',  sagte  der 
Frieder,  'ein  stadtsoldat  ist  respektabler  als  ein  feldsoldat. 
denn  stadt  ist  mehr  als  feld,  deszwegen  avanzirt  der  feld- 
soldat in  seinem  alter  noch  zum  stadtsoldaten.'  ebenda; 
zudem,  der  stadtsoldat  wacht  für  seiner  mitbürger  leben 
und  eigenthum,  für  eigen  weih  und  kind.  der  kriegs- 
soldat  zieht  in's  feld  und  kämpft,  er  weisz  nicht  für  wen 
und  für  was.  ebenda;  'zudem',  sagte  er,  'kann  ein  stadt- 
soldat, wenn  er  nichts  ungeschicktes  begangen  hat,  mit 
ehren  sterben,  wann  er  will,  unser  einer  (ein  feldsoldat) 
musz  sich  schon  drum  totstechen  lassen.'  ebenda;  'darin 
unterscheiden  sich  die  feldsoldaten  von  den  stadtsoldaten', 
sagte  er,  'dasz  sie  an  einen  weiten  schritt  gewöhnt  sind 
von  dem  marsch.'  ebenda;  ein  alter  mann  mit  langem 
grauem  Schnurrbart  und  einer  polnischen  mutze  trieb 
als  kutscher  die  elenden  pferde  und  sah  wild  zur  seite, 
als  der  stadtsoldat  herantrat  und  sein  'halt,  werdal'  rief; 
denn  wegen  des  durchziehenden  französischen  Volkes  hatte 
die  Stadt  auch  für  den  tag  eine  thorwache  bestellt.  Frey- 
tag 13, 183;  dort  (vor  dem  hause  des  eommissionsrats)  ver- 
anstaltete sie  (die  Jugend)  jeden  abend  unerfreuliche 
Ständchen  und  es  nützte  nichts,  dasz  der  beunruhigte  die 
rathsdiener  und  stadtsoldaten  zu  hilfe  rief,  denn  die  be- 
henden musiker  verschwanden,  sobald  die  bewaffnete 
macht  sich  näherte.  213;  denn  das  neue  Jerusalem  sei 
im  anzuge,  das  seine  eigenen  stadtsoldaten  mitbringe, 
legionen  von  engein  mit  feurigen  schwertem.  Keller 
6,362;  gegen  meck  kummt  keiner  up!  säd'  de  stadtsoldat 
un  Sprung  cewer'n  Strohhalm,  dat  em  de  h&re  up  dem 
koppe  süseten.  (Hildesheim.)  wie  das  volk  spricht  1339; 

anf  seinem  posten  stand  ein  alter  stadtsoldat, 
ein  sechzipjähreer  schütz  der  nie  verlassnen  stadt. 
nie  hat  er  auf  den  feind  die  flinte  losgeschossen; 
sein  kriegesleben  war  in  ^öszter  ruh  verflossen. 

Zachariä  65  (renommiH  4,  Sl). 

dazii  stadtsoldatenstrausz,  m.  strausz.  der  mit  einem 
stadtsoldaten  auszufechten  ist: 

mit  edler  deutscher  rohheit  aufgeputzt, 
keck  wie  ein  barsch  im  stadtsoldatenstrausz. 

\V.  MCllbr  ged.  1,  3. 

STADTSÖLDNER,  «i.  söldner  im  dienste  der  stadt,  vgl. 
das  vorhergehende:  denn  ich  vernahm  das  klirren  eines 

32* 


503 


STADTSPERLING  -  STADTSUCHT 


STADTSÜNDE  -  STADTTHOR 


504 


Schwertes  auf  dem  pflaster  und  dachte,  es  sei  einer  von 
den  Stadtsöldnern,  ein  wild  übermütig  volk,  das  noch  von 
der  belagerung  her  ein  weidlich  grosz  wort  hatte.  W.  Raabe 
halb  mähr,  halb  mehr  79; 

bettn  uns  die  staltsöldner  erdappet, 

der  rabenstein  bei  nacb  uns  gescbnappet. 

H.  Sachs  /attn.  sp.  3, 16,  31  Götze. 

STADTSPERLING,  m.  Sperling,  der  in  der  atadt  lebt, 
im  gegeiisatz  zu  einem  dorfsperlinge,  vgl.  auch  oben  stadt- 
rötling  (sp.  496),  Stadtschwalbe  (jsfp.  50l);  die  stadtsperlinge 
von  Thom  wiesen  der  jungen  brut  die  schönen  felder 
und  bäume,  an  denen  sie  altes  herrenrecht  hatten,  und 
zankten  sich  mit  den  dorfspatzen.  Freytag  11,  71. 

STADTSPITAL,  STADTSPITTEL,  n..-  stadtspital,  xeno- 
dochium  civitatis.  Stiele»  2082;  stadtspital,  spedale  del 
pttblico  o  del  commune.  Kramer  dict.  2  (1702),  902».  *.  auch 
oben  Stadtherberge  (sp.  467).  vgl.  spitai  theil  10, 1,  2556  und 
spittel  theil  10,  l,  2561. 

STADTSPRACHE,  /.  spräche,  xcie  sie  in  einer  stadt  ge- 
sprochen wird,  gleich  stadtdialect:  stadtsprach,  dialetto, 
lingtiaggio ,  accento,  idioma  volgare  o  che  si  parla  o  usa 
volgarmente  per  la  cittä.  Kramer  dict.  2  (l70a),  902». 

STADTSTAAT,  m.  staat,  an  dessen  spitze  eine  stadt  steht, 
so  von  Rom:  vom  ersten  bis  zum  letzten  tage  ist  das 
römische  reich  ein  Stadtstaat  gewesen.  Pflugk-Harttung 
in  Grotes  allgem.  iceltgesch.  i,i,  222;  dieses  richtige  er- 
fassen von  Italien  als  Stadtstaat  war  von  groszer  trag- 
weite.  398. 

STADTSTEUER,  /.  Steuer,  welche  die  stadt  ihren  ein- 
wohnern  auferlegt,  häufig  im  auftrage  des  landesherrn:  stat- 
steuer  Schottel  48l'>;  statsteuer  (neften  landsteuer)  482»; 
s.  auch  oben  städtesteuer  (s.  455).  in  älterer  spräche  stat- 
stiure:  auch  haben  wir  unser  stat  stiure  geordent  und 
besetzet,  das  ein  ieglich  man  und  fraw,  rieh  und  arme 
wie  die  genant  sint  alles  ir  gut,  es  sie  aigen,  leben, 
ligentz  oder  varntz ,  besuchte  und  unbesuchtz ,  .  .  .  alles 
gelich  verstiuren  suUen  als  lieb  in  das  ist.  d.  stüdtechron. 
4, 137, 17.  stadtsteuer :  die  statstewer  und  lantstewer  zu 
Aychach.  (zum  jaÄre  1368.)  monumentaWittelshacensia^ä^; 
von  der  statsteur.  item,  es  sullen  die  burger  gemainik- 
leich  alle  jar  aus  in  ainlefe  erwellen  und  setzen  zu  der 
statsteur,  die  da  bringt  unser  herschaft  xxiiii  mark  und 
ain  mark  dem  statschreiber  und  fronpoten,  die  si  also 
inbringen,  lirol.  weisth.  4,  420,  8. 10;  item,  die  statsteuer  an 
zulegen  so]  beschehen  umb  s.  Andres  tag  vor  weinachten, 
so  sol  die  ganze  gemain  zu  einander  chumen  und  iedes 
vierteil  besunder  ausz  in  ein  steurherren  erwellen.  473,  21 ; 
von  der  selbigen  statsteur  sullen  xxxv  mark  dem  ambt- 
man  geantwurt  werden,  die  sol  er  weiter  antwurten  und 
gehören  xxvii  mark  einem  haublman  zu  Braunegk.  34; 
item,  und  so  die  statsteuer  angelegt  worden  ist,  alsdann 
zwai  steurzedl  aufgericht  und  aine  dem  ambtman  geant- 
wurt werden,  und  die  ander  zedl  ain  burgermeister  zu 
der  stat  banden  behalden.  493,  22;  item  solch  statsteuer  sol 
alle  jar  vor  sant  Tomastag  zu  weihenachten  gefallen.  32. 

STADTSTIER,  m.,  icie  oben  stadtbulle  (*p.  44«),  stadt- 
farre  («p.  467)  und  stadtochse  {sp.  iS6):  stadtstier,  toro 
publica  d  del  commune.  Kramer  dict.  2  (1702),  902»,  auch 
in  der  besonders  unter  stadtfarre  aufgexciesenen  übertragenen 
bedeutung  als  bezeichnung  eines,  der  in  der  atadt  viele 
liebeahändel  hat:  arciputtaniere  generale,  ebenda. 

STADTSTOLZ,  m.  stolz,  tcie  ihn  ein  bürger  aeine  atadt 
betreffend  zeigt,  und  allgemeiner,  wie  ihn  ein  städter  einem 
landbexcohner  gegenüber  zur  schau  trögt:  der  metzger  hatte 
ein  gut  stück  stadtstolz  im  leibe.  Gottiielp  Hans  Joggeli 
(iMS)  4. 

STADTSTRASZE,  /.  atraaze.  wie  »ie  in  der  atadt  gebaut 
urird,  im  gegenaatt  tur  laxidslreMze.  Karmarsch-Heerrn' 
8.868. 

STADTSUCHT,  /.  sucht,  in  der  atadt  eine  hervorragende 
rolle  tu  »pielen.  vgl.  ala  entaprechend  oben  staatssucht  l 
(ßp.m): 

4i«  itadUncbt  Tullicni  kennt  blutt  und  vater  nicht. 

LoiiENSTRiN  Cleopatra  (1660)  23,  750, 

«MM  andere  leaari  ».  oben  unter  atnaUsaoht; 

wu  de«  («bIfltM  band, 
WM  rreiuucluüR,  lannfuiut,  wh  statt  nicht  und  venprvchen 
4ma  Michael  TarknOpflt.      A.  OnYimTun  (lfl9H)  i,  74; 


so  bald  die  pest  euch  reitzt,  und  schelmen  sich  verbinden, 
die  lust  zu  neuer  macht,  und  stadt-sucht  leicht  entzünden; 
denn  heist  er  ein  tyrann.  78. 

STADTSÜNDE,  /. ;  und  noch  blieb  unser  in  stadtsünden 
totester  toter  ohne  auferstehungsregung.  Hippel  kreuz- 
u.  quer  Züge  1,  83. 

STADTSYMDICUS ,  m.  Stellvertreter  des  biirgermeisters. 
er  übernimmt  pflichten,  icelche  friUier  theilwei.se  dem  stadt- 
schreiber  (sp.  las)  oblagen  •  stadtsyndicus,  sindico  del  com- 
mune. Kramer  dict.  2  (1702),  902».  Johann  Höltzel,  . . .  zum 
stadtsyndico  verordnet.  Meltzer  historia  Schneebergensis 
435;  Lus  war  stadtsyndicus  in  der  rcsidenz  sr.  nimrodi- 
schen  majestät.  Sciiönaicii  die  ganze  üsthetik  in  einer 
nusz  239,29  Köster;  was  ich  hierüber  zu  einem  fürsten 
gesagt  habe,  ist  so  wie  das,  was  mir  hierüber  ein  stadt- 
syndikus  gesagt,  zu  merkwürdig,  ...  J.Paul  Quintus 
Füjclein  142 ;  der  stadtsyndikus  —  ein  mann  von  einsichtcn 
und  von  feurigem  Patriotismus,  ebenda. 

STADTSYNDIKAT,  n.  amt  des  stadtsyndicus:  Johann 
Höltzel,  der  . . .  (»wcÄ)  Zwickau  zum  burgermeister  und 
stadtsyndieat  berufTen  worden.  Melizer  historia  Schnee- 
bergen.fi.'i  435. 

STADTSYNODE,  /.  die  von  den  stadtpredigem  abgehal- 
tene Synode.  Sallmann  85». 

STADTTAG,  m.,  icie  oben  städtetag.    Jablonski  746». 

STADTTAMBOUR,  m.  tamhour  im  dienste  der  atadt: 
die  Parteien  standen  sich  drohend  gegenüber;  der  stadt- 
tambour  drehte  bereits  an  seiner  Spannschraube  und  that 
einzelne  schlage  mit  dem  rechten  schlägel.  Keller  5,6i. 

STAÜTTANZ,  m.  tanzfestlichkeit,  welche  von  der  stadt 
auf  dem  rathause  veranstaltet  loird:  und  a  die  12  ditto 
da  hett  man  im  {dem  herzog  Ferdinand)  ain  statttanti. 
d.  städtechron.  25,157,2;  .  .  .  starf  N.  und  des  vordages, 
was  de  dinxtedages  in  dem  vastelavende,  gink  he  noch 
mede  in  den  staddanze.  hamb.  quelle  bei  Schiller-Lübben 
4,368*'.    hierher  wol   auch,    zugleich  als  bezeichnung  einer 

bestimmten  tanzart:     ,  ,      „     , 

da  ward  vollauf  gesprungen 
nach  der,  nach  jener  art.    das  trara  war  nicht  schlecht, 
der  Staat-  und  schäfertanz  ward  auch  geführt,  wie  recht. 

Fleming  98, 168  Lappenberg, 

STADTTEUFEL,  m.  teufel,  loelcher  von  einer  stadt  besitz 
genommen  hat,  entsprechend  oben  stadtheilige,  m.  (sp.  467): 
viel  haltens  dafür,  und  befindet  sich  auch  wol  im  werck, 
das  ein  jeglich  land  seinen  landteulTel,  ein  jegliche  stadt 
jren  stadtteuffel,  ein  jeglich  dorff  seinen  dorffteuffel  .  .  . 
hab,  der  sie  zu  sünden  reitzet  und  plaget.  M.  Fribdehich 
toider  den  saufteufel  (1557)  A  2». 

STADTTHEIL,  m.  theil  einer  stadt:  Stadtteil,  vicus  et 
regio  urbis.  Stieler  2269;  stadttheil  Campe;  in  dem  neuen 
stadttheil  liegen  zwischen  häusern  gärten  für  gemüse, 
obst  . .  .  Freytao  18, 128;  unter  bestimmten  formen  und 
nur  in  gewissen  stadttheilen  war  (den  schüUrn)  zu  betteln 
erlaubt,  bilder  2,  2, 11 ;  leicht  fand  sie  den  marmorglän 
zenden  Stadtteil,  wo  die  tempel  und  öffentlichen  gebäudo 
lagen  und  sie  ihre  Jugendzeit  zugebracht  hatte.  Keller 
7,344;  der  bischofssitz  als  krystallisationskern  der  rings- 
um anschlieszenden  stadttheile.  W.H.  Riehl  t«jnrf«-6.  236; 
ein  socialer  aufbau  der  stadttheile,  welcher  uns  ver- 
gönnte, die  alte  gliederung  der  bürgerschaft  schon  in  den 
quartieren  und  straszengruppen  zu  verfolgen,  hat  sich 
nicht  durchgebildet.  244;  im  jähre  1610  wurde  nach  Meichel- 
beck  der  stadttheil,  wo  das  Franziskanerkloster  steht, 
'Thaber'  genannt,  ebenda. 

STADTTHOR,  n.  (ver.ichlieszbares)  thor,  welches  den  tu 
gang  zur  stadt  vermittelt:  statthor,  porte  de  ville;  port» 
della  citta.  Hu L8I US  (1616)  807»;  stadtthor,  porta  civitatis. 
SriEi.ER  2293;  stadtthor,  porta  della  cittä.  Kramer  dict. 
8(1708),  908»;  das  stadthor  Campe;  zu  allen  statthoren  und 
tUrlein,  grossen  und  kleinen,  an  den  inneren  und  eusoren 
thoren.  Tücher  baumeisterb.  2A»,  IB;  an  den  durchschlif- 
fenden  türlein,  die  durch  die  stadtthor  geen,  die  selten 
gcöfTent  werden,  und  die  slosz  im  suninier  voll  staub» 
werden.  849,1;  AbiMeloch  aber  und  die  haufTen,  die  bey 
jni  waren,  überfielen  sie,  und  trattcn  an  die  thUr  der 
stadthor.  richter  v.H;  als  er  \^Jestts)  aber  nahe  an  dM 
stadthor  kam,  sihe,  da  trug  man  einen  lodlen  heraus, 
der  ein  einiger  son  war  seiner  mutter.  Lucaa7,i$;  vor 
RegenspUrg,  du  die  Franken  und  Schwaben  auf  stattom 


505 


STADTTHOR 


STADTTHURM — STADTTYRANN 


506 


über  die  Tanau  geschifft.  Wilwolt  von  Schaumburg  i 
Kellet-;  dann  da  man  überschlug,  was  die  eilff  newe 
stadthor  für  importunitet  und  inconvenientzen,  nemlich 
mit  räumen  der  häuser,  gassen  und  andern  dingen,  zu 
vemielten  stadtthoren,  des  mercklichen  unkostens  ge- 
schwiegen, gebären  würden,  gegen  einander  überlegt, 
würde  der  gewinn  nit  grosz  sein,  sintemal  die  eilff  alte 
stadthor  den  zukommenden  schon  gnugsam  platz  geben. 
Kirchhof  tcendunmuth  2,  346  Österley  (3,  81);  und  wenn  er 
(der  lötce)  die  statthär  offen  findt,  so  kumpt  er  hin  inn 
und  ertödt  alles  das,  so  er  findt.  Morgant  der  riese 
2iS,2ö  Bachmann;  man  soll  alle  stadthore  sperren.  Schil- 
ler i^ies/to  5,  9;  noch  am  stadtthor  drehten  sie  (die  aus- 
ziehenden) um,  und  schrieen:  'gott  mit  euch,  weib  und 
kinder!'  kab.  u.  liebe  2,2;  ebenso  grünet  das  moos  auf  den 
faulenden  köpfen  der  hölzernen  esel  vor  den  stadtthoren. 
J. Pavl  grönUiiid.  proc. l,iQ;  ersetzte  seinen  französischen 
pasz  in  keinen  deutschen  um,  blosz  deshalb,  um  unter 
dem  stadtthore  die  sämmtliche  thorschreiberei  dadurch  in 
zank  und  buchstabieren  zu  verflechten,  flegelj.  1,  50;  als 
gott  und  deutsche  tapferkeit  unsere  fürsten  wieder  vor  das 
stadtthor  von  Kassel  geführt,  da  spannte  das  volk  die 
pferde  aus  und  rief:  'Hessenblut  soll  sie  hereinziehen, 
das  lebt  immerdar!'  brikhr  Grimm  vorrede  zum  armen 
Heinrich  1815;  aber  als  der  herbst  kam  und  die  gefüllten 
erntewagen  durch  die  stadtthore  fuhren  . . .  Freytag  ll,li4; 
er  sprengte  durch  das  stadtthor.  301;  und  er  (derfriseur) 
sah  den  beiden  herren  bekümmert  nach,  wie  sich  diese 
zu  ungewöhnlicher  zeit  promenirend  nach  dem  stadtthor 
bewegten.  13,7;  von  dieser  seite  sehen  sie  durch  das 
stadtthor  bis  auf  den  markt,  ebenda ;  es  war  ein  finsterer 
dezembertag,  als  der  erste  feindliche  reifer  . . .  durch  das 
stadtthor  ritt.  48;  im  morgengrau  des  nächsten  tages 
pochte  es  an  das  geschlossene  stadtthor.  als  der  thor- 
wächter  öffnete,  ...  50 ;  sie  kam  an  das  stadtthor,  noch 
war  es  verschlossen  und  sie  lehnte  sich  einen  augenblick 
an  die  mauer,  bevor  sie  mit  dem  schweren  klopfer  pochte. 
158;  da  kam  ein  plumper  bauernschlitten,  mit  grauer 
leinwand  überdeckt,  von  zwei  abgetriebenen  polnischen 
gäulen  gezogen,  durch  das  stadtthor.  183;  Beblow  mit 
einem  dutzend  kameraden  wäre  im  stände,  als  lebendige 
dornhecke  das  stadtthor  den  Franzosen  zu  verschliessen. 
234;  ein  schlammiger  teich  vor  dem  stadtthore  (icird)  in 
wiesengrund  verwandelt.  24€;  an  dem  stadtthor  ist  aufent- 
halt  und  gedränge,  denn  jeder  wagen,  der  den  engen 
durchgang  passiren  soll ,  wird  von  den  thorhütern  sorg- 
lich beschaut.  18,132;  war  ein  fehdebrief  am  stadtthore 
abgegeben,  dann  war  die  aufregung  grosz.  142;  erst 
als  die  stadtthore  am  abend  geschlossen  waren  und  die 
späher  der  Wegelagerer  nicht  mehr  auslaufen  konnten, 
wurden  die  pferde  aufgeboten,  vermischte  aufs.  2,  9  Elster; 
ähnlich  wie  in  Köln  zur  selben  zeit  (um  1800)  die  schild- 
wachen an  den  stadtthoren  die  einziehenden  reisenden 
angebettelt  haben  sollen.  W.  H.  Riehl  tcanderb.  255;  die 
pforten  deines  hauses  und  deiner  stadtthore.  Suend  aZ^ 
teatamentl.  rel.gesch.  286; 

wie  der  leichenwapen 

durch  das  stadtthor  rollet!    HÖLTY'j/ed.  53  flalm,- 

markt  und  straszen 

werden  stiller, 

um  des  lichts  eesell'ge  flamme 

sammeln  sich  die  hausbewohner, 

und  das  stadtthor 

schlieszt  sich  knarrend. 

Schiller  11,  315  {glocke  299); 

mit  stärkerer  beziehung  auf  die  von  den  thoren  geschützte 
atadt:  so  ist  glückliches  einbringen  einer  werthvollen 
ladung  in  die  stadtthore  ein  ebenso  freudiges  ereignisz,  als 
die  heimkehr  eines  Schiffes  aus  dem  nordmeer.  Freytag 
18, 133.  im  vergleiche .-  es  wäre  ein  verzwuntzene  dieme 
an  einem  orth  eines  grossen  ansehen,  . .  .  die  hielt  enge, 
ich  weysz  nit  wie,  ist  kein  gleychnus  verbanden,  denn 
das  statt-thor.  Lindener  116  LiVAfen^^ein  (Ä'a/rrp.  60);  wie 
viel  mehr  sol  ein  Christ  sich  von  hertzen  frewen,  wenn  ein 
tag  nach  dem  andern  weg  gehet,  und  das  grab  sich  nahet, 
als  das  stadtthor  unsers  rechten  Vaterlands.  A.  Musculus 
vom  himel  und  der  hellen  (Frankf.  a.  0.  1559)  B  2»; 

ein  stadtthor  kannst  du  wohl  verschlicszen  mit  dem  riegel, 
doch  legen  kannst  du  nicht  auf  feindes  mund  ein  sieget. 

RCCKBRT  (1882)  8,  256  {weith.  de$  brahm.  5,  334). 


STADTTHURM,  m.  thurm  auf  den  mauern  oder  kirehen 
einer  Stadt,  plur.:  stadttürne,  turres  civitatis.  Stieler 
2365.  stadtthurm  Campe:  'bald",  sagt'  er  sich,  als  er  die 
drei  stadtthürme  sah,  an  welchen  das  abendgold  herunter- 
schmob:.  J.  P.\ul  ^^eZ/.  i,  159;  und  in  manchem  stadt- 
thurm trauerte  ein  junger  gesell  in  der  weise  des  rührenden 
liedes,  das  der  arme  Peter  Unverdorben  im  thurm  'Schutt 
den  heim'  zu  Neuenburg  vor  seiner  hinrichtung  gesungen 
hatte.  Freytag  18,  313;  (nicht  übersieh  bringen,)  an  dem 
heim  ihres  Jugendgespielen  vorbei  nach  dem  stadtthurm 
des  tyrannen  zu  sprengen.  C.  F.  Meyer  novellen  3,4«; 
Matthias  Kager  hat,  als  ein  ächter  bürgermeister  der 
kunstreichen  reichsstadt  (Augsburg)  . .  .  zwei  stadtthürme 
mit  seinen  (desPonzano)  fresken  geschmückt.  W.H.  Riehl 
culfurstudien  293. 

STADTTHÜRMER,  m.  der  auf  einem  stadtthurm  wohnt 
und  wache  hält:  worin  (im  eiertcerfen)  sie  von  der  hoch- 
löblichen Gelnhausener  bürgerlichen  scharfschützencom- 
pagnie  patriotisch  unterstützt  wurden,  nachdem  der  wach- 
same stadtthürmer  zu  hilfe  geblasen  hatte.  Brentano  5, 144. 

STADTTRABANT,  m.,  tcie  oben  stadtdiener  (sp.  449).  stadt- 
knecht  (»p.  474):  auch  die  hauptgewinne  des  schieszens, 
die  groszen  und  kleinen  becher,  wurden  entweder  im 
zuge  herausgeschafft  oder  auf  dem  schieszplatz  in  einem 
besondern  pavillon  unter  aufsieht  der  stadttrabanten  aus- 
gestellt. Freytag  19,330;  aber  sie  (die  strolche)  v^aten  nicht 
unbeobachtet,  denn  die  stadttrabanten  schritten  in  ihrem 
festschmuck  ernsthaft  die  buden  entlang,  damit  kein 
frevel  den  frieden  des  schieszplatzes  störe.  343. 

STADTTRACHT,/,  kleidertracht  der  Stadtbewohner :  stat- 
tracht   ScHOTTEL  445'».     vgl.   oben  stadtkleidung  (»p.  473). 

STADTTROMMEL,  /..  übertragen  als  schelte  für  eine 
klatschsüchtige  iceibsperson  .•  stadtrumm'l  Hügel  15*''.  vgl. 
auch  unten  stadttrompete. 

STADTTROMMLER,  m.  trommler  im  dienste  der  stadf. 
s.  oben  stadttambour  (sp.  504):  er  erzählte  mir,  wie  er 
als  Stadttrommler  dienste  genommen,  auch  zwölf  groschen 
handgeld  erhalten  habe.  Kerner  2  (1878\  215. 

STADTTROMPETE, /..  entsprechend  oben  stadttrommel, 
schelte  für  ein  schwatzhaftes  weib :  d'  statttrumbete  Seiler 
Basler  mundart  278». 

STADTTROMPETER,  m.  trompeter  ivi  dienste  der  stadt. 
vgl.  auch  oben  stadtpfeifer  (sp.  488);  stadttrompeter,  eorni- 
cen  oppidanus.  Stieler  2340: 

lang  und  breit  war  ich  gesessen 
überm  schwarzen  contrapunkt ; 
auf  ein  haar  dem  stadttrompeter 
gaben  sie  mich  zum  adjunct.    Stürm  8,  307; 
was?  und  auch  der  stadttrompeter 
starb  vergangne  woche  nur?    310; 
mach  den  hahn  zum  stadttrompeter! 
der  kann's  besser  noch  als  ich !    ebenda; 
der  jung  frisch  stadttrompeter 
bläst  eben  grad  vom  thurm ; 
er  bläst,  dasz  nun  vergangen 
all  noth  und  wintersturm.    313; 
's  strebImachers,  's  kachlers  gar,  un's  stadttnimpeeders  schwestre. 
Arnold  Pfingstmontag  91. 

STADTTRUHE,  /.  truhe,  in  welcher  städtische  Urkunden 
aufbewahrt  icerden:  und  des  (vom  stadteigenthum)  alle  jar 
zwo  inventari-zedl  machen  und  aine  der  burgermaister 
behalden,  und  die  ander  in  der  stattruhen  gelegt  werden. 
tirol.  iceisth.  4, 492, 18,  ico  allerdings  ztceifelhaft  ist,  ob  ein 
icirkliches  compositum  vorliegt. 

STADTTUGEND,/..-  'ehrenbenennungen,  sagt  er  (der 
Verfasser),  welche  betriebsamkeit ,  mäszigung,  liebe  zur 
Ordnung  andeuten,  die  gebet  dem  städter.  sie  erinnern 
ihn  an  lügenden ,  auf  welche  sein  Wohlstand  gegründet 
ist.  ein  gewerbe,  das  ohne  diese  stadttugenden  durch 
blindes  glück,  durch  träge  schlauigkeit  getrieben  werden 
könnte,  ist  nicht  das  unsrige'.    Herder  17,  391  Suphan. 

STADTTURNIER,  n.  turnier,  welches  von  den  stadt- 
adligen veranstaltet  wird:  zu  derselben  zeit,  in  welcher 
die  phantastischen  stadttumiere  der  jungen  patricier  in 
die  nützlichen  schieszübungen  der  wehrhaften  bürger 
umgewandelt  werden.  Freytag  19,  324. 

STADTTYRANN,  m.  tyrann,  nelcher  eine  stadt  beherrscht: 
der  papst,  der  oberste  lenker  der  kirche,  war  in  den 
bänden  eines  stadttyrannen  und  muszte  seinen  unterge- 
ordneten absiebten  dienen.  Giesebrecht  i*,  373. 


507  STADTÜBLICH— STADTVERSCHANZUNG 

STADTÜBLICH,  adj.  üblich,  gebräuchlich  in  der  Stadt: 
die  Verschiedenheiten  der  metallgewichte  .  . ,  die  mannig- 
faltigkeit  der  alten  namen  und  werthe  an  stadtüblichen 
Verkehrsmünzen  hätten  hingereicht,  die  gröszte  Ungleich- 
heit hervorzubringen.  FnFATAn  18,238;  auch  stadtübliche 
gewohnheiten;   solches  benehmen   ist  nicht  stadtüblich. 

STADTUHR,  /.  maszgebliche  uhr  in  der  stadt,  nach  der 
die  einwohner  sich  richten.  Campe:  wie  der  regent  ist,  so 
sind  auch  seine  amptleute;  wie  der  rath  ist,  so  sind  auch 
die  bürger  {Sir.  10,  2).  nach  der  stadtuhr  richtet  sich  die 
gantze  stadt,  und  wo  der  weiser,  oder  bienenkönig  hin 
fleugt,  und  sich  anleget,  dahin  folget  ihm  auch  der  gantze 
schwärm.  Sperling  Nicodemu^  quaerens  2  (1719),  1012; 
gerichtlich  bei  testamentsexecutoren  sind  die  . .  .  kontrakte 
über  zu  reparierende  stadtuhren  und  dergleichen  nieder- 
gelegt. J.  Paul  flegeljdhre  2, 12; 

{der)  scharfsinnig  in  ein  uhrwerk  brachte, 
das  richtiger,  als  seine  stadtuhr,  ging. 

Gotter  oed.  1  (1787),  315. 

im  vergleiche :  sie  {die  hausfrau)  soll  seyn  wie  eine  stadt- 
uhr, und  sich  in  die  zeit  zu  schicken,  ihre  zeit  wohl 
einzutheilen  und  sie  wohl  anzuwenden  verstehen;  und 
nicht  wie  eine  stadtuhr,  um  neuigkeiten  in  der  ganzen 
stadt  herumzutragen  und  zu  verkündigen.  Hippel  5, 190. 

STADTUMGANG,  m. .•  tri%iale  englische  anlagen  kann 
jede  neugebackene  stadt  fürs  geld  haben,  aber  so  poe- 
tische und  malerische  wälle  und  mauern  und  thore  und 
Stadtumgänge  . . .  sind  gleich  dem  ächten  alten  adel :  wer 
sie  nicht  ererbt  hat,  der  wird  sie  nimmer  gewinnen. 
W.  H.  Rikhl  ctdturstudien  28*. 

STADTUMKRÄNZT,  adj.  von  städten  vde  von  einem 
kränze  umgeben.  Campe. 

STADTUNGLÜCK,  n.  unglück,  welches  die  ganze  stadt 
betroffen  hat:  sie  hatten  in  der  letzten  herberge  vor  Padua 
. . .  von  dem  geschwätzigen  schenkwirth  das  grosze  stadt- 
unglück  .  .  .  den  Untergang  der  hochzeitsbarke  ...  er- 
fahren. C.  F.  Meyer  noveUen  2,  4«. 

STADTÜNHEIL,  n.,  tcie  das  vorige,  dazu  der  stadt- 
unheilsträger:  während  sie  und  Carstens  sich  hierauf 
beurlaubten,  hatte  der  bürgermeister  wie  von  geschäften 
aufathmend,  einen  blick  auf  die  strasze  hinausgethan. 
'o  weh !'  rief  er;  'herr  makler  Jaspers!  was  mag  der  stadt- 
unheilsträger  nur  wieder  aufzutischen  haben!'  Stoum5,85; 
'in  Christi  namen !'  rief  sie,  'da  kommt  der  stadtunheils- 
träger,  wie  der  herr  bürgermeister  ihn  nennt!  was  will 
der  von  uns?'  118;  die  vorschlage  des  'stadtunheil- 
trägers'   schienen  dennoch  nachgewirkt  zu  haben.   121. 

STADTUNTERTHAN,m.,  städtischer  gei-ichtsbarheit  unter- 
stellt, tcie  oben  z.  b.  stadtbauer  (.9p.  M\):  die  stat-  und 
gerichtsunterthonnen.  tirol.  weisth.  i,  28,  22. 

STADTVATER,  m.,  plur.  stadtväter,  gemütliche  bezeich- 
nung  des  magistrat^coUegiums :  die  stadtväter  haben  be- 
schlossen,   dazu  stadtväterlich,  adj.: 

wir,  bürgermeister  und  senat, 
wir  haben  folgendes  mandat 
stadtväteriichst  an  alle  klassen 
der  treuen  bUrgersebaft  erlassen. 

Heine  2,  207  EUter. 

STADTVERBANNUNG,/.,    wie  unten  stadtverweisung. 

STADTVERFASSUNG ,  /.  Verfassung  einer  stadt  •  eine 
geschichte  der  deutschen  stadtverfassung. 

STADTVERLEGUNG,  /..  bei  Genoler  deutsche  stadt- 
rechtsalterthümer  reg.  für  die  'translatio  civitatis  in  alium 
locum'. 

STADTVERORDNETE ,  m.  von  der  bürgerschaft  durch 
ieahl  twr  tfieilnahme  an  der  stadtregientng  verordneter 
bürger.  KnÜNlTZ  enrgkl.  ißT,  "/Ot;  bildung  dejt  freiherrn 
V.  Stein,  vgl.  preusz.  jahrb.  08,491:  dieser  fall  musz  ins 
tageblatt.  ich  verlange  satisfaction  vor  Stadtverordneten 
und  rath.  Freytao  6, 19.5;  die  bürgerschützen  bildeten 
Spalier,  in  welchem  die  Schulkinder  mit  kränzen  auf 
dem  haupt,  der  magistrat  und  die  Stadtverordneten  zum 
goUenhaas  schritten.  18,  S42;  fürst  Boguslav,  auch  Stadt- 
verordneter von  cinflucz  in  Berlin.  Birmarck  ged.  u.  erinn. 
>,  1S8.  dazu  die  ireitere  Zusammensetzung  stadtverord- 
netenvcruamm  lung. /.  KrOnitz  enrykl.  \cn,l%\. 

5?rADTVERSCH  ANZUNG./.  geaamtheUdwschantarbeiten, 
irelehe  tum  »chuüe  einer  stadt  torgenommen  werden.  KrO- 
MTZ  eneyhl.  167, 7»i.  . 


STADTVERTHEIDIGUNG — STADTVOGT  508 

STADTVERTHEIDIGUNG,/.  gesamtheit  der  für  die  ver- 
theidigtmg  einer  stadt  getroffenen  masznamen.  Krünitz 
eneykl.  1G7,  721. 

STADTVERWALTUNG,  /.,  tri«  stadtregierung  {s.  oben 
.»p.  ■494),  die  gesamtheit  stiidtischerbehörden .  Krünitz  eneykl. 
167,821;  auf  anordnung  der  Stadtverwaltung;  eine  von 
der  Stadtverwaltung  getroffene  masznahme;  die  Verdienste 
der  Stadtverwaltung  u.  *.  w. 

STADTVERWEISUNG,  /.  verioeisung  aus  der  stadt.  als 
eine  strafe  für  begangenes  verbrechen  {vgl.  stadt  H,  13,  b 
oben  sp.  i3S),  entsprechend  landesverwcisung  theil5,nS: 
mit  androhung  einjähriger  stadtverweisung.  Gengler 
stadtrechtsalterth.  198;  die  Vorschriften  über  die  stadtver- 
weisung. 272;  die  Zeitdauer  der  stadtverweisung.  448. 

STADTVERWESER,  m.  verxceser  einer  stadt.  im  beson 
deren  der  befehlshaber  der  militärischen  besafzung  einer 
Stadt.  Campe: 

wiszt,  Lisidor,  mein  vater  wollte  schon 
zum  Stadtverweser  mich  ernennen. 

Alxinger  ebenda. 

STADTVERWÜSTEND,  adj.,  wie  oben  städteverwüstend 
{sp.  456).  Campe. 

STADTVERWÜSTER,  m.,  ioie  oben  städteverwüster 
{sp.  456).  Campe:  o  krieg,  du  menschenwürger,  stadtver- 
wüsler!  ebenda. 

STADTVIEH,  n.  das  dem  bürger  einer  stadt  geliorende 
vieh.  Campe:  fiidiA{x\Qh,oppidanornmgreges.  Stieler  2370; 
wer  am  morgen  die  stadt  betritt,  der  begegnet  sicher  zu- 
erst dem  stadtvieh.  denn  auch  in  den  groszen  reichs- 
Städten  betreibt  der  bürger  landbau  auf  wiesen,  weiden 
ackern.  Freytag  18,122.  dazti  stadtviehhirt,  m.  une 
oben  stadthirt  {sp.  468) :  stadtviehhirt  {viehhirt  im  dienste 
der  Stadt).  J.  Grimm  gramm.  2,925. 

STADTVIERTEL,  n..  wie  oben  stadtquartier  {sp.  49l) 
Campe;  s.  auch  oben  stadttheil  {sp.  504):  die  wohnung  war, 
obgleich  in  einem  ganz  neuen  Stadtviertel,  dennoch  im 
dritten  stock ,  da  unsere  weitgreifende  zeit  gleich  von 
vornherein  hoch  baut.  Auerbach  dorfgejich.  3,78;  gleich 
darauf  erklangen  trommeln  und  pfeifen  aus  allen  Stadt- 
vierteln .  .  .  denn  die  viertel  trugen  heut  nach  altem 
brauch  ihre  fahnen  vor  das  rathhaus,  damit  einer  der 
herren  bürgermeister  das  fahnentuch  mustere.  Freytao 
11,7;  bei  gröszeren  reisen  wurde  ein  theil  der  bürger- 
schaft nach  Stadtvierteln  ausgeloost.  18,  291 ;  straszen  und 
Stadtviertel  ordnen  sich  zu  einem  bilde  der  gescllschafts- 
verfassung.  Riehl  culturstudien  272;  da  steht  neben  dem 
dorne  das  Stadtviertel  der  klerisei.  ebenda;  beim  anblick 
der  standesmäszigen  Stadtviertel  Augsburgs.  279;  statt 
besonders  benannter  Stadtviertel  begnügte  man  sich  wohl 
mit  der  gliederung  in  die  drei  pfarreien  st.  Georg,  st.  An- 
dreas und  st.  Veit,  wanderhuch  244;  denn  es  hat  sich  die 
durchaus  ebenbürtige  Verbindung  mit  der  angesehensten 
familie  des  Stadtviertels  vollzogen.  Keller  3,  41 ;  so  wurde 
sie  von  einem  Stadtviertel  ins  andere  mitgeführt.  7,  270. 

STADTVISITE,  /.  visite.  besuch  in  der  stadt:  geh  {sibi- 
rische anthologie),  du  wirst  in  den  assembleen  und  stadt- 
visiten  manchen  gähnenden  Schlund  der  langeweile  aus- 
füllen. Schiller  i,2a3. 

STADTVOGEL,  m.  •  die  stadtvögel  zwitscherten  vor  ihren 
fenstern.  Freytao  verl.  handschr.  2,  82. 

STADTVOGT,  m.  von  dem  reich  oder  dem  landesherm 
über  die  stadt  gesetzter  vogt,  besonders  mit  richterlicher 
gexcalt  ausgestattet :  blutrichter,  blutvogt,  stattvogt,  reichs- 
vogt,  praetor,  latrunculator,  vulgo  judex  mal^ciorum. 
Hen'ISch  4a'S,  23;  stattvogt,  le  prevost  de  la  rille,  il  pre- 
po.iito  d  prefetto  della  citta.  Hui.sius  (1616)  807*;  der  stadt- 
vogt.  Comenius;  ein  richter  in  einer  stadt,  stadtvoigt, 
praetor  urbanus.  Corvinus  288*;  stadtvogd,  censor,  aedilit. 
SiiELER  628;  stadtvogd,  pretore,  poäestä,  pr^etto,  gover- 
natore  della  rittä.  Kiiamkr  dict.  8  (1702).  908*;  stadtvogt, 
judex  et  praefectus  urbis,  der  im  namen  des  raths  richtet. 
Fhircii  8,  81&*:  stadtvogt,  icelcher  über  eine  stadt  tu  ge- 
bieten hat  Adelung;  stadtvogt,  ein  offixier,  icelcher  über 
die  politei  die  aufsieht  fiütrt.  li^Uind.  idiot.SM;  vgl.  niedeti. 
stadvoogd.  »,  attch  oben  stadtanwalt  («p.  489)  und  stadt- 
Bchulthcisz:  Josua  des  stadvogt«.  tkön.U,»;  aber  der 
kOnig  Israel  sprach,  nemct  Micha,  und  lasst  jn  bleiben 
bey  Amon  dem  itadvogt  8  ehron.  18, 86;  im  achzchenden 


509 


STADTVOGTEI  —  STADTWACHE 


STADTWACHT  —  STADTWAISE 


510 


jar  seines  königreichs,  da  er  das  land  und  das  haus  ge- 
reiniget hatte,  sandte  er  .  .  .  Maeseja  den  stadvogt  .... 
zn  bessern  das  haus  des  herrn  seines  gottes.  34, 8;  dem 
fursichtigen  und  weyszen  hem  Hieronimo  Mülphordt 
stadvogt  zu  Zwyckaw  meynem  besondern  günstigen  freund 
und  patron  . .  .  von  der  freyheyt  eynisz  Christenmenschen 
17  neudr.;  und  schämten  sich  die  edlen  nur  nicht  von 
dem  stadt-Yogte  in  öffentlichem  schauplatze  geschencke 
hierfür  anzunehmen.  Lohenstein  Armin.  2,  616^ ;  beim 
mittagsessen  erzählten  die  stadtvögte  .  . .  alte  geschichten 
wie  sie  sich  im  kriege  aus  allerlei  Verlegenheit  hinaus- 
geholfen. GÖTHE  briefe  an  frau  v.  Stein  2,  i69;  die  neu- 
gierde  des  herrschaftlichen  stadtvoigts,  des  herrn  Brix. 
Arnim  3,58  (krorienw.);  dazu  stadtvogtsamt,  n..-  neben 
dem  Stadtvoigtsamt.  Meltzek  historia  Schneebergensis  iSö. 
STADTN'OGTEI, /.  amt,  unirde  eines  stadtvogts  icie  unter 
dem  vorigen  stadtvogtsamt:  stattvogthey,  precoste  de  la 
ville.  il  preposito  o  prefetto  d'una  cittä.  Hulsics  (161G)  307*; 
stadtvogtey,  advocatia  urbis,  jiiridictio  civitatis.  Frisch 

2,  315»;  weil  er  (Tiberius)  zu  Rom  mit  dem  Fontejus  Capito 
zum  bürgermeister  erwehlet  ward;  ungeachtet  er  noch 
nie  die  stadt-vogtey  verwaltet  hatte.  Lohenstein  Armin. 
2,515''.  auch  das  amtslocal,  die  tcohnung  eines  stadtvogts 
u.  dergl. :  stadtvogtey,  tcohnung  und  Verwaltungsgebiet  eines 
stadtvogtes.  Adelung,  in  einigen  städten  ist  die  stadtvogtey 
zugleich  das  stadtgefängnisz.  Krünitz  encykl.  168,  73. 

STADTVOLK,  n.,  vde  oben  städtevolk  die  bewohner  der 
Stadt,  häußg  im  gegensatz  zum  landvolk,  die  beicohner  des 
platten  landes;  stattvolck,  opidani.  CorvinüS  fons  laiin. 
üd^;  statvolk  Schotte L  481*;  stadtvolk  Kirchhof  rfiscip^ 
milit.  29;  stadtvolck,  gente,  persone  di  cittä  6  eittadina. 
Kr.^mer  dict.  2  (1702),  902'';  vgl.  auch  oben  stadtleute:  darauf 
namen  die  genanten  des  künigs  diener  das  slosz  zu  Ofen 
ein  und  vermachten  die  tor  und  der  grosz  graf  schikt  zu 
dem  statvolk  und  liesz  in  sagen,  sich  zu  der  were  zu 
schicken,  d.  städtechron.  I0,22i,  3;  das  ward  in  von  dem 
statvolk  gewert.  14;  und  wiewol  si  sahend  des  konigs 
hofgesinde  allenlhalbe  mit  sampt  dem  statvolcke  umb 
sich  zuolauffen.  herzog  Ernst  (^volksb.)  262,  7  Bartsch; 

im  hni  thets  stadtvolk  auch  mit  hauffen 
dem  kläglichen  geschrei  zulauffen, 
man,  weib,  kind,  beede  alt  und  jung, 
den  paliast  zirckelrund  umbrung. 

Flxhs  mückenkrieg  f.  45  Genthe; 

Glich  mit  verächtlichem  beisinn  (Campe):  Dorchen,  traue 
sie  doch  dem  stadtvolke  nicht!  C.  F.  Weisze  kom.  opern 

3,  281;  da  kömmt  nun  unser  iunker  an, 

schwatzt  ihr  vom  stadtvolk  vor, 
setzt  ihr  von  einem  bessern  mann 
ich  weisz  nicht  was  ins  ohr.    196. 

man  sieht,  was  zu  thun  ist,  damit  er  (der  gartei\)  nicht 
venvildert,  und  ist  einmal  das  wilde  stadtvolk  herein- 
gebrochen, dann  ist  mirs  immer,  als  wärs  mein  alter 
schöner  garten  nicht  mehr.  Ludwig  2,  561 ;  und  wer  von 
dem  kleinen  stadtvolke  neugierig  war,  stand  auf  der 
strasze  und  sah  zu  den  erleuchteten  fenstern  auf.  Frey- 
tag 13, 5 ;  nicht  nur  das  stadtvolk  von  Rom  starrte  nach 
dem  geschlecht  der  fremden  riesen  (der  Qermajien).  17,49; 
sie  {die  mittelmeer Völker)  werden  endlich  genöthigt,  die 
oberherrUchkeit  eines  stadtvolkes  anzuerkennen,  welches 
ihnen  gesetze  gibt,  seine  beere  und  beamten  über  sie 
stellt.  57 ;  und  wie  vorsichtig  die  furchtsame  Schmeichelei 
der  eingeborenen  das  eigene  urtheil  versteckte,  sie  merkten, 
dasz  sie  auch  dem  stadtvolke  so  (fremd  und  unwissend) 
erschienen.  122;  über  die  von  pechHammen  erleuchteten 
platze,  von  den  wogen  des  stadtvolkes  angefüllt.  Kel- 
ler 2,  192. 
STADTVOLL,  adj.  eine  Stadt  voU: 

Herodes  aber  schnaubt,  hat  gott  und  sieh  vergessen, 
läszt  das  emiordeschwert  viel  städtvoll  kinde*  fressen. 

Andreas  Scultetus  bei  Lessing  8,  280, 

dazu  von  Lessing  die  anmerkung-.  städtvoll  ist  nach 
fi<  rn  gewöhnlichen  handvoll,  mundvoll,  von  dem  dichter 

macht. 

.STADTVORSTEHER,m..statvorsteer,  ricariu«DiEF.6l7''; 
adtvorsteher,  ein  von  der  bürgerschaß  gewählter  beisitzer 
■s  magistrats.  Krünitz  encykl.  168,73. 
STADTWACHE,  /.    i)  Wachdienst  in  der  stadt.  die  stadt- 
wachen besetzen.  Campe. 


2)  auch  die  diesen  dienst  ausübenden  personen.  Krünitz 
encykl.  168,74:  die  stadtwachen  ablösen.  Campe;  die  stadt 
wache  liesz  ihn  zum  thore  ein.  ebenda;  dieser  merkte  den 
diebstahl,  ergriff  ihn  (den  dieb)  bey  den  haaren  und  hielt 
ihn  so  fest,  bis  die  stadtwache  dazu  kam.  Rabener  4,  71; 
das  hämmern  in  der  Werkstatt  und  der  lärm  auf  den 
gassen  war  vorüber,  nur  die  stadtwache  schritt  durch 
die  menschenleeren  gassen  und  der  nachtwächter.  Frey- 
tag 18,  147. 

3)  stadtwache,  das  öffentliche  icachtlocal  der  stadt.  ao 
in  Göttingen:  einen  in  die  stadtwache  bringen.  Campe, 
daneben  auch  einen  auf  die  stadtwache  bringen. 

STADTWACHT,/.,  icie  stadtwache  l,  der  Wachdienst  in  der 
stadt:  also  diu  naht  was  bekomen,  .  .  . 

dö  schuof  man  mit  der  ahte 
über  al  die  stat  wahte.     Dietrich»  flvcht  6912  MarUn. 

dann  auch  die  den  Wachdienst  ausüienden  personen  selbst. 

vgl.  stadtwache  2 : 

der  haischier,  die  stadtwacht,  der  bettelvogt, 
wie  wenn  ein  prinz  zieht  auf  die  freit', 
gab  alles,  alles  uns  fürstlich  geleit. 

EichendobffS  1,  276. 

STADTWÄCHTER,  m.  ein  toäehter  der  atadt.  vgl.  stadt- 
wache 2  und  stadtwacht. 

STADTWACHTMEISTER,  m.  in  kleineren  festungen  ein 
offizier,  dem  im  besonderen  die  thorschlüssel  anvertraut 
si)id.  Eggers  l,  46i.    vgl.  oben  stadtmajor  (sp.  480). 

STADTWAGE,/,  öffentliche  wage  einer  stadt.  vgl.  Gengler 
stadtrechtsaUerth.  173:  stadtwage,  stadera,  bilancia  publica. 
Kramer  dict.  2  (i702),  902*.  item  auch,  was  herkumbt  zu 
verkaufen ,  ...  es  sei  eisen,  stachel,  waxs,  leder,  haut, 
welcherlai  das  ist,  käs,  schmalz,  unslit,  ir  igleich  sol  bei 
der  statwag  gewegen  werden,  damit  dem  weger  sein  Ion 
gevall  davon,  tirol.  weisth.  4,  477, 18;  wie  leicht  wären  ihre 
arme  noch  als  wagebalken  einzurichten,  so  dasz  sie  auch 
als  stadtwage  dienen  könnte.  Brent.vno  5,443;  sie  (die 
bürger)  achteten  wohl  auf  den  schnellen  blick,  den  er 
(der  Wegelagerer)  mit  seinem  knechte  austauschte,  als  er 
bei  den  arbeitem  an  der  stadtwage  vorüberkam.  Freytag 
18, 135.  atich  das  haus,  in  dem  die  stadtwage  untergebracht 
ist:  stadtwage,  domus  statica.  Stieler  2521;  stadtwage, 
doaiia,  dogana  cioe  dove  si  pesa  la  robba  con  pagame  i 
dritti.  Kramer  dict.  2  (n02),  1233".  'nun,  herr  Jovers,  es 
ginge  wohl!  mit  der  stadtwage  sind  wir  (tnaurer)  jetzt 
so  weit;  ein  stücker  fünfe  (von  den  arbeüem)  könnten 
schon  gemiszt  werden.'  Storm  7,  315. 

STADTWAGEMEISTER,  m..  der  über  die  stadtwage  die 
aufsieht  führt.  «.  awcA  «nfe»  stadt  wäger:  er  (der  Schneider) 
war  ein  beliebter  silhouetteur  und  auf  heute  bestellt,  um 
den  kleinen  stadtwagemeister ,  ein  neues  mitgUed,  für 
das  buch  der  gesellschaft  auszuschneiden.  Storm  3,163; 
seinem  nachbar,  dem  stadtwagemeister.  5, 116 ;  der  stadt- 
wjigemeister  wuszte  schon  noch  mehr,  ebenda;  ja,  er 
konnte  sich  nicht  enthalten,  seinem  freunde,  dem  stadt 
wagemeister,  wiederholt  die  tröstliche  Zuversicht  auszu- 
sprechen, .  .  .  136. 

STADT  WAGEN,  m.  zierlicher  toagen.  hauptsächlich  für 
fahrten  innerhalb  der  stadt.  C.\mpe. 

STADTWÄGER,  m..  tcie  oben  stadtwagemeister :  das  die 
(icaren)  von  hinnen  nicht  geführt  sullen  werden  oder 
komen,  es  gevall  dann  dem  statweger  sein  Ion,  es  werd 
gewegen  oder  nicht,  tirol.  iceisth.  4,  477,  22. 

STADTWAHRHEIT,  /..-  stattwarheit ,  testes  ex  urbe. 
ScHERZ-ObERLIN  1561. 

STADTWÄHRÜXG ,  /.  in  einer  stadt  geltende  münz 
Währung  •  item  wer  100  guidein  wert  hat,  der  gibt  2  guidein 
statwerung  zu  bürgerrecht.  quelle  6ei  Tucher  baumeisterb. 
279  anm.;  item  wer  über  fünfhundert  guidein  wert  hat,  der 
gibt  10  guidein  statwerung.  ebenda ;  auch .-  item  wer  über 
zweihundert  untz  in  fünfhundert  guidein  wert  hat,  der  gibt 
fünf  statwerung.  ebenda.  v^Z.  omcA  landwährung  M.  6,149: 
ein  gülden  rheinisch ,  oder  ein  gülden  landwehrung  ist 
15  batzen  oder  eokreutjer.  die  stadtwährung  (von  Nürnberg) 
aber  ist  20  batzen  oder  20  pfenning  darauf.  Frisch  2,  315». 

STADTWAISE./,  waise.  die  auf  kosten  der  staät  be- 
köstigt und  erzogen  wird,  dazu  stadtwaisengericht,  n. 
von  der  stadt  eingesetzte  vormundschaftliche  behörde:  ver- 
sitz im  Stadtwaisengerichte,  liefländ.  idiot.  224  und  stadt- 
waisenhaus,  n. .-  dem  jetzigen  stadtswaisenhause. 


511 


STADTVVALD  —  STADTWAPPEN 


STADTWARTS  —  STADTWESEN 


512 


MOSER  osnabr.  gesch.  2, 136.    zu  der  bildung  a.  unter  stadt  I 
sp.  421. 

STADT  WALD,  «i.  der  stadt  gehörender  wald ,  vgl.  oben 
stadtforst:  stadtwald  Campe,  es  ist  später  abend  in 
unserm  stadtwald.  Freytag  6,  3;  der  wind  fuhr  durch  die 
bäume  des  parkes,  man  hörte  ein  rauschen  der  blätter  .  . , 
aber  man  sah  nichts  als  einen  ungeheuren  schwarzen 
Vorhang,  der  den  stadtwald  verhüllte.  194;  {dasselbe  wie 
stadtpark ,  s.  oben .)  es  war  zu  dieser  stunde  einsam  im 
stadtwald.  200;  im  stadtwald  fiel  das  laub  vor  die  füsze 
der  Spaziergänger.  219;  jeden  nachmittag,  wenn  das  wetter 
nicht  gar  unfreundlich  war,  ging  zu  derselben  stunde  Ilse 
am  arm  des  galten  in  den  stadtwald.  226.  einen  Wild- 
braten aus  dem  stadtwald.  11,121;  eine  äolsharfe,  welche 
der  verfertiger  am  stadtwalde  in  abgestecktem  räume 
aufhing.  13,4;  diese  (soldatenpferde)  werden  morgen  mit 
einem  wagen  nach  dem  stadtwald  fahren.  77;  die  aus- 
sieht, welche  hinter  den  dächern  der  nachbarhäuser  den 
stadtwald  und  die  blauen  berge  wies.  123;  seit  der  kinder- 
zeit  bin  ich  in  unserm  stadtwalde  nur  so  weit  gekommen, 
als  die  gebahnten  wege  führen,  ich  möchte  auch  einmal 
drauszen  die  haide  sehen.  271 ;  auch  im  stadtwald  weidet 
das  vieh,  aber  das  wird  gerade  in  diesem  Jahrhundert 
{dem  14.)  als  schädlich  für  das  holz  erkannt  und  hier  und 
da  verboten.  18, 123 ;  und  wenn  gleich  auf  der  ganzen  weit 
sonst  nichts  mein  eigen  war,  so  gehörte  mir  doch  (in 
meinen  gedanketi)  der  ganze  grosze  Augsburger  stadtwald. 
W.  H.  RiEHL  ges.  novellen  7, 118. 

STADTWALDHAUER,  m.  •  aber  nachdem  und  meister 
Hanns  Dubinger  abgangen  ist,  hat  der  stat  walthawer 
dem  statmeister  nichtz  geben.  Ivcher  baumei^ferb.  72,6. 
STADTWALDUNG,/.,  vgl.  das  vorhergeJiende.  Campe. 
STADTWALL,  m.  erdtcall,  welcher  eine  stadt  schützend 
umgiebt  (Campe):  auszerhalb  der  stadtwälle,  auszerhalb 
der  Stadt;  aber  wahrlich  es  giebt  auch  mehr,  als  einen 
(gelehrten) ,  der  . . .  auszer  den  hiesigen  stadtwällen  nur 
wenig  gekannt  und  genannt  ist.  Bürger  briefe  4,  249  (an 
Heyne  vom  16.  märz  1794);  den  stadtwall  abtragen.  Campe; 
auch  den  stadtwall  einebnen,  ebenda,  als  promenade  für 
Spaziergänger:  nach  tische  machten  wir  meistens  einen 
Spaziergang  auf  den  stadtwall,  wo  man,  auch  wenn's 
geregnet  hatte,  trocken  gehen  konnte.  Voss  briefe  2,  b^; 
zwischen  den  linden  des  stadtwalles.  Freytag  18,  7 ;  des 
abends  standen  die  leute  jetzt  in  häufen  auf  dem  stadt- 
wall trotz  kälte  und  schnee,  und  horchten  schweigend 
in  die  ferne.  55;  am  nachmittage  richtete  sich  herr  Köhler 
so  ein,  dasz  er  zu  einer  stunde,  wo  Minchen  von  Buskow 
auf  dem  stadtwall  zu  gehen  pflegte ,  ihr  begegnete.  91 ; 
bis  er  sich  entschlieszt,  des  nachmittags  mit  ihr  auf  dem 
stadtwall  spazieren  zu  gehen.  120;  doch  auch  er  (der  ein 
nehmer)  sieht  vom  stadtwall  bewundernd  den  Übungen 
zu.  234;  am  nachmittage  fand  man  beide  (mädchen)  auf 
dem  stadtwall;  neben  ihnen  schritten  der  einnehmer  und 
der  junge  doctor.  235;  (eiii  major,)  von  dem  Victor  als 
knabe  einen  scharfen  verweis  erhalten  hatte,  als  er  einst 
mit  seiner  compagnie  auf  dem  stadtwall  die  wege  ver- 
engte. 265. 

STADTWANDEL,  w.  bu^ze,  gerichtliche  strafe,  tcelche  von 
der  Stadt  verhängt  wird,  s.  unten  wandel:  das  stadtwandel 
9  pfund  haller.  quelle  von  1360  bei  Schm.*  2, 939. 

STADTWAPPEN,  ».  wappen  der  stadt:  büxen,  statt 
Wappen,  »pinther.  Henisch  576,67;  vgl.:  bux,  stadt- 
wapen,  »pinther,  monile  quod  in  humeris  tabellarii  et 
cadueeatorea  ferunt.  Kl  man.  'und  davon  kommen  wohl 
die  drei  hirschhörner  in  unserm  Stadtwappen?'  fragte 
Martin.  Arnim  3,  31  (kronenw.);  (die genialten  adler,)  welche 
an  den  thoren  neben  dem  bisherigen  Stadtwappen  auf- 
gehängt werden  sollten.  470;  in  einem  hölzernen  behälier 
—  in  Zwickau  war  es  1578  ein  groszer  weiszer  schwan, 
das  Stadtwappen  — .  Freytao  19,  888;  unter  der  hausthUre, 
fiber  welcher  das  Stadtwappen  gemalt  war.  Rem. kr  6,  362; 
gleich  am  Ihore  das  Stadtwappen  borgt  sein  wappenbild  von 
der  legende,  in  dem  b&ren  des  h.  Korbinian.  W.  H.  RiEiii. 
tommierb.  M»; 

dM  sdiOn«  stadtwappmi.  das  weiland  (ereben 
Johann  Georr.  welch«:  d«r  anders  (friedefUrst)  heiszt, 
dem  werthen  üchneeberio  bedeutet  far  eben 
bvfiolaDiscbe  tagend,  Bertrmlnniscben  yeist. 

Mbltxmi  httloria  Behmteberventia  28t     I 


STADTWARTS,  adv.  nach  der  stadt  gerichtet,  7mch  der 
Stadt  ZU:  stadlwärts,  ad  urbem  Stieler  2440;  stadtwärts 
Campe,  vgl.  holl.  stadwaarts.    grund  genug,  seine  schritte 
stadtwärts  zu  beflügeln.  Immermann  Münchh.  i,  ib; 
.  .  .  doch  stadtwärts  führt'  er  den  herrscher. 

Voss  Odyssee  17,  201. 

STADTWASSER,  n.  aqtm  oppidarui.  Stiei.er  2445. 

STADTWEG,  m.  der  nach  der  stadt  führt,  so  wol  stadt 
weg,  via  cotistilaris ,  praetoria.  Stielek  2455;  vgl.  stadt- 
weg,  strada,  via  verso  la  citfä.  Kramer  dic^  2  (1702),  902''. 
auf  dem  dorfgrunde  unweit  des  stadtweges  war  der  galgen- 
hügel.  Freytag  ii,  308. 

STADTWEHR,/,  gesumtheit  der  stadtbefestiguttgen.  Krü- 
nitz  encykl.  168,96:  stattwer,  befestigung  der  stadt  Strau- 
bing, quelle  bei  Sgum.'  2,  973. 

ze  Tharsis  velt  er  in  da;  mer 
niden  pf  der  statwer. 

H.  V.  Neustadt  ApoUonitu  1072. 

stadtwehr  auch  die  beschützung  der  stadt  durch  tcaffen- 
fähige  bürger.  Krünitz  a.  o. 

STADTWEIB,  n.:  plur.  stadtweiber,  donne,  matrone 
cittadine  ö  cittadinesche.  Kram  er  dic^.  2  (1702),  902*.  Jieute 
in  mehr  wegweifendem  sinne. 

STADTWEICHBILD,  n.  Stadtgebiet: 

sie  zogen  rings  in  das  stadtweichbiid, 
was  gewesen  ein  dorngefild. 

Rückert  Pirdoti  2,  107. 

STADTWEIDE,  /  iceide.  xcelche  der  stadt  geJiört,  auf 
welcher  stadtvieh  %oeidet  (Campe):  von  der  statwaide.  tircl. 
weisth.  4,  390,  27. 

STADTWEIN,  m.  von  der  stadt  gebauter  wein .  item,  so 
wannehe  dat  unser  stadtwein  inkommen;  darachter  soll 
man  keine  fremde  wein  zappen.  J.  Grimm  tceisth.  6,  683, 17. 
dazu  stadtweinhau5,n.  öffentliches  weinhaus  einer  stadt, 
welches  unter  aufsieht  der  Stadtverwaltung  steht;  ebenso 
Stadtweinkeller,  m.,  z.  b.  die  offizielle  bezeichnung  dea 
Bremer  ratshellers.  stadtweinmeister,  m. ;  der  stadt- 
weinmeister  hatte  sich  in  der  fröhlichkeit  des  herzens 
an  seinem  ehrentage  vom  wein  übermeistern  lassen, 
welcher  zufall  ihm  auch  wol  an  einem  gemeinen  werkel- 
tage  begegnete,  und  taumelte  der  braut  in  die  arme. 
Mlsäus  volksm.2,\Ql  Hempel. 

STADT  WEISE,  /.  sitte,  umgavgsformen  u.  a.  «r.  der  stadt: 
wann  so  ein  paur  will  lern  statweis, 
80  geet  er  gar  auf  eim  holen  eis, 
80  mag  im  leicht  ein  fuosz  entschlüpfen. 

fastn.  sp.  349, 12  K'ellrr. 

STADTWEISHEIT,  /.  Weisheit,  mit  der  die  stadt  ver- 
waltet inrd :  (die  einsieht.)  dasz  alles  öffentliche  und  privat- 
böse unsinn  und  thorheit  sind,  dasz  rechtschalfenheit 
stadtweisheit  und  staatsklugheit  ist.  Herder  l' ,396 Suphan. 
vgl.  oben  ein  entsprechendes  staatsweisheit  (ap.  826). 

STADTWELT,  /.  das  gesamte  leben  und  treiben  der  stadt: 
aus  erfahrungcn  seiner  landes-  und  stadtweit  spricht  man 
gemeiniglich  für  die  Christenheit,  für  Europa,  für  weit 
und  nachweit.  Herder  17,  28.i  Suphan ;  es  ist  ein  unver- 
gnügliches wesen  in  der  stadtweit,  ich  ziehe  aufs  land. 
Arnim  15,  44. 

STADTWERK,  n.  l)  gesamtheit  der  stadtarbeiten  (vgl. 
oben  stadtarbeit  «p.  439):  stadtwerk,  operae publicae.  Frisch 
2,  315*>;  die  starken  bettler  sollen  im  stadtwerk  zu  arbeiten 
angewiesen  werden.  Straazb.  polizeiordn.  ebenda. 

ä)  der  plur.  stadtwerke  die  befestigttugen  einer  stadt. 
KrOnitz  encykl.  168,96. 

STADTWERKMANN,  m.  der  mit  stadtarbeiten  beschäftigt 
ist  (a.  stadtwerk  l) :  dem  wolbeschaiden  maistcr  Hannsen 
Felber,  stattwerkman  zu  Ulme  unserm  gi'iton  frcwnd. 
d.  atädtec/iron.  5, 154  anm.  2,  wo  aber  wol  an  einen  höheren 
beamten,  ähnlich  dem  folgenden,  *u  denken  tat. 

STADTWERK M EISTER,  m.  der  dem  stadtwerk  (a.dorf 
untei-  l)  vorsteht,  a.  auch  oben  stadtmcistcr:  nu  hat  man 
ottwan  einem  statwerckmeister  dem  maurrcr  geben  ain 
herberck,  dorinnen  einer  vergebens  gesessen  ist.  Tuciikh 
baumristerb.  85,  24.    vgl.  auch  oben  stadtwerkmann. 

STAÜTWESEN.  n.  l)  öffentlichea  weaen.  gemeinweam 
einet-  atadt:  statwesen,  atatua  civitatis.  Schotiri.  441**; 
statwesen  490^;  stadtwesen,  atatua.  rtgimen  eivitatia. 
Stiki.kr  172:  stadtw«Mn,  com  dsUa  eittä  edeUa  repuUiea, 
K kam  tili  dict.  8  (1708),  Ml^.    SU  einem  guten   stattwesen 


513 


STADTWIESE  —  STADTZEICHEN 


STADTZEICHNER— STAFFAGE 


514 


gehören  bawer  und  burger,  artzt  und  rechtsprecher. 
Henisch  564,63;  das  statwesen  ist  alhie  wol  bestelt,  nihil 
desiderahtr  in  regimine  civitatis.  Schottel  Ui^;  zu  Colin 
und  Lübeck  ist  der  gebrauch,  dasz  der  rath,  ehe  er  aufs 
rathhausz  gehet,  zuförderst  in  die  kirche  sich  begiebet,  und 
versammlet;  welches  die  gottseligen  alten  ohne  zweiffei 
also  angeordnet,  damit  zu  lehren,  dasz  alle  weiszheit,  so 
bey  rathschlägen  und  Verwaltung  eines  stadtwesens  nöthig, 
müsse  aus  der  kirche  mit  aufs  rathhausz  genommen 
werden  durch  ein  andächtiges  gebet.  Sperling  Xico- 
demus  quaerens  2  (1719),  1013;  und  dasz  die  schlechtesten 
leute,  in  vergleichung  gegen  weit  klügere,  gemeiniglich  am 
besten  mit  ihrem  stadtwesen  zurecht  kommen.  Heilman 
Thucydidea  353;  diese  {zehn  männer)  solten  einen  ver- 
schlag von  der  besten  einrichtung  des  stadtwesens  schrift- 
lich entwerfen,  und  solchen  dem  volk  auf  einen  bestimm- 
ten tag  vorlegen.  1108 ;  {der  junge  mann)  unterhielt  sich 
mit  mir  von  allerlei  dingen,  welche  das  innere  stadtwesen, 
die  ämter  und  stellen  betrafen,  worin  er  mir  ganz  unter- 
richtet schien.  Göthe  24,280; 

gestalt  man  dan  darausz  (aus  der  Weltgeschichte)  die  besten 

lähren  findet, 
waranff  stattwesen  sich  und  reichsbeherschung  gründet. 

ROMPLBR  V.  LÖWKNHALT  113. 

2)  tceiter  gefaszt,  in  dem  siniie  von  stadtleben  {sp.  477): 
das  stattwäsen,  vita  urbana.  Maaler  385";  das  statwesen 
gefeit  mir  nicht  mehr,  non  placet  amplius  in  urbe  vivere. 
Schottel  441''.  der  mensch,  di  kleine  weit,  so  zu  be- 
trachtung  götlicher  wohlthaten  erschaffen,  kan  solche 
nirgend  augenscheinlicher  zu  gesiebte  bringen,  als  wann 
er  von  allen  hinternissen  des  stadtwesens  entfernet,  auf 
dem  lande  des  morgens  den  himmeltau  auf  di  kreuter 
und  blumen  triften  stehet  {l.  sihet).  Butschky  hd.  kan- 
zeüey  434. 

STADTWIESE,  /.  der  stadt  als  eigenthum  gehörende  tciese. 
Campe:  zum  unglück  der  städter  fiel  nicht  lange  nachher 
das  Schlachtvieh  auf  der  stadtwiese  in  die  bände  Hein- 
richs. Giesebrecht  1*,  410. 

STADTWIRT,  m.  gasticirt  in  der  stadt,  im  besonderen 
der  in  den  ratsheller  oder  ein  sonst  der  stadt  gehörendes  Wirts- 
haus gesetzte  tcirt:  rahtswirt  sive  stadtwirt,  caupo  civitatis 
publicus.  Stieler  2562;  stadtwirt,  hoste  tavemiere  di  cittä. 
Kramer  dict.  2  (1702),  902". 

STADTWIRTSCHAFT,  /.  l)  Wirtschaft,  unrtshaus  in  der 
Stadt  {s.  das  vorhergehende).  KrCnitz  encgkl.  168,96. 

2)  stadtwirtschafft ,  haushaltungskunst  mit  rücksieht- 
nahme  auf  stadtverhältnisse.  öcon.  lex.^  2796. 

3)  Stadtwirtschaft,  die  Verwaltung  der  öffentlichen  ein- 
nahmen und  ausgaben  einer  stadt.  KrOnitz  encykl.  168, 115. 
entsprechendes  Staatswirtschaft  s.  oben  sp.  327. 

STADTWOHNER,  m..  wie  oben  Stadtbewohner  {sp.  443), 
Städtebewohner  (*p.  450):  eyn  burger,  eyn  stattwohner, 
civis.  D.\SYPODits;  eyn  stattsasz,  stattwohner,  oppidanus. 
ebenda;  stattwohner,  bourgeois,  manans  d'une  ville.  habi- 
tatori  d'una  cittä.  HuLSius  (1616)  307». 

STADTWOHNUNG,  /.  wohnung  in  der  stadt.  wie  man 
in  der  stadt  sie  haben  kann.  Campe:  halb  stadtwohnung, 
halb  landgut,  lag  in  einer  der  Vorstädte  mitten  in  schönen 
gärten  ein  haus.  Keller  6,216;  der  neue  hofmusiker  zog 
vom  türm  in  eine  stadtwohnung  und  jener  haussegen 
zog  mit  ihm.  W.  H.  Riehl  ges.  novellen  l,  60. 

STADTWUNDARZT,  m.  öffentlicher,  von  der  stadt  in 
Pflicht  genommener  icundarzt.  bei  Campe  als  weitere  Ver- 
deutschung von  stadtchirurg. 

ST.ADTWÜRDE,  /.  würdevolles ,  angesehenes  stadtamt: 
alles  wurde  angewendet,  um  noch  auszerdem  eine  stadt- 
würde oder  irgend  einen  titel  zu  erlangen.  Freytag 
20,  311. 

STADTZEICHEN,«,  l)  tcahrzeichen der »tadt (Ckupe):  an 
dem  Strand  von  Schonen,  wo  das  stadtzeichen  {von  Thom) 
über  den  lagerhäusern  ihrer  fischer  befestigt  war.  Frey- 
TAG  11, 4.    statzeichen  das  stadtbanner.  Zürch.jahrb.  69,  22. 

2)  das  aichzeichen,  die  auaiceismarke  der  stadtobrigkeit : 
die  {die  masze  der  müller  und  die  eilen  der  weber)  sollen 
vleissig  besieht  werden,  ob  si  recht  geänibt  und  phächt 
und  mit  dem  statzaichen  gemerkt  sein,  tirol.  weisth.  i,ii,i7. 
in  Osterreich  erhielten  ehedem  die  von  der  obrigkeit  ge- 
duldeten betüer  ein  stadtzeichen.  Klein  2, 166. 

X.   2. 


STADTZEICHNER,  m.  von  der  stadt  geduldeter  bettler. 
der  zum  auaiceis  ein  stadtzeichen  (*.  das  vorige  unter  2) 
hat.   Grazer  quelle  des  18.  jahrh.  bei  Unger-Khull  567''. 

STADTZEITUNG,  /.  zeitung,  tcelche  in  der  stadt  erscheint 
u?id  hauptsächlich  für  eine  Stadtbevölkerung  gedruckt  tcird. 
{im  gegensatz  zu  einer  politisclien  zeitung:)  in  den  wenigen 
stunden,  wo  er  nicht  schlief  und  nicht  asz,  muszte  er 
neben  ihr  auf  dem  kanapee  sitzen  und  ihr  politische  Zei- 
tungen vorlesen,  von  welchen  sie,  in  ermangelung  neuer 
Stadtzeitungen,  eine  besondere  liebhaberinn  war.  Raben  er 
4,  264.  du  wirst  wohl  schon  darum  {um  den  tod  des  müller 
Florian)  wissen,  denn  es  war  grosz  gered'  darüber  und 
im  kreisblatt  ausführlich  beschrieben;  wie  der  lehrer  sagt, 
auch  in  den  groszen  stadtzeitungen.  Anzengruber  2',  228. 

STADTZEHNTN'ER,  m.  einer  der  von  zehn  städten  zu 
einem  gericht  als  beisitzer  verordneten  bürger:  fragt  der 
schultes  den  stattzender,  wie  man  es  {das  gerichtsding) 
beginnen  soll?  saigt  der  zender,  ihr  sollt  dass  honnelgeding 
bennen.  J.Grimm  weisth.  2,^9. 

STADTZENDEL,  m.  im  steirischen  die  benennung  eines 
iaffetartigen  Stoffes.  Unger-Khull  267'». 

STADTZERSCHLEIFUNG,  /.  vollständige  Schleifung  der 
Stadt:  stadtzerschleifung  {vocan{)  excisionem,  disperditio- 
nem  et  ecccidium  urbium.  Stieler  1809. 

STADTZERSTÖRUNG,  /.  vollständige  Zerstörung  einer 
Stadt,    vgl.  das  vorige. 

STADTZIMMERMANN,  m.,  wol  gleich  dem  folgenden: 
nu  über  das  alles  so  hat  ein  erberger  ratte  einem  werck- 
meister  und  statzimmermann  ab  zu  sagen  und  Urlaub 
zu  geben,  wenn  ein  rate  wil.  Tccher  baumeisterb.  38. 

STADTZIMMERMEISTER,«!.,  vgl.  das  vorige:  allein  der 
rat  von  Nürnberg  löste  ihn  {den  Georg  Weber)  wegen  seiner 
kunst  und  nützlichkeit  aus  und  ernannte  ihn  zum  stadt- 
zimmermeister.  Keller  2,182;  sie  war  die  tochter  des 
stadtzimmermeisters  Kleiszner  von  Hall  in  Tirol.   6, 150. 

STADTZINKENIST,  m.  zinkenist  im  dienste  der  stadt: 
Diethelm  hatte  auf  den  abend  die  stadtzinkenisten  zur 
tanzmusik  bestellt,  diese  menschen  mit  ihren  trompeten 
und  posaunen  hatten  ihn  so  oft  erschüttert,  und  nun 
sah  er,  dasz  es  keine  engel  vom  himmel,  sondern  nur 
arme  schlucker  mit  langgestrecktem  und  gewundenem 
messingblech  waren.  Auerbach  dorfgesch.  4, 125.  vgl.  auch 
Stadtmusikant  {sp.  485) ,  stadtpfeifer  {sp.  488)  und  stadt- 
trompeter  {sp.  506). 

STADTZINS,  m.,  wie  oben  stadtsteuer  (*p.  503).  dazu 
der  stadtzinsherr,  titel  eines  ratsherrn:  des  jars  am 
4.  junii  starb  Berchtolt  Nützel,  ratherre  und  statzins- 
herre ,   der  ain  heftig  man  was.   d.  städtechron.  10,  173,  2. 

STADTZODEL,  m.  schelte  für  einen  stadtbeicohner :  überall 
verdächtige  stadtzodeln  und  glauben,  berg  und  thal  ge- 
hört schon  ihnen.  Rosegger  weltgift  362. 

STADTZÜCHT,  /.  zut^t  und  sitte,  loie  sie  in  den  mauern 
der  Stadt  leben: 

so  woU  wir  {hauem)  öfter  zu  euch  wallen, 
pisz  wir  die  statzucht  auch  leren, 
ob  wir  mechten  besten  mit  eren. 

fastn.  sp.  240,  32  KeUer. 

STAF  und  zxuiammensetzungen,  s.  stab-. 

STAFADRIAN,  m.  volksthümliche  bezeichnung  des  läuse- 
samens,  staphysagriae  semen.  Nemnich,  so  in  Hamburg 
Richey  285,  offenbar  entstellung  des  griech.-lat.  immens; 
stafadriankraut,  -samen,  delphinium  staphisagria. 
Pritzel-Jessen.  vgl.  Steinmeyer-Sievers  ahd.gl.i,ha,h 
urul  anm.  2. 

STAFEL,  s.  Staffel. 

STAPEL,  m.  stütze;  henneb.  für  stäbel,  vgl.  das.,  sp.  360, 
iceiterbildung  zu  stab,  vgl.  Campe:  stütze  bei  sinkenden 
gebäuden  oder  mit  fruchten  überladenen  bäumen.  Reinwalü 
1,155;  auch  eine  stütze,  worauf  die  leichenträger  den  sarg 
beiin  attsnihen  niedersetzen;  dazu  stäfelträger,  m.  156, 
vgl.  stabträger  3,  sp.  379. 

STAFETTE,  STAFIEREN.  s.  staffette,  staffieren. 

STAFFAGE,  /.  l)  in  der  maierei  bezeichnung  für  die 
ßguren  oder  gruppen  von  menschen  oder  thieren,  die  in  einer 
j  landschaft  zur  belebung  der  darstellung  angebracht  rcerden. 
zuerst  gebucht  von  KrOnitz  167,  452.  460  (1838),  aber  schon 
früher  belegt:  ich  nehme  mir  hier  die  freyheit,  ihnen 
einige  doubletten  meiner  Swanefelds  zu  überschicken.  . . . 

33 


515 


STÄFFE— STAFFEL  (1,  l.  2) 


STAFFEL  (1. 3-6) 


516 


die  sogenannten  kenner  können  sich  über  die  lächerliche 
Staffage  herzlich  satt  plaudern,  wir  aber  . .  .  wollen  nicht 
kritisiren,  sondern  den  braven  mann  bedauern,  der  ohne 
das  kindlein  öchslein  und  eselein  vielleicht  trefliche  blätter 
nicht  verkauft  hätte.  Merck  briefs.  2,48  (31.  märz  1775); 
indem  nun  ein  sanftes  licht  .  . .  das  ganze  bild  belebt, 
sitzt  nah  am  wasser  im  Vordergründe  . . .  der  zeichnende 
künstler  selbst ,  und  diese  so  oft  miszbrauchte  staffage 
erblicken  wir  mit  rührung  hier  am  platze.  Göthe  89,  267 
{Ruysdad  als  dichter  2);  zuletzt  zeichnete  er  einen  bauern 
mit  pferd  und  pflüg  als  staffage.  Auerbach  dofgesch.  2,66. 

2)  in  mitteld.  mundarten  staffäsch  die  äuszere  gestalt, 
utattir,  beim  vidi;  westenc.  Schmidt  231.  Kehrein  1,386, 
uordthür.  staffäschen  'kräftiges  aussehen,  mächtige  gestalt. 
meist  nur  vom  vieh'.  Kleemann  21°,  sdafäschen  Hertel 
sprachsch.  233. 

STAFFE,  m.  oder  f..  für  stapfe,  s.  das.  : 

dein  söhn  wird  solches  schawen 
und  künfTlig  mit  begier 
in  deine  stalTen  hawen, 
so  lebstu  dreymal  hier. 

TSCHERNING  gid.  frühl.  280. 
im  ginne  von  Staffel:  ,cj,o,  „ 

furpaj  denn  scnalTen 

auf  disen  dritten  staffen. 

MÖNCH  V.  Heilsbronn  «.  85  (^puch  der 
7  grade,  v.  566,  vgl.  546 :  der  dritte  giäd). 

STAFFEIEN,  verb.  (eine  nachricht  toeiter  verb)-eiten,  vgl. 
staffette?):  vil  weniger  ist  zu  denken,  daz  sie  solchs  nit 
gewüszt  und  staffeien  haben  helffen.  WolfenbütOer  urk. 
r.  1545  bei  Dief.-Wülgker  861. 

STAFFEL,  STAFFEL,  m.  heuschrecke,  nominalbildung 
zum  verb  stapfen,  das  einfache  wort  findet  sich  nur  ahd. : 
de  locusta  i.  stafel.  Steinmeyer-Sievers  ahd.  gl.  2,8,44. 
Graff  6,  657,  undmnd.:  si&^ele,  locustae;  stapel,  welsche 
housprinck,  cicada.  Schiller-Lübben  4,  363*'.  sonst  stets 
in  der  Zusammensetzung  heustaf  f  el ,  *.  das.,  th.  4,  2, 1294, 
ahd.  houuistaphel,  -stavol,  houstaphil,  heuuistaffol,  huo- 
stafil,  hoistaffel,  hestafel  (duTieben  houuistapho,  -staffo). 
Graff  6,  657,  mhd.  höustaffel ,  -stüffel  mhd.  wb.  2,  2,  556''. 
die  belege  icol  durchweg  aus  der  Schweiz,  wo  das  wort  noch 
heute  lebt:  heustaffel  (j^Zwr. -stäffel)  und  -stäffel.ToBLER266'', 
heustüffel  Hunziker  129:  am  ende  werde  man  noch  erd- 
fiöh,  käfer  und  heustüffel  zusammenlesen  müssen,  lyenn 
man  fleisch  haben  wolle.  Gotthelf  Uli  der  knecht  s.  7 
Vetter  (nach  der  anm.  bernisch,  dafür  früher  das  ost- 
achweiz.  heustöffel). 

STAFFEL,  /.  stufe,  gradus. 

I.  venoandtschaft  und  form,  l)  das  wort  findet  sich  in 
allen  germ,.  sprachen  auszer  im  got.,  doch  in  so  mannig- 
fachen  bedeutungen.  dasz  der  eitiheitliclie  Ursprung  der  Wort- 
sippe zweifelhaft  ist:  altn.  stopull,  thurm  Cleasby-Vig- 
PUSSON  603»  (oder  für  staupull  =  ags.  sty'pel,  icie  hqfud 
aus  haufud?  dann  würde  das  wort  nur  icestgerm.  vor- 
kommen, da  schwed.  stapel,  dän.  slabel  offenbar  aus  dem 
nd.  entlehnt  sind) ;  ags.  stapol  (utid  stapola),  m.  l)  pfosten, 
Pfeiler,  säule,  2)  stufe,  schicellef  (nur  nach  Beowulf  927, 
vx)  jedenfalls  attch  'pfeiler'  oder  äJmlich  zu  übersetzen  ist) 
BoswoRTH -Toller  912»,  engl,  staple,  vgl.  Skeat  591''; 
altfries.  stapul,  stapel,  m.  l)  richtblock,  2)  kröne  eines 
tahnes.  Richihofen  1044*';  alts.  stapal,  m.  wachsstock  (in 
aäulenform.  —  vgl.  unten  III,  l),  mnd.  stapel  dasselbe; 
unterläge,  block;  aufgeschichteter  häufen;  veikaufs stelle, 
Stapelplatz.  Schiller-Lübben  4,863'',  mnl.  stapel,  m.  stütz- 
pfähl,  stallen;  ahd.  Staffel,  stafol,  -el  und  staphal,  -il  basia, 
pa*9u»(?).  Graff  6. 657/  (Staffal,  Stafalon,  -ulon,  Staffelun, 
Staphele,  -in  aU Ortsnamen a.  FüR.STEMANNnam«n2*.*a,l380), 
«lAd. Staffel ufuf  stapfei.  hE\Bnhu>b.i,nM.  vgl.  Ki.uue°874''. 

i)  Staffel  tn  der  bedeutung  'stufe'  gehört  unverkennbar 
tu  dem  verbum  stapfen  (Wächter  1678.  1588.  Auelunü. 
J.  Grimm  gramm.  i,  ö.  Weigand  2,  791,  vgl.  Kluoe  stamm- 
bildungalehre*  §  H9),  ebenso  une  stufe,  vgl.  diese,  allerdinga 
nur,  uenn  wir  die  ungewöhnliche  bedeutung  'ateigen'  au 
gründe  legen  dürfen,  (vgl. .-  dag  si  iro  oOgen  ad  apostolos 
fifheve,  ande  siC  an  iro  zeuuelfo  graduin  Steffen  uuelle, 
die  dero  bürg  fundamentum  sint,  in  dia  si  ze  iungCHt 
folesUgen  auelle.  Notkk«  8,  &45,  l»— w  Piper  [cant.  grad.]; 
daraoah  atephet  si  an  den  dritten  graduin.  U.)  dagegen 
Uuten  sieh  die  amUm  btdeutungen  sehltclUsrditifs  nicht 


auf  diesen  verbalbegriff  zurückführen,  sondern  uxisen  auf 
die  Vorstellung  des  feststehens  zurück,  vielleicht  liegt  also 
hier  ein  ganz  anderes  wwt  vor,  das  sich  am  ehesten  als 
eine  ableitung  aus  der  wiirzel  *stä-  'stehen  fassen  liesze. 
(3.  Grimm  gramm.  l*,  585  vergleicht  zweifelnd  lat.  stabulum, 
das  indessen  aus  *stadhlom  entstanden  und  mit  stall  ver- 
wandt ist,  vgl.  dieses.  Walde  etym.  wb.  592.  gegen  her- 
leitung aus  der  wurzel  •stebh-,  vgl.  stab  I,  2,  sp.  389,  spricht 
die  lautstufe  des  auslautenden  consonanten.) 

3)  neben  staffel,  das  dem  gemeingerm.  stapul  entspricht, 
findet  sich  imhd.  eine  form  mit  inlautendem  pf,  das  entuxder 
aus  formen  mit  ausgeworfenem  mittelvocal  stammt,  wo 
dann  p  durch  einfiusz  des  unmittelbar  folgenden  I  ver- 
doppelt war,  oder  auf  angleichung  an  das  verb  stapfen 
beruht:  ahd.  staphal,  -il,  *.  1;  mhd.  nhd.  stapfei.  in  neuerer 
zeit  ist  dann  das  nd.  stapel  mit  seinen  besonderen  be- 
deutungen ins  hd.  eingedrungen,  beide  nehe.nformen.  stapfei 
und  stapel,  werden  in  besondern  artikeln  behandelt,  sodasz 
im  folgenden  nur  die  belege  für  hd.  Staffel  berücksichtigt 
sind. 

4)  das  wort  ist  in  allen  gernuinischen  sprachen  mase. 
(vgl.  l).  im  hd.  kommt  dagegen  (in  der  gewöhnlichen  hd. 
bedcuttmg,  s.  II)  das  fem.  auf,  das  in  den  mhd.  belegen 
schon  überwiegt  (der  Staffel  Eckhart  360,  3,  vgl.  unten  5). 
das  schwanken  setzt  sich  fort  im  nhd.,  in  der  schriftspradie 
wie  in  den  mundarten.  von  den  Wörterbüchern  geben  das 
niasc.  Maaler  383**  (staffel,  der,  doch  in  den  beüfpielen 
auch  die  staffel,  *.  11,2).  Kramer  dict.  2  (n02),  902";  das 
fem.  HuLSius,  Schottel,  Steinbach,  Frisch  u.  a.  w. 
in  der  litteratur  hält  sich  das  masc.  bis  in  die  2.  hälfte 
des  19.  Jh.;  es  ist  belegt  bei  Frickart  (1470),  Nie.  v.  Wylk 
(1478)  transl.  4€,29,  Frölich  Stob.  (l55o)  499,  Amadis  (l56l)85, 
Albehtinus  GWman  (1615)  249.  554,  Withof  ged.  (l75l)  105, 
Zimmermann  TMittonatsfo^z  (1768)  233,  HALLER4(/red(l773)  146 
undFabius  (1774)  138  und  Altmann  (unten  II,  2,  h).  s.  unten 
II,  2,  a — c.  h.  in  den  oberdeutschen  mundarten  meist  noch 
heute  als  masc,  daneben  das  fem.  in  der  bedeutung  der 
Schriftsprache  und  wol  von  dieser  beeinfluszt,  a.  6.  in  den 
abweichenden  gebrauchsweisen  (s.  III)  iat  daa  masc.  fast 
ausnahmslos  erlialten. 

5)  damit  hängen  Schwankungen  in  de>-  flexion,  besonders 
iti  der  pluralbildung  zusammen,  staffel  ist  ursprünglich 
K-stamm,  daher  der  phiral  ahd.  staffalä,  staphile,  mhd. 
die  Staffel,  ganz  vereinzelt  mit  umlaut  die  Steffel  Elia.  2638 
(s.  II,  1,  /.  stevel  171  einer  Schweiz,  urk.  von  1309,  s.  III,  5,  a). 
häufiger  findet  sich  seit  dem  14.  jahrh.  die  staffeln  (Eck- 
hart 360,  2  ?,  Megenberg  18,  25,  d.  städtechron.  9,  518,  11, 
eis.  urk.  von  1427,    *.  unten),    doch  kommt  die  alte  starke 

form  die  staffel  noch  nhd.  vor  bei  H.  Sachs,  Comenius 
(janua  1644,  s.  94),  ja  sogar  bei  Altmann  und  Winckel- 
MANN  (?),  a.  die  belege,  man  irird  hier  im  allgemeinen 
das  fem.  annehmen  dürfen,  vgl.  indessen :  man  muog  vier 
staffeln  gSn,  6  man  zuo  eime  vollekomenen  gebete  kumet. 
der  örste  ist,  dag  man  üj  dem  herzen  werfe  den  mist 
aller  bosheit.    Eckhart  860,  2 — 4    (handschr.?).  —    beim 

fem.  begegnet  auch  im  sing,  schwache  Jiexion,  ao  Meinauer 
naturl.  13,  Nie.  v.  Basel  249,  Tucher  baumeiaterb.  169,  23, 
Carbach  Liv.  73. 

6)  mundartlich  iat  staffel  t»i  allgemeinen  auf  das  ober- 
deutsche gebiet  beschränkt  (bei  Heynatz  antibarb.  2,  400 
überhaupt  als  oberd.  bezeichnet,  ahnlich  Adelung:  'in  bey- 
den  fällen  ist  es  im  oberdetitachen  o»n  gangbaraten,  ausser 
dasz  es  zuweilen  von  einigen  in  der  hohem  Schreibart  ge- 
braucht wird',  und  KrCnitz  167, 462).  es  ist  geujöhnlich 
masc.  und  zeigt  häufig  besondere  bedeutungen,  worüber 
unten;  wo  es  nur  in  dem  gercöhnlichen  sinne  vorkommt, 
ist  dies  dabei  vermerkt,  die  formen  sind:  schuriz.  stafel, 
stoofel.f/i.  Stalder  2,  389,  in  Davos  stAfäl,  stnffiU  Büh- 
ler 1,149.  2,  15,  daneben  6t;if('l»\ /.  'ataffeV  Hunziker  249, 
und  e&«i«o  e/».  Staffel,  stÄil, /.  Martin-Lienharts,  676"'; 
bair.  Staffel,  m.  Sc  hm.  8,  734,  öattrr.  slaffl  Klein  8,  167, 
Bchdäffl  (der),  stufe  Castelli  838,  st&fQ  HOobl  I64O;  staffel, 
stapfl  Schöpf  69«,  staffel.  m.f  Unoer-Khull  668*;  stüffo, 
st&pfe,  m.,  demin.  stÄftl,  stApfl  oder  sl&fflle,  stApdle  stt^fe. 
Lexer  888.  auch  in  Handachuhaheim  stafl  ateintrrppe. 
Lenz  67*.  (oa^riea.  staffel  'atiimper,  invalide'.  StOrkniiurü 
200''  gehört  natürlich  nicht  hierher,  a.  TEN  Doornkaat 
Koulman  S,  896''.) 


517 


STAFFEL  (U.  1) 


STAFFEL  (II.  1) 


518 


II.  Staffel,  shife,  gradus.  diese  hedeuhtng  ist  auf  das  hd. 
(im  icesentlichen  auf  das  oberd.,  s.  I,  6)  beschränkt,  wo  sie 
im  allgemeinen  die  aUeinherrschende  ist.  doch  ist  sie  auch 
im  ahd.  nur  zxceifelhaft  bezeugt,  denn  Graff  6,  658  bietet 
nur  2  glossen :  staffalan,  passibus,  daneben:  basibus  (basis 
ist  die  geicöhnliche  lat.  entsprechung). 

l)  im  eigentlichen  sinne:  gradus  eyn  trap  an  eyner  söge 
vel  Staffel ,  .  . .  drepe  vel  stafel ,  trippel ,  stapfei ,  Staffel. 
DiEF.  gloss.  268*;  grode  o.  staphel,  stapff.  nov.  gl.  iSG*'; 
podimen  eyn  stalle,  stapffei,  Staffel,  stapel.  gloss.  443*=; 
Staffel,  gradus.  Dasypodius;  Staffel  (der)  Maaler  383<=; 
stuGel,  f.  un  degre.  Hulsius  305'';  eia.Sel,  f.  gradus,  degre. 
SCHOTTEL1420;  Staffel  (stafel),  m.  staffeln,  plur.  [da  stehen, 
st<ire  0  da  stappen  montareper  gradi]  grado.  tat.  gradus 
V.  stuffe,  stiege.  Kramer  dict.  2,  902^;  stafel,  die,  dimacter, 
gradus,  gressus,  scala,  cui  nimirum  ßrmiter  innitimur, 
dicitur  etiam  die  stufe.  Stieler  2110  {hinter  steif);  vgl. 
auch:  gradiare  stapffelmachen ,  stiegaufundabgeen.  voc. 
theut.  {Nürnberg  1482)  bei  Dief.  gloss.  268». 

a)  gewöhnlich  'absatz,  stufe  von  treppen,  besonders  stein- 
treppen'. LuECiER  7, 472:  die  staffeln  einer  stiege,  stiege- 
stafTel,  gradino,  scalino,  scaglione  d'una  scalu.  Kramer 
dict.  2,  902'' ;  Staffel,  /.  gradus,  ein  tritt  oder  stuffe  an  einer 
treppe.  Frisch  2,  215*';  'stafeln,  stuffen,  marches,  degres, 
sind  bey  einer  treppe,  die  auftritte  oder  absätze,  uiorauf 
man  im,  hinauf  oder  herabgehen,  von  einem  auf  den  andern 
treten,  und  dadurch  an  einen  höhern  oder  niedrigem  ort 
gelangen  kann,  da  immer  eine  stafel  höJier,  als  ihre  nächst 
vorgehende  gelegen  seyn  musz'.  Eggers  2,  971  {folgen  masz- 
angaben  und  die  französischen  benennungen  verschiedener 
spezieller  arten  und  formen  mit  erhlärung),  s.  ferner 
Jacobsson  4,  342'»  (stuffe).  eis.  Martin-Lienhart  2,  575''. 
Staffel  als  theil  einer  stiege: 

dö  erj  {dag  Hnd  Maria)  sazte  zer  stiegen  nider, 
ej  ensach  niht  hinder  sich  wider, 
vür  sich  lief  ej  die  stafTel  gar, 
der  wären  fümfzehen  vür  war. 

Grazer  Marienl.  321  {zeiUchr.  f.  d.  alterth.  17,  542) ; 
wann  ich  dan  auf  wil  gen  ein  stiegen, 
so  thu  ich  mich  auf  ein  Staffel  schmiegen, 
zu  zelen  die  Staffel  ist  mir  gach.    fagtn.  sp.  564,  9; 

auff  den  berg  Sion  war  kein  anderer  weg,  denn  auff  der 
stieg  die  David  gebauwet,  die  mit  viel  stafflen  gar  hoch 
war, . . .  von  disen  stafflen  schreibt  Nehemia,  cap. ...  12.  bey 
der  porten  desz  brunnens  seind  sie  vor  jm  auffgestiegen 
auff  den  stafflen  David,  auff  der  stieg  in  der  maur. 
Reisz.ner  Jerus.  i,  ii* ;  wie  sie  aber  auff  die  3  Staffel 
von  der  stiege  kam,  wurde  sie  ohnmachtig.  Elis.^^b.  Char- 
lotte 3,  569.  als  concretes,  abtrennbares  stück  einer  treppe: 
des  nachts  brach  er  {TJlenspiegel)  etlich  staffeln  ab  von 
der  Stegen  .  . .  und  als  er  {der  prior)  meint  uff  die  steg 
zu  treffen  da  drat  er  durch  hin.  Till  Eulensp.  89.  hist. 

b)  mit  angäbe  des  materials.  geicöhnlich:  Staffel  in  stein 
gehawen,  degres  taillez  enpierre.  Hulsius  305*;  die  staffeln 
der  steinernen  treppen  werden  abgerundet.  Adelung; 
8  steinin  staffelen  vor  der  türen  uf  die  almende.  eis. 
almendb.  von  1427  bei  Ch.  Schmidt  hist.  wb.  336*.  Martin- 
Lienhart  2,575''; 

und  gelangt  an  einen  prächtigen  springquell, 
der  mit  silberklaren  fluten  über 
blanke  marmorstaffeln  niedertanzte. 

Platen  336*'  {Ahbatt.  6). 

c)  solche  staffeln  finden  sich  in  tnannigfachster  Verwen- 
dung,   stufen  vor  einem  tempel: 

als  aus  der  flut  Palladio's  tempel  stiegen, 
an  deren  staffeln  sich  die  wellen  schmiegen. 

Platen  96»  {s&neite  26.   Venedig). 

vor  dem  altar:  und  da  sie  inn  den  chor  khamen  da 
knüten  die  drey  herren  uff  die  stafflen  vor  dem  fron- 
altar,  doch  der  erweit  ein  Staffel  hoher  dann  der  dechant 
und  der  thumprobst.  Brant  uxlung  bischoff  Wilhelms, 
a.  Code  hist.  de  Sfrasb.  1,  2,  249;  vgl.:  du  solt  auch  nit  auff 
stafflen  {per  gradus,  Luther:  auff  stuffen)  zä  meinem 
altar  steygen,  das  nit  deyn  schäm  auffgedeckt  werde  vor 
jm.  Züricher  bibel  1531  37«=  (2  Mose  20,  26).  stufen  eines 
thrones:  {Salomon  liesz  stellen)  löwengötzen  auff  die  staffeln 
Beins  königstuls.  Butzer  grund  der  neuuxrungen  (l525)  0  2'' 
bei  Ch.  Schmidt  hist.  eis.  ich.  336*.  femer:  do  ging  Esopus 
vier  stafeln  hinauf  zu  dem  bild.  Steinhöwel  Aesop 
(1569;  13  {in  der  ausg.  von  Öaterley :  vier  stapfen  s.  61,  vor- 


her :  by  dem  bild,  dar  zuo  man  ain  stiegen  offgan  muost) ; 
vgl. :  ob  es  möglich  gewesen  auf  ein  so  hohes  ganta  glüen- 
des  bild  bequem  zu  steigen  . . .  welche  staffeln  {-icürden  er- 
fordert), solches  mit  einem  gantzen  ochsen  zu  besteigen. 
A.  Gryphius  1,  87   {erkl.  zu  Leo  Arm.  4,  81).    vereinzeltes: 

die  stafflen  gieng  sie  auff  zu  stund  (Anna  zum  Bcheiterhaufen 
der  Dido).    Murner  Virgü  (1543)  99. 

an  einem  brunnen  {s.  auch  Pl.vten  unter  b):  der  eine 
{bleiröhre)  geet  von  dem  rindlein  aussen  im  pflaster  also 
auf  dem  gewelb  pisz  zu  der  anderen  staffeln  an  dem 
schön  prunnen,  und  unter  derselben  steinen  staffeln  geet 
das  Wasser  aussen  umb  den  schön  prunnen  kästen  gerings 
hinumb,  alles  in  pleien  rören.  Tücher  baumeisterb.  169,24/. 
stufen  tum,  sitzen,  wie  in  einem  amphitheater : 

es  war  ein  platz  daselbst,  gar  grosz,  weit,  nmd  und  eben, 
mit  vielen  staffeln  auch,  zum  sitzen,  hoch  umbgeben. 

DiETR.  V.  D.  Werder  Ariost  19,  64,  8. 

d)  seltner  bezeichnet  Staffel  die  sprosse  einer  leitet;  schon 
bei  Hulsius  (1616),  s.  sprosse  2,  sp.io3ff.:  sprossen  oder 
staffeln,  werden  die  kurzen  meist  abgerundeten  querhöltzer 
genennet,  welche  man  zwischen  zwey  leiter-bäumen  in 
gleich  weit  von  einander  abgetheilte  und  gerad  durch- 
gebohrte löcher  eintreibet  u.  s.  w.  öeonom.  lex.^  2197. 
s.  ferner  Jacobsson  4,  238''.  Adelung.  Lueger  7,  472  (2). 
—  im  bilde:  die  staffeln  sind  also  diese:  schrecken,  mit- 
leid,  bewunderung.  die  leiter  aber  heiszt:  mitleid;  und 
schrecken  und  bewunderung  sind  nichts  als  die  ersten 
sprossen,  der  anfang  und  das  ende  des  mitleids.  Les- 
sing 12,49. 

e)  Staffel  mit  zahlangaben:  {der  pfarrer  vor  dem  altar) 
stoszt  derhalben  mit  dem  einen  fusz  unnd  trifft  den 
sigristen  an  halsz,  dasz  er  vier  stafflen  herunder  fiel. 
rolhcagenb.  175,  24  Kurz ;  gienge  ich  also  dem  alten  etliche 
stafflen  nach,  hienauff  in  ein  zimbliches  weites  gemach. 
Philander  2,47; 

dem  Zwerglein  ich  nach-folget  schier, 
das  mich  fürt  durch  ein  loch  zuthal 
etlich  Staffel  in  einen  sal. 

H.  Sachs  20,  536,  3  Götze. 

80  gewöhnlieh,  um  die  höhe  einer  treppe  zu  bezeichnen: 

wol  vier  und  zwainzig  sta&el 
in  aines  kellers  grünt, 
die  viel  ich  ab  mit  raffel. 

Oswald  v.  Wolkbnstein  lll,  41  Schatz; 

{im  bilde:)  also  haben  wir  die  steg  siben  staffelen  hoch, 
darauf  wir  mögen  ein  geen  in  das  schiff.  Keisersberg 
schiff  der  penit.  16";  nach  der  mahlzeit  verliesz  er  den 
saal  und  begab  sich  in  eine  gallerie,  nach  welcher  man 
eine  breite  treppe  von  vier  und  zwanzig  staffeln  steigen 
musz.  Brentano  4,  482.  ao  auch:  do  ging  sant  Silvester 
mit  zweigen  priestern  in  das  loch  do  der  drache  lag, 
das  was  40  staffeln  dief.  d.  atädtechron.  9,518,11  (Königs- 
hofen);  sograr  in  fällen,  wo  von  einer  wirklichen  treppe 
keine  rede  sein  kann,  als  höhenmasz :  ob  wir  zwar  unsere 
Waffen  bisz  an  das  eusserste  nordhaupt,  wo  der  angel- 
stem  drey  und  siebenzig  staffeln  über  der  erde  fläche 
stehet,  . . .  geführet.  Lohenstein  Armin.  2, 904*. 

f)  staffeln  hinauf,  hinab  steigen: 

da  dise  reine  godes  drut 

gein  hove  von  der  kirchen  gienc 

unde  die  Steffel  ane  vienc, 

da;  si  di  wolde  uf  stigen.    Elisab.  2688 ; 

die  staffelen  hinauff,  den  berg  hinab  rennen.  Oarg.  177*; 
das  huse  was  aber  höher  denne  .  . .  die  hüser  gewonlich 
syen;  deshalb  vil  Staffel  wären  hinabzekomen.  Nie  las 
V.  Wyle  translat.  51, 19  Keller.  —  ab  einem  Staffel  auff 
den  andern  steygen,  gradatim  descendere.  Maaler  383*; 
von  Staffel  zu  Staffel,  dt  grado  in  grado  v.  staffelweis. 
Kramer  dict.  2,  902<=.  sprichwörtlich :  von  staffeln  zu  staffeln 
kompt  man  die  siegen  hinauff.  Lehmann  379,1  bei  Wander 
4,  767,  1;  vgl.  SiMROCK  9900;  wer  nur  über  eine  Staffel 
kommt,  kommt  nie  über  eine  stiege.  9804. 

g)  der  plur.  die  staffeln  für  treppe : 

schreit  man,  du  sollest  hinab  gehn, 
80  bleib  du  auf  den  staffeln  stehn ! 

Peter  Lew  1076  (Bobertag  narrenb.  123). 

aber  auch  der  sing,  nähert  sich  zuiceilen  dieser  bedeutung : 
erhub  sich  der  geschickte,  und  so  eylendt  von  dem  Capi- 
tolio  gehn  will,  thet  er  eynen  fall  von  der  staffeln  so 
hart,  das  er  alda  todt  läge.  Carbach  Liv.iai^;  vgl.:  da 

33* 


519 


STAFFEL  (II.  1.2) 


STAFFEL  (11,2) 


520 


nun  Setinus  von  dem  Capitolio  die  staffeln  eilend  herab 
gieng,  da  Hei  er,  und  schlug  sein  haupt  so  hart  auff  eyn 
steyne  Staffel,  das  er  do  todt  ligen  blib.  75». 

h)  heute  hat  Staffel  im  süddeutschen  geradezu  die  he- 
deutung  treppe  angenommen,  so  eis.  'freitreppe,  die  stei- 
nerne treppe  vor  der  hauatüre' .  Martin-Liknhart  2,  öTö*", 
in  Handschuhsheim  stafl  steintreppe.  Lenz  67'';  auch  dlern.- 
»chwäb.:  der  wirth  steht  auf  der  Staffel.  Hebel  2,102; 
lange  sasz  Magdalene  angekleidet  auf  der  truhe,  .  .  .  dann 
aber  ging  sie  hinab;  die  treppe  knarrte  unter  ihren 
schweren  tritten.  sie  setzte  sich  auf  die  Staffel  vor  dem 
hause  .  . .  dabei  sasz  sie  ruhig  auf  der  Staffel.  Auerbach 
dorfgesch.  2, 159. 

t)  ganz  vereinzelt  begegnet  staffel  für  ein  besonderes  gerät 
{trajbare  treppe,  tHttleiter  7) : 

zu-hand  thet  der  gemein  mann  rennen, 
und  brachtn  Staffel,  stül,  tisch  und  banck 
zum  todtenfewr  {für  Jxd.  Cäsar). 

H.  Sachs  20,  379,  8  Oötse. 

k)  Staffel,  altarstaffel  'der  auf  dem  altartisch  aufsteigende 
absatz  zur  aufsteUung  von  leuchtem.  reliquien  u.  s.  iv.' 
Lueger  7,  472  (S).    (vgl.  unter  III,  6). 

1)  vergleichsxceise :  diu  kel  ist  voller  kruspeln  undknoden 
und  hat  geleich  staffeln,  die  staffeln  steigt  und  gßt  diu 
stimm  auf.  Megenberg  18,  25/.  {vgl.  unten  4). 

2)  sehr  gewöhnlich  sind  freie  und  bildliche  gebrauchs- 
toeiaen. 

o)  ausgeführtere  bilder  sind  schon  unter  1  angeführt; 
sie  enthalten  meist  verbale  fügungen,  so  ferner:  alle  staffeln 
durchgehen,  omnes  gradus  persequi.  Steinbach  2,655; 
einen  von  einer  staffel  hinunter  stoszen,  de  gradu  ali- 
quem  dejicere.  ebenda;  ich  wil  dir  sagen  von  siben  staffeln 
die  das  meiste  teil  der  menschen  die  sich  zuo  gotte 
kerende  sint  [ufget],  . .  .  und  so  dirre  anevohende  mensche 
uffe  dise  erste  staffel  kummet,  so  beschiht  es  gar  gerne 
das  er  in  grossen  urdrutz  . . .  kummet  u.  s.  w.  Nie.  v.  Basei- 
248;  die  sechst  aigenschafft,  ist  die  steg  oder  brück  da- 
rauff  man  mag  eingon  in  das  schiff,  also  hatt  die  büsz- 
vertigkait  auch  stafflen  und  ainn  steg  darauff  der  mensch 
dartzä  mag  kommen  ...  die  erst  staffel  ist,  not  zu  bflssen. 
Keisersberg  schiff  der  penit.  iS^;  die  mittelmasz  ist 
allenthalb  am  sicheristen,  .  .  .  und  obgleich  jemand  über 
ainen  klainen  staffel  abfalt,  so  mag  er  doch  sein  Unglück 
dest  basz  bedecken.  Fröi.ich  Stob.  i99;  will  man  nun 
die  Staffel,  die  wir  von  den  göttern  bis  zu  den  beiden 
herabgestiegen  sind,  von  diesen  bis  zu  jenen  wiederum 
hinaufsteigen.  Winckei.mann  4,  HO;  wenn  der  dichter 
alle  diese  stafeln  glücklich  hinanzugehen  weis,  so  bin 
ich  gewisz,  der  Zuschauer  wird  endlich  geneigt  seyn,  die 
völlige  raserey  des  Herkules  als  einen  ganz  natürlichen 
erfolg  anzusehen.  Lessing  4,257;  indem  er  (der  mansch) 
zu  seinem  ruhebette,  ich  weisz  nicht,  hinauf-  oder  hinab- 
steigt, kehrt  er  sich  oft  müde  nur  auf  einer  breiten  staffel 
um,  und  setzt  sich  darauf  an  die  andern  gelehnt  und 
sagt:  'endlich  hab'  ich  eine  ruhebank'.  i.Pwi.  f ata  vor 
Nümb.  2,  14;  die  karten  waren  bisher  ein  gut  ange- 
schnalltes flugwerk,  auf  dem  man  zuweilen  am  hofe  zu 
hohem  staffeln  aufflatterte,  aus  des  teufeis  pap.  1,74; 

8wa^  hin  zem  oberislen  guot 

reichen  sol,  daj  muos  vUr  war 

Wesen  Ö5  erwelt  gar. 

diu  stiege  diu  dar  reichen  sol, 

diu  sol  gemacht  sfn  harte  wol  .  .  . 

die  stafel  suln  ganz  wesen, 

dar  zuo  sol  man  guot  steine  erlesen. 

die  tagende  mUcjen  stn  diu  stiege. 

der  welsche  gatt  5789; 
M  steige  dein  leben  bey  güldenen  zeiten, 
zum  trosl«  der  nachweit  viel  staffeln  hinauf!   Günther  337 ; 

wer  aber  sich  dem  Staat  zu  dienen  hat  bestimmt, 
nnd  nach  der  gottbeit  stell'  auf  tugend-staffeln  klimmt. 

Hai.i.er  ijcd.K  loa  {verd.  t-ittcn  190); 
da  ich  von  conne  zu  sonne  die  güldene  Icitcr  hinaufstieg, 
bis  zum  stralenden  thron  der  gottheit,  von  welcher  die  erde 
kanro  die  ant«rate  stafTel  mir  schien. 

Zach A RIA  (1778)  8, 106  (Sagen,  nacht  468). 

woritpieUnd  (für  erklimmen)'. 

rr  will  die  hemrhafl  des  gmiM, 
<!«■  frailich  manchmal  stOmpert, 
doch  in  der  kunst  oft  unlMjwuszt 
di«  bftobat«  stalTel  erklimpcrt. 

HbIKB  2,183  Klrter  (J  „,.;  kuu  ,  ,.,nn). 


b)  Staffel  zu  etwas,  wodurch  man  zu  etioas  gelangt  oder 
es  erlangt:  staffel  oder  seigel  zu  eeren,  gradus.  M.^ai.er 
383'*,  vgl.:  von  Staffel  zu  staffel  zu  eeren  auffsteigen,  gra- 
datim  assequi  honores.  ebenda,  (anders  staffel  der  ehren, 
s.  c.)  von  jjottis  und  Christi  unsers  herrn  bfelch:  das 
wort  nit  allein  hören,  sunder  hören  und  thün.  und  dreien 
staffeln  ins  christenthumb,  eyn  sendtbriff.  Joan  N.mhers 
titel  einer  Schrift  i-on  1531  bei  Luther  15,537  Weim.  ausg.; 
item,  in  den  Worten  der  sacrament  viel  klügeln  und 
grübeln,  one  glauben,  solche  weise  ist  ein  gewisse  staffel 
zö  allerley  jrrthumen.  Sarcerius  hirtenb.  (1566)  158;  und 
dieses  ist  gleich  die  ander  staffel  zu  der  newen  lehr  ge- 
wesen. Kirchhof  wendunm.  1,567  Österley;  die  erste  staffel 
zur  gottheit  (um  sie  zu  finden).  Brockes  7,  638  (übersdir.); 
dasz  . . .  d.Budde  in  seinen  institutionibus  theologise  die 
meynung  von  dem  willkührlichen  wesen  für  die  nächste 
Staffel  zur  gottlosigkeit  ausgiebet.  Chr.  Woi.Fi' vemünjfC. 
gedancken^  (1736)  2,  43.  vgl. :  dasz  ich  das  durch  ihn  ge- 
lernte nur  als  eine  staffel  betrachte  und  bereits  mich 
darüber  hinweg  zu  etwas  höherem  berufen  fühle.  Keller 
2,51;  sprichwörtlich:  heurat  der  alten  ist  die  nechste 
Staffel  zum  tod.  Lehmann  I6;  der  steht  auf  der  ersten 
staffel  zum  frommen  mann.  115.  in  verbalen  fügungen 
(vgl.  a):      ^^j^  arbait,  mUhdc,  schwais  und  frost  .  .  . 

das  sind  die  staffeln  und  stegraif 
darauf  man  zum  lob  steiget  steif. 

Fischart  gliirkh.  »chiff  621 ; 
wenn  du  empfindlich  für  den  rühm  nicht  bist, 
zu  den  unsterblichen  die  staffel  zu  ersteigen. 

H.  V.  Kleist  1,  262  Schmidt  {Amphitr.  2,  5); 
was  kann  aus  blut'ger  that  euch  glUcklichtts 
gedeihen?   o  aus  blut  entspringt  nichts  gutes I 
soll  sie  die  staffel  euch  zur  grösze  bauen? 

SciULLER  12,  345  (Wailenet.  tod  4,  8); 
ey,  bau  dir  ein  staffl  ins  ewig  lehn 
und  nimb  von  jm  keinen  gewinn! 

AvRER  2825, 11  KeUer. 

vgl.  dazu:  gleichsam  auf  staffeln  in  den  himmel  steigen, 
gradibtis  tanquam  quibusdam  in  coelum  adscendere.  Stein- 
BAGH  2,655;  es  pflegen  etliche  fürstcn  dermassen  in  den 
fugenden  fortzuschreiten,  dasz  sie  leichtlichen  den  höch- 
sten Staffel  bisz  in  himmel  köndten  erreichen.  Aluer- 
TiNUS  GtismMn  249;  sich  einen  staffel  in  den  himmel 
bauen  (durch  ein  werk  der  barmherzigkeif).  SciiM.  2,  734  (a); 
du   hast  dir  an   staff'l   in  'n  himmel  baut.  HCoel  154*>. 

c)  staffel  von  stufen  und  graden  innerhalb  einer  sache, 
meist  mit  erklärendem  genitiv. 

a)  so  häufig:  staffel  der  ehren,  degri  d'honneur.  HuL- 
siussos**;  die  höchste  staffel  der  ehre.  .\nKLUNG  (l);  die 
höchste  Staffel  des  ansehens  betreten,  sumtnum  digni- 
tatis  gradum  tenere.  Steinbach  2,  655;  auf  eine  höhere 
Staffel  der  ehren  steigen,  ebenda;  s.  auch  ehrenstaffel, 
honor.  fastigium  honoris,  ebenda  (theil  3,  65).  dieser  .  .  . 
ist  eines  tagelöhners  und  einfältigen  mannes  söhn,  iet 
aber  durch  .  .  .  fleissiges  studieren  dahin  kommen,  dasz 
er  die  höchste  stafel  der  ehre  mit  höchstem  rühm 
erlanget.  Sciiocii  stud.  leben  K  4»;  Dionysius  .  .  .  redet  des- 
halb von  jenen  beyden  als  jungen  männern,  weil  das 
säkelmcisteraint  als  erste  staffel  der  ehren  von  solchen 
bekleidet  ward.  Niebuhr  2,  HO,  anm.; 

dos  glUckes  abentheuerlichen  söhn, 
der  von  der  zeiten  gunst  emporgetragen, 
der  ehre  höchste  staffeln  rasch  erstieg. 

Schiller  12,  8  OKa««m<.  prol.). 

so  femer:  nachdem  sich  August  weit  über  die  gesätzo 
geschwungen  hatte ;  waren  seine  anverwandten  nicht 
mehr  an  alte  Ordnungen  und  an  die  gemeinen  staffeln 
der  würden  gebunden.  Lohenstein  Artnin.  2,515*';  im 
augenblicke,  da  sich  des  ruhmes  glänzende  staffeln  hart 
vor  seinen  äugen  erhoben.  C.  F.  Mkver  Jürg  Jenatach  193; 
das  8  capitel  beschreibet  die  erste  staffel  der  hoheit, 
welche  Simplicius  gestiegen.  Simpl.  8t  KeUer  (iuhalt  i,t). 
dann  auch:  Staffel,  (ligilriich  für  stuffe,  höherer  grad\ 
gratlu»  altior  dignitatis.  Krisch  2,815*';  die  staffel  oder 
grad  des  amts  macht  keinen  frum.  Hehion  Euseb.  41* 
».  ebenda;  Ignatius  ging  durch  alle  staffeln  des  soldaten- 
standes.  quelle  bei  UK\fiATy.antibarb.i,*40;  und  geradezu: 
die  Staffel  und  wirde  oder  ecr  eines  radfs  horren ,  sena- 
toriua  gradus.  Maaler  888''.  so  staffel  absolut  für  tntrde, 
raiu):  und  sto  er  nun  den  höchsten  bluffe!  <'rlitiifit    wolle 


521 


STAFFEL  (H,  2) 


STAFFEL  (II,  2) 


522 


er  .  .  .  usz    einem    gefallen    alles    regieren,    quellen    zur 
Schiceizergesch.  l,  170,  24  (Frickart  Zicingherrenstr.  U70); 

wie  ansehn  und  gewalt  sich,  mit  gemeszner  kraft, 

durch  alle  staffeln  theilt. 

Haller  ged.^VüQ  (verd.  tiüen  198). 

ß)  Staffel  des  glucks  u.  ähnl.-.  dasz  in  dem  genusse 
dieser  urquelle  der  Vollkommenheit  die  höchste  Staffel 
der  glückseligkeit  einzig  und  allein  zu  suchen  sei.  ILvnt 
8,3+1  {aUg.  naturgesck.  2,7);  Odin  that  was  er  lehrte,  und 
nach  seinem  beyspiel  suchten  die  Scandinavier  den  höch- 
sten Staffel  des  glückes  und  der  woUust  in  blut  und  tod. 
Zimmermann  nationalstolz*  (1768)  233:  mit  mühe  ...  er- 
reicht er  einen  gleichen  Staffel  des  äussern  Schimmers. 
Hallf.r  Fabitis  u.  Cato  138;  wenn  er  die  zukunft  seines 
lebeus  auf  eine  ge\sisse  Staffel  seiner  immerwehrenden 
befriedigung  stellen  will,  polit.  stock/,  torr.  ungewöhnlich: 
denn  zumal  setzte  sich  das  unglück  auff  den  ersten  Staffel 
jres  Unfalls.  Atnadis  l,  35  (26  KeUer). 

•/)  von  tilgenden,  Vorzügen  und  den  gegentheilen :  die 
staffeln  der  danckbarkeit  sind :  die  wol-  (gut-)that  erken- 
nen, rühmen,  vergelten  (verschulden).  Comenius  sprachen- 
thür  877;  wer  nur  noch  eine  geringe  Staffel  von  menschen- 
freundschaft besitzet,  quelle  bei  Heyn.\tz  antibarb.  2,440; 
höchster  Staffel  der  wahren  redlichkeit.  Withof  ged. 
(1751)105  {überseht-);  glücklich  ist  es  für  die  menschen, 
dasz  sie  nicht  plözhch  den  äussersten  Staffel  der  bosheit 
erreichen  . . .  und  dasz  sie  stuffenweise  zu  groszen  ver- 
gehungen sich  entblöden.  Haller  Alfred  146.  —  von  dem 
Lügner  musz  man  so  gleich  auf  den  Moliere  kommen, 
um  die  französische  scene  auf  ihrer  staffel  der  Vollkom- 
menheit zu  finden.  Lessing  4, 115;  er  {Sophokles)  machte 
in  seiner  kunst  verschiedene  neuerungen,  wodurch  er  sie 
allerdings  zu  einer  höhern  staffel  der  Vollkommenheit 
erhob.  6,  284;  die  höchste  staffel  der  vortrefflichkeit.  KosE- 
OARTEN  rhaps.  1, 106,  vgl.  unten  d.  —  dag  sint  di  fünf 
Staffel  der  minne  czu  den  ain  gaistleich  mensch  hie  auf 
erde  chomen  mach.  Mönch  v.  Heii.sbronn  ».17;  die 
ersten  seindt  die  frommen  unnd  tugentsamme  personen, 
dieselbigen  empfahen  von  gott  zu  einer  belohnung  jhrer 
guten  werck  das  ewige  leben,  nach  beschaffenheit  desz 
gradus  oder  desz  staffeis  der  lieb,  mit  deren  sie  solche 
gute  werck  begehen.  Albertinus  Gtisman  554.  —  er  ist 
auf  diese  staffel  der  Weisheit  nicht  kommen.  Steinbach 
2,655;  der  erst  staffel  rechter  w^shait  ist,  nit  liebhaben, 
und  der  ander  daz  du  also  lieb  habest  das  es  nit  werd 
offen.  Nie.  v.  Wyle  translat.  46,  29  Keller;  damit  ich  mit 
der  theologie,  als  der  äussersten  staffel  der  gelahrtheit, 
bescbliessen  kan.  Günther  vorr.  b  i*. 

fl)  daran  anschlieszend  von  den  stufen,  efappen  einer 
enticicklung:  endlich  kam  auch  in  die  kleine  seele  der 
ehrgeiz,  sie  klomm  die  untern  staffeln  der  bildung  bei 
fräulein  Johanne  heran.  Freytag  handschr.  l,  39;  während 
dasz  gott  sein  erwähltes  volk  durch  alle  staffeln  einer 
kindischen  erziehung  führte.  Lessing  10, 312  {erz.  des 
7nenschengeschl.  §  20);  nothwendig  demnach  sind  drei, 
nicht  blosz  zwei  staffeln  der  entwickelung  menschlicher 
spräche  anzusetzen.  J.  Grimm  kl.  sehr,  l,  283. 

d)  andre  Verbindungen,  zumeist  verbale  fügungen.  doch 
weniger  bildlich,  als  die  unter  a  aufgeführten:  es  folgt  die 
schluszszene  (der  Iphigenie)  ...  in  drei  staffeln  erhebt  sie 
sich,  auf  jeder  staffel  wieder  neu  unsere  seele  bewegend. 
BiELSCHOWSKY  Goethe  i,  440.  wenn  man  die  Wahrheiten 
auf  eine  sinnliche  art  auseinander  könnte  wachsen  sehen: 
so  würde  ihr  wachsthum  eben  dieselben  staffeln  beobach- 
ten, die  er  (der  metaphysiker)  uns  in  der  Überzeugung  von 
derselben  hinauf  gehen  läszt.  Lessing  5, 5.  es  haben  alle 
künste,  wissenschafften,  und  was  der  gleichen,  die  höchste 
Staffel  und  Vollkommenheit  erreichet.  Schuppius  778  (vgl. 
Frickart  unter  c,  a,  Albertinus  unter  b); 
schaut,  wie  euer  grosser  nähme  .  .  . 
auf  der  höchsten  staffel  prangt.    Picander  1,  39. 

weder  das  lustspiel,  noch  das  trauerspiel,  ist  davon  (von 
neuerungen)  verschont  geblieben,  das  erstere  hat  man 
um  einige  staffeln  erhöhet,  und  das  andre  um  einige 
herabgesetzt  Lessing  4, 109.  —  am  gewissesten  läszt  sich 
in  der  geschichte  der  Verfassung  die  stelle  mancher  fehlen- 
den Staffel  erkennen.  Nieblhr  2, 15; 

noch  gibt  es  keine  staffeln, 

die  unserm  arm  zu  hoch.     Freiuorath'  2, 163. 


e)  Staffel  gilt  dann  auch  von  natürlichen  Verhältnissen. 
80  besonders  von  den  altersstufen :  und  da  alle  andere 
Wollüsten  uns  unter  den  bänden  zuegehen,  ...  so  be- 
gleitet ims  diese  unsere  (die  der  'poeterey')  durch  alle 
staffeln  des  alters.  Opitz  poeterei  s.  57  neudr.  dafür: 
mein  alter  ist  ja  erst  der  anfang  recht  zu  leben  . .  . ; 
wie?  überspringt  disz  nun  die  staffeln  der  natur? 

Günther  700; 
vgl.  auch: 

so  selten  nun  ein  mensch  den  Nestor  überlebt, 

und  diesen  rang  erhält   dem  sechzig  jähre  weichen, 

so  wenig  die  natur  auf  jene  staffel  nebt, 

auf  der  wir  selbst  die  band  dem  nahen  tode  reichen.   610. 

anders: 

des  lebens  staffeln  sind  nichts  als  geburt  und  tod. 

Haller  ged.^  25  (alpen  98). 

ähnlicJi  in  bezug  auf  die  enticicklung  von  Völkern:  die  ein- 
wohner  von  Scheschian  . . .  füllen  . . .  den  abgrund ,  der 
zwischen  ihrem  Ursprung  und  der  epoche  ihrer  geschichts- 
kunde  liegt,  mit  fabeln  aus;  und  diese  fabeln  sehen 
einander  bey  allen  Völkern  so  ähnlich,  als  man  es  von 
geschöpfen  vermuthen  kann,  die  sich  auf  der  ersten  staffel 
der  menschheit  befinden.  Wi el.a.nd 6, 36  (d.groWne  *pi>^. 1,1). 
/)  nur  frühnhd.  findet  sich  staffel  von  den  Verwand- 
schaftsgraden: die  staffelen  von  der  gesippschafft  und  mog- 
schafft. Zell  christl.  verantxc.  (1523)  bb  1»  bei  Gh.  Schmidt 
eis.  wb.  336»;  o  wie  köstlich  gut  wer  es,  das  jederman 
sein  geburtsregister  von  staffel  zu  staffel  und  stiegenweisz 
so  gewisz  ausz  dem  schiff  Noe  schöpffen  . . .  könte.  Garg. 
26»  (s.  30  neudr.). 

g)  von  den  abstuf ungen,  nuancen  der  färben:  die  schwartze 
(färbe)  hat  die  grade  oder  staffel  unter  sich:  pech  oder 
kohlschwartz,erd3chwartz,wasserschwartz,braunschwartz 
u.  s.  ir.  CoMENius  janua  (1644)  s.  94,  334.  vgl.:  indem  die 
hohe  geistlichkeit  diese  unruhige  färbe  sich  angeeignet 
hat,  so  dürfte  man  wohl  sagen,  dasz  sie  auf  den  un- 
ruhigen staffeln  einer  immer  vordringenden  Steigerung 
unaufhaltsam  zu  dem  cardinalpurpur  hinaufstrebe.  Göthe 
52,  319  (zur  farbenl.  791). 

h)  in  bezug  auf  icitterungsverhäUnisse.  zunächst  eigent- 
lich von  den  graden  der  scala  am  barometer  oder  thermo- 
meter:  der  baromettre  ist  7  staffeln  höher,  alsz  er  ge- 
weszen.  Elisab.  Charlotte  2,483;  dann  auch  ttnsinnlicher 
von  temperaturgraden .-  es  wird  also  niemand  läugnen,  es 
gebe  so  wohl  in  der  kälte  als  in  der  wärme  viele  ab- 
sätze;  von  dem  unterschiedlichen  grad  des  feuers  sind 
alle  menschen  überzeuget,  aber  von  den  stafeln  der  kälte 
haben  wir  insgemein  keine  andere  begriffe  als  von  dem 
sommer  in  den  herbst,  und  von  dem  herbst  in  den 
Winter.  Altmann  beschr.  der  helvet.  eisbergen  (Zürich  1751) 
73;  dasz  ...  in  einem  heissen  eisen  viele  staffel  der  wärme 
seyn  müssen,  nemlich  von  dem  grad  an,  da  es  ein  wenig 
roth  ist,  bisz  auf  den  staffel,  da  es  ganz  weisz  glühend 
ist.  74.    vgl.  Adelung  (i). 

i)  nihd.  auch  von  den  graden  des  Sonnenlaufes  (thier- 
kreises):  dirre  zodiacus  ist  zerteilit  in  zwelfiu,  unde  ieg- 
lich  zeichen  ist  geteilit  in  drijic  stucke,  unde  ieglich 
stucke  heijit  ein  gradus ,  dag  ist  ein  staffel.  ...  so  ist 
och  diu  sunne  in  der  staffeln  dej  Zeichens  dag  zno  dem 
mande  horit.  Meinauer  naturl.  s.  13.  ebenso  troi;  die  staffel 
oder  grat,  do  die  sunne  ist.  qudle  bei  Dief.-WOlcker  861. 
k)  nicht  durchgedrungen  ist  auch  die  von  nhd.  gramtna- 
tikern  aufgebrachte  Verwendung  als  grammatisches  kunst- 
wort  für  die  vergleichungs-  oder  steigerungsgrade  des  ad- 
jectivs:  der  staffeln  der  vergleichung  sind  drey,  der 
positivus  als  der  underste  staffel,  der  comparativus  ader 
mittelste  staffel  und  der  superlativus  der  höchste  staffel. 
Y)\:v.zlevray guidon  (1607)8. 174;  vonden  vergleichungs- 
staffeln  (gradibus  comparativus)  der  beywörter  . . .  wir 
zählen  also  bey  unsern  beywörtem  . . .  drey  vergleichungs- 
staffeln:  die  erste  staffel  (positivtis  gradus)  ist,  wenn  man 
der  Sache  eine  eigenschaft  schlechtweg  beyleget  u.  s.  w. 
Gottsched  sprachk.^  257  (4,  2,  §  2),  s.  ferner  Heyn  atz 
antibarb.  2,440  und  Campe  (die  erste  staffel  oder  unter- 
staffel,  positivus  gradus;  die  zweite  staffel  oder  mittel- 
Staffel,  comparativus  gradus;  die  dritte  staffel  oder  ober- 
staffel,  superlativus  gradtui);  seit  achtzehn  Jahrhunderten 
bewundern  die  trefflichsten  männer  ihn  (Jesus)  als  den 
söhn  des  höchsten,  das  ist,  als  den  ersten,  ehrwürdigsten, 
erhabensten  menschen,    denn   so  redet  das  morgenland. 


523 


STAFFEL  ai.3.4.  III.  1.2) 


STAFFEL  (III,  3-6) 


524 


es  ermangelt  der  vergleichungsstaffel  abendländischer 
sprachen,  und  kann  die  höchte  Staffel  der  vortrciTlichkeit 
daher  nicht  ausdrücken,  ohne  mit  den  bcgrifTen  der  gott- 
heit  ihn  zusammen  zu  knüpfen.  Kosegarten  rhaps.  1,106. 
8)  auch  eint  reihe  technischer  ausdrücke  und  mundart- 
licher hesonderheiten  ergiebt  sich  aus  dieser  grundbedeutung . 

a)  im  mühlenbau  staffeln  des  gefälles  'die  absätze,  wo- 
rüber das  wasser  aümählig  auf  die  rüder  flieszt'.  Jacobs- 
SON  4,  2*5^. 

b)  militärisch,  bei  der  trtippenaufsteUting  abtheUtmgen, 
die  sich  in  geicissen  abständen  folgen  {woneben  das  fremd- 
ioort  echelon  in  speziellerer  bedeutung) :  dasz  vor  kaum 
einer  halben  stunde  die  vordersten  staffeln  der  am  tage 
vorher  heranbeorderten  bataillone  eingetroffen  seien.  Fon- 
tane 2,  181. 

c)  in  der  heraldik  sagt  man  staffeln  vom  stufenschnitt, 
vgl.  staffelschnitt.  Gritzne«  herald,  terminol.  {bei  Sikb- 
UACHER  rcappenb.)  S06''. 

d)  im  Elsasz  'ungleichmäsziger  haarschnitt,  bes.  an  den 
schlafen,  sog.  treppen'.  Martin-Lieniiaht  2,  .^/ö*». 

4)  endlich  gehört  hierher  wol  auch  Staffel  für  den  kern, 
die  gaumenfalten  beimpferde:  staffeln  'die  querfurchen  im 
gaumen  des  pferdes'.  Nemnich;  'die  stufenförmig  ge- 
furchten, gemtl. steten  gaumenfalten  {pfalatine)  beim  pferde, 
der  sogen.  3.  kern  .  . .;  diese  staffeln  sind  auch  beim  mensch- 
lichen embryon  als  gaumenleisten  deutlich  entwickelt,  dritte 
Staffel,  I.  ■=  dritter  kern  (staffel,  stuhl)  .  . .  und  2.  =  die 
oder  daselbst'.  Höfler  kranklieitsnamenb.  670'»/.  auf  un- 
genauer kenntnis  beruht  offenbar  die  erklärung  bei  Frisch 
2,315*':  der  staffel,  eine  gewisse  ader  der  pferde  bey  den 
huf-schmidten ,  wonach  Adelung  4.  so  belegt  in  quellen 
des\l. — IS.jahrh.,  iri  der  Verbindung :  den  (dritten)  staffel 
stechen,  vgl.  dazu  kern  4,  c,  theil5,5de,  und  würfelader: 
darnach  stich  jme  {dem  ross)  die  staffel,  damit  jme  auff 
allweg  hilff  gethon  werdt.  Seuter  roszartzn.  (i599) .%;  die 
wu[r]ffel  ader  ist,  wann  man  einem  rosz  den  dritten 
stapffel  sticht  im  maul,  wirdt  den  pferden  geschlagen 
wider  auszdörrung  oder  abnemung,  feuchtigkeit  deshaupts, 
auch  wider  die  feyfel  und  husten.  59;  {daneben:)  so  solt 
du  jm  die  dritte  staffel  stechen,  ebenda;  lasz  jhm  beyde 
bug  ädern  schlagen  . . .  ists  lange  rehe  gewesen,  so  lasz 
jhm  die  dritte  staffel  auch.  Coi.er  Aau»z6.  (1645)  l,  375*; 
der  dritte  kern  oder  staffel  olTt  gestochen.  Pinter  neuer 
pferdeschatz  (1G88)  382;  die  würffel-ader  ist,  wann  man 
einem  rosz  den  dritten  staffel  sticht.  Fleming  t.  jäger 
205''  («.  oben  Seuter). 

III.  andre  bedeutungen,  die  zumeist  auszerhalb  des  hochd. 
verbreitet  sind,    scheinen  aus  andern  wurzeln  erwachsen. 

l)  in  vielen  altgerm,.  dialecten  bezeichnet  ein  loort  gleicher 
lautform,  einen  hoch  urid  geradlinig  aufragenden  gegen- 
ständ, so  altn.  stqpull  thurm,  ags.  stapol  pfosten,  irfeiler, 
sattle,  8.  1, 1.  innerhalb  des  deutschen  gehört  dazu  das  alts. 
Etapal  'waclisstock' :  unum  magnurn  stapal  cerae.  quelle 
bei  Heyne  kl.  altnd.  denkm.  180»  (lO. — n.  jahrh.);  lumen 
conglobatum  ein  wessen  stapcl,  sthapel  vel  wassen  lecht, 
stock  von  wachs  gemacht.  Diep.  gloss.  339*"  {voc.v.  1425); 
Stapel  nov.  gl.  241*;  cerotus,  eyn  kerse  vel  ein  stapel.  voc. 
Engelh.  bei  Schm.lerLObben  4,  364»,  wo  auch  vxitere  mnd. 
belege  beigebracht  sind.  —  überhaupt  bezeichnet  mnd.  stapel 
aäule,  pfähl  und  säulenähnliche  gegenstände,  s.WSfif.  pfähl: 
ein  hoevener,  die  binnen  sijn  vier  stapelen  ligt.  weisth.z,tm 
{overysselsche  urk.  von  1324).  vgl.  nl.  stapel,  vetus.  Flandr. 
HoU.  vel  steel,  stanghel,  caulis,  stipes,  scapus.  Kii.ian. 
{ttceifelhafl  ist  die  Zugehörigkeit  der  ahd.  glossen ,  vgl. : 
bans  . . .  staffi],  stafel,  stapil,  -el,  pheyler.  Dief.  gloss.  69"=.) 

8)  damit  liesze  sich  vielleicht  eine  im  bair.österr.  ver- 
breitete bedeutung  zusammenbriiigen :  'stoUen,  fusz  an  höl- 
zernen gerlUhschaften,  als  bettladen,  tischen,  stuhlen,  bän- 
ken  etc.'  SciiM.  2,  784(*),  daneben  unter  d)  '{Wien)  eine 
»tolle,  ein  viereckig  geschnittenes  holt,  das  sich  von  einer 
latte  dadurch  unterscheidet,  dost  letztere  zwei  schmale  seilen 
hat';  'staffl,  eine  stoUe  {ein  viereckigtes  langes  holz).  Oest.' 
Klein  2, 167,  ».  aurJi  Popowitscii  5C2;  tirol.  Sciiöim' 696; 
»teir.  'viereckig  zugehauener  holzstamm  für  tischfüsze, 
httUtufen  und  dergl.'  ÜNOEn-KiiULL  668».    so  schon  mhd.: 

dia  w&l  diu  WM  k)  einom  schrlno  versperret. 
das  ^f**^  ^  «inem  itafTfl  Of  gezurret. 

NsibiiAui  V.  Reukntai.  24,  B0. 


8)  eine  andere  bedeutungsgruppe ,  die  eingehender  tmter 
stapel  dargestellt  icird ,  scheint  dem  nd.  eigenfhümlich  tu 
sein,  nämlich  unterläge,  auf  der  etwas  ruht,  block  {vgl, 
ahd.  staffal  basis  und  altß-ies.  stapul  richtblock,  s.  1,1?); 
aufgeschichteter  häufe,  pyramis;  platz,  wo  wa7-en  'aufge- 
stapelt' werden,  Stapelplatz,  Verkaufsstelle,  s.  Schiller- 
LiJDBEN  4,  364/.  diese  letztere  bedeutung  hat  sich  dann  durch 
den  einflusz  der  Hansa  loeit  verbreitet;  sie  ist  in  die  spräche 
der  Nordseeanwohner  eingedrungei} .-  schwed.  stapel,  dän. 
stabel,  e7igl.  staple  (Kkeat  591''),  aber  auch  ins  hd.,  ge- 
wöhnlich mit  bewahrung  der  nd.  form,  s.  stapcl.  in  der 
älteren  zeit  findet  sich  jedoch  auch  die  verschobene  form, 
vgl.  Lexer  hwb.  2, 1140.  Sghm.  2,  734  (c)  giebt  für  Nürn- 
berg die  bedeutung  'unterlager  für  abzustellende  imaren, 
niederlage;  niederd.  stapel'.  auch  in  den  zahlreichen,  hierzu 
gehörigen  Zusammensetzungen  und  ableitungen  findet  sieh 
noch  Staffel-  neben  stapel-,  s.  unten  staffelbar,  -geld,  -ge- 
rechtigkeit,  -gut,  -recht-,  -Stadt,  {bei  Heynatz  antibarb. 
2,  HO  als  oberdeutsch  gebucht,  ebenso  bei  Adelung  3.  Campe.) 

4)  im  18.  jahrh.  findet  sich  staffel  ferner  im  sinne  des 
heutigen  Staffelei:  stafel  etiam  apud  pictores  est  equuleus 
pictorius,  plutetis,  lignum  tripedaneum,  cui  tabula,  cum 
pingitur,  imponi  seiet,  alias  stafeley,  et  das  stafelet 
Stieler  2110;  s.  ferner  Adelung  2  und  Staffelei,  staffelet. 

5)  ganz  eigenthiimliche  bedeutungen,  die  sich  nirgends 
sonst  anknüjifen  lassen,  bietet  das  schtoeizerische  älterer 
und  neuerer  zeit,  s.  besonders  Stalder  2,  389  und  künftig 
den  artikel  im  schtceiz.  idiotikon. 

a)  'abtheilung  einer  alpweide  in  absieht  auf  eine  frühere 
oder  spätere  benutzung  derselben;  daher  ein  vor-  oder  unter- 
stafel,  eine  iceide,  die  man  frühe  bezieht,  wie  ein  oberstafel 
eine  tveide,  ivohin  man  das  vieh  erst  spät  {z.  b.  mitte  heu- 
monats)  treibt'.  Stalder  unter  l,  daneben  unter  2  'der 
nächste  platz  um  die  sennhütte,  als  der  gedüngte  und  fetteste 
boden  einer  alpweide',  in  Davos  stäfäl,  m.  nächilicJier  Weide- 
platz Bühler  1,149,  und  staffäl  2, 1.5.  stavel,  pl.  stevel 
im  sinne  einer  alpenweide  schon  in  einer  Urkunde  atis 
Engelberg  {in  TJri)  von  1309:  und  sol  daz  gotshus  sin  stevel 
han  ze  Surennon.  und  von  des  ab  als  ez  da  bar  gestevelt 
hat.  und  sun  die  landlute  von  Ure  da  für  abe  enhein 
andern  stavel  han,  swen  aber  die  von  Ure  dar  wellent 
varn,  so  sun  si  dar  an  alle  geverde  varn  mit  ir  vech. 
J.  E.  Kopp  urk.  zur  gesch.  der  eidgenöss.  bünde  (1835)  s.  110. 
{die  Unterscheidung  von  unter-  und  oberstafel  könnte  et 
nahelegen,  von  der  bedeutung  II  auszugehen,  und  darin 
gleiclisam  die  stufen  des  aufsteigenden  berges  zu  sehen,  doch 
spricht  sonst  nichts  für  diese  erkläi-ung  und  die  lautform 
entschieden  dagegen,    es  handelt  sich  teol  um  ein  lehnwort.) 

b)  unter  3  giebt  Stalder  die  bedeutung  'eine  art  Schoppen, 
als :  a.  schauer  für  das  vieh  zum  melken  sowolU  gegen  regen 
und  kälte.  ...  5.  sennhütte;  c.  komspeicher' .  für  heu- 
schuppen :  er  hoffte  . . .  mit  dem  heu  nachhelfen  zu  können, 
das  er  auf  dem  berge  gemacht  und  im  staffel  gelassen 
hatte,  aber  was  fand  er?  schnee  fast  mannstief,  und, 
wenn  er  mit  lebensgefahr  zum  staffel  sich  durchgearbeitet 
hatte  —  kein  heu  mehrl  Gotthelp  4, 11  Vetter. 

6)  anhangsweise  sollen  hier  ein  paar  vereinzelte  belege 
zusammengestellt  xcerden,  wo  die  bedeutung  ganz  ziceifel- 
luift  ist:  die  vier  {einsiedel)  paten  got  ainmfittichlcich. 
welhcr  nsecher  wser  der  srolichait  daz  er  in  daz  chunt  tiot. 
do  hortten  si  ein  stymnL  die  sprach,  der  erst  unter  ewch 
der  vsBcht  mich,  der  ander  behalt  mich,  der  dritt  der 
pint  mich,  der  vierd  fort  mich  hin.  also  hclt  mich  ein 
ieglicher  in  seinem  staffel.  oder  in  seiner  wonung.  gesta 
Romanor.  s.  87  Keller  (c.  26,  %'ielleicht  doch  als  'st\{fe'  tu 
verstehen).  —  er  empfing  ferner  als  träger  das  dorf  Frei- 
halden mit  dem  sog.  'staffel'  der  eigenen  leuto.  .  . .  jener 
ausdruck  'staffel',  in  einigen  Ichenbriefen  unrichtip;  als 
'stappel'  abgeschrieben,  und  für  eine  art  von  'stappel- 
recht'  durch  rcluition  erklärt,  bedeutet  eine  gewöhnlich 
auf  die  altar-staffel  {s.  II,l,A')  entrichtete  pcrsonalimpo- 
sition  von  leibeigenen  und  hörigen,  v.  Kaiser  wappen  der 
Städte  (1884)  \b^,  anm.  18.  {für  Btaffclstein?:)  man  sol 
auch  daruff  finden  eyncn  stog,  eyn  staffel,  eyn  borte  und 
eyn  schere,  xceisth.  1,588.  —  Ja  bey  den  Htoinorn  staffeln, 
dort  sitzt  bapst  Clemens,  gesprech  von  e.  landskn.  (1546), 
g.  teitschr.  f.  d.  phil.  20,167,7;  vom  drucker  x'iellcicht  im 
ginne  II,  1  verstanden,  aber  die  andre  fas-vuiu/  h,it    l>c-i  dfiii 


525 


STAFFELBAR— STAFFELEI 


STAFFELEIBILD  —  STAFFELHOLZ 


526 


stainen  StefFan.  167,  32,  und  noch  einmal:  denn  ich  be- 
sorg bei  dem  stainen  steiJan.  168,  15.  daher  sieht  der 
herausgeber  Matthias  in  stafTel  einen  fehler  für  Steffel. 
8.  179  (vgl.  auch  stoffel). 

STAFFELBAR,  adj.,  oberdeutsch  für  stapelbar,  s.  das.: 
staffelbare  guter,  quae  ad  loctim  portanda  sunt,  ubi  est  jus 
stapitlae.  Schoitel  325*;  merces  quae  merentur  reponi, 
aut  quae  jure  loci  reponi  et  ibidem  vendi  debent.  im  cöl- 
nischen  heissen  sie  rent-güter.  Frisch  2,  320»,  'tcelche 
bey  und  in  einer  stapelstadt  niedergelegt  werden  müssen'. 
Adelung,  s.  ferner  Sgherz-Oberlin  1551.  Campe.  KrC- 

t        NITZ  168,  i53. 

[STAFFELBAÜM,  m.  'der  narne  eines  baumes  in  Indien 
mit  ausgebreiteten  ästen,  an  welchen  die  blätter  auf  kurzen 
\     stielen  einander  gegenüberstehen  (captira)'.  C.\mpe. 

STAFFELBETT,  n.  'bett  mit  holzstufe'.  üxger-Khull 
steir.  icortsck.  568»  (vgl.  Staffel  II,  1,  Ar  und  III,  2). 

STAFFELBIRXE ,  /.  'eine  sorte  gelbröthlieher  und  ge- 
tüpfelter bimen,  mit  einer  rauhen  haut,  und  saftigem, 
süszem  fleische'.  Campe. 

STAFFELBOHRER,  m.,  bei  ünger-Khull  568»  aus 
einem  steir.  tischlerinv.  von  1776  belegt,  bedeutung  ungewisz. 
STAFFELEI,  /.  bei  malern  und  hupferstechem  ein  höl- 
zernes, dreibeiniges,  schräg  stehendes,  verstellbares  gestell 
zum,  aufstellen  der  bilder,  während  sie  daran  arbeiten; 
auch  von  einem  ährilichen  gestell  der  bildhauer.  Weiter- 
bildung zu  Staffel  mit  fremder  endung,  seit  ausgang  des 
ll.jahrh.  nachxceisbar ;  älter  ist  die  bildung  staffelet,  s.  das.  ; 
a  lieh  Staffel  selbst  wird  in  diesem  sinne  gebraucht,  s.  das. 
111,  i.  Weigand  2,  791.  Kluge^  S?**».  staffeley,  staffelet,  n. 
scaletta,  cavelletto,  trespiede  da  pitiore.  maler-staffeley, 
idem.  Kram  ER  dict.  2  (l702),  902*;  stafel  etiam  apud  pictores 
f.^f  equuleus  pictorius,  pluteiis,  lignum  tripedaneum,  an 
tabula,  cum  pingitur.  imponi  solet,  alias  stafeley,  et  das 
«tafelet.  Stieler  2110;  staffeley,  der  mahler  dreyfüsziges 
pult,  woran  sie  gemählde  oder  tafeln  im  mahlen  lehnen, 
und  auf  zwey  zapfen  als  auf  staffeln  höher  oder  niedriger 
stellen  können,  pulpitum  tripedaneum  pictorum.  Frisch 
2,315^;  siSL^elt'^,  pluteus  pictorius.  chevalet.  ein  leichtes 
rahmwerck,  so  den  mahlern  dienet,  das  feld,  so  sie  be- 
mahlen  wollen,  vor  sich  darauf  zu  stellen,  es  kan  die 
Stellung,  Termittelst  der  löcher,  so  lang  herunter  dadurch 
gebohret ,  und  darein  nägel  gestecket  werden ,  nach  ge- 
fallen erhöhet,  und  geniedriget  werden.  Jablonski  745, 
«./er-ner  Adelung.  Jacobsson  4,245'».  Kr Onitz  168,453 — 7. 
(  belege:  ich  habe  porträts  gesehen,  die  mit  rühm  von  der 
I  staffeley  geradezu  in  den  rahm  wandern  konnten:  gleich- 
wohl hielt  sie  der  furchtsame  maier  noch  zurück,  war 
alle  stunden  wieder  über  ihnen  her;  erhöhte  dort  noch 
ein  licht,  vertiefte  hier  noch  einen  schatten,  legte  da  noch 
eine  tinte  drauf;  und  sein  unbesonnener  fleisz  machte 
aus  dem  guten  und  frischen  werke  seiner  kunst,  einen 
verdorbenen  staffeleybrütling.  Kretschmann  5,375; 
er  führte  ihm  das  beispiel  der  freien  reichsstadt  Kroton 
iii  Groszgriechenland  an,  wo  weiland  eine  löbliche  bürger- 
schaft  sich  um  die  wette  beeifert  habe,  die  schönsten 
Stadt  Jungfern  . . .  dem  maier  Zeuxis  zu  dem«  nämlichen 
behufe  {als  modell)  vor  die  Staffelei  hinzustellen.  MusÄus 
volksm.  2,U2  Hempel;  manchmal  glaubte  ich,  ich  sähe 
ihn  {Jan  Steen)  leibhaftig  selber  an  seiner  Staffelei  sitzen. 
Heine  4, 129  Elster  {Schnabelew.  ii);  es  dauerte  nicht  lange, 
so  sasz  Gertrud  vor  seiner  staffele!  und  liesz  ihr  blondes 
köpfchen  von  ihm  auf  die  leinewand  bringen.  Storm  2, 54; 

ein  gärtner  mahlet  hier 
ohn'  öl  and  stafeleyen, 
ohn  pinsel,  oiin  paiet  leb«nd'ge  echildereyen. 

Brockes  1, 135 ; 
dich,  Zachauiä !  sah  er  {Lohemtein,  alt  maier  vorgestellt) 

als  den  (n<i<;A-)folger  an, 
der  seine  staffeley  mit  beyfall'  erben  kann. 

(ScuÖNAicH)  sieg  de«  mUchmaieht  (1756)  ».  80 ; 

■o  stand  er  emsig  vor  der  Staffelei 

und  dachte  schnell  der  treuseraäzten  züge. 

KÖR.NER  1,  200  Fischer. 

jztzt  auch  von  einem  solchen  gestell,  insofern  ea  tum  auf 
stellen  fertiger  bilder  oder  Photographien  dient.  —  ungewöhn- 
lich für  Staffage:  Recha,  Sitta,  Daja  (in  Lessings  Nathan), 
•ind  wohl  eigentlich  nur  staffeley.  Fr.  Schlegel  jugend- 
»ehriften  2, 160,  Zä  Minor. 


STAFFELEIBILD,  n.  {vgl.  das  folgende):  sein  {Correggios) 
recht  inneres ,  eigenes  leben  kommt  zum  Vorscheine  in 
seinen  mythologischen  compositionen  .  . .  und  in  seinen 
staffeleibildem,  in  der  Jo,  der  Danae  und  in  vielen  andern, 
welche  er  . .  .  auf  die  leinwand  hingegossen  hat.  J.  Mosen 
8,24;  die  gliederpuppe,  welche  in  der  tracht  eines  roten 
husaren  in  einem  lehnstuhle  sasz  und  ein  staffeleibild  zu 
betrachten  schien.  Keller  6,  213. 

STAFFELEIGEMÄLDE,  n.,  'staffeleygemählde ,  ein  ge- 
mählde mittlerer  grösze,  icelches  auf  der  staffeley  verfertiget 
wird'.  Adelung.  Jacobsson  4, 245'';  'gemälde,  welche  auf 
oder  an  der  staffeley  geferiiget  oder  gemalt  werden,  zuv^ 
unterschiede  der  groszen  gemälde,  die  nicht  daran  oder 
darauf  gemalt  icerden  können,  man  rechnet  zu  diesen  ge- 
mälden  alle  diejenigen,  welche  mehr  als  fünf  fusz  in  der 
grösze  haben;  die  darunter  sind  oder  weniger  haben,  werden 
staffeleygemälde  genannt'  u.s.w.  KrOnitz  168,457/.  be- 
sonders den  Wandgemälden  entgegengesetzt. 

STAFFELET,  n.,  ältere  nebenform  zu  staffele!  {s.  dieses) 
mit  Italien,  endung,  um  die  mitte  des  17.  jahrh.  aufkommend 
und  schon  im  folgenden  als  veraltet  bezeichnet:  lignum  tri- 
pedanum,  eui  tabula  qtium,  pingitur,  imponitur,  der  bock 
oder  esel,  darauff  die  mahler  die  tafel  legen,  wann  sie 
mahlen,  das  staffelet,  qs.  stapeda.  Corvinus  fons  tat. 
(1660)499»;  st&Selet  pluteus  Schottbl1420;  Kramer  ««d 
Stieler  s.  un/er  staffele! ;  staffelet  der  mahler,  lat.  plu- 
teus pictorum.  äpin.  gloss.  509;  staffelet  (das,  quibusdam 
ein  bock)  pluteus,  lignum  tripedaneum  u.  s.  w.  Steinbach 
2,655;  staffelet,  war  vor  diesem  soviel  als  staffeley,  nur 
mit  einer  andern  italiänischen  endung  'vonscaUtta.  Frisch 
(1741)  2,  sia*». 

STAFFELFÖRMIG,  adj. :  eine  der  öfters  hervorgehobenen 
eigenthümlichkeiten  des  Karstes,  die  perlenschnurartige 
aneinanderreihung  grösserer  und  kleinerer  dolinen  mit 
staffeiförmiger  Unterlagerung,  ist  in  dem  zuletzt  durch- 
wanderten gebiete  deutlich  ausgesprochen.  Hassert  reise 
durch  Montenegro  62.  freier:  die  verschiedenen  beamten 
in  zum  theil  fragwürdigen  costümen  erschienen  staffei- 
förmig, nach  dem  grade  ihres  ranges;  der  vornehmste 
zuletzt.  Fontane  kriegsgefangen^  136. 

STAFFELGEBET,  n.  die  gebete,  die  beim  anfang  der  messe 
der  celebrierende  priester  und  die  ministranten  auf  der 
untersten  stufe  des  altars  beten,  vgl.  stufengebet.  Unger- 
Khull  568»:  trotzdem  steckt  man  schon  unter  dem  staffel- 
gebet den  schweren  silbernen  rosenkranz  ein,  als  ob  es 
gleich  aus  wäre.  Felder  reich  u.  arm  336. 

STAFFELGELD,  n.,  für  stapelgeld  {s.  das.):  von  staffel- 
gelde.  Frankf.  urk.  v.  1348  bei  Dief.-WOlcker  861. 

STAFFELGERECHTIGKEIT,  /..  für  Stapelgerechtigkeit. 
s.  das.  Adelung.  Campe:  Staffel-  o  stapel-gerechtigkeit, 
Staffel-  ö  stapel-recht,  n.  dritto,  jus,  ragione  di  stapola. 
jus  scalatico.  Kram  er  dict.  2,902^;  die  stapel- «le  stafel- 
gerechtigkeit ,  alias  die  freye  niederlage.  Stieler  2135. 
noch  bei  KrOnitz  168,458.  —  dafür  auch  staffelgerecht- 
same,/.,  *.  unter  staffelrecht. 

STAFFELGERICHT,  n.:  staffel-gerichte ,  Weissenburgi 
in  Alsatia  est.  ad  quod  fit  provocatio.  Judicium  vertit  dns. 
Wencker  . . .  sed  causam  nominis  non  indicat.  Haltaus  1726, 
vgl.  Scherz -Oberlin  1551/.  jedenfalls  als  ein  gericht 
höherer  stufe  zu  verstehen. 

STAFFELGESANG,  m..  bezw.  n.,  staffelpsalm,  m.  salmo 
graduale.  Kramer  diet.2,90^;   vgl.  staffelpsalm.  C.\mpe. 

STAFFELGIEBEL,  m.  hausgiebel  mit  stufenförmigen  ein- 
schnitten an  den  seitenkanten,  auch  treppengiebel. 

STAFFELGUT,  n.  für  stapelgut,  s.  das.:  staffelgüter, 
beni  di  stapula  cioe  mercantie  scalatiche  che  devono  scari- 
earsi  nel  luogo  dove  si  e  scala  di  traffico.  Kramer  dict. 
2, 902« ;  stafelgüter,  quae  juri  stapulae  subjacent,  und  ab- 
geladen werden  müszen.  Stieler  717;  ferner  aufgeführt 
{als  nebenform)  bei  Adelung.  Scherz -Oberlin  1562. 
Jacobsson  7, 419».  Heyn  atz  onttÄard.  2,440.  Campe.  KrO- 
nitz 168,458. 

STAFFELHOLZ,  n.  hoU  tu  staffeln:  für  ein  staffelholtz, 
das  28  schuch  lang  ist,  45  pf.  für  ein  holtz  30  schuch  lang, 
das  kleiner  dann  staffelholtzel  ist,  35  pf.  Tucher  bau- 
meisterb.  "13,70 f..  im  glossar  erklärt:  'zur  unterläge  für 
abzustellende  waaren  dienend',  also  zu  Staffel  HI,  3.  jetzt 
steir.  im  sinne  von  Staffel  111,3,  ».  Ungbr-Khull  568». 


527   STAFFELICHT— STAFFELPFOSTEN 


STAFFELPSALM— STAFFELWEISE   528 


STAFFELICHT,  iidj.  graduale,  fatto  ä  scale  e  gradini. 
Kramek  rftc^  2,902"=;  stafelicht,  et  stuficht,  climacferictis, 
gradatus,  et  adv.  gradatim.  Stikleb  2110,  s.  auch  slalTelig. 
sehr  selten:  weyter  so  sind  etliche  stafflecht  angesicht, 
also  zuversten  das  sie  oben  am  weytesten  her  forn  sind, 
darnach  ye  mer  undersich  ye  mer  hindersich.  A.  Dürer 
menschl.  proportion  (1528)  Q  S*». 

STAFFELIG,  adj.,  seltne  büdting  vne  auch  staffelicht, 
vgl.  daa.:  staffelig,  staffelicht,  pergradus,  gradus  habens. 
Frisch  2, 315''.    ohne  mittelvocal: 

auff  dem  {'Zirclhcrg')  betten  in  staines  wend 
jr  wonun»  stainböck  und  die  eemsen 
die  sach  ich  ausz  klüfTten  und  klemsen 
auff  den  stafligen  felsen  klebern. 

H.  Sachs  1,  251*. 

STAFFELING,  m.  ein  hier  zu  Frankfurt  a.  d.  0. :  item 
Franckf ort  oderisch  staffeling.  Garg.  s.  8G  neudr;  als  st&ffe- 
ling  atich  im  zeitvertreiber  von  1668,  s.  158. 

STAFFELIT,  n.  ein  mineral,  hauptsächlich  aus  phosphor- 
saurem  kalk  bestehend  und  in  hohlräumen  des phosphorits 
von  Staffel  {in  Nassau)  gefunden.  Kahmarsch -Heeren' 
8,  463 ;  eine  varietät  des  phosphorits,  nieriger  und  traubiger 
Phosphorit  von  rfe»-  Lahn.  Lueger  1,892. 

STAFFELKREUZ,  n.,  für  treppenkreuz,  in  der  heraldik. 
Gritzner  herald,  terminologie  {in  Siebmachers  tcappen- 
buch)  306»». 

STAFFELLASTER,  n. .-  stafellaster,  progreaaua  in  vitiis. 
Stieler  1059. 

STAFFELMESSUNG,/,  ein  meszverfahren  bei  der  längen- 
messung  und  beim  nivellieren,  s.  Lueger  7, 472. 

STAFFELMETHODE,/,  beiderhorizontalmessung,  ». Kar- 
marsch-Heeren'6,  58  und  vgl.  das  vorige. 

STAFFELN,  verb.,  vereinzelt  vorkommendes  denominativ 
zu  Staffel,  vgl.  auch  stapfein  und  stapeln. 

1)  mit  staffeln,  stufen  versehen.  Campe,  so  wol  nur  im. 
pari,  gestaffelt :  das  schlosz  . .  .  war  modisch  zugerichtet, 
nur  der  gestaffelte  giebel  . . .  zeigte  einen  altern  Ursprung. 
AüEHUACH  neues  leben  (1852)1,107  {vgl.  Staffelgiebel); 

aber  es  hebt  nunmehr  der  bürgermeister  zuerst  an, 
dreimal  spaltete  sich  ihm  das  gestaffelte  kinn. 

Plate.n  44». 

2)  ataffdxceise  einrichten,  schichten.  Campe,  doch  ist 
staffeln  in  diesem  sinne  eher  zu  Staffel  III,  3  zu  beziehen, 
also  nebenform  zu  stapeln,  vgl.  das. :  staffelen,  [belg.  stapeln] 
aufeinanderstaffeln ,  stapulare  cioe  catastare,  accatastare, 
stipare,  ammoncellare,  ammucchiare.  v.  schlichten,  holtz, 
wahren  staffeln  6  aufeinander  staffeln,  accatastare  etc. 
legiw,,  merci  etc.  gestaffelt.  KRAMERdic^  2,902".  tirol.  stafeln, 
aufstaffeln  staffeiförmig  aufeinander  legen.  Schöpf  696.  — 
weniger  klar  ist  die  transitive  Verwendung  in  folgenden 
stellen:  ein  ander  {knabe)  spielte  des  kuntzichgen  mit 
decken,  aus  einer  scena,  welche  von  einer  cattunen  decke, 
so  er  umb  die  gurtelstette  gebunden,  über  sich  gestaffelt 
trug.  Olearius  pers.  reisebeschr.  231";  sie  {die  Kebber, 
pers.  kaufleute)  tragen  nehmlich  ihre  leichen  .  .  .  auff  den 
todten-acker,  und  staffeln  sie  mit  höltzem  gabeln  an  die 
maur.  295". 

3)  ungeicöhnlich  ist  intransitiver  gebrauch,  sich  Staffel- 
formig  erheben,  aufbauen:  auf  sechs  rangstufen  staffelte 
die  ganze  gesellschaft  {der  Jesuiterorden).  Jahn  2,  549  Euler 
(merke  99).  noch  auffälliger  ist  eine  vo7i  Campe  angezogene 
»telU  atts  Kretschmah,  worin  er  staffeln  als  'hoch  stehen' 


erklärt: 


schimmernd  an  Dännemarks  thron 
stafTelt  das  schrecken  der  feinde. 


♦)  in  Leipzig  'ankommende  fremde  am,  bahn hof  für  ein 
gasthau»  anlocken,  pressen;  der  betreffende  liausknecht  oder 
keilner  ist  der  staffier  {gedruckt  in  polizeiberichten  des 
Leipz.  tageblatt»,  1868)'.  Ai.hrecht  815**. 

STAFFELORDNUNG,  /. .-  dieser  Zusammenhang,  dieses 
•ympathisiren ,  diese  Übereinstimmung  {aller  dinge  bei 
Shaflesbxiry)  ist  etwas  ganz  anders  als  des  dichters  {Pope) 
eingebildete  itaffelordnung ,  welche  man  höchstens  nur 
für  poetisch  schön  erkennen  kann.  Lessinos,  SS. 

STAFFELPFAD,  m.:  don  Salvador  Correa  erklomm  den 
•chmalen  strandweg  und  begann  einen  steilen  staffclpfad 
hinanzusteigen.  Kf.i.i.p.h  7,  s»2. 

STAFFELI'FOSTEN .  m..  »teir.  für  staffel  III.  S  beaui. 
tUffelboU  C>  <^)-  Unoer  KuutL  M8\ 


STAFFELPSALM,  m..  für  stufenpsalm,  s.  das.  Campe; 
schon  bei  Kramei\,  s.  staffelgesang. 

STAFFELRECHNUNG,  /.  skalische  Zinsrechnung,  wobei 
die  Zinsen  je  vom  datum  einer  buchung  zu  dem  der  nächsten 
besonders  berechnet  toerden,  beim,  contocorrent. 

STAFFELREGHT,  n.,  für  stapelrecht,  vgl.  das.;  jus  sta- 
pulae  ScHOTTEhMS^,  stafelrecht  Stieler  1.t.'>2;  6ei Kramer 
2,902'  *.  unter  Staffelgerechtigkeit:  staffelrecht,  das,  ins- 
bes.  d.  staffelgcrechtsame  d.  stadt  Mainz,  titel  einer  schrift 
von  1814  {im  kat.  einer  Frankfurter  bücheratiction  vom 
28.  nov.  1871,  *.  7,   nr.  94). 

STAFFELREIHE,  /.  staffeiförmige  reihe. 

STAFFELRING,  m.  der  warzenring  in  getreidemühlen,  ein 
eiserfier  ring  mit  zacken  oder  staffeln,  s.  Khünitz  168,458. 

STAFFELSCHNITT,  m.  stufenförmige  theilung  eines 
icappenschiMes  in  der  heraldik,  s.  Gritzner  herald,  ter- 
minologie {in  Siebmachers  wappenb.)  soe",  vgl.  stufen- 
schnitt. 

STAFFELSCHWANZ,  m.  eine  vogelgattung  aus  der  Ord- 
nung der  Sperlingsvögel,  malurus. 

STAFFELSTADT,  /..  für  stapelstadt,  s.  das.  Campe,  citfä 
che  Im  iljus  di  scala,  scaln  di  traffico.  Kram  er  dict.  2,902"; 
Stapel-  sive  stafelstadt,  jus  stapidae  liabens.  Stieler  2113. 

STAFFELSTEIN,  m.  videtur  esse  locus  infumis.  per  gradus 
aliquot  elevatics,  quo  rei  nu7nellati  ludibiio  populi  ex- 
ponuntur.  sigmim  jurisdictionis  criminalis.  Haltau.s  1726, 
auf  grund  der  stelle:  und  sol  dirre  hof  han  zweine  staffel- 
steine unde  einen  stok,  von  zweigen  kunigen,  die  heissent 
beide  Ludewige,  weisth.  l,  667  {dinghofzti  Ebersheimmünster 
im  Obereis.,  v.  1320;  vgl.  s.  669:  unde  swa  der  abbet  het 
twinc  unde  ban,  unde  stoc  unde  stein  in  den  dorfern, 
und  den  Ortsnamen  Staffelgruben  *.  668),  danach  oucA 
Scherz-Oberlin  1552.  ähnlich:  und  sol  dis  kloster  han 
einen  staffelstein  und  einen  stock  von  zwein  klingen,  die 
hieszen  beid  Ludewig,  dingrodel  von  S.  Trudbert  im  Breis- 
gau, s.  MoNES  zeitschr.  21,455.  und  schon  in  dem  güter- 
verzeichnis  des  benediktinernonnenklosters  Ruprechfsberg  bei 
Bingen  v.  1200 :  an  drin  stucken  under  demo  stafelsteine, 
s.  Beyer  mittelrhein.  urktindenb.  2,  386  {diese  stelle  um 
1210 — 20  geschrieben),  vgl.  Lexer  handicb.  2, 1128.  im  altem 
steir.  'stein,  der  an  dem  gerichtsorte  stand  und  in  den  iceis- 
thümern  auch  lasterstein  {theil  6,263)  genannt  wird' .  Unger- 
Khull  568*. 

STAFFELTARIF,  m.  eisenbahntarif  für  guter  mit  fallen- 
der Skala  bei  zunehmender  menge  oder  entfemung. 

STAFFELWALZE,  /. ,  im  plur.  ein  System  von  walzen 
mit  stufenweise  abnehmendem  kaliber,  in  walziceiken,  beson- 
ders zur  anfertigung  von ßaclieisen.  Karmarsch-Heeren' 
8,55.   10,223. 

STAFFELWAT,  /.  •  item  staffelwat  und  nachtseck  die 
sollen  an  keinem  ort  gebrucht  worden,  ordn.  der  Alurg- 
ßscher  zu  Rastatt  vom  22.  aug.  1505,  §  18,  in  MoNES  teitschr. 
4,  93  {bedeutungf). 

STAFFELWEG,  m. :  zur  rechten  zeit  sah  ich  den  gold- 
fuchs  neben  mir  stehen,  legte  ihm  den  mantclsack  auf 
und  begann  den  jähen  staffelweg  hinunter  zu  reiten,  der 
zur  brücke  führte,  jede  Staffel  war  aber  ein  geschliffener 
bergkrystall.  Keller  3,  112. 

STAFFELWEISE,  adj.,  doch  im  allgemeinen  nur  als  adv. 
üblich:  staffel-weis,  adv.  per  gradi,  gradualnienfe.  slaffel- 
weis  gehen,  fortgehen,  andare,  caminare,  montare  di  gratlo 
in  grado,  gradeggiare.  staffelweis  gemacht,  fatto  ä  scale. 
scaiini,  scalinato.  v.  staffelicht.  Kra.meh  dict  2,902";  stafel- 
weis,  gradatim  Stieler  24«3,  pergradus  Frisch  8,815*, 
nach  art  einer  Staffel,  in  absätzen,  atuj'enweist.  Campe. 
im  \(i.  jahrh.  dafür  staffeis  weise:  die  {käse)  logt  und 
setzt  er  auff  einander  stafelsweisz  für  poUwerck  wie  die 
gcrber  jrc  loskäsz.  Garg.  ».79  neudr.;  durch  dise  {kinder) 
wird  er  gesegnet,  .  .  .  von  diesen  erben  sich  die  guter  und 
künst  von  eim  zum  andern  inn  sein»  geschlecht  staffcls- 
weisz,  wie  man  einander  die  ziegel  bisz  zum  tach  hinauff 
reichet.  98;  da  stellen  sie  jro  zucht  umb  den  tisch  staffeis 
weisz  wie  die  orgelpfeiffen.  99.  später  nur  in  eigentlicher 
tiuammentetMung.  meist  in  freierem  gebrauche,  stufen  oder 
gradvmat,  fioch  und  nach:  dicwcil  es  .  .  .  nicht  nülglich 
Ist,  7.U  dem  höchsten  »laffel  einer  wiszensrhafft  zu  ge- 
Ian|2cn,  man  steige  dann  erstlich  allKomach  durch  die 
undere  und  nidrigere  gradon  hinzu ;  und  volgo  hierin  der 


529 


ST AFFEN — STAFFETTE 


STAF(F)HOLZ  —  STAFFIEREN 


530 


unvemünfftigen  thieren  ftirtrefflicher  lehrmeisterin,  der 
natur,  welche  in  ihrem  gantzen  thun  dieselbe  fein  grad 
und  staffelweisz  führet  und  abrichtet.  Dhuez  le  vray 
guidon  (1657)  vorr.  5*;  des  einen  unstern  kommt  staffel- 
weisz und  allgemach  und  einen  andern  überfält  das  seinige 
mit  hauffen.  Simpl.  1,  342,  20  Kurs  (3,  23);  gleich  wie  einer 
nicht  auff  einmal  gähling  zum  schelmen  wird,  sondern 
gleichsam  nach  und  nach  staffelweis  darzu  gelangt.  4, 128, 26 
(togdn.  2,16);  in  auseisung  eines  mislichen,  mit  schulden 
beladenen  hauswesens  kan  ihme  einer,  durch  überige 
eile  .  . .  schaden.  . .  .  wer  sein  ganzes  vermögen,  völlig  und 
auf  einmahl  dran  strekt;  der  stehet  in  gefahr  des  rük- 
falles.  ...  wer  sich  aber  stafel  weise  heraus  schraubet; 
der  nimt  die  angewohnheit  der  spahrsamkeit  an  sich. 
BuTSCHKY  Pathmos  s.  344;  dasz  ich  gewisz  treten  kann, 
ps.  40,  3,  d.  i.  mein  königreich  ungehindert  fortsetzen,  um 
80  weiter  zu  dem  höchsten  grad  meiner  herrlichkeit  zu  ge- 
langen, dann  es  gieng  mit  der  erhöhung  Christi  staffelweisz 
zu.  J.  D.  Frisch  neu  klingende  harpfe  Davids  (1719)  285; 

hierauf  schwang  er  durchs  äuge  seinen  sinn, 

jedoch  nur  sfaaelweise, 

zuerst  von  seinem  stand  bis  an  die  wolcken  hin. 

von  da  schwane  sich  des  ^eists  und  blickes  schneller  lauff 

bis  an  des  mondes  kreis  hinauf  u.  s.  w.     Brockes  1, 112  ; 

dasz  wir  dereinst  bestimmet  seyB, 

nicht  auf  einmal,  nein  stafel-weise, 

(denn  die  natur  thut  keinen  sprung) 

an  der  geschöpfl"  unendlich-schönem  beer  .  ,  . 

uns  immer  mehr  und  mehr 

in  stiller  andacht  zu  ergetzen.    355; 

itzt  flieht  die  wölke :  der  Schimmer  eilt  staffelweis  über  den 
andern.    E.  v.  Kleist  2,  9. 

müitäriach  {vgl.  staffel  II,  3,  i):  'ein  heer  rückt  staffelweise 
rar,  xcenn  dies  in  kleinen  hinter  einander  folgenden  ab- 
theilungen  geschieht  (en  echdons).'  C.\mpe;  Murat,  nach 
empfangnahme  der  ordre,  zog  sofort  vom  linken  flügel 
her  seine  vier  kavallerie  corps  staffelweise  vor,  erst 
Grouchy,  dann  Nausouty  u.  s.  w.  Fontane  vor  dem  stürm 
3,154. 

STAFFEN,  m.  'bey  den  Uhrmachern,  eine  Scheibe  in  dem 
repetier- icerke,  tcelche  nach  der  zahl  der  stunden  zwölf  ab 
Sätze  oder  stundenstaSeln  hat.  welche  nach  einer  bestimmten 
abtheilung  beständig  tiefer  hinab  gehen,  und  das  sinken 
des  rechen  nach  der  anzahl  der  schlage  jeder  stunde  be- 
stimmen'. Adelung,  s.  femer  Jacobsso fi  i,  246*.  Krünitz 
168,  458.  wol  nur  eine  nebenform  zu  stapfe  {icie  staffel 
neben  stapfei),  vgl.  das.  Weigand  2,  791. 

STAFFEN,  verb.,   mundartlich  für  stapfen?  {vgl.  das.): 

das  laien,  münch  und  pfafTen 
zu  unsem  weihen  staffen. 

Oswald  v.  Wolkenstein  42,  7  Schatz. 

{das  alte  starke  verb.,  das  in  ags.  alts.  stapan  vorliegt, 
vgl.  Grimm  gramm.  2,  9.  Fick*  3,  345.  Lexer  handwb. 
2, 1128,  ist  im  hd.  nicht  nachzuweisen.) 

STAFFENTRÄGER,  m.  verhochdeutschte  form  des  hamb. 
staff-dreger  Richey  284  bezw.  staffeldreger  Schütze  4, 182, 
*.  stabträger  3  (sp.  379,  vgl.  staffel  111,3?):  sondern  ich 
will  von  zwölfen  {trägern)  getragen,  und  von  vieren  bey- 
hergehenden  staffen-  oder  stützen-trägern  iaegleitet  sein. 
(Richey)  der  pafriot,  2.  jähr  {Hamb.  1728)  *.  253. 

STAFFETTE,  STAFETTE,  /.  reitender  eübote.  lehnicort 
atis  ital.  staffetta  =  span.  estafeta,  franz.  estafette,  einem 
deminutiv  zu  staffa  Steigbügel  {'eursor  tabellarius,  cui  pedes 
in  stapede  perpetuo  sunt'  Ferrari),  das  selbst  dem  deutschen 
stapfe  entlehnt  ist,  s.  DiEZ*  403.  Wächter  1578.  Weigand 
2, 791.  Kluge'  374''/.  nach  letzterem  wäre  das  wort  schon 
in  Zeitungen  des  30 jähr,  krieges  bezeugt;  sonst  ist  es  erst 
ende  des  il.jahrh.  nachweisbar,  als  staffeta  bei  Nehring 
(1694)  844,  8.  Weigand  o.  a.  o.  Elisab.  Charlotte  kennt 
e»  am  17.  sept.  1695  noch  nicht:  ich  bitte,  sagt  mir  doch, 
wasz  ein  staffet  ist!  den  ich  weisz  es  nicht  undt  habe 
nie  nichts  davon  gehört.  2,  43.  staffelte  [quasi  stoffette, 
id  est.  ein  mit  brieffen  gestoffirter]  staffetta  [fomito  di 
»paed  Uttere,  speditioni  e  commissioni  etc.]  eine  staffette 
abfertigen.  Kramer  dic^  2,  903»;  staffette,  estafete.  ein 
postbote,  so  mit  briefen  ausser  der  gewöhnlichen  post- 
zeit  abgefertiget  wird,  der  name  ist  aus  dem  spanischen 
entlehnt,  da  die  ordentliche  post  also  heisset.  Jablonski 
745*";  stafetta,  lat.  eursor  extraordinariiis ,  velox.  Apin. 
glosa.  509;  staffette  . . .  bedeutet  einen  reitenden  boten,  so 
X.  8. 


um  einer  gewissen  sache  willen  ausserordentlich  geschickt 
wird,  nuntius  extraordinarius  celerrimis  eqtiis  ubique  utens. 
Frisch  2,  sls**,  s.  auch  Eggers  2,  972/.  (staffetta  span.). 
Adelung.  Kinderling  225.  neben  der  vorherrschenden 
Schreibung  staffette  kommt  in  altern  qxieUen  zuweilen 
staffete,  -a  vor  (Nehring,  Elisas.  Charlotte,  Abraham 
A  S.Clara,  Wächter,  s.oben),  häufiger  in  altern  und 
neuem  Stafette  {Jbei  Stieler,  Apin.,  Wander  u.  o.);  diese 
Schreibung  ist  jedenfalls  durch  das  franz.  beeinfluszt.  so  hat 
Campe  im,  ergänzungswb.  geradezu  estafette  als  Stichwort 
angesetzt,  gebraucht  daneben  Stafette  und  schlägt  als  Über- 
setzung sehr  passend  eilpostreiter  vor.  mundartlich  kommt 
das  Wort  nur  im,  äuszersten  süden  vor:  schtceiz.  staffete 
eilbote,  nachricht  Hunziker  249,  steir.  Stafette  Unger- 
Khull  568».    {fehlt  in  Handschuhsheim  Lenz  67''.) 

1)  im  eigentlichen  sinne,  vgl.  oben  die  glossare:  eine 
staffette  abschicken.  Adelung;  baron  Rothschild  . . .  sprach 
wie  ein  könig,  .  .  .  und  er  gab  seine  ordres  und  schickte 
Stafetten  an  alle  könige.  Heiüe.  3,  Z22  Elster ;  er  hat  eine 
staffette  aus  Braunschweig  gekriegt.  E.  König  bei  Lessing 
13,  324  (12.  nov.  1771).  hier  ist  nicht  zu  entscheiden,  ob  der  böte 
oder  die  nachricht,  die  er  überbringt,  gemeint  ist.  sächliche 
bedeutung  ist  ausdrücklich  bezeugt:  Stafette,  ist  ein  paket 
briefe,  so  geschwinde  weggeschicket  werden  musz,  und 
hat  es  dasselbe  mehrenteils  ein  reitender  böte  bey  sich. 
Stieler  zeitungs  lust  (1697)  511.  {in  heutigen  mundarten 
für  nachricht,  s.  o.)  Adelung  versteht  endlich  unter  staffette 
'eine  anstaZt,  da  durch  einen  geschwinde  reitenden  postilion, 
welcher  ausserordentlich  abgeschickt  icird,  ein  oder  mehrere 
briefe  zur  nächsten  Station  überbracht  icerden',  und  nennt 
diesen    selbst  staffetten-reiter    {auch   staffette);    dazu 

ferner:        drauf  schwatzt'  ich  viel  von  ungeheuem, 
nicht  leicht  bestand'nen  abenteuern, 
st af fettenritt  mit  hom  und  knall.     Kind  1,  217. 

2)  übertragen,  sprichwörtlich:  eine  Stafette  nach  Speier 
schicken  'icer  unmäszig  genossen  hat  und  mit  dem  finger 
den  magen  zur  wiedergäbe  mahnt'.  Wander  4,  766.  mit 
bezug  auf  den  mmbus  Gallieus:  so  machen  sie  {die  Wund- 
ärzte) auch  zuweilen  ein  jede  blatter  oder  zitris  zu  einer 
staffeta  aus  Franckreich,  damit  ihr  beutel  nur  desto  ge- 
sünder seye.  Abraham  a  S.  Clara  etwas  f.  alle  l  (1699),  s.  100. 

3)  bezeichnung  einer  art  sandläufer  {käfer),  cicindela 
Virginica.  Krünitz  168,  459. 

STAF(F)HOLZ,  n.,  halbnd.für  stabholz,  *.  das.  1,  sp.  369/.. 
daubenholz:  staff-holtz,  stab-holtz,  stav-holtz,  heisset  zu- 
gerichtetes eichen-holtz ,  woraus  die  dauben  zu  allerley 
fässern  gemachet  werden,  es  ist  dreyerley,  nach  dem 
unterschied  der  gefässe ,  dazu  es  dienen  soll :  als  pipen- 
oxhöft-  und  tonnen-stäv  oder  stäbe.  öconom.  lex.^  2797. 
s.  femer  Adelung.  Jacobsson  4,  246».  Campe.  Krünitz 
168,  458.  Weigand  2, 79i.  Bobrik  655,  sowie  unter  stabholz. 

STAFFIER,  m. ,  vereinzeltes  lehnicort  aus  ital.  staffiere 
reitknecht  {zu  staffa  Steigbügel) :  es  halff  im  ain  pfaff  dar- 
von  und  sein  staffier,  d.  städtechron.  22,  262,  anm.  7  (Rem 
zu7n  j.  1478). 

STAFFIEREN,  verb.  mit  dem  nötigen  Zubehör  versehen, 
ausrüsten,  ausschmücken,  lehnwort  aus  altfranz.  estoffer 
=  neufranz.  6toffer,  span.  estofar,  vgl.  Diez*  307  und 
Stieler  2175.  Wächter  1579.  Adelung.  Kinderling  149. 
Weigand  2,  79i.  Kluge®  24''.  das  wort  scheint  zunächst 
ins  nl.  eingedrungen  zu  sein,  wo  es  als  stoffercn  schon 
mnl.  vorkommt,  vgl.:  stofferen,  munire,  communire,  in- 
struere,  omare.  adomare,  coneinnare,  suppeditare.  Kilian 
2,  641*'.  von  da  hat  es  den  iceg  über  das  mnd.  genommen, 
wo  es  im  lä.jahrh.  aufkommt,  ebenfalls  in  der  form  stofferen, 
s.  Schiller-Lübben  4,424  und  unten  die  belege;  doch  da- 
neben auch  staffeeren  in  den  Lübecker  reformations  acten 
(1529 — 31),  «.370'>,  und  staf(f)eren  bei  Lauremberg,  s. unten, 
im  nhd.  ist  staffieren  seit  der  ersten  hälfte  des  16.  jahrh. 
{bei  H.  Sachs  u.  a.)  nachzuiceisen ;  von  tcörterbüchern  hat 
es  zuerst  Hu LSius  aufgenommen,  {über  hd.  stoffieren  *.  das.) 
die  form  bietet  sonst  keine  abweichungen ,  abgesehen  von 
der  nicht  seltnen,  aber  bedeutungslosen  Schreibung  stafieren. 
im  part.  perf.  findet  sieh  tieben  überwiegendem  staffiert  im  16., 
zuweilen  attdi  noch  im  VI.  jahrh.  {bei  Dhuez,  Kramer), 
gestaffiert,  und  zwar  begegnet  beides  bei  demselben  autor 
(H.  Sachs,  Fischart)  und  in  derselben  quelle  {Zimm. ehr on.) 
untersdiiedslos  neben  einander,  s.  die  belege.  —  heute  ist 

34 


531 


STAFFIEREN 


STAFFIEREN 


532 


tUu  einfache  staffieren  xceniger  gebräuchlich  t4nd  icird  in  ge- 
tcöhnlicher  rede  meistens  durch  die  zusammeiusetzung  aus- 
staffieren ersetzt,  die  sich  allerdings  in  der  gebraueJia- 
Sphäre  nicht  ganz  damit  deckt,  s.  theil  1,  98l/.,  dazu:  aus- 
stafiren,  adornare,  apparare.  ein  kleid  ausstafiren,  vestem 
taeniolis  vel  lemniscis describere,  variare, praesuere.  Stieler 
2175;  ausstaffiren,  exornare,  mit  der  nöthigen  zugehör  und 
kleidung  versehen.  Frisch  2,  Slö*";  wenn  dir  auch  erlaubt 
würde  noch  zehn  geschichten  zu  deinen  fünfen  zusammen- 
zusuchen und  sie  . .  .  mit  so  viel  erdichteten  umständen 
auszustaffieren  als  du  lust  hättest.  VVieland  Luc.  4,  50; 
er  ist  einer  von  denen,  die  die  natur  . .  .  mit  allen  heissen 
leidenschaften  ausstaffirt  hat.  Ki.inger  3,  37;  das  goldne 
feld  ward  vortrefflich  ausstaffirt.  GötueS*,  24; 

(wir)  fürchten  hinter  diesen  launen 

diesem  aussuriirten  schmerz  .  .  . 

leerbeit  oder  schlechtes  herz.    1, 158. 

8.  femer  Lessing  unter  6.  dafür  in  eigenflicJiem  sinne 
aucA  herausstaffieren,  s.  theil  i,  2,  iOiG:  Marder  hoch- 
zeitlich herausstaffiert.  Kotzebu  e  dramat.  sp.  2,33S; 

der  daus!   wie  thät  sich  freuen 

das  Publikum  der  neuen, 

herausstaflierten  schönen !   Overbeck  verm.  ged.  27. 

s.  auch  Schaller  unter  2,  e.  weniger  gebräuchlich  ist 
aufstaffieren,  s.  th.  1,744:  aufstaffiren,  ornatum,  super - 
inducere.  eine  güldene  borte  aufstafiren.  Stieler  2175; 
im  sinne  von  staffieren  (4,  b) : 

von  einem  dritten  eeist  ward  ihm  der  huth  entführet, 
den  die  geschickte  nand  französisch  aulTstafTiret. 

Zachariä  71  {renomm.  4, 182). 

kaum  üblich  sind  be-,  ver-  et  durchstaffiren,  idem  (ac 
ausst.).  Stieler  2J75.  —  mundartlich  ist  staffieren  heute 
auch  im  hochd.  üblich,  doch  gewöhnlich  nur  «i  der  Zu- 
sammensetzung mit  aus-  tmd  in  der  bedeutung  '(mit  klei- 
dung) ausrüsten',  was  detiflich  die  herkunft  aus  der  Schrift- 
sprache erkennen läszt.  *o«cAiret2.us-staffiere  Hunziker 249. 
Seiler  Basler  mundartzoi^,  eis.  stäffiere(n),  us  st.  Martin- 
Lienhart  2,  575*»,  in  Wien  ausstaffir'n  Hügel  154*',  ebenso 
tirol.  Schöpf  6%/.,  kämt,  staffieren  Unger-Khult.  5G8», 
in  Handschuhsheim  äustaffian  Lenz  8*,  köln.  stafeere 
HÖNIG  150*.  auch  die  nd.  mundarten  zeigen  schriftsprach- 
lichen einflusz.  stofTcren  (up,  uut  st.)  kennt  nur  noch  das 
alte  brem.  u>b.  4, 1041 ,  doch  ist  auch  da  schon  staveren  als 
das  geioöhnliche  bezeichnet;  so  nur  mit  a  in  den  nördlichen 
mundarten:  holst,  staffeeren  (malen;  gegennähen).  Schütze 
4,182,  altmärk.  stafTcren,  ütst.  Danneil  208»,  mecklenb. 
Staffiren,  utst.  Mi  So*",  ostfries.  (üt)stafdren  ten  Doorn- 
kaat  Koolman  3, 285''.  aus  dem  deutschen  stammt  ung. 
stafdroz  Lumtzer-Melich  d.  ortsn.  u.  lehnw.  (1900)  242. 

bedeutung :  staffieren,  rüsten,  gerüst  machen,  pourvoir, 
apprester.  übel  staffiert ,  o.  mal  pourveu.  wol  staffiert. 
Hu  LSI  US  305'';  ii&i&Ttn  parare,  apprester.  Schottel  1420; 
Staffiren,  antic.  e  meglio  stoffiren  [da  stoff,  materia 
donde  si  fä  qualche  cosa,  voc.  anticM  e  bella,  mä  hoggidi 
fiamenga  per  disgratia.  . . .]  guamire  (guernire),  parare, 
Omare  etc.  it.  fornire,  provedere  etc.  Kram  er  dict.  2,  002«; 
staffirt,  stoffirt,  guarnito  (gueinito),  assettato,  fornito,  pro- 
visto  etc.  V.  versehen.  903»;  stoffiren,  quod  tarnen  fere 
efferunt:  staffiren,  gestaffiret,  exornare,  parare.  nonnulli 
derivant  ä  steif,  quasi  sit  steif  et  schön  machen :  sed  est 
ab  hoc  antiquissimo  voeab.  stofT,  quasi  sit  splendorem  rei 
affundere  variia  omamentis  et  coloribus  textilium.  Stieler 
2175;  staffiren,  lat.  instrvere,  ornare,  instructum  ornatum- 
que  dimittere.  ApiN.  gloss.  509;  parare,  exornare,  instrueie. 
Frisch  2,815''. 

l)  dem  16.  jahrh.  eigenthümlidi  ist  die  antoendung  auf 
kriegerische  rüstungen;  vom  heerführer  oder  herrscher,  mit 
heeresmacht  und  gefolge  ausstatten:  war  ist  es  wol,  das 
ein  fürst  und  herr  mit  reisigen  knechten  und  fuszvolk 
oder  landRknechten  müsze  stafiert  und  gerüst  sein.  Papb 
htUd  u.  garteteufd  (1586)  Us""; 

auch  ist  dfr'i  er'  innif  zA  tfln  mit  iitreit«n, 
Ant  kryc  fgrend  wolttafrirt  einharr  reiten. 

MkLISSUH  P$.  4:>,  ä; 

ich  haltf  ein  rrocae  nottiirm  sein, 
tur  majcvtat  bc|;eb  sich  liincin 
mit  einem  zimlichen  kriecrfheer, 
dan,  wenn  «ie  irroilTen  zu  der  wehr, 
mu  majeelat  staffiret  wem, 
abtawao4aa  dee  reiche  beechwem. 

AvMft  488,  >  f  eOer; 


kompt  Pipinus  wol  staffirt.  1350,  9  (vgl.  v.  3/.).  freier: 
und  mit  solchem  wolgeputzten  hoffgesind  staffirt,  hat 
unsere  glidergöttin  den  grösten  theil  der  menschen  inn 
jren  gewalt  gebracht.  Fischart  podagr.  trostbüchl.  C7''.  — 
von  dem  kriegsvolk  selbst,  reflexiv,  sich  zum  kämpfe  rüsten, 
in  Schlachtordnung  stellen  (?):  dismal  aber  khamen  sie 
5  tag  for  unns  zum  wasser,  ...  zu  bekriegen  die  Machu- 
rades; stafirten  sich  in  2000  mann  starckh.  Ulr.  Sghmidel 
reisen  41,  6  Langmantel;  ähnlich:  auch  so  machten  sie  die 
sclilachtordnung  geviert,  binden  und  vornen  mit  schützen, 
auff  das ,  wa  man  sie  wolt  angreylTen ,  das  sie  gefaszt 
und  gestaffiert  waren.  Schumann  nachtbüchl.  349,  21  Balte 
(2,  Hr.  51,3).  —  vom  einzelnen,  rüsten,  s.2,a;  eine  bürg 
oder  Stadt  mit  pioviant  versehen,  s.  8, o. 

2)  sonst  mit  persönlichem  ohject,  einen  staffieren,  ver- 
schieden nuanciert. 

a)  an  l  anschlieszend ,  mit  rüstung ,  xcaffen  versehen, 
rüsten :  17  fähnlein  knechte  aus  der  Schweiz,  welche  . . . 
mit  ihren  vergoldeten  rüstungen  und  röhren,  sowohl  in 
wehren  mit  silber  beschlagen,  staffiret  und  geputzt  waren. 
Sciiweinichen  1,175;  jtem  ein  jeder  herr  oder  Juncker, 
so  sechs  pferd  oder  darüber  hat,  soll  darunder  einen 
knecht  mit  einem  langen  röhr  gestaffirt  haben,  der  zu  rosz 
damit  umbgehn  . . .  kundt.  reutterbest.  zu  Speyer  (1570)  23; 
als  er  nun  in  die  tausent  gerüster  pferde,  und  über  die 
tausent  wolgestaffierter  landszknechte,  beyeinander  ge- 
bracht. Hamelmann  Oldenb.  chron.  (1599)  82;  die  unbe- 
wehrten  zu  staffirn.  Kirchhof  discipl.  milit.  29;  zum  trei- 
zechenten  solle  mann  auch  jährlichen  oder  in  zweien 
Jahren  ainmall  die  musterung  mit  den  burgern  fürnemben 
und  besichtigen,  wie  sie  mit  rüstungen  gestaffiert  sei. 
steir.  taid.  122,  37  (nach  1618) ; 

marschalck,  wer  warn  die  drey  in  grün, 

fcstaffiert  adelich  und  schün, 
ie  sich  so  ritterlicher  zier 
heudt  bey  uns  hielten  im  thurnier? 

H.  Sachs  13, 177,  5  KeUer-Öötze; 
nun  Spartacus  mit  frefler  band 
gewunn  etlich  statt  in  dem  land, 
darinn  vil  kriegsrüstung  bekamen, 
wurden  wol  gestaffirt  Jillsammen.    20  355,  31. 

vgl.  auch  die  bildliehe  Verwendung :  da  ein  potentat  schöne 
zeugheuser  und  viel  artelerey  hat,  von  geschütz,  hämisch, 
wehr  und  wafTen,  das  macht  herrn  auch  lustig,  welche 
nicht  allein  mit  gcsetzen  staffiert  und  gerüstet,  sonder 
auch  mit  wehr  unnd  wafTen  sollen  gezieret  sein.  Mathe- 
sius  S(ir.  2^.  mit  verschobener  beziehung  von  der  rüstung 
selbst  gesagt: 

zu  diesem  auch  gut  vleisz  ankehr, 

das  deine  rüstung  und  gewehr 

fein  hurtig,  reinlich,  wach  und  frey 

an  allem  ort  stafiret  sey. 

Ringwai.ut  l.  warft.  18. 

b)  doch  ebenso  auch  in  bezug  auf  kleidung  und  schmuck, 
was  natürlich  davon  sich  nicht  streng  sondern  läszt:  bien 
pourveu  d'habits  mit  kleidern  wohl  gestaffiert.  Duez  Ie 
vray  guidon  (1657)  *.  419 ;  wie  er  domals  mit  klaidern  staffirt, 
do  wer  vil  von  zu  schreiben.  Ziwiwi.  cÄro».*  3,  437, 81;  in 
weiterm  sinne:  der  war  ain  hofman,  mit  feinen  klaidern, 
guldin  kettinen ,  pferdten  und  anderm  apparat  staffirt. 
2,  257,  4.     so  auch : 

die  falckner  ritten  wo!  geriet 
mit  steubem  und  was  sunst  nodt  ist, 
zflm  federspil  wnrcns  staffiert 
falcken  und  blofUsz  wol  geziert. 

VViCKRAM  der  irr  reit.  büg.  21». 

c)  90  gewöhnlich  ohne  nähern  tusats.  activiseh,  von  den 
schneideiii  (ungetcöhnlich) : 

wat  nu  eindrcchtiglig  ein  ehrbahr  erbnider  raeth  f 

van  nie  bestonunct  licITt.  und  under  sick  beelaten, 

up  wat  manecr  ho  wil  dit  Jahr  stafTeren  taten 

de  andern  voicker  all.      LAtRSMiiKRO  leherttged.  1,213. 

gewöhnlich  rtflexiv:  se  gamir  sich  verschen  oder  staffieren. 
Du  KZ  Ie  vray  guidon  (l6.%7)  B.  263;  ihm  etwas  gelt  zu 
schicken,  sich  darmit  ein  wenig  zu  stafUeren,  dasz  er 
nicht  so  bettlerisch  vor  ihr  äugen  kerne.  Kirciihop  wenä 
unm.  i,  *99  österley  (8,225);  in  gleichen  auch  ein  ehrsame 
bDrgerschafTt  unnd  landsassen,  sich  jhrcn  könig,  fUrsten 
oder  Herren  zugefallen,  wol  heraus  sfnfncren  und  butzon, 
wenn  er  etwa  ein  öfTcntlichen  einzug  halten  wil:  also 
sollen  auch  und  vielmehr  wir  Christen  uns  rüsten  und 
staffirn,  mit  allen  Sachen,  gegen  den  letzten,  ehrlichen, 


533 


STAFFIEREN 


STAFFIEREN 


534 


herrlichen  und  maiestetischen  advent  unsere  erbherrens. 

ScHAi.LER  theol.  heroldt  (iGOi)  516.  oder  im  pari. :  er  ist 
stathch  staffiret,  pietio»issima  veste  ivdiitus  est.  Stieler 
2175 ;  der  keyser  geht  ein  mit  dem  hoflgsind  und  knaben, 
wol  staffirt.  H.  Sachs  20,  lOl,  U  KelUrGötze; 

da  seit  wol  gestaffieret  ir.    11,  228, 10; 

mit  rinren  pferden,  darauff  reitt 

sein  adl  und  herren,  wol  staffiert, 

in  sammet  xind  ketten  geziert.    16,  431,  4. 

SO  noch  in  bildlichem  gebrauche: 

was  sind  sie,  diese  korv'phä'n  moderner  dithyramben, 
als  Kotzebues  im  domino,  staffirt  in  lahme  jamben? 

Platen  260  {verh.  gabd  8). 

d)  tn  der  altem  spräche  auch  von  der  natürlichen  aus- 
staftxtng  des  menscJien.  im  allgemeinen,  in  bezug  auf  die 
k'örperlicJie  Verfassung,  gesundheit  und  stärke:  man  findet 
menschen,  die  also  schwach,  plöd  und  so  übel  gestaffiert 
sint,  oder  sonst  ausz  Zärtlichkeit,  jhrer  so  wo!  zu  schonen 
\»issen,  das  sie  nimmer  auff  kein  pferd  sich  zuschwingen 
pflegen.  Fisghart  ehezuchtb.  kh^; 

von  grad  iind  leibs  sterk  wol  staffiert. 

ScH.VDE  sat.  u.  pasqu.  1,  101,  46. 

in  bezug  auf  einzelne  glieder,  obscön:  solchs  zuverhüten, 
hat  die  h.  römische  kirch  zwen  hehammen  stül  ausz 
porphyrstein  lassen  hauen:  da  man  von  unten  auff  zu- 
grcifTen  pflegt,  ob  der  neugekoren  papst  auch  mit  allem 
hauszgeraht  zur  kleinen  nächtlichen  hauszarbeit  gestafßert 
sei.  Fischart  bienenl:.  210*;  es  hett  der  Herman  Boss  .  . 
für  dise  herzogin  gefüegt,  der  konte  kisslingstain  usser 
ainer  wandt  brunzen,  also  war  er  underder  gurtel  gstaffiert. 
Zimm.  cÄron.*  1,  458,  22;  nun  undter  anderm  die  fraw  ihn 
fragen  ward,  sie  bette  wol  gesehen,  das  er  zwen  hett, 
und  ob  sonst  mehr  leüt  weren,  die  also  wol  gestaffiert 
weren.  Montanus  103, 30  Bolte  (wegkürzer  c.  39).  ungewöhn- 
lich von  gliedei-n  selbst  gesagt: 

die  bände  marmelweisz,  die  bräste  wohl  staffiert. 

Rachel  tat.  ged.  g.  88  (7,  327). 

freier,  von  fähigkeiten :  die  drey  frawen  singen  ein  gsatz 
in  der  eygen  zucht  weysz,  wo  sie  aber  zu  dem  gsang  nit 
gestaffiert  sind,  so  mag  Maria  die  reimen  sprechen.  Sf.b. 
Wii.DT  tragödien  (1566)  B  3*.     ganz  ins  geistige  gewendet: 

tagend,  herr,  mit  der  uns  gott  staffiret. 

A.  Gryphius  1,  490  \begt.  mutier  2,  24). 

e)  in  neuerer  spräche  gewöhnlich  allgemeiner  von  besitz 
und  geldmitteln:  einen  mit  geld  und  wexelbriefen  staffiren, 
fornire,  provedere  uno  di  danari  e  di  lettere  di  cambio. 
Kramer  dict.  2,903*  (ebenso  bei  Adelung),  besonders  im 
pari.:  wol  staffirt  seyn  mit  geld  etc.  esser  ben  guarnito, 
fomito  di  (ä)  danari.  ebenda,  auch  allein  er  ist  wol  staffirt. 
nicht  wol  (übel)  staffirt  seyn.  ebenda;  sprichwörtlich: 

wer  wol  staffirt  an  gut  und  geld, 

denselben  man  für  edel  belt.    Eyering  3,  541. 

f)  speciell  wird  staffieren  von  der  ausstattung  einer  braut 
m,it  kleidung,  wasche  u.  s.ic.  gesagt:  eine  braut  ausstaffieren, 
mit  den  nötigen  kleidungsstücken  versehen.  Adelung,  (tn 
diesem  sinne  auch  magij.  staf^roz  Lumtzer-Melich  242.) 
bei  Kramer  noch  in  anderm  sinne:  eine  braut  staffiren, 
addobbiare,  abbigliare,  Omare  una  sposa.  v.  butzen.  zieren. 
dict.  2,  903*  (».  oben  b) ,  doch  vgl. :  mit  leinzeug  etc.  wol 
staffirt  seyn,  esser  ben  fornito  ä  panni  Uni,  met.  esser  ben 
eazzute,  mernbitito.  ebenda. 

3)  tnit  sächlichem  object. 

o)  eine  Stadt,  festung  oder  bürg  mit proviant  und  munition 
versehen:  mit  proviand  wohl  staffirt  seyn.  Fronsperger 
von  kriegsrüst.  90*^  bei  FiuscH  2,  3i5'>.  Adelung;  wiewol 
nun  Reichenberg  zu  der  zeit  nichts  besetzt,  .  .  .  darzu 
mit  ander  notturft  und  munition  nit  staffirt.  Zimm.  chron.^ 
2,208,28.  schiffe  verproviantieren:  (wir  haben  die)  schiefT 
wiederumb  mit  profant  versehen  unnd  gestaffirtt.  Ulr. 
ScuuiitF.\.reis€  22,22 Langmantel;  so  verschuff  auch  unnser 
hauptman  mit  denn  schieffleiten ,  das  sie  die  schiel! 
allennthalben  staffireten ,   zuverpringen  diesse  reis.  48,  8. 

b)  in  der  altern  spräche  auch  sonst  von  der  Versorgung 
eines  raumes,  beliälters  u.s.w.  mit  dem  hineingehörigen 
Vorrat,  zu  dessen  aufbewahrung  er  bestimmt  ist:  die  silber- 
kammer(»c/!a^7A-flmm«-)gnugsam  staffirt.  Kihcuhov discipl. 
milif.  7;  zwantzig,  dreissig  und  mehr  Schilling,  nachdem 
die   geldkiste  staffiret  war.   Jan  Perus  98.  —  mit  dieser 


und  dergleichen  arzneien  eine  jede  feldapotheken  solle 
staffiret  sein.  Minderer  kriegsmedicin  (Augsb.  1634)  20.  — 
dasz  die  r.  kirch  den  binen  gleich  ist,  welche  auff  allerlei 
blumen  sitzen,  und  ausz  jeder  disz  nemmen,  das  jnen 
nutz  ist,  darmit  jren  binenkorb  mit  lieblichem  honig  zu- 
staffieren. Fisghart  bienenk.  bl^.    auch: 

ein  tisch  ganz  wol  gezieret 
mit  speisz  und  tranck  staffieret. 

RULICH  kauffm.  (1595)  t.  211. 

e)  ein  zimmer  staffiren,  guarnire,  parare,  ammobiliare 
una  Camera  (stanza).  Kramer  dict.  2,903'';  ein  staffirtes 
zimmer.  ebenda;  ein  zimmer  staffieren,  'es  mit  den  nöthigen 
meublen  versehen'.  Adelung,    so  attch  nd.: 

da  müt  de  bruet  dat  hüs,  de  brö^am  vor  de  heren 
mit  aller  tobehör  de  dönse  hübsch  staferen. 

Kösibooksbüdel  (1676)  176  t>ei  Lappenbebg 
LauTcmb.  8.  111. 

aber  auch  vom  ausmalen  eir^es  zimmers: 

einm  jedem  steit  idt  frie,  in  wat  nianeer  und  maten 
he  wil  syn  cabinet  stoffem  und  putzen  taten: 
off  em  de  malerknecht  darin  afTmahlen  schal 
einen  frantzöscben  sot,  edr  einen  danschen  gal  u.  t.  w. 

Laurencberg  schertzged.  3,  44. 

tn  folgender  stelle  nicht  zu  entscheiden : 

ein  bns  ick  köpen  ward  vor  gottsgeldt  twe  ducaten, 
dat  sülve  müst  ick  den  prechtig  stafferen  laten.    1,  %. 

vgl.  auch:  es  stand  viel  köstlicher  hausrath  herum  an 
den  wänden,  und  diese  waren  sammt  dem  estrich,  ganz 
mit  teppichen  staffirt.  Mörike  erzähl.  124. 

d)  so  früher  auch  von  den  einzelnen  möbeln:  einen  sessel 
etc.  staffiren,  parare  una  sedia  etc.  Kram  er  dict.  2,  903*; 
ein  bett  staffiren,  guarnire,  parare  un  letto.  ebenda,  lectum 
sternere.  Stieler  2175. 

4)  dies  leitet  über  zu  der  in  neuerer  zeit  üblich  gewor- 
denen anwendung  auf  die  Verzierung,  besetzung,  gamitur 
von  kleidungsstücken. 

c)  ein  kleid  etc.  staffiren,  guarnire,  fregiare  un  vestito. 
V.  ausstaffiren.  Krämer  dict.  2,  903»;  'von  kleidungsstücken , 
sie  mit  dem  nöthigen  putzwerk  und  andern  Zubehör  ver- 
sehen, ein  kleid  staffieren,  es  mit  tressen,  borten,  schleiffen 
u.  8.  f.  ausputzen.'  Adelung,  daneben  in  anderem  sinne : 
'staffiren,  (Schneider)  wenn  das  oberzeug  mit  dem  unterfutter 
an  ihren  kanten  dergestalt  mit  vorder-  oder  nebenstichen  zu 
sammengenähet  tcird.  dasz  sowohl  ober-  als  unterzeug  ein- 
gelegt tcird,  und  beydes  gleich  vorstehet^.  Jacobsson  4,  246*, 
so  auch  Campe  erg.-wb.  beide  bedeutungen  kennt  das  brem. 
wb.  4,1041  (stofferen):  'bey  den  schneidern  bedeutet  es  zweier- 
ley :  einmahl,  ein  kleid  mit  einem  stoffe  von  anderer  art 
oder  färbe  besetzen:  ferner  auch,  am  säum  der  kleidei- 
von  gewissen,  dünnen  Stoffen,  die  leicht  ausfasern,  sotrol 
das  überzeug  als  das  futter  timschlagen,  und  also  zusammen 
fest  nähen',  (holst,  staffeeren  'gegennähen  SciiCtze  4, 182.) 
b)  besonders  einen  hut,  eine  haube  etc.  staffiren,  guar- 
nire, parare,  assettare  un  cappella,  una  cuffia  etc.  Kramer 
dicf.  2,  903*;  staffiren,  hat  man  ehmahls  von  den  hüten 
gebraucht,  da  man  sonderlich  die  parete  noch  mit  feinen 
tuch  oder  seiden-zeug  überzogen,  davon  ist  an  einigen 
orten  noch  gebräuchlich  hut-staffirer,  qiii pileos  exor- 
nat,  der  unterfutter  darein  nehet,  dem  äussersten  rand 
einfäszt,  den  breiten  rand  aufstülpet,  über  sich  hefftet, 
knöpfe  darauf  setzet,  u.  d.  g.  Frisch  2,315*',  danach 
Adelung  ('das  futter  hinein  setzen,  die  tresse  herum 
nähen  u.  s.  f)  und  Campe  erg.-wb.  ausführlich  darüber 
Jacobsson  2, 297*"/.  die  gebrauchsweise  ist  noch  nicht  veraltet, 
denn  noch  Karmarsch-Heeren^  4,  442  erklärt:  'schliess 
lieh  tcird  mit  wenigen  suchen,  die  den  filz  nicht  durch 
dringen  dürfen,  ein  stoff-futter  in  den  hutkopf  eingenäht, 
das  schtceissleder  am  innenrand  befestigt,  die  hutkrempe 
umräumt  (mit  band  oder  schnür)  und  das  hutband  äusser- 
lich  umgenäht,  diese  Operationen  führen  den  collectivnamen 
staffiren.  ^^,-g  teufet)  namen  das  hütlein  zugeschnitten, 
sprachen:  'liebs  hütlein  sei  zufrieden I 
wir  wollen  dich  so  schon  zubutzen  .  .  . 
drumb  nemmen  billich  wir  die  müh, 
dasz  wir  dich  schfin  staffieren  hie'. 

Fischart  dicfä.  2,  262  Kurz  (JetuiUrhiiü.  784). 

(so  atich  magy.  staf6roz  die  letzte  arbeit  an  einem  hüte 
verrichten.  Lumtzer-Melich  242.  für  die  besetztmg  der 
frattenhüte  mit  Humen,  schleifen  u.  a.  ir.  sagt  man  gar 
nieren). 

34« 


535 


STAFFIEREN 


STAFFIERER— STAFFIERUNG 


536 


c)  auch  schuhe  staffieren,  sie  mit  band  einfassen  und 
mit  getolltem  band,  schleifen,  rosetten  und  andern  Zieraten 
aus  band  besetzen.  Kkünitz  158, 460. 

d)  vereinzdtes: 

selb'gen  tags  ward  ausgebälgt 
Atta  Troll  und  ward  versteigert 
seine  haut,    für  hundert  franken 
bat  ein  kUrschner  sie  erstanden, 
wunderschön  staflierte  dieser 
und  verbrämte  sie  mit  scharlacb. 

Heine  2,  417  EUter  {A.  Tr.  25). 

e)  mit  umkehrung  der  beziehung:  sammet  auf  einen 
kragen  staffiren,  patagium  holoserico  instruere.  Stieler 
2175.  (dafür  sotist  aufstaffieren,  *.  oben  d.  einl.) 

f)  in  bildlichem  gebrauche  {wortspielend*): 

als  war'  es  schon  genug,  ein  leeres  buch  zu  schmieren, 
und  ieden  mode-reim  mit  frantzen  zu  staffiren. 

Günther  739. 

5)  jetzt  ist  staffieren  hauptsächlich  als  maleiwort  in 
gebrauch  von  der  ausstattung  eines  gemäldes,  landschafts- 
bildes  mit  ßguren;  so  erst  seit  ende  des  18.  jahrh.  bezeugt: 
'bei  den  maldern  heiszt  staffiren,  alle  zu  der  darzustellen- 
den handlung  erfoderlicfien  ßguren  anbringen,  und  gehörig 
i-ertheilen.  man  hat  bevölkern  dafür  eingeführt;  so  wie 
auch  die  Franzosen  ihr  peupler  dafür  gebrauchen.'  Campe 
erg.wb.;  ein  staftirtes  oder  bevölkertes  gemälde.  jAcons- 
SON  4,  246».  vgl.  Krünitz  168,460/.  mag  er  die  weiden 
mit  grasendem  rindvieh  staffiren ,  oder  den  engen ,  um 
felsen  sich  windenden  bergpfad  mit  beladenen  saum- 
pferden  und  maulthieren,  er  zeichnet  alle  gleich  gut  und 
geistreich;  immer  am  schicklichen  ort,  und  nicht  in  zu 
groszer  fülle  angebracht  zieren  und  beleben  sie  diese 
bilder,  ohne  ihre  ruhige  einsamkeit  zu  stören.  Göthe 
22, 138;  so  schön  und  gründuftig  und  einladend  er  der- 
gleichen stellen  auch  colorirt,  so  sinnig  hat  er  doch  unter- 
lassen hier  mit  weidenden  heerden  zu  staffiren,  denn 
diese  gegenden  geben  nur  futter  den  gemsen.  139;  die 
wohlgezeichneten  figuren  in  den  eigenthümlichen  landes- 
trachten,  womit  das  bild  reichlich  und  zweckmäszig 
staffirt  ist.  44,179.  t-grZ.  staffage.  —  in  folgender  stelle  für 
malen  schlechticeg  : 

nun  fand  er  gelegenheit  einmal, 
zu  malen  eine  wand  im  saal ; 
mit  emsigen  zUgen  er  staffirt, 
was  öfters  in  der  weit  passirt. 

GöTHK  2, 199  (kümflers  fug  «.  recht). 

so  von  Wandmalerei  schon  in  der  unter  3,  c  angezogenen 
stelle  aus  Lauremuehg  {schertzged.  3,  u).  auch  Schütze 
4, 182  kennt  nd.  staffeeren  in  der  bedeutung  'malen',  vgl. 
femer  Staffiermalerei.  —  anders  gewendet  und  ganz  un 
gewöhnlich   von   der  fierstellung   eines  körperhaften  bildes: 

Ralf  übernahm's,  um  dreymahl  acht  zechinen 

ein  lebensgrosses  bild  der  heiligen  Kathrinen, 

mit  einem  wachsgesicht.   ein  krönchen  auf  dem  rand 

des  scheitelhaars,  und  scnwert  und  palmen  in  der  band, 

kurz,  im  kostum,  —  aus  pappe,  silberschaum 

und  knistergoid,  gar  stattUcu  zu  staffieren. 

das  bild  war  hohl.     Wieland  21,  292  {Klelia  5,  410). 

6)  daran  schlieszen  freiere  gebrauchsweisen,  ins  geistige 
getcendet;  eine  erzählung.  rede  ausschmücken,  auch  »eine 
Worte  kunstreich,  klug  setzen: 

•US  konde  Reynke  de  word  stofferen. 

Reinke  de  vo*  5651 ; 
80  staffirte  Reineke  klug  erzählung  und  worte. 

GÖTiiE  40,  1»6  {Rein.  Juch»  10). 

reime  staffieren,  verse  womit  ausschmücken,  s.  Günther 
unter  4,/./    kunstgerecht  machen  {t  in  anlehnung  an  das 

folgende):    ,    ,  ,     ., 

da  kompst  und  wilt  poetisieren 

und  kanst  kein  reimen  noch  staffieren. 

FisciiART  dicht.  1, 174  Kurz  {Domin.  leben  1644). 

«0  besonders  in  der  Verbindung  eine  lüge  staffiren, 
guamire,  colorire,  eioi  Omare,  abbeUire,  acconciare  {dar  la 
eoneiaad)  una  bugia.  ved.  schmucken.  Kram  er  (fic^  2, 908*; 
eine  lüge  wohl  staffiren,  mendacio  fucum  addere.  Frisch 
s, 815*>;  mf.  ene  lOgen  stofferen  'eine  lüge  erdenken,  und 
mit  umständen  ausschmücken,  dost  sie  wahrscheinlich  wird.' 
(lat  is  ene  uut«toffeerde  löge,  eine  ausstudierte  lüge.  brem. 
%ob.  4, 1041.  vgl.  stofferen  de  logenen.  farcire,  centones. 
mendacia  gloriosa  eonsarcinare,  adomare :  mendaeiis  fu- 
rum  addere  concinnare  mendaeia,  lenoeinii»  perpolire  men- 
dacia: afßngere:  splendide  mentiri.  KlLlAN.    sunächst  mit 


weiterm  zusatz,  wobei  die  grund bedeutung  deutlich  zu  er- 
kennen ist: 

mit  warheit  wird  die  lüg  staffiert 

und  mit  honig  das  gifft  geschmiert. 

B.  Waldis  Esop  1,  79,  29; 

doch  das  man  nicht  die  IQgen  spftr, 

60  komen  meine  m&nch  herför 

und  wollen  bös  mit  bösem  zieren, 

ein  löen  mit  der  andern  staffieren. 

I<iscHART  Domin.  leben  2192  {dicM.  1,  188  Kurt). 

dann  auch  absolut,  wobei  staffieren  mehr  in  die  bedeutung 
'ausdenken,  vorbringen'  übergeht:  über  disz  hat  die  h.  kirch 
zugelassen  und  geordnet,  dasz  man  biszweylen  wol  eyn 
lugen  wider  die  ketzer  staffiern  mfig.  bienenk.  190''.  dafür 
auch:  was  wollen  sie  denn  also  mit  ihrem  vorwürfe  .  .. 
mit  vorbedacht  gemachter  plane,  lügen  auszustaffiren, 
die  man  lügen  zu  seyn  weisz?  Lessing  10,49. 

7)  im  m,nd.  bedeutet  dann  stofferen  überhaupt  'eticas 
anstiften,  anzetteln,  abkarten'  u.  ähnl. .-  de  boverye  stofferen 
kan  is  wolkomen,  technam  concinnans  populo  gratissi- 
mus  omni.  Tunnicius  687; 

itlike  de  hiir  ok  weren 
hulpen  dyt  also  stofferen. 

d.  städtechron.  IG,  250  {»chichtsp.  4779). 

8)  andre  freiere  Verwendungen  gehen  von  der  geuwhnliclieti 
bedeutung  'ausrüsten,  zurecht  machen'  aus,  doch  ist  die 
genaue  mtance  nicht  immer  sicher  zu  erkennen:  so  mote 
wij  .  .  .  unsen  willen  bereit  unde  bequeme  maken;  wi 
moten  unsen  willen  so  uthreiden  unde  stofferen,  dat  he 
gode  to  bode  sta,  dat  is  dat  he  bereit  und  untfencklick 
sy  der  godliken  gracien  unde  ghenade.  Veghe  169,37; 
staffir  deinen  leib  so  gut  als  du  kannst.  Minderer  kriegs- 
medicin  (1634)  s.  35; 

vor  haben  wir  nur  welsch  parlirt, 

nun  seind  wir  auch  auff  teutsch  staffirt. 

Fischart  diclit.  1,  185  Kurz  {Domin.  leben  2092); 

folgende  stelle  scheint  einen  fehler  zu  enthalten  • 

doch  letzlich,  wie  er  (papst  Patil  III.)  hat  gespftrt, 

dasz  es  das  bapstumb  was  staffiert, 

welchs  dörfTtig  ist  der  künden  heut,  .  .  . 

so  hat  er  jn  recht  zu  draulT  geben 

und  zugelassen  auffzunemmen 

in  Orden,  so  viel  sie  bekemen.    83  inachtrdb  3182). 

STAFFIERER,  m.  guarnitore,  fornitore  etc.  Krämer 
dict.  2,  903»,  exornatw  Stieler  2175:  'derjenige  hand werker, 
der  irgend  einen  gegenständ  mit  der  nadel  etc.  besetzt  oder 
ausputzt,  ivie  der  hutmacher,  Schneider,  Schuhmacher,  sattler, 
riemer,  tapezierer  etc.'  Krünitz  168,461.  der  specieUere  sinn 
vnrd  durch  zusammen.ietztiTigen  ausgedrückt,  die  sich  an 
sta-ftiaren  i  anlehnen :  kleiderstafficrer,  s.  theilb,tO»2; 
besonders  hutstaffierer,  guarnitore  dicappelli.  Kramer 
a.  a.  0.,  s.  ferner  theil  4,  2, 1994  utid  Frisch  unter  staf- 
fieren 4,  d,  sowie  Jacohsson  2,  298».  seltneres:  zimmer-, 
bett-  etc.  staffirer,  tapezziere,  arazziere,  addobbatore  di 
stanze,  sale,  letti  etc.  galt,  tapissier.  Kramer  a.  a.  o.; 
altarstaf  firer,  altarium  compositor  et  instructor.  Stie- 
ler 2175.  das  einfache  wort  bez/egnet  selten;  in  engerem 
sinjie:  der  das  alte  gewand  flicket  ist  ein  altrcisz,  der  es 
wendet  erncwert  oder  auszputzet,  und  das  von  newen 
auszstaffirte  und  au8zgeputz[t]e  feil  hat,  ein  grämpler,  alt- 
gewänder  und  slaffierer  {mango  intetpolator  et  concinnafor). 
CoMENiL'S  jant<a  (1644)  .W5,  dafür  in  der  sprachenth.  von 
1657:  die  es  wieder  auffputzen,  sind  stafiierer,  die  die 
auffgeputzte  sachen  feil  (zukauff)  haben. 

STAFFIERERIN,  /.  .•  s  t  a  f  f  i  r  e  r  i  n  n ,  die,  foemina  ador 
nans,  apparans,  instruens,  instaurans,  omatrix.  Stiei.er 
2175;  brautstaffircrinn,  comtrix;  et  conrinnatria:  ^wnsae. 
ebenda;  addobbatrice ,  abbigliatrice ,  acconciatrice  di  sjyose. 
Kramer  dtW.  2,  903». 

STAFFIERICHT,  adj.:  staffiricht,  et  gesUffiret.  adject. 
et  adverb.  ornatus,  adornatus,  polittu.  limatus,  concinntis, 
nitidus,  compositus,  et:  ornafe.  polUi,  eoneinni,  compositi. 
Stieler  2175,  sonst  nicht  bekannt. 

STAEFIERMALER,  m.  handicerker.  der  holswetk  an- 
streicht und  wände  mit  sieraten  mit  hilfe  von  schablotwn 
ausmalt;  anstreicher.  weittbinder,dekorationsmaler.  Jacobs- 
80N4, 846.  Caupr  erg.wb.  KrOnitz  168,  461/.  datu  Staf- 
fiermalerei 'die  kunst  des  anstreirhnxs  mit  färben', 
».  462—689. 

STAFFIERUNG,  /.  acconciamento,  ornamrnto.  Ht;i.sius 
(1618)  287»;    guamimento,    fornimento   etc.    Kramkr  dict. 


537 


STAFFSCHLÄGER— STAG 


STÄG— STAGGELN 


53d 


2,903*;  staffirung,  die,  et  das  stafiiren,  exomatio,  oma- 
mentum.  .  .  .  statliche,  prächtige  staftirung,  culhis  magni- 
ficus,  ornatus  regalis.  concinnus.  Stieler  2175.  den  {ein- 
gang  des  Schlosses)  fand  ich  in  seltner  Verzierung  —  und 
wunderbarer  staffirung,  —  von  zerrissenen  mänteln  um- 
fangen —  und  von  bettelsäcken  umhangen.  Rückert 
(1882)  11,  406  (24.  mak.).  jetzt  geicöhnlich  aU  malericort, 
vgl.  staffieren  5. 

STAFFSGHLÄGER ,  m.,  s.  stabschläger,  sp.  377:  diese 
Stäbe  {dauben)  werden  von  denen  staffschlägern ,  (denn 
also  heissen  die  leute,  so  solche  machen)  aus  feinen 
glatt-spaltigen  eichen  schrot-weise  abgesäget,  nach  der 
rechten  länge,  breite  und  dicke  gespalten,  und,  wie  die 
bötticher  die  dauben  machen,  geschlagen,  öconom.  lex.' 
2797,  s.  femer  Jacobsson  4,246*/.  Krünitz  168,589/. 

STAFFWATTE,  /.  (?)  'eine  gathmg  ßschnetze,  mit  stäben 
oder  Stangen  ausgespannt,  um  dadurch  in  geicisser  breite 
gezogen  zu  tcerden'.  Jacobsson  7, 419*;  bei  Krünitz  168,  590 
stafiwathen  geschrieben. 

STÄFIG,  adj..  bei  Campe,  *.  stäbig,  gp.  370. 

STAFKUGEL,  /.  stangenkttgel ,  s.  stabkugel,  «p.  371. 
Campe.  Bobrik  655''. 

STAG,  n.  starkes  tau  zur  befestigung  der  moste  und 
Stengen  nach  vorne,  schiffencort  der  Nordseeanxcohner : 
altn.  stag,  n.  (Jetzt  auch  isl.  für  ein  seil  zum  kleider- 
trocknen).  Cleasby-Vigfusson  587»,  schon  eddisch  in  der 
kenning  stagstjörnmarr/tir  schiff,  s.  Gering  vollst,  wb.  973; 
in  gleicher  form  auch  in  den  neunord.  sprachen  (dän. 
schtced.  norie.).  ags.  stseg  nur  in  einer  glosse.  s.  Bosworth- 
TOLLER  907'',  doch  spricht  die  lautgesetzliche  enticicklung 
zu  neuengl.  stay ,  s.  Skeat  593'',  uol  dafür,  dasz  es  kein 
lehnicort  ist.  vielleicht  aus  dem  engl.,  sicher  aus  dem  germun. 
stammt  auch  das  roman.  vfOrt.  a.ltfranz.  span.  port.  estay, 
franz.  etai  (falsch  abgeleitet  bei  DiEZ^  578).  auf  dem 
deutschen  festlande  ist  das  wort  erst  in  jüngerer  zeit  be- 
kannt und  scheint  entlehnt:  neunl.  stag,  fejn.  und  neutr., 
und  staag,  n.,  vgl.  Franck  953.  Boekenoogen  Zaansche 
volkstaal  989.  Lüpkes  seemannsspr.  2,  240.  nd.  begegnet  es 
zuerst  in  der  Lüb.  chron.  des  Hans  Reckeman  (1537): 
do  lepen  twe  boesmans  van  de  unsen  int  focken  takel 
unnd  houven  eme  dat  stach  (zicischen  bugspriet  und  fock- 
mast?)  unnd  bolynen  ('bugUinen' ?)  van  synem  bochsprede, 
*.  hans.  geschichtsbl.  1876,  *.  88,  vgl.  d.  anm.  und  Schiller- 
Lübben  6,270*.  Lübben  handicb.  872*.  die  heutige  nd.  volks 
spräche    kennt   das   icort   nur  in  Ostfnesland  als   stagg. 

StÜRENBURG  260'',  stag  TEN  DOORNKAAT  KOOLMAN  3,295*'/. 

in  der  nhd.  Schriftsprache  taucht  das  wort,  zunächst  in  der 
Schreibung  staag,  in  der  ersten  hälfte  des  18.  jahrh.  auf, 
vgl.  Weioand  2,  791:  staag,  lat.  rudens,  quo  mali  invicem 
I     cohaerent.   Apin.   gloss.öffi;    ebenso   bei   Steinbach  2,656 
I     {'terminus  naiiticus") ;  stag,  etai,  ist  auf  den  schiffen  ein 
;•    dickes   tau,  welches  mit  dem  einen  ende  oben  an  dem 
1    mäste,  über  den  sahlingen  angemacht  ist,  und  mit  dem 
andern    ende   unten  dergestalt  angezogen  wird,    dasz  es 
die  mästen  von  vorne  zu  in  ihrem  stände  hält,   so  wie 
sie  hinterwärts  durch  die  wände  (tcanten)  gehalten  werden, 
jeder  mast  und   jede  stenge   hat  ihren  besondern  stag, 
und   befinden   sich  auf  einem  dreymastigen  schiffe:    an 
dem  groszen  mäste,  das  grosze  stag,  le  grand  etai,  oder 
l'eiai  du  grand  mAt;  das  grosze  stenge n-stag,  l'etai 
du  grand  mdt  de  hune;  und  das  grosze  bramstengen- 
stag,   l'etai   du  grand  perroqtiet.    an  dem  focke-maste: 
das  focke-stag,    l'etai  de  misaine;    das  vorstengen- 
stag,  l'etai  du  mät  de  hune  d'avant;  und  das  vorbram- 
stengen-stag,  l'etai  du  perroquet  de  misaine.    an  dem 
besansmaste:    das   besans-  oder  lauf-stag,   l'etai  du 
mnt  d'artimon;    und    das    creuzstengen-stag,    l'etai 
ilii  perroquet  d'artimon  oder  de  foule,    an  dem  bogspriet: 
'las  blindestengen-stag  oder  knick-stag,  l'etai  du 
rroquet   de    leaupri.    das    besondere   stag  an  das  stag- 
.el,    das   man   bey  gutem  winde  und  wetter  aufzieht, 
.rd  das  nebenstag,  faux  etai  genennet.  Egoers  2,973. 
^  /<?^•»^er  Adelung.  J.\cobsson  4, 247».  Krünitz  168,590/. 
Bobrik  655—7.  (ior.uRi.  etym.  wb.  der  seemannsspr. i'b.  an- 
statt des  gemeingerm.  neutr.  (wofür  nur  im  nl.  das  fem.  vor- 
herrschend geworden  is()  futben  Adelung  und  Jacobsson 
das  masc.  der  plur.  tcird  geicöhnlich  stage  gebildet,  daneben 
nach  nd.    weise  stags,    s.  Adellxg.  Campe    (ungut  bei 


Jacobsson  :  stagen).  Adelung  benennt  im  einzelnen  das 
grosze-,  besaan-  (Jacobsson  :  besans)  und  focke-  (Jacobs- 
son: fake-.  Campe  und  so  geic:  fock-)stag.  bei  Campe 
auszerdem  ein  loses  stag  oder  borgstag  zur  Verstärkung 
des  eigentlichen  stags;  s.  ferner  schlingerstag,  theil  9,  741. 
weitere  benennungen  s.  bei  Krünitz  und  besonders  bei 
Bobrik  o.  o.  o.  über  stag  gehen  wenden,  s.  Goedel  458: 
nachher  müssen  wir  auch  über  stag  gehen,  Kai,  Frenssen 
Hilligenlei  307. 

STÄG,  m.,  s.  Steg. 

STAGAUGE,  n.  der  theil  eines  stages,  der  um  den  mast 
oder  die  stenge  liegt  und  ein  äuge  (eine  schleife)  bildet. 
Campe.  Bobrik  657''. 

STAGBLOCK,  m.  'im  schiffbaue,  die  beiden  blocke,  wo- 
von der  eine  an  das  stag  selbst,  der  andere  an  den  kragen 
desselben  gestropt  ist,  und  durch  welche  die  taljereepe  zur 
ansetz ung  des  stages  geschoren  icerden' .  Campe;  holl.  stag- 
blok.  de»-  grosze  stagblock,  o<ler  groszes  doodshoofd. 
Bobrik  122»,  30. 

STAGEL,  /.  stütze,  schweizerisches  wort  (vencandt  mit 
stag?):  staaglen  und  stützen  (die)  alles  darmit  man  ein 
r&bgehäld  undersetzt,  pedamentttm.  fulcrxim,  cetnts,  ad- 
miniculum  vitis.  staaglen  oder  st&cken  schlahen  oder 
stossen,  mit  räbstäcken  wol  bewaren  unnd  versähen, 
impedare.  Maaler  382"*;  trapezophorum,  stütz,  stageln, 
schrägen,  fusz.  Apherdiani  ^yrocin.  (1580)  *.  61  ;  stagel, 
stagle,  /.  stütze,  gabel,  die  waschleine  aufrecht  zu  halten. 
Stalder  2,  390;  stägeir-,  /.  selten  =  stigele  oben  gegabelter 
pfähl.  HuNziKER249.  —  ein  andres  stagel,  m.  hirsch  belegt 
Stalder  2,  390  mit  der  Zusammensetzung  stagelwand  'eine 
felsenwand,  wo  sieh  hirschen  sehen  lassen'. 

STAGEN,  verb.  l)  holl.  stagen  stützen;  nach  Goedel 
etym.  tob.  438  auch  seewort  (?). 

2)  seemännisch  stagen  für  über  stag  wenden,  durch  den 
wind  wenden,  gegen  oder  bei  dem  winde  wenden;  auch 
specieller  für  den  mo-ment  der  \cendung.  ico  das  schiff  gerade 
gegen  den  icind  liegt.  Bobrik  734''.  vgl.:  als  sie  vor  vier- 
zehn tagen  am  kai  von  Hongkong  entlang  lümmelten, 
lag  die  Klara  auf  dem  ström,  lang  und  schlank,  und 
die  mästen  wunderbar  nach  vom  gestagt.  Frenssen 
Hilligenlei  144. 

3)  Schweiz,  stagen  gleichbedeutend  mit  staben  (*.  das.  I, 
sp.  362),  starren,  erstarren.  Stalder  2,390. 

STAGERN,  verb.  l)  Schweiz,  als  iceiterbildung  zu  stagen, 
s.  das.  3,  stai-r,  steif  sein ;  dazu  s  t  a  g  e  r  i  g ,  adj.  Stalder  2, 390. 

2)  tirol.  sU-gern  jagen,  hetzen,  z.  b.  die  kühe.  Hintner  230. 
(in  Wien  stagern,  'die  miethpreise  erhöhen'  Hügel  154*',  ist 
natürlich  steigern.) 

3)  stägem,  s.  stegern. 

STAGFOCK,  /.  das  fock-  oder  vorstagsegel  einer  schmaeke, 
kuffe,  Jacht  u.  s.  w.  Campe.  Bobrik  299»;  so  auch  holl.  stag- 
fok,  OÄ^rt'c*.  stag(g)fok(k)  'das  am  stag  befestigte  focksegeV. 

StÜRENBURG  260'>.  TEN  DOORNKAAT  KoOLMAN  3,296». 

STAGGARNAT,  n.  'eine  art  talje  oder  klappläufer,  tpelcher 
an  dem  groszen  stage  über  der  groszen  luke  angebracht 
wird,  um  nicht  gar  zu  sehxcere  lasten  damit  aufzuheiszen'. 
Bobrik  309''.  Campe. 

STAGGELN,  verb.  stammeln,  stottern,  mundartliches 
wort,  in  der  Schweiz  und  benachbarten  landschaften.  Schweiz. 
staggeln  Stalder  390,  staggle  Hunziker  249,  staggla 
ToBLER  406»,  in  Basel  staggle  Seiler  276'';  eis.  stack(e)le(n), 
stäkla,  stökla  Martin -Lienhart  2,580'';  tirol.  stiggl 
Hintner  230.  die  herkunft  des  tcortes  ist  nicht  deutlich, 
darf  man  holl.  staggelen,  tranken,  straucheln,  heranziehent 
vgl.  HÖPLER  krankheitsnamenb.  671».  neben  staggeln  finden 
sich  zalilreiche  nebenformen,  die  z.  th.  besonders  behandelt 
werden,  theils  mit  abweichendem  vocal  (eis.  stökle,  s.  oben, 
schtceiz.  stiegla  Tobler),  öfter  mit  andrer  Weiterbildung, 
s.  besonders  statz(g)en ,  so  schtceiz.  staggsen ,  statzgen 
Stalder  2,  390,  statzga  Tobler  406»,  eis.  stockeren,  stokra 
Martin-Lienhart  2,  586''  und  staxen  Klein  2, 169,  auch 
Pfalz,  stagse  Autenrieth  136.  nur  eine  andre  schreibtceise 
ist  stackein,  s.  das.  1,  sp.ioa,  so  auch:  dasz  die  kinder, 
so  stackein  . . ,  des  aufsagens  in  der  kirche  entlassen 
werden,  verordn.  v.  1668  bei  Tobler  406».  —  in  den  Wörter- 
büchern seit  dem  16.  jahrh.  verzeichnet :  stagglen  oder 
stammlen,  lingua  haesitare,  balbutire.  das  stagglen,  stamm- 
lung,    Itaesitantia    linguae,    oris    titubantia,    haesitatio. 


539 


STAGGLER— STAGTAKEL 


STAGWEISE- STAHL  (l,  1-3) 


540 


slagglende,  sta'LZgende,  lingua  haesifantes.  Maai.er  883* 
{vgl.  auch  stammeln);  staggclen,  v.  stammelen.  Scuottei, 
1420;  stammlen,  staggelen,  et  staken,  balbuüre,  halbuH 
nare,  offensarein  loquendo.  Stif.ler  2224;  staggcln,  hegayer, 
itre  bigxu,  balbutire.  neues  dicf.  ((?e;i/l695)  a.  342;  stam- 
meln, stammern,  staggeln,  stageln,  ...  tartagliare,  bal- 
bettare  u.s.w.  Krameh  diet.  2,905".  auch  bei  Campe  als 
landschaftlich  verzeichtiet.  zuiceilen  in  der  schiceiz.  littera- 
tur:  sie  staggelten  und  gaggelten  wie  wenn  der  rausch 
durch  das  wort,  das  der  Claus  geredet,  wieder  doppelt  ge- 
worden wäre.  Pestalozzi  Licnh.  u.  (?«-<r. (i83l)  3,334;  Sami 
wollte  etwas  staggeln  von  'nicht  anfangen'.  H.  Nydegger 
Hans  der  C/tüJan  (1894)  *.  14. 

STAGGLER,  »i.  stttmmler,  vgl.  staggeln  und  stackler, 
sp.  414:  staggler,  der  stammlet  oder  an  der  red  stoszt, 
atypua,  balbus.  Maai.eii  383"'  {daneben  stacklcr  383*,  a.  das., 
vgl.  auch  Stammler);  ein  starnmler,  staggler.  Cai.epin. 
(1570)  155;  balbus  .  .  .  staggler.  H.  Junii  nomencl.  (1577?)  bei 
DiEF.  glosa.  ee**;  stamler,  staggelcr,  statzger,  et  staker,  bal- 
butiens,  haesitans  lingua,  traultis.  Stieler2224;  staggler,»«. 
im  begue,  balbus.  neues  dict.  (Gen/ 1695)  s.  842.  jetzt  Schweiz. 
staggler  Stalder  2,  390.  Seiler  276'',  daneben  staggli,  »i. 
ebenda.  Hunziker  249,  ebenso  eis.  stackler  und  stackli 
Martin-Lienhart  2,  580*,  tirol.  staggler  Hintner  280.  — 
Stalder  2,390  verzeichnet  auch  stagglig,  adj.  stotternd. 

STAGKR.\GEN,  m.  'auf  den  schiffen,  ein  schwerer  strop 
oder  äuge,  womit  der  untere  theil  des  stages  fest  gelegt 
irird;  er  ist  oben  so  dick,  als  das  stag  selbst'.  Campe. 
BOBRIK424'';  hoU.  stagkraag. 

STAGLATERNE,  /.  'ist  eine  laterne,  die  am  vorstenge- 
stag  gehiszt  wird,  hoch  in  der  mitte  zwischen  beiden  positions- 
latemen,  zum  zeichen,  dasz  das  schiff  unter  dampf  ist'. 
GoEüEL  seemannsapr.  458;  positionslaterne ,  die  vor  anker 
liegende  schiffe  führen,  auch  ankerlaterne. 

STAGNATION,  /.  sfiU.<itand,  fifockung.  Campe  erg.wb.. 
abstracthildung  zu  slagnicrcn,  vgl.  das.  (lat.  stagnatio  ist 
nicht  üblix:h.)  die  artigen  kammermädchen  der  sultanin 
waren  schlechterdings  unentbehrlich ,  die  federn  ihrer 
cinbildungskraft  spielen  zu  machen,  und  eine  sehr  nach- 
iheilige  stagnazion  ihres  herzens  ...  zu  verhüten.  VVieland 
6,214  (der  gold.  Spiegel  1,8);  auch  für  die  befreiung  der 
menschenkraft  aus  der  Stagnation  ererbter  zustände  wurde 
das  aufstreben  der  rilter  eine  wichtige  hilfe.  Freytag 
WW«-2, 1,6  (wer/re  18, 10  dafür-,  aus  dem  stillstand);  die 
velleitäten  des  königs  von  Italien  und  des  grafen  Beust, 
die  durch  unsre  ersten  glänzenden  erfolge  zurückgedrängt 
waren ,  konnten  bei  der  Stagnation  vor  Paris  . . .  wieder 
aufleben.  Bismarck  ged.  u.  erinn.  2, 104. 

STAGNIEREN,  verb.  still  stehen,  stocken;  lehnwort  aus 
lat.  stagnare,  vgl.  Stagnation  und  Weigand  2,792.  zti- 
nächst  vom  waaaer  (daher  gern  m^it  dem  nebensinn  des 
'veraumpfens' ,  faul  werdens  u.  ähnl.);  im  bilde:  ein  ab- 
gespannter mensch  .  .  .  musz  .  .  .  seine  verlorene  Schnell- 
kraft wieder  herzustellen  suchen,  dieses  erlangt  er  im 
Umgang  mit  einer  reizenden  person,  die  das  stagnirende 
meer  seiner  einbildungskraft  durch  gespräch  und  anblick 
in  Schwung  bringt.  Schiller  10, 122  (über  anm.  u.  würde). 
geiDÖhnlich  in  freierem  und  loeiterem  geh-attche:  dasz  ich 
den  maszstab  für  mein  verhalten  gegen  fremde  regirungen 
nicht  aus  stagnirenden  antipadiien,  sondern  nur  aus  der 
Schädlichkeit  oder  nützlichkeit  für  Preuszen  . . .  entnehme. 
BiBMARCK  ged.  u.  erinn.  1, 157 — 8. 

STAGNOL,  n.,  apr.  stanjöl,  blattxinn;  ültere  achreibxing 
für  Stanniol,  vgl.  das.  Adelung.  Kin'derling  225.  Krü- 

NIT7  168,  691/.   WeIOANI)  8,  792. 

STAGNOTBLOCK,  m.  •  wer  hat  sie  (d.  achiff  Ooodefroo) 
gesehen?  nicht  im  hafcn,  wenn  ihre  ricken  stakig  und 
dürr,  wie  verdorrte  lannen,  in  die  luft  starrten,  wenn 
die  «tagnotblficke  klirrten  und  rallten  und  die  schauer- 
leate  in  ihrem  bauch  rumorten.  Frenssen  Hiüigenlei  107. 

STAGSEGEL,  n.  voile  d'itai,  welches  bey  gutem  wetter 
an  dem  stag  aufgeflogen  und  gefUhret  wird.  Eoobrs  S,  888; 
stag-seegel,  drcycckigie  seegel,  welche  ohne  raa  an  den 
stags  ausgespannt  sind.  Jagobrhon  *,847»,  ebn^ao  kv>?.\.\}nn. 
Campe.  KrOnitz  14«,  198/  Goedkl  aeemannas]»:  461  f. 
/toll,  stagzeil. 

STAGTAKEL,  n.  'ein  takel,  icelchea  am  groaten  stage 
tibtr  im  frotten  Mt«  ntm  au*-  und  einladen  der  guter 


dienet  und  gewöhnlich  eine  talje  oder  vierläufer  ist;  auch 
das  ladetakel'.  Campe;  staglackels,  palans  d'itai,  lieissen 
diejenigen,  so  an  dem  stage  befestiget  sind.  Eggers  2, 1075; 
stagtaakel  Bobrik  679''. 

STAGWEISE,  adv.  -.  das  ankertau  steht  stagweise,  'icenn 
das  tau  so  weit  eingeliolt  ist,  dasz  es  die  riehttmg  einea 
stags  hat,  d.  h.  hei  nahe  perpendiktilär  steht.'  Bobrik  84'',  28; 
schon  bei  Campe. 

STAGWURZ,  /.  in  dem  alten  drtiek  von  Hiloegardis 
physica  (Straszb.  15.33)  ist  wol  nur  druckfehler  für  stab- 
wurz  (s.  sp.  380),  arfemisia  abrofanum,  s.  Pritzel-Jessen. 

STAHL,  m.  gehärtetes  eisen. 

I.  verwandtscliaft  und  form,  l)  stahl  ist  ein  gemein- 
germ.  wort,  im  got.  unbelegt;  alfn.  st&l,  n.  Clea8BY-Vio- 
Fus.soN  589'';  daraus  dün.  staal,  schwed.  stäl,  n.;  aga.  style, 
stöli,  Stile,  n.  Boswortii -Toller  920'',  mittel-  und  neu- 
engl,  stcel,  vgl.  Skeat  594;  altfries.  unbelegt  (vgl.  jedoch 
stählen),  neuwestfries.  stiel  (in  Schiermonnikoog  stial),  nord- 
fries.  stähl  (Karrliarde:  ste'l),  s.  Richthoeen  1047''.  Siebs 
in  Pauls  grundr.^  1,1394.1428;  audi  im  altei-n  nd.  spär- 
lich bezeugt:  alts.  *stahal,  dafür  stehli,  chalybem  Wadstein 
93'',  3G,  tnnd.  stäl ,  stael  Sciiiller-Lürben  4,8.5.5»,  wiJi^ 
stael,  holt,  staal,  r^/.  Frangk  950;  ahd.  stahal, -el, -il,  stäl 
Graff  6,  0.84/  (auch  als  personennarne  und  als  erstes  glied 
von  soMien,  s.  Förstemann  l',  1359,  wo  Stallo  jedenfalls 
auszuscheiden  ist,  vgl.  SociN  mhd.  namenb.  a.  47,  3),  mhd. 
stahel  und  stäl  Lexer  handwb.  2, 1128;  chalybs,  gew. 
calibs  hd.  stagcl,  stahel .  .,  slale;  hd.  nd.  stal,  stael.  Dief. 
gloss.W^;  stachel,  stahell,  stahel,  staal.  nov.  gloss.fi6^; 
calibs  stahel  voc.  opt.  25*  Wackernagel  (ll,Sl). 

2)  auszerhalb  des  germ.  läszt  sich  mit  Sicherheit  daa 
altpreusz.  stakla-  in  pannu-staklan  (acc,  erklärt  mit  vuer- 
ysen)  feuerstahl,  mit  dem  urgerm.  *stahla-  identifizieren 
(wobei  indessen  die  möglichkeit  der  enilehnung  nicht  aus- 
geschlos.feji  ist),  vgl.  Nesselmann  thesaurus  ling.  l'russ.  119. 
Bernekeu  d.  preusz.  spr.  239''.  310  (Elbinger  voc.  .370;  deut- 
lich entlehnt  ist  das  russ.  stall),  weitere  beziehungen  sind 
unsicher,  doch  hat  die  Zusammenstellung  mit  dem  skr, 
stäkati  'sich  stemmen,  widerstehen'  und  dem  avest.  sta/ra- 
'steif  einige  Wahrscheinlichkeit,  s.  Fick'  3,  344.  Schrader 
reallex.deridg.altertumsk.l9hf.  Waghter  1579.  Weigand 
2,  792.  Kluge"  375*.  Franck  g."».  Skeat  594.  ten  Doorn- 
KAAT  Koolman  3,297''.  J.GniMM  gramm.  2,99.  Fr.  A.Wood 
modern  language  notes  13,  290, 10. 

8)  die  normale  mhd.  form  ist  stahel,  doch  ist  auch  daa 
contrahierte  stäl  sehr  getcöhnlich,  nicht  nur  in  mitfeld. 
quellen  (Rolandsl.  95, 11.  Pil.  vorr.  6.  pass.  667,  58  Köpke. 
livl.  reimchron.  1595,  s.  unten),  sondern  auch  oberd.  ao 
schreibt  Lachmann  in  den  Nib.  durchxceg  stftl,  ioährend 
Bartsch  daneben  stahel  aetzt;  jenea  tat  einmal  durch  deti 
reim  gesicJiert: 

sin  {Völkern)  videlboge  sntdet      durch  den  herten  stftl: 
er  brichet  fif  den  helmen      diu  lieht  sclilnenden  mftl. 

breitere  oberd.  reimbelege:  •    ' 

in  der  inuern  Indfft 

da.  ist  einer  slahte  stäl  {var. :  slral), 

daj  hat  von  golde  röliu  mal 

und  ist  ef>  lierlo  daj  cj  den  stein 

rehte  sntdet  als  ein  zcin,     ]\'i(i.  1755; 

durch  stn  herze  ein  scharpfe  strftle 

von  golde  und  von  hertcni  stAle.    kröne  10627; 

da;  mtn  herze  d&  vor  gectfit, 

wKre  e;  als  Moni  OlivM 

und  dar  zuo  von  slflle. 

—  das  ^S  dcheine  twflie 

niak  gehaben,  e;  zervar 

und  breste  in  .  .  niuke  gar. 

RKiNnoT  V.  DuRNB  Oeorp  819; 
wart  er  (der  baut»,  ftumibock)  beslafen  mit  Tsen 
und  an  aem  orte  über  •! 
mit  wehaem  eckol  {rtafU)  unde  sl&l  (rar. .-  stäche!). 

Ottokar  retmchron.  811M. 

(daneben  stahel  :  gemahel  8AS99,  ».  unten  II,  f,  c,  S.)  ao  ist 
wol  auch  tu  leatn : 

wes  man  bodarlT  von  crtz  . .  ., 

man  vindt  ufT  dem  borjr  wol, 

d(>H7.  brennt  man  du  f>n  zal 

golt,  RJIlier,  Ysin,  kupfcr,  slahnl. 

Uh.  der  hl.  Maria  Magd,  in  Monbb  ana.  8,IW. 

im  nhd.  iat  die  arhreihung  stahel  im  iß  jahrh.  noch  »eÄr 
gewöhnlich,  darüber  hinatis  kommt  .♦!>  nur  vereinaelt  noch 
vor:    sttthel .   rhnluh^    Dasypodius;    chalyha.  arie»  frrri 


511 


STAHL  (1, 3-5) 


STAHL  (1, 5. 6.  n,  1) 


542 


Fischart  onomast.  (i574)  s.  31;  stahel  Frischlin  nomencl. 
(1586)  22'»  (c.  13) ;  stal,  oder  stahel,  aeiea.  Agricola  berg- 
icerek  buch  (aussl.  der  bergkwärter);  stomöma  . . .  quod 
chalybem,  Siliiis,  nncleum  et  aciem  quoqtie  ferri,  Plin.  vocat, 
stahel.  CoRViNUS /oft» /öf.  452''  (neben  stahl  442*').  belege 
atis  de)-  litteratur  s.  unten  {tirol.  weisth.  i,  566.  Teuerd.  44,  6. 
H.Sachs.  Lonicerus339B.  Paracelsls  2, 256B:  sthahel. 
WiRSUNG.  reichstagsabsch.  l).  im  »pätern  oberd.  wird  auch 
häufig  das  h  zum  Spiranten  verdickt,  so  dasz  stachel 
entsteht,  vgl.  die  glossen  unter  1.  die  belege  gehören  zumeist 
dem  16.  jahrh.  an,  kommen  indessen  auch  im  15.  und  17. 
vor;  besonders  zahlreich  in  den  österr.  weisth.  (stachel  tirol. 
iceisth.  4,  477,  17.  479,  3.  6.  sfeir.  taid.  369,  2,  meist  stachl 
Salzb.  taid.  331,  38.  tirol.  weisth.  1,  17,  25.  41,  9.  4,  477,  20. 
Salzb.  taid.  401, 10,  neben  stal  339,  27,  s.  ferner  die  plural- 
formen unter  h.)  ferner:  ein  schiff..,  dorinne  vil  kouf- 
manschatz  was  .  .  .  und  wol  30  zentner  stacheis.  Basler 
ehron.  4,340,9  {zum  j.  1462);  ach,  sprach  die  ein,  Feür  wa 
finden  wir  dich?  sie  sprach,  in  einem  harten  stein,  da 
schlahen  mit  einem  stachel  daran,  so  finden  ir  mich. 
P.\ULi  schimpf  u.  ernst  n  Österley ;  chalybem  prseparatum 
oder  prseparirten  stachel  (kannst  du)  zu  der  miltz  ...  ge- 
brauchen.  ScHüPPIUS  (1663)  755; 

die  schenckel  (des  bildes),  so  ich  (Daniel)  wytter  sagen, 
warend  von  stachel,  ysen  g'schweizt. 

RuFF  Etter  Heini  3651 ; 
und  ist  so  wolfeil  bi  üch  gesin 
Stachel  und  isen,  brot  und  win. 

(Hans  Rud.)  Manuel  s.  303, 12  Bächtold. 

Bonst  ist  das  h  verstummt  und  vnrd  nur  graphisch  als 
dehnungszeichen  beibehalten,  diese  Schreibung  stahl  ist  im 
nhd.  von  anfang  an  die  herrschende;  daneben  natürlich 
stal,  so  bei  Luther,  Postel  und  noch  bei  Arndt, 
s.  unten,  seltner  ist  andre  längenbezeichnung :  staal, 
chalybs  Gottsched  142,  auch  bei  Wiedemann  gefangensch. 
1, 29  und  Withop  acad.  ged.  1,  259,  s.  die  belege,  vereinzelte 
Schreibweisen  zuweilen  in  der  altem  spräche:  item  bynnen 
onsen  dinckstuyl,  so  in  is  in  onsen  zijden  noch  in  mannes 
gedencken  silver,  bly,  yseren  noch  stäil  gegraven.  weisth. 
2,  789  (vom  j.  1413). 

4)  stahl  ist  in  den  änderte  germ.  sprachen  (auch  im  nl.) 
durchaus  neutr.  dagegen  erscheint  es  im  mhd.  fast  atis- 
schlieazlich  als  masc.  (icährend  die  ahd.  und  mnd.  belege 
das  geschlecht  nicht  erkennen  lassen),  so  deutlich  Lampreht 
Alex.  V.  1260,  Nib.  979,  3  und  1943,  3  (s.  3) ,  Pilat.  vorr.  6, 
Ottokar  25699,  Suchenwirt  45, 64;  das  neutr,  findet  sich 
noch  vereinzelt,  so  in  der  unter  3  angezogenen  stelle  aus 
Wig.  (4755).  vgl.  J.  Grimm  gramm.  3,  378.  auch  im  nhd. 
bezeichnen  die  Wörterbücher  stahl  durchweg  als  masc,  doch 
begegnet  das  neutr.  iciederholt  in  der  litteratur  des  17.  jahrh. : 
welche  eydesleistung  der  griechischen  nahe  kommet;  da 
bey  bündnüssen  ein  glüend  stahl  ins  meer  geworfTen,  und 
betheuert  wird:  es  solle  der  bund  so  lange  tauern,  als 
solch  stahl  nicht  wieder  ans  licht  käme.  Lohenstein 
Armin.  (1690)  2,390*»; 

mein  blankes  schwerd  hat  nie  gerostet  noch  gerastet: 
sein  weitbeschreytes  stahl  hat  herrlich  übergfaistet 
drey  theile  dieser  weit,  und  allemahl  mit  sieg.» 

V.  Birken  osil.  lorbeerh.  (1657)180; 
den  hochbegabten  schmid  (nämlich  den  Organisten  Hammer- 

tchmid),  der  nicht  ein  hartes  stahl,  .  .  . 
nicht  Silber  oder  gold  mit  einem  eisern  hammer 
der  weit  zum  besten  schlägt.     Rist  Pam.  (1668)  33; 

er  hat  viel  tausendmahl 

durch  ein  geschnittnes  stahl 

aulT  müntzen  fürgestelt 

den  Oldenburger  neld.    481 ; 
und  gleichwol  müssen  noch  die  allerklügste  fragen : 
woher  doch  dieser  stein  (der  magnet)  die  wunderkrafl  gewan, 
das  er  ein  hartes  stahl  so  zu  sich  ziehen  kan?    781. 

h)  die  flexion  ist  die  regelmäszige  starke,    auffällig  ist 
folgende  stelle,  icelche  eine  sonst  nie  vorkommende  schwache 
hildung  zu  enthalfen  scheint:  der  donner,  plitz  und  staln, 
wie   ir  sehend,    schlegt  gewönlich  in  die   grosze,   hohe 
gebäw  und  bäume.  Kirchhof  wendunm.  3,28 Österley  (i,i9). 
auch  folgende  stelle  ist  merhcürdig: 
gotes  muoter  reine 
und  dar  zuo  sin  gemahele, 
du  hast  der  tagende  stabele 
s6  wol  gescherpfet  an  dem  snite 
daj  du  der  natüre  site 
Terschriete  mit  der  kiusche  dtn. 

KoNHAD  V.  WüazBüEQ  ffoW.  gcltmied«  440, 


wo  die  metrisch  notwendige  form  allerdings  nur  von  einer 
handschr.  (v.  1350)  geboten  vnrd,  während  die  andern  ge- 
mahel :  stahel  haben,  vgl.  W.Grimm  anm.,  der  stahele 
als  plur.  faszt.  sonst  scheint  der  plur.  in  den  mhd.  be- 
legen nicht  vorzukommen,  auch  im  nhd.  ist  er  nicht  all- 
gemein üblich  und  begegnet  nur  in  bestimmten  Verwendungen 
(von  stählernen  geraten),  in  der  altern  spräche  von  arm- 
brüsten,  stets  mit  umlaut  gebildet,  so  bei  Schaidenreiszer 
als  stahel  und  häufig  in  den  österr.  iceisth.  als  stächl, 
*.  unten  II,  3,  b;  nur  in  folgender  stelle  scheint  der  umlaut 
zu  fehlen:  (niemand  soll)  ainich  pirschpixen,  arinbrost, 
stachl  und  dergleichen  weter  an  die  gebirg  . . .  bringen. 
tirol.  weisth.  1,17,^;  dabei  wird  vereinzelt  sogar  das  ch 
weiter  zum,  verschluszlaut  verhärtet:  item  niemand  soll 
unzimblich  wörn,  als  püxen,  stäckl,  armprost,  wurf- 
pfeil,  kreuzhacken,  pleikugln  und  dergleichen  tragen. 
2,  368, 13  (±6.  jahrh.).  von  den  tcörterbüchern  verzeichnet  nur 
Stieler  2117  den  plural:  stal,  der,  plur.  die  stale,  et 
stahl,  promiscue  enim  seribitur,  chalybs,  stomorna,  purissi- 
mum  et  purgatissimum  ferrum,  ferri  nucleus.  sonst  be- 
gegnet ein  plural  erst  wieder  bei  Klopstock,  und  zicar 
ohne  unüuut  stähle,  zumeist  von  Schlittschuhen,  offenbar 
als  freie  neubildung;  Göthe  (26,  336)  dagegen  sagt  in  dem- 
selben sinne  stähle,  s.  unten  II,  3,  h.  in  technischen  gebrauchs- 
tceisen  auch  stahlen,  s.  II,  3,  i. 

6)  in  den  lebendeii  mundarten  ist  stahl,  wie  es  scheint, 
überall  masc. ;  sonst  entsprechen  die  formen  denen  der  altem 
spräche,  im  gröszten  theile  des  oberd.  ist  das  h,  gewöhnlich 
als  Spirant  oder  verschluszlaut,  erhalten:  Schweiz,  stahel 
Hunziker  249,  stahäl  BOhler  Davos  l,  131,  in  Basel 
staachel  Seiler  276*;  bair.  stähhal,  stägl  (plur.  stähhal) 
Schm.  2,  744,  im  bair.  wald  stiihal,  stäj'al  Bayerns  mund- 
arten 2,258,  in  Iglau  stä^l  Frommann  5,216,  österr.  stagl 
Klein  2, 167,  stagl  Hügel  I5i»',  schdägl  Gastelli  232, 
tirol.kämt.  stachl  Schöpf  696.  Frommann  6,38,3  (Unter- 
innthal).  Le.\er  238  (demin.  stächile),  in  Luserna  stachel 
Zingerle  52,  steir.  stahel  Unger-Khull  568».  sonst  mit 
ausfall  des  h  und  gedehntem  vocal  (in  den  meisten  idio- 
tiken  nicht  angegeben,  doch  wol  überall  vorhanden):  eis.  stäl, 
Stöl  Martin-Lienhart  2,588'',  in  Handschuhsheim  staal 
Lenz  67'',  in  Köln  stohl  Honig  152*.  nd.  staal  Strodt- 
mann  227   (auch  staul).    brem.  wb.  4,986.    SchCtze  4,179. 

D.\HNERT455*.  StCRENBURG258''.  TEN  DOORNKAAT  KOOL- 

MAN  3,  297'',  in  Waldeck  stal  Bauer-Collitz  98''. 

II.  bedeutung.  l)  stahl  im  eigentlichen  sinne,  als  staff 
(ohne  plural):  stahel  (der)  nucleus  ferri,  chalybs.  Maaler 
383**;  stahl,  m.  acier.  acciaio.  Hulsius  dict.  305'';  nticleus 
ferri,  das  beste  eisen,  stahel,  sicut  nos  dicimus,  kerngut. 
CoRViNUS  fons  lat.  442'' ;  stahl, m.  chalybs.  acier.  Schottel 
1420;  stahl,  stal,  m.  acciaro,  acciaio.  Kramer  die/.  2,  gos*"; 
stahl  (der)  chalybs,  ferrum  induratum.  Steinbach  2, 656. 
vgl.:  stael,  chalybs,  stomona,  nucleus  ferri,  acies  ferri: 
genus  durissimi  purgatissimique  ferri,  quo  ferrum  indu- 
ra^r.  Kl  lian;  stahel.  heiszt  griechisch  cÄa^yJ»,  und  bey 
dem  Polluci  stomoma,  lateinisch  chalybs,  bey  dem  Plinio 
nucleus  ferri,  und  acies  ferri.  Wirsung  artzneyb.  im  reg. 

a)  definition:  stahel  ist  auch  ein  eisen,  ist  aber  sub- 
tiler, unnd  gleich  einem  distillierten  eisen,  liarumb  ist  es 
auch  härter,  klärer  und  besser.  Lonicerus  kreuterb.  339B; 
wenn  es  (das  eisen)  wol  geläutert  (gesäubert)  und  etliche 
mal  gehärtet  ist,  so  wird  es  stahl  genennet.  ComeniüS 
sprachenth.  98.  stahl  ist  eisen  mit  '/a  bis  gegen  a^'o  kohlen- 
gehalt;  er  liegt  in  dieser  beziehung  und  in  der  dadurch 
bedingten  härte  in  der  mitte  zwischen  roheisen  (das  loeniger 
kohle  enthält)  und  Schmiedeeisen  und  hat  mit  jenem  die 
leichte  schmeUbarkeit,  mit  diesem  die  schmiedbarkeit  gemein, 
vgl.  Karmarsch-Heeren^  2,  770.  eisen  in  stahl  verwan- 
deln. Adelung:  wenn  es  nun  im  fliessenden  wasser  zum 
öflternraal  wol  abgehertet,  so  wird  auch  stahel  ausz 
eisen.  Mathesius  Sar.  /»•;  so  wird  ausz  gutem  eisen  ein 
rechter  stahel.  79''. 

b)  stahl  ist  also  nur  eine  besondere  form  des  eisens.  jedoch 
betraclitet  es  der  gewöhnliche  Sprachgebrauch  icie  ein  be- 
sonderes tnetall  für  sich  und  nennt  es  gern  mit  dem  eisen 
ztisammen,  vgl.  Ottokar  unter  1,3,  ferner:  stahl  und 
eisen,  eisen  und  stahl,  ferro  ed  acciaio.  Krämer  dict. 
2,903'';  von  ander  kaufmanschaft,  als  hönig,  wachs,  leder 
und  bar,  daran  mer  wagnus  ist,  dann  an  eisen  und  stahel. 


543 


STAHL  ai.  1) 


STAHL  (H,  1) 


544 


iirol.  ireisfh.  i  566,  36;  man  kan  stahl  und  eisen  vertreiben, 
so  vertreibt   man    auch   wol    mensclien.    Pethi  Ppp  3*. 

HENISGH  866,42;  ,  ,  .  , 

eot  frue  und  spät 
den  nim  zu  billT  fUr  stabel  und  fUr  eisen. 

Os\vALt>  V.  Wolkenstein  94,  60  Schatz; 

und  schwöret,  wenn  ibr  schreibt,  der  frau  beystabl  und  eisen: 
ibr  könnet  ohne  sie  kaum  eine  stunde  seyn.    Picandkr  1,  250. 

vgl.  auch  unten  2,  b.  e. 

c)  so  reden  namenüieh  ältere  quellen  auch  von  minera- 
lischem, in  bergtcerken  gegrabenem  stahl,  vgl.  unten  stahl- 
erz,  9.  iceisth.  2,789  unter  1,3  zu  ende;  femer:  die  ertz 
desz  kupffers,  zinnes,  bleys,  eysens,  stahels,  und  welcherley 
andere  geschlechte  es  seyen.  reichstäg  absch.  7 ;  stahl, 
chahjba,  oder,  ein  metall ,  so  dem  eisen  am  nähesten 
kömmt,  und  von  demselben  allein  in  der  härte  unter- 
schieden, er  wird  neben  dem  eisen  aus  der  erde  gegraben, 
oder  durch  kunst  gehärtet.  Jabkonski  745'*,  ebenso  Zincikkn 
öcon.  ter.' 2797,  mit  der  fortsetzung :  am  Fichtelberg,  im 
Vogtlande,  wird  ein  sehr  guter  stahl  gegraben;  vgl.  auch: 

ihn  (gotl)  lobet  auch  das  erz  und  stahl, 
ihn  Silber,  gold  und  eisen. 

Spee  trutznacht.  s.  113  Balke  (27, 101) ; 

ja  lobet  ihn  auch  jederzeit 
ihr  erz  und  glockenspeisen, 
der  erden  reiches  ingeweid, 
gold,  Silber,  stahl  und  eisen.    119  (28,  188). 

d)  jetzt  versteht  man  unter  stahl  durch  kunst  gehärtetes 
eisen,  s.  Nemnich  {chalybs):  stahel  ktimt  von  eisen  und 
Wirt  hert  von  vil  smitslegen  und  widerprechen,  also  dag 
er  kraft  gewint  über  daj  eisen.  Meoenberc.  479,26.  zur 
hersteUung  des  Stahles  giebt  es  verschiedene  verfahren,  wo- 
nach zugleich  die  entsprechenden  aorten  verschieden  benamit 
icerden :  l)  die  hersteUung  direct  aus  den  erzen  durch  renn- 
arbeit, d.  h.  durch  oxydieiendes  schmelzen  (rennstahl,  bei 
Jacobsson  4,  247*  kemstahl ,  auch  wolfsstahl ,  vgl.  c)  ist 
immer  mehr  auszer  gebrauch  gekommen;  2)  durch  frisch- 
arbeit aus  roheiaen,  und  zwar  in  frischherden  (herdstahl, 
schmelz-,  brescianstahl)  oder  in  ßumrnenöfen  durch  ein 
besondres  puddlingsverfahren  (schweisz-,  puddel-,  pudd- 
lingstahl)  oder  durch  einpressen  von  luft  in  geschmolzenes 
roheisen  (flusz-,  bessemerstahl),  vgl.  auch  hammer-,  lupp- 
stahl  (Jheil  6, 1313) ;  3)  durch  ausglühen  von  roheisen  mit 
oxydierenden  pulvern  (glühstahl);  4)  durch  glühen  V07i 
Schmiedeeisen  mit  kohlenstaub  in  verschlossenen  kästen 
(cementierter  stahl,  cementstahl,  auch  brenn-,  blasen- 
ßtahl) ;  5)  durch  zusammenschmelzen  von  Schmiedeeisen  mit 
gutem  roheisen  (Martinstahl);  ferner  können  aus  [diesen 
arten,  die  man  als  rohstahl  (».  theil  8, 1134)  zu^ammenfaazt, 
durch  raffinierung  weitere  Stahlsorten  geiconnen  werden,  und 
zvcar  durch  wiederholtes  zusammenschweiszen,  aushämmern 
oder  vHÜzen.  strecken  oder  gerben  der  gerb-  oder  rafflnier- 
stahl,  oder  durch  umschmelzen  der  guszstahl.  näheres  über 
Stahlbereitung  s.  Zincken  öcon.  lex."^  2798.  Eggers  2, 973—5. 
Adelung.     Jacobsson  4,  248"/.  7,  420»'.  422/.    KrOnitz 

168,593—614.  KarmarSCH  -  HeerEn'  3,  1— 50.  8,435—441. 
SCHEUCHENSTUEL  230/. 

e)  femer  werden  Stahlsorten  benannt  nach  dem  ursprttngs 
lande,  toobei  die  unterschiede  theils  auf  der  be-tcJuiffenheit 
der  verwendeten  eisenerze,  theils  auf  dem  darstellungs- 
verfahren beruhen,  in  älterer  zeit  sind  besonders  fremd- 
ländische arten  bekannt  und  geschätzt: 

nackende  Cbalyber  zollen  dir  stahl. 

Voss  VirgOt  landbau  1,  58; 

eoltvarwer  stahel  fl;  Indta      was  die  glevte  gezieret  mit  nibfne. 
jiing.  Tu.  1284,  4  {vgl.  Wig.  4766  unter  I,  8); 
ich  trage,  wenn  ich  singe, 
die  citber  und  die  klinn 
von  Toledanischem  stanl. 

Geibbl  1,  19  (d.  hfdalgo). 

besonders  auch  Damascener  stahl,  a.  theil  2,701.  KrOnitz 
in.6M — 6:  so  du  eine  gute  Säbelklinge  erwischen  magst . . 
Ton  pit«in  Damascener  stahl.  Fh.  Müller  8,  48.  —  in 
neuerer  neu  gilt  der  englische  stahl  als  der  l>eate.  dem- 
nächst  der  steiermarkische,  von  deutschem  stahl  der  ko- 
nische, Solinger  u. ».  w.,  a.  Jacodsson  7, 410/.  —  andre  arten 
werden  nach  beigemischten  metallen  benannt,  ao  wolfram- 
stahl, der  dem  geholt  an  wolfram  (statt  kohle)  aeine  härte 
verdankt,  {dagegen  enthält  silberstahl  meist  kein  ailber, 
a.  theil  10, 1, 104«.  einen  fabdtiaften  stahl  mit  eingesprengtem 


golde  kennt  Wig.  4756,  a.  I,  S.)  benennung  nach  der  form, 
worin  der  stahl  in  rfen  handel  kommt:  brockenstahl,  th.  2,395, 
vgl.  Jacobsson  4,  2Vi*.  häufiger  nach  den  gegenständen,  die 
daraus  verfertigt  werden:  federstahl  (</»eii  3, 1409),  feilen-, 
klingen-,  messer-,  scharsachstahl  (<ÄetZ  8,  2221),  sensenstahl 
{th.  9,  611).  r^^  ferner  edel-,  eierstahl,  kernstahl  {th.  5,  611), 
kistenstahl  {theil  a,sb9),  specialstahl  (^Aet/  9,  2202)  u.a. 
zaMreiche  benennungen  sind  besonders  bei  Krünitz  168, 
628—32.  634 Jf.  Karmarsch-Heeren*  8,  436jf.  und  ScHEU- 
CHENSTUEL  281  zusammengestellt,  ganz  allgemein:  guter, 
feiner  stahl,  acciaio  buono,  fino.  Kramer  dict.  2,  903''. 

/)  stahl  als  wäre;  vgl.  Basler  chron.  4,340,9  unrf  Mantel 
unter  l,  d,  ferner :  er  hat  auch  den  gürtlcrn  von  hinnen 
.  .  .  gürtlen  genommen  und  ain  wagen  von  diser  stat 
mit  stahel.  d.  städtechron.  22,  143,  5  (Müligh  zu  1468);  item 
des  jars  da  stiegen  hie  die  zwen  saktrager,  die  Katzen- 
peiszer  gepruder,  ...  an  vier  enden  ein,  und  nach  ostern 
da  prachen  sie  eim  flaschnor  und  eim  nagler  ir  krem 
auf  .  . ;  darnach  dem  Pegnitzer  peim  Lankamer  den  kram 
mit  stahel.  li,  .546,  il  (Deichsler  zu  1488);  das  sich  auch 
niemant  ainicherlai  niderlag  mit  eisen,  stachl,  traid, 
güettern  und  anderer  kaufmanswahr  in  disem  gericht 
ze  haben  .  .  .  unterstehe,  tirol.  weisth.  1,41,9;  was  her- 
kumbt  zu  verkaufen,  das  nicht  an  die  palbag  {'ballen- 
wage')  gehört,  es  sei  eisen,  stachel,  waxs,  leder,  h&ut,  . . . 
ir  igleich  sol  bei  der  statwag  gewegen  werden ,  .  .  .  und 
besunder  die  grossen  puschen  eisen  und  meiler  stachl. 
4,  477, 17 — 20,  ebenso  497, 26 — 30 ;  ein  ieder  gast,  der  kauf- 
manschaft  herpringt,  als  eisen,  stachel,  waxs,  wein,  tuech 
. .  .,  der  . .  .  mag  das  wol  verkaufen  in  grosz,  als  eisen, 
stachel  in  meiler  weis.  479,  3 — 6,  ebenso  498,  35 — 38;  das 
die  kaufleut  grosse  swäre  pant  machen,  als  eisen  und 
stahel,  so  vor  zeiten  nit  gewesen  und  iezunt  von  fünf- 
zehen  zenten  hunz  auf  die  zwanzig  zenten  gepunden 
werden.  566,29;  was  kaufmannschaft  iber  lant  gehandlet 
wirdt  und  hie  durch  die  statt  gefiert,  soll  iedes  fueder, 
es  sei  stahl,  eisen,  irch,  leder  ...  geben  ain  kreizer,  es 
werd  gewegen  oder  nit.  614,47;  26  istens  würdet  auch 
denen  .  . .  eisenfuerleuten  .  .  .  dasz  eisen  und  stachl  ab- 
füeren  an  sonn-  und  gebottencn  feiertägen  bei  schwerer 
straff  inhibirt.  Salzb.  taid.  381,  38. 

g)  die  charakteristische  eigenschaft  des  stahles  ist  aeine 
härte,  vgl.  unten  2,a:  daj  der  donr  allermaist  schat 
hertem  ding  sam  stahel  ist  und  vels  und  stain.  MEciEN- 
BERG  92,  24.  er  ist  jedoch  nicht  nur  von  natur  hart,  aon- 
dern  er  hat  die  besondere  eigenthümlichkeit  {abioeichend  von 
andern  formen  des  eisens),  dasz  er  viel  härter  wird,  icenn 
er  in  glühendem  zustande  rasch  abgekühlt  {in  kaltes  icaaser 
eingetaucht)  wird,  womit  zugleich  andre  Veränderungen  ver- 
bunden sind,  und  zwar  iiehmen  dabei  die  kohlenstoffreich- 
sten  arten  die  gröszten  härtegrade  an,  s.  Karmarscii- 
Heeren' 4,  221/  man  unterscheidet  demnach  harten  und 
weichen  stahl:  'harter  stahl,  d.  i.  kohlenstoffreicher,  hat  ein 
geringes  .tpecifisches  gewicht,  grosze  festigkeit,  gro-tze  elasti- 
cität,  jedoch  kleine  dehnung.  weicher  stahl,  d.  i.  kohlen- 
stoffarmer, hat  ein  höheres  specifisches  gewicht,  geringere 
festigkeit  und  elasticität,  jedoch  grosze  dehnung.'  222.  harter 
stal,  duri  chalybis  metaUum,  massa  chalybis  dura.  Stieler 
2117.  {über  eine  besonders  harte  stahlart  a.  Wig.  47.^5  tinter 
I,  8.)  über  die  verfahrungsweisen  zum  härten  des  Stahles 
a.  ebenda  221—8.  Krünitz  168,616—8. 

fl;  stahele  wol  eehcrtet 

wären  si  gemacnet.    troj.  krieg  87W. 

eisen  und  stahl  auffs  allerhärtest  zu  machen,  nim  des 
sands  aus  den  quellbrunnen  die  in  den  wiesen  stehen 
.  .  .  darzu  schwcfel  gleichviel ,  der  klein  gestossen  scy. 
nim  den  rothen  stahl  oder  eysen,  der  noch  nicht  gear- 
beitet worden,  und  mach  daraus  was  du  wilt,  bespreng 
es  mit  dem  vermischten  sand.  und  wann  es  wol  erhitzt 
ist  in  dem  fouer,  so  lösch«  aus  einem  wasser.  darinnen 
mannsharn  gesotten  ist  u.  a.  w.  Coler  hausb.  (1680)  l,  716''; 
stahl  weich  zu  machen.  72«»;  stahl  und  eisen  auffs  här- 
teste zu  machen.  728".  mit  stahl  härten,  temprar«  di 
acciaio.  r.  stähh'n.  Krämer  die«.  2,  »»»s".  mit  der  hart* 
hängt  die  elaadrität  tuaammen,  vgl.  •  Alahanda  »prang  auf. 
wie  gebogener  stahl,  bei  ihrem  eintritt.  Hölukhlin  2,6« 
KösÜin.  ferner  ist  stahl  magnetisch,  s.  Rl8T  Pam.  7»! 
unter  1, 4. 


545 


STAHL  (II,  1) 


STAHL  (11,1.2) 


546 


h)  ztistände  des  siaMs :  glüyiger  stahel,  candem  chalyb». 

Maaler  383*;  blau  angelaufener  stahl,  chalyba  polita  quite 

eolorem  eoeruleum  in  igne  accepit.  Frisch  2.  315"; 

der  stahl  ist  schändlich  angelaufen. 

GÖTHB  2,  218  (kritüer). 

swer  si  {die  deutsche  gprache)  dicke  berte, 

si  wrde  wol  zehe ; 

als  dem  stale  ir  geschee, 

der  mit  sinem  gezowe 

uf  dem  anehowe 

\vrde  gebouge.    Püatiis  vorr.  6. 

t)  hearbeitung  des  Stahles;  verbale  fügungen,  vgl.  Jacobs- 
SON  7,  420*"/. :  stahl  Überglühen,  ausschmieden.  421»;  häm- 
mern: dies  (schicert)  istdiekönigswaffe  meines  geschlechtes, 
...  ein  gott  hat  .  .  .  einst  den  stahl  dazu  gehämmert. 
Freytag  8,141  (ahnen  1,8);  auch  stahl  schlagen,  *.  Rist 
Pam.  33  unter  1, 4; 

wie  du  den  stahl  reckst.  FreiligrathS  2, 138. 
abgelöschter  stahl.  Sebiz  im  reg.  {'s.  63',  stimmt  nicht),  stahl 
durchzuetzen.  nim  ochsengallen,  nesselsafft,  menschen- 
ham  und  essig,  temperirs  durcheinander,  dasz  es  werde 
wie  honig,  streichs  auff,  so  beist  es  durch  stahl  und 
eisen.  Coler  hausb.  (1680)  l,  717».  stahl  feilen :  thue  kisel- 
stein  oder  saltz,  oder  gefeylten  stahl  darunter.  2,  66».  — 
andre  ausdrücke  beziehen  sich  auf  verarbeiteten  stahl, 
stählerne  gerate  (vgl.  3):  stahl  gerben,  brunir.  Jacobsson 

2,  61''/.;  stahl  schmirgeln.  4,250»;  polieren:  blank  von  fusz 
bis  zum  köpf  in  hellem  polirten  stahl.  Fr.  Müller  3,  35; 
sprichwörtlich :  der  stahl  nimmts  nicht  übel,  wenn  man  ihn 
polirt.  Wander  4,  767, 1.  stahl  schärfen.  Jacobsson  4,  423'' 
(vgl.  KoNR.  V.  Würzburg  unter  1,5);  den  stahl  wetzen, 
ferrum  acuere.  Steinbach  2,  656,  vgl.  unten  3,  a,  a.  ß; 

was  Dännemark  in  eisen 
und  wol  geschliffnem  stal  zum  kriege  je  erfand, 
soll  dir  behülflich  seyn  zu  wasser  und  zu  land'. 

PosTEL  Wittekind  s.  65  (3,  671). 

stahl  anlassen,  anlaufen  lassen.  Krünitz  I68,  615/.  stahl 
vor  dem  rost  zu  bewahren.  Jacobsson  7,  422»;  des  eisens 
und  stahels  conservativum  und  preservativum  ist  nichts 
bessers  und  nutzers  als  frischer  ungesalzener  Reinberger 
speck.  Paracelsus  (i590)  6,  274. 

k)  stahl  irird  hauptsächlich  gebraucht,  um  allerlei  ge- 
rate daraus  herztistellen  (die  dann  theiliceise  selbst  als 
stahl  bezeichnet  icerden,  s.  3):  vom  puren  stahl  gemacht, 
gearbeitet.  Kramer  dict.  2,  903«;  das  meszer  ist  von  gutem 
stahl,  lamina  hujus  czdtelli  probe  durata  est.  Stieler  2117; 
eine  schneide  von  stahl.  Adelung;  ein  schild,  eine 
rüstung  von  stahl,  mit  stahl  belegen.  Campe;  eine  ge- 
wisse art  mohren  . . .  brauchen  staal  zu  ihrem  schmuck, 
wie  wir  das  gold.  Wiedemann  gefangensch.  1,  29,  vgl.  7,  45; 
ketten  von  stahl  oder  seide  —  es  sind  ketten.  Schiller 

3,  »4  (Fiesko  3,5); 

helme  vil  guote      Q;  stahele  geslagen. 

Kndr.  1107,  8 ; 
sin  Up  der  wart  gebunden 
in  ringe  starc  von  stahele. 

Ko>RAD  V.  WüRZBURG  Engelh.  3591 ; 

.♦.  atich  RuFF  Etter  Heini  3651  unter  I,  3.  stahJ  mit  andern 
metallen  zusammen  verwendet  (kröne  10527  unter  I,  3):  man 
trüg  im  (kaiser  Friedrich  JH.)  da  vor  ain  cron,  die  was 
von  gold,  Silber  und  stahel,  die  man  haiszt  die  Maylan- 
dischen  cron.  d.  städtechron.  22, 319,  41 ; 

von  st&le  und  euch  von  golde     rtch  er  (der  tchüd)  was  genuoc. 
.....  ,  Nib.  416,3; 

vil  bninjen  0?er  mä;e 

von  stäle  und  von  golde.     livländ.  reimchron.  1596. 
80  auch  :       bei  meinem  hamasch  ist  stäche!  viel. 

PicHLER  drama  des  mittelalters  t.  46 
(Sterzinger  ottersp.); 
der  staal  am  pflüge  nährt  und  mordet  an  den  klingen. 

WiTHOF  acad.  ged.  1,  259; 

(im  bilde:)  dasz  der  cardinal  einen  hasz  werfen  würde  auf 
Rohan,  das  Werkzeug,  dessen  edler  feiner  stahl  zerbrochen 
war  in  seiner  es  miszbrauchenden  band.  C.  F.  Meyer 
Jenatsch  s.  270.  sprichwörtlich:  wenn  der  stahl  vom  messer 
vernutzt  ist,  so  schneids  nicht  mehr.  Lehmann  (834,7) 
bei  Wander  4,  767,  7;  vgl.  -.  ich  weisz,  dasz  ich  nicht  werde 
lange  leben,  dazu  so  ist  mein  kopff  wie  ein  messer,  denn 
(l.  dem)  der  stahl  ist  gantz  und  gar  abgewetzt,  und  eitel 
eisen  worden,  das  eisen  schneidet  nimmer,  also  ist  auch 
mein  kopff.  Luther  tischred.  zu^  (werke  &\,vh  Irmisch). 
X.  2. 


i)  ferner  werden  feine  atdhlplatten  zur  Vervielfältigung 
von  bildem,  Zeichnungen  u.  s.  10.  benutzt,  in  stahl  stechen. 
Campe,  r^^  Stahlstich:  diese  Zeichnungen  aber  läszt  herr 
Seidel  in  stahl  stechen ,  was  sich  durch  die  unzahl  der 
abdrücke  .  .  .  immer  bezahlt,  ein  schönes  geistliches  bild- 
chen  der  neuen  zeit  ist  die  heilige  familie  nach  Schlott- 
hauer, in  stahl  gestochen  von  Fleischmann.  Rrentano 
9,  250.  geschnittnes  stahl  *.  Rist  Pam.  481  unter  I,  4. 
vgl. :  eisen,  stahl,  kupffer,  oder  ander  metall  zu  machen, 
dasz  man  darein  graben,  stechen  oder  schneiden  kan. 
Coler  hausb.  (I6S0)  1, 728''.  die  ältere  zeit  kennt  auch  ätzung 
in  stahl .-  ein  schrifft  oder  etwas  anders  in  stahl  oder  eisen 
zu  etzen.  717». 

m)  in  der  altem  zeit  icird  stahl  auch  zu  mannigfachem 
medizinischen  gebrauche  benutzt,  besonders  indem  er  im 
kalten  oder  glühenden  ztistande  in  wasser  gelegt  wird  und 
dieses  zum,  trinken,  waschen  u.  s.  w.  dient:  mach  dag  prunn- 
wagger  kalt  mit  stahel,  da  mit  küel  dein  haupt.  Megen- 
berg  5,  28;  das  wasser  oder  wein,  darinn  ein  glüend  eisen 
oder  stahel  gelöschet  ist,  bekompt  nützlich  der  schwacheit 
desz  magens,  und  desz  miltzes,  getruncken.  Lonicerus 
kreuteib.  339 B;  stahel,  den  nimb  klein  gefeilet,  wirft  den 
in  brunnenwasser,  reib  jhn  wol  zwischen  bänden,  und 
lasz  jhn  gefallen,  schütte  das  unrein  wasser  darvon,  und 
wider  reins  daran,  so  offt  gewaschen,  bisz  es  lauter  bleibt, 
als  dann  thu  den  stahel  in  ein  verglaset  geschirr,  geusz 
essig  daran,  dasz  er  feucht,  aber  nit  bedeckt  werde,  lasz 
30  tag  weichen,  und  offt  umbrühren,  darnach  stosz  jhn 
klein,  und  reib  jhn  ab  wie  perlen.  Wirsung  artzneyb. 
(1597)  16  B  (dazu  im  reg. .-  stahel  zum  gebrauch  der  artzney 
zu  bereyten);  nimm  frisch  brunnenwasser  so  viel  du  wilt, 
mach  ein  stück  stahel  glüend,  unnd  wirffs  dareyn,  bisz 
er  erkaltet,  unnd  also  thu  jhm  drey  oder  vier  mal,  bisz 
das  wasser  anfahet  recht  zu  sieden,  lasz  erkalten,  und 
brauchs  warzu  du  wilt.  35  C;  *.  auch  Schuppius  755, 
unter  I,  3.  (ähnliches  noch  in  der  Volksmedizin,  während 
sonst  geicöhnlich  eisensalze  verwendet  werden.)  vgl.  stahl- 
bad,  -wasser,  -öl,  -tinktur  u.  a. 

n)  über  den  ebenso  mannigfachen  gebrauch  des  stahls  im 
Volksaberglauben  vgl.  E.  H.  Meyer  myth.  s.  137.  209.  214.  215. 

2)  stahl  in  freierem  und  übertragenem  gebrauche. 

a)  stahl  wird  typisch  gebraucht  in  bezug  auf  seine  härte 
(vgl.  l,g),  so: 

sich  mocht  ein  stahel  von  dem  fueje  (futztriüe)  clieben  (wie 
viel  mehr  mein  herz  /)     Laber  jagd  91. 

die  härte  des  Stahles  wird  daran  gemessen,  dasz  er  andre 
dinge,  z.  b.  steine,  schneidet  (märchenhaft,  s.  Wig.  4755 
unter  I,  3);  daher  mit  urnkehrung  des  icirklichen  Verhält- 
nisses in  der  'red  von  hübscher  lug': 

mit  pley  man  wol  den  stahel  schriet 
tze  weinachten  in  dem  summer. 

Suchbnwirt  45,  tu. 

50/15*  loerden  in  diesem  »inne  auch  stahl  und  stein  gern 
in  allitterierender  formel  zusammen  genannt  (une  sonst 
stahl  und  eisen,  8.i.,b): 

die  zeit  zermalmet  stahl  und  stein. 

LiCHTWER  127  (fab.  4,  7); 
durch  seine  ^ister  läszt  er  dort  von  stahl  und  stein 
ein  anersteiglich  schlosz  bereiten. 

Nicolai  verm.  ged.  8,  33. 
(im  bilde  .•)    erweiche  stahl  und  steine 
auf  dasz  das  herze  weine, 
das  böse  sich  bekehre! 

P.  Gerhardt  s.  113  Oödeke  (39,  86). 

(sonst  stahl  und  stein  in  anderm  sinne,  s.  unten  3,/.) 

b)  so  stahl  in  vergleiclien:  hart  wie  stahl  und  eisen, 
vtdg.  chalybe  et  ferro  durior,  durissimum.  Frisch  2,  315«. 
von  menschen:  er  ist  wie  eisen  und  stahl,  egli  e  come 
ferro  ed  acciaio,  met.  robusto,  forte,  gagliardo,  it.  fatato, 
ajfatato,  invulnerabile  per  arte  diabolica.  Kr.\mer  dict. 
2,903*",  induratus,  perpessitius  est,  occalluit.  Stieler  2117; 
entxceder  mit  bezug  auf  rolntste  Constitution,  unverwüst- 
liche gesundheit  und  körperkraft:  der  N.  had  a  natur 
wiar  aus  stagl  und  eis'n.  Hügel  154'';  da  man  teglich  .  . 
könig  .\rtus  hoff  und  taffei  held,  und  alles  mit  eins  auff- 
schlucken  und  aussauffen  wil;  unnd  mit  essen  und 
trincken  zu  sich  einstürmet,  als  ob  einer  von  stahl  ge- 
macht were.    Dan.  Schai.ler   theolog.  heroldt  (1604)  517; 

i    oder  ethisch  gewendet,  als  attsdruek  einer  'harten'  oder  festen 

35 


547 


STAHL  ai.  2) 


STAHL  (LI  2. 3) 


548 


gesinnung,  zuvtrläasigkeit,  ketiscfiheit  u.  a. :  dieser  republi- 
kaner  ist  hart  wie  stahl!  Schiller  3,  24  {Fiesko  i,  7); 

ja  was  herter  ir  müt, 
danne  stahel  in  der  glüt, 
grimmer  danne  da;  mer. 

Albrf.cht  V.  Halberstadt  84, 188; 
bruder,  da«  weib  ist  ehren  frumb 
von  gutem  gschlecht,  hat  Bancbanum 
den  thewren  mann  zu  eim  gemahel 
gerecht  und  standhafTtig  wie  stahel. 

H.  Sachs  4,  2,8»; 
ich  bin  nicht  mehr  ewr  ehlich  gmahel 
in  keuscher  zucht,  ehmvest  wie  stahel.    1C<) 

das  hab  ich  euch  nie  gesagt,  dasz  ich  unter  der  hiesigen 
garnison  meine  vögel  habe,  auf  die  ich  zählen  kann,  wie 
auf  eisen  und  stahl.  Schiller  3,272  {Fiesko  3,3  hühnen- 
bearb.).  vgl.  noch:  (die  halsstarrigen  leute)  lassen  jnen 
nicht  sagen ,  wehren  noch  stewren ,  ...  als  betten  sie 
eisen  und  stal  im  halse,  das  niemand  brechen  kan,  bis 
der  hencker  mit  dem  rat  entzwey  stosse.  Luther  28,  753, 11 
Weim.  ausg.  (z.  l:  der  ein  eisern  bein  hat  im  nacken. 
pred.  über  5  Mos.  9).  weniger  klar  ist  die  redeweise  zu- 
sammenhalten wie  stahel  und  eisen.  Schm.*  2, 744.  — 
doch  xcird  stahl  auch  in  bezug  auf  andre  eigenschaften  zum 
vergleich  herangezogen .  so  toegen  der  glätte  und  des  glanzes 
von  poliertem  stahl: 

himmelan  sie  (Famts  bürg)  strebt  empor, 
60  starr,  so  wohl  in  fugen,  spiegelglatt  wie  stahl. 

GÖTHB  4,  2.57  {Helena). 

mit  bezug  auf  den  magnetischen  cliaracter:  ich  weis  nicht, 
ich  mus  was  magnetisches  an  mir  haben,  dasz  dir  alles 
lumpen-gesindel  auf  gottes  erdboden  anzieht  wie  stahl  und 
eisen.  Schiller  2,  82  (räuber  2,  3  schausp).  vgl.  ferner 
unter  3,  k.  folgender  vergleich  scheint  blosz  den  sinn  einer 
Verstärkung  zu  haben,  ohne  bestimmte  beziehung: 
der  Petrus  lügt  wie  stahl  und  band. 

Arnim-Brentano  wunderh.  1,  411  Boxberger 

c)  stahl  übertragen 

a)  auf  andre  dinge  wegen  ihrer  härte: 

wenn  sich  die  schöne  jahrszeit  verliert 
und  die  erde  zu  stahl  gefriert. 

RÜCKERT  Firdosi  3,  93. 

von  schwer  verdaulichen  speisen:  da'  käs  is  z.  morgast 
stächl,  r.  mitt&g  eisn,  z.  nachts  blei.  Frommann  6,33,3 
(TJnterinnthal). 

ß)  von  menschen,  zunächst  von  stahl  sein  in  bezug  auf 
gesundheit  und  physische  iciderstandskraft :  he  is  vun  st  aal 
nn  ysen  er  ist  sehr  stark.  Schütze  2,  204;  v.  Rasch,  armer 
herr  von  Trümmer!  wenn  der  schreck  nur  keinen  ein- 
flusz  auf  ihre  laune  und  gesundheit  hat.  v.  Trümmer. 
ach,  ich  bin  gottlob  von  stahl  und  eisen.  Gotter  ged. 
8,  263.  {dieselbe  wendung  auch  von  der  Widerstandskraft 
gegen  liebesreize:  sie  ist  in  der  that  schön  .  .  .  unser  herr 
pfarrer  sagt,  es  sey  sünde,  wenn  man  so  was  anschaue.  . . 
der  gute  herr  pfarrer  ist  eben  auch  nicht  von  stahl  und 
eisen.  Wieland  il,  220  =  don  Sylvia  3,  6.)  vgl.:  so  sasz 
er  versunken,  als  sei  etwas  von  dem  stahl,  der  trotz  jähre 
und  wunden  den  verwitterten  körper  immer  wieder  in 
die  höhe  schnellte,  geschmolzen.  W.  Alexis  Isegrimm  372. 
dann  auch  von  den  einzelnen  gliedern: 

grausamer,  zu  muthvoller  Odysseus,  nie  doch  erschlafft  dir 
nur  ein  gelenk;  nein,  wahrlich,  aus  stahl  ward  alles  gebildet 
(jaidtjfta  ndvra  TtTvxTat).    Voss  Odyet.  12,  280. 

•o  besonders  von  der  hand.  schon  in  ethisclie  bedeutung 
tibergehend:  ,,-,  j^^^^  höllebrand  (Herodai) 

dem  dürren  Eacus  die  ungeslalte  band  .  .  . 
die  blutverstockt«  band,  die  band  von  stahl  und  stein 
vor  seinem  richterstuhl  zu  unerschöpfter  pein 
mit  heulen  tlberreicbt.    Scultbtus  bei  Lessing  8,280; 

dort  ist  der  Milota,  ein  tOcht'ger  mann ; 

kein  köpf,  doch  eine  Tauet  von  stein  und  stahl. 

Grillpakzkr*  6,  79  (könig  Ottokar  8). 

durchaus  ethisch  gewendet  vom  herzen :  dennoch  weichen 
■ie  nicht  Im  hertzen  von  jrem  sinn  und  bÄsen  farnemen, 
werden  nicht«  beweget,  das  sie  von  jrem  toben  abgelassen 
betten,  dos  sind  hertzen  von  eitel  stal  nnd  demand. 
LuTHKR  18,09,87  Weim.  ausg.;  herze  von  stAle,  «.  Rbin- 
BOT  V.  Durnb  %mt«r  1,8;  dafür  auch: 

swi«  vatto  ich  ab«r  io  venutM, 

doch  ift  min  herz«  stah«!  uibt.    trt^.  krisg  81986. 


ähnlich  sagt  man  auch  vom  menschen,  dasx  er  stahl  {nicht 
von  stahl)  sei,  in  ethischem  sinne,  verschieden  nuanciert, 
{im  ausgeführten  bilde:) 

du  junger,  schneid'ger,  funkensprtth'nder  stahl, 
werde  ein  schwert  du  für  dein  Vaterland! 

Wildenbruch  Harold  ».  ♦; 
er  stahel,  swa  er  ze  «trlte  quam.    Parz.  4, 15 ; 
da  {die  heü.  Katharina)  were  an  vestenunge  ein  stal. 

pass.  C67,  68  Köpke; 
sei  stahl  und  kiesel ;  doch  im  schlösse  dort 
wird  zärtlich  mir  dein  herz  entgegen  schlagen 
und  widerrufen  dein  geharnischt  wort. 

Fulda  talitman  27 ; 
der  dichter  ist  reiner  stahl,  eben  so  empfindlich  wie  ein 
zerbrechlicher  ginsfaden  und   eben  so  hart  wie  ein  an- 
geschmeidiger kiesel.  Novalis  2, 148  Meiszner. 

y)  andrer  art  sind  die  folgenden  Wendungen  {die  aller- 
dings eine  eigenthümlichkeit  des  einen  autors  zu  sein 
scheinen),  wo  stahl  zunächst  den  stoff  bezeichnet,  tooraus 
ein  mensch,  seinem  geistigen  wesen  nach,  besteht  {icie  sonst 
holz,  vgl.  das.  1,  d,  theil  4,  2, 1764/.),  wenn  auch  die  zuletzt 
besprochene  bedeutung  als  nebenvorstellung  hineinspielt: 
der  augenblick  deiner  bestimmung  ist  da,  entweder  ein 
Philister  zu  werden,  oder  ein  mann  von  meinem  stahl, 
den  kein  band  der  erde  fesselt.  Klinger  1,183;  ha,Velasko, 
ich  hab'  die  menschen  verachten  lernen,  und  diess  giebt 
dem  mann  von  unserm  stahl  den  schwang.  2,  9. 

S)  selten    in    dichterischer  spräche    auf  abstractes  an 
gewendet:         o  groszes  wort,  o  fester  stal! 
0  hämisch  sonder  gleichen! 

Arndt  ged.  225  {vgl.  3,  c). 

mhd.  der  tugende  stahel  {im  bilde),  s.  Konrad  v.  Wörz- 
BURG  unter  1,5;  derselbe  ausdruck  dann  wiederttm  von 
der  person  selbst: 

da;  got  kunic  Ruodolfen  nam 
einer  konschaft  gemahel, 
der  tueent  und  der  6ren  stahel, 
die  saeldenrlcben  frouwen  Annen. 

Ottokar  reimchron.  86899. 
3)  stahl  bezeichnet  ferner  allerlei  daraus  veifertigte 
gerate:  stahl,  .  .  .  acciaio,  it.  stromento  fatto  di  esso. 
Kram  ER  dict.  2,902^;  so  ganz  unbestimmt  in  der  unter 
I,  4  angezogenen  stelle  aus  Lohenstein  Armin.  2,  sgo». 
in  diesem  sinne  wird  zu  stahl  auch  ein  plural  (meistens  mit 
umlaut,  8.  oben  I,  5  und  unten  b.  h.  i)  und  ein  deminutiv 
(stählchen,  *.  das.)  gebildet,  neben  der  individualisierenden 
gebrauchsweise  steht  häufig  eine  colleetive,  die  sich  dann 
von  1  nicht  sondern  läszt. 

a)  so  besonders  von  schneidenden  Werkzeugen,  waffeti  aus 
stahl:  'in  der  höhern  Schreibart  ist  der  stahl  oft  ein  schnei 
dendes  oder  stechendes  Werkzeug,  ein  schwert,  messer  oder 
degen'.  Adelung. 

a)  am  häufigsten  vom  schwert,  degen:  Philotas  .  . .  seinen 
freund  und  sein  schwerd  musz  man  nicht  blosz  von 
auszen  kennen,  {er  zieht  es  .  .  .)  Strato,  ich  verstehe  mich 
mehr  auf  den  stahl,  als  auf  die  arbeit,  glaube  mir, 
prinz ;  der  stahl  ist  gut.  der  könig  hat  . . .  mehr  als  einen 
heim  damit  gespalten.  Lessing  2, 111  {Phil.  8);  Amalia. . . 
wie  er  sie  umarmen  will,  reiszt  sie  ihm  den  degen  von  der 
Seite  .  .  .  dieser  stahl  soll  deine  geile  brüst  mitten  durch- 
rennen. Schiller  2, 112  {räuber  3, 1  schausp.);  Kalkagno 
. . .  hier  kniet  noch  ein  Genueser,  und  legt  seinen  furcht- 
baren stahl  zu  den  fassen  der  Unschuld,  so  gewisz  möchte 
Kalkagno  den  weg  zum  himmcl  ausfindig  machen,  als 
dieses  sein  schwerd  die  Strasse  zu  Dorias  leben.  8, 40 
{Fiesko  l,  12);  hier  nimm  diesen  stahl,  fuhr  er  fort,  indem 
er  einen  zweiten  säbel  aus  seinem  oberrocke  hervorzog. 
Grilli'arzer*  11,  246  {klost.  b.  Send.);  ich  antwortete 
darauf  in  derselben  tonart:  'ich  will  nicht  küssen  das 
blanke  schwert  —  ich  will  das  rote  Sefchen  küssen!" 
und  da  sie  sich  aus  furcht,  mich  mit  dem  fatalen  stahl 
zu  verletzen,  nicht  zur  gegenwehr  setzen  konnte,  muszte 
sie  es  geschehen  lassen.  Heinr  7,  609  Elster;  jetzt  sprUnge 
und  Bohwert«chläge  schnell  wie  der  blitx,  ...  im  wirbel 
flirrte  der  blanke  stahl.  Frkytags,  88  (aAn«n  1, 1, 8); 

drauf  greift  er  mit  der  hand  an  den  nschärfUn  stal. 

der  auf  d«m  tisch«  lag,  zieht  in,  und  wetzt  dreynial. 

•b  di«««  wort«  noch  TorhaJUn,  Felienb.  1,  9; 

sehn  ihre  fhinen  sie,  durchrannt 

Toni  spitzgen  stahl.  zuHummenfnllen, 

das  srhwcrdt  mit  blut  bosch&umt. 

Srhii.i.kr  0,418  (Didoi  loa  Ut;; 


549 


STAHL  (II,  3) 


STAHL  (II,  3) 


550 


dahin,  dahin  mit  schwert  und  fenerbrandel 
sie  müssen  dort  auch  vmsem  mut  erfahren 
nnd  kosten  unsem  stahl  und  nnsre  bände ! 

Ghamisso  2, 107  Koch  {sage  v.  Alex.). 

messer,  dolch :  ehedem  wohl  gab  es  einen  vater,  der  seine 
tochter  von  der  schände  zu  retten ,  ihr  den  ersten  den 
besten  stahl  in  das  herz  senkte.  Lessing  2, 188  (Emil. 
6al.  5,  7) ;  sie  erwarten  vielleicht,  dasz  ich  den  stahl  wider 
mich  selbst  kehren  werde?  189;  er  (Ätretis  als  priester) 
. . .  befühlt  die  dem  tode  geweihten ,  legt  sie  zurechte, 
und  ergreift  den  stahl.  4,  273  (vorher:  das  Schlachtmesser); 
aber  der  wütrich  stiesz  und  drückte  so  lange  nach,  bis 
sich  der  stahl  in  der  wunde  verlohr.  274;  er  hält  das 
vom  doppelten  morde  blutige  eisen  .  .  .  und  höhlt  weit 
von  dem  körper  aus.  der  stahl  drang  in  der  brüst  ein.  275 ; 
als  der  erschrockene  schwieg,  griff  er  nach  dem  dolch- 
messer  . .  .  bei  einer  unvorsichtigen  bewegung  des  sträu- 
bens,  die  er  gemacht,  hatte  der  spitze  stahl  seinen  hals 
geritzt.  C.  F.  Meyer  Jenatsch  54; 

was  willst  du  mit  diesem  dolche?  .  .  . 

oder  hast  du  gen  dich  selber 

diesen  bösen  stahl  erhoben?    Brent.a.no  3,  227. 

ungeioöhnlicli   von  einer  pfeilspitze  • 

hoch  aus  der  lufl,  mit  dem  pfeil  des  jünglinw 
in  dem  fittige,  sinkt  und  bleitt  trauernd  am  ufer  stehn 
der  gesellige  kranich.  .  .  .  doch  er  sinkt 
noch  oft.    er  verbirgt  stahl  in  dem  fittig. 

Stolbkrg  2,  80. 

meist  ist  die  spezielle  art  de»-  vMffe  nicht  erkennbar  (ircnu 
atuih  zumeist  an  das  schicert  zu  denken  ist): 

und  von  des  vaters  blute  triefen  soll 
des  sohnes  stahl,  im  gräszlichen  gefechte. 

Schiller  12,  265  {Wdllengt.  tod  2,  7). 

ß)  gern  mit  dem  zusatz:  einem  einen  kalten  stahl  in 
den  leib  jagen,  cacdar  ad  uno  delV  acciaio  cioe  uno  Sti- 
lette, coltello,  dargli  utia  stilettata.  Kramer  rftc^.  2,  903'» ; 
am  kalten  stahl  sterben,  perire  gladio,  ense  jugulari. 
Stieler  2117 ; 

es  reisz  ein  kalter  stahl  den  heiszen  ffirsatz  ein. 

HOFMANNSWALDAU  bei  StKINBACH  2,  656. 

andere  heiic&rter  charakterisieren  den  stahl  nach  seinem 
gebrauche  und  gehen  auf  die  damit  ausgeführte  that:  tödt- 
licher  stal,  chalybs  vulnificus,  letifer.  Stieler  2117;  ein 
tödtlicher  stahl  vergiesse  sein  feindseliges  blut.  Lessing 
4,264; 

dich  frevelhafter  stahl,  den  mordgier  auf  mich  zückte. 

Schiller  6,  354  {zergt.  Trojas  26) ; 
und  ich  erwart'  es,  dasz  der  räche  stahl 
auch  schon  für  meine  brüst  geschliffen  ist. 

12,  236  {Wollenst,  tod  1,  7). 

dafür  auch  Zusammensetzungen  wie  mordstahl,  s.  th.  6,  2553, 
opferstahl,  theil  7,1308;  ähnlich,  auch  der  fangstahl  des 
Jägers,  s.  theil  3, 1316 : 

mich  berauscht  sie,  die  mit  jagdrohr,  tmd  mit  fangstahl  an 

dem  leibgurt  .  .  . 
auf  der  wildbahn  sich  einherschwang. 

Voss  3, 169  {die  jägerin). 

y)  collectivisch :  fürsten,  welche  an  ihren  waffen  ver- 
zweifelten, suchten,  nicht  immer  vergebens,  mit  gold 
h&upter  einer  nation  {der  Schweizer)  zu  gewinnen,  gegen 
welche  ihr  stahl  nichts  vermocht  hatte.  Stolberg  6, 193. 
dahe^-  als  Umschreibung  des  kriegshandwerks : 
ihr,  die  des  höchsten  rath  bestimmt, 
der  weit  mit  stahl  und  bley  zu  dienen! 

Gü>rrHER  142,  ».  auch  Steinbach  2,  656 ; 
SO  auch :     und  wenn  sich  dann  und  wann  ein  weib 
zu  stahl  und  kiel  geschickt  erwiesen. 

ebenda  (Günther); 
da  fand  er  einen  held, 
desz  faust,  vom  stahl  eeschwollen, 
zum  Schlegel  sich  wohl  stellt  .  .  . 
nachdem  der  krieg  geendet, 
zur  arbeit  er  sich  wendet. 

wunderh.  1,  289  Boxberger. 

6)  da  auch  die  rüstung  aus  stahl  besteht  (*.  unten  c), 
so  ist  es  ein  geusbhnlicher  ausdruck  für  das  kampfgetümmel 
der  älteren  zeit:  die  todfeinde  sprangen  gegen  einander, 
schildlos  in  helmkappe  und  panzerhemd  mit  geschwunge- 
nem schwert.  stahl  schlug  an  stahl.  Freytao  8,  108 
{ahnen  l,  i,  6); 

aldä  grifen  si  zen  swerten  sider. 

ft  wl  daz  für  dar  öj  spranch, 

dfl  ein  slahel  wider  den  ander  dranch. 

Yorauer  Alex.  1S60. 


/)  darauf  beruht  v:ol  das  Sprichwort:  ein  stahel  bricht 
den  andern.  Franck  1,  87''.  Egenolff  346*.  Simrock  9805; 
dafür  auch  {zunächst  als  blosze  lautliche  Variante,  s.  I,  3, 
dann  vielleicht  auch  miszverstandeti) :  ein  stachel  bricht 
den  andern,  *.  stachel  3,  a,  sp.  386.  eine  andre  sprichwört- 
liehe  redexceise  findet  sieh  einmal  im  16.  jahrh. : 

wenn  einer  sihet  ein  bösen  man, 

den  geht  nicht  leichtlich  feindtlich  an, 

besorgt  sich,  i'a;  er  jn  auch  zwack, 

und  denckt,  er  hab  auch  stahl  im  sack.  . . . 

zwey  messer,  gleichs  scharpff  all  beyd, 

helt  eins  das  ander  in  der  scheyd. 

B.  Waldis  Egop  2,  4B,  16. 

5)  von  hier  aus  übertragen: 

sie  hat  des  lebens  fittig  mir 

mit  ihrer  zunge  scharfem  stahl  gelähmt! 

H.  V.  Kleist  2,  420  Schmidt  {Hermannsgckl.  5, 5) ; 
vgl.  auch: 

denn  du  bist  da,  mit  einem  wort  von  stahl 
im  Zweikampf  ihren  ausspruch  zu  beweisen! 

293  {Käthchen  6, 1). 

b)  eine  speziellere  bedeutung  findet  sich  im  oberd..  be 
sonders  im  16.  jahrh.  hier  bezeichnet  nämlich  stahel,  stahl 
den  stählernen  bogen  einer  armbrust  und  dann  {so  gewöhn 
lieh)  eine  solche  armbrust  selbst,  s.  Adelung.  Weisz 
kostümkunde  2,  766.  Schm.  2,  744  {hie  und  da  noch  jetzt). 
Unger-Khull  steir.  Wortschatz  568'',  vgl.  auch  Jacobsson 
1,251''/.  und  Stahlarmbrust,  belege:  jtem  ob  ainer  ain 
veint  hat,  tregt  ain  gespannten  stahel  und  schüest  nit, 
ist  nichts  verfallen.  Kali  en back  österr.  pan-  U7id  berg- 
taidingb.  (Wien  lS4ß)  s.  505»  (94,7);  so  weit  darüber  als 
verr  man  mit  ainem  stachl  schiessen  mag.  401,10;  wie 
zu  Aichstett  etliche  burger  den  letsten  osterfeyrtag  1607 
zu  dem  zihl  mit  dem  stahel  geschossen,  sey  der  stahel 
unversehens  los  gangen,  quelle  bei  Schm.  2,  744; 

herr,  reit 
für  kurzweil  birschen  in  den  wald, 
jr  werdet  ein  stück  wilpret  bald 
finden  zu  schieszen  nacn  eurm  lust; 
den  stahel  fürt  vor  euer  brüst 
gespannet,  darauf  ein  geschosz. 

Teuerdank  44,  6  Gödeke; 
Lompas  der  trug  den  stahel  and  kein  bolz. 

liederb.  aus  dem  16.  jahrh.  s.  382, 11 

{dafür  bei  H.  Sachs  fab.  und  schw.  3,  *.  49  neudr.  .• 

Lfimpfis  drug  das  armprost  und  het  kein  polcz). 

speziell  vom  bügd:  dann  zugleicherweisz,  wie  ein  boltz  vom 
armbrost,  sein  natürlichen  schütz  hat,  also  dasz  jhn  die 
natur  treibt,  nach  dem  und  der  sthahel  natürlich  gutt  und 
starck  gemacht  ist.  Paracelsus  (1616)  2,  256  B.  —  in  dieser 
bedeutung  häufig  im  plural  {mit  umlaut,  s.  I,  5) :  die  werber 
triben  kurtzweil  vor  dem  hoff  Dlyssis,  etlich  schössen 
mit  den  stäheln  oder  pfeilen.  Schaidenreisser  Odyss. 
72»  {ai/avir^oiv  ieixte.  17,168);  für  das  zehente  sol  sich 
auch  kain  underthon  .  . .  mit  stachln,  pixen  und  andern 
dergleichen  Instrumenten,  so  dem  schiessen  zuegethan,  in 
den  gehilzen  oder  auen  .  .  .  betreten  lassen.  Salzburg, 
taid.  91,17;  da  hierüber  iemants  mit  püxen  oder  stächlen 
betreten  wurde.  223,  anm.,  5;  neunzechenten  solle  sich 
meniclich  allerlei  wilprädt  schiessens  .  .  .  genzlich  ent- 
halten und  ...  zu  pürg,  holz,  feldem,  auen  und  wassern 
mit  pixnen,  armprüst,  stächein,  röhr  und  vischzeug  nit 
betrötten  lassen.  270,32;  es  sol  niemant  unziemblich 
wöhren,  als  pichsen,  stächl,  armbrost,  wurfpfeil,  plei- 
kuglen  und  dergleichen  tragen,  tirol.  weisth.  i,  130,  25.  »co 
der  umlaut  fehlt,  ist  eher  collectiver  gebrauch  anzunehmen  : 
das  sich  auch  kainer  .  .  .  unterstehe,  mit  pichsen,  arm- 
prosst  oder  stal  in  die  hölzer  zu  gehen,  steir.  taid.  339,  27 ; 
in  den  wäldem  (soll)  sich  kein  unterthan  . .  .  forthin  mit 
püxen,  stachel  noch  andern  geföch  (fangzeug)  ...  nit 
finten  lassen.  369,  2  (s.  auch  die  belege  unter  I,  5). 

c)  auch  die  rüstung,  panzer,  heim  u.  a.  w.,  ist  (besonders 
in  der  ritterzeif)  von  stahl  und  wird  selbst  als  stahl  be 
zeichnet,  doch  stets  im  singular,  deti  stoff  bezeichnend  oder 
collectivisch,  nicht  vom  einzelnen  stück: 

zwainzic  tusent  helde  .  .  . 
mit  stale  umbeslossen. 

Jiotandfl.  95,11  (1655,  vgl.  Scherz-Oberlin  1562); 
da;  fiur  spranc  von  st&Ie,     sam  e;  wsete  der  wint. 

A76.  430,  4  (von  stahele  466,  4  Barttch, 
=  da?  fiwer  stoup  üj  ringen. 

488, 1  Lachtnann,  g.  auch  194.'!,  3  unter  I,  3); 

35* 


551 


STAHL  ai.3) 


STAHL  (11,3) 


552 


der  (AlbricK)  slaoc  Anstsen 
durcn  stahel  und  durch  isen. 

Stricker  Karl  6388 ; 
und  selbst  die  liebe,  wie  in  stahl  gerüstet, 
xum  todeskampf  gegürtet,  tritt  sie  auf. 

Schiller  12, 154  (Piccol.  3,  9); 
auch  sie,  die  alte  königinn,  sieht  man  .  .  . 
in  stahl  gekleidet  durch  das  lager  reiten. 

13,  181  (Jungfr.  v.  Orl  prol.  3) ; 
stolze  hassen, 
mit  feuerschlünden  rund  umpflanzt, 
mit  Pergament  und  stahl  umschanzt. 

Seume  ged.  (1826)  ».  28; 
wir  stehn  auf  allen  wegen, 
an  seh  aar  euch  überlegen 
in  hämisch  und  in  stanl. 

Hoffmann  v.  Fallersleben  ged.'^  361. 
vgl.  attch: 

seht  hinauf  wie  hoch  gestiegen ! 
und  erscheint  uns  doch  nicht  klein, 
wie  im  hämisch,  wie  zum  sie°:en, 
wie  von  erz  und  stahl  der  schein. 

GÖTHE  41,  240  {Faust  II,  3). 

d)  aongt  für  schneidende  und  stechende  Werkzeuge  nur 
vereinzelt,  vgl.  nl.  stael  oft  scherp  van  het  mes,  acies. 
Kl  LI  AN.    von  einer  schere: 

soll  dieses  goldne  haar  ein  stahl  verletzen. 

Ramler  1,92  {vgl.  Adeluno); 
(der  alte)  fiel  ohne  schäm  und  scheu  vor  dem  Justinian 
mit  einem  stahl  das  corpus  juris  an, 
und  schnitt  mit  einer  wuth,  auf  die  ich  selber  Ouche, 
die  glossen  aus  dem  ganzen  buche, 
da  hatte  keine  gnade  statt, 
die  schere  schnitt  von  blatt  zu  blatt.    /abOlese  2,  471. 

für  bratspiesze,  im  plur.: 

(die  menschen)  spieszen  uns  {lerchen)  dann  für  den 
gaumen  an  stähle 
vor  der  dörrenden  glut.    Klopstock  2,  212. 

vgl.  aucfi  den  holsteinschen  aberglauben:  dat  vee  mut 
övem  staal  drehen  waren,  'man  legt  eine  axt  in  die  stall- 
thüre,  und  treibt  das  vieh  im  herbste  darüber  hin  zu  stalle, 
so  wird  ihm  nichts  angethan.'  Schütze  4, 179. 

e)  stahl  bezeichnet  ferner  einen  pfriemenförmigen  stahl- 
stab  {mit  rundem  oder  abgestumpft  viereckigem  querschnift) 
zum  wetzen,  schärfen  von  messern  und  andern  schneide- 
werkzeugen:  man  braucht  auch  den  stahl  zu  scharff- 
machung  schneidender  sachen,  als  messer,  belle  und 
dergleichen,  wenn  solche  stumpff  worden  und  darange- 
strichen werden.  Zincken  öconom.  lex.'^  2799,  s.  femer 
Adelung.  Jacobi  Saalburg  töd,  und  Wetzstahl ;  mit  dem 
stahl  eine  schärfe  wetzen,  chalybe  acuere  aciem  ferrei 
instrum^nti.  Frisch  2,315'»;  nun  pfleget  man  die  messer 
an  stahel  zu  streichen  unnd  wetzen.  Mathesius  Sar.  79^. 
so  Schweiz,  stühel  Hunziker,  staachel  Seiler  276*;  bair. 
st^hhel  als  gewöhnliches  gerät  des  bauern.  Schm.  2,  744; 
Wetzstahl  des  mähers  Unger-Khull  568'';  bei  den  Schuh- 
machern stahl  zum  streichen  'ein  walzenartiges  stück  stahl, 
worauf  derselbe  seine  kneipfe  und  messer  streichet  oder 
schärfet'  Jacobsson  4,250'';  eis.  metzgerstahl  Martin- 
LiENHART  2,588''.  doch  ist  das  wort  wie  die  suche,  soiool 
in  diesen  spezielleren  Verwendungen  vrie  als  gewöhnliches 
haushaltungsgerät.  allgemein  verbreitet. 

f)  stahl  oder  feuerstahl  {theil  3, 1605)  heiszt  ein  stahl- 
atüek  von  toecftselnder  form,  dessen  man  sich  früher  zum 
feuerzünden  bediente,  indem  man  damit  an  einen  stein 
(kiead,  feuerstein,  a.  theil  3, 1605)  achlug  und  den  herau^- 
apringenden  funken  mit  einer  leicht  entzündbaren  masse 
vne  Zunder  auffing,  s.  Adeluno.  Jacobsson  4,  250''.  KrC- 
NITZ168, 687.  Jacobi  Soalburg  260,  eis.  fürslahl  Martin- 
Lienuart  2,  588'';  ein  talch-(un8chlit-)liecht,  welches  an- 
zuzünden, mu8z  ein  fewrzeug  mit  zunder,  wie  auch  stahl 
and  schwefelsticken  zur  band  seyn.  Comenius  sprachenth. 
748;  stal  im  feuerzeuge,  chalyba  ignitabuli,  aeu  igniarii. 
Stiri.er  2117;  der  also  genannte  stahl  als  eine  noth- 
wendige  zugehörung  des  feucrzeugs,  so,  wenn  er  an 
einen  feuerstein  starck  geschlagen  wird,  funcken  von 
•ich  giebet,  die  in  den  zunder  fallend,  solchen  anbrennen, 
und  vermittelst  des  daran  gehaltenen  schwefel-fadens 
feaer  erwecken.  Zincken  bconom.  Ua-.^  8796.  belege  («.  auch 
Pauli  17  unter  1,8): 

mein  stahl  iat  rat,  und  der  cunder  geechwefeU. 

Voss  >,  44  (idyü.  8, 183). 

tpriehwOrtiich:  ein  alter  stahl  gibt  wenig  funken.  Wan- 
OBR  4,  ;ti7,  s.    meist  wird  stahl  und  stein  in  atabreimender 


formel  zusammengestellt:  die  Wissenschaft  ist  wie  ein 
groszes  feuer,  das  in  einem  volke  unablässig  unterhalten 
werden  musz,  weil  ihm  stahl  und  stein  unbekannt  sind. 
Freytag  6,  70  (handschr.  1,4);  vgl.: 

das  kindlein  vom  stahl  die  funken  gern  zieht, 
der  fromme  im  steine  das  feuer  wohl  sieht. 

wunderh.  1,  65  Boxberger. 

spricJiwöi-Üich :  wo  stachel  und  ein  fewrstein  sich  mit 
einander  schlagen,  da  springen  funcken  herausz.  Petri 
Nnn  s*".  Henisch  1288,  36; 

kein  fewr  würd  auch  auff  erden  sein, 

schlug  nicht  den  stahl  der  kieselstein.     frosehm.  Ff  8*. 

gern  in  vergleichen:  wenn  aber  theorieen  und  Vorurteile 
gegen  einander  geschlagen  werden,  wie  stahl  und  stein, 
ohne  vorsieht,  so  nehmet  arme  und  beine  in  acht,  liebe 
leute,  denn  es  gibt  feuer.  Gotthelf  1,379  Vetter  (bauer7isp. 
i.ST.kap.);  mit  d'Espignac  wäre  er  wie  stahl  und  feuer- 
stein an  einander  gerathen.  W.Alexis  Isegrimm  31S; 

denn,  wie,  wenn  stein  und  stahl  einander  kräfftig  zwingt, 
der  saamen  kalter  gluth  in  lichte  funcken  springt, 
so  pflegen  witz  und  kunst,  so  bald  sie  friedlich  ringen, 
disz,  was  verborgen  liegt,  an  licht  und  luOl  zu  bringen. 

Günther  410. 

ähnlich  auch  in  typischer  Verwendung .-  Segesthes,  welcher 
wol  verstund:  dasz  wenn  stahl  und  stein  zusammen 
kämen,  feuer  geschlagen  würde,  und  also  klein  zuzugeben 
von  nöthen  hatte,  antwortete.  Lohenstkin  Armin.  2,416*; 
im  Wortspiel  mit  den  unter  a,  S  angeführten  Wendungen: 
Adolf.  0,  Leuthold,  schwarz,  wie  die  nacht  so  uns  um- 
giebt,  ist  deine  nachricht  Leuthold:  stahl  auf  stahl  giebt 
funken  und  licht  {der  schicerterkampf  m/icht  alles  gut). 
V.  Weber  sagen  3  (1792),  606.  die  ähnlichkeit  des  blitzes  mit 
einem,  funken  legt  es  nahe,  auch  das  geteilter  aus  einem 
zusamme)h<<chlagen  von  stahl  und  stein  zu  erklären,  vgl. : 

durchsichtig  erscheint  die  luft  so  rein 

und  trägt  im  busen  stahl  und  stein. 

entzündet  werden  sie  sich  begegnen ; 

da  wird's  metall  und  steine  regnen.     Göthb  2,  829; 

so  scheint  auch  stal  geradezu  für  gewitter  gesagt  zu  werden, 
s.  Kirchhof  wendunm.  3,  28  unter  I,  5.  andrerseits  sind 
stahl  ujid  stein  der  zerstörenden  geicalt  des  blitzes  {nach 
der  redeweise  des  volkes)  am  meisten  ausgesetzt,  s.  Megen- 
berg  unter  l,g  und  2,  o; 

lieb  ist  ein  solch  gefehrlich  gitft,  .  .  . 
das  sie  brennet  durch  marck  und  bein, 
wie  der  donner  durch  stahl  und  stein. 

frosehm.  F5*. 

dichterisch  begegnet  stahl  vereinzelt  geradezu  für  feuer {?): 
und  um  die  verwirrte,  verzerrte  carrikatur  zu  vollenden, 
muszte  Prometheus  den  gestohlnen  stahl  der  gottheit 
einigen  in  die  seele  giessen  und  diese  zugleich  zu  den 
seeligsten  und  unseeligsten  geschöpfen  machen,  da  sie 
.  .  .  entweder  gekreuzigt  werden,  oder  sich  selbst  in  ihrem 
feuer  aufbrennen  müssen.  Klinger  theatei  3,405  {der  ver- 
bannte  göttersohn;  vielleicht  ist  strahl  zu  lesen,  denn  ea 
geht  weiter:  und  die,  deren  geist  den  feuerstrahl  ganz 
auffaszte  . . .). 

g)  im  bair.-öaterr.  nentit  man  stahl  (stahel,  siahhol, 
st&chl,  stagl  u.  a.  w.)  den  eisernen  bolzen,  der  glühend  in 
die  platt-  oder  bügeleiaen  gesteckt  xcird.  Adeluno.  Klein 
2, 167.  Schm.'  2, 744.  Bayerns  mundarten  2,  258  {bair.  trald). 
Hüüel  154''.  Schöpf  696.  Unger-Khull  568\ 

h)  der  poetischen  spräche  des  18.  jahrh.  gehört  stahl  für 
Schlittschuh  an.  so  im  sing.,  einfacli  den  stoff  bezeichnend, 
schon  1744  bei  Ramleii: 

dann  schwimmt   der  jUngline   nicht   mehr  durch   reissende 

fluthen,  dann  schweift  er 
auf  harten  wassern  laut  jauchzend  umher, 
die  fUsse  beschuhet  mit  stahl.    1, 13. 

beaondera  ist  indessen  dieser  gebrauch  des  wort«»  durch 
Klofstock  in  aufnähme  gekommen: 

IUI  den  beyden  ufern  eilten  um  nie  die  begleitenden, 

und  wogen  sich  leicht  auf  der  schärfe  des  stahls.    1,  286; 

noch  sangen  wir  vom  ersten  tritte,  niil  dem  auf  den  tcich  lilu 

zitterte,    klein  war  ihr  fusz,  und  liliiikond  ihr  «tahl. 

sie  hatte  des  Stahles  band  mit  8ill>crl>cri>ini-ni  laubo, 

and  rfithlicb  gesprongton  fliehenden  tischen  (esiickt.    :;:i7; 

voller  gefOhl  des  jünclinrH,  weil'  ich  tan 

auf  dem  rois*,  und  dem  stahl'.     8,94  {der  ftohtinn); 

also  muix  ich  auf  immer,   kristall  der  itrAme,  dich  nicidon? 

darf  nie  wieder  am  fusz  rchwinfen  die  flUgel  dee  stahliiV 

M>  (mkUer/rtmden). 


553 


STAHL 


STAHL 


554 


Klopstock  gebraucht  indessen  stahl  auch  im  vtreimdn- 
den  pltiral,  den  er  ohne  umlaut  bildet: 

an  des  schwatzenden  stahlen 
naget  indesz  der  rost.     1,  260  (d.  kamin). 

vereinzelt    von   den  stählernen  läu/ern  des  stuhlsehlittens : 
viel  sind  der  schweber  nm  den  leichten  stahl, 
der  auf  stahlen  wie  von  selber  schlüpft, 
und  sie,  die,  in  hermeline  gehüllt, 
auf  dem  eilenden  stuhle  runt, 
und  dem  jtlngling  horcht,  der  hinter  ihr 
den  stahlen  der  ruhenden  flügel  giebt? 

233  (die  kungt  TiaJfs). 

dagegen  bildet  Göthe  den  plurdL  mit  umlaut  {tcie  die 
ältere  spräche,  s.  b  und  1,5):  er  {Klopstock)  wollte  von 
den  hohen  hohlgeschliffenen  schrittschuhen  nichts  wissen, 
sondern  empfahl  die  niedrigen  breiten  flachgeschliffenen 
Friesländischen  stähle,  als  welche  zum  schnelllaufen  die 
dienlichsten  seyen.  26, 336.  später  ist  der  pluraZ  vjieder 
erloschen,  während  der  coüective  Singular  in  dichterischer 
spräche  noch  immer  vorkommt: 

froher  (bedünkte  um)  im  sommer  das  bad  im  blau  hinwallen- 
den Strome, 

oder  im  winter  der  lauf  auf  dem  beflügelten  stahl. 

Geibel  nacM.  147. 

i)  'bey  den  drechslem  werden  die  dreheisen  zu  bein  und 
andern  harten  körpem  nur  stähle  genannt,  dagegen  die 
zum  holze  eisen  heiszen.  daher  der  schlichtstahl  (th.  9,  674), 
stechstahl,  häkelstahl,  schraubenstahl  {fh.  9, 1657),  polier- 
stahl ,  gärbstahl  {s.  gerbstahl  2,  theil  4,  1,  3592)  «.  s.  f.' 
Adelung,  vgl.  KrOnitz  168,  639/.  ähnlich  bair.:  'stähhel, 
plxir.  stähhel,  heiszen  verschiedne,  besonders  stechende, 
icerkzeuge  von  eisen  beym  dreher  und  andern  handicerkem.' 
ScHM.*  2,744.  dagegen  bildet  Bobrik  den  plur.  stahlen 
und  setzt  stahl  gleich  mit  dem  betel,  d.  h.  Stemmeisen  oder 
meiszel  der  blockdreher,  einem  eisernen  Werkzeug  mit  unten 
verstahlter  klinge,  s.  107*/.;  im  einzelnen  unterscheidet  er 
den  schrotstahl  {theil  9, 1796),  den  schlicht-  oder  rundstahl 
{Iheil  8, 1516),  den  spitz-  oder  stechstahl  {s.  theil  10,  1,  2648 
und  unten),  den  ausdreh-  oder  halbdickstahl  und  den 
breit-  oder  flachstahl  {theil  2,  361.  3, 1704).  'alle  diese  stah- 
len sind  schärfer  und  feiner  als  die  gewöhnlichen  betel.' 

9.  657"/ 

k)  stahl  dichterisch  für  die  nadd  des  kompasses,  vgl. 
Campe: 

bald  am  rader,  und  bald  lothwerfend,  and  bald  in  dem  ver- 
schiff 
sorrend  ein  los,   bald  forschend  des  stahls  abweichen  und 
neigong.    Baggesen  2,  349  {Oceania  4). 

STAHL,  m.  muster,  probe,    l)  das  icort  gehört  zunächst 
\(iem  nd.nl.  Sprachgebiete  an:    mnl.  stael,   holl.  staal,  »i., 
fvgl.:  boits,  scamplioen,  form,  stale,  fatzoen,  leyst,  gelijc- 
|nisse  dair  men  wat  na  maect,  forma,  exemplar.  Schueren 
[Teuthonista  59''  Verdam;  stael,  staelken,  monster.  exemp- 
tlum,  specimen:  exiguum,  quiddam  mercis  quod  a  venditore 
ttpeetandum  profertur.  Kilian;  mnd.  stale,  stäl,  m.  {und 
}n.f)    ScHlLLER-LüBBEN  4, 3*4/ ;    in  heutigen  nd.  mund- 
arten .-    osnabr.    staal ,    staale  (3)  'eine  probe  zeug,    so  die 
lakenhändler    den    käufem    vorlegen'.    Strodtm.\nn  327, 
staal   brem.  to6.  4, 987;    ostfries.    staal   StOrenburg  258*". 
TEN  DOORNKAAT  KooLMAN  3,298».    im  nhd. 'kommt  stahl, 
theils  als  stahl ,    theils  in  schxcacher  ßexion  {acc.  stalen) 
aeit  dem  16.  jahrh.  vor,  s.  unten  die  belege,  in  den  Wörter- 
büchern erst  seit  Adelung,    auch  für  das  waldeckische 
hd.  wird  stahlen,  m.  'kleiner  probelappen  von  ellenwaren' 
bezeugt.  Bauer-Collitz  174.   auch  in  den  mitteldeutschen 
mundarten    ist   das  wort  heute  verbreitet:    luxemb.  stoil, 
plur.  stoilen,  m.  muster,  probe  {trockener  wareti).  Gang- 
ler 435,  köln.  staale  'musterabschnitt  von  kleidern  u.  s.  w.' 
Honig  150»,  pfälz.  stäle,  staelche  muster.  Autenrieth  136, 
nass.  und  oberhess.  stahl  Kehrbin  1,387.  Crecelius  803; 
auch  thüringisch. 

2)  dieses  stahl  scheint  entlehnt  atts  einem  altfranz.  estal, 
jetzt  6tal  Warenauslage,  laden,  tcozu  auch  estaler,  jetzt 
^taler  tcaren  auslegen,  ausstellen,  welche  wortgruppe  ihrer- 
seits aus  dem  ahd.  mhd.  stal  (».  unten  stall)  stammt, 
vgl. :  stallen,  staelen,  merces  disponere,  exponere,  expedire, 
explicare  vendendi  causa.  ariXXeiv.  gal.  estaller.  Kilian 
2,628*'.  so  schon  das  brem.  wb.  a.  a.  o.,  s.  ferner  Weigand 
8,792.  FraNCK  350.  DiEZ''  306.  TEN  DoORNKAAT  KoOLMAN 
o.  u.  0.    für  diese  herleitung  spricht  besonders,    dasz  das 


teort  sieh  vom  Niederrhein  aus  verbreitet  und  auch  heute 
auf  die  westlichen  mundarten  des  nördlichen  und  mitÜern 
Deutsehlands  beschränkt  ist.  seine  Verbreitung  wird  es  der 
geschäftssprache  der  Hansa  verdanken,  dasz  es  ins  nhd. 
aus  dem  niederd.  gekommen  ist,  bemerkt  Adelung  aus- 
drücklich. 

3)  stahl  bezeichnet  zunächst  eine  probe,  ein  kleines  Stück- 
chen oder  masz  einer  wäre  zur  prüfung  ihrer  qualität,  so 
ganz  im  allgemeinen,  s.  Adelung.  Kilian.  Gangler  4a&. 
Kehrein  1,387.    im  einzelnen 

a)  besonders  von  zeug,  so  mnd.  s.  Schiller-Lübben 
4,  354''/,  femer  Strodtmann  2«7.    Bauer-Collitz  174. 

HÖNIG  150». 

b)  ostfries.  auch  von  kom:  'n  staal  bookweite,  hafer. 
StOrenburg  258'';    30  stalen  körn,   'n  stäl  fan  dat  säd. 

TEN  DoORNKAAT  KoOLMAN  3,  298». 

c)  in  bezttg  auf  weine,  zunächst  eine  weinprobe,  dann 
auch  bezeichnung  einer  weinsorte  {die  geicöhnlich  stählchen 
heiszt,  s.  das.  2):  hat  der  herr  rekker  {rector)  nichts  zu 
versäumen,  so  wil  ich  uns  ausz  meinem  hause  ein  halb 
viertelchen  holen  lassen,  ich  habe  jetzt  einen  kö.stlichen 
stahl  von  einem  Bacheracher.  pedand.  schulfuchs  (1673)  56. 

4)  im  mnd.  bedeutet  das  wort  häufig  das  muster.   nach 

tcelchem    der  wert   umlaufender   münzen    bestimmt    xcird, 

probemünze,    so  stale  schon  in  niederrhein.  Urkunden  von 

1252  und  1301,  *.  Schiller-Lübben  4,  S54»;  ebenda  weitere 

belege,    so  auch  (?) : 

efte  ik  Ok  gelt  hebbe  vor  stäl  gegeben. 

Clawi  Bur  438. 

diese  bedeutung  ist  vielleicht  auch  für  die  ältesten  hd.  be- 
lege anzunehmen:  so  sach  were,  das  in  gen.  betzirck  mass, 
eilen,  gewicht  mangeln  wurde,  oder  kein  stahell  nit  en- 
hetten,  so  sollen  sie  es  zu  Metloch  mit  recht  finden, 
dieweil  es  ir  oberhoff  ist.  xceisth.  3,  751  {weisth.  zu  Rims- 
bach,  östl.  V.  Merzig,  14.  nov.  1558) ;  item  wo  man  ele,  ge- 
wicht und  mass  im  hochgericht  von  noten  haben  wurde, 
!  wie  und  wo  man  die  holen  soll  und  wer  die  zu  geben 
hab?  sagen  die  scheffen,  das  sollen  thun  beide  hoch- 
gerichtshem,  .  .  .  den  stalen  aber  soll  man  finden  zu 
Schwartzenbergh  in  der  grossen  stoben  in  gewart  handt, 
. . .  wan  man  aber  des  rechten  stalen  schonen  will,  soll 
man  einen  andern  stalen  machen  und  den  beschütten, 
und  den  rechten  stalen  widerumb  gen  Schwartzenbergh 
lieveren ,  dae  man  in  zur  notturft  finden  möge ,  die  ab- 
schuttungh  aber  soll  bei  dem  Brucker  hem  meyer  ver- 
halten werden.  753  {hochgericht  Sehicarzenberg  an  d.  untern 
Saar,  30.  mai  1560).  doch  könnte  stahl  hier  auch  irgend  ein 
masz  bedeuten. 

5)  so  wol:  lindisch  tuch  l.  stahl,  drittehalb  stahl, 
vierdtehalb  stahl,  in  der  Erfurter  vict.-  u.  icaaren-taxe 
von  1622  {also  etwas  wie  eile,  vgl.  stab  9,  d,  sp.  354/ .»  vgL 
indessen  Schiller-Lübben  4, 855»). 

6)  in  neuerer  zeit  wird  stahl  vorwiegend  mit  bezug  auf 
tuchfärberei  gesagt,  vgl. :  staal  . . .  'die  probe,  und  das  be- 
iceisende  merkmahl,  dasz  die  gefärbten  Stoffen  und  tücher 
die  echte  färbe  haben',  brem.  wb.  4,  987.  vgl.  nl.  stael  van 
de  verwe,  tincture  probatio.  Ki  lian  2,  626».  so  mnd.  up 
den  stall,  up  enen  blauwcn  stail,  stall  varwen  u.  ähnl. 
s.  Schiller-Lübben  4, 354''/  stahl  bedeutet  hier  jetzt 
ferner 

a)  'ein  läppchen,  welches  man  in  die  bl<iuküpe  taucht, 
um  zu  sehen,  ob  die  brühe  den  gehörigen  grad  der  blatten 
färbe  hervor  bringt'.  Adelung. 

b)  'stahl  der  küpe,  Wächter, /r.  echantillon  {Schönfärber), 
ein  Werkzeug,  womit  die  färbe  der  blauküpe  probirt  xcird, 
ob  sie  schon  färbt,  es  ist  eine  kleine  hölzerne  scheibe,  in 
deren  nUttelpunkt  eine  kleine  hölzerne  spüle  steckt,  in  ein 
loch  dieser  spille  steckt  man  etwas  wolle,  xtnd  steckt  den 
stahl  in  die  küpe.  so  dasz  die  scheibe  axtf  der  färbe 
achicimmt,  die  xcolle  aber  eingetaucht  ist.  nach  einer  halben 
atxtnde  nimt  man  den  stahl  heraus  und  bringt  die  wolle 
an  die  luft.  ist  die  xcolle  grün  und  xcird  sie  in  der  luft 
hiernächst  gx*t  blau,  so  ist  die  küpe  braxtdibar,  erfolgt  dieses 
aber  nicht,  so  mxtsz  die  küpe  noch  mit  kalk  geschärft 
icerden'.  Jacobsson  4,  247''.  diese  probe  heiszt  einen  stahl 
abziehen,  ebenda  {bei  Adelung:  abstählen,  s.  auch  theil 
1,125).  dazu  ferner:  stahl  fällt,  'das  pröbchen  färbt  sich 
in  einer  halben  stunde  nicht  mehr  so  dunkel',  ebenda;  stahl 


555 


STAHL 


STAHLADER— STAHLBAD 


556 


steigt,  'das  daran  handliche  pröbchen  wird  dunkler'.  250». 
g.  auch  KrOnitz  168,  592. 

c)  im  nd.  bezeichnet  staal  dann  atich  ein  geatempeltes 
hlei,  das  gefärbten  tilchern  als  ausweis  ihrer  gute  angehängt 
icird.  brem.  wb.  4,  987.  Adelung.  Khünitz  168,  593;  vgl. 
nl.  stael-loot,  sigilltim  plumbeum  pannis  telisve  tincHs 
appensutn.  Kl  LI  an  2,  626''. 

7)  stahl  oder  zeichenstahl  iresterw.  hier  und  da  für  das 
zeichentuch  der  Schulkinder,  worauf  sie  buchstnben  u.  a. 
gestickt  oder  genäht  haben.  Kehhein  1,387. 

STAHL,  /.  Tn.{?)  furtum,  heimliche,  strafbare  entwen- 
düng,  nominalbildung  zu  stehlen,  kommt  als  einfaches  wort 
im  deutschen  nur  ganz  t'eieinzelt  vor;  häufig  dagegen  ist 
seit  detn  mhd.  die  tautologische  Zusammensetzung  diupstal(e), 
nhd.  diebstahl,  s.  theil  2,  i037.  ahd.  stala:  fona  stalu,  de 
furto;  in  stalu; 

thaj  sie  thaj  {grab  Christi)  niuthekeu,      mit  stalu  naii  (den 

leichnam)  nirzucken, 
noh  inan  thftr  githiub§n.    Otkriu  4,  36,  11; 

datu  das  compositum  meinstala  furtum.  Graff  6, 669. 
später  sind  nur  ganz  vereinzelte  belege  bekannt,  so  in  der 
Marb.  Stadtrechnung  von  1492:  l)  item  uff  frUag  nach 
ascencionis  domini  als  die  zweyn  umb  stail  gericht 
sint,  en  gegeben  eyn  halbe  wins,  tudt  '/a  /?  2  ^.  2)  item 
uff  fritag  nach  unsers  herren  lichnamstag  gericht  Hentz 
Kesseller  stol  halber.  Crecelius  oberhess.  wb.  803.  man 
setzt  das  a  der  ahd.  mhd.  formen  meistens  lang  an,  doch 
beiceist  das  häufige  ags.  stalu  Bcsworth-Toller  909*"/. 
(*.  auch  gestalu  üi^)  deutlich  kürze  des  a.  {so  richtig  Wil- 
MANNS  d.  gramm.  2,  §  165,  b.)  die  übrigen  germ.  sprachen 
haben  abweichende  bildungen  aus  derselben  imirzel:  alfs. 
stulina  {Hei.  3272)  =  fries.  steine.  Richthofen  1047''; 
altn.  stuldr  Cleasby-Vigfusson  699\  vgl.  Brunner 
rechtsgesch.  2,  637.  Wächter  1579. 

STAHL,  m.  grundlage,  stütze,  dies  wort  ist  dem  nd.nl. 
Sprachgebiete  mit  dem.  engl,  gemeinsam,:  mnd.  stäl,  stale 
ScHiLLER-LüBBEN  4,  353/.;  nl.  stael,  vetus.fland.  vel  steel, 
scaptts,  caulis,  caudex.  Ki  Li  an  2,  626»,  vgl.  Franck950; 
engl,  stale  und  weiterhin  stalk.  Skeat  590*.  s.  ferner  stiel 
und  Stollen,  die  Verzweigung  der  bedeutungen  weist  über- 
raschende ühnlichkeit  mit  Staffel  auf 

1)  die  im  nl.  und  engl,  herrschende  bedeutung  'stiel, 
Stengel'  scheint  im  nd.  nicht  vorzukommen,  höchstens  läszt 
sich  hierher  zielten  das  h-em.  staal,  kiel  an  einer  schreib- 
feder.  brem.  wb.  i,  986.    s.  auch  Adelung  («nfer  i.  stahl). 

2)  geicöhnZich  bein,  fusz  an  einem  gerät,  vgl.  stoUen. 
80  in  Lippe  bedde-,  pott-,  disk-,  bank-stälen.  Frommann 
6,  485.    speziell 

a)  mnd.  besonders  von  kiaten :  eyne  kisten  sunder  stalen ; 
eine  grosze  kiste  mit  4  stalen  s.  Schiller-Löbben  4,  853'', 
vgl.  auch  Woeste  zschr.  f.  d.  phil.  5,  78. 

b)  osnabr.  staal ,  oder  stahl  ...  '2  der  fusz  des  tisches, 
oder  eines  stuhls,  andericärts  stelle.'  Strodtmann  227; 
waldeek.  8tiil(en),  m.  'bein  {des  tisches,  auch  des  menschen)' 
Bauer-Collitz  98».  80  schon  in  einem  westfäl.  ioeisth.  .- 
so  sali  dey  gene  nemen  eyn  dreystelingen  stol  .  .  .  und 
leggen  op  ytlichen  stalen  des  stols  drey  albus,  weuith.  S,  38. 

e)  bedstalen  die  Ständer  der  bedstlc  {westf.)  a.  nd.  korre- 
»pondenzbl.  17, 12. 

d)  uxatfäl.  geicerksausdrücke :  de  sUilen,  Ständer  der 
hobelbank;  füsze  der  futterschneidelade  {aus  Wellenbrück, 
kreis  Herford),  ebenda  11,  37/. 

e)  von  hier  aus  übertragen  osnabr.  eene  wunderliche, 
rechte  stahl  'ein  hölzern  frauenzimmer' .  Strodtmann 
SS87(4)? 

8)  hierher  wol  auch  nd.  stale  'sprossen  in  der  leiter, 
»pretaseV.  brem.  wb.  4,987,  holst,  staal  Schütze  4, 179. 

4)  die  heute  Üblichste  bedeutung  liegt  etwas  ab,  gehört 
aber  doch  wcl  mit  den  andern  zu  demselben  worte,  nämlich 
'grund,  worauf  nn  deich  liegt',  auch  diekstaal  und  anker. 
brem.  teb.  4,  966,  schon  in  alten  quellen,  s.  Schillrr- 
LObdbn  a.  a.  o.  vgl.  dazu  •  'in  Osteratade  ist  staal  eine 
thi*  ii  fuan  breite  und  4,  «,  8  fust  hohe  terraaae  an  der 
aunenaeiie  dea  deiches,  die  den  fuat  deaaelben  achütat.  man 
bringt  sie  beaondera  dann  an,  wenn  daa  vorland  aehr  niedrig 
iat.  und  nennt  da*  den  deich  vorstalen'.  brem.  wb.  8,  884, 
und  ditm.  stU  grabenkante,  nord^riea.  it&I  erhXihung,  ge 

atuäe.    nd.   ki-f-ffii.inlf.i-Kf    '.   R<  ilimr    hrtlmtinitf    kommt 


noch  bei  dem  holl.  staal  vor  und  ist  auch  in  die  nhd. 
achriftspraclie  eingedrungen:  'stahl,  deichstahl,  {wasserbau) 
der  belegene  grund  unter  einem  deiche,  oder  auch  ei?i  alter 
grund  oder  anhöhe,  worauf  vordem  ein  deich  gelegen  hat'. 
Jacobsson  4,  247»,  *.  atich  Adelung  {unter  l.  stahl)  und 
Krünitz  168,  636  (deichstahl). 

STAHLADER,  /  'ein  nur  bey  den  schlossern  üblicher 
ausdruck.  das  eisen  lutt  daselbst  stahladcrn,  tcen?t  sich 
körner  und  stellen  in  demselben  befinden,  welcJie  so  hart 
wie  stahl  sind,  und  weder  von  der  feile  noch  von  dem 
bohrer  angegriffen  icerden'.  Adelung,  danach  Campe. 
Krünitz  io8,  641. 

STAHLARBEIT,  /.  l)  abstract,  arbeit,  die  zu  der  her- 
stellung  von  stahl  oder  zur  Verfertigung  von  gegenständen 
aus  stahl  gehört;  sowohl  von  den  einzelnen  arbeitsformen 
wie  im  ztisammenfassenden  singular:  sollte  die  stahlarbeit 
nicht  eben  so  gut  auf  dem  Harze,  als  in  Schweden  und 
England  gerathen?  Moser  patr.  phant.  1,21. 

2)  concret,  aus  stahl  liergestellter  gegenständ,  'besonders 
feine  und  künstlich  aus  stahl  verfertigte  sacken'.  Campe, 
vgl.  Stahlsache,  stahlware:  doch  diesem  fehler  unter- 
werfen sich  alle  natürliche  stahlarbeiten.  Jacobsson  7, 420». 
80  auch:  die  jungen  sagen,  es  wäre  der  degen  des  Cid. 
die  stahlarbeit  kann  nicht  so  alt  sein,  wenn  es  auch 
die  form  ist.  W.  Alexis  Isegrimm  326. 

STAHLARBEITER,  m.  'ein  handwerker,  toelcher  ver- 
schiedene feine  icahren,  besonders  galanterie-arbeiten  {nicht 
aus  stahl  sondern)  aus  eisen  verfertiget,  ihnen  durch  das 
cämentiren  eine  stahlhärte  gibt,  und  sie  durch  die  täu- 
schendste politur  verschönert'.  Adelung,  ähnlich  Campe; 
'eiii  künstler,  der  au.t  stahl,  mehrentheils  aber  nur  aus 
gehärtetem,  eisen,  allerlei/  blank  geschliffene  galanterie- 
arbeiten, als:  degengefäsze ,  schnallen,  knöpfe  u.  dgl.  ver- 
fertiget'. Jacobsson  4,  247».  Krünitz  168, 641.    dazu: 

was  er  durch  Stahlarbeiters fleisz 
auf  dem  laden  künstlich  liegen  sah.    Göthe  2,  218  {krittler). 

doch  auch  im  allgemeineren  siiine,  vgl.  stahlarbeit:  nach 
den  erfahrensten  Stahlarbeitern  Frankreichs  soll  man  zu 
allen  feinen  stahlarbeiten  den  engländischen  stahl  nehmen, 
welches  cementierstahl ,  und  oft  sogar  guszstahl  ist,  zu 
den   groszen   und   starken   arbeiten   aber  den  deutschen 
stahl,  welches  rohstahl  ist.  Krünitz  168,  614; 
die  schmiede  legten  die  band  nun  an, 
und  als  das  schwere  werk  war  eetan, 
dem  weltsucher  sie  die  keule  schwer 
brachten  leuchtend  wie  sonnensphär'. 
der  Stahlarbeiter  werk  ihm  gefiel. 

RÜCKERT  Pirdoti  1,  49. 

STAHLARMBRUST,  /.  balista  chalybea.  voc.  v.  1618  bei 
ScHM.*  2,  744,  vgl.  stahl  H,  3,  b. 

STAHLART,  /.  •  stahlarten,  *.  stahl  H,  l,d.  e;  fast  alle 
deutsche  stahlarten  sind  grösztentheils  von  10  bis  18  zoll 
länge.  Jacobsson  7, 419''. 

STAHLARTIG,  adj.  die  art  des  Stahles  habend:  hier 
werden  nun  diejenigen  theile  abgesondert,  welche  nicht 
stahl-,  sondern  eisenartig  sind.  Krünitz  158, 601;  auch, 
nach  art  des  Stahles,  dem  stahl  ähnlich:  waren  aus  ge- 
härtetem, stahlariigem  eisen. 

STAHLARZNEI,/  stärkende  arznei,  die  stahl,  d.  h.  eisen- 
salze enthält,  vgl.  stahlwasser,  -bad,  tinktur  u.  a.  Campe; 
bildlich:  stahiarzneien  sind  stahlrosetten  und  stahlketten 
{galanteriegeschenke  als  arznei  für  kränkelnde  fratien). 
i.  Paul  i,  165;  man  erlaube  mir  noch  einige  bestandtheile 
zur  stahlarznei  der  männlichkeit  anzugeben,  eh'  ich  zum 
geistigsten  stUrkmiltol  komme.  S8, 14. 

STAHLÄTZUNG,  /  'das  ätzen  verschiedener  figuren  at^f 
klingen  und  andere  stahlwaaren,  auch  ax^f  eisen'.  KrOnitz 
168,641,  vgl.  s.  641—8  und  stahl  II,  1,  t. /. 

STAHLBAD,  n.  ein  bad  in  einem  waaaer,  das  eisensaUe 
enthält,  als  natürliches  minerahrasaer.  oder  künstlich  her- 
gestellt: ein  stahlbad  verordnen,  stahlbäder  gebrauchen. 
Campe; 

Tertky  . . .  habt  ihr  den  garttigen  r.ufall  da  schon  lang, 
herr  bruder?    »cham  ihn  fort 

Uolani.  die  Jugendsünden ! 
•tahlb&der  hab'  ich  »chon  gebraucht,    wa«  hiin'a? 

Sciiii.i  BR  1«,  l'.'l  (IHccol.  4.  6;  var.  au* 
(Ulman*  hnmUchr). 

auch  daa  datu  gebrauchte  waaaer.  Campe.  —  gern  in  übrr 
ti-iit/rnem   .wiiinr,    für  ullen,    ii/is  :iir  Stärkung  des  leibes  tuh r 


557 


STAHLBALSAM  —  STAHLBLAU 


STAHLBLECH  -  STÄHLCHEN 


558 


geiatea  dient:  ja,  armat  ist  das  los  der  groszen  mensch- 
heitshelfer,  der  heilenden  denker  in  Frankreich,  aber 
diese  armut  ist  bei  ihnen  ...  ein  antrieb  zu  tieferer  for- 
schung  und  ein  stärkendes  stahlbad  der  geisteskräfte. 
Heine  6,  418^9  Elster;  das  ringen  mit  einem  streng  be- 
dächtigen vater,  ...  sei  ein  besseres  stahlbad  für  die 
jugendliche  werdekraft,  als  unbewehrte  mütterliche. 
Keller  3,  li.    s.  auch  seelenstahlbad,  theil  10, 1,  32. 

STAHLBALSAM,  m.  balsamus  Mortis,  nimm  gefeylten 
stahl  gewaschen  so  viel  du  wilt,  geusz  scharffen  essig 
darüber  vier  zwerch  finger  hoch,  stelle  es  in  warme 
aschen  acht  tage  lang,  und  rühre  es  alle  tag  wohl  u.  a.  w. 
COLER  hatisb.  2,  66». 

STAHLBAND,  n.  band  aus  stahl;  mhd.  stahelbant 
Lexer  Äifö.  2, 1128.  —  stahlbandmessung,  /.  längen- 
messtmg  mit  dem  stahlmeszband  (*.  d<w.).   Lüeger  6,  36. 

STAHLBAUM,  m.  eine  bäum-  oder  strauchart,  deren 
holz  (s.  stahlholz)  beinahe  so  hart  %cie  eisen  ist,  sattelbaum, 
fagara.  Campe.  Krünitz  168,  6i3/. 

STAHLBEARBEITÜNG,  /. :  stahlbearbeitung  im  feuer. 
KrCnitz  168,  644. 

STAHLBEDEKT,  adj.  mit  stahl  (einem  atäfUemen  panter) 

bedeckt.  Campe: 

leg  diese  rüstung  ab,  die  liebe  fürchtet, 
sich  dieser  stahlbedeckten  bmst  zu  nanu. 

Schiller  13,  288  U^ngfr.  v.  Orl.  4,  2). 

STAHLBEPANZERT,  adj.: 

hunderttausend  ritter  folgten   .. 
diesem  könig  von  Mizrayim  {Äffj/pten), 
stahlbepanzert,  blanke  Schwerter 
in  den  schrecklichen  jadayim  ^händen). 

Heixb  1,  476  Elster  (disputoHon). 

STAHLBEREITUNG,  /. .-  indessen  wollen  die  neuesten 
Praktiker  bei  der  stahlbereitung  doch  für  gut  halten, 
dasz  man  der  kohle  braunstein  und  phosphor  beimische. 
Krünitz  168,  611;  stahlbereitung  in  den  Stahlhütten.  644; 
man  vermeidet  überhaupt  alles ,  was  das  eisen  weicher 
und  zur  stahlbereitung  ungeschickt  machen  kann.  646; 
die  stahlbereitung  im  feuer.  646. 

STAHLBERG,  m.,  zugleich  eigenname  und  appellativisch  : 
unter  allen  bergwerken  ist  der  Müsener  stahlberg  (im 
Siegerlande)  merkwürdig,  welcher  ein  besonderer  zweig 
des  Martinshard  ist.  .  .  .  dieser  sogenannte  stahlberg  wird 
schon  über  vierhundert  jähre  gebaut,  aus  diesem  berge 
wird  nun  alles  erz  zur  gewinnung  des  Stahls  gezogen. 
Krünitz  168,671. 

STAHLBESCHÜPPT,  adj.: 

and  sagt  ihm,  wenn  die  sonne  morgen  früh 
aufs  stahlbeschuppte  blachfeld  niederfunkelt, 
wird  ihm  das  tausendarm'ge  reich  der  Franken 
bereitet  steh'n.    Wildbnbruch  Karolinger  83. 

STAHLBEWEHRT,  adj.  mit  einem  achvxrU  oder  deiche 

'*.  stahl  II,  3,  a)  bewehrt: 

Elvire  .  .  .  zieht  .  . .  einen  dolch  aus  dem  gürtet  .  . . 
meine  band  ist  stablbewehrt. 

MC'LLNER  schuld  4,  7,  V.  2^0; 
da  hob  herr  Karl  in  tiefem  schmerz 
die  stablbewebrte  faust. 

Strachwitz  91  Weinfwld; 
dann  mit  der  stahlbewehrten  faust  des'krieges 
greir  ich  dich  an.    Wildenbruch  Karolinger  t.  Iü2. 

STAHLBLANK,  adj.: 

eine  federmesserklinge, 

stark  und  scharf  und  spitz  und  stahlblank 

hält  er  in  den  bänden. 

Immerman.v  12,  26  Hempel  (Tvlif.  1,  5,  v.  286). 

STAHLBLATT,  n. .-  eine  Vermischung  von  eisen  und 
stahl,  woraus  man  mehrere  tafeln  oder  bleche  schmiedet 
und  zusammenschweiszt.  .  .  .  das  eisen  scheint  dem  stähle 
seine  geschmeidigkeit  zu  geben,  und  dieser  theilt  dem 
eisen  seine  härte  und  elasticität  mit ;  daher  soll  die  Voll- 
kommenheit des  damascirens  hauptsächlich  auf  die  kunst 
ankommen,  diese  eisen-  und  stahlblätter  auf  die  art  wohl 
zu  vermischen.  Krünitz  168,  614.  ei»j«  speziellere  bedeu- 
tung  ergiebt  sich  aus  dem  folgenden  worte. 

STAHLBLATTMACHER,  «i.  'heiszt  ein  profesaioniat.  der 
die  Weberblätter  mit  stählernen  zahnen,  für  die  manufak- 
turen  der  seidenen  zeuge,  verfertigt'.  Jacobsson  7,  42l'>. 
Krünitz  168,649. 

STAHLBLAU,  adj.  l)  blau  icie  angelaufener  stahl  (a.  daa. 
II,  1,  Ä).  Campe:  diese  (bergleute)  tragen  dunkle,  gewöhn- 


I   Kch  stahlblaue,  weite  . . .  jacken.  Heine  S,  88  Elster  (Harz- 

I  reise);  an  dem  halse  des  (toten)  geiers  aber  bemerkten 
I  sie  die  stahlblaue  fliege,  schmeiszfliege  geheiszen.  Immer- 
mann Miinchh.  2,  88  (3, 9);  kleine  goldglänzende,  stahlblaue 
fliegen  standen  flügelschwirrend  in  der  luft.  Storm  1,  li ; 
unten  die  bai  im  sonnenglanz,  darüber  der  stahlblaue 
tropenhimmel.  272;  drauszen  im  moorgrund  fliegen  zwei 
stahlblaue  birkhähne  glucksend  in  die  höhe.  4,120;  mit 
hellem,  reinem  feuer  zitterten  in  der  stahlblauen  höhe  die 
tausend  sterne.  Ganghofer  t;i  der  gartenlaube  1905,  693'* ; 
am  himmel  jagten  dichte  stahlblaue  wölken  hin,  das 
gleiche  tiefe  blau  hing  über  allen  Wäldern.  713»;  von  nord 
bis  nach  süd,  von  ost  bis  nach  west  war  der  Scutari-see 
zu  übersehen,  jede  bucht,  jede  klippe  hob  sich  scharf 
von  der  stahlblauen  Wasserfläche  ab.  Hassert  reise  durch 
Montenegro  191.  dazu :  sie  waren  es  . . .  kraft  der  gleich- 
heit  der  rasse  und  des  typus,  dieser  lichten  stahlblau- 
äugigen und  blondhaarigen  art.  Th.  Mann  Tristan  2lyi. 
in  der  botanischen  terminologie  ist  stahlblau,  chalybeu.9, 
'ein  etwas  schwärzlichea ,  glänzendes,  sehr  schönes  blau'. 
Behlen  5,671.  (nach  Gritzner  herald,  terminol.  ».  soe"» 
und  4  ist  stahlblau  =  eisenfarb  keine  heraldische  färbe)  — 
das  substantivierte  neutr.  ist  auch  bezeichnung  eines  färb- 
Stoffes;  eine  besondere  Schattierung  des  blau,  die  ins  grün 
liehe  fällt,  aus  Indigo  oder  Berlinerhlau  mit  schwarz  oder 
weiaz  gemischt.  Krünitz  168,  649;  handdsname  einer  feinen 
aorte  von  Berlinerblau.  Karmarsch-Heeren^  8, 441. 

2)  davon  zu  trennen  ist  mnd.  stälblau  'probemäszig  blau', 
vgl.  das  zweite  stahl  6  (sp.  564).  Schiller-Lübben  4,  355». 
STAHLBLECH,  n.  blech  aus  stahl,  stahl  in  gestalt  von 
blech.  Campe,  vgl.  Karmarsch -Heeren'  1,539;  nickel- 
plattirte  eisen-  und  Stahlbleche.  6,  347.  so  schon  mlid. 
stahelblech  Lexer  handwb.  2, 1128 : 

zwu  starcke  hossen  trug  sie  an, 

die  kune  und  die  freche, 

waren,  als  ich  vemumen  han, 

von  eytel  stahel  pleche. 

Caspar  v.  d.  Ron  Ecke  280. 

STAHLBLEICH,  adj.  bleich  wie  stahl;  mhd.  stahelbleich 
Lexer  handwb.  2, 1129. 

STAHLBLENDE,  /.  als  deekung  für  schütten  imfeatunga- 
kriege. 

STAHLBLITZ,  wt. .-  ich  sah  einen  stahlblitz  in  der  frühen 
sonne  —  ach  gott,  es  war  der  schwerdtblitz  des  richters ! 
Brentano  4,  205. 

STAHLBLUME,  /.  künsÜiehe  Uume  von  »tafU.  Campe. 

STAHLBRENNEN,  n.  'in  den  Stahlhütten,  die  verwand 
lung  des  geschmelzten  eisens  in  stahl,  welches  durch  mehr- 
molliges  schmiden  und  schmelzen  geachiehet'.  Adelung. 
Krünitz  I68,  649. 

STAHLBRENNER,  m.  arbeiter  in  den  atahlhütten,  der 
mit  stahlbrennen  (vgl.  daa.)  beschäftigt  ist.  Adelung. 
Krünitz  168,649:  gemeiniglich  beflndet  sich  an  einem 
ende  des  ofens  .  . .  ein  loch ,  durch  welches  der  stahl- 
brenner  einen  stab  herausnimmt,  um  zu  sehen,  wie  weit 
das  cementieren  vorgerückt  ist.  605. 

STAHLBRILLANT,  m.,  stahldiamant,  atahlatückchen  mit 
blankgeschliffenen  facetten  als  Schmuckgegenstand  oder  als 
köpf  von  stahlstiften  mit  schraubengeicinde. 

STAHLBRONZE,  /.  l)  eine  besondere  art  von  hronze, 
die  durch  walzen  kalt  gestreckt  ist  und  dadurch  die  festig 
keit,  elasticität  und  härte  des  Stahles  erhalten  hat.  Kar- 
marsch-Heeren'2,  65;  besonders  als  geschützrohrmaterial 
(kanonengut). 

2)  handelsname  einer  brokatfarbe,  die  durch  gröbliches 
vermählen  von  eisenglanz  hergestellt  xcnd  besonders  zum 
bedrticken  von  Stoffen  vericendet  wird.  8, 441. 

STAHLBRUNNEN,  m.  brunnen,  der  stahlwasser  («yi. 
das.)  enthält.  Campe. 

STAHLBÜGEL,  m. .-  Pachaly  sasz  wieder  auf  dem 
deichselbrett ,  alles  wie  drei  tage  vorher,  nur  dasz  sich 
auf  dem  hohen  kummet  des  pferdes,  in  einem  alten  stahl- 
bügel  aufgehängt,  ein  einziges  schlittenglöckchen  hin-  und 
herbewegte.  Fontane  vor  dem  stürm  4,  263. 

STÄHLCHEN,  n. ,  deminutiv  zu  stahl,  i)  zum  ersten 
stahl  (11,3):  stählgen  vor  die  kinder,  ist  ein  zartes  von 
stahl  verfertigtes  Instrument,  obenher  etwas  breitrund 
zubereitet,  so  man  den  kleinen  kindern  an  ein  band  an 
zuhengen,  und  selbigen  damit,  wenn  ihnen  bey  dem  zahn- 


559 


STAHLCLARET  -  STAHLEISEN 


STAHLEN 


560 


hecken  das  zahnileich  juckt  und  brennt,  in  den  mäulgen 
herum  Tähret,  um  die  hitze  dadurch  ein  wenig  abzu- 
kühlen. Aü.xRAurHES  frauenz.  lex.  is^i,  danach  ixcoBSSOH 
7,422».  Krünitz  168,  650  (klnderstählchcn).  A.  Schultz 
alltagsieben  207. 

a)  zum  zweiten  stahl,  zunächst  nd.  staalken  'eine  kleine 
probe  von  einer  vmare:  ein  angeschnittenes  läppchen  von 
einem  tuclie  zur  probe,  fr.  echantillon.  h[oll.]  staaltje'. 
brem.  tcb.  i,  987,  ostfries.  st&lke  und  stältje  TEN  DooRN- 
KAAT  KOOLMAN  8,  298».  dann  auch  iji  hochd.  (tcestmitteld.) 
mundarten .-  oberhess.  st&hlchen  (scht&lche)  zunächst  probe 
von  leinicand,  tuch  u.  ä.,  dann  auch  van  wein  und  für 
wein  überhaupt:  der  hot  S  gut  schtilche.  Crecelius  803 
^gpeziell  heiszt  der  wein  von  Bacharach  stählchcn,  vgl. 
stahl  8,  c),  pfälz.  staelche  Autenrieth  136.  —  dazu 
staalken-book  'ein  Imch.  worin  die  tuch-  und  Stoffenhändler 
ihre  kleine  proben  eingeklebet  Jiaben,  und  zu  desto  be- 
quemerer auswälduivg  dem  käufer  vorzeigen',  brem.  wb.  4,988, 
»n  Ad.  form  stählchenbuch,  n.  miisterkarte,  probekarte. 
Campe,  {verschieden  davon  ist  mnd.  stälbök,  das  register 
des  stalers,  des  prüfers  der  gefärbten  tücher.  Schiller- 
LObben  4,  Söö*".)  —  im,  heutigen  nd.  hat  sich  daraus  weiter 
die  bedeutung  'kleine  geschichte,  anekdote'  entwickelt,  eigent- 
lich 'ein  histvrchen.  so  man  zum  beispiel,  oder  zum  beweis 
von  jemandes  aufführung ,  woraus  man  ihn  kann  kennen 
lern€7i,  erzählet,  dat  is  een  staalken  van  em:  diesz  ist 
eine  probe  seiner  denkungs-  und  handlungsart' .  ick  will 
jou  man  een  staalken  van  em  verteilen,  daar  sunt  veele 
staalken  van  siner  doorheit  to  verteilen,  brevi.  wb.  4,  987/. 

vgl.  TEN  DoORNKAAT  K0OL.MAN  3,  298.  (StÜRENBURG  258'' 
kennt  staalke,  staaltje  nur  in  dem,  sinne  'erdichtete  er- 
zählung'  und  will  es  daher  von  taal  ableiten.) 

STAHLCLARET,  m.  claretum  clialybeatum,  Mynsichti. 
WOYT  gazophylac.^  (l784)  212.  {vgl.  claret,  theil  2,  628,  und 
klaret,  tlieil  b,  1000/.) 

STAHLDEGEN,  m.  'ein  degen,  dessen  gefäsz  von  stahl 
fein  gearbeitet  uTid  scJwn  geblänkt  ist'.  Campe. 

STAHLDERB,  adj.,  ausdrtick  der  mineralogie,  hart  und 
derb  wie  stahl.  Adelung,  chalybaetis  Nemnigh;  'stahl- 
derb, fr.  solide,  (bergioerk)  erz,  so  in  groszen  wänden  bricht, 
und  wenig  oder  gar  nicht  mit  fremden  mineralischen  körpern 
vermischt  ist.'  Jacobsson  4,  247*';  stahlderber  kobalt, 
wackenkobalt ,  stahldichtes  kobalterz.  7,421'';  stahlderbe 
kobaldstufen,  stahlderbes  glaserz,  stahlderbes  rothgöldenes 
erz  U.S. f.  Adelung,    vgl.  stahldicht. 

STAHLDIAMANT,  m.,  s.  stahlbrillant. 

STAHLDICHT,  adj.  dicht  toie  stahl.  Campe,  chalybaetis 
Nemnich;  ausdruck  der  mineralogie,  vgl.  stahlderb:  stahl- 
dichtes kobalterz,  stahldichtes  spieszglaserz.  Jacobsson 
7,  421'». 

STAHLDRAHT,  m.  draht  von  stahl,  gestählter  draht. 
Campe;  stal-drat,  m.  ßlo  d'acciaio.  Kramer  dict.  2,  dOS" ; 
fU  d'acier,  steel-wire,  s.  Karmahsch- Heeren  2,649/..-  so 
trägt  z.  b.  ein  stahldraht  von  '/lo  zoH  dicke  gegen  900  pfd. 
ohne  zu  zcrreissen,  während  ein  gleich  dicker  eisendraht 
nicht  über  460  pfd.  tragen  kann.  Krünitz  168,620;  {im 
bilde:)  die  tiefe  und  Selbständigkeit  der  .  . .  forschung  war 
in  der  schrift  unverkennbar,  manches  aber  nahm  sich 
seltsam  aus.  .  .  .  daneben  waren  dann  wieder  sätze  wie 
dolche  aus  zusammengeschweisztcm  und  gehämmertem 
stahldraht.  Auerbach  dorfgesch.  3, 112; 

es  {die  tamkappe)  war  ein  (rewand  wie  von  Spinnengewebe, 
kaum  ffihlbar  dem  finger,  doch  fest  wie  stahldraht. 

Juruan  Nibclunge  1,  S6  (8.  ge».). 

•  tahldrahtgeschUtz,   n.;    stahldrahtrohr,   n.    bei 
»ehiffsgeschützen,  s.  Luegkr  7,211. 
STAHLDURCHBOHRT,  adj.: 

als  der  beiland  litt  am  kreuze 
himmelwärts  den  blick  gewandt, 
fQhlt'  er  heimlich  sanftes  zücken 
an  der  stahldurrbbohrten  band. 

M08F.N  1,  83  (der  kreutKhnabel  8). 

STAHLEISEN,  n. ;  in  den  Stahlhütten  nimmt  man  zur 
fabnzierung  des  gtahls  immer  dasjenige  eisen,  welches 
unter  dem  namcn  des  Stahleisens  in  den  handel  kommt; 
e«  ist  ein  reines,  mit  kohlenKtofT  UbcrseUtcs  roheiscn, 
weichet  ...  bei  gehöriger  bcarbcitung  ein  sehr  vorzUg- 
UehM  itabeisen  oder  einen  guten  rohstahl  giebt.  Krü- 
Mtn  US.  <M. 


STÄHLEN,  adj.  aus  stahl;  ältere  form  für  stählern, 
vgl.  dieses. 

1)  entwicklung  der  form. 

o)  die  bildung  ist  auf  das  icest^erm.  beschränkt :  ags. 
stylen,  mittelengl.  stelen,  stilen  Bosworth-Toller  geo*"; 
altfries.  stelen,  stellen,  neuwfr.  stielen  Richthofen  1047»; 
mnd.  stalen  Schiller-Lübben  4,  8ö6»  und  stelen  SSI*" 
{beides  ganz  vereinzelt,  der  beleg  für  das  letztere  zudem 
unsicher,  indem  stelemel  auch  das  alts.  stehli  =•  stahl  etvt- 
halten  kann,  während  mel  doch  wol  zu  franz.  maille,  mhd. 
meile  zu  stellen  ist;  doch  kommt  stelen  sonst  vor,  s.  den 
beleg  unter  2,a,a  und  die  glossen):  chalybeius,  calipeu* 
stelen.  Dief.  gloss.  90*  (roc.  v.  1425,  sax.lat.);  stelen  coli- 
bius.  nov.gl.  66'';  nl.  staelen,  van  stael,  chalybeus.  Killan, 
jetzt  holl.  stalen;  ahd.  {nd.f)  stelin  ex  calibe  Steinmeyer 
aM.  gl.  3,  388,  34.  Graff  6,  635,  mhd.  stehelin,  stähelin, 
stahelin,  stselin,  mitteld.  stfilin,  auch  stälin,  stylen.  Lbxbr 
liundtob.  2, 1160.    vgl.  Weigand  2,  792. 

b)  im,  nhd.  ist  stählen  im  16.  jahrh.  noch  sehr  gewöhn- 
lich in  mannigfachen  formen,  indem  das  h  bald  bleibt  {in 
der  Schreibung),  bald  sich  zu  ch  verdickt,  bald  schtcindet, 
und  das  i  der  endung  theils  als  i  erhalten,  theils  zu  ei 
diphthongiert,  theils  zu  e  geschwächt  oder  ganz  ausgeicorfen 
wird,  so  findet  sich  stähelin  (Franck  loeltb.  48»,  buch  der 
iie6el94°),  stehelin  (Braunsghweig,  Friese,  Murner 
schelvienz.),  stählin  {bei  Anshelm  neben  stächlin  u.  c, 
ferner  im  buch  der  liebe  gew.,  sowie  bei  H.  Sachs  5,  212'' 
und  Stumpf,  auch  im  17.  jahrh.  herrschend,  s.  unten); 
stechlin(HERM.v.  Sachsenheim);  stehlein  (/os^n.jp.  196,15), 
stählein  (H.  Sachs  4,  2,  58»);  stähelen  (H.  Sachs  5,  315*), 
stehelen  (Murner  narrenbeschw.6,U,  H.Sachs  1,400''.  404'"), 
stählen  (B.  Waldis,  Aventin,  btich  der  liebe  274''),  stehlen 
(Tucher,  Mathesius,  stelhen  bei  Luther  ist  natürlich 
stelen  zu  lesen);  stäheln  (Brant  »uirreiwcÄ.  76,  JO);  stalen 
{bienenk.  29»,  Heinr.  Julius),  ställn  (Franck).  es  erschei- 
nen dabei  oft  bei  demselben  autor  verschiedene  formen,  so 
bei  H.  Sachs  stählin,  -lein,  stähelen  und  {gew.)  stehelen. 
vgl.  besonders  die  belege  aus  Anshelm  unter  2,f,y,  too 
auf  2  Seiten  des  textes  neben  einander  vorkommen:  stähKn, 
stächlin,  stählen  und  flektiert  auch  stähle,  stachle  {neben 
stählinen ,  stächline).  icie  hier,  geht  auch  sonst  in  den 
flektierten  formen  das  n  zuweilen  verloren,  s.  ein  steheles 
hembd.  H.  Sachs  l,  400''  unter  2,  b,  ß.  die  form  stähliii 
begegnet  noch  im  17.  jahrh.  (Weckherlin,  Simpl.  sehr.), 
von  den  Wörterbüchern  fuiben  nur  wenige  das  %owt  auf- 
genommen: chalybeus,  stahelin.  Frischlin  nomencl.  22'' 
(1586,  c.  13),  stählin,  st&hlern,  0.  d'acier.  HuLSius  (16I6)  SOö"»; 
stählin,  von  stahl,  d'acciaio.  (1618)237»;  und  so  noch: 
stählin,  adj.  chalybeus.  Frisch  2,  315"  {'vxdgo  stählern'). 
im  allgemeinen  ist  stählen  seit  dem  il.  jahrh.  durch  stählern 
verdrängt;  vereinzelt  kommt  es  immer  noch  vor  (Herder, 
Arndt  366,  Simrock),  doch  beweist  das  fehlen  des  umlauts 
in  andern  stellen  (Lehman,  Arndt  206,  Röckert),  dasz 
es  sich  um  eine  freie  neubildung  handelt. 

c)  vereinzelt  hat  sich  stählen  in  mundarten  erhalten 
{doch  tcird  stählern  noch  seltner  angeführt,  sodasz  für  die 
meisten  mundarten  die  übliche  form  nicht  bekannt  ist): 
Schweiz,  stechli  BüiiLERi^aroal,  131;  in  SfHEUGS  Baseler 
idiot.  stächlen,  stächlin,  s.  Seiler  276»;  bair.  stAhhla' 
ScHM.*''  2,  744;  nd.  stalen,  stahlern  bi-em.  wb.  6,  334,  ostfries. 
stalen   Stürenburg  86I».    ten   Doornkaat  Koolman 

3,  896». 

8)  gebrauch. 

a)  am  häufigsten  von  waffen,  besonder»  mhd.,  und  zwar 
zunächst  von  angriffstpaffen ;  vgl.:  sonder  er  {Tubal  Cain) 
ist  auch  der  erste  walTcnschmid  gewesen,  der  stehlen« 
schneiden,  bane,  oder  ort  an  eisen  hat  schweissen,  wellen, 
und  herten  können.  Mathesius  Sar. »».  hier  fehlen  merk 
toürdigerweise  belege  für  das  gewöhnliche  st&hlene  sohwert 
ganz,    häufig  sind  nur  zwei  verlnndungen : 

a)  stählener  bogen,  vgl.  stahl  11,3,6  und  fU.  staelen 
boghe,  balista  chali/bea,  arcus  balisiarius,  areubalista, 
areus  brachio  ehalybeo,  »ive  lamina  instruchts:  seorpius, 
acorpio.  Kii.ian  8,686*.  ummo  dysse  tyt  (1&86)  synt  erst- 
mals synirore  {tündröhr«)  gemaket . . . ,  wente  wor  raen 
nu  syntbuBsen  voret,  plech  men  stelen  bagen  to  voren. 
Hamb.  chron.  481  Lappenberg;  deszgicichen  da  David  Keines 
bandbugens.  8.  Samuel.  88,  gewenel,  geben  es  auch  die 


561 


STAHLEN 


STÄHLEN 


562 


lateinischen  auszleger:  gott  treibet  den  stehlenen  bogen 
meiner  band.  Mathesius  Sar.  is*'; 

das  reventer  (Speisezimmer)  ist  angelogen 

so  lang,  man  mit  stählen  bogen 

möcht  schiessen.     B.  Waldis  Esop  3, 100,  98; 

ich  kan  so  starck  als  khün  ... 

ein  Stählines  armbrust  und  bogen  starck  und  dick 

bald  spannen  oder  brechen. 

Weckheelin  69  (jps.  18,  60). 

/3)  stählene  stange  als  tcaffe  von  riesen  u.  ä.  {vgl.  stange 

2,  a,  9") :      wandij  wären  gigande 
und  trügen  an  ir  bände 
stahehne  Stangen.    Lampreht  Alex.  5077  Kirnet; 

ein  Stangen  deu  was  stebeltn 
truoc  er  in  der  bende  sin. 

Hkikk.  V.  Neustadt  Äpoilon.  19374 ; 

vor  in  trat  her  ain  wilder  man, 

ich  main,  er  möcht  von  Norweg  sin, 

mit  ainer  stang,  was  stechlin. 

HER.M.  V.  Sachsexheim  s.  67  Martin  (mörtn  634); 
das  er  vacht  mit  eynr  stäbeln  slangen. 

Brakt  narremch.  76, 10; 

der  riesz  . . .  zuckt  seine  stählin  stangen,  und  schlug  gegen 
Goffroy.  buch  der  Zie&e274»;  da  zucket  der  starcke  riesz 
die  stählin  stangen.  274''.  —  ähnlich  auch:  Goffroy  .  .  . 
zucket  da  den  stählen  kolben  von  dem  Sattelbogen,  unnd 
schlug  darmit  dem  riesen  sein  stählin  stangen  ausz  der 
band,  ebenda;  vgl.:  Goffroy  .  . .  hatte  einen  stählin  kolben, 
den  hencket  er  an  seinen  Sattelbogen.  273*; 

die  truogen  kolben  stähelin.     WUleh.  895,  84. 
6)  noch  häufiger  von  denvertheidigung»vsiffen,  derrüstung. 
a)  der  heim   icird   gern   als    stählener  hut   bezeichnet, 
vgl.  nl.  staelen  boed   vel  storm  hoed,  püeus  ehalybeus. 
Kilian  2,626»,  und  stahlhut: 

dnrh  den  stehelinen  hüt 

verwundeter  den  helt  gut. 

Lampreht  Alex.  2740  Kimd; 

setzt  auf  euren  stehlein  eisenhnt.     fagtn.  sp.  196, 15; 

doch  attch:  ein  mann,  ein  imhold,  ein  schelm, 

mit  tigerpanzer  und  stahlenem  heim, 

liegt  wie  ein  teufel  im  felde  breit. 
/.       ,.,,    V  RfJCKERT  J^>(fo«<  I,  338 ; 

(im  bilde:) 

und  gott  wird  sein  gerechtigkeit 

zum  Krebs  anziehen  zu  der  zeit, 

und  sein  strenges  gericht  daselbn 

auffsetzen  für  ein  stählin  heim.    H.  Sachs  5,  212>>. 

ß)  vom  hämisch,  panzer: 

(sie  sahen)  ein  grossen  erschröcklichen  mann 
gleich  eim  riesen,  der  war  anthan 
mit  einem  stähelen  hämisch.     H.  Sachs  6, 316* ; 
mhd. :         mit  stelinen  brunien  gut 

wären  die  vil  wo!  behüt.     UxHänd.  reimchron.  11147; 

ein  uberstarckes  weyb  .  .  . 

die  war  nmbhenget  gantzer 

mit  eynem  stehelen  pantzer.    H.  Sachs  1, 400>> 

{dafür  in  der  auslegung  der  allegorie: 

auch  spricht  man  Gwonheyt  frembd 

ist  ein  steheles  hembd 

als  ob  die  Gwonheyt  dreng  u.  $.  w.    400*) ; 

dafür  häufig: 

das  blAt  vl6^  als  ein  bach 

durch  die  steltne  ringe  r6t.    livländ.  teimehron.  8421 ; 

islicher  von  dem  anderen  sluoc 

da  mangen  stelinen  rinc. 

Heinr.  V.  Freibbrg  Triiian  1806. 

y)  von  der  beinbekleidung : 

ä  beten  nmbe  ir  bein     vil  manegen  st«elin  zein. 

exodue  158, 16  Diemer; 
heim  auf  dem  haupt,  am  fusz  den  sporn 
und  spitze  stählen  schuh. 

Herder  1,  2,  535  Meyer  {graf  Amum  70). 
9)  zusammenfassend: 
der  {Heinrich  der  löwe)  legt  an  sein  st&hlein  gewand. 

H.  Sachs  4,  8,  58« ; 
bildlieh : 

wohl  bedurfte  der  mann  der  festen  und  stalenen  rüstung, 
welche  der  knabe  sich  schon  hart  um  den  busen  gewölbt. 
,,      ,      ,.  ,  Arndt  ged.  206; 

80  auch  ganz  vereinzelt  adverbial: 

komm,  seist I  und  zieh  dich  stählen  an! 
komm,  EerzI  und  lasz  dich  eisern  kleiden.    366. 

«)  von  Pferderüstung:  auch  {liesz  er)  den  spissem  .  . . 
pferd  darführen  und  geben,  jbre  kürisz  mit  gantzen  par- 

IBchen,  wolbedeckt  stälen  glider,  und  verdeckt  bengst,  .  . . 
knte  stählin  kragen,  . . .  roszstimen,  knopff,  stälen  puckel- 
bantzer.  Qarg.  s.  816  rieudr. 
X.  2. 
I 


Q  vom  Schilde ;  doch  thet  er  {der  riese)  schnell  seinen 
hämisch  an  . . .  und  brachte  mit  jm  ein  stählin  schilt. 
buch  der  liebe  274». 

»7)  dazu:  das  feld  rennen  in  steblin  pund  und  stehling 
lieger  als  arten  dis  tumiers  bei  Ger.  Schubart  de  ludis 
equestribus  (1725)  s.  175,  vgl.  Boeheim  waffenk.  s.  559/. 

c)  von  allerlei  andern  geraten:  ein  stähliner  Spiegel, 
speculum  chalybeum.  Frisch  2,  315"  (nl.  staelen  spieghel 
Kilian);  du  soll  haben  ain  subtiligen  segen  (säge)  mit 
ainem  stebelin  bogen  mit  ab  zuschneiden  die  bain  oder 
arm.  Braunschweig  cÄirur^  (1539)  ll*»  (1499:  19*»); 

das  vierdt  frewlein  inn  hämisch  blosz 

trag  ein  stehelen  hamer  grosz.    H.  Sachs  1,  404*. 

so  stählene  feder,  vgl.  Stahlfeder:  dasz  ein  gewächs  sey, 
so  die  krafft  habe,  ein  schlosz  mit  stählinen  federn,  durch 
menschliche  band  gemacht,  auffzusprengen.  Simpl.  sehr. 
4, 185,  32  Kurz  {vogdn.  2,  25).  hypothetisch  von  einer  schreib- 
feder  (tcobei  natürlich  noch  nicht  a»  die  heutige  Stahlfeder 
zu  denken  ist) :  aber  ich  bedörfft  wol  stÄlene  federn,  oder 
zu  minsten  ein  feder  ausz  S.  Michaelsflügel  von  S.  Michel, 
wann  ich  alle  orden  . . .  wolt  beschreiben,  bienenk.  29». 
unklar  ist:  für  8  stehlen  taffelstain  13  /^  10^.  Tucher 
haushaltb.  126  {vgl.  theil  11,  23). 

d)  stählene  thüren,  mauern  u.  dgl.  kommen  wol  nur 
in  der  dichtung  vor  {vgl.  indessen  Stahlkammer): 

zende  an  dem  palas 

ein  stählin  tür  entslog^en  was.    Parz.  888, 10; 

die  biu-gmur  die  was  stebelin 

und  die  tum  waren  erin.    Altswkrt  36, 10; 

ntir  hypothetisch  gesagt .-  er  w6re  durch  eine  stebelin  mftre 
wol  gevarn.  d.  mystiker  1,  304,  9  (Nie.  v.  Straszburg). 
bildlich:  das  sind  ihre  stählene  mauern  gewesen,  darauf 
sie  stunden,  trotzten  und  pochten.  Luther  tischred.  2, 164. 

e)  ein  stählener  berg  unrd  oft  hypothetisch  gesagt  in 
vergleiclien  und  sprichwörtlichen  redensarten :  rebte  also  ein 
stehelin  berg.  Tauler  bei  Gh.  Schmidt  hist.  eis.  wb.  338''; 
{der  stoisclie  weise  Seneeas,)  der  sich  nicht  bewegen  last, 
weder  lieb  noch  barmhertzigkait ,  mer  dann  ain  härter 
kiszling,  unnd  ia  so  gar  kaines  anmuts,  das  er  wie  ain 
ställner  berg  und  schrof  fest  stehet.  Frangk  morie 
oicom.  24'' ;  alle  wände  waren  . . .  mit  metallen ,  ...  so 
hell  geriebenen  geschirren  besetzt,  dasz  es  schiene,  als 
wann  ich  in  keiner  kuchen,  sondern  irgends  in  einem 
stählinen  berg  mich  befunden  hätte.  Simpl.  sehr.  8, 849, 11 
Kurz  {vögeln.  1,  lo); 

vor  zeyten  loug  man  durch  eyn  brett, 

das  etwa  drithalb  elen  hett, 

jetz  lürt  man  durch  ein  stehelen  berg, 

wen  schon  dry  leeendt  uberzwerg. 

JIürner  narrenbescfiw.  t.  25  neudr 
(6,  44,  noch  überboten  56,  8) ; 

das  ich  die  Schelmen  kennen  kan 

durch  ein  gantzen  stehelin  berg,' 

wenn  schon  dry  legendt  Überzwerg. 

schelmenz.  s.  4  neudr.  (B,  vorr.  3, 
dafür  in  A:  durch  eyn  grossen  steynen  bei^.  «.1,5). 
ähnlich  auch:  was  aber  gottes  on  wort  ist,  das  mus  end- 
lich zergehen,  wenn  auch  alle  teufel  und  weit,  mit  eisern 
bergen  und  stelhen  bewmen  dran  hielten.  Luther 8, 318V  — 
anderes  hypothetisch:  bat  nicht  auch  der  Hercules  lang 
mit  des  königs  Actors  sönen  Euryt  und  Creat  deszhalben 
lang  zustreiten,  weil  sie  ausz  sylberen  eyerschaln  warn 
geschloffen:  so  werden  sie  beut  gewisz  ausz  stählinen 
nebelkappen  schliefen.  Garg.  s.  310  neudr. ;  o  du  arm 
jrdin  glück,  warumb  bist  nicht  stälin?  357. 

f)  übertragen  wird  stählen  getm  auf  menschen  angeicandt. 
a)  eigentlich:  hat  dir  doch   der  teufel  verheiszen,   er 

wolle  dir  einen  stähl enen  leib  geben,  dasz  du  nicht  leiden 
solltest  wie  andere  verdammte.  Simrock  volksb.  4, 115; 
ein  anderer  bildet  im  in,  er  bet  stehelin  füsz,  der  selbig 
sprang  uff  den  steinen  wie  ein  pferd.  Laur.  Phries  spiegl 
der  artzny  (1519)  50''.  ähnlich  in  Daniels  vision  von  dem 
bilde,  das  die  wdtreiche  bedeutet;  mit  bezxig  darauf: 
Daniel  . . .  sagt,  es  {das  römische  reich)  sei  wol  am  ersten 
eisern  und  stählen,  aber  zuelezt  wär's  lauter  kott,  laim 
und  hafenwerk  . . .  worden.  Aventin  chron.  l,  684, 15. 

ß)  zunächst  leiblieh,  in  bezug  auf  stärke,  Widerstands- 
kraft, unverletxlichkeit :  denn  da  Job  am  6.  saget:  ist  denn 
mein  fleisch  ehmen?  geben  etliche  dolmetscher:  ist  denn 
mein  fleisch  stehlen?  oder  bin  ich  denn  so  herte  wie 
ein  stahel  and  eisen?  Mathesius  Sar.  7^^; 

36 


563 


STÄHLEN 


STÄHLEN 


564 


Diln  houbet  st  mir  stsclin : 
dehein  wäfen  snide  dar  in. 
.^     Münchner  ausfahrtsegen  {denkm.  nr.  47,  3)  23. 
[von  auadaxier-) 

wie  meht  ich  herre  trehtin, 

weare  mir  daz  hanpht  erin, 

Stalin  diu  zunge. 

die  grozen  manavmge 

iemer  vure  bringen?    Diembr  gtd.  888, 16. 

y)  in  diesem  sinne  ist  es  wol  zu  verstehen,  wenn  Stehelin, 
Stehellin  nicht  seifen  als  perso7ienna7ne  vorkommt;  lei- 
spiele  aus  urk.  v.  1200,  1259, 1308,  1318  bei  Ch.  Schmidt  hist. 
eis.  wb.  338''.  doch  ioird  dabei  auch  an  die  rüstung  von 
stahl  (».  b)  und  an  die  ethische  bedeutung  (J)  zu  denken 
sein,  ähnlich  nennt  sich  im  Schicabenhiege  von  1499  eine 
schwäbische  schaar  der  stählene  häufe :  diss  warend  vast 
erzknappen,  die  sich  barzä  mit  vil  röemens  selbs  erbutend, 
hiess  der  st&chle  huf.  Anshelm  Berner  chron.  2,  170,8; 
wie  d'  eidgnossen  den  berg  und  den  st&chhn  bufen  ge- 
wannen. 19;  trungend  do  so  vast  uf  die  st&hlinen  schötzen, 
dass  si  bindersich  durchs  holz  wichen,  da  ir  1500  stählin 
gsellen  in  guter,  st&hliner  Ordnung  stundend.  170,33  — 171, 2; 
also  kampftends  da  hart  mitenander,  . . .  biss  vom  stäh- 
linen bufen  zwei  glid  nidergelegt.  4;  also  dass,  welche 
vom  stäcblinen  hufen  nit  abwegs  verschussend  oder  im 
gestrip  verscbluffen ,  al  erschlagen  wurden;  und  ervand 
sich,  dass  diser  stähle  huf  so  vast  vom  küemeileraten 
was  zerschmolzen,  das  von  im  nit  200  zänn  mit  fliehen 
waren  ganz  bliben.  und  also  so  haftend  d'  Eidgnossen  . . . 
den  steinin  berg  und  die  stähline  vorhüt  zur  morgen- 
suppen  redlich  gewonnen.  8—15;  darzü  1500  der  fröudigisten 
ertzknappen  ausz  Etschland  (genent  der  stählinhauff). 
Stumpf  Schioeytzer  chron.  647";  auch  der  stählene  bund 
für  den  schwäbischen  bund  selbst:  betrachtottent  die  sach 
■nd  erdachtent,  das  sy,  mit  gunst  und  willen  keiser 
Fridrichs  des  dritten,  auch  ein  punde  machtent,  den  man 
nempt  den  stächlin  pund  ettlich  nampttent  in  ouch  den 
iüppen  punde ,  und  ettlich  den  schwebschen  punde ,  als 
er  ouch  heiszt,  vermeinittent ,  sich  also  durch  solichen 
punde  den  eydtgenossen  zu  geliehen.  Etterlin  cron.  der 
eydtgnoschaß  (1507)  103»; 

krei  {krähe  =  Tirol),  ich  han  mit  dir  gefochten 

wol  über  die  vierden  stund, 

an  dir  han  ich  mich  gerochen 

und  an  dinem  stechlin  bund. 

LiLiENCRON  hist.  volktl.  nr.  205,  22. 

vgl.  auch:  und  haben  alle  völcker  ye  und  ye  bekennen 
müssen,  dz  sy  meynen,  die  Teütschen  (die  man  yetzund 
lantzknecht  nennet)  seyen  teüfel,  oder  aber  stähelin. 
S.  Franck  weltb.  48*. 

S)  ins  seelische  gewendet,  so  schon:  Esaie  48.  dein 
nacken  ist  eisern,  und  deine  stirn  ist  stehlen,  denn  weil 
gott  der  Juden  hertigkeit  und  hartneckigkeit ,  und  ver- 
ruchte oder  unverschampte  stirne  beschreibet,  hat  er  nit 
von  einer  roten  stirn  eigentlich  reden  wollen,  sondern 
von  einer  trotzigen,  und  gestehleten  stirne,  die  sich  nicht 
schemet,  nicht  rot  wird,  und  weder  mit  gut  noch  bösz  gar 
nicht  biegen  oder  lencken  lesset.  Matuesius  Sar.79i^.  — 
besonders  stählenes  herz :  owe  herz  mins,  wie  bist  du  so 
stehlin,  da?  du  nit  alles  von  leid  zerspringest.  Suso  bei 
Wackernaoel  leseb.  i^  873, 2;  er  müszte  doch  ein  stähelin 
hertz  haben,  der  nicht  ein  freud  darvon  bette,  buch  der 
liebe  194«;  ich  bette  vor  diesem  gemeinet  mein  hertz  were 
stälen,  das  mans  mit  keinem  metal  verwunden  könte. 
aber  diese  wort,  so  ich  jetzundt  gehöret  habe,  haben  mir 
mein  hertze  dermassen  durchgedrungen  . . ,  das  ich  für 
angst  nicht  weis,  wo  ich  aus  oder  ein  sol.  Heinr.  Julius 
V.  Braunschweio  129  Holland  {Sus.  4, 4);  die  liebe  macht 
ein  stablens  hertz  gelind  und  weich  wie  wachs.  Lehman 
S,  423.  ähnlich:  es  ist  keiner  so  hart,  starck,  stählin  unnd 
steinen,  der  durch  unsere  liebliche  wort  unnd  dein  gesiebt 
dir  nicht  gehorsam  were.  buch  der  liebe  209";  ouch  die 
stehelin  oder  iscrin  gemAte  gezemet  der  gelust.  Pfeiffer 
altd.  übun^tb.  175,  27 ; 

sO  muog  Ich  sto  gar  stähelin 

und  harter  denne  ein  tsen.    troj.  krieg  21020. 

g)  stählen  {oder  eisern,  g.  theü  8, 876)  sagt  man  auch  von 
abgaben,  leiHungen  u.  dgl..  die  dauernd  unter  allen  um- 
ttänden  tntriehtet  werden  mileeen,  »otoie  von  entepreehenden 
einküt^ften,  fetten  beHänden  u.  ähnl.  .•  stählin  vieh,  peeora 
chalj/hea,  ferrea;  stählino  gUlt;  stählino  galtbrief,  litterae 


ferreae,  reditus  chalybei;  auch  stähline  brief,  litterae 
moratoriae.  Scherz -Oberlin  1552/.,-  stählene  pfründe 
'praebenda,  quam  quis  sine  detractione  et  imminutione 
percipif.  1553:  aber  wir  haben  ein  vater  ym  himmel  zu 
dem  wir  schryen  vatter  unser  der  du  bist  in  den  himlen, 
da  ist  unser  stehelin  pfründ  .  . ,  da  ist  kein  wurm  noch 
schab  der  unsz  die  cleider  esse.  Keisersberg  narren- 
schiff l»T^  (gedruckt  177,  richtig  179). 

STÄHLEN,  verb.  zu  stahl,  hart  wie  stahl  machen,  mit 
stahl  versehen. 

i)  stählen  ist  eine  gemeingerm.  causativbildung  zu  stahl, 
chalybs:  altn.  stsela  Cleasry-Viofusson  602»;  ags.  stylan 
BoswoRTH -Toller  920'';  mnd.-nl.  ohne  umlaut  stalen 
ScHlLLER-LüBDEN  4,3.56»  (einmal  belegt,  vgl.  tmten  2,b), 
ebenso  bei  KiLiAN,  s.  unten;  mhd.  stehelen,  stechein,  stalen, 
mitteld.  stölen,  und  stahelen,  stälen  Lexer  liandwb.  2,1159/. 
vgl.  FiCK^  3,  344.  Weigand  2,  792.  im  nhd.  finden  sich  neben 
stählen  in  der  altern  spräche  oft  abiceichetide  Schreibungen, 
so  stäheln  (Amadis\,\m),  stehlen  (Mathesius,  Wirsung 
377 G.  546 B,  sonst  stählen),  stehiln  (l584),  stälen  (Stiele», 
Garg.  153,  s.  2,  d;  Schwartzenberg  ?,  s.  3,  o);  oberd. 
stächlen  (Rüff,  tirol.  tceisth.  4,278),  stächein,  stechein 
(Tucher,  auch  stechelen),  stechlen,  s.  die  belege  (unter  2, 
besonders  2,  b);  ganz  vereinzelt  sind  umlaxitslose  formen, 
s.  stahiln  (1584)  unter  2,  b  und  gestahlet  (lounderh)  unter 
3,  a.  —  mundartlich  ist  stählen  nur  oberd.  bezeugt:  schiceiz. 
stachle  Hunziker  249,  stechla  Bühler  Davos  i,  I3l.  2,  69, 
in  Basel  stächlen  Seiler  276»;  bair.  stäbhaln  Sc  um.*  2,744, 
tirol.  stachln,  stachln  Schöpf  696,  sfeir.  staheln  Ungek- 
Khull  568'',  kämt  stachln  Lexer  238.  doch  auch  ostfries. 
stalen  ten  Doornkaat  Koolman  3,  298». 

2)  stählen  in  eigentlicher  bedeutung:  stählen,  stahl  an 
etwas  thun,  acerer,  fournir  et  estouffer  d'acier.  Hulsius 
305'';  stählen  cJuilybe  admisto  durare.  Schottel  1420; 
slälen,  gcstälet,  chalybemunire.  ferrumindurare.  Stieler 
2117;  stählen,  stälen,  i^.  verstählen ,  accialare,  temprare, 
drtrare  d'acciaio.  Kramer  dict.  2,  903°;  'staehlen,  lat.  in- 
dilo  chalybe  ferrnm  durare;  adiecto  chalybe  duritiem  ferro 
indtccere.  APIN.  gloss.  509;  ich  stähle,  ferrum  induro,  ferro 
chalybis  formxim  induo.  Steinbach  2,  656;  stählen,  verb. 
ferrum  indurare,  stahlhart  machen.  Frisch  2,  315". 

a)  zunächst  eisen  stählen,  zu  stahl  nuichen,  härten, 
vgl.  die  voranstehenden  Übersetzungen  und  nl.  staelen,  ver- 
staelen  het  yser,  indurare  ferrum  chalybe.  Kilian  2,  626'': 
die  zend  tailent  an  ainem  lebendigen  eher  reht  sam  ain 
gestäheltg  eisen.  Megenbero  12l,  14;  Clarion  .  .  .  nam  eyn 
starcken  spiesz,  mit  eynem  guten  gestahelten  eisen  zft  der 
handt.  Fierrabras  F6''. 

b)  häufiger  (eiserne)  gerate  stählen ,  stahlhart  machen, 
härten:  ein  messer,  eine  hacke,  einen  pickel  etc.  stählen, 
accialare  un  coltello,  una  scure,  un  piccone  etc.  Kramer 
dict.  2,908°;  ein  wol  gestähltes  messer  etc.  coltello  etc. 
di  buona  tempra  [di  acdaio].  ebenda;  stählen,  ein  eisenes 
Werkzeug,  i^istrumento  ferreo  aciem  chalybeam  accudere. 
Frisch  2,  315°;  'mit  einer  schneide  oder  spitze  von  stahl 
verseilen;  im  gemeinen  leben  auch  verstählen.  eine  axt, 
eine  hacke,  ein  messer  stählen,  ein  gut  gestähltes  messer.' 
Adeluno;  'stählen,  verstählen,  et»  eisernes  werkteug  mit 
stahl  verbinden,  oder  anschiceiszen,  um  daran»  ein  achnei- 
dendes Werkzeug  zu  machen.'  Jagoosson  4,  247^,  ».  auch 
Krünitz  168,  660.  die  erklärungen  geben  verschiedene 
miancen  der  bedeutung  (zu  stahl  machen,  härten;  mit  stald 
versehen),  denen  in  der  sache  verschiedene  verfahren  ent- 
sprechen; icdches  im  einzelnen  falle  gemeint  ist,  läatt  sich 
nicht  entscheiden,  belege:  wenn  nu  die  Hobroer  jre  holtz- 
peil ,  Pflugscharen ,  hawen ,  sensen ,  gabeln  scherpfTen, 
auszschmiden  oder  stehlen  weiten  lassen,  musstcn  sie  in 
der  Philister  lande  ziehen  für  die  schmitte.  Mathesius 
Sar.  80».  im  einzelnen,  besonder»  waffen:  der  schätz  eines 
fUrsten  bestand  . . .  aus  gut  gestählten  und  geschmück- 
ten Waffen.  Freytao  17  (bUder  l),  186;  die  schneide  der 
Schwerter  und  messer  wuszte  man  eu  stählen.  68;  mit 
zweyon  Meyländischon  Sohweitzcrtölchlin ,  unnd  wol- 
gestahelten  reuterböcken  (dolchen,  s.  bock  ll,  theil  2,  204) 
klemmet  erzürn  höchsten  hausz  liinauff.  Garg.  ».VAneudr.; 

eben  so  lagen  vor  dir,  die  walTcn,  stolzer  Achilles, 
die  dir  im  neisssn  Vesuv,  der  hinkende  schmiedefott  stählte. 
ZaoharU  810  (d.  phaeton  S,  108) ; 


565  STÄHLEN 

ein  bärt'ger  mann,  entblSszt  die  nerv'gen  arme, 
stählt  Waffen  dort  am  rusz'gen  herd. 

EichendORFf2  3^  542; 

was  weint  ihr,  mädchen,  warum  klagt  ihr,  weiber, 
für  die  der  herr  die  Schwerter  nicht  gestählt? 

Körner  1,  59  Fischer  (ou/ru/); 
gross  und  selten  war 
des  Schwertes  tugend,  reich  der  goldne  griff, 
und  reicher  viel  die  fest  gestählte  klinge. 

Wieland  18,  32  ^Gercm  377) ; 

Pfeile,  mit  stählerner  spitze  versehen: 
indesz  .  . .  vom  gespannten  bogen 
nun  ein  gestählter  pfeil,  der  nicht  betrüglich  irrt, 
auf  dich,  zu  sichres  thier,  vom  tod  begleitet,  schwirrt. 
Uz  242  Sauer  {kunst  fröhl.  su  seyn  2, 171 ; 

(im  bilde!) 

freylich  beiszt  es  in  dem  hertzen, 

dasz  uns  zwang  und  pöbel  quält  .  .  . 

und  das  unglücK  pfeile  stählt.    Günther  19*. 

kugeln .-  schosz  mit  lumpen,  .  . .  mit  trei  unnd  vier  kageln, 
mit  toppelem  lot ,  gestalten  kugeln.  6arg.  s.  284  neudr. 
rüstung:  und  also  bald  reit  er  wider  den  Amadis,  und 
erreicht  jn  in  dem  schilt  dermassen,  dasz  er  jn  durch- 
stach, doch  den  hämisch  nit,  welcher  gar  wol  gestähelt 
wäre.  Amadis  l,  466  (222  Keller); 

si  sazzeten  5f  ir  höbet      die  helme  wol  gestalet. 

exodust  160,  28  Diemer. 
daher  dann  auch: 

laszt  ihn  den  fusz  gestählt,  es  ist  mir  recht, 
auf  diesen  nacken  setzen. 

Kleist  2,  76  Schmidt  {Penthes.  9). 

andre  gerate  •  bicken  {Spitzhacken)  . . .  mot  he  wol  scherpen 
oder  stalen  alse  se  ghestumpet  weren.  quelle  bei  Schiller- 
LÜBBEN  4,  356*;  von  3  hamem  zu  stehein.  Frankf.  urk. 
des  li.jahrh.  bei  Dief.-WClcker  861;  von  eyme  schelle- 
liamer  an  beyden  enden  zu  stahiln.  ebenda  {vom  j.  1384); 
meister  Johan  Solczpecher  von  eyme  bickele  den  wege- 
mechern  zu  erlegin  und  stehiln  und  eynen  schellehamer 
erlacht  und  gestahilt.  ebenda ;  von  einem  pflaster  schlegel 
zu  stechein  zwelf  und  viertzehen  pfenning.  Tucher  bau- 
meisterb.  100,  5 ;  von  einem  perck  eisen  und  steinext  öer 
zu  stechein  acht  und  10  pfenning.  7 ;  von  einem  pflaster- 
hamer  und  störchsschnabel  desgleichen  zu  stechein  acht 
imd  zehen  pfenning.  10;  von  einem  schellhamer  zu 
stechelen  sechs  pf.  17;  der  pantarbesstein  ziecht  das 
gold,  . . .  das  gestalet  messerdie  glufen.  Garg.  s.  397  neudr.; 
für  ain  schraithack  zu  stächlen  18  kr.  für  ain  peil  zu 
stächlen  lo  kr.  tirol.  weisth.  4,  278,  19/.  {ordn.  der  hant , 
taguercher  . . .  att/1638).    im  bilde: 

und  wenn  eurer  liebeskette 
festigkeit  und  stärke  fehlt, 
0  so  flehet  um  die  wette, 
bis  sie  Jesus  wieder  stählt. 

hannov.  gesangb.  365,  2  (Zinzbndorf). 

vgl.  auch :  bey  uns  hat  inn  einer  zech  kein  ort  am  bergk- 
eisen  halten  wollen,  vom  newen  stahel,  darumb  hat  man 
die  örter  mit  alten  messerklingen  gestehlet.  Mathesiüs 
Snr.  79».  —  stählen  scheint  aber  auch  einfach  für  schärfen, 
netzen  gesagt  zu,  werden  (?) :  so  man  eynen  wageysen  oder 
segeysen  tangein  oder  stächein  sol.  Scheirer  dienstb.  31  bei 
SCHM.2  2,  744  (a). 

c)  zuweilen  wird  stählen  absolut  gebraucht:  was  vom 
eisern  untern  hemmem  abspringet,  damit  stehlen  die 
schmide.  Mathesiüs  Sar.  79";  da  Mose  gene.  4.  Tubal 
Cains  hammer,  Schmitten  ...  beschreibet ,  gedencket  er 
auch  des  stehlens,  denn  .  . .  hat  er  nicht  allein  küpfferne 
unnd  eiserne  geschirr  gemacht,  polirt,  geschliffen,  sonder 
er  ist  auch  der  erste  waffenschmid  gewesen,  der  stehlene 
schneiden,  bane,  oder  ort  an  eisen  hat  schweissen,  wellen, 
und  herten  können.  80».  daher  wortspielend  mit  {dem 
gleich  gesprochenen  und  in  der  altern  spräche  auch  oft 
gleich  geschriebenen)  stehlen : 

wer  stählen  will  in  fried', 
der  werd'  ein  messerschmied. 

Wander  4,  767. 

i)  in  der  altern  spräche,  besonders  der  des  16.  jahrh., 
begegnet  öfter  wasser,  wein  stählen,  glühenden  stahl  oder 
eisen  darin  löschen,  um  sie  eisenhaltig  zu  machen  {urie  es 
im  Volke  noch  jetzt  geschieht),  vgl.  Schm.^  2,  744(6).  Unger- 
Khull  568''  (3).  zuweilen  werden  auch  andre  metaüe  dazu 
verwendet,  s.  die  belege,  wasser  stählen,  gestähltes  wasser 
{vgl.  Stahlwasser):  ir  tranck  sey  ein  gestechlots  wasser. 
quelle  bei  Schm.  o.  o.  o.;  wenn  ein  jung  khind  die  ruer 


STAHLEN 


566 


hat,  so  nim  ein  dacaten  und  schechelen  {l.  sthechelen) 
jm  sein  wasser  und  milch  und  stos  jn  ainmal  oder  3 
darein,  und  wan  die  ruer  ab  nimbt,  so  nim  mit  dem 
schachelen  (l.  sthachelen)  auch  ab.  ebenda;  warzu  der 
gestelete  wein  und  wasser  diene,  gehöret  für  die  ertzte. 
Mathesiüs  Sar.  80»;  jr  tranck  sol  syn  ein  luterer  dick 
roter  wyn,  mit  gestächletem  wasser  vermischt.  Jag.  ROfp 
trostbüchle  (1569)  116»;  darnach  . . .  hab  ich  jm  solches  mit 
gold  gestäheltem  wasser  noch  ein  guten  trunck  zu- 
trincken  . . .  gegeben.  . . .  solches  wasser  masz  zu  ettlichen 
malen  gestählet  sein,  bisz  dasz  es  ein  wenig  lawwarm 
würdt.  Gäbelkhover  artzneyb.  (1595)  1,  28;  zum  tranck, 
brauch  er  . . .  gestählete  wasser.  Wirsung  artsneyb.  (1597) 
869  C;  also  taugt  auch  gestehlets  wasser  mit  stahel,  eysen, 
gold,  Silber  oder  kiselsteinen  darinngelescht.  377 C;  jhr 
tranck  soll  zimlicher  starcker  roter  wein  seyn,  ein  wenig 
mit  gestehletem  wasser  gemischt.  546  B,  s.  ferner  262  B. 
379C.  38öD.  388D.  wein,  t'^Z.  o5en  Mathesiüs  M;i(f  stahl- 
wein :  man  mag  jren  ouch  solchen  roten  wyn  stächlen  mit 
klarem  gold,  so  vil  malen  darinnen  abgelöscht.  ROff  trost- 
büchle 116»;  mit  volgendem  pülverlin  in  wyn  vermischt  der 
gestächlet  sye  oder  gelöscht  mit  reinem  gold.  116^;  ein 
latwergen  . . .  die  solt  du  der  frouwen  morgens  nüchter  yn- 
geben  uff  ein  lot,  in  gestächletem  rotem  wyn  zertriben.  117'. 
so  wol  bildlich :  hie  gut  win  Dorleans,  von  Montflascon,  . . . 
das  ist  gestalet.  Garg.  s.  153  neudr.  {jetzt  in  Baiem  scherz- 
haft wein  oder  hier  stäheln,  anstäheln,  indem  man  icasser 
zugieszt.  Schm.  o.  o.  o.)  milch:  ob  einer  frouwen  die  da 
schwanger  wäre,  jr  zytung  oder  der  blüm  käme  . .,  so  sol 
sy  ein  süsse  milch  stächlen  Ion.  Rüff  trostbüchle  29^ ;  dasz 
die  frouw  ein  gestächlete  milch  bruche  zä  jren  kochten, 
als  hirsz,  linsy,  rysz,  alles  darmit  gekochet.  115*;  so  sol 
sie  eine  süsze  milch  stählen  lassen,  und  dieselbige  essen 
oder  trincken.  hebamenb.  (l58l)47;  nim  hundskot  1  m,  zer- 
treibs  mit  wol  gestählter  milch.  Wirsung  385C;  frische 
kuhmilch  mit  haiszen  stainen  gleichsam  stählen.  Min- 
derer bei  Schm.  2,  744;  gerstenmeel  wol  in  butter  ge- 
röschet,  und  mit  gestählter  milch  zu  einem  breylein  oder 
müszlein  gesotten,  stopftet  den  flüssigen  bauch.  Tabernae- 
MONT.  622  J.  in  neuerer  zeit  vereinzelt  gestählter  pnnsch, 
vgl.  Stahlpunsch: 

fröhlich  nun  des  stillen  Wunsches, 
schlürfen  wir  gestähltes  punsches 
volles  mass !    Voss  6,  5. 

3)  häufig  sind  übertragene  und  bildliche  gebraueh»weisen ; 
'uneigentlich,  in  hohem  grade  stärken,  festigkeit,  dauer 
geben'.  Campe. 

a)  zunächst  in  bezug  auf  den  leib,  ihn  stark,  gesund, 
tcideistandsfähig  machen;  reflexiv:  schon  von  den  frühe- 
sten Jahren  einer  harten  lebensart  unterworfen,  stählte 
sich  sein  körper  zu  seinen  künftigen  kriegesthaten. 
Schiller  9,  342;  eines  durch  klösterliche  strenge  und 
keuschheit  von  jugend  auf  gestählten  leibes  bedurfte  es, 
um  die  mühseligkeiten  eines  solchen  amtes  zu  ertragen 
{es  ist  von  Luther  die  rede).  Heine  4, 189  jBlsfer.  unklar, 
ob  hierher  gehörig: 

von  feuchten,  trügken,  hytz  und  kalt, 
sen  unser  cörpel  all  gestält. 
wölchs  thayl  darunder  würt  verzert, 
uns  krangknayt  und  den  tod  beschert. 

Schwartzenbbrg  die.  152«. 
ähnlich  mhd.: 

mit  wlsheit  diu  complexie  dtn  ist  an  dem  orte  gestalet. 

Frauenlob  130, 12. 

im  einzelnen :  entschlossen,  das  untier  mindestens  mit  sich 
zu  verderben,  umklammert  sie,  mit  gliedern,  gestählt  von 
wut  und  räche,  den  hund.  Kleist  4, 167, 28  E.  Schmidt, 
vom  arm:  der  seine  würde  im  männlichen  antlitz,  in 
seinem  gestählten  arme  trägt.  E.  Müller  bei  Campe; 
die  götter  täuschen  nicht,  das  laster  auszurotten, 
kömmt  ihr  gestählter  arm  oft  langsam,  doch  gewisz. 

OOTTBR  2    IS  * 

ethisch  geicendet:        ich  soll  in  seinem  höhn 

den  arm  mir  stählen,  dasz  er  schonongslos 
in 's  leben  trifft!    Geibel  7,  86. 

in  der  altern  spräche  vom  haupt;  zunächst  eigentlich,  durch 

{einen  heim  von)  stahl  schützen: 

in  was  da;  höbet     vil  wol  gestalet: 

manich  zistiler  gut      daz  bewart  ir  blüt 

lötir  sam  ein  brunne      da;  e;  niht  enrunne 

von  deheines  swertes  bane.    cxod.  158,  23  Diemer. 

86* 


567 


STÄHLEN 


STAHLEN  — STÄHLER 


568 


dann  Übertragen  in  Segensformeln  (vgl.  stählen,  adj.  2,/,  /9): 

das  herz  sei  dir  steinern, 

das  haupt  sei  gestahlet.     vninderh.  1, 196  Boxberger. 

90  jetzt  gern : 

dem  Pyrmont  die  nerven  stählt. 

Ki.oPSTOCK  Oden  2, 188. 

b)  ähnliche  ioeiidtingen  mit  ethischem  sinne,  von  festig- 
keit  oder  härte  des  Charakters  u.  ä.;  so  schon  gestehlete 
stirne  (=  stehlen)  Matiiesius  Sar.  79*,  s.  stählen,  adj. 
2,/,  S.    besonders  aber  das  herz  stählen: 

hält'  er,  der  dich  zu  seinem  dienst  erwählet, 
hält'  Aesknlap  nicht  selbst  dein  herz  eestäblet. 

GOTTBR  1,  99 ; 
sei  stark  (rebieterin,  stähle  dein  herz, 
mit  fassung  ertrage,  was  dich  erwartet! 

Schiller  14, 104  {braut  v.  Mcsk.  4,  8) ; 

mit  unpersönlichem  subject:  ein  guter  gedanke  stählet  des 
niannes  herz.  Schiller  3,80  {Fiesko  2,19); 

wenn  fester  entschlusz  das  herz  ihm 
stählet?     Klopstock  2, 73; 
reflexiv:     es  übt  sich  mehr  und  mehr  das  herz, 
und  stählt  sich,  dasz  von  tag:  zu  tage 
mit  gröszerm  mut  es  immer  neuen  schmer«, 
und  immer  neuen  kummer  trage.    Platen  23»; 

dafür  auch: 

selbst  des  lebens  kämpfe  stählen 
fester  seine  feste  brüst. 

Schiller  11,  34  {würde  der  trauen  56;  gewölinl. 
lesart:  seinen  harten  sinn); 
nicht  stählen  kann  das  unglQck  seine  brüst, 
es  kann  ihn  nur  zerschmettern. 

Grillparzer*  9,  89  {Blanka  3). 

c)  unbildlicher  mit  abstraktem  object;  kräfle:  dasz  Un- 
schuld selbst  die  kräfte  eines  armen  mädchens  stälen 
könne;  daran  dachte  niemand.  A.  G.  Meiszner  s.  dexitsche 
erzähler  des  18.  jahrh.  74,36  Fürst;  indesz  die  übel,  womit 
uns  . . .  die  natur  .  . .  heimsucht,  zugleich  die  kräfte  der 
seele  aafbieten,  steigern  und  stählen.  Kant  7,316; 

schaue  dann  umher  nach  weisen, 

und  nach  mächtigen,  die  befehlen; 

jene  werden  unterweisen. 

diese  that  und  kräfte  stählen.    Göthe  5,  75. 

den  muth:  noch  weisz  ich  nicht,  was  für  ein  gott  den 
muth  mir  stählt.  Weisze  bei  Adeluno; 

wer  stählet  deinen  muth, 
dich  80  ohn  furcht  zu  wagen? 

wunderh.  1,  289  Boxberger; 
darum  danck  ich  vor  den  hasz,  den  mir  freund  und  iTeind 

erzeiget, 
denn  er  hat  den  muth  gestählt.    Günther  864; 

auch  bring'  ich  ihm  befehle :  . .  . 

zu  stählen  seiner  brüder  milchzerflosznen  muth. 

Schubaut  2,  67. 

anderes:  dasz  sie  ihm  auf  dem  kriegspfade  folgen  sollte, 
in  der  schlacht  seinen  cifer  zu  stählen.  Freytag  17 
(bilder  l),  87 ; 

dass  in  hOlt'  und  palast  biedere  treu  und  zucht 

gern  mit  mässigkeit  wohnt,  und  mit  gestähltem  fleiss. 

Voss  8,  21. 

ungeivöhnlicher :  er  (der  commandant  der  belagerten  sfadt 
Ziebingen)  setzte  kleine  preise  auf  tapfere  träume  voll 
siege,  . . .  um  durch  das  träumen  das  wachen  zu  stählen. 
J.  Paul  34,  ii6. 

d)  gewöhnlicfi  einen  stählen:  ich  musz  dich  stählen, 
Weichling,  stahl  musz  das  Werkzeug  seyn,  mit  dem  ich 
gründen  und  bauen  kann  in  die  zukunft.  Fn.  Müller  8,68; 
stähle  mich  mit  kraft,  den  bogen  des  urtcils  rüstig  zu 
spannen.  Ki^etst  4, 128  E.  Schmidt,  so  mundartlich,  tirol. 
stachln,  st&chln  'flg.  stark,  nichtig  machen'.  ScnüPr696; 
»chireiz.  eine  stachle,  in  einem  entscldusse  bestärken'.  HuN- 
ziKT.n  249.  —  reflexiv:  sie  . .  .  glichen  so  zwei  tüchtigen 
beiden,  die  sich  ritterlich  vertragen  und  gegenseitig 
stählen,  ehe  sie  sich  befehden.  Keller  4,  226; 

zum  unelOck  batt"  er  auch,  miK  <  iiipm  wonig  zarten 
refUhl,  Kapido'fl  gluth  mit  I  -  vermählt, 

und,  um  das  abentcn'r  recli^  u  bestehen, 

aof  alle  flUle  sich  mit  CN'pci.. . ...  , Ult. 

WiBLAND  U,  246  (Klelia  «,  162). 

«0  auch  Pi^T£N  28*  unter  b  und: 

wo  tuu  natar  befreit,  wie  kunst  auch  binde, 

der  feist  sich  sUlhlt,  wenn  sich  das  herz  erweicht. 

GÖTliB  2, 167. 

«)  gern  mit  unperadhliehem  subject  (vgl.  unter  h):  die 
kalte  nacbtlnfi  vii.i.Uf.  nii^»!    Rritink  tageb.  t»;  die  un- 


glückliche liebe  gegen  Linda  de  Romeiro,  die  ihn  später 
vielleicht  gcstählet  hätte,  öffnete  so  früh  alle  ädern  seines 
herzens.  J.  Paul  22  (Titan  2),  124;  aber  dieses  ewige  ringen 
und  kämpfen  hat  ihn  (den  marschbewohner)  gestählt  und 
geweckt.  Allmers  marschenb.  u  ; 

lasz  ins  ferne  wandern  uns,  geliebter  I 
glückt  es  nicht,  den  bruder  aufzufinden, 
stähle  doch  und  kräftige  doch  die  weit  uns! 

Platen  823»  {Abbott.  1). 

im  pari.  präs.  absolut:  das  freiere,  politischere,  that- 
kräftigere  reformierte  wesen  wirkte  klärend  und  stählend 
auf  ihn  ein.  Prutz  preusz.  gesch.  1,801.  dazu  das  part. 
pass.,  vgl.:  metaph.  oecallere,  occallesceie ,  callum  ducere, 
gcstälet  seyn.  Stieler  2117;  gestählt  von  seiner  ganzen 
rechtswissenschaft  rief  er  sich  jene  schöne  maxime  zu 
seinen  eignen  gunsten  heran.  Göthe  21,  159  (tcanderj.  i,  9); 
mir  stellte  sich,  sobald  die  gefahr  grosz  ward,  der  blin- 
deste fatalismus  zur  band,  und  ich  habe  bemerkt,  dasz 
menschen,  die  ein  durchaus  gefährlich  metier  treiben, 
sich  durch  denselben  glauben  gestählt  und  gestärkt  fühlen. 
30,125;  ja,  nun  bin  ich  gefaszt  und  gestählt.  42,433  (Oötz 
V.  Berl.  5, 13  bühnenbearb.). 

f)  dazu  kö7men  weitere  bestimmungen  treten,  stählen 
zu  etwas:  aus  solchen  vcrbindHchkeiten  entspringt  zu- 
letzt der  ausdruck  eines  leeren  behagens  an  einander, 
in  dessen  phrasen  sich  ein  Charakter  leicht  verliert,  wenn 
er  nicht  von  zeit  zu  zeit  zu  höherer  tüchtigkeit  gestählt 
wird.  Göthe  25,  296  (dicht,  u.  wahrh.  10);  (centauren,)  ge- 
waltige, wilde  berg-  und  forstgeschöpfe,  von  jagd  lebend, 
zu  allen  kraftübungen  sich  stählend  89, 198  (Tischbeins 
idyUenwu);  dasz  hier  vielleicht  der  wichtigste  punkt  sey, 
wo  die  deutsche  Vaterlandsliebe  sich  zu  den  festesten 
Vorsätzen  stählen  müsse.  43,339  (Bhein  u.  Main,  Mainz); 
in  wechselvollem  kriegerleben  zum  Soldaten  gestählt. 
Prutz  preusz.  gesch.  2, 126;  was  jenen  (Friedr.  I.)  zu  un- 
bedachter hingebung  an  den  schönen  schein  verführte, 
stählte  diesen  (Fh-iedr.  Wilh.  I.)  zu  einer  pflichttreue,  die 
im  kleinsten  das  gröszte  achtete.  342; 

einst  eines  haushalts  seel'  und  Oberhaupt  zu  seyn, 
der  ehrgeiz  wars,  der  zur  geduld  mich  stählte. 

Gotter  1,  291 ; 
der  ritter,  dem  die  liebe  .  .  . 
sein  tapfres  herz  zu  jeder  probe  stählt. 

Wieland  17,  282  (IdrU  5,  51); 

s.  auch  Platen  23»  unter  b.  —  stählen  gegen:  aber  nicht 
allein  gegen  diese  sinnlichen  eindrücke,  sondern  auch 
gegen  die  anfechtungen  der  einbildungskraft  suchte  ich 
mich  zu  stählen.  Göthe  25,  253  (dicht,  u.  vMhrh.  9);  der 
mann,  dessen  brüst  nicht  gegen  den  hass,  den  spott  und 
die  Verachtung  der  ungerechten  gestählt  ist,  steht  in 
gefahr  ihnen  gleich  ...  zu  werden.  Klinger  5,65;  das  part. 
gesteigert:  er  (gott)  gab  ihnen  die  gröszten  schmerzen, 
um  sie  geduldiger  vielleicht  entsagen  zu  lehren  und  sie 
gestählter  gegen  eine  von  allen  selten  drohend  blickende 
zeit  nur  anf  ihn  blicken  zu  lehren.  Brentano  9,  340. 
seltner:  man  musz  sich  auf  alles  stählen;  fest  in  sich  . . . 
still  abwarten.  J.  v.  Müller  »rerAre  14,  434. 

g)  oststeir.  sagt  man  staheln  für  'in  der  mrtshatis- 
rechnung  überhalten'.  Unger-Kiiull  668''. 

STAHLEN,  verb.,  ein  uort,  das  dem  altern  nd.  und  dem 
nl.  eigenthümlich  ist  und  zum  ztceiten  stahl  gehört:  mnd. 
stalcn  'nacli  dem  urbilde  prüfen  und  als  dem  enfsprecliend 
beglaubigen',  besonders  vom  tucfie  in  bezug  aitfdiefärbung, 
dann  aucJi  geradezu  in  die  bedeutung  'blau  färben'  über- 
gehend, e.  ScHiLi.ER-LünnEN  4,855/.  (mit  belegen  aus 
Lübecker  und  Hamburger  zunßroUen);  'durch  ein  merk- 
mahl bezeugen,  dasz  eine  toaare  die  probe  halte  und  echt 
sey:  gestempeltes  bieg  an  die  tilcher  hangen,  tum  beireis, 
dasz  sie  geJiörig  g^ärhct  seyn.'  brem.  \pb.  4,987;  ebenso  nl. 
staclon  het  laeckon,  plumbeo  sigillo  munire paunum  probe 
tinctum.  staolon  oft  vcrwen  de  wolle,  su^fflcere  lanam 
medicamentis,  inflcere.  Kilian  2,026'',  und  noch  jettt  holt. 
stalcn.  dann  auch  bei  Adelung  (unter  stahl)  und  Campe 
verteiclinet  (in  der  nd.  umlautslo.ien  form,  doch  achreibt 
ersterer  die  wolle  stählen). 

STÄIILER,  m.,  unüblichea  thäterioort  tu  stuhlen. 

l)  von  der  person,  die  stählt,  stahlsehmied :  slälcr.  drr, 
et  stiUerinn,  die,  mos,  et  foemina  chalybe  flrman»,  mt".  >  >. 
inatruens.   /•»n-.'w    induran».    sie  aas-  be-  ei  v^r  '    .  r 


569 


STAHLERN 


STÄHLERN 


570 


Stieler  2117.  so  mhd.  in  beinatnen:  Nicolaos  dictus  Staler 
de  Gundoltingen,  ein  haner  dictus  Stoler  in  Baseler  quellen 
von  I28i  und  1289,  s.  SociN  nihd.  namenb.  5&ifi.  nhd.  kaum 
gebräuchlich.  —  davon  verschieden  ist  mnd.  staler  prüfer 
der  tücher.  Schiller-Lübben  *,  356  {zu  stahlen,  vgl.  das.). 

2)  bezeichnung  eines  Werkzeugs  der  drechsler,  'diejenigen 
dreheisen,  deren  man  sich  bey  dem  drehen  auf  der  hohl- 
docke bedient'.  Jacobsson  7,  42l'>  {vgl.  stahl  II,  3,  i). 

STÄHLERN,  adj.  von  stahl;  jüngere,  auf  das  nhd.  be- 
schränkte bildung  für  das  ältere  stählen,  s.  das.,  kommt 
zuerst  ganz  vereinzelt  bei  Luther  vor:  es  sind  eyserne, 
ja  steleme  hertzen,  herter  denn  ein  ambosz.  28,  240,  18 
Weim.  ausg.  das  unmittelbar  daneben  stehende  eisern  giebt 
anlasz  und  muster  der  Umbildung,  sonst  erst  wieder  in 
der  2.  hälfte  des  17.  jahrh.  belegt  (Rist  1653,  Butschky, 
Fleming,  Olearius).  in  den  tcörterbüchem  erscheint 
stählern  zuerst  bei  HuLSius  (1616)  305''  als  nebenform  zu 
stählin,  s.  stählen;  femer:  stälern,  adj.  et  stälicht,  adj. 
et  adverb.  ex  chalybe,  quasi  chalybeus,  instar,  et  ad  modum 
chalybis.  Stieler  2117;  stählern,  stählin,  statin,  adj. 
{fatto,  fabricato  etc.)  di  aceiaio.  Kramer  dict.  2,903"=; 
ferretis,  chalybeus  Steinbach  2,  656.  mundartlich  nur  ganz 
vereinzelt  aufgeführt,  aber  sicher  iceit  verbreitet :  eis.  stä(h)- 
lere(n)  {in  Colmar  stabra)  Martin -Lienhart  2,  588'", 
nd.  xcaldeck.  stselaran  Bauer-Collitz  98*". 

l)  im  eigentlichen  sinne.  vo7i  tcaffen:  ich  hatte  eine 
stählerne  streit-kolbe  {keule)  anhangen,  die  . . .  war  ...  so 
gewichtig,  dasz  ich  einen  jeden,  dem  ich  eins  damit  ver- 
satzte,  gar  leicht  tod  schlug.  Simpl.  2, 102,  28  Kurz  (5,  2l); 
und  wie  ist  seine  {des  Römers)  stählerne  lanze  zum  tode 
gespitzt!  Klopstock  9,221  {Herm.  u.  die  fürsten  2);  so 
reiche  denn  die  blinkende  rüstung  auch  mir!  auch  mir 
das  schwert  und  den  stählernen  speer!  Bürger  278».  so 
mit  bildlichein  ausdruck: 

an  Salomos  lager  wache  halten 

die  schwertgegurteten  engelgestalten  .  . . 

sie  schützen  den  könig  vor  träumendem  leide, 

und  zieht  er  finster  die  brauen  zusammen, 

da  fahren  sogleich  die  stählernen  flammen, 

zwölftausend  Schwerter,  hervor  aus  der  scheide. 

Heine  1,  421  Elster  {lamentat.  10). 
im  bilde:  hat  dich  nun  auch  geschlagen 

der  Schickung  stälern  stab,  musz  in  gedult-ertragen 
die  beste  lind'rung  seyn.     Postel  Wiiiek.  116  (5,  442). 

vom  helm^:  es  mag  sich  schrauben 

dein  herr  im  hämisch  em,  er  matg  in  stälern  haoben 
und  Schilden  seyn  versteckt.    37  (2,  402) ; 

kein  mensch  vermag  zu  sagen,  ob  er  nicht 

des  helmes  braucht,    ein  stählern  dach  fürs  haupt 

ist  jetzo  mehr  werth  als  ein  steinern  haus. 

Schiller  13  179  (j^npfrau  v.  Ort.  prol.3); 

nicht  übel  gefiel  mir  das  neue  kostüm 
der  reiter,  das  musz  ich  loben, 
besonders  die  pickelhaube,  den  heim 
mit  der  stählernen  spitze  nach  oben. 

Heine  2,  436  EUter  (1  leutschl.  3). 

von  der  rüstung  auf  den  durch  sie  geschützte.x  mensch- 
lichen leib  übertragen:  hättest  du  sie  an  die  stählerne 
brüst  gedrückt,  du  hättest  ein  geschlecht  von  königen 
erzeugt.  Kleist  2,  213  Schmidt  {Käthchen  z.i.;  vwher:  ihr 
bilder  meiner  geharnischten  väter).  —  son^t  von  allerlei 
gerätschaffen:  stählerne  Werkzeuge,  geräthe,  waffen. 
Campe;  stählerne  instrumentlein,  stromenti,  stromenfucci, 
st[r]omentini  di  aceiaio.  Krämer  dict.  2,  9QS'' ;  stählerner 
degengriff,  stählerne  schnallen,  stählerne  tabacksbüchsen 
etc.  ebenda;  stählerne  spiegel.  ebenda.  Jablonski  745"; 

diese  (leuchter)  nahm  sie  heraus,  nnd  die  stälemen  schneuzen 
mit  federn.    Voss  1, 126  {Luige  3,  67). 

die  damen  {sind  tn  den  alten  schlossern  gemalt)  mit  steifem 
toupet,  stählernem  korsett,  das  ihr  herz  zusammen- 
schnürte. .  .  .  wenn  wir  die  neuen  werke  betrachten,  die 
sich  neben  den  alten  erheben,  so  ist's,  als  würde  uns 
eine  schwere  perücke  vom  haupte  genommen  und  das 
herz  befreit  von  stählerner  fessel.  Heine  3,217/  Elster 
{Italien  1,2).  stählerne  knöpfe.  Adelung.  Jacobsson  7,421'' 
{vgl.  stalilknöpfe): 

rasch  nun  warf  sie  das  leichte  gewand  von  der  Schalter, 
fem  und  oliTengriln,  nmglänzt  von  et&lemen  knöpfen. 

Voss  1, 138  {Luise  3, 173). 

stählerne  schnallen.  Kramer  {a.oben).  Campe;  eine  stäh- 
lerne urkette.   ebenda;   als   er  nun   aber  ...  die  uhr  am 


bettpfosten  aufhängen  wollte,  hatte  die  stählerne  kette 
sich  in  einen  goldnen  ring  verhäkelt,  den  er  am  kleinen 
finger  trug.  Stürm  5,  98.  zur  zeit,  wie  Arist  in  Paris  ge- 
wesen war,  hatte  man  eben  die  Spinnräder  erfunden, 
welche  die  damen  mit  sich  in  gesellschaft  trugen,  auf 
dem  schoosz  setzten,  und  mit  einem  stählernen  hacken 
an  eben  derselbigen  stelle  befestigten,  wo  jetzt  die  uhr 
zu  hängen  pflegt.  Moser  patr.  phant.  1, 53;  auch  stählerne 
haken  wurden  an  stangen  herabgelassen  und  den  be- 
lagerern  in  den  leib  geschlagen.  Freytag  bilder  2,  i,  292. 
stählerne  nähenadeln,  agucchie,  aghi  d'acdaio.  Kr.ameh 
dict.  2,903";  stälern  drat,  filo  d'acdaio.  ebenda;  stählerner 
draht ,  'draht  der  nach  art  des  eisendrahts  . . .  aus  stahl 
gezogen,  aber  nur  selten  zu  etwas  anders  als  saiten  der 
instrumenten  gebraucht  wird,  zu  gröberer  arbeit  wird  er 
etxca  zu  fischangeln  und,  wenn  er  dick  ist,  zu  pfriemen  ver- 
braucht'. J.\.coBSSON  4, 247'';  stälerne  Saiten,  ,^des /crreo«. 
Stieler  2117.  Frisch  2, 315"=,  eorde  d'acdaio  Kramer  a.a.O. 
mit  bildlichem  ausdruck:  meister  Hämmerling  . . .  vrarde 
herbeigerufen,  durch  die  stählernen  argumente  seiner 
beredsamkeit  ihn  zu  vermögen,  . .  .  sich  um  den  hals  zu 
bekennen.  ...  da  der  peiniger  im  begriff  war ,  ihm  die 
daumenstöcke  anzulegen  . . .  MusÄus  volksm.  l,  24  Hempel. 

2)  oft  übertragen :  stälern  . . .  metaph.  durus,  rigidus, 
saevus,  erudelis.  Stieler  2117. 

o)  im  ausgeführteren  bilde:  betagte  leute  können  mit 
gutem  rath,  und  Jünglinge  durch  die  krafft  ihrer  arme  einen 
stählernen  grundstein  setzen.  Olearius  baumg.  23''(i,83); 

die  stählerne  brücke 

der  hoftoung  zerfällt.    Günther  933. 

hart,  fest  wie  siaM,  eigentlich ;  aber  da  grollte  es  mächtig 
vom  Wasser  her,  als  wenn  viele  schwere  schiffe  durch 
die  vereiste  stählerne  see  bahn  brächen.  Frenssen 
Hilligenld  93. 

b)  vom  menschlichen  leibe,  härte,  festigkdt,  kraß  be- 
zeichnend; besonders  von  muskelti:  mir  kam  es  vor,  als  sei 
plötzlich  jeder  muskel  dieser  durchsichtig  zarten  gestalt 
stählern  geworden.  Marlitt  heidepnnz.  171;  er  strahlte 
föruüich  von  frischer,  gesunder  kraft  und  elastizität,  seine 
sehnen  schienen  stählern.  E.  v.  Egidy  Eae  Bleiders  258. 

c)  mit  bezug  auf  den  eigenthümlichen  glänz  des  stahls :  der 
abglanz  fremder  groszer  zelten  und  gewaltiger  menschen- 
schicksale  stand  in  seinen  schönen  stählernen  äugen. 
Frenssen  Hilligenld  a,  vgl.:  und  die  äugen  haben  auch 
noch  den  stählernen  glänz,  sandgräfin  125.    ähnlich  auch: 

kennt  ihr  sein  Vaterland,  so  kennt  ihr  ihn. 
scharf  ist  die  luft,  durchsichtig  klar  und  stählern. 

FuLD.\  neue  ged.  (1900)  155  {Henrik  Ibsen). 

d)  meist  ins  ethisclie  gewendet,  so  besonders  stälern  herz, 
cor  inexordbUe,  inhumanum.  Stieler  2117;  ein  stählernes 
hertz,  cuore  d'acdaio,  doe  duro,  crudo,  inflessibUe,  itieso- 
rabile  etc.  Kramer  dict.  2,  903"=,  vgl.  oben  den  beleg  aus 
Luther;  ferner:  du  hast  dieses  mein  neugemachtes  lied 
dermassen  wol  gesungen,  dasz  es  nicht  fehlen  kan,  es 
musz  das  stählerne  hertz  meiner  unvergleichlichen  Rose- 
mund dadurch  zu  wachs  . . .  gedrukket  werden.  Rist 
fnedejauchtz.  Teutschland  (1653)  163 ;  dasz  ihr  herz  war 
stählern,  —  rechnete  ich  ihr  nicht  zu  den  fehlem. 
ROckert  (1882)  11,  270  (7.  mak.); 

des  flehns  der  liebe  hätt'  ich  nimmer  acht, 
wenn  stählern  dein  herz  meines  hart  gemacht! 

Freiligrath*  6,  203. 
ähnlich :  zu  den  waffen  1  zu  den  waffen  I 
die  arme  müssen  sich  erstraffen 
und  stählern  alle  brüste  sein.    Arndt  ged.  159; 

stählern  ist  die  brüst, 
und  jedes  Schmerzes  pfeil  entprallt  unmächtig. 

Chamisso  4, 194  {Faust); 

ein  mann,  den  Lavater  und  Knebel  einen  beiden  nannten 
und  der  selbst  der  stählernen  seele  Napoleons  des  ersten 
den  ruf  abnötigte:  'xoilk  un  hommel'  Bielschowsky 
Goethe  1,  2;  auch  vom  mensdten  selbst:  sie  {Egle)  lockt  den 
stählernen  Sittenrichter  in  ihre  arme.  83.  so  mit  kühner 
Steigerung : 

nein,   wir  sind  felsz,  und  stählerne [r]  als  stahl. 

Fleming  ged.  573. 

e)  mit  abstraeten  verbunden:  Piet  Boje  . . .  wurde  knochig 
wie  ein  junger  Jagdhund  . . .  und  blieb  bei  fester,  stäh- 
lerner kraft.  Frenssen  JBTitti^cjjZ«  149.    in  folgender  stelle 


571 


STÄHLERN — STAHLFARBE 


ST  AHLFASZ— STAHLFEDERHALTER   572 


dem  sinne  von  'stählend'  nahekommend:  ein  frohmuthigeB 
geschlecht  stieg  vor  dem  nächtlichen  denker  (Pichte) 
herauf,  durchädert  von  den  zartesten  familienregungen 
und  gefestigt  von  der  stählernen  kraft  des  gemeinsinns. 
Auerbach  nettes  leben  2,8.  kühn  zur  Charakteristik  von 
handlungen  (elastisch  wie  eine  Stahlfeder  l) :  als  .  . .  ein 
kleiner  hagerer  cavalier  an  ihm  vorüberschosz  und  mit 
einem  stählernen  sprung  auf  der  brücke  stand.  C.  F.  Meyeh 
Jenatsch  lOl.  —  von  einem  Zeitalter,  für  das  geivöhnliche 
eisern  (theil  &,37o):  zu  den  alten  güldnen  Zeiten,  ist  das 
böse  veracht,  und  das  gutte  h6rfürgezogen  worden ;  aber 
zu  disen  st&lernen,  ist  der  fröhme  veracht  Butsciiky 
hochd.  kanz.  s.  313. 
f)  ganz  vereinzelt  in  adverbialem  gebraxttJte: 

nihrlichkeiten,  abenteuer, 
leidenschaften  und  gebärden 
waren  unerschöpflicn  neu 
in  den  stählern  fest  verschränkten 
weichen  armen  Rosalorens. 

Keller  10, 165  {apoth.  v.  Cham.  1, 1). 

STÄHLERN,  verb..  ganz  vereinzelte  nebenform  zu  stählen ; 
acheint  eine  besonderheit  des  einen  autors  zu  sein:  gott 
wird  di  harzen  unserer  kinder  stälern,  und  das  hörze  der 
Väter  mit  dem  ge^rey  seines  siges  feist  machen.  Butsciiky 
hochd.  kanz.  s.  826;  ausser  dem  lande,  welches  uns  die 
erste  milch  gegeben,  werden  wir,  durch  die  Versuchung, 
gestälert;  und,  wieder  mancherley  unordentliche  an- 
sprünge  der  affecten,  geharnischt.  Pathmos  s.  3. 

STAHLERZ,  7i.,  stahl-stein,  kern-stahl,  woraus  man 
stahl  machen  kan,  aes  chalybeum.  Frisch  2,815;  'ein 
nähme,  welchen  man  verschiedenen  reinen  eisenerzen  beyzu- 
legen  pfleget,  welche  zum  schmelzen  des  Stahles  am  be- 
quemsten sind.  s.  auch  stahlstein,  besonders  einem  blauen 
eisenerze,  tcelcJies  inwendig  braun  und  auf  dem  bruche 
fahlblau  aussiehet,  viel  und  gutes  eisen  enthält,  und  in 
Steyermark  pflinz  oder  flinz  genaiint  unrd.  ingleichen  einem 
iceiszlichen  oder  weissen  eisenerze,  icelcliem  der  deutsclie 
ataltl  seine  voi'züglichste  gute  zu  daiiken  hat.'  Adelung; 
femer  stahldichter  bleyglanz.  Nemnich  ;  ferrum  chalybdea- 
tum,  minera  ferri  nigra,  brauner  eisenkalk  mit  eisen  in 
metallischem  zustande  vermischt.  Jacobsson  7,  421^;  wie  es 
scheint,  auch  von  nicht  eisenhaltigen  mineralien  gesagt: 
'stahlerz.  fr.  mine  de  cuivre  solide,  so  nennt  man  zu 
FaJdun  in  Schweden,  die  aus  den  kupfererzen  ausgehaltenen 
reinsten  kiese,  so  im  ersten  schmelzen  das  kupfer  fallen 
lassen,  vielleicht  loeil  sie  stahlderb  sind'.  4,247*';  zinnober 
haltender  bituminöser  mergel.  KAnMARSCii-HEEHEN^  8,  441. 
so  scJion :  umb  das  eysen  und  stahel  ärz  und  perkwerch, 
gelegen  umb  Vischpachau.  LoRi  baier.  bergrecht  s.  82  (berg- 
freyheiten  v.  FiachbaclMU,  1446,  §  l). 

STAHLERZEUGUNG,/.,  vgl.  Karmarsgh-Heeren3  3,42. 

STAHLESKRAFT,  /. .-  so  sagt  Sigurdur  in  Fafnis  lied : 

'muth  ist  besser  als  stahleskraft,  wo  tapfere  sollen  kämpfen ; 
weil   ich   sehe  den  kühnen  mann  jedesmal  erkllmpfeii,  auch 
mit  stumpfem  Schwerte,  den  sieg.' 

morgenblaä  1840,  «.  1178. 
dazu  stahleskräftig,  adj.: 

indesz  die  faust  noch  stahleskräftig 
sich  preszt  an  feder  oder  schwert. 

Strachwitz  ged.^  68  Weinhold; 

hier  wol  in  dem  sinne  'des  Stahles  mächtig,  stark  genug 
um  den  stahl  (schvxrt  oder  staldfeder)  zu  führen'. 

STAHLFABRIK,  /.  fabrik.  worin  stahl  Jiergestellt  wird 
(dafür  in  der  regel  Stahlhütte),  oder,  und  so  getoöhtdich, 
iporin  waren  aus  stahl  verfertigt  toerden  (s.  auch  stahl- 
warenfabrik).  Krünitz  168,  651— 681.  dazu:  hieraus  sind 
die  . . .  geheimnissc  entstanden,  welche  die  aufmerksam- 
keit  der  stah Fabrikanten  von  dem  wahren  gegen- 
stände abgeleitet  und  dergleichen  Unternehmungen  markt- 
schreierischen leuten  in  die  bände  gespielt  haben,  welche 
oftmals  die  Unternehmer  dergleichen  fabrikcn  hinter- 
gingen. 604;  die  Bergischen  stahl-  und  eisenfabrikanten.  669 ; 
die  Stahlfabrikation  bat  hier  in  neuester  zeit  grosze 
verbesserangcn  erlitten.  679. 

STAHLFACETTE,  /. .  (da)  leuchtete  ihm  der  spiegel  des 
CypriADO«  mit  seinem  bläulichen  schein  entgegen,  die 
stahlfaoetlen  des  rahmens  blitzten  ün  letzten  strahl  der 
abendsonne.  Stokm  2,  270. 

8TAHLFARBK,  /.  färbe,  die  der  des  tidhU  ähnlich  ist: 
meist  fUUt«  ein  stUck  dunkler  himmelibUlae  die  bresobo 


der  husche,  das  gab  der  Wasserfläche  eine  harte  stahl- 
farbe.  Marlitt  heideprinzeszchen  7.  im  einzehien  s.  stahl- 
blau, stahlgrau  und  sogar  stahlgrün.  KrOnmtz  168,681. 
in  der  neu^em  heraldik  gilt  als  stahlfarbe  himmelblau, 
s.  Gritzner  herald,  terminologie  a.  10;  s.  4  icerden  stahl- 
farb  (adj.),  eisenfarb  u.a.  als  unheraldische  färben  be- 
zeichnet. 

STAHLFASZ,  n.,  nur  mM.  stahelvag  stählernes  gefäsz, 
behälfer,  vom  heim  u.  a.  Lexer  handwb.  2,1129,  *.  b.: 

ir  prustlein  waren,  wisset  das, 

gewürcket  in  zwey  stahel  fasz, 

die  waren  hende  dicke ; 

das  was  ir  hamascb,  wol  berait.    Ecke  C  280. 

mnd.  stälvat  'fasz  für  oder  voll  stahl'.  Lübben  handwb.  873'', 
richtiger  wol  nach  Luoge  ,  nd.  korrespondenzbl.  17, 12,  als 
fasz,  das  auf  si&len,  Ständern,  steht,  aufzufassen  (vgl.  das 
vierte  stahl  2,  sp.  555). 

STAHLFEDER ,  /.  stählerne  feder.  l)  spring  ,  sprung 
feder  von  stahl :  'stahlfeder,  fr.  ressort,  ein  jedes  dünnes 
blech  oder  dünn  gescJilagenes  stück  stahl,  so  elastisch  ist, 
welches  wenn  es  mit  gewalt  gebogen,  und  losz  gela-isen  toird, 
vermöge  seiner  Schnellkraft  drücket,  und  wieder  zurück 
springt,  und  die  kraft  hat,  dem  körper  dem  es  entgegen 
gesetzt,  und  seiner  kraft  angetnessen  ist,  zu  tpiederstehen'. 
Jacobsson  4,  247'',  vgl.  Campe,     insbesondere 

a)  Spiralen,  kegel  von  starkem,  in  Schneckenwindungen 
gebogenem  stahldraht,  als  polsterung  des  sitzes  bei  sofas, 
lehnstühlen  u.  s.  w.  Jacobsson  4,  247''/-  Campe.  Krünitz 
168,  682  (3): 

und  der  oberste  Troram  sasz  hoch  im  elastischen  lehnstuhl ; 
fühlte  die  stalfedem  nicht  und  den  sybaritischcn  polster. 

Zacharia  294  (d.  phaeton  1, 10); 

auch  in  einem  wagen:  dergleichen  erborgte  empfindungen 
halten  indesz  bey  einem  verständigen  Jünglinge  nicht 
lange  an,  der  .  .  .  einen  feldweg,  wie  von  grünem  sammt 
bezogen,  vor  sich  ...  hat,  und  auf  Stahlfedern  sitzt. 
TnÜMMEL  re/se  10, 133. 

b)  bei  kutschen  auch  starke  federn,  woran  der  wagen 
kästen  atif gehängt  ist,  damit  der  wagen  sanfter  gehe :  Stahl- 
federn, als  schlösser-arbeit  an  wägen.  Krünitz  67  (i792), 
ai7 — 75;  man  solle  nicht  meinen,  das  ein  wagen  diese 
last  tragen  könte.  und  in  der  that  war  mir  beständig 
angst ,  dasz  die  vier  englischen  Stahlfedern ,  in  welchen 
der  kutschkasten  hieng,  die  last  von  fünfzehn  personen 
nicht  aushalten  würden.  C.  F.  Bahrdt  leben  3,  314. 

c)  triebfeder  in  einem  uhrwerk;  vgl.:  'stahlfeder,  eine 
elastische  feder,  .  . .  womit  bey  allerley  dingen,  entweder 
die  beicegung  gehemmt,  oder  aber  durch  deren  stosz  ver- 
mehrt toird.'  Jacobsson  4,247'',  und:  also  hat  der  mann 
kein  geringes  verdienst,  der  der  lichtschere  zuerst  die 
scele  der  taschenuhren ,  die  Stahlfeder  einverleibte,  wo- 
durch sie  sich  nun  von  selbst  fest  zuschlieszen.  Lichten- 
berg (1802)  4,  627. 

d)  SO  oft  bildlich:  ich  weisz  nicht,  wie  die  leüte  mit 
einer  so  schlaffen  wackelnden  spräche  sich  behelfen 
können,  da  müssen  lauter  Stahlfedern  seyn,  die  an  ohr 
und  herz  schnellen,  dasz  maus  fühlt.  Bürger  briefe2,iiG; 
ihr  erquickender  brief  läszt  mich  in's  innre  sehen,  wo 
keine  Stahlfeder  treibt,  sondern  ein  lebendiger  geist  an- 
regt. GÖTUE  briefe  17, 109  (=  an  Zelter  41);  so  wie  ein  gc 
sunder  mensch  durchaus  wenig  an  sich  selbst  denkt, 
und  sich  auf  der  schwingenden  Stahlfeder  seiner  kraft 
fühlend  nach  herrlicheren  dingen  sehnt.  Brentano  5,  43.T; 
so  lange  ich  ihn  gekannt  habe,  .  . .  wandelte  er,  getragen 
von  den  Stahlfedern  seines  geistes  in  voller  gcsundheit  auf 
seiner  bahn.  W.  Guimm  bei  Arnim  l,  s.\(vgl.  R.M.MEvrii 
Schlagworte  66);  die  Hciterethei  aber  sprang  wie  eine  stahl 
feder  von  ihrem  schemel  auf.  Ludwig  8.171;  forschen 
ist  die  Stahlfeder  im  menschlichen  wosen.  Vischbr  auch 
einer  2,  Bio. 

2)  in  neuerer  zeit  getoöhnlich,  achreihfeder  von  stahl, 
vgl.  Krünitz  168,688—691.  Karmarscii-Hrrri;n'8,441— 8. 
R.  M.  Mkyer  aelilagtoorte  a.  60/.  •  ich  kann  mit  der  ver- 
verfluchten Stahlfeder  nicht  schroibenl  bri^ Hkinrs  vom 
84.  nov.  1848  bei  H.  HüPPER  gea,  aufa.  (1906)167;  wieviel 
solcher  ...  Icuto  umstehen  das  eisen,  bis  es  zur  Stahl- 
feder wird,  mit  der  ich  schreibe)  Naumann  &ueA  94. 

STAHLFEDEHHALTER,tn.,  zu  Stahlfeder  8;  pfOU.  d^ßr 
stflJforre stock.  AuTKNniETii  186. 


573   STAHLFEDERTINTE— STAHLGADEM 


STAHLGANZ — STAHLGESCHOSZ 


574 


STAHLFEDERTINTE,  /..  zu  Stahlfeder  2:  Link 's  stahl- 
federtinte,  name  einer  üntensorte,  s.  Karmarsch-Heeren^ 
9,  487. 

STAHLFEDERWAGE,  /.  wage  mit  einer  stählernen  feder 
(Stahlfeder  l,  c)  in  Verbindung  mit  einer  walze,  die  einen 
Zeiger  über  eine  kreisförmige  sTcala  bewegt,  s.  Jacobsson 
7,  421''. 

STAHLFEDFRZWINGE,  /.  'ein  kürzlich  erfundenes  Werk- 
zeug, welches  aus  zicey  eisernen  platten,  etica  8  zoll  lang, 
bestehet,  zwischen  welchen  eine  zerbrochene  feder  a7i  einem 
reisewagen,  vermittelst  zweyer  angebrachten  schrauben,  zu- 
samtnen  geschroben  werden,  so  dasz  man  noch  viele  meilen 
damit  fahren  kayin'.  Jacobsson  7,421'»/.  (v^'^  Stahlfeder  l,i). 

STAHLFEILE,  /.  zum  polieren  des  Stahls,  s.  Krünitz 
168,  627. 

STAHLFEST,  adj.,  mhd.  stahelveste  Lexer  Jiandwb. 
2, 1192,  fest  durch  stahl  (weil  von  stahl  oder  mit  stahl 
umgeben),  oder  fest  icie  stahl,    im,  bilde: 

Parthenope  ragt  so  schön  am  seestrand  empor, 
umspannt  den  berauschten  sinn  mit  stahlfestem  netz. 

Platen  118». 
in  freier  Übertragung  von  menschen : 

zeglicher  mut  vil  t&re      was  dem  stahel  vesten. 

d.  j.  Titurel  260 ; 
7iicht  recht  klar  ist: 

und  macht  ein  schein  durch  schwinde  list, 

hüllt  sich  in  lose  gesellschafft  ein, 

als  werens  stahelfest  mit  {andre  le^art :  ewig  mit  jm)  seyn. 

mit  den  ist  er  samb  starck  umbgeben, 

als  seys  ein  bund  vest  an  im  kleben. 

H.  Sachs  17,  482, 10  Götze. 

auch  :  ihr  entschlusz  hierin  war  stahlfest  und  unwankbar. 
Heinse  Ardingh.  1,118.  —  aujfällig  ist  die  form:  das  las 
dir  ein  stalenveste  maur  seyn,  dasz  du  dir  nichts 
böses  bewust  bist.  Reinicke  fuchs  {Rostock  1650)  124  Qtaum 
zum  vierten  stahl,  sp.  555). 

STAHLFEÜER  ,  n. .-  der  schmelzraum  oder  herd  musz 
zu  eisenschmelzungen  viel  gröszer  seyn,  als  zum  stahl 
(im  stahlherde,  stahlfeuer).  Krünitz  168,  597;  dasz  man 
beim  stahlfeuer  die  Verbrennung  des  kohlensauren  theils 
des  roheisens  vermeidet.  598;  wenn  der  stahl  in  dem 
stahlfeuer  teigweich  geworden  ist,  so  wird  er  heraus- 
genommen. 601. 

STAHLFINGERHUT,  m. ;  eine  nachbarin  . . ,  die  mich 
mit  ihrer  ewigen  batiststickerei  und  dem  groben  stahl- 
fingerhut  an  ihrer  band  zur  Verzweiflung  bringt.  Marlitt 
heideprinzeszcheii  315. 

STAHLFISCH ,  m.  ein  karpfenähnlicher  fisch  im,  kaspi- 
schen  meere,  nach  seiner  sfahlgraueii  färbe  benannt,  cyprinus 
bulatmai.  Nemnich. 

STAHLFLÄCHE,/,  glatte  fläche  aus  stahl:  die  schmeiche- 
leyen  der  woUust  glitten  von  ihm  ab,  wie  fliegen  von 
einer  polierten  stahlfläche.  ThOmmel  reise  7,226;  zerreibet 
man  den  blutstein  auf  polirten  stahlflächen  mit  einem 
glatten  hammer  ganz  fein.  Krünitz  168,  623. 

STAHLFLÜGEL  ,  m.,  name  eines  tagfalters,  papüio 
lucinda.  Krünitz  168,  692. 

STAHLFRESSEND,  arfj. .-  'stahlfressendes  gestein,(Jer^u».) 
ist  ein  festes  gestein,  das  mit  dem  ^tahl  nicht  zu  geicinnen 
ist,  sondern  viel  eisen  darauf  verschlagen  werden;  also  sagt 
ma7i  auch:  stahlfressende  gänge'.  Jacobsson  7,422». 

STAHLFUTTER,  n.;  während  bei  den  ersten  geschützen 
dieser  art  {einem  neuen  französischen  hinterladungsfeld- 
f/eschütz),  deren  34  mit  der  Übergabe  von  Paris  in  den 
deutschen  besitz  übergegangen  sind,  die  seele  dieser  ge- 
schütze  nur  ein  theilweises  stahlfutter  enthielt,  sind  die 
Franzosen  jetzt  bereits  zur  herstellung  derselben  aus  stahl 
fortgeschritten.  Augsb.  allgem.  zeitung  1872,  s.  1411'». 

STAHLGADEM,  m.  ein  öffentliches  gebäude  in  Soest,  wol 
in  gleichem  siynie  wie  der  Stahlhof  in  London,  vgl.  das. 
und  Adelung  unter  stahlhof:  die  wüllenwebere  sollen 
ihres  ampts  und  keines  anderen  ampts  mehr,  auch  der 
gemeinheit  auf  dem  stahlgademb  gehörig,  nicht  ge- 
brauchen. Emminghaus  docum.  Sttsatensia  (1748)  s.  276 
{Soestische  policeyordn.  v.  16M,  tit.  1,1);  was  einig  ampt 
und  an  die  von  stahlgadem  gehörig.  313  {tit.  15,1);  wer 
nun  hinführo  der  obgemeldten  eines  und  zu  der  gemein- 
heit gehörige  handthierung  brauchen  will,  der  oder  die- 
selbe sollen  also  beschafTen  seyn,  dass  sie  zu  ehren  dieser 
^adt   und  commun  gebrauchet  werden  können  und  die 


bruderschafft  auf  dem  stahlgadem  zu  gewinnen  angehalten 
werden,  s.  319  {art.  addit.  3);  die,  so  auf  den  stahlgadem 
und  in  die  ämpter  nicht  zugelassen  werden,  ebenda  (4); 
dazu:  die  stalgadumbs-kost  soll  zwar  jährlich  von 
denen  dazu  erwehlten  scheffen  gehalten,  dabey  aber  aller 
überfluss  verhütet,  . . .  und  kein  fremder  mehr,  als  etwa 
von  jeden  scheffen  2.  gaste  ...  genöthiget  werden,  ... 
das  vor  der  stalgadumbs-kost  vorigen  tages  eingeführte 
bierkosten  aber  gäntzlich  abgeschafft  sein.  s.  387  {verordn. 
V.  1709,  11). 

STAHLGANZ,  adj. :  wann  aber  des  quecksilbers  mehr, 
dann  des  saltzes,  oder  des  schwefeis  vorhanden,  gibt 
das  . .  .  ein  schönen  glantz  und  ein  dicht  stahelgantz  ertz, 
wie  das  Goszlarisch  und  Villacher  bleyertz,  doch  helt  es 
wenig  Silber,  dann  dieses  ist  gemein  in  allen  bergkwercken, 
das  die  stahelgantzen  bleystieff  {-stufen)  am  wenigsten, 
diese  aber,  welche  schwertzer  und  blauwlechter,  schwam- 
miger und  leichter  sind,  am  mehrsten  silber  haben. 
Thurneisser  alchymia  (1583)  134;  das  bleyertz,  welches 
stahelgantz,  wie  es  die  bergkleut  nennen,  magstu  nemen 
(verstehe  hiemit  auch  das  zinertz,  und  die  graupen)  und 
das  erstlich  zu  einem  pulver  . . .  stossen.  von  wassern 
(1612)  67.  sonst  nicht  bekannt,  wol  gleichbedeutend  mit 
stahlderb,  stahldicht,  s.  sp.  559. 

STAHLGATTUNG,  /. .-  diese  stahlgattung  {cementierstaM) 
kann  grösztentheils  von  messerschmieden  .  . .  gebraucht 
werden.  Krünitz  168,613;  die  verschiedenen  eigenschaften, 
welche  jeder  stahlgattung  eigenthümlich  zukommen.  618. 

STAHLGEFLOCHTEN,  adj.: 

erst  ein  freundlich  sanfter  druck 
wie  von  stahlgeflochtnen  banden. 

Fulda  neue  ged.  (1900)  205. 

STAHLGEKLIRRE,  n.  das  geklirre  stählerner  gerate, 
besonders  waffen,  wenn  sie  an  einander  stoszen.  Campe: 

schnell  ward  ihr  stahlgeklirre  leise 

und  aller  zungen  stumm.     Thümmel  reise  10, 165; 

und  rings  durch  die  stadt  verbreitet 

sich  ein  tosend  stahlgeklirr; 

näher,  immer  näher  streitet 

her  der  stimmen  kampfgewirr.     Brentano  3,  302. 

STAHLGELIEGER ,  n.  stählernes  gelieger  {der  hintere 
theil  der  parsche,  d.  h.  der  pferderüstung ,  bedeckung  des 
hintertheiles,  s.  Boeheim  waffenkunde  215,  fehlt  unter  ge- 
lieger, s.  indessen  geleger  i,  /,  theil  4, 1,  2955) :  dan  es  raitt 
der  obgemelt  Maximilian  zu  Vintzentz  jm  stachl  geliger 
so  herlich  ein ,  daz  menigklich  . . .  davon  Verwunderung 
empfiengen  (1510).  fontes  rer.  Austr.  l,  431  (Kirchmair 
denkicürdigk.  1519 — 53). 

STAHLGEPANZERT,  adj.;  substantiviert: 

seit  er  die  schöne  Doralisz  erstritten, 
die,  hundert  stahlgepanzerten  zum  trotz, 
er  sich  erfocht  mit  einem  eichenklotz. 

GiLDEMEISTKR  AriOSt  23,  71. 

STAHLGERÄTH,  n.:  stracks  öffnete  er  die  koffer  und 
kramte  aus,  ledersachen  mit  staUgeräten.  Keller  8,  54. 
STAHLGERBEN,  n.  das  gerben  (polieren,  glätten,  brunir) 
des  Stahls  (s.  II,  i,  i,  sp.  545).  Jacobsson  7, 422»,  vgl.  2,  ei*". 
Krünitz  168,646.  —  unbekannt  ist  der  sinn  des  in  steir. 
dokumen tenbüchern  begegnenden  stahelgarb:  1  pfund 
stahelgarb  9  kr.;  125  pf.  st.  l^/a  kr.,  s.  Unger-Khull  568''. 
STAHLGESCHIENT,  adj.: 

hier  ist  ein  arm. 
von  kräften  strotzend,  markig,  stanlgeschient. 

H.  V.  Kleist  2,  293  Schmidt  (^Käthchen  5, 1). 

STAHLGESCHMEIDE,  n.  geschmeide  aus  stahl,  s.  Campe: 

wer  bist  du,  gestalt? 
dein  schweben  ist  schön, 
dein  stalgeschmeid  hell. 

Denis  m  Göttinger  mtuenalm.  1772,  65. 

STAHLGESCHOSZ,  n..- 
nur  auf  Zerstörung  sinnt  er :  auf  riesig  stahlgeschosz, 
auf  rascheste  kugelsendnng,  auf  eisernen  schiffskolosz  I 

FreiligrathS  2,  269. 

früher  in  speziellerem  sinne,  vgl.  stahl  II,  3,  b  (sp.  550): 
mau  hat  verschiedene  arten  von  armbrustbogen,  und 
solche  bestehen  erstlich  in  einem  stahlgeschosz  oder 
rüstung,  zu  dessen  bogen  der  beste  stahl  genommen  werden 
musz.  Eggers  kriegslex.2  (nsi),  6S3;  die  armbrüste  sind 
etwas  kleiner,  werden  aber  doch  anter  die  stahlgeschosse 
gerechnet.  684. 


575   STAHLGESCHÜTZ— STAHLH  ALTIG 

STAHLGESCHÜTZ,  n.;  die  fabrik,  aus  welcher  diese 
Stahlgeschütze  (s.  unter  stahlfutter)  hervorgegangen  sind. 
Augsburger  allgem.  zeitung  1872,  1411^. 
STAHLGETRÄNKT,  adj.: 

des  äthcrs  stahlgetränkten  wein, 
wie  schlfirft  die  long'  ihn  lüstern  ein. 

KOSBGARTEN  bct  CAMPE. 

STAHLGEWAND,  n.  von  der  stählernen  rüstung;  so  schon 
mhd.  stahelgewant,  ».  Lexer  ?Mndwb.2,il29;  nhd.: 

an  der  pforte  steht  sein  rosz, 
lehnet  speer  und  stahlgewand. 

Uhland  ged.  (1864)  258  (S.  Georgs  ritter); 
hier  gürt'  ich  die  mitte  mit  stahlgewand. 

RücKBRT  Firdosi  1, 114; 

der  (p/ci7)  traf  auf  Kulbad's  gürtelband, 
auf  dais  gekettete  stahlgewand.    265. 

STAHLGEVVERBE,  n. .-  andere  gewerbskundige  wollten 
jedoch  die  beschränkung  des  stahlgewerbes  gerade  dem 
flore  des  stahlhandels  für  zuträglich  halten.  Krünitz 
168,  668;  bei  dem  stahl-  und  eisengewerbe.  669. 

STAHLGE WERKE,  n.  (.»)  'sind  diejenigen,  loelche  mit  stahl 
handeln'.  Jacobsson  7,422*.    danach  Krünitz  168,692. 

STAHLGIESZEREI,  /.  das  verfahren,  geschmolzenen  stahl 
in  feste  formen  zu  gieszen  und  so  gerate  aus  guszstahl 
herzustellen,  auch  die  damit  beschäftigte  Industrie  und  die 
einzelne  werkstätte,  fabnk,  wo  es  geschieht;  vgl.  Karmarsch- 
Heeren  ^  8,  443. 

STAHLGLATT,  adj.: 

schon  schläft  gebändiget  die  stahlglatte  salzflut. 

Platen  133». 
STAHLGLOCKE,  /.  glocke  aus  guszstahl. 
STAHLGRANATE,  /.   granate  Qiohlgeschosz)   aus  stahl, 
gegen  panzerungen  angexoendet.  Lueger  6,  452. 

STAHLGRAU,  adj.  chalybetis.  Nemnigh,  'grau  toie  die 
färbe  des  rohen  Stahles  gewöhnlich  ist' .  Campe;  'stahlgraue 
färbe,  ist  dunkler  als  schwärzlich  grau,  und  der  Übergang 
aus  der  grauen  in  die  schwarze  färbe.'  Jacobsson  7,422*: 
ein  langgliedriges,  hellhaariges  kind  mit  einem  zierlichen, 
etwas  scharfem  gesiebt  und  feinen,  stahlgrauen  äugen. 
Frenssen  Hiüigenlei  i2n ; 

nur  Waser  glüht  den  stahl  noch  hart, 

und  stahlgran  ist  sein  langer  hart  I    Keller  9, 249. 

das  neufr.  auch  als  name  eines  färbstoffes.  'die  mischung 
geschieht  aus  schioarz  und  weisz,  mit  etioas  blau,  Berliner- 
blau oder  indigo.'  Krünitz  168,  692. 

STAHLGRUBE,  /.  bergwerk,  worin  erze  zur  Stahlbereitung 
gewonnen  xoerden  {vgl.  stahl  H,  l,c,  «p.  543):  die  eisenberg- 
werke  werden  in  dem  Siegerlande  in  zwei  hauptgattungen, 
in  stahlgruben  und  in  eisengruben  getheilt  Krünitz 
168,  671. 

STAHLGRÜN,  ad;,  me  tunkelgrün,  luridus.  Stieler  709; 
verde  oscuro,  verd'  oscuro.  Kram  er  dict.  2, 903";  als  polierter 
stahl,  der  im  feur  grün  angelaufen,  viride  obscuritis. 
Frisch  2,315°,  ähnlich  Adelung;  atrovirens  Nemnigh; 
'sehr  dunkelgrün,  und  etioas  ins  dtmkelblaue  fallend.' 
Campe;  in  Wien  stäglgrähn  Hügel  154*'.  so  müssen  auch 
welche  zu  künfftigen  sang-fincken  eingesetzt  werden. 
hierzu  erwehlct  man  solche,  die  fein  stahl-grün  am  halse 
aussehen.  Döbel  2,  240*';  thut  man  aber  viel  grünspan 
drein  (tn  die  gelbe  lauge);  so  wird  es  stahlgrün.  264*; 
stahlgrUn,  auf  seide,  (färber)  eine  grüne  schattirung,  die 
nicht  in  das  meergrüne  fällt,  man  zieht  die  erstlich  durch 
ein  starkes  bad  von  strichkraut,  alsdenn  thut  man  in 
dasselbe  bad  entweder  gelbholz  oder  roucou.  . . .  nach 
diesem  zieht  man  die  seide  hierdurch,  und  zuletzt  durch 
die  blaukUpe.  Jacobsson  4,  248*; 

Slfitzlicb  sieht  er  einen  steg,  geleitet 
b«r'n  bach,  der  durch  die  waldige  bergschlucht 
hell  und  stahlgrOo  sich  ergosz. 

Platbn  840*  (Abbott.  8). 

davon  au  unterscheiden  mnd.  st^lgrono  probemästig  grün, 
von  buch.  LCbbrn  handwb.  878*  {vgl.  das  zweite  stahl). 
STAHLGÜRT,  m.: 
auf  Minen  {det  feindUehen  rottet)  «tahlgurt  zückt'  ich  den 
bäum.    RöCKBRT  Firdoti  1,  867. 

STAHLGÜRTEL,  m..  bildlieh:  auch  schmiegt  sich  nicht 
der  breit«  fankelndo  stahlgUrtel  eines  gewaltigen  wasser- 
ftromet  anter  ihren  {der  haide)  basen.  E.  Marlitt  haxd«- 
friftMestchsn  t.  6. 

STAHLHALTIO,  aäj.  .•  stahlhalUgei  WMier  u.  a. 


STAHLHAMMER— STAHLHÄRTUNG       576 

STAHLHAMMER,  m.  'in  den  Stahlhütten,  ein  hammer- 
werk,  das  gegossene  eisen  durch  schmiden  zu  reinigen  und 
in  stahl  zu  verwandeln' .  Adelung;  'gerbehammer,  kneif- 
oder  stahl  hammer,  ein  groszer  hammer  auf  den  Stahlhütten, 
zum  schmieden  des  eisens.'  Jacobsson  5,  650'';  der  stahl- 
hammer  hat  die  gleiche  einrichtung,  wie  der  eisen- 
hammer,  nur  dasz  alles  bei  ihm  wenigstens  um  ein  drittel 
kleiner  und  leichter  ist,  und  dieses  betrifft  auch  die 
bälge,  den  herd,  die  hammerwelle,  den  hammer,  den 
ambosz,  worauf  das  eisen  gestreckt  wird  etc.  Krünitz 

168,  662. 

STAHLHAND ,  /.  mit  einem  stahlhandschuh  bekleidete 

liand:         der  aber  weisz  . .  . 

noch  auf  dem  boden  obenauf  zu  kommen, 

und  schlägt  ihn  mit  der  stahlhand  in's  gesiebt. 

Gribs  Bcjardo  1,  8,  61; 
freier:        seht  her  doch,  ihr  nach  westenl 

ein  Volk  noch  auf  der  weit, 

das  trotzig  mit  der  festen 

stahlhand  am  aufruhr  hält!    Frbiugrath^  3,  187. 

STAHLHANDEL,  m.  Krünitz  168,698,  vgl.  0,2» ff.  und 
stahl  II,  1,  f,  sp.  544. 

STAHLHÄNDLER,  m.  der  mit  stahl  handelt:  man  findet 
aber  auch  bei  den  stahlhändlern  eine  art  von  englischem 
stähle  in  kleinen  stangen,  welcher  nicht  gehärtet  ist. 
Krünitz  168,662;  ferner  'diejenigen  kaufleute,  welche  mit 
allerhand  staldivaaren  handeln;  sie  führen  eigentlich  den 
namen  der  quincaillerie-  und  eisenhändler,  weil  . . .  beide 
handelsztoeige,  der  eisenioaaren-  und  der  stahlwaarenhandel, 
zusammen  verbunden  sind'.  692. 

STAHLHANDLUNG,  /.,  *.  stahlhandel,  zumeist  vom 
einzelnen  geschäft;  seltner  {veraltet)  zusammenfassend :  die . , 
gewerkschaft  der  stahl-  und  eisenhandlung  in  Oesterreich 
und  in  dem  lande  Steyer.  Krünitz  168,  629. 

STAHLHANDSCHUH,  m.  als  theil  der  rüstung:  Hans 
Jochem  reichte  ihm  die  stahlhandschuh,  die  dem  edlen 
herrn  ein  weniges  zu  grosz  waren.  Alexis  hosen^^  80 
(8.  kap.);  Eich  . .  .  reichte  allen  die  band,  von  der  er  den 
stahlhandschuh  heruntergethan.  A.  v.  d.  Elbe  chron.  eines 
fahr.  Schill.^  175; 

wohl  ritt  der  reiter  nun  im  schritt, 

zog  aus  die  stahlhandschuhe.     FreiliorathB  1, 188. 

STAHLHARNISCH,  m.:  der  schlanke  mann  {Zwingli) 
trug  über  dem  langen  gelehrten-  oder  predigerrocke  einen 
guten  stahlhamisch.  Keller  6, 404. 

STAHLHART,  adj.  hart  wie  stahl.  Campe  {vgl.  stahl 
II,  1,  g.  2,  b).  80  schon  mM.  stahel-,  st&lherte  Lexer 
handivb.  2,  liZ9;  zunächst  von  gegenständen,  die  wirklich 
von  staM  und  daher  hart  sind: 

d6  kom  ir  gesinde     und  truogen  dar  zehant 
von  alrOtem  golde     einen  Schildes  rant 
mit  st&lhcrten  spangen,      michel  unde  breit, 
dar  under  spilen  wolde     diu  vil  minnecltche  meit. 

mb.  414. 
{vgl.:  die  helmi  stältn  heirti.    Ännolied  iii.) 

Stahelhart,  Stalhart  als  personenname  schon  in  Lorscher 
Urkunden  des  8.  jahrh.,  s.  Förstemann  namenb.  l*,  \zm. 
vgl.  atuih  nl.  stael-herd,  durus  instar  chalybis.  Kiman 
2,  626*.  nJid.  gern  in  freierem  gebrauche,  meist  von  der 
Sinnesart  der  menschen: 

den  titansbau  (St.  Peter  in  Rom)  etOrt  indesz 
Wittenbergs  stahlharter  mOncb.    Platbn  187»>  ; 

doch  stand  er  {Schleiermaeher)  mit  seinem  besonnenen 
freimuth  immer  muthig  auf  dem  plane,  sobald  er  ein 
heiliges  gut  seines  volkes  bedroht  sah,  ein  stahlharter, 
ganz  mit  sich  einiger  Charakter.  Trritschke  d.  gesch. 
2,  89;  durch  susammensteUung  mit  andern  analogen  ad 
jectiven  gesteigert: 

ach,  wer  brachte  dich  zum  grabe? 
wer,  so  stahl  und  eisenhart, 
Je  doch  dorfle  brechen  abe 
solche«  blUmlein  solcher  art? 

Spm  tnttmacht.  804  BaUte  (46,  68); 
Zuschlag  sie  wollen  weich,  lo  bleibet  doch  der  linn 
stael-eteln-  and  eyeenhart. 

Rachbl  tat.  ged,  M  Dretetttr  (1, 188). 

STAHLHÄRTE,  /.  härte  de»  »tahU;  »ehr  gro»u  hart* 
wie  die  des  stahls.  Campk. 

STAHLHÄRTUNG,/,  härtung  des  »UMe»  besw.  de»  eisens 
(etwriMr  geHUe),  dtmiU  e»  tu  stahl  wird,  Härtung  tu  stahL 


577 


STAHLHAUBE — STAHLHüT 


STAHLHÜTTE — STAHLKNOTEN 


578 


Campe,  vgl.  Jacobsson  4, 248.  Karmarsch -Heeren^ 
4,  221 — 8.  8, 443,  und  stahl  II,  I,  g,  sp.  544. 

STAHLHAUBE,  /.,  altn.  stälhufa  Gleasby-Vigfüsson 
589^,  kappe  von  stahl  bei  den  alten  Skandinaviern,  ein 
tieferhinabgehender  hdm,  s.  Weinhold  altnord.  leben  2i2 — 3. 
Weiss  kostümk.  1,  260.  vgl.  mhd.  stehelin  höbe  Lexer 
hayidicb.  1, 1372  und  haube  1,  d,  fheil  4,  2,  563. 

STAHLHELM,  m..- 

doch  kampflustentflammend  den  Troern  gebeut 
Aineias,  der  halbgott,  und  grau'nvoU  umdräut 
die  mahne  den  kämm 
des  Stahlhelms  dem  fürsten  aus  Dardanos'  stamm. 

Leuthold  ged.*  243. 

STAHLHEMD,  n..-  von  reichem  hofhalt  hat  mir  der 
vater  erzählt,  von  mächtigem  gefolge  in  glänzendem  stahl- 
hemd.  Freytag  8, 16  (ahnen  i,  s.  22);  Ingo  trat  mit  seinen 
mannen  aus  der  haUe  in  grauem  stahlhemd.  194  (250); 
er  selbst  that,  wie  ein  riese  des  herrn,  das  stahlhemd  an. 
17  (bilder  l),  377; 

auch  hat  er  das  stahlhemd  angelegt, 
das  Gew  sonst  geknöpft  am  halse  trägt. 

RüCKERT  Firdosi  2,  308. 

STAHLHERD,  m.  herd  für  die  verivandlung  von  roh- 
ifen  in  stahl.  Jacobsson  7,  422».  Krünitz  168,  693. 

STAHLHERZ,  n.,  vgl.  stahl  11,  2,c,ß,  sp.  547,  und 
-tählen,  adj.  2,f,  8: 

o  der  stahl-  und  eisenhenherzen ! 
stahl  und  eisen  weicher  sind. 

Spee  irutznachi.  s.  199  Balle  (44,  55). 

dazti  stahlherzig,  adj.: 

(ich)  weisz,  er  ist  narr  im  häufen,  einzeln  memme : 
doch  diesz  bestimmte  böse  macht  ihn  schmuck, 
und  hält  ihn  warm,  indesz  stahlherz'ge  tugend 
im  frost  erstarrt.     Shakei/p.  ende  gut  1, 1. 

STAHLHOF,  m.  die  bekannte  niederlassung ,  gildhalle 
und  factorei,  der  detitschen  Hansa  in  London  am  linken 
Themseufer  etwas  oberhalb  der  London  Bridge,  an  der 
f  feile  des  jetzigen  Cannon-streetbahnhofs;  die  gildhalle  ist 
feit  1260  urktnidlich  nachweisbar,  der  name  stahlhof  seit 
'■"m  15.  jahrh.;  die  Privilegien  der  Hansa  wurden  1578  auf 
rhoben,  das  gnindstück  erst  1853  von  Lübeck,  Hamburg  und 
Ihemen  verkauft,  s.  Adelung,  brem.  wb.  i,  988.  Krünitz 
168,  693 — 715.  SCHRÖDER  d.  rechtsgesch.'  621.  Lappenberg 
urkundl.  gesch.  des  Mnsischen  stahlhofes  zu  London.  1851: 
(der  Hanseat)  verkaufte  in  seinem  Stahlhofe  in  London 
getreide,  weisze  falken,  hermelin,  beringe  und  seehund- 
speck aus  der  Ostsee  gegen  pfund,  mark  und  Schillinge. 
FnEYTAG  18  (bilder  2,  l),  240;  zu  den  ältesten  höfen  in  der 
fremde  gehört  die  gildhalle  des  deutschen  kaufmanns  in 
Ijondon,  der  berühmte  Stahlhof  an  der  Themse,  (vor  1157) 
von  den  Kölnern  gegründet,  dann  andern  städten  des 
reiches  zu  mitbesitz  eingeräumt.  253.  der  name,  der  itne 
ein  eigenname  gebraucht  xcird,  hat  mit  stahl,  chalybs,  nichts 
zu  thun  (die  engl.  Übersetzung  Steel-yard  beruht  also  auf 
miszverständnis) ,  sondern  bezeichnet  wahrscheinlich  den 
hof,  tco  tücher  (ein  haupthandelsariikeV)  gestahlt,  geprüft 
und  gestempelt  werden,  s.  stahlen  und  das  zweite  stahl. 
(daher  die  engl,  bezeichnung  Leadenhall.)  ^so  schon  im 
brem.  wb.  a.  a.  o.,  vgl.  auch  rd.  stael-hof,  locus  tibi  infecti 
sive  tincti  panni  sigiUantur.  Kilian  2,626^.  Schiller- 
LÜBBEN  4,  sse*"/.  zieht  die  ableitung  aus  stadelhof  vor. 
schlieszt  »ich  aber  6, 270»  der  obigen  erklärung  an.  Scherz- 
Oberlin  1553  giebt  jene  (pro  stadelhof,  curfis  dominicalis) 
für  ein  hochd.  stalhof,  das  er  aus  einer  urktmde  beibringt: 
an  und  usz  dem  dorffe  B  und  dem  stalhofe  daselbst  mit 
allen  seinen  zubehörungen,  gerichten,  diensten,  zehenden. 
danach  Campe,     vgl.  auch  stahlgadem. 

STAHLHUT,  m.  cassis  ferrea.  Scherz-Gberi.in  1553, 
besonders  mhd.  stahel-,  stÄlhuot  als  poetische  bezeichnung 
des  heims,  s.  Lexer  handieb.  2,1129.  nachtr.  869: 

da  wart  manic  helt  gQt 
gewunt  durh  den  stälhfit. 

Lampreht  Alex.  8378  Kinzü; 
als  ein  spiegel  (xcar)  stn  st&lhnot.    hrone  105S3; 
ir  sollen  mir  doch  lassen 
des  beides  stahel  hfit.    heldenb.  815,  41  Keller; 

auch  bei  neuern  autoren  (in   bezug  auf  die  äUere  zeif): 
seinen  köpf  schützte  ein  eigentümlicher  runder  stahlhut 
mit  breitem  rande.  Kellers, 404;  könig  Bisino  trat  ein, 
X.  8. 


düster  war  sein  antlitz,  der  vierschrötige  leib  gedeckt  mit 
einem  panzerhemd,  das  haupt  mit  dem  stahlhat.  Freytag 

8, 143  (ahneji  1, 1,  8). 

STAHLHTJ'l  iE,  /.  'eine  anstalt,  tco  stahl  in  menge  aus 
eisen  gemacht  xoird,  welches  in  Deutschland  durch  mehr- 
maliges schmehen  ujid  schmiden  geschiehef.  Adelung, 
vgl.  Jacobsson  4,  248''.  Krünitz  168,  715:  in  einigen  Stahl- 
hütten schmiedet  man,  auszer  dem  schmelzen,  auch  das 
roheisen.  659  (vgl.  auch  tinter  Stahleisen  und  stahl- 
hammer).  —  hätte  zum  stahlschieszen  (vgl.  das.):  bey  ende 
des  platzes  vor  dem  ballhausz  hebet  sich  die  so  genannte 
stalhütte  an,  welcher  vorder  und  hinteres  gebäude  uhr- 
heber  gleichfals  hertzog  Johann  Casimir  gewesen  . . .  itzt 
gedachter  hertzog  weihete  sie  am  ersten  mit  einem  vogel- 
schiessen  . . .  ein.  G.  P.  H(onns),  Sachsen-Coburg.  hist.  (i700) 
1,229;  vor  anrichtuug  vore[r]wehnter  Stahlhütte  war  ein 
schieszgarten  vor  dem  Steinthor  an  dem  Stadtgraben  ge- 
legen, darinnen  von  denen  bürgern  allhie  mit  armbrüsten 
geschossen  worden,  ebenda;  neben  dieser  (offiziersstube) 
war  ehebevor  die  müntz  welche  aber  ...  in  die  alte  Stahl- 
hütte versetzet  worden.  227. 

STÄHLIGHT,  adj.:  stälicht  Stieler  2117,  *.  unter 
stählern. 

STÄHLIG,  adj.  von  stahl,  seltne  nebenform  für  stählern : 
stählig  chalybeus  Kirschii  comucopiae^  (Nümb.  1723)  bei 
Dief.  gloss.9(i^.  jetzt  mundartlich:  schtceiz.  stachlig  HuN- 
ziker  249,  eis.  stälik  M.artin-Lienhart  2,588'',  siebenb. 
stSlich  unausgebacken  Haltrich  48''. 

STAHLINDUSTRIE,  /. 

STAHLITSCH,  m.,  s.  Stieglitz.  (Nemnich.  Campe.) 

STAHLKALK,  m.  zum  polieren  von  stahlklingen:  der 
geschlämmte  stahUcalch  oder  kalk,  mit  einem  drittheile 
weiszer  zinnasche  vermischt,  giebt  den  stahlwaaren,  nach 
vorangegangenem  feinschm ergein,  die  beste  glanzpolitur, 
welche  noch  dadurch  erhöhet  wird,  wenn  man  ihn  mit 
starkem  branntwein  anfeuchtet.  Krünitz  168,  623;  unter 
allen  versuchen  neuerer  mischungen  thut  der  mit  schwefel 
gebrannte  stahlkalk  die  vollkommenste  Wirkung.  625. 

STAHLKAMMER,  /.  gepanzertes,  fetier-  und  diebssichres 
geicölbe  in  batiken  u.  ä. 

STAHLKAPPE,  /..  vgl.  stahlhut:  der  hebn  war  im 
10.  Jahrhundert  häufig  eine  runde  stahlkappe  gewesen. 
Freytag  18  (bilder  2,1.),  17;  in  fremdartig  geformter  spitz  zu- 
gehender stahUcappe  kam  er  geritten.  Scheffel  Ekkeh.  208. 

STAHLKAUTSCHUKFEDER,  /.  eine  combinierte  Spiral- 
feder, s.  Karmarsch  Heeren^  3, 383. 

STAHLKETTE,  /.  keHe  von  stahl,  besonders  tierkette, 
uhrkette.  Campe,  s.  J.  Paul  l,  165  unter  stahlarznei,  sp.  556. 

STAHLKISTE,  /.  'eigenartig  hergestellte  kiste  zur  Ver- 
packung des  sog.  kistenstahls' .  Unger-Khull  steir.  tcort- 
schatz  568''. 

STAHLKLANG,  m.  klang  von  zusammenschlagendem 
stahl:  nur  vereinzelte  krähen,  aufgescheucht  durch  den 
stahUdang  der  reiter,  flatterten  von  ihren  ästen.  Alexis 
hosen**  94. 

STAHLKLEID,  n.  für  die  stählerne  rüsiung.  vgl.  stahl- 
gewand;  schon  spätmhd.  stahelkleit  Lexer  handtob.  8, 1129: 

so  ir  geteilent  gare 

sein  gutes  stahel  cleit.    heldenb.  315,  89  Keller; 

bis  sie  mit  stahlkleid  und  eisenhut 

hin  kamen  zu  einer  tiefen  flut. 

RÜCKERT  Firdon  2,  218. 

STAHLKLINGE,  /. .-  bringt  man  einen  tropfen  Salpeter- 
säure auf  eine  polirte  eisenklinge  . . .  macht  man  eben 
dieses  mit  einer. polirten  stahlklinge  . . .  Krünitz  168,  619; 
wie  der  rost  auf  stahlklingen  die  brüchigen  stellen  be- 
zeichne. Arnim  9,287;  wieder  aufschnellend  wie  eine 
stahlklinge,  bog  sie  sich  drohend  über  das  fuhrwerk. 
Ludwig  2,  34. 

STAHLKNOPF,  m.  stählerner  knöpf,  an  kleidungsstücken. 
Campe;  knöpfe  von  eisen,  stahlknöpfe.  (Stahlarbeiter) 
diese  knöpfe  werden  zwar  im  gemeinen  leben  stahlknöpfe 
genannt,  aber  sie  sind  nur  aus  gutem  schwedischen  eisen 
verfertiget.  Jacobsson  8,488'';  hellgraues  röckchen  mit 
stahlknöpfen.  Heine  4,  840  Elster  (Florent.  nachte  l). 

STAHLKNOTEN,  m.  'in  den  Stahlhütten,  ein  geteisser 
Zusatz,  um  dem  stähle  die  gehörige  härte  zti  geben,  irelcher 
aber  gemeiniglich  sehr  geheim  gehalten  tcird'.  Adelung, 

87 


579   STAHLKOBALT — STAHLMEISTER 


STAHLMERGEL—  STAHLRAFFINERIE   580 


vgl.  Jagobsson  4,  248''.  Krünitz  168,  715;  dichter  braun- 
stem. Nemnich. 

STAHLKOBALT,  m.  eisenhaltiger  smaltit  Fehlino 
handicb.  der  chemie  6, 1043. 

STAHLKOFFER,  in.-,  messire  Ivain  wird  seine  mühe 
verlieren,  denn  ohne  diesen  scbliissel  kann  er  nicht  an 
den  schätz,  weil  er  {der  Schlüssel)  einen  kleinen  stahl- 
koffer  mit  allen  andern  schlüsseln  {der  diese  enthält)  ver- 
schlieszt.  Brentano  4, 511;  vgl.  slahlschlüssel. 

STAHLKOLBEN,  m.  {vgl.  stählen,  adj..  2,  a.  ß.  sp.  661): 

an  mir  sprang  {zersprang)  der  stahlkolben  des  riesen. 

Schubart  2,  71  {der  ew.  Jude  80). 

STAHLKOPF,  »n.,  bildlich:  ein  junger  Wildling,  der  hatte 
einen  stahlkopf  und  ein  goldherz.  Rosegger  der  höll- 
bart  s.  99. 

STAHLKORN,  ?i.:  das  körn  oder  der  bruch  des  ge- 
schmolzenen englischen  stahls  ist  am  härtesten  ende  ein 
weiszes ,  dickes ,  offenes  und  glänzendes  körn.  . . .  unter 
der  kirschfarbe  ist  das  stahlkorn  noch  feiner,  mehr  grau. 
Jacodsson  7,419''. 

STAHLKRAFT,  /..-  da  flog  es  wie  eine  stahlkraft  in 
Hankes  arm.  Storm  7,186;  vgl.  stahleskraft. 

STAHLKRANZ,  771. :  einsam  stand  der  kunstreiche  spiegel 
in  dem  schlafgemach;  und  wie  oft  auch  die  frühsonne 
ihre  funken  auf  den  stahlkranz  des  rahmens  streute,  das 
bild  der  guten  gräfin  sasz  nicht  mehr  darin.  Storm  2,  259. 

STAHLKRAUT,  n.  name  verschiedener  pflanzenarten, 
vgl.  stallkraut. 

1)  name  der  hanhechel,  genista  onotiis.  Adelung,  ononis 
arvensis  NE.\iNicn. 

2)  des  eisenkrauts,  verbena  officinalis.  Nemnich.  Pritzel- 
Jessen  {Tübingen). 

3)  des  flachskrauts,  antirrhinum  linaria.  Nemnich  {nur 
im  reg.,  s.  stallkraut). 

STAHLKUCHEN,  m..  'fr.  pieces  de  l'acier,  viereckigte 
stücken  stahl  von  vetschiedener  dicke,  so  icie  er  von  den 
spanischen,  piemonfesischen  und  französischen  Stahlhütten 
kommt'.  Jacobsson  4,248'',  rfa??acÄ Campe.  Krünitz  168,715: 
hierauf  schmelzt  man  diese  luppe  (schrey)  zum  zweiten 
male  . .  .  und  bringt  den  stahlkuchen  unter  den  hammer, 
um  ihn  in  massein  oder  schienen  zu  zertheilen.  600;  ein 
solches  stück  rohen  stahls  {das  beim  schmelzen  auf  ei7i- 
nwl  ausgelaufen  und  dann  erkaltet  ist)  nennt  man  . . . 
stahlkuchen,  stahlscheibe,  etc.  ein  solcher  stahlkuchen 
wiegt  an  1500  pfd.  665. 

STAHLKÜGEL,  /.    i)  ktigel  von  stahl.  Campe. 

2)  kugeln  aus  einer  masse,  die  man  durch  einmrktmg 
von  tceinsteinrahm  {rohweinstein)  auf  eisenfeilspäne  erhält 
und  die  unreine  weinsaures  eisenoxydul-  und  eisenoxyd- 
kali  ist,  zu  kugeln  geformter  eiseniceinstein ,  früher  zur 
bereitung  künstlicher  stahlbäder  benutzt;  auch  eisenkugeln, 
globuli  martiales,  globuli  tartari  ferrati.  s.  Jagobsson 
6,444''/.  Krünitz  168,  715— 7.  Karmarsch-Heeren' 4,  97. 
8,448.  Fehi.inq  handwb.  der  chemie  6,1043. 

STAHLKUR,  /.  .•  nicht  blos  der  heutige  beifall  war  eine 
eisen-  und  stahlkur  für  seinen  muth  gewesen,  sondern 
auch  der  wein.  J.  Paul  8, 16. 

STAHLLACK,  m.  'spirituoser  lack,  farblos  oder  gelb  oder 
blau  grfärbt,  zum  laekiren  von  blanken  stahlwaren,  %im 
anlauffarben  zu  imitiren'.  Lueger  7,473. 

STAHLLATWERGE,  /. ;  electuarium,  martiale.  stahl- 
lattwerg.  Woyt  schatzk.*  (1784)  803. 

STAHLLEUCHTER,  m.  stählerner  leuchter.  Campe. 

STAHLLÖTUNG,  /.  das  zusammenlöten  des  stahls.  Krü- 
nitz 168,717. 

STAHLLUPPE,  /.  die  geschmolzene  »tahlmasae,  vgl. 
luppe  (i),  theil  6, 1312,  und  stahlkuchen:  nachher  wird  die 
noch  weiche  stabllappe  rund  herum  behämmert.  Krünitz 

168,600. 
STAHLMAGNET,  «i.  eine  art  künetticlter  magnete,  a.  KnO- 

NITZ  168,717, 

STAHLMASSEL,  /..  vgl.  mässel,  /.,  theil  6, 1710. 

STAHLMEISTER,  m.  l)  'aufseher  eines  hammerwerkes, 
tcelehe»  »fahl  verarbeitet'.  Diei'.-Wülcker  861  (Weim.  urk. 
V.  i7M). 

«)  tu  stahl  n,8,  6  (*p.  560):  atal-  oder  blchsenmaystcr. 
Baumann  quellen  ».  gesch.  des  bauemkriegs  in  Oberschw. 
«.SM. 


;  3)  mnd.  stälmester  'der  die  aufsieht  über  das  stalen  der 
tücher  hat'.  ScniLLER-LÜDBEN  4,  358»,  vgl.  stahlen. 

STAHLMERGEL,  m. ;  'grundmergel,  stahlmergel,  steel- 
marle,  in  England,  eine  mergelart,  die  leicht  in  würfet 
von  sich  selbst  bricht  und  ziemlich  dicht  ist.'  Jagobsson 
5,  750'' ;  'eine  mergelart,  welche  sich  im  fetier  so  verhärtet, 
dasz  sie  am  stähle  feuer  giebt.'  Krünitz  168,718;  stein- 
mark, stahlmergel,  carnat,  {argile)  lithomarge.  Karmarsch- 
Heeren'  8,  469. 

STAHLMESZBAND,  m.  starkes  band  aus  gehärtetem  stahl, 
zur  unmittelbaren  m^sung  von  ejitfernungen  verwendet. 
Lueger  6,  36. 

STAHLMOTTE,  /.  'eine  art  matten  oder  nachtfalter. 
xcelche  auf  den  eichbäumen  einheimisch  ist;  plialaena  noctua 
qiiadra'.  Adelung,  pMlaena  qiiadra.  Nemnich. 

STAHLNADEL,  /.    l)  stählerne  nadel.  Campe. 

2)  eine  art  der  trompeten-  oder  posaunenschnecke  in  Ost 
indien,  stahlnadel,  nähnadel,  stahlnadel  mit  verdoppelten 
gewinden,  buccinum  duplicafum.  Ne.mnigh.  vgl.  Krünitz 
165,  718. 

STAHLNAGEL,  m. .-  dieser  . . .  bestellte  sogleich  in  der 
Stadt  den  niedlichsten  koffer  mit  rothcm  safiian  über 
zogen,  mit  stahlnägeln  beschlagen.  Götiie  17,  152. 

STAHLNATUR,/,  naticr  des  Stahles :  so  nimmct  das 
eisen  in  des  {l.  der)  herte  stahelnatur  und  eigenschafft 
an  sich.  Mathesius  Sar.  79''.  jetzt  eher  in  dem  sinne  'eine 
natur  toie  von  stahl',  vgl.  stahl  II,  2,  b,  sp.  546/ 

STAHLOFEN,  m.  ofen  zur  herstellung  des  cetnent-  oder 
brennstahls,  s.  Krünitz  168,  603.  607. 

STAHLÖL,  n.  •  stahel  oder  eysenöl.  nim  zart  gefeyhelten 
stahel  oder  eysen,  klein  gestossen,  weisz  kiselstein,  jedes 
j.  pfund,  dz  thue  in  ein  glaszkolbin,  brenne  es  im  sand 
am  ersten  mit  gantz  leisem  fewer,  so  gibt  es  wasser, 
darnach  ein  rotes  öl,  das  ein  geruch  hat  wie  der  baisam. 
WiRSUNG  artzneyb.  (1597)  81lD;  von  dem  eisen-  und  stahl- 
öhl.  COLER  hausb.  (1680)  2,  66*'  {anders  zubereitet). 

STAHLPANZER,  m.  l)  stählerner  pamer.  Campe,  vgl. 
stahl  II,  3,  c,  sp.  550/ 

2)  Panzerung  der  neuern  hiegsschiffe,  s.  Lueger  7, 224/  473. 

STAHLPERLE,/  künstliche,  aus  eisenblech  durch  stanzen, 
verStählen  und  schleifen  {facettieren)  hergestellte  perle,  als 
schmuck.  Karmarsgh-Heeren'8,  443:  den  seidengehäkel- 
ten geldbeutel  mit  stahlperlen  . . .  herausziehend ,  zählte 
er  nach.  Cl.  Viebig  wacht  ain  Ehein  i68. 

STAHLPLATTE,  /  platte  aus  stahl,  zu  schiffspanzem. 
Stahlstichen  u.  a.  vericendet :  so  werden  sie  {die  grabstichel) 
dadurch  zum  graviren  auf  stahlplatten  brauchbar.  Krü- 
nitz 168,  618. 

STAHLPOLITUR,/;  englische  stahlpolitur.  Jagobsson 
7,475'';  was  das  feine  stahlpoliren  betrifft,  so  geschieht 
dieses  durch  das  reiben  oder  schleifen  mit  feinen  ab- 
reibenden pulvern;  denn  die  feine  stahlpolitur  kann  nur 
auf  diese  weise  hervorgebracht  werden.  Krünitz  168,621. 

STAHLPROBE,  STAHLPROBIERUNG,/  Krünitz  168, 
718,   vgl.  618/ 

STAHLPULVER,  7i.  'ein  weiszglühend  in  kaltem  wasser 
abgelöschter  und  dann  in  einem  mörser  von  rceiszem  gusz- 
eisen  auf  das  feinste  zerstoszener  stahl,  der  als  gttter  er- 
safz  des  schmirgeis  dient'.  Karmarsgii-Hekhen' 8, 444. 

STAHLPUNSCH,  m. .-  rundgcsang  bei  stahlpiinsoh.  Vos« 
6,5,  f^r^  gestählter  punsch  unter  stählen,  >■>'' 

STAHLQUELLE,  /  l)  quelle,  deren  ira.f- 
{meist  doppeltkohlensaures  eisenoxydul)  enthält,  ei.soisnurr 
ling.  Karmahscii-Heeren' 8,  443,  iv;/..  stahlwasser:  unter 
den  stahlquellen  oder  oisenlialtigcn  wassern  Englands, 
sind  besonders  die  warmen  mineral-  oder  stnblwassor- 
quellen  zu  Bath  in  Sommersetshire  berühmt.   Krünitz 

169,  141. 

8)  in  freierem  sinne,  xcoher  man  stahl  bezieht:  dasz  . . . 
die  Bergischen  stahl-  und  elRonfiibrikanten  . . .  sich  immor 
mehr  und  mehr  unabhängig  von  dem  Siegerschen  staldc 
und  eisen  machten,  und  sich  neue  stahl-  und  eiscnquellon 
In  England,   Schweden  und  Itus/.lnnd  aufsuchten.   Kur 

NITZ  168,  670. 

STAHLHAFPINERIE.  STAHLRAFFINIERHÜTTE,/  'die 
icerkatätte,  in  welcfier  der  staid  wiederholt  geschiceiszt  {gr- 
gärbf)  und  ausff^Ommtrt  wird'.  Si:nKU<:HK.NHTUKi.  23i: 
diese  rohstahlsUlbe  werden  nun  In  den  reck-  oder  stahl- 


581 


STAHLREICH—  STAHLSCHLUSSEL 


STAHLSCHMELZHÜTTE  —  STAHLSORTE   582 


raffinierhämmern  von  neuem  geschmiedet  und  zu 
dünnen  stangen  ausgereckt.  Krünitz  168,  G71. 

STAHLREICH,  adj.:  der  eisenstein  ist  stahelreich,  da 
macht  man  auch  stahel  drausz.  Mathesius  Sar.  79». 

STAHLRING,  m.  stählerner  nng.  C.^.mpe.  häufig  mhd. 
stahelrinc  von  den  panzerringen.   Lexer  /««jirficj.  2, 1129: 

der  vesten  stalrinfre 

ne  machten  si  nicht  gewinne. 

RdandsUed  172,  22  (4893)  ; 
anders:  ain  stahelrLng  den  hals  erwarb. 

Oswald  v.  Woi.kexsteix  84, 101  Schatz; 

adtner  nhd. :  jetzt  zog  er  aus  dem  stahlring  einen  silbernen 
Schlüssel.  ViscHER  auch  einer  2,  414. 

STAHLROCHE(N),  771..  für  stachelroche,  sp.  400-  angel- 
fisch, gifftroche,  stahelroche,  pastinaca,  piscis,  sie  dictus 
ab  aculeo  seu  radio  venenato  in  cauda.   Hf.nisch  1110,  27. 

STAHLROSETTE,  /.  J.  Paul  l,  165,  s.  stahlarznei. 

STAHLROT,  n..  auch  stahlrouge,  englischrot,  polierrot, 
der  rückstand  bei  heftigem  glühen  von  eisenvitnol,  haupt- 
sächlich aus  eisenoxyd  bestellend,  als  anstrichfarbe  ver- 
wendet, eisenmennige.  Karmarsch-Heeren^  2,  760/.  8,444. 

STAHLRÜSTÜNG,/.;  Wilkin  von  Lindenberg  war  rasch 
aufgestanden  und  schüttelte  sich  wie  einer  in  seiner 
Stahlrüstung.  Alexis  hosen  76. 

STAHLSACHE,  /.  aus  stnhl  verfertigte  sache,  stahlicare. 
Campe;  gewöhnlich  im  plur.:  der  blaszgelbliche  Levan- 
tische Schleifstein  ist  der  beste  ölstein  zum  scharfschleifen 
feiner  grabstichel  und  barbiermesser;  auch  nimmt  er  von 
gehärteten  stahlsachen  die  feilstriche  ab.  Krünitz  168, 623. 

STAHLSAITE,  /.  saite  von  sfahldraht.  Campe,  besonders 
als  klaviersaite,  vgl.  Karmarsch-Heeren^  2,  650. 

STAHLSAUERBRÜx\NEN,  m. .-  man  theilt  die  stahl- 
wasser  ...  in  natronisirte ,  in  natronisirte- salinische,  in 
reine,  und  in  salinische  stahlsauerbrunnen.  Krünitz  169, 6. 

STAHLSCHARFÜNG,  /.  schärfung  stählei'ner  vxrTczeuge. 
Krünitz  168,  719. 

STAHLSCHEIBE,  /.,  vgl.  Krünitz  168, 665  unter  stahl- 
kuchen. 

STAHLSCHIENE,  /.  schiene  von  staU. 

STAHLSCHIESZEN,  n.  exercitium  sagittis  arcu  chalybeo 
missis  petendi  metam,  das  ehmahls  gewöhnliche  schiessen 
mit  der  armbrust  die  einen  stählinen  bogen  hat.  Frisch 
2,  315^  vgl.  stahl  II,  3,  b,  sp.  550  und  Scherz-Oberlix  1552/. 
Adelung.  Schm.  2,744.  Schmid  484:  das  stalschisen.  Garg. 
s.  280  neudr.,  var.  {in  den  ersten  beiden  ausg.,  1590:  mit 
dem  stahel  zuschiesen).  schüfzenfest ,  icobei  mit  solchen 
stählen  nacli  einem  ziele  geschossen  wird,  so  im  altern 
oberd. :  anno  1586  hielt  man  da  das  grosse  stahelschiessen. 
Merian  topogr.  Bavar.  (1644)  57*;  sonsten  war  . . .  noch  eine 
dritte  gesellschafft  des  halben  stahlschiessens ,  in  an- 
gehenden jungen  schützen  bestehend,  welche  sich  in  dem 
Zwinger  vor  dem  Ketschenthor  mit  dem  schnepperlein 
oder  halben  stahl  exercirte.  G.  P.  H(onxs)  Saclisen-Coburg. 
hist.  (1700)  1,  229;  die  betrübnisz  der  beiden  Arnstädter, 
welche  herzog  Johann  Casimir  auf  dem  stahlschieszen 
zu  Koburg  1614  von  seinen  hauptgewinnen  ausschlosz. 
Freytag  19  {bilder  2,  2),  318;  so  waren  auf  dem  hübschen 
stahlschieszen  zu  Regensburg,  1586,  .  .  .  äie  protestan- 
tischen und  katholischen  orte  sorglich  getrennt,  ebenda; 
bei  dem  theuren  stahlschieszen  zu  Dresden  erhielt  jeder 
zweckschusz  zur  fahne  eine  vergoldete  medaille.  335;  die 
zahl  der  schützen  war  bei  den  ältesten  stahlschieszen 
noch  nicht  grosz.  in  Augsburg  waren  1425  nur  130  . . . 
fremde  schützen.  Ul.  vgl.  -.  dasz  man  daselbst  ...  ein 
fürstl.  gemein-schiessen  mit  dem  stähle  aufs  circkel-blat 
gehalten.  Knauth  alt-ZeUische  chron.  3,  376. 

STAHLSCHILD,  m.  n. .-  der  stahl-  und  magenschild  des 
atlassenen  gürteis  erwärmt  den  magen  und  andre  intestina 
sehr.  J.  Paul  i,  iGö. 

STAHLSCHLOSZ ,  n.  stählernes  schlosz.  Campe,  aclwn 
mhd.  von  einem  stück  der  rüstung : 

8Ö  wil  ich  haben     des  beides  stahelsldj  (var. .-  stahel  schos). 

Wdfdietrich  D  V,  15. 
jetzt  von    thürscMössern  u.  ähnl.;   dazu   das  demin.:   er 
steckte   das    geschäftliche  notizbuch  bei   seile  und  zog 
ein   kleineres    hervor   mit  einem   stahlschlöszchen. 
Keller  5, 108. 

STAHLSCHLÜSSEL,  m. ;  diese  Schlüssel  aber  waren 
nicht  so  leicht  zu  finden,  denn  sie  lagen  in  einem  kleinen 


ganz  stählernen  koffer  verschlossen,  und  dieser  war  wieder 
mit  einem  kleinen  stahlschlüssel  geschlossen,  welchen 
der  graf  von  Foix...  mit  sich  trug.  Brentano  4,510; 
vor  einem  dunkeln  hintergrunde  zwischen  gemaserten 
Zimmer-  oder  schrankthüren ,  in  denen  blanke  stahl- 
schlüssel steckten.  Keller  3, 120;  uhrschlüssel :  er  nahm 
den  verrosteten  stahlschlüssel,  und  nachdem  er  langsam 
aufgezogen  und  den  perpendikel  angestoszen  hatte,  horchte 
er  auf  das  plötzlich  laut  werdende  ticken.  Storm  2, 183. 

STAHLSCHMELZHÜTTE,  /..-  in  Westphalen  werden  in 
den  Stahlhütten  ...  bei  jeder  stahlschmelzhütte  drei  mann 
erfordert.  Krünitz  168,  664. 

STAHLSGHMIED,  m.:  chalybs  . . .  stahel,  vd  stahel-smid 
(voc.  theuton.  1482).  Dief.  gloss.  90»;  calipsor  ...  stahel- 
schmidt.  90" ;  stahlschmid,  m.  fabbro  di  stromenti,  fibbie 
ed  altre  cose  di  acciaio.  Kr.\mer  dict.  2,903«;  so  schreibet 
Strabo  das  die  Chalibes  oder  alten  stahelschmide  Chaldeer 
gewesen  sind.  Mathesius  Sar.  12^;  hauptsächlich  wurde 
aber  viel  rohstahl  oder  in  stäben  geschmiedeter  stahl 
ausgeführt,  und  die  stahlschmiede  hatten  vollauf  zu  thun. 
Krünitz  168,  C68. 

STAHLSCHMIRGEL,  m.,  bezw.  -schmei^el  'der  präpaHrte 
oder  geschlämmte  schmergel,  der  zum  stahlpolieren  gebraucht 
wird'.  Krünitz  168,  719. 

STAHLSCHMUCK,  m.  'bijouierien  Otts  stahl  oder  durch 
einsetzen  in  stahl  vericandeltem  Schmiedeeisen'.  Karmarsch- 
Heeren  ^  8,  444. 

STAHLSCHNALLE,  /.  stählerne  schnalle.  Campe:  ich 
hatte  mir  die  lackirten  schuhe  mit  stahlschnallen  und 
die  neue  jacke  erst  im  letzten  augenblick  von  schuster 
und  Schneider  herausgepocht.  Storm  2,  91. 

STAHLSCHNEIDER,  m.  'ein  künstle^-,  welcher  allerley 
figuren  geschickt  in  stahl  zu  schneiden  weisz'.  Adelung, 
vgl.  Jacobsson  7, 423».  Krünitz  168,  719/  und  stahl  H,  l,  l, 
sp.  546. 

STAHLSCHNÜR,  /..  STAHLSCHNURTRIEB,  m.  schrau- 
benfedem  aus  stahldraht,  anstatt  der  seile  bei  trans- 
missionen  verwendet,  s.  Karm.\rsch-Heeren^  9,  585  jf. 

STAHLSCHREI,  m.  'eine  unregelmäszige ,  durch  das 
frischen  erzeugte  stahlluppe'  (vgl.  das.).  Karmarscii- 
Heeren^  8,  444. 

STAHLSCHREIBFEDER,/.,  *.  Stahlfeder  2.  Karmarsch- 
HeereN^  8,  444. 

STAHLSCHUH,  m.  Schlittschuh,  vgl.  stahl  II,  3,  h,  »p.  552/  .- 
jederman  suchte  nach  seinen  gezeichneten  stahlschuhen, 
begierig  die  reine  glatte  fläche  ...  zu  beschreiten.  Göthe 
22,  100  (tcanderj.  2,  5) ;  ich  schnallte  meine  stahlschuhe 
unter  und  machte  einen  einsamen  lauf  an  dem  ufer  ent- 
lang. Storm  2, 102 ; 

hast  du  dem  deutschen  sänger, 

d:'m  edlen  schlittschuhgänger  (Göthe) 

den  stahlschuh  hier  gereicht?    Keller  10,  54; 

und  unterm  blanken  stahlschuh  knirscht  das  eis. 

Isolde  Kurz  ged.^  89. 

STAHLSCHÜTZ,  m.  arbalestriere.  Kramer  dict.  2,  903«, 
zu  stahl  II,  3,  b  (»p.  550),  besonders  bei  den  stahlschieszen, 
vgl.  das.  und  Schm.  2,  744.  Schmid  484  (auch  stählin- 
schützen);  von  bogen-  unnd  stahl-schützen,  und  schläu- 
derern.  die  bogen  unnd  armbrustmacher  belangend . . .  Gar- 
ZONI  aügem.  schaicplatz  (l64l)  993»;  tirol.  stachlschützen ; 
büchsen-  oder  stachelschützen  (quelle  v.  1833).  Schöpf  696; 
so  fanden  sich  1485  in  St.  Gallen  208  stahl-,  485  büchsen- 
schützen  zusammen.  Freytag  19,  341.  dazu  stahl- 
schützengesellschaft,/  Schm.  a.  0.0.;  das  gebäude, 
wo  sie  sich  versammeln,  heiszt  das  stachelschützen- 
haus,  weil  die  benennungen  stachelschütze  und  arm- 
brustschütze von  einerley  bedeutung  sind.  Ochs  gesch. 
v.  Basel  5  (I82l),  89. 

STAHLSCHWERT,  n.: 

noch  hab'  ich  dies  gurtband  nie  gelöst, 
vom  Stahlschwert  nie  diese  seit'  entblöszt. 

ROcKBRT  Firdosi  1,  252. 

STAHLSIEGEL,  n. .-  ein  stahlsiegel  worauf  die  Medusa 
Strozzi  kopirt.  Göthe  briefe  10,  54. 

STAHLSOHLE,  / .-  schon  längst  hatte  ich  mit  der  glatten 
stahlsohle  meiner  holländischen  Schlittschuhe  geliebäugelt. 
Stürm  2, 102. 

STAHLSORTE,/ :  was  nun  die  besonderen  eigenschaften 
der  stahlarten  und  ihre  härtung  betrifft,  so  ist  der  gusz- 

37« 


583    STAHLSPACHTEL— STAHLSTEIN 


STAHLSTICH  -  STAHLWARE 


584 


stahl  der  gleichartigste,  härteste  nnd  polirbarste  aller 
Stahlsorten.  Krönitz  168,  613. 

STAHLSPACHTEL,  /.,  vgl.  spachtel,  theil  10,  i,  1S29. 
(s.  z.  b.  ein  inserat  auf  dem  Umschlag  des  6.  heßes  der 
garfenlaube  f.  1870.) 

STAHLSPAN,  m.,  Viür.  -späne  'ursprünglich  die  beim 
hobeln  von  stahl  erhaltenen  abfülle,  jetzt  fabrikmäszig  dar- 
gestellte gröbere  oder  feinere  späne  dieses  metalls,  icelche 
als  reinigungsmittel  für  fuszböden  dienen'.  Lueger  7,473. 

STAHLSPIEGEL,  m.  specchio  di  acciaio  forbito  (jndito). 
Kramer  dict.  2,903;  spiegel  von  geschliffenem  stahl,  be- 
sonders hohlspiegel,  brennspiegel.  Jacobsson  4,  250»:  zu 
meinen  optischen  versuchen  . . .  brauchte  ich  höchst  nöthig 
einige  stahlspiegel,  sowohl  einen  planen  als  zwey  concave 
und  einen  convexen.  Götiie  ig,  170;  hatte  der  zeiger  auf 
der  uhr  den  umlauf  beendet,  dann  läutete  hell  die  glocke, 
ein  stahlspiegel  sank  . . .  herab  und  bedeckte  das  zirkel- 
blatt.  Freytac.  19,  382. 

STAHLSPIEL,  n.,  bei  den  Orgelbauern  'eine  orgelstimme, 
die  an  statt  der  glocken  an  stxihlstangen  angeschlagen  mird'. 
Jacobsson  4,  250»;  Instrument  der  militärmusiken ,  au.9 
abgestimmten  stahlstäben  in  einem  lyraförmigen  rahmen 
bestehend,  die  mit  einem  hämmerchen  geschlagen  werden, 
auch  lyra,  glockenspiel.  dazu  stahlspielwerk,  ?i.  t/Är- 
icerk,  das  ei7i  solches  stahlspiel  zum  spielen  bringt,  zu- 
sammen mit  diesem,    vgl.  Riemann  musiklex.^  679''. 

STAHLSPITZE,  /.  .- 

einen  pfeilregen  schickt'  er  dem  edlen  mann..  .  . 
seiner  befiederten  stahlspitzen  tanz 
verfinsterte  jenem  der  sonne  glänz. 

RÜCKERT  Firdosi  2,  384 ; 
denke,  welch'  ein  schade, 
wenn  sich  in  diese  hellen  jungen  äugen 
stahlspitzen  tauchten.   Wildenbruch  Karolinger  iS. 

STAHLSPLITTER,  m.,  im  äuge,  durch  einen  magneten 
entfernt,  s.  Eulenburg  realencycl.  der  heilkunde  l ,  ZU . 

STAHLSTAB,  m. ;  stahel  stäbe,  bacilla  ex  ade  facta. 
Agricoi.a  bergwerekb.  {auszl.  der  bergkw.);  eine  gewöhn- 
liche form,  worin  unverarbeiteter  stahl  verschickt  wird: 
aus  der  erhaltenen  neuen  masse  formt  man  die  so- 
genannten stahlstäbe,  die  entweder  in  bürden  gebunden 
oder  in  kleine  fässer  gepackt,  versendet  werden.  Krünitz 
168,  671  {vgl.  stahlstange).  als  musikalisches  instrument: 
dieses  fest  {Vollendung  des  thurmhaus  in  Schieiden  in  der 
Eifel  am  4.  april)  möchte  wohl  darum  eine  öffentliclic 
erwähnung  verdienen,  weil  dasselbe  durch  ein  nach  einer 
ganz  neuen  und  höchst  sinnreichen  art  eingerichtetes 
Stahlstäbegeläute  verherrlicht  ward,  welches  der  ge- 
meinde von  einem  ihrer  mitglieder  geschenkt  worden  ist. 
man  hat  zwar  schon  hin  und  wieder  stahlstäbegeläute, 
aber,  so  viel  uns  bekannt  ist,  hat  man  es  noch  nirgendwo 
zu  stände  gebracht,  die  stahlstäbe  mit  einer  resonnanz 
zu  versehen,  wodurch  es  allein  möglich  ist,  denselben 
einen  wirklichen  glockenton  zu  geben,  diese  aufgäbe  ist 
bei  dem  hier  aufgestellten  geläute  . .  .  vollkommen  gelöst 
worden,  dasselbe  besteht  ans  vier  nach  art  der  Stimm- 
gabeln gebogenen  stäben  von  puszstahl  u.  s.  w.  allgem. 
anzeiger  der  Deutschen  1841,  1326. 

STÄHLSTAHL,  m.,  für  schweiszstahl. 

STAHLSTANGE,  /.  '6  fusz  lange  stangen,  wovon  9  stangen 
in  ein  gebinde  gebunden  werden,  und  einen  Zentner  bis 
115  pfunde  wiegen,  in  tcelchen  bunden  der  steyermärksche 
stahl  herausgeschickt  wird'.  Jacobsson  4,  250»,  vgl.  stahl- 
Stab  und  stangenstahl.  —  mhd.  stahclstange,  Mufig  im 
voUcaepoa  als  waffe  der  riesen,  a.  Lex  er  handwb.  2,1129: 
swaa;  man  der  stahelstaneen  zwischen  sie  (^eschOg, 
die  zeralnoc  der  Remer  alle     mit  slnen  siegen  grC;. 

roteng.  D  644. 

STAHLSTECHER,  m.  künstler,  der  in  stahl  sticht,  Stahl- 
stiche macht,  vgl.  dieses  und  stahl  II,  1,  l,  ap.  64«.  Krünitz 
168,721;  dazu  stahlstecherkunst, /.  ebenda. 

STAHIi5TElN,  m.  l)  im  bergbau,  bezeichnung  aller  reinen 
ei$ensteine.  die  zur  unmittelbaren  gewinnung  de»  ataldes  am 
geeignetsten  »ind,  «tahlerz  (6ri  Frisch,  *.  rfo*.).  Ahkluno. 

«)  getcöhnlieh  »pezieller  ein  name  des  spatoiscnstcins 
(vffl.  das.,  theil  10,  i,  1967),  auch  spathigor  eisenstcin,  weiszcs 
eiaenerz,  (p)f\inr.,  ferrum  oehraceum  apatoau,m.  minera  ferri 
alba.   jAConsflON  7,488'".   Nkmnich  (ferrum.  i).  Campk. 

ORBN   1,  S5S.     KARMARflCII-HKÜRKN*  S,  7M.    6,640.    8,818. 


Lueger  7, 416.  Fehlino  handicb.  der  chemie  6,1043.  Scheu- 
CHENSTUEL  231.  Unger-Khum.  stdr.  wortsch.  568''.  so  wol 
auch  in  den  alten  belegen  (l6.  jahrh.):  im  Voitland,  und 
am  Fichtelberg,  . . .  soll  lauter  stahelstein  brechen,  darausz 
man  eitel  oder  guten  kernstahel  machet.  Matiiesius 
Sar.  79»;  man  grebt  auch  eisen  unnd  stahelstein  aasz 
streichenden  gengen,  flctzen  und  stocken.  141». 

s)  'in  den  bergicerken  zu  Ooslar  ist  der  stahlstein  eine 
art  schiefer,  welche  bey  der  Schmelzung  des  galmeyes  ge- 
braucht wird.'  Adeluno  (2). 

4)  'in  den  Stahlhütten  ist  es  ein  gutes  Haraprieszigea  eisen, 
tcelches  man  erhält,  wenn  man  das  aus  dem  hohen  ofen 
gekommene  rohe  eisen  nochmals  schmelzet;  vielleicht  iceil 
es  mit  steinartigen  unreinigkeiten  vermischt  ist.'  ebenda, 
vgl.  Jacobsson  4, 250». 

STAHLSTICH,  m.  die  kunst  in  stahl  zu  stechen,  Verviel- 
fältigung von  bildern  mittelst  gravierter  stahlplatten,  sidero- 
graphie  (1820  von  Charles  Heath  erfunden);  gewöhnlich,  ein 
in  stahl  gestochenes  bild,  abdruck  einer  stahlplatte,  wwin 
mit  dem  grabstichel  eine  Zeichnung  od.  ä.  eingraviert  ist, 
gravure  sur  acier.  Krünitz  168,  721 — 8.  Karmarscii- 
Heeren^  8,  444:  zwischen  den  beiden  fenstern  stand  der 
umfangreiche  Schreibtisch  und  darüber  hingen  alte  Stahl- 
stiche in  hellbraunen  rahmen.  Tiioma  Andreas  Vöst  180; 
das  buch  ist  mit  4  Stahlstichen  geschmückt. 

STAHLSTÜCK,  n..-  dieses  {härten)  geschieht  gewöhnlich 
dadurch,  dasz  man  das  stahlstück  glühend  in  gewöhn 
liebes  kaltes  wasser  taucht.  Krünitz  168,  615. 

STAHLTHEILCHEN,  n.:  wenn  die  stahltheilchen  die 
eigenschaft  sich  zu  vereinigen,  weit  weniger  haben,  als 
die  eisentheilchen.  Krünitz  168,  604. 

STAHLTINKTÜR,  /.:  tinctura  martis  amara,  bittere 
stahl-tinctur.  Woyt  schatzk.  (1734)  948;  der  stahl  hat  .  .  . 
seinen  trefflichen  nutzen  in  der  medicin,  daselbst  die 
stahl-tinctur  mehr  als  zu  bekannt.  Zincke  öcon.  lex.^iids; 
Stahltinkturen,  sind  eisentinkturen  {tincturae  martiale.<^, 
die  man  nur  mit  diesem  namen  belegt.  Krünitz  168,  72s, 
vgl.  728 — 731;  tinktur  für  stahl  (?):  er  hatte  eine  stahl- 
tinktur,  die  jeden  hämisch  undurchdringlich  machte, 
welcher  damit  bestrichen  wurde.  Bechstein  märchenb.  \c> 
{der  Schmied  v.  Jüterbog). 

STAHLTRÜMMER,  iJ^u»-.,  vgl.  stahlmassel:  beim  heizen 
erhält  man  die  massein  oder  stahltrümmern  auf  einem 
herde,  mit  kleinen  kohlen  bedeckt,  gemeiniglich  an  zwei 
stunden  in  diesem  teuer,  dasz  sie  rothglühen.  .  ..  beim 
schienen  werden  die  ausgeheizten  stahltrümmern  aus  dem 
häufen  genommen,  unter  dem  hammern  in  eine  . . .  schiene 
zusammen  und  ausgeschmiedet.  Krünitz  168,  645,  *.  auch 
s.  661. 

STAHLUMGLÄNZT,  adj.: 

seht!   steigt  dort,  über  jenes  bcrges  rücken, 
ein  haupt  nicht,  ein  bewaffnetes,  empor?  .  .  . 
die  schultern  auch,  die  arme,  stahlumglänzt? 

Kleist  8, 15  E.  Schmidt  {Penth.  31. 

STAHLUMRANDUNG,/.:  es  war ...  an  einem  kleineren 
tisch  gedeckt,  dicht  an  dem  hohen  syenitkamin,  zwischen 
dessen  blanker  stahlumrandung  ein  leichtes  feuer  glimmte. 
daheim  31,  83''. 

STÄHLUNG,  /. :  Stillung,  die,  et  das  stälcn,  induratio, 
propr.  fern,  et  metaph.  animi.  Stieler  2117;  stählung, 
stälung,  /.  duramento,  tempra  eon  acciaio  etc.  Kramer 
dict.  2,903";  nichts  lassen  zu  hart  sein,  das  nit  erweicht 
möge  werden,  nichts  so  weich,  das  nit  stähelung  anneme. 

PaRACELSUS  ^1589^  2  21 

STAHLVERGOLDÜNG  ,  /.  Vergoldung  des  atahla  oder 
atich  des  ei.iens,  s.  Krünitz  168,781 — 4. 

STAHLWAFFE,  /.  iraffe  von  afahl.  Campe:  eine  leib- 
wache  mit  hundertjährigen  guten  stnhiwafTen.  Keller 
7,  244;  im  jähre  1214  verbot  herzog  Otto  von  Haiern  in 
seinem  landfriedon  den  bauern,  hrünne,  eisenhul  oder 
halsbcrgo,  lateinische  messer  oder  andere  stnlilwafTen  in 
ihrem  dorfo  zu  tragen.  Freytao  in  {bilder  i,  i),  k. 

STAHLWALZE,  /. ,  z.  b.  zur  prügung  t'on  mün:rn. 
a.  LuBciiiN  v.  Eiienoreutii  allgem.  mümhinde  (loor  • 

STAHLWARE,/,   atia  stahl   hergestellte  oder  tri 
wäre.  Campr:  Abgänge  von  stnhlwanron.  Krünitz  16.h,  üii ; 
was  nun  die  stahlfabrikon  und  stahlwaarenfnbrikcn, 
in  bcziehung  auf  den  hnndel  mit  dorn  gewonnenen  slahle 


585 


STAHLWASSER— STAHLZEIN 


STAHLZ  EUG — STAKEN 


586 


und  den  stahlwaaren  angeht,  so  rivalisiren  jetzt  die 
deutschen  stahlfabriken  mit  den  engländischen ;  denn 
auch  in  Deutschland  wird  jetzt  sehr  guter  stahl  fabrizirt, 
und  daraus  die  verschiedenartigsten  stahlwaaren,  sowohl 
Werkzeuge  und  geräthschaften,  als  auch  galanterie-  und 
modeartikel.  GG6;  auch  in  .  . .  Scheffield  wird  die  stahl- 
und  stahlwaaren-fabrikation  stark  betrieben.  677; 
nun  ist  auch  ihr  vater  angekommen  . . .  aus  Amerika; 
er  besitzt  dort  eine  grosze  stahlwaarenfabrik.  Mosen 
7,  427. 

STAHLWASSER,  n.  tcasser,  das  eisensalze  enthält,  aqua 
inartialis;  fheils  natürliches  mineralicasser  {vgl.  stahlquelle, 
-Sauerbrunnen),  theils  künstlich  hergestellt.  Adelung.  Kar- 
marsch-Heeren^  10,411.  KrOnitz  169,  1 — 153.  Fehling 
handwb.  der  chemie  6, 1043  (an  eisencarhonat  reiche  Säuer- 
linge, z.  b.  von  Pyrmont,  Spaa):  das  wyb  mag  sich  ouch  . . . 
bedämpffen  in  volgenden  krüteren  mit  rägenwasser  oder 
Stachelwasser  gesotten.  Jag.  Rüff  trostbüchle  (1569)  97''; 
zu  dem  durst  hab  ich  jnen  merteils  verordnen  lassen 
stahelwasser  mit  küttinen,  granatöpffel ,  Sant  Johans 
trüblin  und  surampfferen  safft  gemengt.  117*;  jr  tranck 
sol  syn  stahelwasser  mit  dem  syrupen  de  granatis  ver- 
mischt, iig*»;  stahel  wassers  gebrauch,  darinnen  ein 
glüender  stahel  abgelöscht  worden  ist,  aqtia  chalybata  oder 
aqua  extinctionis  chalybis  candentis.  Wirsung  artzneyb. 
im  reg.  (im  text  dafür  gestähletes  wasser,  vgl.  stählen,  verb. 
2,  d).  auch  im  plur.  stahlwässer,  chalybopegae.  —  dazu 
stahlwasserbäder,  balnea  martiales  (!).  Krünitz 
169,  153/.  (vgl.  stahlbad);  stahlwasserkur,  /.  154  (vgl. 
stahlkur) ;  stahlwasserquelle,/.  154/  (vgl.  stahlquelle). 

STAHLWEGKE,  m.  stählerner  keil: 

so  solt  der  smid  .  .  . 
an  wagen  isen  stahel  leggen, 

znom  aller  minsten  dri  weggen  (var. :  stahel weggen). 
des  teuf  eis  netz  10783. 

STAHL  WEG,  m.,  vereinzelt  (und  iingut)  für  eisenbahn: 
(der)  beobachter,  der  den  neuen  stahlweg  über  die  Wasser- 
scheide der  beiden  gröszten  deutschen  ströme  beschreitet. 
Didaskalia  vom  18.  nov.  1873. 

STAHL  WEIN,  m.  'ein  eisenhaltiger  wein,  durch  digestion 
von  einem  saueren  weiszwein,  z.  b.  Bheinicein,  mit  dünnem 
eisendraht  erhalten'.  Karmarsch-Heeren^8,444;  'lösuvgen 
von  citronsaurem  eisen  oder  äpfelsaurem  eisenextract  im 
Malaga-,  Xeres-,  edlem  tveiszwein  oder  in  Chinawein.'  Eulen- 
burg realencycl.  der ges.  heilk.  6,  28. 

STAHLWEINSTEIN,  m.  eisenweinstein,  weinsaures  eisen- 
oxydulkali ,  tartarus  chalybeatus  s.  martialis,  vgl.  auch 
stahlkugel  2.  Campe.  Krünitz  169,  155.  Karmarsch- 
Heeren^  8,  444. 

STAHLWERK,  n.  l)  aus  stahl  verfertigtes  werk;  so  mhd. 
stahel-,  stälwerc  Stahlrüstung.  Lexer  handivb.  2,  1129/; 
lorica  e  chalybe  facta.  Scherz-Oberlin  1552.  nhd.  stalil- 
werck,  n.  opere  fatte  di  acciaio.  Kramer  dict.  2,903"=; 
'allerlei  stahl  und  arbeiten  von  stahl;  als  sammelicort,  ohne 
mehrzahl.'  Campe  (i). 

2)  'eine  werkstätte,  wo  stahl  bearbeitet  wird.'  Campe  (3), 
hüttentcerk:  die  Inhaber  der  Stahlwerke  und  «stahlfabriken 
wurden  fast  alle  reich.  Krünitz  168,  667;  Übersicht  der 
Siegenschen  Stahlwerke.  670;  wir  denken  an  menschen 
wie  sie  und  ich ,  ...  die  keine  aktien  von  Stahlwerken 
haben  und  nicht  stille  teilhaber  einer  Waggonfabrik  sind. 
Naumann-JmcA  67. 

STAHLWESEN,  n. ;  ferner,  so  verschwindet  allmählig 
das  Stahlwesen,  wenn  man  den  stahl  ohne  einen  zusatz 
von  verbrennlichem  wesen  öfters  in  gefäszen  umschmilzt. 

JaCOBSSON   4,  248''. 

STAHLWOLLE,  /  'ist  ein  den  stahlspänen  ähnliches, 
ebenfalls  fabrikmäszig  . . .  hergestelltes  produkt  in  langen 
fäden  verschiedener  breite  . . ,  ursprünglich  nur  als  abfall- 
produkt  der  bei  den  webereimaschinen  benutzten  stahlbüitter 
bekannt,  und  bildet  ein  seit  kurzer  zeit  eingeführtes,  v(yr- 
zügliches  Schleifmaterial  für  holz,  färben  und  lackanstriche' . 
LUEGER  7,  473. 

STAHLZAPFEN,  m.  -.  ein  stahlzapfen  wurde  in  die  scheibe 
(der  drehbank)  gespannt,  derriemen  übersetzt,  und  blinkend 
surrte  der  zapfen.  H.  Hessf,  unterm  rad  265. 

•STAHLZEIN,  «i.,  s.  Lexer  «iM.  w6.  2, 1130.  Boeheim 
miffenk.  128. 


STAHLZEUG,  n.,  zusammenfassend  für  allerlei  stuhl- 
waren :        sechshundert  neger  tauschte  ich  ein  .  .  . 
ich  hab'  zum  tausche  branntewein, 
glasperlen  und  stahlzeug  gegeben. 

Heine  2, 117  Elster  {das  tidavensehiff  1). 

STAHLZIEHEN,  n.  'nennt  man  das  aushämm,em  des  roh- 
stahls  (kölberlstahls)  unter  einem  kleinen,  sehr  schneit  gehen- 
den hammer  (dem  stahlziehhammer,  ziehhammer)'. 
Scheuchenstuel  231/ 

STAHN,  verb.,  s.  stehn. 

STÄHNEN,  verb. .-  denckt  einmahl,  dasz  unser  nachbar 
der  Schreiner  wol  den  gantzen  tag  auff  einem  eichen 
höltzlein  stähnen  und  hobeln  musz,  um  der  armen  kost 
willen.  Cyrus  v.  Hamelstern  Biscajino  l,  234. 

STAHNSTÜCK,  n.  bei  den  englischen  stuhlmachern  'das 
mittelste  lange  stück,  icelches  die  lehne  eines  stuhls  bildet'. 
JaCOBSSON   4,  250''. 

STAHR,  m.,  wird  zuweilen  für  staar  geschrieben,  in  beiden 
bedeutungen,  s.  das.,  sp.  256 jf.  260 jf. 

STAHR,  /.,  für  ster,  stör,   hausarbeit  der  handtoerker: 

wenn  (denn)  der  kriegsleut  alter  brauch  ist, 
so  sie  einmal  in  krieg  ziehen, 
darnach  sie  all  arbeit  fliehen, 
betteln  hin  und  her  auf  der  gart, 
wie  ein  Schneider  seiner  stahr  wart 
und  liegen  den  bawem  vor  der  thfir. 

Peter  Lew  274  (Bobkrtag  narrenb.  g.  99). 

STAHR,  m.  Schafbock,  s.  stär. 

STÄHREN,  verb.,  s.  stären  und  stieren.  —  stähren  bei 
den  ziickersiedern  'das  umrühren  des  zuckers  in  den  völlig 
angefüllten  formen'.  Jacobsson  4,  250'',  vgl.  stören? 

STÄHRKE,  /.,  s.  stärke. 

STÄHRLAMM,  n.,  s.  stärlamm. 

STAHT,  m.,  ältere  gelegentliche  Schreibung  für  staat, 
vgl.  das.,  sp.  270;  auch:  doch  hat  ein  jeglicher  ein  monat 
sold,  im  staht,  oder  vom  schultheisz  von  seinem  ampt 
in  Sonderheit.  Fronsperger  kriegszb.  i  (1578),  4''. 

STAHTTANZ,  m.:  der  staht  und  schäffer-tantz.  Fle- 
ming 168,  s.  stadttanz,  sp.  504. 

STAIRER,  m..  s.  stäuber. 

STAIG,  m.,  s.  steig. 

STAKBALKEN,  m.  bodenratim,  loorin  stroh  und  heu 
aufgestakt  wird;  preuszisch.  Frischbier  2,  359''/ 

STAKBEIN,  n.  m.,  auch  stäkel-,  stäker-,  steckerbein, 
im  preusz.    l)  langes  und   dünnes  bein,   trfe  ein  stecken; 

2)  Spitzname  für  einen  langbeinigen,    hageren   menschen; 

3)  name  für  den  storch.  Frischbier  2,359'';  dazu  stäk- 
beinig,  auch  stäkel-,  stäker-,  steckerbeinig,  adj.  lang- und 
dünnbeinig.  360". 

STAKE,  7n.  f.,  s.  staken  (l,  b).      . 

STAKEISEN,  n.  breeheisen:  vectis  ferreus  ein  stack 
yszen.  Trochus  R2»;  westfäl.  stäkisen  Woeste  252''.  — 
in  Trier  spi-ichicörtlich  der  sieht  durch  ein  staken- 
eisen,  erspäht  die  verborgensten  dinge.  Wander  4,767. 

STÄKEL ,  m. ,  s.  stackel  (l).  —  preusz.  stäkel  (mit 
kurzem,  oder  langem  a)  tannen-  oder  ßchtenast,  den  man 
als  zaunstab  benutzt.  Frischbier  2,  360*,  dazu  stäkel- 
zäun  neben  staken-,  steckerzaun.  ebenda. 

STAKELN,  verb.,  vgl.  staken,  i)  'mit  einer  stake  oder 
Stange  in  kleinen  absäfzen  stoszen.'  Campe,  so  nd.  stackein 
mit  einer  stange  etxcas  in  beicegung  setzen,  das  feuer  an- 
schüren u.  s.  w.  Danneil  210». 

2)  loaldeck.  stükelen  steif  gehn.  drauf  los  schreiten. 
Bauer-Gollitz  98". 

3)  leipz.  lieratisstelten,  hervorragen.  Alb  recht  216'. 

4)  bei  Campe  auch  für  staggeln,  s.  das. 

STAPtEN,  m.  pfähl,  stange.    l)  Verwandtschaft  und  form. 

a)  eine  icestgerm.  bildung  zum  verb.  stechen,  also  etwas 
stechendes,  hervorstechendes,  ragendes  bezeichnend:  ags. 
staca  Bosworth-Toller  906''/,  mittelengl.  neiiengl.  stake, 
vgl.  SKEAT589'';  altfries.  stake  Richthofen  1044»;  mnd. 
stake  Sciiiller-LObben  4,351''/  6,270»,  mnl.  stake,  m.  f., 
jetzt  holl.  staak,  m.  •  staeck,  stipes,  baculus,  fustis,  peda- 
men,  pedamentum,  sudes,  paccillus;  statumen.  palus,  pila, 
terminurS.  Kilian,  vgl.  Franck  949/  ob  das  wort  auch 
im  nordgerm.  ursprünglich  vorhanden  war,  ist  unsicher, 
die  seltnen  isl.  toörter  stakka,  /  stumpf  Cleasby-Vig- 
FüSSON  587»  und  stjaki,  m.  594»  sind  nicht  direct  zugehörig; 
bei  altachwed.  staki,  schwed.  norio.  stake,  dän.  stage  aber 


587 


STAKEN 


STAKEN 


588 


ist  enflehnung  aus  dem  nd.  möglich,  sicher  ist  aus  dtm 
gertn.  entlehnt  die  roman.  gruppe  ital.  stacca,  span.  prov. 
estaca,  alt/ranz,  staque,  estache,  s.  Diez*  305.  vgl.  Wei- 
OAND  2, 792.  Kluge*  375». 

b)  im  detdschen  ist  stake  im  mitteMfer  auf  das  nd. 
Sprachgebiet  beschränkt,  wo  indessen  die  belege  auch  erst 
dem  14. — 15.  jahrh.  angehören.  t7i  7id.  glossaren  .-  falanga  .  . 
pranghe  vel  stake  {voc.  sax.lat.  «.1+25),  staecke  (Schuerf.n 
Theutonista  1475).  Dief.  gl.  223»;  stake,  stanghe,  pranghe. 
nov.  gl.  iGb"^;  sudes  eyn  thön-,  tunstake.  354»;  stake,  tun- 
sfake,  tuen  staek,  tuyn  staeck  off  pael  (jgemma  gemmar., 
Cöln  iSm).  gloss.  SGi*»;  palus  ...  7id.  staeck,  stake.  408''; 
paxillus . . .  eyn  staeck  mit  yser  of  cleyn  paclken  (gemniä).  — 
vereinzelt  steht  s tacke  in  der  rvillkür  der  stadt  Heiligen- 
»tad<  r.  1335:  wer  do  treit  eyne  kiilen,  eynen  stacken, 
eyne  stangen,  eyn  swert  u.  s.  w.  3,  *.  J.  Wolf  gesch.  der 
stadt  Heil.  (1800),  urk.  s.  5.  sonst  findet  sieh  in  der  M. 
schriff.fprache  stake  seit  dem  15.  jahrh.  dasz  es  aus  dem 
nd.  entlehnt  ist,  beiceist  der  mangel  der  lautcerschiehung 
und  bestätigt  das  früheste  auftauchen  in  den  denkivürdig- 
keifen  des  Hallischen  ratsmeisters  Spittendorff:  auch 
sollen  sie  kein  feuerwerck ,  weder  holtz ,  reis ,  stacken 
noch  stro  keinerley  nemen.  17I,  12  (Jan.  1476).  mit  der- 
selben Schreibung  bei  Trochus  voc.  (Leipzig  1517):  pertice 
craticie  vel  sudes  interstitiales  dy  stacken.  0  6^*.  auch 
später  ausschlieszlich  bei  norddeutschen  autoren  bezeugt. 
von  den  allgemeinen  icörterbüchern  seit  Sghottel  auf- 
genommen; stake,  m.  palus,  zaunstake.  1420;  dabei  tritt 
getcöhnlich  tcechsel  des  geschlechts  ein .-  stake,  /.  siecco,  palo. 
Kramer  dict.  2,903"=;  stake,  die,  ut  zaunstake,  palus, 
fistuca, pertica, ramusfoi-tis, columen.  Stieler 2161 ;  stake,/. 
im  niedersächsischen  am  meisten  gewöhnlich.  Frisch 
2,  315".  ebenso  bei  Campe,  dagegen  bei  Adelung  :  der  staken. 
{so  auch  bei  Heikel,  s.  2.).  die  meisten  Zeugnisse  lassen 
das  geschlecht  nicht  erkennen,  ztuceilen  begegnet  die  form 
Stacke  für  stake,  so  in  den  ältesten  hd.  belegen,  s.  oben, 
ferner  bei  Petri  («.  6)  und  Jacorsson  4,  245»;  auch  mund- 
artlich, s.  c. 

c)  mundartlich  ist  stake  nd.  allgemein  verbreitet,  s.  Richey 
285.  Strodtmann  227.  brem.  wb.  4,  982  {daneben  stakke  985). 
Schütze  4, 183.  Dähnert  456''.  Stürenburg  260''.  ten 
DoouNKAAT  KooLMAN  3, 296'',  staok'n  Danneil  209''.  das 
geschlecht  icird  nur  für  die  südwestlichen  (südhanhov.- 
westfäl.)  mundarten  ausdrücklich  als  masc.  angegeben: 
stake(n)  Schamdach  207»,  staken  Woeste  252'',  stäk''(n) 
Baler-Collitz  98».  im  preusz.  neben  einander  stäke,  /. 
und  stfi.ke(n),  m.  Frischbier  2,  360»,  dagegen  in  Liv-  und 
Estland  der  stake  Hupel  225.  (daneben  sowol  staake  loie 
Stacke.  224).  —  stake  hat  sich  aber  auch  über  die  an- 
grenzenden mitteld.  mundarten  verbreitet,  als  masc.  stäke(n) 
hess.  und  nordtJiür.  Vilmar  394.  Hertel  spraclisch.  233. 
Kleemann  21«.  Jecht  107»,  in  Köln  stoke  Honig  152»; 
Verschiebung  zeigt  7nir  das  luxemb.  stach,  /.,  plur.  stächen 
Ganoler  428.  im  süddeutschen  feldt  es  ganz;  in  Hand- 
schuhsheim dafür  stang.  Lenz  67''.  {tirol,  stöggn,  m.  stengel 
beim  kraut,  ist  jedenfalls  fernzuhalten,  a.  Hintner  230.) 

2)  die  ursprüngliciie  bedeutung  eines  spitzen,  hervor- 
stechenden  holzstückes  ist  noch  deutlich  in  der  Zusammen- 
setzung baumstake,  s.  theil  i,li9b.  sonst  bezeichnet  stake 
stets  ein  loses  holzstück,  und  zicar  ein  groszeres,  in  die  länge 
ausgedehntes,  von  geringer  oder  gröszerer  dicke,  sodasz  es 
bald  mit  stanro,  stab,  stock,  bald  mit  pfähl  synonym  ist: 
'der  staken,  .  .  ein  nur  im  niederdeutschen  übliches  icort, 
einen  langen  stock,  eine  stange  zu  bezeichnen.'  Adelung. 
diese  allgemeine  bezeichnung  herrscht  besonders  im  mnd., 
«.  SciiiLLER-LCniiF.N  4,852*:  dazu: 

van  frimme  de  man  nam  encn  staken 
und  slocb  se  ser  an  cre  baken. 

Gerhard  v  Minden  99,81  Lettzmann; 

de  dorpere  van  monpen  dorpen 

do  uppe  dat  dir  mit  stcnen  worpen, 

mit  knoppelen  nnde  mit  staken.    71,  89  Heelmann; 

icke  dencke  so  wolde  woer  en  btacken  halen  un  my  den 
rOf^e  metcn.  nd.  hauernkomM.  «.281.  »ie  ist  auch  im  nhd. 
noch  üblicli:  auf  einem  anderen  (floss)  ist  ein  feuer  an 
gemacht,  und  Über  dem  fcuer,  an  einem  staken  befestigt, 
bangt  ein  kochtopf.  Hf.iihri.  lo,  86  Werner;  fürj)fahl:  der 
tote  bflwwiobt  jedoch  warde  ton  recht   gebracht  . . . 


daselbst  wurde  ihm  der  köpf  abgehauen  und  auf  den 
staken  gesetzt.  Freytag  19  (fttWer  2,  2),  216.  in  idiotiken 
wird  stake  mit  stange,  stock  erkläi-t  Richey  285.  brem. 
»pft.  4, 982.  Schütze  4, 183.  Danneil  209''  {'eine  lange  und 
verhültnismäszig  dünne  stange").  Gangler  428,  mit  pfähl 
Woeste  252''.  Bauer-Collitz  98».  Hertel  sprachsch.  233. 
Ki.EEMANN  21'.  beides  geben  Dähnert  456''  {'langer  stecken, 
pfald,  Stange").  Stürenburg  260''.  ten  Doornkaat  Kool- 
MAN3,  296^  Scham  BACH  207».  Frischbier  2,860»  ('*fecA-en, 
Stab,  stange,  dünner  pfähl,  zaunpfahl,  gespaltenes  holz- 
scheit,  pflock").  Vilmar  394  {'knüttd,  prügel,  stange,  pfähl"), 
soioie  Campe,  atich  im  osnabrückischeii  gilt  stake  sowol 
für  stange,  wie  von  dickerem  holze,  2.  b.  sparr-staken, 
sparre.  Strodtmann  227.  im  bremiscJien  steht  stakke 
'kleiner  zugespitzter  pfähl',  brem.  wb.  4,  985,  neben  gewöhn- 
lichem stake  'langer  stock,  stang t'  982. 

3)  jetzt  ist  stake  zumeist  in  gewissen  spezielleren  ge 
brauchsiveisen  üblich. 

a)  stake  ...  in  den  gärten,  adininiculum,  äste,  pfähle, 
stecken,  stangen,  die  man  zu  den  gewachsen  steckt,  dasz 
sie  daran  in  die  höhe  wachsen,  als  erbsen-staken , 
rami,  virgae,  baculi.  Frisch  2,  315°  {vgl.  Hupel  22G). 
bohnen-staken  oder  stangen,  perticae  ad  erigendasfabas. 
ebenda  {vgl.  luxemb.  bone'  stach  Gangler  428).  hopfen- 
staken,  für  hopfen  stangen ,  hat  Christian  Schulze  in 
der  Gardelegischen  chron.  p.  138.  perticae  lupuli  admini 
cula.  ebenda,  vgl.  Hupel  226.  boonen-,  lioppenstake  sind 
auch  in  nd.  mundarten  verbreitet,  s.  Richey  285.  brem. 
wb.  4, 982.  Schütze  4, 183.  Danneil  209''.  {ostfries.  bonen- 
stake  Stürenburg  260''.) 

b)  stake,  zaun-stake,  einen  ort,  hof  oder  garten  ein- 
zuzäunen, sudes,  fustis,  paocillus,  stipes.  Frisch  2,  315"', 
vgl.  zaunstaken;  so  schon  mnd.:  man  mut  ok  wol  veste- 
nen  enen  hof  mit  tünen  oder  mit  staken  oder  müren. 
Sachsensp.  3,66,  §3,  vgl.  Haltaus  1727;  hihr-auf  zoli? 
er  einen  pfähl  oder  staken  aus  dem  zäune  . .  .  damit  er 
konte  hinein  kommen.  Zesen  Bosemund  s.  124  neudr. ; 
in  norddeutschen  mundarfen,  s.  brem.  tob.  4,  982.  Stüren- 
burg 260''.  TEN  Doornkaat  Koolman  3,  296''.  Scham- 
bach 207».  zeitschr.  f.  d.  wortf.  2,  332/.  {in  Quedlinburg). 
Hupel  225.  {ostfries.  auch  für  stucket.  Stürenburg  260'', 
vgl.  Stack,  ».,  2.) 

c)  stake  heist  man  auch  ein  gespaltenes  gerades  holz, 
das  man  zwischen  die  balken  der  wände  oder  decken 
der  gemacher,  oder  zwischen  die  riegel  klemmet,  und 
deszwegen  eine  falze  aushauet,  dasz  solche  scheide 
darinnen  halten,  welche  hernach  mit  leimen  und  slroli 
bewickelt  und  beworffen  werden,  schidia  et  ligna  fissa  ad 
parietem  ludo  {l.  luto)  regendum.  Frisch  2, 315*,  vgl.  Campk  ; 
beim  lehmbau,  fachwerkbau  stocke,  die  zunschen  die  fach 
balken  eingeklemmt  werden,  um  dem  lehm  halt  zu  geben, 
vgl.  Jacobsson  4,  245»  ('stacken ,  stackholz ,  das  holz  zu 
einer  bleichwand  oder  zu  einem  klebicerk").  Lue*, er  7,47.) 
und  lehmstaken,  theil  6,  546  {auch  fachstaken,  nd.  kleeni- 
stake  Dähnert  234»),  wandstaken,  windelstaken;  ostfrif.f. 
wellerslake,  stok  Stürenburg  260'».  ten  Doornkaai 
Koolman  3,  296''.  so  schon  bei  Trochus,  s.  oben  1,  b.  {nd. 
stakken  brem.  wb.  4,  985.)  —  darauf  beruht  wol  der  aus 
drtick:  80  soll  das  capittel  und  der  pastor  zusammendi» 
jederzeit  macht  haben,  ihn  und  seine  erben  mit  einem 
Schillinge  wieder  abzukündigen ,  und  er  Franz  Niehuss 
will  . .  .  schuldig  seyn,  wie  im  fUrstenthum  Lüneburg  ge- 
bräuchlich, seine  staken  abzubrechen,  und  dieselben  an 
andre  örter  zusetzen,  oder  es  sollen  ihme  und  seinoi: 
erben  die  staken  nach  hilligkeit  auf  guter  ehrlicher  leutc 
erkenntniss  vom  capittel  und  pastoren  bezahlet  werden, 
auf  welchen  fall  er  und  seine  erben  schuldig  scyn  sollen, 
wenn  ihm  die  staken  bezahlet  seyn,  den  nilchslen  Wal- 
burgis  tag  diesen  hof  zu  räumen,  urk,  von  1584  bei  Haltais 
1727  {'ut  conditorum  quoque  a  eolono  aedifieiorttm ,  antr 
quam  cedat,  prefium  a  domino  restituatur').  —  <i' 
auch:  'stacken,  kleine  runde  pfähle  :u  flaakon  oder  s. 
körben,  vHtnim  das  geaträuchr  geflochten  wird.'  jAr(>ii>» •> 
♦,  245». 

d)  eiserne  stangen  tum  fortsehielten  oder  fortsiosxen  kl- in,, 
fahneuge,  bootshaken.  Bonnmww»,  staakon,  cror«.  V. 
2,064,  stacken  Jacokrhon  4,84A»,  in  Köln  stqke  Höm    1 

{bei  Campe  ruderatange.)  | 


589 


STAKEN 


STAKEN 


590 


e)  zum  schüren  des  feuers  im  ofen : 

{weit)  auch  die  zu  schwank-  und  schwachen  staken 
der  sonst  in  solchem  fall  so  dienlich-  mit  nutz  gebrauchten 

feuer-haken, 
die  nahen  häuser  abznreissen,  uns  keine  dienste  leisten  wolten. 

Brockes  7,  490. 
so  besonders  nd.  in  der  Zusammensetzung  avenstake  brem. 
icb.  4, 982,  {neben  ovenstokk)  StOrenburg  260''.  ten  Doorn- 

KAAT  KOOLMAN    3,  296''. 

i)  itn  mnd.  steht  stake  auch  für  das  sonst  gewöhnliche 
stock,  schlieszblock  mit  zicei  löchern  zum  einlegen  der  beine 
eines  gefangenen,  auch  gefängnis  überhaupt.  Sghiller- 
LÜBBEN  4,  352.  brem.  icb.  6, 333/.:  se  .  . .  leten  dussen  Hans 
Schaper  gripen ,  unde  wart  gesät  in  der  deve  kelre  . . 
unde  leten  one  unbarmhertigen  teyn  {foltern)  in  dem 
staken,  d.  städtechron.  16,  378, 17 ;  HoUant  . . .  nam  se  alle 
gefenklick  an  . . .  unde  verde  de  vangen  in  de  staken  to 
Kalve  uppe  de  horch.  404, 12. 

5)  in  mundartlicher  rede  tcird  stake  gern  übertragen  von 
vienschen  gesagt,  {im  mansfeldischen  nur  übertragen  von 
Pferden  tmd  menschen.  Jecht  107'.)  besonders  für  ein 
'langes  frauenzimtner',  so  nordthür.  sdäken  Hertel  Sprach- 
schatz 233.  Kleemann  21",  brem.  ene  lange  stake  vam 
wive.  brem.  icb.  i,  982.  auch  ostfries.  und  preusz.  StOren- 
burg 260''  (5).  Frischbier  2,360";  ein  langer  steifer  kerl. 
Danneil  209'';  waldeck,  ein  langer  mensch,  im plur.  lange 
beine.  Bauer-Collitz  98*.  nach  ten  Doornkaat  Kool- 
man  3,  296''  einerseits  'eine  lange,  hagere  od.  steife,  stangen- 
ähnliclie  person' ,  andrerseits  'ein  steifer,  unbeholfener,  dum- 
mer mensch',    vgl.  Stacks  und  den  familiennamen  S>ta.ck.e. 

6)  redensarten,  besonders  in  nd.  mundarten:  een  hemp 
{hemd)  up'n  staken  {zum  trocknen),  een  np'n  knaken  spott- 
weise von  jemand,  der  nur  2  hemden  hat.  brem.  wb.  4,982; 
en'n  gauen  stäken  slän  fest  zuschlagen.  Schambach  207»; 
sonst  einfach  eine  gröszere  quantität  bezeichnend:  h§  fritt 
'n  goden  staokn  von  einem  starken  esser.  Danneil  210*, 
rcofür  hamb.  he  kann  eenen  gooden  staken  versetten. 
RiCHEY  285/.  (nicht  in  Osnabrück  Strodtmann  380*). 
geistig  geicendet:  en'n  stäken  in'n  koppe  hem,  groszen 
dunkel  haben.  Schambach  207*;  en'n  gräten  stäken  sinnen 
stolzen,  hochfahrenden  sinn  haben,  grosz  prahlen.  207''.  — 
unklar  ist  der  sinn  der  icendung:  buten  dem  stacken 
{auszerhalb  der  schranken  des  gerichtsf)  ist  gut  dingen. 
Petri  L6*.  vgl.  ostfries.  afer  de  stake  oder  afer  stak 
raken  vom,  rechten  icege  abkommen,  irre,  verwirrt  icerden, 
seine  besinntmg  verlieren.  TEN  Doornkaat  Koolman 
3,  296''  (2).  —  ohne  besondere  hedeutung  scheint  Stak  als 
fingierter  name  zu  stehen  in  einigen  nd.  redensarten : 
dat  's  'n  6gen  säk!  segt  Stak,  vßl  fidein  un  -wönig  geld 
dörvör.  nu  noch  6s  un  denn  nich  mier!  hett  oll  Stak 
segt,  dör  frigt  he  de  Arierte  frü.  't  will  all  sin  rök'  hebben! 
hett  oll  Stak  segt,  kinner  6r  släg'  un  'n  oll  mann  sin 
warm  berr.  (Hoefer)  icie  das  volk  spricht^  1340—2. 

7)  weitere  immdartliche  besonderheiten. 

a)  ostfries.  kleiner  schmiedeambos  mit  zwei  arm^n. 
Stürenburg  260'',  kleiner,  dünner,  langer,  nach  beiden 
enden  zugespitzter  ambos.  ten  Doornkaat  Koolman  3,296''. 

b)  zweig  einer  familie.  ebenda.  , 

c)  in  Westpreuszen  stäke,  /.  berg  von  getreidegarben  oder 
von  aufgeschütteten  kartoffeln.  Frischbier  2, 360*. 

STAKEN,  verb.  stangen  setzen,  mit  stangen  versehen,  mi 
einer  stange  stoszen.  eine  ableitung  zu  staken,  m.,  die  im 
allgemeinen  auf  das  nd.nl.  Sprachgebiet  beschränkt  ist, 
vgl.  Schiller-Lübben  4,  352''/.  Frangk  953.  {darüber 
hinaus  weist  nur  das  altn.  staka  fortstoszen,  straucheln. 
Cleasby-Vigfusson  587*,  das  sich  kaum  damit  gleichsetzen 
läszt.)  in  der  nhd.  Schriftsprache  ist  staken  seit  dem 
n.jahrh.  bezeugt,  die  Wörterbücher  haben  es  seit  Schottel, 
in  der  litteratur  findet  es  sich  ganz  vereinzelt  bei  nord- 
deutschen autoren  seit  dem  18.  jahrh.,  s.  unten,  neben  staken 
kommt  auch  stacken  vor,  so  bei  Eggers,  Zincke  und 
Jacobsso n,  s.  \,c.  mundartlich  ist  es  nd.  allgemein  ver- 
breitet ohne  abweichungen  der  lautform  (staokn  Dan  Neil 
MO»),  aber  auch  ins  nordthür.  {als  staake,  sdäke)  und  mansf. 
eingedrungen,  s.  Hertel  sprachsch.  233.  Schültze  44'». 
Jecht  io7»,  sotcie  in  die  Leipziger  Volkssprache.  Albrecht 
»15''.  lautversehiebung  zeigt  nur  das  Ituremb.  stächen  Ganq- 
LKR  428.  auffällig  ist  »iebenb.  8(ch)täken  Haltrich  48. 
Kram  er  128. 


die  bedeutungen  aind  sehr  mannigfach  und  nicht  alle 
eines  Ursprungs. 

1)  staken  setzen,  mit  staken  versehen:  staken  polare, 
paisseler.  bepfälen.  Schottel  1420;  staken,  t^.  aasstaken, 
bestaken,  \da  stecke,  jw^]  steccare,  cioe palificcare.  palizzare. 
palancare.  v.  pfälen  etc.  Kramer  dict.  2,  903"=;  staken, 
gestaket,  polare,  statuminare.  figere.  statuere.  firmare  palis, 
fistucare.  fistucis  munire.  Stieler  2161;  so  auch  mnd.  mnl. 
staken,  vgl. :  staecken,  polare,  pedare.  statuminare,  statu- 
minibtis  firmare,  pangere.  figere.  stabilire.  statuere,  sistere. 
ter minore.  Kilian.  da/ür  stacken  l)  stacken  oder  kleine 
pfähle  einstecken;  2)  mit  stacken  verseTien.  Campe,  niederd. 
stakken  brem.  tvb.  2,  986.  —  insbesondere 

a)  von  zäunen,  dämmen  u.  dergl. :  mnd.  staken,  paUis- 
saden  setzen,  vallare  {absolut,  auch  dat  were  waken,  graven, 
staken).  Schiller-Lübben  4,  352''(l);  preusz.  zäune  her- 
stellen. Frischbier  2,  360*.    vgl.  staken,  m.  3,  b. 

b)  einen  bau  staken ,  palificcare  una  fdbrica  cioe  fare 
una  palificcota  per  assodarne  il  fondamento.  Kramer 
dict.  2,  903«. 

c)  staken,  verb.  parietem  (l.  -um)  spatia  inter  trabes  lignis 
fissis  implere  et  ludo  {l.  luto)  vestire.  aasstaken,  id.  polare 
parietem  vel  laquear.  Frisch  2,315'=;  eine  wand,  eine  decke 
staken,  eine  gestakte  wand.  Campe;  staken,  stücken, 
bei7n  fachicerkbau ,  die  fächer  oder  f eider  im  gebälk  mit 
stakhölzern,  die  mit  strohlehm  umicickelt  sind,  ausfüllen. 
LUEGER  7,  473,  auch  vom  ausfüllen  mit  strohlehm.  —  so 
mnd.  (tho  stakende  und  tho  lernende.  Wismar  1538). 
Schiller-Lübben  4, 352''  (2),  jetzt  nd.  staokn  Danneil  210*; 
in  Bremen  (ene  wand)  stakken  brem.  wb.  4,  986  und  so  auch 
hd.,  s.  Eggers  2,  966.  Zincke  öeon.  lex.^  2794.  Jacobsson 
4,  245*.    vgl.  auch  staken  3,  c  und  aasstaken ,   theü  1,  981. 

d)  gewächse  mit  staken  (3,  a)  zur  stütze  versehen .-  staken, 
verb.  mit  reisig,  ästen  oder  s[t]ecken  bestecken,  als  erbsen, 
höhnen,  a.  d.  g.  baculis  out  ramis  infixis  erigere  et  erecta 
teuere.  Frisch  2,  315",  so  nd.  staken  'stangen  beystecken'. 
de  höhnen  sünd  noch  nich  gestaket.  Richey  287  (4). 
Strodtmann  380*.  brem.  wb.  4,983  (4:  tn  .Bremen  stakken; 
so  honen,  arften  stakken  986).  Schütze  4,184(4).  Dan- 
neil 210*.  HuPEL  226  giebt  nur  diese  bedeutung  an.  so 
auch  siebenb.  schtäken  {für  stecken?)  die  Weingärten  mit 
pfählen  versehen.  Kramer  126.  Haltrich  48.  daneben 
stacken  die  tceinpfähle  festmachen  und  die  schlechten  durch 
bessere  ersetzen.  97.  {dazii  Itucemb.  stächen,  'stengeln.  ramer' * 
Gangler  428,  vgl.  stacken  1.) 

2)  mit  einem  staken  arbeiten,  Jiantieren,  stoszen,  schieben, 
stochern  u.  s.  w.  Campe,  nd.  Richey  286  (1,  nicht  in  Osna- 
brück Strodtmann  380*).  brem.  tcb.  4,  983  (1).  Schütze 
4,184(1).  Frischbier  2,  360*  (1).    im  einzelnen: 

a)  garben,  heu  staken  Campe,  'mit  einer  stäkforke  die 
bündel  vom  wagen  auf  den  boden  oder  umgekehrt  reichen'. 
auf-,  abstäken  Frischbier  2,  360*;  so  schon  mnd.  körn 
mit  der  heugobel  auf-  oder  abladen  {obs.).  Schiller- 
Lübben  4,  352''  (3) ;  mit  der  heugobel  arbeiten.  Dähnert  456''. 

b)  kleinere  fahrzeuge  in  seichtem  wasser  mit  staken  (3,  d) 
oder  stangen  fortstoszen.  Goedel  etym.  tcb.  der  seemannsspr. 
458.-  um  sich  durch  rudern  und  staken  zu  retten  (de  *e 
sauver  ä  coups  d'aviron).  Bode  Montaigne  1, 110;  im  bilde: 
wer  weisz  es  nicht  aus  trauriger  erfahrung,  wie  er  in 
manchem  buche,  wo  solche  tonnen  nicht  lagen,  hat 
rudern  und  staken  müssen,  eh  er  von  den  Sandbänken 
abgekommen  ist.   Klopstock  12, 177  (=  gelehrtenrep.  141). 

c)  das  feuer  staken  schüren.  Campe,  vgl.  staken,  m.  3,  e; 
nd.  dat  füer  staken,  dazu  tostaken,  nastaken.  Richey 
287(3).  Schütze  4, 184  (3),  dat  vtier,  den  aven  staken. 
brem.  wb.  4, 988  (s).  (in  Osnabrück  dafür  stocken  Strodt- 
mann 380*.) 

d)  mit  der  stange  forschen ,  sttchen ,  nach  der  tiefe  des 
wasseis  oder  nach  etwas,  das  am  gründe  liegt:  se  staket 
darna.  dazu  upstaken  aufsuchen,  auffinden,  auftreiben: 
ick  weet  dat  book  nich  up  to  staken.  Richey  286/. 
Schütze  4, 184  {in  Osnabrück  stocken  Strodtmann  380*). 
vgl.  brem.  wb.  4,  983  (2),  absolut: 

ich  sehe  männer  mit  haken, 
zwei  sind  es  oder  drei; 
sie  fischen  und  sie  staken 
nnd  schütteln  den  köpf  dabei. 

KladderadnUch  4.  atig.  1872,  1.  beibl.  1" 
{gedieht  'Spree-reinignng'), 


591 


STAKENG  ABEL — STAKER 


STAKERN  — STAKIG 


592 


e)  90  atich  für  stochern,  nd.  stökcrn :  he  staket  in  den   i 
täncn.    RiCHEY  287  (6,   m   Osnabrück    stocken    Strodt-   j 
MANN  380«),  he  stakt  in  de  täne.  Schütze  i,  184  (6),  sikk  , 
in   de   täne  staken.   Dähnert  456»,   de  täne  oder  in  den 
tänen  staken,  brem.  tcb.  i,  983  (i);  die  zahne  staken.  Campe. 

/)  von  ähnlichen  beioegungen  mit  der  hand:  he  staket 
achter  de  ohren.  Richet  287.  Schütze  *,  184.  brem.  wb. 
4,983  (2).  flöe  staken  suchen  und  fangen,  ebenda;  de  hund 
staket  de  flöh.  Richey  287.  Schütze  4,184(5).    dazu: 

wen  se  der  junfern  schold  de  HS  aflsöken, 

sede  66,  'de  teve  verkrüpt  sick  twischen  juwe  knaken. 

ick  moet  sehn,  dat  ick  se  dar  wedder  kan  uth  staken  . 

Lauremberg  schcrtzped.  2, 164. 

vgl.  auch:  saep  em  eyn  maul  (mal)  slocke,  aver  slocke 
nen  heyicn  kraus  (keinen  ganzen  h-ug)  tau,  isser  doisse  (!) 
im  balge,  wy  schollent  mit  dem  goen  drunke  daur  wol 
uth  estacken.  nd.  bauemkomöd.  s.  23. 

g)  al^  eine  von  d  ausgehende  freiere  gebrauchsweise  läszi 
sich  fassen  das  nd.  na  ene  sake  staken  oder  agter  ene 
sake  her  staken  hinter  etwas  her  sein,  sich  mühe  um,  etwas 
geben,  brem.  wb.  4,  983  (2),  s.  auch  Frischbier  2, 362*'. 

h)  unsicher  ist  die  Zugehörigkeit  bei  der  nd.  bedeutung 
'jagen,  bannen,  quasi  baculo  autpertica  abigere'.  ick  will 
dy  staken,  dir  beiiie  tnadien.  Richey  287.  Schütze  4, 184  (5). 
(in  Osnabrück  stocken  Strodtmann  380».) 

3)  andre  bedeutungen,  bei  denen  die  beziehung  zum  suhst. 
staken  deutlich  ist,  begegnen  im  mnd.,  nämlich:  a)  mit 
einem  staken  schlagen;  b)  ins  gefängnis  {s.  staken  4)  werfen. 

ScHILLER-LObBEN   4,352V-  (*•  5). 

4)  staken  bezeichnet  in  nd.  und  mitteld.  mundarten  eine 
art  des  gehens :  meldenb.  mit  groszen  schritten  einJi€7-gehen, 
rasch  vorwärtsgelien.  M  i  86*,  ebenso  waldeck,  lange  schritte 
matJien,  dagegen  bei  Woeste  einfach  mit  'gehen'  erklärt: 
op  de  kammer  tau  gestaket.  252^;  mansfdd.  herumstäken 
ohne  eigentliche  beschäftigtmg  herumschlendern,  Jecht  107"; 
t'ji  Leipzig  'einherschreiten' .  Albrecht  215''.  auch  in  der 
Schriftsprache:  dann  stopfte  sie  den  kater  wieder  in  das 
bettbühr  . . .  und  stakte  zur  thür  hinaus.  Storm  7,165; 
'gute  fahrtl'  sagte  er  .  . .  und  stakte  davon.  Frenssen 
HiUigenlei  124;  seitlich  vor  ihm  stakte  der  alte  unermüdlich 
hin  und  her.  173.  dieser  gebrauch  ist  wol  auf  staken,  m.  5 
zu  bezielien  und  meint  den  steifen,  weit  ausschreitenden 
gang  eines  langbeinigen  menschen. 

b)  weitere  verwendtingen  gehen  dagegen  nicht  auf  das 
subst.  staken  zurück,  wenn  sie  auch  wurzelverwandt  sind. 

a)  dem  nl.  eigenthümlich  ist  die  bedeutung  'hemmen, 
aufhören  machen,  einhält  thun;  auf  hären,  etwas  einstellen'. 
so  rnnl.  und  hoU.:  staecken  het  werck,  opus  sistere,  de- 
»istere  ab  opere,  desistere  operari.  Kilian  (s.  auch  oben). 
sie  ist  auch  ins  ostfries.  eingedrungen,  s.  ten  Doornkaat 
KooLMAN  8,  296''/'  dieser  gieht  als  nl.  grundbedeutung  an 
'mittelst  eingeschlagener  pfähle  aufhalten'  (also  zunächst 
vom  sperren  eines  wasserlaufs),  dagegen  stellt  Franck  953 
dieses  staken  zum  adj.  stack  (s.  d.  2). 

b)  mnd.  sik  staken  vom  pferde,  sich  etwas  in  den  fusz 
treten.  Schiller-Lü eben  4, 863',  ist  direct  zum  verb  stechen 
gebildet. 

c)  ebenso  wol  das  nordthür.  staken  (sdftke)  hervorragen. 
Hertel  sprachsch.  288.  Schultze  44*. 

d)  staken,  stammeln.  Stieler  2224,  s.  staggeln. 

e)  preusz.  getreide,  kartoffeln  in  staken  (*.  d.  7,  c)  bringen, 
aufschichten.  Frischbier  2,860*. 

/)  siebenbürg.  schtäken  bedeutet  ferner  'stürzen,  nieder- 
sinken'. Haltrich  48*;  'fallen;  sterben,  vom  rindvieh.^ 
Kramer  i26. 

STAKENGABEL,/.,  vgl.  stakforke:  einst  erzürnte  er 
sich  über  mich ;  er  stand  im  stall ,  ...  da  erwischte  er 
die  stakengabel  und  schosz  die  nach  mir.  Freytao 
19  (bilder  2,  2),  205. 

STAKENWERK, n..-  staket,  stakenwerk.  Litdwio  tetitsch- 
engl.  lex.  (17J6)  182»,  *.  Weioand  «,  790.    vgl.  stakwerk. 

STAKENZAIIN,  m.  sepes  palata.  Fribch  2,816";  ein  aus 
*X»ktii  (fi,  b)  zuaammengtaettter  taun.  Campe.  Friscuuikr 
t,  160*;    stackenzaan,   lattemaun.   Popowitsch  8tt. 

JacOBSSON  7,418*'. 

STAKER,  m.,  nominalbildung  zum  vtirh  staken,  $chon 
mnd.  (*.!,«),  be»onder$  in  nd.  mundarten,  doch  auch 
»Mensek.    tutteiUn  mit  umlaut,  t.  s,  a.  d. 


1)  einer  der  stakt. 

a)  der  getreide  mit  der  heugabel  auf-  oder  ablädt,  s.  staken 
2,  a;  so  mnd.  staker  (in  Wismarer  urk.  v.  1426  und  I50l), 
auch  kornstaker.  Schiller-Lübben  4, 358*;  nettnrf.  der  mit 
der  Stange  oder  heugabel  arbeitet,  bre^n.  wb.  4,  984.  Dähnert 
456*.  Frischbier  2,  360''. 

b)  bauarbeiter,  der  die  fachwerkwände  und  decken  mit 
lehmumwickelten  staken  (3,  c)  ausfüllt,  kleber,  klebemeister, 
vgl.  staken,  verb.  l,c.  jetzt  getcöhnlich  si&&k  er  geschrieben: 
am  3.  märz  fand  eine  öffentliche  Versammlung  der  staaker 
statt,  welche  die  gründung  eines  fachvereins  beschlosz. 
dazu:  staaker -arbeit,/.;  so  wird  von  behörden  die  aus- 
fülirung  der  erd-,  maurer-  und  staaker-arbeiten  an  einem 
bau  atisgeschrieben,  s.  zeitschr.  f.  d.  xcortf.  5,  298.  die  altern 
Wörterbücher  geben  dagegen  die  form  stacker,  s.  Eggers 

2,  966.   ZiNCKE   ÖCOn.  lex.^  2794.   JaCOBSSON   7,  418*. 

c)  staker,  Stammler  Stieler  2224,  s.  staggeler. 

d)  vgl.  auch  stacker  2. 

2)  Werkzeug  zum  staken. 

0)  schUs.  stacker  stock,  stange.  Wein  hold  93*. 

b)  nd.  zum  stochern :  tän(e)staker  Zahnstocher,  brem.  wb. 
4, 985.  dähnert  456*.  Frischbier  2, 360*;  vgl.  staken  2,  e. 

c)  'bei  den  gelbgieszem,  eine  eiserne  zugespitzte  stange, 
womit  die  kohlen  um  den  tiegel  beim  schmelzen  der  metalle 
gehörig  gelegt  und  lierangestoszen  werden.'  Campe  (2),  also 
zu  staken  2,  c.    bei  Krünitz  167,  641  stack  er. 

d)  altmärk.  stäökr  für  reute(f),  stab  mit  eiserner  spitze 
zum  abstreichen  der  erde  von  der pflugschaar .  Danneil  210*. 

STAKERN,  verb.,  iteraüvbildung  zu  staken  in  nd.  mund- 
arten, auch  schles.,  hier  auch  mit  umlaut :  stäkern,  staekern 
Weinhold  93",  so  auch  mekUnb.  stäkern  Mi  86*  (neben 
stackern  85*),  altmärk.  stäökern  Danneil  210*.  daneben 
stackern,  s.  das. 

1)  stochern  Campe.  6rem.»c&.  4,985.  Dähnert  456*.  Mi  86*. 
Schemionek  38,  stochern  mit  stab  oder  stange.  uin  etioas 
aufzusuchen.  Weinhold  93»;  vgl.: 

88  (die  Icinder)  staekern  mite  durch's  ganze  haus 
und  prtillen  am  laut'sten :  gemülle  'raus ! 

HoLTEi  «cWe«.  ged.  (1858)  143, 

dazu  im  gloss.  zur  l.  ausg.  (1830):  stäkem  'mit  einem  stock, 
auch  mit  dem  finget  nach  etw.  suchen',  preusz.  stochernd 
suchen,  stochernd  nach  einet  sache  langen,  gleichviel  ob  mit 
oder  ohne  stäken.  Frischbier  2,360*;  atich  übertragen: 
etwas  zu  erreichen  suchen:  danach  hab'  ich  lang  gest&kerl. 
ebenda,  wonach  trachten  Schemionek  88.  im  altmärk.  ist 
stäökern  von  staokeln  (*.  stakein  l)  u>enig  verschieden,  in 
der  reget  so,  dasz  das  xverkzeug,  dessen  man  sich  bedient, 
kleiner  oder  kürzer  und  die  beuregungen  häufiger  sind. 
Danneil  210».  —  tra7is.  brem.  up  stakern  aufhetzen,  brem. 
wb.  4,  985,  vgl.  stackern  l. 

2)  'mit  langen,  dürren  beinen,  als  at^ Stangen  oder  stelzen, 
einher  treten,  he  kumt  an  stakern :  er  kommt  mit  seineu 
langen  beinen  an  gestolpert.'  brem.  wb.  4, 985 ;  danach  Campe. 
tneklenb.  in  diesem  sinne  stackern  (s.  das.)  und  stäkern : 
hei  stäkert  so,  er  geht  so  steif  einlier.  Ml  86*. 

STAKET,  n.  (und  Zusammensetzungen),  8.  stacket 

STAKFORKE,  /.  Iieugabd,  womit  man  heu  oder  kom  in 
die  höhe  reicht,  vgl.  staken  2,a;  nd.  wort  Frischbier  »,80o'', 
stakefork  Dähnert  466*,  auch  ins  hd.  übernommen .-  (der 
gutsherr)  gab  dem  widerspenstigen  einen  schlag  mit  dor 
reitpeitschc.  hierüber  aufgebracht,  ging  der  junge  mensoli 
. . .  dem  gutsherrn  mit  einer  stakforke  zu  leibe.  Frank/, 
journ.  vom  S.juli  1872,  1.  beil.  I*;  der  .  .  .  junge  mann  .  .  . 
wollte  abermals  mit  einer  stakforke  bewaffnet  ...  /.u 
seinem  verhafteten  vater  dringen,  ebenda. 

STAKHOLZ,  n.  holz  tu  staken  (3,  c,  vgl.  das  verb.  l,c). 
Campe,  als  slackholt  schon  in  einer  mnd.  Urkunde  v.  1465, 
s.  Schiller-Lübben  4,858*.  auch  im  hd.  ülx-rwiegt  die 
Schreibung  staokholz:  das  holtz,  welches  auf  nur  be- 
schriebene art  zugerichtet  worden,  nennet  man  Btjick- 
holtz,  80  da  meist  nur  ein  weiches,  aber  wohl  ansgetrook- 
netos  holtz  seyn  musz.  Zinckr  bcon.  lex.*  1794,  dienso 
Egüers  9,  9C6,  vgl.  atteh  Jacoiibson  4,  846*;  sein  handel 
mit  allem,  was  Icute  brauchen  können,  mit  bauholr.  und 
stackholz  und  kohlen  und  sand  . . .  gebt  gut.  Frknsskn 
Jörn  Uhl  ».  691. 

STAKIO,  a^.,  nd.  teort,  altmärk.  staokig  'hoch  attf- 
guckonm,  wm  mentchm  %mi  g/Umten;  biUUieh:  unbe- 


593 


STAKNETZ— STALAGMIT 


STALAKTIT—  STALL 


594 


holfen'.  Danneil  zio«,  stäkig  'wie  ein  pfähl,  steif,  un- 
beholfen'. Schambach  so?*»,  iraldeck.  stäk(e)ch  Bauer- 
COLLITZ  99».  in  der  hd.  litteratur,  gexcöhnlich  von  menschen : 
den  beschlnsz  machten  ein  stfikig  aufgeschossenes  mäd- 
chen  und  ein  zehnjähriger  knabe.  Storm  5,92;  femer: 
einen  zettel . . ,  worauf  einige  tacte  aus  einem  Mozartschen 
ave  verum  in  etwas  stakigen  noten  hingeschrieben  waren. 
4, 172 ;  wenn  ihre  {des  sehiffes)  ricken  stakig  und  dürr  . . . 
in  die  luft  starrten.  Frenssen  HiUigenlei  167  {vgl.  unter 
stagnothblock). 

STAKNETZ,  n.  'netz,  von  gleicher  einteilung  und  ein- 
richtung  icie  das  treibnetz,  nur  mit  engeren  maschen.  . .  . 
die  stäknetze  werden  wie  die  kaulbarschnetze  vermittelst 
Stangen,  stäken,  pricken,  in  gerader  linie  auf  einer  he- 
stimmten  stelle  festgesetzt  und  bleiben  sodann  mehrere  tage 
stehen,  bevor  sie  aufgezogen  und  gelichtet  werden'.  Frisch- 
RiER  2,  360''/-  nind.  stakenet  schon  in  einer  lat.  urk.  v.  1309, 
.<?.  ScHiLLER-LÜBBEN  4,353».  ausführlich  beschrieben  als 
staaknetz ,  klebenetz  bei  Jacobsson  7,  416''/- .  daneben 
stacknetz,  s.  419».  Krönitz  167,642:  das  stacknetz  wird 
aus  flachsen  gam  geknittet,  ist  etwa  20  klafter  lang  und 
1  klafter  tief,  es  bestehet  aus  drey  wänden,  von  welchen 
die  beyden  äuszem  sehr  weite  maschen,  fast  eine  spanne 
im  quadrat  haben,  die  mittlere  wand  aber  hat  dichte 
maschen  einen  halben  zoll  im  Viereck  u.  s.  w.  Fr.  S.  Bock 
jiaturgesch.  v.  Preuszen  4,  722. 

STAKS,  s.  Stacks. 

STAKTE,  /.,  s.  stacten,  sp.  415.  vgl.  noch  Schenkel 
bibellex.  5,  379.    Riehm  handicb.  des  bibl.  altert.  1046». 

STAKTEICH ,  m. ,  für  stackdeich ,  a.  das. .-  stak-teiche, 
aggeres  continuis  trabibtis  contextis  in  fronte  muniti,  see- 
teiche  die  vomen  gegen  den  anlauf  des  see-wassers  mit 
holzwerk  verwahrt.  Frisch  2, 315'. 

STAKWERK ,  n. ,  zusammenfassender  ausdruck  für  die 
staken  (3, c)  beim  lehmbau:  dazwischen  fanden  sich  brocken 
von  gebranntem  lehm,  welche  von  dem  staakwerke  der 
wände  und  decken  herrühren.  Jacobi  Saalburg  s.  94;  ob- 
gleich das  erdreich  . .  .  sehr  trocken  ist,  waren  doch  die 
wände  mit  einem  staakwerk  zwischen  holzpfosten  ver- 
kleidet. 116;  tafel  XI  zeigt . . .  das  stücken  mit  rundhölzem, 
d.  h.  die  konstruktion  des  staakwerkes  {opus  eratitium).  222. 
(v^^.  stackwerk  und  stakenwerk.) 

STAL,  m.,  s.  stahl.  —  zum  zweiten  stahl  {sp.  553^.)  sind 
einige  belege  nachzutragen,  wodurch  das  alter  des  Wortes 
im  hd.  hinaufgerückt  wird,  probemünze  (4):  ut  . . .  de 
moneta  nostra  tredecim  solidi ...  ad  monetam  Goloniensem 
et  de  Coloniensi  moneta  tantumdem  ad  nostram  ponatur 
pro  securitate  que  dicitur  in  vulgari  stale.  mon.  Germ. 
leg.  seet.TV.  ^ot.  III,  l,  322  {statutum  de  moneta  v.  1282); 
so  han  wir  herren  .  . .  ydermans  beste  da  inne  besonnen, 
und  sin  sementlichen  eyne  muntzen  uberkomen,  von 
golde  thun  zu  slahen  in  eyme  glichen  werde,  und  uff  einen 
stalen  u.  mauere,  recessus  monetalis  dectorum  Ehenens. 
an.  1399  bei  Guden  cod.  diplom.  anecd.  (l75l)  3,  648  {wieder- 
holt 1404,  «.4,35).  taxe  (?),  einkaufsgdd  in  eine  zunft: 
anno  1401  uff  sante  Martinus  dage  do  ober  quam  das 
gancz  hantwercke  {die  schneiderzunft  zu  Mainz)  .  . .  und 
hant  eingebracht  und  haut  gesatz  dy  czunft  uff  yren  stal, 
do  dy  tzfinft^  uff  blyben  sal,  myt  namen  vor  16  phont 
heller,  wer  sy  begert  und  gantz  wil  han,  s.  Mone  zeitschr.  \ 
1R.  179.  normalgewicht  und  masz  (?  s.  stahl  4  zu  ende):  \ 
eisen  auch  unserm  ehrw.  herrn  zu  eile,  maiss,  seyhe  j 
nd  gewicht,  und  so  man  dere  sthallen  nit  hett, 
soll  man  die  zu  8.  Mattheis  suchen,  toeisth.  8, 856.  — 
8.  femer  stale. 

STAL,  m.  /.  begegnet  auch  als  bezeiehnung  eines  kirchen- 
geräts :  der  pfarrer  sagt  {zu  Ulensp.) :  ...  'so  ich  über  dem 
altar  steh  und  ward  {warte)  des  opfers,  so  stehe  du  dar- 
neben und  gib  die  stal  zu  küssen.  Murner  Ulensp. 
».  143  Lappenberg  {zus.  der  ausg.  v.  1532) ;  da  gieng  der 
Priester  wieder  in  die  kirchen  und  holt  ein  stalen,  und 
gieng  wider  zä  dem  dantz,  und  warff  dem  tüffel  den 
•tal  an  den  hals.  Pauli  schimpf  u.  ernst  s.  234  öaterley 
{nr.  383). 

STALAGAllT,  m.  icarzcTistein.  eine  art  tropf  stein,  die  sich 
am  boden  von  höhlen  ttnd  kalkhaltigem  wasser  bildet;  aus 
gr.-lat.  Stalagmites.  Campe  erg.-wb.  Oken  i,8S.  Krünitz 
169,157.  Fehling  handwb.  der  chemie  6,1043. 
X.  2. 


STALAKTIT,  m.,  auch  stalactit  geschrieben,  plur.  Sta- 
laktiten, aus  gr.-lat.  stalactites,  tropf  stein,  kalksinter. 
zapfenartige  oder  zackige  gebilde  von  mannigfachen  formen 
an  der  decke  von  höhlen  und  gestein.  die  sich  aus  herab- 
tropfendem wttsser  ansetzen.  Nehnich.  Jacobsson  7,424'». 
Campe  erg.-wb.  Oken  1,83.  Karmarsch-Heeren'  8,444. 
Fehling  handwb.  der  chemie  6,1043.  —  dazu: 

höhlen  gibt  es  am  meeresstrand, 
gewaltge  staiaktitendome. 

A.  V.  Drostk-HOlshoff  1,  73; 

Stalaktitenkalk,  m.  kalksinter,  tropf  stein.  Karmarsch- 
Heeren' 4,  610.  8,444;  Stalaktitenzacke,  m.f:  nur 
das  heimliche  düster  um  die  wurzeln  des  buschwerks 
vertiefte  sich  zur  finsteren  höhle,  aus  der  einzelne  zweige 
wie  schwarze  Stalaktitenzacken  in  das  schwimmende 
teuer  hineinragten.  Marlitt  Iteideprinzeszchem ;  stalak- 
titisch, adj.  tropfsteinartig:  stalaktitischer  schwefel. 
Jacobsson  7, 424'». 

STALDE(N),  m.  steiler  weg,  abhang ;  schweizerisches  wort, 
schon  in  Aargäuer  weisth.  des  n,.jahrh.  bezeugt,  s.  Lexer 
handwb.  2, 1131.  nachtr.  369,  und  in  personennamen  schon 
in  Baseler  Urkunden  des  13.  jahrh. :  Burcardus  dictus  ame 
Stalden  (1262),  Heinricus  dictus  an  dem  Stalten  (1275), 
H.  am  Stalden  (1293)  u.  ö.,  s.  Socin  mhd.  namenb.  392»;  dazu 
auch  Mehthildis  dicta  Stalderin  (Wumn)  1279,  s.  392».  661  ? 
noch  jetzt  mundartlich  stalden,  m.  'steHer  weg  oder  vielmehr 
das  abstraktum,  tcie  auch  ein  weg,  der  mit  muhe  oder  kunst 
an  stellen  getrieben  werden  musz,  wo  die  natur  ihn  fast 
versperrt  hatte'.  Stalder  2, 390;  stalde  im  Aargau  'häufig 
als  lokalname  für  nicht  sehr  steile  abhänge'.  Hünziker  250. 
jiame  einer  abschüssigen  strasze  am  ostende  der  stadt  Bern  .- 
wie  wenn  man  ohne  schleiftrog  im  galopp  den  Stalden 
absprengen  wolle.  Gotthelf  Uli  d.  knecht 312  Vetter  (21.  kap.  ; 
in  der  bearb.  v.  1850  dafür:  den  berg).  vgl.  femer  das 
Schweiz,  idiot. 

STALE,  m. .-  datt  die  herren  setzen  off  ordineiren  soelen 
einen  mumber  (=  muntbor,  vormund)  off  procuratoir  vnr 
sich,  den  man  gemeynligen  nennet  stale.  Wassersch- 
leben  d.  rechtsqu.  2, 203  {mittdfränk.  weisth.  der  schaffen 
V.  Maicenheim,  15.  jahrh.).  hängt  damit  zusammen  der 
famüienname  Rudpreht  Stal  ==  Rodbertus  Stale,  Hubertus 
Stal  (junior)  in  niederösterr.  urk.  um  1180 — 1220,  s.  Socin 
mhd.  namenb.  267»?  vgl.  auch:  Uolrich  von  Lutz  genant 
Stal  bei  Ulrich  v.  Richental  Const.  conc.  s.  200  Buek; 
Wilhelmus  Remundi  de  Stal.  202. 

STALL,  m.  geschlossener  räum  zum  aufenthalt  für  vieh. 
gemeingenn.  \cort,  urg.  *stallaz;  got.  unbelegt;  altn.  stallr 
unterläge,  postament;  stall;  mastblock  {daneben  stallt  altar). 
CLEASBY-ViGFüßSON  587*',  schtced.  norw.  stall,  dän.  stald; 
ags.  steall  stand,  platz,  steile,  stall.  Bosworth-Toller  913'' 
{davon  zu  scheiden  st«l,  n.  platz,  stelle,  läge.  907'»),  neuengl. 
stall,  vgl.  Skeat  590»;  altfries.  stal  stehen,  stand,  stelle, 
stall,  bestand.  Richthofen  1044».  Siebs  in  Pauls  grundr.^ 
1, 1178,  jetzt  wang.  stäl,  satl.  stal.  1379.  1384.  germ.  *stalla- 
i9t  durch  assimilation  aus  *stadla-  entstanden,  und  stellt 
sich  nahe  zu  stadel  aus  *sta|)la-  und  tceiterhin  zu  der 
basis  *staj)-  in  standan,  vgl.  stehn.  es  läszt  sich  mit  dem 
gleichbedeutenden  lat.  stabulum  aus  *stadhIo-  identifizieren, 
s.  SiEVERS  indog.  forschungen  4,  337/.  {danach  Walde  lat. 
etyrn.  wb.  346.  592.  anders  erklärt  bei  Weigand  2,  792/. 
Kluge^  375».  Fick'  3,  341.  *1,  147.  568.  J.  Grimm  gramm. 
2, 41.  57/  71.  Wächter  1580.  Prellwitz  etym.  icb.  der  gr. 
spr.^  432.)  aus  dem  deutschen  stall  stammt  die  rotnan. 
sippe  stallo,  estalo,  altfranz.  prov.  estal  stelle,  aufenthalt, 
neufranz.  6tal  kram  {s.  das  zweite  stahl ,  sp.  55Sf.) ,  ^tau 
ßeischbude,  und  fem.  it.  stalla,  span.  estala,  altport.  stala, 
stM.  wovon  weiter  it.  stallone,  franz.  dtalon  Zuchthengst. 
DiEZ*  306.  —  stall  ist  im  germ.  masc.  &-stamm,  daher  im 
plur.  altn.  stallar,  ags.  steallas,  -es,  ahd.  stallä.  auch  im 
mild,  ist  stalle  die  geteöhnliche  form : 

{der  bürger)  He;  machen  stalle, 

da;  stn  vie  mit  alle 

da  schold  bellben  naht  and  tac. 

von  d.  tiben  tlajceren  816. 

».  auch  hochz.  511  unter  2,d.    doch  daneben: 

die  stelle  miettens  nmbe  ir  guol. 

Ottb  Eraditu  1856. 
{unsicher  Walther  v.  d.  Vogelweide  25,  36.)    seit  dem 
15.  jahrh.  sieht  die  umgdauiete  form   stalle,  stelle  fest; 

38 


595 


STALL 


STALL 


596 


vgl. :  stäl  (die)  vychställ,  stabula.  Maai.er  383''.  ungewöhn- 
liche schreitv.ng :  eben  also  ist  anch  verboten  ohne  lattern 
mit  einem  liccht  in  die  steill  zu  gehen,  sfeir.  taid.  163, 1*. 
in  bair.-tirol.  qudlen  kommt  daneben  seit  dem  16.  jahrh. 
sporadisch  ein  plur.  auf  -er  vor:  ohne  scheuern  und 
steller.  Zimm.  cAron.^  2,  «4,  39;  in  städlen,  reverender 
stöUem.  tirol.  weisfh.  3,286,37  (n.jahi-h.),  s.  unten  %,c,  ß; 
das  re.  galtvich  firtershin  von  ihrigen  zeinen  . . .  abzu- 
kehren und  hinweck  zu  treiben,  und  zwar  soliches  an- 
fangs auf  die  obern  drei  stöller  aufzuschlagen.  2, 121, 7 
(vom  j.  1716) ;  das  nämlich  niemande  mit  dem  liecht  in 
die  ställer  oder  auf  die  heudillen,  ohne  selbes  in  Internen 
wohlverwahrt  zu  haben,  begeben  solle.  4,  531,13  (v.l782).  — 
sonst  begegnen  abiceichungen  der  form  kaum,  eine  atis- 
spräche  mit  gedehntem  vocal  (icie  sie  hetite  in  verschiedenen 
hd.  mundarten  bezeugt  ist)  setzt  für  das  ältere  schles. 
folgender  reim  voraus: 

er  wird  dahin  geleet  in  einen  schlechten  stall, 
damit  uns  werden  ican  des  bimmels  schöner  saal. 

Opitz  3, 195  (lobges.  auf  d.  geb.  Christi  83), 

vgl.  dazu  Wein  hold  dialektf.  *.  26, 3  U7id  22,  anm.  in 
einem  uxstfäl.  vor  1610  geschriebenen  Schauspiel  (Slenner- 
hinke)  kommt  schwache  fleanon  vor:  wen  hey  veyrig  {feurig) 
wort,  bruyt  {geht)  hey  van  stunnen  an  mitt  em  luyten 
{mäddien)  nahm  kaustallen,  nd.  bauernkomöd.  s.  41  Jelling- 
haus,  beides  ganz  isoliert.  —  die  formen  der  heutigen  hd. 
mundarten  sind:  Schweiz,  stal  {plur.  stel)  Hunziker  249, 
stall  (stall)  ToBLER  406»,  in  Basel  stal  Seiler  276'' ;  eZs.'st&l 
(^Zur. 'stal,  seltner  ' six\)  Martin-Lienhart  2,  588'';  lair. 
stäl  {plur.  stall)  SCHM.2  2,  745,  ürol.  stall  (stMler,  stfeUder) 
Schöpf  697,  stöl  (stalle)  Hintn er  230,  stall  Zingerle  52'', 
kämt,  stall  Lexer  238,  cimbr.  stal  cimbr.  wb.  235'';  in  Hand- 
schuhslieim  stal  Lenz  67,  unterfränk.  stohl  Ruckert  176. 
nettnd.  durcJitceg  sta.\l  brem.  tcb.  i,9m.  Schütze  4,185.  Däh- 

NERT457».   StOrENBURG  261».   TEN  DOORNKAAT  KOOLMAN 

3,  297'»  {plur.  stallen).  Woeste  253».  Bauer -Collitz  98». 
{überall  masc.) 

die  bedeutrtng  von  stall  war  ursprünglich  die  ein^s  all- 
gemeinen Verbalsubstantivs  zu  stehen;  doch  finden  sich  die 
meisten  dieser  mannigfachen  gebrauchsiceisen  nur  in  ein- 
zelnen germ.  mundarten,  und  nur  vereinzelte  spuren  davon 
kommen  im  nhd.  vor;  dagegen  ist  die  heutige  spezielle  be- 
deutung  in  allen  germ.  sprachen  üblich. 

1)  abstrafst,  das  stehen,  stillstehen,  so  ags.  steall  'a 
Standing  Position',  in  stalle  stonde  stehend,  s.  Bosworth- 
Toller  913»  (1,  zioeimal);  altfries.  einmal  an  stille  stalle 
in  stillstehen.  Richthofen  1644».  im  deutschen  nur  in 
einigen  verbalen  Verbindungen,  z.  th.  mit  abgeleiteter  be 
detitung. 

a)  stall  halten,  halt  machen,  vom  reiter  oder  fuhrmann 
{mit  bezug  auf  3?),  nur  im  le.  jahrh.  belegt:  als  er  stall 
zu  halten  vom  gaul  abgessen  (abgsessen?)  war.  Hedio 
Piatina  (1546)  bei  Gombert  erg.  zu  Weigand  3,  l;  uf  dem 
weg  aber  zwischen  Füesen  und  Larmos  do  verhündert 
sich  der  postillion  und  hielt  stall.  Zimm.  chron.^  3,  518,  39. 
luxemb.  stall  halen,  stall  stoön,  stand  halten,  stehen  bleiben, 
(ayirrifer,  beruht  wol  aufholl.  stal  houden.  Ganoler  429. 

b)  ahd.  stal  geban  mit  inf  {mit  zi  oder  im  gen),  eticas 
einstellen,  womit  aufhören,  begegnet  häufig  in  glossen  und 
ztceimal  bei  Otfrid:  stal  kepan,  cessare;  stal  kipit,  cessavit; 
stal  gabi,  deaiiaset;  stal  gip,  absiste  u.a.,  «.  Grapp  6,  675; 

ni  gab  si  thoh  abar  al     io  thes  raatTennes  stal. 

OTFRin  3,  11,  20; 
aflr  gab  stal,  tbaz  ist  naär,     mSr  si  rinnanne  tbAr 
bmnno  thes  bluates.    14,  27. 

c)  hierher  gehören  vielleicht  auch  einigt  redensarten  in 
nd.  mundarten:  ditm.  de  ko  hat  enen  langen  stall,  hat 
lange  vor  dem  kalben  die  milch  verloren,  brem.  wb.  6,  884. 
unklar  igt  da$  toestf.  ne  hochtld  oppen  stall  sl&n,  dauen, 
nicht  begucken.  Wof.str  2.V5». 

«)  in  der  regel  bezeichnet  stall  den  ort,  wo  jemand  oder 
ettetu  Heht;  in  der  altern  «praehe  nUt  mannigfachen,  theil- 
weist  nur  vereintdi  vorkommenden  bedeutungen. 

a)  allgemein,  heu»,  platt,  diese  bedeutung  i»t  beaondera 
Mm  ag$.  steall  verbreitet,  vereinzelt  auch  bei  frie».  stal. 
vgl.  auch  Wachtkr  i.'rftn.  im  deutarhen  sehr  selten,  so  von 
der  Staudart  der  sehachfiguren  !>ei  Heinh.  v.  BbRINOKN 
{um  1800): 


der  steine  sfal  und  ire  var.  260; 
der  vicrde  vende  üf  dem  spil  .  .  . 
hat  vor  dem  kanige  sinen  stal.    6260. 

im  tiJid.  ist  dafür  stelle  eingetreten,  s.  das. 

b)  daran  schlieszt  sich  eine  freiere  Verwendung  ent- 
sprechend dem  heutigen  stelle,  statt,  locus,  vices,  die  sovcol 
im  ags.  wie  im  ahd.  und  frühmhd.  üblich  ist,  vgl.  Grisim 
gramm.  8,268  und  Adelung  (2,1):  in  Herodes(es)  stalle, 
stal,  pro  Herode;  in  minan  stal,  vieem;  in  stnan  stal, 
pro  se;  in  dero  stal,  pro  ea,  s.  Graff  6,675;  besonders  bei 
NoTKER :  dag  sprichet  der  propheta  in  persona  martyrum 
(in  dero  marterero  stal).  ps.  9, 14;  diön  sprichet  er  nu  zun 
ex  persona  fidelium  (in  den  stal  dero  gelobigon).  10, 1 ; 
dag  chit  unser  höubet  in  unseren  stal.  17,  22;  din  hant . . 
fersu&nta  andere  didte  unde  in  iro  stal  flanzotost  du  si^. 
43,3,  8.  ferner  17,40.  78,1.  89,7.  108,1; 

do  er  es  alleg  ersach,      unsir  herre  im  zu  sprach 
'dilzzes  soll  du  phlegen  ubir  al      mennisch  in  mtnem  stal'. 
genes.  8, 12  Diemcr  (=  /undgr.  2,  15,  42). 

wenn  zu  der  stelle:  und  rait  der  Püttrich  auf  ain  mal 
gen  München  in  hertzog  Hansen  stat,  des  diener  er  auch 
was.  d.  städtechron.  5,  48, 10  eine  handschr.  die  lesart  stall 
bietet,  so  ist  kaum  an  ein  fortleben  dieser  alten  bedeutung 
zu  denken. 

e)  mit  beziehung  auf  die  räumliche  ausdehnung.  platz, 
räum  für  jemand: 

es  liegt  ein  hoohes  land  in  Amphitritens  armen,  .  .  . 
das  land  heist,  wie  es  liegt  CHohelandt'),  .  .  . 
kalt,  felsicht,  drukken,  leer,  wild,  doch  ohn  alles  wild, 
kaum  dreyer  fischer  stall.    Fleming  82. 

d)  im  mhd.  bezeichnet  stal  zuweilen  einen  menschlichen 
xoohnraum,  so:  {Elisabeth  konnte  zu  Eisenach  keine  her- 
berge  finden,) 

des  muste  si  nu  gaben 
wider  in  ir  engen  stal. 

Elts.  5003  (=  kamere  4966.  4973); 
die  betten  sich  versloffen 
in  die  stelle  ab  den  wegen. 

Ottokar  reimchron.  62470  {nach  dem 
dann  auch  freier :  Glossar  -?) ; 

da  mite  mugen  die  riehen  alle 
chomen  in  aie  @wigen  [stajlle. 

hochz.  511  (Karajan  gprachdenkvi.  80, 14); 

der  enge  stal  für  das  grab: 

von  Schweiz  ain  grosze  zai 
die  hat  der  Franzos  triben 
in  ainen  engen  stal. 

Uhland  volksl.^  «.  867  (178, 15  vom  j.  1515 

=  LiLIENCRON  hist.  VOlksl.  3,  S.  173). 

ähnliche  Wendungen  gebraucht  Luther  für  die  weit:  denn 
wenn  die  weit  from  were,  so  dörfften  wir  keines  keisers.  .  . 
dieweil  sie  aber  ein  stall  voller  böser  hüben  ist,  so  mus 
man  gesetze  und  oberkeit  haben.  8,  434'';  das  ist  aber  eine 
grosse  und  schöne  ehre,  die  got  der  weit  zueygnet,  nem- 
lich  das  sie  ein  stall  vol  ehebrecher  und  ehebrecherinnen 
ist.  16,  510,  28  Weim.  ausg.;  denn  die  weit  ist  nichts  anders 
denn  ein  stall  vol  böser  hüben.  20,553,12.  doch  ist  hier 
vielleicht  elier  Übertragung  von  der  getcöhnlichen  bedext- 
tung  (3)  aus  anzunehmen,  s.  unten  5,  e.  auch  fohjeixde 
glossen  (15.  jahrh!)  lassen  sich  nicht  mit  voller  Sicherheit 
hierherstellen:  pandochium  .  .  .  gasthus  sitn.  stalle.  Dief. 
gloss.iOB";  stal  oder  geschoz  pa7idochiHm.  Dief.-Wülckkr 
862.  deutlich  dagegen  ahd.  herislal,  -stelli  castra  Grafp 
6,  675  {häufig  als  Ortsname,  s.  Förstemann  namenb.* 2,1*9) ; 
liutstal,  heriuuahta,  stafiones.  676. 

e)  nl.  stal  locus  in  qtw  res  renales  dvfponuntr4r.  Kilian 
2,628».  diese  bedeiifung  musz  alt  sein,  denn  sie  ist  früh 
ins  lat.rom.  übergegangen:  mlat.  estallum,  mereatorum 
sedea  in  foria  et  nundinis.  Du  Gange  8,  817»,  stallum 
l,fm^f.,  Bfalla  676"  {vgl.  Adelung  9,  l),  {alffraux.  estal, 
<5tal,  woraus  wiederum  das  deutsche  stahl  entlehnt  ist, 
8.  das.,  »p.  558/.  {auch  das  netiengl.  stall  Imleutet  krämer- 
stand, laden,  bude). 

f)  stal,  retus.  sedes,  SfdiU:  cathedra.  KiLlAN  a.a.O. 
mlat.  stallum  als  beteiehnung  der  ehorstühle  in  kirehen 
kommt  seit  ende  des  11.  jahrh.  vor.  Oitk  kirehl.  kttnst 
arehäologie*  i.Wtf.  Hbhzoo  realenegkl.^  10,87.  stalluin. 
aut  Stalins, . . .  pro sede  uniuseuiusque  monachi  auf  ranonir) 
in  choro  ecelesiae.  Du  Ganor  7,  678»  {Utrerhtcr  Statuten 
V.  1088);  construxit  slalla  nova  in  choro.  quelle  bei  Ai>i 
LUNO  («, l).    SO  auch  mhd.:  dornooh  do  her  {der  könig) 


597 


STALL 


STALL 


598 


in  das  chor  qwam  und  stand  in  seinem  stalle,  do  standen 
die  herren  von  Behmen  vor  em.  Palacky  urlt.  beitr.  z. 
gesch.  Böhmens  {Wien  1860)  s.  582  (3.  mal  1469).  {dazu  die 
hei  Schii.ler-LCbben  4, 353»  angeführte  stelle*  aw^  engl. 
stall  in  diesem  sinne^ 

g)  stall  bezeichnet  femer  das.  vxyrauf  oder  tcwin  ettcas 
steht,  so  altn.  stallr  unterläge,  postament.  block;  mnl.  stal 
•lestdl.  geicöhnlich  findet  sich  indessen  diese  bedetdung  nur 
■n  Zusammensetzungen,  und  so  im  detitschen  ausschlieszlich. 
vgl.  Grimm  ^ramm.  2,  526/.  lOll.  so  besonders  kerz(en)- 
stall,  ».  fÄ«7  5, 618,  ahd.  chercistal,  kerzistal,  n.  cande- 
labrum  Gr.\ff  6,  676,  mhd.  kerz(e)stal,  n.  Lexer  handxcb. 
1, 1560  (fiis  ende  des  lö.jahrh.  bezeugt),  gleichbedeutend  ahd. 
liuht-,  liehtstal  Graff  a.  a.  o.  ferner  mhd.  bettestal 
bettpfosten  {Kudr.  1283,1);  bistal,  n.  thürpfosten  Lexer 
handicb.  1,  285  {vgl. .-  bey-stall,  heist  im  alten  vocabul.  1482. 
ein  aas-gehäase  von  steinen,  m^nianum,  ex  ligno  est  pro- 
sectum,  soll  vielleicht  projectum  heissen.  Frisch  2,316»); 
garnstall,  s.  theil  i,  l,  1372.  es  ist  zu  beachten,  dasz  alle 
diese  Zusammensetzungen,  soiceit  das  geschlecht  erkennbar 
ist,  neutra  sind.  —  eine  art  gesteil  bezeichnet  auch  noth- 
stall ,  m.,  s.  theil  7,  952/.  {zur  übertragenen  bedeutung  vgl. 
noch:  noht-stall,  travaglio  di  maniscalco,  met.  sedia, 
seggetta  da  donna  di  parto.  Kramer  dwrf.  2, 904»; 

und  solt  ich  nicht  die  weit  den  sünden-kercker  lassen, 
den  noth-stall,  welcher  stets  hat  meinen  leib  gekränckt? 

MüHLPFORTH  leichenged.  199 ; 
ich  brenne  vor  begier  aus  dieser  weit  zu  scheiden, 
dem  noth-stall  aller  angst.    geUÜ.  ged.  22.) 

vxiter  ab  liegen  andre  Zusammensetzungen,  von  körper- 
theilen:  nierstall,  m.  n.,  s.  tJieil  7,  83.5,  vgl.  Höfler  krank- 
heitsnamenb.  671»;  mhd.  hirnstal  stim,  schadet  Lexer 
handicb.  1,1304.  {über  das  unerklärte  aagstal,  m.  n. 
albtigo.  eine  augenkrankheit  der  pferde,  s.  theil  1,  815/ 
Höfler  krankheitsnamenb.  671».  919*».)  in  ortsau-sdrücken 
bezeichnet  stall  abstracter  den  ort,  die  stelle,  so  besonders 
burcstal,  n.  stelle  einer  bürg,  die  bürg  selbst.  Lexer 
mhd.  handicb.  1,  393,  was  allein  von  diesen  Zusammen- 
setzungen noch  im  nhd.  fortlebt,  s.  theil  2,  544.  Sanders 
3,1167".  dazu  mundartlich  bachstall ,  ftacÄ&eft  (wAicefz.), 
und  rebstall,  oberer  Weingarten  {schicäb.),  s.  ebenda. 

h)  eine  auffällige  abstracte  Verwendung  in  dem  sinne 
'gestalt'  zeigt  die  mhd.  icendung  in  kriuzestal  (vallen, 
beten  u.  ä.)  in  kreuzesgestalt ,  mit  ausgestreckten  armen, 
s.  Lexer  handwb.  l,  1743.  J.  Grimm  kl.  sehr.  6,  209.  so  schon: 

si  bedditin  ci  gote  in  crücestal.    Annolied  838. 
creuzstall  adverbial  noch  im  n.jahrh.,  s.  theil  5,2198.  — 
{andre  ganz  abliegende,   abstracte  bedeutungen  zeigen  ahd. 
und  mhd.  Zusammensetzungen  trie  antarstal,  intervallum. 
Graff  6,  676,  mhd.  bogestal,  troufstal,  widerstal.) 

3)  die  gewöhnliche  bedeutung  im  deutschen  ist  jedoch  die 
f^ieziellere  eines  geschlossenen  und  gedeckten  rattmes  zum 
'  ufenthalt  für  vieh.  und  zwar  ist  diese  einengung  der  be- 
Indtmg  gemeingerm.,  doch  begegnet  sie  im  altn.  vergleichs- 
i-eise  selten  {dafür  auch  stallhüs),  ebenso  altengl.  (stal, 
sfabulum;  dsera  tamra  nytena  steall.  Bosworth -Toller 
dl3^);  attch  im  altfries.  ist  sie  nicht  die  häufigste,  dagegen 
überwiegt  sie  im  detitschen  {und  nl.)  von  anfang  an  und 
ist  im  laufe  der  entwicklting  alleinherrschend  geworden, 
vgl.  zur  geschichte  des  worts  und  der  sache  im  allgemeinen 
Heyne  hatisaltert.  1,40 f.  95. 178/  222.  353.  2,201/  Sch rader 
reaüex.  der  idg.  altertumsk.  796—8.  Schenkel  bibellex. 
5,  379/  {diese  einschränkttng  der  bedeutung  tcill  Singer, 
kaum  mit  recht,  auf  einfiusz  des  lat.  stabalum  ztirück- 
führen,  zeitschr.  f.  d.  wortf.  3, 234''.) 

a)  ahd.  stal  stabulum,  catda ;  plur.  stallä  stabula,  prae- 
sepia.  Graff  6,674,  schon  im  voc.  S.  OaUi:  stabulus  stal, 
a.  ahd.  glossen  3, 1, 25 ;  stabulum  stal.  vocab.  opt.  8, 15  {s.  20'' 
WackernageT);  stabulum  stal,  hd.  stalle,  stall,  vel  stalen. 
Dl  EP.  gloss.  650»;  nov.  gloss.  347»;  vgl.  stal,  stabulttm, 
septum,  praesepe,  mandra,  mansis  armenti  aut  gregis. 
vtdgo  Stella.  Kilian  2,628».  nhd.  stall,  stabulum,  septtim, 
praesepe.  Dasypodius;  stall,  m.  estable.  Hulsius  SOö*»; 
stall  vor  allerley  viehe,  stalla.  di  ogni  sorte  bestiame. 
(1618)  237»;  stabulum,  ...  ein  stall  oder  viehstall.  CoR- 
viNUS  fons  lat.  634'',  «.  femer  Schottel  1420.  Stieler 
2117/  Kramer  rfiW.  2,904».  Steinbach  2,657;  stall  heist 
ein  vermachter  ort  für  allerley  vieh,  »tabulum.  Frisch 


2,316»;  stall,  stabulum.  etable  and  vor  die  pferde  eeurie. 
ingemein  ein  gebäu,  in  welchem  allerley  vieh  eingesperret, 
und  im  winter  aafgestellet  wird.  Jablonski  746'';  stall, 
ist  ein  gebäude,  worein  vieh  gestellet  wird,  sowohl 
darinnen  das  ordentliche  futter,  als  die  benöthigte  ruhe 
zu  gemessen.  Zincke  öcon.  lex.^  2799,  danach  Jacobsson 
4,  250''.  daher ;  man  macht  doch  heut  wol  stall  ausz  den 
kirchen,  annd  kirchen  ausz  den  stallen.  Oarg.  s.  205  neudr. 

b)  über  die  einrichtung  der  stalle:  solche  stall  sollen 
zum  wenigsten  zehen  schuch  preit  sein,  aber  über  fünff- 
zehen  schuch  nicht  inn  die  länge  haben.  Sebiz  feldb.  32; 
die  stall  sollen  am  aller  wärmsten  ort  desz  gantzen 
bawrenhofs  geordenet  werden,  ebenda;  s.  femer  besonders 
J.\blonski  745''/.  Krönitz  169,158 — 167.  ein  warmer  stall, 
da  die  kälte  nicht  eindringen  kan,  stabultim  quod  frigore 
non  infestatur.  ein  heller  stall,  stabtdtim  qttod  non  eget 
luminis.  Frisch  2, 316»;  der  stall  ist  nicht  finster.  Stein- 
bach 2,657;  die  kälte  dringt  nicht  in  den  stall,  ebenda; 
einen  stall  diehlen ,  stabtilum  roboreis  axibus  constrare. 
ebenda;  ein  gepflasterter  stall,  stabultim  lapide  Stratum, 
ebenda. 

c)  stall  mit  andern  Substantiven  verbunden. 

o)  haus  und  stall  als  aufenthalt  für  menschen  und 
thiere  •  der  fürkauf  (ton  vieh.  käse  u.  s.  w.)  bei  den  stallen 
und  heisern  {soll)  bei  Vermeidung  schwerer  straff  genz- 
lichen  verpoten  und  abgestölt  sein,  tirol.  tceisth.  1,27,27; 
wann  ainer . . .  war,  der  ainen  wolt  in  seinen  heuszlen  . . . 
angreifen,  . .  .  wolt  ime  in  seine  stall  oder  heusser  ein- 
tringen.  176,26;  es  soll  auch  niemant  . . .  mit  ainer  kien- 
faggl  geen  im  haus  oder  in  stäUen.  2,154,9;  {neben  nocA 
andern  gebätiden-)  wann  ain  unvleisz  {Unvorsichtigkeit  mit 
feuer)  in  den  heisern,  stoben,  kuchen,  stallen  . . .  befonden 
wurde.  249,  5 ;  über  die  zahlreichen  häuser  und  stäUe  des 
hofes  ragte  hoch  das  dach  des  saals.  Freytag  8,  10 
{ahnen  1,1);  zwischen  den  Wohnhäusern  und  den  stallen 
eilten  geschäftig  die  männer.  lo,  5  (3,  i).  vgl. .-  nuo  het 
Taldas  sich  mit  husz  für  den  perg  gesetzt,  und  hiesz  im 
vil  stell  für  den  perg  machen,  handschr.  v.  1458  bei  Wacker- 
nagel leset).  1*,  978,  31.  in  demselben  sinne  tcerden  zu- 
sammengestellt: sie  sind  die  hofbesitzer,  in  deren  saal  und 
stall  hofbrauch  gelernt  wird.  Freytag  18,6; 

schon  acht  monate  legt  sich  der  schwärm 
uns  in  die  betten  und  in  die  stalle. 

Schiller  12, 14  {Wallentt.  lager  1). 

ß)  stalle  und  vorrat^räume :  in  dem  hofraum  davor 
standen  ...  die  stalle  und  vorrathsräume.  Freytag  8, 169 
{Ingo  c.  lO);  wer  über  die  zagbrücke  durch  das  thor- 
gewölbe  trat,  der  sah  vor  sich  einen  weiten  hof  von 
niedrigen  wohngebäuden ,  stäUen  und  vorrathsräumen 
eingefaszt.  10,  3  {ahnen  3,  l).  so  besonders:  stall  und  stadel, 
vgl.  sp.  ilßff.  und:  stall,  stalla  i  per  gli  animali;  ma 
stadel,  dinota  magazzeno,  fondaco.  ripostorio  difieni,  robbe, 
mercantie  etc.  Kramer  dict.  2,  904»;  {es  soll  nicht  gestattet 
icerden.)  das  man  mit  angezinten  spännen  in  die  stall, 
städl  oder  dergleichen  ort,  wo  hei,  stro  oder  andere  leicht- 
lich  brinnende  sachen  sein,  gehe,  tirol.  tceisth.  1,30,  32; 
zu  deme  wird  auch  . . .  verbotten,  in  stallen  und  städlen 
tabak  zu  trunken.  2,  2,  27 ;  es  ist  strenge  verbothen,  . .  . 
mit  offnem  lichte  oder  brennenden  tobackspfeifen  im 
stalle  oder  stadl  herumzugehen.  239,  30 ;  {dasz)  auch  nie- 
mants  kain  liecht . . .  weder  in  städlen,  reverender  stöllern, 
noch  in  dort  . . .  tragen  . . .  sollen.  3, 286,  37.  so  tcol  auch : 
so  solle  man  auch  . .  .  mit  kainem  küenlicht  in  die  fueter- 
heuser  oder  stall  geen.  4,589,36;  ähnlich  ferner:  drittens, 
werden  iedermänighch  die  spann  und  springleichter,  auch 
das  tobackrauchen  in  den  häusem  . . ,  auf  den  thennen, 
stallen  und  dillen  .  . .  eingebotten.  2, 861, 11;  das  innerhalb 
dreissig  jaren  ob  den  vierzig  heusere  ohne  scheurn  und 
steller  alda  erbawen  worden.  Zimm.  chron.*  2,m,fS9; 

wir  wollen  euch  ten  topfT  erlaasen 
nnt  euar  stall  nnt  scheur  ermansen. 

Garg.  b.  51  nettdr. 

doch  toerden  solche  räume  auch  ttnter  einem  dach  vereinigt, 
so  enthält  das  erzbischöfliehe  kornhatis  in  Erfurt  in  seinem 
untergeschosz  stalle,  s.  Heyne  hatisaltert.  1,296,  anm.  272: 
in  dem  grossen  komhause  seint  die  ackerstubbe  . . .  und 
der  ackerknecht  und  encken  kammern,  uff  den  ziegeln 
in  dem  stal  darin  gemacht  gewest,  welchs  fast  sorglich 

SS* 


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STALL 


STALL 


600 


und  vherlich  wass.  . .  .  darumb  ich  .  .  .  das  kornhaus  mit 
newen  maweren  . . .  underfangen,  und  eynen  kornboddem 
und  eynen  schönen  pferdestal  darin  gemacht  habe. 
MiGHELSEN  Mainzer  hof  a.  U.  vgl.  auch  Martin -Lien- 
HART  2,  588*".  auch  folgende  stelle  zeigt  einen  gedeckten 
stal,  über  dem  sich  andre  räume  banden: 

her  Hans  von  Tenemark 
ward  aufT  ain  loch  gedrungen 
ab  durch  ain  pün  in  ainen  stal, 
das  im  die  oren  klungen. 

Oswald  v.  Wolkenstein  116,  61  Schatz. 

umgekehrt:  das  kind  nürret  uns,  dann  allweil  die  weit 
gestanden,  hat  man  die  stall  nie  zu  oberst  ins  hausz 
gebauet,  wie  so?  antwort  der  hofmeister,  ich  weisz  doch 
wol  ort,  als  zu  Lyon,  zu  Bamette  und  Schenon,  auch  in 
Ungarn  und  Sibenbürgen,  da  nicht  allein  die  stall  am 
höchsten  des  hauses  sind,  sondern  auch  die  keller.  Qarg. 
».205  neudr.  (15.  Cöp.).     stall  und  keller: 

schöne,  wirtschaftliche  dame, 

haus  und  hof  ist  wohlbestellt, 

wohlversorgt  ist  stall  und  keller.    Heinb  2, 13  EUter. 

v)  die  stalle  bilden  neben  dein  ackerland  eine  seile  der 
landxcirtschaft : 

ich  gebe  jeder  (tochter')  dreiszig  acker  landes 
und  stall  und  hof  una  eine  heerde. 

Schiller  13, 173  (Jungfrau  v.  Orl.  prol.  1). 

so  auch:  die  pfarrkinder  steuerten  reichlich,  was  feld  und 

stall  abwarf.  Keller  i,  15. 

d)  stalle  werden  nach  den  gattungen  der  in  ihnen  unter- 
gebrachten thiere  unterschieden  und  gern  durch  Zusammen- 
setzung näher  bezeichnet. 

a)  allgemein :  stelle  für  allerley  vieh.  2  chron.  32,  28 ; 
dann  (in  den  zw'olfnächten)  betrat  die  göttin  unsichtbar 
die  häuser ,  ...  sie  berührte  den  schlehenstrauch  und 
wilden  apfelbaum  im  garten.  Freytag  17  (fttWerl),  91; 

jüngferchen,  geh'  ihr  gott  ein  gedeihn,  .  .  . 

glattes  vieh'  m  die  stall'.    Voss  1, 170  {Luise  3,  459). 

vgl.  viehstall  mandra  Dasypodius;  stalla  da  bestiame 
Kramer  dic<.  2,  904''.  krankenstall  für  krankes  vieh, 
besonders  rindvieh,  bei  ansteckenden  seuchen.  KrüNITZ 
169,170;  schlachtstall,  con/ectonwin.  Steinbacii  2,  657. 
pfändstall,  *.  Martin-Lienhart  2,589». 

ß)  der  vornehmste  stall  ist  der  für  die  pf erde:  der  walt- 
hawer  hat  auf  der  Peunt  ein  stall,  dorein  er  seine  pfert, 
wenn  er  hinnan  ist,  stellt.  Tücher  baumeisterb.lZ,  IZ; 
das  jm  nit  zeit  warde,  in  die  stell  zu  lägen,  wie  jr 
brauch  ist,  wasz  für  pferde  darinen  stünden,  rollwagenb. 
62,4  Kurz;  letzlich  fügten  sie  sich  zu  dem  jungen  Gar- 
gantomänlin,  fragten  jn  heimlich,  wa  die  stall  für  die 
grosse  pferd  weren.  6arg.  s.  20i  neudr. ;  so  konnte  jedes 
bäuerlein,  das  im  stall  die  pferde  sah,  zum  verr&ther 
werden.  Freytao  18,  312  (bilder  2, 1,  8); 

so  stöt  in  dem  stalle  min 

den  orsn  ein  ors  gelich  gevar, 

diu  da  hoernt  ans  gräles  schar.    Parz.  474,  9 ; 

er  machte  im  dru;  einen  stal 

und  lieg  da  wesen  sine  pfert.    pass.  99,  4  Köpke; 

so  wQschet  das  guldin  rössel  herfUr 

und  springet  kecKlich  herusz  für  den  stal. 

KoNB.  Dangkrotzheim  namenb.  632 ; 
im  stall  da  slen  drei  rosse, 
sie  seind  des  edlen  Lindenschmid. 

Umland  volktl.  nr.  139,  A,  6; 
noch  weiter  ich  gesehen  hab 
im  stalle  drinnen  ohn  ^eferd 
nach  der  rey  brumb  die  schönsten  pferd. 

Fbebbr  $chieszen  zu  Drexzden  (1610)  II  4*; 

Sleich  einem  jungen  rosse,  das  zuletzt 
och  heimkehrt  zu  dem  stall,  der  es  ernährt. 

Kleist  1,  46  E.  Schmidt  {Schroffemt.  2, 1); 
du  kannst  ihm  pferd'  aus  meinen  stallen  schicken. 

2,  407  (Ilermannuchl.  4,  9). 

auch  ohne  näJtere  angäbe  ist  bei  stall  ae}tr  oft  an  einen 
yferdetitaU  tu  denken:  das  iglichs  in  eyme  hase  eynen 
stall  mache  . . ,  unser  frande  und  unser  geste  zu  ent- 
halten, . . .  und  sollent  ine  geben  hauw  und  strowc  und 
bette  dem  pherdc  die  naht,  weisth.  8,8  (Saarbrücken  1321, 
vgl.  Heynb  hausaltert,  i,  882,  anm.  57);  wiszt  ihr  noch,  was 
ihr  mir  drunten  sagtet  im  stall,  wie  ich  euch  auf  des  alten 
herm  seinen  tchwcisfuchsen  sezte.  Schiller  8,144  (räufier 
4,  S  schausp.);  da  muszten  die  Vandalen  mit  garben  be- 
packt zu  ihrem  stalle  ziehen.  Fhkytao  8, 86  (.Ingo  6);  und 


Elke  eilte  in  den  stall  und  machte  dem  groszknecht  die 
bestellung,  der  eben  damit  beschäftigt  war,  das  über  tag 
gebrauchte  pferdegeschirr  wieder  an  seinen  platz  zu 
hängen.  Storm7,  172.    vgl.  auch: 

der  marschalc  sine  brüdere  bat, 
sie  seiden  keren  in  den  stal. 
da;  lantvolk  quam  dar  über  al. 
also  was  ein  hof  genant 
und  ist  ztt  RIge  wol  bekant, 
daj  er  der  brüdere  marstal  hiej. 

liiiänd.  reimchroji.  10231. 

die  Zusammensetzung  marstal  findet  sich  bereits  ahd.  und 
hat  sich  für  herrschaftliche  stalle  auch  im,  nhd.  gehalten, 
s.  theil  6,1676:  fürsten-  sive  herrenstall,  etiam  mar- 
stall,  equile  principis,  vel  aidicum.  Stiei.er  2118;  mar- 
i.  e.  mähren-stall,  herrenstall,  stalle  [in plur.]  di  qualche 
prencipe.  königlicher,  fürstlicher,  gräflicher  etc.  stall 
6  marstall.  Kramer  dict.  2,904»;  stabulum  equorum  publi- 
cum,. Steinbach  2,657;  vgl.:  'figürlich  ist  der  stall  an 
höfen  ein  collectivum,  die  sämmtlichen  zum  marstalle  ge- 
hörigen gebäude  mit  den  darin  befindlichen  pferden  und 
den  zu  ihrer  Wartung  und  aufsieht  gehörigen  personen'. 
Adelung  (unter  2,2).  in  mundartlicher  form:  darumb 
findet  man  selten  dar  innen  (auf  Malta)  schöne  kost- 
liche tempel,  aber  vil  mehr  wolgebutzte  marckställ. 
Stumpf  Schioeytzer  chron.  424».  sonst  ist  jetzt  das  gewöhn- 
liche wort  pferd(e)stall,  a.  theil  7 ,  i690 f. ,  equile  Dasy- 
POüius.  Stieler  2118,  vgl.  Zincke  öcon.  lex.^  2198 jf. 
seltner  rossstall,  s.  theil  8, 1275:  pferd-  d  rosz-stall,  atullu 
ä  cavalli.  gall.  ecurie.  Krämer  dict.  2,  904'".  tveiter  unter- 
schieden: stutenstall,  s.das.,  und  fohlenstall:  stuten- 
0  folen-stall,  stalla  ä  poledri  poltri.  Kramer  a.  o.  0.  nacli 
dem  gebrauch  der  pferde:  reitstall,  a.  theil  8,790,  über- 
tragen auf  die  darin  stehenden  pferde:  der  hafer  war 
müchzend;  und  da  er  doch  .  . .  verfüttert  wurde,  erkrankte 
davon  unser  ganzer  reitstall.  MusÄus  physiogn.  reisen 
(1788)  1,42;  p OS t stall,  s.  theil  l,2Qßö.  —  von  andern  reit 
und  zugthieren :  so  gelang  es  dem  kapuziner,  sein  eselchen, 
das  er  in  einem  benachbarten  stalle  untergebracht  hatte, 
unbemerkt  zu  besteigen.  Meyer  Jenatschi\; 

mein  esel  sicherlich 

musz  klüger  sevn,  als  ich  .  .  . 

er  fand  sich  selbst  in  stall  hinein.    Lessing  1,60; 

geh  nach  meinen  stallen  und  erwähle 

dort  hundert  maultiere  und  fünfzig  kamele. 

Heine  1,  368  Elster  (Firduti  3). 

esel(s)stall,  tlieil  s,  iX6ö :  esel-stall,  stabzilum  asinorum, 
asinarium.  Stieler  2118,  stalla  da  asini  ö  7nuli.  Kramer 
rfic^.  2,904».  Krünitz  169, 170;  maulthierstall  171;  und 
(ich  der  herr)  wil  rabbath  zum  cameelstal  machen. 
Hesek.  25,  5. 

;/)  für  rindvieh :  und  werden  keine  rinder  in  den  stellen 
sein.  Habacuc  4, 17 ;  die  rinder  hatten  nur  im  \\inter  be- 
deckte Ställe  innerhalb  des  hofes.  Voss  Virgila  ländl. 
ged.  3 — 4,  s.  579 ;  die  kälber  wurden  .  . .  den  müttern  des 
morgens  .  .  .  untergelegt;  des  nachts  lagen  sie  . . .  in  be- 
sonderen stallen.  566;  daneben  bezeichneten  stäbe  im 
boden  die  stellen ,  wo  . . .  der  stall  für  rosse  und  rinder 
und  die  vorrathsräume  erbaut  werden  sollten.  Frevtaq 
8, 161  (Ingo  9) ;  im  stall  stand  Hauke  Haien  und  steckte  den 
kühen  . .  .  mit  der  furke  heu  in  ihre  raufen.  Storm  7, 177; 

it  selde  (der  hirt-ch  gesellte)  sik  an  ene  schar 
ossen  an  enem  stalle  dar. 

Gerhard  v.  Minden  88,  4  Leüsmann; 
man  zog  ihr  wackres  thier, 
worauf  sie  hergeritten,  .  .  . 
gleich  in  den  stall  von  hier.     BOroer  98*  (Europa). 

vgl.  unten  4,  c.  dazu  rinder-,  seltner  rindstall, 
a.  theil  8,  972,  acJion  ahd.  (h)rind,  rindro,  rinderstal.  Grafi» 
6,674,  rinderstall  boinle.  Dasyihjuius.  Steindach  8,667; 
ochsenstall,  theil  "7,  ua»,  &t(&i7«  Stif.ler  81I8,  ataUada 
buvi,  bovilc.  Kraurr  dict.  8, 904^  Zincke  öcon.  lex.*iOSl; 
kuhstall,  theil  6,  naa,  mhd.  kuostal  Lexer  handtob. 
1, 1787,  im  altern  nhd.  meiat  nüt  umlaut  kuhstall:  die  kUb- 
birten  rufTen  das  vieh  aus  den  kühstUllcn.  Comenius 
aprachenth.ii3;  kühe-stall, «/aZ/a  da  vacche;  vaccile.  Krämer 
dtc^  a,  904»;  kuhstall,  bubile.  bovile.  Steinbacii  8,  657, 
kUhe-stall  Zincke  öcon.  lex.*  ihr>aff,,  und  noch:  wenn 
man  . . .  durch  des  nachbars  kUhstall  in  seinen  Weinkeller 
gehl.  Fh.  MOi.i.kr  1,  1O8  (Bacchidon).  als  kuhstall  bei 
Frihcii  8,816». 


601 


STALL 


STALL 


602 


1 


S)  für  schiceine .-  besondern  haben  die  bürgere  in  einen 
eickern  mit  iren  schwein  macht  bey  nacht  mit  stellen 
im  walde  zu  ligen.  weisth.  3,  532  (?,  Lohr  am  Main  1425)  ; 
item  es  soll  ain  ieder,  der  ferklen  hat,  so  zehenwochig 
seint,  für  ain  hirten  schlagen  oder  in  dem  stall  behalten. 
tirol.  ueisth.  2, 163,  22;  es  soll  auch  niemand  keine  schwein 
daheim  sümmem,  noch  haben,  anders  dann  im  stall. 
I9i,  15;  desgleichen  sollen  die  rev.  schwein  ...  im  rev. 
stall  gehalten  werden.  196,23;  {John  Mandeville)  gerieth 
in  nicht  geringen  eifer,  als  er  irgendwo  ein  ungeheuer 
von  faulheit  antraf,  das  seine  tage  verstreichen  liesz, 
'ohne  einziges  ritterliches  ebentheuer  und  so  immerfort 
faullenzte  als  ein  schwein,  das  auf  dem  stalle  gefüttert 
wird,  um  gemästet  zu  werden'.  Forster  reise  um  die  weit 
1,225.  dazu  schweinstall,  theil  9,  2i53,  hara  Dasy- 
poDius,  suile  Steinbach  2,658,  Schweinestall  Frisch 
2,316»,  s.  auch  ZiNCKE  öcon.  lex. ^2611:  item  dry  schwein- 
stelle  zu  den  mastschweinen  undermawren  und  plastern 
lassen.  Michelsen  Mainzer  hof  s.  14.  früher  häufiger 
sau  st  all,  ^Äeii  8, 1936/..  mit  umlaut:  säustall,  .s«t7e.  in 
einem  säustall  krichen.  Steinbach  2,  657 ;  säu-  o  schwein- 
stall, stalla  da  porci;  pordle,  met.  luogo  »porco,  stanza 
sozza.  sporca  e  puzzolente.  Kramer  dict.  2, 904».  in  diesem 
freieren  sinne  oft,  vgl.:  saustall  praeterea pro  quolibet  loco 
coenosQ  sumitur.  Stieler  2118;  in  einem  säustall  wohnen, 
einen  säustall  aus  einem  ort  machen,  frau  Venus  sau- 
stall, pordle  di  Venere  cioe  pottacda  sporca  e  sozza  d'una 
meretrice  publica.  Kramer  dict.  2,  dOi"^;  wir  wollen  aus 
Christus  kirche  nicht  ein  sewstall  machen,  und  einen 
jedem  unverhört  zum  sacrament,  wie  die  sew  zum  tröge, 
lauffen  lassen.  Luther  6,109».    vgl.  noch: 

mich  wirst  du  wohl  beleibt,  mit  glattem  feil 
und  nmden  backen  finden,  wenn  dir  einfällt,  über 
ein  wohlgepflegtes  schwein  aus  Epikurs 
verschrienem  stalle  lustig  dich  zu  machen. 

Wieland  Horazens  br.  1,  87  (cum  ridere  voleg 
Epicnri  de  grege  porciim.  ep.  1,  4, 16). 
ahd.  auch  verhirstal ,  ara.  Grafp  6,  674.  (sonst  hat  die 
ältere  spräche  für  schicein-  und  schafställe  einen  hesondern 
nusdruck.  ahd.  stiga  Graff  6,624/..  mhd.  stige  Lexer 
2,  1193/.) 

e)  Ställe  für  kleinvieh  loerden  nicht  so  oß  genannt,  weil 
Schafe  gern  in  hürden  gehalten  icerden:  ich  wil  nicht  von 
deinem  hause  farren  nehmen,  noch  bocke  aus  deinen 
stellen,  ps.  50,  9;  im  stalle  selbst  können  ...  die  ziegen  . . . 
der  streu  entbehren.  Voss  Vergils  ländl.  ged.  3—4,  s.  597; 
erst  verordnet  mein  lied,  dass  in  weichen  stallen  die  schafe 
rupfen  das  kraut.  484  (landb.  3,  295). 
dazu  schafstall,  theil  8,2047/  (schon  ahd.),  stalla  da 
pecore, pecorile.  Kramer  dict. 2, 904» ;  ziegenstall  caprile, 
hoedile.  Stieler  2118.  Zincke  öcon.  Zex.^  3355 ;  dafür  auch 
(besonders  oberd.)  geiszstall,  theil  i,  l,  280T.  geyszstall, 
caprile,  caula.  Dasypodils;  geisz-  6  ziegen-stall,  stalla  da 
capre.  Kramer  rftc^  2,  904»;  capi-ile  Steinbach  2,  657 ; 
lämmerstall,  theil  6,85,  a^ntZe  Stein bach  2,657.  Frisch 
2,  316». 

g)  für  hunde,  besonders  Jagdhunde:  inde  wynde  inde 
fogelhunde  solent  eynen  stal  hain  myt  sh»nen  strowe 
bestreuwet.  iom<Ä.  2,  643  (Waldotf  in  der  Elf el  iiOS);  vom 
jagd-hunde-zwinger  und  stallen.  Döbel  l,  HS»"  (vgl.  unten  e) ; 
ebenso  .  . .  mit  den  hunden.  in  meinen  stallen  .  . .  befinden 
sich  zwei  auserlesene  koppeln.  Kleist  4, 224,  5  E.  Schmidt. 
8.  auch  hundestall,  theil  i,  2,  i930: 

in  dem  kreuzgang,  welcher  leitet 
nach  des  königs  hundeställen. 

Heine  1,  401  EUter  (span.  Atriden). 

früher  gewöhnlich  hundsstall,  theil  4,2,1940,  stahxdum 
cunarium,  seu  caninum.  Stieler  1940,  stalla  da  cani. 
Kramer  dict.  2,  904»,  s.  auch  Zincke  öcon.  lex.  1262 f. 

7})  für  kaninchen:  darin  hatte  er  seiner  zeit  einen 
bretterstall  gezimmert  und  drei  jähre  lang  kaninchen 
darin  gehabt.  Hesse  unterm  rad  20;  dafür  später:  der 
(Schulfreund)  hatte  ihm  geholfen  . . .  den  hasenstall  zu 
flicken.  21  (vgl.  unten  stallhase). 

^)  für  vögel: 

dein  geperletes  hUhncben  hat  schon  im  stalle  gekakelt. 

Voss  1, 106  (Luite  2,  281). 
vgl.  htihnerstall,  theil  i,  2,  1882:  hüner  stall,  ornitho- 
trophaeum.  Dasypodius,  cors,  gallinarium  Stieler  2118, 
gaUinaio,  gallinaro  (pollaio)  Kram  er  dict.  2,904»: 


niemand  ist 
uns  feindlich,  als  der  marder  höchstens,  der 
in  unsre  hühnerställe  bricht. 

Kleist  1,  48  E.  Schmidt  (Schroffemt.  2, 1). 

fürgänse;  bildlich:  mir  kommt  alles  erschrecklich  vor,  wie 
ein  treibhaus,  oder  vielmehr  wie  ein  stall  voll  menschlicher 
gänse.  Herder  briefe  an  Hamann  s.  119, 11  (24.  aug.  1776). 
gänsestall,  theil  i,  l,  1278,  chenobosceum.  ehenotrophia 
Stieler  2118,  cella  anserum  Steinbach  2,  657,  vgl.  Zincke 
öcon.  lex.-  852/.  dazu  maststall  (kann  auch  zu  S  ge- 
hören), theil  6, 1120:  mösi  sia,U,  saginarium.  Dasypodius; 
gänsestall,  ...  alias:  maststall  der  gänse.  Stieler  2118, 
stalla  da  ingrassare,  stalla  da  strozzare;  ingrassatoio. 
saginatoio.  Kramer  dic#.  2,  904»;  entenstall,  theil3,äil, 
nesotrophaeum  Dasypodius,  nessotrophium  Stieler  2118, 
anatum  stabulum  Steinbagh  2,  657,  vgl.  Krönitz  169, 168/ 

«)  stall  für  einen  bienenstock  (?) :  wer  ein  beisteckh  (in 
waidstall  verhiebe  oder  verfalle,  der  verfiel  fnnff  pfund. 
toeisth.  3,  898, 17  (rechte  der  zeidler  v.  1398). 

c)  verbale  ausdrucksxoeisen :  einen  stall  dielen,  pflastern, 

s.  b  zu  ende.  —  den  stall  bauen,   zu  machen,  s.  4,  c.  — 

die    stalle    machen    sie  rein    (misten   sie   aus)    mit  der 

schauffei.  Comenius  sprachenth.iU;  vgl.  stallausmisten,  n. 

und  unten  4,  d;  wenn  er  (der  knecht)  sihet  wasz  seynem 

hemn  nucz  ist,   den   stall   misten,   die  pferdt  wischen, 

futternn  .  . .  Luther  32,  69,  30  Wdm.  ausg.;   da   soll   die 

meyerin  fleissig  darob  und  daran  sein,  das  die  mägd  offt 

zu  dem  stall  sehen,  dann  nichts  bekompt  dem  vieh  also 

wol,  ...  als  wann  man  die  stall  sauber  haltet  und  ausz- 

mistet.  Sebiz  feldb.  96;  daher  räumt  und  reinigt  man  oft 

die  Ställe.  Voss  Virgils  ländl.  ged.  3—4,  s.  637 ;  so  sollen 

sie  (die  kobolde)  auch  für  die  knechte  und  mägde  . . .  alle 

hausarbeit  thun:  die  pferde  striegeln,  füttern,  den  stall 

ausmisten.  Heine  4,  178  Elster; 

mein  stall  sind  fein  auszgbutzet. 

Garg.  s.  133  neudr. 

die  pferde  stehen  im  stalle,  equi  in  stabulo  stant.  Stein- 
bach 2,657;  die  Juden  sind  im  stände,  zu  sagen,  das 
pferd  habe  im  stricke  gehangen  . . ;  da  nun  das  pferd 
desfalls  lange  im  stalle  habe  stehen  müssen,  so  wären 
ihm  die  füsze  angelaufen.  Rosenzweig  83;  vgl.  dazu 
unten  4,  e.  ein  pferd  im  stall  haben,  halten,  havere,  tenere 
un  cavallo  in  istalla,  cioe  ä  sua  posta.  Kramer  dict.  2, 904»: 
(es  vyird  verboten,)  ainiches  vich  anhaimbs  in  velt  iber- 
nachts  nit  auf  der  waid  zu  lassen,  sondern  selbes  ieder- 
zeit  einzuthun  und  vleissig  im  stall  zu  behalten,  tirol. 
weisth.  2,170,12;  sondern  ain  ieder  (soll)  schuldig  sein,  sein 
vich  in  die  reverender  stall  zu  verspern.  203,  25;  solches 
sein  vieh  soll  keiner  mit  besondern  hirten  hüten  . . , 
sondern  soll  es  zu  den  gemeinen  hirten  treiben  oder  im 
stalle  behalten.  3, 192, 30.  —  die  pferde  aus  dem  stalle  führen. 
Kramer  d/c^.  2,  904»;  als  der  gaul  zurückkam,  wollte  ich 
nimmer  aufsitzen,  und  liesz  ihn  ganz  gemach  in  den  stall 
ziehn.  MusÄus  physiogn.  reisen  2,  77.  —  formelhaft  sind 
andre  Verbindungen,  die  des  artikels  entbehren  (in  der 
frühem  spräche) :  die  pferde  in  stall  führen,  stellen,  m^nare. 
mettere  i  cavalli  in  istalla.  v.  einstellen.  Kramer  a.  a.  o.; 
das  pferd  in  stall  ziehen,  stabiilare  equum.  Stieler  2118; 
denn  da  stund  es  umb  das  volck  Israel,  wie  es  umb  eine 
herd  schaffe  stehet,  wenn  der  wolff  ynn  des  hirten  ab- 
wesen  unter  sie  komen  ist :  da  wird  das  mehrer  teil  er- 
würgt, was  aber  aus  kompt  und  entleufft,  das  wird  so  yrre 
und  schewe,  das  maus  gar  schwerlich  widder  bedeuten 
und  zu  stal  bringen  kan.  Luther  23,  502,  25  Weim.ausg.; 
bey  dem  füttern  werden  sie  .  . .  gewöhnet,  dasz,  so  die 
suppe  in  die  tröge  gebracht  ist,  und  die  hunde  im  zwinger 
sind,  man  die  hunde  erstlich  zu  stalle  bringet  und  rufft. 
Döbel  1, 119»;  ist  es  im  winter,  bringt  man  sie  (die  hunde) 
zu  stalle,  im  sommer  aber  ist  es  besser,  dasz  sie  im 
zwinger  frey  bleiben,  ebenda,    so  auch: 

meines  viehes  weysz  ich  keyn  zal; 
eyns  theyls  zt  berg,  eyns  theyls  zu  thal 
thut  gehn,  darzu  mögen  sie  all 
inn  meinen  berg  bingehn  zft  stall. 

Wickram  8, 190  Bolte  (Qvid  19,  llOS). 

selten  fehlt  der  artikel  in  andern  Verbindungen,  s.  unten. 

f)  zur  besorgung  des  stalles  und  tcartung  des  viehes  sind 

knechte  und  mägde  erforderlich,  deren  leben  sich  zum  groszen 

theile  im  stulle  abspielt:  die  einfelUgen  pawren  und  die 


603 


STALL 


STALL 


604 


lueidlein  ym  stal  wissen  von  dem  glawben  zu  reden. 
Luther  lO,  3,  365,  3  Weim.  ausg.;  die  liegt  jetzt,  einer  magd 
gleich,  in  seinen  stallen,  und  sinkt,  wenn  die  nacht 
kömmt,  ermüdet  auf  die  streu  nieder,  die  seinen  stolzen 
rossen  untergeworfen  wird.  Kleist  2,  188  E.  Schmidt 
{Käthchen  l,i);  das  mädchen  sei  unten,  und  begehre,  in 
meinen  stallen  zu  übernachten.  189;  {das  amt)  des  mar- 
schalks,  des  roszknechts,  der  über  die  stalle  gesetzt  ist. 
Freytag  18  (bilder  2,  i),  7;  ich  dachte,  . . .  der  bengel  hätte 
euch  Unheil  im  stall  gemacht.  Storm  7, 169.  sie  gelten 
ah  niedrig  und  ungebildet: 

vom  niedem  dienst  im  stalle  stieg  ich  auf, 
durch  kriegsgeschick,  zu  dieser  würd'  und  höhe. 

Sciiii.i.ER  1-2,  162  (Piccol.  4,  #); 
ich  denk',  ihr  seid  doch  nicht  im  stall  geboren? 
ihr  wiszt,  was  böflichkeit  und  sitte  ist? 

Wilden  BRUCH  Harold  «.  28. 

vgl.  el-9.:  der  parte  gehört  uf  de  kanzel  un  de  buhr  in 
de  stall.  Martin -LiENHART  2,588''.  —  ain  spruch  von 
ainem  der  bult  umb  ain  pauren  maid  und  daz  gschach 
in  ainem  stall,  fastn.  sp.  1278;  hernach  kumpt  er  {der 
knecht),  sez  sich  in  stal.  Paumgartner  briefio.  s.  82;  er 
(ein  junge)  ist  beslich  über  das  lernen  zu  pringen ,  der 
stal  thut  im  vil  zu  leid.  108; 

ach,  dann  hörte  mich  mein  Fiekchen 

abends  an  des  amtmanns  stall!    Hölty  206  Halm. 

4)  besondere,   typische  U7id  übertragene  gebrauchsweisen. 
o)  Jesus  ward  in  einem  armen  stall  geboren  .  . .  in  una 
povera  stalla  {capanna).   Kram  er  dict.  2,  904*.     besonders 
kirchenlieder  nehmen  oft  darauf  bezug: 
in  einem  snöden  stalle 
din  bette  waz  ein  krippe. 

Heinr.  V.  Neustadt  yottes  zuk.  2086  Singer; 
da  ■was  ain  esel  und  ain  riud 
in  ainem  stal, 

dz  was  des  fiirsten  hofgesind 
für  Adams  val. 

Wackernagel  kircherd.  2,  «.  699»>  (902,  9); 
schönstes  kindlein  in  dem  stalle. 

P.  Gerhardt  nr  113,  29  Goedeke; 
zeuch  in  mein  herz  hinein 
vom  stall  und  von  der  krippen. 

hannov.  gesangb.  26,  4. 

vgl.  die  unterfränk.  redenaart :  dar  war  ah  schont  in  stohl 
VC  Bethlehem  {als  'ochse',  von  einem  dummen  Tnenschen). 

RUCKERT  176. 

b)  sonst  begegnet  stall  in  geistlichem  sprachgebrauche 
besonders  in  icendungen,  die  die  fürsorge  gottes  oder  Christi 
unter  dem  bilde  eines  hirten  darstellen :  ich  wil  .  .  .  die 
übrigen  in  Israel  zu  hauff  bringen,  ich  wil  sie,  wie  ein 
herd,  mit  einander  in  einen  festen  stall  thun.  Micfia  2, 12; 
und  ich  habe  noch  andere  schafe,  die  sind  nicht  aus 
diesem  stalle.  Joä.  lo,  IG; 

damit  sol  er  sf  alle 

bringen  z5  dem  stalle. 

der  stal  bezeichent  die  Christenheit. 

spec.  eccleg.  148, 178. 

ähnlich  auch  schafstall  {vgl.  tlieils,  2048):  dannenher  füren 
sie  (dt«  bischöfe)  den  hirtenstab,  dasz  ist,  das  befolhen 
wort  gottes :  dardurch  sie  die  befohlnen  schäfilein  .  .  . 
weisen  zu  dem  ptärch  oder  stal  Christi,  darumb  sie  auch 
pfarer  oder  pfärcher  von  dem  befohlnen  pferch  oder 
schaiTstal  Christi  . . .  genent  werden.  Stumpf  Schweytzer 
chron.  Söl*»; 

er  wollt'  in  gottes  schafstall  ziehen  (volebat  in  ovüe  ecdeaiae 
iiürare).    Günther  bei  Steinhacm  2,  657. 

c)  grosz  ist  die  zahl  sprichwörtlicher  redeweisen.  beson- 
ders häufig  begegnet  die  wendung:  wan  die  kuhe  gestolen 
ist  (die  ochsen  gestolen  seynd)  macht  man  den  stall  zu. 
Krämer  dict.  2,  904»;  januam  claudere  accepto  damno,  den 
stall  zuthun,  wann  die  kuh  hiiiausz  ist.  Dent/.ler  l,  345*. 
2, S?!**;  stall  zu  thun,  wann  die  kuh  schon  hinaus,  lut. 
eonsilium  «alubre  sero  exequi,  Curt.  Nil  iuuut  amissa  clau- 
dere septa  grege.  Ahin.  glos».  609;  den  stall  verschlissen, 
wenn  die  kuh  hinaus  ist.  er  macht  den  stall  zu,  wenn 
die  kuh  gestohlen  ist.  Steinoacii  2,667.  Fribcii  2,816'. 
in  sprichieörtersammluTtgen :  sera  in  fundo  parsimonia, 
den  stal  zfithun,  so  die  kfiw  hinausz  ist.  S.  Franck  i,  76», 
ebenso  «,  47*  mit  dem  xtmats :  das  heyszt  nach  der  schlacht 
streiten,  zfi  spat  kommen  pulver  und  blei  so  die  stat 
gewonnen  oder  verloren  ist;  mit  ausführlicher  erläuterung 


bei  Eyering  l,4l4jf. ;  es  ist  vergebens,  dass  man  den 
stall  zu  thut,  wenn  die  kuh  gestohlen  ist.  Lehmann  bei 
Wander  4,  7C8,  4,  s.  auch  Eiselein  401.  in  der  litteratur: 
ir  wölt  erst  den  stall  zu  thün,  so  die  kflw  hinausz  sein. 
Schade  sat.  u.  pasqii.  3,  I4i,  22;  zületst  giengen  den 
münchen  die  äugen  auff,  fielen  jrer  übergab  unnd  ver- 
kauffung  in  ein  rew,  wollen  den  stal  züthün  wie  vor  die 
von  Ulm,  als  die  küe  schon  herausz  war.  S.  Franck 
chron.  der  Teutschen  (1539)  ZU^; 

nu  wil  den  stal  ich  machen  zu, 

so  mir  ist  hin  kalb  und  die  ku. 

H.  Sachs  23,  7, 14  Qötze. 

eis.  wSnn  s  küej(e)l  fürt  is(t),  wurd  d(e)r  stall  zu  gemacht 
'wenn  das  vermögen  verpraszt  ist,  hört  das  lustige  leben 
auf.  Martin -LiENHART  2,  588''.  an  stelle  der  kuh  wird 
das  pferd  genannt:  war  umme  slüst  du  den  stal,  als  de 
page  is  enwege?  {quid  stabulum  claudis,  sonipes  dum 
perditns  ipse?)  Tunnicius  1328;  man  thut  den  stall  zu, 
wenn  das  pferd  fortgelaufen  ist.  Simrock  9807,  t-^^ 
Wander  4,769,33;  vergebens  ist  es,  den  stall  erst  zu 
be.schliessen,  wenn  die  rosse  schon  heraus  sind.  Arnim 

7,  27 ;  so  schon  .- 

mich  dunkt,  er  hab  ein  tumben  muot, 

der  nach  der  rossen  diupstäl 

alrerst  besliesen  wil  den  stal.    Bonbr  22,82; 

wer  erst  beslust  den  stal, 

so  er  die  pferd  verlurt, 

der  ist  nit  wol  gesturt.    Altswert  179,  6. 

andre  thiere:  nun  der  wolff  die  gens  gefressen  hat,  habens 
den  stal  zu  gemacht.  Luther  \\,  121,  i  Weim.  ausg.;  es 
hilfft  nicht,  dass  man  den  stall  schleust,  wenns  vieh 
herauss  ist.  Lehmann  bei  Wander  4,  767,  l.  unbestimmter 
%ind  unbildlicher:  man  sol  den  stall  verwahren,  ehe  der 
schad  geschihet.  Petri  Oo4».  Henisch  1531,  53.  für  den 
stall  schlieszen  begegiien  zuiveilen  andre  ausdrücke :  ei,  het 
wirs  also  gemacht,  wollen  den  stall  pauen,  quando 
anseres  ablati.  Luther  20,120,6  Weim.  ausg.;  den  stall 
wollen  bawen,  wenn  der  wolff  die  schafe  gefressen  hat. 
tischr.  427*  bei  Wan  der  4,  769,  32;  wenn  man  den  stall 
bawet,  wann  die  schaf  .gefressen  sind,  ist  kosten  und 
arbeit  verloren.    Lehmann  s.  ebenda  768,  22    {vgl.  ferner 

8.  15.  18.  29);  hierbey  aber  nahm  mir  vor,  durch  diesen 
schaden  klug  zu  werden,  und  ins  künftige  mein  geld  und 
kostbarkeitcn  besser  zu  verwahren,  auch  niemals  wieder 
einen  gantz  fremden  menschen  in  meine  dienste  zu 
nehmen,  also  gieng  mirs,  wie  es  der  gemeine  lauff  mit 
sich  bringet,  und  man  im  sprich  wort  zu  sagen  pflcizct ; 
iilsdenn  bessert  man  den  stall ,  wenn  die  pferde  heraus 
sind.  Plesse  i,  175. 

d)  tveitere  Sprichwörter  tt.  ähnl.     zunäclist  in  bezug  auf 

den   vnrldichen  stall:    man  gehet  niemals   in   den   stall, 

man  find  einen  groschen  darin.   Petri  Nn  2".    Henisch 

1727,  20.  Simrock  9809.    {der  sinn  ist,  dasz  der  stall  gedeiht 

und   ertrag   bringt,   wenn   der  herr  oft  nach  dem  rechteu 

sieht.)    wann  er  recht  in  stall  sihet ,   werden  die  kälbcr 

blindt.  EoENOLFi"  106».  —  man   musz  gemach  vom  stall 

auszreiten.  Pethi  Oo2»;  sachte  von  dem  stall,  föhrt  den 

ganzen    dag    wall.   Wander  4,  708,  19  {Münsterl.).    —   iu 

andern   Wendungen  hat  der  stall   mehr  typische  oder  bild 

liehe  bedeutung:  miste  vorher  deinen  stall!  Eiselein  57i. 

{volksm.).  Simrock  980S  {deinen gesperrt).  Wander  4, 769, :;i: 

jetzt  oft  mit  bezug  auf  die  antike  sage  von  Herakles:  diu 

stall  des  Augias  misten.  31.    vgl.  dazu:  unmöglich  konnte 

der  taubenrost  von  so  geraumer  zeit  ...  so  schnell  aus 

gefegt  . . .  werden.  .  . .  der  stall  des  Augias  schien  dagegen 

ein  kinderspiol.  Hippel  8  {kreuz-  u.  quer*,  i),  91; 

ehmals  wollt'  ich  in  hast  ausmisten  den  stall  dos  Auireias. 

Platen  i:t>'' 

s.  auch  marmorstall  und  misten  8,  theil  6,  1668.  22(.i). 
men  sal   neine  worste  soken  in  des  hundcs  stal.    {sunt 
quaerenda  canum  in  stabulo  farcimina  nunquam.)  Tun- 
nicius 619.  —  es  ist  vich  und  slal.  Luther  sprichw.76 
(vgl.  ff.  94— 96);    similia    cau.ta,    similis  ^ectus,    gleiche 
schwär,  gleichs  gewicht,  gurr  als  gaul,  viehe  als  stall. 
Nas  il  pretlig  (1572)  s.  894»;  es  ist  vihe  als  stall,  dignum 
patello  cooperculum.  Eoenüli'f  104»;  wie  die  frauw.  also 
die  magd.  ...  es  ist  eben  vieh  als  stall,   gurr  als  gaul,  .^, 
mann  als  rose,  deckel  wie  der  haf  {toj>f).  maul  wie  salat,  i , 
da  der  esel  die  distel  frasz.    wann  gleich  mit  gleichem  |, 


60J 


STALL 


STALL 


606 


leycht,  und  ander  einer  deck  ligt.  105»;  so  stall,  so  viehe. 
Petri  Sss'';  wie  stall,  so  vieh.  Simrock  9806;  nd.  so 
stall  so  vaih.  Woeste253*;  so  stall,  so  vaih;  so  lue,  so 
kaü.  Wander  4,  768,  20  {graf seh.  Mark),  ausgeführter:  es 
ist  stall  wie  vieh,  sagt  jener,  fand  ein  floh  im  hindern.  3; 
so  mügen  sie  jren  Heintzen  weiter  lassen  von  der  sachen 
schreiben,  weil  sie  keinen  bessern  wissen,  .  .  .  sind  auch 
zwar  nicht  werd,  das  sie  einen  bessern  haben  solten,  es 
ist  viehe  und  stal ,  sprach  der  teufel ,  und  treib  seiner 
mutter  eine  fliegen  in  den  hindern.  Luther  teider  Sans 
Worst  H  3''  (s.  38  nmidr.).  —  es  gehen  viel  geduldiger  schafe 
in  einen  stall.  Kramer  dict,  2,  90i*,-  es  gehn  vil  gut  schaf 
in  einen  engen  stall.  Oarg.  s.  146  neudr.  (8.  cap);  et  staan 
veele  frame  peerde  in  enem  stall,  ico  eintracht  ist,  können 
viele  räum  haben.  Dähnert  457*.  dazu  auch:  de  kann 
nig  im  engen  stall  staan,  er  mtisz  alles  kostbar  und  vollauf 
hohen,  ebenda,  vgl.  brem.  wb.  4, 989. 

e)  an  die  letzteren  xcendungen  schlieszt  sich  eine  sehr  ver- 
breitete redeiceise:  nymer  ynn  einem  stall  stehen.  Luther 
sprichw.  450;  nicht  in  einem  stall  stehen,  nit  in  gleichem 
joch  ziehen.  Egenolff  sprichw.  Sls""  {danach  Schottel 
1124'');  schön  unnd  fromb  seyn,  steht  selten  inn  einem 
stall,  dann  man  läszt  das  schön,  spricht  man,  nit  fromb 
seyn.  341'»;  sie  ziehen  nicht  in  gleichem  joch.  sie  stehen 
nicht  in  einem  stall,  so  mancher  kopff,  so  mancher 
sinn.  Eyerirg  3,309;  oft  in  der  litteratur  in  dem  sinne 
'nicht  zu  einander  passen,  sich  nicht  vertragen,  uneinig, 
feindlich  sein':  denn  die  zwei  kommen  sonst  nicht  mit 
einander  überein,  stehen  nicht  bei  einander  in  einem 
stall,  gottes  gnade  oder  geschenke  geben,  und  abverdienen. 
Luther  15,  384  Erlanger  ausg.;  denn  gottes  ehre  und  unser 
ehre  können  nicht  beisammen  in  einem  bette  liegen, 
also  auch  können  gottes  name  und  unser  name  nicht  in 
einem  stall  stehen  mit  einander.  38,230;  inn  diesem  evan- 
gelion  helt  Christus  gegen  einander  die  gottliche  Weisheit 
und  der  menschen  Weisheit,  das  sie  sich  nicht  mugen 
mit  einander  vertragen ,  stehn  auch  nicht  ynn  einem 
stall  mit  einander.  32,105,21  Weim.atisg.;  dann  der  gross 
graf  von  Tengen  und  diser  herr  Hanns  Jacob  stuenden 
nit  in  einem  stal  und  wolt  sie  graf  Christof  von  Werden- 
berg nit  zusamen  lasen.  Zimm.  chron.^  3, 137,  31 ;  die  creutz- 
herm  zogen  sich  an  käyser  Ludewigen,  der  damals  mit 
dem  bapst  nicht  in  einem  stalle  stund.  Schütz  beschr. 
der  lande  Freussen  68» ;  wir  zwei  stehen  nicht  in  einem 
stall.  JuL.  WoLFF  der  raubgraf  (1886)37; 

myn  ra&tter,  herr,  die  müsz  ich  schlagen  .  .  . 
sy  flächt  uns  offl  schentlichen  all; 
wir  stondt  nit  glych  mit  ir  im  stall. 

MuRNER  narreiibefchw.  95, 131. 

den  positiven  ausdruck  sie  stehen  in  einem  stall  belegt 
Wander  4,  769,  38  aus  S.  Franck  (zeytb.  143'»,  nicht  zu 
finden),  darauf  beruht  wol  auch  die  tcendung:  damit  dass 
durch  die  hilf  des  almächtigen  gots  und  unser  zütön 
unser  eidgnoschaft  gmeinlich  und  einhellig  in  einen  stal 
und  wesen  komme,  und  in  kfinftigen  ziten  grösserer  unfal 
und  uneinikeit  vermiden  werden.  Anshei.m  3,  473,  25. 
vgl.  femer  stallen  3. 

f)  andre  Wendungen  begegnen  gelegentlich'  in  ähnlich 
typischem  sinne:  unde  de  gylde  geven  dem  hertoghen 
Hinricke  ore  seggele  unde  breve.  ...  o  de  dummen  ossen, 
do  schetten  se  alto  vel  messes  in  den  stal!  d.  städtechron. 
16, 305,  6  (Braunschio.  schichtb.) ;  ich  will  euch  das  noch 
in  kürze  berichten.  ...  die  gäule  laufen  rascher,  wejm 
es  dem  stalle  zugeht.  C.  F.  Meyer  d.  heilige  223.  —  über- 
tragen, im  ausgeführteren  bilde:  den  schönen  lauf,  den 
ihr  söhn  gerade  zum  geheimenrath  und  gesandten  an- 
setzte, so  auf  einmal  halte  zu  sehen,  und  rückwärts  mit 
dem  thierchen  in  den  stall  I  Göthe  16,108;  armer  tropf  I 
aus  dieser  läge  reissen?  .  . .  und  auf  mehr  raffinirt  dein 
fingerhut  voll  gehim  nicht?  und  damit  trabt  deine  mähre 
zu  stalle?  Schiller  2,  39.  230  (räuber  i,  2  bezw.  1,6); 

hett  ich  schon  hundert  tusent  brieff 
und  dem  rechten  stetz  noch  lieff, 
80  ist  es  mit  eym  dreck  versigelt 
und  ist  der  äff  im  stall  verrigelt. 

Murner  gchelmevz.  2,  32  (».  9  neudr.) ; 

die  (frau)  ist  herr  im  haus,  gat  zä  kirchen  und  strasz 
her  brangen,  .  . .  wer  si  nit  kent,  der  hats  für  erber,  so 
si  schon  darvor  vil  stall  durchloffen  hat.  Schade  aat.  u. 


pasqu.  2,  139,  27;  dasz  die  englische  süsze  aurikel  mich 
aber  gern  unter  euch  sieht,  dem  wäre  schwerer  zu  wider- 
stehn,  wenn  man  nicht  im  stalle  angehalftert  stünde 
und,  da  mein  minister  nicht  hier  ist,  ich  geradezu  davon 
laufen  müszte.  Zelter  an  Goethe  5,277; 

so  denkt  nicht  heut'  an  eure  plage, 
zieht  eure  sorgen  in  den  stall! 

Novalis  1,  222  Meitzner. 

5)  der  gewöhnliche  begriff  von  stall  wird  in  verschiedener 
iceise  ericeitert. 

a)  im  altn.  bedeutet  stallr  auch  krippe,  s.  Fritzner^ 
3,  519*  (4) ;  und  so  heute  im  engl,  diese  bedeutung  ist  viel- 
leicht an  2,  g  'gesteW  anzuschlieszen.  auch  in  nhd.  glossen 
dient  stal  oft  zur  wiedergäbe  von  praesepe,  ja  noch  bei  Dasy- 
PODius  xmd  Kl  LI  AN  xeird  es  damit  erklärt,  s.  3,a;  doch 
ist  fraglich,  ob  praesepe  hier  nicht  einfach  im  simie  von 
stabulum  genommen  ist. 

b)  stall  zuweilen  auf  die  darin  befindlichen  lebenden 
Wesen  angewendet,     die  thiere,  im.  bilde  (vgl.  tmten) : 

(böse  hinder)  vergifilen  sich  und  ander  kindt: 
thet  man  sy  nit  en  weg  geschwindt, 
sy  solten  wol  den  gantzen  stal 
rydig  machen  überal. 

Murner  sehelmenz.  41, 15  (s.  58  neudr.). 

das  dienstpersonal :  der  stall  war  in  bestürzung.  das  liebste 
reitpferd  des  fürsten  war  ein  weiszer  Ivenacker.  als  der 
reitknecht  am  morgen  zu  dem  pferde  trat,  fand  er  ihm 
auf  der  brüst  ein  groszes  schwarzes  herz  gemalt.  Freytag 
7,  226  (handschr.  4,  4);  der  stall  hat  befehl,  ihnen  zu  jeder 
stunde  einen  wagen  bereit  zu  halten,  wenn  sie  . . .  eine 
reise  in  die  umgegend  wünschen.  234.  vgl.  auch  marstall 
unter  3,d,ß. 

c)  schafe  werden  anstatt  in  gedeckten  stallen  des  sommers 
tcährend  der  nacht  oft  in  offnen  bürden  untergehacht. 
diese  werden  im  allgem^nen  von  den  stallen  unterschieden 
und  neben  ihnen  genannt;  selten  rcird  stall  in  diesem  sinne 
gesagt  oder  damit  gleichgesetzt,  so:  stall  (der)  pferrich, 
caseale,  casealis,  clausum,  praesepe,  staJndum,,  praesepium. 
Maaler  SSS"*;  die  hurten  sind  versetzliche  stalle  (pferche) 
in  welche  die  schäfflein  getrieben  werden,  dafem  der 
schafTstall  weit  abgelegen  ist.  Comenius  sprachenth.  412.  — 
ähnlich  upstall  'an  einigen  orten  eine  iceide  mit  einer 
leichten  mehr  offenen  einzäunung,  worauf  gewöhnlieh  pferde 
getrieben  werden,  und  daselbst  auch  des  nachts  unter  der 
auf  sieht  eines  Wächters  oder  hüters  bleiben'.  KrOnitz  169,171. 

d)  die  stalle  toerden  im.  allgemeinen  von  vorratsräum^n, 
wie  speichern,  schuppen,  böden  u.  s.  w.  unterschieden,  s.  be- 
sonders 3,  c,  ß.  dasz  stall  auch  für  diese  gesagt  tcerde, 
läszt  sich  nicht  mit  Sicherheit  belegen;  doch  nähert  es  sich 
vereinzelt  einer  solchen  bedeutung ,  z.  b.:  sie  (die  kapelle) 
ward  als  ein  schuppen,  ja  fast  wie  ein  stall  behandelt, 
brennholz,  stangen ,  geräthschaften ,  tonnen  und  leitern, 
und  was  man  nur  wollte,  war  übereinander  geschoben. 
Göthe  21,  20  (wanderj.  l,  2).  (doch  eis.  stall  für  heuboden, 
s.  Martin -Lienhart  2,588''.)  deutlich  liegt  diese  bedeu 
tung  dagegen  vor  iji  einer  reihe  von  Zusammensetzungen ; 
SO:  holz  st  all,  s.  theil  i,2,VS\,  locus  ad  condenda  ligna 
in  domo.  Frisch  2,  316»;  in  den  holzstall  herab!  Kleist 
i,iiO,ib  E.  Schmidt;  heustall,  theil  i,2,l^i,  r^?.  KrO- 
nitz 169,170;  miststall,  theil e,2^i(?) ;  kutschenstall, 
theil  5,2889,  vgl.  KrCnitz  .57,417. 

e)  tcenn  stall  auf  menschliche  tcohnräume  angexcandt 
wird,  so  kann  darin  die  alte  weitere  bedeutung  vorliegen, 
s.  oben  2,  d.  doch  icird  im  nhd.  eher  Übertragung  von  3 
aus  anzunehmen  sein,  wobei  dann  die  verächtliche  färbung 
sich  von  selbst  versteht,  deutlich  liegt  3  zu  gründe  in  fol- 
gender bildlichen  tcetidung : 

der  Sünder  ist  des  thiers  und  aller  teaffel  stall. 

SiLKsiü?  Cherub,  wandersm.  6,  27. 

so  wird  stall  in  der  Umgangssprache  allgemein  als  aus- 
druck der  Verachtung  gesagt  (doch  noch  getcöhnlicher  Zu- 
sammensetzungen wie  saustall) ;  besonders  aber  findet  sich 
stall  in  einigen  spezielleren  bedeutungen. 

d)  dahin  gehört  vielleicht  die  anwendung  auf  die  tcelt 
bei  Luther,  s.  2,d;  deutlicher  die  ebenfalls  im,  16.  jahrh. 
begegnende  auf  die  höUe:  und  wenn  du  gleich  in  himmcl 
steigen  köndtest,  wolte  ich  dich  doch  wider  in  die  helle 
hinunter  stürtzen,  denn  du  bist  mein,  unnd  gehörest  auch 
in  diesen  stall,  volksb.  v. Faust  a.  34  neudr.   vgl.  dazu  noch: 


607 


STALL 


STALLAHNLICH—  STALLBAUM 


608 


{loannes  Florentius)  lag  einmahl  an  seinem  fenster,  unnd 
Bähe  wie  der  sewhirt  die  schwein  in  stall  wolt  treiben, 
weil  aber  die  nicht  in  denselben  wolten  gehen,  sagt  der 
hirt,  geht  in  den  stall,  wie  die  Juristen  und  procuratores 
in  die  helle  gehen.  Zincgref  apophthegm.  4,  98  (s.  auch 
Wander  4,786,6). 

/!/)  in  der  Stralsunder  chronik  up'n  stall  selten,  ins 
gejUngnis,  s.  Dähnert  467».  so  schon  im  mnd.  des  ii.jahrh., 
s.  ScHiLLER-LüBBEN  4,353*':  hebben  ghelovet  ene  rechte 
vengnisse  in  to  körnende  to  dem  Sunde  up  der  heren 
stal  unde  nicht  qwiit  to  wesen,  se  en  sin  in  stocken 
unde  in  yseren.  hans.  U7-Jc.  2,  s.  646  (vom  j.  1368).  später 
dafür  die  Zusammensetzung  brummstall,  s.  theü  2,430, 
besonders  'ehemals  beim  inilitair  das  gefängnisz  der  Soldaten 
bei  den  haupttcachen'.  Krünitz  169, 167/. 

y)  jetzt  in  der  soldatenspraclie  für  den  verschlag  des 
Unteroffiziers.  HoRN  s.  100. 

S)  in  der  Berliner  volksspracJie  für  die  schule.  Hans 
Meter  der  rieht.  Berliner^  iiS^:  schtall  unterrichtsanstalt 
Brendicke  Berliner  wortsch.  in^;  nach  dem  stalle  gehen. 
Wander  4,769,37. 

e)  vgl.  auch  die  Zusammensetzungen  schäferstall 
(^Ä.  8,2011  — ?)  und  weiberstall,  haretn:  zwar  hätte  er, 
als  ein  musulman,  sich  wenigstens  zwey  bis  drey  weiber  . . 
zulegen  mögen,  ohne  dass  weder  der  imam  von  Mekka, 
noch  der  grosse  lama  in  Tibet  . . .  sich  sehr  daran  ge- 
ärgert hätten,  denn  jeder  dieser  würdigen  herren  hatte 
ihrer  noch  viel  mehr  in  seinem  weiberstalle.  Wieland 
8,  23  (Danischm.  2). 

STALL,  m.  harn  der  pferde  bezw.  der  akt  des  harnens, 
vgl.  das  (zweite)  verb  stallen,  der  Ursprung  dieses  wortes  ist 
unbekannt,  doch  darf  man  wol  an  kelt.  stalto-,  bret.  staut, 
staot  FiCK*  2,  312,  erinnern,  die  andern  germ.  sprachen 
zeigen  etwas  abweichende  bUdung:  engl,  stale  (bei  Pals- 
GRAVE  1530),  s.  Skeat  589'';  hoU.  stalle,  /. ;  stalle,  vetus, 
lotium,  urina.  Kilian  2,628'';  mnd.  stal,  m.  Schiller- 
LObben  4,  353*,  und  neutr.  6,  270».  im  nhd.  erst  von 
Adelung  (l.  der  stall)  gebucht,  doch  schon  im  16.  jahrh. 
bezeugt:  wann  ein  pferdt  zu  vil  faules  blüt  hat,  das  er- 
kenne also:  es  reibt  sich  geren,  ...  auch  der  stall  ist 
dick  und  rot.  Seuter  roszartzn.  (1.599)  59.  eine  handschr. 
roszarzneik.  des  16.  jahrh.  führt  Schm.*  2,  746  an.  noch 
ältere  belege  zeigen  kleine  abweichungen.  schwache  flexion : 
ein  ros  .  .  .  das  den  lautem  stallen  hat.  ebenda  (vomj.  i.WS, 
über  den  sinn  s.  unten);  als  fem.  bei  Albrecht  (1542), 
a.  unten,  dazu  das  pferd  ist  über  den  stall  gegangen, 
ist  über  die  zeit  zum  stallen  hinaus  auf  den  beineti  gewesen. 
Höfler  kranklieitsnamenb.  671";  verhaltner  stall,  zurück- 
gehaltner  urin,  anuria.  671'' :  w&nn  klöpffer  den  stall  ver- 
halten, so  brenne  bonenstroh  zu  pulver,  und  send  es, 
gibs  dem  pferde  fein  warm  ein.  Coler  haush.  l,  366*. 
(vgl.  dazu  über-  und  verstallen  und  stallen  5,  e.)  besonders 
lauterer  stall  (vgl.  oben):  für  die  lauter  stall,  nim  erlin 
laub  und  mach  das  zu  pulver,  und  gibs  dem  pferd  zu 
essen.  Albrecht  roszarzn.  (1542,  auch  1638)  28;  der  lautter 
stall  ist  änderst  nichts,  als  wann  das  pferdt  das  wasser 
gleicher  gestalt,  wie  es  das  getruncken,  wider  lauter 
harnet  Seuter  105;  den  lautern  stall  betreffend,  ist  es 
eine  solche  kranckheit,  davon  das  wasser  also  lauter  vom 
pferd  gehet,  wie  es  eingetruncken  worden,  aus  unver- 
möglicher  dauung  der  blatter.  Hohberg  2,  209*,  s.  auch 
ZiNCKE  öcon.  lex.^  1061.  Adelung.  Höfler  671*;  auch  als 
Zusammensetzung  lauterstall,  s.  theil  6,d8S.  Krünitz 
M,  446/.  169,  170;  nd.  lutterstall  (=  lutter-mige).  brem. 
wÄ.  6,  884.  dazu  ferner  not h stall  liarnzicang ,  ischuria, 
#.  Höfler  671*;  vor-fitall  671''. 

STALL,  m.,  bergmännisch  für  stollen,  a.  das. :  dasz  die 
bergicute  alle  schachte  an  diesem  berge  . . .  gesencket, 
wie  auch  der  stall  zeiget,  welchen  sie  zur  lincken  band 
\n  den  berg  getrieben.  Henelii  Silesiographia  l,  809  (l704); 
wenn  man  weiter  bey  das  dorff,  Hascll  genannt,  kommt, 
findet  man  wiederum  viel  alter  schachte  und  stalle.  . . . 
wie  denn  noch  ein  stall  unweit  der  Sachsen-mUhlo  on- 
verfallen  stehet.  . . .  dieser  stall  ist  bey  ßo  lachtcrn,  und 
hat  s  bisz  «  ttrecken.  Oenda.  die  flexion  ist  stark  und 
aehwaeh:  du  ert«  in  diesem  staU  ist . . .  schifcr.  *.  Bio; 
weiter  teynd  aalT  dem  hohen  berge  diesem  stallen  gleich 
Aber  viel  alte  hallen,  ebenda. 


STALL.iiHNLICH,  adj.:  die  ritterschaft  befehdete  sich 
raubend  auf  Unkosten  der  bauernschaft ,  welche  neben 
oder  unter  ihren  bürgen  in  stallähnlichen  hütten  an 
gesiedelt  war.  Schlosser  weltgesch.  8,  i^. 

STALLAMPEL,  /.  ampel  um  den  stall  zu  erlvdlen :  schon 
als  knabe  knetetest  und  dreh'test  du  das  Wachsbild  deines 
Schutzpatrons  . . .  und  dann  . . .  warffst  (du)  den  zusammen- 
gedrückten erzritter  in  die  stallampel,  dasz  er  doch, 
wenigstens  durch  seine  ursprünglichen  bestandtheile, 
nutze.  Veit  Weber  sagen  6, 113. 

STALLAMT,  n.  l)  'die  sämmüichen,  einem  marstaUe  vor- 
gesetzten personen.'  Campe,  auch  (ober)marstallamt,  vgl. 
Krünitz  169,  172/.;  lassen  sie  sichs  nicht  reuen,  dasz  sie 
unserm  stallamt  länger  haben  kredidiren  müssen,  als  sie 
wollten.  MusÄus  physiogn.  reisen  1,  42. 

2)  ein  amt,  eine  stelle  an  einem  marstaUe.  Campe. 

STALLANLAGE ,  /.  soxcol  für  das  anlegen  eines  Stalles 
ioie  für  die  stalle  selbst  in  bezug  auf  ihre  anordnung, 
bauweise  u.  s.  w. :  von  stallanlagen  sind  die  wichtigsten 
die  für  pferde  und  rinder.  Heyne  hausaltert,  l,  178. 

STALLAPFEL,  m.  'apfel,  der  von  einem  beim  stalle 
stehenden  apfelbaume  getragen  wurde' .  ünger-Khull  steir. 
wortsch.  568''. 

STALL  APOTHEKER,  m.  bei  einem,  marstalle  angestellter 
apotheker,  der  die  arzneien  soicol  für  das  staUpersonal  wie 
für  die  kranken  pferde  zu  bereiten  hat.  Krünitz  169, 173. 

STALLATZUNG,  /.,  für  stallfütterung,  vgl.  das. ;  als  be- 
Zeichnung  bestimmter  tceiden  (in  der  nähe  der  stalle  für 
vieh,  das  zur  nacht  im  stalle  stehtt):  ebenso  ist  auch  das 
mähen  in  den  Waldungen,  maissen  und  stallatzungen  . .  . 
verbothen.  tirol.  weisth.  2,  244,  6  (handschr.  v.  1818);  berech- 
tigte sümmerung  auf  der  stallatzung.  die  viehgattungen, 
welche  auf  der  stallatzung  zu  sümmern  berechtigt  sind, 
werden  auf  folgende  beschränkt:  a.  die  sommerkühe  .  .  . 
246,39/./  (unberechtigt  sind)  1.  die  pferde,  welche  . . .  die 
gassen  und  nahe  stallatzungen  durch  ihren  genauen  ab- 
bisz  beschädigen  ...  3.  alles  andere  galtvieh,  welchem  um 
so  mehr  die  stallatzungssümmerung  abgesprochen 
wird,  weil  ein  gleiches  hierin  auch  die  gemeinde  Strengen 
zu  thun  sich  herbeigelassen,  mit  welcher  wir  an  der  stall- 
atzung im  genauen  vereine  uns  befinden.  247,  12.  17 — 20; 
wurde  in  dem  jähre  1804  . . .  der  12.  punkt  mit  dem  be- 
merken ganz  einhellig  aufgehoben ,  dasz  diejenige  par- 
theien,  welche  ihr  viehe  während  der  alpenzeit  auf  den 
stallatzungen  auftreiben,  sind  verbunden,  für  dieses  vieh 
einen  eigenen  hirten  aufzustellen,  s.  277,  anm. 

STALLAUSMISTEN,  n.  (vgl.  stall  3,e):  dan  hacken  und 
reuthen  war  seine  disciplina  militaris,  . .  .  wie  auch  das 
stall  auszmisten  seine  adliche  kurtzweile  und  turnier- 
spiel. Simplic.  1, 11,  31  Kurz  (l,  l). 

STALLBAND,  n.,  vgl.:  stal-band,  capistrum.  Kilian 
2,  628». 

STALLBANN,  m. :  in  dem  sogen.  Geiszgrat  ist .  . .  die 
klauenseuche  ausgebrochen,  stallbann  wurde  verhängt. 
Berner  tagebl.  v.  18.  juli  1898.    vgl.  stallsperre. 

STALLBAU,  m.: 

sein  stall-  und  gartenbau,  sein  hof,  und  seine  wacht, 
war  seiner  boheit  gleich  und  zeigte  fUrstcnpracht. 

GoTTSCHBD  ged.  8,  46S. 

jetzt  nur  für  das  erbauen  eines  stalle». 

STALLBAUM,  m.,  vgl.  stellbaum.  l)  mhd.  stalboum, 
groszer  u>aldbaum,  a.  Lexer  handwb.  8,  1180.  nachtr.  ;i69. 
J.  Grimm  gramm.  2, 1009.  mythol.  686  (*608).  teitschr.  f.  d. 
alterth.  16, 257/    zeifschr.  f.  d.  phil.  9,  824: 

di  winto  hul)en  sich  da, 

•i  zevalten  di  ormaren  stalboume. 

RolandtUed  840,87; 

als  da  einen  italboum 

ein  grAser  wint  rtleret.   Ottokar  rttmehr.  16184; 

da;  manic  starker  etalbouni 

von  den  winden  cereig.    8S809. 

8)  nhd.  tu  stall  8,  'in  den  pferdeatällen,  ein  atarker  bäum, 
welcfien  man  zwischen  den  pf erden  btfeatiget,  damit  sie 
nicht  tuaammrn  können'.  Adelung.  Jacobsson  4,  •60'', 
vgl.  Krünitz  169,  178:  longurius,  ein  hebobaum,  ein  stall 
bäum.  COHViNiR  fons  latin.  871'';  i-acerra,  atipaa,  ad  quem 
alligatur  in  atabulo  equus,  ein  stalbanm.  TO*';  pferd-  oder 
stallbaum,  vectis,  ronftis  transveraarius.  Stiklek  lU; 
barra.  abarra  di  atalla.    Kmavi '^  ''•-•'  9,904'';   longuritta. 


e09   STALLBEAMTER— STALLBRUDER 


STALLBRUDER 


610 


eine  dicke  stange,  so  man  zwischen  zwey  pferde  im  stall 
legt,  dasz  sie  nicht  zusammen  kommen  können.  Frisch 
2,316*;  ebenso  nl.  stal-boom,  vacerra,  longw-ius:  stipes  ad 
quem  aüigatur  in  stabulo  eqtius:  repagtdum.  Kilian  2,628*. 

3)  nd.  stalbom  =  stelböm.  Lübben  mnd.  handtcb.  373*, 
s.  stellbaum. 

STALLBEAMTER,  m.  angestellter  bei  einem  staUamt. 
Krünitz  169, 173. 

STALLBEDIENTER,  m.  der  bei  einem  {pferde)staUe  als 
kutscher,  reitknecht  u.  s.  w.  angestellt  ist,  auch  stalldiener. 
Krünitz  169,173:  so  mögen  .  .  .  die  herrschafften  daraus 
vernehmen,  welchergestalt  auf  die  stallbedienten,  reit- 
knechte  und  gutscher  acht  zu  haben.  Hohberg  2, 157'', 
vgl.  Jablonski  unter  Stallmeister;  hierauf  folgten  .  .  . 
6)  acht  stallbediente,  deren  jeder  zwey  schöngeputzte  reit- 
pferde  seiner  gnaden  führte.  Siegfr.  v.  Lindejib.*  2,  228; 
nebenher  zu  beyden  selten  der  kolonne  giengen  die  übrigen 
livree-  und  stallbediente  seiner  gnaden.  229. 

STALLBEDIENÜNG,  /. .-  der  reitknecht  des  prinzen  .  . . 
hatte  zugleich  mit  der  übrigen  stallbedienung  ein  pferd 
seines  prinzen  besorgt,  welches  dieser  vor  kurzem  ...  er- 
halten. Frettag  7,  226  {handsehr.  *,  4). 

STALLBEDÜRFNIS,  n..-  das  unterbringen  der  leute 
macht  mir  allerhand  Schwierigkeit,  und  Hanne  hat  schreck- 
lich viele  Stallbedürfnisse,  die  der  Russe  nicht  kennt. 
BiSMARCK  br.  an  s.  braut  nr.  302. 

STALLBESCHAUER,  m.  ■  nam  demnach  einen  grossen 
balcken,  lüde  denselben  den  beiden  stallbeschaweren  auff, 
unnd  sprach,  secht  da,  ich  schenck  euch  diesen  frisischen 
hengst.  Oarg.  s.  206  nettdr. 

STALLBESEN,  m.  'ein  besonders  gut  gebundener  besen 
mit  kurzem  reisig  und  starkem  stiele,  den  stall  axiszukehren  . 
Krünitz  169, 174;  als  stall-besem  schon  bei  Zincke  öcon. 
lex.^  277:  und  wenn  das  Marannele  sagte:  'Aloys,  du 
bischt  6  braver  bua',  da  schaute  er  nicht  auf  nach  ihr, 
sondern  kehrte  mit  dem  stallbesen  so  heftig,  als  wollte 
er  die  Pflastersteine  aus  dem  boden  kehren.  Auerbach 
dorfgesch.  l,  5.  —  in  der  Studentensprache  für  ein  dieTist- 
mädchen  (l84l),  s.  Kluge  studentenspi:  127'*. 

STALLBESTAND,  m.  bestand  an  vieh  im  stalle :  ihren 
stallbestand  und  wie  sie  melken  {milch  geben),  hatten  sie 
sich   bald   erzählt.   Gotthelf  1,374  Vetter  {bauemsp.  37). 

STALLBLIND,  adj.  'von  pferden,  blind  vom  langen  stehen 
im  dunkeln  stalle'.  Campe,  mit  veneeis  «m/Maaler,  der 
jedoch  schreibt:  staalblind,  als  ein  stier  der  nie  ausz  dem 
stal  gelassen.  382"*.  diese  Schreibweise  führt  auf  die  Ver- 
mutung, dasz  staalblind  (durch  eine  ort  assimilationf)  aus 
staarblind  entstanden  und  dann  infolge  volksetymologischer 
deutung  zu  stallblind  getoorden  sei,  vgl.  staarblind,  sp.  2&iff. 
{besonders  1,  b,  sp.  267).  so  sclion  mnl.  staelblint  neben 
staerblint ;  stael-blind.^and. sicamb.  vel  stock-blind,  prorsus 
caecus.  stael-blind  peerd,  eqtius  in  oculo  laesus.  augstal, 
germ.  vitium  in  oculo,  Gesnero  didtur.  nostrates,  inquit, 
vtdntis  oculi  ab  actito  aliquo  ligno  infixo  den  aug-stal 
vocant.  KiLiAN  2,  626*.  vgl.  Franck  etym.  woordenb.  951 
(unfer  staar).  «6er  dies  augstal  vgl.  theil  i,  815 f.  Höfi.er 
krankheitsnamenb.  671*.  es  enthält  vielleicht  einesdte  neben- 
form  zu  staar,  tcorauf  dann  auch  stallblind  beruhen  könnte. 
{s.  Forer  Geszners  thierb.  135''.)  —  'stallblind  heiszt  (t?i  Wies- 
baden) ein  mensch,  der  ohne  erfahrung  ins  leben  tritt,  von 
den  stallblindcn  . .  .pferden  übertragen.'  Kehbein  nachtr.  52. 

STALLBOCK,  m.  'bock  zum  bespringen  f  ünger-Khull 
668'';   vgl.  das  pfälzische  stalbog  (?)  tcidder.  Schm."  2,  746. 

STALLBODEN,  m.  l)  der  boden  eines  stalles :  {die  mägde 
sollen)  morgens,  wann  sie  gemolcken  haben,  gar  eygen- 
lich  (sorgfältig)  die  gruben  und  löcher  auff  dem  stall- 
bnden  auszfüllen.  Sebiz  feldb.  96. 

'')  bodenraum  über  einem  stall,  zur  aufbetcahrung  von 
I.  Stroh  u.  dergl.;  westfäl.  stallbüan,  m.  Wo  ESTE  253*. 

-^TALLBRUDER ,  m.  genösse,  kamerad;  eigentlich  icol 

mit  jemand  dieselbe  tcohnung  hat  {zu  stall  2,  d,  also 

'j'tnz  vne  geselle  und  kamerad),  in  demselben  dienst  steht. 

filfn.   als    rechtliche   einrichtung    in    der   ableitung    stall- 

'    i^dralag  Cleasby-Vigfusson  587''.    Fritzner'  s,  519*, 

AuiRA  in  Pauls  grundr.^  3, 166;  auch  in  den  neunord. 

..{»rächen:  norw.  stall-  und  staalbroder  {daher  als  xcaffen 

bruder  verstanden)  Aasen  747*,  schtced.  stall-,  dän.  stald- 

broder  {in  altdän,  Volksliedern  auch  von  frauen,  a.  zeitachr. 

X.  2. 


/.  d.  phil.  5,  mf).  nl.  stal-broeder,  stal-gheselle  vd  rot- 
gheselle,  commilit{i)o ,  contubemalis.  Kilian  2,628*  {mit 
belegen  inderanm.);  vgl.  auch:  schräm,  stalbroeder,  birrtis. 
G.  V.  D.  Schueren  teufhonista  (1475,  clev.  mundarf)  343* 
Verdam.  Dief.  gloss.  75».  mnd.  stalbroder  Schiller- 
Lübben  4,  355''.  6,  270*;  SO  auch  brem.  wb.  4,  989;  stallbröder 
'leute,  die  in  einerley  diensten  stehen'.  Dähnert  457».  im 
hd.  erst  im  15.  jahrh.  nachzuiceisen  und  besonders  im,  16. 
häufig  belegt:  contubemalis  . . .  stalbruder.  Dief.  gloss.  748» 
{voc.  theuton.  Nürnb.  1482),  s.  auch  Lexer  handwb.  2, 1131. 
ScHM.'  2,  746.  belege:  auf  dem  weg  ward  mein  stalbruder 
herr  Achatz  Frodner  krank.  Eozmitals  reise  192;  alsbald 
mein  herr  das  thet,  do  wolt  mein  stalbruder  herr  Achatz 
Frodner  und  ich  nit  bei  jnen  bleiben;  und  namen  Ur- 
laub. 196;  zu  dem  {Wütcolt)  geselt  sich  Fridrich  von 
Waidenfels  zu  Liechtenwerg ,  der  auch  vier  pfert  het, 
wurden  stalbrüeder,  zugen  mit  einander  in  die  March  zu 
dem  genannten  margraven  Hansen.  Wütcolt  v.  Schatim- 
burg  s.  34  Keller;  dieselbigen  schickten  etlich  ir  stal- 
brüeder gein  Rom  umb  den  solt.  Aventin  cÄron.l,  1173,26; 

WEIS  trag  ich  auf  der  hende? 

ein  gleslein  mit  külem  wein; 

wem  6ol  ichs  aber  bringen? 

dem  liebsten  stalbmder  mein.   Uhland  voOcsl.  217, 

ähnlich  wunderh.  1, 159  Boxberger;  das  gedieht  ist  über- 
schrieben: der  vortreffliche  stallbruder.  so  besonders  in 
der  anrede:  da  nun  die  kürszner  das  sahen,  rafften  sie 
louffent  hefftig :  ir  lieben  guten  stalbruder,  kumen,  kumen 
{kommt) !  Etdensp.  s.  87  neudr.  (55.  hist.) ;  zuletzt  ein  wurzel 
antwurt  'ir  stalbruder,  welche  under  euch  hat  itzt  geredt?' 
Schade  sat.  n.  pasqu.  3,  37,  31  {ti.  ö..  s.  die  anm.  s.  240); 
{beim  zutrinken .)  es  gilt  dir,  lieber  guter  stalbruder,  lieber 
guter  freund,  lieber  vetter,  liebe  basz.  Pe^rarcÄa  (i55l)l6''; 
jr  meine  schlampampische  gute  schlucker,  kurtzweilige 
stall  und  tafelbrüder.  Garg.  s.  15  neudr.;  da  ruffet  Keib- 
kamp:  holla  jhr  stallbruder,  . . .  beweiszt  mir  genad.  361; 

ei  lieber  stalbruder,  wo  gehört  ir  zn  haus? 

lustig  gespr.  der  teufel  (1542)  b  1»  (Schade 
sat.  u.  pasqu.  1,  61); 
du  mein  lieber  stalbruder  {sagt  etn>  landsknechi  tum 

andern),    meisterl.  f.  23,  nr.  208; 
ach  du  lieber  stalbruder  mein,  .  . . 
las  dir  das  gleszlein  befohlen  sein. 

Arim-aser  liederb.  85, 1  (Uhland  volksl.  218, 
vgl.  auch  Garg.  s.  138  neudr.) ; 
ach  mein  lieber  stallbruder, 
nun  hör  mir  fleissig  zu. 

127,  2  (Uhland  229,  8;  Garg.  1. 139); 
je  einer  zu  dem  andern  sprach: 
'frisch  auff!   lieber  stall  bruder  mein, 
huy  unkeck:  zahl  mir  ein  mas  weinl' 

Fischart  dicht.  2, 157  Kurz  {flohes  zanck  845). 

stallbruder  scheint  besonders  der  spräche  der  landskneehte 
angehört  zu  haben,  und  so  ist  es  geradezu  eine  bezeichnting 
dieser  geworden  und  toird  von  ihnen  gesagt  ohne  beziehting 
atif  den  sprechenden,  ähnlich  tme  geselle,  bursche,  kumpan, 
zugleich  mit  dem  nebensinn  eines  guten  zechers  {vgl.  oben 
Garg.  s.  15) :  her  Wilwolt . . .  sach ,  wie  sich  die  gueten 
gesellen  das  meistail  cleefisch  und  geldrisch  stalbrüeder 
waren,  so  ritterlich  werten.  Wütcolt  v.  Schaumburg  s.  102; 
es  wer  nitt  gut  dz  all  kouflüt  also  weren.  es  müsten  die 
guten  stalbruder  sunst  übel  gekleidet  gon.  Eulensp.  s.  56/. 
neudr.  (36.  hist.);  ein  frenckischer  göter  stallbruder  was 
in  eim  solchen  brauch  kommen,  das  er  meint,  er  mfiszt 
allen  tag  zum  wein  gan  und  sich  voUsauffen.  roUtcagenb. 
101,  i  Kurz;  wo  hat  der  jungherr  sein  pferd  stehen?  ho, 
kein  guncker,  ein  armer  stallbroer.  Garg.  s.  68  neudr. ;  so 
wollen  wir  sie  wie  ehrliche  stallbruder  zu  jhrem  schaden 
empfangen,  dasz  sie  den  boden  küssen  müssen.  407; 

nun  wil  ichs  fr51ich  heben  an  .  .  . 

von  siben  stalbrfidem  die  saszen 

in  einem  offnen  wirteshaus. 

Uhland  volksl.  nr.  198, 1; 

feb,  magdtl  mach  in  die  stuben  warml 
esetz  Jen  tisch  mit  brot  und  wein  I 
ich  merck,  das  gut  stallbruder  sein. 

H.  Sachs  fastn.  sp.  1,  s.  116, 40  nettdr. 

in  lat.  Übersetzung :  quot  fratres  stallorum  (sie  enim  nomi- 
nabantur  conducti)  habent  in  civitate?  Joh.  Buschiüs 
de  reform,  monast.  bei  Leibnitz  Script,  rer.  Brunsw.  2,  951. 
vgl.  atich:  underwegen  uff  einem  grünen  acker  fand  er 
Ulenspiegel  ligen,  den  grüszt  er,  und  fragt  in  was  er  für 

39 


611 


STALLBUBE  —  STALLDACH 


STALLDECKE  —  STALLEN 


612 


ein  stÄlbrüder  wer.  Eulensp.  s.  97  neudr.  (64.  hist).  ein- 
reibe ausMufer  finden  sich  noch  in  neuerer  zeit,  so :  ach ! 
mein  ehrlicher  freund  und  treuer  stallbruderl  ich  musz 
vor  freude  fast  vergehen,  da  ich  dich  wieder  sehe.  Hol- 
berg 1, 4.  theütoeise  liegt  auch  kiutstlidie  emeuerung  vor : 
hast  du  denn  gar  nichts  gehört  von  den  fetthammeln 
jenseit  am  Rhein  vom  stallbruder  Franz  {sagt  ein  Schaf- 
hirt von  einem  andern)?  Arnim  6  {scJuiub.  2),  267 ;  da  kennst 
du  meinen  guten  stallbruder  nicht,  ebenda,  die  altern 
nhd.  tpörterbilcher  verzeichnen  das  loort  nicht,  die  neuem 
auf  grund  der  altem  stäche:  stallbruder,  fratres  staUo- 
rum,  nominabantur  milites  conducti  ...  ist  eigentlich  so- 
viel als  camerade.  Frisch  2,  316*;  bei  Cküpe  als  veraltet. 
Heynatz  Antibarb.  (1796)  2,  «O/.  bemerkt  dazu:  'man pflegt 
es  wohl  mitunter  so  zu  gebrauchen,  als  rvenn  es  stahl- 
bruder  oder  stehlbruder  hiesze.  Campe  scheint  es  vom 
Pferdestalle  herzuleiten,  wenn  er  sagt,  es  könne  wohl  nur 
von  Stallknechten  gebraucht  icerden;  allein  es  tcard  ehemals 
von  Soldaten  gesagt,  die  eine  gemeinschaftliche  Schlafstelle 
hatten',  (im  wb.  giebt  Campe  die  richtige  erklärung.)  im 
preusz.  noch  im  19.  jahrh.  lebendig:  stallbruder,  genösse, 
kamerad.  Frischbier  2,361'»  {nach  Mühlino). 

STALLBÜBE,  w.,  stallbub,  soubsvallet  d'estable.  Hulsius 
.^OS*»;  stallbub,  roszbub,  stabularius.  Stieler  254;  stall- 
bube,  stall-jung,  m.  ragazzo,  mozzo  di  stalla.  Kramer  dict. 
2,  904^ ;  junger  mensch,  der  bei  den  pferden  im  stalle  dient, 
Stallknecht.  Campe  {als  veraltet,  aber  wieder  erneuert),  be- 
sonders im  16.  jahrh. :  er  get  von  ersten  ettwenn  zä  eynem 
stalbüben  oder  knecht,  und  spricht,  lieber  ich  wölt  gern 
für  den  herren.  Keisersbero  bilg.  (1512)  205*;  wiltu  leren 
ein  menschen  erkennen,  so  nim  war  was  cleider  er  an 
hab,  ob  er  gang  als  die  höben  und  trag  zwey  örlin  an  dem 
harret,  was  letz  die  stalbüben  nünmen  {nicJit  mehr)  er- 
dencken,  das  tragen  die  ratzherren  und  die  fürsten.  sünden 
des  muiids  54»;  was  tzu  gottis  dienst . . .  gestifft  ist,  musz 
itzt  denn  stalbuffenn,  maultreibernn,  ja,  das  ichs  nit 
grober  sag,  romischenn  hurn  unnd  buffen  dienen.  Luther 
6,  257,  20  Weim.  ausg.  {von  den  guten  werken  1520);  hodie 
videmus  von  unsern  junckerleyn,  qui  praedicatores  libenter 
ad  summam  servitutem  truderent,  zw  stalbüben  zw 
machen.  32,208,32;  und  (sie)  sollens  von  solchen  leiden, 
die  sie  jtzt  nicht  ansehen  und  nicht  gerne  zu  stallbuben 
betten.  467,  21 ;  dann  was  ir  uns  armen  eseln  aufgelegt 
band,  haben  wir  alles  müszen  tragen  und  seind  biszher 
von  euch  ringer  gehalten  worden  dann  die  stallbuben. 
Schade  sat.  u.  pasqu.  3, 136,  21  {vom  j.  1524) ;  es  begab 
sich  . .  .  junckfraw  Angliana  allem  hofgesind  . . .  das  new 
jar  gab,  ...  und  dem  wenigsten  under  den  stalbüben, 
ward  ein  schönes  schnauptöchlin.  Wickram  goldf.  C  2^ 
(cop.  6,  toerke  2, 281,  5  Bolte); 

auch  tbut  mich  in  dem  hertzen  gremen 

das  mir  der  stalbub  vor  acht  tagen 

ein  altes  wammes  hat  entragen. 

H.  Sachs  3,  3,  38*  {fastn.  sp.  8,  ».  72  neudr.); 

und  die  herrn  tons  nicht  allein, 

etwan  ein  stalbub  darf  in  baszen. 

Seb.  Wild  trag,  von  d.  doctor  mit  d.  esel  1,  v.  111. 

dann  wieder  in  neuerer  zeit:  wenn  aber  die  stallbuben 
ihre  schlingen  und  sprengsei  im  stroh  aufstollen,  da  bleibt 
auch  mancher  {sperling)  hängen.  Arnim  8,192; 

sab  ich  ihn  so  durch  unsre  straszen  ziehn, 
da  rief's  in  mir :  dem  muBzt  du  dienen,  dem, 
und  wär's  als  stallbub. 

Grillpar/br*  7,  6  {weh  dem,  der  lügt  1). 

STALLBÜRSTE,  /.  bürste  zum  reinigen  der  pferde. 
Krünitz  169,174. 

STÄLLCHEN,  n.,  deminutiv  tu  stall  (8),  vgl.  ställelein: 
st&lialein,  aeu,  ställchen,  das.  Stieler  2118;  {ohne  ttm- 
laut:)  ställelein,  stauchen,  n.  staUetta.  Kramkr  dict.  2,904"; 
jeden  morgen  schlich  die  alte  zu  dem  ställchen  und  rief 
'Hansel,    streck   deine   fmger  heraus'.    Grimm  märchen 

'•  "  ("'■•  "):  da  bauet  mir 

•in  bftascbon  fBr  mich  selbst,  ein  ställchen  fllr  die  rosse. 

L.  H.  Nicolai  verm.  ged.  8,  98; 
and  zur  mbe  blies  der  sanhirt, 
jeder  kroch  in«  niedre  itflilchen. 

Hbink  2,  56  Elster  {Wünneb.  1). 

STALLDACH,  n. .-  diesen  {topf)  nahm  er  dann  . .  .  und 
warf  ilm  Über  dos  slalldach.  Lkophkchtinu  au»  dem 
Leehrain  *». 


STALLDECKE,/,  i)  decke  eines  stalles;  2)  decke,  die 
7nan  im  stalle  über  die  pferde  deckt.  Campe. 

STALLDIENER,  m.,  vgl.  stallbedienter.  Krünitz  169, 174: 
Heinrich  . . .  verwünschte  innerlich  die  herzoghchen  stall- 
diener.  Herm.  Kurz  8, 128. 

STALLDIENST,  m.  dienst  in  einem  marstaUe,  und  zwar 
soivol  das  amt,  die  stelle,  tcie  auch  die  zu  verrichtende 
arbeit.  Campe: 

man  sagt,  er  sei  bisweilen  mit  verwegenen 

heiratsgeaanken  umgegangen  —  es  war  damals 

80  ein  lachendes  pumpelcnen  hier,  für  den  stalldienst. 

MöRiKE  ged.^  244. 

bei  der  cavallerie :  stalldienst,  von  der  Wartung,  pflege  und 
behandlung  des  pferdes.  instrucHonsbuch  für  den  cavalle- 
risten^  {Hann.  1876)  *.  38  {überschr.). 

STALLDIRNE,  /.,  für  stalhnagd,  besonders  bair.-österr. : 
jener  {don  Quixote)  hielt  bettlerherbergen  für  kastelle, 
eseltreiber  für  kavaliere,  stalldirnen  für  hofdamen.  Heine 
8,  427  Elster;  da  schallte  vom  brunnen  her  ein  lautes 
lachen,  die  Traudel,  die  halbblöde  stalldirne,  sasz  dort 
auf  dem  tröge.  Anzengruber^  2, 173;  es  war  das  {futter 
streuen  für  das  geflügel)  sonst  jeden  frühmorgen  die  erste 
sorge  der  bäuerin  gewesen  . . ,  die  stalldirne  hat  es  wohl 
nur  heut  aus  erbarmen  mit  dem  vieh  übernommen.  8,  31. 

STALLDUNG,  m.,  v^ri.  Stalldünger  «?id -mist:  am  räth- 
liebsten  ist  zwischen  ihm  {plaggendung)  und  dem  stall- 
dünge  abzuwechseln.  Schwerz  anl.  zum  pracf.  ackerbun 
(1823)  1,  201. 

STALLDÜNGER,»!.;  schaafmist.  er  ist  ohne  anstanl 
als  der  kräftigste  aller  Stalldünger  zu  betrachten.  Schwer/. 
anl.  zumpract.  ackerbau  (1823)  1, 125.  —  dieser  umstand  ist 
um  so  weniger  zu  miszkennen,  als  eine  stalldüngung 
erst  nach  einigen  jähren  .. .  wiederholt  werden  musz.  17'.). 

STALLE,  /.,  a.  stal. 

STALLECKE,  /. ;  er  {der  klostermeier)  hatte  viel  knechte 
und  mägde  und  rosz  und  zugvieh  und  gedieh  wohl,  denn 
die  kupferbraunen  schlangen,  die  in  stall  und  hof  nisteten, 
pflegte  er  rechtschaffen  und  liesz  die  milchschüssel  in 
der  stallecke   nie   leer  werden.   Scheffel  Ekkeh.  s.  280. 

STALLEICHE,  /.  alte  eiche,  unter  der  gerichtsversamm- 
lungen  gehalten  werden;  mnd.  stalöke,  so  im  erzstift  Bremen  . 
actum  juxta  castrum  Hagen  prope  queicum  vulgaritcr 
staleke  nuncupatum,  s.  zeitschr.f.  d.  phil.  9,225;  hier  war 
die  berühmte  stalleiche,  der  gerichtsplatz  der  Osterstader 
und  Bramstedter.  Kobbe  Bremen  u.  Verden  1,  78. 

STALLEIMER,  m.  eimer,  der  im  stalle  gebraucht  vnrd, 
insbesondere  um  das  icasser  zum  saufen  für  die  pferde 
herbeizutragen.  Krünitz  169, 176/. ;  der  hofschulze  wusch 
in  einem  stalleimer  voll  wasser  . . .  sich  bände  und  pe- 
sicht.  Immermann  Münchh.  1,136  (2,1);  hier  ...  unter 
Strohhaufen,  pittoresken  und  nicht  nach  alpenflora  duften- 
den düngerhügeln,  nicht  minder  stark  parfümirten  stall- 
eimern  wurden  sie  von  einer  kleinen  frau  begrüszt. 
Gutzkow  ritter  v.  geiste  1,66. 

STALLEIN,  adv.: 

den  die  säw  vor  h&rten  nicht 

wann  er  sie  stall-ein  getrieben, 

der  hat  fUrsten  jetzt  vemicht.    Logau  8,  ».  844, 

STALLEINRICHTUNG,  /.  Schwerz  anl.  zum  pracf. 
ackerbau  (1823)  1,  167;  noch  kömmt  die  stalloinrichttni;; 
dabei  in  betracht.  gedrängt  boysammen  stehendes  vieii 
erfodert  weniger  streue.  184. 

STÄLLKLEIN,  n.,  vgl.  ställchen  (6«  Stieler  und 
Kramer);  eis.  'stalele,  'stsslola;  stäUele  ist  besonders  'rin 
kleines  nebengebäude  mit  den  räumen  für  das  federvirh'. 

MaUTIN-LiENHART  2,688''. 

STALLELN,  verb.  nach  dem  stall  riechen,  in  oberd.  muiul 
arten:  eis.  ställele(n)  Martin -Lienhaht  8,  589»,  schtriih. 
stallolen  Schmiü  605,  ebenso  tirol.  Schöpf  688. 

STALLEN,  verb.  in  einem  stall  unterbringen,  im  sdille 
stehen,     das  wort   acheint   at{f  das  deutsche  sprach (/ebiet 
beschränkt,    denn  das  vereinzelte  stalla,   das  di'       '  ■-' 
annalen  tu  1418  bieten  (Cleasuy-Viopusson  687 
ebenso   tcie   das  schwed.  stalla,    dän.  staldo   ui, 
aus  dem  deutschen  entlehnt  aein.    ea  findet  aich 
aussthliestlich  in  mitteldeutsciten  quellen  und  h 
im  18.  jahrh.  {Rother  1098),  oberd.  kommt  es  trat  spule 
und  vereinzelt  i>or  {bei  Hein  mich  v.  NKUSTAnr),  im  m« 
ist  es  von  anfang  an  üblich,  ebenso  begegnet  es  im 


613 


STALLEN 


STÄLLEN 


614 


(schoji  mnl.T).  in  den  lebenden  mundarten  scheint  es  all 
gemein  verbreitet  zu  sein:  sehtceiz.  stalla  Tobler  406,  in 
Basel  stalle  Seiler  276*",  bair.  stallen  Schm.  2,  746,  tirol. 
Schöpf  698,  «feir.  Unger-Khull568'',  fcärn*.  ställn  Lexer 
238;  rhein.  Kehrein  l,  387,  hess.  Vilmar  395;  preusz. 
Frischbier  2,  361*.  nd.  stallen  Strodtmann  227/.  brem. 
if&.  4, 989.  Schütze  4, 185.  Dähnert457».  Mi  86*.  Danneil 

208*».   StÜRENBüRG  261*.  TEN  DOORNKAAT  KOOLMAN  3,298''. 

Schambach  208^.  Bauer -Collitz  98*.  stallen  berührt 
sich  vielfach  mit  stellen,  vgl.  das. 

l)  in  der  altem  spräche  hat  stallen  in  der  regel  transitive 
bedeidung  'rieh  in  einen  stall  tun  oder  im  stalle  halten', 
im  mild,  tcechselt  stallen  mit  stellen  (j>rät.  stalte)  U7id 
kann  als  nebenform  dazu  angesehen  werden;  mnd.  Icommt 
in  diesem  sinne  nur  stallen  vor.  vgl.  omcä  Weigand  2,  793. 
sfrtZn<Zare  M.  stallen,  rZ^.  stellen.  Dief.  ^Zoss.  550*;  stallen, 
in  den  stall  thun,  establer,  loger  et  mettre  ä  l'estable. 
HuLSiuS  305'';  recondere  in  stabtdum.  Schottel  1420; 
s.  ferner  Adelung  (2, 2,  2).  ebenso  nl.  stallen,  in  den  stal 
stellen,  stabulare,  in  stabulo  locare.  Kilian  2,628''.  in 
neuern  mundarten  sowol  in  den  österr.  alpenländern  leie 
norddeutsch  bezeugt,  s.  Unger-Khull  568"  {ältere  spräche). 
Lexer  238.  Frischeier  2,361*.  Dähnert  457*.  D.\nneil 
208''.  brem.  trft.  4,  989.  Stürenburg  261*.  ten  Doornkaat 

KOOLMAN    3,  298»  (l). 

fl)  gewöhnlich  mit  acc.  des  objects,  zumeist  von  pferden : 
so  der  bischove  kumet  in  die  stat,  so  sol  man  sine  ros 
stallen  in  dem  stadelhove.  Sfraszburger  stadtr.  {l3.jahrh.) 
%  90  bei  Grandidier  hi^t.  de  l'igl.  de  Strasb.  (1776)  2,78; 

die  recken  stalletin  ir  ros 

nnde  geherbergetin  üffe  dene  hof.    Rother  1098; 

sine  ros  und  sine  pfert 

lig  er  zu  den  statin 

stallin,  da  e  hatin 

dl  brüdre  ire  pfert  gestalt. 

Nie.  V.  Jeroschin  8324/.  ; 

auff  solches  freündtlichs  erbieten  gieng  Hugo  mitt  seinem 
vettern  Simon  in  sein  hausz,  und  stalt  sein  pferdt,  zoch 
seinen  hämisch  unnd  rüstung  ab.  Huge  Schappler  (1537)  5''; 
als  er  nun  sein  herberg  eingenam,  unnd  sein  pferdt  ge- 
stalt, trat  er  auff  den  palast  für  den  künig.  10'',  mit  zusatz: 

sprach :  'stall  dein  rosz,  du  harfner  stolz, 
geh,  stall  es  in  den  stall! 
ein'm  solchen  harfner  es  nicht  ziemt, 
zu  stall'n  in  königs  hall'. 

Herder  25,  239  Suphan  (tön.  E^thmer); 
wir  wollen  die  pferd'  in  des  feindes  stall  stallen. 

ped.  schulfuchg  213. 

6)  atich  vom  unterbringen  der  pferde  in  andern  räum- 
ehkeiten:  an  deme  selven  jare  quam  de  koning  Gode- 
frid  unde  Sifrid  mit  den  Normannen  . . .  unde  stalleden 
ere  perede  an  den  kirken.  deutsche  chron.  2, 155, 19  (sächs. 
vxltchron.  143);  {markgr.  Otto  v.  Brandenh.)  vormat  sik 
dummeliken,  hewolde  des  anderen  dages  sine  perde  stallen 
laten  in  den  dom  to  Magdeborch.  d.  städtechron.  7,157,5; 

ouch  so  brauten  sy  {die  yomuxnnen)  virwar 
dy  stede  Colne  und  Trire  gar,  * 
und  stalteten  yr  phert  geyn  Ache 
in  daz  palas  zu  eyner  räche. 

Kirchberg  meckienb.  reimchron.  603,6; 
die  pferde  rissen  sie  die  stieg'  hinauf, 
sie  in  die  säle  stallend. 

Grabbe  3, 123  GHsebach  (Friedr.  Barb.  1, 1). 

c)  im  mnd.  kommt  stallen  in  diesem  sinne  häufig  absolut, 
mit  auslassung  des  objects  perde,  vor,  wobei  sich  dann  die 
allgemeinere  bedeutung  'sich  einquartieren,  lagern'  ergiebt, 
s.  Schiller-Lübben  4, 357,  z.  b. .-  wanne  se  oc  volk  legghed 
up  de  Kalenborch,  dat  en  scal  in  use  eder  user  borch- 
manne  huse  nicht  stallen  weder  usen  willen.  Sudendorf 
urkundenb.  1,  s.  233,  42  («r.  428,  vomj.  1327);  in  demesulven 
iare  do  stallede  koningh  Philippus  vor  Brunswic,  over 
de  stat  blef  unghewunnen.  Lübecker  chron.  l,  79.  ebenso 
in  md.  quellen: 

und  zogin  vur  di  Balge  hin  .  .  . 

unde  stalletin  davor.    Jeroschin  5423; 

und  {die  Normannen)  czogin  mechtig  vor  daz  mere 

tibir  dy  Czene  {Seine)  mit  irme  herre, 

und  stalleten  vort  vor  Parys. 

Kirchberg  meckienb.  reimchron.  608,  48; 

der  könig  hnb  sich  uf  dy  vart, 

mit  heres  kraft  genende 

durch  czoch  er  alle  dy  Wende  .  .  . 

und  stallete  vor  Havelbergk.    639,  49. 


auch  mfid.  stellen  ^cird  in  dieser  iceise  gebraucht,  s.  das. 
daneben  vereinzelt  mit  dem  dativ: 

ir  rosz  7.ngen  sy  an  das  lant, 
den  warJ  gestallet  zehant. 

Heinr.  V.  Neustadt  Äpöllon.  13885  Singer. 

auch  noch  nhd.  absolut  gebraucht:  zihe  von  stundan  . . . 
von  dannen,  dz  du  zum  aller  lengsten  des  morgigen  tags 
in  deins  lands  grentzen  und  boden  legerst  unnd  stallest. 
Oarg.  s.  348  neudr. 

d)  von  anderm  vieh:  sollen  dieselbigen  schwein,  da  si 
änderst  betretten,  gestalt  und  eher  nit  herausz  gelassen  . . 
werden,  steir.  taid.  486, 41 ;  ob  es  sich  geh ,  das  unsers 
birten  vieh  hinab  gieng  . . ,  das  selten  si  weder  stallen 
noch  taidigen.  tirol.  xceisth.  l,  249,  15;  wer  ain  vihe  an 
seinem  schaden  vindet .  . ,  der  sol  ej  stallen,  und  ist  nicht 
gepunten,  auz  ze  geben,  man  setze  im  danne  ain  ander 
phant.  4,  392,  35  {Brixen  1378) ;  hat  aver  ainer  vihe  gestallet 
und  daz  niemant  darnach  chumpt,  so  sol  er  ez  zwen 
tag  in  seinem  stalle  haben  und  sol  ez  danne  gen  lazzen. 
393,  4 ;  {Laban)  . .  .  ladet  jn  {Eleazar)  in  sein  hausz,  und 
füret  jn  mit  sich,  und  stallet  jm  die  camele.  Mathesius 
hochzeitpred.  26'';  welcher  baus-vater  kauffet  ihm  schafe, 
und  bedencket  nicht,  wohin  er  sie  stallen  will?  Martin 
Möller  geistr.  erkl.  der  evangd.  (1729)  280*;  wo  ist  ein 
hirt,  der  nicht  sorget  für  seine  schafe?  für  das  erste, 
wie  er  sie  wasche  und  reinige,  für  das  zweite,  wohin  er 
sie  stalle.  379*;  doch  kaum  waren  die  kameele  gestallt,  — 
und  die  sättel  abgeschnallt.  Rückert  (1882)11,415(25.  wiaÄ.); 

alle  die  schar  und  ziegen  sind  mein :  viel  irren  in  thälem ; 
viel  auch  decket  der  wald,  viel  sind  auch  in  höhlen  gestallet 
{sfabulantiir  in  antris). 
Voss  Ovid  nr.  54,  65  {metam.  13,  822). 

e)  selten  und  stets  mit  besonderm  nebensinn  wird  stallen 
auf  menschen  angeicandt:  {die  bürger  von  Magdeburg) 
vengen  den  markgreven  . . .  und  vorden  on  to  Magde- 
borch .  . .  und  beholden  also  lange ,  dat  me  om  makede 
eine  kisten  van  dicken  holen:  dar  stallede  me  on  in. 
d.  städtechron.  7, 157, 17  {mit  bezug  auf  z.  7,  s.  unter  b,  vgl. 
auch  stall  5,  e,  ß); 

denn  ich  bin,  was  ihr  habt  an  unterthanen, 
mein  eigner  könig  sonst;  und  stallt  mich  hier 
in  diesen  harten  fels,  derweil  ihr  mir 
den  rest  des  eilands  wehrt. 

Shakei>p.  4,  249  {stürm  1,  2). 

2)  seltner  findet  sich  stallen  in  der  entsprechenden  in 
transitiven  bedeutung  'im  stalle  stehen,  seineji  auf  enthalt 
haben':  stallen,  gestallet,  stabulari,  sepire,  et  in  genere 
cohabitare,  nutriri.  Stieler  2118;  stallen,  stallare  eioe 
Stare  in  istalla  cioe  nell'  albergo.  Kramer  dict.  2,  904''; 
stabulari,  in  stabulo  agere.  Kilian  2,628''.  zunächst  voti 
filieren:  es  ist  auch  gar  gebräuchlich,  dasz  in  einer 
carawan  .  .  .  camehle,  pferde  und  esel  sich  befinden,  und 
offt  nahe  bey  einander  stallen  müssen.  Olearius  pers. 
reisebeschr.  301».  niclit  recht  klar  ist:  (l49l)  do  begnnde  das 
Wasser  zu  Erfforte  zu  wachsene  . . .  das  feie  luthe  musteu 
blibe  jn  oren  husern,  etliche  quomen  da  von,  dy  kowe 
swin  unnd  czegen  stalleten  jn  ore  dornczen,  etliche  uff 
dy  bodeme.  K.  Stolle  thür.  chron.  s.  172  Hesse,    so  attch: 

dasz  letzlich  sol  der  Todt  verkehrt  zum  hammel  seyn, 
und  stallen  zwischen  höll'  und  himmel  gantz  allein. 

Opitz  4,  412  {H.  GroUti»  6). 
auf  menschen  übertragen : 

dasz  ihr  sprangt  ins  haus,  .  .  . 
wie  Pfänder  euch  in  kisten  schloszt  und  kästen, 
bey  Säuen  stalltet.      Shakesp.  1,  65  (tön.  Joh.  5,  2). 

in  andern  fällen,  wo  stallen  von  manschen  gesagt  wird  im^ 
sinne  von  'lagern',  ist  eher  die  bedeutung  1  amtinehmen 
und  das  obj.  pferde  zu  ergänzen,  s.  1,  c. 

3)  sehr  häufig  ist  eine  übertragene  amcendung  von  1  und  2 
auf  menschen  in  der  formelhaften  redeiceise  (sich)  mit  einem 
oder  mit  einander,  zusammen  stallen,  (nicht)  stallen 
können,  in  der  bedeutung  'sich  vertragen',  dasz  teirklich 
diese  Übertragung  vorliegt,  beireist  das  in  demselben  sinne 
vorkommende  (nicht)  in  einem  stall  sf ehn ,  s.  stall  4,  c. 
8.  femer  stellen  und  gesteilen  (II,  1  und  III,  4,  th.  4,1, 4225/.). 

c)  älter  ist  die  von  1  ausgehende  reflexive  ausdrucks 
weise:  wenn  aber  zween  ehelente  einander  überdrüssig 
werden,  und  sich  mit  einander  gar  nicht  stallen  und  ver- 
tragen können,  hat  man  das  mittel,  dasz  eins  darvon 
sich  ins  kloster  begiebet.  Olearius  pers.  reisebeschr.  lll*; 
es  kam  dahin,  dasz  disz  ungleiche  paar  {ein  alter  mann 

39* 


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STALLEN 


STALLEN 


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und  eine  junge  frau) ,  weil  sie  sich  mit  einander  niclit 
wohl  stallen  kunten,  durch  einen  scheidebrieff  von  ein- 
ander gesetzt  wurden,  rosenth.  76»  (6,  2) ;  der  hungarische 
könig  Colomannus  . .  konte  .  .  mit  seinem  bruder  Almo  sich 
nicht  stallen,  weil  er  ihn  im  verdacht  hatte,  ob  stünde 
er  nach  der  crone.  Hahn  hiat.  (1723)  3, 134;  herzog  Wladis- 
laus  I.  von  Böhmen  .  .  .  konte  sich  mit  seinem  bruder  .  . 
durchaus  nicht  stallen.  176;  in  Neapel  nahm  ich  mein 
quartier  in  einem  andern  kloster,  weil  ich  mich  mit  den 
spanischen  Augustinern  nicht  stallen  konnte.  Winckei,- 
MANN  icerke  (18+7)  2,  410»;  mit  der  ritterei  stallte  sich  die 
bündlerei.  Jahn  2,GG1  Euler  {merke  266); 

wer  reich  wil  sein,  für  andern  allen, 
kan  sich  allzeit  mit  gott  nicht  stallen, 
o  selig  ist  /rMCÄm.  L6»(1.2,I3); 

zur  jeden  frist 
ein  ehlichs  paar 
dasz  sich  viel  jähr' 

in  einigkeit  mag  stallen.     Rist  Mwl.  lieder  8, 181 ; 
der  hat  sich  sonsten  nicht  mit  ihr  wohl  können  stallen. 

Rachel  sat.  ged.  121  (jvng/em-anat.). 

in  den  ioörterbücTiem  erst  spät  gebucht:  sie  können  sich 
nicht  mit  einander  stallen,  ferre  alter  alterum  von  potest. 
Frisch  2,  316'',  vgl.  Heynatz  unter  b.  sick  stallen  aiich 
nd.:  as  ick  mick  metten  vaur  {vater)  nich  estallen  kon. 
nd.  bauemkomöd.  s.  17  {vgl.  s.  120).  in  den  heutigen  nd. 
mundarfen  weit  verbreitet,  s.  Strodtmann  227/.  brem.  wb. 
4,989(2).   Schütze  4, 185.  Mi  86».  Danneil  208'\   Sciiam- 

BACH  267''.   BaUER-CoLLITZ  98». 

b)  in  der  neuem  Schriftsprache  gewöhnlicher  intransitiv, 
an  2  anschlieszend :  zusammen-  sive  miteinander  stallen, 
propr.  uno  eodemque  stabulö  concludere.  suh  eodem  tecto 
mansitare,  metaph.  autem  concordare,  concordibua  animis 
jungi,  und  mente  vivere.  sie  stallen  nicht  wol  zusammen, 
eorum  animi  distrahuntur ,  inimicitias  habefit,  et  gerunt. 
Stielek  2118;  zusammen -stallen,  miteinander-  ö  bey- 
einander-stallen ,  stallare,  vivere,  stare  assieme  i7i  buona 
pace  e  concordia.  die  wölfe  und  die  schafe  werden  bey- 
einander  stallen,  sie  stallen  nicht  wol  zusammen.  Christus 
und  Belial  stallen  nicht  beysammen.  Kramer  dict.  2,  904'; 
s.  femer  Wächter  1581.  Adelung  (2,  i).  Eiselein  576. 
BoRCHARDT  spricJiw.  redensarten^  1126.  vgl. :  sich  stallen, 
sich  mit  einander  stallen,  anstatt  sich  vertragen,  heiszt 
besser  (ohne  sich)  stallen,  mit  einander  stallen.  Heynatz 
Antibarb.  2, 441.  in  der  litteratur  seit  dem  17.  jahrh. :  will 
nur  noch  sagen,  dasz  es  mich  wundert,  dasz  ein  Holänder 
sich  zum  Engländer  hatt  naturalissiren  laszen ;  den  mich 
deucht,  sie  stallen  selten  zusammen.  Elisab.  Charlotte 
3,632  (17.  sept.  1715);  so  wenig  wolf  und  lamm,  oder  stier 
nnd  tieger  zusammen  auf  die  weide  gehen,  so  wenig  stallt 
schwärmerey  und  toleranz  zusammen.  MusÄus  physiogn. 
reisen  2,  67 ;  bey  solchen  gesinnungen  können  wir  wohl 
unmöglich  lang  zusammen  stallen.  3,  5 ;  Öscr  stallt  ganz 
vortrefflich  mit  ihm;  er  hat  eine  hohe  freude  an  dem 
tollen  Seefahrer.  Karl  August  bei  Merck  6ri«/«.  2, 186; 

ich  {der  Friede)  stalle  nimmermehr  mit  Trug  und  Tyranney. 
frieden«  weheklage  (1640) ; 
fUchse  stallen  nicht  mit  Wolfen, 
und  sie  sind  sich  wie  es  scheint, 
von  natur  so  spinnefeind 
als  die  Gibellin  nnd  Guclphen. 

LiciiTWER  105  {fab.  8,  18) ; 

SO  auch  in  hochd.  mundarten:  in  Basel  mit  aim  stalle. 
Seiler  276'';  eis.  MartinLienhart  2, 689»;  rheinfr.hess. 
Kehrein  1,887.  Vilmar  895;  straszburgisch : 

herr  Jeh  I  wie  däde  mier  so  guet  zuenander  stalle  I 

Arnold  pflnggtmontag  29  (1,  8). 

4)  in  den  bisherigen  Verwendungen  ist  stallen  offenbar 
eine  ableitung  tu  stall  in  der  gewöhnlichen  bedeutung 
'stabulum'.  andre  gebrauchsweisen  scheinen  dugegen  an  die 
ältere  bedeutung  stall  l  anzuknüpfen ;  stallen  kommt  näm- 
lich tuweilen  auch  in  dem  sinne  'halt  machen'  vor.  soiceit 
e»  »ieh  dabei  um  länger  dauernde  niederlassung  und  auf- 
schlagen eines  lagers  handelt,  wird  die  bedeutung  1  antu- 
nehmen und  das  object  die  pferde  tu  ergänzen  sein.  s.  l,  c. 
auch  in  andern  fällen  ist  dasselbe  objeet  theils  ausgedrückt : 
die  fler  bruodern  und  Ir  vefter  Magie  hioltcnd  nUt,  untz 
da«  «y  zwo  oder  dry  mll  geryllend ;  do  stallettend  sy  Ire 
pferl.  Haimonskinder  n,i\  Baehmann;  theils  tu  ergänzen. 
SO:  Cum.  halten!  wir  mU»en  ein  mal  auch  ttallen,  die 


ross  haben  auszgehenkt.  bisch,  ja  wol,  so  erschnaufen 
wir  auch  ein  wenig.  Schade  sat.  u.  pasqu.  3,277,3;  wir 
müszen  ein  mal  stallen.  279,  3;  maister,  dein  ross  hat 
auszgehenkt.  lasz  uns  stallen!  281,44.  doch  ist  fraglich, 
ob  hier  icirklich  daran  zu  denken  ist,  dasz  die  rosse  in 
den  stall  gebracht  werden  sollen,  und  nicht  einfach  ein 
haltenlassen  gemeint  ist.  dagegen  ist  in  folgender  stelle 
weder  an  rosse  noch  an  einen  stall  zu  denken,  da  vielmehr 
von  der  landung  der  in  einer  art  arche  schiffenden  Oimbern 
die  rede  ist: 

wi  er  sa  tas  [si]  sichar  schifften, 

unt  aufT  tem  Archmanberg  all  stallen. 

Fisciiart  Qarg.  ».  44  nendr. 
{dicht.  3,  88,  41  Kurz). 

5)  stallen  für  stellen  ist  auszerhalb  der  unter  i  behan- 
delten specialisierung  nicht  nachzuweisen,  wenn  im  altern 
nhd.  öfter  das  prät.  s t a II t e  =  stellte  oder  das  pari,  ge- 
stallt begegnet,  so  sind  das  die  regelmäszigen  alten  bildungen 
zu  stellen,  s.  das.  {nur  das  subst.  bestallung  sclieint  ein 
bestallen  vorauszusetzen,  s.  th.  1,  i65o/.  vgl.  Wächter  1581. 
s.  auch  stallung  3—5.)  das  nd.  stallen ,  staelen ,  merces 
disponere,  exponere,  expedire,  explicare  vendendi  causa. 
KiLiAN  2,628''  geht  zunäclist  auf  franz.  estaler,  6taler 
zurück,  8.  d.  zweite  stahl,  sp.  5ö3f.  und  Frisch  2,316''. 

6)  ganz  abweichende  bedeutungen  finden  sich  endlich  in 
7id.  mundarten: 

a)  gerinnen,  dick  und  hart  tcerden,  une  das  flüssige  fett 
durch  die  kälte,  brem.  wb.  4,  989  (3) ;  gestehen,  gerinnen,  von 
der  milch.  Campe  (l,  i). 

b)  ostfries.  schreiten,  grosze  schritte  machen.  Stören- 
burg 261»  (3,  zu  stall,  ein  groszer  schritt,  s. auch  Frommann 
4,  228);  nach  TEN  Doornkaat  Koolman  8,  298''  (3)  da- 
gegen: einen  satz  oder  sprung  machen,  sich  mit  einem 
schumng  worüber  hin  setzen,  springen. 

7)  unverständlich  ist  mir:  der  langweilige  Langheinrich, 
der  sich  einsetzte,  um  der  sitzweit  auszcr  dem  konterfei 
seines  gesichts  auch  eines  von  den  ländern  in  die  band 
zu  geben,  die  er  für  würdig  hielt,  dasz  er  darin  stallen 
liesz.  J.  Paul  32  {kom.  anh.  z.  Tit.  2),  93. 

STALLEN,  verb.  harnen,  von  pf erden,  seltner  von  andern 
thieren,  vgl.  das  ztceite  stall,  m.  stallen  ist  in  diesem  sinne 
seit  dem  14.  jahrh.  bekannt;  es  begegnet  hd.  zuerst  beim 
KÖNIG  v.  Odenwalde  {um  1340),  um  1400  auch  mnd.  {bei 
Gerhard  v.  Minden  Seelmann),  s.  Schiller-Lürben 
4,357».  ebenso  nl.:  stallen,  seycken  als  eyn  pert,  mingere. 
G.  V.  D.  ScHUEREN  teuthouista  373»  Verdam;  stallen,  ttrt- 
nam  proiicere,  eiicere,  vel  mittere.  vulgo  stallare,  ital. 
stallare.  stallare,  inquit  Scaliger,  dicuntur  equi,  guum  ad 
urinam  emittendam  quiescunt:  quia  quum  recenter  veniujit 
in  stabulum,  quod  stallam  vocant  Oermani,  tunc  /wc 
urinam  solent  emittere.  Kilian  2,  628''.  stallen  kommt  auch 
in  den  andern  germ.  sprachen  vor:  engl,  stale,  vgl.  Skeat 
589'';  dän.norw.  stalle  (stalde),  schwed.  stalla.  in  lebenden 
mundarten  ist  es  weit  verbreitet,  besonders  oberd.  und  nd. 
nuin  hat  diese  bedeutung  atis  den  vorhergehenden  abzu- 
leiten gesucht,  v§l. :  'die  Ursache  der  bedeutung  ist  darin 
zu  suchen,  dasz  die  pferde,  so  bald  sie  von  der  arbeit  in 
den  stall  kommen,  zu  liamen  pflegen,  oder  im  harnen  still 
stehen',  irem.  icJ.  4,  989,  ähnlich  Campe  (1,2:  still  stehen, 
um  zu  harnen;  dann,  für  harnen  selb.<)t)  U7)d  Seil M.*  2,  746. 
Heyne  knüpft  es  'an  die  beobachtung,  dasz  die  pferde  dazu 
stets  stellen  bleiben,  während  sie  festen  kot  auch  im  laufen 
auswerfen',  dennoch  ist  diese  an  sich  einleuchtende  erklä 
rung  unhaltbar:  l)  ioird  stallen  in  der  bedeutxing  'stehen 
bleiben'  von  pferden  niemals  gesagt;  2)  ist  diese  bedeutung 
überhaupt  nur  dürftig  und  unsicher  bezeugt,  s.  oben  4 :  8)  ist 
intransitives  stallen  erst  nhd.  bezeugt  und  nicht  gerade 
Mujig.  *.  8;  *)  dagegeiv  ist  stallen,  harnen,  viel  früher, 
gewöhnlicher  und  allgemeiner  in  gebrauch  und  scfteint  dem 
ganzen  germ,  Sprachgebiete  anzugehören,  mau  trird  al.to 
darin  une  auch  in  dem  entsprechenden  subst.  stall  ein 
besonderes  icort  sehen  müs.seti,  das  mit  stall  'stabulum' 
nichts  tu  thun  hat.  {so  schon  WACUTRn  168S.  tbenso 
Adeluno  i.) 

l,o)  tumeist  at{f  pferde  eingeschränkt:  stallen,  selchen, 
wirt  von  rossen  goredt,  urinam  pryicere.  Maai.rr  88i»; 
stallen,  wlrdt  auch  von  den  pfcrdon  gesagt,  wenn  sie 
brunlzcn.  Hulsius  806*>;  ttallen,  dicitur  de  rquis  min 
gentibus.  Scik"!  i  <   u«n;  dn«  pforH  \<-'^\  ^ImHiii    „<;.f„,-it 


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STALLEN 


STALLEN 


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I 


Stieler  2118;  stallen,  wird  von  pferden  gesagt,  mingere. 
Frisch  2,316'';  stallen,  heisset  bey  den  pferden  so  viel, 
als,  den  urin  von  sich  lassen.  Zincke  öcon.  lex.^  2799. 
Ä./erner  Jacobsson  7,424''.  Höfler  krankheitsnamenb.ei?!^. 
so  auch  in  den  meisten  mundarten,  s.  Tobler  406.  Schm. 
2,  746.  Schöpf  696.    n^Z.  Strodtmann  228.    &rewi.  tc&.  4,  989. 

DÄHNERT  457».  Ml  86*.  DaNNEIL  208''.  FrISCHBIER  2,  861*. 
StÜRENBURG   261*.     TEN    DOORNKAAT   KOOLMAN    3,   298''. 

Bauer-Collitz  98».  belege:  ist  es,  das  das  pferd  nit 
stallen  mag  .  . ,  so  ist  es  zu  besorgen,  das  das  pferd  sterb. 
und  der  geprest  geschieht  dem  pferd  gern,  so  man  es 
an  dem  reitten  überreitet  und  nit  laszt  stallen,  so  es 
jm  not  tat.  Mynsinger  r.  d.falken  80  Maszier;  der  ritter 
.  .  .  zä  seinen  gesellen  sprach,  mich  deucht  gut  wir  Hessen 
die  rosz  stallenn  unnd  in  eyn  wierczhausz  ritten  die  rosz 
stallen  Hessen,  unnd  alle  rosz  stalleten  auszgenomen  der 
maul  der  im  von  dem  künige  was  gegeben  worden. 
deeamer.  589, 1 — 3  Keller  (lO,  l);  ungelaidigt  ewere  gnaden, 
das  ros  hat  gestalt,  salva  gratia  equus  tirinam  fecit. 
quelle  vom  j.  1471  bei  Schm.^  2,  746;  anno  dni.  1520  im 
augusto  da  hett  ainer  ain  rosz  hie ,  das  .  .  .  hett  kain 
zagel  noch  hoden  und  auch  kain  füd,  aber  am  bauch 
da  hett  es  zwai  kleine  dittlin,  und  wan  es  stallen  wolt, 
so  gieng  ain  kurtz  zegelin  zwischen  den  zwaien  düttlin 
heraus ,  .  .  .  den  kftnd  man  nicht  sechen ,  dan  wan  es 
stallen  wolt.  d.  stiidtechron.  25,  133,  15 — 20,  s.  auch  48,  8 
CW.  Rem  1523 — 7);  wann  ein  pferdt  nit  wol  stallen  kan, 
wie  jm  zu  helfTen  sey.  etlich  legen  jnen  geschölte  zwiblen 
umb  die  blasz.  HEnnfeldb.  (i556)  138'';  that  auch  wie  desz 
keisers  rosz,  welchs  im  wasser  stallet,  gab  wo  vor  war,  . .  . 
seichet  inn  den  badzuber.  Oarg.  s.  200  neudr. ;  wann  eyn 
pferd  nicht  wol  stallen  kan  (welches  er  dan  mag  an  den 
geschwollenen  hoden  erkennen).  SEBizfeldb.iöl  (am  rande: 
wann  eyn  rosz  nicht  seychen  mag);  wann  eyn  pferd 
schwärlich  und  mit  not  stallet,  das  ist  den  kaltseych 
bekommen  hat.  155;  lasz  jhn  (den  gaut)  führen  auff  ein 
schafmist,  oder  änderst  wahin,  da  er  mög  sein  recht  thän, 
stallen  und  zürchen.  Seuter  roszartzn.  8;  wann  das  pferd 
stallen  oder  zürchen  will,  soll  maus  still  halten.  15;  und 
als  oft  der  fuhrman  still  hielt  und  die  pferde  liesz  stallen 
so  hub  der  narr  allwegen  an  zu  pfeifen.  Claus  narr 
(1602)  109;  keyser  Sigmund  ritte  durch  ein  wasser;  da 
stallete  sein  pferdt  in  dasselbige.  fieng  seiner  hoff  Junckern 
einer  an  zusagen:  disz  pferdt  hat  seines  herrn  art:  dann 
es  giesset  wasser  zu,  da  dessen  vorhin  gnug  ist.  Zinc- 
gref  apophthegm.  1,61;  wann  ein  rosz  Svaov^/ar  hat 
und  nicht  stallen  oder  seichen  kan.  Coler  hausb.l,S6ö^; 
die  reuter  lassen  einem  rosz,  wanns  nicht  stallen  kan, 
eine  feine  grosse  frische  lausz  forne  in  den  schlauch 
kriechen.  366»;  weilln  die  Berner  rosz  abiruckn  müessten: 
so  setzns  ihren  dunerischen  kopff  auff,  und  fangn  an 
wider  alle  rang-ordnung  eher  zu  stallen,  als  die  herren 
Züricher  gäul.  tintenfäszl  (i74ö)  10;  aber  als  die  Verfolger 
an  die  stelle  vor  dem  dornstrauch  gekommen  waren, 
hielten  sie  an,  und  einer  sagte,  während  die  pferde  stallten. 
Freytag  17  {bilder  i),  312; 

sie  vischen  mit  dem  miste, 
da  siehe  phert  uf  stallen. 

KÖNIG  V.  Odenwald  6,  85  {vgl.  Germ.  23,  311); 
inn  dem  stach  er  sein  merrhen  an  .  . . 
da  thets  ein  stolprer  auff  der  strasz 
das  er  verschüttet  das  harmglasz. 
der  knecht  erschrack  ob  diesem  allen, 
inn  dem  war  gleich  sein  ^usel  stallen, 
halt  stieg  Heintz  ab  und  fieng  besunnen 
inn  sein  glasz  widerumb  ein  Drunnen. 

H.  Sachs  2,4,74«; 
doch  thet  zu  meinem  glück  gleich  stallen 
mein  grawe,  da  fieng  ich  jm  härm. 

5,  854''  (/artn.  «p.  7,  76  neudr.). 

noch  heute  als  ausdruck  der  cavallerie:  woran  erkennt 
man  die  kolik?  das  pferd  ist  unruhig,  .  .  .  stellt  sich  zum 
stallen,  stallt  aber  nicht,  instruction.tbuch  für  den  cavalle- 
risten^  (ATan;».  1876)  s.  57.  »prichicörtlich :  wer  hat  dem 
wirf  geben.  ...  die  pferd  stallen  gern  wo  es  vor  nasz  ist. 
S.  Franck  sprichw.2,i29*,  s.  auch  Frisch  2,316''. 

b)  besondere  Verbindungen:  stallen  machen,  urinam  eiere, 
movere.  Stieler  2118;  ein  pferd  mit  pfeiffen  stallen 
machen,  signum  dare  equo  quod  temptis  mingendi  habeat. 
Frisch  2,816'';    die  pferde  etc.  stallen  lassen,  laaeiart 


Stallare.  Kramer  dict.  2, 904'' ;  tempus  mingendi  dare.  Frisch 
2,316''.  —  dazu  femer  die  Zusammensetzungen:  aus- 
stallen, ...  vesieam  penitus  levare.  Stieler  2118;  das 
pferd  hat  noch  nicht  ausgestallt,  equus  nondum  omnem 
urinam  reddidit.  Frisch  2,316''.  verstallen,  den  harn 
zurückhalten,  s.  das.  überstallen  'die  zeit  zum  harnen 
übersehen,  über  diese  zeit  hinaus  das  pferd  gehen  lassen'. 
Höfler  krankheitsnamenb.  671,  wofür  auch  den  stall  oder 
das  stallen  übergehen,  übertreten,  s.  unten  e.  nebenaus 
stallen  s.  2,  6  zu  ende. 

c)  stallen  steht  in  dieser  bedeutung  transitiv  in  der 
häufigen  Verbindung  blut  stallen,  mit  dem  harn  von  sich 
geben.  Campe  (II,  i),  vgl.  Höfler  671»:  ein  ros  das  plut 
stalt.  quelle  vom  j.  1505  bei  Schm.  2,  746;  wenn  ein  pferdt 
blut  stallet.  Albrecht  roszarzn.  (1542)24;  so  ein  pferdt 
blfit  stallet,  nimm  honen  mal  u.s.w.  HERR/eZd*.(i545)i39»; 
so  eyn  pferd  blut  stallet,  du  solt  jm  die  muterader  lassen. 
Sebiz  feldb.  160;  wann  ein  pferd  blut  stallet,  so  lasz  jhm 
3.  morgen  nacheinander  in  beyden  selten  die  spar  ädern. 
CoLER  hausb.  1,366*  (gleich  nachher:  oder  wann  sie  blut 
harnen);  so  ein  rossz  blut  stallet.  Tabernaemont.  614 G; 
blutpissen  oder  harnen,  ist  eine  kranckheit  des  rind- 
viehes.  .  .  .  wann  die  pferde  diesen  zufall  haben,  so 
heisset  man  es  blutstallen.  Zincke  öcon.  lex.^  374. 

d)  ähnlich  lauter  stallen:  so  ein  pfärdt  lauter  stallet, 
so  sol  man  jm  die  hals  äderen  .  . .  aufschlahen.  Forer 
Geszners  thi erb.  (1583)  136^;  lauter  stallen  oder  der  lautere 
stall,  ist  eine  pferde  kranckheit.  Zincke  öcon. /ea:.*  1616. 
s.  femer  das  zweite  stall  und  Höfler  krankheitsnamenb.  671». 

e)  der  substantivierte  inf  findet  sich  zuiceilen  für  das 
geicöhnliche  stall,  m..  besonders  in  der  Verbindung  das 
stallen  übergehen  (vgl.  überstallen  oben  unter  b  und 
stallung):  wann  das  pferd  das  stallen  übergangen  hat. 
CoLER  hausb.  1,366»;  ein  pferd  so  das  stallen  übertragen, 
und  davon  einen  fehler  bekommt,  equus  qui  lotium  nimis 
diu  continuit  et  stranguria  crudatitr.  Frisch  2,316". 

2)  stallen  wird  zuweilen  auch  von  andern  thieren  gesagt. 

a)  besonders  von  den  dem  pferde  nahestehenden  zug-  und 
lastthieren ;  nach  Adelung  von  pferden  und  eseln,  nach 
Unger-Khull  568''  von  pferden  und  rindern,  ebenso  eis., 
s.  Martin-Lienhart  2,  589*;  vgl.:  stallen  . . .  [non  si  dice 
che  de'  cavalli,  asini,  mtdi;  e  forse  de' &t«oi.]  Kram  er 
dict.  2,  904''.  doch  im  allgemeinen  nur:  das  pferd,  der  esel, 
maulesel  stallet,  ebenda;  der  maul  den  der  ritter  reyt 
der  in  dem  stalle  nicht  gestallet  het  in  dem  wasser 
stallet,  decam.  589,8  Keller  (XQ,\);  also  thet  auch  der  maul 
den  ir  mir  gäbet  an  dem  ende  do  er  stallen  solt  nicht 
stallet,  unnd  do  er  trincken  und  nicht  stallen  solt  do 
stallet  er.  23/.;  unter  des  stallet  sein  libysch  maulthier 
die  blasz  zuentlähren :  und  dasselbige  so  überflüssig,  dasz 
auff  siben  meilen  ein  flut  drausz  ward.  Garg.  s.  368  neudr.; 

ik  (der  esel)  hebbe  up  mins  vader  bein 
gestallet  dicke. 

Gerhard  v.  Minden  101, 227  Sedmann. 

vereinzelt  von  kamelen .-  ihren  congressum  nehmen  männ- 
lein  und  fräulein  nicht,  wie  etliche  sagen,  retrorsum  (ob 
schon  im  stallen  sievirgam  hinterwerts  kehren).  Olearius 
pers.  reisebeschr.  301». 

6)  stallen  ist  ferner  in  der  spräche  der  jüger  üblich. 
'stallen  . . .  wird  von  vielen  jägem  nicht  allein  vom  hunde, 
sondern  auch  vom  hirsch.  rüdden  oder  wolf  gesagt'.  Kehrein 
iveidmannsspr.  280  (axts  Stahl  forstlex.  1780),  s.  femer 
Adelung  (l).  besonders  von  hirschen:  die  Jäger  sagen 
stallen  auch  vom  hirschen,  weil  er  sich  wie  die  pferde 
beym  stallen  stellt.  Frisch  2,316''.  schon  im  ib.jahrh.: 
wa  der  hirsz  auf  ainem  sehne  gestallet  hab,  so  seicht  er 
neben  ausz  auszer  der  fart  recht  als  ain  hund,  so  stallet 
die  bind  eben  in  den  herd  als  ain  zohenn.  quelle  vom 
j.  1437  bei  Schm.*  2,746;  jtem,  wo  der  hirsch  stallet,  so 
stallet  er  allweg  neben  ausz,  ausz  der  fart  recht  als  ein 
hundt.  das  zeichen  heisset  hunds  wolff,  fuchssen.  aber 
was  ein  futt  hat,  das  seichet  eben  in  di«  fart  und  in  den 
weg.  NoE  Meurer  v.  forstlicher  oberherrligkeit  (l560)  95*', 
ebenso  Sebiz  feldb.  bl3.  vom  icildschxcein .  das  schwein 
stallet  neben  ans.  Fleming  t.jäger  loo^. 

8)  ztuceilen  vrird  stallen  in  grober  oder  niedriger  sprech 
weise  auf  den  menschen  angeicendet.  nd. .  ick  dorffte  nich 
ins  vor  de  döre  gähn,  datck  ins  stallede.  nd.  bauem- 


619 


STALLER— STALLFINK 


STALLFULLEN — STALLGELD 


620 


^omM.  9.  237.  alemann. :  {der  reiter)  sasz  fein  lang,  doch 
dasz  ein  hasz  mit  auffgereckten  ohrn  zwischen  dem 
sattel  unnd  dem  gesäsz  unangestossen  wer  durchgeloffen, 
wann  er  sich  in  stegreiff  stellt  zustallen.  Garg.  s.  279  neudr. ; 

voll  lemi  machends'  (prassen,  huren  v.s.w)  inn  und  bülen,  . . . 
vol  blater,  löcher,  krebs  und  gallen, 
das  er  nit  brünzlen  kan,  noch  stallen. 

RuFF  Euer  Heini  1630. 

so  noch  in  der  Schweiz.  Tobler  406.  sonst  als  eigenthütn- 
lichkeit  der  shtdentensprache ,  s.  Kluge  m^  (1781 — 1841): 
stallen,  uriniren,  wird  eigentlich  von  pferden  gesagt,  die 
Studenten  brauchen  es  auch  von  menschen,  und  wenn 
mehrere  aus  ihrem  mittel  nebeneinander  die  blase  ihres 
Überflusses  entschütten,  so  nennen  sie  das  general 
stallung.  KiNDi.EBEN  stud.  lex.  (i78l)  181;  daztt:  zu  den 
groben  Unanständigkeiten,  welche  um  diese  zeit  in  Gieszen 
mode  wurden,  gehört  die  generalstallung.  . .  .  jene  wurde 
so  veranstaltet,  dasz  zwanzig,  dreissig  Studenten,  nach- 
dem sie  in  einem  bierhause  ihren  bauch  weidlich  voll 
hier  geschlungen  hatten ,  sich  vor  ein  vornehmes  haus, 
worin  frauenzimmer  waren,  hinstellten,  und  nach  ordend- 
lichem  kommando  und  unter  einem  gepfeife,  wies  bei 
pferden  gebräuchlich  ist,  —  sich  auch  viehmäszig,  ich 
meyne,  ohne  alle  rücksicht  auf  Wohlstand  —  erleichterten. 
Laukhard  leben  u.  schicks.  (1792)  1,217. 

4)  ganz  vereinzelt  steht  die  angäbe  von  Seiler  Basler  nrnnd- 
art  276'' :  stalle  =  miste,  exTcremente  auswerfen,  vom  vieh. 

STALLER,  m.  der  über  den  stall  oder  die  stalle  gesetzt 
ist,  marschall.  ableitung  zu  stall,  als  bezeichnung  eines 
hohen  amts  in  den  altern  »praclien .-  altn.  stallari  marschall 
(eines  königs)  Cleasby-Vigfusson  587*,  ags.  steallere, 
stallere  Bosworth -Toller  gis'»;  auch  latinisiert  stalla- 
rins  {neben  stallere  und  constabularius)  Du  Gange  7,  577». 
mnd.  staller  'eine  hohe  obrigkeitliche  würde  in  Holstein  und 
hei  den  Eiderfriesen' .  Schiller-Lübben  4,  8,57''  {in  Ur- 
kunden des  15. — 16.  jahrh.),  dort  noch  iii  neuerer  zeit,  land- 
richterfür Justiz-  und  polizeisachen.  Schijtze  4,185.  d^her 
auch  in  nhd.  Wörterbüchern :  staller,  ist  im  holsteinischen 
ein  amts-namen  eines  hohen  amtes.  Frisch  2, 316''. 
Wächter  1582  unterscheidet  staller,  oeconomus,  und  staller, 
dttx  belli;  8.  auch  Scherz-Oberlin  155*.  nach  Adelung 
gab  es  in  der  landschaft  Eiderstädt  einen  oberstaller  als 
oberste  aiifsicht.9behörde  in  kirchlichen,  politischen  unä  öko- 
nomischen Sachen,  und  einen  unterstaller  oder  staller 
schlechthin  als  richter  für  das  erste  verfahren  in  Privat- 
sachen; daneben  bei  den  Friesen  staller  gleichbedeutend  mit 
Statthalter,  {danach  Campe.)  Tönnies  .  . .  Buchwaldt  war 
staller  (einer  der  höchsten  beamtentitel;  auch  muszten 
diese  zwei  wintermonate  den  kammerherrndienst  bei  der 
königin  in  Kopenhagen  übernehmen).  D.  v.  Liliencron  10 
ausgew.  nov.  55.  dem  hd.  scheint  das  wort  ursprünglich 
fremd  zu  sein,  nur  das  schles.  kennt  einen  stälcr  'kriecht, 
der  die  pferde  zu  füttern  und  zu  striegeln  hat;  er  steht 
zioischen  dem  pferdejungen  und  kittscher'.  Wein  hold  93». 
(Stein BACH  2,  658  giebt  ställer  [der]  stabularius,  und 
ställerey  [die]  negotium  stabularium  als  erschlossenes  Sim- 
plex zu  marställer,  -erey;  er  kennt  also  staller  nicht, 
vgl.  marstaller,  -erei,  tfieil  6, 1676/.) 

STALLESEL,  m.;  im  deminutiv:  nun  sollte  das  eselein 
unten  zu  den  knechten  gesetzt  . . .  werden,  es  ward  aber 
unwillig  and  sprach  'ich  bin  kein  gemeines  stall- 
eselein,  ich  bin  ein  vornehmes'.  Grimm  mÄrcÄen  *.  542 
{'das  eselein'). 

STALLEXISTENZ,/.:  erst  haben  wir  menschen  die 
wirklichen  tiere  getötet  oder  zu  stallexistenzen  erniedrigt, 
nun  ersetzen  wir  sie  durch  die  werke  unserer  bände. 
ti\VMAt(ti-buch  s.  78, 

STALLFEGER,  m.  expwgator  stabulorum.  Stieler  461, 
vgl.  slallpntzer. 

KTALLFENSTER,  n.  .•  die  nördliche  httlfte  {des  hauses) 
mit  dem  groszcn  schcunenthor  und  den  halbrunden  stall- 
fenstern  war  augenscheinlich  kaum  vor  Jahresfrist  gebaut. 
Storm  t,  101.  auch  im  deminutiv:  das  schwarze  kätzchen 
kam  gleichfalls  ganz  hart  am  hauso  hergeschlichen,  . . . 
esTerschwand  aber  schnell  in  dem  offenen  stallfenster- 
eben.  AuRKRACH  dorfgrseh.\,\w. 

STALLFINK,  m.:  ich  halt,  dasx  heat  manche  kSnig. 
forsten,  bftpst  und  herm  seien,  ...  die  nur  von  eim  (or- 


hüter,  stallfincken,  eseltreiber,  holtzträger,  schnapphanen 
und  kistenfeger  herkommen.  Garg.  s.  30  neudr. 

STALLFÜLLEN,  n.,  nd.  stallfale,  m.  l)  ein  fidlen,  das 
im  stall  gehalten,  nicht  auf  die  weide  getnebeti  urird;  über- 
tragen 2)  verzärteltes  kind,  auch  ein  solches,  das  Joegen 
seiner  schlechten  sitten  nicht  unter  fremde  letite  paszt;  3)  bei 
den  buchhändlern,  ein  ladenhüter.  brem.  wb.  4,  989/.  Campe. 

STALLFÜTTERUNG,  /.  'in  der  landxcirfhschaft,  die  ge- 
wohnheit,  das  vieh  im  sommer  in  den  stallen  zu  behalten 
und  daselbst  zu  füttern;  im  gegensatze  des  weidganges'. 
Adelung  ,  *.  femer  Jacobsson  7,  424''.  KrOnitz  169, 
177 — 234:  was  die  gmain  hinausz  schuldig,  es  sei  stall- 
fietterung,  steur,  zehent,  zins.  tirol.  weisfh.  3,  283, 4  {iT.jh.f, 
hier  also  die  bezahlung  für  die  fütterung  des  vielis);  es 
mag  iemand  seine  viehstücke  nach  der  allgemeinen  aus 
fahrtszeit  noch  so  spat  erst  zur  herde  stellen  oder  solche 
einmal  zur  herde  gestellte  stücke  auch  lange  vor  be- 
endigung  der  hirtschaft  auf  seine  stallfütterung  rück- 
behalten. 2, 198,  21  {handschr.  v.  1815) ;  ich  denke  mir,  wie 
dem  urstier  unbegränzte  räume  offen  standen  . .;  ich  be- 
greife ,  wie  die  allmählich[e]  thicrische  ausbildung  den 
jetzigen  {stier)  dem  joch  und  der  stallfütterung  aneignete. 
GöTHE  55,  293;  jed  thier,  das  an  stallfütterung  gewohnt 
ist  schnuppert  doch  nach  denen  frischgemähte  Wiesen- 
blumen. Bettine  dies  btich  gehört  dem  könig  223;  wenn 
man  sie  hört,  so  preisen  sie  . .  .  die  Vernunft,  und  wenn 
man  sie  sieht,  so  treiben  sie  mathematik,  logik,  Statistik, 
maschinenverbesserung,  bürgersinn,  stallfütterung  u.  s.  w. 
Heine  3,184  Elster,  von  vögeln:  die  stallfütterung  der 
unkastrierten  sänger  {der  vögel  im  bauer).  J.  Paul  54  {leb. 
Eibeis),  15.  in  neuerer  zeit  oft  atif  das  geistige  gebiet  über- 
tragen, wofür  Ladendorf  zeitschr.  f.  d.  wortf.  5,121  und 
histor.  schlagtcb.  s.  300/.  belege  giebt:  so  lange  dauerte 
Junker  Ortliebs  hauserziehung,  die  man  geistige  stall- 
fütterung nennen  konnte,  weil  er  während  derselben  von 
der  auszenwelt  nichts  zu  sehen  und  zu  hören  bekam. 
Langbein  8, 193;  nicht  für  den  witz  mag  stallfütterung 
die  beste  sein.  J.Paul  lit.  nachl.  4,  229 ;  jene  staatswirt- 
schaftliche mästungslehre ,  die  den  menschen  zur  stall- 
fütterung eingestellt  und  um  des  gewinnes  willen  sein 
leibliches  auf  kosten  des  geistigen  herausgefüttert.  Görres 
(1819)4,228  {s.  Ladendorf  o.  a.  0.);  zu  derselben  zeit 
dozierte  Adam  Müller  die  stallfütterung  der  Völker  nach 
naturphilosophischen  prinzipien.  Heine  4,  291  Elster;  im 
bilde  {von  Claurens  romanen):  köstliche  stallfütterung  für 
schafe,  die  nicht  auf  der  weide  hüpfen  können!  Haufi' 
2,  439  Reclam  {controverspred.). 

STALLGABEL,  /.  grosze  gabel,  forke,  die  im  stall  ge 
braucht  icird,  besonders  um,  den  mist  aus  dem  stalle  z" 
schaffen  (mistgabel);  auch  eine  ziceizackige  gabel  in  pferdi 
stallen,  um,  das  heu  auf  die  raufe  zti  stecken.  Krünii  / 
169,234:  heu-  oder  stallgabel.  Jacobi  Saalburg  H6. 

STALLGASSE,  /.  gasse,  durchgang  zwischen  den  pferdt 
ständen  im  Pferdestall. 

STALLGATTER,  n. .-  clatrtis  stalgatter.  Dief.  nov.  gl.  95" 
{voc.  rerum  v.  Nie.  Liebinger  zu  Landau  1466). 

STALLGEBÄÜ,  n.,  begegnet  in  Bingelheimer  akfen  von  I6f)<>, 
s.  DiEF.-WüLCKER  862.   jetzt  noch  poetisch: 
dann  trat  er  in  das  stailgeb&a, 
wo  Marke's  rosse  fraszen  hea. 
,    ,       ,       ^ ,        .         Immermann  18,  llß  ITcmpcl. 
sonst  dafür  das  folgende. 

STALLGEBÄUDE,  n.  gebäude.  das  einen  stall  enthält, 
der  stall  als  gebäude;  nach  Krünitz  169,  234/  auch  der 
marstall  mit  den  zugehörigen  gebäuden.  vgl.  das  vorige 
und  Karmarsch -Heeren' 8,  444:  in  dieser  Jahreszeit 
des  stUcken-erzählens  wurden  insbesondere  die  gestalten 
unseres  heimischen  Volksglaubens  so  lebendig  in  uns, 
dasz  wir  einmal  ganz  deutlich  den  nisz  Puk  aus  einer 
dachöfTnung  von  meines  vaters  stallgcbRude  herausgucken 
sahen.  Storm  8,  2U;  der  sohulzenhof  . . .  bestand  ans 
einem  zicgeldachhaus,  an  das  sich  nach  rückwärts  zwei 
lange  schmale  stallgebRade  anlehnten,  die  durch  eine 
Scheune  mit  einander  verbunden  waren.  Fontane  tw 
dem  Sturm  1,H. 

STALLGEBÜHR,/:  slall-gelt.  n.  •tall-gebOr, /  stalla 
Heo,  »taUaggio.  Kram  er  dief.  s,  9M^ 

STALLGELD,  n.  l)  geld.  das  man  /ttr  dm  gebrauch 
eines  frtmden  siaJUe»  tntridiM,   bssonder»  in  gos^ltfen. 


621 


STALLGENOSSE  —  STALLHASE 


STALLHELFERIN—  STALLJUNGE 


622 


Adelung,  so  schon  mhd.  stalgelt  Lexer  handwb.  2, 1131: 
do  hisch  der  wirt  nachtgelt  adir  stalgelt  von  Iren  pferdin. 
KÖDiz  43, 13.  vgl.  stallgeld,  tributum  stabuli,  jure  Argent. 
olim  alendo  equitatui.  ScherzOberlin  {icol  irrthümlich 
für  2).  nhd.  stallgelt,  tnerces  pro  stabulo.  Stieler  682, 
inerces  pro  loco  in  stabulo  meritorio.  Frisch  2, 316*,  s.  auch 
Kramer  unter  stallgebühr  und  vgl.  stallmiete,  stallgeltt 
in  Bingelheimer  akten  v.  1608,  s.  Dief.-Wülcker  862.  für 
gepfändetes  vieh .-  dagegen  ist  der  dorfvogt  verbanden,  den 
pfandstallhalter  für  iedes  gepfändete  stück  vieh  oder  ziefer 
1  kr.  als  stallgeld  zu  bezahlen,  tirol.  tceisth.  2,  246,  14; 
Avobei  für  iedes  stück  nebst  12  kr.  pfandgeld  auch  das 
stallgeld  pr.  i  kr.  dem  dorfvogt  ...  zu  bezahlen  ist.  247,  40 
Qtandschr.  v.  1818) ;  es  wurde  weiter  unterm  2.  jänner  1848 
beschloszen,  dasz  das  gepfändete  vieh  nebst  dem  pfand- 
geld auch  das  stall-  und  futtergeld  zu  entrichten  habe, 
und  zwar  für  stallgeld:  für  ein  pferd  9  kr.,  für  ein  stück 
rindvieh  8  kr. ,  für  ein  stück  kleinvieh  3  kr. ,  und  zwar 
für  einen  tag.  s.  276,  anm. 

2)  'von  stall,  bilde  oder  stelle  (s.  stall  2,  besonders  2,  e), 
ist  in  Strasburg  das  stallgeld  so  viel  icie  der  budenzins 
oder  auch  für  eine  stelle  auf  dem  jahrmarkte,  das  Stand- 
geld' (vgl.  das.).  Adelung,  vgl.  Scherz-Oberlin  unter  i 
und:  stall  zu  Straszburg,  wo  die  herren  dreyer  auf  ein- 
bringung  des  stall-geldes  zu  sehen  haben,  s.  losung,  als 
zu  Nürnberg.  Frisch  2,316».  so:  dacia  (quod  dant  mer- 
catores  de  locis  in  quo  vendunt)  . . .  stalgelt.  Dief.  gloss.lGö*; 
locarium  .  . .  stall-  s.  Standgeld.  335»,  vgl.  stand-,  statt-, 
statte-,  Stellgeld. 

3)  'stallgeld,  fr.  etablage,  engl,  stall-money,  soicohl  das- 
jenige geld,  icelches  in  groszen  Pferdeställen  für  den  mist, 
der  als  dünger  an  die  landicirthe  verkauft  icird,  einkommt, 
tind  unter  die  stallleute  oder  stalldiener  vertheilt  tcird,  als 
auch  das  sattelgeld  und  trinkgeld,  icelches  bei  geliehenen 
Pferden  den  stallletiten.  icelche  sie  aus  dem  stalle  vorführen, 
gereicht  wird,  welches  auch  hei  den  pferdeverleihem  vor- 
kommt.' Krünitz  169,  235. 

STALLGENOSSE,  m.:  nur  das  edle  rosz  des  Ratiz, 
durch  den  ruf  seines  alten  herm  und  die  nähe  des  stall- 
genossen gemahnt,  trug  den  häuptling  in  groszen  Sprüngen 
hinter  Ingram  her.  Freytag  ahnen  i,  490. 

STALLGERÄT,  n.,  -GERÄTSCHAFT,  /.,  geicöhnlich  im 
pliir.  -gerätschaften ,  alles  gerät,  was  zu  einem  stalle  ge- 
hört oder  im  stalle  gebraucht  tcird,  vgl.  Krünitz  169,  235/. 

STALLGERUCH,  m.,  sive  xiehgernch,  flatus  stabtdarius. 
Stieler  1531;  stall-gestanck ,  stall-geruch ,  m.  pttzzore, 
puzza.  tanfo  di  stalla.  Kramer  dict.  2,  904'';  'der  geruch 
in  einem  stalle,  von  dem  miste  und  der  ausdünstung  des 
viehes,  welches  darin  stehet,  und  welcher  in  die  kleider 
zieltet,  wenn  man  »ich.  darin  oft  aufhält.'  Campe:  kann 
man  denn  in  diesem  pelikan  ein  plätzchen  finden,  im 
freien,  ohne  stallgeruch?  Gvtzkov:  ritter  vom  geiste  i,  69. 
im  bilde:  nur  knaben  kommen  aus  dem  Augiasstall  des 
Welttreibens  mit  ein  wenig  stallgeruch  davon.  J.  Paul 
bei  Campe. 

STALLGESINDE,  n..  mhd.  stalgesinde  stallgenosaenschaft 
Lexer  handwb.  2, 1131 :  * 

^Christus,)  der  durch  uns  wart  ein  crippenknabe 
vor  esel  unt  vor  rinde : 
wart,  welch  ein  stalgesinde! 

Rbinmak  V.  ZwETER  Icich  182  Roethe 
(vgl.  die  anm.); 
(Christ)  lag  vor  esel  und  vor  ochsen, 
Aber  in  so  was  gedochsen 
das  hew  vor  kaltem  winde 
demselben  stallgesinde. 

Regensburger  ffefrurt  Christi  (15.  jahrh.) 
bei  ScnM.«  2,  306, 

177?.  auch  stall  i,a.  —  nhd.  für  die  gesamtheit  der  stall 
knechte  und  -mägde:  (der  staUmeister  soll)  bey  dem  stall- 
pesinde  das  fluchen,  spielen,  leichtfertigkeit ,  zanck, 
itren  und  müssiggang  beobachten  and  abstraffen.  Hoii- 
|erg  2, 158»; 

er  schickt*  hinaus  das  stallgesinde. 

Immermann  13, 116  Hempel. 
STALLGESTANK,  m..  ».  stallgeruch  (Kramer). 
STALLGRAF,  m.,  begegnet  als  Übersetzung  von  conndtable. 
STALLHALFTER,  /. 

STALLHASE,  m.,  bezeichnung  des  (zahnen)  kaninchens, 
esonders  in  mundarten:  ateir.  Unger-Khull  568'',  unter- 


fränk.  stallhos  Ruckert  174,   henneb.  stälhäse ,   stölhösa 
Frommann  4,314.  Schm.'' 2, 746.    vgl.  Wander  4,770. 

STALLHELFERIN,  /..  bezeichnung  der  dritten  diern, 
dienstmagd,  wo  deren  mehrere  sind,  in  Tirol.  Frommann 
4,  343.  Schöpf  82  (unter  diern'). 

STALLHENGST,  m.  hengst,  der  im  stalle  gebraucht  tcird. 
Zuchthengst,  beschäler,  vgl. :  stal-hengst,  equus  admissarius, 
eqtitis  em,issarius,  vtdgo  stallo.  Kilian  2,  628».    übertragen: 

so  Franckreich  .  . :  schir  ward  gericht  zu  grund 

durch  die  königin  Fridegund, 

mit  jrem  bulen  Landerich, 

so  umbbracht  könig  Cbilperich  .  .  . 

durch  hetzen  der  alten  Brunhilden, 

die  jren  stallhengst  Gonderich 

sehr  hoch  erhub  vermessenlich 

weit  über  all  landfürsten  gar. 

Fischart  dicht.  3,  75,  9  Kurz  (reveille  malin  55»). 

STALLHERR,  m.  magister  stabuli.  Stieler  811 ;  stall- 
herr,  Stallmeister,  lat.  praefectus  stabidi.  Apia .  gloss.  509 ; 
praefecti  stabtdo  civitatis  Arg.  (Straszb.)  Scherz-Oberlin 
1554  (die  dry  stalherren  in  einer  urk.  v.  1424);  'in  einigen 
oberdeutschen  gegenden,  z.  b.  zu  Zürch.  derjenige  raihsherr, 
tcdcher  über  des  rathes  marstaU  gesetzt  ist'.  Adelung,  so 
schon  mnd.  stalhere  oberaufseher  über  den  stall,  ratsherr. 
unter  dem  der  marstall  steht.  Schiller-Lijbben  4,  356'': 
dat  gy  . . .  alle  ampte  setten  helpen  myt  twen  personen, 
der  neyn  borgermester  edder  kemmer  sy,  uthbescheden 
borchheren und  stalheren.  d.städtechr.l6,35S,W(Braunschtc. 
schichtb.  1488);  vgl.  zur  bedeutung  urkundenb.  der  st.  Braun 
schireig  i,  159  (cop.  44  des  Ordinarius:  van  dene  de  dem 
marstalle  vorstan). 

STALLHOF,  m..  s.  stahlhof. 

STALLHüSTEN,  «i.  'ein  in  tinreinen,  staubigen  Stallungen 
atiftretender  pferdehtisten' .  Höfler  krankheitsnamenb.  247». 

STALLICHT,  adj.  stabtdariiis.  et  alid  significatione  mictu- 
riens:  metaph.  unanimis,  Concors,  et  adverb.  concorditer. 
amiee.  ttnanimanti  consensu.  Stieler  2118.  sonst  nicht 
bekannt. 

STALLIER ,  m.  'knecht  in  posthättsern,  der  den  Pferde- 
stall zti  besorgen  hat'  (Eisack).  Schöpf  698. 

STALLIEREN,  verb.  seinen  untcillen  laut  zti  erkennen 
geben,  schmälen,  schimpfen,  böses  nachreden,  in  süddetit- 
schen  mundarten.  schtcäb.  Schmid  505;  bair.  ställieren 
ScHM.  2,745,  schon  in  einer  hofratsordn.  v.  1624:  dasz  die  pro- 
curatores  die  fürträg  mit  heftigen  anzügen  und  stalieren 
verlengern,  s.  ebenda;  unterkämt,  stilliern  Lexer  238, 
steir.  Unger-Khull  568'';  atich  rhein.  Kehrein  1,386. 
—  daneben  findet  sich  in  demselben  sinne  skal(l)icren, 
*.  th.  10,  1, 1306  (schon  bei  Schottel  und  Stalder),  vgl. 
auch  schallieren  th.  8, 2095.  die  schon  von  Schmid  ver- 
mutete herleitung  atis  dem  ital.  scagliare  tcird  daher  zu- 
treffend sein,  (ställieren  mit  anlehnung  an  stall?) 

STALLINSPEKTOR,  m.,  scherzhaft:  seh  du  stall  inspec- 
tor,  lasz  dir  die  hand  beschauen.  Oarg.  s.  208  neudr. 
(vgl.  Stallbeschauer). 

STALLJACKE,  /.,  von  reitknechten  tmd  cavalleristen  im 
Stalldienste  getragen;  übertragen:  ist  das  nicht  Jörn  Uhl? 
bisher  war  er  eine  stalljacke  und  konnte  nicht  bis  drei 
zählen.  Frenssen  Jörn  UhliBi; 

STALUAÜCHE,  /. 

STALLJÜNGE,  m.  junge,  der  zur  besorgttng  des  viehs 
im  stalle  gehalten  tcird,  besonders  für  die  pferde;  vgl. 
stallbube.  Campe,  gar^on  d'ecurie  Krünitz  169,  236;  mnd. 
staljunge  LObben  handwb.  373''.  (beim  heer:)  über  eine 
höhe,  zogen  naher  des  keysers  läger  viel  volcks  zu  rosz, 
fusz,  wagen  .  . .,  derhalben  unsere  stalljungen,  deren  ritt- 
meister  war  angeregts  von  Schachten  feldtmarschals 
stalljung,  Hans  Han  genennet,  . ..  haben  . . .  drauff  ge- 
hawen  in  den  keyserischen  nachzug.  Kirchhof  tcend- 
tt nm.  2,  3S2  Österleg  (3,  6i);  man  helt  itzt  fast  keinen  für 
einen  guten  hoffman,  Wildschützen,  reisigen  knecht,  kriegs- 
man,  Stallungen,  etc.  der  nicht  mit  den  besprechen  unnd 
beschweren,  der  büchsen  und  wehren,  und  mit  anderer 
teuffeley  und  zauberey,  wider  schissen,  hawen,  stechen, 
und  dergleichen  Sachen,  weisz  umbzugehen.  Dan.  Schal- 
i.ER  tJieol.  heroldt  (iG04)500;  du  hast  gelitten  dasz  dein 
junger  herr,  an  statt  . . .  eines  lobgesangs  zur  ehre  gottes, 
bey  den  stalljungen  einen  weidspruch,  ein  reuterliedlein 
mit  garstigen  bossen  geflickt  gelernet.  Philander  1,613; 
die  jungen  unversuchten  Soldaten  werden  unter  die  alten 


623 


STALLKERZE  —  STALLKNECHT 


STALLKRANKHEIT— STALLLAMPE   624 


wolversuchten  verstecket  ...  die  sudler ,  die  troszbuben 
und  stall-  (pferde)  jungen  {lixae,  calones  et  eaculae)  werden 
(als  Hausdiener)  zum  auffwarten  angenommen.  Comenius 
sprachenth.  698 ,  Waser  . . .  sah  den  wirth  . .  die  tobenden 
hunde  an  die  kette  legen,  wozu  ihm  der  stalljunge  mit 
einer  pechfackel  leuchtete.  C.  F.  Meyer  Jenatsch  26. 

STALLKERZE,  /.,  in  der  älteren  spräche,  kerze  eum  ein- 
stecken in  den  kerzenstall,  letuhter,  vgl.  stall  2,  g ;  so  steir. 
stalkerze  Unger-Khull  568''  (nl.  stal-keersse  Kilian 
2,  628*  und  antn.,  vgl.  stalllicht). 

STALLKITTEL,  m.  leinener  kittel,  den  die  stallletite 
bei  der  stallarbeit  an-  oder  überziehen,  um  die  kleider 
zu  schonen,  franz.  souquenHie.  Campe.  KrOnitz  169,  236: 
1  zwilchener  stahlkitl  so  kr.  quelle  bei  Ungeii-Khull  668''. 

STALLKNABE,  m.,  für  stalljunge,  bube,  s.  Lexer 
handwb.  2, 1131. 

STALLKNECHT,  w.  knecht,  der  für  die  arbeit  im  stalle 
gehalten  xcird,  besonders  im  Pferdestalle,  valet  d'icurie,  der 
die  pferde  zu  tearten  und  den  stall  zu  reinigen  hat,  ge- 
icöhnlich  vom  reit-,  fuhr-,  ackerknecht  u.  s.  w.  unterschied^. 
Adeluno,  vgl.  Krönitz  169,  236/.  mhd.  mnd.  stal-,  axjuih 
Stalleknecht  Lexek  mhd.  handwb. 2, t\Zi.  {seit  demU.jahrh.). 
LÜBBEN  handwb.  373^,  vgl.  nZ.  stal-knecht.  stabtdarius, 
stabtdi  custos.  Kilian  2,628".  nhd.  Stallknecht,  equiso, 
stabularius  Dasypodius;  stallknächt  (der),  stabularius, 
agaso.  Maaler384';  Stallknecht,  m.  vaUet  d'estable.  Hul- 
siijs  805'';  hippocomus,  ein  stall-  oder  reutknecht,  der  der 
pferde  wartet.  Corvinus /ojis  tat.  236*;  stabtdarius,  stabtdi 
custos.  ein  Stallknecht,  Stallmeister.  634'';  famiglio,  gar- 
zone  di  staUa,  stalliere,  stabulone.  Kramer  dic<.  2, 904''; 
stabularius,  mediastinus.  Apin.  gloss.  509;  vgl.:  ein  rosz 
kämmer  (stallknecht,  equiso)  im  Pferdestall,  wenn  er  das 
pferd  mit  einer  halffter  angebunden,  oder  mit  der  maul- 
korbe (wenn  er  beissig  ist)  angehefftet,  so  butzt  er  es  aus 
mit  einer  zänichten  Striegel  (roszkam)  decket  es  mit  einer 
Pferdedecken,  mit  dem  habem  ...  füttert  es,  und  reitet 
es  darnach  zur  träncke.  Comenius  sprachenth.  460.  belege: 
so  ist  mir  nüt  lustlicher  .  . .  denne  daz  ich  iren  erden 
(der  'Johanser')  an  mich  nemme ,  wanne  leider  ich  en- 
wart  sin  nie  wirdig  daz  ich  ir  stallekneht  solte  sin.  Nie. 
V.  Laufen  an  Nie.  v.  Basel  s.  287  Schmidt  (a.  I87l);  un- 
fleissige  hirten,  Wächter,  pförtner,  büttel,  stallknecht, 
feldschützen  und  dergleichen,  tceisth.  1,488;  ja  wan  diesze 
warheyt  wurd  angefochtenn  von  den  pawren,  hirten,  stal- 
knechten,  unnd  geringen  menschenn,  wer  wolt  und  mocht 
sie  nit  bekennen?  Luther  6,275,2  Weim.  ausg.;  das  wir 
die  maultreyber,  stalknecht,  ja  hum  unnd  bubenn  zu 
Rom  mit  unserm  armut  reych  machen  mussenn.  822,28; 
{der  Samariter,)  der  den  halb  lebendigen  menschen  auff 
sein  thier  legt  . .  .  unnd  dem  stalknecht  befalh ,  sein  zu 
warten.  7,337,16;  'pasce  oves  meas'.  der  bapst  szol  des 
vihes  goths  stallknecht  seyn,  sal  uns  das  futter  furlegen. 
9,459,4;  ein  fürst  sitzt  etwan  zöspilen  mit  spilbäben, 
mit  bürgern,  ein  ritter  mit  dem  stalknecht.  Pauli  schimpf 
und  ernst  s.  115  Österley  (c.  146);  wüssend,  das  die  stal- 
knecht truncken  warend  und  entschlieffend,  das  sy  der 
rossen  kein  acht  hattend.  Haimonsk.  42, 30  Bachmann; 
dasz  heutiges  tags  ein  lackey  oder  stallknecht  eher  den 
Vergilium  ...  in  der  band  hat,  alsz  ein  paradiszgärtlein 
oder  anderes  herrliches  gebettbuch.  Philander  i,  872; 
ja  eben,  {als)  ob  Jhr  ausz  einem  bessern  taig  gebacken, 
als  der  wüsteste  stinckendeste  tropfT  und  stallknecht  auff 
erden  I  404;  ein  stalknecht  hatt  es  {d.  schreiben)  im  stall 
vergessen.  Elisas.  Charlotte  8,  Boo  (29.  jan.  1718);  in  letzt 
gedachter  belagerung  von  Tortona,  wolte  der  kayscr 
{Friedr.  L)  einen  gemeinen  stallknecht  wegen  seiner 
tapfferkeit  zum  ritter  machen.  Hahn  hist.  8,381;  so  bald 
ein  Btallkneoht  sich  fühlt,  dasz  er  feiner  denkt,  als  die 
Viehmagd;  so  wird  er  sie  mit  seinem  spasze  aus  der 
bihel  .  .  .  überraschen,  das  ganze  gesinde  schrcyt  vor 
lachen,  alle  bewundem  ihn  bis  auf  den  ochsenjungen  . . . 
der  satyrische  stallkncchtl  Rabenkh  l,  105;  {beim  Wett- 
rennen :)  nun  werden  die  pferde  nach  ;<(*.loo8eter  Ordnung 
von  gepatzten  Stallknechten  in  die  schranken  hinter  das 
•eil  geführt  Götiir  W,  262  {vgl.  das  folgende) ;  wehe  genug 
wßrde  es  mir  thun,  wenn  ich  {auf  d.  theater)  . . .  meines 
rftoben  majettli  in  der  strllung  eine«  Stallknechts  mUszlc 
ercwingen  teben.  Sciiilleh  a,  7  {räuber  i.vorr.);  der  Zu- 


gang zu  ihm  {Btuiolph  II.)  war  jedem  ohne  ausnähme 
versperrt,  dasz  man  sich  in  einen  stallknecht  verkleiden 
muszte,  am  sich  seiner  person  nur  zu  nähern.  8,26;  vor 
dem  stall  werden  die  Stallknechte  liegen,  aber  sie  werden 
schlafen  . . .,  und  du  kannst  geruhig  das  goldene  pferd 
herausführen.  Grimm  märchen  s.  229  {nr.  57);  von  der  rein- 
heit  des  blutes  will  ich  garnicht  einmal  sprechen :  Philo- 
sophen und  Stallknechte  haben  darüber  gar  seltsame  ge- 
dankcn.  Heines,  109  Elster;  dasz  letzterer  {der  deutsche 
baron)  wirklich  nichts  als  ein  stallknecht  ist,  der  von 
Stallknechten  stammt  and  nach  dem  stalle  riecht.  555; 
er  wäre  nicht  mehr  dieser  einzige  mensch,  wenn  er 
nerven  und  muskeln  hätte,  wie  ein  stallkneoht.  Heyse 
kinder  der  weit  i,  109; 

EO  wetten  (wollten)  wir  unser  statrecht 

brvchen  mit  disem  stalknecht. 

fastn.  sp.  837,  29  {auch  821,  9.  839,  6); 

es  hiene  ein  stallknecht  seinen  zäum 

gar  hocn  an  einen  tannenbaum. 

Uhland  volksl.  nr.  151, 1; 

am  stallknecht  will  ichs  heben  an, 

was  er  mir  zfi  laid  hatt  gethan. 

als  ich  in  d  herberg  ynkeren  thet 

und  ihm  mein  rSsslin  befolhen  het,  . .  . 

da  thet  er  ihm  den  habem  stein. 

MoNTANUS  tchwankb.  463,  25  Bolle 
(v.  untr.  Wirten  B  &") ; 
stalknechte,  scherschllper,  kockedrengen  {küchenjungen), 
de  laten  sick  nn  all  mit  monsörs  beliengen. 

Lauremberg  schertzged.  8, 821 ; 

so  dass  zugleich  auf  dinem  nihebette 

der  stallknecht  und  die  favoritin  keicht. 

Wieland  Oberon  5,  53. 
im  bilde:  ich  bin  aufseher  von  bücherschätzen ;  und 
möchte  nicht  gern  der  hund  seyn,  der  das  heu  bewacht : 
ob  ich  schon  freylich  auch  nicht  der  stallknecht  seyn 
mag,  der  jedem  hungrigen  pferde  das  heu  in  die  raaiTe 
trägt.  Lessing  lo,  125. 

STALLKRANKHEIT.  /.  bei  hausthieren  eine  kranklieit, 
die  hauptsäclilich  durch  schlechte  sfalZverhältnisse  hervor- 
gerufen wird. 

STALLKRAUT,  n.  name  verschiedener  kräuter  von  harn- 
treibender Wirkung  {also  zum  ztceiten  stallen  bezio.  stall), 
l)  gewöhnlich  der  hauhecJiel,  ononis  arvensis  {anonis, 
resta  bovis,  remora  aratri).  Adelung.  Nemnich.  Pritzel- 
Jessen  {liat  daneben  geel  stallkraut  oder  geel  hauwhechel, 
ononis  natrix).  nach  letzterem  bei  Cordus  botanologicon 
{Cöln  1534);  stallkraut  ononis,  alias  acutreUa.  vd  resta 
bovis.  Dasypodius  (1537),  atich  bei  Serranus  dict.  (1539) 
q7'';  ononis  M AALER  384*;  hauwhechel,  stallkraut,  anont«, 
ononis,  resta  bovis.  Handsgh  Matthioli  krätiterb.  (1563) 
27oC  {vgl.  Cammerarius  227  A);  die  reytter  nennens  auch 
stallkraut,  darumb  das  es  die  pferde  stallen  oder  harnen 
macht,  so  es  gesotten,  unnd  den  pferden  eingössen  wlrdt. 
271 A;  hauwhechel,  questenkraut,  r«to  Jovis.  ochsenbrech, 
hauwhechel,  futthechel,  stallkraut,  katzenspeer,  wetz- 
steinkraut, unnd  steinwurtzel.  griechisch  diwr/e,  latei- 
nisch anonis,  ononis,  resta  bovis,  remora  aratri,  acutella. 
LoNiCERUS  kreuterb.  (1577)  101 C;  man  soll  auch  offt 
trincken  {gegen  den  nierenstein)  mit  weissem  wein  das 
pulfer  von  stallkraut,  hawhechel  oder  ochssenbrech.  Se- 
Bizfddb.  82;  ochsenbrech,  hawheckel,  stallkraut,  ononi.». 
anonis,  resta  bovis,  dann  es  wurtzelt  so  tielT  in  der  erden, 
das  mans  mit  hawen  musz  auszreuten,  so  dArffen  seine 
wurtzeln  ein  pflüg  etwan  hemmen,  und  also  die  ochssen 
oder  pferd  jrrcn  und  auflhalten.  Henisch  493, 44;  stall- 
kraut, n.  btirgrunder,  bugraves,  herbe.  HuLSlus  305'';  zum 
grasz  werden  gerechnet:  ...  die  hewhechel  oder  stall- 
kraut {anonis  seu  ononis).  Comenius  janua  (1644)  s.  S6 
(12, 134),  auch  sprachenth.  (1667)  187;  anoni»,  . . .  hfithochel, 
stallkraut.  Corvinus /on«  tat.  6a^;  ononis,  remora  aratri. 
Stieler  1083 ;  ononis,  eujtt»  radix  urinam provorat.  Frisch 
8,816'';  vgl.  Heupler  botan.  beitr.  ts  und  nl.  stal-kruyd, 
prangh-wortel,  ononis.  anoni»:  herba  cuiua  radix  urinaa 
provocat,  et  renum  calculoa  commintnt.  Kilian  8,688''. 

8)  tn  neuerer  zeit  auch  für  das  flacht  oder  leinkraut,  antir- 
rhinum  Unaria.  Adeluno.  Nemnich.  Pritzel-Jesskn. 
V.  SniiLBCHTF.NDAL  btschr.  der  in  der  pharmacop.  Bonus. 
aufgeführten  gewäehae  (B.  18»)  1,111  {Unaria  vulgaris). 

STALLLAMPE,  /.  lamp«  tum  gebrattch  in  tUiUen.  be- 
sonder» pferdtttäUin;  aiuA  stalllaterae,  -leachte, -licht 
KkOnitz  109,  887. 


625   STALLLATERNE  — STALLMEISTER 


STALLMEISTEREI— STALLMEISTERTUM  626 


I 


STALLLATERNE,  /.,  s.  stalllampe  Krünitz  169,  237/.: 
in  dem  augenblick  treten  die  hirten  herein,  der  vorderste, 
der  mit  einer  stalllateme  vorangeht,  guckt,  indem  er  die 
mutze  abnimmt,  in  das  stroh.  Göthe«,  9;  der  pfarrer 
sah  sich  daher  genöthigt,  trotz  stürm  und  wetter  auf- 
zubrechen   und    der    stalllateme    des    boten    zu   folgen. 

MOSEN  8,  250. 

STALLLEIXE,/.  imbiioäk,  Tcampierleine,  zimschen pföhlen 
gezogene  leine,  iroran  die  halftern  derpferde  befestigt  jcerden. 

STALLLEUCHTE,/.,  vgl.  stalllampe, -laterne:  (rfa)  sah 
ich  vor  dem  wirthshause  . . .  einen  angeschirrten  bauer- 
wagen halten;  der  alte  hausknecht  stand  mit  der  stall- 
lenchte  daneben.  Storm  3, 83. 

STALLLEÜTE,  plur.  leute,  die  für  den  dienst  im  stall 
gehalten  tcerden,  besonders  iii  einem  herrschaftlichen  mar- 
sfall; gesamtbezeichnung  fiir  stalldiener,  -knechte,  -mägde, 
-jungen  M.  *.  w.  Campe:  da  wo  die  stallleute  in  der  ge- 
wohnheit  sind,  ihr  vieh  durch  striegeln  und  putzen  rein 
zu  halten.  Schwerz  anl.  zum  pract.  ackerbau  1, 182. 

STALLLICHT,  n.  l)  in  der  altern  spräche  soviel  tcie 
stallkerze,  licht  zum  aufstecken  auf  einen  leuchtet-;  so 
mnd.  stallicht  Schiller-Lübben  4,357'';  ebenso  mnl., 
vgl.  KiLiAN  2,628»  und  anm.,  der  stal-licht,  stal-keersse 
auch  im  sinne  von  dwaes-licht,  irrlicht,  aufführt  (?). 

2)  jetzt  gleichbedeutend  mit  stalllampe,  -laterne,  -leuchte. 
s.  z.  b.  dorfzeitung  1847,  49. 

STALLLÜFT,  /.,  vgl.  Eulenburg  real-encycl.  der  ges. 
Jieilk.  10, 391 ;  schneller  geschieht  die  reinigung  der  stall- 
luft,  wenn  man  zugleich  mit  dem  öffnen  der  röhren  auch 
die  stallthüren  öffnet.  Krünitz  169, 163. 

STALLMAGD,/,  magd  für  die  arbeit  im  stall,  besonders 
in  kiih-  und  scliweinstallen:  {sie  tcar)  unschuldig  an  dem 
diebstahle,  dessen  Rousseau  sie  beschuldigte;  .  .  ,  aber 
so  unschuldig  konnte  die  gemeinste  stallmagd  auch  seyn. 
Wieland  15,  232;  dir  eine  stallmagd,  und  keine  Amalial 
Schiller  2,  64  {räuber  2,  l  scJiausp.). 

STALLMANN,  m.,  nur  in  der  älteren  spräche  stalman 
für  stabularius,  s.  Lexer  handxcb.  2, 1131:  her  forte  en  in 
den  stal  und  gap  ime  sine  nerunge.  und  des  anderen 
tagis  brächte  her  zwSne  pfenninge  und  gap  dem  stalmanne. 
M.\TTH.  v.  Beheim  evangd.  (mitteld..  v.  1343)  *.  143  {Luc. 
10,35).    auch  mnd.  Schiller-Lübben  4, 358». 

STALLMEISTER,  m.  Vorsteher  eines  staUes,  besonders 
eines  herrschaftliche:n  oder  fürsÜichen  marstalles;  m.nd. 
stalmSster  Lübben  handwb.  313^;  vgl.  nl.  stal-raeester, 
equarius.  Kilian  2,628».  hd.  zuerst  im  voc.  theut.  v.  1482: 
stalmeister,  conestabularius  ee  6'',  s.  Lexer  handwb.  2, 1131. 
Weigand 2,793;  Stallmeister {äitT),arehippocomus, equarius. 
M-\ALER  384»;  {unter  den  hofleuten  eines  monarchen  werden 
aufgezählt:)  der  hoffmeister,  der  marschalck  (ensifer),  der 
truchses,  der  schenck,  der  Stallmeister  {magister  stabuli). 
CoMENlus  sprachenth.  675;  equarius...  ein  Stallmeister. 
CoRviNUS /o»iÄ  ^/.  235'';  stabularius,  stabuli  eustos,  ein 
Stallknecht,  Stallmeister.  634*";  stall-meister,  maestro  di 
sfalla  cio^  cavallerizzo  o  stalinastro  d'un  prencipe.  oberst- 
stallmeister.  Kramer  dict.  2,  90i*>;  Stallmeister,  magister 
stabuli,  hippocomus.  oberster  Stallmeister^  archippocomus. 
Stieler  2378;  stallherr,  Stallmeister,  lat.  praefectus  sta- 
buli. Apin.  gloss.  509  (ober-stall-meister ,  summus  stabuli 
magister.  374);  praefectus  stabulariorutn.  Frisch  2,316»; 
s.  auch  Adelung.  Krünitz  169, 238—240.  vgl. :  stall-meister, 
praefectus  stabuli,  ecuier.  eine  ansehnliche  mehrentheils 
adeliche  person,  die  an  einem  fürstlichen  hofe  dem  mar- 
stall  vorgesetzet  ist,  über  die  ihm  nachgesetzten  stall- 
bedienten die  obsichtzu  führen,  und  einen  jeden  zu  seiner 
Schuldigkeit  anzuweisen,  die  pferde,  wagen,  geschirr,  und 
andere  dahin  gehörige  sachen  in  guter  bereitschafft  zu 
halten,  über  alles  richtige  inventaria  führen  zu  lassen, 
dieselben  offt  durchzugehen,  die  mängel  zu  erinnern,  auf 
die  ordentliche  wart-  und  fütterung  der  pferde,  anschaffung, 
Verwahrung  und  ordentliche  ausgebung  des  harten  und 
rauhen  futters  acht  zu  haben,  die  stall -rechnungen  zu 
übersehen,  und  ingemein  nach  der  vorgeschriebenen  stall- 
ordnung  sich  und  die  ihm  untergebene  genau  zu  achten, 
unter  dem  Stallmeister  stehen  die  bereuter,  kutscher, 
reut-  wagen-  und  bey-knechte,  und  andere  zugehörige  be- 
diente. Jablonski  746».  in  diesem  sinne  gewöhnlich;  be- 
lege :  darnach  ruoft  Rengnold  . . . :  gnnd  schnell  zuo  mimm 
X.  8. 


stalmeyster  und  sagend  im,  daz  er  mir  Bayard  bringe  on 
vertzug.  Haimonsk.  (i53i)  209,  29  Bachmann;  musz  demnach 
nuhn  nach  einem  andern  (knecht)  trachtten,  lieber  schicke 
nach  dem  staUmaister,  unnd  frag  ihne,  was  er  zu  dem, 
so  .  .  .  bey  ime  im  marstall  gewest  ist,  rahtt.  Paum- 
GARTNER  briefw.  s.  113  (1591,  vgl.  d.  reg.);  Hermon  aber 
der  Stallmeister  über  die  helffanten  kam  seinem  befehl 
fleiszig  nach.  3  Macc.  5,3  (1625);  ob  zwar  des  wenigsten, 
und  nur  des  vornehmsten  und  reichesten  adels  gelegenheit 
ist,  einen  eigenen  Stallmeister  zu  besolden.  Hohberg 
2,157»;  Wendt  ist  noch  alsz  mein  Stallmeister,  so  über 
den  gantzen  stall  befihlt.  Elisab.  Charlotte  3,  305  (1713) ; 
Scaramouche ,  als  ein  vornehmer  herr  gekleidet,  den 
Harlequin  als  Stallmeister.  Lessing  4, 418;  da  Lelio  zu- 
gleich hört,  dasz  dieser  herr  seinem  Stallmeister  befiehlt, 
die  mauleseltreiber,  welche  seine  bagage  geführt,  zu  be- 
zahlen, der  Stallmeister  aber  kein  geld  bey  sich  zu  haben 
Yorgiebt.  419;  dritter  brief.  vom  Stallmeister  herm  von 
Rennefort  aus  H**.  MvsÄvs phgsiogn.  reisen  l,  42;  hierauf 
folgten  . . ,  der  Stallmeister  seiner  gnaden  zu  pferde.  Siegfr. 
V.  Lindenb.*  1 — 2,  228;  in  diesem  tumult  wurde  mein 
vater  .  .  .  einen  Stallmeister  des  Briennius  gewahr,  der 
das  pferd  seines  herm ,  an  . . .  der  purpurdecke  kennt- 
lich, durch  das  gedränge  führte.  Schiller  9,200  {Anna 
Komn.) ;  Rudolph  der  Harras  Geszlers  Stallmeister.  14,  270 
{personenverz.  zum  Teil);  meiner  rolle  gemäsz,  welche 
überdiesz  einen  berittenen  mann  verlangte,  was  durch 
die  gunst  des  königlichen  Stallmeisters  erreicht  wurde. 
MöRiKE  erzähl,  s.  292;  ein  alter  Stallmeister,  welcher 
allein  der  unglücklichen  herrin  treue  hielt,  sattelte  be- 
kümmert zwei  maulthiere.  C.  F.  Meyer  erzähl.  2, 126; 

Stallmeister  Proben,  der,  beim  trosz  der  snite, 
zunächst  ihm  folgt. 

Kleist  3,  62  E.  Schmidt  {pr.  v.  Homb.  8, 8). 

der  Stallmeister  stellt  also  höher  als  gewöhnliche  stalldiener 
oder  knechte;  daher:  der  stallknecht  träumet  sich  einen 
Stallmeister.  Philander  i,66.  doch  finden  sich  auch  stall- 
meister  in  bürgerlichen  verJiältnissen :  schwerer  ward  es 
meiner  mutter,  auch  den  Stallmeister  zu  entfernen,  einen 
vierschrötigen  flegel,  der  beständig  mit  irgend  einem  auf- 
gegabelten lump  im  stalle  lag  und  karten  spielte.  Heine 
7, 485  Elster  {mem.).  in  neuerer  spräche  für  den  inhaber 
eines  reitstalles  und  bereiter  in  einer  reitschule.  Campe: 
er  kannte  sogar  das  pferd  in  der  ferne,  es  gehörte  dem 
Stallmeister  LasaUy.  Gutzkow  ritter  vom  g.  l,  55.  —  in 
freierem  gebrauche:  sie  {die  herren  von  X.  Y.  Z)  waren, 
auszerdem  dasz  sie  jagdgerechte  Weidmänner  waren,  auch 
gute  Stallmeister,  und  wunderten  sich  höchlich  über  diesen 
ritt.  Hippel  1,357;  ziceiter  {diener).  mein  herr  wirft  sich 
nicht  so  weg.  erster,  erst  gestern  sah  ich  ihn  des  Juden 
Stallmeister  machen ;  er  stieg  ab,  um  des  Juden  geschirr 
in  Ordnung  zu  bringen.  Ludwig  4,81;  welchen  stoff  {für 
die  xenien)  bietet  uns  nicht . . .  die  Leipziger  geschmacks- 
herberge,  Thümmel,  Göschen  als  sein  Stallmeister,  u.  dgl. 
darl  Schiller  an  Göthe  nr.  135  (29.  dee.  1795). 

STALLMEISTEREI,  /.  praefeetura  eqttili».  Apin.  gloss. 
509;  die  stelle,  das  amt,  oder  die  xcohiiung  eines  stall- 
meisters.  Campe  :  {für  alles,  was  in  das  ressort  des  Stall- 
meisters/aZZ^ .)  welcher  in  seiner  hoflTialtung  überflüssiger 
ist,  der  soll  in  der  stallmeisterey  gespäriger  seyn.  Schup- 
Pius  739;  auf  die  zeitung  von  don  Quixote's  ankunft  lief 
auch  Sancho  Pansa's  frau  herbei ,  die  es  wuszte ,  dasz 
er  mitgegangen  war,  um  als  Stallmeister  zu  dienen,  und 
wie  Sancho  gewahr  wurde,  war  die  erste  frage,  die  sie 
that,  ...  so  sage  mir  doch,  mann,  was  hat  dir  denn  deine 
stallmeisterei  eingetragen  ?  Tieck  don  Quix.^  i,  477  (5,  ii 
bezw.  1,  52:  que  bien  habeis  sacado  de  vuestras  eseuderiasf). 

STALLMEISTERLICH,  adj.  nach  art  eines  Stallmeisters: 
wenn  Stein  noch  zu  haus  ist,  sagen  sie  ihm  ich  möchte 
gern  das  neue  pferdchen  stallmeisterlich  ansreiten.  Göthe 
an  fr.  v.  Stein  1,  98  (3.  mai  1777). 

STALLMEISTERTUM,  n.  •  meine  thaten  will  ich  nicht 
erwähnen,  denn  die  bleiben  natürlich  in  den  schranken 
des  stallmeisterthums ,  aber  das  kann  ich  behaupten, 
dasz,  wenn  es  bei  der  ritterschaft  gebrauch  wäre,  die 
thaten  der  Stallmeister  aufzuzeichnen,  meine  Verrich- 
tungen gewisz  auch  schwarz  und  weisz  erscheinen  würden. 
Tieck  don  Quix.^  l,  153  (3,  7  bezw.  1,  21). 

40 


627 


STALLMIETE—  STALLRATZ 


STALLRÄUDE  -  STALLSCHAUB 


628 


STALLMIETE,  /.  miete  für  einen  stall ,  vgl.  stallgeld ; 
mhd.  stalmiete  s.  Lexer  handtcb.  2, 1131 ;  stalmuett,  merces. 
qitae  solvitur  cauponi  vel  stdbxdario  pro  stdbxilo.  Scherz- 
Oberlin  155*  (tyroler  land.'tordn.);  stall-miet,  /.  affitto 
di  stalla.  Kramer  dict.  2, 904'',  vgl.  Campe,  belege:  it.  203  Ä5 
und  4  ß.  den  gastgeben  zu  stalmiet.  d.  städtechron.  6, 887, 8 
{Axtgsb.  1442) ;  wan  ain  gast  ...  in  ainem  haus  zu  herberg 
leg  und  seine  rosz  auch  da  stalte  und  anderstwa  zä  tisch 
gieng  . . .,  so  sol  er  umb  die  stalmie  und  schlaffgelt  geben 
tag  und  nacht  ii  d.  23,81,  var.  zu  20;  item  wan  ain  gast 
an  seiner  herberg  isst  und  der  rosz  fültcr  anderstwa 
nimpt ,  der  soll  alle  tag  4  creutzer  geben  für  stalmied, 
hai  und  stro.  297,  29 ;  Ulrich  Alberstorfer  . . .  schicket  nach 
dem  apt  von  Wublingin,  begeret  an  in,  w^as  man  im 
schuldig  were  von  der  reyter  wegen,  wolt  er  nichs  nenicn. 
der  rentmaister  . . .  wölt  im  die  stalmüt  ach  geben  haben. 
quellen  zur  gesch.  des  lauernkr.  in  Oberschw.  s.  37;  stall- 
müet  für  die  raisigen  pfert,  so  auch  mit  des  wierts 
haber  geGedert  werden,  auf  tag  und  nacht  P  ...  kr.  tirol. 
iceisth.  1,19,  io;  fietterung  und  stallmieth.  20,16. 

STALLMIST,»».,  dasselbe  wie  slMdünger :  mit  Stallmist 
düngen ;  eine  pful-düngung  ist  wirksamer  als  eine  düngung 
mit  Stallmist.  Sciiwerz  anl.  zmnpract.  ackerbau  1, 165.  — 
dazu:  ich  müszt  sorgen,  wan  ich  sie  {die  kappe)  von  mir 
legt,  dasz  dise  schöne  stallmistjung  herrn  die  buben, 
hosenbendel  drausz  machten.  Garg.  s.  Sbü  neudr.  (42.  cap.). 

STALLMUSIKBANDE,/.:  die  guten  jungen  grüsz  ich 
herzlich  . . .  auch  .  . .  den  würdigen  herrn  hauptmann,  und 
den  charmanten  monsieur  l'abbe,  . .  .  und  die  rothe  stall- 
niusikbande  im  garten.  Brentano  9, 15. 

STALLNAGEL,  in. :  wenns  hengen  hat  {toenyi  der  zäun 
in  den  weg  hängt),  so  ist  es  auch  pannmäszig  (straffällig), 
dieweilen  der  stallnagl  die  weg  abthailt.  tirol.  weisth. 
1,  214,  4. 

STALLNASGHIG,  adj.:  pfuy  ausz  . .  .  mit  den  . .  .  gart- 
leuffigen,  stalinaschigen,  bodenhartbretkerbigen  bocken- 
brecken  {dirnen).  Oarg.  s.  90  neudr. 

STALLNERZETTEL,  in.  Verzeichnis  des  für  weidegdd 
aufgenommenen  viehs :  der  liehner  hat  die  pflicht  auf  sich, 
das  liehn-vieh  .  . .  der  rod  {reihe,  Ordnung)  nach  icdem 
stalle  getreu  und  redlich  anzusagen  und  niemand  auszu- 
lassen, sondern  der  rod  nach  herumfahren,  wie  der 
stallner-zettel  ausweiset,  tirol.  weisth.  3, 183,  23. 

STALLOCHSE,  m.  im  stalle  gemästeter  und  zum  schlachten 
bestimmter  ochse,  mast ,  schlachtochse.  Nemnich  {bos  do- 
mesticus.  9);  nd.  stallosse,  s.  Schii.i.er-LObben  3,  488'' 
{unter  risebiter)  und  nd.  korrespondenzU.  l,  48. 

STALLORDNUNG,  /.  die  für  das  sfallivesen,  besonders 
für  einen  fürstlichen  marstall  festgesetzte  Ordnung.  Khü- 
NiTZ  169,  240/.,  s.  auch  Jablonski  tmter  Stallmeister. 

STALLPAGHT,  /..   vgl.  stallmiete.  Campe   {als  masc). 

STALLPARTEI,  /.  •  jrer  fürstl.  durchlaucht  stallpartei. 
steir.  handschr.  v.  1709  bei  Unger-Khull  5C8''. 

STALLPFERD,  n.  pferd.  das  immer  im  stalle  gelialten 
udrd,  im  gegensatz  zum  weidepferde.  Krünitz  169,  241. 
.ichon  m,nd.  stalpert  und  -page.  Lübben  handtob.  373''; 
stalpage,  cabaUus  stabulatus.  voc.  Strals.  bei  Sciiii.leh- 
Lübben  4,  358». 

STALLPFORTE,/.  .•  aus  einer  geöffneten  stallpforte  drang 
lichtschimmer;  da  ging  es  hinein,  und  die  heisze  Witterung 
von  raubthieren  schlug  mir  . . .  entgegen.  E.  v.  Wiluen- 
uruch  nov.  (1882)  258. 

STALLPROBE,  /.  bei  der  milcliprüfutig.  probeiceiaea  au»- 
melken  der  ktihe,  um  milchfüUchungen  festzustellen. 

STALLPUTZER,  «i.  •  stall  butzer,  stall-feger,  m.  netta- 
atalla,  cura  stalla.  Khamer  e/ic<.  2,  904''. 

STALLRÄHE,  /.  rälie,  gliederateifheit  der  pferde.  die 
atujeblich  durch  zu  langes  stehen  im  stalle  entstanden  ist. 
HöFi.KR  krankheitsnamenb.  400*. 

STALLRATZ,  m.  f.,  ein  wort  des  17.  jahrh. 

i)  für  ttalljunge,  -knecht:  es  möchte  Bioh  vielleicht 
jemand  verwundem,  warumb  ich  doch  auch  ...  solche 
Icuthe  onnd  geschftfTte  in  meine  btirsz  einlasse,  welche  so 
gar  gering  . .,  wie  dann  under  andern  die  roszfUhrer,  esels- 
treiber  onnd  stallratzon  seynd.  {überachr.:  von  pferdten, 
eseln  and  maaleBelntreibem ,  Stallknechten.)  Garzoni 
aJlgtm.  tchawpl.  (l64l)  674*;  dis  ist  die  wtirokung  des  ver- 
flochten geacbfitz««,  daex  nemlich  ein  geringer  bemheuter 


dem  allerdapffersten  beiden,  nach  dem  er  zuvor  vielleicht 
auch  durch  einen  liderlichcn  stallratzen  ungePdhr  be- 
schädigt worden,  das  leben  nehmen  kan.  Simpl.  scJir. 
8,231,4  Kurz  {Springinsf.  Ib);  ein  schmutziger  stall-ratz 
zerstörte  ihren  discurs.  ...  die  alte  . .  .  hiesse  ihren  stall- 
jungen fortgehen.  294, 19  {vögeln,  i,  2). 

2)  'verächtliche  benennung  eines  landedelmannes.'  Frisch- 
bier 2,861",  mit  hinweis  auf  folgende  stelle:  eos  vocant 
nobiles  putatives ,  papyriacos ,  bullatos ,  vermeinte  adel, 
papirne  adel,  bullenadel,  newgebackcne  adel,  gepfefferte 
vom  adel ,  priesteradol ,  halbadel ,  stück  vom  adel ,  vom 
aass,  lateinischer  ritter  von  der  feder,  pfeffersack,  pfeffer- 
stosser,  speckfinck,  speckhecker,  badnecker,  strohiuncker, 
stallratz.  C.  Stein  Peregrinua  (l.  hälfte  des  17.  jahrh.), 
s.  wissensch.  monatsbl.  6, 187.  das  woit  bezeichnet  also  viel- 
mehr einen  neuen  oder  unechten  adel,  vielleicht  einen  zum 
adel  emporgestiegenen  stallbedienten;  ähnlich  sonst  für  einen 
höfling,  Schmeichler:  dasz  offt  bey  vilen  der  name  eines 
doctors  oder  gelehrten  die  sonst  annehmliche  und  taug- 
liche person  gantz  verhasst  machet,  ob  sie  wol  die  ur- 
sach  Selbsten  nicht  wissen,  dann  nur  weil  sie  von  solchen 
hofschrantzischen  stallratzen  und  fuchsschwäntzem  der- 
gleichen gift  unvermercket  gesogen.  Mosciierosch  de 
extrc.  accad.  (1G52)  95. 

STALLRÄUDE,/,  durch  unreinlichkeit  der  Stallungen  ver- 
anlaszte  räude  bei  schafen.  Höfler  krankheitsnamenb.  497''. 

STALLRAUM,  m.  räum  eines  stalles,  ron  stall,  stallung 
kaum  unterschieden,  zuweilen  collectivisch :  einen  hof  mit 
wagenschuppen  und  stallraum.  Campe,  doch  auch  im 
plural:  noch  im  herbste  desselben  Jahres  standen  das 
Wohnhaus  . . .  und  hinter  demselben  die  scheuer  mit  den 
stallräumen  fertig  da.  ...  der  stallraum  in  der  scheuer 
wurde  von  zwei  ponies  und  einer  kuh  bezogen.  Storm 
1,204;  athemlos  blickte  ich  ihr  nacii,  bis  dasz  sie  in  den 
slallräumen  verschwand.  E.v.Wildenbrucii  7ioi-. (1882) 241. 
in  Liv-  und  Estland  für  einen  Pferdestall.  Hupel  226. 

STALLRECHNÜNG,/.,  s.  Jablonski  unfer  Stallmeister. 

STALLREGIMENT,  n. :  weil  ...  es  auch  überhaupt  ein 
schlechtes  stallregiment  anzeigt,  wenn  die  stalhvände  mit 
schmutz  so  überzogen  sind,  dasz  man  die  grundfarbe  gar 
nicht  erkennt.  Krünitz  169,  165. 

STALLREGISTER,  n.:  verwies  er  nicht  schon  selbst 
manchen  gaul  dieser  art  in  den  bauhof,  dessen  ahnherr, 
nach  dem  stallregisler,  den  kaiser  bey  seiner  krönung 
trug?  TiiÜMMEL  reise  i,sii. 

STALLRIESE,/,  stall rinne{^):  item  der  raisgejaid  CA'jrf 
berechtigung)  oder  vischwaid,  so  zu  dem  gericht  Mittersil 
gehört,  get  schattenhalben  hinab  für  das  gerichtmaricli 
hinz  an  die  stalrisen.  Salzb.  taid.  286,  4. 

STALLRIND  VIEHZUCHT,/.  ateUlfütterung  de»  Hndvieha. 
Krünitz  ica,  241. 

STALLROCK,  m.  rock,  den  man  im  »talle  trägt.  — 
vgl.  staltrock. 

STALLROSZ,  n.  rosz,  das  im  stalle  geJialten  wird,  vgl. 
stallvieh : 

wie  wenn,  genährt  an  der  krippe  mit  vielfachem  lutter,  ein 

stailrosz 
muthig  die  halfler  zerreiszt.    Vosp  bei  Campe. 

STALLROT,  n.  bluthamen  bei  rindern;  vgl.  ünoer- 
Kiiull  steir.  tcortsch.  ööS**. 

STALLSACHE,  /.  Sache,  die  ztim  stalle  geliört  oder  twi 
stalle  gebraucht  wird:  geschirr-  und  stallsachon,  als: 
kummtgeschirre  .  . .  {sollen)  gegen  gleich  baare  bezah- 
lung  verkauft  werden.  Zeitungsannonce  {Darmstadt ,  den 
17.  jatl.  1878). 

STALLSALMIAK,  m.  'heiszt  derjenige  aalmiak,  der  sieh 
in  dem  aalpeter  befindet,   der  in  »täUen  ertettgt   tcird'  (?). 

JaCOBSSON  7,  424''. 

STALLSÄUBERER,    m.:    stallsauberer,    »tabulariu». 

SriELRR  1680. 

STALLSCHÄFEREI,  /.  ataUfütterung  der  adiaf».  KrO- 

NITZ  169,241. 

STALLSCHAUB,  m.  atroh{bunS)  für  dm  gthraueh  im 
atalle,  alt  »treu  für  da»  vieli;  auch  »um  verwahren  der 
thüren  gegen  die  kälte  im  vnnter:  die  hlrschen  und  wild- 
prel  frassen  den  stallschaub  vom  markte.  M.  Chr.  Leh- 
mann hi»t.  »chaupl.  in  d.  Meiszn.  OberErtgeb.  (1699)  800, 
vgl,  E.  GÖPPBRT,  »eitachr.  f.  hd.  mundurten  l,  68. 


i 


629 


STALLSCHREIBER—  STALLUNG 


STALLÜNG 


630 


STALLSGHREIBER,  m.  Schreiber  an  einem  marstaUe 
oder  Stallamte.  Adelung.  Campe;  auch  stallsekretär. 
KrOnitz  169,  241. 

STALLSCHÜRZE,  /.  vjeiszleinene  schürze,  die  ftihrleute 
geicöhnlich  bei  der  arbeit  tragen.  KrOnitz  169,241. 

STALLSCHWELLE,/;  so  trete  ich  eines  tages,  da  ich 
sie  auf  der  stallschwelle  finde,  zu  ihr.  Kleist  2, 190  Schmidt 
{Käthchen  l,  l). 

STALLSEKRETÄR,  m.,  s.  stallschreiber. 

STALLSEÜCHE,  /.  'eine  seiiche,  deren  infektiotisstoff  in 
der  staUung  haftet  und  die  unter  uTnständen  auch  auf 
andere  stallinsassen  übertragbar  ist'.  Höfler  krankheits- 
vamenb.  644».  —  vgl.  stal-sieck  peerdt,  equus  in  stabulo 
sive  eqtiili  assiduo  se  continens.  Kilian  2,  628*. 

STALLSPERRE,/.  Sperrung  eines  stalles,  worin  sich 
eine  ansteckende  seuche  zeigt,  sodasz  weder  das  darin  befind- 
lirjie  vieh  hinaus  noch  fremdes  hinein  kann.   vgl.  stallbann. 

STALLSTANGE,/.,  vgl.  stallbaum  (2)  und  standbaum  (i): 
stall-stange,  rosz-stange,  barra,  sbarra  da  staUa.  Kramer 
dict.  2,  907*' 

STALLSTÄTIG,  adj. :  stall-stetig,  adj.  stallio,  stroppiato, 
inÜrizzato,  impasfoiato  dallo  stare  in  stalla  piü  del  dovere. 
ein  stallstetig  pferd,  cavallo  stallio,  stallaticcio.  Krämer 
dict.  2,  gin*"  (danach  Campe)  ;  stallstetiges  pferd ,  eqinis 
requietus.  Pomey  indic.  tmiv.  (l720)  bei  Dief.-Wülckek  862. 

STALLSTÄüBER,  m.  stallspürer:  nicht  desz  minder 
zogen  inn  disem  trab,  meine  schöne  stallstänber  (l.  ausg.: 
stallschauer)  ab.  6arg.  s.  206  neudr. 

STALLSTINKIG ,  adj.:  noch  viel  minder  kont  er  ver- 
däwen  .  .  .  das  unmenschliche ,  stallstinckige  stafermo 
schöne  fraw  Geyszbergerin.  Garg.  s.  92  neudr. 

STALLTAGE,  m.  rcaffenstillstand ,  friedensverhandlung, 
vgl.  stallung  8.  nur  in  der  altern  spräche.  Lexer  handicb. 
2,1132.  Sghm.2  2,746.  SCHÖPF  698:  der  baupst  Johannes 
machet  ain  stallttage  zwischen  dem  kunig  von  Littania 
{Litauen)  und  den  teutschen  herrn.  quelle  (v.  1457)  bei 
ScHM.  a.  a.  o. 

STALLTHÜR(E),  /.  {/eres)  stabuli.  Stieler  2294;  porta 
di  stalla.  Krämer  dict.  2,  904*:  des  vogets  knecht  sei  ouch 
ligen  vor   der  stallthüre,   und  wurde   der  pferde  dheins 
verloren  zu  der  türen  uss,  so  het  ein  eptischen  nit  dazu 
zu   antwurten.   xceisth.  1,  709;    der   hund  des   ermordeten 
metzgers  .  .  .  schnauft  an  der  stallthüre ,    scharrt  an  der 
hausthüre.  Hebel  2, 167;  auf  den  abend  wurden  die  pferde 
zweier  ritter,  welche  auf  die  Tronkenburg  kamen,  in  den 
stall  geführt,  und  meine   an  die   stalltüre  angebunden.   \ 
Kleist  3, 151  E.  Schmidt;  der  wirth  . .  .  schlich  ihm  nach,   1 
und  da   der  gast  die  stallthüre  zuriegelte,   so  guckte  er   | 
durch  ein  astloch.  Grimm  märchen  s.  147  {nr.  36);   wenn 
die   stallthür  aufging  . . ,   drehte  der  Hansel  {das  pferd) 
gleich  den  müden  köpf  herum.  Mörike  erz.  254; 

durcU's  thor  stracks  in  den  hof  fing  Rostem  ohne  sehen, 

wie  in  den  ofTnen  stall  der  rinder  nachts  ein  len, 

beim  ländlichen  gehöft  im  felde,  wo  die  hirten 

an  einem  feiertag  sich  in  der  nacht  bewirthen 

und  denken  nicht  bei  saus  und  braus  und  schmaus  daran, 

dasz  sie  dem  feinde  nicht  die  stallthür  zugethan. 

RüCKERT  (1882)  12, 194  {Rostem  67). 

sprichwörtlich:  die  stallthür  verschliessen,  wenn  die  mähre 
gestohlen  ist.  man  musz  die  stallthür  so  grosz  machen, 
dasz  das  vieh  hineinkann.  Wander  4, 770.  —  dazu:  um 
zu  wissen  ob  das  vieh  wirklich  behext  ist,  . .  .  steckt  er 
vor  allem  ein  messer  in  die  stallthürschwellen  und 
legt  geweihtes  osterbrod  auf  die  kling.  Leoprechting 
at««  dem  Lechrain  28. 

STALLTRACHT,/..-  jeder  dorfmann  in  Schleswig-Hol- 
stein weisz,  dasz  jacke  und  hose  von  blauleinen  die 
richtige,  alte  stalltracht  ist.  Frenssen  Jörn  Uhl  249. 

STALLUNG,  /.,  verbalabstractum  und  colleetivum.  zu 
stallen,  handlung  und  ort  des  atallens,  den  verschiedenen 
ledeutungen  des  verbs  entsprechend ;  mhd.  stallunge  {wofür 
zuweilen  stellunge  in  denselben  bedeutungen)  Lexer  handwb. 
2,1181  {seit  anfang  des  U.  jahrh.  bezeugf);  mnd.  stallinge 
stallung,  stall  LCbben  handicb.  2,373'';  vgl.  nl.  stallinghe, 
stabulatio,  stabulum.  Kilian  2,  628''.  s.  auch  Weigand 
2,  793  und  vgl.  Stellung. 

J)  das  stallen,  und  zioar  zunächst  zu  stallen  l,  das  ein- 
stellen  von  vieh  in  stalle:  stallung,  das  stallen  oder  ein- 
ziehen der  pferd  in  den  stall,  establage  de  chevaux,  ou 


d'autres  bestes.  HüLSius  805*;  stallung,  die,  et  das  stallen, 
stabulatio.  viehstallung,  stabulatio  pecorum.  Stieler  2118; 
stallamento  Kramer  dict.  2,904'';  stabulatio  Apin.  gloss.  509. 
Steinbach  2,  658.  als  reines  thätigkeitsicort  kommt  stallung 
kaum  vor;  doch  zeigen  stellen  wie  die  folgenden  noch  den 
Übergang  in  die  örtliche  bedeutung:  esz  wart  auf  1200  pferd 
hye  stallung  bestelt.  quellen  zur  gesch.  des  bauemkr.  in 
Oberschic.  169;  und  hat  mein  gnediger  herr  pfaltzgraf  auch 
ainen  edelman  hinein  geschickt,  der  solt  stallung  be- 
stellen auf  hundert  pfert.  405;  ich  will  weiter  in  wald 
hinein  reiten  zu  der  kolhütten,  villeicht  sind  die  koler 
in  jhr  dorff  gangen ,  so  find  ich  dannocht  stallung  für 
mein  pferdt  und  hew.  Wickram  goldfaden  S4»;  Joseph 
und  Maria  kommen  in  Bethlehem  an;  eine  zur  stallung 
benutzte  höhle  nimmt  sie  kümmerlich  auf.  Göthe  45, 193; 

nun  zahlen  mit  fleisch  und  gebeine 

die  sorglosen,  fräszigen  Schweine, 

für  pflege,  für  stallung  und  kost.    Lichtwer  265. 

2)  gewöhnlich  bezeichnet  stallung  indessen  den  räum,  wo 
vieh  eingestellt  wird  und  ist  dann  von  stall  nur  leicht 
oder  gar  nicht  unterschieden,  diese  bedeutung  begegnet 
schon  mhd.  häufig  seit  beginn  des  li.  jahrh.  und  ist  nd.nl. 
wie  in  der  neuern  spräche  die  einzig  übliche:  stallung, 
stalle,  estables,  stalla.  der  wirth  hat  viel  [stallung],  c'est 
hoste  peut  loger  beaucoup  de  chevaux,  il  ha  plusieurs 
estables.  HuLSius  305*;  stabulum,  ...  eine  stallung,  ein 
stall  oder  viehstall.  Corvinus  fons  lat.  634* ;  pecudes  stabti- 
lantur  in  antris,  sie  haben  ihre  stallung  in  holen,  ebenda; 
stallung,  ...  it.  stalla  commoda  per  mettervi,  insfallarvi 
le  bestie  da  uro  e  da  soma.  stallung  für  die  pferde.  den 
pferden  stallung  geben,  stallung  haben,  stallung  genug 
da  seyn.  es  ist  keine  stallung  da,  der  wirt  hat  keine 
stallung.  nicht  stallung  gnug  da  seyn.  Kramer  dict.  2,904*; 
der  wirth  hat  viele  Stallungen,  hospes  multa  stabtila  habet. 
Steinbach  2,658;  stallung,  stabulum,  sonderlich  für 
pferde,  in  den  wirths-häusern  für  die  fuhrleute,  pro  aurigis 
eorumque  equis.  Frisch  2,316*.  {neund.  stallung  Dähnert 
457*,  stallunge,  stellunge  Schambach  207*,  8talung[e] 
Bauer -Collitz  98*.)  der  sing,  steht  gern  in  collectivem 
sinne;  belege:  wer  furpasz  verrer  pawen  wolt,  den  sein 
aigen  treff  an  stallung,  heukamer  oder  was  das  were. 
Tücher  baumeisterb.  281,29;  all  korhermheuser,  da  man 
stallung  hett,  die  waren  alle  voll.  d.  städtechron.  5,  57,  6 
(B.  Zink  zu  1401);  da  kom  es  {das  feuer)  in  seiner  stallung 
ausz  und  im  verpran  sein  pferd.  11,  576,  6;  (dasz)  genanter 
herr  apt  von  Muri  und  sine  nachkomen  .  .  .  fug  macht 
unnd  gwalt  haben,  zu  genanter  siner  drotten,  ouch  der 
behusung  dar  inn  der  stallung  daran,  oder  für  die  stallung 
zu  einer  zimlichen  schür  unnd  stallung  dar  inn  . . .  zimer 
unnd  buwholtz  inn  der  Banegg  houwen  ze  lassen,  weisth. 
1,62  {vomj.  1572);  weiters  solle  sich  niemand  unterfangen, 
ohne  herrschaftlicher  verwilligung  ein  hausz  zu  erbauen  . . , 
wie  nit  weniger  kein  stadl,  stallung,  hütten  oder  einfang 
zu  machen,  tirol.  weisth.  1,50,6;  es  soll  auch  niemants 
sich  understeen,  auszer  gemainer  nachperschaft  erlaubnus 
und  verwilligung  kain  neue  behausung,  stadl  noch  stallung 
auf  zu  pauen,  da  vormalen  dan  nie  kain  hofstat,  be- 
hausung, stadl  oder  stallung  gewesen.  2, 22,  9/.  {handschr. 
V.  1616);  saubere  stallung  als  randangabe  zu:  nichts  be- 
kompt  dem  vieh  also  wol ,  ...  als  wann  man  die  stall 
sauber  haltet.  Sebiz  feldb.  96;  ein  anderer  general,  liesz 
die  thüre  einschlagen,  und  verwandelte  den  saal  in 
stallung.  Göthe  39, 108,  den  ziegen  gebührt  gleichfals 
nahrhafte  kost  im  winter,  und  warme  stallung.  Voss 
Virgils  ländl.  ged.  8—4,  597;  stallung  und  scheuer  ging  in 
lichten  flammen  auf.  Mörike  erz.  260;  zurrechten  sieht 
man  dann  ein  stück  hofraum  mit  holzremise  und  stallung. 
Ludwig  1,  ui; 

zum  glück  trug  mir  der  kurfDrst  .  .  .  auf, 
an  Kottwitz,  dem  die  stallung  dort  zu  eng, 
zum  marsch  hierher  die  ordre  zu  erlassen! 

Kleist  3,  95  E.  Schmidt  {prim  v.  Homb.  4,  2). 

deutlich  in  vereinzelndem  sinne,  wenn  mit  dem  unbestimmten 
artikel  verbunden:  etliche  jar  darnach  wart  er  erstochen  .  . 
in  ayner  stallung.  quellen  zur  gesch.  des  bauemkr.  in 
Oberschw.  14;  desgleichen  vor  dem  undren  tor  prach  man 
ain  stallung  und  stadel  ab  gegen  der  Rot  und  uf  dem 
andren   ort  gegen  dem  hofgarten  auch  ain  stallung.  22; 

40* 


631 


STALLUNG 


STALLVERSCHALUNG— STALLWAND  632 


und  im  plural,  der  in  der  neuem  spräche  {seit  ende  des 
n.jahrh.,  vgl.  oben  Steinbach)  sehr  gebräuchlich  ist:  von 
den  pferdställen.  wo  viel  pferde  sind,  müssen  grosse, 
weitschichtige,  und  wo  ein  gestütte  ist,  etliche  abgetheilte 
Stallungen  vorhanden  seyn.  Hohberg  2,155»;  wenn  aber 
die  Stallungen  unbedeutend  waren,  so  fand  man  die  keller 
desto  geräumiger.  Göthe  80,172;  keines  sah  aus  wie  der 
pfarrhof,  mit  dem  gepflegten  garten  nach  vorne  und  den 
groszen  Stallungen  nach  rückwärts.  Thoma  Andr.  Vöst 20l; 

doch  heim  nun  blockte  das  schmalvieh 
fett  aas  nährendem  krant  in  gehöfd'  und  Stallungen  kehrend. 

Vcss  Theokr.  25,87. 

3)  stallung  findet  sich  auch  in  manchen  bedeutungen, 
die  beim  verbum  stallen  nicht  entiaickelt  sind,  insbesondere 
bedeutet  es  im  altern  hd.,  besonders  oberd.  (14. — IG.  jahrh.) 
oft  'einstellung  der  feindseligkeiten,  icaffenstillstand,  friedens- 
Verhandlung,  friedensvertrag' ,  s.  Lexer  handwb.  2,  1131 
{älteste  belege  vo7i  1815  und  1318).  K.  v.  Ami  ha  in  Pauls 
grundr.^  3,  201.  Sghm.^  2,  746.  Schöpf  698.  Ch.  Schmidt 
hist.  wb.  der  eis.  mundart.  336'*;  induciae  belli  vel  ttamdtus, 
treuga.  Haltaus  1727.  vgl.  auch  stalltage,  belege:  ein 
stall  unge  sol  sin  {zwischen  bischof  Johann  v.  Straszburg 
und  mehreren  obereis.  städten)  unze  zfi  S.  Johannes  tag. 
Mühlh.  urk.  v.  1359  bei  Ch.  Schmidt  a.  a.  o.;  ain  fruntlich 
stallung  gemachet  und  gesatzt  hant . , .  die  nechsten  dru 
ganzu  jar.  urk.  v.  1381  bei  Hai.taus  1727;  weder  fürwort, 
sune,  stallunge,  setze  oder  friden,  mit  den  von  Straz- 
burg,  noch  mit  den  jrn,  nit  halten  noch  ufnemen.  ebenda 
{vom  j.  1391);  dass  sy  darauf  ainen  friden  und  stallung 
ufnehmen.  quelle  v.  1424  bei  Schöpf  698;  were  das  deheiner 
von  W.  mit  dem  andern  in  zewürfnüss  kgme  oder  kriegte, 
wo  das  deheiner  verneme  . . ,  der  sol  stallung  nemen  und 
es  stellen  untz  an  ein  recht;  were  aber,  das  deheiner 
stallung  verseile  und  nit  geben  weite,  der  sol  es  buessen. 
iceiÄ/A.  4, 287,  9  {Wiedikon,  Zürich,  15.  jahrh.);  do  ein  frid 
und  ein  stallung  gemacht  wart  zwischen  herren  und 
steten,  d.  städtechr.  1,287,26  {vom  j.  1384);  unser  herr  der 
römisch  künig  het  in  . . .  einen  brieff  zu  gesant,  darinne 
er  in  volle  macht  geben  hett,  den  krieg  ab  ze  legen  oder 
ein  stallung  daran  zu  machen,  des  heften  sie  ganczen  fleisz 
gehabt  und  betten  ein  stallung  daran  gemacht,  wie  die  sach 
bestecn  s61t.  2, 162,  l — 4  {Nümb.  1449) ;  als  uns  denn  ewer 
furstl.  gn.  under  andern  dingen  schribent  von  der  stallunge 
wegen,  so  unser  genildigoster  herre  der  römisch  etc.  künig 
ze  Koblentz  bestellet  haut  etc.,  hoffen  wir,  das  dieselbe 
stallung  dise  sache  nit  anrüre.  5,  347, 19 — 22  {schreiben  des 
rata  v.  Angab.  20.  april  1416);  und  was  der  rat  mit  unsers 
herren  gnade  von  Mentz  in  stallunge  kommen.  17,  223, 26, 
vgl.  224,  3  {Mainzei-  chron.  zu  1443  ?) ;  {könig  Sigmund)  ver- 
richtet Hartman  von  Wangen  und  hern  Nicolaus  Zorn 
von  B&lach  mit  der  statt  von  Strasburg,  und  machte  da 
ein  stallung  von  phingsten  untz  uff  sant  Johans  tag  ze 
süngichten  mit  der  statt  von  Straszburg.  Basler  chron. 
5,178,26  {Röteler  chron.  zu  1420);  war  ouch,  dasz  dehein 
stösz  oder  miszhellung  under  uns  in  unserm  land  uff- 
stnnde,  ...  darzu  soll  jederman  louffcn,  und  frid  und 
Stellung  nemmen.  . . .  und  wiiri,  dasz  derselben  deheiner 
debeinem  unserm  landtmann  frid  oder  stallung  verseile, . . . 
der  soll  lo.  pfund  pfenning  dem  land  ze  busz  geben,  und 
soll  man  jne  aber  fürbasz  wysen,  dasz  er  frid  und  stallung 
gebe,  ...  und  an  welchem  also  frid  und  stallung  ge- 
nommen wird,  damit  soll  es  an  allen  sinen  fründen  ge- 
stellt and  gefridet  sin,  und  wer  darüber  frid  oder  stallung 
breche,  von  des  lib  soll  man  richten,  als  von  einem 
offnen  mörder.  Trciiuiji  i,  640*  {urk.  v.  1887).  im  sinne 
von  landfrieden{»vertrag) :  ist  uns  in  clag  von  wegen  . .  . 
herren  Ludwigs  des  eitern,  herzog  in  Baiern,  ...  für- 
bracht so,  wie  das  derselb  in  euern  küniglichen  friedn 
und  stallung  als  durch  den  hocbgeborncn  fürstcn,  herren 
Albrechten  marggraf  zu  Brandenburg,  mit  geftlnknus  be- 
haft.  AvENTiN  chron.  t,  688,  86  {bi-itfder  churfüraten  v.  1446). 
auch  fiir  vertrag.  fHindni»;  confoederatio,  foedua.  SciiEiiz- 
OriKHMN  16M:  stallung  u.  verbündnusz  der  churf.  herren 
u.  staedt  in  Schwaben,  Francken  u.  Beyern  zu  Mcrgent- 
hefm.  ».  ebenda.  au$  mitzveratändnia  solcher  stellen  und 
anUhnung  an  stallen  s  atammt  wU  die  angäbe:  stallung 
mttofk.  tUam  ut  eoncordia,  e<n\futulio  animorum.  una- 
nimHas.  Sm-rtrH  tilg. 


4)  Stellung,  Sistierung  vor  gericht:  so  in  Bayreuth,  ver- 
ordmingen  v.  1708 — 46;  die  stallung  begehren,  verweigern 
n.  a.,  s.  ScHM.*  2,  746  {b).  reßexivisch,  das  sichstellen;  vgl. : 
denselben  sollen  die  von  Landsperg  . . ,  wan  es  ein  aus- 

lender,    ohne   caution  zue  widerstallung nit   ledig 

oder  frey  lassen.  Lori  Lechrain  s.  354''  {burgfriede  zu 
Landab.  l.5.'j9).  Adelung  verzeichnet  {unter  2.  stallen  2,  l) 
als  oberd.  'stallung  auf  einen  flüchtigen  missethäter,  ihm 
nachsetzen,  nachstellen,  ihn  zu  erhaschen  suchen'. 

.5)  in  der  altern  Jägersprache;  'wenn  sowohl  mit  dem 
kleinen  zeuge  nach  hasen.  fücJisen,  auch  nach  rehen  und 
Wölfen,  desgleichen  mit  dem  schweinszeuge  nach  sauen  ge- 
stellet wird,  so  heiszt  da-  eingesteckte  ort  oder  dickigt  die 
stallung'.  Jacobsson  4,  250''/-,'  ^n  mit  dem  kleinen  zeuge 
eingestellter  ort  im  icalde.  Adelung  (2,  l);  die  Stellung  der 
Jagdzeuge  und  der  damit  zugestellte  räum.  Kehrein  weid- 
mannsspr.  280,  s.  auch  Behlen  5,671.  so  in  der  litteratur 
des  16.  und  17.  jahrh. :  folgends  wurde  alsobald  das  holtz 
mit  garn  und  tüchern  umstellet,  die  stallung  empor- 
gerichtet, ...  die  wild-  und  Jägermeister  zugegen  u.  s.  w. 
Schoch  krieg- u.  friedensschäfferey  (lGG3)  25.     im  bilde: 

ich  {Beelzebub}  aber  wil  auff  diesen  plan 
hie  lauschen  ob  ich  was  erschleich  .  .  . 
denn  ich  hab  eigentlich  vernommen 
mir  sey  ein  wild  in  stallung  kommen. 

Gl.  S lEPiiANi  geistl.  action  (1568)  C  S»» ; 
da  hör  ich  schon  ein  wiltpcrt  singen 
das  wird  mir  in  die  stallung  springen.    C  4»> ; 
Chur-Sacbsen  nur  allein,  die  war  noch  zu  umstellen, 
da  meinten  sie  vorab  grosz  wildbret  gnug  zu  fällen ; 
darum  so  drehten  sie  die  fäden  doppelt  noch, 
die  stallung  war  gemacht  noch  einst,  als  sonst,  so  hoch, 
gefangen !   dachten  sie,  doch  wuszten  diese  Jäger 
von  emem  löwen  nicht,  der  eben  da  sein  läger 
nächst  ihrer  stallung  hatt'.    als  der  die  tücher  sah, 
die  netze  und  das  garn,  die  ihm  denn  waren  nah, 
lief  er  im  zorn  hinzu  und  schlug  die  stallung  nider. 

der  Jesuiten  landerfang  (1632)  29—37 
hei  Opel-Cohn  286/. 

6)  selten  zum  zweiten  stallen:  stallung,  ...  alia  signl- 
ficatione  egestio,  et  efßuvitim  urinae.  Stieler  2118;  wann 
sie  {pferde)  blut  harnen  (welches  ihnen  pfleget  zu  wider- 
fahren, wann  sie  die  stallung  oder  urination  übergehen). 
CoLER  Jiausb.  1,366*.  s.  auch  generalstallung  Laukhard 
1,  217  unter  stallen  3  {sp.  619). 

STALLVERSCHALUNG,  /.:   da  war  er  in  die  bände 
des  .  .  .  friesischen  bauern  gefallen,  der  mit  unentwegtem 
beharren  in  die  Wissenschaft  stiesz,  wie  der  stier  gegen 
die  Stallverschalung.  Frenssen  Jlkn  Vhl  482. 
STALLVERSCHLAG,  m..- 

die  band,  die  kraft  besasz,  vor  euren  tbliren 
euch  abzuprUgeln,  dasz  ihr  sprangt  ins  haus, 
wie  eimer  in  verborgne  brunnen  tauchtet, 
in  eurer  stallverschläge  lager  krocht. 

Shakesp.  1,  65  {könig  Johann  6,  2). 

STALLVERWANDT,  adj.  und  substantiviert:  einem 
rechtsfreund  ist  ein  solches  locale  {die  canzley)  nicht  ver- 
haszt  wie  einem  stallverwandlen  {sagt  ein  junker  von 
sich  selbst).  GÖTiiE  21, 157  {wanderj.  1,9). 

STALLVIEH,  n.  vieh,  das  im  stalle  gehalten  trird.  vgl. 
Stallfütterung,  s.  z.  b.  Heyne  hausaltert.  i,41;  diese  streue 
läszt  sich  bei  dem  übrigen  stallvieh  anwenden.  Schwkrz 
anl.  zum  pract.  ackerbau  l,  134.  schon  althd.  stalfihu 
GnAFF  3,430:  iro  st&lf6ho  belöta  er  in  demo  t6de  (im- 
menta  eorum  in  morte  conclusit).  Notker  ^.  77,16.  *.  tf» 
einzelnen  stailescl,    füllen,  -ochse,    pferd,  -ross. 

STALLWACHE,  /.  bei  berittenen  truppen  tcache  zur 
beaufsichtigung  der  pferde  in  den  pferdc.vtäUen.  Krünitz 
169, 242:  welche  mannschaften  haben  die  specielie  Ord- 
nung in  den  stilllen  zu  hallen?  die  slallwachen  . .  .  wer 
ist  unmittolbarervorgeselzter  der  slallwachen?  der  stall- 
wach-gefreite.  instruclionabuch  fiir  den  eavaUtristen' 
{Hann.  1876)  88. 

STALLWÄCHTER,  m.  als  beaeichnung  eine»  hundta: 

das  jammert  Mumem  gar  kq  sehr,  . . . 

Sprang  wie  ein  luchs  im  augcnblick, 
era  itallwecbtcr  nulT  »einen  rUck. 

/rourhtn.  R  1»  {nm  rande:  Mumer  erlOaet 
Reinrken  von  dorn  hundc). 

STALLWANI)  , /.  •  wenn  die  slallwände  ...  mit  einer 
farbo  angestrichen  worden  sollen,  so  geschieht  es  am 
besten  mit  einer  ocherurt.  KhOnitz  168, 166,  *.  otM^  tUll- 
regimenl. 


633 


STALLWÄRTER— STALLZEIT 


STALLZEUG— STAMM  (I,  1) 


634 


STALLWÄRTER,  m.  wärter  in  einem  marstaU,  nur 
mnd.  als  stalwarder,  -werder  bezeugt.  Schiller-LObben 
4,358*;  stall-werder.  nidersächs. ;  für  stall-wärter  .  .  .  der 
za  Braunschweig  über  den  marstall  gesetzt  war,  der  die 
knechte  hielt  und  beköstigte,  und  mit  ihnen  die  pferde 
wartete,  stabuli  ptiblici  curator.  Frisch  2, 316».  belege: 
der  scryvere  unde  stalwardere  Ion.  d.  städtechron.  6, 150, 13 
(heiml.  rechensch.  1406);  summa  de  marstal  des  jares  mit 
den  perden  by  vijc  marken,  alze  .  .  .  iiij  wartlüde,  stal- 
warder. 243,  22  {zum  j.  1417) ;  weret  ok  dat  me  vorredene 
perde  vorköpen  scholde,  dar  scheiden  se  {die  stallherren, 
vgl.  das.)  den  stalwerderto  nemen,  unde  laten  de  vorköpen. 
urkundenb.  d.  sfadt  Braunschic.  1, 159  {ordinarius  art.  44). 
der  ausdruck  scheint  also  auf  Braunschweig  beschränkt. 

STALL  WASSER,  n.  l)  harn  der  pferde.  Höfler  krank- 
heitsnamenb.  TSS*»,  vgl.  stall  6,  stallen  5. 

2)  nd.  stallwater,  stillstehendes  wasaer  zioischen  ebbe  und 
fl%it.  brem.  ich.  6,  334. 

STALLWECHSEL,  m. :  weil  er  sich  gegen  einen  not- 
wendigen Stallwechsel  gesträubt,  und  verlangt  hat,  dasz 
die  pferde  zweier  jungherrn,  . . .  um  seiner  mähren  willen, 
auf  der  freien  strasze  übernachten  sollten!  Kleist  3, 147 
E.  Schmidt. 

STALLWEIDE,  /.  heimireide,  weide  in  der  nähe  der  dorf 
flur,  im  gegensatz  zur  alpenweide:  zwölften  will  auch 
die  .  . .  gemaind  Elbmen  sich  .  . .  obligiert  haben,  den  Klim- 
berischen  gemaindsleuten  das  re.  galtvich  firtershin  von 
ihrigen  zeinen,  auch  haimb-  und  stallwaiden  . .  .  hinweck 
zu  treiben,  firol.  weisth.  2,  i2i,  5  {vomj.ine);  nachgeents 
seind  dise  schaff  in  der  Sehen-  und  Holzgauer  .  .  .  auen 
...  zu  waiden ,  bisz  man  mit  ihnen  denen  schaffen  in 
die  alben  kann,  .  .  .  mithin,  wann  man  die  alben  be- 
schlagen hat,  keines  mehr  auf  der  stallwaid  zu  gedulten. 
126,29  {hatidschr.  v.  ins);  dieweilen  in  disem  zechenden 
ain  anzahl  der  sämber  {säume)-)  und  ire  rosz  Sommerzeit 
in  des  zechenden  negst  anhaimbs  habenden  stalwaidnen 
in  die  lenge  aufhalten  und  hie  {l.  die?)  haimbwaid  gleich- 
samb  dem  gmainsmann  vor  der  thir  weckzuetzen  sich 
biszhero  unterstanden.  257,22  {handschr.  v.iGbe);  die  drei 
ort  sollen  auch  mit  denen  zu  Weissenpach  der  stallwaid 
halben  ainen  undergang  thuen,  das  die,  so  mit  dem  vich 
auf  den  Furnperg  gen  alb  faren,  hinfüron  nit  über  den 
Öllenprunen  .  .  .  treiben  sollen.  3,  375,  anm.  36  {ha7idschr. 
V.  1590).  —  dazu  stall  weidler,  m.  'bauer  oder  Untertan, 
der  das  recht  des  heimtriebes  hat,  heimxceideberechtigter 
Untertan.'  Unger-Khull  s^eir.  worfecÄ.  568''  {iS.jahrh.). 

STALLWERK,  n.,  Schweiz,  für  das  bauicerk  am  stall: 
der  bauer  hatte  nämlich  das  recht,  zu  allen  reparaturen 
aus  einem  obrigkeitlichen  wald  das  holz  zu  nehmen ; 
nun  baute  er  in  einem  jähre  das  stubenwerk  neu,  im 
andern  das  stallwerk;  das  hiesz  dann  reparieren.  Gott- 
HELP  1,  149  Vetter;  weil  er  sein  stallwerk  neu  muszte 
machen  lassen ,  wenn  es  nicht  einfallen  .  .  .  sollte.  4,  63. 

STALLWINKEL ,  m. :  {im  bilde .)  im  hintersten  stall- 
winkel  wird  auch  wohl  bei  mir  so  einer  {ein  bock)  an- 
gebunden stehen.  Storm  7, 306. 

STALL  WIRT,  m.,  ahd.  stalwirt  stabidarius  Öraff  1,  932: 
leitta  inan  in  sines  staluuirtes  hüs.  Tat.  128,  9  {nach  Luc. 
10,  35,  vgl.  stallmann);  nhd. :  die  besonderen  bestimmungen 
des  entwurfes  gelten  nur  für  gastwirthe,  welche  gewerbs- 
mäszig  fremde  zur  beherbergung  aufnehmen,  .  .  .  nicht 
für  stallwirthe  rücksichtlich  der  bei  ihnen  eingestellten 
thiere.  motive  zu  d.  entw.  eines  bürgert,  gesetzb.  2,  584  {zu 
%  626'!,  vgl.  die  anm. 

STALLWIRTSCHAFT,/  Wirtschaft,  betrieb,  Ordnung  oder 
Unordnung,  die  in  einem  stalle  herrscht:  da  .  .  .  ich  mich 
\  or  den  fremden  kutschern,  die  von  dieser  stallwirthschaft 
liörten,  ...  zu  schämen  anfing.  Thümmel  reise?,  253. 

STALLWORT,  n.    wort,  wie  es  in  einem  stalle  üblich 

',  tcie  es  stallleiite  gehrauchen .-  aber  diese  gedrechselten 

inplimente  sind  schlechte  tünche  über  rohen  sitten, 
noch  werden  sie  durch  gemeine  stallwörter  und  fluche 
unterbrochen.  Frevtac,  bilden, 8. 

STALLWURZ,  /.  für  die  eberraute,  artemisia  abrotanum. 
Pritzel-Jf.ssen. 

STALLZEIT,  /.  zeit,  wo  das  vieh  gefüttert  und  gemolken 
werden  miisz:  de  deanstbot'n  san  allsammete  am  feld, 
und  OS  muasz  do  wer  dahoam  sei !  stallzeit  is  aa.  Thoma 


Andr.  Vöst  340.  —  übertragen  (?) .-  wie  nämlich  auch  in 
einer  epikurischen  stallzeit  auch  der  reinste  autor  un- 
züchtig denken  musz,  um  nur  züchtig  zu  schreiben. 
J.  Paul  34, 155  (3.  sphinx). 

STALLZEUG,  «.;  2.  soll  er  {der  Stallmeister)  sich  be- 
fleissen,  dasz  an  futter,  heu,  streu,  strigeln,  putz-  und 
stallzeuge  kein  abgang  sey.  Hohberg  2, 158». 

STALPEN,  verb.  stampfen,  schwer  auftreten,  ein  wwt,  das 
den  mundarten  um  den  Rhein  eigenthümlich  zu  sein  scheint, 
mhd.  stalpen  Lexer  handwb.  2,  1131,  vgl.  Gh.  Schmidt 
hist.  wb.  der  eis.  mundart  336'>;  mnl.  stalpen,  stampfen,  vgl. : 
stalpen  met  den  voet,  j^erfe  2«afere,  ungula  ferire.  Kilian 
2,  628*.  jetzt  icürtemb.  stalpen  geschäftig,  mühsam  einher- 
schreiten.  Schmid  505,  oberhess.  im  deminutiv  schdalbche, 
schtelbche  schwer  undungeschickt auftreten.  Grecelius803. 
vgl.  dazu  stolpern,  {mnd.  stolpen,  stagnare  Lübben  hand- 
wb. 373*  ist  jedenfalls  unzugehörig,  vgl.  dazu  stalpem,  be- 
stalpern.  Sghambach  22*.  207*.) 

1)  zunächst  von  pferden  u.  ähnl. : 

mit  den  fujen  ej  stalpt  und  slug. 

Malagis  (umschr.  aus  dem  nl.)  bei  Lexer  a.  a.  0. 

dazu  ausstalpen  aus  dem  boden  stampfen  .- 

so  beists  {die  etüin)  und  stälpt  ausz  grosse  steyn. 

new  Bileame  esel  b  4. 

2)  dann  von  menschen,  wo  es  den  stolpernden  oder 
tcankenden  gang  des  erregten  oder  schxcindeligen  zu,  be- 
zeichnen scheint:  du  siehst  wenn  ain  starcker  man  sich 
in  ainn  krieg  rüst,  der  jm  nahe  ist,  so  stalpet  er,  er 
eilt,  er  zittert,  und  ergrimt.  Keisersberg  schiff  der 
penit.  123";  ein  iegelich  rieh,  daz  in  yme  selbir  zurdeilit 
ist,  daz  wird  zurstorit,  wan  sine  fursten  sint  wordin  der 
diebe  gesellin,  dar  umb  hat  got  mittin  under  sie  ge- 
mischit  eynen  swindelndin  geist,  daz  sie  stalpin,  an  dem 
mittem  dage,  alle  (alse?)  in  dem  finstem.  übers,  d.  gold. 
bulle  {perguTnentschr.  des  Frankf.  arch.). 

STALT,  /.,  begegnet  ganz  vereinzelt  für  gestalt  (flieil 
4, 1,  4178/".),  vielleicht  nur  aus  versehen:  wir  nemen  auch 
gleicher  stalt  an  .  .  .  die  artickel  der  fürnembsten  heubt- 
puncten  christlicher  lehr,  welche  anno  1537.  zu  Schmal- 
calden  . .  .  gestellet  sein.  Lauenb.  kirchenordn.  (1585)  7*. 
{sonst  heiszt  es  dort:  solcher  gestalt  u.  a.  in  der  von 
Lexer  handwb.  2, 1132  angezogenen  stelle  aus  Ottokar 
liest  d.  attsg.  von  Seemüller  39146:  gestalt.)  vgl.:  das 
einfache  wort  stallt ,  ist  durch  das  davon  hergeleitete 
gestallt  ausgedrenget  worden,  dasz  es  aber  doch  im  ge- 
brauch gewesen,  sieht  man  noch  unter  andern  aus  dem 
composito  anstallt.  Frisch  2,  316*. 

STALTEN,  verb.,  für  gestalten,  kennen  nach  Adelung 
{unter  gestalten)  einige  oberdeutsche  gegenden  im  sinne  von 
'vorstellen':  die  schnür  staltet  eine  kettenlinie. 

STALTNIS,  /.,  nd.  farm  für  gestaltnis,  vgl.  daselbst, 
^Äej7  4, 1,  4193;  mnd.  stalte-,  steltenisse.  Schiller-Lübben 
4,358;  staltnisse,  forma,  ymago.  Dief. -Wülcker  862; 
staltnis.  D.\hnert  457»: 

dat  bilde  siner  {Lucijcrs)  sconen  staltnisse 

is  gewandelt  in  greselike  dustemisse.    sündenf.  573. 

cachathesia  {cachexia)  eyn  boze  staltnisse;  cathesis,  boze 
steltnisse  der  lede.  {cathesia  die.  mala  dispositio  mem- 
brorum).  Dief.  «or.  gloss.  64»  {lat-nd.  wb.  v.  1417),  t^gl. 
Höfler  krankheitsnamenb.  671*. 

STALTROCK,»«.,  in  Hamburg  und  Lübeck,  staatsmantd, 
amtskleid  der  ratspersonen,  oberalten  tmd  kirchenvorsteher. 
RiciiEY  287.  brem.  wb.  4, 990.  Schütze  4, 186.  (Campe  giebt 
dafür  stallrock,  wol  nur  druckfehler.) 

STALTUNG,  /.,  ganz  vereinzelt  für  gestallung  {theil 
4, 1, 4195):  hernach  ist  er  auf  das  haupt,  herz,  lungen,  leber, 
händ  und  füsz  verfallen,  deren  staltung  er  wunderwürdig 
zu  sein  gezeigt  hat.  Crassets  Jap.  kirchengesch.  (1738)  1,114. 

STAMM,  m.  caudex,  stirps,  trtincus. 

I.  geschichte  der  worfform,  l)  ahd.  stam,  mhd.  stam, 
nhd.  stamm,  geht  zurück  atif  älteres  stamn.  erhalten  in 
as.  stamn  {belegt  in  der  bedeutung  'steven'  wiederholt  im 
Hd.),  ags.  stemn  BosworthToller  914*;  daneben,  wol 
jünger,  ags.  stefn  ebenda,  niederd.  steven  {als  niederd. 
lehmcort  auch  im  nhd.  s.  unten  steven),  aji.  stafn  Ci.easby- 
VlGFUSSON  586.  Fritznf.r  3,  573*  und  stofn  'holzklotz'. 
556*,  wie  ahd.  stimna  {nhd.  stimme)  fieben  got.  stibna. 
weitere  etymologische  verwandtscliaft  besteht  wol  zu  skr. 


635 


STAMM  (I,  2.  3.  II.  1) 


STAMM  (II,  1) 


636 


sthäraan  'Standort',  lit.  stomö  'festigkeit',  griech.  ardf/voe 
und  ari]uinv,  lat.  stamen. 

2)  seit  mhd.  zeit  ist  ein  übertritt  des  toortes  in  die 
schwache  declinaiion  festzustellen,  doch  zu  erwägen  bleibt 
immerhin  dabei  die  möglichkeit,  dasz  sich  hier  die  ältere 
form,  stamn  mehr  mundartlieh  erhalten  hat:  (Jiarz,)  das 
ab  dem  stammen  vleujt.  Megenberg  163, 18; 

ich  clag  den  edeln  stamen  (:  si  kamen). 

Suchenwirt  20, 184. 

nhd.  der  stamme  und  der  stammen  u.  s.  w.  .■  der  wilde 
stamme.  Ghettkr  erklärung  der  epistel  Pauli  an  die 
Römer  {15G6)  342;  am  auswachsen  müssen  die  junge  schösse 
alle  zu  diesem  loch  herausdringen  und  wachsen  zu  einem 
stammen.  HounERG  l,  446»,  doch  die  andere  form  dringt 
bei  ihm  daneben  imtner  durch :  wann  man  die  edlen  prünner 
äpfel,  morschansker  oder  holdcräpfcl  auf  stamme  von  passa- 
mäner  und  anderer  grossen  äpfel  oder  muscatellbimen, 
auf  pfundbirnen-stammen  peltzet.  Uß^;  stammen  neben 
stamm  verzeichnet  Kramer  dict.  2  (1702),  905»  (s.  II,  3,  c,  y). 
auch  mischformen  finden  sich .-  zur  ergrösserung  und  zu- 
nehmen sowol  des  stammens  als  der  äste.  Hohberg  1,446'>; 
entsprechend  eines  stammens  und  geschlächts,  germanus. 
Maaler  384»  {vgl.  II,  8,  c,  /?).  in  der  heutigen  spräche  hat 
sich  diese  schwache  form  kaum,  anders  als  mundartlich 
erhalten:  der  stammen  {neben  stamm)  Schöpf  698;  der 
stamme  {doch  der  plur.  stamme)  Hunziker  250.  so  er- 
klärt sie  sich  wol  auch  bei  Leoprechting:  an  dritthalb- 
hundert  jähre  sasz  hier  {auf  schlosz  Igling)  das  geschlecht 
der  Donnerspcrg,  gar  ein  ehrenwerther  stammen,  den 
grundholden  eine  gütige  herrschaft.  aus  dem  Lechrain  lll. 

3)  im  neueren  niederd.  läszt  sich  neutrales  geschlecht  des 
Wortes  belegen:  dat  stam  störwet  ut.  Schambach  207''. 

II.  bedeutung.     l)  im  eigentlichen  sinne. 

a)  stamm  als  der  theil  eines  baumes,  im  gegensatz  einer- 
seits zu  den  ästen  und  zxceigen  und  andrerseits  zu  den 
ipurzeln:  stamm  eines  gewächses  oder  baumes,  stirps, 
eaudex,  truncus  arboris.  Ma.\ler  384»;  stamm  desz  baums 
unden  von  der  wurtzen  auff  bisz  an  die  äst,  crus  arboi-is. 
ebenda;  stamm,  stock,  le  tronc,  la  souche  d'un  arbre.  Hui.- 
sius  (1616)  305'';  stamm  eines  baums,  tronco,  troncone, 
fusto  del  albero  senza  rami.  (1618)  237» ;  stamm ,  baum- 
stamm,  eaudex,  stirps.  Stieler  2119;  stamm  eines 
feigenbaums,  truncus  ficulnus.  ebenda;  der  stamm  ist 
mit  rinde  überzogen,  truncus  cortice  obducitur.  Stein- 
UACH  2,  CG5;  an  bäumen  sind  die  stamme,  äste  und 
blätter,  in  arboribus  sunt  trunci,  rami  et  folia.  ebenda. 
vgl.  noch  folgende  erklärungen:  ein  stam  {stirps)  wird  es 
{das  erdgewäclis)  geheissen,  so  fern  es  sich  in  eine  spitze, 
äste,  ästlein  undt  grüne  zweige  oder  laub  auszbreitet. 
CkJMENius  janua  (1644)  107;  stamm,  die  natürlichste  und 
ordentlichste  bedeutung  dieses  wortes  ist  die,  dasz  es 
von  dem  dickesten  theile  eines  baumes  gesaget  wird, 
woran  alle  äste  stehen.  Gottsched  beobachtungen  276. 
in  der  heutigen  spräche  der  botanik:  stamm  die  haupt 
achse  baumartiger  gewächse.  belege:  noch  nemint  bilde 
vone  zwein  estin  die  Ojir  eineme  stamme  gewassen  sint. 
Wackernagei,  leseb.  i*,  192,  10;  wenn  ein  wurtzel  ver- 
gifft  ist,  so  mösz  von  not  wegen  der  stam  und  die  est 
verderben  und  nütt  sollen.  Keisersrero  6rosaj;i^  2,  64''; 
wie  eine  eiche  oder  linde,  welche  den  stam  haben, 
ob  wol  ire  bletter  abgestossen  werden.  Jesaj.  6,  18 ;  da.s 
nicht  allein  die  bäume  so  fein  gerad  und  hoch  von 
stammen,  sondern  auch  artig  in  die  fünllsichtige  Ordnung 
gesetzet,  a.  weish.  lustg.  51 ;  die  rinde  bedeckt  oder  be- 
kleidet alles,  sowohl  die  äste,  als  auch  den  stamm  und 
die  wurtzeln.  Döbel  4,20»;  und  doch  ist  es  die  herbe 
luft,  die  die  pflanze  vor  zu  groszer  Üppigkeit  schützt  und 
dichtes  holz  dem  stamm  verleiht  und  feste  rinde.  Lud- 
wig gedankenßi;  am  stamm  {dereiche)  lief  die  schmale 
treppe  hinauf,  jedes  der  beiden  gemacher  war  nach  unten 
durch  eine  fullthür  geschlossen.  Freytag  8, 162;  nun  eine 
honlg  wabc  —  die  Zeilen  mochten  mit  liqueur  gefüllt  sein 
—  wie  sie  die  wilde  biene  in  den  stamm  der  hohlen 
eiche  baut.  Storm  i,194;  der  bUndncr  lud  seinen  gast 
mit  einer  handbewegung  zum  sitzen  ein  auf  die  rings 
am  den  stamm  der  uimo  laufende  hank.  C.  F.  Meyer 
Jürg  Jenatteh  42 ;  an  einem  leuchtenden  morgen,  sieben 
tafe  nach  dar  todtenfeier,  sasz  im  schwarzen  schatten 


einer  cedcr,  den  rücken  an  den  stamm  gelehnt  .  . .,  der 
mönch  Astorre.  novelhn  2,42;  zu  füszen  der  ulme,  wo  das 
hölzerne  trepplein  über  den  ungefügen  stamm  hinauf- 
kletterte. Ganghoier  gotteslehen  62; 

der  linden  gröj  was  der  stam.    Parz.  505,  9. 

b)  auszergevDöhnlich  bezeichnet  stamm  auch  den  atengel 
kleinerer pßanzengeicächse.  nach  Adelung  ist  diese  begriffs 
ericeiterung  von  stamm  im,  sinne  von  Stengel  nur  in  der 
kräuterkunde  eigentlich  üblich:  truncus  im  allgemeinen 
für  den  stamm  aller  pflanzen.  Nemnich  1501.  am  nahe- 
liegendsten für  die  hauptrebe  des  weinstockes  gebraucht: 
und  es  wuchs  und  war  ein  ausgebreiter  weinstock,  und 
nidriges  stammes.  Hesekielll,6;  doch  aueh  sonst :  gewöhn- 
lich streift  sich  das  bald  ab,  wie  die  blätter  der  alpen- 
rose,  wenn  sie  vom  stamm  weg  kommt.  Felder  reich 
und  arm  313.  vgl.  auch  stammviole  als  bezeichnung  von 
cJieiranthus  cheiri. 

c)  verloren  Imt  sich  nhd.  scheinbar  ein  in  der  älteren 
spraclie  vereinzelt  vorkommender  gebrauch  von  stamm  für 

zweig :  dar  uj  {aus  der  arehe)  di  ture  tube  vlouk 

di  Noe  da  nicht  betrouk, 
die  brachte  in  erem  mimde  nicht  lam 
von  oleiboume  einen  grünen  stam. 

Brun  V.  Schonebeck  8899. 

d)  häufig  der  abgehauene  stamm,  wie  er  zum  hausbau 
u.  a.  vericendung  findet,  diesen  erweiterten  gebrauch  ver- 
mitteln Wendungen  wie:  der  stamm  des  baumes,  welchem 
die  äst  abgehawen  seind,  das  stammbloch,  truncus. 
Dasypodius;  von  einem  slammen  eines  baums  gemachet, 
caudetts.  Maaler  384»;  die  nöthige  stamme  zum  bau 
fällen  (schlagen)  lassen,  far'  tagliare,  abbattere  gli  alberi 
necessarii  per  la  fabrica.  Kramer  dict.  2  (1702),  904«;  ein 
abgehauener  stamm,  eaudex,  truncus.  Frisch  2,316"; 
wellicher  aber  diss  oder  als  vorsteet  ybertretten  würde, 
der  soll  gestrafft  werden,  von  ainem  ieden  abgeschlagnen 
stamen  umb  fünf  {u)  perner.  tirol.  weisth.  4,287,81; 

meinen  galten  und  ernährer 

hab'  ich  traurig  jüngst  verloren, 

als  er  einen  stamm  geschlagen, 

der  ihn  fallend  niederschlug.    Keller  10, 154. 

diese  hier  noch  deutlich  gemachte  beziehung  des  stammes 
zu  dem  baumganzen  wird  dann  überhaupt  nicht  mehr  zum 
ausdruck  gebracht: 

a)  den  stamm  zerhauen,  truncum  conscindere.  Stein- 
bach 2,665;  item  wer  dem  andern  sein  holz  ab.schlecht, 
an  Urlaub,  der  ist  dem  das  holz  ist  als  oft  für  ainen 
stamb  5  li  60  S).  verfallen,  steir.  u.  kämt,  taidinge  31, 12. 

ß)  mit  weiterer  bestimmung :  ein  stamm  bauholz.  Gott- 
sched fteoöacWwn^en  2176;  ich  werde  zu  diesem  baue  so 
oder  so  viel  stamme  holz  brauchen,  ebenda;  fünfzig 
stamme  bauholz.  Adelung. 

y)  ein  gegenständ  ist  aus  einem  stamm  gefertigt:  dort 
nahmen  uns  fährleute  der  barbaren  in  kähne  auf,  die 
aus  einem  stamm  bestehen,  den  sie  selbst  aushöhlen 
und  glätten.  Freytag  17, 148. 

S)  auch  sonst  der  mehr  oder  xceniger  behauene  stamm : 
einen  stamm  in  die  erde  einrammen,  anstatt  einen  balken, 
pfähl  einrammen. 

e)  besondere  anwendungen: 

a)  der  stamm  als  bestandtheil  von  Christi  kreuz,  getpisM 
aus  den  vorigen  gebrauchstoeisen  sich  ergebend,  wenn  atteh 
die  im  mittelalter  ausgebildete  anscJuiuung  vom  tuaammen- 
hang  des  paradiesesbaum  mit  dem  kreu*  des  erlösera  hier 
mit    in  ansehlag   zu   bringen  ist:    der  da  .  . .  sein    arm! 
auszgestreckt  hat,  an  den  stammen  des  heiligen  kreutzesl 
für    uns   den    schantlichen    lod   gelitten.    KEisr.RSBEnal 
trostspiegel  Dd  4»;    das    einige   volkomene   optTor   unser» 
herren  und  heilands  Jesu  Christi,  welches  er  einmal  am 
stammen  des  creutzes  gott  auffpeopffert.  J.  Grktter  «•<; 
klärttng  der  epistel  Pauli  an   die  Römer  (1.166)788;    des«! 
herrn  Christi   leib   selbst,  . . .  wie  er  am  stammen  des ' 
creutzes    gehangen    Ist.    Schallgr    theologischer  heroldt 
(1604)  159 ;  die  sieben  wori,  welche  der  herr  Jesus  am  stamm 
dos  heiligen  creutzes  ppitprochen  hat.  Scuuppius  44»; 

du  yinpt  >■ 

011'  iipt  il 

«ti  rn  n.imon  , 


gh'  sltinunen. 

A.  Ulaurkh  in  Wackbrnaobls  kfrchenl.  S,n88»j 


637  STAMM  (II.  1) 

0  lamm  gottes  ncschnldig 

am  stamm  des  kreuzes  geschlachtet, 

all  zeit  erfunden  geduldig, 

wiewohl  du  wurdest  verachtet.    Nie.  Dkcius. 

3)  der  schandpfalil,  pranger,  udcher  auf  öffenüichem 
platze  aufgestellt  ist:  unnd  was  die  particular  mengel  und 
beweiszliche  gebrechen  sein,  das  mögen  und  sollen  die 
an  stamm  bringen  und  öffentlich  und  mit  warheit  rügen, 
die  hiezu  vereidet  und  verordnet  sein.  Mathesius  Sa- 
repta  153*. 

/)  stamm  als  bezeichnung  des  ganzen  iaumes,  doch  mit 
ausschlusz  der  in  der  erde  sich  bergenden  xcurzeln :  'so  wie 
man  in  weiterer  bedeutung  unter  stamm  oft  den  ganzen 
bäum  verstehet,  so  fem  er  um  seiiies  Stammes  tcillen  ge- 
schätzet tcird.'  Adelung;  item  wer  fruchpar  paum  oder 
stam  abhaut,  tir.  tceisth.  i,  304,  11;  wer  pernden  stam, 
paum  . . .  abhaut ,  der  da  fruchper  were.  12 ;  die  dicken 
Wälder  auf  beiden  höhen  sind  unbenutzt,  hier  faulen 
stamme  zu  tausenden  übereinander,  und  junge  sprösz- 
linge  keimen  in  unzahl  auf  halbvermoderten  vorfahren. 
GÖTHF  25,  331; 

wenn  der  stamm  zum  himmel  eilet, 

sucht  die  wurzel  scheu  die  nacht, 

gleich  in  ihre  pflege  theilet 

sich  der  Styx,  des  äthers  macht.    Schiller  11,  202; 

dem  entsprechend: 

denn  ach  I  der  krieg  verwüstet  saat  und  reben 
und  kom  \md  most;  vertilget  fmcht  und  stamm. 

Ramler  1,  42. 

ddlich:)  ich  verstehe  —  die  blätter  fallen  vom  stamme 
—  mein  herbst  ist  gekommen.  Schiller  rätiber  4,  l* 
(trauersp.) ; 

dunkle  kunst,  die  mich  die  mutter  gelehrt, 
die  den  stamm  du  treibst  in  des  lebens  lüfte 
und  die  wurzeln  geheimniszvoll 
hinstbsenkst  zu  den  klüflen  der  unterweit. 

Grillparzer*  4,  46. 

«11^  ein»-  adjectivischen  bestimmung :  ein  dicker,  alter, 
grosser,  geschlachter  stamm,  unpie,  pedale  d'albero  grosso, 
atitico,  dritto,  sehietto.  Kramer  dict.  2  (l702),  904";  ein 
grader,  hoher  stamm  Adelung. 

g)  zu  einer  geicissen  festigheit  ist  diese  erweiterte  bedeu- 
tung von  stamm  gekommen  als  bezeichnung  der  jungen 
bäv/mchen  in  einer  baumschule,  icelche  durch  ein  aufge- 
setztes reis  oder  eingesetztes  äuge  veredelt  loerden :  'auch  in 
den  baumschulen  werden  die  jungen  bäum£  gemeiniglich 
stamme  genannt,  ohne  zweifei  weil  man  sie  daselbst  um 
ihrer  stamme  tcillen  erziehet'.  Adelung,  vgl.  auch  unten 
stämmchen;  mit  der  baumpflantzung  geht  es  also  zu, 
dasz  das  geschlachte  zweiglein,  wenn  es  auff  einen  wilden 
stammen  gepfropffet  wirdt,  die  art  des  wilden  Stammes 
nicht  an  sich  nimpt,  sondern  der  wilde  stamme  richtet 
sich  in  die  art  des  geschlachten  und  aufgepfropfften 
zweigleins,  und  wird  also  der  gantze  bäum  miteinander 
geschlacht.  also  sind  wir  menschen  von  art  und  nator 
her  wilde  stammen.  Gretter  erklärung  der  epistel  Pauli 
an  die  Römer  (1566)  342;  will  man  aber  auf  frembde  bäume 
impffen,  so  soll  man  allwegen  diejenigen  stamme  dazu 
nemmen,  welche  sich  zum  allermeysten  mit  der  zweigen 
natur  vergleichen:  dann  die  schosz  sein  das  fümemste, 
das  die  wilde  stammen  soll  fruchtbar  machen,  unan- 
gesehen das  sie  narung  geben  müssen.  Sebiz  322;  im 
fall  dir  auch  solches  (baumwachs)  mangelt,  nimm  heu- 
blumen,  und  misch  des  erdrichs  oder  des  grunds  dar- 
runter, da  der  gezweigte  stamm  stehet.  329.  doch  wird 
der  junge  stamm  von  den  schon  fruchttragenden  bäumen 
noch  unterschieden .-  man  pfleget  auch  mit  stamme  setzen 
b&ome  zu  zeugen,  beydes  im  herbst  und  im  frühling. 
''oler  1, 192'»;    wir   aber   hier   in   der  Marck   heben   an 

;  mme  und  fruchtbare  bäume  zu  versetzen  nach  Michae- 
.is,  so  bald  das  laub  von  den  bäumen  ist.  ebenda. 

h)  in  sprichwörtlicher  Wendung:  der  apfel  fällt  nicht 
weit  vom  stamm,  d.  h.  art  läszt  nicht  von  art:  der  apfel 
fällt  nicht  weit  vom  stamm,  das  ist,  die  kinder  schlachten 
den  eitern  nach,  non  proctd  a  proprio  stipite  poma  ca- 
dunt.  Frisch  2,  316«;  der  apfel  fällt  nicht  weit  vom 
stamme  {nonprocul  a  proprio  stipite  poma  cadunt).  Stein- 
bach 2, 665.  Adelung,  vgl.  nieders.  de  appel  feit  nich 
wit  von'n  stam.  Schambach  207*'; 


STAMM  (II,  2.  3) 


638 


so  geht  es  von  natur.    das  böcklein  folgt  den  raonmen, 
der  apffel  fält  nicht  weit  gemeinlich  von  dem  stammen, 
der  mutter  abrisz  ist  die  tochter  insgemein: 
wie  jetzo  Thais  ist,  so  wird  ihr  kind  auch  seyn. 

Rachel  29; 
edel  sind  sie  und  brav,  ihr  werdet  es  nimmer  bereuen, 
wenn  das  wort  sich  bewährt,  das  alte,  vom  stamm  und  vom 
apfel.    Hebbel  8,  302  Werner. 

und  schon  hinüberspielend  in  die  vencendung  Z,b.c: 
wir  machen's  just  wie  unsre  lieben  alten, 
und  trösten  uns  damit,  das  imsre  junge  weit, 
dem  ansehn  nach,  nicht  weit  vom  stamme  fällt. 

Wieland  5,  66  (der  neue  Amadis  14, 7). 

anders:  es  sind,  sagt  man,  entweder  meistens  alte  (oder) 
bittere  stamme,  auf  die  man  neue  zweige  gepropft  hat. 
Lichtenberg  aphorismen  2, 156, 181  Leitzmann. 

2)  in  der  spräche  der  anatomie  in  übertragener  verwen 
düng  stamm  bezeichnung  von  köpf  und  rümpf  des  mensch^ 
liehen  körpers. 

3)  bildlich. 

a)  eine  nhd.  ausgestorbene  bildliche  Verwendung  des  wertes, 
die  mhd.  in  sclwnster  blute  erscheint,  m,usz  hier  herange 
zogen  werden,  tceil  sie  gleichsam  die  tourzel  des  gebrauches 
unter  3,  bff.  aufdeckt,  vne  der  stamm  eines  baumes  als 
die  grundbedingung  und  der  sichtbare  träger  der  äste, 
ziceige,  blätter,  bluten  und  fruchte  des  baum£S  erscheint 
{während  sich  die  wurzeln  im  erdreich  dem  äuge  verbergen), 
80  vergleicht  ihm  die  ältere  spräche  den  menschen,  welcher 
tilgenden  oder  Untugenden  gleich  bluten  und  fruchten  zeitigt: 

sus  fnor  die  lönes  bemden  vart 

ein  Wurzel  der  güete 

und  ein  stam  der  diemüete.    Parz.  128,  28 ; 

er  was  des  libes  ein  helt 

and  rechter  züchte  ein  stam. 

livländ.  reimchron.  11668; 
Sit  du  an  helfe  bist  la; 
dem,  der  ie  was  ein  stam 
der  triwen,  zuht  und  schäm.    Ottokar  218S4; 
eyns  dags  ich  für  gerichte  kam 
da  ich  mir  eynen  vnrsprech  nam, 
der  solt  des  rechten  sin  ein  stam. 

MUSK.\^TBLUT  83,  51 . 

auch  materieller  geicendet :  so  heiszt  der  eigentliche  Inhaber 
eines  lehn-  oder  erbgufes,  welcher  für  die  dieses  besitzes 
mitgenieszenden  den  zins  oder  die  erbpacht  an  den  lehns- 
herren  auszahlt,  der  stamm:  it.  ein  wildhube  hat  em- 
pfangen Scheffers  Kest  von  Niderroda  ...  als  ein  stamm 
für  sich  und  sein  miterben,  quelle  bei  IL\ltaus  1728  • 
Heintz  Kunssen  als  einem  stammen  oder  lehndrager. 
ebenda;  wann  deren  landsiedel  und  erben  viel  waren,  so 
sollen  sie  auf  begehren  des  lehnherrn  einen  stamm  unter 
ihnen  machen,  also  das  durch  denselben  aus  einer  band, 
die  zinss  oder  pacht  jedes  jahrs  sammtlich  und  nicht 
vertheilt  mögen  gereicht  werden,  quelle  ebenda,  hieraus 
erklärt  sich  die  gelegentliche  Verwendung  von  Stamm  als 
{vor-)name  von  personen,  zunächst  adligen  geschlechtes, 
vgl.  Crecelius  oberhess.  wb.  803,  so  neben  Kraft  in  der 
famüie  Schenk  v.  Schweinsberg,  der  familienname  Stamm 
erklärt  sich  einfach  wie  bildungen :  Balke,  Stange,  Stengel, 
Klotz  tt.  ö. 

b)  zu  unterscheiden  sind  davon  jüngere  bildliche  vertcen- 
dungen  loie:  jenem  {dem  realisten)  fällt  es  nicht  ein,  dasz 
der  mensch  noch  zu  etwas  anderem  da  seyn  könne,  als 
wohl  und  zufrieden  zu  leben;  und  dasz  er  nur  deshalb 
wurzeln  schlagen  soll,  um  seinen  stamm  in  die  höhe 
zu  treiben.  Schiller  12, 518;  ich  bin  ein  alter  stamm 
und  es  ist  zeit ,  dasz  ich  gefällt  werde ,  auch  für  dich, 
mein  könig,  habe  ich  zuweilen  den  kämpf  mit  edlen 
feinden  ersehnt,  als  ruhmvolles  ende  deiner  mühen. 
Frettag  8, 119 ; 

den  schmuck  der  zweige  habt  ihr  abgehauen, 
da  steh'  ich  ein  entlanoter  stamm  I    doch  innen 
im  marke  lebt  die  schaffende  gewalt, 
die  sprossend  eine  weit  aus  sich  geboren. 

Schiller  12,  294  {Wallensteint  tod  3, 13). 

c)  stamm  in  dem  sinne  von  geschlecht,  famüie  u.  s.  w. 
auch  hier  ist  ursprünglich,  ähnlieh  dem  gebrauche  unter 
3,  a,  das  Verhältnis  eines  einzelnen  mannes  zu  seinen  hindern 
als  das  des  Stammes  zu  seinen  zxoeigen  gedacht,  vgl.: 

wan  was  dein  Weisheit  lobs  erwirbt, 
mit  deinem  dot  es  als  abstirbt, 
weil  du  kain  sun  hast  von  deim  stamen, 
der  nach  dir  erleucht  deinen  namen. 

H.  Sachs  6, 111, 147  QSttt. 


639 


STAMM  (II,  3) 


STAMM  (II,  3) 


640 


und  erst  Atcmac/»  iourden  die  ihm  voraufgehenden  gene- 
rationen  mit  einbegriffen  und  das  \cort  erhielt  so  die  er- 
iceiterie  bedeutung  'gens' :  der  stamme  des  geschlechls, 
prosapia.  Dasypodius;  der  stamm  eines  geschl&chts, 
genus,  prosapia,  soboles,  propago,  sanguis,  familia.  Ma.\- 
LER  38i*,  die  gesd.lechtsgenossen  waclisen  gemeinsam  auf 
einem  stamme,  auch  stamm  und  Ursprung  des  geschlächfs, 
stirps.  ebenda,  gewöhnlich  aber  ohne  diese  genitivische  be- 
stimmung. 

a)  mit  einer  mehr  oder  weniger  deutlichen  hervorhebung 
des  zu  gründe  liegenden  büdes:  es  wird  aber  der  zweige 
einer  von  jrem  (der  königstochfer)  stam  auöTcomen,  der  wird 
komen  mit  heerskralTt,  und  dem  könige  gegen  mitter- 
nacht  in  seine  feste  fallen,  und  wirds  ausrichten  und 
siegen.  Daniel  11,  7 ;  vgl. :  und  es  wird  eine  rute  auffgehen 
von  dem  stam  Isai,  und  ein  zweig  aus  seiner  wurtzel 
frucht  bringen.  Jesaja  11, 1.  also  ist  der  stamm,  der  ain 
gehen  ufgang  gehabt,  und  schnell  zugenomen,  auch  baldt 
wider  zergangen.  Zimmerische  cAron.^  l,  198, 5;  zu  dem 
das  ich  von  guetem  stammen  geboren  unnd  nit  aines 
geringen  herkommens.  spectdum  vitae  humanae  4  neudr.  ; 
die  ihm  oft  vorschwebende,  ganz  nahe  auswurzelung 
seines  groszen  Stammes  betrübte  ihn  zuweilen  bis  zu 
thränen.  Sghubart  leb.  und  gesinn.  103;  aus  gutem  edlem 
stamm  bin  ich  entsprossen,  bin  kein  flndelkind,  dessen 
sich  die  altern  schämten,  wie  mir  die  bösartigen  knaben 
der  Stadt  sonst  nachschrieen.  Arnim  3, 128  [kronenic);  die 
Cherusker  erbaten  sich  einen  römisch  erzogenen  lands- 
mann  von  Rom,  weil  er  der  letzte  spröszling  aus  dem 
erlauchten  stamme  Armin's  war.  Freytag  17,  77; 

ich  preisz  den  hohen  stammen, 

von  dem  entsprungen  ist 

herr  Ulrich  mit  dem  namen, 

hertzog  ohn  argen  list. 

lied  von  1534  in  Mones  am.  jahrg.  1839,  sp.  189. 
und  sieht  man  Wipbert  sich  als  einen  zweig  erheben 
geimpft  auf  fruchtbar'n  stamm  durch  kluge  gärtnerhand, 
die  alles  schädliche  vorsichtig  abgewandt. 

PosTEL  WiUekind  il,  563; 

fallen  seh'  ich  zweig  auf  zweige, 

kaum  noch  hält  der  morsche  stamm; 

noch  ein  schlag,  so  fällt  auch  dieser, 

und  im  staube  liegt  die  eiche.    Grii.lparzer*  3,  9. 

jT)  stamm  neben  geschlecht  und  gleichsam  durch  letz- 
teres erklärt:  eines  stammens  und  geschlächts,  germanus. 
Maaler  384»;  und  vermainen  vil,  ...  er  seie  des  stam- 
mens und  geschlechts  der  herren  von  Geroltzeck  gewest. 
Zimmerische  chron.^  1,127,16;  bisz  er  {der  Messias)  ent- 
lich selbs  persönlich  in  diese  weit  komen,  und  einen 
menschen  von  der  reinen  Jungfrauen  Maria,  so  des  ge- 
schlechts und  stammen  üavids  gewesen,  an  sich  genomen. 
Gretter  erklärung  der  ep.  Pauli  a.  d.  Römer  (1566)  582 ; 
derselbige  graff  war  auch  desselbigen  stammens  und  ge- 
schlechts, desz  vorgenannten  gralTen  von  Potiers,  und 
seines  schilts  und  heims  genosz,  denn  er  war  sein  rechter 
obem.  buch  der  liebe  262^;  damit  nun  männiglichen,  auch 
nach  meinem  tode  die  meinigen  wissen  können,  aus 
welchen  stammen  und  geschlechtern  oder  häusern  meine 
ankunft  herfleuszet.  Schweiniciien  denkw.  11  Österley ; 
die  eines  geschlechtes  und  Stammes  (progeniei  et  pro- 
sapiae)  sind,  werden  freunde,  verwandten  und  blutfreundo 
genennet.  Comenius  (1657)  601,  wo  synonymer  gebrauch 
beider  Wörter  voi'liegt;  vgl.:  der  stamm  oder  geschlecht, 
natales.  Corvinur  427*;  aus  eines  stamm  oder  geschlecht 
seyn,  ex  »tirpe  alicKJus  progenitum  esse.  Frisch  2,  817». 
einmal  ist  es  gewiss,  das  die  geschlechter  oder  liniae 
alle  ...  ein  gleichförmig  schilt  und  heim  gefüert,  ... 
welches  aber  unter  den  allen  die  hauptlinia  und  der 
recht  erst  zimbrisch  stam  gewesen,  das  mag  . . .  besten- 
digclichen  nit  gesagt  werden.  Zimmerische  chron.^  i,  140,  3. 
doch  eine  verschiedene  wertung  beider  begriffe  liegt  zu  gründe  .• 
dis  sind  die  namen  der  kinder  Levi,  in  jren  gcschlechtcn, 
Genen,  Kahath,  Merari.  ...  die  kinder  Merari  sind  diese, 
Maheli  und  Musi,  das  sind  die  gcschlcchto  Levi  in  Jren 
stemmen,  s  Mos.  6, 19.    {vgl.  hierzu  8,  d.) 

•/)  stam,  siechte,  prosapia.  Dieh.  4<I7»;  magcnscbaflt, 
fescblecht,  stamm,  eonsanguinita» ,  prosapia,  gentilitas, 
gmwt,  propago.  Hkniscii  19M,  66;  stamm,  gosohlocht,  une 
race.  Iign4e,  familU,  una  razza,  famiglia,  stirpe.  HuLSius 
(itU)  S06^:  stamm,  gcschiccbt,  parentado,  legnagio,  catata. 


prosapia,  razza,  stirpe.  genealogia.  (1618)  287»;  stamm, 
stammen,  met.  stirpe,  schiatta,  legnaggio,  casata,  progenie, 
famiglia.  Kramer  dict.  2  (1702),  905»;  stamm,  geschlecht, 
stirps,  stemma,  progenies,  sanguis.  Frisch  2,317».  von 
demselben  stamme  geboren  sein  u.  s.  w. .-  so  werden  auch 
zwen,  so  von  einem  stammen  geporn  sein,  nicht  unter 
die  siben  eitern  herrn  geweelt.  d.  städtechron.  11,  792,  18; 
er  ist  von  eben  demselben  stammen  geboren,  egli  e  nato, 
usdto  dalla  medesima  stirpe,  dal  meJesimo  ceppo.  Kramer 
dict.  2  (1702),  905»;  auch  von  eben  demselbigen  stamm  seyn, 
ejusdem  sti7-pis  esse.  Frisch  2, 317»  oder  ausz  einem  stamm, 
d'una  casata,  d'un  legnagio.  HuLSius  (1618)  237»;  von  was 
vor  stamm,  qua  prosapia.  Stieler  2119;  seinen  stamm 
vermehren,  stirpem  augere.  Frisch  2,317»;  seinen  stamm 
vermehren.  Adelung.  Theodorich,  der  von  ihnen  {den 
Amalern)  abstammte,  legte  so  groszen  wert  darauf,  dasz 
er  den  Euthanarich  aus  Spanien  berief,  weil  er  zu  diesem 
geschlechte  {der  Amaler)  gehörte ,  um  ilm  mit  seiner 
tochter  Amalasuintha  zu  vermählen  und  seinen  stamm 
in  vollem  glänze  zu  erhalten.  W.  Grimm  deutsche  hdden- 
saget,  ein  stamm  geht  unter,  erlischt,  stirbt  aus:  der 
stamm  gehet  under,  Juiec  familia  expirat,  ad  paucos  re- 
dacta  est.  Stieler  2119;  der  gantze  stamm  ist  abgestorben 
(untergegangen),  tutta  la  stirpe  etc.  progenie  e  mortu, 
estinta,  penta.  Kramer  dict.  2  (1702),  905»;  der  ganze  stamm 
ist  ausgestorben.  Adelung;  kein  stamm  geht  unter,  aber 
erst  wenn  feindliche  stamme  sich  innerlich  versöhnen 
und  verbinden,  wird  der  friede  kommen  auf  erden.  Arnim 
3,  34  {kronemc).  der  letzte  seines  Stammes :  dieweil  ich 
auch  weder  vatter  noch  mueter,  meine  geschwistergeth 
mir  auch  alle  mit  tod  abgangen,  unnd  ich  also  ainiger 
unnd  der  letste  meines  stammens  verlassen,  speculum 
vitae  humanae  5  neudr. ;  er  ist  der  letzte  seines  Stammes. 
Adelung,  er  hat  seinen  stamm  beschrieben,  a  descritto 
la  suoa  genealogia.  Hulsius  (1618)237». 

0,  wie  musz  ich  den  beneiden, 

der  den  stamm,  dess'  söhn  er  ist, 

kennt,  dasz  er  den  fluch  der  leiden 

nicht  in  seinem  schuldbuch  liest  I   Brentano  3,  .'W7. 

S)  mit  einem  adjectivischen  zusatze.  alter,  uralter  stamm: 
alter  stamm,  prosapia  vetus.  Stieler  2119;  ein  uralter 
stammen,  una  stirpe,  schiatta,  famiglia  antica.  Kram  er 
dict.  2  (1702),  905»;  daraus  ich  beweisen  könne,  möge  und 
solle,  dasz  ich  aus  uraltem,  löblichen,  adelichen  stamme 
geboren  und  herkommen  bin.  Schweiniciien  denkw.  11 
Österley ; 

so  denket  jener  Oberhäupter,  .  .  . 

der  beiden  fiirsten,  die  von  einem  alten  stamm 

entsprossen.    Göthe  11,  304. 

zarter  stamm: 

Mopsus  ist  von  zartem  stammen, 

seine  väter  allzusammen 

speyten  nur  am  sontagslicht 

auff  die  erde,  sonsten  nicht.    Logau  1,  76,  8.  | 

hoher  stamm:  von  hohem  stamm,  sumvio  loco  nattt».  I 
Dasypodius;  ' 

wann  herrlich,  sprach  er.  ist  mein  nanim 
mein  kinder  smtf  von  honem  stamm. 

H.  Sach.s  Sa»tn.  »p.  l,  81,  322  Oiitze  ; 
ich  bin  erschrocken  von  so  hoben  Stammes  werth  ; 

(d.  h.  eines  yottes  sahn  eu  »ein).    Götiie  46,  34;     j 
und  nennst  du  mich  nicht  klug, 
weil  ich  ein  diener  nur,  ihr  hoben  Stamms? 
meinst  du,  die  Klugheit  erbe  eben  fort  | 

vom  vater  auf  den  söhn,  wie  geld  und  gut?  | 

Gkillpauzkr*  6,  64.     ! 

guter  stamm:  er  ist  von  einem  guten  stamm,  familia  ! 
clarissima  prognatus  est.  Stieler  2119;  von  einem  guten  ! 
stammen  entsprossen  seyn,  esser'  usdto,  nato.  disre.'to  da  , 
stirpe,  estrattione,  schiatta  chiarissima,  di  alta  conditione,  i 
di  gran  nascita.  Kram  er  diet.  a  (1708),  906»; 

dein  wilde  mag  wol  werden  zam, 

pist  du  von  guetem  stamme. 

OSW.  V.  WOLKBNRTBIN  »7,  M  SchoU; 

nein,  ao  grob  w&llen  wira  nit  machen, 
weil  er  auch  einer  ist  vom  adol, 
von  gutem  stamm  on  allen  tadol. 

H.  Sachs  8, 17,  68  <7Asf. 

geringer  stamm :  geringes  Stammes,  de  pttite  maison,  di 
pieciol  famiglia.  Hulsius  (1616)  806»;  geringer  stamm, 
genus  humiU.  StiELBR  2119.  aus  dsr  anschaulichkeif  des 
zu  gründe  liegenden  bildss  mAr  htntustntmd,  edler  stamm 


641 


STAMM  (II,  3) 


STAMM  (II,  3) 


642 


(wenn  dieses  auch  dem  Teredeiten  obststamme  immerhin 
noch  entsprechen  mag):  edeler  stamm,  familia  splendida, 
sti}-ps  gener osa.  ebenda; 

'das  wildpret!'  schreit  der  bräutigam, 
'der  kater  war  von  edlem  stamm  .  .  .'. 

des  knaben  vmnderh.  1, 131  Boxberger. 

doch  vornehmer,  adelicher  stamm:  vornemlich  stam,  genus. 
DiEF.  260'>.  adeliches  Stammes,  noble,  de  bonne  maison, 
de  bonne  tige.  nobile  di  buona  famiglia,  schiatta.  HuLSius 
(1616)  SOö*»;  von  adelichem  stammen  . .  .  entsprossen  seyn, 
esser'  uscito,  nato,  disceso  da  stirpe,  estrattione,  schiatta  etc. 
sangue  illustre,  chiara,  nobile,  nobilissima.  Kram  er  dict. 
2  (1702),  905*;  von  adelichem  stamme,  nobili  genere  natus. 
Steinbach  2,  665.  gräflicher,  fürstlicher,  königlicher 
(u.  *.  w.)  stamm :  ein  kind  von  künigklichem  stammen, 
regiae  domus  proles.  Maaler  384*;  von  künigklichem 
stammen  oder  blüt  här  sein,  contingere  regiam  propin- 
quitate.  ebenda,  gräffliches  Stammes ,  issu  de  contes. 
disceso  da  conti.  Hulsius  (1616)  aos*";  fürstliches  Stammes, 
de  maison  illustre,  di  casa  illustre,  ebenda;  königliches 
Stammes,  du  sang  royal.  del  sangue  reale.  306*;  gräff- 
licher,  fürstlicher  stamm,  stirpe  di  conti,  principi.  Kramer 
rfic^.  2  (1702),  905*;  königlicher  stamm,  stirpe  reale,  ebenda; 
von  königlichem  stamme,  cognationi  stirpi  regiae  innexus. 
Steinbach  2,  665.  wir  zu  Jerusalem  und  im  gantzen 
Juda,  sampt  den  eltesten,  und  Johannes,  wündschen 
Aristobulo  des  königs  Ptolemei  Schulmeister,  der  von  dem 
priesterlichem  stamme  ist ,  ...  glück  und   heil.   2  Macc. 

»1, 10;  das  (ihren  könig  getötet  zu  haben)  reut  sie  (die  Heruler) 
bitter,  und  sie  senden  aus  Illyrien,  wo  sie  damals  siedeln, 
eine  gesandtschaft  nach  Skandinavien  zu  dem  könig- 
lichen stamm  ihres  Volkes,  um  von  dort  einen  sprosz 
ihres  erlauchten  geschlechts  zu  holen.  Freytag  17,77; 
mit  dem  königlichen  stamme  der  Hasdinge.  112; 

bey  jr  (der  herzogin)  ich  dausz  gelassen  han 
ein  edlen  knaben  wolgethan, 
aach  von  fürstlichem  stam  gebom. 

H.  Sachs  fastn.  sp.  1,  9,  295  Götze. 

ein  einfacher  Verdeutschungsversuch  von  linie  (s.  linie  9, 
theil  6, 1042)  ist  icol  stamm  als  der  männliche,  weibliche 
stamm,  la  stirpe,  discendenza,  linea  mascolina,  feminina. 
Kramer  dict.  2  (1702),  905*;  der  männliche,  der  weibliche 
stamm.  Adelung. 

e)  in  der  alteren  spräche  findet  sich  die  reimende  Ver- 
bindung eines  stammens  und  nam(m)ens  sein,  zu  dem 
selben  geschlechte  gehören :  die  eyns  geschlechts,  stammens 
und  nammens  seind,  oder  eyn  gleichen  nammen  haben, 
welche  vorderen  allwegen  frei  seind  gewesen,  gentiles. 
Dasypodius;  nachdem  inen  gott  kain  leibserben  ver- 
liehen, auch  sonst  kainer  mer  ires  namens  und  stamens. 
Zimmerische  chron.^  1,  65,  34;  herr  Ludolf,  freiherr  von  Gro- 
ningen auf  dem  Schwarzwaldt ,  im  Brigenthal  gesessen, 
der  letst  seins  stamens  und  namens  und  denen  freiherren 
von  Zimbern  gar  nahe  mit  sipschaft  verwant.  98,  33;  er 
ist  der  letzte  seines  namens  und  stammes  (stammens), 
egli  e  V ultimo  del  suo  titolo  e  della  sua  famiglia,  casa, 
casata,  discendenza.  Kramer  dict.  2  (1702),  905». 

S)  in  allitterierender  verbindtmg  stamm  und  stand: 
es  liebet  schaf  und  hirten  * 

das  lürtisch  kindelein, 
es  leitet  her  von  hirten 
den  stand  und  stammen  sein. 

Spee  trutznacht.  145,  36  Bdlke. 

rf)  der  stamm  beruht  auf  einem,  ihm  liegt  der  familie 
fortpßanzung  ob,  er  ist  das  haupt  der  lebenden  generation 
einer  familie .-  seitmals   der  ganz  stamm  auf  gedachtem 
herrn  Wömhern  und  sein  herrn  vatters  brueder,  herr  Con- 
radten,  beruwen  war.  ZimTnerische  chron.^  l,  185, 18;  dar- 
gegen    aber  widerfacht   sollichs   (erben)    ir  vetter,    herr 
Steffan  der  junger,  mit  anzaigung,  das  auf  im  der  stam 
Gundelfingen  beruwen  wer,  desshalben  er  billich  der  recht 
I    erb.  214, 19,  too  dieses  Verhältnis  das  recht  des  haupterben 
begründet,     vgl.  auch:  item,   das   der  erstgeporne  sitzen 
bleib  ynn  des  vaters  liegend  gut  und  der  stam  auff  yhm 
bleib,  das  die  linien  des  geschlechts  nach  yhm  gefuret 
ward.  Luther  24,440, 14  Weim.  ausg. 
^^^    ^)  mehr  verblaszt  zu  der  bedeutung  'herkunft,  abkunff 
l^^ptt. «.  u). :  warum  solt  nit  auch  wol  zu  glauben  sein,  dasz 
Petrus   sein   stammen   und   herrlichkeit   stattlich  zu  er- 
halten, den  Paulum  nit  vil  in  seiner  gefengnusz  besucht 
X.  8. 


habe.   Fiscuart  bienenkorb  119'';   und  dasz  ich  schliesz- 

lich   so   schlecht  beklaydet  auffziehe,   solches  geschieht 

:    auch  nicht  ohne  sonderbare  ursach,  seytemal  mein  stamm 

.   und  Interesse   der  gleichen  klaidungen  imd  noch  wohl 

\    schlimmere  erfordert.  Siwipiic.  3, 198,  32  Kurz;  vgl.-. 

wyplichs  geschlecht,  freuwlicher  nammen, 
unser  geburt  und  unser  stammen 
hat  mich  bewegt,  brecht  uflf  den  synn, 
das  ich  zft  erst  har  gestanden  bynn. 

Murner  gäuchmaü  84,  31  Uhl; 
das  edle  teutsche  reich  ist  unser  Vaterland, 
teutsch  seind  wir  von  geburt,  von  stammen,  hertz  und  hand. 
Weckherlin  ged.  840; 
der  in  dem  himmel  wohnt 
der  lasse  ja  die  gunst  nicht  unbelohnt. 
er  gebe  dir  für  diese  freundligkeit 
was  tiber  stamm,  und  stand,  und  glück  und  zeit. 

A.  Gryphius  ged.  (1698)  635; 
und  eben  dir  imgleichen 
mögt'  es  zu  schlechtem  rahm  so  stamm's  ak  Schönheit  reichen. 
PosTEL  Wittekind  199. 

d)  wie  die  familie  sich  von  eiiiem  urahn  als  dem  Stamm- 
vater herleitet,  wird  auch  ein  volk  oder  der  theü  eines  Volkes, 
von  einem  manne  abstammend  gedacht,  als  ein  stamm  be- 
zeichnet, so  besonders  die  zwölf  stamme  der  kinder  Israel,  le 
dodici  tribii  de'figliuoli  d'IsraeUe.  Kramer  dict.  2  (1702),  905* ; 
stamm,  wann  die  rede  vom  geschlecht  der  Juden  und 
den  zwölff  stammen  der  kinder  Israel,  tribus.  Frisch 
2,  317*;  die  zwölf  stamme  Israels.  Gottsched  beobach- 
tungen  276;  von  dem  stammen  Juda,  von  dem  stanunen 
Levi  U.S.W.,  dalla  tribii  di  Giuda,  dalla  tribit  di  Leui. 
Kramer  dict.  2  (1702),  905*;  der  stamm  Juda,  tribus  ludae. 
Steinbach  2,665;  das  sind  die  zwelf  stemme  Israel  alle, 
und  das  ists  das  ir  vater  mit  jnen  geredet  hat,  da  er 
sie  segnet,  i  Mos.  49,  28;  einen  altar  .  . .  mit  zwelff  seulen 
nach  den  zwelff  stemmen  Israel.  2  Mos.  24,  4;  in  gold 
sollen  sie  (die  edelen  steine)  gefasset  sein  in  allen  rigen, 
und  sollen  nach  den  zwelff  namen  der  kinder  Israel 
stehen,  gegraben  vom  steinschneiter,  ein  jglicher  seines 
namens  nach  den  zwelff  stemmen,  28,  21 ;  da  redet  Mose 
mit  dem  volck,  und  sprach,  rüstet  unter  euch  leute  zum 
heer  wider  die  Midianiter,  das  sie  den  herrn  rechen  an 
den  Midianitem,  aus  jglichem  stam  tausent,  das  jr  aus 
allen  stemmen  Israel  in  das  beer  schickt.  iJtfcw.  31, 4; 
das  sind  die  fürsten  der  stemme  Israel.  2  chron.  28,  22; 
den  obersten  vetern  der  stemme  der  kinder  Israel.  4  Mos. 
32,28;  nach  der  zal  der  stemme  der  kinder  Israel.  Josua 
4,  5.  (ein  einzelner  stamm :)  den  son  Uri ,  des  sons  Hur 
vom  stam  Juda.  2  3Ios.  31,  2;  der  kinder  Ruhen  des  ersten 
sons  Israel,  nach  jrer  geburt,  geschlechte,  jrer  veter 
heuser  und  namen,  von  heubt  zu  heubt,  alles  was  men- 
lich  war,  von  zwenzig  jaren  und  drüber  .  .  .  wurden  ge- 
zelet  zum  stam  Rüben,  sechs  und  vierzig  tausent  und 
fünffhundert.  4  Jlfo*.  l,  21.  dafür  auch:  denn  der  stam  der 
kinder  Ruhen  des  hauses  jres  vaters,  und  der  stam  der 
kinder  Gad  des  hauses  jrs  vaters  . .  .  haben  jr  teU  ge- 
nomen.  34,  14;  der  stam  der  kinder  Joseph  hat  recht 
geredt.  36,5;  also  gab  Mose  dem  stam  der  kinder  Ruhen 
nach  jren  geschlechtem.  Josua  13, 15;  der  stam  der  kinder 
Gad  unter  jren  geschlechten.  24  (vgl.  dazu  unter  3,  c.  /S). 
in  verdeutlichtem  bilde:  und  es  rewete  die  kinder  Israel 
über  Ben  Jamin  jre  brüdere,  und  sprachen,  heute  ist 
ein  stam  von  Israel  abgebrochen,  richter  21,  6.  doch  die 
biblische  spräche  ist  nicht  der  herd  dieser  bedeutungs- 
entioicklung,  ihr  Ursprung  reicht  toeiter  zurück,    vgl.: 

wan  her  Nithart  hat  ein  wlp, 

da;  niht  schöners  lebt  von  menschen  stamme, 

so  minnikllch  gestalt. 

minnetänger  3,  242»  v.  d.  Hagen. 

und  auf  diesem  älteren  schon  allgemeinen  gebiauche  berufU: 
Pharo  weit  der  Juden  stammen 
tilgen  d&rch  dj  händ  der  ammen. 

SCHWARTZENBBRG  UutSCh  CiCCTO  1W>. 

jede  nation  des  alterthums  hatte  ihre  angeerbte  und 
eigenthümliche  eintheilung  in  stamme,  sey  es  durch  drey, 
oder  vier,  oder  eine  andere  zahl.  Niebuiih  röin.  gescJi. 
1,882;  die  stamme  waren  keine  kästen:  aber  von  den 
eigenthümlichen  grundformen  der  nation,  der  ein  neu 
entstehender  staat  angehörte,  abzuweichen,  war  nicht 
gestattet.  333;  erst  kraft  der  Schriftsprache  fühlen  wir 
Deutsche  lebendig  das  band  unserer  herkunft  und  gemein- 

41 


643 


STAMM  (LI.  3.  4) 


STAMMABTHEILUNG  — STAMM  ARTIG      644 


Schaft  and  solchen  vortheil  kann  kein  stamm  glauben 
zu  theuer  gekauft  zu  haben  oder  um  irgend  einen  preis 
hergeben  wollen.  J.  Grimm  d.  gramm.  1  a.  xiv;  das  ver- 
langen des  deutschen  volkes  nach  seiner  nationalen 
Wiedervereinigung  ohne  auflösung  der  geschichtlich  ge- 
wordenen Staaten  und  stamme.  Hase  lehrb.  der  kirchen- 
geach.  424;  hier  ist  allerdings  die  Schweiz  mit  ihren  drei 
stammen  und  sprachen  im  nachtheile.  C.  F.  Meyer  Jürg 
Jenatsch  157 ;  damit  war  das  leben  des  Stammes  noch 
nicht  gebrochen.  Freytag  17,  46;  ja,  wenn  der  bauer  im 
beere  zur  schlacht  zog,  wollte  er  nicht  leiden,  dasz  sein 
feldherr,  oder  der  fürst  des  stammes  neben  ihm  auf  dem 
rosz  in  die  schlacht  zog.  17, 72 ;  sie  (die  Sachsen  und 
Friesen)  sind  in  der  Völkerwanderung  am  wenigsten  von 
allen  deutschen  stammen  zerstreut.  75.  docJi  auch:  die 
alterthümliche  herbe  sitte  und  verhängniszvoUe  begabung 
des  deutschen  stammes.  46; 

Stämme  wollen  gegen  st&mme  pochen, 
kann  doch  einer  was  der  andere  kann  I 

GöTHE  3,252; 
zum  kämpf  der  wagen  imd  gesängo, 
der  auf  Corinthus  länderenge 
der  Griechen  stamme  froh  vereint.    Schiller  11,240. 

stamm  dann  auch  das  von  einem  volksstamme  besiedelte 
land:  und  er  zoch  durch  alle  stemme  Israel,  gen  Abel 
und  Beth  Maacha,  und  gantze  Haberim,  und  sie  ver- 
samleten  sich  und  folgeten  jm  nach.  2  /Sa?».  20, 14;  und 
der  könig  sprach  zu  Joab  seinem  feldheubtman ,  gehe 
umb  her  in  allen  stemmen  Israel,  von  Dan  an  bis  gen 
Ber  Seba,  und  zele  das  volck,  das  ich  wisse  wie  viel 
sein  ist.  24,  2. 

c)  häufig  auch  synonym  mit  zweig  (».  unten),  so  stamm 
einer  sprachenfamüie  {s.  auch  oben  sprachstamm  theii  10, 1, 
sp.  2782) :  man  scheidet  von  der  deutschen  spräche  zu- 
vorderst sowol  den  alten  gotischen  stamm  aus,  als  den 
nordischen  oder  scandinavischen.  J.  Grimm  d.  wörterb. 
vorr.  XIV ;  stamme  menschlichen  erkenntnisvermögens .-  nur 
so  viel  scheint  zur  einleitung  oder  vorerinnerung  nöthig 
zu  sein,  dasz  es  zwei  stamme  der  menschlichen  erkennt- 
nisz  gebe,  die  vielleicht  aus  einer  gemeinschaftlichen, 
aber  uns  unbekannten  würzet  entspringen,  nämlich  Sinn- 
lichkeit und  verstand.  Kant  2, 56. 

4)  in  weiterer  festgetcordener  Übertragung  stamm  der 
erste  grundstock  eines  Verhältnisses,  einer  einrichtung,  einer 
Sache,   der  ihre  dauer  gleichsam  verbürgt  und  begründet. 

a)  von  einem  festen  personeniestande -.  der  stamm  des 
heeres,  die  im  frieden  vorhandene  active  mannschaft  im 
gegensatz  zu  den  reserven.  ebenso  auch  der  stamm  eines 
hataillons,  einer  kompanie;  stamm  der  arbeiterschaft 
einer  fabrik  u.  s.  xe. :  die  arbeiter  aus  den  nächsten  dörfern 
kamen  unregelmäsziger,  als  wünschenswerth  war:  aber 
der  stamm  hielt  doch  fest.  Freytag  soll  u.  haben  2, 197 ; 
ebenso  der  stamm  einer  gesellschaft,  eines  Vereins,  die 
zahl  der  alten  festen  mAtglieder;  der  stamm  der  gaste 
eines  Wirtshauses,  welche  dort  regdmäszige  und  tägliche 
einkehr  halten,  vgl.  unten  Stammgast,  Stammkneipe  und 
Stammtisch. 

h)  von  hauathierbeständen :  stamm  einer  Schafherde; 
das  gut  hat  einen  tüchtigen  stamm  von  kluft-  und  weich- 
härigen  schafen.  Adelung;  ein  stamm  hühner,  grund 
bestand  eines  hühnervolkes :  ein  stamm  hühner  ist  zu  ver- 
kaufen, ein  stamm  bienen,  welcher  den  winter  hindurch 
im  stocke  ernährt  vrird. 

c)  in  der  Sprachwissenschaft  der  stamm  eines  wertes, 
aus  dem  eine  wortform  sich  bildet;  was  nach  fortnahme 
der  flexionanlben  von  einem  worte  übrig  bleibt :  {in  einem 
wUrterbuche)  müsten  demnach  aufgesuchet,  und  alle  in 
ihrem  stamme  oder  stamniletteren  gesetzet  werden,  die 
unmangelbare  zahl  aller  teutschen  Stammwörter.  Schot- 
TBL  IM. 

d)  stamm,  da»  kapital  im  gegentat*  tu  den  tinaen, 
wddie  es  trägt;  auch  haupt«tamm  genannt.  Adelung. 
hierher  wol  auch  stamm  der  geldeinsatz  im  spiel :  da  fan- 
den fiob  auch  hier,  wie  tiberall,  die  spieler  zusammen 
und  spielten  hoch  und  lange,  aber  nicht  solo  oder  schaf- 
kopf  oder  skat,  sondern  in  der  regel  17  und  4  und  aus- 
nahmsweise dreikarte  mit  hohem  stamm,  und  stand  gar 
oft  das  geld  thalerweise  auf  dem  spiel.  Fischer  denk- 
foürdigkeiten   eine»  arbeiter».   aso.     attch   di$   Wendungen 


noch  einen  stamm  kegeln,  einige  stamme  kegeln  beruhen 
irol   zunächst  auf  dem  dabei  von  jedem  kegler  gemachten 
geldeinsatz,  eigentlich  also  den  stamm  auskegeln: 
heut  ist  im  dorf  kein  so  armer  flegel 
der  nicht  seine  etliche  stamme  kegelt.    Tibck  2,  839. 

e)  ein  stamm  wolle,  niederd.:  en  stam  wuUe  der  ge 
gesamte  wollenertrag,  den  eine  Schafherde  bei  einer  schür 
ergiebt.  Scham bach  207'' ;  daher  die  scherzhafte  redewendung : 
er  trägt  einen  guten  stamm  haare  auf  dem  köpfe,  er 
hat  dichtes  haar.  vgl.  dei  het  en  gaud  stam  hare  up'n 
koppe.  ebenda. 

f)  stamm  in  der  bergwerkssprache  wol  ein  haupterzgang, 
von  dem  dann  loieder  die  nebengänge  sich  abzweigen:  auch 
sol  man  niemand  sein  paw  durch  wüst  und  durch  offen- 
vert  an  gewinnen,  nuer  durch  ganzen  stam,  da  kluft  an 
kluft  geet.  Salzburger  taidinge  198,  7,  also  nur  das  regel- 
m^szige  und  geordnete  bebauen  der  erzgänge  ist  gestattet, 
hieraus  erhellt  sich  aueh  da.v  folgende:  'nMch  einigen  alten 
bergordnungen  wird  das  bücJierliche  eigenthum  eiius  gemein- 
schaftlichen bergwerkes  in  stamme,  jeder  stamm  aber  in 
kuxe  abgetheilt.  jetzt  ist  diese  einthJeilung  auszer  Übung.' 
Scheughenstuel  232;  stamm,  auf  den  bergwerken,  ein 
32.  theil,  portio  fodinae  colendae,  das  sind  4  kuxe;  unH 
32  stamm  ist  eine  gantze  zeche,  oder  128  kuxe.  Frisch 
2,  317* ;  unser  bergvoigt  soll  alle  die  gruben ,  so  er  ver- 
leiht, zu  32  stammen  oder  64  halben  stammen  austheilen. 
quelle  bei  Veith  458;  dem  grundtherrn  .  . .  einen  stamm 
vor  den  erbstam  anbiethen.  quelle  ebenda,  d.  h.  den  erb- 
stamm durfte  der  eigenfhümer  des  bodens,  auf  welchem 
sich  das  bergwerk  befand,  mitbauen. 

g)  in  der  spräche  der  anatomie  stamm  bezeichnung  einer 
hauptader  im  menschlichen  körper,  da  sie  mit  ihren  neben- 
adem  dem  stamm  und  geäst  eines  baumes  sich  vergleichen 
läszt:  aber  hie  nennen  wir  den  stamm  oder  wurtzel  einer 
jeden  ädern  das  theyl,  welches  dem  hertzen  oder  leben 
am  nechsten.  Ryff  bei  Höfler  deutsches  krankheits- 
nanienb.  672». 

h)  ganz  verbla^zt  stamm  {als  kurzform;  s.  unten  stamm- 
essen), das  essen,  welches  ein  gastinrt  für  seine  Stamm- 
gäste in  bereitschaft  hält,  wol  befördert  durch  eine  äuszer- 
liche  Übertragung  des  unter  4,  o   angeführten  gebrauche». 

STAMMABTHEILUNG ,  /. :  was  aber  lassen  sich  für 
strategische,  was  für  tactische  Operationen  von  einer 
solchen  organisirten  Unordnung  erwarten?  besonders 
wenn  man  erfährt,  dasz  alle  volks-,  stamm-  und  waffen- 
abtheilungen  sich  im  gefecht  vermischen  und  . . .  durch- 
einander kämpfen.  Göthe  6, 200. 

STAMMABZEICHEN,  n.    abzeichen,  symbol,  ioelches  von 
einem  stamm  als  für  ihn   charakteristisch  geführt  rcird: 
wo,  Volkstrachten  ausgezogen,  stammabzeichen  abgelegt, 
schmelzen  kastenunterschied'  in  deinen  ew'gen  harmonien. 
RücKKRT  ges.  ged.  2,  4S6. 

STAMMAGHSE,  /.  in  der  spräche  der  botanik  da^enige 
pflanzenorgan,  ioelches  ein  mehr  oder  weniger  beschränkte» 
längetncachstum  besitzt  imd  zur  hervorbringung  einerseits 
von  zweigen,  stengeln,  blättern,  andererseits  von  vmrudn 
geschickt  ist. 

STAMMAKTIE,  /.  bei  aktiengeseUschaften ,  die  den  Pri- 
oritätsaktien an  rechten  nachstehende  aktie. 

STAMMALOE,  /.  eiiie  aloe,  welche  einen  besonder»  hohen 
stamm  hat  und  baumartig  wächst,  aloe  arborescen».  Nrm- 
NICH  1, 193. 

STAMMALT,  adj.  wol  ao  alt  wie  der  »tamm  {vgl.  stamm 
n,  8,  d): 

RuddlJ.  die  Böhmen  sind  ein  starres  volk,  doch  treu. 
Juliue.    vor  allem  treu  stammalter  Überzeugung. 

GaiLi.rARZRM  8,  70. 

STAMMÄLTERN,  plur.,  a,  stammoltern. 

ST  AM  MAN  WESEN,  n.  anweaen,  tcelchea  einer  famüi« 
schon  seit  alters  gehört:  der  {der  vater)  hat  mich  auf  das 
stammanwescn ,  den  bruder  auf  das  Herbergerisohe  ge- 
setzt ...  (er)  hat  in  sein  tcstament  geschrieben,  dasz  mir 
das  alte  gut,  meinem  bruder  das  Herbergerisohe  gehören 
soll.  AnzkniiHuiier^  4,  858. 

STAMMAHTI6,  adj.,  vgl.  unten  stammcsart:  so  natio- 
nal, ja  so  stammiirtig  iltro  {der  GriecJten)  poesic,  redc- 
kunst,  geschiohte  und  selbst  ihre  philosophie  war,  so 
stehen  dennoch  ihre  dichter  ...  in  ewiger  jugendkraft 
da.  Wolfs  muaeum  der  aUerthum»%n»»enachaft  lu. 


645         STAMÄI  AUSTRAG— STAMMBAUM 


STAMMBAUMLEIN — STAMMBUCH 


646 


STAMM  AUSTRAG,  m.,  en^rechend  austrag,  th.l.sp.  1000: 
der  für  die  enUcheidung  von  famüienztcistigkeiten  eingesetzte 
Schiedsrichter,  plur.  stammausträge,  austregae,  austregae 
eonventionales  inter  familias.  Frisch  2,  317".  nach  Ade- 
lung ist  der  sing,  ungebräuchlich. 

STAMMBAHN,  /.  haupteisenbahn  eines  landes  im  gegen- 
satz  zu  den  zxceigbahnen ,  z.  b.  die  thüringische  stamm- 
bahn.  amü.  mitth.  v.  1872. 

STAMMBAUM,  m.,  seifen  daneben  stammenbaum  {vgl. 
oben  stamm  1,2):  ein  geschlechtregister  oder  stammen- 
baum, ^eneaZo^ict.  CoRviNUS  294*;  stammenbäum  Schm.^ 
2,  755.  das  gesehlechtsregister  einer  familie  unter  dem  bilde 
des  Stammes  und  des  geästes  eines  baumes  vorgestellt  und 
zur  anschauung  gebracht  (vgl.  dmu  unten  stammregister, 
Stammtafel) :  Stammbaum,  legnaggio,  albero  di  consangui- 
nitä.  Kramer  dict.  2  (1702),  905* ;  stajnmbaum,  arbor  consan- 
guinitatis,  schema  genethliacum.  Stieler  114;  Stammbaum, 
arbor  consanguinitatis,  ein  gemahlter  bäum,  dessen  stamm 
aus  dem  unten  liegenden  Stammvater  in  die  höhe  geht, 
und  an  dessen  ästen  die  ganze  blutsfreundschafft  stehet. 
Frisch  2,317»;  Stammbaum.  Gottsched  JeoJacÄ^MH^ren 276. 
plur.  Stammbäume  Adelung;  mein  bild  habe  ich  längst 
anfertigen  lassen ,  sowie  einen  Stammbaum ,  an  dessen 
Wurzel  mein  name  steht.  Keller  5,  77.  älterer  rechts 
anschauung  entspricht  das  bild  nicht:  das  bild,  in  welchem 
sich  der  Germane  die  sippe  veranschaulichte,  war  nicht 
das  des  Stammbaumes  mit  seinen  Verästelungen  und 
Verzweigungen,  sondern  das  des  menschlichen  körpers 
mit  seinen  gliedern  und  gelenken,  und  auch  uns  ist  da- 
von übrig  geblieben,  dass  wir  lieber  von  Verwandtschafts- 
gliederung  als  von  Verwandtschaftsverzweigung,  lieber 
von  gliedern  als  von  zweigen  der  sippe  reden ,  obschon 
der  Stammbaum  bei  uns  eingebürgert  ist.  Heusler  in 
stitutionen  1  (1.880),  s.581;  ohne  dasz  es  aber  deshalb  blosze 
Übersetzung  von  arbor  generationis  zu  sein  braucht,  mit 
heziehung  auf  das  zugrunde  liegende  bild:  des  sieb- 
zehnten (geschlechtes)  gar  nicht  zu  gedenken,  als  von 
welchem  wir  aus  einem  dürren  Stammbaume  wohl 
schwerlich  mehr  lernen  dürften,  als  man  selbst  zu 
Schickards  zeiten  bereits  aus  dem  Leunclavius  wuszte. 
Lessing  9,76;  ein  name,  der  zwar  von  keinem  Stamm- 
baume beschattet  wird ,  den  ich  aber  in  den  meinigen 
vor  vielen  andern  aufnehmen  möchte ,  die ,  stiftmäszig, 
ihr  leben  in  spiel-,  trink-  und  theegesellschalten  ver- 
geuden. ThOmmel  rme  9,  5;  denn  der  adel  kann  uns  in 
allem  übertreffen,  nur  nicht  in  der  mehrheit;  vollends 
da  die  nöthigsten  Stammbäume  als  eckstämme  ganzer 
familien  absterben,  indesz  das  bürgerliche  gras  sich  selber 
frisch  nachsäet.  J.  P.\ul  33  (dämmerungen),  89;  es  sind 
folglich,  schlosz  der  hauptmann,  nur  zwei  fälle  denkbar, 
entweder  irgend  ein  litterarischer  ehrenräuber  gibt  sich 
für  mich  aus  . .  .  oder  es  treibt  wirklich  noch  ein  wasser- 
ast  und  nebenspröszling  meines  Stammbaums.  52  (Katzen- 
bergers  badereise  2),  37 ; 

soviel  man  nun  von  dir  berühmte  kinder  sieht, 

so  vielmahl  sieht  man  dich,  so  oSt  dein  stammbanm  bläht, 

80  offl  wirst  du  hinfort  in  enckeln  nengebohren. 

Günther  ged.  609; 
Stammbäume  trieb  man,  grosz  imd  dick, 
in  mistbeeten  mit  gutem  glttck. 

Claudius  1/2,  «.  158; 
doch  geschätzt  wird  ein  Stammbaum 
nicht  ob  seinen  guten  fruchten, 
sondern  nur  ob  seinem  alter  — 
drei  Jahrtausend'  zählt  der  unsrel 

Hbinb  1,  462  Elster. 

einen  Stammbaum  aufrichten,  aufstellen,  aufsetzen,  Ver- 
wandtschaft und  geschlechtsfolge  der  angehörigen  einer 
familie  darthun.  den  Stammbaum  eines  geschlechts  auf- 
richten, drizzare  l'albero  della  stirpe  ö  della  consangui 
nitä,  fame  la  genealogia.  Kramer  dict.  2  (1702),  905*.  vgl. 
noch :  wem  unter  der  sonne  wird  es  einfallen,  ein  paar 
runde  Wangen  nach  dem  Stammbaum  zu  fragen?  Schiller 
3,480  (kabale  und  liebe  3,  2);  die  ersten  selten  (des  manu- 
scriptes)  beschäftigten  sich  unter  beifügung  eines  sauber 
ausgeführten  Stammbaumes  nur  mit  den  erbverhältnissen 
jenes  Ostenfelder  pastors.  Storm  5,  69 ;  der  hochmüthige 
reiche  befriedigte  sich  durch  leeren  prank  und  erson- 
nene  Stammbäume.  Freytag  17, 106;  schon  drei  mal  hab' 
ich  den  kalender  durchgesehen,  will  jetzt  noch  eine  alte 


Chronik  durchstöbern,  dort  giebts  so  alte  Stammbäume 
mit  ganz  merkwürdigen  taufnamen.  Kellers, 93; 

der,  weil  ihm  die  natur  viel  sitzefleisch  gemacht,  .  .  . 

mehr  bücher  drückt  als  kennt,  den  kop£F  voll  grillen  stopffet, 

den  Stammbaum  aller  weit  in  sein  gedächtnisz  pfropffet. 

Günther  ged.  409. 

auch  edle  pferde,  und  neuerdings  auch  hunde,  schafe, 
sehweine,  Jiaben  ihren  Stammbaum:  daher  haben  die 
mediatisierten  fürsten  sehr  politisch  gehandelt,  als  sie 
.  .  .  ihre  Stammbäume  ebenso  hoch  schätzten  wie  die 
Araber  die  stanunbäume  ihrer  pferde,  und  zwar  aus  der- 
selben absieht.  Heine  3,  lll  Elster,  dann  auch:  hier  wars, 
wo  wir  den  Stammbaum  der  geister  zum  erstenmal  aus- 
einander rollten  und  Julius  einen  so  nahen  verwandten 
in  Raphael  fand.  Schiller  4,  83;  wenn  man  die  ursprüng- 
lichen und  primitiven  begriffe  hat,  so  lassen  sich  die 
abgeleiteten  und  subalternen  leicht  hinzufügen  und  der 
Stammbaum  des  reinen  Verstandes  völlig  ausmalen. 
Kant  2,  lia. 

STAMMBÄUMLEIN,  n.,  deminutiv  zum  vorigen :  Albano 
.  .  .  begriff  blos  nicht,  wie  Luigi  nicht  den  deutschen 
herm,  diese  gemiethete  axt  und  diesen  wurzelheber 
seines  stammbäumleins,  mit  einem  fersenstosze  weit  von 
sich  wegschlage.  J.  Paul  Titan  8,  93. 

STAMMBAÜMMACHER,  m.  einer,  der  Stammbäume  will 
kürlich  erfindet: 

für  zwei  scharmante,  blanke,  krause, 

geränderte,  vollschwere  Ludewig 

erklärt  ein  stammbaummacher  mich 

zum  fräulein  von  sehr  gutem  hause.    Bürger  107». 

STAAIMBEGRIFF,  m.:  um  der  letzteren  (urbegriffe) 
willen  ist  also  noch  zu  bemerken,  dasz  die  kategorien, 
als  die  wahren  stammbegriffe  des  reinen  Verstandes  auch 
ihre  eben  so  reine  abgeleitete  begriffe  haben.  Kant  2, 112. 

STAMMBESITZUNG,  /.  alte  besitzung,  loelche  einer  fa 
milie  gehört:  Starschensky  trat  ins  mittel,  bezahlte,  ver- 
schuldete seine  eigenen  guter  und  konnte  dennoch  kaum 
einen  geringen  rest  der  Stammbesitzungen  als  pfropfreis 
für  die  zukunft  retten.  Grillparzer*  11,  227. 

STAMMBIENE,/,  nach  Nemnich  eine  in  hohlen  bäum 
Stämmen  wohnende  bienenart,  apis  truncorum. 

STAMMBILDÜNG,  /.  in  der  Sprachwissenschaft  bildung 
eines  wortstammes,  eines  Wortes,  dazu,  stammbildungs- 
lehre,/,  lehre  von  den  hierbei  v)ir]esam.en  bildungsgesetzen ; 
so  nominale  stammbildungslehre  von  F.  Kluge.  Halle  1886. 

STAMMBLATT,  n.  .•  'stammblätter,  caulina  folia,  blätter, 
toelclie  unmittelbar,  d.  i.  ohne  zwischenkunft  der  ziceige, 
auf  dem  stamme  wachsen'.  Nemnich  1,  921;  so  werden 
wir  zum  exempel  sehen,  dasz  ein  kelch  der  calendel  . .  . 
aus  mehreren  zusammen  und  über  einander  gewachsenen 
blättern  bestehe,  zu  welchen  sich  . .  .  zusammengezogene 
stammblätter   gleichsam  hinzuschleichen.    Göthe  58,  37. 

STAMMBLOCK,  m.,  dasselbe  wie  stamm  11,  l,d:  der 
undertheyl  des  stams  oder  der  stamblock  des  tannen 
baums.  a.  weissh.  lustg.  609;  weil  er  wie  ein  stammblock 
immer  drauf  los  klotzt  und  glotzt,  so  quetscht  er  die 
Selbständigkeit  heraus.  J.\hn  2,  695  Euler,  ico  eine  ver- 
Schreibung  für  rammblock  anzunehmen  nicht  nötig  ist. 
in  älterer  spräche  stammbloch  und  als  neutrum  erschei- 
nend: das  stammbloch  oder  unter  theyl  an  eynem  dann- 
baum,  sapinus.  Dasypodius;  der  stamm  des  baums, 
welchem  die  äst  abgehawen  seind,  das  stammbloch, 
truncus.  ebenda;  dieses  kraut  wächst  gern  auf  den  stamm- 
blöchem  der  abgehauwenen  bäum.  Tabernaemontanos 
kräuterbuch  148. 

STAMMBLÜTSCHE,  n.,  toie  das  vorhergehende:  das 
stammblütsche,  der  underst  totz  einer  tannen,  sapinug. 
Maaler  384». 

STAMMBRIEF,  m.  Urkunde,  über  altei-  oder  adel  eines 
geschlechtes  ausgestellt:  auch  stammt  es  (das  spiel)  aus 
der  belobten  alten  zeit  und  hat  in  dieser  beziehung  also 
seinen  gültigen  stammbrief.  Keller  nachlese  114. 

STAMMBRÜCH,  m.,  stammbrüche,  plur.,  im  zahlen 
wesen  bräche,   die  1  als  Zähler  haben. 

STAMMBUCH,  n.  l)  ursprünglich  ein  buch,  in  loelehea 
die  angehörigen  einer  familie,  eines  geschlechts  eingetragen 
icerden,  entsprechend  stamm  II,  3,  e.  vgl.  auch  unten  stamm- 
register: Stammbuch,  libro.  registro  deüa  stirpe  d  pro 
genie.  Kramer  dict.  2  (i702),  905»;   da  Mose  das   edomiter 

41* 


647 


STAMMBUCH 


Stammbuch  and  ge  Schlechtregister  verzeichnet,  wird  nnter 
andern  des  königs   Hadars   groszschwiger   erwenet,    die 
Mezahab    geheissen.    Mathesius  Sarepta  19»;    da   Mose 
Adams  geschlechtregister  oder  Stammbuch  beschreibt.  103''; 
wie  gott  uns  selber  liebt,  der  auch  ein  Stammbuch  hält, 
in  welches  der  so  ihn  für  allem  auff  der  weit 
von  gantzer  seelen  ehrt,  steht  oben  angeschrieben. 

Opitz  2,  60. 

2)  dann  verallgemeinert  ein  biich,  in  welches  sich  eines 
freunde  und  bekannte  mit  einem  denkspi-uch  eintragen,  oft 
mit  himufiigung  entsprechender  Zeichnungen,  n'ie  z.  b.  des 
Wappens,    der   gesichtszüge  u.  s.  tc:    Stammbuch,    livre 
d'amis.    libro  d'amici.  HuLSius  (1616),  306*;    Stammbuch, 
album  amieortim  CoRviNUS  33^  Stieler  256;  Stammbuch, 
registro  de'  nomi  di  amici  efautori  Kramer  dict.  2 (1702), 905» ; 
jemand   in  sein  Stammbuch  schreiben  lassen ,   ricercnre 
un   amico  che  di  proprio  pugno  scriva  qualche  suo  sim- 
bolo  nel  detto  libro  accompagnato  di  qualche  dimostratione 
affettuosa.  ebenda,    zur  geschichte  dieser  sitte  vgl. .-  endlich 
sind  die  Stammbücher  durch  die  betteley  der  liederlichen 
besitzer  sehr  verächtlich  worden,  dasz  in  einer  gewissen 
provintz  ein  königlicher  befehl  herausgekommen,  die,  so 
mit  Stammbüchern  betteln,    in  den  karren  zu  spannen. 
ein  theologus  in  Bremen  hat  einem  solchen  ungarischen 
herumläuffer    auf    das    lezte    blat    im    Stammbuch    ge- 
schrieben:  auch   schäme   ich   mich   zu  betteln.  Frisch 
2,  317»;  Stammbuch  ist  ein  buch,  worin  abgehende  gymna- 
siasten   und  Studenten  ihre  gönner,    lehrer  und  freunde 
sich  einschreiben   lassen,   um  ein   andenken  von  ihnen 
zu   haben,     es  ist   aber  viel   missbrauch  damit.    Kind- 
i.EBEN  181 ;  über  das  alter  der  sitte  vgl.  jetzt  Zimmermann 
im  braunschic,  magaz.  (1907)  i,ljf.;  um  die  mitte  des  i.e.  jahrh. 
scheint    sie    schon    allgemeinere    Verbreitung  gefunden   zu 
haben,    belege:  concordi-buch,  welches  die  calvinisten  der 
lutherischen    Stammbuch    nennen,    der  teutschen   sprach 
ehrenkrantz  (i&u)  SiO;    sonderlich  da  ich  sehe,    dasz  der 
alte  Rudolphus  Goclenius  in  die  Stammbücher  schreibe 
und   nenne    sich  professorem    depontanum.  Schupp  817; 
dahero   auch   der  berühmte   mann,    herr  d.  Chemnitius 
einer  andächtigen  frauen  ...  in  ihr  Stammbuch  schrieb: 
er  halte  dafür,   im   ewigen  leben  würden  mehr  weiber 
als  männer  gefunden  werden.  Sperling  Nicodemus  quae- 
ren*  2  (1719),  1047 ;   es  schriebe  einer  in  sein  stammen- 
buch:  semper  bonos,  nomenque  tuum,  laudesque  mane- 
bunt.    es  kratzte  einer  das  h  aus  und  hübe  onos,   grie- 
chisch   eszl.    SUTOR  Argos  (1740)  315    (zu   der  form    vgl. 
stamm  1,2);    als   ein  gewisser  Teutscher  von  adel  durch 
Franckreich  reisete,  und  seine  aufwartung  machte,  über- 
reichte er  ihr  {mad.  Dacier)  sein  Stammbuch,  mit  dem  be- 
gehren, ihren  namen  einzuschreiben.  Gottsched  vernünft. 
tadlerinnen  1  s.  323;  es  ist  ein  elend  jämmerlich  ding  um 
aller  menschen  leben!  dies  Sprüchlein  ist  mir  so  geläufig  ge- 
worden, dasz  ichs  in  alle  Stammbücher  schreibe.  Bürger 
an  Sprickmann  30.  juli  1777,  s.  briefe  2, 103  Strodtmann;  er 
(Oöfhe)  zeigte  mir  das  Stammbuch  der  frau  von  Spiegel, 
worin  er  sehr  schöne  verse  geschrieben,  es  war  ein  platz 
für  ihn  zwei  jähre  lang  offen  gelassen.  Eckermann  ge- 
spräche  i,  120;  noch  jetzt,  als  waere  es  gestern  geschehen, 
sehe  ich   sein  (des  groszvaters)   groszes  blaues  äuge  sin- 
nend  auf  den   vergilbten  blättern   seines   Stammbuches 
weilen.  Hauff  6,  6  (phantasien  im  Bremer  rathskeller); 

stammbncb. 
freund ,  ich  soll  dir  auf!  begehren  etwas  in  dein  Stammbuch 

schreiben, 
stets  aoUst  du  in  meinem  einne,  mich  lasz  stets  in  deinem 
bleiben.    Looau  3,  8, 89 ; 
im  fremden  spräche  war  ihm  ganz  genau  bekannt. 
er  hatte,  wie  man  weisz    von  seinen  vielen  reisen 
mehr,  ais  ein  atammbucn,  aufzuweisen. 

HaoBDORN  8  (1767),  2ß9; 

BcMUer.  ich  kann  unmöglich  wieder  gehn, 

ich  musz  euch  noch  mein  atämmbuch  Überreichen. 

gOnn'  eure  gunst  mir  dieses  zeichen!      Oöthb  18, 100; 

ein  theures  bOchlein  siehst  du  hier, 

voll  pergament  und  weiss  papier, 

das  wom  schon  an  die  hundert  Jahr 

zum  Stammbuch  eingeweihet  war.    66,  08; 

da  bracht  man  ihm  das  Stammbuch  dar 

zum  eintrag,  eb'  er  «cheide.    Schkpkbl  ffaudeamut  Tl. 

im  vergleich:  schleass  dein  hcrtz  auf,  und  bitte  deinen 
Heben  berr  Jesuin,  daaz  er  als  ein  stuniin    und  wappvn- 


STAMMBUCHBLATT— STAMMELN  (1,1)      648 

buch  wolle  mit  seinem  rosenfarben  blut  drein  schreiben 
sein  heyligen  namen.  Minderer  kriegsartznei  (1634)  13. 
enceiterungen :  ich  will  zum  kirchhofe  gehen;  es  stillt 
die  Unruhe,  in  den  blättern  dieses  grünen  Stammbuches 
zu  lesen.  Storm  3, 183; 

da  war  der  Wille,  dessen  gesiebt 
ein  Stammbuch,  worin  mit  hieben 
die  akademischen  feinde  sich 
recht  leserlich  eingeschrieben. 

Heine  2, 479  Elfter  {Devttchl.  22) ; 
deutsche  litteratur,  du  schwierigstes  Stammbuch  der  Völker  I 
jeder  schreibt  sich  hinein,  wie  es  ihm  eben  gefällt. 

Hebbel  7,  215  Werner. 

STAMMBUCHBLATT,  n.  blatt  eines  stammbttches :  sagen 
sie  Thomas  und  frau  Willemer  meine  grüsze.  wenn  mir 
etwas  einfällt,  schreibe  ich's  auf  die  stammbuchblätter  — 
bis  jetzt  fällt  mir  nichts  dabei  ein  als:  stamm  und  buch 
und  blatt.  Brentano  9, 144.  stammbuchblätter,  mit  Zeich- 
nungen, Städteansichten  u.  s.  w.  geschmückt,  waren  in  den 
Papierhandlungen  einzeln  zu  haben;  sie  wurden  dann  von  dem 
damit  beschenkten  in  einer  mappe  aufbeioahrt:  kein  student, 
der  droben  auf  dem  Weinberge  am  fusse  von  seinem 
Jugendbruder  abschied  nimmt,  und  mit  ihm  das  stamm- 
buchblatt  wechselt,  schreibt  einen  vers  von  Isidor  hin- 
ein. Immermann  Münchhausen  1,29. 

STAMMBUCHREITER,  m.  spottname  für  einen,  'der  sein 
Stammbuch  überall  bei  sich  führt  und  durch  Vorlegung 
de.<i.ielben  beschwerlich  fällt'.  Campe;  obwol  ich  nicht  als 
ein  junger  student  oder  als  ein  stammbuchreiter  sie  auf- 
suchte, quelle  ebenda. 

STAMMBUCHSAMMLUNG,/. .-  herr  Hechtmann  schenkte 
mir  das  büchlein  und  ich  verehrte  es  später  sr.  kön. 
hoheit  dem  groszherzog  von  Weimar,  der  es  dann  der  be- 
deutenden Stammbuchsammlung  der  Weimarer  bibliothek 
einverleibte.  Hoffmann  v.  Fallersleben  leben  h,  183. 

STAMMBUCHSTABE,  m.  laut,  welcher  zum  stamm  eines 
Wortes  gehört:  alle  Stammbuchstaben,  die  den  wurzel- 
Wörtern  eigen  sind,  müssen  in  allen  abstammenden,  so 
viel  möglich  ist,  beybehalten  werden.  Gottsched  d.«prccA- 
ku7ist  71. 

STAMMBUCHSTÜCKCHEN,  n.:  drum  lieben  sie  den 
herrlichen  Schiller  vorzüglich,  weil  sie  seine  sentenziöse 
reflectirende  diction  in  lauter  stammbuchstückchen  zer- 
knicken und  verschlingen  können.  Brentano  5,  440. 

STAMMBUCHVERS,  m.  vers,  der  für  ein  Stammbuch 
geschrieben  ist  oder  sich  zum  eintragen  in  ein  Stammbuch 
eignet. 

STAMMBURG,  /.    bürg,  auf  welcher  die  wiege  eines  ge- 
schlechtes gestanden  {vgl.  stamm  II, 3, c),  Stammburg  Campe; 
0  denk  an  jenen  berg,  der  hoch  und  schlank 
sich  aufschwingt  aller  schwäbschen  berge  schönster, 
und  auf  dem  königlichen  gipfel  kühn 
der  Hohenstaufen  alte  Stammburg  trägt. 

Uiiland  ged.  (1864)  188; 

du  hast,  0  freund,  die  Stammburg  mir  genannt, 

den  borst,  aus  dem  die  adler  sich  geschwungen.    189; 

scherzhaft: 

zu  Bückeburg  stieg  ich  ab  in  der  stadt, 
um  dort  zu  betrachten  die  Stammburg, 
wo  mein  groszvater  geboren  ward.     Heinb  8,  470  Etrter. 

STÄMMCHEN,  n.,    deminutiv  zu  stamm,    besonders  in 
der  bedeutung  'junger  bäum',   vgl.  auch  oben  stamm  ll.i.g; 
und  über  mir  war  nichts  als  blauer  räum ; 
doch  als  ich  mich  dicht  an  die  erde  schmiegte, 
sah  unten  ich  durch  dünner  BtUmmchen  säum, 
wie  land  und  see  in  silberduft  »ich  wiegte. 

Keller  9, 144. 

von  einer  frau  {entsprechend  stamm  II,  8,  c): 

als  herr  Gustavus  der  grosse  gekrieget,  .  • . 
hat  der  herr  NeUkrantz  mit  frouden  genonen 
Agnes  sein  l&mchon 
nusz  welchem  st&mchen 
trefllich  viel  liebliche  «weiglein  entsproeeen. 

Rl>«t  PamoMu«  6«<>. 

STAMMEBKU,  m..  u>elc/ter  tttr  sucht  veneemUt  wird. 
».  u.  Btammhengst,  stammochse,  stammrind  «.  #.  «c. 

STAMMKICHE,  /.  nach  Jacobsson  7,  4M*  daaMlb«  »mV 
horsrlciche  theil  4,  8, 1888. 

STAMMELN,  verb.  balbt*tirt.  haeaitar«,  iituhare. 

I.  geschichte  des  toorte».  l)  ahd.  atAmmalAn,  stamalAn, 
stamoldn,  stamelAn.  Grapp«.6«o;  mhd.  stammelen,  stamo- 
len;  nhd.  stammeln,    daneben  die  form  stanimern  (*.  u.), 


649 


STAMMELN  (I,  2.  3.  II,  1.  2) 


STAMMELN  (II,  2-4) 


650 


unser  wort  ist  gebildet  zu  dem  aJid.  stammal,  häUnta,  adj., 
das  icol  icieder  eine  Weiterbildung  des  älteren  adj.  got. 
Stamms;  altnord.  stamr;  ahd.  stamm,  stam  darstellt,  zu 
letzterem  stellt  sich  das  ahd.  zu  belegende  verb.  stammön, 
stamen,  balbutire.  Graff  6,679;  vgl.  altnord.  stama,  verb. 
weitere  etymologische  vencandtschaft  besteht  mit  nhd.  stem- 
men, verb.  'impedire'  und  stumm,  adj.  niutus.  vgl.  auch 
unten  die  nebenform  stammem,  verb. 

2)  ahd.  kommt  vereinzelt  ersatz  des  zweiten  m  durch  b 
vor:  stambilon  Graff  6,  680. 

3)  im  nhd.  ist  häufige  ältere  Schreibung  stammten: 
stammten,  titubare.  Dief.  586»;  icli  stammle,  balbutio  Da- 
SYPODius;  stammten  oder  stagglen,  lingua  haesitare,  bal- 
butire, impedite  loqui,  titubare,  vacillare  lingtia.  Maaler 
384*;  stammten,  balbutire,  scilinguare,  barbottare,  tarta- 
gliare.  HuLSlüS  (1618)  237»  (doch  stammeln,  begtuxyer,  estre 
begue.  (1616)306»);  stamlen  Comenius  (1657)  282;  stammten, 
balbutire,  balbtitinare,  offensare  in  loquendo.  Stieler  2-224. 

11.  bedeiitung  und  gebrauch  des  icortes.  l)  begrifflich 
geht  es  auf  das  anstoszen  der  zunge  beim  apredien,  wo- 
durch eine  mehr  oder  weniger  häufige  Wiederholung  von 
buchstaben  und  silben  der  auszusprechenden  Wörter  veran- 
laszt  wird :  icli  stammle  oder  statzge,  stosz  mit  der  zongen, 
balbutio.  Dasypodius;  stammlen,  sich  lieftig  an  der  rede 
stoszen,  5aZ&t*^o.  Calepinus  (1570)  155;  stammeln,  in  der 
rede  anstoszen,  beguayer,  estre  begtie,  scilinguare,  balbettare, 
balbuttire.  HulsiüS  (1616)  306». 

a)  bistceilen  wird  es  von  stottern  als  das  schlimmere  übel 
unterschieden .-  es  ist  besser,  .  . .  stottern  (im  reden  an- 
stoszen) als  stamlen,  lispelen  als  stiimm.  Comexix'S 
sprachenthür  282.  auf  jeden  fall  icird  es  bei  ericacrisenen 
Personen  immer  als  bedeutender  schaden  empfunden:  denn 
welcher  mönsch  seinen  nechsten  kristenlichen  lieb  hatt, 
der  selb  hat  eben  als  lieb  . .  .  einen  der  stamelt  oder  nit 
gesprech  ist  als  den  der  wol  reden  kan.  Keisersbero 
der  .9eelen  paradies  22".  nach  Adelung  ist  stammeln  mehr 
in  gewählter  spräche  gebräuchlich. 

b)  stammeln  neben  stottern:  ich  aber  gleube,  Moses 
habe  eine  schwere  spräche  und  zungen  gehabt,  das  er 
gestammelt  und  gestottert  habe  und  ein  wort  bis  in  zwey 
oder  dreimal  geredet.  Luther  16,  56, 35  Weim.  ausg.;  einer 
der  da  stammelt  oder  stottert,  balbus,  qui  lingua  haesi- 
tante  loqnitur.  Corvincs  fons  lat.  So*. 

c)  bisweilen  in  der  vencendung:  stammelnd  sprechen, 
reden  u.  s.  w.  stammelend  reden,  parlar  balbutiendo, 
frastagliare  etc.  parlajido,  parlar  frastagliamente.  Kramer 
dict.  2(1702)906»;  vgl.  unten  5,6. 

2)  gemildert  erscheint  die  bedeutung  des  wertes,  wenn 
es  gebraucht  wird: 

d)  von  den  Meinen  hindern,  welche  ihre  ersten  sprach- 
versuche anstellen :  dannoch  so  werden  ausz  kindern  auch 
leut,  ausz  stamlenden  kindem  werden  redner.  Garg.  21 
neudr. ;  da  das  kind  von  zweyen  jähren,  so  noch  nicht 
reden  kan,  lernet  gehen,  und  fähet  an  zu  reden  und  zu 
stamlen  (lallen).  Comenius  sprachenthür  230 ;  als  stam- 
melndes kind  sass  ich  dem  vater  auf  dem  schoos;  und 
wenn  er  ein  lied  auf  der  rohrflöte  blies,  ^ann  horcht 
ich  schon  aufmerksam  zu,  und  lallt  es  ihm  nach.  Gesz- 
NER3,  24;  an  wessen  brüst  lag  Japhet,  wenn  ihn  seine 
mutter  an  der  brüst  einer  andern  mutter  alles  dieses 
sprechen,  ja  stammeln,  lehrte?  das  letztere  ist  nicht  ge- 
wöhnlich; und  wir  haben  noch  keine  mutter  gesehen 
die  ihr  kind  stammeln  lehret.  Schönaich  die  ganze  ästhe- 
tik  in  einer  nuss  169, 10. 12  neudr. ;  das  kind  kann  noch 
nicht  reden,  es  stammelt  nur.  Adelung;  das  stammeln 
des  kleinen  kindes  ist  dem  vater  und  der  mutter  etwas 
neues,  es  klingt  so  artig  und  gefällig,    so  oft  es  ein  neues 

"ort  stammeln  kann,  freut  man  sich  und  lacht  darüber. 
M./.MANN  Conrad  Kiefer  40; 
wer  nun  thSrichtes  sinnes  sich  naht  nnd  der  hellen  Seirenen 
stimm'  anhört,  nie  wird  ihn  das  weih  und  die  stammelnden 

kinder 
als  heimkehrenden  künftig  mit  frend'  umstehn  und  begrOszen. 

Voss  Odi/sfee  12,  43; 
doch  sie  ^horchten  dem  trotz,  dahingerafft  von  der  künheit, 
dasz  des  aigyptischen  Volkes  schönprangende  äcker  sie  schleunig 
plünderten,  auch  die  weiber  und  stammelnden  kinder  entführten. 

14,264; 
und  ich  entsinne  mich  wohl,  ein  stammelnder  knabe  noch  war 

ich.    21,95; 


die  Seligkeit  —  da  wirst  sie  kennen, 

wenn  stammelnd  dich  die  kinder  nennen, 

imd  herzlich  dir  entgegen  fliehn.    Schiller  3, 167 

b)  dem  vorigen  entsprechend,  von  dem  kindlichen  ver- 
mögen der  menschen,  gedanken  über  gott,  etcigkeit  u.  s.  w. 
in  Worten  ausdruck  zu  geben :  Gregorius  sprichet :  wag 
wir  von  götlichen  dingen  reden,  dag  müegen  wir  stame- 
len ,  wan  man  muog  im  wort  geben,  mystiker  2,  90,  37 
Pfeiffer;  wir  mügen  von  gote  niht  eigenliche  sprechen, 
waj  wir  von  ime  sprechen,  dag  müege  wir  stamlen.  130,  31 ; 
wenn  meine  seele  nicht  mehr  flehen  kann,  so  hör  ich 
stammeln !  Siegicart  3,  281 ; 

gott  hilft,  wenn  Christen  freudenleer 

zu  ihm  um  gnade  stammeln. 

Sturm  im  hannov.  getangb.  425,6; 

dem  stillen  stammeln  der,  die  unsterblich  ist, 

und  sprachlos  ihr  gefühl  zu  sagen, 

nur,  wenn  sie  weinet,  nicht  ganz  verstummet. 

Klopstock  1,  60; 
jenen  furchtbaren  tag,  den  die  Sionitin 

jetzo  stammelnd  besingt, 
wenn  in  dem  tempel  des  ruhms  die  lorber  alle  verwelkt  sind 
nnd  die  ehre  nicht  schützt.    76 ; 

gott  aber  schaut  vom  himmel 

ihr  (der  Völker)  freudiges  gewimmel 

vom  aufgang  bis  zum  nieclergang: 

denn  seine  kinder  sammeln, 

und  ihr  vereintes  stammeln 

tönt  ihm  in  tausend  sprachen  dank.    Voss  4,  00. 

auch  sonst: 

fi-eiheit !  athem  der  natur  .  .  . 

nimm  ihn  auf  den  neuen  söhn ! 

lasz  mein  stammeln  dir  gefallen, 

die  du  mutter  bist  von  allen !    Grillparzer»  6, 136 ; 

die  lieder  die  ich  stammelnd  hören  lasse, 
ew'ger  gefühle  schwaches  widerspiel. 

ElCHBNDORFF*  1,  336; 

du  stammelst?  immer  stammle  fort 

von  licht  und  freiheit.    solch  ein  wort 

klingt  auch  gestammelt  schön.    Ludwig  1,  99. 

3)  mit  instrumentalem  zusatz: 

a)  mit  der  zunge  stammeln :  er  stammelt  mit  der  zung, 
OS  blaesum  Uli  debilisque  lingtia  est.  Stieler  2224. 

b)  mit  der  spräche  stammeln: 

die  äugen  gehen  über 
dem  armen  Priscian,  wann  euer  strenger  mund  .  .  . 
die  spräche  würgt  und  kränckt,  zermaulert,  krüpelt,  etümmelt, 
so  lächerlich  damit  lallt,  stockert,  stammelt,  tummelt. 

LoGAU  2,  68. 

ebenso  mit  werten  stammeln,    vgl.  hierzu  den  gegensatz: 

und  der  Jüngling,  der  dies  kind  geworden, 
schlägt,  von  armuth  hart  bedrängt  und  rohheit, 
einst  ein  äuge,  das  von  starren  thränen 
deine  steme  längst  nicht  mehr  gesehen, 
auf  zu  dir  und  stammelt  ohne  worte: 
lufl,  mein  vater,  dasz  ich  nicht  ersticke. 
.       .,     .  ,  .  Hebbel  6, 288  Werner. 

4)  mit  einem  object. 

a)  Worte  stammeln :  xmd  ich  erhielt  nicht  eher,  als  ein 
paar  stunden  vor  seinem  tode ,  die  erlaubnisz ,  ihn  zu 
besuchen,  da  er  kaum  noch  etliche  worte  stammeln 
konnte.  Gellert  4,  362;  ich  stammelte  nur  ein  paar 
worte  zum  abschied  und  ging.  Grillparzer*  ii,  281;  in- 
dem ich,  ob  dieses  gräszlichen  anblickes,  erschrocken 
zurück  prallte,  stammelte  ich  einige  redensarten  über 
die  Schwierigkeiten,  eine  solche  frage  zu  lösen.  Heine 
3,  3\Q Elster,  auch:  sage  ihm,  dasz  diese  sterbenden  lippen 
für  sein  wohl  die  letzten  gebete  stammeln,  quelle  bei 
Adelung; 

neimt  es  denn  kein  frech  erkühnen, 
leiht  uns  ein  geneigtes  ohr, 
wenn  wir  gern  vor  euch  versammelten 
ein  empfetilend  vorwort  stammelten ! 

Uhland  ned.  vorw.  13. 

die  gesprochenen  worte  selbst  als  object:  und  wo  die  eigen- 
thümer  wären?  —  die  sind  heute  früh  morgens  nach 
Langenlebarn  gereist.  —  die  tochter  auch?  stammelte  ich. 
Grillparzer*  ii,  294. 

b)  eine  (fremde)  spräche  stammeln,  sie  nur  unvoll- 
kommen sprechen  können,  radebrechen:  der  knabe  fing  so 
eben  an  etwas  von  der  spräche  seines  vaters  und  etwas 
von  der  spräche  seiner  mutter  zu  stammeln.  Seüme  2,107; 
das  französische  stammeln;  er  kann  das  englische  nur 
stammeln;  neben  dem  stammelte  sie  etwas  französisch. 
ehe  eines  mannes  18. 

c)  mit  erweitertem  object :  den  Übergang  bilden  Wendungen 
wie  Worte  des  lobes,  dankes,  der  bewunderung  stammeln; 


651 


STAMMELN  (11.  4-6) 


STAMMELN  (II,  7. 8)  -  STAMMEN 


652 


in  diesem  augenblicke,  da  er  den  mund  öffnen  und  einige 
Worte  des  dankes  stammeln  wollte,  wirkte  der  lebhafte 
eindrnck  ihrer  gegen  wart  so  sonderbar  auf  seine  schon 
angegriffenen  sinne.  Göthe  19,  iö. 

wo  sie  (die  hWier)  zu  deinen  fOszen  gern  sich  sammeln 

und  horchen  deiner  süszen  rede  zu 

und  lernen  früh  dein  lob  mit  frenden  stammeln. 

Spftta  im  hannov.  guangb.  527,  3; 
lieber  gott,  der  du  alles  was  lebt,  mit  freud'  imd  erquickung 
sättigest,  höre  den  dank,  den  deine  kinder  dir  stammeln. 

Voss  1.12; 
wohin  daa  ohr  sich  kehrt,  da  hört  es  seufzer  stammeln. 

Günther  609. 
parhtiv  gewendet: 

und  was  nur  am  lob  des  höchsten  stammelt, 

ist  in  kreis'  um  kreise  dort  versammelt.    Göthe  5,  246. 

rf)  auch  entsprechend  2,  b: 

er,  (wie  stammeln  wir  ihn)  der  unaussprechliche, 
er,  das  wesen  der  wesen  ist  ohn  ursach. 

Klopstock  2, 15  {beruhigung). 

5)  wit^  gewandeltem  stibject. 

a)  stammelnde  zunge:  mit  stammelender  zung,  con 
lingtia  balbettunte.  Krämer  dict.  a  (1702),  906* ;  mit  stamm- 
lender  zunge,  ttnyua  Äomfonfe.  Frisch  2,  317'';  mit  stam- 
melnder zunge  Adelung;  ein  stammlende  zung  deutet 
einen  schnöden,  unstäten,  bald  zornigen  und  des  zorns 
bald  vergessen,  diensthaften  und  schwachen  menschen. 
phüionx>mei  B  4« ;  ^-^  stammelt  meine  zungen 

wenn  ich  dich  (gott)  preisen  wil ! 

A.  Gryphius  2  (1698),  419; 
bisz  die  schwere  zunge  stammlet,  .  .  . 
Sprech'  ich  deinen  nanmen  aus.    Günther  366. 

b)  stammelnde  spräche:  diu  zung,  die  gar  ze  dick  ist 
macht  lispend  leut,  und  die  ze  dünn  ist  macht  stamelnd 
und  verzuckend  sprach.  Megenberg  15, 13;  vgl.:  gegen 
die  betriebsame  menge  .  .  .  ,  die  seit  geraumer  zeit  .  .  . 
sich  den  stammelnden  kinderdialekt  der  abendländischen 
sprachen  und  statt  herrlicher,  geistreicher  formung  und 
beugung  nur  partikeln  und  auxiliarien  gleichsam  stot- 
ternd hatte  gefallen  lassen.  Göthe  46,  350. 

e)  stammelnder  ton  u.  s.  w.  .- 

laut  nun  rief  er  im  stammelnden  ton  der  entzUckung:  .  .  . 

Voss  1, 148. 
und  mir  stockte  der  laut,  unter  der  band  (avj  dem  klavier) 

stammelte  misgetön, 
auch  des  mädchens  gesang  stammelte  hold.    3, 152; 

d)  ehre  sey  dem  hocherhabnen,   dem  ersten,  dem  vater  der 

Schöpfung  I 
dem  unsre  psalme  stammeln, 
obgleich  der  wunderbare  er 
unaussprechlich,  und  undenkbar  ist. 
val    oben  2  b  Ki.op-stock  1, 194  (das  grosze  halleluja). 

e)  ich  will  sie  an  den  ersten  tag  erinnern  ...  an  den 
ersten  tag,  da  auch  ich  sie  sähe  und  liebte;  an  das 
erste  stammelnde,  schamhafte  bekenntnisz,  das  sie  mir 
zu  meinen  füszen  von  ihrer  liebe  ablegten.  Lessing  2, 22; 
da  stammelts  {daa  Laster)  in  der  halben  verstümmelten 
stimme.  Schiller  2,  52  {räuber  l,  3  schauap.);  und  zuletzt 
spielten  die  töne  nur  leise  wie  zephyre  um  den  wonne- 
schlaftrunknen,  und  blos  im  sterbenden  Innern  stammcllc 
noch  der  überselige  wünsch:  ach  Klotilde  könnt'  ich  dir 
heute  dieses  stumme,  glühende  herz  hingeben.  J.  Pali, 
i.iOO  (Hesperua  2);  das  mädchen  wehrte  sich  in  stam- 
melndem schreck.  Ganghoi'er  Tnann  im  salz  {gartenlaube 
1905  a.  614*0; 

kein  halb  stammelnder  blick  voll  unaussprechlicher  reden, 
wenn  er  den  ewigen  bund  sQszer  umarmuneen  schwört. 

Klop-stock  1,  26; 
nein!  eo  fuhr  er  mit  stammelnder  freude,  mit  thränendem 

blick  fort.    4,  225  (Metaiat  10,  618); 
•ie  (iUe  empflndung)  schweigt  beredt,  sie  stockt,  sie  stammelt 

sohOne, 
ums  st&rkre  wort  umsonst  bsmttbt.    Lbssing  1,  98. 

f)  aogar: 

wenn  m  die  ersten  empflndangen  schlägt,  in  den  stammelnden 

Jahren, 
bild'  ich  du  herz  der  jungen  geliebten. 

Ki.opHTOCK  1,82  (Salem),    vgl.  oben  »,  n. 

6)  aubHtttUiviach : 

wie  nimmt  ein  leidenschaftlich  stammeln 

fwchrieben  sich  so  seltsam  ans!    Oöthe  1,  11 ; 

da  lissz  er  scheidend  Ihn  und  safte:  wachse  w»lil  l 

and  rieht«  deiner  «rsten  worta  stammeln, 

das  slnocbetn  deiner  ersten  tritte 

eolfecm  aar  der  schwelle  deinem  vater.    10, 17. 


7)  Übertragen  auf  töne  ganz  anderer  art: 

rings  die  hirtenflöten  flehen 

und  der  heerden  glocken  stammlen. 

Brentano  8, 188. 

8)  stammeln  verallgemeinert,  ein  ding  nur  unvollkommen, 
mangelhaft  und  schlecht  machen,  können,  verstellen  u.  a.  vj.  • 
ich  finde  ihre  gemälde  und  Zeichnungen  doch  eigentlicli 
nur  noch  gestammelt,  und  es  macht  dieses  einen  so  übleren 
eindruck,  da  man  sieht,  es  ist  ein  erwachsener  mensch, 
der  vielerlei  zu  sagen  hat  und  zu  dessen  jahrszeit  ein 
so  unvollkommener  ausdruck  nicht  recht  kleidet.  Göthk 
an  maier  Müller  21.  juni  1781  (briefe  5, 137); 

blätter  nach  natur  gestammelt, 

sind  sie  endlich  auch  gesammelt, 

deuten  wohl  auf  kunst  und  leben.    47, 101. 

aubst. :  wenig  erfreut  das  kindische  stammeln  mönchischer 
gelehrsamkeit.  Freytag  17,  102  {bilder  l). 
STAMMELHAFTIG,  adj.  atammdnd: 

die  Väter  überschn  den  kindem  die  gebrechen, 

ja  werden  auch  wie  sie  was  stammelhafltig  sprechen. 

Opitz  psalmen  878. 

STAMMELMAUL,  n.  schelte  für  einen  atammler:  stam- 
melmaul,  balbettatore,  frastagliatore  etc.  tartaglione,  tar- 
taglio,  balbo,  acilinguato,  bescio,  troglio.  Kkamer  diet. 
2  (1702),  906». 

STAMMELSPRACHE,  /.;  stammelsprach ,  prononcia. 
parlata  balbufienfe,  balbettanfe,  halba.  Kramer  dict. 
2  (1702),  906»,  vgl.  stammeln  5,  b. 

STAMMELTERN,  plur.  das  eiternpaar,  von  loelchem  ein 
gescJdecht  abstammt:  dasz  er  die  stammeitern  aller  men- 
schen von  ihrem  oberherm  abtrünnig  und  ihm  anhängig 
macht.  Kant  religion  in  den  grenzen  derblosen  vemunft 82 
Kehrbach;  Adam  und  Eva  die  stammältern  des  menschen- 
geschlechtes.  Campe. 

STAMMELWORT,  n.  gestammeltes  wort: 
bis  zum  verlegenen  Stammelwort: 
ob  nicht  die  sonne  herrlich  scheine? 

Immermann  13,  28  Boxberger. 

STAMMELZUNGE,  /.  schelte  für  einen  stammelnden: 
stammelzung,  balbettatore,  frastagliatore  etc.  tartaglione, 
tartaglio,  balbo,  acilinguato,  bescio,  troglio.  Kramer  dict. 
2  (1702),  906*.    vgl.  stammeln  5,  a. 

STAMMEN,  verb.,  oriri,  descendere,  zu  stamm,  m.  ge 
bildet:  stammen,  herstammen,  ortum  esse.  Schottel 
1420;  stammen,  gestammet,  ortum,  prognatum,  pro- 
genitum  esse.  Stieler  2119;  stammen,  abstammen,  her- 
stammen, descendere  (discendere) ,  originarsi,  derivare. 
Kramer  dict.  2  (1702),  905";  dazu  die  bemerkung:  stammen, 
verb.  m.ä  iL  semplice  non  S  di  tanto  uso  come  Li  verb. 
composit.  gos*»;  stammen,  on'W,  descendere,  originem  trahere 
oriundus,  genus  ducere.  Frisch  2,317»;  ich  stamme,  ich 
habe  gestammt,  originem  traho.  Steindach  2, 666;  stam- 
men mit  dem  hülfsworte  seyn.  Adelung,    mhd.: 

nach  im  sfn  neve  ze  kUnege  wart 

dö  genomcn,  der  was  ouch  der  selben  art 

von  keiser  Heinrich  her  mit  burt  gestammet. 

Lohengrin  7623. 

l)  von  peraonen :  aus  altem  geschlechte  stammen,  aus 
hohem  adel  stammen;  {die  erde  ala  mutter  gedachi:)  wir 
stammen  alle  von  der  erden,  originem  omnea  a  terra 
ducimua.  Stieler  2119;  er  stammet  vom  königlichen 
geblüt,  regio  aanguine  natua;  regia  atirpe  ortus.  Frisch 
2, 817»;  von  denen  stammen  ihre  jetzigen  Wähler...  das 
sind  kolonisirte  polnische  Soldaten  auf  den  brandstätten 
deutscher  bauernhültcn:  daraus  stammen  ihre  lands- 
leute.  Bismarck  reden  8,147;  er  stammt  aus  der  freund- 
Schaft  der  herrin.  Freytao  8,  ai  (ahnen  l);  (AeW  Berthar.) 
obgleich  er  von  erlauchtem  geschlecht  stammte.  88;  beide 
flehen  wir  zu  domselben  hohen  gott,  die  enkel  zum 
ahnen,  denn  aus  dem  geschlcchte  der  göttcr  stammen 
wir  beide.  l«o;  und  stammte  er  (der  freie  bat*er)  von  vier 
freien  ahnen  und  sasz  auf  drei  freien  hufen,  so  war 
nach  altem  Sachsonrechto  sein  rang  höher  als  der  einet 
rittcrs,  in  dem  unfreies  blut  war.  18,61  (bilder  »,l); 

her  Schwager,  glaube  mir,  sie  (<ln*  nuidchen)  stammt  von  dir 
allein.    Haoedorn  8,  94; 
ocb,  Evo    er  nlammet  von  dir  auch, 
der  von  owigkeit  ist  I  und  Hon  <lio  iit4«r)>li<'he  Miriam 
in  der  hOUe  gebart    K '    v»-    "■■■Hru  5. 1816); 


653  STÄMMENDE 

80  trift  man  hier  zu  lande, 

wohin,  wer  von  Prometheus  stammt, 

jedweden  das  geschick  verbannt, 

noch  trefliche  Dekannte !    Schiller  1,  256. 

auch:  aus  einem  lande  stammen,  aus  einer  provinz  stam- 
men «.  s.  w. ;  doch  der  keulenwurf  bewies ,  dasz  er  (der 
fremde)  aus  dem  ostlande  stammt.  Freytag  8,3i{ahneni); 

so  entlegen  wir  auch  stammen, 
kreisend  ziehen  wir  zusammen, 
wie  das  chor  von  stemenflammen 
sich  um  eine  dreht. 

GöTHE  13,  234  {maskemug  russischer  ncMonen). 

HUB  einer  andern  zeit  stammen,  in  seinen  gedanJcen  und 
fjefüMen  kind  einer  andern  zeit  sein: 

da  scheint  sie  mir  was  höh'res  zu  bedeuten, 

und  dünkt  mir's  oft,  sie  stamm'  aus  andern  zeiten. 

Schiller  13, 175  (Jungfrau  v.  Orl.  prol.  2). 

2)  im  erioeiterten  gebrauch  von  gegenständen,  einrich- 
timgen,  sitten,  gedanken  u.  s.  w. :  alle  belege  aber,  wie  es 
beinnahe  unnöthig  zu  sagen  ist,  drücken  durch  ihren 
inhalt  lediglich  die  ansieht  des  Schriftstellers  aus,  von 
dem  sie  stammen.  J.  Grimm  vorrede  zum  d.  tvb.  xxxviii ; 
wenn  er  dem  sänger  in  der  halle  lauscht,  hört  er  künde, 
die  von   den   göttern  stammt.  Freytag  17,  210  {bilder  l) ; 

sie  {die  phüosophie)  zeuget  freyheit,  tugend,  muth ;  entflammt 
das  herz  für  gott,  von  dem  sie  stammt.    Gotter  1,  424 ; 
der  {Wallenstein)  führt's  kommando  nicht  wie  ein  amt, 
wie  eine  gewalt,  die  vom  keiser  stammt  I 

Schiller  12,  27  {Wallensteins  lager  6); 

woher  mag  wol  das  wörtchen  hochzeit  stammen  ? 

nur  eine  kleine  pausz  I 

sezt  hohe  —  zeit  zusammen, 

so  kommt  hochzeit  heraus.    1,  266 ; 

nur  freundschaft,  die  die  geister  bindet, 

ist  ewig  wie  der  geist,  aus  dem  sie  stammt. 

Grabbe  1, 18  Grisebach  {GotU.  1,  2). 

der  dienst  von  Selinus  im  westlichen  Sicilien  stammte 
ohne  zweifei  vom  nahen  Eryx  und  war  sonach  phö- 
nikisch.  K.  v.  Müller  hellenische  stamme  2,  i06;  der  (hof) 
stammet  noch  aus  der  katholischen  zeit  vom  alten  Got- 
torpschen  bischof  Schondeleff.  Storm  5,  29;  das  alte 
schlosz  und  die  kapelle,  . . .  die  aus  sehr  alter  zeit  stammen. 

MOLTKE  6,  104. 

3)  in  älterer  spräche  stammen  in  dem  sinne  'bei  dem 
Stamms  bleiben,  sich  vererben,  erhalten  werden' :  er  habe  aber 
vilmehr  auf  gutte  tugenden  als  auf  gros  geld  und  gutt 
gesehen;  weil  jene  ewig  bleiben,  dises  hingegen  sich  bald 
verleuret  oder  zu  erhalten  vil  mich  kostet;  auch  selten 
auff  den  dritten  erben  stammet.  ButschkyM.  kanzelley587 ; 

drey  ballen  schnee  in  warmem  weine; 

disz  wallen,  Bibo,  ist  zwar  deine: 

nicht  weisz  ich,  wie  die  zwei  beysammen, 

auff  deine  kinder  werden  stammen.    Logau  3,56,97. 

4)  in  transitivem  gebrauche: 

gott  schenkt  zu  diesem  jähr  das  Stammhaus  zu  besitzen, 
und  stammet  unsren  wünsch,  ihn  pflantzend  wohl  und  fest. 

Schottel  977. 
fltiri  entsprechend  auch  als  refl.: 

fried,  treu,  gerechtigkeit  sol  bey  uns  wohnung  bauen,  .  .  . 
die  wahre  gottesfurcht  sich  stammen  tief  und  fest,    ebenda. 

STAMMENDE,  n.  das  dickere,  den  wurzeln  benachbarte 
ende  eines  gefällten  baumstamfnes :  das  stammende,  pars 
arboris  detruncatae,  quae  terrae  sive  radici  proxima  fuit, 
das  dickere  theil  eines  blochs.  Frisch  2,316°;  stammende 
im  gegensatz  zu  dem  dümmeren  zopfende.  Adelung  ;  niederd. 
Stameng*  Bauer -Collitz  98*.  wenn  die  stammenden 
{der  kiefem)  der  freyen  luft,  ohne  bedeckung  ausgesetzet 
sind,  werden  sie  spack,  und  sind  von  der  zeit  dem  wurm- 
frasze  ausgesetzet,  und  dem  um  sich  fressenden  olme 
(caries)  dermassen  unterworfen,  dasz  auch  das  schönste 
holz  . .  .  beym  bau  nicht  angewendet  werden  kann.  Heppe 
jagdlust  (1784)  3,  396.  icol  zur  Charakterisierung  eines  groben 
menschen  ■  drob 

ich  auch  mit  ihm  jetzt  red  sehr  grob, 
als  einem  gelehrten  vom  stammende ; 
dessen  klopf  ich  in  beide  bände. 

Rost  teufelsep.  in  der  Jierl.  monatschr. 
1805.  13,  40. 

in  scherzhafter  rede .-  stammende  bezeichnung  der  ßasche 
im  gegensatz  zum  glase,  besonders  in  der  Wendung  aus 
dem  stammende  trinken ,  gleich  aus  der  flasche  trinken. 
im  thür.  stammende  scherzhafte  benennung  eines  unter 
setzten  mannes :  sdamenge  Hertel  thiir.  spracJtsch.  293. 


STAMMERBE — ST  AMMERUNG 


654 


STAMMERBE,  m.  erbe,  toelchem  die  guter  des  gesehlechtes 
zufallen.  Adelung;  die  ganze  grafschaft  verwandelte  sich 
in  einen  Schauplatz  der  wonne,  des  jubeis  und  der  feier- 
lichkeiten  bei  der  gehurt  des  jungen  stammerben.  MusÄus 
volksm.  3, 14  Hempel;  zur  zeit  als  ich  in  den  kreuzorden 
aufgenommen  wurde,  war  mein  bruder  Wilhelm,  der 
stammerbe,  noch  am  leben.  4,  54. 

STAMMERBE,  n.  erbe,  besitz  eines  geschlechtes :  die  viel- 
fältige theilung  des  geschlechts  derer  von  Schnuck  hatte 
eine  bedeutende  theilung  des  stammerbes  zur  folge  ge- 
habt. Immermann  Münchhausen  l,  55. 

STAMMERBOCK,  m.  auf  niederdeutschem  gebiete  vor- 
kommende schelte  für  einen  stamnmlnden,  stotternden: 
stammerbock,  stämerbock  Frischbier  2, 361°,  meklenburg. 
stamerbuck  korrespondenzbl.  des  Vereins  f.  niederd.  sprachf. 
9,  87^.    zu  stammern,  verb.  (s.  unten)  gehörig. 

STAMMEREI,/,  eigenschaft  des  stammems :  stammerey, 
balbuties.  Stieler  2224. 

STAMMERIG,  adj.  zu  stammern,  verb.  (s.  «.),  stammsind, 
.stotternd:  stammerich,  titubu^.  Dief.  586*;  stammericht, 
balbettante,  balbutiente ,  btdbuzzante  etc.  it.  balbettando, 
balbutiendo  etc.  Kramer  dict.  2(1702),  906*.  vgl.  stamerech, 
titubus.  lexic.  quelle  bei  Schiller-Lübben  4,  358'';  sta- 
merig  brem.  wb.  4,  991;  preusz.  stämerig  Frischbier  2,361". 

STAMMERN,  verb.,  dasselbe  wie  stammeln,  ein  ur- 
sprünglich auf  niederdeutschem  gebiete  heimisches  wort, 
gebildet  zu  einem  adj.  mnd.  stamer:  die  stamere  man,  of 
he  misse  sprict,  he  mut  sik  wol  erhalen.  Sachsensp.  i,  61,  8; 
ags.  stamur,  stamor,  stamer  Bosworth  Toller  910*; 
stameren  vei  stören,  balbutire.  Biep.  gloss.  66^;  stameren, 
stammeren,  titubare.  586*,  stammern  Comeniüs  sprachen- 
tliür  reg.;  stammeren,  balbutire.  Schottel  1420;  stam- 
mern, balbutire,  balbutinare,  offensare  in  loquendo.  Stieler 
2224;  stammern,  tartagliare,  balbettare,  balbicttare,  balbu 
tire,  balbuzzare,  scilinguare,  sdlinguettare,  trogliare,  frasta 
gliare,  balbostare.  Kramer  dict.  2  (1702),  905° ;  stammerend, 
balbettante,  balbutiente,  balbuzzante  etc.  balbettando,  bal- 
butiendo etc.  906*;  stammeln  oder  stammern,  impedite 
loqui,  balbutire.  Frisch  2,  sn**,  doch  mit  bevorzugung  des 
ersteren:  stamern,  stammeln,  in  der  rede  stocken,  brem. 
tvb.  4,  990;  stamern  Schütze  holst,  idiot.  4, 186;  8tam«r*n 
Bauer -Collitz  98»;  stamern,  stammern  Frischbier 
2,  361*.  verstich  einer  Unterscheidung  von  stammeln  und 
stammem:  'das  kind  stammelt  worte,  ivenn  es  dieselben 
nicht  ganz  ausspricht,  obgleich  es  nicht  stammert,  tcelches 
letztere  einen  fehler  an  den  sprachorganen  bezeichnet'.  Hupel 
liefländ.  idiot.  226.  thür.  sdamern  Hertel  thür.  sprachseh. 
233.    vgl.  engl,  to  stammer. 

de  drank  maket  to  männiger  stund 

bSslik  spräken  in  den  mund, 

stameren  an  der  spraken.    laiendoctrinal  182. 

so  sollen  die  kirchendiener  den  taufT  für  recht  halten, 
ob  er  gleich  mit  völligen  und  gantzen  Worten,  von  einem 
der  da  stammert,  und  sonst  unberedt  ist,  geübt  wirdt, 
denn  unsere  gebrechligkeit ,  und  miszbreuche  heben  die 
nützligkeit  desz  taufTs  nicht  auff.  Erasmus  Sarcerius 
hirtenbuch  (1566)  165;  er  stammert  mit  der  zunge,  os 
blaestim  Uli  debilisque  linguu  est.  Stieler  2224;  nicht 
vermögend,  ein  überlegtes  wort  ohne  stammern  in  Ord- 
nung herauszubringen,  avantur.  \,\9i;  'ich?'  stammerte 
der  alraun,  'ist  das  eine  dumme  frage'.  Arnim  1,58; 

so  hab  ich  manchesmal  gehört, 

französ'sch  zwey  deutsche  narren  stammem. 

Wernike  versuche  113. 

vom  murmelnden  rauschen  einer  quelle,  eines  baches:  Rose- 
mund nahm  ändlich  di  laute,  damit  si  ihren  lihblichen 
klang  mit  däm  stamrenden  gemürmel  und  lihblichem  ge- 
räusche  das  Wassers  vermählete.  Zeskn  adriat.  Rose- 
mund 62  neudr.;  dahrinnen  si  .  .  .  durch  das  stamrendc 
geräusche  eines  fohrbei-flühssenden  bächleins,  höhchster 
mahssen  erlustiget  warden.  121. 

STAMMERER,  m.  einer  der  sta/mmert:  stamerer,  iitu- 
bator.  DiEF.  gloss.  586*;  stammerer,  balbus,  bamhalio. 
Stieler  2224.    vgl.  preusz.  stamerer.  Frischbier  2,361*. 

STAMMERHAI.TER,  m.,  dasselbe  wie  unten  Stammhalter, 
columen  familiae.  Stieler  745;  stammerhalter,  conserva- 
tore,  mantenitoie  deUa  stirpe.   Kramer  dict.  2  (1702),  905''. 

STAMMERUNG,  f. :  stammerung,  balbuties.  Stieler  2224. 


655 


STAMMESART— STAMMESERBE 


STAMMESFREUND— STAMMESRECHT     656 


STAMMESART,  /.  eigenthümliche  art  eines  atammes 
(entsprechend  stamm  II,  3,  ci):  wir  waren  beide  junge 
trotzige  dichter;  begierig  nach  dem  umgange  mit  meistern, 
jeder  schon  von  einem  kreise  liebender,  viel  strebender 
freunde  umgeben,  hefteten  wir  die  blicke  nicht  lange  auf 
einander  und  die  fremde  stammesart  war  jedem  am 
andern  fühlbar.  Schwab  biogr.  einleit.  zu  W.  Müllers 
gedickten  (1868)  XXIX. 

STAMMESBEGABUNG,/,  eine  besondere  natürliche  geistes- 
anläge  eines  volkstammes. 

STAMMESBEWUSZTSEIN,  n.  bewtisztsein  der  Zugehörig- 
keit zu  einem  bestimmten  volkstamme,  das  beuntaztsein  der 
besonderen  art  des  eigenen  Stammes:  das  recht  dieses  leben- 
digen {des  norddeutschen  und  süddeutschen  gegensatzes), 
seine  erfrischende  Wirkung  auf  die  nationallitteratur,  die 
in  allzu  weit  getriebener  ccntralisation  zu  erstarren  ge- 
fahr  läuft,  hatte  ich  hervorgehoben.  Heyse  biogr.  einl.  zu 
H.  Kurz  ges.  werke  l  *.  x.  als  politisches  schlugicort  um 
die  mitte  des  19.  jahrh.,  vgl.  Laden dork  schlagicörter  301: 
mit  diesem,  damals  so  vielfach  angerufenen  'stammes- 
bewusztsein'  ist  es  nun  freilich  ein  eignes  ding,  wo  gibt 
es  noch  in  Deutschland  einen  'stamm',  der  unvermischt 
und  unzerrissen  mit  seiner  'stammeseigenthümlichkeit' 
und  seinem  'stammesbewusztsein'  genau  die  politischen 
grenzen  eines  Staates  ausfülle?  nirgends!  Jahrbücher  für 
urissensch.  u.  kunst  1  (1854),  169.  vgl.  auch  stammeseigen- 
thümlichkeit und  Stammesgefühl. 

STAMMESBEZIEHUNG,  /. :  der  könig  von  Preuszen  sei 
ein  nachbar  des  königs  von  Baiern,  und  bei  der  Ver- 
schiedenheit der  Stammesbeziehungen  werde  die  kritik 
über  die  concessionen,  welche  Baiern  mache  und  gemacht 
habe,  schärferund  für  die  rivalitäten  der  deutschen  stamme 
empfindlicher  werden.  Bismarck  ged.  u.  erinn.  2, 118. 

STAMMESBRÜDER,  m.  ein  angehöriger  des  gleichen 
volkstammes  (vgl.  unten  Stammesgenosse):  ich  betrachte 
es  als  gewinn,  mit  einem  Stammesbruder  aus  anderer 
Staatsform  und  von  jüngerem  lebensalter  auf  du  und  du 
zu  sein.  Keller  3,  244. 

STAMMESDENKART,/,  die  eigenthümliche  denkart  eines 
Stammes:  es  ist  sonderbar,  so  alte  in  der  lebens-  und 
Stammesdenkart  von  uns  ganz  verschiedne  Völker  nach 
unsem  begriffen  des  eigenthums  rechtfertigen  ...  zu  wollen. 
Heruer  12,  128  Suphan. 

STAMMESEIFERSÜCHT,  /.  eifersucht  eines  Stammes 
gegenüber  dem  andern:  ein  mit  so  verschwindender  mehr- 
heit  erkämpfter  sieg  .  .  .  enthielt  den  beweis ,  dasz  der 
erwachte  einheitsdrang  im  volke  bei  weitem  noch  nicht 
stark  genug  sei,  um  den  ererbten  fluch  der  stammes- 
eifersucht  ...  zu  überwinden.  Flathe  in  Grotes  allgem. 
icdtgesch.  11,  592. 

STAMMESEIGENTHÜMLICHKEIT,/.:  die  am  meisten 
ausgeprägten  stammeseigenthümlichkeiten ,  die  nieder- 
deutsche, plattdeutsche,  sächsische  sind  durch  dynastische 
einflUsse  schärfer  und  tiefer  als  die  übrigen  stamme  ge- 
schieden. Bismarck  ged.  u.  erinn.  1,291.  als  politisches 
Schlagwort  um  die  mitte  des  19.  jahrh.  vgl.  Ladendori' 
achlagvDÖrter  s.  301.  s.  den  beleg  unter  stammesbewuszt- 
sein.   vgl.  Stammesgefühl,  Stammesunterschied  u.  s.  u\ 

STAMMESEHRE,  /.  ehrbegriff  eines  volkstammes:  die 
heirath  mit  einer  Kananiterin  werde  als  eine  Verletzung 
der  stammesehrc  angesehen.  Heruer  11,432  Suphan;  und 
sie  streiten  für  diese  (die  poetischen  testamente  ihrer  vor- 
fahren) als  für  ihr  heiligstes  eigenthum,  als  für  ihre 
gottes-  und  stammesehre.  12,  129;  ihm  wird  auch  die 
kröne  des  geschlechts,  die  stammesehre  der  erstgeburt 
▼om  haupt  genommen.  180; 

wer  hoch  sein  baupt  über  wölken  bat, 
soll  haben  tuKond  und  stammoeohr', 
vemunR  zur  nOIf  und  gesittung  zur  wehr. 

ROCKRRT  Firdoti  8, 181. 

STAMMESERBE,  m.  erbe  de«  liegenden  familiengutea, 
Stammhalter  der  famüie:  (die  naehricht.)  das  gott . . .  unsere 
freundliche  übe  muhmo  mit  einem  jungen  söhne  und 
stamserben  begnadiget  Butsciiky  hd.  kämet ley  61T,  gar 
mancher  vermOgliche  bauer  jammert  vergebens  nach 
einem  sUmmeserben.  LKOi'nKciiTiNO  aus  d.  Leehram  U6. 

STAMllESERBE,  n.  das  einer  familie,  einem  voUcstamme 
mkommmdt,  migthOrend«  erb«:  Judas  stammescrbe. 


STAMMESFREÜND,  m. .  also  von  alten  Zeiten  an  zeich- 
nete sich  der  schmuck  ihrer  (der  griechischen  fürsten) 
palläste  durch  kostbarkeiten  ihrer  Stammes-  und  helden- 
freunde aus.  Herder  ideen  zur  philos.  der  gesch.  der 
menschheit  513  Kühnemann. 

STAMMESFREUNDSCHAFT,  /.  freundschaftsverhältnis 
zxcischen  zwei  volkstämmen :  zuweilen  wird  den  Wanderern 
von  anderen  Völkern  der  durchzug  gestattet,  ja  sogar 
lebensunterhalt  geliefert,  zumal  wenn  alte  stammesfreund- 
schaft  besteht.  Freytag  17,  lil  (bilder  i). 

STAMMESFÜHRER,  m. :  es  (das  deutsche  chtistenthum) 
kann  nicht  blosz  aus  dem  Wechsel  von  wärme  und  kälte, 
sommer  und  winter,  aus  alten  pflanzen  und  vergröszerten 
Stammesführern  bestehen.  Naumann-6ucä  99. 

STAMMESFÜRST,  m. :  wahrscheinlich  liesz  Moses  den 
ort  (den  brunnen)  durch  die  stäbe  der  stammesfürsteu 
bezeichnen,  damit  kein  zauberstab  dazu  käme.  Herder 
12, 158  Supha7i. 

STAMMESGEFÜHL,  n.  das  gefühl  der  zugeliörigkeit  zu 
einem  volkstamm^:  der  rath  der  häuptlinge,  die  Volks- 
versammlung und  die  gemeinsamen  heiligtbümer  erhielten 
nächst  dem  Stammesgefühl  die  einheit  des  Volkes.  Frey- 
TAO  17,76;  von  keinem  religiösen  motiv  geleitet,  sondern 
vom  national-  und  Stammesgefühl.  Smend  alttestamentl. 
religionsgesch.  147.  als  politisches  Schlagwort  um  1850, 
vgl.  Laden  DORF  schlagicörter  301:  er  (der  dichter  Meyer) 
ist  ein  Altbayer,  wird  sich  auf  das  'stammesgefühl'  be- 
rufen. Dingelstedt  an  Hebbel  am  12.  febr.  1852;  das 
Stammesgefühl  könnte  sich  allerdings  gegen  sie  erheben, 
wenn  herr  Meyer  reüssierte.  Hebbels  antwort  vom 
16.  fehr.  1852  (briefe  4,  355).  vgl.  auch  stammesbewusztsein, 
stammeseigenthümlichkeit  u.  s.  w. 

STAMMESGENOSSE,  m.  der  demselben  volkstamme  an 
gehört,  s.  auch  unten  stammgenosse:  (verpflichtet,)  das 
blut  jedes  stammesgenossen  zu  rächen,  wo  sich  nur  die 
gelegenheit  dazu  bietet.  Smend  alttestamentl.  religions- 
gesch.^ 25. 

STAMMESGENOSSIN,/,  zum  vorigen:  sie  schienen  ihm 
mehr  südliche  grazie  in  ihren  bewegungen  zu  haben  als 
ihre  übrigen  Stammsgenossinnen.  H.  Kurz  2,123. 

STAMMESGENOSSENSCHAFT,  /.  Zugehörigkeit  zu  dem 
gleiclien  volkstamme. 

STAMMESGESCHICHTE,  /. :  mich  sollte  es  freuen,  wenn 
ich  ihnen  einige  ihrer  zweifei  gegen  die  stammesgeschichtc 
dieses  volks  entnommen.  Herder  li,  422  Suphan. 

STAMMESGLIEDERUNG,  /.  die  gliederung  eines  volk 
Stammes  in  sich. 

STAMMESGOTT,  m.  der  von  einem  volkstamm  verelirte 
gott:  dies  starke  gemeingefühl,  das  die  glieder  des  Stammes 
verbindet,  führt  nun  aber  auch  zum  glauben  an  einen 
besonderen  stammesgott.  Smend  alttestamentl.  religions- 
gesch.^ 25.    s.  auch  unten  stammgott. 

STAMMESGOTTHEIT,/,  vgl.  das  vorige:  die  gemein- 
Schaft,  die  hier  stamm  und  Stammesgottheit  verbindet. 
Sm  en d  alttestamentl.  religionsgesch.* 98.  s.  u.  Stammgottheit. 

STAMMESHAUPT,  n.  fürst  u.s.ic.  tcelchei-  über  einen 
volkstamm  herrscht. 

STAMMESHELD,  m. :  der  sänger  griff  in  die  saiten  und 
sang  sein  lied  von  dem  stammcshelden,  der  den  mensohen- 
fressenden  nichus  im  ringkanipfo  tötete,  oder  den  schätze- 
hütenden  drachen  erschlug.  Fkeytag  17, 84  (bilder  i). 

STAMMESHERZOG,  «i..  sobald  diese  politik  aber  das 
reich  in  die  schlimmsten  Verwicklungen  gebracht  hatte 
und  der  kämpf  im  hause  des  königs  selbst  ausgebrochen 
war,  hatten  sich  auch  die  nachkommen  der  früheren 
Stammesherzoge  von  neuem  geregt.  Gikseureciit  l^  436. 

STAMMESKUNDE,  /.  l)  künde,  wdche  in  einetn  stamm« 
von  gesdUecht  tu  geschlecht  fortgej^flanst  wird. 

8)  kenninis,  todehe  von  der  geschieht«  eines  stammst  bS' 
steht;  germanische  stammcskundo  auch  tks  kunds,  henntnisi 
von  der  art,  Wanderung  und  siedelting  ^erm«tHMA«r  «MfnuM.  1 

STAMMESLITTERATUR.  /..  zu"  gleicher  «elt,  als  ein| 
mächtiger  fürst  auf  die  wicdorluTstellung  einer  Tolkl»; 
und  stanimcsliteratur  bedaolii  war.  Götiik  6,  SS. 

STAMMESNAME,  m. ;  Levi  wurde  wieder  gesohleoht 
und  slammcsnamc.  Smenu  alttestamentl.  religümsgstek.  Ti^l 

STAMMfiSRECHT ,  n.     l)  das  einem  voUcstamm« 
tkümliek«  privat-  und  strofrscht:  die  mehrzahl  desselt 


657      STAMMESREIHE  — STAMMESVETTER 


STAMMESVORURTHEIL— STAMMFRAU      658 


{des  Gotenvolkes)  mit  dem  könige  erhielt  Wohnsitze  in 
Thrakien  als  föderierte,  d.  h.  sie  behielten  stammesrecht 
und  Selbstverwaltung.  Pflugk-Harttung  in  Grotes 
alldem,  iceltgesch.  4, 172. 

2)  ein  einer  familie  zustehendes  Vorrecht: 

das  ist  sein  stammesrecht,  dasz  er  im  heergefecht 
den  schah  vertrete,  dem  verwandt  ist  sein  geschlecht. 

RÜCKERT  (1882)  12,  203. 

STAMMESREIHE,  /.  stammbaumreihe ;  geschlechterreüie 

des  stummes,  der  familie: 

wann  die  warheit  sonst  nur  wolle ,  künte  Pseudo  sie  wol 

freyen ; 
weil  sie  jhm  ist  zugesippet  gar  mit  keinen  stammesreyen. 

LoGAU  3,  G,  59. 

STAMMESRELIGION,  /.  religion  eines  Stammes :  die 
Stammesreligion  der  alten  Araber.  Smend  alttestamentl. 
religionsgesch.^  25. 

STAMMESSAGE,  /.,  s.  unten  stammsage:  stammessage, 
gesetz,  poesie.  Herder  11,  422  Stephan. 

STAMMESSCHEIDE,  /.  zugehen  zicei  volksstämm^n  be- 
findliche grenzscheide :  {der  Eennstieg,)  vor  zeiten  der  grenz- 
weg  zwischen  Thüringen  und  Franken,  bildete  noch  immer 
eine  scharfe  stammesscheide.  Treitschke  2,  397. 

STAMMESSER,  m.  Speisekarte  für  Stammgäste,  *.  d. 

STAMMESSITZ,  m.  wohnsitz  eines  stummes. 

STAMMESSPRACHE,  /..  entsprechend  stamm  II,  3,  d: 
kann  ein  gröszerer  beweis  seyn,  als  dieser?  die  bildung 
einer  ganzen  reihe  von  Stammessprachen  nach  bildern, 
wurzeln  und  in  solcher  denkart.  Herder  11,443  Siiphaii. 

STAMMESSYMPATHIE,  /.  Sympathie  mit  dem  eigenen 
statnm.  als  politisches  schlagicort  um  die  mitte  des  19.  jahrh., 
icie  oben  stammesbewusztsein,  stammesgefühl  u.  s.  tv. .-  was 
sind  nicht  allein  die  Stammessympathien  für  eine  pein 
für  uns!  Laube  1,216  Houben. 

STAMMESTROTZ,  m.,  entsprechend  stamm  II,  3,  rf;  in 
Bayern  war  das  stammesbewusztsein  und  der  stammes- 
trotz  doch  nicht  stark  genug.  Pflugk-Harttung  in 
Grotes  allgem.  iceltgesch.  5,  41. 

STAMMESUNTERSCHIED,  m.  politisches  schlagicort  um 
die  mitte  des  19.  Jahrh..  tvie  tmten  stammesverschieden- 
heit:  wo  der  sieg  eingekehrt  ist,  daist  die  empfindlichkeit 
für  unbequeme  historische  erinnerungen,  für  unbequeme 
crwähnung  der  Stammesunterschiede  und  stammeseigen- 
schaften  verschwunden.  Laube  4,8  Houben. 

STAMMESURKUNDE,  /.  Urkunde,  Zeugnis  aus  der  ver 
gangenheit  eines  Stammes  {vgl.  stamm  II,  3,  c.  d) :  lassen 
sie  sich  hier  blosz  ein  pergament  von  stammesurkunde 
vorlegen.  Herder  bei  Campe. 

STAMMESVERBINDÜNG,  /..-  in  gröszeren  stammes- 
verbindungen  treten  die  deutschen  Völker  meist  unter 
neuen  namen  auf.  Giesebrecut  detttschekaisei-zeit^  l,Si. 

STAMMESVERSCHIEDENHEIT,/,  als  politisches  Schlag- 
wort um  die  mitte  des  19.  jahrh. ,  vgl.  oben  stammes- 
bewusztsein, stammeseigenthümlichkeit,  stammesgefühl, 
Stammesunterschied:  dabei  zeigte  sich  denn  auch,  dasz 
meine  Voraussetzung,  {prinz)  Friedrich  {das  drama)  sei 
über  den  particularsinn  der  Stammesverschiedenheiten 
hinausgewachsen,  eine  ganz  richtige  gewesen,  er  ist  in 
den  verschiedenartigsten  orten,  wie  Hamburg,  wie  Mainz, 
wo  keinerlei  preuszische  Vorliebe  zu  hause,  willkommen 
C'heiszen  und  eingebürgert  worden.  Laube  3, 154  Houben. 

STAMMESVERWANDTE,  m.,  icelcher  vertcandtschaftliche 
heziehungen  zu  einem  stamme  hat;  icelcher  zu  dem  gleichen 
.stamme  gehört.  Campe:  zwei  hunde,  die  .  . .  sehr  bösartige 
thiere  waren  und  sich  von  ihren  stammesverwandten, 
den  Wölfen,  nicht  allzusehr  unterschieden.  Hassert  reise 
durch  Montenegro  31.    vgl.  auch  unten  stammverwandt. 

STAMMESVERWANDTSCHAFT,  /.  {vgl.  das  vorige)  Zu- 
gehörigkeit zu  dem  gleichen  stamme:  wir  erinnerten  uns 
bei  beobachtung  dieser  thatsache  daran,  dasz  ...  man 
schon  oft  auf  eine  Stammesverwandtschaft  zwischen  ihnen 
{den  Wahuma)  und  den  Gallavölkern  hingewiesen  hat. 
Götzen  durch  Afrika  89. 

STAMMESVETTER,  m.:  abgefundene  töchter  .  .,  welche 
. . .  nach  erlöschung  des  mannsstammes  ihrer  linie  durch 

Kie  entfernten  stammsvettem  von  der  erbschaft  zwar  aus- 
Bschlossen  worden  sind,  . .  .  Campe  unter  abfinden,    in 
er  heidigen  presse  die  Engländer  mit  Vorliebe  die  stammes- 
eitern  der  Deutschen  genannt. 
X.  a. 
1 


STAMMESVORURTHEIL,  n.  vorurtheü,  durch  die  be- 
sonderen Interessen  des  stammes  {vgl.  stamm  II,  3,  c.  rf) 
bedingt. 

STAMMESWAFFE,  /.  die  einem  volkstamm  eigenthüm- 
liche  waffenart:  gerade  die  eigenthümlichen  stammes- 
Waffen  werden  nicht  genannt,  —  begreiflich  nicht  die 
auffällige  wurfkeule  der  Goten,  —  aber  auch  nicht  das 
messer  der  Niederdeutschen,  nicht  die  kurzgriffige  doppel- 
axt  der  Istävonen,   altnationale  waffen.   Freytag  17,31. 

STAMMESZUGEHÖRIGKEIT,  /.,  entsprechend  stamm 
II,  3,  d :  ein  volk  fremd  nach  Stammeszugehörigkeit  und 
religion,  ein  volk  mit  anderen  sitten  und  anderer  denkungs- 
art.  Hassert  reise  durch  Montenegro  1. 

STAMMET,  STAMET,  m.  eine  art  grobes  zeug,  bald  von 
wolle,  bald  leinen,  wort  und  sache  kajnen  aus  Italien  zu 
uns:  ital.  stametto;  franz.  estamet,  etamet,  vgl.  mittel- 
lat.  stameta:  item  pro  pannis  conductis  in  Savona  den. 
4  pro  singula  libra ,  exclusis  stametis  pro  quibus  sol- 
vuntur  den.  6  pro  singula  libra.  quelle  von  1536  bei  Du 
Cange  7,  579";  stammet  telae  sive  panni  tenuioris  genus. 
Kilian;  stamet,  vestis  subtilibus  filis  laneis  texta.  ebenda; 
stameth,  ein  art  kleiner  leine  wand,  stametto.  Kramer  dict. 
(1693)  1136" ;  stammet,  geköpertes,  dickes  und  starkes  wollen- 
zeug. Schmid  Schwab,  wb.  506;  stamet  {neben  stament)  im, 
17.  jahrh.  in  Steiermark  name  eines  mittelfeinen  tucJies. 
Unger-Khull  569*;  stamet,  art  leinwand.  Gangler  429; 
wie  Martin  Scheller,  ain  kauffman  zu  Ulm,  anfieng  und 
lies  täch  machen,  die  man  haist  stameti,  wie  man  sie  zu 
Rom  macht,  d.  städtechron.  25,  24,  2;  anno  dni.  1514  da  was 
ain  kauffman  zu  Ulm,  der  hies  Martin  Scheller,  der  bracht 
Walchen  heraus  von  Rom  und  lies  sie  zu  Ulm  tüch  machen 
auff  die  welsch  art,  wie  man  sie  zu  Rom  macht,  die  man 
haist  stammetti.  7 ;  zu  seinen  hosen  wurden  auszgenommen 
elfThundert  füniT  ballen  und  ein  drittheil  weissen  stammet. 
Garg.  173  neudr. ;  die  männer  hatten  zu  stümpffen  stam- 
met, oder  sarge,  oder  Scharlach  451;  stamet  und  carisei 
in  einer  taxordn.  v.  1632  bei  Bauer-Collitz  152; 
das  panier  war  von  lauter  flecken :  .  .  . 
von  sammet,  seiden  und  dafant, 
von  schamlot  und  wüllem  gewand, 
lündisch,  libisch,  mechlisch,  stammet. 

H.  Sachs  21,  181,  8  Keller-Götze. 

STAMMETTUCH,  n..  gleich  dem  vorigen :  für  5  ein  l  firtel 
schwarcz  stamettuch  a  15  {t.  Tucher  haushcdtungsb.  63; 
item  adi  8  ottobris  dem  Obermair  gewontschneider  beczalt 
für  3  firtel  rott  stamett  tuch  mir  czu  einem  hembd  untter 
das  wammesg  .  . .  l  H  15  ^.  126. 

STAMM  FAUL,  adj.  im  stamme  faul,  verfault.  Campe; 
stammfaule  eichen  ebenda. 

STAMMFEST,  adj.  fest  wie  ein  {bäum-)  stamm  {in  der 
erde  steht):  'o  geliebte',  gegenredete  Krokus,  'lass't  diesen 
traurigen  gedanken  schwinden!  was  kann  eurem  (lebens-) 
bäume  für  ein  Unglück  drohen?  steht  er  nicht  stamm- 
und  wurzelfest?  seht  seine  gesunden  äste,  wie  sie,  mit 
laub  und  fruchten  belastet,  sich  ausbreiten'.  MusÄus 
volksm.  4, 77  Hempel.  (t?«  gegensatz  zu  den  ästen  und 
zweigen:)  vom  Orient  bis  Rom  wars  stamm;  jetzt  gingen 
aus  dem  stamme  äste  und  zweige;  keiner  an  sich  stamm- 
vest,  aber  ausgebreiteter,  luftiger,  höher.  Herder  5,  528 
Suphan;  dann  fürchte  nichts  für  dein  Deutschland;  es 
gleicht  seinem  münster-thurme,  welcher  vielfach  durch- 
brochen und  zartzweigig,  doch  stammfest  vor  den  zeiten 
steht.  J.  Paul  48,265  {herbstblumine  3). 

STAMMFOLGE,  /.  geschlechtsfolge.  Campe. 

STAMMFORDERUNG,  /.  .•  sind  inhaberpapiere  ...  auf 
den  namen  des  mündeis  umschrieben  oder  in  buchfor- 
derungen  umgewandelt,  so  bedarf  der  vormund  auch  zur 
eingehung  der  Verpflichtung  zu  einer  Verfügung  über  die 
sich  aus  der  .  .  .  Umwandlung  ergebenden  stammforde- 
rungen  der  genehmigung  des  vormundschaftsgcrichts. 
bürgert,  gesetzb.  §  1820. 

STAMMFORM,/,  die  besondere  form  eines  baumstatnmes : 
je  nach  ihrem  Standorte  ändert  die  edelkastanie  den 
physiognomischen  ausdruck  ihrer  Stammform  und  he- 
astung.  Berlepsch  aljien  112.  in  der  Sprachwissenschaft 
Stammform  die  tiicht  ßectierte  form  eines  wortes. 

STAMMFRAU,/,  frau,  von  icelcher  ein  geschlecht  ab- 
stammt,  tcol  vornehmer  als  stammmutter  {s.  u.) :  ob  zwar  die 
cimbrischen  fürsten  sich  rühmten,  dasz  ihres  geschlechtes 

42 


659      STAMMFRRMDE — STAMMGEI.ÜBDE 


STAMMGENEALOGIE — STAMMGUT       660 


erste  stammfrau  von  einem  baren  geschwängert  worden 
wäre.  Lohenstein  Xrtmn.  1, 673*". 

STAMMFREMDE,  m. 

STAMMFREUND,  m.  'ein  angestammter  freund,  ein  Huts- 
freund! .  quelle  bei  Campe. 

STAMM  FRÜHSTÜCK,  n.  frühstüch.  frühstückskarte  für 
Stammgäste  (vgl.  dort),    s.  auch  oben  stamm  II,  4,  ä. 

STAMMFÜRST,  m.,  vgl.  auch  oben  stammesfürst:  sie 
(die  Juden)  regierten  sich  nach  nomadischer  art  fort,  der 
hausvater  die  familie,  der  stammfürst  die  stamme,  und 
machten  auf  diese  art  einen  staat  im  staat  aus.  Schil- 
ler 9,  102. 

STAMMFUSZPUNKT,  «i. ;  im  forsttoesen  einen  bäum  am 
stammfuszpunkt  messen,  ihn  messen,  wo  der  stamm  in 
die  tourzel  übergeht,    gegensatz  ist  der  stammgipfelpunkt. 

STAMMGAST,«!,  regelmdsziger  besuchereines  loirtshauses, 
der  gleichsam  zu  dem  stamm  der  gaste  (s.  oben  stamm  II,  4,  a) 
gehört:  die  wackern  kämpen  für  licht  und  Wahrheit  .  .  . 
gehen  unterdessen  im  vaterlande  sehr  sicher  umher  .  .  . 
als  Stammgäste  eines  klubs,  wo  sie  sich  des  abends 
patriotisch  erquicken  am  rebensafte  des  vater  Rhein  und 
an  meerumschlungenen  schleswig-holsteinschen  austern. 
Heine  2,352  J??5/er;  (ein  virtuos  als  stadtmusikus.)  der  in 
seinem  kaffeehause  den  Stammgästen  erzählt  und  auf 
seine  ehre  versichert,  wie  man  ihm  einst  blumenbouketts 
mit  den  schönsten  kamelias  zugeschleudert.  6,448;  sie 
(die  Wirtin)  ist  auch  eine  herablassende  frau,  wenigstens 
gegen  ihre  Stammgäste  und  deren angehörige.  Ludwig2,41; 
der  pater  kapuziner  witterte  den  kuchen  .  .  .  und  ward 
nun  ein  Stammgast  in  Kullmanns  hause.  W.  H.  Riehl  ^re- 
schicht^n  1,60;  sie  (die  wirtin)  gestand  nur  ihren  Stamm- 
gästen das  recht  zu,  sie  zu  trösten  und  ihr  zu  raten. 
Anzengruber^  4, 93 ;  auch :  auch  die  dorfleute  —  ein  alter 
mann  von  Stäfa,  der  allwöchentlich  seine  Spanferkel  in 
Zürich  zu  markte  brachte,  der  honighändler,  die  fischer 
und  ein  paar  hühner-  und  eierweiber  —  waren  Stammgäste 
des  geräumigen  botes.  C.  F.  Meyer  Jürg  Jenatsch  84. 

STAMMGEBÄUDE,  n.  der  älteste  kern  eines  späterhin 
ericeiterten  gebäudes:  das  stammgebäude  schon  ist  ein 
haus  wie  ein  schlosz,  aber  nun  sind  noch,  in  ähnlicher 
form,  häuser  hinzugebaut  worden,  so  dasz  die  vordere 
fa^adc  63  fenster  hat.  H.  v.  Kleist  5, 120,  25  Schmidt. 

STAMMGEBILDE,  n..-  es  (jedes  volk)  hat  seine  national- 
bildung,  wie  seine  spräche;  zwar  hat  der  himmelsstrich 
über  alle  bald  ein  gepräge,  bald  nur  einen  linden  schleier 
gebreitet,  der  aber  das  ursprüngliche  stammgebilde  der 
nation  nicht  zerstöret.  Herder  ideen  zur  philosophie  der 
geschickte  der  menschlieit  245,  24  Kühnemann. 

STAMMGEBLÜT,  n.  geblüt  eines  geschlechts: 

in  der  tugend  frauenzimmer,  da  ists  gut  die  braute  wehlen, 
da  kan  etwa  nicht  die  dritte,  da  kan  nimmer  keine  fehlen. 
die  zuniahl  sich  so  gewaschen  durch  viel  tapffres  etamm- 

geblUte, 
dasz  die  weit,  der  grosse  zeuge,  Selbsten  zeugt  von  jlirer  gute. 

LooAu  3,  85,  48. 

STAMMGEFÜHL,  n.  wol  gefühlsausdruck  eines  (volk-) 
Stammes:  was  in  dem  Hede  von  den  Burgunden  düster 
gefilrbtes  stammgefühl  ist.  Augsb.  allg.  zeit.  1871,  *.  569''. 
anders  oben  Stammesgefühl. 

STAMMGEIST,  m.  geist  eines  (volk)stamme9 :  (das  dritte 
buch,)  das  indessen  auch  diejenigen  Staatseinrichtungen 
und  solche  Verfassungen  der  Dorier  nicht  übergeht,  in 
denen  von  jenem  politischen  stammgeiste  eben  nichts 
oder  wenig  sichtbar  ist.  K.  0.  Müller  geschichten  hellen, 
stumme  2,  xii. 

STAMMGELD,  n.  1)  eine  denförstem  zu  zahlende  gebühr 
für  die  anuxisung  im  ganzen  verkaufter  stamme.  Jacors- 
8ON  7,424''.  Adeluno;  man  so!  geben  den  furstern  zu 
Rtamgelt  von  ydem  wagen  holz,  das  man  verbOwen  wil, 
«  heller,  miltenb.  stadlb.  22'»  bei  Lexkr  2, 1188.  an  die  herr- 
»rhaft  zu  zahlende  gebühr  für  die  erlaubnia.  einen  alten 
waldbaum  hauen  zu  dürfen.  UnoehKiiuli.  669*. 

«)  bezeiehnung  det  au»gdiehenen  capitata  (vgl.  stamm 
H,  4,  d,  «p.  M8)  im  gegensaiz  tu  den  tinten:  stammgeld 
M  soTiel  alt  das  capJUl,  das  seine  Zinsen  trägt,  »or». 

FniSCH  t,  817*. 

STAMMOKLOBDE,  fi.;  stammgelUbd,  voto  gentiliOo. 
KnAMRn  diet.  I  (17M),  »06^ 


STAMMGENEALOGIE,/,  genealogie  eines (volk)sfammes : 
sie  (Artemis)  ist  hier  (in  Arkadien)  nationalgottheit,  die  .  . . 
als  Kallisto  selbst  den  stammgenealogieen  eingetragen  und 
tochter  des  Lykaon  . . .  genannt  wurde.  K.  0.  Möller 
geschichten  hellen,  stamme  2,  372. 

STAMMGENOSSE,  m.,  welcher  zu  demselben  volkstamme 
gehört,  a.  auch  oben  Stammesgenosse:  stammgenoss  Campe; 
seit  der  zeit,  da  sie  (die  stadt  Sgrakus)  von  deinem  stamm- 
genossen Archias  zum  zweyten  mahle  gegründet  wurde, 
macht  ein  rastloses  hin-  und  herschaukeln  von  Oligarchie 
zu  demokratie,  und  von  demokratie  zur  herrschaft  eines 
einzigen,  den  summarischen  Inhalt  ihrer  geschichte  aus. 
Wieland  33, 355  (Aristipps  briefei);  dargestellt  sind  (in 
diesen  gedickten  der  Araber):  festeste  anhänglichkeit  an 
stammgenossen,  ebrbegierde,  tapferkeit,  unversöhnbare 
rachelust . . .  sämmtlich  gränzenlos.  Göthe6,10;  für  einen 
mann,  der  . . .  unter  lauter  Teutomanen  lebt,  die  ihn  nur 
als  einen  nützlichen  verbündeten,  jedoch  keineswegs  als 
einen  reinen  stammgenossen  betrachten.  Heine  4,  Sil 
Elster;  von  den  neunzehn  zuvor  aufgezählten  liedern  sind 
dem  rühme  der  Amelungen,  Dietrichs  von  Bern  und 
seiner  stammgenossen  zumeist  die  vierzehn  erstgenannten 
gewidmet.  Umland  *c7tri/ifen  l,  32;  sie  waren  die  einge- 
bornen,  die  'thiuda',  das  volk,  ihre  spräche  im  gegen- 
satz  zu  jeder  fremden  die  thiudisca,  volksprache,  das 
land  ihr  heim,  sie  erkannten  einander  sämmtlich  als 
stammgenossen,  welche  in  vielen  mundarten  dieselbe 
spräche  redeten.  Freytag  17,38  (bilder  \); 

denn  —  tretet  näher  her,  0  meine  stammgenossen  I 
an  meine  lippen  sei  gefesselt  euer  ohrl 

Freiugrath«  1,9G. 

STAMMGENOSSENSCHAFT,/.,  vgl.  das  vorige :  gesellig 
lebten  schon  die  alten  heidengötter ,  in  groszer  stamm- 
genossenschaft  schwebten  äsen,  riesen,  kleine  geister  ver- 
bunden, gemeinsam  ist  das  Schicksal,  welches  sie  alle 
trifft.  Freytag  17, 15  (bilder  l). 

STAMMGESCHICHTE ,  /.  geschichte  des  (volk)stammes, 
der  familie .-  so  sehr  man  auch  eingesehen,  dasz  die  ge- 
schichte der  hellenischen  Verfassungen,  derkunst,  Wissen- 
schaft, spräche,  in  der  stammgeschichte  ihre  gemein- 
schaftliche Wurzel  und  begründung  habe.  K.O.Müller 
geschichten  hellen,  stämtne  2,372; 

gib  erst  mir  deine  eigne  stammgeschichte, 
sodann  will  ich  dir  meine  abkunft  nennen. 

RücKKRT  ged.  l,  161. 

STAMMGESTIFT,  STAMMGESTIFTE,  n.:  sUmmgestiffte, 
fondatione  gentilitia.  Kram  er  dict.  2  (1702),  gos"». 

STAMMGESTÜT,  n.  das  zur  hebung  der  Pferdezucht  ein- 
gerichtete haupt-  oder  landesgestüt. 

STAMMGIPFELPUNKT,  m.  in  der  förster.tprache  der 
messpu7ikt  eines  Stammes  naJie  den  ästen  des  baumes.  vgl. 
oben  stammfuszpunkt. 

STAMMGLIED,  n.  glied  (mitglied)  eines  Stammes,  einer 
familie,  eines  geschlechtes,  eines  Volkes :  ein  stammglied 
wird  verletzt,  sogleich  regt  sich  die  masse  unaufgoforderi, 
räche  zu  nehmen  am  beleidiger.  Götheg,  26. 

STAMMGOTT,  m.  der  von  einem  volkstamm  besonders 
verehrte  gott.  s.  auch  oben  stammosgott:  Lykaon,  einer 
der  alten  stammgöttcr,  die  über  Arkadien  geherrscht. 
K.  0.  Müller  geschichten  hellen,  stamme  1,157;  (detn  dienst 
des  Apollo,)  und  zwar  jetzt  nicht  mehr  als  eines  dorisch- 
kretischen Stammgottes,  sondern  im  weiteren  sinne  als 
hellenischer  nationalgottheit.  2,  264.    a.  auch  216. 

STAMMGOTTHEIT,  /..  vgl.  das  vorige,  a.  auch  oben 
stammosgottheit. 

STAMMGUT,  n.  erbgut  einer  familie,  tcelchea  nicht  ver- 
äuszert  werden  darf:  stamgüter,  bona  avita  Couvini'S  84*; 
stammgut,  fidei  commissum,  feudum  avitum,  feudum  gen- 
tilitium,  ex  linea  patema  acquisitum ,  welches  boy  dem 
stamm  bleyben  musz,  non  ex  matertta.  Frisch  8, 817* ; 
ist  der  lohenmann  unndt  hOfer  gemahnet  auff  den  oydt 
und  huld,  dass  sie  unnss  weyss  machen,  wan  stamb- 
guter  zwischen  gesohwestern  oder  onckelen  gethcilt  wur- 
den, unnd  wiedorumb  zusammen  kämen,  wie  man  dass 
halten  solle,  treisth.  von  Flo.isbach  1607.  (J.  GniMM  tm»M. 
8,408);  die  nächsten  acht  tage,  sagte  or,  bleiben  wir  in 
diesem  freudenthnle  boysammon  —  dann  schwinge  ich 
mich   mit   Clarrn  .  .  .  auf  das   erfrischende   hochgebürg 


661 


STAMMHAAR—  STAMMHALTER 


STAMMHALTIG — STAMMHAUS 


662 


meines  stammguts.  mein  ahnherr,  der  diese  romantische 
bürg  erbaut  und  mit  unserm  geschlechtsnamen  beehrt 
hat,...  ThCmmel  reise  s,  351;  in  einem  zwar  unansehn- 
lichen kleinen  dörfchen,  das  aber  .  . .  das  stammguth  eines 
zu  seiner  zeit  berühmten  Schriftstellers  war,  und  auch 
seinen  namen  führt,  Montesquieu.  10,128;  die  kaiser  werden 
doch  ihre  nächsten  blutsfreunde,  die  jungem  söhne,  welche 
bei  der  theilung  der  stammgüter  knapp  ausgingen,  vor 
allem  in  die  eroberten  lande  gesetzt  haben.  Alexis  Ise- 
grimm329;  unberührt  bleiben  die  landesgesetzlichen  Vor- 
schriften über  familienßdeikommisse  und  lehen  . . .  sowie 
über  stammgüter.  einfiihrxmgsges.  z.  bilrgerl.  gesetzb.  %  59; 

was  auf  mich, 
das  wenige,  von  unsrem  stammgut  kam, 
veräuszert  ward  es  und  zu  pfand  gesetzt, 
um  die  apulsche  heerfahrt  zu  bestreiten. 

Umland  ged.  (1864)  189. 

STAMMHAAR,  n.  dickes,  grobes,  garstiges  haar;  als  be- 
Zeichnung  einer  groben,  garstigen  looUe,  vxlche  sich  schlecht 
verarbeiten  läszt.  Jacobsson  4,251';  vgl.  auch  unten  stamm- 
locke, stammwolle. 

STAMMHAARIG,  adj.  zu  dem  vorigen-,  de  wullen  to 
besehinde  alse  mit  namen  swetich,  stamharich,  filt  unde 
schorf.  gött.  urk.  von  1432  bei  Schiller -LObben  6,270»; 
stammharige  wolle.  Campe. 

STAMMHAFT,  adj.  l)  i«e  ein  stamm  beschaffen,  icie 
ein  stamm  stark  und  dick,  ähnlich  der  bedeutung  von 
unten  stämmig:  stammhaft,  robustus,  validus,  lacertosus, 
corpulentus,  habitior.  Stieler  2119;  siammhaÜ,  artnostts, 
robustus.  Steinbach  2,666;  stammhaft,  truncum  crassiim 
habens  (figürlich  vom  menschlichem  leib,  artuosus,  robu- 
sttis,  procero  corpore).  Frisch  2,316";  stammhaft  Adelung. 
die  stammhafte  dorische  säule.  ebenda,  mit  bezug  auf  den 
menschlichen  körper:  ein  stammhafter  kerl,  homo  robustus. 
Stein  BACH  2,  666;  ein  stammhafter  mensch  Campe;  in 
dem  pflanzte  sich,  zu  meinem  glücke,  ein  stammhafter 
miethkutscher  vor  uns  hin,  der  mein  wahres  bedürfnisz 
ungleich  besser  zu  errathen  schien  als  jener.  ThOm- 
mel  1,  252;  die  stammhafte  leibesbeschaffenheit  der  alten, 
Adelung;  diese  art  gedichte,  die  wir  seit  jähren  Volks- 
lieder zu  nennen  pflegen,  ...weil  sie  so  etwas  stäm- 
miges ,  tüchtiges  in  sich  haben  und  begreifen ,  dasz  der 
kern-  und  stammhafte  theil  der  nationen  dergleichen 
dinge  faszt,  behält,  sich  zueignet  and  mitunter  fortpflanzt. 
Göthe  33,  202; 

es  ist  ja  stammhaft  volk,  es  würde  sich  ja  schämen, 
wenn  es  die  nacht  nicht  schläft,  deswegen  abzunehmen. 

J.  E.  ScH    ^  JEL  3,  530. 

(eine  doppelte  gattung  des  lächerlichen :)  die  eine  ist  die 
stammhafte  und,  so  zu  reden,  am  meisten  handgreifliche, 
weil  sie  in  ein  lautes  gelächter  ausbricht;  die  andere  ist 
feiner  und  bescheidener.  Lessing  4, 136. 

2)  zum  stamm  gehörig:  in  der  sprach tcissenschaß  stamm- 
hafte demente,  vnirzel  und  wortbildungsstifßx. 

STAMMHAFTIGKEIT,/.  zu  dem  vorigen  gebildet  .•  stamm- 
haftigkeit  Adelung;  seine  (des  fürstensoknes)  bÜTgerliche 
stammhaftigkeit  übernehme  meine  vertheidigung  in  dem 
Zirkel  seiner  Innung,  in  den  schlossern  de^  grossen,  die 
sich  zu  vornehm  dünken,  der  natur  und  der  einbil- 
dungskraft  etwas  schuldig  zu  werden.  ThOmmei.  reise 
4,339;  und  der  brave  Stammvater  setzte  sich  hin  und 
fertigte  sein  ewiges  kanzelleyschreiben  an  alle  die  glück- 
lichen aus,  die  durch  ihn  und  seinen  erbprinzen,  für 
dessen  stammhaftigkeit  er  selbst  patriotisch  gesorgt  hatte, 
in  der  folge  der  zeit  zu  der  ehre  gelangen  würden,  ihr 
Vaterland  zu  beherrschen.  380. 

STAMMHAHN,  m.  eigentlich  'hahn,  welcfter  einen  stamm 
hühner  regiert',  s.  oben  stamm  H,  4,  b.  im  folgenden  das  für 
eine  familie  charakteristische  thier.  wappenthier  u.  s.  w.: 
doch  da  krähte  der  schwarze  Alektryo,  der  grosse  stamm- 
hahn  ihres  mannes,  der  über  ihr  auf  einem  mauerrande 
sasz,  in  demselben  augenblicke  so  hell  und  scharf.  Bren- 
tano 5,  21 ;  kaum  graute  der  tag,  als  Alektryo,  der  edle 
Stammhahn,  sich  selbst  ermunternd  mit  den  flügeln  in 
die  Seite  schlug.  25.    *.  auch  unten  stammhuhn. 

STAMMHALTER,  m.  ältester  spröszling  eines  geschlechtes, 
von  dem  die  fortpflanzung  des  geschlechtes  ericartet  xcird; 
selten  dafür  oben  stammerhalter:  Stammhalter,  columen 
et  ultimus  familiae,   sive  etiam  stirpis  pnmarius,  gene- 


archa.  Stieler  741;  Stammhalter,  conservatore,  manteni- 
tore  della  stirpe.  Kramer  dict.  2  (1702),  905'';  Stammhalter, 
familiae  columen,  der  das  geschlecht  wieder  erbauen  und 
vermehren  kan.  Frisch  2,  317'»;  Stammhalter  Adelung. 
du  warst  mein  schildhalter  und  handreicher  und  bleibst 
mein  Stammhalter  und  nachfolger  auf  dem  throne  der 
landstreicher.  RCckert  11  (1882),  546;  sah  sich  gleich  der 
graf  in  seinen  wünschen  nach  einem  männlichen  Stamm- 
halter fortwährend  getäuscht,  so  wendete  sich  dafür  eine 
um  so  gröszere,  eine  ungetheilte  liebe  auf  das  theure, 
einzige  kind.  Grillparzer*  ii,  232;  schon  habe  ich  die 
dritte  frau  und  noch  hat  mir  keine  ein  mädchen,  ge- 
schweige denn  einen  söhn  und  Stammhalter  geschenkt. 
Keller  5, 77.  vgl.  -.  der  alte  Westfale  war  nämlich  der 
Stammhalter  und  die  schluszvignette  und  das  hogartische 
Schwanzstück  seines  ganzen  historischen  bildersaals. 
J.  Paul  l,  22  {unsichtbare  löge  l). 

STAMMHALTIG,  adj.  den  stamm  enthaltend :  ein  frommer 
wünsch  war'  es,  ein  bloszes  Wörterbuch  aller  seit  einigen 
Jahrhunderten  ergraueten  Wörter  zu  bekommen,  von 
welchem  wir  keine  ähnlichen  stammhaltigen  enkel  haben. 
J.  Paul  42,  leo  (vorschule  der  ästhetik  2). 

STAMMHASZ,  m.  liasz,  der  von  alters  zicischen  zjcei  fa- 
müien,  geschlechtern ,  {volk) stammen  besteht:  die  Sehn- 
sucht der  durch  alten  stammhasz  getrennten  liebenden. 
litter aturblatt  z.  morgenblatt  IBiG  s.  350;  der  alte  stammhasz 
zwischen  Athen  und  Sparta.  Schlosser  tceZ^^^escÄ.  l,  398. 

STAMMHAUPT,  n.  haupt  einer  familie,  eines  {volk) 
Stammes,  s.  auch  oben  stammeshaupt :  von  stammhäuptern 
decimirt,  taxirt  von  Zollbeamten,  beraubt  von  Arabern. 
Göthe  6,  211. 

STAMMHAUS,  n.,  tcelchem  ein  geschlecht  entstammt  und 
dem  es  häufig  seinen  namen  verdankt:  Stammhaus,  aedes 
avitae  Stieler  800;  stammhausz,  casa,  casato  cioe  castello, 
luogo  dove  nacqtie  il  primo  che  fece  illustre  i  suoi  discen 
denti,  e  da  cui  portano  il  titolo.  Kramer  dict.  2  (i702),  905'*; 
Stammhaus,  sedes  avita  familiae  alicujus  nobilis,  a  qua 
plentmque  nomen  gerit,  domus  natalis.  Frisch  2,  317^; 
Stammhaus  Adelung,  und  ordnen  wir,  dasz  in  obge- 
hörtem  fall,  allemal  der  stand,  so  das  stammhausz  be- 
sitzlich jnn  hat,  zu  erlegung  desz  reichs  stewren  mit  recht 
von  unserm  fiscal  angelanget,  und  gegen  denselben  ver- 
fahren werden  sol.  reichstagsabsch.  669;  endlich  traffe  ich 
nach  meinem  begehren  einen  an,  welcher  durch  lang- 
wierige Übung  dieser  kunst,  nächst  der  erfahrung  seiner 
voreitern,  so  ausz  dem  stammhausz  desz  printzen  Prigqus 
herstammeten,  sehr  arglistig  und  durchtrieben  gewesen, 
und  mich  in  allem,  was  zu  der  offenherzigen  bettelkunst 
gehörte,  unterrichtete.  Jan  Perw«  58;  ein  vornehmer  von 
adel  bist  du,  mensch,  scilicet,  dann  dein  stammenhausz 
ist  die  laimbgruben,  dein  gnädige  frau  mutter  ist  die  erd. 
Abraham  a  S.  Clara  reimb  dich  oder  ich  lisz  dich  (i693)  167 
{zu  der  bildung  s.  oben  stamm  I,  2,  sp.  635) ;  aber  es  ist 
mir  recht  leydt,  dasz  Churpfaltz  dasz  arme  liebe  schlosz 
von  Heydelberg  nicht  wider  zu  recht  lest  machen;  dasz 
ist  heszlich,  indem  es  ja  dasz  stammhausz  ist.  Elisabeth 
Charlotte  3,55  (25.  oc^oöer  1708) ;  die  geistlichen  kanz- 
leyen  verschenken  so  wenig,  als  die  weltlichen,  lassen  sie 
es  {das  decret)  aber  auch  ein  paar  hundert  pistolen  kosten, 
so  ist  das  lustre,  das  hierdurch  auf  mein  Stammhaus  über- 
geht —  Gotter  3,227;  das  geschlecht  derer  von  Logau, 
oder  Logaw,  ist  eines  von  den  ältesten  adlichen  geschlech- 
tern Schlesiens,  ihr  Stammhaus,  Altendorf,  liegt  in  dem 
fürstenthum  Schweidnitz.  Lessing  5, 105;  Alektryo  und 
Gallina,  ihr  stehet  im  begriffe  wie  wir,  in  das  Stamm- 
haus unsrer  Voreltern  einzuziehen.  Breni  ano  5,  31;  an 
einem  berge  in  Franken  quillet  ein  brunnen,  wobei  ein  vor- 
nehmes adliges  geschlecht  sein  Stammhaus  hat.  brüder 
Grimm  deutsche  sagen  104;  wachsen  jetzt  auf  dem  Schlosz- 
berg  die  schönsten  tannen ;  war  daselbst  das  stammen- 
haus der  Thaininger  desselben  geschlechts  wie  die  von 
Schondorf,  deren  beider  adel  schon  im  sechzenten  Jahr- 
hundert mit  Schild  und  heim  erloschen  ist.  Lkoprech- 
TING  atis  dem  Lechrain  132; 

gott  schenkt  zu  diesem  jähr  das  stammhausz  zu  besitzen. 

SCHOTTEL  977; 

der  seeeen  krön  euch  aus  der  hOhe, 

damit  die  frucht  in  eurer  ehe 

ein  stammhausz  vieler  väter  seyl    Picander  2,426; 

42* 


663     STAMMHÄUSEL- STAMMHERRSCHAFT 


STAMMHOF — STÄMMIG 


664 


Oeslerreichs  gewalt, 
dessen  stammhausz  kaysergebe,  bisz  die  letzte  stimme  schallt! 

GÜNTHER  841 ; 

und  Danzig,  wie  bisher  geschehen, 
dein  stamm naus  stets  in  flor  mag  sehen. 

Gottsched  ged.  2,164; 
er  hat  den  grund  zum  blutigen  gertiste 
von  seines  enkeis  tod  gelegt ; 
jetzt  ist  sein  Stammhaus  eine  leere  wüste, 
die  kaum  noch  seinen  namen  trftgt. 

V.  Gemmingen  m  Oöttinger  musenalmanach 
von  1772.   51  neitdr.  ; 
du,  Ferdinand^  dem  schon  aus  weichen  haaren 
der  lorbeer  keimt,  —  der  du  dein  Stammhaus  zierst. 

Schubart  ged.  2, 127 ; 

ich  waste  gar  wol,  dasz  Augspurg  nicht  so  gar  uneben 
auff  gewisse  masse  von  vielen  genant  würde  das  stamm- 
hausz  unserer  ewangelischen  religion.  Schupp  686;  er 
hatte  den  abendstern,  auf  den  er  heute  eingeladen,  in 
ein  treib-  und  Stammhaus  lustiger  einfalle  und  anspie- 
lungen  umgebauet.  J.  Pacl  23, 14  (Titan  3). 

STAMMHÄÜSEL,  n.  deminutiv  des  vorigen;  als  scherz- 
hafte bezeichnung  der  Stammkneipe  («.  u.):  hof  und  gesell- 
schaft  sind  ihm  wie  ein  altgewohntes  stammhäusel,  wo 
man  seinen  abend  zuzubringen  und  seinen  schoppen  zu 
trinken  pflegt.  A.  v.  Humboldt  an  Vamhagen  v.  Ense  135. 
vgl.  auch  oben  Stammgast. 

STAMMHEITLICH ,  adj.:  dabei  (bei  diesen  theilungen) 
gingen  die  ursprünglichen  stammheitlichen  gaue  vielfach 
in  trümmer.  H.  v.  Pfister  chattische  stamvieskunde.  mit 
genauer  karte  des  stammheitlichen  gebietes.  Kassel  1880; 
mundartliche  und  stammheitliche  nachtrage  zu  A.  F.  C. 
Vilmars  idioticon  von  Hessen  von  H.  v.  Pfister  Mar- 
burg 1886.  dazu  stammheitichkeit,  /.  Alemannia 
20,  274. 

STAMMHELD,  m.,  ine  oben  stammesheld :  sie  (die  ger- 
manischen Völkerschaften)  blieben  sich  auch  im  tötlichen 
hasse  wohl  bewuszt,  dasz  sie  von  demselben  göttlichen 
ahnherrn  herkamen,  und  dasz  ihre  ältesten  stammhelden 
brüder  waren.  Freytao  17,  38  (bilder  l). 

STAMM  HENGST,  m.  hengst.  ivelcher  zur  zucht  vertcendet 
tcird.  vgl.  oben  stammeber,  unten  stammochse,  stamm- 
rind  u.  a.  w. 

STAMMHENNE,  /.,  wie  unten  stammhuhn:  nun  nahm 
er  den  stammhahn  von  der  schulter  auf  die  rechte  band 
und  die  stammheune  auf  die  linke.  Brentano  5, 31.  vgl. 
auch  oben  stammhahn. 

STAMM  HERDE,  /.  toelche  zur  zucht  gehalten  toird.  vgl. 
oben  Stammgestüt  und  unten  stammschäferei. 

STAMMHERR,  m.  vornehmer  als  Stammvater  (s.  «.): 
vom  Pyasto,  dem  stammherren  liegnitzischer  und  brie- 
gischer  fürsten.  Logau  1,  224,  25 ;  aber  in  dem  wichtigen 
augenblicke,  wo  sie  nicht  nöthig  hat  vornehm  zu  thun, 
behalte  ich  mir,  als  stammherr  ihre  Zurechtweisung 
allein  vor.  Thümmel  reise  i,  377;  als  kaiser  Friedrich  Bar- 
barossa nach  Italien  zog,  um  das  trotzige  Mailand  vom 
erdkreis  zu  vertilgen,  da  hatte  sich  ihm  auch  der  stamm- 
herr unser's  geschlechts  mit  seinen  schaaren  ange- 
schlossen. HKnnELl,335(rfiajminf  \,6)Werner;  (allgemeiner:) 

er  bildet  sich  den  stamm  von  tausend  jähren  ein, 
und  er  soll,  wie  man  sagt,  der  dritte  stammherr  seyn. 

Pi(;ander  1,  656. 
drauf  wird  die  tafel  gedeckt,  ganz  oben  setzt  sich  der  stammherr 
vom  hochadligen  haus',  ein  straszenräuber. 

JH.  Voss  77,91  Sauer; 
du  wirst 
ganz  Frankreich  sammeln  unter  deinen  sccpter, 
der  ahn-  und  stammherr  groszer  fürsten  scyn. 

ScMliXBR  13,  262  (Jungfrau  v.  Ort.  3,  4); 
sie  {die  apfelbäumc)  wissen  es,  geboren  ward 
ihr  liebster  gastfreund  heute, 
dem  einst  auf  froher  jugendfabrt 
ihr  stammherr  schatten  streute. 

FllKIl.IGRATHi  2,  266. 

STAMMHERRSCHAFT./,  der  eigenste,  rechtsbegrilndende 
(ISnder)benfz  eine»  dynaatengeschlechtes :  als  Gottfried  von 
Bouillon  seine  stammherrschaft  für  eine  buchst  unbedeu- 
tende summe  verpfändete.  Sciii.obskh  tcelfgesch.  7,27; 
nach  dem  Untergänge  der  HohenHtaufen  detinitiv  aus 
Italien  vertrieben,  führten  die  nachkommen  dieser  brüder 
auf  ihrer  kleinen  starnrnhorrschaft  im  Schwarzwald  ihren 
berxogatitel  fort.  Sciikfim  i.  Junijifrus  120.  vgl.  auch  oltrn 
•tammburg,  •tammgut,  staiiitnh(iii<<. 


STAMMHOF,  m.  hof,  von  dem  eine  familie  stammt:  das 
war  die  Sippschaft  der  Uhlen,  die  jährlich  um  diese  zeit 
zum  stammhof  herauf  zogen.  Frenssen  Jörn  Uhl  5. 

STAMMHOLZ,  »1.  1)  holz  des  Stammes;  holz,  welches 
ans  dem  stamm  eines  baumes  gerconnen  tcird:  stammholtz, 
leg7w  di  pedale,  d'albero ,  cioe  non  di  rami  d  branche. 
Krämer  rftr^  2  (1702),  905'';  Stammholz  Adelung,  aber 
auch  der  gipfel  des  hügels  war  geebnet  und  längs  seinem 
rande  ein  zweiter  wall  aus  steinen  und  Stammholz  pc 
schichtet.  Freytag  8,164  (ahnen  l); 

flink,  lebendige  kohlen,  Marie,  aus  dem  ofen  gescharret,  .  . . 
heize  mit  kien  dann  wieder  und  torf,  und  buchenem  Stammholz. 
Voss  2,  279  (der  siebzigste  geburtsiag) ; 
da  steht  dein  haus,  reich,  wie  ein  edelsitz, 
von  schönem  Stammholz  ist  es  neu  gezimmert. 

Schiller  14,  282  {Teil  1,  2). 

2)  in  der  förstersprache  Stammholz  collectivische  bezeich- 
nung V071  hochwaldbe^tand  m  gegensatz  zum  buschholz: 
Stammholz,  gerad  in  die  höhe  gewachsene  bäume,  die 
man  zu  bauholtz  gebrauchen  kan,  im  gegensatz  des  Schlag- 
holzes welches  sträuchig  wächst  und  zum  verbrennen 
in  den  häusern  in  öfen  und  auf  dem  heerd  gebraucht 
wird,  arbores  erectae,  ad  aedißcandum  cotnmodae.  Frisch 
2,  816*=;  Stammholz  'welches  zu  völligen  stammen  oder  bäu- 
men erwachsen  ist',  oberholz  (im  gegensatz  zum  Unterholz). 
Adelung,  am  sechsten  solle  kain  nachper,  wer  der  sei, 
nit  fueg  haben ,  ainichcs  stambholz ,  ciain  oder  gross, 
auch  kain  laubholz  oder  scheuter  ausser  der  gmain  vor- 
wissenhait  nit  verkaufen  oder  zu  verfieren  macht  und 
gewalt  haben,  firol.  weisth.  2,^9,29;  in  bildlicher  vertcen- 
düng:  seine  (des  Vereines)  mitglieder  haben  weder  titel 
noch  ämter,  es  ist  ungezeichnefes  Stammholz  aus  dem 
Waidesdickicht  der  nation,  das  jetzt  für  einen  augenblick 
vor  den  wald  heraustritt  an  die  sonne  des  vaterlands- 
tages,  um  gleich  wieder  zurückzutreten  und  mit  zu 
rauschen  und  zu  brausen  mit  den  tausend  andern  krönen 
in  der  heimeligen  waldnacht  des  Volkes.  Keller  6,  ;^16. 

STAMMHONIG,  m.  in  der  form  stammenhonig  im 
österreichischen  bezeichnung  des  honigseims.  Klein  2,167; 
stammenhgnig  (Wien)  Schm.^  2,  755. 

STAMMHUHN,  n.,  s.  oben  stammheune  und  zur  hedeu- 
tung  vgl.  stammhahn:  das  stammhuhn  Gallina  begleitete 
sein  (des  stammhahnes  Alektryo)  morgenlied  mit  einigen 
wehmütigen  accorden.  Brentano  5,25. 

STÄMMIG,  adj.  icie  ein  (baum)stamm  beschaffen,  fest, 
stark,  gedrungen,  in  älterer  spräche  noch  neben  stämmig 
die  formen  stamm icht  ti7ul  stämmicht:  stämmig,  stam- 
micht,  robustus,  validus,  lacertosiis,  cotptdentus,  habitior. 
Stieler  2119;  stämmicht,  st&mm\%,  cioe  che  ha  pedale  etc. 
fustulo,  gambuto.  Kramer  dict.  2  (1702),  905'';  stämmiciit, 
trunco  praeditus.  Steinbach  2,  666. 

1)  von  der  eigenscliaft  eines  baumes :  stämmig,  das  zu 
einem  stamm  aufgewachsen  ist,  surculus,  qui  in  truncttm 
excrevit.  Frisch  2,316";  hierher  gehören  Zusammensetzungen 
toie  dickstämmig  (theil  2,  sp.  1083);  dünnstämmig  (iheil  •>, 
sp.  1557);  hochstämmig  (tlieü  4,  2,  sp.  1633);  kurzstämmig 
(theil  6,  sp.  2853).  an  stelle  des  geicöhnlicheren  Stammholz 
(s.  oben  Stammholz  2),  stämmiges  holz,  'irelches  zu  stammen 
oder  bäumen  erwach.9en  ist'.  Adelung;  da  wo  kein  holz, 
Unterholz  und  stämmiges,  auf  und  hinter  den  schwellen 
stund,  an  welchem  der  stosz  der  Emme  sicli  hr.Tcli. 
Gotthelf  4,  61  Vetter ; 

hört  man  nicht  fernhin  preisen 
des  Schwarzwalds  stämmig  holz? 

Uhlanu  ged.  (1864)  88. 

a)  auc7»  von  bearbeiteten  hölzern:       ^^^  letzten 
nahm  er  (Pari*)  den  stämmigen  speer,  der  seinen  btUiilLMi  ge- 
recht war.    BOrc.br  210»  {Ilia*  3,  3."W> ; 
mit  ihm  in  des  lenkers  weit.si-himmornder  tracht 
führt  Theon,  sein  ohcini,  wohlkuiutig  der  Schlacht, 
zu  angriff  und  wehr 
die  TO»se  zugleich  und  den  st&mmigen  speer. 

Lrutholu  ged.*  874. 

8)  im  freieren,  vergleichenden  gebrauche  vom  wuchs  des 
menschlichen  körpers:  stämmiger  wuch.s,  stämmige  flgiir 
u.  ä.;  sein  wuchs  ist  grosz  und  stämmicht.  Hkin.sk 
ArdingluUo  1,810;  nur  von  ihrem  (des  mädehen»)  stäm- 
migen wuchs  sprachen  alle  mit  hcifall.  Grillpar/kii* 
li,  274;  das  aufgestülpte  kinn  und  die  gan/e  stämmii^o 
i   feste  flgur  (fU*  ordetuherrn).  i.  PauliM,  82  {'IStnn  'i'^     1 


665 


STAMMKAPITAL  —  STAMMLAND 


STAMMLATTE— STAMMLER 


666 


den  Personen  selbst:  der  gelassene  war  stämmig  und  stark, 
der  wüthende,  denn  zuletzt  erwies  er  sich  so,  hager, 
lang,  schmächtig  und  rührig.  Göthe  30,186;  sie  {die  tochter) 
war  gewachsen  und  stämmiger  geworden.  237;  ein  stäm- 
miger mensch  (in  geicählterer  »prechtceise  dafür  stamm- 
haft, s.  oben).  Adelung;  stund  ein  etwas  stämmiger 
mann  beym  ofen,  dessen  gesicht  der  ganzen  physiogno- 
mischen  kunst  höhn  sprach.  MvsÄvs physiogn.reisen 2,31 ; 
Kassims  frau  war  ein  hübsches  stämmichtes  weih  von 
fünf  und  dreissig  jähren.  Wieland  8,25i  {Danischmend  3l); 
vierschrötige  fleischer,  stämmigte  becker,  wohlbeleibte 
bierbrauer,  feiste  und  hohläugigte  Wucherer.  Siegfried 
von  Lindenberg  i,lOi;  der  stämmige  pfarrer  von  st.  Sul- 
pice,  welcher  sich  herzugedrängt  hatte,  schrotete  mit 
armen  und  schultern  den  alten  hinauf.  Tieck  Cev.  1,277; 
der  eine  von  jenen  beiden  . . .  war  ein  stämmiger  mann 
mit  einem  dickroten  banditengesicht.  Heine  3,  248  Elster; 
meine  geliebte  landesmutter  (ein  ausdruck  bei  dem  mir 
leider  stets  eine  stämmige  frau  vorschwebt,  die  kindern 
butterbrot  giebt)  sprach  sehr  gnädig.  Bismarck  briefe  an 
seine  braut  nr.  Iö6;  ihm  {dem  groszknecht)  war  der  träge, 
aber  dumme  und  stämmige  kleinknecht  von  vorhin  besser 
nach  seinem  sinn  gewesen.  Storm  7, 172  {scliimmelreiter). 

4)  auch  von  geisfesschöpfungen:  diese  art  gedichte,  die 
wir  seit  jähren  Volkslieder  zu  nennen  pflegen,  .  . .  weil 
sie  so  etwas  stämmiges,  tüchtiges  in  sich  haben  and  be- 
greifen. Göthe  33,  202. 

5)  in  der  spräche  des  bergbaiis,  xcol  von  erzen,  tcenn  sie 
als  {bedeutende)  ädern  sich  im  gestein  finden ;  der  gegen- 
satz  ist  körnig,  körnicht  {s.  theil  5,  sp.  1826) :  dieses  silber, 
dieses  gold  ist  in  flötzen  und  quarzen,  stämmicht  und  kör- 
nicht in  hiesigen  reichen  gefilden  anzutreffen.  Opitz  2,264. 

STAMMKAPITAL,  n.  grundkapital. 

STAMMKARTE,  /.  1)  beim  kartenspiel  {besonders  beim 
l'hombre)  der  grundstock  von  karten,  von  welchem  die  spie- 
lenden abnehmen.  Adelung. 

2)  Stammkarte  auch  die  kurze  Speisekarte  für  Stamm- 
gäste {vgl.  dort). 

STAMMKETTE,/,  der  als  kette  verlaufende  stamm  eines 
gebirges,  von  dem  sich  die  vorberge  abziceigen :  die  stamm- 
kette der  gebirgsmasse  von  Norwegen.  Dahlmann  dän. 
gesch.  2,  78. 

STAMMKLAFTER,  /.  und  n.,  m.  in  der  förstersprache 
ein  klafter  holz,  icelches  aus  gefällten  stammen  besteht, 
icelches  nur  Stammholz  enthält  {vgl.  oben  Stammholz  l). 

J.\COBSSON  4,  251*>.   ADELUNG. 

STAMMKLOTZ,  m.  klotz,  aus  der  mitte  eines  Stammes 
geschnitten.  Frischbier  2,  sei*»;  dann  auch  als  scherzhafte 
lezeichnung  eines  kräftigen,  kernigen  mannes:  das  ist  ein 
echter  stammklotz,  quelle  ebenda. 

STAMMKNEIPE,  /.  tcelche  von  einem  bestimmten  gast 
fast  täglich  besucht  tcird,  in  welcher  er  zu  dem  stamm  der 
gaste  gehört,  vgl.  oben  stamm  II,  4,  a  sp.  643  und  Stamm- 
gast sp.  658. 

STAMMKONIG,  m.  der  über  einen  volkstamm  herrschende 
könig.    vgl.  oben  stammfürst:  schon 

der  alt  stamkünc  Senebor.  • 

Wilhelm  v.  Ögterreich  16401  Regel. 

STAMMKRANKHEIT,  /.  ton  der  gleichsam  alle  andern 
krankheiten  abstammen:  es  stand  also  in  dem  freien 
willen  Kuhlpeppers,  sich  zur  stammkrankheit ,  die  das 
nestei  und  die  mutterzwiehel  der  pathologie  sein  konnte, 
das  Podagra  —  bei  männern,  bei  weibern  flüsse  —  aus- 
zuklauben oder  nicht.  J.  Paul  8,  37  {Hesperus  2). 

ST.<\  MM  KRIEG ,  m.  krieg  innerhalb  des  Stammes:  zur 
zeit  der  grossen  vöikerbewegungen  und  inneren  stamm- 
kriege. Gervinus  litteraturgesch.  1,40. 

STAMMLAND,  n.  land,  in  dem  ein  geschlecht  oder  volk 
men  Ursprung  nahm:  stammland  tdewi  ^ttod  stammgut. 
';herz-Oberlin  1555;  Asien,  dies  stammland  der  Euro- 

ler.  Campe;  die  Veltliner  sind  hitzige  katholiken,  zu- 
!-ammen  mit  dem  papistischen  drittel  unserer  stammlande 
würden  sie  Bünden  zu  einem  katholischen  Staate  machen. 
C.  F.  Meyer  .fürg  Jenatsch  50 ;  die  in  dem  preuszischen  be- 
sitz befindlichen  bestandteile  dieses  uralten  stammlandes 
{Thüringeji).  Bismarck  reden  4,  140;  der  slavische  keil, 
durch  den  in  gestalt  der  Czechen  die  urdeutsche  bevöl- 
kerung  der   östreicliischen    stammlande  von  den   nord- 


westlichen landsleuten  getrennt  ist.  ged.  u.  erinn.  2,  245 
{wo  der  plural  allein  gebräuchlich  ist,  da  die  österreichi- 
schen stammlande  eine  Verbindung  mehrerer  länder  dar- 
stellen); auch:  Amerika  ist  das  stammland  der  akazien. 
Campe. 

STAMMLATTE,/,  langer,  dünner  stamm,  vgl.  latte  2 
{theil  6,  sp.  280) :  derselbige  {xcdcher  ohne  erlaubnis  im  \calde 
holz  haut)  solle  volgende  pfantung  zu  bezahlen  obligiert 
und  verpunden  sein:  als  von  ain  stamb  lärch  l  fl.,  von 
ainen  stamb  anderen  holz  30  kr. ,  nicht  minder  von  ain 
fueder  grienen  prennholz  30  kr.,  und  von  ain  stamblaten, 
der  den  pfenter  nicht  darumben  befragt,  6  kr.  tirol.  ueisth. 
2,  95,  6. 

STAMMLAüT,  m.  laut,  zum  stamm  eines  icortes  gehörig: 
in  der  ältesten  zeit  galt  schärfe  und  präcision  in  an- 
gäbe der  stamm-  wie  der  beugungslaute  noch  höher  als 
die  leichtigkeit  der  ausspräche.  K.  0.  Möller  geschickten 
hellen,  stamme  2, 15. 

STAMMLEHEN,  n.  lehen,  für  tcelches  alle  männlichen 
glieder  eines  geschlechtes  erbberechtigt  sirid;  wie  schwert- 
lehen  {s.  theil  9,  sp.  2589) ,  im  gegensatz  zum  kunkellehen 
{theil  ö,  «p.  2661),  weiberlehen:  stammlehn, /eudum  reftw, 
antiquum,  gentile,  domesticum,  familiäre  ex  pacto  et  Pro- 
videntia. Stieler  1126;  stammlehen,  feudo  gentile,  gen- 
tilitio,  antico.  Kramer  dict.  2  (1702),  905'';  stammlehen, 
altväterlich  lehen,  feudum  ex  pacto  et  Providentia  quo 
succeditur  jure  sanguinis,  feudum  familiäre,  da  die  ganze 
familie  in  ihrer  Ordnung  nach  lehenrecht  succediren  kan. 
Frisch  2,  317'»;  stamm-  oder  schwertlehen,  feudum  mascti- 
linum.  ebenda,  dieweil  sie  {die  banckerte)  den  namen  des 
geschlechts  jhrer  vorfahren,  den  guten  leumund,  die 
ehrlich  ersigte  wafe  zeichen,  gezierden,  freyheiten,  and 
stammlehen,  nit  mit  ehren  führen  und  erhalten.  Garg.  lOl 
neudr.;  stamlehen,  kunckellehen.  434. 

STÄMMLEIN,  n.  kleiner  stamm:  ingleichen  solle  genz- 
lichen  verpoten  sein,  kleine  stämblein  oder  mer  in  perg 
oder  auen  oder  sonst  auf  der  gemain,  so  zu  ziglen  taug- 
lich, zu  maneillen  oder  garten  oder  stifflreisser,  noch  zu 
verbrennen,  abzuhauen  oder  abzumachen,  tirol.  weisth. 
4. 141, 14;  das  {diese  antwort  des  Franzosen)  musz  der  rhein- 
ländische  hausfreund  loben,  und  wollte  gern  aus  seinem 
eigenen  wald  ein  paar  stämmlein  auch  hergeben,  wenns 
fehlen  sollte  {an  galgen  für  die  spitzbuben).  Hebel  2,  93. 
daneben  stammel,  stämmel:  gleichfalls  solle  niemand, 
wer  der  seie,  nit  in  perg,  auen  oder  auf  der  gemain  kain 
stambl,  so  zum  zigl  tauglich,  zur  strebhacken,  noch  etwo 
die  andern  paumb  dergestalt  stimblen,  dass  ihnen  hier- 
durch schaden  gescheche,  bei  straff  von  jeden  stämbl  12. 
tirol.  weisth.  4,141,25;  27;  vgl.:  stamml,  stämmchen,  stück 
holz.  Schöpf  tirol.  idiot.  698;  auch  in  der  redensart  kein 
stamml  holz,  haar,  hart,  d.i.  nicht  ein  Stückchen,  kein 
härchen  u.  ä.  ebenda;  vgl.  auch  die  Zusammensetzung 
stamm elholz,  stämmelholz,  n. .-  auch  sollen  die 
jungen  erdstämb  oder  groszes  stämmelholz  nicht  abge- 
hackt werden,  icaldordnung  v.  1675  bei  ünger-Khull569». 

STAMMLEITER,  /.  die  tonleiter  von  c  bis  c,  nach  der 
alle  andern  gebildet  werden,  die  grundtonleiter.  Adelung. 

STAMMLER,  m.  einer  der  stammelt,  dhd.  stamilari, 
balbus  Graff  6,  680;  mhd.  stameler  (stamelaere):  stam- 
miler,  stammeler,  stameler,  stamler,  balbus.  Diep.  ee*"; 
eyn  stamler,  statziger,  der  nicht  bald  ansprechen  mag, 
traulus ,  lat.  Iiaesitans.  Dasypodius;  stammler  oder 
staggler,  balbus,  blaesus,  lingua  haesitans,  traulus,  ImI 
Initiens,  Htubans.  lacillans  lingua.  Maaler  384»;  stam- 
meler, begue,  balbo,  scüinguato.  HuLSius  (1616)306»;  Stamm- 
ler, tartaglione,  balbo,  scilinguato.  (I6I8)  237»;  der  stammler. 
CoMENius  sprachenthür  reg . ;  stamler,  balbus.  Schottei. 
1420;  si».m\eT,balbutiens,haesitanslingua,traulus.  Stieler 
2224;  stammeler,  balbettatore .  frastagliatore  etc.  tarta- 
glione, tartaglio,  balbo,  scilinguato,  bescio,  troglio.  Kramer 
rfjc^2(i702),  906»;  ein  Stammler.  Frisch  2,317'';  stammler, 
ballutiens.  baUnts.  Steinbach  2,  666;  stammeler  neben 
stammler.  Adelung,  vgl.  stameler,  balbus,  balbutiens, 
titubans,  haesitans  lingua.  traulus,  blae.tus.  Kilian.  in 
umgelauteter  form :  stemeler,  stemler,  balbus.  Dief.  66'*. 
alhie  mus  dieser  stammeler  und  armer  betler  {Moses) 
ausrichten,  das  sonst  vier  könige  nicht  vermöchten  zu 
thun.  Luther  16, 59,  32  Weim.ausg.;  dasz  wann  Satarnus 


667 


STAMMLERIN  —  STAMMLUNG 


STAMMMIETE  -STAMMPERIODE 


668 


und  Mercnrius  in  einem  brutalischen  oder  thierischen 
zeichen  einander  entgegen  stehen,  derjenig,  so  alsdann 
geboren  wirdt,  ein  stammler  oder  stumm  werde.  Fischart 
Bodinus  40'>;  als  einer  zu  jhm  {Friedrich  LingeUheim), 
der  die  Frantzosen  lobte,  dasz  sie  insgemein  beredte  leute 
weren,  sagte:  es  seyen  {die  Franzosen)  nur  schwätzer,  ant- 
wortete er  jhm:  doch  ist  ein  schwätzer  einem  redner 
neher,  als  ein  stamler.  Zincgref  scharpf sinnige ,  klvge 
sprüch  l,30i;  denn  so  leicht  diesem  {meinem  vater)  sonst 
die  rede  von  den  lippen  flosz,  so  hatte  er  doch  den  fehler, 
bey  dem  buchstaben  r  ein  wenig  mit  der  zunge  anzu- 
stoszen:  und  darauf  spielte  jetzt  Basilakus  an,  als  er  ihn 
den  Stammler  nannte.  Schiller  9,206; 

'ich  mach'  es,  traun,  wie  der  lateiner  — 
kein  tag  vergeht  mir  ohne  strich!' 
so  übersetzt  ein  trunkner  stammler. 

Freiligrath»  8, 197. 

STAMMLERIN,/,  zu  dem  vorigen:  Stammlerin,  celle  qui 
est  begtte.  balbutiente,  seüinguata,  balba.  Hulsius (1616) 306*. 
(1618)  287». 

STAMMLETTER,  /..  stammlettern,  plur.  bei  Schottel, 
buchstaben,  reelche  den  stamm  eines  wortes  ausmachen: 
dabey  sonder  zweiffei  mit  lust  würde  abzunehmen  seyn, 
in  welcher  wunderkünstlichen  artlichkeit  solche  stamm- 
letteren  aufsteigen  und  durch  ab-  und  Zuwachs  der  wesent- 
lichen und  zufälligen  buchstaben  aufs  reicheste  man- 
nicherley  Wörter  hervorgeben  würden.  159. 

STAMMLICH,  adj.  zu  stamm:  stammlich,  originalis, 
originarius,  oriundus,  progenitus,  natus,  prognatus,  ortiis, 
sattis.  Stieler  2119.  dazu  abstammlich,  anstammlich, 
herstammlich,  cognatione  contingens,  sanguinem  de  stem- 
mate  alicujus  ducens.  ebenda. 

STAMMLIG,  STAMMLICHT,  adj.:  stammlecht,  balbus. 
Dasypodius;  stammelicht,  balbus,  balbutiens  etc.  balbe, 
titubanter.  Stieler  2224;  stammlicht,  balbus,  lingua  titu- 
bans.  Frisch  2,317'';  stammlicht,  balbus,  lingua  titubans, 
lingua  haesifans.  Steinbach  2,666;  stammlicht  reden, 
titubanter  et  ineonstantcr  loqui.  Stieler  2224;  als  adv. 
stammelicht  reden,  parlar  balbutiendo  etc.  frastagliare  etc. 
parlando,  parlar  frastagliamente.  Kramer  dict.  2(l702),906''. 

STAMMLIGKEIT,  /.;  stammlichkeit,  haesitatio  verbo- 
rum.  linguae  haesitantia.  Stieler  222*. 

STAMMLING,  vi.  1)  stämmchen,  junger  bäum.  Unger- 
Khull  569». 

2)  übertragen  und  ertoeitert,  überhaupt  ding,  welches  i'on 
einem  andern  abstammt.  Campe:  stämmling  eines  wortes. 
ebenda;  das  dorf  hat  neuerlich  verschiedene  stämmlinge 
erhalten.  Radlof  2, 147  {zeitschr.  f.  d.  tvorfforschung  2, 199'*). 
vgl.  auch  abstämmling  {theil  l,  sp.  125). 

STAMMLINIE,/,  die  hauptlinie  eines geschlechfes :  stamm- 
lini,  Linea  di  qualclie  stirpe.  lignaggio.  Kram  er  dict. 
2  (1702),  905*' ;  er  gehört  zu  der  stammlinie  des  geschlechtes. 

STAMMLISTE,/.  t;t  dem  sinne  von  Stammbuch,  stamm- 
register,  BtammroUe. 

STAMM  LOCKE,/.,  entsprechend  locke  6  {theil  6,  sp.  1104) 
iroUenßocke,  welche  aus  stammhaaren  (*.  oben)  besteht, 
vgl.  auch  unten  stammwolle:  stammlocken,  grobe  garstige 
wolle,  die  man  nicht  wohl  gebrauchen  kan,  lajia,  quae 
a  textoribus  rejicitur.  Frisch  2,817»;  stammlocken,  gar- 
stige. strihiUge  wolle.  jAconssoN  4,  251». 

STAMMIjODE, /.  baumschöazling ,  der  aus  den  wurzeln 
abgehauener  bäume  aufschieazt:  stammlohde  Jacobsson 
4, 251''.  stammloden  im  gegensatt  tu  eamenloden  («.  theil  8, 
ftp.  1787)  Nemnich. 

STA  MM  LOS,  adj.  von  pflanzen,  wdche  ohne  eigentlichen 
stamm  oder  atengel  die  blätter  gleich  aus  der  wurzd  heraus- 
srJtieszen  lotsen.  Campr. 

STAMMLUNG,  /.  haesitatio,  tituboHo:  siammalung, 
stammnlunge,  balbuties.  Dirp.  ee*";  stamelunge,  titubatio. 
aae»;  Rtammlung,  haesitatio.  oris  iitubantia.  Maai.kr  884»; 
■Uimmlung,  haesitatio  iierborum.  linguae  harsitantia. 
Stiblrr  ttM;  stammolung,  bnlbettamenio.  balbutimcnto  d 
baUmttamento ,  tartagliamento .  tartaglio.  Kramek  dict. 
«(170«),  906*;  «lammlting,  linguae  haesitantia.  Stkinmach 
2.  flfifl.  wir  flüchten  zu  dir  (gott)  vor  des  Bprechens  «her- 
flusz.  —  . . .  wie  vor  dem  mangel  an  Sammlung  --  und 
der  f.ange  •chmählicher  itammlung  —  in  erlouchtolcr 
versammlang.    ROcKP.nT  (ib8S)  11,  n4;    diese  kindiwchcn 


stammlungen  sind  gleichwohl  bereits  bezeichnend  für  die 
eigenart  der  stoffwahl  und  auch  der  Stoffbehandlung  in 
der  folge.  Dahn  deutsche  dichtung  11,  25». 

STAMMMIETE,/.,  wie  oben  stammgeld  l  eine  denjörstem 
von  den  holzkäufem  zu  zahlende  abgäbe:  ouch  sal  ein 
bredeman  gebin  eynem  furstmeister,  wan  he  gedinget, 
sin  stammemyede ,  myt  namen  eyn  halp  viertel  wins 
und  jedem  forster  eyn  zweymass.  J.  Grimm  weisth.  8,  431. 
Bildinger  reichswald  {Wetterau). 

STAMMMOOS,  n.  l)  moos,  welches  an  den  baum^tümmen 
wäclist.  Campe. 

2)  bezeichnung  einer  sehr  zerbrechlichen  korallenart,  welche 
stammartig  in  die  höhe  wäclist:  stammmos,  corallina  fragi- 
lissima.  Nemnich. 

STAMMMOTTE ,  /.  eine  nachtfalterart ,  welche  sieh  auf 
Obstbäumen  aufhält,  phalaena  bombyx  dispar.  Adeluno. 
sonst  auch  schwammmotte  {s.  theil  9,  sp.  2200).  ebenda. 

STAMMMU1TER,  /..  von  der  ein  geschlecht  abstammt: 
sie  {Philine)  ist  mir  die  wahre  Eva,  die  stammmutter 
des  weiblichen  geschlechts.  Göthe  18, 155;  sie  {Eva)  fand, 
dasz  sie  viel  zu  nackend  sei  für  eine  person  von  ihrem 
stände,  die  stammmutter  so  vieler  künftigen  kaiser  und 
könige,  und  sie  verlangte  ein  kleid.  Heine  4, 158  Elster; 
stammmutter  des  lüneburgischen  hauses.  Ranke  werke 
1,  228.  bildlich:  {die  zeit,)  da  im  samen  Abrahams  alle 
geschlechter  der  erde  gesegnet  werden  sollen,  und  die 
Christengemeinde  zu  Jerusalem  ist  die  stammmutter  dieses 
Segens,  eine  rechte  Sarah,  geworden.  Berber  die  apostel- 
gesch.  in  bibelstunden^  180.  auch:  jede  ähnlichkeit,  jede 
die  stammmutter  einer  familie  von  metaphern,  sammlet 
ihre  unähnlichen  kinder  um  sich.  J.  Paul  6, 13  (grön- 
länd.  proz.  l). 

STAMMMÜTTERCHEN,  n.,  deminut.  zu  dem  vorigen, 
als  anrede  einer  alten  frau,  einer  alranne: 

auf  diesem  weg',  den  ich  im  irrtum  grifT, 
sfammmütterchen  Cheruskaa,  sag'  mir  an, 
wo  komm  ich  her? 

Kleist  2,  418  Schmidt  {Hermanmgchlacht  5,  4). 

STAMMNADEL,  /.,  s.  stemmnadel :  stammnadel  bei  den 
schustern.  Frisch  2,  317''. 

STAMMNAME,  m.  name  eines  Stammes,  einer  zusammen 
gehörigen  gruppe,  einer  familie,  eines  Volkes :  alle  übrigen 
Spielarten  {des  glucks)  sind  eben  so  viele  aftergeburten, 
die  einzeln  nirgends  hinreichen,  und  nicht  verdienen  den 
stammnamen  zu  führen,  ehe  sie  nicht  mit  jenem  {dem 
häuslichen  glück)  auf  das  genaueste  verknüpft  sind. 
Thümmel  reise  5,  348; 

nach  der  geburt  wird  gänzlich  die  sorg'  auf  die  kalber  eeleilet : 
denen  sofort  merkmale,  sowohl  stammnamen,  du  einbrennst. 
Voss  Virgil  3j4,  477  {Georgica  3, 158). 

STAMMOCHSE,  m.  odise.  weicher  zur  fortpflanzung  der 
herde  gehalten  wird.  Adelung,  vgl.  stammeber,  stamm- 
hengst,  Stammrind,  stammschwein. 

STAMMOPFI^IR,  n.:  stammopfer,  sacrißcium  gentilitium. 
Stieler  1393. 

STAMM  ORGAN,  ?i.  in  der  spräche  der  botanik  von 
gleicher  bedeutung  wie  oben  stammachse. 

STAMMORT,  Ji.  wt,  aus  dem  eine  familie,  ein  geschlecht 
herstammt .-  AcharnÄ  .  . ,  so  einer  der  grösten  platze  von 
den  80  genanten  attischen  stamöiiern  ist.  Heilman  Thu- 
cgdides  19ä  {vfje  ^ArziKfjs  täiv  ^t^fimv  HaXovfiirotr.  2,19); 
so  brachen  sie  {die  Peloponnesier)  von  Acharnil  auf,  und 
verhörten  noch  einige  andere  stamörter.  200 ;  Lascha,  ort 
des  verblondens,  der  falschen  salbung,  ort  des  tUnchens 
mit  losem  kalk  —  also  staminorl  aller  anstreicher.  Uhrn- 

TANO  6,  878; 

als  Augustus  liesz  befehlen,  .  .  . 
daaz  man  alles  volk  Bollt'  ctlhlen, 
muBKt'  7.um  stammort  Jeder  r-iehn.    1,  878. 

STAMMPAAR,  »1.  das  eiternpaar,  von  dem  ein  geschlecht ^ 
seine  herkutiff  rechnet: 

nicht«  ist  sQszer  mehr  hienieden 
was  dos  Stammpaars  fall  uns  lien. 

KOrobr  128>)  (Variante  tu  miimetold  ttr.  «,  1). 

STAMM  PERIODE,  /.,  bei  J.  Paul  der  tigentliche  satt 
im  gegensatt  tu  einer  parcnthcso.  {alt  wwwc. .-)  ein  langer 
Hchmarotzerpcriode  musz  sich  durchaus  mit  dorn  stamm» 
Perioden  grntnniati<-ch  verwurzeln.  49,  Sit  {voraehule  der. 
ästhetik  t). 


669 


STAALMPFLANZE  -  STAMMSAGE 


STAMMSCHÄFEREI — STAMMSTECKEN     670 


STAMMPFLANZE,  /.  pflanze,  todehe  einen  eigentlichen 
stamm  besitzt  und  nicht  die  blätter  sogleich  aus  der  wurzel 
hervorschieszen  läszt:  stammpflanzen,  truncariae.  Oken  3, 24. 

STAMMPUBLIKUM,  n.,  welches  regelmäszig  eine  Veran- 
staltung u.a.to.  besucht,  ähnlich  wie  Stammgast:  ersicht- 
lich fehlte  ein  groszer  teil  unsers  Stammpublikums, 
welches  wir  uns  bereits  erworben.  hAVBE  7 ,  I2i  Hotiben ; 
das  uns  treu  bleibende  Stammpublikum  aber  war  durch 
die  folgen  des  krachs  um  die  hälfte  vermindert.  133;  wir 
hatten  auch  schon  ein  wertvolles  Stammpublikum.  144; 
wir  ernteten  den  dank  unsers  kleinen  Stammpublikums.  161. 

STAMMRAÜPE,  /.,  nach  Nemnich  die  larve  der  stamm- 
motte {s.  oben),  phalaena  dispar.  nach  Adelung  tcol  all- 
gemeiner eine  raupe,  xcelehe  ihre  eier  in  die  rindenfugen 
eil}  es  baumstammes  legt. 

STAäIMRAüSCH,  m.:  wie  Peter  durch  den  trassierten 
und  derivativen  rausch  zusehends  in  grimm  gerieth  und 
färbe  bekam:  so  zersetzte  Seraphen  der  stamm-  oder 
urrausch  immer  weicher.  J.  Paul  31,  9  (Jiomische  anhänge 
zum  Titan  l). 

STAMMRECHT,  n.  recht,  einen  baumstamm  im  toalde 
zu  schlagen.  Crecelius  oberhess.  icb.  804.  auch  die  für 
ausiibung  einer  solchen  freiheit  an  den  förster  zu  zahlende 
abgäbe :  die  herrn  sollen  es  (das  holz  zum  hausbau)  ihme 
auch  geben,  darumb  soll  der  arme  mann  den  herrn  ein 
sester  weins  geben  unndt  dem  förster  sein  stamrecht  auss- 
richten.  J.  Grimm  iceisth.  2,  174  {Mengerschied  1539);  so 
soll  er  {der  arme)  zum  förster  gehen  unndt  soll  ihme  holtz 
dartzu  heischen,  der  förster  soll  ihme  es  {eine  geringere 
menge  holz)  auch  geben,  unndt  dem  förster  kein  stam- 
recht darvon  geben,  ebenda,  vgl.  oben  stammgeld  l  und 
stammmiete. 

STAMMREGISTER,  n.  register,  tcelches  sämtliche  ge- 
schlechtsgenossen, familienmitglieder  u.  s.  ic.  aufführt: 
Stammregister,  genealogia,  registro  della  sttccessione  o  pro- 
genie  di  qxtalche  famiglia  nobile.  Kramer  dict.  2  (1702),  905*; 
Stammregister,  genealogia.  Frisch  2, 817';  stammregister 
Adelung,    s.  auch  unten  Stammtafel. 

dn  sendest  boten  nach  Jemsalem 
im  namen  ihres  echten  hohenpriesters  — 
und  dasz  ers  wirklich  sei,  nimm  ihr  gesetz 
ra  hilfe  und  der  priester  stammregister. 

LuD\siG  3,  364  {Makkabäer  3). 

auch :  auszerdem  finden  sich  auch  einige  modi  der  reinen 
Sinnlichkeit   darunter,   die  in  dieses   stammregister  des 
Verstandes  gar  nicht  gehören.  Kant  2, 112. 
STAMMREICH,  adj.: 

ein  lamges  hohes  glük,  so  wil  der  himmel  bauen, 
und  unser  fürst  und  herr  rühm  würdigst  so!  besitzen, 
und  die  stammreiche  seul  hochfttrstlich  gründen  fest. 

SCHOTTBL  977. 

STAMMREIHE,  /.  die  reihe  der  glieder  eines  geschlechtes 
in  ihrer  alters  folge.  Campe. 

STAMMREIM,  m.  reim,  teelclier  einem  geschlecht  zum 
preis  gemacht  wird :  helmsprüch,  stammreimen.  Garg.t9& 
neudr. 

STAMMRELIGION,  /.  .•  {sich  in  eine  zeit  zurück  versetzen,) 
in  welcher  die  stammreligion  der  Dorier  noch  nicht  mit 
andern  culten  vermischt,  sondern  in  sich  ge'schlossen  in 
orsprünglicher  energie  und  eigenem  zusammenhange  be- 
stand. K.  0.  Möller  geschichten  hellen,  stamme  2,  808. 
».  auch  oben  Stammesreligion. 

STAMMRIND,  n.,  wie  oben  stammochse,  rind.  welches 

>■  zucht  verwandt   wird:    stammrind,    bos   domesticua. 

I.KMNICH. 

STAMMROLLE,  /.  rolle,  welche  sämtliche  heerpflichtige 

zeichnet. 

>T.\MMROSZ,  n.,  von  welchem  das  zahme,  gezüchtete pferd 
Uimmt:  wenn  wir  das  wirklich  wilde  rosz  .  . .  das  echte 

ikanische  oder  asiatische  stammrosz  auffinden,  hann. 

"laz.  1844  S.  335*. 

STAMMRÜGE,  /.   strafe  für  einen  abgehauenen  wald- 

^tm.  quelle  von  1657  bei  Crecelius  oberhess.  wb.  804. 

STAMMSAGE,  /.  sage  von  der  abstammung  und  herJcunß 
r'nej>  geschlechtes  oder  volkes:  {zeigen,)  wie  die  priester  der 
Insel  {Samos)  die  stammsagen  benachbarter  und  ver- 
wandter urvölker  auf  ihr  eiland  übergetragen,  und  dies 
gleichsam  in  den  mittelpunkt  der  gesammten  heiligen 
«ngenwelt  gesetzt  haben.  K.  0.  Müller  geschichten  hellen. 


stamme  1,461;  diese  {Darier)  . . .  kamen  über  Arges  und 
Epidauros  nach  Rhodos  und  Kos,  wo  sie  ihre  stammsagen 
zum  theil  neu  lokalisierten  und  umbildeten.  2,  422;  die 
altdeutsche  stammsage  bei  den  Schotten.  H.  Leo  in  zeitschr. 
f.  d.  alterth.  2,  533 ;  kein  bericht  eines  Römers,  keine  hei- 
mische stammsage  hat  eine  erinnerung  an  den  ersten 
einzug  {der  Germanen)  von  osten  bewahrt.  Freytag  17, 37 
{bilder  l). 

STAMMSCHÄFEREI,  /.  zur  Züchtung  einer  edlen  rasse 
eingerichtete  Schäferei:  sehen  wir  uns  dagegen  unter  den 
thieren  um!  gehen  wir  in  die  stammschäfereien,  in  die 
gestüte,  ja  besuchen  wir  nur  einen  tüchtigen  öconomen, 
der  auf  sein  reines  friesisches  vieh  hält.  Immermann 
Münchh.  3, 112.    vgl.  oben  stammgestüt  und  stammherde. 

STAMMSCHAFT,  m. .-  stammschafft,  was  an  einer  säule 
zwischen  dem  capitäl  und  dem  fusz  ist,  scapus,  weil  es 
dem  stamm  eines  baums  gleich  sieht.  Frisch  2,  317''. 

STAMMSCHIFF,  n.  in  der  kriegsmarine ,  im  gegensatz 
zum  reserveschiff,  ein  schiff  mit  voller  bemannung;  zur 
weiteren  ausbildung  von  trappen  bestimmt. 

STAMMSCHILF,  n.  schilf  mit  eigentlichem  stengd.  Oken 
3,  415. 

STAMMSCHLOSZ ,  n.,  entsprechend  oben  Stammburg, 
Stammhaus,  stammhof  u.  s.  w.  ein  scJdosz,  welchem  ein 
adliges  oder  fürstliches  geschlecht  entstammt:  Gockel  war 
voll  ehrgefühl,  er  zeigte  sogleich  seiner  frau  an,  dasz  er 
am  folgenden  morgen  mit  ihr  und  Gackeleia  nach  seinem 
Stammschlosse  Gockelruh  aus  Gelnhausen  so  wegziehen 
werde,  wie  seine  groszeltern  hineingezogen  waren.  Bren- 
tano 5,  24;  wenn  nur  nicht  so  viel  nebel  dazwischen  läge, 
man  sieht  kaum  das  alte  stammschlosz  durchschimmern. 
Grillparzer*  11,  223;  es  {das  zerstörte  schlosz)  ist  ja  kein 
stammschlosz,  herr  von  Qnarbitz.  Alexis  Isegrimtn  313; 
hier  also,  dieses  schlosz  wäre  das  stammschlosz  der  von 
Astern.  Mörike  erzähl.  43;  das  stammschlosz  {des  längst 
mediatisierten  fürsten)  lag  aber  noch  in  alter  herrlichkeit 
auf  einer   waldigen   höhe.   Heyse  kinder  der  weit  1,193; 

hat  doch  dieses  räubervolk, 
während  ich  am  hof  des  königs, 
mir  mein  stammschlosz  überfallen. 

Grillparzer*  8, 65. 

STAMMSCHOPPEN,  m.  Schoppen,  welchen  Stammgäste 
{s.  dorf)  am  Stammtisch  zu  bestimmter  stunde  mit  einander 
trinken. 

STAMMSCHWARM,  m.  in  der  imkersprache  ein  schvcarm, 
welcher  zur  zucht  dient.  Overbeck  79.  vgl.  auch  oben 
Stammbiene. 

STAMMSCHWEIN,  n.  zuchtschtcein.  Campe:  stamm- 
schwein,  porcus.  Nemnich. 

STAMMSILBE,  /.  silbe,  welche  den  stamm  eines  wertes 
bildet:  stammsylbe  Adelung;  das  ist  doch  wohl  grund- 
gesetz  der  prosodie,  dasz  keine  Stammsilbe  kurz  gebraucht 
werden  darf.  Boie  an  Bürger  U.jan.  1790  {briefe  von  und 
an  Bürger  4,  6). 

STAMMSITTE,  /.  sitte,  einem  {volk-)stamm  eigenthüm- 
lieh:  dasz  frauen  in  jenen  Zeiten  einen  so  bedeutenden 
einfiusz  haben  konnten,  musz  aus  den  bekannten  stamm- 
Sitten  der  Deutschen  erklärt  werden.  Schlosser  todt 
gesch.  6, 118. 

STAMMSITZ,  m.  der  ursprüngliche  wohnsitz  eines  ge 
schlechtes  u.  s.  w.  vgl.  oben  stammgut,  Stammhaus,  stamm- 
hof, stammschlosz:  Stammsitz  Campe;  der  Stammsitz 
einer  Völkergruppe.  Schlosser  weltgesch.  l,  47,  wo  gewöhn 
licher  oben  stammessitz  gebraucht  wird. 

er  kam  zu  seinem  Stammsitz  gen  Sistan  ohne  far, 
und  sagte  keinem  menschen,  was  ihm  begeraet  war. 

RCcKERT  JFHrdofi  3,  343. 

auch  in  der  form  stammensitz  (*.  stamm  I,  2):  {ein 
uraltes  heilthum.)  das  seine  ahnen  schon  von  Thüringen, 
wo  ihr  stammensitz,  vor  alters  mit  nach  Ostfriesland 
geführt.  Leoprechting  aus  dem  Lechrain  133. 

STAMMSPRACHE,/,  l)  die  spräche,  wdche  ein  volk 
stamm  spricht;  muttersprache. 

2)  hei  Adelung  spräche,  von  wdcher  andere  sprachen 
ihre  herkunfi  ableiten. 

STAMMSPROSSE,  /.  in  der  spräche  der  botanik  bezeich- 
nung  der  gleich  aus  dem  stamm  herat*sachieszenden  sprossen. 

STAMMSTECKEIN,  m.  abgehauenes  stämmchen,  wie  sie  zu 
zaunpfahlen  u.  dergl.  verwendet  werden.  Unoer-Khull569»: 


671 


STAMMSTÜCK— STiVÄIM  VATER 


STAMMVERMÄCHTNIS— STAMMVIOLE     672 


in  denselben  wäldenn  soll  sich  niemand  unterstehen  zu 
schwenden  noch  zu  reiten  und  kain  stamstecken  abzu- 
maissen.  Salzburger  taidinge  \m,ti3:  item  es  sollen  auch 
hinfüron  zu  dem  zaunholz  die  stambstecken,  sonderlich 
in  den  jungen  schwarzwälden ,  nit  mer  geschlagen 
werden.  251,6. 

STAMMSTÜCK,  »1.  stück  eines  abgehauenen  bauinstamvxes  .- 
ein  rundes  unbehauenes  oder  auch  behauenes  stamm- 
stück von  einem  bäume.  Campe  unter  klotz. 

STAMMTAFEL,  /.  tafel,  auf  leelcher  der  Stammbaum 
eines  geschlechts  mit  allen  seinen  verztceigungen  dargestellt 
ist.  Stammtafel  auch  in  iceiterer  bedetitung  jeder  Stamm- 
baum, jedes  geschlechtsregister.  Adelung.  Stammtafeln 
mehrer  gaunerfamilien  in  der  provinz  Niederhessen  von 
F.  G.  Pkeifi-eh  Kassel  1828. 

STAMMTHEIL,  m.  n.  antheü  eines  familienmitgliedes  an 
einer  erbschaft:  so  sollen  die  kinder  an  statt  ires  vatters 
oder  mutter  zugelassen  werden  zum  stammtheil,  erb  zu 
nehmen  mit  rechten  geschwisterden,  so  viel  als  ihr  vatter 
oder  mutter  betten  moegen  ziehen  als  mit  geschwisterd, 
so  sie  noch  in  leben  weren.  statutenbuch  von  1553  bei 
Scherz-Obeklin  1555. 

STAMMTHIER,  »i.  mutterthier.  von  dem  andere  thiere 
abstammen:  in  dem  stammthiere  ist  dem  eigenthümer 
zugleich  die  ganze  nachkommenschaft  desselben  mit  zu 
eigen  gegeben.  Fichte  7iaturrecht  2,50;  die  verschiedene 
färbe,  dichtheit  und  krausheit  des  haars  der  hunde,  ihre 
verschiedene  grösze  beweist  gegen  die  annähme  der  ab- 
stammung  aller  hunderacen  von  einem  stammthiere 
nicht,  hannov.  mMgaz.  1844  s.  308.  dazu  stammthier- 
zucht,  /. 

STAMMTISCH,  m.  reservierter  tisch  in  einem  gasthaus, 
an  dem  sich  zu  regehnäsziger  stunde  bestimmte  gaste  ein- 
finden, dünn  auch  ta feirunde,  kreis  von  stavimgästen. 
icelcher  sich  tim,  einen  bestimmten  tisch  eines  vnrtshauses 
zu  sammeln  pflegt,  vgl.  oben  Stammgast  und  Stamm- 
kneipe und  s.  stamm  II,  4,  a.  dazu  stammtischphili- 
sterium,  «.  •  dies  behagen  und  diese  Sachlichkeit  sind 
alte  ehrwürdige  erbstücke  jedes  stammtischphilisteriums. 
H.  Hesse  unterm  rad  383. 

STA.MMTON,  m.  in  der  musik  bezeichnung  der  töne  ohne 
Vorzeichen,  der  grundskala. 

STAMMTRÄGER,  m..  loie  oben  lehensträger  (th.  6,  »p.  544), 
einer,  der  sich  im  natnen  seiner  ganzen  familie  ein  lehen 
vom  lehnsherrn  übertragen  läszt :  stammträger,  a  pluribus 
heredibus  ad  recipiendam  investituram,  electus,  für  eine 
person  aus  der  freundschafft,  welche  im  namen  des  gantzen 
geschlechts  das  lehen  empfängt.  Frisch  2,  SlV*». 

STAMMTUGEND,  /. .-  stammtugend,  virtus  avita,  splen- 
dor  inclytus patemae  virtutis.  Stieler  273;  stammtugend, 
virtü  natia,  gentilitia  Kramer  dict.  2  (1702),  Wo*";  sie  {die 
dichterin)  sieht  also  ihren  beiden  im  doppellichte  der 
arabischen  stammtugenden.  Rückert  il  (1882),  306. 

STAMMÜBERLIEFERUNG ,  /. ,  Stammüberlieferungen, 
plur.  geschichtliche,  sagenhafte  u.  s.  w.  Überlieferungen 
eines  volkstammes:  Stammüberlieferungen  der  Völker, 
welche  den  nordt  .  Deutschlands  bewohnen,  namentlich 
der  Sachsen,  Westphalen  und  Friesen,  sind  beinahe  ganz 
verloren  und  wie  mit  einem  schlage  zu  boden  gedrückt. 
BRÜDER  Grimu  deutsche  sagen^  2,  vorr.  s.  8. 

STAMMÜNG,  /.  anstatt  des  getcöhnlicheren  abstammung 
(».  theil  1,  ap.  125):  stammung,  agnatio,  cognatio,  sanguinis 
eonjunctio,  atque  idem  quod  stamm.  Stiei.er  2119. 

STAMMUNTERSCHIED,  m.  unterschied,  durch  den  stnmm, 
die  herkunft  begründet,  vgl.  dagegen  stammesunterschied, 
stammesverschiedenheit:  der  stammunterschied  der  be- 
wohner.  Schlosker  teeltgesch.  b,  üiS. 

STAMMVATER,  m.  von  dem  ein  geaehlecht  sich  her- 
leitet, rechnet:  Stammvater,  auctor  generis;  commwiis 
»tipe».  FniBcii  2,817*';  Stammvater  Adeluno.  sie  geben 
ihn  für  ihren  Stammvater  aus ,  originem  ad  illum  re- 
ferunt.  Frihch  2, 817'';  der  86.  titui  stellet  vor  die  ge- 
•e^eten  Stammväter  geehrter  familicn  und  lobwürdiger 
gescblechler.  Mki.i/.f.r  hisU/ria  Schneebergenna  4M;  da« 
geschlecht  derer  I^obwasser,  da  Fabian  Lobwaaser  der 
Stammvater  ist.  466;  der  Stammvater  ist  der  erste  eines 
ganzen  gesohleohte.  {^o^r\n(•^\f.u^^eohnrhtungent^z•,  ja,  wie 
viel  grosse  getobleobter  sind  nicht  schon  ausgestorben, 


deren  Stammväter,  sich,  ihrer  zahlreichen  familien  halber, 
mit  einer  gäntzlichen  Unsterblichkeit  ihrer  nahmen  ge- 
schmeichelt haben?  ders.  bei  Reichei.  kl.  Gottschedicb.  56; 
in  dem  vertrage,  den  das  übrige  menschengeschlccht 
durch  seinen  repräsentanien,  den  ersten  Stammvater,  mit 
dem  bösen  princip  eingegangen.  Kant  6,246;  jeder  name 
faszt  die  ganze  geschichte  des  Stammvaters  in  sich. 
Herder  11,438  Suphan;  ein  mann,  der  Stammvater  einer 
familie  seyn  könnte,  die  vielleicht  künftig  — .  Götiie 
10,101  (Clavigo  i);  der  drang  einer  Innern  thätigen  natur, 
verbunden  mit  der  dürftigkeit  der  mütterlichen  gegend 
lehrte  unsere  Stammväter  kühner  denken.  Schiller 
1, 1.55;  er  war  der  Stammvater  des  gräflichen  hauses,  und 
erhielt  den  adel  von  Barbarossa,  dem  er  wider  die  See- 
räuber diente.  2, 130  {räuber  4,  2  sclmusp.);  {Berthold,)  der 
nun  sanft  auf  das  grabmal  des  Stammvaters  der  Hohen- 
staufen  niedersank.  Arnim  3,469  {kronemcächter  \)\  die 
notwendigkeit,  selbst  ein  lang  andauerndes  geschlecht 
zu  stiften,  dessen  gefeierter  Stammvater  ich  bin.  Keller 
5,77;  auch:  der  wisent  ist  zwar  nicht  so  grosz,  wie  der 
längst  ausgestorbene,  damals  schon  äuszerst  seltene 
Stammvater  unseres  rinds,  der  ur,  der  auerochs.  Visen  er 
auch  einer  i,  236. 

STAMM  VERMÄCHTNIS,  n.familienvermächtnis:  stamm- 
Vermächtnis,  voto,  legato  gentilitio,  fondatione  gentilitia. 
Kramer  dict.  2  (1702),  905*'. 

STAMMVERMÖGEN,  «..•  'welches  als  der  stamm  von 
allem  übrigen  {vermögen)  anzusehen  ist'.  Campe;  eine 
auszerordentliche  Steuer  von  einem  halben  procent  von 
jedem  beweglichen  stammvermögen  unserer  unterthanen. 
ösferr.  Verordnung  ebenda;  das  angesammelte  vermögen 
schwand  von  stunde  zu  stunde  . .  .,  so  dasz  zuletzt  nur 
noch  der  grundbesitz  und  einiges  in  alten  landestiteln  be- 
stehende stammvermögen  vorhanden  war.  Kellers,  321. 
vgl.  auch  oben  stamm  II,  4,  d. 

STAMMVERSCHIEDENHEIT,  /.  Verschiedenheit  in  der 
art  ztceier  {volk)stämme,  auf  die  besondere  art  eines  volk- 
stammes gegründet :  wir  sehen  die  neuhochdeutsche  Schrift- 
sprache durch  das  gesammte  reich  herrschend,  alle 
abzeichen  früherer  Stammverschiedenheit  gewichen,  frei- 
heiten,  die  sich  noch  mittelhochdeutsche  dichter  genom- 
men,  unedel  und  unerlaubt.  J.  Grimm  d.  gramm.  l-, 
vorr.  13.    vgl.  oben  Stammesverschiedenheit. 

STAMMVERWANDT,  adj.  verwandt  infolge  zugeliörig 
keit  zu  dem  gleichen  stammt:  obwol  nun  mit  dieser  bc- 
nennung  {der  deutschen  spraclie)  treffend  alle  stammvcr 
wandten,  auf  unsere  {)iuda  bezüglichen  und  ihr  angehörigen 
sprachen  ausgezeichnet  werden  können.  J.  Grim.m  vorrede 
zum  d.  tob.  ii ;  die  gründung  des  Mamertinischen  Staates 
in  Messana  durch  stammverwandte  räuber.  Niebuhr 
röm.  gesch.  3,  508;  so  schnell  ist  bei  jungen  Völkern  der 
Zuwachs  durch  fruchtbare  ehe  und  durch  anschlusz 
stammverwandter  männer.  Freytao  17,  46  {bilder  i);  ein 
anderer  {theil  der  Hentler)  hatte  sich  bei  den  stamm- 
verwandten Nordgoten  in  Skandinavien  niedergelassen.  64; 
in  dem  refrain  des  liedes  'Schlesicig  Holstein  ineentm- 
achlungen'  von  M.  Fr.  Chemnitz  1844,  .io: 

Schleswig-Holstein  stammverwandt, 
harre  aus  mein  Vaterland. 

substant.:  Hebels  abermalige  alemannische  gedichte  gaben 
mir  den  angenehmen  eindruck,  den  wir  bei  annäherun;: 
von  stammverwandten  immer  empfinden.  Göthe22,  73; 

sie  möchten  (rem  in  unsern  kreisen 

als  stammverwandte  sich  erweisen.    41, 188. 

vgl.  auch  oben  stammesverwundte,  m. 

STAMM  VERWANDTSCHAFT,/.,  tu  dem  vorigen  gebildet: 
eine  umfassende  behandlung  der  sagen  einzelner  städte 
würde  für  die  crörterung  der  stammverwandtschaft  des 
Volks  einen  festem  grund  legen.  K.  0.  MOi.ler  geschichten 
hellen,  stamme  1, 16;  die  erinnerung  an  die  stammverwandt- 
schaft mit  den  tlicssalischen  Minycrn.  176. 

STAM.MVIKM,  »i.-   stainmvieh,   i>ecora  ftrrea,  das  man 
beym   abzug  von   einem   gut  wieder  lassen  inusz  in  der  ■ 
gute  als  man  es  empfangen  hat.  Frircii  2,817*';  slainm»  j 
vieh,  Aas  invtntarium  an  vieh.  eisernes  rieh.    Adkluno.  p 

STAMMVIOLK.  /.  benrnnung  von  eheiranthu»  eheirL 
Nemnich  1,1006,  auch  goldlaok  genannt. 


673 


STAMMVOLK  —  STAMMWURST 


STAMMWURZEL— ST  AMPANEI 


674 


STAMM  VOLK,  n.,  von  dem  andere  Völker  abstammen. 
Campe  :  in  Asien  sind  die  stammvölker  der  jetzigen  Völker 
Europas  zu  suchen,  ebenda ;  die  Verhältnisse  der  Bataver 
lind  ihres  stammvolkes ,  der  Chatten.  Freytag  17, 33 
{pUder  l). 

STÄMMWALD,  m.  bei  3.  Paul  scherzhafte  begriffs- 
ericeitertmg  von  Stammbaum  {s.  oben) :  ich  habe  eine  so 
besondere  liebhaberei  für  die  Harnische,  als  meine  namen- 
vettem,  dasz  ich  sogar  im  Leipziger  reichsanzeiger  mir 
ihren  Stammbaum  und  stammwald  bestimmt  ausbat 
ohne  efifekt.  26,  50  (ßegeljahre  l). 

STA  MM  WAPPEN,  n.  %cappen  einer  famüie.  eines  ge- 
srhlechfs;  älter:  stammvia.pen,  armi i7isegne gentilitie  d'una 
ffirpe  illtistre.  Kramer  dict.  2  (1702),  905*';  stammwapen 
jiocÄ Adelung;  dialektisch  in  derform  stammenwäppen 
ScHM.^  2,  755.  vgl.  stamm  \,  2.  heute  stammwappen ,  so 
.<ichon:  stammwappen,  insignia  gentilitla,  wappen  so  das 
ganze  geschlecht  führt.  Frisch  2,  317*;  {Bündner^  die  das 
bergland  wie  die  mit  arvholz  getäfelte  stube  ihres  vaters 
und  das  stammwappen  über  dem  hausthore  kannten. 
C.  F.  Meter  Jürg  Jenatsch  197. 

STAMMWEISE,  adv. .-  die  Dörfer  wohnten  stamuiweise 
auf  Rhodus  in  den  drei  städten.  Niebuhr  röm.gesch.  l,  332. 

STAMMWELLE,/.,  stammwellen,  jji«r.,  in  der  förster- 
prache  tcellholz.   welches  nicht  nur  aus  reisigt,  sondern 
auch  aus  dünnen  stämmehen  besteht:  stamwellen  Jacobs- 
so n  4,  253''. 

STAMMWERT,  m.  wert,  icelcher  auf  dem  stamm  einer 
Sache  ruht:  für  die  zeit,  für  welche  dem  besitzer  die 
nutzungen  verbleiben,  sind  ihm  nur  die  aufwendungen 
für  solche  auszerordentliche  lasten  zu  ersetzen,  die  als 
auf  den  stammwert  der  sache  gelegt  anzusehen  sind. 
bürgerl.  gesetzb.  §  995. 

STAMM  WESEN,  n.  das  (besondere)  tcesen  des  Stammes : 
Aristoteles  allerdings  beachtet  das  stammwesen  so  wenig 
als  Polybius.  Niebuhr  röm.gesch.  1,340;  Forster  hat  seinem 
vaterlande  das  loos  gewünscht ,  dasz  es  ihm  vergönnt 
sein  möchte,  freiheit  und  volksthum  zu  erhalten,  ohne 
sein  stammwesen  einzubuszen.  Gervinus  gesch.  des 
19.  jahrh.  1,315. 

STAMMWIDDER,  m.  icidder,  zur  zucht  verwandt,  vgl. 
oben  stammeber,  stammhengst,  stammochse,  stamm- 
rind  «.  s.  w. 

STAMMWOLLE,/.:  grobe  garstige  wolle,  die  man  nicht 
wohl  gebrauchen  kan,  l^na  quae  a  texioribus  rejicitur. 
Frisch  2,  817».     vgl.  oben  stammhaar  und  stammlocke. 

STAMMWORT,  n.,  von  dem  andere  uörter  abstammen: 
Stammwort,  radix,  primitivtim.  Stieler  2578;  Stamm- 
wort, voce,  vocabulo  radicale,  primitivo,  primigenio  ö 
primo;  radice,  tema.  Kr.^mer  dict.  2  (1702),  905*'.  (gegen- 
sätzlich:) stamm-  und  abgeleitete  Wörter,  vocabuli  primi- 
iivi  e  derivati.  ebenda;  Stammwort,  vocabulum  primi- 
genium.  primitivum,  unde  alia  derivantur;  radix.  Frisch 
2,  317'';  Stammwort  Adelung,  der  einsylbigen  Stamm- 
wörter allein  hat  Simon  Stevin  aus  dem  teutschen  zu- 
sammen gelesen  bey  die  2170.  (/«•  teutschen  sprach  ehren- 
krantz  217;  dabey  aber  viele  gute  uhralte  teutsche  Stamm- 
wörter, ob  dieselbe  schon  in  Oberdeutschland  nicht 
bekant ,  sondern  nur  in  Niederland  und  Niedersachsen 
von  alters  her  und  annoch  üblich,  nicht  würden  können 
übergangen  werden.  Schottel  159;  diese  Stammwörter 
sind  die  grundseulen  zu  allen  darauf  erhöhten  teutschen 
sprachgebäuden.  1272;  die  echte  . . .  teutsche  Stammwörter, 
welche  meist  alle  einsilbiges  lautes  sein,  ebenda;  ur- 
sprüngliche Stammwörter.  Gottsched  deutsche  sprach- 
kunst  174;  von  vielen  Worten  war  keine  bestimmte  be- 
dcutung  mehr  zu  geben,  und  ihre  herleitung  wurde  nach 
verlornen  Stammwörtern  auf  muthmaszungen  gegründet. 
Winckelmann  6,  327;  und  dieses  fomis  ist  denn  wohl 
das  Stammwort,  von  unserm  itzt  üblichen  fimisz  oder 
vernisz.  Lessino  g,  482;  es  lag  im  wesen  seiner  (des  Ger- 
manen) spräche,  besonders  kräftig  den  anlautenden  buch- 
Stäben  der  Stammwörter  hervorzuheben.  Freytag  17,  206 
(bilder  1). 

STAMMWÜRST,  /..-   denn  die  charcutiers  dürfen  alle 
arten  von  wursten  machen,  nur  nicht  die  altaugsburgi- 
«chen    stamm-    und    nationalwürste ,    namentlich    keine 
nackte  rindeme  wurst.  W.  H.  Riehl  culturstudien  302. 
X.  2. 


STAMMWÜRZEL,/.  die  hauptrcurzel  eines  baumes,  welehe 
gleichsam  die  fortsetzung  des  stammes  in  den  erdboden 
bildet.  Campe;  stammwurzel,  eaulina  radix.  Nemnich. 
vgl.  auch  oben  pfahlwurzel  theU  7,  sp.  1601. 

STAMMZERRISSENHEIT ,  /.  Zerrissenheit  eines  volkes 
in  einzelne  stamme:  trotz  der  Stammzerrissenheit,  trotz 
aller  biegsamkeit  des  nationalcharakters  .  .  .  trotz  alledem 
hängt  kein  volk  so  an  seinem  Vaterland  als  das  deutsche. 
Raabe  chron.  der  sperlingsgasse  188.  dann  auch  die  Zer- 
rissenheit eines  volkstammes  in  sich. 

STAMMZEUGNIS,  n..-  ganz  richtig  geht  der  verf.  von 
dem  ältesten,  gleichsam  stammzeugnisse  in  dem  frag- 
mente  des  Papias  aus.  Lücke  in  den  gött.  gel.  am.  1842, 
st.  122  S.  1219. 

STAMMZUCHTBUCH,  n.  herdbuch.  in  tPelehem  die  zur 
zucht  geschickten  thiere  verzeichnet  werden. 

STAAIMZ WIEBEL ,  /.  mutterzwiebel ,  catdintts  bulbus. 
Nemnich  i,92i. 

STAMPANEI,  STAMPENEI,/.,  mhd.  stampenie  ursprüng- 
lich ein  tanzliedchen.  vgl.  altfr.  estampie,  prov.  estampida 
eine  liedergattung,  gewohnlich  zurfiedd  gesungen,  Diez*  576 ; 
ital.  stampita,  stampia,  stampite,  stampie,  pUir.  ge- 
druckte mährlein  . . ,  gesänge  so  auf  dem  marckt  herum- 
getragen und  gesungen  werden.  Kramer  ital.  -  teutsch 
i  (1693)  1137»,  als  lehnxcorte  aus  dem  deutschen,  denn  die  zu 
sammengehörigkeit  mit  stampf,  stampfen  kann  nicht  zweifel- 
haft sein,  der  takt  des  liedes  wurde  von  den  tanzenden 
gestampft,  nicht  durch  einfaches  schreiten  oder  durch 
springen  zum  ausdruck  gebracht,  der  Vortrag  des  liedes, 
soicie  der  begleitende  tanz  scheint  zumeist  einem  einzelnen 
obgelegen  zu  haben,  es  ist  also  weder  an  chor-  noch  an 
Wechselgesang  dabei  zunächst  zu  denken: 

onch  sang  er  wol  ze  prise 

schanzöne  und  spaehe  wlse, 

refloit  und  stampenie.     Tristan  2293. 

diese  ursprüngliche  bedeutung  des  \cortes  hat  sich  nur  ver- 
einzelt im  frühnhd.  gehalten : 

(Clio)  sprach :  o  jüngling  dein  dienst  sey, 
das  dien  auff  teutscfi  poeterey 
ergehst  durchausz  dein  leben  lang,  . . . 
dergleich  auff  thön  und  melodey, 
auff  fabel,  schwenck  und  stampaney, 
doch  alle  Unzucht  auszgeschlossen. 

H.  Sachs  7,  205,  33  KeHer-Götze. 

in  einem  allgemeineren  sinne  bezeichnet  das  wort  'Zeitver- 
treib, scherz,  tändelei',  dann  überhaupt  'unnützes  thttn, 
thörichtes  zeug',  diese  enceiterung  reicht  in  mhd.  zeit  zu- 
rück und  findet  sogar  in  der  geschichte  der  oben  heran 
gezogenen  roman.  lehnwörter  entsprechttngen,  vgl. Diez a.a.o. 
häufig  in  umgelauteter  form  stempenei.  (von  werÜosen 
lehren  und  Schriften,  im  gegensatz  zu  den  heil,  evangdien  •) 
und  al  andre  lören,  disputation  und  stempnien,  den  hei- 
ligen evangelien  und  gschriften  wie  gemelt,  ungemäs. 
Anshelm  Bemer  chron.  5,23,34;  so  einer  ist,  do  er  das 
gots  wort  niemer  hört,  nur  eitel  solich  stempenyen,  von 
welichen  er  sich  alles  guts  versieht,  wie  ists  müglicb, 
das  er  nit  auch  verfürt  werde.  Zell  bei  Schmidt  dsäss. 
wb.  336'';  (in  den  schulen  Straszburgs)  soll  keinem  kind 
gestattet  werden,  bücher  zu  lernen,  darin  einich  stem- 
peney  wider  unsern  heiligen  glauben.  Schulordnung  von  1534 
ebenda;  vgl.:  denn  wie  kann  man  aus  einem  kinde,  das 
keine  sprachkenntnis  hat,  solche  stempeneien  heraus- 
katechetisieren.  Gotthelf  l,  161  Vetter; 

die  mick  tut  frowen 

für  aller  werlde  stampaney. 

Osw.  V.  Woi.KBN8TF.lN  26,  28  Schote; 
gedenk,  dein  herr  der  werd  dir  holt, 
wenn  er  von  dir  sieht  solche  stampanei.    96,  48; 

das  sie  dan  fleiszig  band  bedacht, 
Petrum  zä  einem  feig  gemacht, 
uf  den  die  kirchen  buwen  sei 
and  vfl  der  gleichen  stempenei. 

tatiren  «.  pafqville  2,841, 1681  Schade; 
ich  han  gelesen  ein  coppey  — 
merkb  was  darin  gescnriben  sey  — 
für  war  es  ist  kein  stempeney : 
ein  ehristenmensch  das  ander  vil  vertreiben. 

Heidelberger  liederhandichr .  (pal.  343)  66, 3  Kopp. 

in  den  heutigen  süddeutschen  mundarten  hat  sich  die  eigent- 
liche bedeutung  des  wertes  fast  noch  mehr  verflüchtigt: 
stempenei.  stampenei,  gatampenei,  unruhiges  sich  beeilen; 

43 


675 


STÄMPE  -  STAMPF 


STAMPFBUBE  —  STAMPFE 


676 


wirre  hast;  saehe,  die  mühe  tmd  anstrengung  verursacht. 
Schöpf  tirol.  idwt.  706;  stembeneie  machen,  umstände 
macheti.  sich  weigern  etwas  zu  thun.  Schmidt  elsäss. 
wb.  386'';  wo  der  Choli  nitt  ortli  bariere  will  und  stäm- 
peneije  am  pflueg  duet  mache,  quelle  bei  Seiler  Basler 
mundart  277»,  d.  h.  sich  störrig  benimmt,  doch  der  Ursprung- 
liehen  bedeutung  scheint  noch  nahe  zu  stehen:  noch  gab 
es  viel  muthNvillige  und  schöne  stampaneyen,  deren  ich 
ungern  geschweige.  Mörike  erzähl.  2S1,  wo  dann  im  ver 
folg  sich  tänzer  und  Springer  auf  dem  seil  zeigen. 
STÄMPE,  /..  s.  stempe. 

STAMPE,  /.  }>dd.  md.  form  von  unten  stampfe,  in 
Schlesien  kleines  trinkglas  mit  dickem  fusz ,  der  kräftiges 
aufstampfen  verträgt.  Wein  hold  93».  Frommanns  rci^ÄCÄr. 
4,186.  ScHM.^  2,  759.  vgl.  üuch  unten  stamper,  stamperl: 
bald  darauf  kam  ein  schmuckes  mädchen  mit  einer 
groszen  stampe  wein  zu  mir.  Eichendorff*  3,  82;  sie 
funkte  ihr  schnäbelchen  in  den  wein,  wobei  ihre  äugen 
über  das  glas  weg  auf  mich  herüber  funkelten  und  reichte 
mir  darauf  die  stampe  hin.  da  trank  ich  das  glas  bis 
auf  den  grund  aus.   ebenda,    deminut.  stämpchen,  n. .- 

lasst  in  kristallen 

den  rebensafit  fallen, 

leeret  die  stämpchen  mit  massiger  ruh. 

SCHERFFER  gcd.  88. 

STAMPER ,  m..  entsprechend  dem  vorigen,  in  Schlesien 
ein  stamper  schnaps.  Wein  hold  93»;  ebenso  in  Steier- 
mark stamper  ein  kelchartiges  trinkglas.  Unger-Khull 
.'iBS''.  deminut.  stamperl,  n.  {s.  auch  unten  stampferl  2). 
l)  gläschen  für  brannticein.  2)  löschhom  für  icindlichter. 
ebenda. 

STAMPF,  m.  eigentlich  keulenartiges  gerät  zum  stoszen, 
stampfen.  aM.  stamph  Graff6,  684;  mhd.  stampf;  mnd. 
stamp  ScHiLLER-LüBBEN  4,  359».  plur.  stämpfe.  Ade- 
lung kennt  stampf  als  fast  nur  in  technischer  spräche 
noch  lebendig,  von  stampf  abgeleitet  ist  stampfen,  verb. 
{s.  unten),  von  des  letzteren  mnd.  form,  stampen  loieder 
Stempel  und  stempeln  (*.  unten),  ett/mologische  Verwandt- 
schaft besteht  zu  skr.  stambh  'stemmen,  stützen',  stambha 
'pfeiler'  und  griech.  OTEiißot  'durch  stampfen  erschüttern', 
innerlialb  des  germ.  vgl.  noch  stumpf. 

l)  in  der  ursprünglichen  bedeutung  'gerät,  mit  welchem 
gestampft  wird'. 

a)  stamph,  stampf,  ^Za.  Dief.  434'*;  stampf,  als  in  einer 
mtile  und  öltrotten,  tudicula.  Maaler  384»;  stampf  in  der 
stampfmühU.  Schöpf 698;  stampf  Schm.^  2, 760;  amtsakten 
durch  den  stampf  vernichten,  ebenda;  stampf,  stempfei. 
Lexer  fcämi.  w6.  239;  auch  in  Zusammensetzungen :  gerste- 
st&mpf,  linsetstiimpf;  loud'nstämpf  in  der  walkemühle. 
ebenda,  und  die  ersten  zwey  reder  (der  papiermühle) 
hetten  18  stempf;  der  selben  stempf  lieszen  sie  vil  feiren, 
daromb,  dasz  sie  mir  lützl  papier  wolten  machen,  d.  städte- 
chron.  1,79,9; 

ich  stempf  do  gen  tag  und  nacht, 
die  haben  schier  die  pfennin^  pracht. 
in  der  mnl  sol  dein  tochtcrlem 
von  den  stempfen  das  gelt  nemen  ein. 

fastn.  tp.  111, 12  Keller. 

obacön:  (Gottfried  Werner  von  Zimmern.)  der  vormeint 
ihe,  waverr  es  an  ime  stUende,  weit  er  ir  ain  stampf 
hiein  ritten,  damit  doch  die  müle  nimmer  leer  wurde. 
Zimmtrische  chron.*  1,468,26. 

b)  übertragen  'ein  stampfendes  bein' : 

Jnng,  reytz  keinn  alten  in  den  kamptT 
alt  ochsen  band  einen  starken  stampfr. 

Franck  gprlchw.  2  (1541),  117». 

f)  begriffserweiterung  'stampfwerk,  stampfmühle' :  st&mpf, 
alampfmiMe.  Schöpf  698;  stampf,  stampfwerk.  Bühler 
Dato»  1,  US;  en  ölstampf  mit  sechs  stampf.  Schm.* 
s,  700.  vgl.  ttomp,  Hampfmühle.  Lumtzer  Melich  deutsehe 
lehnteörter  in  der  ungarischen  spräche  248.  des  ersten,  dag 
der  mülbach  ausz  der  Oantraun  mit  vollem  gewalt  geen 
sol,  als  er  von  aller  her  gangen  ist,  in  der  bcachaiden- 
halt,  dag  mülen  and  stampf  genge  sein  sullen.  tirol. 
leeitth.  *,ao,9;  gloicherweis  soll  auch  hinfUron  kain  mtil, 
scbmidten,  saag,  stampf  oder  anders,  so  wassorlaitung 
oder  wkre  haben  mneez,  auf  der  getnain  gsezt  oder  gc- 
pavt  werden  ohne  vergansUgung  oder  zaegoben  der  hrrr- 
sohafl.  686,  a;  das  papier,  das  wir  iezo  brauchen  (gemacht 


von  alten  hadern  und  haderlumpen,  an  aigen  mülen  und 
stempfen  zu  mel  und  pulver  gestosscn  . . .).  Aventin  bair. 
chron.  1,373,14.  stampf  bei  den  weiszgerbern  eine  vorrich 
tung  zum  gerben  der  feile.  Sc  um.'  2,  760. 

3)  stampf  ein  vertieftes  gerät,  in  dem  ettcas  gestampft  wird. 

a)  stampf,  mortarium.  Frisch  2,317";  stamf,  m^örser, 
mortajo,  pHa.  Schm.  cimbr.  wb.  235'';  stampf,  mörser. 
ZiNGERLE  lusern.  wb.  52'*.  vgl.:  ob  du  stempfest  den  torcn 
in  dem  stampf,  als  renewen  die  gersten  von  oben  mit 
dem  stempfei,  sein  torheit  wirt  nit  abgenomen  von  im. 
bibel  1483.  804''.  dem  entsprechend  ist  stampf  in  rein  tech 
nischer  spräche  ein  (vertieftes)  Werkzeug  von  eisen,  um 
gegenstände  aus  blei  oder  blech  darin  zu  bilden,  z.  b.  der 
bleystampf.  Jacobsson  4,252''.  Adelung. 

b)  ein  gröszeres  gerät,  wol  von  holz,  zum  bereiten  des 
schiceinefutters  im  ländlichen  haushält:  wer  also  ausser 
dem  hof  von  Ballschweyler  an  die  obgcnannten  geröge 
(gezöge?)  zühet,  das  mag  er  wol  tun  mit  disen  vier 
stückhen:  mit  einem  stampf,  einem  sybe,  einem  hehl 
unnd  mit  einem  hanen.  J.  Grimm  weisth.  4,  49  (vomj.  1413). 
vgl. :  item  man  erkhendt  auch  meiner  gnedigen  frauwen 
von  jeder  herttstatt  ein  garttenhun,  und  soll  das  hun 
sein,  das  es  von  dem  herdt  uff  den  stampf  gefliegen  müg, 
und  von  dem  stampf  uff  die  äsen.  29. 

4)  aus  dem  vorigen  leitet  sich  wol  die  steir.  bedeutung 
her:  stampf,  ein  altes  getreidemasz  von  der  grösze  eine-t 
vierlings.  Unger-Khull  569»,  oder  ist  an  die  menge  konies 
zu  denken,  \celche  jedesmal  unter  den  stampf  gebracht 
werden  kann? 

b)  stampf  'da^s  durch  stampfen  hervorgebrachte'. 

a)  entsprechend  der  passiven  bedeutung  von  Stempel 
(s.  ttnten),  so  stampf  bei  der  münze:  ein  behemsch  ist  ein 
gute  müntz,  ist  gut  silber,  aber  der  gemeyn  man  kent 
sye  nitt.  dorumb  so  schlecht  ein  statt  ir  zeichen  doruff, 
Ulm  oder  Augspurg.  das  zeichen  macht  jn  nitt  besser 
Silber  weder  er  vor  was,  es  ist  aber  ein  zügnüsz,  das  er 
gut  ist.  er  ist  gestempfft,  sprechent  sye.  und  also  kennet 
man  sye  bey  dem  stampfF,  das  sye  bewert  unnd  gerecht 
seind,  und  sye  dester  lieber  nympt.  Keisrrsbero  postHle 
2,38»;  bildlich:  der  zehend  pfennig  ist  der  mensch,  der 
ist  gestempfft  mit  dem  stampff  und  bild  der  gottheit.  3,  50»; 
vgl. :  wenn  einer  falsche  müntz  hatt,  ein  falschen  pfennig 
...  so  spricht  man,  er  sol  nüt,  er  ist  nichts  wert,  wann 
er  hatt  nit  das  bild  und  den  stampf  der  warheit,  sunder 
der  falscheit.  Sünden  des  mundes  25''.  hierher  auch: 
preuszische  groschen  auf  sächsischen  stampf  geprägt. 
LoRi  münzrecht  3,  406  bei  Schm.*  2,760,  d.  h.  von  der  gleichen 
schwei-e  und  mischung  wie  die  sächsischen. 

b)  fuszspur.  vgl.  oben  die  active  entsprechung  unter  1,  b. 
(bildlich:)  dise  straf  hat  (bei  den  Wiedertäufern)  kain  frucht 
pracht,  dann  ir  vil  haben  wider  in  den  alten  stampff 
getretten,  sind  verheilter  darnach  worden,  dann  sie  vor 
gewessen  sind.  d.  städtechron.  23, 196, 9. 

c)  im  thüringischen  sd&mpf  ein  brei.  Hertel  thür. 
sprachsch.  233. 

STAMPFBUBE,  m.  burs'che.  der  die  rinden-  oder  loh- 
stampfe bedient.  Unoer-Khull  ateir.  wortach.  569».  *.  awcA 
unten  stampfknechl. 

STAMPFDICK,  adj.  in  niederdeutschen  gegenden  'steif, 
dick,  breiig'  im  gegensatz  zu  flüssig.  Campe,  nd.  stampe- 
dick  brem.  wb.  991. 

STAMPFE,  /.  1)  handlung,  Vorgang  de»  atampfena.  ein 
körper  ist  in  der  stampfe,  xoird  gestampß.  Campe,  auch 
hirse  in  die  stampfe  schicken,  um  sie  stampfen  st«  lassen, 
tcird  von  Adelung  ao  aufgefa.ttt,  gehört  aber  betaer  unter 
das  folgende. 

8)  gewöhnlicher,  xoie  oben  stampf,  ein  gerät  tum  »tampfen. 

a)  entsprechend  stampf  \,a:  eine  stampfe,  ferrum  ad 
dextram  et  ainiatram  eurvatum  mI  formam  litterae  lafinae  S 
et  manubrium  habene,  ade  atta  comminuena  id  quod  eon- 
tudit,  als  kraut  für  das  vieh,  als  rübcn  zum  einmachen, 
als  äpfel,  woraus  man  most  pressen  will.  Frisch  8,  817". 

b)  stampfen  in  den  loh-,  walk  und  papiermiihlm  durch 
räder  gehobene  und  dann  wieder  mit  tetteht  herabfaUendr 
Imlken,  welche  ao  die  stampf  arbeit  leititH.  Adelung. 
Jacobsson  4,858'':  es  waren  sechs  stampfen  einer  Walk- 
mühle, die  mit  ihren  abwechselnden  schlagen  jenes 
l&rmen  hervorbrachten.  Tieck  den  Quürote^  t,  144  (3, 6); 


677 


STAMPFEISEN  —  STAMPFEN 


STAMPFEN 


678 


ei,  da  mag  das  mühlenleben 
wol  des  liedes  würdig  sein, 
und  die  räder,  stein'  und  stampfen 
stimmen  als  begleitung  ein. 

W.  Müller  ged.  1  (1868),  9. 

c)  bei  den  Steinmetzen  stampfe  dasselbe  wie  Jungfer  8,  Ar 
(ßieil  4,  2,  2383). 

3)  in  begriffservieiterung  entsprechend  stampf  2.  im 
appenzellischen  stampfe  das pochwerk.  Tobler  406'';  stampfi 
Stampfmühle.  Stalder  2,  391;  aargauisch  stampfi  'einrich- 
tung  zum  stampfen:  ein  groszer  balken  als  stöszel  hängt 
an  einem  ziceiten  als  feder  dienenden,  wagrecht  unter  dem 
dache  des  bauernhauses  befestigten  balken,  und  vrird  mit 
der  hand  in  beicegimg  gesetzt'.  Hunziker  250. 

4)  stampfe  bei  den  Uhrmachern  ein  gerät  von  stahl, 
welches  einem  hineingestoszenen  silberblech  die  form  der 
uhrkapsel  giebt.  Jacobsson  4,  252»'.    vgl.  stampf  3,  a. 

5)  als  trinkglas,  s.  oben  die  form  stampe. 
STAMPFEISEN,  n. .-  stampfeisen,  ein  eisen,  damit  man 

etwas  klein  stösset,  piloit  defer;  pistello  de  ferro.  HuLSiüS 
(1616)  306*;  stampfeisen  Campe. 

STAMPFEL,  m.,  dasselbe  itde  stampf  l,a,  stampfe  2,  a 
und  Stampfer  4 :  hinten  im  gange  lag  der  stampfel,  das 
ist  ein  schweres  eisen,  mit  dem  man  in  den  boden  löcher 
stöszt,  um  die  bohnenstangen  einzustecken.  Pichler 
allerlei  gesch.  aus  Tirol  2,  49.  gewöhnlicher  die  umgelautete 
form  stampfel;  s.  stempfei. 

STAMPFEN,  verb.,  ahd.  stamfon  nur  einmal  (bei  Notker) 
belegt.  Graff  6,  684;  mhd.  stampfen,  miid.  (md.)  stampen 
{welches  für  eine  bedeutungsentmcklung  des  Wortes  sich 
ausschlieszlich  durchzusetzen  vermochte,  s.  unten  6),  nhd. 
stampfen,  vgl.  noch  an.  stappa  {atis  *stampa)  und  engl. 
to  stamp.  lehnwörfer  sind  ital.  stampare  {auch  'bücher 
drucken')  und  franz.  ötamper.  über  die  etymologische  Ver- 
wandtschaft s.  stampf. 

l)  einen  gegenständ  mit  einem  stampf  bearbeiten: 

a)  um  ihn  zu  zerkleinern,  stampfen,  pilare  Dief.  434'»; 
stampffen,  zerstossen,  zu  pulver  machen,  tundere.  con- 
f andere.  Maaler  384*;  stampffen,  das  ist,  die  hültschen 
abstossen,  als  hirsz  oder  gersten  stampffen,  jsisere.  ebenda; 
stampffen,  stossen,  piler.  pistare.  Hulsius  (1616)  306*; 
stampffen,  zerstossen,  pistare.  (i618)  237'';  stampffen,  tun- 
dere, stossen,  piler.  Schottel  1421 ;  mit  dem  stempfei 
stampfen,  pisüllo  conterere.  Stieler  2120;  im  mörsel 
stampfen,  pestare  nel  mortaio.  Kramer  dict.  2  (1702),  906'' ; 
stampfen,  im  mörser  stossen,  tundere  in  mortario.  Frisch 
2,317'';  stampfen,  mit  der  mörserkeule  zerreiben,  terere. 
ebenda;  stampfen,  mit  füszen  treten,  als  trauben,  calcare. 
ebenda;  stampfen,  in  der  mühle,  contunde^-e,  als  gewürz, 
tudiculare.  ebenda;  im  mörser  stampfen,  in  mortario  tun- 
dere, terere.  Steinbach  2, 667;  mit  eisernen  stämpeln 
stampfen,  ferreis  pilis  contundere.  ebenda;  stampfen  'im 
oberdeutschen  .  .  .  von  dem  stoszen  im  mörser,  wofür  im 
hochdeutschen  stoszen  üblicher  ist'.  Adelung,  gersten 
stampfen,  hordea  pinsere.  Maaler  884*;  die  trauben 
stampfen,  calcare  uvas.  ebenda;  weinbeer  tretten  oder 
stampffen,  ehe  man  sie  auf  die  kälter  trägt,  calcare 
uvas.  CoRViNUS  108»;  gewürtz,  als  pfeffer, 'imber  u.  s.  w. 
in  der  müle  stampfen,  stampare  cioe  pestare,  infrangere 
speciarie.  come  pepe,  zenzebre  etc.  cella  mola.  Kramer  dict. 
2  (1702),  906»;  er  stampft  den  samen,  semina  pistillo  con- 
terit.  Steinbach  2, 667;  das  getreide  mit  dem  stöszel 
stampfen,  far  pilo  pinsei-e.  ebenda;  er  stampft  den  hirse, 
milium  tudiculat.  ebenda;  graupen,  hirse  stampfen.  Ade- 
lung; kraut  stampfen,  es  im  stampftroge  mit  der  kraut- 
■ftampfe  stoszend  zerschneiden,  vgl.  ebenda;  hal  wenn  ich 
doch  die  schwarzröcke  auf  einmal  zu  pulver  stampfen 
und  in  die  luft  schieszen  könnte.  Lessing  i,  423  {frei- 
geists,  4);  {der  umstand,)  dasz  gerade  das  subject  und  der 
provisor  giftige  bilsensamen  in  mörsern  stampften.  J.  Paul 
51 ,  60  {Katzenbergers  bader.). 

b)  um  ihn  zu  ebnen  und  fest  zu  macJien.  lehm  stampfen, 
erde  stampfen  u.  s.  w.  pass. :  über  das  ganze  {^drd,) 
eine  schiebt  lehm  und  kies  . .  .  gestampft.  Moltke  2,  292; 
die  decke  des  weiten  zimmers  war  mit  dichten  fichten- 
Btämmen  gedeckt,  auf  welche  erde  gestampft  wird.  8,  220. 

c)  mit  finalem  object  .- 

a)  Olivenöl  (samen)  stampfen,  stampare  etc.  olive  per 
cavarne  Voglio.  Krämer  dict.  2  (1702),  906»;   das   pulver  in 


der  büchse  stampfen,   calcare.  stampare  la  carica.  906''; 
futter  stampfen  für  die  schweine.    pass. : 

geh,  Margarete ! 
und  butter,  frisch  gestampft,  käs  auch  aus  Limburg, 
und  von  der  fetten  pommerschen  räuchergans. 

Kleist  1,  398  {zerbr.  krug  10)  Schmidt. 

ß)  einen  lehmboden  stampfen  {pgl.  obeni,b).  pass.: 
über  dem  gestampften  lehmboden  des  weiten  hausflurs 
stand  ein  gedeckter  tisch  mit  den  holzstühlen.  Freytao 
8,  112  {ahnen  l). 

d)  absolut:  wellicher  müllner  zu  Burgeisz  melt  oder 
stampft  nach  feirabent,  ist  die  mult  von  ainem  jeden 
rad  söchs  kreizer.  tirol.  iceisth.  3,  64, 8. 

e)  in  mehr  rein  technischer  spräche: 

a)  'prägen,  stempeln',  doch  gewöhnlicher  mit  umlaut 
stempfen  (s.  unten),  bildlich: 

lieb  und  gerechtigkeit  die  streiten  vor  gericht, 
und  eine  stampt  ihr  bild  der  andern  ins  gesiebt. 

Wernike  Überschriften  (1763)  119. 

ß)  die  goldschmiede  stampfen  einen  löffel,  wenn  sie 
ihm  mit  dem  stampfeisen  in  der  löffelstampfe  die  nötige 
Vertiefung  geben.  Adelung;  die  nadler  stampfen,  wenn 
sie  den  Stecknadeln  mittels  Stempel  in  der  tvippe  den  köpf 
ansetzen,  ebenda. 

y)  papier  stampfen  bei  den  papiermachem ,  das  fertige 
papier  glätten.  Jacobsson  4,  252''. 

2)  den  als  stampf  gebrauchten  gegenständ  selbst  durch 
stoszen  auf  den  boden  oder  sonstwie  zerkleinei-n : 

du  lächeltest,  wenn  dann  am  pult 

die  stirn  mir  wie  ein  Schornstein  dampfte 

und  ich  den  kiel,  voll  Ungeduld 

ob  einem  reim,   zu  fasen  stampfte.      Gökingk  2,  46. 

8)  von  menschlichen  und  thie^isclien  wesen,  'mit  den 
füszen  fest  auf  den  boden  treten'. 

a)  von  menschen: 

«)  mit  füssen  stampffen,  conculcare.  Maaler  884» ;  mit 
den  füssen  stampfen,  pedibus  deculcare.  Stieler  2120; 
mit  dem  fusz  auf  die  erde  stampfen,  stampare  il  piede 
0  col  pie  in  terra,  dare  dalle  stampate,  stampite,  stampa- 
nate  col  pii;  calpestare  forte.  Kramer  dict.  2  (1702),  906»; 
mit  den  füssen  stampfen,  supplodere.  Steinbach  2, 667; 
häufig  als  zeichen  seelischer  erregung:  man  konte  ihnen 
ihren  Unwillen  an  den  äugen  ansehen;  sie  stampten  mit 
den  füszen.  Olearius  Kerstan,  baumgarten  52»;  Franz  mit 
den  füszen  stampfend  . .  .  zornig  ab.  Schiller  2,  55  räuber 
{schausp.)  1,  3  {scejiar.  bemerk.);  'ich  sage,  nein!'  sprach  das 
mädchen,  in  dem  sie,  mit  einem  ausdruck  von  Unwillen, 
mit  dem  fusz  stampfte.  Kleist  3,  317  Schmidt; 

da  sitzt  er  {der  könig)  und  starrt  leblos  auf  den  grund, 
den  er  zuvor  gestampft  mit  stolzen  füszen. 

Grillparzer*  6, 109. 

ß)  mit  geicandeltem  subject.  stampfender  fusz  u.  s.  w. : 
wenn  er  {der  Schauspieler)  nur  die  allergröbsten  äusze- 
rungen  des  zornes  .  . .  getreu  nachzumachen  weisz  —  den 
hastigen  gang,  den  stampfenden  fusz,  den  rauhen,  bald 
kreischenden  bald  verbissenen  ton.  Lessino?,  15;  auch: 
es  zerrüttet  ein  fusztritt  die  mühseligen  gebäude  der 
ameisen,  und  stampft  eine  kleine  weit  in  ein  schmäh- 
liches grab.  GÖTHE16,  76  {Werther); 

ringsum  scholl  der  grosze  palast  von  dem  stampfenden  fusztritt 
tanzender  männer  zugleich  und  schöngegürteter  weiber. 

Voss  Odyssee  23,  146. 

/)  mit  finalem  object:  du  bist  auch  unter  der  rotte? 
ich  will  dir  das  herz  aus  den  rippen  stampfen!  Schiller 
2, 175  {räuber  5, 1  schausp.) ; 

kann  ich  armeen  aus  der  erde  stampfen? 
wächst  mir  ein  komfeld  auf  der  flachen  hand? 

13, 196  {Jungfrau  v.  Orl.  1,  3), 

vgl.:  später,  als  sich  die  aus  dem  boden  gestampften 
armeen  mit  rühmlicher  bravour  in  den  tod  stürzten. 
Fontane  krieg sgefangen^  135. 

Si)  absolut:  wenn  wir  keine  maasz  wissen  zu  halten 
im  zorn,  sondern  bey  uns  selbst  ergrimmen,  unsere  ge- 
berden verstellen,  fluchen,  schweren,  rumoren,  poltern, 
Zähne  zerbeissen,  stampfen,  stürmen,  als  ob  wir  halb  von 
sinnen  wären.  Sperling  Nicodemus  quaerens  2  (1719),  286; 
er  fing  aufs  neue  zu  stampfen,  zu  schimpfen  und  zu 
schreien  an.  Göthe  19,  58  {Wilhelm  Meisters  lehrjahre  4,  8); 
vgl. :  da  stampfte  der  bursche  gar  grimmig  und  mit  einem 
fluche  auf  den  boden.  Storm  5,47; 

43* 


679 


STAMPFEN 


STAMPFEN  —  STAMPFER 


680 


MephittopheltB.  dein  wesen  strebe  nieder ; 

versinke  stampfend,  stampfend  steigst  du  wieder. 

GÖTHE  11,  77  {Faugt  2, 1). 

dazu  die  seenarische  bemerkung:  Faust  stampft  und  ver- 
sinkt, ebenda. 

b)  von  thieren.  so  von  hnfthieren,  insbesondere  vom 
pferde;  auch  hier  gewöhnlich  als  zeichen  der  Ungeduld,  des 
mutes  u.  s.  ir. 

o)  mit  instrumentaler  angäbe:  ein  herold  . . .  mit  einem 
bündel  sachen,  und  den  beiden,  von  Wohlsein  glänzen- 
den, die  erde  mit  ihren  hufen  stampfenden  rappen. 
Kleist  3,  247  {Schmidt),  der  thätige  körpertheil  als  subject: 
von  goldmetall  blitzte  die  rüstung  des  rosses  und  sein 
huf  stampfte  auf  dem  linnengewand ,  das  Irmgard  aus- 
gebreitet hatte.  Freytag  8, 177  {ahnen  i). 

ß)  nur  mit  äuszerem  object:  es  (das  rosz)  stampfte  die 
erde  und  knirschte  die  zahne,  seine  mahne  sträubte  sich 
und   seine   nüstern   schnaubten  teuer.    Brentano  5, 348; 

löwe 
fluEzpferd  und  greif  erheben  sich  über  die  helfte  des  leibes 
aus  dem  marmor  hervor,  und  stampfen  den  haltenden  marmor. 

ßoDMER  Noah  3,  209, 

eine  kaum  zulässige  dichterische  freiheit,  einen  löwen  und 
sogar  greifen  stampfen  zu  lassen,  ein  anderes  bedenken 
hat  ScHÖNAiCH :  fluszpferd  stampfet  den  marmor,  der  es 
hält;  und  doch  haben  wir  noch  kains  von  marmor  ge- 
sehen, das  sich  gerühret  hätte,  die  ganze  ästhefik  in  einer 
nusz  131  neiidr. 

y)  mit  finalem  object: 

kein  wunderlicher  volck  ist  je  gesehen  worden,  . .  . 
theils,  wie  centauren,  seyn  gar  hurtig  und  geschwinde, 
theils  stampen  eine  spur  im  wald'  als  eine  binde. 

DiETR.  VON  DEM  WERDER  Ariosts  rascnder 
Roland  6,  61,  6. 

9)  absolut:  das  pferd  stampfet,  equus  fodicat.  Stieler 
2120;  das  pferd  stampfet,  il  cavallo  zappa  in  terra,  egli 
stampa,  fodica,  pesta,  calpesta.  Kramer  dict.  2  (1702),  906*; 
ich  nem  des  goszlarischen  jungherrn  gaul  Ramel  dar- 
für, der  kont  am  berg  angebunden,  also  rammeln  und 
stampffen,  dasz  er  mit  den  wolgescherfften  hufeisennegeln 
ein  goldader  entblöset.  Garg.  20i  neudr. ;  ich  steige  kaum 
aus  dem  wagen,  so  werden  die  hengste  scheu,  stampfen 
und  schlagen  aus,  dasz  mir  der  gassenkoth  über  und 
über  an  die  beinkleider  sprüzt.  Schiller  3,  378  (kab.  u. 
liebe  1,6);  aber  lange  harrte  die  schaar  und  ungeduldig 
stampften  die  rosse,  bevor  das  schwere  thor  sich  knar- 
rend öffnete.  Freytag  8,  ii6  (ahnen  i);  auf  dem  freien 
räum  vor  der  königshalle  stampften  die  rosse.  I20; 

wie  pferd  im  notstall  stampften  sie, 

wan  wir  in  sasen  unterm  knie. 

FlSCiiART  2,  36  Kurz  (flöhhaz  1299) ; 
dort  trampeln  die  stampenden  klepper ,  hier  klappen  die  tappen 

der  rappen.    Jon.  Franke  ird.  Hdicon  54; 
sieh,  ländliche  muse,  den  anger  voll  finsterer  rosse,    sie  werfen 
den  nacken  empor,  und  stampfen  mit  freudig  wiehernder  stimme. 
E.  V.  Kleist  werke  2  (1771),  8 ; 

das  wilde  streitrosz  stampft  und  bebt 

und  riecht  im  pulverdampf 

die  Schlacht.      Gleim  4  (1811),  98; 
auf  der  gewässerten 

aue  brüllet  der  stier,  stampft  das  gesättigte 

rosz.      Stolberg  1,6; 

die  rosse  brausen  schon  und  stampfen  — 

rückwärts  sich  wende  der  rachewagen  !    2, 123 ; 

und  dann  erCffneten  die  schranken  sich ; 

da  stampften  pferde,  glänzten  heim  und  scbilde. 

GÖTHE  9, 136  (Taeio  ->,  1); 

t'edocb  von  diesen  rossen 
;ein  einziges  wiehert,  kein  einziges  stampft, 
sind  still,  wie  aus  eisen  gegossen. 

Heine  2,  469  Elfter; 

wild  stampfte  der  bengst  und  tanzte  keck. 

Strachwitz  102  Wtinhold; 
zu  Kostems  lager  bin  lief  Rauihs, 
scharrt«  die  erd'  und  stampfte  stracks. 

KßcKKRT  Firdott  1,  888. 

4)  intrans.  al»  mittd  oder  begleiterscheinung  beim  gehen, 
schreiten,  tanzen,  laufen  u.  ».  w.  an  stelle  von  stampfend 
schreiten  u.  ».  w. .-  als  wann  ein  galgen  voll  gestiffelter 
baaem  bei  nacht  durch  das  kot  ins  dorff  slampfTten  und 
postierten.  Oarg.  eo  neudr.;  seh  ich  solch  ein  sclilankes 
kind,  wie  es  . . .  neben  dem  stampfenden  papa  und  der 
schleichenden  mama  daher  trippelt.  Lunwioa,  899;  auch 
lOH  einem  gferdti 


zu  fusze  schreitet  sie  heran, 
doch  ihr  zur  seite  stampft  der  Perser  schon. 

H.  V.  Kleist  2,  48  Schmidt  {Penthetüea  4). 

beim  tanzen  zugleich  um  den  takt  anzugeben,  vgl.  oben  die 
geschickte  von  stampenei :  stampfen  als  tanzende,  supplo- 
dere.  Frisch  2,  Sl?**;  über  uns  weg  von  iliren  tonnen 
bliesen  und  fledelten  die  musikanten;  und  um  uns  her 
stampfeten  und  schrieen  die  jungen  knechte  und  dirnen. 
Storm  5, 22 ; 

tanze  mit  uns  in  die  rund'  I  . . . 

stampfst  zuweilen  nur  ein  wenig, 

dasz  man  nicht  den  takt  verfehlt. 

Uhland  gt'd.  (1864)  308. 

6)  von  einer  beicegung  des  schiffes  (wol  Übertragung 
vonS,b)  intrans.:  ein  schiff  stampft,  tvenn  es  um  seine 
Querachse  heftig  hin  und  her  schwankt,  niederd.  jahrb.  5, 18; 
auch  hier  die  form  stampen  belegt.  Jacobsson  7, 425»; 
fallen  die  schiffe  mit  dem  hindertheil  hierbei  tiefer  ins  tcasser 
als  mit  ihrem  vordertheil,  so  heiszt  es:  sie  stampfen  auf 
das  gat.  ebenda;  die  entsprechende  beicegung  um  die  längs- 
achse  bezeichnet  schlenkern  (theil  9,  sp.  638  unter  3)  und 
schlingern  (sp.  741  unter  l).  das  fahrzeug  stampfte  hinein 
und  setzte  mit  schwerem  schlag  durch  die  brausenden 
wogen,  u^erzeit.  1853  nr.  3033 ;  das  schiff  hatte  schwere 
fahrt,  stampfend  und  schlenkernd  und  ächzend  arbeitete 
es  sich  durch  den  tumult.  Tu.  Mann  Tristan  239. 

6)  atts  dem  gebrauch  unter  4  ergeben  sich  wendtingen 
wie  einen  stampen  machen  oder  lassen,  ihn  fortschicken, 
wegjagen,  in  denen  die  mitteldetitsch- niederdeutsche  form 
utiseres  Wortes  ausschlieszlich  gebraucht  zu  werden  scheint: 
man  könne  solche  murmclthier  nicht  besser  abfertigen, 
dann  man  werff  jhnen  den  sack  für  die  thür,  unnd  lasz 
sie  stampen.   Oarg.  227  neudr.; 

ihr  wollt  die  pfaffen  all  stampen  machon, 
dasz  ihnen  die  rippen  und  lenden  krachen, 
darzu  die  köpf  thun  bluten. 

Opel-Cohn  dreifsigjähr.  krieg  233,  84, 

woraus  sich  ein  neues  trans.  entmckelt: 
denn  ich  bin  wieder  an  dem  ampt 
so  ist  der  heck  an  galgen  gestampt. 

Tmieb.  Gart  Joseph  (Stratzburg  1540)  E  vin. 

STAMPFEN,  verb..  s.  unten  stempfen. 

STAMPFER,  m.   einer  der  stampft.       l)  von  personell: 

a)  der  eticas  stampfend  bearbeitet:  stampffer,  stosser, 
der  in  einem  mörsel  stoszt,  pinsor,  pistor.  Maaler  384"; 
Stampfer, ^is^or,  ein  becker.  Stieler  2120;  Stampfer  (neften 
Stampfer),  stampatore,  pestatore,  improntatore.  Kramer 
dict.  2  (1702),  906'';  Stampfer,  pistor.  Steinbach  2,  667; 
Stampfer,  welcher  in  einer  färberei  die  bereitung  der  farber- 
röthe  überwacht.  Jacobsson  4, 252*. 

b)  der  mit  den  füszen  stampft,  Stampfer  et  stampferinn 
mas  et  foemina  inquieti.  conculcantes ,  pedibus  protru- 
dentes.  Stieler  2120. 

c)  einer,  der  unzufrieden,  zornig  u.  dergl.  ist,  eigentlich 
der  tinmutig  auf  den  boden  stampft,  vgl.  stampfen  3,  a,  a.  8: 
meutmacher,  schnauber,  stampffer,  friedbrecher.  Kirch- 
iioi'  milit.  discipl.  221. 

d)  entsprechend  stampfen  4:  Stampfer,  die  zu  det\  hof- 
f/allen nur  ah  tänzer  eingeladenen  leutnants  u.  s.  w. 
Bauer-Collitz  174. 

2)  bezeichnung  eines  pferdes  mit  (fehlerhaftf)  stotMen- 
der  gangart:  Stampfer,  etiam  dicitur  equtts  succtts»aior. 
Stieler  2120 ;  dafür  auch  hochstampfer  (theil  4,  2, 16S3). 

8)  entsprechend  Stampfens:  Stampfer  ein  *cAt/f,  irelches 
schwer  und  lieftig  stampft.  Jacobsson  7, 426*. 

4)  ein  Werkzeug  tum  stampfen,  stoszen :  stamper,  pistel- 
/«.<?.  DiEP.  488'';  Stampfer,  pavicula,  tudes,  bafttariimi. 
Stieler  2120;  die  diele  ist  mit  dem  Stampfer  geschl:i;:iMi, 
pavitnentum  fistuca  pavititm  .  .  .  est.  Comenius  sprai/nn 
thür  5!>\;  Stampfer,  doch  üblicher  dafür  stampfe  alrr 
stämpfcl.AnELUNO;  siampfQT.siampfmesser zum zerkleinfin 
der  rüben.  Marti n-Lien hart  r/«äM.  »p6.  8,  697^  in  der 
bergarbeitersprache  Stampfer  ein  tcerktetig  au»  holz  oder 
eisen,  toeldtes  die  sprengmasse  in  einem  bohrloche  feM- 
stampft,  ein  ladestock.  Veh  11  bergwb.  46«,  dafür  stamper. 
Jacoiisson  7,  426*;  allgemeiner  stamper  ein  eisern  insiru- 
mont  zum  schicssen  gehörig,  qxtelle  bei  Vbith  468*;  ent- 
sprechend:  stosze  mit  dem  stamper  die  kugel  und  proz 
ttufs  pulver.  Wai.i.uadsen  des  soldat  tu  fust  abc  16. 
Btan)|>r(>r  in  rlner  i><ii>iermiihlr-  (im  getrolff  des  ralhausee,) 


681 


STAMPFERIN — STAMPFMACHT 


wo  alte  acten  in  dicker  staubhülle  die  zeit  erwarteten, 
in  welcher  ihr  stillleben  anter  dem  Stampfer  einer  Papier- 
mühle enden  würde.   Frettag  6,  149  (verl.  handschr.  l). 

5)  Stampfer  zu  dick  oder  steif  geratener  brei.  Marti  N- 
LiENHART  elsäss.  \cb.  2,  öST**.    ^gl.  stampf  5,  c. 

STAAIPFEEIIN,  /.  zu  dem  vorigen:  stampferinn,  piatrix. 
Steinbach  2, 667.    vgl.  Stieler  «nfer  Stampfer  l,  a. 

STAMPFERL,  n.,  deminut.  zu  Stampfer. 

1)  der  kleine  fusz  eines  kindes.  Klein  2, 167;  Vorarlberg. 
stampferle  B'rommanns  zeifecÄr.  3, 401;  »^/.  Schm.^2,  760; 
stampferin  die  kinderfiisze.  Hügel  155». 

2)  ent^rechend  oben  stamper.  österr.  sehdampfarl  (da- 
nehen  schdamparl)  kleines  trinkglas  für  starke  getränke, 
z.  b. :  a  sehdampfarl  brändwein.  Castelli  232*. 

STAMPFERMUHLE ,  /.  papiermühle,  tcoiin  das  papier 
mit  der  schlagstampfe  geglättet  loird.  Jacobsson  3, 610''. 
s.  auch  schlägermiihle  {tJieil  9, 415). 

STAMPFE ASZ,  n.  eine  vieieckige  grübe,  in  vxleher  tinn 
gepocht  wird.  Jacobsson  7, 425*. 

STAMPFFÜSZ,  m.  plumper  und  dicker  fusz.  quelle  von 
1792   bei   ÜNGER-KhULL  569». 

STAMPFGANG,  m.  in  einer  mühle  der  gang,  in  icelchem 
die  kämer  nicht  gemahlen,  sondern  gestampft  tcerden.  Jacobs- 
son 4,  253».  Adelung,    gegensatz:  mahlgang  (theil  e,  itö6). 

STAMPFGERSTE,  /.  gerstengraupe.  Stalder  2, 391. 

STAMPFGESGHIRR,  n.  wie  stampfwerk  (s.  u.),  z.  b.  in 
der  Papiermühle. 

STAMPFHAMMER,  m.  bei  den  gürüern  ein  hammer. 
icelcher  die  hohlform  der  knöpfe  herstellt.  Adelung. 

STAMPFHART,  m.,  wol  imperativisehe  büdung;  so  scherz- 
hafte benennung  eines  fiohes: 

{fiöhe.)  welche  der  hanptman  StamQiart  ffiret. 

Fischart  2,  42  Kurz  {fiöhhaz  1533), 

jhei  jedoch  die  möglichkeit  einfacher  analogiebildung  zu 
inen  wie  Gerhart,  Gebhart  u.  s.  w.  zu  erwägen  bleibt. 
c.    älterer  spräche   auch  als  bezeichnung  eines  geicalkten 
tuches:  man  erloubt  im  hüsloden  grä 

und  des  viretages  blä, 
von  einem  guoten  stampfhart. 

Skifr.  Helbling  2,  73  (seffecAr.  /.  d.  Ott.  4, 43), 

wo  allerdings  ein  adj.  stampfhart,  'unter  dem  stampf 
hart,  fest  geworden,  geicalkf'  voraus  liegen  mag.  vgl. 
SCHM.^  2,  769. 

STAMPFHAUFEN,  «i.  in  der  papiermülde  der  häufen 
lumpen,  welcher  auf  einmal  unter  den  stampf  gebracht 
werden  kann.  Jacobsson  4,  253*. 

STAMPFHAÜS,  n.  haus,  in  welchem  gegenstände  gestampß 
werden.  Campe.  aZ^emein^-aZ«  «nfenstampfmühle:  stampf- 
haus das  gebäude,  worin  die  farberröthtourzeln  gestampft 
"i-den.  Jacobsson  4,  253». 

STAMPFIG,  STAMPFICHT,  adj.  l)  mit  activem  sinne: 
stampJicht,  inquietus,  tumultuosus,  et  tumultuose.  Stieler 
2120;  stampficht,  calpestoso.  cioe  che  calpesta,  stampita 
w  natura.  Kramer  dic^.  2  (1702),  906'';  stampfig,  gern 
■impfend.  Campe;  stamptichte  pferde,  equi  calcitrosi. 
TiELER  a.  0.,  cavalli  campestanti,  stampitanti,  fodicanti. 
Kramer  a.  o.;  stampfichter  gang,  progressio  incitatior, 
gradus  plumbeus ,  progressus  rusticus,  instrepens.  Stie- 
ler a.  o.;  ein  stampfichter  gang,  un  eaminare  calpestoso. 
Kramer  a.  o. 

2)  mit  passivem  sinne :  stampficht,  pactilis,  eompactilis. 

I  lELER  2120. 

STAMPFKALANDER,  m.  eine  stampf maschine ,  ledche 
getceben,  papier  und  leder  eine  gröszere  dichtigkeit  und 
"'ätte  giebt.    vgl.  oben  stampfgeschirr  und  unten  stampf- 

crk. 

STAMPFKEULE,/.  mörserkeule.  rostocksehe  neue  gemein- 
nutz,  aufsätze  1807  st.  23. 

STAMPFKLOTZ,  m.,  dasselbe  wie  ramme  1  (».  theü  8, 
ap.  76).  Jacobsson  4,  253».  Adelung. 

STAMPFKNECHT,  m.  knecht  bei  einer  rinden,  loh-  oder 
fatnpfe.  UjiGEK-Kav u.  ateir.  ioortsch.  569*.  ».auch 
anpfhube. 

•  i.vMPFLOCH,  n.  in  einem  stampfwerke  loch  de»  tröge». 

I  welches  die  stampfkeule  fällt.  Campe;  stampfloch,  in 
i'lz  gehöhlt,  in  der  Pulverfabrik.  Kahmarsch-Heeren'3,322. 

STAMPFMACHT,  /..-  die  riesenmaschinen  kamen  ihm 
lebendig  vor,  die   hauenden  rUssei,  die  unaufhaltbaren 


STAMPFMASCHINE— STAMPFWEG       682 

stampfmächte  und  klotze  wurden  von  seltsamen  kräflen 
und  geistern  geregt  und  gehoben.  J.  PAVhflegeljahreS,  100. 

STAMPFMASCHINE,  /..-  stampfmaschine ,  tcelche  die 
köpfe  der  nähnaddn  stanzt.  Karmarsch-Heeren^  6,  215. 
im  vergleich:  die  schwere,  winde,  die  säuren  sind,  so  zu 
reden,  die  stampfmaschinen  durch  die  der  stof  bearbeitet 
wird.  Lichtenberg  aphorismen  l,  s.  189  Leitzmann. 

STAMPFMESSER,  n.  stampfe,  welche,  unten  mit  einem 
measer  veraehm.  da»  futter  für  da»  vieh  zerkleinert. 

STAMPFMÜHLE,  /.  mühle,  tcelche  mit  dem  stampf 
arbeitet,  vne  z.  b.  die  öl-,  loh-,  papier-.  Walkmühle,  tm  gegen- 
satz zur  mahlmühle  (s.  theil  6,  sp.  1457),  vgl.  auch  daa  ent- 
sprechende verltältni»  oben  unter  stampfgang:  stampffmüle, 
stempffelhausz ,  pistrinum.  Maalbr  384»;  stampffioidhl, 
moulin  au  quel  on  pile  des  drogues.  molino  da  pistare 
ingredienti,  medicine.  Hülsiüs  (1616)  306»;  ein  backhaus 
und  mühlen,  eine  stampffmühl,  pistrinum.  Comenius  fons 
lat.  491»;  stampfmüle,  pistrinum.  Stieler  1303;  stampf- 
müle,  mtdino,  mala  da  stampare,  pestare  e  inf ratigere 
speeie  etc.  infrantoio.  Kramer  dtc^.  2  (1702),  905'» ;  stampf- 
mühl,  mala  contusoria.  Frisch  2,  sn^;  stampfmühle  Ade- 
lung, auff  dasz  sie  {die fische)  im  lufft  recht  genug  wacken- 
steinig  erhärteten ,  unnd  wider  mit  laugen  zu  miltem, 
noch  mit  stempfTeln  unnd  stampffmülen,  treschem  unnd 
stockfischklopffern  zu  erweichen  weren.  Oarg.  81  neiulr.; 
nachmals  stampfeten  sie  es  {das  getreide)  mit  einem  fall- 
block oder  fallstämpfel  in  der  stampfmühlen.  Comenius 
janua  aurea  linguarum  (1644)  402.  im  vergleich:  mit  froher 
gierigkeit  regten  sich  nun  die  kinnbacken,  dasz  man  hätte 
glauben  sollen,  das  taktmäszige  geräusch  einer  stampf- 
mühle zu  hören.  Mus.\us  Volksmärchen  3,  80  Hempd;  im 
abgelegenen  räum  auf  einem  alten  groben  eichenständer, 
da  harren  sie  {die  akten)  der  stampfmühle,  da  harren  sie 
der  Vernichtung  und  auferstehung.  T.  Kroger  leute  eigener 
art  142.  übertragen:  weil  die  stampfmühl  deiner  zahne 
{bei  Skorbut  des  Zahnfleisches)  in  einem  morast  steht. 
Minderer  medie.  milit.  (1634)65.  bUdlidi:  herausgeworfen 
aus  dem  elysium  meiner  seligen  jugendlichen  einsamkeit 
in  die  lärmende  stampfmühle  der  verkehrenden  und  ver- 
kehrten weit.  Renzel-Sternau  bei  Campe. 

STAMPFPERLE,  /.  bezeichnung  ganz  kleiner  perlen, 
weiche  nicht  durchlocht  tcerden,  sondern  in  der  apotheke 
zu  heilpulver  zerstampft  werden.  Jacobsson  7, 129;  Campe. 
stampfperlen,  stoszperlen.  Nemnich.  *.  auch  samenperle 
{theil  8,  sp.  1737). 

STAMPFRAD,  n. .-  ain  millrad,  stampf-  oder  walchrad. 
tirol.  iceisth.  3, 134, 12. 

STAMPFREITEN,  verb.  in  der  »eemannaapraehe  von  dem 
schiff:  heftig  stampfend  vor  anker  liegen.  RoBRiK  658''. 
vgl.  oben  stampfen  5  und  Stampfer  3. 

STAÄIPFSCHLÄGEL,  m. :  der  fuszboden  ist  mit  einem 
stampfTschlägel  geestricht.  Comenius  janua  aurea  lin- 
guarum (1644)  551.  in  der  spraehenthür  von  1657  braucht 
er  dafür  Stampfer. 

STAMPFSEE,  /.  in  der  seemannssprache  eine  heftige  weüe, 
tcelche  sich  gegen  das  vordertheil  eines  schiffe»  stürzt  und 
ilim  eine  stampfende  beicegung  giebt.  Robrik  621''.  vgl.  dazu 
stampfen  5  und  Stampfer  3,  soicie  stampfreiten  und  stampf- 
stoszen. 

STAMPFSTEVEN,  m.  in  der  seemannssprache  ein  achter- 
steveji.  der  senkrecht  auf  dem  kiel  steht.  Bobrik  667''. 

STAMPFSTOSZEN,  verb.  in  der  seemannssprache  von 
einem  schiff:  heftig  stampfen.  Bobrik  659».  vgl.  stampfen  5 
ttnd  stampfreiten. 

STAMPFTROG,  m.,  in  welchem  kraut  u.  dgl.  gestampft 
xcird:  stampfftrog,  une  äuge  ou  semblable  bois  creuai. 
auqttel  on  pile  ou  hache  bien  menu.  de  chouix.  carote»  ou 
choses  semblables.  HuLSius  (1616)  306»;  stampftrog  Ade- 
lung; stampftrog,  tcorin  die  rüben  zerstampft  werden. 
LiENHART-MaRTIN   2,746''. 

STAMPFÜNG,  /.  handlttng.  Vorgang  de»  »tampf eyi»: 
trettung,  stampfTung,  ealcatio.  Dastpodius  ;  die  stampffung, 
calcatio.  Maaler  384»;  stampffung  Hulsius  (1616)  306»; 
stampfung,  conculcatio  ip»eque  actus  conspi»»andi  et  eon- 
stipandi,  contusio.  Stieler  2120;  stampfung,  ealeametUo, 
stampamento  etc.   it.  impronto.  Kram  er  dict.  2  (1708),  906"*. 

STAMPFWEG,  m.  der  fu»z»teig.  Schm.*  8,  760.  vgl. 
stampfen  4. 


683 


STAMPFWERK— STAND  (1) 


STAND  (1) 


684 


STAMPFWERK,  n.  werk  in  einer  miihle  oder  fabrik, 
welches  stampfarbeit  vernichtet.  Campe;  dann  attch  eine 
solche  miihle  oder  fabrik  selbst. 

STAN,  verb.,  s.  stehen. 

STAND,  m.  status,  ordo,  'handlung,  ort.  art  des  Stehens'. 
Heyne,  verbal^ubst.  zu  stehen,  den  altem  germ.  sprach- 
stufen fremd,  in  den  Übenden  sprachen  weit  verbreitet,  nur 
ags.  scheint  einmal  stand  (nom.  pl.  stondas)  im  sinne  'mora' 
vorzukommen,  *.  Bosworth-TollerOIO*.  {mittelengl.  Bi&r\d 
Cursor  mundi  leoi,  «.  Sthatmann-Bhadi.ey  STS'';  neuengl. 
stand  bei  Shakesp.  s.  A.  Schmidt  Shakesp.-lex.^  2,1111», 
vgl.  Skeat  591».)  im  deutschen  ist  stand ,  stant  seit  dem 
H.jahrh.  belegt  (ahd.  stand  nur  als  2.  tlieil  von  Zusammen- 
setzungen Graff  6,  607),  und  zioar  mnd.  getcöhulich  als 
tieutr.,  s.  Schiller  Lübben  4,  362V-,  mhd.  stets  als  wmsc. 
Lexer  handwb.  2,1137/.  ebenso  hoU.  stand,  vgl.  Franck  955. 
in  den  neunord.  sprachen :  dän.  stand,  com.;  norw.  stand,  n. 
und  f.  Aasen  744»;  ist.  stand,  n.  Cleasby-Vigfusson  587''; 
schwed.  st&nd,  fi.  im  deutsclien  bietet  die  form  zu  xceitern 
bemerkungen  keitten  anlasz.  {die  vereinzelte  Schreibung 
stände,  s.  Luther  unter  6,f,  ist  natürlich  ohne  bedeutung.) 
der  plur.  lautet  mit  umZaut  stände,  auch  die  mundarten. 
in  denen  stand  allgemein  verbreitet  ist.  zeigen  nur  die 
durchgängigen  und  selbstverständlichen  lautschioankungen , 
S.  StALDER  2,391.  HuNZIKER  250.  TOBLER  406^  SeILEH 
277».  SCHM."  2,  765.  HÜGEL  155»  (stand).  SCHÖPF  699  (stand). 
ZiNGERLE  (stant).  Haltrich  88  (stand).  Lenz  67''.  Mei- 
siNGER  181».  Schmidt  232.  Autenrieth  136  (stann); 
Müller-Weitz  233.  Pfister  283.  Cregelius  804(schdänd). 
Liesenberg  204  (schtant).  Frischbier  2,  361^.  Bren- 
DicKE  177''  (berl.  schtand);  nd.  Schütze  4,186.  Dähnert 

457».  TEN  DOORNKAAT  KOOLMAN  8,  300''.^  ScHAMBACH  208». 

WoESTE  253».  Bauer-Collitz  98''  (stant).  vgl.  noch 
Wächter  1584.  Weigand  2, 795.  Kluge^  875^ 

l)  das  stehen,  handlung  des  Stehens. 

o)  im  eigentlichen  sinne  von  manschen,  selten:  stand,  m. 
sfatione,  stanza,  stato,  sussistenza.  sostegno  sH  i  piedi. 
Kramer  dict.  2,929";  actus  standi.  Haltaus  1728.  stehende, 
aufrechte  körperhaltung : 

(er)  fast  mit  der  rechten  band  die  brüst 
und  neiget  sich  wie  er  wol  wüst, 
nachmals  credentzt  er  jhn  (in)  dem  stand 
dieselbe  seine  rechte  band, 
gab  sie  dem  könig,  der  zuvor 
sein  band  ihm  da  anboth  empor. 

froschm.  D  2»  (1,  1,  2,  289). 

(art  zu  stehen:)  sin  stant  was  recht  up  myt  enen  oth- 
modighen  ghebogheden  halse,  nd.  quelle  des  15.  jahrh., 
».  Oerm.  12, 103.  im  gegensatz  zu  andern  Positionen,  beson- 
ders zum  gang:  mit  jhrem  auffgeblasenen  standt  und 
gang,  als  wann  sie  lauter  TuUii  waren.  Garzoni  allgem. 
schawplatz  lOS*" ; 

wie  ewer  gang,  stand,  dantz,  geberden, 
ein  paradis  auf  diser  erden  (machen). 

Weckherlin  448  (8.  ode  7,  «.  227  Fischer). 

so  im  bilde:  das  leben,  besonders  das  sittliche,  hat  flug, 
dann  sprung,  dann  schritt,  endlich  stand.  J.  Paul  36,  26. 
seltner  den  andern  unbeioegten  körperhaltungen,  wie  sitzen, 
liegen,  gegenübergestellt,  vgl.  Hamann  3,92  unter  8,  i,  ß. 
so  auch  im  bilde: 

unsre  weit  ist  scbläge-faal. 

setzt  sieb  wie  ein  etätig  gaul  I 

wil  sie  got  zu  stände  bringen, 

masz  er  sie  mit  teuer  zwingen.    Looali  1,  27,  91. 

i)  stand  ist  im  18.  jahrh.  JUiufxg  als  ausdruck  der  kunst- 
hetrachtung  in  bezug  aufplastik  und  maierei.  Jacobsson 
4,  264»  verzeichnet  stand  des  körpers  als  modewort.  ins- 
f/esondere  ist  es  ein  lieblingsausdruck  Winckelmanns, 
von  dem  es  vielleicht  Lessino  und  Herder  übernommen 
haben  {vgl.  Behoer  Herder  u.  Winckelmann  s.  60).  gewöhn- 
lieh mit  adjectiviachem  tusatt,  wobei  denn  stand  in  die 
bedeutung  einer  besondem  art  tu  stehen,  der  haltung  des 
kOrpera  im  einzelnen  übergeht:  stand  und  gebohrdcn  an 
den  alten  figurcn  sind  wie  an  einem  menschen,  welcher 
achtang  erwecket  und  fordern  kann.  Winc:kki.mann  1,866; 
im  rabigen  stände,  wo  ein  bein  das  tragende  ist,  und 
dos  andere  das  spielende,  tritt  dieses  nur  so  weit  surUck, 
als  nKthig  war,  die  iigur  aus  der  senkrechten  linie  tu 
setzen.  . . .  den  neuem  kUnstlem  schien  ein  ruhiger  stand 
unbedeutend  und  ohne  geist;  sie  dicken  daher  dun  spie- 


lenden fusz  weiter  hinaus,  und  um  eine  idealische  Stellung 
zu  machen,  setzen  sie  ein  theil  der  schwere  des  körpers 
von  dem  tragenden  beine  weg.  ...  wo  der  räum  diesen 
stand  der  beine  nicht  erlaubete  u.  *.  w.  259;  es  giebt  leiden- 
schaften  .  . ,  die  . . .  den  ganzen  körper  in  so  gewaltsame 
Stellungen  setzen,  dasz  alle  die  schönen  Knien ,  die  ihn 
in  einem  ruhigem  stände  umschreiben,  verloren  gehen. 
Lessing  6,384  {Laok.  1,2);  woher  kam  den  ältesten  grie- 
chischen bildsäulen,  jener  unbewegte  stand,  jene  gerade 
Stellung  ohne  handlung  ?  Herder  2, 125  Suphan  (fragm.  2, 4). 
sogar  taufologisch :  auf  der  einen  seite  erklärt  er  sich, 
dasz  die  Stellung  des  Miles  Veles  gleichfalls  nicht  voll- 
kommen der  beschreibung  des  Nepos  entspreche  .  . :  und 
auf  der  andern  räumt  er  ein,  dasz  der  stehende  stand 
des  Borghesischen  fechters  sich  mit  den  werten  des  Nepos 
eben  so  wohl  zusammen  räumen  lasse,  als  der  kniende 
des  Miles  Veles.  Lessing  8,  lll  (antiqu.  br.  87).  in  diesem 
sinne  gebraucht  Winckelmann  auch  den  plural:  das 
schönste  nackende  der  körper  zeigte  sich  hier  in  so 
mannigfaltigen,  wahrhaften  und  edlen  ständen  und 
Stellungen,  in  die  ein  gedungenes  modeil . . .  nicht  zu  setzen 
ist.  Winckelmann  1,14;  das  gewaltsame  der  Stellung 
flieszet  aus  der  ersten  eigenschaft  {dem  geztoungenen); 
denn  um  den  gesuchten  starken  ausdruck  und  die  empfind- 
liche andeutung  zu  erhalten,  setzte  man  die  figuren  in 
stände  und  handlungen,  worin  sich  jenes  am  sichtbarsten 
äuszern  konnte.  3,  221.  so  dann  auch  in  bezug  auf  die 
Schauspielkunst:  wenn  in  einer  heftigen  Situation  die  seele 
sich  auf  einmal  zu  sammeln  scheinet.  . . .  die  glieder  alle 
gerathen  in  einen  stand  der  ruhe,  um  die  innere  ruhe 
auszudrücken.  .  . .  mit  eins  tritt  der  fortschreitende  fusz 
fest  auf,  die  arme  sinken,  der  ganze  körper  zieht  sich  in 
den  wagrechten  {senkrechten?)  stand.  Lessing  7, 17  {Hamb. 
dramat.  3).  vgl.  noch:  es  {dus  vnlde  oder  freche)  hat  bey 
ihr  {der  Schauspielkunst)  alle  das  ausdrückende,  welches 
ihm  eigenthümlich  ist,  ohne  das  beleidigende  zu  haben, 
das  es  in  den  bildenden  künsten  durch  den  permanenten 
stand  erhält.  26  (5). 

c)  stand  bezeichnet  das  feststehen  im  gegensatz  zum 
wanken  oder  fallen  .- 

ach,  heil  und  brin^  in  bessern  stand 
das  straucheln  memer  fUszel 

F.  Gerhardt  s.  211,  76  Qödekt. 

dabei  geht  es  zuweilen  in  die  bedeutung  'möglichkeit  zu 
stehen,  ort  wo  Tnan  fest  stehen  kann'  Über  {vgl.  4): 

du  hast,  herr,  unser  flehen  .  .  . 
nun  gnädig  angesehen, 
suchst  unsrer  noWnung  bahn 
und  sichern  stand  zu  machen. 

Dach  «.  626  Osterley. 

gewöhnlich  mit  haben  und  adjectivischer  bestimmting:  einen 
festen  stand  haben,  haver'  un  sostegno  sodo,  saldo  de'  sttoi 
piedi,  it.  stare  saldo,  fermo  su  i  piedi.  Kram  er  dict.  2,929"; 
keinen  festen  stand  haben,  non  haver  fondo  terretw. 
saldo  da  potei-  consistere  fei-mo  sit  i  piedi;  vacillare  etc. 
ebenda,  nicht  fest  stehen  können.  Adeluno  (l,  l);  ich  habe 
hier  keinen  guten  stand,  stehe  hier  nicht  gut.  ebenda  (8,  l). 
er  het  e  feste  stand.  Hunziker  250.  jetzt  an  einem  orte, 
z.  b.  auf  einem  felsen  einen  festen,  sichern,  guten  stand 
haben. 

d)  vereinzelt  finden  sich  in  diesem  sinne  verbale  fügun;/'  ,1. 
die  gewöhnlich  die  unter  2  beJiandelten  bedeutungen  uuj 
iceisen.  so  mnd.  dat  stand  begripen  festen  fusz  fassen, 
bei  der  landung:  unde  de  Denen  begrcpen  dat  stand  uppe 
dem  lande.  Korner  ieiScnii.LER-LüuuEN  4,dei^{rgl.i.a); 
den  stand  halten  ™  fest  stehen  {vgl.  i,b): 

wenn  er  (jgoU)  mich  auch  gleich  wirft  ins  nieer, 

so  will  er  mich  nur  üben 

und  mein  gomUt      in  seiner  gUt 

tfowOhncn  fost  zu  stehen : 

halt  ich  den  stand,      weise  seine  band 

mich  wieder  zu  erhöhen. 

F.  (iKHiiAKUT  «.  88, 16  Qödekt. 

e)  eine  bedetttungsentwieklung ,   die  »ich  mUi  stehenden 
fuszes  vergleicht,  hat  stand  in  der  bair.  ioendung  bei  stand!  ^ 
(ba  stand)  'auf  der  stdle,  gleich'.  SciiM.*  t,766.    (da^(9«»|| 
ist  gleiehbedeutende»  von  standen  an  B.  Waluis  Etopu*  lötf^ 
bl.  881<>  ■-  4,  7,  16   drttckfrhlrr  für  stunden,  t.  dtu.)     Vfl, 
auch  Standgericht     r;    '  '     rode. 


685 


STAND  (2) 


STAND  (2) 


686 


2)  stand  als  Verbalsubstantiv  nimmt  gern  einen  prägnan- 
teren sinn  an  und  ist  dann  sehr  geicöhnlieh  in  festen 
verbalen  fügungen.  von  menschen  gesagt,  bedeutet  es 
dann  ein  stillstehen,  stehenbleiben  im,  gegensatz  zum  fort- 
gehen, fliehen ;  geicöhnlieh  vom  vnderstand  gegen  feindlichen 
angriff. 

a)  mnd.  dat  stand  begripen  auch  in  diesem  sinne:  de 
van  Meideborch  begrepen  dat  stant  unde  krigeden  mit 
den  gndemans  dre  jare.  quelle  bei  Schili-ER-LCbben 
4,  362^.  da-  entsprechende  hd.  ausdrucJc  stand  fassen  ver- 
einzelt bei  nd.  autoren: 

wo  etwan  ein  morast, 
und  wo  ein  enger  weg,  ward  erstlich  stand  gefasst, 
bis  ein  vollkommnes  beer,  das  freye  feld  zu  kiesen, 
sich  unterstehen  dürft'.    Postel  tf'ittekind  s.  54  (3,  304). 

dafür  seit  dem  17.  jahrh.  auch  posten  fassen,  s.  posten  2,a,  a, 
theil  7,  2023. 

b)  gewöhnlich  stand  halten,  das  mnd.  setzt  auch  hier 
den  artikel:  dat  stand  holden,  s.  Schiller-Lübben  4,362''; 
im  hd.  fehlt  er  dagegen  regelmäszig  (anders  1,  d):  stand 
halten,  stare  saldo,  durare,  tener  pie  fermo,  consistere, 
teuer  buono,  non  voltar  faccia,  non  mutar  posto.  nicht 
standhalten:  sie  halten  nicht  stand.  Kramer  dict.  2,929"; 
nicht  stand  halten,  certamen  detrectare;  er  hältt  stand, 
adventum  altenus  sustinet.  Steinbach  2,669;  stand,  im 
gegensatz  der  bewegung,  stand  halten,  stare,  non  aufugere, 
festen  fnsz  halten,  nicht  stand  halten.  Frisch  2,  317", 
s.  auch  Adelung  l,  2,  a  und  fusz  I,  A,  5,  c,  a,  theil  4,  l,  979/. 
auch  mundartlich,  Schweiz,  stand  halte  Hunziker  250. 
absolut:  der  feind  behielt  dadnrch  immer  frische  leute, 
und  es  war  zu  befürchten,  dasz  die  sechstausend  Würtem- 
berger,  wenn  sie  auch  noch  so  tapfer  stand  halten  sollten, 
endlich  aus  ermattung  würden  unterliegen  müssen.  Hauff 
1, 740  Reclam  {Lichtenst.  34);  die  Germanen  . .  .  springen  .  . . 
gegen  die  reihen  der  Römer.  . . .  die  reifer  der  Römer 
halten  stand.  Freytag  17  (bilder  l),  97; 

so  kommt  denn  her  und  greift  mich  an, 
ich  halte  sicher  stand,    (jöckingk  2,  35 ; 

niemand  hielt  stand,    das  fliehn  war  allgemein. 

Schiller  13,  226  (Jungfrau  v.  OH.  2, 1); 

nimm  mindstens  deine  Veteranen  mit, 
die  zehn  manipeln.    sie  sind  stark  genug 
im  nothfall  stand  zu  halten,  bis  Sever 
mit  hülfe  nachkommt.    Gkibel  7,  52. 

mit  dativ: 

haltet  mir  nur  stand, 

strausz  mit  euresgleichen 

ist  mir  kindertand.     Chamisso  3,173  (,don  Quixote); 

als  die  Latiner  aus  Lavinium 

nicht  mehr  dem  stürm  der  feinde  hielten  stand. 

Uhi-and  ged.  (1864)  379. 

bildlich  vom  wortstreit:  ich  hielt  ihm  stand,  und  focht 
mit  ziemlicher  heftigkeit.  Göthe  16,  94.  auch  dem  tode 
stand  halten: 

unverrtickt  in  glied  und  reihe  hielten  wir  dem  tode  stand. 

W.  MÜLLER  ged.  (1868)  8, 100. 
t  angäbe  der  \caffe: 

als  wie  ein  held  in  seiner  band 
geschwinde  kriegespfeile  trägt,  % 

sie  aufT  den  starcken  bogen  legt: 
schnellt  losz  und  hell  mit  ihnen  stand. 

Oprrz  p».  127,  4. 

'jertragai  •  der  graf  Platen  hat  mir  doch  noch  viel  zeit 
gekostet,  da  man  mir  mit  prozessen  drohte,  und  ich  .  . . 
beständig  schlagfertig  mit  daten  und  witzen  standhalten 
muszte.  Heine  3,  208  Elster.  —  stand  halten  steht  häufiger 
in  freierem  sinne,  zunächst  mit  bewahrung  der  sinnlichen 
bedeutung  (nicht  fliehen):  aus  schäm  muszt'  ich  stand 
halten ;  mich  von  ihm  (dem  prinzen)  los  zu  winden,  würde 
die  vorbeygehenden  zu  aufmerksam  auf  uns  gemacht 
haben.  Lessing  2,  137  {Em.  Gal.  2,6);  ohne  einer  frage 
stand  zu  halten,  eilte  er  fort.  Pichler  allerlei  gesch.  aus 
Tirol  1,108;  dann  auch  ohne  diese;  einem  blick,  einer 
frage  stand  halten,  sie  ermdem  u.  ähnl.:  lange  genug 
hielt  die  heldin  stand  (hielt  an  sich).  Schiller  3,  404 
(hab.  u.  liebe  2,  3) ;  ich  selbst . .  .  vermochte  es  nicht,  dem 
durchbohrenden  blick  stand  zu  halten,  der  unter  den 
finstern  augcnbranen  blitzewerfend  hervorschosz.  4,338; 
sie  sah  ihn  dabei  fast  düster  an,  aber  Hauke  hielt  ihr 
tapfer  stand.  Storm  7, 168; 


du  siehst  so  ernst,  geliebter!   deinem  bilde 
von  marmor  hiermocht  ich  dich  wohl  vergleichen; 
wie  dieses  gibst  du  mir  kein  lebenszeichen  .  .  . 
ich  suche  dich,  du  suchst  mir  zu  entweichen; 
doch  halte  stand,  wie  dieses  kunstgebilde. 

GöTHB  2,  6  (ton.  4) ; 
sie  sah  nicht  auf  vom  werke, 
tiielt  keiner  frage  stand; 
sie  stickte  ihren  namen 
schwarz  in  das  weisze  band. 

W.  MÜLLER  ged.  (1868)  1, 138. 
schmerzen  ertragen: 

wie  hält  die  kSnigin  in  ihrer  marter  stand? 

A.  Gryphius  1, 164  (Cath.  r.  Georg.  5, 19). 

so  zugleich  mit  der  eigentlichen  bedeutung:  o  herr  Jesu, 
der  du  vor  mich  am  stamm  desz  creutzes  einen  unbe- 
weglichen und  festen  standt  gehalten.  J.  M.  Meyfart 
d.  himnU.  Jents.  (l630)  2, 197.  bei  einem  stand  halten,  bei 
ihm  bleiben,  fest  zu  ihm  halten,  ihn  nicht  verlassen :  gute 
biszgen  gemessen  machet  starck  beten  können,  gibt  gut 
vertrauen  und  Willfährigkeit  bey  gott  stand  zu  halten. 
Olearius  pers.  rosenth.  87»  (7,  20); 

wer  ihn  den  herren  lieht  .  . , 

bey  diesen  hält  er  stand.    Opitz  p*.  97,  6. 

in  weiterer  Übertragung  wird  stand  halten  dann  auch  mit 
unpersönlichem  subject  gesagt  in  verschiedenen  nuaneen: 

kein  ruf,  kein  rühm  hält  weiter  stand ; 

selbst  Faustens  name  wird  verdunkelt. 

Göthe  41,  96  (Faust  II,  2) ; 

dasz  die  idylle  bei  näherer  betrachtung  stand  und  stich 
hält ,  freut  mich  sehr,  an  Schiller  171 ;  soll  ich  dir  alles 
gestehen  Fiesko  ?  dasz  nur  mein  laster  meine  fügend  be- 
wahrte . . .  nur  bis  hieher  meine  grundsäze  stand  hielten  ? 
du  .  . .  nimmst  deine  Zuflucht  zu  Julias  bluL  hier  ver- 
lassen sie  mich.  Schiller  3, 124  (Fiesko i,  12);  diese  sanft- 
muth  war  keine  larve  —  sie  hat  auch  dem  tod  stand 
gehalten.  504  (kab.  u.  liebe  6,7);  aber  auch  diese  muth- 
maszung  hielt  nicht  stand.  C.  F.  Meyer  Jenatsch  183.  — 
*.  au^ch  unten  standhalten,  -halter. 

c)  stand  halten  kommt  erst  im  il.  jahrh.  auf;  die  spräche 
des  16.  jahrh.  sagt  dafür  stand  thun,  xciderstand  leisten  (be- 
sonders oberd.) :  seind  die  von  Nürnberg  hinansz  gefallen, 
mit  schlechter  rüstung  .  .  .,  vermeinten  auch  villeicht, 
der  margraff  wurd  jnen  nit  stand  thän  noch  yr  erwarten. 
Fran  c K  cÄron.  (l53l)2l8*;  die  Franzesischen  eidgnossen 
hättid  gern  ein  stand  getan  in  der  vorstat.  Anshblm 
.Bern«r  cÄron.  4,  449,  25;  da  ereüt  er  sie,  und  wiewol  sie 
vermainten,  ain  vortaü  zu  haben,  und  zu  der  wehr  sich 
stallten,  so  kunten  sie  doch  kein  standt  thuen  und  fluhen 
gleich  widerumb.  Zinwn.  cAron.^  i,  200,  28;  damit  thetten 
die  Gallischen  föszknecht  auch  kein  stand.  Stümpff 
Schweytzer  chron.  (1606)  96*; 

diese  history  zeiget  an, 

bösz  sey,  dem  sterckem  stand  zu  than. 

Ayrer  2223,  9  Keüer. 
ungewöhnlich  ist  die  coTvstruction : 

wolt  einer  bringen  die  würm  umb. 
so  musz  er  mich  vor  fragen  drumi) 
und  müst  mir  vor  ein  stand  auszstehn, 
dasz  jhm  sein  hochmuth  würd  vergehn. 
ich  wolt  gern  den  holden  schauen, 
der  mir  wolt  oder  meiner  trauen 
mit  streiten  etwas  gwinnen  an.    1104,  4. 

mit  adjectivischer  bestimmung :  die  Römer  bekanten  auch 
dasz  sie  keyn  hefftigem  streit  noch  hertem  standt  nie 
gethon  betten.  Carbach  Liv.  70*;  dieweil  wir  jetzt  in 
letsten  nöten  seyn,  so  ist  das  höchst  dasz  jhr  starck- 
mütig  seyt,  dann  wir  müssen  ein  hartem  stand  thun, 
auff  dasz  wir  frey  unnd  sicher  leben,  buch  der  liebe  203». 
zuweilen  harter  stand  auszerlialb  dieser  construction :  (da- 
durch tourden)  alle  beistender  des  apt  Haldreichs  der- 
massen  erbittert,  das  sie  nit  nachlassen  oder  weichen 
wolten,  bis  die  feind  geschlagen  . . .  weren.  theten  darauf 
ain  ernstlichen  angriff.  ...  als  nu  herzog  Berchtolt  den 
ernst  und  grimmen,  auch  den  harten  stand  des  apts 
und  seines  anhangs  ersähe  . . .,  begab  er  sich  ...  in  die 
flucht.  Zimm.  ehron.^  1, 79, 14. 

d)  harter  stand  begegnet  daneben  in  einer  bedeutung, 
der  dasselbe  bild  des  kampfes  zt*  gründe  liegt,  aber  mit 
verschobener  beziehung  (im,  anschlusz  an  1,  c);  es  bezeichnet 
eine  läge,  wo  man  schwer  stehen,  widerstand  leisten  kann,  wo 
man  hart  bedrängt  tcird.   »o  ganz  vereinzelt  in  neuerer  zeit: 


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bis  ich  dich  wiederschaue 
nach  manchem  harten  stand. 

Umland  ged.  (1864)  229  (d.  j.  könig  1). 

so  wol  arich  in  freierer  Verwendung :  wenns  zu  solchem 
liarten  stände  und  zügen  nicht  körnet,  so  schmecket  uns 
gottes  gnade  und  hülffe  nicht.  Luther  16,  267, 17  Weim. 
ausg.  (tfH  lat.  text:  extra  pericula  sua  gratia  non  est  dulcis). 
in  neuerer  zeit  ganz  geicöhnlich  in  verbalen  fügungen. 
ein  harter,  schwerer  stand,  stato  duro  e  difßcile.  Kramer 
dict.  2,930";  icohei  schwer  noch  häufiger  als  hart  i>f.  vgl.: 
hernach  heiszen  die  verdrüszlichen  umstände,  in  die 
jemand  gerathen  kann,  auch  ein  harter,  ein  schwerer 
stand,  er  wird  einen  schweren  stand  haben.  Gottsched 
beobachtungen  (1758)  277.  in  der  eigentlichen  bedeutung  vom 
kämpfe  seltener:  weil  er  nun  nachricht  bekam:  dasz 
hertzog  Ganasch  . . .  mit  dem  Germanicus  einen  harten 
stand  hatte,  liesz  er  ihn  .  .  .  versichern:  dasz  er  ihm 
durch  einen  anfall  in  der  Römer  rücken  bald  lufft  machen 
wolte.  Lohenstein  Armin.  2,2*7^; 

seht  hin  !  gewahret  die  bedrängnisz 

um  unsrer  neiden  felsenwand. 

die  nächsten  höhen  sind  erstiegen, 

und  würden  sie  den  pasz  besiegen, 

wir  hätten  einen  schweren  stand. 

GÖTHE  41,  279  (^Fauft  II,  4)  ; 

nnr  mit  dem  Geszler  furcht  ich  schweren  stand, 
furchtbar  ist  er  mit  reisigen  umgeben, 
nicht  ohne  blut  räumt  er  das  feld. 

Schiller  14,  335  (Teil  2,  2). 

meistens  in  übertragenem  sinne,  doch  ioird  die  grundvor- 
stellung  noch  empfunden :  du  wirst  einen  schweren  stand 
bekommen,  'icirst  viel  zu  leiden,  viel  hindernisse  zu  über- 
toinden  bekommen',  das  war  ein  harter  stand.  Adelung 
(2, 2,  o);  einen  schweren  stand  haben.  Eiselein  576;  er 
hat  einen  schweren  stand,  ist  in  miszlicher  läge.  Hetzel 
icie  der  Deutsche  spricht  298.  belege :  es  wird  ihnen  der 
härteste  stand  seyn,  wie  sie  der  gräfin  . .  .  begegnen  wollen, 
wenn  diese  in  einem  neuen  aufzuge  kömmt,  und  sie 
sich  in  einem  unveränderten  zeigen  müssen.  Moser  patr. 
phantas.  8,  7;  ich  hatte  mit  Marianen  einen  harten  stand; 
ich  überredete  sie,  ja  ich  kann  sagen,  ich  zwang  sie  . .  .  an 
ihren  liebhaber  zu  schreiben.  Göthe  20,97  (W.  Meister  7,  8); 
Adelh.  er  ist  zum  bischoff  um  lebewohl  zu  sagen,  fräu- 
lein.  er  hat  darnach  noch  einen  schweren  stand.  8,  63 
{Götz  V.  B.  2);  ich  habe  heute  ohnehin  mit  ihrem  oheim 
einen  schweren  stand  gehabt.  21,202  {wanderj.  l.li); 

wer  seines  herren  vortheil  rein  bedenkt, 
der  hat  in  Rom  gar  einen  schweren  stand. 

9, 126  {Tasso  1,4); 

den  schwersten  stand  hatte  man  bei  der  jungen  gräfinn 
(um  ihre  eimmüigung  zu  erreichen).  Schiller  4,  242.  das 
verblassen  der  eigentlichen  bedeutung  von  stand  zeigt  die 
loendung:  ich  empfinde  schon,  dasz  ich  einen  schweren 
stand  zu  erdulten  habe,  und  wer  weisz,  ob  ich  nicht 
mein  leben  hierbey  aufopfern  musz.  Plesse  3, 55.  auch 
andere  synonyme  adjective  kommen  vor :  einen  schlimmen 
stand  haben.  Gottsched  546'»;  grade  diese  (adligen),  da 
sie  die  unrettbarkeit  des  alten  einsahen ,  waren  dem 
neuen  zugewandt,  und  diese  hatten  den  schlimmsten 
stand.  Eichendorff  19, 14  JToc/i;  die  Staatsbeamten,  die 
dem  kaiser  von  Österreich  .  .  .  treu  dienen,  findest  du 
nicht,  mein  söhn,  dasz  sie  einen  gefährlichen  stand 
haben?  Kleist  4,  llO,  17  E.  Schmidt  (kat.  der  Deutschen  14); 
tief  und  ernstlich  denkende  menschen  haben  gegen  das 
publicum  einen  bösen  stand.  GÖthe  22,281;  ferner: 

und  wer  sich  dort  sein  probejahr  befand, 

bat  in  der  weit  gar  einen  eignen  stand.    8, 189. 

auch  solche  von  entgegengesetzter  bedeutung,  einen  leichten, 
guten  stand  haben :  wenn  man  in  liebe  und  freundschaft 
glücklich  ist,  dasz  unser  herz  in  der  weiten  weit  nichts 
zu  suchen  braucht,  so  hat  man  mit  den  menschen  einen 
guten  stand,  anfrau  v.  Stein  2, 178  (81.  märz  1788). 

«)  an  die  bisher  behandelten  Wendungen  aehlieut  ntJi 
ferner  an  zu  stände  bringen,  «t»f»  stehen,  tunärhst  ein 
feindliche»  heer  tum  haltmachen  und  zur  tchlacht  zwingen: 
(vereinzelt  mit  artikfl  )  endlich  brachten  sie  unsere  armee 
zum  stand,  erhielten  von  ihnen  (gewannen  über  sie)  einen 
blutigen  sieg  bey  Allerheim.  Sin^.  sehr.  8, 847, 7  (Spring- 
intf.  19);  denn  als  sie  endlich  den  foind  aulTgesachl  und 
sa   «tande   gebracht,   wagten   lie   mit   demielben   eine 


Schlacht.  Wiedemann  gefangensch.  jan.  6;  aber  die  k&yser- 
lichen  Hessen  es  darzu  nicht  kommen ,  sondern  sie  er- 
tappten ihn  (den  türkischen  groszvezier)  bey  Sicklosz,  und 
da  sie  ihn  den  12.  augusti  daselbst  zu  stände  gebracht, 
drangen  sie  dermassen  auff  ihn,  dasz  er  abermahl  den 
kürtzcrn  ziehen  muste.  aug.  44.  auch,  das  eigne,  in  der 
flucht  begriffene  heer  zum  anhalten  und  xciderstande  be 
wegen:  dieser  (Orassus)  brachte  die  Römer  wieder  zu 
stände ,  und  die  Teutschen  wurden  völlig  in  die  flucht 
geschlagen.  Mascou  1,24;  Arminius  that  .  . .  sein  äusser- 
stes,  sie  (die  Teutschen)  wieder  zu  stände  zu  bringen,  und 
die  römischen  schützen  fiengen  schon  an,  vor  ihm  zu 
weichen.  94;  aber  Cerialis  brachte  die  Römer  wieder  zu 
stände,  und  das  glück  unterstützete  seine  tapfferkeit  der- 
gestalt, dasz  er  .  .  .  die  feinde  in  die  flucht  schlug.  131. 
—  jetzt  wol  auch  einen  Verbrecher  zu  stände  bringen, 
festnehmen  (vgl.  auch  3,  f).  —  in  abgeblaszter  bedeutung, 
leide  zu  einem  zweck  auftreiben,  beschaffen  (an  3,  t  ange- 
lehnt f):  dieser  unglückliche  verfall  brachte  den  compa- 
renten  nicht  ab,  der  flüchtlingin  nachzusetzen,  vielmehr 
sprengte  er  in's  nächste  dorf,  um  sich  zu  verstärken, 
er  hatte  mühe,  wegen  der  feldarbeit,  ein  paar  männor 
für  geld  und  gute  worte  zu  stände  zu  bringen.  Hippel 
2,  302  (lebensl.).  —  ein  unbändiges  pferd  zu  stände  bringen, 
zum  stillstehen:  wie  ein  unbändiges  pferd,  welches  man 
änderst  nicht  zu  stand  bringen  kan,  bisz  es  durch  streich- 
len  und  pfeiffen  in  den  nothstall  gebracht,  hernach  in 
allen  vieren  wird  angefässelt  und  fest  gehalten.  Phi- 
i.ander  1,  689.    (in  anderm  sinne  s.  1,  a.) 

f)  stand  thun  mit  dem  unbestimmten  artikel  begegnet 
im  16.  jahrh.  in  gerichtlichem  si7ine :  einem  einen  stand 
vor  gericht  thün,  consistere  cum  aliquo  in  iudicio,  con- 
gredi  alicui.  thü  mir  ein  stand  mit  der  klag  selbs. 
Maaler  384*;  antwortet  der  ein  baur:  'fraw,  sind  jr 
nit  auch  ein  hür?'  die  fraw  herwider  mit  scheltworten 
an  bauren  hin:  'du  laur,  du  schelm,  darumb  müszt  du 
mir  ein  stand  thän;  ich  wil  dich  desse  nit  erlassen'. 
Wickram  rollwagenh.  20,4  Kurz  (vgl.  Wander  4,774,  64). 
so  auch:  der  (wind  gottes)  blaaszt  wo,  wie,  und  wann 
er  wil.  ein  yeder  mäsz  seinen  stand  darumb  thän,  unnd 
nicht  mir,  sonder  seinem  herren  rechenschafift  geben. 
S.  Franck  verbüthschiert  buch  (1559)  404''. 

g)  Jiie^-an  schlieszt  sich  die  toendung :  stand  des  rechten, 
pro  Ute.  controversia  forensi  et  contentione  iuris.  Haltaus 
1719,  vgl.  dazu  rechtsstand,  theil8,tölf.,  und  unten  5,  e.- 
als  seyn  syndici  herrn  principaln  zum  nohtfall,  und 
wann  die  dinge  zum  standt  des  rechten  kommen  sollen, 
jhre  und  gemeiner  stadt  frey-  und  gerech tigkeit  ...  zu 
deduciren  erbötig.  urk.  v.  1595  bei  Haltaus  1729;  dasz 
dero  vorfahren  gegen  bürgermeister  und  rath  dergleichen 
zubehaupten,  sich  iemahlsz  angemasset,  oder  zum  standt 
rechtens  kommen  lassen,  ebenda  (urk.  v.  1660);  dass  er- 
meldter  rath  und  ihre  nachkommen  diese  gerichte  ...  zu 
ihrem  besten  gemessen  und  gebrauchen,  darbey  aber  schul- 
dig seyn  sollen,  selbige,  wie  es  gegen  uns  und  im  stände 
rechtens  zuverantworten,  zu  administriren.  ebenda  (urk. 
V.  1673),  auch  bei  Kamprad  Leisnigker  chronica  (1753)  133». 
Haltaus  bemerkt  noch:  'hodie:  im  stände  rechtens  ist 
damit  nicht  fortzukommen,  exceptio  haec  fragilis  in  con- 
tentione  iuris  non  valebif.  stand,  vom  gericht  und  um- 
ständen desselben,  wie  vor  alters,  ding,  mahl,  sache. 
Frisch  2, 318»  (too  für  drey  stand  tiatürlich  stund  tu 
lesen  ist);  s.  auch  Adelung  8  (Campe  4)  und  gerichtsstand, 
tfieü  4, 1, 8678/  die  genaue  bedeutung  von  stand  ist  in 
diesem  ausdruck  nicht  deutlieh;  theilweise  »eheint  die  local* 
(s.  unten  4)  zu  gründe  tu  liegen. 

h)  gütlicher,  freundlicher  stand  in  der  SUertn  »praeM 
bedeutet    'Waffenstillstand,   frieden$»tMu»t ,   güOieh«   bd-t 
legung  eines  streites' :  stand,  eettaüo,  iniermittio.  «tMpei»>| 
sio,  pro  anstand,    »aep«  de  treugi»  et  indueii» guerrarum,l 
Haltaus  1729;  in  dem  guUichin  stant  dasc  wir  gemaohitf 
hatten,  urk.  v.  1887,  *.  ebenda  und  Horh  geseh.  Friedriek»\^ 
de»  »treitbaren  (Leiptig  1788)  676;   nachdem   vormals 
zwischen   den   parteyen  die  das  berurct  ein   fride  andl 
gütlicher  standt  biss  uff  Urbani  schierstkunftig  boteidinget 
gemacht   und   dabey  aussgedmoket   ist  das  in  solicher 
zeit  des   friden  ein  gütlicher  unverpundor  lag  .  .  .  solt« 
gesucht  . . .  worden  sein.  t«r*.  vom  81.  märt  1461,  ».  fonii» 


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rer.  Äusfr.  2,20,  s.  16.  so  mnd.,  ä.Schiller-LCbben4,362''/- 
(frnntlik  stand  in  einer  urk.  v.  1396);  dar  wart  to  twen 
tiden  upgenomen  gutlik  stand,  d.  städtecliron.  7,  394,  18 
{Magdeb.  schöppenchron.  zti  li,55);  to  deme  ersten  vor- 
droghen  se  sek  eyndrechtichliken  des  daghes  .  .  .  do  hßven 
de  dedingheslude  an  van  der  heren  weghene  van  sunte 
Ylien  {Ägidien) ,  \vu  den  in  dessem  ffruntliken  stände 
ghedrenge  unde  wald  glieschege.  16,  72,  1  {Braunschw. 
pfaffenh.  zu  1414).  häiißger  sind  in  diesem  sinne  die  zu- 
sammensetzungeti  anstand  (l,  s.  theil  l,  473/.  und  Halt- 
aus 43/.  ScHiLLKR-LÜBBEN  1,  lOö^f.  Lexer  handwb.  1,  79) 
und  bestand  (9,  *.  fheil  i,  1652 mtkZ  Haltaus  148/  Schiller- 
LÜBBEN  1,  285*.  Lexer  handwb.  l,  224).  —  selten  stand 
allein  in  diesem  sinne:  als  ihnen  (den  Sachsen  tmter  herzog 
Otto)  von  desz  keysers  {Heinrichs  IV.)  leuten  ein  verdäch- 
tiger stand  aufT  etliche  monat  angebotten  war,  antwortet 
er:  wir  begehren  entweder  einen  gantzen  frieden,  oder 
gar  keinen.  Zincgref  apophtJiegm.  (i&m)  \,91 ,  tcofür  die 
ansg.  v.  1626  u)id  v.  1639  1, 134  anstand  lesen. 

3)  stand  uird  auch  von  dingen  gesagt  mit  verschiedenen 
bedeidungsn  uancen . 

a)  das  bestehe?!,  die  datier:  wie  eine  jede  handlung  und 
begebenheit  fünf  theile  und  gleichsam  stufTen  hat ,  den 
anfang,  den  fortgang,  den  stand,  die  abnähme  und  das 
ende.  Winokelmann  5,  210.  so  in  älterer  spräche  ver- 
einzelt im  stände  sein,  bestehen,  datiern: 

wie  dasz  der  könig  hett  ein  grosses  frewdenfest 
darinnen  {in  Bamaecus)  angestelt,  .  .  . 
und  dasz  ein  jeder  aucn,  er  wer  auch  wer  er  were,  .  .  . 
da  könte  sicher  stehn,  und  ziehen  ausz  und  ein, 
so  lange  dieses  fest  im  stände  würde  seyn  {per  tutto  il 
tempo  che  la  festa  dura). 
DiETR.  V.  D.  Werder  ArioH  16,  15,  8. 

so  atich  von  der  gelttmg  von  münzen:  alse  lange  dat  de 
penninge  eine  stedicheit  und  ein  stand  hedden.  d.  städte- 
cliron. 7,  308,  23. 

b)  stillstand,  ruhe,  im  gegensatz  zur  betcegung: 

damit  in  vier  und  zwentzig  stunden 

.  .  .  die  gantz  kugel  (des  himmeh)  sich  wend.  .  .  . 

und  das  ohn  alle  ruhe  und  stand 

wie  solchs  geordnet  gottes  hand. 

fro,9ehm.  Ee  5«  (2,  3,  2,  107). 

c)  das  bestehenbleiben,  erhaltung,  rettung  vor  drohendem 
untergange:  die  lieben  heiligen  .  .  .  patten  got  umb  stant 
dieser  stat.  d.  städtechron.  3, 148,  21.  so  atich  mit  persön- 
lichem stibject: 

wem  ist  etwas  gedient  mit  unserm  stand'  und  heil? 

Lohenstein  Cleop.  1,  337. 
so  ferner:  der  die  grosse  weit 

hat  in  ihr  wesen  bracht,  und  in  dem  stand  erhält. 

A.  Gryphius  1,  436  {Papin.  4,  338). 

d)  tcährend  diese  gebratichsweisen  nur  ganz  vereinzelt 
bezetigt  sind,  ist  stand  in  diesem  sinne  allgemein  üblich 
tmd  sehr  gewöhnlich  in  den  Verbindungen  zu  stände  bringen 
tmd  kommen,  die  seit  dem  17.  jahrh.  nachweisbar  sind. 
stand  bezeichnet  darin  die  reale  existenz  oder  die  vollen- 
dtmg  gegenüber  der  Vorbereitung  oder  einem  blosz  gedachten 
oder  beabsichtigten  dasein,  so  ztmächst:  eine  sache  zu 
stände  bringen,  retn  conficere;  sie  wollen  den  frieden  zu 
stände  bringen,  jpacem  ad  exitiim, perducere  terttant.  Stein- 
bac»  2,  669 ;  etwas  zu  stände  bringen,  'es  zu  den  gehörigen 
grade  der  volllcommenheit  brijigen,  oder  auch  ntir  fertig 
machen'.  Campe  (l);  viel  anfangen  und  nichts  zustande 
bringen.  Adelung  (1,2,5);  berl.  zu  schtande  bringen. 
Bren DICKE  ni^.     belege: 

'  disz  lob'  ich  hier  zu  lande, 

dasz  mancher  seinen  wünsch  so  bringen  kan  zu  stände. 

P.  Fleming  168; 

j      80  wäre  es  eine  sehr  nützliche  arbeit,  wenn  man  diese 

I       knnst  {die  'verntmfftkunst  des  wahrscheinlichen')  zu  stände 

brächte.  Ch r.  Wolfe  vernünfft.ged.  v. gott{ll20) s. 219 (§ 402) ; 

dasz  der  mann  würcklich  glaubt,  es  sey  die  theologische 

f.irultät  nicht  allein,  die  dieses  werck  zu  stände  gebracht 

habe.  Lichtenberg  nachl.  31;    obgleich    Hooke  .  .  .  das 

'  rste  Spiegelteleskop,    nach  dem  früheren  Vorschlag  des 

■rogory,  sorgfältig  zu  stände  bringt.  Göthe  54,  45;  so  gibt 

I    {Netcton)  sich    abermals   sehr  ernstliche   mühe ,    den 

gcgnem    zu   zeigen,    wie   sie   sich   eigentlich   benehmen 

müszten,  um  das  experiment  zu  stände  zu  bringen.  57; 

11  körper  vom  geist  aus  zu  verderben  —  ha!  ein  original- 
rkl  —  wer  das  zu  stand  brächte?  Schiller  2,58 
X.2. 


{räiiber  2,  i  schatisp.);  der  mensch  brachte  hier  etwas  zu 
stände ,  das  mehr  ist ,  als  er  selbst  war.  3,  .580 ;  die  an- 
ziehung  der  elemente  brachte  die  körperliche  form  der 
natur  zu  stände.  4,50;  ich  stand  mit  stillem  antheil  an 
der  Werkstatt  meines  vaters  und  freute  mich,  wenn  ich 
ihm  helfen  und  etwas  geschickt  zu  stände  bringen  konnte. 
Novalis  2, 149  Meiszner;  ich  habe  doch  schon  so  manchen 
köpf  auf  der  tafel  zu  stände  gebracht,  woran  weder  in 
den  umrissen  noch  in  den  lichtem  und  schatten  etwas 
falsches  .  .  .  gefunden  werden  mochte.  Wackenroder 
herzenserg,  45;  ich  habe  schon  briefe  gelesen  von  erbosten 
weibern  geschrieben:  kein  mann  .  .  .  könnte  ein  solches 
arsenal  von  nadeln  mit  vergifteten  Widerhaken  zu  stände 
bringen.  Vischer  auch  einer  1,  91;  dieser...  brachte  es 
nie  zu  stände,  so  wenig  wie  sein  eigenes,  so  auch  nur 
der  allernächsten  wohl  und  wehe  bei  seinem  treiben  zu 
bedenken.  Storm5,  88.  in  nachlässigerer  redeiceise  auch: 
Diez  und  seine  gute  frau  denken  mit  angst,  dasz  sie 
wieder  gehen,  und  er  sinnt  und  betet,  wie  er  eine  armen- 
kinder-  und  gesindeschule  zu  stände  bringen  und  sie  da- 
bei festhalten  könne.  Brentano  9, 130.  vereinzelt  mit  in: 

hier  mache  das  Vorspiel  .  .  . 

und  bringe  das  haupt-werck  der  wollust  in  stand. 

Günther  927. 

e)  in  der  älteren  spräche  mit  artikel,  icobei  zuiceilen  die 
sinnliche  bedeuttcng  des  Stehens,  aufgerichtetsein^  noch  deut- 
lich ist:  zum  stände  bringen,  rizzare,  drizzare,  indirizzare. 
Kramer  rfic^  2,929"=;  einen  bau  zum  stände  bringen. 
ebenda;  zum  stände  bringen,  pe>-ficere,  absolvere.  Frisch 
2,318*;  nachdem  man  gesehen  hat,  dasz  etliche  .  .  .  per- 
sonen  .  .  .  dasselbe  .  .  .  zum  stände  gebracht.  Bodmer  neue 
crit.  briefe  (1749)  147 ; 

so  langt  auch  mancher  weiser  mann 
ein  gutes  werk  zwar  frölich  an 
und  bringt«  doch  nicht  zum  stände. 

P.  Gerhardt  s.  217, 18  Gödeke. 

verstärkt  durch  eine  synonyme  wetidung: 

und  was  du  denn  erlesen, 
das  treibst  du,  starker  held, 
und  bringst  zum  stand  und  wesen 
was  deinem  rat  gefällt.    185,  23. 

{vgl.  dazu  c  zu  ende.)  —  sehr  auffällig  ist  die  fügung 
mit  dem  plural :  entzwischen  Hesse  ich  zu  gewinnung  der 
zeit  den  verlangten  legitimations-brieff  zu  ständten  richten. 
Abele  künstl.  unordn.  1,231;  ich  .  .  .  nahm  Urlaub,  des 
erbietens  .  .  .  den  aufgezeichneten  letzten  willen,  durch 
meinen  Schreiber  sauber  abschreiben  und  zu  ständen 
richten  zu  lassen.  2,  328. 

/)  als  passiv  bezw.  intransitiv  dazu  dient  zu  stände 
kommen,  'den  gehörigen  grad  der  Vollkommenheit  erlangen'. 
Adelung  (1,  2,  a),  wozu  Campe  (l)  hinzufügt:  'und  auch 
fertig  werden,  zur  vrirklichkeit  kommen,  vor  sich  gehen'  ; 
schtceiz.  z'  stand  chö.  Hunziker250,  berl.  zu  schtande  kom- 
men. Brendicke  177'';  wollte  ich  mich  noch  jetzt  nur 
einigermaszen  weiter  darüber  erklären :  so  käme  sicherlich 
auch  dieser  brief  nicht  zu  stände;  und  der  soll  doch  zu 
stände  kommen.  Lessing  12,  424  {an  mad.  König  d.  10.  jan. 
1775);  wie  der  bischoff  sah,  er  rieht  nichts  aus  .  .  .,  kroch 
er  zum  kreuz  und  war  geschäftig  dasz  der  ^vergleich  zu 
stände  kam'.  Göthe  8,6  {Götz  v.  B.  i);  als  das  werk 
fertig  war,  denn  es  kam  zu  meiner  eignen  Verwunderung 
wirklich  zu  stände.  24,  225  {dicht,  u.  icahrh.  4) ;  diese  un- 
glückselige heirath  darf  nun  und  nimmermehr  zu  stand 
kommen.  Schiller  14,136  {neffe  als  onkel  i,i);  bis  dasz 
die  Sache  {reparatttr  eines  hattses)  zu  stände  kömmt, 
möchte  ich  wohl  ausziehen.  Immermann  Münchh.  2, 125 
(3, 10) ;  auf  diesem  wege  sind  sehr  schätzbare  und  in  der 
that  unentbehrliche  samlungen  zu  stände  gekommen. 
J.  Grimm  tlieil  l,  vorr.  xxxvi ; 

wir  wagen, 
was  seit  erschatTung  dieser  weit  noch  nie 
zu  Stande  kam.    Schiller  5,  1,  9  (dorn  Karlos  2,  9). 

g)  doch  .^agt  man  auch  bei  persönlichem,  stibject  mit 
etwas  zu  stände  kommen,  ^cas  mit  etwas  zu  stände 
bringen  vollkommen  gleichbedeutend  ist:  man  sagt  auch: 
nun  bin  ich  damit  zu  stände  gekommen:  oder  endlich 
habe  ich  diesz  geschafft  zu  stände  gebracht.  Gottsched 
beobachtungen  (1758)  278;  mit  etwas  zu  stände  kommen, 
damit  fertig  tverden,  es  fertig  machen,  vollenden.  Campe  (l); 

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nd.  to  stände  kamen  w&rmit.  ten  Doornkaat  Koolman 
3,300*;  ein  unternehmen,  was  Avirklich  so  schwer  ist, 
dasz  wir  uns  nicht  getrauen,  damit  zu  stände  zu  kom- 
men. BODE  Thomas  Jones  6, 1*6  (b.  17,  kap.  l);  jezt  wollte 
er  {Karl  F.)  in  seinem  kloster  zwey  uhren  so  stellen, 
dasz  sie  nie  von  einander  abwichen,  und  kam  nicht 
damit  zu  stände.  Schiller  4,94;  gott  gebe  ihm  (Oörres) 
die  gnade  mit  seiner  riesenarbeit,  der  sagengeschichte 
aller  Völker,  ...  zu  stände  zu  kommen.  Brentano  9, 187. 
ohne  solche  bestimmung :  auf  diese  art  werden  wir  nie- 
mabls  zu  stände  kommen.  Adelung  (l,  2,  b). 

h)  danach  auch  womit  zu  stände  sein,  fertig:  warum 
setzen  sie  sich  nicht  einstweilen  in  eine  ecke,  bis  ich 
mit  meinem  anzuge  zu  stände  bin?  ThOmmel  reise  4,  257; 
Wurm,  unterdessen  . . .  werd  ich  hingehen,  und  den  be- 
wuszten  liebesbrief  aufsezen.  präsident.  . . .  den  er  mir 
zum  durchlesen  heraufbringt,  sobald  er  zu  stand  seyn 
wird.  Schiller  3,  427  {kab.  u.  liebes,  \);  denn  ehe  noch 
der  herzog  von  Parma  mit  seiner  brücke  zu  stände  war, 
arbeitete  schon  in  den  mauren  Antwerpens  ein  ingenieur 
an  ihrer  Zerstörung.  9,  55. 

t)  in  neuem  österreichiscJien  quellen  findet  sich  zu  stände 
bringen  auch  in  dem  sinne  'zur  stelle,  herbeischaffen' .-  auf 
einem  aste  desselben  (des  baum>es)  sasz  ein  rabe  und 
betrachtete  wohlgefällig  einen  .  .  .  von  der  strasze  auf- 
gelesenen tombaknen  pfeifenbeschlag  ...  da  schlitterte 
ein  steinwurf  an  dem  aste,  . .  .  meisler  dieb  .  .  .  flog  auf, 
während  seine  beute  in  dem  straszengraben  in  einer 
pfütze  versank ;  ein  barhäuptiger,  bloszfüsziger  junge  .  .  . 
sah  dem  vogel  nach,  es  war  ihm  offenbar  ein  ungeheures 
vergnügen,  den  unredlichen  finder  ertappt  zu  haben,  aber 
dem  'zu  stände  gebrachten'  gegenstände  forschte  er  gar 
nicht  weiter  nach.  Anzengruber'  4,  202;  er  .  .  .  ward  in- 
dessen von  der  behörde  telegraphisch  zurückbeschieden : 
sein  Verlust  {von  amerikanischen  geldcertifi^aten)  sei  allein 
dadurch  zu  ersetzen,  dasz  die  certificate  in  natura  wieder 
zu  stände  gebracht  (Österreicher  deutsch ,  briefmarder- 
Kalabschen  angedenkens !)  würden,  didask.  21.  sept.  1872. 

4)  stand  geht  dann  in  die  örtliche  bedeutung  über,  der 
sich  schon  einzelne  der  behandelten  gebrauchsiceise  nähern, 
und  bezeichnet  den  ort,  wo  jemand  oder  etwas  steht. 

a)  so  zunächst  ganz  eigentlich  und  allgemein:  standt, 
ein  ort  da  man  stehet,  oder  gestanden  hat:  item  stehen 
kan.  HuLSius  306»;  stand,  locus  stabilis,  statio,  ein  ort, 
da  man  zu  stehen  befugt  ist.  Schottel  1421 ;  locus,  ubi 
quis  vel  quid  stat.  Frisch  2,317";  vgl.  Adelungs;  stehe- 
punkt  Schütze  4,186;  stelle  Dähnert  457'';  stelle,  platz. 
Frischbier  2,  sei'';  folgends  wie  er  also' stund,  macht 
er  ein  storckenbein  unnd  gambade  auff  eim  fusz,  kehrt 
sich  zur  lincken,  und  traff  allzeit  eben  den  vorigen  stand. 
Garg.  s.  364  netidr.  ; 

ein  jeder  bleib  auff  seinem  stand, 
und  beb  empor  die  rechte  band, 
und  schwer  also,    froschm.  Ji  7». 

stand  eines  beobachters;  das  bild  erscheint  verschieden 
je  nach  dem  stände  des  beschauers  u.  ähnl.  von  dem 
platze  der  Spieler  in  einem  Schauspiel :  da  gend  si  zu  dem 
swertfeger,  Engimar  . . .  und  die  andern  pauren  peleiben 
an  ir  stant.  fastn.  sp.  426,  86.  —  seinen  stand  an  einem 
orte  haben.  Campe  (l),  vgl.  l,c;  hC  hed  dftr  sin  stand. 
TEN  Doornkaat  Koolman  8,  800».  lo<;um  dare,  tribuere, 
ein  ort  oder  stand  einräumen.  Corvinus  fons  lat.  870». 
—  vom  posten  eines  heerführera  in  einer  schlacht:  hertzog 
Ganasch,  welcher  als  ein  vollkommener  fcldherr  nirgends 
beständig  blieb,  sondern  stets  für  seinen  stand  erwehlte, 
wo  die  gefabr  am  gröstcn  war.  Lohen  stein  Armin.  2, 249''; 
{sodasz)  hier  aber  Censorinus  mit  drey  tausend  Römern 
einen  neuen  stand  über  dem  Sieg-strome  erhielt.  860''.  — 
im  vergleich,  der  bedeutung  6  sich  nähernd:  bisz  die  fol- 
genden {phüoaophen)  nach  und  nach  etwas  darvon  onzogon, 
and  die  rednerische  weise,  gleichsam  als  von  einem  hohen 
•Umde,  in  die  gemeine  art  und  forme  herab  geführet 
haben.  Opitz  v.  d.  d.  poeterei  $.  lo  neudr. 

b)  beaondert  jedoch  in  tpeeielleren  gebrauchetoeieen :  alBin(\, 
hierantor  wird  ventanden :  i)  der  ort,  wo  bey  dem  Scheiben- 
•obiessen  angMtwiden  wird.  Heppr  uxMr.jäger  ass";  vgl 
•obleszfUnd,  theil  9, 68  und  Aueluno  (8);  überhäuft  platt. 
vom  wo  ou»  guchotten  wird;  a)  die  ttelU.  weicht  boi  waU- 


oder  feldtreiben  jedem  schützen  angeioiesen  mrd;  3)  'der 
platz,  den  ein  schütze  zum,  anstände  oder  ansitze  sich  gewählt 
u,nd  eingerichtet  hat'.  Behlen  5,  672,  ebenso  Kehrfin 
ireidmannsspr.  280  (3  und  4),  schieszstand  Hunziker  250. 
Schöpf  699.  belege:  und  darnach  am  montag  nach  aller 
heiling  tag  (8.  nov.)  da  namen  etlich  hantwerkmaistcr  für 
sich  ein  schiessen  zu  machen  .  .  .  und  der  stant  was 
wo  und  75  schrit  hinter  sant  Johanns  über  das  wasscr  pei 
dem  see  .  . .  der  zeugmaister  Hanns  Coler  .  .  .  liesz  in  den 
stant  mit  pretern  verwetten,  d.  städtechron.  10,257,17,22; 
im  stechen  verlor  ers  nimmer,  es  wer  dan  die  senn  zer- 
stochen, verruckt  oder  zerprochen  .  .  .  oder  der  stand  war 
uneben.   Qarg.  285  neudr.  ; 

wie  ich  solchs  von  jhnen  vernahm, 
vor  dem  schiessstand  ich  gar  bald  kam, 
und  zeigte  solches  an  den  schiitzn, 
die  ich  sah  auEf  den  ständen  sitzn. 

Fbrber  armbriistscMefmen  tu  Dretzden 
(1610)  L  Ito ; 
also  zoh  man  mit  dem  gewin, 
bis  vor  der  schützen  stände  hin.    0  1». 

bei  der  jagd:  er  beschlosz  daher,  die  jagd  wirklich  mit- 
zumachen, jedoch  sobald  als  nur  möglich  sich  zu  ent- 
fernen, und  . . .  den  oberjägermeister  ...  zu  ersuchen,  dasz 
ihm  der  entfernteste  stand  angewiesen  werde.  Immer 
mann  Münchh.\,\Q\  (2,7);  {im  bilde-) 

was  ging'st  du  so  weit, 
und  zielst  jetzt  nicht,  da  du  den  stand  genommen, 
vor  dir  das  auserles'ne  wild?    Shakesp.  Q/mbel.  3,  4. 

so  wol  auch:  weilen  ...  in  solcher  herrschaft  forstmaisler 
.  .  .  mit  pirsten  noch  richten  {naeh  dem  glossar  'aus 
reuten'  —  f  eher  fallen,  dehnen  legen,  s.  richten  B,  2,  c,  /?, 
theil  s,  81b)  .  .  .  nicht  berechtiget,  als  solle  der  hieryber 
betrettende  .  . .  die  pirsten  und  richtung  genomben,  zum 
gehorsamb  gebracht  und  alle  findende  stand  und  riebt- 
steller  aufgehöbet  .  .  .  werden,  tirol.  loeisth.  4,  247,  17  {hand- 
sehr.  V.  1766).  ähnlich  ganz  vereinzelt:  und  deine  vigent 
die  selben  werdent  dich  umbgeben  mit  einem  geschüft, 
oder  bohverck  .  .  .  oder  mit  einem  schantzgrabenn,  das 
ist  do  einer  sein  stantz  oder  stand  dorhinder  hatt  das 
er  sicher  stot.  Keisersberg  postill  3, 69».  —  jetzt  auch 
die  stelle  des  ablaufs  beim  rennen.  Sanders  3, 1171"  (l,  cc). 

c)  der  feste  platz,  den  jemand  in  seinem  dienste  oder 
berufe  hat:  dennen  Wächtern  die  gemessen  scharpfe 
auflag  zu  thuen  dasz  sie  die  wachtstunden  an  dennen 
ordentlichen  stauten  und  zu  rechter  zeit  allerzeit  fleissig 
auszruefen.  steir.  taid.  528,18  (17.  jahrh.);  so  jetzt  bei  der 
marine  kommandeur-stand  'in  das  erdtoerk  eines  küsteri- 
icerks  eingelassener  eiserner  türm,  als  Standort  des  kom 
mandeurs  im  gefecht  und  bei  schieszübungen' .  Zugführer 
stand,  s.  Stenzel  seemänn.  tob.  39"''.  —  die  lastträgcr,  die 
an  verschiedenen  platzen  ihre  privilegirten  stände  haben 
und  nur  erwarten,  bis  sich  jemand  ihrer  bedienen  will. 
Göthe  28,259;  so  auch:  'stand,  die  stelle,  wo  der  gauner 
oder  bettler  in  kirchen,  bei  processionen,  an  festtagen,  messen 
und  mÄrkten  und  im  theater  posto  fastt  und  von  seinen 
kameraden  leicht  zu  treffen  ist,  um  zur  etwa  erforderlichen 
beihülfe  herbeigerufen  zu  loerden.  stand  stehen,  bei  solchen 
gelegenheiten  posto  fassen,  betteln'.  Ave-Lai.lemant  4, 610. 
vgl.  standjunge. 

d)  der  feste  platz  eine»  Verkäufers,  bude.  besonder»  auf 
markten:  einen  d  seinen  stand  haben  auf  dem  marcki, 
(krämer-stand,  marckt-stand),  Jiaver  la  sua  po»ta,  posto  ö 
.ttazzo  sul  mercato  o  la  stama  dove  stä  a  vendere  ordi 
nariamente.  Kramer  dict.  8,929";  der  stand  eines  krämers 
auf  dem  markte.  Adeluno  (8);  offener  verk<n{ßti.<tch. 
LuBOER  7,  474.  auch  mundartlieh  weit  verbreitet:  'stand, 
eine  bewegliehe  krambude,  mestbude,  atteh  eine  kleine  un 
bewegliehe  bude,  dim.  stände!.  Ost.  Ph.  FJlls.].'  Klein  2,  167; 
»chwei».  bewegliche  krambude.  Stalder  8,  891;  marktbude 
HUNZIKER  860;  ebenso  in  Wien  HOobl  156»,  tirol.  krfuner- 
stiind  Schöpf  «99,  i»  Rappenau  'Verkaufsbude  auf  dem 
Jahrmarkt,  der  kirehweihe',  Meisinobr  181',  we»tertr.  'der 
ort,  wo  der  krämer  auf  dem  markt  «mn«  woart  feil  hat, 
e»  »ey  nun  unter  freyem  himmei  oder  unter  minom  zelte  oder 
einer  brttemen  bude'.  Schmidt  S8S,  he»».  Crbcbliis  804. 
».  aucA  krämerstand  (th.  6,  soos),  kramstand  (6,9016).  markt- 
stand {th.i,  1066).  es  hat  auch  ain  riohlcr  in  sant  Laurenzen 
marck  von  ainem  iedea  stant  oder  hUlton  und  laden  uu88e^ 


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halben  der  stat  alle  märckt  zwen  kreatzer.  tirol.  weiath. 
i,  489, 37  (u7n  1500) ;  die  kaaff-  und  tuchleute  sollen  ire  stennd 
und  laden  nit  zu  bedecken,  lands&rdn.  v.  Tyrol  (1526)  hei 
Schöpf  699;  und  hat  der  herr  Wastel  den  tantzmaister 
abgebn  und  so  künstlich  tantzt,  dasz  der  stand  hett  mögn 
einfalln.  tintenfilszl  A  7* ;  als  den  andern  tag  in  langen 
reihen  von  kaufläden  der  Jahrmarkt  aufging,  vor  allen 
ständen  schon  die  leuie,  lobten  und  tadelten,  boten  ab  und 
boten  zu.  Hebel  2, 187;  'wem  gehört .  .  .  dieser  rubel?  ge- 
hört er  euch?'  fragt  er  jeden  krämer  an  jedem  stand.  188; 
so  gebt  dem  Soldaten  auch  seinen  imperial  zurück,  oder 
man  petschirt  euch  euren  stand  mit  lattnägeln  zusammen. 
189;  wir  wollen  hoffen,  dasz  das  aufhören  der  markte 
unter  freiem  himmel  nur  dann  erfolgt,  wenn  die  erbauer 
der  markthallen  ganz  mäszige,  amtlich  festgestellte  preise 
für  die  stände  in  ihren  markthallen  anzusetzen  sich  ver- 
pflichten, neue  preiisz.  zeitung  1872,  nr.  102,  s.  2^;  in  einer 
luftigen  halle  an  der  Ribnica  haben  die  fleischer  ihre 
stände  aufgeschlagen.  Hassert  reise  durch  Montenegro  \i\ 

uff  dem  marckt  nimpt  er  {der  gauUer)  ein  standt, 

syn  kunst  ist  gemalt  an  lynen  lachen, 

den  dryackers  (fheriak)  gibt  er  zu  versuchen. 

Murner  narrenbeschw.  s.  177  Spanier  (56,  26); 
so  tcol  auch: 

ob  yemans  wolt  hie  zünfftig  werden 

durch  mütwil  und  sein  böszen  berden, 

das  ich  ym  ordnen  sol  ein  standt.   geheimem.'^  vorr.  16 ; 

so  lange  ich  gedachte  möhmlein  (kröten)  haben  konte, 
so  bedorffte  ich  auch  keines  äffen  oder  anderer  seltzamen 
thier  zum  stand,  die  närrische  leut  herzuzubringen. 
Simpl.  1,386,17  (4,8).  im  bilde:  die  spinne  webt  ihr  netz, 
und  schlägt  gleichsam  wie  ein  krämer  auf  dem  Jahr- 
markt ihren  stand  auf,  so  sie  doch  nichts  feil  hat. 
Hebel  3,  35;  *.  auch  standbude,  -gebühr,  -geld,  -krämer, 
-zoll. 

e)  die  eigentliche  Vorstellung  des  Stehens  hinn  dabei  voll- 
ständig mtfgegeben  werden,  sodasz  stand  auch  die  feste 
stelle,  wo  jemand  sitzt,  bezeichnet  (s.  auch  Ferber  unter  b). 
so  besonders  vom  platz  in  der  kirche,  s.  auch  kirchen- 
stand  (i),  theil  5,811  f.:  seinen  stand  haben  in  der  kirche 
(kirchen  stand),  haver  la  sua  posta,  luogo,  seggio  in  chiesa. 
Kr.\mer  dict.  2,  929°;  der  kirchen-stand,  certus  locus  aiidi- 
torii  in  templo  quem  quis  habet  pro  se  vel  suis.  Frisch  2, 317'= ; 
der  stand  hat  viele  bedeutungen.  erstüch  heiszt  es  . . . 
eine  stelle  in  der  kirche.  ich  habe  meinen  stand  gegen 
über  der  kanzel.  Gottsched  beobachtungen  (1758)  277; 
seinen  stand  auf  dem  chore  haben.  Adelung  (3).  mund- 
artlich s.  Schröer  207*»  {Zips);  westeric.  'der  einem  jeden 
durchs  loos  angeiciesene  platz  in  der  kirche,  kirchenstand 
{nicht  -sitz),  denn  an  manchen  orten  sind  keine  sitze'. 
'"'CHMIDT  232;    oberhess.  kirchenstuhl  Crecelius  804;    nd. 

Schütze  4, 187  {Hamburg,  Altona).  Klein  2, 167  {Harz); 
jjieusz.  'stand  in  der  kirche,  fester  Sitzplatz  in  einer 
kirehenbank,  für  den  man  eine  jährliche  miete  zahlt'. 
Frischbier  2,  36i**.  belege:  was  von  den  stenden  und  ge- 
stüelen  in  den  kirchen,  welche  an  jemands  erben  von  der 
kirchen  heimfallen  und  zu  vorleihen  zustehen  sollen,  .  . . 
eingebracht  wird,  evang.  kirchenordn.  des  IG.jaJirh.  1,  l,  558'' 
Schling  {Alt-l>resden  1558);  desz  herren  doctoris  Aegidii 
Hnnnii  sei.  mutter  traumete  auff  eine  zeit  wie  sie  in  der 
kirchen  in  ihrem  stand  sässe.  Hammer  ro5en^.  (i654)  411; 
fränlein  Cousine  hielt  sich  während  der  leichenpredigt  in 
einem  vergitterten  stände  auf.  Hippel  8,  87;  im  bilde: 
nehmen  diese  {naturwissenschaftliche  interessen)  mehr  über- 
hand, so  möchten  die  dichterstände  im  tempel  des 
deutschen  ruhms  ziemlich  leer  werden,  und  mancher,  der 
jetzt  die  ewigkeit  in  stolzer  ruhe  abwartet,  sich  genöthigt 
sehen,  wieder  vor  die  thüre  zu  treten.  Lichtenberg  4, 194. 
vgl.  auch  standstuhl. 

f)  in  älteren  quellen  (l4. — 15.  jahrh.)  auch  sonst  von 
festen  {sitz)plätzen,  die  einem  an  officidler  stelle  von  amta 
wegen  zukommen:  uffn  donnerstagk  vor  Thomae  (14.  de- 
"■mber  1475)  ungefehrlich  lissen  die  vier  rathmanne  vom 

•Je  umb  tag  werben,  die  lange  zeit  in  ihren  heusern 
^^sitzen  musten,  so  wart  inen  tag  gegeben  von  ihren  eydt- 
nHlinossen,  die  von  Innungen  und  gemeinheit  sassen  uff 
l^^pn  rathause,  wiewol  billich  gewest  were,  das  die  viere 
l^^vm  tale  und  auch  der  kemmerer  Peter  Nawman  in 
l^^ken  gekornen  stenden  gesessen  helten,  als  die  andern 

■ 


Spittendorff  168.  für  das  heutige  sitz  (3,  th.  10,  l,  1211  f.): 
also  dasz  er  der  auszgezogen,  dem  auszziehenden  stand 
(9,  b,  >?),  ohn  mittel  underworffen,  nicht  stimm  unnd  stand 
in  reichs  versamblungen  .  .  .  hette.  reichstagsabsch.  324 
{Augsp.  1548).  die  reihenfolge  der  platze  gibt  zugleich  die 
rangabstufung  der  inhaber  an,  sodasz  sich  bei  stand  selbst 
die  neben  Vorstellung  des  ranges  bezic.  Vorranges  leicht  ein- 
stellt: in  welcher  herlikeit  des  hoffs  zu  Nuremberg  ein 
uneinikeit  erstund  zwischen  dem  bischoffen  Eystet  und 
Wurms,  dem  ertzbischoff  zu  Meintz  zustende,  des  stantz 
und  siezung  halben  der  oberkeyt,  ...  als  ir  itlicher  meinet 
nach  seinem  ertzbischoff  zu  sitzen,  aber  Conrat,  bischoff 
zu  Eystet  hielt,  wie  er  und  sein  stifft  von  alter  her  ge- 
freyt  weren  da  zu  sitzen,  aber  Wurms  neigung  het  vom 
bischoff  von  Meintz.  aber  durch  Gebbhart  von  Hirsperg 
graff  ward  der  erst  stand  dem  bischoff  von  Eystet  zu- 
teylt.  d.  sfädtechron.  3,  273,  29—274,  4;  dann  auch  von  dem 
platz  beim  gehen,  bildlich: 

'nu  sint  die  uiht  an  ir  stat, 

die  ze  vordrist  selten  gän, 

als  sie  wol  gehoeret  an  .  .  .' 

'wennes  kaemen  üf  ir  stant'  «.  ».  w.     Teichner  9; 

gemeiniu  wlp.    da  ist  niht  an 
aehein  guot,  niur  sünde  und  schant, 
imd  kriegent  dannoch  umb  den  stant, 
dag  einiu  vor  der  andern  gät.    117. 

ähnlich  vielleicht  zu  verstehen:  ich  halts  gewis  dafür,  die 
heilig  schrifft  sey  im  ersten  stand  bey  uns.  Luther  l,  159'*. 
g)  stand  bezeichnet  nicht  nur  den  platz  des  einzelnen, 
sondern  auch  zusammenfassend  den  platz  zum  stehen  für 
eine  menge  {vgl.  oben  b).  so  noch  dem  Charakter  des  thätig- 
keitswortes  nahe  stehend: 

de  du  (gott)  redst  ein  grusam  sag 
und  warntest  vil  vom  iüngsten  tag, 
wie  die  schaff  zur  rechten  handt 
und  die  geisz  den  lincken  standt 
vor  gottes  urteil  würdent  ston. 

Murner  narrenbeschw.  7,  20. 

eoncreter  von  einem  besonders  hergerichteten  {steh) platze : 
se.  majestät  hatte  mir  diesen  verlauf  so  übel  genommen, 
dasz  er  beim  herabtreten  von  dem  erhöhten  stände  der 
fürsten  mich,  der  ich  allein  auf  dem  freien  platze  davor 
stand,  ignorirte.  Bismarck  ged.  u.  erinn.  2, 122.  in  älterer 
zeit  besonders  von  schaugerüsten ,  tribünen  bei  tumieren 
u.  ähnl. :  fori  sunt  etiatn  tabulata,  e  quibus  ludi  spectan 
tur,  das  gerüste  oder  stand,  darauff  man  einem  spiel 
zusihet.  CoRViNUS /on«  lat.  255*;  zu  dem  wurden  schran- 
ken, wie  sich  zum  kempfn  gehurt,  zuegericht,  zu  beiden 
selten  stent,  auf  den  die  romisch  künigin  mit  irem  frauen- 
zimmer  und  andern  frauen  und  junkfrauen  zu  sehen,  und 
auf  den  andern  der  graf  von  Anholt  mit  andern  vil  graven 
und  herren  darzue  verordent  sein  solten,  gemacht,  alle 
mit  gülden  tüchern  und  köstlichen  tapecerein  behangen. 
Wilicoltv.  Schaumburg  (1507)  157  Keller;  {bei  dem  turnier) 
hett  man  heyser  und  stent  gemacht,  darinnen  fursten 
und  herren,  ach  die  frauenzymmer  stunden,  quellen  zur 
gesch.  des  bauernkrieges  in  Oberschwaben  s.  166,  anm.  5 
(Thoman  Weiszenhomer  hist.  1533). 

h)  weiterhin  bezeichnet  stand  auch  einen  aufenthaltsort. 
von  vorübergehender  wohnung,  quartier,  herberge:  do  er 
seinen  knechten  befalhe  das  sy  .  .  .  in  {sich  mit)  stant 
und  herberg  fürsähen  also  lang  bis  er  wider  zä  in  kam. 
decam.  597,  5  Keller  (10,  3) ;  mit  dem  daz  nachtmal  eyn 
ende  het,  der  künig  mit  seiner  geselschaft  auf  zu  rosz 
sasz ,  .  .  .  von  dann  in  den  küniglichen  stant  reytt. 
(516,  20  (10,6).  {unklar,  ob  hierher  gehörig:  ein  sclave  lieff 
aus  gram  von  seinem  könige  weg  .  . .  eine  zeit  hernach, 
als  der  unmuth  des  sclaven  vorbey,  und  er  zu  seinem 
stände  gekommen  war,  gieng  er  wieder  nach  seinem 
alten  herren.  Olearius  baumg.  &1*>  (4,15).)  militärisch, 
vgl.  Standlager  (?): 

zur  Steinbrfick  lagen  wir  am  stand, 

hatten  newiich  bezwungen  stet,  bürgen  und  land. 

LiLiENCRON  hist.  volkel.  4,  nr.  615,  4. 

später  in  geistlicher  spräche,  hier  mit  dem  sinne  eines 
dauernden  aufenthalts-  oder  Wohnortes: 

hie  ist  der  engel  land, 
der  selgen  seelen  stand. 

P.  Ukkhardt  1. 144,  74  Oödeke. 

44* 


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(Lessing  9, 172  toird  besser  in  der  bedetitung  6,  t,  /3  ver- 
standen, s.  das.)  der  begriff  des  dauei-nden  besonders  deut- 
lieh ausgeprägt: 

ich  bin  ein  gast  auf  erden 
und  hab  hier  keinen  stand.    284,  8 ; 
ähnlich:         sie  {die  Men)  rufen:  gestern  war's  an  mir, 
heut  ist's  an  dir  ! 
hier  ist  kein  stand,  kein  bleiben  hier. 

Chr.  Fr.  H.  Sachse  begräbnUlied  'wohlavf, 

wohlan  zum  letzten  gangl'  (ev.-luth.  gernngh. 

f.  Schlesw.-HoUt.  493),  »tr.  9. 

{der  bedetttung  C  nahe  kommend .) 

aber  ewig  sein  gestellt 

zu  des  herren  rechter  band 

bleibt  ein  auserwählter  stand. 

hannov.  gesangb.  308,  7. 

die  letzten  gebrauchstceisen  stehen  der  verbalen  bedentung 
noch  nahe;  ähnlich  auch  das  in  älterer  spräche  vereinzelt 
begegnende  stand  (ge)haben ,  sich  wo  aufhalten :  wo  die 
töchter  oder  Schwestern  ...  an  demselben  ort,  da  si  ver- 
heirat  worden,  oder  andern  orten  nit  stant  gehaben 
mügen,  ...  so  soll  und  mag  die  oder  dieselben  zu  irem 
vater  .  .  .  widerumb  einziehen,  tirol.  weisth.  4,  725, 11.  — 
bildlich:         Deutschland,  bey  der  alten  zeit 

war  ein  stand  der  redligkeit; 

ist  jetzt  worden  ein  gemach, 

drinnen  laster,  schand  und  schmach  .  .  . 

andre  völcker  abgelegt.    Logau  1,  121, 18. 

t)  stand  unrd  femer  in  beztig  aufthiere  gesagt,  so  zunäcJist 
von  den  abtheilungen  für  das  einzelne  stück  vieh  in  stallen, 
besonders  in  Pferdeställen.  Lukger  7, 474:  ein  stand  im 
stalle  für  ein  pferd  etc.,  jyosta,  stanza  d'un  cavallo  in 
istalla.  Krämer  rftc^  2,  929";  ein  stand  im  stall,  wo  ein 
pferd  stehen  kan,  locus  in  stabulo  pro  equo.  Frisch  2,  317«, 
s.  auch  Adeluno  (3);  stand  ist  der  für  einzelne  pferde 
oder  ganze  gespanne  durch  breiter  oder  bäume  abge- 
schiedene räum.  Reuter  2,  310  {anm.  zu  der  unter  sländer- 
pfosten  mitgetheilten  stelle),  belege:  item  adi  11  deczeniber 
(1512)  in  meinem  stall  czween  stennt  und  mit  neben- 
wentten  czu  machen.  Tue  her  haushaltb.  95  Loose;  item 
adi  13  deczembris  (1516)  von  meinem  rosztal  die  3  stenntt 
new  czu  solen,  8  taglun,  dafür  80  i^.  s.  139;  die  Venediger 
solten,  wie  die  ross  gestellt  wurden,  die  stendt  der  ross 
mit  roten  und  weissen  stainen  underschidlich  pflastern. 
Volksbuch  V.  kön.  Friedrich  {Augsburg  1519),  s.  zeitschr.  für 
d.  alterth.  5,266;  pferd-stall,  ist  ein  gebäude,  welches  mit 
raulTen  und  krippen  versehen,  und  in  gewisse  stände  ein- 
getheilet  ist,  darinnen  die  pferde  ausser  ihrer  arbeit  be- 
deckt stehen,  gefüttert  werden,  und  ruhen  können.  Zincke 
öcotwtn.  lex. ^  2198;  hui  macht  der  rüpel  äugen,  wie  er 
den  leeren  stand  der  mähre  sieht!  Mörike  erz.  258; 
was  beobachtet  er  {der  cavallerist)  beim  herantreten  an 
ein  wirklich  böses  oder  tückisches  pferd?  beim  betreten 
oder  verlassen  des  Standes  eines  solchen  pferdes  ruft  er 
ihm  laut  und  drohend  zu.  instrtictionsb.  für  den  cavalle- 
risten^  {Hann.  1876)  s.  48; 

ich  war  ihm  noch  zulezt  aus  stall  und  stand  gesprungen. 

Abschatz  schertz-arabschr.  «.  66 
('da-  edle  schecken'). 
8.  auch  Standbaum  (1),  -pfosten  (2). 

k)  bienenstock;  so  in  Basel.  Seiler  277»;  stand  der 
bienen,  in  loco  debito  et  apto.  Overbeck  bienenwb.  79. 

l)  stand,  latibrdum,  gite,  bey  der  jägerey  der  ort,  wo 
sich  das  wild  aufhält.  Jaulonski  746**,  ebenso  Zincke 
öeon.  ter.*  2800.  Eooers  2,976;  stand  ...  2)  das  dicket,  in 
welches  ein  wild  sich  gerne  stecket.  Hephk  icohlred. 
jag.  28&^;  'der  fheil  einer  xraldung ,  wo  eine  wildgaftung 
fieh  vorzugsweise  gern  auflUilt'.  Hehlen  6, 672;  'stand /ja ^ 
dtu  edeUcüd  in  einem  reviere.  wenn  es  eine  längere  zeit 
hindurch  darin  angetroffen  unrd'.  ebenda;  'ort,  wo  roth  , 
dam,  reh-  und  »chuartwild  und  das  zur  hohen  jagd  ge 
Mrige  federwUd  »ich  oß  und  beständig  aufhält'.  K  eh  rein 
«wtdfiumnMpr.  280 (1),  i'jrMager(ll)  uru/  lug,  theil6,66. 1866. 
w  »eit  dem  iR.jahrh.:  es  soll  sich  auch  ain  icder,  der 
holz  hawcn  will,  .  .  .  dermassen  verhalten,  damit  dorn 
wilHpret  an  seinen  stendcn  und  dem  federwildfprel  an 
ircn  aspen  kain  Verhinderung  bcschche.  tirol.  \ceiath. 
S,  SHi.is  {handschr.  v.  IA6I);  crstliclicn  sollen  die  8  forster 
denen  anderlonen  . . .  aine  puechcn  zue  span  aaszzeigen 
...  an  eolchen  oK  alwo  dem  gwild  der  stand  nit  ver- 
derbt wlH.  tteir.  taid.  w,  5;  an  aincm  solchen  ort  der  dem 


gwild  nit  schädlich  und  an  ihren  stand  nit  hinderlich 
ist.  23;  es  ist  von  allen  wilden  thieren  bekannt,  .  .  .  dasz 
selbige  gegen  abend  sich  aus  ihrem  bette,  lager  und 
stände  aufmachen,  bey  und  nach  der  sonnen  Untergang 
aus  ihrem  stände  heraus,  und  auf  die  freyen  örter  ziehen, 
allwo  sie  ihr  geässe  haben,  mit  anbrechendem  morgen 
aber  wieder  nach  ihren  stand  eilen.  Döbels,  119»;  es 
hat  derohalben  ein  fleisziger  weidemann  . .  .  der  wilden 
thiere  und  vögel  stand  und  retirade  .  .  .  sehr  nöthig  zu 
untersuchen.  120'>;  dasz  man  wisse  und  in  acht  nehme,  wo 
der  Wechsel,  wandel  und  stand  des  roth-  oder  schwartz- 
wildprets  sey.  172»; 

eins  morgens  gieng  ich  ausz  zu  pirschen 
nach  hasen.-hmden,  reh  und  hirrschen,  .  .  . 
fund  doch  des  wildes  stend  all  lehr. 

H.  Sachs  1,  2861'  {vom  j.  1534) ; 
sowie  ein  wild  vorm  männlichen  leun 
Hiebt  und  der  Icu  verfolgt  es  mit  drüun; 
es  wählt  im  dickicht  den  engen  stand. 

RÜCKERT  Firdofi  3,  154. 

vgl.  standthier,  -wild.  —  besonders  vom  hirsch:  stand 
eines  hirschen  im  gebüsche,  locus  vel  latibulum  cervi  in 
sylva.  Frisch  2,  317<^;  'stand,  (Jäger)  der  ort,  ico  sich  die 
hirsche  oder  auerMlme  in  der  pninst  und  palzzeit  oft 
spühren  und  antreffen  lassen,  sie  haben  ihren  stand  allda, 
saget  man'.  Jacousson  4,253*";  stand  des  hirsches,  l'arrit. 
l'assiette,  le  Mdsson  du  cerf  le  Heu  oü  le  cerf  se  repose.  wenn 
der  hirsch  auf  die  brunft  tritt,  hat  er  keinen  gewissen 
stand,  der  hirsch  hat  seinen  stand  verändert,  le  cerf  a 
quitte  son  assiette.  stand  des  schwarzwildprels,  la  demeure. 
Wn^KKiA.Jiandh.fürjäger3,6lS;  der  hirsch  geht  in  sein 
standt,  sucht  sein  rhu.  M eurer  v.  forstl.  oberherrligk. 
(l56o)  87»;  die  gute  und  schwere  des  gehörns  erfolget  auch, 
so  sie  gut  aus  dem  winter  kommen,  guten  stand  und 
geäsze  gehabt.  Döbel  1,6'';  von  des  edlen  hirsches  wände!, 
stand  und  Wechsel,  es  verändert  der  edle  hirsch  seinen 
stand  nach  den  Jahreszeiten  .  .  .  der  hirsch,  wie  auch  das 
wild,  hat  zwar  im  frühlinge  seinen  stand  noch  tief  und 
weit  im  walde.  12'";  überhaupt  von  ihrem  stände  zu 
melden ,  wo  die  hirsche  sich  einmal  gewöhnen ,  ihren 
winter-  frühling-  sommer-  und  herbst-stand  zu  haben,  da 
pflegen  sie  fernerhin  solchen  zu  halten.  14»  {vgl.  herbst- 
stand, theil  i,  2,  i073,  sommerstand,  /ÄetZ  10, 1, 1558);  die- 
weil  ...  die  clends-thiere  und  hirsche  .  . .  auch  in  groszen 
brüchen  ihren  stand  und  Wechsel  haben.  20'';  vgl.  auch 
26»  {von  'i7idianischen  hirschen").  3,172''; 

da  wir  gester  gesehen  han 

ein  schön  hirschen  in  seim  stand. 

Ayrer  2, 1073,  26  Keller; 
der  hirsch  verändert  seinen  stand, 
und  springt  in  ein  verzäuntes  land. 

Hagedorn  2,  30  {fab.  1, 18); 
80  wie  ein  sichrer  hirsch  aus  seinem  stände  setzet, 
wenn  ihn  im  dicken  forst  ein  wilder  pfeil  verletzet. 

Zacharia  70  {renomm.  4, 14.^V 

m)  so  auch  von  vögeln,  besonders  jagdbaren  {s.  auclt 
unter  l):  'stand  heiszt  der  aufenthaltsort  des  federwihlf.-' 
der  hohen  und  mitteljagd' .  Behlen  5,672;  twi  einzelmi'. 
von  auerhähnen,  s.  Jacobsson  unter  l:  zur  faltz-zt.il 
nimmt  der  bahn  seinen  stand,  wo  er  schon  ehemals 
gefaltzet,  gerne  wieder,  und  zwar  meistens  in  den  re 
vieren,  wo  rothbüchen-  kiefern-  und  lichten-holtz  stehet. 
Döbel  1,44'';  weidmännisch  vom  auerhahn  und  huhn  zu 
sprechen:  der  auerhahn  hat  seinen  stand,  ist  der  ort 
seines  aufenthalts.  45'';  es  {das  uuencildpret)  steht  vor- 
züglich gern  in  weitläufügen  nadelhölzern,  .  .  .  doch  giebt 
es  auch  gegonden ,  wo  es  in  hiubhölzerii  stand  hält. 
WiNKELL  handb.  für  Jäger  \,'AW,  von  fasanrn ,  hier  eine 
art  ans  hrettern  oder  ähnlichem  hergenchtetes  hätischen: 
die  eintretende  balzzoit  fesselt  sie  schon  an  den  für  sie 
gewählten  stand.  872;  in  dem  garten,  oder  bey  den 
Zwingern,  werden  auch  zwey  bis  drcy  kirrungen  oder 
stände  gemacht.  Döbel  l,  141».  —  stand  ...  8)  wo  ein  raub- 
geflüg  sich  zu  abends  einschwinget.  Wv.vvv.  icohlr  jäfi^'r 
288''.  *.  auch  Kehrein  weidmannssjn- .  2«o.  im  ein 
nidi  eorum  {nccipitrum)  dicuntur,  stände.  CoRVlNi 
lat.  119'';  reigor-stund,  .tylva  rt  nrbores  ubi  anieae  nun 
ficant.  Krisch  2,  lU"«,  iy//.  reihersland,  M.  8, 062.  ». /«fier'i 
slaiidbaum  (8)  und  Standvogel. 

fi)  ungewöhnlich    von   fischen:    hicrbey    Ist  .  .  .  nnzu- 
mercketi,  dasz  in  koIoIioii  hoch  die  llüche.  ein  icder  nach 


097 


STAND  (4) 


STAND  (4.  5) 


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seiner  art,  ihren  besondern  stand,  und  ein  iedes  ge- 
schlechte fische  ihr  besonderes  lager  haben;  also,  dasz 
iede  sorte  sich  besonders  zusammen  retiriret.  Döbel  4,100*. 
so  wol  auch  zu  verstehen :  und  wann  ain  ruettn-vischer 
{angler)  auf  ainem  weg,  da  ain  segenzug  ist,  vischt  und 
ainen  visch  findet  oder  sich  meld,  so"  soll  der  segen- 
vischer  (segen,  groszes  ztignefz)  ain  zeit  mit  den  zug  ver- 
haltn,  ob  aber  ain  ruettn  vischer  ain  visch  oder  zween 
auf  ainem  stant  gfangen  hete,  so  mag  der  segenvischer 
unverhindert  wol  ziechen.  tirol.  ireisth.  *,  ii,  13  {ordn.  v. 
1505).    vgl.  standfisch. 

o)  stand  wird  weiterhin  auch  von  dingen  gesagt,  doch 
im  eigentlichen  sinne  seltener,  noch  mehr  als  Verbal- 
substantiv: 

und  als  ihr  aug'  trüb'  durch  den  garten  irrte,  .  .  . 
gewahrte  sie  im  schatten  einer  mirthe 
der  reinsten  lilie  thauumglänzten  stand.  Kind  1,  26. 
der  modalen  bedeutwig  (5)  sich  nähernd:  (fehlschüsse  bei  der 
nrtillerie  entstellen:  3)  wenn  der  stand  der  stücke  wegen 
seiner  Ungleichheit  den  zurücklauf  des  Stückes  verändert. 
Fleming  t.  soldat  630\  so  jetzt  bei  der  marine  geschütz- 
stand: 'die  feste  oder  bewegliche  fläche,  auf  der  das  ge- 
schütz  aufgestellt  ist';  versenkter  geschütz-stand.  gewehr- 
stand 'gestell  zur  unterbnngung  von  handxcaffen' .  Stenzel 
seemänn.  wb.  397.  neuerdings  icerden  überhaupt  Zusammen- 
setzungen u-ie  fahrradstand  üblich.  —  für  luge,  Stellung 
im  Verhältnis  zu  andern  dingen:  also  stellet  sich  die  seele 
einen  theil  von  der  weit  vor,  oder  so  viel  von  der  weit, 
als  es  die  Stellung  ihres  cörpers  in  der  weit  leidet: 
folgends  . .  .  hat  die  seele  eine  krafft  sich  die  weit  vorzu- 
stellen nach  dem  stände  ihres  cörpers  in  der  weit.  Chr. 
WoLFF  vernünfft.  ged.  v.  gott  (i7äo)  s.  415  (§  753);  so  lasset 
sich  ...  die  weit  nach  dem  stände  dieses  cörpers  in  der 
weit  und  seinen  Veränderungen  darinnen  vorstellen.  435 
(§  785);  so  dörffen  wir  nur  forschen,  was  der  stand  unseres 
leibes  in  der  weit  für  Veränderungen  haben  kan.  439 
(§792);  dergleichen  (Veränderungen)  treffen  wir  auch  in 
den  Sternen  an,  wenigsten  in  ihrem  stände  gegen  die  erde 
und  unter  einander.  292  (§  548);  unser  Verfasser  (Herder) 
hebt  damit  an,  die  aussieht  zu  erweitern,  um  dem 
menschen  seine  stelle  unter  den  übrigen  planetenbe- 
wohnern  unserer  sonnenweit  anzuweisen,  und  schlieszt 
aus  dem  mittleren  nicht  unvortheilhaften  stände  des 
weltkörpers,  den  er  bewohnt,  auf  einen  blos  'mittel- 
mäszigen  erdverstand'.  Kant  4,  314. 

p.  a)  häufiger  von  dem  punkte  einer  bahn  oder  sJcala, 
wo  ein  sich  bewegender  gegenständ  in  einem  bestimmten 
augenblicke  steht,  zuweilen  mit  annäherung  an  die  verbale 
oder  modaU  bedeutung.  stand  der  sonne  am  himmel: 
nach  dem  stand  der  sonne  war  es  mittag.  Heines,  49 
Elster;  bis  der  Sprecher  an  den  häuptling  trat  und  auf 
den  stand  der  sonne  wies.  Freytag  8,26  (ahnen  \,c.  2); 
endlich  hat  die  sonne  ihren  höchsten  stand  überschritten. 
Hassert  reise  durch  Montenegro  61.  stand  des  zeigers 
an  einer  uhr:  es  ist  nicht  möglich,  dasz  der  zeiger  in 
der  uhr  anders  stehet,  als  man  ihn  findet.  .  . .  man  mag 
ihn  verlangen,  auf  welchem  orte  des  stundenblates  man 
wil;  so  wird  immer  eine  Veränderung  in  der  art  der  Zu- 
sammensetzung möglich  seyn,  daraus  der  verlangte  stand 
des  zeigers  .  . .  erfolget  wäre.  Chr.  Woi.ff  vernünfft  ged 
%\  gott  (1720)  304  (§  567).  vgl.  stand  des  Chronometers. 
BoBRiK  659»;  chronometerstand  'unterschied  zioischen  der 
zeit,  die  der  Chronometer  angibt  und  der  mittleren  Green 
wicher  zeit'.  Stenzel  seemänn.  wb.  897». 

ß)  von  flüssigkeiten.  der  punkt  bis  zu  dem  sie  gestiegen 
sind  und  hina^tf reichen,  höhe,  niveau.    stand  des  wassers, 
vgl.  Wasserstand  ('die  bestimmte  höhe  des  wassers  in  einem 
ßiisz'.  Jacousson  4,612");  der  höchste  stand  des  wassers, 
der   niedrigste  Wasserstand   des   flusses.   Adelung  (i,  i).' 
(tiefer,  hoher)  stand  des  barometers,  des  thermometers: 
ich  wuszte  freilich  nicht  den  rechten  stand 
des  thermometers  und  des  barometers 
wie  er  sich  jetzt  in  Anhalt-Dessau  stellt. 

F.  Marlow  FauKt  (1839)  20. 
dann  auch  übertrugen:  stand  der  kurse,  der  papiere,  der 
aktien  eines  Unternehmens  u.  äknl. 
q)  technisches. 

a)  stand,  statio,  Station,    in  der  landmesz-kunst ,   der 
ort,  wo  das  instrument  niedergesetzt  wird,  aus  demselben 


einen  gewissen  punct  zu  nehmen,  eine  weite,  zu  welcher 
man  keinen  zutritt  hat,  kan  änderst  nicht  als  aus  zwey 
ständen  gemessen  werden.  Jablonski  746'',  s.  ferner 
Eggers  2,  976.     später  nicht  mehr  bezeugt. 

ß)  'stand ,  fr.  place  ou  Von  met  separement  les  mhies 
ou  angar.  (hüttenwerk)  ein  auf  drey  seilen  mit  brettern, 
auf  die  art  eines  pferdestandes  (s.  oben  i) ,  umgebogener 
platz,  darein  auf  den  zechen  und  schmelzhüften  die  Sorten 
der  erze  gestürzet  icerden,  damit  nicht  die  eine  init  der 
andern  vermenget  werde.'  Jacobsson  4,  253*>. 

5)  am  gewöhnlichsten  bezeichnet  stand  die  art  und  iceise, 
nie  jemand  oder  etwas  steht,  sich  befindet;  die  concrete  be 
deutung  des  Stehens  ist  dabei  zumeist  aufgegeben  und  stand 
iMt  gewöhnlich  denselben  allgemeinen  sinn,  der  noch  häufiger 
durch  die  Zusammensetzung  zustand  (auch  durch  läge, 
umstände)  ausgedrückt  wird,  stand,  der  zustand,  status, 
conditio,  sors.  Frisch  2,  317°;  so  zunächst  von  dingen: 
stand,  der  zustand  und  umstand  eines  dings,  situs,  con- 
ditio, circumstantia  loci,  u.  d.  g.  318»;  'der  inbegriff  der 
zufälligen  bestimmungen  eines  dinges.'  Adelung  (2,  2);  'un- 
eigentlich, von  der  art  und  weise,  wie  etwas  auf  eine 
dauernde  tnehr  bleibende  weise  ist,  wodurch  es  sich  von 
zustand  und  läge  unterscheidet,  tcelche  auf  veränderlichere 
und  vergänglichere  bestimmungen  deuten'.  Campe  (2),  doch 
ist  diese  Unterscheidung  nicht  stichhaltig. 

a)  der  begriff  des  'stelmis'  ist  noch  am  deutlichsten,  wenn 
vom  stände  der  saat  u.  ähnl.  geredet  wird:  mit  solchen 
stellte  er  sich  dann  gern  .  . .  vor  ein  Saatfeld  .  . .  und 
düftelte  . .  .  über  die  Jahreshoffnungen  und  den  stand  der 
feldfrüchte.  Keller  4,219  (vgl.:  das  körn  steht  gut); 
(er)  besuchte  seine  hütte,  sah  nach  dem  stände  seiner 
Pflanzungen,  die  er  einem  bauern  in  pacht  gegeben  hatte. 
E.  V.  Egidy  Ilse  Bleiders  200;  so  auch :  der  gute  stand  seiner 
kleinen  wiese  und  seines  ersten  kartoffelackers.  189;  in 
ungewöhnlicherer  fügung :  alles  flache  erdreich  unendlich 
fruchtbar,  gerste  und  hafer  von  dem  schönsten  stände. 
Göthe  28,159.  —  anderes  mehr  vereinzelt: 


sehr  beschäftigt  mich 
dort  jener  segel  —  siehst  du  ihn?    er  schwankt 
gefährlich,  übel  ist  sein  stand. 

Kleist  1, 119  Schmidt  (^Schroffenst.  4, 


stand  für  läge,  veraltet:  die  Wichtigkeit  dieses  satzes 
(vom  zureichenden  gründe) ,  darauf  schon  .  .  .  Archimedes 
seine  lehre  von  der  gleichwichtigkeit  oder  dem  wage- 
rechten stände  der  schweren  cörper  gegründet.  Chr. 
WoLFF  vernünff't.  ged.  v.  gott  (1720)  13  (§  30). 

b)  stand  als  synonyvion  von  zustand  im  physicalischen 
sinne  scheint  der  spräche  Kants  eigenthümlich  zu  sein; 
für  aggregatzustand:  ein  himmelskörper,  welcher  aus 
seinem  ersten  flüssigen  zustande  in  den  stand  der  festig- 
keit  übergeht.  8,294  (allgem.  naturgesch.  des  himm.  2,4); 
gleichwie  andere  flüssige  materien  bisweilen  einen  festen 
stand  annehmen.  9,18.  anderes:  ein  jeder  körper,  dessen 
theile  sich  plötzlich  in  dunst  verwandeln  .  .,  sprüht  teuer 
von  sich,  brennt,  weil  das  elementarfeuer,  das  vorher 
im  stände  der  zusammendrückung  war,  behende  frei  wird. 
1,  48,  anm.  —  stand  meines  leibes,  s.  6,  a. 

c)  in  älterer  spräche  stand  eines  landes :  bedencke  den 
stand  Holland[s],  und  anderer  confcederirten  provintzen, 
wie  sie  gewesen  vor  zeiten  des  hertzogs  Albani.  Schup- 
Pius  710;  als  ich  den  stand  und  condition  eures  Teutsch- 
lands examinire,  argwohne  ich,  das  end  eines  ubels  werde 
ein  Staffel  desz  zukünfftigen  seyn.  713; 

elück  zu  du  ödes  feld !    glück  zu  ihr  wüsten  auen, 
die  ich,  wann  ich  euch  seh,  mit  thrcnen  musz  betauen 
weil  jhr  nicht  mehr  seyd  jhr;  so  gar  hat  euren  stand 
der  freche  mord-gott  Mars,  grundausz  herum  gewand ! 

LuGAU  1,  50,  4. 

mit  adjectiv:  dise  insel  (Porto  sancfo)  ...  hat  kein  porten 
(hafen),  aber  sunst  ein  gütten  stand,  vor  winden  wol  be- 
waret.  Franck  tceltb.  211»»;  die  pfalz  war  in  seinen  (Gustav 
Adolfs)  bänden,  und  die  pflichten  sowohl  der  gerechtig- 
keit  als  der  ehre  foderten  ihn  auf,  diese  den  Spaniern 
entrissene  provinz  ihrem  rechtmäszigen  eigenthümer  in 
vollkommenem  stände  zurück  zugeben.  Schiller  8,  3uo 
(30 jähr,  krieg,  schlusz  des  3.  b.);  ebenso:  er  hat  mir  nun 
meine  väterlichen  guter  wieder  gegeben,  in  besserin  stand 
als  sie  waren.  Heinse  Ardingh.  i.sio.    vgl.  auch: 


699 


STAND  (5) 


STAND  (5.  6) 


er  kehrt  in  seine  schranken 
der  Völker  schwall  im  ungemesznen  land  .  .  . 
erweitert  grenze,  th&tig  innrer  stand.    Göthb  4,  64. 
ungewöhnlicher  .- 

im  höchsten  palmenreichsten  stände  Roms. 

Shakegp.  Haml.  1, 1, 
hier  mit  deutlicherem  verbal  begriff :  'als  Rom  am  höchsten 
stand'.  —  ähnlich,  abstracter:  philosoph,  will  du  den  stand 
deines  Jahrhunderts   ehren   und   nutzen:    das  buch   der 
Vorgeschichte  liegt  vor  dir!   Herder  6,562  Suphan;  ich 
kann  ihm  {Herder)  z.  b.  nicht  vergeben,  dasz  er,  zumal 
bey  dem  damaligen  stände  der  deutschen  literatur,  das 
manuscript  des  Götz  von  Berlichingen ,  ohne  Würdigung 
seines  guten,  mit  spöttelnden  anmerkungen  zurücksandte. 
Eckermann   gespr.  mit  Oöthe  i,  166.      nur  diese    letztere 
ioendung  ist  auch  der  heutigen  Sprechweise  noch  geläufig, 
d)   vereinzelt   im    sinne  einer  einrichtung,    staatsform. 
Staatsverfassung:  von  dreyerley  gestalt  der  regiment,  unnd 
was  es  mit  dem  aristocratischen  standt  ...  für  beschaffen- 
heit  habe.   Chr.  Lehmann   cJiron.  v.  Speyr  (16I2)  S04*D 
(*,  ca/>.  12);   dasz  sie  {die  Israeliten)  den  aristocratischen 
standt  und  die  form  desz  regiments,  so  von  jhme  {Mose) 
eingeführt,  nicht  solten  verendern.  305**  A ;  der  dritte  standt 
ist  democratia:   wenn   der  gemein   man   oder  die  gantz 
bürgerschafrt  dz  regiment  führt.  . . .  gleich  wie  die  natur 
keinen  über  den  andern  erhebt,  .  . .  also  hat  dieser  standt 
der  regierung   die   eigenschalTt ,   dasz   er  allein  auff  die 
gleicheit  gericht  ist.  B— D;   der  monarchisch  oder  auch 
fürstenstandt,   wann  einer  allein  herr  ist,   hat  viel  und 
mancherley  beschwernus.  306*6;  biszweilen  pflegt  dieser 
{der  aristocratische)   standt   auch   zur   tiranney   ausz  zu- 
schlagen. D;   dieser  standt  oder  die  form  der  regierung 
desz   gemeinen  manns  hat  nirgents  statt  funden,   dann 
in    den    statten,    darinn    die    armut  .  .  .  uberhandt    ge- 
nommen. 307»B.    regierungsstand,  staatsform  {th.  8, ö35 
in  anderm  sinne):   die   politici  ...  bilden  ihnen  ein,   es 
seye  keiner  zu  dem  regiment  geschickt  genug,  er  wisse 
dann  wol   und   genau   zu  disputiren,   ob  der  regierungs- 
stand,  da  einer  alleine  im  regiment  sitzet,  vorzuziehen 
seye  deme,   wann   die  vornehmst-   und  verständige   re- 
gieren? ScHUPPius  534;   unbestimmter:  es  ist  ein  kunst, 
unterschiedliche  spiel  üben,  wie  der  Jean  Potage,   oder 
Ockes  Bockes  der  Amsterdammer  zumachen  pflegte,    aber 
sagt  mir,  zu  was  stand  des  menschlichen  lebens  dieselbe 
künsten  nutzen?  708. 

e)  sonst  sind  im  allgemeinen  alle  diese  Verbindungen  mit 
einem  subject-sgenitiv  jetzt  kaum  noch  in  gebrauch;  unein- 
geschränkt üblich  und  sehr  gewöhnlich  sind  {auszer  den 
fällen  unter  ä)  nur  ganz  allgemeine  ausdrücke  ude  stand 
der  dinge:  bei  diesem  stände  der  dinge,  nach  dem  augen- 
blicklichen stände  der  dinge  oder  der  sache  u.  s.  w. ;  die 
critik  hätte  jetzt  ein  leichtes  spiel  und  könnte  den  stand 
der  dinge  anschaulich  machen.  J.  Grimm  vojn  i.  febr.  1859, 
s.  anz.f.  d.  alterth.  16,248;  während  jeder  etwas  über  den 
stand  der  dinge  sagen  wollte,  kam  Onegis  heraus,  wir 
traten  zu  ihm  und  suchten  von  ihm  etwas  über  unsere 
angelegenheiten  zu  erfahren.  Fmeytaü  17,  166  {bilden,  c.  2). 
ferner:  der  beauftragte  ist  verpflichtet,  .  .  .  über  den  stand 
des  geschäfts  auskunft  zu  ertheilen.  bürgerl.  gesetzb.  §666; 
ein  gesellschafter  kann  ...  die  geschäftsbücher  und  die 
papiere  der  gesellschaft  einsehen  und  sich  aus  ihnen  eine 
Übersicht  über  den  stand  des  gesellschaftsvermögens  an- 
fertigen. 716;  der  ausgeschiedene  kann  am  Schlüsse  jedes 
geschäftsjahrs  . . .  auskunft  über  den  stand  der  noch 
schwebenden  geschäfte  verlangen.  740;  über  den  stand 
der  Verwaltung  hat  er  (der  mann)  der  frau  auf  verlangen 
auBkunft  zu  ertheilen.  1874.  stand  bezeichnet  hier  durch- 
aus eine  momentane,  vorübergehende  »itttatioti  oder  con- 
stellation.  auch  geradezu  einen  punkt  odtr  ein  Stadium 
innerhalb  eines  verlauf»,  einer  entwieklung.  so  besonders: 
•der  stand  des  Streites,  die  ort  und  weiae.  wie  es  mit 
demtelben  stehet,  wie  ea  mit  demselben  beschaffen  ist,  wie 
weU  ea  damit  gediehen  iat  {atatua  controveraiae).'  Campe  (8); 
•Ich  nach  dem  stände  des  processes  erkundigen  u.  ähnl  — 
ahnlieh  gana  allgemein  (?): 

dir  iH)ll>iit«n  sey  bekant, 
Moat  keinem  gantz  Terwand: 
^— n  an  steht  jetel  der  stand 

LooAU  8,  n,  M  {'Meni-rtgü'). 


700 


f)  am  häufigsten  findet  sicJi  stand  in  diesem  sinne  mit 
attributiver  bestimmung  in  Wendungen  mit  der  präposition 
in.  meine  sachen  stehen  in  einem  sehr  guten  standt, 
mes  affaires  vont  fort  bien.  HuLSlus  806»;  es  ist  in  einem' 
schlechten  stände,  res  est  in  arcio.  Stieleh  2180;  die 
Sache  ist  in  dem  stände,  eo  in  loco  res  est.  Steinbach 
2,669;  die  sache  ist  in  demjenigen  stände.  Frisch  2,318*; 
die  sache  ist  noch  im  alten  oder  im  vorigen  stände,  in 
pristino  statu,  ebenda ;  der  könig  merkte  dasz  viele  härte 
thaler  fehlten,  konnte  aber  nicht  begreifen  wer  sie  sollte 
gestohlen  haben,  da  Schlösser  und  riegel  in  gutem  stand 
waren.  Grimm  märclten\n{nr.ii>);  das  haus  ist  in  gutem, 
baufälligem  stände  u.  ähnl.  weniger  leicht  mlrde  man 
sagen:  der  gute  stand  des  hauses,  vgl.  jedoch:  es  ist  ein 
gewaltiges  zweistöckiges  gebäude  mit  einem  mächtigen 
Schornstein  und  mit  drei  arbeiter-wohnhäusern,  alles  in 
bestem  stand  und  vollem  betrieb.  ...  der  wert  ist  uns 
aber  durch  den  vortrefflichen  stand  der  fabrik  . . .  garan- 
tiert. Frenssen  Hilligenlei  in; 

also  wird  sie  (die  erde)  inn  kurtzen  standen 
bald  inn  leidigem  stand  befunden. 

Oarg.  g.  467  neudr. 
in   einem   stände  bleiben,   unverändert,   oder  auch  load. 
auf  derselben  stelle:  und  die  sole  were  in  einem  stände 
stehen  blieben.  Spittenoorff  155;  ideo  hacc  fides  musz 
nit  bleiben  in  einem  stand,  sed  fort  ghen.  Luther  15,  7i8,  2 
Weim.ausg.  —  etwas  in  gutem  standehalten:  ein  haus 
im  baulichen  stände  erhalten.  Adeluno  (2,2,0);   es  ist 
der  fenchel ...  ein  alleredelste  artzeney,  das  blöde,  kranck 
und  dunckel  gesicht  zu  stärcken  . . ,  und  das  gute  gesiebt 
in    seinem    natürlichen    stand    zu  erhalten.   Tabernae- 
MONT.  148 H;  vgl.  unten  und  7,  a,  ß.   —   in   einen  stand 
kommen,  wofür  selten  zu:  deszhalb  sie  fürgaben,  unsere 
Sachen   würden  (wo  solches  nicht  geschehe)  zu  keinem 
friedlichen  stand  kommen.  3  Macc.  7,  4.    besonders:  daraus 
ain   solchs  jämerlichs  würgen  im  ganzen  reich  gevolgt, 
das   auch  in  vilen  jaren    hernach   Teutschland   in  den 
vorigen  standt  und  macht  nit  komen  hat  mögen.  Zimm. 
chron.^  1,75,85;   das   sie  .  . .  die  ganz  deutsche  nation  in 
die  eusserst  not  gebracht,   welche  . .  .  seither  in  vorigen 
stand   nie   hat  kommen   künden.  132,20;   das   das  reich 
und  das  deutsch  land  bald  hernach  in  ain  sollichen  abfa! 
kommen ,  .  .  .  auch   sich   seithere  in  dem  vorigen  stand 
nühe  hat  vdderum  erholen  künden.  133, 12;  in  seinen  alten 
stand  verfallen,  in  pi-istimun  statum  recidere.  Steinbach 
2,  669.  —  in   einen  stand  bringen ,   setzen :   den  st-\at  in 
bessern  stand  bringen,  rem  publicam  in  meliorem  statum 
vertere.   ebenda;  wieder  in  den   alten  stand  bringen,  in 
statum  antiquum  restituere.  ebenda;  etwas  wieder  in  den 
vorigen  stand  setzen.   Adeluno  (2,  2,  c).    wer  berechtigt 
ist,  von  einer  sache  . .  .  eine  einrichtung  wegzunehmen, 
hat  im  falle  der  wegnähme  die  sache  auf  seine  kosten 
in  den  vorigen   stand   zu   setzen,   bürgerl.  gesetzb.  §  258. 
got  hats   alles  vor  dem  jüngsten  tage  wollen  wieder  za 
recht  bringen,  in  seinen  ersten  standt,  dazu  es  geschaffen 
und    geordnet    ist.    Luther    tischt.  (l57l)  3»;    also    das« 
sichs   wird   ansehen  lassen,   als  solte  das   reich  fallen, 
wird   aber   doch   nicht  fallen,   sondern  in  seinen  ersten 
stand  wider   bracht  werden.  iEsdreii.iS;    auf  den  an- 
trieb des  bürgermeisters  . . .  hatte  man  noch  vor  der  an- 
kunft  der  Spanier  die  vestungswerke  an  beydcn   ufern 
der  Scheide  in  besseren  stand  gesetzt.  Schiller  0, 40. 
in   der   altern  spräche    zuweilen   durch  himufügung   mm. 
wcsen  verstärkt:  stand  und  w&sen  (der)  status.  res.  ... 
das  gemein  regiment  inn  einen  gewüssen  stand  und  wÄsen 
bringen,  collocare  aliquem  reipub.  statum.     das  rciriinenl 
in  einen  besseren  stand  und  wÄscn  bringen,  reft)riiiieren. 
M AALER  884'';    diesz   waren    die   cinkünfte   wovon   diese 
gesellen  sich  nährten,   und  die  göttin,  die  ich  trug,  in 
gehörigem  stand  und  wescn  erhielten.  Wikland  Luc.  4,  «?• 
{dafür  in  der  anm.:    erhielten    ihre    göttin    in   standet- 
mäszigera  omat). 

6)  in  den  verachiedenakn  nuancierungen  wird  stand  von 
menachan  geaagt.  doch  aind  die  nxeiatan  diaaer  g^raucha- 
tMiMn  in  der  nettem  aeit  uniiblich  geworden. 

o)  tfi  betug  auf  den  leiUichen  axutand,  vgf,.  gesundhcitl- 
»l*nd,  theil  4, 1,  484a  und  oben  Taukhnabmont.  tmter  »./ 
tm  Ifilde:  wenn  sie  eiuou  von  alten  bösartigen  schädea 


701 


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STAND  (6) 


702 


entkräfteten  und  zerfressenen  staatskörper  in  den  stand 
der  gesundheit  wieder  herzustellen  versuchen.  Wi bland 
2,  304  {Agath.  10,  2).  nd.  im  wollen  stanne  sin  in  gutem 
gestindJieitszttstande ,  wol  sein.  Schambach  208*.  mittel 
massigen  Standes  sein  in  beziig  auf  körperfülle.  Höfler 
Jcrankheifsnamenb.  673*  (mit  verweis  aw/KRAUTWADEL  »-6171- 
inent  der  gesundtheit,  Augsb.  1531  C  l).  speciell  anderer 
stand  andere  umstände,  schicangerschaft.  672^;  eis.  imen 
andere(n)  stand  sin.  Martin-Lienhart  l,  48",  nassauisch 
im  andern  stand.  Kehrein  nachtr.  52.  vgl. .-  als  seine 
{Vefeles)  Schwägerin  seinen  stand  inne  ward,  steigerte  sich 
ihre  hartherzigkeit  zum  empörendsten  grade.  Auerbach 
dorfgesch.  1 ,  62. 

b)  in  bezug  auf  den  seelischen  zustand  -.  er  schien  den 
stand  meines  herzens  zu  wissen.  Adelung  (2, 2,  a);  es 
wird  der  stand  der  gemüter  also  beschaffen  seyn,  dasz 
wenig  ein  so  gefährliche  that  werden  wagen.  Schup- 
pius  718;  vgl.:  da  dieselben  jedoch  an  der  ausschweifung 
einer  religiösen  idee  krank  lagen,  und  ihre  aufführung  .  .  . 
äuszerst  trübselig  und  melancholisch  war;  so  paszte  dies 
zu  wenig  auf  den,  der  mutter  nur  leider  zu  wohl  be- 
kannten gemütsstand  ihrer  söhne.  Kleist  3,  381,  14 
E.  Schmidt,  mit  ausführendem  genitiv:  es  werden  auch 
andere,  wenn  sie  sich  in  den  stand  ordentlicher  gedancken 
gesetzet  haben,  dieses  so  wohl  als  ich  erfahren.  Wolff 
ged.  V.  gott  (1720)  s.  194  (§  358) ;  seine  dritte  art  über  gott 
zu  denken  ist  ein  stand  der  empflndung;  mit  welchem 
nichts  als  undeutliche  Vorstellungen  verbunden  sind,  die 
den  namen  des  denkens  nicht  verdienen,  denn  überlegen 
sie  nur,  was  bey  einem  solchen  stände  in  unsrer  seele 
vorgeht.  Lessing  6, 130  (litt.  br.  49);  es  kann  wahr  seyn,  . . . 
dasz  herr  Klopstock,  als  er  seine  lieder  machte,  in  dem 
stände  sehr  lebhafter  empfindungen  gewesen  ist.  260;  der 
begeisterte  stand,  in  welchen  eine  schöne  seele  durch  die 
erste  liebe  gesetzt  wird.  Wieland  7,142  (d.  gold.  Spiegel  2,6); 

doch,  in  diesem  dunklen  stände  meiner  sinnen  mid  gedanken, 
gabst  du  mir  zu  unterscheiden,  was  hier  gut  und  übel  sey. 

Hagedorn  1, 1. 

ungewöhnlich  und  auffällig  in  folgender  stelle,  wo  es  der 
bedeutung  von  Standpunkt  nahe  kommt  {Stellung  zu  etwas, 
attffassungt):  auf  einmal  treten  wir  durch  diesen  an- 
gegebnen stand  (die  fabel  ist  eine  moralisierte  dichtung) 
aus  einem  netz  von  fragen  und  Widersprüchen  hinaus. 
Herder  15,  539  Suphan. 

c)  weiterhin  bezeichnet  stand,  besonders  im,  altern  nhd., 
die  ganze  innere  und  äuszere  Situation  eines  menschen, 
ganz  wie  zustand  oder  läge:  stand,  stato,  essere,  con- 
ditione  etc.  v.  zustand.  Krämer  dic#.  2,  930<' ;  niemand  ist 
mit  seinem  stände  zufrieden ,  nemo  sua  sorte  contentus. 
Steinbagh  2,  669.  verstärkt:  stand  und  wäsen  der  men- 
schen, conditio  hum^na.  Maaler  384'';  vgl.  Köster  zu 
Schönaich  ästh.  in  einer  nusz,  s.  451,  23^.  belege:  in 
solichem  seinem  stant  und  wesen  eins  tags  sich  begab 
daz  küng  Carlo  über  land  reytt  in  die  gegent  do  der  riter 
wonet.  decam.  614, 11  Keller;  von  dem  mühseeligen  und 
gefährlichen  stand  eines  regenten.  Simplic.  s.  121  neudr., 
über  sehr,  von  2,  c.  11,  loofür  später: 

Simplex  erzählt  das  mühselige  leben 
eines  regenten,  dem  er  ist  ergeben. 

1, 150,  26  Kurz; 
ZU  Wasser  und  zu  lande 
hab'  ich  in  manchem  stände 
viel  Unglück  dulden  müssen.    Gleim  3, 116; 
du  würmeben  der  Sekunde, 
hier  lerne  deinen  stand.    Arndt  ged.  482. 

80  auch :  welcher  vil  seh  wetzt  von  der  seelen  standt  nach 
disem  lebenn,  der  ist  ain  schwetzer.  Eberlin  v.  Gönz- 
BURG  sehr.  2, 18  Enders; 

die  frommen  (sollen)  jhren  stand  auch  finden  wolgewünscht. 

SCHOTTEL  977. 

rf)  80  durch  adjective  näher  bestimmt,  in  guten,  glück- 
seligen, gewünschten  stände  seyn,  essere,  ...  in  buono 
stato,  in  istatofeliceu.s.w.  Krämer  dict.  2,  930°;  schrecken 
hat  sich  gegen  mich  gekeret,  und  hat  verfolget  wie  der 
wind  meine  herrligkeit,  und  wie  ein  lauffende  wolcke 
meinen  glückseligen  stand.  Hiob  30, 15;  ich  halte  aber  den 
für  einen  rechtschaffenen  freund,  der  in  glücklichem 
stand  zu  mir  kombt,  wann  ich  ihn  bitte,  und  mich  in  un- 
glücklichem stände  besuchot  uncrbetten.  Schuppius  233; 


verleihe  mir  auch  gnade  . . ,  dasz  ich  ...  in  gedult  im 
leyden,  und  sonst  in  einem  guten  willen  und  seligen 
stände  beständiglich  verharre.  453; 

alsziang  ich  dir  so  lieb  war 
dasz  dich  meine  krause  haar 
hielten  starck  allein  gefangen; 
kont  mich  meinen  süssen  stand 
nicht  mit  der  cron  Engelland 
zu  vertauschen  je  verlangen. 

Weckherlin  ged.  402  (öden  1,  20,  2); 
wir  menschen  sind  ja  auch  bedacht 
die  unsrigen  zu  zieren; 
wir  gehn  und  sorgen  tag  und  nacht, 
wie  wir  sie  wollen  führen 
in  einen  feinen  selgen  stand. 

P.  Gerhardt  s.  101,  45  Oödeke; 
0  süszer  stand,  o  selig  leben. 

kircherdied  v.  Jon.  Jos.  Winckler. 

ungeioöhnlicher  in  neuerer  zeit: 

sie  ritten  in  fröhlichem  trunkenem  stand. 

RücKERT  Firdosi  1,  20i). 

so  auch:  der  onvernünfftiger  thier  standt,  sei  weit  säliger, 
dann  der  menschen.  S.  Frangk  www.  encom,  A  8"; 

flattre,  flattr'  um  deine  quelle, 
kleine  sterbliche  libelle, 
um  dein  grab  und  mutterland. 
eben  in  dem  frohsten  stände 
fliegst  du  an  des  lebens  rande. 

Herder  29, 109  Suphan. 

geruhiger  stand,  vita  quieta,  conditio  otiosa.  Stieler  2130: 
wann  ich  in  deiner  haut  steckte,  so  begebe  ich  mich  in 
einen  geruhigen  stand,  darin  ich  mein  geführtes  leben 
bedencken  . . .  könte.  Simplic.  sehr.  3, 190,  31  Kurz  (Spring- 
insf.  8).  —  er  ist  in  schlechten ,  in  betrübten  stände, 
egli  e  in  povero,  misero,  miserabile  stato.  Kram  er  dict. 
2,930";  ich  kan  nicht  gnugsam  ausz  sprechen,  mit  was 
grosser  sauere  und  bitterkeit  der  geberden  und  Worten, 
sie  mir  ihrem  elenden  stand  beschrieben  haben.  Schup- 
pius 691;  bitter,  bitter  kommts  dich  an  dein  elender 
und  betrübter  stand,  mein  mensch,  biter,  bitter,  dasz  du 
keine  gesunde  stund  hast.  Abraham  a  S.  Clara  etioas  f. 
alle2,i07;  diese  (abergläubischen)  allesampt  sind  in  fehr- 
lichem  stände,  denn  sie  gleuben  nicht  an  gott.  Luther 

3,  329'';  ich  geschweige  hie  des  gefärlichen  Stands,  so  die 
grossen  herrn  an  der  seel  haben.  Frangk  sprichw.  3, 109'. 
vgl.  auch:  dasz  ..  .  auch  etliche  jhrer  Widersacher,  .  .  . 
in  bede[n]ckung  desz  unstetten  stands  menschliches  lebens, 
jr  unselige  Vertreibung  mit  jhnen  auch  beweineten.  sMacc. 

4,  4.  ferner :  ich  aber  wachte  desto  länger ,  dieweil  ich 
meinen  seltzamen  stand  betrachtete.  Simplic.  1,  208,  13 
Kurz  (2,  25). 

e)  durch  einen  erklärenden  genitiv  (eines  abstractttm^s) 
bestimmt:      dasz  er  bald  seines  leydens  stand, 

auch  Amors  tyranney  und  brand 
und  strahlen  nu  anfieng  zu  segnen. 

Weckherlin  ged.  409  (öden  1,  26,  2); 

s.  auch  stand  der  gesundheit ,  der  empfindung  unter  a 
und  b,  sowie  die  folgenden  abschnitte,  unpersönlich  ge- 
roendet: die  flnsternisz  des  Verstandes  ist  der  stand  der 
abwesenheit  der  zur  beurtheilung  unserer  umstände  un- 
entbehrlichen Wahrheiten.  Adelung  (2,  2,  a).  der  genitiv 
erscheint  verselbstständigt : 

gott  gibt  alles  was  wir  dUrffen :  dasz  sichs  uns  nu  nimmer  füget, 
macht  die  wollust  und  begierde,  deren  stand  sich  nie  vergnüget. 

LOGAU  3,  59,  10; 
der  freundschaft  edler  stand  prägt  weisen  chrfurcht  ein. 

Hagedorn  I,  52. 

für  die  genitivconstruction  tritt  auch  Zusammensetzung  ein, 
so  z.  b.  ruhestand ,  .<?.  ^Äeiis,  1434;  dazu:  die  bauren  ver- 
ehren uns  mit  entblöstem  haupt,  welche  billich  von  uns 
zu  ehren  wären,  dann  wir  haben  ihnen  umb  diese  trinck- 
geschirr,  ruhstand  und  alle  diese  glückseligkeit  zu  dancken. 
Schuppius  713. 

f)  verbale  fügtmgen  (vgl.  5,f):  seinen  stand  verbessern, 
verschlimmern  (verbösern)  migliorare,  peggiorare  la  sua 
conditione.  Kramer  dict.  2,9,30»;  einen  stand  führen:  'ehr' 
heist  . . .  externe  ein  stände  füren  qui  in  gotts  wort  gehe. 
Luther  33,280,8  Weim.  ausg.; 

es  will  gott  nicht,  das  eins  regier, 

sondern  geselligen  stand  führ,    froschm.  Ee  3». 

doch  liegt  in  solchen  loendungen  meist  die  bestimmtere  be- 
deutxmg  8  vor,  s.  das.  von  der  hben.9iveise  (in  materieller 
beziehung) :  zwar  hat  euer  lieber  vater  auch  einen  grossen 


703 


STAND  (6) 


STAND  (6) 


704 


stand  geführt,  er  hatte  aber  dennoch  gross  gut  und  geld 
dabei  erspart.  Ahnim  7,27.  —  mit  präpositionen-.  einen 
in  einen  stand  bringen,  ponere,  metfere.  indurre  uno  in 
istato  (zm,/*).  wieder  in  vorigen  stand  kommen,  bringen, 
ritortiare,  rimettereinprimo,  pristino  stafo.  Krämer  rftV/. 
2,930";  einen  in  den  vorigen  stand  setzen,  in  integrum 
restitxiere.  Frisch  2,  318»;  (Juristisch)  sollten  aber  die 
erben  noch  minderjährig  .  .  .  seyn ,  und  es  hätten  die- 
selbigen  .  . .  sich  in  obiger  zeit ,  wegen  annahm  der  erb- 
schafft,  nicht  erkläret,  so  mag  denenselben  auf  ihr... 
ansuchen,  mittels  einsetzung  in  vorigen  stand,  geholffen, 
fort  sie  in  ordine  des  temporis  deliberandi  in  integrum 
restituiret  werden.  Mayntzer  landrecht  15,  §  5;  {von  thieren, 
im  sinne  von  o.)  es  war  höchst  unwahrscheinlich,  dasz 
die  pferde  ...jemals  wieder  in  den  stand,  wie  sie  aus 
dem  stall  von  Kohlhaascnbrück  gekommen  waren,  her- 
gestellt werden  würden.  Kleist  3,  204  Schmidt. 

g)  speciell  bezeichnet  stand  zuweilen  da.t  alter,  die  hil 
dungssfiife  eines  me7u<ichen  :  anfenklich  hab  ich  geschriben, 
was  diser  werde  rittcr  und  her  der  istorien  in  sein  kint- 
lichn  jaren,  nachvolgent  in  seinem  vernünftigem  slant 
bis  zu  alter  geübet.  Wihcolt  v.  Schaumbttrg  s.  202  Keller; 
nun  in  solchem  seugenden  (säuglings)s{&nd  ist  er  ge- 
standen bisz  auff  ein  jar  unnd  zehen  monat.  Garg.  s.  168 
neudr.;  wenn  in  den  alten  jähren  die  gröszten  beispiele 
moralischer  momente  vor  uns  vorübergehen,  ohne  unser 
leben  mehr  aus  seiner  bahn  zu  rücken  . . :  so  wirft  im 
tiefen  stände  der  kindheit  der  erste  . .  .  gegenständ  der 
liebe,  der  Ungerechtigkeit  u.  s.  w.  schatten  oder  licht  un- 
absehlich  in  die  jähre  hinein.  J.Paul  36,26.    vgl.: 

dasz  auch  mein  alter  noch  ein  stand  der  ehre  sey. 

Hageiiorn  3,  25. 
freier:    denn  deine  sehnen  sind  im  stand'  der  kindheit, 
und  haben  keine  kraft.      Shakesp.  stürm  1,  2. 

h)  sehr  geicöhnlich  ist  zu  allen  Zeiten  des  nhd.  die  an- 
uxndung  von  stand  auf  das  Verhältnis  zur  ehe.  der  ledige 
stand.  Adeluno  (2,  2,  &,  2):  ob  er  aber  verheirat  oder  in 
ledigem  stand  gestorben,  ist  unbewist.  Zimm.  chron.^ 
1,101,28;  drei  döchtern ,  deren  eine  er  bei  seinen  leb- 
zeiten  eim  freiherren  von  Tengen  .  .  .  vermehelt,  die  dritt 
soll  in  ledigem  stand  abgangen  sein.  197,41;  ain  iede  .  .  . 
manns-  und  Weibspersonen,  si  sei  verheirat  oder  ledigs 
stants.  tirol.  weisth.  2,  46,  23  {liandschr.  v.  1616) ;  sie  in  den 
armen  eines  liebenswürdigen  gatten  zu  wissen  . . .  und 
befreyt  von  jeder  Unbequemlichkeit,  der  ein  lediger  stand, 
und  besonders  ihr  lediger  stand  ausgesetzt  war.  Göthe 
br.  1,220  (12.  dec.  1769  an  K.  Schönkopf); 

ira  himmel  sind  nonnen  und  mönche  betrübt.  . .  . 
sie  sind  in  dem  ledigen  stände  geblieben, 
im  stände  der  sttnde,  sie  lernten  nicht  lieben. 

Gleim  2,  257. 
»prichwöitlich :  lediger  stand,  find  ruh  im  land.  Petki 
Mmi**;  lediger  stand  hat  allein  ruh  im  land.  Lehmann 
(1642)  160, 30.  gleichbedeutend :  weil  es  einmal  gelehrte 
gegeben  hat,  die  geglaubt  haben,  der  ehelose  stand  sey 
für  einen  gelehrten  der  schicklichste.  Lessino  l,  229  {der 
j.  gelehrte  i,(i).  dazu:  der  junger  graf,  Wolf,  ist  unver- 
heurat  bliben,  auch  im  selbigen  stand  also  gestorben. 
Zimm.  chron.^  1, 176,  7.  das gegentheil :  ein  sollicher  mensch 
hat  ofrt  basz  stat  in  eelichem  standt,  dan  in  enthalter 
reynigkeit  des  leybs.  Eberlin  v.  Günzrurt.  sehr.  2,  26 
Enders;  wann  sich  ein  söhn  oder  tochter  in  den  ehe- 
lichen stand  begiebt.  Mayntz.  landr.  7,  §  6.  sprichwörtlich  • 
so  füren  ettlich  das  Sprichwort:  der  ehelich  stand  ist 
kein  schleck  ...  es  ist  ein  stand  des  creutzs,  wie  alle 
condicion,  wort  und  werck  gots  dem  fleisch  ein  creutz 
sein.  S.  FnAtiCK  spriehic.  2,  l(»^ ;  der  ehelich  stand  ist 
kein  schleck,  noch  lauter  kUchlinessen.  PetriNs''. 
Hknircii  801,  28.  später  gewöhnlicher  dafür  die  zusammen- 
aeUung  chestand  ,  MetZs,  50;  s.  ferner  hrautstand  ,  theU 
S,888;  frauensland,  ^A<mZ4,  1,82;  der  jungfernsland,  jung- 
gesellenstand,  der  wittwenstand.  Apeluno  (a,  8,  ft,  2).  so 
auch  in  mundarten ,  t.  b.  achiceit.  brutst&nd,  d -stand. 
HrKZiKBR  SM;  tirol.:  sie  wollen  den  ledigen  stand  ver 
kehren  and  den  ehesland  &ntretten.  Schöpf  «99.  mit 
genitiv:  In  den  stand  der  heiligen  ehe  treten.  Adkluno 
a.a.O.:  so  diensthoien,  einer  mit  dem  andern,  wollen 
in  den  heiligen  stand  der  che  treten,  das  soll  onverhin- 
dert  bleiben.  Wairrkl  chron.  loe; 


wie  schön  ist«  doch,  herr  Jesu  Christ, 
im  stände,  da  dein  segen  ist, 
im  Stande  heilger  ehe! 

P.  Gerhardt  s.  302,  3  Gödeke; 
dazu  wol:    ich  fnhre  dich  in  einen  stand 

des  lehens  kern  und  marck  zu  fühlen. 

Günther  291  {rgl.  unten  7,  <•) ; 

diese  drey  nacht  wollen  wir  beten,  darnach  wollen  wir 
uns  zusamcn  halten,  als  ehcleute.  denn  wir  sind  kinder 
der  heiligen,  und  uns  gebürt  nicht  solchen  stand  an  zu 
fahen,  wie  die  beiden  {non  possumus  ita  conjungi,  sicut 
gente.9).  Tob.s,6.  eine  scherzhafte,  volksfhihnlichsprich- 
wörtliche  ItezeicJinung  für  den  ehestand  ist :  im  stände  der 
geflickten  hosen  leben.  Eiselein  323,  vgl.  Simrock  4956. 

—  vgl.  auch :  wenn  aber  der  apostcl  sagt :  das  weih  wird 
selig  durch  kinderzeu^en ,  so  ist  zu  wissen ,  dasz  das 
wörtlcin  üiA  allhier  nicht  bedeute  eine  verdienstliche 
Ursache  der  Seligkeit,  sondern  einen  gewissen  stand,  weg 
und  Ordnung,  dadurch  gott  das  weibliche  geschlechte  in 
den  himmel  führen  will.  ?i\'\'M\,\iic,  Nicodemus  quaerens 
1  (1718),  1150;  jgn,  prinzen 

starb  eine  braut  in  seiner  jungen  mutter. 
schon  hatten  sie  mit  wünschen  sich  gewiegt, 
in  feurigen  emplindunpen  verstanden, 
die  ihr  der  neue  stand  verbot. 

Schiller  5, 1, 183  {dorn  Karlos  3,  4). 

seinen  stand  verändern  für  heiraten:  ich  hegehre  meinen 
stand  nicht  zu  endern.  A.  Gryphius  dornrose  s.  76,  25 
Palm  (2).  —  dazu  Standesamt  und  andeie  composita  mit 
Standes,  s.  unten  14,  b. 

i)  ah  festes  kiinstwort  ist  stand  in  einigen  Wendungen 
der  theologischen  redewei-te  üblich. 

a)  stände  Christi:  'in  der  theologie  icerden  die  aus.'or 
toesentlichen  Verhältnisse  und  Veränderungen  Christi,  die 
zur  Verrichtung  seines  mittleram,tes  nöthig  waren,  stände 
genannt,  der  stand  der  erniedrigung  Christi,  itn  gegen- 
satze  des  Standes  der  erhöhung'.  AnELUNo  (2,  2,  ft,  l),  vgl. 
/e»n€r  M.  Schneckenrurger,  zur  kirchl.  christologie. 
die  orthodoxe  lehre  vom  doppelten  stände  Christi  nach 
luther.  u.  reformirter  fassung.  Pforzheim  1848.  Herzog 
realencycl.  f.  protest.  theol.^  14,  .595—604.  Wetzer  -Welte 
kirchenlex.^  11,700 — 3:  in  warheit  hat  Christus  .  .  .,  im 
stand  der  ernidrigung,  unser  thorheit  und  kranckheit 
getragen.  Reiszner  Jerus.  2,28*. 

ß)  von  manschen,  der  stand  der  Unschuld,  der  sünde, 
der  gnade,  der  knechtschaft,  der  herrschenden  Sicher- 
heit, s.  Adelung  a.  a.  o.:  stand  der  Unschuld,  stato 
d'innocenza.  Kramer  dict.  2,  930«;  wenn  ich  nicht  nur 
mit  menschen,  sondern  auch  mit  engelzungen  reden 
köndte  aulT  solche  weise,  wie  sie  in  dem  stände  der  Un- 
schuld und  in  dem  paradeisz  mit  unserm  ersten  vatter 
Adam  sprach  gehalten.  Meyi-art«/.  himml.  Jerusalem  (l6.To) 
2,  269;  hat  Eva  den  weisen  Adam,  der  im  paradisz  im  stand 
der  Unschuld  mit  dem  ebenbild  gottes  . .  .  begabt  war,  ver- 
führet? Soiiuppius  23;  der  zustand  des  menschen  aber, 
vor  allem  hange  zum  bösen,  heiszt  der  stand  der  Unschuld. 
Kant  6,  203  {religion  innerh.  d.  grenzen  der  bl.  rem.  4);  eine 
jede  böse  handlung  musz  ...  so  betrachtet  werden ,  als 
ob  der  mensch  unmittelbar  aus  dem  stände  der  Unschuld 
in  sie  gerathen  wäre.  202;  mithin  . .  .  müszten  wir  wieder 
von  dem  bäum  der  crkenntnis  essen ,  um  in  den  stand 
der  Unschuld  zurückzufallen?  Kleist  i,\il  E.  Schmidt; 
ja  meine  freunde,  es  ist  mir  so,  als  wären  wir  sämtlich 
im  stände  der  Unschuld.  Keller  4, 249.  —  stand  der 
sünde;  dafür  auch:  wy  hye  abermals  angetj:eigt  wirt 
dye  durlTtikeit  unsers  elenden  lebens,  wir  seyn  im  schult- 
lande,  im  sündigen  stände  bis  über  dye  oren.  Luther  ; 
9,  155,21  M'eim.  ausg.  —  stand  der  gnade:  ein  anders  ist' 
ohne  tadel,  ein  anders  ohne  sünde  seyn.  und  weil  dieses 
letztere  nicht  möglich  ist ,  auch  im  stände  der  gnaden, 
so  musz  doch  jenes  statt  haben.  Cur  Starke  sgnopsi* 
»lot». /m^  (1787)  8,  198.  ähnlich:  aulT  das  die.  so  an  gott 
glcuhig  sind  worden,  in  eim  stand  guter  werck  funden 
werden.  7\t.  8,8  (Ira  tpporri^owi  xakdir  fpyotp  Ti,>t>i'i m- 
a&at);  da«  sie  im  stand  guter  werck  sich  linden  1: 

—  (kathol.)  stand  der  natur  und  der  übornatur  *.  W 
Wklte  WrrA^n7«r.' 11,718  -  5;  stand  der  vollkomnuMiheit, 
stato  di  perfrttione.    stand  der  hcrrlichkeit,  stato  di  gloria 
Kramer  (iie^  8,  9S0*.  —  ungewöhnlich  von  den  zttständeit 
nach    dem  tode   {vgl,  c  tn*  endt):    ob   jene    unzcrtrcnnte 


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fortschreitung,  welche  beide  stände,  himmel  und  hölle, 
durch  unendliche  stufen  verbindet  . .  .,  nicht  schon  ans 
dem  System  der  bessernden  strafen  folget?  Lessing  9, 172, 
tco  doch  eher  diese  bedeutung  als  die  locale  (4,  h)  anzu- 
nehmen ist,  vgl.:  dasz  obschon  strafe  und  belohnung 
etwas  positives  seyn  werden  . . .,  dennoch  ein  stand  von 
strafen  und  ein  stand  von  belohnungen  zugleich  relative 
begriffe  sind.  171. 

]e)  ganz  ähnliche  ausdrücke,  zum  theil  deutlich  an  die 
letzteren  angeleimt,  sind  in  hiilturgeschichtlicher  betrachtung 
üblich,  ICO  sie  dann  tceniger  auf  den  einzelnen  menschen 
als  auf  die  menschJieit  im  ganzen  gehen,  so  besotulers 
stand  der  natur,  tcas  auch  der  theologischen  terminologie 
angehört:  herr  Mendelssohn  glaubt  einen  stand  der  natur, 
welchen  er  der  gesellschaft ,  wie  die  dogmatiker  einem 
stand  der  gnade,  theils  voraus,  theils  entgegen  setzt. 
Hamann  7,  20;  sind  femer  macht  und  recht  auch  schon 
im  stände  der  natur  heterogene  begriffe.  22;  es  (das  rof) 
ist  die  härteste  färbe,  der  stand  der  natur,  der  stand 
der  wilden.  Hippel  l,  339;  hinaasgestoszen,  aus  der  bürger- 
lichen gesellschaft  in  den  stand  der  natur,  und  in  einem 
schrecklichen  augenblick  an  die  rechte  dieses  Standes 
erinnert!  Schiller  7,  229; 

im  stände  der  natur,  als,  zu  der  menschen  rühm, 
noch  keine  herrschaft  war,  kein  rang,  kein  eigenthum. 

Hagedorn  1,  49. 

s.  auch  naturH,  B,8, 5  und  natnrstand,  -zustand,  theil 
7,435.  4€6.  471.  in  demselben  sinne:  im  stände  natürlicher 
Unabhängigkeit.  Hamann  7,  26  ;  im  stände  der  natürlichen 
freyheit  (den  ich  lieber  den  stand  der  menschlichen 
thierheit  nennen  möchte)  beleidige  ich  den  schwächern, 
dem  ich  die  speise  ...wegnehme;  im  stände  der  poli 
tischen  gesellschaft  thue  ich  ihm  dadurch  unrecht,  weil 
das  gesetz  alle  beleidigungen  verbietet.  Wieland  36, 59 
{Aristipp  4, 4) ;  die  schmerzen  der  eifersucht  haben  ihn 
aus  dem  unnatürlichen  zwang  seines  Standes  in  den 
ursprünglichen  stand  der  menschheit  zurückversetzt. 
Schiller  6,  51  (br.  über  don  Karlos  5).  das  gegentheil 
heiszt  stand  der  kultur  oder  stand  der  gesellschaft:  bey 
den  rechthabenden  wird  blosz  auf  den  stand  der  natur, 
bey  den  pflichtträgern  zugleich  mit  auf  den  stand  der 
gesellschaft  rücksicht  genommen.  Hamann?, 23;  da  also, 
wenn  jeder  sein  unphilosophisches  ich  zum  königlichen 
Schiedsrichter  der  coUisionsfälle  aufrichten  will,  weder 
ein  stand  der  natur  noch  der  gesellschaft  möglich  ist, 
vielmehr  in  beiden  ständen  die  entscheidung  natürlichen 
oder  verabredeten  gesetzen  . .  .  anheim  fallen  musz.  34; 
ist  der  mensch  in  den  stand  der  kultur  getreten,  und 
hat  die  kunst  ihre  hand  an  ihn  gelegt,  so  ist  jene  sinn- 
liche harmonie  in  ihm  aufgehoben.  Schiller  lo,  451; 
auch:  (der  mensch)  bildet  sich  einen  naturstand  in  der 
idee,  . . .  leyht  sich  in  diesem  idealischen  stand  einen 
endzweck,  den  er  in  seinem  wirklichen  naturstand  nicht 
kannte,  . . .  und  verfährt  nun  nicht  anders,  als  ob  er  von 
vorn  anfienge,  und  den  stand  der  Unabhängigkeit  aus 
heller  einsieht  und  freiem  entschlusz  mit  dem  stand  der 
vertrage  vertauschte.  279  (östhet.  br.  3).     vgl.  noch : 

Jahrhunderte  brachten  im  kreislan/, 
stet«  umwandelnd,  den  stand  frühester  zeiten  zurück. 

A.  W.  Schlegel  bei  Wackernagel 
Je«eö.2  2, 1303,  27. 

ton  den  stufen  der  culturentioicklung  im,  einzelnen:  während 
dieses  langen  aufenthalts  lebten  sie  (die  Ebräer)  abge- 
sondert von  den  Egyptern,  abgesondert  sowohl  durch  den 
eigenen  wohnplatz  ...  als  auch  durch  ihren  nomadischen 
stand.  Schiller  9, 101;  aller  ackerbau  (sollte)  ein  ende 
nehmen,  das  volk  in  den  stand  des  hirtenlebens  zurück- 
sinken. Smend  alttestamentl.  rel.-gesch.  s.  214. 

'}  stand  tcird  in  ähnlichem  sinne  auch  von  thieren  ge- 
!/(:  er  (der  mensch)  verfiel  also  darauf,  eine  gewisse 
anzahl  solcher  thiere  immer  um  sich  zu  versammeln, 
er  verschaffte  sich  eine  heerde;  diese  muszte  er  aber 
unter  denjenigen  thieren  suchen,  die  gesellig  leben,  und 
er  muszte  sie  aus  dem  stände  wilder  freiheit,  in  den 
stand  der  dienstbarkeit  und  friedlichen  ruhe  versetzen 
d.  i.  er  muszte  sie  zähmen.  Schiller  9, 133;  je  mehr 
die  pferde  auch  im  freien  stände  ihre  Jugend  hinbringen, 
wie  in  der  Ukräne ,  .  .  .  desto  ausdauernder  .  .  .  werden 
sie  zu  langen  ritten.  Hannw.  mag.  1844,  335^.  —  »o  be- 
X.  a. 


sonders  auch  'der  nymphen-  oder  puppenstand  eines 
insectes,  im  gegensatze  des  Standes  seiner  Vollkommen- 
heit'. Adelung  (2,  2,  5),  vgl.  puppenstand  (3),  tteiZ  7, 2250, 
raupenstand ,  theil  8,  300/.  und  Schönaich  ästh.  in  einer 
nusz  113, 11  jf.  Köster. 

m)  ungewöhnlich  ist  stand  für  das  gegenseitige  Verhält- 
nis zweier  personen  oder  dinge  u.  s.  w. :  den  stand ,  den 
beide  geschlechter  gegen  einander  haben.  Herder  8, 21 
Suphan  (dafür  gewöhnlich  Stellung),    vgl.  oben  4,  o. 

l)  stand  hat  in  einigen  mit  der  präposition  in  gebil- 
deten Wendungen  einen  prägnanten  sinn,  indem  es  einen 
guten  oder  den  richtigen,  normalen  zustand  bezeichnet. 

a)  von  dingen. 

a)  im  stände  sein :  der  hahn  und  die  henne  schritten 
gackernd  und  majestätisch  über  den  schloszhof  auf  den 
sehr  kunstreich  von  stein  erbauten  hühnerstall  zu,  dessen 
dach  allein  im  schlösse  bis  auf  einige  lücken  im  stände 
war.  Brentano  5,36;  nd.  im  stanne  sin,  in  brauchbarem 
zustande.  Woeste  253»;  mein  zimmer  ist  noch  nicht  im 
stände,  7ioch  nicht  zurechtgemacht,  in  Ordnung. 

ß)  etwas  im  stand  erhalten,  conservare.  Frisch  2,  317"; 
'in  dem  gegenwärtigen  oder  auch  im  gehörigen  stände'. 
Adelung  (2,  2,  a);  nd.  wat  in  stand  holden,  ten  Doorn- 
KAAT  KooLMAN  3, 300*;  hei  hi(e)t  sin  gut  im  stand(e). 
Bauer-Collitz  98''.  so  auch  schtceiz.  er  het's  guet  im 
stand,  er  ist  gut  eingerichtet.  Hunziker  250. 

y)  etwas  in  stand  setzen,  zurechtmachen,  reparieren, 
z.  b.  eine  uhr:  jetzt  aber  ist  die  uhr  von  Tripolitza  schad- 
los geworden  und  wird  schwerlich  jemals  wieder  in  stand 
gesetzt.  Hettner  griech.  reiseskizzen  s.  232.  dafür  attch  in 
der  altem  spräche:  das  die  wähl  und  schweller  iedes  jar 
drei  tag  die  nächsten  darnach  gemachten  grossen  wahls 
in  stant  gemacht,  tirol.  xceisfh.  3,124,13;  vgl.:  ebenfals 
soll  ieder  neben  sein  behausung  . . .  weg ,  strass  und 
wällen  in  recht  gebürlichen  stant  setzen.  20. 

b)  zutceilen  von  menschen,  in  bezug  auf  den  gesund- 
heitszustand ;  unterharz,  in  schtänne  sin,  gut  genährt,  in 
gutem  zustande.  Liesenberg  204;  oberhess.  nicht  recht  im 
stände  sein,  sich  nicht  recht  icol  fühlen.  Grecelius  804; 
nd.  nitt  im  stände  sin.  Woeste  253».  doch  sind  diese 
redeweisen  nicht  auf  einzelne  mundarten  beschränkt,  son- 
dern in  der  Umgangssprache  ganz  geläufig,  so  ^col:  ich 
höre,  ihr  seyd  leidlich  zu  stände.  Göthe  briefe  3, 16 
(Merck  briefs.  1,84);  aargauisch  ussert  stands  (l.  auszer 
stände,  s.  e,  2)  verrückt.  Hunziker  250.  mehr  auf  das 
aussehen  bezogen: 

(CharU.)  bin  ich  nicht  mehr  im  stand  —  ? 

iferhur.  das  sag'  ich  nicht, 
dein  offner  schaden  läszt  sich  übersehen, 
wenn's  iinster  ist,  so  bist  du  grau. 

Kleist  1,  226  Schmidt  (Ämphitr.  1, 6). 

c)  sehr  gewöhnlich  ist  im  stände  sein  mit  ergänzender 
bestimmung,  wozu  fähig  oder  'in  der  läge'  sein,  die  mög- 
lichkeit  haben  {vielleicht  beeinfluszt  durch  das  franz.  6tre 
en  6tat,  s.  Singer  zeitschr.  f.  d.  wortfortschung  3,  234*'): 
im  stände  seyn  etwas  zu  thun  etc. ,  essere  in  istato  di 
far  qualche  cosa,  cioe  esservi  atto,  disposto,  fornito  etc. 
er  ist  jetzund  nicht  im  stände,  euch  zu  zahlen,  mit  euch 
zu  reden.  Kramer  dicf.  2,  930";  er  ist  nicht  im  stände, 
non  is  est,  qui.  Steinbach  2,669;  im  stände  seyn,  passe, 
aptum  esse.  Frisch  2, 318»;  'im  stände  seyn,  etwas  zn 
thun,  die  nöthigen  kräfte,  das  vermögen,  den  icillen  dazu 
haben.'  Adelung  (2,  2,  o);  berlin.  in  schtande  sind,  es  mög 
lieh  machen.  Brendicke  m^.  (fehlt  in  der  Rappenauer 
mundart,  s.  Meisinger  181'.)  ganz  zu  unrecht  icird  im 
stände  sein  für  können  als  nettes  modewort  gebrandmarkt, 
s.  Günther  recht  u.  spräche  a.  46.  281,  anm.  541.  die  be- 
stimmung tcird  gewöhnlich  in  einem  inßnitiv  (mit  zu)  ge- 
geben: wenn  ich  ihnen  zu  dienen  im  stände  bin.  Lessin« 
1,  517  (Minna  v.  B.  1,  6);  wäre  Newton  im  stände  gewesen 
durch  seine  frau  ...  die  Cartesianischen  wirbel  verbren- 
nen zu  lassen:  so  hätte  er  unmöglich  seine  principia 
schreiben  können.  Lichtenberg  vorr.  zu  Erxleben  an- 
fangsgründe  der  naturl.^  23 ;  und  doch  bin  ich  nicht  im 
stände,  dir  zu  sagen,  wie  sie  vollkommen  ist.  Göthe 
16,24;  kein  mann  ist  im  stände,  den  werth  eines  weibes 
zu  fühlen,  das  sich  zu  ehren  weiszl  19, 131  (W.  Meister 
4,20);  ich  bin  nicht  im  stände,  die  gemahlin  des  grafen 
zu  seyn.  erzähler  des  IS.jahrh.  88, 16  Fürst;  er  war  jetct 

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im  stände,  sich  selber  zu  leben  und  seine  Unsterblich- 
keit einzukassieren.  J.  Paul  62  (Katzenb.  2),  70;  doch  keiner 
meiner  leute,  unausgesetzt  während  drei  tage  auf  kund- 
schaft  geschickt,  war  im  stände,  mir  auch  nur  auf  die 
entfernteste  weise  nachricht  davon  zu  geben.  Kleist  3,  237 
Schmidt;  ich  . . .  verschlimmerte  meine  händel  stets  da- 
durch, dass  ich  nicht  imstande  war,  eine  einzige  thräne 
zu  vergieszen  vor  meinen  richtern.  Keller  l,  36;  mittelst 
dieser  kenntnisz  bin  ich  im  stände,  ...  die  geschichte 
der  tödtung  des  obersten  Ruinell  in  ihr  wahres  licht  zu 
stellen.  C.  F.  Meyer  Jenafsch  162; 

wär't  ihr,  Schwärmer,  im  stände,  die  ideale  zu  fassen, 
Ol  80  verehrtet  ihr  auch,  wie  sicn's  gebührt,  die  natur. 

GÖTHE  1,  399  (ijahreez.  46); 
es  war,  ich  musz  bekennen,  wenig  Schonung 
von  meiner  seile,  wallen  gegen  sie 
zu  fuhren,  die  sie  nicht  im  stände  sind 
mir  zu  erwiedem. 

Schiller  6,  2,  217  {don  Karlot  2,  6). 

mit  unpersönlichem  »ubject:  eine  bouteille  .  .  .  grosz  und 
rund,  die  einen  andern  mann  als  ihn  ärger  als  die 
Leidensche  flasche  würde  gerührt  haben,  da  sie  kaum 
bey  ihm  im  stand  war  einige  Jugend  streiche  herauszu- 
jagen, die  er  zuweilen  am  ende  der  mahlzeit  .  . .  erzählte. 
Lichtenberg  nachl.  13;  ein  roman,  der  nicht  ganz  von 
selbst  kommt,  ist  nicht  im  stände  mich  einzunehmen. 
GöTHE  10,  54  (Clavigo  l) ;  alle  die  Schönheiten  ...  in  den 
vielen  gemählden  unsers  Leonardo  aus  einander  zu  setzen, 
ist  meine  feder  nicht  im  stände.  Wackenroder  herzens- 
erg.  81 ;  Sehnsucht  .  .  .  nach  den  gütern,  die  Deutschland 
einigen  und  nicht  trennen,  die  uns  allein  den  Stempel 
voller  eigenheit  aufzudrücken  und  zu  wahren  im  stände 
sind.  J.Grimm  s.  iheil  l,  vorr.  vii;  aus  ihm  {dem  letzten 
kämpfe)  kann  es  (das  christenthum)  nur,  durchdrungen 
von  göttlicher  klarheit,  hervortreten  und  einen  sieg  feiern, 
dem  förderhin  entgegenzukämpfen  keine  hemmende  gewalt 
mehr  im  stände  sein  wird.  Platen  (1852)  6,  64.  ungewöhn- 
lich mit  passivem  in/.,  aus  der  persönlichen  activen  con- 
struction  verschoben;  so  auch:  endlich  schickte  man  un- 
verdächtige leute  . . .  und  diese  fanden  das  geschüz  im 
Stande  gebraucht  zu  werden.  Schiller  4,  170;  ähnlich: 
unterwegens  erfuhr  er,  dasz  der  anschlag  von  Brescia 
noch  im  stände  wäre  zu  gelingen.  177.  —  weniger  ge- 
bräuchlich ist  zu  etwas  im  stände  sein,  z.  b.  er  ist  nicht 
im  stände  zu  einer  lüge  u.  dergl.  das  neutr.  eines  pro- 
twmens  kann  auch  (Jetzt  kaum  noch)  im  acc.  hinzutreten: 
ich  bin  es  nicht  im  stände.  Adeluno  (2,  2,  a);  s.  auch 
unter  d. 

d)  im  stände  sein  heiszt  in  der  neuem  Sprechweise  nicht 
nur  'die  %oozu  erforderlichen  kräfte,  mittel,  kenntnisse,  zeit, 
gdegenheit  u.  s.  u>.  haben',  sondeiii  es  geht  auch  auf  die 
psychologische  und  mx>ralische  m^glichkeit,  da  einem,  nach 
seinem  Charakter,  etwas  zuzutrauen  ist;  etwas  fertig  kriegen, 
sich  herausnehmen  (roX/uäp).  oberhess.  ich  bin  im  stand, 
ich  wage,  unternehme  ehcas.  Crecelius  804;  berl.  die  is 
in  8chtand6,  uns  anzuzeijen,  die  ist  vielleicht  so  schlecht, 
bekommt  es  fertig.  Brendicke  l77^  die  Juden  sind  im 
stände  za  sagen,  das  pferd  habe  im  stricke  gehangen, 
wovon  man  noch  die  wunde  sehen  könne.  Rosenzweig  88. 
in  diesem  sinne  wird  jedoch  gern  anstatt  des  infinitivs  die 
twanglosere  form  der  nebenordnung  angetoendet:  man  sage 
mir  nicht  viel,  oder  ich  bin  im  stand  und  schreibe  ein 
dickes  buch  betrachtungen  über  die  geschichte  der  drcy 
kalendcr.  Wielanü  8,78  (Danisehm.  9);  der  kerl  da  ht 
im  stand  und  behauptet  ich  hätte  seinen  rock  an.  Grimm 
märehen^'M(nr.7);  er  ist  im  stände  und  steckt  dir  das 
haus  über  dem  köpfe  an  u.  ähnl. ;  wes^.  hä  es  im  stanne 
nn  kUamt  nitt.  Woeste  2M».  vgl.  Matthias  sprach- 
leben  und  apraehsehäden*  %  880.  im  aehweiz.  wird  sogar 
unterschieden:  (joargauiaeh)  er  ist  im  stand  er  chunt,  er 
wagt  e»  tu  kommen,  und  er  ist  im  stand  z'ohö,  er  ist 
vermBffend  tu  kommen.  Hunzikbk  SM,  ebenso  in  Basel 
(«r  iseb  woll  im  stand  z'zale,  er  ist  vermögend  genug). 
SetLBR  »77*.  auch  er  ischs  w6il  im  stand,  tat  deaaen  fähig, 
ebenda;  Märten,  das  beiszt  man  ja  kappein.  OOrge.  er 
ist  allM  im  Stande.  Oötiie  U.rji  (bürgergen.  7). 

«)  dm»  gegenOmL  heiatt  ausser  stände  sein,  wo  daafefUen 
daa  artikda  tbanac  durchgängig  ist  xde  bei  im  stände  daa 
aetatn:  loh  bin  aaszer  stände  ihnen  zu  dienen,  ieh  bin 


nicht  vermögend  dazu.  Campe  (2);  Agathon  war  in  diesem 
augenblick  ausser  stände  höflich  zu  seyn.  Wieland  i,239 
(Agath.  4, 6);  allein  wir  sehen  uns  noch  ausser  stände,  die 
neugierde  des  lesers  über  einen  punkt  zu  befriedigen,  wovon 
Agathon  selbst  nicht  fähig  gewesen  wäre  rechenschaft  zu 
geben.  240;  aber  verabschieden  durfte  er  sie  (der  general  die 
truppen)  noch  nicht,  weil  die  republik  auszer  stände  war 
sie  zu  bezahlen.  Schiller  4,138;  da  sie  auszer  stand  sind, 
den  Phöbus  in  diesem  jähr  zu  übernehmen.  Kleist  5, 375, 23 
Schmidt;  wir  sind  gänzlich  auszer  stände,  dem  hoch- 
muth  und  der  wilden  und  unritterlichen  rachsucht,  womit 
die  dröhnen  jener  zeit  auf  die  arbeitsbienen  blickten, 
einen  andern  antheil  zu  gönnen  als  den,  welchen  jedes 
Unglück  verdient.  Freytag  18  (bilder  2,  i),  804;  die  frau 
hat  dem  manne,  wenn  er  auszer  stände  ist,  sich  selbst 
zu  unterhalten,  den  . . .  unterhalt ...  zu  gewähren,  bürgerl. 
gesetzb.  %  1360.    Schweiz,  ussert  Stands.  Hunziker  250. 

f)  als  causativ  zu  im  stände  sein  dient  einen  in  stand 
setzen  etwas  zu  thun  'ihn  dazu  fähig  machen,  ihm  dazu 
die  nöihigen  mittel  verschaffen'.  Campe  (2):  um  sie  dazu 
in  stand  zu  setzen,  unterrichtete  er  sie  umständlich  von 
allem.  Kleist  3,  239  Schmidt;  wie  der  uralte  fund  der 
Schrift  zuerst  den  menschen  in  stand  setzte,  den  geistig- 
sten gebrauch  von  seiner  band  zu  machen,  ihm  die  macht 
verlieh,  seine  gedanken  zu  versenden.  J.  Grimm  s.  theil  i, 
vorr.  X.  gewöhnlicher  jedoch  mit  dem  artikel :  bis  dasz  1725 
die  königliche  mildigkeit  Johann  des  fünften  von  Portugal, 
ihres  mitschäfers,  sie  (die  'Arcadier")  in  den  stand  ge- 
sezet,  auf  dem  Janiculus  einen  anmuthigen  hügel  zu 
kaufen.  Bödme r  neue  crit.  briefe  104;  dasz  ich  nicht  würde 
ermangeln  lassen,  sie  dereinsten  glücklich  zu  machen, 
wenn  . . .  ich  in  den  stand  gesetzet  wäre ,  mich  mit  ihr 
vermählen  zu  können.  Flösse  3,55;  sein  beer  betete  ihn 
(Wallenstein)  an,  und  das  verbrechen  selbst  setzte  ihn  in 
den  stand,  alle  folgen  desselben  zu  verlachen !  Schiller 
8, 127  (SOjähr.  krieg  2) ;  die  bettler  des  achtzehnten  jähr 
hunderts  dienen  nun  als  gemeine  und  Unteroffiziers  in 
den  wichtigsten  treffen,  die  wir  haben,  das  setzt  sie  in 
den  stand,  auf  dem  schlachtacker  alles  zu  summieren, 
was  .  . .  verloren  wurde.  J.  Paul  17  (biogr.  bdust.  l),  152; 
obiges  etwas  wird  sie  in  den  stand  setzen  i)  die  zukunft 
aufs  genaueste  vorherzusehen.  Novalis  l,  67  Meiszner; 
sein  (des  sanskrif)  hohes  alterthum ,  seine  . . .  formvoll- 
kommenheit,  setzen  in  den  stand,  ja  nöthigen,  von  dem 
engeren  gesichtspunct  abzuweichen,  auf  welchen  uns  die 
gewohnheit  der  griechischen  oder  lateinischen  (spräche)  . . 
gebannt  hatte.  J.  Grimm  gramm.  2,  *.  vi ;  um  sie  aber  in 
den  stand  zu  setzen,  ein  richtiges  urthcil  zu  (allen,  werde 
ich  etwas  weiter  ausholen  müssen.  Kleist  6,  26, 7  Schmidt; 
dasz  h.  Adam  Müller  und  ich,  durch  den  capitalvor- 
schusz  eines  kunstfreundes,  in  den  stand  gesetzt  worden 
sind,  ein  kunstjournal  ...  zu  verlegen.  863,  14; 

doch^  um  dich  in  den  stand  zu  setzen, 
sogleich  jedwedem  irrtum  zu  besegnen. 

2,  866  (2r«nn<iftn«i>r/i<.  9,  10). 

g)  das  gegentheil  heiszt  tunächst  gant  entsprechend  auszer 
den  stand  setzen;  sie  wissen  wohl,  dasz  mein  lieber 
mann  mit  meiner  freygebigkeit  nicht  wohl  zufrieden  ist, 
und  mich  durch  seine  gar  zu  groszo  Sparsamkeit  niis/i>r 
den  stand  setzet,  jemanden  gefäUigkeit  zu  cr/ei,'<'it. 
Gellert  8,228  (loos  in  der  lott.  l, ));  doch  bemerkt  schon 
AuELUNO,  der  die  stelle  (mit  ungenauem  woräant)  anführt, 
dazu:  'besser  aaszer  stand,  ohne  artikd',  und  Campe  giebt 
an:  einen  auszer  stand  setzen  etwas  zu  thun,  'ihn  der 
mittel  datu  berauben,  es  tu  thun  ihm  unmöglich  machm'. 
es  wurden  aber  auf  einmal  mehr  als  die  hlilftc  der 
Schauspieler,  durch  einen  epidemischen  zufail,  au^hor 
stand  gesetzet  zu  agiren.  Lbssinu  •l,t»(IIamb.  thuv, 

eben  so  wenig  geneigt  Bayern  preis  zu  geben,  ah 
seinen  vertrag  mit  Schweden  auszer  stand  gesetzt  ct>  zu 
schützen,  verwendete  er  (Richdieu)  sich  mit  ganzem  cifer 
für  die    noutralität.    Sciiili.rh  8,226;    die    ^'< ' 
macht,  auszer  stand  gesetzt,  in  eine  untcrdn: 

zuarten,  tritt  in  die  bescheidenen  grenzen  eiii> ■  ■ 

zurflck.  800;  die  absieht  der  Schweden  sey,  dir  Wcima 
rische  armee  immer  weiter  vom  Rhein  zu  entfernen  .., 
bis  man  sie  entweder  gänzlich  auf  seine  seite  gebracht 
oder  doch  auszer  stand  gesetzt  habe,  etwas  eigenes  zu 


709 


STAND  (7. 8) 


STAND  (8) 


710 


unternehmen.  389;  gleichwohl  setzen  mich  die  groszen 
kosten,  die  mir  der  Phöbus  verursacht,  auszer  stand,  im 
druck  dieses  werks  fortzufahren.  Kleist  5, 37*,  29  Schmidt. 
Seifert  U7id  ungut  durch  einen  abhängigen  satz  bestimmt: 
also  muszte  ein  mittel  erfunden  werden  diese  flotte  auszer 
stand  zu  setzen,  dasz  sie  die  stadt  beschüzte.  Schiller 
i,  128.  es  findet  sich  auch  {und  so  jetzt  nicht  ungeicöhnlich) 
auszer  stände  setzen  mit  deutlichem  dativ,  in  sichtbarer 
anleJinung  an  auszer  stände  sein,  indem  auszer  stände 
irie  ün  begriff  behandelt  irird:  ein  kusz,  den  er  auf  diese 
hand  drückte,  sezte  das  erschrockene  mädchen  ganz 
auszer  stände  zu  fliehn.  Anton -Wall  s.  erzähler  des 
IS.  jahrh.  22,12  Fürst. 

8)  in  einem  specielleren  sinne  geht  stand  auf  die  sociale 
gliederung  der  bürgerlicJien  gesellschaß  nach  der  gesell- 
schaftlichen rangordnung  und  beruf sclassen.  hier  geht  die 
abstracte  bedeutung  leicht  in  eine  coUective  (9)  über,  diese 
bedeutung  ist  bei  stand  immer  entschiedener  vorherrschend 
geicorden  und  ist  in  der  regd  da  anzunehmen,  tco  der 
Zusammenhang  nicht  auf  eine  andre  führt,  vgl.  Krünitz 
169,  560^.  Rotteck -Welcher  staatslex.^  13,  717 — 721. 
B.\CHEM  staaislex.^  2,  816 — 8.  (hierzu  auch  die  zahlreichen 
composifa  mit  Standes-  und  viele  mit  stände-,  s.  unten  l*.) 

a)  stand,  wesen,  status,  conditio,  gradus,  ordo  aliquando. 
Dasypodius  ;  die  stand,  die  stafflen  der  wirde  in  einem 
Yolck,  ordines.  als  pfaffenthümb,  adel,  burgerschafft. 
Maaler  383';  clasz,  zunfft,  stand,  curia,  tribus.  Henisch 
G07, 49;  standt,  orden,  m.  un  estat.  Hulsius  306»;  stand,  m. 
OTAen,  Status,  ordo.  Schottel1421;  unterschiedliche  stände 
der  menschlichen  gesellschafft,  differenti  gradi  e  stau 
ddla  societa  humana.  Kramer  dict.  2,930*;  stand,  status, 
ordo:  etat,  in  dem  Staatsrecht,  gewisse  Ordnung  der 
menschen  in  dem  gemeinen  wesen.  Jablonski  746».  so 
auch  in  mundarten  allgemein,  z.  b.  aargauisch  stand  'die 
bürgerliche  und  gesellschaftliche  Stellung'.  Hunziker  250. 
vgl. :  was  ist  der  stand  ?  eine  eitle  färbe  die  die  menschen 
erfanden  haben,  um  leute  die  es  nicht  verdienen  mit 
anzustreichen.  Göthe  briefe  l,  60  (l.  oct.  1766);  dann,  wenn 
die  schranken  des  Unterschieds  einstürzen  —  wenn  von 
uns  abspringen  all  die  verhaszte  hülsen  des  Standes  — 
menschen  nur  menschen  sind.  Schiller  3, 369  {hob.  u. 
lidbe  1,  3). 

b)  stand  in  Verbindung  mit  andern  Substantiven. 

a)  mit  synonymen,  im  16.  jahrh.  ist  beliebt  die  feste 
Verbindung  stand  und  wesen ,  die  fast  wie  ein  icort  be- 
handelt vdrd  {wie  jetzt  art  und  weise),  s.  unten  {vgl.  auch 
oben  5,  e.  6,  c).  sonst  wird  in  der  altern  spräche  orden, 
in  der  neuem  rang  als  synonym  vericendet:  in  einer  ge- 
sellschaft,  wo  die  mitglieder  einander  an  stand  und  ränge 
so  ungleich  sind.  Bodmer  neue  crit.  briefe  125;  alle  be- 
deutenden fremden,  von  jedem  rang  und  stände,  be- 
suchten ihn.  Göthe  37,220; 

underscheet  der  stand  and  orden 
is  den  lüden  man  ein  spot. 

Lacremberg  schertzged..  inj.  31. 

ferner:  von  hohem  stand  und  wirde  fallen  oder  kommen, 
eoneidere  ex  amplo  statu.  Maaler  384''.  stand  und  ehre 
oder  stand  der  ehre:  in  einen  hohen  stand  der  ehre 
kommen ,  in  amplissimo  gradu  dignitatis  coüocari.  aus 
dem  höchsten  stände  der  ehren  gestoszen  werden.  Stein- 
bach 2,  6C9. 

ß)  der  stand  eines  menschen  bentht  theilxceise  auf  seiner 
abkunß,  und  ist  dann  natürlich  angeboren  und  unver- 
änderlich: darbei  ist  sich  ab  der  alten  unserer  vorfarn 
infalt  und  frombkait  nit  genugsam  zu  verwundern,  das  . . 
deren  wenig  irem  stand  und  herkommen  gemess  sich 
gelebt  oder  auch  schreiben  haben  lassen ,  sonder  . . .  ire 
herkommen  und  geschlechtemamen  verschwigen.  Zimm. 

»■on.*  1, 100,  24;  sie  haben  sich  also  demüetigen  wellen 
und  benüegig  sein,  das  gott  ir  herkomen  und  standt . , . 

"sse.  101, 11. 

y)  andrerseits  wird  der  stand  durch  beruf  und  amt  be- 
stimmt und  ist  insofern  veränderlich  und  von  dem  eignen 
willen  und  dem  andrer  menschen  abhängig,  vgl.  Bluntschli 
deutsches  staatswb.  2,  "Sß:  standt,  beruff,  m.  vocation.  Hul- 
sius 806»;  stand,  stato,  conditione,  posto,  ordine,  grado, 
qualitä,  vocatione  etc.  v.  beruf,  leben.  Krämer  dict.  2,  929«; 
standt   ist   eynes   ygklichen   menschen    beruff,    handel. 


wandel,  and  narong  die  er  treibt.  Agricola  spriehw.  2ä9 

(=  Egenolff  161») ;  als  mit  loblicher  gewonhait  herkomen 
ist,  das  der  burgermaister  und  rat  unser  stat  zu  Wienn 
j  er  lieh  jr  stenndt  und  ambt  zu  den  weichnachten  auf- 
sagen ;  begem  wir  an  ew  .  . .  und  wellen,  das  jr  des  gegen- 
bärtigen jars  die  bemelten  ambt  und  stennd  nicht  auf- 
saget, sunder  die  verweset,  und  darinn  beleibet,  fontes 
rer.  Austr.  2,  7,  287  {urk.  v.  6.  dec.  1491  itn  Wiener  eopey- 
buch);  und  ich  wil  dich  von  deinem  stände  störtzen,  und 
von  deinem  ampt  wil  ich  dich  setzen.  Jes.  22, 19;  es  sind 
in  allen  göttlichen  ampten  und  stenden  viel  böser  men- 
schen, aber  der  stand  ist  und  bleibt  dennoch  gut.  Luther 
5,183»  {s.  auch  unter  d);  dasz  ich  der  ihrige  seyn  wollte, 
so  bald  ich  ein  amt  hätte,  einen  stand.  Göthe  10,54 
{Clavigo  l);  dasz  kauffleut,  handtwercker ,  weingärtner 
und  ackerman  ein  jeder  in  seinem  standt  unnd  beruff 
ruhig  verbleiben  könne.  Chr.  Lehmann  chron.  v.  Speyr 
(1612)  309»  B; 

(ich)  greiff  an  das  werck  mit  frewden, 

darzn  mich  gott  hat  bescheiden 

in  meinem  beruff  und  stand. 

Wackernagel  kirchenl.  6,  nr.  248,  7. 

in  diesem  sinne:  dasz  er  eure  erziehung  ganz  in  den 
bänden  eurer  mutter  gelassen  hat  und  sorgfältig  sich 
gehütet ,  . .  .  euch  zu  irgend  einem  bestimmten  stände 
anzuhalten.  Novalis  2,224  Meisznet:  vgl.  indessen:  das 
Söldnerwesen  kommt  auf,  der  krieg  wird  gewerbe  (noch 
nicht  eigentlich  stand).  Vischer  ästhetik  2,  267. 

S)  mit  nicht  synonymen  zusammengestellt:  so  musz  auch 
essen  und  trincken  mit  imserem  äusseren  zustande,  das 
ist,  mit  unserem  stände  und  vermögen  zusammen  stimmen. 
Chr.  Wolff  von  der  meiischen  tJiun  u.  lassen  %  458,  vgl. 
§  492.  510;  der  Umgang  mit  leuten  von  allerley  stand  und 
alter.  Lichtenberg  nacMasz  6.  besonders  einen  nach 
namen  und  stand  fragen,  um  zu  wissen,  teer  und  'was' 
er  ist:  von  da  aus  habe  ich  ihn  begleitet,  niemals  mir 
aber  die  mühe  genommen,  nach  seinem  stände  oder 
namen  zu  fragen.  Lessing  1,326  {die  Juden  u) ;  da... 
meine  neugierde  nach  namen  und  stand  eben  auch  nicht 
grosz  ist,  so  liesz  ich  mir's  unschwer  gefallen,  dasz  ich 
auch  nicht  erfahren  sollte,  wen  ich  eigentlich  vor  mir 
habe.  Vischer  auch  einer  l,  29;  bolzgerad  aufgerichtet  . . 
herrschte  er  die  strolche  an,  verhörte  sie  wie  ihr  gesetz- 
licher richter  nach  namen,  herkunft,  stand.  80. 

c)  die  Zugehörigkeit  des  einzelnen  zu  einem  stände  wird 
meist  durch  den  genitiv  ausgedrückt,  der  auch  als  prädicat 
sehr  gewöhnlich  ist:  wes  Standes  ist  er?  Schottel  1421; 
die  einheimische  und  ausländische,  wes  stands  sie  seyen. 
Mayntzisch  landr.  8,  §  1 ;  niemandts,  wesz  würden,  standts 
oder  Wesens  der  sey.  reichstagsabsch.  s.  410;  wofür  aller- 
dings in  der  altern  spräche  häufiger  die  ungenaue  fügung: 
was  Standes  seyd  ihr?  di  che  conditione  etc.  sete  voif 
Krau  ER  dict.  2, 930»; 

einer  sei,  was  Stands  er  sei,  jung  oder  alte, 
edel,  gwaltig,  reich,  lieb  oder  wolgehalten, 
sol  man  keines  stand,  person  noch  gwalt  ansehen. 

Rebhun  Susanne  4, 1,  v.  13; 

verstärkt:  das  niemandts,  was  standts  oder  wesens  der 
seie,  ...  die  freiherren  von  Zimbem  oder  ire  underthonen 
auf  kain  landtag  beruofen  . . .  solle.  Zimm.  chron.*  1,201,30; 
was  Stands  oder  wesens  die  in  deren  gehörten  dörfem 
sein,  tirol.  tceisth.  3, 217, 13  {vom  j.  1583) ; 

der  (tod)  nimmt  und  frist  all  menschen  kind  . .  . 
fragt  nit  was  Stands  oder  ehren  sie  sind. 

Wackernagel  kirchenl.  4,  nr.  712, 9 
(JoH.  Leon). 

doch  auch  mit  präpos.:  von  was  würden,  standt  oder 
wesen  der  oder  die  weren.  reichstagsabsch.  s.  86;  wir  wollen 
auch  das  kain  herr,  freien,  grafen,  ritter  oder  knecbt, 
noch  kein  lantrichter,  auch  sunst  kain  richter  oder  auch 
ander,  in  weihen  stant  er  sei,  in  der  benanten  gegend 
ichts  frävel  oder  gewalt  treib,  steir.  taid.  61,44;  wir... 
emphelhen  auch  allen  unsem  underthanen,  in  welhem 
stand  seu  sein.  63, 37 ;  war  es  aber  ainer  des  adls  oder 
ain  geistliche  person,  in  welhem  stant  das  war,  höcher 
oder  nider.  65,  2.  —  derselbe  genitiv  auch  in  jedes,  allerlei 
Standes,  s.  g,  ß;  ferner,  wenn  mehrere  in  bezug  auf  ihren 
stand  verglichen  werden  {vgl.  e):  eines  Standes  leute,  ejusdem 
sortis,  vd  eonditionis  homines.  Stieler  2131;  einem  edel- 
mann   und   Soldaten   ziemte   diesz  gleichnisz  wohl,   der 

46* 


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sich  dadurch  männern  seines  Standes  gegenüber  stellte 
u.  8.  to.  GÖTiiE  26, 101  {dicht  u.  icahrh.  7). 

d)  verbale  fiigungen.  diese  gehen  in  der  regel  von  der 
bedeuttmg  des  betttfes  und  amtes  aus  und  sind  zutneist 
nur  im  altem  nhd.  üblich:  stand  anbieten,  offerre  con- 
ditionem.  Dasypodius;  vgl.:  stand  und  wiisen  das  einem 
yeden  angebotten  wirt ,  conditio.  Maaler  384''.  —  einen 
stand  wehlen,  auserlesen,  kiesen,  eleggere,  scegliere  uno 
atato,  genere  di  vita.  Kramer  rftc*.  2,  930».  einen  stand 
antreten:  wann  die  hinterlassene  kinder  alle  minder- 
jährig ,  so  soll  man  ...  die  kinder  auch  aus  gemeiner 
nahrung  verpflegen  lassen,  so  lang,  bisz  eines  oder  das 
andere  einen  stand  antritt,  und  es  also  seine  erbportion 
Selbsten  verwalten  kan.  Mayntzisch  landr.  5,  §  4;  dahin- 
gegen auch  die  kinder  bisz  zu  erlangter  ihrer  majorennität 
. . .  oder  bisz  dieselbe  in  geistlichen  oder  weltlichen  stand 
tretten  . . .  würden ,  behörig  zu  unterhalten  und  bey  an- 
trettung  des  Stands  auszusteuren  schuldig  seynd.  7,  §  3. 
auch:  einen  stand  erheuraten,  acquistarsi  ^lno  stato  etc. 
per  via  di  casamento.  Kram  er  dict.  2,930*.  —  seinen  stand 
führen,  menare,  condurre  il  suo  stato,  posto,  ordine,  grado. 
Kramer  dict.  2,930»:  wir  wollen  aber  laider  all  sollich 
stand  füren,  das  wir  nit  arbaiten  dürften,  darumb  seind 
wir  münch  und  pfaffen  worden.  Luther  10,  3,  230, 19  Weim. 
ausg.;  Christus  hat  seyn  ampt  und  stand  gefüret,  damit 
hatt  er  keyns  andern  stand  verworffen.  li,  2,58,  17;  sie 
nennen  sich  wol  Christen  .  . ,  füren  aber  daneben  eyn 
solchen  stand,  darynn  sie  allen  mutwillen  treiben.  14,76,29; 
auch :  bistu  ein  prediger  und  es  gehet  nicht  also  zu,  wie 
du  es  gerne  bettest,  so...  sprich:  den  stand  wil  ich 
ausrichten ,  es  gehe ,  wie  es  wolle ,  denn  ich  weys ,  das 
mich  gott  darein  geworffen  hat.  27,  389,  30;  sey  nicht 
hoffärtig,  halte  aber  deinen  stand  ehrlich.  Zincgref 
apophthegm.  1, 121,  5; 

80  hilf  nur,  dasz  ich  meinen  stand 

wol  halt  und  herrlich  siege. 

P.  Gerhardt  «.  219,  84  Oödeke. 

seinen  stand  handhaben,  in  acht  nehmen,  erhalten,  ver- 
theidigen,  vertretten,  sostentare,  mantenere.  conservare, 
difendere  il  suo  stato,  posto,  ordine,  grado.  gall.  soütenir 
son  rang.  Kramer  dic^.  2,  930»;  seinen  stand  vcrtädigen, 
ordinis  auctoritatem  confirmare,  sustentare statum.  Stieler 
2131.  —  seinen  stand  verändern,  verlassen,  cangiare  di 
stato.  mutare  di  conditione,  abbandonare  il  suo  stato, 
posto,  grado.  Kram  er  dict.  2,930»;  sprichwörtlich:  veränder 
nicht  deinen  standt,  du  hast  dann  ein  bessers  für  der 
handt.  Lehmann  florileg.  s.  14C, 96; 

veränder  nicht  leichtlicb  deinen  standt, 
du  habet  dann  ein  bessern  vor  bandt. 

Zincgref  apophth.  4,  863. 

den  stand,  wäsen,  und  glück  desz  läbens  verlieren,  amif 
tere  statum  vitae.  sein  stand  und  wäsen  widcrumb  zfi 
banden  nemmen,  in  catisam  suam  recidere.  Maaler  884^. 
des  Standes  entsetzet  werden,  de  gradu  moveri,  ex  statu 
dejici.  Stieler  2181;  seines  Standes  entsetzet  werden, 
seinen  stand  verlieren ,  um  seinen  stand  kommen ,  von 
seinem  stand  gestosscn,  von  hohem  stand  herunter  gc- 
stossen  werden,  esser  depoato,  dismesso,  degradato.  Krämer 
die/.  2,  930''.  —  mit  Präpositionen,  gewöhnlich  in:  sich  in 
einen  stand  begeben ,  asaequi  gradum ,  adipisci  ordinem, 
vitae  genus  ingredi.  sich  in  einen  stand  einkaufen,  locum 
pretio  mercari.  Stieler  2130,  vgl.  Kramer  dict.  2,  080»; 
sich  widerumb  in  seinen  stand  gäben,  in  causam  auam 
recidere.  Maalek  884*';  in  einen  stand  treten,  personam 
aliquam  tuscipere.  Steinbach  9,  669;  da  das  Monelaus 
innen  ward,  gedachte  er,  das  er  gelegcnheit  hette,  das 
er  widemmb  zu  seinem  alten  stand  {als  regenf)  komen 
kUndte.  2  Mace.  4, 8S.  —  einen  zu  einen  stand  befördern, 
aliquem  in  ordinem  cooptare,  locare,  recipere.  SriEi.F.i«  2131 ; 
Jemand  zu  einem  stände  befördern ,  bringen ,  in  einen 
stand  einsetzen,  avanzare,  promovtre,  portare,  mettere, 
inttaUare,  eoUccar«  uno  in  quaUhe  conditione,  ponto  etc. 
Krämer  diet.  t,  sso*;  da«  glOoke  hat  ihn  in  einen  hohen 
stand  gesetzt  Stbinbacii  a,  699.  —  von  (8)eincm  stände 
•ttlrzen,  vgl.  oben  und  Je».  SS,  19  unter  b,  y;  ungeicöhnlich: 
etliche  abitr  hat  er  verflucht,  und  gcnidriget,  und  aus 
jrem  stände  gestUrtzL  Syrach  33, 12.  —  in  einem  stände 
sein,  leben,  tinnlieher  stehen: 


lasz  meinen  stand,  darin  ich  steh, 
berr,  deine  liebe  zieren. 

P.  Gerhardt  t.  204, 127  Oödeke; 
vgl,:  ich  zieh'  in  ferne  lande, 

zu  nützen  einem  stände, 
an  den  er  mich  bestellt.    Fleming  288; 
sei  ^ott  getreu  in  deinem  stand, 
darem  er  dich  gesetzet,    hannov.  gaangb.  348,4; 
gieb,  dasz  ich  thu  mit  fleisz, 
was  mir  zu  tbun  gebühret, 
wozu  mich  dein  befehl 
in  meinem  stände  führet.    340,  2. 

in  seinem  stände  bis  ans  alter  bleiben.  Steinbach  2,669; 

nach   solchem   ist  er  widderumb  gehn  Watzen  kirchen 

komen  und  an  dem  standt  der  pfar  nicht  lenger  blieben 

dann  bey  einem  halben  jar.  Luther  23, 453, 15  Weim.  ausg. 

e)  Verhältnis  des  einzelnen  zu  seinem  stände:  er  ist  des 

Standes  wehrt,  dignus  est  hoc  munere.  Stieler  2131; 

sein  stand  erbebt  ihn  nicht;  sein  stand  wird  grosz  durch  ihn. 

Cronegk  1,  325  (Olint  1,  4). 

der  stand  gefällt  mir,  mihi  arridet  ea  conditio.  Stieler  2131. 
einem  stände  feind  seyn,  despicere  oi-dinem.  ebenda,  mit 
seinem  stand  zu  frieden  seyn  {auch  im  sinne  7),  esser, 
viver  contento  della  conditione,  Sorte.  Kramer  dict.  2,930»; 

sprichwörtlich:         , ,  .,  

seht  jbr  nun  heben  kmd, 
woher  sich  ewer  elend  find? 
daher,  das  niemand  jeder  frist, 
mit  seinem  stand  zu  frieden  ist. 

froschm.  F  3"  (1,1,  7); 
dinen  stand  halt  für  den  besten, 
ist  er  glich  nit  ane  bresten.    Eiselbin  S76. 

daher:         ein  jeder  bleib  bey  seinem  standt, 
so  steht  es  wol  im  gantzen  landtl 

B.  Waldis  Ei>op  1, 13,  55; 
drumb  bleib  ein  jeder  in  seim  standt, 
und  leb  so,  das  ers  sey  bekandt  {dasz  er  sich  dessen 

nickt  zu  schämen  brattche).    2,  87, 16; 
das  jeder  bleib  in  seinem  stände, 
er  sey  in  stedten  odr  auff  dem  lande. 

froschm.  G  "7^  (1,1,10); 
der  ist  ein  weisz  glücklicher  mann, 
der  sich  in  seim  stand  sckicken  kan.    F6»  (1, 1,  8); 
ein  jeder  halt  sich  nach  seim  stand, 
was  einer  glemt  das  sol  er  bleiben  U.  treiben), 
und  ob  demselben  allzeit  bleiben.    Eyerino  2, 126. 

vergleichung  mehrerer  in  bezug  auf  ihren  stand  {vgl.  rV 
ihr  stand  ist  nicht  einerley,  eorum  non  eadem  est  conditio. 
Steinbach  2,669;  wie  solts  in  solchen  regimentwol  unnd 
glücklich  ergchen,  da  dapffere,  verständige  . . .  leut,  denen 
die  weder  verstandt  noch  erfahrung  haben  ...  in  gleichem 
standt  unnd  ehren  gehalten  werden,  kein  hauszvatter 
würdt  in  seiner  hauszhaltung  verstatten,  dasz  die  diener 
neben  jhme  ...  in  gleichem  standt  seind.  Chr.  Lehmann 
chron.  v.  Speyr  (I6I2)  806''B;  es  ist  unmöglich,  das  die 
freundschafTt,  ohne  gleichheit  der  stände,  erhalten  werde. 
BuTSCHKY  Pathmos  s.  419;  der  handelsgeist  wird  viel- 
leicht die  Ungleichheit  der  stände  mit  der  zeit  aufheben. 
Hamann  l,  16; 

wann  wir  wären  in  gleichem  stant, 
wäre  kein  ncid  im  gantzen  laut, 
weil  aber  ungleich  unser  stant, 
bat  neid  genommen  uborhont. 

Zincgref  apophthegm.  4,  334; 
Algerthen  macht  der  sieg  mir  auch  im  stände  gleich  (majeslalis 
meae  partiripcm  Jaeit). 
H0FMANN8WA1.DAU  hei  Steindach  8,  flfiH; 
der  it&nde  gleichheit  ist  der  liebe  possenipiel.    ebenda. 

vgl.  standesglcichhcit,  -unterschied  u.  ».  10.  von  der  recht 
liehen  Stellung:  die  Strafgesetze  werden,  da  flüohtIin(;e 
mit  eingesessenen  in  einerley  stand  treten ,  grausam 
werden.  Moser  patr.  phant.  9, 61. 

/)  ein  jeder  stand  ftotseine  betondem  rechte  und  pflichten, 
gewohnJvkUn,  erfordemi$H,  lebenthaltung ,  annhen,  theil- 
ictise  und  hnondtra  in  frithertr  teii  auch  b«»timmt$  Vor- 
rechte, eigenihümliehe  kUidung  und  abieiehen  w. ».  tc. 

a)  der  stand,  worinn  ich  lebe,  hat  doch  auch  sein 
recht,  und  die  modo  ihre  forderungen.  Moser  jwtr.  phant. 
8,5;  ich  sah  manch  stolzes  haus  ..,  manches  der  reich- 
sten, das  dir  gern  den  aufwand  deines  stände«  verschafft 
haben  würde.  Qöthb  10,97  {Clav,  i);  zunftlicder,  ziinft- 
feste  und  brauche  feiern  scheinbar  oft  die  ehre  der  arbeit, 
während  sie  in  der  that  vielmehr  den  rechten  des  stamloi 
die  ehre  gehen.  Rirhl  d.arbeiti*] 


713  STAND  (8) 

denn  wo  kein  stand  behelt  sein  ehr, 
bleibt  in  dem  reich  kein  freyheit  mehr. 

froschm.  Kkifi. 

vgl. :  die  eifersucht,  in  einem  gepränge  von  kleinigkeiten 
sich  einander  nachzuäffen  oder  zu  übertreffen,  —  hierin 
besteht  das  monopol,  das  jeder  mit  seinem  stände  treibt. 
Hamann  l,  12.  s.  ferner  standesabzeichen,  -ehre  «.  s.  w.  — 
daher  sprichwörtlich :  andererstand,  andere  sitten.  Wander 
4,772,3;  alle  stende  haben  jhre  eigen  laster.  Petri  H7* 
(=  Henisch  829,  29);  ferner:  ein  jeder  stand  hat  seinen 
teuffei  unnd  harten  schweisz.  Vs*;  newer  stand,  new 
elend.  Qq2»  =  Hexisch  872,  &i;  auff  ein  newen  stand, 
folgt  gemeinigklich  ein  new  elend.  63; 

ein  jeder  stand  hat  seinen  frieden, 
ein  jeder  stand  auch  seine  last. 

GeüERT  2,  172  {vgl.  BCCHMANN  20  148). 

daher:        es  ist  das  wahre  glück  an  keinen  stand  gebunden. 

Hagedorn  1, 14  {die  glückseligkeit). 

ß)  spnchicörtlich :  eyn  yeder  soll  sich  halten  nach 
seinem  stände.  Agricola  sprichw.  259,  ebenso  Egenolff 
161».  Eiselein  576;  wen  man  nach  seinem  standt  leben 
[kann],  ist  es  billig,  den  zu  wehlen,  so  einem  ahm  besten 
gefeit.  Elisab.  Charlotte  3,  541;  {sein  vater)  kleidet  jhn 
nach  seinem  stand.  Garg.  s.  171  neudr.  (ll.  c);  einem  jeden 
nach  gebür  seines  Standes  aufwarten,  tractiren  etc. 
Kramer  dict  2,  930'';  so  macht  oder  lest  machen  ein  pau- 
meister  alles  glasswerck  auf  dem  ratthaus,  . . .  dem  leben- 
zuchtiger,  stathirten  und  huntschlaher,  iedem  nach  seinem 
stant.  Tücher  baumeisterb.  105,  29;  widrigen  falls  ...  die 
kinder  {ihren  Stiefeltern)  an  handstreichs-  oder  hochzeits- 
kösten  mehr  nicht,  als  was  andere  gute  wirthschaffter 
ihrem  stand  gemäsz,  in  diesen  begebenheiten  anzuwenden 
pflegen,  gut  zu  thuen  schuldig  seyn  sollen.  Mayntzer 
landr.  7,  §  6;  nach  der  geometrischen  gleichheit  würdt 
in  solcher  belohnung  ein  jeder  seinem  standt  gemesz  ge- 
halten wie  und  welcher  gestalt  nun  in  der  belohnung 
nach  eines  jeden  standt  und  dienst  gleichheit  würdt  ge- 
halten . . .  Chr.  Lehmann  chron.  v.  Speyr  (1612)  309''C;  er 
machte  dasz  jederman  seinem  stände  nach  die  nothturfft 
hatte.  ScHUPPius  28; 

ich  meint,  die  geistlichen  seint  die  frommen,  . .  . 

hilten  sich  nach  jhrem  standt  und  würden. 

Ayrer  1331,  7  Edler. 

v)  sich  über  seinen  stand  erheben  u.  ähnl. :  zu  vielem 
hätte  ich  geschick  und  anlagen  und  getraute  mir  wohl, 
dinge  zu  verrichten,  wie  sie  das  gelehrteste  fräulein  nicht 
kann,  wenn  ich  über  meinen  stand  hinausgehen  wollte. 
Keller  4,  249;  eine  geselligkeit,  die  . . .  über  seinen  stand 
und  seine  mittel  hinausging.  Storm  5,81; 

dadurch  begihrig  jhr  was  recht  und  gut  erfassen, 
und  zu  erhöben  euch  hoch  über  ewern  stand. 

Weckherlin  weltl.  ged.  vorr.  3» 
{an  B.  chiirf.  durchl.). 

anders:  kein  vornehmer  und  reicher  sol  sich  seines 
Standes  erheben,  sondern  niedrig  seyn  und  gern  dienen. 
Chr.  Starke  Synopsis  nov.  test.  3, 1408. 

8)  das  geziemet  unsrem  stände,  decetid  ordinem  nostrum. 
Stein  BACH  2,669;  das  ist  unter  meinem  stände,  sagte 
der  bettelmann,  als  er  ausmisten  sollte.  Wander  4,  772,  5 
{aprichw.  aus  Franken). 

t)  von  Standes  wegen  u.  ähnl. :  ob  er  Stands  halben 
solche  kleidungen  tragen  dörffen  auf  erden ?  Philander 
1,  499;  ungeachtet  er  {der  diskurs  des  Dionys)  dem  Aga- 
thon  mehr  das  ungezweifelte  vertrauen  des  königlichen 
redners  in  den  beyfall,  der  ihm  von  Standes  wegen  zu- 
kam, als  die  grosse  seiner  gaben  ...  zu  beweisen  schien. 
Wieland  8,33  {Agath.n.i). 

g)  stände  im  allgemeinen. 

«)  und  das  gleiche  nur  ist's,  was  an  das  gleiche  sich  reyht. 
stände  seh'  ich  gebildet  .  .  .    Schiller  11,  85  {spazierg.  64). 

unterscheid  der  stende  ist  ein  zeichen  der  freyheyt. 
froschm.  Kk  4»  {am  rande) ;  ein  gespräch  . , .  mit  einem 
schönen  sprach,  von  etlichen  ständen  der  weit:  beschrieben 
durch  Conrad  Hasen,  Straszb. 1629,  a.fastn.sp.  nachtr.SQS; 
zwar  weisz  ich  so  gut  als  einer,  wie  nöthig  der  unter- 
schied der  stände  ist.  Göthei6,  96;  diese  zweite  periode 
der  deutschen  geschichte  gliedert  das  gesammte  volk  in 
wenige  stände,  sie  gleicht  in  langen  kämpfen  die  unter- 
schiede innerhalb  der  stände  aus  . . .  und  sie  unterwirft 
schlieszlich  alle  stände  dem  Staat  der  fürsten.  FRErrAO 


STAND  (8) 


714 


18,8  {bilder  i,l,\il).  vgl.:  wie  sich  einst  die  stände  in 
den  einzelnen  Staaten,  so  stehen  sich  jetzt  die  Staaten 
im  groszen  staaten-verbande  gegenüber.  Hebbel  tageb.  2, 
a.  486;  die  gliederung  in  stände  ist  sein  {Fritz  Schwarzen- 
bergs)  tiefes  bedürfnis.  Laube  8, 174  Hoitben. 

ß)  zusammenfassend  alle  stände:  weil  sie  {die  Schau- 
bühne) . . .  alle  Situationen  des  lebens  erschöpft,  . . .  weil 
sie  alle  stände  und  klassen  in  sich  vereinigt.  Schiller 
3,  522.  *.  femer  unter  9,  a.  besonders  in  allen  ständen: 
so  ist  doch  solcher  fehl  nit  allein  bey  uns  {mönch^n), 
sondern  in  allen  stenden  auff  erden  zö  spüren.  Kirchhof 
jcendunm.  1,  495  Österley  (i,  2, 46);  alles  ist  in  allen  ständen 
bey  uns  wol  formirt.  auszgenommen  die  rent  cammer 
die  taug  nichts.  Schuppiüs  27;  er  hatte  leute  in  allen 
ständen,  die  er  vor  andere  grosse  potentaten  mit  repu- 
tation  führen  konte.  28; 

ich  bin  ein  Preusze!    Preusze  seyn, 

ist  seyri:  ein  freier  mann, 

der  seiner  freiheit  sich  erfreun 

in  allen  ständen  kann  ! 

in  allen  ständen  gilt  gesetz  I    Gleim  4,  215. 

ebenso:    von    der  vasnacht    wie    si    regiert   under  allen 

stenden.  fastn.  sp.  1346,  265;  unter  allen  ständen  gibt's  gute 

kinder,  die  sich  mit  planen  und  aussiebten  beschäftigen 

dich  habhaft  zu  werden.  Göthe  10,  95  {Clav.  4);  die  schöne 

wohlklingende    endsilbe,    mit  welcher   unsere  deutsche 

spräche  in  jedem  stände,  berufe  und  lebensgebiete  die 

frau  bezeichnet.  Keller?, 89; 

lobt  euren  gott  in  jedem  stand  I 

Cronegk  2, 168. 

ferner  im  qualitätsgenitiv :  leser  jedes  Standes  nnd  alters. 

J.  Grimm,  a.  theil  i,  xii; 

allerley  Standes  laut  zuziehen 

auff  jr  weisz  zu  rotten  und  trennung. 

Garg.  s.  454  neudr, 

dafür:  auf  den  feldem,  soweit  das  äuge  reichte,  sah  man 
menschen  von  allen  ständen  durcheinander  liegen,  fürsten 
und  betüer,  matronen  und  bäuerinnen,  Staatsbeamte  und 
tagelöhner,  klosterherren  and  klosterfrauen.  Kleist  3, 304 
Schmidt,    a.  ferner  oben  f,  a. 

Ä)  stände  im  besondern. 

a)  die  älteste  und  durcJigängigste  gliederung  sondert  zu- 
nächst die  freien  von  den  unfreien  {sTdaven.  hörigen): 
schon  könig  Theodorich  hatte  zu  verweisen  und  zu  strafen, 
weil  sie  {die  herzöge  und  grafen)  frei  geborene  Goten  in 
den  stand  der  Unfreiheit  herabdrückten.  Freytag  17 
{bilder  i),  120;  die  freie  bewegung  des  bürgers  war  auf 
einen  stand  der  leibeignen  gegründet  K.  v.  Hase  kirchen- 
gesch.  %  13.    vgl. : 

Merkur  . . .  von  welchem  stand  bist  du? 

Sosias.  von  welchem  stände? 
von  einem  auf  zwei  füszen,  wie  ihr  seht. 
Merkur.        ob  herr  du  bist,  ob  diener,  will  ich  wissen! 

Kleist  1,  208  £.  Schmidt  {Amphitr.  1,  2). 

andrerseits  werden  die  gemeinfreien  vom  adel  unterschieden; 
in  neuerer  zeit  redet  man  in  diesem  sinne  vom  bürger- 
lichen stände :  nun  wäre  weiter  an  die  heyrath  nicht  zu 
denken,  wenn  nicht  Lisander  selbst  sich  nur  durch  an- 
falle zu  dem  bürgerlichen  stände  herablassen  müssen. 
in  der  that  ist  er  von  eben  so  guter  geburt,  als  der 
marquis.  Lessing  7,  77  {Hamburg,  dramat.  17);  mir  ist 
mein  stand,  dasz  ich  ein  unbedeutender  ruhiger  bürger 
von  Madrit  bin,  nie  so  . . .  beschwerlich  gewesen  als  jetzt, 
da  ich  mich  ...  so  unvermögend  fühle,  ihnen  gegen  den 
falschen  höfling  gerechtigkeit  zu  schaffen!  Göthe  10,59 
{Clav,  l);  wir  gehören  ja  nicht  dem  adel  an,  und  ich 
habe  niemals  den  trieb  gehabt  meinen  bürgerlichen  stand 
mit  einem  andern  zu  vertauschen,  welcher  in  der  weit 
für  vornehmer  gilt.  Frevtag  12,200  {ahnen  5,3,  c.  2); 

der  bürger  wil  nit  geben  vil 

bevor  dem  edlen  stände. 

Forster  frische  t  liedl.  1,  3,  2. 

vgl.  dazu  Sgh  rader  reallex.  der  idg.  altertumsk.  802 — 19. 
Schröder  rechtagesch.^  %  9.  29. 42.  68  und  das  reg.,  some  das 
eddische  Rigsm&l.  —  für  den  adel,  im  mittelalter  der  stand 
der  ritterschaft,  ordo  equestria.  Steinbach  2,  669,  icird 
später,  nach  ausbildung  des  beamtenthums,  geicöhnlich  die 
Obrigkeit  oder  regierung  eingesetzt:  vom  stände  hoher 
Obrigkeit.  Comenius  sprachenth.  673;  gott  hat  den  obrig- 
keitlichen standt  erhöhet.  Chr.  Lehmann  chron.  v.  Speyr 


715 


STAND  (8) 


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716 


(i6ia)306»E;  dasz  sie  zum  standt  der  obrigkeit  gelangen, 
rhat  und  richter  sein  sollen.  308» A; 

0  heilige  dreieinigkeit, 

erhalt  uns  unsre  obrigkeit, 

die  deine  treue  vatcrnand 

gesetzet  selbst  in  diesen  stand. 

hannot\  gesangb.  520, 1. 

bei  der  geioöhnlicAen  dreitheilung  {s.  y)  tcird  die  obrigkeit 
getcöhnlich  mit  dem  militär  in  den  wehrstand  zusammen- 
gffaszt;  dafür  auch  das  schwert,  s.  das.  8,  iheil  9,  2582: 
were  das  schwerd  nicht  eyn  gottlicher  stand,  solt  er 
{Joliannes  der  täufei)  sie  {die.  Jcriegsknechte)  heyssen  ab- 
tretten. Luther  li,24«,  28  Weim.  aiisg. 

ß)  durch  die  christliche  kirche  ist  die  Unterscheidung 
des  geistlichen  und  weltlichen  Standes  aufgekommen  .- 
lieben  freundt,  wie  gar  hat  das  gelt  ...  die  leut  in  beiden 
stenden,  geistlichem  und  weltlichem,  umbstellet  und  ge- 
fangen? Kirchhof  icendunm.  1,560  Österley  (i,2,  lio);  ich 
mag  euch  nicht  auffhalten,  ich  wolte  sonst  gehen  durch 
alle  stand ,  und  wolt  euch  remonstriren ,  dasz  im  geist- 
lichen stand  selten  ein  capellan,  ein  schuhmeister,  oder 
ein  küster  sey;  dasz  im  weltlichen  stand  selten  ein 
schreibet  oder  thürhüter  sey  .  . ,  die  nicht  ihre  sonderbare 
rationem  status  haben.  Schuppius  8;  ohngeachtet  der 
aberglanbe  und  Unglaube  . .  .  eine  Scheidewand  zwischen 
dem  geistlichen  und  weltlichen  stand  aufgeführt  haben. 
Hamann  2,  239.  enceifert .-  wann  ich  nun  etwas  im  welt- 
lichen ,  im  geistlichen  oder  schulstand  hab  in  acht  ge- 
nommen das  nichtes  daug,  warum  solt  ich  nicht  davon 
erinnerung  thun?  Schuppius  6ll.  besonders  der  geistliche 
stand ,  lo  stato  ecclesiastico.  Kramkr  dict.  2,  930»,  ordo 
ecclesiastictcs.  Steinbach  2, 669:  in  fällen,  wo  . . .  ein  kind 
vor  würcklich  erlangter  majorennität  sich  verheurathen, 
oder  in  geistlichen  stand  tretten  .  .  .  würde.  Mayntzer 
landr.  7,  §  4;  Thomas  GofF .  .  .  schrieb,  als  er  zu  Oxford 
studirete,  verschiedne  tragödien;  wählte  aber  hernach. den 
geistlichen  stand,  und  schrieb  predigten.  Lessing  4,  326; 
der  landsherr  soll  den  geistlichen  stand  nicht  verbessern 
oder  mehren.  Göthe  8,204  (Egm.  2);  die  Verordnung, 
welche  den  geistlichen  stand  der  ahndung  der  höchsten 
obrigkeit  unterwirft.  Schiller  i,  142;  dieser  Lorenzo  war 
der  jüngere  söhn  des  marchese,  weszwegen  er  auch  zu 
dem  geistlichen  stand  bestimmt  war.  235;  es  geschieht 
zuweilen,  dasz  junge  männer  von  adel  sich  dem  geist- 
lichen stände  widmen.  Stolherg  6,212;  der  teufel  soll 
mich  holen ,  . .  .  wenn  ich  nicht  den  geistlichen  stand 
quittire.  C.  F.  Meyer  Jürg  Jenatsch  72.  ähnlich  schon  im 
alten  testament:  er  hat  jn  (gott  den  Mose)  auserkorn  zum 
heiligen  stand.  Sgrach  i5,i;  also  sollen  auch  Aaron  und 
sein  same  die  erben  sein,  das  man  uns  Weisheit  lere,  . .  . 
anff  das  jr  stand  und  herrligkeit  nicht  untergehe.  82. 
heiliger  stand  attch  in  neuerer  spräche :  'ich  hoffe,  er  soll 
werden,  was  sein  vater  nicht  geworden  ist,  ein  doctor 
der  gottesgelahrtheit . . .'  da  antwortete  seine  frau  zu- 
stimmend: 'um  meinetwillen  haben  sie  den  heiligen  stand 
aufgegeben.'  Freytag  12,  197  {ahnen  5,  2,  2.  caj).).  vgl. 
ferner:  um  diese  zeit  geschah  es,  dass  ich  das  Unglück 
hatte,  der  oberpriesterin  eine  neigung  einzuflösscn,  welche 
mit  ihrem  geheiligten  stände  und  mit  ihrem  aller  einen 
gleich  starken  absatz  machte.  Wirland  2,81  {Agath.  7,4); 
(paler)  Domingo,  wenn 
auch  meines  stnndoR  mildigkeit  mir  nicht 
die  sQsze  pflicht  der  schotiung  aulTerlegte. 

SciiU.i.KK  5,  I,  187  (dorn  Karlen  8,  6); 
im  beirgen  ordonabunde. 
Im  Stande  de«  geborsams  wirst  da  frei. 

CiiAMl»80  S,  41  Koch  (d.  malert,  i). 

y)  »ehr  geieOhnlieh  werden  8  stände  gezahlt,  ilt/er  die 
äUÜte  gruppierung  $.  a:  die  sächsische  nation  erkannte 
Oberhaupt  drey  stände,  edle,  wehren  und  lento.  M/)RKn 
otnabr.  gesch.  i,  867.  doch  sind  die  glieder  der  dreiiahl  ver- 
»ekitden.  indem  die  alle  gliederung  theils  durch  die  unter  ß 
mt$g^iÜirte,  theils  durch  die  Unterscheidung  von  stadt- 
und  UmdbevUkerung  gekreutt  oder  sonst  modifiziert  irird. 
to  ttkon  im  alten  Rom:  zu  Rom  aber  waren  dreyerloy 
stände:  der  rathsherm  stand,  der  rittcmtand,  der  ge- 
meine pObelstand  {aenaUyrius,  equetifris,  plet»-jt4s).  (>imp.- 
NIUS  tpraehenth.  «66.  im  tpätmitUlalter  hat  »ich  die  glie- 
dmvng  in  adel,  geiMichkeit  und  hürgtrihum  dt»rehM»ätt 
(«mM  da»  tumeitt  hOrige.  be»ond»r»r  vorrtM»  enibJtrtndt 


bauei-nthum  unberücksichtigt  bleibt):  nach  derselben  {Ord- 
nung) werden  sie  {die  menschen)  überhaupt  gesondert  in 
den  geistlichen  und  weltlichen  {stand),  jener  begreifTt 
alle  kirchen,  schulen,  universitseten ,  milde  stifftungen, 
klöster,  und  was  denen  zugehöret,  dieser  wird  abermal 
unterschieden,  in  den  herren-  adelichen-  bürgerlichen  und 
bauren-stand.  ingemein  zählet  man  drey  haupt-stände, 
den  lehr-  oder  geistlichen,  wehr-  d.  i.  obrigkeitlichen,  und 
nähr-  d.  i.  bürgerlichen  und  bauren-stand.  Jablonski  746»; 
stand,  im  gemeinen  wesen,  der  haupt-eintlieiliing  nach, 
die  drey  haupt-stände,  der  weltliche,  geistliche  und  haus- 
stand,  tres  hierarchiae.  stattis  politicus,  ecclesiasticus  et 
oeconomicus.  Frisch  2,  318»;  dreyerley  stand  seind  von 
gott  geordnet,  darinnen  er  alle  menschen  begriffen  und 
gefaszet  haben  will.  . . .  der  erste  und  brunenquell  der 
andern,  ist  der  ehe-  und  hauszstand,  als  der  eltest  im 
paradeisz.  . . .  der  ander  der  politische  und  weltlich  regier- 
ampt.  der  dritte  der  kirchenstand,  nach  den  dreyen  per- 
sonen  der  dreyfaltigkeit.  KiRCHiiOFwcnrfuTim. 3,836 ö*fer?ey 
(5,8.5);  drei  stände  des  mittelalters  übten  nach  einander 
kunstgerecht  die  poesie:  zuerst  die  geistlichen,  dann  die 
ritter,  zuletzt  die  bürger.  Riehi.  d.  arheitZG; 

wehr-  lehr-  nähr-stand ;  jeder  stand  hat  sein  eigen  ehr  in  sieb ; 
nim  w.  1.  und  n.  weg,  lehrt  der  name  solches  dich : 
nur  der  her-stand,  der  biszher  andrer  stände  hencker  war 
hat  bey  ständen  keinen  stand,  ist  an  ehr  und  namen  baar. 

Logau  2,  163,  21 ; 
behüte  die  drei  stände  .  .  . , 
schütz  kirche,  obrigkeit  und  haus  I 

B.  ScHMOi.cK,  «.  hannov.  getangb.  518, 1; 
gott  hat  drei  stand  erschaffen, 
adel,  bauemvolk  und  pfaffen. 

SiMROCK  sprichw.  9810. 

tinterscheidung  von  bürger-  und  baiiemstand  z.  b. :  so  hat 
er  {Hans  Sastrow)  . . .  ums  jähr  1487  sich  mit  seinem 
Junker  . .  .  wegen  seiner  bauernpflicht  in  gute  gänzlich 
auseinandergesetzt  . . .  und  ist  bürgerlichen  Standes  ge- 
worden. Freytag  19  {bilder  2,  2),  192.  —  ungewöhnlich  ist 
die  vierzahl:  die  vier  stände:  der  lehr-stand,  nehr-stand, 
regier-  d  ehr-stand,  wehr-stand,  li  quattro  stati  e  con 
ditioni  di  essa  societä:  lo  stato  di  quei  ch' insegnano  cioe 
maestri  e  jrredicatori .  di  quei  che  nudriscono,  cioe  cou 
tadini  ed  artigiani  {mercantt),  di  quei  [che]  governano  cioe 
prencipi,  magistrati  {consiglieri) ,  di  quei  che  difendono 
cioe  capitani  e  soldati.  Krämer  dict.  2,  930».  ein  alter  tceit- 
verbreiteter  stahLstich  stellt  7  stände  stufenförmig  vebeti 
einander,  s.  Köhler  kl.  sehr.  2,61 — 6.  677. 

S)  besonders  seit  der  franzosischen  revolution  ist  es  üblich 
geworden,  der  dritte  stand  für  das  bürgerthum  zu  sagen, 
vgl.  besonders  die  sc.hrift  des  abbi  E.  J.  Sieyfes ,  Qu'estce 
que  le  Tiers-6tat  (1789);  anfangs  meist  im  gegensatze  zu 
den  beiden  bevorrecJiteten  ständen .-  der  klerus  nahm  an 
der  rechten,  der  adel  an  der  linken  seite  des  throncs 
plat7.  die  schwarze  schaar  des  dritten  Standes  lagerte 
im  hintergrunde  des  groszen  prächtigen  saales.  Dahlmann 
franz.  revol.  191.  doch  erklärt  schon  Kramer  dict.  {i'Oi) 
2,  9.30»:  der  dritte  e  der  mittel-stand,  il  terzo  stato  . .  .  cioe 
ch'  i  frä  la  plebbe  e  li  magistrati  e  reggenfi.  vgl.  auch : 
das  regiment  ist  aristocratisch,  die  fürnehmsten  patricii 
führen  das  regiment,  denn  es  sind  nur  8  personen  von 
42  aus  dem  dritten  stände,  die  übrigen  84  sind  patricii. 
Plesse  >  (1746),  656.  der  charaktcr  des  mittelstandos  ist  dem 
iHlrgerthum  noch  deutlicher  aufgeprägt,  seit  sich  unter  ihm. 
infolge  der  enticicklung  der  indtistrie  im  laufe  des  ii.jahrh., 
ein  vierter  stand,  die  mit  lebht^ftem  kla»aenbeum»atsein  er 
füllte  gruppe  der  industriellen  lohnarbeiUr  (da»  'Proletariat') 
eonsdidiert  hat,  s.  Bachkm  staatslex,*  6,610 — 6:  in  der 
emporcnt Wicklung  des  vierten  stände.«  liegt  die  ziikunfl. 
GöiiHE,  i».  d.  hilfe  5  (189»),  nr.  w,  a.  8.  nachdem  sieh  ein 
theil  dieser  schickt  in  tiirlschaßlich- sozialer  hinsieht  be- 
trächtlich gehoben  hat,  beginnt  fnan  bereits  von  einem 
fünfton  rttande  «<  reden,  icomit  man  eftca  die  ungdemten 
arbeiter  od.  tihnl.  meint. 

e)  gewöhnlich  w?erden  indrsscn  sehr  i'iel  mehr  stände 
unitriehieden,  ohne  bestimmte  saht  oder  festem  prinzip.  und 
twarwerd»n  einerseit»  die  rangah.otufungen  innerhalb  dieser 
haupt»tänd«  al»  ttinde  he:rirhnet.  z.  b.  Mm  adel  der 
fttrsten-,  grafen-,  frelherren^land,  beim  hctr  der  Offiziers , 
unieroffixierssland :  ich  musz  in  diesem  sKIck  rühmen 
den    kttnig   im    gräflichen  stand,    herm  grafen  Anthon 


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Günther  zu  Oldenburg.  Schüppius  31 ;  es  macht  mir  in- 
deszen  eine  herzliche  freude ,  zu  hören ,  dasz  Leopold 
schon  so  früh  zum  officier  reift,  der  stand,  in  den  er 
bisher  gelebt  hat ,  führt  so  manches  unangenehme  .  . . 
mit  sich.  Kleist  5,  23,  lO  Schmidt;  in  solchen  augenblicken 
muszte  natärlich  der  wünsch  in  mir  entstehen,  einen 
stand  zu  verlassen,  in  welchem  ich  von  zwei  durchaus  ent- 
gegengesetzten principien  unaufhörlich  gemartert  wurde, 
immer  zweifelhaft  war,  ob  ich  als  mensch  oder  als 
officier  handeln  muszte.  31,32;  aber  auch  du,  Wilhelm, 
lebst  (flls  general)  nicht  in  einem  stände,  der  dir  rathsam 
macht  den  bräutigam  zu  spielen.  Freytag  12,  21  (ahnen  5, 
c.  2).  vgl.  besonders:  darunter  sind  viel  stände,  der 
fürstenstand ,  der  grafen-  und  freyherm-stand,  der  adel- 
stand, der  bürger-  und  bauren-stand.  dazu  kömmt  noch 
der  geistliche  stand,  aus  diesen  allen  bestehen  die  stände 
eines  landes.  Gottsched  beobaehtungen  (1758)  277.  auch 
in  der  geistlichen  Sphäre  unterscheidet  die  katholische  lehre 
verschiedene  kirchliche  stände,  nämlich  den  allgemeinen 
christlichen,  den  jungfräulichen,  den  clericalen,  den  reli- 
giösen oder  Ordens-  und  den  bischöflichen  stand,  ».Wetzer- 
Welte  kirchenlex.'^  11,  708.  andrerseits  geht  stände  auf 
die  verschiedenen  bei-ufsclassen ,  icodurch  besonders  der 
bürgerstand  mannigfach  gegliedert  wird:  (in  jetzt  unüb- 
licher fügung :)  also  dasz  die  fabel  vom  Scylla,  zum  stand 
desz  studirens  . .  .  sich  lobhafftig  vergleichen  thut.  Schup- 
piüs  767;  Seume's  einfache,  klare  und  treuherzige  spräche 
mit  dem  landvolke  bewog  Göschen,  .  .  .  ilm  aufzumuntern, 
ein  sittenbuch  für  den  stand  zu  schreiben,  den  er  so  gut 
kannte.  ClodiüS  bei  Seume  l,91  Hempel;  welche  gründe 
ich  für  die  wähl  eines  anderen  Standes  habe,  braucht 
nicht  untersucht  zu  werden;  denn  wenn  ich  mich  den 
Avissenschaften  widmen  will,  ist  es  für  mich  kein  neuer 
stand,  weil  ich  schon,  seit  ich  in  Potsdam,  mehr  student 
als  Soldat  gewesen  bin.  Kleist  5, 32,  ioff.  Schmidt;  dann 
will  ich  mir  mit  gottes  hilfe  auch  wieder  in  einen  andern 
stand  helfen,  das  diplomatische  fach  musz  . .  .  zuviel 
langweilige  bekanntschaften  herbeiführen.  J.  Grimm  kl. 
sehr.  1,21;  spräche  der  hirten,  Jäger,  Vogelsteller,  fischer 
u.  s.  w.  ich  bin  eifrig  allen  Wörtern  der  ältesten  stände 
des  Volks  nach  gegangen,  s.  theil  l,  xxx;  lange  zeit  hin- 
durch hatte  kein  andrer  stand  dem  anbau  der  deutschen 
spräche  stärker  angehangen  als  die  ärzte.  xx.xi ;  er  ist  ein 
gelehrter  .  . .  und  dieser  stand  ist  auch  nöthig.  Freytag 
6, 21  (handschr.  1,  l) ;  stand  der  studirten,  s.  Welcker  unter 
ständeabtheilung.  —  auch  ganz  andre  gruppen  toerden  zu- 
weilen als  stand  bezeichnet;  so  redet  man  in  geistlicher 
»prache  vom,  Christenstand: 

ist  je  mein  stand  kein  fürstenstand. 

so  ist  es  doch  ein  Christenstand.    Henisch  598,  22. 

i)  unbestimmter  werden  die  stände  durch  adjeetivische 
attribute  bezeichnet. 

a)  gewöhnlicJi.  unterscheidet  man  hohen  und  niedern 
stand  bezw.  stände: 

(dfr  teujcl)  durch  suechet  darnach  all  stent, 
nider  und  hoch  an  allem  ent. 

H.  Sachs  fdb.  u.  echw.  1,  «.  404, 109  Qötze; 
des  stet  e3  nebi  an  allen  enden, 
in  ftbern  und  in  nidem  stenden.    441,20; 

doch  in  dem  allem  soll  bey  der  oberkeit  angesehen 
werden,  ...  ob  die  person  hohes  oder  niedriges  standts. 
reichstagsabsch.  87.  seltnen  bezeichnungen  dafür:  item  so 
eyner  jemandt  entleibt,  das  niemandt  gesehen  hat,  und 
will  sich  eyner  notweer  gebrauchen,  der  jm  die  kläger 
nit  gestehn,  inn  solchen  feilen  ist  anzusehen,  der  gut 
unnd  bÄsz  standt  ('condieio  atque  vitae  status'  Bemus) 
jeder  person.  Carolina  art.  148; 

die  weit  ist  voller  unbestand ,  da  wechseln  plötzlich  angst 

und  freude, 

m  p^Mz-  in  klein-  in  mittlem  stände  (m  quocunque  hominum 
ordine  et  statu).    Günther  bei  Steutbach  2,  670. 

ß)  hoher  stand:  nattts  honesto,  summo  loco,  hohes 
Standes.  Corvinus /orw  lat.  370*;  von  hohem,  vornehmen 
stände,  di  alta,  eoapicua.  illustre  conditione,  qualitä, 
naseita  etc.  Kramer  dt<r<.  2, 930*;  in  einen  höhern  stand 
kommen,  in  altiorem  gradum  adscendere.  Steinbach  2,  669 
(».  auch  unter  b.  a  und  d);  stehe  nicht  nach  hoherm 
Stande.  Syrach  3,  22 ;  so  bald  man  einen  siebet,  der  das 
podagram  hat,  da  ist  keiner  so  hoch  gebohren  so  hohes 


Standes,  der  jhm  nicht  also  bald  ansz  dem  wege  ginge. 
Philander  8,463;  da  steigen  wol  gräfliche  und  andere 
hohes  Standes  personen  auff  die  cantzel  und  predigen. 
ScHUPPiüS  14;  je  höher  der  stand  ist,  in  dem  sich  einer 
findet,  und  ist  dessen  nicht  machtig;  mit  desto  grösserer 
gefahr  stehet  er  andern  für.  Bctschky  Pathmos  s.  809; 
die  weiber  der  höhern  stände.  J.  Paul  51,42; 

an  ihrer  kleidang  man  erkannt, 
dasz  sie  auch  sei  von  hohem  stand. 

wunderh.  1, 109  Boxherger; 
hoher  stand  beliebt  mir  nicht 
wo  die  frömmigkeit  gebricht. 

Königgb.  dichterkr.  i.  61  neudr.  ; 
hätt  ich  aller  ehren  pracht, 
säsz  im  höchsten  stände, 
war  ich  mächtig  aller  macht 
und  ein  herr  der  lande. 

F.  Gebhabdt  «.  245,  34  Gödeke. 
ähnlieh  awA:  ^g,  (^^^^  ^^  ^j^  Vielehe  hoch 

an  stand,  geist  nnd  gemüht,  emidrigend  verschmähen. 

Wbckhbrlin  255  (pt.  107,  48). 

wortspielend  mit  der  sinnlichen  bedeutung  (4):  ein  gut 
lager  ist  bequemer  als  ein  hoher  stand.  Hamann  3,92. 
spriehicörüieh :  hohe  stende  sind  gefehrlich.  Petri  JiS» 
(=  Henisch  1413, 17) ;  hohen  stenden  setzt  man  zu.  ebenda 
(Eiselein  576);  je  höher  stand,  je  starcker  engel,  unnd 
je  stoltzer  teuffei.  Petri  Ji8»;  (t«i  bilde:)  je  höher  stand, 
je  schwerer  fall.  Lehmann  2,  276, 9;  dafür  auch :  je  grösser 
stand,  je  grösse[r]  fahr.  Petri  Ji7*  (==  Henisch  977,19); 
vgl.  Wander  4, 773,  34 — 40.  dasselbe  adj. :  in  grossen  sten- 
den ist  viel  Unruhe  und  unlust.  Petri  Kk6»  (jetzt  un- 
gebräuchlich). —  gleichbedeutend  ferner  vornehmer  stand, 
ordinis  splendor,  et  dignitas.  Stieler  2130:  sie  war... 
von  so  vornehmen  stände  als  man  es  in  einem  lande 
seyn  kann,  das  unter  Venetianischer  bothmäszigkeit  steht, 
wo  die  Venetianer  keinen  adel  gelten  lassen  als  den 
ihrigen.  Schiller  4,150.  auffällig:  der  sondere  stand. 
(überschr.) 

wer  ruhig  sitzen  will,  der  dtze  nicht  beym  gübel. 

LOGAU  3, 18,  78. 
8.  femer  unter  Standesperson. 

•/)  das  gegentheil  heiszt  geicöhnlieh  niederer,  niedriger 
stand :  genädiger  herr  und  küng  mir  zweifelt  nicht  wem 
das  zewissen  komet  das  ich  euch  lieb  hab  . . .  gelauben 
wirt  ich  von  synnen  komen  sey  und  meinen  nidem  stant 
und  arm  gebomes  wesen  von  dem  euem  nit  erkenn. 
deeam.  624,  26  Keller;  bleib  gern  im  nidrigen  stände.  Syrach 
3,19;  der  könig  war...  in  ein  gefühl  der  erhabenheit 
gerathen,  was  ihm  jeden  gedanken  an  die  Verbindung 
seiner  tochter  mit  einem  manne  von  niedrigerem  stände 
und  dunklerer  herkunft  unmöglich  . . .  machte.  Novalis 
2,  20  Meiszner;  doch  erschrecken  wirst  du  nicht ,  meine 
tochter,  wenn  du  erfährst,  dasz  er  von  niedrigem  stände  . . 
ist.  Kleist  3,  284  Schmidt;  und  ist  besser,  herrliche 
tugenden  haben,  in  dem  untersten  stände;  als  ein  herr 
seyn,  mit  einem  narren-kopfe.  Butschky  Pathmos  8.  89. 
sprichwörtlich:  in  kleinen  unnd  nidrigen  stenden  ist  die 
grosseste  ruhe  und  fried.  Petri  Kkev  gleichbedeutend: 
gemeiner  stand  der  beste.  Ff 2»;  die  aber,  so  geringers 
Stands  weren,  sollen  sie  an  jhren  leiben  härtiglich  darumb 
straffen,  reichstagsabsch.  s.  87;  wollte  der  himmel,  ihr 
stand  wäre  geringer,  als  der  meinige!  Lessing  i,  338  (die 
Juden  22);  diese  tugenden  sind  nur  für  den  geringen  stand. 
Göthe  19, 19  (W.  Meister  4, 2). 

S)  jetzt  redet  man  gern  von  den  gebildeten  ständen. 
ähnlich  auch  ■  bei  dem  emporwachsen  der  kinder  aus  den 
gesitteten  ständen.  Göthe  24, 104  (dicht,  u.  icahrh.  2).  — 
femer:  ob  sie  den  namen  blosz  angenommen  habe,  wie 
das  bei  frauenzimmern  des  arbeitenden  und  dienenden 
Standes  . . .  zuweilen  vorkomme?  Keller  3,84. 

k)  nicht  selten  tcird  stand  in  dem  prägnanten  sinne 
'hoher  stand'  gesagt. 

a)  tceniger  ausgeprägt  im  nom. .-  der  stand  ist  nicht  all- 
zeit bestetiget  mit  dem  verstände:  wie  ein  gemeiner 
soldate  sovil  herz  im  leibe  haben  kan,  als  ein  oberster; 
also  kan  ein  geringer  pauers  mann  offt  so  klug  seyn,  als 
ein  hochgelehrter.  Butschky  Pathmos  s.  88;  dürftigkeit . . 
flöszt  einen  nicht  unedlen  stolz  ein,  den  das  bewustsein 
des  Selbstverdienstes,  gegenüber  dem,  was  andern  stand 
und  reichthum  gewähren,  aufrecht  erhält.  J.  Grimm  kl. 


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sehr.  1,5.  80  ferner:  für  mich  rang  er  nach  namen,  stand, 
gutem.  GÖTHE  10,69  {Clav.b);  weg  mit  dem  adel,  weg 
mit  dem  stände  —  gute  menschen  wollen  wir  sein.  Kleist 
5, 153, 28  Schmidt;  ich  . . .  entsage  dem  ganzen  prächtigen 
bette!  von  adel  und  stand  und  ehre  und  reichthum.  I5t,  33 ; 
sonst  verwünsche  ich  stand,  gehurt  und  die  ganze  elende 
last  von  vorurtheilen.  175,  24.  jetzt  ungebräuchlich  in 
fügungen  wie ;  erhöhe  einen  boszhafftigen  nicht  zu  einem 
stände.  Olearius  peis.  baumg.  38*"  (2,  25). 

ß)  sehr  gewöhnlich  von  stände  für  vornehm :  berl.  eene 
dame,  een  herr  von  schtande.  Brendicke  177''.  von 
Gottsched  noch  als  gallicismus  beanstandet:  eine  andere 
redensart,  vornehme  leute  auszudrücken,  ist,  wenn  man 
saget:  es  sind  leute  von  stände;  wie  die  Franzosen  sagen, 
des  gens  de  condition.  nun  mögen  zwar  diese  reden,  wie 
sie  wollen;  allein  im  deutschen  schickt  sichs  nicht,  ihre 
ausdrücke  nachzuäflen.  alle  menschen  sind  leute  von 
stände;  nämlich  von  groszem  oder  geringem,  von  er- 
habenem, mittlerm  oder  niedrigem  stände,  was  soll  man 
also  dadurch  verstehen?  eine  redensart,  die  gar  keinen 
bestimmten  begriff  oder  verstand  giebt,  tauget  nichts, 
man  musz  sagen,  von  was  für  stände  die  leute  sind:  von 
vornehmem,  mittlerm  oder  geringem  stände,  beobachtungen 
(1758)  8.  *14,  s.  auch  sprathk.^  6t8  (8,  §  18,  anm.  g).  aber  schon 
zu  »einer  zeit  aUgemein  üblich  {vgl. :  'ein  mann  von  stände, 
elliptisch,  für:  von  vornehmen  stände;  eine  redensart, 
vxlche  Gottsched  ohne  noth  tadelte,  weil  es  tausend  ähn- 
liche ellipsen  gibt.'  Adelung  2,2,5,2):  leute  von  stände 
müssen  allemal  mehr  haben,  als  sie  haben.  Gellert 
3, 274 ;  der  unterschied  . . ,  der  zwischen  dem  pöbel  und 
leuten  von  stände  ist.  der  pöbel  wird  ewig  der  beschützer 
der  possenspiele  bleiben,  und  unter  leuten  von  stände 
wird  es  immer  gezwungne  Zärtlinge  geben.  Lessing 
4, 154;  sie  war  arm,  sie  war  nicht  von  stände.  Göthe  20, 57 
(Wilh.  Meister  7,6);  nachdem  er  zuvor  die  tochter  eines 
reichen  banquiers  allhier  entjungfert,  und  ihren  galan 
einen  braven  jungen  von  stand  im  duell  auf  den  tod 
verwundet.  Schiller  2,16  {räuber  l,  l  achausp.);  ein  halb 
dntzend  sehr  geistreicher  . . .  Franzosen  von.  stand  ...  be- 
suchen sein  haus.  Brentano  9, 291 ;  wenn  sie  in  ihren 
hackenschuhen  zierlich  über  die  strasze  schritt,  die  schul- 
tern gerade  und  das  köpfchen  steif,  wie  einem  fräulein 
von  stände  gebührte.  Frevtag  12, 186  (ahnen  5,2,  c.  l); 

er  ist  ein  herr  von  stand, 
und  reich  dabey.    Wibland  21, 184  {Klelia  1,  357). 

adten  mit  art. :  zwar  giebt  es  auch  einige  feine  tugenden, 
...  als  das  edle  mitleid  gegen  unglückliche  vom  stände. 
VlbSEK  patr.  phantas.  3,«;  die  frau  des  hauses,  die  in 
der  familie  die  einer  frau  vom  stände  gebührende  Stellung 
einnahm,  wies  uns  die  platze  ...  an.  Hassert  reise  durch 
Montenegro  228.  dazu  auch:  leute  von  einigem  stände 
werden  sich  immer  in  kalter  entfernung  vom  gemeinen 
Volke  halten.  Göthe  16,  lo.  (vgl.  auch  standesdame,  -frau, 
-person,  -weih.) 

y)  das  gegentheil  ist  ohne  stand:  hab'  ich's  für  einen 
fremden,  der  ohne  stand,  ohne  namen,  ohne  vermögen 
hieber  kam,  nicht  weit  genug  gebracht?  Göthe  ig,  52 
(Clav.\);  sie  ist  arm,  ohne  stand.  99(4);  ich  liebe  ein 
mädgen ,  ohne  stand  and  ohne  vermögen,  brirfe  l,  eo. 
mit  ß  verbunden:  dem  pObel  von  and  ohne  stände.  FIerder 
8,  9t  Suphan. 

9)  »ehon  in  den  angezogenen  »tdlen  nähert  sieh  stand 
zuweilen  der  concreteoUeetiven  bedeutung;  noch  deutlicher 
ist  diese  in  andern  fäUen  ausgeprägt. 

a)  'da  et  denn  Mutoeilen  auch  den  inbegriff  der  pflichten 
und  h^fugni$M  Un  geedlathafüiehen  leben,  noch  häufiger 
aber  dU  ein  eoneretum  und  eoUeetivum.  alle  zu  einetn  ge- 
tmiMn  etande  gehörigen  pertimen  bezeichnet'  Adbluno 
(t,  t,  b,  t).  M  im  »ing. :  ein  stand  sol  den  andern  schützen 
und  halten,  wie  ein  ring  in  einer  ketten.  Pktri  Y  5*. 
vom  adel :  der  mensohenreiobe  stand  der  rittermänzigon  . . 
war  in  diesem  ganzen  zeitraam  schlimm  daran,  sein 
treiben,  ja  sein  dasein  galt  dem  bUrger,  dem  bauor  . . . 
ftlr  ein  anglttck.  FnBYTAa  is  {büder  s,  i),  soo; 

magst  da  <!•»»  keinen  unterscheid, 
0  todt  in  deinem  niederhauen? 
0  neini  «s  muss  die  niedrigkelt 
and  auch  der  höbe  stand  dela  reich  bestindlf  bauen. 
ZAuKiMinnn«  I.  IS. 


geistlichheit:  dasz  der  geistliche  stand  unterweilens  auch 
müsse  auf  der  weit  händel  . . .  achtung  geben.  Schup- 
Pius  12;  der  ganze  geistliche  stand,  welcher  eine  schwarze 
uniform  trägt,  bleibt  allemal  sattsam  gehoben,  wenn  der 
generalsuperindent  bey  hofe  zugelassen  wird.  Moser  pafr. 
phant.  2,70.  —  im  pluräl:  so  sage  mir  dann,  wie  sich 
die  stände  der  weit  in  ihrem  beruff  halten.  Simpl.  2, 71, 15 
Kurz  (5, 15) ;  hiermit  hing  wesentlich  auch  das  politische 
dogma  zusammen,  wonach  alle  laster,  wie  etwa  jetzt 
den  Jesuiten,  dem  adel,  alle  tugenden  den  niederen 
ständen  zugewiesen  wurden.  Eichendorff  24,  ll  Koch, 
sprichwörtlich:  die  stende  in  der  weit  sollen  sitzen  bleiben 
ein  jeder  an  seinem  orth,  so  lang  gott  seinen  tisch  decket. 
Petri  Rs^;  mancherley  stende,  treiben  mancberley  werck. 
Nn5»;  besonders  alle  stände,  wofür  auch: 

wenn  sich  recht  hell  ein  jeder  stand, 
so  steht  es  wol  nmb  leut  and  land.    Ddd4*; 
alle  stende  der  werldt  hcbben  sick  vorkert, 
darümm  se  mit  plagen  groth  vormehrt. 

fastn.  sp.  3, 1475 ; 
miszhandelung  aller  stende  ist  zuo  Rom  Itain  sUnndt. 

nachl.  330; 
das  glUcke  sprach:  .  .  . 
mir  opfern  all'  und  iede  stände, 
begierden,  leben,  wünsch  und  bint. 

GtJNTHER  bei  Steinbach  2,  670 ; 

im  innem  land  des  aufruhrs  feuerglocke  — 
der  bauer  in  wafTen  —  alle  stände  schwttrig. 

Schiller  12, 80  {Piccd.  1,  2); 

Deutschland  wird  von  Stuttgart  aus  mit  einer  masse 
duodezbändchen  der  infamsten,  antikirchlichen  tendenz  . . 
überschwemmt;  alle  stände  lesen.  Brentano  9, 164.  — 
stand  im  sing,  von  dem  einzelnen  zugehörigen,  ztigleidi  in 
dem  prägnanten  sinne  von  8,k: 

nicht  allemal  hat  stand  verstand ; 

ein  niedrer,  hat  offt  mehr  erkant.    Logao  3,56,92. 

b)  als  technischer  au^druck  des  Staatsrechts  bezeichnet 
stände  ferner  die  Vertreter,  abgeordneten  der  einzelnen  stände 
auf  den  alten,  ständisch  gegliederten  reiclis-  und  landtagen  .- 
stände,  plur.  stau,  ordini.  s.  staat.  Krämer  dict.  2,  930'' 
(vgl.  unten);  in  einem  andern  sinne  werden  stände  eines 
landes,  oder  land-stände  genennet  diejenigen,  so  das  Vor- 
recht haben,  mit  dem  landes-fürsten  über  die  gemeinen 
landes-angelegenheiten  zu  rathen.  in  Teutschland  werden 
sie  gemeiniglich  genennet,  prälatcn,  grafen,  herren,  ritter- 
BchafTt  und  städte :  in  denen  provintzen  Franckreichs,  wo 
die  land-stünde  noch  gelten,  heissen  sie  der  geistliche, 
ritter-  und  dritte  stand,  dergi,  noUesse,  et  tiers  ittU. 
Jablonski  746''.  hierher  gehören  viele  eusammensetzungen 
mit  stände-,  s.  unten  14,  e;  vgl.  ferner  Standesherr,  -saal, 
ständisch,  standschaft. 

a)  sehr  gewöhnlich  von  den  deutschen  reichstagen:  die 
stände  des  reichs  (reichsstände)  gli  staii,  ordini  deW 
impeno,  sfati  imperiali.  Kramer  dict.  2,  930'' ;  vgl. :  'in  dem 
deutschen  reiclte  sind  stände  oder  reichsstände  im  eigent- 
licJisten  verstände  unmittelbare  reichsglieder,  wdehe  sitz  und 
stimme  auf  den  reiclistagen  hergebracht  ftaben,  dagegen  in 
foeiterm  verstände  auch  solche  unmittelbart  reichtglieder 
diesen  nahmen  führen,  welche  nicht  mit  »Um  und  stimme 
versehen  sind,  der  nähme  ist  in  diesem  verstände  in  dem 
deutschen  Staatsrechte  nicht  alt,  sondern  erat  unter  dem 
kaiser  Friedrich  IV.  üblich  geworden,  da  man  arsfänglitih 
nur  die  niedem  unmittelbaren  reichsglieder  mit  dieeem 
nahmen  belegte,  daher  denn  auch  noch  jetzt  die  redenaart 
vorkommt:  churfUrsten,  fUrsten  und  stände  des  h.  r.  reichs.' 
Adeluno  (4,8,  b).  seit  dem  le.jahrh.  bezeugt:  stände  dc.sz 
reiche  sind  goist-  unnd  weltliche  chur-  und  fUrctcn,  prse- 
laten,  graven,  horrn,  adel,  see-  an  see-  froy  unnd  reichs 
statt,  and  alle,  so  jhr  ordentliche  tession  im  roichs  rath 
haben,  reicheti^aobaeh.  (itü)  rag.  d  6*;  haben  wir  (d.  kaiaer) 
uns  mit  den  genanten  ontem  lieben  obejmen,  cluirfürsten, 
forsten  annd  andern  deti  reiohs  ständen,  nllhio  ver- 
namblet.  •.  4»  (Attgab.  isoo  §  40);  wie  man  mit  etlichen 
ständen  desz  reiohs,  so  auff  etlichen  tagen,  weder  per- 
sönlich, nooh  darob  bottschaffl  erschienen  sind,  handien 
soll.  60;  rBmischer  königlicher  maycslat  unnd  gemeiner 
stand  deti  reiohs  aulTsatzung  und  ordnung,  auff  dem 
reiohstaf  ta  Trier  und  COln,  anno  isis.  autTgcricht.  8S;  wir 
churfilrsten,  fUrsten,  unnd  andere  stand  desz  roichs.  88; 
so  soll  auch  der  Augspurgisoh,  uond  andere  abschiede, . 


721 


STAND  (9) 


STAND  (9) 


722 


gegen  den  ständen  der  Aogspurgischen  confession  . . . 
snspendiert  seyn.  305  («Speyer  1544) ;  dieweil  etliche  stände 
desz  h.  reichs,  geistlichen  oder  weltlichen  Stands  . . .  nun- 
mehr in  abgang  kommen,  gleichwol  derselben  landen, 
leut  und  guter  . . .  von  andern  ständen  besitzlich  ein- 
genommen worden  seind,  sollen  auch  dieselbige,  als 
jetzige  inhaber,  darvon  die  gebärende  anlagen  . . ,  als  von 
andern  ständen  oben  statnirt,  entrichten.  658  {Regens- 
btirg  1576);  das  die  römischen  kaiser  und  könig  von  den 
bäbsten  verbannt ,  des  remischen  reichs  entsetzt ,  auch 
alle  stend  des  reichs  irer  pflicht  und  aidt,  den  kaiser 
gethon,  von  den  bebsten  ledig  gezellt.  Zimm.  chron.^ 
1, 153,  31 ;  der  {kaisei-  Wenzel  v.  Böhmen)  ward  . . .  von  denen 
churfürsten  aus  verwilligen  gemainer  stende  des  römi- 
schen reichs  . . .  entsetzt.  238, 11 ;  von  könig  Hemrichen 
dem  vierdten  in  Franckreich  wird  geschrieben,  dasz  er  . .  . 
in  seiner  stand  versamlung  also  geredet.  Sghuppius  19; 
von  dem  ansehen  der  stände  glaube  ich,  dasz  solches 
unter  Ludovici  regierung  schon  mercklich  gestiegen.  Hahn 
hi^t.  1, 141;  wegen  der  wähl  stadt  und  wähl  zeit  verglichen 
sich  die  stände  mit  einander.  2,  255 ; 

wan  einmahl  des  reichs  stand  .  .  . 

widrnmb  der  freyheit  liecht  und  alten  rhum  erlangen. 

Weckubrlin  ged.  684. 

s.  auch  unter  reicbsstand,  iheil  8, 611. 

/f)  die  stände  des  lands  (lands-stände)  stati  provinciali. 
Kramer  dict.  2,930"=,  vgl.  landstand,  theil6,itö:  (Älpharbal) 
übergab  durch  erkantnusz  der  stand  sein  land  und  könig- 
reich.  Garg.  s.  430  iieudr.;  die  zweytausend  pistolen,  die 
sie  unsem  ständen  so  groszmiitig  vorschössen.  Lessing 
1,576  {Minna  i,  6) ;  die  provinz  war  in  gährung,  und  be- 
gehrte mit  lauter  entschlossener  stimme  die  herstellung 
ihrer  landstände,  ihr  verlangen  ward  ihr  gewährt,  die 
stände  wurden  gewählt,  und  der  baron  . . .  muszte  seine 
friedliche  einsamkeit  verlassen,  um  als  ein  Stellvertreter 
des  ritterstandes  dem  landtage  beizuwohnen,  bald  aber 
gewannen  die  öffentlichen  angelegenheiten  ein  weit  wich- 
tigeres ansehen,  um  den  tausendfachen  beschwerden 
der  . .  .  nation  abzuhelfen ,  berief  der  könig  die  reichs- 
stände  zusammen.  Pfeffel  pros.  vera.  3, 15 ;  das  war  bey 
eröffnung  eines  landtags ,  bey  dem  ich  ...  als  deputirter 
meines  kreises  erschien,  auch  da  zog  mir  die  getreue 
nachbildnng  meines  schönen  Originals  .  . .  die  schmeiche- 
leyen  der  anwesenden  stände  zu.  ThOmmel  rewe  5,188; 
die  Versammlung  der  mecklenburgischen  stände  im  de- 
cember  1814  faszte  den  einstimmigen  beschlusz,  die  thaten 
ihres  hochberühmten  landsmanns  {Blücher)  auf  eine  solche 
weise  {durch  ein  denkmaV)  zu  verehren.  Göthe  39,297; 
mir  fallt  jener  'donnerkeil'  des  Mirabeau  eki,  mit  welchem 
er  den  zeremonienmeister  abfertigte,  der  nach  aufhebung 
der  letzten  monarchischen  sitzung  des  königs  am  23ten 
juni,  in  welcher  dieser  den  ständen  auseinander  zu 
gehen  anbefohlen  hatte,  in  den  Sitzungssaal,  in  welchem 
die  stände  noch  verweilten,  zurückkehrte.  Kleist  4,  76 
E.  Schmidt;  dasz,  gegen  die,  zur  tilgung  der  national- 
schuld ergriffenen  maszregeln,  eine  . . .  eindringliche  Vor- 
stellung, von  selten  der  stände  des  Stolpischen  kreises, 
eingegangen  ist.  .  . .  wenn  nun  .  . .  anzunehmen  wäre,  dasz 
auch  bei  dem  übrigen  teil  der  stände  .  . .  dieser  entschlusz 
zur  reife  gelangen  könnte.  226,15.25;  Görres  hatte  im  de- 
cember  ein  auditorium  von  fünf  bis  sechs  hundert ,  .  . . 
man  muszte  ihm  einen  für  die  stände  gebauten  saal 
miethen.  Brentano  9, 206  {vgl.  ständesaal);  Münchhausen 
erzählte  von  dem  fürstenthume  Sprenkel,  worin  er  einst- 
mals, da  man  nach  ständen  verlangend  gewesen,  stände 
aus  blätterteig  verfertiget  habe,  diese  repräsentanten  von 
blätterteig  hätten  allen  verfassungsmäszigen  nutzen  ge- 
bracht. Immermann  JtftincÄÄ.  2,  28  (3,5);  im  gefolge  des- 
selben {des  lehnsherm)  zieht  er  {der  gutsherr)  auch  wohl 
zu  einem  reichstage,  er  arbeitet  eifrig  unter  den  ständen 
seiner  landschaft  gegen  die  aufläge  neuer  steuern.  Frey- 
tag 17  {bilder\),%;  allgemein  bekannt  sind  die  ausgedehn- 
ten rechte,  welche  die  tiroler  grundverträge  den  aus  prä- 
laten,  rittern,  städten  und  bauem  bestehenden  landständen 
zusicherten,  es  hatten  diese  stände  1335  .  .  .  dem  könige 
von  Böhmen  gehuldigt.  (Botteck-)Wei.cker  ataatalex.^ 
4,  429.  provinzialstände ,  nach  den  3  ständen  {^rundadel, 
Städte,  bauem)  bezw.  {in  Schlesien,  wo  ersterer  in  den  hohen 
X.  2. 


adel  und  die  ritterschaft  gesondert  ist)  nach  *  ständen  ge- 
gliedert, setzt  in  Preuszen  für  die  einzelnen  provinzen 
ein  gesetz  vom  5.  juni  1823  ein,  s.  Stengel  vertocUtungs- 
reeht  2,Z\9f.  —  von  fremden  ländem: 

als  Tor'g^  jähr  die  stände  Arragons 
ihm  huldigten. 

Schiller  5,  1, 138  {dorn  Karlos  8, 13); 
so  ist  denn  dieser  stürmevolle  reichstag 
zum  guten  ende  glücklich  eingeleitet, 
könig  und  stände  scheiden  wohlgesinnt. 

Demetr.  1,  ».  3; 
ist  es  der  wille  der  erlauchten  stände  ...  12. 
/)  die  stände  stehen  dem  landesherm  gegenüber:  land- 
tag  . . .  ursprünglich  bezeichnete  dieses  wort  die  ältere, 
fast  allerwärts  in  Deutschland  geschichtlich  hergebrachte 
Vertretung  des  landes,  gegenüber  dem  landesherren,  durch 
besondere  stände,  prälaten,  ritterschaft,  städte,  wol  auch 
bauem.  (Rotteck-)Welcker  staatslex.^  9,  405.  sie  ver- 
treten die  gesamtheit  des  volks:  das  volk,  das  hier  in 
seinen  ständen  zugegen  ist.  quelle  s.  Wackernagel  leseb. 
3, 2, 1033, 12.  sie  nehmen  daher  eine  mittelsfellung  zioischen 
der  regierung  und  den  gewöhnlichen  unterthanen  ein  und 
werden  von  beiden  unterschieden:  im  fall  aber  die  gefahr 
so  grosz,  dasz  die  stände  und  oberkeiten  kein  sicher 
starck  geleyd  zusagen  uimd  leysten  möchten,  reichstags- 
absch.  6iT,  solchem  zu  begegnen,  und  diese  stand  bey 
jhren  hohen  ober-  unnd  gerechtigkeiten,  auch  die  under- 
thanen  bey  schuldiger  gebürücher  gehorsamb,  darzu  das 
h.  reich  bey  dem  seinen  zu  erhalten.  323 ;  dieweil  unsere 
christliche  stände  und  underthanen  unserer  krön  Hnngarn 
. . .  durch  den  Ttircken  . . .  feindlich  überfallen.  655 ;  die 
gewogenheit,  so  wol  der  stand,  als  auch  gemeiner  leut,  . . . 
könt  er  {kaiser  Karl  V.)  nimmer  wider  zuwegen  bringen. 
Zincgref  apophthegm.  1,98;  es  musz  hierbei  bemerkt 
werden,  dasz  gemeinderat  und  ausschusz  . . .  sich  oft  ver- 
halten, wie  regierung  und  stände,  soweit  diese  aus  unab- 
hängigen männem  bestehen.  Auerbach  dcrfgesch.  3, 126. 
vgl. :  die  bildung  zweckmäszig  eingerichteter  stände  halte 
ich  für  eine  grosze  wohlthat  für  diese  provinzen.  sie 
erhalten  eine  wohlthätige  .  . .  Verbindung  zwischen  dem 
unterthan  und  der  regierung.  M.  Lehmann  Stein  l,  259. 
S)  doch  wird  stände  auch  in  einem  engern  sinne  ge- 
nommen, indem  von  den  8  arten  von  reichs-  oder  landtaga- 
mif gliedern,  den  angehörigen  des  hohen  adels,  die  durch 
herkunft  und  Stellung  ohne  iceiteres  als  solche  sitz  und 
atimme  haben,  und  den  geioählten  Vertretern  der  eorpora- 
tiven  stände  vorzugsweise  die  eine  darunter  verstanden  und 
die  andre  ausdrücklich  daneben  genannt  wird,  besonders 
werden  bei  den  reichstagen  die  fürsten,  die  ja  selbst  landes- 
herren  sind,  bald  in  die  stände  einbegriffen,  bald  davon 
ausgeschlossen,  so  wechseln  in  den  reichatagsabsehieden 
unterschiedslos  die  sehr  häufigen  formein  churfürsten, 
fürsten  und  andere  stand  (desz  reichs)  und  churfürsten, 
fürsten  und  stände  {oder  gemeyne  stände),  so  auch  sonst: 
welcher  alsbald  er  inn  seim  reich  angelendet,  liesz  er 
alle  seine  fürsten  unnd  stand  zusamen  beraffen.  Cfarg. 
8.  429  neudr.  {tcofür  s.  430  nur  stand,  s.  a);  als  er  {Karl  V.) 
vom  gebürg  herab  vor  Ingolstat  der  Teutschen  vereinigten 
fürsten  und  stand  läger  . .  .  sähe.  Zincgref  apophthegm. 
1,  97.  ebenso  adel  und  stände  auf  landtagen :  der  landes- 
herr  soll  den  geistlichen  stand  nicht  verbessern  oder 
mehren,  ohne  verwilligung  des  adels  und  der  stände! 
Göthe  8,  204  {Egm.  2).  für  stände  in  diesem  ainne  ge- 
nauer: so  sol  den  abwesenden  deputirten  ständen,  rähten 
unnd  bottsch äfften ,  hiemit  macht  und  gewalt  gegeben 
seyn,  darüber  im  namen  aller  stände  sich  zu  anderreden. 
reichstagsdbach.  669.  —  andrerseita  werden  aber  auch  die 
fürsten  und  der  adel  special  als  stände  bezeichnet  im  gegen- 
satz  zu  der  andern  gruppe:  mit  raht  und  vergleichung 
aller  ständen  and  abgesandten  erklären  und  ordnen  wir. 
reichatagsabsch.  669  {Begensp.  1576);  so  haben  wir  aaff  ge- 
meyner  ständen,  auch  der  räht  und  bottschafften  gut- 
achten,  bey  diesem  abschied  erholen...  lassen,  ebenda; 
weil  die  stand  und  gesandten  sich  erinnern  . .  .  ebenda ; 
ausz  rähtlichem  bedencken  und  bewilligung  gemeyner 
ständen  und  abgesandten,  ebenda;  besihe  in  Hispanien 
los  grandes,  diese  sind  die  vomembste  stände  des  königs, 
die  haben  allein  macht,  vorm  könig  den  hut  aaff  dem 
haupt  zutragen.  Philander  2,  643;  auch  der  böhmische 

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?24 


majestätsbrief  sprach  nur  von  den  ständen  und  von  den 
königlichen  slädten,  deren  magistratc  sich  gleiche  rechte 
mit  den  ständen  zu  erringen  gewuszt  hatten.  Schilleh 
8,67.  ähnlich  auf  altrömische  Verhältnisse  angeicandt: 
Cn.  Flavius  hatte  der  Concordia  einen  tempel  gelobt,  wenn 
er  die  stände  mit  dem  volke  aussöhnte,  (anm. .-  si  populo 
reconcüiasset  ordines.  Plinius  a.  a.  o.)  unter  dem  volk 
{popttlus)  sind  hier  augenscheinlich  die  geschlechter  zu 
verstehen;  die  stände  wären  die  plebejer  und  die  zünftcr. 

NlEBUHR    3,  372. 

e)  die  stände  ausschreiben,  die  stände  versammeln, 
zusammenfordern,  convocare,  commandare ,  radunare  gli 
stati.  Kramer  dict.  2, 930";  jetzt  meist  ein-  oder  zusammen- 
berufen, das  ist  im  allgemeinen  suche  des  landesherrn: 
warum  hat  der  könig  nicht  gleich  .  .  .  seine  stände  zu- 
sammenberufen? Kleist  5, 323, 19  Schmidt;  stände,  welche 
die  herrsclier  berufen,  um  dem  volke  eine  bessere  Ver- 
fassung zu  schenken,  haben  noch  immer  mit  wünschen  an- 
gefangen und  mit  forderungen  geendet.  K.  J.  Weuek  bei 
LiPPERHEiDE  spruchwb.  819*.  in  der  altern  zeit  berufen 
indessen  auch  die  stände  selbst  versavivilnngen  ein:  wie 
oben  vermeldet,  dasz  die  stend  desz  reichs  einen  tag  gen 
Coblentz  beschrieben.  Kirchhof  wendunm.  i,  576  Österley 
(1,2,117);  als  haben  der  ersten  election  zuwidere  stende 
eine  gemeine  reichsversamlung  zu  Andrezcyoma  au  ff  desz 
4.  tag  jenner  anno  (i,5)76.  zu  halten  ausgeschrieben.  Schütz 
beschr.  der  lande  Pretissen  518'.  —  die  (hannoverschen) 
stände  sind  sogleich  vertagt  worden.  Varnhagen  tageb. 
1,103  (B.juli  1838);  der  kurprinz  von  Hessen  entläszt  die 
stände,  ebenda;  weil  der  kurprinz  regent  jedes  mit^lied 
der  stände  einzeln  hat  verwarnen  lassen,  dasz  die  erste 
erwähnung  der  sache  sogleich  die  auflösung  der  stände 
zur  folge  haben  würde.  187;  ich  weisz  für  den  könig 
noch  immer  nur  den  rath,  . . .  die  stände  nach  hause  zu 
schicken.  4,72;  nach  Saucken's  Versicherung  werden  die 
stände  . . .  lieber  auseinandergehen,  als  schmachvoll  nach- 
geben. 69. 

^  stände  bezeichnet  nicht  nur  die  versammelten  mit- 
glieder  dieser  reichs-  und  landtage,  sondern  atich  die  durch 
gie  vertretenen  landschaften ,  gejneinwesen  und  körper- 
aehaßen,  vgl.  oben  a  uTid:  die  grosse  menge  Völkerschaften, 
welche  dermahlen  unter  dem  nahmen  der  unmittelbaren 
stände  des  deutschen  reichs  ...  zu  einem  ganzen  ...  zu- 
sammen gesetzt  sind.  Wieland  29,  447  (über  die  franz. 
revol.  15).  sie  werden  (wie  oben  8,  h.  ß)  in  geistliche  und 
weltliche  geschieden:  die  geistlichen  stände,  gli  stati  eccle- 
siastici.  die  weltlichen  stände,  gli  statt  secolari.  Kramer 
dict.  2,930«;  bischoff.  ...  die  weltlichen  stände,  meine 
nachbarn,  haben  alle  einen  zahn  auf  mich.  Göthe  8,  62 
(Götz  V.  Berl.  2).  so  ferner:  die  catholischen  stände,  die 
protestirende  stände.  Kramek  a.  a.  o. 

i;)  stände  erscheint  getoöhnlich  im  plural;  indessen  be- 
gegnet auch  und  in  demselben  doppelten  sinne,  der  sing., 
doch  häufiger  nur  in  den  reichstagsabachieden,  woraus  ihn 
wöi  die  neueren  Wörterbücher  übernommen  haben  •  'in  dem 
ttaatsraJite,  ist  ein  stand,  eine  peraon,  welche  in  den  ver- 
aammlungen  der  häupter  eines  landea  sitz  und  stimme 
hat;  ...  ein  landstand,  eiru  peraon,  welche  auf  den  land- 
tagen  aitz  und  stimme  hat,  und  auch  nur  ein  stand  schlecht- 
hin genannt  wird,  auch  eine  ganze  gemeinheit,  t.  b.  eine 
atadi,  wenn  sie  den  Landtagen  durch  abgeordnete  bei/icohnet, 
heiazt  aladann  ein  stand  oder  landstand,  der  stand  eines 
reiches  oder  reichsstand,  eine  peraon  oder  gemeinheit,  loelche 
auf  den  reiefistagen  aitt  und  atimme  hat ,  und  gleichfalls 
nur  aehlechthin  ein  stand  genannt  wird.'  AiiKi.UNn  (4,  8,  b); 
ao  beaondera  lange  im  oberd.,  tirol.  mitglied  der  landea- 
Vertretung,  l&ndst&nd.  SciiÖPi'  090;  bair.  landntand,  brau 
Mtand  '(ehemala)  landatändiaehea ,  tum  bierbrauen  herech 
tigtes  mUt/lietl'.  ScHM.'  >,  766.  belege:  so  soll  ein  Jeder 
stand  sein  anzahl  kriogsvolck  . .  .  aufT  sein  »elbsl  kosten 
besiellon  und  underhalten,  und  doch  einem  jeden  nach- 
gehends  . . .  teln  gelt . . .  von  seiner  desz  standta  erlegten 
•nUge  . . ,  annd  wo  dieselbigo  darzu  nicht  gnugsamb,  .  . . 
aasz  andern  desvelbigen  kreysz  ständen ,  erlegten  and 
uberblicbcnen  anlag,  widerumb  . . .  erstattet  werden.  reicJia 
tagaabaeh.  tu  (.Speyer  164f);  doch  sei  kein  stand  den  andern 
zu  »einer  rellgion  dringen,  noch  dem  andern  seine  undor- 
thanen  ab  praoticiren.  SM;  wann  auch  ein  aus/.gozogoner, 


oder  auszziehender  stand,  . . .  sich  so  baldt  in  recht  an- 
bieten würde.  324;  da  einer  oder  mehr  churfürst,  fürst 
oder  stand  .  ..  sein  anzahl  zu  rosz  unnd  fusz,  auff  ob- 
bestimpte  zeit  und  mahlstatt  nicht  schickte  .  . ,  dasz  als- 
dann der  Oberst  . .  .  desselbigen  kreysz,  den  ungehorsamen 
oder  säumigen  stand  . . .  weiter  ersuchen,  und  ermahnen 
sollen.  410;  dasz  ...  allemal  der  stand,  so  das  stamm- 
hausz  besitzlich  jnn  hat,  zu  erlegung  desz  reichs  stcwren  .  . 
von  unserm  fiscal  angelanget  .  . .  werden  sol.  669 ;  so 
auch  (?):  in  einer  vehd,  welche  die  eidgnossen  wider  einen 
hohen  standt  .  . .  führeten.  Zincgref  apophthegm.  2,79. 

c)  besonders  im  16.  jahrh.  findet  sich  stand  auch  im  sinne 
des  heutigen  staat,  respublica;  offenbar  als  über.tefzung  des 
lat.  Status  bezw.  franz.  estat,  aus  dem  ja  unser  staat  eut 
lehnt  ist.  (dieses  loird  erst  im  17.  jahrh.  dafür  üblich, 
s.  das.  5,  sp.  280 jf.,  tcährend  es  früher  mit  stand  in  andern 
bedeutungen  synonym,  ist.)  die  belege  reichen  vom  ende  des 
15.  bis  ins  n.  jahrh. :  wann  die  jungen  nach  volgcnt  der 
eitern  trefTenliche  tet  und  hant  haltent  ein  gemeinen 
stant  und  nutz  mit  tugentlichkeit  und  manUchkeit,  darmit 
er  in  wesen  ist  kumen.  d.  städtechron.  3, 34,  10(Meisterlin 
chron.  v.  Nürnberg,  1488;  dafür  in  der  lat.  fassung .  si 
posteri  priorum  facta  sectentur  eamque  rem  publicain 
quibus  parta  est  virtutibus  tueantur.  185,  12);  nach  dem 
(da)  . . .  kein  gmain ,  stand  oder  markt  ohn  die  selbe 
(polizeiordnung)  in  guetes  aufnemben  nicht  komen  kan 
steir.  taid.  117, 12  (Vorau  1603);  von  groszen  reichen:  als  der 
theür  fürst  und  hauptmann  sach  den  schwären  abgang 
des  reychs,  und  die  grausam  empörung  so  viler  teütschcr 
völcker  wider  den  römischen  stand.  Stumpf  (1548)  t,  166' 
(3,  c.  54);    go  jgjj  durch  such  all  rieh  do  här 

Assyrien,  Meden,  Persyer,  .  .  . 

Carthago,  und  der  Römer  standt 

so  halt  es  als  gehan  sin  zyl 

das  r&msch  ricn  blibt  so  lang  got  will. 

Brant  narrensch.  56,88; 

uff  (auf  dasz)  sich  dest  basz  könten  bewaren 

all  stand  der  gantzen  Christenheit. 

Genüenbacu  78  (Nollhart  40); 
wie  ianjr  der  dUrckest  (tiirkUche)  stand 

wurd  ston  und  bliben  yn  seir  kralTt.    ebenda  (49); 

was  ist  doch  satans  reich  und  stand? 

P.  Gerhardt  «.  174,  40  Oödeke 
so  wol  auch  zu  verstehen: 

müh,  unruh.  arbeit,  fleysz  und  streit 
seind  oft  nontwendig  bey  den  et&nden 
den  krieg  selbs  kan  ein  neld  allzeit 
zu  des  lands  wolfahrt  woi  anwenden. 

Weckiierlin  ged.  495  (öden  8.  82) 

der  freie  stand,  republik,  abstracter:  und  wart  der  künig 

lieh  nam  und  g'walt  zue  Rom  zue  ewigen  zeiten  abgetan, 

der  frei  stand  und  Verwaltung  des  g'main  mans,  wie  in 

der  Schweiz,  angenummen.    und  hat  under  discm  freien 

stant   das   römisch   reich   hoch  aufgenummen.   Aventin 

chron.  1,  287,  7—10;  die  Schweitzer  . . .  verjagten  erwürgten 

überal  herumb  die  ambtieut  und  richteten  an  ain  freien 

stant.  2,434,33.     später  noch  bei  Schtceiser  autoren: 

gewisz  auch  kein  Stein,  der  Sauerteig  des  Standes. 

Hallbr  ged.w  too 

(d.  verdarb,  aitten  v.  189,  wofür  Staates  in  der  i.—S.  aufl., 
während  in  v.  116  umgekehrt  das  unsers  Stands  der  Iteitien 
ersten  auflagen  durch  deines  Staats  ersetzt  und  v.  117 
ebenso  der  erbe  von  dem  stand  in  d.  e.  seiner  sladt  ge 
ändert  ist),  die  Schireizer  kanzleiaprache  hat  ülterluiupt 
stand  für  kanton  festgehalten,  s.  Tobler  MM*':  'der  stand 
für  der  kanton  ist  den  Ilochdrutsrhen  fremde',  herr  Simmer, 
bibliothokar  des  Standes  Bern.  Heynat/  Antibarh.  2, -«H; 
die  gebäude  diu  der  stand  Kern  selbst  aufführt  sind  gros 
und  kostbar.  Göthe  bri^e  4,76  (d.  o.  okt.  177!»  an  Ch.  v.  Stein) ; 
das  stKdtloin  hatte  seit  Jahrhunderten  unter  der  obcr- 
herrachaft  zweier  eidgrnftRsisrbor  stiindc  gelebt,  aber  nicht 
ohne  seine  eigene  uralte  verfas.sung  nml  freilieilen,  ho- 
slätigt  .  . .  durch  die  verschiedenen  horren ,  die  es  be- 
sessen, bis  es  durch  jene  zwei  stände  gemeinRam  erobert 
wurde.  Keller  nucM.  a.Ul.  vgl.  dazu  ständorat;  Blandes- 
haupt,  leben,  -rcutor.  (stand /lir  »taflfar/o»»«,  verfataung 
a.  5,  d). 

10)  einen  eoneret  eoUectivett  »inn  hat  stand  auch  in 
andern  fäUen.  wo  et  eine  geaamtheit  nteammen  atthender 
dinge  beMeieknet  und  theilteeise  mit  bestand  vertauscht 
Hmrdtn  kann,  vgl.  dat.  s,  theü  l,  lOU. 


725 


STAND  (10. 11) 


STAND  (11-14) 


726 


a)  von  thieren:  'der  viehstand,  als  ein  collectivum,  eine 
anzahl  zu  einem  gnindstüche  gehörigen  viehes,  tcofür  auch 
viehstamm  üblich  ist.  einen  ansehnlichen  viehstand 
haben,  besonders,  wenn  es  als  inventarium  zu  dem  grund- 
stücke  gehöret,  der  rind-  seh  wein-  und  federviehstand'. 
AüELUNii  (i,2,a).  —  stand,  vom  tcilde,  wildstand,  vgl. 
dieses.  Behlen  5,672:  hirsche  und  rehe  belebten  den 
wald ,  und  das  wenige  wild ,  welches  für  die  tafel  ge- 
schossen wurde,  durfte  nur  durch  ihn  selbst  erlegt  werden. 
es  war  seine  absieht,  die  stände  nicht  in  schrecken  zu 
setzen.  Steffens  tcas  ich  erlebte  6,  230.  so  auch  z.  b.:  will 
man  den  fasanenstand  schnell  vermehren,  so  werden 
zugleich  fasaneyer  angekauft.  Winckell  handb.  f.jäger 
1,  372.  —  diese  bedeutung  berührt  sich  mit  i,  i — m,  vgl.  das. 

h)  von  pflanzen:  der  dichte  stand  von  tannen  und 
buchen  hemmt  jede  aussieht.  Pichler  gesch.  aus  Tirol  217. 

c)  nd.  een  stand  bedden.  'so  viel  zu  einem,  aufgemachten 
oder  stehenden  bette  gehören.'  Dähnert  ^1^. 

11)  andre  mannigfache  bedeutungen  begegnen  mehr  ver- 
einzelt, besonders  in  mundartlicher  oder  technischer  spräche, 
ich  stelle  die  concreten  voran;  sie  gehen  entweder  auf  die 
griindbedeutung  'etwas,  das  steht',  oder  'das,  worauf  ettcas 
steht'  zurück. 

o)  stand  als  bezeichnung  eines  gefäszes  ist  wol  in  der 
regel  als  stände,/,  zu  verstehen;  doch  bieten  neiiere  mund- 
arten  auch  das  masc.  so  pfälz.  stann,  m.  'Ständer,  um  fruchte 
einzumachen'.  Autexrieth  136.  siebenb.  stand,  m.  {und 
Ständchen,  n.)  kleines  längliches  holzgefäsz.  Haltrich  88. 

b)  für  pfähl,  vgl.  Ständer:  Umzäunungen  {von  thier- 
gärten)  mit  kiefernen,  geschälten,  in  durchlöcherte,  breite 
steile  oder  stände  eingelassenen  hegestangen,  sind  . . .  die 
wohlfeilsten.  Winckell  handb.  f.jäger  {imb)  x,6aß. 

c)  im  .tchiffsbaue  'das  spitze  und  gekrümmte  hintertheil 
des  Eibkahns,  so  iifusz  lang  ist'.  Jacobsson  4,253'',  vgl. 

BOBRIK  2G0'>. 

(Z)  in  der  Jägersprache:  stände,  heiszen  die  füsze  derer 
Vögel,  welche  keine  raubthiere  sind.  Heppe  wohlred.  jäger 
283'>,  vgl.  Kehrein  weidtnannsspr.  28i;  nac/i  Adelung  (ö) 
bei  auerhähnen  und  reihern,  sonst  Ständer,  s.  das.,  vgl. 
auch  fusz  I,  B,  <7iei7  4,  1, 1000.  {bair.  standi,  füaze  beim 
vogelwild.  Schm.  2,  768.) 

e)  in  der  Schweiz  eine  'bewegliche  maschine,  worin  die 
kinder  gehen  lernen,  gängdwagen,  tcofür  in  Scliaffhausen 
standstuhl'.  Stalder  2,  391.    s.  ständlein  i,  c. 

f)  als  ausdruck  der  kochkunst,  was  gestanden,  steif 
geworden,  geronnen  ist,  gallerfe,  sulze,  gelee:  stand  von 
kalbsfüszen.  das  gelee  von  kalbsfüszen  ist  zwar  viel  um- 
ständlicher als  das  von  hausenblase,  jedoch  auch  viel 
billiger  herzustellen.  . . .  der  stand  wird  auf  folgende  weise 
gemacht.  ...  dieser  also  bereitete  stand 'kann  zu  wein-, 
fleisch-  und  fischgelee  dienen.  H.  Davidis  kochb.^^  ».382; 
stand  von  schweineschwarten  oder  -füszen.  ebenda,  vgl. 
Standes  und  standpudding,  -öl. 

g)  in  folgender  stelle  ist  %col  eine  art  brei  gemeint,  womit 
der  boden  des  pferdestandes  {s.  oben  4,  i)  als  mit  einer  grund- 
schicht  bedeckt  icird,  und  tcorin  dann  das  pferd  steht  {oder 
eine  art  umscldag?  vgl.  einsatz  4,  theil  3,265):  so  das 
pferdt  laufTen  soll,  so  setz  jme  zu  nachts  darvor  ein,  auff 
allen  vieren,  mit  nachfolgendem  einsatz.  nimb  foenum 
graecum  ein  halb  pfund  klein  gestossen,  thü  es  inn  einen 
hafen,  darzu  semelmeel  zwo  gaffen,  drey  meszlin  honig, 
geüsz  darauff  wasser,  lasz  es  wol  sieden,  das  es  dick 
werde,  mach  jhme  einen  stand  darvon,  das  es  mit  allen 
vier  füssen  die  gantze  nacht  darinnen  stehe,  bisz  drey 
stund  vor  tags ,  so  wasch  es  ab  mit  einem  wannen 
wasser.  Seuter  roszartzn.  (1599)  9. 

h)  das,  worauf  etwas  steht,  fundament.  so  stand  der 
glockenform  bei  den  glockengieszem,  fundament  dei-  glocken- 
formgrube,  worauf  der  kern  der  glocke  gebildet  wird. 
Jacobsson  4, 2.54*.  —  mhd.  scheint  stant  auch  in  der 
freiem  bedeutung  von  'grund'  vorzukommen: 

ej  hat  niemen  riehen  ^ewin, 

ftjn  den  ein  richiu,  gotlich  min 

hat  durchgluot  unz  üf  den  stant.     Teichnbr  57. 

t)  nicht  ZM  bestimmen  ist  der  sinn  in  folgender  stelle: 
ich  dancke  euch  auch ,  mir  desz  hertzogs  von  Weysen- 
fels  standt  geschickt  zu  haben;  hatt  mich  von  hertzen 
lachen  machen.  Elisas.  Charlotte  2, 464. 


k)  über  stand  als  grammatischen  ausdruck  für  Sub- 
stantiv s.  Campe  3. 

12)  noch  vereinzelterfinden  sich  andre  abstraete  gebrauchs- 
weisen. 

a)  'beschltisz,  Vorsatz':  es  ward  hoch  . . .  beklagt,  dass, 
unerhört,  ein  semliche  macht  Eidgnossen  irer  vienden 
am  vorteil  so  lang  hat  gewartet  und  nit  begegnet,  ja 
ouch,  so  bald  der  under  ougen  kommen,  dass  si  flux, 
wider  eidgnossische  art  und  fürgenomnen  stand ....  zü- 
glich abzoch.  Anshelm  Bemer  chron.  i,  163,  23. 

b)  in  Aachen  stand,  anstand,  schicklichkeit.  Möller- 
Weitz  233  {vgl.  stehen).  —  ähnlich  einmal  im  16.  jahrh. 
der  schöne  stand  das  schöne  ausseJien,  schnmck,  zier:  die 
andern  {Imchstaben)  seind  überig,  der  wir  wol  heten  ge- 
raten {entbehren)  mögen,  wann  wir  nicht  so  genau  und 
fürwitzig  weren  gewesen  und  hetten  nicht  von  des  schön 
Stands  wegen  mer  gesucht.  Aventin  toe»-Äe  l,  351, 11. 

c)  lusern.  stant,  m.  schrecken,  Schauder,  entsetzen. 
Zingerle  53*  {nicht  bei  B.vcher,  Sprachinsel  Lusern). 

d)  dithmars.  he  hett  eenen  stand  mit  dem  pastoren, 
von  leuten,  die  nicht  zur  kirche  gelten.  Schütze  4, 187. 

13)  Übersicht  der  constructionen  und  festen  Verbindungen. 

a)  stand  mit  andern  Substantiven  gepaart,  besonders 
stand  und  wesen  5,  e.  6,  c.  8,  b,  a.  d.  s.  ferner  8,  b  (stand 
und  rang  8,  b,  a;  st.  und  herkommen  ß,  stand  und 
amt  /).  —  fürsten  und  stände  9,  b,  S. 

b)  mit  genitiv,  s.  6,  e.  i.  k.  stand  der  sonne  u.  ä.  i,p; 
der  dinge,  des  streites  u.a.  5,e;  des  rechten  2,g;  der 
Unschuld,  sünde  6,  i;  der  natur  6,  Ar.  —  stände  des  reichs, 
lands  9,  b.  —  was,  wes  Standes  8,c;  allerlei  Standes  8,  g,  ß. 

c)  mit  adjectiven,  s.  besonders  6,  d.  8,  i.  9,  a.  guter  stand 
1,  c.  2,  d;  fester  stand  1,  c.  harter  stand  2,  c.  d;  schwerer, 
schlimmer  stand  2,  d.  gütlicher,  freundlicher  stand  2,  h. 
lediger,  ehelicher  stand  6,  A;  anderer  stand  6,0.  hoher, 
niederer  stand  u.  ähnl.  8,  t.  9,  a;  bürgerlicher  st.  8,h,a; 
geistlicher,  weltlicher  stand  8,  h,  ß.  9,  b,  ^;  der  dritte, 
vierte  stand  8,  h,  S.  —  freier  stand  9,  c. 

d)  als  object  zu  verben,  s.  besonders  6,  f.  8,d.  stand 
haben  1,  c.  3,  a.  i,  a.  c — e.  h.  l;  stand  fassen  {nd.  begripen) 
1,  d.  2,  a;  stand  halten  1,  d.  2,  b.  {i,  m) ;  thun  2,  c.f  (stand 
stehen  4,  c.)  —  (stand  aufschlagen  4,  d.)  seinen  stand  ver- 
ändern 4,  l.  8,  d.  —  die  stände  ausschreiben,  zusammen- 
berufen, auflösen  u.  ähnl.  9,  b,  f. 

e)  mit  Präpositionen:  auszer  stände  sein  7,  e;  auszer 
(den)  stand  setzen  7,g.  —  in  mit  dativ:  in  allen  ständen 
8,  g,  ß.  im  stände  sein  3,  a.  7,  a,  «.  b.  c.  d;  im  stände 
(er)halten  3,  c.  7,  o,  ß.  mit  attribut:  in  gutem  u.s.  w.  stände 
sein,  stehen  5,  e.  in  einem  stände  sein  8,  rf;  in  seinem 
stände  bleiben  8,  e.  —  in  mit  acc. :  in  stand  bringen  1,  c. 
3,  d ;  setzen  7,  a,  y.  f  {auch  mit  art).  in  einen  stand 
kommen,  bringen  5,  e.  6,  /;  in  einen  stand  treten  8,  d.  — 
nach  seinem  standeleben,  sich  halten  s,f,ß.  —  ohne 
stand  8,k,-/.  —  über  seinen  stand  S,b,y.  —  von  stände 
s,  k,  ß.  —  von  Stands  wegen  8,6,*.  —  zu  stände 
kommen  3,f.g;  sein  3,  ä;  bringen  1,  a.  2,  e.  3,  d.  t,  zum 
stände  bringen  (2,  e)  3,  e;  zu  ständen  richten  3,  e.  zu  einem 
stände  befördern  8,  d. 

14)  die  nachstehend  in  groszer  zahl  aufgeführten  zu- 
sam,m£nsetzungen  zerfallen  in  3  gruppen. 

a)  eigentliclte  composita  m,it  stand-  als  erstem  gliede. 
sie  enthalten  fast  durchtceg  die  eigentliche  bedeutung  des 
Stehens,  die  bei  stand  selbst  so  sehr  zurücktritt,  in  ver- 
schiedenen  nxtancen,  vgl.  standbein,  -fusz.  sie  bezeichnen 
stehendes  im  gegensatz  zu  hängendem,  liegendem,  getragenem, 
z.  b.  Standleuchter,  -uhr;  feststehendes  im  gegensatz  zu  be- 
weglichem, leie  Standbarometer  und  tceiterhin  standlaza- 
reth ;  sie  gehen  auf  längeres  verweilen  an  einem  orte,  wie 
Standlager,  aber  auch  auf  sofortige,  kurze  erledigung  {loas 
im  stehen  abgemacht  wird),  wie  standrecht,  standrede. 
andre  schlieszen  sich  an  verschiedene  nttaneen  der  örtlichen 
bedeutung  (4)  an,  so  standbaum,  -bude,  -fisch,  -gebühr, 
•geld,  -junge,  -krämer,  -pfosten,  -stuhl,  -thier,  -vogel,  -wild, 
-zoll,  den  begriff  des  gestehens,  d.  h.  gerinnens,  festicerdens 
von  flüssigem,  enthalten  standöl  und  standpudding.  — 
zu  stand  8  gehören  nur  die  adjectivbildungen  standgemäsz, 
-gleich,  -mäszig,  -würdig,  die  i/i  der  altem  spräche  neben 
den  gewöhnlichen  mit  Standes-  begegnen,  {dazu  oUenfMs 
die  kaum  üblichen  standname,  -Ordnung.) 

46* 


727 


STAND  (14)  -  STANDARTE 


STANDARTE 


728 


b)  die  genitiviachen  Zusammensetzungen  m,it  Standes-  ge- 
hören dagegen  zu  stand  8  (bezio.  9,  a)  und  sind  dadurch 
von  der  ersten  gruppe  deutlich  geschieden,  eine  besondere 
grtippe  bilden  einige,  die  auf  den  sog.  'Personenstand'  gehen 
und  sich  zunächst  an  stand  6,  h  anschlieszen,  so  besonders 
Standesamt,  femer  Standesakt,  -beamter,  -buch,  -register, 
•Urkunde,  auch  Standesveränderung  und  -zeichen,  zw  8,  k 
gehören  standesdame,  -frau,  -weih;  -person  (rigl.  standes- 
leute);  dagegen  Standesherr  (-mann)  zu  9,h,  wozu  femer 
das  vereinzelte  standessaal ;  endlich  zu  9,  c  {kanton)  standes- 
haupt,  -leben,  -reuter. 

c)  toejin  es  icichtig,  auszudrücken,  dost  das  erste  com- 
Positionsglied  im  plural  zu  verstellen  ist,  so  tritt  dafür 
stände-  ein.  so  ständeabtheilung ,  -bildung,  -eifersucht, 
-hadcr,  -haus,  -thum,  -Verhältnis,  wesen.  (ständeabthei- 
lungen  begegnet  geradezu  als  plur.  zu  standesabtheilung, 
s.  das.)  —  andre  bildungen  der  art  schlieszen  sich  speciell 
an  9,b  an,  ico  der  plur.  stände  das  geioöhnliche  ist,  so 
Ständehaus,  -kammer,  -lehre,  -mitglied,  -platz,  -saal, 
-Sitzung,  -tafel,  -tag,  -Vereinigung,  -Verhandlung,  -Versamm- 
lung, -wähl,    zu  9,  c  geliört  ständerat. 

STANDARMBRÜST,  /.  gröszere  art  der  armbrust,  die 
mitte  haltend  zwischen  der  belagerungsmaschine  und  der 
handarmbrust.  Boeheim  tcaffenk.  s.  405.  407:  sie  {die  vor- 
geschobenen posten)  enthielten  einige  mannschaft  und 
wenige  standarmbrüste  hinter  den  wällen  von  holz  und 
erde.  Freytag  18  {bilder2,  l),  219;  wurde  ein  groszes  schiff 
zum  krieg  gerüstet,  dann  wurde  im  13.  Jahrhundert  auf 
back  und  schanze  .  .  .  ein  geriist  gezimmert,  darauf  eine 
Plattform  mit  hölzernen  zinnen  für  die  schützen  und  für 
eine  standarmbrust  oder  wurfmaschine.  245.  *.  awc/i  stand- 
bogen. 

STANDARTE ,  /.  reiterfahne.  l)  Standarte  ist  entlehnt 
aus  dem  altfranz.  prov.  estendart,  estandart,  neufranz. 
6tendard,  das  mit  dem  aus  germ.  hard  enticickelten  suffixe 
ard  zu  lat.  extendere  gebildet  ist;  dazu  auch  ital.  sten- 
dardo,  span.  estandarte.  Diez*  307.  sehr  häufig  begegnet 
auch  das  mittcllat.  standardum  mit  zahlreichen  neben 
formen  wie  standarum,  stantarum,  standale,  -alis,  -erium, 
stantarius,  stendardus,  stindardum,  s.  Du  Gange  7,  58oV- 
Scherz-Oberlin  1555.  Brinckmeier  gloss.  diplom.  2,573^'. 
das  wort  ist  in  alle  germ.  sprachen  eingedrungen;  vgl.  dän. 
Standart,  schwed.  standar,  m.  {aus  dem  nd.);  engl.  Standard 
ist  zuerst  in  der  ags.  chronik  zu  1138  nachgewiesen,  s.  Skeai 
591».  {mitteletigl.  Standard  Stratmann-Bradley  673'*.  das 
engl,  wort  weist  besondere  bedeutungen  auf,  die  dem  deutschen 
fremd  sind,  aber  sclion  in  mittelalterl.  lat.  und  franz. 
texten  aus  England  begegnen,  s.  Du  Gange  7,581  unter 
standardum  2,  nämlich  'normalmasz,  muster'  u.  ühnl.,  und 
ist  mit  diesen  neuerdings  im  detitschen  redpiert.)  —  twi 
deutschen  findet  sich  das  wort  seit  der  ersten  hälfte  des 
IS.  jahrh.,  und  zunächst  in  der  entstellten  form  stanthart, 
die  wol  auf  einer  volksetymalogiscihen  ausdeutung  {'steh 
fest',  imper.  f)  beruht,  vgl.  -. 

dicitur  a  stando  standardum,  quod  stetic  illic 
militise  probitas  vincere  sive  mori. 

qudU  bei  Du  Gange  7, 580'»,  s.  auch  A.  Schultz  höf  Uhen^ 
2,228,  anm.  5.   Seiler  lehnw.2,ni,  und: 

Bt£t  vaate  alt  ein  stanlbart.  Didr.  u.  Wened.  4S8. 
vgl.  femer  J.  Grimm  gramm.  2,  840  und  kl.  sehr.  7,  86 
(■"  teitaehr.f.  d.  alterth.  1,  676).  mJui.  stanthart  zuerst  bei 
Wolfram  v.  E-sciienuach  {Willeh.  868,7),  später  auch  in 
der  form  slandart,  -crt,  ».  mhd.  wb.  2,2,692V  Lexer  handwb. 
2,  11SH;  mnd.  zuerst  im  Sachsensp.  in  abioeichender  bedeu 
tung  {s.  unten  9,  e).  Sciiiller-LObben  4,868;  mnl.  stan- 
daert,  woraus  hell,  standaard ,  standerd,  s.  Franck9&6; 
lüterall  als  masc.  —  im  nhd.  hat  sieh,  unter  eii\fluat  von 
'  i'nf,  das  fem.  st&ndarlK  {mit  betonung  der  ztoeiten  silbe) 
'<rttt;  die  l/elege  biijinnen  erst  im  17.  jahrh.  die  ab 
i-^:^.ny  von  fltand,  slandan  m.  «.  tc.  steht  bei  i'tvw.uv.w  i\Ki. 
Wa<:iiter  1&84.  brrm.  wb.  4,  99»,  die  richtige  daneben  bei 
AoKLUNO,  der  auch  die  undeutsehe  betonung  als  tirireis 
für  eiUldinung  anführt,  (als  entlehnt  aus  dem  italien. 
6efraeMe(wKiNDKRLiNo  226.)  #. /em«r  Schm.*  2,768.  Wki 
OAND  f.  726.  Ktuoe*  876^  —  tn  mundorten  meist  in  über 
tragener  Verwendung,  s.  unten:  sehteeiä.  lUndAii  Toui.Rii 
406*,  tn  Htmätekuhefmm  stantit  Lenz  «7*  {wenig  gebrauch 
lieh),  unterfHtnk.iAMndui'n  Huckbrti74.  obertäelu.  nUui 


däre  Albrecht  216'';  ebenso  nd.  Strodtmann  228.  brem. 
»p&.  4,  999,  -&r  Danneii.  209*;  ostfries.  sia,nder,schiffsfiagge, 
stammt  aus  dem  holl.  TEN  Doornkaat  Koolman  3,  300». 
auf  das  deutsche  wort  geht  wiederum,  magyar.  standär 
zurück.  Lumtzer-Melich  242. 

2)  bedeuttmg. 

o)  im  mittelaltcr  bezeichnet  stanthart  die  grosze  schlacht- 
oder  sttirmfahne,  um  die  sich  das  heer  sammelte;  sie  vnirde 
zuerst  dem  heere  vorangetragen;  sputet-  befestigte  man  sie, 
damit  sie  besser  und  weiter  hin  sichtbar  sei,  an  einem 
holten  mastbaum,  utid  setzte  sie  auf  einen  wagen,  dies 
scheinen  die  Italiener  aufgebracht  zu  haben:  es  tmrd  zuerst 
bei  den  Mailändern  zu  1038  erwähnt,  ist  aber  schon  1129 
für  die  Detitschen  und  1138  für  die  Engländer  bezeugt,  den 
Ursprung  bezetigen  die  bezeichnungen  karrotsche,  -atsch, 
-utsch  atis  ital.  carroccio  und  lampartischer  van.  da 
neben  ist  für  dieses  ganze  genist  die  bezeichnung  Standard, 
stanthart  üblich,  s.  A.  Schultz  höf  leben'  2,  225jf..  beson- 
ders 228 — 230.  281/. :  postea  tercia  feria  venit  populus  cum 
carrocio  quod  apud  nos  standare  dicitur.  ann.  Colon, 
maximi  1162  (»nonuwi.  Oerm.  Script.  17,776,7);  cum  curru, 
qui  dicitur  stanthart.  ann.  Woimat.i259  {script.  17,63,12); 
he  {der  kaiser)  veng  eren  karroze  stanthart  unde  den 
potestat.  (Detmar)  Lüb.  chron.  1,117  {zu  1237); 

sy  brachten  mit  en  dare 
eynen  standert  gare  .  .  . 
des  syt  sicher  ind  gemeit, 
dat  hey  was  also  groes, 
dat  en  mit  groesser  noit 
dynsen  moesten  zo  der  stunt 
eycht  ochsen,    dat  is  mir  kunt. 
dar  up  stoent  eyn  banere. 

Karlmeinet  370.  41—49 : 

ind  quam  by  den  standart. 

dar  up  stoent  vele  hart 

der  heyden  bannere.    372,  24,  8.  auch  478, 10. 

weniger  deutlich  ist: 

dö  kom  Synagün  mit  schar, 

der  punjür  und  der  stanthart.    Wüleh.  368,  7. 

wenn  das  wort  im  nl.  auch  im  siniie  von  'stange,  pfähl' 
ti.  ähnl.  begegnet,  so  ist  dabei  wol  Vermischung  mit  Ständer 
im  spiele,  vgl.  das. :  phalanga,  een  speer  of  een  standaert 
of  hamey.  hör.  belg.  7, 12,  s.  auch  Diefenbach  gloss.  223». 
Schiller-Lübhen  4,363»;  standaerd,  Ständer,  eolttmna, 
columna  arrectaria,  orthostata.  Kii.ian  2,629''. 

b)  in  nJid.  zeit  bezeichnet  Standarte  diefahne  der  reiterei 
mit  kleinerem  tttch  und  kürzerem  scluifl  als  die  des  fusz 
heeres,  s.  Eggers  2,  976.  Adelung.  Jacousson  4,  253''. 
Boeheim  waffenk.  512:  fänlein,  . . .  vexiUum  minusctUum, 
qualia  esse  solent  equitum  signa  militaria,  die  Standarten, 
kornette.  Stieler  399;  standart,  equestris  militiae  in- 
signe,  alias  reuterfänlein,  labarum  turmae  eqttestris.  2132 ; 
standart,  f.  . . .  stendardo.  insegna,  cometto,  guidone  di 
cavallei-ia.  Kramer  dict.  2,906";  Standarte  (die)  labartini, 
equestris  militiae  insigne.  vexillum  equestre.  Stein BACii 
2,882;  s.  auch  Frisch  2,318».  breni.  wb.  4,999.  belege:  der 
cornet  ist  ein  ofticier,  der  die  Standarten  führt.  ...  er 
musz  eher  das  leben,  als  sich  seine  Standarten  nehmen 
lassen.  ...  in  marchiren  trägt  ein  soldate  die  stnndarle 
oder  fahne,  aber  der  cornet  musz  sie  selbst  führen  in 
der  musterung,  oder  wenn  er  auf  die  wache  zieiiet,  oder 
in  einer  action.  die  fahnen  sind  viel  länger  und  breiter 
als  die  Standarten.  Fleming  t.  soldat  (1786)  116»;  in  diMii 
ersten  gliedc  der  escadron  schwankte  die  Standarte  in 
den  bänden  eines  schimcn  knaben  hin  und  wieder.  Göthe 
80,70;  vier  Soldaten  zu  pforde,  wahrscheinlich  ein  paar 
von  jedem  heere,  sind  mit  «inander  in  conflict  gesetzt; 
sie  kämpfen  um  eine  Standarte,  deren  stab  sie  alle  an- 
gefasEt  haben.  86,  SU  {carton  des  Leonardo  da  Vinci);  ihre 
{der  kaiserlichen)  ganze  artillerie,  ihr  ganzes  lager  war 
erobert,   über  hundert  fahnen  und  standarien  erbeutet, 

SCHILLRR    8,  102; 

wo  unaro  fahnen  vorwArl«  wuhn. 

da  wob  auch  die  »tandart  hinein. 

da  tioge  roas  und  mannt    Ki.oi>.hi...  .>  i,  .;tn, 

auch  BatttfB  fkhneiiretsen  bot  standurten. 

QöTlIK  41,  274  (,FauM  II.  4); 
SO  auch:    kaiierliche  feldiitandarten 

wird  ein  relterlied  erfreun  I    Krbiuorath*  1,  46. 

e)  um  die  atmodart«  sommelt  ncA  (fo*  regiptent,  vgl. 
KhOnitz  169,618;  daher:  sor  Standarte  blasen,  eonar'  d 


729 


STANDARTE 


STANDARTENSCHUH 


730 


raeeolta.  Kramer  diet.  8, 906«;  so  im  vergleich:  irgend  eine 
lehre  will  er  {der  prophef)  verkünden  and,  wie  um  eine 
Standarte,  durch  sie  und  um  sie  die  Völker  versammeln. 
GÖTHE  6,33.  hier  knüpfen  freiere  gebraucJistceisen  an: 
pflanzt  die  schwarz-rot-goldne  fahne  auf  die  höhe  des 
deutschen  gedankens,  macht  sie  zur  Standarte  des  freien 
menschtums.  Heine  2, 429  Elster  (vorto.  zu  'Deutsehland'), 
s.  ferner  3,  b. 

d)  die  erbeuteten  Standarten  xceiden  als  Siegeszeichen 
vertcendet:  dergleichen  danckbares  gemüt  gegen  gott  hat 
allezeit  erwiesen  . . .  das  unverwelckte  ertz-hausz  von 
Oesterreich ,  welches  noch  allemahl  nach  erhaltener 
victori  die  eroberte  standär  und  kriegs-fahnen  in  den 
kirchen  preiszwürdig  auffzuhencken  befohlen:  wie  dann 
die  Lauretanische  capell  in  unserer  hoff-kirchen  zu  Wienn 
mit  unzahlbaren  dergleichen  sig-zeichen  pranget.  Abraham 
A  S.  CijlH.k  auff  auff  ihr  Christen  (1683)  149  (65,  35  neudr.); 

nehmt  alles,  fahnen,  pauken  und  Standarten, 

und  hängt  sie  an  der  kirche  pfeiler  auf; 

beim  siegsfest  morgen  denk'  ich  sie  zu  brauchen! 

Kleist  3,  68  Schmidt  {prim  v.  Homb.  2,10); 
die  schwed'schen  fahnen  wehten  und  Standarten, 
trophäenartig,  von  den  pfeilem  nieder.    72  (3, 1). 

daher  nl.  geradezu:  standaerd,  seghe-teecken ,  tropaeum. 
tiophaetim.  Kilian  2,  629'». 

e)  in  der  heraldik  dienen  Standarten  auch  als  helm- 
zeichen; es  sind  kleine  fähnlein  von  quadratischer  form, 
mit  fransen  und  troddeln  an  schnüren,  geicöhnlich  an  einer 
tumierlanze  befestigt,  s.  Gritzner  herald,  terminologie 
(Siebmacher  wappettb.  einl.  B)  s.  164.  —  vgl.  dazu:  Gockel 
nahm  nun  seine  raugräfliche  Standarte,  die  zugleich  ein 
hühnersteg  war,  als  stab  in  die  band.   Brentano  5,26. 

f)  auch  flotten  haben  ihre  Standarten,  s.  A.  Schultz 
höf.  leben^  2,  345.  360.  jetzt  heiszt  Standarte  die  flagge,  die 
bei  antre-senheit  eines  souveränen  fürsten  oder  eines  mit- 
gliedes  eines  souveränen  hauses  auf  einem  schiffe  gehiszt 
wird.    s.  Stenzei.  seemänn.  tcb.  397**/. 

g)  Standarte  heiszt  endlich  sehr  geicöhnlich  die  fahne, 
die  bei  processionen  und  wallfahrten  dem  zuge  voran- 
getragen wird,  hirehenfahne:  den  beisaz  de  anno  1607  be- 
tröffent  ist  zu  mörken,  dasz  die  burgerschaft  ohne  vor- 
wissen der  herrschaft  keinen  aufzug  halten  derf,  und  so 
ihnen  solicher  erlaubt  wüert,  mieszen  sie  dem  fahn  und 
standärt  mit  gebierunter  wacht  ausz  den  stuft  abhoUen 
und  widerumben  also  nachausz,  dasz  ist  in  dasz  stuft 
zurück,  beglaiten.  steir.taid.  141,13;  ain  ständtar  geschriben 
4  kr.  Hartmann  volksschatisp.  ».405  (reehnung  der  Eosen- 
heimer  corpus-Christi-brudersch.  über  ein  passionssp.  v.  1734; 
im  glossar  s.  598  als  neutr.  angesetzt  mit  der  angäbe: 
»pr.  stäntär);  processionen  dauerten  fort!  ...  sie  (ßie 
feinder)  zogen  mit  angesang  und  antwort,  fahnen  flatterten, 
Standarten  schwankten,  eine  grosze  und  gröszere  kerze 
erhob  sich  zug  für  zug.  Göthe43,  264;  zuerst  kamen  die 
kinder,  deren  Standarte  ein  liegendes  lamm  mit  der 
krenzesfahne  zeigte.  Hausr.\th  pater  Matemus  s.  20; 

Wallfahrer  ziehen  durch  das  thal 
mit  fliegenden  Standarten. 

Scheffel  gaudeamut  t.  55. 

solche  fahnen  rcerden  auch  im  kämpfe  gebraucht:  Treviso 
hielt  sich  tapfer,  die  vornehmern  wollten  den  Trissino 
einlassen ;  aber  das  volk  raffte  sich  zusammen ,  ein 
Bchuster  . . .  trug  die  Standarte  des  heiligen  Markus  voran, 
und  die  Deutschen  wurden  zurückgeworfen.  Platen  310* 
{liga  V.  Cambrai  3). 

3)  freiere  und  übertragene  gebrauehsweisen. 

a)  Standarte   bezeichnet  auch,    die  sich  darum  scharen. 
t»peciell  die  reiterabtheilung,  die  eine  Standarte  hat  und  dazu 

gdiört,  vgl.  fähnlein  2,  theil  i2i3:  darauff  musz  man  das 
»eer  samlen,  und  in  regimentern,  truppen,  companeyen, 

Lhnlein  oder  stendarden  {vexxllationes),  geschwader  ord- 

»en.  Com  ENI  US  janua  (1644)697;   auf  antike  heere  über- 

gen  (-=  vexillum):    um   den  aufstand  in  Theben  zu 

i&mpfen,  sandte  Philometor  vorgestern  die  besten  söldner, 

ie  Standarte  des  Desilaus  und  die  von  ArsinoS  nach 
Ifiden.  Ebers  d.  schicestem  184. 

b)  bildlich   irird  auch   ein  andrer  gegenständ,   um  den 
>n  sich  schart  als  um  das  Sinnbild  einer  idee  oder  eines 

ftfühh,  Standarte  genannt: 


sie  pflanzten  nüt  tust  die  munteren  bäume  der  freiheit,  . . . 
und  der  muntere  tanz  begann  um  die  neue  Standarte. 

GÖTHE  40,  290  iHerm.  u.  Dor.  6). 
weniger  sinnlich: 

trost  is  se  an  allen  waen 
der  cristenheit  und  standert. 

Br.  Hansen  Marieid.  2142. 

andre  bilder  gehen  von  der  äuszem  erscheinung  aus: 

dieses  waldes  erhöhte  warte, 
■  dieser  einöde  grosze  Standarte, 
den  könig  der  berge  seh'  ich  ragen. 

RüCKKRT  (1882)  12,  50  {Nai  12). 

c)  im  brem.  ist  standare  auch  'ein  seltsames  kopfzeug 
des  frauenzimmers,  welches  von  einer  übermässigen  höhe  ist', 
brem.  wb.  4,  999.  etxcas  ähnliches  scheint  stanthart  schon 
im  ältesten  mnd.  bezeichnet  zu  haben,  denn  der  Sachsensp. 
landr.  1,  24,  §  3  nennt  unter  den  'klenoden',  die  zum  gerade 
der  frauen  gehören,  auch  nalden  (nadeln),  huven,  vlecht- 
snure,  stanthart,  natelfoder,  vgl.  brem.  tob.  a.  a.  o.  Frisch 
2,318».  Scherz-Oberlin  1557.  BRiKCKuniER gloss.diplom. 

2,  574». 

d)  die  neuere  Volkssprache  nennt  eine  lange  hagere  person 
eine  lange  Standarte.  Adelung,  unterfränk.  a  langa  oder 
grassa  standart'n  Ruckert  174;  besonders  für  ein  sehr 
groszes  frauenzimmer ,  leipz.  ene  ale  lange  standare. 
Albrecht  215'',  nd.  standare  Strodtmann  228.  brem.  wb. 
4,999.  Danneil  209». 

e)  in  der  Jägersprache  der  schwänz  des  fuchses  oder 
wolfes.  Adelung.  Xemnich.  Behlen  5, 672.  Kehrein 
weidmannsspr.  280.  Höfler  krankheitsnamenb.  673'»:  die 
ruthe  oder  standarte,  ist  eigentlich  sein  schwantz.  die 
blume ,  die  spitze  an  der  standarte.  Döbel  l,  se*  ('ireirf- 
männisch  von  wölffen  zu  sprechen');  des  fuchses  standarte 
oder  ruthe  ist  sein  schwantz.  40*';  bey  dem  wolf  heisset 
der  schwänz  die  standarte.  bey  dem  fuchs:  die  stange, 
item  die  Standarte.  Heppe  leithundwö;  ruthe,  standarte, 
stange  und  wedel,  also  verschieden  wird  des  fuchsens 
schwänz  benennt,  icohlred.  jäger  247''. 

f)  standarte  aU  blumenname. 

a)  die  ziceiblättrige  orchis,  stendeh.nirz  oder  kuckucks 
blume,  orchis  bifolia.  Nemnich.  Campe,  {orchis)  Pritzel- 
Jessen,  preusz.  standhart,  siandart  Frischbier  2,361'». 

ß)  in  Sddesien  für  spiranthes  autumnalis.  Pritzel- 
Jessen. 

4)  berührungen  mit  andern  vDörtem. 

a)  appenzell,  standäri  halta  'kräftigen  widerstand  leisten, 
stand  halten,  vor  den  risz  stehen'  Tobi.er  406'"  ist  offenbar 
stand  halten  {s.  stand  2,  b)  nachgebildet,  obwol  auch  im 
eigentlichen  sinne  möglieh. 

b)  wenn  standärt  für  'stange,  pfähl'  u.  ähnl.  vorkommt, 
so  liegt  entweder  volksetymologische  ausdeutung  {s.  l)  oder 
Vermischung  mit  Ständer  zu  gründe,  s.  oben  2,  a.  dazu  tcol 
auch:  standaerd,  molen-asse,  axis  molaris.  Kilian  2,629''. 

c)  auf  volksetymologischei-  anlehnung  beruht  auch  das 
mundartliche  standär  ==  gensdarm  an  stelle  des  geicöhn- 
licheren  schandar  u.  ähnl.,  so  bair.  Schm.'2,  768;  preusz. 
Frischbieh  2,361'».  nd.  korrespondenzbl.  5,49.  s.  auch 
Albrecht  215''.  (m  AacÄen  standarm  Müller-Weitz  233.) 

STAND ARTENFUTTER.\L,  n.,  oder  Überzug,  futteral 
von  schxcarzer  glanzUinwand  mit  messingblechspitze,  das 
über  das  fähnlein  gezogen  tcird,  um  es  auf  märschen  u.  s.  w. 
vor  staub  und  schmutz  zu  schützen.  Krönitz  169,618/. 

STANDARTENJUNKER,  m.  ein  Unteroffizier,  der  die  Stan- 
darte auf  dem  morsche  trägt,  tcie  fahnenjunker  {th.  3, 1242) 
beim  fuszvolk.  Adelung;  älter  standart-junkers,  parte- 
etandarts.  Eggers  1,825;  es  ist  weltbekannt,  wie  viele 
anhänger  der  Schutzpatron  meines  scliiffs  in  Berlin  hat, 
von  Friedrich  dem  groszen  an  bis  auf  den  geringsten  stan- 
dartjunker.  ThCmmel  reise  8,43;  'ha!'  rief  ein  standarten- 
junker  von  der  reiterei,  'das  ist  doch  klar'.  Keller  7, 277. 

STANDARTENSCHAFT,  m.,  vgl.  -stange: 

seine  unsichtbaren  hUter 

lehnten  am  standartenschaft 

in  den  gold'nen  wappenröcken.     Kbllbr  10, 157. 

STANDARTFJiSCHUH,  m.  scheide  von  starkem  leder,  am 
rechten  Steigbügel,  worin  das  untere  ende  der  standarte 
beim  tragen  ruht.  Adelung,  vgl.  fahnenschuh,  *ä.  3, 1243: 
standarten-schuhe ,  m.  resta  da  stendardo;  stendardieia. 
Kram  ER  dict.  2,906';  auch:  standärt -schuh,  talonnier. 
EooERS  1,825,  wofteben:  der  standarten-schub  ist  an  den 


731  STANDARTENSTANGE— STANDBLOCK 


STANDBOGEN  —  STÄNDCHEN 


732 


steigbügel-riemen  desjenigen,  der  die  Standarte  fUhret, 
angemacht.  826. 

STANDARTENSTANGE,  /.  atange,  wman  die  Standarte 
befestigt  ist.  Jacobsson  7,  427».  Krünitz  169, 619.  vgl. 
Standartenschaft  und  Standarte  2,  a. 

STANDARTENTRÄGER, m..  für  standartenjunker.  KrO- 

NITZ  169,  619. 

STANDARTENÜBERZUG,  m..  vgl.    futteral.  Krünitz 

169,  619. 

STANDARTEN  WACHE,  /.,  vgl.  fahnenwache,  tlieU  3,1243. 
Krünitz  IC9,  619:  es  werden  (im  biwoak)  von  jedem  regi- 
ment  ein  rittmeister  . .  .  zur  erhaltung  der  polizeilichen 
Ordnung  commandirt ,  auszerdem  die  standarlenwache 
aufgestellt,  instructioushuch  für  den  cai-allerisfeu^  {Man 
nover  1876)  117. 

STANDARTJUNKER,  -SCHUH.  *.  Standarten-. 

STANDBAR,  adj.,  frühnhd.  vereinzelt  für  standhaft: 
also  daz  kain  philosophus,  dero,  die  wir  nennent  stoicos 
ye  gewesen  ist,  der  so  mit  aiin  kecken  vesten  und  stant- 
baren  geiniite  ainchen  tode  gelitten  hab  als  diser  Jeroni- 
mus.  NiGLAS  V.  Wyle  translat.  229, 19. 

STANDBAROMETER,  m.  hei  der  barometrischen  höhen- 
tnessung  der  am  beobachftmgsptmkte  verbleibende  barometer 
zum    unterscJiiede    von    dem   wandernden    feldbarometer. 

LUEGER    2,  20. 

STANDBAUM ,  m.  l)  'stand-baum ,  heisset  eine  starcke 
atange,  welche  i7i  einem  Pferdestall,  der  mit  keinen  ordent- 
lichen unterschiedenen  ständen  (4,  i)  versehen  ist,  zwischen 
die  pferde  nach  der  länge  gelegt,  und  mit  dem  einen  ende 
durch  die  sprissel  der  rauffe  gesteckt  unrd,  davxit  die  2)ferde 
nicht  zusamTnen  kommen,  und  einander  schmeissen  mögen.' 
ZJNCKE  öcon.  lex.^  2800.  Eogers  2, 976/.  Adelung.  Jacobs- 
son 4,253'':  die  pferde  schnoben,  bäumten  sich  auf  und 
zerschlugen  die  standbäume.  MusÄus  volksm.  i,ilii  He7npel. 

2)  'ein  bäum,  tco  abends  raubvögel  gern  aufhocken,  am 
tage  sich  häufig  einschwiiigen  und  auch  gerne  übernachten.' 
Bkhi.en  5,672.  Kehrein  weidmnnnsspr. 2S0,  vgl.  stand  4, 7n. 

s)  für  rüstbaum  (l,  theil  8, 1.143),  lantenne,  bäum,  der  das 
hauptgerüst  (zum  bauen)  trägt.  Karmarscii-Heerkn^  7, 440. 

STANDBEIN,  m.  beitn  stehen  das  bein,  das  die  last  des 
körpera  trägt,  im  gegen satz  zum  spiclb&in  (tJieil  10,  l,  2321); 
attadruck  der  plaatik. 

STANDBILD,  n.  'ein  ateliendes  axisgehauenes  bild',  atatue, 
bildsäule.  Campe;  eine  ohne  zweifei  an  statua  sich  an 
lehnende  neubildung  des  IS,  jahrh.:  so  weit  meine  äugen 
mich  trugen,  sah  ich  Standbilder  der  heiligen  auf  reben- 
losen nackten  bergen.  Thümmel  »«0*6  5,457;  nur  ...  die 
bildsäulen  der  götter  waren  noch  unberührt.  . .  .  jeder 
zitterte  ihr  (der  Juno)  bild  zu  berühren.  .  .  .  das  Stand- 
bild folgte,  durch  sich  selbst  bewegt,  denen  die  es  fort- 
zogen. NiEBUiiR  2,  .539;  die  Standbilder  der  zu  Fidenä 
umgebrachten  abgeordneten.  648;  in  der  hofkirche  {zu 
Innsbruck)  stehen  die  ...  Standbilder  der  fürslen  und 
fürstinnen  aus  dem  hause  Ostreich.  ...  als  ich  jene  sta- 
tuen  betrachtete,  traten  Engländer  in  die  kirche.  Heine 
8,230  Elster;  wenige  geschlechter  später  errichtet  man 
auch  fürsten  deutscher  Völker,  welche  noch  um  die  grenze 
lagerten,  eherne  Standbilder  in  den  kaiserlichen  haupt- 
gltÜdlen.  Frevtao  17  (WW«rl),  108;  'eine  büste  nur?'  sagte 
er.  'dem  mann  (Hauff)  hätten  sie  doch  wohl  ein  ganzes 
Standbild  setzen  können!'  Storu  4, 170;  das  Standbild, 
das  die  stände  Mecklenburgs  in  Rostock  ihrem  BlUcher 
errichteten.  Trp.itrciikk  d.  geach.  2,st, 

wie  wir  da  knieten,  rUckw&rta  ich,  da  vom 

am  Standbild  Hymens.      Grii.lparzer*  6,88  (toeUen  8); 

gk^ckenklanr,  kanoncndonncrl  —  sieh,  de«  ze1t«s  hOlle  sank, 
und  enthüllt  ein  riexig  itandbild,  erzfefOMen,  bell  und  blank  I 
Anaht.  GrOi«  ipatUrg.*  (1844)  82. 

»dten  bildlieh :  der  Herausgeber  hat  aus  den  Heidelberger 
Vorlesungen  dei  Verfassers  (Rotht)  ...  ein  möglichst  voll- 
ständiges edles  Standbild  der  kirche  in  ihren  geschicken 
bis  «um  ausgange  der  reformationszeit  aufgerichtet. 
K.  V.  Hark  kirchengej>rh.^^  9  (§  10), 

STANDBLOCK,  m.  auf  gröazeren  »chiffen  ein  groner  at^f' 
rerht  atehtndrr  viereckiger  block  am  fuate  einet  majttea  mit 
rollen  für  die  hiMtaue.  auch  knecht,  a.  da*.  7,  c,  th.  6,  ISW; 
tM  aind  immer  t  oder  »  da.  als  gronzer,  (besahn-)  und 
fockkneclit  untenehUden.    knecht,  standbluck,  roc  d'inna». 


sep    de   drisse,    bloc   d'isaaa.    Eggers  1,1333.    Adelung. 
Jacobsson  4,2.53''.  Bobiuk  403». 

STANDBOGEN,  m.,  vgl.  standarmbrust:  die  befördening 
von  geschützen  durch  die  wildnisz  war  nicht  leicht,  doch 
nahm  man  bei  gröszeren  zUgen  einige  standbogen  . . .  mit. 
Fueytag  18  (bilder  2,  l),  222. 

STANDBRÜCKE,/,  feste,  unbeicegliche  brücke,  im  gegen- 
aatze  zur  Zugbrücke  (schlagbrücke)  und  hängebrücke. 

STANDBÜCHSE,/.:  es  gelang  bald  geschütze  von  un- 
geheurer grösze  zu  gieszen.  . .  .  auszerdem  büchsen  von 
dem  verschiedenartigsten  kaliber  bis  zur  leichten  karren- 
büchse  und  tarrasbüchse  (standbüchse),  und  zur  haken- 
und  handbüchse  herab.  Freytag  18  (bilder  2,  l),  29-1.  (vgl. 
Scheibenbüchse,  theil  8,  2393).  hierher-  gewisz  auch  das  durch 
lesefehlerzu  standbrachse  entstellte  icort  bei  Unger-Khull 
ateir.  wort.tch.  569». 

STANDBUDE,  /..  s.  stand  4,  d;  dazu  standbuden- 
zins,  m.,  s.  Krünitz  33,549. 

STANDBÜITE ,  /.  'eine  groaze  bütte  zum  aufbewahren 
der  gemoster fen  trauben  bis  zutn  keltern'.  Kehrbin  volkaspr. 
in  Kajisau  l,SS7;  vgl.  stände. 

STÄNDCHEN,  n.,  deminutiv  zu  stand,  l)  den  bedeu- 
tungen  des  grundworts  entsprechend  ganz  selten  und  ver- 
einzelt,   zu  stand  4,  (/.  krambude: 

und  sie  lindct  bei  der  schwarzen  Eve, 
auf  dem  stüiidchen  nali  am  Hühnerbom, 
Majelone,  Till  und  (lenoveve, 
und  fragmente  aus  dem  Wunderhorn. 

KiNU  1,  245  (der  Jahrmarkt  zu  Knofelingen). 

zu  stand  8,  deutlich  als  freie  momentane  bildung:  unsere 
nation  kennet  sich  schwerlich,  bald  ist  es  religions-  bald 
polilische  parthei,  bald  die  unübersteigliche  grenze  eines 
Standes  oder  Ständchens,  was  . . .  den  gedanken  an  ein  theil- 
nehmendes  publicum  .  . .  aufhält.  Herder  17,297  Suphan. 
2)  gewöhnlich  sagt  man  Ständchen  in  bedeutungen,  die 
bei  dem  grtmdwort  flicht  entwickelt  sind  und  deren  gemein- 
same  grundlage  die  Vorstellung  eines  stehenbleibens  und 
hirzen  vertceilens  auf  der  strasze  oder  vor  einem  hause  ist; 
vgl.:  ständlein,  Ständchen,  n.  atationcelln  cioe  dimora 
piccola  che ai  fä  stando  in piedi,  massime  inpiazza.  Kramer 
2,  931";  'ständichen,  Ständchen  (das,  dimin.) atatiuncula. 

SlEINHAClI    2,671. 

a)  'eine  kurze  musik,  welche  man  vor  einem  hause  oder 
fenster  stehend  bringet'.  Adelung  unter  stand  (6),  vgl.  auch 
ständlein,  ständerlein,  so  seit  ende  des  17.  jahrh.  bezeugt: 
sländgen,  et  nachtständgen,  atatiuncula  musica.  Stieler 
2133;  Ständchen  ...  2)  improprie  eine  nachtmusic,  aym- 
phonia  nocturna,  concentus  norturntis.  Steinracii  2,671; 
ständgcn,  ist  eine  nächtliche  music,  so  ein  amante  seiner 
geliebten  durch  andere  machen  last,  oder  selbst  allein 
vor  ihrem  hause  in  ein  musicalisches  Instrument,  als: 
laute  u.  d.  g.  eine  charmante  arie  singet.  Amarantiiks 
frauenz.lex.  (1715)  1894/.  (Schultz  alltagsl.  s.  11);  Ständ- 
chen, ständerlein,  aymphonia  nocturna,  da  man  mit  nuisi- 
calischen  Instrumenten  vor  einem  haus  oder  unter  einem 
fenster  einer  persohn  zu  ehren,  in  der  nacht  stehen 
bleibet,  und  bisweilen  dazu  singet.  Frisch  2,  S18*.  a.auch 
Heynatz  Antibarb.  2,  441  ('Campe  achlugt  sangständchen 
oder  ständchensang  für  serenade  . . .  vor"),  aache  und  tcort 
beaondera üblich  bei  aiudenten,  vgl.  Kluge  atudentenspr.  127*. 
zeitaclir.  f.  d.  wortforachung  1,49,  soioie  Weioank  2,795. 
Gombert  bemerkungen  8,1.  6,20.  Kluge"  875''  (tueiat  l>ei 
Zesen  1645,  vgl.  unten),  a.  ferner  ständlein,  ständer- 
lein. —  belege:  nun  ist  Schclling  also  hicrl  .  . .  nun  kann 
der  tanz  losgehen,  mit  Ständchen,  fackelzng,  gaslmnhlen, 
ehrcnbezcigungen  aller  arti  Varnhagkn  tageh.  i..l4i; 

ein  ständfon  hat  mein  schätz  I.isctl«  irem  hey  nnoht, 
drAm  hab  ich  heute  schon  ein  trolTlich  stfiok  erdacht, 
das  wil  ich  vor  ihrer  thAr 
singen,  dazu  mAssen  mir 
die  geigen 
nicht  schweigen. 

Chk.  Keutir  Hartetiuint  hochtett-tehmaHat  t.  66 
neudr.  (10); 
hast  du  schon  annthan  dein  sehlafgewgndchcn  7 
die  schnpfung  ruht  im  stomonnachtgewaiido. 
dorn  schonen  haupt  gelnut  das  Im-kcnbAndchen? 
ich  trage  fest  um  s  horr.  die  alten  bände, 
o  so  wie  du  die  schnnsto  bist  im  liUidi'hen, 
so  wOrd'  ich  sein  der  glQcklichsto  Im  lande, 
wenn  einen  aueenblick  mein  leise«  sländchnn 
dein  femilrr  iinrr.iificIilioH/.oii  wir'  im  stände 

KOcKKHT  (1883)  6,  88  («If/I.  48). 


733 


STANDCHEN 


STÄNDCHENSINGER— STANDE 


r34 


,<f.  auch  Voss  3,  128  (idylleti  8,  überschr.).  ühland  ged. 
(1864)240  {sterbekl.  1,  überschr.).    freier: 

das  sind  die  wölfe,  die  heulen  so  wild  .  .  . 

sie  hörten  von  meiner  ankunft  gewisz, 

die  bestien,  und  mir  zur  ehre 

illuminierten  sie  den  wald 

und  sing-en  ihre  chöre. 

das  ist  ein  Ständchen,  ich  merke  es  jetzt, 

ich  soll  gefeiert  werden. 

Heixe  2,  465  Elfter  (^Daitfchl.  12). 

mit  verheil:  einer  Jungfer  ein  ständlein,  sive  ständgen 
machen,  virginis  ostium  occentare.  Stieler  2133;  einem 
ein  Ständchen  machen,  nocht  occentare  ostium  alicujits. 
STEiNn.vcH  2,  671.  dafür  in  neuerer  spräche  stets  jemanden 
ein  Ständchen  bringen.  Adelung  ,  vgl.  S.  Kleemann, 
zeitschr.  f.  d.  tcorfforschung  l,  49  (belege  von  1745 — 57):  kurtz 
darauf  wurde  der  geheime  rath  Gasser  zum  prorector 
erwehlet.  seine  hausbursche  brachten  ihm  ein  ständgen. 
der  reisende  avantwier  (1749)  2,  479 ;  hab'  mich  von  ihnen 
geschlichen,  meinem  liebchen  ein  Ständchen  zu  bringen. 
Fr.  Müller  2,148;  die  piferari  von  Robert,  die  . . .  jene 
pfeifer  aus  den  albanischen  gebirgen  vorstellen,  welche 
um  weihnachtzeit  nach  Rom  kommen,  vor  den  Marien- 
bildern musizieren  und  gleichsam  der  muttergottes  ein 
heiliges  Ständchen  bringen.  Heine  4,  52  Elster-; 

nach  vierzehn  jähren  wollen  wir 
diesz  Ständchen  wieder  bringen. 

GöTHE  (1840)  6, 15  (feier  de«  geburM. 
du  erbpr.  Carl  Friedr.  1783). 
ironisch  :    sie  geht  spazieren  alle  nachmittage 

solo  und  kehrt  zur  dämm'rungsstnnde  heim, 
dann  woU'n  wir  auf  sie  passen  hier  und  bringen 
ein  Ständchen  ihr  mit  geigen,  hinterm  steg 
gespielt,  und  rumpeltopf  und  vogelpfeife, 
ich  kenn'  ein  zotenliea  auf  leichte  weiber. 
das  singen  wir  und  machen  sie  zum  märchen 
von  ganz  Bologna. 

Im.mermann  16,  382  Hempd  {Card.  u.  Cd.  1, 1). 

andre  Verbindungen  gelegentlich:  oder  wer  sänge  uns  so 
artige  hirtenlieder,  wie  jenes,  das  ich  neulich,  o  Möris, 
dir  abhorchte,  als  du  in  nachahmendem  gebehrdenspiel  ein 
Ständchen  an  die  schöne  Amaryllis  aufführtest?  —  dieses 
Ständchen  war  eine  .  . .  freie  übersezung  der  dritten  Idylle 
Theokrits,  wo  ein  waldsänger  im  character  eines  geishirten 
singt  und  tanzt,  als  ob  er  vor  derfelsengrotte  der  grausamen 
Amaryllis  um  liebe  flehte.  Voss  Virgils  ländl.  ged.  2,  s.  459 
,c!t  id.  9,  21—5);  wenn  wir  so  alle  mitten  im  .  . .  vormusi- 
zieren des  Ständchens  säszen.  J.  Paul  52  (Katzenb.  2),  66 
{hier  also  mit  aufgäbe  der  Vorstellung,  dasz  ein  Ständchen 
stehend  ausgeführt  icird);  dann  sprang  sie  schnell  hervor  .  . 
und  sang  ihm  das  lustige  Ständchen,  das  Friedrich  gestern 
belauscht.  EiCHENDORFF22,64(r^Z.ständchensinger);  einer, 
der  sich  vor  dem  hause  seiner  geliebten  mit  dem  freunde 
prügelt,  weil  er  kein  Ständchen  zusammen  bringen  kann, 
um  sie  an's  fenster  zu  locken.  Hebbel  tageb.  3,  s.  461.  im 
bilde:  die  nachtfalter  rannten  mit  ungeschickter  galanterie 
die  blumen  an,  denen  das  Ständchen  galt,  das  sie  mit 
schweren  flügeln  absummten.  Ludwig  2,  288.  —  Ständchen 
bezeichnet  dann  auch  geradezu  das  mttsiksfück,  das  bei 
solchen  gelegenheiten  vorgetragen  wird  oder  dafür  bestimmt 
i.9t;  eine  bestimmte  musicalische  form  ist  dafür  nicht  vor- 
handen, vgl.  Rie.mann  musiklex.^  1081''.  —  attch  sehr  ge- 
"öhnlich  als  übersrhriß  von  liedern.  so  z.  b.  Bürger  SO**. 

;jl.  dazu:  das  Ständchen  ist  nicht  das  beste  gedieht;  mir 
war  am  meisten  an  der  äuszern  form  eines  Ständchens 
gelegen,  die  bey  einem  stücke,  das  unter  dem  fenster  eines 
geliebten  mädchens  geklimpert  wird ,  das  wichtigste  ist. 
Zelter  an  Göfhe  i,  12.  —  Ständchen  tcerden  meistens  am 
abend  gebracht  und  das  \cort  wird  zunäclist  in  diesem  sinne 
versfanden,  also  gleichbedeutend  mit  serenade  {theil  10,1,623), 
s.  oben  die  angaben  der  Wörterbücher,  doch  gieht  es  auch 
morgenständchen,  «.  </i.  6,  2581,  und  im  gegensafz  dazu 
icet den  jene  andern  als  abend-  oder  nachtständchen 
bezeichnet,  s.  theil  1,26.  7,217.  so  in  den  ältesten  Megen: 
nichts  desto  weniger  must'  er  sich  zur  lust  bekwämen, 
und  einem  abend  ständichen  von  lauten  und  stimmen, 
welches  ihm  der  grafe  bringen  liesz,  zuhören.  Zesen 
Ibrahim  {i6ib)  1,224;  weil  kein  man  gefunden  würd,  dehr 
sich  bemühet,  seiner  frauen  haar-band  am  arme  zu 
tragen;  ...  ihr  ein  abend  ständichen  zu  bringen.  350. 
femer   fackelständchcn   (WieiZ  3,  229)   u.a.:    genähert 

habe   ich  mich  diesem  vorzüglichen  manne  niemals  als 


in  einer  nacht,  da  wir  (die  Straszburger  Studenten)  ihm 
(dem  Professor  Schöpf  lin)  ein  fackelständchcn  brachten. 
Göthe  26,47.  —  der  plural  von  Ständchen  ist  geicöhnlich 
dem  sing,  gleich:  ich  erinnere  mich  der  zeit  noch  wohl, 
da  ich  die  artige  zigeunerin  hiess,  und  da  sich  die  jungen 
herren  von  Toledo  um  die  ehre  rauften  mir  Ständchen 
zu  bringen;  ich  machte,  meiner  treu!  eine  theurung  in 
den  saiten,  so  viele  guitarren  und  lauten  wurden  mir  zu 
liebe  zersprengt!  Wieland  ii,  231  (don  Sylvia  l,  3,  7);  man 
konnte  kaum  etwas  malerischeres  sehen,  als  diese  phan- 
tastischen Studententrachten,  ihre  sangreichen  wander- 
züge  in  der  Umgebung,  die  nächtlichen  Ständchen  unter  den 
fenstern  imaginärer  liebchen.  Eichendorff  31,  35  Kocfi; 

man  bringt  dir  keine  Ständchen  jetzt, 

du  armes  krankes  kind !    Umland  ged.  240; 

sieh,  dieser  ist's,  der  deinen  buhlen  schlug,  . . . 
ein  ende  setzte  jenem  nächt'gen  flüstern, 
den  Ständchen,  dem  gekos. 

Grillparzbr*  8,  5  (bruderzw.  1). 

doch  findet  sich  in  iceniger  sorgfältiger  spräche  auch  Ständ- 
chens :  die  bürger  brachten  Ständchens.  Charl.  Schiller 
briefvom  sept.  1803  bei  Düntzer  Göthe  u.  Karl  Aug.  8,  442. 
(hessisch  natürlich  ständerchen.) 

b)  kurzes  geplauder  im  stehen.  Weigand  2,795,  so  zu- 
weilen in  volksthümlicher  spräche,  vgl.  ständerling  1,  -lein, 
ständlein  1,  6:  ein  Ständchen,  ständerchen  machen,  ein 
iceilehen  stehen  bleiben,  um  mitjem.  zu  schicafzen.  Hetzel 
wie  der  Deutsche  spricht  298;  und  doch  blieb  sie  selbst, 
die  ihm  vorleuchtete,  auf  jeder  treppenstufe  stehen  und 
verwickelte  ihn  durch  ihre  fragen  in  neues  erzählen.  . . . 
da  oben  auf  der  stufe  vor  der  thür  . . .  wurde  das  längste 
'Ständchen'  gehalten.  Ludwig  2,  317. 

c)  vereinzelt:  mache  mich  auch  zu  keinem  ecksteine; 
da  machen  alle  hunde  ein  ständgen  dran.  Weise  comödien- 
probe  (1695)  37. 

d)  hoU.  standje  bedeutet  lärm,  zank,  vgl.  Franck  955. 
3)  Ständchen  als  deminutiv  zu  stände,  /.  giebt  Adelung 

an,  vgl.  stand  11,  a  und  ständlein,  so  siebenb.  für  ein 
holzgefäsz.  H.\ltrich  88. 

STÄNDCHENSrXGER,  ni. :  er  erzählte,  wie  er  als  junges 
studentchen  einst  sich  seiner  haut  habe  wehren  müssen, 
als  er  nächtlicher  weile  einem  unter  dem  hause  einer 
schönen  plärrenden  ständchensinger  im  vorbeigehen  ein 
'halt's  maul!'  zugerufen  habe.  Keller?, 224. 

STÄNDDIELE,  STANDELE,/.  'bei  den  kahnbauem.  eine 
dicke  plxinke,  tcelche  an  dem  Steuer  eines  Eibkahnes  die 
stelle  des  Schaftes  vertritt'.  Caupe.  Jacobsson  4, 254». 
BoBRiK  659».    vgl.  stand  11,  c. 

STANDE,  /.  gröszeres  holzgefäsz.  steUfasz,  kübel,  kufe; 
ableitung  zu  stehen,  vgl.  ständel,  Ständer,  standner. 

l)  so  im  deutschen  seit  alter  zeit:  ahd.  stanta,  -da,  -de 
(plur.  stantun,  -en,  -in)  alveus  statarius,  orca,  cadus, 
ciipeUa.  Graff6,697/.;  mhd.  stände  Lexer  handicb.  2,1136; 
mnd.  ScHiLLER-LüBBEN  4,362»;  OMCA  entstellt  zu  stange, 
vgl.  das.  in  glossen:  angaria  .  .  .  stanga,  stanta,  -e.  Diep. 
gloss.  34«;  biota  (auch  bigota,  dyota  u.  s.  w.,  vas  protensum 
in  altum)  zwi6rigs  vÄsslin  hd.  nd.  stände,  sthande,  hd. 
stand ,  stanne ,  .  .  .  stantt  vel  potig.  74"= ;  stände ,  stand. 
nov.  gloss.  53'' ;  cubeUa  . . .  stände,  -te,  stände  vat,  schände, 
kübel.  gloss.  160'';  ctipa  . . .  weinstande,  putt,  standte.  163»; 
cttpella  u.  8.  w.  stanta  (ahd.).  ebenda  (nov.  gloss.  124»)  ; 
dyota  . . .  hd.  win-,  weinstande,  -stantner,  stände  zu  wine 
o.  zu  biere  mit  zweien  oren.  183»;  orca  . . .  standen.  399"; 
sisireol  stanta  (ahd.).  538«;  statuarium  .  .  .  schanck  o. 
standt  (?).  550"=;  vigeta  stände,  stand.  618«;  s.  auch  Dief.- 
WÜLCKER  862.  Hoffmann  fundgruben  l,  392».  Heyne 
hausaltert.  2,  361,  anm.  128.  Brinckmeier  gloss.  diplom. 
2,  ."i/S";  biota  est  vas  protensum  in  altum  ein  stände.  Dief. 
mUU.hd.böhm.  wb.  (v.  1470)  51».  »o  attch  nl.  stände,  labrum. 
alveiui  stattiaritts,  orca,  cadus.  Kilian  2,629'*,  vgl.  die  anm. 
mittelengl.  stände  Stratmann-Bradley  573".  —  nhd. 
stände  oder  büfte,  labrum  solium.  grosse  stand,  cuppa. 
Dasypouius  ;  standen  (die)  wasserstanden,  alveus,  labrum. 
orca  stataria.  cuppa.  Maaler  384'';  standt,  /.  bütte,  une 
truelle,  ange.  Hui.sius  (1616)  306»;  stände,  /.  ctipa,  truelle. 
zuber,  labrum,  butte.  Schottel  1421  ;  stände  .  .  .  mastello, 
tinello,  massime  piü  largo  di  sotto  che  di  sopra  ä  diversi 
xtai.    V.  schaiT.  kübel.    Kramer  dic^  2, 906«;    stände  (die. 


735 


STANDE 


STANDE 


736 


plur.  standen)  cupa,  vas  aqtiarinm,  qttod  uno  loco  per 
munet.  aqtialis.  Stkinbach  2,671;  stände,/,  ein  hölzern 
pefäsz  das  der  böttcher  von  allcrley  grosse  verfertigt. 
Frisch  2,  318'.  —  heule  in  mundarten  weit  verbreitet: 
Schweiz,  stände  Hunziker  250,  in  Davoa  standa  {'ein 
groszer,  von  hand  nicht  tragbarer,  kilbeV).  BOhler  1,  IS."!, 
in  Basel  {'faszähnl.  sttllgefiisz  aus  dauhen,  ohne  füsze'). 
Seiler  277»;  bair.  a  standen  Klein  2, 168,  stantn  (slannc) 
ScHM.*  2,  768,  steir.  stantc  llNnEii-KiiULL  .569»;  hess.  stände 
{spr.  stanne)  'fasz  in  form  eines  abgekürzten  kegeh,  in  den 
kücheti  tiiui  in  kellern  gebräuchlich,  um  ^casser  oder  hier 
darin  aufzubewahren'.  ViLMAi«  "D.'j,  s.  auch  Pfistkr  283. 
CRECELIIS8M  (stann,  siän,  schdÄne  'gefilsz  aus  daiiben, 
das  unten  weiter  als  oben,  mit  zwei  ohren  und  einem  decket 
versehen  ist  und  dazu  dient,  in  küche  und  keller  xoasser, 
mehl,  käse  u.  dgl.  aufztibewahren');  nass.  stann  Kehr  ein 
1,388;  ripuar.  stänt,  stang  Mönch  §  117,  so  in  Köln  und 
Aachen  stang  HöNir.'^i73».  Müller-Weitz  233;  thür.  mit 
Umlaut  stände,  nordth.  sd6ne  Hertel  sprachsch.  233, 
stänne  Kleemann  22»;  oberlausitz.  stände  {gewöhnlich 
Ständer)  Anton  13,  6,  ebenso  schles.  Wein  hold  93»,  in 
Posen  stände  Bernd  292,  preitsz.  Frischbier  2,  36l'>. 
nd.  stände  Richey  287.  brem.  wb.  i,  999/.  {gewöhnlich  stangc 
gesprochen).  Schütze  4, 187,  stand(e)  Baueu-Collitz  98'', 
stanne  Strodtmann  380''.  Schamuagh  208».  Woeste253»; 
stanne  «wd  stände  in  Lippe.  Frommann  6,485. 

2)  bedeutung:  'ein  hölzernes  gefäsz  aus  böttcherarbeit, 
leelches  gemeiniglich  drey  hohe  aus  verlängerten  dauben 
bestehende  füsze  hat,  und  unten  etwas  rceiter  ist,  als  oben'. 
Adelung,  ebenso  Jacobsson  4,254»,  s.  avxih  Campe  und 
die  erklärungen  unter  \.  —  belege:  item  torggel,  standen 
und  dergleichen  so  alles  fahrend  ist.  iveisth.  l,  291  {Wagen- 
hausen im  Thurgau  1491);  wat  rechtes  se  hedden  in 
Tudorper  holtmarke?  schufelen  to  eren  mollen  und  bre- 
dere  to  eren  standen  und  bodden.  3, 92  {uvstfäZ.  holting 
17.1482);  thom  fruwen  gerade  gehörig:  ...  sind  dar  twey 
standen,  höret  eine  dartho,  wo  averst  kein  tapholl  {zapf- 
loch)  vorhanden,  so  gehöret  ein  töver  dartho,  dar  ein  holt 
in  is.  235,  21  {gericht  zur  Wiszeiimühle  an  d.  Aller  1570) ; 
als  wann  du  zwo  tugen  {dauben)  in  einer  standen  oder 
bütten  wider  eben  richten  woltest,  die  gelassen  haben, 
eine  hinausz  die  andere  hineinwerts.  Würtz  loundartzn. 
224.  —  vgl.  auch  standbütte,    gelte. 

8)  die  stände  dient  zu  mannigfacliem  gebrauche  {tcas 
jedenfalls  auch  Verschiedenheiten  der  form  bedingt)  und 
urird  danach  gewöhnlich  durch  Zusammensetzung  näher 
bestimmt. 

c)  zur  aufbeioahrungvonwasser,  vgl.  Wasserstande. 
Adelung,  besonders  in  küchen,  um  einen  vorrat  frischen 
teassera  aufzubewahren;  so  in  den  ostmitteld.  idiotiken  an- 
gegeben, a.  Hertel  spraclisch.  233.  Kleemann  22».  Anton 
18,6.  Weinhold  93».  Bernd  292.  hess.  bornstanne 
ViLMAR  395;  auch  in  Köln  und  Aachen  stang  wasserzuber 
Honig' 178».  MOller-Weitz  233.  eis.  schon  im  i&.  jahrh. 
bezeugt :  {der  klingler  soll  die  küche)  versorgen  mit  holtze 
und  mit  wasser  in  die  standen,  quelle  bei  Ch.  Schmidt 
hiüt.  wb.  887». 

b)  zum  vjoaehen:  butte,  darinnen  man  wäscht,  stand, 
zuber,  kUbel,  badgcschirr,  labrum,  veu  ad  lavandum 
aptum.  Hrnisch  672,41.  ao  wol  auch,  icenn  im  Zürcher 
tageblatt  angezeigt  unrd:  zu  verkaufen:  ein  altes  wasch- 
schiff,  verschiedene  gröszere  und  kleinere  standen,  ein 
waschtrog  mit  8  abtheiinngen  und  anderes  mehr.  a.  axieh 
waBchstandc. 

e)  tum  baden,  vgl.  badstande,  iheü  1,1075:  labrum, 
badstanden:  zuber,  standen;  wa«sergc«cliirr,  Dentzi.er 
i,878*>,  badestande  Adelung,  dasselbigo  wasser  soltu  in 
einem  kessel  . . .  sieden,  ...  so  giesz  es  in  die  standen, 
darinn  der  krancke  bedacht  ist  zu  baden.  Thurnrishkh 
wm  tcaaaern  106; 

•r  nam  «in  actis,  cab  Im  (dem  Umdwogl)  ein  schlaf, 
und  f 'sCgnot  im  das  wasssrbad, 
dss  ST  (räd  tod  bleib  in  der  standen. 

RUFP  EU»  EetM  6,  V.  8444. 

ftMn  taufen:  und  darzA  liesz  ich  ouch  machen  einen  touf 
stein,  wann  ouch  zft  den  Bclbcn  zitcn  der  touf  in  einer 
holzinen  standen  oder  kUbel  was.  Stretlinger  chronik  88,  sa 
BäcMold. 


d)  zum  keltern  des  weins:  stände  in  der  trotten,  labntm. 
Dasypodius;  die  trauben  werden  gewöhnlich  in  rück- 
bottichen  in  den  Weinbergen  selbst  gestoszen  oder  in 
standen,  sodann  in  fässer  geschüttet  und  zur  kelter  oder 
trotte  geführt,  wo  die  masse  gewöhnlich  eine  zeit  lang 
in  groszen  zübern  oder  buttcn  stehen  bleibt.  Oken  3, 1868. 
vgl.:  stand,  grosse  weinkuffe,  masfello,  tina,  tinazzo,  vaso 
grande  di  legno,  per  il  ntiovo  vino.  Hulsius  (1618)  237''. 

e)  in  küche  und  keller  gefü.ize  zur  aufbewahrung  von 
allerlei  speisevorräten  u.  ähnl.:  milchstande,  nd.  melck- 
stande  Richey  287.  brem.  wb.  4,  looo.  Schütze  4,187.  — 
sahn -stände,  worein  man  die  milch  thut  dasz  sie  ihre 
feltigkeit  oben  aufsetze.  Frisch  2,  318».  vgl.  nd.  room- 
stande.  Schütze  4, 187.  —  butterstande,  s.  theil  2,586, 
nd.  botterstande  Richey  287.  brem.  wb.  *,  1000.  Schütze 
4,187;  butterstande,  schmaltz-stande,  mastello,  tinello 
da  tenervi  il  butiro  ö  fresco  6  sfrutto  {smalzo).  Kram  ER 
dict.  2,  906".  {vgl.  unter  f.)  —  he.<>s.  käsestande,  käse- 
stann  Kehrein  l,  388,  köseshtanne  Pfister  283.  —  mehl- 
stande,  nd.  meelstande  Schütze  4,187.  —  für  pökd- 
fleisch:  fleisch-  ö  peckelfleisch-stande,  mastello 
grande  da  tener  le  carni  salate  ö  i  salumi.  Kram  er  dict. 
2,900";  nd.  fleesch-stande  Richey  287.  brem.  wb.  4,1000. 
Schütze  4,187.  —  besonders  häufig  sauerkrautstande, 
».  <ÄeiZ  8, 1872,  auch  einfach  kraut-  ö  sauerkrautstande, 
mustello,  mastellone  da  tener'  i  cauoli  capucci  conditi  6 
conciati.  Kramer  dict.  2,907»;  Schweiz,  chrütstanda  Bühler 
Davos  1,155,  in  Basel  surchruttstande  Seiler  277»;  westfäl. 
sültemaus-stanne  Woeste  253».  im  klostcr  {St.  Blasien) 
braucht  man  alle  jähre  sechszehn  hohe  hölzerne  gcfässe, 
die  man  standen  nennt,  voll  Sauerkraut.  H.  Sander  reisen 
2  (1784),  345  {Alem.  IG,  67).  —  hess.  trinken  stanne,  'der- 
gleichen fasz  im  kellet;  in  welchem  das  ohnehin  nicht  luilt- 
bare  dütmbier,  covent,  in  Hessen  trinken,  welrliea  niemals 
in  fässer  gefüllt  wird,  sich  befindet'.  Vilmar  395. 

/)  die  stände  dient  auch  zur  lagcning  und  zum  trana 
port  von  solchen  xcaren  im  geschäftsieben  u.  ähnl.  und 
nähert  sich  dabei,  indem  eine  bestimmte  consfante  grösze 
vorausgesetzt  wird,  der  bedeutung  eines  maszes.  so  schon 
im  15.  jähr h.  bei  lieferungen  von  butter  und  schmalz:  jtem 
2  standen  (pottern)  den  jungffrawen.  probsteirechnung  des 
jung frauencl osters  in  Arnstadt  v.lM^;  jtem  l  stand  (smalcz) 
von  der  forder  rechnung.  jtem  4  standen  20  firtcl  hure 
{heiler f)  gemacht. eftejirfa ,•  {unter dem  tifel:  innomc  poltern:) 
7  standenn  usz  dem  vihehoffe  der  prohestie  difz  jhar  ent- 
pfangen.  6  standenn  jn  der  wuchclichcn  kuchen  ditz  jhar 
verspeist,  desgl.  r.  1495.  — fässer  mit  fiüssigkeiten :  essig- 
sprit,  4  standen,  ca.  ii  fusz  hoch,  l  jähr  alt,  sind  wegen 
aufgäbe  des  geschäftes  zu  verkaufen,  anz.  im  Franl^f. 
joum.  V.  30.  oct.  1873,  hauptbl.  a.  4*'. 

g)  8.  ferner  spülstande,  oben  ap.  889  und  Adeluno. 
Jacobsson  4,254».  dazu:  mee  für  ein  kupfTeren  spul- 
stanntten,  wigt  s  ü  kibS).  Tucher  haushaltb.  a.  69  Loost 
{vgl.  unten  4,  o).  ferner  scheuerstande,  theil  8,2628: 
spülstande,  feg-,  scheuerstande,  mastello,  it.  conca,  lavello 
da  lavar'  i  piatti,  da  f regare,  acxirare,  rimrare  le  atoviglie. 
Kramer  dict.  2,90f7\ 

4)  ericeiterungeti  der  bedeutung. 

a)  stände  bezeichnet  zunächst  ein  hölzernea  gtfäa»,  wird 
aber  gelegentlich  auch  von  ähnlichen  gefäszen  atta  metall    t 
gesagt:  item  v  czynen  {zinnerne)  standen.  El.sen  von  HoUt' 
husen  inventar  v.  1410  {im  Fran^f.  arcJiiv).  a.  auch  kuplTcren 
spulstanntton  unter  Z,g. 

b)  hie  und  da  wird  auch  ein  kleineres  geachirr  mit 
Stande  bezeichnet,  ao  steir.  'ein  grostea  trinkgefäaz  aus  holz 
oder  zinn  tum  atehen'.  UN(iER  Kiiri.L  ww». 

c)  in  ScJiweiier  mundarten  bezeichnet  man  ao  hildlirh 
eine  'unförmlich  dicke  und  achicerfällige  iceibaperaon',  ao 
in  Davoa  Bühler  l,  156,  »n  Basel  Seiler  «77». 

STÄNDE,  /.    1)  thür.  für  stände,  s.  daa.  (l). 

2)  An  Wkckiikri.in  ala  Übersetzung  tH>n  stanze,  Vfß. 
das.:  und  dan  die  übrige  {grdichtr)  (darundcr  meine  in 
vllen  sonncten  oder  klinpKCKilngcn  und  ständen  be- 
schriebene buhischalTl  (Myrta)  mich  noch  verliebet  und 
belrücbet)  in  de«  TouincliliniclH  fewcr  und  «sehen  go- 
rahten.  xceltl.  ged.  rorr.  <•;  über  den  frühen  tod  der  jung- 
frnwen  K.  T.  etc.  stände,  s.  km  (ufirrsrhr.);  »bor  meiner 
Myrten  tod.    doppeller  sechster,  oder  stände.  641  {dejtgl.); 


737    STÄNDEABTHEILUNG— STÄNDEL 


STANDELE  -  STANDELRECHT 


738 


I  6.7C 


sechster,  oder,  stände.  644.  vgl.  Wackernägel  gesch.  der 
d.  litt.  2,  205,  anm.  8. 

3)  stände  'wird  der  rattm  genannt  in  dem  erzhause  hey 
den  schmehhiitten ,  dahin  man  jede  post  erz,  welche  der 
Schichtmeister  liefert,  stürzen  läszt'.  Jacobsson  7,  427». 

STÄ^'DEABTHEILUXG,/.  abtheilung  der  stände  (s.  stand  8 
und  9,  ä) ,  vgl.  auch  standesabtheilung :  nach  allem  bis- 
herigen bedarf  es  keiner  ausführung,  wie  unpassend  .  . . 
manche  gewöhnliche  ständeabtheilungen  sind,  so  ist  es 
denn  auch  die  halbpoetische,  halb  dem  mittelalter  ent- 
lehnte in  wehr-,  lehr-  und  nährstand,  wer  ist  heute  noch 
unser  wehrstand?  . .  .  und  wer  ist  der  lehrstand?  doch 
nicht  mehr  allein  die  geistlichkeit  ?  will  man  indesz 
darunter  den  stand  der  studirten  .  .  .  verstehen  und  unter 
dem  nährstande  den  stand  der  nichtstudirten ,  so  gilt 
davon  alles  obengesagte,  namentlich  aber  auch  die  völlige 
unzulässigkeit  kastenmäsziger  scheidung  oder  eine[r]  be- 
gründung  der  abtheilung  der  land-  und  reichsstandschaft 
nach  dieser  .  .  .  standesabtheilung.  (Rotteck-)Welcker 
.sfaatslex.^  13, '}2i;  s.  femer  unter  Ständeverhältnis. 

STÄNDEAÜSSCHUSZ ,  m.  (zu  stand  9,  b) :  die  stände- 
ausschüsse  sind  entlassen  und  heimgeschickt,  Varnhagen 
fageh.  2, 117  (l3.  nov.  1842). 

STANDEBEXI,  adv..  u.  ähnl.    s.  stantepede. 

STÄNDEBILDÜNG,  /. .-  so  falsch  es  ist,  dasz  sich  alles 
nivellire,  und  der  Ständebildung  der  industriellen  gesell- 
schaft  typische  schärfe  abgehe,  so  falsch  ist  es,  dasz  sie 
kastenhaft  sich  zerklüfte.  Bluntschli-Brater  d.staatstcb. 
3, 481 ;  die  behauptung  kastenmäsziger  ständebildnng  in 
folge  des  fabrikwesens.  ebenda. 

STÄNDEEIFERSUCHT ,  /. .-  wir  würden  den  späteren 
rangstreit  und  die  Ständeeifersucht  zwischen  clerus  und 
ritterschaft  nicht  antreffen.  Gervinus  nat.-lit.^  l,  91. 

STÄNDEHADER,  m. .-  seit  die  Römer,  nachdem  sie  die 
furchtbare  Keltennoth  überwunden,  und  im  innem  die 
hauptanlässe  zum  ständehader  weggeräumt  haben,  mit 
den  kraftvollen  samnitischen  Völkern  in  krieg  gerathen. 
Becker  iceltgesch.^  3,  2. 

STÄNDEHAUS,  n.  haus  für  die  Versammlungen  der 
stände  (9,  b),  z.  b.  in  Cassd. 

STANDEIGEN,  n.,  vgl.  standerbeigen:  legende  gründe 
und  stanteigen.  Chemnitzer  urk.  v.  1458,  *.  Bech,  Qerm. 
27,  181 ;  so  ist  yn  unser  mutter  gewere  keyn  stanteigen 
unde  legender  gründe  ader  ander  varende  habe  czu  erbe 
gehörende  vorstorben.  Zeitzer  copialb.  s.  ebenda. 

STÄNDEKAMMER,  /.  gesamtheit,  Versammlung  der 
stände  9,  b.  ein  nach  ständen  gegliedertes  parlament:  der 
herausgeber  des  literaturblattes  kommt  eben  aus  der 
Ständekammer,  worin  er  . . .  redete,  bei  der  berathung  der 
kammer  über  das  moststeuergesetz.  Immermann  MüncJth. 
1,45  (1,15);  nächstens  geht  es  an  die  neugestaltung  der 
ersten  kammer,  die  eine  art  pairs-  und  stände-  und  re- 
gierungskammer  werden  soll.  Varnhagen  tageb.  8,  351. 
noch  jetzt  gelegentlich  in  der  presse  als  bezeichnung  der 
ersten  kammer. 

STÄNDEKAMPF,  m.  kämpf  in  oder  mit  den  ständen  (9, 6): 
die  minister  scheinen  unsicher  und  ängstlich,  wie  sie 
sich  in  betreff  des  eben  erlebten  Ständekampfes  zu  ver- 
halten . .  .  haben.  Varnhagen  tageb.  4,  iis. 

STANDEKRAM,  m.,  verächtlich  für  ständewesen:  uns 
ist  euer  ständekram,  die  jetzigen  kammem,  absolutis- 
mus  . . .  ein  und  derselbe  quarkl  Varnhagen  tageb.  8,  80. 

STANDEKRAUT,  n.  in  der  Sehiceiz,  mangold  oder  weisM- 
kraut  in  einer  stände  eingemacht.  Stalder  2,  391. 

STÄNDEL,  m.  n.  stehender  gegenständ  {nxir  in  speciellen 
bedettfungen),  t-^i.  Ständer,  gern  stendel  geschrieben,  s.  das. 
die  nachtrage,  ahd.  stendel  {tischgerät),  tomuneulum  Graff 
6,700;  mhd.  stendel  Lexer  2, 1175/. 

l)  in  der  altem  spräche  gleichbedeutend  mit  stände,  vgl. 
,  wol  als  deminutiv  zu  fassen .-  biota,  dyota  .  .  .  stendel. 

lEF.  gloss.  74«.  183»  (foc.  V.  14€2);   18  d.  umb  ein  stendel 

it  schlehenkumpost.  Mone  zeitsehr.  16,  261  ('preise  des 
hausraths  zu  Landau  um  1401 — 10') ;  5  /?  2  d.  umb  kar 
und  umb  schnssel,  umb  i  stendel.  ebenda;  fragend,  ob  sie 
ewern  lündischen  rock  . . .  nit  in  das  stendel  mit  wasser, 
das  vor  der  thüren  stadt,  getruckt  hab!  Fnzy  gartenges. 
108,21  Bolte  (eap.  92,  dafür  z.  29:  das  bütly  mit  wasser); 
Btändel  voll  senff  von  Obern&henhaim.  Garg.  s.  77  neudr.; 
X.  a. 


es  were  auch  nicht  bösz,  das  man  das  öle  wann  es  eyne 
Zeitlang  inn  ständein  oder  fässem  gestanden  hat,  inn 
andere  gefäsz  üesz  schütten.  ...  die  neue  ölständel 
und  fässer  soll  man  allezeit  fleissig  und  wol  pichen. 
Sebiz  feldb.  (1579)  386; 

ein  knmpost  stendel  nnd  glfit  pfannen. 

huezral  {Straszb.  um  1514)  c  4». 

2)  später  als  pflanzenname,  vgl.  das  gewöhnlichere  s\äXLdiG\- 
wurz,  -kraut;  in  diesem  sinne  masc.  ständel  ö  stendel,  m. 
herba  detta  satirione.  Kramer  dict.  2,931"=;  ständel,  m.  ein 
kraut  das  etwan  spann-hoch  wächst ,  und  wegen  seines 
steifFen  stängels  also  heiszt,  erecto  membro  virili  similis, 
in  cujus  radice  bulbi  sunt  testicvlorum  forma,  graee. 
orchis.  Frisch  2,318»; 

als  du,  den  hut  za  kränzen,  die  lichtroth  gifihende  peckneUc', 

und  den  violigen  stendel  mir  brachst,  and  gelblicnen  bocks- 

bart.    Voss  2,  302  (id.  17,  62,  *.  385  mit  orchis  erklärC). 

3)  vereinzelt  für  Ständer  (s.  das.  3):  sttstentaculum  .  .  . 
stendel.  Dief.  gloss.  569«  (voc.  v.  1420);  (menium)  pfiler, 
standal.  riov.  gloss.  357^  (voe.  v.  1466). 

4)  in  neuem  mundarten  als  deminutiv  zu  stand  in  ver- 
schiedenem sintie,  vgl.  ständlein. 

a)  im  sinne  von  Ständchen,  vgl.  das. ,  so  steir.  stände! 
und  standerl,  n.  ünger-Khull  569»,  in  Handsehuhsheim 
stentl.  Lenz  67"».    s.  noch  ständerling. 

b)  altaugsburg.  stendel,  m.  (?)  schieszstand :  ain  jeder 
wurde  3  schusz  an  3  stendel  nach  einander  tun.  erlasz 
V.  1541  bei  Birlinger  410^ 

c)  kleine  krambude  (s.  stand  4,  d),  nach  Klein  2, 167  in 
Österreich,  Pfalz,  Elsasz;  besonders  in  Straszburg  'kleine 
hölzerne  bude,  s.  das  glossar  zu  Arnold  pfingstmontag ; 
ebenso  österr.  schdandl,  n.  Castelli  233.   vgl.  ständelweib. 

d)  in  Davos  ständäl,  »i.  'lauf stuhl  auf  rädchen  für  kleine 
kinder'.  Bühler  1,154,  2,55.    vgl.  stand  11,  e. 

5)  bair.  ständel  für  fusz  oder  bein,  vgl.  stand  11,  d  und 
Ständer  5, a.  6.  standl, pl.  füsze  beim  vogelicild.  Schm.*2,768. 
in  volksthümlicher  rede  attch  von  den  beinen  des  mensehet^  .- 
ja,  im  köpf  hätt'  er's  noch,  der  alte  Winhard,  hinhalten 
(zielenf)  kann  er  auch  noch  richtig,  aber  die  stand'ln 
lassen  halt  aus  und  wollen  den  alten  kerl  nimmer  tragen  I 
Th.  Messerer  der  Schlagring,  in  didask.  v.  22.  märz  1873 
{der  sprechende  ist  in  Baiern  nahe  der  Urol.  grenze). 

STANTDELE,  /.,  s.  standdiele. 

STÄNDELEHRE,  /..■  ganz  etwas  anderes  als  die  süd- 
deutschen kammem  sollte  Preuszens  künftiger  reichstag 
werden,  nicht  eine  Volksrepräsentation,  sondern  eine  Ver- 
sammlung von  ständen.  .  .  .  ganz  und  gar  war  der  könig  er- 
füllt von  jener  alten  Gentzischen  ständelehre.  Treitsghke 
d.  gesch.  5,  37. 

STÄjVDELING,  m..  s.  ständerling  l  zu  ende. 
STÄNDELKRAÜT,  n.  orchis.  knaben,  hodenkraut,  vgl. 
ständelwurz  und  ständel  2:  satiiion  knabenkraut  oder 
stendel  kraut,  herbar.  (Augsb.  1485)  cap.  355;  stÄndelkraut 
(das)  orchis.  M aaler  383«;  orcÄi*  stendelkraut ;  ragwurtz; 
unser  frawen  träher.  Dief.  gloss.  399«  (lex.  triling.  v.  1590); 
nZ.  standel-kruyd,  eynos  orchis.  Kilian  2, 629'»,  vgl.  Franck 
955.    in  folgender  stelle  tcol  obscön : 

wers  glück  hat,  mag  die  braut  heimführen, 

verführen  aber  nicht, 

wiewohl  es  oft  geschieht, 

da  dann  musz  lassen  sich  vexiren 

der  albre  brSutigara, 

der  gute  hahnenkam. 

drum  führ  ein  jeder  seine  braut 

fein  selbst  heim,  geb  ihr  ständelkraut, 

wenn  sie  ihm  erst  ist  angetraut. 

rockenpha^  (1759),  s.  410  (8,  eap.  44). 

STÄNDELN,  verb..  nicht  sehr  verbreitete  ioeiterbildung 
zu  standen  =  stehen:  geständelt  (verbtim  derivatum,  ut 
gang,  gängeln,  hinc  stand,  st&ndeln,  Silesii  dicunt  stängeln, 
mutata  litera  d  in  g)  praes.  ich  ständele,  stare  facto, 
erigo.  Stein bach  2,671.  in  diesem  sinne  sonst  nicht  be- 
kannt, in  neuem  mundarten  mit  mehr  oder  weniger  de 
minutivem  Charakter:  schweit.  St&ndele  als  demin.  zu 
stände  =  stö  in  der  kinderspracJie  Hunziker  255,  in  Basel- 
stadt als  kosetrort  Seiler  277»;  Itess.  ständein  (shtenneln) 
'schwatzend  stehen  bleiben  beim  abschiede  oder  auf  einem 
Spaziergange' .  in  der  gegend  von  Qieszen.  Pfister  2.  erg.- 
heft  3«. 

STAJJDELRECHT.  b..  s.  standrecht  2. 

47 


739         STÄNDELWEIB  — STÄNDELWURZ 


STÄNDRMITGLIED  —  STÄNDER 


740 


STÄNDELWEIB,  n.  Verkäuferin  in  eitler  kleinen  bude, 
s.  ständel  3,  c,  hökerin,  markhceib:  die  elterlichen  grosz- 
avanturhändler  kann  niemand  mit  jenen  trödlerinnen 
und  ständel-  oder  fratschlerweibern  vermengen,  deren 
transitohandel  man  nicht  gern  nennt.  J.Paul22  (rt^2),i73 
(vgl.  s.  172:  über  den  grünen  markt  mit  töchtern,  überachr.). 
besonders  in  österr.  mundarten:  schdandlwaib  Castei.li 
233,  standlweib  hökei-in  Hügel  155*,  steir.  'frau,  die  eine 
Verkaufsbude  auf  dem  markte  hat,  Verkäuferin  auf  dern 
markte'.  Unoer -Kh ULI-  569*.  im  Elsasz  ständelsweiber. 
Klein  2, 167. 

STÄNDELWURZ,/.,  bezeichnung  der  pflanze  orchis,  bezto. 
einzelner  arten  demselben,  so  genannt,  weil  sie  nach  dem 
volksglattben  die  zeugungskraft  reizt  oder  stärkt,  s.  Höfler 
krankheitsnamenb.  672'',  vgl.  die  nachtrage  unter  stendel- 
wurz  soicie  ständel  2,  -kraut,  standwurz.  altnd.  (?)  standel- 
wort,  satyrion  Graff  6,700;  mnd.  standelwort,  satireon, 
und  stendelwort,  leporinum,  satirion.  Schiller  LObren 
4,362».  387»;  mhd.  stendel-,  standelwurz  s.  Lexer  handub. 
2,  1176.  ScHM.^  2,  7r>8:  leporina  . . .  standelworcz,  -burcz, 
■wort,  scandelwort.  Dief.  gloss. 324";  Priapismus.. .  stendel- 
wort. 459»;  satyrion...  ständel,  hd.  standil-,  stendel-, 
sendel-  vel  stend-wurtz ,  -wortz ,  nd.  -wort.  513" ;  pfaffen- 
hode ,  stendel  wrcz  . . .  sathiron  s[t]andel-,  ragelworcz. 
nov.  gloss.  327'';  stanita  ständel  worcz.  gloss.  550'>;  stapistus 
ständel,  stendel  wurtz.  550";  satirion  stendelwurtz.  voc. 
opt.  53''  Wackernagel  (43, 199);  standelwurcz,  stendel  worcz 
attinat,  dendar.  lib.  syn.  Dom.  1100  (?)  s.  Dief.-Wülcker  862. 
Pritzel-Jessen  254  giebt  unter  orchideae,  orchis  aus  dem 
im  15.  jahrh.  allgemein  verbreiteten  Synonyma  apothecario- 
ru7n  mhd.  stendelworz,  stendwurz,  mnd.  standelwort  an.  — 
nhd.:  stendel-wurtz,  idem  (ac  ständel)  Kramer  dict.  2,931"; 
in  latinischer  zunge  testiculus  vulpis  oder  satirion  oder 
leporina  und  von  den  Tütschen  stendelwurz,  un  sin  krut 
mit  der  blumen  crützblümen  genannt,  darumb  das  sin 
gewechs  die  blumen  in  der  crutzwoch  bringen  sint.  ist 
zwei  geschlechts  mennlichs  und  weiblichs.  des  menlins 
Wurzel  haben  ist  (hat)  zwei  wurzeln  an  einander  hangen 
wie  zwei  muscatnuss,  von  etlichen  Tütschen  mit  erlaub 
ragwurz  genannt,  das  wiblin  hat  zwo  wurzeln  uf  einander 
lig,  glich  zweien  henden,  von  den  latinischen  palma 
Christi  genannt  und  von  den  Tütschen  stendel  des  wiblins 
Wurzel,  oder  hendel  wurzel  genannt.  Hier. Braunschweig 
liber  de  arte  destillandi  (Straszb.  1500)  C;  stendelwurtz  von 
den  Kryechen  und  Latinischen  satyrion  genennt,  ausz 
der  ursach ,  das  es  die  mann  freydig  macht  unnd  wol- 
gerüst,  zu  dem  kampfT  den  der  herr  Adam  und  Hevam 
leret  do  sye  beyneinander  im  garten  waren,  darumb  cdich 
andere  jm  den  nammen  geben  ragwurtz,  und  knaben- 
kraut,  würt  umb  Franckfurt  und  Mentz  genennt  creütz- 
blöm.  Brunnpelsz  ÄreüferJ.  (1532)  88;  die  grösser  stendel 
wurtz  sollen  essen  die  mann,  so  geberen  sye  männlin, 
die  minder  die  weiblet,  so  geberen  sye  mägdlin.  39;  satirion 
stendelwurtz,  in  latein  satirion,  oder  testiculus  vulpis  . . . 
teut«ch  stendelwärtz,  oder  knabenkraut.  L.  Phriese  syno- 
ntwu»  (1586)  43'' ;  obgenante  gewechs  nent  man  bei  uns  alle- 
sampt  MArgen  drehen.  ...  die  geschickten  lamie  nennen 
sie  stendelwurtz,  knabenkraut,  unnd  creützblömcn,  unnd 
sind  solche  biAmen  unnd  wurtzcl  alle  sampt  imm  Theo- 
phrasto  mit  dem  naincn  orchis,  das  ist,  testiculus  be- 
zeychet.  Bock  kreütferb.  (1539)  2,  so'*;  aatyrium  trifolium  . . , 
Germanis  stendeluurtz.  Lkonii.  Fuchs  hist.  stirpium 
(Paris  1543)  286  B  (c.  270);  die  stendelwurtz  nennet  man 
auch  ragwurtz,  knabenkraut,  und  creutzblumen,  im  latein 
teatietUum.  Handsch  Matthioli  kreüterbuch  (1668)  867  D; 
der  stendelwurtz  sindl  vii  geschlecht,  an  blettern  und 
blumen  unterschieden.  868  B;  auch  in  der  litteratur  des 
\i,—\l.  jahrh.:  der  Parisischen  frawen  apotcckcrin  weisse 
beyn  bewegen  on  rag  unnd  Rlcndelwurtz  die  sinn,  wann 
•ie  auff  der  leyter  ein  bUchscn  langet.  Garg.  a.  114  neudr.; 
(o&w9n.)        j^  knabenkraut  und  •tlndelwurti. 

•prach  «ie,  mir  allzeit  wol  zuiichla|r«n. 

WRrKMBRLiN  820  Cfiniitn  bvhUchaßl) ; 

Plmpla  hat  du  Jungrern-rebcr :   rege-krant  und  itendel-wurtz 
kan  M  dimpfTm,  ist  zu  braueben  nicht  zu  ■parnam,  nicht  zu 
kurU.    LooAU  I,  84,  84. 

mit  unteraeheidendem  zuaata:  breit  atendel wurtz.  teatiadua 
latifoliua.  Taiirhnabmomt.  KVVaC;  gelb  stendelwurtz,  testi- 


culus muscarius.  1050  F;  rot  stendelwurtz,  satyrium  ery- 
thronium.  1041 F  (bei  Pritzel-Jessen  :  erythronium  dens 
cania);  orchis  II.  orchis  diphyllaßore  albo  .  .  .  creutzblum. 
weis  knabenkraut.  stendelwurtz  mit  weissen  blumen. 
ScHWENCKFELT  stirpium  catäl.  148». 

STÄNDEMITGLIED,«,  (zu  stand  9,  6):  die  Berliner 
frommen  sind  jetzt  etwas  gedemüthigt  durch  den  groszen 
Skandal,  welcher  in  Königsberg  in  einer  besonders  frommen 
secte,  worunter  die  vornehmsten  Ständemitglieder  zählen, 
ausgebrochen  ...  ist.  Brentano  9,336;  die  ständemit- 
glieder  waren  gestern  dem  könige  vorgestellt  worden. 
Varn HAGEN  tageb.  4,64  (*.  ferner  3,  35.  4,  62  und  die  im 
reg.,  15,  328*  aufgeführten  stellen). 

STANDEN,  verb.,  s.  stehn. 

STÄNDEPLATZ,  m.,  name  eines  platzea,  an  dem  das 
ständehaus  liegt,  z.  b.  in  Cassel. 

STÄNDER,  m.  stehender  gegenständ,  altes  nomen  agentis 
zu  standen  =  stehn  oder  zu  stand,  vgl.  auch  ständner, 
ständel,  stände,  ahd.  stanter  gubellus  Graff  6,  698;  mhd. 
Stander,  stender  Lexer  handteb.  2, 1136;  mnd.  Stander  ujid 
stender  (iti  verschiedener  bedeufung ,  s.  u.J.  Schiller- 
Lübben  4,  362».  387».  auch  im  nhd.  noch  häufig  ohne  um- 
laut,  in  den  andern  germ.  sprachen  erst  in  neuerer  zeit 
bekannt:  nl.  Stander,  vgl.  Franck955;  engl.  Stander;  ebenso 
dän.;  schwed.  standare.  vgl.  Weigand  2,  79.=)/.  Kluge'  375''. 
—  in  lebetiden  mundarten  allgemein  verbreitet:  bair.  Ständer 
Schm.2  2,768;  tirol.  Ständer  Schöpf  699.  Hintner  231 
(in  Lusern  stondar  in  abtceichender  bedeutung  Bacher  395), 
steir.  stanter  und  Ständer  (in  verschiedenem  sinne)  Unger- 
KiiULL  569»,  kämt,  stäntar  Lexer  241;  in  Handschulis- 
heim  stenB  Lenz  67'',  unterfränk.  stanner  Ruckert  175, 
in  Würzburg  Ständer  Sartorius  118,  vgl-  Reinwald 
2,  161,  pfälz.  stänner  Autenrieth  136,  luxemb.  stfenner 
Gangler  432,  rhein.hess.  Ständer,  stänner  (schdenner), 
duneben  in  der  schiffersprache  Stander  Kehrein  l,  387. 
Pfister  283.  Crecelius  804;  thür.  Ständer  (sdönder) 
Hertel  sprachsch.  233,  schtander  Liesenberg  203;  in 
Leipzig  Albrecht  215'',  schles.  Weinhold  93»,  prettst. 
Frischbier  2,361'';  nd.  Ständer,  stender  brem.  wb.  i,9d3, 
ostfries.  ebenso  (und  in  anderer  bedeutung  Stander,  stanner) 
StÜRENBURO  259*'  (261*).  TEN  DOORNKAAT  KOOLMAN  3,310» 

(300»),  gern  assimiliert  zu  stänner  Mi  86»,  a.  ferner  From- 
MAMN  6,  479  (Lippe),  nd.  korrespondenzbl.  2,  29  (Nordheim 
bei  Qöttingen).   11,38  (loeatf.);    icaldeck.  8täng(e)r  Baueu- 

COI.LITZ  98''. 

1)  als  eigentliches  nomen  agentis,  einer  der  steht,  ganz 
selten  als  gelegenheitsbildung.  der  dabei  steht:  da  disz  der 
Wirt  erhöret,  schrei  er  mit  lauter  stimm  und  sprach  zu 
den  stendern:  habt  ir  auch  je  gehört,  das  vögel  kinder 
hinweg  führen?  der  alten  iceisen  exempel  (Frankf.  1565)  ee*». 
vgl.  unten  standert  unrf  hoU.  engl.  Stander.  et>cas  üblicher 
in  Zusammensetzungen  wie  auf-,  ein-,  erb-,  still ,  vorständcr: 
Ständer  für  beständer,  s.  bestand,  (in  erbständer,  emphy- 
teuta.)  it.  vorständcr  für  vorstehen,  s.  vorstand,  (urk. 
V.  1439  u.  ö.)  Frisch  2,318''  (vgl.  318"  «nrf  319'');  (er)  nahm 
sein  spazierstöckchen  und  wandelte  steif  ein  wenig  vors 
thor,  wo  er  demütig  und  langweilig  herumstand  und 
langweilige  gespräche  führte  mit  andern  herum  Stän- 
dern, die  auch  nichts  besseres  zu  thun  wusr.ten.  Keller 
4,  818.  in  demselben  ainne  findet  sich  das  einfarhe  ständor 
in  neuern  mundarten,  ao  bair.  (?);  icestenc.  standert,  m. 
Schmidt  232.  Kehrein  1,387,  vgl.  sländerling  8,  e  und 
slUiuicrn  4.  —  'der  Ständer  hatte  Rüdiger  für  aristokrat 
vorgeschlagen;  Campe  aber  erinnert  richtig,  das*  es  tu  un- 
endlich vielen  mistveratändnissen  geleyenheit  gehen  mirde.' 
Hkynatz  Antibarb.  8,  441.  (wol  au  stand  8,  k;  aonat  nicht 
brachtet.) 

2)  im  deutsehen  iat  Stander,  in  der  altern  spräche  durch- 
weg ohne  Umlaut,  am  frühesten  ala  nebrnform  zu  stände 
bezeugt,  vgl.  das.  und  stUndner. 

a)  ahd.  stanter  guMlus  (iKAFFe,  A(W  (gloss.  S<ilomonis, 
handschr.  v.  1175).  i///.  Weigand  2.796,  indessen  lieat  Svv.W' 
MF.YKit  ahfl.  gl.  4,70,8:  Rtnntc;  mnd.  stander  Scnii.l.Kii- 
LOluiEN  4.862»;  eubella  8tan<ier  DiKF.  glosa.  160''  («in  voc. 
V.  1440  und  ein  nd.);  biota  .  .  .  «luntKr  (hd.).  nov.  gloaa.  68*. 
im  nhd.  mit  umlaut:  Ständer  (der)  idetn  (ac  stände,  als  land- 
achaftUrh  beseirhnet).  STKlNnA<;ii  2,671;  Ständer,  labrum, 
ist  SU  viel  als  bcy  andern  stände.  Frisch  8,318*';  a.  ferner 


r4i 


STANDER 


STANDER 


742 


Adelung  (2).  Krünitz  169.  620.  vereinzelt  schon  im  16.  jh. 
belegt,  s.  b.  diese  bedetitujig  herrscht  jetzt  in  den  hd.  tnund- 
arten,  s.  Popowitsch  306  (im  Hohenloh.).  Schm.^  2,768 
{stellfasz).  Schöpf  699.  Hintner  231.  Unger-Khull  569» 
'in  diesem  sinne  stanter  tind  stantner).  Lenz  67*'.  Ruckert 
175.  Sartorius  118.  Reinwald  2,  I6I.  Autenrieth  136 
stehende  tonne).  Kehrein  1,387.  Crecelils  804.  Hertel 
sprachsch.  233.  Albrecht  215''.  Weinhold  93». 

b)  im  einzelnen  lassen  sich  folgende  vencendungen  er 
kennen. 

a)  groszes  stehendes  gefaaz,  bütte,  zur  aufbeuahrung  von 
wasser,  so  im  östlicheren  Mitteldeutschland,  s.  Sartorics, 
Reinwald  (Mittelfranken),  Creceliüs,  Hertel,  Al- 
brecht, Weinhold  a.  a.  0.  dazu:  wasserständer, 
aqualis,  siUinus.  Steinbach  2,  671.  Zincke  öcon.  lex.- 
2796.  3117.  so  schon  in  der  Breslauer  feuerordnung  vom 
j".  1630:  alsz  soll  denen,  so  bey  zustehender  fewerszgefahr 
einheimisch  . . .  seindt,  hiemit  in  ernst  . .  .  befohlen  sein, 
dasz  sie  alszbald  nach  erhörtem  glockenschlag ,  den 
wasserschlaiffen  . .  .  zueylen ,  dieselben  in  den  fürten, 
Ständern  und  röhrkästen  . . .  füllen  lassen,  und  dem  fewer 
unsäumlichen  zuführen  sollen,  s.  18. 

ß)  bütte,  tonne  für  icein,  vgl.  stände  2,  rf;  auch  lapten 
(leckten)  sie  (die  mause  in  eiiiem  keller)  den  wein  ausz  den 
Standern.  S.  Franck  »p>-ich%c.  I,l08^(lö4l);  (zum  keltern  des 

tceins.  :)  trinkt,  winzer,  eure  humpen  leer 

und  fallet  korb  und  Ständer. 

Seumk  ged.^  138  (zur  weinlege). 

y)  unirzb.  tonne  mm  aufbetcahren  von  Sauerkraut,  ge- 
salzenem fleisch  u.  s.  w.  kraut-,  fläschständer.  Sarto- 
ri us  118;  ebenso  henneb.  stönner  holzgefäsz  zum  einpökeln 
des  fleisches  und  zum  einmachen  des  Sauerkohls.  Fromm.\nn 
2.46.  vgl.  fleischständer,  theil  3,1762,  und  krautständer, 
fheil  5,  2124,  femer  butterständer,  theil  2,586.  rahmständer, 
theil  8,  69.  (jetzt  engl.  Stander  als  schiffsausdruck ,  gefäsz 
für  Salzfleisch,  s.  Stenzel  seemänn.  wb.  398»,  2.) 

S)  auf  metallene  gefäsze  angeicandt .-  baum-öl-ständer, 
ist  ein  von  verzinntem  blech,  oder  aber  gantz  von  zinne 
verfertigtes  tieffes  und  weites  viereckigtes  oder  rundes 
behältnisz  und  gefässe  mit  einem  deckel,  worinnen  eine 
haus-mutter  ihr  baum-öl  in  der  küche  oder  speise-kammer 
zu  erhalten  pfleget.  Zincke ö<;o7i.?€a;.*248;  nac/i  Adelung (2) 
dagegen  das  gefäsz  der  krämer,  icorin  sie  baumöl  zum  ver- 
kaufe stehen  haben. 

f)  'bey  den  papiermachem  ist  es  ein  fasz  mit  kaltem 
alaunwasser ,   worin   das  papier  alaunet  wird.'  Adelung. 

c)  hieran  schlieszt  sich  Ständer  für  einen  kleinen  fisch- 
teieh,  s.  auch  hälter,  theil  i,  2,  301 :  Ständer,  piscina  minor, 
worinnen  die  iische  zum  täglichen  gebraucfi  stehen,  den 
man  geschwind  ablassen  und  fischen  kan.  Frisch  2,318''. 
«.  femer  Adelung  (5).  Jacobsson  4,  254».  in  Leipzig 
'groszer,  viereckiger,  hölzerner fischbehälter'.  Albrecht  215*. 

3)  geicöhnlich  bezeichnet  Ständer  jetzt  einen  länglichen, 
aufrecht  stehenden  gegenständ,  in  der  regel  von  holz,  zu- 
meist als  bautheil  oder  theil  von  Werkzeugen  und  maschinen: 
Ständer,  Stander,  m.  . . .  albero  gründe  e  grosso  da  sosten- 
tare  una  grave  mola.  Kramer  dict.  2,907»;  Ständer,  etwas 
aufgerichtetes,  als  eine  säule,  ein  eck-stein  u.  d.  g.  Frisch 
;,  318'';  'im  gemeinen  leben  ein  aufrecht  stehendes  stück 
iiolz.'  Jacobsson  4,  254».  diese  bedeutung  geht  vom  nd. 
aus,  wo  sie  stets  für  die  umgelautete  form  stender  gilt, 
s.  Schili.er-LCbben  4,387».  in  der  nhd.  Schriftsprache 
Tscheint  sie  früh,  zuerst  bei  autoren  hessi.'^chei-  abkunfl 
1'..  Waldis,  H.  W  Kirchhoff).  mundartlich  herrscht  sie 
im  nd.  und  im  benachbarten  hess.  und  thür.  gebiete,  a.  u. 
gilt  auch  für  das  dän.  und  schiced.  wort. 

d)  Ständer  bezeichnet  zunächst  einen  aufrecht  stehenden 
Iken  im  bauwerk.  so  mnd.,  s.  oben,    die  glossen  erstrecken 

h   auch  über  das  hd.  gebiet:  postis  . . .  stemder.   Dief. 

.98.  449«;  stender,  post,  eyn  hold  edder  eyn  steyn.  nov. 

I».  299^  (nd.);  austentactilum  .  . .  hd.  nd.  stender,  stender- 
If.  glosa.Kd^;  niederfränkisch  ohne  umlaut :  post,  stijl, 
nder,  postis.  G.  v.  d.  Schueren  teuthonista  3a3»  Verdam 
evisch,  1477).  von  den  nhd.  xcörterbüchem  erst  spät  ge 
bucht,  vgl.  oben;  »pecieller:  Ständer,  poteau .  heiszt  bey 
hölzernen  häusern  und  wänden  ein  viereckichtes  7,  8  und 
mehr  zoll  dickes  holz ,  das  auf  den  schwellen  perpen- 
diculair  aufsteht,    und    oberwärta   in   blattstücken   oder 


balken  eingezapfet  ist.  . .  .  die  an  den  ecken  gebraucht 
werden,  heissen  eckständer,  poteatu:  corniers,  und 
müssen  stark  und  gesund  seyn.  die  mitten  in  der  wand 
zwischen  den  creuzbändern  stehen,  werden  zwischen- 
ständer,  poteaux  de  remplage,  und  die  thürpfosten, 
poteaux  de  portes  genennet.  Eggers  knegalex.  2, 970/.;  'ein 
aufrecht  stehendes  stück  bauholz  ist  in  vielen  fallen  unter 
dem  nahmen  des  Ständers  bekannt,  in  Nieder- Deutschland 
führet  ein  jedes  stück  gerade  stehendes  bauholz  in  einem 
gebäude  diesen  nahmen,  welches  in  Ober-Sachsen  eine  säule 
heisset'.  Adelung  (6).  s.  auch  Jacobsson  4,  254»  (8  mal). 
Lueger  7, 471  ('die  vertikalen  stäbe  von  fachwerkträgem^. 
Stenzel  seemänn.  tcb.  398''.  die  litteraturbdege  beginnen 
schon  im  16.  jahrh.  und  finden  sich  zumeist  bei  nord- 
deutschen autoren .-  die  Ständer  des  hölzernen  giebels  waren 
alle  (von  dem  blitz)  zersplittert.  Lichtenberg  7,  266 ;  ich 
entsprang  dem  wurf,  der  war  so  stark,  dasz  die  gabel  in 
einen  eichenen  Ständer  der  badestube  so  tief  zu  stecken 
kam,  dasz  man  sie  mit  gewalt  herausziehen  muszte. 
Freytag  19  (&iZrfer  2,  2),  206 ;  Ole  Peters  schlug  mit  einer 
trense  gegen  den  Ständer  (des  Pferdestalls),  neben  dem  er 
sich  beschäftigte.  Storm  7,173; 

wenn  dich  (l>alken)  die  zimmerlent  behawen, 
zum  treger  oder  stender  machen. 

B.  Waldis  Efop  2,  74, 15 ; 
(hexe,  die)  sich  kühe  melkt  durch  Ständer, 
dass  die  nachbarin  blut  statt  milch  herauszerrt. 

Voss  3, 110; 
Ständer,  gesenkt  in  die  erd",  und  fugende  balken  darüber, 
seh'  ich,  und  latten  daran  mit  umwimdenem  hammer  genagelt. 
(1825)  1,  74  (Luüe  2,  358, 
dazu  s.  190  die  anm.:  Ständer,  stehendes  bauholz,  seule; 
auch  im  hochdeutschen),    so  auch .-  ich  sehe  an  den  aus 
heu  und  korngarben  gebildeten  wänden  empor,   die  um 
mich   her  zwischen  vier  groszen   Ständern   in  die  höhe 
ragen.   Storm  1,  59.     im   bilde:  ich  will  keinen  pallast 
bauen,  sondern  ein  ehrbares  häuslein  um  darinn  schütz 
gegen  T^ind   und  wetter  zu  finden  und  gar  nicht  um  zu 
prahlen,  man  würde  mir  also  unrecht  thun,  wenn  man 
meine  wohlfeile  posten  und  Ständer  nach  des  berühmten 
architeckten  Succow  regeln  beurtheilen  wolte.  Lichten- 
berg nachlasz  21 ; 

preis,  nymphe,  dir!    dein  kraflquell  sieget  oft, 
wann  aoszengluth  den  derben  Bau  umlodert, 
doch  tröste  gott  den  hansherm,  der  noch  hofft, 
sobald  der  kern  in  schwell'  und  Ständer  modert! 

Bürger  G9*>  ('an  die  nymphe  zu  Sfeinberg'). 

mundartlich  zttnächst  nd.,  s.  brem.  wb.  4, 993.  TEN  DoORN- 
kaat  Koolman  3,  310».  Ml  86».  Bauer-Collitz  98^  auch 
Jiess.  Creceliüs  804.  —  besondere  arten  sind  der  eck- 
ständer, s.  oben  und  theil  3,  25  (meklenb.  nich  den  eck- 
stänner  mit  kriegen,  nicht  den  gröszten  vortheil  erringen. 
Mi  86»)  und  der  thürpfosten.  letzterer  ist  vielleicht  ge- 
meint in  einzelnen  glossen,  wo  postis  mit  Ständer  wieder- 
gegeben wird. 

b)  Ständer  bezeichnet  dann  auch  frei  stehende  balken, 
die  einen  bautheil  oder  sonst  eine  last  tragen;  Stützbalken. 
Hertel  sprachsch.  233.  Liesenberg  Stieger  mundart  203. 
holzpfeHer  zur  Unterstützung  der  decke  in  einem  gröszeren 
räume :  zwei  fast  in  der  mitte  des  schulzimmers  befind- 
liche Ständer,  quelle  bei  Frischbier  2,  361''.  auch  für 
steinerne  pf eiler  und  Säulen  (?) : 

and  weiter  von  den  Ständern 
des  (Kölner)  domes  schreiten  wir. 

Freiligeath*  2, 171. 

beim  bau  einer  Schiffbrücke:  omb  scheu wens  . . .  willen 
(der  Pferde)  vor  dem  wasser,  so  diese  unsere  brücken 
über  einen  breyten  unnd  weyten  flusz  . . .  gemacht  würde, 
möchte  man  jhm  also  nachgehen:  dasz  man  von  den 
übergelegten  holen,  je  die  neundte  holen  an  beyden  enden 
vorgehen  liesz ,  . . .  mit  einem  loch ,  darinn  ein  kleine 
seule  oder  Ständer  ....  auffrecht  gesetzet  würde,  darinn 
oben  her  widerumb  lehnen  oder  riegel  gelegt  . . .  würden. 
Kirchhoff  milit.  discipl.  (I602)  103.  im  seeioesen  'teil  eines 
maschinengestells ,  der  frei  aufrecht  steht'.  Stenzel  see- 
männ. wb.  398''.  vgl.  nl.  standaerd,  Stander,  columna, 
rolumna  arrectaria.  orthostata.  Kilian  2,  629'»  und  stan 
darte  4,  b. 

e)  mülen-,  pressen-ständer,  albero,  asse  da  mulino,  da 
torehio  etc.    Krameh  dict.  2,  907»;    Ständer   'an  den  xcind 


743 


STÄNDER 


STÄNDER 


744 


mühlen .  der  dicke  starke  bäum .  auf  tcdcliem  die  milhle 
stehet  und  umgedrehet  urird'.  Campe;  besondeia  ostfries. 
Ständer  StOrenburg  259".  ten  Doornkaat  Koolman 
8,  310»;    vgl.  audi  Standarte  *,  b.  —  s.  auch  ständerkran. 

d)  femer  von  frei  stehenden  pfählen,  so  von  den  hölzernen 
Pfosten  an  gartenzäunen,  obstgeländern  u.  ähnl.  Adelung 
(in  Obersachsen).  Campe,  nach  Jacobsson  i,25i*  dagegen 
sehlosserausdruck  für  die  metallenen  viereckigen  oder  runden 
Stangen,  die  als  hauptiheile  oder  stützen  eines  gatters 
dienen.  —  in  Lippe  heiszen  Ständer  die  thotpfosten  an 
bauemhöfen.  Frommann  6,479. 

e)  Ständer  ...  ist  die  aufrecht  stehende  rinne  an  einem 
teiche,  wodurch  derselbe  vermittelst  der  vorsetze-bretgen 
angespannet  und  abgelassen  werden  kan.  Zincke  öcon. 
lex.*  2796.  ebenso  Adelung  (e).  Jacobsson  ♦,  254'',  auf 
mgsscJUeuse  Albrecht  215*».  sonst  auch  grundzapfen  ge- 
nannt: wenn  nun  geflschet  werden  soll;  so  wird  der 
grund-zapfTen,  Ständer,  oder  wie  der  teich  zum  ablassen 
eingerichtet  ist,  anfangs  nur  etwas  gezogen,  dasz  das 
wasser  .  .  .  fein  gemächlich  abfällt.  Döbel  i,  lOl»;  so  viel- 
leicht in  folgender  stelle  gemeint  (?) : 

täucber  die  bald  untergehn 
bald  in  bunten  halsen  stehn 
wiird  ich  um  die  Ständer  suchen. 

Dan.  Czbpko  Coridon  u.  Phyüis  (handschr.). 

f)  in  Leipzig  ferner  'wasseipfosten  in  den  straszen,  welche, 
durch  einen  druck  geöffnet,  wasser  aus  der  toasserleitung 
ausströmen  lassen,  s.  Albrecht  215''.  —  an  einem  Spring- 
brunnen: da  war  der  neuerrichtete  Springbrunnen  mit 
zwei  groszen  kufen  rechts  und  links,  in  welche  der  doppel- 
adler  auf  dem  Ständer,  weiszen  wein  hüben  und  rothen 
wein  drüben  aus  seinen  zwei  schnäbeln  ausgieszen  sollte. 

GÖTHK   24,315. 

g)  pfähl,  der  die  schieszscheibe  trägt:  Massabazanes, 
welcher  .  . .  bey  dem  letzten  ziel  aber  zu  der  Schleuder 
die  lincke  band  brauchte,  und  .  . .  mit  fleisz  die  Scheibe 
fehlete  . . ;  gleichwohl  aber  den  Ständer  mit  dem  ge- 
schleuderten steine  traf.  Lohenstein  Armin,  l,  255». 

Ä)  uxiteres  in  mundarten.  luxemb.  stfenner  wagehälter, 
porte-balance.  Gangler  432. 

t)  oberhess.  pfeilerchen  am  Spinnrad.  Crecelius  804; 
ebenso  nd.  stenners  früher  in  der  Oöttinger  gegend  für  die 
höher,  in  denen  die  spule  ruht.   nd.  korrespondenzbl.  2,  29. 

k)  toestfäl.  stänners  an  der  futterschneidelade.  nd.  korre- 
spondenzbl. 11,  38. 

4)  weiterhin  bezeichnet  dann  Ständer  allerlei  selbständige 
gerate,  die  aufrecht  stehen  oder  dienen,  um  gegenstände 
aufzustellen. 

a)  in  den  bienenhäusem  aufrecht  stehende  bienenstöcke. 
alvi  surgentes,  im  gegensatze  zu  den  lagerstöcken ,  auch 
ständerbeute,  ständerimme,  ständerstock.  Zincke  öcon. 
ter.*2796.  Overbeck  bienenwb.ii.  Adelung4.  Jacobsson 

4,254».   NeMNICH.    FrISCHBIER   2,361*'. 

b)  gestell.  worauf  fässer  liegen,  bock:  Stander  quoque 
dicuntur  anterii  doliis  subjecti.  Stieler  2132;  vgl.:  fasz- 
s tänder,  canterio.  cantiero,  predella.  sedile  da  botti  in 
cantina.  Kram  er  diet.i,9m^. 

c)  kämt.  'holzgesteUe.  auf  welchem  die  garben  in  ballen 
g^ant  werden,  um  sie  nach  hause  zu  tragen'.  Lexer  241. 

d)  im  österr.  hüttenioesen  'massive  gerüste  von  guszeisen. 
welche  durch  tief  liegende  fundamente  von  starken  holz- 
balken  oder  quaderateinen  Un  boden  befestigt,  und  so  ein- 
gerichtet sind,  dasz  sie  die  lager  der  walzen  bei  einem 
Walzwerke  twisctien  sich  aufnehmen  und  den  walten  nir 
Unterstützung  dienen'.  Scheucuenstuel  232. 

e)  bücherständer /tfir  -regal  für  Ulm  angegeben  bei  Klein 
S,  166 ;  wol  allgemein  üblich. 

f)  gängelwagen  für  kinder:  Stander,  et  Ständer,  der, 
»tatio  tubalaria  infantum,  ettjus  bentjieio  firme  insisfere 
assueseant.  Stielbk  >18S;  «o  auch  in  neuem  mundarten. 
UrU.  Ständer,  'ein  bewegliche»  gesteUe.  in  welchem  die 
kinder  das  gehen  lernen'.  Hintnrr  SSI,  Imremb.  »tAnncr 
Ganoler  481. 

g)  pult.  'Stehpult  tum  schreiben,  mttsieieren'  (nolen- 
Ständer).  S<:iiöpp  tirol.  idiot.  em;  betpult  der  Juden  in  der 
»ynagoge.  Wp.kianu  s, 796.  —  datu: 

dort  ui  ■«inein  b«tpnltaUnder 
•Übt  schon  der  (•msindMlnfer. 

\\z\s*  1,  4M  EtMrr  (prhuetrm  .viWxii). 


A)  stehkorb  (mit  füszent):  sie  wies  mit  dem  kinn  auf 
einen  kleinen  behälter,  einen  rohrgeflochtenen  korb,  einen 
zierlichen  kleinen  Ständer,  mit  atlasschleifen  geschmückt, 
in  dem  die  konsulin  seit  einiger  zeit  ihre  handarbeit  zu 
bewahren  pflegte.  Th.  Mann  Buddenbrooks  i,&i2. 

i)  liess.  Ständer  für  leuchter.  Pfister  283.  Kehrein 
1,387.  Crecelius  804.    (auch  lichtständer.) 

k)  bei  den  buchdr uckern  viereckige  kästen,  theils  um  die 
formen  von  der  anhangenden  färbe  zu  reinigen  (wasch 
Ständer) ,  theils  zum  erkalten  der  pfanne  und  des  gusses 
beim  stereotypieren  (kühlständer) ,  «.Sanders  3, 1175'' (.">). 

5)  bezeichnung  von  körpertheilen.  zoologisches. 

a)  bei  den  Jägern  die  füsze  der  auerhähne.  Jacobsson 
4,  254»,  so  steir.  Ständer  Unger-Khull  569»;  bei  auerhahnen 
und  ähnlichem  federtcildpret.  Nemnich;  nach  Behlen 
5,672:  'l)  speciell  heim  auer.  birk- und  htiselunld.  trappen, 
fasanen  und  kraniche  die  beine;  2)  allgemein  üblicher  atis 
druck  für  die  beine  aller  vögel.  welche  nicht  raubvögel  sind', 
s.  auch  Kehrein  weidmannsspr.  231  und  stand  u,  d.  die 
gelben,  schwarzgefleckten  bewohner  des  röhrichts  (röhr- 
dommeln)  . .  .  stellten  die  köpfe  .  . .  steil  aufrecht ,  dasz 
der  Schnabel  zum  himmel  sah,  und  so  standen  sie  nun 
als  unbewegte  schildwachen,  allerdings  nur  auf  Einern 
bein  oder  vielmehr  'ständer',  wie  der  schulgerechte  Jäger 
sagt.  Vischer  auch  einer  l,  352;  das  wildpret  des  pauchi  ist 
ausgezeichnet.  .  . .  dasselbe  läszt  sich  nicht  von  dem  pava 
sagen,  einer  art  kleinem  truthahne.  ...  die  Ständer  und 
flügel  sind  beinahe  gar  nicht  zu  kauen.  Fr.  Ger.stäcker 
18  monate  in  Süd-Amerika  1, 327.  —  scherzhaft  von  den  beinen 
einer  kuh:  vier  hängers  (euter)  vier  stänners.  Wossidlo 
mecklenb.  volksüberl.  1,  s.  82, 165. 

b)  in  vulgärer  redeweise  auch  auf  die  beine  des  metischen 
angewandt.  Höfler  krankheitsiuimenb.  672'';  in  der  sol- 
datenspr.  Hörn  74;  mundartlich  nd..  ostfries.  s6  hed  'n  pär 
gode  stenders  under  't  lif.  ten  Doornkaat  Koolman 
3,310»,  ebenso  preusz.  Frischbier  2,361''. 

c)  dann  poetisch  ganz  vereinzelt  auch  auf  die  'füsze'  eines 
berges  übertrageji  .- 

alle  bebten  die  Ständer  (nöSee)  des  reichlich  quellenden  Ida. 
Borger  230''  (II.  20,  69). 

d)  penis  erecttis.  Höfler  a.  a.  o.  diese  heute  verbreitete 
gebrauchsweise  ist  schon  im  16.  jahrh.  nachzuweisen: 

dazu  wirdt  mir  der  stender  schwach : 
derhalben  frag  nit  mehr  darnach. 

B.  Waldis  E«op  2,  100.  27. 

e)  auch  bezeichnung  des  sangfinken :  anbey  (bei  der  schlag- 
ioand)  habe  ich  einen  geblendeten  fincken,  welcher  gut 
singet,  und  setze  denselben  nahe  dahin,  wo  ein  wilder 
fincke  singet,  schlage  die  wand  oder  das  garn  dabey  auf, 
dasz  der  sang-fmcke  in  der  mitten  stehe,  höret  nun  der 
Ständer  diesen  im  bauer  singen,  so  sticht  er  nach  ihm 
herunter.  Döbel  2,  243'';  so  kan  sich  ein  ieder  nach  seinem 
geschmacke  einen  solchen  sang-fincken  von  den  singenden 
fincken,  welche  man  Ständer  nennet,  aussuchen,  ebenda, 
dazu  sechsständer,  theil  9,2789:  hierzu  (tu  sangfitiken) 
erwehlet  man  solche,  die  fein  stahl-grün  am  halse  aus- 
sehen, und  hübsche  rotlie  brUste,  auch  6  weisse  federn 
im  schwantze  haben,  welche  man  sechsständer  nennet, 
dieweil  es  alte  fincken  sind,  und  ihren  vollkommenen 
gesang  haben.  240''. 

6)  in  mannigfachem  gebrauche  begegnet  das  worf.  gewöhn- 
lich ohne  UTnlaut  Stander,  in  der  seemannssprache.  (jeden- 
falls t.  th.  au»  dem  engl.  Stander,  vgl.  Stenzbl  »eemänn. 
wb.  898».) 

a)  ei»emer  arm,  worauf  eine  laieme  steckt,  besotuUr» 
am  groszen  mar»,  latemeisen.  Caaipf..  Boiirik4M^. 

b)  welU  de»  gangapill».  Campe.  Bobhik  sö»^. 

e)  at{freeM  »t^hende  atütae  au»  hohlem  ei»en.  Goboei. 
»eemann»»pr.  468. 

d)  'da»  fut  angetchlagen«  ende  eine»  laiifendem  tmmtrkes'. 
AuBLUNo  (1).  Jacobsson  «.K«».  d«r  futa  part  mm»  taue.<t. 
Campb.  Borhik  6n^ 

e)  'ein  »frhende»  tau,  welche»  in  »enkreehter  riehtung 
hinter  einem  moste  odmr  mner  »Ut%ge  befestiget  wird,  damit 
ein  »egd  oder  auch  »in  Imitr  daran  auf-  und  niedetfahren 
kann,  der  Ständer  eines  drehreeps,  ein  tau,  welches  dienet 
ein  drehrrep  niedenuholett.' Ckuvk;  Stander  oder  schnau- 
stag  i-inos  leiters.    Ständer  eines  drehreeps.  Bobrik  6.'i»; 


745      STÄNDERARTIG— STÄNDERFACHWERK 


STÄNDERGERÜST— STÄNDERLING      746 


'ein  stellendes  tau  oder  eine  stehende  kette  zum  tragen  und 
halten  von  lasten,  z.  b.  drehreepstander ,  kohlenstander' 
(feststehend,  imgegensatz  zu  laufend).  Goedel  seemannsspr. 

459  (2).     S.   auch    TEN    DOORNKAAT   KOOLMAN    3,  300»;     tüU 

oder  kette  zum  auf  und  niederlassen  des  schtoerts  an  einem 
schiff,  ebenda.  StOrenburg  261*. 

f)  Stander  in  der  rhein.  schiffersprache  der  oberste  theil 
des  mastes.  Pfister  283.  Kehrein  1,387. 

g)  eine  nicht  grosze  flagge  als  Unterscheidungszeichen  eines 
geschwaderführers ,  der  keinen  admiralsrang  hat.  Campe. 
BOBRIK  659»,  dreieckige  Signalflagge.  Goedel  seemannsspr. 
458;  nicht  streng  von  flagge  geschieden,  im  osffries.  für 
Schiffsflagge,  Standarte.  StGrenburg  261».  TEN  Doorn- 
KA.\T  KooLMAN  3,  300*.  in  diesem  sinne  natürlich  aus 
Standarte  entstanden,  vgl.  das. 

7)  ausdruck  der  heialdik :  'theilt  man  einen  schild  durch 
eine  linke  rechte  und  eine  schrägtheilung  saune  eine  quer- 
und  eine  senkrechte  theilung  in  8  theile,  (congruente  drei- 
ecke),  so  nennt  man  diese  theilung  die  ständerung,  spricht 
von  'geständertem  schilde'  und  beneixnt  die  8  einzelnen 
theile  'Ständer',  je  nachdem  an  tcelcher  stelle  des  Schildes 
sie  liegen,  haben  die  einzelnen  theile  der  ständerung ,  die 
Ständer  ihre  besonderen  beinamen  und  zwar:  rechter  und 
linker  ober-ständer  . . .  ober  und  unterer  linker  flanken- 
ständer  . . .  rechter  und  linker  unterständer  . . .  unterer 
und  oberer  rechter  flanken-ständer'.  Gritzner  handb.  der 
herald,  terminologie  (Siebmagher  loappenb.  einl.  B)  s.  43/., 
s.  ferner  s.  58. 

8)  in  der  ältein  spräche:  Ständer  etiam  est  dehitum, 
sive  nomen  stabile,  pro  quo  aedes  arraboni  relictae  sunt. 
Stieler  2132;  Ständer,  in  Thüringen  das  capital  so  auf 
einem  hause  beständig  stehen  bleibt  und  verzinset  wird, 
sors  tanquam  onus  simul  ad  emtore/n  vel  possessorem 
novum  transiens  . . .  sors  domui  velfundo  inhaerens.  Frisch 
2,318''.    so  auch  bei  Adelung  (3)  und  Campe. 

9)  zutceilen  auch  in  der  bedeutung,  die  geicöhnlich  durcJi 
ständerling  ausgedrückt  icird,  vgl.  das.  und  ständner:  nach 
dem  essen  helt  man  stender,  treibt  fantasei  und  reiszet 
bossen,  dann  sitzen  die  meidlein  nieder  die  eine  hie  die 
ander  dort,  da  kommen  die  menner  und  liegen  ihn  in 
der  schosz.  Barth  iceiberspiegel  (l56ö)  k  l*.  so  kämt,  stäntar 
'kurzes  sfeJienbleiben'.  Lexer  241.    s.  noch  ständerchen. 

STÄNDERARTIG,  adj :  zwischen  sopha  und  thür  . .  . 
stand  nach  damaliger  sitte  ein  ständerartiger  pfeifen- 
tisch. Fontane  vor  dem  stürm  3,95. 

STÄNDERAT,  m.  in  der  Schiceiz  die  Vertretung  der  ein- 
zelnen stände  (9,  c),  d.h.  kantone;  er  besteht  aus  44  ab- 
geordneten (Je  2  aus  einem  kanton)  imd  bildet  zusammen 
mit  dem  nationalrat  die  bundesversammlung. 

STÄNDERBAU,  m.  holzbau  mit  Ständern,  d.  h.  aufrecht 
gestellten  tragbalken,  im  gegensatz  zum  blockbau.  vgl. 
H.  Bergner  bürgerl.  kunstaltert,  in  Deutschland  (1906)  i, 
s.  2:2%  ff. 

STÄNDERBAUM,  m.  l)  in  bergvxrken  die  stehende  wdle 
am  göpel.  Veith  bergicb.  458. 

2)  in  der  rhein.  schiffersprache  ein  aufrecht  stehender 
bäum,  unbehauener  balken.  Kehrein  nachtr.  52. 

STANDERBEIGEN,  n.  donum  aWodiaZ«  immo&tZe.  Haltaus 
1729 :  ein  ledig  knecht  unde  eyne  wetwe  sint  vortruwit  .  . . 
standerbeigens  und  farende  habe  . .  .  eyn  halb  standirb- 
eigin  zcu  lipgedinge  gebin  solde  .  .  .  unde  sie  antworte 
em  die  slossele  zcu  dem  standerbeigin  unde  famde  habe  . . . 
von  des  wege  das  die  frawe  das  standerbeigin  unde 
farnde  habe  unvorgebin  vor  gerichte  behaldin  bot  bis  an 
eren  tod.  Leipz.  schöffenurk.  des  15.  jahrh.  s.  ebenda,  (viel- 
leicht steckt  das  pari,  stand  darint) 

STÄNDERBEUTE,  /.,  *.  Ständer  4,  o. 

STÄNDERCHEN,  n.,  thür.- ober sächs.  für  ständerling, 
vgl.  Ständer  9;  'stehenbleiben  zum  schwatzen' .  Hertel  thür. 
»prachsch.  283 ;  lausitz.  'das  zusammenstehen  auf  der  strasze, 
um  zu  plaudern,  ein  ständerchen  machen,  s.  v.  a.  unter- 
wegs stehen  bleiben,  und  mit  einem  sich  unterhalten'.  Anton 
4,  12,  ebenso  in  Leipzig.  Alb  recht  215''.  schon  in  der 
altern  litteiatur:  da  kan  dir  niemand  auf  der  gasse  be- 
gegnen, es  musz  ein  ständergen  gemacht  werden.  Chr. 
Wkise  körbelmacher  s.  25.    *.  auch  Ständchen  2,6. 

STÄNDERFACHWERK,  «.  fachvxrk  mit  Ständern,  verH 
culen  balken,  zum  unterschiede  von  dem  (seltneren)  streben- 


fach werke    (mit    diagonalen,    sodasz    Systeme  von  gleich 
schenkligen  dreiecken  entstehen).  Lueger  4,  21.  30. 

STÄNDERGERÜST, 7».  bei  einem tcalzxcerke,  «.Ständer 4, d. 

STÄNDERHOLZ,  n.  i)  holz  zu  st&ndem  (3,a):  die  Ver- 
schwendung geschieht  also  nur  in  Ständer-  und  riegel- 
holz, welches  noch  genug  vorhanden  ist,  da  es  nur  an 
balken  mangelt.  Moser  patr.  phant.  3, 146. 

2)  auf  schiffen  standerholz  die  kleine  raa,  woran 
der  Stander  (6,  g)  befestigt  und  geliiszt  wird.  Campe. 
BoBRiK  659''     vgl.  Stenzel  seemänn.  wb.  398''. 

STÄNDERIMME,/.,  s.  Ständer  4,  o  —  einige  pflegen 
auch  die  leibimmen  standerimmen  zu  nennen,  doch  ist 
das  wort  stammschwärme  gebräuchlicher.  Overbeck 
bienenwb.  79. 

STÄNDERKRAN,  m.  kran  (hebezettg),  der  sieh  um  einen 
Ständer,  tiimmelbaum,  dreht. 

STÄNDERKREUZ,  n.,  eine  form  der  ständerung  (vgl. 
das.),  %cobei  ein  stehendes  kreuz  gebildet  wird.  Gritzner 
herald,  terminol.  44. 

STÄNDERLAHM,  adj..  von  einem  rebhuhn,  das  flügel- 
lahm geschossen  ist,  vgl.  Ständer  5,  a. 

STÄNDERLEIN,  n.  l)  als  deminutiv  zu  Ständer  (2): 
ständerlein  tarnen,  das,  est  dimin.  ä  stände,  eocponiturque 
labellum,  cupella,  cupellum,  etiam  ein  stünzlein.  Stielkr 
2133.  (hier  ausdrücklich  dem  ständerling  uiul  Ständchen, 
-lein,  s.  unten  2,  entgegengestellt ;  kaum  gebräuchlich.) 

2)  kurzer  aufenthalt,  vgl.  ständerling,  Ständchen,  ständ- 
lein. 

a)  ständerlein  (das,  dimin.)  symphonxa  nocturna.  Stein- 
bach 2,671.  Frisch  2,318*  (*.  «nfer  Ständchen  2,  o);  als 
j  oberd.  bei  Adelung  verzeichnet  (unter  stand  6).  wie 
manchen  grossen  monsieur  hab  ich  allda  funden,  der 
vor  diesem  mit  hunderten  den  spiel-leuten,  kupplerinnen, 
und  zuckerbeckern  darbezahlet,  damit  er  seinem  liebsten 
engelein,  scilicet:  ein  ständerlein,  einen  dantz,  einen 
abendtrunck  geben,  bestellen  und  aufftragen  mögen.  Phi- 
lander 1, 147;  auf  den  abend  kam  ich  in  finsterer  nacht, 
klopfte  fein  seuberlich  an,  seufzte,  sänge  ein  liedlein, 
machte  ihr  ein  ständerlein  und  liesz  aufstreichen:  ach  lieb- 
chen  lasz  mich  ein.  (Leiden  1647)  6,  73.  (so  noch  österr.,  s.  b.) 
b)  für  das  gewöhnliche  ständerling:  ein  ständlein, 
it.  standerlein,  einen  ständerling  halten  mit  jemand  auf 
der  gassen,  star'  unpoco  ä  chiaccherare  con  uno  in  istrada. 
Kramer  dict.  2,  931".  so  jetzt  in  österr.  mundarten:  in 
Wien  standerl,  'ein  rendezvous  von  dienstboten  auf  der 
strasze,  stiege  oder  unterm,  hausthor;  —  auch  ein  Ständchen 
vor  den  fenstem  einer  geliebten'.  Hügel  155'';  tirU.  das 
standerl  'Ständchen;  stehend  geführtes  vertrauliches  ge- 
sprach'.  Schöpf  699;  auch  pfälz.  ein  ständerle  halten. 
Klein  2,  i68. 

c)  ungewöhnlich  für  das  vericeilen  an  eitlem  orte,  aufent- 
halt, einkehr :  in  Breslau  wird  weiter  kein  ständerle 
gemacht,  ich  nehme  die  beine  in  die  band  und  zum 
städtel  'naus.  Holtei  eselsfresser  2,  248. 

STÄNDERLING,  m.  i)  stehenbleiben  auf  der  strasze, 
um  mit  jemand  zu  plaudern;  gespräcli  im  stehen,  vgl. 
Ständchen  2,  b;  ständerlein  2,  b;  ständlein  1,6;  ein  ständer- 
ling, ut  anciUae  in  vicis  solent  einen  ständerling  halten, 
i.  e.  nugas  agere,  confabtdari  cum  aliis  in  platea,  nee 
domum  justo  tempore  redire.  Stieler  2133;  vulg.  ständer- 
ling bey  einem  machen,  bey  einem  stehen  bleiben  zu 
plaudern  .  . .  mora  garrtilarttm  ancillanim.  Frisch  2,318", 
s.  auch  Kramer  unter  ständerlein  2,  b,  sotcie  Scherz- 
Oberlin  1556.  Campe.  Weigand  2,795.  Wander  4,775. 
zeitschr.  f.  d.  wortf.  2,  199»'.  4,  203''.  5,  274*'.  heute  in  aüd 
deutschen  mundarten  verbreitet:  schwäb.  ständerling  Schmid 
507.  BIRLINGER410»;  ftoiV.  (8*n)  stdnta'lin' (macha)  ScHM.* 
2,  768;  besonders  österr.  ständerling  oder  standerl.  'ein 
ständerling  machen,  ist  so  viel  als:  stehen  bleiben,  und 
mit  einander  schwätzen;  besonders  atif  der  strasze'.  Klein 
2.  168,  du  machst  äli  aug'nblik  an  schdandaling.  Ca- 
STELi.i  233.  ständerling  ist  fast  nur  gebräuchlidi  in  der 
fügung  einen  ständerling  halten,  machen,  haben,  die 
belege  in  der  litteratur  beginnen  anfang  des  16.  jahrh.  .- 
nitt  machet  sye  (Maria,  al^  sie  zu  Elisabeth  ging)  stender- 
ling  bey  den  manchen  und  pfaiTen,  als  unser  jungk- 
frawen  th&nd,  so  sye  ein  knaben  wasser  holen  am  obents, 
und    ob    dem    brunnen    ."(tond    ein   stund   oder   zwo   zfl- 


747       STÄNDERMASCHINE -STÄNDERN 


STÄNDERPFOSTEN  — STANDESAKT       748 


gaffelen,  ein  guten  geschwatz  und  ein  messztag  do  uff  , 
richten  mitt  den  iungen  gesellen,  sonder  sye  gieng  schnell  i 
für  und  für.  Keiseksberg  postill  (1522)  4,  s*»  {vgl.  auch 
Frisch  a.a.o):  und  gemanet  mich  derselbigen  prediger, 
die  alles  wollen  sagen,  was  jnen  einfeilet,  gleich  wie  der 
inegde,  die  zu  marckte  gehen:  wenn  jhnen  ein  andere  magd 
begegnet,  so  halten  sie  mit  jhnen  einen  tasschemarckt 
oder  ein  stenderling,  begegnet  jhnen  denn  die  ander  magd, 
so  halten  sie  mit  der  auch  eine  spräche.  Lcther  tischr. 
181»,  s.  auch  G.  Löscher  anaUcta  Lutherana  (Gotha  1892) 
nr.  621 ;  er  (der  hungnge)  hat  nit  der  mftsz  das  er  vil  mit 
dir  Schweiz  oder  ein  stenderling  halt,  bisz  du  vor  sein 
zornigen  billenden  bauch  stillest.  Franck  5pric/i?/>.  l,  23''; 
wie  nun  das  ehrliche  jungfrewlein  zum  brunnen  konibt, 
sihet  es  sich  nicht  lang  umb,  unnd  helt  kein  stender- 
ling, gewint  auch  niemand  rede  an,  sondern  schöpffet 
jren  krug  voll.  Mathesius  hoclizeitpred.  25»;  wann  mans 
auszschickt,  so  mäszt  sie  allemal  zwen  oder  drey  ständer- 
ling  haben.  Schumann  nachtbüchlein  324,  8  Bolte  (2,  nr.  50); 
in  deme  sie  (die  untreuen  eitern)  jhren  töchtern  allen 
jhren  willen  gestatten,  sie  aller  orten  bey  tag  bey  nacht 
umbrennen  lassen  und  verwilligen,  dasz  sie  alle  hoch- 
zeiten,  täntz,  heingärten  und  ständerling  beywohnen,  mit 
jungen  gesellen  schwetzen,  schertzen.  Ai.bertinls  Lu- 
cifers  königr.  u.  seelengej.  257,  15  Lüiencron;  kam  ich  in 
ein  ort,  anzusehen,  als  ob  ich  in  einer  statt  uff  einem 
marck  gienge,  da  sähe  ich  underschiedliches  weibervolck 
beysammen  stehen,  theils  bey  den  metzgern,  theils  bey 
den  bronnen,  theils  sonsten  ständerling  halten.  Philander 

1,  411 ;  keinen  ständerling  oder  waschmarkt  halten,  magde- 
to&65;  macht  ihr  dann  ständerling.  71;  ein  ständerling 
oder  schwätzmarkt  aufrichten,  pred.  v.  lG78&eiScHMELLF.R*'' 

2,  768;  ständerling  von  anderthalp  oder  zwai  stunden. 
quelle  von  1701  bei  Birlinger  410»;  er  erkundigte  sich 
nicht  weiter,  obwohl  er  beim  hinausgehen  noch  einen 
'ständerling'  mit  der  wirthin  hatte  über  allerlei  noth- 
wendige  und  unverfängliche  dinge.  I.  Frapan  bittersüsz 
8.  15  (als  schwäi.  atisdruck).  dafür:  wie  sie  denn  die  leüt 
auszzörichtcn  pflegen  . . .  unnd  auff  der  gassen  stände- 
ling  halten  und  schnatern  wie  die  lieben  gänsz.  Lin- 
okner  Katzip.  166  (nr.  59;  druckfehlerT). 

2)  80  ferner 

o)  in  Wien  in  apeciellerem  sinne :  'in  ständerling  halt'n 
nennt  man  das  warten  der  liebhaber  auf  ihre  schönen  am 
rendezvousorte'.  Hügel  155».  ähnlich  im  Schwarzwalde : 
Franz  aber  lächelte  ihm  nur  manchmal  schelmisch  zu, 
und  wenn  er  sie  heimlich  auf  einen  sogenannten  'ständer- 
ling' vor  dem  hause  bestellte  . . ,  wehrte  sie  strenge  ab. 
Auerbach  dorfgesch.  i.n. 

b)  bei  Ungeh-Khull  ateir.  wortsch.  So?**  m.it ' Ständchen' 
erklärt.  (==  l?) 

c)  haltnuichen,  rast  bei  einer  proeession  (?) :  bey  mannes 
gedencken  wurden  solche  processionen  gebessert,  . . .  unnd 
weil  man  weit  zu  gehen  hatte,  machet  man  lauber- 
hütten,  ...  da  ruhet  monstrantz  und  jre  träger,  und  man 
Jiielt  ein  stenderling.  Mathesius  hist.  Jesu  Christi  2, 106». 

d)  am  ständerling  stehen,  in  atatione  esse.  voe.  v.  1618 
bei  Sc  HM.*  2,768. 

8)  daneben  begegnen  ganz  abweichende  bedeutungen,  be- 
»ondera  bairiaeh,  a.  Schm.*  8,768. 

o)  'gefäaz  zum  unteratellen ,  beaondera  an  einem  an- 
gezapften Her-,  weinfaaz.'  ScHM. 

b)  'getränk,  daa  sich  beym  abzapfen  in  aolchetn  Untersatz 
geaammelt.'  Schm.,  a.  auch  Ki.kin  2, 168  (hair.). 

e)  'jedea  durch  längerea  stehen  in  offenem  geschirr  ver- 
rauchte oder  verdorbene  getränk.'  Schm. 

«0  'weiaze  rübe  von  längliehter  geatalt  ((f.  stederling).' 
ebenda. 

e)  'peraon.  die  allenthalben  gerne  atehen  bleibt,  nicht  vor- 
wärta  kommt.'  ebenda,  ebenao  ateir.  'faulenzer.  müazig- 
ganger'.  Unork  KnULl.  Ö09*>. 

4)  da.  jetzt  nur  adverbial  •tänderling(8)  atehend.  im 
ateken.  a.  Martin  Liknhaht  8,  eos"»  und  daa  gloaaar  tu 
Ar-  "fiffuftnont.;  vgl.  ständling. 

MASCniNK,   /.    eine    conatructionaform    der 
dui,., iir,  irot/ei  der  eylinder  auf  »\Ändn  geatützt  ist. 

Sl  ,Mil  li\,  vrrh.  i)  nd.  (up)  Ständern  'Ständer,  oder 
pfnhhirik  iiHfrichtrii.    tjeaondera  braucht  man  ea  bey  dem 


deichwesen,  für:  einen  siel  übei-  den  liegen  bleibenden 
untersten  boden  neu  her  stellen,  denn  das  hauptwerk  eines 
siels  und  einer  schleuse  besteht  atta  starken  Ständern'. 
brem.  wb.  4,  993. 

2)  ausdruck  der  Jieraldik.  einen  schild  quadrieren  und 
dann   schräg   viertheilen,   vgl.  Ständer  7  und  ständerung. 

3)  Ständern  'sagt  man.  wenn  einem  stück  federwild  ein 
oder  beide  beine  abgeschossen  xourden',  s.  Kehrein  loeid 
maniwspi:  281:  wenn  durchlaucht  auf  den  wald  gefahren 
ist,  sagte  er,  ich  meine  in  die  berge,  könnte  man  ebenso 
gut  ein  geständertes  huhn  ohne  hund  in  einem  runkelrüben- 
felde  suchen.  Spielhagen  werke  11,379.  vgl.  Ständer  6,  a 
und  ständerlahm. 

4)  in  neuern  mundarten  intransitiv,  der  bedeutung  von 
ständerling  entsprechend .-  westerw.  Standern  'überall  stehen 
bleiben,  sich  auflialten,  um  zu  plaudern'.  Schmidt  232. 
Kehrein  1,387.  Pfister  283;  tnansfeld.  stännern  'baldhier. 
bald  dort  herumstehen' .  JkchtiO'»;  ^pz.  (herum)ständern 
herumlungern,  maxdaffen  feil  halten.  Albrecht  215''. 

.5)  Ständern  scheint  auch  den  gang  manclier  vögel  zu  be- 
zeichnen (zM  Ständer  5,  c) ;  vgl. :  kurz  auf  einmal  war  die 
tante  barfusz,  und  ehe  man  sich's  versah,  ständerte 
auch  sie  hochgeschürzt  und  glückselig  wie  eine  bach 
stelze  in  der  fluth  umher.  Kügklgen  jugenderinn.  4». 
STÄNDERPFOSTEN,  m..  zu  Ständer  3,  a. 
Johann  lehnt  an  den  stänner-post. 

Reu  TER  2,  310  {kein  hüsiing  8). 

STÄNDERSIEL,  n.,  s.  siel  3,  theü  10, 1,953. 

STÄNDERSTOCK,  m.  aufrecht  stehender  biei\enstock.  tm 
gegensatz  zum  lagerstock,  s.  auch  Ständer  4,  a  und  Ständer- 
imme.  Overbeck  bienenwb.  79.  Adelung.  Jacobsson 
4,  254^ 

STÄNDERUNG,  /.  theilung  eines  achUdea  durch  gradt 
und  schräge  vierung,  s.  Gritzner  herald,  terminol.  (Sieb- 
MACHER  wappenb.  einl.  B)  s.  43,  vgl.  Ständern  2  und  ständer7. 

STÄNDER  WAND,  /.  blockhaustcand  mit  senkreclUen 
Ständern. 

STÄNDERWERK,  n.  ist  ein  aus  ständen)  und  riegeln 
gemachtes  zimmerwerk  zu  einer  hölzernen  wand,  welche 
auf  den  schwellen  ruhet,  und  zusammen  gehalten  wird. 
Eggers  kriegslex.  2,971;  fachwerk,  s.  ferner  Jacobsson 
4,254'».  Campe,  so  schon  mnd.  stenderwerck.  Schiller- 
LÜBBEN  4,387»;  brem.  Ständer  wark  'das  zimmerwerk  an 
den  wänden  der  hättser:  tvelches  den  brandmauern,  worin 
gar  kein  holz  ist.  entgegen  gesetzet  wird',   brem.  iob.  4, 993. 

STÄNDERZINS,  m.  usura  perpettta  ex  nominibtts  fia^. 
Stieler  2652,  vgl.  Ständer  8. 

STANDES,  m.,  in  %cesteno.-rhein.hess.  mundarten,  für 
gallerte,  geUe.  auch  im  sinne  von  stampes.  Schmidt  232. 
Kehrein  1,387.  Pfister  283.    vgl.  stand  11,/. 

STÄNDESAAL,  m.  Sitzungssaal  der  stände  (9,  6):  wie 
es  dem  guten  Görres  mit  beinahe  sechshundert  zuhörorn 
in  einem  ehemaligen  ständesaal,  den  man  um  zwölf 
hundert  gülden  gemiethet,  geht,  wird  dir  Steingasz  er- 
zählt haben.  Brentano  9,  205;  'wie  ist  es  doch,'  sprach 
man,  'dasz  die  geistlichkeit  und  der  adel  nicht  in  den 
ständesaal  kommen?'  denn  so  nannte  man  jetzt  diesen 
groszen  saal.  Dahlmann  franz.  revol.  195; 

ich  sasz  im  ständesaale, 

da  schlief  ich  ein  und  träumt'. 

Umland  ged.  (1864)  105  (vaterl.  ged.  ih). 

STANDESABSTUFUNG.  /.,  *.  standesstufe. 

STANDESABTHEILUNG,/..  begegnet  ala  aing.  tu  stände- 
abthcilungcn,  s.  das. 

STANDESABZEICHEN,  n.  ■  allein  der  ächte  b&uer  hält 
den  langsamen  gang  auch  für  ein  besonders  treu  zn  be- 
wahrendes Standesabzeichen.  Kikhl  d.  d.  arbeit  85. 

STÄNDESACHE,/.,  tu  stand  9,  b:  die  ständeuiche  wurde 
fortwährend  betrieben.  Vakniiaoen  ta^eft.  4, 88;  in  der 
ständesacho  nichts  neues.  104.  im  plur.:  die  stände- 
saohen  . . .  tadelt  er  (Mettemieh)  als  gefährlich.  8,86;  die 
Ständesachen  kamen  cur  spräche,  die  konstituUon,  die 
preszfreiheit.  180.    *.  femer  daa  reg.,  15,  888». 

STANDESADEL,  m.  adel  im  ainne  dea  Standes  (8):  tUnds- 
adel,  m.  nobiltä  di  atato,  eioi  per  naaeifä  «  atieeeamone. 
der  tugcnd-adel  ist  über  den  stAnds-adel.  Kkamkr  äict. 
8,881»,  danach  Campk. 

STANDKSAKT.  m    KtandraamtUeher  akt. 


749     STANDESAMT— STANDESBESCHRÄNKUNG       STANDESBESITZ -STANDESEINRICHTUNG     750 


STANDESAMT,  n.  behörde  zur  bettrktmdung  von  ver- 
änderung  des  'Personenstandes' .  d.  h.  von  eheschlieszungen, 
geburten  und  todesf allen ;  in  Deutschland  zunächst  als 
französische  einrichtung  in  den  von  Kapoleon  occupierten 
gebieten,  vgl.  Bachem  staatslex.  4,473:  gebühren  und  geld- 
strafen ,  welche  in  gemäszheit  dieses  gesetzes  zur  er- 
hebung  gelangen,  flieszen  .  . .  den  gemeinden  zu,  welche 
die  sächlichen  kosten  der  Standesämter  zu  tragen  haben. 
reichsgesefz  vom  e.  febr.  igiä  §70.  —  dazu  standesamt- 
lich, adj.,  z.  b.  standesamtliche  eheschlieszung,  standes- 
amtliches attest;  Standesamtsbezirk,  m.,  vgl.  Steng- 
lein veriraltungsr.  2,  530:  die  bildung  der  Standesamts- 
bezirke erfolgt  durch  die  höhere  Verwaltungsbehörde,  die 
Standesamtsbezirke  können  aus  einer  oder  mehreren  ge- 
meinden gebildet,  gröszere  gemeinden  in  mehrere  standes- 
amtsbezirke  getheilt  werden,  für  jeden  Standesamtsbezirk 
ist  ein  Standesbeamter  und  mindestens  ein  Stellvertreter 
zu  bestellen,  reichsgesetz  vom  e.febr.  1875,  §2.  3;  standes- 
amtsbuch,  n.,  vgl.  standesbuch;  standesamts- 
gebühr,  /.    vgl.  femer  Standesbeamter. 

STA^iDESÄXDERUNG,  /. .-  es  waren  Standesänderungen 
nötig,  um  den  zutritt  des  Stückes  {Scribes  'feenhände') 
zu  ermöglichen;  vornehme  leute  muszten  minder  vor- 
nehm auftreten.  Laube  5,  I60  Hottben. 

STANDESANGELEGENHEIT,/.;  {die  tributcomitien,)  die 
der  Sache  nach  als  Versammlungen  der  plebejer  zu  be- 
rathungen  über  ihre  Standesangelegenheiten  erscheinen 
muszten.  Becker  iceltgesch.^  3,  6;  es  wird  sich  ewig  fragen, 
was  denn  nun  gemeinsame,  was  blosze  standesangelegen- 
heit  sey.  Dahi.mann  franz.  revol.  210. 

STANDESAXMASZÜNG, /.;  sie  ist  eine  erschrekliche 
edle  . .  .  von  standesanmassungen,  wie  eine  Staubwolke 
herumgetrieben,  hat  sie  keinen  augenblik  eine  ruhige 
Seele.  Pestalozzi  Lienh.  u.  Gertr.  2, 308. 

STAXDESAXSPRÜCH,  m. :  er  zerreiszt  mein  herz,  dasz 
er  seinen  höhern  adel,  seine  menschlichkeit  im  misz- 
verstand  falscher  standes-ansprüchen,  so  ganz  verlohren. 
Pestalozzi  Lienh.  u.  Gertr.  1,  258. 

STANDESART,  /.  die  eigenthüniliche  art  eines  Standes  (8): 
ich  habe  sie  {die  landstreicher)  kennen  gelernt  nach  ihren 
Standesarten  —  und  mich  ausgezeichnet  unter  ihren 
Standarten.  RCckert  (i882)  11,  549  (42.  mak). 

STAND  ESA  üSWEIS,  m.  erklärung  oder  beweisstück,  wo- 
durch sich  jemand  als  einem  bestimmten  stände  zugehörig 
ausiceisf. 

STANDESAÜSZEICHNUNG,  /.  ■  von  ihrer  mutter  {hatte 
ne)  das  reiche,  blonde  haar,  welches  sie  freilich  als 
Standesauszeichnung  sonntags  gepudert  tragen  muszte. 
MOSEN  7,  253. 

STANDESBEAMTER,  m.  beamter  des  Standesamts,  vgl. 
das.  und  Stenglein  vertcaltungsrecht  2,  530/.  Bachem 
staatslex.^  4,  473;  er  ist  durch  das  reiclisgesetz  vom  6.  febr. 
1875  {'gesetz  über  die  beurkundung  des  Personenstandes, 
und  die  eheschlieszung')  mit  derführung  der  Standesregister 
beaußragt:  die  beurkundung  der  geburten,  heirathen  und 
sterbefälle  erfolgt  ausschlieszlich  durch  die  vom  Staate 
bestellten  Standesbeamten  mittels  eintragung  in  die  dazu 
bestimmten  register.  §  i;  die  ehe  wird  dadurch  ge- 
schlossen, dasz  die  verlobten  vor  einem  Standesbeamten 
persönlich  und  bei  gleichzeitiger  anwesenheit  erklären, 
die  ehe  mit  einander  eingehen  zu  wollen,  bürgerl.  gesetzb. 
%  1317,  vgl.  1318—21. 

STANDESBEGRIFF,  m. .  leiden  die  standesbegriffe  nicht 
dabei,  welche  sonst  erheischten,  dasz  der  adel  keine 
handelschaft  und  kein  gewerbe  treibe?  . . .  Münchhausen 
versetzte,  ...  es  marchandire  heut  zu  tage  jedermann, 
graf,  freiherr  oder  fürst,  wie  die  geringste  krämerseele, 
unbeschadet  der  standesbegriiTe.  Ihmermann  Münchh. 
2,  .=»7   (3,  8). 

STANDESBELANG,  m.,  vgl.  standcsinteresse :  denn  als 
verständisz  jener  zeichen  können  wir  doch  die  meinungen 
derjenigen  nicht  gelten  lassen,  welche  entweder  an  gar 
keine  weltordnung  glauben,  oder  nur  im  stände  sind, 
sie  vom  mittelpunkte  ihrer  eignen,  persönlichen  oder 
standesbelänge  zu  betrachten.  Bunsbn  d.  zeichen  derzeit^ 
{Leipzig  1856)  1.  *.  6. 

STANDESBESCHRÄNKUNG,/.:  unter  solcher  standes- 
beschränkung   nahmen   auch   wir  in  Wien  teil  an  dem 


dreisten  sozialen  thema  eines  lustspiels.  Laube  5,  162 
Houben  {dasselbe,  toas  t'orÄer  Standesänderung  Äei*2^,  s.oben; 
gleich  darauf:  Standeserniedrigung). 

STANDESBESITZ,  m.  .•  der  adel  war  nicht  ausschliesz- 
lich im  besitz  der  offizierstellen  und  der  höheren  staats- 
ämter,  aber  er  wurde  bei  diesen  carrieren  in  so  aus- 
gezeichneter weise  begünstigt ,  dasz  er  allerdings  befugt 
war,  diese  stellen  als  einen  Standesbesitz  zu  betrachten. 
Freytag  15  {ges.  aufs.  1),  326. 

STANDESBEWEIS,  m.,  vgl.  Standesausweis: 

des  zweiten  schild  zum  hohem  standsbeweise 
führt  ihm  das  jagdrosz  Carls  des  groszen  an. 

Thümmel  reise  10,  159. 

STANDESBEWUSZTSEIN,  n.  •  allerdings  verhärtete  sich 
der  stolz  des  ritters  gegenüber  dem  bauer  schnell  zu 
einem  ausscblieszenden  standesbewusztsein.  Frevtag  18 
{bilder  2,  l),  54. 

STANDESBRUDER,  m.:  'herrschaften  und  standes- 
brüder',  begann  er,  'der  tod  hat  eine  reiche  ernte  unter 
uns  Vicedomini  gehalten'.  Meyer  novellen  2,  95. 

STANDESBUCH,  n.  buch,  icorin  alle  zu  einem  bezirk 
gehörigen  personen  mit  angäbe  des  geschlechtes,  alters,  der 
famüienbeziehungen,  confession,  bildung,  des  berufs,  Wohn- 
sitzes, der  Staatszugehörigkeit  u.  s.  w.  urktindlich  verzeichnet 
sind,  Personenstandsregister,  s.  auch  Standesregister  und 
standesamtsbuch.  Bluntschli-Brater  deutsches  Staats- 
wb.:  die  Standesbücher  werden  von  den  bürgerlichen  be- 
hörden  geführt,  deutsche  grundrechte  121,  s.  Holtzen- 
DORFF  rec/ife^.^  775;  die  Standesbuchführung  ist 
Sache  des  Standesbeamten. 

STANDESDAME,  /. .-  dieser  hatte  ihm  erstlich  in  dem 
conclave  Aphrodisio  . . .  eine,  dem  geschlechte  nach,  hohe 
standes-dame  . . .  umb  ein  ziemliches  stücke  geld ,  zum 
beyschlaff  . . .  bestellt.  Wesenigk  spiel-sieben  (1702)  146. 
vgl.  standes-frau,  -weib. 

STANDESDÜNKEL,  m..-  das  machte  sie  natürlich  be- 
liebt, bei  dem  jungen  grafen  kam  noch  hinzu,  dasz  er  keine 
spur  von  Standesdünkel  zeigte.  Fontane  kriegsgefangen  21S. 

STANDESEGOISMUS,  m.:  vom  ritterwesen  hatten  sie 
(die  jungen  eavaliere  des  ausgehenden  18.  jahrh.)  einige  ver- 
worrene reminiscenzen  ererbt . . ,  vom  strengen  lehnsver- 
bande  einen  kapriciösen  esprit  de  corps,  der  nur  selten  über 
den  ordinärsten  standes-egoismus  hinausreichte.  Eichen- 
DORFF  7, 13  Koch. 

STANDESEHE,  /.  'eine  dem  stände,  in  tcelchem  man  lebt, 
gemäsze  ehe,  da  man  keine  person  unter  oder  über  seinem 
stände  ehelichet'.  Campe;  ehe,  die  aus  standesrücksiehten 
geschlossen  ist,  convenienzehe:  vom  alten  minister  . .,  der 
bei  der  liebe  nichts  unnützer  fand  als  die  liebe  und  dem 
die  heiligsten  empfindungen  für  standesehen  so  brauchbar 
schienen,  wie  für  predigtämter  das  hebräische.  J.  Paul 
23  {Titan  3),  16. 

STANDESEHRE,  /. .-  amtsehre,  sive  standesehre,  dignitas 
officialis,  ordinis  splendor,  gradus  honestus.  Stieler  360, 
daher  begreift  die  bürgerliche  ehre  I.  die  gemeine  ehre  . . ; 
II.  die  vorzügliche  bürgerliche  standesehre,  welche  sich 
auf  den  vorzüglichen  durch  einen  besondern  stand  im 
Staat  begründeten  werth  bezieht.  Feuerbach  lehrb.  des 
peinl.  rechts  (I801)  s.  243,  §  311 ;  die  besondere  berufs-  und 
standesehre,  welche  gewissen  klassen  von  personen  zu 
kommt.  Bluntschli-Brater  deutsches  staats-tcb.  3,227; 
erst  später  kam  es  ihr  zum  bewusztsein,  dasz  es  denn 
doch  wohl  gegen  die  standesehre  sein  müsse,  im  dienste 
einer  frau  gesehen  zu  werden,  welche  dritter  classe  fuhr. 
Storm  3,150;  wenn  das  mittelalter  die  ehre  der  arbeit 
in  diesem  sinne  der  standesehre  faszte ,  dann  durfte  es 
auch  sehr  wohl  von  'unehrlicher  arbeit'  reden.  Riehl 
d.  d.  arbeit  2* ;  die  arbeit  des  protestantischen  und  katho- 
lischen geistlichen  ist  wesentlich  gleichartig,  aber  weil 
diese  zu  äuszeren  standesehren  führte,  welche  jener  fremd 
blieben,  so  erscheint  heute  noch  die  eine  als  ein  des 
adels  würdiger  beruf,  die  andere  als  nicht  besonders 
schicklich  für  den  guten  alten  adel.  28. 

STANDESEIGENSCHAFT,  /. .-  der  meinige  {küster)  hat 
nun  zu  allen  diesen  standescigenschaften  noch  den  privat- 
charakter  der  feigheit.  Immermann  Münchh.  1,209  (2,9). 

STANDESEINRICHTÜNG,/.:  festhalten  an  den  socialen 
Standeseinrichtungen  and  sitten.   Rieul  cultursttid.  303. 


751  STANDESEITELKEIT — STANDESGEBÜHR 


STANDESGEFÜHL— ST  ANDESGEMÄSZ   752 


STANDESEITELKEIT.  /.  Becker  tceltgesch.  11,  425. 

STANDESERBLICHKEIT,/.:  Nordeuropa  atmete  wieder 
frei,  entlastet  von  dem  nächtlichen  alp  jener  klerisei,  die 
zwar  in  der  form  von  der  ägyptischen  Standeserblichkeit 
abgewichen  war,  im  geiste  aber  dem  ägyptischen  priester- 
systeme  um  so  getreuer  bleiben  konnte.  Heine  B,i95 Elster. 

STANDESERHÖHUNG,  /.  eoUMtio  altioris  gradus  digni 
tatis.  Frisch  2,  318" ;  erhebtmg  in  einen  höhern  stand. 
Campe,    von  einem,  der  könig  tcerden  soll: 

was  für  ein  schlaf  war'  diesz 
für  eure  Standserhöhung  I    Shakesp.  stürm  2, 1. 

insbe-tondere  ertheüung  des  adels  oder  {bei  adlichen)  ein^r 
höhern  add^stufe,  seit  dem  15.  jahrh.  ein  majestätsrecht 
des  kaisers,  später  der  souveränen  landesherren ,  vgl. 
Bluntschli -Brater  detitscJies  staatstcb.  B,  I9i.  Bachem 
staatslex.^  2,86:  standts  erhöhung.  Zi-nconv-v  apophthegm.t 
im  reg.  (im  text:  einer  vom  adel,  dem  der  herren  stand 
angetragen  wurd,  sagte.  328);  weder  der  grosze  galatag, 
noch  was  bei  gelegenheit  so  vieler  Standeserhöhungen 
vorfiel,  noch  die  öffentliche  tafel  des  kaisers  und  königs, 
nichts  konnte  mich  rühren.  Göthe  24,  339;  sie  werden 
gelacht  haben,  da  sie  von  unserer  Standeserhöhung  hörten. 
Schiller  briefe  7, 15  (an  W.  v.  Humboldt  d.  3.  märz  1803); 
als  mir  am  morgen  des  21.  märz  1871  ein  eigenhändiges 
handschreiben  des  kaisers  die  erhebung  in  den  fürsten- 
stand  anzeigte,  war  ich  entschlossen,  se.  majestät  um 
verzieht  auf  seine  absieht  zu  bitten,  weil  diese  standes- 
erhöhung  ...  in  meine  ganzen  lebensverhältnisse  eine  mir 
unsympathische  änderung  bringe.  Bismargk  ged.  u.  erinn. 
2,  148.  scherzhaft:  unter  der  thüre  verbeugte  sich  noch 
Frieder  vor  dem  Schreiber  und  sagte :  'sie  haben  den  vor- 
tritt, spazieren  sie  voran,  herr  von  Federkiel,  graf  von 
Papierhausen,  fürst  von  Tintenheim,  könig  von  — '  der 
Schreiber  schritt  stolz  an  Frieder  vorüber,  der  aber  mit 
seinen  Standeserhöhungen  nicht  eher  endete  . . .  Auer- 
bach dorfgesch.  2, 146.  —  dazu :  standts-erhöhungs-diplo- 
mata,  lot.  litterae  imperatoris  de  excellenfiori  dignitate 
coüata.  Apij^.  gloss.  510;  das  standeserhöhungsrecht 
des  kaisers  «.  s.  w. 

STANDES  ERNIEDRIGUNG,  /.  •  als  . . .  die  frau  gemahlin 
den  ehrennamen  ehegehülfin  führte,  stand  es  um  diesen 
iheil  der  haustafel  wohl.  . .  .  seitdem  man  aber  durch 
hausfräulein  und  hausjungfern,  durch  hofmei.ster  und  gou- 
vernanten  diese  ehestandspflichten  verwalten  . .  .  läszt  .  . 
ist  zwar  das  lästige  des  ehestandes  so  ziemlich  ver- 
schwunden, und  die  frau  gemahlin  führen  den  namen 
ehegenossin;  indesz  scheint  die  eheliebbaberei  durch  diese 
standcserniedrigung  nicht  gewonnen  zu  haben.  Hippel 
5,  178.    vgl.  Standesbeschränkung. 

STANDESERZIEHUNG ,  /. .-  diese  ('die  alte  education') 
war  bisher  wesentlich  eine  partikuläre  Standeserziehung 
gewesen,  das  individuum  ging  in  seinem  bestimmten 
stände  . . .  auf.  Eichendorff  21, 14  Koch. 

STANDESFRAU,  /.  frau  von  (vornehmem)  stände  (vgl. 
stand  8,  k) ;  frau  eines  standesherm  (vgl.  das.).  Campe. 
vgl.  standesdame,  -wcib. 

STANDESFREIHEIT,  /.:  rittertum,  Standesfreiheit  und 
. . .  volle  menschlichkeit  sind  die  grundeigenschaften  (bei 
Fritz  Schwarzenberg).  Laube  8,174  Houben. 

STANDESGEBÜHR,  /.  ratio  et  dignifas  conditionis. 
Stiei-er  862;  Standes-  d  stands-gebUr,  /.  dovere  deüa  con- 
venienza  aüo  stato,  grado  e  conditione  di  uno.  einen 
nach  standsgcbür  tractiren.  Krämer  (ftc^.  s,  981*;  stands- 
gebtihr,  /.  deeorum  statui  et  ordini  conveniens.  nach 
stands-gebUhr,  pro  eoquod  debetur  ordini  alicujus.  Frisch 
2, 318* ;  'teaa  jedem  nach  seinem  stände  an  vorzug  gefrilhret. ' 
AoRLUNO  (unfer  standgebühr),  schon  im  \l .  jahrh.  belegt : 
f>  jhr  ungehaltene  ungerechte  fiirsten,  ...  die  jhr  euere 
innerliche  lUste  und  gelüste  mit  stands-gebtihr  heschönot. 
Pnii.ANDP.i<  (1660)  1,678.  meist  in  der  Verbindung  nach 
Htand(e)Kgehühr,  s.oben:  lebe  demnach  wol,  günstiger  und 
nach  Btandcsgebühr,  geehrter  Icscr.  v.  n.  GrOuen  Gui- 
neische reisebeaehr.  (iflM)  vorr.;  rechts  und  links  zu  beyden 
Seiten  seiner  gnaden  saszen  nach  standesgebUhr  der  herr 
prttsidcnt  und  die  herren  socii.  Siegfr.  v.  Lindenberg*  S,  SSl ; 
(er)  habe  eine  glückliche  nacht  als  ehemann  xugebracht, 
darauf  habe  ihn  seine  frau  des  andern  morgens,  als  er 
in  der  probe  gewesen,   nach  standesgebUhr  mit  einem 


hömerschmuck  beehrt.  Göthe  19, 90(W.  Meister  4, 4) ;  auch 
liegt  die  anzeige  zu  Egmont  bei,  wozu  ich  nach  Standes- 
gebühr die  titulaturen  zu  setzen  bitte,  an  Schiller  158 
(21.  april  1796); 

ich  will  nach  standsgebflhr  jedwedem  willig  sein. 

J.  V.  Besser  gchrißen  *.  447; 
in  diesem  jammerthal,  wo  wir,  nach  Standsgebühr 
mehr  oder  weniger,  der  langen  weile  fröhnen. 

WiEi.AND  5,  265  {der  verklagte  Amor  5,  38); 
verliebte  leute  sitzen  hier, 
und  diesen  musz,  nach  standsgebUhr, 
zur  guten  nacht  ich  was  zum  besten  geben. 

GÖTHB  12,  105. 

verstärkt  nach  standesgebUhr  und  würden.  Campe:  allen 
menschen,  jedem  nach  Standesgebühr  und  würden,  traut' 
ich  bey  ihren  funktionen  und  Verhandlungen  die  besten 
absiebten  zu.  MusÄUS  physiogn.  reisen  3,10; 

zwar  hat  die  hölle  rächen  viele I  viele! 

nach  standsgebUhr  und  würden  schlingt  sie  ein. 

Göthe  41,  324  {Faiut  II,  5). 

zuioeilen  auch,  ohne  unterschied  des  sinnes,  im  plural: 

sie  ist  nicht  stolz,  wie  die  nach  standsgebUhren 
geehrten  fräulein  oder  fraun.    Hölty  180  Halm. 

STANDESGEFÜHL,  n..-  die  Deutschen  würden  fester 
geschmiedeten  nationen  zur  beute  fallen,  wenn  ihnen  das 
bindemitel  verloren  ginge,  welches  in  dem  gemeinsamen 
Standesgefühl  der  fürsten  liegt.  Bismarck  ged.  u.  ennn. 
1,291;  dasz  sie  ein  bevorrechteter  stand  waren,  der  seine 
genossen  für  besser  hielt  als  den  bürger  und  bauer  . . , 
dies  ausschlieszende  standesgefühl  hat  die  rittermäszigen 
durch  Jahrhunderte  schwach  gemacht.  Freytag  18  (bilder 
2,  l),  300;  indem  sie  sich  auf  den  boden  stellten,  der  ihnen 
mit  dem  landesherrn  gemeinsam  war,  durchbrachen  sie 
die  schranken  des  abstrakten  Standesgefühls,  das,  gleich- 
sam heimatlos,  sich  nicht  an  eine  bestimmte  land- 
schaft  band.  H.  Prutz  preusz.  gesch.  1,152;  er  hatte  kein 
rechtes  standesgefühl  ...  er  blieb  immer  der  arbeiterjunge. 
Frenssen  Hilligenlei  614. 

STANDESGEHALT,  m.  in  Baiem  und  andern  Staaten 
der  theil  des  gehalts  der  Verwaltungsbeamten,  der  auf 
lebenszeit  verliehen  wird  und  auch  als  pension  bleibt,  zum 
unterschiede  vom  dienstgehalt:  auch  gehen  die  zwey  letz- 
teren vortheile  (ehre  und  einkommen)  zuweilen  vor  der 
stelle  vorher,  zuweilen  dauern  sie  auch  länger,  als  die 
stelle,  wo  etwa  standes-gehalt  und  dienst-gehalt  unter- 
schieden wird,  wovon  der  erstere  den  emeretirten,  jubi- 
lirten,    pensionirtcn ,    dispensirten   bleibt.    Hugo  encyd. 

(183,5)  376. 

STANDESGEIST,  m.:  der  durch  beleidigten  standes- 
geist  gereizte  stolz  einer  groszen  Versammlung  von  prä- 
laten  und  gelehrten.  Becker  iceltgesch.  6,41;  abkunft  von 
einem  geschlechte,  welches  sich  seit  langer  zeit  im  be 
sitze  so  groszer  Vorzüge  befunden  hatte,  erzeugte  und 
erhielt  einen  standesgeist  . .  .  12,67;  die  bedeutung  der 
priester  lag  nicht  in  ihrer  persönlichkeit,  sondern  in  ihrem 
standesgeist.  Smend  alttestamentl.  religionsgesch.  78. 

STANDESGEMÄSZ,  adj.  dem  stände,  ränge  jemandes 
angemessen.  Campe;  s.  auch  standesmäszig :  beides  (rasches 
gehen  und  arbeiten)  ziemt  sich  für  den  bauer  nicht,  es 
wäre  so  wenig  standesgemäsz  als  wenn  er  wildpret  und 
fisch  auf  eine  hochzeittafel  bringen  wollte.  Riehi.  d.  d. 
arbeit  26;  in  den  äugen  der  voUblut-junker  galten  nur 
die  berufe  des  offiziers,  des  kammerherrn  . . .  und  allen- 
falls noch  der  Verwaltungsdienst  für  standesgemäsz. 
Tkeitsciike  d.  gesch.  8,106;  standesgemäszer  unterhalt, 
standesgemäsze  erziehung,  lebensweise  u.  s.  w. ;  sehr  häitßg 
adverbial:  der  schrecken  und  der  zorn  hierüber  waren 
grosz  im  pfarrhausc.  zumal,  wenn  man  bedachte .  dasz 
die  junge  bäucrin  einst  als  hausfrau  dort  einziphcn  .  .  . 
sollte,  sie,  welche  weder  mit  der  gehörigen  nnmut  im 
grase  zu  liegen ,  noch  einen  hason  stHndosgemKsz  zu 
braten  und  aufzutragen  wuszte.  Kki.i.kk  1, 17;  bewirthel 
ihn  standesgemäsz.  C.  F.  Meyk.m  Jiirg  .lenatsch  iss;  kaum 
hatte  sich  der  herzogliclie  limishalt  so  standesgemäsz, 
wie  es  in  dem  rcpublikanisclion  borglando  möglich  war, 
in  den  besten  gomächern  der  raumreichen  patrizisohen 
Wohnung  eingerichtet.  249;  ich  würde  mich  nie  anders 
als  standesgemäsz  verheiraten.  Mar  litt  heideprins.  stw; 
so  mÜKtest  du  mir  wenigstens  deine  «quipage  leihen. 


I 


753   STANDESGENOSSE— STANDESHERR 

um  diese  liebschaft  standesgemäsz  zu  betreiben.  Heyse 
kinder  der  weit  1,110; 

herr  Hüon,  standseemäss  ein  feind  vom  wörterstreit, 
hauidhabt  das  \verk  gleich  einem  abenteaer. 

Wieland  Oberon  6,  25 ; 

wie  comtessen  essen,  weisz  ich, 
denn  ich  übe  mich  gfar  fleiszig. 
die  erzmundwischmeisterin, 
comtesz  Torschon  de  Popin, 
lehrte  mich,  wie  stets  bei  tische 
jeder  anders,  ländlich,  sittlich, 
appe-  und  anappetitlich, 
standsgemäsz  aas  maul  sich  wische. 

Brentano  5, 132. 
dazu  standesgemäszheit,  /. 

STAXDESGENOSSE ,  m.  der  deniselben  stände  (8)  an 
geMrt:  weil  gerade  damals  von  den  senatorischen  richtern 
mehrere  ganz  unverantwortliche  freisprechungen  ihrer 
standesgenossen  erfolgt  waren.  Becker  ««Z^e^cÄ.*  3,  207; 
die  unbefangenen  landj  unker  besaszen  eben  noch  hin- 
reichenden humor,  um  sich  an  dem  mutwillen  und  den 
tollen  luft^prüngen  ihrer  extremen  standesgenossen  zu  er- 
götzen. EiCHENDORFF  17,  20  Koch;  als  dritte  classe  (meiner 
gegner)  möchte  ich  meine  standesgenossen  im  landadel 
bezeichnen,  die  sich  ärgerten,  weil  ich  in  meinem  ex- 
ceptionellen  lebenslauf  aus  dem  . .  .  begriff  der  traditio- 
nellen landadelsgleichheit  herausgewachsen  war.  Bis- 
MARCK  ged.  u.  erinn.  2,147;  die  «Itere  von  ihnen  stellte 
mich  der  gesellschaft ,  welche  aus  jungen  arbeitsleuten 
verschiedener  profession  zu  bestehen  schien,  als  standes- 
genossen vor.  Keller  3,83;  nur  selten,  und  niemals 
ohne  lebhaften  Widerspruch  der  standesgenossen,  ent- 
schlosz  sich  ein  adliches  mädchen  sich  an  einen  bürger- 
lichen mann  wegzuwerfen.  Treitsghke  d.  gesch.  2, 106. 

STANDESGENCGIGKEIT,/.:  Philander  ist  von  dem 
alten  weltberühmten  herrn  Philips  Böckle  von  Böcklinsau 
in  seinem  handbrieflein  dem  adel  besser  beschrieben, 
und  seiner  standsgenügigkeit  nach  wohl  gelobet  worden. 
Philander  (1665)2,367. 

STANDESGERICHT,  n.  gerieht,  tco  ungehörige  eines  be- 
stimmten Standes  über  ihre  standesgenossen  zu  gericht  sitzen. 
(Grimm  weisth.,  reg.). 

STANDESGETREU,  adj. :  deshalb  war  es  der  allgemeine 
wünsch,  dasz  die  tochter  . . .  einen  standesgetreuen  jungen 
geistlichen  ins  haus  locken  . .  .  möchte.  Keller  i,  17. 

STANDESGEWISSEN,  n. .-  nein,  rief  der  alte  baron,  was 
andere  sich  erlauben,  das  ist  mir  unverboten !  ich  habe 
in  solchen  dingen  gar  kein  privat-  sondern  nur  ein 
standesgewissen.  Immermann  Münchh.  2,  57;  fast  in  allen 
classen  und  ständen  der  gesellschaft,  vorzüglich  aber  in 
den  handel  und  gewerb  treibenden,  hat  man  eine  art 
von  generellem  standes-gewissen  erfunden,  worin  das  indi- 
viduelle der  einzelnen  aufathmet  oder  . . .  erstickt.  Hebbel 
tageb.  3,  s.  85. 

STANDESGLEICH,  adj.,  vgl.  stand  8,  e  tmd  das  folgende. 

STANDESGLEICHHEIT,  /.  gleichheit  dem  stände  nach. 
Campe;  aufgehobene  Standesgleichheit.  Schiller  9,136. 

STANDESGRUPPE,/.:  es  sorgte  überhaupt  jede  hervor- 
ragende Standesgruppe  für  die  Verewigung  ihrer  mit- 
glieder.  Riehl  cxdfurstud.  304;  so  kann  der  literarhisto- 
riker  überhaupt  nach  Standesgruppen  die  perioden  der 
mittelaltrigen  poesie  ordnen,  die  deutsche  arbeit  26;  die 
meisten  menschen  gelangen  zu  dem  für  ihr  moralisches 
leben  notwendigen  selbst-  und  ehrgefühl  nur  durch  das 
gefühl  der  Zugehörigkeit  zu  einer  Standesgruppe.  Bachem 
staatsle.T.^  2,  817. 

STANDESHAUPT,  n.  im  sinne  von  8taats(ober)haupt, 
vgl.  stand  9,  c;  es  darf  wohl  für  ausgemacht  gelten,  dasz 
ein  dictator  als  {latinisches)  standeshaupt  den  bund  mit 
Rom  schlosz.  Nieburr  2,  37;  der  Statthalter  in  schweize- 
rischen republiken  ist  der  welcher  das  abwesende  oder 
sonst  behinderte  standeshaupt  vertritt.  125,  anm.;  wie 
denn  nachher  ein  standeshaupt,  unter  dem  oskischcn 
namen  meddix  tuticus,  der  kampanischen  republik  vor- 
gestanden haben  könne.  3,  338. 

STANDESHERR,  m.  herr,  der  zu  den  ständen  (9,  b)  eines 
landes  gehört;  bezeichnung  gewisser  grxippen  des  hohen  adels. 
früher  {vor  1806)  besonders  in  Österreich.  Schlesien,  Sachsen, 
der  Lausitz  die  besitzer  gröszerer  herrschaften  mit  gewissen 
regierungsrechten,  s.  Adelung  {freiherr,  buron)  und  Campe 
X.  2. 


STANDESHINDERNIS  —  STANDESLEBEN  754 

{freiherr,  icdcher  auszer  seinen  eigenen  gütern  noch  andere 
gutsbesitzer  unter  sich  haf);  seit  1806  die  mediatisierten 
fürsten  und  landesherren.  Schröder  reehfsgesch.''  762 ; 
'sodann  aber  gehören  zu  den  deutschen  Standesherren  auch 
alle  diejenigen  adeligen  familien,  welchen,  obicohl  sie  nicht 
zu  den  bis  zum  j.  1806  reic?tsständiseh  gewesenen  geschlech- 
tern  gehört  hatten,  aus  besonderen,  auf  ihrer  standesstdlung 
zur  reichszeit  beruhenden,  gründen  durch  spätere  bundes- 
bescMüsse  die  im  genannten  artikel  der  deutschen  bundes- 
akte  enthaltenen  persönlichen  utid  familienrechte  beigelegt 
worden  sind.  Blontsch Li -Brater  deutsches  staats-wb. 
10, 163  {nach  der  anm.  käme  das  wort  in  Schlesien  und 
der  Lausitz  seit  dem  14.  jahrh.  vor) :  um  anschaulich  zu 
machen,  wie  es  in  Deutschland  zu  jener  zeit  herging, 
und  wie  bürger  und  bauern  damals  bei  weitem  mehr 
durch  die  Standesherren,  fürsten  und  bischöfe  litten,  als 
sie  heut'  zu  tage  noch  irgendwo  durch  socialisten  und 
radikale  gelitten  haben.  Schlosser  toeltgesch.  12,  321 ; 
der  name  'standesherr'  soll  nicht  mehr  gebraucht  werden, 
wenn  von  ehmals  reichsständischen  fürsten  die  rede  ist; 
er  ist  für  sie  zu  gering,  den  Standesherren  in  Schlesien  ic. 
wird  das  nicht  gefallen!  Varnhagen  tageb.  2,93;  vorher 
hatte  die  aristokratie  noch  die  gröszten  hoffnungen,  der 
grosze  grundbesitz,  die  hohen  beamten,  die  standes- 
herren ,  dachten  noch  an  ein  adliches  oberhaus.  5,  222 ; 
einige  von  ihnen  stammten  aus  den  gemeinen  herr- 
schaften .  . .  und  sie  erinnerten  sich,  wie  sie  als  bauern- 
kinder  am  wege  hatten  hinknieen  müssen,  wenn  eine 
kutsche  mit  eidgenössischen  standesherren  und  dem  weihe! 
gefahren  kam.  Keller  6,268;  selbst  für  das  terrain,  welches 
die  heutigen  deutschen  fürsten  theils  kaiser  und  reich, 
theils  ihren  mitständen,  den  Standesherrn,  theils  ihren 
eignen  landständen  abgewonnen  haben,  läszt  sich  kein 
vollständig  legitimer  besitztitel  nachweisen.  Bismarck 
ged.  «.  erinn.  1,176.  —  dazu  standesherrlich,  adj.: 
dann  finden  sich  in  der  liste  mitglieder  standesherrlicher 
häuser,  bei  denen  die  abstammung  die  begabung  ersetzte.  5. 
früher  auch,  der  altem  bedeutung  von  standesherr  ent- 
sprechend, standesherrliche  regienmg,  standesherrliches  ge- 
richt, das  standesherrlich-fürstliche  amt  Bentheim  u.  a.  — 
Standesherrschaft,/,  herrschaft,  gebiet  eines  si&nAfis- 
herrn  (in  der  altem  bedeutung).  Adelung;  heute  nur  noch 
für  die  gebiete  der  mediatisierten  {nicht  mehr  als  politischer 
begriff),  z.  b.  die  Standesherrschaft  Stolberg- Wernigerode. 

STANDESHINDERNIS,  n..-  er  {der  bischof)  setzte  sich 
in  den  stand,  Fides  die  erbfolge  zu  sichern,  indem  er 
sie  von  den  Standeshindernissen,  die  wegen  ihrer  unregel- 
mäszigen  gehurt  erhoben  werden  konnten,  dispensierte. 
Keller  6,  58. 

STANDESINTERESSE,  »..-  während  des  Wiener  con- 
gresses  wurde  der  plan  einer  'adelskette'  viel  besprochen, 
einer  groszen  genossenschaft,  welche  überall  in  Deutsch- 
land die  Standesinteressen  wahren  und  den  sinn  ritter- 
licher ehre  wach  halten  sollte.  Treitschke  d.  gesch.  2, 107. 

STANDESIRRTHUM ,  m..-  undelikatesse  und  standes- 
irthümer  adelicher  leute.  Pestalozzi  Lienh.  u.  Gertr. 
2,  307. 

STÄNDESITZUNG,/,  siteung  der  stände  (9,  b),  vgl.  stände- 
versammlung. 

STANDESKOLLEGIUM,  n.:  eine  erhebung  in  den  hohen 
adel  ist  seit  der  auflösnng  des  reiches  (6.  augnst  I8O6) 
ausgeschlossen  .  .,  weil  die  alten  Standeskollegien,  deren 
konsens  erforderlich  wäre,  bisher  nicht  wiederhei^estellt 
sind.  Bachem  staatslex.^  5,  5i6. 

STANDESKRANKHEIT,  /.  •  sein  held  {Göfhes  im  Tusso) 
ist  ein  künstler,  wie  Macbeth  ein  soldat,  beide  leiden 
sozusagen  an  einer  standesk  rankheit ,  wie  man  weber- 
krankheiten  u.  s.w.  hat.  Ludwig  5,526. 

STANDESKREIS,  m.:  drei  stände  des  mittelalters  üben 
nach  einander  kunstgerecht  die  poesie.  . . .  allein  nie- 
mand tritt  dadurch  aus  seinem  standeskreis,  dasz  er  ein 
namhafter  dichter  wird.  Riehl  d.  d.  arbeit  26. 

STANDESKRONE,  /.  rangkrone,  Sammelbegriff  für  alle 
krönen  der  verschiedenen  adelsstufen  in  der  heraldik. 

STANDESLEBEN,  n.,  zu  stand  9.  c  {kanton):  was  willst 
da  mit  deiner  Schweiz  ohne  ihre  alten  und  neuen  kan 
tone?  ...  er  ist  schön,  der  rothe  schweizerische  bundes- 
und  waffenrock,  aber  ein  politischer  schmutzfink  ist,  wer 

48 


755   STANDESLEUTE— STANDESMÄSZIG 


STANDESMEINUNG— STANDESPERSON  756 


nicht  sein  reinliches,  selbstgewobenes  hemd  ehrbaren 
Standeslebens  darunter  trägt.  Keller  nachl.  289. 

STANDESLEUTE,  plur..  at»  gelegentliche  zusamnun- 
rückting:  darinnen  fände  ich  unterschiedliche  tische  mit 
auch  unterschiedlichen  Standsleuten  {leuten  von  verschie- 
denem stände)  besetzt,  doch  alle  von  gemeinem  volck. 
Simpl.  sehr.  3,  364,  21  Ktirz  {vögeln.  1, 12).  —  nd.  (holst.): 
'der  geringe  man7i  pflegt  sich  wi  standslüt  zweisinnig  leute 
tinsers  Standes  oder  vo7i  stände  zu  nennen'.  Schütze  4, 187. 

STANDESMANN,  «i.  gelegentliche  hüdung  {vgl.  standes- 
herr):  theils  beschränkte  er  {graf  Carl  Harrach,  der  den 
ärztlichen  beruf  misühte)  sich  auf  die  Schilderung  seiner 
praktischen  thätigkeit ,  ärztlicher  Verhältnisse ,  merk- 
würdiger berührungen  und  einflüsse,  die  eine  person  der 
art  als  Standes-,  weit-  und  heilmann  erlebt.  Göthe  32, 151. 

STANDESMÄSZIG,  adj.  dem  stunde,  ränge  jemandes  ge- 
mäsz.  Adelung;  im  is.  jahrh.  gern  als  standsmäszig ;  so 
auch  ins  dän.  als  standsmsessig  entlehnt,  die  belege  be- 
ginnen in  der  ersten  hälfte  des  18.  jahrh.:  resolvirte  sich 
der  herr  vater  bald  seinen  beyden  söhnen  eine  standes- 
mäszige  equippage  verfertigen  zu  lassen,  caval.  im  irrg. 
(1738)  2 ;  ich  würde  lachen ,  wenn  man  die  erste  Samm- 
lung für  eine  sehr  unvollständige  deutsche  grammatik  .  .  . 
und  endlich  diesen  dritten  theil  für  gar  keine  standes- 
mäszige  anpreisung  der  Römer  .  . .  erklärte.  Herder  l,  527 
Suphan  {fragm.  3,  naclischr.);  ich.  aber  wenn  sie  sich  ins 
lüderliche  leben,  ins  laster  stürzen?  er.  das  ist  stands- 
mäszig. Göthe  36,56;  mit  zauberischer  Verwirrung  ... 
trat  sie  dem  schönen  Jüngling  gebückt  entgegen,  ... 
schüchtern,  nicht  seiner  standesmäszigen  kleidung  wegen, 
sondern  weil  er  ein  mann  war.  J.  Paul  22  {Titan  2),  53; 
o  ich  unglücklicher,  dasz  ich  in  die  verwünschten  standes- 
mäszigen redensarten  gefallen  bin!  Brentano  5,  41;  wenn 
das  zeug  auch  viel  kostet,  so  gehört  es  doch  einmal  zu 
unserm  stände,  und  was  standesmäszig  ist,  kostet  nie 
zu  viel.  Immermann  Münchh.  l,  58;  nur  in  betreff  der 
tänzerinnen  hatte  sich  anfänglich  eine  scheinbar  unüber- 
windliche Schwierigkeit  herausgestellt ;  die  achte  standes- 
mäszige  dame  war  nicht  zu  beschaffen  gewesen.  Storm 
2,87;  was  also  bei  den  zünften  die  ganze  Standesgruppe 
that,  das  übernahm  hier  die  familie;  im  übrigen  liegt 
beidem  .  . .  derselbe  stolz  eines  standesmäszigen  prunkes 
zu  gründe.  Riehl  culturstud.  304;  soweit  der  schenker 
nach  der  Vollziehung  der  Schenkung  auszer  stände  ist, 
seinen  standesmäszigen  unterhalt  zu  bestreiten  .  . ,  kann 
er  von  dem  beschenkten  die  herausgäbe  des  geschenkes  .  . 
fordern,  bürgerl.  gesetzb.  §  528;  das  masz  des  zu  gewähren- 
den Unterhalts  bestimmt  sich  nach  der  Icbensstellung  des 
bedürftigen  (standesraäsziger  unterhalt).  1610; 

gerne  wünscht'  ich  euren  tSchtem 
standesmäszige  eemahle. 

Herder  28,  519  SupMn  {Cid  66); 
(ich  mutz)  aus  vierzig  reisigen  an  fremdem  orte 
ein  standesmäsziges  geleit  mir  schafTen. 

Chamisso  Fortunat  8  Kotzm.  (2,  61). 

häufig  adverbial,  theils  in  beziehung  auf  das  aubject  (standes- 
mäszig leben  Campe,  dem  eignen  stände  gemäsz),  theils 
auf  das  object  (einen  standesmäszig  behandeln,  erziehen 
u. «.  w.):  wie  mein  seliger  mann  starb,  hatte  ich  nicht 
so  viel,  dasz  ich  ihn  standesmäszig  begraben  lassen 
konnte.  Moser  patr.  phant.  2,59;  ich  rüste  dich  standes- 
mäszig aus  mit  rosz  und  knecht,  mit  rUstung  und  kost- 
barer kleidung.  Fr.  Müller  3,  88;  wenn  sie  meine  tochter 
standesmäszig  ernähren  können,  soll  es  mir  lieb  sein. 
Kotzebu e  dramat.  np.  8, 168;  die  kamniergüter,  von  deren 
ertrag  damals  ein  künig  allein  standesmäszig  leben  konnte. 
SoHLOSRER  tedtgeach.  6,412;  der  bauer  denkt,  handelt, 
empflndet  standesmäszig  und  hergebrachter  weise.  Immkr- 
MANN  Münchh.  »,M;  als  nun  Ivo  so  standesmäszig  ge- 
kleidet mit  seiner  multer  nach  Horb  ging.  Auerbach 
dorfgetch.  i,  144  {Ivo  6);  wie  die  erziehung  eines  knäbchens 
in  einem  groszen  hause  von  anfang  an  standesmäszig 
betrieben  würde.  Keller  6,91;  der  beruf  der  einzelnen 
zur  arbeit  war  noch  standesmäszig  gebannt.  Rikml 
d.  d.  arhrit  66; 

BMlMbob  venchwand  atandamlszig  mit  (tstank. 

maobdorn  bei  AoBLUMo ; 
aorciniiulU  aUndcn  sechs  «chOne  geflagolt«  knaben  vor  ihnen, 
ssbr  «oisig,  die  fremde  damo  etandsmliwig  tu  bedienen. 

WiBLANu  4  1104  {Ämad.  9, 11). 


STANDESMEINUNG,/. .-  dieselbe  macht  der  geschichte, 
welche  überall  ...  an  stelle  der  Standesmeinung  eine 
öffentliche  meinung  gesetzt  habe,  sie  nöthige  auch  die 
alten  landstände  zusammenzurücken  zu  einer  Volksver- 
tretung. Treitschke  d.  gesch.  b,Zl. 

STANDESNAME,  m. :  doch  wird  auch  hier  .  .  .  herrinn 
gebraucht,  wenn  man  die  gatlinn  eines  mannes  bezeichnen 
will,  dessen  Standes-  oder  ehrenname  sich  mit  herr  endigt. 
Campe  2,655»  {unter  herr). 

STANDESNEID,  m.:  solche  bestrebungen  . . .  steigerten 
den  groll  der  mittelklassen.  man  fiel  wieder  zurück  in 
jene  anschauungen  des  platten  Standesneides,  welche  . . . 
Friedrich  Buchholz  in  seinen  'Untersuchungen  über  den 
geburtsadel'  verkündigt  hatte.  Treitschke  d.gesch.  2, 107. 

STAND(E)SORDNUNG,  /.  ratio  dignitatis,  ordo  et  series 
ratione  praecedentiae.  Stieler  1399. 

STANDESPERSON,  /.  person  von  stände,  d.  h.  von  hohem, 
vornehmem  stände  {s.  stand  8,  k) :  eine  standsperson,  unus 
ex  Tnagnatibus,  megistan,  optimas.  Stieler  1427;  stands- 
person, /.  persona  di  qualitä,  di  nascitä,  di  conditione. 
er  (sie)  ist  eine  standsperson.  eine  vornehme,  hohe  etc. 
Stands-person.  Kramer  dict.  2,9Zi^f.;  standes-persohnen, 
illustres,  stimmo  genere  nati.  Apin.  gloss.  510;  personae 
equestris  ordinis,  primariae  dignitatis.  nobilis  prosapiae. 
Frisch  2,  318'';  'in  engster  und  eigentlichster  bedeutung 
gehören  dahin  nur  pAsonen  von  dem,  höhern  adel,  in 
weiterer  aber  auch  solche,  icelche  ihnen  an  tcürde  nahe 
kommen,  im  weitesten  verstände  pflegt  man,  obgleich  aus 
einem  miszbrauche,  oft  jede  über  dem  bürgerstande  er- 
habene person  mit  diesem  nahmen  zu  belegen.'  Adeluno, 
ähnlich  Campe,  auch  schiced.  standsperson.  die  iceitere 
bedeutung  ist  die  gewöhnliche  und  berechtigte,  da  standes- 
person  nicht  ebenso  abgeleitet  ist  wie  standesherr,  vgl. 
dieses,  die  {sehr  zahlreichen)  belege  beginnen  schon  im 
16.  jahrh.,  vgl.  Gombert  bemerk,  u.  erg.  3,  2;  sie  lassen  die 
allmähliche  ent%cicklung  des  toortes  deutlich  verfolgen,  zu- 
nächst finden  sich  blosze  zusammenschreibungen,  wobei 
Standes  durch  ein  adjectivisches  attribut  bestimmt  tcird: 
aus  Ursachen,  das  bej  unserer  camer  zu  Bresslaw  nit 
weniger  von  hoch  und  nieders  standespersohnen  ein  teg- 
licher  zugangk.  urk.  v.  1559,  s.  script.  rer.  SiUs.  4, 179;  da 
steigen  wol  gräfliche  und  andere  hohes  Standes  personcn 
auff  die  cantzel  und  predigen.  Schuppius  14;  dasz  nem- 
lich  die  hochlöbliche  fruchtbringende  gesellschaft  .  .  .  auch 
auf  andern  vornehmen,  wiewol  niedrigeres  doch  ehrliches 
Standes  Personen  . .  .  beruhen  müste.  neuspross.  palmenb. 
8.  172;  es  mögen  mir  solches  {unrecht)  gethan  haben  ... 
hohes  oder  niederes  Standspersonen,  arme  oder  reiche, 
edelleute  oder  Zöllner.  Juncker  Harnisch  (1669)  181.  dann 
tritt  wirkliche  Zusammensetzung  ein  und  das  adj.  vdrd  zu 
person  construiert,  zweifelhaft:  dasz  sie  den  wahren  adel 
nie  recht  erkandt  haben:  dessen  zeichen  ist,  den  ge- 
ringern Standspersonen  mit  freundlichkeit,  sanfftmut  und 
tugend  vorzuleuchten.  Schuppius  400;  von  hohen  und 
niedern  stands-personen ,  worunter  fürsten ,  fürstliche 
rähte,  rechtsgelehrte,  artzneiverständige ,  theologen  und 
Prediger,  poeten,  schuelbedicnte  . .  .  sich  befinden.  Risr 
Parn.  (1668)  vorber.hl'i*;  ainen  ieden  gemainsinteressen- 
ten  oder  nidern  Standspersonen  ...  zu  gepieten,  dass  sie 
diser  gemainsordnung  .  .  .  nach  zu  glebcn  schuldig,  tirol. 
xceisth.  4, 130, 17  {vom  j.  1688).  doch  unrd  diese  neutrale  be- 
deutung bald  aufgegeben  und  der  gebrauch  dea  toortea  schon 
im  17.  jahrh.  auf  die  Verbindungen  hohe,  vornehme  standes- 
person  eingeschränkt,  zunächst  mit  dem  auszeichnenden 
beiirort:  anderen,  hohen  Standes  personen  und  fürtroff- 
Hchen  Icutcn.  Rist  Parn.  (1668)  vorher,  hb^;  Gelanor  wäre 
mit  den  scinigen  auch  fort  gereiset,  allein  er  hörte,  dasz 
eine  vornehme  stands-person  aufT  den  andern  tag  eben 
In  dem  wirthshause  abtreten  wolte.  Weise  erzn.  112  neudr. 
(19H  bezw.vti);  glcicliwic  aber  einem  majestätischen  kAnigo 
die  majeslät  aus  den  äugen  leuchtet,  und  wenn  er  unter  11 

tausend  personen  seyn  solte,  würde  man  ihn  an  seiner  ^ 
majestät  erkennen  können,  dasz  er  eine  hohe  slandcs- 
person  seyn  mÜRso. Sperlinu  Nicodemxu quaeren» \{vi\»),*; 
geistliche  lieder,  vor  vornehme  standes-personen.  Pican- 
DER  6,8(10  {ilbertchr.);  hier  hielt  man  es  fUr  unbillig,  dasz 
nur  regcnten  und  hoho  ntandospcrsonen  in  uns  schrecken 
und   mit  leiden  erwecken   sollten.   Leshino  4,  lu»;    seine 


757      STANDESPFLICHt— STANDESRECHT 


STANDESREGISTER— STANDESUNGEMÄSZ     758 


(Walletisfeitw)  gewöhnliche  tafel  war  nie  unter  hundert 
gangen,  sein  haushofmeister  eine  vornehme  Standesperson. 
Schiller  8,144;  meistentheils  ist  zwar  dergleichen  nur 
bei  groszen  herrn  und  vornehmen  Standespersonen  vor- 
gekommen. Immerm.\nn  Mt/nc/jÄ.  4, 28  (7,  3).  endlich  fäUt 
das  attnbtd  ganz  fort  und  Standesperson  allein  hat  den- 
selben prägnanten  sinn,  dieser  gebrauch  beginnt  nicht  später 
als  die  andern  und  ist  in  der  neuem  spräche  der  vor- 
herrschende, wenn  nicht  ausschlieszliehe :  welches  ich  hie 
mit  allen  stands-personen ,  allen  hof-prseceptoribus  zu 
einem  spiegel  vorstelle.  Philander  1,624  {iceiter  unten: 
jhr  fürst en ,  graven,  herren  und  gewaltige);  ich  weisz 
nicht,  wer  die  standtspersonnen  geweszen  sein,  so  disz  jähr 
in  die  Franckforter  mesz  kommen  wahren.  Elisab.  Char- 
lotte 3, 176  (10.  »Kit  1710} ;  dergleichen  exempel  findet 
man  gar  offt  auf  academien,  da  einer,  der  bürgerlichen 
Standes  ist,  sich  durch  uberflusz  einem  reichen  von  adel, 
oder  auch  wohl  gar  einer  standes-person  gleich  zu  machen 
suchet.  Chr.  Wolff  vernünfft.  ged.  von  d.  menschen  thun 
u.  laszen  (i720)  361  (§  551) ;  die  gutthätigkeit  vieler  standes- 
personen,  Hamburger  und  hiesiger  Engelländer.  Hage- 
dorn 1,45,  anm.T;  er  (Thomson)  hatte  von  einem  vor- 
nehmen manne  in  Schottland  empfehlungsschreiben  an 
verschiedne  standespersonen  in  London  mitbekommen. 
Lessing  4, 160;  er  gab  sich  alle  mühe,  in  der  feierlichen 
kälte  einer  Standesperson  davon  zu  sprechen,  derselbe, 
8.  kälte  4,  theil  5,88,  und  Eiselein  360;  die  anzahl  der- 
jenigen Standspersonen,  welche  der  pöbel  bey  dieser  ge- 
legenheit  ums  leben  brachte,  belief  sich  in  allen  auf 
zwey  hundert.  Heilmann  Tä«c.  1049  (8,  2l);  auch  er  be- 
sorgte die  angelegenheiten  verschiedener  standespersonen. 
Göthe  24,  182  {aus  m.  leben  4);  bei  der  rückkehr  hatte 
die  frau  juratin  für  die  standespersonen  den  tisch  mit 
erfrischungen  und  wein  besezt,  und  auch  ich  hatte  die 
ehre,  als  frau  rectorin  begrüszt  zu  werden.  (Ernestine) 
Voss  briefe2,i9;  da  sie  von  allen  fremden  und  ein- 
heimischen standespersonen  besucht  wurde ,  . .  .  stellte 
sie  sich  unbäszlich.  Schiller  4, 150;  als  don  Quixote  die 
leiter  hinaufstieg,  begrüszte  ihn  das  ganze  schiffsvolk, 
wie  es  gebräuchlich  ist,  wenn  eine  Standesperson  die 
galeere  betritt,  mit  einem  dreimaligen:  hussa!  Tieck  don 
Quix.^  2,473  (10,11);  diese  {zuschauer)  bestanden  nächst 
den  fürstlichen  personen  aus  den  Zöglingen  der  akademie 
mit  ihren  Vorstehern  und  einer  anzahl  von  fremden,  ver- 
muthlich  verwandten  der  eleven.  alles  stand,  nur  die 
standespersonen  saszen.  Herm.  Kurz  2,144  {Schillers 
Jteimathj.);  er  entfaltete  einen  schmalen  papierstreifen, 
auf  dem  eine  reihe  von  namen  zürcherischer  standes- 
personen verzeichnet  stand.  C.  F.  Meyer  Jenatsch  135. 
ungewöhnlich  in  anderm  sinne,  Vertreter  eines  Standes  (?): 
können  wir  von  dieser  prosopopöie  etwas  auf  gott  an- 
wenden ?  er  ist  weder  eine  larve  noch  maske ;  weder  eine 
Standesperson,  noch  ein  abgezeichneter  Charakter.  Herder 
16, 498  Suphan  {gott  4).  jetzt  sagt  man  scherzhaft  von  jemand, 
der  in  der  eisenbahn  4.  classe  fahrt  •  er  ist  eine  standes- 
person  {teeil  da  die  Sitzplätze  fehlen  oder  —  neuerdings  — 
nur  in  geringer  zahl  vorhanden  sind  und  diefahrgäste  — 
wenigstens  zum  groszen  theiU  —  stehen  müssen).  —  s.  auch 
Standperson. 

STAXDESPFLICHT,  /. :  was  standespflicht  war,  wollten 
viele  zur  menschenpflicht  überhaupt  machen.  Fichte 
»ittenl.aes;  über  Standespflichten  der  geistlichen  *.Wetzer- 
Welte  kirchenlex.^  11,  715—24. 

STAXDESPRIVILEG(IUM),  n..  plur.  -ien,  vgl.  sUndes- 
vorrecht. 

STANDESRECHT,  n.  •  die  somme  der  Vorschriften  über 
rechte  und  pflichten  der  mitglieder  {eines  Standes)  heiszt 
standesrecht.  Bachem  staatslex.^  2,  817.  meist  im  plur. 
standesrechte,  ton  Standesvorrechte,  Privilegien  %cenig 
verschieden :  wenn  die  feststellung  der  abstammung  eines 
kindes  erst  nach  eintragung  des  geburtsfalles  erfolgt  oder 
die  standesrechtc  durch  legitimation,  annähme  an  kindes- 
statt  oder  in  anderer  weise  eine  Veränderung  erleiden, 
so  ist  dieser  Vorgang  ...  zu  vermerken,  gesetz  vom  6.  febr. 
1875  §  26;  die  standesrechte  des  adels.  Becker  tceltgesch. 
12, 56;  standesrechte  bezic.  Privilegien  des  clerus  s.  Wetzer- 
Welte  kirchenlex.*  10,  432—43.  s.  auch  Varnhagen  tageb. 
13.  1  -.2. 


STANDESREGISTER,  n.  register,  öffenüiches  buch,  worin 
geburten,  eheschlieszungen ,  sterbefalle  und  andre  Verände- 
rungen des  Personenstandes  mit  urkundlicher  gewähr  von 
dem  Standesbeamten  verzeichnet  icerden,  auch  standes- 
buch,  civilstandsregister.  Ho ltz endor ff  recÄfe^er.' 774 — 6. 
Elster  tcörterb.  der  volkstcirtsch.  2,618.  handwb.  der  Staats 
iciss.^  {Jena  1898 — 1901)  6,  981 — 91.  Mischler-Ulbrich 
österr.  staatswörterb.  2,  702^.  Stenglein  vericaltungsr. 
2,  529 — 38  und  erg.-b.  3,  262 — 4:  von  jedem  Standesbeamten 
sind  drei  Standesregister  unter  der  bezeichnung :  geburts- 
register,  heirathsregister,  Sterberegister  zu  führen,  die 
eintragungen  in  die  Standesregister  erfolgen  unter  fort- 
laufenden nummern  und  ohne  abkürzungen.  . . .  die  füh- 
rung  der  Standesregister  und  die  darauf  bezüglichen  Ver- 
handlungen erfolgen  kosten-  und  stempelfrei,  reichsgesetz 
vom  G.  febr.  1875  §  12.  13.  16;  dazu:  die  sächlichen  kosten 
der  Standesregisterführung  liegen  den  gemeinden  ob. 
Holtzendorff  rechtslex.^  776.  —  selten  im  sinne  von 
adelsregister. 

STANDESREÜTER,  m.,  zu  stand  9,  c  {kanton):  an  einem 
andern  tische  saszen  fünf  oder  sechs  männer,  die  zum 
gefolge  der  hier  anwesenden  gesandtschaften  gehörten, 
sogenannte  standesreuter  und  landwaibel,  ein  trotziges 
geschlecht,  das  man  vormahls  bey  allen  tagsatzungen 
und  auftritten  kennen  lernen  konnte,  ülr.  Hegner  ges. 
sehr.  (1828)  3, 184;  zugleich  stürmte  ein  langer  reifer  im 
rothen  mantel  . . .  durch  das  thor,  der  standesreuter  von 
Schwyz,  welcher  der  altmodischen  gesandtschaftskutsche 
voranritt.  Keller  nachl.  251. 

STANDESRÜCKSICHT,  /.  rücksicht,  die  man  seinem 
stände  oder  dem  stände  eifies  andern  schuldig  ist. 

STANDESSAAL ,  m. .-  keine  frage  dasz  die  hohe  geist- 
lichkeit,  wenn  auch  blosz  durch  die  sieben  geistlichen 
pars  vertreten,  sich  hier  {in  einern  oberJiause  oder  senat 
von  lebenslänglichen  mitgliedem)  mehr  zu  hause  gefühlt 
hätte  als,  wie  es  später  kam,  mit  der  niederen  geistlich- 
keit  in  demselben  standessaale  zusammengesperrt  und 
von  ihr  überstimmt.  Dahlmann  franz.  revol.  s.  144.  vgl. 
ständesaal. 

STANDESSCHRANKE,  /.  •  in  allen  klassen  aber  gab  es  . . 
einzelne  merkwürdige  und  alle  standesschranken  hoch 
überragende  Charaktere.  Eichendorff  17,  30  Koch. 

STANDESSELBSTSUCHT,  /.  •  während  er  {Sotteck)  also 
in  radikalen  schlagworten  schwelgte,  verlangte  er  zugleich 
mit  naiver  Standesselbstsucht  die  einführung  der  Stell- 
vertretung bei  seiner  landwehr;  ganze  klassen,  namentlich 
die  Studenten  sollten  befreit  sein.  Trkitschke  deutsche 
gesell.  2, 104. 

STANDESSITTE,  /. .-  die  bürgerliche  geseUschaft  ist  aber 
nichts  anderes  als  das  volk  unter  dem  gesichtspunkt  eben 
jener  groszen  arbeitskreise  und  der  aus  dem  beruf  er- 
wachsenden Standessitten.  Riehl  d.  d.  arbeit  lO;  das  ge- 
setz der  kästen  hat  in  seinem  gefolg  alle  nachtheile  des 
berufszwanges ;  der  zwanglose  einflusz  dagegen,  den  die 
Standessitte  ausübt,  ist  ein  vorherrschend  wohlthätiger. 
Bluntschli-Brater  d.  aiaatstcb.  2,76. 

STANDESSORGE,  /  • 

ein  söhn  Apolls  ist  ein  kosmopolit, 

ihn  drücken  keine  Standes  sorgen.    Götter  8,  408. 

STANDESSTOLZ,  m. .-  der  trauen-  und  standesstolz  der 
gräfin  war  endlich  ganz  der  rächenden  natur  unterlegen. 

MOSEN  7,  430. 

STANDESSTÜFE ,  /..-  dasz  es  unter  den  jahrmarkts- 
bildern  auch  Standesstufen  gibt,  die  auf  alter  Überlieferung 
zu  beruhen  scheinen,  ein  Stahlstich  aus  der  druckerei 
von  May  und  Wirsing  in  Frankfurt  a.  M.  stellt  sieben 
solcher  stufen  auf,  drei  aufsteigende,  drei  absteigende 
und  eine  in  der  mitte  liegende  höchste.  Goedeke  Gengen- 
Imch  s.  593 ;  vgl. :  die  liederstreitc  zwischen  ständen  . . . 
übergehend,  verweise  ich  auf  die  Standesabstufungen  der 
totentänze:  bapst,  cardinal  u.s.w.  ebenda,  und  stand  8,  h,  y, 
sp.  716. 

STANDESTRACHT,  /.  traeht,  die  einem  stände  eigen  ist 
und  ihn  von  andern  unterscheidet  {uniform).  Campe  {mit 
vertceia  auf  ein  Baseler  wörterb.  v.  1675). 

STANDESUNGEMÄSZ,  adj.:  eine  standesungemäsze  ehe 
eingehen.  Tei.mann  novellen  (1884)  151.  nicht  sehr  üblich, 
daneben  unstandesgemäsz,  meist  aber  nicht  standesgemäsz. 

48* 


759 


STANDESUNGLEICHHEIT 


STÄNDEVEREINIGUNG 


760 


STANDESUNGLEICHHEIT,  /..-  dasz  England,  bei  aller 
aiifrechthaltung  der  bürgerlichen  standesungleichheit, 
doch  die  persönliche  freiheit  gesichert.  Hf.ink  3,  279  Elster. 

STANDESUNTERSCHIED,  m. :  seitdem  die  geistlichkeit . . 
aufgehört  hatte,  die  Standesunterschiede  zu  vermitteln, 
hatte  der  adel  den  werth  seiner  Vorrechte  noch  gesteigert. 
Becker  welt^esch.  12,67;  das  königthum  hatte,  ...  da- 
durch, dasz  es  die  mittelalterthümlichen  standesunter- 
schiede  nicht  fallen  lassen  wollte,  den  tiersetat  von  sich 
entternt.  *  14,98;  der  vicomte  von  Beauharnais  verlangte 
ein  Strafgesetz,  welches  gleichheit  der  strafen  ohne  standes- 
unterschied  feststelle.  Dahlmann  franz.  revol.  251;  die 
nationalversammlung  darf  . .  .  keine  neue  standesunter- 
schiede  schaffen.  Varnhagen  to^eft.  5,  223. 

STANDESURKUNDE,  /.  urktmde,  die  den  Personenstand 
betrifft:  sobald  das  schiff  in  den  inländischen  hafen  ein- 
gelaufen ist,  in  welchem  es  seine  fahrt  beendet,  ist  das 
tagebuch  {des  Schiffers)  der  für  den  Standesbeamten  des 
hafenorts  zuständigen  aufsichtsbehörde  vorzulegen,  diese 
hat  beglaubigte  abschrift  der  in  das  tagebuch  eingetragenen 
Standesurkunde  dem  Standesbeamten,  in  dessen  register 
der  fall  gehört, . . .  zuzustellen,  gesetz  vom  6.  febr.  1875,  §  G4. 

STANDESVERÄNDERUNG,/.;  da  aber  der  letztlebende 
ehe-gatt  zur  andern  ehe  schreiten  würde,  so  solle  selbiges 
zwar  die  in  der  ersten  ehe  erzielte  kinder  ...  zu  ernähren 
verbunden  bleiben,  da  hingegen  aber  auch  solcher  kinder 
anerfallene  elterliche  erb-portion,  bisz  zu  deren  majo- 
rennität  oder  stands-veränderung  {Verheiratung,  eintritt 
in  den  geistliclien  stand  u.  s.  w.),  zu  geniessen  haben. 
Mayntzische  landrecht  (1755)  7,  §  3;  am  folgenden  tage  nahm 
er  {LutJter)  von  seinen  freunden  schriftlich  abschied, 
schickte  der  Universität  sein  magisterdiplom  zurück  und 
meldete  auch  seinen  eitern  seine  plötzliche  Standesver- 
änderung {Übergang  vom  juristischenzum  tlieolog.  Studium). 
Becker  ireltgesch.  7,  195  bezw.  *  9, 193. 

STANDESVERHÄLTNIS,  n..-  ich  gebe  mit  Adlerskron 
noch  nicht  alle  hofnung  auf,  denn  die  haupt  einwendung 
ihres  mannes  gegen  ihn,  dasz  ihn  sein  stand  ihnen  glejch 
setzen  .  . .  möchte,  wird  sich  heben  lassen.  .  .  .  ich  zähle 
hier  mehr  auf  die  unfreiwillige  deszendcnz  (die  von  kei- 
nem standesverhältnisz  abhängt)  als  auf  die  freiwillige. 
Schiller  briefe  3,  34«  {an  Ch.  v.  Kalb  d.  29.  juli  1793).  ge 
tDöhnlich  im  plural:  die  Standesverhältnisse  im  ältesten 
Rom.  Becker  tceltgesch.  2,352;  mich  hat  die  unmittel- 
bare anwendung  der  Standesverhältnisse,  wie  sie  im  alt- 
deutschen recht  wahrgenommen  werden,  auf  die  spräche 
eine  einfache  trilogie  gelehrt,  der  freie  mann  steht  in 
der  mitte  u.  s.  u>.  J.Grimm  *.  tkeil  l,  vorr.  xxxii;  Al. 
Schulte,  die  Standesverhältnisse  der  minnesänger.  Zeit- 
schrift f.  d.  alterth.  39, 185. 

STANDESVORREGHT,  n.:  dasz  die  patricier,  und 
.  besonders  der  schroffere,  auf  seine  Standesvorrechte  eifer- 
süchtige theil  unter  ihnen,  das  tribunat  .  . .  mit  wider- 
streben ansahen.  Becker  weltgesch.^  3,  8;  es  {das  auf- 
streben der  ritter)  war  unzweifelhaft  ein  culturfortschritt, 
aber  er  wurde  theuer  erkauft  .  . .  durch  kunstvolle  aus- 
bildnng  der  Standesvorrechte  und  vorurtheile.  Freytao 
18, 10  {in  der  »onderauag.  der  'bilder'  2, 1,  6  dafür-,  standes- 
privilegien);  wenn  er  {der  bauer)  auch  alle  tage  wilderte, 
8o  hielte  er  es  doch  für  unstandesgemäsz  wildpret  zur 
Hochzeit  aufzutischen ,  weil  die  jagd  und  flscherei  das 
standesTorrecht  der  vornehmen  herren  ist.  Rikiii,  d.  d. 
arbeit  25;  der  ritterliche  dichter  spricht  es  oft  und  klar 
genug  aus,  dasz  das  dichten  eigentlich  ein  Standesvorrecht 
des  adels  sey.  96;  während  die  französischen  cdelleute, 
erbost  ober  den  vertust  ihrer  standesvorrechtc,  mit  dem 
landesfeinde  vereint  gegen  ihr  Vaterland  in  den  krieg 
gezogen  waren.  Treitschke  d.  geseh.  8, 107. 

STANDESVORSTELLUNG,/.:  dagegen  setzte  sich  in 
ihr  die  itandesvorstellung  . .,  dasz  sie  bestimmt  sei,  mit 
einem  Hechelkramischcn  fUrsten  in  zärlliche  verh&ltnisse 
xo  treten,  immer  fester  in  ihr.  Immermann  Münehh. 
1, »  (1. 1). 

STANDPi^VORTHKIL.  m..-  die  bevorrechteten  befanden 
im  besitz  ihrer  •tandcsvorthcile  sich  wohl.  Brckkr  weit 
ge*eh.  is,  60. 

STANDK.SVORUKTHKM>.  n.  ein  rechte«  wrllkind.  In 
religiontvachen    ganz    aufgeklärt,    dagegen    erfüllt    von 


standesvorurtheilen.  Varnhagen  fageb.  8,  1.35;  es  blieb 
kein  zweifei  mehr,  Elisabeth  war  die  schöne  grälin,  welche 
das  standesvorurtheil  so  unglücklich  werden  liesz.  Mosen 
7,429;  sie  {Ilse)  vergasz  ihren  zorn  über  standesvorur- 
theile  .  . .  und  blickte  unverwandt  auf  die  junge  fürstin. 
Kreytag  7,209  {verl.  handsc.hr.  i,i). 

STANDES  WAHL, /. :  lebens-  sive  standeswahl,  gene^is 
vit(te  electio.  Stieler  24€8;  Standes-  ö  stands-wahl,  /. 
elettione  dello  stato  ö  genere  di  vita.  Kram  er  dict.  2, 931». 
auch  jetzt  üblich  {dafür  häufiger  berufswahl). 

STANDESWAPPEN,  n.,  -wapen  'ein  wapen.  toeMies 
jemand  vermöge  seines  Standes,  d.  i.  seiner  Verhältnisse  in 
der  bürgerlichen  gesellschaft  führet;  zum  unterschiede  von 
einem  geschlechtswapen ,  heurathswapen ,  gnadenwapen 
und  so  ferner'.  Adelung;  freier:  der  wahn  wird  ein 
nationalschild ,  ein  standeswappen ,  eine  gewerksfahne. 
Herder  17,  230  Suphan  {human,  br.  46). 

STANDES  WEIB,  n.,  vgl.  standesdame,  -frau  und  -person: 
Statira,  des  königes  Darii  gemahlin,  wurde  ihrer  zeit  vor 
die  allerschönste  gehalten,  welche  aber  in  der  gehurt 
starb,  und  so  ist  es  auch  andern  hohen  Standes  weiborn 
ergangen.  Sperling  Nicodemus  quaerens  i  (1718),  1148. 
STANDESWERK,  n.: 

wer  der  jähre  frische  stärke 

leget  an  die  slandeswerke, 

stehet  so  in  runder  weit, 

dasz  er  steht,  wenn  sie  gleich  fällt. 

LoGAU  «.  083  Eilner  {anh.  12,  10). 

STANDES  WERT,  m. :  andere  fürchten,  ...  der  Sprach- 
schatz des  hochdeutschen  könnte  durch  diese  .  .  .  aner- 
kennung  der  mundart  . .  .  herabgezogen  werden.  .  . .  auch 
diese  furcht  scheint  mir  eitel,  denn  auch  für  den  unter- 
schied der  ausdrücke  und  Wendungen  nach  ihrem  ver- 
schiedenen standeswerte,  wie  sie  in  verschiedenen  schich- 
ten gewissermaszen  über  einander  lagern,  bringt  der 
Schüler  bereits  ein  gewisses  gefühl  aus  seinem  lebens- 
kreise  mit.  Hildebrand  sprachunterr.^  69. 

STANDESWIDRIG,  adj.  •  es  giebt  ganze  landstriche  im 
deutschen  vaterlande,  in  welchen  dem  adel,  ein  buch  zu 
lesen,  noch  immer  für  standeswidrig  gilt.  Immermann 
Münehh.  1,214  (2, 10). 

STANDESWUNDE,/.:  'Louise  Millcrin'  . . .  griff  bis  zum 
aufzucken  schmerzhaft  in  die  wunden  der  gegenwart,  in 
Standes-    und    regierungs-wunden.    Lvure  4,  233  Hauben. 

STANDESWÜRDE,  /.;  gunstiger  und  Standeswürden 
nach  geehrter  leser.  Opitz  3,5;  mit  einem  hops  hoch  in 
die  luft  springend,  schüttelte  Ivo  die  ganze  last  der 
{geistlichen)  standeswürde  von  sich  ab.  Auerbach  durf 
gesch.  1, 186. 

STANDESZEICHEN,  n.  zeichen,  das  den  stand,  rang 
einer  person  anzeigt,  insignie.  Campe,  in  der  heraldik 
'weibliche  Standeszeichen,  zur  Unterscheidung  des  jung- 
flauen-,  ehe-  und  icitttcenstandes  umgab  nuin  die  dornen 
Schilde  und  zwar  der  jttngfratien  mit  rosenguirlanden . 
blumenkränzen  uiul  dgl.,  die  der  verheiratheten  frauen  mit 
verschlungenen  schnüren  {liebesseile)  mit  scJtiebknoten  und 
die  der  witttoen  mit  blosz  verschlungenen  schnüren  ohne 
knoten'.  Gritzner  herald,  terminol.  (■—  Siebmachkr 
wappenb.  einl.  B)  184. 

STÄNDETAFEL,  /..•  er  {der  kurfilrst)  komme  nämlich 
{an  seinem  geburtstage)  um  sechs  uhr  abends  gerade  zur 
stunde,  wo  vor  zeiten  an  der  ständetafel  die  gesundhoit 
ausgebracht  worden  sei...,  in  das  gelbe  commoden- 
zimmer.  Immkrmann  Münehh.  l,  ih  (i,  is). 

STÄNDETAG,  m..  vgl.  ständcversammlung:  in  wehren- 
dem diesem  reputatlons  (sonst  bey  reich»  collegialde- 
putation-sländ-  und  kraisz  tagen  mit  schnnd  und  schaden 
gewohnlichen  und  vcrdamlichen)  pripcedontz  und  ehren- 
zanck.  Philanukr  l.SöO;  als  mitglicd  der  Inndsohaft  reist 
er  noch  zum  ständotage.  Frkytag  17  {fiUder  J).  •<>. 

STÄNDETHUM,  n.  »onderung  nach  »landen,  vgl.  stände 
wescn:  die  abneigung  gegen  die  Überreste  des  mitlelaltcr 
liehen  ständethums.  Brckrr  tceltgesch.*  u,M;  nebenher 
bereitet  man  hier  die  Schleichwege,  um  aus  der  kon 
stitulion  in  da«  alte  ständethum  zurückzukehren,  Varn- 
HAOEN  taget.  8,  SS. 

STÄNDEVEREINIGUNG./.;  zu  gleicher  zeit  fühlte  «ich 
der  dritte  stand  durch  die  Verdoppelung  angcBlaohclt. 
auf  irgend   einem   \ve|{e  pieicliwolil   /.um  ziele  der  stände- 


761      STÄNDEVERHÄLTNIS  —  STANDFEST 


STANDFESTE — STANDFESTIGLICH       762 


Vereinigung  (gemeinsamen   berahing   der  3  stände)  zn   ge- 
langen. Dahlmann  franz.  revol.  153. 

STÄNDEVERHÄLTNIS,  n. :  besonders  auch  in  beziehung 
auf  die  ständeabtheilung  zeigt  sieh  die  Verschiedenheit 
der  . .  .  Perioden  und  grundgesetze  der  gesellschaftlichen 
zustände  wirksam,  daher  finden  wir  so  verschiedenartige 
Ständeverhältnisse  in  den  verschiedenen  Staaten,  die 
ständeabtheilung  bildet  den  knochen-  und  gliederbau  der 
gesellschaft.  wo  die  gesellschaften  in  ihren  grundprin- 
cipien  . .  .  verschieden  sind,  da  müssen  auch  die  stände- 
verhältnisse  verschieden  werden.  (Rotteck-)Welgker 
stuatslex.^  13,  718. 

STÄNDEVERHANDLUNG,  /.  Verhandlung  der  stände 
(9,  b):  keine  kritik  der  bundesverfassung  ist  erlaubt,  keine 
besprechung  der  Ständeverhandlungen  in  andern  bundes- 
staaten.  Varnhagen  tageh.  2,  276. 

STÄNDEVERSAMMLUNG,/.  Versammlung  dei-  stände 
(9,  i)  eines  landes,  einer  provinz,  landtag.  Campe,  dafür 
auch  ständetag.  entsprechend  dän.  staenderforsamling.  noch 
getrennt:  in  seiner  stand  versamlung  bei  Schuppius  19, 
s.  stand  9,b.  gar  gerne  hätte  Margaretha  gesehen,  dasz 
ihr  vergönnt  worden  wäre,  ihre  Statthalterschaft  von 
{l.  vor?)  einer  solennen  Ständeversammlung  nieder  zu  legen. 
Schiller  7,  327  {abf.  der  Niederl.,  schlusz);  die  Ständever- 
sammlung in  Hessen.  W.  Grimm  kl.  sehr,  l,  536  {überschr.); 
das  schreiben  des  hannoverschen  ministeriums  an  die 
Ständeversammlung  vom  7.  juli,  worin  des  königs  be- 
denken und  vorbehalte  gegen  die  befugnisse  der  national- 
versammlung  ...  ausgesprochen  waren.  Hoffm.^nn  von 
Fallersleben  mein  leben  5,35;  schlieszlich  beschwich- 
tigte er  die  ängstlichen,  die  in  jeder  Ständeversammlung 
den  keim  zu  einer  revolution  sahen.  M.  Lehmann  Stein 
1,259;  jeder  abgeordnete  hat  das  recht,  in  beziehung  auf 
die  zum  Wirkungskreise  der  Ständeversammlung  gehörigen 
gegenstände  seine  wünsche  und  antrage  in  seiner  kammer 
vorzubringen,  bayr.  verf.  tit.  8,  §  20,  s.  Bach  EM  Staats- 
lex.  4,  493. 

STÄNDEWAHL,/.:  jeder  wollte  die  Verfassung  und 
das  Wahlrecht  revidieren  und  die  bürger  zankten  sich, 
'ständisches  prinzip !'  sagten  die  einen ,  . .  .  'allgemeines 
Wahlrecht  I'  sagten  die  anderen.  .  . .  noch  andere  schrieen : 
'allgemeine  ständewahl!'  und  vielleicht  wuszten  sie  sogar, 
was  darunter  zu  verstehen  war.  Th.  Mann  Budden- 
brooks 1,  250. 

STÄNDEWESEN,  n.  gliederung  eines  volkes  nach  ständen 
und  die  darauf  beruhenden  einrichtungen:  die  drohung,  die 
stände  nicht  mehr  einzuberufen,  zeigt  unwidersprechlich, 
wie  dies  ständewesen  auf  nichts  beruht.  Varnhagen 
tageb.  2, 163;  sie  meinen,  .  . .  man  werde  ihm  (dem  könig) 
sein  ständewesen  unvermerkt  in  ein  vollständig  kon- 
stitutionelles verwandeln.  4,77;  eifrigst  wünscht  Stein 
{der  preuszische  minister)  die  entwicklung  des  stände- 
wesens.  Hall.  lit.  zeitung  1847,  2, 134 ;  hier  Ist  keine  spur 
mehr  vom  alten  ständewesen  mit  dem  unantastbaren 
recht  ihrer  gesonderten  existenz.  Bluntschli -Brater 
deuttches  staatsirb.  3,  824;  im  Zeitalter  der  reformation 
keimt  das  moderne  bewusztseyn  der  ehre  der  arbeit  und 
zugleich  beginnt  das  mittelaltrige  ständewesen  abzu- 
welken. RiEHL  d.d.  arbeit  27;  das  ständewesen  {der  alt- 
germanischen zeit)  wurde  durch  die  gegensätze  der  rechts- 
fähigkeit  und  der  rechtlosigkeit,  der  freiheit  und  der  Unfrei- 
heit bestimmt.  Brunner  d.  rechtsgesch.  l,  95  {vgl.  das  reg.). 
STANDFÄHIGKEIT,  /.  stabüität,  das  vermögen  eine» 
körpers.  seine  Stellung  zu,  beluiupten. 

STANDFEDERWILD,  n..    vgl.  Standvogel   und  stand- 

I         wild.  Beulen  5,673. 

STANDFEHLER,  «i.  'unterschied  zwischen  dem  beobaeh- 

I  teten  und  dem   berechneten  stände',    z.  b.   des   barometers. 

Stenzel  seemänn.  wb.  397'. 

STANDFEST,  adj.  fermo,    sodo  nel  suo   stato  6  posto, 

i  met.  constante.  fermo.  Kramer  rficf.  2,  931*,  danach  Caupe ; 

V^m^besonders  im  ülttrn  nhd.  für  das  gewöhnlichere  standhaft 

IhP  atich  nd. ,    mnd.  dat   standvaste   unbewechlyke   ertryke. 

'  ScHiLLER-LOnBEN  4,863",  neund.  standfast,  -fest  hand- 
fest, stämmig,  en  standfaste  junge.  Schambach  208*,  vgl. 
dän.  standfast.  das  wort  begegnet  in  der  hd.  Schriftsprache 
besotiders  im  n.  jahrh.  {vgl.  Gomdert  bem.  u.  erg.  3,1), 
vereinzelt  indessen   schon  früher  {teie  auch  später):    fürst 


I  Gotfrid,  da  er  das  gantz  her  gemustert  het  vor  Nicena, 
I  hat  er  gehapt . . .  600,000  zu  fusz  und  100,000  zu  rosz ,  in 
'  standfestem,  cristenlichem  glauben  sint  verhart,  qttellen 
;  zur  gesell,  des  bauernkr.  117  Baumann  (N.Thoman  Weiszen 
horner  hist.  zu  1525) ;  dann  was  kan  doch  . .  ainem  men- 
:  sehen  auff  erden  vom  glück  widerwertigs  zästeen,  des 
sich  nitt  der  gedultig  standfeste  kärel  . .  .  on  auffhören 
:  genietet  hatt.  Schaidenreisser  Odyss.  (1537)  rorr.  3"; 
i  bisz  erst  in  dem  achten  jare  der  strenge  standveste  Orestes 
gen  Athen  gezogen,  sein  vater  gerochen.  12*  (3,  306/.);  dasz 
unsere  rechte  und  gebliebene  Deutschen  so  einen  überaus 
treflichen  muht  und  standfeste  angebohrenheit  .  . .  gehabt 
haben.  Zesen  Eosenmand  165;  dasz  das  glück,  nicht,  wie 
sonst,  auf  einer  wankelbaren  kugel  stehend,  sondern  auf 
einem  standfästen  Viereck  sitzend,  allhier  ausgebildet 
worden,  v.  Birken  ostländ.  lorbeerh.  251;  weil  di  trennung 
von  denen  personen,  welche  ich  so  hoch  als  ihn  ehre, 
mir  so  smerz-  und  herz-empfindlich,  das  ich  auch  solche 
mit  standfesten  gemütte  zu  erdulden,  di  swerste  müh 
von  der  weit  ertragen  mus.  Bltschky  hocJid.  kanzdley  95; 
der  den  grund  seines  Vorhabens  und  seiner  mühsamen 
hofnung  nicht  auf  gott,  dessen  wort  und  die  standfeste 
tugend  bauet.  Schottel  29;  ich  bitte  dich,  dreh  mich 
nicht  so  herum,  mein  magen  ist  nicht  recht  standfest. 
SItakesp.  stürm  2,  2 ;  ihre  {der  russischen  armee  bei  Kuners- 
dorf)  stärke  lag  in  dem  standfesten  fuszvolke  und  in 
der  artillerie.  A.  Schaefer  gesch.  des  siebenj.  krieges  2,  l 
(1870),  s.  301.  die  ursprüngliche  sinnliehe  bedeutung  'fest- 
stehend' ist  zuiceilen  noch  bezeugt:  palatium  stellanimfixa- 
rum,  qttae  stellae  dicuntur  sta.ndfeste  steme.  Stieler 472. — 
adverbial:  bleibet  also  standfest,  das  keiner  unter  allen 
den  meinen,  dem  ich  liber  freundschaftdinste  zuerzeigen, 
begirlich  verharre,  als  einig  dir.  Butschky  hochd.  kanz. 
s.  65;  bleibe  ich  standfeste,  dein  treuer  fr.  N.  N.  155;  das 
man  bey  zerschütterung  und  bewegung  der  weltlichen 
dinge  . . .  standfest  und  unbeweglich  beruhen  und  aus- 
tauern  soll.  682.  —  schon  früher  ist  das  abgeleitete  ab- 
stractttm  bezeugt,  s.  das  folgende. 

STANDFESTE,/,  beständigkeit,  standhaftigkeit,  vgl.  stand- 
fest und  -festigkeit:  für  standveste  sines  riches  und  siner 
sei  haile  dester  unnachläszlicher  gott  zu  bitten.  Oheim 
ehren,  v.  Reichenau  (l49l)  68,  8  Barack;  geicöhnlich  von  der 
gesinnung:  {als  masc.f:)  denn  der  glaube  ist  und  sol  auch 
sein,  ein  standfest  des  hertzen,  der  nicht  wancket,  wackelt, 
bebet,  zapplet,  noch  zweivelt,  sondern  fest  stehet,  und 
seiner  sachen  gewis  ist.  Luther  8,  isg";  ich  sich  gern 
christenliche  mannheit  und  standfeste.  Zwingli  2,245; 
wiewol  man  sagt,  das  einsmals  die  standveste  Photionis, 
von  des  leichtvertigen  Jünglings  ungestümigkeyt  über- 
wunden worden.  Plutarchus  fetifecÄ  (1534)  131**;  der  recht- 
schaffene glaub  wird  in  der  h.  schrifft  also  beschrieben, 
dasz  er  sey  eine  vTioaraais  eine  standfest,  oder  gewisse  Zu- 
versicht, wie  es  h.  Lutherus  gegeben  hat.  Creidius  (1652) 
1,  310;  objectiv  geicendet:  damit  aber  der  glaub  ein  gewissen 
grund  habe ,  darauff  er  fussen ,  und  unser  hertz  ein  ge- 
wisse standtfeste,  daran  sichs  lehne  und  halte.  Mathe- 
sius  trostschr.  für  e.  betr.  matron.  (1565)  Ks».  später  nur 
Standfestigkeit. 

STANDFESTIG,  adj.,  seltne  xceiterbUdung  von  standfest: 
mussul-man :  ...  ist  standfestig  im  glauben ,  und  durch 
disz  wort  verstehen  sie  alle  diejenige,  so  die  lehre  Maho- 
mets  anhangen.  Olearius  pers.  baumg.  79*  (7, 16,  anm.  c). 
vgl.  nl.  stand-vastigh.  vel  standaftigh,  stabüis.  eonstans. 
Kilian  2,629". 

STANDFESTIGKEIT,/.co»ston«a.i)«-»et'«-aw«<i.  Stieler 
472;  vgl.  Kram  er  dtci.  2,  931"  unter  standhaftigkeit.  mnd. 
stantvaslicheyt  Schiller-LObben  4, 363".  in  der  litteratur 
nicht  häufig;  durchaus  sinnlich  und  vielleicht  als  nert- 
bildung  erscheint  es  in  folgendem  beispiel:  unsere  pfähl 
männer  bedrängte  er  wenig,  dasz  die  drei  langen  tafeln 
eigentlich  keine  tafeln,  sondern  aus  quergelegten  prügeln 
nicht  allzu  eben  hergestellte  flächen  waren;  lagen  doch 
bastdecken  darüber  gebreitet,  welche  das  so  ziemlich  aus- 
gliechen  und  den  schusseln  einige  Standfestigkeit  gönnten. 
Vischer  auch  einer  1,866.  —  als  ausdruck  der  mechanik 
für  Stabilität. 

STANDFESTIGLICH,  adj.  adv..  gleichbedeutende  loeiier- 
hildung  zu  standfest(ig): 


763  STANDFIEBER— STANDGELD 

standtfestigklich  gelaub  ich  das. 

^fuRNER  vier  ketzer  1 8»  (vgl.  Ch.  Schmidt 
hist.  wb.  der  dt.  mundart  337») ; 

kein  besser  opffer  man  als  glaubigs  hertze  find,  .  .  . 
wordurch  wir  gantz  auff  ihn  unwanckelmüthig  bawen, 
wordurch  wir  auff  sein  wort  standtrestiglich  vertrawen, 

Opitz  4,  321  (//.  Qrotiut  2). 

STANDFIEBER,  n.  ßeber,  das  an  einem  orte  beständig 
herrscht. 

STANDFISCH,  m.  von  fischen,  die  ihren  stand,  atifent- 
haltsort  nicht  verändern,  pisces  permanentes.  Nemnich 
(vgl.  stand  4,  n). 

STANDFUSZ,  m.,  vgl.  standbein:  sie  hält  sich  zwar  auf 
einem  fusze,  allein  sie  drückt  den  andern  an  den  Schenkel 
des  erstem.  ...  der  standfusz,  ...  das  angeschlossene 
knie,  alles  gibt  den  ausdruck  des  stationären.  Göthe44,197. 

STANDGEBÜHR,/.  •  stand-gebühr,  stand-geld,  locantim. 
pecttnia  pro  sfutione  forensi.  Frisch  2,  318**;  ferner  hei 
Adelung.  Jacobsson  7,427»,  vgl.  unter  Standgeld.  (re>-- 
schieden  von  Standesgebühr,  s.  das.) 

STANDGEFÄSZ,  n.  in  apotheken.  gefäsz  zur  aufbewah- 
rting  der  vorrätigen  arzneistoffe.  Brestowski  handwb.  der 
pliarmMcie  2,  617''.  s.  auch  Stenzel  seemänn.  tob.  397''. 

STANDGEHÄUSE,  n.  .•  das  unausgesetzte  leise  schnurren 
in  dem  hohen  hölzernen  standgehäuse  der  alten  uhr. 
Marlitt  heidepri/izeszchen  58. 

STANDGELD,  n.  gebühr  für  einen  stand  (4,  d)  auf  dem 
markte,  vgl.  standgebühr,  stall-,  statte-,  stellgeld:  stand- 
gelt, Solarium.  Stieler  682;  bodenrecht,  . . .  pectmia  fo- 
rensia.  quae  in  nundinis  a  mercatoribus  solvitur,  alias 
standgelt.  1549,  s.  auch  2651 ;  postatico,  cid  che  si  paga  per 
la  posta  sul  mercato.  Kramer  dict.  2,  931";  'dasjenige  geld, 
welches  jemand  von  seinem  stände  . . .  auf  dem  markte  oder 
den  öffentlichen  gassen  zur  markt-  oder  Jahrmarktszeit  be- 
zahlet; die  standgebühr,  in  einigen  städten  das  bohlengeld, 
stättegeld,  im  mittlem  lat.  estantagium.'  Adelung;  'stand- 
geld,  marktgeld,  platzgeld,  stätegeld,  standgebühr,  boden- 
zins,  wird  dasjenige  geld  genannt,  so  die,  welche  auf  einem 
markte  eine  bude  oder  stand  bestehen  und  feil  haben  wollen. 
entrichten  müssen.'  Jacobsson  7,427»,  *.  auch  Frisch  unter 
standgebühr  und  Gengler  stadtrechtsalterth.  139.  die 
belege  beginnen  mit  dem  ende  des  15.  jahrh.,  s.  Lexer 
handwb.  2, 1138  {beleg  v.  1494):  nachdem  . .  .  die  gozhaus- 
richter  vermainten,  furpasser  dieselben  markt  zu  behueten 
und  berueffen,  inne  ze  haben  und  das  stantgelt  einzu- 
nemen.  tirol.  tceisth.  4,  551,  6  (um  1500);  dasz  er  allein  oder 
sein  geordent  bevelhaber  ...  zu  failem  kauf  fürlegen  und 
unbeschwert  ainicher  meute,  zöUe,  standgelt  noch  anderer 
anmutungen  .  . .  verkaufen  mügen.  Aventin  werke  l,  47,  7 
(urk.  v.  1518);  es  sollen  jährlich  2  burger  verordnet  werden 
die  das  ganze  jähr  stant  und  hittengelt  an  st.  LeopoUs 
tag  .  . .  einnemben.  steir.  taid.  137,9  (vom  j.  1547);  damit 
das  gewöhnliche  maut-  und  stantgelt  durch  das  markt- 
gericht  zu  Weiz  . . .  megen  eingenomben  werden.  185,  u 
(n.  jahrh.),  vgl.  das  sachreg.;  die  gewöhnlichen  Stand- 
gelder auf  den  markten  sollen  durch  vier  bestellte  männer 
gegen  einem  taglohn  von  achtundvierzig  kreuzer  . . .  ein- 
gehoben werden,  tirol.  weisth.  2,  20i,35  (handschr.  w.  1815); 
ein  erhöhtes  Standgeld  (in  der  markthalle  zu  Berlin)  be- 
wirkte eine  erhöhung  der  marktpreisc.  neue  preusz.  zeitung 
1872,  nr.  102,  2^; 

weil  jetzund  geht  ein  jarmarck  an 
hie  in  der  statt  Constantinopl, 
aoU  man  den  zoll  uns  geben  dopl, 
desgleichen  wach  und  dasz  standtgelt. 

Ayrbr  1832,  33  Keller. 

mundartlich  und  landschaftlich  t.  th.  mit  abtoeichenden 
bedeutungen:  »chweiz.  Standgeld  Stalder  2,391;  im  Schweiz. 
idiotikon  2, 209  wird  auner  der  obigen  bedeutung  (belegt 
W29,  1&60  u.  «,)  angegeben  t)  'abgäbe  vom  viehauftrieb  auf 
die  o/p' (1888)  uml  8)  'geriehlsgebühr'  (\eas);  dazu  stand- 
gelter,  m.  'obrigkeitliche  peraon,  tcelehe  das  Standgeld  (l) 
betog'.  preusz.  sUndgeld  jährliehe  miete  für  eitlen  festen 
ntxpiatt  in  der  kirclie.  Fhisciibif.h  8,  bäI*.  nd.  waldeck. 
iUntg&lt.  Bauer •CoLLiTZ  98'',  ostfrirs.  standneld  '«in- 
ttamdtftld  bei  einrr  Verpachtung  auj  mehrere  jähre,  baare 
pa^teauHon.  weldie  auf  die  pacht  de»  leUten  jähre»  gtkünt 
vmäem  kann'.  StOrrnburo  261%  vOkrend  im  «wm«  de» 
hd.  Standgeld  släägeld  gesagt  wird.  t6«>;   dagigtn  kmvf 


STANDGELTE  —  STANDHAFT* 


764 


TEN  DOORNKAAT  KooLMAN  3,  300»  Standgeld  in  beiden  be- 
deutungen.   (vgl.  auch  schwed.  st&ndpenningar.) 
STANDGELTE,  /.,  für  stände,  stdlfasz,  kufe-. 

der  standgelten  hab  ich  nit  vergessen 
dar  ynnen  wir  kelte[r]n  wollen  den  wyn. 

hmzrat  (Straszb.  um  1514)  c4«. 

STANDGEMÄSZ,  adv..  ungewöhnlich  neben  standes- 
gemäsz,  doch  mit  besonderer  miance  der  bedeutung:  man 
wird  hier  wie  überall  finden,  dasz  die  Wissenschaften  ihren 
nothwendigen,  stillen  oder  lebhaften  fortgang  nehmen, 
indesz  es  denjenigen,  die  sich  standgemäsz  (von  amts-, 
berufswegen)  damit  beschäftigen,  eigentlich  um  besitz  und 
herrschaft  vorzüglich  zu  thun  ist.  Götuk  45,378. 

STANDGENOSSE,  m.,  in  nd.  form  stant(ge)note,  stand- 
enote,  bezeichnung  der  schaffen  oder  beisitzer  im  ältesten 
niedersächs.,   besonders  westfäl.  gerichtswesen,  s.  Haltaus 

1729/.      SCIIILLER-LÜBBEN    4,  363».      BrINCKMEIER     gloSS. 

diplom.  2,  573'' :  dair  over  und  an  wercn  die  frommen  und 
vesten  man,  als  stantgenoten  und  dingpflichtigen  des 
gerichts  .  . ,  alle  fryschöffen  des  richs.  urk.  v.  1458  bei 
Haltaus  1729;  mit  einer  gemeinen  eintrachtigen  folge  und 
fulbert  der  dingpflichtigen  und  stantgenossen  des  gerichts. 
urk.  V.  1470,  s.  ebenda;  hyr  weren  mede,  by,  an  und  over 
tho  tuchluden  und  standnoten  dusses  gerychtes  van  beyden 
vurg.  parthen  hyr  tho  geeyschet ...  de  erber  her  Simen  van 
Hoerde  u.  s.  w.  tveisth.  3, 123  (Warendorp iMi);  hir  weren  an 
und  over  stantgenoten  des  gerichts  ...  121  (Herzebrok  1552). 

STANDGERICHT,  n.  gericht,  bei  dem  das  urtheil  sogleich 
nach  dem  verhöre  gefällt  und  unverzüglich  vollstreckt  wird, 
als  au^nahmegericht  im  kriege  oder  bei  aufnihr,  jetzt 
militärgencht  für  Strafsachen  der  niedern  gerichfsbarkeif, 
r^i.  standrecht.  Krünitz  169,622.  v.  HoLTZENDORKFrec/*^«- 
lex.^  3,  776/.  Bachem  staatslex.  3, 1339.  Stenzel  seemänn. 
u-h.  397^:  man  soll  keine  gericht  nit  halten,  man  habe 
dan  das  baugeding  ehe  und  zuvor  gehalten,  doch  magh 
man  in  mitler  zeit  not-  und  Standgericht  halten,  tceisth. 
6,  649  (Andernach  1500) ;  wenn  nun  ein  stand-gericht  ge- 
halten wird,  so  pfleget  der  general-  oder  rcgiments- 
auditeur  . .  .  unter  freyen  himmel  zutreten,  und  die  ersten 
officiere,  die  er  nur  ansichtig  wird,  zu  sich  zu  nehmen. 
Fleming  t.  soldat  503»;  die  veränderting  der  grundvor- 
stellung  beweist  der  neuere  ausdruck  ein  Standgericht  nieder- 
setzen: in  der  that  setzte  er  nach  beendigter  mahlzeit 
noch  vor  tagesanbruch  ein  Standgericht  nieder,  welches 
die  Verfolgung  und  aburteilung  der  Urheber  des  schlosz- 
brandes  aussprach.  Keller  7,  238. 

STANDGERÜST,  n.  gerüst  zur  aufführung  von  um 
fassungsmauern .  aus  stand-  oder  rüstbäumen  be.tffhend. 
auch  hauptgerüst. 

STANDGESANG,  m.:  bei  der  strophe  (wendung)  be- 
wegten sich  die  sänger  des  halben  reigens  von  der  rechton 
zur  linken  .  .  .  und  dann  sang  ...  der  ganze  in  der  mitte 
der  bühne  stehende  reigen  den  epodos,  den  man  den 
Standgesang  nennen  könnte.  Stolbero  10,  307. 

STANDGLEICH,  adj.,  vgl.  standesgleich:  als  eine  ge- 
nossenschaft  freier,  standgleicher,  —  unter  sich  verband- 
reicher handreicher  —  landstreicher  und  landschleicher. 
UCckert  (1882)11,519  (i2.  mak.). 

STANDGOTE,  m.,  in  der  Srhirriz  götti,  ateUvertretender 
taufpate,  dazu  das  fem.  standgotta.  Todler  406"». 

STANDGRUBE,  /.  grübe,  die  beim  fällen  eine»  bawne» 
entsteht;  der  erdraum,  worin  er  gestanden  hat:  andere 
krochen  in  der  standgrube  herum  und  durohsuchton  das 
erdreich.  Keller  5,281. 

STANDHAFT,  adj.  constan».  ableitung  von  stand,  er.st 
seit  anfang  des  te.  jahrh.  bezeugt:  constan»  . . .  stanthnfft. 
DiEF.  gloss.  146»  (voe.  ex  quo  vor  1621);  eonstatut,  steyfT, 
firmus.  perseveran»,  cerhut,  indubitatus.  Maai.kr  SKt''; 
standhaft,  et  standhaflig,  it.  bestilndig,  adj.  et  adve^b. 
con»ton»,  ßrmu»,  .stalnlis,  it.  per»everanter ,  eonstanter. 
Stiklbr  21tt;  stand  haft,  standhaflig,  adj.  stabile,  fermo, 
eotlante,  »odo.  v.  standfest,  beständig.  Kramer  «/tc^. 2,98t», 
».  ferner  Strinbacii  2,  671.  Frisch  2,  8I8''.  Adkluno. 
Wekiand  2.  79«.  aeitsehr.f.  d.  xoortforach.  8,  284^  («cAtmi. 
Standhaft  Hunzikrr  ».V).) 

1)  tunäch»t  in  sinnlicher  bedeutung. 

a)  gana  eigentlich,  wo»  »einen  stand  behaupM,  fett  »teht, 
nicht  utr{flUlt  oder  eit^/tiUt;  'dauerht^ft,  geediickt,  lange  zu 


765 


STANDHAFT 


STANDHAFT 


766 


stehen  und  zu  dauern,  besonders  von  gebunden;  doch  nur 
in  einigen  besonders  oberdeutschen  gegenden.  ein  stand- 
hafter, dauerhafter,  bau'.  Adelung  (l).  so  verlangt  ein 
akad.  commissionsbericht  von  1771  ein  standhaftes  gewächs- 
haus  für  den  botan.  garten,  s.  E.  Baumstark  die  univ. 
Greif sicald  vor  100  t«.  vor  50  jähren  (1866)  s.  35. 

b)  die  bedeutungen  des  feststehenden  und  des  ausdauernden 
sind  deutlich  vereinigt  in  folgenden  stellen:  noch  heute 
begreife  ich  nicht,  wie  es  möglich  gewesen  ist,  ohne  um- 
werfen durchzukommen,  oder  wie  selbst  die  standhaftesten 
räder  eine  solche  fahrt  aushalten  können.  G.  Fritsch  drei 
jähre  in  Südafrika  61;  adverbial:  das  fuhrwerk,  in  dem 
ich  zu  reisen,  beschlossen  hatte,  war  eine  zweirädrige 
cape-cart,  standhaft  gebaut  und  breit.  40.  —  nach  Campe 
auch:  dies  fasz,  dies  glas  ist  sehr  standhaft,  dauerhaft. 

c)  von  lebenden  tcesen  tcird  standhaft  im  allgemeinen 
nicht  gesagt,  nur  vereinzelt  von  dem  {persönlich  gedachten) 
glück,  im  gegensatz  zu  der  gewöhnlichen  Vorstellung,  die  es 
auf  einer  rollenden  kugd  st^tvebetid  denkt,  vgl.  sinwel  5,  a, 
theil  10,  1,  1222: 

und  wirt  das  sinwell  ?lick  standhaSl. 

Weckherlin  436  (od.  2,  *,  8). 

d)  ausdruck  des  bergbaus.  standhaftes  oder  sehr  festes 
gebirge,  das  sehicer  zu  durchbrechen  ist  und  icorin  die  atis- 
gebrochenen  Öffnungen  ohne  Unterstützung  offen  bleiben 
(gegensatz:  brüchiges,  rolliges,  schwimmendes  gebirge). 
ScHEUCHENSTUEL  92.    vgl.  ständig  1,  e. 

2)  daran  schlieszen  sich  freiere  vericendungen. 

a)  im  bilde:  ich  halte  gäntzlich  dafür,  es  sey  christ- 
lich und  wohl  geredet,  dasz  man  sich  einig  und  alleine 
auff  die  gerechtigkeit,  welche  uns  von  Christo  geschencket 
wird,  als  auff  eine  feste  und  standhafft  sache,  lehnen  und 
stemmen  müsse.  Sperling  Nicodemus  quaerens  2  (1719), 260. 

b)  im  sinrie  einer  ununterbrochenen  erstreckung,  zunächst 
räumlieh  ■  'im  bergbaue  brechen  die  erze  standhaft ,  icenn 
sie  sich  in  einer  beträchtlichen  tceite  erstrecken,  und  nicht 
blosz  in  kurzen  nestern  oder  nieren  vorkommen'.  Adelung  (2). 

c)  sonst  nur  in  zeitlichem  sinne,  längere  zeit  hindurch 
gleichmäszig  fortdauernd,  z.  b.  die  Witterung  ist  standhaft. 
{nicht  allgemein  üblich.)  auch  geradezu  für  ewig,  unver- 
gänglich :  dnimb  weil  ich  ja  mnsz  sterben, 

so  wil  ich  mich  bewerben  .  .  . 
umb  ein  standhaffles  leben, 
das  Christus  mir  kan  geben. 

Königtb.  dicMerkr.  s.  74  neudr. 

gewöhnlich  mit  dem  nebensinn  des  standhaltens  gegenüber 
äuszem  einflüssen:  gut  blüt  gibt  ein  gute  complexion, 
ein  gute  complexion  ein  standhafft  gesundheit.  Nazarei 
vom  alten  u.  neuen  gott  (l52l)  s.  62  neudr. ;  so  bald  ich 
nun  selbiges  {epitaph)  mit  standhafften  färben  zierlich  aus- 
gemahlet.  Felsenb.  2,  410.  —  adverbial:  diebstahl  macht 
nicht  standhaft  {nur  vorübergehend)  reich.  Wander  1,595. 

d)  auf  geistiges  übertragen,  von  äuszerungen  u.  s.  ic,  die 
{gegenüber  der prüfung,  erfährung,  erprobung)  stand  halten, 
fest,  sicher,  zuverlässig:  ich  gebe  ihme  dis  zu  einer  anfehl- 
bahren  und  standhaften  Versicherung.  Butschky  hochd. 
kanzelley  s.  187;  war  ein  erbe  in  schulden  so  tief  ver- 
sunken, dasz  es  sich  ohne  stillestand  nicht  retten  konnte: 
so  machte  er  .  . .  einen  standhaften  anschlag  vom  gute 
und  dessen  schulden.  Moser  pafr.  phant.  i,  156. 

3)  während  alle  diese  gebrauchsweisen  nur  hie  und  da 
begegnen  und  der  getcöhnlichen  rede  mehr  oder  weniger 
fremd  sind,  ist  sehr  gewöhnlich  der  gebrauch  des  wwtes 
in  sittlichem  verstände:  standhaft  seyn  ist  ein  sittliches 
lob.  ...  im  Unglücke  musz  man  standhaft  seyn,  d.  i.  ge- 
setzt und  groszmüthig  alles  ertragen.  Gottsched  beob- 
achtungen  2^S;  'am  üblichsten  ist  es  3.  tm  figürlichen  ver- 
stände, gegen  alle  reitzungen  zum  gegentheil,  besonders  gegen 
alle  Vorstellungen  des  scheinguten  und  scheinbösen  an- 
haltenden xciderstand  leistend,  die  fertigkeit  dieses  Wider- 
standes besitzend,  tmd  darin  gegründet.'  Adelung. 

!  ^^     o)  w»t*  synonymen,  vgl.  oben .-  s[t]andhafft  und  beharrig 
I^Bpiff  seinem  fümemmen,  tenax  proposiH.  pertinax,  obsti- 
W^matus.  Maaler  384";  sprichwörtlich: 
I^^B  standthafTt  und  trew,  trew  und  standthafTt, 

^^^H  machen  ein  recht  trew  verwandschalTt. 

I^^K  ZiNCGKEF  apophthegm.  4,  374; 

^^H$r^  Wandeh  4.  775.    den  untersdiied  von  beständig,  dauer- 
^^Biaft,  ewig  bestimmt  Gottsched  a.a.O.,  vgl.  Adelung: 


'beständig  bezeichnet . . .  eigentlich  die  Zeitdauer,  standhaft 
aber  zunächst  den  widerstand  gegen  die  hindernisse.  ge- 
schieht dieser  widerstand  gegen  rechtmäszige  hindernisse, 
oder  gegen  Vorstellungen  des  wahren  guten  oder  wahren 
bösen,  so  heiszt  es  hartnäckig,  halsstarrig,  und  in  manchen 
fällen  widerspenstig.'  doch  \cird  zuweilen  auch  in  diesem 
sinne  standhaft  gesagt,  s.  e.  nach  Adelung  sagt  man 
dafür  im  nieders.  standfast,  s.  das.  (-fest). 

b)  zunächst  von  menschen;  attributiv:  ein  standhafter 
mann.  Adelung;  ein  standhafter  soldate,  fortis  et  con- 
stans  miles.  Steinbach  2,671;  das  gemüth  eines  weisen 
standhafften  menschen  ist  wie  der  Wassermühlen  radt, 
ob  es  schon  umb  und  umb  vom  wasser  wird  getrieben, 
so  enderts  sich  doch  nicht.  Lehmann  y?o»i7^.  (i642)  103,  20. 
im  altern  nhd.  auch  in  der  anrede: 

ach  standthafTt,  frummer,  erbar  herr. 

H.  Sachs  3,  3,  41». 

substantiviert:  ein  standthaffter  helt  fest  wie  ein  eysener 
riegel.  Lehmann  florileg.  (i642)  102,  4.  —  in  abgeschwächtem 
sinne:  ein  so  genügsamer  standhafter  theaterbesucher 
wie  sein  vater  konnte  Friedrich  Wilhelm  {IV.)  . . .  nie- 
mals werden.  Treitschke  d.  gesch.  5,  221. 

c)  sehr  gern  xcird  standhaft  als  prädicatsnomen  ge- 
braucht: standthafft  sein,  constare  sibi,  substare,  obtinere 
firmitudinem  animi,  constare,  perstare,  perseverare,  per- 
manere,  perdurare,  sibi  consentire.  Maaler3&4'';  er  ist 
standhafft  und  beharret  auff  seinem  fürnemmen.  ebenda; 
aber  der  knab  ist  so  standthaft  gewest,  das  ers  dem  vatter 
verschwigen.  Zimm.  chron.^  4,  137,  23;  Arpe.  ich  bin  nie 
standhaft,  um  es  zu  seyn.  andre  sachen,  andre  ent- 
schlüsse.  Malwend.  ich  bin  standhafter,  als  du,  weil  ich 
da  keine  ändrung  sehe,  wo  keine  ist.  Klopstock  9,  285 
{Herrn,  u.  die  fürsten  7);  es  werden  die  componisten 
kommen  und  eine  oper  haben  wollen;  aber  da  seyn  sie 
gleichfalls  nur  standhaft  und  lehnen  sie  ab.  Göthe  bei 
Eckermann  gespr.  i,x'b; 

der  Adelsteiner  gfelt  mir  basz: 

er  dOnckt  mich  sein,  standthafft,  anfirichtig, 

bescheiden,  weisz,  fmmb  und  fürsichtig. 

H.  Sachs  3,  3,  46'i ; 
wer  war  so  fest,  so  standhaft,  dem  der  aufruhr 
nicht  die  Vernunft  verwirrte?    Shakegp.  stürm  1,2. 

ebenso  gewöhnlich  standhafft  bleyben,  perseverare  in  am- 
stantia.  Maaler  384";  restare,  rimanere  costante.  Kramer 
dict.  2,  931*;  dieser  wäre  sicherlich  auch  jetzt  noch  stand- 
haft geblieben.  G.  F.  Meyer  Jenatsch  54; 

sie  liebte  und  blieb  standhaft. 

Schiller  5,  1,  162  {dorn  Karlog  3,  2); 
bleib  standhaft  und  geduldig. 

Shakegp.  Ant.  u.  Cleop.  3,  6. 
auch:       wie  bitter  ists,  den  andern  standhaft  scheinen, 

wenn  unser  herz  der  macht  des  schmerzens  unterliegt! 
Gronegk  1,  222  {Codrua  2,  3). 

d)  häufig  durch  die  präposition  in  {auch  bei)  näher  be- 
stimmt: standhaft  seyn  in  einem  vorhaben,  essere.  stare 
saldo,  fermo,  costante,  immobile  in  un  proposito.  Kramer 
dict.  2,  931" ;  er  ist  standhaft  in  seinem  vornehmen,  stand- 
haft in  seinem  stände  bleiben.  Steinbach  2,671;  in 
seiner  entschliessung  standhaft  seyn.  standhaft  in  den 
schmerzen,  'tcenn  man  sich  durch  die  schmerzen  nicht  aus 
seiner  gemüthsfassung  bringen  lasset'.  Adelung; 

und  pleybst  gedultig  dyse  zeyt, 
standthafft  In  tugent,  redligkeyt. 

H.  Sachs  /attn.  sp.  1,  34  neudr.; 
die  bestimmung  ist  zu  ergänzen: 

o  gottes  söhn,  herr  Jesu  Christ, 
dasz  man  recht  könne  glauben, 
nicht  jedermannes  ding  so  ist, 
noch  standhaft  zu  verbleiben. 
drum  hilf  du  mir  von  oben  her, 
des  wahren  glaubens  mich  gewähr 
und  dasz  ich  drin  beharre. 

Hannov.  gesangb.  269, 1. 

e)  selten  nimmt  standhaft  einen  tadelnden  »inn  (hart- 
näckig) an,  so. 

der  unterthanen  schmerz,  der  freunde  quäl  zu  sehen,  .  .  . 
diesz  schrecket  meinen  muth,   diesz  ist  ein  wahrer  schmerz: 
b«y  diesem  standhaft  seyn,  verräht  ein  hartes  herz. 

Cronegk  1,  241  {Codnu  9,  8). 

so  dann  auch  attributiv,  mit  änderung  der  beziehung  ein 
standhafter  lügner,  der  im  lügen  standhaß  ist,  standhaft 
lügt  {oder  der  glaubluift  lügt-,  vgl.  2,  d):  ob  ich  wol  nicht 


767      STANDHAFTE -STANDHAFTGESINNT 

so  ein  glaubgesicherter,  gewisser  und  standhaffter  lugcner 
bin,  als  er  {Plinius)  gewesen.  Oarg.  s.  160  neudr. 

f)  standhaft  viird  häitfig  zu  abstracten  Substantiven 
gesetzt,  so  zunächst,  die  person  umschreibend:  ein  stand- 
haftes gemüthe,  animus  constans.  Steinbach  2,671;  man 
saget  auch,  ein  standhafter  muth,  ein  standhaftes  herz, 
ein  standhaftes  gemüth.  Gottsched  beobachtnngen  ^S; 
durch  standhatrt  gemüt, 
und  strenge  band,  die  nicht  ermüd. 

Fischart  glückh.  schiff  39; 
beholt  ein  standhaflt  hertz 
und  lasz  dem  glück  sein  schertz  1 

alter  Spruch  bei  Lippkrheide  spruchwb.  819". 

zu  bezeiehntingen  von  eigenschaften ,  tilgenden:  standhafte 
treu,  standhafte  liebe.  Kramer  dict.  2,  931»;  der  unschuldig 
leidende,  der  allen  seinen  widrigen  Schicksalen  eine  stand- 
hafte geduld  entfegen  setzt.  Dusch  6ei  Adelung;  seine 
absieht  gieng  dahin,  ihre  standhafte  tugend  durch  die 
noth  aufzureiben.  Schiller  3,561; 

hantfest  arbeitsamkeyt 

und  standhafft  unverdrossenheit. 

Fisch  ART  glückh.  schiff  S0\ 

er  (gotf)  prüfet  durch  das  kreuz, 

wie  rein  der  glaube  sei, 

wie  standhaft  die  geduld.    Hannov.  gesangb.  412,  1. 

zu  verbalbegriffen:  standhaflt  fürnemmen,  fixum,  certum 
consüium,  tenax  propositum,  animus  obfirmatus,  obstinatus. 
sententia,  mens  stabilis.  Maaler  361^ ;  standhafter  glaube, 
fede  costante,  forte.  Kramer  dic^.  2,  931»;  krankhafte  zu- 
rälle,  in  ansehung  deren  das  gemüth  das  vermögen  be- 
sitzt, des  gefühls  derselben  durch  den  blosen  standhaften 
willen  . . .  meister  werden  zu  können.  Kant  l,316  {macht 
des  gem.,  besclil);  dasz  die  standhafte  beflissenheit  zu 
einem  moralischguten  lebenswandel  alles  sei,  was  gott 
von  menschen  fordert.  6,  273  {relig.  3,  l,  5);  ein  schreiben  . . 
von  dem  standhaften  ende  des  märtyrers  Blasius  Alexander. 
C.  F.  Meyer  Jenatsch  96. 

g)  ebenso  tritt  standhaft  dann  auch  zu  verben,  als  adverb : 
er  hat  es  standhaft  vertheidiget.  Steindach  2,671;  was 
ist  es,  das  da  macht,  dasz  wir  uns  zuweilen  eines  ge- 
heimen kummers  standhaft  entschlagen  können,  indem 
die  Vorstellung,  dasz  wir  unter  dem  schütz  einer  höchst 
gütigen  vorsieht  stehen,  uns  aufrecht  erhält?  Lichten- 
berg 1,115;  denn  freilich  ist  es  leichter  zu  sterben,  als 
ein  qualvolles  leben  standhaft  zu  ertragen..  Göthe  16,67; 
nun  und  bey  dieser  männlichen  rechte !  schwör  ich  euch 
hier,  treu  und  standhaft  euer  hauptmann  zu  bleiben. 
Schiller  2, 48  (räuber  1,  2);  frauenzimmer,  die  mitten  im 
Unglück  so  standhaft  auf  ehre  hielten,  und  meiner  Ver- 
führung so  beherzt  widerstunden,  müssen  nothwendig 
geschöpfe  der  seltensten  gattung  seyn.  8,567;  der  kurfürst 
weigerte  sich  standhaft,  .  .  .  dem  Kohlhaas  das  freie  geleit, 
das  er  ihm  angelobt,  zu  brechen.  Kleist  3,  216  Schmidt; 
indesz  . . .  hatte  der  pater  in  der  küche  neben  feuer  und 
rauch  standhaft  den  augenblick  erwartet,  wo  die  thüre 
in  Splitter  flog.  C.F.Meyer  Jenatsch  81;  (mit  andeutung 
der  grundbedeutung :) 

drum  soll  mein  herze  standhaft  stehen, 
ob  mancher  wind  des  kreuzes  webt. 

Hannov.  gesangb.  419,  4 ; 
im  glück 
verl&szt  sie  mich,  die  angebome  kraft, 
die  standhaft  mich  dem  unglUck,  stolz  dem  unrecht 
begegnen  lehrte.    Göthe  9, 122  {Tasso  1,  8); 

aber  ich  harret«  dort  standhaft  {//ii'ov  l/titeiov),  bis  die  mutter 
herankam.    Voss  Od.  11,  162; 
du  aber  ertrage  sie  {die  leiden)  standhaft.    18,  807 ; 

ich  kann's  nicht  fassen, 
nicht  standhaft  tragen  wie  ein  mann,  dasz  sie 
mir  alles  ...  so  verweigern. 

Schiller  6,  2,  806  (don  Karlo*  >,  S). 

elwM  standhaft  behaupten,  aliquid  firme  suatinere.  Stein- 
HACH  t,  671  {,vgl.  i,d). 

STANDHAFTE,  /.,  begegnet  zuweilen  im  altem  nhd. 
{Hchweit.)  al$  abtiraetttm  tu  standhaft  {xcofilr  gewöhnlich 
standhaftigkcit):  standhafTte  (die)  constantin.  firmitudo 
animi.  Maalkk  S84*>;  Camillus  . . .  hott  gern  den  inneren 
Im  capitolio  bottschafTt  gethon,  und  zt  beständiger  stand- 
hairtc  rermanet  Stumpf  Schweytzer  ehron.  168». 
STANDHAFTOESINNT.  adj.: 

das  nahm  der  standbaflgeslnat* 
edU  OdysMos  wahr. 

BOrobk  n»^  {rl^fiova  dvftdv  txtnv  R.  6, 670). 


STANDHAFTIG 


768 


STANDHAFTIG,  adj.,  gleichbedeutende  Weiterbildung  zu 
standhaft,  une  dieses  seit  anfang  des  16.  jahrh.  bezeugt 
{bei  Keisersberg),  s.  Böhme,  Oerm.  28,  403.  sie  findet  sich 
auch  im  m,nd.  als  stanlhafftig,  stantachtig,  «.  Schiller- 
LÜBBEN  4,363»;  nl.  standaftigh,  standachtigh ,  stabilis, 
constans,  firmus,  perseverans.  Kilian  2,629''  {vgl.  die  be- 
lege in  der  anm.);  jetzt  auch  in  den  nord.  sprachen:  dän. 
standhaftig,  schwed.  st&ndaktig.  —  standhafitig,  unwanckel- 
bar,  o.  coTistant,  ferme,  perseverant.  Hulsius  dict.  (1616)  306»; 
fixus  standhafftig,  fest.  CoRViNUs/on^  lat.  262»;  firmus,  . . 
standhafTtig,  fest,  gewisz.  265»;  constans,  standhafftig,  be- 
ständig. 636»;  vgl.  Kramer  unter  standhaft. 

l)  in  allgem^nerer  bedeutttng. 

a)  eigentlich  und  sinnlich  von  gebäuden,  die  fest  stehen, 
weil  sie  solide  gebaut  und  gut  erhalten  sind :  ein  zerbrochen 
bresthalftig  buch  für  ein  gütz ,  ...  ein  bufellig  hausz 
für  ein  stanthafTtiges.  Keisersberg  narrensch.  (1520)  199 
{richtig  190)''. 

b)  freier,  fest{ste}iend),  vom  verbleiben  an  demselben  orte: 
wir  seyn  in  dises  hohe  und  ungestimme  meer  gestürzt 
worden ,  . . .  das  uns  bisweilen  gar  plözlich  und  unver- 
sehens hoch  erhebet  und  aufwirft,  bald  auch  mit  vil 
grösserem  schaden  auf  dem  seichten  sizzen  läszt;  und 
aber  stets  von  einem  ohrte  zum  andern  wehet  und  treibet: 
können  also  nirgends  keine  standhaftige  stelle  haben. 
BuTSCHKY  hocM.  kam.  s.  699.  weniger  sinnlich,  dauernd: 
auff  hebreisch  heisset  'bleiben'  wohnen  oder  in  einem 
Wohnung  haben,  damit  ehr  wil  anzeigen,  .  . .  das  es  eine 
standthafftige  wohnung  bleibe  undt  Christum  im  hertzen 
besitze.  Luther  33,227,9  Weim.  ausg.  {zu  Joh.  6,56).  ähn- 
lich auch:  dem  will  ich  eyn  konigreich  standhafftifi 
machen,  bibelübers.  1,26S  {Weimar  1906;  Ichron.  IS,  11  in 
der  Zerbster  handschr.  v.  1523). 

c)  widerstandsfähig,  unveränderlich  gegenüber  äuszern 
einudrkungen :  die  heilige  sprach  nennet  das  gold  zahaf, 
darumb  das  es  das  reineste ,  lauterste ,  volkommeneste, 
unnd  im  fewer  das  standhafftigste  metall  ist.  Mathesiüs 
Sar.  41". 

d)  gleicTimäszig  andauernd,  von  der  Witterung:  um 
pfingsten  haben  die  bäume  noch  wenig  ausgeschlagen, 
wegen  immer  standhaftiger  kälte.  Schweinichen  3,227. 

e)  von  einnahmen.  Zahlungen,  steuern  u.  a.  w.,  die  be- 
ständig und  regelmäszig  zu  bestimmten  terminen  erfolgen : 
die  zehen  Vorsteher,  sollen  ...  alle  zinse,  aufriicbungc, 
einkomen  und  schulde,  beide  standhafftige  und  zufellige 
manen,  und  in  gemeinen  kästen  einbringen.  Luther  2,263'' 
(12,  22  Weim.  ausg.). 

2)  in  der  gewöhnliclien  sittlichen  bedeutung. 

a)  ein  standhaftiger  mensch,  homo  constans.  Stein- 
BACH  2,  671 ;  über  das  gedacht  im  der  schaick :  es  sol  nit 
also,  es  ist  ein  hart,  starck,  standthafftig  volck.  Nazarei 
vom  alten  u.  neuen  gott  (l52l)  s.  10  netidr.; 

das  weib  .  .  .  hat  Bancbanum 
den  thewren  mann  zu  eim  gemahel 
gerecht  und  standhafftig  wie  slahel. 

H.  Sachs  4,  8,  8«>. 

b)  standhafftig  gemftt,  es  gange  wol  oder  übel,  mens 
aequa.  Maaler  384'';  welcher  art  leute  berühmter  Ver- 
schlagenheit .  .  .  keine  frau  zu  klug,  kein  vorsalz  zu  steiff, 
keine  Intention  zu  fest  und  keine  continentz  zu  stand- 
hafftig seyn  kan.  Simpl.  .ich r.  4,96,  i8  Kurz  {vögeln.  i,li). 

c)  gern  in  prädicativer  vencendung:  das  er  also  lugent- 
roich  und  stanthafftig  sey,  das  er  on  vermessenheit  oder 
lügnen  Sprech.  KRiSRixsnv.no  trostspiegel  Ee4»;  seid  standt- 
hafftig, o  ihrl  die  ihr  keinen  bleibenden  platz  habt;  auff 
einen  stein,  der  hin  und  wieder  gewKltzct  wird,  kan 
nicht«  grinies  wachsen.  Oi.eahius  pera.  baumg.  «e^  («,  l ; 
hier  in  dem  sinne:  mit  dem  stände,  toorin  man  lebt,  m- 
frieden  und  darin  verharrend).  —  ao  besonders  standt- 
hafftig bleiben,  j)eraet>erer,  persister,  estre  constant.  HuL- 
RIU8  dtr<.  806»;  wicwol  nun  Hioh  in  soinom  üherhliunton 
croul7,  standhafftig  blieb.  Schupimus  iflo;  kein  mcnsd 
crkcnt  sich  »eiber..,  es  sei  dan  dz  er  vor  bewert  wnl 
durch  leiden,  sohand,  un<l  widcrwcrlikoiic  und  in  di  i 
selben  wUrt  er  sich  lernen  kincn,  und  wie  standhnlTii 
er  Ist.  KKiSEnsBEiui  emeisno^; 

standbaltig  ist  geblieben 

mein  her«  in  w-iderspAl.  ^„_.  , 

Soltau  tUat.  vottsl.  «.  484  {WilMimMf 
«.  Ka»»a%  1668). 


769 


STANDHAFTIGKEIT 


STANDHAFTIGKEIT 


770 


seltneres:  gott  der  herr  . . .  libet  di  jenigen  heftiger,  welche 
er  mit  allerley  mühseligkeit,  smerzen  und  gefahr  heim- 
suchet; nur  zu  dem  ende,  das  si  recht  standhaftig  werden 
mögen.  Bltschky  hochd.  kam.  s.  663;  sich  standhaft  er- 
zeigen, constanter  fortiferqne  se gerere.  Steinbach  2,  671.  — 
mit  Zusatz:  seyd  bedachtsamb  im  schliessen  und  im  be- 
schlusz  standhafitig,  dann  es  ist  besser  auff  einer  reso- 
lution  bestehen ,  ob  sie  schon  etwas  mangelhafft ,  als 
durch  Wandel  unnd  Wechsel  der  opinionen  nichts  ausz- 
richten.  Lehman  ßorileg.  s.  102,8. 

rf)  adverbial:  standthafftig,  mit  bestandt,  beharrlich, 
constamment,  perseveramment.  Hulsius  306*;  standhaftig, 
standhaftiglich,  adv.  costaniemente,  fermamente.  Kramer 
did.  2,931';  das  neuwe  testament  bezeugt,  das  die  weiber 
...  im  leiden  beym  herrn  standhafftig  hüben,  jm  nach 
gefolgt.  Reiszner  Jerus.  (1565)1,74'';  ist  es  nit  besser 
unnd  ehrlicher,  streitend  standhafftig  erligen,  als  schandt- 
lich  leben  und  fliehen.  Garg.  s.  385  neudr.;  das  di,  wegen 
ihres  ableibens  bey  uns  habende ,  stetswürige  Vorsorge 
uns  solches  mit  sanftigstem  gemüte  zuertragen,  ankühnen 
sol,  doch  nicht  so  standhaftig,  das  derer  andenken  und 
ihres  todes  bedreuung  nicht  in  di  gedächtnüs  kirchen 
unserer  herzen  einverleibet  seyn  und  bleiben  solte. 
BcTSCHKY  hochd.  kam.  s.  871;  er  halte  standhaftig  aus; 
er  hoffe  gedultiglich  und  beständiglich.  Pathmos  s.  343; 
doch  das  allerschlimste  hiebey  ist  dieses ,  dasz  wir  nie 
standhaft  bey  demjenigen  bleiben,  was  wir  einmal  be- 
schlossen haben.  Heilmann   Thuc.  353(3,37); 

sei  gott  getreu,  sein  liebes  wort 
standhaRig  zu  bekennen, 
steh  fest  darauf  an  allem  ort ! 

Hannov.  gesangb.  348,  5. 

'standhaftig  bauen ,  das  ist,  wenn  die  getcerken  recht 
baulustig  seyn,  nach  einander  fort  bauen  und  nicht  müde 
tcerden,  zubusse  zu  geben.'  Jacobsson  7,427*. 

STANDHAFTIGKEIT,  /.  constantia.  abstractbildung  zu 
standhaftig,  bezw.  zu  standhaft,  wie  diese  im  hochd.  seit 
anfang  des  16.  jahrh.  (Keisersberg)  bezeugt,  s.  Böhme, 
Germ.  28,403.  vgl.  auch  nl.  standaftigheyd ,  constantia, 
stabilitas,  firmitas,  perseverantia,  fortitudo  animi,  gravitas. 
KiLiAN  2,629''  {jetzt  hall,  getcöhnlich  standvastigheid),  soicie 
dän.  standhaftighed,  schiced.  ständaktighet.  das  icort  be- 
gegnet ausschlieszlich  in  der  ethischen  bedeutung,  vgl.  stand- 
haft 3  und  standhaftig  2:  standhafftigkeit ,  conßrmitas, 
ßrmitudo  animi,  fortitudo,  ßrmitas,  perseverantia,  gravitas. 
Maaler  384'^;  standthafftigkeit ,  beständigkeit ,  stabilite, 
perseverance,  fermete,  constance.  Hulsius  dict.  306*;  stand- 
baftigkeit,  quod  etiam  est  beständigkeit,  die,  constantia, 
perseverantia, ßrmitas, ßrmitudo:  it.  obstinatio, pervicacia. 
Stieler  2132;  standhaftigkeit,  Standfestigkeit,/,  costanza, 
Stabilita,  fermezza.  Kr.\mer  rfic*.  2,  931'';  constantia,  stabi- 
littis, ßrmitas  animi.  Steinbach  2,671;  vgl.  auch  die  ein- 
gehende begriß'sbestimmung  bei  Eggehs  kyiegslex.  2, 977/.  .- 
standhaftigkeit,  feimete,  eine  tugend,  die  bey  beiden,  aus 
widerwärtigem  glücke  entsteht,  sie  erfordert  einen  un- 
gemeinen muth ,  welcher  durch  die  kräftigsten  Vorstel- 
lungen einer  erhabenen  Vernunft  unterstützet  wird  . . . 
die  standhaftigkeit  äuszert  sich  femer  bey  anhaltenden 
strapatzen  und  fortdaurenden  beschwerlichkeiten.  . .  .  die 
standhaftigkeit  ist  sehr  unterschieden  von  derjenigen 
gemüths-eigenschaft,  welche  man  halsstarrigkeit,  opinia- 
trete  und  eigensinn,  caprice  nennet,  jene  begleitet  jeder- 
zeit die  Vernunft,  und  gründet  sich  auf  billige  und  rühm- 
liche Ursachen  t*.  s.  w.  und  Wetzer-Welte  kirchenlex.^ 
11,724/  {perseverantia,  die  festigkeit,  die  »ich  nicht  ab- 
schrecken lässt,  im  streben  nach  dem  zieh  zu  verharren).  — 
belege:  so  halte  ich  doch  meines  teils  . . .  di  stand- 
haftigkeit .  . .  für  eine  königin,  fürstin  und  regentin,  aller 
andern  fugenden.  Butsciiky  hochd.  kam.  s.  774.  mit 
st/nonymen  und  ähnlichen  ausdrücken  :  wie  das  wetter  ist, 
also  bist  auch,  denn  bistu  siech,  denn  bistu  gesund, 
denn  bistu  frölich,  denn  bist  du  traurig,  es  ist  kain  standt- 
haftigkait  in  dir,  wenn  du  dich  yetzund  hast  gesetzt 
ganntz,  und  maynst  du  seyest  gar  stät  und  steiff  auff  dir 
selber,  über  stund  so  fallest  du  ab  und  ist  kain  stättigkait 
in  dir.  Keisersberg  ha-tz  impfeffer  (1510)  Dd3*;  {der  teufel) 
verfolgte  ihn  {Jesus)  bis  zum  schmählichsten  tode,  ohne 
gleichwohl  durch  diese  bestürmung  seiner  standhaftigkeit 
X.  2. 


und  freimüthigkeit  . .  .  etwas  gegen  ihn  auszurichten. 
Kant  6,  247  {relig.  2,  2) ;  ein  frisches  gesiebt  von  der  sonne 
verbrannt,  eine  stirne  von  schweisze  bedeckt,  und  eine 
band  von  der  arbeit  gehärtet,  sieht  immer  männlicher  und 
verspricht  mehr  standhaftigkeit  und  treue.  G.  F.  Weisze 
kom.  opern  3,  331  {ärndtekranz  2,  6);  das  klügste  und 
sicherste  ...  ist  geduld ,  nicht  rennen  und  laufen  . .  .  , 
sondern  standhaftigkeit,  die  wege  der  Vorsehung  . . .  ruhig 
abzuwarten.  Hamann  7,  235;  wenn  ich  in  dem  eigensinne 
{eines  kindes)  künftige  standhaftigkeit  und  festigkeit  des 
Charakters  . . .  erblicke.  Göthe  16,  41 ;  die  stände  hatten 
die  macht  kennen  lernen,  die  sie  durch  standhaftigkeit, 
eintracht  und  harmonie  in  ihren  maszregeln  gewannen. 
Schiller  8,37;  die  zeit  ist  ja  vor  der  thür,  wo  man 
!  wegen  der  treue  gegen  ihn  {den  könig),  der  aufopferung  und 
standhaftigkeit  und  aller  andern  bürgerlichen  lügenden  ... 
an  den  galgen  kommen  kann.  Kleist  5, 435,  3  Schmidt; 

darumb  jhr  drey  vil  trewe  statt 
billich  in  die  fuszstapffen  trett 
ewerer  löblichen  vorfahren, 
die  sich  einander  han  erfahren 
in  standhaffliger  trewiichkeit 
und  trewlicher  standhafftigkeit. 

Fisch  ART  dicA<.  3,  338,  186  Kurz. 

dagegen  mit  Unterscheidung:  das  ist  keine  standhaftigkeit, 
das  ist  halsstarrigkeit.  Hamburg,  theater  1,  3,  65.  mit  ad- 
jectivischem  attribtit:  man  spühret  an  euch,  gnädiger  herr, 
eine  gewisse  anzeygung  der  Horatianischen  unerschrocke- 
nen standhafftigkeit.  Garzoni  allgem.  schatcplatz  (1641)  41*. 
zutceilen  mit  einer  art  personißcation ,  tcenn  als  subject 
eines  satzes  oder  angerufeti  «.  ähnl.:  ja  ich  sprach  das 
'Julius  Julius'  als  wenn  es  die  standhaftigkeit  spräche. 
Leisewitz  Jul.  v.  Tarent  i; 

standhaftigkeit  geht  still,  und  kommt  vielleicht  nicht  weit; 

jedoch  sie  endiget,  wenn  sie  hat  angefangen ; 

gewisz,  sie  nimmt  sich  zeit, 

weisz  aber  endlich  doch  zum  ziele  zu  gelangen! 

Gleim  5,  311 ; 
soeben 
dacht'  ich  noch  dran,  und  rief  den  kütmen  mnt, 
die  hohe  kraft,  die  unbezwingliche 
standhaftigkeit  herbei,  mir  beiznstelin. 

Kleist  1,  75  Schmidt  {Schroffetift.  3, 1). 

mit  subjectsgenitiv :  standhafftigkeit  der  gläubigen  weiber. 
Reiszner  Jerusal.  1,74''  {umrande,  vgl.  standhaftig  2,  rf); 
standthafftigkeit  eines  regenten.  Garzoni  im  reg.  {s.  oben); 
80  freier  •  standhaftigkeit  des  alters,  wenn  du  mein  theil 
nicht  bist,  o  so  stehe  du  mir  bey,  hartnäckigkeit  des 
Jünglings!  Lessing  2,106  {Philotas  6).  die  ältere  spräche 
kann  auch  eine  bestimmung  objectiver  art  im  gen.  hinzu- 
fügen: und  ob  es  sach  wer,  dz  dir  got  sein  barmhertzikeit 
ein  zeit  verzüg,  und  versuchen  wolt  stanthafftikeit  deins 
glaubens,  so  soltu  nit  ablassen  von  deinem  gebet.  Keisers- 
berg cristenlich  künigin  (1514)  37»  (rorr.).  später  mit  der 
präpos.  in:  standthafftigkeit  in  der  religion.  Zincgref 
apophthegm.  l,  s.  reg.  —  x-erbale  fügungen:  es  erfordert 
schon  standhaftigkeit,  sachen  zu  lesen,  die  man  mit  eben 
so  viel  zeit  . . .  selbst  finden  könnte.  Lichtenberg  3, 12; 
diese  thrähnen  schwemmten  meine  ganze  standhaftigkeit 
weg.  Leisewitz  Jul.  v.  Tarent  6;  die  mutter  selbst 
schien,  da  er  sich  ganz  konvulsivisch  gebärdete,  ihre 
standhaftigkeit  verlieren  zu  wollen.  Kleist  3, 288  Schmidt, 
mit  Präpositionen:  so  last  uns  von  den  werken  und 
Übungen  der  fugenden,  keines  weges  nachlassen,  sondern 
in  aller  standhaftigkeit,  bis  ans  ende  dabey  verharren. 
BiTSCHKY  hochd.  kam.  s.  777;  des  Volkes,  welches  nach 
jener  schlacht  die  regierung  und  die  führer  . . .  zur  stand- 
haftigkeit aufmunterte  und  seiner  opferfreudigkeit  ver- 
sicherte. Keller  6,411.  be.wndera  mit  standhaftigkeit, 
adverbialem  standhaft,  -igOich)  gleichbedeutend:  ich  will 
meinen  tod  mit  standhaftigkeit  erwarten.  Gellert  4,273; 
mit  der  standhaftigkeit,  mit  welcher  du  unerschrocken 
dem  tode  entgegen  sähest.  Dusch  bei  Adelung;  ver- 
stärkt: mit  grosser,  unvergleichlicher,  verwunderlicher 
standhaftigkeit.  Kram  er  dict.  2,  gsi*";  mein  vater  hatte  . .. 
den  bau  mit  groszer  standhaftigkeit  durchgeführt.  Göthe 
25,  224  {dicht,  u.  icahrh.  9);  {im  bilde:)  ein  rebenhügel 
beugt  seinen  {des  ßusses)  stürmischen  lauf  .  . .  und  zeigt 
ihm  mit  edler  standhaftigkeit  den  weg,  der  ihn  ins  meer 
führen  wird.  Kleist  5, 145, 16  Schmidt. 

49 


771 


STANDHAFTIGLICH  — STÄNDIG 


STÄNDIG 


772 


STANDHAFTIGLICH,  adv.,  zu  standhaftig,  in  älterer 
spräche  auch  mit  der  endung  -en  {eig.  dat.  plur.  des  adj.): 
standhalTtigklichen,  constante»-,  statim,  perseveranter.  Maa- 
t.EH  384";  standthafftiglich ,  constantemenfe ,  fermninente. 
HuLSius  dict.  (1618)  237*';  wir  müssen  alle  ersinnliche 
marter  am  Christi  bekäntnus  und  liebe  willen  stand- 
liafTtiglich  ausstehen.  Kramer  dict.  2,  931».  litteratur- 
belege  fehlen,  stantaf fliehen  nae  volgen  belegt  aus 
einer  Kölner  quelle  des  16.  jahrh.  Pfeii-kkr  bei  From- 
mann 2,  454».  vgl.  das  nl.  standaftighlick.  constanter. 
perseveranter,  firmiter.  Kiman  2,629*". 

STANDHALTEN,  »..  substantivierter  inf.,  vgl.  stand  2,  b : 
dieses  standhalten,  dieses  erste  gelingen  war  unschätzbar 
für  die  befestigung  der  gemüther.  Dahlmann  franz. 
revol.  456. 

STANDHALTER,  m.,  vgl.  stand  2,  6  und  das  vorige.- 

gleich  Kamus  kein  helmsrialter  war, 
ihm  ähnlich  kein  standhalter  war. 

RiTKERT  Firdosi  2,  470. 

STANDHART,  w. .  s.  Standarte  i.  als  pßanzenname : 
orchis  V.  orchis  minima.  .  . .  standhart.  Mariendrehen. 
ScHWENCKFEi.T   stirpium   cafdl.  148''    (vgl.   ständelwurz). 

STANDHAUER,  m.  eine  art  hirschfänger.  UngerKhull 
steir.  wort  seh.  569''. 

STANDHETZER,  m.  agitator  subsidiarius,  aucciliarius. 
Stieler  788  {bei  der  jagd);  cacciatore  di  posta.  Kramer 
dict.  2,  931". 

STANDHOLZ,  n. .-  esz  wart  ach  ain  grosser  aufschlag 
im  holtz,  wasz  vormals  ayner  umb  10  Schilling  hett 
kauft,  müsset  er  zu  duser  zeyt  umb  15,  16,  17  Schilling 
oder  weyter  bezalen,  ursach,  die  reychen,  die  aygen  für 
betten,  kauften  allenthalben  den  prelaten  und  cdellewten 
stantholtz  ob,  liessent  das  scheitten,  fürten  das  her. 
Bau  mann  quellen  zur  gesch.  des  bauernkr.  in  Ober  Schwaben 
195  [zu  1534). 

STANDHUND,  m.  cane  di  rüascio,  da  ferma,  da  riserva, 
da  posta.  Kramer  dict.  2,  931*'  {bei  der  jagd). 

STANDHURE,/.:  stand-hur,  puttanaccia  che  lo  fä  in 
piazza  aUa  sfuggita.  v.  gassen-hur,  it.  stehend.  Krämer 
dict.  2,  gsi",  danach  Campe,  {noch  jetzt  üblich  für  eine 
straszendime.) 

STÄNDIG,  adj.  feststehend,  datternd;  ableitung  zu  stand 
bezw.  standen  =  stehen,  sie  begegnet  ahd.  und  mhd.  nur 
in  Zusammensetzungen,  s.  Graff  6,609.  Lexer  handwb. 
2, 1175.  {selbstftändiger  in  der  wendung:  dor  wider  stendig 
sin,  sich  widersetzen,  die  Lkxer  nachtr.  370  aus  der  Heiligen- 
städter Willkür  V.  1335  beibringt.)  im,  nM.  findet  sich  das 
wort  seit  der  1.  hälfte  des  \6.  jahrh.  (Senuer  chron.,  s.  unten), 
doch  zunächst  meist  in  Verwendungen,  die  vom  heutigen 
aprachgebrauehe  abiceichen.  von  den  lexicographen  hat  es 
zuerst  HuLSius  (1616)  aufgenommen,  doch  fehlt  es  noch 
bei  Stiele«,  und  Steinbacii  2,671  setzt  es  ausdrücklich 
als  'vox  ratione  derivationis  solum  annofata'  an.  vgl. 
auch  noch  Frisch  2,318'':  ständig,  adj.  steht  selten  allein, 
aber  öffter  in  der  composition.  nach  Heynatz  Antibarb. 
2, 441  sagt  man  ständig  {in  den  bedeutungen  2  und  3,  c)  'in 
Niedersachsen  im  gemeinen  leben.'  {in  neuerer  zeit  ist  es 
in  der  bedeutung  2  ganz  gewöhnlich.)  mnd.  begegnet  stendich 
in  zahlreichen  belegen,  die  alle  aus  der  1.  hälfte  des  iß.  jahrh. 
stammen,  s.  Schiller  LÖBBRN  4,  387»,  doch  stets  in  der 
bedeutung  des  hd.  geständig,  zugestehend  {s.  theil  4, 1,4198/.); 
es  ist  also  von  ständig  zu  trennen,  diigegen  gehören  hierlier 
nl.  standigh,  stabüia,  Kilian  2,  ßSO»  und  schwed.  ständig. 
heute  geheint  das  wort  den  oberd.  mundarten  fremd  zu 
sein,  dagegen  findet  es  »ich  im  mitteld.  {fränk.  thür.)  und  im 
nifderd.:  in  Handsrhuhsheim  8tenic(h)  Lknz  ö?*",  westeno. 
Klännig  Sr.MMiuT  23J.  Kkhrkin  i,3hh,  luxemb.  stänncg 
GANdLKii  VA},  oberhess.  Rchdennich  Crkcelii'S  804;  thür, 
sdanig  Hkhtkl  sprachsdt.  238,  schlannig  LiRSKNiiERO  204; 
nd.  atAndig  brem.  wb.  4,  998.  Schütze  4,  180.  StOrkn- 
BURO  SS0^,  fitänd(e)ch  Baurr  Collitz  98>>,  stännig  Mi  86». 
DA!f>fRii.S0B*>,  stennig  Strodtmann  829.  Sciiamiia<:h  so»''. 
vgl.  nwA  Wkioani)  8,  79«.  Kluoe*  375''. 

l)  in  der  altem  spräche  findet  sich  Htändig,  obwol  im 
ganzen  selten,  in  mannigfaehrr  leneendung,  wobei  meistens 
die  sinnliche  bedeutung  des  ittrhens  noch  deutlich  ist. 

rt)  ganz  rigrntlieh  i>on  menschen  findH  sich  verrinzdt 
der  adverbiale  dat.  plur.:  d«  der   honcker  dos   schwort 


hat  auszochen,  und  es  der  knah  gesechen  hat,  i.st  er  also 
banden  aufT  der  hauptstatt  hin  und  her  gelauffcn  .  .  . 
also  hat  er  dem  knaben  slendigen  den  köpf  abgehauen. 
d.  städtechron.  23,  110,  l  (Sender  Augsb.  chron.  v.  1.536, 
zu  1505,  vgl.  die  var.  unter  ständling).  ständig  'im  stehen' 
bezeichnet  hier  also  die  aufrechte  körperhaltung  im  gegen- 
.satz  zum  liegen,  knien  u.  s.  xc,  ohne  den  begi-iff  der  orts- 
bewegung  auszuschlieszen. 

b)  in  andern  fällen  dagegen  bezeic/met  es  gerade  das 
verweilen  an  demselben  orte  im  gegensatze  zum  fortgehen, 
so  in  der  Verbindung  ständig  machen. 

a)  von  dauerndem,  fcitein  wohnsitz:  indesz  .  .  .  war 
mein  endlicher  wille,  dasz  ich  in  einem  jähre  nicht 
wieder  nach  Liegnitz  ziehen  wollte,  sondern  etwan  ins 
reich  zu  einem  herrn  reisen  .  . .  darum  denn  i.  f.  g.  auf 
andere  mittel  gedachten,  wie  sie  mich  ständig  und  ver- 
bindlich machen  möchten,  schicken  derowegen  nach 
meinem  vater  und  begehren,  er  wolle  mir  erlauben,  dasz 
ich  wissentlich  an  i.  f.  g.  hof  ziehen  möchte.  Schwei- 
nich en  1, 116  {zu  1575). 

ß)  fliehende  zum,  stehen  bringen:  mit  diesem  aber  er- 
schien ein  verschimmelter  .  .  .  mensch;  welcher  als  ein 
vermeintes  gespenste  .  .  .  alle  anwesende  verjagte,  und 
ob  dieser  zwar  winckte  und  ruITte,  sie  hätten  sich  für 
ihm  als  einem  lebendigen  menschen  nichts  zu  befürchten, 
so  war  doch  ausser  uns  beyden  niemand  ständig  zu 
machen,  bisz  endlich  könig  Erich  selbst  hierzu  kam. 
Lohenstein  Armin.  2, 887». 

c)  besonders  von  zugthieren,  störrisch,  widerspenstig, 
tcofür  auch  stätig,  -isch,  vgl.  das.:  allein  hiesz  es,  restitor, 
ein  haupt-mangel  der  pferde,  s.  stätig,  stüttig.  Frisch 
2,  SIS*" ;  von  ständigen  pferden.  wann  sie  im  ziehen  stille 
stehen,  und  von  der  stelle  nicht  wollen  ...  es  ist  ein 
böse  tücke  an  einem  pferde ,  wanns  ständig  ist ,  dann 
wann  man  mit  dem  wagen  im  koth  steckt,  so  wollen 
sie  alsdann  nicht  wieder  anziehen ,  und  soll  offt  eines 
die  andern  alle  ständig  machen.  Coler  hausb.  1,382*'; 
sie  schicken  sich  zusammen  als  wie  ein  alter  träger 
ständiger  esel  und  ein  junges  frisches  geiles  pferd  für 
einen  pflüg  gespannet,  interitn  180; 

jhe  edler  pferd,  jhe  arger  launen  .  .  . 

wie  Olli  wol  ist  es  worden  stendig, 

odr  ist  gelauffen  gar  unbendig?    froschm.  P6»; 

wie  sollt'  ich  hoffen  nur  zu  langen  an  das  ziel, 

da  mich  ein  ständig  pferd  zurUcke  tragen  wil. 

SCHERKKER  Hugo  \\l, 

s.  Fhowmann  4, 186  und  Drechsler  W.  Scherffer  s.  251. 
s.  auch  ScHM.*2,  765.  so  noch  jetzt  vxstei-wäld.  stännig, 
s.  Schmidt  231.  Pfister  283.  Keii rein  1,  388. 

d)  vereinzelt  von  pflanzen,  feststehend: 

hier  eine  eiche,  markig,  ständig, 
die  lichte  dort,  gelenk,  lebendig. 

Kinkel  Otto  der  schütz  9. 

e)  als  bergicerksausdrtick :  ständiges,  stehendes  gebirge 
'festes,  in  sich  selbst  haltbares,  keiner  zimmertmg  oder 
mauerung  bedürfendes  gebirge'  {s.  oben  standhaft  1,  d): 
das  verfahren  bei  der  ausmauerung  hängt  . .  .  davon  ab. 
ob  das  ort,  welches  ausgemauert  werden  soll,  von  mehr 
oder  weniger  ständigem  oder  von  schwimmendem  ge 
birge  umgeben  ist.  s.  Veith  819  (jegensatz:  lockere,  un 
ständige  schichten,  ebenda);  seigere,  o</«- stehende,  ständige 
markscheide,  grenze  zweier  neben  einander  liegender  gruben 
f eider,  die  durch  eine  vertieale  ebene  gebildet  ist  {im  gegeti 
satze  zu  der  horizontalen  flachen  oder  schwebenden  mark 
scheide).  884;  solche  markschuften,  es  seyen  stcndigo 
oder  flache,  sollen  getreulich  gehalten  werden,  dasz  keiner 
verrückt  werde,  ungar.  bergwerksordn.  v.  1576,  erlätU.  8, 
§  11  6«  Tu.  WaciNER  corpus  juris  metallici  {Leipzig  1791)  85« 

2)  in  neuerer  s]>rache  fast  nur  in  zeitlichem  sinne,  von 
beständig  nicht  oder  wenig  verschieden,  dauernd,  nicht  nur 
vorübergehend. 

a)  tt^friütest  von  einnahmen,  aus-  und  abgaben,  too  es  dir 
rrgelmäszigen  zum  untereehied  von  den  geUgentUchen,  zu 
fälligen  bezeichnet.  %eo  iiaMh  tu  dem  begr^  dtr  »eitlichen 
fortdauer  der  de*  ftttgtttUitn  und  ttehem  himmkommt  .- 
ständig,  »tfMe,  aeteuri.  itAndige  zinss  und  gOlte,  rente» 
aaseuriu,  ce  qui  revient  de  certain.  Hdlhius  (1616)  806* ; 
ständig,  -stendig,  adj.  stato,  fisto,  certo,  frrmo.  v.  beständig, 
ständige  renten,  ständige  oinkommen  haben,  liaver  ren 


773 


STÄNDIG 


STÄNDIGKEIT  -  STANDISCH 


774 


dite,  entrate  ferme,  cerfe,  ßsse,  annuali.  Kramer  dict. 
2,931'=;  'ständige  Spanndienste,  beständige,  welche  das  ganze 
jähr  zu  bestimmten  Zeiten  fortdauern,  gemessene,  ständige 
gefalle,  beständige,  im  gegensatze  der  unständigen,  d.  i.  zu- 
fälligen oder  veränderlichen'.  Adelung. 

b)  in  neuerer  spräche  auch  sonst  von  dem,  was  bei  ge- 
gebenem anlasz  regelmäszig  tciederkehrt :  diese  namen 
konnten  wieder  mit  der  zeit  in  förmliche  und  ständige 
appellativa  übergehen.  J.  Grimm  Reinliart  fuchs  s.  ii; 
von  Berthold  Auerbach  ist  es  bekannt,  dasz  er  weit  über 
den  eignen  bedarf  gedanken  und  einfalle  verfertigte  .  . 
das  bewusztsein  dieses  reichthums  machte  ihn  ver- 
schwenderisch ,  und  wenn  er  im  gespräch  mit  anderen 
Schriftstellern  dergleichen  kleine  geistige  nippsachen  her- 
vorbrachte, war  es  eine  ständige  redensart  von  ihm: 
'wollen  sie  es  haben?  ich  schenke  es  ihnen'.  H.  Seidel 
.sonderbare  geschickten''  81  (herr  Omnid).  hier  ist  ständig 
üblicher  als  beständig,  aber  doch  schon  seltener  als  stehend. 
gleich  gut  sind  beide  tcörter  in  Verbindungen  icie:  ja,  ihr 
frommen  beiden,  unter  ständigen  todesgefahren  habt  ihr 
eure   Wahrheit  verkündet.   Auerbach   neu£s  leben  2,90. 

c)  in  andern  fällen  bezeichnet  ständig  das,  was  gleich- 
mäszig  andauert,  wo  in  der  regel  beständig  vorgezogen 
tcird;  vgl. :  'in  Niedersachsen  sagt  man  im  gemeinen  leben : 
...  sie  leben  in  ständiger  feindschaft.'  Heyn.\tz  2,  441. 
so:  ein  ständiger  hunger  nach  neuem  ist  eine  zeitungs- 
krankheit.  Hippel  lebensl.  1,419  bei  Heynatz  2,441.  — 
ungeicöhnlich  für  beharrlich,  gleichmäszig,  einheitlich:  der 
character  des  beiden  {Wallenstein),  der  meiner  meinung 
nach  auch  eine  Verbesserung  bedürfte,  könnte  gewisz  mit 
wenigem  ständiger  gemacht  werden.  Karl  August  in 
einem  briefe  votn  31.  ja«.  1799  bei  Düntzer  Göthe  u.  K.  A. 
2,777.  — für  imme)- gültig :  was  man  auch  für  seltsame  An- 
wendungen gegen  eine  wesentliche  Schönheit  des  körpers 
überhaupt,  gegen  ewig  wahre,  ständige  principien  körper- 
licher Schönheit  ausgeheckt  hat.  Lavater  fragm.  1,59. 

d)  ständig  {nicht  beständig)  ist  im  nhd.  häufig  zur  be- 
zeichnung  von  menschen,  die  eine  thätigkeit  dauernd  aus- 
üben oder  die  ein  für  allemal  tcozu  ernannt  sind,  vgl. 
Brinckmeier  glossar.  diplom.  2,573'':  als  wir  aber  jhnen 
anzeigen  wolten,  dasz  wir  . . .  willens  weren  .  . ,  sie  auch 
in  die  gemeinschafft  der  ständigen  priester  auffzunehmen 
{ufrö'ii^ovq  räiv  äti  UqIiov  xaraaT^aat).  s  Macc.  3,20;  die 
knappschaft  besteht  aus  ständigen  und  unständigen  berg- 
arbeitern.  ständige  bergarbeiter  sind  diejenigen,  welche 
in  die  knappschafts-rolle  eingetragen  sind;  unständige 
hingegen  diejenigen ,  welche  nur  zeitweilig  und  mit  der 
bedingung,  dasz  sie  nach  vorhergegangener  kündigung 
jederzeit  entlassen  werden  können ,  zur  bergarbeit  an- 
genommen werden,  quelle  bei  Veith  bergxcb.  64.  —  auch 
die  thätigkeit  selbst  hat  dies  beiicort :  weil  sie  zu  ständigem 
tagelöhnern  nicht  viel  gelegenheit  und  noch  weniger 
Stetigkeit  haben,  so  wandern  sie  als  handelsleute  in  die 
Umgegend.  Frenssen  Jörn  Uhl  39.  —  femer  ständiges 
mitglied  einer  körperschaft,  und  von  solchen  körperschaften 
und  collegien  selbst,  z.  b.  ein  ständiger  ausschusz.  ständige 
garnison  in  einer  stadt  u.  a.  wi.  entsprechend  ständige  be- 
festigung.  {auffällig  ist  eine  von  Campe  angezogene  stelle, 
wo  ständig  gerade  den  entgegengesetzten  sinn  zu  haben 
scheint:  da  die  vielfältigen  abänderungen  der  senate  bei 
dem  kammergerichte  zu  manchen  klagen  anlasz  gegeben, 
so  legt  der  Verfasser  einen  plan  vor,  nach  welchem  der 
Senat  künftig  nicht  blosz  ständig  sein  [also  für  eine 
Session]  und  eine  gewisse  bestimmte  zeit  beisammen 
bleiben,  sondern  perpetuirlicher  senat  sein  sollte.) 

e)  in  neuerer  zeit  sehr  geläufig  als  adverb ,  gleichbedeu- 
tend mit  beständig,  forticährend,  stets:  er  ist  ständig  nicht 
zu  hause.  Heynatz  Antibarb.  2,  441  {'in  Niedersachsen' 
'im  gemeinen  leben');  er  ist  ständig  auf  der  strasze.  Frisch- 
bier 2,  S62»;  gott  und  alle  seine  heiligen  engel  waren  auf 
unsrer  hochzeit,  und  die  sind  ständig  beinah  sichtbar 
um  uns,  wenn  wir  allein  sind.  Hippel  l,  162;  der  geist- 
liche herr  ...  las  dann  den  text  aus  der  groszen,  ständig 
auf  dem  kanzelbrette  lagernden  bibel.  C.  F.  Meyer  not-. 
1, 191.  {in  folgender  stelle  vielleicht  eher  als  prädicatsadj . 
zu  nehmen :  [der  mensch]  beleibt  nit  stendig  in  einem  wesen. 
Ai.br.  v.  Eybe  42*'.)  so  xceit  verbreitet  in  der  Volkssprache 
Mittel-  und  Norddeutschlands,  s.  die  idiotiken  von  Lknz67'' 


{'auf  die  dauer').  Crecelius  804.  Hertel  sprachsch.  233. 
Liesenberg  204.  Frischbier  2,  sei*/-  ^-  *-  Strodt- 
MANN  229.  brem.  wb.  4,994.  Schütze  4,  180.  Mi  86".  Stüren- 
BURG  259*'.  Schambach  209**;  besonders  in  der  verbin 
düng  stets  und  ständig  Hertel  a.  a.  o.  Liesenberg  204. 
Danneil  sog*».  Schambach  209''. 

3)  besonderheiten,  besonders  mundartliches. 

a)  in  der  altem  spräche  vereinzelt  für  '(«»  einen)  adres 
siert':  die  mit  j.  k.  w.  eignen  handenn  geschribene  an 
mich  stendige  credentz  {beglaubigung).  Heidelberger  urk. 
V.  1589  bei  Dief.-Wülcker  862. 

b)  im  luxemb.  bedeutet  stänneg  bejahrt:  6ng  stänneg 
frau  'eine  frau,   die  schon  bei  jähren  ist'.   G.\ngler  429. 

c)  andres  im  nd.  so  begegnet  stendich  schon  mnd. 
(16.  jahrh.)  im  sinne  des  hochd.  geständig,  s.  oben  und 
Schiller-Lübben  4,387».  ebenso  im  neueren  nd.  he  will 
niks  ständig  wesen,  e»-  leugnet  alles,  brem.  wb.  i,99S;  he 
wull  nikks  ständig  staan.  Sturen  bürg  259'';  s.  ferner 
Schütze  4,180.  Mi  86».  Danneil  209''. 

d)  dann  auch  im  sinne  von  'schuldig'  {der  bei  jemand 
noch  etwas  'stehen'  hat):  wy  sünd  hier  noch  wat  stennig. 
Strodtmann  229;  bet  nu  her  to  bin  ik  jou  niks  ständig. 
brem.  wb.  4,994;  hei  is  mek  nits  stennig.  Schambach  209''. 

e)  der  bedeutung  2  näherstehend  sagt  man  in  Holstein: 
ik  glov  et  ständig,  sicher,  fest.  Schütze  4,180. 

STÄNDIGKEIT,  /.  certezza,  statezza,  fermezza.  Kram  er 
dict.  2,  931",  der  es  jedoch  nur  in  Zusammensetzungen  zu 
kennen  scheint,  wie  auch  Steinbach  2,671.  ein  vereinzelter 
beleg  aus  dem  le.  jah7-h.  ist  imverständlicli  und  vermutlich 
fehlerhaft:  wir  müssens  allhier  zu  Wittenberg  auch  be- 
kennen, da  unser  land  gar  sandig  ist,  und  anders  nichts 
denn  eitel  steine,  denn  es  ist  nicht  ein  fett,  kostlich 
erdtreich.  darumb  hat  .  . .  einer  einmal  von  Wittenberg 
gesagt,  Sendioken  [?],  stendigkeit,  du  bist  ein  lendigkeit 
(=  elendigkeit?),  wenn  ich  dich  arbeite,  so  bist  du  liecht, 
wenn  ich  dich  rige,  bist  du  schlicht,  wenn  ich  dich  meie, 
so  finde  ich  nicht.  Luther  tischred.  32''.  {druck fehler  für 
sendigkeit,  zu  sandig  =  sandig,  vgl.  theil  8,lieii?)  sonst 
ist  das  wort  bekannt  seit  Göthe  und  seinen  Zeitgenossen 
(Lavater)  :  nach  dem  maasze,  wie  der  mensch  das  positife 
bemerkt  und  fest  hält,  —  nach  demselben  läszt  sich,  wie 
mich  deucht,  seine  kraft  und  ständigkeit  messen.  Lavater 
phys.  fragm.  2,  5,  s.  42;  sonst  selbst  in  dieser  stirne,  dieser 
gedrängtheit  von  allem  . .  .  untrügbarer  ausdruck  von  un- 
gelernter grösze;  stärke;  drang  der  menschheit;  ständig- 
keit; einfachheit;  bestimmtheit!  30,  s.  249;  lieber  bruder 
dass  du  nicht  willst  ständigkeit  kriegen,  nicht  kannst 
kriegen  ängstigt  mich  manchmal.  . .  .  ich  bin  nun  seit 
einem  jähr  in  ganz  dezidirten  moralisch  politischen  augen- 
blicks  Verhältnissen  und  mein  herz  ist  mir  so  treu  und 
du  —  Göthe  briefe  3,109  {an  Lavater  16.  sept.  1776);  doch 
mangelte  dem  ganzen  treiben  das  innerliche  gleichgewicht, 
die  ruhe   und  die  ständigkeit.   Frenssen  Jörn  Uhl  309; 

sondern  die  weit  soll  vor  dir  stehn, 
wie  Albrecht  Dürer  sie  hat  gesehn, 
ihr  festes  leben  und  männlichkeit, 
ihre  innre  kraft  nnd  ständigkeit. 

GÖTiiE  13, 127  {Hans  Sachs  poet.  sendung); 

die  pfeiler  sind  gegründet 
auf  treu'  und  stänaigkeit. 

ScHBNKENDORF  ba  Wackkrnagel  Icseb. 
2,  1505,  36. 

STÄNDIGLICH,  adj.  adv.,  ganz  verein  zeit  für  ständig  (2,  a) : 
ständiglich,  rei-enant  de  certain  a«  seigneur,  non^i  mesure, 
ou  poise  sans  diminution  par  chascun  an  . .  .  er  hat  alle 
jähr  ständiglich  300  gülden  renthen  einfallen.  Hulsius 
dict.  306». 

STÄNDISCH,  adj.  l)  tu  stand  9,6,  'teelehes  nur  von 
stand,  ein  land  oder  reichsstand,  aber  arteh  hier  nur  t» 
den  kanzellegen  üblich  ist,  den  land-  oder  reichsständen 
gehörig,  ihnen  zukommend'.  Adelung,  vgl.  Weigand  2,796; 
seit  Göthe  bezeugt  utid  im  19.  jahrh.  in  diesem  sinne  ganz 
üblich:  die  ständischen  gerechtsamen ,  gerechtsame  der 
stände.  Adelung;  die  Ungarn  . .  .  behaupteten  die  wahl- 
freyheit  ihrer  kröne  und  foderten  trotzig  alle  ständischen 
rechte,  welche  von  dieser  wahifreyheit  unzertrennlich 
sind.  Schiller  8,  29;  sie  (die  .Araber)  ahneten  nicht,  dasz 
die  unbedingte  alleinherrschaft  durch  hinzufügung  stän 
discher  rechte  und  formen  veredelt  werden  könne.  Räumer 

49* 


775 


STANDISCH 


STANDJUNGE  — STANDLEHRE 


776 


gesdi.  der  Hohenstaufen-  1,  36.  in  neuerem-  zeit  besonders 
ständische  Verfassung:  da  tritt  jetzt  die  ständische  Ver- 
fassung als  eine  wohlthätige  bindung  und  Vermittlung 
dazwischen  {zicischen  fürsten  und  Völker).  W.  Grimm  kl, 
sehr.  1,536  {'die  Ständeversammlung  in  Hessen'  1815);  die 
versuche  des  königs  von  Preuszen,  .  . .  eine  unklare  stän- 
dische Verfassung  einzuführen,  hatten  überall  Widerspruch 
gefunden.  Lauue  9,44  Houhen;  besser  sei  es,  die  stän- 
dische Verfassung  auf  indirectem  wege  derjenigen  in  den 
alten   provinzen  gleich   zu   machen.   M.  Lehmann  Stein 

1.  257;  ständische  Verfassung,  österr.  sfaafswb.  2,  uaff. 
ständische  Vertretung,  Interessenvertretung  (Amika  in 
Pauls  grundr.'-  3,  26);  ständische  gliederung  eines  gemein- 
wesens:  der  könig  .  . .  nennt  das  konstitutionelle  wesen 
ein  verfluchtes,  und  schwört,  wir  sollen  davon  wieder 
auf  die  ständische  gliederung  zurückkehren.  Varnhaoen 
to^e6.  6, 199;  auch  ständischer  Staat:  hier  war  der  Über- 
gang von  dem  ständischen  Staate  des  mittelalters  zu  dem 
obrigkeitsstaat  der  neueren  zeit  bereits  im  zuge.  Prutz 
preusz.  gesch.  1,152;  entscheidungskampf  zwischen  dem 
untergehenden  ständischen  staat  des  mittelalters  und  dem 
sich  allmählich  gestaltenden  neuen  obrigkeitsstaat.  I8i; 
in  dem  Staate  Friedrichs  des  groszen  war  neben  den 
königlichen  verwaltungs-  und  Justizbehörden  dem  stän- 
dischen Clement  nur  ein  unbedeutender  theil  von  ein- 
flusz  und  Wirksamkeit  eingeräumt.  Bluntschli-Brater 
detttsches  staatswb.  3,  824.  liäufiger  geradezu  für  den  gen. 
der  stände,  so  besonders:  der  ständische  ausschusz.  die 
ständischen  Versammlungen.  Campe;  gestern  war  die  er- 
Öffnung  der  ständischen  ausschüsse.  Varnhagen  f<igeb. 
2,112;  dasz  die  ständischen  Verhandlungen  nur  auf  den 
grund  der  eigenen  blätter  jedes  landes  mitgetheilt  werden 
dürfen.  4,  74;  die  frischen  krüfte  der  modernen  weit  hielten 
ihren  einzug  in  die  verwahrloste,  unter  ständischem  und 
geistlichem  drucke  darniedergehaltene  provinz  (ScJdesieii). 
Treitschke  d.  gesch.  l,  56.  in  andern  fällen  m^hr  im  sinne 
der  durch  die  stände  charakterisierten  Verfassungsform, 
i«i  gegensatz  einerseits  zur  absoliiteti  monarcliie,  andrerseits 
zum.  modertien  Parlamentarismus :  je  mehr  ich  die  neuen 
ständischen  sachen  betrachte,  desto  unhaltbarer  finde 
ich  sie.  Varnhagen  tageb.  4,  48;  so  trat  jetzt  bei  der 
ständischen  frage  auch  in  der  Innern  politik  ein  bemerkens- 
werther  unterschied  zwischen  den  beiden  männern  {Stein 
und  Hardenberg)  zu  tage.  M.  Lehmann  Stein  1,258;  für 
diejenigen,  welche  nach  der  rückbildung  zum  absolutismus 
oder  doch  nach  einer  restauration  im  ständischen  sinne 
strebten,  war  . .  .  durch  die  parlamentarische  Situation  .  .  . 
ein  anknüpfungspunkt  gegeben,  um  die  preuszische  Ver- 
fassung zu  suspendiren  und  zu  revidiren.  Bismarck  ged. 
u.  erinn.  2,62;  dazu:  ich  wurde  zur  krilik  geneigt,  also 
'liberal'  in  dem  sinne,  in  welchem  man  das  wort  damals 
in  kreisen  von  gutsbesitzern  anwandte  zur  bezeichnung 
der  Unzufriedenheit  mit  der  bürokratie,  die  ihrerseits  in 
der  mchrzahl  ihrer  glicder  liberaler  als  ich  war,  aber  in 
andrem  sinne,  l,  17.  so  auch  substantiviert  die  ständischen, 
anhünger  der  stände  oder  einer  aolchen  Verfassung:  die 
königlichen  regen  sich  sehr,  aber  die  ständischen  bleiben 
ihnen  nichts  schuldig.  Varnhagen  fugeb.i,ibi.  —  von 
den  ständen  angestellt  •  vorgestern  eröffnete  mir  der  stän- 
dische schauspieldircktor   Liebich  .  .  .  folgendes.    Rah  ei. 

2,  285.  von  den  ständen  unterltalten :  die  ständischen 
landcsbibliotheken  zu  Cassel  und  Fulda;  ständische  land- 
krankenhäuser  u.  «.  u>.  ». /erner  landständisch  ,  theil 
0,142;  rcichsständisch,  theil  s,9ll:  aller  Wahrschein- 
lichkeit nach  erfüllt  die  hohe  reichsversammlung  zu 
Rcgensbiirg  einen  ihrer  {der  repuhlikaniacften  Franzosen) 
angelegensten  wünsche,  indem  sie  ihnen  durch  die  be- 
schlossene lebhafte  theilnahme  an  diesem  kriege  den 
erwünschten  vorwand  giebt ,  . . .  von  dem  tage  an ,  da 
reichssländische  hcero  gegen  sie  agieren  werden,  das 
ganze  dcutnchc  reich  als  einen  erklärten  feind  behandeln 
zu  können.  Wiklanu  29,457  {aufa.  ülter  die  franz.  revol. 
0,  IH).  —  dazu:  ein,  landesherrlicher  und  ständischer- 
seit*  genehmigter,  verschlag.  Göthk  89, 2tm. 

t)  gans  vertinxelt  in  ande>-m  sinne,  einem  beatimmfrn 
»lande  (8)  angehörig,  eigen.  Cami'k:  er  {Dian)  führte  ihn 
(AllHino)  mit  begeisterter  chrfurclit  in  die  hcilinc  weit 
des  Homer  and  des  Sophokle»   ein,   und   ging  mit  ilmi 


unter  die  hohem,  ganz  entwickelten,  von  einseitiger 
stiindischer  kultur  noch  unverrenkten  schöngeglieder- 
ten menschen  dieses  zwilling- Prometheus.  J.  Paul  21 
{Titan  l),  156. 

STANDJÜNGE,  m.  'der  gauner  oder  bettler,  der  seinen 
bestimmten  stand  geu-ählt  oder  zugeiciesen  erhalten  hat, 
bettler,  betteljunge  an  einem  bestimmten  platze'.  Ave-Lalle- 
MANT  4,  610,  vgl.  stand  4,  c. 

STANDKEHK,  n.  beim  acheibenschieszen .  im  gegensatz 
zum  feldkehr. 

STANDKERZE,  /.,  vgl.  stall-,  Stangen-,  stockkerze: 
funale  ...ßmalia  stantkerczcn  {i.candele).  Diep.  </Zos«. 2.'j2*; 
rereus  perticalis:  darnach  alle  handwcrker  betten  ire 
Standkerzen,  quelle  bei  Sgherz-Oijerlin  1556.  danach 
Campe.   Brinckmeier  gloss.  diplom.  2,bl?i,^. 

STANDKLOBEN,  m.  bei  den  schmieden,  fuszkloben. 
Schraubstock   mit  bis  auf  den  boden  herubgehendem  fuaze. 

STANDKNECHT,  ml,  früher  'bez.  für  gexcisse  bediensfete 
beim  städtischen  hochofen  iJi  Vordernbe^g' .  Unger-Khull 
steir.  wortsch.  569*". 

STANDKRÄMER,  m.  krümer,  der  einen  bestimmten  stand 
(4,  rf)  hat,  ICO  er  die  waren  auslegt. 

STANDKREIS,  m.:  da  standen  sie  aber  plötzlich,  auf 
glattem  rasen  am  schroffen  hange  {eines  hünengrabes), 
fest,  .  .  .  schon  fühlten  sich  beide  von  angst  und  Schwindel 
versucht,  die  jähe  tiefe  und  den  standkreis  hinabzustürzen. 
(FouQUE  bei)  Kleist  4,234,25  E.  Schmidt. 

STANDLAGER,  n.  festes,  ständiges  lager  für  längeren 
aufenthalt  eitles  heeres,  im  gegensatz  zum  marschlager, 
s.  Krünitz  51,  88;  besonders  von  antiken  Verhältnissen 
{castra  stativa):  dieser  {Archidamus)  machte  für  seine 
armee  ein  standlager  zurechte  {xa'Naae  töv  argaröv), 
in  der  absieht,  das  land  zu  verwüsten.  Heilmann  Tliuc.  263 
(2,71);  den  sommer  darauf  fielen  die  Peloponnesier  . . . 
wieder  in  Attika  ein,  errichteten  daselbst  ein  standlager 
{iyxads^öusroi),  und  verherefen  das  platte  land.  312  (3,  l); 
{hier  im  plur.  mit  umlaut .-)  jene  {die  Sgrakusaner)  suchten 
sich  .  .  .  nach  ihren  jederseitigen  standlägern  {tA  otxfla 
ar^arÖTifSa),  die  sie  dermalen  zu  Messana  und  Rhegium 
hatten,  zu  entfernen.  490  (4,25);  hohe,  alte  mauern  {bei 
Albatio),  welche  eine  art  von  hof  einzuschlieszen  scheinen, 
werden  für  überbleibsei  der  kasernen  gehalten,  in  denen 
römische  Soldaten  gewohnet  haben,  vermuthlich  war 
hier  schon  zur  zeit  der  republik  ein  standlager.  Stoi.rekg 
7,223;  krankheiten  würkten  in  einem  so  langwierigen 
sisknd\a.?,eT  {eitles  belagertmgsheeres)  noch  mehr.  Sciuli.eu 
9,385;  als  es  geschah  hatte  der  consul  T.  Menenius  sein 
standlager  ganz  nahe  {in  der  anm.:  cum  Jiaud  procul 
inde  stativa  habuisset.  Liv.2,b2).  Niehuhr  2,230;  merkt 
ihr  dann,  dasz  die  legionen  stiller  werden,  so  brecht  auf 
aus  eurem  standlager.  Grabbe  3,  350  G^-weft^cA,-  mit  fast 
periodischer  regelmäszigkeit  ward  das  mäiuierblut  auf 
deutschem  gründe  vergossen,  weiber,  kinder  und  herden 
in  die  römischen  standlager  getrieben.  Frkytao  i" 
{biUler  l),  48. 

STANDLAMPE,  /.,  wofür  getoöhnlich  Stehlampe,  a.  das.; 
z.  b.  Karmarsch-Heeren^  5,265. 

STANDLAUT,  m.,  in  der  uxidmannaapraclie  standlaut 
geben,  verbellen.  Beulen  5,673,  vgl.  dazu  fl,  119  {'der 
achtoeiazhtind  oder  saufinder  verbellt  eine  sau  oder  ein  an- 
geschossenes thier,  icenn  er  es  stellt  und  laut  ttfird"):  einer 
der  kleinen  dachshunde  schlüpfte  geschäftig  in  den  lanp(>n 
Schaft  eines  der  Wasserstiefeln,  die  einige  schritte  weiter 
am  bodcn  lagen,  mit  aufstrahlendem  aujje  foiiite  der 
Jäger  dem  drolligen  thierchon  und  flüsterte  dem  ntädclien 
zu:  'schau  nur  den  bürscherl  an!  glaubt  man  nicht,  der 
kleine  balg  war'  schon  einmal  in  einer  fuchsröhre  ge- 
steckt? hörst,  wie  er  'standlaut  uihl!*  rief  er  seelenver- 
gnügl.  Th.  Messerer  in  der  didask..  23.  mrfri  1878;  da« 
war  wie  der  standlaut  zweier  Jagdhunde,  die  ein  verendetes 
wild  gefunden.  Ganghupeh  der  mann  im  salz  i,  08;  da 
ist's  gewesen..,  als  täten  die  hund  eine  wildfährl  an- 
fallen, und  im  hochwald  haben  sie  laut  gegeben,  bniii 
helzlaut,  bald  wieder  standlaut.  ir>9. 

STANDLAZAHOTII.  »i.  stehendes  feldlazareth .  hApital 
stuhle,  Ji.re,  zum  unterschiede  vom  beweglichen  wtr'-  (li.>....>. 
den   la/iirclh.  hApital  ambulant.   KrOniTZ  5«,ir.r- 

STA.Mil.KIlHK,  /•.   fiir  stiitik,  .».  Cami-k. 


777 


STÄNDLEIN—  STANDLEITER 


STANDLER  —  STANDLINIE 


778 


STÄ^S^DLEIN,  n..  deminutiv 

i)  zu  stand,  m..  vgl.  Ständchen,  besonders  2:  ständlein 
(das,  dimin.)  idem  (ac  Ständchen,  statiuncula).  Steinbach 
2,  671.  in  den  spätem  Wörterbüchern  nicht  mehr  aufgeführt, 
s.  aucJi  ständerlein  2.  mundartlich  im  oberd..  schxceiz. 
ständli  HuNZiKER  250,  bair.  stantl  Schm.^  2,  765. 

a)  huldigungsmiisik ,  s.  Ständchen  2,  a ;  Jungfermusik, 
alias  ein  ständlein,  musice  modiilatum  Carmen  in  honorem 
virginis  alicujus.  Stiei.er  1313;  ständlein  .  . .  notat  tamen 
quamvis  statiunculam  et  restitutionem  . . .  einer  Jungfer 
ein  ständlein,  sive  ständgen  machen.  2133;  musick-ständ- 
lein  ö  ständlein,  serenatu  di  musica  data  ad  una  dama 
dinanzi  alla  porta  della  sua  casa  ö  camera.  einer  Jungfer 
ein  ständlein,  abend-ständlein  halten,  dar' una  sere- 
nata  ad  tina  dama.  niorgen-ständlein,  albata,  matti- 
nata.  Kramer  dict.  2,  981'.  in  letzterer  Zusammensetzung 
schon  bei  Zesen  :  das  gevögel  . . .  kahm  hauffen-weise  mit 
überaus  lieblichem  gezwitscher  herzu  geflogen,  gleichsam 
als  wollen  sie  die  liebe  Rosemund  auch  mit  einem  morgen- 
ständlein  begrüszen,  und  ihren  gebuhrtstag  mit  fröhlichem 
klänge  wil-kommen  heissen.  Rosenmänd  {Hamb.  1651)  4, 
vgl.  GOMBERT  bem.  u.  erg.  3, 2.    noch  älter,  mit  druckfehler : 

so  dürffen  wir  auch  nicht  ein  süsses  stflndlein  ({.  ständlein) 

bringen, 
und  in  manch  instrument  die  knaben  lassen  singen. 

Fleming  39  (ged.  v.  1635,  vgl.  die  aufg.  von 
Lappbnberg  ».  141,  17.  932»>). 

t»  mundartlicher  form,  s.  oben,  dazu :  und  Christen,  der 
ständlisänger,  foderte  ihm  zuerst  eine  pfeife  voll  ab. 
Pestalozzi  i,  41  (t7i  deranm.  durch  bänkelsänger  erkläit). 

b)  ständlein,  Ständchen,  n.  stationcella  cioe  dimora 
piccola  che  si  fä  stando  in  piedi,  massime  in  piazza.  ein 
ständlein,  it.  standerlein,  einen  standerling  halten  mit 
Jemand  auf  der  gassen,  star' un  poco  ä  chiaccherare  con 
«HO  in  istrada.  Krameh  dict.  2,931",  vgl.  Ständchen  2,  6. 
ständerlein  2,  b.  standerling  l :  begegnet  jr  ein  andere 
magd,  mit  welcher  sie  ein  ständlein  gewaget,  wiszbadisch 
vnsenbrünnlein  51. 

c)  ganz  vereinzelt  zu  besfimm.ten  bedeutungen  von  stand. 
Vorrichtung,  icorin  kinder  stehen  lernen,    vgl.  stand  11,  e; 

as  der  kinderen  stehen  anbetrifft,  so  hat  man  in  ettlichen 
rten  ein  ständtlein  also  genannt,  darein  man  ein  kindt 
stellet,  und  lehret  es  ein  weyl  also  stehen,  es  kan  sich 
auch  darinnen  hin  und  wider  auff  alle  seyten  umbwenden. 
WüRTZ  tcundarfzney  {Basel  1612)  493  {am  rande  kinder 
ständlein);  dasz  ein  kindt  länger  dann  ein  halbe  stund 
in  dem  ständtlein  stehen  solle,  etliche  auch  wol  ein  stund, 
welches  zu  viel  ist.  dann  ich  selbs  erfahren  habe,  dasz 
solche  kinder,  wann  sie  so  lang  in  den  ständleinen  haben 
stehen  müssen,  endlich  vor  müde  seindt  darnider  ge- 
sessen und  gefallen.  494;  in  etlichen  orten  halt  man 
stoszständtlein,  darinnen  die  kinder  nicht  allein 
stehen  sonder  auch  gehen  können,  dieselbigen  gefallen 
mir  viel   besser,   dann  die  vorgedachten   ständlein.  495. 

d)  bair.  standl  füsze  beim  vogelidld,  vgl.  stand  11,  d. 
ScHM.*  2,768. 

2)  zu  stände,  /. ,  so  oberdeutsch:  st  an  die,  alveolus, 
labellum.  Maaler  383«;  ständlein,  n.  mMsteUetto.  mastellino, 
ÜnelUtto.  sand-ständlein.  Kkamer  dict.  2, 907».  belege  in 
der  litteratur  des  le.jahrh.: 

nun  must  auch  haben  in  dem  keller  .  .  . 
ein  stendtlein  und  auch  ctlich  kandel 
weinschlanch  und  was  ghört  zu  dem  bandet. 

H.  Sachs  l,  440«  {'der  gantz  haxutzraf, 
ged.  V.  1544) ; 

80  nembt  guts  schieszpulfTer  zwey  pfund, 
ein  pfond  schwefTels  gestossen  klein ! 
thuts  znsamm  in  ein  niders  ständlein. 

Ayrer  2547,  7. 

noch  mundartlich,  Schweiz,  ständeli  und  ständli,  'letzteres 
speciell  verwendet  für  ein  kleines  stellfasz  in  einem  karren, 
zum  fortschaffen  von  jauche'.  Hunziker  250;  in  Basel 
's  ständli,  'wüschedeständli  kehrichtkübel ,  's  gülleständii 
{für  jauclie),  's  ankeständli,  dazu  ständ(e)li-anke  'ge- 
sottene butter  minderer  qualität,  die  in  ständli  versandt 
tüird:  Seiler  276;  bair.  st&ntl,  dazu  ständlein  kfis, 
oberpfülz.  stäntlkäs  'quark.  in  sogenannten  stAntln  zu 
kleinen  käseformen  erhärtet'.  ScHM.*  2,  768. 
STANDLEITER,  /.,  vgl.  stehleiter. 


STAXDLER,  m.  der  einen  Verkaufsstand  {s.  stand  4,  {l), 
eine  bude  oder  einen  kleinen  kramladen  hat,  besonders  eine 
trödelbude,  in  Österreich.  Klein  2, 168,  speciell  steirisch, 
s.  ünger-Khull  569'';  dazu  das  fem.  standlerin  In- 
haberin oder  Verkäuferin  in  einer  solchen  bude  auf  dem 
markte.  569*.  in  anderm  sinne  {standesperson  —  ?) :  er  fragte 
höhnisch,  ob  es  eine  ständlerin  geworden  sei?  sonst 
brauche  es  nicht  halb  so  zimperlich  zu  thun.  Gotthelf 
Haus  Joggeli  (1893)  s.  74. 

STAXDLEÜCHTER ,  m.  frei  stehender  leuchter,  kande 
laber,  zum  unterschied  vom  hänge-  oder  wand- (arm) 
leuchter,  s.  z.  b.  Heyne  hausaltert,  l,  278.  379;  in  kirchen 
auf  dem  altar,  s.  Otte  kirchl.  kunstarchäologie^  l,  156, 162. 
Herzog  -  Plitt  real  encyklop.^  14,  303.  ähnlich  in  Davos 
standliacht,  n.  Bühler  1,156. 

STÄNDLICH,  adj.  adv.,  begegnet  nur  in  icenigen  ganz 
vereinzelten  Zeugnissen,  mhd.  einmal  stentleich,  stabilis,  in 
einer  Übersetzung  der  Benedictinerregel  atis  dem  li.jahrh., 
s.  Lexer  handicb.  2, 1177.  nhd.  als  adv.  {im  stellen):  nach 
dem  man  auch  letztlichen  lang  genug  gesessen,  gefressen 
und  gesoffen  hat,  unnd  man  auffgestanden  ist,  alsdann 
fahet  man  erst  an  ständtlichs  zusauffen.  Albertixl'S 
Gusman  v.  Alfarche  (1615)  468,  vgl.  Gombert  bem.  u.erg.  3, 2. 
(Campe  bringt  es  für  ständisch  in  Vorschlag.) 

STÄNDLING,  adv.  stehend,  im  stehen,  eine  ableitung, 
die  dem  oberd.,  besonders  dem  alemann.  {eis.  schwäb.)  ge- 
biete eigen  ist.  die  litteratur  belege  gehören  zumeist  dem  16., 
einige  der  ersten  hälfte  des  17.  jahrh.  an :  stätim.  voc.  v.  1618 
bei  ScHM.^  2,  765;  niendert  decket  man  kein  tisch  {in 
Jerusalem  tcährend  der  belagerung  7o) ,  sunder  alles  ausz 
den  Öfen  gezuckt,  stendling  gessen,  kaum  halb  gebachen. 
S.  Franck  chronica  (l53l)39*;  er  {dei- Jude)  soll  auch  nit 
ständling  das  wasser  abschlagen,  uff  dz  jms  wasser  nit 
auff  die  füsz  spritz,  weltb.  (i542)  144»;  jecz  nymbt  salvator 
und  die  junger  wasser,  essen  stendling,  haben  steh 
in  henden.  Brixener  passion  vor  est' ,  s.  Wackernell 
passionssp.  aus  Tirol  s.  367 ;  bald  schwang  er  sich  durch 
die  hinderste  bein  .  . .  auff  des  pferds  rucken ,  stellt 
seinen  arsz  gegen  dem  kopff,  unnd  das  gesiebt  gegen 
dem  schwantz,  nam  den  zigel  inns  maul  und  die  heng- 
riemen  inn  beide  händ,  zog  also  ständling  den  sattel 
wider  hinauff,  unnd  stellt  sich  mit  gleichen  füssen 
darauff.  Oarg.  s.  364  nettdr.;  ich  halt  nichts  von  eim 
der  nit  auff  eim  fusz  ständling  drey  masz  wein  kan 
trincken.  398;  sie  {die  pfauen)  legen  jre  eyer  nicht  sitzling, 
sonder  das  mehrer  theyl  ständling.  Sebiz  feldb.  115.  zu- 
weilen mit  Casusendungen:  zä  dem  ersten  hat  er  den 
höben  stendlingen  gericht.  d.  städtechron.  23, 109,  frtr.  22 
(Sender  chronik  zu  1505,  var.  zu  der  unter  ständig  mit- 
getfteilten  stelle);  dessen  erschracken  die  bawem  sehr,  be- 
sassen  das  gericht  auff  der  stett  also  stendlingen,  unnd 
fragten  umb.  Schiltbürger  (1598)  167  bei  Bobertag  Volks- 
bücher 3QS,  S;  der  {schnee)  so  thieff  ist  gewesenn,  ...  das 
sich  das  gwild  halt  verstigen  .  . ,  das  es  an  dem  ortt, 
da  es  gesprungen  ist,  gleich  da  hatt  miesen  bleiben  stan, 
sein  leben  da  lasen,  auch  frey  im  sehne  so  thieff  ge- 
standen und  so  auffrecht,  wer  es  hatt  gesechenn,  der  hatt 
vermein tt,  es  lebe  noch,  ist  also  stendlings  gestorbenn. 
Dreytwein  Eszling.  chronik  168,17  Diehl  {zum  j.  1556). 
in  folgenden  stellen  scheint  ständling  adjectivisch  gebraucht 
zu  sein  {von  einem  'sfehtrtink'?):  wirfft  uns  der  wein  schon 
inn  treck  nider,  gehn  wir  doch  morgen  zu  jhm  wider: 
hieher  jbr  unfläter,  es  soll  noch  diesen  ständlingcn 
gelten.  Garg.  s.  148  netidr.;  die  füsse,  die  offt  hingegangen 
da  andere  gelegen,  die  müssen  jetzt  ligen  da  andere 
stehen:  das  ständling  wincken,  das  ständling  trincken, 
was  solte  es  anders  geben,  als  hincken?  Piiilanuer  2, 479. 
—  so  7ioch  in  alenuinn.  mundarten  •  scJuceiz.  ständlingen, 
ständlings  stehenden  fuszes.  Stalder  2,  392;  tu  Basel 
ständlcze,  ständlige,  z'  oder  ase  g'ständlige.  Seiler  277»; 
scJiwäb.  ständlingen,  stando.  Schmid  507,  vgl.  auch: 
'e  mädle  von  Wendlinge 
schlauft  {gchläfl)  so  leicht  ständlinge, 
ist  se  denn  net  so  g'scheit, 
dasz  se  'nan  ieit? 

fchelmeliedle  (bei  E.  Mbibr  »chwäb.  volkü.)  96. 

STANDLINIE,  /.  'linea  stationis,  wird  in  dem  feldmesaen 
die  linie  genennet,  an  deren  beyden  enden  man  enttoeder 
eine   höhe   oder   breite  abmiszt,    oder  eine  figur  in  grund 


779 


STANDLÖTROHR—  STANDNER 


STANDNETZ —STANDORT 


780 


leget'.  Eggehs  2,  978;  'die  linie,  wo  man  steltet,  eine  gewisse 
ßäche  zu  übersehen'.  Adelung,  «./<?r>ier  Jacousson  4,  254'>. 
Karmarsch-Heeren' 6, 59.  Luegert,  474.  Stenzei.  see- 
tnänn.  tcb.  sg?*».  herr  Benzenberg  nahm  seine  Station  am 
kirchhofe  zu  Clausberg  und  herr  Brandes  an  der  andern 
seit«  unsers  kleinen  thals,  nämlich  zu  EUershausen.  diese 
standlinie  beträgt  . .  .  etwa  ...  27000  pariser  fusz,  und  als 
sie  fanden,  dasz  manche  Sternschnuppen  hier  noch  eine 
so  geringe  parallaxe  gaben,  dasz  sie  innerhalb  der  fehler- 
grenzen  ihrer  methode  fiel,  so  verlängerten  sie  die  stand- 
linie noch  nach  dem  Dransberge  hin,  etwa  auf  43000  pariser 
fusz.  Lichtenberg  8,  206;  die  hügel  hatten  meiner  auf- 
fassung  nach  einen  mehrfachen  zweck:  erstens  bezeich- 
neten sie  den  punkt,  wo  das  meszinstrument  aufgestellt 
war  und  die  standliuien  zusammenliefen  oder  einen 
Winkel  bildeten;  zweitens  war  durch  den  mit  pfosten 
und  Steinsetzung  hergestellten  gradseitigen  klotz  (Stein- 
kiste) die  flucht  der  standlinie  und  damit  auch  der 
grenzzug  selbst  .  . .  festgelegt.  Jacobi  Saalbtirg  (1897)  53 
{'der  pfahlgraben').  —  dazu  standlinien  -  dreieck, 
'atis  den  beiden  standlinien  und  dem  breitenparallele  bzw. 
dem  tneridiaue  gebildetes  dreieck;  dient  zur  berechnung 
des  schiffsortes  bei  der  Sumnei-  inethode' .  Stenzel  a.  a.  o. 

STANDLÖTROHR,  n.  stehendes  lötrohr,  lötrohr  mit 
Stativ.  Karmarsgh-Heeren^  5,  660. 

STANDMÄSZIG,  adj..  im  altern  nhd.  für  standesmäszig, 
vgl.  das.:  standmässig,  standwürdig,  adj.  conforme  allo 
stato,  conditione,  grado  e  qualitä.  ein  standmässig,  stand- 
mässige  aufführung.  standmässiger  titul.  sich  stand- 
mässig halten,  tractiren,  kleiden,  aufführen.  Khameu 
dict.  2,  981'';  da  doch  solche  ehliche  weltsamung  zu 
fördern,  der  .  .  ,  schöpfTer  dem  mann  . .  .  ein  standmäsige 
und  zugelassene  mitgefärtin  und  gespilin  an  dem  weib- 
lichen geschlecht  .  .  .  hat  gebildet.  Oarg.  s.  96  neudr. ; 
demnach  ihr  .  .  .  dero  standmesziges  tractament  gebühren 
will.  Weimarer  urk.v.l^i  6ei  Dief.-Wülcker  862;  stand- 
meszige  alimentation.  ebenda.  —  dazu  stand-mässig- 
keit, /.  conformitä  etc.  allo  stato.  Kramer  a.a.O.    ■ 

STANDMUT,  m.  standhaftigkeit.  das  wort  scheint 
Flschart  eigenthümlich  zu  sein:  ein  unüberwindlichen 
standmut.  Garg.  s.  20  neudr.;  gleich  wie  ...  von  allen 
waren  tugendtbegabten  leuten,  die  vier  haupt  lügenden, 
fürsichtigkeit,  gerechtigkeit,  stärck  oder  standtmut,  unnd 
mässigkeit  erfordert  werden,  ehezuchtb.  (1597)  K  4'' ;  die 
stärcke,  standmut  oder  groszmütigkeit  betreffend:  hat  man 
sie  bei  den  alten  mit  kriegszrüslung  verwart  ...:  anzu- 
weisen, .  . .  also  sey  es  auch  mit  eim  menschen  geschaffen, 
der  jnnerlich  mit  standtmuth  ist  gerüstet,  mit  freudigem 
sinn  behelmet  .  . .  wo  bedarff  man  aber  mehr  solche 
standthafftigkeit  und  freudmütigkeit,  dann  in  der  ehe?  6»/.; 

also  die  jung  new  lieb  bald  leschet 
wa  sie  der  standtmut  nicht  befestet.    A5*; 
und  will  ain  keck  herz  an  mich  nemmen, 
durch  standmut  alle  klainmut  temmen. 

flöhhaz  606  (B  S*>,  dicht.  2,19  Kurz); 
sondern  standmfit  und  feste  band, 
das  macht  recht  fligen  durch  die  land. 

glückh.  schiff  79. 

STANDMOTIG,  adj.,  im  16.  und  17.  jahrh.  zmoeilen  für 
standhaft,  «.  Campe:  von  der  gedult  und  standmütlig 
beständigkeit.  S.  Fhanck  chronica  (l53l)  115'';  zö  dem 
allen  ist  sich  ...  an  disem  volck  nichts  mehr  zuver- 
wundem,  dann  . . .  ein  stantmfittig  steet  hertz  und  un- 
wanckelbar  gmfit,  das  sich  nit  ergibt,  nachlaszt,  noch 
verzagt,  weltb.  es**;  bässer  ists  simplicianisch  und  gut 
einfältig,  doch  slandmUthig  und  christlich  glauben,  und 
darbey  seelig  sterben,  als  sich  ...  durch  die  rcligions- 
Terändemng  ...  in  die  hülle  ...  zu  politisiren.  Simplic. 
(1686)  &S1  (1.  5,  80,  *.  791  Keller). 

STANDMÜTIÜKEIT,/.  contumaria.  Maaler  884"'  (danach 
Camhk):  er  (Soerates)  tranck  mit  grosser  stanlmfitigkeit 
das  gekocht  gilTl.  S.  Franck  r/tromca  (l5Sl)  107";  Mathias 
hat  sich  der  burger  standmfitigkeit,  und  der  burger  trew 
gegen  jrcm  heim  verwundert.  (153»)  246''. 

STANDNAMK.  »n.  •  slandnahme,  tittdus  honoria,  appd 
Uttio  »tattUi  et  ronditioni*  rtijimliftef.  SllKl.KH  1826. 

STANDNKB,   STANDNER,  m.,   obeid.,   bej,.   bairischea 
leort,  titterariarh  fterriigt  im  15.  —  \ü.  jahrh.,   dochnur  in 
Nürnberger  qutilen.  vgl.  Lkxbh  mhd.  handwb.  2,    lisr. 


1)  neb€7ifoim  zu  stände ,  stellfasz :  biota  . .  .  standner, 
stantner,  ...  stentner,  kuff,  stendel,  zentener.  Dief. 
gloss.  74°;  standner,  stantnär,  -ner.  nov.  gloss.  f>s!^;  dyota 
.  .  .  hd.  winstande,  -stantner,  stände  zu  wine  o.  zu  biere 
mit  zweien  oren,  stantner  (i.  onoforus,  ium).  gloss.  183*; 
onoforium  vel  -ferus  stantner.  nov.  gloss.  150*'  (voc.  v.  1429, 
s.  auch  DiEF.-WüLCKER  862);  statuarium  .  . .  stantnär.  347''; 
Inota,  zwiöriges  vässlin,  ein  stantnser.  voc.  v.  1429  bei 
ScHM.''  2, 7Cö;  byota,  stentner,  kuff.  voc.  v.  1482  bei  Scherz- 
OiiERUN  1568;  dedim.  3  Tt  und  l  /S  hl.  für  zwfn  new 
vierteilig  stantner,  daran  man  einen  alten  halben  eimerigen 
stantner  geben  hat.  Nürnberger  stadtrechn.  von  1422  bei 
Lexer  handwb.  2,  nZG;  item  ein  halbeimerigen  stentner. 
Tücher  baumeisterb.  289,25  {dazu  das  deviinutiv:  für  ain 
claincls]  czinene[s]  stenttnerlen  czu  eingemachten 
kuttc[n]  bei  5  ff  schwer.  iMushalib.  78); 

auch  wirtt  nement  des  kellers  war  .  .  . 
vil  kanden  stantner  ein  wein  rad. 

FoLZ  meisterges.  v.  aUerlei  hausrat  str.  G ; 
nun  nempt  des  keller  tzeuges  acht  .  .  . 
stentner  dricbter  Haschen  kannen. 

von  allem  hawszraih  A  4*  {fastn.  sp.  1218). 

so  noch  mundartlich:  sieir.  stantner,  m.  {neben  staute,  /. 
und  stanter,  m.)  Unger-Khuli- 569»,  dazu  stantner- 
k  a  n  d  e  1 ,  /.  'zinnerne  kanne  mit  jnpe  zum  aufstellen ' 
{inventar.  v.  1674)  und  stantnerkessel,  m.  'stehender 
kessel  zum  läutern  des  Schmalzes'.  569'' ;  in  Österr.  standner, 
groszes  wassergefäsz.  Klein  2,  168;  westbühm.  ^tantna(r). 
Bayerns  mundarten  1,410. 

2)  für  ständerling  l ,  stehenbleiben  auf  der  strasze  zum 
plaudern.  SciiM.'' 2,  768.  Lexer  handwb.  2,  ii^: 

ich  sach  in  unter  der  ratbausthur 
ein  andre  zupfen  und  an  lachen, 
mit  ir  ein  langen  stentner  machen. 

fastn.  sp.  543, 13  {vgl.  die  anm.  nachlebe  s.  344) ; 

der  wunderlich  mann  spricht  {zur  frau,  die  zu  spät  vom 
inarkt  zurückkommt) : 

sag,  wievil  ständner  hast  du  sider 

fehabt,  und  klappert  hin  und  her 
ey  diser  gspielen  und  bey  der 
und  die  leut  hellTen  richten  ausz? 

H.  Sachs  4,  3,  32«  {fastn.  sp.  G,  2  nevdr.). 

STANDNETZ,  n.  eiti  netz,  mit  dem  zur  ßutzeit  ge- 
fischt wird. 

STÄNDNIS,  n.  .•  statio  ...  stentnisse.  Dief.  gloss.  bX", 
vgl.  Lexer  handnb.  2, 1138.  sonst  nicht  üblicJi  {auszer  in 
Zusammensetzung). 

STANDÖL,  n.  leinöl,  das  durch  längere  einwirkung  der 
luft  dick  und  ßrniszähnlich  geworden  ist.  Karmarsch- 
Heeren^  8, 445. 

STANDORDNUNG,  /.  ordine  dello  stato.  gaU.  rang.  v. 
stand.  Kram  er  dict.2,93i^. 

STANDORT,  m.  ort.  tco  jemand  oder  etivas  steht,  lexi 
calisch  erst  von  Adelung  gebucht,  doch  vereinzelt  schon 
im  17.  jahrh.  bezeugt:  zu  idwederem  Wechsel,  werden 
virerley  perschonen  erfodert;  und  zwar  l.  des  stand 
ohrtes  zwo;  als:  eine,  so  gelder  auf  Wechsel  gilut 
(1.  remittent);  di  ander:  so  geld  auf  Wechsel  niint 
(2.  trassent):  2.  anderer  ohrte  zwo  ...  Butschky  Jiochd. 
kanz.  (1659)  8.  618.    seit  Moser  «e/tr  häufig. 

l)  von  menschen. 

a)  ganz  eigentlich  der  ort,  wo  einer  {gerade)  steht:  bcy 
diesen  Worten  setzte  Christian  die  schüssel  mit  den  ge 
setzen  auf  eine  .  .  .  tafel,  und  nahm  seinen  Standort  auf 
der  untersten  stufe  wieder  ein.  {vorher:  auf  der  unterHioii 
stufe  des  tiirons  stand  Christian  mit  der  gesetzschüssci.') 
Siegfr.  v.  Lindenberg*  2, 281 ;  Mehlhorn  für  seine  pcrsoii 
war  herbeigosprungen ,  und  stand  auf  dem  umgeletticn 
kutschenschlage  fest,  ...  bis  ihn  der  kutscher  von 
seinem  Standort  wegfluohlo.  um  den  wagen  aufzustellon. 
J.  Paul  61  {Katienb.  i),  4C;  Erwin  sah  von  seinem  Stand- 
orte aus  mit  bofriodigung,  wie  seine  fniu  so  gut  auf- 
gehoben war.  Keller  7,  öl.  geiriihnlich  der  ort,  von  tro 
aus  man  ettras  betrarhttt,  Iteobuchtrt  {'der  ort,  vo  man 
»tehet,  Iteaondera  in  rilckaicht  auf  ein  at«*  demaelbm  t-of/- 
brachtea  geachäft ,  oder  auch  in  rilckaicht  auf  daa  ir»-- 
hälfniat  gegen  andere  dinge'.  Adelung,  vgl.  Standpunkt), 
poaten  eini-a  Iteoharhtem  u.  iihnl.:  der  laurer  Btaiid  da  in 
HÜKZCH  entzücken  vrrHcliwebl  .  . .  zum  glü<k  cniiannl«' 
\\v\\   ti'M-h   M-iiii-  lii-iimMiif-krtifl  nml   ri^/  tlm  ci-nid««  zur 


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STANDORT 


STANDPAUKE—  STANDPLATZ 


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rechten  zeit  aus  der  zaubervollen  ekstase.  er  sputete 
sich,  seinen  Standort  zu  verlassen.  MusÄus  volksm. 
2,  24  Henipel;  wenn  sie  sich  diese  lust  noch  nicht  ge- 
macht haben,  gnädigster  prinz,  so  empfehle  ich  ihnen 
diesen  Standort,  den  ausgesuchtesten  vielleicht  in  Venedig, 
diese  herrliche  erscheinung  (den  Sonnenaufgang)  zu  ge- 
nieszen.  Schiller  4,336;  möchte  doch  Klopstock  auf 
dem  kirchhofe  zu  Rommishorn,  als  dem  Standorte,  wo 
der  blick  das  Wasserbecken  des  Rheinstromes  am  herr- 
schendsten umfaszt,  .  .  .  ein  ähnliches  naturfest  gefeyert 
haben,  wie  auf  der  waldigen  halbinsel  am  Wasserbecken 
der  Limmat!  Matthlsson  erinnenmgen  {Wien  1815)  3,  75; 
daher  macht  uns  das  reisen  so  vieles  vergnügen,  weil 
mit  den  immer  wechselnden  Standorten  auch  die  an- 
sichten  der  natur  immer  wechseln.  Kleist  5,  61  Schmidt; 
nach  einigen  kreuz-  und  quergängen  befand  ich  mich  an 
dem  rande  eines  wassers,  das  von  meinem  Standort  aus 
etwa  hundert  schritte  lang  und  vielleicht  halb  so  breit 
sein  mochte.  Storm  1,262.  —  Standort  eines  Jägers  oder 
schützen,  von  um  er  auf  das  tcild  oder  na^h  dem  ziele 
schieszt.  KrOnitz  169,  624. 

b)  Standort  leird  dann  auch  in  freierer  antcendung  auf 
geistiges  gesagt,  besonders  bei  autoren  des  IS.  jahrh.,  während 
die  heutige  spräche  dafür  ausschlieszlich  Standpunkt  ge- 
braucht, vgl.  Paul  432;  die  Vorstellung  eines  ortes,  von 
wo  aus  man  eticas  oder  die  weit  im  ganzen  betrachtet,  ist 
fast  überall  deutlich :  auch  die  guter  zu  Selispuer,  Euer, 
Garte  .  .  .  liegen  scheinbar  in  dieser  gegend,  und  man 
sieht  es  hier  auf  diesem  Standorte  durchscheinen,  dasz 
der  graf  Walbert  .  .  .  der  enkel  Widekinds  gewesen. 
MOSER  osnabr.  gesch.  i,iiB;  sich  aus  dem  gesichtspunkte 
des  erzehlers  in  den  wahren  Standort  einer  jeden  person 
versetzen  können  . .  .  das  ist  es,  was  dazu  {zur  dramati- 
sierung  einer  erzählnng)  nöthig  ist.  Lessing  7, 5  {Hamb. 
dram.  l);  so  tretet  zu  mir  her,  und  betrachtet,  was  ihr 
fehler  nennt ,  aus  meinem  Standorte.  221  (49) ;  so  fiel  er 
seinem  bruder,  aus  furcht,  er  möchte  seine  poetische 
rede  in  prosa  fortsetzen,  hastig  in  das  wort,  und  über- 
raschte mich  nicht  weniger  durch  die  unerwartete  leb- 
haftigkeit  mit  welcher  auch  er  von  seinem  militärischen 
standtorte  ab,  in  das  feld  seiner  verlassenen  kunst  über- 
ging. Thümmel  reise  5,111;  so  wie  es  nun  zwar  über- 
haupt nützlich  ist,  dasz  der  schriftsteiler  seinen  kunst- 
richter  auf  den  Standort  führe,  aus  welchem  er  sein 
werk  ansah  und  bearbeitete.  Bürger  135'';  welches  ist 
der  Standort  und  die  entfernung,  woraus  der  heutige 
Deutsche  einen  deutschen  Homer  betrachten  soll?  136" ; 
auf  seinem  Standorte  war  es  ihm  {Vellejiis  Patercitlus) 
nicht  gegeben,  die  ganze  kunst  als  ein  lebendiges  .  .  . 
anzusehen.  Göthe37,  38;  es  würde  ihnen  nicht  unan- 
genehm gewesen  sein ,  die  geschichte  meiner  seele  zu 
lesen  und  den  seltsamen  Standort  zu  kennen,  von  dem 
ich  damals  die  weit  sah.  briefe2,6;  wie  mfinchmal,  von 
diesem  Standorte  betrachtet,  sinken  die  gröszten  gebäude 
ins  kleine,  wie  bürgershäuser  vom  münster  gesehen.  26; 
jemehr  uns  aber  dieses  schreckhafte  gemählde  zurück- 
stöszt,  desto  stärker  werden  wir  von  dem  bilde  sanfter 
hamanität  angezogen,  das  sich  in  Karlos,  in  seines 
freundes,  und  in  der  königinngestalt  vor  unsern  äugen 
verkläret,  und  nun  ,  lieber  freund,  übersehen  sie  das  stück 
aus  diesem  neuen  Standort  noch  einmal.  Schiller  6,67; 
wie  angenehm  überraschend,  bey  einer  noch  so  grossen 
Verschiedenheit  des  Standorts  und  bey  dem  weiten  ab- 
stand, den  die  Verhältnisse  in  der  wirklichen  weit  nöthig 
machen,  ihrem  vorurtheilfreyen  geist  auf  dem  felde  der 
Ideen  in  dem  nemlichen  resultat  zu  begegnen!  10,  278 
(ästhet.  br.  2);  wer  nun  unter  den  priestern  ruhiger  und 
bescheiden  war,  dachte,  es  komme  auf  ein  gewisses 
masz  des  mehr  oder  weniger  in  der  Unklarheit  nicht 
gerade  an,  und  verhielt  sich  klüglicher  weise  friedlich 
auf  dem  gewonnenen  Standort.  Keller  5,29*.  —  so  auch 
von  dichtungen:  im  anfange  gar  kein  Standort  und  kein 
gesichtspunkt ,  den  Pindar  doch  seinen  verworrensten 
Oden  so  sorgfältig  ...  einwebt.  Herder  1, 321  Suphan; 
die  Aesopische  fabel  nämlich  war  gleichsam  die  grenze 
zwischen  dichtung  und  moral  .  .  .  aus  diesem  Standort 
musz  man  sie  ...  nie  entfernen.  15,542;  denn  nur  in 
dieser  hinsieht  sind  gedichte  zu  beurtheilen,  ob  sie  einen 


weiten  oder  engen,  einen  nahen  oder  entlegenen,  einen 
finsteren  oder  hellen,  . .  .  erhabenen  oder  niedrigen  Stand- 
ort haben  wollen.  Novalis  3,  61  Meiszner. 

c)  zuweilen  mit  aufgäbe  des  begriffes  des  Stehens,  auf 
gehende  angeicendet :  in  diesem  letzten  teile  {des  fest- 
zuges)  .  . .  hatten  wir  dreie  unsern  Standort  gewählt,  um 
als  verdoppelte  phantasiegebilde  im  schattenbilde  der 
Vergangenheit  mitzuziehen.  Keller  2, 164. 

d)  aufenthaltsort ;  besonders  ort,  um  truppen  'stehen': 
bedenket  also,  dasz  ihr  an  jedem  ort,  wo  ihr  euren 
Standort  nehmet,  so  gleich  eine  ganze  stadt  vorstellet. 
Heilmann   Thuc.  1012  (7,  77); 

Kottwitz?  mit  den  dragonern  der  prinzessin? 

hier  in  der  stadt?  ... 

der  Standort,  den  ich  ihm  bestimmt    heiszt  Arnstienl 

Kleist  3, 103  Schmidt  [pr.  v.  Homb.  5, 1). 

2,  rt)  von  thieren,  besonders  Standort  des  wildes,  vgl. 
stand  4,  l. 

b)  als  naturwissenschaftlicher  ausdruck  von  pflanzen  .- 
Standort  heiszt  bei  einem  gewächse  die  stelle,  wo  es  ein- 
gewurzelt ist.  jedes  gewächs  hat  seinen  naturgemäsz 
eigenthümlichen  Standort,  und  erfordert  ihn  auch,  nebst 
boden ,  läge  und  clima  .  .  .  die  hauptrücksichten  beim 
Standorte  der  waldbäume  sind:  ob  sie  frei  oder  im 
dichten  stände  sind,  der  sonne,  dem  winde  u.  s.  w.  aus- 
gesetzt oder  im  schatten  und  schütze  stehen  .  .  .  bekannt 
ist  auch,  dasz  je  nach  dem  Standorte  das  holz  besser  oder 
schlechter  ist.  Behlen  5,673;  verhältnisz  {der  pflanzen) 
zu  ihren  Umgebungen.  . .  .  B.  zum  planeten  —  Standort, 
a.  zur  luft  —  höhe  des  Standorts.  Oken  2,  287;  vgl.  300.  so 
zunächst  von  pflanzengattungen ,  die  stelle,  wo  sie  vor- 
kommen; doch  auch  von  der  einzelnen  pflanze  im  eigent- 
lichsten sinne:  er  wies  auf  einen  jungen  fichtenbaum, 
der  vom  bergwasser  . .  .  losgerissen  war  von  seinem 
Standort.  Freytag  8,  47  {ahnen  l,  l,  3).  —  von  da  aus 
bildlich :  die  conservative  partei  . . .  habe  die  geographische 
ausdehnung,  deren  sie  in  der  heutigen  bevölkerung  fähig 
sei,  erreicht  und  trage  nicht  das  wachsthum  in  sich,  um 
zu  einer  nationalen  majorität  zu  werden;  ihr  natur- 
geschichtliches vorkommen,  ihr  Standort  sei  beschränkt 
in  unsern  neuen  provinzen.  Bismarck  ged.  u.  m?tn.  2, 182. 

c)  von  leblosen  dingen:  unterdesz  paukte  und  dröhnte 
ostwärts  der  kanonendonner  unaufhörlich,  weisze  dampf- 
ballen zeigten  den  Standort  der  batterien.  Freytag  d. 
kronpiinz  56; 

statt  des  götzen  nach  der  mode  {VoUaire), 

überdeckt  Minervens  schild, 

an  dem  Standort  der  pagode, 

des  erhabnen  Rousseau  bild.     Thümmel  reise  3,  79. 

STANDPAUKE,/.,  studentisch  für  standrede,  vgl.  das.: 
jemand  eine  standpauke  halten. 

STANDPEILER,  »j.  'ein  bei  nautischen  Vermessungen 
{tiefenmessungen)  zum  mechanischen  rückwärtseinschneiden 
. .  .  des peilungsortes  dienendes  instrtiment'.  Lueger  7,474. 

STANDPERSON,  /.,  in  älterer  spräche  vereinzelt  für 
Standesperson ,  vgl.  das.  ■  zu  dem  h.  Joanni  dem  tauffer 
seynd  unterschidliche  standt-persohnen  getretten,  und 
den  h.  busz-prediger  umb  rath  gefragt.  Abraham  a  S.  Clara 
auf  auf  ihr  Christen  85,  24  neudr. 

STANDPFERD,  n.  cavallo  di  rilascio.  da  posta.  gall. 
cheval  de  relais.  Kramer  dict.  2,  93l'>;  'pferde,  welche  an 
einem  bestimmten  orte  bereit  stehen,  um  sie  gleich  nach 
der  ankunft  vorspannen  und  weiter  fahren  zu  können'. 
Campe. 

STANDPFOSTEN,  w.     l)  mittelstrebe  im  lehrgerüst. 

2)  runde  säule  zur  abgrenzung  der  kastenstände  für  edle 
rassepferde  {s.  stand  4,  i)  gegen  die  stall^asse.  Lueger  6,  741. 

STANDPLATZ,  m.  platz,  wo  jetnand  oder  eticas  .steht, 
vgl.  Standort.  Campe:  übrigens  danke  ich  zum  schönsten 
für  die  ehre  des  Standplatzes,  den  sie  . . .  meinen  geringen 
arbeiten  erweisen  wollen.  Reiske  bei  Lessing  13, 270; 
academische  gedichte  heiszet  diese  Sammlung  darum, 
weil  sie  es  wirklich  sind,  beynahe  alles  musz  von 
diesem,  zuweilen  etwas  verrückten,  academischen  stand- 
platze angesehen  werden.  Withqf  acad.  ged.  l,  vorr.  (a  7'*); 
da  erschien  an  einem  der  fenster,  gerade  an  dem,  welches 
seinen  sehein  auf  herrn  Friedrichs  Standplatz  warf,  eine 
zierliche  frauengestalt.  Stohm7,  310;  von  truppen,  vgl. 
Standquartier : 


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STÄNDPUDDING  — STANDPUNKT 


STANDPUNKT 


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woher  die  mh'   woher  die  stille, 

in  diesem  Standplatz  rSm'scher  krieeerhaufen  ? 

Ki.KiST  2,  393  Schmidt  (^Ifervianiifschl.  i,  8). 

STANDPUDDING,  m.  •  feiner  standpudding  mit  Schlag- 
sahne und  makronen.  H.  Davidis  kochbuch^^  s.  382.  | 

STANDPUNKT,  «i.  'derjenige  pimct,  in  icelchem  man  \ 
stehet,  ofw  tcdchetn  man  einen  gegenständ  betrachtet,  oder  \ 
das  verhältnisz  eines  andern  dinges  bestimmet,  in  der 
mathematik  ist  es  der  ptinct,  atis  welchem  man  eine  ent-  \ 
femung  misset'.  Adkluno.  stets  von  per.tonen,  zunächst  | 
eigentlich:  hätte  er  nicht,  als  er  den  standpunct  erreicht  \ 
hatte,  den  er  suchte,  von  wo  man  auf  einer  seite  das  ; 
palais  de  Bourbon ,  auf  der  andern  den  platz  Ludwig  | 
des  vierzehnten  übersehen  kann  —  auf  einmal  stille  I 
gehalten.  Tiiömmei,  reise  1,268;  ihre  erzieherin  bot  mir  | 
ihre  dose,  -und  Agathe  von  selbst  ihren  arm,  als  die  ge- 
sellschaft  ihren  hohen  Standpunkt  verliesz.  8,  256;  er 
pflanzte  sich  mit  seiner  arbeit  neben  der  küchenthüre 
auf,  von  welchem  Standpunkt  aus  er  die  arbeit  in  küche 
und  garten  beobachten  konnte.  Gotthelf  erzähl.  (1887)  1,13 
(Hans  Joggeli);  dergestalt,  dasz  . . .  ich  . . .  auf  eine  bank 
stieg  .  .  .  kaum  hatte  ich  von  diesem  Standpunkt  aus, 
mit  völliger  freiheit  der  aussieht,  die  herrschaften  und 
das  weib  . . .  erblickt.  Kleist  3,  225  Schmidt;  er  trat  mit 
einem  mutigen  schritt  aus  dem,  sich  von  anfang  herein 
gewählten  Standpunkt,  und  der  art  natürlicher  ver- 
schanzung, die  sich  um  seinen  fusztritt  gebildet  hatte, 
hervor.  410.  m,it  aufgäbe  der  sinnlichen  Vorstellung  des 
steliens :  wie  wenig  beglückend  der  Standpunkt  auf  groszcn 
auszerordentlichen  höhen  ist,  habe  ich  recht  innig  auf 
dem  Brocken  empfunden  . . .  die  temperatur  auf  der  höhe 
des  thrones  ist  so  rauh  .  . ,  wie  der  gipfel  des  Blocks- 
bergs ,  und  die  aussieht  von  dem  einen  so  wenig  be- 
glückend wie  von  dem  andern,  weil  der  Standpunkt  auf 
beiden  zu  hoch,  und  das  schöne  und  reizende  um  beides 
zu  tief  liegt.  4,65;  Vorhang,  der,  in  der  mitte  theilbar, 
bis  auf  den  boden  des  saales  herunterhing,  so  dasz  man 
sah,  die  bühne  sei  zu  ebener  erde  und  nicht  über  den 
Standpunkt  der  Zuschauer  erhöht.  Herm.  Kuhz  2,144;  so 
auch:  ich  wünschte  Georg  eine  freude  mit  einem  recht 
schönen  theebrett  zu  machen,  worauf  die  ansieht  seines 
gartens  . . .  wäre,  ich  wünschte  dazu  eine  hinreichende 
skizze  in  Wasserfarben ,  etwa  vom  Standpunkt  aus ,  wo 
Bettine  es  aufnahm;  der  wird  gewisz  der  beste  sein. 
Brentano  9,  82.  im.  ausgeführten  bilde:  hier  sehen  wir 
nun  die  philosophie  in  der  that  auf  einen  miszlichen 
Standpunkt  gestellt,  der  fest  sein  soll,  unerachtet  er 
weder  im  himmel,  noch  auf  der  erde  an  etwas  gehängt 
oder  woran  gestützt  wird.  Kant  4,  425  Berl.  akad.  (grundl. 
z.  metaph.  2) ;  und  was  fand  sie  (die  seele) ,  als  sie,  aus 
ihrer  höhe  herab  gewirbelt,  wieder  auf  den  Standpunkt 
kam,  von  welchem  sie  aufstieg?  Thümmei,  rei^e  7,  7;  auf 
einmal  aber  trieb  mich  eine  klcinigkeit  von  dem  er- 
habenen Standpunkte  herunter,  auf  den  mich  meine 
eigenliebe  gestellt  hatte.  161 ;  aber  die  lehrer  des  volks 
müssen  auf  einen  standpunct  treten,  wo  eine  allgemeine 
deutliche  Übersicht  reinem,  unbewundenem  urlheil  zu 
statten  kommt.  Göthe6,  112;  die  Sprachwissenschaft  ... 
hat  auf  demselben  weg ,  dessen  betreten  die  pflanzen- 
und  thicrzergliederung  ihrem  engeren  standpunct  ent- 
rückte, und  zu  einer  vergleichenden  botanik  und  unatomic 
erhob,  endlich  eben  so  durchgreifende  Umwälzung  er- 
fahren. J.  Grimm  kl.  sehr.  l,259.  dann  in  mannigfachen 
freieren  und  übertragenen  gelirauchsiceisen .  tvobei  in  der 
regel  die  voratellung  eines  punkles,  von  dem  aus  man 
cttras  f/etrachtet,  vorherrscliend  und  deutlich  ist.  einen 
Standpunkt  fassen ,  'den  rechten  punkt  ins  äuge  fassen, 
von  icelchem  aus  man  die  ganze  suche  ilbersiehef,  sich  mit 
derselben  rollkommen  bekannt  miichen  kann  {sich  orien 
tirren)'.  Gami'K:  der  hcgrilT  einer  versfanfIcHwelt  ist  also 
nur  ein  Standpunkt,  den  die  Vernunft  sich  gcnölhigl 
sieht,  auszer  den  crscheinungcn  zu  nehmen,  um  sich 
BcIhHt  a\n  praktisch  zu  denken.  Kant  4. 4A8  lierl.  akad. 
(jirundl.  X.  metaph.  8).  j/ewöhnlicher  einen  Standpunkt 
finden,  gewinnen;  behalten  sie  das  ernte  bucli  {vom 
Wilh.  Meister)  solange  sie  wollen ,  indesz  kommt  doK 
rweytc  und  das  dritte  lesen  sie  im  inanuscriptc,  so  linden 
»io  mehr  standpunckt«  zum  uKhcil.  GOtiik  bri^e  10,213 


(an  Schiller  den  10.  dec.  1794);  hier  treten  uns  die  groszen 
theorien  entgegen,  die  wir  heute  nur  in  flüchtigster  kürze 
erwähnen  wollen ,  um  für  die  Würdigung  des  neuen  ge- 
fängnisgesetzes  einen  deutschen  Standpunkt  zu  gewinnen. 
Heiner,  428  Elster;  wo  es  irgend  entscheidend  sein 
konnte,  suchte  er  lieber,  sittliche,  edel  menschliche  und 
weitaussohauende  Standpunkte  zu  gewinnen  und  geltend 
zu  machen.  V.  v.  Strausz  lebensführungen  (I888)  2,45.  so 
auch :  jeder  mensch  ist  mensch ;  als  solcher  sieht  er  hundert 
Sachen  anders  an  als  der  Christ,  der  einen  höhern  Stand- 
punkt hat.  in  seinem  tiefern  sinnlichen  Standpunkt  sieht 
er  vieles  nicht,  was  er  sehen  sollte.  Lavater  verm.  sehr. 
(1781)  2,  201 ;  S.  Reals  novelle,  vielleicht  auch  meine  eigene 
äuszerungen  darüber  . . .  mögen  dem  leser  einen  Stand- 
punkt angewiesen  haben,  aus  dem  es  jetzt  nicht  mehr 
betrachtet  werden  kann.  Schiller  6,  35  {br.  üb.  don 
Karlos  l).  vgl.  noch  •  ich  weisz  freilich  auch  (und  dies 
giebt  mir  den  standpunct  gegen  andere),  dasz  der  besitz 
kein  so  groszes  gut  ist,  als  der  mangel  ein  übel.  Hebrei. 
tageb.  l,  83.  besonders  iti  icendungen  wie  aus  diesem  stand 
punkte  betrachtet  u.  ä. :  die  sache  von  ihrem  Standpunkte 
angesehen,  mögen  sie  recht  haben,  auf  meinem  stand 
punkte  konnte  ich  nicht  anders  handeln.  Campe;  aus 
diesem  Standpunkt  betrachtet,  musz  uns  die  nation  der 
Hebräer  als  ein  wichtiges  universalhistorisches  volk  er- 
scheinen. Schiller  9, 101;  das  wird  mancher  für  krank- 
heit  und  überspannt  halten;  nicht  aber  du,  die  fähig 
ist,  die  weit  auch  aus  andern  standpuncten  zu  betrachten 
als  aus  dem  deinigen.  Kleist  5,433,30  Schmidt;  vom 
standpunct  einer  historisch  erörtern  deutschen  metrik 
aus  werden  sich  liolTentlich  bald  manche  dunkelheiten  der 
formlehre  und  Wortbildung  erhellen.  J.  Grimm  gramm.  2, 
vorr.  s.  XI ;  wenn  sie  auch  Schiller  auf  die  höhen  seiner 
philosophischen  arbeiten  nicht  zu  folgen  vermochten,  so 
erbauten  sie  sich  um  so  mehr  an  seinen  geschichtlichen 
werken ,  und  von  diesem  Standpunkte  aus  ergriffen  sie 
auch  seine  dichtungen.  Keller  1,24;  als  die  glut  männ- 
licher Überzeugung  wichtiger  wurde  als  das  überlegene 
lächeln  von  freiem  Standpunkt.  Freytag  19  (bilder  2,  2),  10. 
anderes:  der  leser  zwar  wird  derlei  erfindung,  im  falle 
sie  nämlich  seinem  eignen  Standpunkt  entspricht ,  mit 
wärme  entgegenkommen.  1,255;  herzog  Albas  regiment 
in  den  Niederlanden  war  der  rechte  Standpunkt  wohl  nicht, 
das  verdienst  seiner  Vorgängerin  zu  prüfen.  Schiller  7, 328. 
in  neuerer  zeit  besonders  ist  dabei  die  eigentliche  bedeutung 
oft  mehr  oder  \oeniger  verblnszt.  so  in  der  beliebten  redens- 
art  überwundener  Standpunkt,  die  schon  in  den  Verjähren 
als  gepßügelte^  wort  umging,  vgl.  danlber  R.  M.  Meyer 
schlagioorte  s.  lif.  Gomreht  zeitschr.  f.  d.  wortf.  2,  309/. 
Lauendorf  ebenda  5,  122  und  schlagicörterbuch  s.  8I8/. 
nach  letzterem  ist  der  älteste  bekannte  beleg:  als  der  groszo 
David  Strausz  seine  welthistorische  kritik  schrieb,  ... 
da  schrieen  die  buchstabenphilosophen  mord  und  tod 
von  apostasie,  von  rückfall  auf  überwundene  Standpunkte. 
Ernst  von  her  Haujk  nord  und  siUl  (183«)  s.  »6.  es  ist 
auch  schon  eine  weile  her,  .  .  .  seit  unter  der  sturm- 
und  drangpartei  der  Hallisch -deutschen  Jahrbücher  die 
phrase  vom  'überwundenen  Standpunkt'  im  schwänge  ging. 
D.  F.  Strausz  kl.  .<tchr.  2.'>8  (d.  halben  u.  d.  ganzen  186.5);  die 
Frankfurter  Versammlung  .  .  .  behandelte  die  dynastischen 
fragen  als  überwundenen  Standpunkt.  Bismarck  ged.  u. 
erinn.  1,  56.  —  doch  finden  sich  auch  redeiceisen,  wo  stand 
punkt  nicht  den  ort  eines  Mrachters  Itezeichnet,  sondern 
die  stelle  überhaupt,  wo  jemand  steht,  .teine  .ntuation,  lagr. 
oder  seine  sociale  oder  amtliche  Stellung,  stand,  posten  u.  ä. . 
dadurch  dasz  er  alles  dieses  hätte  werden  können,  ... 
durch  die  sonderbare  läge  seines  Standpunktes  in  der 
weit,  dadurch  war  er  mir  merkwürdig.  Licii  ienukhc;  h,  17: 
Spiegel  benimmt  sich  auf  si'iiieni  Ninndpunkte  {als  er: 
bischof  von  Küln)  sehr  gut,  er  hat  oine  grosze  IhHIigkeil 
und  einen  festen,  ernsten  geschäftswillen.  Brentano 0.  n*>< 
es  war  aller  iRslor  anfang,  dasz  der  kaiifniannssohn  den 
Ntandpunkt  verachtete,  auf  den  ihn  der  herr  durch  dir 
goburt  gcHtellt  halte  und  nach  dem  degon  griff.  Marliti 
heideprinz.  2.">1.  dazu  die  redrnsart  jemand  seinen  (den 
Htandpunkl  klar  machen,  'einem  die  grenzen  seiner  l>efug 
nisst.  oder  das  verkehrte  oder  unangenehme  seines  he 
nehmen* ,    denken«,    verfa/iretts   darthun'.    Wandkr  4, 77f>. 


785   STANDQUARTIER— STANDRECHT 


STANDREDE 


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s.  auch  Hetzel    icie  der  Deutsche  spricht  298.     ptmkt  in  i 
einer  entwicklnng :  allmälich  begann  jener  Widerwille  gegen 

den  fremden  laut  sich  abzustumpfen  . . ;  auf  diesem  stand-  \ 

[lunct  sank  das  gefühl  für  die  eigne  spräche  noch  mehr,  j 

J.  Grimm  *.  theiZ  l,  *.  xxvii.     so  gelegentlich   auf  unper-  ; 

sönliches  angeicendet:  jetziger  standpunct  der  geschichte.  : 
Hebbel  6,360  Werner  {überschr.);  kritik  zu  dem  aufsatz: 

'über  den  standpunct  der  dichtkunst  in  alter  und  neuer  | 
zeit'  von  Kunhardt.  10,  3  {üherschr.). 

STANDQUARTIER,  n.   stativa.   Apin.  gloss.  (1728)510;  '■ 
ein  quartier  so  eine  armee  bezogen  nur  eine  Zeitlang  zu  . 
bleiben.  Frisch  2,318'';  Standquartiere  heiszen,  wenn  die 
Soldaten  des  sommers  in  quartieren  liegen,  und  eine  Zeit- 
lang in  selbigen  verbleiben.  Eggers  kriegslex.  2,  97S;  'ein  ; 
jiur  in   dem  kriegsxcesen   übliches   xcort,   ein    ort,   ico  ein 
kriegesheer,  ein  regiment,  oder  ein  theil  desselben,  auf  einige 
zeit  im  qtiartier  stehet.' AuEi.VfiG,  im  gegensatz  zum  marsch- 
quartier. Gottsched  5eo5acÄfMM^en».  280.  »./emcr Jacobs-  i 
SON  7,  427"  (l,  18i*)  und  standlager.    ebenso  schiced.  stand-  \ 
qvarter.  belege:  lohne  dich  gott  für  dein  liebes  . . .  schreiben 
welches  ich  einige  tage  vor  unserm  ausmarsch  aus  unserm  ; 
letzten  Standquartier  .  . .  erhalten   habe.   Leonhart   bei 
Strodtmann  b)-iefe  von  u.  an  Bürger  i,^;  dem  bürger-  ; 
meister  und  dem  polizeisoldaten  wurde  ihr  Standquartier  : 
auf  dem  hofe  angewiesen.   Immermann  Miinchh.^  3, 163  ^ 
(6,7);    in  welcher  weise   die  Verrichtungen  der  Standes-  j 
beamten  in  bezug   auf  solche  militärpersonen   wahrzu-  j 
nehmen  sind,   welche  ihr  Standquartier  nicht  innerhalb  ' 
des  deutschen  reichs  .  . .  haben  . . ,  wird  durch  kaiserliche  | 
Verordnung  bestimmt,  gesetz  vom,  6.  febr.  1875  §  71.    häufig 
in  freierem  gebrauche  ■  die  drei  flüchtlinge  streckten  sich  j 
unter  die  eiche  auf  den  rasen.  ...  sie  verlieszen  ihr  stand-  i 
quartier   unter  der   eiche.    MusÄüS  volksm.  3,  71  Hempel  \ 
{Roland's  knappen);    er  {der  ludimagister)    fand   also  für 
gut,  in  dem  nächsten  dorfe  sein  Standquartier  zu  nehmen.  ; 
Siegfr.  v.  Lindenberg^  1,  105. 

STANDRECHT,  n.    l)  Judicium,  statarium,  m,üitnre  cri-  \ 

minaU  sub  dio.  it.  beneficium  detractus.  Stieler  1532;  jus  \ 
militare    tumultuarium.   2132;    dritte    statario,    giustitia. 

processo,  sentenza  militare  che  si  fä  stando  in  piedi  alle  ' 

scoperto,   bandiera  spieglata,   e  presto  in  cause  capitali.  i 

Kramer  dict.  2,9Z\^;    zuweilen   wird   also   genennet  ein  i 
kriegsgericht,  das  nicht  in  form  eines  vollkommenen  und 

zierlichen   kriegsrechts  gehalten  wird,   sondern  nur  aus  \ 

einem   capitain,   lieutenant   und   fähnrich   bestehet,   die  \ 

neben  dem   auditeur  geringe  klag-sachen  in  der  kürtze  i 

entscheiden,    eigentlich   aber  heisset  stand-  oder  spiesz-  I 

recht,   ein   gericht,  da  über  einen  auf  frischer  that  be-  | 

tretenen,  unlaugbaren  Übertreter  des  artickelsbriefs,  von  | 

dem   befehlhabenden  officier,  stehendes  fusses   erkannt-  \ 

nisz  gepflogen,  das  urtheil  gesprochen,  und  er  ohne  gnade  \ 

und   aufschub,  vom  leben  zum  tode  gebracht ...  wird.  ! 

Jablonski   746'';    Judicium,    statintm,    extreordinarium.  ! 

Apin.  gloss.  510;  Judicium  statarium,  im  krieg  in  offen-  ! 

baren  verbrechen,  uno  die  instituitur  et peragitttr.  Frisch  ! 

2,818'';  standrecht,  hat  im  kriege  auf  märschen,  bey  be-  i 

lagerungen  und  detachemens  statt,  wo  gewisse  verbrechen  : 
ohne  anstand  abgethan  werden  müssen,  weil  der  Verzug 

dem  dienste  im  felde  unzuträglich  ist.  . . .  bey  dergleichen  \ 

fällen   wird    das   standrecht  durch   die   darzu  comman-  | 

dirten  ober-officiers,  unter-officiers  und  gemeine,  bey  dem  ' 

regimente,  von  welchem   der  Verbrecher  ist,  in   einem  ; 
kreise,  stehend  gehalten,  die  sache  kurz  untersuchet,  das 
nrtheil   gesprochen,    und   die   zuerkannte   strafe   so  fort 

exequiret.  Eggers  kriegslex.  2,sr;sf.;  s.  ferner  Wächter  . 

1.585.   ScHERZ-ObERLIN  1556.   AdKLUNO.   JaCOBSSON  7,  427».     i 
KrOnitz  169,  625 — 9.    ausnahmegericht  unter  herrschaft  des    -, 
kriegs-  oder  belagerttngszustandes.   Blüntsch Li -Brater 
deutsches  staatstcb.  1, 526. 783 — 7.  Rotteck-Welcker  ataats-   , 
ter.'is,  729 — 32.  Bachem  staatslex.  1,  i98.  österr.  staatatob.    1 
2, 1150.  Stengel  tcb.  des  deutschen  vertcaltungsr.  1, 158—161.    j 
Wetzer -Welte  kirchenlex.*  u,  "725.     bei  der  marine   'im    | 
kriegsfalle   verkündete  eigene  gerichfsbarkeit  eines  befehls- 
habers'.  Stenzel  «eenw/nn.  tc6.  387*'.    e5cn*o  rfÄn .  standret,    ' 
«c/ttred.  ständrätt.     im  deutschen  seit  ende  des  16.  jahrh. 
bekannt:  nun  folgt  ein  standrecht,  in  kriegszleufften,  darzu 
man   stehen  musz,    und  nicht  sitzen  darff.    standtrecht,    ' 
ist  nur  allein  auff  den  artickelsbrietT  gestelt,  unnd  nichts 
X.  8. 


anders  dann  ein  rechtlicher  beweisz  und  aussage,  vom 
leben  zum  todt.  oder  sonder  gelt  und  paszport  vom  fendlin 
verjaget,  das  landt  verbotten,  wie  wol  man  auch  wol 
wichtige  sachen  vom  standtrecht  richten  kan,  als  vor 
dem  mallafitzrecht ,  allein  das  es  schärlTer  und  kürtzer 
abgebrochen  ist,  und  darff  nicht  drey  standtrecht  über 
ein  peinliche  sache  halten.  Reutter  v.  Speir  kriegs  mdn. 
(1594)68;  das  stand-recht.  dieses  Judicium  statuarium  ist 
summarissimum ,  und  führet  seinen  nahmen  von  den 
modo  procedendi  her;  weil  der  prseses  und  die  beysitzer, 
wenn  es  gehalten  wird,  sich  nicht  niedersetzen,  sondern 
die  gantze  sache  in  kurtzer  zeit  in  einen  creysze  stehend 
abthun.  Fleming  t.  soldat  502''.  —  standrecht  über  einen 
ausreisser  oder  verrahter  halten.  Kramer  dict.  2,931''; 
es  ist  die  frage,  ob  der  delinquent,  über  den  man  morgen 
standrecht  hält,  nicht  mit  gröszerer  besinnung  hinter 
seinem  capitain  hertraben  wird,  als  ich  heute  dem  mei- 
nigen nachschlich.  ThCmmel  rewe  8,  44.  das  standrecht 
halten.  Gottsched  beobachtungen  280;  weil  nun  der  haupt- 
man  von  andern  hauptleuten  . . .  niemandt  darbey  haben, 
sondern  mit  seinen  underhabenden  kriegszleuten  das 
standtrecht  halten  (ßolV).  Reutter  v.  Speir  69.  auch:  so 
sol  der  proffosz  von  stund  an . . .  ein  standrecht  bestellen.  68. 
in  neuerei-  zeit  geicöhnlich  allgemeiner .-  das  standrecht  er- 
klären, proclamieren.  in  das  standrecht  gehen.  Adelung; 
der  offizier  läszt  etwas  verkündigen,  'standrecht',  sagt 
mir  der  offizier  auf  der  königswache,  den  ich  frage. 
Varnh.\gen  tageb.  5,  289;  im  österreichischen  beer  . . ;  ist 
standrecht  angeordnet  worden.  12, 96.  nach  dem  stand- 
recht: denn  hätten  die  Seldwyler  nur  etwa  die  befürchtung 
ausgesprochen,  die  gefangenen  könnten  vielleicht  wohl 
erschossen  werden  nach  dem  standrecht,  so  wäre  sie  in 
tödlicher  besorgnis  geblieben.  Keller  4, 197.  dafür  auch: 
standrechtlich  verfahren,  einen  standrechtlich  behan- 
deln, verurtheilen ,  erschieszen  lassen,  ferner:  er  war 
nicht  die  Ursache  von  dem  ball,  das  ward  auch  vor  dem 
standrecht  erwiesen.  W.  Alexis  Isegrimm  2,  i?  (=  199),  ico 
Standgericht  gewöhnlicher  wäre.  —  übertragen:  wir  aber 
haben  immerfort  über  mangel  an  Produktion  zu  klagen, 
weil  wir  alle  autoren  beleidigen,  verfolgen  nnd  am  liebsten 
mit  einem  streiche  tot  machten,  standrecht!  ist  nnsre 
losung  für  theaterstücke.  Laube  7,  44  Houben. 

2)  im  steir.  bedeutet  standrecht  oder  standelrecht 
das  recht,  auf  dem  markte  eineji  stand  (4,  d),  eine  Verkaufs- 
bude  dauernd  zu  halten,  soicie  auch  die  dafür  zu  leistende 
abgäbe  (vgl.  Standgeld).  Unger-Khull  569*».  im  letzteren 
sintie  schon  im  n.  jahrh.  bezeugt:  so  ain  kramer  auf  dem 
kirchtag  fall  het,  es  sei  was  pfenwert  es  well,  soll  der- 
selb  dem  ambtman  standrecht  geben  zwen  pfening.  Salz- 
burger  taid.  68,  36;  dafür  auch:  item  ist  ain  jeder  markt- 
richter  zu  Weiz  die  angeschlagene  Steuer,  dann  maut-, 
gerichts-  und  stantrechtgelt...in  empfang  zu  nemben 
.  . .  schuldig,  steir.  taid.  197,  4  (l7.  jahrh.). 

STANDREDE,  /.  'eine  kurze  rede,  welche  stehend  gehalten 
und  stehend  angehöret  icird.'  Adelung:  des  adjunkts 
standrede  über  das  neue  masz  und  gewicht,  als  der 
hausfreund  dazu  kam,  . .  .  stand  der  adjunkt  auf  einem 
stuhl,  und  hielt  eine  rede  über  das  neue  masz  und  ge- 
wicht. Hebel  2,  216  {hier  in  der  \cirtschaft  sitzen  die  zu- 
hßr er  natürlich);  der  herr  Schulmeister  hielt  zur  zeitver- 
kürzung  eine  standrede  um  die  andere  an  die  Schuljugend, 
dasz.  ob  es  gleich  nur  Juden  seien  {die  gehenkt  xcerden 
sollten),  sollten  sie  doch  ein  christliches  exempel  daran 
nehmen.  388 ;  auch  von  geschriebenen  oder  gedruckten  reden  .- 
denn  nach  allem  andern  webe  ich  {der  adjunkt)  noch 
lustige  liedlein,  brechräthsel ,  ja  standreden  in  euern 
kalender.  35.  früher  besonders  kurze,  schlichte  reden  bei 
allerlei  feierlichen  anlassen,  zumal  solche  aus  dem  Steg- 
reif. KrOnitz  169,629:  unter  einer  menge  modellen  . . , 
wie  man  auf  dem  ström  der  worte  eine  stunde  fort- 
schwimmen kann ,  ohne  stecken  zu  bleiben  . . ,  war  mir 
besonders  eins  durch  öfteren  gebrauch  sehr  geläufig  ge- 
worden: denn  nicht  allein  wurden  in  jungem  jähren  alle 
meine  standreden  an  den  geburtstägen  meiner  altem  dar- 
nach geformt  . .  .  Thümmel  reise  5, 187.  'am  häufigsten  in 
engerer  bedeutung,  von  einer  solchen  rede,  welche  nach  ein- 
senkttng  einer  leiche  bey  dem  grabe  gehalten  wird.'  Adelung, 
Station  Campe:  dat  et  schon  tau  Esaias  tyden  in  gebrunk 

60 


787  STANDREDNER -STANDSCHLEUDER 


STANDSPRUNG  — STANDWILD 


788 


wesen,  seelig  verstorvenen  personon  cne  kristlikke  lyken- 
prccldigt,  oder  weinigstens  ene  standrede  tau  holen, 
j.  Sackmann  plattd.  pred.  (189+)  s.  23;  standrede  denen  im 
kriege  gebliebenen  Atheniensern  gehalten.  Heilmann 
Thuc.  im  reg.  (zu  2,3*/.,  im  fea-t  s.  212:  nachdem  also 
die  gemeine  in  die  erde  verscharret,  worden :  so  hält  einer, 
den  die  stadt  dazu  ernennet,  .  .  .  eine  . . .  lobrede  auf  sie, 
nnd  beim  beginn  des  35.  cap.  am  rande:  standrede  des 
Perikles).  in  diesem  mehr  offiziellen  und  feierlichen  sinne 
nicht  mehr  üblich,  dagegen  ganz  gewöhnlich  in  der  bedeu- 
Uing  einer  strafrede,  ivie  schon  in  den  ältesten  belegen: 
ihr  herz  mag  von  dieser  oder  jener  seile  .  .  .  aufgebracht 
werden :  so  hat  es  ihre  magd  zu  genieszen.  wenn  sie 
nur  eine  einzige  solche  standrede  mit  anhören  sollten, 
als  sie  ihrer  magd  alle  tage  hält:  sie  würden  über  die 
wütende  und  von  Schimpfwörtern  . . .  strotzende  bercdsam- 
keit  erschrecken.  Gebleut  3,  261  {l-oos  in  der  lott.  2,  6);  ich 
lief  mit  dem  mädgen  auf  den  boden  .  . ,  hielt  allen  meines 
mannes  tauten  und  grosztanten,  die  das  flachs  ?csammlet 
hatten,  eine  standrede,  und  man  muszte  mir  dasselbe 
miteinander  in  die  scheure  bringen.  Moser  patr.  phant. 
2,39;  man  hatte  mich  der  gottesleugnung  angeklagt,  und 
mein  vater  hielt  mir  deswegen  eine  standrede,  die  längste, 
die  er  wohl  je  gehalten.  Heine  7,  511  Elster;  einen  wider- 
lichen eindruck  machte  es,  wenn  ein  unglücklicher  sünder 
(in  der  schule)  nach  gehaltener  standrede  in  ein  abgelegenes 
zimmer  geführt  . . .  und  abgehauen  wurde.  Keller  l,  93. 

STANDREDNER,  m.  der  eine  standrede  hält.  Campe: 
vermuthlich  würdet  ihr  über  unsre  leichen  trauern,  und 
vielleicht  gar,  durch  einen  eurer  gutmüthigen  und  dich- 
terischen Verehrer  eine  schöne,  wohlgesetzte  standrede 
am  sarge  der  republik  halten  lassen ;  aber  wir  wollen 
die  Standredner  unsrer  .  .  .  feinde  werden.  Klinger  10,  259. 

STANDRISZ,  m. :  daher  der  grundrisz,  standrisz  (sceno- 
graphia) .  perspectiffrisz ,  nebenst  der  gantzen  schatten- 
kunst  herfleust.  Comenius  sprachenth.  (1657)  769;  sceno- 
graphia  Apjn.  gloss.  510;  'ein  risz,  welcher  einen  kötper, 
und  besonders  ein  gebäude  stehend  abbildet,  oder  so^  wie 
es  sich  von  auzsen  darstellet,  tvenn  man  vor  demselben 
stehet;  der  aufrisz ,  zum  unterschiede  von  einem  grund- 
risse,  durchschnitte  U.S. /.'  Adelung.  Jacobsson  4,254''; 
artch  Standzeichnung,  s.  Campe,  (jetzt  gewöhnlich  dafür 
aufrisz.) 

STANDROHR,  n.  'das  röhr  an  einer  groszen  feuerspritze, 
welches  das  wasser  von  sich  treibt.'  iACOBSSON  4,  254*';  dazu 
standrohrapritze,/.  KrOnitz  169,  629.  auch  als  name 
einer  alten  schiceren  feuerwaffe,  vgl.  standbüchse.  bei  der 
marine  standrohr  der  torpedofüUrohrleitung,  s.  Stenzel 
aeemänn.  tcb.  S97^.  —  vgl.  standröhre,  /. ,  munsfeld. 
standrSre,  'eine  pumpe,  m,it  einem  hölzernen  gefäsze,  in 
dem  sich  das  ausflieszende  wasser  sammelt'.  Jecht  107». 

STANDSÄÜLE,  /..  vgl.  standbildsäule. 

STANDSCHAFT,  /..  zu  stand  9,6.  'l)  die  eigenschaft, 
der  zustand,  da  eine  peraon  ein  stand,  d.  h.  ein  land-  oder 
reiehsstand  ist.  2)  die  stände  .  .  .  zusammengenommen.' 
Campe,  vgl.  reichsstandschaft,  ^^^8,  6li,  und  Holtzen- 
DORFF  reehtsUx.^  8, 1,  777/.  (erlasz,)  nach  welchem  die 
königliche  staatsregierung  die  verfassungsmäszige  herech- 
tigung  der  jaden  zur  ausübung  der  standschaft  auf  grund 
der  bestehenden  gesetze  anerkannt  hat.  national  zeit ung 
WOT  27.  april  1859  (12, 194),  8. 1»;  die  Türkei,  . . .  Rumänien, 
Serbien,  Griechenland,  Montenegro,  sie  alle  bilden  gleich- 
sam die  zweite  standschaft  in  diesem  internationalen 
hause  (dem  Berliner  kongresz).  81,278  (12.  jtoit  1878),  ».  !•; 
die  MünsterHchc  ridcrschaft  ...  bat  den  monarchen  um 
die  bcstätigung  ihrer  slandsctiaft  und  der  mit  ihr  ver- 
bundenen rechte.  M.  Lehmann  Stein  i,2.56. 

STANDSCHEIBE,  /.  feststehende  Zielscheibe  beim  Scheiben- 
»ehiesten. 

STANDSCHILD,  m.  frei  stehender  schild  (?): 

er  warf  den  ger  auf  ■tandtchilde  drei, 
der  fuhr  zur  andern  aeit'  aua  frei. 

ROCKBKT  FirdoH  1,  210. 

STAJIDSCHLEUDER,/.  •  gogkn  die  schützen  fuhren  von 
oben  geschleaderie  speere  und  steine,  zuweilen  ..  .  (Ion 
ein  spilxer  baumpfahl  oder  ein  felsstUck  au»  der  stand- 
•chleudcr  des  thurmcs.  KMKVTAn  »,  ins  (ahnmi.l);  dos 
Stockwerk  de«  thumnes  war  tnonschenleer,  die  tastenden 


fanden  in  der  mitte  eine  grosze  standschleuder.  189;  dir 
convoyschifTc,  welche  die  handelsflotten  geleiteten,  fülirleu 
büchsen  und  bilden  (standschleudern).  18  (büder  2,  i),  246. 
bildung  des  verf.  nach  standbüchse? 

STANDSPRUNG,  m.  beim  turnen  Sprung  mit  geschl-ossenen 
füszen  ohne  anlauf. 

STANDSTAKEN,  m.-.  'grundlagerhölzer,  standsUken, 
(baiikunst)  sind  bauhölzer,  welche  in  den  grund  oder  sand 
geleget,  auch  manchmal  auf  pfähle  auf  gezapft  werden, 
um  auf  selbige  einen  rost  oder  boden  zum,  bauen  zu  legen'. 
Jacohsson  2, 164''. 

STANDSTERN,  m.,  veraltet  für  fixstern,  im  gegensatz 
zum  Wandelstern:  stand-  .•nve  fixstern,  Stella,  fixa.  Stieler 
2150,  Stella,  fissa.  Kramer  dict.  2,931",  s.  auch  Campe: 
zuerst  schuf  Ormuzd  das  licht  zwischen  himmel  und 
erde;  und  stand-  und  irrsterne.  Claudius  7,  21. 

STANDSTRICH,  m.  aufrechtstehender,  senkrechter  strich 
(andeutung  der  roten  färbe). 

STANDSTUHL,  m.  l)  'ein  stuhl,  in  ^Deichen  die  kinder 
gestellt  loerden,  um  darin  stehen  und  gehen  zu  lernen,  zu 
welchem  ztoeck  er  mit  kleinen  rädern  versehen  ist,  der  lauf 
stuhl,  laufwagen.'  Campe  (nach  Moerbeek);  so  schxceiz., 
s.  stand  11,  e. 

2)  auch  für  kirchenstuhl,  vgl.  stand  4,  e. 

STANDTÄNZEREI ,  /.   saltatio  stataria.   Stieler  2257. 

STANDTHIER,  n.  heiszet  dasjenige  wild,  welches  auf 
einer  revier  beständig  bleibet  und  sich  nicht  weit  ver- 
wechselt. Heppe  wohlred.  Jäger  2^^;  'bey  den  ja  gern,  ein 
toild,  welches  seinen  gewöhnlichen  stand  an  einem  orte  und 
in  einer  gegend  hat'  Adelung,  s.  auch  Behlen  5,673 
und  Standwild,  vgl.  stand  4,  l. 

STANDTRABANT,  m.:  die  stand-trabanten  des  königs 
von  Schweden  .  .  .  sind  mit  helleparten  . . .  bewaffnet. 
Eggers  kriegslex.  i,U20. 

STANDTREIBEN,  n.  vorstehtreiben,  treibjagd  im  walde. 
wobei  die  treiber  in  langer  linie  aufgestellt  das  wild  auf 
die  schützen  zutreiben. 

STANDUHR,  /  feststehende  uhr,  pendule,  im  gegensatze 
zur  tragbaren  taschenuhr  und  zur  hängenden  wanduhr. 
Krünitz  193,349:  ich  sah  sie  (Friederike)  nun  zum  ersten 
mal  in  städtischen  zwar  weiten  zimmern,  aber  doch  in 
der  enge,  in  bezug  auf  tapetcn,  spiegel,  Standuhren  und 
porzellanpuppen.  Götiie  26,  'Ar»  (dicht,  u.  icahrh.  ll);  das 
glashaus  der  ausgelaufenen  Standuhr,  und  der  .  .  .  schreib 
tisch  standen  olTcn.  J.Paul  22  (IHtan  2),  i2t;  auf  der 
alten  Standuhr  schlug  es  eben  zwei.  Storm  l,  207. 

STANDUNG,  / .-  statio  standunge  . .  .  stanynghe.  Dief. 
gloss.  550".    (nicht  gebräuchlich.) 

STANDVERWESER,  m.  Stellvertreter,  viearius.  Hai.taüs 
1730:  einen  halben  taler  den  hem  cantzler  ader  seinen 
standt  vorwesser.  Zeitzer  testam.  v.  1564  s.  ebenda. 

STANDVISIER,  n.  am  karabiner:  was  nennt  man  da> 
standvisir?  das  am  oberen  ende  der  leiter  befindlichi^ 
visir,  wenn  dieselbe  zurückgelegt  ist.  instructionsbuch  fiti 
den  cavaUeristen^  (Hannover  1876)  a.  87.  efterwo  am  infan 
teriegewehr. 

STANDVOGEL,  m.,  so  nennt  iruin  die  vögel,  die  sich 
beständig  an  einem  orte  aufhalten,  Viren  xoohnort  nicht 
verlassen,  im  gegensatz  zu  den  zag-  and  Strichvögeln. 
Adeluno.  Oken  7,  ll.  Beulen  6,672.  6,288  ('fedenrild, 
welches  seinen  aufenthaltsdistrikt  nicht  i'erläszt'):  in  diesem 
augenblicke  flog  ein  reiher  (ein  reiher  im  dezember?  aber 
mir  liel  ein,  dasz  er  oft  Standvogel  ist)  kaum  haushoch 
über  uns  weg.  D.  v.Lilikncron  kriegsnovellm^^Uv.).  früher 
auch  in  speciellrrrr  bedeutung :  Standvögel,  also  worden 
diejenigen  schnerren  und  droszoln  benennt ,  wolrhe  auf 
einem  forst  ausgebrütet  worden,  und  niclit  mit  dem  strich 
kommen,  und  sind  solche  nn  denen  weiszgelhen  ständen 
zu  erkennen.  Hkppk  imhlrrd.  jäifcr  »^*,  danach  Ai>ki.unij. 

STANDVORMUND,  m.:  bey  den  jkhriichen  Medemer- 
Wrugongerichte,  welches  vor  hiesiger  stadt  unter  freiem 
himmel  gehalten  werden  sollen,  auch  noch  im  jähr  isofl 
.  . .  gehalten  ist,  mUssen  die  Moderner  erben,  nebst  dem 
Stand  vormunde  der  HUiionor  erben,  in  »rhwarzen  manicin 
gegenwilriig  «oyn.  J.W.Grotkn  gf9fh.r.Kortheim(itm)s.A0. 

STANDWILD,  »i.  'teild,  iretrhes  nach  gewissen  xoald- 
distrikfrn  Htrts  zurückkehrt  und  da  hri misch  ge¥nrden  ist'. 
KkOnitz  109,080;  das  seinen  at\fentftalt  i»  der  hüttptsaclte 


789 


STAND  WIND — STANGE 


STANGE  (1) 


790 


beibehält,  im  gegensatz  zum  wechselwild.  Beb  len  5, 672/. 
6,  838. 

STANDWIND,  wi.  »ive  jahrwind,  status,  anniveisarius, 
universalis.  Stieler  2464;  vento  statario.  anniversario. 
che  tira  regol^irmente  in  certesfagioni.  KR.\MEn  dict.  2,931"; 
'ein  tcijid,  welcher  aus  einer  und  derselben  gegend,  zu  be- 
stimmten Zeiten  herzukommen  pflegt.'  Campe. 

STANDWÜRDIG,  adj.  dignitati  par.  Stieler  2509,  des 
Standes  würdig,  dem  stände  angemessen.  Campe  nach 
Kramer,  s.  unte^-  standmäszig. 

STAND  WÜRZ, /.  ■  satyrion  . . .  stend-wurtz  (voe.  thettton. 
Nürnb.  U82);  ...  standt-  vel  rag-wurtz,  ...  stant-,  scant- 
wort  (nd.,  15.  jaJirh.).  Dief.  gloss.  513'=/.  s.  ständelwurz 
und   Lexer  handicb.  2, 1138.    Lübben  mnd.  handwb.  374''. 

STANDZEICHNUNG,/,  ä.  standrisz.  Campe. 

STANDZOLL,  m.  abgäbe  für  verkauf spl ätze.  Brunner 
rechtsgesch.  2,  240,  vgl.  Standgeld,  -recht. 

STÄNEN,  STÄHNEN,  verb.  l)  im  altern  nhd.  zuiueOen 
für  stöhnen,  s.  dieses;  vgl.  holl.  stenen  Franck  963. 

2)  zuvseilen  für  stützen,  aufstützen;  vgl.  mnd.  stonen, 
stoenenScHiLLER-L0BBEN4,4i3»,  7ioW.steunenFRANCK964: 
unter  anderm  stänet  oder  steuwrt  er  sich  voinen  mit  den 
händen  auff  den  lähnen  auff  dem  predigstui,  stisz  mit  den 
rücken  binden  wider,  spreutzet  sich  greuwlich,  seinen  eiver 
zu  ostentieren.  Kirchhof  icendiinm.  2, 119  Österley  (2,  75); 

also  sich  mit  dem  stab'  ein  alter  mann  anstäbnet 
(jiempe  tripes  baculi  sie  stipite  vititur  aetas). 

ScHERFFEB  Hugo  (1663)  «.  106, 

s.  Hoffmann  v.  F.\llersleben  bei  Frommaxn  4,  186; 
nd.  »prichw.  enkelt  holt  (manches  holz)  drägt  swär,  se(de) 
de  snider,  do  stoende  he  sick  up  elestock  {die  eile),  s.  287,444. 

STANEZEL,  s.  stanitzel. 

STÄNGCHEN,  n.,  als  deminutiv  zu  stange  bei  Stein- 
bach 2,  683;  kaum  üblich,    vgl.  stängelchen  und  stänglein. 

STANGE,  /.  pertica,  contus,  vectis.  gemeinyerm.  icort, 
got.  unbezeugt;  altn.  stqng,  /.  {gen.  stangar,  plur.  stangir 
und  stengr).  Cleasby-Vigfusson  603*,  norm,  stong,  staang 
{plur.  stenger)  Aasen  755'',  schwed.  stäng,  w.  CpZur.  stänger), 
dän.  stang  {plur.  stsenger);  mittelengl.  stange,  neuengl. 
stang,  vermutlich  nord.  lehnxcort,  ».  Ske.\t591  (a^«.  steng,«i., 
Bosworth-Toller  916",  zeigt  abiceichende  stammbildung); 
alts.  stanga  {cum  fustibus  stangen  Wadstein  52'',  18.21), 
md.  stange  (hm»- i  beleg)  Schiller-LObbex  4,362'»,  mnl. 
Itanghe,  holl.  stang,  vgl.  Fr.^nck  956;  ahd.  stanga  clatrus, 

Iva,  contus,  falanga,  fustis,  stipes,  thyrsus,  vectis.  Graff 
K,  692/  {vereinzelt  in  namen  -.  Stangulf,  Stangbah,  s.  Förste- 
lANN  fl/W.  namenft.*  1, 1360.  2,1379),  mhd.  stange  Lexer 
indwb.  2, 1137;  clava  . . .  stanga  vel  cholb.  Dief.  gloss.  126* 
floss.  Sal.);  contus  stango.  nov.  gl.  112*  {Heinrici  summ.); 
falanga  stange  vel  speer,  hd.  stang.  gloss.  223*,  stake, 
stanghe,  pranghe  . . .  stanga.  nov.  gl.  165'' ;  phalanx  . . .  stang. 
gloss.  223'*;  fustis  . . .  stange  vel  kule,  . . .  stang  vel  schit. 
254'" ;  thyrsus  585« ;  vectis  ...  ein  stang.  608''.  — '  eine  nominal- 
bildung  zu  dem  gemeingerm.  {got.  altnord.  engl.)  verb 
stingan,  ».  Wächter  1585.  Steinbach  2, 682.  J.Grimm 
gramm.  2,  37.  kl.  sehr.  3, 132.  Fick^  3, 344.  Weigand  2,  796. 
Kluge"  375''.  ten  Doornkaat  Koolman  3,  300.  aus  dem 
deutschen  stammt  roman.  {ital.  rhätoroman.)  stanga,  franz. 
stangue  ttnd  6tangues,  s.  Diez*  307.  {aus  dem  ital.  wiederum 
das  neugriech.  'aräyxa,  »J  {ardyya,  rgira  [l.  Toe'ö«])  h.  die 
stange,  der  stab.  la  pertica,  la  stanga.  Weigel  neugr.- 
teutsch.ifal.  wb.  {Leipzig  1796)  1091 ;  rpeaa.  »J  {ardyya).  1202.) 
vencandte  bUdungen  sind  stake  und  stengel,  vgl.  das.  über 
Verwandtschaft  auszerhalb  des  german.  s.  Fick*  l,  569. 
PRELLWITZ  griech.  etymol.  tcb.*  430  {unter  OTd'/vs).  — 
Stange  ist  ein  starkes  fem. ;  doch  begegnet  schon  ahd.  mehr- 
fach sehwache  fleanon : 

8ume  ouh  thie  ginö^a      dmagun  stangün  er6;a. 

Otfrid  4, 16,  21  (nach  ilatth.  26,  47). 

weitere  belege  für  stangun  contos,  stangen  veetes  bei  Gkaff 
a.  a.  0.  im  nhd.  sind  schwache  formen  im  sing,  nicht  nur 
im  i6.  jahrh.  sehr  gewöhnlich,  sondern  sie  kommen  auch 
noch  im  17.  {bei  Garzoni  1641,  Zincgref-Weidner  1653), 
ja  vereinzelt  sogar  im  IS.  jalirh.  vor  (Hagedorn  2,138,  im 
reim  aw/ schlangen,  *.  unten  2,d,  y).  vgl.:  ein  stang  oder 
Stangen,  pertica,  contus,  longurius,  vaccerra.  Maaler  384". 
—  in  lebenden  mundarten  allgemein  verbreitet  ohne  be- 
merkenswerte abweichungen :  Schweiz,  stange  Hunziker  250. 


Seiler  277'',  c7*.'stäng(3)  Martin-Lienhart  2,605*,  schwäb. 
ScHMiD  507;  bair.  - österr.  stanga*  Schm.*  2,770,  stangen 
Hügel  155*,  iirol.  stäng(en)  Schöpf  699,  stangge  Hintner 
231,  kämt,  stänge(n)  Lexer  239,  steir.  Unger-Khull  569'', 
lusern.  stang  Bacher  393,  stanga  cimbr.  wb.  235'';  fränk. 
stang  in  Handschuhsheim  Lenz  67'',  tnirzb.  stanga  Sar- 
roRius  183,  henneb.  Spiess  240,  köln.  stang  Hönig*^  173'», 
luxemb.  stäng  Gangler  429,  rhein.  stang  Kehrein  1,387, 
hess.  ViLMAR  395,  schdang  Crecelius  804;  thür.  sdangen 
Hertel  spraclisch.  236.  Kleemann  22*,  leipz.  Albrecht 
216',  berl.  schtange  Brendicke  177'';  nd.  stange  brem.wb. 
4,1000.  Dähnert  457'',  stang  Schütz  4,187.  ten  Doorn- 
kaat Koolman  3,300*,  stang(e)  Bauer-Collitz  98''. 

bedeutung:  stang,  hasta,  hastula  dim.  hastile  . .  .  contus, 
sudes,  fustis,  longurius,  sparus,  spariim.  Dasypodius; 
bäum,  stang,  langer  steck,  scheit,  peitica,  oblongus  baculus. 
Henisch  215,  44;  stange,  /  pieu,  perche.  Hulsius  (1616) 
SOe*»;  stang,  langer  steck,  pertica,  stanga,  palo.  (1618)237''; 
pertica,  eine  stange  oder  langer  pfaal.  Corvinus  fons 
latin.  483*;  stange,  /  . . .  stanga,  pertica,  barra.  Krämer 
dict.  2,907*;  vgl.:  stanghe,  stipes,  pertica,  valltis,  sudes, 
vectis,  fustis,  longurius,  spanis,  sparum,  contus,  hastile, 
pJialanga,  vulgo  stanga.  Kilian  2,  630». 

l)  form  und  material. 

a)  stange  bezeichnet  stets  einen  köiper  von  beträchtlicher 
länge  und  verhältnismäszig  geringer  dicke,  gewöhnlich  auch 
mit  dem  begriff  des  glatten  und  geraden,  vgl. :  'im  eigeiU- 
lidisten  verstände,  ein  jeder  in  die  länge  ausgedehnter 
körper  ohne  beträchtliche  breite  und  dicke'.  Adelung  (l); 
'stange,  ein  jeder  hölzerner  oder  metallener  körper  von  be- 
trächtlicher doch  unbestimmter  länge,  ein  langer  glatter, 
enticeder  runder  oder  auch  eckiger,  ohne  sonderliche  breite 
oder  dicke  beschaffener  köiper,  der  gröszer  und  dicker  als 
ei}i  stock  oder  stecken,  aber  docJi  kleiner  als  ein  bäum  ist.' 
Jacobsson  4,  254''  {ähnlich  Adelung  2  als  'im  engsten  und 
gewöhnliclisten  verstände'),  das  häufigste  attribut  ist  daher: 
lange  stange,  pertica.  Stieler  2133;  pertica  lunga,  perti- 
cone,  can7ia.  Kram  er  dict.  2,  901^.  zur  grösze  vgl.:  läge, 
wie  einer  nalden  spitz  si  gegen  einer  stange.  H.  Seuse 
442,  22  Bihlmeyer.  vgl.  stangenlang,  -haft,  sowie  stangen- 
gerade. 

b)  zu  mannigfachem  gebrauche,  insbesondere  zum  stechen 
{als  waffe)  und  zum  einstecken  in  die  erde,  tcird  die  stange 
an  einem  ende  zugespitzt: 

ir  Stangen 
vorne  sharf.    Lxidro.  kreuzf.  5667. 

andre  bearbeitung:  erblickte  ich  das  gewölbe  angefüllt 
mit  einer  anzahl  hölzerner  stäbe  und  stangen,  ganz  neu, 
rund  und  glatt  gehobelt,  von  allen  gröszen  lastweise  an 
den  wänden  stehend.  Keller  3,76;  der  alte  legte  eine 
der  grundierten  stangen  in  die  schieszscharte.  77. 

c)  die  stange  ist  meistens  von  holz:  'n  holten  stange. 
TEN  Doornkaat  Koolman  3, 300*;  wann  dann  nun  solch 
gehakt  holz  .  . .  wol  erwaxen  werdet,  als  dasz  man  das- 
selb  zu  wöhren,  stangen  und  dergleichen  nit  alles  ver- 
brauchet. #iroi.  icewfÄ.  1,  83,  27.  im  einzelnen,  z  b.:  eychen 
stang.  Dasypodius,  vgl.  unten,  stange  ist  ein  auf  be- 
stimmte iceise  zubereitetes  holzstück,  entweder  ein  dünner 
stamm,  der-  abgeschnitten  und  entästet,  event.  gescJiält, 
poliert  ist,  vgl. :  der  fünfft  steck  oder  stab  den  der  tüfel 
einem  bilger  darstellet  an  stat  einer  christenlichen  hoff- 
nung,  ist  ein  schwinspysz  eyner  gebickten  stangen.  also 
thänt  die  huren  den  wilden  böumlin  dye  noch  iung  sindt, 
dye  bicken  sie  mit  einem  scharpffen  stein,  und  lont  es 
dor  inn  wachsen  eyn  iar,  und  wenn  man  sie  abhouwet, 
so  scheit  man  dye  rynd  dar  ab,  und  das  heyssen  denn 
gebickten  stangen,  und  machen  oben  ysen  dar  an,  denn 
ist  es  ein  schwinspisz,  aber  w^enn  das  ysen  nit  dar  an 
wer,  so  wer  es  ein  rechter  bilger  stab.  Keisersberg 
bilg.  39'',  oder  aus  einem  dickeren  stamm  heraus  gesägt, 
vgl.  Stangenholz  (2),  Schlagholz,  -spaltholz  und  stangen- 
gemäsz.  —  zmoeilen  mit  eisen  beschlagen  oder  mit  eitler 
eisernen  spitze  versehen  {als  waffe.  vgl.  oben  Keiseusberu): 

zwene  kolben  swajre,  .  .  . 

den  wären  die  slange 

mit  Isen  beslagen.    Krec  5389. 

d)  stange  bezeichnet  dann  auch  holz,  das  noch  nicht  in 
dieser  weise   bearbeitet   ist,   aber  ähnliche  form  hat,   also 

50* 


791 


STANGE  (1) 


STANGE  (2) 


792 


junge,  dünne,  astlose  stamme,  und  in  obiger  roeise  ver- 
vxndet  werden  kann:  stangen,  heiszen  ...  junge  hölzer. 
Hephe  wohlred.  Jäger  284*.  zunäclist  von  abgeschnittenen 
stammen  im  hohhandel -.  'auch  sducaclie  bäume,  welche  vier 
zoll  im  durchmesser  dick  und  15  bis  20  elleii  lang  sind, 
führen  im  hohhandel  den  nahmen  der  stangen'.  Adelu  ng  (2) : 
vor  4  stangenn  {'im  dickicht  erxcaclisne,  noch  dünne  junge 
bäume,  wegen  des  dichten  Standes  ohne  zweige).  Tet^neb. 
amtsrechn.  v.  1W2  bei  Diep.-Wülcker  862.  dann  auch  vom 
lebenden  geicächs,  als  forstausdruck :  werden  also  . . .  alle 
bäume  in  ihrer  jagend  und  wachsthum  sträucher  ...  ge- 
nennet, hernachmahls  wenn  sie  ihren  stamm  höher 
treiben,  so  heist  es  alsdenn  junges  holtz,  stangen  und 
dergleichen,  bisz  sie  zu  ihrer  vollkoinmenen  grösze  zu 
einem  haubaren  holtze  erwachsen.  Fi.eminu  t.  jüger 
(1719)42'»;   vgl.: 

jetzt  nur  stangen  diese  bäume 
geben  einst  noch  frucht  und  schatten. 

GöTHE  1,  113  Qioffnung). 

so  ferner:  sonst  heissen  auch  stangen,  die  jungen  glatten 
und  wol  in  die  höhe  gegangenen  stämmgen,  die  auf  denen 
schlagen  im  lebendigen  laub-  oder  hartem  holze  mit  allem 
fleisse  von  denen  nüzbaresten  hölzern  zum  künftigen  ober- 
wuchs ausgesuchet  werden ,  und  32.  bis  36.  an  der  zahl 
auf  einem  ordentlichen  waldacker  stehen  bleiben  müssen, 
wenn  der  darauf  übrige  unterwuchs  alles  abgetrieben 
wird.  Heppe  leithund  117 ;  'stangen,  heiszen  auf  den  schlagen 
oder  hauungen  die  in  den  buschhölzern  stehen  gebliebenen 
hägereiser.'  Jacobsson  4,255";  stange,  'der  hauptsfamm 
des  tceinstocks'.  Nemnich.  —  vgl.  dazu  Stangenholz  (l), 
-hörst,  sowie  stangenfarn,  -kohle,  -schusz. 

e)  die  stange  kann  ferner  von  metall  sein,  in  der  regel 
von  eisen  oder  stahl:  eine  stange  von  eisen,  stangette, 
stanga  di  ferro,  it.  ferriata.  Krämer  dict.  2,  907*;  in 
Hogarth's  enraged  musician  fehlt  noch  das  kleider  aus- 
klopfen und  eiserne  stangen  abladen.  Lichtenberg  apho- 
rismen  3, 172,  212;  ich  . .  .  stand  unten  in  der  dunkelheit 
zwischen  den  sargen,  die  neben  und  über  mir  auf  (len 
eisernen  stangen  ruhten.  Storm  1,198;  die  von  eisernen 
stangen  gestützten  engel  und  apostel  mit  ihren  flügeln 
und  flatternden  mänteln  {statuengruppe  eines  daches)  er- 
innerten auffallend  an  kolossale  gespieszte  Schmetter- 
linge. C.  F.  Meyer  Jenatsch  s.  131.  ijisbesondere  ist  die 
stählerne  stange  die  ständige  waffe  des  riesen  in  sage  und 
mürchen,  s.  unten  2,  a,  d". 

f)  seltner  von  andern  metallen .-  bleistange  des  Seiltänzers, 
8.  2,  b,  t;  stange  silberin  Erec  190,  auf  gold'ner  stange 
Keller  lO,  63,  *.  unten  2,  e.  dafür  in  Zusammensetzung 
gold-,  silberstange,  so  im  bilde  bei  J.  Paul  34, 138,  a.  unter 
Silberstange,  <Äeii  lo,  1, 1046;  vgl.  unten  2,  e. 

g)  stange  bezeichnet  nicht  nur,  icie  in  den  angeführten 
fällen,  ein  zu  bestimmtem  gebrauche  hergestelltes  gerät, 
sondern  auch  die  form,  in  der  unverarbeitetes  metall  her- 
gestellt, aufbewahrt  und  in  den  handel  gebracht  wird: 
eisen  als  stangen  geschmiedet,  so  zum  nagcl  schmieden 
und  andern  arbeiten  bequem,  ferrum  in  perticis.  Frisch 
2,  SIS*»;  eisen  in  stangen,  stangeneisen.  Adelung  (2); 
'stangen,  {fileyarbeiter)  diesen  namen  giebt  man  dem  bleij, 
du»  man  au^  den  stangenformen  zieht.'  Jacobsson  7,427*; 
besonder»  von  ungeprägtem  gold  und  silber,  neben  harren : 
gold,  Silber  in  stangen.  Adelung  (2).  in  diesem  falle 
sagt  man  geicöhnlich  eine  stange  eisen,  gold  u.s.io.:  ein 
klein  dorf  . . ,  darinnen  alle  handlungen  gethan  werden, 
so  meist  an  ellTenbein  geschehen,  die  sie  {die  neger  am 
eapo  verde)  vor  stangen  eisen,  brandtwein  . . .  verhandeln. 
V.  u.  Groben  Quineiscfie  reisebeachr.  (1694)  14;  denselbigcn 
tag  . . .  kam  ein  näger  mit  S.  seiner  wciber  ...  an  bort, 
selbige  vor  20.  stangen  eisen  zu  verkaufTen.  61 ,  nd.  'n  stang 
Uen.  JEN  D00RNKAAT  KnoLMAN  3,  800*,  und  bildet  dazu 
stangeneisen,  bici,  -gold,  -silber,  -stahl,  -zinn  u.  «.  ic, 
«.  unten;  dagegen  al»  gerät  eine  eiserne  stange  oder  stange 
von  eisen;  eine  eisenstange  in  beiden  bedeutungen. 

k)  besondert  in  dem  unter  g  beJtanddten  #tnn«  dann 
autA  von  andern  atoffen:  eine  stange  Bicgellack.  Campe: 
dasz  M  mir  gelangen  ist,  ihm  ein  päcklein  papier,  ein 
bUndlein  federn  und  «  stangen  Siegellack  abznlnchsen. 
BChokr  frrM/es,  ♦«;  'pania  q%toqu«  aimilagineua  in  longi- 
tudinem  ejrtrntua  dicitur  eine  brotstange.'  SriBLEH  ülSS, 


vgl.  theil  2,  i06;  stange  'atis  zucker  geformt,  aus  tahack 
gesponnen,  aus  teig  gebacken  u.  s.xo.'  Hkyne  3,751;  eine 
stange  lackritzen,  malz  u.  a.  vgl.  stangenk(a)naster,  -lack, 
-phosphor,  -pomade,  -schwefel,  -Siegellack,  -stärke,  -taback, 
-zucker.  so  auch  von  mineralien,  a.  stangenquarz ,  -Sal- 
peter, -schörl,  -spat,  -stein. 

2)  vericendung. 

a)  in  der  altern  spräche  oft  als  xoaffe  {vgl.  stangen- 
gewehr). 

a)    die  tnohten  hie  Gamuret  niht  alle  gelangen 

und  sin  werde  gesellen,  ob  sie  halt  striltcn  raste  lanc  mit 
Stangen,    jung.  Tit.  3501. 

neben  andern  tiiaffen  genannt:  so  wil  ich  diesen  drachen 
umbbringen ,  on  einig  schwert  oder   stangen.   v.  drachen 
zu  Babel  25;  wollen  sie   kommen  gegangen  mit   spiessen 
und  mit  stangen,   und  wollen    mich   mit  dem  schwerdt 
angreilTen.  Sciiuppius  271  {vgl.  unten  t});  der  unvernünftige, 
mit    spieszen   und    stangen  bewaffnete   häufen  gab    auf 
diese  worte  nichts.  Kleists, 275  E.  Schmidt; 
vornenilich  bey  der  feinde  schar, 
da  ich  alzeit  batt  todts  gefahr 
von  pfeylen,  Schwertern,  spiesz,  und  stangen. 

Jrofchmeit*.  F.  2» ; 

s.  unten  S  und  rj.  so  sprichwörtlich  stange  und  spiesz 
fahren  lassen,  etwas  verloren  geben.  Wander  4,  776,  19, 
vgl.  12.  — 

ß)  die  stange  dient  in  der  regel  zum  schlagen  ; 
er  (ApoHoniu«)  kerto  zu  dem  mOre  {mehren) 
una  slug  im  ains  an  das  ore, 
ainen  slag  mit  der  stangen. 

Heinr.  V.  Neustadt  Apollon.  19500  Singer; 

auch  zum  stoszen  oder  stechen  (?):  wie  des  Ovidij  Cigno 
und  Ceneo,  die  wundsegen  hatten,  aber  kein  wurff  noch 
stoszsegen,  für  bäum,  stangen,  unnd  stoszdegen.  Qarg.  400 

neudr.;  herr  Peter  sein  waschstan^en  nam 

und  gab  ihm  in  die  ripp  em  stich. 

Peter  Lew  690  (Bobertag  narrenb.  «.  112); 

als  nun  Neidelharts  ritter  sach, 

das  Teurdank  am  meistn  holz  zubracb, 

bevalh  er  seim  harnaschraeister, 

das  er  im  solle  bringen  her 

ein  stangen  dick  und  darzu  grosz, 

damit  weit  er  dem  held  ein  stosz 

geben.     Teuerdank  103,  23  Gödeke. 

y)  die  stange  ist  häufig  augenblicks-,  verlegenheits-,  not- 
waffe,  zu  der  man  greift,  wenn  nichts  anderes  zur  hand 
ist.  vgl.  die  unter  ß  angezogene  stelle  aus  Apollon.,  wo 
für  stange  in  v.  19  478  tür  rigel  steht,  daher  auch  im  not- 
fall  die  waffe  des  sonst  tcaffenlosen.  der  bürger  und  batiern: 
da  dis  die  bürger  sahen ,  namen  etliche  steine ,  etliche 
starcke  stangen,  etliche  worffen  sie  mit  asschen  unter 
die  äugen.  2Jfacc.  4, 41;  woher  man  dann  den  grimm 
und  grausamkeit  leicht  abzunehmen  hat,  mit  welcliem 
solche  stangen  und  prügeln  alles,  was  sie  antreffen, 
metzgen  und  zu  trümmern  schlagen  können,  wo  sie  in 
des  ergrimmten  und  erbrembsten  bauervolcks  bände  ge- 
rathen.  juncÄer  Harnisch  na;  andere  holten  ihre  waffoii 
von  dem  holzwerk  des  gerUstes.  ihrem  beispiel  folgte 
die  menge,  auch  bedächtige  bürger  wurden  fortgerissen 
und  griffen  nach  steinen  und  stangen.  Freytau  11, 149 
{ahnen  4, 190). 

S)  so  gern  verbunden  stab  und  (oder)  stange: 

swen  man  sach  in  der  gealalt, 

da;  er  mohte  gelangen 

stap  oder  stangen, 

die  kdmen  her  snelle.    Ottokar  reinuhron.  9*....; , 

leicht  her  stangen  und  stab! 

pcsser  ist  kempfcn,  dann  hals  ab.    fattn.  *p.  WA,  H. 

beaondera  in  der  Verbindung  was  stab  und  slange  tragen 
mag,  kann,  a.  J.  Grimm  rechtsalterth.*  1,  4io.52.ft72.  .«5«  111  11/ 
OitERi.iN  UM  und  stab  II.  6,  r,  ap.  Sil;  weitere  / 
stab  und  stangen  (ragen  kan,  quieunqtte  artnu 
teat.  FiiiRcii  2, 819'';  dieweil  sie  wol  wissen,  dass  alU'.", 
was  stnng  und  stab  tragen  kan  und  mag,  wider  sie  r.n 
laufft.  Fronrpergkr  Arri>(7»6.  8.  U3*.  iihulieh  auch:  kan 
es  doch  kein  welllicher  fUrnt  leiden,  das  jm  ein  anderer 
herr  in  seine  obcrkeit  grcifTcn  wolle,  und  ob  es  sich  ho 
gebe,  das  solches  gcsrhclie,  so  manet  er  auff  alle  rillor- 
■ohain  und  landschafTt,  ja  alles  was  spies  und  stangen 
tragen  mag  darmit  er  sein  Jurisdiction  und  gcrechligkcit 
erliallc.  Ghi  i  ikr  erkl.  der  ep.  rauli  an  d.  Römer  {\tm)ic<l. 


793 


STANGE  (2) 


STANGE  (2) 


794 


dieselbe   wendung   in  übertragenem   sinne,   sehr  frei   und 
ungeioöhnlich  .- 

80  stoszt  in  (den  'verdorbenen'  schüler)  dann  der 
rüwen  an, 

das  er  latynsche  sprach  nit  kan; 

doch  sucht  er  usz  dem  schüler  sack, 

was  spiesz  und  Stangen  tragen  mag, 

zu  seltzamkeit  laszt  fallen  im 

ein  wort  und  ein  latynsche  stym; 

wa  das  ein  latynscher  hört, 

so  meint  er,  das  er  sy  gelert. 

MuRNBR  narrenbeschw.  61,  27. 

e)  doch  mrd  die  stange  auch  unter  den  'ritterlichen 
wehren  genannt:  erzeygt  sich  inn  allen  ritterlichen  wehren, 
wie  sie  vor  äugen  lagen,  im  schwere!,  messer,  spiesz, 
Stangen,  stänglin,  tolchen,  hallenbart,  rapier.  Garg.  s.  297 
neudr.  \caffe  zum  fechten:  pindt  dir  ainer  an  mit  der 
Stangen  und  wil  dich  mit  dem  ort  in  das  angesicht 
stossen,  alz  da  an  dem  ersten  stuck  gemalt  stat,  so  trit 
für  mit  dinem  lincken  fusz  und  schlag  ym  sin  stangen 
mit  dinem  hintern  ort  hinweg.  Fai.ckner  turnierbiichl. 221 
bei  Scherz-Oberlin  1556;  von  Inhalt  desz  fechtens  in 
der  Stangen  und  helleparten.  kurtze  beschreibung  von 
der  Stangen  anbinden,  .  .  .  welche  hat  vier  anbinde,  und 
geschieht  das  erste  anbinden  am  vordem  oder  eussern 
theil  der  stangen.  das  ander  vor  der  handt,  die  er  in 
der  stangen  vorführet,  das  dritte  in  der  mitte  der  stangen. 
das  vierdte  wirdt  durch  das  einlauffen  mit  dem  hindern 
ort  zu  wegen  gebracht  u.s.w.  Jag.  Sutorius  nexo  künstl. 
fechtbuch  1612,  91  {die  nachstehetiden  abbildungen  zeigen 
lange,  gerade  hölzerne  stangen,  mit  denen  gestoszen  oder  ge- 
stochen icird).  vgl.  auch:  fechter-stange ,  stanga  ö  hasta 
da  gladiatote  da  giuoco,  senza  ferro.  Kramer  dict.  2,  907*, 
rudis  Steinbach  2,682,  und  unten  stangel  sotoie  st&ngen- 
brechen,  -fechter,  -reiten,  -reiter  (i). 

^  stange  bezeichnet  femer  den  hölzernen  schaft  der 
lanze,  des  spieszes:  die  stange  an  einem  spiesz,  helle- 
barte,  hasta,  hastile  della  picea,  allebarda.  eine  stange 
an  einen  spiesz  machen  ö  stangen.  Kramer  dtc^  2, 907"; 
'die  stange  an  einem  spiesze,  welche  doch  lieber  der  schaft 
genannt  wird'.  Adelung  (2),  vgl. :  stange  im  krieg  zum 
fechten  und  verwunden,  hasta,  pertica  cuspidata,  ferrata, 
lancea,  hastile,  die  stange  woran  der  spiesz  ist.  Frisch 
2,319";  s.  auch  die  Zusammensetzungen  gerstange  fh.  4,1,3734, 
speerstange,  theil  10,  2064,  spieszstange  2475,  hastile  Stein- 
bach 2,  683.     so  mhd. : 

Hagen  vor  sinen  füejen      einen  ger  ligen  vant: 

er  schög  üf  Iringen,      den  helt  von  Tenelant, 

da?  im  von  houbte      diu  stange  ragte  dan. 

mb.  2001,3; 

sie  trugen  engestliche  wer, 

hellenbarten  an  stilen  langen 

beslagen,  daz  selbe  ir  stangen 

vorne  sharf,  dannoch  dar  in 

en  vir  enden  lange  nagile  sin.    Ludw.  kreiizj.  5667. 

nhd.:  da  schlugElhanan  .  . .  Goliath  denGethiter,  welcher 
hatte  einen  spies,  des  stange  war  wie  ein  weberbawm. 
2  Savi.  21, 19.  in  neuerer  zeit  zuweilen  geradezu  mit  lanze 
gleichgesetzt: 

die  lanz'  an  seine  seite  fest  gedrückt, 
rennt  er  dahin ;  und  beide  ritter  stossen 
so  kräftig  auf  einander,  ross  und  mann, 
dass  sie  die  stange  vor  der  faust  zersprengen. 

Wieland  18,  21  (ßeron  163); 
doch  Hüon  .  .  .  reisst  in  eile 
der  mSxiner  einem  rasch  die  stange  aus  der  hand. 

22,  226  {Ober&n  5,  65 ;  in  63/.  Ut  von 
lanzen  die  rede). 

von  dem  schaft  eines  schweinspieszes  Keisersberg  bilg.  39'>, 
8.  oben  1,  c,  vgl.  theil  9,  2453. 

rf)  die  häscher  bei  der  gefangennähme  Jesu  haben  Schwerter 
und  stangen:  sihe,  da  kam  Judas  .  .  .  und  mit  jm  eine 
grosse  schar,  mit  schwerten  und  mit  stangen  (jterA 
fta-/aioßv  xai  ^-öJ.oiv,  lat.  cum  gladiis  et  fustibus),  von 
den  hohenpriestern  und  ehesten  des  volcks.  Matth.  26,  47; 
zu  der  stunde  sprach  Jhesus  zu  der  scharen,  jr  seid  aus- 
gangen ,  als  zu  einem  mörder,  mit  schwerten  und  mit 
stangen,  mich  zu  fahen.  55,  vgl.  Marc.  14, 43.  48.  Luc.  22,  52; 
»aniasö  zi  Ihiobe  giengut  ir  mit  suerton  inti  mit  stangön 
mih  zi  fähanne.  Tat.  185,  7,  vgl.  i83,  l ; 

mit  kulen,  fackeln  und  stangen 

sie  hon  en  auigegriQ'en  und  gefangen. 

AU/eld.  pafgionstp.  5025; 


o  was  dorten,  was  von  stangen, 
wehr  und  waffen  nehm  ich  wahr? 

Spee  trutzn.  169  Baüce  (39, 125). 

aucJi  im  18.  jahrh.  sind  die  häscher  mit  stangen  aus- 
gerüstet, die  sie  fliehenden  nachwerfen,  um  sie  zu  fall  zu 
bnngen,  vgl.  zeitschr.  f.  d.  wortf.  1,49  (unter  springstock, 
beleg  v.  1758): 

der  müsz^e  panzer  hieng  an  der  beruszten  wand, 
bey  dem  ihr  mordgewehr,  die  lange  stange  stand. 

Zachariä  93  (renomm.  5,  218); 
und  sie  (die  Studenten)  verfolgt  im  fliehn,  gleich  einem  wetter- 

stral, 
der  spriugstock,  und  ein  beer  von  krumgehackten  stangen, 
die  hinter  ihnen  her  anf  elatten  pOaster  sprangen, 
'halt  brüder,  (ruft  der  held,)  der  stürm  ist  nun  vorbey, 
und  unser  fusz  ist  nun  von  ihren  stangen  frey!' 

96  (275.  277); 
sie  sandten  ihnen  noch  die  letzten  stan°:en  nach ; 
der  letzte  donner  traf  die  schläger  an  den  füszen.     97  (314). 

d")  während  bisher  stets  hölzerne  stangen  gemeint  icaren, 
ist  die  stählerne  stange  (oder  stahlstange,  vgl.  das.  und 
stählen,  adj.,  2,  a,  ß,  sp.  561)  die  ständige  tcaffe  der  riesen 
in  sage  U7id  märchen: 

wandi^  wären  gigande 

und  trügen  an  ir  bände 

staheline  stangen.      Lampreht  Alex.  5077  Kimel; 

er  (der  riese  Urgan)  kerte  .  . .  dar 

mit  einer  harte  langen 

stehelinen  stangen.     Tristan  15980; 

dp  truoc  ein  ieclich  gigant 

ein  stäheline  stange, 

gröge  unde  lange,    herzog  Ernst  5169; 

sagt  man  hingegen  von  risen  und  bannen,  zeigt  jhr  ge- 
bein  in  den  kirchen,  unter  den  rahtsheusern,  jhre  Nimro- 
tische  spisz,  stälin  stangen,  Goliatische  weberbäum, 
Starckarterisch  degen  u.  s.  w.  Garg.  s.  56  neudr. ;  der 
riesz  .  .  .  traft  herausz  für  das  schlosz,  und  brachte  mit 
jm  ein  stählin  schilt,  und  drey  eysene  stangen.  btich  der 
liebe  274*;  er  zuckt  seine  stählin  stangen,  und  schlug 
gegen  Goffroy.  ebenda;  da  zucket  der  starcke  riesz  die 
stählin  stangen,  und  schlüge  Goffroy  so  gar  starck  und 
mächtig  .  .  .  Goffroy  der  mannlich  ritter  . .  .  zucket  da 
den  stählen  kolben  von  dem  Sattelbogen,  unnd  schlug 
darmit  dem  riesen  sein  stählin  stangen  ausz  der  hand.  274''. 
—  dafür  einfach  stange: 

der  vörte  rieseniske  man, 

die  trögin  stangin  vressam.    Rother  639; 

Widolt  mit  der  stangen  (in  der  Thidrekss. :  Vidolfr 

mittumstangi) 

vOr  dar  scrickande.    2165; 

in  dühte  er  hete  wäfens  gnuoc 

an  einer  stangen  (so  alle  handschr.)  die  er  truoc. 

...      ,.  ,       ...  Iwein  5022; 

do  legelicher  truege 

ein  stange  grßj  und  dar  zuo  lanc.    Goldemar  4, 11 ; 

der  riese  mit  der  stange  schlug, 

auslangend  in  die  weite. 

Uhland  ged.  (1864)  341  (Roland  schildtr.). 

t)  iti  scherzhafter  Übertragung,  mit  der  stählernen  stange 
fechten,  die  nadel  handhaben,  vom  Schneider,  vgl.  zeitschr. 
f.  d.  phil.  13,230.  Wander  4,776,15:   ich  (Jupiter)  fragte 
neulich    einen   grindigen  Schneider,    ob  ich   den  frieden 
geben  solte?  aber  er  antwortete  mir,  was  er  sich  darum 
geheye,  er  müsse  sowol  zu  kriegs-  als  friedenszeiten  mit 
der  stählernen  stange  fechten.  Simpl.  2,  23, 27  Kurz  (5, 5) ; 
mancher  will  edel  svn  und  hoch 
des  vatter  doch  macnt  bumble  bum  .  .  . 
oder  hat  sich  also  begangen 
das  er  vacht  mit  eynr  stäheln  stangen 
oder  rant  mit  eym  Juden  spyesz. 

Brant  narrensch.  76,  10. 

x)  sonst  bildlich :  die  maier  malen  auch  alszo  Christum 
auff  dem  regen  bogenn,  das  yhm  ein  ruthe  unnd 
schwerd  ausz  dem  mund  gehet,  wilchs  ist  ausz  Isaia  xi. 
genommen,  da  er  spricht:  'er  wirt  schlahen  die  erden 
mit  der  stangen  seins  munds'.  Luther  8,677,28  Weim. 
ausg.  (in  der  bibelübers.:  mit  dem  stabe  seines  mundes. 
Jea.  11,  4).  —  nicht  recht  klar  ist  die  offenbar  vom  kämpf 
hergenommene  redensart: 

chomm  ich  im  an  die  stangen, 

den  palg  han  ich  verlorn ! 

HÄTZLBRiN  1,  21, 19  ('ain  tagiceis  von  letcten'). 

b)  als  frei  beieegliche,  in  der  hand  gehaltene  stange 
sonst  zu  mannigfachem  gebrauche,  (vgl.  stab,  stecken,  stock.) 

a)  zum  schlagen:  dann  die  esellreiber,  als  sie  die  ge- 
walt  sahon,  so  Roszübrall  ihren  mehren  anthät,  liefTen  sie 


795 


STANGE  (2) 


STANGE  (2) 


796 


mit  ihren  stangen  und  hebbäumen  zu,  und  zerpriJgelten 
den  armen  hengst  so  erbärmlich.  Juncker  Harnisch  176. 

ß)  um  dinge  fort-  oder  abznsclilagen :  die  belagerten 
schlugen  mit  stangen  gegen  die  brandpfcile.  Fheytag 
ii/rfe»- 1, 198.  SO:  obst  vom  bäume  mit  einer  stange  ab- 
schlagen. Campe;  vgl.-,  ich  sitze  oft  auf  den  Obstbäumen 
in  Lottens  baumstück  mit  dem  obstbrecher,  der  langen 
stange,  und  hole  die  birnen  aus  dem  gipfel.  Gütiik  16,79 
(Ate»*  offenbar  mit  einer  vorrichtxing ,  ttw  die  birnen  fest- 
zuhalten, dusz  sie  nicht  fallen),  ähnlich  auch:  da  oben 
(im  bäume)  liegt  die  katz;  die  möchte  auch  die  schöne 
gelbe  birne  haben!  aber  wart  nur,  ich  will  die  stange 
holen.  Stokm  5,  88. 

v)  die  stange  schleudern  alsspwt:  warff  dasz  englisch 
beihel ,  schlenckert  den  spisz ,  schlaudert  die  stangen 
unnd  Schweresten  rigel.  Garg.  ä.  283  neudr.;  vor  dem  reiter- 
spiel mit  Schild  und  stange.  Freytag  8  (ahnen  i),  87.  — 
vom  griesicärtel,  s.  3,  b. 

(^)  stange  der  schiffer  und  flöszer,  ttm.  das  fahrzeug 
durch  stoszen  fortzubeicegen :  stang  mit  welcher  die  schiff 
geschalten  werden,  trudes.  Dasypouius;  stang  das  schiff 
zuschalten, jpej-ttc«  da  sjnnger'  la  barca.  HuLSius  (l618)237'>; 
stange,  so  die  schiffer  haben,  ihre  flusz-schiff  zu  regieren, 
cojitus.  Frisch  e.sio";  awcÄ  schiffstange,  s.  theila,i02, 
vgl. :  schiff-  ö  schiifer-stange,  fahrstange,  peitica  6  stanga 
da  barcaruolo  ö  marinaro.  Krämer  dict.  2,907**;  ruder- 
stange  (l),  s.  theil  8,  1392:  ruderstange,  contns.  mit 
ruderstangen  die  fahrzeuge  forttreiben.  Steinbach  2,  683. 
unablässig  arbeiteten  die  schiffer  mit  stangen  und  haken, 
sich  die  fahrt  frei  zu  halten.  Freytag  11, 172  (a7nier?4-,Ä.22i). 
vgl.:  stiesz  es  {das  schiff)  ab:  schalt  es:  regierets:  füh- 
rets,  praucht  die  nächst  stang  für  ein  steurruder.  Garg. 
s.  282  neudr. 

f)  stange  als  hebel:  stang  damit  man  etwas  weget, 
vectis.  Dasypodius;  stange,  damit  man  etwas  fortschorget. 
un  levier.  Hulsius  (1616)  306*';  stang,  hebbaum,  palo, 
stromento  da  levar  peso.  (1618)237'';  die  arbeitsleute  (tag- 
löhner)  werden  umb  den  lohn  gedinget  (gemietet)  dasz 
sie  dienen,  mit  stangen  (hebebäumen)  in  die  höhe  heben 
{veetibus  tollant).  Com  ENI  US  sprachenth.  534.  ähnlich  tvol 
zu  verstehen: 

nu  kommet  her  alle 

und  rieht  das  crucz  uff  mit  schalle!  . 

seczet  an  spere  und  stangen ! 

Algfeld,  passionssp.  5660. 

£)  stange,  worauf  man  sich  stützt,  um  tceiter  s])ringen 
zu  können,  vgl.  springstange  (2),  sp.  118/.,  halter.  Stein- 
HACH  2,  683.  sprichw.  mit  kurzer  stange  macht  man  keine 
weilen  sprünge.  mit  einer  goldenen  stange  springt  man 
über  das  meer.  Wanüer  ♦,  775,  3.  2. 

r/)  stang  darauff  man  sich  steuret,  gralla:  Dasypodius. 
(stelzet  krückef) 

&)  stange  in  der  hand  des  gehenden,  vgl.  stab  11,5, 
sp.  335 jf.  pilgerstab:  dann  kamen  auch  pilger  mit  einer 
langen  stange  in  den  bänden.  Gaudy  ausgew.  erz.  63.  bei 
einer  procession,  als  amtsabzeichen :  so  hatte  der  rad  zu 
Franckenfurt  (o.  M.  für  die  fronleichnamsprocession  am 
81.  mai  1442)  ufT  X  irs  rades  bestalt  umb  das  sacramente 
und  umb  den  konig  zu  geen  mit  allen  iren  richtern, 
dienern,  viseren,  die  stangen  bilden,  das  das  sacramente 
and  fursten  nit  ubcrdrungen  worden.  Janssen  Fiank- 
furta  reiehscorr.  2, 46. 

0  die  baluncierstange  der  Beiltänzer,  gewöhnlich  von 
Uei  (a.  auch  springstange  1 ,  »p.  iis):  stangen  der  Seil- 
tänzer, alUu  bley-  et  gewichtstange,  lialtere».  Stieler  2188; 
bley-stange,  gowicht-stange  eines  seildantzers,  eontrapeso 
d'un  baUerino  di  eorda.  Kkamer  dict.  2,  907*. 

x)  stange  tum  schüren  des feuers,  vgl.  schtlrstange, 
Uteil  9,  tfXA :  am  heck  der  Fortuna,  wo  Danebrand  einst  mit 
der  schUrslange  lauerte.  Gutzkow  ritter  v.  g.  0, 866.  —  (tum 
fnterlötchenr:)  Tiertens  solle  iederzeit  vier  feurghUggen 
(feuerhaken)  und  stangen  in  der  beraitschaft  gehalten 
werden,  die  erst  am  perg  u.s.w.  tirol.  tt>nstlt.  a,  249,  10. 

l)  alt  handfoerkagerät :  es  sollen  die  meistcr  den  zur 
arbeit  tauglichen  Werkzeug  verschaffen  als  eiserne  stangen, 
pUrdel  u.  a.  ir.  Ureal.  bauordnung  v.  1606,  a.  >7. 

//)  «n  werkteitg.  um  venierungen  in  metallbUch  ein- 
ntdHUken;  werkteug.  um  künattiche  blumeHblät§er  au»- 
tuaehlagen. 


v)  in  der  gaunersprache  für  brecheisen,  Stemmeisen.  AvE- 
Lallemant  4,  610. 

c)  stangen  dienen,  um  etwas  daran  zu  tragen :  vectis  . . . 
ein  stang  dar  an  man  tregt.  Dief.  gloss.  608'*;  stang 
darann  etwas  herrliches  getragen  wird,  veretrum  (=fere- 
trum).  Dasypodius  ;  etwas  auf  einer  stange  tragen,  portar 
qualche  cosa  sii  una  stanga,  it.  in  cima  d'una  canna 
cioe  mostrarla  con  ambitione.  v.  schautragen.  Kkamer 
rfic^  2,  907*,  vgl.  trag-stange,  stanga,  barra  da  portare  la 
seggia.  v.  traghaum.  907'';  eine  stange  etwas  daran  zu 
tragen.  Adelung  (2).  und  zwar  tcerden  gegenstände  theils 
aufgehängt  an  der  vagerecht  gehaltenen  stange  getragen, 
vgl.  d:  tragen  die  bering  an  der  stangen  inn  bach. 
Garg.  s.  72  neudr.;  hinter  den  jauchzenden  fronleuten, 
die  an  stangen  die  erlegten  hirsche  und  sauen  getragen 
brachten ,  kamen  die  heiter  schwatzenden  jagdherren. 
Ganghoper  mann  im  salz  2,  U6;  halb  null  elalterlich,  halb 
antik  geschürzte  winzer  umschwärmten  die  biblischen 
kundschafter  aus  dem  gelobten  lande,  welche  an  tief  ge- 
bogener stange  die  grosse  traube  trugen.  Keller  2, 187 
(nach  4  Mos.  13,  24) ; 

da  fünden  si  eine[n]  trüben 

edele  unde  tiure. 

si  trägen  in  dannen 

gebunden  an  einer  stangen.    Diembr  ged.  64,  3. 

dazu  zuberstange  vectis.  Stieler  2133.  s.  femer  d,a. 
einen  auf  einer  stange  tragen: 

ein  man,  der  flauen  ere  beschempt, 

der  hat  verdient,  .  .  . 

das  man  in  auf  einer  stangen  inn  seutUmpfel  trag. 
fastn.  sp.  706,  33  (vgl.  711,  3  und  sautünipel, 
theil  8,  193«/.). 
an  mehreren  stangen :  geus  vier  gülden  rincken ,  und 
mache  sie  an  jre  vier  ecken,  also,  das  zween  rincken 
seien  auff  einer  selten,  und  zween  auff  der  ander  seilen, 
und  mache  stangen  von  foern  holtz  .  .  .  und  steck  sie 
in  die  rincken  an  der  laden  seilen,  das  man  sie  da  bey 
trage.  2  Mos.  25,12—14,  vgl.  27 f.  27,  Gf  30,4/.  35,12/  15/ 
37,  4,  14/  27/  38,  5.  39,  35.  39.  40,  20,  4  Mos.  4,  fi.  8.  10/  14. 
1  kön.  8,  7/  2  chron.  5,  8/.;  und  die  kinder  Levi  trugen 
die  lade  gottes  des  herrn  auff  jren  achseln  mit  den 
stangen  dran.  1  chron.  16, 15.  auch  ruhend  auf  mehreren 
stangen;  so  dann  ferner:  namen  sie  in  gebunden  auf  ain 
gerüst,  von  holz  und  stangen  gemacht,  truegen  in  den 
berg  auf  für  sein  aigen  schloss.  Zimm.  chron.^  l,  121,  23.  — 
theils  aufgesteckt  an  der  senkrechten  stange  (vgl.  ölten 
Kram  ER  und  h):  was  hilffts  das  man  solen  leder  feil 
bat,  und  es  hoch  an  den  stangen  daher  trcgt.  Garg. 
s.  176  neudr. 

d)  auch  die  ruhende,  festliegende  stange  dient,  um 
gegenstände  daran  aufzuhängen. 

a)  meist  freiliegende  stangen  zutn  trocknen  von  wäsclte: 
die  wasch  auf  die  stangen  hencken ,  tendere  il  bucato  d 
i  panni  Uni  *tV  per  le  stanghe.  Kramer  dict.  2,907'';  auf 
eine  stange  die  wasche  auf  hencken.  Steinbacii  2,682. 
dazu:  wUsch-stange,  trocken-stange,  stanga,  pertica 
da  rendervi  il  bucato  al  sole  6  all'aria.  Krämer  o.  a.  0., 
vgl.:  trugstange  notat  perticam  parietilms  infiaram  pro 
exponendis  ad  solem  vestibua,  et  linteaminibus,  ä  tragen: 
alii  scribunt  truckstange,  ä  trucknen.  Stieler  2188.  ao 
wol  gemeint: 

herr  Peter  bracht  ein  woschstangen, 
sprach:  ir  schelk  gebt  euch  gefangen I 

Peter  Lew  67*  (Bobbrtau  narrenh.  ».  11t). 

ferner:  pleicker  stangen.  tendicttlae.  Maai.eh  884".  da. 
heiszt  stang  ein  'Stangengerüst  am  ofen  tum  trocknen  der 
kleider  und  wäscfie'.  Martin-Lieniiaht  2,60ft''. 

fl)  eine  über  ttcei  pfoaten  liegende  stange  mit  nt'igeln 
oder  pflöcken  dient  im  mittelalter  als  kleiderhalter.  «.Heyne 
hauaaltert.  1,202:  ir  frouwen,  di  de>  gcwandos  über  ein- 
ander logcnt ,  da:;  eg  erfQlot  und  da;  rchl  diu  stange 
nidor  brcslen  inöiito.  nKR-niot.n  v.  RKGKNSBUitu  2,80,116; 
wo  nuo  din  samoyl  und  cyclat, 
der  dino  utanirrn  liirnircn  vol? 

vinio  l'hiUbfiU  <:  161  (Kahajan  /rähUngtg.  128); 
•0  wil  «In  wtp  ein  nlnjcr  hnben  .  .  . 
und  xohen  mentol  nn  der  Klang. 

Tkk-iinkr  810  (-=  Pi'EiMKR  übungib.  Ift9,  29). 

y)  ähnliches  in  neuerer  teit :  (sie  hat)  jr  stangen  voll 
gesottcnor  garnstrengt,  Jr  gewelh  voll  flachs.  Garg.  a.  lOV 
netulr. ; 


797 


STANGE  (2) 


STANGE  (2) 


798 


wo  treffen  wir  uns  wieder  an?  {fragt  der  wolf) 
wo  sonst  nicht,  sagt  der  fuchs,  beym  kflrschner  auf  der  standen 

{nämlich  die  feile). 
Hagedorn  2,  138  {fab.  2,  24). 

S)  auch  ßeischwaren,  iritrsfe,  fische  u.  ä.  werden  an 
Stangen  aufbeirahrt:  lang  her  die  bäckelhäring  von  der 
Stangen.  Garg.  s.  144  neiidr.;  so  erkanten  sie,  dasz  man 
jm  die  stangen  mit  würst  . . .  znstelte.  246.  vgl.  räucher- 
st a  n  g  e ,  theil  8,  248  (J.  Pau  L  34, 138). 

e)  stange,  tcorauf  vögel  sitzen,  vgl.  attch  stängel,  -chen. 
jetzt  besonders  für  hühner:  wann  er  ein  stang  oben  durch- 
zog, darauff  der  han  mit  seinen  kebsweibem  sasz.  6arg. 
s.  308  neudr. ;  vgl.  •  (Wappenschild,)  auf  dessen  oberem 
rande  vier  gekrönte  helme  sitzen  ^vie  vier  hähne  auf 
einer  stange.  Keller  3, 173,  und  hühnerstange  (^A. 4, 2, 1882). 
im  mittelalter  besonders  für  raubvögel,  vgl.  {die  senkrecht 
stehende)  falkenstange  {theil  3,  1271) :  dem  habich  {soU 
inan)  ein  stangen  oder  rinkh  hinder  den  pferden  machen. 
weisth.  6,  752  {Frankfurt  1485,  §  ll) ; 

an  eine  wise  enmitten 

het  er  höhe  an  eine  stat 

einen  sparwaer  üf  gesät 

üf  eine  stange  silberin.    Erec  190; 

euch  stünt  der  falk  uff  einr  stangen  ho 

und  was  daruff  gebunden. 

Ha>-s  V.  Bühel  Diod.  1286; 
die  faicken  uff  der  stangen 
tfind  schwingen  nach  des  tages  glast. 

HÄTZLERIN  1,  23,  2 ; 

die  wile  man  wer  zft  kylchen  gangen, 
liesz  er  den  gouch  stan  uff  der  stangen. 

Brant  narrensch.  44, 18  {vgl.  die  amn.); 
und  unterm  dach  sasz  einsam  auf  der  stange 
sein  edler  falk.    Hagedorn  2, 174  {fab.  2,  47) ; 
so  auf  gold'ner  stange  sitzet 
unter  zofen  fromm  der  aar.    Keller  10,  63. 

vögel  fliegen  abends  auf  die  stange  zum  schlafen:  so  es 
dämmert  und  der  hahn  mit  den  hühnern  zu  ruhen  sich 
auf  die  stange  setzt,  stellen  sie  die  nachtwache  aus. 
Brentano  5,  88.  daher  in  der  Soldatensprache  auf  die 
stange  fliegen,  wenn  diebetten  übereinander  stehen. HoRti  100. 

f)  auch  son.9t  dienen  stangen ,  um  eticas  zu  tragen, 
s.  Storm  1, 198  unter  l,  e.  —  um  eticas  damit  festzuhalten, 
so  für  fuszeisen  {s.  das.  2,  theil  4,  l,  1618): 

des  ward  ich  zärtlich  auffgedrät 
mit  füessen  an  die  stange. 

Wolkenstein  87,  40  Schatz. 

g)  ferner  stangen  zum  versperren  oder  absperren:  mit 
stangen  verschräncken,  versperren  etc.  perticare,  stangare, 
sbarrare,  cancellare  etc.  di  pertiche.  Kramer  dtcl2,  907»; 
dazu:  thür-stange,  stanga  da  stangare  la  porta.  9ffi^ ; 
vgl. :  eychen  stang  damit  man  etwas  vergitteret,  vacerra. 
Dasypodius.  belege:  item  1441  da  hab  sich  das  salve  zu 
unser  frawen  an  . . .  und  man  hub  an  grosz  wachs  dahin 
zu  geben,  das  man  stangen  und  keten  must  auf  machen 
{zum  absperren  der  straszen).  d.  städtechron.  10,159,8;  der 
Wächter  entfernte  die  stangen,  welche  den  eingang  zum 
rinderpferch  verlegten.  Freytag  8  {ahnen  l),  7.  —  ähnlich 
stange  im  sinne  von  standbaum,  vgl.  das.  (l):  von  den 
stangenn  im  reisigen  stalle  zu  machen.  Tenneb.  amta- 
rechn.  v.  1542  bei  Dief.-WOlcker  862;  stangen  sive  beume, 
so  man  zwischen  die  pferde  legt,  vacerrae,  longurii. 
Stieler  2133:  was  wird  sofort  zwischen  die  pferde  ge- 
legt, um  etwaiges  schlagen  oder  treten  derselben  zu  ver- 
meiden? glatte  stangen  oder  bäume.  instruction.sbuch  für 
d.  cavallerisfen'-'  {Hannov.  1876)  *.  105,  vgl.  stallstange  und 
luxemb.  stäng  'standbaumin  einem  Pferdestall'.  Gangler  429. 
verschieden  acheint:  stange,  daran  man  die  pferd  bindet, 
pieu  auquel  on  lie  les  chevauU:  Hulsius  soe*. 

h)  stangen  in  senkrechter  haltung ,  in  die  erde  gesteckt 
oder  sonst  befestigt,  oder  in  der  hand  gehalten,  vxrden 
vertcendet,  um  eticas  darauf  oder  daran  zu  tragen. 

a)  sehr  gewöhnlich  als  fahnenstange  {theil  3, 1243) ,  so 
schon  mhd.: 

(chritten.)  die  vor  diu  heidenschaft  verspart 
het  mit  strft  und  von  den  stangen  abe  gezart 
diu  panier,  dag  mans  käme  mohte  kiesen. 

Lohengr.  4612  {vgl.  3986). 
win</.,  «.  Sohiller-LObben  4,  362^  die  stange  einer  fahne. 
Campe:  nach  kriegsgebrauch  das  fendlin  an  die  stange 
zubringen,  und  auft'zurichten.  Reutter  v.  Speir  kriegs 
ordn.  a.  11;  der  laden  des  meister  Joseph  war  fortwährend 


angefüllt  mit  leuten,  welche  fahnen  holten  oder  be- 
stellten, mit  zuschneidenden  und  nähenden  mädchen, 
mit  tischlern,  die  frische  stangen  brachten.  Keller  3,  78 
{i'gl  unten  stangengeist) ;  (er)  zog  .  .  .  das  banner  leise 
mit  mühevoller  vorsieht  hervor,  risz  es  von  der  stange 
und  steckte  diese  wieder  unter  die  übrigen  waffen. 
nachl.259;  möglich  .  .,  dasz  er  {Konstantin)  auch  schon 
damals  (312)  das  .  .  .  labarum  anfertigen  und  dem  beere 
vorantragen  liesz,  jenes  unzweifelhaft  in  seinen  späteren 
kriegen  von  ihm  gebrauchte  feldzeichen:  eine  stange 
mit  einem  fahnentuch  an  einem  qnerholze.  Th.  Brieger 
Konstantin  d.  gr.  (i880)  *.  15.  so  auch  in  älterer  spräche 
auf  halben  stangen,  auf  halbmast:  folgenden  tag  sahen 
wir  gegen  abend  auf  der  fregatte  MoriSn  auf  halben 
stangen  die  flagge,  so  ein  todes-zeichen,  und  das  begräb- 
nisz  eines  Soldaten  angedeutet,  v.  d.  Groben  Guineische 
reisebeschr.  (1694)  5.  —  ähnlich  von  der  fahne  eines parla- 
mentiers:  am  andern  morgen  ritt  der  general  mit  einem 
trompeter  und  einem  busarenunteroffizier,  der  eine  lange 
stange  mit  sich  führte,  um  deren  oberes  ende  ein  groszes 
weiszes  laken  gewunden  und  gebunden  war,  ...weg. 
D.  V.  Liliencron  kriegsnovellen^^  129. 

ß)  ein  hut  wird  auf  eine  stange  gesteckt,  als  zeichen 
der  herrsehaft;  so  in  der  Tellsage: 

jetzt  ist  der  ganze  anger  wie  verödet, 
seitdem  der  popanz  auf  der  stange  hängt. 

Schiller  14,  349  {Teü  3,  3). 

als  'freiheitsbaum' :  Offiziere  waren  gar  nicht  dabei;  die 
hatten  bereits  auf  den  Schlachtfeldern  den  tanz  um  den 
marschallstab  begonnen  und  kümmerten  sich  den  teufel 
um  die  dürre  stange  mit  dem  blechernen  hut,  sobald  sie 
aufgerichtet  war  zum  zeichen  der  Unterwerfung.  Keller 
nachl.  256  {vgl. :  auch  den  groszen  blechernen  hut  auf 
dem  freiheitsbaume  hatte  er  lackirt.  25i). 

/)  die  köpfe  auf  stangen  stecken ,   capita  contia  prae 
figere.  Steinbach  2,  642:  ich  befürchtete  mich,  die  mohren 
möchten  den  todten  leichnamb  wieder  ausgraben  (wie  dero 
gebrauch)  den  kopff  auf  eine  stange  stecken,  v.  d.  Groben 
Guineische  reisebeschr.  (l69l)  38.  —  anders,  im  bilde:  welch 
eine  natürliche  Schilderung  {bei  Hamej).  . . .  wie  fliessend 
ist  diese   schattirung  in  vergleichung  solcher  gemählde, 
worauf  der  held  in  einem  einfarbigen  purpur  steht,  den 
himmel  über  sich  einstürzen  sieht,  und  den  köpf  an  einer 
poetischen  stange  unerschrocken  in  die  höhe  hält?  Moser 
patr. phant.  1,49.  —  büder  an  stangen  getragen: 
wir  wollen  dich  als  seltnes  ungeheuer 
im  bild  auf  stangen  führen,  mit  der  schrift: 
hier  zeigt  man  den  tyrannen. 

Shak€«p.  9,  348  {Macb.  5,  7). 

^  eine  acheibe  wird  an  einer  stange  aufgerichtet  als 
schltiazziel : 

da,  zur  festlust  eine  scheibe 

heiszt  aufrichten  der  infant 

also  hoch  auf  einer  stanze, 

dasz  sie  bis  zum  himmel  ragt. 

lustig  gehn  an's  werk  die  mohren, 

schieszen  mit  dem  speer  darnach.     Geibel  8, 134. 
ein  vogel:      du  {adler)  sollst  mir  dann  in  luft'ger  höh' 

auf  einer  stange  sitzen, 

und  ich  rufe  zum  lustigen  schieszen  herbei 

die  rheinischen  vogelscliützen. 

Heine  2,  437  Eliter  {Daitschl.  3). 

vgl.:  vogelstange.  ...  2)  wovon  man  einen  gemachten 
vogel  abschiszt,  longurius,  e  quo  ai-is  lignea  sagittis  aut 
globulis plumbeis  dejieitur.  Steinbach2,683  ;  ebenso  Campe. 
ähnlich  auch:  allda  {auf  den  Balearen)  man  die  kinder 
von  Jugend  auff  darzu  gewehnet,  dz  sie  jhr  morgen-brodt 
nit  dorfften  essen,  bisz  sie  dasselbige  mit  der  Schleuder 
von  einer  stangen,  daraulT  es  jhnen  die  mütter  steckten, 
herunter  geworffen  hätten.  Garzoni  aUgem.  schaicpl.  995». 
die  stange  selbst  ala  achuazziel{?) :  die  knabcn  des  dorfes  . . . 
schössen  mit  dem  rohrpfeil  nach  der  stange.  Freytao  8,26 
{ahnen  1,  2).    vgl.  stangenbaum. 

«)  allerlei  zeichen  werden  an  stangen  auageateekt:  onnd 
so  dann  eyn  weinschenncke  das  erst  .  .  .  geweyst  vass 
aussgcschennckt  hat,  derselb  .  .  .  soll  . . .  keyn  nachfass 
nyt  schenncken  . . ,  er  hab  dann  vor  eynen  rayff  von 
eynem  halbfüdrigen  fass  myten  an  die  stanngen  ge- 
hanngen,  .  .  .  domit  yderman  sehen  müge,  das  dasselb 
erst  fass  auss  sey  ...  es  soll  hynfür  eyn  yder  unnser 
burger  .  .,   so  der  weyn  auss  ist  ...   die  stanngen  eyn- 


790 


STANGE  (2) 


STANGE  (2) 


800 


ziehen.  Nürnb.  polizeiordn.  s.  252;  so  ist  hier  in  dieser 
einfachen  fahne  {der  icei^zen  flagge)  der  Ursprung  ge- 
heiligt ;  eben  als  wenn  einer  sein  taschcntuch  an  eine 
sfange  befestigte,  um  der  ganzen  weit  anzukündigen,  es 
komme  ein  freund  über  meer.  Göthe28,  229;  schaute 
der  thürmer  in  der  ferne  feinde  oder  ein  feuer,  so  blies 
er  feind  oder  brand  und  steckte  in  der  richtung  des 
Unheils  am  thurmc  ein  zeichen  aus,  tonne  oder  sieb  an 
einer  stange.  Freytag  18  (bilder  2,1),  287.  vgl.  stangen- 
signal. 

9  auch  sonst  werden  gegenstände  an  stangen  befestigt, 
um  sie  besser  tragen,  handhaben  oder  weiter  reichen  zu 
können:  mer  hat  man  an  den  hernach  geschriben  enden 
und  heusern  hangcnt  allewegen  zwu  lang  fewer  leittern 
und  zwen  fewer  hocken  an  stangen.  Tücher  bau- 
ineisterb.  143,12;  stählerne  haken  wurden  an  stangen  her- 
abgelassen und  den  belagerern  in  den  leib  geschlagen. 
FRE^TAG  18  (ftrWcr  2,  l),  296;  kommt  von  der  hoftreppe 
herauf  der  kutscher,  eine  stange  mit  einem  wachslicht- 
endchen  in  der  band.  Storm  l,  176. 

t)  stangen  verden  neben  pflanzen  gesteckt  zur  stütze: 
den  hopfen,  die  höhnen  etc.  mit  stangen  versehen.  Campe; 
zu  einem  jeden  {hopfen)&ioc)/i  magst  du  stangen  nach 
der  grosse  desz  Stocks  haben,  fünff,  sechs,  sieben,  acht 
oder  neun,  darnach  der  stock  grosz  ist,  die  stangen  aber 
müssen  unten  nahe  zum  stock,  und  oben  etwas  weiter  von 
einander  gesetzt  werden,  damit  die  sonne  zwischen  die 
stangen  kommen,  und  den  hopffen  erreichen  könne. 
('oi.ER  öcon.  (1680)  1,240";  darumb  musz  man,  so  bald 
der  hopffen  auszschlägt,  . . .  auff  die  grösten  und  stärckesten 
schöszling  oder  rancken  achtung  geben,  dieselbe  so  bald 
sie  nur  die  stangen  erreichen  können ,  an  die  stangen 
leiten,  und  . .  .  anbinden,  ...  so  windet  er  sich  hernach 
selbst  umb  die  stange,  und  steigt  immer  höher  und  höher 
auff  die  stangen  hinauff,  bisz  dasz  er  letztlich  gar  über 
die  stangen  hinausz  wächst,  ebenda,  daher  ziisammen- 
setxungen  wie :  bohnenstange,  *.  tJieil  2,  22T ;  hopfen- 
Bia,ngB{n)  perticae  lupuli.  Stieler  2133,  jjer^ica  intorno 
ttUa  quäle  si  auvolgono  i  luppoli.  Krämer  dict.  2,  907''; 
stange,  den  hopfen  daran  hinauf  wachsen  zu  lassen, 
oder  bohnen,  hopfenstange,  bohnenstange,  adminiculum 
perticale  lupttli  autfabarum.  Frisch  2,  sig*",  vgl.  th. 4, 2, 1797 ; 
rebstange,  ridica.  Steinrach  2,  683  (vgl.  rebstecken, 
theil  8,  338).    s.  auch  Stangenbohne,  -erbse. 

k)  stange  als  stütze  auch  sonst,  z.  b.  eiserne  stangen 
bei  einer  statuengruppe ,  s.  G.  F.  Meyer  unter  1,  e.  — 
stange  an  einem  thurme,  die  den  knöpf  trägt . 

wie  der  knöpf  am  kirchenthurm 
schwankt  auf  seiner  stange ! 

GÖKiNGK  lieder  zw.  lieb.  28. 

dafür  auch  helmstange,  s.  theil  4,  2,  979.  —  jetzt  besonders 
telegraphenstange,  vgl.  Stangenblitzableiter.  —  bei  bau- 
gerügten,  vgl.  Stangengerüst,  -rüstung. 

Q  stangen  zum  klettern  (als  turnübung),  vgl.  kletter- 
stange,  theil  b,U7S:  er  klettert  die  stangen  nach  den 
nesteln.  Oarg.  s.  73  neudr.  —  springstange ,  s.  das.  (2), 
ap.  118/.,  vgl.  stangenspringen. 

m)  stangen  bei  der  Jagd. 

a)  tum  aufstellen  der  garne:  stangen,  heiszen  ...  3)  die 
stellstangen  bey  Jagdzeugen.  Heppk  wohlred.  jügeri^*; 
ferner  gehören  hierzu  (wilde  enten  zu  fangen)  auch  stell- 
stangen, darauf  die  game  gestcllet  werden,  anbey  aber 
auch  stangen ,  woran  haken  sind ,  dasz  also  zwischen 
zwey  stell-stangen  einhaken  eingesteckt  wird.  Dörei, 8,248*; 
derowegen  (bei  prellnetzen)  mit  stangen  besser  zu  richten 
ist ,  denn  ist  es  (das  wasser)  zu  flach ,  bricht  man  die 
«langen,  (die  stangen  schiefT  zu  setzen,)  wäre  es  gar  zu 
ticIT,  so  müste  man  längere  anschafTen.  248''.  s.  ferner 
Hiellstange  und  garnstange,  theil  *,i,iV7i:  pertica, 
ufaggio  du  reti  di  caccia,  it.  di  pescagione.  Kram  kr 
dict.  i,  9m*:  die  binde,  so  bald  sie  ins  garn  und  tücher, 
so  mit  gamstangen  (netzgabel)  aufgestellet  seyn,  einfallet. 
CoMRNlus  tprachenth.  4M. 

ß)  ähnlieh  beim  waehtel/ang :  wann  der  wachtel-strioh 
gebet,  .  .  .  richtet  (man)  in  dem  noch  stehenden  haber 
oder  hirsdrein  zwei  stangen  ...  auf ;  die  stangen  müssen 
also  in  die  erden  gemacht  seyn,  wie  die  loimHlangon  (*.  i^, 
dasz   man    cie   auf   und   nieder  hoben   kan;   ...   (man) 


jrräbt  auch  ...  hohe  stangen  ein,  daran  man  die  panthera 
(hangnetz)  richten  kan.  . .  .  wann  man  nun  wachtein 
fangen  will,  musz  der  jäger  gleich  nach  niitternacht,  Hie 
(in  körbchen  gehaltenen)  wachtein  an  die  stangen  um  und 
um  .  .  .  hangen  .  .  .;  die  garn  aber  werden  nicht  aus- 
gezogen, sondern  bleiben  an  den  stangen  zusammen  ge- 
rollt. HOHRERO  2,  695».  (das  ganze  verfahren  wird  s.  694 
als  stangada  bezeichnet.) 

y)  zu  denen  vorbeschriebenen  Instrumenten  gehören, 
wenn  man  stell-flügel  oder  alleen  abstecken  will,  auch 
noch  stangen  .  .  .  die  stangen  werden  10  fusz  lang  oder 
hoch,  müssen  fein  gerade  gehobelt,  und  gantz  weisz,  oder 
weisz  angestrichen  seyn;  ...  unten  werden  eiserne  spitzen 
gemacht,  dasz  solche  leicht  in  die  erde  zu  stecken  sind, 
und  oben  um  die  stangen  werden  eiserne  rincken  und 
löcher  in  die  stangen  gemacht,  daran  man  weiszo  fähn- 
lein  stecken  kan.  Dörel  2,  7.     vgl.  stängelchen. 

S)  stange,  woran  die  vogel-fänger  die  leim-ruten  stecken 
haben,  pertica  auciipum  qua  aviculas  visco  capiunt,  leim- 
stange.  Frisch  2,  sig*"; 

so,  von  den  verborgnen  stangen, 

reiszt  ein  vögelchcn  sich  los, 

läszt  am  leim  die  federn  hangen.      Gottkr  1,209. 

auch  leimstange,  ames ,  pertica  aucupulis.  Stein- 
rach 2,683:  der  vogeler  ...  hält  sie  (die  durch  die  lock- 
Vögel  gekörnten  vögel)  an  mit  der  leimruthen  (die  er  an 
leimstangen  anhefftet).  Comenius  sprachenth.  428,  vgl. 
theil  6,101;  vogelstange  (woran  vogel  mit  leim  ge- 
fangen werden)  atnes.  Steinrach  2,683  (in  anderm  sinne 
oben  h,  S);  vogler-stange,  leimstange,  pertica  da  uc- 
cellare.  Krämer   r/tc<.  2,  907'*. 

n)  sonst  um  etwas  aufzustellen. 

n)  budenstange, pedamentum,  furca  bicornis perticas 
sustinens.  Stieler  2133;  pertica  ma.isime  forcuta  in  cima 
da  attendar  la  botfega.  Kramer  dict.  2,907*. 

ß)  die  hoHzontale  bettstange  s.  theil  l,  1739:  er  macht 
die  (stücken  leinwand)  an  einander,  band  den  einen  ort 
an  ein  stangen,  da  man  das  pet  mit  macht  .  .  .  die  frau 
leget  sich  aus  iren  treuen  uf  die  betstangen ,  den  zu 
halten  ...,  vergest,  das  ir  die  hent  under  den  stecken, 
daran  die  leinbat  gemacht,  kamen.  Wilwolt  v.  Schaum- 
burg s.  62/.  Kellet: 

o)  aus  stangen  toerden  einhegungen  verschiedener  art 
hergestellt. 

a)  ungewöhnlich  \oird  bei  hölzernen  zäunen,  stacketen 
von  stangen  geredet  (dafür  latte,  stecken);  so  in  Tirol 
stangen  in  Weingärten ,  'die  quer  an  den  stecken  befestiget 
werden'.  Sghöpk  809  (unter  wein  2).  so  wol  auch  in  den 
steir.  taid.  zu,  verstehen :  item  wehr  ain  stecken  oder  mehr 
in  ainem  zäun  .  .  .  abbricht,  .  .  .  alsz  oft  ain  stecken 
alsz  oft  xij  ^.  des  gleichen  ist  von  ranten,  stangen  oder 
andern  zaunholz.  57,  40,  ebenso  68, 13,  vgl.  d.  glossar.  a.  auch 
unten  stangenpferch,  -verschlusz,  -zäun.  —  dagegen  spricht 
man  ganz  gercöhnlich  von  den  stangen  eines  eisernen  git- 
ters  (vgl.  y). 

ß)  käfiche:  sah  ich  doch  einst  in  der  menagerie,  wie 
der  könig  der  tiere  so  sehr  in  majestätischen  zorn  geriet, 
dasz  er  gewisz  manchen  unschuldigen  zuschauer  zer- 
rissen hätte,  wäre  er  nicht  in  einer  sichern  konstitution, 
die  aus  eisernen  stangen  verfertigt  war,  eingesperrt  ge- 
wesen. Heine  8,461  Elster  (engl,  fragm.  7);  im  bilde:  laszen 
sie  mich  wenigstens  in  die  stangen  meines  kKfigIs  beiszen. 
Leisewitz  JtU.  v.  Tarent  19,  (1.4).    vgl.  slangenkätlch. 

y)    gitter    vor   gefängnisfenstem   bestehen    aus  eisernen 
'    Stangen;  daher:   ihr  vater  ist  vierzig  jähr  alt  geworden 
j    und  hat  fünfzehn  davon  hinter  eisernen  stangen  gesessen. 
Fhknssen   Hilligenlei  428.   —   vgl.  unten   stangengittrr. 

p)  stange  auf  schiffen,  vgl.  stängo,  amoie  stangenwerk  (8). 

a)  auperior  jwrs  mulorttm  in  grandioribua  navibus. 
Frisch  8,  sie*';  'dii-  olm-e  theil  dea  maatea  über  den  teilen'. 
Kehrkin  1,387;  vgl.  nl.  stanghe  vel  tnast,  motu»  navi». 
KiLiAN  2, 630*,  aotcie  stängo  und  stenge.  die  belege  könnten 
auch  au  ß  geaogen  loerden : 

{ich,  AriO)  brannl'  an  vicion  ■tollen;  auf  dem  nin«t, 
an  Klang'  und  bogspriet  flammt'  ich  abgesondert. 

Shnkrt>i>    4,  24Ä  ((rfurrn  1,2); 

ha,  wie  du  schlinein  Hrhwankt  und  drOhnt, 
wie  niast  und  «lang«  Hplilloml 

UiiLANU  ged.  (1864)  68  (trifMUd). 


801 


STANGE  (2) 


STANGE  (2.  3) 


802 


ß)  Stange  für  segelstange,  vgl.  dieses,  theil  10,1,97: 
Stange,  am  grossen  seegel  im  schiff,  antenna.  an  den 
andern  seegln,  li^na  transversa,  superiora  et  inferiora 
in  velis,  seegel-stange.  Frisch  2,  aiS*»; 

reisz'  die  see^I  von  den  stangen ,  denn  der  bafen  ist  nicht 
weit.    Günther  872. 

q)  Stange  im  hergbau,  s.  korbstange  {theil  5, 1807),  kunst- 
stange  {theil  6,  2728),  schachtstange  {theil  8, 1967),  Zugstange 
und  J.\coBSSON  7, 427».  vgl.  unten  stangeneisen  (2),  -haken, 
-kunst,  -leitung,  -schacht,  -werk,  -wulst,  -zug. 

r)  Stange  heiszen  theile  von  allerlei  geraten. 

o)  die  tcagner  yxennen  das  deichselhoh  am  tcagen  so, 
s.  Jacobsson  7,427».  ScHM.*  2,770;  vgl.  deichselstange, 
tlieil  2,  909 :  in  36  stunden  haben  wir  zwey  neue  axen  und 
zwey  Stangen  zerbrochen.  E.König  bei  Lessing  13, 363. 
darauf  beruhen  tcol  die  Zusammensetzungen  Stangenpferd, 
-handpferd,  -hengst,  -rosz  und  tceiterhin  stangengeschirr, 
-reiter,  -sattel,  -tau. 

/9)  leiter-stangen,  staggie  da  scala.  Kramer  dict. 
2,907**,  wofür  geicöhnlich  leiterbaum,  s.  theil  &,19&:  dy 
czwu  Stangen  der  leytter  seyn  novum  et  vetus  testa- 
mentum.  Luther  9,  408,  23  Weim.  ausg.    vgl.  stangenleiter. 

y)  eis.  drehstange  an  der  heiter.  Martin-Lienhart  2,605». 

S)  'stangen,  stiele,  fr.  aiguilles,  {icasserbau)  runde  oder 
gevierte  holzstücke,  welche  an  den  schutzbreftem  der  kleinen 
schleusen  in  den  groszen  schletisenthoren  angebracht  sind, 
sie  haben  löcher,  damit  man  einen  eisernen  nagd  durch- 
stecken kann,  und  dienen  also,  die  schutzbretter  aufzu- 
ziehen, und  niederzulassen.'  Jacobsson  4,255». 

e)  mhd.  für  den  hölzernen  griff  eiserner  gerate  {vgl.  a,  ^: 

de  hiej  kunic  Ruodolfs  suon 

wTirken  eine  sichel  .  .  . 

in  ein  guote  stange, 

michel  unde  lange.     Ottokar  reimckron.  31802. 

vgl.  unteti  stangenhippe,  -schere,  dazu  femer  stangen- 
besen,  -borstwisch,  -bürste,  -laterne. 

ö  femer  eiserne  stangen,  z.  b.  die  pumpenstange, 
S.  theil  7,  2230. 

ff)  'bey  den  handwerkem  und  künstlem  führen  viele  ent- 
wede>-  gerade  oder  gekrümmte  körper,  auch  wenti  sie  noch 
so  klein  sind,  den  nahmen  der  stangen  oder  stänglein.' 
Adelung  (l).  so-,  'an  den  scheren  heiszt  der  lange  gerade 
theil  zxcischen  dem  ringe  und  dem,  schilde  die  stange.' 
ebenda.  Jacobsson  4,  254'>  {der  theil  zwischen  dem  ringe 
u}id  der  klinge). 

d-)  stange  am  zäum  der  rosse,  /.  le  fer  de  costi  de  la 
bride  d'un  cheval  est  ainsi  ajypele.  Hui.sius  (1616)  306''; 
Stangen  am  pferdzaum,  lupatum  ferreum,  perticae  freni, 
tnoderamen  teres  equortim.  Stiei.er  2133;  stange,  am  ge- 
bisz  der  reit-pferde,  vectes  ferrei  stanno  obducti  in  froenis 
equorum,  stangen-zaum.  Frisch  2,319'';  stangen,  sind 
zwey  auf  besondere  art  gekrümmte  stück  eisen,  welche 
mit  dem  einen  ende  am  haupt-gestelle,  mit  dem  andern 
aber  am  zügel  befestiget  sind,  und  das  mond-stück,  das 
kettgen  und  die  kinn-kette  zwischen  sich  führen.  Zincke 
öcon.  lex.^  2801,  s.  ferner  Adelung  (l).  Jacobsson  4,  255». 
Hunziker  250.  auch  %e\>'i%z-sis.n%en ,8tanghe,stanghette, 
guardie  del  morso  d'una  briglia.  Kram  er  dict.  2,  907''.  die 
.facJie  ist  seit  dem  ii.jahrh.  bekannt,  ä.  Boeheim  tcajfenifc.  193. 
belege:  wann  das  bisz  und  stangen  einem  pferde,  seinem 
alter  nach,  dienlich  ist,  wirds  desto  lieber  und  ergäbiger 
von  ihm  angenommen.  Hohberg  2,  löS*";  den  jungen 
pferden  brauchet  man  meistentheils  im  anfang  gerade 
Stangen,  und  lieber  zu  lang,  als  zu  kurtz.  160»  {daselbst 
vxiieres);  das  edle  ross  beisst  in  die  stange.  Klingeii 
3,50;  die  beiden  thürme  {der  mäuseresidenz)  waren  aber 
zwei  weiszgebleichte  pferdeschädel ,  welche  das  gebisz 
noch  im  maule  hatten,  leider  war  . . .  der  stil  nicht  ganz 
gleichartig,  denn  das  eine  gebisz  war  eine  trense,  das 
andere  eine  stange.  Brentano  5, 173;  ich  .  .  .  überlege,  ob 
ich  sie  auf  der  stange  reiten  soll  oder  auf  der  trense. 
Heine  3, 179  Elster  {ideen  14); 

schon  taumelt  halb  zerrissen 
sein  ross,  und  wälzt  mit  ihm  in  einem  etrom  von  blut 
sich  nm,  und  hat  vor  angst  die  stange  durchgebissen. 

Wieland  22, 159  (06.  4,  24). 
»tangengebisz,  -zäum,     beim  Steckenpferd,   im  bilde: 
Ko  viel  verstand  hat  ein  vierfüsziges  thier,  dem  man  sich 
nvertraut;  wo  aber  das  rosz  mit  den  zwey  kurzen  vor- 
X   2. 


He 


springenden  vorderfüszen  und  der  buntgemalten  stang. 
ich  meyn'  das  Steckenpferd,  .  .  .  mit  dem  reiter  .  . .  durch 
husch  und  hecken  setzt,  da  kommt  der  selten  ohne  be- 
schundne  nase  wieder  heim.  MvsÄvs  phgsiogn.  reisen  2,  4. 

«)  stange  am  schwertfieft :  der  schwerd-knopf  lag  wie 
gemeldt,  in  arm-schienen  drinnen,  das  andere  theil  des 
knopfs  und  die  stangen  am  schwerdt  hefft  hett  sich  ge- 
bogen, war  aber  doch  nit  entwey,  dasz  ich  gedenck,  die 
stang  und  das  andere  theil  vom  knöpf  hab  mir  zwischen 
dem  handschuh  und  dem  arm-zeug  die  band  herab- 
geschlagen. Götz  v.  Berlichixgen  78. 

x)  'stange  in  einem  büchsenschlosse ,  tcelche  mit  einer 
schraube  auf  dem  scfUoszbleche  befestiget  ist,  einen  stark 
hervorragenden  zapfen  hat,  und  die  mittel-  und  hinterrast 
traget.'  Adelung;  sie  dient  zum  spannen  des  hahns  und 
zum  abdrücken,  s.  ferner  Jacobsson  4,  254''.  Karmarsch- 
Heeren^  3,  451;  so  in  der  Weidmannssprache.  Behlen  3,391. 
Kehrein  281.  vgl.  stangenarm,  -balken,  -feder,  -nase, 
-Schnabel,  -schraube. 

/)  beim  posaunenrohr  heiszen  stangen  oder  Stiefel  zwei 
durch  ein  bogenstück  verbundene  röhren,  die  auf  die  röhren 
des  hauptstiicks  passen  und  darauf  hin  und  her  geschoben 
tcerden  können.  Merx  kompositionsl.  4,  62. 

s)  stange  zum  messen  {veraltet),  vgl.:  meszstange, 
pertica  decempeda.  mit  der  meszstange  etwas  ab  theilen, 
decempeda  aliquid  dividere;  die  grösze  mit  der  meszstange 
ab  messen.  Steinbach  2,  683.  von  da  aus  stange  als 
masz,  s.  5,  a. 

S)  zahlreich  sind  sprichwörtliche  redeweisen. 

a)  an  2,  c  knüpft  an  die  in  der  spräche  des  16.  und 
17.  jahrh.  sehr  gewöhnliche  Wendung  mit  einem  an  einer 
stange  wasser  tragen.  Wander  4,  776, 17,  sich  gut  mit  ihm 
vertragen,  mit  ihm  gemeinsame  sache  machen,  oder  auch, 
zu  ihm  passen,  seiyies  gleichen  sein:  münch.  ei,  lieber 
Junker,  laszt  uns  gleich  waszer  an  einer  stangen  tragen. 
edelman.  nein,  das  thn  ich  in  keinem  weg.  ir  müszt  vor 
bekennen,  dasz  ir  gröszer  schelk  seit  dann  wir.  Schade 
sat.  u.  pasqu.  3, 108, 19  {eddm.  münch  u.  cttrtisan  1525  B  2''); 
von  einem  andern  salbenden  priester.  wasser  tragen  an 
einer  stangen  diser  und  der  vorige.  Kirchhof  wendunm. 
1,  551  Österley  (i,  2,  loo);  wann  sie  also  jre  natürliche 
boszheit  und  mangel  lernen  erkennen,  halten  sie  hinder- 
sich,  verachten  jren  nechsten  nicht,  ...  sintemal  sie 
wissen,  dasz  sie  eben  auch  des  fleischs  und  bluts  sind, 
das  andere  leut  haben,  und  bede  wol  wasser  an  einer 
Stangen  mit  einander  tragen  mögen.  Gretter  erkl.  der 
ep.  Pauli  an  d.  Römer  (1566)  413;  zwar  wir  tragen  auch 
wol  wasser  an  einer  stangen  mit  diesen  heyden,  dann 
nach  dem  wir  zu  zeiten  in  öffentlichen  predigten  die  ab- 
götterey  und  gottloses  leben  der  papisten  hören  straffen, 
findet  man  deren  viel,  die  gut  evangelisch  sein  wollen, 
die  nichts  thun,  dann  nur  den  papisten  ubelreden,  dar- 
neben aber  befleissigen  sie  sich  nicht,  dasz  sie  jr  leben 
nach  der  evangelischen  lere  .  .  .  anrichten.  695;  darnach 
folgte  Dulcimus  von  Navarr  im  jar  1314.  und  Amoldus 
de  Villa  Nova,  im  jar  1315.  welche  alle  an  eyner  stangen 
wasser  trugen.  Fischart  bienenk.  12»;  an  mangeln  tragen 
sie  {die  krämer)  fast  das  wasser  mit  den  kauffleuten  an 
einer  stangen.  Garzoni  allgem.  schawplatz  (i64l)63i''; 

(die  /rare.)  solchs  hab  ich  dennoch  nye  begangen. 
die  tnagd.    wir  trügn  wol  wasser  an  einer  stangen 
mit  einander  das  glaub  du  mir. 

H.  Sachs  1,  479«. 

in  anderm  sitine:  als  etliche  geistlichen  über  den  last, 
so  in  diesen  kriegen  ihnen  so  wol  als  den  weltlichen 
aufferlegt  wurde,  klagten,  sagte  ein  fürst  und  oberster: 
wann  geistliche  und  weltliche  nicht  an  einer  stangen 
tragen,  so  gibts  scheele  äugen.  Zincorbp-Weidnbr  apo 
phthegm.  3  (1658),  56. 

b)  bei  den  mittelalterlielien  ziceikämpfen  hatte  der  grie»- 
wart  eine  stange,  die  er,  wenn  sieh  einer  für  überwunden 
erklärte,  zxcischen  die  kämpfenden  tcarf  oder  schob  und 
damit  dem  kämpfe  einhält  that,  ».  mAd.icft.  2,2,640».  Brinck- 
MEiER  gloss.  diplom.  2,  574»:  ir  ietwederm  sol  der  rihter 
ainen  geben  der  sin  stange  trage,  der  sol  si  nihts  irren ; 
wan  ob  ir  ainer  vellet,  daj  er  die  stange  understfiejje ; 
oder  ob  er  gewundet  wirt,  oder  der  stange  sust  be- 
gert.  Schwabensp.  s.  332  Wackemagel  (404, 16—18 ;  dafür  im 

51 


803 


STANGE  (3) 


STANGE  (3) 


804 


<}nrh^en3r>  1  63  §  4:  de  sinen  bom  drage  n.  s.  w.),  s.  femer 

f UIS^lTiv'    2  319^  ScHERZ-ObERMN  1556.  AnELUNG(2y 

sS"  2%.     daher  im  hiMe:  auch  wi  1  ich  mtr  n  cht 

st  reich  geführet  würde.  Lkss,  ng  10, 47.  so  .col  auch  gemnnt 
ich  wil  es  aber  hie  mit  der  Stangen  jchten.^^^  ^^ 

e^  darauf  bencht  die  häufige  redewendung  der  stange 
i  ^  K«.n  rtas  ist  hülf  als  ein  uberwältigter  suchen  bey 
begehren,  ^^^,^^\^^%'„  o  319b  vgl.  1,547»  wnrf  die 
ooinpm   secundanten.   trisch  <ä,  01»  ,    ij/"- ^i 

:;Ä?;Sir  !S%  nb.r;^nden  e^UUren,  um 
frieden  bitten,  in  einem  kämpfe  unterliegen: 

nu  wil  ich  mein  sinn  daran  keren, 

si  all  an  Hb  und  an  gfit  verseren, 

unnd  das  triben  so  lang, 

sie  n^assent  seren^^^rjs^^^^^^^^^^  ^^^,. 

vil  manger  da  der  stangen  gert, 

vor  stich  und  siegen  w^  er  mat, 

auf  genad  - -^ch^- vahen.pat.^^^.^^   ^    ^^  ^^_  ^^^,. 

und  80I  der  krieg  noch  lenger  weren, 

so  werden  zwar  der  stangen  geren 

die  stet  an  all«>  «nden.^.^^^ ^^^^  ^  ^_  ^^^^. 

und  SY  pegerten  do  der  stang 
an  unsem  hem,  den  kaiser   und 
verschriben  im  dy  selben  stund,      . 
daz  er  dy  sach  liess  slihten, 
verainigen^undjihten^^  ..  d.  Wienern  351,  14; 

daraus  erosz  mordt  und  krieg  entstanden 
fn  KrfecTien    welsch  und  teutschen  landen ; 
die'hTn  s?e"(dTe  W.cAÖ/e  z« /?om)  ^durch^emanderen 

darinn  sie^sich  so  lang  vergangen 


darmn  sie  bn;"  ="  '"r*,  »„„„„« 
bisz  sie  zuletst  beeert  der  stangen, 
und  rafften  umb  rliat  die  bischöff  an, 

""ÄÄrT  JÄ&ur.  (d.  Od.  d.  verk;  880) ; 
A..  H«r  ersteemelt  künig  Ascalonitarum,  ward  mit  drey 
stTe^  n  rerSeldas  s?  wie  das  vihe  g-f  ziget  wurd^ 
und  zu  letst  der  stang  begerten.  S.  Franck  ^^ron.  (I53l)  183 
zu  letst  als  der  bischoff  im  dritten  jar  seins  knegs  starb, 
wer  en  Sie  thümherrn  unnd  geistlichen  der  stang  . 
S  ward  der  krieg  mit  dem  geding  verncht.  chron. 
uZ-)Jl  Lewfrid  eilet  jhn  mit  seinen  gesellen  nach. 
dÄr  begerten  der  stangen,  unnd  bekandten  sich  uber- 
aDeri^g  „oM/arfen  B  4" ;  der  alt  bSszwicht  be- 

leÄ  s^^^nTen  unrKewfrid;n  umb  fristung  seines 
febenVVsN  dann  sie  waren  mit  gewapneten  reysigen 
lant^  umbringet,  derhalben  begereten  sie  der  stangen.  b  l" ; 
lu  aber  d^ev«;  Bern  mit  macht  dah&r  zugen  begerten 
die  armen  eut  der  stangen.  begaben  sich  in  gehorsamme 
SrvM^rSchweytzer  chron.  (1606)  549».  /mer.  dasz  wir  aber 
uns  d^rmassen  also  undanckbar  gegen  jungfrauwen  Rosa- 
uns  dermass«"  *  ^.^  demütighch,  uns 

Seszu  ve   ?ben        •  wolan  sprach  Philomena.   die- 
weU  ihr  denn   beyde  der  stangen  begere  .   können  wi 
Tud.   der  gnaden    nicht   abschlagen    buch  der  hebe  239^ 
(IwickrIm  1.250.14  Bolte).     auf  da,  Itebesrvngen  und 

.verben  Obertragen  • 

ob  mir  an  ir  so  wol  gelang, 

ich  woll  mit  ir  nicht  rangen; 

ob  sy  mich  licbleich  überrunf, 

czwar  ich  beje^^^^J/Ä^'^and-cÄr.  28.  43; 

<*'^nSrCrU  recht  der  .lang. 

„in  frü^nrnkalt  hat  "ir^-«ÄN  «.  8, 174; 
rr  fprach:  hör  uff.  ich  jf«r  der  Btang.t., 
dir  Wirt  da»  chalner  möcht  erlangen^ 
deine  wort  haund  mich  durch  wi3cht     ,«.  »w 

norh  freier  mit  abitraetem  nu'>Jecl: 
w61t  ir  mir  de«  nlt  »afen, 
Ich  hob  hewt  an  »e  clagen, 
unnd  will  diu  triben  »o  lapnf 
nnnU  mein  kraffl  bogert  der  etang. 
d«  mein  IIb  mü«  «^ä-'^Ät«.  6fl4«; 
wan  Wille  wil  haben  ein  gebet 
«nd  Wille  gert  dicke  -«jOanf?".^^  ^  ^^,. 


daz  gotlich  lieht 
daz  gert  gentzelich  der  stangen.    75,  6; 
mein  frewd  die  gert  der  stangen, 
der  hat  trawrcn  obgesigt.    quelle  bei  Schm.-'  2,  //U- 
d)   auf  denselben   büde  beruht  die  redexcendung  eXnf^vc, 
die  Stange  halten,  ihr.  schützen,  ihm  tm  kamirfebeistdien. 
Velne  vattei  nehmen,  vgl.  Wanükr  4,  776.  9.   zeäschr.  f  d^ 

:X,- 11,807.  GÜNTHER  -''*«•  ■'pr-''^t"^.;;;'^\Ti," 

Stangenhalter:  einen  die  stange  halten.  Scho^^/' "^J J 
teiJlu  stanga  ad  uno.  cioe  sostmtarlo.  dvfenderlo.  j>o» 
So  Krämer  dict.  2,907-;  einem  die  stange  (neml  ch 
^  sz-stange)  halten,  hiesz  einem  zu  hiilfe  kommen  ihm 
beystehen.  Frisch  l.  547^  einem  d;e  «tange  halten  das 
ist  einem  secundiren.  schützen,  im  duell  beystehen.  2,39. 

f/i^AoELDNO  (2).  WeIüAN02,796.  BOHCHAR.VI  .p»^Ä.r. 
redensarten^  1127.    Hetzel   wie   der  Deutsche  spricht  298. 
L,?PER    E  DE  spruehwb.  8l9'>.     so  in  litteratr.rbelegen  des 
T-i9.  ahrh.  (in  demültesten  mit  abweichendem  jerb)-^^^^ 
darnach  dem  armen  die  stang  besser  zu  reichen,  hat  er 
Solan)  disz  mittel  erfunden,  dasz  er  die  muntz  ersteigert. 
Lehman  Speyr.cÄron.  (1612)307^0;  ...  musz  er  fme'n--- 
d^e  stange  halten,  und  kann  also  nicht  so  schlechterdings 
JligeX'wo  die  ;usführung  den  regeln  desselben  wider^ 
spricht     Lessing  12,357;    ich    habe    mich   ^^'eIdl  ch   vor 
e?n  gen  wochen  über  das  dumme  Altonaer  postperd  ge^ 
ärgert   welches  noch  immer  den  Hagedormschen  lesarten 
df  Stange  halten  will.  518;   du   hast  ihnen   denn  doch 
de  Stange   stark  gehalten.   Pestalozzi  Lienh.  u.Gerti . 
?1831)  2  "K-  mein  weih  wollt  ihm  noch  die  stange  halten, 
nd  da   sah  ichs  wohl,   dasz  sies  mit  ihm  hielte ^5^ 
wart^  1  56-  wie  er  von  allen  selten  gescholten  ja  verfolgt 
wSd    fehlt  es  nicht  an  solchen  die  ihm  die  stange  halten. 
S,iER«nGö^Äe2,328   (25.  oc<.  1816);    kein    gründliche^ 

Sprachkenner,  kein  echt  deutscher  ^olk;"'*'^"  ^^.^^.^".t 
ie  der  wortmengerei  die  stange  gehalten,  nur  spracn 
schwache  und  afterdeutsche  werfen  so  gern  den  zweifel 
auf  ob  man  im  deutschen  sich  auch  deutsch  ausdrucken 
kSnne?  Tahn  2,  605  BtJer  {merke  m);  der  ist  ein  braver 
mann  .dem  habe  ich  immer  die  stange  gehalten,  wenn 
ihm  die  leute  zu  leibe  wollten,  weil  er  nicht  zum  abend- 
mahl  geht.  Arnim  9.167; 

reliffion  ist  auch  parthey ;  und  wer 
sich  d?ob  auch  noch  so  unpartevisch  glaubt 
hält   ohn-  es  selbst  zu  wissen    (foch  nur  seiner 
dfe  Stange.     Lessino  2,  298  (Aa«/mn  4. 1). 
ir,   diesem  sinne  in  micndartm  noch  weit  verbreitet :  eis. 
SneS  d  sUnghalte(n)  Martin-L.enhart  2.  605»;  bair 
de   Stange   halten   einem,    ihn  protegieren,    seine  partei 
1  Jl!    Sr.iM  =^  2  770-    -ihn   bei    allen   gelegenheiten .    bei 

FroImann  6:324.  368.  heruieb.  S^-bs  240;  /cöi«  ,s  ang  haWe 
HftNißä  173»'  hess.  'einem  die  stange  halten,  ale  auszerst 
mlhJ^bliel-neformel.  für:  i--,%T'"' r/nÄ' 
Taivartei  nehmen,  namentlich  in  bedenkliche.-  oder  irxde- 
tcmZlZ  Sache.  ViuMAR  395;  in  Sachsen  ^njern.d. 
ihr  Und  in  schütz  nehmen,  a.  zeitschr.f  d.  untert.  ».»"'■ 
rSn  ee  em  die  schlänge  halten,  ihn  l^srhutzen. 
nJZcK^Ts^  auch  nd.  enem  de  stange  ho  den^  bre^n. 

COLUTZ  M".    (.Ohne  erkläru,^  schioeit.  e.m  d  stange  halle. 
„...L^r  teit   in  einem  ganz  anderen  .v.»ine.  stange  emanaer 

und-  als  habe  ich  sie  {die  exempd  und  figurtn)  >;««'«'"», 
vögehihlctc  .listanlicn  unnd  fatonen  ««••»*•;•/";•''* 
nn  wrckunge«.  distanllen  und  proporlion  den  rech  cn 
rau;;balailLn'  gleichen.  ""■"«  i^'S^X m  TU  ' 
kainpff  hallen  mlUsen  und  sollen.  THoymzjN  «nry 
kunit  Cirjw)4....     die  richtige    erklärufig    gtebt    HoHN 


805 


STANGE  (3) 


STANGE  (3) 


806 


datenspr.  s.  69/. :  'die  leute  der  ersten  glieder  hielten  die 
Stange  {lame},  von  xco  die  redensart  'jem.  die  stange  halten' 
dann  iceiter  übertragen  icorden  ist',  vgl.  s.  109.  die  er- 
klärttng  von  H.  Schr.^der  bildersehmuck  s.  43. 191,  der  sie 
von  ztcei  an  der  stange  {deichseV)  angeschirrten  pferden 
herleiten  icill,  iceist  Borchardt  spricht,  redensarten'^  s.  452 
mit  recht  zurück,  ebenso  erinnert  er  mit  recht  an  die 
synonyme  redensart  einem  die  wage  halten,  die  vielleicht 
auf  ihre  einbiirgerung  und  die  bedeuttingsentxcicklung  von 
einßusz  gewesen  ist.  vgl.  auch  einem  die  spitze  bieten 
unter  spitze  1,  a,  y,  theü  10,  l,  2584/.  —  die  belege  gehen 
ebenfalls  bis  ins  n.jahrh.  zurück,  vgl.  odeti  Troupitzen. 
zunächst  noch  in  eigentlichem,  sinne,  im  kämpfe  iciderstand 
leisten .-  also  setzet  die  göttliche  versehung  insgemein  auch 
einem  grossen  helden  einen  andern  entgegen,  welcher 
selbtem  die  stange  biete,  und  die  herrschaften  der  weit 
in  gleicher  wage  halte.  Lohenstein  Armin.  i,8b2^;  die 
wenigen  Chaucen  und  die  handvoU  Friesen  haben  des 
Germanicus  gantzer  macht  8.  gantzer  stunden  die  stange 
gebothen;  wie  soll  denn  diese  nach  ihrer  abmergelung 
euch  und  denen  euch  auf  der  ferse  folgenden  kriegs- 
völckern  die  wage  halten?  2, 251»;  es  muste  ihnen  ein 
dorn  im  äuge  seyn,  dasz,  da  der  gröste  theil  sich  bereits 
unter  sie  schmiegen  müssen,  wir  allein  ihnen  noch  die 
stange  hielten  (rot;  f/ueTi^ov  in  f/övov  drrtoovifivov). 
Heilman   T7it<c.  321  (3, 11) ; 

doch,  wie  der  alte  schreibt,  so  ist  kein  mann  der  weit, 

der  diesem  nngethüm  von  kind  die  stange  hält, 

als  Rostem.      Rückert  (1882)  12,  169  (Hostem  5,  43). 

in  freierer  vericendung ,  vom  Schachspiel:  ich  hingegen 
hatte  mich  bald  so  weit  eingeübt,  dasz  ich  ihm  einiger- 
maszen  die  stange  halten  konnte,  ohne  ihn  des  öfteren 
Sieges  zu  berauben.  Keller  4,  35;  von  tcortstreit  und 
litterarischer  fehde ;  ich  hielt  ihnen  vor,  ihre  französischen 
bettstatten  hätten  ihnen  auch  nicht  viel  genützt.  ...  die 
töchter  hatten  mir  lange  die  stange  gehalten,  die  ganze 
stube  uns  zugehört  und  das  feuer  immer  frisch  angeblasen. 
GoTTHELF  1,242  Vetter  (bauernsp.  2ä.kap.);  einige  ent- 
werfen einen  plan  zur  philosophischen  spräche;  andere 
wollen  sie  allein  auf  die  dichterische  seite  lenken,  dasz, 
wenn  beide  etwas  würken,  beide  einander  die  stange 
halten,  macht  das  glück  unsrer  Sprachenverbesserung. 
Herder  1,159  Suphan;  so  auch  mit  abstractem  subject: 
in  diesem  eingeschränkten  gesichtspunkt  kann  ich  selbst 
ihre  (der  Schweizer)  hizze  entschuldigen,  die  den  Gott- 
schedianern  die  stange  halten  muste.  164;  in  Deutsch- 
land sind  mehrere  Staaten;  jeder  darf  sein  literarisches 
tribunal  haben,  da  dann  eines  dem  andern  bald  die  stange 
halten  wird,  und  das  feinere  urtheil  doch  zuletzt  sieget. 
2i,  170;  bey  einem  menschen  hingegen,  der  nicht  vorrath 
von  deutlicher  erkenntnisz  genug  hat,  der  illusion  die 
s lange  zu  halten,  wird  der  wünsch  zur  nacheiferung  an- 
haltend seyn.  Moses  Mendelssohn  bei  Le^ssing  13,  39; 

wenn  so,  für  zucht  ernährt,  die  seelen  sich  entfalten, 

so  wird  der  obermacht  die  tyranney  beraubt, 

ihr  kann  die  Wachsamkeit  noch  mehr  die  stange  halten. 

WiTHOF  acad.  ged.  1,  261. 

f-ei  menschen  oft  nur  gleiche  kraft,  leistungsfähigkeit ,  ge- 
tchickliehkeit  wozu  ausdrückend :  er  stehet  oben  an  in 
borschmanier,  saufTen  und  rauffen.  ...  es  hält  jhm  keiner 
im  glase  die  stange.  wie  weisz  er  allerley  modos  von 
gesundheits-trüncken?  pedant.  schulfuchs  (1673)  74;  der 
Heidenmüller  hatte  ein  schweres  wagstück  ausgeführt,  er 
hatte  mit  dem  Speidel-Röttmann  um  die  wette  trinken 
wollen,  und  das  hat  noch  keiner  ungestraft  versucht,  die 
Heidenmüllerin  .  .  .  sagte:  'gottlob,  er  schläft  ruhig;  der 
kann  keinem  Röttmann  die  stange  halten'.  Aterbach 
dorfgesch.  7,49  {Joseph  lo);  wenn  er  einen  knecht  be- 
kommen sollte,  der  mir  die  stange  hielte,  und  den  er 
iirauchen  könnte  wie  mich  in  alle  spiel  (zu  jeder  arbeit). 
GoTiHEi.F  Uli  der  knecht  s.  127  Vetter; 

sie  machen  von  Pythagora«  viel  wesen, 
als  war  ein  solcher  mann  noch  nie  gewesen, 
er  ist  vielleicht  ein  lumen  bey  den  alten ; 
doch  sollt'  er  tins  die  stange  halten? 

Claudius  3, 160. 

/)  'bey  der  stange  halten  oder  bleiben,  standhaß  aus 
harren,  nicht  fliehen,  jemanden  nichtverla.9seii'.A\)Ki.va(j{2). 
er  bleibt  nicht  bei  der  stange!  Eisei.kin  576,  vgl.  Wandeb 


4,  776,  10/  verschieden  gedeutet;  dasz  die  tctndung  vom 
kämpfe  oder  fechten  hergenommen  ist,  scheint  die  gleich- 
bedeutende bei  der  klinge  bleiben  zu  beiceisen.  s.  klinge  3,  d. 
theil  5, 1173.  nach  BoRCHARDT  sprichw.  redensarten^  1128 
vom  fechter,  der  den  stosz  des  gegners  mit  der  eignen  waffe 
pariert;  nach  Heyne  von  den  geicerbsmäszigen  fechtem  mit 
»piesz  oder  hellebarte,  die  ihre  icaffe  nicht  mit  dem  schicerte 
vertauschen;  beides  nicht  recht  überzeugend.  Pavi.  möchte 
an  die  fahnenstange  denken,  (^vielleicht  aus  einer  Ver- 
mischung der  redensarten  die  stange  halten  und  bei  der 
Sache  bleiben  entstanden.)  die  belege  reichen  nicht  über 
die  klassische  zeit  zurück,  halten  ist  früher  bezeugt,  bleiben 
häufige?-  und  jetzt  das  geicöhnliche.  zunächst  in  dem  sinne: 
bei  einer  thätigkeit  ausharren,  eine  einmal  ergriffene  sache 
fortführen,  nicht  aufgeben  u.  ähnl.:  bleib'  mir  nun  auch 
hübsch  bei  der  stange  und  gehe  nicht  zu  sehr  ins  blaue. 
Bettine  briefw.  1,339;  ich  wollte,  sie  blieben  nun  ganz 
bei  der  stange  und  es  beliebte  ihnen,  ihr  schmeichel- 
haftes Wohlgefallen  auch  mit  einem  küsse  zu  bestätigen ! 
Keller  7,27;  Peter  Dümanet  .  .  .  war  noch  mit  ganzer 
seele  dabei  und  hielt  sich  alles  ernstes  für  einen  Vor- 
kämpfer der  einen  und  wahren  Völkerfreiheit,  weil  das 
blut,  das  er  in  den  septembertagen  zu  Paris  hatte  ver- 
gieszen  helfen ,  . . .  sein  gewissen  beklemmte  und  ihn 
zwang,  bei  der  stange  zu  bleiben,  wenn  er  sich  nicht 
selbst  verabscheuen  sollte,  nachl.  257;  unter  den  männern 
des  praktischen  lebens  hatte  sie  (die  zeitung)  nie  viele 
mitarbeiter  gefunden,  und  die  politisirenden  gelehrten, 
die  selten  lange  bei  der  stange  aushalten,  zogen  sich 
nach  und  nach  zurück.  Treitschke  d.  ^e*cÄ.  4, 163;  die 
Vorlesungen  (Tiecks)  bei  hofe  wurden  seltener  und  seltener, 
da  der  könig  nicht  lange  bei  der  stange  bleiben  konnte. 

5,  220.  an  einer  meinung  festhalten :  wie  kömmt  es ,  da 
hr.  Klotz  sonst  sich  die  einsichten  des  hn.  Lippert  so  frey 
zu  nutze  gemacht,  dasz  er  es  nicht  auch  in  diesem  punkte 
gethan?  .  . .  aber  hr.  Klotz  hatte  bereits  seinen  entschlusz 
genommen;  seine  ehre  war  einmal  verpfändet;  er  hält 
bey  der  stange.  Lessing  8,  39  (antiqu.  br.  12).  jetzt  meistens 
in  bezug  auf  gespräche,  schriftliche  darstdlungen  u.  s.  ic, 
nicht  von  dem  eigentlichen  gegenstände  abspringen,  keine 
abschiceifungen  machen;  bei  de  schlänge  bleiben,  bei  der 
Sache.  Brexdicke  178':  dann  musz  ich  ...  auf  andre 
materien  übergehen,  der  alte  baron  . .  .  flüsterte  ihm 
schmeichelnd  ins  ohr:  und  bei  diesen  materien  haltet  ihr 
euch  mehr  an  der  stange.  Immermann  Iftinc/i/i.  1,21  (1,13). 
bei  der  stange  bleiben  'den  faden  des  gespräches  behalten'. 
Hetze  L  icie  der  Deutsche  spricht  298. 

g)  vom  bilde  des  kampfes  gehen  xcol  auch  folgende  uxn- 
dungen  aus,  bei  denen  man  stange  als  lanzenschaft  oder 
fahnenstange  verstehen  kann : 

viel  meiner  feind  hab  ich  gedämpft, 

mit  Worten,  pochen  und  pracht  räkämpft, 

mein  sachen  an  die  stang  gesteckt. 

Opel-Cohn  s.  133,  83  {vom  j.  1681); 

er  (der  geizhalt)  setzt  sein  seel  auf  eine  stangen  (o«i/»  tpiet) 
wann  er  nur  weisz  geld  zu  erlangen. 

408,  179  {vgl.  d.  glots.). 

h)  ähnliche  Verbindungen  begegnen  im  16.  jahrh.  im  sinne 
von  'aufschieben': 

nun  nfit  dann  lond  uns  glich  hin  gon 
zum  küng  inn  söllichs  wissen  Ion 
by  zyt  wann  jr  das  w^issen  wol 
das  söllichs  nit  gesparet  sol 
werden  und  an  die  stangen  ghenckt. 

Daniel  (1545)  0  3*; 
wiewol  ich  wils  verziehen  lang 
und  hencken  an  die  lange  stang.    P  8*. 

t)  die  lange  stange  jetzt  in  der  redetceise  (einen  oder 
etwas)  mit  kainer  langen  stangen  anrüeren,  damit  nicht 
in  die  mindeste  berührung  kommen.  ScnM.^2,770:  Pentleton 
mag  zum  demokratischen  präsidentschaftscandidaten  no- 
minirt  werden,  aber  die  kriegsdemokraten  werden  ihn 
noch  nicht  mit  einer  langen  stange  anrühren,  quelle  vom 
j.  1868  bei  WaNDER   4,775,6. 

k)  ferne?-:  so  einen  ungehorsamen  hätte  ich  mit  keiner 
stange  in  dir  gesucht.  Weise  Tobias  s.  58  Reclam  (2,  7).  — 
bair.  mit  einer  stange  im  nebel  herumstören  vergebliche 
arbeit  thun;  im  Ungewissen  heruminen,  im  unklaren  sein. 
Wander  4,  776,  I6;  Straszb.  'mit  der  stang  im  nfewwel 
erum  fahre  unklare  gedanken  ätiszem'.  Martin -Lien- 
hakt  2,605». 

51* 


807 


STANGE  (3.  4) 


STANGE  (4-6)  —  STANGE 


808 


r)  über  die  stange  schlagen,  aufschneiden,  flunkern 
{vgl.  über  die  schnür  hauen  unter  schnür  6,  theil  9,  I40i/., 
und  über  die  stränge  schlagen  [von  den  pferden  her- 
genommen]): dieses  aber  dünckt  mich  etwas  über  die 
stange  geschlagen  seyn,  dasz  er  sagt,  er  habe  selbst  ge- 
sehen solche  leinwad,  die  . .  .  ins  fewer  geworffen,  allda 
sie   nit  verbrennet.    Garzoni  allgem.  schau>pl.  (i642)  564». 

m)  stange  selbst  ist  bildlich  gesagt  t»i  der  icendung 
Stangen  im  köpf  haben,  zweifei,  bedenken:  der  h.  Bern- 
hardus  hatte  einen  diener  der  hatte  scrupulos  und  stangen 
im  köpf,  dasz  er  das  ampt  nicht  verrichten  oder  mesz 
halten  konte.  Casp.  Fink  ioo papist.  lügen  {Qieszen  16U)  17. 
—  jetzt  hess.  (grosze)  stangen  im  köpf  haben,  hochmütig 
sein.  ViLMAK  395. 

n)  im  altern  hess.  auch  stangen  austheilen,  grobe  warte: 
fängt  er  nun  an  und  theilet  stangen  auf  der  cantzel  aus, 
wirfft    umb  sich  mit  verrhätem.  qt*elle   vom  j.  1625  bei 

VlI.MAR  395. 

4)  übertragene  gebrauchsiceisen. 

o)  stange  für  ein  hohes  bierglas  seheint  dem  mittel- 
dtutschen  gebiete  eigenthümlich  zu  sein,  mundartlich  be- 
zeugt für  das  hess.  Pfister  356  ('die  früher  gebräuchlichen 
holten  gläser  ohne  henkel,  die  "eine  halbe"  faszten').  Cre- 
CEMUS  804  (schdang,  auch  für  halbe  masz  selbst,  e  schtang' 
beier);  nordthür.  Sdangen  Jiohes  trinkglas,  besonders  für 
broihan.  Hertel  spraclisch.  233.  Kleemann  22";  in  Leipzig 
Albrecht  216».  das  Potsdamer  weiszbier  toird  im  gegen 
satz  zum  Berliner  aus  stangen  getrunken,  litteraturbelege  • 
sehn  sie,  mein  gnädigster,  diese  stange  hier!  Tieck 
novellenkr.  ♦,  142 ;  mein  nachbar  .  .  .  schlug  sich  dröhnend 
auf  die  brüst  und  leerte  eine  ungeheure  stange  weisz- 
bier. Heine  3,  61  Elster  (Harzreise);  (auf  die  Vergangenheit 
übertragen .)  beim  abendtrunk  sasz  der  könig  unter  seinen 
knappen,  .  . .  aus  groszen  stangen  und  bechern  schöpften 
sie  den  würzigen  trank.  Frf:ytag  8,  62  (=  ahnen  l,80); 
©in  halbes  dutzend  von  söhnen  vornehmer  eitern  sasz  in 
der  kleinen  verräucherten  stube;  jeder  hatte  eine  stange 
dunkles  hier  vor  sich.  12, 192  (=  5, 253).  vgl.  stangenbier,  :glas. 

b)  die  ender  am  hirschweih,  alias  stangen,  rami  cor- 
nuum  cervorum.  Stieler  376;  stange,  das  dicke  theil  der 
hirsch-hörner  in  der  mitte,  hernach  auch  das  ganze  hirsch- 
horn,  pars  crassior  in  cornibua  cervi,  in  quibus  rami 
irrocrescunt.  die  stangen  abwerfen,  cornuä  abjicere,  wie 
die  hirschen  jährlich  pflegen.  Frisch  2,319'';  der  hirsch 
hat  auf  dem  köpfe  ein  gehörn,  heiszt  auch  ein  geweyhe.  .  .  . 
ein  jedes  von  dem  hoch  aufstehenden  heiszt  die  stange. 
Döbel  l,  l?*";  stange,  heissen  die  Jäger  ein  eintzelnes  hörn 
vom  geweyhe  eines  hirschen.  Zincke  öcon.  lex.^  2801; 
stangen  heissen  hier  die  beyden  hohen  theile  an  denen 
geweyen  der  rothhirsche,  an  welchen  zu  unterst  die  rosen, 
und  zu  oberst  die  kröne  ist,  und  darzwischen  die  ende 
nach  der  reihe  hinauf  stehen,  einige  gute  hirsche  machen 
zuweilen  3.  auch  4.  solcher  stangen.  Heppe  leithund  117 
(a.  auch  wohlred.  Jäger  2Si*),  danach  Adelv so  (i);  s.  ferner 
Nkmnich  1,975  (unter  cervus elaphus);  stange  des  gehörns, 
la  perche.  Winkell  handb.  f.  Jäger  8  (1806),  618;  stamm 
eines  geweihes,  woraus  die  äste  oder  enden  hervorwachsen. 
BEHLEN5, 673.  Kv.uhkih  weidmannsspr.  iül.  nachEonKus 
kriegalex.  2,  079  tcird  so  das  abgeworfene  hom  eines  hirschea 
genannt;  danach  Jacobsson  4,  254^.  auch  nl.  stanghen  .  .  . 
rami  in  cervorum  cornibus,  qui  imi  pendent  ante  frontem. 
KiLiAN  2,680».    mhd.  sclton  im  ii.  juhrh.  bezeugt: 

ig  (da»  thier)  was  g^xviiget  als  ein  hirz : 

i;  nete  drt  stanfren 

grftS«  unde  lauf«.      Lampreht  Alex.  6027  Kinzel; 

recht  als  ein  birts  die  atangen 

nff  wnrket  sin  enger.    Altswkrt  166,  8 ; 

wo  er  (der  hirach)  durch  die  standen  flöhe ,  da  halte  er 
zfi  einer  seyten  die  stauden  and  das  laub  schweissig  ge- 
macht. . . .  und  halt  zA  der  andern  seyten  die  stauden 
geschlagen,  unnd  das  laub  zAfürt,  da  merckt  ich  wol  das 
er  die  andern  stangen  aaff  dem  haapt  tregt.  Noe  Mburer 
r.  foraÜ.  oherherrligkeit  (1660)  96*; 

da  orgelt  plOtslicb,  fem.  ein  bir«ci>  im  bols, 
mid  ra  gedanlien  «eb  icn,  wie  er  stolr. 
die  staiüen  hebt 

u.  V.  LiMKNcRON  7  (kämpf  u.  «j/Zete*},  in 
('(ü)€nao<M0% 

tgl.  unten  stJUigengehöm,  -spieszer,  -stück. 


c)  (der  acliwanz  heiszt)  bey  dem  fuchs:  die  stange,  item 
die  Standarte.  Heppe  leithund  2(^.  «./erjier  Adelung  (2). 
Nemnich  (deutscJies  wb.).  Keiirkin  toeidmnnnsspr.  281. 

d)  membrum  virile  Martin-Lienhart  2,  605»  (3).  Schm.' 
2,  770  (3,  penis  erectits  Höfleu  krankheitsnamenb.  673''): 
davon  mag  das  feucht  nicht  von  jm  von  der  stangen 
hicz.  quelle  vom  j.  1505  s.  ebenda; 

welch  man  ain  frauenschender  wer, 
der  het  verdient,  das  man  in  nem 
und  in  an  seinem  leib  beschem 
und  im  abschnid  pei  seiner  stangen 
die  glocken,  die  pei  dem  zirms  hangen. 

fattn.  tp.  707,  6. 

vgl.  auch  Stangenfieber,  -hitze,  -sucht. 

e)  mhd.  stange  für  pfauenfeder  tji  heraldischer  amceti- 
dung  begegnet  bei  Konrad  v.  Würzburg: 

der  fUrste  wol  gezieret  gar 

üf  sime  glänzen  helme  kIuoc 

üj  eines  pfäwen  zagele  truoc 

zwO  wünneclfche  stangen.     turnet  v.  Nantheiz  411 ; 

zwo  Stangen  phäwenvederln  .  .  . 

die  sach  man  haften  unde  kleben 

an  dem  rilichen  huote  eneben.    troj.  33080. 

/)  in  der  neuern  Umgangssprache  sagt  man  häufig  stange 
(auch  hopfenstange,  theil  4,2,1797)  für  einen  langen,  liagern 
MtenscÄen.  Campe.  PAUL432''.  Höfler  ÄranWieitoiameni.  673''  _ 
{'ein  lang  aufgeschossener,  dünner  körper',  hopfen-,  rauch-  ■ 
stange,  'ein  stangenartig  gewaeJisener ,  magerer  mensch").  m 
lange  stange !  Hetzel  une  der  Deutsche  spricht  298.  zu 
gründe  liegt  der  vergleich:  da  kam  ein  ränge  —  wie 
eine  stange.  Rückert  (1882)  11,  525  (39.  mafc.).  Lucas  Stang 
begegnet  schon  als  name  eines  der  ritter,  die  mit  bürg- 
graf  Hans  v.  Nürnberg  zum  Constanzer  concil  kamen, 
s.  Ulrich  Richental  *.  213  und  ist.  une  der  familien- 
name  Stange  beteeist,  alt  und  weitverbreitet.  —  besonders 
in  mundarfen bezeugt,  Schweiz.  ».  Hunziker250. Seiler277'', 
eis.  Martin-Lienhart  2,  605,  tirol.  stangge  groszer  mensch 
HINTNER231,  steir.  UNGER-KHULL569''  (4),  leipz. Al.HnKCUT 
216»,  berlin.  Brendicke  177'';  nassauisch  speciell  lange 
Weibsperson  Kehrein  1, 387.  so:  frau  Rosel  hatte  noch 
die  röthe  des  zornes  auf  ihren  magern  wangen,  denn 
die  landsknechte  .  . .  hatten  sie  höchlichst  beleidigt,  und 
sie  eine  dürre  stange  geheiszen.  Hauff  l,  721  Reclam 
(Lichtenst.  32).  —  «i  adj.function  scheint  stange  gebraucht 
in  einem  kinderrätsel  vom,  ratich:  der  lange  mann,  der 
stange  mann,  der  steigt  bis  an  den  himmel  an,  s.  nd. 
korrespondenzbl.  7,  32. 

5)  sonstige  erweiterungen  der  gebrauchssphäre. 
a)  von  2,  a  ausgehend  wird  stange  als  ma^tbeteichnung 

gebraucht. 

a)  als  schwedisches  längenmasz.'^ified  meter,  «ett  1883 
ohne  gesetzliche  geltung. 

ß)  als  holzmasz:  im  Salzkammerg ut,  20  klaßer  aalinen- 
brennholz.  Schm.' 2,770(2);  ebenso  im  altern  steir.  in  Aussee 
(20  Wiener  kubikklaffer  pfannholz).   ITnüER-Kiiull5<>9''. 

/)  als  ßächentnasz  für  äcker  in  der  Judenburger  spitreit. 
V.  1716  {Obersteiermark),  s.  ebenda. 

b)  stange  ah  ausdytick  der  heraldik  für  steighaken  oder 
Stab,  s.  Griizner  herald,  termin.  306'». 

c)  eis.  'atricli  auf  der  tafel  bei  gewiaaen  kartenapieleti' . 
Martin-Lienhart  2,  ßos''  (6). 

6)  nicht  zugehöriges. 

a)  stangen  etiam  dicuntur  moraua  ßgurati,  heimliche 
stiebe,  die  nicht  bluten.  Stiklkr  2133.  sonst  nicht  bekannt. 

b)  stang(e)  als  mundartliche  form  für  stände,  /.,  *.  das. 
STANGE,  /.    beweglicfie   Verlängerung   des   tnastea   nach 

oben,  vgl.  stange  i,p,a  und  stcngc.  im  einzelnen  al.y 
mars-,bram-,  oheTbrnmaUkngo bezeichnet.  Adki.uno.  Gordri. 
aeemannaapr.  469.  a.  beaondera  Sti-nzel  seemänn.  wh. 
SM}' f.,  der  doMU  diie  tuaammenaetsungen  stängcschloszholz, 
Hohmicrc,  lalje,  -windreep  und  -windreopslakcl  a»{fiüirt. 
in  der  litteratur  begegnet  dir  .Schreibung  stHngC  bei  WlK- 
LANU  (neben  stsinge): 

die  rüder  all  mit  Silber  ttberxogen, 

die  segel  parpnr,  gold  die  etingen  samt  dem  raah, 

nnd  jede  stang'  um  webt  mit  einem  blumenkrance. 

I.  «Il«r*«r  (1779)  1,9 

(Ptrwmte  t,  ISS/.).  to^fOr  4i*  «AmtfteAm  werke  t»,  id»  stangen 
leeen;  doch  bieten  an  einer  andern  atdU  auch  diese  stängc : 


809 


STANGEL— ST  ANGELN 


STANGELN 


810 


ihr  setzt  die  stängen  auf, 
nnd  .  .  .  lasst  ihr  mit  gutem  wind 
bey  Negropont  sie  schon  vorüber  fahren. 

21,  399  {Klelia  «.  Sin.  10,  59). 

STÄXGEL,  m.  stiel  bei  pflanzen,  s.  stengel.  —  zuiotilen 
möchte  man  stängel  als  deminutivbildung  zu  stange  fassen, 
SO:  im  stängl  fechten,  hastilibus  decertare.  voc.  v.  1618 
bei  ScHM.*  2,  770  {vgl.  stange  2,  a,  e) ;  oder,  wenn  Campe 
stengel  als  bezeiehnung  der  dünnen  hölzer  im  Vogelbauer, 
die  von  einer  seile  zur  andern  gehen  und  auf  denen  die 
Vögel  sitzen  oder  hin  und  her  hüpfen,  kennt,  doch  ist  in 
diesen  fallen  das  geschlecht  nicht  angegeben,  über  muntl- 
artliches  stangl  u.  ähnl.  s.  stänglein. 

STÄNGELBOHNE,  /.  bohne,  die  gestängelt  xoerden  musz, 
vgl.  stängeln  i  und  stengelbohne.  Campe  getcöhnlich 
Stangenbohne,  vgl.  das. 

STÄNGELCHEN,  n.    i)  s.  stengelchen. 

2)  als  deminutiv  zu  stange:  gerade  lange  stäbe,  oder 
man  kan  auch  nur  von  denen  jagd-zeug-stangen  bey  ab- 
steckung  eines  lauffts  fein  gerade  stangen  hierzu  nehmen . . . 
es  kan  auch  ein  curiöser  sich  geschwinde  solche  gerade 
Stäbe  oder  stängelgen  beym  jagen  machen.  Döbel  2,5'»; 
6.  sind  runde  stängelgen  eisen  von  drey  zoll,  woran  die 
sayte  d.  zum  stellen  {des  stangeneisens ,  *.  das.  3)  an 
gemacht  wird.  158*».  —  im  Vogelbauer,  vgl.  oben  stängel: 
wie  ist  das  dumm,  das  man  wie  ein  eingesperrter  vogel 
von  einem  stängelchen  zum  andern  hüpft,  von  Marburg 
nach  Frankfurt.  Brentano  frühlingskr.  i,  382.  leipz.  ein 
kindaufs  stängelchen  nehmen,  auf  den  arm.  Albrecht216», 
vgl.  stängeln  2,  d.  —  vgl.  auch  stängeln  3,  a. 

STÄNGELEIN,  n..  s.  stänglein. 

STilXGELER,  m.,  s.  stängler. 

STÄNGELERBSE,  /.  'im  gartenbaue,  erbsen,  tcelche  ge- 
stängelt (l)  werden,  welche  man  an  stangen  oder  stöben 
ranken  lasset;  im.  oberd.  stabel erbsen'.  Adelung.  Krü- 
HiTZ  169,  637.    s.  auch  stengelerbse  und  stangenerbse. 

ST  ANGELGATTER ,  n.  'stangengitter,  das  grosze  vier- 
eckige maschen  aufweist'.  Unger-Khull  steir.  xcortsch.  569'' 
(^•gl.  stange  2,  o). 

STÄNGELGROSCHEN,  m.  in  einem  steir.  inventar  v.  1754, 

üngerKhull  569'». 

STÄNGELICHT,  adj.,  s.  stänglicht. 

STANGELKRAPFEN,  m.  'viereckiger  krapfen  au»  germ- 
ig in  schmalz  gebacken  mit  zwei  kerben'.  Unger-Khüll 

eir.  icortsch.  569''. 

STANGELLEÜGHTER ,  wi.    'blechemer  rohrleuchter  mit 
indhabe,   in  dem  man  die  kerze  durch  verschieben  einer 
leinen    stange    hoch  und    nieder    stellen    kann'.   Unger- 
IEbull  steir.  wortsch.  569'». 

STÄNGELMESSER,    m.    im   altem  steir.,    s.    Unger- 

IKhuLL  569'». 

STANGELN,  verb.,  mundartliches  wort. 

1)  als  deutliche  ableitung  zu  stange,  kämtn.  stangin 
mit  einer  stange  ztt  thun  haben.  Lexer  239,  ^thür.  mit  der 
Stange  herumstechen,  se  sdangeln  ale  in  daiche  rim.  Hertel 
spraehsch.  233. 

2)  am  verbreitetsten  als  nd.  ausdruck  für  strampeln; 
meklenb.  zappeln,  mit  den  fiiszen  oder  händen  Mi  86»:  dat 
jachen  un  krischen  besorgte  den  schauster  sin  lütt 
Mariken ,  de  mit  de  hänn'  nah  de  lichter  ampelte  un 
nüt  de  beinen  up  ehr  mutter  ehren  schot  'rüm  stangelte, 
denn  sei  was  noch  nich  gangbor.  Reuter  3, 201  {icoans 
iek  tau  'ne  fru  kämm);  mit  de  been  stängeln.  Wossidlo 
mecklenb.  volksüberlief  2,  s.  53,  dazu :  adeboor  du  lange- 
been,  bring  mi'n  lütten  stangelbeen.  169,  I2t7.  'mit  den 
füasen  sich  im  liegen  bewegen.'  he  stangelde  sikk  dat 
bedde  af.  Dähnert  457'';  af  stängeln  t-on  ^A  «/o^zen,  als 
hannöv.  s.  brem.  wb.  4, 1000.  dann  auch  in  der  hochd.  Volks- 
sprache Niederdeutschlands:  stangele  doch  nicht  so.  das 
kind  stangelt  die  decke  von  sich.  Campe;  preusz.  mit  den 
beinen  stängeln.  Frisciibier  2,  362*.  hier  auch  übertragen 
{icie  anderwärts  das  synonyme  ampeln),  tiach  etxcas  eifrig 
streben,  nach  einer  stelle,  einem  ehrenposten  stängeln. 
ebenda.  Campe  erklärt  es  als  'mit  den  beinen  . .  .  loie  mit 
Stangen  stoszen' ;  doch  liegt  wol  nicht  eine  denominativ- 
bildung  zu  stange  vor,  sondern  eine  directe  ableitung  von 
dem  alten  stingan,  stoszen,  wovon  auch  stange  abgeleitet 
tat.  vgl.  das.  dazu  stangelpeter,  stangelgret.  Md.  korre 
apondenzbl.  9,  88*  (46). 


3)  vereinzelt  in  süddeutschen  mundarten  mit  abiceichenden 
bedeutungen. 

o)  kämt,  in  der  Jägersprache,  einem  federwild  das  bein 
(stangl)  abschieszen.  Lexer  239. 

b)  steir.  coire  ünger-Khull  569''. 

c)  xmBemer  oberland  stanggeln  stottern.  Stalder  2,392. 
vgl.  staggeln,  sp.  538/. 

STÄNGELN ,  verb.  i)  gewäehse  mit  stangen  (2,  t)  als 
stützen  versehen .-  stängeln,  mit  stangen  auffrichten,  dresser 
sur  des  pieux.  Hülsius  soe*»;  stängeln,  gestängelt,  statu- 
minare.  polare,  perticä  firviare.  Stieler  2133;  ich  stangele, 
Stare  facio,  erigo,  fuldo.  Steinbach  2,683;  stängeln, 
donner  des  echalas  aux  vignes;  des  perches  aux  houblons. 
RONDEAU  553;  'als  ein  activum,  wo  es  ein  factitivum  von 
stange  ist,  mit  stangen  oder  stänglein  versehen,  den 
hopfen,  die  höhnen,  die  erbsen  stängeln;  im  oberd. 
stäbeln.'  Adelung  (2),  im  niederd.  dafür  stiefeln  {vgl. 
das.)  Campe;  vgl.  Weigand2,796.  weniger  gut  ist  in  diesem 
sinne  die  Schreibung  Stengeln,  vgl.  das.  dazu  auch  die  Zu- 
sammensetzungen anstengeln,  s.  theil  i,4»i,  aufstengeln, 
theil  1,  745,  beistängeln,  theil  1, 1397,  bestengeln,  theil  i,  1676. 
vgl. :  abstängeln  . .  .  per  perticas  ordinäre,  anstängeln, 
ad  palum  alligare,  dicitur  etiam  aufstängeln,  et  be-,  sive 
bey-  et  nebenstängeln.  Stieler  2133.  belegt  seit  anfang 
des  IS.  jahrh.:  wenn  der  hopffen  zu  stängeln.  im  majo 
musz  man  den  hopffen  stängeln  und  anweisen.  Becher 
hausvater  (1714)  236;  nach  dem  stängeln  oder  anleiten, 
musz  man  auch  das  blaten  oder  belauben  {des  hopfens) 
nicht  unterlassen.  Zincke  öcon.  lex.^  1234;  wir  waren 
bey  dem  wackern  Kymon  vorbey,  der  eben  beschäftig» 
war  einige  rankengewächse  zu  stängeln.  Wiel-^^nd  32,  45 
{Agathod.  1,  6); 

frühmorgens  pfropfen  wir,  stängeln  hopfen. 

F.  W.  A.  Schmidt  (v.  Wkrseüchen) 
bei  Kürz  3, 138». 

freier,  im  bilde:  zum  glück  nahm  ich  unweit  Münch- 
berg  neben  den  groszen  gerüsten  der  natur,  welche  die 
seele  wie  reben  stängeln,  noch  eines  wahr,  das  sie 
zur  krieg-  {besser  kriech)  und  zwergbohne  eindrückt. 
J.  Paul  4  {Qtt.  Fixlein),  7;  gern  lassen  sich  fürsten  her- 
unter . .;  sie  schätzen  das  gute  dumme  volk  und  wollen 
die  armen  kriech-  und  zwergbohnen  —  denn  sie  wissen 
wol,  wie  wenig  daran  ist  —  dadurch  etwas  heben  und 
so  zu  sagen  stängeln  und  stiefeln,  durch  das  fürstenstuhl- 
bein.  23  {lit.  3),  196;  reflexiv:  auch  im  kleinsten  gehe  der 
tochter  nichts  willkürliches  straflos  hin.  zu  allem  diesem 
gehört  wenigstens  irgend  ein  mann,  an  dessen  holze  sich 
diese  flatternden  weichen  blumensträuche  stängeln.  37 
(Ler.  2),  71.  so  auch:  sie  hatte  ihn  nur  als  eine  wilde 
ranke  betrachtet,  die  sich  nach  jedem  nahgelegenen 
Ständchen  hinbreitet,  um  sich  daran  hinauf  zu  stängeln. 
MüSÄUs  volksm.  2, 63  Hempel  {stumme  liebe),  vgl.  noch 
ungestengelter  lümmel  unter  klapperbeinig,  theil  5, 966. 

2)  andre  vereinzelte  bedeutungen  scheinen  zum  theil  tnit 
der  vorigen  bezw.  mit  stange  zusammenzuhängen. 

a)  thür.  {obst)  mit  der  stange  abschlagen.  Hertel 
spraehsch.  233.  so  auch  bair.  stängeln ,  mit  einer  stange 
zu  thun  haben,  nass',  zw6spm  stangin,  äba'  stängln. 
SCHM.*  2,  770. 

b)  gestängelt  vom  vogel,  der  auf  einer  stange  (2,  c) 
sitzt,  vereinzelt  dichterisch: 

einer  sitzt  auch  wohl  gestängelt 
auf  den  ästen  der  cypresee. 

GÖTHB  5,  225  {vrettöftl.  divan  9). 

tcol  beuntszte  neubüdung,  vgl. .-  so  haben  zum  beyspiel  die 
Franzosen  das  -wori  perehe,  stange,  davon  das  verbum 
pereher.  sie  bezeugen  dadurch,  dasz  die  hühner,  die 
Vögel  sich  auf  eine  stange,  einen  zweig  setzen,  im 
deutschen  haben  wir  das  wort  stängeln.  man  sagt: 
ich  stängle  die  bohnen,  das  heiszt,  ich  gebe  den 
bohnen  stangen,  eben  so  gut  kann  man  sagen:  die 
bohnen  stängeln,  sie  winden  sich  an  den  stangen 
hinauf,  und  warum  sollten  wir  uns  nicht  des  ausdrucks 
bedienen:  die  hühner  stängeln,  sie  setzen  sich  auf 
die  stangen.  briefe  23,  375. 

c)  der  altem  spräche  ist  eigenthümlich :  stängeln,  die 
leimstange  tragen,  estre  un  sot.  Hulsius  soe*»;  stängelen, 
leimstange  tragen,  stultum  esse.  Schottel  1421.  {vgl. 
leimstange,  -stänger,  theil  S.lOi.) 


811  STANGELREITER— STANGENBRECHEN 


STANGENBRIEF— STANGENGEBISZ   812 


d)  oberlausitz.  einen  stängeln,  'einen  zum  stehen  hnngen, 
ihn  unterstützen,  Uim  unter  die  arme  zu  greifen,  z.  b.  einen 
schlafenden  aufrecht  erhalten,  besonders  %cird  es  von  kleinen 
hindern  gesagt,  die  man  zum  stehen  lyringt.'  Anton  4, 12. 
ein  kind  stängeln,  auf  dem  arm  herumtragen.  ALnRECHT 
Leipz.  mundart  216*,  vgl.  stängelchen  2. 

c)  reß.  sich  Stengeln,  auflegen,  aufstützen.  Campe. 

f)  dagegen  südliannov.  sek  stängeln,  Stengeln,  'arme 
und  beine  wiederholt  steif  machen ,  um,  so  einen  passiven 
tcideistand  zu  leisten.'  Schamuach  208';  ebenso  hess.  sich 
Stengeln  'sich  sträuben,  sich  ungeberdig  anstellen;  auch: 
hoffartige  geberden  und  minen  machen,  in  ganz  Hessen, 
icie  weiterhin  in  Niederdeutschland'.  Vilmar  395. 

8)  für  Stengeln    s.  dieses. 

STANGELREITER,  m.  'der  vorreiter  der  groszen  auf 
icärts  gehenden  sahschiffe;  atich  der  verlorne  mann.' 
Klein  a,  168  {bair.). 

STÄNGELUNG,  /.,  et  das  stängeln,  palatio,  pedatio, 
alligatio  ad  palum,  alias  quoque  an-  et  aufstängelung. 
Stiei.er  2133. 

STANGELWIRT,  m.,  in  der  gaunersprache,  der  brunnen. 
Ave-Lallemant  4,611.  Castei-li  281. 

STANGEN,  verb.  pedibus  protrudere.  Schottei,  1421 ; 
stampfen,  et  alid  dialectö  stangen  .  . .  pedibus  protrudere, 
conculcare,  tundere,  stipare.  Stieler  2120.  sonst  nicht  be- 
kannt, vgl.  stängeln  und  dä7i.  stange,  schwed.  stanga  mit 
den  hörnern  sioszen. 

STANGEN,  verb.  l)  mit  einer  stange  oder  stangen  ver- 
sehen. Campe,  vgl.  stängeln  l.  ohne  umlaut:  stangen, 
verb.  perticare,  liastare,  inhastare.  einen  spiesz  stangen, 
inhastare  una  picea,  den  hopfen  stangen  ö  stängeln, 
perticare  i  luppoli.  Kram  er  dict.  2,  907''.  soiist  mit  um- 
laut U7id  gewöhnlich  nur  in  letzterer  bedeutung ,  doch  ist 
auch  da  stängeln  üblicher:  den  hopfen  stangen,  mit 
stangen  bestecken,  lupulo  ascendenti  adminicula  perticalia 
inßgere.  Frisch  2,  319"  (mit  verweis  aw/CoLER  5,81).  vgl. 
dän.  stsenge  stäbeln;  daneben:  verschlieszen ,  absperren 
(fichwed.  stänga  ntcr  in  diesem,  sinne). 

i)  nassauisch  'stangen,  in  eine  stange  aufschieszen, 
z.  b.  der  petersilie  ist  gestängt  d.  i.  in  samen  geschossen'. 
Kehrein  1,387. 

STANGENANKER,  m.  twi  bauwesen,  zugeisen,  ankerbolzen. 

STANGENARM,  m.  bei  den  büchsenmachern ,  vorderer 
und  hinterer  stangenarm  an  der  stange  (2,  r,  x)  im  gewehr- 
schlosse. 

STANGENARTIG,  adj.:  auf  der  schulter  halancirte  er 
ein  langes  stangenartiges  gepäck.  Storm  1,189. 

STANGENAUFSATZ,  m.  beim  gescJiütz.  {ausdruek  der 
artiUerie) 

STANGENBAKE,  /.  'bake  mit  einer  stange  als  toppzeichen, 
oder  aus  stangen  hergestellt'.    Stenzel  seemänn.  wb.  35*. 

STANGENBALKEN,  m.  im  geioehrschlosse. 

STANGENBAUM,  m. :  er  verschwur  ofTt  nicht  zutrinckcii, 
er  schiesz  dann  ein  auffgehengten  angster  von  eim  hausz 
hohen  stangenbaum  herab,  wie  es  die  holtzflötzhendlor 
bei  jhrn  holtzmerckten,  oder  die  wirt  bei  den  herbergen 
stehen  haben.   Garg.  s.  284  neudr. 

STANGENBESEN,  m.  besen  mit  langem  stiel,  vgl.  Campe. 

STANGENBIER,  n.  bier,  das  man  aus  stangen  (4,  o) 
trinkt,  {so  besonders  das  Potsdamer  stangenbier,  ein  ober- 
gähriges  hier.) 

STANGKNBLEI.  n.  biet  in  stangen  {.i,g),  barren.  Campe. 

STANGENBLITZABLEITER,  m.  hliUableiter  an  den  lex- 
tungsstangen  der  elektrischen  telegraplien. 

STAN(iKNBOHNK,/.  eine  Spielart  der  gewöhnliclien  bohne, 
die  an  stangen  gezogen  wird,  phaseolus  vulgaris.  Nr.MNtcti. 
I'rit/ki.Jkkren,  vgl.  Oken  8, 1659  und  stange  2,  t,-  stangen- 
hone,  weil  man  stangen  sezet,  um  welche  sie  sich  im 
aufMcigen  winden.  Popowitscii  (1780)  618.  *.  auch  stängel- 
bohne. 

STANGKNBOHRF.R ,  m.  groszer  bohrer,  bankl/ohrer; 
'bohret  mit  langer  hohriPtUe'.  Stknzki.  aeetnünn.  «*.  898*. 

8TAN(tKNB0R8TWIS(:il.  m.  borstunseh  an  einer  sUutRe 
(vgl.  MlanRonbeHGn).  Campe,    jetzt  stangcnbUrate. 

STAN(iKNBRKCIIKN.  n.  wier  kapinbrcchen ,  bei  den 
/Apner  SaehMn  im  17.  und  tH.  jahrh.  'das  anetnanderreiten 
mit  utangen.  um  eirh  vom  pfrrd  zu  stosten',  klfUMMtecAM». 
SchhOkr  S07^    «.  auch  ttangenrcKcn. 


STANGENBRIEF,  m. :  war  aber,  dasz  er  die  pfant  also 
nicht  löset  in  ob  gemeltem  masz ,  begert  sein  dan  der 
die  pfant  kauft  hat,  so  sol  im  der  richter  ainen  stangen- 
brief  darumb  geben,  tirol.  weisth.  2,  29.'.,  7  (handschr.  v.  1548). 

STANGENBRÜCKE,  /.  brücke  aus  knüppelholz. 

STANGENBÜRSTE,  /.  bürste  an  einer  stange,  abstäubei; 
vgl.  stangenborstwisch. 

STANGENDRUCK,  m.  Vorrichtung  zur  compression  der 
femoralis,  indem  eine  unten  mit  leinwand  gepolsterte  stange 
zicischen  das  bein  und  die  Zimmerdecke  eingeklemmt  wird. 
Eulen RLiRC.  realencykl.  der  heilkunde^  4,413. 

STANGENEISEN,  n.  l)  'zu  starken  und  langen  viereckten 
Stangen  geschmidetes  eisen'.  Adelvno  (l),  vgl.  stange  i,  e 
und  stabeisen.  Jacobsson  4,255»;  stangeneisen  in  liegein 
zu  bereiten.  7,427».    *.  auch  Krünitz  169,  638. 

2)  'im  bergbaue,  dasjenige  eisen  an  dem  kreutze  der  künste, 
an  welchem,  die  kunststangen  befestiget  sind'.  Adelung  (2); 
Spindel  oder  spille  am  kreuze  einer  zerbrochenen  stangen- 
kuTtst.  Jagorsson  4,  255*. 

8)  'bey  den  Jägern  ist  das  stangeneisen  ein  fangeisen 
für  die  wölfe,  fuclise  und  luchse,  tcelches  aus  zivey  stangen 
mit  zahnen  und  einer  feder  bestehet,  und  einem  teilereisen 
^^cAe^'.  Adelung  (3).  s./ernerJACoussoN  4,255».  Beulen 
5,  673.  Kehrein  weidmannsspr.  281.  nach  Krünitz  169,  638 
auch  für  fischottern,  marder  u.s.^c:  den  fisch-otler  mit 
stangeneisen  zu  fangen.  Döbel  2, 151;  desgleichen  sind 
auch  die  bieber  mit  diesen  stangeneisen  recht  gut  zu 
fangen,  isi*';  an  (ßgur)  C.  habe  ich  ein  stangen-eisen  hin- 
gezeichnet, . .  .  a.  ist  ein  breiter  stab  eisen,  .  .  .  worauf  b. 
eine  gute  stählerne  feder,  forne  auf  dem  stabe  eisen  sind 
zwey  backen,  worinn  die  stangen  in  einem  wirbel  gehen, 
c.  sind  zwey  stangen  von  einen  und  ein  viertel  zoll  breit, 
einen  halben  zoll  starck,  und  15  zoll  lang,  an  selbigen  sind 
spitzige  zahne.  158''. 

STANGENERBSE,  /.  erbse.  die  an  stangen  (2,  t)  gezogen 
gezogen  wird.  Campe,  vgl.  stängelerbse. 

STANGENFAR(RE)N,  m.  eine  art  der  holz  oder  fächer- 
farren,  angiopteris.  Oken  3,  320. 

STANGENFECHTER,  m.  alias  klopf-fechter,  m.  gladia- 
tore,  armeggiatwe  con  pertiche,  it.  con  arme  lunghe  ed  in 
hasta.  Kramer  dtc^.  2,  907"=. 

STANGENFEDER,/,  'in  den  geioehrscUössem,  eine  feder, 
welche  auf  der  stange  liegt,  und  diese  in  der  rast  der  nusz 
fest  hält'.  Adelung,  vgl.  Jacobsson  4,2.55.  Kehrein 
weidmannsspr.  281;  bei  den  handbüchsen  seit  dem  ib.  jahrh. 
eine  druckfeder,  wodurch  der  hahn  nach  der  entzündung 
des  krauts  wieder  in  seine  vorige  läge  zurückgeschoben  wird. 
BoEHEiM  waffenk.  448.  dazu:  zuerst  nimmst  du  die  schlag- 
feder  weg  mittelst  dieses  federhakens  —  auf  diese  weise; 
dann  kommt  die  stangen  federschraube,  die  schraubt 
man  nur  halb  aus,  schlägt  so  auf  die  stangenfcder,  dasz 
der  stift  hier  aus  dem  loch  geht;  jetzt  nimmst  du  die 
schraube  ganz  weg.  jetzt  die  stangenfcder,  dann  die  stangen- 
schraube,  die  stange.  Keller  6,261.  feitier  stangen- 
federschraubenöhr,  n.,-  st  angenfedersti  ftloch,  n. 

STANGENFIEBER,  n.,  im  alemann,  scherzhaft  für  erec 
tion,  8.  schiceiz.  idiot.  i,  637.  Martin -Lienhart  e/v».  wb. 
i,  90^  (syn.  geisbocks  gedanken).  Hövi.v.n  krankheitsnamenb. 
716*;    vgl.   stange  4,  rf. 

STANGENFORM ,  /.  l)  abstr..  form,  gestalt  einer  stange, 
z.b.:  eisen  in  stangenforuL 

2)  coner.,  form,  worin  slangen  gegoseen  trerden,  s.  t.  h. 
Jacobsson  unter  stange  l,  g. 

STANGENF()RMI(i.  u<lj. 

STANGENGATTER.  n.  bei  der  eisenbahn,  ga((,,.  lHut„>r. 
die  an  einer  stange  hängt. 

STANtiENGEBISZ,  »1.  kundare.  vgl.  stange  2.  r,  xh  un,l 
stangenzaum.  Krünitz  t6U,  688;  noch  seid  ihr  frei,  gleich 
meinen  rossen,  die  in  der  aue  weiden,  ehe  sie  zäun) 
und  Btangengebisz  händigt.  Muhäcs  volksm.  4,  lOi  JletnjtrI 
(lAlfUsaa);  die  einzelnen  reitpferdc,  welche  der  dandv 
aller  IKndor,  um  vor  galTcndcn  mUdrIienaugen  Roinc  reit 
kitnKte  zu  zeigen,  ungleich  spornt  und,  das  stangengebis?. 
zurückreiszend,  ihnen  das  mniil  aufbricht,  hmnov.  magaxin 
1844,  ».  88ö*>.  im  bilde:  dispiitirsucht,  rcclithalicroy,  schwär- 
nierey  und  verfolgungsgeist.  diese  vier  unbändigen  rosz' 
ziehen  an  einem  sträng;  das  leichte  gerippt  Vernunft 
hält  zum   schein  die  zUgel  in  seiner  dürren  liand;   die 


813  STÄNGENGEHÖRN  —  STANGENHAKEN 


STANGENHALTER— STANGENHOLZ   814 


vier  muthigen  hengst'  aber  setzen  das  stangengebisz  auf 
die  brüst,  kümmern  sich  wenig  um  den  fuhrmann,  und 
rennen  mit  ihm  zwerch  über  feld  an  stock  und  stein. 
MusÄus  physiogn.  reisen  2,66;  da  es  ihr  schwerfiel,  nur 
eine  stunde  zu  sitzen,  ...  so  machte  sie  sich,  so  oft  sie 
konnte,  vom  stangengebisz  des  spieles  los.  J.  Paul  8 
(Hesp.  2),  48;  Viktor  hörte,  ...  dasz  jetzt  der  fürst  den 
laufzaum  oder  das  stangengebisz  seiner  eignen  frau  um- 
habe, und  dasz  sie  . .  .  mit  dem  ohr-  und  ringfinger  den 
in  den  nasenring  eingefädelten  zügel  bewege.  lO,  108. 

STANGENGEHÖRN,  n.   hirschgehörn   von  sechs   enden. 

STANGENG P:IST,  m..-  ich  sah  im  geiste  die  mehreren 
tausende  der  von  mir  gesprenkelten  fahnenstecken  gleich 
einem  unabsehbaren  zäune  aufgestellt  und  mich  als  den 
feldhauptmann  der  hölzernen  armee  mitten  vor  derselben 
stehend.  .  .  .  ich  marschirte  an  der  spitze  des  gewalt- 
haufens  meiner  unsichtbaren  stangengeister  . . .  nach  der 
Stadt  zurück.  Keller  3,  82. 

STANGENGEM  ÄSZ,  adj.  •  Columella  nennt  den  weiden- 
baum  ein  stangengcmässes  holtz,  weil  man  lange  rufen 
und  Stangen  darauss  machen  kan.  anm.  iceiszheit  Itistg.  525. 

STANGENGERADE,  adj.  gerade  icie  eine  stange.  Campe: 
daher  fuhr  er  lieber  .  .  .  stangengerade  auf.  J.  Paul  hei 
demselben. 

STANGENGERÜST,  n.  gerüM  aus  stangen,  besonders  beim 
bauen,  gerüstaus  richtbäumen  und  netzriegeln:  die  trümmer 
waren  durch  einiges  stangen-  und  brettergerüst  so  be- 
kleidet, als  ob  sie  eben  im  aufbau  statt  im  verfalle  wären. 
Keller  i,  398. 

STANGENGESCHIRR,  n.  Untergeschirr  {vom  sattelzeug). 

STANGENGEWEHR,  n.  arme  in  o  da  hasta  ö  da  fusto. 
Kramer  dict.  2,90"/^;  'stangengewehr,  stielgewehr,  armes 
a  hampe,  (kriegskunst)  darunter  werden  alle  tcaffen  ver- 
standen, die  eine  stange  oder  stiel  haben,  als  helleparden, 
lanzen,  partisanen,  pichen,  sensen,  Inirzgeicehr  u.  s.  ic' 
Jacobsson  7,  427*. 

STANGENGEVVEIH ,  n.  eine  form  der  verziceigung  bei 
den  mtiskeln  der  vögel,  frösche  und  geschxcänzten  lurche, 
s.  Eui.enburg  real-encycl.  der  heilkunde^  13,576. 

STANGENGIESZFORM,  /.,  s.  stangenguszform. 

STANGENGITTER,  n.  stangetten,  ferriate,  grata  di  ferro. 
Kkamer  dict.  2,907*',  danach  C.\mpe;  gitter  aus  {hölzernen 
oder  eisernen,  doch  besonders  aus  eisernen)  stangen.  KrCnitz 
169,6.38;  in  der  österr.  bergsprache  'ein  aus  schief  stehenden 
eisenstangen  bestehendes  gitter  zur  sortirung  der  Steinkohlen, 
icelche  darüber  rollen,  oder  geicorfen  icerden,  tcodurch  die 
feinen  theile,  welche  durch  das  gitter  fallen,  sich  absondern'. 

SCHEUCUENSTUEL  232. 

STANGENGLAS,  n.  glas  mit  stangenartigem  fuszef  (vgl. 
-lange  4,  o):  dasz  man  jetzt  in  Süddeutschland  sei,  meinte 
1er  Vertreter  Breslaus  {bei  der  deutschen  naturforscher- 
versammlung),  prof.  Löwig,  erhelle  daraus,  dasz  man  hier 
den  wein  aus  Wassergläsern  trinke  .  .  . ,  v(^ährend  man 
solchen  im  norden  nur  aus  stangengläsern  . . .  geniesze. 
Frankf.  journ.  v.  24.  sept.  1873,  1.  beil.,  s.  1*. 

STANGENGOLD,  n.  gold  in  kurzen  stangen.  Campe; 
vgl.  stange  i,/. 

STANGENGOLDLACK,  m.  groszblättriger  goldlack,  chei- 
ranthus  cheiri  grandiflorus. 

STANGENGRAUPE,  /.  'in  den  hessischen  hergwerken  zu 
Frankenberg,  eine  art  in  den  aasigen  schiefern  brechenden 
fahlerzes,  welches  ein  mit  erdharz,  weissem  kiese  und  kupfer- 
fasurerz  durchdrungenes  holz  seyn  soll'.  Aueluno.  nach 
N'EMNicf!  gleichbedexitend  mit  holzgraupen  {silberg raupen 
m  holzähnlichem  schiefer),  s.  ^ÄeiZ  4,  2, 1773 ;  nach  Jacobs- 
son 4,  255''  mit  ährengraupen  {'ein  Silbererz  in  Hessen,  so 
ilen  gersten  oder  rockenähren  gleichet'.  1,  32*);  s.  auch 
Kr  UNIT/,  50,  540. 

STANGENGUSZ.  m.  das  gieszen  von  »langen  bezw.  von 
metull  in  stangenform.  —  dazu  stangenguszform,/. 
längliches  gefäsz  von  guszeisen  bei  den  bleiarbeitem ,  lin- 
'/otiere.  Jacobsson  7,  427»,  jetzt  auch  stangengieszform. 

STANGENHAFT,  adj.: 

Tscbubin  das  heiszet  stangenhaft, 

denn  sein  wuchs  war  lang  wie  der  stange  schalt. 

RCcKERr  (1882)  4,  119  {Behram  Tschubin  1). 

ST.\NGENHAKE\,  m.  im  bergbaii  an  den  kunstgezetigen 
das  krummeisen  oder  krumms,   um  die  Zugstange  an  das 


Schachtgestänge  anzuhängen.  Krünitz  55,  286;  'ein  arm  am 
gestänge  einer  tcasserhebemaschine  zum  anhängen  eines 
pumpengestänges.'  Veith  301.  —  beim  tief  bohren  ein  gerät, 
um,  im  loch  stecken  gebliebene  teile  der  bohrieerkzeuge  zu 
fassen;  auch  glückshafen.  Lueger  7,673.  auch  stang- 
haken,  s.  das. 

STANGENHALTER,  m..  vgl.  stange  3,  b.  d:  der  stangen- 
halter  spricht,  fastn.  sp.  797, 32  {bei  einer  disputaiion 
ztcischen  einem  Juden  und  einem  Christen;  wol  gleich- 
bedeutend mit  der  herolt  796,  3). 

STANGENHAMMER,  m.  'bei  den  unndenmachem ,  ein 
schief  abgehauener  hammer,  die  zahne  an  der  stange  der 
winde  damit  auszuhauen'.  Adelung,  r^?.  Jacobsson  4, 255»'. 

STANGENHANDPFERD,  n.  hinteres  handpf er d.  im  gegen 
satz  zum  vordem  oder  riemenhandpferd. 

STANGENHARMONIKA,/.,  bei  Jacobsson  7,427»  für 
euphon,  ein  von  Chludni  erfundenes  musikinstrument  mit 
40  glasstäben,  die,  mit  nassen  fingern  gerieben,  einen  der 
harmonika  ähnlichen  klang  geben,  s.  5,  501. 

STANGENHENGST,  m.,  vgl.  Stangenpferd,  sprichwört- 
lich: der  Stangenhengst  wiehrt  allerlängst.  Eise  lein  576. 

SiMROCK  9812. 

STANGENHERR,  m.  holstein.  'tmter  den  krahnziehern 
karmziehern  der  zinschen  den  stangen  geht  und  zieht,  der 
erste,  vornehmste,  den  gröszern  antheil  am  getcinn  be- 
ziehende'. Schütze  4, 187. 

STANGENHIPPE,  /.  bei  den  gärtnern  hippe  an  einer 
langen  stange  zum  aushauen  von  ästen. 

STANGENHITZE,  /..  zu  stange  4,  d,  vgl.  stangenfieber. 
Höfler  krankheitsnamenb.  S9i^. 

STANGENHOLZ,  n.  l)  'im  forsticesen.  zu  stangen  {s.  das. 
1,  d)  erwachsene  junge  bäume,  ingleichen  ein  mit  solchen 
jungen  bäumen  bewachsener  schlag'.  Adelung.  J.\cobsson 
4,  255''.  genauer  bestimmt :  'kommen  die  laden  nach  mehrern 
Jahren  zu  einer  grössern  länge  U7id  stärke,  so  heisst  es 
Stangenholz'.  Nemnigh;  'Stangenholz  irerrfew_/u7i^e  Ja«/« 
chen  genannt,  bis  sie  unten  den  durchmesser  von  6 — 8  zoll 
erreicht  haben,  wo  sie  dann  reidel  heiszen.'  Beulen  5,674. 
von  älterm  holze:  sind  es  nun- alte  schlage,  die  in  24.  bis 
30.  Jahren  nur  einmal  abgeholzet  werden,  binnen  welcher 
zeit  aller  unterwuchs  zugleich  in  die  höhe  gegangen,  und 
zu  lauter  stangen  erwachsen  ist;  so  heissen  solche  schlage 
Stangenhölzer.  .  . .  die  schwarzhölzer,  von  gleichen  jähren, 
heisset  man  gleichfalls  Stangenhölzer.  Heppe  leithund  118; 
ist  der  schlag  im  laubholz  schon  über  12. 15.  jähre  hinaus, 
so  heisset  er:  ein  junges,  hiebiges  Stangenholz,  und  so 
er  20.  25.  bis  30.  jähr  alt  ist:  ein  überständiger  schlag; 
oder  ein  altes,  ein  althiebiges  Stangenholz.  2ii.  sogar: 
'in  den  hochwaldungen  nennt  man  also  das  40  bis  bojähtige 
holz'.  Jacobsson  7,427''.  belege:  allain  wann  er  dergleichen 
holz  in  seinem  tail  nit  bete,  so  mag  er  in  aines  andern 
panholz  ain  wispamb,  Stangenholz,  aber  nit  mer  schlagen. 
tirol.  weisth.  1, 197,  35  {handschr.  v.  lbi2) ;  so  solle  . . .  langes- 
{lenz)  und  hörbtszeiten  ain  dorfmaister  selbander  die 
panwälder  besichtigen,  ob  nit  was  ungleiches  hierinnen 
befunden  würdet,  es  sei  an  lärch-,  feichten-,  stangen-  oder 
andern  holz.  4,43,26;  wenn  die  hirsche  das  gehörne  ab- 
geworfen, . .  .  bleiben  {sie)  auch  lieber  in  jungen  höltzern. 
als  hohem  stangen-holtze,  wohl  darum,  dasz  sie  in  den 
starcken  hohen  stangen  ihren  wuchs  .  . .  nicht  verletzen 
mögen,  wenn  aber  ihr  gehörne  besser  erwachset,  als 
im  may,  so  suchen  sie  ihren  sommerstand ,  wo  sie  bis 
gegen  der  brunfft  bleiben  wollen,  entweder  in  starcken 
dickichten,  hohem  stangen-holtze,  feld-höUzern,  oder  in 
hohen  gebirgen.  in  dicken  und  hocherwachsenen  stangen- 
höltzern  sind  sie  nicht  gerne.  Döbel  i,13»;  nun  wäre  es 
wohl  sehr  nützlich,  dasz  das  stangen-  oder  unter-holtz 
im  ersten  viertel  des  monden  vom  stamme  gehauen 
würde.  3,  37». 

2)  Stangenholz  als  nutzholz,  zu  tcagendeichseln ,  leite)-- 
bäumejt ,  hebeln,  rüstbäumen,  rüststangen,  hopfenstangen 
u.  s.  w.  Jacobsson  7,  427'' ;  'Stangenhölzer  sind ,  in  tech- 
nischer bedeutung ,  beziehlich  der  holzvericendung,  gerade 
ganghölzer  von  meistens  1 — 3  zoll  stärke,  icie  sie  zu  pfählen, 
stielen  u.  s.  w.  gebraucht  werden,  und  deren  länge  dem 
ztrecke  nach  verschieden  ist.  es  lassen  sich  hauptsächlich 
unterscheiden:  pfähle  für  bäume,  hopfen,  trein ,  bahnen, 
bleichereien ,  ferbereien   und  hebebüume;  stiele   zu  sensen 


815   STANGENHORST -STANGENKUGEL 


STANGENKUNST  — STANGENNETZ   816 


grabacheittn.  schaufeln,  apieszen.  feuerhaken,  dreschßegeln, 
äxten,  hämmern  t«.  *.  w.;  gabelige  und  quirlige  atangeti 
£u  harken,  Unterstützung sg abeln ,  quirlen,  geschirrhaken 
u.  s.  V).,  stocke  zum  gehen,  zu  tabakspfeifen,  peitschen  u.  dgl. 
{holzsortimente).'  Beulen  5,  674;  dazu  stangenholz- 
betrieb, »i.  beipirtschaftujig  eines  forstes  auf  stangen. 
ebenda,  s.  audi  Oken  2,  356.  die  männer  aber  schlugen 
aus  Stangenholz  den  nächtlichen  pferch  für  die  herde. 
Freytag  8,157  (ahnen  i,  203). 

STANGENHORST,  m. .-  oben  auf  freiem  dürrem  geäste 
fällt  die  ringel-  und  hohltaube  ein,  heimgekehrt  von  dem 
grünen  tische  der  felder  und  wiesen,  heimlich  lugend 
nach  der  beliebten  ruhestätte  unten  in  den  gebüschen 
und  stangenhorsten ,  die  im  einfallenden  Sonnenlichte 
emporgeschossen.  Adolf  MOlleh,  didaskalia  v.b.aug. iS'i. 

STANGENKÄFIG,  m.  bei  den  nadlein  ein  Vogelbauer  von 
drahtstangen  für  kleine  vögel.  Jagobsson  i,  255''  schreibt 
stangenkefigt,  Campe:  -käfich  oder  -käficht,  Krönitz 
169,  639:   -käüg. 

STANGENK(A)NASTER ,  m.  'knaster  in  stangen  oder 
rollen  {daher  geicöhnlich  roll[enlknaster)  zum  unterschiede 
vom  geschnittenen  knaster  in  päckchen'.  Campe;  bildlich: 
dasz  aus  des  unteraufschlägers  nasenlöchern ,  die  dem 
stangenkanaster  der  geldrolle  am  stärksten  ausgesetzt 
waren,  blutbäche  flössen.  J.  Paul  .57  (komet2),  130. 

STANGE N KNECHT,  m..-  stangenknächt,  vectiarius.  Maa- 
ler  384",  danach  Frisch  2,  319".  die  belege  reichen  vom 
15.  bis  ins  ll.jahrh. :  die  gemeynen  stangenknechte.  Frankf. 
urk.  v.  1501  bei  Dief.-Wülcker  862;  Fulehencz  stangen- 
knecht.  ebenda;  der  euwer  ersamkeit  diener  und  stangen- 
knecht  alhie  zu  Schonsteyn  seszhafftig  gewest  ist.  bitte 
um  ehesteuer  v.  1518;  ich  Claus  Strohecker  stangenknecht 
burger  zu  Franckenfurt  bekenn  .  . .  an/,  eines  test.  vom 
4t.  dec.  1540  im  Frankf.  arch.  -.  mit  welchem  argument  er  . . 
allen  dockenmännlin  lob  ehr  und  preisz,  hergegen  aber 
den  vierecktigen  schrödersmännern  und  stangenknechten 
schimpf  spot  und  schand  erworben,  wiszbad.  wisenbrünnl. 
37;  den  stangenknechten  von  einer  fuhr  mit  ihrem  karch 
(handkarren)  ausz  der  stadt  an  Mayn  4  batzen.  Frank- 
furter tax  ordn.  v.  1623.  —  beim  turnier:  welcher  auch 
nicht  getheilt,  und  doch  in  die  schranken  zu  thurnieren 
eintringen  wirde,  derselb  soll  sein  rosz  und  thurniers  zeug 
verlohren  han,  und  den  freyheiten  und  stangenknechten 
gegeben  werden.  Philander  2,  409  (1665).  im  altern  steir. 
'name  der  bei  der  eisenicage  beschäftigten  arbeiter  in  Vordern- 
berg'.  Unoer  Khull  569''. 

STANGENKOHLE,  /.  l)  braunkolde  'in  einem,  mehr  oder 
iceniger  vercoakten  zustande,  zerspalten,  stüngelig',  vne  man 
sie  in  der  nälie  vuleanischer  gehilde  findet,  z.  b.  am  Meiszner 
unweit  Cassel.  Oken  l,  310 ;  stänglige  varietät  des  anthracits. 
Feh  LI  NO  handw.  der  chemie  l,  655. 

2)  bei  den  köhlem  kohle,  die  aus  der  verkohlung  von 
Stangenhölzern  gexconnen  und  vorzüglich  von  kleinschmieden 
gebraucht  \cird.  Beulen  6,674. 

STANGENKRAUT,  n.  flachsseide,  leindotter,  euacuta 
europaea.  Nemnich. 

STANGENKREUZ,  n.  in  der  heraldik  für  fuszspitzkreuz, 
#.  Gritzner  herald,  terminol.  (Siebmacher  xmppenb. 
einl.  B)  s.  806*>. 

STANGENKRÜCKE,/. .  kaum  hatte  ich  meinen  wackern 
degen  herausgezogen,  so  ölten  sie  mir  die  schultern  mit 
ihren  hebebäumen  auch  schon  so  ein,  dasz  ich  . .  .  mich 
auf  den  beinen  nicht  halten  konnte,  so  dasz  ich  hin 
gelegt  wurde,  wo  ich  jetzt  noch  liege,  und  wo  es  mir 
keinen  kummer  macht,  nachzudenken,  ob  mir  die  stangen- 
krflcken  eine  Verunglimpfung  sind  oder  nicht.  Tikck  den 
Quix.^  1,  98  (8,  l). 

STANGENKUCHKN,  m.  baumktichen.  Jacobsson  7,♦^7^ 
vgl.  1,168''.  KrOnitz  4,24. 

STANGENKUGEL,  /.  'in  der  gesehüütkunst .  gante  oder 
halbe  kugdn,  velehe  durch  »fangen  mit  einander  verbunden 
sind,  und  besonders  in  dem  Seekriege  gebraucht  werden,  die 
wände,  das  taweerk  und  die  segd  tu  lerrsisten'.  Adkluno, 
ty^  Jacobsson  4,  sse*.  KrOnitz  109,688.  Weihr  kostüm- 
künde  t,  1156  und  stubkugel,  sp.  871  {auch  dän.  ntangkugle); 
die  itangen-kogeln  find  zweyerley,  eine  die  von  zwey 
(«ntzen,  die  andere,  so  von  zwey  halben  kugeln  gemacht 
«Ind.  Plrmino  t.  Soldat  eam^,  $  u;  slangenkugeln,  houlets 


ä  branchea,  bottlets  ä  deux  tetes,  sind  aus  zween  theilen 
bestehende  eiserne  kugeln,  welche  an  einer  oder  zwo, 
etwa  einer  eilen  langen  eisernen  stange  befestiget  sind, 
welche  sich  im  laden  zusammen  schieben  lassen,  in  der 
luft  aber  sich  wieder  von  einander  entfernen.  .  .  .  man 
hat  sie  brauchen  wollen,  palissaden  und  ander  holzwerk 
dadurch  zu  verderben.  Eggers  ki-iegslex.  2,979.  {also schon 
damals  auszer  gebrauch.) 

STANGENKUNST,  /.  l)  'im  bergbaue,  eine  Wasserkunst, 
uxlche  das  wa^ser  vermittelst  mehrerer  stangen  und  sätze 
aus  einer  groszen  tiefe  liebt'.  Adelung,  vgl.  Jacobsson 
4,  256».  7, 427''/.  Krünitz  55,290/".,-  stangen-künste,  Wasser- 
künste, die  durch  stangen  gezogen  worden,  machinae  quae 
perticia  transversis  aquam  e  fodinis  hauriunt.  Frisch 
2,  sig*" ;  'eine  icasserhebemaschitie  mit  unter  einander  stehen- 
den pumpen,  deren  kalben  sämmtlich  an  einem  einfachen 
oder  doppelten  von  der  umtriebsmMschine  ausgehenden  ge 
stänge  hängen.'  Veith  306.  schon  im  16.  jahrh.  bezeugt: 
1551  hat  Michel  Mittelbach  die  erste  stangenkunst  im  Thal 
auff  Sanct  Georgen  am  Arlosberg  gehangen.  Mathesius 
Sar.  (1571)  t2''  {chron.  v.  Jochimsiliat);  im  1551.  hat  man 
die  erste  stangen  kunst  gehengt.  P.  Albinus  meisznische 
bergk-chronica  (l 590)  76;  weil  .  ..  inzwischen  die  pompen- 
und  stangen-künste  auflgekommen  und  in  die  200.  lachter 
zu  heben  erfunden  worden,  seynd  auch  die  bulgen  ab- 
gekommen. Meltzer  histor.  Schneeberg.  188;  Bernhard 
Wiedemann  hat  die  stangen-  oder  pumpen-künste  .  . .  hier 
zu  erst  auffgebracht.  635. 

a)  in  der  netiern  österr.  bergsprache  gleichbedeutend  mit 
feldgestänge  {s.  dieses,  theil  3, 1483).  Scheuchenstuel  232, 
vgl.  74. 

STANGENLACK,  m.  n.  i)  lack,  siegdlack  in  stangen. 
Campe;  dän.  stanglak. 

2)  stock-  oder  stangenlack,  der  {noch  an  den  Stengeln 
liaftende)  ostindische  gummilack,  der  ausgeschwitzte  und 
eingetrocknete  harzige  saft  verschiedenem-  pflanzen,  woraus 
der  farbstoff  lack  dye  und  Schellack  bereitet  icird.  s.  Kar- 
MARSCH-Heeren^  5,226.  7,580.583.  LuEGKR  5,19  {die  mit 
harz  bedeckten  zweige,  auch  stocklack),  vgl.  auch  Jacobs- 
son 4,  256». 

3)  'lack,  die  blume,  welcfier  seine  blumen  in  stangen  oder 
langen  Stengeln  trägt. '  Campe  (2) ;  stangen-viole,  stangen- 
lack-viole,  goldlack,  goldner  lack,  leucojum  auretan. 
cheiranthtis  cheiri  purpuretis  .  . .  hat  den  nahmen  von 
dem  geraden  und  hohen  stängel,  zu  dem  sie  aufwächst, 
und  der  öfters  eine  höhe  von  3  bis  4  fusz  erreicht,  man 
hat  den  stangenlack  a)  mit  einfacher,  /S)  mit  gefüllter 
blume.  Krünitz  58,  508;  der  gefüllte  samen-tragende 
stangenlack,  wird  auch  der  nürnbergische  genannt.  509; 
diese  schönste  abänderung  von  allen  stangen-lacken,  ist 
der  so  gen.  bäton  d'or.  610. 

STANGENLADUNG,/,  bei  der  jagd.  ladung  mit  biet- 
oder  eisenstücken. 

STANGENLANG,  adj.  lang  wie  eine  stange  {vgl.  das.  l,  a): 

die  stangenlangen  flügel  {der  mühle) 

sie  haspeln  dir  eitel  wind.    Mörikb  ged.*  21. 

STANGENLATERNE,  /.  'eine  groste  lateme,  tcelche  auf 
einer  stange  in  der  höhe  vorgetragen  irird;  niedeisärhsisrh 
stocklUchte'.  Adeluno.  vgl.  Krünitz  65. 856/  und  mnd. 
stangenluchter  processionsleuchter.   LObben  handwb.  .174». 

STANGENLEINWAND,  /.  ist  eine  gewisse  art  einer 
gemodelten  und  Uberschlagenen  weissen  lein  wand,  doch 
nicht  so  dichte  als  zwillig,  woraus  das  fraucnzinuner 
allerhand  goräthe,  als  tischtücher,  servietten,  quchicn, 
vorhänge  und  andere  sachcn  zu  schneiden  pfleget.  Ama- 
rantiies  frauent.-lex.  (1715)1894;  ähnlich  Zinckk  iiron. 
lex.'2«0i.  Adelung.  Jacobsson  4,  S56». 

STANGENLEITER,  /.  krahnUiter;  einbäumige  leiter. 

STANGENLEITUNG,  /,  gleicMedeu^nd  mit  feldgestänge 
{vgl.  stangenkunst  s).  Vkitii  4M. 

.STANGENMASZ,  n.  'brg  den  uindettnuuksm ,  ein  mit 
einetn  einschnitte  versrJtenes  blech,  die  stärk»  dtr  ttange  in 
der  winde  bey  dem  schmiden  deraMsn  damit  fM  «Mcwn*. 
Ahrluno,  vgl.  Jacobsson  4,  aiM*. 

STANGKNMEI.SZRL,  m.  sehr  langer  mmttd.  Stbnzk.l 
»ermann,  nb.  ai»«''. 

STANdENNASE.  /.  am  Werderfeteahr. 

STANGKNNKTZ,  n.  tum  fangm  «•»  ^anOftln. 


S 1 7  STANGENNÜSZCHEN— STÄNGENRECHT 


STANGENREGE — STANGENSCHLAGHOLZ  8 1 8 


STANGENNÜSZCHEN,  n. .-  da  wurde  aufgetragen  . . .  rote 
und  weisze  rüben,  stangennüszchen,  preiszelbeeren,  rapun- 
tika  und  pflaumen.  Ludwig  2,  526. 

STANGENPFERCH,  m. .-  stangen-pferrich,/.i>am>,»to^^ 
fatto  di  pertiche;  serticato,  steccato.  Kram  er  diet.  2, 907^. 
danach  C.\mpe. 

STANGENPFERD,  n. .-  'deichsel-pferde,  tcelche  man  auch 
Stangenpferde  nennet,  sind  diejenigen,  so  man  gleich  vor 
dem  wagen  an  die  deichsel  zu  spannen  pfleget,  sie  werden 
zum  unterschied  der  riem-pferde  aUo  genennt,  tcelche  vor 
die  deichsei-  oder  stangen-pferde  gespannt  weiden,  tcenn 
man  drey-  xner-  fünff-  sechs-  oder  mehr  spännig  fahren 
toill'.  ZiNCKE  öcon.  lex.^  554;  ähnlich  Eggers  kriegslex. 
1,  658.  Aoelung.  Jacobsson  1,  Ub^,  vgl.  deichselpferd, 
fheil  2,  909  und  stange  2,  r,  a .-  es  (die  kugel)  fliegt  hoch 
singend  vorbei ,  schlägt  hart  vom  radreifen  ab  . . .  ver- 
kriecht sich  mit  kurzem ,  sirrenden  ton  in  den  leib  des 
Stangenpferdes,  das  zittert  und  fällt  zur  seite.  der  stangen- 
reiter  sieht  es  mit  zorniger  miene  an.  Frenssen  Jörn 
Lid  258. 

STANGENPHOSPHOR,  m.  der  gewöhnliche  phosphor  in 
Stangenform.  Karmarsgh-Heeren'  6,656. 

STANGENPOMADE ,  /.  pomade  in  gestalt  cylindrischer 
oder  elliptischer  stangen,  in  blechformen  gegossen.  Kar- 
marsch-Heeren^  6,559. 

STANGENPRESSE,  /.  älteste,  auszer  gebrauch  gekommene 
form,  der  lithographischen  handpresse.  Karmarsch-Heeren^ 
5,  611 ;  einfache  handpresse.  die  sich  früher  über  dem  fest- 
stehenden, mit  papier  bedeckten  stein  bewegte,  auch  reiber- 
presse. LuEGER  6,  168.  *.  aucA  Klenz  druckerspr.  100* 
'','egensatz  büchsenpresse). 

STANGENPUTZER,  m.  in  'Jenesien',  sehelm.  dieb.  Schöpf 
nrol.  idiot.  699. 

STANGENQUARZ,  m.,  in  der  mineralogie  und  in  der 
bergwerkssprache ,  quarz,  der  in  gestalt  von  stangen  auf 
einer  druse   befindlich   ist.   Adelung.   Jacobsson  4,  256*. 

STANGENRAHM(EN),  m.  (?):  ich  will  keineswegs  läng- 
nen,  dasz  die  Römer  dieses  mittel  versucht,  um  sich  der 
bestien  zu  erwehren  {im  text:  wie  die  elephanten  mit 
brandpfeilen  wild  gemacht).  . . .  denn  sicher  hat  Freins- 
heim  glücklich  errathen ,  dasz  die  beschreibung  der 
stangenräme  {'cttrrus  coutis  ferro  piaefiocis  hor-rentes")  zu 
diesem  zweck  sich  auf  diese  schlacht  bezieht,  sind  solche 
maschinen  gebraucht  worden  u.  s.  w.  Niebuh r  3,591,  anm. 
{zur  pluralbildung  vgl.  rahmen  1,  theil  8,  64/.) 

STANGENRECHT,  n..-  stangen-  sive  gantrecht,  sub 
hastatio  bonoruvi.  Stieler  1552;  dritto  di  vendere  i  beni 
all'  incanto.  lat.  jus  subhastationis.  Kramer  dict.  2,  907*; 
jus  subhastationis.  Pict.  (3)  setzt  dazu  stangen-  oder  gant- 
recht, von  hasta,  die  stange  an  einem  spiesz  wovon  das 
lateinische  wort  subhastatio  auch  entstanden,  wie  die 
alten  etwas  verauctionirt.  Frisch  2,  319";  'in  einigen 
gegenden,  zum  bey spiele  im  Henneberg ischen,  das  recht,  die 
dem  Schuldner  abgepfändeten  dinge  öffentlich  an  die  meist- 
biethenden  zu  verkaufen,  im  oberd.  das  gantrecht ;  vermuth- 
lieh  als  eine  buchstäbliche  Übersetzung  des  lateinischen  ius 
subhastationis,  von  der  alten  art,  etwas  bey  einem  auf- 
gesteckten spiesze  zu  verauctioniren.'  Adelung,  stangen- 
recht, das  jedenfalls  durch  das  lat.  u>ort  beeinfluszt  ist, 
seheint  besonders  den  tirolischen  rechtsquell^i  eigenthüm- 
lieh  zu  sein:  aber  ist  erfunden,  das  all  stangen-recht  im 
gericht  Glurns  an  die  gewondlichen  dingstat  gen  Glums 
gehört  und  sol  durch  den  freien  fronboten  des  benanten 
gerichts  . . .  fail  gefürt  (und  vergandt  . . .)  werden,  tirol. 
vxisth.  8,  3, 15  {lantsprach  v.  Glums  um  1440) ;  Tirol  habe 
allweg  gericht  in  Schlanders ,  Nauders  und  Glurnser  ge- 
richt um  urbar,  frävel,  unzucht,  stangenrecht  und  geld- 
Bchuld.  2,  316,  anm.  {quelle  v.  1446);  wo  der  gepfennt  sein 
pfantung  umb  die  vailgefüerte  suma  gelts  ...  in  dreien 
tagen  alsdann  nit  löst,  soll  alsdann  der  richter  dem,  der 
am  maisten  auf  die  pfantung  gelegt  bat ,  auf  sein  an- 
aeffen   ain   stangenrecht   besitzen   und   dem   mit  ainer 

angenurtl  das  gepfennt  und  vailgefüert  pfant  mit  dem 

•  richtsstab  einantwurten.  4,  518,  46.    {übersehr.  •  pfantung 

iid   gantrecht,    nach  dem  glossar:   'recht  und  gericht  in 

l'andschaff .)    mit  letzterer  stelle  fast  gleichlautend  in  der 
'"ol.  landsordn.  v.  1526    Jjczw.  1603    {art.  66),    s.  Scherz- 
Üuerlin  15.5«;/.     SciiM."^  2,  770.     Schöpf  6S9.    Zarncke 
X.  2. 


anm.  zum  narrenscJi.  76,  10.  Rrinckueier  glos».  diplom. 
2,  574*. 

STANGENREGE,  /.  'bey  den  Vogelstellern,  eine  rege,  ver- 
mittelst welcher  der  lockvogel  vermittelst  zxceyer  langen 
stangen  auf  und  nieder  gezogen  icird;  die  hohe  rege'. 
Adelung.   Jacobsson  4,  256*.    t-^r^  rege,  /.  2,  theil  8,  496. 

STANGENREIITEN,  n.  bezeichnung  von  volkssitten  im 
Südosten  des  deutschen  Sprachgebiets. 

1)  steir.  'bäu^erliche  Volksbelustigung,  bei  der  zxceiburschen 
auf  einer  von  ihren  genossen  getragenen  stange  reiten  und 
sich  gegenseitig  hinabzuwerfen  stichen'.  ünger-Khull  569''/. 

2)  früher  {noch  im  18.  jahrh.)  bei  Zipser  Sachsen  von 
förmlichen  Zweikämpfen  der  bürgerlichen  städter.  'dieser 
brattch  führte  den  namen  des  stangenreitens  und  galt  der 
entscheidung  von  elirensachen  unter  obrigkeitlicher  autoritüt, 
in  gegenwart  der  versammelten  mitbürgerschaft  auf  dem 
marktplatz.  die  gegner  erschienen  zu  pferde,  mit  panzer, 
heim,  einer  stange  und  statt  des  säbels  mit  einem  knüttel. 
es  galt  den  gegner  vom  pferde  zu  bringen  und  zu  bleuen 
bis  er  um  Vergebung  bat.'    s.  Schröer  208*. 

STANGENREITER,  m.  l)  stangen  -  r  e  u  t  e  r ,  m.  eavMiere 
con  l'arma  in  hasta.  Kramer  dict.  2, 901^. 

2)  'im  personalstande  des  vormaligen  Innsbrucker-hofes 
sind  die  Stangenreiter  aufgeführt,  personen,  die  bei  den 
sclditten  an  den  stangen,  oder  bei  den  wagen  an  der  gabel- 
stange  reitend  die  pferde  lenken  mutzten  {gl.  v.  1629).' 
Schöpf  699. 

3)  fuhrknecht.  der  auf  dem  stangelsattelpferde  {vgl.  das.) 
reitet:  der  wirth  aber,  der  ...  in  seinen  jüngeren  jähren 
als  Stangenreiter  eines  frachtfuhrmanns  manche  reise  . . . 
gethan.  Siegfr.  v.  Lindenberg  (1784)  1,  66.  so  auch  bei  der 
artillerie,  s.  Frenssen  unter  Stangenpferd. 

4)  'stangenreiter  heiszt  wohl  auch  scherziceise  der  schüler, 
der  im  kataloge  lauter  erste  klassen  (I)  erhalten  hat.'  Schöpf 
tirol.  idiot.  699. 

5)  in  Itiv-  und  Estland :  'knackerbre  . . .  nennt  man  sehr 
dünnes  ganz  hart  gebackene-s  brod  .  . .  weil  man  es  ver- 
m,ittelst  eines  in  der  mitten  befindlichen  lochs  zur  längern 
aufbewahrung  an  eine  stange  stecken  kan,  so  icird  es  von 
einigen  spottioeise.  st&ngenreiteT  gena7int'.  Hupel  117.  vgl. 
theil  5, 1331. 

STANGENRIESE,  /.  'eine  art  schiefer  bahn  zur  Weiter- 
beförderung des  holzes,  icerden  der  Verschiedenheit  der  hölzer 
nach  abgetheilt  in  langholz  ,  sägebloch-,  und  feuerholz- 
riesen'.  Rehlen  5,674;  vgl.  riese, /.  l,  theil  S,9Si. 

STANGENROLLE,  /.  bei  den  uhrmachem,  ein  drehscheib- 
chen mit  einem  luiken. 

STANGENROSE,  /.,  in  Basel  d'  stange-rose,  roseneibisch. 
Seiler  277'»;  ds.  stange(n)ros  Stockrose,  aWiea  rosea. 
Martin-Lienhart  2,  290'*. 

STANGENROSZ,  n.  deichselpferd.  s.  Stangenpferd ;  Schweiz. 
stangeross  Hunziker  250. 

STANGENROST,  m.  bergmännische  siebrorriehtung  tum 
sieben  von  grobem  gut.  atts  parallelen  stangen  bestehend 
und  nur  als  ganzes  bewegt.  Lueger  7,377. 

STANGENRÜSTUNG,  /.  baugerüst  zur  ausführung  von 
gebäudemauem.  besonders  atiszenfronten,  von  stangen,  d.  h. 
dünnen  in  die  erde  gegrabenen  bäumen  getragen;  vgl. 
Stangengerüst. 

STANGENSALPETER,  m.  'salpeter.  welclier  aus  groszen 
krystallen  in  gestalt  der  stangen  bestehet'.  Adelung.  Jacobs- 
son 4,  256*. 

STANGENSATTEL,  m.  'heiszt  im  fuhricesen  der  sattel, 
so  auf  dem,  zur  linken  der  deichsei  vorgespannten  pferde 
liegt,  toelches  auch  daher  das  sattelpferd  genennet  wird'. 
Eggers  8,979.  (jre/jatie»-  stangensattelpferd,  n.)  vgl. 
stangenreiter. 

STANGENSÄULE,  /.  in  der  architectur,  pfeife,  rüstatange. 

STANGENSCHACHT,  m.  schacht.  tcodurch  ein  gestänge. 
besonders  ein  ptnnpen-gestänge  gefülirt  icird  {vgl.  stangen- 
kunst,  -werk).  VEnH399/.   Karmarsch -Heeren^  1,387. 

STANGENSCHERE,  /.  an  einer  stange  befestigte  sdiere 
zum  beschneiden  der  bäume,  auch  wol  baumschere.  {vgl. 
Stangenhippe.) 

STANGENSCHLAGHOLZ,  n.  gespaltenes  und  scJmittnutz 
höh,  vgl.  Stangenholz;  forstausdruck.  dazu  stangen- 
schlagholzrevier,  n.  zumeist  von  laubholz,  das  aus 
stock  und  untrzeln  wieder  aussehlägt.   Jacobsson  7,  428*: 

r.> 


819  STANGENSCHLEPPER— STANGENSTEIN 

stangenschlagholzwirtschaft,/.  eine  form  derforat- 
ioirtscJiaft.  im  gegensatz  zu  baumholz-  und  Unterholz-  bezio. 
buschholzwirtschaft,  *.  Krünitz  169,6« — 8. 

STANGENSCHLEPPER,  m.  '{holzflosz)  ist  ein  arbeiter, 
xoelcher  die  stangen  und  das  bindezeug  vom  flösse  aus  der 
Elbe  auf  das  land  ziehet,  itnd  zusammen  stockiceise  schaffet, 
bis  solcher  mit  dem  schiffe  ahgeholet  weiden  kann.'  Jagous- 
SON  7,  428*. 

STANGENSCHLOSZ,  n..  a.  stangenpresse. 

STANGENSCHNABEL,  «i.  am.  Werdergeicehr. 

STANGENSCHÖRL,  m.  eine  art  sc.hörl  {mineraV),  dessen 
krystaUe  stangen  oder  säulenförmige  gestalt  haben;  auch 
Stangenstein,  schörlit,  scorlites.  Nemnich,  vgl.  Campe. 
Okkn  1, 165.  Karmarscm-Heeiikn^  9,  740/.  (turmalin). 

STANGENSGHRAUBE,/.  an  der  stange  im  gewehrschlosse, 
s.  KELLKK6,  261  utiter  stangenfeder(schraube). 

STANGENSCHREIBER,  m.  scherzJuifte  bildung:  unglaub- 
lichen Vorschub  thut  aber  dem  schlafe  .  . ,  dasz  man  im 
köpfe  die  zahlen ,  welche  andere  schläfer  schon  fertig 
ausgeschrieben  anschauen,  selber  erst  grosz  und  langsam 
hinschreibt.  . .  .  Verfasser  dieses  nahm  dazu  häufig  eine 
lange  wetter-  oder  auch  stöhrstange.  .  .  .  einem  solchen 
langsam-  und  stangenschreiber  rat  he  man  aber  unsere 
arabischen  Ziffern  ab.  J.  Paul  52  {Katzenb.  2),  88. 

STANGENSCHUSZ,  m..-  engstehende  menschen  und 
bäume  haben  zwar  einen  schlankem  stangenschusz,  aber 
keine  Wetterfestigkeit,  keine  so  reiche  kröne  und  ästung 
wie  freistehende.  J.  Paul  21  {Tit.  l),  154. 

STANGENSCHVVEFEL,  m.  schwefel  in  stangen  oder 
cylindrisclien  stücken;  er  wird  erhalten  durch  gieszen  von 
geschmolzenem  schwefel  i»  formen  voti  buchenholz.  Campe. 
Krünitz  169,648.  Karmarsch -Heeren-' 8, 68.  Fehlino 
handwb.  der  chemie  6,  278. 

STANGENSEEZEICHEN,  n.  'festes  Seezeichen,  aus  ein- 
zelnen, in  den  grund  gesteckten  stangen,  oder  eingerammten 
pfählen  bestehend'.  Stenzel  seemänn.  tob.  398''. 

STANGENSIEB,  n.  bergmännisch  sieb  zum  absieben  der 
groszen  stücke  bei  kohlen,  aus  beweglichen  stangen  bestehend. 
LUEGER  7,377. 

STANGENSIEGELLACK,  n.,  vgl.  stangenlack. 

STANGENSIGNAL,  n.,  bestehend  aus  einem  5 — 6  m  hohen 
ßchtenstämmchen  mit  einem  oder  zwei  brettchen  am  gipfel 
und  verwetulet  bei  gröszeren  flurvermessnngen  %ind  trade- 
rungen.  Karmar-scii-Heeren'  6,50. 

STANGENSILBER,  n.  silber  in  kurzen  stangen.  Campe, 
argent  en  barres,  en  lingot.  Krünitz  169,649,  vgl.  154,216. 

STANGENSPALTHOLZ,  n.  'die  zweyte  gattung  von  spal- 
tigen nntzholze.  gespaltene  stangen  tcerden  von  eichenen 
und  andern  festen  laubholzarten  im  schlagholze  zu  bottich  , 
kufen ,  fasz-  und  tonnenreifen,  dach  und  Zaunlatten;  so 
wie  zu  letzterem  behuf  die  nadelholzarten  besonders  an- 
gexcendet  werden'.  Jacobsson  7,  428». 

STANGENSPARGEL,  m..-  frischer  stangenspargel  z.  b. 
in  der  'tafelordnung'  des  (dem  reichstage  gegebenen)  Bremer 
festmahls  am  21.  wuii  1873,  a.  didask.  vom  30.  mai  1873. 

STANGENSPAT,  m.  spat  in  vierseitigen  stücken.  Nem- 
nich. Campe;  'weiszer  schörl,  so  auf  seiner  Oberfläche 
iiftera  gestreift,  und  die  gestalt  einer  rundlichen  säule  ohne 
ecken,  oder  eines  cylindera  /ra<.'  Jacousson  7, 428»  {dasselbe) ; 
'eine  art  »ehwerapat,  dessen  aäulenartige  kryxlulle  oft  lang- 
gezogen, nadeiförmig  und  zu  Imndeln  verbunden  sind.'  Oken 
1,  278;  Varietät  des  schtcer/tjMits  {baryts)  von  Fi-eiberg  in 
Sachsen.  Karuarrch-Hekhkn^  8,  445. 

STANGENSPIKSZER,  m.  hirsch,  bei  dem  besonders  atarke 
spieeze  aU  zweites  geweih  ausgebildet  sind. 

STANQENSPR INGEN,  n.  springen  mit  hilft  einer  atange; 
in  den  martchgegenden  zum  illterschreiten  der  gräfjen,  und 
als  turnilbung.    vgl.  »tabspringen. 

8TANGKNSTAHL,  wi.  atahl  in  viereckigen  stangen.  Adk- 
l.UHO,  aeier  en  Irnrres.  Jacoiis8(jn   4,  256». 

STANGKNSTÄHKE.  /.  teeizenalärke  in  geatalt  von  eylin 
driaehen  atangen ;  auch  ttängelitärke,  ».  KAnMARSCH- 
Hrrhk.n'  8,  894. 

STANGKNSTEIN,  m.  1)  daaaelbe  wie  sUtngentohOrl,  a.  daa. 
'Nrmnicu.  Campk. 

«)  pyknit,  eine  rarietäf  dea  topos  in  Sachsen  und  Mexiko, 
atftngelige,  derlie  matiaen  und  büudelfihmiyeaggirf/ate  stihit/e 
liger  priamen'.  ()Kf.>  l,  157.    Kahmahm  ii    lli  i  hkn'' 7,  IW. 


STANGENSTÜCK -STANGENZIRKEL      820 

STANGENSTÜCK,  n..-  stangenstücke  vom  schelch,  — 
die  zeugen  der  ausgrabung  bedurften  keiner  Übersetzung 
des  Worts.  Vlscuer  auch  einer  l,  176. 

STANGENSTÜTZE,  /  am  hintergestell  einer  kutsche. 

STANGENSUCHT,/.,  vgl.  stangenfieber.  Höfler  krank- 
heitsnamenb.  673*'. 

STANGENTABAK,  m.  tabak  in  stangen  oder  rollen.  Campe, 
vgl.  8tangenk(a)naster  und  rolI(en)tabak,  theil  8,1146;  dafür 
stangen t ob a(c)k.  Jacobsson  8,445''.  4,256». 

STANGENTAU,  n.  an  einem  loagen,  zugstrang  der  Stangen- 
pferde, hinterStrang. 

STANGENTRÄGER,  m.  {begegnet  im  sinne  von  hahnrei). 

STANGENTRIEBWERK,  n.  triebwerk  aus  Zahnstange 
und  rad. 

STANGENURTHEIL,  n.,  vgl.  stangenrecht.  ScnM.*2,770: 
mit  stangen  urtln  den  gleubigern  einantwurten.  quelle 
s.  ebenda,  s.  ferner  tirol.  weisth.  4,  518,  47  und  Schöpf  699 
unter  stangenrecht. 

STANGENVERSCHLUSZ,  »i.  pallissade. 

STANGENVIOLE ,  /.  goldlack.  s.  stangenlack(viole). 
(Krünitz.) 

STANGENWAGE,  /.  vorhängewage  zum  vierspännig 
fahren. 

ST ANGEN WALZE, /.  rechcalze,  strecktcalze  bei  röhren- 
oder  blechfabrikation ;  stangenwalzwerk,  n. 

STANGENWERK,  n.  l)  aus  stangen  bestehendes  werk, 
gestänge,  bei  maschinen  u.  a.    dän.  stangvajrk. 

2)  bergmännisch  für  feldgestänge.  Jacobsson  4,  25C». 
Campe.  Veith  458. 

3)  beiin  schiff':  nichts  giebt  aber  auch  dem  sinn  ein 
gröszeres  bild  von  der  kraft  des  menschlichen  geistes  als 
das  regiment  eines  groszen  schifTes  .  . .  segel  und  taue  und 
btangenwerk,  vieles  doppelt...  Seume  mein  leben99 Hempel . 

STANGEN  WINDREEP,  n.,  fr.  bricin.  bressin.  vgl.  wind 
reep. 

STANGENWISCHER,  m.  bei  der  artiUerie,  kanonen 
Wischer  mit  geradem  .stiel. 

STANGENWUCHS,  7n.,  so  hat  Campe  {unter  wetterfest) 
für  stangenschusz.  J.Paul  21,154  {s.  dieses). 

STANGENWULST,  m.:  sehr  nahe  verwandt  ist  auch 
der  geisfuss  (fangschuh,  Dngerhaken),  der  gleichfalls  zum 
fangen  bei  brüchen  oberhalb  der  stangenwUlste  dient. 
Lottner-Serlo  bergbattkunde  (.6.1869)1,97,  vgl.  zur  er 
klärung  :  der  glückshaken  dient  hauptsächlich  zum  fangen 
des  gestänges,  wenn  dasselbe  dicht  über  einer  wulst  go 
rissen  . .  .  ist,  und  hat  den  zweck,  die  stange  unter  der 
wulst  zu  fassen.  96. 

STANGENZAUM,  m.  lupatum,  fttscina.  Stieler  259r.; 
bi-iglia  ä  stanghe,  branche,  stanghette.  Kramer  diet.  2,  907''; 
froenum  quod  duobus  brevibus  rectibus  os  equi  constringit. 
Frisch  2,319"=;  die  stangen-zäume  haben  ihren  nahmen 
von  denen  zu  beyden  selten  des  mund  Stückes  befestigtoii 
stangen,  an  denen  die  zügel  angemacht  sind.  Zincki: 
öcon.  lex.'^  3328,  s.  ferner  Adklunq.  Jacobsson  4,  2.'>«;''. 
Krünitz  169,  649/.  und  stange  2,  r,  &. 

STANGENZAUN,  m.  zäun  aus  stangen,  gestänge;  stahl! : 
schon  wurden  einige  tische  für  gefäsze  und  körbe  an  den 
leichten  stangenzaun  gerückt.  Keller  8, 178. 

STANGENZEHNTE,  m.,  s.  stabzchnte,  *p.  881.  Auklun«!. 

STANGENZIETER,  m.  (?):  2  joch-,  i  stangenzieter  30  kr. 
in  einem  inventarv.M9\,  a.  UNnER-KHULL«<fir.  wortaeh.fT,»*. 
bedeuttmg  unbekannt. 

STANGENZINN,  n.  zinn  in  stangen.  Campe;  'klimmt  aus 
England  in  atangen,  von  ohngeführ  eines  fingers  dick,  und 
einer  eilen  lang.'  Ja<:oiisson  7,428». 

STANGENZIRKEL,  m.  circinus  pertiealia.  mit  dem  man 
grossere  zirkcl  machen  kan.  der  keinen  bug  in  der  mitte, 
und  keine  füsso  hat.  Frisch  2,  »nf;  '»tangentirkel,  Ite- 
steht  nn.i  einer  langen  stange,  an  ^reicher  MWO  hiÜaen  hin 
unil  wieder  gehen,  die  man  mit  sfrlUehrouhtH  gakörig  fest 
machen  kann,  und  deren  eine  mit  einer  apUt»,  die  andete 
mit  einer  rristfeder  versehen  ist.  er  dienet  hey  grasten 
Zeichnungen  und  risaen,  ftiigen  und  eirkelrtindungen  zu 
ziehen.  KdoKMS  «.»7».  a.  ferner  Adklunu.  Jacou880N  4.  8M. 
Campk.  KrOnit/  i«9,  660/.  Kammarsch -HRRnRN*  6,  98. 
11.  IM/.  Lr  KOKK  A.  868.  {angetrrndet,  leo  man  gtoaze  tiffnung 
Oller  senkrechte  einstellung  der  spitze  braucht.)  SiKN/.KI. 
aermänn.  wb.  898''. 


821 


STANGENZUCKER  -  STANGLEIN 


STÄNGLER  — STANK 


822 


STANGENZUCKER,  m.  eine  art  von  candiien.  a.  Kar 

marsch-Hekren^  2,  243. 

STANGENZUG,  m.  'zicei  oder  mehrere  stangen  eines  bohr- 
gesfänges,  tcdche  bei  dem  aufholen  des  gestänges  aus  dein 
bohrloche  auf  einmal  ausgezogen  und  abgeschraubt  werden'. 
Veith  458;  beim  tief  bohren,  'mehrere,  beim  aufholen  mit 
einander  verschraubt  bleibende  stangen' .  Ll'eger  7,669:  in 
dem  bohrthurm  sollen  die  stangen  aasgezogen  werden, 
die  höhe  der  thürme  hat  sich  also  nach  der  länge  der 
Stangenzüge  zu  richten.  Lottner-Seklo  bergbaukunde 
(B.  1869)  1,82;  die  ganze  höhe  betrug  74  fuss  bei  GO  fnss 
stangenzug.  ebenda ;  zu  diesem  zweck  ist  oben  im  thurme 
ein  rechen  angebracht,  in  welchem  für  jeden  einzelnen 
stangenzug  eine  Öffnung  vorhanden  ist.  83. 

STANGENZWIEBEL,/.  allium  cepa  invipara.  Nemnich. 

STANGES,  n.   ein   kartenspiel   in   Straszburg  {gen.   des 

inf  Stange?).  M.\rtin-Lienhart  2.605*: 

gelt,  awwer  stanges  kanst  de  spiele  halwi  dääj. 

Arnold  pfingHmontag  134  (4,  4). 

STANGETTE,  /..  s.  Kramer  dict  2,  go/»»  utiter  stangen- 
gitter.  {steir.  stanget,  m.  name  eines  Meiderstoffes  im 
iS.jahrh.  ünger-Khull  569''.) 

STANGHAKEN,  m.  im  bergbaue,  das  'krummeisen,  icoran 
die  Zugstange  an  das  schachfgestänge  einer  kunst  angehängt 
irird'.  Jacobsson  4,  256''.  gewöhnlich  {in  jungem  quellen) 
Stangenhaken,  s.  das. 

STAXGHEISTER, /.,  vgl.  stange  l,d:  auch  mag  ein  itz- 
liche  parthcy  eselholz  darinne  hawen  .  . ,  und  doch  stang- 
hester  stehen  lassen,  das  der  walt  nit  gantz  also  ver- 
hawen  werde,  das  er  eycheln  getragen  möge,  weisth.  3,  533 
{weisth.  zu  Lohr  am  Main  1425 — 57). 

STANGKERZE,/,  candela  falnngaris.  Scherz-Oberlin 
1556,  vgl.  stabkcrze,  sp.  371 :  da  nü  des  keysers  gezelt  auff- 
geschlagen  ward ,  gebot  er  eynen  köstlichen  carfunckel- 
steyn  auff  das  gezelt,  der  als  eyn  morgen  stem  erleuchtet, 
und  als  eyn  stangkertz  erbrann  zustellen.  Aymont  (l53ö) 
d6'';  schaffent  das  jr  dreissig  brinnender  stangkertzen 
haben,  die  das  gezelt  erleuchtent.  1 1** ;  darnach  nam  er 
eyn  angezündt  stangkertz,  die  stelt  er  zu  des  keysers 
haupt.  V4'»;  er  thet  eyn  grosse  mänige  stangkertzen  an 
zünden,  damit  das  der  ganck  deste  heller  were.  y  3''. 

STANGLACH,  Ji.,  vereinzelte  collectivbildung (?)  zu  stange: 
1  ft.  dem  Fächer  kystler  umb  schilt  und  stenglach.  Augsb. 
baurechnung  v.  1440  *.  d.  städtechron.  5, 103,  anm.  l. 

STÄNGLEIN,  n.,  nicht  häufiges  deminutiv  zu  stange: 
stängelein,  das,  est  quidem  dimin.  ä  stange,  atque  sub- 
tilem seil  exiguam perticam  notat.  Stiei.er  2133  {vgl.  hühner- 
stänglein,  theil  4,2,1882);  stänglein,  n.  stanghetta,  perti- 
chetta.  fenster-stänglein.  vogelbaur-stänglein.  hüner-  etc. 
stänglein.  leim-  ö  vogler-stänglein.  Kram  er  dict.  (i"02) 
2,907*',  pertica  exilis.  quasi  dicas  perticula.  Stein  räch 
2,683;  parva  pertica.  it.  das  stänglein  im  vogel-kefich, 
worauf  die  vögel  sitzen  oder  hin  und  wieder  hupfen, 
ligmim  transversum  in  cavea.  Frisch  2,  319".  schon  im 
lo.jahrh.  belegt: 

dorumb  muszen  wir  tun  ein  genglein ; 
nnd  triff  ich  dich  mit  deinem  stenglein, 
ich  wil  mein  swester  also  rechen, 
das  dir  dein  blase  im  ars  inuszen  brechen. 

/Oftn.  «p.  855,  11. 
{der  sinn  ist  nicht  klar,  es  scheinen  die  bedeutiingen  der 
waffe,  s.  stange  2,  a.  und  4,  d  in  obsc'önem  sinne  vermengt.) 
stänglin  als  bez.  einer  icaffe.  s.  Garg.  297  untei-  stange  2,  a.  e. 
in  neuerer  spräche  besonders  süddeutsch:  er  hatte  schon 
mehrere  stänglein  halb  und  ganz  vorgearbeitet;  nach- 
dem der  stecken  mit  der  weiszen  grundfarbe  bestrichen  .  .  . 
Kei.i.er  3,77;  'es  wird  kommen  ...  der  distelßnk,  der 
hanswurstel,  die  grasmücke,  der  kapitän  und  die  amsel!' 
die  frau  sperrte  mund  und  äugen  auf  und  fragte:  'was 
sind  denn  das  für  leute?  sollen  sie  auf  stuhlen  sitzen, 
^'ler  auf  einem  stänglein?'  6, 154.  so  mundartlich,  schireiz. 
itangli  Hunziker  250,  eis.  'stangl(a),  'staengl  Martin- 
LiENiiART  2,  605»;  in  Tirol  stangl  Schöpf  699,  kämt,  stängl 
Lexer  239,  JH  Lusern  sfengala  Bacher  393,  in  der  Heanzen 
mundart  stangel  'die  stange.  aber  auch  das  Stäbchen,  kleine 
.^ittick  (a  stangel  zwipäck,  gerstenzucker  u.  o.).  Frommann 
6.  344 :  bair.  stÄng(a)l  Sciim.*  2,  770.  zu  stange  4,  a :  immm. 
ein  stenglein  dazu  thun  beim  xcettfrinken .  Wander  4,776.  — 
dazu:  'der  stängleinreiter  (st&nglreida ),  auch  der  ver- 


lorne mann,  der  einem  stromauficärts  fahrenden  schiffzug 
mit  der  sondierstange  vorreitet;  knecht  des  fuhrmanns'. 
Schm.2  2,  770. 

STÄNGLER,  m..  et  anstängler,  der,  alligator.  Stieler 
2133,  zu  stängeln  1.  auffällig  ist  bärenstengler  für  bären- 
fiihrer,  s.  das.,  theil  1, 1130  {Garg.  s.  74  iieudr.). 

STÄNGLICHT,  adj.  perticalis.  Stieler  2133;  stänge- 
licht,  adj.  et  adv.  perticalis,  statuminatus .  ad  palum 
religatus.  impedatus.  ebenda;  zu  unterscheiden  von  steng- 
licht, s.das.  von  mineralien :  stänglichter  eisenstein.  Göthe 
51,32(87);  die  flötze  bestehen  durchgängig  aus  quarz, 
welcher  . . .  strahlenweise  krystallisirt  erscheint.  . . .  zer- 
schlägt man  ihn ,  so  sondert  er  sich  in  stänglichte 
stücke.  109.  noch  seltnere  nebenformen:  stänglichen 
quarz,  ganz  von  der  Steinkohle  durchdrungen,  fer.  19, 174; 
pycnit,  Stangenstein;  stängelige,  derbe  massen  und 
bündeiförmige  aggregate  stängeliger  prismen.  Oken  l,  157. 

STÄNIGHT,  adj..  s.  stöhnicht  (Stieler  2121.) 

STANITZEL,  n.  papierdiite.  der  bair.-österr.  mundart 
angehörige  entstellung  aus  scharnützel,  s.  das..  theil  8,  2212, 
das  selbst  aus  ital.  scarnuzzo  stammt,  seit  ende  des  X'.jahrh. 
bezeugt:  stanitzel,  der,  al.  düttlein  et  Scharmützel,  cuctMus. 
Stieler  nachsch.  29*;  diese  innere  hertzens  seufftzer  seynd 
anjetzo  meine  beutet  seuffzer;  es  liegt  davon  bey  mir  ein 
so  grosser  stosz  beysammen,  und  auf  einander,  dasz  ich 
alle  gewürtz-gewölber  allhie,  auf  etlich  jähr,  damit  mit 
lauter  stanetzlen  versehen  kan.  Abele  selts.  gerichts- 
händel  vorr.  b  2».  besonders  in  netiern  mundarten .  nach 
Campe  bair.-österr.  das  stanizerl,  nach  Klein  2, 168  österr. 
Stanitzel,  bair.  stamitzel.  bair.  stä'nizl  Schm.*  2,  469; 
vestböhm.  stanitsl  Baiems  mundarten  2,  219  (409);  im  bair. 
icald  stanizl  geldrolle  258;  österr.  das  stanitz  oder  stanitzel 
Höfer  3, 172,  das  schdanizl  Castelli  233,  staniz'l  Hügel 
155».  von  da  aus  ins  magyar.  eingedrungen  als  stanicii. 
Lumtzer-Melich  242. 

STANK,  m.  übler  genich.  altgerman.  nominalbildung  zu 
stinken,  vgl.  das.;  got.  unbelegt  {dafür  bi-stugq  'anstosz"), 
altn.  stokkr  in  abiceichender  bedeutung  {'plötzliche  be- 
wegung',  dem  verb  entsprechend).  Cleasby-Vigfl'SSON  602''. 
Fritzner'  3, 593*,  das  schtced.  stank  tcol  aus  dem  deutschen 
entlehnt,  im  westgerm.  alt  und  allgemein  verbreitet:  ags. 
stenc ,  pl.  stencas  Bosworth-Toller  gis**/.  {daneben  in 
einer  glosse:  stanc  pluvieinatio.  gio*"),  woraus  neitengl. 
stench,  vgl.  Skeat  595* ;  altfries.  unbelegt,  jetzt  auf  Sglt 
stiunk,  s.  Siebs  in  Pauls  grundr.-  1,1355;  as.  stank, 
ebenso  mnd.  Schiller-Lübben  4, 362''  und  nl..  vgl.  Franck 
956;  ahd.  stanc,  stanch  {plur.  stanchä,  -e)  odor.  odoratus. 
olfactus,  nidor,  foetor,  fumus,  aura.  Graff  6, 6%/.,  mhd. 
stanc  Lexer  handtcb.  2, 1156  {daneben  stenke,  m.  und  f.  1176). 
vgl.  im  ganzen  Wächter  1585/.  Grimm  gramm.  2,  36.  87. 
279/.  kl.  sehr.  7,  202.  WeigaND  2,  796.  Fick'  3,  343,  der 
auszerhalb  des  german.  griech.  rd/yos  ranzig,  Tayytj  das 
ranzigsein,  vergleicht  {ebenso  Prellwitz  etym.  trft.' 447). 
vgl.  Bechtel  üb.  d.  bez.  dersinnl.  Wahrnehmung  58/  —  das 
toort  ist  im,  engl.  \  stamm,  im  ahd.  übericiegend  a-stamm 
{n.  pl.  stancha,  s.  2,  b;  dat.  stanchum,  -kon;  aec.  stanche 
und  stenke, -khe,  *.  Graff  6, 697);  rnhd.  und  nhd.  ist  der 
plural  auszer  gebrauch  gekommen,  {ein  vereinzelter  mhd. 
beleg:  Ysopo  ist  gut  vur  den  stenken,  s.  Schm.*  2,  771.) 
in  neuerer  zeit  ist  stank  überhaupt  in  der  eigentlichen 
Schriftsprache  zurückgegangen  und  durch  die  {seit  dem  mhd. 
begegnende)  ztisamtnensetzung  gestank  verdrängt,  g.  diese, 
theil  4, 1,  4201/  so  tcol  zuerst  im  süden,  nach  dem  fehlen 
des  icorts  in  den  scJuceizerischen  tcörterbüchem  des  16.  jahrh. 
zu  schlieszen.  after  aucÄ  Comenius  hat  stanck,  gestahck 
nur  im  reg.  {im  text  gestanck).  Stieler  2169:  stank,  et 
gestank  als  stichicort,  in  den  beispielen  durchweg  gestank, 
ähnlich  Kramer  dict.  2,978'';  Steinrach  2,759  giebt  stanck 
nur  als  hypothetisches  stammicort  zu  gestanck,  Mnd  auch 
Frisch  2,319"  setzt  an:  stank,  oder  welches  gebräuch- 
licher gestank.  nach  Adelung  ist  stank  'ein  im  hoch- 
deutscheti  grösztenfheils  veralteter  ausdruek'.  besser  erhalten 
in  der  Volkssprache  und  den  mundarten  Norddeutschlands, 
{auf  nd.-mittelfränk.  gebiete.  Sciim.'  2,771  kennt  es  nur 
aus  der  altem  spräche,  auch  oberhess.  'jetzt  fast  nur  in 
der  zsns.  geschdang'.  Crecelius  805.)  luxemh.  stank 
Gangler  429,  köln.  König*  173",  in  Aachen  MOller  Weitz 
233 ;  thür.  nur  im  äuszeraten  Norden  {Stiege  auf  dem  Harz) 

52* 


823 


STANK 


STANK 


824 


schlank.  Liesenbf.rg  204.  Hv.nTEi.spracJisdi.2Ha.  Jirf.  stank 
Strodtmann  341.  brem.  wb.  i,i036.  Schütze  4, 187.  Dau- 
ne rt  457".  Ml  86».  DaNNEII.  209».  TEN  DOORNKAAT  KOOI,- 
MAN   8,  SOO*".   SCHAMBACH  208». 

1)  nur  die  alfgerman.  sprachen  kennen  stank  in  der 
gubjecfiven  bedetitung  der  gervchstcahrnehmung  oder  des  ge- 
rtichssinnes.  so  ags.  stenc,  stengc  odor,  odoratus,  olfactus. 
BoswoRTH-ToLi.ER  916»  (Wachter  1586);  ahd.  stanc  odor, 
odoratus,  olfactus.  Graff  6,696;  vereinzelt  und  nicht  ganz 

siclier  im  mhd.  • 

alli?  ordineter  (C/imf««)  daj, 
beide  den  smac  joh  den  stanc. 

Hartmann  vom  plouven  311. 

2)  in  der  regel  und  in  den  neuern  sprachen  ausschliesz- 
lieh  bezeichnet  stank  geruch  in  objectivem  sinjie,  als  den 
gegenständ  der  gerucJisicahrnehmung,  und  zwar  hat  es  in 
der  altern  spräche  eine  allgemeinere  und  neutrale  bedeu- 
tung,  indem  es  geruch  jeder  art  bezeichnest  kann,  vgl. 
Adelung  (l)  und:  odor  suge  stanc.  fefor  unsnje  stanc. 
ahd.  glossen  3,  882,  81/.  (13.  jahrh.,  auch  Dief.  nov.  gloss.  181* 
unter  fraglancia);  süm6n  birin  uuir  stanch  libis  ze  übe, 
sümfin  stanch  tödis  ze  töde.  Notker  ps.  lo,  7  {s.  32,  24 
Piper),  ebenso  17, 15  (50,  9).  so  icird  es  insbesondere  auch 
auf  wohlgeruch  angocandt:  stank  olim  erat  exhalatio 
suavis,  vtdgo  fragrantia  aromatica.  Stieler  2169,  vgl. 
Adelung  (2,1).  so  ahd.  überwiegend;  nach  dem  \2.  jahrh. 
nur  noch  ganz  vereinzelt,    vgl.  stankfasz  (l),  -würz. 

o)  so  gern  in  Verbindung  mit  dem  adj.  suogi ,  stiege : 
suojen  stang  tuöe  dir  min  geb6t.  Notker  2,  583,  20  IHper 
(/?».  140,  2);  cinnamomum,  uußnegaj  boumelin  unte  ä,bo 
micheler  crdfte  unte  süojes  st&nkes.  Willi ram  69,  30; 
der  süoge  st&nk  an  demo  niuuen  öbeje  unte  an  d6mo 
alten  uuine.  123,  8;  dag  ig  (ßas  pantherthier)  des  dritten 
tages  selbe  von  dem  släfe  erwachet,  unde  so  süggen 
stanch  uglajget.  Diutiska  3,  24  {von  tieren,  12.  jahrh., 
=  fundgr.  1,23,  M,  s.  auch  Karajan  sprachdenkm.  n,i); 
{büdliiih-)  so  werdent  sie  ervullet  unde  gelabet  mit  dem 
säggen  stanche  gotes  geboto.  ebenda  (23,  43); 

swenne  der  poume  plüt  .  .  . , 

80  ist  der  stanch  süje.    fundxir.  2,  16,  34; 

da  was  inni  lux  und  claritas, 

su;;i  stanc  suavitas. 

Diemer  ged.  110, 15  {^lob  Sal); 
80  auch:  si  salbete  niine  fü;e, 

der  stanch  wart  sfi;e     244,  25 ; 

von  deme  chumit  solich  stanch,  dag  nicht  im  gilichis 
söggi  nisf.  so  danne  diu  tier  die  darumbi  sint  gihorint 
sine  stimme,  so  saminint  si  sich  durch  die  söggi  des 
stanchis.  Diutiska  3,  23  (fundgr.  1,  23, 11 — 14);  seltener  mit 
guot:  reddunt  de  se  fragrantiam  bonae  opinionis,  &lso 
die  tüiron  sÄlbon  die  qu6kke  (frische)  des  güotes  stänkes. 
Williram  70,8; 

vil  gfit  stanch  gie  dar  uj.    Diemer  ged.  244,  27. 
b)  aber  auch  stank  allein,    so  von  blumen  und  fruchten : 
stang  (odor)  tero  bluomon.  Notker  «.  Graff  6,696;  also 
süoge  8&mo  dpfelo  st&nk.  Williram  123,4; 

thar  bljent  thir  io      lilia  inti  rosa,  .  .  . 
ther  stank  ther  bl&sit  thar  in  müat     io  tba;  ^uuiniga  güat. 

Otkrii)  6,  23,  277. 

besonders  von  würzkräutern  und  den  daraus  bereiteten 
parfums.  baUamxn  u.  s.  w. :  föne  dinero  uu.tte  chöment  diö 
slancha  myrrun  . . .  dag  chlt  . . .  der  liQment  virtutum, 
der  also  suAgge  ist,  also  der  st&ng  diOrero  chriQlero. 
Notkeh  ps.  44,9; 

Abraham  chouft«  ir  (ffara)  Sin  grab 
und  bevalech  si  scone      mit  stanch  aller  bimentone. 

fundgr.  2,  88,  81 ; 

nardos  und  balsamita     (der  stanch  wahset  so  wita]. 

genes.  9, 14  Diemer. 

m>:  inli  tha;  hQs  uaas  gifullit  fon  thcmo  stänke  thera 
salbQn.  Tat.  188, 1 ;  so  löfon  uuir  in  d<'mo  stA^nkc  dinoro 
siilbon.  Wii.i.iKAM  6,8;  nach  dcmc  stancho  dincr  gcsclbc. 
so  loufcn  wir.  Diutiska  8,84;  von  u^ihrauch:  der  stÄnk 
dincr  uuAlo  M.  kho  uuirAches  8l4nk.  Williram  66,4; 
vor  imc  (Jupiter)  wiroc  ane  vlar  barn  unde  gaf  roch 
unde  slanc.  deutsche  cAron.  8, 81,  8.  —  eitie  badestube  tum 
stank  (mit  parfümierten  bädem)  wird  in  Straubwg  1816 
betenfi.  ».  Cii.  Schmidt  hist.  u>b.  der  ds.  mundart  887». 

e)  «o  teeiter:  der  st&nk  dlnes  mändes  (st  s&.mo  dör 
ffiogon  <pfelo.  WiLLiitAM  iss.  1.    die  erteheinung  ChrieÜ 


ist  von  wohlgeruch  begleitet:  Jesus  venit.  tantaque  subito 
flaglantia  miri  odoris.  thar  quam  tho  geliko  sulik  stank 
(corr.  aus:  stanknussi).  Wadstein  kl.  as.  sprachdenkm. 
65'',  13;  uuag  ist  säggere  oder  erlichere  dem  stanche 
unseres  trehtines,  des  hallenten  Christes?  Diutiska  S,2i 
(fundgr.  1,23,39).  dann  in  geistlicJier  spraclie  auch  bild- 
lich: ze  louiTenne  nach  dem  stanche  unt  nach  dem  ge- 
selbe  siner  geböte,  ebenda  (24,  8);  doctores,  die  der  ... 
uuiteno  stinchent  mit  d6mo  stänke  bonae  opinionis. 
Willi  RAM  25,  5. 

d)  zuweilen  geht  stank  in  die  concrete  bedeutung  über, 
wohlgeruch  gebender  gegenständ ,  räuchericerk :  stanchum 
folle  tragant  .  .  .  chelicha  (odoramentis  plenas  gestant . . . 
putheras).  Murb.  hymnen  7,  6,  3. 

8)  später  ist  stank  auf  die  bedeutung  eines  üblen  ge 
ruches  eingeschränkt,  vgl.  dazu  Wächter  1586.  J.Grimm 
kl.  sclir.  7,  202. 

a)  diese  bedeutung  hat  stank  schon  vereinzelt  im  ahd.  as., 
wo  die  vorige  doch  übericiegt: 

than  uuaniu  ik  that  thanan  stank  kume, 
unsuoti  suek.    Hei.  4081 ; 
drühtin,  fon  then  stänkon  .  .  . 
mib  nim  .  . ,     so  Läzarum  thu  däti!     Otfrid  3, 1, 19. 

so  seit  dem  13.  jahrh.  ausschlieszlich  ■  fetiditas  stanck. 
Dief.  gloss.  232^'  (voc.  v.  1414);  fetor  stanck,  hd.  sthank, 
stang,  gestanck.  fetositas  stanck  (lat.nd.  v.  1420).  ebenda; 
fetor  stank,  hose  roke.  nov.  gloss.  172''.  nhd. :  stanck,  ubeler 
geruch,  m.  puanteur.  HuLSius  306»;  pütor  . .  .  stanck,  Un- 
flat. Corvinus  fons  lat.  524'';  stank,  m.  foetor,  puanteur. 
Schottel  1421;  stank,  et  gestank,  der,  it.  das  gestänkc, 
foetor,  foetiditns.  Stiei.er  2169;  foetor,  gravolentia;  odor 
gravis.  Frisch  2,319";  'ein  übler  teiderwärtiger  geruch;  itt 
welchem  verstünde  es  noch  im  gemeinen  leben  für  das 
üblichere  gestank  vorkommt.'  Adelung  (2,  2).  vgl.  auch 
nl.  stanck,  foetor,  putor,  pedor,  sordes,  graveolentia,  odor 
gravis,  malus,  teter;  virus,  germ.  gestanck.  Kilian  2,629». 

b)  durch  adjectivischen  zusatz  verdeutlicht,  mhd.  gern 
boeser  stanc; 

für  nebel  und  für  boesen  stanc.    weimchwelg  877; 
der  siechen  pflegen  an  allen  stetten, 
mengen  bcesen  stank  enphahen. 

des  teufeis  nett  5978; 
anderes:     swer  dar  quam  gegangen, 

der  muste  liden  ubelen  stanc, 

der  von  manigem  ase  dranc.    pass.  70, 12  Hahn; 

des  muste  gar  daj  lant  euch  haben 

von  dem  ase  groben  stanc.    274,  85 ; 

füler  stanc,  s.  unten  5,  g.    so  auch  nhd.: 

denn  wie  die  nasz  ein  faulen  stanck, 
so  hast  das  ohr  der  lügen  klanck.    froschmeus.  A  4''; 
kan  dann  ein  fauler  stanck  so  bald  poeten  machen? 
Rachei.  sat.  ged.  93  (8,  74.  s.  108  neudr.. 
vgl.  Steinbacii  2,  7f>9). 

c)  stank  durch  synonyme  ausdrücke  erklärt,  s.  a;  mit 
solchen  zusammengestellt :  salbeten  sie  die  leichnam  der 
verstorbenen,  auff  das  sie  lange  erhalten  wurden  und 
nicht  bald  verweseten  und  auch  bewaret  würden  vor  dem 
stanck  und  bösen  geruch.  Luther  28,  424,  7  Weim.  ausg.; 
stank  und  bösen  geruch  können  sie  (die  bietien)  nit  leiden. 
CoLER  hnusb.  (1640)  .391 ;  vgl.  Scriver  unter  6,6.  stank 
und  faule,  s.  e.  a  (Heink.  v.  Neustadt).  J  (Gönthi-r) 
und  besonders  e,  ß.  pütor  . . .  stanck  ,  unflat ,  ut  .  .  .  ilie 
unzeitigen  regen  fügen  dem  erdreich  stanck  und  unflat  zu. 
Corvinus /oh» /a<.  524'' (.».aKr/i  Luiher  tinterh,a  undh,e)\ 
also  auch  konipts  manchmal,  dasz  die  winderiUger  uinb 
Unlust  unnd  stancks  willen,  so  ausz  grosser  menge  an 
engen  orten  entstehet,  verendert  werden.  Kirchhof  mUit. 
discipl.  201 .    vgl.  ferner  4,  c. 

d)  stank  gutem  geruch  entgegengesetzt:  meinen  sie,  ich 
sey  so  verstopfter  nn.se,  dasz  ich  stank  und  wohlgcrurli 
nicht  von  einander  scheiden  könne?  Schuhart  liei 
SrHAUSZ  Scliubarts  leben  i,  2m.  so  aurJi:  er  (finl/ian)  hftt 
gar  ainon  guoten  stnack,  aber  der  sniack  ist  den  scliad. 
die  stankes  gewonet  sint.  MKuKNiiERn  867,  17.  —  und  winl 
sinnrk  für  gut  poriirh  sein.  Jes.  8.84.  vgl.  HiI'PKI.  4.  lof, 
(Irbensl.),  vgl.  auch  A.  GryI'HIUR  untere,  n.  sprichmirtlich 
(bildlich):  so  hlllc  Ich.  c.  f.  g.  wollten  ein  gnKdigH  «iiire  .  .  . 
auf  diese  schule  halten,  auf  welche  der  tcufel  ein  scheel 
und  ungnädigs  aug«  hat,  und  helfen,  dasz  er  nicht  müsse 


825 


STANK 


STANK 


826 


seinen  stank  hie  zum  baisam  machen.  Luther  br.  5, 5*0 

(vgl.  5,a). 

e)  stank  mit  angäbe  seines  Ursprungs,  womit  zugleich 
qtialitäfsunterschiede  bezeichnet  icerden: 

a)  von  toten  körpem.  leichen  oder  aas: 

der  werlde  vreude  über  al 
ist  als  ein  unvletich  stal 
mit  stänke  an  vulem  ase. 

pofs.  119,  41  Sahn  (».  auch  vnter  b) ; 

din  lip  enhat  detiein  lit 
im  si  stank  und  f&le  mit. 

Heinr.  V.  Neustadt  vieio  Phü.  116  Singer; 

da?  ie  gewärde  in  keiner  stat  . . .  solch  sterbe,  solch  stank 
von  den  totin.  Schönbach  pred.  l,  119,  30;  und  jre  er- 
schlagene werden  hingeworffen  werden,  das  der  stanck 
von  jren  leichnanien  aufTgehen  wird.  Jes.  34,  3;  noch 
stanck  der  leib,  das  niemands  bleiben  kondte,  ...  und 
man  hatte  vier  grosse  pfannen  vol  Wacholder  beren, 
damit  man  reucherte,  . . .  noch  gieng  der  stanck  herfür. 
Luther  tischt.  3i5*'; 

was  diesen  schnöden  leib  betrifft, 

wird  nichts  an  jhm  als  stanck  und  gifft, 

wie  schön'  er  vormals  war,  gespüret. 

Opitz  poeterei  ».  47  neudr.; 
sol  leichen-schwerer  stanck  vor  unsem  Weyrauch  gehn? 

A.  Grvphius  1,  40  (Leo  Armen.  2,  5,  r.  537); 
kein  elephante  kan  so  scheu  und  furchtsam  thun, 
wenn  er  die  maus  erblickt,  als  mancher  sich  erschüttert, 
so  bald  sein  eckler  mund  den  stanck  der  cörper  wittert, 
die  um  ein  gottes-haus  in  ihren  cammem  ruhn. 

GCnthbr  677. 

s.  ferner  pass.  unter  3,  ft;  A.  Gryphius,  3,g;  P.  Gerhardt, 
4,  c;  ScRivER  unter  5,  h. 

ß)  von  faulem  fleisch,  geschtcüren,  unmden  u.s.xo.: 
rangor  . . .  ein  stanck  von  verfaulten  oder  unschmeckenden 
fleisch.  CoRViNus  fons  lat.  538».  —  unde  (dem  kranken) 
vervallent  sich  gerne  diu  naslocher  so  hart,  daj  er  chüme 
den  stanch  gehaben  mach,  arzneib.  s.  156,  21  Pfeiffer;  es 
wuchsen  auch  maden  aus  dem  verfluchten  leibe,  und 
verfaulet  mit  grossem  schmertzen  .  . .  und  stanck  so  übel, 
das  niemand  für  dem  stanck  bleiben  kundte.  und  der 
sich  vor  düncken  lies,  er  rürete  an  den  himel,  den  kundte 
niemand  tragen,  umb  des  unleidlichen  stancks  willen. 
2  Macc.  9,  9/.;  so  in  Verbindung  mit  eiter  oder  faule,  meist 
in  vergleichen,  bildem,  oder  sonst  in  freierer  iceise:  sie 
(die  vemunff)  gehet  daher  unnd  sihet  lieber  die  schöne 
purpur  des  reychen  maus,  denn  die  wunden  des  armen 
Lasars,  sie  sihet  lieber  eyn  gesund  schon  mensch  unnd 
stopfft  yhr  naszen  zö  für  dem  stanck  seyner  wunden. 
Luther  10,  3,  187,  23  Weim.  ausg.;  darumb  auff  das  die- 
selben wunden,  eiter,  stanck,  sünd  etc.  von  uns  genomen 
würden,  sehr.  1,27^  (Jenaer  ausg.); 

wir  sind  an  bösen  wunden  krank, 

voll  eiter,  Striemen,  kot  und  stank. 

Gerhardt  ».  10,  82  Gödeke; 

ich  bin,  du  weist  es,  von  natur  , 

voll  eiter,  stanck  und  beulen, 

und  niemand  kan  mich  ausser  dir 

vom  sünden-aussatz  heilen.    Günther  84; 

ähnlich  auch: 

die  straffen  sind  das  saltz,  damit  man  abewehre, 

dasz  gute  zucht  sich  nicht  in  ßul  und  stanck  verkehre. 

LOGAU  3, 184,  63. 

y)  von  menschlichem  oder  thierischem  auswurf,  kot,  vgl. 
J.  Böhme  unter  g: 

np  dat  nu  kond  Varan  vertfissen  dit  gebreck, 

und  driven  wech  den  stanck  van  dem  verborgen  dreck. 

Laurbmberg  fcfirizged.  2,  370; 
dat  müste  jagen  wech  den  stanck  van  siner  schmite.    380. 

S)  geruch  aus  dem  munde,  von  faulenden  Speiseresten 
in  den  zahnen  oder  infolge  von  Verdauungsstörungen  .•  chumt 
der  stanch  niht  von  den  zenden,  so  ist  der  mage  aller 
erswom.  arzneib.  148,  3  Pfeiffer;  der  mirr  hat  auch  die  art, 
dag  er  . .  .  dem  mund  seinen  stank  benimt  und  macht 
den  wolsmeckent.  Megenberg  370,30; 

und  wenn  der  atbem  auch  den  stanck  an  sich  genommen 
so  würd',  als  ausz  der  scbacbt  dir  schmecken  zeen  und  maul. 
Scherkfer  Grob.  $.  14. 

«)  auch  sonst  wird  dem  geltenden  leibe  stank  zugeschrieben, 
besonders  von  dem  scharfen  geruch  der  achselhöhlen :  des 
(myrfen  )paums  dürren  pleter  benement  den  stank  under 
den  üecbsen   und  anderswä  an  dem  leib.  Megenberg 


333,8;  stanck  unter  den  acbseln  zu  vertreiben.  Coler 
hatisb.  (1680)  2,  144*  am  rande;  vgl.  auch  nl.:  stanck  der 
ockselen,  vel  ocksel-stanck,  hircus,  virus  alarum,.  Kilian 
2,  62°i^. 

^  in  älterer  geistlicher  spräche  und  dichtung  wird  zu- 
sammenfassend dem  menschlichen  leibe  im  allgemeinen  stank 
zugeschrieben;  vgl.  4,  c.    zugleich  in  der  bedetUung  a: 

die  läge  {aufgeid,  s.  theü  6, 61),  so  du  giebst,  ist  warlich  klein 

und  schlecht, 
ein  leib  voll  faul  und  stanck,  und  also  heists  mit  recht: 
das«  offl  ein  kleiner  zins  den  grösten  wucher  {nämlich  den 

himmel)  traget. 
Günther  815  ('auf  das  absterben  eines  sttidiofi"). 

vgl.  auch :  kanstu  nu  solchs  an  deinem  leibe  leiden,  das 
er  dir  einen  stanck  machet,  ehe  du  dich  umbsihest. 
Luther  32,381,8  Weim.  ausg.  (scÄr.  5,  383'') ,  sotcie  stank- 
balg, -fasz  (2),  -haus,  -sack.  —  besonders  entwickelt  sich  stank, 
icenn  menschen  in  engen  räumen  eingeschlossen  oder  gar 
gröszere  menschenmassen  zusammengedrängt  sind.  s.  Kirch- 
hof zu  ende  von  c;  femer:  ich  lies  den  stanck  von  ewrem 
heerlager  in  ewre  nase  gehen.  Amos  4,  10 ;  in  gefäng 
nissen:  also  schied  ich  ab  in  mein  loch,  darinnem  ich 
meuse  und  stancks  gnug  hab.  Luther  3,414»; 

wie  viel  sind  in  dem  stanck  der  kercker  hingegangen? 

A.  Gryphius  1, 149  {Cath.  v.  Georg,  i,  17). 

in  die  übertragene  bedeutung  (5)  übergehend: 

ez,  was  s6  gröz  nie  ein  stat, 

sie  wser  von  drisec  Juden  sat 

Stankes  und  ungelouben.    Sei/r.  HdU.  2, 1089. 

sprichicörÜich  (bilMich) :  mancher  will  nicht  riechen,  wie 
er  stinckt.  hat  den  schnuppen,  dasz  er  nicht  riecht,  was 
er  in  seinem  hausz  für  stanck  hat.  Lehmann  (1642)  l,  717, 4; 
nd.  anner  Iflde  stank  uprflken  möten  'von  anderer  leute 
unreinigkeiten  beschwerde  haben'.  Dähnert  457**. 

ij)  stank  ton  thieren .-  eine  vornehme  frau,  die  lebt  sonst 
sehr  prächtig  und  kostbar;  allein  in  ihrem  zimmer  ist 
ein  stanck  von  hunden,  dasz  man  eher  einen  schinder. 
als  etwas  rechtschaffenes  da  suchen  softe.  Weise  err»,. 
*.  167  neudr.;  besonders  von  bocken,  so  sprichwörtlich:  oh 
schon  der  bock  ausz  dem  hausz  ist,  so  bleibt  doch  der 
stanck  noch  darinnen.  Lehmann  (1642)  l,  717,  9.  besonders 
geht  in  dertnhd.  dichtung  vom  drachen  oder'tcurm'st&nk  au-t  • 

der  wurm  was  starc  unde  gröj : 

das  ^'ur  im  Ü5  dem  munde  schöj. 

im  half  diu  hitze  unde  der  stanc.    Itcein  3843 ; 

der  wurm  was  an  in  komen 

mit  einem  stänke  den  er  bUes.      Dietr.  flucht  1625; 

die  vullete  so  der  ubele  stanc 

der  von  des  trachen  ademe  trank. 

pass.  280,  6  Hahn; 

d)  nidor  . .,  der  geruch  oder  stanck  von  etwas  das  ge- 
brandt  wird,  als  haar,  feder,  rei  aduatae  odor.  Ck>RViNOR 
fons  lat.  431*'. 

t)  stanck  ausz  der  erden,  m.  puanteur  qui  sorte  de  ferre. 
HuusiUS  306»;  vgl.  deutsche  chron.  2,93,1  unter  f. 

x)  von  allerlei  mineralischen  und  chemischen  Stoffen :  da-s 

arme   bergkleut  in   gruben  und  hütten  viel  bösz  w^tter 

köblichten    stanck    (von    kobalt) .    kalte    dempfe,    feucht 

prodem,  gifftig  rauch  inn  sich  ziehen.  Mathesius  Sar.  3»; 

sie   brennen  drüben  kalk  in  der  grübe,   der  stank  rieht 

im  winde  weit   umher.   Immermann  Münchh.  2,  59  (3,  9). 

dazu  eomposita  tcie  schwefelstank  (theil9,2iMt): 

die  höUe  schwoll  von  schwefel-stank  und  säure. 

Göthe  41,  253  (Faust  11,4). 

f)  üble  tcirkungen  des  stanks: 

da;  der  stanc  nicht  mute  sie.   Ludw.  kreuzf.  5723; 

der  stanck  macht  mir  gleich  heisz, 
und  treibet  mir  ausz  den  angst  schweisz. 

H.  Sachs  5,  349». 

stank  wird  geradezu  als  tödlich  bezeichnet:  en  hellevur  nt 
der  erde  brach  . . .  it  gaf  so  groten  stanc,  van  deme  der 
lüde  vil  starf.  deutsche  chron.  2,  93,  1 ;  t'^^ .-  wer  seinen 
gesunt  haben  wolle,  der  sol  wonen  da  gesunder  und 
frischer  lufTt  sey  und  sol  sich  vor  pösem  smack  hütten 
wo  er  mag.  wann  wer  von  stanck  siech  wirt  dem  ist 
nicht  müglich  zuhclffen.  Ortoi.ff  v.  Bayrlant  4»;  und 
besorg,  das  dein  gewaide  von  dem  stänke  entricht  werde 
(ne  ob  foetorem  pessimum  vexentur  viscera  tua).  Stein- 
höwel  Esop  (1487)  5S^  ».  entrichten  1,  theil  3,  584.  vgl, 
Kirchhof  unter  4,  d. 


827 


STANK 


STANK 


828 


g)  verbale  ausdrücke:  stank  geht  auf,  *.  Jes.  34,3  uitd 
LuTHEK  fischr.  Sib^  unter  e,  a;  äJnilich: 

dasz  kein  halb  faulend  aasz  so  grausam  riechen  kan, 
wenn  sich  der  bange  stanck  bey  heissem  tag  erhebet, 
und  durch  die  schwere  lufft  mit  siechen  dünsten  schwebet. 
A.  Gryphius  1,  317  (Carol.  Stuardiis  4,  161). 

stank  zieht  umher,  a.  Immehmann  ttnfer  e,  x.  (vgl.  genes. 
9, 14  unter  2,  g.)  —  stank  geben,  s.  deutsche  chron.  2,  81,  3. 
93, 1  unter  2,  b  und  3,  /;  stank  machen,  anrichten :  so  ihm 
ja  der  erden  kinder  zu  rauhe  wären,  und  wolten  einen 
stanck  anrichten,  darmit  es  ein  loch  hätte,  und  könte 
den  stanck  und  grobheit  weg  stossen,  und  machet  ausz 
dem  vorhoffe,  welches  der  magen  ist,  einen  auszgang  und 
loch  .  . ,  so  wird  ein  darm.  J.  Böhme  drey  principia  161 
(cop.  14,  27) ; 

es  rieht  der  tropff  ein  stanck  drinn  an, 

das  ich  bey  ihm  nicht  bleyben  kan. 

Ackermann  «.  48  Holstein  {Thob.  1107). 

a.  ferner  Luther  unter  e,  ^.  5,  b  und  besonders  5,  c.  (stanck 
gebern,  a.  Heinr.  v.  Hesler  utiter  h,b:  stank  blasen, 
Dietr.  flucht  1625  unter  3,  e,  tj  ;  ügläggen,  Diut.  3,  24  unter 
2,a;  hinter  sich  lassen,  s.  5,  a.  c;  stank  zufügen,  s.  Cor- 
viNUS  unter  c.)  —  stank  an  (sich)  nehmen  s.  Scherffer 
unter  e,  S.  —  stank  in  sich  ziehen,  s.  Mathesius  unter 
e,  X,  gewöhnlicher  einatmen ;  mhd.  stanc  enphähen,  liden, 
haben,  *.  die  beispiele  unter  b;  nhd.: 

die  Zimmer  unterscheiden 
versüszens  (die  bienen)  mit  genich, 
sie  stank  noch  wüst  erleiden. 

Spee  truizn.  98  Balke  (23,  227). 

dafür  gewöhnlich:  stank  nicht  leiden  können,  s.  Coler 
untere,  stank  fliehen,  meiden  {mit  bezug  auf  f):  stanck 
soll  man  meiden  in  Sterbenszeiten.  Coler  hausb.  (1680) 
2,  309*  am  rande; 

{du  heiliger  geisC)  fleuchst  hingegen  schand  und  sUnden, 

wie  die  tauben  stank  und  mist. 

Gerhardt  nr.  23,  36  Oödeke. 

stank  vertreiben,   wegjagen,   benehmen,   s.  die  beispiele 
unter  e.  y.  S.  e.    (stank  aufriechen,  *.  e,  ^  zu  ende.) 
4)  stank  geht  zuweilen  in  eine  concretere  bedeutiing  über. 

a)  in  der  alten  spräche  von  wohlriechenden  dingen,  räucher- 
werk, a.  2,  d. 

b)  von  dem,  ums  übel  riecht,  ao  zunächst  von  luft,  die 
mit  üblen  gerüclien  erfüllt  ist;  von  der  abstracteren  ge- 
brauchaweiae  nicht  atreng  zu  acheiden.  hierher  besonders 
die  zu  anfang  von  3,  g  zusammengestellten  ausdrücke, 
ferner  mit  aynonymen:  es  steht  schön,  wann  man  in  ihre 
Studierstuben  kömmt,  und  nicht  weisz,  ob  man  in  einer 
bauer-schencke,  oder  in  einem  wachhause  ist,  vor  rauch 
und  stancke.  Weise  erzn.  a.  157  neudr.; 

wohnen  in  bösem  lufft  und  stanck,  .  .  . 
bringen  den  tod  vor  rechter  zeit. 

Kirchhof  wendunm.  l,  148  Orterley  (1, 116). 

hierher  gehört  auch  stank  für  furz,  vgl.  5,  /. 

c)  dann  auch  von  featen  oder  flüssigen  gegenstünden,  die 
geatank  entwickeln;  übelriechendes  ding:  Ascheic.  saht  ock 
{acht  auch),  wos  ich  gefungen  (gefunden),  rieht  ock,  wie 
wull  reuchts.  Domr.  pfuy  weg  mit  dem  stanck,  un- 
saubrer narr!  Gryphius  dornro8el6,n  Palm  (;i.  auf zug). 
meist  in  Verbindung  mit  aynonymen :  wenn  sie  nun  hin- 
kamen ,  den  schätz  zu  besehen ,  fanden  sie  stank  und 
unrath  im  topf.  MusÄus  volkam.  1,43  Heinpel  {liübez.  4); 
von  venoeaendem  {vgl.  8,  e,  a) : 

ja,  in  dem  fleische,  das  hier  stirbt 
und  in  dem  stank  und  kot  verdirbt, 
da  werd  ich  gott  inn  sehen. 

Gerhardt  nr.  188,48  Oödeke; 

von  kot.  vgl.  S,e,y  und  J.  Bühme  unter  9,g:  wenn  uns 
polt  nicht  solche  natur  cini^cpflantzt  bette,  so  lies  man 
die  kinder  ynn  yhrcm  stanck  verderben.  Luther  2i,  614,  26 
Weim.  auag.  (^  #c7»r.  4, 196*);  überhaupt  vom  men.ichlichen 
leibe  {vgl.  8,  e,  C):  ja,  sie  sind  glicdcr  der  kirchcn,  gleich 
wie  Speichel,  rolz,  citer,  schweis,  mist,  härm,  stanck, 
grind,  hlnttern  . . .  des  leibs  glieder  sind.  Lutiikr  6, 64*>; 
(die  kriegnleuf)  liegen  im  unflat,  wu»t,  leuscn  und  stanck 
durch  einander  und  über  einander.  Kihciihoi'  milit. 
ditcipl.  116; 

der  mansch  kompt  her  atmx  schleyin  unnd  stanck, 

was  will  tr  dann  stoltzipren  lang.    Lrmman  (1648)  166,  86. 

rf)  *o  aueh  in  der  volktaprarhe,  z.  b.  altmiirkiach :  *watt 
wist  mil'n  stank?  ■*  ««m  vnlUt  du  mit  dem  übelriechenden 


dinge*  auch  der  stark  riechende  käae  heiszt  vorzugsweise 
stank;  sön'n  oll'n  stank  mag  ick  nich'.  Dan  neu,  209*. 

e)  dann  überhaxipt  als  ausdruek  der  schlechten  qualität 
mit  zurücktreten  der  geruchsvorstellung  {zu  5  überleitend) : 
stanck,  werden  diejenigen  häringe  genennet,  welche  gar 
nichts  nütze  sind.  Zincke  öcon.  ^ea;.'-^  2800;  'so  nennen  dir 
Holländer  den  hering,  welcher  ganz  und  gar  nichts  taugt. 
Jacousson  4,  157»,  vgl.  7,  427»  und  Stankhering,  freier . 
die  butter  ist  wahrer  stank,  stank  rauchen,  schlechte», 
übelriechenden  tabak,  auch  stanktabak.  Krünitz  169,652. 
vgl.  stanktabak  und  -staken,  soteie  stänker  i,  d. 

5)  stank  in  typischem,  freierem,  und  übertragenem  ge- 
brauche. 

a)  stank  der  hölle  von  dem  brennenden  schicefel  und 
pech,  vgl.  höllenstank  {s.  auch  unter  3,fund  b,g)  und 
schwefelstank,  theil  9,  2404  und  oben  3,e,  x:  und  vürte  sie 
in  ein  vil  vinster  bös,  da  was  inne  der  ergiste  stank  der 
immer  mochte  sin.  Schöniiach  pred.  l,  108,  3.  dalier  redet 
der  dichter  die  gefallenen  engel  an: 

war  umb  lieszent  ir  dag  golt 

und  wart  dem  stank  und  miste  holt? 

Heinr.  v.  Neustadt  gottet  zuk.  2346  Singer. 

iti  der  volksvorstellung  vnrd  dem  teufel  stank  zugeschrieben, 
insbesondere  dasz  er  stank  hinterläszt.  icenn  er  ver- 
schwindet; so  schon  ahd.  stanc  {diabolus  relinquens)  foeda 
vesügia,  s.  Graff  6,  697;  worbey  zuvermelden  ist,  dasz 
der  teufel,  als  Suantevits  des  abgottes  tempel  im  fewr 
auffgieng,  in  die  lufft  davon  geflogen  ist,  unnd  einen 
bösen  stanck  hinter  sich  gelassen  hat.  Micräi.ius  altes 
Pommerl.  1,255.  vgl.  auch:  {da)  weich  der  teuffei  von  jr 
und  flöhe ,  und  der  tode  leib  viel  stracks  darnider  mit 
eim  grossen  stanck.  Luther  tischr.  212*.  häufig  bei 
Luther  in  freierem  und  bildlichem  gebrauche :  der  teufel 
versiegelt  allwege  sein  ding  also,  und  lesst  einen  stanck 
hinder  sich.  3,  357'^  (23, 162,  4  Weim.  ausg.) ;  aber  also  mus 
der  teufel  jmerdar  seine  Weisheit  mit  dreck  versiegeln, 
und  stanck  hinder  sich  lassen,  das  man  ja  mercke,  er 
sey  dagewesen.  444'';  der  teuffei  gehet  sanfft  ereyn  und 
fehet  süsse  an,  aber  hernach  lest  er  seynen  stanck  hinder 
sich  und  gehet  säur  hynaus.  23,  505, 18  M'eim.  ausg. ,  der 
teuffei  . .  .  brauchet  dazu  solcher  Schleicher  und  winckel- 
prediger,  auff  das  er  durch  dieselbigen  im  winckel  mause, 
einen  stanck  hinder  sich  lasse  und  darnach  das  maul 
wische  und  davon  gehe.  28,  473,  l ;  tu  autcin  animadvertc 
insidias  Sathanae  scripturam  introducentis.  er  lest  ge- 
wisz  eyn  stanck  hynder  yn.  29,  60,  14;  fürt  scripturam, 
sed  er  wird  sein  stanck  hinter  sich  lassen.  61,9;  dann 
auch  auf  mensclien  übertragen:  {sie)  thun  eben,  als  wenn 
ich  einen  grüsset,  und  er  sich  umbkeret  und  donnerte 
mit  seim  hindern,  und  gieng  also  davon,  wolan,  sie  sollen 
nicht  also  davon  lauffen,  und  den  stanck  hinder  sich 
lassen,  ob  gott  wil.  sehr.  3,505»;  jch  wil  dir  gewis  bürge 
dafür  sein,  das  kein  rotten  geist  komen  wird,  er  sols  so 
versiegeln  und  ein  stanck  hinder  sich  lassen,  das  man 
sehe,  das  der  teuffei  da  gewesen  sey.  88,  516, 10  Weim.  attsg. 
nd.  'mit  dem  stänke  rUinen:  einen  geatank  hinter  sich 
lassen  :  sich  beym  abschiede,  oder  zuletzt  noch  schlecht  auf 
führen,  und  dadurch  sein  atidenken  stinkend  machen', 
brem.  wb.  4, 1037.  —  allgemein  stank  (und  unflal)  des  leufels: 
so  sol  dir  dafür  grawen,  als  für  dem  crgstcn  stanck  und 
unflat  des  teufeis.  Luther  6,  76»;  das  sie  imer  des  tcuffels 
stanck  und  unflat  fressen  müssen.  38,457,16  Weim  nusg.; 
dem  teufel  seinen  stanck  fürhalten,  tischred.  225»  «wi  randr 

b)  damit  iat  vericandt  die  der  geistlichen  spräche  gelätifii/' 
auwendung  dea  icortea  stank  auf  die  aiinde  u.  iihnl.  {vgl 
Günther  unter  8,  e, /9):  die  sündo  ist  ein  stank  da  von 
die  sunderc  stinkende  sin.  Schönhach  pr«/.  i,  87,  i.i: 
stanck  ausz  seinem  buscni.  Lu  i  her  tischr.  176»  am  randr 
ein  ongel  rcisete  mit  einem  altvntor  über  land,  als  ►!■ 
nun  für  ein  faules  stinckcndes  uns/,  inustcn  fürübcr  gehen, 
hielt  der  nien.'<ch  maul  und  nase  zu,  und  fragte  dm 
engel,  wunun  er  nicht  der  (ticichen  IhHfe?  der  unfworlrt 
dieser  stanck  tliut  uns  eii|2i>lh  nichts,  aber  wann  di' 
menschen  in  sünde  wider  das  gewissen  fallen,  dn-^  lO 
der  stanck  und  unflUligo  geruoh,  der  um  verlx  ' 
S«;hiver  atrlenach.  (lf.»i)  »00; 

se  got  und  di  liriligin  hrginnini  rpirn 
gein  demc  »lankn  ir  unrnnokrido. 

fundfjr.  'i.  i.'H'  .'U  "Inr  iunnttf.  ofrirM'i . 


829 


STANK 


STANK 


830 


nd  g§t  an  der  sünden  stanc. 

Warnung  3209  {zeiUchr.  f.  d.  alterth.  1,  526); 

die  sunde  sulchen  stanck  gebirt 
davon  die  luft  entreynet  wirt. 

Heinr.  V.  Hesler  apolcal.  23019; 
kein  räucherwerck  verdonst  der  sünden  stanck  und  wüst. 

Fleming  22  (cf.  51.  p».). 

vgl.  auch:  darumb  wollet  jhr  frommen  Christen  .  . .  betten 
und  busse  thun,  .  .  .  dasz  wir  doch  unserm  lieben  herr- 
gott  nur  ein  trotzischken  kertzlin  oder  Weyrauch  anzün- 
deten, weil  alle  weit,  papisten,  rotten,  epicurer,  edelleute, 
bürger,  bawern,  etc.  so  viel  stancks  anrichten,  die  frey 
dahin  leben,  nach  jhres  fleisches  lust.  Luther  fiscÄr.  i.tO"; 
denn  in  diesem  kupffern  unnd  blutigen  bauch  {dem  röm. 
reich)  war  viel  mordens  und  blutvergiessens,  vil  stancks 
und  Unflats,  vil  greulicher  brunst  und  Unzucht.  Mathe- 
8IUS  Sar.  85''; 

uns  hat  das  schendtlich  bapsts  geschwürm 
...  in  jm  teuSels  dreck  versenckt, 
das  wir  baldt  (schand  ists,  das  mans  redt) 
jm  stanck  und  unflat  angebet. 

B.  Waldis  Esop  3. 100,  60. 

c)  in  ähnlicher  Übertragung  wird  stank,  besonders  in 
verbalen  fügungen,  einen  stank  machen,  anrichten,  er- 
wecken, für  üble  nachrede,  Verleumdung  oder  auch  misz- 
helligkeit,  zank  gesagt,  vgl.  geruch  1,  g,  theil  i,  1, 3749,  und 
stänkerei,  stankmaul,  so  schon  mnd. .-  effte  en  denre  in 
unse  selschop  .  .  .  enen  van  unse  selschop  vorhonede.  . .  . 
de  sulke  stucke  offte  stanck  mit  willen  maken.  quelle 
bei  Schiller-LCbben  4,362''.  nhd.:  auffs  ander,  ist  das 
auch  ein  recht  ertzbubenstück,  uns  zu  verunglimpffen,  . .  . 
'las  sie  einen  stanck  über  uns  machen  wollen  bey  frembden 
and  unbekandten.  Llther  5,290'';  vgl.:  aber  der  rhum 
wil  nicht  lange  wehren,  und  wird  einen  stanck  am  ende 
hinder  sich  lassen.  217'' ;  {sprichwörtlich,  mit  durchgeführ- 
tem bilde :)  wenn  einer  über  ein  andern  ein  stanck  macht, 
so  rieht  er  den  säwen  ein  pancket  an,  dasz  sie  all  zum 
schleck  kommen.  Leikman  (1642)  s.  721,  55;  wann  einer 
ein  stanck  macht,  so  macht  er  den  säwen  ein  schleck, 
die  gern  mit  ander  leut  unflat  das  maul  schwäncken, 
dem  ists  ein  lust,  wann  sie  materi  haben.  718,  20; 

kritik  heiszt:  sachlich  eine  sache  packen, 
und  nicht  persönlich  seinen  stank  t>eigeben. 

LiLiENCRON  11,  238  {Poggfred  12). 
zank  und  stank: 

noch  bist  du  {Zinetracht)  wieder  aus  der  hölle  .  .  . 

in  dieses  adle  reich  gestiegen, 

hast  meine  Teutschen  heissen  kriegen, 

hast  neuen  zank  und  stank  erwecket. 

S.  BiRCKEX  teutscher  kriegg  ab  zug  (1650)  «.  4 
(40  =  80  «.  7). 
ähnlich:      unser  sauer-sQsses  leben 
ist  ein  apothecker  tranck, 
da  vermischte  ruh  und  stanck, 
herb'  und  sUsz',  ein  grauen  machen. 

Fleming  375  (304,  57  Lappenberg). 

auch  in  freier  Übertragung  von  unglück:  ich  bin  ...  ge- 
fangener, der  sich  schämt,  mit  dem  stänke  seines  schik- 
sals  seine  freunde  anzuekeln.  Schubart  bei  Strausz 
Schtibarts  leben  2,  281.  —  so  sagt  man  in  lebenden  mund- 
arten  stank /ür  verdrusz.  s.  Schm."^  2,771 ;  in  Stiege  schtänk 
verdrusz,  ärger,  zank.  Liesexberg  204;  vgl.  auch:  'alle 
stank  kumt  van  di:  du  bist  der  einzige  urheber  dieser 
zänkerey,  dieser  bösen  händeV.  brem.  wb.  4, 1037. 

(l)   stank  für  undank;    sprichwörtlich,    in   Osnabrück: 
stank   is  myn  dank.   Strodtmann  341  {danach  Campe); 
Undank 
ist  ein  gemeiner  stank.    Simrock  10634. 

so  auch  verbunden:  ja,  was  hab  ich  nu  darvon  als  stanck 
und  undanck.  A.  Gryphius  i,  784  {Horribilicr.  2,  s.  33 
neudr).  daher  die  weitverbreitete  redewendung :  stank  für 
dank  (haben).  Simrock  9813,  vgl.  Wander  4,776,3/.,  an 
deren  beliebtheit  getcisz  der  reim  seinen  antheil  hat:  man  hat 
heut  zu  tage  nur  stanck  an  statt  danck,  del  benfare  non 
*i  hä  hoggidi  che  mal  merito.  Kramer  dict.  2,  978''  {der  in 
allen  andern  beispielen  das  in  dieser  formel  unübliche  ge- 
Btanck  liat;  vgl.  gestank  5,  theil  4, 1,4202).  litteraturbelege : 
daher  kömmt  es,  das  offt  die  besten  Verdienste,  vor  dank, 
zulezt  stank  erndten.  Butschkv  Pathmos  s.  689;  man 
darf  heutiges  tages  ja  nicht  blosz  auf  den  nutzen  einer 
Sache  sehen,  sondern  man  musz  auch  allezeit  wohl  er- 
wägen, ob  die  mittel  . .  .  den  beyfal!  der  menschen  haben, 


sonst  erndtet  man  stank  für  dank,  und  höhn  für  lohn. 
Stilling  ZeJe»2, 102; 

sind  wüste  kerl  die  bauem, 
die  geben  stank  für  dank ! 

MöRiKE  ged.^  314  {gute  lehre). 

in  mundarten.  besonders  nd.-mittelfr.,  s.  G.\ngler  429 
{luxemb.  de'  stank  fir  den  dank  kreen,  'undank  ist  der 
weit  lohn").  Hönig*  173".  brem.  icb.  4, 1037.  Schütze  4, 187. 
Dähnert  457''.  Danneil  209*.  nd.  korrespondenzbl.  21,  36 
{Hamb.).  auch  • 

stank 

ist  des  teufels  dank.    Simrock  sprichw.  9814. 

vgl.  dazu  die  formel,  tcomit  sich  der  tetifd  im  altdeutschen 
dratna  bedankt: 

Lucifer.  des  hebbe  stank,  myn  leve  kumpan! 

ßedentiner  oftergp.  1389; 
werliken,  du  bust  ein  vramer  man, 
du  schol[t]  groten  stank  han!    1429; 
Fedderwisch  des  saJtu  habin  stang ! 

zeitechr.  /.  d.  alterth.  7,  580  {Friedberger 
pasfionsgp.). 

e)  stank  steht  überhaupt  zur  bezeichnung  von  etwas  wert- 
losem, verächtlidiem  und  widerwärtigem,  zunächst  in  ver- 
gleichen :       gj.  gjg  ^^cgrtiiche  ere)  vloch  als  einen  stanc, 

gotes  hebe  in  vollen  twanc. 

Leipz.  handfchr.  des  13.  jahrh.  (veterb.) 
bei  Dief.-Wülcker  862; 

das  solch  hertz  frölich  werde  und  gegen  dieser  brflder- 
schafft  alles  was  in  der  weit  ist  verachte  als  eitel  unflat 
und  stanck.  Luther  28, 459,  15  TTeim.  a««^.  dann  wird 
auch  die  weit  und  was  in  ihr  ist,  geradezu,  als  stank 
bezeichnet:    je  länger  ich  hier  walle, 

je  wenger  find  ich  lust, 

die  meinem  geist  gefalle; 

das  meist  ist  stank  und  wüst. 

P.  Gerhardt  nr.  103,  80  Gödeke. 

besonders  im.  vergleich  mit  göttlichen  dingen :  du  aber  wisse, 
das  dis  die  rechte,  heilige  und  göttliche  werck  sind,  . . . 
dagegen  alle  menschliche  heiligkeit  stanck  und  unflat  ist. 
Luther  4,  400'';  sihe  wie  die  lieben  marterer  so  schend- 
lich  sind  umbbracht  und  dennoch  jtzt  so  erfur  leuchten, 
das  alle  weit  dargegen  ein  lauter  stanck  ist.  32,  435,  36 
Weim.  aiisg.;  vgl.  auch  oben  28,  459  und:  'ego  sum  deus 
tuus',  sol  ein  solche  freud  machen,  das  wen  himel  und 
erden  eitel  golt  und  sylber  were,  sol  eitel  stanck  sein. 
27,371,4.  so  bei  Luther  gern  von  den  Zusätzen  der  römischen 
kirche  zum  worte  gottes:  wie  wir  des  bapst  lere  haben 
müssen  angreiften,  die  uns  mit  jrem  stanck  und  unflat 
die  schrifft  verderbt  hat.  32,  355,  40  Weim.  ausg. ;  da  müssen 
wir  .  .  .  erbeiten,  das  wir  solchen  stanck  fegen  und  rein 
machen.  356,  9  {vorher:  die  reine  lere  haben  besuddelt 
mit  jrem  garstigen,  ...  ja  teufflischem  zusatz).  s.  auch 
stankklick.  —  etwas  ist  ein  stank  vor  einem,  in  dessen 
Schätzung:  gold  und  edelgestein  ist  für  der  weit  prechtig, 
aber  für  gott  ist  es  ein  stanck.  Luther  2,  356';  an  b 
anschlieszend :  wer  aber  . .  .  andere  heiligkeit  suchet,  der 
ist  eitel  stanck  und  grewel  für  gott.  5,  503'';  will  {du)  dich 
zuvor  durch  dich  selbs  rein  machen,  und  den  Christum 
dahinden  lassen,  so  machestu  dich  nur  zwifeltig  unreiner, 
ja  einen  schendlichen  grewlichen  unflat,  und  stanck  für 
gott.  6,75''.  so  auch  {vgl.  c):  das  der  bapst  . . .  solch  leste- 
rung  thar  unverschampt ,  und  öffentlich  begeren,  als 
weren  eitel  klotze  in  Deudschemlande ,  und  auff  dem 
reichstage  eitel  äffen,  dazu  alle  fürsten,  die  es  mit  treiben, 
das  sie  bey  unsern  nachkomen  ein  ewiger  stanck  sein 
sollen,  dafür  man  speien  und  göcken  müsse.  5,  75'';  können 
nicht  mehr  denn  jderman  verachten,  affterreden,  urteilen 
und  verdamnen,  und  mus  alles  stanck  und  unflat  sein, 
on  was  sie  selbs  thun.  32,  321,  11  Weim.  ausg.  —  diese 
icendungen  gehören  der  altem  geistlichen  redeweise  an ;  doch 
findet  sich  ähnliches  auch  in  neuerer  zeit,  z.  b.:  da  ein 
groszer  monarch  sich  nicht  wie  ein  Schulmeister  in  jeden 
stank  mischen  dürfe.  Treitsciike  d.  ^rcscA.  5,  249  {in  jede 
kleinigkeit,  zugleich  mit  dem  nebensinn  des  verdrieszlichen, 
vgl.  c  und  die  häufige  redensart  seine  nase  in  jeden  dreck 
stecken). 

f)  daher  frühnhd.  auch  zur  Verstärkung  der  negation 
{ico  wol  von  der  bedeutttng  'ßatus  ventri'  auszugeJten  ist); 
so  in  der  Verbindung: 


831 


STANKART— STÄNKEN 


STANKER 


832 


hyet  ich  dy  kUnigin  zw  einem  weib 

und  eratr  Hansen  von  Diernnstain  leib  .  .  . 

so  gSb  ich  umb  all  werlt  nicht  ainen  stanck. 

quelle  bei  Schm.*  2,  771 ; 
wan  das  rechtbuoch  ist  geworffen  under  den  bank, 
man  geeb  darumb  nit  ain  stank. 

des  teufds  näz  8939. 

g)  auf  menschen  angewandt  begegnet  stanc  einmal  mJid. 
in  einem  von  a  ausgehenden  ausdttick: 
sin  munt  unreinet  den  luft, 
er  füler  stanc  der  hellegrufti     Sei/r.  Häbting  2,  388. 

sonst  nur  im  neuem  nd.:  du  stank,  als  Schimpfwort  zu 
kindei-n.  Däuneht  457*"; 

dor  keem  'ne  fru  ut  M&kelborch, 

dce  säd'  to  de  mieskatt  goden  morgen. 

de  mieskatt  säd'  wol  schönen  dank, 

tööf,  du  oll  mäkelbörger  stank. 

WossiDLO  ilecklevb.  volksüberl.  2, 1813. 

eigenthütnlich  ist  mnd.  stank  für  eine  menge  von  menschen 
(vgl.  oben  3,  e,  Ji):  in  dusser  stede  (lenigum)  plecht  iarlicks 
an  dem  dage  Viti  eyn  groet  stanck  geesllicher  luede  vor- 
gadderen,  dar  de  hillige  geest  mit  groter  macht  in  wercket, 
bynamen  de  uther  tunnen  blest.  queUe  bei  Schiller- 
LÜBHEN  4,362'». 

6)  ein  adjectivisches  stank  'ekel,  dem  da  ekelt,  gleichsam 
etwas  stinkend  vorkommt,  fastidiosus'  kennt  die  brem. 
mundart,  doch  wol  nur  in  Wendungen  tvie  de  bester  stank 
voren,  'das  vieh  bis  zum  überdrusz  womit  füttern',  dafür 
auch  stänksk ,  ik  hebbe  'r  mi  al  stänksk  in  geten .  'ich 
habe  es  so  oft  und  viel  gegessen,  dasz  es  mir  zum  ekel  ist', 
brem.  wb.  6,  344.  damit  hängt  jedenfalls  stänken  4,  d  und 
stänkern  4,  c  zusammen,  (iiordthür.  in  demselben  sinne 
stanz,  sich  stanz  essen  an  etwas.  Kleemann  22».  IIehtel 
sprachsch.  233.) 

STANK  ART,  m..  s.  stankhart. 

STANKBALG,  m.:  o  spotte  nu,  wer  spotten  kan,  der 
elenden,  verstockten  leute,  die  solche  elende  götter  (näm- 
lich menschen)  haben,  und  jren  gottesdienst,  müssen  einem 
madensack,  und  stanckbalg  erzeigen.  Luthek  5,58». 

STÄNKEN,  verb.  gesfank  erregen,  l)  das  wort  ist  eine 
gemeingerman.  causa tivbildung  zu  stinken,  7iat  aber,  wie 
dieses,  in  den  vei'schiedenen  german.  sprachen  stark  ab- 
weichende,  bedeutungen  entwickelt  und  ist  nirgends  sehr 
üblich  geworden:  got.  gastagqjan  anstoszen  (Luc.  4,  ll); 
altn.  stokkva  ver<rei6en;  sprengen.  Cleasuy-VigfüSSON  603», 
vgl.  auch  Delbrück  Synkretismus  96,  ebenso  altschwed. 
staenkia  (be)sprengen,  schwed.  stänka,  dän.  stsenke;  so  auch 
aga.  stencan  spargere,  daneben  im  sinne  von  keuchen  Bos- 
•WORTII-TOLLER  916». 

2)  im  deutschen  in  deutlicher  beziehung  zu  stank  und 
stinken,  doch  nur  ganz  vereinzelt  bezeugt,  ahd.  stenchan,  -in 
»uffire.  flagrare.  Graff  6,  696  (vgl.  stank  2).  die  Vorstellung 
des  üblen  gei-uchs  seit  dem  mhd.,  doch  begegnet  das  wort 
hier  nur  in  Einern  glossar  und  in  einem  litteraturbeleg,  vgl. 
Lexek  ÄÄJtdtcft.  2, 1176;  /ettore . . .  stencken.  Dief.  ^ios*.228''; 

wes  sitzest  dfi  sG  nähen 
bl  hohes  kttneges  eiten? 
pfü,  pfey  I  du  stenkest  in  (maehgt  ihn  verachtet  f 
vgl.  stank  5,  c).    Frauenlob  415, 10. 

eine  andre  transitive  bedeutung  ('durch  gestank  vertreiben') 
scheint  in  einem  nd.  belege  des  16.  jahrh.  vorzuliegen :  drey 
burger  . . .  haben  do  ins  kloster  mit  gewalt  gewolt  und 
zu  der  Vorgengirschen  gesagt:  wirstu  uns  und  andere 
nicht  mehr  hereinlassen,  so  wollen  wir  einmal  kommen 
und  wollen  die  nunnen  herauszer  stengen  und  schmöken 
(räuchern),  sie  sollen  gott  dancken,  das  sie  heraus/  kommen 
mögen,  d,  atädtechron.  27,  160,  11  (Seb.  Langhaus  hist.  v. 
Magdeb.  18M — 6).  daneben  intransitiv,  kaum  von  stinken 
vertchieden: 

Veloria  rnlTt  jhrer  Jugend  mit  MufTzen,  wann  aie  an  sie  denckt, 
•ie  aber  lluucbt  Je  mehr  zu  rflcke,  weil  Jen  im  seufTxen  etwas 
■tänckt.     Looau  8,  148,  68, 

vgl.:  Ktänken,  für  gestank  erregen,  stAnkem.  Lesbino 
6,844.  WF.iNiioLt>98^  stäncken  o^ n«2wr^orm (ustänckcrn 
(».  dieMä)  verzeicJinet  Khamf.»  diet.  9,  978«.  »o  femer  in 
tutammenaettungen.  «.  bestänken,  «.  M.  1, 1666;  durch- 
»ilknken.  theilt.iet»;  A/rt^«r  erstänken  ,  mit  gestank 
erfiUlen.  s.  theil  8, 9M;  weitere  belege:  die  andern  waren  . . . 
banchdicncr  . . .  und  wU*te  grewel,  die  land  und  leut, 
uiiü  den  tompcl  golles  bescbtneisten,  und  mit  Jrer  Bchcl 
uiercy  erslencktrtcn.  MAiiiicHit'h  .SVi > .  h.'i'* ; 


derhalben  sagt  msui  recht  vom  neid, 
er  .  .  .  sei  wie  ain  stinckendes  fasz, 
welchs  alls  erstänck,  was  man  drein  fasz. 

Fischart  2,  228  Kurz  (kehrab  524); 
du  must  in  sorgen  stehn, 
das  es  zu  letzte  dir  niöuht'  in  die  bUxen  gehn, 
und  wurdest  vom  geruch'  jhr  gantzes  hausz  ersläncken. 

ScHERiFKK  Grob.  29, 
vgl.  theil  3, 994  (hier  fälsclilich  unter  erstänkern  gebucht)  und 
Drechsler  W.  Scherffer  a.2i9,  sowie  Schöpf  un/er  3.  — 
wenn  Luther  einmal  timlautloses  (stinken  und)  stanken 
bietet,  so  liegt  hier  wol  eine  momentane  neubildung  (doppe- 
lung  mit  abtaut)  vor:  dawider  hillTt  kein  rotzen  noch 
husten,  kein  köcken  noch  speien,  kein  stincken  noch 
stancken.  6,  24''. 

3)  mundartlich  besonders  im  süddeutschen,  doch  lassen 
sich  die  gebrauchs weisen  nur  theilweise  zu  den  vorstehenden 
in  beziehung  setzen,  so  tirol.  stinken  machen;  die  ganze 
stub'm  derstenk'n.  Schöpf  707;  kämt,  stönkn,  stfenkem, 
stinkend  machen;  eine  alte  saclie  wieder  aufrühren;  un- 
stfenkn,  reizen.  Lexer  241;  steir.  stänken  für  schrift- 
deutsches stänkern  (vgl.  das.),  besonders  'durch  stichellieder 
am  tanzboden  zu  gegenliedern  herausfordern'.  Unger- 
KHULL570»;  tirol.  Unfrieden  stiften.  Hintner  231.  (diese 
Verwendung  scheint  also  auf  das  österr.  alpengebiet  be- 
schränkt.) 

4)  sotist  finden  sich  ganz  abweichende  bedeutungen,  die 
jedenfalls  andern  Ursprungs  sind. 

a)  tirol.  stenken  bedeutet  auch  'vieh  in  ein  fremdes  gut 
zur  weide  treiben'.  Schöpf  707,  oder  'init  einer  lierde  einen 
Weideplatz  oder  ein  fehl  allztiseJir  abgrasen'.  Hintner  231. 
die  ersterwähnte  gebrauclisweise  auch  in  schtiftlichen  quellen  .- 
hingegen  aber  solle  von  seite  der  gemeinde  Obermarkt 
das  viech  stenken  am  Koggeln  und  so  weiter,  was  der 
Untermarkter  gemeinde  zugetheilt  ist,  genzlich  verbothen 
sein,  tirol.  weisth.  2, 150,  anm.  20  (handschr.  v.  1819). 

b)  im  Schwarzwald  stänken  für  stecken.  Schmid  507. 

c)  westerw.  stänken,  'genau  durchsuclien,  vielleicht  nach 
einer  von  den  hunden  entlehnten  figur'.  Schmidt  231,  vgl. 
stankern. 

d)  nd.  in  der  Altmark  sick  stänck'n  'beim  raschen  essen 
den  mund  gemissermaszen  verstopfen,  wobei  dann  sehr  leicht 
ein  theilchen  der  speise  in  die  luftröhr e  gelangt  und  ein 
krampfluiftes  husten  entsieht.  2.  zu  viel  von  einem  geiicht 
essen  und  dadurch  einen  widerunllen  gegen  diisselbe  be- 
kommen. Dan  NEIL  209».  die  grundbedeutung  ist  offenbar 
'stopfen'  (vgl.  jedoch  stänke),    so  schon  im  ie.jafirh.: 

mitt  beer  kann  men  dy  nümmer  stencken  (gättigen) 
dartho  den  pott  nicht  lullgenoch  schenckn. 

Omichhjs  Dämon  n.  I^thias  6, 1, 

s.  Wiechmann  Meklenburgs  altnieder sächs.  Ut.  2,  93,  vgl. 
ScHiLLER-LüBBEN  4,  888.  dafür  in  Hamburg  und  Bremen 
stengen  den  Schlund  verstopfen,  von  speisen;  sick  stengen, 
toürgen,  s.  Righey  891.  brem.  wb.  4, 1027.  a.  auch  (zweites) 
stänkern  4,  c. 

STÄNKER,  m.  der  stank  macht,  stinkende  peraon  odei 
sacke;  zanker.  eine  bihhing,  die  erst  7ihd.  seitdem  n.  jahrh 
und  zuerst  bei  schlesischen  autoren  begegnet  (xufi-ühe.tt  bn 
ScHiCKFUSZ,  1625,  s.  8),  falls  nicht  folgende  glosse  schon 
hierher  gehört:  fetidus  stankchär.  Dief.  nov.  gloss.  172' 
(ulph.  wb.  V.  Math.  Kranheybel  ue  Praw  vom  j.  1502 
lexikalisch  zuerst  gebucht  von  Krämer  teutsch  ital.  wh. 
(1678)1001'',  1(7?.  Weioand  2,  796/.  mundartlich  wol  überall 
verbreitet,  ohne  abweichungen  dei-  form,  scJttoeiz.  stänke  r 
IluNZiKER  855  U.S.W.,  s.  Unten;  audi  nd.  stänkcr  Dan 
NEIL  209»,  stenker  ten  Doornkaat  Koolman  8,810»'. 
jtänk(e)r  BauerCollitz  98''. 

l)  der  stinkt,  im  eigentlichen  ainne:  stänker  . . .  o/i(/»(>. 
foetidus.  Stielkr  2170;  oberhesa.  schdenger  aHnkeudn 
mensch  oder  gegenständ.    Crkcki.iur  805.    Albrecmt  216*. 

a)  von  menschen  kaum  mler  höclistetis  in  niedriger  sprerh 
treiae  gebräuchlich:  stänckcr  (der)  homo  foetena.  Stein 
BACH  8,769.  Frisimi  2,819'';  'ao  wird  ein  atinkender  odet 
einen  gestank  machender  mensch  im  gemeintn  Ubett  ein 
stänkcr  genannt.'  ADKi.fNd  (l);  'man  vtrateht  gtwUhnlirh 
darunter  einen  menschen,  der  aehr  aehmutxig  und  unnin 
ist.  und  eine  icegen  dieses  schmuttea  aehr  übdriechrnd' 
uusdünsiung  hat.  auch  jemand,  der  aeinen  blähungen,  dn^ 
magrn  und  gediirmwinden,  freien  lauf,  aie  tur  öffrnilidi 
keif  kommen  liiazt,  erhlilt  diesen  namen.'  KhüNI'I'Z  16».  <>:>.' 


833 


STANKER 


STANKERBOCK 


834 


in  Posen  'einer,  der  stank,  gestank  verursacht' .  Bernd  292.  — 
von  einer  leiche:  auf  dem  feuer  lag  die  leiche  eines  ur- 
alten gänzlich  vertrockneten  gockelhahns,  welcher  schon 
ein  wenig  brenzelte.  neben  ihm  aber  lag  ein  bildschönes 
Weibchen  von  kaum  sechzehn  jähren.  ...  sie  geberdete 
sich  aber  wie  besessen  und  wollte  durchaus  verbrannt 
sein  mit  ihrem  alten  stänker.  Keller  i,  63.  —  in  freier 
Übertragung  von  einein  schlechten  dichter: 

mit  bösem  vogel  abgelöst  enteilt  das  schif, 

und  trägt  den  stänker  Mävius  (ferens  olentem  M.). 

Voss  Horaz  (1806)  1,  319  (epod.  10,  2). 

anders  geicendet  iji  der  ebenso  vereinzelt  bezeugten  bedeti- 
tung:  diese  alle  (gerber,  schuster,  kürschner  u.  ä.)  werden 
spotts weise  sudler  und  stäncker  {cerdones;  souillons,  gens 
de  saie  et  vüain  mestier)  genand.  Com enius  Jan««  (1644)  508. 

b)  häufiger  von  thieren,  und  zwar  besonders 

a)  vom  litis.  Adelung.  Nemnich  :  sie  {die  Iltisse)  stincken 
aber  sehr,  absonderlich  wo  sie  hin  pissen,  darumb  werden 
sie  auch  stäncker  genennet.  Täntzer  jagdgeheimn.  (1682) 
134»;  es  ist  ein  böses  ding  .  . .  und  stincket  greulich,  wo 
es  hinpisset,  dahero  wird  es  ein  stäncker  genennet. 
Fleming  t.  jäger  {m^)  iil'^;  es  stincket  nicht  nur  wo  es 
hinpisset,  greulich,  sondern  auch  sein  balg,  welcher,  wenn 
das  thier  .  . .  zur  brunlTtzeit  gefangen  wird,  den  gestanck 
immerzu  behält,  dahero  es  auch  ein  stänker  genennet  .  .  . 
wird.  Zi.NCKE  öcon.  lex.'^  1302.  so  noch  thür.  (Hoffmann 
V.  Fallersleben).    vgl.  stänkermart,  -ratz. 

J3)  im  Erzgebirge  für  einen  bock.  Albrecht  216*. 

•/)  nordfhür.  für  den  vnedehopf.  Kleemann  22*. 

c)  stänker  .  .  .it.  axungia,  alias  wagenschmier.  Stieler 
2170;  stäncker  . . .  assongia,  unto  da  carri.  v.  wagenschmier. 
Kramer  dict.  2,  979»;  stäncker,  siehe  wagenschmier. 
Zincke  öconom.  lex.^  2796;  in  einigen  gegenden,  z.  b.  in 
Meiszen,  tlieer  oder  uagenschmier.  Adelung;  so  auch  thür. 
(Hoffmann  v. Fallersleben);  «-zgreft. stenkr Göpfert 53 ; 
preusz.  birkenteer  Frischbier  2,  362».  ferner  kommt  der 
schwartze  theer  oder  stäncker  geflossen,  welcher  nachher 
in  einem  grossen  kessel  zu  peche  gekocht  wird.  Döbel  3, 66*". 

d)  nach  Krünitz  169,652  für  'eine  sehr  eingeschmirgelte 
tabakspfeife' ;  in  Leipzig  {und  tcol  auch  sonst)  von  schlechtem 
tabak.  Albrecht  216».  —  auch  von  stark  riechendem  käse; 
vgl.  stänkerkäse. 

e)  mit  Übergang  in  die  locale  bedeutimg ;  so  in  dergauner- 
spräche  für  stall.  Ave-Lallemant  4,  610. 

/)  abstracter  für  furz.  vgl.  stankhart:  lachete  Aber 
einen  stäncker,  den  sein  narr  gelassen,  zeitvertreiber  (1668) 
vorr.  a  9». 

2)  von  menschen  geicöhnlich  in  einem  bestimmten  über- 
tragenen sinne,  vgl.  stank  5,  c:  stänker...  it.  altercator, 
jurgiosus,  contentionis  ctcpidtis.  Stieler  2170;  stäncker  . . . 
it.  met.  attaccabrighe.  turbafesta.  gall.  trouble-fete. 
V.  stincker.  Krämer  dict.  2,  978<=  (i^r^  stänkerer);  conten- 
Üoaus,  rixostis.  Steinbach  2,759.  Frisch  2,819";  'eine 
peraon,  welche  gern  unnütze  Streitigkeiten  anfängt,  ein 
Zänker,  ingleichen,  welche  durch  Verhetzung  Uneinigkeiten 
unter  andern  stiftet;  auch  nur  im  gemeinen  leben.'  Ade- 
lung (3).  in  der  studentenspr.,  vgl.  Kluge  127'*,  zuerst 
im  'idiotikon  der  btirschenspr.'  v.  1795:  stänker  heiszt  ein 
solcher,  der  nicht  ohne  Streitigkeiten  leben  kann,  der 
daher  jede  kleinigkeit  anwendet  um  streit  zu  erregen. 
die  Streitigkeiten  heissen  daher  stänkereien  und  streiten 
oder  zanken  stänkern,  ein  solcher  mensch  läszt  ueberall, 
wo  er  hinkommt,  einen  Übeln  geruch  hinter  sich,  und 
jeder  flieht  vor  ihm.  studentenspr.  in  Halle  105.  so  auch 
in  mundarten,  ausdrücklich  angegeben  bei  Hintner  231 
(ymruhe-stiffer).  Schmidt  231  {streitsüchtiger).  Hönig2i73''. 
Crecelius  805  ('ein«  händel  verursachende  und  dazu  hetzende 
peraon').  Jecht  108».  Albrecht  216*.  Anton  12, 5.  Wein- 
hold 9B^.  Bernd  292  {'einer  der  stank  und  stänkerei 
d.  h.  zank  und  streit  liebt  und  bei  jeder  gelegenheit  rer- 
anlaszt'),  in  Berlin  Brendicke  178»;  nd.  Danneil  209*. 
Bauer -CoLLiTZ  98^  Klein  2,  166  {'ein  zanksüchtiger', 
Hüdeah.).  170  (stenker  'einer,  der  gerne  händel  anfängf,  in 
Bayern,  Jülich  und  Berg),  in  Preuszen  mit  latinisierung 
stankarius  'person,  die  Unwahrheiten  aussprengt,  thatsachen 
\eittateUt  und  dadurch  stank,  verdrusz.  Unannehmlichkeiten 
[veruraacfW,  s.  Frischbier  2,362*.  dasz  gerade  diese  be- 
Ideutungsnuance  bei  stänker  vmherrschend  geworden  ist, 
X.  8. 


beruht  jedenfalls  auf  dem  lautlichen  anklang  {reim)  an 
Zänker  {vgl.  die  belege).  —  die  belege  aus  dem  17.  jdhrh. 
stammen  ausschlieszlich  aus  schlesischen  und  benachbarten 
aut&ren;  in  dem  ältesten  ist  die  bedeutung  nicht  klar,  doch 
nach  ma^zgabe  der  andern  wol  ebenso  zu  nehmen:  doch 
werden  allhier  die  krippenreuter  {schmarotzer,  vgl.  th.  5, 1451 
und  2327),  stäncker  und  knoblochsgäste  gar  nicht  ver- 
standen, welchen  der  herren  .  . .  scharffe  patenta  neben 
jhre  tische  zu  guter  warnung  hiemit  angehefftet  werden. 
Schickfüsz  schles.  chron.  4,  39  {vgl.  dazu  Gombert  bem. 
u.  erg.  5,  20/.);  dasz  offt  die  ärgsten  zäncker  und  stäncker 
denen  unschuldigsten  und  frömsten  leuten  überlegen  seyn, 
und  dasz  mancher  an  statt  gesuchter  satisfaction  sein 
leben  in  die  schantze  geschlagen.  Weise  erzn.  (1673)  37 
{s.  22  neitdr.);  Soldaten,  so  im  felde  tapffere  leute;  im 
qvartier  aber  stäncker,  mauser  und  böse  fruchte  seyn. 
Butschky  Pathmos  s.  532;  lasset  euch  nicht  mehr  ge- 
lüsten dergleichen  Widerwillen  zuerregen,  denn  wo  wider 
klage  kommen  solte,  wird  man  euch  als  einen  stäncker 
aus  der  compagnie  stoszen.  Ettner  unw.  doctoreos;  ju,  ja 
Baaltzer  ist  a  rechter  stencker.  mei  versturbner  man 
hotte  auch  immer  händel  mit  em.  G.  W.  Keller  das  im 
sprichic.  redende  Schlesien  (l722)  168''  bei  Wander  4,777; 
stänker,  in  der  niedrigen  spräche  so  viel  als  zänker. 
Lessing  5,344  {wb.  zu  Logau,  vgl.  unten);  denn  es  wird 
dem  reichsfiscale  leicht  begreiflich  zu  machen  seyn,  dasz 
nur  sie  und  ihres  gleichen  die  stänker  sind,  welche  den 
groll,  den  die  im  deutschen  reiche  geduldeten  religions- 
partheyen  gegen  einander  doch  endlich  einmal  ablegen 
müszten,  nähren  und  unterhalten,  lo,  247;  ich  zähle  auch 
diejenigen  unter  die  zänker  und  stänker,  welche  drohen 
und  groszthun  ohne  einen  gegner  vor  sich  zu  haben. 
Bode  Montaigne  4,  iOO;  endlich  noch  andre,  die  man 
querelleurs  (stänker)  nennt,  suchen  vorsätzlich  gelegen- 
heit zu  persönlichem  zanke.  Knigge  Umgang  mit  tnenschen 
1, 143;  konsul  Buddenbrook  sagte  von  ihm:  'Hinrich  Hagen- 
ström  ist  aufdringlich  mit  seinen  Schwierigkeiten'  . . .  und 
Johann  Buddenbrook  fügte  hinzu:  'ein  oller  stänker!' 
Th.  Mann  Buddenbrooks  l,  82; 

der  zweymal  achte  kommt,  und  der  ist  nur  ein  zäncker, 
ein  gantz  unruhig  kopff,  ein  auszbund  aller  stäncker. 

ScHERFFER  GrobiancT  (1640)  88; 

Pallas,  wie  bist  du  so  kühn, 
miter  stenker  dich  zumischen? 
schrekkt  dich  nicht  das  kriegsgetön, 
und  sein  cyclopaeisch  preschen? 
ged.  (1652)  444  {'der  vneinigkeitg-göttin  bratä4ted'); 

den  stänker  (Mars)  musz  man  lassen.    483. 

einen  buhler,  einen  zäncker, 
einen  balger,  einen  stäncker  .  .  . 
hat  in  dem  man  zu  erkennen, 
den  man  musz  versoffen  nennen. 

Logau  l,  221, 11; 

Popiel  {zu  einem  ratsherm,  der  Uagtschriflen  bringt). 
gieb  her,  worzu  ist  dieser  tand, 
es  sind  unnütze  zäncker. 
was?  meinen  diese  stäncker, 
man  hab  anjezt  nichts  an  der  band. 

A.  Gryphius  1,  631  {Piastvs  2). 

3)  eine  andre  bedeutung  bieten  die  älteren  Wörterbücher: 
stänker,  et  stenker,  der,  propr.  olfaciens,  odorans,  et  aus- 
stänkerer,  subodorans,  indagator.  ausstänkerinn ,  die, 
indagatrix.  Stieler  2170  {vgl.  ausstankern,  theil  1,983); 
'eine  person,  welche  aus  vorwitz  alles  durchsticht  oder 
(f urcAstänkert ,  im  gemeinen  leben  und  verächtlichen  ver- 
stände.' Adelung  (2).  so  jetzt  in  mitteld.  mundarten: 
oberhesa.  'einer,  der  alles  ausschnüffelt  und  verdrieszliche 
dinge  anfängt'  Crecelius  805  {scheint  mit  2  vermischt); 
thür.  dafür  stänkerfritze,  -mard  {in  Altenburg).  Hertei, 
sprachsch.  233.  diese  bedeututtg  ist  nicht  aus  den  vor- 
stehenden abgeleitet,  sondern  beruht  auf  dem  {ztceiten)  verb. 
stänkern,  stänkern. 

4)  im  Schwab.  Oberland  stänker  'armsdieker,  dürrer 
ßrhtenstämmlittg ,  an  dem  die  äste  nicht  abgehauen,  son- 
dern ringsum  nur  zugestutzt  sind,  und  der  in  den  boden 
gesteckt  icird,  um  auf  dem  felde  flachs,  getreide,  klee  etc. 
daran  aufzuhängen  und  zu  trocknen'.  Schm.*  2,  771,  der  es 
zu  stänken  4,  b,  stecken,  stellt. 

STÄNKEHBOCK,  m.  bezeichnung  des  tiegenboeka  wegen 
.'»eines  ge^lnnks,  vgl.  stänker  1,  &,  ,5: 

53 


835    STÄNKERBÜCHSE  — STÄNKEREI 

auff  solche  weis,  als  ich  bin  kommen  rein  geschlichen, 
kan  ich,  und  jhr  mit  mir,  hinausz  auch  wieder  kriechen, 
wann  jhr,  wie  ich  gethan  hab,  euch  all'  auch  bequemt, 
und  von  dem  ubeln  fett'  des  stänckerbockes  nehmt. 

DiETR.  V.  D.  Werder  Arioet  17,  ih; 
und  als  er  dieses  uns  halt'  offenbart,  do  kamen 
wir  alle  her,  so  wol  wir  männer,  als  die  damen, 
und  brachten  so  viel  umb  der  alten  stänckerböck. 

4fi  (tanti  becchi  5H). 
so  jetzt  thür.  Hertel  sprachsch.  233;  erzgeb.  §tenkrbuk 
GöPFERT  53.  dann  auch  berl.  schtänkerbock  'stinkender 
mensch'.  Brendickf.  178*. 

STÄNKERBÜCHSE,/.,  zu  stänken,  c-  stäncker-büchs,/. 
bossolo  da  assongia  da  carri.  Kramer  dict.  2,  979». 

STÄNKEREI,  /.,  verbalabstracttim  zu  stänkern,  das  be- 
nelimen  eines  stänkers,  vgl.  diese. 

1)  im  eigentlichen  sinne,  zu  stänker  1 :  stänckerey  (die) 
foeditas,  graveolentia.  Steinbach  2,  759;  'ein  erregter  ge- 
stank ;  im  gemeinen  leben  und  ohne  plural.  eine  stänkerey 
anrichten.'  Adelung  (l).  kaum  gebräuchlich,  {nd.  stän- 
kerije  'ein  erregter  gestank.  it.  händel.  zänkerey'.  brem.  wb. 
4,1037;  ebetiso  altmärk.  stänkert  Danneil  209».) 

2)  getoöhnlich  zu  stänker  2,  vgl.  auch  stank  5,  c-  stäncke- 
rey, /.  contrasti,  brighe,  contentioni,  liti  attaccati  apposta 
e  senza  soggefto  da  un  humore  diabolico.    stänckerey  an- 
richten.  Krämer  dict.  2,  979»  {schon  in  der  ausg.  v.  1678, 
s.  Weigand  2,796);   stänkerey,  et  stenkerey,  die,  if.  die 
stenkerung,  et  das  stenkern,  propr.  eadem  signißcatione 
qtui   stank,   et  stinkung,   metuph.  autem  litem,  jurgium, 
altercationem,  contentionem,   et  pugnam  notat.     stänkerey 
anrichten,   concire   turbas,   concitare  rixam,   Utes  serere. 
nachtstänkerey,  ^rroÄsatto  nocturna.  Stieler  2170;  stäncke- 
rey ...  it.  rixae.     er  richtet  stänckerey  an ,  contentiones 
excitat;  über  dieses  richtet  er  keine  stänckerey  a.n,  praeter 
hoc  ad  rixam  neminem  concifat.  Steinbach  2,  759;  stän- 
kerey, vulgo  rixae,  contentiones.  Frisch  2,319";  'ein  zank, 
unnützer  streit,  besonders  ein  unter  andern  ohne  noth  ver- 
wsadites  gezänk;  auch  nur  im  gemeinen  Zei»en.'  Adelung  (3), 
vgl.  ScHM.*  2,  771,  soivie  stinkerei,   speciell  in  der  Studenten- 
spräche ,  s.  stänker  2  (idiotikon  der  burschenspr.  1795)  und 
zeitschr.f.  d.  wortf.  1,  49.    in  mundarten:  österr.  dö  schden- 
garai    Casteli.i  234;    icesterwäld.  stänkerey    'streit,    rau- 
ferey   etc.     üblicher   im  plur.     syn.  v.  stänkige   hännel'. 
Schmidt  231;    in  Köln  streit,   Wortwechsel.   Honig*  173''; 
oberhess.  schdengerei  Creceliüs  805;  in  Posen  Bernd  293; 
nd.  stänkerije   brem.  wb.  4,  1037,    stänkeri    Danneil  209» 
(«.  unter  l).    vgl.  auch  Klein  2, 170.  —  die  belege  aus  der 
litteratur  beginnen   mit  dem  anfange  des  17.  jahrh. .   vgl. 
GOMBERT  bemerk,  u.  erg.  3,  2.  5,  20,    U7id   deuten   auf  her- 
kunft  des   worts  aus  der  Studentensprache:   {schüler.   die 
komödien  aufführen)  lernen  saufen  und  fressen,  .  .  .  geJien 
gassatum,  hawen  in  die  steine,  richten  stenckerei  ahn, 
werden  ins  lock  drueber  gesteckt,  quelle  v.  1602  bei  G.  0. 
Fischer  gesch.  des  gymn.  Andreanum  (Hildesh.  1862)  s.  13; 
das  hoflebens   achte  ich  nun  nicht  mehr  hoch.  .  . .  viel 
stänckereyen  gehen  dafür,  und  ist  die  redlichkeit  wenig 
zuspüren.  Philander  1,519;    allerhand  stenckcreien  an- 
fangen. J.  C.  Dannhawer  catechismus  milch  2, 155  {Strasz- 
bürg  1646),  8.  Alemannia  13,  55;    Magnificus  . . .  seyd   ihr 
gestern  bcy  diesen  losen  handeln  mit  gewesen,  so  zu  nacht 
geschehen ?  ...  Amundua ...  ich  trage  gantz  keine  beliebung 
zu  dergleichen  stänckereyen.  Schoch  stud.  leb.  (1657)  L  2» 
(6,  5);  wan  der  jung  herr  Veitl  vom  allten  herr  Veitl  hat 
solln  gfeuchtelt  werden,  weiln  er  tänd  und  stänckereyen 
auir  der  gaszn   hat  angfangn   und  den  nachbersleuthen 
allerhand  schabernackel  anthan  hat.  tintenfäszl  (l74ö)  B2''; 
weil  es  im  gründe  allerdings  wahr  ist,  dasz  es  mir  bey 
meinen  theologischen  —  wie  du  es  nennen  willst  —  necke- 
reyen  oder  stänkereyen,  mehr  um  den  gesunden  menschen- 
verstand,  als  um  die  theologie  zu  than  ist.  LESSiNr»  is,  48i 
(br.vomM.märtlTH);  er  sei ...  ein  unnützer  quärulant;  ... 
er  möchte  ...  die  staatskanzlei . . .  mit  solchen  plackereien 
and  sULnkereien  verschonen.  Klf.iht  k,  im  E.Schmidt;  ich 
habe  eine  resolution  erhalten,  in  welcher  man  mir  sagt, 
dasz  meine  klage  gegen  den  junker  Wenzel  von  Tronku  eine 
nichtsnutzige  stänkere!  sey.  162 :  hier  finge  der  Ungeschick 
doch  wieder  neue  stünkcrei  an.  \i.kxih  hoten"90f7 {n. kap.); 

lecker,  «pracb  der  ('orydon, 

bistu  (Cupiäoj  toll  von  sinn«nV 

■oll  man  in  aer  kircben  nun 

itftackeny  beginnen.    floMituHa  f7/o(1ft]W)  0  6^; 


stankerer—  stankern 


836 


weil  seine  (des  Mars)  gegenwart  nur  st&nkereyen  mache. 

W.  SCHERFFER  ged.  (1652)  383; 
hat  iemand  zu  stänkerey  heinte  behagen, 
zieh  sich  im  dantzen  nur  einen  tritt  vor, 
kan  er  denn  nicht  gutte  zwey  tuseln  {ohrfeigen)  vertragen, 
schab  sich  nur  angesichts  {sofort)  vor  das  stadt-thor.    41i* ; 
{der  tenfel)  hinterliesz  gewalt'gen  stank, 
seit  jener  zeit  heiszt  solcherlei 
Stadtvolkverhetzung :  stänkere!. 

KopiscH  (1856)  2,  254  {aufruhr  in  Steiidal). 

3)  'die  vorwitzige  dxirchsuchung  fremder  sacfien.'  Ade- 
lung (2),  vgl.  stänker  3  und  stankern. 

STÄNKERER,  m.  findet  sich  gelegentlich  für  stänker 
(2,  als  nomen  a^entis  zu  stänkern  umgebildet):  stäncker, 
stänckerer,  m.  cane  ö  altri  che  infetfa  colla  puzza,  it.  met. 
attacca  brighe,  ttirbafesta.  galt,  troublefete.  v.  stincker. 
Krämer  dict.  2,  978";  er  ist  ein  rechter  stänckerer.  ebenda ; 
das  ist  ein  braver  mann,  sagte  seine  gnaden,  der  gehört 
nicht  zu  den  stänkerern,  die  alles  besser  wissen  wollen, 
als  ich.  Alexis  hosen^^  bl  (6.  kap);  österr.  da  schdengara 
'streitsüchtiger  mensch',  Castelli  234;  ung.  Schröer208»; 
nd.  stank' rer  neben  stänker  Danneil  209». 

STÄNKERIG,  adj..  s.  stänkrig. 

STÄNKERKÄSE,  m.  stinkender  käse.  Frischbier  8, 862«, 
vgl.  stänker  l,  d. 

STÄNKERKATZE,  /.  als  schelte  für  eine  frau.  vgl. 
stänker  2.  (Hoffmann  v.  Fallehsleben.) 

STÄNKERMART,  m.  bezeichnung  des  iltis,  vgl.  stänker 
1,  b.  n  und  stänkerratz,  sowie  mart  unter  marder,  theil  6, 1621. 
ZiNCKE  öcon.  ^ex.' 2796.  Nemnich.  altenb.  stenkermord, 
marder  Pasch  88,  vgl.  Hertel  sprachsch.  2.33.  a.  atuh 
stänker  3. 

STÄNKERMATZ,  m..  schelticort,  vgl.  stänker  2.  (Hoff- 
mann V.  Fallehsleben.) 

STÄNKERN,    verb.    gestank    erregen;    zank    anstiften. 
stänkern   ist   wol  eine   Weiterbildung   des   altern  stänken, 
das  es  verdrängt  hat.    es  findet  sich  zunächst  in  getcissiu 
zusamm,tnsetzungen   und  ist  in  diesen  schon  bei  Luthei; 
nachzuweisen,    das  einfache  wort  hat  zuerst  St iv.i.r.R  {i6*.>' 
verzeichnet,   vgl.  Weigand  2,  797.     die  litteraturbelege  ;/' 
hören  durchaus  der  neuern  zeit  an  {mit  Göthe  beginneiil 
und  enthalten   ausschlieszl ich   die   übertragene   bedeufun 
s.  2.    in  mundarten  icol  allgemein  verbreitet,    vgl.  aucJi  </.. 
folgende  wort. 

l)  im  eigentliclien  sinne :  stänkern,  et  stenkern,  .  .  .  pi-oj>r 
idem quodsiinken,mAliodoris esse.STiKi.F.n2llO;  stänckerii, 
appuzzare.  Kramer  dic^  (1702)  2,  978" ;  ich  stänckere, /w 
forem  edo.  Steinbach  2, 759;  stänkern,  vul^o  foetorem 
excitare ;  foetore  implere.  Frisch  2,319";  'als  das  factifivu m 
von  stinken,  einen  gestank  verttrsachen.'  Adelung  (2\ 
älter  und  häufiger  in  Zusammensetzungen,  für  die  nurh 
allein  litteraturbelege  zur  Verfügung  stehen  •  anstänkern: 
anstäncken,  anstänckern,  o  einstäncken  d  einstänckcrn. 
appuzzare,  appuzzolare;  infettare,  ammorbare,  appestare  di 
puzza  0  di  cosefetide  e  puzzolenfi.  das  zimmer  mit  taback- 
rauch  etc.  anstänckern.  Kramer  dict.  2,9-9*;  anstänkern, 
rulgo  foetore  inficere.  als  zimmer,  kleider,  u.  a.  m.  Frishii 
8,  819".  bestänkern  voll  gestanks  machen  {vgl.  bestänkon. 
theil  1,1655): 

alsz  der  das  httttlein  sah'  ernillt  mit  {autgebroettenen)  nnflals- 

brocken 
80  fasst  er  einen  mutt,  und  setzt  es  gleich  im  stocken^ 
dem  nechsten  nachbar  auff,  das  er  vom  kopIT  abtloss' 
und  ihm  das  rantze  kleyd  bcslänckort'  und  begoss'. 

W.  SniF.HFFER  Oroftton<r  (1640)  «6«; 

wir  werden  .  .  .  aufh&ngen  dich  am  klumpsack, 

und  dir  bestänkern,  wie  dem  bock, 

die  nas'.    Voss  Ärütoph.  8,  819  {PlutM  818). 

1/1  freier  Übertragung:  hiemit  habt  jr  . . .  mein  Ursache, 
warumb  ich  das  lestermaul  Schwenckefeld ,  nicht  hab 
wAllen  hören  noch  jm  antworten,  das  nifigt  jr  .  .  .  dcrip» 
anzeigen ,  die  vieleicht  der  Stenckefeld  {icort-tpielemle 
tuimensentstelluttg)  Wider  mich  bestenckcrt  und  beschmciHst 
{durch  Verleumdung  toider  mich  aufbringt,  vgl.  «tank  5,  o). 
Luther  8,  17»*  (vom  j.  ibu);  er  weis,  das  er  bey  allor 
weit  viel  schendlicher  namon  hat,  und  stinokct  wie  ein 
teufels  dreck...  wolt  er  vieleicht  gern,  das  er  nichl 
alleine  für  andern  so  scheusslich  stUncke,  sondern  auch 
andere  liihlichc  fUrsten  bestcnckern,  ob  man  seines  stanrkt 
daniil  ein  wenig  vergessen  müoht  teider  Hatvt  Woist  N  >• 
(*.  no  nrudr.).    d  u  r  c  h  s  t ä  n  k  e  r  n ,  vgl.  theil  a.  i(W« :  il urch- 


837 


STANKERN 


STANKERN 


838 


stäncken,  durch-stänckem ,  penetrare  affatto  colla  pttzza 
di  cose  fetide.  Kramer  dict.  2,  979*;  ich  durchstänckere, 
foetore  repleo.  Steinbach  2,  759  (geicöhnlich  in  anderm 
sinne,  vgl.  a.a.O.  und  unten  stankern),  einstänkern, 
vgl.  theil  3,  308  und  Kramer  oben  (unter  anstänkern):  ich 
stänckere  ein,/ocforctn/zcio.  Steinbach  2,759;  einstänkem, 
foetore  implere.  Frisch  2,319"=;  da  sich  bei  der  revision 
der  krippen  ergab,  dasz  sie  nicht  schief  standen,  sich 
kein  eingestänkertes  futter  in  denselben  . . .  fand.  Goltz 
jugendl.  2,  25.  er  stänkern,  *.  theil  3,  994  (ico  der  unter  l 
angeführte  beleg  vielmehr  erstänken  enthält,  s.  stänken  2; 
dafür  ist  die  {tnter  2  angeführte  stelle  aus  Mathesius 
Sar.  67'*  als  freie  Übertragung  zu  l  zu  ziehen  und  für  2 
ein  verb  erstankern  anzusetzen ,  s.  unten);  dazu,  in  bild- 
licher anicendung :  meine  unterkötigen  wunden  nnnd  heim- 
lichen scheden  stineken  unnd  eyttem  für  unnd  für,  unnd 
wollen  mich  erstenckern  unnd  umbbringen.  Mathesus 
130.  psalm  B  4*»;  Epicurische  sewe,  die  gehen  für  die  würtz- 
gertlein  füruber,  .  . .  darumb  stossen  sie  jren  rüssel  inn 
lauter  unflat,  und  waten  drinn,  unnd  erstenckern  sich 
unnd  andere  leut  damit,  hist.  v.  Luther  75*.  heraus - 
stänkern  durch  gestank  vertreiben:  denn  das  ist  des 
teufeis  eigen  art  und  ampt,  das  er  seinen  rüssel  in  der 
armen  menschen  sünden  suddelt,  wület,  und  rüttelt,  als 
wolt  er  den  dreck  gerne  so  gros  und  breit  machen,  das  der 
himel  vol  stancks,  und  gott  mit  allen  engein  heraus  ge- 
stenckert  würde.  Lcther  8,  257'*.  verstänkern,  mit 
gestank  erfüllen:  also  dasz  sieh  die  liebliche  lufTt  selbsten 
ob  unserm  elend  und  Jammer  entsatzte,  veränderte  und 
alles  um  uns  herum  verstenckerte,  dasz  schier  niemand 
bey  uns  vorüber  ging,  der  nit  die  nase  zuhielt.  Simpl. 
2, 177,  30  Kurz  (6,  ll);  wann  wir  keinen  mangel  an  wasser 
gehabt,  von  welchem  der  annoch  kleine  rest,  so  ver- 
stänckert  war,  dasz  es  gerochen  wie  die  ärgste  mist-fütze. 
V.  u.  Groben  Guineische  reise  beschr.  (i694)  106;  weil  sie 
(katzen)  durch  ihren  harn  das  haus  verstänkern.  Oken 
7,  1584.  —  in  lebenden  mundurten:  kämt,  stfenkn  und 
stänkern  Lexer  241,  vgl.  stänken  3;  ung.  'mit  dem  licht 
gestank  machen'.  Schröer  208*;  henneb.  'Übeln  geruch  und 
ruf  milchen'.  Frommann  3,  133;  nordthür.  stänkere  'ge- 
stank machen'.  Ki.EEMANN  22*.  ÜERTEi.  sprachsch.  233;  in 
Posen  Bernd  293;  in  Preuszen  Frischbier  2,  362''  ('einen 
Übeln  geruch  von  sich  geben,  gestank  machen,  stänker 
nicht !  ruft  man  kindem  zu,  welche  z.  b.  papier  oder  späne 
anbrennen'),    nd.  s.  Danneil  209».  brem.  id.  i,  1031 . 

2)  in  demselben  übertragenen  sinne  tcie  stänker  2  und 

irol  an  dieses  angelehnt:   stänkern  . . .  frequentius  autem 

(initur  pro  altercari,   concertare,   contendere,   certamina 

>ere,  Utes  movere,  affectare  rixas.  Stieler  2170;  stänekem 
.  .  .  vid.  cercare,  attaccare  brighe  e  quistioni,  metter  fuoco 
in  campo,  turbare  la  quiete,  disturbare  la  bv.ona  ed  amiche- 
col  conversatione.  er  stänckert  gern,  . . .  egli  cerca  h  brighe 
col  lumiccino.  Kramer  dict.  2,  978*=;  'einen  zank,  streit, 
Händel  anfangen,  ingleichen  andere  zu  unnöttiigen  handeln 
reitzen ;  alles  Jiurin  den  niedrigen  sprecharten.'  Adelung  (3); 
s.  auch  d.  idiotikon  der  burschenspr.  (1795)  unter  stänker  2. 
in  diesem  sinne  atich  in  der  neuern  litteratur  (seit  Göthe, 
dessen  stellen  doch  auch  tcol  so  zu  nehmen  sind): 

er  säurt  den  vollen  tag,  macht  schulden  hier  und  dort, 
spielt,  stänkert,  pocht  und  kriecht. 

GöTHB  7,72  {mitschidd.  2,4); 

die  tagdiebe,   die  söffer,  die  faullenzer,  . . .  die  stänkern 
aus  langerweile ,   und   scharren   aus   hunger  nach  Privi- 
legien, . . .  und  um  eine  kanne  hier  bezahlt  zu  kriegen, 
fangen  sie  händel  an.  8,207  (Egm.2);  verblaszter:  was  da 
gestänkert  jetzt  und  geredet  wird ,   Brigitte ,  du  glaubst 
es  garnicht.   Alexis  ho.fen^^  138  (i2.  kap.);   er  sagte  ihm 
(Stein  dem  kaiser  v.  Buszland),  es  sei  ganz  Europa  daran 
gelegen ,   dasz  die  'aufregende ,   stänkernde ,   nothwendig 
♦reulose  politik'  der  kleinen  deutschen  höfe  .  . .  aufhöre. 
:  Rvinus   gesch.  des  \9.  jahrh.  1,285.  —  dazu  composita 
'c  (allenthalben)  herumstänkern;  hineinstänkern 
sonnieren:  die  Stellung  (eines  ministers  ohne  portefeuille) 
~t  nicht  practisch;  nichts  zu  sagen  und  alles  zu  tragen 
haben,  in  alles  unberufen  hineinstänkern  und  von  jedem 
abgebissen,  wo  man  wirklich  mitreden  will.   Bis.marck 
ged.  u.  erinn.  l,  252;  dasselbe  transitiv  (mit  acc.  des  effects): 
er  (Ca7npe)  stänkert  mich   in  feindschaften  hinein,  die 


mich  gar  nichts  angehen,  imd  spekulirt  auf  absatz  durch 
Skandale,  die  ich  gern  vermiede.  Heine  briefvom  3.oJW.l854 
bei  HCffer  ges.  aufs.  177.  —  in  den  heutigen  mundarten 
wol  allgemein  verbreitet,  s.  Schm.-  2,  771.  Höfer  3, 179. 
Castelli  234  (schdengam).  Schröer  208  (3).  Schmidt  231. 
thür.  Hertel  sprachsch.  233  (i,  l).  Kleemann  22».  Al- 
brecht 216*.  Weinhold  gs"».  Bernd  293.  Frischbier 
2,362»».  besonders  im  nd.  ist  'händel  anfangen,  suchen, 
zanken'  jetzt  die  allgemein  herrschende  bedeutung  deswortes, 
s.  Strodtmann  229  (he  stenkert  geem).  brem.  wb.  4, 1037. 
Danneil  209*.  ten  Doornkaat  Koolm.\n  3,310'».  Baüer- 
Collitz  98'»  (stänk[ejr[e]n).  Klein  2,  166  und  nd.  korre- 
spondenzbl.  lO,  43  {Hildesh.).  auch  die  folgenden  gebrauchs- 
weisen  siiid  wol  hierher  zu  ziehen:  kämt.  st6nk(er)n  'eine 
alte  Sache  inder  aufrühren'.  Lexer  241 ;  thür.  ärgern,  reizen, 
anstänkern,  anstiften.  Hertel  spracJisch.  233  (1,3);  tcestenc. 
stänke(r)n,  fortst.  'mit  sichtbarem  widertciUen  oder  mit  bey- 
fügung  eines  oft  derben  venceises  jagen,  forttreiben,  gleichsam 
mit  gestank  entfernen,  entweder  weil  uns  die  person  lästig 
ist,  oder  scMechte  antrage  thut'.  Schmidt  231.  {vgl.  dazu 
stanzen  3.)    r^^.  auch  das  folgende  teort. 

STANKERN,  STÄNKERN,  verb.  tcittem,  spüren,  toühlen, 
Stichen,  das  tcort  ist  ausschlieszlich  nhd.  und  seit  dem 
n.  jahrh.,  in  Zusammensetzungen  seit  demiS.  jahrh. (Luther, 
s.  unten  2)  bekannt,  es  von  dem  voranstehenden  tcorte  abzu- 
trennen,  empfehlt  der  durchgängige  mangel  des  umlauts 
in  den  ältesten  belegen,  gleichwol  liegt  auch  ihm  stinken 
bezw.  stank  in  der  subjectiven  bedeutung  des  geruchsinnes 
(vgl.  stank  l)  zti  gründe,  so  schon  richtig  Stieler  (*.  l) 
und  Adelung  (l):  'als  das  iterativum  oder  intensivum.  des 
activi  stinken,  sofern  es  ehedem  auch  riechen,  den  gerudi 
zu  empfinden  suchen,  bedeutete,  ist  stänkern  eigentlich  den 
geruch  mit  mehrmahliger  und  heftiger  einziehung  in  die 
nase  zu  empfinden,  und  dadurch  zu  entdecken  sttchen, 
xcofür  im  gemeinen  leben  auch  schnobbem  üblich  ist.  man 
braucht  es  nur  figürlich  in  der  niedrigen  »prechart,  für, 
aus  vortoitz  durchsuchen,  in  Meisseti  lautet  es  in  dieser 
bedetttung,  und  vielleicht  richtiger,  stankern',  vgl.  auch 
Wächter  1586:  'a  stenc  (ags.  ==  stank)  posteritas  feeit 
stenkern  et  durchstenkern  olfactu  explorare,  quod  proprie 
quidem  convenit  canibus,  metaphorice  vero  iis,  qui  omnia 
curiose  perquirunt'.  ihm  stimmt  zu  Höfer  3, 179,  während 
ScHMiD  507  das  wort  von  stange  ableiten  will  und  attch 
Adelung  in  deranm.  an  staken,  stochern  erinnert,  s.  ferner 
Anton  4, 12  (van  stank).  12, 6  (von  stange).  Weixhold  93'» 
(weiterb.  von  stangen  im  abl.  zu  stingen).  vgl.  auch 
stänker  3,  stänkerei  3  und  stänken  4,  c. 

l)  das  einfache  wort  ist  in  der  umlautslosen  form  mehr- 
fach bei  schlesischen  autoren  des  17.  jahrh.  bezeugt:  nur 
dasz  hierbei  dies  in  acht  zu  nehmen,  dasz  wenn  man 
solche  umfliegende,  stänkernde  und  summende  bienen 
aus  den  stocken  fliegen  sieht,  es  ein  gewisz  zeichen  sei, 
dass  die  bienen  kürzlich  auszuziehen  in  vorhaben  sein. 
M.  C.  Höfler  bienenkunst  (1614)  133; 

die  matter  sclmurrt  und  purrt, 
in  allen  winkeln  geht  sie  stänkern  rum  und  murrt. 

W.  SCHBRFFBR  QCd.  608; 

man  stänckert  in  dem  grab 
nach  einer  schwängern  fanst. 

A.  Gryphics  (1698)  1,  214  (Card.  «.  Cel.  2,  204); 

dazu:  ich  stänckere,  curiose  aliquid  perscrutor.  Stein- 
bach 2,  667.  schon  vorher  ist  das  wort  in  der  umgelauteten 
form  gebucht:  stänkern,  sive  ausstänkern,  etiam  est 
odorari,  pervestigare.  persentiscere,  subolere,  olfacere  ali- 
quid. Stieler  2170.  so  in  der  litteratur:  denn  ich  besolde 
es  möchte  mir  meine  neugierigkeit  für  ein  verdrusz 
machendes  stänkern  ausgelegt  werden,  avant.  1,158;  nimm 
sie  (deine  mädchen)  um  gottes  willen  vor  den  domherren, 
.  . .  und  vor  den  —  mönchen  in  acht  . . .  lasz  ihnen  weder 
schreiben  lernen,  noch  lesen;  denn  sonst  stänkern  sie 
in  allen  legenden.  ThCmmel  rei>e  7,  44.  diese  form  beruht 
wol  auf  Vermischung  mit  (dem  ersten)  stänkern,  wie  sie 
auch  in  der  bedeutung  deutlich  ist,  vgl.  den  ersten  beleg 
und  z.  b. :  'stänkern  seine  nase  in  alles  stecken,  wohin  sie 
nicht  gehört,  um  dann  die  so  erxcorbenen  kenntnisse  in 
unliebsamer  tceise  tceiter  zu  verbreifen,  auch  soviel  wie: 
kritteln,  nörgeln'.  Hetze L  tri«  der  Deutsche  spricht  298. 
(weiteres  unter  3.)  —  jetzt  ist  stankern  in  der  Schriftsprache 
durch  schnüffeln  verdrängt,  s.  theil  9, 1385/. 

53* 


839 


STÄNKERRATZ—  STAKKETT 


STÄNKEWITZER—  STANKMAUL 


840 


2)  neben  dem  simplex  begegnen  zusavimetisetzungen,  die 
theiltceise  früher  bel^t  sind:  aufstänkern,«.  theili,m 
und  Adelung  (l).  —  ausstankern,  s.  fheill,9SS  {bei 
Lohenstein  und  Chr.  Reutek),  daneben  -stänkern, 
s.  ebenda  (Lessing  12,  148)  und  Stiei.er  2170  (s.  oben): 
einen  anschlag  ausstänkern,  sttbodorari  consilia.  ebenda.  — 
durchstankern,  *.  <A.  2, 1689,  mit  belegen  atis Grupiuvs 
(Card.  4, 340) ,  Prätoiuus,  Neukirch,  Lessing,  dazu: 
zu  dem,  ob  schon  jemand  dieselben  (bücher)  alle  durch- 
stanckert  (durch  kriechet,  perreptet)  so  wird  er  doch  be- 
finden, dasz  er  seinen  zweck  . . .  nicht  erreichet.  Gomenius 
sprachenth.  (1657)  vorr.  as**;  ich  durchstanckere, ^ejroi^ufo. 
er  durchstanckert  alle  bücher.  Steinhacii  2,667;  nach- 
dem ich  den  ganzen  Plinius  gelesen,  und  alle  schmeichel- 
gedichte  der  alten  und  heutigen  poeten  durchstankert. 
Gellert  4,15,  dazu  20:  durchstankert  ist  ein  unflätiges 
wort,  auch  in  der  stelle  aus  Simpl.  liest  die  originalausg. 
(D,  V.  1671,  in  A — C  fehlend):  durchstanckerten,  s.  i,  48, 19 
Kurz,  durchstänkern  ftei  Olearius,  Reinhold,  Les- 
sing (12,  289,  brief  vom  16.  febr.  1771),  s.  a.  a.  o.  durch- 
stänckern,  .  .  .  m^t.  rovistare,  fnigare,  razzolare.  alles 
durchstänckern,  .  .  .  v.  durchstreunen,  beschnauben.  Kra- 
mer diet.  2,  979«.  —  erstankern,  s.  theil  3,  994  (Luther 
8,81'').  —  herumstänkern:  im  hause  herum  stänkern. 
Adelung;  in  allem  herum  stänkern.  Eiselein  577,  vgl. 
unten  3. 

3)  80  auch  in  lebenden  hd.  mundarten,  besonders  ost- 
mitteld.  (dem  nd.  fremd):  Schwab,  durchstänkern,  vornntzig 
ettoas  durchsehen.  Schmid  507;  österr.  stenkern  allerlei 
hervorsuchen,  nicht  ruhen  wollen.  Höfer  8,179;  ungar. 
stänkern  die  loinkel  aussuchen.  Schröer  208";  thür.  stöbern, 
schnüffeln.  Hertel  spracJisch.  233  (1,2);  mansf.  umhär 
stenkern  in  einer  schlechten  absieht  umher stichen.  Jecht 
108';  altenb.  stenkere  'ohne  recht  in  etwas  herumtoühlen, 
z.  b.  stenker  mr  nich  su  in  mein  soeben  rim'.  dazu 
stenkerfritze.  Pasch  88;  erz^reö.'stenkrn,  rimstenkrn ««cAen, 
aussuchen,  suchend  herumgehen,  ausstcnkrn  ausgattern'. 
GÖPFERT  42;  hier  im  ostmitteld.  ist  auch  vielerorts  die 
ältere  umlautlose  form  erhalten :  leipz.  stankern,  stänkern, 
'unbefugt,  aus  neugier.  iji  zimmern,  kästen  u.  s.  w.  herum- 
suchen'. Albrecht  216";  oberlaus,  durchsuchen,  besonders 
vom  unberufenen  dnrchsuclien ;  auch  herum-,  durch- 
stankern, stänkere  nicht  so  herum.  Anton  4,  12;  schles. 
stänkern  =:  stachern  herumrühren,  -«^ocÄejn.  Wein  hold  93. 
preusz.  in  freierem  sinTie,  nach  etwas  eifi-ig  streben,  sich 
um  eine  sache  bemühen  {vgl.  unten  4,  a).  er  stänkert  nach 
einem  mädchen,  nach  geld,  nach  einem  orden.  als  'suchen' 
in  den  Zusammensetzungen  aufstankern,  ausstankern  aus- 
findig machen  {auch  in  Posen  Bernd  lo),  durchstankern, 
herumstankern  müssig  umhergehen,  suchen.  Frischrikr 
2,  862.  dazu  wol  auch  bair.  herumst&nkern  müssig  herum- 
gehen,   laufen.  Schm.^  2,  771. 

4)  vereinzelt  begegnen  in  mundarten  ganz  abweichende 
bedeutungen : 

a)  preusz.  stankern  'l.  steigen,  aufsteigen,  klettern. 
stanker  nicht!  ruft  man  kindern  zu,  die  auf  stuhl,  bank 
oder  fenster  steigen  xooüen.  2.  mit  den  beinen  zappeln, 
atoazen.  sich  abstankem,  sich  im  bette  durch  zappeln  ab- 
decken'. Fribchiiier  2,362*.  henneb.  mit uniUixä  si^kn^ifiTn 
'auf  Stangen  und  balken  wagJuthig  umherklettern' .  From- 
mann 8, 188.    vgl.  stakern,  sp.  592. 

b)  aehwäb.  stänkern,  flachs  au/ stänkern  (».  Btänker4) 
in  der  luft  trocknen.  Schm.'  2,  771. 

c)  thür.  {am  Harz)  stänkern  sich  eine  speise  zuwider 
enen.  Hehtel  »prachach.  283;  tu  stÄnken  4,  d  und  stank  6. 

STÄNKERRATZ,  m.  ütis.  Nkmnich.  Campe:  vom  iltisz, 
iliing,  cH-katze,  auch  stänckcr-ratz  oder  elh-thier  genannt. 
Döbel  i,  42,  vgl.  »tänker  1,  h,  a. 

STANKERREIM.  m..  meine  gediohte,  die  neuen,  sind 
ein  ganz  neues  genre,  versifiziertc  reisebilder,  und  werden 
eine  hnhere  politik  atmen  als  die  bekannten  politischen 
Stankerreime.   Hkink  >,  486  Elster  {br.  vom  to.febr.  1844). 

STANKKRTONNE,/.  eadutaxunfiiäpUnut.  Stiblbr  84«, 
vgl.  Stänker  i,c. 

8TÄNKKHUNG,  /..   *.  Stirler  «70  unter   stinkerei 

(«  ngebril  urhl  ich). 

STANKFTTT,  n.  findet  tich  in  nordwfstdeutschen  mund- 
arten für  staket,  vgl.  dieses,  ap.tioff. :  ripuar.  stänket a  (/.;) 


gitterwerk  Müngh  §  120,2,  in  Köln  stankett  {und  stakett) 
gitter,  absperrung  Honig*  178'';  nd.  westfäl.  stank6tt 
WoESTE  253",  waldeck,  stankst,  n.  Bauer -Collitz  98''. 
{vgl.  stangette,  .9p.  821.) 

STÄNKEWITZER,  m.,  vereinzelt  als  bezeichnung  eines 
niederösterr.  weiszweins  {auch  stinkenbrunner):  ob  aber 
wol  etliche  Oesterreicher  und  Behem  jre  mergel  {(fips, 
weinzusatz)  mitbringen,  musz  ich  gott  für  den  Kalenberger 
und  Stenckewitxer  sonderlich  dancken,  damit  mich  gute 
leut  versorgt  haben.  Mathksius  hochzeitpred.  (i579)  161*" 
(321,  33  Loesche,  s.  auch  zeitschr.  f.  d.  wortf.  l,  236). 

STANKFASZ,  n.  l)  ahd.  stancfaj  {pl.)  und  -fagjiUu 
{demin.  pl.)  olfactoriola  Graff  3,  731  {Rb).  vgl.  stank  2.  — 
ähnlich  mhd.  stenkeva^  riechfläschchen  Lexer  handwb. 
2, 1177  :  wir,  den  ir  stenke  va^ 

selten  immer  werdent  lere,    renner  6046. 

2)  später  in  üblem  sinne,  aLs  Schimpfwort,  so  frühnhd.  • 
widerumb  on  zweivel  ist  der,  so  da  nicht  gleubet,  de.« 
teufeis  hole  und  stanckfas.  Luther  8,336''.  auch  nd.: 
beyde  nese  un  obren  wilckem  {tcill  ich  ihm)  vam  koppe 
rittn  dem  drönekötel  un  stanckvatt.  nd.  bauemkomöd.  *.  213 
Jellinghatis  {Teiceschen  hocJitgdt  1640);  wo  nu  stanckvatt, 
makestu  dy  dum?  218; 

wo  nu  du  olde  stanckfatt  ryth  he  dy  (reitet  dich  der  tetifel) 
dat  du  so  dryst  snackest  mit  my?    241. 

STANKGEMACH,  n..-  denn  dis  stück  lesst  nicht  allein 
keine  kirche  bleiben,  sondern  macht  das  ergeste  stanck- 
gemach  des  teufeis  draus.  Luther  wider  Hans  Worst  D4'' 
{s.  20  neudr.). 

STANKHAFT,  adj.  et  adv.  idem  quod  stinkicht,  foetidus, 
olidiis.  Stieler  2170. 

STANKHART,  m.  der  oder  das  stinkt;  furz  oder  kot. 
vereinzelt  bei  Luther:  und  die  bapstesel  und  wütipe 
bischove,  würden  die  kirchen  zwingen,  nicht  allein  jr 
ablas  und  andere  grewliche  lügen  und  abgötterey  anzu- 
beten, sondern  auch,  wo  etwa  ein  stanckhart  jnen  aus 
dem  bauch  entfüre,  oder  jre  stinckende  füsse  und  schuch, 
uns  für  heiltum  zu  küssen  geben.  6,  324»,  174.  mit  Unter- 
drückung des  h:  es  ist  für  mich  kommen,  das  jr  in  unser 
schule  leset  des  bapsts  decret,  ...  da  wir  doch  den  bapst 
esel  mit  seinem  stanckart  verbrandt  haben,  ti.ochr.  425» 
{vgl.  ein  wenig  später:  menget  uns  die  eselsfürtze  und 
bapstsdreck  nicht  in  die  kirchen.  425''). 

STANKHAUS,  n. .-  ein  mensch  .  . .  ist  .  .  .  ein  k:it  fasz,  . .  . 
ein  stankhausz,  ein  unlustiger  spulzuber,  ein  faules  asz. 
ackermann  aus  Böhmen  36, 10. 

STANKHERING,  m.  minderwertiger  oder  wertloser  hering. 
Krünitz  169,652,  vgl.  stank  4,  e,-  im  bilde:  inzwischen 
werden  gcwisz  einige  h.  rezensenlen  . .  .  das  werklein  .  .  . 
mit  beifall  aufnehmen..,  und  den  zuzug*)  auf  meine 
tonne  setzen,  zum  zeichen,  dasz  gar  kein  wrakswrak  oder 
stankhering  darinnen  ist.  {dazu  die  anm. :  zuzug  ist  der 
vom  Hamburger  rath  auf  die  heringtonnen  als  Siegel 
der  gute  gemachte  dreifache  zirkel.)  J.  Paul  19  {jialin 
genes.  2),  6. 

STANKKLICK,  m..-  stanckklick  aller  gottesdienste. 
Luther  28,  598  Weim.  ausg.  {ratidbem.  in  Aurifauers 
ausg.  der  pred.  über  das  5.  buch  Mose  1529;  im  text:  die 
Minoriten  gedcncken:  durch  diesen  orden  wil  ich  selig 
werden  . . .  wenn  dieser  zusatz  nicht  were,  so  were  auch 
kein  mönch.  also  hat  ein  jeder  ertichter  gottesdiejihl 
den  zusatz,  unflat  und  kot  an  jm  hangen,  das  ein  men^c ! 
daraufT  vertrawot).     vgl.  klick,  theil  5,  llfis. 

STANKKUGEL,  /  fetierwerkskörjier  au»  aehwrfelreich, 
mischungen,  getcöhnlich  ein  gemenge  atts  hars,  pech.  su' 
peter,  schwefel,  kohle,  Sägespänen,  im  kriege  tum  atis 
räuchern  des  feindes  aus  gebäuden,  minengängen  u.  s.  •/• 
früher  auch  als  fagessignale  benutzt,  jetzt  getoUhnlich  durch 
fanale  oder pulverladu »gen erstttt.  stankkugcls&tze,/)/. 
Karmarsch  Hekhkn^  8,476. 

STANKMAUL,  m.    Verleumder:   so   bald    sie   {die  jun; 
frauru)  verlobet  worden,  da  kamen  die  teufelsmciiU  -^ 
den  broutgamcn  .  .,  da  hatte  einer  dis,  der  ander 
sehen  und  gciiitrl ,  und  musste  alles  gcwis  . . .  sein , 
wol  zwcymal  crütunckcn,    und  drcyinal  erlogen  war. 
oh  sie  gleich  den  leibs  halben  frum  oder  rein  waren,  norli 
mussten  sie  bcy  den  Nlanckmeulem  huren  sein.  LUTlii  1 
6,  251*.    vgl.  stank  6,  c. 


841 


STANKPFÜTZE—  STANNIOL 


STANTEPE(DE)  —  STANZE 


842 


STANKPFÜTZE ,  /..-  weil  jhrer  viel  solch  gebot  (<fa^ 
sechste)  gottes  nnr  von  ehlichen  personen  verstehen,  das 
die  allein  jhr  ehebette  rein  und  unbefleckt  behalten 
sollen,  so  geraten  sie  darüber  in  solche  blindheit,  das  sie 
hurerey  und  Unzucht,  ausser  dem  ehestand,  für  keine 
Sünde  halten,  stören  und  kriegen  (kriechen)  alle  stanck- 
pfützen  und  hurnwinckel  ausz.  Dan.  Schaller  theolog. 
hei-oldt  (I60i)  499. 

STÄXKRIG,  adj.  stinkend:  'stänkrig  für  stinkend  ist 
landschaftlich,  besonders  märkisch',  (jetzt  wol  allgemein 
üblich,  icenigsfens  norddeutsch.)  Heyn.\.tz  Antibarb.  (179G) 
2,442.  Campe  .schreibt  stänkerig,  wie  auch  vielfach  ge- 
sprochen icird.  im  eigentlichen  sinne  gern  von  ziegen{böcken) ; 
so  schon  anf  des  il.jahrh.  belegt  {ohne  ttmlaut): 

wer  wil  darnach  der  geysz  nachlauffn, 
dann  es  gar  ein  stanckriges  thier. 

Eyering  (IGOl)  2,  394; 

ihr,  meckernd  stänkriger  ziegen  lied. 

Droysen  Äriitoph.  1, 158  {alymv  re  xtra- 
ßQfbvTcov  iiiXri.  Pinto»  299); 

im  bilde:  als  ich  leider  aus  allersicherster  quelle  kennt- 
nisz  von  den  schmutzigen  intriguen  habe,  die  in  be- 
wusztem  (?)  oder  unbewusztem  (?)  verein  reudiger  schafe 
aus  der  rechten  und  stänkriger  bocke  aus  der  linken 
angestellt  werden,  brief  Friedfi.  Wilhelms  IV.  bei 
BiSMARCK  ged.  u.  erinn.  1,140.  ferner:  stänkriger  käse. 
Heynatz  a.  a.  o.  Campe,  so  auch  beliebtes  gemeines  schimpf 
toort:  stänkeriges  aas,  gerippe,  stänkeriger  kerl.  Frisch- 
bier preusz.  wb.  2,  362".  dann  auch  in  freierem  sinne: 
'2.  verdrieszlich,  unangenehm,  verwickelt,  die  sache  sieht 
stänkerig  aus,  läszt  einen  Übeln  atisgang  befürchten',  ebenda; 
es  wird  ein  stänkriges  (schlechtes)  ende  nehmen.  Heynatz 
a.a.O.  —  dazu  stänkrigkeit, /..- 

papa,  du  sprachst  ein  groszes  wort  gelassen  aus, 
dasz  göttem  nah  kam  dieses  thier  der  stänkrigkeit  I 

Droysen  Aristoph.  1,  24  {der  käfer,  ydxoa/uov 
^(öov.  frieden  v.  132). 
andere  adjectivbildungen  ganz  vereinzelt :  sed  {im  gegensatz 
zu  stankhaft)  stenkerisch  est  t-ixosiis,  jurgiosus,  con- 
certatorius.  stenkerisch  gemüt,  anitnus  controversus,  con- 
tentionis  cupidus.  stenkerischer  kerl,  oblociitor,  altercator, 
trico,  amans  litium.  Stieler  2170;  tcesterw.  stänkige 
hännel,  stinkende  händel,  stänkerei.  Schmidt  231.  —  von 
dem  adj.  stänk(e)rig  ist  zu  trennen  die  in  Leipzig  übliche 
scherzhafte substantivbildung  stänkerich,«i.  für  stänker, 
stinkender,  schmutziger  mensch;  der  gern  stänkert,  Un- 
frieden stiftet.  Albrecht  216». 

STANKROHR,  n.,  STANKRÖHRE,  /.  ventilationsrohr  bei 
abtritten,  das  aus  dem  abfallrohr  über  das  dach  hinaufgeht. 

STANKSACK,  m. :  was  hette  sonst  gott  gemacht,  w^enn 
es  nicht  anders  solt  sein,  denn  das  sich  der  mensch  jmer 
mit  seinem  wanst,  und  stancksack  tragen,  und  sich  ewig 
so  füllen,  und  von  sich  werffen,  rotzen,  eitern,  faulentzen, 
und  kranck  sein  solte?  Luther  6,  255'';  on  was  der  bauch 
thut,  und  der  gantze  leib,  mit  schweissen,  grinden  und 
allerley  unflat,  noch  bistu  jm  nicht  darumb  feind  ... 
unangesehen,  das  (er)  so  ein  schendlicher  stancksack 
ist.  261''. 

STANKSCHLAMM,  m. .-  auf!  heraus  aus  dem  klebe- 
schleim  und  stankschlamm  eures  alten  wahns !  Vischer 
OMCA  einer  1,294. 

STANKSTAKEN,  m.,  holstein.  verächtlich  für  tabaks- 
pfeife.  Schütze  4, 187.  Campe. 

STANKTABAK,  m.  schlechter  tabak.  KijOnitz  169,652; 
vgl.  stank  4,  e. 

STANKWURZ,  /.  eniin  erat  aroma.  Stieler  2169.  nur 
ahd.  {bei  Williram),  *.  Ghafp  i,  1051. 

STANNIOL,  n.  blattzinn,  feinstes  zinnblech,  entlehnung 
aus  {netC)lat.  stanniolum,  bezic.  ital.  stagnuolo;  früher  auch 
in  anlehnung  an  das  letztere  si&^nol  geschrieben,  s.  das., 
sp.  539.  die  atissprache  ist  iti  beiden  fällen  dieselbe,  näm- 
lich stanjöl  {mit  betonung  der  letzten  silbe).  das  geschlecht 
ist  im  allgemeinen  neutr.,  n%ir  Jacobsson  und  Krünitz 
gebrauchen  Stanniol  ah  masc.  der  stagnol  scheint  zuerst 
bezeugt  bei  Rädlein  (i71l)  834»,  s.  Weigand  2,  797,  die 
heutige  Schreibung  bei  Jablonski  (l72l):  Stanniol,  stannum 
foliatum.  dünne  von  feinem  zinn  geschlagene  blätter, 
»o  zu  allerhand  Verzierungen,   als  wapen,   fackeln,  und 


sonst  gebrauchet  werden,  sie  sind  weisz,  oder  auch  roth, 
gelb,  sehwartz,  und  änderst  gefärbt,  und  werden  in 
schachteln,  deren  jede  ein  grosz  in  sich  hält,  verkaufft. 
das  beste  stanniol  ist,  wenn  die  blätter  dicht,  glatt,  und 
wohl  gerollet  sind.  746'',  ähnlich  Woyt  gazophylac.  (1735)  895. 
s.  ferner  Adelung  (stagnol).  KrCnitz  169,653 — 5.  Kar- 
marsch-Heeren' 8,  445 — 7  ('stanniol  ist  zinnblech  von 
weniger  als  0,2  m,m,  bis  herab  zu  0,01  mm,  dicke').  Lueger 
7,474.  in  spedellerem  sinne,  nach  einer  hauptvencendung : 
'stanniol,  folie,  (stanniolschläger)  ist  eigentlich  im  engem 
verstände  die  folie,  die  von  zinn  tinter  die  spiegel  gelegt 
tcird.'  Jacobsson  4,  257»;  'stanniol,  zinnblättchen,  die  mit 
quecksilber  verquickt,  die  sogenannte  folie  oder  unterläge 
unter  den  spiegeln  bilden.'  Campe  erg.-wb.  litteraturbelege : 
ich  habe  noch  niemanden  gefunden,  der  nicht  gesagt 
hätte:  es  wäre  eine  angenehme  empfindung  stanniol  mit 
einer  scheere  zu  schneiden.  Lichtenberg  aphorismen  3, 
*.  201  (1776);  die  schuhe  waren  aus  glänzenden  saffian- 
schnipfelchen  geschnitten  und  die  silbernen  schnallen  aus 
Stanniol.  Keller  6,  208.  —  Zusammensetzungen:  man  be- 
treibt jetzt  .  . .  die  Stanniolbereitung  sehr  im  groszen, 
und  hat  fabriken  mit  groszen  Walzwerken  zu  dessen 
bearbeitung.  Kkünitz  169,  654;  die  dünnen  stanniol- 
blätter,  werden  mit  der  scheere  ...  gekürzt.  6.55;  das 
für  die  stanniolerzeugung  gleichfalls  angewendete 
gieszverfahren.  Karm.\rsch- Heeren' 8,  446;  stanniol- 
fabrik,/.  KrC.nitz  169,655  (vgl.  oben);  früher  wurde  das- 
selbe mittelst  der  sogenannten  stanniolhämmer  her- 
gestellt. Karm.-Heeren' 8,  445;  stanniolschlagen,  n. 
'die  kunst  aus  zinn  sehr  dünne  blätter  zu  schlagen.  . . . 
die  künstler,  die  diese  arbeit  verrichten,  .find  damit  sehr 
geheimniszvoll  . . .'  Jacobsson  4,  257»;  diese  heiszen  stan- 
niolschläger, m.  ebenda.  Krünitz  169,  656,  dazu  auch 
Stanniolschlägerei,/.;  gegenwärtig  bedient  man  sich 
zur  herstellung  des  Stanniols  der  stanniol  Walzwerke 
und  eines  eigenthümlichen  gieszverfahrens.  Karmarsch- 
Heeren'  8,  445;  das  stanniolwerk  ist  meistens  ein 
hammerwerk.  Krünitz  169,  654. 

STANTEPE(DE) ,  adv.  stehenden  fuszes.  auf  der  stelle, 
sogleich,  augenblicklich,  schnell,  ohne  umstände,  volksthüm- 
liche  entlehnung  aus  dem,  lat.  staute  pede  {das  in  dem 
schriftsprachlichen  stehnden  fuszes  nachgebildet  ist),  in 
mundarten  iceit  verbreitet,  besonders  hd.,  vielfach  in  ent- 
stellter und  umgedeuteter  form,  vgl.  Sohns  paria  s.  58. 
am,  besten  erhalten  in  süddeutschen  mundarten  (unter  ein- 
flusz  des  ital.?):  in  Wien  stantapedi  Hügel  155'',  tirol. 
stantipgdi  Schöpf  699/.,  steir.  stantip6;  -pedi  Unger- 
Khull  569'',  aueh  luxemb.  stante  pede  Gangler  429.  sonst 
gern  gekürzt  zu  stante  pe,  so  nassauisch  Kehrein  1,  388, 
in  Köln  stantepee  Hönig^  173'';  so  auch  nd..  tcaldeck. 
8tant(e)pe  Bauer-Collitz  98'',  mecklenb.  stantepeh  Mi  86». 
Volksetymologie  scheint  im  spiele  bei  der  entsteüung  stAnde- 
beni  in  Basel  Seiler  277»,  nordthiir.  stanneb^ne  Klee- 
mann 22»,  in  Leipzig  stände  beene  Albrecht  215''  {wonach 
dann  toeiter  strackte  beene  218'').  gekürzt  zu  stanto  im 
mansfeld.  Jecht  107».  —  so  auch  in  mundartlich  gefärbter 
litteratur:  ich  mache  mich  stantä  pS  gleich  auf  den  weg 
und  hierher.  Gutzkow  ritter  v.  g.  5,  61. 

STANZE,/,  zimmer;  eine  strophenform;  vertiefter  präge- 
Stempel,  nhd.  lehntcort  aus  ital.  stanza  zimmer,  Strophe, 
das  auf  ein  vulgärlat.  stantia  zurückgeht,  vgl.  Diez*  307 
und  zu  stantia  Du  Gange  7,  582.  Brinckmeier  gloss. 
diplom.  2,  574''.  mundartlich  nur  im  Südosten  (bair.-tirol.), 
s.  unten  5. 

1)  das  ital.  stanza  bedeutet  zunächst  icohnung.  aufent- 
halt,  zimmer;  diese  bedetitung  ist  im  deutschen  nicht  üblich 
und  begegnet  nur  vereinzelt,  so  in  einem  isolierten  frühnhd. 
belege  atis  Geiler  v.  Keisersberg  aU  synonymon  zu 
stand,  s.  dieses  4,  b  zu  ende,  sp.  692  {die  stelle  auch  bei 
Scherz-Ober lin  1216  t«n/er  pfolzaehn).  —  in  netterer  zeit 
gelegentlich  mit  bezttg  auf  italienische  Verhältnisse,  in  Über- 
nahme des  fremden  ausdrucks.  so  in  der  kttnstgeschichfe, 
die  von  Raffael  und  seinen  schi'dem  ausgemalten  zimmer 
des  Vaticans.  ferner:  unser  dr.  jur.  Sigl  ist  gefangener, 
so  gut  wie  sein  päpstliches  Vorbild  und  ideal,  von  dem 
er  sich  jedoch  durch  einen  minder  bequemen  vafican  unter- 
scheidet, indem  er  heute  eine  stanze  im  hiesigen  polizei- 
gebäude  bezog.  Frankf.  Journal,  26.  ja;i.  1873,  i.  beil.  a.l*'. 


843 


STANZE 


STANZELN- STANZENSCHREIBER   844 


2)  ital.  stanza  bezeichnet  ferner  eine  strophe,  rcas  Dante 
de  vulg.  eloqu.  2,  9  erklärt  als  mansio  capax  vel  recepta- 
culuin  tolius  artis,  s.  Wackernagei.  altfranz.  lieder  u. 
leiehe  s.  249/.  während  das  ioort  im  ital.  auf  jede  strophe 
geht,  ist  das  deutsclie  stanze  als  bezeichnung  einer  be- 
stimmten sfrophenform  üblich,  der  okfave,  ital.  ottava  rima, 
einer  strophe  atis  8  10 — 11  silbigen  versen  mit  der  reim- 
steUung  abababcc,  die  in  Italien  als  volksfhümliche  form 
seit  dem  IS.jahrh.  begegnet,  von  Boccaccio  zur  kunstform, 
umgebildet  vnirde  und  die  herrschende  form,  des  klassischen 
italienischen  epos  ist.  i»i  Deutschland  ist  die  stanze  zuerst 
in  Übersetzungen  des  17.  jahrh.  nachgebildet,  doch  besteht 
sie  getcöhnlich  aus  paarweise  gereimten  Alejcandrinern  (so 
Dietrich  v.  d.  Wer  der  Ariost,  1636).  die  eigentliche  stanze, 
oktale,  ist  hauptsächlich  durch  Wieland  eingebürgert,  eine 
abart  der  stanze  ist  die  Spenserstanze  (Edm.  Spenser,  The 
Faery  Queene  1590 — 6),  die  auf  die  8  oktavenzeilen  noch  einen 
Alexandriner  folgen  läszt  und  die  reimfolge  ababbcbcc 
hat,  vgl.  ztir  saclie  K.  Bartsch  Cterm.  2,  294.  Wacker- 
NAGEi.  gesch.  der  d.  litt.*  2, 322.  Minor  nhd.  metrik  s.  430 — 4. 
RuDOLPH-Goi.DBECK  SchiUerlcx.  2,  362/.  zum  wort  Campe 
erg.wb.,  der  es  in  dem  weitern  sinne  einer  gereimten  strophe 
t'ersteht  und  als  Übersetzung  reimsatz  vorschlägt,  und 
Weigand  2,797.  in  diesem  sinne  auch  nl.  stanze;  engl. 
mit  ital.  endung  stanza,  s.  Sk eat  591  *".  belege  •  er  (Göckingk) 
liat  auch  ein  episches  gedieht  von  einigen  gesängen,  in 
ariostischen  stanzen  beynahe  fertig.  Bürger  briefe  l,  288; 
ich  habe  von  neuem  zehn  stanzen  daran  gemacht. 
Göckingk  s.  ebenda  306;  ein  angenehmer  gesang  erfüllt 
unterdessen  die  gegend.  ...  es  waren  stanzen  aus  dem 
Tasso.  Schiller  4,337;  diese  rücksicht  bewog  den  Ver- 
fasser, den  achtzeiligen  stanzen  den  Vorzug  zu  geben.  .  .  . 
der  Verfasser  konnte  diese  wähl  um  so  mehr  bey  sich 
rechtfertigen,  da  es  seit  erscheinung  des  Idris  und  Oberen 
zur  ausgemachten  Wahrheit  geworden  ist,  dasz  die  acht- 
zeiligen stanzen,  besonders  mit  einiger  freiheit  behandelt, 
für  das  grosze,  erhabene,  pathetische  und  schreckliche 
selbst  einen  ausdruck  haben.  6,  344;  in  zehn  gesänge  ge- 
theilt ,  enthält  es  (das  gedieht  'Olfried  und  Lisena'  von 
A.Hagen)  über  sechzehnhundert  stanzen.  Götiie  45,  225; 
stanzen  auf  ein  sicilianisches  schwesterpaar.  Hebbel  6,215 
Werner  (überschr.); 

lasz  mein  gedieht  aas  jeder  stanze  sprechen ! 

GöTRE  9,  211  (Tasso  4,  4); 

die  acbtzeilige  stanze. 
stanze,  dich  schuf  die  liebe,  die  zärtlich  schmachtende,    dreymal 
fliehest  du  schamhaft  und  kehrst  dreymal  verlangend  zurück. 


Schiller  11, 186  (=  xenien  525,  hier 
'ottave  rime   überschr.); 


wenn  in  melodischem  gesang 
durch  deiner  'gräher'  runde  stanzen 
die  imans  bunt  und  kraus  gemischt  .  .  . 
mit  zierlichen  marotten  tanzen. 

Sbume  ged.  (1826)  25  ('ejnstel  an  h.  Falk'). 

vgl.  auch  bair.  gstanzcl  strophe,  couplet.  Scii.M.''  2,772  und 
theil  4, 1,  4202,  (ein  übersefzungsversuch  für  stanza  scheint 
stände  zu  sein,  das  Weckherlin  als  bezeichnung  vo7i 
gedichten  in  verschiedenen  atrophenformen  verwendet,  s.  das., 
»p.  786/.) 

8)  vertiefter  prägstempel:  'die  stanze,  bey  den  gilrtlem, 
dicke  kurze  messingene  oder  stühleme  platten  mit  einer 
Vertiefung  in  der  mitte,  in  loelcher  diejenige  figur  gegraben 
ist,  welche  ein  stück  arbeit,  so  durin  getrieben  oder  ge- 
schlagen icird,  bekommen  soll,  etwas  mit  stanzen  oder 
in  der  stanze  treiben,  twt  gpgensatze  des  trcibcns  aus  freyer 
band.'  Auklung,  danach  Campe.  Jacohbson  4,257  be- 
handelt unter  besondern  urtikeln,  aber  mit  im  wesentlichen 
übereinstimmender  beschreilning ,  die  stanze,  knopfstanze 
der  gürtler.  die  stanze  der  metallarbeiter  und  die  stanzen 
der  blumenmanufaktur  (danach  Krünitk  1G9,  S&6— 8).  'die 
stanze  (stanze  und  Stempel,  matrizc  und  patrize,  unter- 
und  oberstempcl) ,  ist  meist  ein  rundes  oder  viereckiges 
stiiek  eisen,  ^reiches  so  hoch  mit  stahl  Megt  ist,  dasz  die 
graimr  sieh  nur  im  innern  der  slahlschichte  findet;  doch 
kommen  audi  blanzcn  aus  eisen,  messing.  kupfrr,  ja  selbst 
tinn  und  bin  zur  vnirrndunf/.'  Karmahhcm-Hei  ken'  1,  Mfl. 
die  stanze  ist  auch  bei  burhhindern  und  lederartteitern  in 
gebrauch;  bei  den  goldsrhmirdm  dafür  Ktampfc  AdelI'NO, 
vgl.  dieses  4,  »p.  677.  —  ts  ist  klar,  dost  dieses  wort  mit 


ital.  stanza  nichts  zu  thun  hat;  eine  einleuchtende  ablrifnng 
ist  noch  nicht  gefunden. 

4)  stanz,/  erectio penis.  HÖFLF.n  krankheitsnamenb.Gli*; 
als  burschikos,  'geilheit.  die  das  männl.  glied  stellen  macht'. 
Sanders  3, 1179».  schon  in  der  Jahn  zugeschriebenen  oratio 
archaeologica  v.  1802,  s.  zeitichr.  f.  d.  wortf.  8, 101. 

5)  weitere  bedeutungen  weisen  die  süddeutschen  mund- 
arten  auf: 

d)  bair.  die  st&nz,  'die  cour,  der  hof.  den  man  einer 
person  macht,  standchen,  nächtlicher  bestich  am  kanimer- 
fenster'.    auf  die   stanz   gön,   auf  der  stanz   sein,   stcn. 

SCHM.2  2,772.  * 

b)  ebenda  die  stanz,  der  hüpf  er.  empis.  778;  so  tirol. 
'langfüszige  mucken,  schnacken'.  Schöpf  700.  (dafür  auch 
stanz,  stau'z  Schm.*  2,  799.) 

c)  hier  auch  verächtlich  für  füsze,  beine.  ebenda.  Hintner 
benennung  der  körperteüe  in  Tirol  8. 

STANZELN,  verb.,  s.  stanzen  2. 

STANZEN,  verb.  i)  getcölmlich  zu  stanze  8,  hohl])rägen: 
'das  stanzen,  pressen,  prägen  (estamper,  estampage  — 
stamping).  treibt  man  blech  auf  seiner  ganzen  fläche  zu- 
gleich in  eine  gravirte  stählerne  unterläge,  stanze,  matrize, 
durch  ein  in  sie  passendes  metallsfück,  Stempel,  patrize, 
ein,  wobei  dieses  eintreiben  durch  schlag  oder  druck  erfolgen 
kann,  so  nennt  man  diese  Operation  stanzen  oder  pressen'. 
Karmarsch-Heeren^  1,  5.56,  vgl.  7, 16;  'stanzen  heiszt  «»» 
formen  eines  plattenförmigen  gegenständes  zwischen  zicei 
stempelti  ohne  wesentliche  Veränderung  seiner  dicke'.  Lueger 
7,  475,  s.  ferner  2,  438/  6,  834.  die  maschine  tut  alles,  . . . 
(sie)  bindet,  rollt,  stanzt,  punzt,  fräst.  Naumann-&mcA  90. 

2)  ungewöhnlich  (als  augenblicksbildung)  zu  stanze  2,  in 
stanzen  dichten : 

hat  der  und  der  nicht  zehnfach  umgestanzet, 
was  beid'  Hesperien  gestanzt?    Baggesen  5,  80. 

dafür  mit  scherzhafter  deminutivbildung : 

ich  s tänzle  weiter,    muse,  einen  kusz. 

D.  V.  Ln.iENCRON  11,  35  (Poggfred  2). 

3)  in  süddeutschen  m.undarten  zu  stanze  5,  c(?),  tirol. 
einen  fort-,  weg-,  hinausstanzen,  'ihn  durch  fuszstösze  .  .  . 
fort-,  hinausschaffen,  sich  fortstanzen ,  sich  eilig  davon- 
miichen'.  Schöpf  700;  steir.  wegstoszen,  fortjagen,  -treiben, 
verjagen.  Unger-Khull  .570".  in  andern  mundarten  dafür 
mit  umlaut;  so  thür.  stanzen  stoszen ,  treiben,  fort- 
stänzen,  auch  obst  von  den  bäumen  stanzen.  Hertel 
sprachsch.  233  (der  es  auf  'stangezen,  zxi  stingen  stoszen, 
zurückführen  ivill).  so  im  sinne  von  schassen,  fortjagen, 
bei  SOHNS  parias  87.  atich  im  nd.,  altmärk.  stänz'n 
'jemanden  zum  fortgehen  zwingen,  unter  androhung  von 
strafen',  ick  will  di  stänzn  =  feistem.  Danneil  2o<,)*'. 
vgl.  stänkern  2  zu  ende.  —  daztt  atich  icürzb.  stanza  stehlen. 
Sartorius  118?  vgl.  stenzen.  —  kaum  dazu  gehörig  preusz. 
einen  stänzeln,  derb  abführen.  Frlschrier  2,  362\ 

STANZENBRETT,  n.  in  blumenfabriken  'ein  brett,  trorn.w 
löcher  von  verschiedener  grösze  eingebohrt  sind,  und  icorein 
das  dünne  ende  der  stanze  (s.  die.te  3),  troinit  die  blumen 
blütter  gebildet  iverden,  eingesteckt  wird'.  Jacousson  4,  a'):''. 
Campe. 

STANZENBUNZEN,  m.  'bunzen  mit  allerley  erhaben 
schnittenen  flguren   auf  ihrer  spitze,    die  stanten   damit 
auszuzieren' .  Adeluno,  vgl.  Jacorsson  4,267''  und  stanze  3. 

STANZENDRUCK,  m.  bei  meszbüchem  des  16.  und  16.  >A.. 
s.  Watten  RÄCH  schrifttcesen*  m . 

STANZENFORM,/,  zu  stanze«:  dieser  fortstrftinendo 
gang  des  gedichts  (der  Aetiei.s:)  nuiszte  nun  in  der  Über- 
setzung durch  viele  kurze  ruhcpunkto  unterbrochen  . .  . 
werden ,  wenn  anders  die  stanzenforin  ungezwungen 
scheinen  .  . .  sollte.  Schiller  6.  845. 

STANZENGRAVIEHUNG,  /  gratnerung  von  stanzen  (8) 
in  stahl,    herstell ting  der  matrizen    (seltner  jtatriten),   dir 
zur  prägung  von  metaUkntipfen.  hijouterien  u.  s.  w.  erfvfi. 
lieh  sind.  Karmarscm  Heeren'  4,  168. 

STANZENHAMMEH.  m.  hei  den  gürtlern  'ein  starhr 
hammer,  womit  auf  das  platte  ende  des  stanzenstemjtels  ge 
schlagen  uird,  tcrnn  die  knopfplattrn  in  die  stanze  getrieben 
irerden'.   Jacorhhon  ♦,»57'',    vgl.  Adelung  und  stanze  8. 

STANZENSCHHKinEH.  m..  zu  stanze  «:  welch  ein  ein- 
fall!  einen  pcrsianinchon  HtanzoiiHclireiher  (7/f^/f«)  in  hora- 
zianischo  odcn  ...tu  Übersetzen.  Heiskk  bei  Lessi  no  I8,8l«. 


845    STANZENSCHWIMMER— STAPEL 


STAPEL 


846 


STANZE^'SCHWIMMER,  m.: 

das  ist  ja  alles  fades  versgewimmer, 

mir  steckt  im  hals  ein  groszer  stropnenklosz. 

entläszt  du  (mu^e)  letzt  nicht  deinen  stanzenschwimmer, 

dann  werd  ich  endlich  wirklich  fuchsfurios. 

D.  V.  LiLiENCRON  11,  221  {Poggfred  10). 
vgl.  auch: 

hailoh!  schon  wieder  stanzenwäscherei? 
hol  doch  der  teufel  diese  drescherei.    218. 

STANZENSTEMPEL,  m.  bei  den  gürtlem,  'ein  zu  jeder 
stanze  gehöriger  sfämpel.  welcher  an  dem  einen  ende  etwas 
nind  ist,  das  blech  damit  in  die  stanze  zu  treiben'.  Adelung  ; 
'ein  stählerner  Stempel,  der  in  die  stanze  {s.  diese  3)  einer 
knopfplatte  paszt,  und  womit  die  pUttte  vermittelst  eines 
schweren  hammers  hineingeti-ieben  jcird.'  Jacobsson  4,257''. 

STANZEXZEILE,  /.,  zu  stanze  2:  hier  konnte  es  frey- 
lich nicht  fehlen,  dasz  nicht  öfters  vier  oder  fünf  latei- 
nische hexameter  in  eine  ganze  stanze  ausgesponnen, 
oder  auch  umgekehrt  acht  und  neun  verse  des  Originals 
in  den  engen  räum  von  acht  stanzenzeilen  gepreszt  wurden. 
Schiller  6,  345. 

STANZER ,  m.  'arbeiter  in  der  präge .  der  mit  stanzen 
zum  hohlprägen  arbeitete.  Unger-Khull  steir.  wortsch.  570» 
(vgl.  stanze  3  wid  stanzen  l).  —  ebenda  wird  ein  s tan- 
ze rl,  n.  als  küchengerät  verzeichnet. 

STÄNZLER,  m.  'die  ehemalige  städtische  gamison  in 
Basel'.  Seiler  277".    (aus  stationarii ?) 

STANZMASCHINE,  /.  maschine  zum  stanzen  (l),  die  ent- 
weder ein  fallwerk  oder  eine  presse  ist;  moiiton,  balancier, 
engl,  stamp,  flypress.  zuweilen  auch  für  stoszmaschine, 
machine  ä  mortaiser .  raboteuse  verticale.  Karmarsch- 
Heeren^  8,447.  LuEGER  7,475.   rfa/ür  awcÄ  stanz  werk,  n. 

STAPEL,  m.  heuschrecke.  nd.  form  für  siaSel,  s.  dieses. 
»p.  515.  so  mnd..  s.  Schiller-Lübben  4,  ses*»  (deutsche 
chron.  2, 155,  4),  vgl.  auch  brevi.  icb.  4,  lOOl/.  Brinckmeier 
gloss.  diplom.  2,  574*.  ebenso  7il.  •  stapel,  vetus.  sax.  sicamb. 
hoU.  fris.  j.  krekel.  cicada.  Kilian  2,  630*.  als  stapel 
auch  verzeichnet  bei  Campe  (unter  stapel  1,2)  und  Nemnich 
(gryllus):  so  werden  die  meisten  mitglieder  dieser  gattung 
mit  einer  grossen  menge  Ton  namen  promiscue  belegt, 
nemlich:  heuschrecke,  . .  .  heustöffel,  springhahn,  sprink, 
spranke,  springstapel,  kohlsprenger,  gras-  oder  heupferd, 
Stapel.  B.KTZEBV RG  forst-insecten  (i839)  3,  260,  anm. 

STAPEL,  m.  unterläge,  gerüst;  häufen;  niederlage,  Ver- 
kaufsstelle, stapel  ist  die  nd.form  des  hd.  staffel  (vgl.  das., 
sp.  biöff..  über  Vorgeschichte  und  bedeutungsenticicklung), 
die  in  bestimmten,  in  der  spräche  des  Nordens,  besonders 
der  hansischen  geschäftssprache  ausgebildeten  gebrauchs- 
weisen  ins  nhd.  übernommen  und  hier  seit  dem  n.jahrh. 
nachiceisbar  ist.  {lexikalisch  gebucht  seit  Stieler.)  vgl. 
mnd.  Stapel  Schiller-Lübben  4,363 — 5.  6,270'';  in  heu- 
tigen nd.  mundarten  s.  brem.  wb.  4,  lOOO/.  6,  337.  Dähnert 
457''/-    Danneil  210''   (staopel).    StOrenburg  261''.    ten 

D00RNKA.\T  KOOLMAN  3,  SOO*»/.    SCHAMBACIJ  208*.  WOESTE 

253».  den  hd.  mundarten  natürlich  fremd  (Lenz  67'').  dem 
detitschen  warte  entspricht  in  den  meisten  punkten  das  holl. 
Stapel,  vgl.  Franck  956,  das  engl,  staple  (woraus  Kinder- 
LING  109  das  deutsche  stapel  entlehnt  sein  läszt.  während 
er  es  s.  332  aus  lut.  stabulum  herleitet),  xcie  auch  dän. 
stabel,  schtced.  stapel  (wol  aus  dem,  nd.  entlehnt),  vgl.  im 
ganzen  Weigand  2,  797.  Kluge'' 375".  Paul  432''. 

i)  die  ursprüngliche  allgemeinere  und  mannigfaltige  be- 
deutung  des  worts  (vgl.  staffel  I  und  III)  ragt  vereinzelt 
in  das  heutige  detttsch  herein,  stapel,  s.  f.  ein  ort  etwas 
auf  eine  Zeitlang  niederzulegen,  oder  aufzurichten,  und 
was  zu  diesen  aufrichten  gehört.   Frisch  2,  319=. 

o)  mnd.  Stapel  j>/aÄZ,«öwZ«u.äAnZ.,». Schiller-Lübben 
4, 863*'/.  und  Staffel  III,  l  (sp.  523).  so  im  hallischen  salz- 
werk:  solch  saltzsieden  verrichten  sie  (die  würcker)  fol- 
gender gestalt,  dasz  sie  eine  von  eisernen  bleche  ge- 
machte pfanne,  auff  den  herd,  unter  zwo",  quer  über 
solchen  herd,  auff  vier,  in  die  erde,  an  den  gemäure  des 
berdes,  feste  gemachten  stapeln,  liegenden  höltzern,  die 
Boogbäume  genant,  setzen.  Hondorff  saltzw.  zu  Halle 
(1670)73;  Stapel,  im  Sachsen  Hallischen  salzwerk  wann 
man  die  pfannen  reinigt,  werden  sie  nidergelegt  und  an 
einer  seife  ein  stapel  oder  stocket  untergesetzt . .  .fulcntm. 
Frisch  2,320*;  'ein  pfähl,  eine  stütze,  eine  n%ir  in  einigen 
fällen  und  gegenden  gangbare  bedeutung.    »0  icerden  in  den 


salzicerken  die  in  die  erde  gegrabenen  pfähle,  worauf  die 
sogbäume  geleget  icerden.  welche  die  pfannen  tragen,  stabeln, 
stapeln,  oder  richtiger  stapel  genannt,  an  deren  statt  man 
sicJi  auch  wohl  gemauerter  pfeiler  bedienet,  auch  tcenn  man 
die  pfannen  reiniget,  werden  sie  niedergelegt,  und  ati  einer 
Seite  ein  stapel,  d.  i.  eine  stütze,  untergesetzt.'  Adelung  (l). 
vgl.  stabel  l  und  stabeln  3,  sp. 359.  361.  — ähnlich  stappeln, 
tigna  in  terra  de[f]ossa.  Agricola  bergicerckb.  (l62i), 
auszlegung  der  bergkwörter.  s.  ferner  heckstapel,  th.  i,  2, 750, 
bei  Adelung  (1)  «^  niedersächsisch,  (dazu  auch  nd.  stapel, 
abgestorbener  bäum.  Sch.\mb.\ch  208*?) 

b)  mnd.  stapel  unterläge,  block,  s.  Schiller-Lübben 
4,  364.     so  insbesondere 

a)  altfries.  stapul  richtblock,  s.  Richthofen  1044'',  auch 
thingstapul  1074'',  nd.  dyngestapel  bre7n.  wb.  6,  337.  so  ganz 
vereinzelt  in  neuerer  dichtung  (oder  zu  cf): 

zur  selben  zeit  sah  Neapel 

den  iungen  Konradin 

auf  blutbespritztem  stapel 

mit  Badens  Friedrich  knien.  Frbiijgrath5  1,59. 

ß)  jetzt  bezeichnet  ostfries.  stapel  oder  haarstapel  einen 
kleinen  eisernen  ambosz  als  tinterlage  beim  dengeln  der 
sense.  StCrenburg261''.  tenDoornkaatKoolman  3,300'*. 

c)  stapel  begegnet  in  älterer  spräche  ferner  als  bezeich- 
nung  einer  gerichtsstätte.  so  in  latinisierter  form  schon 
in  den  altfränk.  volksrechten:  ad  regis  staffolo,  vel  ad  eo 
locum,  ubi  malleus  est.  lex.  rip.  33, 1  (A,  =  B  35,  l :  staf- 
polum;  Varianten:  staffolo,  -ulo,  -olum,  staflo,  stapphu- 
ium,  staplo,  stabulum,  -lo) ;  ad  stafflo  regis  in  circlo  . . . 
coniurare  studeat.  67,5  (=  69,  5B:  stappulum;  Varianten: 
stafulum,  stafflum,  staffalum,  stapulo,  stapplum);  ad  regis 
stafflum  85  (stapplum  87  B).  (stapplus  super  mortuum 
missus,  lex.  Sal.  55,  add.  2,  anm..  gehört  wol  nicht  dazu, 
vgl.  J.  Grimm  kl.  sehr.  2,  257.)  zur  erklärung  vgl.  3.  Grimm 
rechtsalter th.^  804;  danach  ist  an  steinstufen  vor  dem  burg- 
thore  zu  denken,  es  liegt  also  das  hd.  staffel  vor,  s.  das.  II, 
sp.  hViff..  und  staffelstein,  sp.  528.  vgl.  auch  Wächter  1587. 
Halt.^us  1731.  so  dann  auch  mnd.  stapel,  besonders  in 
Urkunden  des  15.  und  16.  jahrh.,  s.  Schiller-Lübben 
4,  364"/.  6,  270".  Haltaus  1731.  Brinckmeier  gloss.  diplom. 
2,574*;  vgl.:  stapulae  Suerinensis  fama.  a  loco  editiori 
seu  structura  distinctiori  appellatur  stablum  seu  stabula, 
aliquando  etiam  in  chartis  civitatis  seculi  XV  stallum 
eodem  significatu.  Westphalen  'nwnu7n.  inedita  (1745)  147; 
stapel,  'vormals,  die  höchste  geHchtsstelle  im  lande'.  Däh- 
nert 458»;  forum  prineipale  Wächter  1586  (als  belgisch), 
atich  noch  in  neueier  zeit .•  'auf  der  insel  Rügen  führt  das 
zu  Bergen  befindliehe  landgerieht  den  nahmen  des  stapeis'. 
Adelung  (2,  2,  c). 

d)  in  Lippe  heiszt  stapel  der  hölzerne  unterbau,  das 
fachwerk  eines  hauses.  besonders  eines  neugerichteten.  From- 
mann 6,485. 

allgemein  üblich  ist  stapel  dagegen  in  bestimmten  spe- 
cieUeien.  gleichsam  technischen  gebrauchsweisen. 

2)  stapel  bezeichnet  eitien  häufen  gleichartiger  gegen- 
stände, besonders  einen,  der  in  einer  geicissen  Ordnung 
geschichtet  ist,  so  mnd.  von  warenballen ,  s.  Schiller- 
Lübben  4,365*  (spärlich  belegt);  ferner:  lignorum  strues. 
ein  Stapel  holtes.  Chyträus  cap.S9,  ein  holzstosz  auf  dem 
hofe.  ebenso  nl.:  stapel  doicks,  fardellum.  v.  d.  Schueren 
teuthonista  373"  Verdam;  stapel  of  mijte  houts,  meta  sive 
strues  lignorxim.  KiliaN  2,  630»,  so  auch  neuhoU.  und  dän. 
in  lebenden  nd.  mundarten,  s.  brem.  wb.  i,  lOOO/.  ('ein  häufe, 
vomemlich  ein  ordentlich  gelegter  häufe,  strues).  Dähnert 
457".  Danneil  210".  StOrenburg  26i".  ten  Doornkaat 
Kooi.MAN  3,  300"  ('jedes  gesetzte,  gestellte,  gelegte,  errichtete, 
artfgerichtete  u.  geschichtete  ettcas').  besonders  een  stapel 
holt,  *.  dieselben  stellen;  'n  stapel  holt  (oder  hei,  strö, 
törf,  linnen).  ten  Doornkaat  Koolman;  vom  geld, 
8.  Dan  NEIL:  een  stapel  mark-stukke  'eine  gexcisse  zahl 
auf  einander  gethürmter  markstücke,  etwa  10  rthlr.'  brem. 
wb.  4,1000.  Atfi«^^  up  enen  Stapel  leggen  ebenda.  StOren- 
burg; hö  flßid  (höpt),  legt  dat  all'  up  6n  stapel  tosamen. 
't  steid  in  4  stapeis  (blokken,  höpen).  ten  Doornkaat 
Koolman.  attch  freier:  'een  stapel  volks,  etn  Äaw/e  ro^Aw. 
gemeiniglich  in  veräditlichen  sinn:  dat  is  mi  een  stapel 
Volks!  das  ist  ein  gesindel.  so  nicht  viel  nützet.'  brem.  wb. 
4,1001.  —  nhd.  zuerst  bei  dem  Holsteiner  Jon.  Rist:   es 


847 


STAPEL 


STAPEL 


848 


stehen  etliche  beutel  vor  ihnen  auff  der  taffel,  samt  vielen 
stapelen  thaler  und  anderem  gelde.  friedewünsch.  Teutschl. 
(1647)  s.  110.  die  Wörterbücher  verzeichnen  es  seit  dem 
18.  jahrh. :  stapel,  strues,  now  qtuievis,  sed  ordinata,  hoc 
est,  talis;  in  gtta  res  rem  sustinet.  hodie  uttintur  Belgae  . . . 
qui  Stapel  acervum,  interpietantur ,  vim  voci  fadtmt. 
Wächter  (1737)  1586;  holz-stapel,  holz-haus.  Chytraeus 
nomendator  Sax.  col.  408.  wo  man  das  holz  liinschlichtet, 
lignile.  ein  stapel  holz,  lignorum  sti-ues.  id.  ib.  ein  holz- 
haufe.  FuiscH  2,  320*;  'ein  stapel  holz,  ein  holzstapel, 
ein  häufe  ordentlich  atif  einander  gelegten  hohes,  ein  stapel 
thaler,  in  Niedersaclisen,  ein  lianfe  auf  einander  gesetztei- 
tltaler.  auf  einen  stapel  legen  .  . .  ein  stapel  volks  .  .  . 
im  hochdetitschen  höret  man  es  in  dieser  bedetdung  selten, 
ausser  etioa  im  gemeinen  leben,  so  setzen  die  gärber  ihre 
häute  in  stapel,  loenn  sie  selbige  iti  häufen  legen.'  Adelung 
(2,  l).  heute  selir  gewöhnlich ,  sowol  als  gewerblicher  aus- 
druck :  ein  stapel  holz,  häute,  tücher  u.  ähnl.,  wie  auch 
in  der  umgangsspraclie -.  ein  stapel  von  büchern  lag  auf 
den  stuhlen.  Fuenssen  Jörn  Uhl  s.  74;  Jörn  legte  das 
buch  auf  die  lade,  den  stapel  brot  daneben.  lOl ;  als  der 
Lüneburger  langsam  aufstand,  legte  der  künde  einen 
ziemlich  hohen  stapel  silber  auf  den  tisch.  141;  Mars 
Wiebers  . . .  griff  in  den  groszen  stapel  blauer  hefte. 
Hilligenlei  57 ;  die  mutter  .  .  .  ging  nach  der  kommode  .  .  . 
und  kam  mit  einem  kleinen  stapel  wasche  wieder.  343. 
vgl.  stapelhoch.  —  weiter  ab  liegen  stapel  als  butter- 
masz  in  alticestfäl.  quellen  (l  stapel  butiri),  *.  Schiller- 
LObuen  4,  365»  und  Woestk  253»,  und  das  neuere  stapel 
vieh,  viehstapel  für  Viehbestand,  s.  unten  5  und  vieh- 
stapel. 

3)  stapel  bezeichnet  tveiterhin  die  stelle,  wo  gegenstände, 
speciell  waren  in  häufen  liegen,  Verkaufsstelle,  niederlage. 
diese  gebrauclisweise  beruht  augenscheinlich  auf  der  vor- 
stehenden, ist  aber  viel  früher  bezeugt  als  ausdruck  der 
hansischen  geschäftssprache,  und  i7i  ihr  ist  das  wort  hatipt- 
sächlich  über  das  nd.  gebiet  hinaus  verbreitet,  aus  der 
localen  bedeutung  entwickelt  sich  weiterhiti  die  abstracte, 
juristiscite  eines  kaufs-  oder  Verkaufsvorrechts,  wofür  auch 
stapelrecht,  stapelgerechtigkeit ,  vgl.  diese  und:  stapula 
'est Privilegium  urbi  coUatum,  sistendi  et  abinstituto  cursu 
retrahejidi  merces  exoticas,  quas  negotiator  importat,  ut 
nimirum  eo  loco  stabulentur  ac  conquiescant,-  quo  venum 
prostituantur.  JuNius  bei  Haltaus  1730,  s.  ferner  Scuehz- 
Oijehlin  1557/.  so  mnd.  stapel,  s.  Schiller-Lühben  4,365» 
{ältester  beleg  v.  1379).  in  steden ,  wur  se  dat  betreden 
ande  overkemen,  so  dat  neyn  myt  one  mere  wolde  han- 
delinge  noch  kopenschop  hebben,  dat  de  stapel  wart  glat 
van  dar  ghelecht,  wente  de  stcde  wiseden  se  uth  der 
hense  unde  des  kopmans  rechticheyt.  d.  städtechr.  16, 316,  8 
{Braunschw.  schichtb.  zu  1374).  so  noch  in  den  idiotiken  des 
18.  jahrh.  bekannt:  '3)  die  niederlage  gewisser  waaren  an 
einem  orte,  da  sie  nämlich  ordentlich  hin  gelegt  werden: 
auch,  das  recht,  welches  gewisse  kaufstädte  liaben,  dasz 
dasdbst  gewisse  durch  gehende  waaren  eine  bestimmte  zeit 
müssen  niedergelegt  und  feil  geboten  werden :  toelches  man 
das  stapel-recht  nennet,  it.  eine  atadt,  welche  das  stapel- 
recht hat.  sie  heiszt  daher  stapel-stadt ,  und  dergleichen 
teaaren  stapel-waren,  stapel-göder'.  brem.  wb.  4,  looi ;  ähn- 
lieli  DÄHNKRT458».  ebenso  nl.  stapel  emporium:  forum 
rerum  venalium.  vulgö  atabulum  et  stapula .-  locus  publi- 
cus,  . .  .  quo  prineipis  auctoritate  et  privilegio  vina,  coria, 
frumenta,  lanae  aliaeque  merces  exoticae  vendendi  cMusa 
convehuntur.  Kilian  8,680*.  —  das  nd.  wort  ist  dann 
auch  in  andre  sprachen  übernommen  und  dann  z.  th.  früher 
bezeugt   als   im    mnd.     miltellat.   stapula,    a.  Du  Canok 

7,  bBVf.  {bdege  v.  18S4  an),  vgl.  Bkinckmkikk  gloss.  diplom. 
t,674*';  altfranx.  estaple,  estapple,  estappe,  a.  Godkfroy 

8,  eoi  {belegt  seit  1880);  {mitteV)engl.  stapel  Stmatmann- 
BnAitLKY  (itt  diesem  sinne  seit  etwa  18»o);  jetzt  mit  ver- 
acholtener  bedeutung,  hauptproduct  eines  Landes  {vgl.  stapel- 
artikcl,  -wäre»),  vgl.  Skkatwi»';  aehwed.  stapel.  —  im 
hd.  findet  »ieh  das  teort  tuerat  in  rhein.  quellen  des  an- 
gdienden  15.  jahrh.,  und  ttatr  in  Cölner  jahrh.  als  stapel 
o(fer  slappel:  also  erwarf  sich  der  hischuf  mit  den  kur- 
fantcn  und  mit  den  herxog  van  (iulge  also,  dat  «ich  de 
heren  al  xusamen  verbunden  und  schreivon  der  stat  wal 
s  odrr  dri   atunt,   si  wollen   d«  assins  {acciae)  af  lial>en 


und  darzu  den  stapel  an  dem  Rin,  also  daz  de  gesfe  an 
dem  Rin  alz  wal  win  kaufen  und  verkaufen  mochten 
gelich  den  bürgeren,  d.  städtechron.  13, 116, 13  (1418);  aber 
den  stappel  wolden  si  af  han,  daz  alman  mochte  wine 
gelden  ind  verkaufen  up  dem  Rin.  117,  8;  so  solt  der 
stappel  vri  sin  bis  up  sent  Mertins  dach.  I20,  27  (1419) ; 
dat  der  stappel  solt  vri  sin  alman  up  dem  Rin  buissen 
Kolen  mit  allen  winen.  121,  7.  ganz  vereinzelt  mit  hochd. 
lautverschiebung :  ein  anlasz  zwuschen  den  ertzbischoffen 
zu  Meyntz  und  Coln  und  pfaltzgrave  Ludwigen  mit  hertzog 
Reynhalten  zu  Jülch  . .  .  eyns  und  der  statt  Colin  anders 
teyls  umb  ir  irrung  der  staffeln  uff  dem  Rine.  urk. 
vom  19.  mai  1419  in  Mones  zeitschr.  9,  s.  24.  {dagegen  in 
der  nachfolgenden  urk.  vom  ib.  juni  1419  tineder:  umb  den 
stappel  uff  des  Ryns  strame  und  lynpade.  s.  25;  [mit 
bezug]  uff  den  stappel  \sprechen  wir],  das  ein  yglicher  . . . 
vor  Coln  uff  dem  Rine  und  buyssen  der  statt  uff  dem 
lynpade  verkeufen  mogent  ir  wine,  wem  sie  wollent. 
ebenda.)  und  so  noch  in  der  Mainzer  Zunftordnung  der 
Schiffer  und  Steuerleute  v.  1685:  alss  dan  auch  zum  vier- 
zehenden  die  stadt  Speyer  sich  einen  auf  gewisse  wahren 
restringirten  Staffel  berechtiget  haben  will,  *.  Ch.  Eckert 
d.  Mainzer  schiffergewerbe  (1898)  *.  132, 14.  attszerhalb  solcher 
localen  quellen  in  allgemeinem  gebrauche  erst  seit  dem 
17.  jahrh.  (Gombert  bem.  u.  erg.  5,  2l),  und  stets  in  der 
nd.  form  stapel,  icas  bemerkenswert  ist,  da  in  den  Zu- 
sammensetzungen in  weitem  umfange  nebenformen  mit 
Staffel-  üblich  sind,  vgl.  Staffel  IH,  3,  sp.  524,  und  staffel- 
bar, -geld,  -gerechtigkeit,  -gut,  -recht,  -stadt,  sp.  525 — 8. 
Stapel ,  die  aufrichtung ,  aufschüttung ,  niederlage  der 
waaren.  Nehring  manuale  juridico-polit.  (1690)844;  ferner 
Stieler  2135,  s.  stapelgerechtigkeit,  vgl.  auch  {von  dem 
selben):  stapel,  ist  das  recht,  wahren  zum  verkauf  anzu- 
halten ,  ehe  sie  anderwerts  ausgefüret  werden ,  wie  der- 
gleichen stapelgerechtigkeit,  Hamburg,  Kiel,  Zwickau, 
Lübeck  und  viel  städte  mehr  haben,  (n.  Spate)  zeituiig.<il. 
511;  Stapel  oder  niderlag.  Frisch  2,  320»;  'figürlich  tcurde 
ehedem  in  den  nördlichen  gegenden  Deutscidandes  eine  messe, 
ein  Jahrmarkt  häufig  ein  stapel  genannt,  tceil  die  icahren 
alsdann  in  menge  an  einem  solehen  orte  niedergelegt  toerdeii  ; 
schwed.  stapel.  daher  die  stapelstadt  eliedem  eine  jede  mit 
einem  jahrmarkte  verliehene  stadt  war  (?).  in  engerer  noch 
jetzt  gangbarer  bedeutung  ist  der  stapel,  ohne  plural,  die 
gesetzliche  niederlage  gewisser  wahren  an  einen  ort,  und 
das  recht,  welches  gewisse  handelsstädte  haben,  jiach  welchem 
alle  durchgehende  wahren  daselbst  auf  eine  getcisse  zeit 
zum  verkaufe  niedergeleget  werden  m,üssen,  das  stapelrecht; 
daher  auch  ein  mit  diesem  rechte  versehener  ort  in  engerm 
verstände  ein  Stapelplatz  odet-  eine  stapelstadt  genannt 
wird,  die  Oberdeutschen  haben  das  wort  in  dieser  bedeutung 
auch,  sprechen  es  aber  alsdann  Staffel  aus.'  (?).  Adelung 
{2,2,  b),  vgl.  ferner  iACOassoti  7,^28.  litteraturbelege :  die- 
weil  derselbige  Marianer  ordens  meist  er  .  .  .  derjenige  war, 
der  den  bundgenössigon  stetten  unnd  jhren  stapelen  jhre 
gerechtigkeiten  schützen  und  erhalten  kundle.  M.  Quao 
V.  KiNCKELBACH  teutschcr  nation  herligk.  {160»)  fOSä ;  sonst 
es  {ihnen)  gehen  möchte  wie  den  Dantzigern,  so  durch 
neue  zoll-aufflage  sich  um  den  stapel  der  englischen 
wahren  brachten.  Paulini  philos.  Ittsfst.{i'i09)  i,ii6;  sie 
{die  engl,  merchants  advenbtrers)  hatten  ihre  stapel  in 
allen  hansischen  slUdten.  Moser  patr.  phant.  l,20;  Flan- 
dern und  Braband  hatten  ihre  ganze  aufnähme  der  bc 
quemlichkeit  den  stapel  von  allen  rohen  matorialien  in 
der  nähe,  und  den  markt  zum  absatz  gleichsam  vor  di>r 
thUr  zu  haben,  einzig  und  allein  dieser  cinrichtung  zu 
danken.  8, 175;  die  compagnio  hätte  zuerst  (I24h)  von  dem 
herzog  Johann  in  Braband  einen  freyen  stapel  und  die 
freye  handlung  in  den  Niederlanden  erhalten.  176;  in  den 
vornehniRten  niederländischen  stKdten  wurden  stapel  er- 
richtet. Schiller  7,85;  die  hansischen  knuffahrer  .  . . 
musztcn  zuletzt  wider  willen  die  flandrisohci)  messen  bc- 
suchen,  und  die  spanischen  waaren  auf  niederländischem 
Stapel  empfangen.  86;  hier  {in  Brügge)  war  der  stapel 
aller  nordischen  produkte  für  den  sUdon,  und  aller  süd- 
lichen und  Icvanlischen  für  den  norden  errichtet.  87;  die 
Fortugirsen  richteten  in  Brabant  ihren  stapel  auf.  4t; 
der  OHlitidische  stapel  zog  die  berühmtesten  liandcIshKuscr 
von  Florenz,  Lucoa  und  Genua  .  .  .  hichor.  rltrnda; 


849 


STAPEL 


STAPEL 


850 


auf  den  stapel  schüttet  die  ämdten  der  erde  der  kanfmann, 
was  dem  gehenden  strrl  Afrikas  boden  gebiert. 

11,  87  (ßpazierg.  117,  =  ».  79,  l-Kj; 

eure  hofstatt  ist 
der  sitz  der  minne,  sagt  man,  und  der  markt 
wo  alles  schöne  musz  den  stapel  halten.  „  ru-i   ^  v\ 

13,  256  (jjungjr.  v.  Ort.  a,  oj- 
dazu  die  zxisammensetztmgen  stapelgesellschaft,  -herr,  -hof, 
-ort,  -platz  (1),  -Stadt  (1).  -wäre  (2);  zu  der  rechtlichen  ie- 
deutung:  stapelbar,  -frei,  -gerechtigkeit ,  -gesetz,  -gut, 
-platz  (2),  -Stadt  (2),  -wäre  (l).  ,    r     ^  7;    • 

4)  eine  andre  bedeutung  hat  sich  bei  stapel  ebenfalls  in 
der  spräche  der  Uistenstädte  entiäcTceU.  stapel  bezeichnet 
die  unterläge,  worauf  ein  schiff  gebaut  tcird,  bestehend  aus 
einem  System  in  einer  bestimmten  Ordnung  auf  einander 
gelegter  balken  oder  klotze  {s.  stapelblock,  -holz  1,  -keil, 
-klotz,  -rost,  tgl.  auch  stapeln  1,3).  die  «ne  ebene  platt- 
fwm  von  bestimmter  höhe  und  neigung  über  dem  bauplatz 
Qidling)  büden.  vgl.  Bobrik660«  {nach  diesem  für  die  bau- 
stelle  selbst,  heüing,  werft;  doch  werden  nachher  stapel 
und  helling  in  gegensatz  gestellt),  in  land-  und  seestapel 
{der  helling  und  vorhelling  entsprechend)  unterschieden, 
s.  LuEGER  5,  143.  vgl.  ferner  Goedel  etijm.  ich.  der  see- 
mannssp.  459/.  Stenzel  seemänn.  wb.  399*. 

a)  diese  gebrauchsiceise  ist  erst  seit  dem  18.  jahrh.  nachzu- 
tceisen:  stapel,  lat.  navalia.  Apin.  gloss.  (1728)  510  {vgl. 
unten);  stapel  (der,  die  niederlage,  wo  die  schiffe  gemacht 
oder  ausgebessert  werden)  navalia.  Steinbach  2, 683; 
Stapel,  der  ort  auf  dem  lande  am  wasser  wo  die  schiffe 
noch  stehen,  ehe  sie  ausgebauet  sind,  navalia.  Frisch 
2,  320«;  Stapel,  chantier,  heiszt  auf  den  schiffbau-höfen 
und  werfen  die  Unterstützung  eines  zu  erbauenden  schiffes, 
welche  so  angeordnet  wird,  dasz  das  schiff,  wenn  es  fertig 
ist,  von  der  stelle  ins  wasser  gebracht  werden  kann; 
welches  ein  schiff  vom  stapel  laufen  lassen,  Uincer  un 
navire  ä  l'eau,  genennet  wird.  Eggers  kriegs-lex.  2, 9S0; 
s.  femer  Adelung  (2,  2,  a).  Jacobsson  4, 257"/.  Goedel 
seemannsspr.  459.  auch  nd.  erst  in  den  idiotiken  der  küsten- 
mundarten  seit  dem  18.  jahrh.:  stapel  'der  ort,  wo  ein 
schiff  erbauet,  oder  das  gerüste,  icorauf  es  erbauet  tcird'. 
brem.  wb.  4, 1001.  Dähnert  458  {das gerüst  u.s.w.);  ostfries. 
StCRENBÜRG  261".  TEN  Doornkaat  Koolman  3,  300".  — 
litteraturbelege:  so  werden  sie  sehen,  dasz  ich  nicht  um- 
sonst über  den  hafen  Wicke,  und  neben  dem  stapel  wohne, 
ich  glaube  nicht ,  . . .  dasz  ein  schiff  regelmäsziger  ge- 
baut werden  kann,  als  die  meinigen  gemalt  sind.  ThOmmel 
reise  6,  329. 

5)  besonders  in  gewissen  festen  ausdrueksweisen  üblich: 
das    schiff   liegt    auf  den   stapel,    lat.   navis  in  fabrica 
lignaria  aedificatur  seu  exstruitur.  Apin.  gloss.  510;  'daher 
heiszt  ein  schiff  auf  dem  stapel,  ein  im  bau  begriffenes  und 
noch  auf  seinen  sfapelblöcken  stehendes  schiff.' Boemk  660»; 
der  'grosze  kurfürst'  steht  in  Wilhelmshaven,  'Friedrich 
der  grosze'  in  Kiel  und  die  'Borussia'  in  Stetjin  auf  dem 
Stapel,    köln.  zeitung  v.  23.  noi:  1873,  2.  bl.,  s.  2<^;    nd.  dat 
schipp  liggt  nog  upn  stapel.  Dähnert  458».  —  ein  schiff 
auf  den   stapel  setzen,   'anfangen   daran  zu  bauen,   den 
grund  dazu  legen'.  Adelung;  nd.  'n  schip  up  de  stapel 
trekken  oder  setten.  ten  Doornkaat  Koolman  o.  a.  o.  — 
besonders  von  stapel  lauffen,  ex  navalibus  navem  deducere; 
navem  de  continenti  in  aquam  demittere.  Apin.  gloss.  510/ 
{übersetzt  natürlich  v.  st.  1.  lassen,  s.  unten);  'vom  stapel 
laufen  heiszt,  xcenn  es  tceit  genug  gebaut  ist,  und  aUdann 
ins  was.<ier  gelassen  tcird.'  Bobrik  660»;  nd.  et  löppt  vam 
Stapel.  Dähnert  458»;  sprichicörtlich :  't  is,  as  wen  'n  olt 
Bcbip  van  de  stapel  lopt.    'so  viel  leerer  lärm,  unnützes 
aufsehen,  Weitläufigkeit,  schicierigkeit  irird  von  jemand  ge- 
macht'.   LüPKES  .^eemannsspr.  1,  234.    vom  stapel  lauffen 
lassen,   navem  de  continenti  in  aquam  demittere.   Stein- 
bach  2,  683,    vgl.  oben  Eggers  und  Bobrik  660»,  soicie 
«tapellauf;   nd.  'n  schip  fan  de  stapel  löpen  laten.  ten 
Doornkaat  Koolman  a.  a.  0.    auch   blosz   vom    stapel 
lassen,  navem  in  aquam  demittere.  Frisch  2, 320».  'es  in  das 
wasser  la.osen,  welches  geschiehet,  wenn  der  ganze  bau  gezim- 
mert und  bis  auf  die  dritte  planke  verkleidet  ist'.  Adelung. 
c)  so  auch  in  übertragenem  gebrauche. 
a)  im  ausgeführten  bilde: 

bald  ward  gesagt  in  Turan  dem  schah  Efrasiab : 

es  läszt  vom  stapel  laufen  sein  schiff  der  held  Suhrab. 

RCcKERT  Firdoti  3,  350 ; 

X.  2. 


kaum  hab'  ich  das  wort  gesprochen, 
geht  mein  wünsch  schon  in  erfüUung, 
und  vom  stapel  des  gedankens 
läuft  herab  das  zauberschiff.  _ 

Heine  2, 129  Elster  (ßtmim,  proi.). 

ß)  vom  stapel  laufen  auch  sonst  sehr  geicöhnlieh  in 
bildlicher  vmicendung.  'uneigentlich  heiszt,  vom  stapel 
laufen,  vollendet  sein,  fertig,  vollendet  aus  den  händendes 
meisters  kommen.'  Campe:  kurz,  die  sache  war  glück- 
lich gezimmert,  vom  stapel  gelaufen.  Benzel-Sternau 
s.  ebenda;  vom  stapel  laufen,  von  statten  gehen.  Hetzel 
ide  der  Deutsche  spricht  298;  ebenso  holl.  het  is  van  stapel 
geloopen,  z.  b.  eine  rede.  Lüpkes  seemannsspr.  2,  242.  un- 
getcöhnlich  von  personen,  aufbrechen:  ihr  werdet  sehen, 
gevatter,  wenn  wir  am  wenigsten  daran  denken,  wird  sich 
unser  edler  von  neuem  aufmachen,  um  vom  stapel  zu 
laufen.  Tieck  don  Qiiix.^  2, 15  (6,  2). 

v)  etwas  vom  stapel  laufen  lassen:  herr  F.  hat  diese 
messe  wieder  einwerck  vom  stapel  laufen  lassen.  Lichten- 
berg aphorismen  2,  s.  55  (C220,  =  verm.  sehr.  2, 102);  ins- 
besondere gehörte  es  zu  den  ersten  freuden  der  neuver- 
heirateten, alsobald  irgend  ein  Inserat  vom  stapel  laufen 
zu  lassen.  Keller  5,64; 

der  erste  wünsch,  den  wenig  tage  drauf 
die  schöne  Vastola  vom  stapel 
der  wünsche  laufen  Hess,  flog  m  geradem  lauf 
zur  stolzen  königsstadt  Neapel. 

Wieland  18, 189  {Perv.  3). 

etwas  vom  stapel  lassen,  eine  erklärung  abgeben,  eine 
Verfügung  erlassen.  Lipperheide  spruchicb.  819";  sollte 
ihnen  das  opus  . . .  nicht  eben  unwerth  erscheinen ,  so 
mögen  sie  es  also  vom  stapel  lassen,  wenn  ich  todt  bin. 
Vischer  auch  einer  2,  2. 

S)  seltner  etwas  auf  stapel  setzen,  anfangen,  unter- 
nehmen: er  hat  es  auf  stapel  gesetzt.  Wander  4,  777;  hoU. 
hij  heeft  het  op  stapel  gezet.  Lüpkes  seemannsspr.  2, 241. 
hierzu  wol  nd.  hei  heft  6r  wat  op  en  stapel  gesett.  er 
hat  sie  geschicängert.  1,235. 

5)  Stapel  icird  in  neuerer  spräche  auf  wolle  u.  ähnl.  an- 
geicandt  als  Qualitätsbezeichnung,    ob  diese  gebrauchsiceise 
sich  aus  den  vorstehenden  ableiten  läszt  ('stapel  ist  natür 
lieh  auch  die  in  geordneten  häufen  daliegende  {aufgestapelte] 
wäre;  ein  stapel  wolle;   dann  sagen  die  woüzüchter  auch 
ohne  den  begriff  der  auf  Schichtung :  ein  besserer,  ein  ge- 
ringerer Stapel,  d.  h.  eine  bessere,  eine  geringere  sorte  wolle.' 
GoMBERT  bem.  u.  erg.  3,2),    erscheint  sehr  fraglich,   da 
Stapel  nicht  abstratt  die  qualität,  sondern  zunächst  concret 
die  aus  kleinen  strähnchen  gebildeten   büschel  bezeichnet: 
die  streichwolle  verbindet  sich  beim  wachsen  der  haare  zu 
kleinen  strängen  oder  strängchen  . .  .  und  diese  wieder  zu 
huscheln,  st ap el  {meche  —  staple)  gen&nnt  Karmarsch- 
Heeren^  7,  566.     dann  auch:  •{icollennuinufaktur)  l)  man 
sagt  die  wolle  habe  einen  guten  stapel,  wenn  sie  sich  gut 
ausziehen  läszt.  . . .  2)  das  woUigte  auf  der  Oberfläche  eines 
gerauheten  tuches,  welelies  durch  die  karden  bey  dem  rauhen 
hervorgebracht  icird,  ohne  dasz  das  tuch  angegriffen  tctrd.' 
Jacobsson  4,258».     dann  auch  von  baumicoUe:  {dagegen) 
gibt  die  Operation  des  stapelziehens  die  möglichkeit, 
rasch...  die  baumwolle  auf  ihre  faserlänge,   festigkeit. 
feinheit  und  glänz  zu  untersuchen,    man  nimmt  nämlich 
bei    dieser  Operation    ein  büschel    baumwolle  zwischen 
daumen  und  Zeigefinger  der  einen  band,  fasst  das  büschel 
nahe  an  der  festgehaltenen  stelle  eben  so  mit  der  andern 
band  und  zieht  es  auseinander,    die  nach  der  richtung  des 
zuges  vorstehenden  härchen  werden  nun  neuerlich  gefasst 
und  ausgezogen,  und  indem  man  dies  mehrmals  wieder- 
holt,  erhält  man  endlich  eine  partie  parallel  liegender, 
auf    einander    geschichteter    baumwollhärchen    (stapel), 
welche  die  durchschnittliche   länge  des  wollhaares  un- 
mittelbar erkennen  lässt.     hält   man  den  stapel  so  fest 
zwischen  den  fingern  u.  s.  w.  Kakmarsch-Heeren'  1,  309; 
bei  flachs,  s.  8,  447.     in  demselben  sinne  engl,  staple.  — 
litteraturbelege:    welch    einen    ausbund    von    wolle    und 
schafen  er  habe,  wie  die  alle  so  wolltreu  seien,  ein  haar 
dem   anderen  gleiche   und  der  stapel   vom  besten  flusz 
und  gleich  rund  sei.  Auerbach  dorfgesch.  *,9;  nach  be- 
sichtigung  der  schafe  muszte  eine  pause  gemacht  werden, 
denn  Ehrenthal  war  zu  sehr  ergriffen  von  der  feinheit 
und  dichtigkeit  ihres  pelzes.    'nein,  dieser  stapel!'  seufzte 

54 


851  STAPELARTIKEL— STAPELGERECHTIGKEIT 


STAPELGERICHT -STAPELLEUTE   852 


er  in  träumerischer  begeisterung.  Fkeytag  ♦,  31  {soll  u. 
haben  1,  3). 

6)  icieder  in  anderm  sitine  tcird  stapel  auch  von  thieren 
gesagt,  so  von  ochsen,  als  hezeichnung  ihres  ernährungs- 
zusfandes  (da  sie  gleichsam  fleisch  und  fett  'aufgestapelt' 
haben?):  das  ochsenunterspann  wurde  eben  aufs  feld  ge- 
trieben, die  thiere  waren  von  so  gutem  stapel,  so  wohl- 
gefüttert . . .  Bog.  Goltz  jugendleben  2,  23;  gleich  darauf 
begegnet  hier  stapel  in  der  auch  sonst  bezeugten  bedetdung 
'bestand'  (wie  sonst  stamm,  s.  das.  11,4,6,  «p.6*3,  und  stand, 
*.  10,  a,  sp.  725),  die  wol  von  2  ausgeht:  gute  pferd  sind 
für  geld  zu  beschaffen,  die  hat  nicht  selten  auch  ein 
dummer  und  liederlicher  kerl;  aber  so  einen  praktischen 
stapel  von  selbstgezogenem  rindvieh  hat  nur  ein  rationeller 
wirth.  24.  iceiterhin  tciedenim:  selbstgezogene  pferdc  und 
ochsen,  vom  richtigen  stapel  und  futterzustande.  25. 

STAPELARTIKEL,  m.  eine  wäre,  die  den  hauptsächlichen 
handelsartikd  eines  platzes  bildet  und  daher  auf  vorrat 
hergestellt  und  in  gröszerer  menge  aufgestapelt  wird.  (vgl. 
Stapel  2.  3.) 

STAPELBAR,  adj.  'dem  stapelrechte  unterworfen,  stapel- 
bare wahren ,  ivelche  bey  ihrem  durchgange  durch  einen 
Stapelplatz  und  dessen  bezirk,  auf  eine  geudsse  zeit  zum 
verkaufe  niedergelegt  tcerden  müssen;  stapelgüter,  stapel- 
wahren, imoberd.  staffelbar'.  Adelung,  s.  ferner  Sciierz- 
Oberlin  1558.  Jacobsson  7,428»  (s.  nnfer  stapelgut).  Campe 
(der  dazu  stapelbarkeit,/,  bildet),  als  staffelbar  schon 
bei  ScHOTTEL,  s.  oben  sp.  525,  vgl.  stapel  3. 

STAPELBLOCK,  m.  'im  schiffbaue,  die  blocke  oder  klotze, 
tcelche  unter  dem  kiele  eines  schiffes  liegen  und  die  ganze 
last  desselben  tragen,  so  lange  daran  gearbeiM  wird;  das 
Stapelholz'.  Campe,  vgl.  Bobrik  660».  Stenzel  seemänn. 
wb.  399»  und  Stapel  4. 

STAPELEI ,  /. ,  verbalabstr.  zu  stapeln ,  vgl.  das. ;  nd. 
(ostfries.)  stapeli  'gestapel,  aufeinander-gelege  und  ge.9etze'. 
TEN  DoORNKAAT  KooLMAN  3,301».  —  stäpelie,/.  töndelei, 
passen.  Schamrach  208»  (zu  stapeln  II,  4,  a). 

STAPELFREI,  adj.  frei,  befreit  vom  stapelrecht  (vgl.  das.): 
zu  den  stapelfreien  (gittern  gehört,  im  gegensafz  zu  den 
vorher  aufgezählten  stapelbaren,)  das  den  kirclien  und 
geistlichen  angehörende  holz  u.  s.  w.  Krünitz  169,  673 
(' Stapelgesetz'  herzog  Philipps  von  Burgund  1446).  dazu 
Stapelfreiheit,  /.  (ebenso  sch%ced.  stapelfrihet). 

S'TAPELGECK,  m.  vollkommen  (unheilbar)  verrückter: 
hie  zo  Moran  (Meran)  synt  gar  vil  geboren  gecken,  as 
man  myr  waerlich  dae  saichte,  dat  all  die  kynt  dee  dae 
in  dem  dall  geboeren  werden  gemeynlich  all  gar  puyr 
Stapel  gecken  sijnt.  A.v.  Hkrpp pilgerf.  8,12  Oroote.  mittel- 
und  niederfränk.  wort,  ganz  gewöhnlich  im,  hoU.  als  adj. 
stapelgek.  stapel-  scheint  blosz  eine  Verstärkung  zu  sein, 
wie  auch  in  den  niederdeutschen  Wörtern  -.  (bergisch)  stapel- 
doll  rein  toll  Woeste  253»,  (ostfries.)  stapeldün  völlig  be- 
trunken StÜRENRURG  sei*».  TEN  DoORNKAAT  KoOLMAN 
3,  301»,  (aüdhann.)  stäpelg&s  dummes  frauenzimmer,  gäns- 
rhen.  ScnAM BACH  208»  (vgl.  stapeln  II,  4,  a). 

STAPELGELÜ,  n.,  s.  staffelgeld,  sp.  526. 

STAPELGEREGHTIGKEIT.  /..  vgl.  staffelgerechügkeit 
(»p.  526,  dazu :  jus  stapulae,  die  staffel-gerechtigkeit  oder 
niederlage.  Nbmrino  manuale  juridicohiat.  [l690]  641), 
femer  stapel  8  und  stapelrecht:  die  stapel-  sive  stafel- 
gcrechtigkeit,  alias  die  freye  niederlage,  jus  stapulae, 
i.  e.  Privilegium  quoddam,  cujus  vi  aurigae  et  vectores 
cogunfur  alicubi  subsistere,  suaaque  merces  divendere. 
Stif.lrh  2185;  niederlage,  stapel-gerechtigkeit:  jr«»  emporii, 
etape.  die  gerechtigkeit,  vermöge  der  an  einem  orte  die 
gtlter  nicht  mögen  durchgeführt,  sondern  daselbst  müssen 
abgelegt,  oder  wenigstens  eine  zeit  lang  za  kaufT  gestellet 
werden,  ...  es  erstreckt  sich  aber  solche  gerechtigkeit 
aaf  alle  oder  nur  auf  gewisse  guter,  die  stadt  Leipzig 
hat  die  stapelgerechtigkcit  auf  16.  meilen  amhcr,  Magde- 
burg und  Hamburg  haben  die  stapel-gerechtigkcit  an  der 
Elbe,  Speyer,  Majntz  unnd  Colin  am  Rhein,  daher  sie 
die  drey  staffeln  genennet  werden  u.  ».  w.  Jarlonnki  4W''; 
slnpel  gerechtigkeit,  niederlags  gerechtigkeit,  lat.  jus  ata 
pulae.  quo  venale»  prius  erponuntur  merces,  quam  alio 
trane/enmtur.  Aimn.  gloa».  6ll,  *.  femer  Frisch  8,  »20» 
(unter  sUpelreoht).  Auy.i.vftn.  KrOnit/.  169, 6«3— 708  ('eine 
ander«  ort  der  stapclgereohtigkoit  beateht  nun  darin,  daei 


guter  nur  durch  fuhrleute  oder  schiffer  einer  gewissen  stadt 
durften  weiter  transportirt  tcerden.'  702).  Brinckmeier 
gloss.  diplom.  2,  574».  ebenso  dän.  stabelrettighed.  —  in 
der  litteratur  vereinzelt;  übertragen:  es  hat  mir  ein  vor- 
nehmer gönner  den  Vorschlag  gethan,  dasz  ich  um  die 
Stapelgerechtigkeit  ansuchen  sollte,  vermöge  welcher  nur 
ich  allein  .  . ,  binnen  zwanzig  meilen  um  meinen  aufent- 
halt  herum,  die  freyheit  haben  sollte,  meinem  nächsten 
etwas  gutes  zu  wünschen.  Rabeneu  2,76. 

STAPELGERICHT,  n.:  als  etwas  eigenthümliches  in 
der  gerichtsverfassung  (ron  Buxtehude)  finden  wir  die  bis 
ins  achtzehnte  Jahrhundert  fortdauernden  stapelgerichte. 
V.  KoBBE  Bremen  und  Verden  1,24. 

STAPELGESELLSCHAFT,/.;  in  England  . . .  wurde  eine 
Stapelgesellschaft  von  der  Hanse  in  der  zweiten  hälfte 
des  dreizehnten  Jahrhunderts  errichtet.  . . .  die  stapel- 
gesellschaft  hatte  sowohl  den  aufkauf  aller  einheimischen 
Produkte  des  reichs,  an  wolle,  leder,  zinn  und  bley,  als 
deren  Verschickung  auszer  landes.  Krönitz  iG9, 671. 

STAPELGESETZ,  n.  gciefz  über  den  stapel  (3)  oder  das 
stapelrecht:  in  den  Niederlanden  zu  Dordrecht  machte 
herzog  Philipp  von  Burgund  im  jähre  1446  folgende  stapel- 
gesetze.  Krünitz  169,  673  (sie  enthalten  bestimmungen. 
welche  guter  stapelbar  und  welche  stapelfrei  sein  sollen). 

STAPELGUT,  n.  gut,  das  dem  stapelrecht  unterliegt, 
vgl.  dieses  und  stapelbar,  Stapelware,  soxcie  staffelgut 
(sp.  526).  Adelung.  Jacobsson  7, 428^  Krünitz  1G9,  703. 
so  schon  mnd.  stapelgud,  s.  Schilleh-Lübben  4,365». 

STAPELHANDEL,  m. 

STAPELHERR,  m.,  mir  im  n.jahrh.  bezetigt,  vgl.  Gom- 
bert  bem.  u.  erg.  5,  21:  damit  durch  solch  furuber  schiffen 
niemand  mittel  und  weg  gegeben  wurde  etwas  verbottener 
wahr  heimlich  einzufuhren,  unnd  also  den  vögten  oder 
Stapel  herren  jhre  mittel  der  eingeführten  wahr  zu  visi 
tieren  unnd  zu  besichtigen,  ob  sie  erlaubt  oder  nicht,  nicht 
benommen  unnd  entzogen  wurden.  M  Qu  ad  v.  Kinckel- 
BACH  teufscher  nation  herligk.  (1609)  389;  weil  die  vögt  oder 
slapelherren  über  den  kauffhandel  die  hin  und  wider 
reysende  kauffleuth  darzu  gehalten,  dasz  sie  diesen  heil- 
samen gesatzen  und  Statuten  genaw  haben  müssen  nach- 
setzen, unnd  die  ubertretter  ernstlich  gestrafft.  890.  —  in 
ganz  anderm  sinne,  wol  für  stapler  (s.  das.):  er  kenne 
wohl  ihrer  sechs  ausz  der  suite.  der  fourirer  sey  ein 
Schneider,  der  marschalck  sey  etliche  jähr  mit  den  stapel- 
herrn  herumb  gelauffen.  Weise  erzn.  s.  112  netuir. 

STAPELHOCH,  adj.  (zu  stapel  2): 

du  häufst  mir  bände  stapclboch  auf  bände. 

LiLiENCRON  11,  205  (Pogcifr.  10). 

STAPELHOF,  m.  warenniederlage.  LÜBBEN  mnd.  hand 
wb.  374^,  vgl.  nl.  stapel-huys ,  domus  in  qua  res  paratac 
collocantur :  promtuarium,  horreum.  Kl  LI  AN  2,630''. 

STAPELHOLZ,  «.  l)  gleichbedeutend  mit  stapelblock, 
-keil,  -klotz,  vgl.  diese:  'Stapelhölzer,  fr.  tins,  (schiff.sbau) 
die  starken  höher,  welche  man  auf  die  erde  legt,  um  den 
kiel  und  die  bauchstücke  bey  dem  erbauen  eines  schiffrs 
auf  den  Schiffswerften  zu  unterstützen'.  Jacobsson  4,  -'iV. 
Campe  (l).     auch  im  coUectiven  singular. 

2)  gestapeltes  holz,  holz  in  stapeln  (2).  Campe  (2). 

8)  'holzstück,  das  zwischen  aufzustapelnde  breiter,  planken 
usw.  gelegt  wird,  um  das  dureJistreiehen  der  luft  tu  er 
möglichen.'  Stenzel  seemänn.  wb.  89»». 

4)  nd.  Stapel  holt,  holt  von  einem  abgestorbenen  bäume. 
Schamrach  2<w»  (vgl.  stapel  i,a  tu  ende). 

STAPELIE, /.,  name  der  aa»pflante,  atapelia.  KnÜNITZ 
1«J9,  703—6. 

STAPELKEIL.  m..  daaadbe  wie  stapelblook,  -holz  (1). 
a.  diese.  Jagobsson  7,4«8^  Krünitz  109,  709. 706.  jettt  auch 
stapel  klotz,  m.,  *.  Gokdbl  etymol.  %ob.  469.  Stk.n/.el 
seemänn.  wb.  8»St». 

STAPELLAIJF,  m.,  da  ein  schiff  vom  stapol  läuft. 
*.  Stapel  4,i  und  Lukoer  7,476.  Stknzkl  seetnänn.wb.  n'.nt»: 
der  slapoUauf  der 'Hnrusbia'  in  Stettin,  kiiln .  zeitung  vom 
SS.  nov.  1878,  9.  Uatt  a.  9";  der  stapcllnuf  des  gewaltigen 
rumpfcs  hat  gestern  . . .  statt  gefunden,  ebenda.  uruiger 
üblich  r/fi/tlr  stapellassang, /.  (laneement  —  launch). 
Karmarsch  Hekrkn*  7,  «86. 

.STAI'KI-LKIITE,  plur.:  homlncs  dictos  stapilludc  do 
Tremonia  (iJortmund),  in  einer  urk.  kaiaer  Ludwigs  v.  1817, 


S53 


STAPELMATZ  — STAPELN  (1, 1) 


STAPELN  (1,1-3.  II,  L  2) 


854 


s.  3.  D.  V.  Steinen  westphäl.  gesch.  der  grafsch.  Mark  (1748) 

1,  468.  LiVCOMBLET  urktindenb.  f.  d.  gesch.  des  Niederrh.  3, 
«r.  157.  v^rZ.  Haltaus  1732.  Scherz-Oberlin  1558  ('/.  jurw- 
dictioni  curtis  ejus  obnoxH").  Brinckmeier  gloss.  diplotn. 

2,  574»  und  besonders  F.  Frensdorff  Dortmunder  Statuten 
(1882)  einl.  s.  xci/.  (unfreie,  vom  reich  abhängige  leute, 
benannt  nach  dem  gericht,  dem  sie  unterworfen  sind,  vgl. 
Stapel  1,  c). 

STAPELMATZ,  m..  familiärer  ausdruck.  'ein  noch  un- 
sicher gehendes  ki7id'.  Albrecht  Leipz.  mundart  216»,  vgl. 
stapeln  II,  3,  b. 

STAPELN,  verb.    I.  denominativbildung  zu  stapel. 

l)  gewöhnlich,  in  stapel  (2)  setzen,  schichten,  aufhäufen, 
so  schon  mnd.  stapelen  'aufstapeln;  e.  tcare  auf  den  Stapel- 
platz bringen'.  Lübben  handwb.  374''.  ebenso  im  neund. 
s.  brem.  wb.  4, 1001.  Schütze  4, 187.  Dähnert  458»  ('stapeln, 
upstapeln,  in  einen  liaufen  über  einander  legen').  Dan- 
neil  210''  ('staopeln  l.  aufschichten  z.  b.  holzkloben,  nicht 
aber  kurz  gesägtes  holz").  Störenburg  261''.  ten  Doorn- 
kaat  Koolman  3,  301''.  Woeste  253».  aucA  in  ztisammen- 
setzung  mit  adverbien,  besonders  up  stapeln  'aufhäufen, 
ordentlich  auf  einander  legen',  brem.  icb.  4, 1001,  'holz  auf- 
einander in  die  höhe  legen,  setzen,  bansen'.  Schütze  4, 187; 
dat  holt  weg  stapeln  'das  holz  ordentlich  auf  einander 
legen,  damit  es  aus  dem  wege  komme',  brem.  wb.  4,1001; 
he  lett  dat  holt  fer-  oder  umstapeln.  ten  Doornkaat 
KoOLM.\N  3,  301*'.  ebenso  rd.  stapelen,  in  metas  sive  strues 
componere.  Kilian  2,630'';  dän.  stähle,  schwed.  stapla.  — 
im  hd.  seit  dem  18.  jahrh.  bekannt,  vgl.  Weigand  2,  797: 
aufstapeln,  colligere,  custodire  aliquandiu  merces  renales, 
merces  promercales  in  stnies  erigere.  Frisch  2,  320»;  sta- 
peln, Ordinate  struere,  facere  ut  res  se  mutuo  sustineant. 
Belgis  stapelen  . . .  vulgo  male  exponitur  'congerere,  coacer- 
vare'.  hoc  enim  non  est  ordine  struentis,  sed  temere  con- 
jicientis.  W.\chter  1587 :  'ordentlich  in  häufen  legen,  auf 
einander  legen. '  holz  auf  einander  stapeln,  es  wegstapeln. 
Adelung  (2).  heute  z.  th.  auch  in  hd.  tnundarten  ein- 
gedrungen,  so  nordthür.  stapele  aufschichten  (holz).  Klee- 
mann 22",  häufend  aufstellen,  uf-,  hensdäbeln.  Hertel 
sprachsch.  233,  mansf.  uffstäpeln  Jecht  107»;  preusz.  'in 
geordnete  häufen  legen,  aufspeichern'.  Frischbier  2, 362''. 

a)  zunächst,  gleichartige  gegenstände  in  bestimmter  Ord- 
nung schichten:  holz  stapeln,  s.  oben: 

siehe ,  wie  rennend  der  hahn  vom  gestapelten  holz  mit  den 

weibem 
futter  ertrozt.     Voss  1, 101  (Luüe  2,  219). 

auf,  über  einander  stapeln :  wann  die  steine  etwas  trocken, 
wurden  sie  von  den  bretern  abgenommen  und  besonders 
auf  einander  gestapelt.  Bob.  Pierot  (1742 jf.)  2,  329 ;  kisten  .  . , 
welche  ich  mit  groszer  mühe  übereinander  stapelte. 
4,200.  —  dafür  häufig  aufstapeln,  vgl.  oben  und 
theil  1,  745.  —  meistens  tritt  die  Vorstellung  einer  bestimmten 
Ordnung  zurück  vor  der  eines  hatifetis,  einer  menge,  sodasz 
(auQstapeln  den  sinn  von  'auf,  anhäufen'  annimmt:  sie 
{die  freundinnen)  lobten  den  putz  {der  braut),  priesen  die 
aufgestapelten  schätze.  Immermann  MüncJth.  3,14(5,12).  — 
auch  von  menschen,  die  in  dichtgedrängten  reihen  über 
einander  sitzen  oder  stehen :  im  gerichtssaale  . . .  gibt  es  . . . 
oben  an  beiden  selten  sehr  geräumige  galerien  mit  er- 
höheten  bänken,  wo  die  Zuschauer  köpf  über  köpf  ge- 
stapelt stehen.  Heine  3,  456  Elster  {engl,  fragm.  5). 

ft)  indem  der  begriff  der  menge  zur  hauptsache  vdrd, 
bezeidmet  rfann  (aufstapeln  xceiterhin  nicht  nur  das  schichten 
oder  häufen  von  vorhandenen  gegenständen,  sondern  das 
allmähliche  zusammenbringen,  ansammeln  eines  haufens 
oder  Vorrats:  auf  anderer  leute  Unkosten  immer  thaler 
auf  thaler  stapeln.  Rob.  Fierot\,\2a; 

was  doch  frommt   ein  gewicht   unermesslichen  goldes   und 
Silbers, 

das  du  verstohlen  mit  angst  einsenkst  in  gehdhleteserdreich? 

'wenn  du  kleiner  es  machst,   es  verrinnt  bis  zum  schmäh- 
lichen Pfennig.' 

aber  wenn  nicht,  was  hat  ein  gestapelter  häufen  {comtmcttu 
acervus)  noch  schönes? 
Voss  Horat.  (1806)  2,  8  {tat.  1, 1,  43). 

•0  sehr  gewöhnlich,  auch  freier:  andere  werden  vielleicht 
das  erstaunliche  wissen,  das  der  verstorbene  in  seinem 
gedächtnis  aufgestapelt  hatte,  ganz  besonders  rühmen 
und  preisen.  Heine  6, 115  Elstei-  {Ludw.  Marcus); 


vergeblich  wirst  du  den  Pamasz  beackern, 
und  bild  auf  bild  und  blum'  auf  blume  stapeln. 

2,  65  (im  reim  au/  zappeln). 

absolut,  neben  einem  synonymon: 

o,  staple  nicht  noch  speichre.    ROckert  (1882)  11,  289 

(9.  mak.,   wo  die  alten  einzelausgaben  des  Hariri  v.  1826 

1,230  und  V.  1837  1,87:  stapple  haben). 

c)  zuweilen  übenciegt  auch  bei  aufstapeln  die  Vor- 
stellung der  höhe,  während  die  der  menge  aufgegeben  wird, 
sodasz  es  einem  'aufthürmen'  nahe  kommt,  so  zunächst 
ein  lager  aufstapeln,  tuobei  immeihin  noch  ein  aufbauen 
aus  mehreren  bestandtheilen  stattfindet:  die  mutter  zeigte 
ihm  ein  von  polstern  bequem  aufgestapeltes  bett,  worin 
er  schlafen  sollte.  Kleist  3,  326,  ir,  E.  Schmidt;  weder 
des  essens  begehren  sie  .  . .  noch  späterhin  . . .  des  lagers, 
das  sie  ihnen,  weil  sie  müde  scheinen,  im  nebengemach 
aufgestapelt  hat.  385,6;  das  lager,  von  polstern  bequem 
und  prächtig  unter  einem  thronhimmel  aufgestapelt.  417,  9. 
weiterhin :  die  weiber  werden  sich  haarhömer  {haarfrisur 
in  form  von  hörnern)  in  die  höhe  anfstappeln  .  . . 
und  werden  noch  ganze  getrocknete  vögel  drauf  setzen. 
VisCHER  auch  einer  1,269.  so  im  pari.  hoch(auf)ge- 
stapelt:  ein  hochaufgestapelter  busen,  der  mit  steifen 
spitzen  . . .  wie  mit  thürmchen  und  bastionen  umbaut 
war.  Heine  3,  20  Elster  {Harzreise).  aucJi  bildlich,  hoch- 
mütig {oder  zu  stapeln  II,  s.  Sanders  3, 1179''  u)iter  3,  bT): 
der  heidekrüger  ist  ein  braver  herr,  aber  zu  hoch  stu- 
dirt.  ...  als  sie  (diefrau)  starb,  wollt'  ich  fort,  weil  mir 
der  herr  zu  hochgestapelt  war  und  für  unsereins  kein 
gehör  hat.  Gutzkow  ritter  v.  g.  l,  200. 

d)  die  beziehung  zu  stapel  3  {waren  zum  verkaufsplatz 
bringen)  ist  in  der  altem  spräche  zuweilen  deutlich,  s.  oben 
Lübben  mnd.  handwb.  und  Frisch  ,  später  ist  sie  auf- 
gegeben. 

2)  mnd.  stapelen  bedeutet  femer  'die  grenze  durch 
pfähle  etc.  bezeichnen.  Lübben  Jiandwb.  374''. 

8)  'im  schiff  baue,  den  kiel  stapeln,  die  stapelblöcke  unter 
den  kiel  legen.'  Campe  (11,2),  vgl.  stapel  4. 

II.  davon  zu  trennen  ist  ein  arideres,  intrayisitives 
stapeln,  ein  ausdruck  für  gehen,  doch  stets  mit  besondem 
ntumcen,  das  im  nhd.  seit  dem  18.  jahrh.  bezeugt  ist  {das 
bei  Sanders  3, 1179''  angezogene  staplen  der  pfetde  aus 
Ryff  thierb.,  1545,  ist  druckfehler  für  stapfen,  s.  das.  II,  2,  c) 
und  auch  in  hd.  tcie  in  nd.  mundarten  begegnet,  ist  zu 
sammenhang  mit  stapfen  möglicht 

1)  bezeichnung  eines  langsamen,  steifen  schreitens:  'als  ein 
neiitrum  mit  dem  hülfsicorte  seyn,  mit  langen,  hoch  auf 
gehobenen  beinen  langsam  daher  schreiten,  sehr  ernsthaft 
einher  stapeln,  gestapelt  kommen.'  Adelung  (l);  wo 
stapelst  du  hin?  Campe  (I,  'besonders  im  nd.");  noch  gut 
stapeln  können.  Krünitz  169,  705.  litteraturbelege ,  ge- 
wöhnlich mit  adverbien,  her,  hin,  hinauf  stapeln  u.  ährd.  .- 
da  der  alte  herr  baron  wieder  herauf  gestapelt  kam. 
cav.  im  irrgarten  85;  ich  stapelte  immer  rasch  den  sand- 
berg  hinauf.  Seume  spazierg.  (i803)  351  {zweites);  mad. 
Streckeisen  stapelt  im  gröszten  regen  und  nässe  von  der 
allee  her  mit  zwei  herren  ...  zu  mir.  Rauel  2,591;  das 
männlein  stapelte  wacker  mit  seinen  kurzen  beinchen 
die  dorfgasse  hinauf.  Holtei  Lammfell  ^,6; 

es  sitzet  die  kröne  noch  gar  nicht  fest, 

und  schon  kommt  der  kaiser  gestapelt  in's  nest. 

Arnim  6  {schatib.  2),  32. 

bildlich:  wiewol  der  freund  noch  elendiglich  mehrere  bogen 
nebenher  mitstapeln  musz.  J.  Paul  26  {ßegelj.  i),  146.  — 
so  in  nd.  mundarten :  altmärk.  'staopeln  ist  nämlich  auch 
s.  V.  a.  stapfen  =  hochbeinig  gehen,  in  welchem  sinne  es 
auch  noch  hie  und  da  gebraucht  icird.  na !  watt  staopelst 
denn  in'n  dreck  rümm?'  Dann  eil  210'';  waldeck.  stäp(e)l(c)n 
'darauf  los  schreiten'.  Bauer-Collitz  98'»;  tcestf.  'langsam 
einher  gehn.  se  kuamet  'ran  gestapelt'.  Woeste  SSS"*. 

2)  bettelnd  umheiziehen .  zunächst  von  'fahrenden  scha- 
lem': 'stÄpeln,  a)  {von  ärmeren  lateinischen  schülem)  auf 
vacanzreisen  um  ein  viaticum  zusprechen,  —  zunächst  bey 
geistlichen  xind  andern  studierten,  mitunter  aber  auch  bey 
bürger-  und  batiersleuten.  abstÄpein  die  pfarrhöfe,  die 
klöster,  ein  dorf,  eine  stadt.  derstäpeln ,  durch  stapeln 
erhalten,  sammeln.'  Schm.^  2,773;  vgl.:  stappeln,  betteln. 
(Jt>air.)  Klein  2,  168,   «nd;   'in  Baxem  hat  mxin  das  ver- 


855         STAPELN  (II,  2-4)  —  STAPELORT 

ntürkungs-  oder  veröfterunymoort  stappeln,  auf  solclie  art 
iciederholt  hin-  und  hergehen;  dünn,  betteln.'  Campe  (I). 
doch  ist  die  gebrauchstveise  nicht  auf  Baiern  beschränkt, 
sondern  war  auch  in  Norddeutschland  üblich :  'in  frühern 
Zeiten  gingen  die  chorschüler  staopeln,  d.  h.  sie  besuchten 
die  umgegend  oft  in  beträchtlicher  entfernung  und  icarteten 
mit  ihrem  gesange  auf  Dann  eil  210'";  es  war  um  neu- 
jahr,  als  ich  die  flucht  nahm,  und  gab  vor,  ich  und  noch 
ein  paar  schüler  wollten  aus,  stapeln  gehen,  war  das 
eine  sitte  zu  der  zeit  bei  den  Studenten  zu  Lemgo,  wenn 
man  kein  geld  hatte  und  der  magen  mehr  brummete 
und  knurrete  als  nöthig  war,  so  ging  man  aus,  ein  paar 
meilen  von  der  stadt,  und  sang  in  den  städten  und  auf 
den  ämtern  bei  den  vornehmen  leuten  das  neujahr,  acht 
tage  lang.  W.  Raabe  ges.  erz.  1,74  (schulm.  MicJiel  Haas; 
in  Lemgo  kommt  auch  der  faviilienname  Stapel  vor). 
ebenso  in  der  gaunersprache  stabein,  stappeln,  stapeln 
'als  bettler  vagiren,  mit  dem  bettelstub  uinhergehen' .  Ave- 
Lallemant  4,  610.  dann  auch  transitiv,  erbetteln,  zu- 
sammenbetteln, so  in  den  ältesten  litteratur belegen: 

gesetzt  es  liesz  sich  auch  nicht  thun,  .     . 

so  lieft  ich  lieber  durch  die  weit, 

und  stapelte  hierzu  das  geld, 

eh  ich  aen  titul  missen  wolt, 

und  nicht  magister  werden  sollt. 

Menantes  ged.  (1706)  224. 

3)  verschiedene   nuancen  bieten  die  lebenden  mundarten. 

a)  bair.-österr.  im,  anschlusz  an  2 :  'stapeln  ...  6)  von 
haus  zu  liaus  etc.  gehen  überJiattpt.  alle  kirchen  abst&peln. 
maister  Hämerl  stapelt  mit  amuletten  pfarrhöfe  und 
abteyen  ab.'  {aus  einer  altern  quelle.)  Sghm.*''  2,  773,  der 
die  bedeutung  von  stapel  (3)  ableiten  und  aus  der  spräche 
der  handeis-  und  fuhrleute  stammen  lassen  m,öchte,  kaum 
mit  recht,  österr.  äli  wia(r)thshaisa  ähschdap'ln,  in  alle 
tirirtshäu^er  gehn.  Castelli  233;  dazu  wol  in  Wien  stap- 
peln, 'das  umJierfahren  der  lohnkutscher  auf  den  straszen, 
um,  künden  zu  finden'.  Hijgel  ISS**. 

b)  mitteld.  'scherzweise  für  gelten,  bes.  von  kindern',  so 
in  Leipzig,  dazu  stapelmatz  (s.  das.).  Albrecht  216',  ebenso 
nordthür.  stapele,  'scherziceise  für  gehen'.  Kleemann  22», 
mansf.  Jecht  107»  {kinderspr.). 

c)  nd.  im  sinne  1,  s.  das.;  stärker:  'stapeln,  stapfend 
u.  tappend  gehen,  unsicfier  u.  stockend  gehen,  stolpern  etc. ; 
M  stapeld  d'r  hen  as  'n  old  mannetje'.  tkn  Doohnkaat 
KooLMAN  3,301»';  stappeln  'mit  mühe  gehen'.  Scham- 
bach 208».  vgl.  dazu :  stappeln,  caespiture.  vide  stolpern. 
Wachtek  1588.   {ebenso  schiced.  stapla  straucheln,  stolpern.) 

d)  dagegen  in  Berlin  schtapeln  'laufen,  gehen,  emsig 
gehen'.  Bren dicke  178». 

4)  abtoeichende  bedeutungen. 

a)  südkann,  stapeln  'tändeln,  Spielereien  treiben,  passen 
treiben',  dazu  ^ik^cXtEt  possenreiszer,  fem.,  -oirschQ;  stäpelie 
tändelei,  possen;  stäpelig,  possenhaft.  Schambach  208». 

b)  preusz.  stapeln  nacligraben.  'kartofleln  stapeln,  nach 
beendigter  ernte  nach  den  im  acker  zurückgebliebenen  kar- 
toffeln  graften,  icas  arme  leute  thun.'  Frisciibier  2,362*". 
{zu  2?) 

STAPELORT,  m.  ein  ort.  too  waren  aufgestapelt  und 
zum  verkauf  gebracht  xcerden,  vgl.  Stapelplatz,  -stadt. 
Campe.  Khünit/ 169,  705:  es  ist  aber  auch  nicht  durchaus 
nöthig,  dasz  der  ganze  vorrath  der  {kornhundluiigs)com- 
pagnie  in  Bremen  aufgeschüttet  werde,  wenn  sie  mächtig 
genug  ist:  so  wird  sie  an  allen  stapelortcn  an  der  Weser 
ihre  niederlagen  errichten,  und  daraus  immer,  so  wie  ihr 
hauptmagazin  in  Bremen  ausgciccret  wird,  solches  wieder 
anfüllen  können,  durch  diese  Vorsorge  bleibt  der  vorrath 
in  den  stapelorten  gewisscrmaszen  auch  zugleich  ein 
eignes  landesmagazin.  M6ser  patr.phant.  i,  Sil;  als  . . .  in 
Dontschland  die  groszc  Hansa  zusammentrat,  wurden  die 
Niederlande  der  wichtige  stapclort  zwischen  norden  und 
«Udon.  Schiller  7,  86.  {»ammelplatz,  ohne  den  begriff  des 
frilhietena:)  seitdem  ist  kein  tag  vergangen,  wo  ich  nicht 
die  masse  meines  zunehmenden  reichthums  mit  kindischer 
freude  berechnet,  mich  nach  dem  stapclortc,  wo  er  an- 
landen wird,  zurückgesehnt .. .  hätte.  ThCmmkl  rei»e7,tm. 
hildliek:  dazu  {zu  dem  feste)  wünschen  sie  nun  nagel- 
neue ♦  •  -  >  1-  '  -  und  haben  sich  deshalb  nach  Weimar,  als 
den»  '  stapelort  deutscher  dirhtkunst.  mit  zier- 

lichen _.. .  ...-—liehen  bitten  gewendet. GöTnKonZe//rr4i»; 


STAPELPLATZ— STAPELSTADT    856 

hin  nach  der  musen  stapelort, 

wo  Studiosi,  prorectoren  u.  8.  w.    Kino  1,  811. 

nach  Campe  auch  ein  mit  stapelrecht  ausgestatteter  ort. 
STAPELPLATZ,  tn.,   hd.  auch  stalTclplat^,    dän.  stabcl 
plads;  vgl.  stapelort,  -stadt. 

1)  'ein  jeder  handel.fplafz  oder  hafeti,  in  welchem  hand- 
lu7ig  getrieben  wird;  in  welchem  verstände  es  besonders  in 
den  nördlichen  gegenden  Deutschlandes  und  Europens  üblich 
t*^' Adeluno;  hajidelsplatz  mit  warenniederlagen.  speciell 
von  hafenstädten.  wo  fremde  waren  zum  ztoecke  der  Weiter- 
beförderung niedergelegt  werden,  wie  Antivari  als  Stapel- 
platz für  Virbazar,  Podgorica  und  den  nördlichen  Scutari 
see  gelten  kann,  so  ist  Dulcigno  der  Vorhafen  von  Scutari 
und  dem  ertragreichen  Bojana-gebiet.  Hasseht  reise  durch 
Montenegro  209.  bildlich:  auf  jenen  groszen  stapelplätzen 
der  kunst  und  Wissenschaft  aber  erdrückt  und  verwirrt  die 
überwältigende  masse  des  verschiedenartigsten.  Eicuen- 
DORFF  59,  5  Koch. 

2)  in  engerem  sinne,  ein  platz,  der  mit  dem  stapelrccht 
ausgestattet  ist.  Adelung  (2);  'gewisse  seehäfen  oder  stüdte, 
die  das  recht  Imben,  dasz  alle  durchgehende  waaren  allda 
einige  zeit  zum  verkauf  liegen  bleiben  müssen.'  Jacobs  so  n 
4,258».    vgl.  Goedel  etymol.  xcb.  der  seenuinnsspr.  ib9. 

3)  zum  aufstapeln  von  waren,  holz,  eisen  und  anderen 
baumatenalien  bestimmter  platz.  Stenzel  seemünn.  wb.  3'.t9'. 

STAPELRECHT,  n.,  vgl.  stapelgerechtigkcit  und  stafTel- 
recht  {sp.  528) :  stapel-recht,  stapel-gerechtigkeit ,  jus  sta- 
pulae,  Privilegium  sive  jus  illud  speciale,  quo  civitati 
solennis  mercium  et  rerum  convectatio  est  indultu,  das 
recht  einer  stadt,  dasz  daselbst  gewisse  kaufmanns-güter 
müssen  ausgelegt  und  feil  gebotten  werden.  Frisch  2,320», 
vgl.  Wächter  1.587;  das  früher  manchen  handelsplätzen 
verlieJiene  recht,  vorüberziehende  waren  {bestimmte  arten 
oder  alle)  anzuhalten,  dasz  sie  daselbst  eine  geicisse  zeit 
lang  (stapelzeit)  zutn  verkauf  ausstehen  muszten;  später 
ermäszigt  zu  dem  monopol  des  begünstigten  gemeinicesens 
auf  iveiterbeförderung  der  ankommenden  waren,  und  in 
dieser  form  {als  sog.  'umschlagsrecht")  von  Mainz  und  Köln 
bis  ins  19.jahrh.  ausgeübt  tind  hier  erst  1815  vorn  Wiener 
congresz  aufgehoben,  vgl.  deutsches  staatswb.  4,  655.  6,  609. 
9,  207.  Rotteck-Welcker  .ftaatslex.'^  18,  732 — 6.  handwb. 
der  sfaatsiciss.^  6,992 — 1006.  Elster  wb.  der  vulkswirtsch.''^ 
2,982/.  H.  Daniels,  über  das  stapelrecht  zu  Kölln  und 
Mainz.  Kölln  1804.  J.  F.  Ockhart  der  Rhein  (1816)  2 — 6. 
Chr.  Eckert  d.  Mainzer  schiffergewerbe  (1898)  43/.  63/ 
in  diesem  sinne  auch  niederlage  {s.  dns.  6),  niederlags- 
recht,  theil  'i,'i'i(if.,  köln.  ventrecht,  s.  Adelung,  in  der 
form  staffelrecht  schon  bei  Schottei.  und  Stieleh,  s.  das. ; 
vgl.  auch  id.  stapel-recht,  jus  fori.  Kilian  2,630»*,  dän. 
stabelret  {und  -rettighed).  eine  compagnie  kann  auch 
ehender  die  correspondenz  mit  benachbarten  wegen  der 
zolle,  des  stapelrechts  und  andern  dingen  ausführen. 
^\ÖSK\{.  patr.  phunt.  \,%Vi;  neben  den  schenken  und  den 
hütten  der  fischer  .  .  .  bauten  sie  {die  Lübecker)  einen  hof 
um  ihr  gesellschaftshaus  und  ihre  niederlagen,  und  er- 
warben 1273  das  stapelrecht  für  ihre  stadt  Danzig.  Fhev- 
lAG  18  {bilder  2,  l),  2.5<i.  —  iceniger  üblich  in  dem  allgemei- 
neren sinne  'das  recht  Jahrmärkte  zu  lutben ,  und  haud 
hing  zu  treiben,  von  ganzen  orten;  eine  im  hochdeut.ichen 
unbekannte  bedeutung'.  Adelung  (l,  so  auch  bei  Kilian, 
s.  obenf).  —  nach  Guedel  seenuinnsspr.  459  das  Vorrecht 
gettrisser  Städte  {hafenorte),  gelöschte  lad ungen  attf zunehmen. 

STAPELROST,  m.  die  lang-  und  querhöUer  der  unter- 
läge eines  auf  dem  stapel  (4)  stehenden  schiffea.  —  über- 
haupt, 'unterbau  aus  netzförmig  übereinandergdegUn  balken 
oder  bohlen  zur  aufnähme  des  fundameiU»  tutet  bauwerkt'. 
.SiENZKl.  seemUnn.  wb.  899». 

STAI'KLSTADT,  /.,  älter  auch  stafTelstadt,  a.  da».  {»p.bM), 
dän.  stabclstad;  vgl.  auch  stapelort,    platx. 

l)  Stadt.  100  uHiren  atifgestuitelt  und  nitn  verkauf  ge 
bracht  werden,  handrlsstadt,  besonders  \co  die  hauptnieder- 
lagen  und  markte  für  bestimmte  icaren  sind,  *.  Adkluno: 
der  zusammcnflusz  so  vieler  und  so  ungleicher  nationcn 
in  den  holländischen  und  brabantischen  stapcIsUidton 
muBzto  ihr  {der  neuen  lehre)  erstes  wachst hum  dem  augc 
der  rcgicrtnig  entzichi-iL  Somili.kr  7,  51 ;  froylich  war  es 
vorthrilhaflcr  Karthago  zur  stnpelstadt  für  die  erzeug- 
nisse  dieser  gcgcnd  zu  machen,  und  den  handclsgOMinn 


857         STAPELSTRAND— STAPF  (I,  1.  2) 


STAPF  (I.  2-5) 


858 


des  umsazes  sich  selbst  vorzubehalten.  Niebuh r  l,  593  {icol 
mehr  im  »inne  2).  übertragen:  wie  sollte  mir  Leipzig  nicht 
gefallen ,  der  ächtp  sitz  der  gelehrsamkeit ,  die  wahre 
Stapelstadt  gelehrter  kenntnisse,  welche  aus  Deutschland 
hieher  eingesammelt,  und  von  hieraus  allen  andern 
deutschen  provinzen  wieder  mitgetheilet  werden!  Nicolai 
Seb.  Xotftanker  1,82;  soll  man  nicht  toll  werden,  wenn 
man  alle  tage  höret . . ,  wie  sich  die  gemeinsten  seelen  . . . 
durch  die  liebe  über  alle  leute  erhoben  denken  .  . ;  wie 
sie  sich  ins  hasenlager  und  in  die  stapelstadt  der  liebe, 
in  die  andere  weit  bestellen  wie  auf  einen  blocksberg. 
J.  Paul  22  (Tit.  2),  202. 

2)  meist  in  dem  specielleren  sinne:  stapelstadt,  die  das 
stapel-recht  hat,  als  am  Rhein,  Cöln,  Speyer  etc.  an  der 
Mosel  Trier;  an  der  Donau  Regenspurg;  Bremen  an  der 
Weser;  Magdeburg,  Hamburg  an  der  Elb,  u.  d.  g.  Frisch 
3,320»;  stapel-städte ,  etape,  villes  d'etape,  werden  die 
Städte  genennet,  welche  mit  der  freyheit  versehen  sind, 
dasz  die  vorbey  gehenden  guter  daselbst  erst  müssen 
aus-  und  abgeladen,  und  feil  geboten  werden,  ehe  man 
sie  anderwärts  verführen  kann.  . .  .  die  stapelstädte  des 
mittelländischen  meers,  werden  echelles,  und  auf  den 
africanischen  küsten  escales  genennet.  Eggers  kriegslex. 
2,981.  so  schon  bei  Stieler  und  Kr.\mer,  *.  staffel- 
stadt,  tcozu  nachzutragen:  dass  in  geraumer  frist  ihre 
vormahls  bei  allhiessiger  unsserer  uhralten  staffelstatt  in 
stattlischem  schwang  gegangene  schiffarten  ehender 
nicht,  als  von  etlichen  jähren  hero  (sich)  betten  wieder 
ufrichten  können.  Mainzer  zun/tordnung  der  schiffer  u. 
Steuerleute  v.  1685,  *.  Chr.  Eckert  das  Mainzer  schiffer- 
geii-erbe  (l898)  s.  127.  s.  femer  Adelung  (2).  KrOnitz  169, 706. 

3)  'besonders  vcerden  in  Schiceden  die  vier  und  zwanzig 
Städte,  welche  das  recht  haben,  mit  ihren  eigenen  schiffen 
zu  ein-  und  ausführung  der  wahren  nach  ausländischen 
orten  zu  fahren,  stapelplätze  oder  stapelstädte  genannt.' 
Adeluno  (unter  i). 

STAPELSTRAND,  m.: 

heil,  heil  dem  freien  wein, 
den  du  (Elbe)  uns  führst  herein 
von  deines  meeres  stapelstrand 
in  unser  liebes  vaterland ! 

W.  Müller  ged.  (1868)  1, 119. 

STAPELUNG,  /.,  beim  Schiffsbau  'leichte  krümmung  des 
kids  eines  neuen  hölzernen  schiffes  nach  unten,  um,  zu 
lerhüten,  dasz  ein  etica  entstehende)-  katzenrücken  seine 
tnden  tiefer,  als  die  m,ilte  eintauchen  macht'.  Stenzel 
seemänn.  wb.  399*. 

STAPELWARE,  /.  l)  wäre,  die  dem  stapelrecht  unter- 
liegt, vgl.  stapelbar  und  stapelgut:  stapel-waaren ,  certae 
merces  quae  in  loco  aliquo  convehi  debent,  s.  staffelbar. 
Frisch  2,320».  Adelung.   Jacobsson  7,428'*.   Campe  (i). 

2)  'eine  art  waaren,  sofern  sie  einen  vorzüglichen  handels- 
ziceig  eines  ortes  oder  ganzen  landes  ausmachen,  tücher 
und  wollene  zeuge  sind  Englands  stapelwaaren.'  Campe  (2), 
igl.  stapelartikel. 

STAPELZIEHEN,  n.,  bei  der  baumxcoUe,  s.  stapel  5.  Kar- 
marsch-Heeren'l,  309.  dazu  Stapelzugmaschine,/. 
'J'ür  wolle  und  baurnicolle),  demeloir.  8, 447. 

STAPF,  STAPFE(N),  m.,  STAPFE,  /.  vestigium.      '" 

1.  formelles,  l)  eine  loestgerm,.  nominalbildung  zu  dem 
verb  stapfen,  s.  das.  über  iceitere  vencandtschaft.  ags.  stsepe, 
:-tepe  (phtr.  stsepas,  stapas,  stepe),  m.  schritt,  stufe,  basis. 
HoswoRTH-ToLLEH  908'»,  mitteUngl.  steppe,  neuengl.  step 
schritt,  stufe,  fuszspur .  vgl.  Skeat  ögs*»;  altfries.  stap 
(plur.  stapen)  Richthopen  1044*';  nl.  (mnl.  und  holt.) 
stap,  m.  schritt,  fuszspur,  vgl.  Franck  956,  mnd.  stappe 
[nur  i  glosse)  Schiller-Lübben  4,365'';  ahd.  staph  und 
'fiewöhnlich)  stapho  passus,  gressus,  incessus,  ascensus, 
f/radtts,  vestigium.  Grafp  6,  6.56/.;  mhd.  stapfe,  m.f,  selten 
stapf,  «L  Lexem /ianrficft.  2, 1140.  r^^  Wächter  1587.  Fick' 
3,  345.  Weigand  2.  797/.  Kluge*  376».  (über  -stapp  als 
2.  theil  von  namen.  besonders  mittelfränk.  Siegestappus  1191, 
Sistappus  1200,  Sigestapp  im  13.  jahrh..  s.  MOllenhofp 
:eugn.  u.  exe.  26,  4,  zeitsdtr.  f.  d.  alterth.  12,  358.) 

2)  im  ags.  und  afries.  weist  das  wort  ein  einfaches  p 
auf.  dagegen  erscheint  im  mittelengl.  pp,  und  dieses  herrscht 
im  deutschen  durchaus,  dem  nd.nl.  pp  entspricht  natür- 
lich hd.  pf.  dafür  ahd.  vereinzelt  fif:  forakäntema  staffin 
previo  gradu.  Murb.  hymn.  20,  3,  3,  was  sich  als  alter  wec/isel 


I   auffassen  läszt,  s.  Kauffmann  bei  Paul -Braune  leitr. 

i   15,  524/    solches  staffe  findet  sich  selten  auch  noch  im  mhd. 

I   und  nhd.,  s.  oben  sp.  515.  (beim  manch  v.  Heilsbronn,  s.  gr.  56ß 

ist  allerdings  staffeln  überliefert,  aber  der  reim  auf  schaffen 

I   verlangt  staffen.)  —  im,  nördlichen  mitteld.  bleibt  pp   er- 

j   halten  (s.  pp.  Wernher  untere);    dies  findet  sich  sogar 

l   in   der  (bair.)   übers,   der   'plumen   der  tügent'  v.  Arigo 

(handschr.  ».1468):  (der  löux)  sich  von  dan  hebt  und  mit 

seinem   zagel    seine  stappen  prichte   (bringt  in  Ordnung, 

ebnet),  das  der  jager  nicht  gesechen  müge,  wo  er  hin  aus 

sey.  zeitschr.  f.  d.  phil.  28,462,  vgl.  Drescher  Arigo  (iWXi) 

8.  169. 

3)  das  wort  ist  zunächst  und  allgemein  starkes  rnasc, 
und  zxcar  im  ags.  deutlich  i-stamm.  die  starke  bildung 
ist  im  nd.-nl.  geblieben,  dagegen  überwiegt  im.  hd.  von 
anfang  an  die  schwache  form,  stapfo.  doch  begegnet  daneben 
noch  starke  bildung;  so  bringt  Graff  6, 656/  zahlreiche 
belege  für  den  acc.  sing,  staph  und  den  dat.  plur.  stei- 
phim,  stephin,  stepfen;  weitere  s.  unten  II,  2,  a.  die  plural- 
formen iceisen  umlaut  auf,  stimmen  also  zum,  ags.  mit 
dieser  verschiedenen  stammbildung  ist  in  der  regel  eine 
differenzierung  der  bedeutung  verbunden,  starkes  stapf 
gilt  im  sinne  'schritt'  (und  hier  ausnahmslos,  s.  unten  H,  l); 
dagegen  steht  stapfo,  -e   in   den   bedeutungen  'stufe'  und 

j  'fuszspur'.  (daher  sind  im  mhd.  icb.  2,  2,  555''/.  und  bei 
\  Le.xer  handwb.  2,  1140  stapf  und  stapfe  in  gesonderten 
artikeln  behandelt.)  indessen  gilt  die  Unterscheidung  nicht 
ohne  ausnahmen;  insbesondere  findet  sich  spätahd.  melir- 
fach  staph  für  'stufe',  s.  unten  II,  2,  a.  und  selbst  für 
'vestigium'  scheint  starke  form  vorzukommen : 

nfl  bin  ich  kumin  an  den  rechtln  stap 
propter  quadripas  Aminadap. 

PF.  Wernher  4  ichiven  37  Kökn,  vgl.  die 
anm.  «.  87. 

später  ist  bei  der  apokope  des  auslautetiden  e  oft  nicht  zu  ent- 
scheiden, welche  form,  vorliegt  (s.  z.  b.  Seuse  unter  H,  2,  b).  — 
im  nhd.  hat  HuLSius  teutsch-ital.  (1618):  stapff  (=  tritt, 
8.  II,  1,  also  der  regel  nach  stark,  aber  auch  fuszstapff, 
pedata.  orma.  segno  laseiato  da  piedi,  traccie.  237''), 
Wächter  1587  giebt  in  allen  bedeutungen  stapf,  stapp; 
auch  Kram  er  dict.  2,  907«  hat  stapf,  aber  plur.  stapfen, 
also  schwach;  stapfe  bei  Stieler  213t,  s.  unten;  bei  Stein- 
b.\ch  2,  683  aber  stapfen,  und  diese  form  ist  jetzt  die 
übliche,  soiceit  überhaupt  noch  das  masc.  gebraucht  icird.  — 
vgl.  iceiter  fuszstapfe,  theü  4, 1, 1044/ 

4)  neben  dem  masc.  taucht  im  nhd.  das  fem.  auf,  und 
zwar  vereinzelt  schon  mhd.  (in  besondem  bedeutungen), 
s.  Lexer  handwb.  2, 1140  und  unten  II,  2,  c.  im  altern  nhd. 
herrscht  dagegen  durchaus  das  masc.  so  ausdrücklich  an- 
gegeben in  den  genannten  Wörterbüchern  und  noch  bei  Wie- 
land deutlich  (s.  unten  II,  3,  b).  das  fem.  bietet  von  Wörter- 
büchern erst  Campe,  von  litterarischen  quellen  C.  F.  Meyer 
(II,  3,  d).  doch  ist  zu  beachten,  dasz  stapfe  meist  in  den 
pluralformen  vorkommt,  die  das  geschlecht  nicht  erkennen 
Uissen.    (die  füszstapffen  bei  Maaler,  s.  üieil  4,  i,  1044.) 

5)  das  einfache  stapfe  ist  jedoch  im  nhd.  überhaupt 
nicht  sehr  häufig  utid  wird  meistetis  durch  die  deutlichere 
Zusammensetzung  fuszstapfe  ersetzt,  s.  das.  die  ältesten 
Wörterbücher  verzeichnen  jenes  gar  nicht  (Dasypodius, 
Maaler,  Hulsius  1616;  über  Hulsius  1618  s.  oben  3  und 
unten  II,  i);  auch  Stieler  und  Steinbach  bilden  ihre 
beispiele  durchweg  mit  fuszstapfe,  und  Frisch  2,  320''  kennt 
nur  noch  dieses:  stapf  ist  noch  übrig  im  wort  fusz-stapf, 
vestigium,  signum  pedum  calcando  erpressum.  Adelung 
läszt  dementsprechend  stapfe  ganz  aus,  U7id  erst  Campe 
giebt  es  wieder  (fem.,  s.  4)  als  ein  veraltetes,  aber  von  guten 
Schriftstellern  iciede)-  erneuertes  wort,  das  wird  durch  die 
litteraturbelege  bestätigt,  diese  finden  sich  im  16.  jahrh. 
ganz  vereinzelt  (bei  W.  Ryfp  1545  und  Fischart  Garg., 
8.  II,  1,  c)  und  fehlen  dann  bis  1720  ganz,  der  beleg  aus 
Oest,  s.  unten  II,  3,  d,  erregt  noch  den  spottvon  Schönaich 
ästh.  in  e.  nusz  s.  339  Köster.  stapfe  kommt  dann  hie  und 
da  bei  autoren  der  klassischen  zeit  vor  (Wieland,  Stol- 
behg,  Kosegarten,  —  für  Göthe  und  Schiia.f.r  fehlen 
zetignisse)  und  wird  erst  im  19.  jahrh.  wieder  allgemeiner 
üblich,  (vgl.  die  ganz  ähnliche  gebrauchsgeschichte  von 
stapfen,  s.  das.  1,5).  —  auch  in  mundarten  ist  das  wort 
im  allgemeinen  erloschen,    bei   SciiM.^  2,  774  tcird  stapf. 


859 


STAPF  (I.  5.  6.  II,  1) 


STAPF  (II,  1.  2) 


860 


stapfen  atisdrücklich  als  der  altem  spräche  angehörig  ge- 
kennzeichnet;  nur  in  der  Schiceiz  ist  es,  mit  tcechselnder 
Stammbildung,  in  einer  bestimmten  bedeutung  lebendig 
geblieben,  s.  unten  II,  2,  c.  —  im  nd.  ist  stap  wol  nie  recht 
üblich  gewesen  und  so  fehlt  es  auch  in  den  meisten  idio- 
tiken.  doch  sagt  man  in  der  Altmark  'zuiceilen  noch'  stapp 
{und  staff?)  für  fuszstapfen,  s.  Dan  neu.  208»,  tmd  ostfnes. 
scheint  stap(p)  in  verschiedenen  bedeutungen  üblich  zu  sein 
(unter  hoU.  einßussef),  s.  StOrenburg  261^  TEN  Doorn- 

KAAT  KOOLMAN    8,  SOO*». 

6)  stapfe  tritt  also  nhd.  {und  wol  schon  mhd.)  hinter 
fuszstapfe  zurück,  da  nun  hier  das  s  des  ausl.  und  da^  des 
anl.  in  der  gesprochenen  spräche  zusammerißieszen  mnszten 
und  fusz  als  erstes  glied  deutlich  ivar,  während  stapfe  als 
zweites  \ceniger  klar  empfunden  -wurde,  so  lag  die  ab- 
trennung  fusz-tapfe  nahe,  unrklich  ist  die  Schreibung 
fus(z)tapfe  seit  dem  15.  jahrh.  (voc.  v.  1470,  decam.  u.  s.  w.) 
häufig  genug,  s.  theil  4,  l,  1050 jf.  bei  ^oeiterer  Verdunkelung 
der  bildung  konnte  dann  hieraus  ein  grundwort  tapfe 
erschlossen  werden,  das  in  der  that  vereinzelt  vorkommt, 
8.  das.,  theil  11, 134  (Göthe  57, 49);  besonders  deutlich:  doch 
fand  ich  von  ihm  weder  tapfe  noch  stapfe.  ROckert 
(1882)  11,456  (31.  mak.;  Rückert  ist  in  zweifei  über  die 
abtrennung,  s.  mak.  19, 10,  s.  370,  die  stelle  auch  unter  fusz- 
stapfe l).  80  auch  in  neuern  mundarten,  besonders  mitteld. 
tappe,  s.  tapp  2  und  tappe  2,  theil  11,  139/.,-  für  Hand- 
schuhsheim bezeugt  Lenz  67'',  dasz  stapfe  fehlt,  dafür 
füustapa,  m.,  auch  blosz  tapa.  —  im  4.  theil  wird  (unter 
fuszstapfe  l  U7id  -tapfe  l,  a,  sp.  1045.  1050)  angenommen, 
dasz  fusz  tapfe  nicht  aus  -stapfe  entstunden,  sondern  eim 
selbständige  parallelhildung  sei.  diese  ansieht  ist  aus  fol- 
genden gründen  abzuweisen:  a)  die  ältere  spräche  kennt 
nur  fuojstapfe ;  fus(z)tapfe  kommt  erst  spät  im  16.  jahrh. 
vor  und  ist  auf  rein  lautlichem  wege  vollkommen  verständ- 
lich, beweist  aho  nichts  für  die  ableitung;  b)  das  einfache 
tapfe  kommt  so  spät  U7id  selten  vor,  da^z  es  einer  nach- 
träglichen rückbildung  aus  dem  compositum  sehr  verdächtig 
ist;  ein  einfaches  tapfe  in  dem  verlangten  sinne  entbehrt 
auch  aller  Wahrscheinlichkeit,  da  das  verb  tappen  niemals 
mit  pf  erscheint  und  offenbar  von  tappe,  /.  gebildet  ist, 
8.  theil  11, 140jf.,  dieses  aber  mhd.  iäpe  lautet  und  'pfote, 
tatze'  bedeutet,  also  weder  in  form  noch  in  bedeutung  sich 
zu  fusz(8)tapfe  schickt. 

IL  bedeutung. 

l)  tritt,  achritt. 

o)  dies  acheint  die  älteste  und  ursjyrüngliche  bedeutung, 
die  das  wort  als  verbalabstractum  zu  stapfen  erweist. 
sie  herrscht  im  ags.  vrie  im  späteren  engl.,  im  frie^.  und 
im  nl.,  vgl.:  st&p,  aüp,  gradus,  j)assus,  ve^tigium.  Kii.ian 
2,  esc.  aus  dem  nl.  ist  sie  wol  ins  ostfries.  eingedrungen : 
stapp,  schritt,  tritt.  SrÜRENnuRfl  261*';  h6  deid  sükke 
grote  stappen.  ten  Doornkaat  Koolman  3,  SOO''.  sonst 
ist  aie  im  nd.  nicht  nachzuweiseji. 

b)  im  hd.  erscheint  diese  bedeutung  in  fester  Verbindung 
mit  der  alten  starken  bildung;  so  giebt  Graff  6,  656/.  .- 
a.  a.  staph  passmn,  ascensum;  d.  pl.  stephin  passibus, 
stepfen  inceaaibua.  (doch  auch:  passus  scritainal  cdho 
stapbo,  gloss.  Ker.,  Bcritamali  vel  stapheo  [c«.9tt»7].  ahd. 
gloaaeni,25S,i.)  weitere  belege:  quippe  seacuplo  fatigabat 
aacenaum.  uuända  h&lbcs  tdiles  mfir,  d&nne  6in  tonus  s!, 
l&ngta  ddn  stipf.  qui,  s.  ascenaus,  tonus  ac  dimiditis 
hdibelmtur.  Anderhftlb  tonus  uu&s  ter  skrig.  Noi  kkr  Mart. 
Cap.  l.'»2  (2,  88,  a.  123  Oraff,  1,  881,  24  Piper);  da  im  warn  si 
lialz,  da,^  81  den  rcbtin  wcch  niht  giengin.  de  rihto  der 
gotiH  Hun  ir  stepphe  . . .  zö  dein  w(gc  der  himilisclin 
lieimAdc.  apec.  eccl.  a.  10. 

c)  mhd.  kommt  «tapf  mehrfach  im  adverbialen  gen.  vor 
ala  bexeichnung  einer  gangart  der  pf  erde  ('im  achritt  reiten"): 

der  kUnic  Poydwiz  von  Raabs, 

weder  atapfee  nocn  drabt 

kom  er  itevam  in  den  slrit: 

er  fuor  reht«  aU  man  d&  glt 

den  oraen  wunden  mit  den  apom  (a/«n  ijalojiji). 

Woi.KKAM    Willfh.  3W,  10; 

bin  riten  nie 
>1' ti  i.-'.'Mn,  docb  nur  stapphe«,  tzu. 

Lvdw.  kretutf.  6140. 

tu  dieaem  ainne  iat  Blapf   noch  im  Ifi.  jahrh.  üblich:    den 
pMZ  g«hn,  den  tnittcipasz ,    den  trosz,  den   IriU,   den 


schritt,  den  trab,  den  trott,  .  . .  den  treischlag,  den  stapff 
(lernt  ein  pferd).  Oarg.  s.  203  neudr.,  vgl.  stapfen  II,  2,  c. 

d)  nhd. :  stapff,  tritt,  passo.  HuLSius  (1618)  237'';  stapf,  m. 
stapfen,  plur.  2>asso  sodo,  fermo  e  grave.  . . .  einen  stapf 
thun  auf  die  erde,  far'  un  passo  sulla  terra  con  lasciarvi 
coine  impresso  iL  pie.  Kramer  dict.  2,  907°,  vgl.  auch 
Wächter  1587.  belege  aus  der  altern  litteratur  fehlen. 
in  neuerer  zeit  begegnet  sta,pf  vereinzelt  als  ausdruck  für 
einen  einzelnen,  groszen  und  schweren  schritt  (vielleicht 
neubildung  vom  verb  aus) :  das  herz  klopfte  ihm  so,  dasz 
er  statt  mit  einem  forschen  satz  über  den  graben  zu 
springen,  . . .  mit  einem  langen  und  sehr  ungeschickten 
stapf  hinüberschritt.  Frenssen  Jörn  Uhl  a.  148.  —  den 
Übergang  von  hier  zu  3  bezeichnet  eine  ausdrucksweise  wie : 
das  erschreckende  dirnchen  entrann  .  . ,  den  pfad  ilirer 
flucht  mit  rollenden  fruchten  bestreuend.  Ascanio,  der 
seine  traube  in  der  band  hielt,  hob  hinter  den  flüchtigen 
stapfen  noch  zwei  andere  auf.  C.  F.  Meyer  novellen  2,  58. 

e)  hei  dem  geivöhnlichen  schwachen  stapfe  scheint  diese 
(ohnehin  seltne)  bedeutung  nicht  vorzukommen,  ebenso  im 
allgemeinen  nicht  bei  der  Zusammensetzung  fuszstapfe.  ganz 
vereinzelt  begegnet  fustapfen  für  'schritte'  bei  Ai.berus 
Widder  Jörg  Witzeln  mamineluken  K  6»  und  M  6»,  s.  fusz- 
tapfe  3,   theil  4,  1, 1052. 

/)  die  bedeutung  'schritt'  geht  leicht  in  die  eines  längen- 
maszes  über,  so  besonders  ags.  stsepe,  s.  Bosworth-Toli.er 
903''  (I,  b);  nl.  stap,  spafium  duonim  pedum.  Kilian  2,  630»; 
vereinzelt  auch  ahd.  (a.  s.  staph)  s.  Graff  6,  656.  vgl. :  stapf, 
stapp,  quatenus  est  verbale  a  stapfen  gradi,  significat  (l.) 
actionem  gradiendi  et  pedum  vicissitudinem  [so  ags.],  (2.) 
spatium  inter  duos  pedes  diducfos.  Wächter  1587.  (vgl. 
auch  oberlausitz.  es  ist  kein  stappen  bahne.  Anton  13,  6.) 

2)  das.  tcorauf  man  tritt. 

a)  gewöhnlich  'gradus',  aUo  synonym  mit  den  aus  der- 
selben Wurzel  gebildeten  Wörtern  Staffel  und  stufe,  vgl.  diese, 
auch  diese  bedeutung  ist  im  engl.  (s.  I,  l)  und  im  nl. 
(s.  oben  Kilian)  vorhanden  (auch  ostfries.,  s.  Stören- 
burg 261'');  im  ahd.  steht  in  diesem  sinne  die  starke  und 
die  schwache  form,  letztere  z.  b.  Murb.  hymn.  20,  3,  3,  s.  oben 
1,2;  belege  für  erstere:  der  einlifte  staph  dera  diemuoti. 
denkm.  nr.  86 C,  6"*,  4  (' 1,285,  vgl.  die  krit.  anvi.);  (de 
psalmis  graduum.)  einin  uuisen  luden  fragota  man,  uone 
uuiu  dise  salmen  giheizin  uurten  sanc  dera  fimfcehen 
stephe.  Notker  ps.,  Wiener  handschr.  176''  (s.  246  Heinzrl- 
Scherer,  3,  288,  24  Pijper);  uffen  den  perc  uuorhta  er  eina 
uffart,  an  dera  uuaren  finfcehcn  stephe,  daz  die  uuerh- 
lute  manmente  (bequein)  uf  unde  nidir  gen  mahtin.  unde 
uuanda  er  sih  firuuanta  daz  er  daz  uuerh  folfrumcn  scolto, 
so  liebsangota  er  sa  demo  selben  uuerche,  ih  meino  den 
fimfcehen  stephin,  mit  samo  manigemo  s.ilmen.  ebenda 
(289,  3.  7) ;  der  sehsto  stafp.  177^  (290, 15) ;  der  zuelfle  stapf. 
177"^  (290,  32);  an  demo  drittecehenten  staphc.  ebenda  (291,  4); 
des  fimfcehenten  staphis  sanc.  178»  (291,  12).  dagegen  in 
der  Windberger  psalmem^ersion :  daz  sanch  dere  staphene, 
canticum  graduum.  Schm.*  2,774  (12.  jahrh.). 

b)  im  mhd.  hat  .tich  in  der  btdentung  'stufe'  die  acJucache 
bildung  festgesetzt,  so  im  14.— 15.  jahrh.  nidU  selten,  tu 
näclist  eigentlich: 

acht  stapfen  liecht  eevar 
rieniren  zu  der  Bcwle  dar, 
di  waren  hoch  und  prail. 

Heinr.  V.  Neustadt  ApoUan.  12004  Singer; 
Candor  gie  die  stapfen  an.    18008; 
do  er  den  viorden  ulaphon  drall.    12010; 
er  (ric  die  sliftrcn  frnlich  an  .  .  . 
an  dem  sibcndon  »taphon 
er  pueundc  don  ateni  schophen  .  .  . 
und  viel  nidcr  aulT  d(>n  cral 
der  di  sechsten  statt  hatl.     )281S; 

die  stapfen  vor  allen  rränien  BoUen  nit  vcrrer  geraichen 
dann  die  Bfrebpfoilcr  raiclicn.  3ffi»irA.  stadth. ,  a.  Sciim.' 
2,  774;  und  wuhcu  tinib  und  unib  bült/in  stapfen  iibor 
«lie  gaszcn.  </.  städirrhron.  6,  U7,  1  (H.  ZiNK  chron.  v.  Atigsb. 
r»«  141H);  als  man  die  stapfen  hinauf  gat  von  der  .stras/.c. 
819,10  (desgl.,  «.  flMcA  76»,  flfim.);  der  bap.tt,  und  alle  rar- 
dinlil  und  bischofc  giengen  mit  .  .  .  dem  kniser  Friderich, 
bis  für  sunt  Peters  miinstcr  und  auch  alle  stapfen  ab. 
2S,  82&,  28  (quelle  r.  Übt,  daneben  stapfcl.  a.  das.);  do  gicng 
EsopuB  vier  Btapfon  hin  utT  zu  dem  bild.  Sikimiöwki. 


I 


861 


STAPF  (II,  2.  3) 


STAPF  (11,  3.  4) 


862 


Esop  s.  61  österley  {vorher:  dar  zuo  man  ain  stiegen  uff 
gan  muost);  ascende  gradus  quatuor.  . . .  das  ist  in  tütsch: 
gang  uff  fier  stapfen.  62.     so  auch: 

ob  du  gotes  sun  nü  bist, 

sO  stige  von  des  krüzes  staphen ! 

J.  V.  Frankenstein  kreuziger  9421. 

bildlich  {s.  auch  unter  a):  sihstu  es  reht  an,  so  ist  kein 
creaturli  so  kleines,  es  si  dir  ein  stapf,  got  zu  neben. 
Seuse  455,  19  Bihlmeyer  {kaum  mit  dem  herausgeher  als 
'vestigium.'  zu  fassen).  —  im  nhd.  acheint  diese  bedeutung 
erloschen,  kein  icörterbtich  verzeichnet  sie  und  für  keine 
mundart  ist  sie  bezeugt,  nur  in  Davos  bedeutet  stapfa,  f., 
auszer  der  nachstehenden  Verwendung,  auch  'fuszstapfe, 
z.  b.  tcelche  in'a  eis,  fels  JC.  zmwi  klimmen  eingehalten' 
BünLER  1,  155,  ^cas  doch  icol  hierher  zu  ziehen  ist;  und 
eine  ähnliche  bedeutung  scheint  auch  in  folgender  stelle 
vorzuliegen:  kommst  du  mit?  ich  weisz  stapfen  an  dem 
felsen  empor.  C.  F.  Meyer  nov.  2, 383. 

c)  in  der  Schtceiz  eine  einrichtung  ztim  übersteigen  eines 
Zaunes  oder  einer  hecke,  so  schon  im  15.  (?)  jahrh.,  vgl. 
Lexer  handwb.  2, 1140  {für  geic.  mhd.  stigele) :  dag  zwo 
stapfen  gän  sont  über  Uolrich  Ortwins  wisen,  und  sol 
die  ain  stapf  sin  üf  dem  graben  u.  s.  w.  St.  Galler  stadtb., 
s.  ebenda,  {die  stelle  ist  zugleich  der  früheste  beleg  für 
das  fem)  ebenso  in  den  heutigen  mundarten,  'stück  tines 
Zaunes  mit  querstaken,  worüber  man  steigt',  mit  wechseln- 
den formen,  der  stapf  in  Luzern,  Zug.  TJri,  daneben  die 
stapfete  ebenda  und  in  Zürich,  im.  Berner  Oberland  die 
stapfe,  im  Wallis  der  stapfen.  Stalder  2,392;  auch 
appenzell,  stapfeta,  /.  'die  zaunstufen,  welche  das  schreiten 
über  einen  zäun  erleichte>-n  und  eine  gitterthüre  vertreten'. 
ToBLER  405*;  in  Davos  stapfa,  /.  'staffel,  vermittelst  welcher 
man  über  einen  zäun  steigen  kann'.  Bühler  1,155. 

d)  die  bedeutung  'Steigbügel'  ist  im  deutschen  selbst 
nicht  nachgewiesen;  sie  scheint  aber  gefordert  zu  werden 
durch  das  offenlar  daher  entlehnte  ital.  {und  rhätorom.) 
staffa,  s.  DiEz*  403.  im  mittellat.  ist  stapha,  stafTa  schon 
zu  1170 — 7  bezeugt,  s.  Du  C.\nge  7,  511" f.,  auch  stapia  583*. 
eine  weitei-bildung  zu  staffa  ist  staffetta,  das  auch  im  franz. 
und  span.  {als  estafette  bezw.  estafeta)  vorhanden  ist. 
g.  DiEZ  a.  a.  0.,  und  als  staf(f)ette  wiederum  itis  deutsche 
übernommen  ist,  s.  dieses,  sp.  529/.  —  avts  dem  deutschen 
mich  aserb.  stapi  Stegreif  Miklosich  320*? 

3)  fuszspur,  vestigium. 

a)  diese  bedeutung  tritt  in  der  altem  spräche  auffällig 
zunick,  im  ags.  ist  sie  gar  nicht  bezeugt,  später  im  engl, 
vorhanden,  aber  nicht  vorherrschend;  im,  nl.  gilt  sie  neben  1, 
vgl.  das.  (Kilian),  und  so  auch  ostfries.;  im  nd.  liegt  sie 
vor  in  dem,  einzigen  beleg,  den  Sciiiller-LObben  4,365'» 
anführt  {vgl.  das  auch  nicht  häufige  vötstappe,  m.  5, 516*"/): 
ealcaneus  . . .  stappe,  eyn  vod  stappe.  Dief.  nov.  gloss.  65''; 
neund.  bei  Danneil,  s.  I,  5.  für  das  ahd.  bringt  Graff 
nur  1  beleg,  wo  überdies  die  beziehung  zweifeWaft  ist  {ahd. 
glosaen  2,  668,  71 :  plantis  staphun.  Tegernseer  glosse  des 
11.  jahrh.  zu  Verg.  Aen.  11,573).  au^h  mhd.  tritt  diese  be- 
deutung noch  sehr  zurück  hinter  2  {bei  Lexer  nur  3  belege), 
dagegen  ist  sie  im,  nhd.  die  vorherrschende,  ja  in  der  ge- 
wöhnlicJien  spräche  die  alleinherrschende  getcorden.  {aller- 
dings ist  auch  in  diesem  sinne  die  Zusammensetzung  fusz- 
stapfe, die  —  mit  üner  ausnähme,  s.  l,e  —  nur  so  vor- 
kommt, viel  üblicher,  s.  oben  1,5.)  stapfe,  der,  plur. 
stapfen,  etiam  fuszstapf,  et  fuszstapfen,  der,  vestigium. 
Stieler  2134;  stapf,  ...  it.  pedata,  pista,  orma,  traccia. 
ve-ttigio.  fuszstapf,  idem.  Kramer  dict.  2, 907«;  stapfen  (der) 
vestigium,  nota.  Steinbach  2,683;  die  stapfe,  'die  »pur, 
der  abdruck  des  fuszea  auf  dem  boden  beim  gehen'.  Campe. 
in  hd.  mundarten  nirgends  bezeugt. 

b)  im  eigentlichen  sinne,  von  menschen :  diese  wege  und 
stapfen  führen  im  geisterlicbt  der  firne  durch  ein  be- 
irrendes netz  verstrickter  tbäler.  C.  F.  Meyer  nov.  2,  293; 
die  stapfen  des  linken  fuszes  sind  länglich ,  ungleich- 
mäszig,  schleifend.  P.  Lindau  spitzen  175  {vgl.:  dasz  ein 
besonderer  gang  wohl  solche  fuszstapfen  zurückgelassen 
haben  könne.  189); 

flosz  ein  flosz  ans  seinen  stapfen. 

Frkii.igrath»  6, 13  {Hiawatha  1). 

I     gern  in  verbalen  fügungen :  die  stapfen  von  jemand  kennen, 
eonoacere  le  orme.  pedate  etc.  di  ujio.  Krämer  dict.  2,  907'=; 


nun  seh'  ich  dich  schon  lang'  am  meergestad' .  .  . 
umlauschen  Aias  zelte,  sehe  dich 
aus  frischgetretnen  stapfen  prüfen,  ob 
er  drinnen  oder  drauszen  sei. 

Stolberg  14, 167  {Soph.  Aias  v.  6). 

besonders  in  eines  seine  stapfen  6  fuszstapfen  tretten, 
peatare,  premere,  calcare  le  orme,  tenere  le  orme,  le  pedate 
di  uno.  Kr.\mer  dict.  2,  907=;  sie  . . .  ging  eine  weile  nach- 
denklich neben  ihm,  während  der  gravitätische  knabe  .  .  . 
sorgsam  in  die  zierlichen  stapfen  trat,  die  seine  herrin 
dem  boden  eindrückte.  Heyse  kinder  der  weit  l,  190;  mein 
könig  lustwandelte  eines  tages  in  seinen  gärten,  . . .  und 
ich  ging  nach  meiner  gewohnheit  von  ferne  in  seinen 
stapfen.  C.  F.  Meyer  d.  heilige  164;  die  vom  wirbel  zur 
zehe  in  eisen  gehüllten  höflinge  schlenderten  mit  gleich- 
gültiger miene  und  hochfahrender  geberde  in  den  er- 
lauchten stapfen  (Z^ar^  rf.  ^r.).  novellen  2,  272.  auch  freier, 
von  nachfolge  im  bildlichen  sinne  {vgl.  Campe): 

herr,  lasz  mich  nimmermehr 
auf  böses  beispiel  sehn, 
vielmehr  mit  aller  treu 
in  Christi  stapfen  gehn ! 

hannov.  gesanqb.  369,  3  (J.  Fr.  Starck 
1680—1756) ; 
dort,  wo  bewundert  ward  Fouque  und  wer  in  dessen  stapfen 
trat.    Platen  292»>  {romant.  Oed.  3). 

seltneres:  daneben  empfahl  sie  mir  auch,  besonders  als 
ein  treffliches  mittel  ihm  die  Phöbis  zu  erleiden,  ich 
sollte  auf  ihre  fuszstapfen  acht  geben,  und  so  wie  Phöbis 
den  fusz  zurückgezogen  hätte,  sollte  ich  den  stapfen  mit 
dem  meinigen  auslöschen,  so  dasz  mein  rechter  fusz  auf 
den  stapfen  ihres  linken,  und  umgekehrt  mein  linker 
auf  ihren  rechten  zu  stehen  käme.  Wieland  Luk.  3,358; 

wir  wollten  endlich  nach  Jerusalem, 

das  heilpe  grab  des  auferstandnen  sehn, 

die  stapfen  küssen  seiner  süszen  füsze.    Tieck  1,  44. 

c)  von  thieren:  hirsch-  etc.  stapfen,  piste  di  cervo  etc. 
Kramer  dict.  2,  907";  sprichicörüich :  an  den  stapfen  kann 
man  sehen,  ob  ein  pferd  oder  fuchs  gegangen  ist.  Wanuer 
4,  777.    so  schon  mhd.  .- 


als  er  des  wunnes  staphen 


also  blnotic  vant. 

Ortnit  585. 


nhd.  {s.  auch  Arigo  unter  1,2):  wenn  es  {das  pferd)  mit 
dem  forderen  fusz  fürschreittet ,  das  alsbald  der  hinder 
füsz  inn  denselben  stapffen  volge,  ausz  wellichem  es  den 
vorderen  fusz  auffgehaben  hat.  W.  Ryff  thierb.  (1545)  C  3'' 
{vgl.  stapfen ,  verb.  II,  2,  c) ;  so  ein  tragend  mutterpferdt 
auff  ein  spfir  oder  stapffen  eines  wolffs  kompt,  soll  sie 
sehr  ergrimmen.  El*»;  er  {der  schnee)  verbarg  die  fährten 
der  Wölfe  und  die  stapfen  der  raubvögel.  Freytag  il,  3 
{ahnen  4,  c.  l) ; 

gern  nistet,  gerne  singt  der  hänfling  dort, 
jind  kleine  stapfen  prägen  leicht  den  boden. 

Kosegarten  rhaps.  3,  66. 

d)  übertragen:  die  grausamen  stapfen  des  krieges  lagen 
überall.  Storm  3,  213;  überall,  wohin  ich  darin  {in  meinem 
leben)  zurückblicke,  sehe  ich  nichts  als  thörichte  larven, 
hohlheit,  neid  und  nichtigkeit  . . .  nirgends  eine  reinliche 
stapfe ,  wo  erinnerung  den  fusz  hinsetzen  könnte ,  ohne 
ihn  zu  beschmutzen!  C.  F.  Meyer  Ang.  Borgia  153; 

so  zeigt  die  wollust  sich  in  viele  moden, 
und  anders  steht  ihr  pelz,  und  anders  seide, 
doch  überall  wirst  du  die  stapfen  finden.. 

(J.  H.  Oest)  hrem.  ged.  (1721)  24  {vgl.  oben  I,  5); 
wir  wollen  seinen  {des  königs)  düimen,  schmutz'gen  mantel 
mit  unsem  reinen  ehren  nicht  verbrämen, 
noch  folgen  seinem  fusz,  der  stapfen  bluts, 
wo  er  nur  wandelt,  nachläszt. 

Shakesp.  1,  55  (fcö»i.  Joh.  4,  3). 

4)  abweichende  bedeutungen,  deren  Ursprung  sich  nicht 
feststellen  läszt,  finden  sich  hier  und  da. 

a)  auch  sal  nymandt  bei  der  nacht  auf  der  gasse  ader 
in  der  stappe  mit  wuschen  {fackeln)  gehen.  Statuten  der 
st.  ^anke7ihause7i  v.  1564  bei  Michelsen  rechtsdenkm.  aus 
Thüringen  (1863)  a.  484  {in  der  anm.  erklärt :  'ein  lokal  des 
aalzwerks,  der  platz,  auf  welchem  die  sölden  liegen');  sal 
kein  pfenner  feuerwergk  aus  der  stappen  tragen  lassen.  486 
{dazu  die  anm.:  'der platz  des  aalztoerks.  stappenleute 
sind  dort  die  unmittelbar  mit  dem  sieden  des  salzes  be- 
schäftigten'). 

b)  Stuhlbein .-  hinter-  und  vorderstapfen  nennt  der  stuhl- 
macher  die  hintern  und  vordem  füsze  des  stuhls,  vgl.  Bro- 


863 


STAPF  (II,  4)  —  STAPFFL 


STAFFELN  — STAPFEN  (1, 1-4) 


864 


SENius  iechnologie  {Leipzig  1806)  2,  12.  vgl.  Staffel  III,  2, 
sp.  Ö23. 

c)  ähnlich    mtid.    stappe,   m.    schindel    (im    %cappen), 

9.  SCHILLER-LÜBBEN  4,  S65^  (l). 

d)  ostfries.  stappe ,  stapp ,  demin.  stappke  'Mlzemes, 
eimerförmiges  gefüsz  mit  einer  lungern  daube  (staff,  — 
vgl.  stab  II,  3,  b,  sp.  333),  die  als  Iiandhabe  dient;  9ids. 
stappen;  nordfr.  staab  melkeimer'.  StOren bürg  261'».  ten 
DOORNKAAT  KoOLMAN  3,301*".  stappcR  für  btitter  schon 
mnd.  Sciiii-LER-LüRBEN  4,  ses*»  (2,  Bremer  stat.  v.  1489 
und  fries.;  dazu  stappenmaker  böttcher,  küfner.  ebenda). 
brem.  'stappen,  nom.  melk-stappen,  ein  kleiner  milchkübel 
mit  einer  empor  stehenden  handlmbe,  wobey  er  mit  einer 
hand  kann  getragen  werden,  in  welchen  die  külte  gemelket 
werden,  im  ditmarsischen  bedeutet  diesz  wort  die  kleineren 
gefässe,  in  welche  die  milch,  nachdem  sie  von  den  kühen 
gekommen,  zum  ramen  gegossen  tcird.  id.  ditm.  vielleicht 
ist  diesz  icort  von  staf,  faszdaube.  von  einem,  der  seine 
wohlthaten  . . .  selbst  wieder  verdirbt,  sagt  man  im  spi'üch- 
icort:  he  maakt  idt  as  de  ko,  de  enen  stappen  vuU  melk 
gift,  un  em  mit  dem  vote  wedder  um  stot.'  brem.  wb. 
4, 1002;  ditm.  stappen  (=  holst,  settjens),  s.  auch  Richey  425. 
Schütze  4,188). 

e)  daher  auch  bezeichnung  eines  moszes  (vgl.  l,i,f).  der 
4.  theil  einest gröszem  gemäszes ;  somnd.  Schiller-Lübukn 
4,  363''.  365''  (Bretner  stat.  v.  14«9,  vgl.  d)\  ostfries.  StOren- 
nURG  262*  (V*  oder  '/s  scheffel,  4  kroos).  ten  Doornkaat 
KooLMAN  3,  301''  (früher'.  4  krieg  oder  '/s  scheffel). 

f)  ostfries.  stappe,  stap  'eine  falle  zum.  fangen  von  ratten, 
litis  u.  ähnlicJien  thiei-en'.  ten  Doornkaat  Koolman 
".  302*;  wesffäl.  stappen,  m.  falle  für  fuchse  u.  der  gl. 
Woeste  253''.  80  schon:  zu  dem  wird  den  eingesessenen 
verpotten,  das  nemants  hasen,  antvogel,  velthonder  scheite, 
oder  sonst  heimlich  in  stappen  oder  panden  fange,  tceisth. 
3,132,9  (aus  Bakenfeld),  vgl.  Schiller-Lübben  4,  365''. 

STAFFEL ,  /.  stufe,  nebenform  zu  stalTel .  vgl.  dieses 
(Itesonders  1,3),  sp.  615 f.  so  dhd.  staphal.m.  urd  staphala,/. 
Graff  6, 657,  mhd.  stapfei  (neben  Staffel)  Lexer  handwb. 
2,1140.  Sciierz-Oberlin  1558.  auch  frühnhd.  nicht  selten 
bis  in  den  anfang  des  17.  jahrh. .-  gang,  stapffei,  treppen, 
tritt,  schritt,  stuffen,  gradus.  gres.tus.  Henisch  1341,21. 
jetzt  noch  lebendig  im,  alemann. .-  'stapfle,  .'ifufe.  stapf  eli , 
diminut.'  Hebel  l,  324  (worferkl.);  in  Basel  d'  stapfle, 
treppe  zur  hau.sthür.  Seiler  277''.  auch  tirol.  stapfl,  m., 
neben  Staffel.  Schöpf  696.  (nicht  hierher  gehört  nordthür. 
stäpfel,  m..  sd(5bel  knirps  Hebtel  sprachsch.  233,  viel- 
leicht nomen  agentis  zu  stapfen,    vgl.  oben  stapelmatz.) 

1)  eigentlich  (vgl.  Staffel  II,  l):  der  gieng  im  (der  papst 
dem.  kaiser)  .  .  .  entgegen  bisz  an  die  stiegen,  do  er  sich 
nidersetzet,  und  auch  mit  im  die  cardinäl  und  bischof  . . . 
auf  der  ersten  oder  höchsten  stapfein.  d.  städtechron. 
22,  318,  7  (quelle  v.  1452;  im  Wechsel  mit  stapfe,  s.  das.  II,  2,  b); 
bei  der  dhir,  der  oberosten  stapflen  der  stieg  gleich.  23,  90, 
var.  zu  18  (Sender  chron.  v.  Augsb.  zu  1500);  und  hat 
d.  k.  (derkönig)  8  stapflen  zu  seinem  stäl  miessen  auffgan. 
ebenda.  ».  auch  92,  var.  zu  4;  auch  mag  man  an  den  ge- 
legnen orten  auff  diser  pestey  auszgemaurte  grcben  mit 
stapfein  vier  schuch  tieff  machen.  Dürer  befestigung  B  2''; 
die  gassen  (in  Tripolis)  seind  zimlich  eng,  mit  grossen 
stainen  und  blatten  gepflestert  unnd  haben  .  . .  inn  der 
mitte  ein  tieffe  einer  stapfei,  welche  so  brait,  das  in 
deren  ain  geladner  camel  wol  eingehn  . . .  mag.  L.  Rau- 
WOLPF  beMhr.  der  raitt  (1582)  27. 

2)  in  freierem  gebrauche,    im  bilde: 

beide  aiasen  ai  den  appel,     ai  ffien^ren  abe  die  stappel 
dieff  in  der  hellen  kappet     beiae  Kva  und  Adam. 

MUfCATIlLÜT  28,  88. 

mmat  übertragen:  es  sind  auch  in  allen  dingen  stapfcln 
weit  linder  einander  anderschicdlich.  S.  Fhanck  moriae 
encon.  148,18.  Verwandtschaftsgrade  (s.  Staffel  II,  i,f):  so 
dir  bauz  wiazend  ist  der  horkomcn  unser  eitern  . .,  auch 
der  magscbaft  wesen,  ...  sag  die  grad,  stapfcl  und  ge- 
sipt,  darinnen  wir  aneinander  anrUercn.  d.  »tädtechron. 
8. 110, 14.  »tufen  der  tpürde  (a.  Staffel  II,  2,  c.  a):  der  (papgf) 
teylet  die  orden  der  weihe  ausz,  durch  die  als  durch 
stapflen  man  r.t  priealcrlicher  wirdigkcit  stig.  S.  Fhanck 
ehnm.  (1531)  «7ft».  Staffel  zu  etwas  (*.  staffcl  11.  2.  r,  y): 
•rmot  ist  der  recht  stapfei  zu  der  oristenen  volkumnien- 


heit.  Keisersberg  narrensch.  168''  bei  Ch.  Schmidt  hist. 
wb.  der  eis.  mundart  336*.  stufe  der  voUkommenlieit  (?): 
dann  wir  seindt  nicht  geboren  zu  narren,  zu  thoren, 
sondern  in  den  stapfFlen  Salomonis,  der  aposteln,  und 
des  ewigen  Hechts  zu  ersettigen.  Pahagelsus  opp.  (1616) 
2,  .S23B.  —  zu  Staffel  II,  2,  i  ist  nachzutragen:  die  astro- 
nomi  haben  . . .  erfunden,  das  ein  Staffel  am  himmel,  die 
sy  gradus  nennen,  hab  sybcnhundert  stadia.  .  . .  seit  aber 
mm.  CGCly.  stafflcn  am  himmel  ...  S.  Franck  weltb. 
(1542)  2'',  wo  eine  andre  ausg.  stapffei  liest. 

STAFFELN,  verb. :  recalcitrare  . . .  widersten  vel  -stapfein. 
DiEF.  gloss.  486''.  sonst  nicht  bekannt.  —  thür.  als  demi- 
nutiv zu  stapfen:  'stupfeln  in  kurzen  schritten,  auch  müh- 
sam gehen';  sdabeln,  sdäbeln,  ädäbele.  Hertel  Sprach- 
schatz 233. 

STAPFEN,  verb.  fest  auftretend  schreiten. 

I.  verioandt9cliaft  und  form,  l)  stapfen  ist  ein  gemein- 
westgerm.  verbum:  ags.  stseppan,  steppan  gradi,  cedere 
BoswoRTH-ToLLEB  908*'/.,  mittelengl.  steppen  Stratmann- 
Bradley  578",  neuengl.  step,  vgl.  Skeat  595'';  altfries. 
steppa,  stappa  schreiten,  neuicesffries.  stappen  und  st«ppjen, 
wang.  stap,  saterl.  stappa,  nordfries.  stape.  Richthofen 
1048*,  vgl.  TEN  Doornkaat  Koolman  3,.so2*;  a/^.9.  *stappan 
(s.2),  mnd.  mnl.  holl.  stappen;  ahd.  Stephen,  Steffen  ^rfldj', 
ascendere.  Graff  6,  655,  da>i€Jen  stäpfön  6,^7 :  m/trf.  stapfen 
Lexer  liandwb.  2, 1140/. 

2)  zu  stapfen  sind,  auszer  stapf,  gebildet  staffel  und 
stufe,  daneben  liegt  eine  wurzelgestalt  mit  inßgiertem  nasal 
in  stampfen,  stampf,  wozu  uxiterhin  Stempel  und  stumpf, 
s.  diese,  auch  stapeln  II  wird  man  nicht  davon  trennen 
wollen,  obwol  die  laufstufe  des  auslautenden  labials  schtcie- 
rigkeit  macht.  —  auszerhalb  des  germ.  geJtört  dazu  gr.  ariu- 
ßeiv  treten,  dtirch  stampfen  erschüttern,  darüber  hitiaus 
sind  die  bezielmngen  unsiclier,  weil  nicht  klar  ist,  ob  das 
gr.-vorgerm.  b  auf  ursprünglicJiem  labial  oder  velar  be- 
ruht, im  letzteren  falle  könnte  »lan  lit.  st^ngti  sich  an- 
strengen (eigentlich  sich  stemmen*)  vergleichen  (vgl.  jedoch 
stinken),  im  ersteren  wären  bildungen  mit  abweichender 
lautMufe  heranzuziehen,  einerseits  slav.  stopa  tritt,  spur, 
fuszsohle,  stepeni  stufe,  Miklosich  .321,  andrerseits  die 
unter  stab  (I,  2,  sp.  329)  behandelte  wurzel  *stabh-  stebh-. 
vgl.  Scherz-Ober LIN  15.58.  Wächter  1587/  Kluge®  376*. 
Franck  nl.  etymol.  woordenb.  956/  Fick""  3,  345.  *  l,  569. 
Zlpitza  d.  germ.  gutturale  28.  Prellwitz  gr.  etymol. 
u'b.^  432. 

3)  stapfen  ist  urspi-ünglich  ein  starkes  verb;  das  präs. 
ist  mit  einem,  n-sujfix  gebildet,  dessen  n  aicli  dem  stamm 
auslautenden  p  as.tiiniliert  und  dadurch  doppelconsonanz 
hervorgebracht  hat;  das  prät.  mit  einfacher  consonanz  nach 
der  6.  ablautsreilie.  so  ags.  stajppan  —  st6p  —  stapen, 
mittelengl.  stape(n),  stepen  —  stöp,  stap,  8tep(?)  —  stapen  : 
altfries.  steppa,  stappa  —  stop  —  stapen  utui  noch  ni'u 
westfr.  stappen  —  stoep;  alts.  nur  das  prät.  stöp  belei/f. 
auch  Hildebrand.9l.  66  ist  wol  statt  des  überl.  sloptü  nach 
alts.  weise  stöpun  zu  lesen,  vgl.  denkm.^  2, 11.  20.  —  sj>äfcr 
ist  die  ungewöhnliche  flcrion  durch  ntubildungen  vom  präs. 
aiw  beseitigt,  so  luvt,  im  mnl. ,  wie  bei  fast  allen  verben  fl 
dieser  reihe  mit  sfamnu9chlieszender  doppelconsonanz,  über-  ] 
tritt  in  die  red uplicier ende  cortjtigation  stattgefunden ; 
stappen  —  stiep,  s.  Franck  mnl.  gr.  §  160.  die  netiern 
sprachen  zeigen  schwaclie  flexion ;  so  schon  mnd.  stappen  — 
stappede  Schiller-Lübben  4,  Zßb^\  jetzt  auch  hoü.  und  engl. 

4)  im  hd.  ist  von  anfang  an  ausachlieszlich  seJnearhe 
flexion  ncuihtreisbar.     und  ztoar  ahd.   zunächst  nach  der 

1.  classe:  Stephen,  Steffen,  gradi,  ascendere.  Graff  6,  665 
(die  Mege  zumeist  aus  Noiker;  das  prät.  nur  belegt  in: 
ubirstafton,  transiertmt,  obarstaphtun.  66«),  daneften  vrr 
einzelt  stapfrtn:  si'is  sölttu  argumentando  daranAh  stApfun 
NotKER    \,  WM,  W  Piper  (Hort.  3,88.  A  16l),    vgl.  WkIOAM' 

2,  798.  —  mhd.  findet  sich  stepfen  nur  noch  ganz  verr-"--" 

wan  der  monitrhe  nlleino  .  .  . 
u;  dinen  wegen  alcppfct, 
den  dn  aelb«  heet  geachepfet. 

H.  V.  LANOBNnTRIN  MarttiM  ISA,  77 

sonst  stets  stapfen,  prät.  8tapf(e)tc;  im  mitteldetttsrhen 
dafür  auch  stappen  («.  f.  b.  Braunschw.  reimehron.  8058 
unter  II.  2.  r).  at^ffäUig  ist,  dan  bei  einem  Oaterr.  dichter 
der  reim  begegnet:  , j] 


865 


STAPFEN  (I,  5.  6.  II,  1) 


STAPFEN  (II.  2.  3) 


866 


darnach  sach  man  staphen  (A:  stappen) 
ritter  und  knappen. 

Heinr.  V.  Neustadt  ApoUon.  17786  Singer. 

kaum  läszt  sich  das  in  einer  mitteld.  qtielle  des  iä.jahrh. 
belegte  staben  (:  graben)  hierher  ziehen,  vgl.  das.  4,  a,  sp.  3€7. 
5,  a)  im  nhd.  ist  stapfen  den  icörterhüchern  vor  Schottel 
fremd,  dieser  bringt  es  in  der  nd. -mitteld.  form,  die  auch 
in  den  folgenden  neben  der  eigentlichen  schriftsprachlichen 
steht:  stappen j>?*HO  grudu  incedere.  Schottel  1421 ;  stapfen, 
sive  stappen,  gestapft,  et  gestappt,  pleno  gradu  incedere, 
vestigia  imprimere.  Stieler  2134;  stapfen,  stappen,  verb. . . . 
passeggiare,  far  passi,  ealcare  cioe  caminare  con  passo 
gründe,  fermo  e  sodo,  pestando  il  suolo  e  stampando  ben 
fermo  le  pedate.  lat.  gradi.  Kramer  dict.  2,  907".  seit 
Frisch  als  veraltet  bezeichnet:  stapfen,  vestigia  figere. 
gradi,  mit  starken,  festen  tritten  gehen,  auftretten,  als 
die  pferde  mit  beschlagenen  hufen,  ist  meistens  veraltet. 
2,320";  'stapfen,  .  .  .  im  gehen  fest  auftreten,  undinuxiterm 
verstände,  gehen,  steigen,  springen  u.s.f  ein  im  hoch- 
deutschen veraltetes,  ehedem  aber  sehr  gangbares  icort. 
s.  fnszstapfen,  welches  noch  davon  übrig  ist.  es  ist  eine 
onomatopöie  des  dumpfigen  lautes,  xcelcher  mit  dem  festen 
auftreten  im  gehen  und  andern  ähnlichen  bewegungen  ver- 
bunden ist,  und  musz  als  ein  verwandter  von  Staffel, 
stampfen,  tupfen,  tappen,  stumpf,  stufe  angesehen  werden.' 
Adelung.  Campe  giebt  stapfen,  stappen  ohne  bemerkung 
über  gebrauchsbesehränkung. 

b)  ganz  anders  gestaltet  sich  das  bild  nach  den  litteraiur- 
belegen,  hier  findet  sich  stapfen  noch  in  der  ersten  hälfte 
des  iä.jahrh.  (Keisersberg,  W.  Ryff),  dann  verschwindet 
es  vollständig,  um  erst  bei  Wie  Land  als  bewuszte  neiierung 
wieder  aufzutauchen,  vgl. .-  stapfen,  einher  stapfen,  (fiberon) 
VI.  42.  ein  veraltetes  aber  mahlerisches  wort,  für  stark 
und  fest  auftreten.  Wieland  23,  342  {'glossarium  über  die 
im  Oberen  vorkommenden  veralteten  . . .  icörter").  bei  autoren 
des  19.  jahrh.  ist  es  ganz  geläufig. 

c)  die  bildung  des  umschriebenen  prät.  geschieht  nach 
Adelung  mit  haben,  dagegen  unterscheidet  Campe: 
'l)  mit  haben,  im,  gehen  fest  auftreten.  2)  mit  sein,  fest 
auftretend  gehen'.' 

G)  mundartlich  nur  in  den  nördlicheren  gegenden,  tco 
pp  unverschoben  geblieben  ist  (bair.  stapfen  bezeichnet 
Schmeller^  2,  774  als  der  älteren  spräche  angehörig),  ober- 
hess.,  dazu  in  derWetterau  das  demin.  stapfchen  (schdabb- 
che)  'liart  auftreten.  Crecelius  805;  nordthiir.  {harz.) 
schtäppen,  langsam,  fest  auftretend  gehen.  Liesenberg  204. 
Hertel  sprachsch.  233  (dazu  das  demin.  stapfein,  s.  das.). 
—  allgemeiner  verbreitet  im  nd. :  stappen,  gehen,  so  osnabr. 
Strodtmann  228;  ostfries.  StCrenburg262*.  ten  Doorn- 
kaat  Koolman  3,  302.  brem.  wb.  4, 1002/.  6,  337;  ditnmrs. 
Richey425.   Schütze  4, 187;  i>r«*sz.   Frischeier  2,  363». 

II.  bedeutung.  hier  ist  die  grundvorstellung  des  festen, 
abgemessenen  schreifens  überall  deutlich,  doch  treten  da- 
neben zeitweise  abweichende  nuancen  hervor. 

l)  bedeutungen,  die  als  grundlage  von  ableitungen  an- 
genommen werden  müssen  und  in  der  alten  spräche  in 
spuren  erkennbar  sind. 

a)  eine  bedeutung  'steigen'  scheint  vorausgesetzt  zu  tcerden 
durch  die  ableitungen  Staffel  {vgl.  das.  I,  5,  sp.  5)  und  stufe. 
»ie  findet  sich  noch  bei  Xotkek  {prol.  zu  j}s.  119):  d&ra- 
nah  st^phet  si  an  den  dritten  gradum.  2, 545, 24  Piper; 
in  d^mo  fünftin  sprozzen  so  nimet  si  martyres  in  hknt, 
nnde  stephet  also  fasto,  daz  si  ioch  andere  ordines  fide-. 
linm  mit  domo  robore  höhor  unde  hohor  s6zzet.  äi6, 4, 
«.  femer  543,  21.  546,  26,  und  ebenso  in  der  Wiener  handschr. 
8,289,30.  290,1.11.28.  291,11.  «0  schon  ricJttig  WÄCHTER 
1588.  {denselben  bedeutungstcandel  weist  steigen  auf,  s.  das.) 
dieser  sinn  scheint  noch  nachzuklingen  in  folgender  .itelle : 
wenn  du  mit  disen  fössen  der  seien,  das  ist  mit  dinem 
willen...  gost,  und  stapffest  uff  die  weit,  ...  so  ver- 
unreynigest  du  . . .  dine  sele  . . .  wenn  du  aber  mit  dincm 
willen  .  .  .  dich  kerest  zä  gott,  . . .  und  uff  tugend ,  denn 
»tapffest  du,  und  gost  uff  zä  gott.  Keisersberg  bilgetsch. 
(1512)  149»/.  {die  stelle  auch  bei  Ch.  Schmidt  hist.  wb.  der 
rf*.  mundart  337»). 

b)  ähnlich  liegt  wol  eine  bedetitung  'springen'  zu  gmnde 
der  andern  bildung  staffcl,  m.,  heuschrecke,  s.  oben  sp.  515, 
dazu  das  erste  Stapel  und  hcustänVl.   thpil  4,  2, 1294.    ebenso 

\        X.  2. 


ags.  stapa  Mfirf  gsersstapa,  locustu.  Bosworth-Toller  912». 
stapfen,  salire,  saltare.  Wächter  1588,  der  ferner  darauf 
hinweist,  dasz  Xotker  ps.  38,  l  uberstephen  und  über- 
springen als  Synonyma  zur  wiedergäbe  von  transilire  ge- 
braucht (souuer  terrena  delectamenta  überstephet,  unde 
übersprungen  habet). 

2)  in  den  mJid.  belegen  bezeichnet  stapfen  durchiceg  ein 
langsames  reiten,  wobei  die  gangart  des  pferdes  auf  den 
reiter  übertragen  icird.  der  übeririegend  ritterliclie  Cha- 
rakter der  litteratur  bringt  es  mit  sich,  dasz  diese  speciali- 
sierung  so  im,  Vordergründe  stellt,  vgl.  Pfeiffer  d.  rosz  im 
altdeutschen  s.  31. 

fl)  so  wird  stapfen  mit  riten  gleichgesetzt: 

(Tristan)  staphet  ouch  des  endes  sä 

und  reit  anlange  .  .  .     Trift.  8970; 

da  von  Engelhart  dö  reit  .  .  . 

und  kam  dar  für  in  einer  naht 

gestapfet  an  den  borcgraben.    Engelh.  4229. 

b)  und  zwar  bezeichnet  stapfen  ein  langsames  reiten: 

er  reit  staetelichen  dan  .  .  . 

er  stapfet  sanfte :  im  was  niht  gäch. 

Wig.  527  (vgl.  dazu  SchxlS  2,  774); 
da;  man  von  der  stat 
müe^lichen  solde  staphen. 

Ottokar  reimchron.  15923; 
des  ersten  schol  er  stapfen  hin, 
darnach  bald.    Wittenweiler  ring  SC,  1. 

c)  stapfen  ist  geradezu  technischer  ausdruck  für  eine 
bestimnUe  art  des  reitens  {'schritt',  vgl.  stapf  II,  1,  c)  und 
wird  so  andern  arten  gegenübergestellt: 

stapfen,  zelten  unde  drabn 

üf  den  hof  begunde  vil  der  diet. 

Wolfram  Waieh.  138,  24 ; 
stappen,  zelden  unte  draben 
was  nf  dhen  hopf.    Braunschw.  reimchron.  8058; 
staphen  und  niht  draven 
beguude  er  zwar.    Ottokar  reimchron.  55582. 

so  auch  Stapfens  riten,  im  schritt  {geicöhnlicher  stapfes, 
s.  unter  stapf): 

pey  den  selben  stunden 

sahen  sy  pey  seytten 

staphens  an  sy  reytten 

wol  sechtzig  tausent  was  ir  schar. 

■Hei.nr.  V.  Neustadt  ApöU.  7742  Singer. 

in  diesem  sinne  ist  stapfen  {icie  auch  stapf)  noch  im 
16.  jahrh.  üblich:  nach  solcher  vierf&chiger  underschei- 
dung  der  pferdt,  sindt  auch  viererlei  art  des  ganngs  der 
pferdt,  als  rennen  traben,  der  gemein  gang  und  stapffen. 
W.  Ryff  thierb.  (1545)  Cs*";  also  gehet  auch  das  pferdt 
den  gemeinen  gang,  so  wir  staplen  {l.  stapfen)  genent 
haben,  ebenda. 

d)  mhd.  stapfen  hat  wol  überall  den  sinn  einer  orts- 
bewegung;  daher  meistens  in  Verbindung  mit  richtungs 
adverbien  und  präpositionnlen  ausdrücken,  z.  b.: 

do  staphete  gen  dem  walde  dan 
der  edel  sigehafte  man. 

Rudolf  v.  Ems  Wüleh.  11463. 

besonders  stapfen  an  einen  und  ähnlich,  angreifen: 

nu  hin,  ir  strites  vaenr! 
stapft  an  die  losen  zagen! 

Johann  v.  Würzburg  Wilh.  v.  Otterr.  8055. 

so  auch  gestapfet  kernen,  tcofür  seltner: 

diu  her,  von  den  ir  habt  vemomen, 
wären  staphunde  komen 
zeinander  so  nähen. 

Ottokar  reimchron.  16142  (vgl.  vorher: 
da;  her  mit  menlichen  siten 
tlber  den  berc  kom  geriten.    15986). 

3)  stapfen  gilt  ursprünglich  vom  schreiten  des  fusz- 
gängers  und  so  in  der  alten  spräche  durchiceg.  nur  im 
mhd.  tritt  diese  beileutung  ganz  zurück  und  begegnet  nur 
in  freierem  und  tceniger  deutlichem  gebrauche,  s.  die  belege 
unter  5.  dagegen  ist  sie  im  nhd.  wieder  die  ausscJUiesz- 
liche.  s.  die  erklärungen  der  icörterbücher ,  oben  \, h.a. 
ebenso  in  den  litte^-attirbelegen,  die  mit  Wieland  beginnen. 

a)  stapfen  bezeichnet  eine  besondere  art  des  gehens  ttnd 
steht  so  yieben  synonymen  verben:  ein  jugendlicher  pfiffe- 
rari  schritt  voran,  .  .  .  neben  ihm  stapfte  ein  sonnen- 
verbrannter hirte  der  cainpngna.  Havsbath  pater  Ma- 
fernus  20.  stapfen  ist  ein  lungsames  und  schwerßilliges 
gehen;  die  charakteristische  lesonderheit  ist,  dasz  man  den 

55 


867 


STAPFEN  (II.  3.  4) 


STAPFEN  (II.  4-6)  —  STAPSEN 


868 


fusz  fest  und  schxoer  aufsetzt,  aodasz  ein  dumpfer  laut 
entsteht  (Adelung  unter  1,6,  a): 

o  gott,  da  kommt  jemand  und  stapft 
und  stapft,  dasz  man  durch's  donnerwetter  es 
vernimmt ! 

Grabbb  2, 113  Orisebach  {don  Juan  u.  FauM  i,  4); 

mit  dumpfem  klänge 
stapft'  er  davon. 

WoLFF  der  landskneeht  v.  Cochem  «.  187. 

stapfen  gilt  auch  von  dem  mühsamen  schreiten  in  lockerem 
oder  aiifgeioeichtem  und  zähem  boden,  morast.  ackerland 
u.s.tr.:  der  sand  ist  heisz  und  bei  jedem  schritt  ver- 
sinkt der  fusz  bis  über  die  knöchel,  . .  .  aber  die  füsze 
stapfen  muthig  in  dem  vreichen  boden.  Freytag  l,  26. 
zuweilen  wird  die  länge  der  schritte  hervorgehoben:  dann 
kam  er  mit  langen  schritten  quer  übers  feld  gestapft. 
Frenssen  Jörn  UM  128.  auch  im  schnee,  s.  Freytao 
unter  c).  hierbei  ist  auch  das  hochheben  der  füsze  charakte- 
ristisch, vgl.  stapeln  II,  1.  in  andern  fällen  überwiegt  die 
Vorstellung  eines  unbeholfenen  und  tastenden  ganges,  so 
von  rückwärts  geltenden:  an  die  zwanzig  kräftige  Jüng- 
linge . .  .  zogen  das  seil  an,  um  die  drei  teufel  im  triumphe 
rücklings  über  den  Schauplatz  zu  schleppen  .  .  .  immer 
rückwärts  hopsend  und  stapfend ,  durften  sie  keinen 
augenblick  stille  stehen.  Kf.ller  7,  171.  von  blinden, 
Übertragen: 

da  stapfest  noch  geleich  als  ein  blinder. 

minnefälkner  152. 

b)  gern  in  Verbindung  mit  ortsadverbien ;  so  einher- 
stapfen  in  jenem  ersten  belege  aus  Wieland  22,  270  {Oberen 
6,  42),  s.  theil  3,  202 ;  fortstapfen  {theil  4. 1,  34) : 

ich  nickte  lächelnd:  'es  passirt!' 
und  stapfte  fort  in  eine  schluft. 

A.  V.  Droste-Hülshoff  1,  218; 
schon  stapft  er  durch  das  zimmer  fort, 
nicht  ganz  so  trübe,  als  er  kam.    2,  76. 
femer:        noch  seh'  ich  dich  im  hauch  des  winterbrodems 
herstapfen,  wie  den  irren  baidegeist.    1,205; 

in  derselben  (geistesabicese7iheit)  passirt  es  dem  liebens- 
würdigen, dasz  er,  obwol  neben  mir  spazierend,  plötzlich 
weit  voraus,  ja  sogar  in  blumenbeete  und  zuckersohoten 
hineinstiefelirt,  bis  er  seine  unschuldige  verhedderung 
gewahr  wird,  wenn  er  ins  stolpern  geräth,  aber  nur,  um 
mit  desto  gröszerer  grandezza  und  todtenernsthaftigkeit 
weiterzustapfen.  Goi.ty.  jugendl.  2,  307 ;  auf  dem  Saum- 
pfad .  .  .  wallte  eine  waffenlose  schaar  .  .  .  barfüszig 
stapften  sie  vorwärts.  Fheyiag  ahnen  l,  364  (2.  c.  4);  noch 
einmal  den  cylinder  lüftend,  stapfte  er  geschäftig  die 
treppe  wieder  hinab.  Storm  5,  87;  damit  stapfte  sie 
kräftig   die   treppe    hinunter.    linytiE  kinder  der  weit  i,';9. 

c)  zutpeileti  mit  accusativ  der  Wirkung:  dann  blieb  das 
gespann  zuweilen  in  einer  Schneewehe  stecken,  der  fuhr- 
mann  stieg  ab,  stapfte  den  pferden  eine  bahn.  Fueytag 
1,  77;  die  vier  bürger  hielten  sich  auf  dem  ziemlich  breiten 
fuszwege,  den  die  zahlreichen  gaste  des  Wieseckeschen 
lokale  nach  dem  Prenzlauer  thore  hin  in  dem  dicht 
liegenden  schnee  gestapft  hatten.  Fontane  vor  dem 
»türm  3.  22. 

d)  der  begriff  der  fortbetoegung  tritt  manchmal  zurück. 
80  gilt  es  vom  tanzen  •  auf  der  dorfstrasze  tanzten  im 
staabe  die  kleinen  kinder  den  ringelreigen.  ...  sie  stapften 
barbeinig  im  sande  und  sangen.  Freytau  8,  il  {ahnen 
i.i.c.  l);  wer  die  länzerinnen,  die  schmeichelnden  mäd- 
chen  aus  Alexandrien,  geschaut,  dem  dünkt  das  stapfen 
der  bauern  im  grase  wie  marsch  der  gänse.  62  (c.  4).  in 
andern  fällen  bedeutet  es  auch  nur  das  feste  auftreten, 
da»  alneeehaeLnde  aufsetzen  der  fünze  {wie  sonst  stampfen), 
#0  von  einem  pferde,  s.  Frkyiag  unter  4.  diese  bedeu- 
tttng  wird  vielfach  als  die  umprüngliche  angeselten,  vgl. 
r  6. .-'stapfen,  atappen,  culcure,  vestigia  ftgere;  hodie  dici- 
mua  stampfen  .  .  .  stapfen,  stappcn.  dicihtr  etiam  de  gra 
dientibus ,  acandentibus  et  saltantibus ,  tjuia  calcantibiis 
nmileji  mtnt,  et  vestigia  motus  sui  in  pulvere  relinquuut. 
Wamiikr  iri«7.  doch  wird  diese  auffassung  durch  die 
»praehlichen  thatsaehen  nicht  gestützt;  vielmehr  scheint  hier 
eine  nrubildung .  mil  unter  einßusz  von  stampfen  vorxu 
liegen. 

4)  von  thieren  teird  ntapfen  in  neuerer  spräche  nur  ver 
eimelt  getagt,  vom  rosx.  //  Hhfi  uIh  bezeichnutig  des  schritt 
gange,  e.  t,  e;  jetzt  im  ei'  ihrend  das  ronz  deiner 


königin  über  meinem  gewande  stapft.  Freytag  8, 177 
(ahnen  1,1,  c.  10;  weiter  oben:  sein  huf  stampfte  auf  dem 
linnengewand).  —  von  einem  vogel  in  .icherzhafter  Über- 
tragung: aus  einem  der  seifengänge  kam  ein  purpur- 
farbener storch  gravitätisch .  wie  ein  haushofmeister, 
hervorgeschritteii,  .  . .  und  stapfte  dann  als  führervor  uns 
her.  Gau  dy  \cerke  13, 29.  —  ur.<fprünglich  auch  vorn  spritigen 
der  heuschrecke,  s.  l,b;  vgl.  noch  die  nd.  {oldenb.)  redens- 
art:  he  stappt  as  'n  pogg  {froach)  in  'n  maanenschien. 
FlUMENICH  1,  232,12. 

r>)  in  übertragenem  gebrauche  ist  stapfen  selten  und  in 
neuerer  zeit  ganz  unüblich,  mhd.  {hier  ohne  die  Vorstel- 
lung des  reitens)  von  gange  einer  predigt: 

swenne  si  mit  so  gitäner  rede 
so  verre  staphent  ü;  dem  wege 
unt  si  die  läien  angrifTent. 

Hbinr.  V.  Melk  priesterleben  164. 

s.  ferner  minnef.  152  unter  3,  a,  Keisersberg  unter  1,  a. 
bei  Wieland  vom  lehensioandel :  da  wir  uns  nun  einmal 
begegnen  sollten,  warum  wollten  wir  nicht,  so  lange  als 
möglich,  munter  und  traulich  mit  einander  fort  stapfen? 
.39, 272  {Hipparchia  an  Krates  26,  schon  bei  Campf.  angeführt). 

6)  stapfen /«>•  steppen  (Stein uach  2.683),  *.  dieses. 

STAPFSTEIN,  m.,  s.  stappstein. 

STAPHISANGER ,  STAPHISANDER .  m.  (?).  apotheker- 
icort,  Verdeutschung  aus  {delphinium)  staphisagria ,  auch 
rattenpfefffer,  wolfskraut,  s.  auch  stafadrian,  sp.  514,  und 
stephanskraut.  Pritzel-Jessen.  «/«zu  staphisagrin,  ;i. 
ein  aus  dem  samen  dieser  pflanze  (stephanskörner)  ge- 
wonnenes alkaloid.  Karmarsch-Heeren^  2,  597.  8,  447. 

STAPLER,  7/1.,  s.  stappler. 

STÄPPCHEN,  nrf.  stäpke,  n.  {m.T),  scherzhafte  bezeidi 
nung  des  teufeis  in  einem  groszen  theile  desitinern  Deutsch 
lands;  auch  im  sinne  von  kobold.  so  im  fuldaischen  bis 
Frankfurt  (des  klab  des)  stebge.  Vilmar  ,S95  {im  übrigen 
Hessen  unbekannt);  nordthür.  'stäppchen  kämmet!  schreck 
ruf  für  kinder;  unter  stäppchen  wird  eine  kleine  gestalt 
gedacht'.  Kleemann  22»,  in  Stiege  schtapchen  'f>enennung 
des  teufeis.  den  man  besonders  im  Wirbelwinde,  staubteirbel 
zu  sefien  glaubt' .  Liesenrerg  204.  ferner  im  Sachsenlande : 
das  hat  stäpke(n)  gethan ! ,  ivenn  der  anstifter  eines 
Schabernacks  nicht  zu  ermitteln  ist.  s.  HÖUKS  parias  tU); 
-stäppchen  hat's  gebracht!  ebenda;  so  sagt  man  auch  in 
Liebenburg.  kr.  Qoslar :  da  hat  stepke  'n  swans  uppc, 
voenn  man  etioas.  das  zur  hand  sein  müszte,  niclit  finden 
kann.  Sohns  will  das  loort  von  stapfen  herleiten  {'dn 
jenige,  welcher  des  nachts  klappend  und  schwerfällig 
im  hause  herumstapf f);  doch  bliebe  dabei  das  daneben  l>f 
gegnende  stöppchen  {obersächs.  stöpgen),  (thür.)  stöpfil, 
nd.  stöpke(n)  (Sciiamuacii  212)  unei-klärt.  vgl.  diese  uml 
J.  Grimm  myth.*  2,838/.  {vgl.  auch  siebenb.  et  as  nor  esi 
e  stäppen.  stopfen,  stöpsel  =  klein  und  schwach'.  From- 
mann 5.31.8). 

STAPPE,  /.  (?).  STAPPEN,  m.,  nd..  s.  8tapf(e)  II.  4. 

STAPPEL.  m.,  s.  stapel  l.«,  3.  —  stappel  (die),  nv« 
gium,  nota.  STEIN  RÄCH  2. 684  {sonst  nicht  bekannt). 

STAPPELN,  verb.,  nebenform  zu  stapeln,  s.  das.  I.  A.  . 
JI,2.  3.  a.  c. 

STAPPEN,  verb.,  nd.  mittel d.  für  stapfen, ».  da».  (!.♦.  b.a). 
sfappen  für  steppen   bei  Steinhacii  8, 684.   *.  dictes. 

STAPPLER.  m.  bettle}-,  in  der  gauneraprache.  a.  stäbier  7, 
sp.  875.  jetst  gewöhnlich  stnpler.  jedenfaUa  mit  staprhi  II,  2 
zuaammentunehmen.  da»  verhälini»  zu  stabuler  {».  stählor 7) 
aoteie  der  Ursprung  dieses  ist  nicht  durchsichtig. 

STAPPSTKIN,m. ;  nrf.  rft^wuir*. 'atapp-stecne:  sind  .steine, 
die  an  kothigten  örtem  gelegt  *eerden,  um  der  fuszgänger 
willen'.  Riciiey  425.  brem.  wb.  4, 1003;  vgl.  8tapf(e)  11,2.«. 
stapfen  II.  3,  a.  dann  auch  itis  hd.  übernommen  :  als  stapp- 
stein bei  Campe;  mit  verhochdeutschuug  des  ersten  com- 
po.fition.igliedes:  <lcm  pastor....  der  mit  hastig  spitzen 
schritten  über  die  slapfstcinc  durch  den  schlammigen 
hof  hinausschritt.  Storm  n.  181. 

STAPSKN.  verb.,  eine  ari  intensivbildung  tu  stapfrn, 
vermutlich  mit  dem  stiffix  uljan,  vgl.  Wilmanns  d.  gramm 
2,  §H4,  anm.  I.  in  der  heilentung  votn  grundicorte  kaum 
unterschieden,  eie  ftegrgnet  erat  in  der  neueren  .tprarhe: 
er  .  .  .  stappsto  dann,  aU  er  ihnen  {den  pferden)  endlich 
hr  futter   eingeschüttet  hatte,   unter  dem   vortmu  u<,- 


869 


STARK  (I,  1-4.  II.  1.  2) 


STARK  (II,  2) 


870 


in    die    krugstube.    Fontane  vordem  stürm  %,2i^;    und 

damit  griff  sie  nach  ihrer  kiepe  und  stapste  wieder  aus 

aus  dem  zimmer  hinaus.  4,62; 

vom  stapste  der  riese  und  zagte  sehr. 

Str.\chw"itz  ged.  252  Weinhold. 

so  auch  in  mundarten;  mit  ritiancen,  die  auf  einer  Ver- 
mischung von  stapfen  und  tappen  zu  beruhen  scheinen 
{vgl.  si&pf  1,6):  nordthür.  stapsen,  hemmtappen.  Hertel 
sprachsch.  233;  preicsz.  'drückend  stoszen,  mit  der  na^e 
auf  oder  in  etwas  stoszen,  wie  mxtn  junge  hunde,  die  zur 
reinlichkeit  erzogen  werden  sollen,  ehe  man  sie  hinausicirft, 
in  den  eigenen  urin  etc.  stapsf.  Frischbier  2, 363".  — 
dazu  leipz.  's  taps,  der,  mann,  hursch,  besonders  ein  un- 
gelenker, vgl.  tap(p)s  2,  theil  li,  143/. 

STARK,  adj.  durus,  robustus,  fortis,  praesens. 

I.  ge.schichte  der  icortform.  l)  ahd.  starc,  starch,  starh, 
starah  Gr.\ff  6,  71G,  mhd.  starc,  nhd.  stark,  ein  im,  got. 
nicht  belegtes,  sonst  gemeingerm.  verbreitetes  wort:  as.  stark; 
ags.  stearc  {und  streac);  afr.  sterc;  ndl.  sterk;  anord. 
sterkr  Fritzxer  3,  541'';  styrkr  590''.  schon  J.  Grimm  hat 
gramm.  2,  62  für  die  erJcläning  der  eigentlichen  Wortbedeu- 
tung eine  reihe  stairka,  stark,  staürkun,  staürkans  (rigere, 
pollere)  angesetzt,  wozu  got.  gastaurknan,  belegt  Marc.  9, 18 : 
gastaurknif)  als  Übersetzung  von  ^r^pa/verai;  dazu  vgl. 
altnord.  storkna,  rigescere  und  ahd.  storchanen,  rigere  in 
gastorchanSn  und  arstorchanSn.  'steif  steifnackig,  hart- 
näckig u.  s.  w.'  würde  dann  die  ältere  enticicklungsschicht 
etwa  darstellen,  vgl.  auch  noch  stärke,  engl,  starch  {mehl 
zum  steifen  von  wasche),  wo  die  ältei-e  bedeutungsschicht 
noch  zu  tage  träte,  und  die  schon  frühe  Verwendung  des 
irortes  als  attribut  von  stein ,  fels  ,  die  allenfalls  für  die 
oben  ausgesprochene  Vermutung  spricht: 

than  sknlun  it  hröpan      thöh  harde  stenos, 

for  thesumu  folkskepi      felisos  starka.    Heliand  3733; 

und  im  vergleich: 

Petrus  scalt  thü  heijen,      mit  giloubu  ij  ouh  giweigen, 
in  thiu  sis  stark  io  s6  stein.    Otfrid  2,  7,  38. 

hierher  gehören  auch  die  ortsimmen  Starkenfels,  Starken- 
berg. 

2)  ahd.  starch  entsprechend  zeigen  noch  heutige  süd- 
deutsche dialecte  starch  (comp,  sterch  und  superl.  sterchst) 
HuNZiKER  250;  starch  neberi  stark  (abei-  comp,  nur  sterker) 
ScHM.*  2,  782;  starch  (comp,  sterchor)  Bacher  ludern. 
ma.  393;  starch  (doch  comp,  sterker)  Seiler  Bast.  ma.  277*'. 
sterch  (comp,  stercher)  Schöpf  700. 

3)  svarabhakti  hat  sich  mehrfach  entwickelt,  so  z.  b.  in 
dem  der  Rheinpfalz  benachbarten  hadischen  Bappenau  starik 
(comp,  sterika,  superl.  sterikst)  Meisinger  181'. 

4)  Schwund  des  zum,  Spiranten  gewordenen  gutturals  in 
flectierfem  aarg.  stare,  stari,  stars  neben  starche,  starchi, 
starchs.  comp,  sterer  tieben  stercher;  superl.  sterst  neben 
sterchst.  Hunziker  250. 

II.  bedeutung.  l)  starck,  fortis.  durus,  vatidus.  virüis, 
infracttis,  lacertosus,  nervosus.  Maaler384<=;  sia.vk,  fortis, 
robustus,  puis.sant.  Schottel  1421;  stark,  durtis,  rigidus, 
robustus,  fortis,  validus,  sdidtis,  infractus,  inmctus,  po- 
iens,  nervosiis,  lacertosus,  herculeus,  magnartim  virium. 
Stieler  2122. 

2)  von  lebenden  icesen. 

a)  'gegen  krankheit  tciderstandsfähig ,  gesund';  h-äußg 
durch  die  nebenstellung  vo7i  gesund  der  gegensatz  zu 
krank,  schwach,  schwächlich  deutlich  gemacht:  ich  bin 
miiglich,  gesund,  starck,  valeo.  Dasypodius;  von  leyb 
starck  und  gsund  sein,  corpore  valere.  M aaler  384= ;  starck 
unnd  gsund  werden,  an  der  stercke  zänemmen,  invalere. 
ebenda ;  gesunder  starcker  leyb,  firma  corporis  affectio.  384* ; 
er  ist  gesund  und  stark,  pancratice,  athletice  valet.  Stieler 
2123;  starck  und  gesund,  forte  e  sano,  eioe  in  buonissima 
constitutione,  salute.  Kra.mer  dict.  2  (1702),  908*.  zu  der 
reit,  sandte  Merodach  Bai  Adan  .  .  .  brieve  und  geschcncke 
zu  Hiskia,  denn  er  hatte  gehöret,  das  er  kranck  und 
wider  starck  worden  wcrc.  Jes.  39, 1 ;  da  das  Jhcsus  höret 
sprach  er  zu  jncn  (den  Pharisäern),  die  starckcn  diirlTcn 
des  artztcs  nicht,  sondern  die  krunckcn.  Matlh.<j,t2, 
Lamenittin  schreibt  auch,  wie  der  obgcnantc  doclor  ge- 
sagt hab,  er  well  sclbs  /.ft  mir  roitten,  wan  er  starck 
Word,  in  sein  die  Fraiilzoscn  ankörnen,  d  stiidtechron. 
*5, 15,28;   dann   zu   der  zeit  waren  Jerp  Vetter  und  Jhe- 


ronimus  Imhof  geschworen  burgermaister  und  darzä  nith 
vast  geschickt  und  baid  burgermaister  nit  vast  starckh, 
darumb  sie  auch  nit  hinauszritten.  369,2;  so  sage  ich  sey 
nit  stark.  Fortun.  Ml'';  sie  empfinge  jn  gar  ohnmech- 
tigklich  als  ob  sie  gar  nicht  stark  were.  M  3'' ;  sag  du 
mehr,  ob  das  kein  luderieben  ist?  und  dabei  bleibt  man 
frisch  und  stark.  Schiller  2,  81  (räuber  2,  3  schausp.). 
vgl.  auch  das  Sprichwort:  starcker  leut  spiel  ist  krancker 
leut  todt.  Petri  Tt  1''.  hierher  tcol  auch :  und  da,  in  der 
nacht,  ob  im  träum  oder  im  wachen,  kam  das  mädchen 
in  die  kammer  in  der  ganzen  starken  Schönheit,  die  sie 
damals  hatte.  Frensse.n  Jörn   JJhl  183. 

b)  stark  'jugendlich  kraftvoll',  gern  von  einem  bestimmten 
lebensalter  gebraucht:  10  jar  jung,  20  jar  schön,  30  jar 
starck,  40  jar  klug,  50  jar  reich,  handschr.  Bos.  q  24'  der 
Universitätsbibliothek  zu  Jena  bl.  a»,  s.  Luther  27,  einl.  IX 
Weim.  ausg.  vgl. :  starck  werden,  robur  capere.  M.\aler 
384";  stark  werden,  fortescere,  irroborari.  Stieler  2122, 
firmitatem  acquirere.  Frisch  2,  320'',  invalescere  320*^; 
wovon  bist  du  so  starck  worden?  come  fai  ad  esser  cosi 
robusto.  Kramer  dict.  2  (1702),  908».  'hör  du,  in  der  ecke 
dort,  du  wirst  grosz  und  stark,  du  muszt  auch  etwas 
lernen,  womit  du  dein  brot  verdienst',   brüder  Grimm 

!  kinder-  u.  hatismärchen  nr.  4;  als  nu  herrn  Johannsen 
I  von  Zimbern  sone ,  auch  herr  Johanns  gehaissen ,  er- 
I  wachsen  und  fast  ein  starker,  grader  herr  worden,  ver- 
I  mehelet  im  sein  vatter  fröle  Freuen.  Zimm.  chron.^  l,  246,  l. 
:  hierher  wol  auch:  sie  sahen  auch  zween  junge  gesellen, 
die  starck  und  schön  waren,  und  seer  wol  gekleidet. 
2  Macc.  3,  26 ; 

der  mörder  auch  war  bald  darauf  ergriffen ; 

es  war  ein  starker  bursch  von  achtzehn  jähren. 

Keller  10, 150. 

c)  allgemein  'von  groszer  körperkraff :  starck  seyn  ze- 
ringen,  viribus  ad  luctandum  valere.  M.\aler  384=;  gnäg 
starck  seyn  ein  bürde  oder  last  ze  tragen ,  esse  oneri 
ferendo.  ebenda;  stark,  etwas  zu  bewegen,  kräfftig,  fortis, 
validus,  strenuus,  inribus  pollens.  Frisch  2,  320";  stark 
seyn,  firmis  viribus  esse  ad  aliqnid.  320''.  mit  weiterer  be- 
stimmun g :  starck  an  kräften,  forte,  gagliardo.  Kramer 
dict.  2  (1702),  907".  im  vergleich:  was  ist  süsser  denn  honig? 
was  ist  stercker  denn  der  lewe?  richter  i,lS;  Saul  und 
Jonathan  holdselig  und  lieblich  an  jrem  leben,  sind  auch 
am  tod  nicht  gescheiden,  leichter  denn  die  adeler,  und 
stercker  denn  die  lewen.  2  Savi.  l,  23.  im  gegensatz  zu  schön : 

gott  gibt  viel  hübscher  gäbe, 
ein  mensch  sols  nicht  gar  han. 
einr  singt,  der  ander  kan  sagen, 
einer  starck,  der  ander  ist  schön. 

bergreihen  42, 18  (/.  Meier). 

attributiv:  ein  starcker  mann,  un  huomo  forte,  robttsto, 
valido,  gagliardo,  valente,  valoroso,  nerbuto,  forzuto.  un 
valent'  huomo.  Kramer  rftc#.  2(1702),907=;  ein  starckes  weib, 
donna  forte,  valente.  ebenda;  ein  starcker  held,  ein  starcker 
bewaffneter,  un  campione  valoroso,  forte  armato.  ebenda; 
ein  starcker  knecht,  servus  fortis.  Steinbach  2, 684;  ein 
starcker  kerl,  homo  robustus.  ebenda,  und  Joab  gab  dem 
könige  die  summa  des  volcks,  das  gezelet  war,  und  es 
war  in  Israel  acht  hundert  mal  tausent  starcker  man, 
die  das  schwert  auszogen.  2  Snm.  24,  9;  sihe,  es  sind  unter 
deinen  knechten  funffzig  menner  starcke  leufe.  die  las 
gehen,  und  deinen  herrn  suchen.  2  kön.  2, 16;  und  wurden 
der  kinder  Eleasar  mehr  funden  zu  furnemesten  starcken 
mennern,  denn  der  kinder  Ithamar.  \  chron.  25,4;  von 
den  Gadditern  sonderten  sich  aus  zu  David  in  die  bürg  in 
der  wüsten,  starcke  beiden  und  kricgsleute,  die  schilt  und 
spies  fürcten  und  jr  angesicht  wie  der  lewen,  und  schnei 
wie  die  rchc  auff  den  bergen.  13,  8;  und  die  zal  der  fur- 
nemesten veter  unter  den  starcken  kriegern,  war  zwey- 
t.Tusent  und  sechshundert.  2  chron.  26,12;  es  darff  sich 
aber  niemand  darumb  verwundern ,  dasz  dieser  streich 
von  so  kräfftigcr  würckung  gewesen;  dann  man  nennet 
mich  dcszwegen  in  meiner  heimath  den  starchen  Michel, 
weil  ich  die  ohrfeigen  so  gewichtig  und  meisterlich  aus- 
tbcilen  kan.  Simpl.  sehr.  3,si6,lS Kurz;  starcke  fechtet  ohn 
beulen,  artzte  ohn  kunst,  und  trunckene  Wächter  fügen 
nichts.  Pktri  Ppp4*;  eine  groszc  gcsellschaft  Seiltänzer, 
Springer  und  gauklcr,  die  einen  starken  mann  bei  sich 
hatten,  waren  mit  weib  und  kindern  (in  das  unrtshatts)  ein- 

5.1* 


871 


STARK  (II.  2) 


STARK  (II,  3) 


872 


gezogen.  Göthk  18, 141  (WiZA.  Meisters  lehrjahre  2,  +);  der 
starke  Hans.  nnvnv.nGHiMMkiudern.haiismärchen  n>MG6; 
es  war  um  Weihnachten  180*,  ...  da  kam  ein  'starker 
mann'  ins  dorf,  einer  von  jenen  fahrenden  künstlern,  die 
zunächst  in  rothem  trikot  mit  fünf  groszen  kugeln  spielen 
und  hinterher  ein  taubenpaar  aus  einem  Schubfach  auf- 
fliegen lassen,  in  das  sie  vorher  eine  nhr  oder  ein  taschen- 
tuch  gelegt  haben,  der  starke  mann  schien  bessere  tage 
gesehen  zu  haben.  Fontane  vor  dem  stürm  1,89;  dieser 
war  ein  hüne,  also  gutmüthig,  wie  alle  starken  leute. 
kriegsgefangen^  .5;  er  {Paul,  Warnefrieds  söhn)  meint,  dasz 
der  norden  mit  seinem  eis  und  schnee  die  Vermehrung 
der  menschen  begünstige,  . .  .  deshalb  sei  Germanien  so 
voll  von  starken  leuten.  FitEYTAO  17,  C2  (bilderi);  der 
gröszere  häuptling  führte  auszerdem  einen  speer  mit 
farbigem  bände,  und  es  war  ein  starker  mann,  der  ihm 
diese  kriegsfahne  trug.  83.    vgl.  .- 

si  beten  da  ir  friunde      zwelf  kUener  man, 
da;  starke  risen  wären.    Xih.  9.5,  2. 

auch  von  thiereu  :  ein  starcker  gaul,  ein  starcker  ochs, 
ravallo,  bue  robusto.  Krameh  dict.  2  (1702),  907°  {über  die 
andere  bedeutung  von  starker  ochse  s.  unter  14);  das  die 
leute  werden  schreien,  und  alle  einwohner  im  lande 
heulen,  für  dem  getümel  jrer  starcken  rosse,  so  daher 
traben.  Jerem.  47,  .3;  darumb,  das  jr  euch  des  frewet  und 
riiümet.  das  jr  mein  erbteil  geplündert  habt,  und  lecket 
wie  die  geilen  kelber,  und  wiehert,  wie  die  starcken  geule. 
öO,  II ;  aber  das  tier  war  so  grosz  und  stark ,  dasz  sich 
niemand  in  die  nähe  des  waldes  wagte,  worin  es  hauste. 
nnÜDER  Grimm  kinder-  u.  hausmärchen  nr.  28; 

das  jwnpe  t)äuniclien,  eh  es  würzet  sctilä^t, 
entnimmst  du  seinem  ort  mit  leichter  hand ; 
gewurzelt  wird  es  kaum  ein  stark  gespann 
mühsam  entreiszen  seinem  vesten  platz. 

Herder  26,  396  Stiphan  (oliimen  aus  tnorgenl. 
dichtem  3,  35). 

«)  mit  rreiterer  erläuterung  des  begriffes:  starck  an 
kräften,  forte,  gngliardo.  Kramkk  dict.  2  (1702),  907". 

ß)  mit  näherer  besfimmung  durch  den  körpertheil,  welcher 
den  zustand  begründet:  starck  an  gliedern  (daneben  Von 
starcken  gliedern),  forzuto  di  membra,  di  membratura 
robusta  e  gagliarda,  torosu,  mrhuta.  Kramkü  a.  a.  o.  er 
ist  starck  im  rücken.  Egf.noi.ff  114*. 

;-)  als  attribiit  dieser  körjyertheile  selbst:  ^tarcke  glied- 
maszen,  membra  robtist».  Stein bacii  2,  g«4,  dann  auch: 
starcke  beine,  gambe  forti  e  robtiste.  Kram  eh  dict. 
2  (1702),  908* ;  sf;',rrke  arme,  braccin  forte  e  robusto.  ebenda; 
gerochen  war  der  hnhn  des  siegers  durch  starken  arm. 
Freytag  8,  41  {ahnen  i);  da  legte  ihm  der  andere  lieb- 
kosend den  starken  arm  um  die  schultern.  C.  F.  Meyer 
Jiirg  Jenatsch  ."W; 

man  sähe  recht  mit  lust,  .  .  . 

.  .  .  wie  dort  ein  stamm  {reschoben 

von  starker  armen  kraft.     Postel  Wittekind  4,  65. 

starcke  fauste.  Khamer  a.a.O.;  aber  sie  {die  Heruler) 
waren  bei  alledem  sehr  kriegstüchtig,  waghalsig  und  von 
starker  faust.  FREYTAr;  17,  131  {bilder  i).  starke  hand, 
starke  bände:  und  wieder  packte  sie  {die  keide)  Ingo  mit 
starker  hand  und  hielt  sie  hoch.  8,28  {ahnen  i);  da  ver- 
stummten die  lauten  rufe,  aber  der  streit  der  mcinungcn 
schwebte  geräuschvoll  um  alle  tische,  die  äugen  flammten 
und  starke  bände  hoben  sich.  35; 

er  (der  kranke)  sieht  des  fremden  auges  blitz, 

da  plötzlich  fühlt  er  starke  hUnde, 

fühlt  wOthond  sich  gezerrt  vom  sitz. 

V.   I)ROSTE-Hf!I.SllOKF  1,320; 

vgl.  dazu  die  bildliche  Verwendung  unter  5,  e.  starker 
rücken .  sprirhirörtlirh :  er  hat  ein  starcken  rücken,  er 
kan  ein  mann  fünfftzehen,  zwcnizig,  auff  einmal  die 
sligcn  hinaulT  tragen ,  das  ist  verrathen.  Eüf.noi.ff  ll*\ 

rf)  mehr  tiur  in  der  bedeutung  'mit  kraft  iivgaht,  und 
dadurch  inderatandsfdhig' .  starker  magcn ,  der  viel  ver- 
tragen kann,  mit  deutlicherem  gigensatz  zu  schwach: 
slnrrkcr  oder  voltJiuwiger  magcn,  xfomachus  acer.  Maai.kh 
884";  starcker  mngcn,  »tomaco  rottuMto,  gagliardo ;  stomaro 
di  ferro.  Khamkr  diet.  2  (1702),  90H»;  ein  starker  magcn. 
Ai>ei,i:n<<.    iüinlifh  slArke  nerven  hnhen.  Campk. 

e)  im  Mprirhteort  mit  einem  auf  dem  gelnauch  unter  3 
beruhenden  moralijtrJwn  heiirinn.  starke  heino  haben:  M*ic 
man  spricht . . ,  et  mtisten  «larcke  beyne  sein,  die  f(u(e 


tage  ertragen  solten.  Luther  24,  .^'.i,  32  Weim.  ausg.; 
adagium  germanicum:  es  müssen  starcke  beine  sein  die 
da  gute  tage  tragen  können.  28,642,2;  es  müssen  starke 
beyne  sein,  die  gute  tag  können  ertragen.  Aoricola  7,50, 
.<>])richtnörter  1592. 

3)  stark  auch  mit  beziehung  auf  sittliche  und  geistige 
tüchtigkeit ;  deshalb  die  sprichicörtlirhen  beschränkungen  wie: 
es  sind  nicht  alle  starck,  die  viel  heben  können.  Eoe- 
NOi,FF  373'';  der  grosze  Philisliner  Goliath  war  starck, 
aber  David  war  noch  starcker.  iio*»;  starck  ohne  witz 
ist  ein  leib  ohn  seel.  PETRiTti'».  tgl.:  einweisermann 
ist  starck,  und  ein  vernünfftiger  man,  ist  mechtig  von 
krelTten.  .tprüche  Salom.  2i,b;  der  ist  nicht  starck,  der  in 
der  not  nicht  fest  ist.  10. 

a)  ein  starker  denker,  der  tüchtige  gedankenarbeit  leistet; 
scherzhaft:  aber  .  .  .  wenn  ein  starker  kerl  {wie  Giithe) 
ewig  seine  freude  dran  hat  andre  zu  necken  und  zu  gecken, 
dann  möcht  ich  gleich  ein  dutzend  Pyrenäen  zwischen 
mir  und  ihm  haben.  Wiei.and  in  Merrks  briefs.  1,  103; 
von  dem  tode  des  kaiser  P'ricdrich  Rothbart  wachsen  die 
Deutschen  durch  dreihundert  jähre,  ohne  dasz  nur  einmal 
ihre  bedürfnisse  und  forderungen  einen  starken  Vertreter 
linden,  der  sich  die  herzen  der  Zeitgenossen  unterwirft, 
um  ein  führer  ihrer  kämpfe,  ihr  lelirer  und  bildner  zu 
werden.  Freytag  ^/iW«- 2, 1,  463.  auch:  ein  starker  jägcr 
heisset  derjenige  Weidmann,  der  in  der  Jägerei  wol  er- 
fahren und  geübt  ist;  item  einer  der  gerne  auf  diejagd 
gehet.  Hkppe  leithund  '8.  starker  redner;  ähnlich:  so  gott 
wollt  senden  starcke  prediger  die  seyn  wortt  getrost 
sageten.  LuTnKit  15,7.5,2  Weim.  au.tg. 

b)  von  dem  theil  des  men.tchlichen  ichs,  tcelchem  solche 
geistige  oder  sittliche  kraft  entspringt :  erbat  einen  starken 
köpf,  der  tüchtige  gedanken  hervorbHngt ;  ein  starkes  gc- 
müth.  Campe; 

zweiflet  jemand,  dasz  mit  recht 
sich  dein  trcfliches  geschlecht 
seinen  Ursprung  zu  beweisen, 
ab  dem  löblichen  geblüt 
weisen  und  starcken  ppmüht 
deiner  anherren  zu  preisen? 

Weckherlin  ged.  (1648)  381. 

er  hat  einen  starken  und  tüchtigen  geist.  starker  ver 
stand.  Adelung,  starkes  gedächtnis,  forte  cioe  buona, 
fertna  memoria.  Krämer  dict.  2  (1702),  908';  ein  starkes 
gedächtnisz  haben,  Adelung. 

c)  auch  von  den  personen  selbst,  welche  mit  der  be- 
treffenden eigen.9chaft ,  gäbe  u.s.w.  ausgestattet  sind:  ein 
starker  geist,  'welcher  allen  vonirtheilen  widerstand  leistet'. 
Adelung,  vgl.  franz.  esprit  fort;  im  18.  jahrh.  als  be 
Zeichnung  der  freisiimigen ,  irelche  die  religionstrahrheiten 
leugneten  {vgl.  unten  starkgeisterei):  für  die  Schriften 
unsrer  starken  geister  habe  ich  lange ,  doch  vergebens, 
nachgedacht  einen  buchdruckerstock  austindigzu  machen. 
Raren  ER  2  (17.5.5),  71 ; 

der  böse,  böse  tod, 
mit  seinem  krachenden  gerippe, 
mit  seiner  für(;hterlichen  hippe 
stellt  si<'l>  am  frühen  moriri-nroth 
den  starken  geistern  gegenütu-r. 

Götter  </(</.  1  (1787),  369. 

doch  aiieh  allgemeiner:  sie  sind  ja  der  teufel  im  mieder! 
ein  starker  geist  mit  langen  haaren?  Keller  7,26  {Sinn- 
gedicht), eine  starke  seele:  Viglius  war  ein  gelehrter,  aber 
kein  denker;  ein  erfahrner  geschäftsmann,  aber  kein  er- 
leuclilelor  köpf,  nicht  starke  seele  genug,  die  fesseln 
des    Wahnes,    wie    sein    freund    Krasmus    zu    bm  licn. 

KcillLLER   7,  187; 

Bnttler.  auch  Wallenstein  ist  der  Fnrliin.i  kli 

ich  liehe  einen  wog,  der  ' 
nio.         verwandte  sind  sich  all<' 

1",  ''      . 
diese  bekannten  waren  meist  hauRbcsitzcr,  starke  köpfe, 
auch    milglieder    der    sladlverordneten    und    des    rath«, 
FuKYTAd  7,244  (iw/.  handsehr.  4). 

d)  stark  sein,  werden,  wiiV  tniterer  angafte;  und  da« 
kindlein  wuchs  und  war  starck  im  geist.  Luras  1,80;  aber 
das  kind  wtichs  und  ward  starck  im  geist,  voller  Weis- 
heit, und  gntfcK  gnade  war  bo;  jm.  2,  4fl;  stark  sein  durch 
eines;  denn  so  spricht  der  herr  herr,  .  .  .  wenn  jhr  stille 
bliebet,  so  wllnie  euch  gehollTen,  durch  siillo  sein  und 
hoffon  würdet  Jr  starck  sein.  Jea.  80, 16:  *o  sey  nu  starck, 


873 


STARK  (II,  3-5) 


STARK  (II,  5. 6) 


874 


mein  son,  durch  die  gnade  in  Christo  Jhesu.  2  Timofh.  2,  l. 
stark  sein  gegen  eines ,  iJim  iciderstand  leisten .-  er  ist 
stark  gegen  Versuchung,  stark  sein  in  einem,  viel  darin 
vermögen,  leisten:  denn  er  zweivelt  nicht  an  der  ver- 
heissung  gottes  durch  Unglauben,  sondern  ward  starck  im 
glauben  und  gab  gott  die  ehre.  Rom.  i,  20.  stark  in  einer 
kunst  oder  Wissenschaft  seyn.  Adelung;  anders  dafür 
auch :  noch  trägt  die  schloszfrau  das  Schlüsselbund  an 
der  seite,  sie  ist  stark  in  recepten  und  abergläubischen 
hausmitteln.  Freytag  17,  8  (bilden); 

er  war  zur  feder  stark,  docli  stärker  noch  zur  ruthe. 
zween  junge  heim  hat  er  durch  seinen  stock  formiert. 

Z.\CHARI.Ä.  1,  210  (sehnitpßuch  1,  142). 

i)  aus  2  u?id  3  sich  ergebend,  eine  starke  natur,  von 
groszer  physischer  und  psychischer  kraft,  löbliche  unnd 
starcke  natur,  natura  acris.  Maaler  384<=;  starke  natur, 
vis  naturae  permagna.  Stieler  2123.  eine  starcke  natur, 
natura,  complessione  forte  e  gagliarda.  Kramer  dict. 
2  (1702),  908»;  eine  starke  natur  haben.  Adelung,  er  {der 
kluge  medicus)  giebt  denen,  die  eine  starcke  natur  haben, 
eine  starcke,  denen  aber,  die  schwacher  natur  sind,  eine 
schwache  dosis.  P.  F.  Sperling  Nicodemus  quaerens  et 
Jesus  7-esp.  l  (1718),  1127.  mit  iceiferer  angäbe:  selbst  wo 
dich  als  menschen  ein  paar  irrthümer  anwandelten,  kann 
das  deine  reine  sittlich  starke  natur  desto  sichtbarer 
machen.  J.  Grimm  kl.  Schriften  7, 605  (erinnenaig  an  Lach- 
mann z.  17.  märz  1852).  auch  zur  bezeichnung  der  person 
selbst:  er  ist  eine  starke  nator;  er  ist  eine  sittlich 
starke  natur. 

o)  stark  durch  andere  umstände  begründet: 

a)  ein  volk  ist  wirtschaftlich  stark,  vgl. .-  die  Hellenen 
hatten,  bevor  sie  den  phönikischen  händler  verdrängten, 
alles,  was  die  Phönikier  stark  gemacht  hatte,  sich  selbst 
angeeignet.  Freytag  17,  57  (bUder  l). 

b)  stark,  mächtig  durch  die  zahl  verfügbarer  kräfte,  von 
tco  die  bedeutung  von  stark  als  'zahlreich'  {s.  unten  15,  a) 
ausgeht:  bei  einem  starken  volke  und  grosser  menschen- 
masse  ist  sie  (die  betcegung)  ein  langsames  ausbreiten 
über  die  grenzen  nach  günstiger  richtung.  lio.  auch  sonst: 
wo  du  nicht  eilen  wirst,  jnen  zu  wehren,  werden  sie 
(die  feinde)  stercker  werden  und  mehr  schaden  thun,  und 
wirst  sie  nicht  mehr  bezwingen  können,  i  Macc.  6,  27 ; 
wo  die  feinde  am  stärckesten  waren,  nel  piii  folto  de' 
nemici,  dov' era  il  maggior  nerlo  di  essi.  Kr.\mer  dict. 
2  (1702),  908»;  seine  parthey,  seinen  anhang  starck  machen, 
fortificare  il  suo  partito,  il  stto  seguito.  ebenda;  ich  über- 
legte mit  Karls  ministem,  dasz  Frankreich  in  Genua 
noch  starke  partheien  hätte.  Schiller  3,  68  (Fiesko  2, 14). 
auch  verblaszter: 

Octavio.  dasz  der  kaiser  noch 

so  gute  freunde  hat  und  wackre  diener. 

Itolani.  spaszt  nicht,    es  sind  nicht  eben  schlechte  männer. 

Octario.  gewisz  nicht,     gott  verhüte,  dasz  ich  spasze! 
sehr  ernstlich  freut  es  mich,  die  gute»sache 
so  stark  zu  sehn.    12,  252  (Wallensteing  tcd  2,  5). 

c)  auch  von  einzelnen  personen :  dieweil  es  jm  aber  also 
glückt,  lielTen  mehr  leute  zu  jm,  das  er  stercker  ward. 
t  Macc.  9,66;  willkommen  in  den  böhmischen  wäldern! 
bist  ja  gros  worden  und  stark,  sternkreuzbataillon ! 
bringst  ja  rekruten  mit  einen  ganzen  trieb,  du  trefflicher 
Werber!  Schiller  2,78  (räuber2,3  schausp.).  besonders 
gern  von  herrschem  •  ein  starker  könig,  mächtiger  könig:  der 
kaiser  ist  stark  zu  felde,  caesar  Jirmus  est  a  copiis,  exercitti 
florentissimo ,   innumerabili  instructus  est.   Stieler  2123; 

stan-ker  fürst  auf  dessen  wincken 
cron  und  scepter  in  die  aschen,   in  staub,   prausz  und  nichts 

versincken ! 
A.  Grypmils  ged.  (1698)  1,  626  (Piattus  1). 
abstracter:    daher  die  cimbrisch  starcke  cron 
wolt  sich  (zu  deiner  tugent  lohn 
und  jhrem  preisz)  umbsunst  bemühen 
dich  deinem  könig  zu  entziehen. 

Weckiierlin  ged.  (1648)  377. 

d)  besonders  von  überirdischen  tcesen,  deren  kraft  sich 
mit  menschenmacht  überhaupt  nicht  messen  läszt;  besonders 
von  gott:  ein  starker  gott.  Adelung;  darnach  zoch  Jacob 
gegen  Salem,  .  . .  und  richtet  dasclbs  einen  altar  zu,  und 
rieff  an  den  namen  des  starcken  gottes  Israel,  genes.  33,20; 
der  starcke  gott  der  herr,  der  starcke  gott  der  hcrr 
weis,  so  weis  Israel  auch,  fallen  wir  abe  oder  sündigen 

11       wider  den  herrn,  so  helffe  er  uns  heute  nicht.  Jo»uai2,22; 


du  groszer  und  starcker  gott,  herr  Zebaoth  ist  dein 
name,  gros  von  rath  und  mechtig  von  that.  Jeremia  32,18; 
herr  du  bist  ein  grosser  starcker  gott,  und  dein  reich 
weret  ewiglich.  Tob.  13,  2;  er  ist  starck  und  fürets  aus, 
sein  ist  der  da  jrret,  und  der  da  verfüret.  Hiob  12,  16; 
wer  ist  der  selbige  könig  der  ehren?  es  ist  der  herr 
starck  und  mechtig,  der  herr  mechtig  im  streit,  ps.  24,8; 
denn  der  herr  dein  gott  ist  bey  dir,  ein  starker  heiland. 
Zephanja  3,11;  von  Christus:  ich  teuffe  euch  mit  wasser 
zur  busse,  der  aber  nach  mir  kompt ,  ist  stercker  denn 
ich,  . . .  der  wird  euch  mit  dem  heiligen  geist  und  mit 
fewr  teulfen.  Matth.  3,  il,  s.  auch  Marc,  l,  7.  von  einem, 
engel:  und  ich  sähe  einen  starcken  enget  predigen  mit 
grosser  stim.  apoc.i,  2;  und  ich  sähe  einen  andern  starcken 
enget  vom  himel  herab  komen,  der  war  mit  einer  wolcken 
bekleidet,  und  ein  regenbogen  auff  seinem  heubt,  und 
sein  andlitz  wie  die  sonne,  und  seine  füsse  wie  die  fewr- 
pfeiler.  10,  1.  vom  tod:  starck  ohn  rath  ist  der  todt. 
Petri  Ttl'»;  im  vergleich: 

nach  gott 
so  ist  nichts  sterckers,  dann  der  todt. 
der  bezwingt  alle  creatur, 
was  ye  entpfieng  das  leben  nur. 

H.  Sachs  7,  431  Keller-Götze; 
sein  lied  ist  stark  als  wie  der  tod, 
es  lockt  in  nacht  und  verderben. 

Heixe  1,283  Elfter. 

e)  entsprechend  oben  2,  c,  y,  auch  hier  in  übertragener 
Verwendung:  starker  arm,  der  viel  vermag,  viel  durch- 
setzt U.S.W,  und  ich  wil  wider  euch  streiten,  mit  aus- 
gereckter band,  mit  starckem  arm,  mit  grossem  zorn,  grim 
und  unbarmhertzigkeit.  Jerem.  21,  b;  las  die  erschrecken 
für  deinem  starcken  arm,  die  mit  gotteslesterung  wider 
dein  heiliges  volck  ziehen.  2  Macc.  15,  24.  ebenso  starke 
hand:  herr  herr,  du  hast  angehaben  zu  erzeigen  deinem 
knecht  deine  herrligkeit  und  deine  starcke  hand ,  denn 
wo  ist  ein  gott  im  himel  und  erden,  der  es  deinen 
wercken  und  deiner  macht  künde  nachthun?  5  Mos.  3,  24; 
so  war  ich  lebe,  spricht  der  herr  herr,  ich  wil  über 
euch  herschen  mit  starcker  hand  und  ausgestrecktem 
arm,  und  mit  ausgeschultem  grim.  und  wil  euch  aus  den 
völckern  füren,  und  aus  den  lendern,  da  hin  jr  verstrewet 
seid,  samlen,  mit  starcker  hand,  mit  ausgestrecktem  arm 
und  mit  ausgeschüttem  grim.  Hesek.  20,  33.  34;  warumb  wil 
dein  zorn  ergrimmen  über  dein  volck,  das  du  mit  grosser 
krafft  und  starker  hand  hast  aus  Egyptenland  gefüret? 
2  Mos.  32,11,  s.  auch  Dan.  9,15;  aber  ich  weis,  das  euch 
der  könig  in  Egypten  nicht  wird  ziehen  lassen,  on  durch 
eine  starcke  hand.  2  Mos.  3, 19;  der  herr  sprach  zu  Mose, 
nu  soltu  sehen,  was  ich  Pharao  thun  werde,  denn  durch 
eine  starcke  hand,  mus  er  sie  lassen  ziehen,  er  mus  sie 
noch  durch  eine  starcke  hand  aus  seinem  lande  von 
sich  treiben.  6,  l;  es  fehlte  daher  an  einer  starcken 
hand,  die  faktionen  zu  bändigen  und  die  aufrührerischen 
köpfe  im  zäum  zu  halten.  Schiller  9, 163  (Solan); 

lob  sei  den  starcken  händen 
die  alles  herzleid  wenden. 

P.  Gerhardt  ged.  7,  7  Ebeling. 

auch  von  einem  volke :  und  die  Edomiter  zogen  aus,  jnen 
entgegen  mit  mechtigem  volck  und  starcker  hand. 
4  Mos.  20,  20. 

6)  subst. 

a)  denn  sihe  Herr,  sie  lauren  aaff  meine  seele,  die 
starcken  samlen  sich  wider  mich,  on  meine  schuld  und 
missethat.  ^j?.  59,  4;  ein  gedültiger  ist  besser  denn  ein 
starcker,  und  der  seines  muts  herr  ist,  denn  der  stedte 
gewinnet,  sprüche  Sal.  16,32;  das  der  so  schnell  ist,  sol 
nicht  entfliehen,  noch  der  starcke  etwas  vermOgen  und 
der  mechtige  nicht  sol  sein  leben  erretten  können. 
Arnos  2,14;  und  der  unter  den  starcken,  der  manhaftijt 
ist,  sol  nacket  entfliehen  müssen.  16;  so  spricht  der 
herr,  ein  weiser  rhüine  sich  nicht  seiner  Weisheit,  ein 
starker  rhume  sich  nicht  seiner  stercke.  .lerem.  9,  23; 
wie  ein  starcker  jauchzet,  der  vom  wein  kompt.  ps.  78,65; 
wie  kan  jemand  in  eines  starcken  haus  gehen,  und  jm 
seinen  hausrat  rauben,  es  sey  denn,  das  er  zuvor  den 
starcken  binde,  und  alsdenn  jm  sein  haus  beraube? 
Matth.  12,29;  vgl.:  es  kann  niemand  einem  starcken  in 
sein  haus  fallen,  und  seinen  hausrat  rauben.  Marc.  3,27; 


875 


STARK  (II.  6. 7) 


STARK  (II,  7.  8) 


876 


ein  starcker  find  wider  einen  starcken.  Pktiu  Y  5»; 
r.  Moor,  dein  zittern  entnervet  den  starken.  ScHiLLEri 
2,  SdT  (rätiber  i,  3  trauersp.);  die  kraft  des  starken  im 
kanipfgewühl  wurde  vor  allem   gefeiert.    FaEYTAG  17, 78 

(bilder  l);        .  ,        .  ,         ,,..,., 

ein  starcker,  der  an  kranckneit  leit 
hat  mit  dem  todt  gewissen  streit.    Pkiui  C  I»; 
der  starck  wil  immer  han  allein, 
was  man  sol  teilen  in  gemein.    1'  !•; 
der  starke  Tällt  durch  diesen  hold 
und  wir  behalten  mit  das  feld ! 

W.  E.  Arends  im  hannov.  geaangb.  362, 1. 

b)  im  comp.:  wenn  aber  ein  stercker  über  jn  kompt, 
und  überwindet  jn,  so  nimpt  er  jm  seinen  hämisch. 
Luc.  11, 22.  so  war  auch  ihm  (dem  gefoJgsherrn)  die 
äuszerste  Unehre,  seine  getreuen  zu  opfern,  wenn  er  sich 
dem  stärkern  unterwarf.  Freytag17,81  {bilden);  besonders 
gerne  in  der  toendiing  das  recht  des  stärkern:  das  recht 
des  stärkern  'das  ewige,  allgemeine  und  unumschränkte 
recht  der  natur'.  Adelung;  wenn  Wackermann  seinen 
kürasz  und  heim  angelegt,  seine  lenden  mit  dem  schwert 
umgürtet  hatte  und  die  goldnen  sporen  an  seinen  fersen 
klirrten,  war  er  .  .  .  ein  roher,  hartherziger  mann,  der  .  . , 
weil  er  selbst  mannhaft  und  rüstig  war,  kein  ander  gesetz 
erkannte  als  das  recht  des  stärkern.  MusÄus  Volks- 
märchen 4,37  Hempel;  vgl.  schon  ahd.: 

der  fortis  armatus 

der  chlagete  duo  dag  stn  hüs, 

duo  ime  der  sterchore  cham.    Ezzos  gesang  19,  9. 

c)  im  superlat.  sprichwörtlich :  also  das  man  ynn  solchem 
fall  den  spruch  lasse  gehen:  gott  hilfft  dem  sterkisten. 
Luther  11,277,24  Weim.  ausg.;  da  spricht  man  wol,  gott 
helfTe  dem  sterkisten.  24,435,12;  gott  hilfft  dem  stärckesten. 
Egenolff  sprichtc.  375»;  der  stärckest  hat  recht,  jt«  est  in 
armis.  ebenda;  der  stärckest  hat  allzeit  glück  und  recht. 
Petri  Pi»;  der  stärckest  behelt  den  platz,  ebenda,  sonst: 
da  aber  die  Philister  sahen,  das  jr  sterckster  tod  war, 
flohen  sie.  lS«m.  17, 51;  die  gröszte  kriegsehre  ist  mit 
der  faust  den  stärksten  erlegt  zu  haben.  Freytag  17,  94 
{bilder  l); 

weyl  ihr  sterckister  {Goliath)  ist  erschlagen 

80  thun  sie  (die  Philister)  an  dem  sieg  verzagen, 

geben  ausz  dem  läeer  die  flucht. 

H.  Sachs  15,  48,  21  Keller-Götze; 
{von  gott:)    wem  der  stärkste  bei  will  stehn, 
wen  der  höchste  will  erhöhn, 
kann  nicht  ganz  zu  gründe  gehn. 

Gerhardt  235, 105  Gödeke. 

d)  mit  herforliebung  des  gegensatzes  zu  sehwach:  sie 
{die  pfaffen)  können  einen  menschen  vom  tod  nicht  er- 
retten, noch  einem  schwechern  helffen  wider  den  starcken. 
Baruch  6,Sb;  wa  sich  Uneinigkeit  strauszt,  da  wird  zu 
eng  das  hausz,  unnd  ziehet  der  stärckst  dem  schwächern 
den  hämisch  ausz.  Oarg.  88  neudr. ; 

sollt  wo  ein  schwacher  fallen, 
80  greif  der  stärkre  zu, 
man  trage,  man  helfe  allen, 
man  pflanze  lieb  und  ruh ! 

Gerii.  TERSTEfiEN  im  haniun'.  gesangb.  873,  6; 
selbstsüchtig  schuf  der  stärk're  das  gesetz, 
ein  Bcblächterbeil  zugleich  und  fangenetz 
(tfr  schwächere  zu  werden.    Chamihso  8,  276. 

im  itprichvsort :  die  schwachen  und  armen  ligen  allzeit 
unten,  die  reichen  und  starcken  oben.  Pkihi  Ks*»; 

der  scbwecher  miuz  doch  haben  schad, 

oder  dem  starcken  dienen  auff  gnad.    O  8'*; 

der  schwag  und  arm  sich  müssen  leiden, 

der  starck  und  reich  han  glUck  zu  beiden  selten. 

PI»; 
ein  starcker  oflt  nicht  kan, 
was  vermag  ein  schwacher  mann.    Y  6*. 

7)  das  at«rke  oder  das  stärkere  geschlccht,  da*  männ- 
liche im  gegen  nütz  zum  schwachen  oder  schwächeren,  tceib 
tirlten  geHchlccht  (*.  fheil  9,  2152  unter  schwach):  Leonore. 
ein  schwaches  weiberhcrz  zu  zerfleischen  I  o  es  ist  des 
starken  Kcschlechtes  so  würdig I  -  ich  warf  mich  in  die 
arme  dieses  manncs.  an  diesen  starken  schniiegfen  sich 
wollüslig  alle  meine  weiblichen  schwächen.  Sciiii.i.kr  n,K7 
I>\e*ko  8,  .1;:  vgl.:  banirt  dir,  so  durchstreiche  das  wort 
stark  vor  deinem  geschlechlc,  denn  ein  mädchcn  hat 
dich  zu  srlinnden  gcniachl.  47«  {kalntle  und  liebe  r>,  l); 
auch  tonst  zur  Charakterisierung  de*  männlichen  •  sie 
iAmalia)  gl&nzt  in  seinem  straie,  crwUrinl  sich  an  seinem 


feuer,  schmachtet  neben  dem  starken,  und  ist  ein  weib 
neben  dem  mann.  2,366; 

denn  wo  das  strenge  mit  dem  zarten, 

wo  starkes  sich  und  mildes  paarten, 

da  giebt  es  einen  guten  klang.    11,  308  {gloche  91). 

a)  in  beiotiszter  (bisiceilen  irotiisierender)  gegensätzlicJi- 
keif  zu  diesein  gebrauch  auch  von  frauen:  doch  bewies 
hcrr  Hummel,  tyrannisch  gegen  alle  weit,  seiner  frau 
zuweilen  grosze  rücksicht.  wenn  sie  ihm  im  hause  zu 
stark  wurde,  ging  er  stillschweigend  in  den  garten,  und 
wenn  sie  ihm  auch  dahin  folgte,  verschanzte  er  sich  in 
der  fabrik  hinter  einem  bollwerk  von  haaren.  Freytag 
G,  27  (vetl.  handschr.  l); 

{Wallcnstein.) 

komm  zu  dir  Tkekla.    sey  mein  starkes  mädchen ! 

Schiller  12,  348  {Wallentteins  tod  4,  9); 
sei  stark  du  meine  männin,  reiche  mir 
und  weihe,  sie  berührend,  meine  waffen ; 
nicht  thöricht  gilt's  die  weit  mehr  um  zu  schaffen, 
sei  stark,  für  recht  und  Ordnung  kämpfen  wir. 

Chamisso  3,  51 ; 
'du  bist  stark  und  du  bist  frech!' 
sagte  wiederum  die  andre ; 
'ich  bin  zag  und  das  gewissen 
liegt  mir  leider  in  der  art'.    Keller  10, 155. 

b)  3.  Grimm  bezeichnet  in  der  grammatik  die  vokalische 
declinafion  als  die  starke  im  gegensatz  zur  consonanfisdien 
als  der  schwachen,  tveil  sie  aus  eigener  kraft,  ohne  unter- 
stiltzung  durch  ein  hilfselement ,  eine  flexion  möglich 
macht:  noch  bleibt  einer  durch  die  gesammte  deutsche 
zunge  waltenden  Unterscheidung  zwischen  starker  und 
schwacher  flexion  zu  erwähnen,  erstere  ist  die  ältere 
und  (innerlich)  einfachere,  ^rawt?^.  1,597;  aufgestelt  werden 
müssen  aber  nach  dem  unterschied  starker  und  schwacher 
form  alle  deutschen  declinationen ,  da  er  historisch  ein 
wirklicher  geworden  ist.  ebenda;  ebenso  als  unterschied 
der  conjugationen.  vgl. .-  ich  kann  kürzer  und  deutlicher 
sagen  'ein  verbum  conjugiert  stark  oder  schwach'  als 
'nach  der  ersten  oder  nach  der  zweiten  form'.  29. 

8)  von  gegenstünden  mit  bezug  auf  ihre  besondere  festig- 
keit,  haltbarkeit,  Widerstandsfähigkeit:  stark,  fest,  ßmius, 
robustus,  sfuMlis.  Frisch  2,  320'*. 

a)  von  batdichkeiten.  ein  starkes  gebäude :  ein  starckes 
gebäu,  utia  fabi-ica  soda,  salda.  Kramer  dict.  2  (1702),  908»; 
starke  vestung  castelluyn  munitum,  validissimum.  Frisch 
320'';  starke  fest ung  Adellng;  starker  thurm  ef/enda:  es 
war  aber  ein  starcker  tlium  mitten  in  der  sfad,  auff 
welchen  flohen  alle  menner  und  weiber,  und  alle  bürger 
der  stad,  und  schlössen  hinder  sich  zu,  und  stigen  auff 
das  dach  des  thurns.  WcÄ^er  9,51;  («t<cA  bildlich:)  denn 
du  bist  meine  Zuversicht,  ein  starker  thurn  für  meinen 
feinden.  ^*.  61,4;  starke  mauer  ei7ier  stadt,  einer  bürg: 
eine  starke  mauer.  Adelung;  und  befestiget  die  bürg 
Dauid  mit  starcken  mauren  und  thürnen.  l  J/acr.  1,35. 
starke  bastei  (scherzhaft):  starke  bastei  von  guten  brülin 
und  suppen.  Gnrg.  378  neudr.  starkes  Ihor:  und  Simon 
bawete  die  bürg  Adida  zu  Sephela,  und  machet  sie  fest, 
und  bewaret  sie  mit  einem  starcken  thor.  1  Macc.  12,38; 
aber  Simon  bawet  und  befestiget  viel  stedte  im  lande 
Juda,  mit  dicken  mauren  und  hohen  thürnen,  im<! 
starcken  thoren,  und  schaffet  speise  in  die  feste  stedte. 
1.4,33.  starke  brücke:  starke  hölzenc  brücke  j>on*foAo>rf<,». 
Frisch  2,320''.  starkes  schiff  Adelung:  sie  sind  vor 
gangen,  wie  die  starcken  schiff.  Hiob9,2e; 

80  wie  ein  schifTcr  sorgt,  oh"  er,  von  hülP  ontblöszl, 

sich  und  sein  Fi'hwininiciid  haus  ins  woitp  wellmcor  sliis/l     .  . 

besichtigt  srhifT  und  gut,  und  übcrlect  dahci, 

ob  es  auch  stark  genug  zu  dieser  küiinheit  KnyV 

I^irtlTWRR   IMt 

auch  von  einzelnen  theiUn:  starkes  fundamenl ;  starke 
wände  (iro  alier  schon  die  hedeuhinf/setttiricklung  zu  'dick' 
einsetzt);  starke  tliüren;  starkes  bnlken  und  sländerwerk; 
er  wird  mit  den  füssen  seiner  rosse  alle  deine  gnssen 
zulrelten.  «lein  volik  wird  er  mit  dem  schwert  erwürgen, 
und  deine  starcken  seulen  zu  hodoti  reissen.  Hr.tck.  26,  ll; 
wer  die  stufen  {des  nuichtigm  hohlmurs)  hiiiauf.vlieg.  trat 
durcli  das  thor  in  die  weite  halle,  er  sah  liinten  den 
heiligen  herd,  über  sich  das  starke  hnlkendnch.  FRKViAti 
H,  169  («/«»im  1).  ein  gefängnis  von  starcken  eichenen 
pfoslcn  gemacht,  robustus  carcer.  Corvim  s  fous  latini 
tat,  660* ;  ein  starckes  hrci,  asaer  vtdidus.  Si  linhagii  8,(M4. 


877 


STARK  (II.  8.  9) 


STARK  (II.  9. 10) 


878 


starkes  schlosz,  starker  riegel:  und  die  thür,  beide  am 
tempel  und  dem  allerheiligsten ,  hatte  zwey  bletter,  die 
man  auff  und  zuthat  . . .  und  davor  waren  starcke  rigel, 
gegen  der  halle.  He^ek.  41,  25.  ein  starcker  nagel,  clavis 
trahalis.  Steinbach  2,684.  in  rein  technischer  spräche  des 
berijicerks:  starker  steg  'ein  holz,  icomit  ein  im  hangenden 
stehender  thürstock,  den  man  der  länge  wegen  nicht  trauet,  . . . 
gestützt  icird'.   Jacobsson  4,  260*. 

b)  höret  jr  berge,  wie  der  herr  straffen  wil,  sampt 
den  starcken  grundfesten  der  erden.  Micha  6,  2 ; 

ein  messer,  so  das  meer  sich  schliff, 

da  starrt  ein  starkes  felsenriff 

und  schlitzt  das  Engelländerschiff.    Keller  10, 107. 

auch  bildlich :  neige  deine  obren  zu  mir,  eilend  hilff  mir. 
sey  mir  ein  starker  fels  und  eine  bürg,  das  du  mir 
helffest.  ps.  31,  3. 

c)  10«  icaffen:  starker  bogen,  arctts  acer.  Maaler384*; 
zu  der  zeit  wird  der  herr  heimsuchen  mit  seim  harten, 
grossen  und  starcken  schwert,  beide  den  Leuiathan,  der 
eine  schlechte  schlänge,  und  den  Leuiathan,  der  eine 
krumme  schlänge  ist.  Je*.  27,  l.    vgl.: 

dö  truoc  man  der  frouwen      sware  unde  gröj 
einen  vil  scharfen  ger,      dens  zallen  ziten  schög, 
starc  und  ungefüege,      raichel  unde  breit.    Nib.  418,  3. 

(/)  starcker  zwirn,  starck  garn,  ^i^o,  re/e /orte.  Kramer 
dirt.  2  (1702),  908'" ;  ein  starckes  seil ,  ein  starcker  strick, 
corde,  ftine  forte,  ebenda;  ein  starkes  seil.  Adelung. 
vgl.  (Andreas:)  die  haarlocke  ist  mürbe,  aber  doch  stark 
genug,  dem  schlanken  Jüngling  den  purpur  zu  knüpfen. 
Sbhillek  3, 155  (Fiesko  5, 14). 

e)  starck  tuch,  starcke  leinwand,  tela,  drappo  etc.  forte, 
sodo.  Kramer  dict.  2  (i 702),  908'';  ein  starkes  tuch.  Aoe- 
LLNo;  eine  starke  leinewand,  ebenda;  sein  kleid  in  den 
weisz  und  blauen  landesfarben  war  von  starkem  Woll- 
tuch und  nur  mäszig  zerschnitten.  Keller  6, 337.  auch 
starcke  strumpfe,  calze  forti.  Kramer  a.  a.  o. 

f)  starkes  leder.    starcke  schuhe,  scarpe  forti.  ebenda. 
9)  in  einer  bildlichen  Verwendung  des  gebrauches  unter  3: 

a)  starker  glaube,  fides  major,  insignis,  firmissima. 
S'iiELER  2123;  ein  starcker  glaube,  fede  ferma.  Kramer 
dict.  2  (1702),  908*= ;  ein  starker  glaube.  Adelung,  da  ge 
hört  ein  starcker,  baumstarcker  glaube  dazu,  vici  vuole 
una  fede  gagliarda,  gründe.  Kramer  a.a.O.  starcke 
boffnung,  speranza  ferma.  Kramer  a.  a.  o.;  eine  starke 
hoffnung.  Adelung,  starcke  liebe,  amor  forte,  constante, 
immutabüe.  Kramer  a.a.O.;  denn  liebe  ist  starck  wie 
der  tod ,  und  eiver  ist  fest  wie  die  helle,  jr  glut  ist 
fewrig,  und  ein  flamme  des  herrn.  hohes  lied.  8,6;  es  ist 
nichts  schwächers  weder  ein  hoffertiger  gewalt,  unnd 
nicht  stärckers  dargegen,  dann  die  demütig  blödigkeit. 
Egenolff  373*';  es  ist  kein  stärkere  freundschaft  als 
unter  gläubigen.  Chr.  Starcke  Synopsis  n.  test.  (1735)2,73; 
ihre  (der  Schröder)  kraft  war  die  eines  starken  willens, 
mächtiger,  unnahbarer  entschlüsse.  Laube  4,166  Ä^owJen. 
starke  leidenschaften.  Adelung;  die  liebste  bist  du  mir 
und  stark  ist  dein  muth,  darum  lege  ich  heut  in  deine 
band  die  fäden,  an  denen  ...  mein  Schicksal  hängt. 
Freytao  8, 109  (ahnen  l); 

mit  rew,  wes  du  versanmet  host, 
hab  fürt  zft  streyten  stargken  trost. 

SCHWARTZENBERG  teuUch  Ciccro  153«; 
eins  tags  sasz  ich  unnd  mir  gedacht, 
was  auff  erd  het  die  stercksten  macht, 
dem  all  ding  unterworffen  wer. 

H.  Sachs  7,  431,  3  Keller-Götze. 

b)  ein  trewer  freund  ist  ein  starcker  schütz,  wer  den 
hat,  der  hat  einen  grossen  schätz.  .7e».  <StV.  6, 14;  und 
jre  fessel  werden  dir  starcker  schirm,  und  jr  halseisen 
ein  herrlich  kleid  werden.  30;  sey  mir  ein  starcker  bort, 
dahin  ich  jmer  fliehen  müge.  ps.  71,3;  ich  bin  für  vielen 
wie  ein  wunder,  aber  du  bist  meine  starcke  Zuversicht.  7; 
herr  herr  meine  starcke  hüllfe,  du  beschirmest  mein 
heubt  zur  zeit  des  streits.  140,8;  warumb  wer  sie  (die 
frati)  also  plöd  geschaffen,  on  dasz  sie  sterckeren  zusatz 
lind  beistand  bei  dem  man  het  zu  erheben  unnd  zu 
suchen?  Uarg.  %  neiidr.  starcke  hülffe,  forzute  assistenze, 
poderosi,  validi  ajuti.  soceorsi.  Krämer  dict.  2  (1702),  908**. 

c)  die  starcke  unüberwindliche  warheit,  mehret  jhr 
ehr  an  der  lügen.  Petri  Rs^    starcker  be weisz,  u»  argo 


mento  forte,  efficace.  apodittieo.  Kramer  dict.  2  (1702),  908*; 
ein  starker  beweis,  welcher  alle  gegengründe  entkräftet. 
Adelung,  dasz  man  für  die  nur  durch  ihre  unfähi^eit 
aufgewogene  niederträchtigkeit  der  restaurirten  senats- 
regierung  jetzt  einige  neue  noch  stärkere  und  noch  un- 
widerleglichere  beweise  in  die  bände  bekam,  hätte  den- 
noch von  Wichtigkeit  sein  können.  Mommsen  röm. 
gesch.  2,150;  mit  seinem  starcken  aid.  Heumann  bei 
ScHM.' 2,782;  auch:  über  die  mechtigen  aber  wird  ein 
starck   gericht  gehalten  werden,   weish.  Salom.  6,9;  vgl.: 

si  dühten  sich  ze  nihte 

si  enschüefen  starc  gerihte.    Walther  9,  5. 

d)  starker  gedanke:  die  weit  leufft  und  eilet  so  treff- 
lich seer  zu  jrem  ende,  das  mir  offt  starcke  gedancken 
einfallen,  als  solte  der  jüngste  tag  ehe  daher  brechen. 
Luther  5,1»;  starke  worte:  so  stehen  da  die  hellen 
starcken  wort  Christi,  und  heissen  dich  auss  dem  kelch 
auch  trincken.  3,  530»;  starcke  wort  halten  den  kerl  von 
der  thür.  Petri  Tt  l*»; 

sie  {die  empflndung)  schweigt  beredt,  sie  stockt,  sie  stammelt 

schöne, 
ums  stärkre  wort  umsonst  bemüht.    Lessing  1,  92. 

starke  spräche :  den  philosophischen  geist,  die  starke  ge- 
sezte  spräche ,  den  raschen  dialog  hätt  ich  von  einem 
so  jungen  Verfasser  noch  nicht  erwartet.  Bürger  am 
30.  mai  1776  (in  briefen  von  und  an  B.  1,  312).  im  be- 
sonderen :  hie  ist  die  starcke  kurtze  antwort.  Luther 
3,328'';  ifg.  aber  wuszten  so  wenig  als  ich  rath,  allein 
dasz  ich  den  ^virth  zu  geduld  ermahnen  sollte;  dies  ich 
denn  auch  mit  guten  werten  und  starken  Vertröstungen 
thät.  Schweinichen  denkwürdigkeiten  99  Österley;  dem- 
nach sich  auf  allen  orten  um  geld  bemühet,  auch  an 
unterschiedlichen  orten  starke  Vertröstung  bekommen 
ward.  111;  die  segen  deines  vaters  gehen  stercker  denn 
die  segen  meiner  voreitern,  l  Mos.  49, 26 ;  eine  starcke 
bitte,  una  preghiera  instante.  Kr.\mer  rf^c^  2  (i702),  908«; 
starke  fürbitte,  ufficio.  intercessione  potente,  ebenda; 
starkes  gebet;  ein  guth  stark  vaterunser  ist  ein  gut  be- 
werth  stück  bey  der  artzney.  Petri  Y  5».  ein  starcker 
verweisz,  una  rüde  eappellata,  aspra  sbarbazzata,  iigra 
riprensione.  Kra.mer  «.  a.  o. ;  einem  einen  starcken  ver- 
weisz geben,  dar'  una  buona  etc.  eappellata  ad  uno. 
ebenda,  auch:  über  das  so  ligt  da  der  helle  starcke  text 
sanct  Pauli  Ro.  13.  Luther  ll, 257, 16  TTetm.  aus^..-  denn 
die  brieve  (sprechen  sie)  sind  schwere  und  starck,  aber 
die  gegenwertigkeit  des  leibes  ist  schwach,  und  die  rede 
verächtlich.  2  Cor.  10,10;  wenn  es  dem  deutschen  herrn 
Übersetzer  der  Clarissa  beliebet  hätte,  dieses  stück  deutsch 
einzukleiden:  so  würde  eine  neue  Übersetzung  gewisz 
unnöthig  geworden,  und  diese  starke  ode  auch  im 
deutschen  stark  geblieben  seyn.  Uz  141  Sauer; 

von  slner  starken  lere 

s6  wuohs  diu  gotes  ere 

vil  harte  stärcftche 

in  roemischem  riebe.    Gregor.  8655. 

e)  starke  eindrücke  u.s.tc:  es  (das  publicum)  wird 
mit  der  steigenden  Industrie  immer  mehr  der  behaglichen 
dinge  bedürftig  und  möchte  immer  häufiger  der  starken 
eindrücke  überhoben  sein.  Laube  3, 164  Houben. 

lO)  als  beiwort  elementarer  und  physischer  gewalten,  in 
der  bedeutung  'heftig,  ungestüm',  starker  wind:  ein  thür 
die  vom  starcken  wind  eingeschlagen  ist,  vento  animoso 
impulsa  janua.  Maai.er  384« ;  starker  wind ,  ventus  vehe- 
mens.  Stieler  2122;  ein  starker  wind,  vento  forte,  vehe- 
mente, impetuoso.  Kramer  rfjc<.  2  (1702),  908*";  ein  starcker 
stürm,  una  gran  burasca,  it.  un'  affalto  furioso.  ebenda. 
starker  regen:  das  man  sehe  seinen  ausgereckten  arm, 
mit  zornigem  drewen,  und  mit  flammen  des  verzerenden 
fewrs ,  mit  stralen ,  mit  starckem  regen,  und  mit  hagel. 
Jesaj.  30,30;  ein  starcker  regen,  una  pioggia  forte,  una 
scossa  gagliarda.  Kramer  dict.  2  (1702),  908'*;  starker  regen, 
imber  violentius  fuaus.  Frisch  2, 320";  ein  starkerregen. 
Adelung;  da  erhob  sich  plötzlich  ein  wind  und  wetter 
mit  donner,  unaufhörlichen  blitzen  und  starkem  platz- 
regen.  Freytag  17, 154  (&i7der  l);  ein  starck  gewitter,  t«/ia 
gran,  fiera  tempesta.  Kramer  a.a.O.;  starke,  unerträg 
liehe  bitze:  starke  brunst,  hitz,  ardw  acrior.  Maalek  384«. 
starkes,  heftig  brennendes  feuer:    ein  starck  feuer,   ein 


879 


STARK  (II.  10-13) 


STARK  (II,  13) 


880 


st&rcker  brand,  gran  fuoco,  incendio  gagliardo,  grande, 
potente.  Kramer  dict.  2  (1702),  908";  ein  starkes  feuer.  Ade- 
lung; ein  starker  brand.  ebenda,  eine  starcke  kälte, 
freddo  aspro,  gagliardo,  grande,  intenso.  Kramer  a.  a.  o. 
eine  starke  kälte.  Adei.uno.  dem  vorigen  entsprechend 
starke  hitze  auch  bei  fiebernden  kranken,  doch  geicöhn- 
'icher  starkes  fieber:  ein  starckes  fieber,  febbre  vioUnta. 
Kramer  dict.  2 (1702), 908'' ;  vgl.-,  als  das  fieber,  die  krank- 
heit  am  stärksten  war,  nel  pixt,  forte  del  parossismo. 
ebenda;  der  kranke  hat  starkes  fleber,  liegt  in  starkem 
fieber. 

11)  von  einer  köiperlichen  leistung  und  ihrem  erfolge: 
ein  starcker  schlag,««  colpo forte.  KRAMERrftc^.2(l702),908''; 
ein  starker  schlag.  Adelung;  GolTroy  der  zucket  aber 
ein  gar  starcken  schlag,  daran  er  alle  seine  stercke  leget 
und  gebrauchet,  unnd  schlüge  den  riesen  auffdie  achsscln, 
dasz  er  jhn  durch  sein  pantzer  und  guten  hämisch  ver- 
sehret, buch  de»-  liebe  219!°  \  GofTroy  aber  spränge  gegen 
den  riesen,  und  zuckte  so  gar  einen  starcken  schlag  mit 
seinem  guten  schwerdt.  ebenda;  dasz  ...  von  dem  starcken 
streich  dem  riesen  seine  hüfTt  gar  sehr  geschwallen. 
ebenda;  ich  selbst  kriegte  zwey  maulschellen,  und  glaubte 
mit  innigem  vergnügen  zu  bemerken ,  dasz  sie  stärker 
seyen,  als  sie  sie  den  übrigen  zuzumessen  pflegte.  Gör  he 
16,  36  {Werthers  leiden);  da  strauchelte  Theodulf  unter 
schwerem  schlage  und  wieder  sprang  Ingo  nach  ihm, 
und  zerbrach  ihm  mit  starkem  Schwertstreich  das  haupt 
durch  den  eisenhelm,  dasz  ein  blutstrom  herausbrach. 
Freytag  8,  102  {ahnen  l);  ein  starcker  wurf,  un  getfo 
forte.  Kram  ER  dict.  2  (1702),  aos**;  zufrieden  masz  der 
Wächter  mit  den  äugen  einen  starken  schwung,  den  der 
fremde  über  den  gieszbach  gethan  hatte.  Freytag  8, 6 
(fl/iwen  i);  die  band  gegen  ihn  ausstreckend,  rief  sie: 
'grüsze  die  mutter!'  und  wandte  sich  mit  starkem 
Schwünge  rückwärts   nach  dem   brennenden  hause.  203. 

12)  in  der  bedeutung  'kräftig,  durchdringend,  laut'  u.s.w. 

a)  von  dem  erreger  eines  schalls,  so  gewöhnlich  eine 
starke  stimme.  Adelung;  der  prediger  hat  ein  starkes 
Organ,  ähnlich,  aber  ungewöhnlicher  auch  von  mtisik- 
instrtimenten :  da  hub  sich  ein  donnern  .  .  .  und  ein  dohn 
einer  seer  starcken  posaunen,  das  gantz  volck  aber  das 
im  lager  war,  erschrack.  2  Mos.  19, 16;  und  die  leviten 
und  priester  lobeten  den  herrn  alle  tage  mit  starcken 
Seitenspielen  des  herrn.  2  chron.  13,  21. 

b)  von  schalbcirkungen :  und  er  hat  am  tage  seines 
fleisches  gebet  und  flehen  mit  starckem  geschrey  und 
threnen  geopfTert,  zu  dem,  der  jm  von  dem  tode  künde 
aushelffen.  Hebr.h,!;  und  der  posaune  dohn  ward  jnier 
stercker.  2  Mos.  19,  19;  getön,  starcker  laut,  brausen, 
sonitus,  fremitus,  strepifus,  sonus,  tonus.  Heniscii  1586, 18; 
eine  starcke  rede,  una  parlata  forte.  Krämer  rficf.  2(l702), 
OOS*";  ein  starcker  schrey,  un  grido,  strillo  forte,  ebenda; 
ein  starckes  läuten,  un  auono  forte,  ebenda;  ein  starckes 
pebrumm,  getös,  gebraschel.  gekrach  «.  s.  w.  uno  strepito, 
romore,  fragore,  crepito,  alborotto  etc.  grande  e  forte, 
pfjenda;  ein  starckes  anklopfen,  un  pichiare,  un  btiffare 
forte,  »icuro,  alla  sicura.  ebenda;  ein  starcker  schusz, 
una  aparata  forte,  ebenda;  ein  starcker  donnersclilag, 
un  gran  tuono.  ebenda;  ein  starker  donner.  Adelung; 
'nichts  über  einen  starken  hall  aus  auerhorn',  sprach  er 
{^der  Wächter)  lächelnd  und  glitt  neben  dem  fremden  in 
das  haidckraut.  Freytao  8,  2  {ahnen  l). 

c)  ähnlich  auch  von  einem  auabriuh  menschlichen  ge 
fühla:  starkes  weinen  und  starkes  laclien  freilich  führten 
schnell  zu  bestimmten  fUchern,  zum  tragischen  und  zum 
komischen  fache.  Laurkü,  121  Houhen. 

U)  von  speisen  und  getrunken  stärkend,  kräftigend, 
nährend,  doch  schon  oft  mit  dem  beisinn  des  enluiirh 
temden,  köpf  und  sinne  g^angen  neJimenden .  ■li-  > ,  ,■ 
dauung  ntöt enden. 

a)  ein  starck  tranck  dasz  wol  spcyszt  und  necrt,  potio 
firma.  Maalkm  8»*";  starker  wein,  temetum.  Stiklkr  2128; 
H'arck  gctrftnck,  bevanda  gagliarda  ed  ubhriarunte.  Kramkm 
f/iW.  2(1708),  WH«;  starcker  wein,  »tno /«>7«  cio^  gagliardo, 
jiotente,  gründe,  et/enda ;  ttlnrck  hier,  von  starcken  zeug. 
von  utarcken  hopfen ,  ttirra  gagliarda .  nonfantiona,  lirn 
lupimhito  ihriida;  starcker  brandvwcin,  arquavita  retti- 
ficatii  Htarko  B<-'lrilnke.  Adkluno;    «in  «tarket 


hier,  ebenda;  ein  starker  wein,  ebenda;  item  uff  daz  vor- 
geschrieben jar  (1473)  ward  der  win  alj  stark  und  gftt. 
als  er  darvor  in  10  jarn  nye  ward  allenthalben,  d.  stüdte- 
cAron.  4. 20, 10;  der  ein  schrib:  der  wein  ist  stark;  der 
ander  schrib :  der  künig  ist  sterker;  der  dritt  schrib:  die 
weih  sein  noch  sterker.  aber  die  warheit  überwindet  alle 
ding,  bibel  (1483)  226*';  denn  der  herr  hat  einen  bechcr  in 
der  band,  und  mit  starcken  wein  vol  eingeschenckt. 
7;*.  75, 9;  du  und  deine  söne  mit  dir.  solt  keinen  wein 
noch  starck  getrencke  trincken .  wenn  jr  in  die  hütten 
des  stiffts  gehet,  auff  das  jr  nicht  sterbet.  3  Mos.  10.9; 
der    sol    sich   weins    und    starcks    getrencks    enthalten. 

4  Mos.  6.3;  und  gibs  gelt  umb  alles,  was  deine  seele  ge- 
lüstet, es  sey  umb  rindcr,  schal,  wein,  starcken  tranck. 

5  Mos.  14,  26 ;  sollicher  suppen  mit  ufgeschlagnen  airn 
hat  er  im  dieselbig  nacht  sechs  machen  lassen  und  uf 
iede  tain  becher  des  sterkesten,  hosten  weins  gcdrunkcn. 
Zimmerische  c/tron.'-*  3, 66, 42;  so  was  der  bescheid  auch 
geben,  das  sy  den  besten  und  sterckisten  wein,  so  er 
im  keller  hett,  aufftragen  sollen.  Wickram  roUwagen 
büchlein  99,  lö  Ktirz;  on  als  gefehr,  trug  ich  so  schwer, 
von  starckem  wein,  fürt  man  mich  heim.  Garg.X32nettdr.; 
und  die  Frantzosen  {sind)  schwartzbärtig,  weil  sie  gern 
starcken  wein  leppern.  337;  aber  das  weisz  ich  frey,  dasz 
der  wein  mitten  im  fasz  am  besten  sey,  unnd  im  winter 
am  stercksten,  dann  er  bringet  sein  külwasser  alsdann 
mit  sich.  87;  starck  hier  und  schwache  köpffe  dienen 
nicht  zusammen.  Petri  Ttl*";  stark  getrenck  macht 
wilde  leut.  ebenda;  er  pflegte  sich  alle  morgen  zu  segnen, 
für  gesunder  speysz,  für  grossem  glück,  und  für  starckem 
getränck.  Zincgrek  kluge  sprüch  {i639)  3»1  ;  {erwahnung :) 
wenn  etwan  noch  attaquen  der  koHk  nachgeblieben, 
dasz  sie  nicht  etwan  durch  starke  oder  alte  weine  sich 
linderung  zu  verschaffen  suchen.  E.  König  an  Lessing 
2i.  Jan.  1772  {s.  Lessing  13,352);  der  wirth  that  das 
seinige,  die  besinnungskraft  seiner  gaste  durch  starke 
getränke  abzustumpfen.  Schiller  8,340  {gesch.  des  dreiszig 
jähr,  kriegs  4); 

und  sollen,  Solyme,  sie  denn  nicht  truncken  seyn  ? 
wo  aber  keltert  man  so  süsz  und  starcken  wein. 

A.  Grvpiiius  S  (1698),  360; 

euch  ist  bekannt,  was  wir  bedürfen, 
wir  wollen  stark  getränke  schlürfen, 
nun  braut  mir  unverzüglich  dran ! 

GÖTiiE  12,  16  {Fauxt  I). 

b)  starcke  speise,  cibus  firmus.  Stein  räch  2.  684; 
starke  speise,  'welclie  schwer  zu  verdauen  ist'.  Adelung; 
bildlich  ■  und  die  jr  soltet  lengcst  meister  sein,  bedürlTet 
jr  widerumb  das  man  euch  ...  milch  gebe,  und  nicht 
starcke  speise.  Heftr.  5, 12;  denn  wem  man  noch  milch 
geben  mus,  der  ist  unerfaren  in  dem  wort  der  gerechtigkeit. 
denn  er  ist  ein  junges  kind.  den  volkomcn  aber  gehört 
starcke  speise,  die  durch  gewonheit  haben  gcübete  sinnen, 
zum  unterscheid  des  guten  und  des  bösen.  14;  herr  S. 
geht  nun  seinen  gang,  den  wir  ihm  nicht  folgen  mögen; 
an  einem  groszen  trupp  schülcr  kanns  ihm  so  nicht 
fehlen,  denn  er  setzt  milch  vor  und  nicht  starke  speise. 
GÖTUE  33,29  {recension  in  den  Fiankf  gel.  am.),     schon: 

sO  sint  si  wisjer  danne  diu  milch      d&  man  mit  ziuhet  dci 

chint, 
dei  dannoch  niht  mugen  cxjen      dehein  starchi;  ejjton. 

(jenefti»  rimi  cxodus  110,  15  l^inncr. 

c)  auch  von  medicamenten  in  der  bedeutung  'wirksam, 
die  krankheit  bezwingend' :  starcke  artzney,  medicamentum 
ralidum.  Stein RACH  8,684;  'so  wie  eine  jede  arzcnoy  stark 
heisaet,  icenn  aie  mit  meJtr  krajt,  als  der  vnderatand  be 
sitzt,  wirket'.  Adelung;  eine  starke  dosis.    ähtUich: 

du  nimmst  ein  schreckliches  ffeheimniss  mit, 
dos  jenen  starken  giften  glcicb  diu  ■chal«, 
wenn  es  aufgoraiigen  wird,  zersprengt. 

Sriili.i.RR  ß,  8,  818  (flon  h'nrln»  2,  4V 

häufig  in  bildlicher  vertoendung :  wenn  der  fUrste  kranck 
ist,  so  kann  ihn  der  mcdicus  nicht  allemahl  so  trac 
liron,  wie  er  gerne  woltc  .  .  .  eben  ho  niusto  auch  der 
selige  vatcr  Luthern«  manchen  grossen  in  der  weit  widor 
««•inen  willen  hurt  Iracliren,  und  ihm  solche  pillon  gcluMi. 
welche  ziemlich  starck  waren,  weil  es  ihr  zuslaml  nidil 
Hiiderx  erforderte.  Sperling  Xicwlrmiis  quaercns  et  .lr.tiis 
rrapondens  a  {i'Hyi),  un*(>;  so  gcwisz  ich  sein  werk  vcr 
stehe,  HO  musz  er  «Inrke  dosen  in  cmclicis  eben  lo  Heben. 


881 


STARK  (II,  14-16) 


STARK  (II,  16.  17) 


882 


als  in  aestheticis,  und  ich  möchte  ihm  lieber  zehen  pferde, 
als  meine  frau  zur  kur  übergeben.  Schiller  2,373. 

14)  scharf,  beiszend.  vgl.:  starek,  /arte  cioe  agro,  acerbo. 
Kr.\mer  dict.  2(i702),908<=;  stark,  beschwerlich,  den  sinnen 
überlästig,  gravis,  mclestufi;  scharf  beissend  auf  der 
zunge,  acris.  Frisch  2,  320=. 

d)  starker  geruch,  odor  gravis.  Stieler  2122;  starcker 
geruch,  odor  forte,  penetrante.  Kramer  rffcf.  2  (1702),  908"; 
starcker  geruch,  odor  excitatns.  Steinb.\ch  2,684;  starker 
geruch  oder  gestank,  graveolentia,  foetor  rix  tolerabilis, 
vehementia  odoris.  Frisch  2. 320"^;  starker  geruch.  Ade- 
lung; starcker  oder  stinckender  athem,  gravis  halitus. 
M AALER  3K4=;  vast  starcker  geschmack,  vehementia  odoris, 
potentissimiis  odor,  graueolentia ,  odor  acer.  384*.  ein 
starcker  geschmack,  sapor  forte.  Kramer  a.  a.  o.  {spottend 
voji  einem  kaufmann-) 

so  wirt  Fritz  eerber  'gnad  Junker, 
geporen  von  Feigensack', 
überausz  stelt  er  sich  mnnker 
mit  seinem  starken  geschmack. 

lied  auf  dag  jähr  1545  bei  Liliencron  4,  256. 

b)  starker  rauch, /Minus  ocM^M  wiofesftiÄ.  Frisch  2,  320". 

AuELL'Nti. 

c)  starcker  essig,  acetutn  acre,  acerrimum  acettim.  Maaler 
384"i,  aceio  forte,  agro.  Kramer  a.  a.  o.,  starker  essig. 
Adelung;  starcker  senf,  moste»-da/or<e.  Kramer  a.,a.  o.; 
starcker  meerrettig,  ramolaccia  forte,  ebenda;  starker  tabak 
(«.  dazu  auch  unter  24),    der  nur  schwer  zti  vertragen  ist. 

15)  starek,  forte  cioe  vieto,  rancio,  randdo.  Kramer 
dict.  2  (1702),  908" ;  stark  ranzig  (in  Oesterreich,  Jülich  «. 
Berg).  Klein  2,169;  starcke  butter,  butiro,  unto  forte 
eioe  rancio.  Kramer  a.a.O.  starcker  speck,  lardo  rancio. 
ebenda;  starckes  fett,  grasso  forte,  vieto.  ebenda. 

16)  dick,  feist:  starek  und  dicke  von  leibe,  crassior  et 
corpulentior.  Steinbach  2,  684;  dick  und  stark,  crassus, 
an  gliedern  und  armen,  nervostis,  laceitosus,  nicht  dünne. 
Frisch  2,320*";  dick  und  stark  werden.  Adelung;  in 
bezug  auf  den  körper  lebender  icesen,  besonders  von  menschen  : 
da  er  aber  fett  und  satt  ward,  ward  er  geil,  er  ist  fett 
und  dick  und  starek  worden,  b  Mos.  Z2,tö;  herr  Johanns 
freiherr  zu  Zimbern,  herm  Wörnhers  seligen  son,  ward 
ain  grosser  starker  herr,  also  das  er  in  seiner  jugendt 
umb  der  ungewönlichen  lenge  und  sterke  der  'Lap  von 
Zimbern'  gehaissen  ward.  Zimmerische  chron.^  i,  216,  5; 
schwelgen,  schlemmen,  temmen,  das  macht  starek  hälsz, 
deren  neun  ein  galgen  niderziehen  Garg.  57  neudr.; 
solt  ich  nicht  lieber  ein  starcken  quallen  mit  knoblauch 
gespickt  darfür  essen,  wann  mir  jhn  schon  ein  Kochers- 
perger oder  Oden  Wälder  fürstellt.  58;  starcke  leut  haben 
starcke  krankheit.  PETRiTti'';  ein  starcker  leib,  ccyrpus 
rotnistum.  Corvinus/ors  latinit.ööO';  die  königin  ist  sehr 
starek  und  hat  ein  paar  durchdringende  äugen.  Lichten- 
berg briefe  1,  124;  sie  (die  Bacelli)  ist  eber  stark  als 
mager.  Schriften  3,  265;  stellen  sie  sich  einen  etwas  starken 
mann  vor,  mit  einem  gelben,  rohen  gesiebt.  266;  ich 
konnte  keines  meiner  kleidungsstücke  wieder  anziehn, 
und  da  die  personen  im  hause  alle  kleiner  und  stärker 
waren  als  ich,  so  kam  ich  in  einer  seltsamen  Verkleidung 
zum  gröszten  erstaunen  meiner  eitern  nach  hause.  Göthe 
19,281  (Wilh.  Meisters  lehrj.  6);  ein  groszer  starker  mann. 
Adelung;  alle  tage  stärker  w^erden,  'corpulenter ,  an 
masse  zunehmen,  besonders  in  der  dicke',  ebenda;  gleich 
trat  auch  eine  rüstige  frau  heraus,  etwas  stark,  doch 
ohne  davon  beschwert  zu  sein  und  von  ansehen  jugend- 
licher, als  sich  bei  einer  en^'achsenen  tochter  vermuthen 
liesz.  Arnim  3, 197  (kronenicächter  2,  2);  er  war  ein  groszer, 
starker  herr,  und  hatte  ein  schönes  röthlic^^es  gesiebt  mit 
groszen  herschenden  aogen.  Mosen  7  (1873),  iii;  die  thüre 
Uiat  sich  auf,  und  eine  grosze,  starke  frauensperson  trat 
ihren  gasten  entgegen.  Ludwig  2,613  (Maria);  die  chor- 
führerin des  rechten  flügels,  eine  sehr  starke  person  von 

^bereits  ohrwürdigem  alter.  W.  H.  Riehl  geschickten  4, 119. 
irk  low  einer  schwangern  gebraucht,  auch  sie  hat  einen 
tarken  leib,    in  der  Weidmannssprache  'stark  schwer,  grosz, 
bei  leib,   von  allem  wild   und  von   allen    theilen   des 
Kehrein  281;    auch:    ein   starker  ochse,  feist, 
zum  schlachten  (vgl.  die  andere  bedeutung  unter  2,  c); 
da  gab  sich  der,  so  viel  gegessen, 
mit  starek  und  fetten  kälbern  blosz.     Günther  165 
X.  2. 


vom  stamm  und  den  ziceigen  eines  baumes,  dem  stengel 
der  pflanzen  «.  *.  ic. :  ein  starcker  bäum ,  arbor  crassa. 
Steinbach  2,684;  vgl.:  die  auff  der  höhe  des  baums 
hangen,  stehen  gefehrlicher  als  die  so  die  mitte,  da  der 
bäum  am  stercksten  ist  umbfangen.  Garg.  341  neudr. 
ein  starkes  reis.  Adelung;  sie  schritten  zu  den  weiden 
am  uferrand,  schnitten  starke  zweige  und  schälten  mit 
dem  messer  die  rinde.  Freytaü  8,  lOl  (ahnen  1,1,6);  starker 
Stengel,  zweig:  wenn  in  der  tieferen  gegend  zweige  und 
stengel  stärker  und  mastiger  waren  . . ,  so  wurden  höher 
ins  gebirg  hinauf  zweige  und  stengel  zarter.  Göthe  26, 16 
(italien.  reise  l).  ancli  starke  rebe :  und  jre  frucht  und 
reben  wuchsen  von  dem  grossen  wasser,  das  seine  reben 
so  starek  wurden,  das  sie  zu  herm  scepter  gut  waren. 
Sesekiel  19, 11 ;  der  Ostwind  verdorrete  seine  frucht,  und 
seine  starcke  reben  wurden  zubrochen,  das  sie  ver- 
dorreten,  und  verbrennet  wnrden.  12;  und  ist  ein  fewr 
ausgangen  von  jren  starcken  reben,  das  verzehret  jre 
frucht,  das  in  jr  kein  starcker  reben  mehr  ist,  zu  eines 
herrn  scepter.  14.  auch  sonst:  starcker  brügel,  un  bastone 
forte,  sodo,  noderuto.  Kramer  dict.  2  (1702),  908'' ;  ein  drei 
zoll  starkes  brett. 

17)  stark  mit  beziehung  auf  menge,  masz,  umfang,  sich 
enttcickelnd  aus  5,  a. 

a)  mit  beziehung  auf  eine  zahl. 

a)  die  maszangabe  im  acc. :  sie  sepid  200  mann  starek, 
sono  ducento  huomini,  il  loro  numero  e  ducente  persone. 
Krämer  dict.  2  (1702),  908»;  die  armee  ist  hundert  tausend 
mann  stark.  Adelung;  ein  neues,  zwanzig  tausend  mann 
starkes  beer  entstand  in  kurzem  unter  seiner  (Mans- 
j  felds)  fahne.  Schiller  8, 109;  dasz  Duilius  bei  Mylae  die 
hundertunddreiszig  schiffe  starke  karthagische  flotte 
unter  Hannibal  schlagen,  . .  .  und  darauf  hin  den  ersten 
seetriumph  feiern  konnte.  Becker  weltgesch.  3*,  71 ;  mit 
gefolge  und  dienerschaft  werde  man  also  wohl  an  hundert 
mann  stark  sein.  W.  H.  Riehl  gesch.  1, 399;  das  publicum 
war  sehr  stark ,  man  behauptet  an  15000  menschen. 
Schuchardt  romanisches  u.  keltisches  322; 

wir  warn  kanm  fünfzig  reuter  stark, 
da  sah  man  gottes  Wunderwerk, 
es  ging  zu  sehr  behende. 

LiLiENCRON  hM.  Volkslieder  4,  514*  (auf  die 
belagening  von  Magdeburg  1551). 

ähnlich:  jede  messe  wird  (von  der  geschickte  der  ver 
sckwörtingen)  ein  band,  ohngefehr  ein  aiphabet  stark, 
herauskommen.  Schiller  4,  113;  der  aufsatz  ist  vier 
bogen  stark. 

ß)  ohne  solcke  Zahlenangabe,  starek  werden :  sie  werden 
starek,  crescere  di  numero;  essi  si  moltiplicano,  ammassano. 
Kramer  dtc^.  2  (1702),  908»;  wie  starek  seynd  sie?  qiianti 
sonof  ebenda;  starkes  gefolge,  comitatus  numero.9tcs. 
Stieler  2123;  ein  starkes  gefolge,  numeroso  seguito. 
Kramer  a.  a.  o.;  eine  starcke  armee,  starcke  mannschafft, 
poderosa ,  possente  armata,  poderoso,  possente  esercifo. 
ebenda;  eine  starcke  Versammlung,  starcke  gesellschafft, 
numerosa,  popolosa  radunanza ,  compagnia.  ebenda;  es 
war  eine  starke  gesellschaft  da.  Adelung  ;  die  gesell- 
schaft  war  sehr  stark,  ebenda;  die  theologie  begann  den 
zug  und  die  philosophie  schlosz  den  reigen,  diese  an 
zahl  der  männer  .und  bedeutung  die  stärkste  abtheilung. 
Freytag  7,  3  (verl.  handsckr.  2,Z);  er  hat  einen  starken 
anhang,  egli  kä  gran  seguito.  Kramer  a.a.o  ;  sich  einen 
starken  anhang  machen.  Adelung;  eine  starcke  parthey 
reuter,  una  partita  forte  cioe  numerosa  di  gente  ä  cavallo, 
un  bon  nerbo  di  cavalleria.  Kramer  a.a.O.;  wie  starek 
ist  die  compagnie?  quanto  e  numerosa  la  compagnia* 
ebenda;  ein  starckes  beer,  exercittts  copiosus,  numerosiis. 
Steinbach  2,684;  starcke  hof  ö  hauszhaltung,  grande  e 
numerosa  carte  ö  famiglia.  Kramer  a.a.O.;  wie  starek 
ist  das  haushalten?  quanto  e  numerosa  la  famiglia  f 
ebenda;  eine  starke  familie  haben.  Adelung;  wie  stark 
ist  ihre  familie?  ebenda;  du  bestimmtest  im  anfange 
unserer  heirath  ein  geringes  für  die  bestreitung  der  küche 
und  anderer  häuslicher  ausgaben,  als  unsere  haus- 
haltung  stärker  wurde,  unser  gewerbe  groszer,  warst  du 
nicht  zu  bewegen,  mein  Wochengeld  nach  dem  Verhält- 
nisse zu  vermehren.  GÖTHF.ie,ö2  (Wertkers  leiden  i).  der 
kaufmann  hat  eine  starke  kundschaft.    äJmlich  icird  auch 

56 


883 


STARK  (II.  17-19) 


STARK  (II.  19-25) 


884 


heute  i'erstanden :  der  arzt  hat  eine  starke  praxis .  doch 
ursprünglicher  aber:  glaube  mir  bruder!  das  hab  ich 
ans  meiner  starken  praxi  wol  fünfzig  mal  abstrahirt. 
wenn  der  ehrliche  mann  einmal  aus  dem  nest  gejagt 
ist.  so  ist  der  teufel  meister.  Schiller  2.  84  {räuber  2,  3 
Schauspiel),  starke  koppel:  auch  die  nachbarn  kamen, 
begrüszten  die  fremden  und  musterten  die  starke  koppel 
lediger  rosse.  FREYTAti  8.85  (ahnen  l,  l,  s);  starke  aufläge 
eines  buchest  wie  stark  gedenken  sie  diese  aufläge  {des 
almanachs)  zu  machen?  Göthk  an  Schiller 2i3  {15. not: 1196). 
b)  allgemeiner:  starcke  anzahl,  gran  numero,  gran 
moltitudine.  Kramkh  rftc^  2  (1702),  908" ;  starcke  summen, 
starcke  posten,  geldposten,  somme  gagliarde,  esorhitanti, 
furiose,  gos*»;  starcke  Unkosten,  starcke  ausgaben,  spese, 
spesaccie,  grandi,  ingorde,  strabocclievoli,  sborsi  sfoggiati. 
ebenda,  wo  die  heutige  .tpraclie  hoch  und  grosz  fast  vorzieht, 
anstatt  umfänglich:  starcke  zurüstungen  zum  krieg,  grand' 
apparecchi  per  La  guerra.  Küamer  a.a.O.;  eine  starcke 
handlung,  un  traffico  forte  cioe  grosso,  diste.00.  908" ;  als 
meine  geschafften  am  stäroksten  waren ,  nel  piü  forte 
de'  miei  affari  etc.  ebenda;  das  amt  ist  sehr  mühsam 
wegen  der  starken  wirthschaft,  die  damit  verknüpft  ist, 
und  die  ohne  groszen  schaden  nicht  verpachtet  werden 
kann.  Rabener  3(1777),  3+;  und  weil  ich  mich  wegen 
der  starken  wirthschaft  nothwendig  bald  verheurathen 
musz;  so  werde  ich  keine  frau,  als  von  ihrer  band,  an- 
nehmen. 37 ;  doch .  so  viel  ich  weis ,  ist  er  nicht  mehr 
in  den  besten  umständen,  ich  habe  lange  keine  nach- 
richt  von  ihm.  und  weis  nicht,  ob  er  sich  von  seinem 
starken  bankerotte  erholet  hat,  oder  nicht.  Gellert  4 
(1775),  279;  solte  Banks  sich  nicht  auf  einen  gehalt  auf 
lebenszeit  einlassen,  so  accordiren  sie  einen  auf  10  jähre, 
aber  der  müste  auch  stärcker  seyn.  Lichtenberg 
briefe  1,111;  die  gesammelten  abhandlungen  des  dr.  Ed- 
wards füllen  einen  starken  band.  Schuchardt  roma- 
nisches u.  keltiscJies  375;  so  schon: 

ich  het  verlorn  starke;  graot : 

w^  danne?    ich  het  ab  höhen  muot. 

Ulrich  v.  Lichtenstein  547,  31  Lachmann. 

18)  stark  voll,  reichlich,  gut  gemessen .-  eine  gute,  starke 
stunde,  hora  2>lena,  integra,  longior.  SriEi,ER2227;  eine 
starcke  stunde,  una  buona  hora.  Kramer  dic^.  2(1702),908''; 
eine  starke  stunde.  Adelung;  nach  einer  starken  stunde 
wurde  er  vorgelassen.  H.  Kurz  2, 135;  als  wegemasz:  sie 
{die  insel  Meinau)  liegt  eine  starke  stunde  von  hier, 
zwischen  dem  eigentlichen  und  dem  Ueberlingersec. 
Stolberg  6,77;  man  wies  mich  in  ein  wirthshaus  unten 
am  fusze  des  berges ,  welches  aber  eine  starke  stunde 
hinunter  ist.  Seume  3,  6C.  der  ort  ist  eine  starke  stunde 
weit  entfernt,  ebenso  grosze  sive  starke  meile,  millia7e 
prolixe  computatum.  Stieler  1219;  eine  starcke  meil,  un 
buon  miglio.  Kram  er  a.  a.  0.;  eine  starke  meile,  milliare 
longius.  Frisch  2,  320«.  Adelung;  dahin  sind  zwei  starke 
meilen.  ähnlich  ein  starker  schritt:  könig,  nachdem  er 
einigemal  mit  starken  schritten  auf-  und  niedergegangen. 
Schiller  5, 1,180  (scen.  bemerkung  zu  dorn  Karlos  3,  i); 
die  maulesel  machen  einen  barbarisch  starken  schritt. 
Seume  3.88;  der  professor  ging  mit  starken  schritten  auf 
und  ab.  Frettag  6.  18  (verl.  handschr.  l).  auch  bei  un 
l^sfitnmterem  begriff:  starke  tagreisen  thun.  far  gran 
{viaggiare,  mareiare  ä  gran)  giomate.  Kramer  a.a.O.;  {der 
aehlusz.)  dasz  er  zn  jener  gattung  der  gebirgsreisenden 
gehören  möge,  die  durch  starke  fuszmärsche  in  ferien 
einzubringen  suchen,  was  sie  durch  sitzende  lebensart  das 
jähr  hindurch  ihrem  organismas  leides  zufügen  müssen. 
Vi«<;hkr  auch  einer  l,iO; 

wenn  Dankan  schllin,  und  diese  utarke  reise 
wird  Keinen  nchlaf  befSrdeni. 

SCHILI-KR  18,  88  (Macbeth  1,  16). 

19)  schnell,  eilend,  für  die  entwicklung  aus  dem  vorigen 
vgl.:  ein  stärcker  gang,  un  caminare  forte.  Kr  am  kr 
diet.  s  (170S),  906^.  dann  auch  ein  siarckcK  laufTen ,  un 
comrt  forte,  spaer.iato,  presto,  ebenda;  ähnlich:  herzen 
and  glocken  bekommen  so  leicht  Sprünge  bei  starkem 
bewegen.  J.  Paul  U,  6&  {Katzenbergem  hadereise  S); 

Jr  ffticr  fmU  tnrn  kaufT. 

aa  naacben  «dq  bat  utargken  lanfT 

SriiwAKT/RNiiKRo  teuUch  Cicero  IM*; 


die  wercke  kluger  sinnen 

hat  nie  vertilgen  künnen 

der  zelten  starcke  flucht 

wie  viel  sie  sonst  vermocht.    Logau  3,  4  (ß7),  57 ; 

dort,  beym  hagebuchenzaune, 

reitet  man  im  starken  pasz, 

jetzo  sprengt  man  —  langt  schon  an ! 

Götter  1  (1787),  56, 
ebenso  auch  im  starken  trab,   im  starken  galopp  reiten. 
daneben  Mufig  starken  trab,  starken  galopp  reiten. 

20)  bei  GöTHE  stark  steil,  abschüssig:  starker  stieg, 
den  vor  einigen  jähren  ein  postwagen  hinunter  rutschte. 
GöTHE  43,143  (Schiceizerreise  v.nVi);  es  geht  einen  starken 
stieg  hinunter  und  angenehme  waldthäler  setzen  fort.  146; 
nach  Göschenen,  wo  es  wieder  einen  starken  stieg  hin- 
aufgeht. 194;  beim  capellchen  kamen  wir  auf  einen 
ruheplatz,  welches  wir  als  ein  böses  augurium  ansahen, 
dasz  uns  noch  ein  starker  stieg  bevorstehe.  186;  vgl. 
auch  noch  183. 

21)  dickflüssig,  steif:  er  hausete  . . .  mit  seinen  nun- 
mehr erwachsenen  kindern.  die  er  mit  einer  Wasser- 
suppen und  einer  grossen  pfannen  voll  starckem  haber- 
brey  tractirte,  damit  sie  wol  verlieb  nemmen  musten. 
Siinpl.  3,  318, 1  Kurz. 

22)  von  wiesenlä7idereien  stark  ertragfähig  u.  ä.,  be- 
sonders wol  von  dem  fetten  mar.^clienboden :  wir  grasen 
die  tiere  nicht  fett,  dazu  ist  das  land  nicht  stark  genug. 
Frenssen  .Jörn  Ulli  60.  vgl.  starker  erdboden:  im  ganzen 
ist  dieser  boden ,  der  grösztentheils  nur  in  ebenen  und 
tiefliegenden  gegenden  an  groszen  Aussen  angetroffen 
wird,  mehr  nasz  und  sumpfig,  als  gemäszigt  und  trocken. 
Jacobsson  7,  429». 

23)  vrichtig,  bedeutend,  beachtenstcert :  widerumb  ist  das 
auch  starck .  das  gott  einen  sonderlichen  ort  gemacht 
hat,  den  er  genennet  hat  einen  garten.  Luther  4, 3l»; 
darumb  etliche  vetter  diese  epistel  nicht  angenommen 
haben,  wiewol  es  nicht  starck  genug  dar  zu  ist,  das  man 
eyn  buch  umb  des  willen  verwerffe.  14,  84, 19  Weim.  ausg. 

24)  übertrieben,  zu  weit  gehend,  unglaublich .-  sie  haben 
auf  eure  kosten  in  ihren  schritten  lachen  wollen .  und 
ich  finde  recht  gut.  dasz  ihr  auf  die  ihrigen  lacht,  aber 
beimhimmel!  der  spasz  ist  zu  stark.  Göthe  36,186.  ge 
wohnlich  eine  starke  sache,  ein  starkes  stück:  er  habe  näm- 
lich . .  .  gehört,  dasz  wir  (Protestanten)  unsere  Schwestern 
heirathen  dürfen,  welches  denn  doch  eine  starke  sache 
sey.  27,  185;  er  (der  husarenunteroffixier)  donnerte  ge- 
waltig über  die  revolution  und  brachte  anspielungen 
und  indirekte  drohungen  gegen  meine  person.  als  dieses 
Verbrechens  verdächtig,  der  wirth  hat  das  recht,  nach 
meinem  passe  zu  fragen,  mein  herr,  versetzte  ich.  als 
mir  die  worte  zu  stark  und  zu  deutsch  wurden.  Skume 
2. 110.  in  scherzhaftem  tone:  das  ist  starker  tabak !  (s.  dnzu 
oben  unter  14.  c):  das  war  starker  toback ,  und  herrn 
Pfeifer  selbst  wurde  schwül  dabei.  Hän.selmann  irerk- 
stücke  2,99;  auch  einfach:  das  ist  starck I  Campe;  schickt 
er  den  armen  schclm  aus  eifersucht  nach  Odenthal,  das 
ist  doch  stark!  Benedix  vetter  l, "7. 

25)  besonders  weitverzweigt  ist  die  entwicklung  bez.  i-er- 
hlüssung  unseres  toortes  im  adrerbiellen  gebraitche,  wo  denn 
auch  die  von  14  ab  geschilderten  bedeutungsentwicklungeit 
wol  mehr  oder  weniger  ihren  ursprünglichen  grund  haben. 
starck,  fortiter,  nervöse,  strenue,  multum,  eumulate,  pluri 
mutn,  eopiose.  Stieler  8188;  starck.  fortemente,  forte, 
gagliardamente ,  strettamente ,  stretto,  tt.  assai.  Kramer 
dict.  8  (1708).  909*;  starck,  solide,  rigide;  forÜtsr,  valde. 
strenue;  vehementer.  Frisch  8,  sao". 

a)  dem  ursprünglichen  noch  gans  nahe  stehend 
u)  ein  ding  starck  behalten,  beh&ben  und  beschirmen. 
forfiter  asserere.  Maaler  884«;  starok  bauen. /o6n>n»r  im 
diligenza.  Kramer  dicf.  8  (1708),  909'»;  ein  stark  gebautes 
schiff.  Campe;  ein  stark  gebautes  haus;  der  thurm  ist 
stark  gebaut  u.  ä.  einen  starck  binden,  einen  slaK  K 
halten,  anhalten,  Ugar'  tenere.  ritenere  stretto  A  strrfin 
mente.  Kramer  a.  a.  o.  er  (der  könig)  öfnot  einechatonllo, 
die  sehr  stark  verschlossen  ist  und  nimmt  eine  schreib- 
tafel  heraus.  Sciiillkr  5,19s  (dorn  Karlo»  i,7); 

all  der  Khein  fQr  irewin  verstanden 

daas  einer  gOtUn  treflichkeit 

hialt  leinM  fUraten«  muht«  rroyheit 

fcfanfMi  starck  in  jbrcn  ban<ti>n. 

Wk<  KiiKKi.iN  Qtd.  (iCM)  .1:5; 


1 


885 


STARK  (D,  25) 


STARK  ai  25) 


886 


es  war  ein  volk,  dem  die  einzelleben  stark  und  grosz- 
artig  entwickelt  waren,  aber  ein  volk,  welches  kaum  die 
einfachsten  formen  des  Staates  ertrug.  Freitag  17,  95 
{bäder  l). 

3)  starck  fechten,  combattere  furiosamente.  Krämer 
dict.  2  (1702),  908»;  stark  schlagen.  Campe;  einen  starck 
anfallen ,  assalire  uno  gagliardamente ,  rigorosamente, 
furiosamente,  in  furia.  Krämer  o.  a.  o.;  einen  starck  ver- 
folgen, persegtiitare  uno  forte,  ardentemente.  ebenda;  er 
wolle  es  dem  Apollo  und  seinen  neun  musen  mit  heissen 
thränen  klagen,  womit  er  von  der  gesellschaft  seinen 
abschied  genommen,  nachgehends  aber  etliche  tausend 
reimen  von  seiner  Unschuld  gemachet,  auch  den  Orga- 
nisten, der  den  possen  mit  dem  ringe  erdacht,  stark  an- 
gegriffen. Prätorius  glückstopf  163; 

der  bewehrten  diener  schaar 

hat  das  weite  thor  verschränkt,  und  die  brücke  starck  besetzet. 
A.  Gryphius  1,  ß28  (PiorfiM); 

diese  stadtähnliche,  überaus  haltbare  und  von  der  feind- 
lichen hauptstellung  aus  stark  flankirte  Ortschaft  muszte 
vor  allem  weiteren  vorgehen  erst  genommen  werden. 
MoLTKE  3,  53  (krieg  1870/71).  vgl.  noch  starck  ziehen,  ^v^n- 
den,  tirar  forte,  torcere  etc.  ä  tutte  forze.  Khamer  a.  a.  o. 

y)  mit  allem  ßeisz.  eifrig  u.  ä.:  lange  zeit  hindurch 
hatte  kein  andrer  stand  dem  anbau  der  deutschen  spräche 
stärker  angehangen  als  die  ärzte,  sei  es,  dasz  die  hei- 
mische benennung  der  krankheiten  oder  der  heilmittel, 
voraus  aller  kräuter  und  thiere  sie  dazu  anregte.  J.  Gkimm 
vorrede  zum  tcb.  xx\i.  vgl.  starck  studiren,  stwliare  con 
grand'  applicatione ,  esser  tutfo  volto,  intento  allo  studio. 
Kramer  rftcf.  2  (1702),  goe*» ;  ein  ding  starck  treiben,  soUe- 
citare,  premere  una  cosa  ardentemente,  con  grand'  ardore. 
ebenda;  und  allgemeiner:  starck  arbeiten,  lavorar  forte, 
sudare,  faticare.  909*;  starck  handeln  mit  einer  wahre, 
fare  gran,  grosso  traffieo  di  qualche  mercantia.  eoe**.  auch: 
um  eben  diese  zeit  war  der  siebenjährige  krieg  aus- 
gebrochen, und  die  Werbungen  giengen  stark.  Schiller 
i,  81  {Verbrecher  aus  verlorener  ehre). 

S)  mit  inbrunst,  natJidruck  u.  ä. :  starck  bitten,  starck 
anhalten,  pregare  grandemente,  instanteniente,  con  grand' 
instanza.  Kramer  dtc<.  2  (1702),  909» ;  sit  man  ein  nidereg 
und  ein  lichterj  guot  also  s6re  geminnen  mac  und  also 
starke  gegern.  mystiker  l,Zöl,\G  Pfeiffer;  kurtz  sol  man 
beten,  aber  offt  und  starck.  Luther  213  418, 19  Weim.  auag. ; 
gute  biszgen  genieszen  machet  starck  beten  können,  gibt 
gut  vertrauen  und  Willfährigkeit  bey  gott  stand  zu  halten. 
Olearius  persian.  rosenth.  7, 20.  ähnlich :  etwas  starck  im 
gedächtnis  behalten,  ritenere  qualche  cosa  altamente  im- 
presso neUa  memoria.  Krämer  a.  a.  c;  starck  an  etwas 
gedencken,  haverßso  o  fisamenfe  volto  ö  attento  il  pensiere  ä 
qtialche  cosa;  starvi  coli' arco  teso.  ebenda;  stark  an  etwas 
denken.  Adelung;  es  bleibet  starck  und  t^eff  in  dem  ge- 
dächtnisz,  resta  altamente  impresso  nella  memoria.  Kr.\mer 
ital.-teutsch  (1693)  33» ;  sich  etwas  starck  vornehmen,  propo- 
nersi,  it.  intestarsi,  incaparsi  una  cosa  fermanente,  ostinata- 
mente.  dict.  2  (1702),  gog*";  vgl.:  i  ha's  slarch  im  sinn,  ich 
habe  den  festen  icillen  dazu.  HtNziKER25l;  sich  etwas 
starck  einbilden,  imaginarsi,  ßgurarsi,  intestarsi  qualche 
eosa  fisamente.  Kramer  a.  a.  o. :  nimm  es  dir  nicht  so  stark 
zu  herzen.  Adelung;  stark  empfinden:  leute,  so  in  ihrer 
geburtstunde  die  böseste  gemischete  influentz  so  starck 
empfinden,  dasz  auch  alle  guten  aspecten  den  maleficis 
unterliegen  müssen.  Prätorius  glückstopf  202;  stark 
fühlen:  der  fürst  fühlt  in  der  kunst,  und  würde  noch 
stärker  fühlen,  wenn  er  nicht  durch  das  garstige  wissen- 
schaftliche wesen,  und  durch  die  gewöhnliche  termino- 
logie  eingeschränkt  wäre.  Götme  14,  114;  vgl.  dagegen: 
ich  sag  euch ,  wenn  man  aus  dem  glühenden  ofen  ins 
ciswasser  springt ,  kann  man  den  abfall  nicht  so  stark 
fühlen  als  ich,  da  ich  am  andern  ufer  war.  Schiller 
2,  93  {räuber  2, 3  schausp.).  stark  an  etwas  glauben ;  starck 
zweifeln,  dubitar  forte.  Krämer  a.a.O.;  ich  zweifele 
starck,  io  dubito  forte,  ebenda,  etwas  starck  beweisen, 
starck  darthun,  provure  qtuUche  cosa  sodatnente,  con  sode, 
Saide  ragioni.  ebenda;  die  ruhigen  kenntniszvoUen  men- 
schen, stark  aber  nicht  übertrieben  geschildert,  sind  ihnen 
(deji  deutschen  schauspielern)  gar  nicht  theatralisch.  Karl 
Lessinu  an  seinen  bruder,  i.  mai  1779   (Lessing  13,624). 


lool  in  dem  sinne  von  'deutlich':  ich  lerne  noch  dran, 
kans  aber  nicht  so  starcke  fassen,  als  ich  wol  gerne  wolt. 
Luther  32, 52,  20  Weim.atisg.;  utinam  possem  hoc  stercker 
fassen.  25,  44'is  6 ;  folget  aus  vorigem  starck  gnug.  11,  411,  23 ; 
darumb  ist  der  text  wol  und  starck  zu  fassen,  das  wir 
uns  nicht  mit  etwas  anders  die  äugen  lassen  blenden. 
4,  34»;  anders  doch:  sie  halten  sich  steiff  und  starck  nach 
dem  gesetz  und  geboten  gottes.  Gretter  erklärung  der 
ep.  Pauli  a.  d.  Eömer  (i566)  174. 

e)  mit  nacMruck.  laut  u.  s.  w. :  starck  reden,  schreyen, 
parlare,  gridare.  forte,  alto,  ad  alta  voce,  altamente;  gri- 
dare  ä  corr  httomo.  Kramer  dict.  2  (1702),  908»;  redet, 
schreyet  stärcker ,  parlate ,  gridate  piü  forte,  ebenda ;  er 
schreyt  starck,  valide  clamat.  Steinbach  2,684;  stark 
rufen.  Adelung;  die  {beiden  fniclier)  würden  ihn  nicht  mit 
lispelnder  ahndung ,  die  oft  trügt ,  sonder  stark  ins  ohr 
rufen,  was  Homer  nicht  wissen  konnte.  Lichtenberg 
4,319;  meine  herren,  sagte  ich  so  stark  und  bestimmt  als 
ich  konnte.  Seume  2, 209;  starck  läuten,  sonare  forte,  scam- 
panare,  scampaneggiare.  Kr  am  er  a.  o.  o. ;  starck  anklopffen, 
bussare.  battere,  ribattere,  picchiare  forte,  ebenda;  starck 
donnern,  titonare forte,  ebenda;  stark  schallen.  Adelung. 
wie  mitternacht  herankam,  liesz  sich  ein  lärm  und  ge- 
polter  hören,  erst  sachte,  dann  immer  stärker,  brüder 
Grimm  kinder-  u.  lutusmärcheti  4.  verblaszter:  Dietrich 
redete  ihr  voll  bewunderung  nach  dem  munde,  so  stark 
er  konnte.  Keller  4,  235.  mit  stärkerer  hervorhebung  des 
innerlidien :  er  {der  professor)  schaute  ein  antlitz,  in 
welchem  inniges  mitgefühl  zuckte  und  hörte  die  leise 
frage:  'und  was  soll  werden?'  'mann  und  weih',  sprach 
der  Professor  stark.  Freytag  6, 160  {verl.  handschr.  l).  mit 
anderer  begriffsfärbung :  man  redt  stark  davon,  res  est  in 
ore  omnium.  Stieler  2133;  man  murrete  (murmelte)  schon 
stark  darvon,  se  ne  mormorava  altamente.  Kr.\mer  ital.- 
teutsch  (1693)  35» ;  starck  von  etwas  reden ,  parlare  alta- 
mente di  qualche  cosa.  dict.  2  (1702),  gog"» ;  man  spricht 
stark  davon,  es  ist  in  aller  munde,  alle  leute  sprechen 
davon.  Campe,  dagegen  das  war  sehr  stark  gesagt,  auf 
eine  übertriebene  oder  derbe  art  vorgebracht,  ebenda; 

der  krieger  art  und  werck  biszher,  war  rauben,  stehlen, 
der  stäter  art  und  werck,  erkauften  und  verholen, 
es  ist  was  starck  gesagt  I     Logau  1,  3,  5. 

5)  stark  regnen,  piovere  forte,  piover'  ä  dilutno,  scro- 
sciare,  diluviare,  allagare.  Kramer  di«^  2  (1702),  909»;  den 
vorigen  tag  war  es  trübes  wetter  gewesen,  hatte  den 
abend  ziemlich  stark  geregnet.  Seume  3, 53.  starck  wittern, 
tempestare  forte,  fare  una  graie  tempesta.  Kramer  a.  a.  o. 
stark  stürmen ;  auch :  der  morgen  wind  blies  stark  und 
schlug  sich  mit  einigen  schneewoLken  herum.  Göthe 
16,  284;  den  ganzen  tag  ging  der  wind  stark  und  gut. 
Seume  2,237;  es  hatte  zwei  tage  ziemlich  stark  gefroren 
und  fing  heute  zu  mittag  merklich  an  zu  thauen.  57; 
es  hatte  noch  etwas  stark  eis  gefroren.  163.  ebenso  von 
mensdien .-  darumb,  weil  einer  stercker  durchs  ober  nasz- 
loch  bloszt,  unnd  die  nasz  aufftreibt  wie  ein  glaszmacher, 
wann  er  zu  starck  in  die  gemartert  äschen  bloszt.  Garg. 
394  neudr.  stark  schneien,  vgl.  im  allgemeinen  sinne 
aargauisch  es  macht  starch  von  jeder  art  untcetter.  Hun- 
ZIKER  251. 

T])  einen  starck  anfahren,  ausfiltzen,  riprender'  uno 
aapramente,  agramente.  Khamer  dict.  2  (1702),  909*". 

d")  einen  starck  ansehen,  gttardare,  mirare  uno  Jiso, 
fisamente;  fertixare,  fisare,  ossäre  la  mxra,  Ut  sgttardo; 
haver  fiso  gli  occhi  aopra  di  uno.  Krämer  dict.  2  (1702),  909^. 
starck  sihet  Christus  auff  die  Arianer  und  Pelagianer. 
Luther  28,  53,  7  Weim.ausg.;  er  belugte  mich  stark  und 
ich  ihn  nur  obenhin.  Seume  2, 189. 

b)  zahlreich,  durdi  die  zahl  mächtig  u.  ä. :  starck  heran- 
kommen, sptintare  in  grosso,  in  gran  numero,  ä  schiere 
folte,  grandi  {grosse).  Kramer  dict.  2  (1702),  909» ;  starck 
zusammenlauffen,  concorrere  etc.  in  grosso,  ebenda ;  starck 
beysammen  seyn,  essersi  radunato  in  grosso,  numero.sa 
mente.  ebenda;  do  Otto  dat  vornam,  he  sampde  sik  dar 
jegen  to  Goslar  und  toch  stark  over  de  Missowe  bi  Hamers- 
leve.  d.  städtechron.  7, 141, 16;  denn  er  hatte  . . .  nichts  da 
ausgericht,  on  das  er  einen  flecken  starck  besetzt  hatte. 
2  Macc.  12,  18;  beide  flotten  halten  die  verdekkc  stark 
mit  schwer  bewaffneten  Soldaten  so  wol  als  mit  bogen- 

56* 


887 


STARK  (II,  25) 


STÄRKARZENEI  — STARKDENKER        888 


schüzzen  und  wurfspiesträgern  besetzt.  Heilman  Thu- 
cydide.'i  b6;  ein  stark  besuchter  ort.  Campe;  stark  belegt 
(und  besteuert)  sein,  ebenda. 

c)  der  masae  nach  viel,  in  menge  u.  s.  to.,  dem  vorigen 
noch  nahestehend :  starck  geld  ausgeben  müssen ,  dover 
spendere  ingordamente ,  sconciamente,  fare  spese  ingorde, 
gagliarde,  seoncie.  Khameh  a.a.  o.  vgl.:  du  dätest  s  g81d 
usge''«'n  so  storik  a's  m'r's  ingnghme" !  Mahtin-Lienhart 
elsäss.  wb.  2,  613».  dann  auch  stark  zechen ,  perpotare, 
largiore  vino  uti.  Stieler  2C04;  starck  sauffen,  bere  forte 
e  per  eccesso.  Kramer  dict.  2  (1702),  909»;  sie  sauffen  gar 
starck,  essi  tracannano,  trincano.  ebenda;  stark  trincken: 
weil  aber  über  tisch  was  stark  getrunken  ward.  Schwei- 
nichen  denkic.  106  ÖsterUy;  stark  essen;  stark  fressen, 
mangiare  forte  e  per  eccesso.  Kram  er  a.  a.o.  ebenso  stark 
rauchen,  stark  schnupfen. 

«/)  schnell,  eilig  u.  s.  w.:  starck  gehen,  caminar  forte, 
spacciare  terreno.  Kram  er  dict.  2(1702),  909»;  starck  heran- 
kommen, venire  ä  gran  passi.  ebenda;  starck  lauffen, 
starck  rennen,  correre  forte,  infuria.  ebenda;  ich  dachte 
'jetzt  heists:  frisz  vogel  oder  sterb!'  lieff  also,  so  starck 
ich  konte,  neben  den  pferdten  her,  bisz  wir  einen  guten 
weeg  von  dem  dorff  waren.  Simpl.  2,  303,  1.5  Kurz;  (der 
umstand,  da-sz  die  sporen  stachen,)  machte,  dasz  es  (das 
füllen)  anfienge  zu  lauffen,  und  zwar  so  starck,  dasz  es 
seinen  advocaten  in  einen  brunnen,  den  man  mitten  in 
der  gassen  bawete,  warff.  Prätorius  glii ckstopf  li;  desto 
stärcker  trieben  aber  die  windweben  an  dem  boden  hin 
und  machten  uns  etlichemal  den  weg  verfehlen.  Göthe 
16,  285;  Ferdinand  Tängt  an  stärker  zu  gehen,  und  beun- 
ruhigter zu  werden.  Schiller  3,  498  {kab.  u.  liebe  5,  7 
(.icen.  bemerk.); 

zegegen  si  d6  quam 

ein  Bote  starke  gerant 

und  fürte  briebe  in  da;  lant. 

Lamprkcht  Alexander  4037; 

so  ist  die  zeit, 

so  ist  das  glück  und  die  gelegenheit, 

kein  mensch  sieht  sie  so  starck,  als  ein  verliebter,  fliegen. 

Rost  schäferged.  8. 

e)  es  geht  stark  auf  neun  uhr.  Schiller  3, 112  (Fiesko 
4, 5) ;  er  {der  Schreiber)  mochte  stark  in  den  vierzigen  sein. 
Göthe  4«,  49  {dicht,  u.  wahrh.  17),  neben  hoch  in  den 
vierzigen  atich  heute  noch  gebräucMich. 

f)  ranzig:  die  bufter  schmeckt  starck,  etwas  starck, 
ein  wenig  starck, /ortorcMo,  rancidetto,  rancidolo.  Kramer 
diet.  2  (1702),  909». 

g)  in  weiterer  verblassung ,  immer  mehr  in  dem  sinne 
von  sehr:  an  deiner  spur  sehe  ich,  dasz  du  von  unserm 
Volke  bist,  denn  die  spitze  des  fuszes  strebt  auswärts  und 
stark  drückt  der  ballen.  Freytag  8,  6  {ahnen  i,\,B); 

es  liesz  sich  ein  kameel,  das  mit  gebognem  knie 
vor  seinem  meister  lag,  mit  waaren  starck  belasten. 

Lichtwer  135  (fabeln  4,  12); 

gebt  acbtanf ,  wenn  ihr  kinder  lehrt, 

daez  ihr  auf  einmal  nicht  sie  allzu  stark  beschwert. 

ebenda ; 

und  fürwar,  unter  den  menschlichen  ergötzligkeiten,  ist 
des  garteris  die  reinste,  dann  sie  erquickt  der  menschen 
geistcr  gar  starck,  und  erlustiget  sie.  Schuppiu.s  761;  man 
hat  auch  schürtzen  davon,  die,  nebst  diesen  tüchern, 
jetzt  unter  den  vornehmen  wichtern  hier  starck  modo 
sind.  Lichtenrkro  briefe  l,  115  {20.  febr.  1778);  an  dunkel- 
grünen und  diinkel(iraucn  glimmerschiefer,  stark  mit 
quarz  durchzogen,  lehnte  sich  ein  woiszer  dichter  kalk- 
stein.  (jftriiK  26, 17  {ital.  reise)  jubiiäumsausg. ;  alle  {ttnmd) 
male  rßthen  «ich  stark.  Rrentano  4,  S20;  diese  leiite 
meinten  es  so  redlich,  dasz  es  nur  erleuchtete,  unter- 
richtete, mit  der  zeit  vertraute  priester  brauchte,  so 
würden  sie  gar  katholisch;  aber  die  fehlen  stark,  dort 
wie  überall.  9,29;  es  kann  uns  der  rauch  doch  stark  die 
angen  trüben.  Biamauck  an  Gerl^rh  9«;  Hansli  fiyr  wurde 
von  dieser  rede  nicht  stark  betroffen.  Keller  6.  n.V) 
(Ursula);  man  muszle  fechten,  wo  und  wie  die  ahloi- 
jungen  eben  standen  .  .,  und  «Ich  glücklich  schätzen,  die 
itark  gelichlrten  truppen  auf  zwei  von  einander  nicht 
weit  entfernten  bügeln  vorlKuHg  für  die  nacht  in  Sicherheit 
zu  bringen.  Mommhkn  rnm.grMrh.  2,  j.M;  es  dlimmerle  stark. 
als  Soraphin  in  seine  kammer  huschte.  Spindlbr  11, 10&; 


sein  gurgel  starck  den  wein  anzog 

vil  besser  alle  stund 

alsz  den  regen  der  regenbog, 

0  wie  ein  guten  Schlund.    Garg.  9  rteudr. 

comp.:  SO  der  palmbaum,  welcher  datteln  trägt,  ge- 
krUmmet  und  gebeuget  wird,  wachset  er  desto  stärcker 
in  die  höhe  oder  über  sich.  Comenits  janua  au/ea  113 ; 
nun  ist  die  fläche  DB  stärker  gegen  die  horizontallinie 
geneigt,  als  die  andere  CB.  Kant  8,  52;  und  schon  ist 
jenes  öffentliche  ereignis  vor  andern  noch  viel  stärker 
erschütternden  ...  in  den  hintergrund  gewichen.  J.  Grimm 
vorr.  zum  irb.  11;  wer  mag  berechnen,  welchen  nutzen 
das  Wörterbuch  dadurch  stiftet,  dasz  es  unvermerkt... 
liebe  zu  der  heimischen  literatur  stärker  weckt,  xiv; 
alles  absolut  entgegengesetzte  müsse  sich  stärker  anziehen, 
als  das  halbe,  und  sich  schlieszlich  in  einem  höheren 
demente  vereinigen.    Keller  3, 108   {grüner  Heinrich  4). 

STÄRKARZENEI,  STÄRK  ARZNEI, /.  stärkende  arznei : 
stärckartzney,  rimedio,  argomento  confortativo,  corrobora- 
tivo.  Kramer  dict.  2  (1702),  yio*». 

STARKAUFGETRAGEN,  adj.  von  einer  erzählung.  in 
icelcher  starke,  übertriebene  töne  benutzt  sind:  eine  stark- 
aufgetragene geschichte. 

STÄRKBALSAM,  STÄRKEBALSAM,  7«.  stärkender,  kräf 
tigender  baisam:  Amando  besann  sich  auff  seinen  st&rck- 
balsam,  welchen  er  in  vorrath  hatte,  und  wandte  damit 
solchen  fleisz  an ,  dasz  der  todte  in  einer  Viertelstunde 
wieder  zu  leben  begunte.  Weise  die  drey  klügsten  Uute 
(1679)  169. 

STARKBEHAART,  adj.  mit  starkem  haaricuchs  versehen. 

STARKBELAUBT,  o^;.  dichtes  laubwerk  tragend:  stark- 
belaubter  bäum. 

STARKBELEGT,  adj.  mit  mannschaft  überfüllte  stube 
einer  kaserne :  starkbelegte  stube.  awcA  im  »nanöier  stark - 
belegtes  dorf  u.  s.  w.,  mit  umfänglicher  einquartierung 
bedacht. 

STARKBELEIBT,  adj.  von  groszem  körperumfang  {vgl. 
oben  stark  16  sp.  881) :  er  selber  {der  abt)  aber  war  gleich 
ihr  {der  toirtin)  ein  starkbeleibter  herr.  Mörike  erzäh- 
hingen  128  {hutzelmännlein). 

STARKBESETZT,  adj.:  starkbesetzter  abtheil  eines 
eisenbahnwagens ;  ich  ...  fuhr  in  einem  starkbesetzten 
zuge  nach  Pwllheli  zurück.  Schuchardt  rauuinüsches  u, 
keltisches  343. 

STARKBEWURZELT,  adj.  mit  starken  mtrzeln  vef.'tehen : 
starkbewurzelter  bäum. 

STARKBRUMMER,  m.  bezeichnung  eines,  der  eine  tiefe 
und  umfangreiche  .stimme  hat: 

ein  redlicher  Schulmeister  klar, 
sowol  starckbrunimer  und  backlar, 
der  wie  ein  gsalbter  gottes  freund 
die  Jugend  recht  zu  leren  meint. 

Ringwaldt  lauter  warheU  225. 

STARKBRÜSTIG,  adj.  mit  hoher,  starker  hru.it  aus 
gestatttt.  vgl.  auch  hochbrüstig  theil  4,  2, 1609.  mhd.  grAj: 
gn^ijiu  brüst. 

STARKDENKEND,  adj.  von  einem,  der  mit  seinen  ge- 
danken  auf  den  grund  der  suche  dringt,  ohne  rück.ticht  auf 
die  ansieht  der  menge:  es  wird  einem  solchen  stark- 
denkenden geiste  ein  leichtes  sein,  die  existenz  gottes 
auf  eine  so  spielende  und  lustige  art  zu  beweisen,  dasz 
auch  der  setzer  seiner  schrift  vor  herzlicher  Überzeugung 
sich  des  lachens  nicht  enthalten  kann.  Rabknkr  2, 16.'>. 
vgl.  auch  den  heleii  unter  dem  folgenden. 

STARKDKNKKi^ ,  m.  zu  dm,'  vorigen:  starkdenker 
Campe;  entsezlich  grose  compilaloren  mag  vielleicht  das 
heimliche  bewustseyn  ihrer  Unfähigkeit  bewogen  haben, 
sich  durch  affecktierle  Zerstreuung  das  ansehn  starck 
denkender  zu  geben,  allein  der  eigoniliche  stankdcnki  r 
hat  gar  nichts  von  dem,  er  ist  gewöhnlich  gant/  mit 
seinen  gedanken  auf  der  snclie,  wovon  geredet  winl.  ■  r 
unterscheidet  sich  gemeiniglich  durch  behutsamkeil  111 
urlhcil  und  zwcifel,  und  seinen  bemcrkunpen  hört  man 
durch  die  art  wie  sie  gesagt  werden  bHl<l  an  ,  dasz  si« 
nicht  so  wohl  seiner  beivsenheit,  sondern  seinem  ver- 
stände den  besten  theil  zu  dancken  haben.  LicHTENnRRO 
aphor.  8.99  Lritimann;  so  weisz  ich  «o  viel  aus  meiner 
geringen  erfahrung.  dasz  die  ver-^tHndigslen  leute,  die 
pracktischon  slarckdonoker ,  die  immer  ungcblendel  das 


I 


889 


STARKDUFTEND  — STÄRKE  2 


STÄRKE  2 


890 


beste  sehen ,  . . .  dasz  die  der  Beattieschen  philosophie 
zugethan  sind.  106. 

STARKDUFTEND,  adj..-  es  brennen  auf  dem  Vor- 
platz einige  feuer,  welche  von  zeit  zu  zeit  mit  Weihrauch, 
und  andern  starkduftenden  kräutern ,  genährt  werden. 
Kleist  l,  169  E.  Schviidt. 

STÄRKE,  /.  juvenca,  s.  unfeti  sterke. 

STÄRKE  1,  /.  ein  kraffmehl,  die  icäscJiezu  steifen,  welches 
vor  dem  gebrauch  mit  xcasser  angesetzt  7cird.  engl,  starch. 
über  die  bedeutung  dieses  Wortes  für  die  etymologie  von 
stark,  adj.  s.  dort,  stärcke  damit  man  die  krösz  stärckt, 
amido.  Hulsius  (1618)257";  stärcke,  steifsei,  krafmehl, 
amydiim,  amylum.  Stieler  2110;  stärcke,  amilo,  amido, 
salda  da  collati.  Kramer  dict.  2  (1702),  909=;  weisze  stärcke. 
tbenda;  blaue  stärcke,  salda  smaltata.  ebenda;  stärke, 
womit  man  die  wasche  und  zarte  leinwand  steif  macht, 
amylum.  Frisch  2,320'=;  die  kragen  oder  Überschlag 
werden  mit  stärcke  gestäicket  und  gesteiffet.  Gomemus 
jamia  aicrea  581;  dann  wann  sie  (die  frauen)  die  bette 
bestreichen  wollen,  bereiten  sie  die  stärck  darzu  mit  ge- 
meldten blumen  ab,  welcher  gebrauch  dann  zu  erhaltung 
der  bette  bey  uns  gar  gemein  ist.  Tabernaemont.  71  J. 
feinere  stärke,  wie  die  von  reis  bereitete,  icird  auch  von 
der  heutigen  kochktinst  zur  bereifting  von  pudding  verwandt. 

STÄRKE  2,  /.  robur,  rigor,  fortitudo,  multitiido.  zu 
stark,  adj.  gebildet,  woselbst  weiteres  über  die  etymolcgie 
sich  findet,  ahd.  starchi,  starichi  Graff  6,  717/.  {die  un- 
umgelautete  form  scheint  sich  oberdeutsch  noch  spät  in  einem 
falle  erhalten  zu  haben:  starck,  robor.  Diefenbach  499"), 
sonst  schon  ahd.  sterchi;  mhd.  sterke.  ahd.  sterchin  Gr.\ff 
6,  718  entspricht  noch  bair.  sterken  (stierkng)  Schm.*  2,  782. 
eine  andere  ableitiing,  die  hier  er xcähnt  sein  mag,  ist  friih- 
nhd.  sterkede,  robur.  Diefenbach  i99'=.  ahd.  starchida, 
sterchida  Graff  7,  718;  mhd.  sterkede. 

l)  als  eigenschaft  lebender  tcesen. 

a)  in  eigentlicher  bedeutung  auf  körperliches,  physisches 
vei-mögen  gehend:  stercke  desz  leybs,  robur.  W.\aler  387''; 
die  stärcke  des  leibes,  corporis  robur.  Steinb.\ch  2,684; 
ttärcke  der  glieder,  robtcstezza  delle  membra.  Kramer 
dict.  2  (1702),  909" ;  sie  haben  die  gröszte  stärcke  in  den 
beinen,  summa  virium  in  cruribus  est.  Steixbach  2,684; 
eine  grosse  stärcke  (riesenstärcke)  haben,  haver  una  forza 
gigantesca,  una  lena  da  gigante.  Kramer  dict.  2  (1702),  909"; 
die  stärke  eines  riesen,  löwen  besitzen.  Campe,  vgl.:  er 
verschonet  der  alten  risen  nicht,  die  mit  jrer  stercke  zu 
boden  giengen.  Jes.  Sir.  16,  8.  jede  neigung,  die  wir  gegen 
unser  gewissen  befriedigen,  zwingt  uns,  ein  übermasz 
von  physischer  stärke  anzuwenden.  Göthe  16,  247  (Jubi- 
läumsausg.);  doch  wollte  er  (rfcr  n'e««)  ihn  {den  Schneider) 
erst  prüfen,  nahm  einen  stein  in  die  hand,  und  drückte 
ihn  zusammen,  dasz  das  wasser  heraustropfte,  'das  mach 
mir  nach',  sprach  der  riese,  'wenn  du,  stärke  hast'. 
BRÜOER  Grimm  kinder-  u.  hausmärchen  20.  vgl.  auch: 
unversehens  wurden  die  alten  bänder  {des  Ornaments) 
und  riemen  zu  tierischen  gliedern,  sie  erhielten  muskulöse 
stärke   und  Spannung.   Lamprecht  deutsche  gesch.  l,  336. 

a)  an  der  stercke  zünemmen,  die  stercke  meren,  in- 
tendere  vim.  M aaler  387'»;  da  er  ein  wenig  mehr  stärcke 
bekommen,  quum  paullo  plus  roboris  accessisset.  Stein- 
bach 2,684;  ich  bin  in  meiner  besten  stärcke,  perrigeo. 
Dasypodius;  von  dauerhafTter  stärcke  sejn,  firmi  roboris 
es-ie.  Steinbach  2,684;  gröszere  stärcke  haben,  multo 
plus  roboris  habere,  ebenda;  so:  sich  seiner  stercke  trösten, 
ßdere  brachiis.  Maaler  387*';  ein  starcker  rhüme  sich 
nicht  seiner  stercke.  Jerem.  9,23.  deshalb:  die  stercke  be- 
halten, tueri  vires.  M.\aler  387'';  auch  seine  glider  unnd 
adcrn  mehe  zu  steifTen  unnd  inn  seiner  stärcke  zuer- 
halten,  worden  jhm  gemacht  zwo  grosse  bleiene  kugeln. 
Garg.  289  neudr.  oiier :  alle  stercke  verlieren,  gantz  von 
seinen  krefTten  kommen,  defici  vinbus.  Maaler  SS'**; 
hinwider  wa  hunger  regiert,  die  stärcke  man  verliert. 
Garg.  347  neudr.;  seine  stercke  wird  verzehren  der  fürst 
des  tods.  Hiob  18, 13;  sein  stercke  widerumb  erholen, 
widerumb  erstarcken,  recipere  suas  vires.  Maaler  387''. 
insbesondere:  durch  weyn  sein  stercke  widerumb  erholen, 
restituere  vires  per  vinum.  ebenda. 

ß)  Wendungen  icie  seine  stärke  versuchen  u.a.:  ein 
starcker,  so  er  mit  einem  schwachen  wandert,  mus  er 


warlich  sich  schicken,  das  er  nicht  nach  seiner  stercke 
lauffe,  er  lieffe  sonst  den  schwachen  balde  zu  tode. 
Luther  3,  392*;  Goffroy  der  zucket  aber  ein  gar  starcken 
schlag,  daran  er  alle  seine  stercke  leget  und  gebrauchet, 
und  schlüge  den  riesen  auff  die  eine  achsseln.  buch  der 
liebe  278" ;  einem  mit  stärck  überlegen  seyn,  viribtts  ali- 
quem  excellere.  Corvincs  fons  lutinit.  737*;  seine  stärcke 
weisen,  mostrare  le,  far  mostra  delle  sue  forze,  far 
redere,  spuntare,  spiccare  il  suo  valore.  Kram  er  dict. 
2  (1702),  909" ;  alle  seine  stärcke  auf  etwas  wenden ,  alle 
stärcke  dran  setzen,  mettere,  applicare,  impiegare  tutfe  le 
stie  forze,  tutti  li  stioi  nervi  ä  qtuilehe  cosa.  ebenda;  die 
stärcke  unrecht  anwenden,  vinbus  corporis  abuti.  Stein- 
bach 2,  685. 

;.)  als  besondere  eigenschaft  der  jugend,  des  mannes: 
da  durchwühlt  es  {das  laster)  der  knochen  innerstes  mark, 
und  bricht  die  mannhafte  stärke  der  jugend.  Schiller 
2,52  (räuder  1,  3  schausp.);  und  wechselseitig:  mit  diser 
weisz  gewöhnet  er  sich,  dasz  er  nicht  alleine  starcker 
ward,  sondern  mit  der  stärcke  auch  jünger.  Garg.  289 
neudr.  die  stärke  des  mannes  im.  gegensatz  zur  schwäche 
des  weibes  {vgl.  entsprechendes  oben  unter  stark  7  sp.  875). 
Campe:  die  beiden  zu  Babel  werden  nicht  zu  felde  zihen 
thüren,  . . .  jre  stercke  ist  aus,  und  sind  weiber  worden. 
Jerem.  51,  30. 

^  ähnlichen  begnffen  beigeordnet:  mit  gantzem  gewalt 
und  mit  gantzer  stercke,  sum.ma  vi.  Maaler  387*';  meine 
krefifte  und  meiner  hende  stercke  haben  mir  dis  vermügen 
ausgericht.  5  Mos.  8, 17 ;  'nun  das  mus  soll  mir  gott  ge- 
segnen', rief  das  schneiderlein,  'und  soll  mir  kraft  und 
stärke  geben'.  brCder  Grimm  kinder- u.  hausmärchen  20; 

man  siliet,  wie  du  will,  der  menschenkinder  sterck 
and  leben  auff  dein  wort  frisch  oder  za  nichts  werden. 

Weckherlin  ged.  (1648)  192; 

kleider,  die  ihr  sonst  wohl  paszten,  waren  zu  weit,  und 
ihre  sonst  so  raschen  und  muntern  glieder  matt  und 
schwach  geworden ,  als  der  freund  wieder  erschien  und 
ihr  durch  seinen  besuch  neue  stärke  und  leben  gab. 
Göthe  16,  235  {jubiläumsausg.). 

e)  ganz  andersartigen  begriffen  beigeordnet:  hat  aber 
jemand  gerechtigkeit  lieb?  jr  erbeit  ist  eitel  fügend,  denn 
sie  leret  zucht,  klugheit,  gerechtigkeit  und  stercke,  welche 
das  allernützest  sind  im  menschenleben.  weish.  Salom.  8,7; 
im  herrn  habe  ich  gerechtigkeit  und  stercke.  Jes.  45,  24; 
{so)  kan  kein  rhüm  {vor  gott)  in  nichten  bestehn,  weder 
in  unser  sterck,  weyszheyt,  frommkeyt,  adel,  reichtumb 
oder  kunst.  Franck  Sprichwörter  i,  130*;  wann  ich  so  viel 
stärck  als  muht  het,  botz  krisam,  ich  wolt  sie  euch  all 
wie  ein  antvogel  beropffen.  Garg.  399  neudr. ;  das  ideal 
von  stärcke  und  fügend  müste  die  gröste  Schönheit  seyn. 
Lichtenberg  apÄo».  3,  294,  393  Leitzmann, 

an  stärck,  muht,  munderkeit 
ein  wahrer  Mars  an  that  und  namen. 

Weckherlin  ged.  376; 
verleih,  o  herr,  uns  stärk  und  mut, 
die  du  erkauft  mit  deinem  blut. 

G.  Werner  m  tumnor.  gexangb.  101,  2. 

ihnen  entgegengesetzt:  Weisheit  ist  ja  besser  denn  stercke. 
pred.  Salom.  9,16;  was  stärcke  nicht  kan  das  thnt  be- 
hendigkeit.  Petri  Zz4*';  stärck  des  leibs  ohne  erfahrenheit 
und  geschicklichkeit.  Zincgref  apophthegm.  1,117;  wenn 
das  recht  nicht  entscheiden  kann,  so  thut  es  die  stärke. 
Schiller  8, 15  {gesch.  des  dreyssigjähr.  krieges);  A.  E.  war 
ihm  an  stärke  gewachsen,  an  gewandtheit  überlegen. 
VisCHER  auch  einer  1,39. 

^  hinüberspielend  in  die  personification .-  wa  nagenranfft 
überhand  gewint,  da  hat  stercke  auszgedient.  Garg.  347 
netidr.;  wo  die  stärcke  nicht  hilfft,  musz  man  es  mit  list 
angreiffen.  Steinbach  2,  684; 

sterck  ohn  rath, 

thut  nichts  bey  der  that.    Petri  Ttl'»; 

wer  nicht  vertrieben  seyn  will,  musz  vertreiben, 

da  herrscht  der  streit,  und  nur  die  stärke  siegt. 

Schiller  12,  243  {n'allemtein*  tod  2,  2); 

im  leben  gilt  der  stärke  recht 

dem  schwachen  trotzt  der  kühne, 

wer  nicht  gebieten  kann,  ist  knecht. 

11,  66  {thaten  der  philofophen). 

rj)  stärke  an  eine  besondere  stelle  de»  k&rpera  gebunden  • 

0  geld!   sie  {Ddila)  soll  ihn  {den  Simson)  betrügen,  ja,  sio 


891 


STÄRKE  2 


STARKE  2 


892 


soll  ihn  fragen,  ja,  wo  er  seine  stärcke  habe.  Abraham 
A  S.  Ci.AfiA  Judas  3,  73.  ähnlich  besitzt  in  der  spräche  der 
ringkunst  ein  ringer  sowohl  am  köpf,  \cie  am  leibe  und 
an  den  armen  die  ganze  und  die  halbe  stärke.  Adei.ung. 
stärke  die  fingerdicke  sehne  des  störs,  welche  vom  köpf  bis 
zum  schtcanz  läuft.  Jacobsson  7,  428^',  wo  aber  die  unten 
3,  b  aufgeführte  bezeichnungsweise  der  tfieile  einer  degen- 
klinge  zu  gründe  zu  liegen  scheint. 

b)  geistiges,  seelisches  u.  ä.  vermögen  eines  menschen. 

a)  noch  in  Verbindung  mit  der  bedeutung  unter  a  oder 
im  deutlichen  gegensatz  dazu :  sterck  ist  nicht  in  beynen, 
sonder  im  gemüt.  Franck  sprichw.  i,  130'^;  geschicklich- 
keit,  der  schwachen  stärke.  Wernike  Überschriften  84; 
man  hat  einsmahls  einen  weisen  gefraget,  welche  unter 
den  beyden  tugenden,  nemlich  die  stärcke  und  freygebig- 
keit  einander  an  gute  und  herrligkeit  übertreffe?  der 
weise  hat  geantwortet:  wer  freygebig  ist,  dem  mangelts 
nimmer  an  stärcke.  Oleahius  persian.  rosenthal  iS*';  er 
(der  schwache)  braucht  den  starken  eben  darum  nicht  bey 
seinen  schwächen  anzugreifen,  am  sichersten  richtet  er 
den  angrifT  auf  seine  stärke  selbst  durch  seine  stärke. 
Ki.iNGER  11, 319  {betrachtungen  und  gedanken  \).  als  deut- 
liche Übertragung  des  gebrauchs  unter  a .-  die  stärcke  seiner 
flügel,  met.  seiner  kräfften  probiren,  tentare  il  nerbo  delle 
sue  ali.  Kramer  dict.  2  (1702),  909°. 

ß)  ohne  tceiteren  erklärenden  zusatz:  meinstu  das  er 
deine  gewalt  achte,  oder  gold,  oder  jrgend  eine  sterck 
oder  vermügen.  Hiob  36,19;  eines  seine  stärcke  und  seine 
schwäche  wissen,  saper'  il  forte  ed  il  debole  di  tmo.  Kramer 
dict.  2  (1702),  909";  unsere  einbildungskraft  erregt  er  (Jean 
Paul),  schmeichelt  unseren  schwächen  und  festiget  unsere 
stärken.  Göthe  6, 116;  und,  mein  guter,  wenn  anstrengung 
stärke  ist,  warum  soll  die  Überspannung  das  gegentheil 
seyn?  16,68  (WertJiers  leiden  i);  denn  so  angelegentlich, 
wie  irgend  einer,  der  ein  günstling  werden  will,  launen 
und  schwächen  seines  herrn.  hat  er  launen  und  schwächen 
des  groszen  publicums  studiert  und  weisz,  dasz  auf  einen 
geglückten,  auf  die  stärken  der  menschen  angelegten  plan 
immer  drei  durch  benutzung  ihrer  schwächen  gelungene 
kommen.  Ludwig  5,  50  (Shakespeare Studien);  da  sie  (die 
icirtstochfer)  aber  .  . .  nur  im  groszen  häufen  ihre  stärke 
fand,  so  wollte  es  ihr  nicht  gelingen,  ein  einzelnes  (liebes) 
Verhältnis  abzusondern  und  ordentlich  auf  ein  spülchen 
za  wickeln.  Keller?,«  (sinnged.); 

auch  wird  keiner  von  dieem  werck 

daran  er  einmal  setzt  sein  stärck 

ablassen,  er  hab  das  zuvor 

getriben  ein  selsam  rumor.    Garg.  455  neudr. 

doch  so,  dasz  die  begriffliche  färbung  von  stärke  aus  dem 
Zusammenhang  deutlich  hervorgeht:  darumb  ist  ein  yedcr 
sein  selbs  gröster  feind,  und  sich  selbs  überwinden,  die 
gröst  sterck,  und  ewiges  leben.  Franck  paradoxa  i9G^ ; 
das  lachen  machende  arcanum  ist  wohl  das  Mösersche: 
grösze  ohne  stärcke.  dieses  ist  bey  verschiedenen  men- 
schen nur  in  sofern  verschieden,  als  ihre  ideen  von 
grSsze  und  stärcke  verschieden  sind :  .  . .  stärcke  ohne 
grösze  ist  nie  lächerlich ,  aber  grösze  ohne  stärcke  fast 
immer.  Lichtenberg  aphor.  8,  106,  405  Leitzmann;  ohne 
Versuchung  keine  Überwindung,  und  ohne  Überwindung 
keine  stärke  im  menschen  ist.  Pestalozzi  8,100;  nein, 
mein  geliebter!  wenn  nur  ein  frevel  dich  mir  erhalten 
kann,  so  hab  ich  noch  stärke,  dich  zu  verlieren.  Schiller 
3,  436  (kab.  u.  liefje  8,  4);  viele  (künstler)  standen  an  vielen 
orten  auf,  und  erhoben  sich  ganz  durch  eigene  stärke: 
ihr  leben  und  ihre  arbeiten  hatten  gewicht.  Wacken- 
HODEH  herzensergieszungen  28;  und  wie  ihr  an  mir  sähet, 
dasz  ich  mich  weisen  and  bescheidenen  herzens  zu  fassen 
weisz,  so  nehmet  doch  ein  beispiel  an  meiner  stärke. 
Kkli.eh  4,  861. 

•/)  stlLrcke  des  gemfits,  valort,  foria,  vigore  deW  animc. 
Kramer  diet.  t  (17M),  «W;  jemand  geht  lange  unent- 
schlossen in  seiner  stube  auf  and  ab;  aaf  einmal  findet 
er  eine  hiij/.eme  walze,  auf  der  er  kapfersttche  erhalten 
hatte,  and  dieser  prUgel  gibt  seinem  geist  stiLrko,  und  er 
entschlieszt  sich.  Lichten iikho  verm.  «cAr^/lm  1,  itO; 
welche  umfassende  stärke  der  seele  dazu  gehört  habe, 
im  damaligen  Jodä«  etwas  der  ari  (wie  da»  chriatenthum) 
»DzuerkcniMn  and  vonulragen.  Hehdkh  idtxH  684  Kühn»- 


mann ;  glaube  mir,  man  kann  das  für  stärke  des  geistes 
halten,  was  doch  am  ende  Verzweiflung  ist.  Schiller 
2, 124  (räuber  3,  2  schausp.).  auch :  in  mehr  als  einer  sinn- 
lichen kraft  thut  es  uns  das  thier  zuvor,  in  schärfe  des 
gesichts,  feinheit  und  stärke  des  gehörs  und  geruchs. 
J.  Grimm  Beinhart  fuchs  2. 

6")  Wendungen  wie  seine  stärke  in  etwas  haben,  besitzen, 
viel  und  ordentliclies  darin  leisten :  N.  N.  neun  und  zwanzig 
jähre  alt,  frisch  und  gesund  von  körper,  der  gottes- 
gelahrtheit  beflissener,  predigt  einen  ziemlichen  basz,  und 
besitzt  eine  grösze  stärke  in  postillen.  Raben  er  3,  25; 
in  orientalischen  sprachen  war  seine  vornehmste  stärke. 
Lessing  l,  226  (der  junge  gelehrte  l,  5);  ich  wil  eine  schrift, 
die  freylich  nur  bestimmt  ist,  die  blösze  eines  mannes 
auch  hier  aufzudecken,  wo  man  seine  ganze  stärke  ver- 
muthen  sollte,  so  lehrreich  zu  machen  suchen  als  mög- 
lich. 11,522;  ein  ehrlicher  mann,  von  dem  man  wüszte, 
dasz  er  alle  mögliche  stärke  im  spiel  besäsze  und  in  den 
regeln  sowohl,  als  verbotenen  künstcn  desselben  be- 
wandert wäre.  Hamann  2,3.3;  wo  soll  aber  zeit  und  ruhe 
zum  analysiren  herkommen,  das  ohnehin,  wenn  ich  mich 
recht  kenne,  meine  stärke  niemals  werden  wird.  Göthe 
27,  22  (ital.  reise  i);  diese  vortreffliche  Schauspielerin 
(mud.  Witthöft)  hat  ihre  gröste  stärke  in  der  komödie. 
Schiller  3,  586; 

so  breit  geschultert,  hoch  pebrüstet  (xeie  Herkules) 

lag  AngulafTer  da:  auch  traf  die  kleidung  zu. 

der  ritter  stutzt;  denn  in  den  alterthümern 

lag  seine  stärke  nicht.    Wieland  22, 13  (^Oberon  3,  29); 

und  gute  laune,  fröhlichkeit, 

muthwille  selbst  (dies  hat  sie  ausgefunden) 

macht  ihre  stärke  aus;  sein  ernst  wird  jederzeit 

mit  diesen  waffen  überwunden.    18, 188  (Pervonte  3). 

c)  stärke  in  fremde  begriffssphären  hinübergeleitet:  mache 
dich  auff,  mache  dich  auff  Zion,  zeuch  deine  sterck  an, 
schmück  dich  herrlich  du  heilige  stad  Jerusalem.  Jes.  .')2,  l; 
der  böge  der  starcken  ist  zubrochen,  und  die  schwachen 
sind  umbgürtet  mit  stercke.  l  Sam.  2,4;  du  kanst  mich 
rüsten  mit  stercke  zum  streit.  2  Sam.  22, 40 ;  die  stärck 
wird  durch  den  zorn  gewetzt.  Petri  Rs*";  vgl.:  also 
müssen  armen  und  schenckel  von  der  hitze  des  geblüts, 
und  von  einer  mäszigen  ergieszung  der  gallo,  als  der 
letzten  anfeuchtung  wackerer  leute,  und  dem  Wetzsteine 
der  stärcke  beseiet  werden.  Loiienstein  Armin,  l,  202''. 

d)  im  gegensatz  zu  menschlichem  vermögen: 

dasz  sie  {die  gemi'iter)  ergaisteret  nutzliches  was  öfTenen  mfigen, 
zu  unserem  jetzigen  groszen  vorhabenden  wercke 
von  manlicher  tugent,  und  meh  dann  menschlicher  stercke. 

Gor<7.  65  ncudr. 

stärke  zur  bezeichnung  der  allmacht  gottes:  du  hast  ge- 
leitet durch  deine  barmhertzigkeit  dein  volck,  ...  und 
hast  sie  gefürt  durch  deine  stercke  zu  deiner  heiligen 
wonung.  2  Mos.  ib,  IS;  er  lies  weben  den  Ostwind  unter 
dem  himmel,  und  erregt  durch  seine  stercke  den  süd- 
wind.  2^5.78,26;  denn  du  hast  deine  stercke  beweiset, 
an  denen,  so  nicht  gleubeten.  tceish.  Saloin.  12, 17;  gelobet 
sey  der  name  gottes  von  ewigkeit,  zu  ewigkeit,  denn  sein 
ist  beide  Weisheit  und  stercke.  Dan.i,M; 

Jesu,  deine  slÄrke 
Bchanet  diese  werke, 
stehe  du  mir  bei. 

H.  C.  He<-kkr  im  hannor.  getangh.  194, 7. 

dann  auch:  der  herr  ist  mein  stercke  und  lobsang,  und 
ist  mein  heil.  2  Mos.  15,  2;  aber  der  herr  hilflt  den  ge- 
rechten, der  ist  jre  stercke  in  der  not.  ps.  37,  89; 

du  bitit  mein  stUrk.  mein  fels,  mein  bort, 
mein  scbild,  mein  Kraft,  sagt  mir  dein  wort. 

An.  Rrussek  im  hannov.  getanyb.  386,  4. 

anders  getvendet:  denn  du  bist  der  gott  meiner  stercke, 
warumb  verstössestu  mich?^.  48,2;  denn  du  hast  ver- 
gessen gottes  deines  hcils,  und  nicht  gedacht  an  den 
fclsen  deiner  stercke.  Jes.  17, 10. 

e)  von  dem  mystischen  nt\flust  der  gesfirne  auf  du.t 
mensehenschirksul,  im  jdural: 

ja,  lie  (die  Vrnu»')  JRt  jntzt  in  erdennäh' 
und  wirkt  horab  mit  nllon  ihren  stArken. 

8<-iin.i.&K  12,  207  (WalletfUtn»  tod  i,  l). 

S)  stärke  durch  die  zahl  und  mannigfaltigkrit  von  hiil^fs 
krliften  bedingt,  vgl.  Htark  5  *p.  878:  solto  auch  etwns 
soyn,  . . .  welchs  der  macht  und  gowalt  und  ntärrk  doK 
königs  könt  vorgezogen  oder  gcnonnet  werden ?  KiacHiioc 


893 


STARKE  2 


STÄRKE  2 


894 


tcendnnmuth  4,233  Österley :  vgl.:  die  kirche,  die  rath- 
stube,  das  zeughausz,  die  Schatzkammer,  die  kornhäuser 
sind  der  stadt  stärcke.  Comenius  sprachenth.  622.  das 
volk  der  bürgschaft  des  friedens  zu  berauben ,  welche 
in  seinereignen  stärke  liegt.  Bism.\rck  rcrf«n  4,  293;  das 
sechste  Corps  vermochte  daher  nicht,  einen  fortificato- 
rischen  abschlusz  gegen  den  wald  von  Jaumont  herzu- 
stellen ,  welcher  dem  rechten  flügel  eine  erhöhte  stärke 
verliehen  hätte.  Moltke  3,  50  (krieg  1870/71);  die  politische, 
wirtschaftliche  stärke  eines  Volkes; 

solch  that  den  feinden  nrsach  gab 
zä  forcht  der  Römer  stärck  und  neid. 

ScHWARTZEMBERG  teutsch  Ciccro  119»; 
dan  ja  dein  volck  das  land  gar  nicht  durch  eine  schlacht 
zu  wegen  bracht, 
vil  weniger  durch  sterck  darinnen  sich  erhalten. 

\Veckherli>-  ged.  (1648)  160. 

3)  festigkeit,  iciderstandsfahigkeit  von  gegenständen: 

a)  die  stärcke  einer  vestung,   la  fortezza  d'un  piazza. 
Kramer  drct.  2  (1702),  909*;  einer  von  euch  wird  die  stadt 
visitieren,   und   mir  von  der   stärke   und  schwäche  der 
vesten  pläze  rapport  machen.  Schiller  3,98  {Fiesko  Z,  h) ; 
so  zwang  man  pech  und  werk 
in  alle  fugen  ein,  bis  dasz  zu  voller  stärk 
der  ganze  bau  {dag  »chiff)  gedieh. 

Postel  Wittekind  72 ; 

das  firmament  erzittert, 
der  felsen  stärke  springt,  der  grosze  punkt  erschüttert. 

Flemming  1,  24  Lappenberg. 

h)  nicht  auf  die  Zierlichkeit  der  schuhe ,  sondern  auf 
deren  stärcke  sehen.  Kr.\mer  dict.  2  (1702),  909*.  stärke 
am  degen,  vis  et  vigor  laminae.  Stieler  2123;  die  stärcke 
an  einer  degenklinge,  la  fwza  b  il  forte  della  lamma. 
Kramer  rfiW.  2  (1702),  909*;  stärke  einer  degenklinge,  an 
einer  degenklinge  heiszt  der  theil  vom  stichblatt  bis  zur 
mitte  der  klinge,  mit  der  weiteren  eintheilnng  ganze  stärke 
(in  nächster  nähe  des  stichblattes)  und  halbe  stärke  (nach 
der  mitte  der  klinge  zu  gelegen).  Jacobsson  4,  258*.  Ade- 
LUNfi ;  in  diesen  Zusammenhang  gehört  auch  irol  eine 
Wendung  wie:  einem  ding  die  stärcke  geben,  dar  vigore, 
lena,  nerbo,  forza  ä  qualche  cosa.  Kramer  dict.  2  (1702),  909''. 

4)  enceitetungen  und  schillerungen  des  begriffes  stärke. 

a)  heftigkeit,  hoher  grad  der  mrkung.  vgl.  stark  10  ap.  878. 
o)  stärke  des  sturmes  u.  s.  w. : 

dein  weisheitreicher  sinn 
gab  alle  himmel  an.    jedoch  die  festen  werke 
und  was  zusammenzwingt  der  elementen  stärke, 
dasz  nichts  nicht  leer  musz  sein,  die  werden  untergehn. 

Flemming  1,  11  Lappenberg. 
stärke  der  ladung  im  geschützwesen. 

ß)  stärke  der  stimme,  des  schalls  u.  s.  w. .-  schwerlich 
findet  man  (bei  einer  andern  orgeJ)  eine  gröszere  stärke, 
reinheit  und  Verschiedenheit.  Seume  3,  43;  als  er  das 
gesagt  hatte,  hörten  wir  unsern  haupthahn  krähen  und 
die  nachbarhähne  bis  zum  äuszersten  epde  des  dorfes 
durch  die  stille  der  nacht  in  perspectivisch  abnehmender 
stärke  respondiren,  was  höchst  wunderlich  ins  ohr  fiel. 
Goltz  jugendleben  i,  51. 

;)  auf  einmal  fasste  mich  das  fieber  mit  seiner  ganzen 
stärcke,  und  ich  dachte  in  dem  augenblicke  zu  sterben. 
Göthe  hriefe  1,138  (lO.  nov.  1767  an  Behrisch). 

5)  die  stärke  einer  arzenei.  Campe:  das  stark  trank 
war  das  wasser.  wan  das  wasser  treibt  grosse  mülreder 
mit  seiner  sterk ,  auch  so  trinket  mancher  guter  gesel 
den  tod  daran.  Ulenspiegel  28  Lappenberg;  von  der  stärcke 
des  weins.  Kirchhof  wtndunmuth  7,6  (4,  230)  Oesterley ; 
dasz  derselbig  (wein)  bey  seiner  unmeszigen  stärcke  alle 
ding  binde  und  seinem  zwang  gewaltiglich  unterwerfTe. 
ebenda;  die  stärcke  des  geträncks,  forza,  gagliardezza 
della  bevanda.  Kramer  dict.  2  (1702),  909«.  vgl.  stark  13 
sp.  879. 

b)  in  der  bedeutung  'schärfe':  stereke  des  geschmacks, 
odori.<t  vehementia.  Maaler  387*>;  der  essig  hat  wenig 
stärcke,  quest' aceto  ha poco  garbo.  Kramer  dfcf .  2 (1702),  909*. 
vgl.  stark  14  sp.  881. 

c)  vom  umfang,  von  der  dicke:  die  stärke  eines  baumes 
messen  in  der  förstersprache.  Campe;  stärke  der  wände; 
die  unterthanen  sollen  die  völlige  stärke  der  gebände 
oder  die  vier  seitenwände  mit  stein  aufführen.  ansj>. 
verordn.  von  1718  bei  Sciim.*  2,782.  stärke  eines  buches 
rein  äuszerlich  nach  der  dicke,  und  iceniger  nach  der  anzahl 


der  bogen,  der  aeiten  gemessen:  ein  auf  quartblättern 
geschriebenes  heft,  kaum  von  der  stärke  eines  fingers. 
Eckermann  gespräche  l,  159. 

d)  selten  die  stärke  der  stunde,  der  meile  (entsprechend 
stark  18  sp.  883),  nur  bei  Adelung. 

e)  entsprechend  stark  17,  a  ifp.  882  anzahl:  stärcke  der 
armee,  der  mannschaft,  forza  dell'  esercito,  delle  truppe. 
Kr.\mer  dict.  2  (1702),  903*;  der  feind  war  uns  an  stärke 
(menge)  überlegen.  Campe  ;  nachdem  er  noch  Toni  . . . 
über  die  stärke  der  neger  und  ihre  Verteilung  im  hof- 
raume  .  . .  ausgefragt  hatte.  Kleist  3,  346  Schmidt  (Ver- 
lobung in  St.  Domingo) ;  sämmtliche  übrigen  truppen : 
332  bataillone,  220  schwadronen,  924  geschütze  in  der  stärke 
von  rund  300000  mann  bildeten  die  Rheinarmee.  Moltke 
3,  3  (krieg  von  1870/71);  in  ungefährer  stärke  von  130000 
mann.  7;  die  genaue  stärke  der  sieben  deutschen  korps 
an  diesem  tage  (dem  iS.  aug.)  betrug  178818  mann.  63; 
die  zweite  armee,  deren  stärke  allmälig  auf  194000  mann 
anwuchs.  9;  in  lebhafter  berührung  mit  dem  feinde, 
welcher  sich  hinter  der  Sauer  in  bedeutender  stärke 
zeigte.  13;  graf  Wilhelm  zn  Henneberg 

der  tat  im  bald  nachjagen 

und  kam  für  Haun  mit  groszer  stärk. 

Liliencron  hM.  rolkfl.  1,  377»>  (erttürmung 
von  Haun  1442); 
dahin  geschmolzen  vor 
der  Schwed'schen  stärke  waren  eure  beere. 

Schiller  12,  294  {Wallengteim  tod  3, 13). 

f)  ein  gemälde  hat  viel  stärke,  seine  schatten  und  lichter 
sind  kräftig.  Jacobsson  4, 258^. 

g)  entsprechend  deti  icendungen  oben  unter  i,b,  S :  seine 
(des  Wörterbuchs  von  Adelung)  stärke  lag  in  dem  bei  aller 
enthaltsamkeit  durch  grosze  Ordnung  reich  aufgespeicher- 
ten .  .  .  Wortvorrat.  J.  Grimm  vorr.  zum  wb.  xiii. 

5)  als  eigenschaft  von  rein  dbstracten  dingen. 

a)  die  stärcke  der  liebe,  amoris  ßrmamenium  ac  robur. 
Steinbach  2,  685;  die  stärke  der  leidenschaft ,  des 
Schmerzes.  Adelung;  das  heist  des  glaubens  sterck  und 
krafft.  Luther  32,99  Weim.  ausg.;  glaubt  ihr  etwa,  eure 
Überzeugung  habe  ihre  stärke  den  argumenten  zu  danken? 
Lichtenberg  verm.  schriften  l.ns;  (Seybold  entschuldigt 
den  Homer,)  dasz  seine  zeit  tapferkeit  für  die  höchste 
tugend  hielt,  dasz  die  stärke  der  leidenschaft  den  übrigen 
stärken  gleich  war.  Göthe  33, 17;  welch  eine  wunderbare 
stärke  der  bewegungsgründe.  Reiske  Thucydides  vorrede; 
auch  die  Römer  rühmen  die  wärme  und  stärke  der  haus- 
gefühle  an  den  Deutschen,  nicht  nur  der  menschen  unter 
einander,  auch  ihre  freude  an  den  hofthieren.  Freytag 
17,63  (bilderi);  von  der  künstlerischen  erziehung  der 
Jugend,  welche  die  besondere  stärke  einer  echt  klassisch- 
humanistischen bildnng  ist.  W.  H.  Riehl  eulturgeaeh. 
charakterköpfe  47. 

6)  ein  sehr  wichtiger  beweis  von  der  grosze  und  stärke 
unserer  religion.  Raben  er  3, 42;  in  den  höflichen  städtgen 
ist  es  unmöglich  etwas  in  der  weltkenntnisz  zu  thun, 
alles  ist  so  höflich  ehrlich,  so  höflich  grob,  und  so  höf- 
lich betrügerisch ,  dasz  man  selten  bös  genug  werden 
kan  um  eine  satyre  zu  schreiben,  die  leute  verdienen 
immer  mitleiden,  kurtz  es  fehlt  allem  die  stärcke.  Lichten- 
berg aphor.  3, 153, 102  Leitzmann ;  wenn  die  sitten  allein 
ein  volk  nicht  mehr  vor  der  verderbnisz  bewahren  können, 
so  musz  eine  Veranstaltung  hinzu  kommen,  die  den  sitten 
ein  neues  leben  giebt,  und  das  was  sie  an  stärke  ver- 
loren haben  durch  eine  neue  kraft  ersetzt.  Wieland 
8,  209  (Danischmend  26). 

c)  von  rühm  und  sterck  der  warheit.  Kirchhof  tcend- 
unmuth  7, 9  (4,  234  Oesterley) ;  ich  kenne  die  stärke  dieses 
arguments  auf  ein  männliches  gemüth.  Göthe  17,  192 
(■uiahlverxcandtschaften);  denn  es  ist  nicht  sowohl  die  stärke 
der  anregung,  welche  die  stufen  des  individuellen  natur- 
genusses  bezeichnet,  als  der  bestimmte  kreis  von  ideen 
und  gefühlen,  die  sie  erzeugen  und  welchen  sie  dauer 
verleihen.  A.v.  Humboldt  kosmos  \,i;  durch  die  philo- 
logische richtung  der  heutigen  missionare  und  die  ge- 
regelte mittheilbarkeit  ihrer  Sammlungen  wird  das  Sprach- 
studium dereinst  solche  stärke  erlangen,  dasz  es  oft  den 
abgang  und  verlust  geschichtlicher  denkmale  mit  dem 
reichthum  und  der  schärfe  seiner  combination  zu  er- 
setzen  vermag.    J.Grimm   vorr.  ztim  icb.  x;    'das   ganze 


89J 


STÄRKEBLAU—  STARKEMEHL 


STARKEN— STÄRKEN  2  (1. 1) 


896 


macht  das  kunstwerk !'  dieser  sprach  bezeichnet  die  stärke 
der  klassischen  kanst.  W.  H.  Riehl  culhtrgeseh.  charakier- 
köpfe  68. 

d)  in  der  gantzen  antwort  gegen  Z.  und  L.  musz  junius 
herrschen,  kürtze  mit  stärcke  und  donner  nach  blitz. 
Lichtenberg  aphor.  .^,250,708  Leitzmann;  wenn  du,  wie 
mir  dein  gesiebt  ankündigt,  ein  herz  hast,  das  für  andre 
fühlen  kann,  so  lege  dem  sultan  meine  antwort,  ohne 
ihr  ihre  stärke  zu  benehmen ,  mit  jeder  milderung  vor, 
die  einen  ausbruch  seines  Unwillens  über  Sadik  und  mich 
verhüten  kann.  Wielands,  399  {Danischmend  i&) ;  da  sie 
{die  anstöszigen  Wörter)  .  . .  von  männern  gebraucht  sind, 
die  mit  festeren  nerven  begabt  als  die  jetzt  redenden 
vor  einem  kecken,  derben  wort  nicht  zurückbebten,  wenn 
es  galt  dem  was  sie  sagen  wollten  stärke  zu  verleihen. 
.I.Grimm  vorr.  zum  tob.  xxxiv. 

6)  mit  finalem  beisinn ,  anstatt  des  gewöhnlicheren 
Stärkung  («.  u.):  dat  wy  up  ör  flitigh  ersoiken  to  stercke 
des  rechten  und  to  verkrenckung  und  straff  des  unrechten 
und  oveldaet  vergunt  und  togelaten.  d.  stüdtechr.  16,  529,  27 
{Braunschw.  pioceszakte  von  1503);  so  wil  ich  doch  zu 
mehrer  stercke  der  schwachen,  und  den  artikel  deste 
bas  zu  erkleren,  dis  büchlin  zur  letzte  in  dieser  sachen 
lassen  ausgehen.  Luther  3, 238'';  welche  zwey  stücklin 
uns  der  heilige  geist  zu  unser  stercke  erzeigt,  das  wir 
gewis  weren,  der  leib  Christi  sey  im  brot.  4^99»;  Paulus, 
quanquam  dicit  se  propter  Christianos  se  pati  i.  e.  vobis 
zu  sterck  und  exempel.  27, 106, 15  Weim.  ausg.;  so  hat  er 
nu  hie  mit  vielen  werten  sich  verantwortet,  die  phariseer 
ein  zutreiben  und  schrecken,  den  andern  seinen  schülern 
zur  lere  und  stercke.  28,11,2;  wol  dir  land ,  des  könig 
edel  ist,  und  des  fürsten  zu  rechter  zeit  essen,  zur  stercke 
und  nicht  zur  lust.  pied.  Salom.  10, 17.  dann  auch :  das  heist 
ein  exempel,  trost  odder  sterck.  Luther  27,107,5  Weim. 
atisg.  hierher  wol  auch:  man  soll  dem  sünder  keine  stärcke 
geben  drauff  er  sich  verlasset.  Prätohius  glückstopf  z^i. 

7)  vereinzelt  ins  concrete  geioendet. 

a)  stärck,  schlosz,  fortezza,  rocca.  castello.  HuLßlus 
(1618)  237''.      vgl.   feste  2  t?ieil  3,  1563. 

b)  an  disem  tag  (des  evangel.  Johannes,  27.  dec.)  trincken 
die  mann  die  stärcke,  die  frawen  aber  die  schöne.  Franck 
welfb.  120''.  am  weiszen  sonntag  (dem  ersten  nach  osfern) 
pflegen  die  burschen  ihre  mudchen  zum.  m£th  zu  führen, 
damit  sie  das  jähr  über  schön  und  .itark  bleiben .-  d'  schS 
und  d' sterk  zaln.  Schm.*  2,427.  s.  über  diesen  brauch 
auch  unter  schöne  iheil  9,  1492.  davon  in  scherzhafter 
Übertragung  heiszt  die  schön  und  d'  stärk  atich  ein  ge- 
tcisser  theil  der  eingerceide  einer  gans.  Schm.^  2,  427. 

STÄRKEBLAU,  n. .-  stärkblau,  schmälte,  zur  stärke  ge- 
nommen um  die  wasche  damit  zu  bläuen.  Campe;  stärken- 
blau Jacorsson  4,260». 

STÄRKEFABRIK,  /.  fabrik,  in  loeUher  stärke,  Stärke- 
mehl bereitet  udrd:  Polex  selbst  hat  keine  stärke-  noch 
puderfabrik,  noch  ölschlägerei,  sein  öl  holt  er  im  lande, 
den  branntwein  in  Nordhansen  und  seinen  puder  und 
stärke  zu  Halle.  Brentano  8, 104. 

STÄRKEGEHALT,  m.  procentmäsziger  geholt,  z.  b.  einer 
kartoffel,  an  Stärkemehl. 

STARKEISEN,  n.  in  der  spracJte  des  bergbaus  benennung 
eines  langen  dicken  eisens,  ioelehes  die  acfUacken  aus  der 
Schmelzmasse  beseitigt.  Jacodsson  7,  428''.  429*. 

STÄRKEKLEISTER,  m.  kleister  aus  stärke  anstatt  aus 
geioöhnlic/iem  Tnehl  bereitet:  stärk enkicister,  besonders  von 
den  buchbindern gehraurht.  Jacorsson  7,428'';  stärkkleister 
Adelung,  stärkckieistcr  auch  scherzhafte  bezeichnung  eines 
tähen,  schtcerverdaulichen  puddings. 

STÄRKEKRAUT,  n.,  s.  stärkkraut. 

STÄRKEKUCHEN,  m.  kttcken,  mü  Stärkemehl  gebacken. 
dasu  deminut.  st&rkeküchloin  ,  st&rkk  üchlein  ,  n. 
allgemein,  kleiner  kitchen,  welcher  stärkende  mittel  enthiilt: 
•Urckküchlein,  rotelU  confortanti.  confortini.  Khamkh 
diet.  s  (1708),  910». 

STARKEMACHER,  m.  einer,  der  für  den  häntUerisehen 
vertrieb  ntärke.  ntärkemohl  bereitet.  Auei.uno. 

STÄRKEMEHL,  n.  stärrkmchl,  umido.  amih.  Kmamrr 
diet.  s  (1708).  MO"  Blärckmoel.  womit  man  die  zarte  wasche 
■teiff  macht,  umijlum.  Phisch  «,M0»:  stärkmehl  Aiikluno. 
Campk.    vgl.  »UU-k«  i. 


STARKEN,  verb.  für  das  heute  ausschlieszlich  gebrauchte 
erstarken  theil  3,995;  ahd.  starchfin  Graff  7,  719;  mhd. 
starken:  starcken,  erstarcken,  starck  und  vermüglich 
werden,  valescere.  Maai.er  384";  wenn  si  (die  hirsche)  ir 
liörner  habent  geworfen  und  in  jungeu  hörner  herwider 
wahsent,  so  stÄnt  si  an  die  sunnen,  . .  .  darumb,  daj  iriu 
hörner  trücken  und  zeitigen  und  starken  von  der  sunnen 
hitz.  Megenrero  130,  13;  noch  es  stärket  der  muth,  die 
hoffnung.  Campe,  vgl.  aargauisch  starche  (stare),  stark 
werden.  HuNziKER  251. 

STÄRKEN  1,  verb.  icä.iche  steifen,  steif  machen  mittels 
stärke  {s.o.  stärke  l),  Stärkemehl  {s.o.):  starcken,  die  krösz 
starcken,  incoUare,  ungere  le  crespe,  ö  increspare  con 
amido.  Hulsius  (1618)237'';  einen  kragen,  ein  halstuch 
starcken,  saldare,  stendere  un  coUare,  una  cravata  dargli 
la  salda.  Kramer  diet.  2  (1702),  9io*;  ein  gestärckter  kragen, 
collare  saldato,  steso  coli'  amido.  910'';  gestärckte  lein- 
wand ,  tela  .9aldata ,  stesa ,  distesa.  ebenda ;  stärken ,  mit 
stärke ,  als  wasche ,  amylare ,  rigidorem  facere  amylo. 
Frisch  2,  320";  die  Wäscherinnen  stärken  die  wasche. 
Adelung;  gestärkte  wasche.  Campe;  die  mächtige  fa- 
miliennase,  die  über  den  frisch  gestärkten  Vatermördern 
hinausragt.  Storm  1,177;  (selbst.:)  doch  kann  Kapuas 
einflusz  selber  bezeugen,  dasz  das  stärken  der  krieger 
durch  krieg  etwas  so  hinfälliges  sei  als  (ist  das  gleichnisz 
erlaubt)  das  stärken  der  wasche.  J.Paul  33,60  {dämme- 

rungen) ,  jgg  j,rüstgen  {des  gewandes)  ist  geschnitten 

nach  ihres  leibes  läng  .  .  . 

kiabr  musz  es  sevn  gestärckt,  damit  man  siehet  blicken, 
wie  doch  zwey  ainge  {die  brüste)  sich  so  artlich   können 
scnicken.    Rachel  111. 

in  einer  allgemeineren  bedeutung:  den  zwirn  durchs  wachsen 
starcken,  fortificare  il  refe  col  cerarlo.  Kramer  diet. 
2  (1702),  910*,  wo  die  grenze  sich  schon  sehr  nach  stärken  2 
hinüber  schiebt,  die  tveber  stärken  den  aufzug  mit  einer  art 
kleister.  Adelung;  jetzt  wurde  die  gesponnene  wolle  in 
die  webstube  gebracht,  zum  zeddel  gespult,  fett  gemacht 
und  gestärkt.  Hebel  3,  85. 

STÄRKEN  2,  verb.  confirmare,  confortare,  corroborare. 
zu  stark,  adj.  {wo  weiteres  über  die  etymologischen  be- 
Ziehungen)  mittelst  -]-suJfixes  gebildet,  ahd.  sterchen,  -an 
Graff  6,  719,  mhd.  sterken,  oberdeutsch  starchen.  prät. 
ahd.  starhta,  starchta,  mhd.  starcte  und  sterkete.  präs. 
ich  stirck  neben  ich  sterck  Ai.berus  diet.  U  S*".  unser  wort 
in  anderen  germ.  dialecten  bezeugt  als  as.  sterkian;  afries. 
sterkia,  sterka;  vgl.  auszerdem  ags.  slearcian,  an.  styrkja. 

I.  transitiv,  l)  einen  stärken,  ifim  neue  kräfte  verleihen, 
seine  kräfte  mehren  u.  s.  w. 

a)  in  besonders  altefthümlicher  Verwendung:  wenn  ich 
alt  bin  und  müde  von  arbeit  und  trinck  malvasier,  denn 
80  schmecket  er  mir  wol  und  stcrcket  mir  das  leben. 
Luther  iß,  147,  15  Weim.  ausg.;  sihe  der  glaub  macht 
frum  und  vortreybet  alle  sund,  sterckt  alle  kranckhcyt. 
7,696,3;  {anders  gewendet:)  stercke  mich,  das  ich  genese, 
so  wil  ich  stets  meine  lust  haben  an  deinem  rechte. 
ps.  119, 116.  sein  gesundtheit  nach  der  kranckheit  slercken, 
und  deren  wol  pflUgen,  valetxtdinem firmare.  Maai.er  387''; 
die  krefft  stercken  und  meeren,  ampliare  vires,  ebenda; 
noch  (Uiuiich:  der  gan/hraten  da  wird  schon  die  kräfte 
stärken!  Storm  7, 177  {schimrnelreiter); 

Oertrude.  zum  mind'Bton  nimm  die  tronren 

aus  dem  tyrolerfläschchun,  dus  du  selost 
stets  als  em  heilsam  mittel  mir  gepriesen,  .  .  . 
es  wird  dich  stärken,  glaube  mir. 

Kleist  1,  6«  Schmidt  (JamiUe  Schrnffen*tein  2,2). 

b)  {scherthaß:)  ew.  wohlgehorcn  haben  ja  wohl  die 
gUtigkeit  und  UbergUlden  hcrrn  BerschOt/.  die  pillc  ein 
wenig,  und  lassen  ihn  etwas  slärckendcs  oder  doch  etwas 
berauschendes  nachlrinckcn.  Lu:hteniiki«g  hriefe  ä,  .s 
(8.  a;>r.I788).  den  leyb  stercken,  confirmare  corpus.  Maaii.h 
887'';  der  leib  wird  durch  die  arbeit  gesUlrckct,  rotpu.i 
labore  firmtitur .  Stkiniiacii  8, 68.5;  weine,  gcwUrtze  stjlrkiii 
den  körpcr,  indem  sie  die  nerven  reiten.  AiiI.lung;  be- 
wegung  in  freier  Infi  stärket  den  körpcr.  Campe;  ich  lere 
sie.  und  stercke  jren  arm.  Ho.tra  7.  tft;  und  der  herr  wird 
dich  jmerdar  füren,  und  deine  seele  scttigen  in  der  dürre, 
tmd  deine  gebeinc  stercken.  Jes.  58,  ii.  den  mngon  slercken 
und  anbringen,  extilare  stomachum.  rorroftoratr  stomarhum. 
Maalrh  887'';   •aohen  so  den  mngen,  das  hirn  starcken. 


897 


STÄRKEN  2  (1,  1) 


STÄRKEN  2  a.  1) 


898 


eose  confortative,  corroborafive  dello  stomaco.  del  cervello. 
Kram  ER  dict.  2  (l"02),  910»;  der  wein  stärcket  den  magen, 
vinum  ventrintlum  corroborat.  Steinbach  2,  685.  kalte 
bäder  stärken  die  nerven.  Campe; 

unserer  freundin 
ehre  zu  thun  nach  vermögen,  das  stärkt  und  leichtert  den  athem 
selbst  enebrüstipen  greisen,  und  schmeidiget  tinger  und  arme. 
Voss  1,  199  {Luise  3,  744). 

schon  hinüberführend  zu  c:  und  das  der  wein  erfrewe 
des  menschen  hertz,  und  seine  gestalt  schön  werde  von 
ole,  und  das  brot  des  menschen  hertze  stercke.  ps.  104,  Li. 

c)  vom  ausüben  einer  geistigen,  seelischen  icirkung. 

a)  stercken,  starck  und  dapffer  machen,  fortificare, 
hortari.  consolari.  mutig  machen,  focillare,  vires  adjicere, 
vegetare,  addere  animum.  Maaler  387";  stärcken,  hals- 
stärcken,  machen  dasz  einer  also  handelt,  faire  que  guel- 
qu'un  s'obstine  et  s'aheurte  en  son  propos,  le  nourrir 
en  son  obstination  et  aheurfement.  Hüi.sius  (1616)  306»; 
stärcken,  ein  hertz  machen,  confortare,  corroborare,  7-in- 
corare.  dar'  animo.  (1618)  äS?*».  mit  object:  aber  bey  den 
Propheten  zu  Jerusalem  sehe  ich  grewel,  wie  sie  ehe- 
brechen .  . .  und  stercken  die  boshafftigen,  auf  das  sich  ja 
niemand  bekere  von  seiner  bosheit.  Jerem.  23, 14.  einen 
stercken,  dapffer  unnd  handtlich  machen,  r-ires  conciliare 
alicui.  Maaler  387'=;  die  feynd  stercken,  jnen  ein  hertz 
gäben,  animum  inimicorum  augere.  387'';  die  knächt 
stercken  und  ermanen,  milites  confirmare.  ebenda;  einen 
kleinmütigen,  trostlosen  stärcken,  confortare  i  pusilla- 
nimi.  gli  sconsolati.  Kramer  dict.  2  (i702),  910»;  und  Judith 
trat  für  das  bette,  und  betet  heimlich  mit  threnen  und 
sprach,  herr  gott  Israel,  stercke  mich  und  hilff  mir 
gnediglich  das  werck  volbringen.  Judith  13,5;  und  sprach 
abermal,  herr  gott  stercke  mich  in  dieser  stunde,  und  sie 
hieb  zwey  mal  in  den  hals  mit  aller  macht.  9;  da  rüret 
mich  abermal  an  einer,  gleichwie  ein  mensch  gestalt, 
und  stercket  mich,  und  sprach,  furcht  dich  nicht,  du 
lieber  man.  Dan.  10,18;  und  sprach,  vater  wiltu,  so  nim 
diesen  kelch  von  mir,  doch  nicht  mein,  sondern  dein 
Wille  geschehe,  es  erschein  jm  aber  ein  engel  vom  himel 
und  stercket  jn.  I^nc.  22,  43,  wo  die  phantasie  unseres  volke.'i 
den  tmsinnlichen  Vorgang  gern  als  eine  darbietung  von 
trank  sich  ausmalt;  Judas  aber  und  Silas  . .  .  ermaneten 
die  bräder  mit  vielen  reden,  und  stercketen  sie.  apostel- 
gesch.  15,  32;  er  (Paulus)  zoch  aber  durch  Syrien  und 
Cilician,  und  sterckte  die  gemeine.  41;  der  gott  aber  aller 
gnade  .  . .  wird  euch,  die  jr  eine  kleine  zeit  leidet,  voll- 
bereiten, stercken,  krefftigen,  gründen.  iPe^r.  5, 10;  denn 
mich  verlanget  euch  zu  sehen,  auff  das  ich  euch  mitteile 
etwas  geistlicher  gäbe,  euch  zu  stercken.  iJöm.  i,  ii; 

herr  stärke  mich  und  leiste 
mir  kraft,  dir  treu  zu  sein. 

M.  Günther  im  hannov.  getangh.  274,  7; 
du  aber  bleib,  und  geh,, 
ach,  in  der  stadt  voll  tod  umher,  und  stärke 
die  sterbenden.    Klopstock  9,  74  (David  3,  7) ; 

{Paulus  und  Bamabas)  stercketen  die  seele  der  jünger, 
und  ermaneten  sie,  das  sie  im  glauben  blieben,  aposfel- 
gesch.  14,22;  was  die  seel  stärcket,  quod  animam  firmat. 
Stein  BACH  2,  685;  weil  aber  alle  abwechselung,  die  man 
in  seiner  gewalt  hat,  das  gemüth  überhaupt  belebt  und 
stärkt.  Kant  ig,  320;  in  solchen  anregungen  {des  natur- 
genusses)  ruht  eine  geheimnisvolle  kraft;  sie  sind  erhei- 
ternd und  lindernd,  stärken  und  erfrischen  den  ermüdeten 
geist,  besänftigen  oft  das  gemüth.  A.  v.  Hvmboldt  kosmos 
1,6;  {vom  künstlerMchen  äuge:)  als  richtmasz  und  regula- 
toren  für  seinen  geschmack  benutzte  er  {mein  vater)  die 
angewöhnlich  reichen  Dresdener  Sammlungen,  in  denen 
er  sein  äuge  häufig  stärkte.  Kügelgen  jugenderinnerttngen 
eines  alten  mannes  24; 

nun  bisz  mir  recht  wolkonamen, 

du  edler  rebensadt ; 

ich  hab  gar  wol  vernommen, 

du  prin^t  mir  süsse  krafft: 

laszt  mir  mein  gmflt  nicht  sincken, 

und  sterckst  das  herze  mein.    Garp.  125  neudr.; 

der  lange  widerstand,  den  mehrere  Völker  unsres  Deutsch- 
lands gegen  die  Römer  zu  thun  hatten,  stärkte  in  ihnen 
nothwendig  ihre  kräfte  und  ihren  hasz  gegen  einen  erb- 
feind,  der  sich  der  triumphe  über  sie  mehr  als  andrer 
siege  rühmte.  Herder  ideen  663  Kühnemann. 
X.  2. 


/9)  mit  angäbe  des  mittels:  wende  dich  zu  mir,  sey  mir 
gnedig,  stercke  deinen  knecht  mit  deiner  macht,  ps.  86,16; 
ich  wolt  euch  stercken  mit  dem  munde,  und  mit  meinen 
lippen  trösten.  Hiob  16,  5 ;  gott  stercket  mich  mit  krafft, 
und  weiset  mir  einen  weg  on  wandel.  2  Sam.  22,  33;  ihr 
freund  .  . .  stärkte  sie  durch  den  gedanken,  dasz  die  hälfte 
der  Prüfung  nun  schon  vorüber  war.  Göthe  16,235  {jubi- 
läumsausg.) ;  mir  stellte  sich,  sobald  die  gefahr  grosz  ward, 
der  blindeste  fatalismus  zur  hand.  und  ich  habe  be- 
merkt, dasz  menschen,  die  ein  durchaus  gefährlich  metier 
treiben,  sich  durch  denselben  glauben  gestählt  und  ge- 
stärkt fühlen.  30,125;  einen  bekümmerten  durch  seinen 
zusprach  stärken.  Adelung; 

fort  auf  das  feld !  vielleicht  kann  ich 

noch  eine  dicke  feldmaus  haschen, 

mit  dieser  hoffnung  stärkt'  er  sich. 

LicHTWER  59  {fabeln  2, 11); 

stärke  mich  durch  deine  todeswunden, 
gottmensch,  wann  die  seligste  der  stunden  .  .  . 
meinem  Sterbebette  naht.    Hölty  138  Halm. 

y)  mit  iceiterer  angäbe  über  die.  absieht  und  mrkung: 
einen  zu  unserer  parthey  stercken  und  vermanen,  con 
firmare  aliquem.  Maaler  387"=;  sein  zureden  hat  mich 
dazu  gestärkt.  Kramer  dict.  2  (1702),  seo*"; 

ich  hab  heudt  die  lausing  drey  Schweden 
lang  sehen  mit  einander  reden 
und  gar  sehr  fechten  mit  den  henden. 
ich  glaub  wol,  das  sie  an  den  enden 
einer  den  andern  auff  uns  stercket. 

H.  Sachs  13,  217, 19  KeOer-Oätze; 
aber  da  der  heylig  geist  kam, 
der  stercket  sie  {die  jünger)  so  wundersam, 
dasz  sie  verliessen  forcht  und  schrecken,    lö,  396; 
dasz  sie  {die  pfcudochriften)  so  gar  kein  widerstand 
begeren  wider  den  Türken, 
allein  ihr  gemüt  dahin  sterken, 
wie  sie  uns  gar  möchten  verschlinden. 
dasz  man  gots  wort  nicht  mer  möcht  finden. 

LlLIENCRON  Mstor.  volktl.  «.  4,  295,  208  (z.  j.  1546) ; 
das  sol  man  gar  wol  mercken 
ynn  dieser  legten  zeit, 
die  gewissen  darauff  stercken: 
so  sind  wir  wol  bereit,    bergreihen  5, 11  neudr. 

ich  verstosze  dich  in  dem  augenblick,  da  du  mein  ge- 
worden bist,  da  ich  der  stunde  nahte,  die  mich  für  ver- 
gangenen kummer  trösten,  auf  künftigen  stärken  sollte. 
Klinger  5,  233  {Giafar  3,  lO);  nämlich  dasz  uns  gott  zum 
guten  stärke,  darum  sollen  wir  beten,  dasz  wir  anderer- 
seits aber  auch  den  teufel  aus  dem  feld  schlagen,  darum 
sollen  wir  arbeiten.  Riehl  deutsche  arbeit  139; 

sölchs  hi  ain  yder  also  merck, 

das  es  in  fast  zä  gutem  sterck. 

ScHWARTZENBERG  tciitfch  Ciccro  119*. 

anders,  wo  vrir  heute  zumeist  bestärken  gebrattchen  icürden  .- 
das  jr  . .  .  wachset  in  der  erkenntnis  gottes ,  und  ge- 
stercket  werdet  mit  aller  krafft  nach  seiner  herrlicher 
macht  in  aller  gedult  und  langmütigkeit,  mit  freuden. 
Col.i,li;  er  aber  unser  herr  Jesus  Christus,  und  gott, 
und  unser  vater,  ...  der  ermane  ewre  hertzen.  und 
stercke  euch  in  allerley  lere  und  gutem  werck.  2  Thessal. 
2, 17;  darumb  haben  wirs  nicht  weiter  wollen  vertragen,  . . . 
und  haben  Timotheum  gesand,  unsern  bruder  und  diener 
gottes,  und  unsern  gehülffen  im  evangelio  Christi,  euch 
zu  stercken  und  zu  ermanen  in  ewrem  glauben.  3,  2 ; 
so  musz  sich  doch  das  gewissen  freuen,  und  im  glauben 
desz  stärcken,  dasz  gott  durch  e.  k.  f.  g.  solchs  gar  aas- 
gericht,  und  zum  Werkzeug  gebraucht  hat.  Luther  briefe 
3,  39  (r.  31.  oct.  1525  an  Joh.  von  Sachsen);  einen  in  seinem 
guten  vorhaben,  meinung  stärcken,  fortificare,  confer 
mare  etc.  uno  ne'  suoi  bttoni  proponimenfi.  Kramer  dict. 
2  (1702),  910» ;  jemanden  im  guten  stärken.  Adelung;  ihr 
Umgang  hat  mich  in  der  tagend  gestärket,  ebenda ; 

mich  stärkt  von  deinen  liebestbaten 

so  manches  beispiel  im  vertraun.    Bürger  Sf"; 

dem  entsprechend  nurh:  da  sie  (^Esther)  sähe  den  zom  jres 
manns  wider  Mardachai,  solt  sie  jn  billicher  nicht  darinn 
gesterckt,  sondern  mit  vernünffligen  süssen  worten  darvon 
gewiesen  haben,  buch  der  liehe  299^ ;  die  sach  selbst  sey 
von  geringer  importantz,  and  könne  leicht  beygelegt 
werden,  wann  nur  die  beyde  harte  köpff  könten  znr 
sanfTtmuth  bewogen  werden,  und  die  gewissenlose  pro- 
curatores  and  advocaten  sie  ihres  eigenen  nutzens  halben 
nicht  in  ihrer  Verbitterung  stärckten.  Schuppius  270;  er 

57 


890 


STÄRKEN  2  (I.  1.  2) 


STÄRKEN  2  (I,  2-6) 


900 


glaubt,  ich  stärke  dich  im  zorne.  Klinoer  1,66  (zwiUinge 
3,  2).  jemand  in  seiner  bosheit  stärcken,  fortificare,  con 
fortare,  confermare ,  indurare,  ostinare  uno  neila  siia 
malitia.  Khamer  dict.  2  (1702),  910»;  hingegen  ist  unstreitig 
strafbar,  wenn  man  die  öffentlichen  laster  an  einem  fürsten 
für  tagenden  rühmt:  denn  dadurch  würde  man  ihn  in 
seiner  bosheit  u.  w.  stärcken.  Butschky  Pathmos  G30. 
einen  in  seiner  Unwissenheit,  törichten  meinung  u.  ü. 
stärken,  bestärken .-  dann  daraus  {zu  allem  stillzusckweigen) 
können  zweyerley  unheil  entstehen:  einmahl,  dasz  des 
weisen  ansehen  dadurch  verdächtig,  und  hernach  der  un- 
wissende in  seiner  Unwissenheit  gestärcket  werden  kan. 
pers.  rosenthal  8,  86;  wie  wenns  teufflische  triegereyen 
wehren,  dadurch  er  auff  gottes  verhängnisz  die  menschen 
in  aberglauben  stercket ,  und  entweder  sicher  oder  ver- 
zagt zu  machen  gedencket.  PiiÄTORifs  glückstopf  212; 
hierdurch  ist  er  in  seiner  meinung,  argwöhn  gestärckt 
worden,  per  questo  egli  fü  confermato  neUa  sua  opinione, 
nel  auo  sospetto.  Kram  er  dict.  2  (1702),  910*';  einen  in  seiner 
thörichten  meinung  stärcken.  Steinbach  2,  685;  es  ist 
sonderbar,  sagte  Wilhelm,  dasz  dieser  merkwürdige  mann 
{der  abbee)  auch  an  mir  theil  genommen  und  mich,  wie 
es  scheint,  nach  seiner  weise,  wo  nicht  geleitet,  doch 
wenigstens  eine  zeit  lang  in  meinen  irrthümern  gestärkt 
hat.  GöTHE  20,  167  {Wilhelm  Meisters  lehrjahre  8,  3). 

2)  tnit  gewandeltem  ohject. 

o)  sich  ergebend  aus  i,c,y:  den  glauben,  die  hoffnung 
stärcken,  fortificare,  fermare,  confermare  la  fede,  la  spe- 
ranza.  Kramer  dict.  2  (1702),  910» ;  und  die  apostel  sprachen 
zu  dem  herrn ,  stercke  uns  den  glauben.  Luc.  17,5;  ein 
frommer  Zürcher  erwartet  dich  bei  mir  heute  abend  zur 
zeit  des  ave  Maria,  komm'  und  stärk'  ihm  den  glauben. 
C.F.Meyer  Jürg  Jenatsch  59; 

verdienst  des  glaubens  würt  ^esterckt 
indem  das  flaisch  und  biät  nit  merckt. 

SciiWARTZENBERG  tcuttch  Ciccro  155». 

die  hertzhaftigkeit  mit  vielem  versprechen  stärcken,  ani- 
mum  fortem  multis  promissis  roborare.  Steinbacii  2,685; 
dies  verlangen  {euch  zu  dienen)  stärkte  meine  erfindungs- 
kraft  und  liesz  mich  zur  erreichung  des  ziels  die  kühnsten 
mittel  ergreifen.  C.  F.  Meyer  Jenatsch  122; 

stärke  du  mir  meinen  willen  . 
wider  meiner  feinde  list. 

Pii.  13.  SiNOLi)  im  hannov.  gesangb.  319,  6. 

secht  den  auszlaufl'  musz  ich  thun,  das  ich  nit  sterck 
der  papisten  verstandt.  Luther  10,226,23  Weim.  ausg.  ; 
ich  glaub  wol,  der  teuffel  erwecke  etwan  ain  ungewittor 
und  lasse  davon  ab,  so  man  glocken  leüt  und  weych- 
wasser  sprengt ,  und  geweychtt  palmen  und  kertzen  an- 
prent,  damit  er  solche  abgötterey  fürdere  und  stercke 
im  volck.  Errrlin  v.  Günzburo  2,9  neudr.;  deswegen 
solchen  wahn  zu  stärcken,  nam  er  sich  an,  als  ob  er 
vom  pferd  steigen  wolt  und  supplicieren.  Gnrg.  364  neudr.; 

erst  thftest  mir  meinen  k&mer  stercken. 

H.  Sachs  feutn.  »p.  6,  30,  50  Götze; 

'in  ieiuniis'  i.  e.  sollen  uns  abbrechen  und  dem  mut- 
willigen fleisch  sein  lust  nicht  stercken.  Luther  20,270,  4 
Weim.  ausg. ;  herr  las  dem  gottlosen  seine  begirde  nicht, 
stercke  seinen  mut willen  nicht,  sie  möchten  sich  erheben. 
ps.  140,9;  weil  Appollonius  der  heubtman  in  Niedersyria 
also  wütet,  und  des  Simon  mutwillen  stcrcketc.  2  Ma^c. 
4, 4;  es  kommen  offt  leute,  welche  der  grossen  cavallier 
künbeit  st&rcken  aus  der  Offenbarung  Johannis.  Scnur- 
pius  367;  eines  andern  argwöhn  stärcken,  auspicionem 
alieuju»  adaugere.  Stein UAcn  2,  eH5;  ein  ärgerer  aussatz 
wars ,  dasz  sie  {die  Juden)  in  allen  barbarischen  Jahr- 
hunderten als  Wechsler,  Unterhändler  und  rcichsknechte 
niederträchtige  Werkzeuge  des  Wuchers  wurden,  und  get^cn 
eignen  gewinn  die  barbarisch-stolze  Unwissenheit  der  Euro- 
päer im  Handel  dadurch  stärkten.  Hkrukr  ideen  67S 
Kühnemann. 

b)  wer  kranckheit  nicht  so  sebr  aU  ihren  ur>prung  heilet, 
ein  eolcbor  arzt  heilt  wol,  and  heilet  unverweilet : 
wer  nicht  mit  «Onden  kampITl,  and  nur  mit  kranckheit 

kftmpnt, 
der  hat  «ie  mehr  (eetArclit  und  weniger  gedamprft. 

Lüoau  1,  V,  61. 

e)  dein    gott    hat    dein    reich   aulTgcrichtet ,   dasselbe 
woltesla  goU  ans  stercken,  denn  es  ist  dein  werck.  p».  e»,n; 


die  einen  strebten  nach  eigener  Überzeugung  das  könig- 
thum    zu    stärken    und    zu    stützen.    Bismarck  ged.  u. 
ermn.  1,59;       der  frummen  iernun^  würt  geert, 
damit  sy  sterclten  frid  und  recht. 

ScnwARTZENUERG  tcuUch  Cictro  136»; 

durch  dieser  beiden  gelehrten  {Meon  und  Mone)  fleisz 
und  mühe  ist  mir  eine  beschränkung  des  stofs  geboten 
und  erleichtert  worden,  die  den  erfolg  meiner  arbeit  nicht 
hemmen,  sondern  stärken  konnte.  J.Grimm  Reinhard 
fuchs  vorr.  2. 

3)  ohne  hervorhebung  eines  objects :  ich  für  meine  person 
fahre  gern  zusammen  —  versetzte  der  doktor  —  weil 
schrecken  stärkt,  indesz  furcht  nur  schwächt.  J.  Pauk 
52,  10  {Katzenbergers  badereise  2).  gewöhnlich  beim  pari.: 
stärckende  worte,  parole  di  conforto.  Kramer  dict. 
2  (1702),  910'';  stärckende  mittel,  stärckende  artzneyen, 
rimedii  ristoranti,  conforti  ristori.  910»;  so  wie  Newton 
gemuthmaszet  hat,  dasz  die  letzteren  {die  cometen)  mit 
ihren  schweifen  vielleicht  stärkenden  duft  in  das  system 
hereinfächeln  könnten.  Lichtenberg  erklürung  der  Ho- 
garthLschen  kupferstiche  2,  72;  es  ist  ein  stärkender  seelen- 
eihebender  gedanke,  den  jeder  unter  ihnen  haben  kann, 
welcher  seiner  bestimmung  werth  ist.  Fichte  bestimmung 
des  gel.  95;  der  schlaf  ist,  wie  ich  im  Hesperus  bewiesen, 
das  stärkende  ausruhen  nicht  sowol  des  ganzen  körpers, 
oder  der  muskeln  u.  s.w.,  als  des  denkorgans,  des  ge- 
hirns,  daher  durch  lanjjie  entziehung  desselben  nichts 
am  körper  erkrankt,  als  das  gehirn,  nämlich  zum  Wahn- 
witz. J.  Paui.  52,  84  {Katzenbergers  badereise  2);  stibst.:  sie 
kochte  ihm  für  den  abend  alles,  was  sie  nur  stärkendes 
und  beruhigendes  aufzufinden  wuszte,  in  der  küche  zu- 
sammen. Kleist  3,  288,  15  E.  Schmidt  {Marquise  von  0.). 
der  stärkende  beiname  des  grafen  Günther  zu  Sch%carzburg 
in  der  fruchtbringenden  gesellschaft ,  s.  neusprossender 
palmenbaum  232. 

4)  die  anztthl  mehren,  wo  die  heutige  spräche  atuischliesz- 
lieh  verstärken  vericendet.  schon  Stein bach  2,  685  ge- 
braucht  in  diesem  sinne  nur  verstärken ;  Ahei.u  ng  ertcähut 
diesen  gebrauch  noch,  aber  als  veraltet:  die  anzahl  stärcken, 
fortificare,  it.  ampliare,  augmentare  il  numero.  Kramer 
dict.  2  (1702),  910»;  die  wachten,  die  garnison  stärcken, 
fortificare,  raddoppiare  h  guardie,  U  gttarnigioni.  eltenda; 
seinen  anhang,  seine  parthey  stärcken,  fortificare.  rin- 
forzare,  aiivalorare  la  stia  banda,  setta,  fattione,  il  suo  par- 
tito,  .teguito,  cotifortarsi  contro  li  stwi  emoli.  ebenda;  er 
sende  dir  hülffe  vom  heiligthum,  und  stercke  dich  aus 
Zion.  ps.  20,  3;  derhalben  stärkten  sie  {die  herzöge  von 
Österreich)  haimlich  die  von  Freiburg  und  raizten  sie  zu 
aller  ungehorsame  {tcider  den  grafen  von  Fürstenberg). 
Zimm.  chron.'^  1,198,  .33;  aber  Lucifer  eines  guten  theils 
gewarnet,  damit  er  sein  reich  erhalten  möchte,  zöge  von 
einem  ort  zum  andern ,  besetzet  alle  posten ,  stärckete 
seine  leibguardi  und  wacht,  insonderheit  mit  drey  beeren. 
Philanuer  1,.M2;  dii.s7,  nur  drei  schiffe  aus  Scania  alhie 
angelanget,  die  sich  foigends  mit  den  Wandaliern  ver- 
bunden haben,  und  also  mit  jhrer  macht  gestärcket, 
fnrtgerücket  seyn.  Micräi.ius  iiltes  Pommern  1,88;  ich 
versichere  dich,  wann  alle  meine  bekandte,  grosse  und 
kleine,  beycinander  weroii,  und  wollen  Soldaten  werden, 
sie  köntcn  nicht  allein  Münster  entsetzen,  ...  sondern 
sie  köndtcn  auch  einem  unter  den  nordischen  königen 
mit  einem  grossen  succurs  begegnen  und  seine  armee 
mächtig  stärken.  Schuppius  238.  und  in  neuer  bild- 
lichkeit:  aber  die  arme  des  königes  zu  Babel  wil  ich 
stercken,  und  jm  mein  schwert  in  seine  band  geben. 
llcsek.  30,84. 

5)  die  materieUe  macht  eines  vtrmekrtn: 

der  degen  hat  den  kaiser  arm  ^roscbt; 
der  pRug  ist's,  der  ihn  wieder  starken  musz. 

Sciiti.i.KK  1»,  70  {HccoL  1,  L'^  ; 

6)  die  stärke,  widerttand^krt^ft  u.  a.  w.  eines  dinge»  i<  1 
mehren:  ein  läger  stercken  und  weerhaflTt  machen,  castra 
munire.    Maaler  887'*;    «tärcken.  befosligcn,   fortificare. 
Hui.niU8  (1616)  S87';  den  swirn  durchs  wachsen  stärcken, 
fortificare  il  reft  toi  r*rwio.  Krämer  dict.  t  (1708),  »10»; 

ein  liach.  ein  reponhnrh,  vom  himinul  her  fCKliln-ket  .  .  . 
bricht  tllxT  thnnini  und  rnnd,  scIiPUKt  ttbor  orliUtz  und  wehr, 
bricht  da  und  dort  bersuaz.  ergeust  sich  hin  und  her. 

LouAU  8.  S,  69. 


1 


901 


STÄRKEN  2  (I.  6.  7.  II,  1.  2) 


STÄRKEPFANNKUCHEN — STÄRKEZIFFER  902 


bildlich:  einem  den  rücken  stärken,  ihm  rückhalt.  schütz, 
schirm  gewähren,  in  der  gcigenbaukunst :  dann  aber 
(nach  hundertundfünfzig  Jahren)  wird  das  holz  {der  geige) 
schwächer,  der  ton  trockener,  es  geht  ans  nachbessern, 
man  unterlegt,  füttert  und  stärkt  die  decke.  W.  H.  Riehl 
geschichten  i,  211. 

7)  stärcken .  bekräfftigen ,  bewähren ,  i.  e.  wahr  oder 
glaublich  machen,  confirmare.  Corvinus  fons  latin.  265*'; 
beigelegte  historische  deduction,  die  durch  und  durch 
mit  den  originalien  zu  stercken.  verhandl.  der  schles.fürsten 
und  stände  v.j.  1619  *.  255; 

der  (mund)  wil  sich  lassen  mercken, 
wil  sein  gegüntes  lob  nicht  mindern,  sondern  stärcken. 

LOGAU  2,  3,  59. 

II.  reflexiv,     l)  entsprechend  1, 1. 

a)  sich  mit  speysz  widerumb  stercken ;  die  krefft  mit 
narung  wider  erfrischen  oder  erholen,  reficere  vires  cibo. 
Maaler  387'';  und  {Paulus)  stund  auff,  lies  sich  teuffen, 
und  nam  speise  zu  sich,  und  stercket  sich,  apo.stelgesch. 
9.19;  'was  trägst  du  unter  deiner  schürze?'  —  'kuchen 
und  wein:  gestern  haben  wir  gebacken,  da  soll  sich  die 
kranke  und  schwache  groszrautter  etwas  zu  gut  thun, 
und  sich  damit  stärken'.  brOder  Grimm  kinder-u.  haus- 
märchen  nr.  26;  'komm  doch  herein,  lieber  bruder,  ruhe 
dich  aus  und  stärke  dich  mit  einem  becher  wein.'  28; 
^^i^  erreichten  die  nachbarstadt  noch  zeitig  genug,  um 
uns  zum  kritischen  werke  durch  einen  trunk  stärken  zu 
können.  \V.  H.  Riehl  geschichten  4, 103; 

zitternd  stärkte  sich  Hans  mit  speis'  und  getränk. 

Voss  1, 178  {Ltiise  3,  536). 

sich  stärken  müssen  als  scherzhafte  strafe  in  studentischer 
kneiprunde;  auch  sich  pro  poena  stärken  einen  tüchtigen 
schluck  thun,  solange  trinken  müssen,  bis  'geschenkt'  wird. 

b)  sich  stercken  und  ein  hertz  fassen,  colligere  ani- 
mum  et  cogitationem.  Maaler  387"=;  sich  stercken  und 
rüsten  wider  alle  züfäll,  confirmare  se  ad  omnia.  ebenda; 
sich  stärcken,  fortificarsi,  confortarsi.  Kramer  dict. 
2  (1702),  910* ;  als  wenn  noch  vorm  jüngsten  tage  in  den 
vermutheten  tausend  jähren  sich  der  menschliche  ver- 
stand so  stärcken  werde,  dasz  man  einem  auch  an  der 
stirn  geschwind  werde  können  ansehen,  was  er  im  schilde 
führe.  Prätorius  glückstopf  vorr.  s*"; 

aus  jn  (den  schrißen  der  alten  Griechen)  wir  rychen  manches 

davon  sich  stärckt  der  weysen  müt. 

ScHWARTZENBERG  tcidfch  CiCcro  156* ; 
damit  durch  deine  kraft  mein  herz 
sich  stärke,  und  ich  himmelwärts 
ohn  unterlasz  aufsteige. 

A.  H.  Francke  im  hannov.  gesangb.  62,  6. 

auch,  wo  heute  bestärken  gerne  gebraucht  irird :  pasz- 
quillant,  der  du  .  . .  nicht  allein  keine  öffentliche  erkant- 
nüsz ,  bekantnüsz  und  reu  über  die  begangene  boszheit 
von  dir  erscheinen  lassen,  sondern  noch  in  derselben 
flieh  gestärcket  und  verhärtet.  Schuppils  67^;  mit  solchen 
imd  vielen  andern  gedanken  suchte  sich  die  schöne  frau 
in  ihrem  Vorsätze  zu  stärken.  Götiie  16,228  {Unterhaltungen 
deutscher  ausgewanderten). 

•i)  entsprechend  I,  4  und  5.  sich  mit  Streitkräften  versehen, 
die  zahl  seiner  hilfskräfte  mehren  tt.  ä. .-  aber  Jerobeam  der 
Bon  Nebat,  der  knecht  Salomo,  Davids  son.  warff  sich 
auff  und  ward  seinem  herrn  abtrünnig,  und  haben  sich 
zu  jm  geschlagen  lose  leut  und  kinder  Belial,  und  haben 
sich  gestercket  wider  Rehabeam  den  son  Salomo.  2  chron. 
13,7;  aber  die  andern  Israeliten  lies  er  alle  gehen,  einen 
jglichen  in  seine  hütten,  er  aber  stercket  sich  mit  drey 
hundert  man.  richfer~,8;  es  wird  der  zerstrewer  wider 
dich  erauff  ziehen,  und  die  feste  belegern,  aber,  ja  be- 
renne  die  Strassen  wol,  rüste  dich  auffs  beste,  und  stercke 
dich  auffs  gewaltigst.  Nah.  2,  2;  unz  an  die  zit,  das  sich 
die  herschaft  {des  landes)  aber  stärkte  und  nüw  kriege 
mit  jnen  anfieng,  darwider  stärkten  sich  die  dry  lender 
ouch  mit  püntnüssen  und  gewunnent  an  sich  ze  fründen 
^die  von  Luzern,  die  von  Zürich,  Zug,  darnach  über  lang 
lie  von  Bern  mit  jr  macht.  Etterlin  «);  nachdem  aber 
[..der  küng  in  Lamparten  ze  ziehen  sich  stärkt.  Ans- 
lELM  Berner  Chronik  i,  6)^,9 ;  offt  sterckt  sich  der  künig, 
hnd  beschützt  sich  mii  frembder  hilff.  Franck  icelt 
•Ji  2H^;  insonderhait  aber  bewarb  er  {Hans  v.  Rechberg) 
ich  noch  mere   und  stärkt  sich  täglichs,  in  ansehung 


das  im  die  angefengt  kriegshandlung  wider  Werdenberg 
nit  als  übel  von  handt  gangen.  Zimm.  chron.^  l,  401,  34; 
doch  lassen  sie  beyde  {Paulus  Diaconus  und  Jordanes) 
diesen  ländern  den  rhumb,  dasz  sich  die  Goten  so  wol 
als  die  Longobarden  drinnen  mit  den  einsaszen  volck 
gestärcket  haben,  und  also  fortgezogen  seyn.  Micrälius 
altes  Pommeni  1,  86; 

der  wiert  erwacht ;  wie  er  das  merckl, 
baldt  sich  mit  seinem  fsinde  sterckt, 
ergriff  jn  (den  dieb),  wie  er  jm  eilt  nach. 

Waldis  Esopus  4,  32,  80  Kurz; 
doch  kondt  ich  auss  der  schlacht  wol  «nercken, 
das  sie  sich  auff  all  seilen  stercken 
und  noch  kein  end  vorhanden  wer, 
sonder  sich  rotten  jmmermehr. 

Fischart  1,  120,  758  Kurz. 
Ahmatus  sein  bruder  sterckt  sich  dapffer  wider  Zelim,  ward 
aber  überwunden.  Fr.\xck  tceltbuch  117*;  zu  morgens, 
als  man  vernam  was  geschehen  war,  bewegt  sich  die 
gantz  statt  zu  rumor  und  auiTrür,  also  sterckt  er  sich 
mächtigklich  im  pallast,  und  macht  sich  selbs  zum  soldan 
gwaltigklich.  190*. 

STÄRKEPFANNKUCHEN, «i.  eierkuchen  mit  bedeutendem 
Stärkezusatz  bereitet. 

STÄRKEPUDDING ,  m.  pudding  mit  ztisatz  von  feiner 
stärke  bereitet. 

STÄRKEQUIRL,  m.  aus  holz  geschnitzter  quirl,  welcher 
zum  umrühren  des  mit  wasser  angesetzten  Stärkemehle  dient: 
stärkenquirl  Am.\r.'vnthes  1895. 

STÄRKER,  m.  einer,  der  stark  macht,    zu  stärken,  verb. 
STÄRKERIN, /.  zu  dem  vorigen: 

o  süsse  frülingszeit,  wer  kan  dein  lob  verhälen? 
du  bist  der  stärcken  merckerin, 
du  bist  der  schwachen  stärckerin. 

Weckhbrlin  ged.  (1618)  763. 

STÄRKERRECHT,  n.  recht  des  stärkeren: 

sie  {die  (jmszen  geigter)  haben  vor  den  seltnen  wunderthieren 

ein  stärkerrecht,  dasz  man  sie  sorgsam  hegt, 

dankbar  bekleidet  und  verpflegt, 

zu  hoch  und  frei,  sich  selber  zu  geniren.    Bürger  ged.  3V>; 

voll  edler  seel  erblühe 

ein  neu  ^schlecht ; 

und  tief  m  wälder  fliehe 

das  stärkerrecht ! 

Voss  5  (1802),  265  {bitte  1795). 

STÄRKESTOLZ,  m.  stolz,  tcelcher  aus  der  stärke  seine 
nahning  zieht:  er  {Judah)  verachtet  in  seinem  stärkestolze 
die  schwachen  seines  Volkes  den  fanatikern  gegenüber 
und  musz  zuletzt  sehn,  dasz  eben  diese  schwächen  ge- 
siegt und  nicht  seine  stärke.  Ludwig  5,422  {dramaturg. 
aphorismen). 

STÄRKETOPF,  m.  irdener  topf,  in  tcelchem  stärke  mit 
bläue  angesetzt  und  dann  aufgekocht  wird:  stärckentopff 
Amaranthks  1895;  stärkentopf  und  stärktopf.  Jacobsson 
7,  429*. 

STÄRKEUNTERSCHIED,»!.;  der  stärkeunterschied  der 
beiden  ringenden  ist  zu  grosz,  dann  auch  stärkeunter- 
schied zweier  töne  und  entsprechend  stärke  4,  e  sp.  894 
stärkeunterschied  zweier  beere  tt.  s.  w. 

STÄRKEVERHÄLTNIS,  n.,  entoprecheml  stärke 4. c«p. 894: 
Stärkeverhältnis  zweier  armeen  u.  ä. 

STÄRKEWÄSCHE.  /.  die  feine  wasche,  tcelche  nach  dem 
waschen  noch  gestärkt  trerden  musz:  stärckwäsch,  bucato 
fino,  panni  Uni  »porchi  si,  mä  di  renso  e  di  olanda  come 
sono  collari,  cravatte,  veli.  Kramer  dict.  2  (1702),  910'' ; 
stärckenwäsche  Amaranthes  1895;  stärkwäsche  Adei.un«. 
sprichicörtlich :  ein  jeglicher  lumpen  (hadern)  will  unter 
die  stärckwäsche,  ogni  cencio  {straccio)  vorrebbe  entrare 
nel  bucato  fino.  Kram  er  a.  a.  o. 

STÄRKEWASSER,  n.,  zu  unterscheiden  von  unten  stärk- 
wasser.  wasser,  in  tcelchem  stärke  aufgelöst  ist.  Adelung. 
bei  den  stärkemachern  die  noch  mit  tceisser  vermischte, 
noch  nicht  getrocknete  stärkemasse,  tcie  sie  aus  dem  ein- 
geweichten waizenschrofe  gewonnen  wird.  Jacobsson  4,260*: 
stärckwasser,  acqua  amidata  6  da  saldare.  Kram  er  dict. 
2  (i7i)2),  910**;  Stärkwasser  Adeluxu. 

STÄRKEZAHL.  /.  gleich  dem  folgenden. 

STÄRKEZIFFER ,  /.  ziffemmäszige  angäbe  der  stärke 
einer  armee  u.  s.  w.  s.  stärke  4,c  sp.  894:  nachdem  die  über 
erwarten  grosze  stärkeziffer  der  in  Metz  eingeschlossen 
gewesenen  armee  bekannt  geworden,  neue  preuaz.  zeit.  1870 
nr.  föö. 


903      STÄRKEZUCKER -STARKGEISTEREI 


STARKGEISTIG  -  STARKHALSIG 


904 


STÄRKEZÜCKER ,  m.  von  säuren  angegriffene  stärke 
(stärke  l).  Obst  buch  des  kaufmannes  665''. 

STARKFARBIG,  adj.  in  starken,  grellen,  hervorstechenden 
färben  gehalten:  indem  er  das  auf  einem  tische  aus- 
gebreitete glänzende  Spielzeug  musterte,  wurde  sein  blick 
durch  ein  starkfarbiges  bild  seitwärts  gezogen,  das  an 
der  wand  unter  andern  sachen  hing.  Kellek  7, 108  {Sinn- 
gedicht). 

STARKFLUTEND»,  adj.:  ihre  {der  Germanen)  dichtung 
träumt  kein  thatenloses  idyll ;  ihre  aufmerksamkeit  fesselt 
nur  bewegtet  thun  und  starkflutende  empfindung.  Lam- 
precht deutsche  geseh.  1, 173. 

STARKFORMIG,  adj.  der  starken  declination  oder  con- 
jugation  angehörig:  oder  es  wird  ein  wahres  treibjagen 
auf  ein  starkformiges  Präteritum  angestellet.  Pfister- 
ScHWAiGHUSEN  einleit.  zu  den  nachtrügen  zu  Vilmars 
idiot.  s.  XII. 

STARKGEBAUT,  adj.:  ein  starkgebautes  haus;  eine 
starkgebaute  brücke,  von  menschen  mit  kräßigem,  gesundem 
körperbau;  nach  einer  andern  sage  öffnete  er  {Cromwell) 
den  sarg  {Karls  des  ersten)  bei  tage,  betrachtete  ruhig 
den  leichnam  und  sprach  die  worte:  'es  war  ein  stark- 
gebauter mann,  und  er  hätte  noch  lange  leben  können'. 
Heine  4,  66  Elster  {franz.  nuiler  Ddaroche). 

STARKGEDACKT,  n.  im  Orgelbau  ein  mit  besondeis 
tiefem,  ton  atisgestattetes  register  mit  deckel  versehener  pfeifen. 
Jacobsson  4,  258'.  7,  429".  für  das  zweite  compositionsglied 
8.  theil  4, 1, 1939  gedackt  3. 

STARKGEFÄRBT,  adj.  stark  mit  {anderer)  färbe  ver- 
sehen; auch  von  der  darstellung  eines  geschehnisses,  welclies 
der  berichterstatter  aus  irgend  einem,  gründe  in  ein  he- 
atimmtfs ,   den  thatsachen  nicht  entsprechendes  licht  rückt. 

STARKGEFÜLLT,   adj.:    starkgefülltes    abtheil    eines 
eisenbahnwagens ;   von  einem  bäum  mit  dichtem  gezweig: 
(ihr  cedem,)  schauet  unsem 
reichthum  !   wie  wir  herrlich  grünen, 
starkgefüllte,  volle  bäume ! 
voll  von  zweigen,  dicht  von  laube ! 

Fr.  MCi.ler  2,  401  {die  erle  und  die  ceder). 

STARKGEGLIEDEi{T ,  adj.:  indem  er  {der  dreiszig- 
jährige  krieg)  die  idee  des  kaisers,  wenigstens  faktisch, 
aus  der  mitte  nahm  . . .  niuszte  notwendig  der  ganze 
starkgegliederte  bau  {des  adels)  aus  seinen  fugen  weichen. 

ElC HEN  DO HKK  5,  29    {Koch). 

STARKGEHUFT,  adj.  von  pferden  gebraucht,  wie  unten 
starkhufig.    als  Übersetzung  von  griech.  x^are^eävv^: 
er  selber,  der  held,  stieg 
wieder  zu  wagen,  ergriiT  die  wunderberrlichen  zugel, 
und  trieb  schnell  dem  Tydeiden  die  starkgehufeten  rosse 
muthbegeistert  nach.     Büroer  ged.  224*>  (Ilias  5,  329). 

bei  SiOLBERG  auch  als  Übersetzung  von  griech.  ueövv^ 
{wo  auch  Voss  entsprechend  starkhufig  [*.  it.]  gebraucht. 
doch  Borger  übersetzt  hier  [/f.  5,  32l]  voUrundhufig) : 

Slhenelos  aber  gedenkt  der  befehle  des  Dioroedes, 
hält  zurück  die  starkgehuftcn  rosse  des  beiden 
aus  dem  getümmel,  und  bindet  die  zligel  am  ringe  des  sessels. 

11,  161. 
STARKGEIST,  m.,  s.  auch  oben  starkergeist  unter  stark  3,  c 
sp.tni.  allgemein:  bezeichnung  einer  per son,  die  sich  von 
ihren  begierden  und  leidenachaften  nicht  beherrschen  läszt 
und  den  kämpf  mit  vorurtheilen  nicht  scheut.  Campe. 
Adelung  /tat  nur  starker  geist,  doch  starkgeisterei.  vgl. 
auch  zeitachr.  f.  deutsche  wortforscli.  f.,  340.  der  Ursprung 
liegt  u?ol  in  dem  adj.  starkgeistig,  nichts  wäre  leichter, 
als  hier  seinen  (/.  Pauls)  Übergang  vom  starkgeist  zum 
kleingeiste  anzuknüpfen.  Gervinus  nationallU.  b  {iU4),fiir; . 
in  einem  fjeschrankteren  sinne  und  als  ein  besonderes 
modetcort  des  18.  jahrh.  von  einem  mensclien,  der  die  schärfe 
seinen  geistes  und  seines  urtheils  in  der  bezweifelung  der 
göttlichen  lehre  zu  zeigen  sucht.  Campe,  in  diesem  sinne 
sM  die  l/ezeirhnnng  starkgeist  kein  lob  enthalten,  ebenda. 
STAÜKGEISTEREI./.  toesen  und  treiben  r/er  stark geister 
(».  da»  vorige),  besonders  in  dem  beschränkteren  sinne  der 
betweifelung  religiöser  Offenbarung,  des  Vorhandenseins  von 
geistern  u.  M.W. :  Btarkgeislerci  Adelung;  epittel  ttb«r  die 
»tarkgeistorey.  Gottkm  i,  868  {von  1778  (l77«J  über$ekr.);  die 
gräfin,  di<!  recht  in  ihrem  elemente  war,  wenn  sie  den 
Ichrlon  anittimmm  und  gegen  vorurtheile  zu  felde  ziehen 
konnte,  netzte  »ich  an  die  apitze  der  philoKophischen  purtci 
und  trieb  einen  gelähmten  flnanzrath, ...  der  tloh  zu  Rübe- 


zahls rechtlichen  anwalt  aufwarf,  durch  ihre  starkgeisterei 
sehr  in  die  enge.  MusÄus  l,  61  {Rübezahl  5)  Eempd;  ganz 
Hallermund  wuszte  von  diesen  Spukgeschichten  zu  er- 
zählen ;  aber  bei  hof  hatte  die  starkgeisterei  auf  einmal 
so  überhand  genommen,  dasz  man  diese  sagen  für  eitel 
geschwätz  und  märchen  hielt.  3, 123  {liebestreue) ;  ob  es 
wohl  zu  Zeiten  des  dreiszigjährigen  krieges  mit  der  stark- 
geisterei noch  zu  früh  am  tage  war,  so  war  der  junge 
kriegshcld  doch  genug  philosoph ,  die  existenz  der  ge- 
spenster  zu  bezweifeln  oder  doch  wenigstens  an  ihren 
ort  zu  stellen,  ohne  darüber  zu  grübeln.  4,119  {entführung); 
ich  kenne  mehrere,  die  insgeheim  dem  aberglauben  die 
Sünde  wieder  abbitten,  wozu  angemaszte  starkgeisterey 
sie  öffentlich  verleitete,  die  Jesuiten  (1787)  54,  vgl.  zeitsehr. 
f.  deutsche  wortforsch.  6,340;  jene  zeit  ...  wo  die  gegen- 
sätzc  der  stark-  und  klein  geisterei  unsere  literatur  be- 
wegten. Gervinus  nationallit.  5  (1844),  225. 

STARKGEISTIG,  adj.  mit  starkem  geist  ausgestattet. 
Campe:  die  starkgeistigen  alten  schildern  selten  schwäch- 
hnge;  ihre  Charaktere  glichen  den  alten  beiden.  J.  Paul 
42,65  {Vorschule  der  ästhetik  2);  es  giebt  junge  thoren,  die 
sich  ein  tiefsinniges,  starkgeistiges  ansehen  zu  geben 
vermeinen.  Cam  pe  ;  in  dem  eingeengteren  sinne  von  stark- 
geist: denn  er  {Gilgus)  hatte  die  gärtnerstochter ,  mit 
der  er  zuerst  schön  gethan,  sogleich  stehen  lassen,  als 
er  vernahm ,  das  Dörfchen  keine  gräfin  und  eine  stark- 
geistige, freigesinnte  person  sei.  Keller  3,  199  (grrüner 
Heinrich  4). 

STARKGEISTIGKEIT, /..  su^st.  zu  dem  vorigen.  Campe: 
{mäglichkeit,)  dasz  sich  in  der  familie  und  gesellschaft 
ein  von  ihm  selbst  {dem  fürsten)  völlig  verschiedenes 
wesen  entwickelte,  eine  gewisse  ihn  selbst  völlig  igno- 
rirende  genialität  oder  starkgeistigkeit,  wie  man  diese 
leichte  auffassung  der  sitten  und  Überlieferungen  im  gegen- 
satz  zu  einer  auf  der  andern  seite  überwuchernden  bi- 
gotterie  nennen  konnte.  Gutzkow  ritter  vom  geiste  2, 387. 

STARKGELENDET,  adj.  mit  starken,  dicken  lenden: 
wir  fanden's  {das  denn)  liegen,  knochig,  starkgelendet, 
die  braunen  äugen  glanzlos  und  gebrocnen. 

FreiugratrS  1, 178. 

STARKGELESEN,  adj.  viel  tmd  oft  gelesen:  keine,  als 
solche  davon  {von  meinen  u-örterbildungen)  aufzunehmen, 
.  .  .  die  in  starkgelesene  schriften  aufgenommen  worden 
sind.  Campe  vorrede  zum  Wörterbuch  l,xili. 

STARKGEMUT,  adj.,  noch  Jieute  in  gehobener  spräche, 
.starken,  mtitigen  sinnes.  s.  den  gegensatz  schwachgemut 
theil  9,  2161,  ICO  eine  emeuerung  mhd.  gebrauchsweise  am 
ende  des  18.  jahrh.  vermutet  wird: 

Codrus  der  starcgemuote  man 
wolt  durch  die  vorhte  niht  enl&n. 

H.  V.  BERiN(iKN  »chachged.  261.^. 

STARKGEWACHSEN,  adj.  von  starkem,  kräftigem, 
dickem  louclis: 

Vieltausend  jähr  lang  standen  also  hier  (tm  waide) 
die  starkgewachs'nen,  mark'gen  eichenbaume. 

MOSBN  2  (1863),  46. 

STARKGL.\UBIG,  adj..  vgl.  stark  9.  o  sp.  877.  gegensatz 
ist  schwachgläubig  ffteil  9,  2161 :  starkglaubiger,  roborat^is, 
fortis.Jirmus.firnuitnsinfide.  Stiele»  G65;  starkglaubig, 
xmo  die  hä  una  fede  ferma,  soda,  forte  ntllufedr.  Khamer 
dict.  2  (1702),  909'*;  ein  starckgleubiger  kan  gifft  trincken 
und  schadet  jm  nichts.  Marci  ult.  ein  schwachgleubiger 
aber  trünckc  den  tod  daran.  Luther  3,  892';  also  ist  dem 
lieben  gott  eines  klcinmüttigon,  schwachplKubigen,  trost- 
losen, geistarmen  menschen,  innerliches  heimliches  leiden 
und  seufzen  vil  liber  als  eines  starckglcubigcn,  der  follcr 
freude  ist.  Butschky  Fathmos  787;  es  hat  auch  der 
schwache  glaube  so  vil  an  Christo,  als  der  starcke:  denn 
ein  jeder,  er  sey  schwach-  oder  starckgleubig,  hat  Christum 
gantz  zu  eigen,  ebenda. 

STAHKGLIEDRIG,  adj.  mit  starken.  krd/tigeH  glitd 
mosten:  starckgliodericht,  uno  che  hä  la  memhnüura  forte 
e  roltusta.  Krämer  dict.  2  (I7fl2),  ooo*<;  alle  äffen  sind  un- 
glaublich Ktarkgliedrig.  Hiikiim   UL  thie rieben  \,%. 

STAHKHAUSIG.  STAKKHÄI.SIG.  adj.  von  einem,  der 
seinen  hals,  nncken  nicht  l/riigen  mag,  itn  sinne  etwa  von 
unten  starrkopfT,  rgl.  mhd.  halsKturc  und  unten  starr- 
halsig:  ir  atarckhäitiigcn,  aigenwilligcn  men^rhen  und 
unbeaohnittcn  in  euren  hert/en  und  oren,  ir  widerstand 


905 


STARKHEIT  —  STÄRKLICH 


STARKLIPPIG — STARKMÜTIG 


906 


^Uwegen  dem  hailigen  gaist,  wie  euer  vätter  geton  hond, 
also  tänd  ir  och.  Keisersberg  adäff  der  penitenz  40». 
STARKHEIT,  /. ,  im  gegensatz  zu  Schwachheit  (theil  9, 
»p.  2161),  ein  schon  früh  nhd.  atisgestorbenes  wwt:  starck- 
heyd,  starkeit,  starcheit,  stargkeit,  firmitas.  Diefenbach 
236"=;  starckeid  vel  macht,  robur.  igg*". 

STÄRKHERZIG,  adj.-.  wir  Teutsche  muthen  uns  wie 
die  starkherzigen  Britten,  kühnere  dosen  zu,  unsere 
helden  gleich  einem  Goliath  auf  alten  tapeten,  grob  und 
gigantisch,  für  die  entfernung  gemalt.  Schiller  2,  334. 
vgl.  schon  ags.  stearcheort. 

STARKHÜFIG,  adj.,  wie  oben  starkgehuft.  als  über- 
cetzung  von  xoareomw^: 

selber  der  held  nun 
stieg  in  das  eigne  geschirr  und  ergriff  die  prangenden  zügel, 
flügelte  dann  zum  Tydeiden  den  lauf  starkhufiger  rosse, 
eilig.  Voss  nias  5,  329. 

als  übersetzting  von  uäw^: 

sondern   er  hemmt'  abwärts  das  gespann  starkhufiger  rosse 
auszer  dem  stürm,  das  gezäum  am  sesselrande  befestigt.   321 ; 

STARIvKLAUIG,  adj.,  als  Übersetzung  von  y.pate^ci}vr^: 

so  umringten  sie  {die  Kirke)  dort  starkklanige  wölF  und 
löwen.    Voss  Odyssee  10,  218. 

STARKKNOCHIG,  adj.  von  starkem  knochenbau:  ein 
groszes  starkknochiges  thier.  Münch.  gel.  anz.  1841,  s.  83; 
er  war  starkknochig  und  vierschrötig.  Hebbel  9,  128  {die 
beiden  vagabunden) ;  sie  war  blondine,  und  zwar  von  der 
langen,  hagem,  starkknochigen  art.  Ludwig  2,411  (die 
drei  tcii7ische);  der  hagere  starkknochige  gesell  mit 
schmalem  angesicht,  das  bleich  und  verbrannt  und 
trotz  der  Jugend  durch  hartes  leben  und  aussch weifungen 
gefurcht  war.  Fhf.ytag  11,75  {ahnen  i). 

STARKKOMISCH,  adj.  sehr  komisch  icirkend:  diese 
scene  hat  eine  starkkomische  Wirkung;  {subst.:)  die 
besten  deutschen  Schauspieler  können  mit  den  heftigen 
leidenschaften  noch  so  ziemlich  fertig  werden,  auch  so 
mit  dem  starkkomischen.  Karl  Lessing  an  seinen 
bruder,  1.  mai  1779  {bei  Lessing  13,624). 

STÄRKKRAUT,  n.  name  verschiedener  pflanzen,  l)  antir- 
rhinum  orontium,  gewöhnlich  dorant  {theil  2, 1276)  genannt, 
auf  diese  pflanze  bezieht  sich  xcol:  das  so  genennte  sterck- 
kraut,  von  welchem  der  aberglaube  tichtete,  dasz  wer 
damit  sich  besalbte,  der  menschen  gunst  und  einen  ruhms- 
vollen nahmen  erlangte.  Lohenstein  Armin,  i,  1422*. 

2)  reseda  luteoln,  auch  wau,  waude  {s.  u.)  genannt;  tcol 
'deniisch  mit  sterkkraut  pseudostruthium.  Cammerarius, 
Matthiolus  209«. 

STÄRKKÜNST,  /..-  dabei  hat  die  neuere  stärkkunst 
der  weiber  (sthenische  methode)  noch  etwas  alltägliches 
übersehen.  .  .  .  das  weih  aber  ist  als  Jungfrau  so  schüch- 
tern, so  mild  und  weich,  und  jeder  dorn  der  rose  grünt 
und  beugt  sich;  bis  später  in  der  einsamen  selbstherr- 
-chaft  der  ehe  alles  schön  erstarkt.  J.  Paol  43, 144  {vor- 
chule  der  ästhetik  3). 

STARKLEIBIG,  adj.  l)  von  starkem,  kräftigen  kl>rper: 
die  preussischen  Chroniken  vermelden,  das  Swantepol 
als  ein  starckleibiger  mann  im  ersten  Überfall  den  könig 
aus  dem  bade  geholet,  gebunden  und  für  sich  auffs  pferd 
geleget  habe.  ScHCxze  chronick  der  lande  Preussen  iS*>; 
starkleibige  lastträger.  Campe. 

2)  von  dickem,  attch  fettem,  feisten  körper :  starkleibicht 
pinguis,  opimus,  crassus,  camosus.  Stieler  1133;  er 
(der  luchs)  ist  gröszer  und  viel  starkleibiger  als  der 
fuchs.  Funke  bei  Campe;  er  ist  der  gröszte  aller  brasi- 
lianischen äffen,  über  vier  fusz  lang,  starkleibig.  Brehm 
thierleben  1,102.  auch:  welche  nordische  spräche  mit 
ihren  vielen  starkleibigen,  ein  oder  zweysilbigen  Wörtern, 
hinten  und  vorn  mit  rasselnden  consonanten  gepanzert, 
bei  deren  niedertritt  der  boden  dröhnt,  wäre  wohl  im 
Stande,  den  leichten  flüchtigen  griechischen  hexameter 
. . .  nachzubilden.  Bürger  i'e^. 

STARKLEIBIGKEIT,  /.,  subst.  zu  dem  vorigen.  Campe. 

STÄRKLICH,  udv.,  zu  stark,  selten  adj.  entsprechend 
inhd.  sterclich,  stärclich:  starcklächt  ein  wenig 
htarck,  valentulus.  M aaler  384* ;  gerröhnlich  entsprechend 
mhd.  starcliche,  stärcliche,  stercliche,  adv.:  ohne  umlaut: 
tarcklich  pugilice,  fortiter,  valide.  Dasypodius.  wan  er 
fiott)  ist  s6  lustlich,  so  man  in  ie  lustlicher  erkennet, 
äö  man  in  ie  heijer  minnet  unde  sin  ie  starclicher  gerl. 


mystiker  1,  357, 14  Pfeiffer;  darumb  müssen  wyr  .  .  .  starck- 
lich  predigen  .  .  .  widder  diszen  miszbrauch.  Luther 
10,  2,  34,  5  Weim.  ausg. ;  welches  pferd  feststehet  so  man 
jm  den  zugel  zeucht  und  den  starcklichen  widerhebt. 
Albrecht  roszarznei  (l570)  Q  89.  umgelautet:  (1354)  be- 
legert  der  bischoff  von  Wirtzpurg  die  stat  Wirtzpurg  und 
verheret  den  gantzen  kraisz  mit  sampt  den  weinstocken, 
dem  die  burger  stercklich  widerstunden.  Sigm.  Meister- 
LIN  in  den  d.  städtechron.  3,  281,  l;  so  koment  die  Türken- 
heiden zäsamene  und  fürent  über  die  cristen  und  strittent 
stergliche  mittenander.  Königshofen  in  den  d.  städte- 
chron. 9, 856, 1 ;  und  die  es  in  dem  houbete  sterkliche 
anekam,  der  wurdent  etliche  unsinnig  und  sturbent 
styrapkliche.  773,  21;  (papst  Clemens)  gebot  yn  allen  landen 
den  predigem  unde  den  barfussen  das  cruze  getruwe- 
lichen  unde  sterglichen  zu  predigen.  Rothe  dür. 
chron.  431;  (in  groszer  anzahl ,  entsprechend  stark  17,  a 
sp.  882 :)  unde  do  die  phaffen  (bei  der  procession)  unde 
die  schuler  obir  das  wassir  quomen  unde  die  burger  on 
sterglichen  volgeten,  do  brach  die  brücke.  450.  mit  vocal- 
rundung :  o  glück,  wie  störcklich  hilffestu  den  kecken 
und  den  forchtsamen  bistu  wider  zäm.  Wirsung  Cal.  31''. 

STARKLIPPIG,  adj.  mit  starker,  schvoeUender  lippe:  um 
den  starklippigen  mund  war  sie  (die  frau)  ganz  der  alte 
gutmütige  Just.  Ludwig  2,613  (Maria). 

STARKLOS,  STÄRKLOS,  adj.  ohne  stärke,  durch  den 
gegensatz  des  vorhergehenden  stark  eine  form,  starklos  ver- 
anlaszt:  auff  das  man  sehe,  wie  leichtlich  die  starcke 
unüberwindliche  warheit,  jr  ehre  an  der  lügen  mehret, 
und  wie  mit  viel  mühe  und  erbeit,  die  starcklose  lügen 
jr  schand  an  der  warheit  erwirbet.  Luther  1,369"  (doch 
die  Weim.  ausg.  [7, 627, 16]  hat  stercklosze  lügen),  hierher 
stammt:  die  starcklose  lügen  erwirbt  jhre  schand  an  der 
warheit.  Petri  R  3''. 

STARKMÄCHTIG,  adj.:  Basanus  war  starckmechtig. 
fürsichtig.  Gebweiller  liertzogen  von  Österreich  alt  künig- 
lieh  harkumen.  1527,  11»;  vgl.  Alem.  16,  229. 

STARKMACHUNG ,  /..  icie  unten  Stärkung:  starck- 
max:hung,  entretenement  d'aueun  en  son  propos.  iL  con- 
fermare  alcuno  nel  suo  proposito.  Hülsius  (1616)  306'*. 

STARKMÄNNLICH,  adj.: 

nim'  nnt  umgurt  deinen  sterkmanlichen  landen 
dein  scharfes  schwaerd.    Melissus  p«.  45,  II. 

STÄRKMILCH,/,  kräftigende,  stärkende  milch:  denn  . . . 
wie  eine  köstliche  stärck-milch  durch  ihre  krafft,  welche 
sie  an  den  schwachen  erweist,  darthut,  wie  kräfftig  sie 
sey.  Sperling  Nicodemtis  quaerens  l  (1718),  16. 

STÄRKMITTEL  (STÄRKEMITTEL),  «.:  stärckmittel, 
rimedio ,  argomento  confortativo ,  corroborativo.  Kramer 
dict.  2  (1702),  910";  stärkmittel ,  tcelches  stärke  verleiht. 
Campe,  man  erlaube  mir  noch,  einige  bestandtheile  zur 
stahlarzenei  der  männlichkeit  anzugeben,  eh'  ich  zum 
geistigsten  stärkmittel  komme.  J.  Paul  38, 14  (Levana 
3,  108). 

STÄRKMORSCHELLE,  STÄRKMORSELLE,  /. :  stärck- 
morschellen,  marseUe  confortanti,  confortini.  Khamer  dict. 
2  (1702),  910'' :  stärckmorsellen  WoYt  593. 

STARKMUSKELIG,  adj.  starke  muskeln  habend.  Campe. 

STARKMUT,  »i. ,  aus  starkmütig  abgeleitet,  hier  auch 
tcol  unter  dem  einfltisz  von  dem  folgenden  demut  gebildet: 

die  königstugenden, 
Wahrheit,  gerechtigkeit,  starkmuth,  geduld, 
ausdauer,  milde,  andacht,  enade,  kraft, 
määzigkeit,  demuth,  tapferkeit. 

Shakegpeare,  Macbeth  4,  3. 
geieöhnlieh  dafür  starkmütigkeit,  s.  u. 

STARKMÜTIG,  adj.,  ahd.  starcmuotic:  starcmuotiger 
Graff  6,  717.  vgl.  auch  as.  starcmöd.  Hei.  5223.  selten 
nhd.  starkmutig:  dasz  ein  recht  starkmuthiges  herz 
durch  den  zauber  seiner  inneren  felsenfesten  Zuversicht 
ein  Schicksal  aus  dem  unsichtbaren  kreise  herunter- 
zieht. TiECK  ges.  nov.  4,  56.  gegensatz  dazu  ist  kleinmütig, 
s.  theil  5,1119.  starkmütig,  animo  confirmattis.  Stieler 
1301;  starkmütig,  d' animo  forte,  fermo,  inritto,  intrepido, 
valoroso,  vigoroso,  eonstante.  Krämer  dict.  2  (1702),  909". 
l)  der  ursprünglichen  bedeutung  von  mut  (theü  6,  2781) 
entsprectiend. 

a)  im  geistlichen  sinne,  vertrattend  auf  die  götÜiehe  ver- 
heiszung,   im  glauben  gefestigt,   hier   besonders  im  gegen- 


907      STARKMÜTIGKEIT— STARKNERVIG 


STÄRKPFLASTER  —  STÄRKUNG 


908 


satz  zu  kleinmütig  1,  c  (theü  5,  iii9):  darumb  seind  be- 
hertzt  und  starkmütig  ir  prediger,  .  .  .  sprecht  zu  den 
klainmüUgen.  Luthek  7,  243,  30  Weim.  ansg.;  im  gegen- 
satz  zu  kleinmütig  (395,25): 

(die  jünger)  fiengen  an  an  allem  ort 
zu  predifen  das  gotteswort 
ohn  forcnt,  in  aller  freydiekeit,  .  .  . 
theten  starckmütig  darob  leyden 
Verfolgung,  niarter  und  den  todt. 

H.  Sachs  15,  3%,  13  KeUer-Götze. 

lieben  demütig :  got  will  ain  demütigen  zerschlagnen  gayst 
und  starckmütigen  auff  Christum.  Luther  17,1,1*5,18 
Weim.  ausg.  {vgl.  im  gegensatz  zu  demütig:  ich  halte 
sie  für  edelmüthig,  groszmüthig,  starkmüthig,  nur  nicht 
für  ganz  demüthig.  Bmentano  9,  322.) 

b)  allgemeiner,  beruhend  auf  der  stärke  des  geistes,  des 
gemütes,  der  denkiceise  u.  s.  w. :  er  {kaiser  Mao-)  über- 
gab auch  vor  seinem  endt  gott  seinem  erschalTer  sein 
leben  und  herschaft,  und  ermanet  die  umb  jn  ständen, 
das  man  jn  mit  keinem  eertitel  mer  anreden  solt . .  . 
und  ist  also  starckmütig  gestorben.  Fhanck  chronic.  216*'; 
ich  beweinte  noch  die  beste  männer,  welche  mit  diesen 
anständen  .  .  .  die  gemeine  schmertzen  biszweilen  über- 
listen, damit  siedle  last  und  fata  desto  starckmütiger  er- 
greiffen.  Schuppius  G91;  dem  gelehrten,  starkmüthigen 
mann  (Milton)  stand  bei  einer  groszen  känntnisz  der  alten 
und  italiänischen  dichter  auch  eine  weit  von  sachen,  in- 
sonderheit aber  seine  spräche  ...  zu  gebot.  Heruef«  18,102 
(briefe  zur  beförderung  derhumanität  98)  Suphan ;  in  diesem 
punkte  {der  naturnot wendigkeit)  steht  er  {der  mensch)  dem 
thiere  vollkommen  gleich,  und  der  starkmütigste  stoiker 
fühlt  den  hunger  ebenso  empfindlich  und  verabscheut 
ihn  ebenso  lebhaft,  als  der  wurm  zu  seinen  füszen. 
Schiller  10,106  {anmuth  u.  vmrde). 

2)  als  Verstärkung  von  mulig  s.  mutig  2,  theil  6,  2798, 
sehr  mutig,  tapfer  u.  ä.  -.  den  starkmütigen  hilft  das  glück. 
Bolz  Terentitis  190'';  die  weil  wir  jetzt  in  letsten  nöten 
seyn,  so  ist  das  höchst  dasz  jhr  starckmüthig  seyt,  dann 
wir  müssen  ein  härtern  stand  thun,  auff  dasz  wir.  frey 
und  sicher  leben,  buch  der  liebe  203*;  das  Verhältnis 
beider  geschlechter  zu  einander  im  ganzen  starkmüthiger 
schütz  von  der  einen,  liebevoller  beistand  von  der  andern 
Seite.  Fichte  re^en  an  die  deutsche  «a^'on  333; 

du  allerstolzester,  habsüchtigster, 
wie  sollen  dir  itzt  die  starkmUthigen 
Achäer  einen  preis  gewähren?    BOroer  liS*»; 
nicht  können  der  bedrängten  Christenheit 
starkmüth'ge  fürsten  sich  der  noth  entziehen. 

TiECK  1,  235  {kaiser  Odavian.  2,  2); 

Orancia  ging  starkmüthig  zu  seinen  grossen  zurück;  die 
Zeiten  waren  nun  so  kritisch  geworden,  dasz  er  nöthig 
hatte,  seinen  muth  und  seine  entschlossenheit  zu  zeigen. 
Klinger  lo,  25  {Sahir  i,  6). 

STARKMÜTIGKEIT,/.  zu  dem  vorigen:  starckmütigkeit, 
robur.  Maaler  334";  starckmütigkeit,  alles  Unglück  zu  er- 
leiden, ro&ur.  Henisch  1192, 15;  starckmütigkeit, /ortozo, 
fermrzza,   volare,   vigore,  grandezza,    intrepidezza,   sodezza 
d'animo.  Kramer  dict.  2  (1702),909*';    das   war  sein   lust, 
davon   die  schmeychler  jm  die  eer  der  starckmütigkeit 
zamassen.  Franck  cÄronfc.  (i.')38)  29'';  folget  mir  nach  o 
brüder,  wir  wollen  gehen,  und  mit  grosser  starckmütig- 
keit den    himmel   seihst  bestreiten.    Schuppius  692;    er 
{Agathokles,   der  töpferaaohn)  habe  mit   flcisz  und  seiner 
slarkmütigkeit  zu  wegen  gebracht,  dasz  er  jctzundcr  gUl- 
dine  {gefäsze)  machte,  der  zuvor  erdine  gemacht  hätte.  700; 
die  rechte  utarkinnetikait 
nach  dem,  als  da«  Tollius  sait, 
da«  ist  se  betrachten  schön  und  hocbe  ding 
und  das,  das  nutzperleiche  nach  pring. 

ViNTl.KR  ]>lurmen  ilrr  tutjent  4484; 
von  der  starkmOetikait  schreibt  Viileriu« 
und  spricht,  das  Flato  der  philoKopbus 
het  an  im  ain  soleich  starkmUelikail.    4606; 
die  eitel  er  ist  des  teufeis  zagel 
und  ixt  ain  widerwärtiger  tadel 
der  rc4:hlen  KtarkmOctiKait.    4666. 

STARKMÜTIGLICH,  adv.  mu  slarkmUUg:  sUrokmUUg- 
lieh,  fortemente,  invittameHte ,  valoroaamtnU,  conttatUt' 
mente.  Kramrh  dtrt.  a  (170I),  M»^ 

STAKKNKRVIU,  adj.  »iarke  nertmx  habend,  vgl  auch 
«Urk  s,  <f  jrp.  871 :  b«i  einem  »olchcn  traktcmcnt  muszt« 


auch  der  starknervigste  kerl  halb  lahm  und  der  gedul- 
digste rasend  werden,  arme  mann  im  Tockenburg  9bJiecl^m; 
dann  lachte  er  in  so  wilder  Schadenfreude  auf,  dasz  seine 
starknervigen  trinkkameraden  erschraken.  Ludwig  1,  SS77 
{zicischen  himmel  u.  erde). 

STÄRKPFLASTER,  n. .-  stÄrkpflaster,  empiastro  corrobo 
rativo.  Kramer  dic^.  2  (1702),  910''. 

STARKPOSAUNE,  /.  in  der  spräche  der  orgelbatier  stark- 
posaun eine  orgelposaune  mit  starkem  ton.  Jacousson 
4,  258».    vgl.  oben  starkgedackt  und  u,nten  starkrcgal. 

STÄRKPÜLVER,  n.  stärkendes  mittel  in  gestillt  von 
pxdver.  Campe. 

STARKRÄDERIG,  adj.  mit  starken  rädern  versehen: 
starkräderiger  wagen,     auch: 

Väterchen,  lassest  du  nicht  ein  lastgeschirr  mir  bespannen, 
hochgebaut,  starkrädrig,  d.imit  ich  die  köstliche  Kleidung 
führ  an  den  ström,  zu  waschen?    Voss  Odysnee  6,  58. 

STARKREGAL,  n.  in  der  spräche  der  Orgelbauer  eine 
Zungenstimme  von  starkem  ton.  Jacousson  4, 258V  vgl. 
auch  oben  starkposaune. 

STÄRKRÜCKEN, OT.,  entsprechend  rücken l,d(</j€i/ 8, 1362) 
stärkender  schütz,  rückhalt: 

aus  dem  netz,  drinn'  ich  bin  verhemmet, 

mich  unverletzt  entzükke, 

dan  du  bist  mein  sterkrtikke.      Melissus  p*.  31,  III. 

STARKSCHÄFTIG ,  adj.  mit  starkem  schaß  versehen: 
starkschäftiger  speer.  was  heiszt  das  folgende :  drauf  rief 
er  {der  lehrer):  Rohrdommel,  —  der  schultruppe  vor- 
trommel!  —  du  starkschäftiger!  —  markkräftiger!  —  du 
wohlrüstiger!  Rügkert  11,  522;  ist  es  blosze  Übertragung 
des  vorhergehenden  {vgl.  unten  starkstämmig)  oder  etwa: 
starke  stiefeUchäfte  tragend,  dann  auch  auf  starken  beinen 
stehend  f 

STÄRKSCHÄUFLEIN,  n.  kleiner  kuchen  {zu  schieben. 
verb.  gebildet),  mit  stärkenden  mittein  bereitet:  stärck- 
schäullelein ,  trochisci  confortanti,  confortini.  Kramer 
dict.  2  (1702),  910''. 

STARKSEHNIG,  ad/. ;  starksennicht,  nervoau^.  Stieler 
2007 ;  und  doch  schlug  den  starksebnigen  (HeMor) 

Achill  und  schleifte  sodann  rings,  von  thor  zu  thor. 


den  leichnam. 


Platkn  135». 


STARKSILBE,  /.  in  der  phonetik  die  stärkste  silbe  {ton- 
silhe)  eines  Sprechtaktes,  vgl.  Sievers  in  Pauls  grund- 
risz- 1,  :Wi. 

STARKSINN,  m.  starker,  ernsthafter,  charaktervoller 
sinn:  wer  bewundert  nicht  den  starksinn  eines  Cato, 
die  hohe  fügend  eines  Brutus  und  Aureis,  den  gleich- 
muth  eines  Epiktets  und  Seneca?  Schiller  l,  142.  vgl. 
auch  oben  starkmut. 

STARKSTÄMMIG,  adj.  .iturken,  kräftigen,  umfänglichen 
Stammes:  zwei  starkstäminige  linden  standen  vor  dem 
hause;  ein  bestand  sturkstämmiger  buchen,  übertragen 
auch  slarkstäinniige  männer.  Pestalozzi  6,884;  vgl.  attch 
oben  unter  starkschäftig. 

STARKSTIELIG,  adj.  mit  starkem,  dicken  stiel:  ein 
heimliches  regen  zieht  durch  das  ganze  gärtchen,  und 
selbst  der  starkstielige  buchsbaum  um  die  gezirkelten 
beete  bewegt  seine  dunkeln  blätter.  Ludwig  l,88S  (rimcAcn 
himmel  und  erde). 

STARKTÖNENI),  adj.:  unsere  spräche  ist  zu  voll-,  zu 
lang-,  zu  starktönend,  um  einen,  dem  griechischen  ähn- 
lichen hc.xanicter  zu  gehen.   Hün<iKR  243». 

STÄRKTRANK  (STÄKKETRANK),  m.  stärke  verleihender 
trank.  Campk;  gieb  ihm  stärktränke  und  Icckerbisscn. 
nur  martre  ihn.  Klingkr  die  neue  Arria  iii  {akt  b,  sc.  i). 
deminut.  stärkt  ränklein,  «..•  slärckiränckicin,  beverag- 
gietto  confortativo.  Kramkr  «/iVr  2  (1702).  ÖIO''. 

STÄKKUNG,/.  i)  liandhnuj,  Vorgang  des  stärkens.  ahd. 
starchunga  Ghafk6,720.  Klerckuiigc.yirtmim^nhimDlKl'KN 
nACH  286*';  stärckung,  rnfretenement  d'aueun  en  »on  pro- 
pot.  ü  ronfermare  alruno  nr!  »uo  proposito.  HULRIUH  (1616) 
808"*;  ■tärokung,  fortijicationr ,  confortamento ,  corroborn 
tione,  eorroboramrntv.  Kramkr  f/iW,  2(1702), 910*;  «lärrkinuv 
eot\ftrmatio,  fociUufio.  Stkimiach  2,  68ö;  r.ur  Stärkung  (!<<-< 
haupts,  der  gliedcr,  per  corrolwramento  delJo  »tomaco, 
della  testa,  deUe  memhra.  Kramer  rfic/.  «(l702),  »10'';  zu 
•terckung  diesen  gedeohlniii  wird  diss  cusserliche  zeichen 
de«  ostcrlamlins   cinecsctzot.   Luthek  i6,  170,  is  Weim. 


I 


Bf 

i 


909  STÄRKUNGSBUCH— STÄRKUNGSMITTEL 

ausg.  {entsprechend  stark  17,  a  sp- 882:)  solche  macht.., 
dasz  sie  ohne  Zuziehung  anderer  Völker,  nur  mit  jhren 
bey  sich  habenden  knechten,  die  sie  zur  stärcknng  der 
armee  sollen  frey  gelassen  haben,  in  kurtzen  jähren, 
über  die  Donaw  hin,  haben  durchdringen  können.  Mi- 
CRÄt.iLS  altes  Pommern  1,  86;  ich  will  ihm  was  zur 
Stärkung  geben.  Shakespeare  i,  266  (stürm  2.  2);  jene  (wn- 
lesonnenheit)  wird  durch  Verringerung  des  lichts  oder  des 
selbstreizes  —  diese  durch  Vermehrung  derselben  gehoben, 
oder  durch  Schwächung  oder  Stärkung  des  organs.  Novalis 
3,215    ntlle;  .j^jj  jjjjj^  schrie  er  (der  esel),  zu  matt. 

gebt  mir  ein  wenig  mehl  zur  Stärkung!'    derbe  schlage 
gab  ihm  sein  strenger  herr.    Gleim  3,  371  (der  cUte  e*eZ) ; 
indes  zur  Übung,  Stärkung  unserm  streben 
wird  dieser  harte  ackergrund  gegeben. 

Keller  10,  25  (landvoein). 

2)  mittel  der  Stärkung  (vgl.  oben  Stärkmittel):  stärckung, 
mittel  und  artzney,  so  stärcken,  medicines  et  remeds  con- 
fortatifs.  rimedii  confortativi.  Hulsius  (1616)  306'';  der- 
halben  man  recht  saget,  dasz  die  kinder  pfandschilling, 
stärckung  und  confortatif  der  ehelichen  pflicht  seien. 
Garg.  91  netidr.;  eine  nützliche  stärckung  alten  leuten, 
und  sonderlich  denen  so  der  liebe  gerne  pflegeten.  Coler 
apothek  48;  dasz  du  alles  hingeben  möchtest,  dem  unter- 
gehenden geschöpfe  einen  tropfen  Stärkung,  einen  funken 
muth  einflöszen  zu  können.  Göthe  16,4«  {Werthers leiden) ; 
für  seelenaugen  ist  das  himmelblau,  was  für  körperliche 
das  erdengrün ,  nämlich  eine  innige  Stärkung.  J.  Pau  l 
22,  15+  {Titan  2); 

wo  nahm  ich  oftmals  Stärkung  her, 
wenn  gnade  nicht  mein  anker  war? 

C.  L.  ScHEiDT  im  hannov.  gesangb.  284,  5; 
nur  wenigen  sterblichen  träufelt  vom  bimmel 
Stärkung,  dasz  sie  auf  erden  vermögen  verklärte  zu  sehen. 

Stolberg  1,  401; 
du,  die,  wenn  krampf  das  herz  umstrickt, 
o  freundin,  aus  der  fülle 
der  brüst  mir  so  viel  Stärkung  schickt, 
du  bist  mir  die  kamille.    Kleist  4, 14  E.  Schmidt; 

auch  im  plural  -. 

viel  trübsal  noch,  auch  viel  der  besten  freuden, 
(oft  sind's  nur  Stärkungen  auf  neue  gröszre  leiden) 
erwarten  euch.    Wikland  23,  149  {Oberon  9,  30); 
und  sie  {die  Schwester)  athmete  Stärkungen  mir,  und  lispelte  leise 
worte  mir  zu,  melodische,  süsze  worte  der  wonne. 

Stolberg  1 ,  400. 

vgl.  auch  ztisammensetzungen  xde  herzstärkung,  fÄetf  4, 2,1261 
und  magenstärkung  theil  6, 1441. 

ST.\RKUXG.SBUCH ,  n..-  ihre  {der  franz.  revolution) 
folgen  gewähren  einen  eben  so  reichen,  wo  nicht  reichern 
{stoff),  denn  sie  {die  Schriftsteller)  können  jetzt  so  gar 
erbauungs-,  trost-  und  st.Hrkungsbücher  in  allen  formen 
über  dieselbe  schreiben.  Klinger  11,  321. 

STÄRKUNGSKRAFT,  /..-  schon  da  alle  mal  zwei 
kriegende  Völker  mit  ein  ander  die  s tä*rkungkraft 
des  krieges  theilen,  so  musz  doch  etwas  anders  als  die 
gemeinschaftliche  Stärkung  den  ansschlag  des  sieges 
geben.  J.  Y'KVi.Zi,b  {friedenpredigt). 

STÄRKUNGSKCGELCHEN,  n.,  tcie  stärkungspille:  vor 
der  henne  kniete  ein  feines  kind  mit  flügeln  von  edel- 
steinen;  es  hielt  in  der  einen  band  eine  schale  voll  der 
köstlichsten  stärkungskügelchen,  in  der  andern  eine  schale 
voll  baisam  von  Mekka.  Brentano  5, 105. 

STÄRKUNGSMAHL,  n.  mahl,  zur  Stärkung  eingenommen. 
Campe; 

und  müde  waller  zu  verjüngen, 

ist  nichts  geschickter,  als  bei  einem  stärknngsmahl 

ein  unterhaltend  gegentlber.    Engelschall  ebenda. 

STÄRKUNGSMITTEL,  n.  mittel,  toelehes  zur  Stärkung 
hilft  {s.  Stärkung  l),  gleichbedeutend  mit  Stärkung  2:  den 
gebrauch  auflösender  und  abführender  mittel  solange 
fortzusetzen,  . . .  um  hernach  desto  sicherer  das  werk 
{der  heilung)  mit  Stärkungsmitteln  krönen  zu  können. 
Bürger  ftrie/e  4, 240(l4.»i^>2: 1794)  Strodfmann ;  und  müssen 
denn  diese  armen  nicht  aus  dem  körper  und  dessen 
tärkungmitteln  zu  viel  machen,  da  ihre  ernährung 
on  seiner  abhängt.  J.  Paul  18,  43  {palingenesien  l);  in 
gener  per.son  .  .  .  hatte  sich  frau  Adelheid  auf  den  weg 
um  siechenhause  gemacht.  Stärkungsmittel,  kühlende 
Säfte,  deUcatessen  aller  art  folgten  im  überflusz.  Raabe 
achiiddentmp  2,  67; 


STÄRKUNGSPILLE— STAROSTEI    910 

wofür  du  selbst  (Galen)  in  hundert  saften, 
tind  ausgekochter  kräuter  kräften, 
kein  Stärkungsmittel  ausgespürt. 

Gottsched  ged.  2,  75 ; 
{Pythagorat.)  der  wohl  wuszte  zu  reden  und  doch  im  schweigen 

das  gröszte 
Stärkungsmittel  zur  ruh  und  zur  Zufriedenheit  fand. 
Herder  26,  39,  8  Redlich. 

STÄRKUNGSPILLE,  /.   den   kranken  körper  stärkende 
pille.    vgl.  oben  stärkungskügelchen. 
STÄRKUNGSREICH,  adj.  .- 

die  stärkungsreiche  quelle  stählt 
die  nerven.    Bürde  bei  Campe. 

STÄRKUNGSSYSTEM,  n.  in  der  medicin  •  ärzte  sowohl 
als  freunde  verlangten,  ich  solle  mich  in  ein  bad  be- 
geben, und  ich  liesz  mich,  nach  dem  damaligen  stärkungs- 
system,  um  so  mehr  für  Pyrmont  bestimmen,  als  fbh 
mich  nach  einem  aufenthalt  in  Göttingen  schon  längst 
gesehnt  hatte.  Göthe  31,  96  {tag  und  jahreshefte). 
STÄRKUNGSTRANK,  m..- 

kein  Stärkungstrank  von  ausgepreszten  kräutem, 

kein  lebensbalsam  hilft.    Bürde  bei  Campe; 

dein  wort,  herr,  ist  die  rechte  lehr,  .  . . 

ein  Stärkungstrank 

wenn  wir  uns  krank 

an  seel  und  eeist  befinden. 

hannov.  gefangb.  191, 1  (r.  1714). 

STARKVERSCHULDET,  adj.  mit  schulden  überladen: 
sie  bewirkt,  . . .  dasz  England,  wie  bei  starkverschuldeten 
menschen  zu  geschehen  pflegt,  zur  stumpfsten  resignation 
niedergedrückt  ist  und  sich  nicht  zu  helfen  weisz.  Heine 
Z,i6i.  Elster  {englische  fragm.);  starkverschuldeter  hof. 

STÄRKWASSER,  n..-  kraft  sive  starkwasser,  aqua 
magnanimitatis  restaurans.  Stieler  2444;  stärckwasser, 
aqua  magnanimitatis.  Woyt  74;  stärckwasser  {epilep- 
tischen) auf  die  pulsz  zu  binden.  Coler  2,103'';  bildlich: 
so  tuht  man  nicht  bässer,  als  dasz  si  {die  freundschaß) 
man  mit  den  kräftigen  stärk-  und  fruchtwassern  einer 
sonderlichen  libesbezeugung  gleichsam  begühsse,  und  sie 
solcher  gestalt  zum  fölligen  wachstume  ßihig  mache. 
Zesen  adr.  Sosemund  3  netidr. 

STARKWOHLGEDEIHUCH,  orf;..-  anmerkung  zu  stark- 
wohlgedeilicher  Viehzucht.  Butschky  hochd.  kanz.  442. 
tcol  scherzhaft  zusammengezogen  aus:  bey  starker,  wohl- 
gedeilicher  zucht.  ebenda. 

STARKWOLLEND,  adj.  mit  starkem  wollen  ausgestattet: 
es  war  viel  von  dem  einfluss  eines  so  groszen,  stark-, 
kühn-,  und  schnellwollenden  monarchen  für  sie  {die 
Jesuiten)  zu  erwarten.  Klinger  li,  92. 

STARK  WÜRZ,  /.  nach  C.\mpe  twi  salzburgischen  ein  name 
der  schxcarzen  nieszicurz  {helleborus  niger),  ebenso  im  ZiUer- 
thal.  Pritzel-Jessen  179. 

STARNITZ,  n.  düte,  im  steirischen.  ünger-KhullSTO». 
aus  ital.  scarnuzzo. 

STARNITZEL,  n.,  deminut.  zu  dem  vorigen,  statt  de» 
geicöhnlicheren  scharnützel  th.  8,  2212:  bair.  st&rnizl,  stänizl 
ScHM.  2,783  und  steirisch  l)  wie  das  vorige.  Schm.  2,783; 
Unger-Khull  570»;  willstu  aus  diesem  papier  ein  star- 
nizl  machen?  Abr.  a  S.  Clara  bei  Schöpf  592.  2)  kelch- 
becher  in  dittenform.  ünger-Khull  a.  a.  o.  dazu:  star- 
nitzelblume, /.  ebendort  benennung  von  Schlangenkraut, 
richardia  aethiopiea  und  calla  palustris,  ebenda,  star- 
nitzelglas,  n.  glas  in  diitenform  {vgl.  oben  starnitzel  2) 
belegt  1668.  ebenda,  starnitzelsieb,  n.  küchensieb  in 
diitenform.  ebenda. 

STAROST,  m..  aus  polnisch-russisch  starosta.  eigentlich 
'der  alte,  älteste',  zu  altslav.  star»  'alt',  dann  vornehmer 
mann,  tcelcher  regierungsgeschäfte  besorgt  und  gericht  hält: 
bauemältester.  landeshauptviann,  Statthalter,  starost  {plur. 
starosten),  capitanetts  polonus.  praefectus  urbium  Poloniae- 
Steinbach  2, 685;  starosten,  beamte  der  kröne  Polen  in 
einem  bestimmten  distrikte.  tceUhe  polizei  und  stetiern  ver- 
walteten. Frischbier  2,363»,  der  auch  auf  die  etymologie 
hintceist.  ein  staroste  da;  ist  der  edelste  in  dem  dorfe. 
Volkmann  poZn.  rec7j<  10;  so  stünds  schlecht  um  die 
Physiognomik,  wenn  man  nicht  einen  fürsten,  arzt,  Juden, 
Türken  . .  .  starosten  u.  s.  w.  aus  der  physiognomie  er- 
kennen könnte.  MusÄus  physiogn.  reisend,  99. 

STAROSTEI,  /.  1)  bezirk,  welchen  ei  n  starost  vericaltet 
starostey  Frisch  2,  320**.    Adelung.    Frisc  iiniER  2,  363»; 


911 


STAROSTEILICH— STARR  (1. 1) 


STARR  (I,  1) 


912 


in  der  kühnen  Voraussetzung,  nach  und  nach,  erst  diese, 
dann  jene  angränzende  starostei,  oder  diesen  oder  jenen 
pasz  in  das  oiTne  land  an  sich  zu  ziehen.  Thümmki.  reise 
3,228. 

2)  loürde  eines  starosten.  Campe. 

STAROSTEILICH,  adj.  einem  starosten  zukommend  oder 
gehörend.  Campe. 

STAROSTIN,  /.  diefrau  eines  starosten:  starostinn  Ade- 
lung. 

STARR,  adj.  rigidxis,  horridtts,  stupens,  attonitus.  erst 
nJul.  in  dieser  form  erscheinend;  inhd.  dafür  nur  starr, 
sterre.  vgl. :  diu  slang  ist  unpiegleich ,  wan  si  ist  so 
starr,  daj  si  sich  niht  gepiegen  mag.  Meoenberg  267, 1.5; 
eine  form.,  die  sich  in  oberdeutschen  dialecten  bis  heute  er- 
füllten hat;  vgl.  bair.  sterr  neben  starr  Schm.''  2,  775; 
tirol.  stär  Schöpf  700,  und  ans  der  sich  nhd.  stier  («.  u.) 
enttcickelte.  tcahrscheinlich  hat  sich  aber  in  starblind 
{sp.  264),  ahd.  staraplint,  starablint,  mhd.  starcblint,  unser 
inort  als  erstes  glied  der  zusaTnTnensetzuiig  erhalten  und 
beioeist  auch  ohne  andere  Zeugnisse  sein  höheres  alter. 
über  die  beziehung  zu  stark ,  soicie  seine  sonstige  etymo- 
logische Verwandtschaft  siehe  starren,  verb. 

I.  starr,  erstarrt,  steif,  emporstarrend. 

l)  in  eigentlicher  bedeutung : 

o)  vom  menschlichen  oder  thierischen  körper  und  seinen 
theilen : 

n)  so  sind  alle  die  wünsche  und  hoffnungen  meines 
lebens  erfüllt!  so  kalt,  so  starr  an  der  ehernen  pforte 
des  todes  anzuklopfen.  Gör  he  16, 189  {Werthers  leiden); 
bildlich  von  einer  zerstörten  stadt: 

{Ilion,)  ein  riesenleichnam,  starr  nach  langer  quäl. 

41,  162  {Fawt  II,  2). 

starre  glieder,  membra  rigentia.  Ste inijach  2,  685;  die 
glieder  wurden  starr,  membra  rigescebant.  686;  starre  füsze, 
pedes  torpore  hebetati.  685 ;  die  im  letzten  krampf  {des  todes) 
starr  und  steif  gewordenen  arme  klemmten  sich  zwischen 
den  leisten  der  seitenwände  des  schwarzen  wagens.  Raabe 
schüddertimp  1,  66; 

die  faust  war  starr  und  starr  das  blut, 
die  lippe  war  stolz  gebäumt. 

Strachwitz  gcd.  93   Weinhold; 
jetzt  liegt  er  {Rolre*  Kargten  1437)  still  im  sarg  auf  niederm 

schrägen  — 
auf  seiner  'brüst  das  schwert  in  starrer  faust. 

Eelbo  Dithmarschen  36. 

al»  Wirkung  der  kälte:  starr  von  kälte,  gelato,  assiderato 
di  freddo.  Kramer  dict.  2  (1702),  911'';  der  leih  wird  durch 
die  kälte  starr,  vis  frigoris  corpus  adstringit.  Steinbacii 
2.686; 

ihm  {dem  Jäger)  war  es  eine  Kleinigkeit,  stockstill,  auf  starren 

zehn, 
wenn  gleich  von  eis  ihm  hart  und  locken  klangen,  .  . . 
drey  nachte  lang  im  ferst  zu  stehn, 
um  mir  ein  kleines  reh  zu  fangen. 

GöKiNGK  2, 116  (an  den  könig  von  Siam); 
drfiben  hinterm  dorfe 
steht  ein  leiermann, 
und  mit  starren  fingern 
dreht  er,  was  er  kann. 

W.  MCi-i.KK  ged.  1  (1868),  58. 

von  dem  (ßteifen)  pferdefusz  des  tetifels: 

zu  schwerer  busze 

mit  starrem  fusze 

kommt  er  (UephUtopheUn)  geholpert, 

einher  gestolpert; 

er  schleppt  das  bein, 

wie  wir  ihn  fliehen, 

uns  hinterdrein.    Oötiib  41, 148  {Faust  II). 

von  einer  tehtmugeren: 

aaf  rrOner  matt«  aasz  sein  weih ; 

das  Kind  in«  gros  gelegt, 

MM  sie  und  schaut'  mit  starrem  leib 

hinüber,  «nbewegt.    Krli.kr  lo,  136  (ArolHd). 

•tarre»  mannsglied,  easto,  ritto,  rigide,  dnro.  Kmamkh 
diei.  1  (1702),  91li>.  tUa  aumiruek  der  unbetoeglichkeit.  so  von 
tinmn  »alutierenden  Soldaten : 

der  recke  lieas  erklirren  den  slarron  ricsonleib, 
der  schlanke,  der  blanki>,  der  schwere  kUrassier. 

KKi.t.RR  10,  4H  (küra**irr) ; 
v^- :  starr  im  sattel  wie  ein  bild  von  stein 

•aas  der  fOrst      Kii.bo  lUthmamchen  14. 

/Ä)  twi  struppigem,  ungelocktem  haar:  sie  strich  dem 
kleinen   Über  das  starre,   helle  haar  und  sagte,    mir  ist 


er  hübsch  genug.  Fhen.ssen  Jörn  Uhl  3.  vgl. .-  das  lange 
.  .  .  haar  hing  wild  und  starr  um  sein  gelblich  bleiches 
angesicht.  Wölkte  6,50.  doch:  {an  einem  pferdekopf  von 
erz)  der  prächtige  stirnknochen ,  die  schnaubende  nase, 
die  aufmerkenden  ehren,  die  starre  mahne !  Göthe  26,  229, 
jubiläuTnsausg.,  wo  die  unter  l,  e  erwähnte  gebraucfisioeise 
wol  wirksam  gewesen  ist. 

y)  starres,  geronnenes  blut;  das  gefühl  des  lebens  schien 
mir  entflohen  —  ich  sank  in  der  dunkelheit  hin  —  mein 
angesicht  voll  starren  bluts,  meine  bände,  mein  gewand 
voll  starren  bluts.  Ki,inger4,  33  {Raphael  de  AquiUas 
1,3);  s.  auch  den  beU.g  Act  Strachwitz  oben  \,a,  a.  vgl. 
als  ähnlich: 

und  der  Jüngling,  der  dies  kind  geworden, 
schlägt,  von  armuth  hart  bedrängt  und  rohheit, 
einst  ein  äuge,  das  vor  starren  thränen 
deine  steme  längst  nicht  mehr  gesehen, 
auf  zu  dir. 

Hebbel  6,  288  (dem  nchmerz  tein  recht  1)  Werner. 

S)  starre  nerven,  »icrvi  obstupefacti.  Steinbach  2,  685. 

b)  von  öder  untoirtlicher  landschaft,  eine  gebraxichsxoeise, 
die  viel  ursprüngliches  bergen  mag  und  nicht  atrf  bloszer 
Übertragung  des  gebrauches  tinter  a)  zu  beruhen  braucht: 

bis  an  die  letzte  grenze  selbst 
belebter  Schöpfung,  wo  der  starre  boden 
aufhört  zu  geben. 

Schiller  14,  319  (Wühdm  Teil  2,  2). 
(im  bilde:) 

ihr  (denker)  jätet  dorn  und  distel  aus 
und  pflügt  den  starren  acker  um! 

Keller  10,  41  (denker  u.  dichter). 

c)  starr,  von  eis  starrend,  evng,  kalt:  denn  es  war  sehr 
kalt,  der  wind  blies  stark  aus  norden,  die  erde  war  mit 
Schnee  bedeckt,  die  brunnen  von  eiszacken  starr.  Wie- 
land Ltician  3, 16; 

nun  reifen  fremde  saaten  für  ihn,  wenn  früh- 
erwacht der  winter  auf  dem  gebirge  sich 
ausstrecket,  und  von  starrer  schulter 
glänzende  flocken  in  thäler  schüttelt. 

Stolbero  2,  105. 

auch  in  dem,  folgenden  bilde  versteckt: 

wie  der  sonne  strahl  im  lenze  gleich  der  goldnen  beldenlanze 
eines  flusses  panzer  sprenget  und  die  wogen  wärmt  mit  glänze: 
also  sprengt  dein  augenstrahl  meines  berzens  starre  rinde. 

W.  Müller  ged.  (1868)  1, 156. 
starrer  wind  u.  s.  w.: 

vor  seinem  (des  »ttirme»)  starren  wOthen 
streckt  der  schitfer  klug  die  segel  nieder, 
mit  dem  angsterfüllten  balle  spielen 
wind  und  wellen.     Göthe  2,  76  (ne^ahrt); 
gurgelnd  um  die  knechte  quillt  die  see, 
saust  der  starre  wind  und  stiebt  der  schnee. 

Eblbo  Dithmargchen  81. 
sogar:         beichte  will  er  in  der  kalten 

einsam  starren  mondnacbt  halten. 

J.  MOPRN  1  (1863),  62. 

d)  allgemeiner  'fest'  im  gegensatz  zu  'flüssig'  u.  ä.,  be- 
sonders in  philosophischer  spräche:  ein  fester  —  besser 
ein  starrer  körper  {corpus  rigidum)  ist  der,  dessen  theile 
nicht  durch  jede  kraft  an  einander  verschoben  werden 
können,  die  folglich  mit  einem  gewissen  von  kraft  dem 
verschieben  widerstehen.  Kants,  518;  vgl.:  starre  körper 
nennt  Kant  die  nicht  flüssigen,  die  man  sonst  feste  oder 
trockne  nennt.  Hugo  nafrtrrecht  {iSi9)  b&;  ähnlich  subst.: 
die  Skulptur  und  die  musik  stehen  sich,  als  entgegen- 
gesetzte härten,  gegenüber,  die  maierei  macht  schon  den 
Übergang,  die  sculptur  ist  das  gebildete  starre,  die  musik 
das  gebildete  flüssige.  Novai.i.ss,  4  Wille,  insofern  Kpi- 
kuros  . .  .  das  urwescn  als  starre  materio  faszt  und  diese 
nur  durch  mechanische  Verschiedenheiten  in  die  mannioh- 
faltigkeit  der  dinge  überführt.  Mommskn  röm.geseh.  ä,  4i:i. 
ähnlieh  uml  die  folgrnde  .ttibat.  veneendung: 

und  umziischnlTen  das  gescbadhe, 
damit  Hiebs  nicht  7iini  starren  waflhe, 
wirkt  ewige«,  Iplx'iuligos  thun. 

(iOriiB  3,  89  (ein*  und  alle*); 
such«  nicht  verborgne  weihe ! 
unterm  srhieier  lass  das  starret 
willst  du  leben,  rulrr  narre, 
sieh  nur  hintor  dich  in's  freie. 

47,  150  (Ufuitm.  dir  Inirtf  der  Natur  etdhiiUend\ 

e)  emporstarrend  ■ 

a)  iHtn  felsen  ■  ich  aber  weist  ein  viel  hcklagenswerterp^ 
weib.  das  an  den  starren  folscn  gcHchmiedet  und  von  den 
krallen  einet  feuerspeienden  drachen  zerfleischt,  den  vom 


913 


STARR  (I,  1-3) 


Starr  (L,  3. 4) 


914 


himmel  gesandten  retter  mit  Sehnsucht  erwartet.  C.  F. 
Meyer  Jeimtsch  121 ;  die  starrste  felsweit  und  der  wildeste 
kämpf  zwischen  wasser  und  fels  auf  der  strecke  von 
Goschenen  bis  zum  Urner-Loch.  Vischer  auch  einer  l,  70; 

halte,  halte,  ach  ich  gleite ! 
doch  der  starre  felsenschlund 
blühet  mir  zu  deiner  seite 
wie  ein  duft'per  wiesengrund  ! 

Brent.\no  3,  366 ; 

vgl.:  da  kam  ein  furchtbares  gewitter;  weiszgraue  wölken 
stiegen  starr  wie  felsen  im  osten  auf  und  bald  hörte  man 
zwischen  den  donnerschlägen  das  prasseln  des  hageis. 
\V.  H.  RiEHL  geschickten  i,  38.    auch  • 

von  auszen  schaut  sie  (die  bürg)  I  himmelan  sie  strebt  empor, 
so  starr,  so  wohl  in  fngen,  spiegelglatt  wie  stahl. 

GÖTHK  41,  203  {Fauft  II,  3). 

ß)  im  gegentheil ,  es  ist  {der  weg  der  fügend)  ein  schmaler, 

rauher  steg, 
voll  starrer  hecken  ohne  rosen. 

WiKLAND  10,  257  {Kombdbut  36); 

vgl. :    (ihr)  sprengt  den  entlaubten  eichenschafl, 
der  starr  und  dürr  am  wege  steht. 

Keli.£&  10,  41  (denker  a.  dichter). 
starrer  lorbeer: 

hier  aber  ward  ein  groszes  beispiel  durchgekämpft: 

wie  sich  gewalt  gewaltigerm  entgegenstellt ;  .  .  . 

der  starre  lorbeer  sich  ums  hanpt  des  herrschers  biegt. 

GöTHE  41,  113  (Fatist  II,  2). 

zugleich  unter  einflusz  von  i,a,  a  als  ausd)-uck  des  in  der 
Daphne  erstarrenden  lebens  .- 

da  rief  sie  (Daphne) :  rettet  mich,  ihr  gStter ! 
die  thörin  die ! 

Zeus  winkte,  starre  lorbeerblätter 
umflogen  sie.    Hölty  4  Halm. 

f)  starre  goldstickerei,  starre  seide: 

der  reiche  graf,  des  fürsten  erster  diener,  .  . . 
trägt  schon  ein  kleid  von  starrem  golde  schwer. 

Glbim  1,281; 
denn  dir  die  grillen  zu  verjagen 
bin  ich,  als  edler  Junker,  hier, 
in  rothem,  goldverbrämtem  kleide, 
das  mäntelchen  von  starrer  seide. 

GöTHK  12,  73  (FawA  I). 

2)  hart,  unbeugsam,  eigentcillig,  störrig,  widerspenstig; 
vgl.  oben. 

a)  der  eigentliche  herd  dieser  bedeutungsenttcicklung  liegt 
in  tcendungen  icie:  ein  starrer  köpf,  testa  incordata  eioe 
ostinata,  inßessibile,  salda.  Kramer  dict.  2  (1702),  911'';  ein 
starrer  nacken,  cervix  rigida.  Steinbach  2,685; 

heiszer  wird  mir  jährlich  das  herz,   und  starrer  der  nacken 
gegen  jegliches  joch.    Stolberg  1,  364. 

b)  starrer  sinn: 

dein  starrer  sinn  will  sich  nicht  beugen ; 
bedarf  es  weit'res,  dich  zu  überzeugen? 

GÖTHB  41,  149  (Fautt  II,  2); 
ich  will  ihn  brechen  diesen  starren  sinn, 
den  geist  der  freiheit  will  ich  beugen. 

Schiller  14,  399  (l}'i7Ä.  Teil  4,  3). 

dagegen  in  dem  sinne  'leblos':  der  starre  sinn  der  alten 
Universitäten.  Ranke  i,  274. 

c)  starres  herz: 

mutter,  du  böse  mutter,  wie  starr  dein  herz  und  gefühllost 
Voss  Odytfee  23,  97 ; 
der  glimmende  funken  in  Dithmarscherland  — 
wie  Martin  Luther  verkündet  — 
ist  aufgelodert  zu  mächtigem  brand, 
hat  die  starren  herzen  entzündet. 

Eblbo  Dithmnmchen  103. 

doch  starre  seele  folgt  mehr  der  bedeutung  unter  2 : 
starr  ist  vor  schrecken  meine  ganze  seele ! 

Kleist  1,  288  f;.  Schmidt  (Amphitnjon  3,  5). 

3)  entsprechend  auch  von  personen: 

a)  hervorgehend  atis  der  Verwendung  unter  8  'verschlossen, 
hartnäckig  auf  eigener  m^nung  bestehend,  sich  fremden 
einßüssen  entziehend,  zugleich  mit  harte  und  schärfe'. 

o)  denn  wir  sollen  .  . .  nicht  vergessen  der  wolthaten 
gottes,  sonst  werden  wir  undanckbar,  hart  und  starr,  das 
wir  weder  verheiszungen  noch  drewung  achten.  Luther 
88, 660, 15  Weim.ausg. ;  gewohnheit,  jugendliche  eindrücke, 
achtung  für  vorfahren,  abneigung  gegen  den  nachbar 
und  hunderterlei  dinge  sind  es,  die  den  besitzer  starr 
und  gegen  jede  Veränderung  widerwillig  machen.  Göthk 
28,156  {W.  Meisters  tranderj.  3);  alle  bekehrungsversuche, 
wenn  sie  nicht  gelingen,  machen  denjenigen,  den  man 
mm  proselyten  aasersah,  starr  und  verstockt.  26,  261 
X.  k. 


(dichtung  u.  xcahrheit  14);  am  wirf  hatten  sie  nicht  viel 
zu  betrachten,  der  Manz  war  ungelenk,  starr,  unfreund- 
lich und  melancholisch  und  wuszte  sich  gar  nicht  zu 
benehmen.  Keller  4,  lOO  (Romeo  u.  Julia);  aber  der  mann, 
welcher  vordem  so  weich  gewesen,  war  nun  in  dem- 
selben masze  hart  und  starr,  er  beantwortete  die  briefe 
nicht.  W.  H.  Riehl  geschickten  6,95;  in  der  einsamkeit 
bin  ich  wunderlieh  und  starr  geworden.  Frenssen  Jörn 
Uhli2ö. 

ß)  bei  der  gewählten  sache  bis  zuletzt  ausharrend,  nicht 
vom  platte  wankend :  Götz  {allein),  okaiserl  kaiser!  räuber 
beschützen  deine  kinder.  {man  hört  scharf  sehieszen.) 
die  wilden  kerls,  starr  und  treu!  Göthes,  150  {Götz  von 
Berlichingen  5).  doch  nur  in  dem  sinne  von  'unbeiceglieh, 
sich  thatenlos  nicht  von  der  stelle  rührend': 

was  stehn  so  starr  die  königlichen  beere? 
ruft  Sturm !     Shakespeare,  könig  Johann  2,  2. 

v)  und  wer  mich  nach  meinen  werken  für  liebenswürdig 
hielt,  fand  sich  sehr  getäuscht,  wenn  er  an  einen  starren 
ablehnenden  menschen  anstiesz.  Göthe  26, 269  {dichtung 
und  irahrheit  14) ;  mit  dem  berühmten  Schnorr  war  ich 
auch  mehrere  mal,  einem  sehr  starren,  frommen  Prote- 
stanten, der  in  Rom  der  neupreuszischen  liturgiekapelle 
vorstand,  und  ihr  eigentlicher  halt  war.  Brent.\xo  9,219; 
die  starrsten  aristokraten  sind  froh,  wenn  sie  gelegenheit 
finden  zur  herablassung,  denn  dadurch  eben  fühlen  sie, 
wie  hoch  sie  gestellt  sind.  Heine  3,  236  (rewe&iWer  3);  er 
war  ein  strenger,  starrer  mönch,  fanatisch  und  herrsch- 
süchtig und  um  siebenhundert  jähre  zu  spät  auf  die  weit 
gekommen.  W.  H.  Ri eh  i.  geschickten  i,  301;  die  haltung 
eines  warmfühlenden  aber  doch  etwas  starren  belgischen 
Patrioten,  hist.  polit.  Matter  (i899)  123,  4,  242. 

b)  starr,  durch  irgend  eine  gefühlserregung  überrascht, 
unbeiceglieh,  icie  versteinert  u.  s.  w. 

a)  mit  angäbe  des  grundes:  Jeronimo  Rugera  war  starr 

vor  entsetzen.  Kleist  3,  297  E.  Schmidt  {erdbeben  in  Chili); 

doch  da  Elvire,  starr  vor  entsetzen,  wie  ihre  zunge  war, 

nicht   sprechen  konnte.  364  (ßndling);    herr  Milett   war 

starr  vor  schrecken.  W.  H.  Riehl  geschickten  1,203; 

Bemardo.  siehts  nicht  dem  könig  gleich?  schau's  an,  Horatio. 

Horatio.     ganz  gleich ;   es  macht   mich  starr  vor  furcht  und 

staunen.    Shakespeare,  Hamlet  1, 1. 

anders:  da  liesz  er  {der  scholarch)  das  buch  starr  vor 
Verwunderung  auf  den  tisch  fallen.  W.  H.  Riehl  ge- 
schickteti  1,  440;  ich  prallte  zurück,  starr  vor  staunen  4,305; 
anders:  Gerbot,  starr  über  solche  Unersättlichkeit,  hatte 
ein  strafendes  wort  auf  der  zunge.  4,  45. 

ß)  okne  solcke  angäbe:  Ferdinand  (starr  und  einer  bild- 
säule  gleich,  in  langer  pause  hingewurzelt,  fallt  endlich 
wie  von  einem  donnerschlag  nieder).  Schiller  3,  503 (ÄaÄ. 
u.  liebe  5,  7  scen.  bem.);  die  marquise  stand  starr  über  ihm, 
und  sagte :  'ich  werde  wahnsinnig  werden,  meine  matter'. 
Kleist  3,  291  E.  Schmidt  {marquise  von  0.). 

c)  zur  begrifflicken  steigerimg  in  allitterierender  Verbin- 
dung mit  einem  andern  adj.  • 

a)  entspreckend  der  bedeutung  unter  a:  wenn  ihr  andern 
ernsthaften  herren  nur  nicht  so  starr  und  steif  wäret, 
nicht  gleich  einen  jeden,  der  sein  änszeres  bedenkt,  für 
eitel  erklären  und  euch  dadurch  selbst  die  freude  ver- 
kümmern möchtet,  in  gerälliger  gesellschaft  zu  seyn 
und  selbst  zu  gefallen.  Göthe  22, 41  (W.  Meisters  tcander- 
jahre  2).    f^^.- 

bewundem  sie  die  glatten  buchenwände, 

der  bäume  langes  zeremoniell, 

die  starr  und  steif,   und  zierlich  wie  sein  (de*  könig»)  hof, 

in  trauriger  parade  um  mich  gähnen. 

Schiller  5,  1,  33  (dorn  Kario»  8,  4). 

ß)  entsprechend  der  bedetttung  unter  b:  der  sasz  stumm 
da,  .  .  .  von  der  neuen  sorge  starr  und  still  geworden. 
Frenssen  Jörn  Uhl  281.  vgl.:  starr  und  stumm  hatte 
der  Jude  die  erzählung  des  augustinerpaters  angehört. 
Hal'Srath  pafer  Matemus  230; 

dann  ward  ich  starr  und  steif  (vor  entsetzen)  und  konnte  kaum 
ein  glied  noch  rühren. 

Hebhbl  2, 120  Werner  (trauerspid  in  SiciUen  7). 

4)  von  abstrakten  dingen  und  ver Mitnissen. 

a)  sieh  fortenticickelnd  aus  3,  b,  so  von  menschlicher 
gefühlserregung ,  tco  aber  ein  einflusz  von  starr  11  nicht 
zu  verkennen  ist:  dem  starren  schweigen  im  hofe  folgte 

58 


915 


STARR  (I,  4.  5) 


STARR  (I.  5.  II.  1.  2) 


916 


wilde  bewegung,  racheruf  und  geschrei.  Freytag  8, 103 
(flÄn«n  1,1,6);  dann  hörte  er  mit  starrem  staunen  den  evo- 
lutionen  des  schrecklichen  gewitters  zu  und  schickte  dem 
abgehenden  einen  langen,  verwirrten  blick  nach.  Vischer 
auch  einer  i,3'i:  als  ihr  eines  tages  ein  zahn  ausfiel  — 
er  polterte  bei  tische  auf  ihren  teller  nieder  und  war  zu 
meiner  starren  Verwunderung  kein  leibhaftiger,  sondern 
ein  eingesetzter  zahn.  Marlitt  heidepriiizeszchen  34;  'jetzt 
verstehe  ich  das  lied',  sprach  er  dann  mit  der  leisen 
stimme  des  starren  Schreckens.  W.  H.  Riehl  ge.tchichten 

*>  *^'  aber  der  alte 

senkte  den  blick  tiefsinnig,  und  sasz  in  starrer  betäubung, 
wie  wenn  er  predigen  sollte,  das  herz  voll  worte  des  himmels. 

Voss  1,48  {Luise  1); 
wie  die  kühne  that  gelang, 
weisz  ich  nicht,    in  starre  Ohnmacht 
war  ich  zagend  hingesunken. 

Grillparzer«  3, 17  (^ahnfrau  1). 

b)  sich  ergebend  aus  3,  a. 

a)  die  jüdische  religion   wird  immer  einen  gewissen 
starren  eigensinn,   dabei  aber  auch  freien  klugsinn  und 
lebendige  thätigkeit  verbreiten.  Göthe6,  44; 
verkümmerte  dir  nicht 
dein  einz'ger  söhn  durch  rohes,  wildes  wesen, 
Verworrenheit,  Verschwendung,  starren  trutz 
dein  reiches  leben,  dein  erwünschtes  alter? 

9,  2.51  (nntvrlicM  lochter  1,  1); 

'vde  können  wir  unsere  wähl  denn  anders  rechtfertigen 
als  durch  die  standhaftigkeit,  mit  welcher  wir  den  armen 
menschen  die  treue  halten?'  'da  haben  wir  den  starren 
wahn!'  dachte  Salander.  Keller  8, 123  (Saianiier  8). 

/3)  es  ist  zwar  diesz  (die  Zersplitterung  eines  groszen 
unsichtbaren  kreises  der  nation)  die  alte  geschichte,  die 
sich  bei  erneuerung  und  belebung  starrer  stockender 
zustände  gar  oft  ereignet  hat.  Göthe31,39  (tag-  und 
Jahreshefte  i'idi);  trotz  der  hauptlüge  .  .  .  ward  sie  selbst 
auch  immer  besser,  während  sie  doch  nur  so  eifrig  sich 
bezwang,  um  im  starren  bann  der  sitte  als  wirklich 
reiches  und  vornehmes  mädchen  zu  bestehen.  W.H.  Riehl 
geschickten  i,  bl;  starre  regel,  die  keine  ausnähme  zuiäszt; 

mit  starrer  gesetzlichkeit  stürmst  du  mich  an, 
und  achtest  für  nichts  die  unendliche  macht, 
die  mich,  den  glUcksel'gen,  in's  elend  gebracht. 

GöTUE  40,  396  (Pandora) ; 
elelch  dem  fertigen  Schmetterling, 
der  aas  starrem  puppenzwang 
flügel  entfaltend  henendig  schlüpft. 

41,231  {Famt  11,3); 
weiszt  du  was  sterben  ist?    vermag 
dein  junges  herz  den  starren  sinn  zu  fassen? 

Fulda  talinman^'^  123. 

c)  starre  Schönheit,  lool  mit  der  begriffsfärbtmg  'frostig, 
eisig,  kalt':  er  (der  junge)  war  von  einer  besondem,  etwas 
starren    Schönheit.    Kleist  3,  360  E.  Schmidt   (ßndling). 

^ff'"'  frauenschönheit  will  nichts  heiszen, 

ist  gar  ZQ  oft  ein  starres  bild. 

GÖTHE  41,  180  (Fatuit  II,  2). 

d)  in  einer  neuen,  seltsamen  bildlichkeit :  das  sind  ihre 
tbränen  nicht  —  nicht  jener  warme  wollüstige  thau,  der 
in  die  wunde  der  seele  balsamisch  flieszt,  und  das  starre 
rad  der  emptindung  wieder  in  gang  bringt.  Schiller 
S,  SOG  (kab.  u.  liebe  5,  7). 

6)  in  adverbieller  Verwendung. 

a)  leblos,  unbeweglich,  erstarrt  u.  a.  w.:  ol  wenn  da  diese 
herrliche  nator  so  starr  vor  mir  steht,  wie  ein  lackiertes 
bildchen.  Göthe  16,  \?io  (Werthers  leiden) ;  ich  war  jetzt,  da 
ich  und  die  braut  eben  nicht  so  gar  weit  gen  ßindlooh 
hatten,  wo  ich  absteigen  wollte,  weil  ich's  für  unschick- 
lich hielt,  mit  der  vorlohten  starr  und  aufrecht  unter 
das  Bayreuther  thor  zu  fahren.  J.  Paul  4,29  (Quintus 
Fixlein);  die  mHnncr  eilten  die  stcintrcppe  hinab,  frau 
Gisela  lauschte  starr  nach  getöse  und  fall  am  fusz  der 
treppe.  Frkytao  8, 14«  (atmen  1,1,8); 

da  (in  der  zu-djten  Ktunde  der  nnchl)  ging  ein  altei  weib 

in  ainam  hohlen  wege, 
•in  andrw  weib  kam  in  dem  weg'  heran, 
die  thoren  nahen  «ich  fDr  zwei  geepenster  an, 
■ad  atandftn  Htarre  da,  als  ob  sie  siulen  wircn. 

LinrrwER  4«  {fabeln  a,  8); 
ia  4er  clause  lag  ein  fclHMotk  .  . 
daru  starr  oad  ttu  hweigend 

MUK  ein  nun  aU  '  fe. 

.^  ',  116  ((n>MfM«r  10). 


b)  entpr eckend  1,  c,  im  bilde: 

vor  ihrem  blick,  wie  vor  der  sonne  walten, 
vor  ihrem  athem,  wie  vor  frühlingslüflen, 
zerschmilzt,  so  längst  sich  eisig  starr  gehalten, 
der  selbstsinn  tief  m  winterlichen  grUften. 

GÖTHE  3,  27  (elegie). 

c)  ungewöhnlich,  enttprechend  1,/.-  ich  lag  schon  im 
bett  unter  einer  wunderlichen  damastdecke,  die  mit 
Wappen  und  verschlungenen  namenszügen,  und  ver- 
blichenen rosen  und  jasminranken  ganz  starr  gestickt 
ist.  Bettine  i,258. 

d)  starr  auf  etwas  beharren,  enttprechend  oben  2:  seine 
rechtschaffenheit  zeigte  sich  immer  als  dieselbe,  ja  die 
hokanntschaft  mit  der  weit  mochte  ihn  veranlaszt  haben, 
strenger,  sogar  starrer  auf  seinen  wohlmeinenden  ge- 
sinnungen  zu   beharren.  Göthe  26,94; 

beharre  du  nur  starr  auf  deiner  ersten  bitte, 
und  Juno  selbst  wird  neidisch  auf  dich  schielen. 

Schiller  l,  326  (Semele). 

II.  starr,  starr  blickend,     l)  starres  äuge:  sie  lag,  mit 
starrem,   schon  gebrochenen  äuge,   da,   und  antwortete 
nicht.  Kleist  3, 165  E.  Schmidt  (Kohlhaas) .    ungewöhnlich 
i-tt  die  Übertragung  dieser  gebrauchsweise  auch  auf  den  zu- 
stand des  Schlafens,   doch  wol  durch  die  beliebte  annähme 
des  Schlafes  als  eines  bruders  des  todes  veranlaszt: 
nach  einem  ruthen- 
manövre,  setzt  ein  schulmonarch  sich  nicht 
gelaszner  an  den  pult,  als  er  {.Jupiter)  zur  tafel  kehret, 
und  einen  becher  nach  dem  andern  leeret, 
bis  Morpheus  ihm  die  starren  äugen  bricht. 

Gotter  1,  63  {Jupiter  und  sein  repriisentani). 

starres  äuge,  welclies  mit  Spannung,  vertminderung,  ent- 
setzen oder  ähnlicher  gefühlserregung  blickt:  einen  starr 
ö  mit  starren  äugen  ansehen,  mirare,  guardare,  riguardare 
uno  con  occhi  ßsi,  fermi.  Kram  er  dict.  2  (1702),  911'';  starre 
äugen,  oculi  contenti.  Steinbach  2, 685;  was  dazwischen 
lag,  eine  zeit  der  ruhe  für  jedermann,  wurde  dem  vater 
eine  unendliche  quäl,  wo  er  hundertfach  das  bittere  der 
nächsten  tage  durchmachen  sollte  mit  starrem  äuge  und 
fieberhaftem  pulsschlag.  Fr eytag  7,249  (ver^ÄunrfscÄr. 4, 5); 

in  blicken  redet  er  liebäugelnd  mit  Clariszen, 
die  oft  mit  starren  äugen  an  seiner  weste  hing, 
und  oft  gestöret  wurde,  und  an  zu  husten  fing. 

Dusch  verm.  werke  167; 
sasz  ich  früh  auf  einer  felsenspitze, 
sah  mit  starren  äugen  in  den  nebel. 

Göthe  2, 188  {Amor  als  landschaßsmafder). 

dagegen  7nehr  in  dem  sinne  von  stier:  einer  mutter  war 
ihr  kind  von  den  wichtelmännern  aus  der  wiege  geholt, 
und  ein  wechselbalg  mit  dickem  köpf  und  starren  äugen 
hineingelegt,  der  nichts  als  essen  und  trinken  wollte. 
BRÖDER  Grimm  kinder-  u.  hausmiirrhen  39,3; 

köstlich  ists  —  der  schwinde!  starrer  äugen, 
seiner  {des  Apollo)  tempel  weihrauchduft  zn  saugen, 
stolzer,  kühner  schwillt  die  brüst  — 

Schiller  1,  860  {vorwurf). 

2)  in  einer  fortentimcklung  von  1,  »coi  über  die  adverbidU 
Virwendung  starr  blicken  u.  ä.,  starrer  blick,  spannender, 
staunender,  erschreckter,  entsetzter  u.  s.  w.  blick:  er  zog 
seine  band  aus  der  ihrigen,  indem  er  sie  mit  einem 
starren,  unwilligen  blick  ansah.  Göthe  16, 158  (Werthers 
leiden);  Miller  legt  das  billet  nieder,  schaut  lange  mit 
einem  schmerzlichen  starren  blick  vor  sich  hinaus. 
Schiller  3,  476  (scenar.  bemerk,  «i  kab.  u.  liebe  6,  i);  nein, 
der  starre  blick  (tcie  der  des  thierhändigers')  sagt  dem 
vieh  nur,  dasz  der  mensch  wacht,  auf  seiner  hut  ist, 
und  blick  gegen  blick,  gleich  fix  gespannt,  lauert  es  denn, 
ob  er  sich  einen  augenblick  vergesse.  Virchrr  auch  einn 
1,83;  zu  wollastreichen  phantasie'n, 

zu  freaden,  welche  schöne  neelen 

an  unsichtbaren  ketten  ziehn,  .  .  . 

dasz  ihre  starren  blicke  glänzen 

ihr  buaen  klopft,  die  wange  gloht.    Gottbr  1,  9t ; 

wie  schuppen  (lUlts  herab  vom  starren  blick, 

und  eine  tnr&ne,  von  den  liebesQszen, 

zum  ersten  mal  sie  kehrt  in's  mag  zurOok. 

G/^THK  13.  S86  (EpintetUdeii  tntaehen  l,  1); 

{araj.)  und  noch  haften 

(feine  starren  leirhonblick« 

mir,  gleich  dolchen,  in  dor  bru«l. 

(B^ha,)  meine  blicke? 

Istraf.)      deine  blicke! 

zieh  nicht  staunend  auf  die  augent 

siebst  du  so  I  —  doch  nein  viel  «Lirrer  I 

starr?  —  die  sprach n  bat  kein  wort  I 

Grillparzbr*  8,  II  (a*i04M  1) 


9 1 7  STARR  (II.  2.  3)  —  STARRBLICK 


STARRBLIND  —  STARREN  (A.  1 .  B,  1. 1)      918 


(auch  von  einem  marmorbüd:) 

so  steht  mit  starrem  blick,  der  marmor  aaf  dem  grabe. 

Klopstock  1,89  {köniffin  Lutte); 
(mit  finalem  beistnn .-) 

ihm  (dem  satiberbüd)  zu  begegnen  ist  nicht  gut : 
vom  starren  blick  erstarrt  des  menschen  blut. 

GÖTHE  12,  218  (Faujrf  I) 

bei  dem  anhaltenden  starren  hinsehn  auf  die  nämliche 
fläche  kann  es  nicht  anders  kommen,  als  dasz  die  äugen, 
auch  des  schärfsten  beobachters,  anfangen  trübe  zu  werden. 
Schiller  5,  l,  l  (vorw.  zum  dorn,  Karlos); 

aber  auf  den  schönen  grünen  auen 

fand  ich  eine,  die  ich  sachte,  nicht, 

und  das  lange,  ferne,  starre  schauen 

machte  trübe  meiner  äugen  licht. 

W.  5ICllkr  ged.  1  (1868),  80. 
hierher  auch  starrer  zug:  ein  bleicher  bursche,  dessen 
krankhaft  starre  züge  in  dem  schwalle  des  dunkeln  ver- 
wirrten lockenhaares  fast  verschwanden.  C.  F.  Meyer 
Jürg  Jenatsch  29 ;  au4:h :  starr  und  seelenlos  waren  ihre 
einst  so  schönen  züge  noch  immer  schön.  W.  H.  Riehi. 
geschickten  6,  98;  dem  freimann  flel  etwas  starres  in  die 
fette  gemütlichkeit  seiner  züge.  G.\nühofer  mann  im.  salz 
(gartenlaube  1905,798»);  ein  starrer  zug  liegt  auf  ihrem 
gesiebt;  ein  starres  lächeln  spielt  um  ihren  mund. 

3)  adverb.:  nachdem  sie  (Lucifer  und  seine  haushof- 
meisterin) .  . .  einander  mit  fewerblitzendem  gesiebt  mehr 
als  ein  stund  starr  in  die  äugen  hinein  sahen,  als  wie 
die  katzen  zu  nachts  zeit.  Philander  i,  527;  ersah  ihn 
starr  an,  defixis  oculis  eum  intuebatur.  Steinhach  2, 6^6; 
um  gottes  willen,  sagte  ich,  mit  einem  heftigen  ausbruch 
hin  gegen  sie  fahrend,  um  gottes  willen,  hören  sie  auf! 
sie  hielt  und  sah  mich  starr  an.  Göthe  16, 141  (Werthers 
leiden);  sie  (Amalia)  sizt  stumm  —  das  äuge  starr  auf 
das  büd  (Karls)  geheftet.  Schiller  2,149  (rauher  i,lc 
schatisp.  scen.  bemerk.);  die  marquise  sah,  während  der 
feierlichkeit,  starr  auf  das  altarbild.  Kleist  3,  293  Schmidt 
(marquise  von  0.);  'ich  glaube,  er  war  es',  flüsterte 
Jenatsch,  dem  sichtlich  bei  dieser  erinnerung  unbehag- 
lich zu  muthe  ward,  und  blickte  starr  vor  sich  hin  in 
die  dämmerung.  C.  F.  Meyer  Jenatsch  46 ; 

sieht  dein  äuge  nicht  trüb'  um  sich  her,  nicht  starr  ohne  seele? 
so  erstarb  auch  mein  blick!    Klopstock  1,  28  (an  Ebert); 
aber  Amalia  stand  abwärts  am  gesimse  des  fensters, 
trocknend  das  aug',  und  blickt'  in  die mondumdämmerte  gegend, 
starr  und  gedankenlos.     Voss  1, 160  (Luise  3); 

wart  alter!  dich  will  ich  fangen,  ins  äuge  will  ich  dich 
fassen,  so  starr,  dasz  dein  getroffenes  gewissen  durch 
die  larve  erblassen  soll.  Schiller  2,134  (räuber  4,2 
schatisp.);  ich  will  dabey  stehen  (loenn  ihr  sterbt),  und 
euch  starr  ins  äuge  fassen,  wenn  der  arzt  eure  kalte, 
nasse  band  ergreift,  und  den  verloren  schleichenden  puls 
kaum  mehr  finden  kann.  Schiller  2,183  (räuber  5,1 
schausp!). 

STARRARISTOKRATISCH,  adj.  (vgl.  untef  starr  3,  a.  y 
sp.  914):  das  starraristokratische  Toryministerium.  Flathe 
in  Grotes  ullg.  weUgesch.  11,  58. 

STARRAUGE,  n.     l)  starrsehendes  äuge.  Campe. 

2)  atich  von  der  person  selbst,  die  mit  solchen  äugen 
atisgestattet  ist.  ebenda.-  hinein  in  die  kirchen  vorerst 
nicht,  brauche  tageslicht,  im  heildunkel  drohen  ge- 
spenster.  die  byzantinischen  starraugen  an  den  wänden 
in  der  Markuskirche  predigen  todten  tod  im  leben,  wider- 
wärtige mumien.  Vischeh  aucÄ  einer  2,  337. 

STARRAUGEN,  verb.  m,it  starren  äugen  selten.  Campe; 
tool  nach  ndl.  starooghen,  sterooghen,  conttieri  fijco  obtutu; 
obtutu  haerere,  aspectare;  intentis  et  fixis  oculis  inttteri, 
intendere  oculos  in  rem  aliquam,  lumina  immota  tenere. 
aciem  oculorum  intendere,  hiantibus  oatlis  mdere.  KiliaN 
8,  636*>. 

STARRÄUGIG,  adj.  zu  dem  vorigen.  Campe,  vgl.  ndl. 
steroogigh,  inconnivens,  palpebras  non  Tnovens.  Kilian 
8,  6S6»;  die  beiden  namen,  .  .  . 

sie  leben,  gebückt,  gekrümmt,  eisgrau, 
starräugig,  noch  kaum  ihr  sieches  leben. 

Klopstock  1,  263  (üotztrappe). 

STARRBEIN,   n.  bezeiehnung  für  das  steiszbein  (*.  u.) 
bei  Kl'lmls    anatotnische  tabellen  (1759)  r20.     vgl.  Hyrtl 
kunsticorte  der  anatomie  68. 
,  STARRBLICK,  m.  starrender  blick:  der  athem  stockte 

I      mir  bey  ihrem  fragenden  starrblick,  der  aber  bald  sanfter 


gebrochen  sich   nach   der  blassen   lichtscheibe  richtete, 
die   hinter  einem   Wölkchen  hervortrat.   ThCmmel  reise 

^<  69'  hier  thront  der  alte  des  nichtseyns, 

jener  uimahbare,  tinstre,  verschlingende,  gräszlichen  starrblicks 
geisterermordende  vater  des  tods.    B.^ggesen  2,  328. 

STARRBLIND,  adj.  völlig  blind  (ähnlich  tcie  unten  stock- 
blind), nach  Adelung  und  C.\mpe  'tceil  bei  blinden personen 
die  äugen  ganz  starr  und  ohne  atisdnick  stehen',  für  das 
geicöhnlichere  starblind  (»p.  2&t) ,  mit  dem  es  etymologisch 
vollständig  identisch  ist.  Campe  behauptet  als  erster  starken 
unterschied  in  der  bedeutung  der  beiden  tcörter,  indem  der 
starblinde  tcol  immer  starrblind,  nicht  aber  der  starr- 
blinde ztigleich  starblind  sein  müsse,  starrblind  (neben 
starblind)  chi  ha  iL  panno  stiW  occhio  6  «n  occhio  appannato. 
Kramer  dict.  2(l702),9lie;  starrblind  sein.  Adelung,  über- 
tragen: so  mus  er  in  geistlichen  sachen  starrblind  sein. 
NiGRiNUS  iciderlegung  der  groben,  gretdichen  lesterungen 
erste  centtirie  s.  3^,  vgl.  Crecelius  oberhess.  tcb.  805;  bist  du 
auch  einer  von  diesen  starrblinden  elenden,  die  in  einem 
götzenbilde  den  feind  gottes  anbeten!  Wieland  25, 43. 

STARRBLINDE,  /.  amatirosis.  Maaler  384>'. 

STARRBLINDHEIT,  /.  zu  dem  vorigen.  vöUige  Uind- 
heit.  C.\mpe.  Starrblindheit  (neben  starblindheit),  appanna- 
inento  degli  occhi.  Kramer  dict.  2  (1702),  911". 

STARRE,  /.  zustand  des  starrseins:  starre,  rigidezza, 
rigore,  intirizzamento,  dtirezza.  met.  ostinatezza,  ostinatione, 
caparbietä.  Kramer  dic^  2  (1702),  911**;  starre  Campe;  eine 
lähmende  starre  ging  über  sie  hin.  Lauff  Pift/e  437;  bei 
Kathje  war  die  starre  gewichen.  463.  nach  einigen  ist 
das  tcort  von  ganz  beschränkter  gebraiichsiceise :  Starrheit, 
starrung,  dicitur  etiam  starre,  tit  die  halsstarre,  cervix 
contenta.  tetantis.  die  kopfstarre,  caput  obstiptim.  Stieler 
2122;  Steinb.^ch  2,  686;  starre,  ein  nur  in  halsstarre  ü6- 
lieJies  icort.  Adelung,  vgl.  auch  noch  leichenstarre  theil  6, 
sp.  622. 

STARREN,  m.  im  thüring.  bezeiehnung  eines  baumlangen 
kerls:  sdärn  Hertel  spraclisch.  234,  wol  zti  mhd.  storre 
'baumstumpf  gehörig. 

STARREN,  verb.:  rigere,  horrere,  stupere. 

A.  allgemeines,  l)  ztcei  dem  stamm  nach  verschiedene 
tcörter  sind  nhd.  latitlich  in  einem  zusammengefallen,  wäh- 
rend mhd.  noch  bestimmte  unterscheidting  getcahrt  tcird : 
nhd.  starren  I,  in  der  bedeutung  'erstarren,  entspricht 
auch  mhd.  starren,  nhd.  starren  II,  in  der  bedeutung 
'starr  blicken',  dagegen  mhd.  stam,  ahd.  staren.  trotz  dieser 
älteren  Verschiedenheit  besteht  aber  enge  etymologische  ver- 
iratid tschaft,  wie  ja  denn  auch  begrifflich  starr  von  der 
erstammg  eines  körpers  mit  starr  (in  staarblind  oben 
sp.  264)  voti  dem  erlöschen  der  Sehkraft,  indem  das  äuge 
gleichsam  erstarrt,  nahe  zusammengeht,  offen  bleibt  die 
frage,  inicieiceit  überhaupt  mhd.  starcblind,  ahd.  stara- 
plint,  starablind,  die  schreilntng  von  starren  11  in  der  älteren 
zeit  beeinßtiszt  hat. 

2)  entsprechungen  innerlialb  des  germ.  hat  starren  II 
in  an.  stara  Fritzner  3,  529»;  ags.  starian  Bosworth- 
ToLi.ER  912»';  engl,  to  stare. 

3)  etymologische  beziehungen  innerhalb  des  indogerm.  hat 
starren  I  zu  litt,  styroti  'steif  dastehen'  {vgl.  pol.  styrczyc, 
sterczyc,  'emporstarren,  atifrecht  stehen"),  litt,  styrti  {steif 
UTid  starr  toerden,  erstarren'  skrt.  sthira,  griech.  areQttle. 
vgl.  attch  noch  litt,  störas  'dick,  umfangreich'  und  kirehen- 
slav.  staru  'alt'. 

4)  ztir  vertcandtschaft  innerlialb  des  germ.  vgl.  für 
starren  I  noch  unter  störrig,  zu  mhd.  storren  'starr  tcerden', 
ahd.  storrßn  Graff  6,711  und  got.  andstaurran,  iitßgi- 
uäa&at;  atich  in  stark  (oben  sp.  869)  kann  das  hier  zu- 
grunde liegende  tcttrzelhafte  element  mifgeioirkt  liaben.  für 
starren  II  vgl.  unten  tmter  stieren. 

51  mild,  sterren  {afid.  starrjan)  entsprechend  hat  sich 
dialektisch  vereinzelt  der  timlattt  gehalten,  so  bair.  starren, 
derstärren,  neben  starren,  derstarren,  erstarren.  Schm.^ 
2,  775 ;  vgl.  oberd.  st&rm,  derstärrn.  Lexer  kämt.  tcb.  239 ; 
stärn,  derstÄrn  Schöpf  iirol.  idiot.  700. 

B.  bedeutung. 

I    starren,  erstarren,  emporstarren  u.  s.  w. 
l)  erstarren,  starr  tcerden,  starr  sein,  starr  liegen  u.  s.  w. 
o)  vor  frost  starren,  grosse  kelte  haben,  rigere.  Maaler 
384";    starren,   von    kälte    gestarren    und    hart    werden, 

5b* 


919 


STARREN  (B.  I.  1) 


STARREN  (B,  I,  1.  2) 


920 


gourdir  de  froid.  se  roidir  et  serrer.   incordarai  di  freddo. 

Hu  LSI  US  (1616)306*';    starren  für  kälte,  assiderare,  inrigi- 

dire,   intirüzire  di  freddo.  Kramer  dict.  2  (1702),  911» ;    er 

starrt  vor  reife,  prtiinis  obriget.  Steinbach  2,686; 

zu  rennen  auf  des  nordens  scharfem  wind, 

mein  werk  zu  schaffen  in  der  erde  adem, 

wenn  sie  vom  froste  starrt. 

Shakespeare  *,  246  (stürm  1,  2). 

V)  von  flüssigkeiten  steif  tcerden,  eintrocknen  u.  s.  w.  ; 

die  Spinneweben  haben  sich  vermehrt; 
die  dmte  starrt,  vergilbt  ist  das  papier. 

GÖTHE  41,  92  {Fattst  II,  2). 

c)  vom  aufhören  der  lebenskraft  im  körper  und  auch 
in  seinen  (heilen: 

a)  ob  zwar  mein  hlut  noch  wallt, 

starrt  doch  der  schwache  leib,  ob  in  dem  ohr  erschallt 
wenn  du  dich  hören  läszt,  docn  bin  ich  gantz  durchdrungen, 
von  dem  was  sterben  heist.    A.  Gryphius  2  (1698),  419 ; 
es  musz  zwar  dieser  tag  {des  Sterbens)  nach  schmertzlicher 

gebühr 
dein  starrendes  gebein  und  deiner  glieder  zier 
nicht  sonder  hertzeleid  zu  seinen  vätem  sammeln. 

Günther  ged.  609; 
wenn  diesz  lebensfeu'r  verlischet, 
starret  alles,  alles  stirbt.    Brockes  1,298; 
wanke  näher  an  das  Sterbebette, 
wo  Lucindens  hülle  starrt, 
wo  ihr  geist  von  seiner  sklavenkette 
losgekettet  ward.     Hölty  141  Halm. 

ß)  ein  starrender  hals,  cervix  contenta.  Gorvinus  fons 
latinitat.  666»;  der  arm,  die  band  starrt,  erlahmt,  ist  wie 
gelähmt,  versagt  den  dienet  u.  ä.:  mein  äuge  wird  dunkler! 
mein  arm  bebt,  oder  starret!  ich  athme  die  lebensluft 
schwer  ein.  in  meine  innerste  nerven  hat  sich  der  tod 
tief  eingegraben.  Klopstock  8,  25  (tod  Adam^  2,  l); 

er  stand  und  schlug  des  Dagons  räucherer, 
bis  müd'  am  schwert  die  band  ihm  starrte. 

9,  70  {David  3,  7) ; 
kraftlos  starrte  die  band  ihm.    Voss  Ilias  5,  792. 
starrende  band,  starrender  arm: 

fast  entsank  die  harfe  der  starrenden  band. 

Klopstock  6,  102  (Messias  18,  24) ; 
an  dem  hange  des  felsen  lag 
»der  völkerdränger  Karl  mit  starrendem  arm. 

Stolberg  1,  88. 
starrende  zunge: 

aber  die  stimm  ist  auch  mir  todt  nicht,  Konstanzia 
ruft  sie,  die  starrende  zunge  ruft 
nach  Konstanzia. 

Klopstock  2, 191  (Capwein  und  Johannetberger) ; 
im  kämpf 
des  todes  lag  er,  rufte  laut,  mit  flamm' 
im  wilden  blicke :  'rächt  euch,  Perser !  .  .  .' 
da  starrt'  ihm  zung'  und  äuge. 

Stolberg  4, 194  (Otanet). 

y)  ein  eisberg  fiel  auf  seine  starrende  haut  in  der 
ersten  Sekunde.  J.  Paul  l,  190  (unsichtb.  löge  i). 

d)  dann  auch  auf  seelische  dinge  bezogen:  so  ist  der, 
welcher  alles,  was  ihm  begegnet  auf  die  leichte  schulter 
nimmt,  wenngleich  nicht  weiser,  doch  gewisz  glücklicher, 
als  der  an  empHndungen  klebt,  die  seine  lebenskraft 
starren  macht.  Kant  lo,  320;  schon  starrt  das  leben,  vor 
dem  ruhebette  wie  vor  dem  grabe  scheut  der  fusz.  Göthe 
8,  «76  (Egmont  5) ; 

ob  wie  todt  auch  starre  der  geist  der  nienschheit, 
durch  der  Willkür  zwang  und  gebotnen  Wahnsinn. 

Voss  8, 166  (emettete  menschheU). 
mit  weiterer  beatimmung: 

immer  ja  starrete  mir  mein  armes  herz  in  dem  busen 
angstvoll,  dasz  mich  einer  der  sterblichen  t&usche  mit  worten. 

Odytsee  23,  816 ; 
laut  nun  jammerten  wir,  die  bände  gestreckt  zu  Kronion, 
als  den  grftuel  wir  sahn  ;  und  es  starrte  das  herz  in  bet&ubung. 

9,296; 
wehe!   sobald  dem  him 
nnr  stockt  ein  winzig  fäHorchen  ungetrttnkt 
von  lebenskraft;  urschnell  in  dumpfheit 
starret  die  seel',  und  vergisst  des  daseins. 

^eerke  8,  266  (on  Hensler). 

e)  mit  angäbe  der  folgeersrheinung,  zugMch  unter  hin 
überßihrung  in  eine  neue  hildlichkeif.  zu  stein  starren 
«*.  *.  10. ;  lieber  Kestner,  der  du  hast  lebens  in  deinem 
Mm  ein  fUlIhom,  lasse  dir  gott  dich  freuen,  meine  arme 
exi«t«nz  gtaiTi  com  Öden  feit.  Göthk  briefe  t,  88  (81.  april 
tm); 

Prcütöt.  di«  dshiaa,  haiax  (edriagt  von  Meroe.  weichen. 
AekOUe  (in  den  hart  murmitnd).  ohs  sie  zu  felsen  starrten ! 
Ktnirr  8,  ISS  ^.  SehmdOt  {PerUhetOea  1A); 


tritt  mir  entgegen  nicht,  soll  ich  zu  stein  nicht  starren 
auf  markten  oder  sonst,  wo  menschen  atmend  gehn.    4,  38. 

auch:  wieder  sind  es  mutterthränen 

dasz  die  kinder  ihr  entschwanden, 

dasz  der  lieben  sUszes  leben 

um  sie  in  den  steinen  starret. 

Tieck  1, 138  (JLat«er  Octaviantu  i). 
im  f infachen  vergleich: 

o  dasz  doch  der  flügel  Chronos  harrte, 

hingebannt  ob  dieser  gruppe  starrte 

wie  ein  marmorbild  —  die  zeit.     Schiller  1,  22.5. 

f)  starr  dastehen,  zaudern,  zögern,  nichts  zu  unternehmen 
wagen  u.  s.  w. : 

o  that,  für  der  hinfort  die  allerkühnsten  beiden, 
was  jemals  sie  gethan,  sich  schämen  mehr  zu  melden : 
für  der  Achilles  starrt,  für  der  auch  Hector  stutzt 
und  Hercules  nicht  mehr  auff  seine  keule  trutzt. 

LOGAU  1,4,  47; 
warum  steht  ihr  dort  so  betäubt,  wie  die  jungen  der  hindin, 
die,  nachdem  sie  ermattet  vom  lauf  durch  ein  weites  getilde 
dastehn,  nichts  im  herzen  von  kraft  und  stärke  noch  fühlend? 
also  steht  ihr  jetzo  betäubt  und  starrt  vor  der  feldschlacht. 

Voss  Ilias  4,  246. 

in  diese  begnffssphäre  reiht  sich  wol  auch: 

er  (Faust)  soll  mir  zappeln,  starren,  kleben, 

und  seiner  unersättlicnKeit 

soll  speis'  und  trank  vor  gier'gen  lippen  schweben. 

Göthe  12, 95  (Faust  I). 

g)  starren,  stolz,  widerspenstig,  eigenwillig,  hartnäckig 
sein,  starrend  einhei^ehen,  camxnar'  intirixzato.  Kramer 
dtc<.  2(1702),  911«; 

dasz  ihr,  halsstarrigen,  mit  nichts  nicht  seid  zu  beugen, 
wie  gott  selbst  von  euch  sagt,  weil  ihr  denn  starrt  so  sehr, 
so  beug'  euch  dermaleins  lufl,  feuer,  erd  und  meer. 

Flemming  46,  403  Lappenberg. 

beruhend  auf  Wendungen  wie:  der  hals  starret  ihm,  egli 
ha  incordato,  intirizzato  il  collo.  Kram  er  dict.  2  (1702)  911». 
dann  sich  der  obigen  gebrauchsweise  schon  mehr  nähernd: 
aber  die  jüden,  die  beschnitten  heiligen,  tragen  einen 
stoltzen  mut,  brüsten  sich,  und  starren  mit  irem  hals 
steiff,  wider  uns  verfluchten,  elenden  beiden.  Luther 
8,  120''. 

2)  starren,  emporstehen,   in  die  höhe  ragen  u.  s.  w. 

a)  von  felsen,  bäumen,  bauwerken  u.  s.  w.:  noch  immer 
starrt  in  meinem  gedächtnisse  dieser  steinerne  wald  von 
häusern  {London)  und  dazwischen  der  drängende  ström 
lebendiger  menschengesichter.  Heine  3,  438  {reisebUder 
4.2);  so  war  mir,  als  sei  mein  grimm  mit  diesem  gestein 
und  dieser  grollenden  flut  ein  ding  und  müsse  ich  auch 
so  trutzig  starren  wie  der  jähe  fels.  Vischer  auch  einer 

1,52;  ein  messer,  so  das  meer  sich  schliff, 

da  starrt  ein  starkes  felsenrifl, 
und  schlitzt  das  EngelländerschifT. 

Keller  10,  107  (»Ker); 

über  der  felder  zähem  morast  .  .  . 
sieht  er  der  schanze  starrenden  kämm. 

Eelbo  Dithmarschen  76; 
vgl.  auch: 

wildnisz  starret  nunmehr  dem  kühnen  pilger  entgegen. 

Sbume  3,  86  (tpatiergang  8). 

mit  weiterer  adverbialer  bestimmung: 

die  eiche  starret  mächtig, 
und  eigensinnig  zackt  sich  ast  an  ast. 

Götiib  41,  886  (Fatirt  II,  8); 

im  hafen,  wenn  ihre  (des  schiffes)  ricken  stakig  und  dürr 
...  in  die  luft  starrten.  Frensskn  Hilligeidei  167; 

weiszt  du  ja  doch,  wie  das  herz  mir  fest  ist  und  unerschütlprt ! 

halten  will  ich 's,  so  fest  wie  ein  fels  starrt,  oder  wie  eisen. 
Voss  (hiiiMce  19,494; 

so  glühte  eben  noch  im  purpurscbeine, 
nun  starrot  kalt  und  woisz  des  bcrges  (im. 

Kri.i.kr  10, 187  (poettntod), 
Werner  schaute 
wild  chaotisch  durcheinander 
felsentrUmmor  unten  sturren. 

ScMKKKKi.  6, 116  (trompeter  10). 

b)  i'on  toaffen,  besonders  gerne  twn  lanten  und  sperren  .- 
Schwerter  halten  den  brunnen  bewacht,  speere  starren. 
Hkiuikl  1.31  Werner  {JudUk  z)\  sie  stemmten  das  knie 
im  hndon  fcttt ,  sie  deckten  den  leib  mit  dem  linden- 
Hchild  und  wehrten  als  dreifache  schildhurg  mit  starrenden 
Speeren.  Krkytao  8,  88  {ahnen  1,  1,  8).  mit  dem  beisinn 
des  unthiitigrn.  im  vorliuben  gehetnmt  werdenden: 

der  k6nig  winkt,  du  scbon  gexOckte  schwer! 
starrt  in  des  wttrnrs  band. 


rarjters  nana. 
WiBtJkNn  10,  804  {Komhofnu  684) ; 


921 


STARREN  (B,  I,  2) 


STARREN  (B.  I.  2.  3.  II.  1) 


922 


doch  Perseus  schüttelt  kaum  den  köpf  mit  schlangenhaaren, 
so  starrt  der  deich  in  jeder  blut'gen  nand, 
und  jeder  mörder  steht  zum  felsen  hingebannt. 

22,  211  {Oberon  5,  37), 

jco  unter  annähme  einer  wenn  auch  nicht  gerade  gewöhn- 
lichen Übertragung  von  Wendungen  icie  starrende  hand, 
starrender  arm  (l,  c,  ß)  an  'erstarren'  gedacht  werden 
könnte,     in  diesen  entwicklungslcreis  geJiört  auch: 

zum  beginnen,  zum  vollenden 
Zirkel,  blei  und  winkelwage ; 
alles  stockt  und  starrt  in  bänden, 
leuchtet  nicht  der  stem  dem  ^ge. 

GöTHE  47,  152. 

c)  eisen  starret,  im  schacht  des  bergwerks,  wol  eine  auf 
2,  6  fuszende  dichterische  freiheit;  mit  hinhlick  auf  die 
daraus  zu  schmiedenden  waffen: 

nicht  gleiche  gaben  spendet  des  vaters  hand 
den  Völkern,  eisen  starret  im  schachte  dort, 
hier  wanken  ähren.    Stolberg  2, 105. 

rf)  von  theilen  des  menschlichen  oder  thierischen  körpers : 
a)  ein  starrender  bauch,  pancia  distesa.  Kramer  dict. 
2  (1702),  911*;  der  bauch  starret  ihm  wie  eine  sackpfeiffe, 
il  venire  gli  stä  disieso  e  gonfio  come  una  cornamusa. 
ebenda;  bitt  man  ein  bawem  so  strotzt  im  der  bauch, 
und  starret  wie  ein  block,  und  knarret  wie  ein  newer 
oder  ungeschmierter  wagen.  Mathesius  Sarepta  119»;  vgl.: 
man  musz  so  lange  sitzen  und  sauffen,  aus  mannicher- 
ley  art  des  willkommen,  .  . .  bisz  man  sinn  witz  ver- 
leuret,  und  nicht  mehr  reden,  gehen  oder  stehen  kan, 
ja  nicht  weisz,  was  eines  jeden  gelegenheit  ist,  und  man 
mit  einem  solchen  vollen  zapfen,  der  da  starret  wie  ein 
stock  und  pflock,  wol  alle  riegel  und  thor  aufflaufen 
möchte.  Schaller  theolog.  heroldt  (i604)  94. 

ß)  starrendes  mannsglied,  cazzo,  m^mbro  virile  rizzato, 
ritto,    duro;    priapo.    Kramer    dict.  2  (1702),  911»;     sein 
schwantz  strecket  sich  wie  ein  cedern,  die  adem  seiner 
schäm    starren    wie   ein   ast.  Hiob  ao,\2;    das   Mut   war 
ihm  dermaszen  in  das  antlitz  getreten,  dasz  seine  stirn- 
adern geschwollen  starrten.  Immermann  Milnchhauseni,  18. 
y)  die  haare  starren,  sträuben  sich,  stehen  tcie  borsten 
in  die  höhe  u.  s.  tc.  als  zeichen  des  erschreckens,  grausens : 
sonst  gab  es  eine  zeit,  wo  mir  der  schrey 
der  eule  grauen  machte,  wo  mein  haar 
bey  jedem  schrecknisz  in  die  höhe  starrte, 
als  wäre  lel)en  drinn. 

Schiller  13, 148  (Macbeth  5,  5); 
es  sitzt  ein  ^eist  auf  der  bahre ; 
es  starren  mir  noch  die  haare.    Umland  ged.  322. 

doch  auch  sonst:  grimmig  ist  ihr  {der  Germanen)  muth, 
ihre  flatternden  haare  starren,  die  äugen  glühen  im 
schlachtenzom.  Freytag  17,  97  (bilder  l);  unter  dem  helme 
starrten  die  buschigen  brauen,  düster  war  sein  blick. 
Freytag  8, 139  (ahnen  l,  l,  8); 

es  starret  ihm  der  knebelbarth, 

nach  der  grimmigen  lewen  art.  • 

Rollenhagen  /roschmeiueler  (1595)  R  5». 

ton  eis,  reif:  er(Fer^tZ)  läsztden  schnee  auf  den  schultern 
liegen,  flüsse  aus  dem  kinn  strömen  und   weiter  unten 
den   hart  von   eis   starren.   Seume  3,  103  (Spaziergang  2); 
ein  Wandrer  kommt  von  ferne, 
ihn  schüttelt  frost,  es  starrt  sein  haar. 

Eichendorff2  1,  289. 

mit  adverbialer  bestimmung:  Flavio  stürzte  herein  in 
schauderhafter  gestalt,  verworrenes  hauptes,  auf  dem  die 
haare  theils  borstig  starrten,  theils  vom  regen  durch- 
näszt  niederhingen.  Göthe  22,  87  (Wüh.  Meisters  xoander- 
iahre2,5);  die  männer  rüsteten  sich  zum  dienst  für  den 
kricgsgott,  den  erbarmungslosen,  sie  salbten  und  sträubten 
ihr  haar,  dasz  es  rötlich  starrte.  Freytag  8, 193  (aAn«n 
1.1,  n). 

e)  strotzen,  entsprechend  schon  2,  d,  a .-  als  ich  um  elf, 
die  taschen  noch  von  bimen  starrend,  aus  dem  schul- 
hofe  trat,  kam  eben  der  dicke  stadtausrufer  die  strasze 
herauf.  Storm  4,43  (Pole  Poppenspäler); 

raubschiffend  ruderte  Menelas  von  bucht  zu  bucht; 
gestad'  und  inseln,  alles  streift  er  feindlich  an, 
mit  beute  wiederkehrend,  wie  sie  drinnen  starrt. 

Göthe  41,  201  (Fauft  II,  3), 
starren  als  kleider  von  gold,  rigere  auro.  Frisch  2,320«; 
da  jetzund  die  rocke  von  perlen  starren.  Mathesius 
Sarepta  50» ;  die  braut  aber  war  in  weisze  seide  gekleidet, 


die  von  goldstickerei  starrte.  L.  Hesekiel  Nürnberger 
tand  2,121;  sein  anzug  starrt  vor  schmutz; 

der  nachttisch,  der  von  silber  starrt.    Gotter  1,  19. 
alle   ihre   sätze   und  zeilen  starren  von  den  namen  be- 
rühmter scribenten.  Gottsched  bei  C.\mpe. 

f)  von  etwas  starren,  mit  dem  beisinn  des  trutzigen: 
man  konnte  sehr  wohl  zur  erwägung  stellen,  ob  nicht 
die  Rheingrenze,  die  jetzt  von  festungen  stafrte,  ver- 
bunden mit  zeitweiligen  ofiFensivstöszen  in  das  östliche 
Vorland,  zur  Sicherheit  Galliens  genügte.  Lamprecht 
detdsclie  geschichte  1,  211; 

dann  das  gold  der  neuen  weit,  macht  dasz  alte  weit  sehr  narrt, 
jene  macht  wol  gar,  dasz  die  ^antz  in  ihrem  blute  starrt; 
dann  auff  prachten,  dainn  auff  kriegen  pQegt  man  allen  schätz 

zu  wagen.    Logau  3,  6,  62; 
ganz  auch  starrt  es  (das  Khiff)  von  schilden  und  zwiefach- 
schneidenden lanzen.    Voss  Odyssee  16,  474; 

die  ganz  einschlieszende  mauer 
starrte  von  erz.    10,  4. 

doch  auch:  ganz  Europa  starrt  in  waffen.  Moltke  7, 131. 
3)  partic.  mit  ergänztem  oder  zu  ergänzendem  ace.  der 
Wirkung. 

a)  entsprechend  oben  A,  1,  a  'kälte,  aehnee  und  eis  spenden, 
frieren  machen  n.  s.  w.' :  meinen  geist  schwindelt  es  vor 
diesem  leeren,  starrende  kälte  aushauchenden,  sich 
immer  weit«r  aufreiszenden  abgrund.  Klinger  8,  95  (ge- 
schichte  eines  Teutschen  2); 

in  diesem  stets  noch  starrenden  winter,  ach 
zum  erstenmale  wagt'  ich,  die  mürrischen 
Ostwinde  meidend,  nicht,  der  eisbahn 
tönende  flügel  mir  anzulegen ! 

Klopstock  2,  33  (iinterrichi). 

b)  einen  (durch  erregung  eines  gefühls)  erstarren  machen, 
dasz  er  sich  gleichsam,  in  stein  wandelt:  das  starrende 
Wasser  des  Styx,  der  darüber  hangende  fels,  der  alte 
scheusliche  fuhrmann  schrecken  in  den  traurigsten  färben. 
Lessing  4,  237.     das  gefühl  als  subject: 

auf  dir  (St.  Gotthard)  hauset  entsetzen  und  graun  in  wölken 

gehüllet, 
deine  pfade  besucht  der  bleiche  starrende  schwindet ! 

Stolberg  1,210  (hymne  an  die  erde); 
doch  die  Achaier 
drängte  die  grauliche  flucht ,  des  starrenden  Schreckens  ge- 

nossin.    Voss  Ilias  9,  2; 
jetzo  mit  thränen  mein  herz  zu  besänftigen,  jetzo  von  neuem 
auszurulm;   bald  wird  man  ja  satt  des  starrenden  kummcrs! 

Odyfsee  4, 103 ; 
und  klagt  leise  klare,  dasz  nicht  des  leidenden  vaters 
starrende  melancholei 
ihr  von  neuem  erweckt. 

ders.  im  Göü.  mtttenalmanach  1774  «.  197. 

die  ausgäbe  von  1802  fiat  dafür: 

dasz  nicht  des  duldenden  vaters 
männlich  bezwungenen  gram.    3,  63. 

c)  zweifelhaft,  ob  nicht  gröszerer  oder  geringerer  Zu- 
sammenhang mit  starren  II,  starrblicken,  besteht,  in  Wen- 
dungen xcie:  mit  starrender  gewalt  hefteten  sich  seine 
äugen  auf  diesen  Vorhang.  Wildknbhuch  noveüen  (i88«)36. 
nur  vereinzelt  auch  sonst,  mit  acc.  der  Wirkung :  liege  hier 
und  starre  schrecken  in  des  schwachen  herz.  Klinoer 
2. 77  (günstling  4,  3).     daim  geradezu  transitiv : 

die  africanische  Gorgone  bin  ich, 

und  wie  ihr  steht,  zu  steinen  starr  ich  euch. 

Kleist  2,  144  Schmidt  (Penthesilea  83). 

dem  entspricht  vereinzelter  reflexiver  gebrauch,  icol  nach 
der  analogie  von  sich  sträuben  (s.u.):  sich  starren,  inti- 
rizzarsi,  assiderarsi,  it.  inrigidire.  Krauer  dict.2  (l702),9ll». 

II.  starren,  starr,  unbeiceglichen,  gespannten,  auftnerk- 
samen  auges  blicken,   nicht  so  stark  taie  stieren  («.  w.). 

l)  die  äugen  starren,  blicken  starr: 

ob  ihr  sähet  sein  haupt  empor  ihn  richten?   sein  ange 
nach  dem  himmel  starren? 

Klopstock  5,  51  (Mestiag  11,  746); 
die  äugen  starrten  himmelwärts, 
und  blickten  furcht  und  graun.    Hölty  18  Halm; 
oder  starren  von  schlaf  die  niedergeschlagenen  Suglein? 

Voss  1,  185  (Luise  3,  598); 
blutige  thr&nen  hätt'  ich  dir  geweinet, 
ach!  und  thränen  der  seele.  wenn  mem  äuge 
starrte  gleich  dem  grame,  aen  nie  des  trostes 
kühlung  umwehte.     Stolberg  1,  25. 

a)  sich  'stieren'  begrifflich  mehr  näliernd:  Ahia  aber 
kund  nicht  sehen,  denn  seine  angen  starreten  for  alter. 


923 


STARREN  (B.  II.  1.  2) 


STARREN  (B,  II.  2) 


924 


1  kön.  u.  4;  das  äuge  starrt  ohne  zu  sehen.  Lichtenberg 
erklärungen  zu  Hogarfhs  hupfern  3.  159  (xvi);  die  äugen 
starrten  gräulich .  die  lippe  war  dem  schreckbild  {Sym- 
machtis)  in  die  zahne  gebissen.  Fheyiaü  17,  202  {bilder  i). 

b)  starrendes  äuge:  starrende  und  unverwanckte  äugen. 
rigentes  octili.  Maalek  384* ;  es  waren  vier  kerls  bey- 
sammen,  welche  ein  ander  mit  starrenden  feurigen  äugen 
und  erblasztem  gcsicht,  die  zahne  auf  einander  beissend 
ansahen.  Philandek  1,597;  terrena  sordent;  schreiben  die 
gelehrten  zu  einem  adler,  der  mit  starrenden  äugen  in 
die  sonne  siehet:  das  irdische  stincket  mich  an.  Sper- 
ling Nicodemtis  gtuureit^  et  Jestis  respondens  1  (I718).l24<i; 
wenn  Archer  endlich  mit  groszer  leichtigkeit  die  beine 
über  ein  ander  schlägt,  so  versucht  Scrub  ein  gleiches, 
und  bringt  es  auch  endlich  . .  .  glücklich  zu  stände,  alles 
entweder  bei  starrenden,  oder  heimlich  vergleichenden 
äugen.  Lichtenuehg  3,244;  er  wirft  sich  auf  die  knie, 
knirscht  mit  den  zahnen,  und  sucht  mit  epileptisch 
starrendem  äuge  .  .  .  den  himmel,  der  keine  schuld  hat. 
erkläningen  zu  Hogarths  knpfern  3,  242  (xviii). 

blickte  von  da  (dem  thürmenden  /eisen)  mit  starrendem  aug' 

hinaus  in  die  wüste. 
Klopstock  5,  217  (Messias  13,  893) ; 
aber  es  standen  besonders  in  einen  klumpen  geschlossen 
meine  söhne  mit  weitgeöfineten  äugen,  die  starrend 
an  die  schlipfrigen  schönen  sich  hängten,  und  geizige  züge 
von  dem  bezauberten  blick  einsogen. 

BOD.MER  Noah  22  (1,  490). 

c)  ähnlich  der  blick  starrt: 

glanzlos  starrt 
auch  nach  der  kilste  hin  entsetzlich 
ein  todter  blick. 

Immermann  13,  245  Hempel  (Tristan  i.,  Comwall); 
aber  almäblich 
starrte  sein  blick ,   und  er  sank  in  erquickenden  mittags- 

schlummer. 
Voss  8  (1802),  268  (siebzigster  geburtstag). 

mit  starrendem  blick: 

mit  starrendem  blicke, 
stand  er  hier  sprachlos. 

Klopstock  3, 161  (Messias  4,  95) ; 
mit  starrendem  blicke 
schauet'  er  in  die  finstemisz  aus.    3,  230  (4, 1207). 

d)  in  schon  loserer  Verbindung  beider  begriffe:  er  setzte 
vor  einem  bunten  schreine  der  muttergottes  angelangt, 
seinen  tragkorb  nieder,  warf  sich  auf  die  knie  und 
starrte  mit  brennenden  äugen  durch  das  gitter.  C.  F. 
Meyeh  Jürg  Jenatsch  38;  Jörn  ühl  schlief  in  dieser  nacht 
nicht,  er  lag  auf  dem  rücken,  starrte  mit  offenen  äugen 
nach  oben  und  grübelte.  Frenssen  Jörn  UM  367; 

und  der  himmel,  stemelos, 

starrt  aus  leeren  augenhöhlen 

in  das  ungeheure  grab 

schwarz  herab.    Grii-lparzer'  3, 10  (ahvfrau  1). 

vgl.  auch:    ein    Wickelkind   (von  pfefferkuchen),   das  aber 
auch  durch  zwei  glaskorallen  in  die  weit  starrte.  Fkev- 
TAG  7,  24  (verl.  handschr.  3,  l). 
8)  von  den  personen  selbst: 

o)  ohne  weitere  bestimmung :  als  er  (Gelimer)  nach  dem 
kaiser  auf  hohem  throne  sah  und  auf  das  starrende 
Volk,  da  weinte  er  nicht  und  seufzte  nicht.  Freytag  17,  207 
(^bilder  l); 

bebt,  und  ehrt  des  höchsten  macht! 

starrt  ihr  Völker!   man  beginnt 

ein  sehr  hohes  haus  zu  stUrtzen,  ein  nicht  hohes  zu  erheben. 

■tarrt  und  lernet  hier,  wer  puipur,  reich'  und  länder  könne 

geben.    Gryphius  1,  686/.,- 
{Hord)  höret  nun  de«  bauses  Jammer, 
eilet  In  des  fränleins  kammer, 
atarrt  und  stttrzt  sich  in  sein  schwert. 

ST01.BER0  1,  5». 

starrend,  stauncndt.  incordato,  disteao.  Hui.siuh  (iaig)  806'*; 
geweckt  von  dem  sternkundigen  sprang  Wilhelm  auf  und 
eilte  zum  fenster,  dort  staunte,  starrte  er  einen  augcn- 
blick,  dann  rief  er  enthusiastisch:  'welche  herrlichkeitl 
welch  ein  wunder!'  (jöthkSI.IK  (Wilh.  Meistert  wander ■ 
Jahre  i,u>).  hierher  wol  aucfi:  die  auslegcr  haben  er- 
schrecklich gestarrt,  warum  hier  erste  nnd  zweite  pcrson 
redend  wechsele:  die  Übersetzung  macht«  klar,  ohne  dasz 
ich  ein  wort   hinzusetzen  dörfte.  Hehdkm  h,  «48  üuphan. 

b)  mit  einer  angäbe  der  riehtung: 

o)  auf  etwa«  starren,  fiai*  oeuli»  intueri.  Fhibch 
t,  «90*:  i*t  doctor  starrte  auf  das  blait.  FHrrrAn  «,  n 
(verl.  htmdtekr.  i,  i);  da  beobachtete  er  einst,  dasz  zwei 


kleine  knaben  gierig  auf  die  heisze  asche  starrten,  in 
welcher  ein  brodkuchen  gebacken  wurde.  17,  207  (bilder  i) ; 
das  kind  kauerte  neben  dem  bette  auf  dem  erdboden 
und   starrte   auf  die   alte.  W.  R aar e  *cA«</<:?erump  l,  103; 

hingesenkt  das  gramesmatte 

angesicht,  so  früh  verblüht, 

starrt  er  auf  die  feisenplatte. 

Lenau  1,  66  Koch  (die  feUenplatU). 

auf  einen  punkt  starren,  in  tiefer  Überlegung,  in  ver- 
zweifelung  u.  s.  w. ;  vgl.  auch  unten  in  das  leere  starren: 

stehst  in  noch  immer  da,  gleich  unbewegt, 
und  starrst  auf  einen  punkt V 

Grillparzer  6*,  96  (des  meere»  und  der  liebe 
wellen  5). ' 
in   etwas   starren:   aber  die  königin  stand   unbeweglich 
und  starrte  in  die  glut.  Freytao  8,  205  (ahnen  l,  i,  ii); 

so  dacht'  und  stammelt',  und  rief  er, 
atarrete  wieder  ins  offene  grab. 

Klopstock  5,  247  (Messias  14,  336); 
und  die  seiner  (des  ratten/ängers)  pfeife  lauschen, 
die  ihm  in  die  äugen  starren, 
alle  wird  der  teufel  holen. 

Keller  10,  218  (apotheker  voh  Chamounix  2, 10). 

in  das  leere  starren  tioch  stärker  als  oben  auf  einen 
punkt  starren:  in  der  band  hielt  sie  das  warnende 
zeichen  der  mutter.  sie  starrte  darüber  hinweg  in  das 
leere.  Freytag  8,185  (aAn«ni,  i,ii); 

die  feilen  lUgner  starren  in  das  leere. 

Fulda  talisman*^  75. 

nach  einem  starren:  nicht  nur  das  stadtvolk  starrte  nach 
dem  geschlecht  der  fremden  riesen.  17,  49  (bilder  l);  der 
Sänger  fuhr  empor  und  starrte  nach  dem  fremden.  8,  41 
{ahnen  1,  1,  2). 

/3)  diese  angäbe  noch  genauer  gefaszt:  wenn  ich  in  die 
dichte  finsternis  hinein  starrte  und  die  wölken  sich 
theilten.  Bettine  ^j-m/c  l,  282;  drauf  in  der  sylvester- 
nacht,  in  dem  augenblick,  da  eben  das  jähr  wechselt, 
hebt  er  sich  halb  vom  lager  empor,  starrt,  als  ob  er 
eine  erscheinung  hätte,  ins  zimmer  hinein.  Kleist  2,  232 
E.  Schmidt  {Käthchen  von  Heilbronn  2,  9) ; 

sie  (Magdalene)  blickt',  und  starrte 
ängstlich  hinunter  ins  grab. 

Klopstock  6,  231  (Messias  14,  91) ; 
dann  bewölkt  sich  mein  blick,  starret  zur  erd'  hinab, 
schaut  nur  bilder  der  traurigkeit. 

HöLrv  91  Halm  (an  Miller  14.  febr.  1773); 
du  starrtest  nieder  in  den  sand, 
als  sähest  du  die  numraern  dort  gesehrieben, 
die  man  mit  nächstem  zich'n  wird  in  Neapel. 

Hehbel  2,  79  H'enicr  (trauerspiel  in  Sicüien  1); 
wo  die  frommen  vögel  plaudern 
starr'  ich  weit  hinaus  ins  land, 
wo  die  schaafe  friihlich  grasen 
spring  ich  frei  auf  grUnem  rasen. 

J.  Mosen  1,  71; 
hohe  herren  schon  beim  frühstück  wach  .  . . 
starren  hinaus  in  den  zuckenden  schein. 

Eklbo  THOitnarschen  R. 

c)  mit  angäbe  der  besonderen  fÜrbung  des  begriff's  starren : 
a)  mit  ehrfurcht  starrte  die  Jugend  des  dorfes  auf  den 
landsknecht,  der  seine  hellebardc  vor  der  schenke  in 
den  boden  stiesz.  Freytag  19,5  (6iWer2,  2);  doshalb  war 
er  nun  erstaunt  über  das,  was  er  doch  an  seinem  eigenen 
vaterhause  erlebt,  und  starrte  voll  Verwunderung  in  die 
Wüstenei,  die  er  vor  sich  sah.  Kelli.»  4,  ill  (Äo»iw  i<. 
Julia);  er  starrte  in  tiefem  sinnen  noch  lange  in  das 
blatt,  als  schöpfe  er  eine  ganze  weit  von  thatsachen  und 
gedanken  aus  den  wenigen  zeilcn.  W.  H.  Rieml  geschichten 
4,202; 

jetzt  starrt  zum  toten  hin  voll  angst  und  schrecken 
ein  bleich  gedieht.      Ebi.ho  l)ithmar*chen  38. 

/3)  wild,  trotzig  starren:  wem  droht  dein  Kchwcrt, 
wohin  starrst  du  so  wild  und  entschlossen?  Klingkr 
1, 17  (twiUinge  1,  3);  als  die  rcitor  nahten,  rannte  der  häufe 
(der  knaben)  an  den  weg  und  starrte  trotzig  auf  den 
fremden  mann.  Krevtag  b,  n  (ahnen  i,  i,  i); 

warum  stArrst  du  also  wild 
hin  nach  jenem  dUolcrn  winkelV 

Gkilli'akzkh*  8,  40  (ahnjrau  2). 

unverwandt  starren,  keinen  blick  davon  lassen: 
wie  er  also  unnbwnndig 
starret  auf  den  hrllon  stein, 
werden  plötzlich  druuf  lebendig 
•eins  lieDen  pbanlajtci'n. 

Lbnau  1,  66  A'ocA  (die  JtttenplaUc). 


925      STARREN  (B,  II,  2-5)  —  STARRGLAUBIG 


STARRHALS  —  STARRHEIT 


926 


verwundert  starren.-  dem  grusz  der  eintretenden  ant- 
wortete aufstehend  der  lehrer  .  . .  verwundert  starrten 
die  kinder  in  die  unerwartete  Störung.  Frettag  6, 64 
{verl.  handschr.  1,4); 

sie  (die  bettlersleiite)  starren  wundernd  nach  dem  bogen, 

von  dem  ihr  konterfei,  gezogen 

von  weiszer  hand,  schon  deutlich  spricht. 

Kellbr  10,  91  (schönga'sf). 

misztrauisch  u.  s.  w.  starren :  wieder  starrten  die  kinder 
misztrauisch  auf  die  fremden,  aber  der  doctor  beseitigte 
das  ceremoniell  der  ersten  bekanntschaft,  indem  er  Franz 
bei  den  beinen  nahm.  Freytag  6,73  {verl.  handschr.  1,4); 
angstvoll  starrte  sie  ihm  ins  gesicht.  8, 187  {ahnen  l,  l,  ll); 
tröstungen  wären  bei  mir?  dann  starrete  nicht  mein  Boje 
stumm,  mit  geheftetem  blick. 

Voss  3,  60  (der  erUgchlafenen  Margaretha) ; 
da  sitzt  er  and  starrt  leblos  anf  den  grund, 
den  er  zuvor  gestampft  mit  stolzen  füszen! 

Grillparzer*  5,  109  (könig  Ottokar) ; 
sie  starrt  erstorben. 

Immermann  13,  245  Hempel  (Tristan  1,  Comwall). 

d)  in  der  mystik,  mit  beziehung  auf  die  conUjnpl<itio : 
wände  dat  heijen  wir  staren,  als  ieman  bit  allen  sinnen 
ein  dinc  alleine  ane  sit.  rede  von  den  15  graden  {Germania 
6,  146);         sie  musten  durch  wustene  vam 

und  in  die  gotheit  stam.    Heslbr  apoe.  17261. 

3)  mit  geicandeltem  stibject:  in  seinen  äugen  starrte 
eine  grauenhafte  ängstlichkeit ,  wie  die  eines  armen 
Sünders.  Heine  l,  344  Bister  {ßorentinische  nachte  l);  aus 
hunderten  der  verschiedensten  gesiebter  starrte  derselbe 
ausdruck  nach  dem  manne  {oben  auf  dem  thurme)  hinauf, 
keiner  glaubte  an  das  wagnis,  und  sie  sahen  den  wagenden 
doch.  Ludwig  l,  372  {zwischen  himmel  u.  erde). 

4)  starren.  *MJsfan^.;  ineinergesellschaft  von  schwachen 
köpfen  kan  sich  einer  leicht  durch  starren  auf  die  seite 
bey  einer  vorfallenden  frage  das  ansehen  eines  denckenden 
kopfs  geben.  Lichtenberg  aphor.  3,  99  {Leitzmann);  die 
thorheit,  die  sich  offt  mit  einem  beständigen  nicht  weg- 
zulöschenden lächeln  äussert  verbunden  mit  einem  todten 
starren  in  den  äugen.  175;  gewisz  ist  die  anbetung  der 
sonne  zu  verzeihen,  jedermann  sieht  schon  unwillkürlich 
nach  einem  hellen  fleck,  das  thun  auch  die  thiere,  und 
was  bei  katzen,  hunden  unwillkürliches  starren,  ist  bei 
den  menschen  anbetung.  Schriften  i,  19\.;  so  ging  ihr 
staunen  ...  in  dumpfes  starren  über.  Wildenbrüch 
not'.  13. 

5)  mit  ace.  der  Wirkung;  vgl.  auch  die  ztceifelftaßen  fälle 
oben  unter  I,  3,  c;  nur  in  der  wendung  geläufig  sich   die 

Igen  aus  dem  köpf  starren,  ins  maszlose  nach  etioas 
mnt  blicken .-  der  teufel !  und  ich  hab'  mir  beynahe  die 
angen  aus  dem  köpfe  gestarrt.  Klinger  i,  154  {die  falschen 
Spieler  4,  2).  vgl.  auch  das  jetzt  ganz  ungewöhnliche  ge- 
starrte äugen,  neben  starrende  äugen,  ocehi  assiderati, 
fermi.  fisi.  Kramer  dtc^.  2  (1702),  911».  * 

STARRER,  m.  einer  der  starrt :  starrer,  mas  eontumax, 
pervicax,  obstipus,  stupens,  obstupescen» ,  exhorrescens. 
Stieler  2122. 

STARRERIN,/.  zu  dem  vorigen:  starrerinn  Stieler  2122. 

STARRFISCH,  m.  benennung  einer  fischart  {torpedo), 
welche  bei  der  berührung  eine  lähmende  wirkung  attaübt. 
Jablonski  747».     s.  auch  unten  steiffisch. 

STARRFÜSZIG,  adj.  steiffüszig.- 

ein  alter  esel  ging,  belastet  mit  dem  mehle 

des  müllers,  seines  herm,  starrfUszig  nach  der  stadt, 

empfindend,  dasz  es  ihm  an  jngendkräflen  fehle. 

Gleim  3,  84  {der  alte  etel). 
STARRGLAUBE,  STARRGLAUBEN,  m.  unveränder- 
licher, auf  den  einzelnen  glaubenssätzen  fuszender  glaube, 
der  niclit^  nachläszt,  Übersetzung  von  öp&oSoi/a;  indem 
sinne  von  aberglaube:  ein  gleiches  wunder  hat  er  mit 
wahrhaft  fatalistischem  starrglauben  zeit  seines  lebens 
auch  für  sich  begehrt.  Hänselmann  Werkstücke  2,  37. 

STARRGLAUBIG,  adj.  zu  dem  vorigen  {als  Übersetzung 
von  griech.  do&öSo^o?):  bei  dem  mächtigen  einflusse 
aber,  den  Preussen  auf  die  geschicke  Deutschlands  aus- 
übt, erscheint  durch  das  bestreben  der  genannten  starr- 
gläubigen bekenntniszpartei  die  lehr-  und  bekenntniszfrei- 
heit  auch  in  den  übrigen  deutschen  Staaten  im  höchsten 
i^erade  bedroht.  Frankf.  joum.  4.  apr.  1872 ;  subst. .-  zu  den 
fanatischen  Islamiten  gehören  die  zivilisierten  bcwohner 


West-  and  Innerasiens,  auch  Indien  liefert  starrgläobige 
genug.  Ratzel  Völkerkunde  3,  118. 

STARRHALS,  m.  einer,  der  einen  starren  hals,  nacken 
hat.  vgl.  oben  starr  2  »p.  913:  starrhals,  propr.  tetanicus 
{vgl.  halsstarre  theil  4,  2,  267),  metaph.  cervicosus.  durae 
cervicis.  pervicax.  Stieler 738;  starrhals,  collo  ritto. rigide, 
met.  ostinato,  caparbio.  testa  cabarbia.  Kramer  dtc<.  2 (1702), 
911*;  starrhals,  axltjpoTpnxTjlos.  Frisch  2,320".  vgl.  unten 
Starrkopf  und  starrnacken. 

STARRHALSIG,  STARRHÄLSIG,  adj.  zu  dem  vorigen, 
vgl.  halsstarrig  theil  4,  2,  267 :  starrhalsig  oder  haubtheldig, 
das  den  kopff  auff  die  achszlen  heldet.  obstipus.  Dasy- 
PODius;  starrhalsig,  tetanicus.  ebenda;  wann  ain  unge- 
horsamber  und  etwan  starrhälsiger,  —  wie  es  bei  jetziger 
weltzeit  gibt,  —  vermig  seinen  verbrechen  billicher  weis 
von  denen  gewalthaberen  oder  gemain  und  ausschusz 
gepfändet  wirt.  tirol.  iceisth.  2,  332»  anm.;  beschäche  aber 
die  bezahlung  aufgelegter  massen  noch  nit.  so  sollen 
die  alten  dorfpürgen  mit  hilf  der  gmain  dieselbigen  stär- 
hälsigen  gmainsleut  nit  allain  umb  das  pfant,  . . .  sonder 
umb  noch  sovil  mer,  damit  sie  die  gemainen  diener  be- 
zahlen mögen,  pfenten.  3,  280, 14. 

STARRHAXS,  m.  scherzende,  spottende  bezeichnung  eines 
halsstarrigen  menschen  •  starrhans,  pertinax,  stipes,  truncus, 
caudex.  Stieler  766;  starrhals,  giouan  capranico,  eioi 
huomo  ostinato.  Kram  er  dict.  2  (1702),  911». 

STARRHART,  adj.  sehr  hart,  steinhart:  starrhert,  rigi- 
dtts.  M.\aler  384'^;  starrhert  eychen,  eysenmässig,  rigidae 
querctis.  ebenda;  das  maul,  welches  die  grausame  kälte 
gantz  starrhart  zugefrört  hatte.  Simpl.  2,  ll  (2,  l,  2). 

STARRHEIT,  /.  zustand  des  starrseins:  Starrheit,  per- 
tinacia,  pervicacia.  Stieler  2122;  Starrheit,  rigidezza, 
rigore,  intirizzamento,  durezza.  met.  ostinatezza,  ostinatione, 
caparbieta.  Kramer  dict.  2  (1702),  911'». 

1)  im,  eigentlichen   sinne,   entsprechend  starr  l  sp.  911/. 
o)  Starrheit  der  glieder.  Campe,   als  zustand  des  gesteins: 

die  eidechsen  haben  mir  erzählt,  es  gehe  eine  sage  unter 
den   steinen,    dasz   gott   einst   stein  werden  wolle,   um 
sie   aus  ihrer   Starrheit  zu   erlösen.   Heine  5,  379  Elster 
{stadt  Lurca  l) ; 
alles  gestein  .  .  . 

legte  die  hart'  allmählich  nun  ab,  and  die  trotzende  Starrheit. 

Voss  Ovid  1,  34. 
m,it  beztig  auf  ein  allmählich  in  die  höhe  wachsendes  stein- 
denkmal  ■       j^j^^  ^^^f^  ^^^  ^jg  narrheit, 
die  ihn  selbst  und  andre  quälet, 
zu  des  runden  haufens  Starrheit.    Göthk  47,  227. 

5)  als  zustand  der  erde:  der  grad  der  Starrheit  (dichtig- 
keit),  welchen  die  erde  erlangt  hat.  A.  v.  Humboldt 
kosmos  1, 178. 

c)  Starrheit  des  anges,  des  blickes  (Campe):  sein  blick 
nahm  jetzt  eine  eigenthümliche  Starrheit  an.  Hesekiel 
Nürnberger  tand  1,1%; 

ihn  {Halevy)  erkannt'  ich  an  der  bleichen 

und  gedankenstolzen  stirne, 

an  der  äugen  süszer  Starrheit  — 

sahn  mich  an  so  schmerzlich  forschend. 

Heine  1,  438  EUter  {hebr.  melodien). 

d)  Starrheit  der  züge: 

entsetzlich 
war  die  Starrheit  und  die  blässe 
dieser  strengen  edlen  züge. 

2,  395  {Atta  Troa  19). 

2)  übertragen. 

a)  als  lähmender  zustand  des  getnüts,  der  stele:  nur  der 
gedanke,  dasz  ich  mich  jetzt  unauflöslich  mit  Leodegar 
vereinigt  habe  und  keine  schranke  mehr  meinem  glücke 
im  wege  stehe,  löste  die  Starrheit  der  seele,  dasz  mein 
blut  wieder  etwas  leben  gewann.  Keller?,  316  {Sinn- 
gedicht 13);  als  die  beiden  verschwunden  waren,  kam  Jörn 
Uhl  aus  seiner  Starrheit.  Frenssen  Jörn  Uhl  372. 

b)  vrie  unten  starrsinnigkeit  halsstarrigkeit ,  eigensinn, 
widerwilligkeit,  stöirigkeit,  vgl.  auch  starr  2 ff.  sp. 913/. .-  und 
als  Erdmute  bestritt,  dasz  der  vater  den  ehrenschmuck 
verkauft,  stampfte  Gottfried  auf  den  boden  ob  dieser 
Starrheit.  Auerbach  er  2, 219.  sinn,  tcelcher  bei  den  augen- 
blicklichen Verhältnissen  beharren  will,  sich  auch  gegen  fort- 
schrittlielie  änderungen  sträubt,  vgl.  starren  I,  1,^  sp.  920: 
die  konzessionen,  die  dort  {in  England)  den  liberalen 
ideen  gemacht  worden,  sind  dieser  mittelalterlichen  starr- 


927 


STARRIG 


STARRIGE — STARRKOPF 


928 


heit  nur  mühsam  abgekämpft  worden.  Heine  3,  497  Eistet- 
{engl,  fragm.  ll);  sie  {die  protestantischen  gymnasien)  litten 
daher  allerdings  jetzt  an  einer,  fast  nur  für  künftige  Pro- 
fessoren oder  theologen  berechneten  philologischen  Starr- 
heit. EiCHENDORFF  22,21  Koch  {erlebtes  \);  die  von  der 
öffentlichen  meinung  wenig  gebilligte  Starrheit  bischöf- 
licher Orthodoxie.  Hase  kirchengeschichte  430;  die  starr 
heit  dieses  Volkes  in  sitten  und  anschauungen.  Keller 
nachl.  239; 

so  gethan  ist  diese  zeit, 

dasz  die  Weisheit  büszt  die  Starrheit 

ihres  kopfes,  wenn  sie  nicht 

gehn  will  in  den  dienst  der  narrheit. 

RÜCKERT  (1882)  11,  527  (39.  nioifc.); 
( peraontficiert .) 

in  tiefe  sklaverey  lag  ich  gebunden 

und  mir  gefiel  der  Starrheit  eigensinn ; 

ein  jedes  licht  der  freiheit  war  verschwunden, 

die  fesseln  selbst  sie  schienen  mir  gewinn. 

GÖTHB  13,  265  {Epimenides'  envachen  1,  1). 

STARRIG,  STARRICHT,  adj.  von  der  eigenschaß  des 
starrens,  mhd.  starric:  starrig,  starrisch,  rigidus, 
ferrexis,  praefractus,  austerus,  pertinax.  Stieler  2122; 
starricht,  rigidiis.  Steinbach  2,686;  starrig,  starricht, 
rigido,  ritto,  intirizzato.  Kramer  dict.  2  (1702),  911'' ;  starrig 
ein  im  oberdeutschen  für  starr  übliches  wort.  Adelung. 
eine  tceiterbildtmg  starrechtig,  tetanicus.  Dasypodius. 
mundartlitli  starig  {7iebe7iq,'si&ri^) steif, starrend.  Hunziker 
aarg.  wb.  251.  mit  umlaut  in  süddeidschen  dialekten  •  stärrig, 
steif,  starr.  Tobler  appenz.  spraclisch.  406.  so  in  dem  sprich- 
xoort:  glauba  macht  sälig,  sterba  macht  stärrig.  ebenda. 
zugleich  viit  bedeutungsabgrenzung  gegen  störrig,  störrisch : 
stärrig  starr  im  physischen  sinne,  dagegen  störrig  im  mora- 
lischen. SciiMiD  Schwab,  wb.  507.  eine  form  stärrisch: 
es  begiebet  sich  offte  bey  solchen  personen,  die  den  star 
überkommen  sollen,  das  dieselbige  starmateria  so  grob, 
dicke  und  stärrisch  ist,  das  man  sie  durchaus  nicht 
zerteilen  noch  verhindern  kann.  Bartisch  augendienst 
(1583)  56. 

l)  in  eigentliche^'  bedeutung: 

a)  erstarrt:  starriger  hals,  starriger  arm,  starriges  glied, 
collo.  braccio,  membro  intirizzato,  assiderato,  incordato. 
Kramer  rfic^ 2 (1702), 911'';  starriger  hals.  Adelung.  Campe; 
der  saame  mit  öl  vermischt  ist  gut  wider  den  krampff, 
darvon  der  hals  starrig  wird.  Tabernaemontanus  1222C. 
stärrig  von  einem  leichnam.  Schmid  schwäb.  wb.  507;  von 
einem  mit  der  starrsucht  befallenen  kranken,  ebenda. 

b)  emporstiegen d,  in  die  höhe  stellend:  stärrig  icird  ge- 
braucht von  eifiem  starr  aufrecht  stehenden,  sich  nicht 
beioegenden  menschen ;  von  dem  steifen  stengel  einer  pflanze. 
Schmid  schwäb.  icb.  507;  starriges  mannsglied,  cazzo  ritto, 
rigido,  duro.  Khameii  dict.  2  (1702),  911'' ;  er  {der  büffel) 
hat  eine  rauhe,  doch  breite  stirn,  daran  oben  bey  den 
bSmeren  etwas  krausen  starri^en  haars  ist.  Gesneh- 
FORER  thierbuch  31». 

e)  starr,  stier  blickend,  vom  äuge;  vgl.  auch  oben  den 

beleg  aus  Bartisch  augendienst;  sehen   starrecht,   und 

jmer  an   ein  ort.   Dffenbach   neties  roszbuch  2  (1603),  8; 

er  hat  sie  gar  starricht  angesehen.  Wit/.enbürger  3,  53; 

sondern  mein  äugen  stärrig  nieder 

nach  der  erdt  schlagen. 

Glaser  phatma  Fritchl.  4, 1. 

S)  getoöhnlich  aber  in  übertragenem  sinne,  anstatt  des 
heute  gebräuchlichen  halsstarrig  theil  4,  2,  267 ;  als  simpl. 
sonst  heute  aussehlieszlich  störrig,  störrisch  {s.  u.)  gebraucht  .- 
hart,  rauch,  starrig,  met.  rigosus.  Dasypodius;  stärrig, 
als  halsstarrig,  hartneckig,  obstini,  opiniastre,  ostinato, 
capriceioso.  Hui.sius  (I6I6)  806'';  starrig,  köpffig,  ostina, 
raparbio  di  sua  testa,  capriceioso.  (1618)288*;  stärrig,  ob- 
etinatus,  opiniastre.  Sciiottf.l  1421;  ein  starriger  köpf, 
ein  starriger  teufelskopf,  testa  incordata,  ostitiata,  in 
flessibiU,  saldo  testa  dura  eome  quella  del  diavoh.  Krahp.r 
die/,  a  (1702).  911**;  auf  seinem  starrtgen  köpf  bestehen. 
ebenda;  starrichtc  köpfe,  eapita  rigida.  Stf.iniiacii  8,  6ms; 
■tarriger  sinn.  Adelung.  Campe;  noch  im  susammenhang 
mit  t:  nam  vetus  noster  Adam  ist  ein  stärrig  faul  ding 
ut  «i  einem  ein  bein  star  et  cordakalt,  schlefTorig.  Lutiikm 
n,  796,  10  Weim.ausg.;  darüber  sie  so  starrig,  hart  und 
Tentockt  werden,  da«  man  meinet,  es  tey  unmUglich, 
•inen  Tttroken  *a  bekeren.  4,  4M*;   also  haben  wyr  hie, 


wie  die  sunde  den  menschen  starrig,  unempfindlich, 
schlecht  gantz  tod  macht.  19,  210,  25  Weim.  ausg. ;  wo  der 
(Paulus)  tzu  starrigen  Juden  kam.  10^28,20  Weim.  ausg.; 
und  sehe  gerne,  das  jr  dem  teufel  zwo  kertzen  antzündet, 
denn  solchs  bringet  euch  deste  grössern  glimpff,  und 
dem  starrigen  kopff  grössern  unglimpff  und  Unfall.  5,  508»>; 
solchs  will  ich  gesagt  haben,  wider  die  unbusfertigen, 
starrige  feinde  und  Verfolger  des  worts  Christi.  4,  473*; 
ich  hab  mehr  denn  du  in  bulschafft  erfahren,  diese  grawe 
haar,  die  du  sihest,  haben  viel  erlidten  in  solchen  Sachen, 
aber  einen  solchen  starrigen,  unbeweglichen,  als  du  bist, 
habe  ich  nie  befunden,  bucfi  der  liebe  212»;  wir  können 
ihn  nicht  bereden,  denn  sie  hat  jhm  viel  ehr  und  gutes 
bewiesen,  aber  der  starrige  esel  und  narr  schlaget  ihr 
alles  ab,  was  sie  an  jhn  begeret.  212«';  dann,  fasset  si 
{die  frau)  ein  mal  was  in  den  köpf,  so  bleibet  si  in  ihrer 
hartnäkkigkeit  so  starricht,  das  jhr  di  gantze  weit  den 
wahn  aus  dem  gchirne  .  . .  nicht  bringen  kan.  Butschky 
hochd.  kanzelley  561;  was  starrestu  da,  du  starrichter 
teufel?  quid  adstas,  ob.stupida?  Stieler  2122;  ein  unbieg- 
samer, —  ein  Zögling,  ein  unfügsamer,  —  ein  schreibe- 
kiel, ein  knarriger  —  und  scharriger,  —  ein  störriger 
bursch'  und  starriger,  —  starrsinniger,  trotzköpfiger,  hart- 
näckiger, halsstarriger.  Rückert  (1882)  11,  449  (30.  mafc.); 

bey  dieser  tummen  zeit  hat  seinen  besten  nutz 
der  bauem  starrig  grob,  der  krieger  toller  trotz. 

Logau  1,  5  (105),  38  (genieszherren  dieser  zeit). 

Steigerung  durch  allitter.  Verbindung  steif  und  starrig: 
die  ketzer  sind  steyff  und  starrig  auff  yhrer  lehre.  Luther 
19,  586, 2  Weim.  ausg. ;  (es)  kommet  euch  recht  spöttisch 
für,  weil  sie  {die  Zeitungsschreiber)  auff  erden  in  ihren 
handelungen  so  schlüpfferig  und  in  jhrem  sinn  so  steiff 
und  starricht  gewesen,  sich  jetzund  auff  tausenderley 
manieren  müssen  biegen  und  schmiegen,  trucken  und 
trillen  lassen.  Philander  i,50l. 

STARRIGE,  /.  zu  dem  vorigen :  starrige  des  hals,  oder 
krümme  auff  eyn  seilte,  tetanus.  Dasypodius. 

STARRIGKEIT,  /.  zu  dem  vorigen,  wie  Starrheit  {s.  oben) 
«w  starr:  starrigkeyt,  rauhe,  »•tj^irfiYoÄ.  Dasypodius;  starrig- 
keit,  steifte  des  gemüts,  obstinatio.  ebentla;  starrigkeit, 
ostinatione.  Hulsius  (I6I8)  238*;  die  starrigkeit  oder  steiffig- 
keit,  roideur.  Duez  le  vray  guidon  (1657)  219;  starrigkeit, 
rigidezza,  rigore,  intirizzamento,  durezza,  met.  ostinatezza, 
ostinatione,  caparbieta.  Krämer  rfici.  2  (1702),  9ll'>;  starrig- 
keit, rigor.  Steinbacii  2,686.  Campe,  besonders  in  der 
Zusammensetzung  halsstarrigkeit,  theü  4,  2,  268:  er  {der  saß 
des  liebstöckel-s)  ist  gut  eingenommen  . . .  wider  den  krampff 
und  starrigkeit  des  halss,  wann  einem  das  haupt  hinter 
sich  gezogen  wird.  Tabernaemont.  2loD. 

STARRIGLICH,  adv.  zu  starrig:  starriglich,  ostinata- 
mente.  Hulsius  (I6I8)  238*. 

STARRISCH,  STÄRRISCH,  adj.,  s.  unter  starrig. 

STARRIOT,  m.  ein  lotsendienst  thuender  schiffer:  vier 
starioth  und  ain  plötentiehrer,  so  den  fünften  starioth  ver- 
tritt, rechnutig  um  bei  Sciim.^  2,  776;  starrioten,  'sdiiffer. 
die  dem  baierischen  amte  veipflichtet  .tind ,  und  dem  für- 
fahren  zur  atismarkung  der  besten  Stromrinne  .  .  .  behilf- 
lich seiti  müsseti'.  ebenda,  mit  Schmki.ler  musz  tcol  tu 
sammenhang  mit  ital.  stradare  'den  xceg  iceisen'  angenommen 
werden,    vgl.  auch  ital.  scargitore  'geleitsmann'. 

STARRKALT,  adj.  sehr  kalt,  so  dost  alles  leben  erstarrt: 
starrkalt  sein,  rigeregelu.  Maaler  884*';  starrkalter  wintcr, 
bruma  rigens.  ebenda,  vgl.  starr  1, 1,  c  sp.  918  und  starren 
1, 1,  a  sp.  918. 

STAHHKÄLTE,  /.  21«  dem  vorigen:  grosse  kette  dnrah 
einer  gestarret,  rigor.  Maai.ek  .SM4''.  * 

STARRKNOCHKN.  m.  nach  Campe  beteiehnung  des 
Schwanzbeines,     vgl.  oben  starrbein. 

STARRKOPF,  m.  starrer  köpf,  dar  sieh  nicht  beugen 
lästt,  entsprechend  oben  starrhals,  unten  starrnurkcn,  gr 
wohnlich  im  iib«rtra{feHen  sinne  von  einem  unnaehgiehigm 
gebraucht. 

1)  einen  starricopf  haben.  Adrluno.  Campk.  dann 
auch:  du  liast  uns  einen  wackorn  starrkopff  mllbrnolit, 
jtercontuma.r  huc  reiiiisti,  l'amphilr.  CoRViNU«  fons  latm. 
ßU6*;  und  IKgo  im  inondonlnngon  kämpf  vor  diotier  feste, 
um  den  alten  Starrkopf  an  dicHom  armen  feinen  zu  /.er- 
8tosr.cn.  KiKNKR  8,171;  t^^  •  wollt  ich  doch  lieber  Italien 


929      STARRKÖPFCHEN— STARRKRAMPF 

vom   Atlantermeer   abreissen,   als   diesen   Starrkopf  von 
seinem  wahn.  Schiller  3,158  (Fieslco  ö,  16); 

wilder  frevel  ist  es  wehrt,  dasz  ihn  drath  und  geissei  schwäche, 
und  die  boszheit  braucht  gewalt,  dasz  man  jhr  den  Starrkopf 
breche.    Günther  863. 

2)  dann  auch  kurzerhand  benennung  eines  starrsinnigen 
menschen  selbst:  Starrkopf,  pervicax,  contumax.  Stieler 
1012;  ein  rechter  Starrkopf,  testa  ostinata  6  cajparbia. 
Kramer  dict.  2  (1702),  911'';  Starrkopf,  homo  obstinatus, 
contumax.  Frisch  2,  320'=;  ein  Starrkopf  sein.  Adelung. 
Campe;  die  eigensinnige,  hartnäckige  starköpfTe  giengen 
beyseits  hin,  wie  sehr  wir  jhnen  auch  nachschryen.  Phi- 
lander 1,  359;  die  Josephs  brüder  waren  böse  hüben,  lose 
Schelmen,  wildfänge,  spötter,  Starrköpfe.  Simpl.  2,  500;  alle 
weit  sagte,  es  wäre  unmüglich  {die  berge  zu  ersteigen),  die 
Soldaten  würden  nur  aufgeopffert,  .  . .  aber  der  Starrkopf 
fragte  nichts  darnach,  wir  musten  fort.  Weise erina/re/i  40 
neudr. ;  Luther ,  du !  —  groszer  verkannter  mann !  und 
von  niemanden  mehr  verkannt  als  von  den  kurzsichtigen 
Starrköpfen ,  die ,  deine  pantoffel  in  der  band ,  den  von 
dir  gebahnten  weg  schreyend  aber  gleichgültig  daher 
schlendern!  Lessing  lO,  I3l;  doctor Baldrian  ..,  ein  kalter 
spötter  und  Starrkopf,  der  sich  nichts  eindisputiren  läszt, 
und  andern  alles  abdisputiren  will.  Mlsäus  physiogn. 
reisen  1,  63;  diesen  hochmüthigen  Starrkopf  auf  bessere 
gedanken  zu  führen,  ehe  eines  weibes  130;  unglückseliger 
Starrkopf  vielleicht  sehen  wir  uns  niemals  wieder.  Lenz 
1,  226  {freunde  tnachen  den  philos.  1,  5);  o  dasz  diese  Starr- 
köpfe durch  gegengründe  nur  noch  starrer  werden.  Leise- 
witz Julius  van  Tarenf  49  (2,4)  neudr.; 

sein  pfarrer  las  ihm  oft  den  text, 

mit  vielem  ernst  darüber. 

was  halfs  ?   Narcisz,  der  Starrkopf,  blieb 

bei  seinen  sieben  sinnen.    Hölty  6  HcUm. 

von  einer  Charaktereigenschaft : 

da  seht  mir  nun  den  Starrkopf  an,  die  laune! 

GÖKINGK  1, 181. 

3)  Starrkopf,  eine  benennung  des  pochkäfers,  anobiumper- 
tinax.  haudschriftl.  mittheüung  Hofpmanns  V.  Fallers- 
leben. 

STARRKÖPFCHEN,  «..  deminut.  zu  dem  vorigen;  be- 
sonders in  liebensiciirdiger  form,  mit  btziig  auf  frauen -. 
aber  die  republik  ist  eine  eigensinnige  dame.  sie  werden 
sehen,  Walther,  dasz  sie  auf  ihrem  starrköpfchen  be- 
harren wird.  Wieland  31,332  {^espräche  unter  vier  atigen  8). 
'■gl.    Starrkopf  i. 

STARRKÖPFIG,  adj.  mit  einem  Starrkopf  ausgestattet: 
staTiköp f isch,  rigidus.  obstinatus.  Stieler  1012;  starr- 
köpfisch, ostinato,  perfidioso,  renitente.  Kramer  dict. 
2  (1702),  gii**;  starrköpfig  seyn.  Adelung,  denn  weil  sie 
{die  tochter)  verteuffeit  starrköpfigt  ist,  so  will  sie  den- 
jenigen nicht  zum  mann  haben,  den  ich  ihr  geben  will. 
thichsmundi  80;  so  hartnäckig  und  starrköpfisch  war 
diessmal  der  geist,  eh  er  sich  wollte  sehen  lassen.  Klop- 
STOCK  12,379  {gelehrtenrepublik);  harte  stark  angestrengte 
arbeit  den  menschen  leicht  starrköpfig  und  unnachgiebig 
macht.  Pestalozzi  12, 491;  das  einzige  kind  des  starr- 
köpfigsten republikaners !  Schiller  3,20  {Fiesko  l,b). 

STARRKÖPFIGKEIT,  /.  zustand,  eigenschaft  des  starr- 
köpfig seins.  Campe. 

STARRKÖPFIN,  /.  zu  Starrkopf  2:  meine  leiden  sind 
weder  die  leiden  einer  jungen  närrinn,  pietistinn,  starr- 
köpfinn,  schwärmerinn,  noch  die  leiden  einer  vernunft- 
losen. Stockmann  Wertherinn  7. 

STARRKRAMPF,  m.  krampf,  von  erstarrungsersehei- 
nungen  begleitet:  ein  buchhalter  wird  vom  Starrkrampf 
befallen,  man  hält  ihn  für  todt  und  er  erwacht  erst,  als 
er  bereits  im  sarge  fortgetragen  wird.  Hebuel  tagebuch 
*  (».  308),  6151,  35;  Marie  erwachte  von  dem  Starrkrampf,  der 
sie  zwölf  stunden  lang  ihrer  ganzen  Umgebung  hatte  tot 
erscheinen  lassen.  Ludwig  2,  597  (Afaria);  i</^3,  539;  ein 
Starrkrampf  geht  schon  vorüber,  aber  das  kleine  herz 
schlug  so  stark  nachher.  Alexis  hosen  207;  leiche  von 
silbergraaer  schlänge  darum  {um  den  stab)  gewunden, 
gebrochen  im  Starrkrampf  des  todes.  Keller  5, 108  i^miaz- 
brauchte  liebest/riefe).  gern  als  Vergleichserscheinung:  aber 
eine  dunkle  angst  drängt  dem  ström  entgegen  und  hält 
die  muskeln  wie  im  Starrkrämpfe  fest.  Ludwig  l,  321 
(jeicisc/ten  himmel  und  erde);  es  war  nicht,  als  schlummerte 
X.  2. 


STARRLEINWAND — STARRSINN 


930 


die  natur,  sondern  als  läge  sie  im  Starrkrampf  und  sähe, 
wie  die  schwarzen  wölken  als  leichenmänner,  schon  an- 
stalten  machten  sie  zu  begraben,  und  sie  ränge  vergebens 
nach  einem  hilferuf,  nach  einer  bewegung.  2, 101  {Heite- 
rethei).  in  xceiterer  tomposition  starrkrampfbehaftet, 
adj.:  besonders  ein  starrkrampfbehafteter  knabe  ist  vor- 
trefflich gezeichnet.  Heine  4,  47  {salon  l,  französische 
maier). 

STARRLEIN  WAND,  /.  steife  leinwand:  starrleinwand, 
tela  distesa,  bucherame.  Krau  er  dict.  2  (1702),  gil*";  starr- 
leinwand Aüelung. 

STARRLICH,  adj..  tirol.  steif,  starr:  starrlich,  starrli' 
Schöpf  700. 

STARRNACKEN,  m.  der  sich  nicht  beugen  leiU,  tcie 
oben  starrhals ,  Starrkopf:  die  alten  übermütigen  starr- 
nacken  mus  man  par  force  beugen.  Bürger  an  Boje 
d.  7.  nov.  1778  (2,  319  Strodtmann). 

STARRNACKIG,  adj.  zu  dem  vorigen,  mit  der  eigen- 
schaft des  Starrnackens,  nach  art  des  starmackens:  und 
ungebrochen  erhielt  sich  neben  diesen  unglücklichen  an- 
fangen {der  bekehrung  zum  christenthum)  der  alte  glaube 
in  starrnackiger  kraft.  Lamprecht  deutsche  gesch.  l,  347. 

STARRNIS,  /. ,  entsprechend  wildnis  gebildet,  zustand 
des  starrens:  ein  Eden,  .  . .  das  heute  versteinert  und  in 
starrnis  versunken  ist.  Rosegger  waldschulm.  86.  dann 
auch  von  einer  örtlichkeit:  wenn  diese  Sommerfrischler 
sich  einen  besonderen  festtag  machen  wollen,  so  streben 
sie  auf  der  starrnis  weiter,  über  die  zerrissenen  gletscher. 
sündergl.  238. 

STARROFFEN,  adj  vom  äuge.  weit,  wie  zum  starren 

geöffnet:     j-jugs  lagen  die  toten,  die  zttge  verzerrt, 
starroffenen  augs.     Leuthold  jred.*  302; 

sie  horchte  gespannt, 
vom  blick  des  starroffenen  auges  gebannt, 
das  niemals  sich  schlosz 
und  niemals  der  gäbe  des  schlafes  genosz.    286. 

STARRSCHÄDEL,  m.,  dasselbe  wie  oben  Starrkopf,  als 
«jrenjiameStarschedel.  MELTZERAt«foria<ScA/»€e6€r^e/>*i«366. 

STARRSINN, m. »torrer,  unbeugsamer,  liarter  sinn:  Starr- 
sinn, testa  ostinata  0  caparbia.  Kramer  dict.  2  (1702),  911'*. 
wahrscheinlich  . . ,  dasz  seine  Weissagungen  nicht  so  ganz 
unerfüllt  bleiben  werden,  als  es  mein  Starrsinn  des  vorigen 
monats  gegen  ihn  behauptete.  Thümmel  reise  2,2b;  der 
gouverneur  . .  .  stehe  doch  im  rufe  unbegrenzten  eigen- 
willens ,  zaumloser  heftigkeit  und  ehernen  Starrsinns. 
Göthe  26,  370  jubiläumsausg.  {ital.  reise  13.  mai  1787);  auf 
diesem  wege  {des  gereizticerdens)  wird  bosheit  leicht  ge- 
fährliche feigheit,  und  rechtschaffenheit  leicht  starr-  und 
steifsinn.  Klinger  7, 51  {Faust  der  Morgenländer);  in 
leidenschaft  und  Starrsinn  versunken.  Iffland  mann  v. 
toorti,'!;  geschäfte,  deren  frucht  und  lohn  ihm  die  Un- 
dankbarkeit und  der  Starrsinn  der  bürger  entreisze.  Arnim 
3,463  {kronenicächter  3,1);  sein  Starrsinn  läszt  dies  nicht 
zu.  C.\mpe;    jemandem  den   Starrsinn   brechen,   ebenda; 

auf  ihrer  {der  feinen  lebemari)  höchsten  stufe, 
wie  auf  der  niedrigsten  herrscht  .  .  . 
...    ein  Starrsinn,  wie  man  ihn  bey  knaben 
nur  durch  die  ruthe  bricht. 

GOTTBR  1, 1%  {der  reuende  virtuote). 

mit  loeiterer  bestimmung:  ich  kenne  seinen  hasz,  seinen 
eisernen  Starrsinn.  Klinger  l,  16  {zicillinge  1,  2);  zur 
bloszen  befriedigung  seines  rasenden  Starrsinns.  Kleist 
3,  -204  E.  Schmidt  {Kohlhaas) ;  erst  durch  römischen  Starr- 
sinn sei  Luther,  der  anfangs  nur  gegen  einen  miszbrauch 
der  kirche  geeifert,  dahin  getrieben  worden,  die  ganze 
kirchenautorität  in  ihrer  spitze  anzugreifen.  Heine  4, 184 
Elster  {religion  und  philos.  in  Deutschland  l);  bliebest 
du  weg,  er  legte  dir's  als  hugenottischen  Starrsinn  aus. 
C.  F.  Meyer  novellen  l,9l  {amulet); 

du  nur  trägst  im  busen  ein  herz  von  unreizbarem  Starrsinn. 
Voss  Odyttee  10,  329 ; 

wol  kein  anderes  weih  wird  so  ausdauernden  Starrsinns 

von  dem  gemahl  abstehn.    83, 100. 

personificiert : 

stirb  als  thor,  des  Starrsinns  opferthier! 

Wieland  23,  270  {Oheron  12,  38). 

als  bezeichnung  einer  person  selb.tt:  da  gehst  du  nun  hin, 
du  Starrsinn  der  weit,  du  stählernes  herz,  du  eherner 
arm.  Tieck  don  ^ixote^  2, 169  (8,5). 

5y 


931 


STARRSINNIG—  STARRWERDEN 


STARRWILLE  — ST  AT 


932 


STARRSINNIG,  adj.  zu  <Um  vorige^i:  starrsinnig,  rigi- 
dus.  Stieler  2032;  starrsinnig,  oatinato,  perßdioso,  reni- 
tent. Kramer  dicf.  2  (1702),  911*';  starrsinnig  sein  Campe. 
seine  seltsame,  dem  anschein  nach  fast  eingeschüchterte, 
wenigstens  starrsinnige  enthaltung  alles  eignen  angriffs. 
Kl.e\st  3, HO  E. Schmidt  (iler  Zweikampf);  die  starrsinnigen 
freunde  des  alten  sich  auch  den  leisesten  Verbesserungen 
dessen,  was  veraltet  war,  widersetzten.  Schlosser  weit- 
geach.  10,  237;  Fichte,  der  starrsinnige  mann,  wie  sich  von 
selbst  versteht,  wollte  dieser  eignen  groszen  Umwandlung 
niemals  eingeständig  sein.  Heine  4,282  Elfter  (religion  u. 
philos.  in  Deutschland  Z);  M.  Calpurnius  Bibulus,  einer  der 
zähesten  und  starrsinnigsten  oligarchen.  Hertzberg  in 
Grotes  allgem.  weltgesch.  3,308.  adverbial.:  nun  hat  man 
aber  nie  von  uns  sagen  können,  dasz  wir  starrsinnig 
auf  Irrtum  und  miszverständnisz  beharrt  seien!  Keller 
6,332  {fühnlsin  der  sieben  aufrechten); 

hast  du  vergessen,  wie  er  deinen  Deiphobus, 
des  todtgekänipften  Paris  bruder,  unerhört 
verstümmelte,  der  starrsinnig  wittwe  dich  erstritt 
und  glücklich  kebs'te.      Götiie  41,  204  (^Faust  II). 

STARRSTEIF,  adj.  bis  ztir  erstarrung  steif,  ganz  steif: 
dasz  man  den  schmutzglitzenden  und  purpelschwitzigen 
nacken  und  hals  muszt  vor  den  Icuten  decken:  fürnem- 
lich  wan  er  so  starensteiff  vom  holtzligen  war  worden. 
Garg.  172  neudr. ;  er  bewägte  di  ädern ,  di  seine  star- 
steifTen  äugen  gleichsam  wi  eine  unruhe  widerüm  treiben 
machten.  Zesen  adr.  Rosemund  37  neudr. 

STARRSUCHT,  /.  lühmung  der  glieder,  so  dasz  sie  starr 
und  unbeweglich  werden.  Adelung:  er  war  wie  ein  mensch, 
der  an  der  starrsucht  krank  liegt;  der  sieht  und  hört, 
als  sähe  und  hörte  er  nicht,  und  empfindet  keinen  andern 
schmerz,  als  den  schmerz  des  daseyns  und  dieses  furcht- 
baren zustandes  eines  Scheinlebens  und  Scheintodes. 
AuRBACHEH   volksbüchlein  1, 11. 

STARRSÜCHTIG,  adj.  zum  vorigen,  mit  der  starrsucht 
behaftet,  zur  starrsucht  neigend:  {Vorstellungen,)  deren 
man  sich  im  wachen  nicht  erinnert,  woraus  aber  gar 
nicht  folgt,  dasz  sie  im  schlafe  nicht  sollten  mit  bewuszt- 
sein  klar  gewesen  sein;  wie  in  dem  exempel  des  herrn 
Sauvage  von  der  starrsüchtigen  person.  Kant  1,82. 

STARRTOT,  adj.  eigentlich  'tot,  schon  bis  ztir  erstarrung 
{der  leiche)',  dann  überJiaupt  'ganz  tot.  mausetot':  starr- 
todt,  rigide  mortuus.  internecioni  datxis.  obtruncatus. 
Stieler  2292;  starrtodt,  rigido  ö  disteso  morto.  cioe  morto 
affatto.  Kramer  dict.  2  (1702),  911*';  starrtodt  daligen,  stare 
disteso  morto.  ebenda;  als  sie  siegend  und  stoltziglich 
nach  hause  kehren  wolten,  fället  ein  ziegel  von  dem 
dach ,  und  schlaget  von  den  dreyen  einen  starrtodt  dar- 
nieder. Prätorius  glückstopf  172;  ergreifft  eine  holzaxt 
und  schlägt  den  baren  starrtodt.  Chr.  Lehmann  merk- 
icürdigkeiten  in  dem  meisznischen  Ober  Erzgebirge  (1699)  761, 
vgl.  GöPFERT  in  zeitschr.  f.  hochd.  mundarten  1,62. 

STARRUNG,  /.  Vorgang,  zustand  des  starr  aeins.  ge- 
braucht aowol  im  eigentlichen  wie  im  übertragenen  ainne: 
st&rrung  der  spannaderen,  rigor  nervortim.  Maalefi  384''; 
staming,  roideur,  oatinatione.  incordamento,  il  diatendersi, 
eome  difreddo.  Hulsius  (1616)806'';  alle  coagulationes  oder 
starrungen.  Pahacelsus  opp.  l  (1616),  927  A;  starrung,  per 
tinacia,  pervicacia.  Stieler  2122;  starrung  des  männlichen 
glieds,  rittura.  Jurezza.  auperbia  del  Tnembro  virile;  it.  di- 
fetto  naturale  detto  priapiamo  6  aatiriase.  Kram  er  dict. 
8  (1702),  911'';  starrung,  rigor,  rigitaa  (»o  in  gichtstarrung). 
Stein iiAcii  2,68«. 

STARRVERWANUT,  adj.  vom  blick,  ganz  unverwandt: 

die  einfalt  hOrt  ihm  zu,  mit  slarrverwandten  blicken, 
mit  gierif  ofnem  mund,  und  beyrallsreicben  nicken. 

Le«8Ino  t,  188  (reliiiion,  fragm.). 

STARR  VOLL,  adj.  voU  bi»  tum  starren  {vgl.  starren  1, 2,  d.  a 
ap.  Ml):  fttarrroll,  pieno  ö  eolmo  ä  atare  disteao  i  rilto. 
Kiiamkr  dict.  8  (1702),  911";  als  nun  diese  fraw  den  lunlcr 
beygeleget,  und  jhr  Herrischer  Nabal  seines  schluin- 
pampens  auszwartet,  und  sich  blind  und  starvoll  an- 
seafn.  MATHRSit'S(fe^ro/u>i(/ürDs'>;  ein  starnroiler  bauch, 
una  paneia  piena  ä  atar  diaieaa,  eioi  ripiena  di  eibo. 
Kmamkii  a.  a.  o. 

STAHHWKHDKN.  n.:  {at^f  der  atraau.)  wo  der  pfarr- 
knecht  . . .  durch    hauchen    und    blasen    seine    halbvcr- 


klammten  finger  vor  dem  völligen  starrwerden  zu  schützen 
suchte.  FoNi ANE  vor  dem  aturm  l,  144. 

STARR  WILLE,  ?n.  starrer,  harter,  unbeugsamer  tcille 
{vgl.  starr  I,  2  sp.  913):  Irrtum  dieses  autokratischen  starr- 
willens,  dieses  unheilvollen  eigcnsinns.  Heine  6,  386  Elster 
{Lutezia  2, 58). 

START,/,  ioache.  anstatt  schart  theil  S,  sp.  2222,  aita 
ital.  scorta  {franz.  escorle). 

1)  concret,  die  Wachmannschaft:  an  dem  ort  mit  vielen, 
an  jenem  ort  mit  so  vielen  pferden,  da  die  start  oder 
die  schiltwacht.  Fronshergek  kriegsbuch  l,  9,5»;  er  {der 
Oberst)  soll  sich  auch  befleissen,  durch  etliche  geringe 
reisigen  alle  bühel  und  höhen,  so  in  der  neben  seind, 
einzunemmen,  darab  man  der  feind  haufTen  eigentlich 
sehen,  und  was  jr  fürnemmen  ist,  merckcn  mag,  damit 
der  Oberst  für  und  für  von  denselbigen  starten  sein  be- 
richt  und  erfahrung  haben  möge ,  wie  sich  die  feindt 
halten,  wann  und  wie  sie  ziehen.  134»;  zwischen  dem 
essen  bestellt  er  die  ämpter,  die  hohen  gefeil  und  com- 
missionen,  die  musterung,  die  ober  unnd  unterwachten, 
hut ,  statthalten ,  starten ,  forderst  und  hinderst  unter- 
halten, schilt  und  scharwachten.  Garg.  316  neudr. 

2)  abstract.  das  ivachen:  die  losung  . . .  den  reutern,  so 
wachen  oder  start  halten  sollen,  zu  geben,  jhnen  auch 
bescheid  und  Unterweisung  wisz  zu  geben,  wie  sie  sich 
auf  der  wacht  und  start  halten  sollen.  Fronsperger 
knegsbuch  l,  95». 

STARTMEISTER,  m.  vorgesetzter  einer  icache  {a.  daa 
vorige):  Mutscheller  als  zalniaister,  Ulrich  Ochs  wald- 
maister,  Andr.  Schaffer  zewgwart  und  St.  Moser  start- 
niaister.  Urkunden  Maxim.  221. 

STARZ,  m..  s.  sterz. 

STARZEN,  verb.,  s.  sterzen. 

STAS,  l)  m.,  loird  in  älterer  spräche  zuweilen  für  stosz 
geschrieben,  vgl.  das.  {so  z.  b.  fastn.  sp.  993,  36).  ebenso  jetzt 
unterfränk.  stass.  Ruckert  175.  {ebenso  stassen  für 
stoszen,  im  reim  auf  über  die  massen.  Wickram  4, 30 
Bolfe,  losbuch  v.  799.) 

2)  preusz.  Stäs,  vorname.  aus  Stanislaus.  Frischbier 
2,363»'. 

3)  als  adv.  in  Glarua.  heftig.  Stalüer  2,392. 

STAT,  m.,  auch  stath,  staht,  stadt,  häufge  ältre  Schrei- 
bung für  Staat,  s.  das.,  sp.  270ff.  nachtrüge  zu  den  be- 
legen ;  zu  1.  a,  a : 

o  Beel  sich  an  hie  unsem  staht. 

S.  BiECK  Beel  (1639)  C  &>. 
so  auch  (?): 

besunder  von  dem  bösen  staut, 
des  dort  der  türkisch  kayser  pfli^. 

Herm.  V.  bACMSBNHEiM  mörin  6292. 

zul,a,ß:  darumb  sol  einer  dargegen  gedencken  dz  so 
fil  er  me  gnaden  hat,  dz  er  so  fil  in  einem  verfarlichren 
stat  ist,  und  gröszrer  verdamnisz  warten  mflsz  sein,  ist 
es  dz  er  die  götlichen  gnaden  nit  recht  braucht.  Keisers- 
BEiiG  helli.<tch  low  e  3"  (56).  zu  i,  a,  y :  der  do  leben  will  in 
keüscheit  auszerthalb  der  ee,  dem  gibt  der  feind  in,  es 
sey  zö  111  verfarlich  auszerthalb  der  ee  leben,  und  haltet 
im  für  wie  ein  fein  ding  es  sey  eelicher  .stat.  c4»(2:>"). 
««  l,a.F,  atand:  der  bösze  feind  würckt,  dz  ein  mönscii 
der  sich  in  einen  stat  ergeben  hat,  warnem  aller  ge 
brcsten  und  unkummlicheiten,  die  der  selb  stat  in  im 
hat.  wann  es  ist  gewisz  das  ein  {etlicher  stat  in  im 
hatt  eigne  und  besundre  gebresten.  ebenda;  warumb  bin 
ich  nit  noch  in  meinem  alten  stath!  Wickram  8,  307, 8 
Bolte  {goldtf.  c.  16);  hastu  mich  armseligen  jUngling  nit 
ausz  nidcrem  stath  gleich  in  meiner  kindtheyt  zö  einem 
tuten  anfang  gebracht,  do  mein,  nachdem  ich  eines 
Armisten  hirten  son  was,  gantz  herrlich  gepflegen  w>^r<l 
870,16  (c.  40); 

0  van  Coeln«  ir  aide  (ealachte, 

.  .  .  danket  fode  aller  eren : 

want  die  ach  woulden  unteren, 

die  halt  hie  (edrurkot 

ind  uch  upirorucket 

weder  in  uren  alden  atait. 

il.  tUUUfchron.  12,  867  {weverüaicht  VX^  ; 

dabaim  in  miner  horrcn  land 
da  bond  vll  fnmlen  hnhon  «taut. 

HBRM.  V.  8a(  IISRNIIKIM   mur. 

darumb  daa  man  in  est  und  trcnckt 

uud  klayder  geb  naoh  eyiietu  staut.    4671 , 


w 


933 


STAT 


STÄT— STATER 


934 


sind  benüegi?  in  ttwerem  einfaltigen  statt. 

RuFF  Euer  Heini  vortp.  539 ; 

spriehtcörüich : 

je  hoher  statt, 

je  grösser  ansehen  das  laster  hat.    Pktri  Ji  8». 

im  gen. .-  das  ain  yeder  so  dem  andern  widerwertig  were 
. . .  yeden  hoch  oder  niders  Stands  mit  der  unwarhait 
hinderrucks  .  . .  möchte  sehenden  unnd  lestern  .  .  .  und 
were  also  dehain  biderb  mensch  ainichs  stats  von  sol- 
hchen  leichtvertigen  hinderrücklingen  klaffem  seiner 
eern  ...  sicher.  Joh.  Rf.uchlin  au^erwp.  l»;  so  -würd 
fürterhin  kain  biderb  man,  was  stats  er  were,  vor  kainem 
böszwicht  seiner  eern  sicher.  41".  mit  synonymen  atts- 
drücken  verbunden:  also  das  nymand,  weliches  states, 
wirdickeit,  ambachts,  ader  landes  her  sey,  nu  furbasz 
mer  ennygerley  ander  saltz  . .  .  verkouffen  sol.  pnvü.  des 
markgr.  Friedrich  v.  Brandenb.  f.  Lüneb.  v.  l«l  bei  Grefe 
der  Lüneb.  saline  ausschlieszi.  sahdebit  (1849)  beil.  53;  dass 
. . .  niemand,  welches  Stands  oder  stats  er  sie,  mit  ge- 
waltiger tat  . .  .  wider  iemand  zehandlen  gestattet.  Ans- 
HELM  Berner  chron.  2,3,3;  femer:  we  dar  wedder  dede, 
he  were  keiser  konig  edder  in  welker  werdicheit  edder 
stat  he  gesät  were.  d.städtechron.'i.Sil,!  {Magdeb.  sclwppen- 
chron.  zu  1414);  dz  niemants  sein  stat  und  wesen  gefall. 
Keisersberg  hellisch  löte  d  1*  i,2ö);  das  er  da  bey  nit  über 
seh  die  ding,  wöliche  er  pflichtig  und  schuldig  ist.  es  sey  i 
seiner  personen,  gelübd,  states,  oder  ambtes  halben. 
aeelenpar.  98»;  ich  meyn  nit  von  nöten  sein,  mein  här- 
kummen  unnd  wirdigen  stot,  in  dem  ich  bin,  zu  erzölen. 
Wickram  1,13,1  Bolte{Galmy  c.  3,);  also  haben  die,  so 
darzu  verordnet,  yederman  einen  yeden  nach  seinem 
stath  und  wirdin  zu  tisch  gesetzt.  roUicagenb.  172,  4  Kurz 
(c.  100).  implur.  mit  und  ohne  tunlaut:  zu  Verachtung  und 
straff  der  narheyt  . . .  aller  stät ,  und  geschlecht  der 
menschen.  S.  Brant  narrensch.  vorr.  (iiberschr.);  ich  weisz 
dz  man  in  allen  stäten  bösz  und  güttes  findet,  haltet 
mein  stat  etwas  böses  ...  in  im,  so  hat  er  doch  etwas 
gutes  in  imm.  Keisersberg  hellisch  löic  d  i»  (25),  s.  ferner 
unten,     von  bestimmten  ständen  .- 

als  dem  {freunde)  dasselbig  wardt  verkündt, 

das  der  doctor  gekoren  wer 

zum  Cardinal,  ein  erosser  herr, 

jm  zu  wü»tschen  da  zu  jm  trat 

glück,  heyl  zu  solchem  grossen  stat. 

B.  Waldis  Esop  2,  54,  10. 
80  auch  (zu  1,  a,  d'}: 

der  priester,  imd  der  künicklich  stadt 

hondt  beide  gottes  vicariadt. 

Murner  badenfahrt  G  1*>  (15,  54). 

hierher  vidi.  atuA  (?) :  als  sie  nun  . . .  den  rathsmeister, 
die  oberste  stedte  und  worthaltende,  und  auch  die  meister 
von  Innungen  und  gemeinheit  mit  solcher  ihrer  listikeit 
. . .  nicht  haben  zu  sich  brengen  können.  Spittenuorff 
493.  —  von  der  leiblichen  beschaffenheit,  Verfassung,  com- 
plexion:  der  rechtz  leben  haben  wol,  vernufft  und  lang- 
leben, der  nem  sein  selbs  war,  jeder  man  nach  seinen 
staten  als  dy  vier  complexion  geordiniret  sein  von  got. 
huchemalitrey  (1493)  b  2*  {dafür  in  der  atisg.  v.  1530  B  2*' : 
yderman  nach  seinem  stand) ;  die  unmessigkeit  verderbt 
leib,  sei  und  gut  gewonheit  yedermansz  nach  seinen 
statten,  f  4»  (l530:  nach  seinen  stadten.  F6»  —  hierlierf).  — 
zu3,a,b:  uf  ein  mal  was  ein  reicher  man  zuo  armen 
tagen  kumen  ...  da  er  sein  stat  und  wesen  nit  me  halten 
mocht . . .  Pauli  schimpf  s.  300  Österley  (c.  522);  der  ver- 
dorben man  fieng  wider  an  ein  herlich  stat  zöfüren. 
d>enda  {hier  neutr.r);  jm  {dem  'profandtmeister')  werden 
gehalten  diener  zu  seinem  ampt .  . .  sonst  wirt  jm  ein 
ehrlicher  staht  gehalten.  Fronsperger  kriegsb.  l(ibis),6i*'. 
—  s.  auch  d.  idiotiken:  HuNziKER  249  (städ).  Seiler  277'' 
(stat,  stad).  Martin-Lif.nhart  eis.  tcb.  2,618*'  ("st&t,  t-ei- 
einzelt 'slöt,  \.  staat,  regierung  [selten];  2.  putz,  aufwand). 
S«niÖPF  702  (stat,  Staat;  stand,  orden,  amt,  würde).  Mki- 
8INGER  Bappenauer  mundart  lao  (staat).  Gangler  Luxem- 
burger umgangsspr.  436  (stöt ,  plxir.  st^t ,  haushaltung). 
Elefmann  22*  (aufwand,  putz).  Jecht  107''. 

STAT,  m.  n.,  zuweiUn  für  stad,  gestade,  s.  das.,  sp.  415 : 

dasz  es  von  nöthen  sey,  ein  fräwlein  jhm  zu  reichen, 
die  sich  der  ersten  wol  an  Schönheit  könte  gleichen, 
die  man  dem  Proteo  stell  an  des  meeres  stat  (in  Ufo  al  mare). 
DiETR.  V.  D.  Wbrder  Ariott  8,  56,  3. 


STÄT,  adj.  adv..  s.  stet.  —  die  form  stat,  fortsetzung 
der  mhd.  form  des  adverbs  stäte,  z.  th.  auch  regelmäszige 
lautliche  enttricklung  axts  staete  {bezw.  germ.  *stediz). 
herrscht  in  den  südöstlichen  mundarten,  meist  als  adv., 
doch  auch  als  adj.  vencendet.  schicäb.  'stset,  stet,  stat, 
eigentlich  beständig,  dann:  langsam,  sachte,  leise;  an 
'stAt-n  machn,  langsam  tanzen;  tu ''staet,  übereile  dich 
nicht,  halte  ein!  Frommans  1,242,28,  tu  und  um  Eich- 
stätt  staat  ruhig,  still,  langsam,  zeitschr.  f.  hd.  mund 
arten  3,80»;  unterfränk.  stat  (mit  breitem  a)  langsam. 
RucKERT  175;  tirol.  stät,  städ  still,  sacht,  leise;  über  aucJi 
noch  a  stät's  diendl,  a  stäter  bue  (trett);  in  Passeier  'öfter'. 
Schöpf  701,  vgl.  Frommanx  3,89  (helles  ä  aus  »);  kämt. 
stät  stm,  ruhig.  5,254,64;  ästen:  st;it  sachte,  langsam, 
stat  gehen,  stat  seyn  schiceigen,  kein  getöse  machen.  Höfer 
3,173,  oberösterr.  stät  stül.  Frommann  2,92,48.  3,192,85, 
niederösterr.  sdäd  sachte,  leise.  392,  3,5,  schdad  stille,  ruhig, 
schweigsam,  langsam  und  leise,  geh  schdad.  C.\stelli 
232,  ebenso  in  Wien,  z.  b.  sei  stad,  mit'n  kriag  is  stad 
worn,  kutscher,  fahr  stad,  auch  im  comp. :  er  ist  aller- 
weil stader  worn,  nacher  is  er  g'sturbn.  HCgel  164''; 
nordböhm.  stäte,  langsam,  sanft  aufsteigend,  sachte.  From- 
mann 5, 477,  egerländ.  stad  stül,  ruhig,  langsam.  Neu- 
bauer 99,  erzgeb.  stäta,  adv.  fest,  beständig.  Göpfert 
115»;  oberlausitz.  state  gehen  fest,  steif.  Anton  13.  6; 
schles.  stäte,  adv.  l)  stets,  beständig;  2)  rasch,  schnell. 
Weinhold  93''.  dazu  noch  altenb.  statewag  'stetig  hin'. 
Pasch  lOO.  so  auch .-  staad,  staat  ruhig,  stille;  langsam; 
bedächtlich,  allmählich.  Klein  2, 165  {als  österr.  fränk. 
bair.,  dazu  stat,  österr.,  behutsam,  sachte  169);  stat  {lang- 
sam) und  gewisz  sind  die  besten  schüsz.  immer  stat 
voran,  dasz  Österreich  nachkommen  kann.  Hetzel  tcie 
der  Detitsche  spricht.  298.  stat  atich  ztuceilen  in  volks- 
thümlicher,  mtmdartlich  gefärbter  litteratur:  beim  berg- 
steigen  heiszt  es:  immer  stat  vorwärts  und  nie  stehen 
bleiben.  Auerbach  auf  der  höhe  3,  66  (5,  c.  14);  'sei  staad', 
tröstete  sie  Joseph,  'sobald  d'  dich  erholt  hast,  geh'n  wir 
wieder!'  W.  v.  Hillern  Geier-Wally'' li%  (c.  9); 

mä  kimmt  ja  stad  är  (langsam  auch)  an  weiden  weg. 

Hartmann-Abele  {rolksschausp.  s.  509,  762 

weiknachtfsp.  atu  dem  bair.  uxüd,  handtchr. 

V.  1837). 

STAT,  für  steht,  3.  sing,  zti  stehn,  s.  das. 
ST  ATARI  ALGERI  CHT,  n.  ausnahmegericht  für  falle,  tco 
die  gemeinsicherheit gefährdet  ist.  österr.  staaticb.  2, 1303»,  vgl. 
Standgericht,  dazu  statarialgerichtsbarkeit,  statarialdelikt. 
STATARISCH,  adj..  in  der  spräche  der  schide  statarische 
lektüre  im  gegensatz  ztir  cursorischen,  vericeilende  lektüre 
mit  erklärtingen  des  lehrers  ttnd  häuslicher  präparation 
der  schaler,  s.  Campe  erg. -tcb.  {unter  cursorisch). 

STÄTCHEN,  n..  seltnes  demimitiv  zu  staat,  tcofür  die 
Schreibung  stäätchen  minder  üblich:  unsere  kleinen  stät- 
chen  kleidete  das  alles,  wie  Cäsars  leben  und  thaten 
einer  {l.  eine?)  marionettenkomödie.  Benzel-Sternau 
bei  Campe  {tmter  staat  2) ;  und  so  gehe  man  die  zahl- 
losen fürstlichen  paläste  durch,  die  zu  jener  zeit  in  allen 
Staaten  und  stäätchen  unseres  Vaterlandes  entstanden 
—  einer  gleicht  genau  dem  andern.  Philippson  in  Grotes 
allgem.  tceltgesch.  8,  446  (1887). 
STÄTE,  /..  s.  stete. 
STÄTEN,  verb..  s.  steten  tnui  statten. 
STATER,  m.,  gr.  münzbezeichming  {meistens  goldmünze); 
im  neuen  test.  einmal  von  einer  silbermünze  (=  4  dradimen, 
für  das  hebr.  seqel ,  gr.  aixXos,  s.  säckel  5,  thed  8, 1619, 
ttnd  seckel,  theU  10,1,  «Hü)  tmd  hier  von  Luther  beibe- 
halten: wirff  den  angel,  und  den  ersten  fisch  der  aulTer 
feret,  den  nim,  und  wenn  du  seinen  mund  auffthust, 
wirstu  einen  stater  finden.  Matth.  17, 27  {dafür  in  den 
früliem  einzelausg.  des  fieuen  test.  zuerst:  »ynen  halben 
gülden,  später  stater  mit  der  randhem.  •  ist  ein  lot,  wenn 
es  Silber  ist,  so  machts  ein  halben  gülden),  so  atich: 
und  unse  here  sede  to  Petro:  nim  den  stater  und  gif  ene 
vor  mi  und  di.  Lappenberg  Hamb.  chron.  491  (St.  Kempe 
einf.  der  reform,  zu  Hamb..  zu  1526.)  von  da  in  einzelne 
tcörterbücher  übernommen :  stater,  . .  .  sieltia  sanctttarii. 
volare  dimidii  imperialis.  stater  argentetcs:  güldner  stater, 
stater  aureus  autem  est  uncia  auri.  Stieler  2116.  s.  ferner 
Campe  erg.-tcb. 

59* 


935 


STATHALTUNG  — STATIG 


STATIG 


936 


STÄTHALTUNG,  /..  *.  stethaltung. 

STÄTIG,  adj.  beständig,  s.  stetig. 

STÄTIG,  adj.  iciderapenstig .  störrig.  l)  siätig  ist  eine 
{getneingerm. .')  adjectivbildung  zu  statt,  zunächst  mit  dem 
entsprechenden  allgemeinen  sinne  'auf  der  stelle  verhat-rend' . 
so  altn.  stodagr  feststehend,  unbetceglich,  tciderstandsfähig, 
erk/^rüZrt^.'CLEASBY-ViGFUSSON  602*.  Fritzner''  3,  592". 
{dän.  staedig  %col  aus  dem,  deutschen.)  im  engl,  scheint  ags. 
stedig,  sterilis.  Boswoth-Toller  914*  (seifen)  und  neu- 
engl,  steady  hierher  zu  gehören,  deren  gegenseitiges  Ver- 
hältnis allerdings  nicht  deutlich  ist.  ahd.  stetig  feststehend, 
als  beiteort  des  pol^rstems: 

Polönan  ouh  then  stetigen. 

Otfrid  5, 17,  31.    (vgl.  Adelung  2.) 

hier  also  von  dem  {zwar  wurzelverwandten,  aber)  anders 
gebildeten  st&tig  (.■?.  stetig)  wenig  verschieden;  Graff  ver- 
einigt sogar  (mit  unrecht)  die  Schreibungen  statig  und  stetig 
unter  einem,  worte  m.it  der  bedeutung  'stabilis',  s.  ß,  64«. 
später  ist  dann  im  deutschen  die  specialisierung  der  be 
detitung  eingetreten,  wodurch  sich  stätig  deutlich  von  dem 
andern  stetig  sondert  {s.  unten  3).  .90  mhd.  stetic,  -ec. 
Lexer  handwb.  2,1184/.;  mnl.  stedich  SchillerLübben 
4,374*;  mnl.  stedich,  -igh.  jetzt  im  hell,  zu  steeg  zu- 
sammengezogen mit  dem  freieren  sinne  'lialsstarrig,  hart- 
näckig', vgl.  Franck  957  und  Weigand  2,799.  —  dem 
deutschen  nachgebildet  ist  das  lat.  stativus  equus  im  tcich- 
bUd.  Magdeb.  art.  99.  Brinckmann  gloss.  diplom.  2,  575*. 
Du  Gange  7, 588*. 

2)  das  wort  ist  frühnhd.  (16.  jahrh.)  sehr  gewöhnlich, 
dann  tritt  es  zurück,  um  erst  im  19.  jahrh.  wieder  häufiger 
zu  werden,  doch  ist  in  neuerer  zeit  die  parallele  bildung 
statisch  geläufiger,  im.  16.  jahrh.  ist  die  gewöhnlicJiste 
Schreibung  stettig(5o  *eiKEiSERSBERG,  Brant, Murner, 
Wickram  u.  a.),  doch  ist  daneben  üblich  stetig  {bei 
Luther,  Sachs,  Anshelm),  stätig(ALBRECHT,  Flschart, 
Petr.),  und  stättig  (Franck,  Paracklsus).  m  der 
neuem  zeit  wird  aümäJdich  stätig  übericiegend,  doch  findet 
sich  auch  stettig  (stättig)  bei  süddeutschen  (alem.)  autoren 
tcie  Bräker,  Gotthelf,  Auerbach,  von  den  Wörter 
bücJiemhaben  stettig:  Maai.er,  stetig:  Corvinus, Eggers, 
stätig:  Dasypodius,  Schottel,  Adelung,  städtig:  Stein- 
bach, stättig:  Höfler;  Krämer  giebt:  stetig,  stätig, 
Frisch:  stettig,  stättig,  stätig  {l.  stätig).  Campe:  stätig, 
oder  stetig,  zuweilen  wird  die  Schreibung  direct  zur  unter 
ifcheidung  der  bedeutung  benutzt,  'stätig  icird  von  einem 
fehlerhaften  pferde  gesagt,  das  nicht  aus  der  stelle  zu 
bringen  ist;  allenfalls  scherzhaft  von. starrköpfigen  menschen, 
für  beständig  oder  stet  musz  man  stätig  7iicht  gebrauchen. 
ich  wünsche  stetiges  Wohlergehen.'  Heynatz  Antibarb. 
2, 442.  —  mundartlich  ist  das  wort  besonders,  doch  nicht 
aussehlieszlich,  im  Süden:  Schweiz,  strtig  Hunziker  254, 
eis.  und  in  Basel  stettig.  Martin-Lienhart  2,  619/.  (stsetik, 
st^tik,  stfitik,  stiti,  st^ti/),  vgl.  Ch.  Schmidt  hist.  wh. 
340».  Seiler  278»;  bair.  stetti  Schm.*  2,798;  tirol.kärnt. 
8tö<i)tik  Hintner  229.  Lexer  248.  femer  oberhess.  stätig 
(schdi^richl  Crecelius  805,  thür.  {Erfurt)  stetig  Hertel 
apraehach.  235.  auch  nd.  stedig  brem.  wb.  4, 1012  {jetzt 
wcl  überall  durch  -isch  ersetzt  oder  ganz  aufgegeben). 

8)  stätig  wird  seit  mhd.  zeit  zunächst  und  eigentlich 
von  Pferden  oder  andern  zugthieren  gesagt,  die  nicht  von 
der  steUe  zu  bringen  sind:  retractans,  sive  retrectans. 
widerspännig,  stätig  hinder  sich  zaufend.  Dasypodius 
lat.germ.  Mm  4»;  stettig,  der  für  unnd  für  sich  saumpt 
oder  still  stadt.  restitator.  Maaler  887'';  strigare,  .  .  . 
stetig,  meton.  widerspenstig  seyn.  Corvinus  fona.  lat. 
688*>;  stetig,  stätig,  reatio.  Krämer  diet.  i,  9fl^ ;  städtig 
ifldQ.) . . .  eontumax.  Stein  dach  2, 866. 

a)  ao  apeeiell  von  pferden:  stätig,  retrogradua.  stätig 
pferd.  Schotte!,  i4Si ;  ein  stätig  pferd,  eavallo  reatio,  it. 
atallio.  impaatoiato.  Kram  KR  diet.  2,  967'';  stettig,  ntättig, 
stätig,  von  pferden,  die  nicht  voran  gehen,  sondern  gleich 
still  stehen,  wann  sie  voran  sollen.  Frisch  «,  8«a»;  sJctig, 
rettf,  ist  ein  widerspänstigAs  pferd,  welches  nur  rennen 
will  wohin  es  ihm  beliebt,  und  wenn  es  ihm  gefällt ;  welche 
Stetigkeit  eines  Ton  d«n  pöszten  and  gefährlichsten  lästern 
der  pferde  ist  EoOBRR  kritga-leac.  >.  lOOS;  'ein  pferd  ist 
stätig.  lomii  <*  «<«A«f»  mll,  da  ea  gehen  aoUte.  wenn  man 
ea  nicht  von  dor  ttdU  bringen  kann,    ein   stAtife«  pferd. 


in  den  gemeinen  sprecharten  statisch,  nieders.  stedisk, 
holländ.  stedig.'  Adelung  (l).  ebenso  nl.  stedigh,  steegh, 
pertinax,  pervicax,  obstinatus.  stedigh  oft  steegh  peerd. 
equus  restitator,  equus  retractans,  refragator,  refractarius, 
eontumax:  saepius  resHtarus  et  subsLifens,  ita  ut  nee  vi, 
nee  verbis  ad  pergendum  in  via  vel  opere  cogi  possit. 
q.  d.  loco  manens  subsistensque.  Kilian  2,631».  so  auch 
in  neuern  mundarten:  eLt.  Martin-Lienhart  2,  619*/.  ,• 
bair.  ScHM.*2,  798;  tirol.  Hintner  229  (bes.  v.  pferden); 
kämt.  Lexer  243  {' loiderspenstig ,  nicht  vom  flecke  zubringen, 
von  menschen  und-  thieren,  vorzüglich  von  pferden');  ober- 
hess. Crecelius  805;  &re«i.  w6.  4, 1012.  —  belege: 

zwene  staetigen  gorren  schuofen,      da;  der  wagen  stuont  sO 
stille.    minnCK.  3,  36»  Hagen  ; 

vorkauft  ein  man  ein  pferd  einem  anderen,  er  schol  im 
zu  recht  geweren,  das  is  nicht  stetig  noch  starblind  . . . 
sey.  altprager  stadtrecht  (14.  jahrh.)  s.  139,  l.'J2  Röszler; 
swelk  man  koft  en  perd,  de  ander  scal  eme  ghewaren 
steddeghes,  starblindes  unde  unrechtes  anevanges.  Braun- 
schtceiger  urkundenb.  1,22,23,  danach  fteiScHiLi.ER-LüBBEN 
4,  374*,  s.  auch  Frisch  2,  333».  brem.  wb.  4, 1013;  den  gleich 
ich  eim  stettigen  rosz,  solt  man  es  zä  tod  schlagen  so 
gieng  es  nit  für  wan  man  es  in  ein  wagen  spant  zö 
anderen  rossen  zä  ziehen  so  zücht  es  nit,  es  hindert 
auch  andere  rosz  am  ziehen.  Keisersbeug  narrensch. 
ild  {richtig  108)^ ;  da  stehet  er,  wie  ein  stock,  oder  stetig 
pferd,  kan  er  nicht  mehr,  so  hindert  er  doch,  wo  er 
kan.  Luther  5,70*;  sie  {die  gottlosen)  .  .  .  sind  wie  die 
stetigen  pferde,  je  seerer  man  auff  dieselbigen  schleget,  je 
weniger  man  sie  kan  fortbringen.  16,121,22  Weim.ausg.; 
so  ein  pferdt  hert  stettig  ist.  nim  guten  wein  und  enzian 
ein  becher  voll.  Albrecht  ro5^ar^n.  (1542)  34;  so  es  {das 
rosz)  mutig  sein  wil  . . ,  laszt  es  sich  niemand  mer  zam 
machen  . . .  und  würdt  also  stätig  darob ,  dasz ,  wann 
manns  schon  zerstech  mit  sporn,  es  rennet  nicht.  Pe- 
trarche  trostb.  29* ;  das  {eine  pferd)  ist  untrew,  das  gehet 
nicht  zum  vortheil,  das  ist  stätig,  das  schlägt  und  beiszt. 
Fischart  eliezuchtb.  K2»(3,  230, 14  jffanjfen) ;  Oroondates 
eylet  gar  hefftig  mit  seinem  hauffen  auff  die  moren, 
Hydaspes  zog  aber  fusz  für  fusz  jhnen  entgegen  . .,  nam 
jm  für  jre  reuter  ...  zu  trennen,  fiengen  an  mit  den 
schlingen  zusammen  werffen,  damit  sie  die  pferdt  stettig 
machten  anzugehen,  buch  der  liebe  220'';  weil  wir  aber 
beydes,  wie  die  stättige  pferde,  zurück  ziehen  und  zaufen. 
Philander  1,  691;  eher  als  noch  im  dritten  jähr  musz 
man  sie  {pferde  oder  och.ten  als  Zugvieh)  wol  zum  ziehen 
gewehnen..,  damit  sie  nicht,  wo  man  sie  älter  ange 
wehnet,  halsstarrig,  stettig  und  boshafft  . .  .  werden.  Hoii- 
BERG2, 21»;  dasz  solche  pferde  (schecken)  ungeschickt, 
unglückselig,  untreu,  furchtsam  und  stettig  seyen.  128*; 
unser  pferd  ist  ein  wenig  stätig,  und  ich  schwör'  drauf, 
niemand  kann  es  reiten ,  als  Jock.  Scott  6  {Immer  u. 
Clifford),  138; 

eyn  willig  rosz  wttrt  stettig  baldt. 

wann  man  das  ffltter  jm  vorhaldt  {vorenthält). 

S.  Brant  narrentch.  59, 11 ; 

der  rantzler  weisz  wol  gcuch  z&  finden, 

die  sich  mit  stro  halm  lassen  binden 

und  dörfrien  sich  ein  wanck  nit  keren, 

als  wen  sy  stettig  rOsser  weren. 

Mt:RNBR  giwchmatt  971   Uhl  (hS»); 

doch  versprecht  jr  mir  in  dem  handel 

dem  gani  (Ur  die  verbottnen  wandel 

dasz  er  nit  sey  reudig  noch  rtttzig 

anch  nit  haarschlecht,  stetig  noch  stOlsig. 

H.  Sachs  i.  8,  97»  (17,  486,  8  (HfUf^  ■ 

nnsre  weit  ist  schläge-rmul, 

setzt  sich  wie  ein  sUtig  gaull    Loqau  1, 1,91  («.  87) 

h)  von  maulthieren:  stettig  maulesel,  mtde  ceaaim  euntes. 

Maalkrss?''; 

da;  in  Beiem  gftt 
ein  *t«ti(*.  mttl  uiirrhlen  «ttc.    nUnne*.  S,  t7*  Hagrn ; 
ein  manltrrihpr  der  drieh  ein  maul 
das  war  Ktrtig,  stutzig  und  Tniil. 
als  er  es  nit  von  stadt  kund  bringen  n.  *■  «r 

H.  SArii!»  8.  8,  88«  (/Mtw.  »J).  8,  10.  280  wd/rfr  'i : 

ead:  Salurnus  wUrd  hinder  sich  gehen  wie  ein  slällir<  ■ 
esel.  Firchaht  Mer  praktik  groatm..  a.  7  neudr.;  fronun' 
seelen  ...  mochten  gerne  wissen,  ob  . . .  ich  nicht  \m" 
Rarlani,  der  söhn  Boers.  einen  stätigcn  esel  geritten,  der 
plötzlich  den  mund  aufttiat?  Hkinr  4,  IM  Elster. 


937 


STÄTIG 


STATIGEN— STATIK 


938 


c)  von  rindvieh :  stettiger  stier ,  hindersichzuffende, 
widerspennig,  refractans  jxivennis  et  calcitrosits.  Maaler 
387'';  ein  städtiger  ochse,  bos  confumax.  Steinbach  2,  655; 

der  schah  von  Turan  ist  schlimmer  daza 
in  leiden;  ist  wie  die  statine  knh. 

RCCKF.RT  FiTdofi  2, 125. 

4)  von  da  atts  tcird  dann  stätig  in  ■übertragenem  ge- 
brauche auf  menschen  angewendet,  so  in  lebenden  mund- 
arten,    fheils  neben   der  eigentlichen  bedeiitung  (3):    elsäs». 

MaRTIN-LieNHART2,620»,  ftVoZ.HlNTXER229,  kämt.LKXER 

243,  theils  nur  von  menschen  bezeugt,  so  Schweiz. .-  stetig, 
eigensinnig ,  er  het  e  stetige  grind.  Hunziker  254,  in 
Basel  (dazu  stegg-chopf,  -grind  eigensinniger  mensch,  trotz- 
köpf).  Seiler  278;  in  Erfurt  störrisch,  überdrüssig  Hertev 
sprachsch.  235. 

a)  dasz  es  sich  idrklich  um  einen  freieren  gehrauch 
dieser  speciellen  bedetttung  und  nicht  um  ein  fortbestehen 
lies    aUgemeitiern  sinnes   handelt,    lehren   die    zahlreichen 

»rgleicfie.  s.  oben,  wie  auch  stellen  mit  ausgeführterem 
'Ide,  wie:  yielleicht  gibt  es  überhaupt  keine  schlechtere 
gelegenheit,  sich  von  einer  vorteilhaften  seite  zu  zeigen, 
als  grade  ein  öffentliches  examen.  abgerechnet,  dasz 
es  schon  widerwärtig  . . .  ist,  und  dasz  es  reizt,  sich  stetig 
zu  zeigen,  wenn  solch  ein  gelehrter  roszkamm  uns  nach 
den  kenntnissen  sieht,  um  uns,  je  nachdem  es  fünf  oder 
sechs  sind,  zu  kaufen.  Kleist  4,  80  E.  Schmidt;  so  auch: 
aus  herrensöhnchen  gibt  es  sündensöhnchen,  aus  Schreibern 
schlingel,  und  am  ende  was  gibt  es  aus  allen?  eins  von 
beiden,  entweder  miszvergnügte  stättige  bastesel  oder 
Schweine,  die  in  jedem  kote  sich  wälzen.  Gotthelf 
1,179  Vetter  (bauemsp.,  15.  Aap.);  ich  peitsche  und  sporne 
vergebens  die  stättige  zeit:  die  hartmäulige  mähre  geht 
zurück  und  spottet  meiner.  Börne  briefe  aus  Paris  l,  22. 
auch  in  folgenden  belegen  ist  die  grundverstellung  deut- 
lich :  zfi  dem  dritten  sol  er  sich  hüten  vor  eynem  stettigen 
fulen  lassen  tregen  gesellen  den  nieman  ernoher  von 
stat  kan  bringen.  Keisersberg  bilgersch.  129^*;  zu  dem 
andern  so  macht  das  perli  stettig,  das  er  weder  hinter 
sich  noch  für  sich  mag,  gleich  wie  ein  stettig  ross  das 
nit  von  stat  -nil.  also  die  sünd  macht  ein  menschen 
stettig ;  in  dem  weg  gots  stil  ston,  ist  hinder  sich  gangen. 
brös.  2,  41''  bei  Ch.  Schmidt  At*^.  wb.  der  eis.  mundart  340*. 
vgl.  noch  Heynatz  unter  2. 

b)  weitere  belege  bes.  aus  dem  alemann,  (schtceiz.-els.) 
gebiete:  es  ward  ouch  .  .  .  denen  von  Hassle  .  . .  ernstlich 
geschriben,  . . .  sich  nochmals  einer  stat  Bern,  irer  ober- 
keit  .  .  .  zä  verglichen,  aber  si  wurden  ab  göete  stetiger, 
dan  got  wolts  mit  ruhe  zflchtigen.  Anshelm  Berner 
c/jron.  5. 272. 31;  es  was  aber  ein  burgermeyster  in  der 
selbigen  statt  gar  eines  stettigen  kopffs,  grimm  und  tyran- 
nischer art.  Wickram  rolhcagenb.\GO,i  Kurz{^);  ein  toller, 
unverstandener,  grober  filtz,  stättig  und  eigensinnig,  bleiben 
auff  jhren  eigen  köpffen.  Paracelsus  (1616)2,  371  A;  ich 
war  wild  und  stettig  wie  du.  Gotthelf  l,  864  Vetter 
{fiauernsp.  27). 

e)  in  .fpecieller  anwendung  auf  eigensinnige  kinder :  gleich 
als  wenn  ein  vatter  vil  strcittige,  stättige  kind  hat. 
S.  Franck  parad.  (1539)  43V  so  jetzt  in  Basel.  Seiler  278*. 
—  von  einem  spröden  (_?)mMdchen:  inzwischen  war  ich 
mm  beinahe  vier  jähre  lang  einem  stettigen  mädchen 
nachgelaufen;  und  sie  mir,  wenn  auch  minder.  Bräker 
d.  arme  mann  im  Toggenb.  128  Beclam. 

d)  zuioeilen    mit    abweichenden  bedeutungsnuancen.     so 

das  volck.  das  wird  sonst  vor  dir  schewen, 
dan  rappen  (raben)  seind  vor  scheutzlich  sehr  . . . 
wann  sie  erst  gaucbtzeten  so  unfletif, 
wer  wolt  nit  werden  vor  jn  stetig? 

FisriiART  1,  40  Kurz  (nacMrah  1468). 

unscldüsaig  {?):  die  eydgnossen  waren  stettig:  ein  theil 
wolt  denen  von  Zürjch,  der  ander  denen  von  Schwytz 
zuziehen.  Stumpf  Schtceytzer  chron.  734''  (Sanders  8, 1182» 
nimmt  druckf eider  für  strittig  an). 

e)  eis.  mürrisch,  arleitstinlustig,  a.  Martin-Lienhart 
2,  620».  —  so  auch  {oder  vielmeJir  arbeitsttnfaJtig) :  mein 
kahler  grauer  köpf  kann  weder  denken  noch  arbeiten, 
sondern  ist  sfätig.  Hamann  an  Jacobi  4,  3, 110. 

f)  eltenda  auch  für  'steif  nicht  imstande  »ich  zu  bücken'. 
Martin-Lienhart  2,630*. 


5)  für  stätig  in  diesem  (eigentlichen)  sinne  (3)  begegnen 
vereinzelt  Zusammensetzungen,  s.  Schm.*  2,  798  und  (zumeist 
danach)  Höfler  krankheitsnamenb.  eiö^f;  so:  bahn- 
stätig: welich  rosz  banstettig  ist.  quelle  bei  Schm. 
(pferdarzn.  v.  1442);  hammelstätig  (?): 

darumb  wurd  Ule  Popp  jm  feyndt  . .  . 

und  redt  jm  übel,  wo  er  was 

durch  seine  hemelstettig  duck.    H.  Sachs  4,  3,  93*. 

(dafür  später :  hinterlistig  s.  11,401,25  Keller-Götze,  die 
zxigehärigkeit  ist  zireifelhaft,  vgl.  Schm.  u.  Höfler  a.  a.  o. 
es  liegt  nahe,  das  wort  als  'störrisch  icie  ein  hammeV  zu 
verstehen,  so  beide.  Höfler  giebt  daneben  zur  xcahl  'am 
hammen  steif,  es  ist  indessen  zu  beachten,  dasz  ein  ganz 
anderes  hamelstetic  schon  mhd.  vorkommt.  Ottokar 
reimchr.  32819,  'abschüssig'  vom  tcasser,  und  dasz  nichtt 
hindert,  obige  Verwendung  als  Übertragung  von  hier  aus 
zu  verstehen;  dann  läge  also  ableitung  von  hamelstat, 
abgrund,  und  nicht  Zusammensetzung  mit  stätig  vor.  vgl. 
ScHM.^i,  1106.  2.  793.)  femer  reitstettig, -isch.  Schm.* 
2,  798  (danacA  Höfler  und  oben  tJieils,190);  hartestetig, 
stestetig.  ebenda  {\b.  jahrh.). 

6)  vielleicht  läszt  sich  hier  eine  andre  bedeutung  von 
spärlicher  bezeugung  anschlieszen.  Höfler  krankheits- 
namenb. 675''  giebt  an  unter  stättig  3:  'unfruchtbar,  nicht 
brünstig,  geschlechtlich  passiv,  die  fruchtbarkeit  sistierend', 
so  bezet*gt:  sterilis  unfruchtbar,  . .  .  stedich.  Dief.  gloss. 
551°  (l5.  jahrh.) ;  und  dies  wird  dadurch  gestützt,  dasz  ags. 
stedig  nur  in  diesem  sinne  (2  mal,  für  sterilis)  bekannt 
ist,  «.  Bosworth-Toller  914''. 

STATIGEN,  verb.,  s.  stetigen  und  bestätigen  (th.  l,  1G56/.). 
—  ganj!  vereinzelt  begegnet  ein  stätigen  als  causativbildung 
zu  obigem  stätig  (4t,  sti>rrisch,  träge  machen:  also  hestu 
warumb  du  dich  nit  solt  sümen  an  keinem  end  uff  diner 
bilgerfart,  und  dich  nieman  noch  kein  ding  solt  lossen 
stettigen  noch  hemmen  an  dem  fürgang  uff  dinem  weg 
zö  got.  Keisersberg  bilgersch.  173<'. 

STÄTIGKEIT,  /.,  s.  Stetigkeit. 

STATIGKEIT,  /.  iciderspenstigkeit,  eigensinn.  vereinzelt 
als  abstractum  zu  stätig,  vgl.  oben  und  Adelung. 

1)  im  eigentlichen  sirine  von  pferden,  'die  trotzige  störrig- 
keit,  hartnäckige  unbeiceglichkeit  der  pferde  ohne  grund, 
als  eine  art  von  geisteskranklieit  aufgefaszt'.  Höfler  krank- 
heitsnamenb.  675'' :  ich  geleg  dir  {spricht  der  Jäger  zttm 
pferde)  die  sprünge  und  gaili  imd  stättikait  mit  den  spornen 
und  der  gaiszeln.  Stein höwel  Esop  183  Österley  (69).  — 
dazu:  für  hartstettigkeit.  Andr.  Glorez  v.  Mähren 
vollst,  hausz-  und  landbibl.  (Begensburg  1699)  1,  62*,  vgl. 
Höfler  a.  a.  o. 

2)  von  menschen,  halsstarrigkeit ,  trotz,  eigensinn.  so 
eis.  stetti(g)keit  Martin-Lienhart  2,  620*; 

fr.  Prechtere.  es  duet  sich  selber  strofe 
mit  syner  steddikait.    Gläuler.  wee  so?   fr.  Prechtere.  's  beert 
nit  nf  mich.    Arnold  pflnggimontag  77  (2,  7). 

ebenso  nl.  stedigheyd  vd  steegheyd,  pertinacia.  Kilian 
2,631"  (jetzt  holl.  steegheid). 

3)  zu  stätig  6,  'beständige  Unfruchtbarkeit  als  abnormes 
beJiarren'.  Höfler  a.  a.  o.  .•  sterilitas  Unfruchtbarkeit,  . . . 
stedicheit.  Dief.  gloss.  551"=. 

STÄTIGLICH,  STÄTIGS,  adv.,  s.  stetiglich,  stetigs. 

STATIK,  /.  lehre  vom  gleichgewicht  der  kräße;  der  theil 
der  mechanik,  der  von  den  körpern  in  der  ruhelage  handelt, 
entlehnt  aus  lat.  stätica,  das  seinerseits  auf  gr.  araTixij 
(erg.  riyvr]  oder  intan^iir))  zurückgeJä,  daher  die  erste 
silbe  betonend,  vgl.  Weigand  2,  799.  entsprechend  engl. 
statics  (bezeugt  1674),  s.  Skeat  593*.  im  deutschen  älteres 
wage-,  Wägekunst  verdrängend  (s.  das.,  theil  13,  375 ;  eine 
neuere  Übersetzung  standlehre,  *.  oben  sp.  776,  ist  nicht 
üblich  geicorden) ;  zunächst  ganz  in  der  fremden,  gelehrten 
form:  statika.  s.  wagekunst.  Jahlonski  (l72l)  746'',  vgl.: 
wage-kunst,  statica,  statique.  eine  wissenschafft  welche 
lehret  die  erkänntnisz  der  gewichte,  des  schwer-puncts. 
und  des  eben-gewichts  der  natürlichen  cörper.  839''.  in 
deutscher  form  als  statick  zuerst  1727  bezeugt,  vgl.  Weigand: 
statica,  die  statick,  ist  eine  Wissenschaft  von  der  schwere 
der  cörper;  die  gewicht -kunst.  Sperander  a  la  mode- 
sprach (1727)  679<=;  statick,  statique,  ist  eine  Wissenschaft  der 
schwere  der  körper.  sie  handelt  insonderheit  von  dem 
mittelpuncte  der  schwere,  dem  waagerechten  stände  der 


939 


STATION 


STATION 


940 


schweren   körper,    und  den  bedingungen,   unter  welchen 
ein   schwerer  körper  in   ruhe    bleibt.  Eggers  kriegslex. 

(1757)  2,981.  Adelung.  JacOUSSON  4,260*'.  KlNnEKMNG207 
('statik,  die  tcagekunat.  die  gewichtswissenschaft ',  als  lehn- 
wort  atis  dem  gr.).  Campe  erg.wb.  {empfiehlt  jetzt  wägelehre 
anstatt  des  früher  vorgeschlagenen  gleichgewichtslehre). 
Karmarsch  -Heeren^  5,  772—7.  Lukuer  7,  775/.  Eisler 
tcb.  der  Philosoph,  begnffe^  2,  4Si.  die  tfieile  der  statik,  die 
von  den  specidlen  gesetzen  der  festen,  flüssigen  und  luft- 
förmigen  körper  handeln .  icerden  als  geostatik ,  hydro- 
statik  und  aerostatik  bezeichnet,  s.  Karmarsch-Heerkn' 
5,773.  auszerdem  toerden  nach  der  behandhaigsweise  unter- 
schieden die  analytische  (reine,  theoretische)  tmd  die 
graphische  {auch  synthetische,  geometrische)  statik,  'die 
Wissenschaft,  die  aufgaben  der  statik,  besonders  der  bau 
statik,  auf  zeichnerischem  wege  zu  lösen',  s.  ebenda  IIb  und 
LuEGER  4,  762.  litteraturbelege :  obgleich  im  lyceum  schon 
hinlänglich  für  mathematische  Wissenschaften  gesorgt 
war  und  ich  .  .  .  vollauf  mit  geomelrie,  statik ,  hydro- 
statik ,  hydraulik  und  so  weiter  gefüttert  ward.  Heine 
7, 464  Elster;  das  ist  die  allgemeine  tendenziosität ,  ja 
animosität  des  objckts,  des  sogenannten  körpers,  was 
die  bisherige  physik  geistlos  mit  namen  wie:  gesetz  der 
schwere,  statik  und  dergleichen  bezeichnet  hat.  Visciier 
auch  einer^  1,31;  als  knabe  fand  ich  beim  bau  unseres 
hauscs  gelegenheit,  schöne  kenntnisse  in  statik  und 
balkenklettern  zu  erwerben.  Freytag  6, 60  (verl.  handschr. 
1,  c.  3).  —  häufig  i?i  freierem  gebrauche,  besonders  in 
wissenschaftlicher  spräche :  statik  des  landbaus ,  in  ver- 
schiedenem sinne,  frage  der  herstellung  des  gleichgeivichtes 
zwischen  einnähme  und  ausgäbe  an  pflanzenerzeugenden 
kräften  des  bodens.'  Elster  wb.  der  volkstc.'^  2,  esi f.:  die 
bodenstatik  hat  sich  mit  erschöpfung  und  ersatz  des 
ackers  in  bezug  auf  die  erbaltung  der  fruchtbarkeit  des 
ackers  überhaupt,  sowie  namentlich  auch  in  bezug  auf 
die  fruchtfolge  zu  beschäftigen  und  entspricht  der  statik 
des  landbaues  der  älteren  landwirthe.  die  wirthschafts- 
statik  beschäftigt  sich  mit  dem  beharrungspuncte  der 
wirthschaft,  mit  den  beziehungen  zwischen  ausfuhr  und 
einfuhr  «.  *.  w.,  s  Sguwerz  Funk  pract.  ackerbau  (1882) 
875;  sociale  statik,  lehre  vom  ivesen  und  der  stnictur  der 
gesellschaft.  Eisler  tcb.  der  philos.  begr.''  2,  390;  statik  und 
dynamik  der  Vorstellungen.  431 ;  grundlihien  der  statik 
des  geistes.  Herbart  psychologie  als  wiss.  (1824)  l,  s.  158; 
zu  allererst  werden  wir  dqp  unterschied  der  statik  und 
mechanik,  welcher  die  lehre  von  den  räumlichen  kräften 
beherrscht,  auch  hier  wieder  finden.  155/.  ,■  im  begriff, 
die  ersten  linien  der  statik  und  mechanik  des  geistes 
vonjulegen.  157.  in  scherzhafter  Übertragung:  der  kleine 
Lazarus  brachte  mir  nur  mit  mühe  bei,  dasz  wir  ostern 
hätten ,  wo  die  religiöse  statik  seines  Spinnrades  die 
seinige  aufhebe,  weil  er  an  sonn  und  festtagen  die 
schuld  des  lebens  nicht  wie  an  werkcltagen  spinnend 
abzusitzen,  sondern  bettelnd  abzulaufen  habe.  J.  Paul 
18  (palingenes.  l),  60. 

STATION,  /.  (»pr.  statsjÖn)  haltestelle,  aufentJutlt. 

l)  ein  leJmwort  aus  gleichbedeutendem  lat.  statio,  vgl. 
Adeluno  und  Wkigand  2,  799/.,  das  von  der  kirchlichen 
spräche  ausgegangen  ist  und  in  der  altem  spräche  in  zude- 
faeher  form  erseheint,  die  ältere  form  beruht  auf  dem 
lat.  nom.;  sie  begegnet  hochd.  in  dem  ältesten  beleg  in 
Ottokahs  reimchron.  und  loeiter  itn  15.  jahrh.  in  der 
Schreibung  statzc,  s.  Lex  kr  handiob.  2, 1152  und  unteni; 
ne  herrscht  ausschlieszlieh  im.  mnd.  als  stacie,  stacien, 
».  ScHlLLER-LCBnRN  4,840.  brem.  wb.  6,338  und  unten  8; 
ihm  entspricht  auch,  mit  geänderter  bedetttung,  das  nl., 
erst  aua  neuerer  zeit  bekannte  staafsic,  pomji,  pracht,  auf 
tcand  (vgl.  staat),  ».  Pranck  952  {daneben  jetzt  Station,  n., 
bei  der  eisenbahn.  das  bei  Kilian  2,  62«/  verzeichnete 
•ta«dsie,  «tagic,  contignatio.  bilhne,  ist  fernzuhalten ;  es 
stammt  atis  altfrt.  estagc,  xcie  engl,  stagu).  die  andre, 
später  tur  herrschaft  gelangte  form,  geht  von  dem  lat.  ob- 
Uquue  ttatiöncm  aus;  sie  findet  »ich  schon  im  ii.  jahrh. 
als  stacion  {voc.  ivn,  s.  unten  4).  statzian  (Hf.inii. 
Deiciihi.p.h  chron.  v.  Nümb.  zu  14«»,  *.  unten  2,  e),  ihr  ent- 
spricht engt.  Blation,  da»  nach  Skkat  608»  sdion  hei  (jf)WKR 
(tB9S)  vorkommt,  mit  dem  16.  jahrh.  veraekwindet  Station 
ßUt  der  litteratur  {atu  diesem  nur  nd.  belege),  ohne  dau 


es  deswegen  in  der  Umgangssprache  erloscJien  sein  tcird; 
es  taucht  erst  uneder  auf  im  beginne  des  18.  jahrh.,  nach 
Weiganu  2, 799  zuerst  1718.  {frühere  auflagen  scheirien 
1678  angegeben  zu  haben,  vgl.  Gomrert  bem.  u.  erg.  3,2.) 
die  litteraiurbelege  beginnen  icieder  mit  Oest  (1751).  das 
wort  hat  besonders  im  19.  jahrh.  zunehmende  Verbreitung 
gefunden,  auch  in  mundarten  ist  es  jedenfalls  tceiter  ver- 
breitet, als  die  spärlichen  anführungen  erkennen  lassen: 
eis.  stätsjün,  auch  stätsjüm.  Marti nLien hart  2,  620**, 
bair.  ScHM.-'  2,  796,  in  Posen  Bernd  878,  in  Liv-  und  Est- 
land  HuPEL  227. 

2)  Station  bezeichnet  zunäclist  und  am  geicöhnlichsten 
ein  kurzes  anhalten  auf  einem  icege  und  die  stelle,  wo  dies 
geschieht,  dicte  bedeutung  gehört  anfänglich  dem  kirchlichen 
Sprachgebrauch  an  und  beruht  auf  mittellat.  statio,  vgl. 
Du  Gange  7,  586».  Brinckmkier  gloss.  diplomat.  2,  575  (5). 
Stationen  geht  zunäclist  auf  die  14  besonders  gekennzeich- 
neten stellen,  ftn  denen  Jesus  auf  seinem  leidenswege  nach 
Golgatha  nach  biblischer  oder  legendärer  Überlieferung  an- 
gelullten  haben  soll  und  wo  dalier  auch  die  pilger,  toelche 
die  heiligen  statten  besuchten,  halt  machten  und  ihre  andacht 
verrichteten,  dann  übertragen  a%(f  die  nachbildungen  in 
kirclien  oder  unter  freiem  himmel,  die  zuerst  im  Francis- 
canerorden  aufkamen  ('calvarienberge');  hier  waren  14  stellen 
mit  hölzernen  kreuzen  (stationskreuz),  auch  mit  bildstöcken 
(stationsbild)  und  kapellen  bezeichnet,  die  als  halteplätze 
für  processionen  dienten,  der  ausdruck  wird  dann  weiter- 
hin auch  auf  diese  processionen  und  die  daselbst  ver- 
richteten gebete  angewendet  (seine  Stationen  machen),  vgl. 
Wetzer-Welte  kirchenlex.^  7,  1130—5.  11,740/  Herzog 
realencyclop.'^  14,  642/  Lueger  7,  476.  diese  bedeutung  ist 
im  mnd.  die  einzige  {s.  unter  l) ;  sie  kommt  aber  auch  hd. 
sclwn  im  15.  jahrh.  vor,  und  ebenso  in  der  neuern  zeit: 
Station,  lat.  statio  ecclesiastica.  Apin.  gloss.  bll ,  haupt- 
sächlich in  der  spraclie  katholischer  gegenden  und  autoren, 
daher  besonders  süddeutsch:  eis.,  s.  Martin- Lienhart 
2,  620''  {'kreuzicegandacht'),  bair.  Schm.-  2,  796  (a).  vgl.  dazu 
stationsbild,    geheimnis,    kirche,  -kreuz. 

a)  in  bezug  auf  den  kreuzuxg  Christi  selbst,  nicht  häufig: 
so  was  läszt  sich  nur  verwinden,  wenn  man  sich  den 
vor  äugen  hält,  der  seine  vierzehn  Stationen  bis  ans 
kreuz  gegangen.  Anzengruber^  4,  260  {hier  also  in  die  be- 
deutung 'abschnitt  eitles  iceges  zioischen  zicei  haltestellen' 
übergehend,  vgl.  3;  kurz  variier  in  bildlichem  gebrauche: 
das  war  meine  erste  leidensstation). 

b)  bei  einer  procession  das  haltmachen  und  die  dabei 
verrichtete  andacht:  gha  de  processien  myt  groter  innicheyt. 
unde  wanme  de  stacien  holt,  sprik :  o  alderleveste  höre 
Jhesu  U.S.W,  quelle  bei  Sciiili.er-Löbben  4,349'';  wat 
de  rad  vor  goddcs  denst  wolde  don  laten,  bcsunderen  des 
rades  processien ,  ...  so  moste  de  rad  den  papen  bc- 
sunderen eynen  isliken  bcloncn  vor  medetoghandc  unde 
vor  den  sangk  unde  vor  de  stacien.  d.  stMtechron.  16,  S.TO,  31 
{BraunsrJiw.  schichtb.). 

c)  stacie  wird  dann  auch  geradezu  für  die  procession 
selbst  gesagt:  alsz  men  drecht  dat  billige  Sakramente  myt 
der  processien  unde  stacien.  urk.  v.  1423,  *.  bretn.  wb.  6,388; 
also  trat  he  na  der  stacien  van  der  bogen  treppen. 
d.  städtechron.  16,897,2  {Braunschw.  schichtb.  nt  1602;  vor- 
her: de  eldesten  .  .  .  leyten  de  papheyt  .  .  .  myt  der  pro- 
cessien ghan.  396,24);  rgl.:  item  man  gab  den  ablas  und 
die  gnad  erlengt:  die  zu  Martini  nit  gcpeicht  beten  und 
statzian  in  die  7  kirchen  ...  nit  gegangen  heten .  wenn 
sie  krank  warn.  11,  664,  26  (Deiciisler  chron.  v.  NiirnI'. 
SU  148»). 

(i)  mnd.  stacie  beseicltnet  den  feierlichm  gottesdirnst  um 
Schlüsse  einer  procession:  ock  so  dreclit  mc  sunte  Autor 
des  jars  eyns  umnio  de  stad  . .  .  unde  holden  denno  in 
deme  clostor  in  der  inbringinplic  eyne  hcrlikc  starten  niyl 
lovcsanghe.  undo  dar  is  de  processien  meddc  gcdnn. 
d.  städtechron.  16,  470,  4;  do  crsamo  nicync  rad,  alle  volk  .  . 
ginghon  dar  cyn  hcriiko  procession.  ...  de  stacie  wart 
gheholdcn  huton  deme  munster  up  cyncm  nyon  ghcbnwete. 
690,  S5.  auch  sonst  scheint  ntacie  geirisse  solenne  gottes- 
diensie  tu  beuiehnen:  in  der  korken  mod  de  pawe«  je 
drye  in  deme  Jare  missen  «ingen  und  sine  stacien  dar 
ynne  holden.  Komnkr  hei  Sciiillkr-LObben  4.849».  hierbei 
sind  vielleicht  andre  kirchliche  Verwendungen  des  lat.  statio 


941 


STATION 


STATION 


942 


von  einflusz.  dieses  bezeichnete  nämlich  in  frühchristlicher 
zeit  gottesdienstliche  ztisammenkünfte,  die  mit  nachticachen 
und  fasten  vertmnden  icaren  (so  von  der  militärischen 
spräche  ausgehend,  statio  eigentlich  'Wachtposten'),  später 
die  (seit  dem  e.jahrh.)  dafür  üblich  getcordenen  bittgänge 
zu  bestimmten  kirchen  (stationskirchen)  mit  feierlichem 
gottesdienst,  *.  Wetzeh-Welte  kiichenlex.^  4,1269/.  11,740. 
Du  Gange  7,  585/.  Brinckmeier  gloss.  diplom.  2,  575  (l.  2). 
vgl.  auch :  Station  .  .  . ,  it.  wo  die  leute  zusammen  zu 
kommen  pflegen,  ihr  gebet  zu  verrichten,  kirchen-stand. 
Spehandek  a  la  modesprach  (i727)  679*'. 

e)  ungewöhnlich  ist  Station  twi  sinne  von  stationsbild 
(vgl.  das.):  stationes  werden  auch  diejenigen  säulen  ge- 
nennet, welche  vor  denen  meisten  eatholischen  städten 
gesetzet,  und  an  solchen  die  besondere  paszions-actus 
unsers  heylandes  abgebildet  seyn,  bey  welchen  man 
kniende  oder  stehende  Station  zu  halten,  sich  dieser  hand- 
lungen  zu  erinnern,  und  seine  andacht  zu  verrichten 
pfleget.  Sper.\nder  679*;  wenn  ich  nur  erst  von  einem 
künstler  hörte,  der  aus  wahrer  frömmigkeit  . .  .  arbeitete, 
und  .  . .  wie  die  alten  heiligen  .  . .  um  gottes  willen  käme, 
die  altäre  zu  verzieren,  die  kreuze  und  Stationen  herzu- 
stellen. Brentano  9,34  (brief  v.  1823). 

f)  in  Posen  bedeutet  Station  'bei  begräbnissen,  eine  beson- 
dere ziceite  leichenrede.  einen  mit  einer  Station  und  paren- 
tation  begraben,  mit  einer  rede  soicol  im,  hause,  wo  die  leiche 
ausgetragen  wird,  als  auch  aufdemgottesacker'.  Bernd  373. 

3)  in  derselben  bedeittung  'ort,  wo  halt  gemacht  icird'  ist 
Station  in  der  neuem  spräche  allgemein  üblich,  über  diesen 
speciellen  fall  hinaus,  und  namentlich  als  ausdruck  des 
Verkehrswesens  sehr  verbreitet,  zuiceilen  geht  Station  dabei 
nicht  soicol  auf  die  haltesteUc,  als  auf  die  entfernung 
zxcischen  zwei  haltesteilen,  den  durch  sie  bezeichneten  ab- 
schnitt des  weges. 

a)  im  18. — 19.  jahrh.  für  posthaltestelle,  v^i.  poststation, 
theil  7,2035:  Station,  ...  auch  der  ort,  wo  die  posten 
frische  pferde  bekommen.  Sperander  679;  die  Station. 
'1.  im  posticesen,  ein  ort,  wo  die  pferde  geicöhnlich  gexcechselt 
icerden;  der  postwechsel'.  Adelung,  vgl.  Jacobsson 
7,429*.  Kindermng  332.  ich  fuhr  nun  stracks  vor  mich 
hin,  stieg  mehrere  Stationen  nicht  aus.  Göthe  23,75 
(wanderj.Z,^;  ich  eile  nur  von  der  lezten  Station  einige 
Worte  aufzuzeichnen,  briefe  4,  69  (an  Ch.  v.  Siein  d.  3.  oct. 
1779);  adieu,  in  der  nächsten  Station  noch  ein  wort,  und 
dann  wird  der  brief  zugesiegelt.  Kleists,  iio,  34  E.  Schmidt; 

anf  jenem  jagdschlosz  war  es,  zwischen  hier 
und  Nepomuk,  wo  sie  uns  eingeholt, 
der  letzten  statten  des  ganzen  wegs. 
,  .,  ,    .  Schiller  12, 136  (Pjccoi.  3,  3); 

(im  bilde:) 

was  willst  auf  dieser  Station 

so  breit  dich  niederlassen? 

wie  bald  nicht  bläst  der  postillon, 

du  muszl  doch  alles  lassen.      Eichendorff2  i,  279; 

kanm  trafen  wir  uns  auf  derselben  Station, 

berzliebster  prinz  Alexander, 

da  bläst  schon  zur  abfahrt  der  postillon. 

Heine  1,  54  F.Mer  (Junge  laden,  vom.  20). 

i)  seit  aufkommen  der  eisenbahnen  wird  dann  Station 
mit  Vorliebe  voti  diesen  gesagt;  nach  Lueger  7,  476  für 
bahnhof  oder  theil  eines  solchen,  doch  geht  es  tceniger  auf 
das  gebäude  als  den  ort  überhaupt,  ebenso  ital.  stazione, 
bahnhof.  dazu  compoaita  icie  haupt-,  nebenstation,  kopf- 
station  (theil  5,  nso) ,  kreuzstation  u.a.  auch:  weiterhin 
{war)  die  Station  der  elektrischen  bahn  durch  ein  . .  .  holz- 
barackchen  wenigstens  angedeutet.  G.  Reuter  d.  Ameri- 
kaner 254. 

c)  attcÄ  in  bezug  auf  Seefahrt,  der  platz,  wo  schiffe  und 
böte  anlegen,  wobei  es  sich  dann  häufig  um  ein  längeres 
verweilen  handelt,  auch  zum  aufbewahren  der  fahrzeuge, 
wenn  sie  nicht  in  einer  fahrt  begnffen  sind :  Station ,  ist 
ein  meer-haven,  schiff-lände,  anfurth,  wie  die  schiffe  sicher 
liegen  können.  Sperander  679«;  Station,  lat.  locus  por- 
tiioau»,  der  ort,  wo  die  schiff  am  ufer  stehen.  Apin.  gloss. 
611;  'die  anfuhrt,  wo  die  schiffe  sicher  liegen' .  Jacobsson 
7,429»;  nachdem  man  einigemal  den  see  durchkreuzt  . .  . 
hatte ,  brachte  man  die  damen  gegen  den  ort ,  wo  sie 
fibemachten  sollten.  .  . .  gerade  an  dieser  Station  hatten 
die  freunde  vor  kurzem  drey  tage  zugebracht.  Göthe 
«,  131  (tcanderj.  2,  7). 


d)  Station  icird  so  in  neuerer  zeit  auch  häufig  in  freierer 
vericendung  gesagt,  noch  ganz  eigentlich,  von  einem  ort, 
wo  auf  einer  icandaiing  halt  gemacht  wird .-  Verona  . . . 
war  immer  gleichsam  die  erste  Station  für  die  ger- 
manischen Wandervölker.  Heine  3,  257  Elster  (reiseb.  3, 
Ital.  c.  23).  mit  zurücktreten  der  eigentlichen  bedeutung, 
wie  pauver  klingt  dagegen  Jena ,  die  Katzbach ,  Leipzig- 
Bellallianz,  und  gar  Paris,  die  letzte  stazion  unseres 
ruhmes,  wohin  wir  —  gott  weisz  wie!  —  gelangt  sind. 
br.  vom  1.  sept.  1825  bei  HCffer  ges.  aufs.  44.  dann  bild- 
lich von  etwas,  das  als  reise  aufgefaszt  icird,  z.  b.  von  einem 
'Lebenslaufe' :  sechs  oder  sieben  der  wichtigsten  Stationen 
seines  (Jesu)  lebens  wurden  sicher  festgestellt.  Frenssen 
Hilligenlei  s.  587. 

4)  in  andern  fällen  geht  Station  auf  einen  langem  oder 
dauernden  aufenthalt  an  einem  orte,  hier  ist  eine  bedeutung 
zu  entähnen,  die  nur  in  der  altern  spräche  begegnet,  hier 
abei'  die  zufrühest  bezeugte  ist.  mlat.  statio  bedeutet  u.  a. 
auch  'Verkaufsbude,  laden,  auslage'  und  'apotheke',  s.  Du 
Gange  7, 587»  (lO.  12).  Brinckmeier  gloss.  diplom.  2,  575  (ii). 
in  ähnlichem  sinne  findet  sich  ein  deutsches  s  t  a  t  z  (e)  (immer 
in  dieser  form)  in  österr.  quellen  des  14. — 15.  jahrh.,  vgl. 
mhd.  wb.  2,  2,  612»  und  Schm.^  2,  796:  'früher  scJteint  es  auch 
von  aufgeschlagenen  buden  oder  ständen  herumziehender 
krämer,  Quacksalber  etc.  gebraucht  rcorden  zu  seyn.  . . . 
das  voc.  venet.todesco  v.  1424  gibt  f.  99  das  venez.  la  stazon 
(bude,  kaufladen)  durch  die  statz',  soicie  stand  4,  d,  sp.  692/. 
so  in  dem  ältesten  bekannten  beleg: 

üf  manigen  soumseren 
fuort  man  den  Venediaeren 

folt  und  Silber  zuo  .  .; 
äfür  man  herwider  nam 
üj  statzen  und  üj  kräm 
manic  rieh  kleinät.    Ottokar  reimchron.  73092. 

femer:  uns  haben  unser  burger  zu  Triest  anpracht,  wie 
vil  frombds  ol  und  wein  daselbshin  gen  Triest  über  mer 
pracht  und  da  in  den  statzen  verkaufft  werde,  dadurch 
sy  irer  pawwein  und  oll  nit  anwerden  mugen  und  des 
zu  grossen  schaden  an  irn  weingerten  komen,  daz  auch 
wider  ire  statut  und  freyhait  sey.  monum.  Habsburg.  2, 941 
(urk.  V.  15.  juli  1478). 

5)  ähnlich  in  neuerer  spräche  von  dem  Standort  oder  der 
stelle,  die  jemand  von  amts  oder  berufs  wegen  einnimmt. 

a)  zunächst  eigentlich .-  'sonst  heiszt  Station  auch  so  viel 
als  Standort.'  Campe  erg.wb.  so  'Station,  die  postirung 
einer  schUdwache'.  Jacobsson  7,  429''.  auch  geradezu :  die 
postirung  oder  schildwacht,  die  Corps  de  garde,  . . .  schaar- 
wacht.  Speran  der  679».  auf  schiffen  heiszt  Station  'l)  stand 
ort  bezic.  abgegrenzter  dienstbereich ;  2)  genau  bestimmter 
dienstbereich  jeder  person  an  bord  von  kriegsschiffen  bei 
den  verschiedenen  Übungen.  Stenzel  seemänn.  wb.  sgg*". 

b)  gewöhnlicher  in  freierem,  sinne  für  das  amt,  die  'stelle', 
die  jemand  hat:  sonst  heist  Station  auch  ein  amt  oder 
bedienung,  der  beruf,  stand  oder  ort,  wo  einer  sein  amt 
verrichtet.  Sperander  679'»;  Station,  lat.  officium,  mtmua. 
Apin.  gloss.  511 ;  amt,  stelle.  Kinderi.ing  332.  insbesondere: 
'eine  ansehnliche  bedienung,  beträchtliche  stelle;  am  häufig- 
sten im  gemeinen  und  gesellschaftlichen  leben,  eine  einträg- 
liche Station  bekommen,  t-on  geringen  bedienungen  und 
ämtem   ist  es  nicJit  gebräuchlich.'  Adelung  (2).    veraltet. 

c)  eine  eigenthümliche,  sonst  nicht  bekannte  vericendung, 
in  der  die  begriffe  des  Standorts  und  des  rangs  in  einander 
überzugehen  scheinen,  zeigt  der  älteste  bekannte  beleg  aus 
der  neueren  litteratur: 

nun  auf!   erinnre  dich  der  Stationen, 
worinnen  Schöpfer  und  geschöpfe  stehen ; 
die  sind  so  ungleich,  als  die  lichte  sonne 
und  ihre  dunkle  irdische  trabanten. 

J.  H.  Oest  Brem.  ged.  (1761)  14; 
wie?  oder  wenn  du  astronomisch  irrtest, 
und  schlöszest:  itzund  steht  die  volle  sonne; 
bald  haben  wir  der  sonne  letztes  viertheil, 
ich  meyne,  jeder  kluge  würde  lachen, 
und  auch  die  kinder  würden  dich  belehren, 
ein  andres  sey  der  mond  und  unsre  sonne, 
noch  unterschiedner  sind  die  Stationen ! 
erstaunlich  anders  sind  geschöpf  und  schöpfer.    15. 

6)  ferner  bezeichnet  Station  den  aufenthalts-  und  irohnorf 
jemandes  für  kürzere  und  längere  zeit,  so  in  Posen  'die 
Wohnung,  absteigwohnung,  in  einem  gast-  oder  andern  hause, 
auch  überhaupt  eine  gemietJiete  wohnung'.  Bernd  373  (l). 


943 


STATIONÄR  — STATIONIEREN 


STATIONIERER 


944 


geicöhnlich  mehr  abstract,  wobei  zugleich  und  vorzüglich 
an  den  unteihalt  gedacht  wird;  'wohnung  und  unterhalt'. 
KiNOERi.iNG  332.  SO  allgemein  üblich  in  der  Verbindung 
freie  Station,  ßeie  kost,  vgl.  Campk  ergänzungswb.  an- 
fangs in  eingeschränkterem  sinne:  Stationen,  dieses  war 
nur  ein  kunstwort  der  herren  hofmeister,  wenn  sie  von 
freyer  Station  sprachen,  frey  licht,  frey  zucker,  caffee 
und  thee  war  darunter  begriffen.  Schönaich  ästh.  in  e. 
ntisz  s.  339  Köster.  belege:  wem  willst  du  da  was  vor- 
pfeifen? nichts  als  wälder  und  kohlenbauem,  kein  ge- 
läuterter kunstgeschmack,  keine  vernünftige  freie  Station ! 
EiCHENDOHFK-  3,  Rt  (taugen.  9);  eine  solche  stelle  ...  ist 
mit  völlig  freier  Station  und  einem  gehalt  von  400  rthlrn 
verknüpft.  Kleists,  425,11  E.  Schmidt;  so  auch:  in  diesem 
letztern  falle  müszte  ich  etwa  ein  jähr  noch  aus  eignen 
kosten  bestreiten,  ich  hätte  jedoch  Station  auf  der  reise, 
wohnung  und  tisch  bei  ihm  in  Madrid  frei.  305,  20.  indem 
80  Station  ganz  in  den  sinn  'kost,  untei-halt'  übergeht,  ist 
es  nicht  rceit  bis  zu  einer  in  Livland  vorkommenden  Ver- 
wendung: 'die  naturalliefeiting  dei-  lief  ländischen  {nicht 
ehstländischen)  landgüter  an  die  kröne;  z.  b.  stations-korn, 
stations-heu'.  Hlpel237. 

7)  beides  ßieszt  zusammen  in  einer  bedeutung,  die  in  der 
heutigen  spräche  sehr  gewöhnlich  ist.  hier  bezeichnet  Station 
eine  anstalt,  wo  für  irgend  eineii  praktischen,  loissenschaft- 
lichen  od.  ähnl.  ziceck  die  damit  beauftragten  personen  ihren 
aufenthalt  haben  und  die  dazu  nötigen  eiwichtungen, 
apparate,  matetialien  u.  s.  w.  vorhanden  sind,  so  gendar- 
meriestation,  missionsstation;  ferner  für  wissenschaftliche 
beobachtungen  und  Untersuchungen:  zoologische,  meteoro- 
logische Station  u.  a.  m. 

STATIONÄR,  adj.  stillstehend,  auf  seiner  stelle  ver- 
harrend, so  besonders  in  technischer  spräche,  z.  b.  im, 
Seewesen,  'dauernd  auf  einer  stelle  bleibend',  stationäre 
maschine ,  ' dampf maschine ,  die  auf  einer  festliegenden 
grundplatte  aufgestellt  ist,  im  gegensatz  zu  der  Lokomotiven 
maschine'.  bei  himmeL^körpern  der  punkt  in  ihrer  schein- 
baren bahn,  wo  sie  aus  der  rechüüufigen  in  die  rückläufige 
betcegnng  oder  umgekehrt  übergehen,  auch  substantiviert, 
stationär,  m.  Stationsbeamter;  auch  ==  stationsschifT,  vgl. 
das.  Stenzei.  seemänn.  wb.  400».  so  allgemeiner :  der  stand- 
fusz,  der  aufgestützte  arm,  das  angeschlossene  knie,  alles 
gibt  den  ausdruck  des  stationären,  des  beweglich-unbeweg- 
lichen. GÖTHE  44,197.  in  Übertragenem  sinne:  Sweden- 
borg ist  eine  grundehrliche  haut  und  glaubwürdig  sind 
seine  berichte  über  die  andere  weit,  wo  er  mit  eigenen 
äugen  die  personen  sah,  die  auf  unserer  erde  eine  rolle 
gespielt,  die  meisten,  sagt  er,  blieben  unverändert  und 
beschäftigen  sich  mit  denselben  dingen,  mit  denen  sie 
sich  auch  vormals  beschäftigt;  sie  blieben  stationär, 
waren  veraltet.  Heine  l,  4«8  Elstei-  (nachw.  z.  'Romanzero'). 

STATIONIEREN,  verb.  l)  im  16.  jahrh.  intransitiv,  mit 
rdiqnien  umherzielten  und  geld  sammeln,  vgl.  stationicrer 
und  Ch.  Schmidt  hist.  wb.  der  eis.  mundart  337*'.  von  wegen 
sanct  Sebastians  bröderschafft  zohe  ein  mal  ein  questio- 
nierer  von  Worms  den  Rhein  ab  in  alle  flecken  und 
dörffer,  da  geilet  und  statzioniert  er  nach  seinem  besten 
vermögen.  Fbey  gartenges.  (1556)  SS*»  (47,6  Bolte,  cap.  32); 

ich  schweig  des  Crossen  stationiern, 
dar  mit  man  yelzund  sielt  nach  gflt. 

loeUcJi  (jattung  (1513)  G  7»; 
die  mit  heiligen  slatzionieren 
und  das  heiluimb  umbher  iioren, 
wendt  (wollen)  sich  des  betteis  ouch  begon. 

MuRNBR  narrenbachw.  86,  84. 

ütjertragen:  under  desz  schlich  daher  ein  schuncken- 
kommenther  von  sant  Tönigs  ritterschafTt,  welche  nit 
Seeräuber  zu  mör,  sonder  säuräuber  zu  land  seind,  statzio- 
nirt  ufT  der  säugaK  herumb  ein  schweincnc  beut  zuer- 
jagen. Oarg.  ».  186  neudr.  (80.  eap.,  vgl.  saugart,  th.  8,  18H7). 
8)  in  neuerer  spräche  transitiv,  einem  {menschen  oder 
ding«)  einen  festen  plats  antoeisen.  to,  den  mesztisch  auf- 
gteUen,  bei  topographischen  aufnahmen,  'beim,  kriegswesen, 
antteUen.  einen  aufentltaltsort  anweiten,  er  ist  zu  N.  N. 
tlationlrt,  d.  i.  er  steht  daadbat,  er  hat  dort  aein  einlager.' 
Camps  erg.wb.;  gegenwärtig  haupfsärhlich  noch  von  der 
gendarwuerie ,  vgl.  sUtionakommandant.  jrtxt  aagt  man 
WO  atationiert  sein  eher  von  »ehiffen,  fuhrtrtrken  u.  dgl.  — 
i€tHn  ScHM.'  f,7*6  «mt  eimtr  guMe  v.  leuA  anführt:  dna 


land  voller  stattionierter  pettler,  so  ist  dabei  trotz  des 
passiven  part.  doch  wol  eher  an  die  bedetitung  l  zu  denken. 
STATIONIERER,  m.  bettelmönch,  der  mit  reliquien  im 
lande  um-herzieht,  sie  zeigt  und  damit  angeblich  heilungen 
verrichtet  oder  seelen  aus  dem  fegfeuer  erlöst;  daher  mit 
dem  nebensinn  des  bettlers  und  schwindleis,  gauners,  der 
gelegentlich  zur  hauptvorstellung  vrird.  begegnet  nur  nhd. 
vom  ende  des  15.  bis  anfang  des  17.  jahrh.  zu  gründe  liegt 
mittellat.  stationarius ,  das  allerdings  genau  in  diesem 
sinne  nicht  angeführt  wird,  wol  aber  in  der  bedeutung 
eines  händlers,  fiausierers  {vgl.  Station  4,  speciell  für  buch- 
händler,  woraus  engl,  stationer),  *.  Du  Gange  7,  587''/-  (s) 
und  Bkinckmeier  gloss.  diplom.  2,  575'»  (4).  Hekzoo  real- 
enci/cZ.'-*  17,  307.  t^^i.  Fhisch  2,  321».  Schehz-Oberi.in  1562. 
Brinckmeier  2,576''.  Ch.  ScuMiüThist.wb.  der  eis.  mundart 
337''.  ScHM.2  2,  796/.  Me^e- von  stationirem.  jtem,  sollen 
alle  ertzbischoff,  bischoff  und  praelaten,  in  stifften  ernst- 
lich darob  seyn,  unnd  verfügen,  dasz  uberflüssigkeit  der 
questionalien,  und  andere  bitter  abgestellt,  und  gemässigt 
werden,  reichstagsabsch.  {i62l)  ^-7  {Augsp.lbOO) ;  ülenspiegel 
.  .  .  nam  im  für  ein  statzinierer  usz  zu  thün,  und  mi^ 
dem  heiltumb  im  land  umher  zä  reiten,  und  cleidet  sich 
mit  einem  schäler  in  eins  priesters  gestalt,  und  nam  ein 
todtenkopff,  und  liesz  in  inn  silber  fassen.  Eulensp.  31 
(1515  bl.  43»,  *.  auch  Mb'RNEH  Vlensp.  s.  43  Lappenberg); 
als  . . .  gepoten  ist,  das  die  starcken  petler,  stationirer,  ker- 
misirer,  lanndstertzer,  und  ander  verdechtlich  müessig 
geen  person  in  den  stettn,  märckhten,  tafernen,  und  all 
anndern  flecken  und  heüsern,  lennger  nit  dann  ainsten 
über  nacht  beherbergt,  und  allain  auff  den  gewönlichen 
Strassen,  jnen  der  durchganng  gestatt  werden  sol.  landpot 
in  Obern  u.  Niedern  Baiem  (1516)  16'' ;  dasz  sie  den  statio- 
nierern ,  wo  sie  die  uf  der  straszen  ankörnen ,  ire  pfert 
nemen,  die  seckel  räumen.  Schade  sat.  u.  pasqu.  2, 44, 18 
{Karsthans,  26.  art.);  es  ist  nindert  kain  stationierer,  er  hat 
in  ainem  iden  dorf  ain  hären  am  baren,  an  die  legen  si, 
was  si  den  armen  leuten  mit  dem  streicheisen  abliegen  und 
triegen.  3,148,2;  lieben  fladenweiher  (icei7t6wcÄö/e),  bleibt 
dahaim  . .  .  oder  man  wirt  euch  eben  empfahen  mit  euer 
infein  und  weihen  wie  die  stationierer  mit  irem  heiithumb 
und  Streichholz.  150,4  {vgl.  d.  reg.);  die  V.  schel  ist  betlen 
usz  gleisznerei.  . .  .  also  seint  die  stacionierer,  die  zeigen 
der  heiigen  heiltumb,  so  es  nit  ist,  verkünden  grosse 
ablasz.  Keisersbek«  narrensch.  \m  {richtig:  \2i)'':  statio- 
nierer, so  durch  das  land  hin  und  wieder  ihre  Samm- 
lung suchen,  mit  ihren  einschreiben  und  pettlen  viel 
gelds  zuwegen  bringen,  und  grosz  ablasz  fürgeben,  nennen 
sich  der  heyligen  bottschafft.  etwan  ist  allein  s.  Antonius 
botschafft  zugelassen,  yzund  kommen  dazu  des  h.  geistes, 
st.  Huprechts,  s.  Cornelius,  s.  Bernards  und  s.  Valentin 
gesanden.  auszttg  der  beschwerungsartikel  teutscher  nation 
wider  die  geistlichen  1521  zu  Worms  übergeben  bei  Frisch 
2,321»;  bisher  hat  eine  stad,  die  bey  vier  oder  funff- 
Iiundert  burger  hat,  kund  geben  funff,  sechs,  sieben 
hundert  gülden  werd  alleyn  den  bettelmünchen  .  . ,  dazu 
was  sonst  betteler  und  stationierer  geraubt  haben.  Luther 
15,861,9  Weim.  aiisg.;  der  stationirer  betrug,  ein  statio- 
nirer der  fUrgab,  er  köndte  die  seelen  ausz  dem  fegfewer 
mit  seinem  heiligthumb  und  ablasz,  den  der  heiligste 
vatter  der  bapst  dazu  gegeben  hotte,  erretten,  kam  an 
einen  ort.  tischr.  246»;  ein  stationirer  rhümete  sich,  und 
sagte,  er  hette  desselben  hewes  {icorauf  Christtia  in  der 
krippe  gelegen)  in  einer  Schachtel,  aber  der  pfarrhorr  nnm 
es  jhm  heimlich  herausz,  und  legte  kolcn  darein,  da  nu 
der  stationirer  auff  der  cantzel  das  hcw  dem  voick  wolt 
weisen,  fand  er  kolcn  darinnen.  250»;  ein  slat  Born  hat 
streng  geboten  die  quesfioncr,  torminierer,  stationiercr, 
kilchen-,  klAster-  inid  landsbeller.  ablaskrftmer  und  curti- 
sanen,  mit  iren  gratzcn,  cxpcotanzon,  Pensionen  und  rc- 
servatcn,  nit  inzelassen.  Anshki.m  Hemer  chron.  ft,  oh,  ti; 
es  ist  cyn  krnnckheyt  die  man  noniiol  ilns  kalt  fewer,  .  .  . 
widor  dise  plage  ist  sant  Anihonius  nrt/.l  gewesen,  dasx 
sein  stationierer  im  sawse  habe  lohen  kondon.  Aoricola 
apriehw.  (1684)409;  das  eben  wenden  wir  letz  {verkehrt), 
mit  veraaumnui  der  rechten  armen,  so  {denen)  wir  zu- 
geben allein  schuldig,  auff  lose,  faule  bäben ,  starcke 
landtslj-eicher,  Sophoior,  Wallten,  Jaeohs  br&dcr,  Roni- 
fertor,  farendc  ichAler,  landskneclit,  stArer,  stationierer* 


945     STATIONS  ABSTAND— STATIONSBEAMTER 


STATIONSBILD  —  STÄTIÖS 


946 


starcke  mönch  und  pfaffen,  hären  nnnd  hüben.  S.  Franck 
»prichic.  2,  TG'';  umb  die  zeit  (i532)  ...  ist  ain  stazionierer, 
mit  namen  herr  Martin  Vischer,  usser  hevelch  der  münch 
uf  s.  Bernharts  perg,  im  landt  zu  Schwaben  umbher  ge- 
ritten, der  hat  mit  dem  hailtum,  wie  domals  gepreuch- 
lichen,  gesamlet.  Zimm.  chron.*  2,  451,  36;  von  einem 
statzionierer  mit  sanct  Sebastians  brüderschafft.  Frey 
gartenges.  (1556)  28''  {cap.  32,  vgl.  oben  stationieren);  ein 
stationierer  zeigt  dem  volck  kolen  für  heiltumb.  Mon- 
tan us  404,12  Balte  {gartenges.  cap.  104,  überschr.);  und 
inn  was  land  ziehen  nicht  die  zigeiner,  kauffleut,  ... 
elsessische  betler,  pilger,  stazionirer,  farende  schuler, 
kriegsleut,  Juden.  Garg.  s.  32  neudr.;  wie  Thomas  Stein- 
müller, pfarherr  zu  Ickingen,  eins  mals  ein  stationierer  oder 
bettelmönchen   verkündet.    Ambr.  liederb.  136  {überschr. ); 

des  glychen  dunt  die  heyltim  ffirer, 
stümenstSsser,  statzionyerer 
die  nyenant  keyn  kirchwih  verlygen 
nff  der  sie  nit  öBlich  usz  schrygen 
wie  das  sie  f&ren  jn  dem  sack 
das  hew,  das  tief  veroraben  lao:k 
ander  der  kryppf  z&  ßettleheyn. 

Brant  narrensch.  63,  12  {vgl.  die  anm. 
von  Zarnxke  «.  402*) ; 
die  ralsch  heiltumb  nmbher  fieren, 
betler  und  die  statzenierer, 
die  gott  und  alle  weit  betriegen. 

McRNER  narrenbeschw.  16,  78; 

ander  stationierer, 
betler,  vopper  und  vagierer.    33,80; 
zu  teutsch  heiszen  sie  stationierer. 
si  seint  ein  teil  prosz  verffirer  : 
?ensbein  für  heiltumb  ffirens  um, 
bestreichen  darmit  die  Völker  fnun, 
gewinnen!  darmit  hab  und  g4t. 

Schade  sat.  u.  paxqu.  1,  32,  207; 
der  stationierer  seind  vil  in  der  cristenhait 
die  auf  hohen  rossen  einher  traben, 
die  saralen  weck,  käs  und  auch  vil  gelt, 
grosz  ^t  tünd  si  zusamen  tragen. 

ÜHLAND  völM.  nr.  348,  9  {hand^chr.  v.  1584—6); 
auch  kommen  stationirer 
Anthonier,  Valentiner 
die  sagen  vil  erlogner  wort 
das  sey  geschehen  hie  und  dort 
bestreichen  frawen  unde  mann 
mit  eim  vergulten  eselszan 
und  erschinden  auch  geltes  kraffl 
schreiben  leuth  inn  jr  bruderschafil 
holten  die  zinsz  all  j&rlich  jar. 

H.  Sachs  2,  1,  86^  {die  Wiüemb.  nacfUigcU  v.  235); 

mit  der  stacionierer  brauch 

ist  vor  der  zeit  das  Teutschland!  auch 

betrogen  worden  mit  vil  secten 

die  voller  lüg  und  listen  steckten.    2,  4,  99* ; 

einsmals  kam  auff  jr  kirchweyh  dar 

ein  parfusser  mönnich,  der  war 

ein  stacionirer  schaickhaflt 

mit  sanct  Anthonius  bottschafft 

auch  ein  seltzamer  grillenreiser 

im  gmnd  ein  lauter  bawmbscheiser.     * 

4,  3,  S3^  {fchirank:  der  pfarrherr  mit  dem 
stacionirer) ; 
ausz  eim  todtenbeinhäuszlein  stal  {Eulengpiegel) 
ein  todtenkopff,  den  er  allein 
mit  wen?  silhers  liesz  fassen  ein, 
samb  der  todtenkopff  ein  heilthum  wer, 
eim  pfaffen  gleich  sich  kleidet  er, 
gleich  eim  stationirer  reit, 
mit  seinem  heilthum  Sommerszeit, 
hemacher  in  eim  frembden  land.    5,412''; 

(F.ulentpiegeV)  nam  jm  solch  handtierung  für, 
die  fürwar  henckens  werd  ist  schier, 
nemlich  zu  sein  ein  statzionierer, 
welches  sind  die  grösten  verrürer, 
die  in  den  landen  schweifen  umb 
mit  todtenbein  und  heyligthumb. 

Fischart  Eulerifp.  98  {cap.  30,  v.  4026, 
«.  160  Hauffen). 

STATIONSABSTAND,  m.  abstand  ztcischen  zicei  eisenbahn- 
Stationen;  die  eiurichtting,  dasz  auf  dem  abschnitt  zwischen 
zirei  nachbar Stationen  nicht  mehrere  züge  derselben  rich- 
tnng  gleichzeitig  fahren  dürfen. 

STATIONSAPOTHEKE,  /.  auf  schiffen,  'medizin-  und 
Verbandkasten    im    rettungsschuppen'.    Stf.nzel  aeemänn. 

STATIONSBAROMETER,  «..  s.  KAHMARgCH -Heeren» 
1,  895. 

STATIONSBEAMTER,  m.    beamter  bei  einer  eisenbahn 
oder  telegraphenstation  u.  ähnl. 
X.  2 


STATIONSBILD,  n.  bei  kreuztcegen,  bild ,  das  die  der 
Station  {s.  das.  2)  entsprechende  scene  der  leidensgeschichte 
darstellt. 

STATIONSBLOCKÜNG,  /..  zusammenfassend  für  block 
einrichtungen  innerhalb  der  bahnhöfe,  s.  österr.  stautawb.* 
1,  TS**». 

STATIONSDIENST,  m. 

STATIONSDORF,  n.  dorf.  das  eine  poststation  bildet 
{vgl.  Station  3,  a):  die  postpferde  waren  in  dem  daran- 
stoszenden  stationsdorfe  erst  nach  ein  paar  stunden  be- 
stellt. EiCHENDORFF^  3, 41  {taugen,  i). 

STATIONSFASTEN,  n.  im  alten  christenthum  is  zum 
6.  jahrh.),  ein  fasten,  das  an  jedem  mitticoch  und  sonn- 
abend  stattfand  und  3  uhr  nachm.  endete,  vgl.  Station  8,  d. 
Wetzer-Welte  kirchenl.^  4, 1269/. 

STATIONSFLAGGE,  /.  'flagge  der  deutschen  geseUschaß 
ztir  rettung  schiffbrüchiger' .    Stexzel   seemänn.  tob.  399^. 

STATIONSGASMESSER,  m.,  in  gasfabriken,  apparat  zur 
messung  der  menge  des  fertigen  gases.  Lueger  7,  476.  dafür 
Stationsgaszähler,  m.  fabriksgasuhr.  Karmarsch- 
Heeren'  3,712.  5,460. 

STATIONSGEBÄUDE,  n.  bahnhofsgebäude.  gebäude  einer 
missions-,  einer  unssenschaftlichen  Station  u.  s.  tc. 

STATIONSGEHEIMNIS,  h.  das  leidensgeheimnis.  das  der 
einzelnen  Station  (2)  eines  kreuztceges  entspricht.  Wetzer- 
Welte  kirchenlex.-  7, 1133. 

STATIONSGLEIS,  n.,  auf  rangierbahnhöfen,  zum  ran- 
gieren nach  Stationen  innerhalb  der  richtungen.  Lueger6,K2. 

STATIONSJACHT,  /.  'dienstfahrzeug  des  diefs  einer 
marinestation'.  Stenzel  seemänn.  wb.  39S*>. 

STATIONSKASSE,  /.  'kasse  für  sämtliche  einer  marine- 
station unterstellten  marineteile'.  Stenzel  seemänn.  «:6.399''. 

STATIONSKIRCHE,  /..  vgl  Station  2  {besonders  2,  rf)- 

STATIONSKOMMANDANT,  m.  besonders  in  Süddeutsch- 
land der  älteste  von  mehreren  gendarmen  einer  gendarmerie- 
station  -.  der  oberamtmann  . .  .  klingelte  nach  dem  amts- 
diener,  schickte  ihn  zum  Stationskommandanten,  zum 
Wachtmeister  der  landjäger,  und  befahl,  dasz  sie  alle 
mit  scharfgeladenen  gewehren  herkommen  sollten.  Auer- 
bach dorfgesch.  1,99;  unter  den  letzten  kamen  die  hono- 
ratioren  von  Erlbach,  der  lehrer,  der  schulgehilfe ,  der 
postexpeditor  und  der  Stationskommandant  mit  seiner 
frau.  Thoma  Andr.  Vöst  414. 

STATIONSKOMMANDO,  n.  'oberste  kommando-  und  ver- 
tcaltungsbehörde  einer  marinestation.'  Stenzel  aeemänn. 
wb.  seg*». 

STATIONSKOSTEN,  plur.  abferOgungsgebÜhr  bei  der 
eisenbahn. 

STATIONSKREüZ,  n.  an  den  Stationen  eines  krettziceges, 
s.  Station  2.  —  stationskreuzehen ,  n.  das  mit  den 
ablassen  eines  kreuzxceges  verbunden  ist.  Wetzer-Welte 
kirchenlex.^  1,  lll.  ähnlich  stationskrnzifix,  n.  als 
ersafz  für  kreuziceqe.  7, 1134. 

STATIONSKREÜZER,  m.  kleiner  Meuzer  (kriegsschiff) 
für  den  kolonialdienst. 

STATIONSMEISTER,  m.,  bair.  für  stetionsvorsteher, 
*.  das. 

STATIONSORT,  m.  'sitz  des  kommandos  einer  marine 
Station'.  Stenzel  seemättn.  wb.  399^. 

ST.\TIONSPÜMPE,  /.  bei  eisenbahnen. 

STATIONSPUNKT,  m.   bei  topographischen  aufnahmen. 

STATIONSSCHIFF,  n.  'zum  dauernden  aufenthalt  auf 
einer  auszerheimischen  Station  bestimmtes  schiff',  vgl.  sta- 
tionär. Stenzel  seemänn.  icb.  399". 

STATIONSTELEGRAPH,  m.  'elektrischer  femschreiber 
auf  haupteisenbahnen  zur  Verständigung  der  bahnhöfe  und 
haltestellen  unter  einander' .  Lueger  7,476.  rfazw  stations- 
telegraphist,  »i.,  -in,/. 

STATIONSVORSTAND,  m.  bei  der  eisenbahn:  er  .  . .  liesz 
sich  vom  Stationsvorstand  und  von  allen  bahnangestellten 
gute  reise  . . .  wünschen.  H.  Hesse  unterm  rad  25.  ge- 
icöhnlich  dafür  Stationsvorsteher,  wi. 

ST ATIONS WEISE ,  adv.  stufenweise:  {in  Straszburg) 
ahnte  kein  mensch,  wie  sich  aus  der  fahrenden  Sängerin 
so  ganz  allmählich  und  stationsweise  das  zierliche  fräulein 
herausgeschält  habe.  W.  H.  Riehl  4, 48  {spielmannskind). 

STATIÖS,  STAZIÖS,  adj.  staat  machend,  prunkhaft, 
prächtig.     Umbildung  aus   staatisch,  s.  sp.  286,   mit  lat.- 

60 


947 


STATISCH -STATISCH 


STATISCH 


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roman.  endung,  damit  es  groszarüger  klingen  soll,  scheint 
nur  der  niedern,  besonders  mundartlichen  redeueise  anzu 
gehören,  hei  Campe  erg.-wh.  verzeichnet,  sonst  nur  in  idio- 
tiken :  bair.  Schm.-2,  792;  am  Rhein  und  Main  (ä  poor 
staziöse  zougfcih,  kühe).  Keiikein  1,386;  hen)ieb.  nett, 
elegant,  galant,  fein  (ein  statiöser  mensch  das !).  Spiess  240; 
so  auch  hess.  ein  statiöses  frauenzimmer ;  nordthür.  stat- 
tifisch,  Staat,  prunk  machend;  stattlich,  imposant.  Ki, be- 
mann 22»,  sdadiösch,  anderswo  idazi^s.  Wv.\\TV.i.  sprachsch. 
232;  leipz.  staziös  'stattlich,  prächtig,  auch  vom  weiter, 
wein  u.  s.  w.'  Albfiecht  216'',  vgl.  215*,  in  Posen  statiösch, 
im  gemeinen  leben  neben  staatsch.  Behnd  293;  7id.  staatsiösk 
neben  staatsk  {'so  gibt  oft  der  gemeine  mann  diesem  uorte 
die  lächerliche  französische  endung';  dat  sut  staatsiösk 
uut,  das  hat  ein  prächtiges  aussehen),  brem.  wb.  i,  1006, 
statiösch  Schütze  4,  182,  staadschös  {neben  staadsch) 
DÄHNEHT  4ÖÖ»,  stazios  ('1.  =  staotsch.  2.  staat  liebend  im 
anzuge,  in  der  haltung  des  köipers.  3.  von  impotiierendem 
ansehn,  stattlich').  Dann  eil  210*',  ostfr.  (staatsk  oder) 
statiöös  'eitel,  vielen  staat  machend'.  STÜHENimiiO  258''; 
staziöös  'kostbar  geschmückt,  prunkliebend'.  262'';  westf. 
statiSs  geputzt  Woeste  253'',  waldeck,  staziös  (gekleidet) 
Bauer -Coi.LiTz  174  {aus  dem  hd.);  s.  auch  Fhommann 
2, 180,  89  {Usenbnrg). 

STATISCH,  adj.,  s.  staatisch  {staut  macliend,  liebend; 
prächtig). 

STATISCH,  adj.  auf  das  gleichgewicht  bezüglich;  im 
gleichgeicicht  oder  in  ruhelage  befindlich,  auf  gr.  ararixoe 
{zum  stillstand  bringend;  wägend)  zurückgehend,  sehr  ver- 
breitet in  netterer  zeit  als  attsdrtick  der  viissenscluift,  spe- 
ciell  der  mechanik  und  technik,  in  mannigj'achen ,  meist 
schwer  faszbaren  nuancen.  gewöhnlich  abstractei;  besonders 
in  der  Verbindung  statisches  moment.  'mit  dieser  bezeich- 
nung  wird  das  product  einer  kraft  in  den  abstand  einer 
kraftrichtung  von  einem  fixpunkte  {z.  b.  drehpu7ikte) ,  auf 
tcelcJien  das  statisclie  moment  bezogen  wird,  ausgedrückt.' 
Kahmaksch-Hekhen'8,  448,  vgl.  Lueoer  6,419/.  statische 
berechnung  von  baucortstructionen ,  'berechnung  der'bean- 
spruchungen  durch  belastung  und  andre  eimcirkungen  usw. ' 
LuEGER  3,  323.  statisch  bestimmte  (unbestimmte)  fach- 
werke, wenn  sich  die  stützenreactionen  und  stabkräfte  aus 
statischen  bedingu7igsgleic}iungen  allein  ermitteln  lassen, 
dadurch  bestimmt  sind,  4,  21.  34.  36,  entsprechend  statisch 
bestimmte  träger.  7,696.  dann  concreter:  statische  elek- 
trizität  'die  auf  einem  leiter  angesammelte  elektrizität'. 
Stenzei,  seemänn.  wb.  400*.  statische  lampcn  'sind  so  ein- 
gerichtet, dasz  das  öl  im  fusze  sich  .  . .  in  einer  biegsamen 
hülle  eingefüllt  befindet,  welche  durch  ein  darauf  gelegtes 
gewicht  von  blei  etc.  belastet  \oird.  der  druck  der  letzteren 
treibt  durch  ein  .  . .  ventil  das  öl  in  ein  senkrecht  auf- 
steigendes röhr,  aus  welchem  es  oben  langsam,  und  gleich- 
mäszig  zum  brenner flieszt  u.s.w.'  Kahmaksch-Heeren^ 
5,  250.  —  in  der  spraclie  der  medidn :  statische  function 
des  obres.  Jon.  GX1)  real -lex.  d^r  medidn.  Propädeutik 
8, 1182 — 94;  statische  krämpfe  'l.  die  sog.  ztoangsbewegungen. 
i.  die  beim  stellen  oder  gehen  in  den  untern  extremitäten 
auftretenden  krämpfe'.  Eui.enhurg  realeneykl.  der  ges. 
Heilkunde  19,  89.  —  weniger  technisclie,  heute  nicht  mehr 
übliche  Verwendung  zeigt  ein  älterer  beleg:  da  mein  erster 
act  mehr  statistisch  oder  statisch  ist,  den  zustand  welcher 
ist  darstellt,  aber  ihn  noch  nicht  eigentlich  verändert. 
SctiM.LEH  briefe  b,  2'ja  {an  Goethe  d.  1.  dee.  1797). 

STATISCH,  adj.  nicht  von  der  stelle  zu  bringen,  wider- 
spenstig, störrisch,  parallelbildung  zu  stätig,  vgl.  das.  sie 
ist  zuerst  im  mnd.  belegt  als  stedisch,  stedes,  s.  Sciim.ler- 
LCuuEN  4,  874''.  876''.  80  giebt  auch  Frisch  2, 888*  eitie  stelle 
aus  Mevil's  comment.  in  jus  Lubecense  und  Itemerkt  dazu: 
Meviai  gibt  es  retrogradu»,  aber  es  ist  nicht  ein  solcher 
fehler,  sondern  wenn  ein  pferd  nicht  fortgeht,  so  nicht 
ein  anders  vorangeht,  sonst  erat  bei  Campe  gebucht  {unter 
■Ulig  1,  aU  statisch,  itctisch).  in  der  nhd.  litteratur 
findet  sieh  das  vtort  seit  Lrssino  und  MvBkv»,  bei  beiden 
•tetiscb  geschrieben,  wie  auch  sonst  öfter  (Tikck,  s.  u.). 
überwiegend  statisch,  daneben  auch  stättisch  (TiiCmmki., 
auek bei  H6yi.KH) und  synkopiert  stÄtsch  (FoUQU*:,  Hoi.tki), 
vgl.  San  1»krh  8,  i isi*/.  zunächst  utul  eigentlich  von  pferden. 
at6rriseh.  da  sie  nirht  von  der  stelle  wdUen,  wol  attch, 
wenn  man  sie  antreibt,  hinten  aueeehtagen  (im  »inne  einer 


krankheit  durch  verhextmg  bei  Höpi.er  krankheitsnatnenb. 
675''):  schnynige,  stedische,  amborstige  und  schoervede 
pcrde,  moegen  binnen  maen  tydt  . .  .  ahne  unrecht  edder 
schaden  des  koepers  .  .  .  wederropen  unndt  der  vorköper 
to  huss  undt  have  geschicket  werden,  rüg.  landr.  {iß.jh.) 
c.  81  bei  Dreyer  monum.  anecdota  (l760)  1,331; 

ein  pert,  dat  nicht  wyl  theen 

dat  IS  gerne  wahnsedych  un  stedes.    kecker  t.  327 ; 

an  verkaufflen  pferden  darff  der  vorkaufTer  nichts  mehr 
gcweren,  als  dreycrley,  nemblichen,  dasz  es  nicht  anbrüstig, 
stettisch  noch  schnSbisch  sey.  Mevius  jus  Lubec.  3,6,17; 
bey  wem  sie  {die  jnfei-de)  physiognomische  Überlegenheit 
fühlen,  den  lassen  sie  aufsitzen,  . . .  sind  .  . .  gutmüthig, 
lenksam.  ...  wo  sie  aber  .  .  .  vermuthen,  das  übergewicht 
sey  auf  ihrer  seite,  fangen  sie  flugs  an  sich  aufzubäumen, 
sind  stetisch  und  störrisch,  stolz,  übcrmüthig.  MusÄus 
physiogn.  reisen  (1788)  3,  80;  wir  hatten  auch  ein  pferd 
beim  rcgiinente,  ...  doch  das  war  eine  stät'sche  bestie; 
dagegen  die  Andromeda,  das  war  ein  braves  thier.  Hoi.tei 
Chr.  Lammfell  1,  88;  eines  ihrer  pferde  war  statisch,  und 
ging  nicht  von  der  stelle.  Geiser  Kotzebue  272;  dasz  Pro- 
kcsch  fortgeht,  ist  mir  nicht  lieb,  ich  betrachte  das  ähn- 
lich, als  wenn  ich  ein  statisches  pferd,  das  ich  8  jähre 
geritten  habe  und  dessen  tücken  ich  kenne,  gegen  ein 
ebenso  böses  und  fremdes  thier  vertauschen  soll.  Bi.s- 
MAHCK  br.  an  Gerlach  196  Kohl  {26.  febr.  1855); 

dein  stolzes  rosz  dich  heut  zu  warnen  scheint, 
wird  statisch  als  es  dich  zur  stadt  soll  tragen. 

Arnim  Trösteinti.  s.  350  Pfaff; 

SO:  mein  Pegasus  fing  wieder  an  zu  traben,  wie  er  bei 
den  trauben  statisch  geworden  und  stehen  geblieben  war. 
loerke  1,181.    von  einem  esel  {im  vergleich): 

bis  er,  hitziger  werdend  im  streit,   maszloses  daher  schwatzt 
und  wie  ein  statischer  esel  hinausschläft,  wo  es  auch  hintrifll. 

ÄlöRiKE  ped.»  148. 

ungewöhnlich  von  Jagdhunden  {im  bilde) :  als  nun  jener 
wackre  und  mit  sonderbarer  klugheit  begabte  mann  am 
ende  meine  thorheit  wahrnahm,  liesz  er  ab,  mit  statischen 
hundcn  jagen  zu  wollen.  Kosegarten  rhaps.  3, 167.  sonst 
iia  ausgeführten  bilde:  wehe  dem  regenten  ..,  der  nicht 
den  zäum  locker  hält,  den  er  der  freyheit  anlegt,  und 
nicht  immer  fürchtet,  das  arme  geschöpf,  das  unter  ihm 
seufzet,  hartmäulich,  stättisch,  kollerig  und  unbrauchbar 
für  diese  und  jene  weit  zu  entlassen!  Thümmei.  rei.<ie  5,  8; 

die  zeit  wiegt  schwer  —  wird  auch  vorübergehn  ! 
(lächelnd.)  's  ist  schier,  als  ob  sie  stät'sch  geworden  war' ; 
doch  unser  lieber  gott 

läszt  irgendwo  die  sporen  wohl  schon  fert'gen, 
davor  sie  unversehns  vorOberspringt. 

FouQL'E  dratnat.  dicht.  (1813)  201. 

häufig  auf  menschen  übertragen,  zunächst  mit  ausgespi-oche- 
r\em  vergleich:  er  ist  statisch  wie  ein  pferd,  »ehr  eigen- 
sinnig, starrköpfig.  Wanuer  4,  782  {Ostpreusten).  auf 
andres  übertragen,  adverbial: 

vielleicht, 
da  ihn  der  zauberbut  noch  nicht  gewohnt, 
läszt  er  ihn  unterwcges  fallen,  schlägt 
wohl  stetisch  aus,  wie  Talsche  mähren  than. 

TiECK  8,  327  (Fortunat  2,  8,  4). 

femer  {im  bilde):  nun  wohlan,  meine  liebe  irascibilität ! 
wo  bist  du?  ...  spitzbübin !  so'i*  du  willst  mich  nur  über 
raschen  ?  und  weil  du  mich  hier  nicht  überraschen  kannst . 
weil  ich  dich  selbst  hetze,  selbst  sporne:  willst  du  mir 
zum  trotze  faul  und  stetisch  seyn.  Lessing  ii,74<s.  — 
auch  in  mundarten  •  bair.  stctüsch,  stödisch  {neben  stöltiX 
zunächst  von  pferden,  ocluten.  SciiM.'  2,  798,  kämt  sfölisili 
{neben  sttftik),  von  menschen  und  thieren,  vortilglich  pferden. 
I.KXKR  248;  man^f.  stitsch  vnderapenatig.  jRcirr  lo?'',  da- 
gegen nordthür.  stAtsch  ilberdriissig.  suidder.  Ki. ermann 
22',  beides  bezetigt  für  Stiege  ('stAtsoh  atOrrisch.  widrr 
apenstig,  nicht  von  der  ateUe  it<  bringen,  von  tugtieren; 
von  menaehen:  «inet  aaehe  müde,  ilberdriiaaig').  Liesen- 
HKHO  80&.  beaondwa  verbreitet  im  nd.;  hamb.  statisch  von 
pferden.  RicHBY  878,  brem.  stcdisk,  stJlisk  [neben  stcdig), 
een  stäisk  peerd  'equ%t»  restitator',  een  stäisken  hnkk 
'ein  träger  mensch,  den  man  nicht  aus  der  atelle.  tu  keiner 
arbeit  bringen  kann,  mit  stäisken  pcorden  is  quaad  plögen 
'mit  unwilligen  Leuten  läatt  aieh  nichts  anarichten',  brem. 
wb.  4,  1012,  steedisch,  steetsch  von  ungeaogentn  kindrrn 
und  pferden.  SchOtzk  «,  loo,  een  steedaob  peerd.   Dah-  ,.j 


949 


STATISCH— STATIST 


STATISTEREI 


950 


NERT  458'',  stätsch  Dan  NEIL  209",  ostfries.  stäätsk  Stüren- 
BURG  259*.  stetisk,  stetsk,  stätsk  ten  Doorxkaat  Kool- 
MAN  3,  311^/.,  stesch  '1.  stöckisch,  störrisch;  von  eseln, 
mauleseln,  pf erden ,  die  nicht  von  de>-  stelle  wollen;  aber 
auch  von  menschen  •  xciderspenstig .  2.  zutcider,  so  dasz  es 
einem  widersteht,  ek  hebb"  et  mek  st6sch  egeten'.  Scham- 
BACii  210».  so  auch  preusz.  statisch,  stätsch,  stßdsch,  'er 
ist  stätsch  wie  ein  pferd'.  Frischbier  2,  363",  in  den 
Ostseeprovinzen  statisch  von  pferden,  unterschieden  von 
stätig.  HuPEL  225. 

STATISCH ,  adj. .  für  städtisch ,  s.  das.  (Atrer  fastn. 
sp.  TS**). 

STATIST,»»,  (mit  betonung  derztoeiten  silbe  und schicaelter 
ßexion).  ableitung  von  staat  beztr.  lat.  status  mit  dem 
fremden  sufßx  -ist.  vgl.  Weigand  2,  800.  (ein  als  stamm- 
tvort  vorausgesetztes  lat.  statista  existiert  ebenso  icenig  tcie 
ein  gr.  aTarioTtjs.)  entsprechend  engl,  statist  Staatsmann, 
Politiker  (schon  bei  Shakesp.,  mit  betonung  der  ersten  sUbe), 
s.  Skeat  593»,  schiced.  statist  Statistiker. 

l)  im  17.  und  18.  jahrh.  in  dem  sinne  'Staatsmann,  Poli- 
tiker' (icie  engl.),  also  mit  deutlicher  anlehnung  an  staat. 
(daher  auch  zuiceilen  staatist  geschrieben,  s.  unten.)  so 
besonders  bei  autoren  des  17.  jahrh.,  doch  auch  noch  bei 
Lessing,  in  den  uörterbiichern  erst  seit  ende  des  l'.  jahrh. 
verzeichnet :  statist,  wird  genennet,  welcher  den  staat  wohl 
verstehet.  Nehring  man.  juridico-polit.  (i690)  SU;  statist, 
der,  politicus.  ...  er  ist  ein  guter  statist,  artem  tempo- 
randi  rempublicam  apprirne  novit.  Stieler  2114/.,  sta- 
tist, m.  statista,  politico,  kuomo  di  stato.  ein  guter  statist. 
Kram  er  dic^  2,913»;  staatist,  ein  welt-mann,  hof-diener, 
l4it.  aulicus,  politicus,  civilium  artium,  intelligens,  pacis 
artium  et  civilis  habitus  intelligens,  .  .  .  publicarum  rerum 
pei-iti.  Apin.  gloss.  bOTr,  rerum  civilium peritus.  Steinbach 
2,  687;  juris publiei  peritus,  rerum  civilium, peritus.  Frisch 
2.313»,  und  so  noch  bei  Adelung  und  Kinderling  (1795) 
332  ('staatskundiger'),  vgl.  auch  Schm.^  2,  792.  belege:  ich 
sehe  wol,  sprach  der  secretarius,  jhr  seyet  nicht  nur 
ein  wirth,  sondern  auch  ein  statist,  der  jhr  das  interesse 
der  potentaten  verstehet.  Philander  6  (1646),  155;  unter- 
dessen kan  ich  nicht  vorbei,  unsere  herren  Statisten  und 
weltleute,  aus  treuem  gemühte  ...  zu  erinnern  ...  J.  Rist 
neue  passions-andachten  {Hamb.  1664)  vorber.;  ich  halte 
dafür,  dasz  keine  vollkommenere  politic  zu  finden  sey, 
als  in  der  bibel.  die  könige  in  Israel  sind  allesamt  Sta- 
tisten gewesen.  Schuppius  2; 

und  nicht  wenigen  Juristen, 

publicisten  und  Statisten.    Lessing  1,  77. 

häufig  mit  üblem  nebensinn  oder  auch  geradezu  in  die  be- 
deutung  eines  schlauen  und  falschen  menschen,  ränke- 
Bchmieds,  intriganten  u.  ähnl.  übergehend:  statist  .  . .  'sed 
frequentissime  in  malam  partem  sumitur  pro  scelerato,  et 
pseudopolitico' .  Stieler  2114/.;  ein  schlimmer,  listiger, 
seel-  und  heilloser  statist,  'uno  scaltro,  ctipo,  fino  statista; 
scoscientiato,  disanimato  statista,  macchiavellista  ed  ateista'. 
ein  heutiger  statist  ist  gemeinlich  ein  böser  Christ.  Krämer 
dict.  2,913»;  der  teuffei  ist  ein  betrieger,  ein  lügner  und 
ein  mörder  von  anfang  gewesen,  und  die  Statisten  sind 
seine  liebe  getreue.  Schuppius  2;  weisz  er  nit,  dasz  er 
ein  alter  hofmann,  ein  alter  durchtriebener  politicus, 
ich  hätte  bald  gesagt  ein  alter  Machiavellischer  statist 
sey?  4;  und  ich  musz  lachen  dasz  die  politici  meynen 
es  gebe  nur  Statisten  an  grosser  herren  höfen.  ich  sag 
euch,  dasz  kein  stand  in  der  weit  sey,  in  welchem  es 
nicht  Statisten  gebe,  die  iandleut  in  den  vier  landen  . . . 
haben  ihre  rationes  status.  7;  was  Jerobeam,  desz  königs 
Salomons  successor  und  dessen  nachkommen  für  Statisten 
gewesen  seyn,  davon  wil  ich  auch  anderswo  reden,  ich 
erinnere  mich,  dasz  einsmals  . . .  Thomas  Lindemannus  . . . 
sagte,  er  glaube  nicht  dasz  ein  schelmstücklein  in  der 
weit  geschehe,  das  nicht  in  der  bibel  stehe.  8;  Saul  .  . . 
redete  an  diesem  ort  wie  ein  Machiavellischer  statist.  14; 
allein  ihr  mögt  predigen  bisz  an  jüngsten  tag,  so  werdet 
ihr  keinen  Statisten  bekehren,  so  lang  er  ein  statist  ist.  88; 
(mit  lateinischer  endung :)  zum  sechsten  waren  die  Epi- 
curai,  das  waren  solche  leute  wie  die  heutige  statiste 
und  mammoniste.  814;  ein  lügner,  trägt  des  teufeis  kleid; 
mit  dessen  hofe-farben  dann  die  itzigen  Statisten,  ihnen 
die  ihrigen  zu  vertuschiren  pflegen.  Buischky  Pathmos 


s.  106;  nach  einem  undankbahren,  halte  ich  nichts  schäd- 
lichers,  als  einen  fuchsschwänzer;  als  welche  in  der 
neuen  Statisten  schule  gantz  abgescheumt.  264;  gewinn, 
der  Machiavellisten  und  so  genanten  neuen  Statisten, 
man  höret  und  lieset  selten,  das  ein  fürst,  der  den 
Machiavellum  oder  neuen  statisten,  in  seinen  anschlagen, 
zum  director  gemachet,  und  alle  seine  regeln  practi 
ciret ....  sein  reich  und  länder  weit  ausgebreitet.  524 
(».  auch  s.  176.  533) ; 

regiments-verständige.   {überschr.) 
es  ist  ein  volck,  das  heist  statisten, 
ist  von  verstand  und  scharffen  listen, 
doch  meinen  viel  es  seyn  nicht  Christen. 

LOGAU  2,  6,  98  (».  137). 

dazu:  Statisten- griff ,  m.  astutia ,  trama,  macJnna, 
sottigliezza  di  statista,  artificio  statistico  ö  politico.  sta- 
tisten-himmel,  m.  cielo  d  paradiso  de'  falsi  statisti. 
Kram  er  rficf.  2, 913». 

2)  in  ganz  anderer  bedeutung  erscheint  da»  icort  in  der 
heutigen  spräche:  'statisten,  auf  dem  theater,  xcelche  die 
rolle  stummer  personell  spielen.'  Jagobsson  7,  429"  (1794); 
'statist,  in  der  bühnensprache,  so  viel  als  figurant;  eine 
stumme  person.'  C.küpe  erg. -tcb.;  daher:  stumm  wie  ein 
statist!  8oQv(fOQr}uaTos  rQonoT.  Eiselein  577.  vgl.  auch 
theaterstatist,  th.  11,  340.  in  diesem  sinne  wol  auf  status, 
das  stehen,  bezogen:  einer,  der  blosz  dasteht,  ohne  zuspielen, 
so  seit  Lessing  (der  auch  noch  die  bedeutung  l  kennt)  in 
der  deutschen  litteratur  üblich:  alle  müssen  auf  einmal, 
bey  erblickung  desselben  (de«  gespenstes),  furcht  und  ent- 
setzen äuszern  .  . .  nun  richte  man  einmal  eine  heerde 
dumme  statisten  dazu  ab.  7,  52  (Hamb.  dramat,  11  st., 
5.  juni  1767);  einer  ihrer  Verehrer  .  . .  ging  sogleich  den 
architekten  aufzufordern  . . ,  dasz  er  als  baumeister  das 
grab  des  Mausolus  zeichnen,  und  also  keineswegs  einen 
statisten,  sondern  einen  ernstlich  mitspielenden  vor- 
stellen sollte.  GÖTHE17, 232  (wahlvertc.  2,i);  die  hinten 
über  schwebende  büste  scheint  eine  helfende  person  an- 
zudeuten, die  der  hauptfigur  die  requisiten  zureicht  und 
gelegentlich  einen  statisten  macht.  44, 196  ('der  tänzerin 
grab');  ich  habe  oft  darüber  nachgedacht,  ob  der  general- 
intendant  jenen  zug  nicht  viel  besser  darstellen  und  uns 
das  bild  einer  prozession  viel  treuer  vor  äugen  bringen 
könnte,  wenn  er  die  rollen  der  katholischen  pfaffen  nicht 
mehr  von  den  gewöhnlichen  statisten,  sondern  von  jenen 
protestantischen  geistlichen  spielen  liesze.  Heines,  388 
Elster  (Stadt  Lucca  i) ;  die  letzten  proben  gelten  dem 
ensemble.  die  kleinen  rollen  werden  nachgebildet,  die 
komparsen  werden  geübt,  die  statisten  eingeordnet. 
Laube  ausgeic.  werke  6,  Hl  Houben  (nordd.  theater  9);  sie 
wurden  als  höhere  statisten  zugelassen.  9,  317;  unter 
diesen  statisten  war  eine  prächtige  gestalt,  und  die  be- 
sasz  auch  wirklich  einiges  talent  zum  komödienspiel. 
ebenda ,  wenn  nun  gar  militärische  evolutionen  vorkamen, 
da  probierte  er  mit  statisten,  sie  eifrig  belehrend,  wie 
man  vor  hundert  und  zweihundert  jähren  marschiert 
sei.  317 ;  es  ist  nicht  streng  genug  zu  rügen,  mit  welcher 
unverantwortlichen  impietät .  .  .  die  meisten  theaterinten- 
danzen  und  direktionen  und  personales  bis  zum  ge- 
ringsten Statisten  herab  mit  Shakespeare  verfahren. 
Ludwig  5,48.  im  bilde:  das  faktum  ...  scheint  sogar 
wahr  zu  sein,  da  es  der  baron  Stürmer,  einer  von  den 
drei  statisten  der  groszen  tragödie  (Napoleons  gefangen- 
schaft),  konstatiert  hat.  Heine  3, 452  Elster  (engl,  fragm.  4). 
—  dazu:  genau  und  streng  ...  führt  er  (Göthe)  über- 
haupt die  regierung  seiner  Schauspieler,  die  ersten  mit- 
glicder  muszten  statistendienst  leisten.  Laube  6,  48 
Houben  (nordd.  theater  i).  attch  statistenrolle  ist  ge- 
läufig. 

STATISTEREL /..  zu  statisti,  im  tl.  jahrh.:  statisterey, 
die,  psettdopolitica,  quam  diabolicam  politicam  appellant, 
ratio  Status,  cognitio  secreta,  et  arcana  ars  gubernandi 
rempublicam.  Stieler  2115;  statisteria,  politica.  durch 
statisterey,  per  finexze  e  stratagemi  di  stato  etc.  Kramer 
dict.  2,  913»;  und  der  könig  selbst,  seine  reichs  und  andere 
räthe  . . .  hätten  die  stadt  Niniven  mit  aller  ihrer  sta- 
tisterey, mit  aller  ihrer  artillerey,  mit  allem  ihrem  volck 
nicht  conserviren  können,  v.ann  sie  desz  propheten  Jona 
rath  nicht  in  acht  genommen  hätten,  und  fürwar  in 
diesem  angezündeten  kriegsfenr  wil  keine  Maohiavelliscbe 

60* 


951 


STATISTIK  —  STATISTISCH 


STATIV 


952 


statisterye  (l.  statisterey) ,  keine  pralerey  der  cavallierer 
helffen.  Schuppius  401;  mummerey  ^  statisterey  =  trü- 
gerey.  Butschky  Pathmos  nr.  176  (überschr.). 

STATISTIK,  /.,  abstractbildung  zu  statist  l,  vielleicht 
aus  dem  franz.  statistique  übernommen,  s.  Weigand2,  800; 
entsprechend  holl.  statistiek,  engl,  statistics,  schroed.  Sta- 
tistik, erst  seit  mitte  des  18.  jahrh.  nachweisbar,  zu- 
näcJist  ganz  in  dem  entprechenden  sinne:  Statistik,  staats- 
künde.  Kinderling  (1795)  333;  sfaatsvnssenschaft.  428  (hhn- 
wort  aus  dem  lat.;  neues  wort  bei  autoren  des  18.  jahrh.); 
'statistic,  die  staatenlehre,  und  beiwohnend  die  Staaten- 
künde.'  Campe  erg.-wb.,  vgl.  auch:  daher  auf  akademien 
das  barbarische  Statistik  geschmiedet,  handschr.  bem.  v. 
Voss  zu  statist  (Looau  2, 6, 80) ;  der  begriff  der  sogenannten 
statistic  wird  sehr  verschiedentlich  angegeben.  Achen- 
WALL  Vorbereitung  zur  staats\cissensch.  (1748)  .9.  3;  der  be- 
griff der  sogenannten  statistic,  das  ist,  der  staatswissen- 
schaft  einzelnerreiche,  abrisz  derstaatswiss.{ili9)  s.  l  {sonst 
dafür  Staatswissenschaft,  -lehre);  so  treiben  sie  mathe- 
matik,  logik,  Statistik,  maschinenverbesserung,  bürger- 
sinn, Stallfütterung.  Heine  3,  184  £^^cr  {ideen  kap.  \b). 
in  neuerer  zeit  Jiat  sich  die  bedeutung  etwas  gewandelt: 
die  Statistik  ist  eine  stillstehende  betrachtung  der  staats- 
kräfte  eines  landes  für  eine  gegebne  epoche.  Gaspari- 
Kres-Hassel  allgem.  einl.  in  d.  erdbeschr.  (1819)  10  bei 
Sanders  2,  2, 1182»;  'die  auf  erschöpfende,  in  zahl  und 
masz  festgelegte  massenbeobachtungen  gegründete  klar- 
legung der  zustände  und  erscheinungen  des  gesellschaft- 
lichen menschlichen  lebens'.  Elster  wb.  der  volksw.^  2,  983, 
»./emerRoTTECK-WELCKER  *<aate^a;.'l3,736  755  (G.  Vogt). 
Bluntschli-Brater  d.  staatwb.  lo,  400-481  (Ad.  Wagner). 
Bachem  stnatlex.'^  5,  522-529.  so  im  einzelnen :  bevölkerungs- 
statistik.  Bluntschli-Brater  2,  125;  Verwaltungs-sta- 
tistik, massenbeobachtuiig  für  die  zwecke  der  Verwaltung. 
handwb.  der  staatswiss.  6,  1006 — 1072;  Stengel  wb.  des 
deutsehen  verwaltungsr.  2,  782 — 785.  (hauptergebnisse  der) 
berufsstatistik.  erg.  3,  28;  Statistik  des  wahrenverkehrs. 
wb.  2,  980/.,-  Zollverwaltungsstatistik  981';  kirchliche  Sta- 
tistik (Statistik  des  kirchlichen  lebens).  Herzog  real 
encyclop.^  18,  777 — 779;  Statistik  des  getreidehandels  in  der 
neuesten  zeit,  handwb.  der  staatswiss.'^  4,  304;  Statistik  der 
verbrechen,  Selbstmorde  u.  a.  vi.;  es  ist  noch  die  frage, 
ob  die  Statistik  in  diesem  betreff  {der  Sittlichkeit)  nicht 
gar  zu  gunsten  jener  zeit  ausfiele.  Vahnhagkn  v.  Ense 
tageb.  14,  64.  dabei  hat  sich  der  begriff  der  Statistik  all- 
mählieh  ganz  verschoben ,  sodasz  man  dabei  ueniger  an 
den  inhalt  der  Wissenschaft  denkt  —  erforscJiung  der  zu- 
stände und  erscheinungen  des  staats-  und  gesellschaftslebens, 
was  immer  noch  den  inlialt  der  Statistik  als  besonderer 
wiasenschaß  ausmacht  — ,  als  an  die  eigenthümliclie  methode : 
erforschung  von  zuständen  oder  wiederkehrenden  Vorgängen 
auf  grund  zahlenTnäsziger  massenbeobachtung,  und  so  den 
ausdruek  im  sinne  dieser  methode  auch  auf  andere  wissen- 
Schäften,  wie  naturwissenschaft  {z.  b.  Statistik  der  erdbeben), 
Sprachwissenschaft  (Statistik  von  lautübergängen  n.  o.) 
u.  ».  V).  anwendet. 

STATISTIKER,  m.  der  sich  mit  Statistik  beschäftigt,  der 
beeleutung  dieses  wotres  entsprechetul,  nach  Weigand  2,  öoo 
seit  der  2.  hiUfte  des  18.  jahrh.  (?);  "Statistiker  ist  ein 
Staatenlehrer  und  staatenkundiger.'  Campe  erg.-wb. 

STATISTIN,  /.  figurantin.  zu  statist  2 :  in  don  Karlos 
.  . .  schöne ,  steife  grandczza  der  Statistinnen  2C. ,  be- 
sonders in  der  ersten  audienz.  Eichendorkk  fahrten  u. 
Wanderungen  27  Nowack  (vom  j.  1809);  die  not  des  augen- 
blicks  hatte  vor  einigen  jähren  einer  Statistin  eine  rolle 
anvertraut,  und  diese  Statistin  war  mit  einem  male 
durch  natürliche  einfacbheit  und  liebenswürdige  anmut 
Rose  Chdri  geworden.  Laube  attsgew.  werke  9,  90  Hauben; 
Über  sein  Verhältnis  zu  einer  Statistin  vom  sommer- 
theater  .  . .  amüsierte  sich  die  ganze  Stadt.  Th.  Mann 
Buddenbrook»  l,  448. 

STATISTISCH,  adj.  tu  sUtist  und  Statistik,  vgl.  hoU. 
•UtisUsch  und  Weioand  2,  Roo. 

1)  tu  Statut  1  und  Statistik  ,  'staaUnUhrig ,  Staaten- 
kundig'.  Camps  erg.-iM.  »o  in  der  altern  spräche,  der 
äUem  btdeutung  von  statist  und  statisterci  enttprtehend : 
•tatistiach,  .  .  pMudtfjtoHtctui ,  et  pseudopolitice.  auf  sta- 
UsUsohe  art,  mort  aulieopoHheorum.  Stiklkr  MU.   beUge: 


die  könige  in  Israel  sind  allesamt  Statisten  gewesen, 
wer  ihr  leben  recht  betrachtet,  wird  eben  das  darin 
finden  was  die  statistische  politici  im  Tacito  oder 
Machiavello  suchen.  Schuppius  2  {zuschr.  des  'Salomo' 
1657);  dazu:  wann  das  zigelein  im  compass,  mit  neu- 
statistischen fünden  ...bestrichen  ist,  so  kan  es  den 
weg  ohne  irrtum  nicht  weisen.  Butschky  Pathmos  s.  268; 
man  sehe  ein  land  an ,  wo  die  Machiavellischen  und 
neu-statistischen  künste,  am  heufigsten  und  subtilsten 
in  schwänge  gehen.  .524;  diesemnach  solten  ja  billich 
...  so  manche  schifbrüche  derer  leute ,  die  . .  .  dem 
Machiavello  und  neuen  Statisten,  und  deren  regeln,  in 
der  schiffart  ihres  regimcnts  .  .  .  wie  einem  leit-sterne 
gefolget,  alle  Machiavellische,  neu-statistische  schrifften 
und  renken  . . .  den  regiments-personen,  und  allen  policey- 
weisen,  verleiden.  525;  mein  leser,  hier  hast  du  eine 
neue  einleitung  in  die  Staatswissenschaft  der  vornehmsten 
europäischen  reiche,  sie  ist  aus  dreyjährigen  Vorlesungen 
entstanden.  .  .  .  ich  entwarf  anfangs  kurze  sätze,  .  . .  und 
fand  Ursache,  bey  diesem  .  .  .  leitfaden  meiner  statisti- 
schen stunden  beständig  zu  bleiben.  Achenwall  abrisz 
der  staatsvriss.  (1749)  vorr. 

2)  der  netiern  bedeutung  von  Statistik  entsprechend: 
statistische  berichte.  Bluntschli-Brater  rf.  stautswb. 
9, 140;  statistisches  matcrial.  4,  4€0;  statische  ämter  österr. 
staatstob.  2, 1470,  centralcommission  2,  958.  14<j9'',  ministe- 
rialdepartcments  14€9,  gcsetze  1470'';  städtische  statistische 
ämter.  Elster  wb.  d.  volksw.^  2,  994»;  internationale  sta- 
tistische kongresse  994'* ;  besonders  statistische  gebühr, 
von  nicht  zollpflichtigen  waren  bei  Überschreitung  der 
landesgrenze  erhoben.  995''/.  östtrr.  sfaatswb.  2,  1601''. 
Stengel  verwaltungsr.  2,  979.  belege:  Schupp  sagt  sogar: 
'in  der  weit  sind  mehr  narren  als  menschen  — '  . .  .  be- 
denkt man,  dasz  der  grosze  Schuppius  in  Hamburg  ge- 
wohnt hat,  so  findet  man  diese  statistische  angäbe  gar 
nicht  übertrieben.  Heine  3, 177  Elster  {d.  buch  Le  Gratid 
14);  Dieterici  als  haupt  der  statistischen  behörde.  Varn- 
HAGEN  V.  Ense  tageb.  2,299;  guter  witz,  das  statistische 
amt  lege  listen  an,  wie  viele  majestätsbeleidigungen  im 
jähre  vorkommen,  nach  den  provinzen,  ständen!  7,  146; 
die  entscheidung  hinsichtlich  des  allgemeinen  ist  auch 
deszwegen  schwierig,  weil  es  auf  statistische  ermitte- 
lungen  ankommt,  auf  welche  zahlen  und  gesinnnngen 
man  {bei  den  wählen)  rechnen  könnte.  12,  53;  der  minister 
des  innern  hatte  dem  statistischen  bureau  aufgetragen, 
die  thatsächlichen  zahlen  {der  ehescheidungen)  genau  an- 
zugeben. 77;  durch  statistische  angaben  wird  dargethan, 
dasz  bereits  vor  1806  ein  starkes  viertheil  der  preuszischen 
Offiziere  aus  bürgerlichen  bestand.  388;  jedermann  weisz, 
wie  miszlich  alle  schlachtenpunkte  sind  .luf  der  modernen 
szene  und  vor  einem  modernen  publikuni,  welches  .  . . 
alles  mit  statistischer  genauigkeit  vor  sich  sehen  will. 
Laube  ausgew.  tcerke  \,  251  Houben  {burgfh.  1,  \b);  die  wich- 
tigste zeilungsrubrik,  die  der  statistischen  notizen.  Fon- 
tane von  r!or  u.  nach  der  reise  (1894)  s.  43. 

3)  t»n  18.  jahrh.  zuweilen  im  sinne  des  fietttigen  statisch, 
vgl.  daselbst:  'statistisches  moment  {mcehanikus),  hei.s:t 
das  Produkt  einer  bewegenden  kraft  um  hebet  in  ihrer  ent- 
fernung  vom  ruhepunkte,  sind  diese  produkte  auf  beyden 
Seiten  des  hebeis  gleich,  so  erfolgt  gleiehgewicht  und  ruhe 
stand'  u.  s.  tc.  Jacoilsson  7,  429''.  ähnlich  könnte  man  es 
in  folgender  stelle  nehmen:  dogmatik  und  kirrhenrecht 
. .  .  sind  weder  relipion,  noch  Weisheit,  die  von  oben  hcrnb- 
kommt;  sondern  irdisch,  menschlich  .  .  .  nach  dem  ab- 
wechselnden System  dos  statistischen  gleich-  und  Über- 
gewichts, oder  bewaffneter  toleranz  und  neutralität. 
Hamann  7,  69,  doch  ist  eher  'politsches  gleichgetcidit,  gleich- 
getcicht  der  Staaten'  ttt  verstehen,  vgl.  noch  Sciiillrk 
Ar.  6, 298  unter  statisch,  ico  statistisch  oder  statisch  sich 
der  heutigen  bedeutung  des  ersteren  (*.  2)  stark  annähert. 

STATIV,  n.  {mit  arctnt  at{f  der  letzten  silb«)  gestell  für 
Instrumente  und  apparate.  auf  dem  lat.  adj.  («lativus, 
'frststrhend',  beruhend ,  vgl.  Wiigand  2,  800.  —  brijegnet 
in  entstrllter  form  und  aburichender  bedeutung  {'stellorgel') 
schon  in  dem  nd.  Schauspiel  'TeweseJien  hofhtgdt',  surrst 
gedruckt  Hamburg  1640;  so  hacn  secn  en  dinck ,  dat 
•chöreD  se  weor  an,  se  hcttdent  yo  stastieff,  eer  pusci- 
tiTe  (fider  pontiv),   dem  stecken   se  twe  pUsler  in  den 


953 


STÄTLEIN  — STATT  (L.  1-  2) 


STATT  a.  2.  3) 


954 


eers,  im  blosen  en  den  vuU  winnes,  en  sat  dar  und 
dargede  dat  mitn  fingern,  wo  schreide  dat  ahrme  dinck 
denn.  tid.  bauernkcnnöd.  s.  237  Jellinghaus.  vgl.  s.  2ö9.  — 
im  heutigen  sinne  seit  mitte  des  18.  jahrh.:  stativ,  wird 
bey  den  geometrischen  und  andern  zu  messen  dienlichen 
instrumenten  das  bequeme  gestelle  genennet,  worauf  das 
instrument  ruhet,  und  nach  gefallen  gewendet  werden 
kann.  Eggers  kriegs-lex.  (1757)  2,  981  {genaue  beschreibung 
981 — 983);  'ein  gesteU,  worauf  man  eticas  stellet;  ein  vor- 
nehmlich in  der  mathematik  übliches  tcort,  wo  besonders 
die  gestelle,  worauf  die  zum  feldtnessen  dienlichen  tcerk- 
zeuge  gestellet  icerden,  diesen  nahmen  führen.'  Adelung; 
s.  ferner  Jacobsson  4,  2G0''.  Kinderling  333  {'gestell, 
rüshtng").  Campe  erg.  wb.  so  auch  in  der  heutigen  spräche 
der  Wissenschaften  und  der  technik :  stative  für  geodätische 
instrumente,  dreifiiszgesteUe  mit  einem  zur  befestigung  der 
instrumente  hergerichteten  obertheil.  Lueger  7,  il6f.,  vgl. 
Stenzel  seemänn.  wb.  400';  stative,  gestelle,  um,  apparate 
oder  theile  derselben  zu  tragen  oder  in  geeigneten  Stellungen 
festzuhalten.  Fehling  handwb.  der  chemie  6,  104€ — 1049, 
apparatenhalter.  Bkkstowski  handicb.  derpJiarmacie2, 618*'. 
—  selten  in  der  litteratur:  ein  groszes  fernrohr  mit 
stativ.  G.  Hauptmann  Pippa  59;  endlich  bleibt  er  hinter 
dem  fernrohr  stehen,  dreht  es  auf  dem  stativ.  67;  im 
bilde:  obgleich  oft  gute  menschen  ihr  ich  nur  zum  maler- 
gestelle  des  Universums  machen,  und  aufs  individuelle 
blos  das  allgemeine  zeichnen,  indesz  andere  die  erd- 
kugel  zum  stativ  ihrer  Winzigkeit  unterstellen,  und  wie 
die  Franzosen,  wenn  sie  man  sagen,  zwar  lio,  375  millionen 
menschen  nennen,  aber  keinen  meinen  als  einen.  J.  Paul 
20  (Jubelsen.),  98. 

STÄTLEIN,  n.,  als  vereinzelte  deminutivbildting  zu  Staat, 
also  eigentlich  stäätlein  (vgl.  stätchen)  belegt  Sanders 
3,  1162'=  aus  Jahn  merke  55;  die  werke  von  Euler  haben 
indessen:  inmitten  Deutschlands  sind  binnen  wenig  jähren 
ein  paar  hundert  staatlein  gröszeren  landgebieten  ange- 
markt worden,  und  umgekehrt  wieder  gröszere  Staats- 
gebiete in  kleinere  zerschlagen.  2,  519.  —  *.  fer)ier 
stättlein. 

STATLICH,  adj.,  s.  stattlich  und  stadtlich,  sp.  479. 

STÄTUCH,  adj..  s.  stetlich. 

STÄTS,  adv.,  s.  stets. 

•STATSCH,  /«.,  spitziges  riedgras,  carex  acuta.  Nemmich, 
danach  Campe.  Pritzel-Jessen. 

STATT,  /.  (yrt,  stelle. 

I.  herkunft  und  form. 

1)  statt  ist  ein  gemeingerm.  wort,  dessen  grundform 
*stadi-z  identisch  ist  mit  dem  idg.  verbalabstractum  zu  der 
xourzel  sthu-  'stehen'.  *sthati-,  {oder  *sth9ti-),  vgl.  altind. 
sthiti-,  gr.  ozdais.  lat.  adv.  stattm  'sofort'  {daneben  mit 
langem  wurzelvocal  awest.  stiiiti,  altslav.  po-stati  'fre- 
tÜmmung')  s.  Fick^  3,  340.  *1,  147.  Pkellwitz  etym.  wb. 
der  gr.  spräche^  199/.  Wächter  1590.  Weigand  2,  800. 
Kluge**  376*.  —  während  aber  das  wort  in  den  andern 
idg.  sprachen  fem.  ist,  icie  die  abstractbüdungen  mit  -ti- 
überhaupt,  erscheint  es  im  gröszten  tlieile  des  germ.  Sprach- 
gebietes als  masc.  •  got.  staj)s  (stads ,  dat.  stada ,  acc. 
sta{),  stad,  dat.  pl.  stadim,  acc.  stadins);  altn.  stadr 
{geil,  stadar,  pl.  stadir)  Cleasby-Vigfusson  586*,  fär. 
stadur,  norw.  stad  Aasen  742*,  altschw.  stat)er,  schiced. 
stad  {'Stadt'  und  'ort.  stelle'),  dän.  stad  {'stadt',  daneben 
sted,  neutr.,  früher  com.,  'stelle,  platz');  ags.  stede,  ort. 
fester  platz;  festigkeit.  zustand.  Bosworth-Toller  914, 
mittelengl.  stede ,  neuengl.  stead ,  vgl.  Skea  r  593''.  der 
grund  dieses  wechseis  ist  wol  darin  zu  Stichen,  dasz  im 
germ.  für  stä-  die  erweiterte  wurzelform  sta{)-  herrschend 
vurde  (standan,  *.  unter  stehn);  indem  stadi-  auf  diese 
bezogen  wurde,  zerlegte  man  es  in  stadi-  und  so  trat  es 
tu  der  einst  sehr  Miebten  abstractbildung  mit  -i-  über, 
die  mit  wenigen,  ausnahmen  masc.  Charakter  hatte,  s.  Kluge 
ttammbildungsl.^  §  115.  (vgl.  jedoch  auch  die  entwicklung 
von  germ.  bakiz,  *.  bach.  th.  l,  1057^.) 

2)  nur  bei  den  Westgermanen  des  festlandea  ist  das  fan. 
bewahrt  oder  wieilerlterge.stellt : 

a)  altfries.  stede,  in  Rüstringer  mundart  stidi,  ».  Siebs 
»n  Pauls  ^rundr.' 1,  *.  1186.  1192.  1238.  1370;  ebenso  alt 
merseb.  stidi,  s.  1157,  anm.  1,3,  gen.  stedes,  -is  134o(Richt- 
MOFEN  1046  giebt  die  formen  sted,  stid,  steth,  steith,  acc 


stidi.  stede,  sted,  gen.  stedis,  dat.  stede,  stidi,  stetha, 
steithe  —  ?),  jetzt  wang.  stidi  s.  1380,  saterl.  stgda,  sted 
1386,  auf  Schiermonnikoog  1428,   vgl.  s.  1186.  1192. 

b)  alts.  stedi  (so  in  Hei.  u.  gen.  ausschl.  als  nom.  dat.  acc. 
und  nom.  pl.;  abxceichende  formen  in  den  kleinem  denkm.: 
nom.  pl.  -stadi  im  ältesten  Werdener  heberegiste  r.  Wadstein 
23,  13/. ,  dat.  s.  stida  in  d.  Freckenhorster  heberolle  39, 15, 
-stidiu  in  d.  Lamspringer  glossen  67,  15;  der  vereinzelte  acc. 
6nna  uuihstedi,  gen.  161,  ist  wol  nur  verschrieben  für  ena, 
da  sonst  überall  das  fem.  deutlich  ist);  mnd.  theils  in 
regelrechter  fortsetzung  der  alts.  form  stede,  tcofür  Braun- 
schiceiger  und  Goslarer  quellen  stidde  bieten  (d.  städte 
chron.  6,  134,  13.  16,  113,  68.  deutsche  chron.  2,  592 ,  22.  3l), 
s.  Sghiller-LCbben  4,  371/.,  üieils  in  der  kürzeren  form 
stat  S61^f.  (besonders  im  Sachsensp..  Saclisenchron.  toid 
der  nd.  dichtung,  also  hd.  einflusz?),  vgl.:  locus  ..  .  stad, 
stede.  DiEF.  nov.  gloss.  238*'  (nd.lat.  tcb.).  ztitceilen  wird 
detMich  unterschieden  zicischen  stede,  locus,  und  stad, 
urbs,  z.  b.:  wo  de  peweler  und  de  barvoten  hir  erst  in 
de  stad  quemen  . .  .  (i224)  quemen  hir  de  predigere  . . . 
und  bischop  Albrechte  graf  on  de  stede,  dar  nu  sunte 
Agneten  closter  lit  (vgl.  unten  II,  A,  2,  ö)  ...  do  quemen 
ok  de  barvoten  hir  des  jares  1225.  de  seten  vif  jar  buten 
der  borch,  dar  na  quemen  se  in  de  stad,  dar  se  noch 
Sitten,  d.  stadtechron.  7,  146,  10 — 16.  —  über  den  dat.  stade, 
dat.  plur.  staden  s.  tmten  II,  B.  ein  gen.  des  Stades  scheint 
nur  in  der  bedeutung  'stadt'  vorzukommen,  s.  oben  sp.  421 
und  Schiller  Löbben  4,368». 

c)  ebenso  stehen  mnl.  stat  tind  stede  neben  einander 
{altnfr.  ist  der  dat.  stede  belegt),  vgl.:  stad,  stede,  locus. 
KiLiAN  2,  624'';  daneben:  stede  plaetse,  locus,  sedes  (und 
tceiter:  stede  vel  stad,  urbs.  civitas.  oppidttrn).  631*.  jetzt 
ist  hoU.  eine  differenziening  eingetreten,  sodasz  dem  hd. 
statt,  statte  ein  stede,  stee,  tinserm,  stadt  dagegen  stad 
entspricht,  doch  latitet  der  plur.  zu  diesem  steden,  der 
eigentlich  zum  sing,  stede  gehört,  s.  Franck  952  und 
TE  Winkel  iti  Pauls  grundr.  ^,858. 

d)  ahd.  stat  (gen.  dat.  steti,  stedi  Is..  alt  vereinzelt  stati, 
jünger  stete,  ebenso  im  no-m.  acc.  plur.;  gen.  plur.  stetio, 
-eo,  -o,  dat.  plur.  stetim,  -in,  -en).  Graff  6,  638 jf.  (sehr 
liäußg  ist  ahd.  stat  als  2.  glied  von  Ortsnamen,  theils 
ttnßectiert  als  -stat,  theils  im  dat.  -steti,  -stete  und  plu- 
ralisch -stetim,  -in,  -en;  entsprechend  alts.  auf  -stedi, 
-stidi ,  -stede ,  -stide ,  -stidde ,  vereinzelt  -stadi ,  -stedie, 
s.  Förstemann  namenb.^  2,1363^").  —  nüid.  stat,  plur. 
stete  Lexer  Ä^i?irf»c6.  2, 1144:  locus  stat,  stad,  stayd,  nd. 
stede.  Dief.  gloss.  335*;  die  Schreibung  staid  neben  stad, 
Stadt,  stat  häufig  im  Alsf  pa.ssionssp.  der  gen.  dat.  lautet 
zunächst  stete,  später  zu  stet  apokopiert ;  doch  kommt 
daneben  früh  die  endungslose  form  stat  auf;  sie  findet 
sich  schon  im  Iic.  im  dat.  sing,  atisschlieszlich,  s.  Zwier- 
ziNA  beoachtungeyi  s.  486.  doch  hielt  sich  stete,  stette 
(mitteld.  stede,  z.  b.  im  Alsfelder  passionsp.)  daneben  bis 
ins  15.  jahrh.  —  timgekehrt  dringt  dann  auch  dieflectierte 
form  in  den  nom.  acc.  ein;  so  schon  um  1250: 

din  gehfigde  und  dfn  verstau 
und  din  guot  wille  mugen  hän 
deheine  wernde  stete  albie. 

Lampreht  V.  Regensburg  tohter  r.  Sijon  852. 

auffallig  ist.  dasz  iwi  'Wilhelm  v.  Österr.'  der  Johann 
V.  WCrzburg,  ICO  die  der  ausgäbe  von  Regel  (Berl.  1906) 
zu  grtmde  liegende  Gothaer  handschr.  aus  der  l.  hälfte 
des  14.  jahrh.  stammt  und  oberd.  (bair.f)  sprachcharakier 
zeigt,  mehrfach  stede  im  reim  auf  rede  mit  einer  nicht 
sehr  gewöhnlichen  sinnesnuarice  ('statte.  Sammelplatz")  be- 
gegnet: din  bertze  ist  volle  stede 

eren  sunder  kunterfait.    2122; 

do  si  gelas  die  senden  rede, 

ir  claren  2eugel  fein  stede 

vol  hai;;er  trajhen  wurden  do.    2584; 

in  missezimt  al  s6lhin  rede: 

geluck  bat  der  em  stede 

mit  iu  so  gef&Uet.    13102. 

3)  neben  dieser  bildung  steht  eine  andre  mit  dem  suffix 
idg.  -ta,  vgl.  Kluge  stammbildungsl.  %  120.  etgm.  icb.^  376'». 
sie  ist  besonders  dem  detitschen  Sprachgebiet  eigen,  im  alt- 
nord.  entspricht  mit  sehtcacher  flexion  stada  (gen.  stpdu) 
stund,  stelle.  Cleasby-Vigfusson  585''  (das  starke  stpd, 
ankerplatz.    liafen  602'»  ist  tcegen   des  gen.    stodvar   nichi, 


955 


STATT  (I.  3.  4) 


STATT  (I.  4) 


956 


direkt  vergleichbar,  scheint  vielmehr  die  gleiche  bildung  wie 
lat.  statua),  vgl.  dazu  dän.  stade,  n.  marktstand,  kirchen- 
aitz.  unklar  ist  die  Stammform  in  altfries.  statha,  stata, 
grundstück,  landgut.  Richthofkn  iom'',  wozu  federstatha 
730*";  d4izu  vielleicht  alts.  marcstada,  macellum  Wadstein 
kl.  denkm.  97',  17  {Werdener  Prudentiusgl.,  lO.  jahrh.).  — 
eine  ganz  andere  bedeutung  und  gröszere  häujigkeit  zeigt 
das  hd.  icort :  ahd.  stata,  locus,  Status,  cousfitutio,  facul- 
tas, sumptus,  occasio,  positio,  opportunitas,  num.  Grakf 
6,  642/.;  Tnhd.  State,  stat,  mitteld.  auch  stade  'alles  ioo- 
durch  etw.  gestatet  wird,  loodurch  es  möglicJi  wird  es  ins 
werk  setzen:  bequemer  ort  od.  zeitpunet,  gute  gelegenheit, 
bedingende  Verhältnisse,  umstände,  läge.'  Lexer  handwb. 
2, 1146.  in  demselben  sinne  da7in  auch  mnd.  stadeScuii.i.EK- 
LÜBBEN  4,  350»,  mnl.  stade,  gelegenlieit,  zustattenkonimen, 
hilfe,  holt,  stade  (tu  te  stade  komcn).  vgl.  auch  unstatte. 
—  schon  spätmhd.  ist  dieses  wort  durch  den  im  oberd. 
normalen  abfall  des  auslautes  -e  in  der  endungslosen  form 
des  tiom.  aec.  sing.,  die  weitaus  am  übliclisten  ist,  mit 
dem  unter  1  beJiandelten  lautlich  zusammengefallen,  ein- 
zelne beispiele  bietet  schon  die  klassische  zeit: 

'e;  tuot  mir  herzenltchen  wol. 
dag  ich  hie  strites  vinde  stat. 
'ja,  benamen,  du  wirst  sin  sat.'     Wig.  4787; 

daz  ich  nach  den  habechen  bat. 
sicn  hat  gefUeget  mir  diu  stat 
d«^  si  mir  sint  zen  banden  komen. 

Büerolf  7024. 

über  einen  besonders  auffälligen  fall  bei  Walthkr  von 
DER  Vogelweide  119,  34  vgl.  Lachmanns  anm.  nhd. 
ist  eine  Scheidung  noch  weniger  durchzuführen,  da 
stat(e)  überhaupt  in  der  alten  freien  verivendung  im 
16.  jahrh.  erlischt  (s.  unten  II,  B),  tirid  sich  nur  in  ge- 
wissen festen  verbindiaigen  m,it  verben  hält,  wo  es  indessen 
mit  altem  stat  concurriert  und  immer  mehr  zusammen- 
flieszt,  s.  unten  II,  C.  deutlich  erlialten  ist  nur  der  dat. 
pl.  in  gewissen  präpositionalen  redetvetidungen ,  s.  unten 
II,  B,  7 — 8;  in  einem  falle  ist  er  allerdings  an  stelle  von 
älterem  statt  {im,  sinnei)  getreten,  s.  II,  A,  4,  e,  —  ein  weiterer 
beweis,  dasz  beide  Wörter  im,  Sprachgefühl  nicht  mehr  aus- 
einander gefüllten  ioerden.  uvnn  sich  vereinzelt  im  IG.  jahrh. 
die  Schreibung  statte,  state  findet,  so  ist  dem,  schwerlich 
irgend  icelche  bedeutung  beizumessen: 

und  doch  nir?cnt  kein  statte  funden, 
daran  sie  füglich  wohnen  kundten. 

H.  Sach.s  5,89»; 
dnimb,  dieweil  wir  sie  auf  warer  täte 
pfänden  haben,  geben  wir  kein  State 
irer  lögn,  die  sie  aus  list  ertichtet. 

Rbbhun  Stuanne  4,  8,  v.  294  {schaunp.  aus  dem 
16.  jahrh.  2,  76). 

4)  tcährend  also  diese  alte  Unterscheidung  zwischen  alul. 
stat  und  stata  im  nhd.  verloren  ist,  hat  sich  eine  nette 
differenzierung  durchgesetzt  und  zu  einer  Spaltung  des  alten 
fitat  in  drei  nhd.  Wörter  geführt. 

a)  schon  frühmhd.  hat  stat  die  speciellere  bedeutung 
'ortachaft,  oppidum'  angenommen,  wo  es  das  ältere  bürg 
allmühlieh  verdrängt,  sie  ist  sogar  schon  ahd.  in  einigen 
stellen  deutlich  vorhanden:  gieng  O3  fon  thera  burgi  in 
»tat  Ihiu  Bethania  heijit  {abiit  foras  extra  ciritatem  in 
Bethaniam)  inti  thftr  uuoneia.   Tat.  1I8, 4;  vgl.: 

ein  bürg  ist  fhär  in  14nte,  .  .  . 

zi  thcni  gleti  füart  er      thia  druhttnes  müator. 

OTKRIt>  1,  11,  26. 

im  nhd.  hat  sich  hieraus  ein  besonderes  wort  entwickelt. 
die  abtrennung  ist  zunächst  in  der  gcKreihung  volltogeti, 
indem  schon  im  anfang  des  16.  jahrh.  in  diesem  speeiellen 
sinne  stadt  aufkommt,  tooneben  sieh  allerdings  stad,  stat, 
Btalt  bis  ende  des  17.  hält;  doch  ist  sie  auch  sonst  deut- 
lieh vorhanden,  t.  b.  wenn  Hui>8ius  80«''  unmittelbar  nach 
einander  'statt,  ».  ort,  m.  lieu'  und  'statt,  /.  viUe'  als 
verschiedene  Wörter  aufführt,  ebenso  ?)Cnoi-rv.i.  1421  {beides 
stat,  /.;  erat  Stiki.kh  unterscheidet  iitadt  und  statt). 
jetzt  ist  sie  atteh  in  drr  gesprochenen  spräche  \renigstens 
im  plur.  detitlich,  ico  die  alte  starke  fttrm  stRdtc  in  dieser 
bedeutung  erhalten  ist,  die  sich  von  dem  sing,  statte  durch 
länge  des  voeaU  unterseJieidet.  s.  oben  sp.  490 Jf.  {die  ur- 
sprüngliche Identität  leuier  kennt  Adki.üNO.) 

b)  die  alte  flexion :  nom.  aec.  stat  —  gett.  dat.  st«!«  liaee 
eine  doppelte  ausgleichung  tu.    indem  jede  dieser  /ormem 


verallgemeinert  und  für  den  ganzen  sin,g.  verwendet  werden 
konnte,  gewöhnlich  hat  dabei  unter  dem  einflusz  der  con- 
.lonant.  decl.  (naht,  mäht)  die  nom.-form,  gesiegt,  urie  über- 
haupt bei  den  weiblichen  i-stäinmen,  doch  findet  sich  ver- 
einzelt schon  im  mhd.  auch  stete,  stede  in  der  geltung 
eines  nom.  aec.,  s.  oben  2,  d  zu  ende,  dabei  war  wol  von 
ausschlaggebender  bedeutung,  dasz  im  nd.  {vielleicht  auch 
in  benachbarten  strichen  des  mitteld.)  stede  die  lautgesetz- 
liche gleichmüszige  form  des  ganzen  sing.  ist.  jedenfalls 
preist  das  nhd.  von  anfang  an  statt  und  statte  als  gleich- 
berechtigte wcn-tfortnen  neben  einander  auf,  die  in  der  be- 
deutung nicht  merklich  unterschieden,  dagegen  in  der  ge- 
Irrauchsspliäre  deutlich  gegen  einander  abgegrenzt  sind. 
statt  hat  sich  nämlich  im  allgemeinen  nur  in  gewissen 
festen  Verbindungen  und  fügungen  erlialten  {als  aec.  und 
dat.  sing.),  die  unter  II,  C  und  D  befiandelt  sind;  darüber 
hinaus  kommt  es  im  16.  jahrh.  noch  häufig  vor,  seltner 
im,  17.  jahrh.,  rind  wird  in  der  neuern  dichtung  (19.  jahrh.) 
wieder  erneuert;  in  der  allgemeinen  spräche  ist  es  üblich 
geblieben  in  geioissen  .sprichrcörtlichen  redetceisen  und  als 
zweites  glied  von  zusamm,ensetzungen,  doch  ist  hier  ein 
rückgang  unverkennbar,  s.  unten  II,  A.  vgl.:  die  statt 
für  stelle  ist  im  hochdeutschen  als  eigentliches  haupt- 
wort  veraltet.  Heynai  z  Antibarb.  2,  443  {n%ir  statt  haben, 
finden,  zu  statten  kommen,  von  statten  gehen  und  statt 
als  Vorwort  werden  anerkannt),  dagegen  ist  in  der  all- 
gemeinen bedeutung  'locus'  statte  ztir  lierrscliaft  gelangt, 
das  nun  gerade  in  den  für  statt  reservierten  gebrauchs- 
loeisen  (II,  C.  D)  gemieden  tcird.  es  ist  als  besonderes  wort 
an  seiner  stelle  behandelt. 

c)  diese  imtersclieidung  ist  schon  bei  Luther  durch- 
geführt, wenn  auch  einzelne  ausnahmen  vorkommen ;  sie 
ist  besonders  deutlich  in  der  bibelübersetzung ,  wo  die  ver- 
gleichung  mit  dem  grundiert  sie  mit  Sicherheit  erkennen 
läszt;  die  überwiegenden  schreibiceisen  sind :  l)  stad,  plur. 
stedte,  übersetzt  hebr.  "I""?,  gr.  nöXiS;  2)  stat  (stad)  fast 
nur  in  der  heutigen  begrenzung ,  besonders  in  der  unter 
II,  D  besprochenen  gehrauchsvxise ,  wo  der  urtea't  die  prä- 
Positionen  PHP  bezw.  arrl  gebraucht;  S)  sorist  für 'locus', 
stete  oder  häufiger  stet,  =  hebr.  cipTO ,  gr.  rdnoe.  {in 
den  belegen  ist  bei  allen  füllen,  die  von  dieser  regel  ab- 
weichen, das  original  angeführt.)  einige  beispiele,  ipo  ver- 
schiedene formen  neben  einander  stehen,  mögen  die  Unter- 
scheidung veranschaulichen;  1  und  2  neben  einander:  da 
Husam  starb,  ward  könig  an  seine  stat  Hadad,  .  . .  und 
seine  stad  hies  Awith.  ...  da  Baal  Ilanan  Achbors  son 
starb ,  ward  an  seine  stat  könig  Hadar ,  und  seine  stad 
hies  Pagu.  l  Mos.  86,  35.  39  (=  1  chron.  l,  46.  .»K));  und  Abinm 
entschlieff  mit  seinen  vetern,  und  sie  begruben  jn  in  der 
stad  David,  und  Assa  sein  son  ward  könig  an  seine  stat. 
1  kön.  15,  8  {ebenso  v.  24  u.  ö.) ;  der  könig  aber  zu  Assyrien 
. . .  besetzt  die  stedte  ('^'^3')  in  Samaria  an  stat  der  kinder 
Israel.  2  kön.  17,24;  1  neben  3:  und  {Jacob)  furchte  sich, 
und  sprach ,  wie  heilig  ist  diese  stet  (oip^i).  . . .  und 
hies  die  stet  (oipjs)  Bethel,  vorhin  hies  sonst  die  stad 
("l^y)  Lus.  1  Mos.  28,  17.  19;  und  er  bawet  jm  heuser  in 
der  stad  David ,  und  bereit  der  laden  gottes  eine  stete. 
1  chron.  16, 1 ;  so  wil  ich  mit  dieser  stet  (oip73)  .  .  .  und 
seinen  cinwonern  umbgchcn,  das  die  stad  (T'y)  werden 
sol  gleich  wie  Thopheth.  Jerem.  19, 12;  denn  die  stete  war 
nahe  bey  der  slad  {ivyi>«  ^f  r^e  nöXei»«  d  rdnoi),  da 
Jhcsus  gecreutziget  ist.  Joh.  19,20;  da  kamen  wir  au  rinc 
stete,  die  beisset  (iutfurt,  da  bey  war  nahe  die  slad  Lasea. 
apostelgesch.  27,8;  8  neben  3:  welcher  könig  ist  un  sImI 
seines  vatcrs  Josia,  der  von  dieser  stet  hin  aus  gi-y.ogcn 
ist.  Jerem.  22,11.  ausnahmen  sind  hier  äusMerst  seltetn  ."o 
stat  für  und  im  irechsel  mit  stet«:  der  sol  . . .  seine  hnnd 
aufr  des  bocks  bcubt  legen ,  und  jn  schlachten  an  der 
stat  (oip53a),  da  man  die  brandopfler  srhlachtol  für  dem 
herrn.  H  Mos.  4.24,  nehrtt :  an  der  stete  des  brnndopffem. 
V.  2«.  in  foli/rndrr  stelle  deutlich  unter  eit\flusi  drr  ge- 
tröhnlirhrn  gebriiuchsweise  II,  D,  8:  zeuch  jn  nicht  zu  dir. 
das  er  dich  nicht  wcgstosse,  und  trotte  an  deine  stat 
{ini  rdv  TÖnov  oov).  Sgr.it, ti.  ».ferner  unten  U,D,B,b.  -  - 
dem  entspricht  im  ganetn  der  eonetige  aprachgebravrh 
LuiHKKü  WM  OfMbrsr  »uHnn  der  äUem  seit,    so  bir(>n 


957 


STATT  (I.  4.  5) 


STATT  (II.  A,  1.  2) 


958 


die  belege  aus  Fischart  zumeist  stett,  besonders  in  deih  i 
Verbindungen  auff  der,  an  der,  zur  stett,  statt,  dagegen  \ 
statt  in  der  bedetitung  II,  D,2,  *.  das.  doch  auch:  hätschiert  j 
mit  der  hallenpart,  zog  darmit  wer  den  anderen  von  der  i 
statt  reisz.  Garg.  284  neudr.  iceiiere  reste  dieses  allgemeinem  I 
gebrauchs  von  statt  s.  unten  II,  A.  i 

d)  ein  unterschied  der  casus  im  sing,  ist  im  nhd.  nirgends 
mehr  deutlich  nachzuweisen,  wo  daher  statte,  in  älterer 
Schreibung  meist  stett  etica  als  dativ  vwkommt,  siiid  solche 
belege  unter  statte  einzureihen,  bei  den  festeii  Verbindungen 
ist  hier  ein  unterschied  zu  beobachten:  während  für  statt 
im  sinne  II,  D  stett,  statte  nur  ganz  vereinzelt  begegnet, 
ist  in  den  ausdrücken  tcie  auf,  an  der  statt  für  'sofort', 
die  im  IG.jahrh.  sehr  geioöhnlich  sind,  die  form  mit  Um- 
lauf durchaus  herrschend;  sie  steht  z.  0.  ausnahmslos  in 
den  zahlreichen  beispielen  aus  Fischakt;  nur  die  eben- 
falls nicht  icenigen  belege  aus  Mürner  bieten  ebenso  con- 
sequent  statt,  s.  unten  II,  A,  4,  b. 

e)  im  plur.  liat  stadt  die  alte  starke  form  städte  {älter 
stedte)  behalten,  dagegen  ist  zu  statte  ein  schicacher  plural 
statten  'Loca'  gebildet,  während  statt  «t  seiner  beschränkten 
gebrauchssjphäre  einen  plural  nicht  gestattet,  im  altern 
nhd.  (16.  jahrh.)  kommt  jedoch  stete,  stet  auch  für  'loca' 
vor,  i«>  es  dann  sowol  zu  statt  (stat)  wie  zu  statte  (stete, 
stet)  gezogen  werden  kann,  in  den  meisten  fällen  aber  von 
der  letzteren  singularform  nicht  mit  bestimmtheit  geschieden 
Verden  kann,  deutlicher  plural  bei  Luther:  so  hat  er 
(gotf)  auch  sonderliche  stete  dazu  (zum  gottesdienst)  ge- 
ordnet, als  bey  uns  die  kirchen  oder  heuser,  da  wir  zu- 
samen  komen.  6,33";  weniger  sicher :  alle  stet  (cip72~V3) 
darauff  ewr  fussolen  tretten  werden,  hab  ich  euch  ge- 
geben. Jos.  1,3;  weiter  sähe  ich  unter  der  sonnen  stete 
des  gerichts  (üEdTSr;  CTpTo),  da  war  ein  gottlos  wesen, 
und  stete  der  gerechtigkeit,  da  waren  gottlose,  pred.  Sal. 
3,16;  plural  ist  wol  auch  anzunehmen,  wenn  vereinzelt 
stet(e)  für  statt  (II,  D)  in  bezug  auf  einen  plural  begegnet : 
thu  die  könige  weg,  ein  jglichen  von  seinem  ort,  und 
stelle  herrn  an  jre  stete  (DrTTinri).  1  kön.  20,24;  gott  hat 
der  stoltzen  beiden  wurtzel  ausgerot  und  demütige  an 
jre  stet  {dvr'  avTcür)  gepflantzet.  Syr.  10, 18.  so  vielleicht 
auch:  drey  gevattem  aber  werden  billich  gebeten,  auff 
das  wenn  einer  ab  gehet  durch  den  tod,  das  die  andern 
jre  stete  erfüllen  und  vertretten.  Erasm.  Sarcekius 
hirtenhuch  (1562)  Sl*".  —  noch  Adelung  giebt  als  'plur.  der 
doch  nicht  gebraucht  xcird'  die  statte,  deutlich  ist  der  plural 
natürlich  im  dativ.    {über  den  dat.  statten  s.  u.  II,  A,  4,  e.) 

f)  ganz  vereinzelt  scheint  statt  friihnhd.  als  masc.  vorzu- 
kommen :  so  ist  Augspurg  1000  und  59  jar  for  der  gepurt 
(C7»»-i«rt)  gepauen  worden  von  den  Schwaben,  die  fundend 
ain  bequemlichen  gesunden  statt  zwischen  Wertach  und 
des  Lechs ,  da  pauetent  [sy]  die  statt  Augspurg  hin. 
d.  städtechron.  22,332,2  {ende  des  16.  jahrh.);  verinischung 
mit  stad,  m.,  s.  sp.  415/..»  vgl.  auch  S.  Franck  vceltb.  188» 
unter  II,  A,  9,  a,  sowie  den  2.  beleg  unter  II,  A,  8.  —  später 
wurde  bei  manchen  durch  die  beschränkung  auf  den  formel- 
haften, artikellosen  gebrauch  (s.  II,  C)  eine  Unsicherheit 
hervorgerufen,  vgl.:  'statt  (caret fere  semper  articulo,  hinc 
genus  nullum,  amat,  adjungitur  plerumque  tnasculinum 
oder  [l.  der]  vel  potius  die,  et  vox  eadem  videtur  ac:  stadt). 
Steinbach  2,  687. 

5)  was  die  lebenden  mundarten  angeht,  so  scJieint  im  hd. 
das  wort  zumeist  auf  die  abgetrennte  Bedeutung  'stadt'  und 
präpositionalen  gebrauch  (II,  D)  beschränkt;  auch  in  Zu- 
sammensetzungen kommt  es  noch  z.  th.  vor.  so  ist  es  in 
einigen  oberd.  und  mitteld.  idiotiken  angegeben:  eis.  stät 
selten,  meist  nur  in  ableitungen  und  Zusammensetzungen. 
Martin -LiENHART  2,619*;  bair.  stAd,  plur.  st^tt,  st<5d 
ScHM.*  2,  792  {auch  sonst  in  einigen  Wendungen);  kämt. 
stitt,  gstätt,  statt,  ort  Lexeh  239;  tirol.  statt  nur  in  com- 
positen  {und  =  stadt).  Schöpk  701.  Hintner  229.  im 
mitteld.  ist  nur  präpos.  gebrauch  bezeugt,  s.  U7iten  II,  D. 
ausdrücklich  ist  das  fehlen  andrer  Verwendung  bezeugt  für 
Handschuhsheim  {dafür  plats,  nur  noch  warkstat  und 
veraltend  liiJBstat),  wo  auch  statt  finden,  von  statten 
gehen,  zu  statten  kommen  {icie  wol  in  den  meisten  md. 
mundarten)  unüblich  sind.  Len^  68».  —  dagegen  ist  das 
wort  im  nd.  überaus  lebendig  geblieben;  es  dient  hier  für 


das  hd.  stelle,  es  begegnen  3  formen  neben  einander,  die 
nördliche)*  mundarten  haben  langes,  offenes  e,  wonach 
das  d  in  neuerer  zeit  geschicunden  oder  im  schicinden  ist: 
ostfries.  stää  (städe.stede)  StOrenburg  259»,  stede,  städe, 
gewöhnlich  st6,  stä  TEN  Doornkaat  Koolman  3,304'», 
brem.  stede,  stee  brein.  wb.  4,  lOlO,  hamb.  stede  Richey  288, 
holst,  stee,  stede  Schütze  4,190  {alle  3  bezeichnen  aus- 
drücklich offenes  e  durch  rj),  meklenb.  städ,  stär  Mi  Sa" 
{präp.  stats),  altmärk.  stä(d)  Danneil  208»,  vorpomm.  städe 
D.\hnert  455*,  preusz.  stfed,  -e,  auch  städ,  -e  Frischbier 
2,  365»;  im  Südosten  herrscht  geschlossener  vocal:  südhannov. 
st6e  {plur.  stßen  und  steens,  präp.  stats)  Schambach  208», 
osnabr.  stye  Strodtmann  380'',  toaldeek.  stid(e)  Bauer- 
COLLITZ  99»  (»f»  15.  jahrh.  stedde,  s.  175 — ?),  tcestf.  stie 
WoESTE  254'»,  'stia  Frommann  3, 421,  5,  in  Lippe  stiebe 
6,493;  die  gegend  tim  Braunschtreig ,  Goslar  u.s.w.  hat 
auch  Jieute  icie  im  mittelalter  stidde,  s.  z.  b.  Frommann 
5,  296  {in  und  tun  Fallersleben). 

II.  bedetitung  und  gehrauch. 

A.  das  alte  stat,  vgl.  I,  1.2:  statt,/,  ort,  m.  lieu.  Hul- 
sius  (1616)306'';  sta.i,  f.  locus,  lieu.  Schottel  1421;  statt, 
it.  statte,  Stadt,  luogo  [massime  in  senso  figurata  in  certe 
belle  e  molfo  usittUe,  it.  proverbiali  locutumi].  Krämer 
dict.  2,  914». 

l)  statt,  locus,  im,  allgemeinen :  so  ahd. :  ünde  ch&d  sih 
erfären  haben  mänige  st6te  {iam  multa  asserit  circuisse). 
Notker  i,l8i,l8  Piper  {Marc.  (jap.  2,6);  mhd.:  mit  gro2erme 
rechte  beheldit  der  man  daj  len,  deme  du  stat  zo  sime 
dinge  bewisit  wirt  {aii  expectationis  locus  designatur), 
deime  der,  deme  sundir  bewisite  stat  ein  gedinge  geligin 
ist  {cujus  expectatio  loco  caret  designato).  Görlitzer  lehnr.  l, 
§  125  {bei  HoMEYER  Sachsensp.  2,2,  s.  120); 

disiu  stat  ist  eislich. 

Lampreht  V.  Regknsburg  tohter  v.  Syon  3544 

{übers. :  terribilis  est  locus  iste.  3541  =  l  Mos.  28, 17) ;  ebenso 
noch  im  altern  nhd.: 

deszgleichen  ist  es  mit  dem  wein, 

den  priester  darzä  {zum  abendmahl)  brauchen  fein, 

on  alle  thaylung  jeder  nenszt, 

war  got  und  mensch  kain  stat  beschleuszt. 

Schwartzenberg  Cic.  155». 

sprichwörtlich:  es  ist  kein  statt  ohn  ein  zeugen,  nullus 
locus  sine  teste,  es  ist  kein  ort,  er  verräth  ein  mordt. 
Egenolff  sprichw.  (l59l)  380»,  ebenso  Eyering  2,  541  (l60l, 
Stadt).  Petri  Bb2»  (1605,  stett).  Lehmann,  «.Wander 
4,782.  so  im  nd.  noch  lebendig ;  sprichwörtlich:  de  ste(de) 
kumt  nich  to  'n  minsk,  sündern  de  minsk  möt  to  de 
ste(de)  kämen.  Frommann  3,  424,  258  {zw.  Ems  u.  Jade).  — 
mit  bestimmteren  ortsbezeichnungen  zusammengestellt:  in 
dem  1363  jare  worden  degedinge  hartliken  twischen 
bischop  Diderike  und  den  borgeren  umme  den  torn  bi  dem 
Mollenhove.  de  bischop  sprak,  de  stede  were  sin;  de 
borgere  spreken,  de  stede  were  or.  d.  städtechron.  7,  241,  27; 
da  kund  der  gartijer  das  hol  nimmer  mer  vinden.  dar- 
nach sacht  sant  Ulrich  die  stat  offt  haim.  4, 296,  6 ; 

wisset  ir  iender  hie  bf 
eine  stat  diu  mir  gevellic  si, 
einen  wilden  stein  ode  ein  hol. 

Hartmann  v.  Aue  Greg.  2972 ; 
das  breite  trauerfeld,  die  gantze  wüste  statt 
klagt  mit  uns  dessen  todt,  der  sie  erschaffen  hat 

P.  Fle.nung  ».  3. 
8)  statt  mit  nähern  bestimmungen. 

a)  mit  genauer  angäbe  der  läge:  derselbe  zirt  di  stat 
vor  sant  Peters  munster  di  do  heiszet  paradisus.  d.  städte- 
chron. 8,21,  27  (Closener  chron.  v.  Straszburg  1362).  wie 
hier,  icird  auch  sonst  eine  statt  mit  eigennamen  bezeichnet: 

de  stede  is  gheheten  Krekelputte. 

Reinke  de  vos  2451. 
{vorher:  dar  is  eyn  bom,  heth  Krekelput.  2443. 
meistens  steht  stat  mit  eigennamen  natürlich  im  sinne 
des  heutigen  stadt.  so  jedenfalls  auch:  Grifo  .  .  .  vloch 
an  de  Oveker  up  dat  water  an  eine  stede,  de  heit  Ora- 
heim.  d.  städtechron.  7,  21,  28,  loo  das  glossar  'statte'  giebt, 
vgl.:  wente  to  dem  dorpe  an  der  Oveker,  dat  heit  sus 
Arnhem.  14,27.) 

b)  häufig  xcird  die  bestimmung  durch  einen  nachfolgenden 
relativsatz  gegeben: 

antthat  sie  te  theru  stedi  quämun 
thär  sie  ina  fan  themu  uualle  nidar     uuerpan  hogdun. 

Hei.  2688; 


959 


STATT  (II,  A.  2.  3) 


STATT  (11.  A.  3.  4) 


960 


in  d(5ro  stdte  dar  uu6ida  ist  {in  loco  pasnie).  Notkek 
2,  73,  2  Pijyer  {ps.  22,  2);  nu  minnin  wir  die  stat  da  unsir 
schaz  ist.  spec.  eccles.lS;  dusse  wandelde  dat  munstcr 
sancti  Valerii  . . .  van  der  Hertesborcii  wente  in  de  stidde, 
dar  it  nu  licht,  d.  chron.  2,  592,  22;  bischop  Albrechte  gaf 
on  {den  predigermö/ichen)  de  stede,  dar  nu  sunte  Agneten 
closter  lit  ...  dar  na  wart  on  de  stede  bi  dem  breden 
wege,  dar  se  noch  sitten.  d.  sfädfechron.  l,  iiG,  13/.;  der 
pfalintzgraf  .  . .  weiset  die  stat,  dahin  man  unser  püchsen 
legen  sölt.  2,38,5;  gee  an  die  stat,  do  die  stain  ligen. 
291,8;  so  eyner  jemandt  entleibt.  .  .  und  will  sich  eyncr 
notweer  gebrauchen,  .  . .  inn  solchen  feilen  ist  anzusehen 
. . .  die  statt  da  der  todtschlag  geschehen  ist.  Caiolina 
art.  143;  ist  also  durch  den  nachrichter  an  ander  gewon- 
liche  statt,  da  solch  verzweyfelt  corpell  hingehören,  ge- 
fürt worden.  Wicküam  rolhcagenb.  104,8  Kurz; 

Seth  v5rde  den  licham  {Adams)  an  dat  velt 

dar  he  ene  in  de  erden  lede. 

he  gröf  ene  in  de  sulven 'stede 

dar  got  erst  üt  nam  sine  lede. 

van  d.  holte  des  hiU.  cruzes  235; 

frehet  hen  gen  der  stede  wert, 

die  dort  vor  uch  gelegen  ist! 

AUfeld.  passionssp.  2513; 

dasz  ir  moget  kommen  an  die  staid, 

do  ir  en  bescbauwet  in  gotlicher  majestad.    5494. 

c)  unbestimmter  mit  adjectiven: 

gileitit  unard  thO  druhtln  Krist,      thär  ein  einöti  ist, 
m  stell  filu  uuuaste.     Otfrid  2,  4,  2 ; 

sis  mi  an  got  bescirmere  in  an  stede  fastero  {esto  mihi 
in  deum,  protectorem  et  in  locum  miinitum).  altnfr.  ps.  70,  3 ; 
got  schirmäre  sist  du  mir  .  . .  unde  in  f^sta  stat.  Notker 
2,276,  16  Piper;  du  täte  mih  in  uuitero  st6te  stän  {sta- 
tuisti  in  loco  spacioso).  97,26  {ps.30,9);  daz  er  meint, 
sölt  er  mit  den  von  Nürmberg  in  recht  komen  an  pillichen 
steten,  er  gewünn  nicht  vil.  d.  stüdtechron.  2,  i2G,  9;  also 
fiiert  der  schuster  das  kind  an  ain  haimlich  statt  in 
dem  haus.  5,  71, 18; 

(du)  vurest  mich  in  dirre  vart 

an  eine  lesterlicbe  stat.    pass.  190,  47  Köpke. 

bestimmter:  wann  der  tempel  zä  Jerusalem  was  getailet 
in  drey  tail  .  . .  und  betten  zwen  umbhcng,  ainer  was 
zwischen  der  hailigen  stat,  und  zwischen  der  stat  die 
da  wirt  genennt  sancta  sanctorum.  Keisersberg  schiff 
der  penit.  gs*".    zuweilen  in  neuerer  dichtting  wieder  belebt : 

ja,  Eynards  boten  eilten  zur  blutgedtingten  statt. 

Chami.«so  I,  1G2  Koch  {So])h.  Kondnlimo). 

S)  statt   nach  präpositionen   in   Ortsangaben;  fast  nur 
in  der  älteren  spräche  {bis  15.  jahrh.). 

d)  unbestimmt  an  einer  statt: 

da;  an  einer  stat 

Bin  Bwester  großes  guoles  wielt. 

Otiokar  refmchron.  2774; 
mhd.  auch: 

daj  der  tubel  zu  keiner  stete  {irgendwo) 

immir  icht  gutes  tete, 

da;  were  widir  sine  art. 

Brun  V.  Schönebeck  6616; 

batt  er  aber  misse  dreien 

mil  ungelimpf  an  kainen  stetten, 

so  wiriTet  in  das  ratt  nider. 

Hei.nr.  V.  Neustadt  ApoUon.  11218  Singer; 
an  eine  stat: 

do  sie  zfi  im  quämen, 

an  eine  stat  sie  in  n&men.     litMnd.  reimchron.  6370. 

in  folgender  »teile  dagegen  ist  ein  zahltcort:  es  ward  daz 
gedreng  so  grosz  umb  daz  flaisch,  daz  man  die  gemein 
an  einer  stat  mit  flaisch  nit  gespcisen  mocht.  d.  städte 
ehron.  8,  808,  21. 

b)  an  dieser  statt,   hier:    ich  was  ein   priosfer  in  der 
heidenschefte  und  lebito  an  dirre  stat.  veterb.  lo,  27  Palm; 

an  dirre  stat  dA  lies  ich  <»■    /we/n  6903 ; 

was  sachestn  in  diesem  garten 

ader  was  wiltn  warten 

■o  fme  ane  diaser  stadt?    Ali{/eld.  piuHonup.  7788; 
Aof:  Pilate,  riebt  ans  nff  diaser  sladt!    SWS; 

aweeilen  im  plural.  veraUgemeinemd : 

dasz  kurczlicb  geschiet  bi  der, 

4aas  zn  Jberusaleni  adder  an  disaen  ateden 

(Ode  den  vatter  gaacbiet  kein  b«lde.    1861 ; 

luben  hier,  veratärkend: 

das  beteuge  ble  an  diaser  stede I    SSM; 


also  din  mu[n]l  gesprochen  had 
iczund  hye  an  deser  stad. 

himmelf.  Mar.  168  (Mone  altd.  schautp.  t.  26); 
des  soll  ihr  haben  one  zom 
von  uns  den  lohn,  den  ihr  verdienet  bat 
allhic  auf  dieser  statt.    Jastn.  «p.  913, 15. 

vneder  erneuert:  an  dieser  statt,  der  gefreiten.  RCckert 
(1882)  11,407  (24.  mak.); 

ob  die  freiheit  je,  die  behre, 

wache  hält  auf  dieser  statt?    FrbiligrathS  6, 191. 
dazu  ferner: 

mer  woln  von  disser  stad  gan. 

Alsfeld,  passionssp.  3359; 

der  wel  mich  erlosen  von  disser  stad.    7178. 

an  der  statt  dort: 

80  was  der  bövescbe  Riwalin  .  . , 

der  e;  des  lages  und  an  der  stete 

ze  wünsche  vor  in  allen  tele.     Trist.  696; 

do  warf  er  (der  esel)  nach  gewinne 

her  umbe  ein  andere;  blat  {in  d.  bucljfi), 

unt  vanl  ouch  niht  an  der  stat.    pf.  Amis  288: 

do  ward  i;  all  so  enge,  .  .  . 

bar  und  haut  abstrauflen 

müsl  ich  leiden  an  der  stat.    Suchbnwirt  24,  90; 

{im  iceclisel  mit  dem  genetiv? :) 

he  {David)  plach  tO  dOnde  an  der  stede 
ötmOdicbli'ken   stne  b^de  ...  "" 

be  wolde  der  stede  ein  bedehOs  mäken. 

«^  van  d.  'hoUe  des  hül.  cruxet  503—7. 

ebenso  an  die  statt  da-,  dorthin: 

wand  er  het  mich  vil  gern 

verkoufl  an  die  stat.    Ottokar  reimchron.  44479. 

an  der  selben  statt:  do  ih  dih  sub  arbore  crucis  . . . 
irlösta  . . ,  da  an  der  sdlben  st6te  uu&rt  din  müoter  cor- 
rupta  et  violata.  Williram  136,9;  die  de  erren  lenunge 
dar  inne  hebbet,  die  solen  ire  gut  an  der  selven  stat 
hebben.  Saclisensp.  lehnr.  11,  §  5;  an  derselben  stat  was 
gestanden  ain  stuben  und  ain  kamer.  d.  stfidtechron. 
25,  305,29;  si  quamen  vur  dem  aller  hin, 

da  er  im  sweren  solde  .  .  . 

unde  swur  uf  der  selben  stat. 

pass.  19,  91  Köpke. 

hier  tritt  leicht  Übergang  in  die  bedeutung  4,  b  ein,  s.  das. 

c)  an  mancher  statt  und  ähnlich:  latet  sie  ok  ire 
man  .  . ,  sie  muten  irme  herren  die  versne  penninge 
geven,  dat  sint  dri  Schillinge,  unde  in  summen  steden 
mer.  Sachsensp.  3,73,  §3;  {papst)  Leo  gaf  dussem  keisere 
einen  groten  döl  der  reliquien  .  . .  unde  mennigerleie 
stucke,  de  he  sammet  hadde  in  mennigen  slidden. 
d.  chron.  2,  692,  31;  diu  Donaw  was  gar  grozz,  wann  si 
fürt  an  ettlich  stat  gantziu  hüser  hin.  d.  städtechron. 
4,  38,  10  {Augsb.  chron.  zu  1373).  in  demselben  sinne  ge- 
legentlich: do  ersehenen  in  deme  himele  van  steden  to 
steden  alse  viurege  clote  unde  bescurden  sie  aver  an 
enem  anderen  dele  des  himeles.  d.  chron.  2, 180,  35  {säctis. 
iceltchron.).  vgl.  neund.  bi  stöen  steUemceise,  auch  st6en- 
Wis.   SCHAMBACH  208''. 

d)  an  allen  statten,  überall:  salio  ist  der,  der  sich  an 
in  lazzit  .  .  .  der  ist  behätit  in  allin  stcfin.  spec.  eccles. 
94;  en  vervest  man  mut  sik  wol  uttien  {befreien)  in  allen 
steden  binnen  dem  gerichte,  dar  he  vervest  is.  to  ge- 
liker  wis  als  man  die  klage  crheven  mut  in  allen  steden, 
also  mut  sik  en  man  wol  uttien  in  allen  steden.  SacJtsensp. 
landr.  S,  17,  §  1 ;  in  allen  steden  mut  die  herre  sines 
degedinges  beginnen,  ane  in  korken  unde  in  kerchoven. 
lehnr.  65,  §2;  der  {gott)  sihet  dich  an  allen  steten,  veterb. 
87,27  Palm;  die  aber  kirchen  bawen  .  . ,  wöllent  die  güt- 
lichen majcstat  in  einen  winkel  zwingen,  als  sani  sie 
nit  an  allen  stetten  geleich  mug  genedig  sein.  d.  städte 
cliron.  3, 17b,  2;  wiszent  daz  ich  gcwalt  habe  über  alle 
creature  in  himcl  und  in  cj-den  und  im  abgrunde  und 
an  allen  stetten.  8,  114, 21  (Closkner); 

mit  awfieren  er  die  sei  verdampt, 

daa  ai  erlampt     vor  got  an  alfon  eteten. 

0>SW.  V.  Woi.KKN.fTEIN  182,  80  ,^h(U*. 

4)  formelhafter  und  dabei  ausdrucksvoller  sind  andre 
Verbindungen,  die  dann  auch  vielfach  des  artikels  ruf 
behren. 

a)  vereinzelt  zur  statt  ähnlirh  ime  jetzt  geiPÜhnlirh  zur 
stelle;  so  zur  statt  kommen  an  den  bestimmten  ort,  an- 
kommen :  QDd  vergiengen  wenig  monat, 

Mas  alle  meusz  kamen  rar  iitad. 

froschm.  Nn  SO  (8, 1, 1, 188). 


961 


STATT  (II,  A,  4) 


STATT  ai.  Ä.  4) 


962 


zur    statt    sein,    hd.   unbelegt,    nur    nd.    to'r   städe    siin, 

gegenu-ärtig .  Dähnert  iho°.  —   mhd.  an  der  stat  sitzen, 

atif  derselben  stelle  sitzen  bleiben : 

daj  si  alsam  ein  tum  saj 

unbewegelich  an  der  stat.    pasf.  29,  39  Köpke. 

so  dann  auch  'an  der  statt  bleiben,  auf  dem  platz  bleiben, 

d.  h.   ums   leben    kommen'.    SciiM."-  2,  792:    (ein   hnäblein) 

schlof  im  kästen  aus  und  ein,  und  am  rausschliefen  fiel 

der  käst  auf  es  und  schlug  es  tzö   tod,   dasz  es  an  der 

stat  pelib.  d.  stüdtechron.  23,452,5  {Augsb.  2u  1506);   vgl.: 

drie  und  drijec  brüdere  tot 
bliben  üf  der  selben  stat. 

livliind.  reimchrov.  10663. 

artikellose  Beendungen  nur  in  der  alten  spräche;  ahd.  in 
oder  ze  stete  stän,  s.  Graff  6,  639,  bei  Notker:  parti- 
cule  . .  .  nequaquam  permanent,  iro  t6il  nestänt  in  stete 
nieht.  1,409,23  Piper  {categ.  2,7);  timx>r  domini  sanctus 
permanens  in  secuhun  seculi.  trühtenes  forhta  ist  hgilig, 
unde  iemer  ze  stete  stände  . . .  disiu  stat  ze  stete,  uuanda 
si  ungesceiden  ist  föne  caritate.  2,  59,  7.  10  {ps.  18,  lo); 
dies  terre  (dero  erde  täga)  sint  unstate ,  unanda  C'ine 
färent  hina,  ändere  chöment,  aber  dies  celi  stant  ze 
st^te.  372, 17  ips.  88,  30);  sie  zegänt,  du  stäst  ze  stete,  unde 
bist  daz  du  bist  {ipsi  peribunt,  tu  autem  perinanes).  426, 13 
(101,27);  zi  steti  uuesan,  ganz  %cie  unser  zur  stelle: 

er  thär  zi  steti  auärun      thiu  selbun,  thiu  nan  bärun. 

Otfrid  3,  20,  77 ; 

di«  Verbindung  thär  zi  steti ,  au4:h  sonst  als  verstäiktes 
'dort' : 

Mariün  thes  thoh  io  nirthrö;,      stuant  üjana  thes  grabes,  röj 

zi  steti  thär  ginöto.    5,  7,  2 ; 

vgl. :  illic,  thar  te  stedi.  W.\dstein  kl.  as.  sprachdenkm. 
se**,  17;  ferner:  zi  steti  sezzen,  sopire  {rem).  Graff  6,  639: 
sapita  zistetigisaztiu,  zistetigizastero.  Steinmeyer  ahd. 
gl.  2, 131,  58 — 60.  mhd.  scheint  ze  stete  fast  nur  noch  bei 
Gottfried  v.  Straszburg  bezeugt  zu  sein;  ze  stete  stän, 
still,  unbeweglich,  sich  nicht  vom  fleck  rühren : 

Tristan  stuont  alle;  ze  stete, 

da?  er  doch  nie  da  vor  getete : 

sine  kom  emäles  zuo  zim  nie, 

erne  gienge  verre  gegen  ir  ie.     Trist.  14685. 

ze  stete  treten,  fest  auftreten  {als  Vorbereitung  zu  einem, 
syrtinge,  kaum  'einen  anlauf  nehmen'): 

er  sazte  sine  füege  enein 

und  trat  vil  vaste  ze  stete.    15189. 

häufiger  enstete  stän,  vom,  kämpf  oder  tumier,  stehen, 
zum,  stehen  kommen : 

der  tumei  vaste  stuont  enstet. 

Ulr.  V.  Liechtenstein  88,  21 ; 

also  stunt  der  strit  in  stete. 

Ludw.  kreuzf.  1962. 
vgl.  noch  •         da;  phärt  er  ze  stete  bant.    Erec  296. 

b)  häufig  finden  sich  mhd.  und  nhd.  bis  ende  des 
16.  jahrh.  icie  auch  nd.  ähnliche  Wendungen  in  der  be- 
deutung  'sofort',  wie  jetzt  auf  der  stelle  und  lat.  ilico 
(=  in  loco).  sie  -werden  mit  verschiedenen  präpositionen 
(an,  auf,  in,  zu,  von  oder  von — an)  und  theils  mit,  theils 
ohne  artikel  gebildet,  die  nhd.  belege  bieten  bald  die  form 
statt,  bald  statte  (stette,  stett,  stet,  stät  usic);  die  letzteren 
fälle  sind  unter  statte,  /.  verzeichnet. 

a'^  an  der  statt,  so  mhd.  .lehr  gewöhnlich,  s.  mhd.  w6. 
2, 2,  600»,  das  herauswachsen  dieser  bedeutung  aus  der  blosz 
örtlichen  'dort'  {s.  3,  b)  mag  eine  stelle  wie  die  folgende 
veranschaulichen  • 

und  wart  nach  gelte  niht  gesant: 

wand  sf  beten  fif  da;  velt 

beide  hräbt  ir  übergelt 

unde  verifulten  an  der  stat 


weitere  belege: 


me  und  e  dan  man  sl  bat.    Iteein  7169. 

mere  sprach  er  an  der  stat. 

nenef.  13,  29  Diemer; 
de  hie;  sie  kumen  Antret. 
Antret  quam  an  der  stet. 

Heinr.  V.  FREiRERr.  Tristan  4628; 
dem  herzogen  Lovelfne 
wart  schiere  die  knnft  sfne 
und  an  der  stete  bekant.    6683 ; 
nü  was  diu  seldenbsre 
gevarcn  an  der  stet  .  .  . 

&f  des  nieres  vluot.    Ottokar  reimfAron.  4509; 
do  sprach  der  knab  an^der  stat. 

Johann  v.  WCrzburg  Wilh.  v.  Önterr.  742; 


X.  8 


sie  giengen  do  hin  an  der  stat 
und  komen  für  des  richters  hausz. 

pf.  V.  Kaienberg  2050 ; 

als  sie  die  wort  vollendet  hat, 
flog  sie  zÄn  walden  an  der  statt. 

Murxer  Virg.  (1543)  61»>  (Aen.  3,  258); 

nim  wilde  minzen  unde  mule  die  unde  leges  also  toumige 
über  die  wunden  ...  an  der  stat  verstSt  daz  pluot. 
arzneib.  144,3  Pfeiffer  (i3.  jahrh.);  da  viel  er  {d.  papst  = 
päpstin  Johanna)  nider  an  der  strasz  und  gewan  ain 
kind  und  stürben  baide  an  der  stat.  d.  städtechron.  4,  295,  3 
{Augsb.,  15.  jahrh.);  item  drei  tag  dcirvor  viel  sich  ain 
zimmerman  under  dem  Perlach  zu  tod  an  der  stat. 
25,315,13;  do  schwur  dasselbig  weih  einen  eyd,  er  war 
schuldig,  das  räch  got  der  herr  alsobald  an  ir,  und 
zerplteet  sich  das  weib  vor  sünden  an  der  stat.  quelle 
ftci  Scherz-Oberlin  2098  («n/cr  zerplaen).  mit  synonymen 
zusammengestellt  .- 

gee  hin  noch  pald  und  an  der  stat 
mit  mir  an  der  Juden  rat. 

alid.  pas^onsgp.  1,  486  Wachemeil  («.  34). 
auch :  dö  sprach  ich  an  der  selben  stat.    Helmbr.  1296. 

ß)  eigenthümlich  verstärkt  dureJt  das  pari,  stehend  {icie 
sonst  stehenden  fuszes): 

der  herre  sprach  an  stender  stat. 

Alex.  C  178  («.  80  Maszm.); 
ich  enlä;e  iuch  nimmer  genesen, 
ob  ir  die  ganzen  wärheit 
mir  nicht  an  stender  stete  enseit. 

Heinr.  v.  Freiberg  Tristan  6142 ; 

welch  rather  . . .  rat  underredet  und  undersprichet  aun 
urloub  ains  burgennaisters,  den  sullen  aber  die  ainunger 
an  steender  stat  phenden.  d.  städtechron.  4,  144,  anm. 
{Augsb.,  li.  jahrh.).  mnd.  in  diesem  falle  ohne  präp.  {also 
im  gen.):  wert  en  vorklaghet  vor  gherichte  unde  wel 
he  den  kleghere  weder  vorklaghen  Ständer  stede.  quelle 
bei  Schili-er-LObben  4,  37i'>  {Gosl.  stat.). 

v)  selten   ohne   artikel;   so  alts.   noch   zugleich   im  ört- 
lichen sinne:  ,  ,,.,,. 

tho  uueldun  uia  thie  andsacon  thar 
an  stedi  fähan      eftha  sten  an  uuerpan.     Hei.  3941. 

mhd. :  ich  . . .  rnerte  das  bcemelin  ane;  do  vielent  an  stette 
herabe  der  schcenen  biren  mir  minen  geren  voul.  Nie. 
V.  Basel  s.  211  Schmidt;  wenne  es  beschiht  das  dir  din 
selbes  nature  kräng  wurt,  so  snit  dirre  selben  biren  eine 
uf  und  is  ir,  so  bevindest  du  das  du  an  stette  kraft  ge- 
winnest, und  nim  ouch  dirre  biren  kernen  und  strich 
sü  über  alle  dine  wunden,  so  werdent  sü  dir  an  stette 
heil,  ebenda;  und  in  dem  selben  worte  so  worent  sü  an 
stette  hinweg,  und  do  kam  ich  ouch  an  stette  wider 
zuo  mir  selber,  ebenda  («.  s.  öfter);  Adam  folget  dem 
tüfel,  an  stat  da  verlor  er  das  cleit  der  undcetlicheit. 
quelle  bei  Scuerz-Oberlin  1559  {hist.  v.  Pontus). 

S)  sehr  geicöhnlich  auf  der  statt;   m,hd.  {bes.  mitteld.): 

einen  knappen  behenden 

gewan  er  ime  üf  der  stet 

m  der  stat.    Heinr.  v.  d.  Türlin  trone  21802; 

ain  wirt  ir  dusentvalt  malait, 

hei  maicht  uch  up  der  stat  gesant. 

Hagen  boieh  r.  Colne  468; 

ich  . .  .  geloive  uch,  her  pais,  in  truwen  dat, 

dat  ich't  Tolvoeren  bei  up  der  stat.    516; 

wer  si  druweliche 

gäbe  in  sime  namen  bat, 

di  gab  si  rilich  uffer  stat.    Elisab.  848; 

er  hi;  ilen  uffer  stat 

da;  man  den  patriarchen  bat.    4631 ; 

der  meister  quam  im  flf  der  stat. 

livländ.  reimchron.  2078; 
so  noch  nhd.  bei  Murnkr: 

sy  {Tisbe)  lieff  so  ylendts  hie  dar  von, 
das  sy  den  schleier  do  m&st  Ion, 
den  uff  der  stat  der  lenw  zerrisz. 

geuchmatt  2720  (r.  110  Uhl); 
der  prior  bort  das  utf  der  statt. 

fler  kftzer  (1581)  i  6>> ; 
{verstärkt-)  do  ich  myn  irten  wider  zeit, 

verwartT  er  mir  glych  uff  der  statt 
die  müntz,  die  er  mir  get>en  hatt! 

narrenbeachw.  88,  43. 

auch  mnd.  uppe  der  stede  {und  nppe  stede,  vgl.  unten), 
s.  Schiller-Lübren  4,371'': 

dat  sch&p  worpen  se  dameder  .  . . 
unde  wart  dar  up  der  stat  gegeten. 

Gerhard  v.  Minden  4,  48  Sedmann; 

61 


963  STATT  (II.  A.  4) 

ein  ule  wart  s£k,  up  der  etat 

se  do  ore  oldeii  nioder  bat.    77, 1. 

»0  noch  jetzt  südhannov.  upper  stöe.  Schambach  SOS*; 
tcaideek.  up(e)r  8ticl(e)  Bauer-Coli.it/.  99».  in  die  bedeu- 
tung  'jetzt'  übergthend:  do  stunnen  use  sake  noch  beter 
asse  Upper stee.  nd.hauemkom. 8.%U .Jellinghatis{Teweschen 
hochtydt,  Hamb.  1640).  mit  eigenthümlicher  Verstärkung 
{vgl.  ß  tind  f)  früher  im  mecklenb.  (l7*9  bezeugt,  nicht  mehr 
üblich)  up  de  sticken  stede,  *.  nd.  korrespondenzbl.  17,  37. 
e)  selten  ohne  arfikel: 

wo  er  das  'guck,  guck!'  unterladt,    ■ 
do  focht  (/än(jt)  ers  wider  an  uff  stadl. 

Murner  geuchmatt  1557  Uhl. 

nur  im  heutigen  nd.  hat  sich  diese  au.idrucksineise  fest- 
ge.ietzt:  brem.  iip'r  stede  und  up-stede,  up-stee  'mif  der 
stelle,  eben  jetzt,  stehenden  fuszes,  den  augenblick'  hrem. 
xcb.  4,1010;  ostfries.  in  (d')  stää,  upp  (d')  stää  sogleich. 
Stürkn BURG  259»;  vgl.:  An  wuln-sa  up  stse  nä  Thrink 
hen.  Frommann  3,  423,  40  (ma.  r.  Jever);  hamh.  'upstedc, 
upstee,  upsteeds:  ietzo.  upstikken  stees  (vgl.  oben  S):  eben 
iefzt,  den  augenblick'.  Richey  288.  Schütze  4,  190;  alt- 
mürk.  uppstä,  uppstäds,  uppstunds.  Danneii,  208». 

C)  ganz  vereinzelt  mit  in;  aM.  ohne  artikel:  in  steti, 
stätim.  Graff  6,  639  (gl.  K.)\  ostfries.  s.  unter  f..  vgl. 
noch  ■  vint  man  ene  in  der  stat  (auf  frischer  that,  bei 
unerlaubtem  Jischen  usw),  man  mut  ine  atoI  panden. 
Sachsensp.  2,  28,  §  2. 

17)  sehr  gewöhnlieh  ist  dagegen  die  präp.  zu,  im  mhd. 
als  ze,  fast  immer  ohne  artikel,  s.  mhd.  wb.  2,  2,  6OO''.: 
mach  ouz  dem  allen  ein  phlaster  unde  lege  daz  an  die 
stat,  so  Wirt  dir  zestete  paz.  arzneib.  132,  32  Pfeiffer; 

ze  stete  se  ime  se  gäben.     Wiener  genei>.  3ä,  17; 

se  Ouht  huop  sie  sich  ze  stete. 

Ebernand  V.  Erfurt  3430; 

wie  Maria  di  an  ir  hete 

daj  sage  ich  uch  zu  stete. 

Brun  V.  Schonebeck  5116; 

daj  üf  in  verkorn 

zestet  wurde  min  haj.     Oitokar  reimchrnn.  4645. 

dft,  hie  ze  stete:  swer  ein  kint,  daz  wider  in  misse  tut, 
da  zo  stete  gevflchliche  mit  eime  besme  zuchtigit,  der 
ne  darf  dem  richtere  nicht  gebüzin  . . .;  ob  er  17.  dar  nach 
obir  ettisliche  zit  zuchtigin  wil,  daz  mäz  er  vor  büzin. 
Görlitzer  laiuir.  47,  §16,  s.  Homeyer  Sachsensp.  2,2, 'i-iS; 
swes  so  her  sich  da  zo  stete  nicht  vorsinnit,  des  havc 
her  ses  wochin  vrist  zo   benomine.  lehnr.  l,  52  (».  93) ; 

da.  cistede  gtn  ou^e  winister 

Tuor  imi  O5  als  ein  wa^jer.     Annol.  825 ; 

ich  wirde  hie  zestete  dtn  man.      HolandM.  305,  19; 

da;  gcweren  rou  st  da  ze  stat.     Iwein  2919. 

besonders  gern  tritt  ze  stete  verstärkend  zu  dem  gleich- 
bedeutenden  sä: 

de  kSrt  er  dannen  sä  zestet 
gein  dem  täte  ze  Spolet. 

Lampreht  V.  Kegensburg  Franc,  leben  1466; 
zden  herren  si  dO  riten 
und  sagten  in  sä  zestet 
des  kunigs  willen  unde  bet. 

O'rrOKAK  reimrhron.  15827; 
dO  gie  er  sä  zestet 
zuo  den  vier  verrsetsren.    94:{5«; 

mit  dem  plural: 

dai;  wart  sä  ze  steten 
in  ditze  her  worden  kunt.    ÖSöOO; 
do  zeltesen  si  sich  sä  zesteten 
der  samnunge,  die  si  beten.    77642; 

auch  iesH  ze  stete;  in  ahgebluszter  bedtutungt 

Air,  dreib  \^  dicke  iesa  zu  «tede.    Klli.  702; 

•t  niden  alle  iesa  zu  stede 

ir  ^den  werke  mildtokeit.    1018. 

mit  dem  artikel  im  mnd.-. 

t»  sprak:  'berichtet  rat  tAr  stede, 
wO  licht  dat  holt  aldna  besonder. 

tan  fit.  holte  du  hül.  enuei  689. 

$0  auch  bei  Bkun  v.  Schonerbck: 

ab  ein  mentche  gebe  xnr  «tele 
«lüg  dag  bar  su  der  werlde  hete 
ttin  übe,  dax  wer«  rin  wicht 
kegen  (otec  Jibe.    Hn:n. 

tf)  beitondera  dem  mnd.  kommen  bildungen  mit  von, 
Tan   rn,    doe/i    nur  gan»  vereinieU   van   alUin,    mit  dem 


STATT  (II.  A.  4) 


964 


plural:  Johan  van  Haren  ...  leep  to  der  trczckameren 
unde  greep  den  hantvredes  breefT  .  .  .  unde  wisede  den 
breff  van  stedcn.  Lappen rero  geschieh fsqticUe  v.  Bremen 
s.  115;  ebenso  hd.  (7nit  umlauttlosem  jüural,  vgl.  unten  e): 
keyn  ingesessen  man  in  eynie  gerichte  in  lantrechte,  noch 
in  wichbilde,  mag  den  andern  nicht  getwingen  zcu  ant- 
worten von  staden;  her  mus  erbeyten  rechter  dingzcith. 
Orii.OFF  rerhfsquelfe  l,  165  (distinet.  3,  cap.  16,  2;  vor  1387). 
son.'it  immer  mit  nachgesetztem  an  gepaart,  auch  hier 
überwiegend  mit  pluralLicher ,  jedoch  stets  umlautsloser, 
form:  van  staden  an,  daneben  vereinzelt  van  stade  an 
tind  sogar  van  an  stade,  s.  Schiller-Lübhen  4,  367'*/.  ; 
unde  also  wart  van  staden  an  des  schiebt  angheheven. 
d.  städtechron.  6,  3,59,  28  (Braunschw.  urk.  v.  1374);  unde 
wanne  desse  beede  aldus  to  Lubeke  gesehen  is,  so 
schulden  de  vorbenomden  van  staden  an  velich  vor  uns 
in  de  stad  to  Brunswic  weddcr  komen.  387,  20.  hier 
scheint  eine  verwech.tlung  mit  stade  (*.  unten  B  und  oben 
I,  3)  vorzuliegen.  —  von  stat  an  findet  sich  auch  in  hd. 
(besonders  ostmitteld)  quellen:  alz  uns  der  egenant  VVor- 
siwoy  gesagt  hat,  den  wir  auch  von  stadan  zu  dem 
efrenanten  herczogen  senden  wollen,  d.  städtechron.l,nl,3'A 
(schreiben  kimig  Wenzel,^  von  dez.  1.387);  darumb  gebieten 
wir  dir  .  . ,  daz  du  von  stadan  die  selben  unser  diener 
awz  der  egenanten  hertzogen  dienst  widerrüffen  . . .  sollest. 
144,11  (desgleichen  von  1388);  so  haben  sie  gewalt.., 
allenthalben  dy  stürm  zu  leuten  und  domit  dy  lantscliaft 
von  stat  an  alle  haubtleut  .  .  .  gegen  Grefenberck  zu 
zihen.  2,  85,  .36  (Nürnb.  quelle  von  1444);  wolt  er  sich  und 
sein  slosz  bestellen  lassen,  so  möcht  er  wol  her  kumen 
von  stat  an  mit  dem  Hasennest.  87,  45;  nach  ergangenem 
u,rtel  sol  das  siegende  part  von  stat  an ,  aulT  unvor- 
wandtem  fusz,  die  expens,  unnd  gerichts-kosten  zu 
theilen  bitten.  Brest,  gei-ichtsmdn.  vom  jähre  1591,  s.  76. 

c)  ausdrücke  mit  den  präpositionen  von,  ab  (nd.  auch 
üt)  bezeichnen  die  entfernung  vo7i,  einem  orte. 

a)  so  mhd.  von  der  stat  oder  stete: 

da;  si  .  .  .  von  der  stat  nie  kämen, 

die  wfle  er  harphet  unde  sanc.     TYift.  7526; 

der  kunic  schuof  und  bat. 

da<(  man  von  der  stat 

müeslichen  solde  staphen. 

Ottokar  reimchron.  I.IOSS; 
so  auch:        sie  liefen  die  sunnen  schincn 
sieben  unde  vierzec  [wi]len, 
daz  sie  von  der  stete  nemochte  kAmen. 

Trierer  Süv.  861. 

ß)  so  noch  im  heutigen  nd. :  hei  kan  nich  von  der 
stidde.  Frommann  5,  296  (in  und  um  Fallersleben).  ge 
v-öhrUich  jedoch  mit  üt  (u-ie  nhd.  von,  aus  der  stelle): 
ik  draf  nig  uut  der  stee  gaan,  ich  darf  nicht  von^der 
stelle  weichen,  brem.  wb.  4j,  1010;  'du  geisl  nich  üt  de  stai^d); 
ik  kann  nich  üt  de  stä(d)  kaom'n,  ich  bin  durch  ge 
Schäfte  ganz  an  das  haus  gefesselt,  oder:  ich  kann  durch 
vielfache  arbeiten  ganz  ttwrf  gar  nicht  mein  geschüft  fördern.' 
Danneii,  208»;  nich  ut  de  städ  kamen,  nicht  roncärts 
kommen.  Mi  s.^»";  o-itfries. :  hö  (dat  ptird.  de  wagen)  kumd 
M\  nOd  üt  de  st6.  ten  Doornkaat  Kooi.m,  3,  304''.  dann 
eigenthitmlirh  verhla.ozt:  nich  uth  der  stede,  keineswegs, 
durchaus  nicht.  RiciiEY  288;  nig  uut  der  släde.  DÄiiNKiir 
«ö*».  ScHiJTZE  4. 190.  brem.  wb.  4,1010  (auch:  uut  der  stco 
nig,    'u^iin  man  etwas  verbietet:   es  soll  nicht  geschehen'). 

y)  sonst  i.st  gerade  in  diesen  fallen  in  der  itltern  spräche 
die  fettere,  artikellose  fügung  sehr  üblich,  und  zicar  wird 
hier  neben  von  auch  ab  rericendet:  ab  statt,  auch  zu 
einem  wort  zusammen wach.iend.  ».  abstatt,  theil  t.  IS«;  bair. 
'ah  statt  (ii'  stid.  meüit  adverbial)  von  der  stelle,^  mr, 
statten,  vorwärts.'  ScHM.'  8.  792;  eis.  abstett  (Apstctl. 
MartinLieniiart  2.  619^  so  schon  spätahd.:  qui  tribu- 
lunt  me  e.rultabunt  si  mohui  fuero.  dcmoncs  iM  mih 
pinonl,  «prüngczent  übe  ih  Mm  slöte  chüino.  unde  ubo 
ih  f<iIlo  in  dia  sunda.  Notker  2.  s«.  n  Pii>er  (ps.  18.  5): 
ferner:  es  was  grosze  keckhcit  und  manligkcit  in  den 
ratslicrren  und  hertes  fürnenun.  nit  ab  «tat  zu  weichen 
d.  »tädtechron.  8. 105.  It  (Meisteri.IN  chmn.  v.  Sihnb.  H>»  : 
so  doch  der  Franzeslsch  zflg  ...  uf  der  walstnt  ubi<i 
nacht  bleib,  und  aber  der  Italischen  vll  noch  nie  .«h 
stat  koinnicn,  in  ir  Ordnung  hivltend.  An.smki.m  Bei"" 
r/irwn.  8,  18,»; 


965 


STATT  (II,  A,  4) 


STATT  (II,  Ä,  4) 


966 


er  wolde  niht  fürbaj 

roch  verrer  mit  im  gähen  .  .  . 

und  er  kaem  niht  verrer  ab  stat. 

Ottokar  reimehron.  &4491. 

d)  noch  gewöhnlicher  ist  jedoch  von  statt: 

niht  lenger  er  da  beit, 
•  er  huop  sich  von  stat.    Ottokar  35320; 

dö  der  kunic  von  stat  zöch.  83774; 
wenn  din  frawe  von  stat  get,  so  hebt  si  des  ersten  den 
rehten  fuoz.  Megenkerg  40,  30.  so  besonders  im  16.  jahrh.: 
sie  (ilaria)  ist  endelich  vel  von  stadt  gangen.  Luther 
29,  «5,  20  Weim.  ausg.  {zu  Luc.  1,  89,  daztt  die  bemerkung 
z.  34:  'endlich  und  stedlich'  heyst  'festinanter') ;  so 
w(Mlen  wir  morgen,  als  bald  es  anhept  ziitagen,  sovil 
fürderlicher  von  statt  faren.  Schaidenreiszer  Odgssee 
53'  (12,  293);  auch  fuhren  die  schiffleut  ohn  das  geschwind 
von  statt,  dasz  sie  gar  baldt  gen  Parisz  kamen,  biicli  der 
liebe  (1587)  26*";  alsbald  er  aber  den  {vergifteten  apfd)  von 
dir  empfehet,  und  jhm  desz  giffts  ein  kleines  stücklin 
in  den  leib  kompt,  so  musz  er  schnell  ohn  alle  hülff 
sterben,  er  wirdt  auch  keinen  schritt  von  statt  kommen 
mögen.  254''; 

und  macht  euch  bald  von  statt.    Lobwasser  ps.  C; 
so  auch : 

und  senet  mich  als  bald  von  stat  {von  hier  fort,  vach  hause). 

ScnWARTZENBERG   CiC.  lög«*. 

noch  das  voc.  v.  1618  giebt  von  statt,  *.  Schm.^2,  793; 
dazu  ferner  von  statt  lassen  einen  arrestierten,  frei 
lassen,  ebenda:  dann  im  fall  verspürt  wurde,  dasz  der 
arrest  mehr  den  andern  vergeblich  zu  vexiern ,  dann 
ausz  not  begert  worden,  soll  der  arrestiert  alsbald  mit 
leib,  und  guet,  wider  von  statt  gelassen  ...  werden. 
laitdr.  {Miinch.  1616)  285. 
*)  dazu  auch: 

wan  er  .  .  .  weich  doch  von  stet  ze  stet. 

Heinr.  V.  D.  TcRLiN  kröne  25511; 
wan  ir  der  wint  s6  gröge  not 
mit  schüten  und  mit  vüeren  tet 
in  dem  hüse  von  stet  ze  stet.    25692. 

t)  von  statten  gehen,  kommen,  a.  e,  a. 

d)  dieselben  Verbindungen  werden  dann  auch  in  freierem 

sinne  auf  sächliche  subjecte  angewendet,  von  handlungen, 

geschäften,  ereignissen,  eitlen  guten  und  normalen  verlauf 

haben,  zustande  kommen,  gelingen,  erfolg  haben  und  ähnlich. 

a)  zuweilen  ab  statt  gehn,  vgl.  theil  1,  126:  wie  es  doch 

zu  gienge,   das  es  in  der  Universität  nit  recht  weite  ab 

Stadt    gan.    Tu.  Platter  97  Boos;    dann    der    auf    dem 

rechten  weg  geht,   dem  geht  sein  handel   basz  ab  statt, 

als  dem  auf  dem  unrechten  weg.  Para£;ei.sl's  (159ü)  9,  ill. 

ß)  gexcöhnlicJi  von  statt   gehen:   nit  von   statt  gehen, 

frigere,  de  opere  dicitur.  Dasypodics,  vgl.  Khamer  unter 

t,  ß.   zunüch.st  von  handlungen,  Unternehmungen  ■  und  ist 

mir,   was  ich  in  solcher   ampts  Verwaltung  angefangen, 

glücklich    von    stat  gangen.   ScuAinEXHEiszEti    Odgssee 

60»  (14,  231/.) :  da  stiessen  die  vier  ketzermönch  die  köpff 

zusammen,  dasz  inen  ir  fürschlag  so  weidlich  von  statt 

gieng.  Kirchhof  icendunm.  l,502  Österleg  (i,  2,  48);   wann 

ein  finantzer   sihet,  dasz  jm  seine  anschleg  und  prack- 

tick  von  stat  gehen,   grosz   gut  und  gelt  darbey  samlet, 

feilet  er  daraufi",  sein  finantzerey  werde  gott  nicht  misz- 

fallen.  Gretter  erkl.  d.  epistel  Pauli  an  d.  Römer {iö66)lOQ; 

darumb  hat  er  gesucht  vil  witz, 

bey  Juppiter  genummen  rat 

dar  mit  sein  anschlag  gieng  von  stat. 

weltcA  gaünng  C  5»; 
das  mir  von  statt 
ist  gangen  «att, 
darnach  hab  ich  gerungen. 

lieder  der  Heidelh.  handuchr.  Pal.  S43, 
nr.  200,  28  Kopp. 

ungewöhnlicher:  was  lex  ist,  gett  nicht  von  stad,  was 
evangelium  ist,  das  gett  von  stadt.  Luther  tischred.  Tiach 
SCHLAGINHAUKEN  7,  26  Preger.  häufig  mit  unbestimmtem 
tubjeet:  wie  man  teglich  kan  für  äugen  sehen,  das  viel 
«ind  die  bey  schwerer,  stetter  arbeit  kaum  das  liebe 
brod  erwerben,  und  andere  on  sonderliche  crbeit  jr  ding 
fein  gefasset  und  geordnet  haben,  das  es  wol  von  stat 
gehet  und  jn  zufellt.  Luther  32,  471, 17  Weim.  ausg.;  viel 
sein  deren,  die  sich  an  dem  glück  der  gottlosen  ergem, 
und  so  sie  sehen  dasz  alles  jnen  nach  jres  hertzen 
Wunsch  von  stat  gehet,  und  nicht  im  Unglück  sein  wie 


andere,  sondern  haben  gute  tag,  von  stundan  machen 
sie  jnen  diese  rechnung,  dasz  . .  .  kein  gott  seye.  Gretter 
erkl.  der  epistel  Pauli  an  d.  Römer  108;  es  mangelt  doch 
nichts  weder  an  unserm  predigen  noch  an  den  wunder 
zeichen,  noch  wil  es  mit  den  leuten  nicht  von  stat  gehn, 
...  dann  ...  wer  gleubet  doch  unser  predig?  660;  o  vatter, 
gib  mir  jetzt  deine  tochter  zu  einem  weib  .  . .  {ich)  zeige 
dir  solches  an,  .  .  .  allein  dasz  du  deinen  wllen  darein 
gebest,  auch  dasz  es  tapffer  unnd  glückselig  von  statt 
gange,  buch  der  liebe  202^.  so  noch  im  17.  jahrh.:  damit 
!  aber  solche  schiffart  desto  basz  von  stat  gehen  möchte, 
sind  die  mühlen  und  schiffwehren  . . ,  dadurch  die  schiffart 
behindert  werden  möchte,  . . .  niedergerissen.  Micrälius 
altes  Pommerl.  (l640)  4,  104 ; 

wolan,  scheint,  mich  verstanden  hat 

die  meisterin  in  wäiden; 

ihrs  allbereit  geht  wol  von  statt, 

die  färblein  schon  sich  melden. 

Spee  truizn.  5,  33  Balke. 

e)  seit  dem  17.  jahrh.  ist  statt  in  diesen  Verbindungen 
durch  den  dat.  plur.  statten  ersetzt,  der  im,  15.  jahrh. 
aufkommt,  diese  form  kann  morphologisch  nur  zu  dem. 
andern  statt  ==■  ahd.  stata  {s.  unten  B)  gehören,  welches 
dem  sinne  nach  nicht  paszt;  sie  erkl-ärt  sich  hier  aus  der 
Vermischung  beider  tcörter  im  nM.  und  dem  eivßusz  der 
ähnlichen  und  sehr  üblichen  Verbindung  zu  statten 
(kommen),  s.  unten  B,  7,  b. 

a)  so  selteti  in  der  eigentlichen  bedeutung  {oben  c),  die 
überhaupt  erlischt: 

schöne  nacht,  gewünschte  schatten, 
kommt  doch,  kommet  doch  von  statten, 
eilt  doch,  eilet  doch  anher!    Fleming  352. 

in  bildlichen  gebrauch  übergehend:  'denn  wenn  yhr  solchs 
thut,  werdet  yhr  nicht  fallen.'  {2.  Petri  i,  to)  das  ist: 
yhr  werdet  fest  stehen,  nicht  strauchen  noch  sundigen, 
sonder  richtig  herdurch  und  frisch  von  staten  gehen, 
und  wird  sich  alles  selbs  recht  schicken.  Luther  14,  23,  22 
Weim.  ausg.  —  das  nd.  hat  in  diesem  sinne  den  riddigen 
dat.  plur.  steden:  darna  cortliken  quam  de  man  van 
steden,  dat  nenman  wiste,  wor  he  hennen  vor.  Lüb. 
chron.  1, 162. 

ß)  sehr  geicöhnlich  dagegen  ist  von  statten  gehen  in 
dem  unter  d  behandelten  übertragenen  gebrauche;  es  ist 
der  einzige  fall,  dasz  eine  der  besprochenen  redeweisen 
heute  noch  lebendig  und  üblich  ist.  im  17.  jahrh.  ver- 
drängt von  statten  albnühlich  das  ältere  von  statt  {d,  ß), 
vgl. :  von  statt,  e  meglio  von  statten  gehen,  riuscire,  far 
riuscita,  v.  gerahten,  gelingen.  Kramer  dict.  (1702)  2,914»; 
die  weitem  beispiele  geben  das  letztere:  der  handel,  das 
werck  gehet  wol,  nach  wünsch,  glücklich  von  statten, 
il  negotio,  l'opera  ric^ce  benissimo,  riesce  ä  voto;  il  terreno 
vä  bene  ä  vanga.  übel  6  nicht  von  statten  gehen,  ebenda, 
sonst  kennen  die  Wörterbücher  von  Stieler  (1691)  an  nur 
diese  form :  von  statten  gehen,  succedere,  recte  procedere. 
2117.  für  die  erklärung  ist  zu  beachten,  dasz  bei  Stein- 
bach 2,688  als  besonderes  wort  aufgeführt  wird:  'statten 
{pluralis  caret  itidtm  articulo)  locus',  worauf  dann  die 
beispiele  für  von  statten  gehen  und  zu  statten  kommen 
Jolgen:  von  statten  gehen,  de  loco  cedere,  procedere;  es 
geht  gut  von  statten,  prospere  procedit;  das  werck  geht 
mir  sehr  wohl  von  statten,  lepide  hoc  succedit  sub  manus 
negotium;  die  sache  geht  besser  von  statten,  res  incipit 
melius  ire;  es  geht  nicht  alles  von  statten,  non  omnia 
cadunt  secunda;  es  geht  ihm  alles  glücklich  von  statten, 
fortuna  ubique  praesto  est;  die  dinge  sind  ihm  nicht 
nach  seiner  absieht  von  statten  gegangen,  non  ex  desti- 
nato  proposita  fluxerunt;  es  geht  nicht  gut  von  statten, 
non  prospere  cedit,  ebenda;  glücklich  von  statten  gehen, 
prospere  succedere.  Frisch  2,321'';  von  statten  gehen,  ge- 
fördert werden,  einen  guten  fortgang  haben;  die  arbeit 
gehet  ihm  gut  von  statten,  er  arbeitet  geschickt  und  hurtig; 
das  will  mir  nicht  von  statten  gehen,  nicht  gelingen. 
Adelung  (2).  so  auch  nd.:  nig  recht  van  steden  gaan, 
nicht  recht  iceiter  rücken,  nicJtt  gut  von  statten  gehen, 
brem.  wb.  6,338.  (fehlt  in  Handschufisheim.  Lenz  68».) 
sprichv).  scherzhaft:  es  gehet  von  statten,  wie  pech  von 
bänden.  Lehmann  florileg.  (1642)  821,  5;  vgl.  Wander 
4,  782,  9;  Hetzel  wie  d.  Deutsche  spricht  299;  ähnlich:  das 
geht  von   statten,   als   wenn  's  der  eine   hält,   und  der 

61* 


967 


STATT  (II.  A.  4.  5) 


STATT  (II.  A.  5) 


968 


ander  nit  gehen  läszt.  Eisklein  215.  du  gleichzeitig  Opitz 
und  MoscHEROSCH  diese  form  anwenden,  während  andre 
autoren  (ß.  d,  ^  an  dem  alten  von  statt  festhalten,  so  he 
zeichnet  das  jähr  1640  ziemlich  genau  den  Zeitpunkt,  tco 
der  icandel  des  Sprachgebrauchs  eintritt:  sie  Hessen  jhre 
Instrumente  strack  in  den  ersten  dörffern.  worauff  sie 
kamen,  erklingen,  und  dieses  gieng  jhnen  so  wol  von 
statten  dasz  ein  jedweder,  dem  von  ihnen  gesagt  ward, 
jhre   harffen   zuhören   begehrete.  Opitz  Arg.  (iG-w)  2,  409 ; 

eira  losen  mann  geht  doch  das  wenigste  von  statten, 
jhn  mag  kein  griff  noch  trug,  kein  ranck  noch  arbeit  hatten. 

Philamjer  1,  418. 

m,it  bestimmtem  subject:  so  glücklich  meinen  feinden  ihr 
anschlag  von  statten  gegangen  war.  Wieland  2, 122  {Aga- 
thon%,^;  manche  leute.  die  immer  von  der  creutzigung 
des  fleisches  sprechen,  und  dasz  es  ihnen  so  gut  von 
statten  gienge.  könte  man  vielleicht  fragen,  habt  ihr 
denn  auch  noch  etwas,  das  ihr  kreutzigen  könnt? 
Lichtenberg  nacMasz  ^^  sie  quälten  sich  eine  zeit 
lang  mit  concipiren  und  umschreiben,  bis  endlich  Eduard, 
dem  es  am  wenigsten  von  statten  ging,  nach  der  zeit 
fragte.  GötheiS,  80  (uahlveric.  1,7);  der  dortige  Statt- 
halter schickt  seinen  söhn  Horatio  .  .  .  nach  Dänemark, 
auf  die  ausrüstung  der  flotto  zu  dringen,  welche  unter 
dem  neuen  .  .  .  könig  nur  saumselig  von  statten  geht. 
19,  162  (W.  Meisters  lehrj.  5,  4);  die  reise  ging  glücklich 
von  statten.  23,  81  (wanderj.  3.  6);  die  weitere  fahrt  rhein 
abwärts  ging  froh  und  glücklich  von  statten.  26,  293  {dicht. 
u.  icahrh.  14);  gleich  darauf  spielte  mad.  Wolff  mit  ihrem 
manne  zusammen  in  dem  'geständnisse',  das  ging  denn 
glatt  und  gut  von  statten.  Zelter  an  Götlie  1,453;  ein 
denken,  das,  wie  schon  A.W.Schlegel  bemerkt,  nur 
darum  nicht  als  nachdenken  auftritt,  weil  es  zu  schnell 
von  statten  geht,  ist  ihm  überhaupt  kein  denken.  Hebhel 
11,81  Werner;  dasjenige,  dessen  erlernung  ihm  schon  im 
anfange  verdrusz  macht  und  nicht  recht  von  statten  gehen 
will,  kommt  ihm  nicht  zu.  Keller  nachl.  12.  unbestimmter  .- 

BrigeUa.  was?  nicht  drei  stunden  sinds,  dasz  man  den  letzten 
hat  abgethan  —  TmiJ^aldin.  ja  gott  sei  dank,    es  geht 
von  statten,  die  geschäfte  gehen  gut. 

Schiller  13,  366  {Turandot  2, 1). 

5)  statt  in  specieUeren  Verwendungen, 
a)  statt  am  menscJdichen  körper. 

n)  im  allgemeinen:  an  der  stat.  d&  dag  haupt  veraint 
ist  mit  dem  hals.  Megenberg  18.  22; 

das  er  ward  aller  bümen 

dann  zwischen  den  schultern  nit. 

und  an  der  selben  statte 

er  seynen  tode  lidt.    hüm.  Sey/r.  11. 

stelie,  wo  irgend  etwas  seinen  sitz  hat  {vgl.  7,  b) :  vitale,  eyn 
stat  dez  (des)  lebens  in  dem  leyb  (lyb).  Dief.  gloss.  623''.  so 
besonders  in  der  spräche  der  medicin  vom  sitz  einer  krank- 
heit  und  ähnlichem,  vgl.  Höi-ler  krankheitsnamenb.  6'ib^f.: 
du  solt  nemen  ein  gewich  {gewicht)  carioffiles  .  .  .  unde  s&e 
eg  an  die  stat.  arzneib.  121,  24  Pfeiffer  {12.  jahrh.,  12  'contra 
ficum");  wasche  die  stat  aller  Crest  mit  dem  warmen 
wine.  122.  25  (17  'ad  cancrtim') ;  swä  du  wellest  daj  da/, 
hftr  niht  cnwahse.  dfl,  rouf  ej  Og  unde  . .  .  säge  {streue) 
dag  pulver  an  die  stat.  127.9;  nini  artcmisiam  ...  und 
lege  dag  an  die  stat,  d&  dQ  die  geswulst  habest.  133,8; 
so  is  dat  braghen  scre  in  deme  hovede  unde  de  wcdaghe 
kumpt  to  van  colera  rubea  de  dar  in  der  stede  licht. 
mag.  Bartholomaeu»  102*,  23  Oefele;  so  auch:  die  stadt  der 
kranckbeyt.  Paracrlsus  de  impo8turi»{\!aß)}iZ,  s.  Hökler 
676*;  so  dy  serstat  aiggelt  (schwärt,  eitert)  und  flaisch 
macht,  quelle  bei  SciiM.' 1,156  (15.  jahrh.),  vgl.:  das  cau- 
terium  macht  platcrn  und  aiggelt  di  stat.  ebenda. 

(f)  von  der  richtigen  stelle  oder  läge  einrjt  organs  {vgl. 
unten  7,  b),  ».  t.  b.  Megenbero  428,  35  unter  I).  2.  i,  / ;  aus 
der  htatt  oder  stell  kommen,  von  gliedern,  verrenkt  tcerden. 
quelle  bei  SciiM."  2, 798  {hantUchr.  v.  1470);  wem  der  kinpack 
aub  der  «tat  vert  {aut  dem  gelenke  kommt).  Ortoi.k  urttneib. 
IU77MS*:  usaz  der  Biet,  luxatio.  quelle  v.  1497,  s.  H^pi.kii 
krankJieitMnamenb.  676*;  dafür:  ein  fuosz  ist  jm  gcsin 
usscr  nictten.  queUe  de»  16.  jahrh.  g.  Alem.  16,  iSO^. 

y)  in  mannigfachen  Umschreibungen  besonder»  der  ge 
tehleehtMlieder i  »o  in  der  alten  spräche  tougen  stat:  i-r, 
«rgAl  vif  dicke,  dag  diu  matrix  erstickol,  d&  dag  chint 
bine  llt . . .  dfl  sohl  r)om«<n  ftwohoi        iw^n  giAg  ir  ein 


teil  an  die  tougen  stat.  arzneib.  132,  15  Pfeiffer  (13.  jahrh.); 
salbe  dich  da  mit  al  umbe  die  tougen  stat.  20;  die 
tougen  stat  des  weibes.  loci  secreti,  genitales,  quelle  bei 
ScHM."  2,  792(15.  jahrh.);  enzian  an  die  taugen  stat  der 
frawn  mit  ein  chleister  (klystier)  gelassen,  das  pringl 
von  in  die  aftern  gepurd.  i.  595;  die  (frau)  bestreich 
sich  umb  den  napel  und  die  taugen  stat.  ebenda;  des 
mannes  taugen  stat.  ebenda,  ebenso  heimliche  stat:  ge- 
nitalia  ...  de  hemelike  stede.  Dief.  gloss.  260*  (ib.  jahrh.); 
renaculuvi  haymlichestat.  492»  (voe.  theut.  Nürnb.  1482); 
s.  auch  nov.  gloss.  siß*";  budihum  (=*  pudibtindum)  he- 
melke  stede.  ei**  (lat.-nd.  v.  Uli);  heymliche  stete,  vidva, 
s.  HvRTL  kunstw.  der  anat.  84  (Alherttts  Magnus),  vgl.  s.  137 
und  Höfler  676";  sanikelwurcz  gesoten  in  einem  schön 
wajger,  und  die  haimleich  stat  in  einem  päd  der  maid 
die  für  junchfraw  get  damit  oft  bestrichen,  die  wirt  niht 
vermeldet  an  dem  pett.  quelle  iet  Sciim.*  i,  1579.  andre 
ausdrücke:  mit  der  unkäusch  sinket  in  diu  behend  fäuht 
aug  den  prüstleinn  hin  ab  zuo  der  unkäuschen  stat. 
Megenberg  3as,  2; 

der  entorste  nie  gerüeren  dar 

an  die  minnencliche  stat. 

Heinr.  V.  Freibkrg  Triftan  3793  Bemt; 

sust  graiff  er  an  der  mynne  stat  {seiner  tochter). 

Heinr.  v.  NEUsrATT  A/mllnn.  236  Singer 
{oder  zu  B,  2?); 

stat  da  sich  dy  man  vor  schäm  ungern  sehn  laut,  quelle 
(14.  jahrh.)  bei  Höfler  675''.  speciell  für  geburtsstelle, 
matria-,  vgl.  Hyrtl  kunstw.  17,  s.  ebenda:  7natria:  .  . .  di 
stat  do  dag  kint  in  der  muter  bauche  leit.  leibe  ligt; 
und  czu  seiner  gehurt  zut;  dy  stat  do  das  weih  das  kint 
treit.  BiEt.  gloss.  3.51"  {voc.  v.  1394);  wen  der  vrouwcn  we 
is  in  der  kinder  stede .  dat  het  passio  matricis.  mag. 
Bartholomaeus  91a,  16  Oefele;  legglie  dat  plaster  in  de 
donen  {geschwollen)  stat.  25;  nempt  der  zepflein  eins 
und  tut  eg  in  die  stat  der  natur.  quelle  hei  Schm."-'  l.  I7fi9; 
so  atich  geburts-statt  uterus  in  partu,  s.  Höfler  675''; 
das  kind  an  die  statt  bringen,  richtig  gehären.  J.  Grimm 
myth.  Uli  {* 910);  das  kind  geht  von  statt,  tcird  regel- 
mäszig  geboren,  quelle  v.  1668  bei  Höfler  675''. 

^  manchmal  steht  stat  viit  gen.  eines  gliedes  in  der 
altern  spräche  als  Umschreibung  für  dieses,  ohne  die  be- 
deutung  wesentlich  zu  ändern  .- 

uuoraht  er  thö  ein  horo  in  uuür  .  . ; 

tha;  kleibt  er  imo  ...      in  thero  ougöno  stat. 

ÖTFRin  3,  20,  24  {linivit  lutum  super  octiloi  fjtu. 
Job.  9,  6); 
du  Werder  Eschenbacher, 
la  dins  getihtes  wiger  {weiher) 
durch  mines  herzen  stad  gan. 

JOH.  V.  WÜRZBURG    Wüh.  V.  OftCTT.  14647. 

dagegen  mit  vollerem  sinne  {loch  für  die  äugen): 
der  könig  abr  insonderheit 
hat  angetban  ein  wunderkleid, 
eines  kolscbwartzon  maulworlTs  haut  .  .  . 
der  äugen  statt  war  räum  gezerf. 

fro»rhm.  Tt  6»-  (3,2.  1,  39). 

b)  stelle  in  einem  buche,  schriftstelle;  so  oft  im  ahd. 
mhd.:  endi  auh  ir  selbo  Isaias  in  andreru  stedi  alle 
dhca  dhrinissa  in  iingro  zalu  bifenc.  Isid.iü.b;  umhi 
dhcn  auh  in  andreru  stedi  in  psalmum  quhidhit.  32,  17; 
sfl  andreru  stet  {et  item  alio  loco  scriptura).  Kkro  Bene- 
dikt, regel  7  bei  Hatte« er  denkm.  1,  53,  auch  Wackkh- 
NAGEL  leseb.  1^,40,7:  sA  chuif  ig  wirscrunge,  ettewcnne 
verdruchunge,  alsfl  an  dirrc  stete.  261,84;  alse  we  dat 
hebbcn  in  der  Sassen  lenrecht  in  der  sulven  stede  dar 
N.  vor  uptoch.  richtsteig  tl,  {}  5  (Homkykr  Sach.-ensp.  a,  i, 
s.  512);  ok  schal  nie  wetten,  dat  dyt  bok  ghchophet  is 
unde  itliker  wciiheno  gemynrct  in  den  guinmen  an  itlikon 
stidden.  (/.  städterhrou.  0.  134,  13  {Hraunschic.  heiml.  rechen' 
schuft  V.  140«);  meiner  gepeneiferer  untrculichkcit  ist  so, 
groKZ,  da«/,  sie  an  elliolien  sletten  dieser  materi,  da  ich 
nit  meine  wort  sonder  der  aller  bcwerteston  maislcr 
wort  gc8ctzt  hah,  .  . .  irc  hant  habend  törstiglirh  ange- 
legt. 8.8a.  18  (Mkistkrlin  ehron.  v.  Nürnb.  14««.  vorr.); 

«%  «pricht  an  einer  »tote  da.  d.  nrmc  Heinr.  91. 
ähnlich  abatraeter :  \<>n  nftnicn  gftb  Aristotile«  llen  «fbon 
feuuArcn  Hyllnglsmin  ypotheticis,  ünde  dien  gelt'xihllohen 
(prohttbiUhus)  argumontiii,  II«  «Amint  in  vündon  uu(''rdiiit 
in  »«'h/./^n  8t<^tln,  llc  i«t<*fc,  der  genc'mmil  ^int  in  fo|)ioi« 
{propter  commune»  eorum  sede».  que  in   topici»  nuwetan- 


969 


STATT  (II,  A,  6) 


STATT  (II,  A,  6) 


970 


tur).  NoTKER  1,  G18,  20  Piper  (de  syüog.  IG);   täranäh  skied 
Ü2   Cicero   diu   vöne   drin    stetin    genöminin    argumenta 
{qiiae   tribus  locis  siqnadictis  »timuntur).  30;    echert  trie 
stete  (trin  tanttim  loca)  .  .  .  käb  er  dialecticis.  619,  7. 
6)  statt  in  bezuff  auf  personen  gesagt. 

a)  zunächst,  die  stelle,  wo  jemand  (gewöhnlich  oder  im 
einzelnen  falle)  sitzt,  steht  u.  s.  w.  so  besonders  mit  pos- 
sessivpronomeji :  Christus  unde  sin  ecclesia  stuönden  do 
in  iro  stete,  do  Christus  kesäj  ad  dexteram  patris.  Notker 
2,  622,  11  Piper  (cant.  Abac.  11;  vorher:  sol  et  luna  stete- 
runt  in  habitaculo  S7io,  vgl.  b); 

ein  ieslich  tujrent  an  ir  stat 
gienc,  dö  diu  Jläje  zuo  trat. 

Lampreht  V.  Regensburg  tohter  v.  Syon  3041 ; 
ouch  behielt  da  wol  sin  stat 
von  Tyrol  meister  Kuonrät. 

Ottokar  reimchron.  343; 
da  dort  der  grosz  hofmayster  sasz 
an  siner  stat,  als  billich  was. 

Herm.  V.  Sachsenheim  murin  4132; 

wan  der  ammeister  sitzt  da  er  sitzen  sol,  und  der  stät- 
meister,  und  ein  ieder  an  seiner  stat  sitzt.  Keiskhs- 
BKH(i  evangel.  (1522)  124»;  so  jr  und  ich  an  unser  gewohn- 
lichen statt  sitzen  bleiben,  so  wisset  jhr,  dasz  uns  der 
andern  frauwen  keine  hört,  .  .  .  dann  die  andern  jung- 
frauwen  zu  weit  von  uns  sitzen,  buch  der  liebe  239''.  mit 
einem  synonymen  ausdruck  verbunden:  er  {Tiberitis)  pflegt 
auch  inn  dem  gerichtszhausz  und  an  der  spitzen  des 
richter  stuls,  aufT  dasz  er  den  schultheyszen  von  seinem 
sesz  und  statt  nit  vertriebe,  zu  sitzen.  Micyi.l  Tac. 
(1535)31*";  das  ein  jeder  soll  die  gasse  verwaren  helffen, 
und  in  welcher  lücken  oder  statt  der  gefangene  hinausz 
kömpt,  oder  welcher  jhm  darvon  hilfft,  soll  in  seine 
fuszstapffen  tretten.  Reuttek  v.  Speik  kriegsordn.  66. 
so  auch,  nd.  he  sitt  up  min  ste.  ten  Doohnkaat  Koolm. 
3,304'';  übertragen,  die  innere  Situation  eines  menschen: 
denk  di  insen  (einmal)  in  min  ste,  wo  du  dar  den  wol 
bi  to  mode  wesen  schust.  ebenda.  —  hier  knüpfen  die 
unter  D  behandelten  gebrauclisweisen  an. 

b)  statt,  der  dauernde  aufenthaltsort,  wohnstätte;  so  be 
sonders  frühnhd. :  so  begere  ich  das  mir  dyn  husz  in 
dynem  by  und  abwesen  ungeladen  offen  das  mir  da  alweg 
ein  statt  sy.    Terent.  (1499)  83»  {Eunuch,  letzte  sc); 

sein  lob  bezeugen  die,  die  mehr  ruhlosz  dan  trag 

lang  in  der  wüstin  sich  verirrend  umbgezogen, 

und  suchend  eine  stat  für  sich  durch  längen  weeg 

ohn  weeg  sich  lang  betrogen  : 

sie  zogen  so  lang  umb  gantz  hungrig,  durstig,  mat  .  .  . 

ohn  heimat,  hausz,  und  stat. 

,  ,..,,  Weckherlin  240/.  (ufi.  107, 5); 

lagerstatte: 

dann  es  ist  nacht  und  darzuo  spat, 
nach  unserm  bruch  wend  wir  in  d'  stat, 
ruowen  aber.    Rl-ki-  Adam  u.  Heva  1902. 

mit  Zusatz,  von  gott:  was  wolt  jr  mir  denn  für  ain  hausz 
bawen,  spricht  der  herr  etc.  oder  wölche»  ist  die  stat 
meiner  rüwe?  Jon.  Ebehlin  v.  GCnzbuhg  2,  *.  7  Enders. 
auch  von  thieren: 

gleich  als  der  pclican  im  wüsten  röhre  schreyet, 

und  wie  ein  wilder  kautz,  der  sich  zu  machen  scheuet 

aus  seiner  öden  statt.    Fleming  26. 

bildlich:  das  des  menschen  seele  odder  geyst  keyn  rüge 
oddcr  Stadt  hatt,  da  er  müge  bleyben,  denn  das  wort 
gottis.  Luther  lO,  3,  191,  14  M'eim.  ausg.  —  vereinzeltes 
stat  für  land,  heimat,  wol  durch  das  lat.  locus  veranlaszt, 
das  es  übersetzt:  unde  so  chomint  Romara  unde  n^mint 
uns  stat  unde  Hüte,  glosse  über:  et  venient  Romani,  et 
tollent  nostrum  locum,  et  gentem.  Notkkr  2,38, 13  Piper 
ip9.  13,  5). 

c)  statt  in  diesem  sinne  kommt  oft  der  bedeutung  von 
Stadt  nahe,  z.  b.  : 

diz  Tunfli  (müneter)  ist  Sigeberg,  sin  vili  liebiu  stat. 

Anncilied  646. 
vgl.  andrerseits:   darnach  zoch   Jacob   gegen   Salem,    zu 
der  stad  des  Sichern  (C3*>23  "iT,  also  'urbs").   l  Mos.  33, 15. 

d)  eine  vencech.dung  beider  ist  erfolgt  in  der  häußgen. 
noch  heute  üblichen  sprichwörtlichen  redeweise:  nirgends 
keine  bleibende  statt  haben,  7wn  haver  nissun  luogu  per- 
manente, non  havere  stunzajissa,  stabile  dimora  ö  soggiorno. 
wir  haben  hier  keine  bleibende  statte  ö  bleibende  statt 
0  Stadt,  non  habbiamo  qua  dimora,  stanza,  soggiorno  6  cittä 
»tabue,  permanente.  Kramek  dict.  2,914»;  wir  haben  hier 


keine  bleibende  statt,  commorandi  noji  halntundi  locus 
nobis  datus  e.^t.  keine  bleibende  statt  haben,  vagum  esse; 
vagari.  Frisch  2,321»;  vgl.  Waxder  4,793,13;  Schm.* 
2,792  Ckaa'bleiba'de  städ  habm,  nirgends  bleiben  können 
oder  wollen').  Adelung  bezeichnet  nirgends  eine  bleibende 
statt  haben  als  oberdeutsch,  Heyxaiz  Antibarb.  2,  443  als 
nicht  viehr  üblich,  die  Wendung  beruht  auf  einer  bibel- 
stelle, die  nicht  statt,  sondern  stadt  enthält:  denn  wir 
haben  hie  kein  bleibende  stad  (uirovaav  TiöJ.tr),  sondern 
die  zukünfftige  suchen  wir.  £6r.  13, 14.  lifteraturbelege : 
ich  fare  auch  in  der  flucht  umb,  und  hab  niendert  kaiii 
bleibende  statt,  deszhalben  das  ich  ainen  meinen  mit- 
burger  zu  Argo  entleibet  hab.  Schaidexreiszer  Orf.  64'' 
(15,272;  der  gr.  text  hat  nichts  entsprechendes); 

derhalb  musz  ich  {fraw  Warheyt)  von  einem  landt 
ins  ander  wandern  frw  und  spat 
und  hab  gar  kein  bleibende  Stadt. 

H.  Sachs  fa^tn.  gp.  2,  *.  131  neudr. 

e)  die  ältere  spräche  gebraucht  stat  vo7n  grabe: 

thär  sia  thia  stedi  habdun      an  enon  stene  innan 
banden  gihauuanan.    Hei.  5736,  vgl.  5824; 
diu  stat  da  man  in  leite.    Ticein  1427  (vgl.  1411); 
dag   grab   ist   ein  stat   des  toten.  ScuöyBACH  altd.  pred. 
1,50,13;    totenbahre:   do  hiej  er  (Jesus)  die  sten  die  den 
toten  trägen  .  . .  accessit  et  tefigit  loculum.     er  rörte  die 
stat  und  sprach  dag  er  uf  stände,    die  stat  da  der  tote 
inne    ligt,   dag  ist  die  böse    samwizze  (getcissen).  377,  26. 

f)  vom  aufenthaltsort  der  seelen  nach  dem.  tode :  dem 
selben  Cronio  saite  Antonius,  das  er  bat  got  ein  iar,  das 
er  im  zeigen  wolde  die  stete  der  sundere  und  ouch  der 
rechten,  veterb.  23,  21  Palm; 

was  nützt  uns  nun  grosz  ubermut,  .  .  . 
sSlchs  ist  vergangen  als  der  schat, 
ewige  pein  ist  unser  statt. 

Schwartzenberg  Cic.  115'»; 
ähnlich  vom  paradiese: 

he  hüdet  dar  mede  de  schönen  stede 
dar  rost  inne  is  unde  ewich  vrede.^ 

van  d.  holte  dex  hül.  cnizes  65. 
so  wieder  ernetiert: 

gott  geb'  ihm  droben  selige  statt !    Geibbl  2, 160. 

g)  ahd.  stat  garauuen,  wohnung,  wofür  nhd.  einem 
die  statte  bereiten  (vgl.  das.) :  uuanta  ih  faru  gerauuen  iu 
stat  {parare  vobis  locitm).   Ta^.  162, 1 ; 

ih  faru  garauuen  iu  sär      frönisgo  iu  stät  thär. 

Otkrid  4,  15,  11. 

dagegen  bedeutet  stat  geban,  platz  machen  (also  vom  Sitz- 
platz, vgl.  a):  gib  thesomo  stat  (da  huic  locum).  Tat. 
110,3;  vgl.  Graff6, 640.     ähnlich  noch  nhd.: 

wolan,  versieh  dich  mein,  und  räume  meine  statt, 
ich  will  der  dritte  seyn  bey  deinen  treuen  zweyen. 

Fl.ENUNG  581. 

h)  den  nördlichen  nd.  mundurten  eigenthümlich  ist  die 
Verwendung  von  ste(de)  für  haus  und  hof  altmärk. :  he 
hat  sin  eigen  stä(d),  ein  eigenes  haus.  Danneii.  208»; 
besonders  (ostfries.)  'eine  batiernstelle,  besitzung,  haus  und 
hof  —  /«»plaats,  warf,  huus  untuun  gebraucht'.  Stüren- 
BURG  259";  'eine  bauerstelle,  meierey.'  brem.  tob.  4, 1010; 
'daher  sind  die  gewöhnlichen  redensarten  bey  den  baxiem: 
de  stede  avergeven,  de  stede  annemen.'  loil;  vgl.  Dan- 
NEii.  208»;  h€  wil  sin  st6  (landstelle  mit  einetn  hause, 
seine  besitzung,  seinen  hof  sein  gut)  ferkopen  laten. 
't  is  man  'n  lütjen  st6  mit  'n  bitje  land ,  war  hß  up 
wand.  TEN  Doohnkaat  Koolm.  3,  :so4».  so:  sin  dochl'r  to 
d'  stä(d)  breng'n,  verheiraten.  Danneil  208»;  een  kind  to 
stede  un  to  stole  bringen,  auf  einen  guten  meierhof,  wol 
versorgen,  verheiraten,  brem.  wb.  4, 1010.  datier  wol  auch, 
übertragen  :  to  stää  un  stool  kamen,  zur  ruhe  kommen, 
das  ziel  erreichen.  Stürenruro  259». 

i)  ebenfalls  nur  nd.  findet  sich  stede  in  dem  freiem 
sinne  des  hd.  stelle,  amt,  diouit.  so  vereinzelt  in  der 
altern  .spräche: 

de  hilgen  vaders,  de  vor  mi  in  desser  stede, 

hebben  gewest  vui  guder  hilgen  sede  (ragt  der  paptt). 

det  dodeg  danz  151. 
(Ali.  nur  detitlich  local,  angewiesener  platz,  Standort:  diese 
hernachgeschriben  haubtleut  . .  .  schullen  diese  hernach 
geschriben  slosz,  stett  und  armen  leut  getreulichen 
bewaren  und  iederman  ordiniren  noch  seinen  stäten 
dartzu  er  beschiden  were.  d.  städtechron.  2,293,  i,  Nürnb. 


971 


STATT  (II,  A,  7.  8) 


STATT  (II.  A,  9.  10) 


972 


kriegsordn.  v.  1449.)  —  so  besondefs  in  lebenden  nd.  mund- 
arten,  wol  allgemein  üblich:  'amf,  bedienung,  Station,  ene 
indräglike  stede,  ein  einträgliches  amf.  brem.  «;6.  4, 1011; 
pret*sz..  amt,  Stellung,  fine  göde  stöd,  brotstßd.  Fhisch- 
BiER  2,365*;  dienst,  neine  gaue  st6e  hem.  Schambacii  aos**; 
ostfriea. ;  de  mester  ilehrer)  krigd  de  ste  as'n  bön  {bestimmt, 
aicJier).  nd.  korrespomtenzbl .  14,  58 ;  lippisch  pastorcnstiehe, 
pfarre.  Frommann  6,493.    vgl.  Adelung  anm.  zu  statte. 

7)  statt  von  dingen. 

a)  im  allgemeineti,  statt  eines  dinges,  tco  es  sich  be 
findet:  seind  der  dunst  an  im  selber  warm  ist  und  der 
wölken  stat  kalt,  so  er  dann  kümt  an  die  stat  der 
wölken,  so  wellt  er  über  sich  auf.  Megenberg  91, 17/. 
aber  audi  die  stelle,  too  eticas  gewesen  ist  (und  nicht  mehr 
ist),  mit  annaherung  an  die  bedeutung  D:  nibih  gesehe 
in  sinän  hanton  thag  bilidi  thero  nagalo  inti  sente  minan 
fingar  in  st&t  thero  nagalo  {in  locum  clavorum).  Tat. 
233,  3. 

h)  von  der  bestimmten,  festen  stelle  eines  dinges;  mit 
Possessivpronomen:  in  dem  dridden  dage  ...  schiet  he 
dat  water  van  dem  erthrike  unde  scüp  deme  watere 
sine  stat.  deut^clie  c/tron.  2,  67, 14  {süchs.  weltchron.);  die 
gülden  und  silberne  gefesse  des  hauses  gottes ,  die 
Nebucad  Nezar  aus  dem  tempel  zu  Jerusalem  genomen, 
und  gen  Babel  gebracht  hatte,  sei  man  wider  geben,  das 
sie  wider  gebracht  werden  in  den  tempel  zu  Jerusalem 
an  jre  stat  (mr^b)  im  hause  gottes.  Esra6,b;  dasz 
die  wassermännlein  die  jenige  steine,  so  ich  in  die  see 
geworffen,  wieder  in  vollem  donnerwett«r  herauf  getragen 
und  an  ihre  vorige  statt  gelegt.  Simpl.  2,  56,  23  Kurz  (5, 12); 
nd.  't  ligt  all'  up  sin  stß.  ten  Doornkaat  Kooi.man 
3,304''. 

c)  besonders  bezeichnet  stat  oft  die  stelle,  wo  ein  haus 
oder  gebäude  steht,   oder  die  dafür  bestimmt  ist: 

uuisurau  manne,      the  .  .  .  büsstedi  kiusid 
an  fa£toro  foldun      endi  an  felisa  uppan. 
.  .  .        anthabad  it  tbiu  stedi  nidana, 
auredid  uuidar  uuinde,      that  it  uuican  ni  mag. 

.  ,      .      ....  ^eJ.  1813; 

boeser  stete  der  ist  vil : 
iedocb  ist  ditz  diu  bceste  stat 
dar  üf  ie  hüs  wart  gesät.    Iwein  7818/.; 

Bvar  der  vrowen  die  stat  (lesarten:  hoff,  wort,  erde  adir 
dy  stat)  nicht  n'  is  mit  deme  gebu,  .  .  .  binnen  ses  weken 
na  dem  drittegesten  sal  se  mit  dem  gebu  rumen.  Sachsensp. 
1,20,  §2;  als  sie  nu  gelost  hetten  umb  die  stett  und 
weiten  aufmachen  ire  hütten.  d.  städtechron.  5,321,4; 
preuaz.  ek  hedd  't  {d.  luitis)  op  'ne  falsche  städ  hensett. 

FrISCIIUIER  2,365*. 

<£)  abstracter  mnd.  dea  lenes  stat  'die  statte,  aus  welcJier 
gefalle  verlielien  sind,  toährend  sie  selbst  noch  zur  disposi- 
tion  des  herrn  bleibt'.  Homkyer  SacJtsensp.  2,  l,  s.  6<)9: 
deme  lene  volget  die  man  unde  erft  it,  al  licbbe  die 
herre  des  lenes  stat  in  siner  gewalt  to  besladene.  lehnr. 
11,  §3;  die  wile  (it)  die  herre  hevet  an  siner  gewalt  des 
lenes  stat.  §  4. 

e)  der  für  eitlen  ztoeck  bestimmte  platz:  er  {der  teufel) 
zeigt  im,  das  da  {in  der  abgeschiedenlunt)  ein  rechte  statt 
ist  zö  bettenn.  KEiSKHHiiKim  Jwllisch  low  c  4^.  von  einem 
eigens  hergericlUeten  räum:  daj  ich  graben  mügc  ain 
statt,  zeben  vas  Öles  dar  yn  ze  behalten.  Steiniiüwel 
Eiaop  s.  306  österley. 

8)  statt  gelU  gelegentlicli  in  die  bedeutung  'räum'  Ober. 
bithiu  uuanta  im  ni  uuas  ander  stat  {non  erat  eis  locus) 
in  therao  gasthüse.  Tat.  5,  13;  mit  annühemitg  an  die 
bedeutung  B:  do  der  wolte  ein  kilchcn  machen,  do  hatte 
er  nicht  vollen  (?)  stat  darzu  ,  do  bat  er  unsren  Herren 
das  sich  der  berg  daniian  bewegte,  das  er  volle  stat 
gewan.  qttelle  bei  Sciikiiz-Oberi.in  1.559.  —  so  attch  mit 
zeit  zusammengestellt :  {continua  sind)  tempus  et  locus  . .  . 
diu  zit  ündc  stÄt.  Notkkh  l,  309. 15  IHjter  {categ.  y,  8);  sölih 
ist  6uh  zH  ände  sl&t.  i.  continua  hunt.  406,8  (a, 6);  wir 
armen  in  diser  zcyt  geboren ,  sind  an  zeyt,  vtatt  und 
person  gebunden,  ...  vor  uns  ist  zcyt,  statt,  da,  dort, 
beut,  morgen,  und  nit  bey  gott,  der  in  einem  augenblick 
alles  fibertihet.  Franck  partum.  44*;  ufüclar: 

(Uaria.)  diu  nAcb  Cbristea  oufvert« 

dt  und  «tat  bitcberte  {vtrsehmähU,  ßohf) 

ia  einer  &i*llch«n  wAsu. 

HsiNa.  V.  Mblk  erlMN.  M  Uetntet  {vgl.  die  anm.). 


der  bedeutung  B  nahekommend:  de  sik  holt  na  der  tyt 
unde  stedc,  de  is  aller  ere  wört.  Tunnicius  317. 

9)  von  der  bedeutung  'platz,  stelle'  {s.  6,  o)  aus  nimmt 
statt  ferner  den  sinn  einer  Ordnung,  reihenfolge,  rang- 
abst ufung  an. 

a)  so  zunächst  von  menschen  •  quad  her  thö  zi  thön 
giladötÄn  rätissa,  scouuuönti  uuio  sie  thiu  furistün  sedal 
gicurun,  quedenti  zi  in:  thanne  thfi  giladöt  uuerdds  zi 
brütlouftin,  nigisizzös  in  thera  furistün  steti  {in  primo 
loco),  min  odouuän  ßruuirdigöro  thir  si  giladöt  fon  imo. 
inti  quementi  ther  ther  thih  inti  inan  giladöta  qucde 
thir:  gib  thesomo  stat,  inti  thanne  biginnistü  mit  scamu 
thia  iungistün  stat  [novissimum  locum)  bihaben.  Tat.  HO,  3. 
so  frühnhd.  die  erste  statt  haben,  den  vorsitz  fühien: 
alle  byschoff  unsers  landes  sollen  järlich  züsamen 
kummen  ein  mol  und  do  von  christlichem  regiment 
tradieren,  und  der  byschoff  inn  desz  bistümb  die  sam- 
lung  ist,  soll  die  erst  stat  haben.  Jon.  Ewerlin  v.  Günz- 
nuRG  1,  s.  118  Enders  (bundsgenosz  10);  in  jr  policey  haben 
die  priester  den  Vorgang  und  erste  statt,  denen  hangen 
an  die  werckleüt,  die  ander  statt  haben  die  pauren,  die 
dritt  die  ritterschafft,  adel  oder  kriegszleüt.  Franck  iceltb. 
188'  {hier  scheint  eine  andre  ausgäbe  ersten  statt  zu  lesen, 
tcas  sich,  tvetm  nicht  einfach  druck-  oder  lesefehler,  leicht 
durch  das  vorhergehende  masc.  den  Vorgang  oder  auch 
durch  Vermischung  mit  dem  masc.  stat  =  Staat  erklären 
würde),     ähnlich  die  beste  statt,  so  Tid.: 

Hennigh  Wildingh,  Bartram  Karnyp  . 
malk  na  der  besten  stedde  gryp. 

d.  ftüdtecliron.  16,  218  {schichtsp.  3781). 

sprichw.:  de  drsten  kumt,  de  nimt  de  beste  stede,  ad- 
veniens  primum,  splendenti  proximat  igni.  Tunnicius  393; 
der  erst  beim  fewr,  setzt  sich  am  nechsten.  die  best 
stat,  der  vorgabt.  Franck  »prtc/tio.  2, 171*;  entstellt:  die 
beste  statt,  die  vorgabt.  Henisgh  326,  .57,  und  tceiter:  die 
vergabt.  Petri  Q  l*".  —  vereinzelt  geht  dartn  stat  auch 
in  die  bedeutung  'Stellung,  stand,  Verhältnisse'  über: 

er  bieg  le  n&ch  sfner  stat 
iesltcben  leben  redeltche. 

Lampreiit  V.  RsGENäBL'RG  Fronc. 
leben  1590. 

b)  in  den  rechenbüchem  des  16.  jalirh..  die  stelle  einer 
zijfei-:  schreyb  zum  ersten  die  zal  so  geteylct  soll  werden, 
und  den  teyler  darunder  ...  ist  aber  denn  der  teyler 
grüsser.  denn  das  ober  jm  stehet,  so  rück  den  teyler 
umb  ein  stat  furbas  gegen  der  rechten  band.  Mich. 
Stikki,  coss  Christopli  Rudolphs  a^;  so  das  geschehen, 
rücket  man  allewegen  den  ganlzcn  teyler  furbas  umb 
ein  stat.  5*;  die  statt  ist  ein  ort.  darinn  sich  die  zahlen 
vielfeltig  bedeuten:  als  in  der  ersten  statt  gegen  der 
rechten  cinfellig,  in  der  andern  nach  der  linken  werl.s 
zehenfeltig  und  in  der  dritten  hundertfeltig.  Bey.mers 
landrechnen  {tbK^}  B  1». 

.  c)  im  Saclisensp.  begegnet  stat  für  venoandtseluiftsgrad, 
berutiend  auf  der  dem  mittelalter  eigenthümlichen  t^ran 
achaulichung  der  verwandt.xchnffsi'eihältni.sse  im  bilde  de» 
menschlichen  leibes  ttnd  .leiner  glieder :  die  tvisohen  domo 
nagele  unde  deme  hovcdc  sik  to  der  sibbc  gcstuppen 
mögen  an  geliker  stat,  de  nemet  dat  erv?  gelikc.  1,8,  §  s. 

d)  eine  ähnlieJie  loendung  ist  ebenfalls  auf  das  nd.  I»' 
schränkt,  nämlich  dat  is  an  likcn  steden  oft  .  .  .  das  gilt 
ebetuioviel  als:  unde  cn  wcre  do  (im  dienste  seines  her rn 
getötete)  knecht  nen  borgher,  id  were  doch  an  likcn 
sieden,  ofte  he  borgere  wcre.  Urem.  stat.  ina  {ms'J)  l>ei 
Scmi.i.ER-LüimKN  4,  871*;  wat  unsc  borghcro  cn  deme 
anderen  deyt  butcn  unscme  wicbolde,  dat  is  an  liken 
steden,  oftid  bynnen  unscme  wicbcldc  scudc.  49.5. .».  ebenda 
871'',  *.  auch  brem.  xcb.  4,  loio.  .to  noch  trestf.  dat  kilomel 
an  6ne  sUe.  blMt  sieh  gleich.  Woesie  «54''. 

1«)  im  mhd.  ist  «tat  in  fortnelhaßen  Verbindungen  tu- 
weilen  tu  modaler  bedeutung  verflüchtigt,  m  in  verbin 
düng  mit  adjectiven: 

der  vrowen  IhU  «r  undprvienc 

deiswor  su  erlichor  Blat.    pa*$.  SOS.Vl  Köitkt; 

Haider  in  tUlgemeineren  ausdrücken: 

■0  •«!  ich  mich  dca  vli^^en 
dM  wir  Mament  enhir.en 
•ulch  m^n  in  ■ulilior  «tat 
des  niemani  wird  nbcrvat. 
'  Hbinh.  V.  HK8t.KK  apokal.  7m<i ; 


973 


STATT  (II.  A,  11.  B,  1-3) 


STATT  (II,  B.  3) 


974 


der  fride,  der  da  verstricket 
was  zwischen  im  und  knnic  \Velän, 
an  dheiner  stat  wold  er  den  hän 
mit  werken  übertreten. 

Ottokar  reimehron.  6477. 

.<fo   im  gen.  plur.  aller  stede  beständig,  durchaus : 

nu   rafiste  er  schuhen  aller  stede 

des  idewijes  hinderrede.    Eli*.  1781 ; 

nach  gar  ^odelicher  e 

hielt  si  mit  in  aller  stede 

suge  unde  ouch  gar  nuzze  rede.    7235. 

ll)  trenn  die  letztere  fügung  sich  zeitlicher  bedeutung 
nähert,  so  findet  sich  rein  zeitliche  vencendung  ganz  ver- 
einzelt im  nd.:  de  was  by  myner  tyt  ein  barvet  broder, 
den  makede  sodder  stede  der  soste  pawes  Clemens  to 
Rome  ein  cardinal.  queUe   bei  Sgiiiller-LCbben  4,371''. 

B.  ein  ursprü/iglich  davon  verschiedenes  icort  ist  das 
ahd.  stata,  mhd.  state,  s.  oben  I,  3.  es  hat  einen  mehr 
abstraeten  und  modalen  sinn  und  bezeichnet  zunächst  die 
art,  xcie  etwas  steht,  die  läge,  äuszeren  umstände,  Verhält- 
nisse u.  s.  IC,  doch  in  der  regel  nur,  insofern  sie  die  mög- 
lichkeit  für  ein  thun  enthalten,  vgl.  das  mhd.  tcb.  2,  2,  604-6. 
dasz  die  Verschiedenheit  beider  Wörter  noch  deutlich  emp- 
funden wird,  beweist  ihre  Zusammenstellung,  z.  b.: 

nn  haeten  si  sich  starke  .  .  . 

vor  hin  gevlijjen  dar  an 

da;  si  ir  State  unde  ir  stat 

wlslfchen  haeten  besät 

und  wol  vor  hin  beraten.     Trift.  12585. 

später  hat  der  lautliche  zusammenfall  {s.  1, 3)  auch  ein 
zusammenflieszen  der  ledeutungen  begünstigt,  im,  nhd.  ist 
eine  Scheidung  nicht  mehr  durchführbar  (vgl.  C),  doch 
sterben  die  gebrauchsiceisen,  die  auf  dem  alten  state  be- 
ruhen, mit  einer  ausnähme  {s.  7,  c)  im  16.  jahrh.  über- 
haupt aus.  auch  im  mnd.  ist  eine  vermischting  einge- 
treten, indem  nicht  ganz  selten  stede  in  dem  sinne  von 
Stade  vorkommt,  das  auch  hier  später  erlischt,  (s.  bes.  3,  a.) 
vgl.  Adelung,  anm.  zu  statte. 

i)  selten  bezeichnet  state  die  läge,  Verhältnisse  u.  ä. 
ohne  die  angegebene  beziehung : 

so  lege  dir  selben  vore 

dise  zugenclichen  more  {vergängliche  dauert) 

unses  totlichen  vleisches  .  .  . 

und  pruve  dan  der  werlde  state. 

Hkinr.  V.  He.slkr  apokal.  4631. 

in  folgender  stelle  kann  man  daneben  schon  an  die  ge- 
wöhnliche bedeutung  'gelegenheit'  denken  : 

ich  sol  die  state  erkunnen  da, 

wie  er  da  lige  oder  wä.     Triit.  1253. 

2)  in  der  regel  bezeichnet  state  die  müglichkeit  für  ein 
thun,  xcie  sie  theils  durch  die  äuszem  umstände,  theils 
durch  das  vermögen  des  handelnden  bedingt  ist.  (negiert 
in  nnstate,  Unmöglichkeit  für  ein  thun,  hilflose  läge.)  so 
wird  State  und  wille ,  muot  als  können  und  wollen  zu- 
sammengestellt: . 

da  ist  diu  state  unde  der  muot.    Iieein  6981 ; 
das  ime  du  state  und  der  wille  benomen  werde,  das  er 
darna  niht  müge  (beichten)  so  er  gerne  wölte.  quelle  bei 
Scher/.-Oberi.ix  1559. 

3)  state  fjeht  zunächst  auf  die  äuszem  bedingungen  und 
bezeichnet  die  günstigen  umstände  oder  den  geeigneten  Zeit- 
punkt für  ein  thun.  es  entspricht  ungefähr  dem  heutigen 
gelegenheit  tmd  dem  gr.  y.ai^di.  vgl.-,  opportunitatem 
{querebat,  ut  eum  traderet).  stbtb  (l.  stata,  Matth.  26,  16). 
Graff  diutiska  2,286'»  (Steinmf.yer  -  Sievers  ahd.  gl. 
1,  717,  57). 

a)  state  durch  Zusammenstellung  mit  zit  oder  stunde 
erläutert;  doch  ist  gerade  in  dieser  Verbindung  auch  die 
bedeutung  'ort'  möglich  und  oft  naheliegend:  got  hat  dir 
geben  state  und  zit.  Schönbach  pred.  l,  12,  32  (dedit 
eidem  lomim  indulgencie  et  poenitencie.  28); 

herzliebster  K.  fflg  stat  und  zeyt 

Förster  frische  t.  liedlein  1, 12,  8. 

mnd.  stets  in  der  form  stede  unde  stunde,  auch  wo  deut- 
lieh die  bedeutung  der  gelegenheit,  des  günstigen  Zeitpunkts 
vorliegt.  ».  Schii.i.er-LObben  4,  371''/. ;  bat  de  rad  stede 
unde  stunde,  dat  se  sik  bespreken  mochten. 372*  (Körner); 
desulven  Tloghen  ok  en  wech,  do  se  stede  unde  stunde 
hadden.  Lüb.  chron.  2,55;  de  hertighen  van  Holsten  Alph 
unde  Gherd  besloten  hemclken  . . ,  dat  se  wolden  wynnen 
Vlensborch  also   vro,   alse  se  stede   unde   stunde  darto 


konden  vynden.  59;    so  noch  Jyrem.  na  stede  nn  stunde, 
'nach  zeit  und  gelegenheit'.  brem.  wb.  4, 1011. 

b)  so  auch  in  dem  sprichicort:  tyt  unde  stede  maken 
den  deif,  degenerem  faeiunt  locus  atque  occasio  furem. 
TuNNicius  938;  %ind  so  noch  nhd.:  statt  und  stund,  thun 
den  dieb  stelen ,  occasio  faeit  furem.  Henisch  695,  8; 
statt  und  stunde  heiszen  den  dieb  stehlen.  Simrock 
9826;  entstellt:  stette  und  stunde  machen  die  diebe  stelen. 
Petri  Tt2*,  vgl.  Wanüer  4,  782,  7.    mhd.: 

wan  stnnt  ond  stat  vil  dieben  macht. 

BONBR  61, 18. 
doch  gewöhnlich  mit  state  allein: 

vremde  scheidet  herzeliep : 
State  machet  manegen  diep. 

Vridanc  105, 4  (f<7/.  die  anm.  v.  Bezzbnberger, 
vnd  SCHM."-  2,  795); 
State  machet  den  diep. 

Pleibr  Tand.  u.  Flord.  3306; 
State  machet  biwilen  diep.    paff.  318,  1  Hahn; 
so  machet  state  manchen  diep. 

Heinr.  V.  Frbibbrg  Tristan  320; 
die  stat  lert  den  diep  stein. 

Koloez.  cod.  194  (die  heidin  116); 
die  weil  die  stat  offt  macht  den  dieb. 

H.  Sachs  1,  371*. 

jetzt  gewöhnlieh   in  der  form:   gelegenheit  macht  diebe, 
vgl.  gelegenheit  4,/,  theü  4, 1,  2948. 

c)  \cie  hier,  steht  auch  sonst  poetisch  state  zuweilen  als 
subject,  mit  annäherung  an  die  personification  (vgl.  ge- 
legenheit a.  a.  0.): 

und  swes  der  gerne  sehende  man 

ze  sehene  guoten  muot  gewan, 

da;  lie  diu  state  da  wol  geschehen.     Triftan  613 

(in  anderm  sinne  unten  4,  d). 

d)  so  sehr  geicöhnlich  in  der  fügung  diu  state  (mit  gen., 
gelegenheit  tcozu)  wirt,  geschiht,  geligt  einem  u.  ähnl.: 
upa  imo  stata  gelac,  si  occasio  praebeatur.  quelle  bei 
Graff  6,  643;  der  rihter  sol  über  den  lip  rihten,  swa  im 
sin  stat  wirt.  Schwabensp.  39,  §6;  und  sullen  mich  und 
meinen  chind  hinnan  ze  Buding,  oder  wan  eg  in  aller 
schierst  stat  wirt,  oder  in  ein  guet  ledich  wirt..,  an 
gevärd  besideln.  urk.  v.  1341,  s.  monum.  Boica  6,596; 

diu  State  enmohte  in  niht  geschehen 
da;  si  haeten  besehen 
was  in  dem  vajje  waere.     Gregor.  967; 
ich  t^etej,  wurde  mirs  diu  stat. 

Walther  v.  d.  Vogklwbidb  119,  34; 
ob  den  diu  state  niht  geschiht, 
da;  si  gevrägen  eteswes. 

KoNR.  V.  WCrzburg  Silv.  4302; 
sa  ir  di  stade  sider  wart, 
ei  bat  ir  frouwen  also  zart.    Elinab.  5163; 
die  wolde  her  zu  erst  vorleiten  .  . , 
swar  im  state  des  gelac. 

Heinr.  v.  Hesler  apokal.  13553; 
(der  teufel)  wolde  in  ouch  zien  hinder, 
als  her  tut  al  die  kinder 
der  cristenheit,  die  sie  gebirt, 
swenne  im  des  die  state  wirt.    17108; 
da;  mir  state  sprechendes  bleib.    16483; 
sO  wold  er  ouch  besehen, 
ob  im  diu  stat  indert  getöhte, 
da;  er  genie;en  möhte 
an  disen  ziten  der  kür.    Ottokar  reimehron.  39668. 

mit  synonymen  verbunden  (vgl.  a): 

wirt  mir  state  unde  vrist.    Pilatus  24; 

doch  was  sin  mnt  algeiich, 

we  da;  her  gereche  sich, 

mit  dancken  harte  snel, 

so  langhe  da;  im  gevel 

dhe  stat  and  ouch  dhe  stunde. 

Brauwehw.  reimehron.  1898. 
in  unpersönlicher  fügung: 

'&',  sprach  Tsöt,  'dö  e;  sich  mir 

ze  alsO  guoten  staten  getrnoc, 

da;  ich  inch  in  dem  bade  niht  sluoc, 

got  Mm,  wie  gewarb  ich  s6'.'     Trirtan  12043. 

e)  während  diese  redeweisen  auf  das  mhd.  beschränkt 
und  nach  dem  14.  jahrh.  nicht  mehr  nachtceisbar  sind, 
findet  .nch  die  vertcendung  est  ist  statt,  zeit,  xatoöf,  mit 

\  inf.   gerade  im  frühnhd.:   was  die  siben  sigel   sind,   ist 

i  yetzt  nit  statt  zö  sagen.  S.  Fraxck  parad.  (i558)  t-oir.  S»; 

'  gedäucht  mich  nicht  ungelegene  stall  sein.  Fronsperokr 

,  3,  236''. 


1 

975 


STATT  (II.  B,  3.  4) 


STATT  (II,  B.  5) 


976 


y")  State  als  objeet.     90  besonders  state   haben,  vinden, 
s.  unter  C,  1,2.     änderest  weniger  formelhaft: 
swenn  uns  got  die  stat  beschert, 
da;  wir  e;  verkeren  niugen. 

ÜITOKAR  reimchron.  2288. 

g)  wie  die  angezogenen  beispiele  zeigen,  wird  state  ge- 
toöhnlich  durch  einen  gen.  oder  durch  einen  inhaltssatz 
(mit  das)  näher  bestitnmt.  der  gen.  ist  entweder  ein  ganz 
allgemeiner  ausdrtick,  das  neu&.  eines  j»-on..  oder  ein  inf. 

(gerundium) : 

die  gewinnent  alle  namens  stat. 

Ottokar  reimchron.  25657. 

selten  tritt  zu  stat  ein  subjectsgenitiv  : 
die  des  ersten  hin  in  körnen, 
von  den  wart  vil  penomen; 
die  aber  sich  versOmten  da, 
da;  si  kftmen  hin  nä, 

der  vtnde  stat  wart  verloren  {die  hatten  die  gelegen- 
heit  rerpaszt).    31050. 

Ä)  hier  schlieszt  sich  an  mhd.  ze  staten  zur  rechten  zeit, 
iv  xaiftji:        ze  rehte  swfc,  ze  staten  sprich.     Winsbeke  23,5; 
des  von  Waise  kunnen 
ze  staten  japen  unde  wichen 
und  hin  wider  snelliclichen 
an  die  vfnde  hurten. 

Ottokar  reimchron.  77284. 

so  auch,  final  getrendet: 

als  ein  wtser  man 
der  sine  ritterschaft  wol  kan 
und  sine  kraft  mit  listen 

ze  rehten  staten  {'/ür  den  rechten  moment')  vristen. 
Irvein  5320. 

dagegen  anders,  auf  die  rechte  stelle  und  die  rechte  weise 

gehend:  ouch  galt  er  mittem  swerte 

under  wilen  einen  slac 
der  vil  wol  ze  staten  lac  (der  'sasz').    6736. 

4)  weiterhin  bezeichnet  state  die  müglichkeit  vo7i  etwas, 
insofern  sie  durch  die  läge,  das  vermögen  des  handelnden, 
besonders  durch  seinen  besitz  xind  die  verfügbaren  hilfs- 
kräfte  bedingt  ist;    es  entspricht  hier   unserm  die  mittel. 

a)  in  diesem  sinne  begegnen  dieselben  Wendungen  wie 
unter  3;  besonders  state  haben,  s.  unten  C,  l,  J.  mit  ver- 
deutlichendem Zusatz : 

wir  bän  an  guote  wol  die  state. 

Wackernagkl  leneh.  l'^,  585  27 
{beisp.  V.  frasz  12) ; 
di  (jgabe)  gab  si  rilich  ufler  stat  .  ., 
wa  ir  OK  wart  di  folieist, 
di  Stade  an  dcme  gude.    Eli«.  851. 

von  Streitkräften;  mit  erklärendem  gen.: 

ouch  mugen  wir  der  liute      die  state  niht  gehän, 
da;  in  iht  schade  werde      von  unser  vart  getan. 

A'ttdr.  904; 
e^  mac  niht  6  ergän, 
e  wir  die  state  der  liute      mugen  voi  gehSn.    942. 

vgl.  audt:    ich  weder   statt  des  rates   hab  noch  mengin 
der  hylfT.   Terent.  (1499)  ll^  (Andria  2,  6). 

b)  sonst  bedeutet  state  haben  mit  gen. :  die  mittd  wozu 
haben,  verstärkt  puotc  state  (copia): 

der  herre  lebete  rehte, 
der  habete  vil  chnchte, 
er  l^he  in  allen  den  rät, 
des  er  vil  guot  stat  bat. 

hochzeit  163  (Karajan  sprachdenK-m.  22); 
des  {mü  kleidun<i)  was  der  wirt  zaller  Rtunt 
gewamet  als  ein  hOvesch  man  .  .  . 
und  ders  ouch  guote  atate  hat.    JwHn  8197; 
ai  was  gOtes  also  rieh, 
da;  si  sin  het«  gOte  atate.    patt.  336,  87  Köpke. 

e)  zuweilen  geht  state,  indem  die  durcli  diesen  gen.  aus- 
gedrückte beziekung  aufgegeben  wird,  in  eine  concretere 
bedeutung  über,  so  steht  stata  als  ül/era.  über  sumptum. 
NoTKBR  i,ntt,9  Piper  (p«.  C2,  9).  vgl.:  »OS  divites,  uuir 
de  Stada  habcmes.  Werdener  gloasen  (j).ja?trh.f)  bei  La- 
coMiti.K'r  archir  f.  d.  geach.  des  Niederrh.  1,  89.  von  den 
atreitkrüften : 

■i  .  .  .  aainent«n  ir  ritterschaft; 

alle  ir  atate  und  alle  ir  kraft 

die  kMen  ai  niuwan  ze  wer.     TrUtan  IMO ; 

al  die  atate  und  al  die  mäht, 

die  ai  roohtan  b(  der  naht 

btModen,  diu  wart  gar  boaant.    18847. 

<f)  «Mth  hier  Htht  atate  zuireUen  als  suhjeet  nach  art 
einar  feraomifimtion.  wie  S,  e,  dock  dann  mit  dem  possea 
ttvprtm, ! 


sO  het  der  selbe  altman 

eine  sch&fkürsen  an 

und  des  selben  üf  einen  huot: 

diu  wären  beidiu  also  guot 

als  in  sin  state  leite.    Krec  285; 

diz  tet  der  pbaffe  umbe  da; 

da;  man  dar  an  ssehe, 

wes  im  sfn  state  jaehe  {»eine  verhältniue  erlaubten). 
Pf.  Amis  1590. 
.5)  präpositionale    roendungen    mit  verschiedener  sinnes- 
nuance. 

a)  obe  i;  si  an  uwer  stade,  .  .  . 

so  lat  uns,  herre,  werden  kunt 

den  selben  wunderlichen  funt.    Eli».  257. 

fc)  mit  staten,  *.  mhd.  wb.  2,2,605''.  so  in  der  vollen, 
eigentlichen   bedeutung  .- 

wen  sie  san  sie  nicht  mit  vollen  staten 
irs  ^esunes  als  durch  einen  schalen 
schmen  von  verren  virren. 

Heinr.  V.  Hesi.er  apokal.  20771. 

in  bezug  auf  ausrüstung,  prunk  u.  ähnl.  .- 

wände  sie  vören  mit  so  getanen  statin, 
da;  den  Dietherichis  gatin  {seine*  gleichen) 
nie  neblüchte  {beschien)  der  lach.    Rother  1102. 

häufig  in  abgebluszter  bedeutung,  besonders  mit  adjecfiven, 
fast  nur  das  adverb  umschreibend: 

betoubet  lac  ich  äne  sin  .  .  . 

ich  blikte  üf  mit  armen  staten.    übel  tvip  795. 

mit  guten  statten  (im  eigentlichen  sinne)  noch  imiß.jahrh.: 
deszhalben  wo  es  sonst  mit  guten  statten  geschehen 
mag,  so  wirt  es  (jmlver)  nicht  basz  verwart,  dann  in 
einem  hausz  zu  Oberst  underm  dach.  Fronsperoer 
kriegsb.  l,  73*.   vgl.  auch  Reuchi.in  augensp.  A  4*  unter  &,b. 

c)  mJul.  nach  (sinen)  staten,  nach  seinem  vermögen, 
seinen  Verhältnissen,  s.  mlul.  wb.  2,  2,  eos*"/.  .- 

minnete  er  (Fabianus)  vli;eclichen  got 

und  volvurte  sin  gebot 

nach  staten  swie  er  mochte.    pa»s.  100,1  Köpke; 

wane  hüte  der  gute  herre  sente  Bartholomeus  von  allen 
christenlüten  wirt  gelobt  und  geerit,  so  sul  ouch  wir  in 
lohn  und  erin  nach  unsern  staten.  Schönbach  altd.  pred. 
1,344,14;  gewöhnlich  in  bezug  auf  die  'mittel',  besitz,  ver- 
mögen; so  besonders  in  Verbindung  mit  geben;  wir  suln 
.  .  .  die  almäsen  gebn  nach  unsern  staten.  93,  lO;  frue- 
stuck  sol  (deti  zimmejleuten)  yederman  geben  nach  staten 
('nach  vermögen  oder  nach  gelegenheit').  quelle  bei  ScuM.' 
2,  795  (ges.  der  handwerkerzünfte  zu  München  um  1346, 
handschr.  v.  1464);  so  lüdent  die  liite  die  brfldere:  eins 
lüt  20,  eins  12  oder  lo,  iegeliches  noch  sinen  staten, 
und  furtent  sü  heim  und  büttents  in  wol.  d.  städte 
chron.  8,  106,  11 ;  di  selben  süUent  für  sich  selber  der 
stat  warten  und  helfen,  alz  ain  ander  purger  nach  seinen 
slaten.  15,  394,  9,  vgl.  29; 

zehant  lech  er  und  gap, 
umbe  swiu  si  in  bäten, 
ie  dem  man  n&ch  sinen  staten. 

Ottokar  reimchroi\.  15058. 

so  auch  7nit Zusatz:  nach  statten  und  vermögen,.«.  Brinck- 
mann  2,  .')75*':  so  sulien  sie  uns  mit  irem  dinste  gereit 
und  geliorsam  sein,  nach  iren  staten  und  vormügen. 
urk.  Karls  IV.  v.  1360  bei  Hai.taus  1735;  doch  auch  ver- 
bundfn :  nach  seinem  stand  und  nach  seinen  statten. 
quelle  bei  Schm.'s,  795  (hund.vchr.  v.  1467).  —  in  andrer 
beziehung:  wie  man  einen  zeug  aufladen  sol,  er  sei  grosz 
oder  ciain,  ein  ietlichen  wagen  nach  seinen  staten  ('wie 
ea  für  ihn  jmszt").  d.  städtechron.  2,855, 16. 

d)  dazu  im  gegensatz  über  state;  zunäch.^t  vom  phi/- 
sischen  vermögen:  da  vastont  si  über  der  nature  stat 
Gkieshabkr  pred.  2,  49; 

nO  Tristan  der  vuor  all«;  hin 
über  State  und  Über  mäht 
beidiu  toc  unde  naht.     Tritian  739t; 
ähnlich  auch: 

und  bIh  der  arme  spilman 

wider  »tnos  libea  «täte  bogan 

«In  haqihon  unt  aln  singori.    7678. 

in  betug  a%if  die  materielle  läge,   beaita: 
er  wart  .  .  . 

ab«r  atate  g^ret.    Krec  4408. 

ao  auch  nhd.  im  sinne  einer  einfachen  veratärkung.  iiher- 
mäazig:  groai«  Ubclzytl  wii>wol  ich  hatt, 

allzyt  fraal,  hiz,  ulla  Über  d'  aUtl 

J.  HuKK  Ktter  Heini  ;>. 


i 


977 


STATT  (tl,  B.  6. 7) 


STATT  (II.  B,  7) 


978 


so  noch  abgeschtcächt  im  bair.:  Überstatt  schön,  ziemlieh 
schön.  ScHM.-  2, 795. 

G)  andere  gebrattchsiceisen  entfernen  sich  tceiter  von  der 
grundbedetitung.  so  bedeutet  es  zuiceilen,  besonders  im 
nd.-nl.  'beqttemlicJikeit,  gemäcMichkeit,  ruhe'  u.  s.  ic. 

ä)  nl.  staede,  commoditas,  utüitas,  opportunitas,  locus: 
et  otiiim ,  fempus  vacuum.  de  staede  hebben ,  tempua 
vadium  habere.  Kilian  2,627''.  —  mnd.  to  stade  komen, 
zur  ruhe  kämmen,  ruhig  tcerden: 

dat  min  herte  echt  to  stade  queme. 

Gerh.  r.  Minden  31,  25  Seeitnann, 

auch  im  hd.  steht  statte  vereinzelt  als  sgnonymon  neben 
ruhe:  do  sie  ime  was  also  leitsame  und  vil  dage  lange 
ime  an  hatte  gelegen  noch  ruwe  noch  statten  öme  en 
gap.  quelle  bei  Haltals  1735. 

b)  so  nd.  mit  stade(n)  gemächlich,  ruhig,  langsam,  all- 
mählich: Masseus  ghenck  wat  sneller  den  wech  voer 
unde  Franciscus  quam  myt  staden  na  ghan.  quelle  bei 
Schiller-LCbben  4, 350»;  men  sal  den  buk  mit  stade 
vullen,  paulatitn  venter  dapibus  replendus  obesus.  TuN- 
Nicius  718.  so  hd.,  verstärkt,  in  aller  ruhe:  nach  dem 
aber  desselben  mals  k.  m.  durch  Schwabenn  lanndt  seer 
unnd  fast  eylet,  unnd  alls  man  mir  sagt  vil  unnd  gros 
ander  sachen  vor  banden  vrarn,  das  mein  Unschuld  mit 
gätten  statten  und  müssen  nit  wol  nach  der  lenge  mocht 
gehört  werden.  Reuchlin  augenspiegel  A4»; 

ich  sain  uch  heren,  wat  ich  raden, 
dat  ir  mit  veil  ^eden  staden, 
mit  eirst  ur  dinc  anerait 
und  dat  ir  nch  neit  envergeit. 

Hagen  boich  v.  Colne  4310  (».  d.  etädtechron. 
12, 145). 
in  anderm  sinne  (bei  zelten*): 

nicht  hilfet  der  arczedye  list, 
wan  der  siehe  virtorben  ist, 
man  solde  al  diesen  schaden 
bewarit  han  vor  mit  staden. 

Ernst  Kirchberg  chron.  c.  92  bei 
Westphalkn  4,  726. 

7)  selir  häufig  ist  state  in  dem  sinne  'nutzen,  förderung, 
hilfe.  beistand':  vgl.  nl.  staede,  auxilium.  Kilian  2,626». 

a)  so  vereinzelt  als  object,  vgl. :  staede  doen,  ustii  esse, 
prodesse,  commodo  esse.  Kilian  2,  626».  im  deutschen  ein 
paar  mal  belegt  als  object  zu  bringen  in  Verbindung  mit 
syncmymen  ausdrücken:  dan  denselben  (übelthätem)  sali 
kein  dieser  vur  und  nageschribener  artickel  stade  oder 
friheit  brengen.  quelle  vom  jähre  1400  bei  Haltaus  1735; 
so  uns  vorteile  und  staden,  und  dem  oheim  hindernisse 
und  unstaden  bringen  mochte,  ebenda  {vom  jähre  Uö6) ; 
mässiget  ewer  betrübnusz,  dann  leydt  zutreiben  bringt 
unserm  geschefft  keyn  förderung,  oder  statten.  Äimon  s  6^. 

b)  sonst  stets  in  Verbindung  mit  präposition,  vgl.  te 
staede  komen,  venire  auanlio,  auxilio  esse,  assistere,  auayi- 
liari,  praesto  esse,  opportune  et  eommode  venire.  Kilian 
2, 626».  {so  noch  jetzt  holl.  te  stade  komen.)  ähnlich  in 
loserer  fügung  schon  spätahd.:  ze  stäto  bist  tu  chömen 
Mercurio  Maiun  süne  (oportune  votis  intermlxta  Maiu- 
gene).  Notker  1,731,9  Piper  {Marc.  Cap.  i,28).  mhd.  als 
feste  redeireise,  s.  nüid.  wb.  2,  2, 606».  doch  steht  im  deutschen 
{hd.nd.)  in  diesen  fällen  fast  stets  der  dat.  plur.,  vgl.  z.  b.: 
allain  der  christenlichen  kirchcn,  teutscher  nation  auch 
gemainem  nutz  friden  und  rechten  zu  hilffe  und  guten 
staten  auffgericht.  quelle  bei  Haltals  1735.  ganz  ver- 
einzelte ausnahmen  begegnen  in  mitteldeutschen  quellen: 

ir  werch  was  nütze  und  ersam, 
vil  manigem  e;  ze  state  quaim. 

Lampreht  V.  Regbnsburg  Franc,  leben  1660 
(neben  staten,  f.  unten); 

die  mein  red  euch  dick  kam  zu  stat  (;  hat). 

Wickram  8, 164  BoUe  {Ovid  13,  2,  215); 
neben:         das  euch  dise  mein  listig  handt 

nutz  schufT  und  den  Troianem  gnommen, 
welchs  euch  zfi  grossem  statten  kommen, 
dieweil  euch  nun  solchs  nutz  mag  sein  .  .  . 

173  (528) ; 
zu  grossem  statten  er  mir  kam, 
als  er  mich  inn  sein  schiff  uffnam.    201  (14,  2, 152, 

«0  Bartsch  Albr.  v.  Halberst.  33, 151 :  zu  grdger  state 
einsetzt);  hier  hat  Wickram  offenbar  aus  miszverständnis 
den  alten  dat.  plur.  zum  schwachen  ma.tr.  gemacht,  die 
im  mhd.  wb.  angezogene  stelle  pass.  266, 15  Köpke  dagegen 
X.  2. 


ist  tcot  anders  zu  verstehen,  a.  unten  S,a,  da  man  sonst 
im  daneben  entarten  würde,  vgl.  daneben: 

mac  ich  dir  wol  zu  staten  kumen 

imd  dir  din  leit  wirt  benumen.    301,  85. 

diese  sehr  häufige  Verbindung  zu  statten,  die  von  dieser  ganzen 
bedeutungagntppe  (B)  allein  lebendig  geblieben  ist.  hat  dann 
auch  die  Umgestaltung  der  Verbindung  von  statt  in  von 
statten  bewirkt,  s.  A,  4,  e.  diese  Vermischung  ist  besonders 
deutlich  in  einer  stelle,  tco  zu  statten  gehen  ganz  im 
sinne  des  späteren  von  statten  gehen  (A,  4,  e.  ß)  gebraucht 
wird:  der  nach  gottes  wort  seines  beruffs  wartet,  der 
ist  jmerdar  geschickt  und  bereit,  viel  gutes  zu  thun, 
und  thuts  auch  on  unterlas.  gehet  jm  davon  zu  statten, 
was  er  fnrnimpt.  Luther  8,  318".  dies  statten  ist  bei 
Steinbach  2, 688  als  besonderes  wort  angesetzt,  s.  oben 
A,  4,  e,  ß.  eine  verfehlte  erklärung  giebt  Adelung  2,  «.  ferner 
Weigand  2, 800. 

c)  die  tceitaus  gewöhnlichste  Verbindung  ist  zu  statten 
kommen  {s.  auch  die  beispide  unter  b).  in  der  Verwen- 
dung ist  ein  unterschied  zicischen  der  altem  und  der 
neuem  spräche  zu  beobachten. 

a)  mhd.  überwiegend  mit  persönlichem  subjeet  und  der 
bedeutung  'helfen,  beistehen' : 

durch  got  saget  balde 

ob  ich  iu  ze  staten  müge  komen.    Erec  5344; 

wan  jener  der  da  nider  lac, 

dem  moht  im  niht  ze  staten  komen. 

Ixcein  6781 ; 
den  quam  er  mit  vatten, 
also  ein  hell,  ze  statten. 

mtnnes.  3,  340,  18  Hagen  (Wackbrnagbl 
kirchenl.  2,  s.  140); 
86  da^  si  niht  enmohten 
dem  hüse  komen  ze  staten. 

Ottokar  reimchron.  9128; 
ei  der  dem  selben  armen 
indert  kaem  ze  staten! 

Hadamar  V.  Laber  yo^d  507; 

swer  eigen  liute  hat,  und  kumt  ir  eing  in  seinem  dienste 
in  Siechtum,  und  wil  im  der  herre  an  sinen  notdurften 
niht  ze  staten  komen.  Schwabensp.  58,  §  i ;  gebar  siu  ein 
töd  kint,  und  was  nieman  bi  ir  von  frouen  noch  von 
mannen  der  ir  in  semelichen  sachen  ze  statten  kseme. 
quelle  s.  Wackernaoel  leseb.  l*.  943,  8;  bätend  siu  daj 
siu  inen  ze  statten  ksemen  und  inen  etwas  gelben.  33; 
die  sei  chsempft  taeglichen  wider  den  teufel  . . .  und  dar 
umb  sol  man  der  sei  manichfeltichleich  ze  staten 
chomen,  dag  sew  in  wider  streben  mög.  gesta  Roma- 
norum s.  139  Keller;  dag  unser  herr  der  kunk  her  aws 
meint  zu  kumen  vor  dem  palmtag  und  frid  zu  machen, 
und  das  man  im  zu  staten  solt  kumen.  d.  städtediron. 
1, 191,  20  {briefv.  1397);  wenn  ein  gemeiner  krieg  angehet, 
so  hat  iederman  so  vil  mit  im  zu  schaffen,  daj  einer 
dem  andern  nit  ze  staten  komen  mag.  2.330,22;  wer  uns 
hilf  geschehen,  wir  möchten  itzunt  unsem  puntgenossen 
auch  dester  fruchtperiicher  und  pasz  zu  statten  kommen. 
408, 18 ;  diese  clöster  und  pfarren  habent  ire  pfleger 
zugegeben  von  einem  hochweisen  rat,  dieselben  in  zu 
statten  komen  in  anligenden  sachen.  3,75,8;  so  wil  ich 
uwer  tugentlich  gnode  flisseklich  bittent  sin  .  . ,  dasz 
{ihr)  mir  zu  statten  wellent  komen,  wan  ich  .  . .  verhafl 
bin  mit  einem  Juden  ze  Sletzstat,  und  daran  min  bittung, 
dasz  ir  mir  geruchtent  zehen  pfunt  pfenning  lihen! 
9,1043,36;  hilff  deinen  armen,  chum  in  ze  staten.  queUe 
bei  ScHM.*2,  795.     so  mit  verdetttlichenden  Zusätzen: 

si  wolden  in  drät 

ze  staten  und  ze  helfe  komeo. 

Ottokar  reimchron.  26274; 

di^  er  beintch  in  zu  statin 

mit  den  stnen  queme. 

Nie.  V.  Jeroscrin  1976S. 
im^  andern  bestimmungen : 

ze  weihen  staten  ich  iu  quam, 

dö  ich  iuch  von  dem  tßde  nam.    Iwein  8143; 
negiert:  leider  nü  enmuge  wir 

ime  ze  keinen  staten  komen.  d.  arm.  Heinr.  505. 
so  noch  nhd.  zutceilen  bis  ins  18.  jahrh.:  jemand  mit 
einem  guten  raht  zu  statten  kommen,  servire  uno  oppor 
tunamente  con  (d")  un  buon  consiglio.  Kram  er  dict.  2,914"; 
o  gott!  ich  bitte  dich  .  ..  dasz  du  mir  in  dieser  unge- 
stühmen  weit ...  mit  deiner  hülffe  zu  statten  kommen 

62 


979 


STATT  (II.  B,  7) 


STATT  (II.  B.  7) 


980 


wollest.  Olearius  pers.  baumg.  lO*»"  (lO,  l);  davon  unsern 
vormaligen  bandsgenossen  uns  niemand  zu  statten  komt. 
Heilmann  T7ti<c. 384(3. 57;  Jacobi:  uns  beysteht);  {daszer) 
einen  schädlichen  nachdrucK  besorge,  zu  dessen  Ver- 
hütung . .  .  wir  ihme  mit  unserm  kaiserlichen  druck-privi- 
legio  diesfalls  zu  statten  zu  kommen  gnädigst  geruheten. 
Bi.i; MAUER  Aeneis  2  (1785),  ki^  {privil.  Josefs  II.);  ich 
hatte  ...  es  unternommen .  aus  Nikolai's  algemeinen 
deutschen  bibliothek  einen  auszug  der  theologischen 
artikel  derselben  zu  veranstalten,  womit  ich  denen  zu 
statten  kommen  wolte,  welche  sich  nicht  im  stände  be- 
fanden, diese  ganze  bibliothek  sich  anzuschaffen.  C.  F. 
Bahrdt  gesch.  s.  lebens  (l79l)  3,161.  so  auch:  und  ye 
ein  glid  mag  dem  anderen  zehilff  und  statten  kommen. 
manuale  curatorum  (1516)  19^; 

ich  sinne  nach  wie  deine  macht 
mir  reichlich  kommen  sey  zu  statten. 

Opitz  psalmen  116  (68,  4). 

ß)  mit  unpersönlichem  s^ihject,  in  dem  sinne  'nützen, 
von  nutzen  sein,  zu  gute  kommen',  so  schon  mhd.  nicht 
selten :  das  vierde  ist  verllust  des  gemeinen  gebettes.  das 
kümt  im  niht  ze  staten.  diewile  er  wijentliche  in  einer 
houbet  sunden  ist.  die  er  niht  gebihtet  hat.  bihtebuoch 
a.  11  Oberlin  ; 

des  maic  mir  unz  an  minen  tOt 

niemer  niht  ze  staten  komen, 

in  mtieje  Itden  sende  nOt. 

minnes.  frühl.  217.  30  (Hartman  v.  Ouwe)  ; 

swelch  dienest  so  ze  staten  kumt  .  .  .     Iwein  6666; 

e5  ist  ein  helfeclicher  dön, 

swa  friundSn  rede  wirt  vernomn, 

diu  friunde  mac  ze  staten  komn.    Parz.  766,  18 ; 

da;  kam  ime  ze  gr6;en  staten. 

Heinr.  V.  n.  TÖRLIN  kröne  9437; 

wan  swer  mit  sUnden  ist  geladen, 

dem  mac  der  name  (Jegiu)  mer  geschaden  .  .  . 

danne  er  im  ze  staten  kum. 

Lampreht  V.  Rkgensburo  Franc,  leben  3319; 

darzuo  muoj  dir  mJn  helfe  fromen 
und  euch  mfn  trßst  ze  staten  komen. 

tohter  V.  Syon  1152; 
das  roesser  kam  im  wol  ze  staten. 

Heinr.  v.  Neustadt  Apollon.  6747; 
derselb  {ofiwind)  mag  dir  zu  staten  kumen. 

OswAi.o  V.  Wolkenstein  17,  48  Schatz; 
darinn  kam  mir  ze  staten 
vil  krumper  stampanei.    111,103;' 
mit  Zusatz : 

eines  rates  ib  iu  beweise, 

der  waerlicb  gefrumt 

unt  uns  ze  besten  staten  cbumt. 

urgtende  hei  Hahn  ged.  104.  52. 

ao  im  nhd.  von  anfang  an  überwiegend,  und  in  der  neuern 
spräche  ausschlieszlich  und  in  dieser  Verwendung  sehr 
luiußg:  zu  statten  kommen,  ustii,  commodis  aptum,  operae 
pretium  esse.  Stiei.er  2117;  das  geld  wird  mir  treflich 
wol  zu  statten  kommen,  questo  danaro  mi  servirä  be- 
nissimo.  Kramer  dict.  2,914»;  das  kommt  mir  zu  statten, 
hoc  mihi  saluti  est;  was  einem  zu  statten  kommt,  quod 
aliquem  adjuvat;  den  armen  kommt  es  zu  statten,  pau- 
peribus  usui  est;  in  der  noth  einem  zu  statten  kommen, 
difficultatihua  alicujus  subsidio  esse;  das  geschencke 
kahmm  zu  statten,  munus  usum  magnum  habebat;  was 
im  kriege  zu  statten  kommt.  Stein  räch  2,688;  zu  statten 
kommen,  u»ui  esse,  opportune  et  commode  venire,  prodesse. 
Frisch  2,821'';  zu  statten  kommen,  'zu  einer  absieht 
nützlich,  beförderlich  aeyn'.  Adehjnci  (2);  das  kam  mir 
zu  dieser  absieht  vortrefflich  zu  statten,  dann  wird 
ihnen  ihre  gelehrsamkeit  recht  gut  zu  statten  kommen. 
ebenda,  ao  jetzt  attch  hoU.  te  stade  komen,  s.  oben  b; 
ebenso  (daher  beeinfluaztt)  oatfriea.  to  stade  kamen,  dat 
komd  hum  gAd  to  stade,  dat  hft  dat  n£d  dAn  brOkte. 
dat  geld  kwam  hum  in  sin  läge  best  to  stade  un  hulp 
ham  sülkes  Qt  grote  ferlegenheiden.  trn  Dooknkaat 
KOOLMAN  8,  S98*>.  (fehlt  in  Handadiukaheim.  Lenk  68'.)  — 
bdege:  redet  er  gefitftklich ,  es  kompt  jm  zA  staten. 
Aimon  hl*;  wann  du  klugen  rath  hftren  wilst,  mustu 
einen  schweren  stein  auffheben,  und  den  etliche  mahl 
aair  den  dummen  esel  werffen,  und  ihm  kopIT  und  lenden, 
und  altes  zerquetschen,  das»  er  dem  ohrlosen  könige 
(der  mit  den  mein  unbarmherzig  umging)  nicht  möge  tu 
statten  kommen.  Olbariur  pera.  baumg.  18*'  (1,  89);  der 
gute  mann  würde  diMM,   noch  gaiu  ertiilgUohe  stUok, 


auch  nicht  hervorgebracht  haben,  wenn  ihm  nicht  die 
materie  der  alten  bildsäule  dahey  zu  statten  gekommen 
wäre.  Lessing  i.  142  (fabeln  2,  l);  aber  warum  sollte, 
unter  allen  tagewerkern,  dem  einzigen  wöchentlichen 
schriftsteiler  kein  feyertag  zu  statten  kommen?  7.447 
(Hamb.  dramat.,  101 — 4  stück);  dasz  die  natur  der  zu  kurz 
fallenden  kunst  hier  zu  statten  kommen  .  .  .  kann.  8, 133 
(antiqu.  br.  42);  dieser  umstand  kam  ihr  itzt  bey  ihrem 
alten  sehr  zu  statten.  Wieland  8,  265  (Danischm.  3l); 
wie  wohl  nun  ihre  (der  byzantinischen  kaiser)  Wissen- 
schaften nicht  eigentlich  dem  reich  selbst  zu  nutz  kamen, 
da  die  gelehrtesten  kaiser  meistens  die  unglücklichsten 
waren..;  Europa  kamen  sie  sehr  zu  statten.  Herder 
9,  341  Suplian;  in  dieser  Verlegenheit  kamen  die  kennt- 
nisse  seines  freundes  Laertes  ihm  gut  zu  statten.  Göthe 
19,111  (Wüh.  Meister  i,  M);  ihr  müszt  reisen,  die  ein- 
ladung  des  markese  kommt  euch  herrlich  zu  statten.  20,  307 
(8,  lo) ;  also  würde  man  urtheilen.  wenn  er  (Phidias)  auch 
nichts  als  die  Minerva  zu  Athen  oder  den  Olympischen 
Jupiter  in  Elis  gemacht  hätte,  dessen  Schönheit  der  an- 
genommenen religion  ...  zu  statten  kam.  37.  42;  der  nord- 
ost-wind  ...  kam  uns  trefflich  zu  statten,  und  half  die 
flamme  bis  hinauf  in  die  obersten  gibel  jagen.  Sghim.er 
2,  92  (räuber  2,  3  schausp.);  die  zeit  meldet  sich  allgemach 
bei  mir,  wo  uns  vätern  die  kapitale  zu  statten  kommen, 
die  wir  im  herzen  unsrer  kinder  anlegten.  3,  478  (kab. 
u.  liebe  5,1);  frühe  schon  legte  er  (Solon)  sich  auf  die 
dichtkunst,  und  die  fertigkeit,  die  er  darinn  erlangte, 
kam  ihm  in  der  folge  sehr  gut  zu  statten ,  moralische 
Wahrheiten  und  politische  regeln  in  dieses  gefällige  ge- 
wand  zu  kleiden.  9, 166;  lassen  sie  daher  auch  mir  einige 
nachsieht  zu  statten  kommen.  10,276  (ätith.  erz . .  \.  br.); 
man  schiebt  noch  alles  auf  den  krieg  und  auf  die  be- 
lagerung;  das  mag  den  aubergisten  sehr  gut  zu  statten 
kommen.  Seume  2,  95  Hempel;  Karl  legte  den  grund  zu 
einer  bildung,  die  doch  nur  den  groszen  und  vornehmen 
zu  statten  kam.  Schlosser  toeltgesch.  5,392;  Leodegar  liesz 
mich  unwillkürlich  frei,  dieses  fahrenlassen  kam  mir 
kleinem  ungeheuer  zu  statten.  Keller  7, 3ii;  wenn  es 
(Zürich)  sich  mit  dem  Schilde  vorsichtiger  neutralität 
gedeckt,  sei  das,  wie  der  Schweiz,  so  Graubünden  zu 
statten  gekommen.  C.  F.  Meyer  Jürg  Jenatsch  134; 

kurz,  jeder  umstand  kommt  dem  andern  da  zu  statten, 
und  trägt  das  seine  bey,  die  sacbe  rund  und  ganz 
zu  machen.    Wiei.and  23,  130  {Oberon  9,  10); 
nicht  kam  dem  Sacripant  sein  muth  zu  statten. 

Gries  Bojardo  1, 14,  61. 

d)  andre  ähnliche  Verbindungen  sind  auf  die  alten  sprach 
stnfen  beschränkt. 

a)  mhd.  häufig  ze  staten  st&n ,  vgl.  mhd.  tob.  2,  2,  606» ; 
mit  peraönl.  aubject  ; 

vrouwe,  ich  enmac 
iu  ze  staten  niht  gest&n.    Iwein  5707; 
da;  se  alle  samet  in  selben  mS 
enmohten  niht  ze  staten  gest&n, 
wan  das  se  ir  schef  et  liejen  gka.     Trintan  2413; 
hei  sal  levendicb  us  deme  grave 
mit  der  helpen  godes  gain 
unde  Agrippina  zo  staaen  stain. 

Hagkn  boich  V.  Colne  116; 
hei  inmoichte  in  neit  zo  staden  stain.    1075; 
80  sal  uch  got  zo  staden  stain.    6883; 
mit  unperaönl.  subject: 

Bvag  ir  an  mir  hat  getan, 

dag  läget  ime  zu  staten  stan.    graj  Rudolf  19,  r>; 

vrouwe,  ir  habt  den  rftt, 
der  iu  wol  bag  ze  «taten  stAI.    Iwein  7860; 
mObt'  eg  in  iht  ze  staten  stAn.    pf.    i 
niht  ist  dag  uns  se  staten  stA 
sO  wol  ze  got«  sam  sie  (die  minne) 

LaMPRBHT  V.  HBGBN!<HrR<)  tohl' 

ob  mir  sein  tugent,  di  er  hat, 
in  diser  not  zu  staten  slat. 

Hfrm.  V.  NsusTADT  ApoUon.  18791; 

i;  ist   billich    dai;  die  wisheit  des  almechtigen  gntis  den 
ungelouhigrn  niht  zu  staten  ste.  Leyskr  prrd.  loi,  3k. 
ao  auch  mnd.     of  hc  Icvon  solde,  hc  machte  noch  inanich 
jar  sinen  vrunden  to  staden  stan.  deutsche  chron.  9,  283,  98. 
a.  ferner  Schii.i.kr-LOhiirn  4,  sfto». 

(3)  aonat  im  mnd.   in  dieaem  ainne  in  staden    slarn, 
«.  aianda  (wrk.  v.  1876),  und,  mU  varmiackung  der  beiden 


981 


STATT  (II,  B,  7.  8.  C.  1) 


STATT  (11,  C,  1) 


982 


icörter .-  in  steden  stän  372*  {Lüb.  urk.  v.  1375,  Hoyer  urk.). 
ebenso  nl.:  in  staede  staen,  vetus,  vd  ontset  doen.  Kilian 
2,  626'.   80  auch  köln.  in  staden  stain  {neben  zo  staden,  *.  o): 

ei  got,  manch  goit  haistn  ans  gedain, 
dn  wolt  nns  vort  in  staden  stain. 

Hagen  boieh  v.Ccine  1806; 


it  danct  uns  allen  goit  gedain, 
dat  wir  der  stede  in  staden  stain. 


4689. 


;)  vereinzelt  mhd.  dafür: 

doch  mochter  nicht  zu  in  gewaten, 
noch  ir  dekeime  zn  staten 
getreten  in  der  selben  zit.    pasg.  238,  4S  Köpke. 
ferner :  swer  dienen  künne  riehen  solt 

and  sich  ze  staten  biete. 

KONR.  V.  WCrzburg  Parton.  «.  Mtl.  3237. 

e)  andres  liegt  weiter  ab,  so:  so  gereichete  es  ihnen 
ohne  zweifei  zn  gedeylichen  statten,  wan  die  landtage  hin- 
führe mehrmaln  zum  Kiel  möchten  angestellet . . .  werden. 
ttrk.  V.  1649  bei  Westphalen  monum.  ined.  4  (1745),  107. 
g.  auch  Haltaüs  1735.  —  zu  statten  gehen,  s.  oben  unter  b. 

8)  vereinzelt  begegnen  diese  u.  ährd.  xoendungen  in  ganz 
anderm  sinne. 

a)  zu  statten  kommen;  mnd.  to  Stade  kernen  ruhig 
xcerden,  s.  unter  6,  a.  ähnlieh  ist  icol  zu  verstehen: 

als  der  (Seth)  des  vateres  {Adanu)  tot  entpfant, 

do  was  im  leide  genuoc. 

sin  trawe  in  do  alumme  trac, 

wie  er  {AdamT)  zxx  State  mochte  kamen. 

pa^g.  266,  15  Ä'öpJte  (vgl.  auch  7,  b). 

b)  wieder  anders:  aber  der  Eidgnossisch  . . .  cardinal, 
und  der  herzog  von  Bar  hüben  als  trfiwe  diener  bim 
armen  glük  des  gerechten  keisers,  in  hofnung,  die  ge- 
rechtikeit  wurde  noch  bi  zit  zö  staten  kommen.  Anshelm 
Berner  chron.  4,  171,  2  {'zur  geltung  kommen'  Wörter verz.). 

c)  zu  statten  bringen,  reficere.  reeoncinnare.  voc.  v.  1618 
bei  ScHM.-  2,  795. 

C.  im  nhd.  ist  statt  hauptsächlich  in  einigen  formel- 
haften Verbindungen  erhalten,  tco  eine  Scheidung  dieser 
beiden  ic&rter  nicht  mehr  durchführbar  ist.  so  einerseits 
in  den  Verbindungen  des  dat.  plur.  statten  mit  den  Prä- 
positionen von  uiid  zu;  von  statten  gehen,  s.  A,  4,  e,  und 
zu  statten  kommen ,  B,  7,  c.  hier  liegt  im  ersteren  falle 
deutlich  altes  stat ,  im  zweiten  state  zw  gründe,  tceshalb 
sie  auch  an  der  entsprechenden  stelle  eingereiht  sind ;  doch 
beueist  die  formale  angleichung  (von  statten  /«r  von  statt 
oder  von  statten),  dasz  der  unterschied  nicht  mehr  empfunden 
icird.  anders  verhält  es  sich  mit  den  redexceisen ,  tco 
statt  als  object  zu  verben  tritt,  hier  liegt  in  der  alten 
spräche  meist  deutlich  stat  und  State  neben  einander,  so 
dasz  im  mhd.  eine  auftheilung  der  belege  auf  beide  Wörter 
im  allgemeinen  möglich  ist  {während  im  mnd.  häufig  ver- 
mischung  eingetreten  ist),  auch  nach  dem  schirinden  der 
formalen  Unterscheidung,  im  nhd.  dagegen  ist  die  Unter- 
scheidung nicht  tnehr  durchführbar,  besonders  desicegen, 
weil  diese  verbindujigen  hier  im,mer  mehr  zu  einer  einheit- 
lichen gruppe  verioachsen  und  als  solche  neue  bedetttungen 
entxcickeln,  die  weder  zu  stat  noch  zu  state  passen,  sie 
verlangen  daher  eine  gesonderte  behandlung.  das  gilt  ins- 
besondere von  den  jetzt  überaus  gewöhnlichen  statt  haben  (l) 
und  statt  finden  (2);  ihnen  schlieszt  sich  das  sehr  zurück- 
gegangene statt  geben  (3)  an.  bei  den  ganz  erloschenen 
Verbindungen  statt  thun  (4)  und  statt  lassen  (5)  scheint  da- 
gegen ursprünglich  nur  state  zu  gntnde  zu  liegen,  in 
allen  diesen  \cendui\gen  ist  statt  alleinherrschend  geblieben, 
nur  ganz  ausnahmsxcei^e  und  ungut  kommt  dafür  statte  vor. 

l)  statt  haben. 

a)  mhd.  zunäclist  stat  h&n,  s.  mhd.  tob.  8, 8, 599* ;  z.  b.  -. 

wan  da;  {maere)  hat  dfi  ninder  etat 

and  vil  gerömeclichen  pfat, 

zeinem  6ren  In,  zem  andern  für.    Pan.  241,  23. 

SO  noch  im  le.jahrh.,  ganz  eigentlich:  es  sollen  die  ketzer 
nicht  räum  noch  stat,  in  seinem  heiligen,  freien,  christ- 
lichen concilio  haben.  Luther  8,212*;  mit  näherer  be- 
»timmung:  wir  haben  hier  keine  bleibende  statt,  s.  A,  6,  d. 
ähnlich  freier:  also  das  da  die  gedancken  and  vemunfTt 
kain  stat  in  jm  haben.  10,3,66,11  Weim.  attsg.; 

die  Unschuld  bat  bei  euch  kein  stat, 
wenn  euch  der  grim  beseszen  hat. 

Rbbhun  üu«.  3,  2,  r.  135. 


räum,  platz  haben  .- 

tavelrande  ...  ist  so  breit,  da;  volle  stat 
wit  und  eerüme  dar  an 
wol  vünttinndert  ritter  hän. 

Heinr.  V.  Freiberg  Tristan  1334; 

hierzu:  aber  das  ich  jm  hie  vil  thu,  geschieht  darumb, 
das  in  einem  kleinen  die  underschyd  dest  mercklicher 
erkandt  wirdet ,  unnd  auch  das  ich  solichs  des  kleinen 
blatz  halben  hie  nit  stat  hab  zu  machen.  A.  DC'rkr 
t».  menscfd.  proportion  (1528)  S  S**  {könnte  auch  tu  b  ge- 
zogen werden). 

b.  a)  viel  häufiger  ist  mhd.  state  hän ,   die  möglichkeit, 
gelegenheit  wozu.  s.  mhd.  wb.  2, 2,  605».  meist  mit  ergänzender 
bestimmung,  in  der  regel  durch  einen  gen.: 
da;  sie  irs  wirtes  bette  floch  .  . , 
wa  sie  des  stade  mohte  han.    EU*.  1665 ; 

die  beziehung  ergiebt  sich  aus  dem  zusammenhange : 
si  weiten  in  gerne  haben  erslagen. 
du  nemahten  si  der  State  niht  nahen. 

kaiferchron.  5382; 
ie  swan  sie  die  state  het, 
sfi  sch6z  sie  mit  ir  ougen  brehen 
Tristande  hin  ein  vrinntlich  sehen. 

Heinr.  V.  Freibbrg   Triftan  2608. 

die  bestimmung  auch  durch  einen  inhaltssatz  oder  in  f.  m.it 
ze:  da?  man  den  beichter  nit  ze  lang  aufenthalt,  und  da^ 
die  anderen  och  stat  mügen  han  ze  beichten,  quelle  bei 
Sghm.*  2,  795  {handschr.  v.  1458)  ; 

er  .  .  .  wolde  von  den  liuten  fliehen 
verre  in  verwuoste  stete, 
da  er  guote  state  bete 
ze  dienne  got  aleine. 

Lampreht  V.  Rbgbnsburg  Franc,  leben  3667; 
ex  was  diu  maget  minneclich 
Tandareis  vil  heimelich, 
euch  het  er  des  vil  guote  stat 
da;  er  si  umbe  ir  minne  bat. 

Fleier  Tand.  u.  Flord.  3309; 
sa  nu  die  dugentriche 
der  Stade  monte  nit  gehan, 
daj  i;  di  frouwen  wolten  lan.    Elit.  2033; 

mit  synonymen  verbundeji  {s.  B,  3,  o) : 

nu  han  ich  stände  joch  di  Stade, 

daj  ich  dir  gfides  icht  begade  {vertehaffe).    2651; 

das  er  zeit  and  stat  hab  darzue. 

ViNTLER  pltiemen  der  tugent  9185. 

wozu  die  fnittd  Itaben,  in  der  läge  sein,  vgl.  B,  4,  a.- 

hie  wart  der  gast  beraten 

als  si  des  state  bäten.    Erec  366; 

er  lie  die  geste  unde  enphie 

ba;  denn'  ieman  txte, 

wand'  er  es  state  hsete.    pf.  Ami$  54; 

unde  sult  zuo  den  siechen  gen  . . .  unde  sult  die  laben, 
ob  es  in  not  ist ,  ...  und  ob  ir  sin  state  habet.  Bert- 
hold v.  Regensburg  1,269, 19;  du  solt  ouch  vater  unde 
muoter  Sren  mit  dem  übe,  da?  du  in  ir  nötdurft  gebest, 
ob  du  sin  state  hast.  275,  35;  ir  sult  den  armen  liuten 
üben,  so  körn,  so  pfenninge,  ob  ir  sin  state  habet.  280,  37; 
nieman  darf  sprechen:  ich  ne  habe  der  state  niht,  daj 
ich  icht  gutes  möge  getön.  dag  himehriche  ist  veil,  al 
dar  nach  da?  der  mensche  state  hat.  da?  der  riebe  küfet 
mit  alle  sime  gute,  da?  koufet  der  arme  mit  einem  eyge 
oder  mit  einer  snieten  brotes.  Leyser  pred.  184,  36  —  125,  3. 
häufig  durch  adject.  zusatz  verstärkt,  guote,  volle  stat  h&n, 
auch,  reichlichen  vorrat  icovon  haben: 

wir  mö;in  aver  einin  kiel  havin, 

die  maniger  bände  wondir  trage,  .  .  . 

swer  da  koufen  wolle, 

da;  wir  des  gßde  stade  h&n.    Rother  3078; 

hai;  din  goit  vur  tragen, 

des  wir  guote  state  haben,    kaigerchron.  18964; 

des  kunigs  amtliute  hieben 

der  berren  schaffaer  nemen, 

swes  sich  der  man  lie;  gezemen; 

des  stie;  in  nieman  dhein  zil, 

er  nsm  sfn  lutzel  oder  vil, 

wand  man  het  sin  volle  stat. 

Ottokar  reimehron.  7844. 

state  h&n  tnit  gen.  der  person,  haben  können: 

ouch  tAten  da  vil  lihte 

sumelicb  ir  bthte, 

die  der  pfaffen  beten  stat.    15675; 

si  begunden  sere  ringen, 

wie  si  des  bekaemen, 

da;  si  guot  gevangen  nxmen. 

der  heten  si  da  guote  stat.    62367. 

62* 


983 


STATT  (II.  C.  1) 


STATT  (II.  C.  1) 


984 


ß)  auch  diese  Verwendung  ist  im  16.  jahrh.  noch  ganz 
getcöhnlich;  sie  ist  daran  zu  erkennen,  dasz  stets  eine 
nähere  bestimmung  hinzutritt  oder  zu  ergänzen  ist.  im 
geniiiv:  jhr  werber  esset  und  trincket  mit  freüden,  die- 
weil  jr  des  stat  habt.  Schaiden'heiszeh  Odyssee  4»(l,  369). 
häufiger  im  infinitiv:  denn  sie  machten  es  in  der  dispu- 
tation  auch  also,  das,  wiewol  der  Eck,  opponens  oder 
gegensetzer  war,  dennoch  das  letzt  wort  behielt,  das  ich 
nicht  stat  hatte,  sein  fürwendung  zu  verlegen.  Luther 

1,  146'';  kain  phantasey  soll  haben  statt, 

zfi  gründen  eottes  hainiligkait, 
'r  dieff  und  noch  ist  ungesayt. 

SCHWARTZENBERG   OC.  165*. 

mit  synonymen  und  ähnliclien  ausdrücken  zusammen- 
gestellt: wenn  etwas  verbotten  ist  by  pen  der  todsünd, 
unnd  ein  mönsch  das  nitt  mit  auszerlichen  wercken  ver- 
bringen will,  und  aber  nüt  dester  minder  hat  volkumne 
verwilligung  im  hertzen,  das  er  sollich  werck  thün  wolt, 
wenn  er  zeit  und  statt  hett,  . .  .  der  mönsch  sündet  tödt- 
lich.  Keisersberg  c/iris^enZ.  fcünjgrtn  ee  7';  alle  menschen 
[si]  sein  wer  si  wollen,  wo  si  ir  ursach  und  stat  zu 
Sünden  haben,  so  sündens.  Aventin  chron.  1,804,29;  aber 
sie  wolte  nicht  nachlassen ,  .  . .  darzu  so  betten  wir 
jetzundt  fug  und  statt  unverhindert  von  jedermann,  buch 
der  liebe  181 »"; 

und  wenn  er  denn  hat  fug  und  stadt 

sein  böse  duck  er  sehen  lat.     H.  Sachs  3,  2, 171". 

c)  statt  haben  ist  auch  im  spätem  nhd.  noch  durchaus 
ijMich,  doch  in  einer  abweichenden  vericetidung ,  die  sich 
von  a  wie  von  b  entfernt,  indem  weder  eine  Ergänzung 
wie  bei  b  zuMssig  ist,  noch  örtliche  bedeiitung  vorliegt. 
statt  haben,  locum  tenere,  permitti,  concedi.  Stieler  2117, 
haver  luogo.  Kram  eh  rfic^.  2,  914»;  'statt  haben,  bewilliget, 
zugegeben,  eingeräum/et  icerden  können,  das  hat  hier  keine 
statt,  katm  hier  nicht  eingeräumet,  zugelassen,  verstattet 
icerden.'  Adelung,  vgl.  auch  Heynatz  Antibarb.  2,443. 
so  jetzt  auch  nd.  stede  hebben,  statt  finden,  brem.  icb. 
6,  338.  {einfiusz  des  französ.  avoir  Heu,  vgl.  zeitschr.  f.  d. 
wortf.  4, 131*,  ist  bei  dem  alter  der  Verbindung  nicht  wol 
denkbar.)  der  unterschied  dieser  gebrauclisiceise  von  den 
altern  liegt  darin,  dasz  das  subject  hier  nicht  eine  person 
{wie  meistens  bei  a  und  immer  bei  b),  sondern  ein  abstracter 
ausdruck,  die  bezeichnung  einer  Jiandlung,  eines  zustundes 
u.  s.  w.,  ist.  .10  ganz  vereinzelt  schon  jnlid.,  durchaus  dem, 
heutigen  spracligebrauche  entsprechend: 

gewin  und  vertust 
muo;  da  haben  stat. 

Ottokar  reimchron.  2565. 

»ehr  ungewöhnlich  und  merkwürdig  ist  folgende  stelle,  wo 
ein  concretea  subject  zu  statt  haben  tritt: 

wie  können  wir  ihm  schicken 

von  blumen  einen  krantz,  sein  häupt  damit  zu  schmücken? 

er  ist  zu  weit  von  uns.    kein  kraut  kan  haben  statt. 

die  neicken  sterben  hin.    das  tausent-schön  wird  matt. 

Fl.E.MING  40. 

d)  die  wichtigsten  gebrauchsioeisen  im  einzelnen,  die  z.  th. 
ebenfalls  auf  die  ältere  spräche  beschränkt  sind. 

a)  bitte,  rat,  ermahnung  u.  ä.  ßndet  statt,  wird  beachtet 
und  befolgt  (l6. — n.  jahrh.):  unsere  pupisten  und  andere 
rotten,  so  sich  mutwillig  widder  unser  lere  setzen,  zu 
trotz  und  widder  der  warheit  nicht  hören  wollen,  dazu 
kein  vermanen  radten  biten  straffen  an  yhn  helffen  noch 
stad  haben  lassen.  Lutheh  28,  17,  ll  Weim.  ax*»g.; 
weil  trewer  raht 
und  wamnng  bey  jm  hat  kein  stadt. 

H,  .Sachs  Jnrtu.  *p.  2,  117  netidr.; 
und  was  man  beid  partbeien  bat, 
■o  wolt  gut  rath  nicht  haben  stat, 
gie  blieben  stracks  aufT  jbrcm  sinn. 

Ai.HERVH  fabeln  ».  23  neudr.  (2,  12); 
dexgleicben  auch  dem  vatter  mein 
wolt  ich  noch  nie  gehorsam  sein, 
viel  wenger  wirt  dein  guter  rat 
in  meinem  hertzen  liaben  «tat.    198  (44,  4Ä); 
die  »ehn-Kucbt  frcmbdpi  soeben, 
wu  wird  lie  dermahleins  noch  endlich  au«  dir  machen, 
weil  ancb  dein  eigner  rath  bey  dir  »elbat  statt  nicht  hat. 
.  Fl.KMINO  H16, 

tyl.  aatn  2,  o,  /. 

ß)  ähnliek  iuweilen  (n.  jahrh.)  etwas  hat  statt  ist  am 
platze,  zulHutig  oder  Tätlich:  stee  und  hoff,  ao  werden 
deine  wcrrk  {culden,  denn  darumb  verzeilcht  rr  dich,  .  . . 
denn  da  hat  die  Hoffnung  and  der  (Uub  statt,  wenn  er 


uns  verzeucht.  Luther  10,8,231,23  Weim,  ausg.    mit  ad- 

jectir : 

wo  das  reden  nicht  verfängt ,  hat  das  schweigen  beszre  stat, 
besser,  dasz  man  nichts  gesagt,  als  gesagt  vergebens  hat. 

LoGAU  2,  10,  90  («.  209,  auch  bei  Lkssing  5, 171). 

vgl.  femer:  weil  aber  die  warheit  nicht  allenthalben 
statt  hat,  insonderheit  zu  hof,  in  der  höUe  und  unter 
den  teufTeln,  ...  als  gebotte  jhm  Lucifer,  dasz  er  fort- 
liin  dessen  schweigen  solte.  Philander  i,  649  {am  randc: 
warheit  wo  sie  nit  gelte). 

/)  eine  meinung,  Vermutung,  furcht  und  äknlicJies  hat 
statt,  trifft  zu,  hat  geltung,  bestätigt  sich:  diese  forcht 
kan  hier  nicht  statt  haben,  questa  paura,  questo  scrupolo 
nonpuö  haver  luogo  {entrare)  in  questo  particolare.  Kram  er 
dict.  2,  914»;  wo  die  Vermutung  der  notweer  wider  die 
bekentlichen  that  {gegen  das  eingestandene  factum  des 
totschlages)  statt  haben  soll,  so  mösz  dieselbig  Vermutung 
gar  gut  starck  bestendig  ursach  haben.  Carolina  ort.  143 ; 
ähnlich  noch:  erstlich  gründet  sich  dieser  einwurf  auf 
die  falsche  . . .  Voraussetzung,  dasz  der  marquis  nur  für 
seinen  freund  sterbe ,  welches  nicht  wohl  mehr  statt 
haben  kann,  nachdem  bewiesen  worden,  dasz  er  nicht 
für  ihn  gelebt . . .  habe.  Schiller  6,  75  {br.  üb.  don  Karlos 
12).  so  dann  auch:  der  halb  disz  auff  jn  {Mahomet)  nit 
gedeüt  werden,  und  die  schrifTt  an  jm  nit  statt  oder  er- 
füUung  haben  mag.  S.  Franck  u^eltb.  119»;  Johannes 
de  Persia  thut  diesem  lande  grosz  unrecht,  dasz  er 
schreibet:  es  wäre  in  Masandaran,  wegen  des  gebirges, 
so  grosse  kälte,  dasz  das  obst  gar  selten  reiff  würde, 
disz  musz  entweder  nur  auff,  und  in  den  gebirgen  ober- 
halb Masandaran  verstanden  werden,  oder  kan  keine 
statt  haben.  Oi.KARivspers.reisebeschr.2S6*. 

S)  in  neuerer  spräche  gewöhnlich  mit  angaben  über  that- 
sächliches,  zustand liches,  die  damit  als  zutreffend,  tcirk- 
lieh  vorhanden,  richtig,  geltung  habend  und  ähnlich  be- 
zeichnet loerden  sollen;  am  häufigsten  neben  negationen:  .so 
scho7i  im  16.  jahrh. :  das  sie  {d.  Christen)  . . .  gleichsam 
unbeweglich,  unüberwindtlich,  unwandelbar,  unnd  un- 
empflndtlich  seind,  one  allen  affect,  das  kein  zöfall  bey 
ihn  statt  mehr  hat.  Franck  parad.  47'';  so  musz  man 
auch  behaupten,  dasz  der  unterscheid  unter  natur  und 
kunst  im  stände  der  Unschuld  keine  statt  gehabt  habe. 
LiSGOveoi;  der  unterscheid,  den  wir  unter  nützlichen 
und  unnützen  gewachsen  machen ,  hat  bey  gott  keine 
statt.  678;  wenn  diese  drey  brüder  dem  reich  keinen 
erben  gaben,  so  rief  die  Verwandtschaft  mit  dem  regie- 
renden hause,  ob  sie  gleich  nur  im  ein  und  zwanzigsten 
grade  statt  hatte,  das  haus  von  Navarra  auf  den  thron. 
Schiller  9,343;  die  möglichsten  motive,  welche  auf  einem 
polnischen  reichstag  überhaupt  und  auf  einem  in  jener 
historischen  zeit  nur  statt  haben  können,  müssen  ver- 
einigt werden.  Demetr.  s.  134  Kettner. 

e)  endlich  wird  statt  h&hen  auch  von  geschehnisseti ,  hand- 
hingen  u.  ähnl.  gesagt,  eintreten,  wo  es  sich  dann  der  be- 
deutung  des  häufigeren  statt  finden  sehr  annähert  oder 
ganz  darin  übergeht;  doch  scJiimmert  ztiweilen  die  ältere 
bedeutung  der  möglichkeit  noch  durclt:  so  werden  die  be- 
Stimmungen  einer  praktischen  Vernunft  nur  in  beziehung 
auf  die  letztere  .  .  .  statt  haben  können.  Kant  4, 175  {krit. 
der prakt.  vern.  1,1,2);  eben  so  leuchtet  ein,  dasz  . .  .  die 
natur  sich  gegen  den  geist  nicht  als  gewalt  vorhalten 
dürfe,  wenn  ein  schöner  moralischer  ausdruck  statt  haben 
soll.  Schiller  lO,  95  {über  anm.  u.  würde);  so  im»  thril 
^hon:  j^  zancken  der  parteyen, 

der  uberlauff  des  volcks,  desz  hofe«  scTiwelgereyen 
Verleumdung,  neid,  und  hasz,  trug,  heucheley  und  höhnen 
die  auBZKetchmU(-kten  wort  und  flUschlichee  besohnnen, 
doa  hatte  hier  ni(  ht  «tat.      LotiAU  8,  «.  8S8,  ru;;.  A6. 

*.  femer  die  beispiele  unter  e. 

e)  statt  haben  ist  tunächat  eine  freie  wortgr%tpfe,  Ver- 
bindung eines  verb»  mit  seinem  object,  und  $o  mM.  durehatui. 
im  verlaufe  der  nhd.  teit  tritt  dann  aUmüklieh  ei»  engerer 
zusammensrhhuii  ein,  utodurcA  statt  müm  tMttändiqkeÜ 
verliert  und  das  gante  sieh  der  nuutmmanMUung  nähert. 
die»  zeigt  sich  tuntichst  darin,  dost  statt  in  diesem  sinne 
die  fähigkeit  verliert,  attribute  mu  sieh  »u  nehmen,  {einzige 
ausnahmt:  Looau  unlei-  d,  /i;  abgesehen  natürlich  von  der 
unter  A,  6,  d  ttfhandriten  terndung.)  nur  darin  zeigt  et 
noch  »eine  substantivische  nnfur.  dasz  rs  gern  durch  kein 


985 


STATT  (II,  C.  1.  2) 


STATT  (II,  C,  2) 


986 


negiert  wird  (soweit  dies  nicht  zum  subject  tritt),  s.  Luther, 
Rebhun  tinter  a,  H.  Sachs  unter  d,  a,  Olearius  unter 
d,  ■/,  Liscov  unter  d,  S  und  noch  Adelung  unter  c;  doch 
daneben  nicht  zu  allen  zelten  (Luther  unter  b,  ß,  AlberüS 
d,  a,  S.  Franck  d,  •/,  Flemino  d,  a.  Kramer  d,  y).  äuszer- 
lich  kennzeichnet  »ick  der  Verlust  der  selbständiglceit  bei 
statt  in  der  schon  im  17.  jahrh.  herrschenden  gewohnheit,  es 
mit  kleinem  avfangshuchstaben  zu  schreiben,  {s.  Olearius 
unter  d,  y,  trotz  des  danebenstehenden  keine,  Philander 
d,  ß,  LoGAU  d,  ß.  f.  Fleming  d,  a,  Schiller  d,  y.  S.  e; 
nur  Liscov,  s.  d,  S,  giebt  ihm  groszen  anfangsbuchstaben.) 
—  das  vollkommene  zusamm^nteachsen  zu  einem  zusammen- 
gesetzten verb  zeigt  sich  darin,  dasz  man  seit  beginn  des 
19.  jahrh.  dazu  ein  part.  perf.  in  activem  sinne  bildet;  dies 
stattgehabt  geJd  stets  mit  der  bedetitung  d,  s  zusammen 
und  ist  völlig  gleichbedeuteixd  «ii<  stattgefnnden,  vgl.  2,  e.- 
behalte  ich  mir  vor,  ew.  hochwohlgebohren  mündlich 
wegen  der,  zwischen  uns  im  drang  mancher  wiederwär- 
tigen  umstände ,  stattgehabten  misverständnisse  .  .  .  um 
Verzeihung  zu  bitten.  Kleist  5,  408, 16  E.  Schmidt  (brief 
vom  13.  dec.  1810);  es  sind  hier  durch  einen  in  unvordenk- 
lichen Zeiten  stattgehabten  bergsturz  Wasseraufstauungen 
und  sümpfe  entstanden.  J.  G.  Kohl  alpenreisen  (1849)2,215. 
weitere  belege,  besonders  aus  juristischen  quellen,  und 
litter aturangaben  bei  Günther  recht  u.  spräche  *.  39.  260/.. 
rgl.  auch  Matthias  sprachleben  u.  sprachschäden^  s.  lll/. 

2)  statt  finden,  trovar  luogo,  posto.  Kramer  dict.  2,  914*, 
locum.  invenire,  admitti.  Frisch  2,  321*. 

o)  fälle,  die  deutlich  altes  stat,  locus,  enthalten. 

a)  so  schon  ahd. : 

mit  thiu  si  ih  io  thumh  not      al  ömbizirg  biseganot, 
tha;  Gant  sih  ni  mende,      er  stät  in  mir  io  finde. 

Otfrid  5,  3, 16. 

ß)  femer  mhd.  und  bis  ins  16.  jahrh.;  zunächst  von 
menschen,  thieren  u.  s.  w.,  eigentlich  : 

darnach  sande  er  eine  tüben, 
daj  diu  bessehe  ob  diu  fluot 
dannoch  biete  verwnot. 
als6  diu  niht  stat  envant, 
dö  flöch  sie  zehant 
wider  zuo  der  arken  in. 
La.mpreht  V.  Regensburg  tohter  v.  Syon  2249; 
für  einen  andern: 

da;  iu  rehten  mordsere 

ist  diu  helle  zahtpaere: 

wil  iu  der  tiuvel  vinden  stat, 

s6  muo5  er  suochen  ein  privat 

nnden  in  der  helle.    Ottokar  reimchron.  3467. 

nhd.:  bey  diesen  allen,  habe  ich  {die 'Weisheit")  wonung 
gesucht,  das  ich  etwo  stat  fünde.  Syrach  24,  ii;  dann  auch 
übertragen  {vgl.  a):  ich  (Jfamr/ion)  verjage  die  christliche 
liebe,  ohn  welche  niemand  seelig  wird:  die  barmhertzig- 
keit  findet  bey  mir  keine  statt.  Simpl.  2, 142, 16  Kurz  (6,  4); 

der  dise  ding  im  hertzen  hat 

in  dem  findet  die  sünd  kain  stat.  . 

Rasch  Jagten  lob  (1588)  B  3». 

;/)  ferner  gern  voti  icorten.  auch  hier  ist  die  räumliche 
grundvorstellung  deutlich  •  das  sind  sie  warhafTtig,  die  zur 
messe  bereit  sind ,  denn  bey  denen  finden  diese  wort, 
stat  und  räum,  da  Christus  sagt,  nemet  hin  und  trincket. 
Luther  l,339»;  vgl.:  wenn  aber  ein  armer  nicht  recht 
gethan  hat,  so  kan  maus  auffmutzen,  und  wenn  er  gleich 
weislich  redet,  so  findets  doch  keine  stat  {ovx  iSödtj 
air(ö  rÖTzos).  Syr.  13,27.     ähnlich  auch: 

da;  die  wort  stat  beviengen  (erfüllt  wurden), 

da  David  bat  rechen  sich.    H.  v.  Hesler  apol:al.  2788. 

vgl.  noch  nl.  stad  grijpen,  ratum  esse,  valere  auctoritate, 
opportune  valere.  Kl  LI  an  2,624*'. 

S)  bis  heute  lebendig  geblieben  in  der  sprichtcörtlichen 
rtdeweist:  ein  gutes  wort  findet  eine  gute  statt,  una 
tuona  parola  trova  buon  luogo  cioe  accoglimento ;  e  ben 
fieevuta,  ben'intesa.  Krämer  dict.  2,  914*.  'gutetc&rte,  bitten. 
Verstellungen  bleiben  selten  ohne  gute  Wirkung'.  Campe, 
vgl.  ferner  Adelung  (i,  'im  gemeinen  leben").  Hetzel  tcie 
der  Detitsche  spricht  299.  belege:  daher  das  Sprichwort 
kömpt:  ein  gut  wort  find  eine  gute  stadt.  Luther  24,  587,18 
Weim.  ausg.  (pred.  r.  1527);  ein  gut  wort  findet  ein  gute 
•tadt.  die  erfarung  lernet,  dasz  kein  gut  wort  verloren 
sey,  es  findet  alle  zeyt  do  es  rwet,  und  on  schaden  ab- 
gehet ...  so  findet  doch  das  gute  wort  eine  gute  stadt, 
erstlich  bey  den  zuhorern,  . . .  zum  andern,  auch  bey  dem 


feinde.  Agricola  sprichw.  (1534)  158;  ein  gut  wort  findt 
ein  gut  stat.  guter  grösz ,  gute  antwort.  S.  Franck 
sprichw.  2, 112* ; 

ein  gät  wort  findt  ein  gfite  statt. 

Kirchhof  wendunm.  I,  42  Osterley  (1,  28); 
mit  guede  worde  lokt  merr  d'hund  lycht  us  em  offe; 
e  guets  Word  findt  au  glych  e  guedi  statt. 

Arnold  pßngstmont.  185  (5,  9). 

so  denn  auch:  ein  guter  rath  findet,  wie  sie  wissen,  eine 

gute  statt.  Wieland  20,  234  (Abder.  5,  5);  guter  wein  findet 

gute  statt  ^vie  gutes  wort.  Geibel  7,143  {meister  Andrea  2,  9). 

e)  icie   diese  stellen   lehren,   ist  auch   die  nhd.  sehr  ge 

wohnliche  und   bis  in  die  klassisclie  zeit  hinein  lebendige 

fügung  eine  bitte  findet  statt,  tcird  gewährt,  erhört,  hier 

i    anzureihen:  bitt  findt  kein  statt  bey  jm,  er  mag  nit  er- 

i    hätten  werden,  locus  pred  non  est  relictus.  Maaler  38.5*; 

:    dazu  etwas  statt  finden  lassen,  beteiligen,  lassen  sie  meine 

j    bitte,    meine   ermahnungen   u.  s.  f.    statt    finden.    Ade- 

j    lung(i);   lasz  meine  bitte  statt  finden,   bey  euch  statt 

finden.  Kramer  dict.  2,  914*;  sie  würden  vielleicht  weniger 

;    ungeneigt    seyn ,    meine    bitte    statt    finden   zu    lassen. 

Lessing  i,  338  {d.  Juden  22); 

wie  fast  er  in  flehet  und  bat, 

so  fand  sein  bit  bey  im  kein  stat. 

Wickram  7,  199  BdUe  (Ovid  4,  cap.  20,  1206); 
ja  freylich  bat  er  micbs  angsannen, 
und  hett  sein  bitt  an  mir  stat  gfunnen, 
so  hett  er  sein  willen  vollbracht. 

AvRER  3,  1863,  16  Keller; 
deine  bitte 
bat  statt  gefunden,  mein  infant.    hier  bin  ich,  . . . 
dir  freyheit  anzukündigen. 

Schiller  5,  2,  414  (don  Karlos  5,  4). 
ebenso:    nnd  als  er  sibt,  wie  dasz  kein  flehen,  keine  bitt, 
darzu  drawnneen  auch  statt  wolten  finden  nit, 
da  wand  er  sicn,  und  es  auff  die  gewald  nur  satzte. 

Dietr.  V.  D.  Werder  Ariott  13,  26.  4; 
(er)  gedenckt,  das  sey  der  beste  rath, 
der  bey  sein  bürgern  findet  stath. 

Jrotchm.  Ff  3»  (2,  3,  4,  98) ; 

so  waren  sy  doch  also  gar  arm,  das  sie  armdt  halben 
die  thochter  irem  stand  nach  nit  wiszten  züversorgenn; 
dernhalben  die  Werbung  dester  leichter  stat  gewan.  Frey 
gartenges.  8,  21  Bolte  (cap.  l) ;  wann  meine  gütliche  ermah- 
nungen nicht  statt  finden,  so  wollen  wir  die  schärfe  vor 
die  band  nehmen.  Kramer  dict.  2,914*;  er  (Faust)  bot 
dem  erlauchten  rath  seine  bibel  für  zweyhundert  gold- 
gulden  an;  da  man  aber  vor  einigen  wochen  fünf  fässer 
Rheinwein  in  den  rathskeller  gekauft  hatte,  so  fand  sein 
gesuch  so  leicht  nicht  statt.  Klinger  3, 12  (Faust  i,  3).  — 
vgl.  1,  d,  a. 

b)  stat(e)  finden,  in  diesem  sinne  auf  das  mhd.  beschränkt: 
a)  m.it  gen.,  gelegenheit  wozu: 

da;  er  die  just  nseme  .  . , 

swä  er  des  state  fände.    Erec  2420; 

e;  tuot  mir  herzenh'chen  wol 

da;  ich  hie  strftes  vinde  stat.     Wig.  4786; 

des  er  leider  niht  vant  stat. 

Ottokar  reimchron.  84257; 

seltner  in  dem  sintie  'vorrat' : 

(«e)  nämen,  swa;  in  tobte 
nnd  swa;  der  man  mohte 
von  dannen  ftteren  oder  bringen 
von  so  getanen  dingen, 
'  des  man  er  und  frum  hat, 

des  vant  man  alles  stat.    52470. 

für  den  gen.  steht  der  acc.  eines  pron.  netUr.: 

wer  ein  wib  geset 
also  da;  im  gelüstet  der, 
der  hat  gesundet  mit  der  ger, 
wen  der  üb  vollenbrechte 
swes  der  wille  gedechte 
gerne,  ob  her  i;  state  vunde. 

H.  V.  Hesler  apokal.  1955: 
diz  wolde  ich  entbinden, 
mochte  ich  i;  state  vinden.    3732; 

ß)  häufig  mit  zusatz  an  einem: 
do  da  der  valant 
deha>in  stat  an  im  vant  (ihm,  Jetu,  nicht  beikommen 

konnte),    anegenge  37,  53  Ua/m; 
wände  unser  trOt  da;  ist  Grist,  . 
wan  an  dem  vinde  wir  die  state, 
Rwes  ein  hertze  mach  gegcre, 
das  ^1^  ^^^  d^^  l^^i  ^<)1  gewere. 

Hbinr.  V.  Krolewiz  vater  unter  i388; 


987 


STATT  (II.  C,  2) 


•STATT  (II.  C.  2) 


988 


als  er  vant  an  in  sUtj 

irer  helf  er  si  bat 

gegen  dem  beheimiscben  kunic. 

Ottokar  rcimchron.  15027; 

als  ir  (der  büttel)  einer  niun  mannen  oder  wiben  den  lip 
genimet,  so  ist  der  zehende  sin,  den  sol  man  von  im 
lösen,  als  er  state  an  im  vinde  {wenn  der  sich  darauf 
einläszt).  Schtcabensp.  106,  §1;  wer  zu  peicht  kom,  er  war 
arm  oder  rieh ,  dem  satzten  die  benedencier  gut  uff  ze 
geben,  darnach  und  der  man  rieh  was  und  auch  darnach 
und  si  ez  an  im  statt  funden  {je  nachdem  er  dazu  in  der 
läge  und  %cillig  war),  d.  städtechron.  4,  95, 19  {Augsh.  chron. 
zu  1302);  dasz  die  benedicier  grosz  und  vil  gelts  auf- 
legten, darnach  und  der  man  reich  oder  arm  was,  und 
darnach  sie  statt  funden  an  den  leuten.  5,  45,  21  (B.  Zink). 

c)  im  nhd.  weist  die  wendung  eine  enUcicklung  auf,  die 
der  von  statt  haben  ähnlich  und  parallel  ist,  ohne  doch 
damit  zusammenzufallen,  im  älteren  nhd.  scheint  statt 
finden  nttr  in  den  unter  a,  S  und  e  behandelten  gebrauchs- 
preisen  vorzukommen.  Kram  er  dict.  (1702)  führt  die  Ver- 
bindung nur  in  diesem  sinne  auf,  während  andre  ältre 
Wörterbücher  {vor  Frisch)  sie  überhaupt  nicht  verzeichnen 
und  die  litteraturbelege  für  andre  bedeutungen  erst  mit 
Lessing  einsetzen,  s.  unten  d.  zu  beachten  ist  auch,  dasz 
die  redewendung,  die  in  der  Schriftsprache  überaus  häufig 
und  beliebt  ist,  der  m,undartlichen  Sprechweise  im  all- 
gemeinen nicht  gemäsz  zu  sein  scheint,  {für  Handschuhs- 
lieim  bezeugt  Lenz  68*  ausdrücklich  das  fehlen.) 

d)  statt  finden  ?uit  in  neuerer  spraclie  verschiedene  be- 
deutungen, die  sich  z.  th.  nach  den  subjecten  gliedern  lassen, 
vgl. :  'statt  finden ,  in  eben  dieser  bedeutung  {vrie  statt 
haben,  beioilligt,  zugegeben  werden  können),  ausser  welcher 
es  aber  auch  noch  bedeutet,  theils  vorhanden  oder  möglich 
aeyn  . . .'  Adelung  (l). 

a)  m,it  concretem  subject,  von  dingen  vrie  von  personen, 
da  sein,  vorlianden  sein,  diese  gebrauchaweise  kommt  zuerst 
auf,  ist  aber  heute  völlig  ausgestorben: 

ists  wahr,  was  ihn  der  weise  lehret, 
und  finden,  was  zur  weit  gehöret, 
daselbst  auch  wein  und  mädchen  statt. 

Lessing  1,46  {lieder  1751,  Alexander); 

ich  erinnere  mich,  dasz  im  garten  des  zweiten  predigers 
der  Altrossgärtschen  kirche  im  jähr  1762  zwei  sehr  starke 
mandelbäume  . . .  statt  fanden,  quelle  {vom  j.  1818)  bei 
Frischbier  2,363'';  wo  eine  zwischenperson  {zioischen 
zwei  verwandten)  statt  findet,  da  ist  der  zweyte  grad,  wo 
zwey,  der  dritte,  und  so  ins  unendliche.  Hugo  lehrb.  des 
lieutigen  röm.  rechts''  {B.  1826),  s.  175;  den  frauen,  die  nach 
einigen  generationen ,  zumal  wenn  mehrere  paare  statt- 
fanden, gern  ihre  eigne  . . .  sitte  und  Stellung  einnahmen. 
J.  Gkimm  kl.  sehr.  1,  281  {üb.  d.  urspr.  d.  spräche  1851). 

ß)  geioöhnlicher  mit  abstractem  subject,  und  zxoar  zu- 
nächst von  ztiständlichen,  dauernden  begriffen,  vorhanden 
sein,  bestehen,  von  eigenscliaften .-  die  demuth  kann  nicht 
ohne  gefühl  der  liebe  des  Schöpfers  statt  finden.  Gellert 
bei  Adelung,  häufiger  von  zuständen,  Verhältnissen  u.  dgl.  : 
die  physische  causalität,  oder  die  bedingung,  unter  der 
sie  statt  findet,  gehört  unter  die  naturbegriffe,  deren 
Schema  transcendentale  einbildungskraft  entwirft.  Kant 
4, 178  {krit.  der  prakt.  vern.  1, 1,  2);  ich  wuszte  zwar  schon 
längst,  dasz  zwischen  beiden  {bruder  und  schioester)  ein 
sehr  genaues  verhältnisz  statt  findet,  auch  viele  briefe 
gewechselt  werden.  Schiller  4,  S24  {geisters.  2,  6);  neu- 
iralität  kann  nicht  statt  finden.  Demetr.  144  Kettner;  ein 
schönes  vcrhältnisz  hat  von  frühe  an  zwischen  mir  und 
meiner  um  zwei  jähre  jüngeren  Schwester  stattgefunden. 
Hei  NR.  Stieglitz  »elbstbiogr.  ».  8. 

y)  ohne  bestimmtes  subject,  der  fall  »ein,  tutreffen:  (die 
beatimunung  der  freien  vrUlkür.)  die  aber,  welches  bei 
keinen  begriffen  des  theoretischen  gebrauchs  unseres  er- 
kenntniszvermögens  statt  findet,  ein  reines  praktisches 
gesetz  a  priori  zum  gründe  liegen  hat.  Kant  4, 175  {krit. 
der  prakt.  vern.  1,1,8);  was  ist  ei,  das  da  macht,  dasz 
wir  uns  zuweilen  eines  geheimen  kummen  entsohlagen 
können,  .  . .  und  dasz  wir  dennoch  in  der  nächsten  halben 
Stande  diesem  nämlichen  kummer  beinahe  unterliegen? 
mit  mir  ist  es  wenigstens  so ,  ohne  . . .  dasz  ich  hei  der 
zweiten  Torstellung  meinen  kummer  von  einer  neuen  seit« 
betnoht«.  . . ,  fände  dieses  statt,  so  wUrde  ich  diese  An- 


merkung nicht  einmal  niedergeschrieben  haben.  Lichten- 
berg 1, 116. 

J)  dann  auch  von  handlungen  und  begebenheiten ,  doch 
zunächst  von  wiederkehrenden  oder  dauernd  möglichen, 
dabei  ist  zunächst  die  bedeutung  der  möglichkeit  noch  zu- 
ioeilen  stark  ausgeprägt,  woraus  erhellt,  dasz  diese  gebrauchs- 
weise  an  b  anzuknüpfen  ist:  doch  selbst,  wo  vergleichung 
statt  findet,  wie  willig  trit  der  freundliche  greis  von  Askra 
{Hesiod)  ...  vor  dem  feurigen  Mantuaner  {Veigil,  als 
'georgiker')  zurück !  Voss  Virgils  ländl.  ged.  3,  s.  521.  ähn- 
lich: dasz  ihre  verweise  nicht  von  der  art  waren,  wie 
sie  auch  bey  der  entschiedensten  liebe  noch  statt  finden 
und  statt  finden  müssen,  so  der  mensch  noch  als  vernünff- 
tiger  mensch  liebt.  Lichtenberg  briefe  i,  123  (19.  may  1773). 
dann  zulässig  sein,  zutreffen  {vgl.  oben  Adelung):  aber  in 
dem  drama  findet  diese  vermuthung  nicht  statt.  Lessino 
bei  Paul  433'';  so  auch:  diese  ermordung  als  eine  begeben- 
heit  der  ersten  klasse  zu  behandeln,  finde  darum  nicht 
statt,  ebenda,  hier  ist  statt  haben  üblicher,  vgl.  i,  d,  •/. 
später  gewöhnlich  im  sinne  'bestehen,  vorhanden  sein,  vor- 
kommen' {loie  ß):  in  dem  alter  der  weit,  wo  wir  leben, 
findet  der  unmittelbare  verkehr  mit  dem  himmel  nicht 
mehr  statt.  Novalis  2,  11  Meiszner  {Heinr.  v.  Ofterd.  1,  l); 
germanisch  war  bei  diesem  verhältnisz ,  . .  .  dasz  diese 
hingäbe  nicht  an  die  familie,  den  gau,  das  volk  stattfand, 
sondern  an  einzelne  menschen.  Freytag  17  {bilden),  79; 
ähnlich:  ich  habe  den  verdacht,  dasz  die  frauen  . . .  sich 
die  Sachen  vorher  selbst  aussuchen,  denn  es  ist  immer 
alles  sehr  nach  ihrem  geschmack,  während  in  früheren 
jähren  Widersetzlichkeit  stattfand.  7,20  (ter^  handschr.  3,  l); 
nur  sehr  selten  eines  Vergnügens  fähig,  weil  seine  ge- 
dancken  sehr  selten  da  waren ,  wo  seine  begebenheiten 
sich  zu  einem  vergnügen  zuspizten,  und  da  doch  nur  ein 
vergnügen  statt  findet ,  wenn  die  seele  auch  sich  dazu 
schickt,  so  war  es  ein  solcher  zufall  dasz  er  wärcklich 
vergnügt  war.  Lichtenberg  nachl.  18. 

e)  in  neuerer  zeit  wird  jedoch  statt  finden  auch  und 
übenciegend  von  einmaligen  Vorgängen,  ereignissen,  hand- 
lungen gesagt,  geschehen,  erfolgen,  eintreten;  s.  die  belege 
unter  e.    so  dann  auch: 

ein  ausgeschriebner  busz-  und  bettag  fand 
in  beiden  ländem  statt. 

Chamisso  2,  117  Koch  (d.  pred.  de*  g.  Briten). 

die.te  gebrauchstoeiae  hat  beträchtliche  ausdelmung  erlangt 
durch  die  stets  wachsende  neigung,  einfache  verben,  ins- 
besondere passive,  zu  umschreiben  durch  die  Verbindung 
eines  verbalabstractums  mit  einem  allgemeinen  verbalaus- 
druck,  vgl.  darüber  Matthias  sprachleben  u.  sprachschäden^ 
§  263  (die  ausschreibung  der  lieferungen  findet  statt)  und 
GtJNTHER  recht  u.  spräche  s.  270,  u>o  beispiele  iPte  die  Ver- 
nehmung eines  öffentlichen  beamten  als  sachverständigen 
findet  nicht  statt  {dies  noch  in  dem  sinne:  ist  nicht  zu 
lässig,  statthaft)  «wd  sogar  die  inangriffnahme  der  wieder 
Instandsetzung  der  bahn  findet  morgen  statt  angezogen 
loerden. 

e)  auch  hier  läszt  sieh  eine  stufenweise  fortsrJireitende 
'univerbierung'  beobachten,  die  Verbindung  statt  linden  ist 
von  anfang  an  formelhafter  als  statt  haben ,  da  bei  ihr 
ein  attrifmt  zu  statt  nicht  üblich  ist  {abgr. sehen  von  a,  Ü). 
nur  die  negation  ersclieint  auch  hier  frühnhd.  geiröhnlich 
als  keine,  s.  die  belege  atis  Lu  tmer  (a,  y),  Wickram  tind 
Maaler  {a.f),  Rasch  und  Simpl.  {a,  ß)\  dock  danelien 
auch  nicht,  s.  Dietrich  v.  d.  Werder  unter  a,e.  tote 
schon  mhd.  (Lampreht  v.  Hegensiiurg  «,  ß,  Ottokar 
b,  a)  und  durchtceg  in  der  netiern  spräche  (».  ».  b.  Krämer 
und  Klinoer  unter  a,  e).  dagegen  ist  hier  der  grosxe  an- 
fangsbuchstabe  noch  in  der  klassischen  seit  herrsehend,  so 
bei  Kramkr,  Adelung;  Kant  {d,  ß.  y),  Lichtenberg 
{d,  y,  dagegen  klein  d,f).  Vors  (rf,  «T),  Schiller  (4.24, 
*.  d.  S,  dagegen  klein  im  Dem.).  Novalis  (rf,  f).  dorM  findet 
sich  atteh  Ueintchreihttng  schon  hei  Lkssing  {d,  a)  und 
Ki.iNGRR  (o, «).  in  Frkytagh  irerkrn  {d,  S)  kommt  dann 
xusammentchreibting  als  Hn  tcort  hinitt.  das  völligr  su 
sammenwaehsen  tritt  auch  hier  tu  tage  tu  der  hildting 
eine»  aetivtn  part.  perf.  stattgefunden,  dtat  genau  gleich- 
seitig mit  stattgehabt  aufkommt  tind  an  di*  beiUutung  d.  g 
gründen  ist,  vgl.  l.e  ttnd  dir  daselbst  anguogenr  litte- 
mtttr,    ktUgt:  wie  sehr  ihr  bemüht  gewesen  seid,  die 


989 


STATT  ai.  C,  2.  3) 


STATT  (II.  C,  3) 


990 


stattgefnndenen  Übungen  der  truppen  eurer  brigade  im 
ganzen  zu  benutzen  um  die  abtheilungen  über  die  zweck- 
mäszige  ausübung  des  felddienstes  gründlich  zu  instruiren. 
cabinetsordre  vom  10.  oct.  1809  bei  Droysen  York  v.  Warten- 
berg 1,  242;  unter  abstattung  meines  gehorsamsten  und 
innigsten  dankes  für  die,  durch  ihre  gütige  vermittelnng 
erfolgte  beseitigung  der  stattgefundenen  misverhältnisse. 
Kleist  5,  416, 19  E.  Schmidt  {briefvom  i.  april  I8ll) ;  als  der 
Regensberger  herr  Leuthold  . . .  des  weges  kam  und  nach 
stattgefundener  begrüszung  beiläufig  fragte  . .  .  Keller 
6, 111;  Hilde  war  . .  .  zurückhaltend  in  ihren  mitteilungen 
über  die  zwischen  ihr  und  Mimi  stattgefundenen  ge- 
spräche.  G.  Reuter  d.  Amerikaner  102;  erst  nachdem  der 
hohe  besuch  das  schlosz  verlassen  hatte,  kam  die  familie 
Kosegarten  recht  eigentlich  zum  bewusztsein  der  soeben 
stattgefundenen,  auszerordentlichen  szene.  291. 

3)  den  besprochenen  iceiidxingen  entspricht  als  causativ 
statt  geben,  dieser  atisdruck  begegnet  mhd.  erst  vereinzelt, 
eticas  häufiger  im  mnd.,  erreicht  sehr  ausgedehnte  vericen- 
dung  im  altem  nhd.  (iG. — iB.  jahrh.)  nnrf  geht  schlieszlich 
Strieder  stark  zurück,  sodasz  heute  nur  noch  getcisse  spe- 
ciellere  gebrauchmceisen  übrig  sind,  und  auch  diese  nur 
im  schriftlichen  ausdruck.  die  vertheilung  auf  die  beiden 
ursprünglichen  icörter  ist  hier  schon  in  der  altem  spräche 
achwierig.  die  spärlichen  mhd.  belege  {tnhd.  xcb.  2,  2,  599*) 
bieten  durchtceg  stat,  da  sie  aber  erst  mit  dem  13.  jahrh. 
einsetzen,  ist  die  form  nicht  betceisend.  in  den  mnd.  über- 
wiegt stede,  s.  Schiller-Lübben  i,  371*'  {daneben  vereinzelt 
Stade  350*),  doch  steht  es  meist  deutlich  im  sinne  des 
alten  state. 

a)  es  liegt  altes  stat  zu  gründe. 

a)  so  deutlich  in  den  ältesten  mhd.  belegen: 

du  tuo  mir  vriundes  triuwe  schin, 
unt  gip  mir  stat  enmitten  in  dem  herzen  dtn, 
da;  icn  da  gewaltic  vrouwe  müeje  stn. 

Rubin,  minnes.  1,  318»,  1  Hagen, 
ebenso,  trotz  des  hinzugefügten  inf. :  dö  sprach  her  (Severus) 
...  zu  siner  {toten)  tochter:  'tochter  min,  gebit  mir  stat 
bi  üch  zu  ligene  {im,  grabe)',  d.  m,ystiker  \,  227,  20  (Herman 
V.  Fritzlar). 

ß)  nhd.,  durch  hinzugefügtes  synonymon  verdeutlicht: 
das  ein  jegklicher  Protestant  für  gott  unnd  der  weit,  und 
seinem  gewissen  schuldig  ist,  . . .  der  erkannten  rechten 
lehre  statt  unnd  platz  zugeben.  Ph.  Heilbrunner  v.  d. 
Augsp.  conf.  xcidencertige  censur  (1598)  93 ;  wann  dann  ein 
jeder,  er  sey  wer  er  wolle,  für  gott  unnd  der  weit  .  .  . 
schuldig,  . . .  der  erkannten  rechten  lehre  statt  und  platz 
zugeben.  %. 

y)  hierher  noch  deutlieh  die  im  16.  jahrh.  übliche  rede- 
wendung  einem  statt  geben,  platz  machen,  tceichen:  statt- 
gäben, cedere,  eoncedere,  dare  loctim.  einem  stattgäben 
oder  auszweichen ,  eim  weyte  oder  platz  machen ,  dare 
et  eedere  loctim.  Maaler  385'';  statt  geben,  weichen,  cedere 
ad  alcuno,  dare  luogo.  Hulsius  dict.  (1618)  238*;  nam  er 
[Mahomef)  armen  verlasznen  weysen  . . .  jr  hausz  mit  ge- 
walt,  und  trib  sy  ausz,  billich  achtend,  dz  dem  Pro- 
pheten gottes  yederman  wich  und  statt  gab.  S.  Fr.\nck 
wdtb.  lie*.  bildlich:  gäte  sitten  habend  dem  glück  statt 
geben,  m^tres  rebus  cessere  secundis.  Maaler  385* ;  und 
solle  der  schmertze  state n  geben  der  vernunflfte  und 
messigkeit.  Albr.  v.  Eybe  44».  so  auch  nd.:  recht,  wil 
stracks  luth  der  bockstave  gheholden  syn.  byllicheyt, 
lyndert  und  verändert  solcke  scharpheyt.  .  .  .  dem  na, 
mAten  ock  alle  beschreven  rechte  . . .  unde  handelinge 
wertliken  regimentes ,  der  byllicheyt  stede  geven  und 
wyken.  quelle  v.  1529  bei  Wiechmann  Meklenburgs  altns. 
lit.  1, 125. 

b)  statt  geben  mit  altem,  state,  so  detiflich,  tcenn  er- 
gänzende besiimmungen  hinzutreten,  einem  gelegenheit  oder 
erlaubnis  wozu  geben,  in  diesem,  sinne  nd.  schon  im  13.  jahrh. 
bezeugt  {s.  unten  9),  hd.  erst  im  16.  («.  ;',  e),  häi^ftg  im 
16.  j'oArÄ.    {einen  beleg  au»  dem  17.  *.  unten  y.) 

a)  einem  die  möglichkeit  geben  {ohne  dasz  man  es  will 
und  betcuszt  darauf  hintcirkt):  late  wi  nu  af,  so  geve  wi 
siede  unsen  vorwunnen  vienden,  dat  se  sik  erhalen.  .  . . 
sin  ridderschop  is  vormodet.  geve  wi  om  stede,  des  mach 
he  sik  al  erhalen.  ed  enis  nicht  erlik ,  dat  wi  unsen 
Tienden .  de  wi  vorwunnen  hebben ,  stede  geven  uns  to 
▼orwinnende.  d.  städtechr.  7, 15, 5 — il  (Magdeb.schöppenehr.); 


woF  diser  kayser  {Trojan)  was  ain  hayd 
sein  tngennt  halff  jm  dort  ausz  laid. 
und  gai  papst  Gregorio  statt, 
das  er  jn  dort  ausz  pein  eq)at. 

Schwartzenbkrg  Cic.  117d. 

ß)  gewöhnlich  doch  im  sinne  eines  beicuszten,  gewollten 
Verhaltens,  wo  es  dann  die  bedeutung  'einem  erlaubnis  geben, 
eticas  zulassen'  {'gestatten")  annimm,t.  die  ergänzung  zu- 
nächst im  gen.  {neben  einer  negation):  Abysay  wolde  dem 
Simei  hebben  ghenomen  sin  leven,  do  wolde  de  konink 
des  neyne  stade  geven.  quelle  bei  Schiller-Lübben  4,350» ; 
darumb  mus  man  jnen  auch  hartt  sein,  sie  nit  rauben 
und  schinden  lassen  . .  .  und  jnen  des  nit  mer  statt  geben. 
Luther  lO,  3,  374,  le  Weim.  attsg.  dafür  die  präp.  zu: 
wil  he  dar  neue  stede  tho  geven.  quelle  bei  Schiller- 
Lübben  4,  STl*». 

v)  meist  mit  inf. .-  so  üwer  oren  den  selben  . . .  ofifen 
gestanden  sint  .  . .  und  mir  dar  wider  kain  statt  noch 
macht  geben  ^virt,  min  sachh  zeverantworten.  Nicl. 
v.  Wyle  transl.  223, 10  Keller;  ist  .  .  .  beschlossen  worden, 
daz  er  des  ersten  zu  den  irrungen  dero  er  geschuldiget 
wurd,  antworten  solt,  und  im  dann  darnauch  statt  und 
macht  geben  werden  zereden  was  er  wölte.  33 ;  aber  der 
erst  artikel  jtzt  dis  mals  mir  ftirgehalten  ist  gewesen  . . . 
und  mir  auszureden  nicht  stat  geben  worden  ist.  Luther 
3,411»  {dafür  kurz  vorher:  mein  not  auszusprechen  ge- 
stattet worden  ist);  da  ihm  statt  geben  ward,  relation 
zu  thun.  Simpl.  2, 143,  3  Kurz  (6,  5) ; 

und  (ich)  gab  jm  auch  zö  reden  stat. 

SCHWARTZBNBKRG  CiC.  151''. 

S)  dafür  ein  inhaltssatz  mit  dasz :  bruder  gib  stat,  das 
ich  uszwerf  die  agel  usz  deinem  aug.  Keisersberg 
evang.  (1517)  123*; 

we  (wie)  bi  dhen  ziten  got  stade  gaph, 

daj  dlier  Denen  herscaph 

dhvanc  vil  waldichliche 

beydhe  Dutesch  lant  und  Vrancriche. 

Braunschw.  reimchron.  664. 

c)  die  bestim,mung  ist  nicht  ausgedrückt;  einem  statt 
geben,  urlaub,  ihn  entlassen:  also  gab  er  den  gefangen 
statt  auff  £iin  widerstellen,  des  muesten  sie  all  schweren. 
d.  städtechron.  5, 195,  9  (Burkh.\rd  Zink  chron.  v.  Augsb.). 

c)  statt  geben  steht  gewöhnlich  mit  dativ  in  dem  sinne 
'nachgeben,  folge  leisten,  sich  wodurch  bestimmen  lassen'; 
was  an  a,  y  anschlieszt. 

a)  so  einer  bitte  statt  geben  u.  ähnl.,  vgl.  2,  a,  e,  rcoraus 
erhellt,  dasz  hier  stat  zu  gründe  liegt,  diese  Verwendung 
ist  erst  nhd.  und  hier  bis  in  die  gegenwart  lebendig  ge 
blieben:  statt  geben,  dar  luogo,  ricapito  cioe  ubbidire. 
einer  ermahnung  ö  warnung  statt  geben,  dar  luogo  alle 
ammonitioni  di  uno.  v.  platz.  Kramer  dict.  2,  914»;  er  gab 
meiner  bitte  statt,  locum,  precibus  meis  relinquebat.  Stein- 
bach 2,687;  einem  ding  statt  geben,  locum  dare,  locum 
relinquere.  Frisch  2,321»;  jemandes  bitten,  jemandes 
ermahnungen,  Vorstellungen  statt  geben,  'sie  mit  einfltisz 
auf  den  willen  anhören'.  Adelung  (l).  belege:  der  land- 
graf  ist  nach  seinem  alter  ein  fürtrefflicher,  freudiger 
fürst,  der  ihm  rathen  und  sagen  läszt,  guten  räthen  bald 
weichet,  statt  gibt  und  folget.  Luther  61,  331  Irmischer 
{tischred.  5) ;  demnach  . . .  ich  .  .  .  etlicher  freinden  be- 
gehren desto  bälder  statt  gegeben.  Weckherlin  iceltl.  ged. 
vorr.  3'';  so  hätten  sie  wenigstens  meiner  bitte  statt  geben 
sollen.  GöTHE  16, 165  {M'erther  2);  ihr  mögt,  wie  ihr  thut, 
die  strafe  begehren,  so  wird  dem  keine  statt  gegeben. 
Immermann  MüncKh.  4,  37  (7,  3);  die  Unterbrechung  durch 
Stellung  des  antrags  auf  Zwangsvollstreckung  gilt  als 
nicht  erfolgt,  wenn  dem  antrage  nicht  stattgegeben  ... 
wird,  bürgerl.  gesetzb.  §  216 ;  so  auch  • 

nun  schickt  er  uns  her  mit  dem  beere  den  Schid,  . .  . 
den  schah  von  Iran  zu  fordern  zum  kämpf  .  .  . 
du  ^ib  seinem  anscblag  keine  statt,  .  .  . 
sei  ihm  nicht  Torschnell  zum  kämpf  bereit! 

RCCKBRT  Firdofi  3,  172. 
vgl.  noch: 

ein  eott  ists,  der  sich  dir  ergiebet, 

der  dich  begehrt,    gieb  deinem  glücke  statt, 

nimm  an  den  guten  raht.    Opitz  1,  77  (Dafne  S). 

/S)  tw»  altem  nhd.  häufig  einer  aussage,  meinung  u.ähnl. 
statt  geben ,  glauben  schenken ,  zustimmen :  ich  gib  auch 
den  Sophisten  unnd  weltweysen  nit  folge  und  statt,  wann 
sy   verneinen  .  .  .   Melanchthon   hauptart  d.  h.  schrift 


991 


STATT  (11.  C,  3.  4) 


STATT  (II.  C.  4) 


992 


verdetttseht  8»;  begernn  derhalben  wollet  yhme  desselben 
seynes  annbrengenns  allenthalben  volkomlichenn  stadt 
unnd  glauben  gebenn.  brief  herz.  Heinr.  v.  Sachsen  v.j.  1541 
bei  Haltaus  1734;  soverr  jr  nun  disz  glaubt,  ...  so  ferr 
jhr  disem  meinem  bericht  stat  unnd  glauben  gebt. 
Ferdinand  II.  v.  Tirol  spec.  rif.  hum.  (1584)  ä.  29  nendr.; 

umb  seine  thorheit  er  umbsonst  sich  quell  und  plaget, 
nach  dem  der  frcmbd'  jhm  halt  die  warheit  erst  gesaget, 
gegeben  er  biszher  hat  dessen  Worten  statt, 
der  jhn  so  mannichmal  gleichwol  betrogen  hatt. 

Dietrich  v.  d.  Werder  Arioat  17. 102,  3; 
es  bette  Brandimart  so  einer  frembden  mäere 
gegeben  sonsten  wol  nicht  glauben  noch  gehöre, 
gab  aber  seiner  dam'  und  jnrem  glauben  statt, 
weil  er  ein  mehrers  wol  jhr  eh  geglaubet  hat.    30,  55,  3. 

lt.  ferner  Rebhun,  I,  3  zu  ende,  so  wol  auch  zu  verstehen: 
darumb  wenn  zu  mir  einer  keme  und  spreche :  das  ist 
unrecht,  .  .  .  szo  musz  ich  schweygen,  im  stadt  und  be- 
scheydt  geben.  Ll'ther  10,3,263,18  Weim.  ausg.  ähnlich, 
doch  mehr  ins  praktische  gewendet: 

was  eure  seele  schmückt.  .  .  .  dem  eilet  nachzustreben  I 
gebt  nie  dem  tollen  wahn  des  dummen  pöbeis  statt, 
der  seinen  bauch  zum  gctt.  und  keine  seele  hat. 

LiCHTWER  180. 

y)  statt  geben  bezeichnet  nicht  nur  ein  nachgeben  gegen 
über  äuszeren  einflüssen,  sondern  auch  gegenüber  impulsen, 
die  aus  dem  eignen  innern  kommen;  einer  empfindung, 
leidenschaft  u.  «7i»i^.  statt  geben:  dat  se  erer  unsynnicheit 
stede  geven  unde  creme  torne.  Korner  bei  Schiller- 
Lübben  4,  378^; 


gebt  nicht  statt  der  traurigkeit. 
Ll'I8e  Henriette  Ued 


Jenus  meine  zuvers.'  str.  8; 


wir  geben  nicht  so  weit  der  eigen-liebe  statt, 

dasz  wir  den  schlechten  reim  nicht  sollten  recht  betrachten. 

J.  S.  Müller  (1722)  bei  Weichmann  3,  95; 
doch  gieb  der  langmuth  statt,  und  höre,  was  mich  treibt ! 

Günther  733. 

»0  auch  gedanken  statt  geben,  nachhängen:  aber  das  ist 
mein  rat,  so  bald  dir  infalt  ein  unküscher  .  .  .  gedanck, 
das  du  dich  von  stundan  davon  kerest  . .  .  wilt  du  aber 
den  gedencken  . . .  stat  geben,  und  mitt  inen  als  ein  katz 
mitt  einer  mausz  spylen,  entpfahest  du  den  schaden 
davon.    Keisersberg    irrig  schaf  B  S'^ ;    anders  dagegen: 

mein  söhn,  umarme  mich,    gieb  meiner  freude  statt; 

mein  herz  genieszt  der  zucht,  die  dich  gefühiet  hat. 

J.  E.  Schleoel  1,  316. 

8)  ähnlich  dann  auch  loendungen  wie  der  sünde  statt 

geben :  die  sünd  ich  lieb  und  leich  ir  stat 

günstlich,  nicht  understen  die  tat. 

O.swALD  V.  WOLKB.NSTEIN  106,  26  Schotz; 
allem  übel  und  sfind  stat  geben. 

ScHMELZL  Saul  89*; 
gebt  keiner  leichten  wollust  stat, 
lasst  euch  die  sUnde  nicht  bethören. 

Dach  f.  3.S6  OHerley. 

d)  das  führt  hinüber  zu  einer  andern  dem,  altern  nhd. 
eigenen  vericendung.  einer  handlung  statt  geben,  in  dop- 
peltem sinne: 

o)  sie  erlauben,  nicht  hindern:  das  wil  ich  jtzt  in 
meinem  abschied  .  .  .  vermeldet  haben,  keiner  empörung 
weiter  stat  zu  geben,  damit  das  unschuldige  blut  nicht 
weiter  vergossen  werde.  Tu.  Muntzeh  bei  Luther  3.137' 
(in  d.  übersehr.  136'*:  das  sie  .  .  .  sich  für  auiTrhur  hüten); 
geben  doch  gots  wirckung  stat  unnd  hyndercn  yn  nit. 
Jon.  Ebrrlin  V.  GüNZBURO  2.37  Enders ;  diesem  äffe  äffen 
diejenigen  ministri  hoher  potentaten  nach .  welche  den 
einkommenden  bilnchrifften  des  landes  nur  immerzu  mit 
der  rauhigkeit  begegnen,  und  keiner  milterung  stat  geben. 
BuTSCiiKY  Pathmos  s.  90«. 

/ff)  auch  geradezu,  eticas  ausführen:  so  wAlt  er  nun 
fArderlich  dem  stat  geben,  darum  er  fflrnemlich  von 
■inen  hern.  den  kfingen.  ussgcsent  w&re.  Anhhelm  Berner 
chron.  B.  211,4. 

♦)  in  ähnlicher  weite  wird  auch  statt  thun  verwendet; 
doch  mit  eharakterittitehen  ahireichnngen .  zunächst  i*t  eine 
Verschiedenheit  im  örtlichen  und  zeitlichen  umfange  de» 
gArauchs  zu  beachten,  statt  thun  findet  sich  nur  in  hd. 
und  iceitatui  überfliegend  in  oberd.  quellen,  die  belege  be- 
ginnen schon  im  12.  jahrh.  und  erstrecken  sich  bis  in  den 
anfang  de»  17;  dann  i»t  e»  ausgestorben,  ferner  liegt  in 
den  allem  belegen  bi»  zum  16.  Jahrh.  rinschlieszlieh  überall 
dtutlick  State  vor,  »oda»t  die»e  wenduuy,  so  nahe  sie  »ich 


auch  mit  statt  geben  in  der  spätem  Verwendung  berührt, 
doch  einen  ganz  andern  Ursprung  und  ausgatigspunkt  hat. 

a)  einem  eines  dinges  statt  thun,  Htm  die  möglichkeit 
dazu  geben,  es  ihm  'gestatten',  so  in  allen  mltd.  belegen, 
vgl.  mhd.  wb.  2,  2,  eoä*". 

«)  m.it  ergänzender  bestimmung  im  genitiv: 

so  sich  der  gotes  sun  hungern  lie  .  .  . 

und  tet  ouch  dem  Sathanat 

des  versuchens  stat.    anegenge  37,33  Hahn; 

tuot  mir  sin  min  herr  und  ir  stat, 

da;  bewser  ich  mit  get&t 

or  iwem  hals  mit  minen  banden. 

OiroKAR  reimchron.  9880; 

und  sullent  auch  sie  unsern  erben  der  lösung  stat  tun 
und  gehorsam  sein  ane  verziehen .  swenn  sie  von  in 
darumb  mit  der  vorgenanten  somm  guldeinr  ermanet 
werdent.  urk.  v.  1378  bei  JuNO  miscell.  4.41,  vgl.  Haltaus 
1735;  nachdem  bischoff  Hartman  selig  .  . .  vormals  ouch 
gevordert  hatte,  im  und  siner  stifte  ze  Basel  der  losunge 
der  slossen  sant  Ursitien  . .  .  und  Kallemberg  statt  ze 
tünde.  Basler  chron.  4,  36,  2  {rath.sb.  zu  1425) ;  ob  sie  wolten 
mit  in  scharmützlen  und  ain  er  oder  künhait  an  in  be- 
jagen,  des  wolten  sie  in  statt  tuen.  d.  städtechron.  5,  42, 12; 
{dasz  sie,)  was  sie  zu  ihnen  ...  zu  sprechen  {beanspruchen) 
hätte,  durch  den  ordentlichen  weg  des  rechtens,  dessen 
sie  {senatus)  .  .  .  einem  jeden  statt  zu  thun  und  dem  nicht 
vor  zu  seyn.  sich  erbiethen.  suchen  und  austragen... 
sollen,  urk.  Maximilians  II.  v.  1568  bei  Lauenstkin  hist. 
diplom.  episcop.  Hildes.  (1740)  1,  68,  vgl.  Haltaus  1734.  zu- 
weilen durch  adject.  zusatz  verstärkt: 

wan  weit  ir  vehten  disen  strlt.  .  .  . 
des  tuon  ich  iu  guot  stat. 

Heinr.  v.  d.  TCri.in  kröne  10636; 
dö  wart  dem  kunic  Wenzlän 
des  (hinwegr eilen f)  vil  guote  stat  gcfän. 

Ottokar  reimchron.  18040. 

j3)  der  gen.  kann  durch  einen  inf.  oder  einen  inhalts- 
satz  m,it  dag  ersetzt  werdeji  .•  tuon  dir  stata  ze  sprechenne. 
s.  Graff  6.643;  also  ist  daj  ein  untriuwe,  so  got  mit  uns 
gerne  s!ne  gnäde  zeigete.  und  da^  wir  . .  .  sin  deheinen 
war  tuon  und  tuon  im  des  niht  state,  dag  er  uns  sine 
heimliche  erzeige  und  eine  wile  bi  uns  geruowe.  d.  mystiker 
1,323,8;  ich  will  dich  lenger  nit  auffhalten,  sunder  wie 
du  begerest.  dir  stat  thün  hinweg  züfaren.  Schaiden- 
REISSER  Odyss.  21»  {ijSrj  yd^  ae  ftdXa  TiQÖfQaaa'  dito- 
nifirpo)  5.  161); 

da;  er  {gott)  dem  tievel  state  tete. 

daz  er  menschlich  gesla'chte 

wol  gevellen  maechte.    anegenge  15, 14  Hahn. 

y)  dann  auch  in  die  bedeutung  'einem  eticas  zugestehen, 
bexcilligen,  gewähren'  übergehend: 

antlä;  er  von  allen  bat, 

und  tet  onch  in  des  selben  stat  {omnihu*  indulgen- 
tiam  .  .  .  iribuent). 
Albertus  St.  Ulrich»  leben  1485; 
sottet  ir  iht  von  mir  h&n, 
des  waere  iu  schiere  state  get&n.    Tristan  5396; 
alte  unde  junge 
dem  marcgrävcn  Ifijren  an, 
da;  er  dem  bischolr  Johan 
der  teidinge  taste  stat.    Ottokar  reimchrott.  17631; 

wann  . . .  wir  jr  ob  sy  ichts  vorhandelten  oder  yemand 
Spruche  zu  jne  zuhaben  vermeinte .  zu  recht  mechtig. 
und  des  einem  yeden  so  wir  deszhalb  angelangt  werden 
statt  zu  tunde  willig  sein,  brief  kaiser  Fridr.  III.  v.  1470 
bei  Haltavs  1735;  tnit  concretem  object.  einem  et^cas  gelten  • 
die  Wirt  sollen  niemand  weiter  weder  essens  noch  trinken» 
stat  thuon.  quelU  {landsordn.  v.  1553)  bei  SciiM.*  8,  798 
{kann  auch  zu  a  gestellt  werden),   mit  persönlichem  object  (?) : 

dag  si  in  der  Mnung«  rin|et 
nAch  Jesu,  den  sie  gerne  bäte, 
ob  stn  diu  Minne  ir  ctate  tcte. 

Lami'Rkht  V  HRORNsnviia  Mkterv.  SyitnWSI 

(dnt  olottar  erklärt  atate  mit  'htt/a',  vMleieM 

richtig). 

t)  sjiäter  kann  für  den   gen.   auch   der  aee.   eintreten: 

9t  sol  auch  die  zeit  ncmiich  gctlissrn  sein,  tcglich  in  des 

rats   Schreibstuben  zu  gocn  und  des  rals  lewffc  und  ge- 

legenheit  dorinn  vleissig  ein  und  war  ncmen,  das  im  da 

gegönt  und  stat  getan  sol  werden,   d.  städtechron.  a.  sno*. 

anm.;  das  sol  ime  der  zehcntman  slnt  thuon.  landsordn. 

V.  166S  bei  Sc:hm.*  >,  7W;    eine    widerlosung    statt    tiiun. 

landr.  v.  1616  •.  tbenda. 


993 


STATT  (11,  C.  4) 


STATT  dl  C,  4.  5.  D,  1) 


994 


b)  im  nhd.  kommt  eine  ganz  andre  Verwendung  auf  und 
ist  von  anfang  an  vorherrschend,  nämlich  einem  begehren, 
ansuchen,  einer  forderung,  bitte  statt  thun,  icillfahren, 
sie  erfüllen,  diese  gebrauchstceise  ist  offenbar  durch  das 
synonyme  statt  geben  beeinfluszt,  s.  3,  e,  a,  und  setzt  das 
zusammenfallen  des  alten  stat  und  state  voraus,  so  wSlten 
si  die  8  ort  darren  zeston  gemanet  und  euch  ein  wissen 
von  inen  haben,  ob  si  . . .  getaner  manung  stat  tun  w61tid. 
Anshelm  Berner  chron.  4,197,7;  darauf  ich  mich  dann 
bedacht ,  dasz  ich  .  . .  eurem  begehren  statt  thun ,  und 
meine  Sachen  und  händel ...  in  schrifften  verfassen  wollen. 
Götz  v.  Berlichingen  4;  als  dieselben  diser  begern  nit 
gleich  stat  thun  wolten.  Zimm.  chron.^  i,  121,  29;  und  wir 
dan  solchem  ihrem  . .  .  suchen  in  gnaden  statt  gethan. 
urk.  V.  1600  bei  Haltaus  1735;  demnach  bey  itzo  in  Breszlau 
gehaltener  allgemeiner  Zusammenkunft  der  herren  fürsten 
und  stände  in  Schlesien  die  evangelische  gemeine  der 
statt  Troppau  umb  restituirung  der  vor  jähren  . .  .  ent- 
nommenen Pfarrkirchen  daselbs  alles  fleiszes  angehalten 
und  die  herren  fürsten  und  stände  .  . .  solch  ihr  ansuchen 
nicht  allein  für  ganz  billig  befunden,  sondern  demselben 
auch  gebührend  statt  zu  thun  einhellig  geschloszen.  Ver- 
handlungen der  schles.  fürsten  u.  stände  v.  j.  1619,  s.  179; 
den  herrn  Georgen  von  Oppersdorf  betreffende ,  mag 
seinem  petito  zu  diesem  mal  auch  nicht  statt  gethan 
werden,  verhandl.  der  schles.  stände  i.  j.  1621,  s.  240;  wir 
haben  ihrer  bitt  gnedig  statt  gethan.  hess.  urk.  v.  1636  bei 
Dief.-WClcker  863;  ich  werde  der  mahnung  statt  thun, 
und  mittwochs  am  23  sten  sollen  die  hofpferde  zu  Opers- 
heim seyn.  J.v.MOi.ler  irerA:e5,296  (^brief  vomU.dec.nS9); 

er  sei  ein  amptmann  war  er  war 

dasz  er  sym  eheisz  statt  thfie  gär  {gern). 

Jos.  Murer  belüg,  v.  Babylon  (1560),  2.  act. 

c)  dann  überhaupt,  etwas  ausführen:  stattthün,  exequi 
rem.  den  Worten  statt  thön ,  verba  ad  rem  conferre. 
Maaler  385",  danach  Frisch  2,321». 

a)  dem  urteil  statthün  und  nachkommen,  facere  iudi- 
catum.  dem  rächtsspruch  gehorsam  seyn ,  exequi  rem, 
iudicatam.  Maaler  385«;  statt  tun  dem  urteil,  sententiae 
purere.  Scherz-Ober lin  1560;  so  lang  bisz  er  die  bueszen 
und  costen  abgericht,  und  dem  ergangenen  urteil  würek- 
lich  statt  getan,  quelle  s.  ebenda  (Jus  Solod.). 

ß)  einem  vertrage :  {die  genannten  haben  geschworen^ 
das  sie  alle  semptlich  . . .  alles  das  obangezeigte  artikel 
und  dieser  vertrag  von  wort  zu  wort  begrieffen,  vermügen 
und  Inhalten,  .  .  .  war,  fest,  stet  und  unzerbrochen  zu- 
halten, auch  dem  in  allweg,  on  einig  auszug  und  Wider- 
rede zum  getrewlichsten  stat  zu  thun,  zu  geleben,  nachzu- 
komen,  und  zugehorsamen,  'vertrag  zw.  dem  löbl.  bund 
zu  Schwaben,  u.  den  zireien  hauffen  . .  .  der  bawren  am 
Bodensee'  1525  bei  Luther  3,  lO?*»;  sant  eine  trüwe  stat 
Bern  iren  ratsboten  . .  .  gon  Jenf  zürn  bischo(  von  Losan, 
so  gemelten  abtrag  hat  versprochen,  demselbigen  ... 
angends  stat  zetün.  Anshelm  Berner  ehron.  2,  67,  3.  so 
auch  :  statt  tun  der  wettung,  solvere,  quod  quis  spondendo 
amisit.  Scherz-Oberlin  1560  (stat.  Colmar.  19,3). 

v)  lüg  dz  du  deiner  verheissung  stattthflist,  fac  s^it 
nunc  promissa  appareant.  seinem  verheissen  statthün, 
und  das  leisten,  complere  promissum.  seiner  züsag  statt 
thön,  die  verheissung  leisten,  promissum  facere,  conser- 
vare  ßdem.  Maaler  385"=;  der  zusag  statt  thun,  pramissis 
atare.  Frisch  2,  321»;  'ehedem  sagte  man  auch,  der  zusage 
statt  thun,  sie  erfüllen.'  Adeluno  (l).  im  sei  aber  wie 
im  wöU,  so  will  ich  ye  meinem  verheyszen  statt  thön. 
Wickram  i,  318,  26  Bolte  (Gabriotto  c.  50);  so  müsz  ich 
dannocht  meinem  brieff,  so  ich  im  zögeschickt  hab, 
statt  thön.  2,395,2  (goldfaden  c.  50);  wollen  wir  uns  dem- 
nach versehen,  ged.  Hainrich  werd  sein  ehr  bedencken, 
und  dcnjhenigen,  was  er  zugesagt  geloht  und  geschworn 
hat,  als  ein  biderman  statt  thun  und  trewlich  nachsetzen. 
Frankf.  urk.  v.  1562  bei  Haltaus  1735;  do  rflfft  der  grave 
den  bischoff  an,  er  seit  seiner  gegebnen  treüw  stat  thön. 
Sbb.  Münster  cosmogr.  (i.^  971.  so  auch:  dieweil  ich 
«ihe,  dasz  jhr  mehr  verderbt  dann  auffrichtet  . . .  und  zu 
wenig  die  lehrjahr  vollendet;  duncket  mich,  dasz  ich 
each  billich  dautzen  möge,  bisz  jhr  dem  vollkommen 
■tadt  thun,  desz  jhr  euch  berühment.  Paracelsus  (1616) 
t,715C. 
X.  ^ 


9)  einem  fürnehmen  statt  thun,  es  ausführen:  man 
liesz  in  ouch  in  der  stat  Basel  usz  und  inrytten  und 
sinnem  furnemen  stat  thön.  Basler  chron.  6,  303,  22  (zum^ 
j.  1482);  ich  gang  dahin,  meinem  fürnemmen  statt  zö 
thön.  Wickram  l,il,5  Bolte  (Galmy  c.  2);  als  nun  der 
tag  kummen  was,  an  dem  der  künig  seinem  bösen  für- 
nemmen vermeynt  stattzöthön  . . .  der  narr  sich  bald  zö 
im  machet,  im  nachfolget  bisz  an  das  ort,  da  er  meynt 
seinem  bösen  fürnemmen  stattzöthön.  341, 13.  2i  (Gabriotto 
C.  59,  =  buch  der  liebe  256**). 

e)  ungeicöhnlich  einem  unternehmen  statt  thun,  es  ins 
werk  richten :  gemelter  pund  . . .  Hess  in  (den  könig  von 
Frankreich)  hoch  manen ,  .  .  .  dem  Türkischen  zug ,  wie 
versprochen  und  ffirgeben,  volzug  und  stat  zetön.  Ans- 
helm Berner  chron.  2,  2,  6. 

d)  ebenso  ve>-einzelt  steht  statt  thun  in  folgender  axis- 
drttcksireise :  die  ewige  straff  wirdt  durch  dise  wort  ver- 
kündt  allen  denen,  so  mit  ihrem  weltlichen  pomp  unnd 
pracht  stoltzieren.  seytemal  sie  wider  ihre  gethane  christ- 
liche profession  oder  bekantnusz  handeln,  in  deme  sie 
dem  pomp  und  pracht  desz  Sathans  abgesagt  haben,  und 
nit  desto  weniger  demselben  statt  thuen.  Albertinus 
Lucifers  königr.  s.  lS(i,  32  Liliencron. 

5)  selten  und  loeniger  formelhaft  ist  statt  lassen ,  was 
ebenfalls  auf  state  beruht,  mhd.  vereinzelt  mit  dem  artikel 
(also  noch  nicht  feste  formel)  und  einem  ausführenden 
inhaltssatz .-         jar  nach  sluopens  alle 

s6  sere  üf  in  mit  sehalle  .  . , 
da;  si  im  die  stat  nibt  liefen, 
daj  er  iht  slüege  dar  wider. 

Stricker  Karl  7928. 

frühnhd.  mit  adjectivischem  zusatz:  welche  sich  des  burg- 
rechtens  willig  verzögen  .  .  .  und  sich  begabend ,  im  . . . 
ire  tör  und  tor  ufzetön,  und  sinem  inriten  sichere  stat 
zelassen.  Anshelm  Bemer  chron.  4,  343,  26.  doch  findet 
sich  im  16.  t«nd  17.  jahrh.  auch  ein  paarmal  formelhafte.^ 
statt  lassen  mit  inf:  ist  einer  ein  rechter  prophet,  so 
wirt  er  eim  anderen,  der  recht  von  gottes  wort  redt,  gern 
oflosen  {zuhören)  und  statt  lassen  zö  reden.  Zwingli  2,15; 

je  mehr  man  ihn   erhoben, 
gelobt  und  ehret  bat, 
je  mehr  man  ihn  zu  loben 
noch  allweg  lasset  statt. 

Spee  tnttsn.  nr.  20,  92  Balke. 

D.  eine  specielle  Sinnesnuance  des  unter  A  behandelten 
icortes  verlangt  eine  gesonderte  darstellung,  weil  sie  nicht 
nur  im,  nhd.  besonders  reiche  verxcendung  gefunden,  sondern 
^ich  auch  zur  geltung  einer  präposition  enticickelt  und 
damit  zur  bildung  eines  7ieuen  Wortes  geführt  hat.  es 
handelt  sich  ttm  den  begriff  der  Stellvertretung :  statt,  die, 
vicis,  vtcem,  vice,  et  adv.  vice,  loco,  in  locum,  ubi  quis 
alius  stat.  stefit  vel  stare  debeat.  Stieler  2117;  statt,/. 
luogo,  it.  vece.  Kramer  dict.  2,913«,  vgl.  Wächter  1592 
(d.  letzte  statt),  diese  bedentung  beruht  auf  der  vorstelhmg. 
dasz  ein  mensch  oder  ein  ding  seinen  bestimmten  platz  hat, 
den  dann  ein  anderes  einnimmt  und  damit  zugleich  in 
dessen  functionen  einrückt;  sie  sehlieszt  an  A,  6,  a.  7,  a  an. 
die  entiricklung  von  dem  alten  stat  'locus'  bis  zur  präpo 
frition  ist  im  fotgeuden  zu  veranschaulichen.  —  für  statt 
in  diesem  sinne  ist  statte  nicht  üblich,  doch  \nrd  es  in 
neuerer  zeit  durch  stelle  tkeil weise  ersetzt,  da^  in  den 
verbalen  fügungen  (s.  i)  jetzt  alleinherrschend,  in  den  Ver- 
bindungen mit  präpos.  daneben  üblich  und  in  der  um 
gangssprache  mit  ausnähme  geicisser  fälle  theiltceise  üblicher 
ist  (s.  das  nähere  unter  stelle),  dagegen  zu  präjwsitionalem 
und  conjunctionalem  gebrauche  (s.  4.  5)  »ich  nicht  ent- 
icickelt hat. 

l)  einige  formelhafte  Verbindungen  mit  verben  sehlieszen 
.fich  den  unter  C  behandelten  an. 

o)  noch  ganz  eigentlich,  den  Übergang  veranschaulichend : 
durch  ewer  boszheyt  will  ich  euch  mit  meinen  eygnen 
henden,  an  diesen  galgcn  hencken,  da  werdt  jr  meines 
bröders  stat  inhaben.  Aimon  s  1». 

6)  eines  statt  halten  6  vertretten,  eines  Statthalter  seyn, 
tener'  iL  luogo,  fare  le  parti  di  uno;  easer  vieario,  Ittogo 
tenente  6  tenente  di  uno.  Kram  er  dict.  2,913«.  doch  icird 
statt  halten  T«f«r  ton  einem  regierenden  gesagt,  der  an 
stelle  und  im  namen  eines  souveränen  fürsten  die  herrachaft 
führt,   so   von   dem   vertoalter  (gouverneur)  einer  provinz, 

68 


Ö95 


STATT  (II,  D.  1.  2) 


STATT  (II.  D,  % 


996 


kolonie,  insel  u.  ähnl.,  und  ist  nur  vereinzelt  vom  15.  bis 
il.jahrh.  belegt,  xcährend  das  danach  gebildete  Statthalter 
überaus  häufig  ist,  vgl.  das. : 

her  pawes,  du  werest  hoch  geresen  in  state,  .  .  . 

sunte  Peters  siede  van  Codes  wegen  geholden  up  erden. 

des  dod-ex  dans  171  Baethcke; 

weil  unser  ohem  . . .  kayserlicher  mt  (majestäf)  stathelt. 
Weim.  urk.  bei  Dief.-WOlckek  863.  dann  auch  ohne  den 
bestimmenden  aenitiv,  einfach  für  regieren  (vgl.  Statthalter): 
in  der  stadt  Dubhn  residiret  der  vice  könig,  da  doch  die 
Stadt  Armac,  die  haupt-stadt  ist,  woselbst  ein  ertz-bischofT 
statt  hält.  V.  D.  Ghöben   Guineische  reisebeschr.  (l69l)  110. 

c)  soitst  ist  mhd.  der  geicöhtiliche  atisditick  eines  stat 
verstfin,  *.  mlid.  wb.  2,  2,  587»: 

da;  die  iungen  in  den  tagen 

rittere  solden  werden 

und  mit  vollen  werden 

irre  vetere  stat  verstan, 

die  man  alt  sach  abcgan.    pats.  598,57  Kopie; 

d&Z  •icr  mön  die  werlt  erläulit,  wcnne  diu  sunne  hin  ist, 
wann  wenne  diu  sunne  under  der  erden  ist  und  der 
mön  dar  ob,  so  verst^t  der  mön  der  sunnen  stat.  Mkgk.n- 
BERG67,I8;  daneben:  die  hailigen  16rer..,  die  gotes  stat 
verwesent  auf  ertreich  und  sein  rehtvitztüem  sint.  211,26. 
vgl.  dazu:  vicarius  .  .  .  Verweser  siner  stat.  Dief.  gloss.  611" 
(ende  des  15.  jahrh.).  auch  mnd.  •  den  satte  hertoch  Hermen 
van  Sassen  in  dat  bischopdom,  wente  he  des  keisers  stede 
vorstunt  de  wile  he  buten  landes  was.  d.  städtechr.  7,  .57,  22. 

d)  nhd.  in  der  reget  eines  statt  (Jetzt  gewöhnlich  stelle) 
vertreten,  vgl.  Kramek  unter  b:  eines  andern  statt  \er- 
ireien,  vicem  alicujtis  supplere.  Steinbach  2,  687;  alterius 
persona  fungi.  ebenda;  jemandes  statt  vertreten  im  oberd. 
nach  Adelung  (i).  so  die  sunn  im  krebs  ist,  geht  der 
fluss  Nilus  ausz,  unnd  vertrit  die  statt  des  rägens  mit 
gwinn,  befeüchtigt  und  begeüszt  das  gantz  land.  Franck 
u)eUb.  15»». 

c)  eine  art  causativ  dazu  ist  die  ungeicöhnliche  Wendung : 
dein  vater  hat  nicht  wollen 
ohn  dich  zu  felde  seyn,  ohn  dich  nicht  siegen  sollen, 
der  grosse  Sigismund,  der  nicht  so  zeitlich  sich 
von  dieser  weit  gemacht,  wo  ferren  er  durch  dich 
nicht  seine  statt  ersetzt. 

Opitz  1,  2  (an  d.  kön.  maj.  zu  Polen  n.  Schweden). 

f)  \cenn  der  gen.  einen  allgemeinen  gattungsbegriff  ent- 
halt, bedeuten  solche  u-endungen  auch  'als  etwas  fungieren, 
efioas  sein';  so  mhd.: 

der  des  raeisters  stat  dö  wllt 
lieblich  er  die  brüdere  hilt. 

liiiänd.  reimchron.  8813. 

g)  ganz  im  sinne  von  A,  6,  a.  i  findet  sich  endlich  zuweilen 
reflexives  seine  statt  vertreten,  seine  stelle  ausfüllen,  seinen 
posten.  dienst  versehen:  daj  ir  iuwer  amt  mit  triuwen 
üeben  sult  und  iuwer  stat  ze  rehte  verstön  sult.  Bert- 
hold  V.  Regensburg  l,  155,  3;  darmit  der  gemeine  mann 
mit  seiner  wehr  nicht  verkürtz ,  sonder  seine  stadt  in 
der  Ordnung  vertretten  magh.  Reutter  v.  Speir  kriegs- 
ordn.  (159*)  8. 

2)  in  der  regel  ist  statt  in  diesem  sinne  von  präpo 
sitionen  abhängig,  U7id  zwar  im  hd.  durchweg  von  der  pro- 
Position  an. 

a)  dagegen  übericiegt  im  altern  nd.  das  dem  hd.  ganz 
fremde  in:  surft  ir  en,  sin  kint  trit  in  des  vader  stat, 
unde  behalt  sin  gut  gemene  mit  den  vedderen  als  it  sin 
vader  hadde.  Saclisensp.  Uhnr.  82,  §  2;  die  sone  nc  darf 
ok  in's  vader  stat  nicht  uttien  sin  gut  jegen  den  herren, 
of  die  vader  stirft.  U,  §2;  do  Adam  drittich  unde  hundert 
jar  alt  was,  do  gewan  he  Sethe,  den  ime  got  gaf  in 
Abeles  «tat.  d.  ehron.  2,68,4  (aächs.  xceltchr.  2);  cn  vrowe 
nam  dre  echte  man  tomale;  dat  drcvolt  echt  dat  is  un- 
gewis,  dat  saltu  tostoren  an  goddes  stat.  171,83  (c.  i7o); 
wenn  denn  de  procurator  in  des  keisers  edder  koninges 
hof  kumpt,  so  mach  he  wo!  einen  anderen  procurator 
Tort  selten  und  kesen,  de  dem  hove  volgc  und  antwcrdc 
in  siner  siede,  eft  he  dem  hove  nulvcn  nicht  volgcn 
mach.  d.  »tädtedtron,  7,  803, 16  (Magdeb.  achöppenehron.) ; 

in  de«  doctori  stydde, 
i»  wu  one  do  nicht  mydde, 
•cboldcn  iiitl«n  veemndetwyntich. 

K,  IM  (Hrnuntehtr  ncMrhtitp  ttm,  rfit  H.  anm.); 

wat  belpet,  dat  ik  (cir  i>     \.        ii-n 

und«  btbbe  in  «ine«  .m 

■  ■ '  i:<iftMekt. 


in  hd.  texten  nur,  soweit  sie  deutlich  unter  nd.  einflusse 
stehen:  ne  tot  er  des  nicht,  so  sol  der  obir  herre  dem 
manne  da;  gut  lien  unde  sin  wer  des  gütis  sin  in  der 
stat  des  errin  herrin.  Görlitzer  lehnr.  l,  116  (Homeyer 
Saclisensp.  2,  2,  *.  116);  der  konig  von  Bohemen,  des  riches 
schenke,  der  ne  was  dar  nicht,  in  siner  stath  was  der 
grave  von  Assowe,  des  bischofes  schenke  von  Colne. 
d.  chron.  2,  286, 17  (neltchron.,  .<iäclis.  forts.  4). 

b)  im  eigentlichen  hd.  steht  ausndhmslos  an.  und  fast 
eboiso  regelniäszig  steht  danach  die  kurze  endungslose  form 
stat,  auch  als  dat.,  der  in  dieser  Verwendung  übenciegend 
ist.    ganz  vereinzelt  findet  sich  mhd.  stete : 

ich  wil  dich  am  mines  sunes  stete  (var. :  stede)  haben. 

Rolandtl.  184,  27. 
auch  im  nhd.  findet  sich  ein  paar  mal  stell,  statte,  s.  das. 

c)  auszugehen  ist  von  redeicendungen .  wo  die  örtliche 
grundvorstellung  gewahrt  ist,  also  von  Verbindungen  mit 
Verben,  die  ein  verweilen  an  einem  orte  oder  eine  orts- 
beicegung  ausdrücken. 

n)  der  erste  fall  Lit  verhältnismäszig  selten,  so  noch  ganz 
eigentlich:  auch  woneten  vor  zelten  in  Seir  die  Horiter, 
und  die  kinder  Esau  vertrieben  und  vertilgeten  sie  für 
jnen,  und  woneten  an  jr  stat  (onnri).  5  Mos.  2, 12;  der 
herr  vertilget  sie  für  jnen,  und  lies  sie  dieselben  besitzen, 
da  sie  an  jrer  stat  da  woneten.  21,  vgl.  22/.,-  (rfic*e)  kamen 
zur  zeit  Hiskia  .  .  .  und  schlugen  jener  hütten  und  wonunge 
die  da  selbs  funden  worden ,  .  . .  und  woneten  an  jrer 
stat.  t  chron .  5,  il ;  (wenn  der  gemahl  verreist  ist,)  dalasset 
(sie)  das  gemeyn  gebett  für  jhn  Ihun,  gedenckt  seinen 
über  tisch,  wann  der  knecht  an  seiner  stall  iiget.  Garg. 
s.  107  neudr.; 

hey  wie  gewalteclichen      si  sIt  an  Heichen  stat  gesa;. 
.    .  yib.  1323,  4. 

freier:         herre,  weit  ir  sitzen 

wider  an  des  fUrsten  stat  (d.  h.  zu  ciericMe)^ 

SeiJr.HeM.  2,  499 

(beide  stellen  vielleicht  zu  •/  gehörig);  de  in  der  kerken  an 
gades  stede  sitten.  Lappenberg  Hamb.  chron.  s.  491  (vgl. 
des  dodes  danz  290  tmter  a)\  an  des  andern  stat  stehen, 
loco  alterius  puniri.  Sgherz-Obermn  1559;  er  (Christu.i) 
ist  wol  für  seine  person  unschuldig  . . ,  weil  er  aber  sich 
unterstanden  hat,  das  er  an  aller  menschen  stat  stehen 
wil,  mus  er  auch  der  straffe  gewarten.  Luther  28,  .349, 13 
Weim.  ausg. 

ß)  meist  mit  acc,  so  gern:  an  eines  stall  trelten,  met- 
tersi ,  so.itittiirsi  in  luogo  di  uno.  Kram  er  dicf.  2,913", 
vicem  alicujus  supplere.  Frisch  2,  321»;  und  do  kunig 
Rudolfes  vatter  gestarb,  do  trat  kunig  Rudolf  an  sins 
vatter  stat.  d.  .stüdtechron.  8,  42,  19  (Closener  chron.  v. 
Straszb.  1.362);  (der  gen.  ist  zu  ergänzen:)  wo  ich  umb  des 
Worts  willen  vater  und  mutter  lasse,  sol  ich  das  ynn 
der  band  haben ,  das  soviel  Christen  dargegen  an  die 
statt  tretten,  die  sich  mein  anneinen  und  alle  ein  mutter 
und  brflderlich  hertz  gegen  mir  tragen.  Luther  28,  27,  28 
M'eim.  ausg.;  darumb  geschieht  jm  (Christo)  rocht  in  dem 
stücke,  weil  er  an  unser  stat  getretten  und  für  uns  hat 
bezalen  wollen.  3»9,  lO;  dieweil  ich  aber  nu  alt  und 
schwach  bin,  so  soll  jr  an  mein  und  meiner  brflder  stat 
trelten  (yirra&f  Art  iuov  xni  tov  d!lel(fot'  i'ov),  und 
soll  ausziehen,  und  für  ewer  volck  streiten,  i  Maec.  16,3; 

es  ist,  als  ob  die  zeit  sie  (die  vögel)  selber  weckte  .  .  . 

denn  in  gemes.t'non  pausen,  wie  die  zahlen 

an  deren  statt  üic  treten,  folgen  sich 

der  auerhahn,  die  amxel  una  die  drossel. 

Hkhbbi.  4,  861   Il'«ni«r  (A76.  8,  6,  8,  1.  fatfung 
V.  2848— 54). 
*.  auch  den  ersten  beleg  unter  a. 

v)  so  femer:  an  eyns  statt  kommen,  sureedere.  Dasy- 
POniUS,  in  locum  alieujtis  snccedrre.  Stkinhacii  2,687; 
der  gerechte  wird  aus  der  not  erlüset,  und  der  gottlose 
kompt  an  seine  stat.  »pr.  Sal.  11,8.  —  so  in  der  altern 
Sprache  auch  bei  xrorten  me  sitzen,  die  jetzt  nicht  mehr 
im  sinne  der  ortshe>regung  (perferfiv)  üblich  sind:  unse 
here  sedo  to  Petro:  nim  den  statrr  und  gif  enc  vor  ml 
und  di,  alsr  wolde  he  noggen,  ik  werde  ut  dusser  werlt 
gan  tom  vader.  du  schalt  an  minc  stede  siUcn !  Lappen 
liKim  Hamb.  chron.  «.  491.  (so  auch  Brannsrhir.  .vrhirht.ip 
808  unter  a.  jetzt  trürde  man  sich  setzen  sageti  miis.tm . 
doch  l/ef)wrkt  Hkynatz  Antihnrb.  8,  448  mit  recht,  das: 
setzen  sie  sieh  an  meine  itall  nicht  mehr  üblich  sei.) 


997 


STATT  (II,  D.  2) 


STATT  (II,  D.  2) 


d)  dazu  als  causaHv :  an  eines  anderen  stat  stellen, 
oder  erwellen ,  subrogare,  stihstitiiere ,  siihmittere  alicui. 
Maaler  384"^;  einen  an  des  andern  statt  stellen,  aliqtiem 
in  locum  alteritts  substituere.  Steinbagh  2,687;  erbringt 
der  stoltzen  viel  umb  .  . .  und  stellet  andere  an  jre  stat. 
(onnri).  Hiob  34,  24.  —  und  der  könig  setzet  Benaia  den 
son  Joiada  an  seine  stat  ubers  beer,  und  Zadock  den 
priester  setzet  der  könig  an  die  stat  Ab  Jathar.  l  kön.  2, 35; 
sinnlicher,  mit  verdeutlichendem  zitsatz :  dein  son,  den  ich 
an  deine  stat  ('^^TPIP)  setzen  werde,  auff  deinen  stuel, 
der  sol  meinem  namen  ein  baus  bawen.  5,  5.  so  fernem-, 
ganz  eigentlich  -.  ich  bin  Reichart  .  .  .  und  nit  Ripus,  wir 
habent  jnen  an  mein  stat  gebangen.  Aimon  s  2»;  darumb 
hat  mein  brüder  Ripus  selbfünfftzehent  an  mein  stat  ge- 
hangen, ebenda. 

d)  auch  in  fällen,  wo  die  gnindvorsteUung  nicht  mehr 
so  deutl-ich  ist,  icirkt  doch  die  alte  freiere  fügung  und 
lebendige  gebrauchsiceise  noch  nach  in  der  anwendtmg  des 
acc. ,  in  atisdi-ücken  wie  an  jemandes  (seine)  statt  er- 
wählen, geben  m.  s.  w.,  icie  er  besonders  bei  Luther  und 
andern  autoren  des  16.  jahrh.  noch  ganz  gewöhnlich  ist: 

darumbe  got  willen  gewan, 

dag  er  gesüfe  {Kchüf^  den  man 

unde  er  manchunne 

an  sine  {Lucifers)  stat  gewunne, 

daj  er  irsazte  den  val.    Diemer  d.  ged.  5,  G- 

zu  hant  was  brüder  Poppe  lös 

der  meisterschefte,  dö  man  kös 

meister  Annen  an  sine  stat. 

livländ.  reimchron.  4361; 

also  erweletent  sü  einen  andern  künig  an  sine  stat. 
d.  städtechron.  8,446,15  (Köxigshofen,  1400);  das  heisst 
denn  zeitlich  gut  höber  denn  gott  geachtet,  und  an  sein 
stat  zum  abgott  gemacht.  Luther  1,496*;  wo  wil  denn 
das  geistlich  ampt  und  stand  bleiben?  die  alten,  so  jtzt 
drinnen  sind,  werden  nicht  ewig  leben,  sondern  sterben 
teglich  dahin,  und  sind  kein  andere  da  an  jre  stat.  5, 174''; 
und  da  Bela  starb ,  ward  könig  an  seine  stat  Jobab. 
1  Mos.  36,  33,  igl.  V.  34/.  38/.,-  welcher  unter  seinen  sönen, 
an  seine  stat  priester  wird.  2  Mos.  29,  30;  und  der  priester, 
der  unter  seinen  sönen  an  seine  stat  gesalbet  wird,  sol 
solcbs  thun.  ^  Mos.  %,  22;  derselben  kinder,  die  an  jre 
stat  waren  auiTkomen,  beschneit  Josua.  Jos.  5,  7;  darumb 
gebe  ich  menschen  an  deine  stat,  und  völcker  für  deine 
seele.  Jes.  43,4  Qiebr.  zweimal  nnn);  und  an  seine  stat 
wird  aufTkomen  (*;3~'r?  T^Tl),  der  wird  in  königlichen 
ehren  sitzen.  Z>ttn.  11,20;  sie  sind  vertilget  und  in  die 
helle  gefaren,  und  andere  sind  an  jre  stad  komen.  Baruch 
3,  19;  nu  aber  werden  viel  exempel  in  der  schrifft  an- 
gezogen, da  zusehen  ist,  wie  gott  die  erstgeborne  söne 
verworffen  hat,  unnd  andere  [an]  jre  stat  erwehlet. 
tischred.  34'>;  diss  jar  uss  hat  der  Meyl&ndisch  herzog 
einen  siner  k&merling  .  . .  bin  Eidgnossen  gehalten,  sine 
gschäft  zehandlen,  der  so  gschäftig,  dass  d'  Eidgnossen  . . . 
sinen  so  möed  wurden,  dass  si  doctor  Jeronimum  xMoron 
...  an  sine  stat  zegeben  hieschen.  Anshei.m  Berner  rhron. 
4,17,16;  weil  sich  das  weib  verschleyert  hat,  als  bitten 
wir,  das  sie  den  schleiher  abnhemen,  damit  man  sehen 
könne,  ob  sie  es  sey,  oder  eine  andere  an  jhre  stadt 
ausgemacht  habe.  Heinrich  Julius  v.  Braunschwek. 
302  Holland  {Svs.  4, 2).  der  gen.  \cird  verschtciegen  und  musz 
aus  dem  zusammenhange  ergänzt  werden  •  {die  Juden)  ziehen 
solcbs  ausz  dem  dritten  capitel  Malachie,  versucht  und 
probiert  mich  mit  den  zehenden,  ob  ich  euch  nit  über- 
flüssig benedeyung  an  die  statt  geben  wolle  {vgl.  Maleachi 
3, 10).  Franck  weltb.  154»;  und  ob  . . .  der,  so  man  gefengk- 
lich  nemmen  wollen,  dardurch  entrünne  unnd  davon  kerne, 
so  sol  derselbig  oder  dieselbigen  so  desz  ein  ursach,  an 
die  statt  gefengkiich  angenommen,  und  mit  ernst  gestrafft 
werden.  Fronsperger  kriegsb.  \,2Z^; 

imd  wer  do  gute  kleider  bat 

dem  werden  böse  an  die  stat, 

die  müsz  er  dann  behalten. 

Uiii.ANi)  x-olkfl.  nr.  234,  7. 

e)  das  gewöhnliche  ist  an  eines  statt  (etwas  thun  u.  s.  tc.), 
"hei  der  casus  von  statt  äuszerlidi  nicht  kenntlich  i.it 
niszer  im  falle  g),  aber  in  der  neuern  spräche  immer  als 

dat.  empfunden  icird :  einen  an  des  andern  statt  erwehlen, 
aorrogare.    costituire  uno  in   luogo  dell'  ultra,    v.  platz. 


I  Kramer  rftc^.  2,  913"= ;  an  gottes  statt,  vice  dei.  Wächter 
1592.  Heynatz  Antibarb.  2, 443  bemerkt:  'etwas  an  jemandes 
statt  thun ,  sein  söhn  ward  könig  an  seiner  statt ,  ist 
ebenfalls  sclwn  veraltet';  doch  ist  r»  Gör  he  noch  geläußg, 
vgl.  die  belege.  —  so  zunächst  von  personen.  dabei  lassen 
sich  folgende  nuancen  unterscheiden. 

a)  es  handelt  sich  um  den  nachfolger  eines  verstorbenen, 
vgl.  Sachsensp.  säclis.  iceltchron.  und  dodes  danz  unter  a: 
jr  seid  auffgetreten  an  ewr  veter  stat.  4  Mos.  32, 14;  an 
des  stat  wird  auffkomen  (T23~b3>  ~?2;n)  ein  ungeachter, 
welchem  die  ehre  des  königreichs  nicht  bedacht  war. 
Dan.  11,  21; 

lange  wünschte  die  mutter  daher  sich  ein  mädchen  im  hause, 
das  mit  der  band  nicht  allein,  das  auch  mit  dem  herzen  ihr 

hülfe 
an  der  tochter  statt,  der  leider  frühe  verlornen. 

GÖTHE  40,  308  {Herrn,  u.  Dar.  7). 

durch  zttsatz  eines  Synonyms  verdeutlicht:  weiln  ihr  bisz- 
anbero  .  .  .  den  barmhertzigen  gott,  .  . .  um  einen  getreuen 
(Superintendenten  oder  Seelsorger,)  an  des  vorigen  statt 
und  stell  gebeten  .  .  .  habt,  so  hat  derselbige  viel  fromme 
gott  .  .  .  euch  den  gegenwärtigen  X.  N.  zugewiesen.  Lüne- 
burger kirchenordn.  v.  1643,  cap.  2,  §  20  bei  Ebh.\rdt  ges. 
des  consist.  zu  Hannover  l,  s.  194. 

ß)  etwas  thun  als  Stellvertreter  eines  abwesenden,  s.  deutsche 
chron.  2,  286  und  d.  städtechron.  7,293  unter  a;  besonders 
von  einem  bevollmächtigten,  der  im  auftrage  und  im  namen 
jemandes  ettcas  thiit:  doch  mögen  die  vorsten  geweren 
enen  man  mit  enem  openen  brieve  besegelt,  deste  {tcofem) 
se  mede  senden  enen  iren  inborenen  dinstman,  die  't 
gut  vorsta  {;vertrete)  an  irer  stat.  Sachseyisp.  2,  42,  §  3;  so: 
so  ich  etwas  vergebe  jemande ,  das  vergebe  ich  umb 
ewren  willen  an  Christus  stat   {iv  nooautTiip  Xgiarov). 

2  Cw.  2, 10;  so  sind  wir  nu  botscbafften  an  Christus  stat, 
denn  gott  ermanet  durch  uns.  so  bitten  wir  nu  an 
Christus  statt  {beide  male  v:ieo  X^iaToxf).  5,  20.  dann 
auch  freier:  begere  ich  ann  euch,  an  aller  frommen 
pfaffen  stat,  .  .  .  yr  wollen  ablassen  vonn  der  vervolgung 
der  priester.  Joh.  Eberlin  v.  Günzbuhg  2,37  Enders. 
etwas  thun  für  jemand,  der  es  nicht  thun  icül,  vgl.  Gör- 
litzer lehnr.  1, 116  unter  a.  so  auch :  ihre  besten  bemer- 
ckungen  sind  zuweilen  so,  dasz  man  sich  an  des  Ver- 
fassers statt  schämt.  Lichtenberg  aphorismen  3,  s.  99, 10. 

/)  atich  in  bezug  auf  das  object  einer  tfiätigkeit,  für 
einen  eintreten  {als  ersatzmann):  Abraham  ...  nam  den 
wider,  und  opffert  jn  zum  brandopffer  an  seines  sons 
stat.  1  Mos.  22, 13;  darumb  las  deinen  knecht  hie  bleiben, 
an  des  knaben  stat,  zum  knecht  meines  herrn.  44,33; 
seiner  veter  gott  wrd  er  nicht  achten ,  .  .  .  aber  an 
des  stat  (isar??)  wird  er  seinen  gott  Maosim  ehren. 
Dan.  11,  38; 

so  küst  er  meinen   kleinen  mops,    den  schon  das  alter  ab- 
gefressen, 
zum  zeichen  der  Submission  an  meiner  statt  mit  viel  caressen. 

GÜ.VTHER  431. 

so  ferner:  an  eines  statt  eingesperret  werden,  pro  aliquo 
includi.  Steinbach  2,  687;  die  sich  auff  Alckestisch  für 
jbren  mann  darff  inn  todt  begeben,  auff  spartanisch  an 
jrs  Fergnants  statt  sich  inn  gefengknusz  stellen.  Garg. 
*.  102  neudr.;  an  eines  statt  strafe  leiden,  vgl.  Luther 
unter  c,  a;  auch:  die  jode  ne  mut  des  kersten  mannes 
gewere  {gewährsmann)  nicht  sin,  he  ne  wille  antwerden 
in  kerstene  mannes  stad  {für  ihn  eintreten,  rerantioort 
lieh  sein).  SacJtserisp.  3,  7,  §  1. 

/)  ebenso  in  bezug  auf  dinge;  zunäclist  rein  räumlich: 
darnach  macht  man  einem  kandelgiesser  ein  kram  an 
des  Heintzen  kemmerleins  stat  und  macht  dem  Heintzen 
ein  kemmerlein  ...  in  das  geszlein  am  alten  fleischhaus. 
Tucher  baumeisterh.  47,29.  so,  dasz  die  örtliche  grund- 
bedeutung  noch  deutlich  ist:  die  hend  an  dem  menschen 
sint  an  der  vordem  füeje  stat  gemacht.  Megenberü 
20,28;  so  sol  er  die  steine  heissen  ausbrechen,  ...  und 
andere  steine  nemen  und  an  jener  stat  (rnn~Vfi<)  thun. 

3  Mos.  14,  42;  {Sisak)  nam  alle  güldene  schilde,  die  Salonio 
hatte  lassen  machen,  an  welcher  stat,  lies  der  könig 
Rehabeam  eherne  schilde  machen,  i  kön.  14,27;  du  hast 
das  hültzene  joch  zubrechen,  so  mache  nu  ein  eisern  joch 
an  jenes  stat.  Jerem.  28,  n;  femer:  die  auffgethane  knospe 

63* 


999 


STATT  (II.  D,  2) 


STATT  (II.  D.  2.  3) 


1000 


treibet  die  blute  herfür;  die  blute  die  unzeitige  frucht, 
tn  dessen  stat  (cujtis  loco)  in  dem  feigenbaum  die 
kleine  . .  feige  hervor  kompt.  Comenics  janua  (164+)  115; 
unsere  freud«>  ist  zu  wasser,  und  ich  kan  mir  nichts  an 
deren  statt  erdenckcn.  Göthe  brie/e  5,  37  (an  Gh.  v.  Stein 
d.  85.  Jan.  1781) ; 

ein  wallend  mecr,  mit  h&aptem,  weiszen  schultern 
and  runden  bttflen  an  der  wellen  statt 

Gkillparzer*  6,  32  (,wdlen  2). 

g)  für  den  gen.  eines  pers  pron.  tritt  selbstverständlich 
das  possessivpron.  ein;  so  schon  mhd.  in  zahlreichen  be- 
legen, ».  mhd.  tob.  2,  2,  600»: 

(er)  eante,  als  sl  in  bat, 
■in  selbes  tobtet  an  ir  stat.    Iwein  &ni,  vgl.  6047 ; 
Kei  bat  Kingrünen 

Orilus  dienn  an  siner  stat.    Parz.  278,  29 ; 
nQ  st  dfn  scbuole  meisterlös  an  miner  stat. 

Waiiher  V.  D.  Vogelweide  101,  33; 

nhd. :  da  er  sein  leben  geringe  bedachte,  auff  das  er  mir 
dienete  an  ewer  stat  (iVa  dianXij^dxn]  rd  -öuaiv  iare- 
(tjfta  TTJe  npös  fif  XetTovQ/iaq).  Phil.  2,  30:  denn  ich 
wolte  jn  bey  mir  behalten,  das  er  mir  an  deiner  stat 
dienet  (Ira  vnio  aov  Siaxovf}  uoC).  Philemon  13;  der 
jüngere  Mylius  schreibt  also  die  Zeitungen  nicht  mehr, 
ich  bin  mehr  als  einmal  darum  angegangen  worden,  sie 
an  seiner  statt  zu  schreiben.  Lessino  12,  17  (&r.  vom 
S.  nov.  1750); 

freybeit.  eöttinn  groszer  seelen !  .  .  . 

wer  wänll  gold  an  deiner  statt.      Cronegk  2,  280 ; 

kräftig  und  zierlich  aber  zieht 

schon  der  scbalk  die  geschmeidigen 

doch  elastischen  glieder 

listig  heraus,  die  purpurne 

ängstlich  drückende  schale 

lassend  ruhig  an  seiner  statt. 

Göthe  41,  231  (Fatut  II,  8,  v.  9656); 
das  lamm, 

das  gestern,  als  er  kaum  verschwunden  war. 

an  seiner  statt  hervortrat  aus  dem  nebel. 

Hebbel  3,  63  Werner  {d.  rubin  3,  1). 

A)  so  nicht  nur  advei-bial,  sondern  auch  als  prädicat; 
an  jemandes  stelle  sein,  mit  verschiedenen  Sinnesnuancen; 
zunächst  einen  vertreten,  seinen  dienst  verseilen  u.  ühnl., 
».  deutsche  chron.  2,  286  unter  a;  femer: 

er  sprach:  Rapot  und  Wineman, 

sft  biute  an  Ruolandes  stat  ... 

Wineman,  nü  fiiere  du  sin  swert, 

füere  du  sin  born,  Rapote.      Stricker  Karl  9117. 
ähnlich  •         ich  bin  an  des  forsten  stat  {als  richter) 

Seifr.  llelbl.  2,  31. 
in  jemandes  läge,  Situation  sein :  wolt  got,  ewr  seele  were 
an  meiner  seelen  stat  (•'1DE3  nnn),  ich  wolt  auch  mit 
Worten  an  euch  setzen.  Hiob  16,  4;  tvie  jemand  gelten  und 
behandelt  tcerden.-  das  er  (Christus)  uns  so  hertzlich  zu- 
sagt, wer  an  seinem  wort  hanget,  sol  kein  aschenbrödel 
hinder  der  thuer  sein,  sondern  an  seiner  mutter  und 
brflder  stad  allen  heiligen  ynn  armen.  Luther  28.  28, 13 
Weim.  aug.  wenn  ich  an  deiner  statt  (jetzt:  stelle)  wäre 
nimmt  dann  auch  geradezu  den  sinn  'ioenn  ich  du  v?äre' 
an :  wann  ich  an  deiner  statt  6  an  statt  deiner  wäre, 
s'io  fossi  in  tuo  luogo,  in  tua  vece.  s'io  fossi  te.  Kxamkk 
dict.  2.  918"; 

ich  wollte  klüger  seyn,  war  ich  an  deiner  statt. 

Chr.  Mvliu.s  verm.  »ehr.  (1754)  498; 
w&r'  ich  an  deiner  statt,  ich  hatte  bis  jetzt  nicht  gezaudert, 
eint  mir  der  mädchen  geholt. 

Göthe  40,  253  {Herrn,  u.  Dor.  2). 

i)  treitere  nuuncen  ergeben  sich,  wenn  der  gen.  einen  un 
bettimmten,  allgemeinen  begriff  (Gattungsbegriff)  entfiült. 
es  handelt  sieh  in  den  meisten  füllen  um  formelhafte  Ver- 
bindungen, die  des  artikds  entbeliren. 

«)  den  Übergang  bildet  folgende  Verbindung,  ico  der  genitiv 
aoicol  apiteUativisch  icie  als  indiridualbezeichnung  g^astt 
werden  kann: 

ich  bin  regent  im  land  an  kaisere  statt. 

SCHII.MR  14,  2fl3  (7eU  1,  2). 

tbenno:  wenn  ein  (<ieu/v>c/u>;Y/«n«)meistcr  stirbt,  so  soll  sein 
■tcllverlretcr  den  comthurcn  von  Deutschland,  Preuszen, 
Livland  einen  Wahltag  entbieten.  . . .  sind  die  zugereisten 
and  die  brUder  in  dem  capitel  geRammclt,  so  soll  der. 
der  an  meiiitrrR  statt  int.  einen  riltcrhrtidcr  zum  wähl-, 
oomthur  ernennen.  Fmkytao  ih,  i9o  (bilder  i,\,ii. 


ß)  so  besonders  an  vaters  statt;  so  schon:  ih  scal  imu 
uuesan  in  fater  stedi  endi  (ir)  scal  mir  uuesan  in  snnes 
(ego  ero  ei  in  patrem,  et  ipse  erit  mihi  in  füium).  Isid. 
37,18-  (freier-) 

den  gott,  der  dort  verehrt  wird    nehmen  wir 
zum  zeugen,  beide  flehen  wir  ihn  an, 
dasz  er  an  vaters  statt  uns  möge  seyn. 

Schiller  15,  1,  74  (Phädra  5, 1). 
ebenso:        sey  mir  gegrüszt!   du  freundin  meines  herzens, 
an  mutter  statt  geliebte,  sey  gegrüszt. 

Göthe  9,  289  {nat.  tochter  2,  3); 
ein  ohm  und  eine  muhme  jetzt 
an  eitern  statt  mir  sind.    Stolberg  1,  65. 

und  entsprechend:  einen  an  kindes  statt  annehmen,  ali- 
quem  adoptare.  Steinbagh  2,687.  Frisch  2,32i*;  so  noch 
heute  ganz  geläufig:  er  nimmt  ihn  an  kindes  statt  an. 
Hetzel  wie  d  Deutsche  .spricht  291.  der  hurgherr  sagte 
er  wollte  ihn  an  sohnes  statt  annehmen.  Grimm  märchen 
s.  136  (nr.  33) ; 

er  soll  der  söhn  doch  meiner  räche  seyn, 
ich  nehm  ihn  an  und  auf  an  kindes  statt. 

Schiller  Demetriu*  2, 1,  v.  1156. 

v)  zum  ausdruck  der  gleicfistellung ,  so  Sachsensp.  3,7, 
§  1,  «.  e, }'  zu  ende;  mit  dem  unbestimmten  artikel: 

Bwer  sines  volckes  niht  ruoche  hat, 
den  habe  man  an  eines  beiden  stat. 

Albertus  Ulrichs  leben  980  {e*t  inßdeli 
deterior.    1  Tim.  6,  8). 

Ü)  dann  auch  geradezu  für  'eticas  sein': 

diu  frou,  die  herzog  Heinrich 
het  an  konen  stat  {als  gattin). 

Ottokar  reimchron.  92809; 
ob  ich  an  grafen  statt  einst  soll  regieren, 
und  ob  ein  Irmlich  knechtisch  leben  führen,  .  .  . 
dies  alles  gilt  jezt  meinem  herzen  gleich. 

TiECK  2.  98. 

s)  ebenso  mit  bezeichnung  von  dingen;  in  älterer  spräche 
mit  unbestimmtem  artikel:  der  nejjeln  frischen  pleter  an 
ains  pflasters  stat  gelegt  laitent  die  au2g6nden  muoter 
wider  an  ir  stat.  Megenberg  423, 34;  der  stat  werck- 
meister,  der  Zimmermann,  soll  der  stat  paumeister  ge- 
loben und  sein  trew  geben  an  eines  aids  stat.  Tuch  eh 
baumeisterb.  37,  l  Lexer;  ohne  diesen: 

an  Worte  statt  sind  liebliche  geberden. 

Göthe  13,  227  {tnaskem.,  d.  romanl.  poesic); 
ein  solch  papier,  an  gold  und  perlen  statt, 
ist  so  bequem.    41,  67  {Faust  II,  1). 

zum  ausdruck  der  gleichstellung  in  der  .Schätzung : 

die  werthc  keuscbbeit  die  sie  hat, 
steht  mir  an  goldestonnen  statt. 

Neumark  lurtwäldchen  i.  86. 

3)  an  diese  Verbindungen  schlieszen  sich  dann  gebrauchs- 
toeisen,  die  ein  engeres  zusammenxcadisen  der  icortgi-uppe 
zeigen  und  zur  entutehting  von  compositen  führen. 

a)  zunäclist  findet  eitie  engere  Verschmelzung  Zicischen 
dem  genitiv  und  dem  übergeordneten  subst.  statt,  icozu  der 
undeterminierte  Charakter  des  gen.  in  2.  t  bereits  eine  Vor- 
stufe bildet. 

a)  beide  tcerden  zu  einem  (unechteii)  cofnpositnm  zu- 
sammengezogen, so  in  den  häufigen  unter  2,  t,  ß  besprodtetten 
fällen,  so  schreibt  Göthe  ne6en  getretmtem  an  mutter  statt 
(«.  2.  i,  ß)  auch: 

sie  kommt  vielleicht,  so  dacht'  ich,  dorther  mir  zurück, 
und  weinte  quellweis',  an  mich  drückend  jenes  kind, 
an  mutturstatt.    40,  410  (yattdora  I). 

doch  ist  dafür  muttorstelle  das  getcöhnliche,  s.  theil  6.2828 
(entsprechend  vatersteile  18, 39).  sehr  getcöhnlich  dagegen 
kindesstatt,  s.  tfteilb.'Gl;  so  schon:  jemand  an  kinds- 
statt  annehmen,  in  luogo  di  6  come  figliuolo:  adottare 
uno.  Kramkh  dict.  (1708)  8,  MS";  und  dteaem  umstände, 
dasz  kinde«  statt  gern  ziuammengeiogen  und  im  oUgetneinen 
alt  tusammensetzung  empfunden  wirtt,  ist  tcol  dieerhaltung 
von  statt  gerade  in  dieser  gruppe  zu  verdanken,  der  unter 
acitied  ist  übrigens  tumeist  nur  aaclte  der  »chreibting  (vgl. 
I.  h.  oben  inuttcrstatt);  grammatiatX  tritt  er  nur  in  den 
tiemlich  seltenen  fiiUen  tu  tage,  too  ti»  weitem  attribul 
hinzukotnmt,  s.  GöiiiK  17,121  unter  kindesstatt.  —  gam 
analog  gebildet  und  ebenso  leftendig  geblieben  ür/eidesstatt 
(toofiir  TucMEH  noch  an  eines  aids  stat  sagt,  a.  i,i,e): 
eid-  d  eidsstatt;  an  oidsstatt  angeloben,  in  luogo  (tfce) 
di  giuramento :  promettere,  stipolare  qualche  rosa  come  per 
giuramento.  Kkamkk  dict.  $,  {Uli",    dazu  dann  das  im  httt- 


1001 


STATT  ai.  D,  3) 


STATT  (n,  D,  3.  4) 


1002 


k 


tigen  kamleistil  sehr  gewöhnliche  adj.  eidesstattlich 
(rffts  indessen  an  sich  nicht  nottcendig  die  fertige  campo- 
sition  voraussetzt) :  weszhalb  dürfe  . . .  ein  Jude  . . .  vor- 
mundschaftsrichter  sein,  während  doch  der  Yormund- 
sehaftsrichter  eidesstattliche  Versicherungen  abnehme? 
untionalzeitung  12,  139  (vom  24.  nüirz  1859),  beihl.  1*  (ab- 
geordnetensitzung  vom  23.  märz). 

ß)  die  nähere  Zusammengehörigkeit  beider  xcörter  zeigt 
sich  ferner  in  einer  morphologischen  abiceichiing :  am  häu- 
tigsten steht  vor  statt  der  gen.  eines  (starken)  mase.  oder 
neutr.,  der  durch  den  atisgang  -s  deutlich  gekennzeicl  net  ist. 
seltner  sind  genitive  von  pluralen,  bei  denen  der  casus  an 
sich  nicht  erkennbar  ist;  z.  b.  an  worte  statt  Göthe  13,  227 ; 
an  goldestonnen  statt  Xelmark,  an  gold  und  perlen  statt 
Göthe  41,  67  (wo  infolge  der  gruppenbildung  auch  gold 
die  casitsbildung  einbüszi)  unter  2,  t,  e.  am,  meisten  tcird 
der  ganz  endungslose  gen.  eines  fem.  gemieden,  in«  mutter- 
statt  (Göthe  9,  289  unter  2,  t.  ß).  hier  kommt  dafür  die 
Übung  auf.  da  man  das  bediirfnis  nach  detitlicher  aus- 
prägung  des  casus  empfand,  aucli  diese  tcörter  mit  der 
endung  -(e)s  auszustatten,     so  schon: 

so  hast  du  hier  gesogen 
und  deinen  wilden  muth  aus  einer  brüst  gezogen, 
die  dich  mit  blute  hat  an  milches  statt  gestillt. 

Opitz  1,  S9  (lob  des  krieges  g.  39). 

ne  eigenthümlichkeit  Wielands  ist  die  redetceise  an  ant- 
worts  statt  (tcorin  kaum  eine  nachicirkung  des  alten  neutr. 
zu  sehen  ist,  vgl.  theil  1,508): 

an  antworts  statt  schenkt  Boreas  abennahl  ein. 

i,  209  (Amad.  9, 18 ;  1.  autg. :  anstatt  der 
antwort) ; 
an  antworts  statt  reicht  sie,  zum  stillen  pfand 
der  Sympathie,  ihm  ilire  schöne  band.    9, 110  (Mutar.  S); 
Amande  legt  an  antworts-statt 
des  Jünglings  band  ans  herz  mit  seelenvollen  blicken. 

22,  307  (Oberon  6,  106). 

beides  ist  der  heutigen  spräche  ganz  fremd;  üblich  ist  da- 
gegen jetzt  ein  solcher  gen.  bei  fem.  auf -xxng,  insbesondere: 

ein  ungeheurer  bar  lässt  sich  im  walde  sehen ; 

euch  soll,  an  zahlongs  statt,   die  haut  zu  dienste  stehen. 

Hagedorn  2,  *8  (fab.  1,  34) ; 

die  Städte  Lübeck  und  Hamburg  zeigten  sich  bereit- 
willig, geld  vorzuschieszen  und  an  zahlungs  statt  schwe- 
disches kupfer  anzunehmen.  Schiller  8,152.  da  dieses 
gen.  s  besonders  in  der  Zusammensetzung  seine  stelle  hat, 
so  können  alle  diese  Verbindungen  in  gexcisser  xceise  schon 
als  composita  angesehen  icerden,  und  ist  sehr  naheliegend, 
sie  auch  zu  einem  wort  ztisammenzuschreilen  (tcie  es  heute 
bei  zahlungsstatt  üblich  ist),  eine  zicischenstufe  ist  es, 
xcenn  statt  zicar  getrennt,  aber  mit  kleinem  anfangsbuch- 
Stäben  geschrieben  tcird  (tcie  bei  Opitz  und  Hagedorn, 
soicie  in  den  unter  2,  t,  ß.  t  angezogenen  stellen  aus  Grimm 
märchen  und  Xeumakk). 

b)  andrerseits   wird  auch  ztcisclien    an   uhd   statt   eine 

festere  Verknüpfung  hergestellt,    schon  in  der  bisher  betrach 

teten   gebraudistceise ,   ico   der  gen.  zicischengestellt   untrde, 

gehören  an  —  statt  fest  und  eng  zusammen,   und  können 

als  ein  'distanzcompositum'  betrachtet  icerden,   ebenso  tcie 

um  —  willen,     seit  Lvther   aber   icird   nachstellung   des 

gen.  üblich  und  dadurch  toerden  an  und  statt  unmittelbar 

benachbart   und  können  nunmehr  zur  völligen  tcorteinheit 

verschtnelzen.  so  entsteht  die  präposition  anstatt,  s.  th.  1,476. 

a)  zunächst  tcerden  an  stat(t)  noch  getrennt  geschrieben: 

und  das  gantze  volck  Juda  nam  Asarja  . .  .  und  machten 

jn   zum   könige,   an   stat   (rnr)  seines  vaters  Amazja. 

2  kön.  14,  21 ;    und  wird  stanck  für  gut  geruch  sein ,  und 

ein    lose    band   für   ein  gürtel ,  . . .  solchs   alles   an  stat 

deiner  schöne.  Jes.  3,24  (hebr.  überall  nnn);  ich  wil  gold 

an  stat  des  ertzes,  und  silber  an  stat  des  eisens  bringen, 

und  ertz  an  stat  des  holtzes,  und  eisen  an  stat  der  steine. 

M7;   die  zwelff  eherne  rinder,   die  an  stat  des  gestüls 

nden.  Jerem.  52,20;  wie  die  ehebrecherin,  die  an  stat 

8   mannes   andere    zulesst.   He*.  16, 32;    wie  jene   er- 

ihracken  für  dem  blut,  so  an  stat  des  fliessenden  wassers 

vrl  7tT]/TJi  äeväov  norafiov)  kam.  tceish.  Sal.H.T,  wie 

ie  erde  an  stat  der  geborne  thier  (drri  yefioeMS  t^t^tup), 

legen  brachte,  und  das  wasser  an  stat  der  fische,  frösche 

menge  gab.  19,  lO;   wenn  du  aber  segenest  im  geist, 

ie  sol  der,   so  an  stat  des  leien  stehet   (ö  ivanlrj^wv 


röv  TÖTiov  rov  iSultrov),  amen  sagen?  1  Cor.  14,16;  an 
stat  der  herschafft  (über  die  thiere)  ist  forcht  und  schaden 
kommen.  J.  Eberlin  v.  Günzblrg  2,  5  Enders;  es  ist 
kein  freund  dar,  welcher  mit  schmeichelreden  sich  unter- 
stehe, den  wehtagen  des  schmertzens  zu  mindern,  sondern 
an  statt  dieser  aller  ist  gott,  der  die  schmertzen  lindert. 
ScHUPPius  697;  alsdann  so  heben  streit  und  billende 
disputationes  an  herfür  zukommen,  welche  es  dann  enden, 
und  an  statt  der  geburt  seyn.  767; 

wo  aber  bist  du  her?    von  Sparta,  wil  man  sagen, 
der  werthen  kriegesstadt,  die  oftmals  hat  geschlagen,  .  .  . 
und  ihrer  bürger  brüst  dem  feinde  hingekehrt 
an  statt  der  mauren  selbst. 

Opitz  1,  89  (fob  de»  kriegetg.  45). 

ffo  auch  in  den  tcörterbüchem :  er  ist  hier  an  statt  seines 
vatters,  egli  e  qui  in  luogo  (veee)  it.  ä  nome  di  stto 
padre  etc.  6  sostituifo  dal  padre.  Kram  er  dict.  2,  913=; 
wann  ich  meine  finger  an  statt  der  lichter  brauchen 
könte.  ebenda;  an  statt  eines  andern  seyn,  loco  alieujtts 
esse,  an  statt  des  andern  einen  setzen,  in  locum  alicujus 
aliquem  stibsHtuere.  an  statt  des  andern  kommen,  tn 
locum  alicujtts  succedere.  Frisch  2,  321*.  —  nach  den  in 
theil  1, 476  gegebenen  belegen  scheint  zusammenschreibung 
zuerst  bei  Hagedorn  vorzukommen.  (Fleming  103  uiüi 
Lohenstein  Armin,  i,  162*  steht  an  statt.) 

ß)  in  der  nachstellung  erscheint  nun  auch  der  gen.  von 
persönl.  pron. .  der  bei  zicischenstellung  durch  die  ent- 
sprechenden possessiva  vertreten  wurde:  an  statt  meiner, 
an  statt  deiner  ö  an  meiner  statt,  an  deiner  statt,  t» 
luogo  (veee)  di  me,  di  te,  in  mio,  tuo  luogo,  in  mia,  tua 
vece.  Kram  ER  dict.  2,  913"=,  vgl.  unter  2,  h;  anstatt  meiner, 
pro  me.  Frisch  2,  321». 

y)  eine  häufige,  adverbiale  Verbindung  ist  ferner:  an 
statt  dessen,  tn  luogo  (vece)  di  questo.  man  solte  solche 
Schelmen  aus  der  stadt  peitschen,  aber  an  statt  dessen 
(iji  vece,  in  cambio  di  qtiesto)  seynd  sie  vielmehr  will- 
kommen, weit  davon,  ihn  zu  belohnen,  gab  er  ihm  an 
statt  dessen  gute  schlage.  Kramer  dict.  2,  913"=. 

6")  über  die  weitere  enticicklung  zu  conjunctionellem  ge- 
brauche s.  anstatt  2.  dazti :  an  statt  des  studirens ,  an 
statt  studirens,  ö  an  statt,  dasz  er  studiren  solte,  spielt 
er,  tn  lece  di  studiare,  egli  gitioca.  Kramer  dict.  2, 913". 
vgl.  femer  unten  5. 

e)  mundartlich  kommt  für  anstatt  auch  anstatts  vor. 
so  eis.  ksvsXkis  (neben  änstiit,  ätstät)  Marti n-Lienhart 
2,  619'',  vgl.  unten  4,  *. 

4)  endlich  tcird  an  ganz  fortgelassen  tmd  statt  allein 
in  derselben  tceise  gebraucht,  so  entsteht  die  präposition 
statt,  ganz  analog  wie  kraft  (s.  das.  15,  theil  5, 1943/.),  laut 
(3,  b,  theil  6,  365/.),  trotz,  zwischen  m.  o. 

a)  diese  Verwendung  ist  erst  seit  dem  i'i.jahrh.  tiachn*- 
tceisen;  der  älteste  bekannte  beleg  steht  bei  Scheffler 
(cÄerM^.  watidersm.,  1657),  s.  unten  c.  von  den  toörter- 
büchern  verzeichnet  sie  erst  Steinbach  (1734),  *.  untett. 
dafür  ist  sie  hetUe  im,  höcJisten  grade  lebendig,  ja  sie  ist 
tceitaus  die  häufigste  und  ttneingeschränkteste  Verwendung 
von  statt,    vgl.  Heynatz  Antibarb.  2,  443/ 

b)  atich  in  mundarten  ist  diese  präp.  xceit,  tcenn  nicht 
allgemein  verbreitet;  ja,  in  den  meisten  hd.  mttndarten  ist 
statt  nur  in  präpos.  gebrauche  üblich,  während  das  sttbst. 
a^tfgegeben  ist,  s.  J,  5.  hier  ist  indessen  eine  tceitere  ände- 
rung  eingetreten,  indem  statt  am  ende  ein  s  angenommen 
hat,  toie  es  so  oft  bei  adverbien  u.  ähnl.  tcörtern  antritt 
und  als  kennzeicJten  dieser  tcortklassen  empftmden  tcird. 
nur  für  das  kämt,  giebt  Lexer  239  gstÄtt  an.  sonst  sind 
enticeder  statt  tind  statts  (spr.  Itat,  stats)  neben  einander 
in  gebrauch,  so  in  Handschuhsheim  (/erner  ansl&t)  Lenz  68», 
tn  Rappenau  (geicöhnlich  stats)  Meisinger  isi**,  im  mans- 
fdd.  Jecht  107'»;  oder,  und  das  ist  das  häufigste,  statts 
ist  alleinherrschend ,  so  oberösterr.  Fromma.nn  3,  191,  77, 
eis.  stäts  Martin-Lienhart  2,619'',  fichtelgeb.  stitts  From- 
mann 2, 555,  6,  Äeiine*.  ebenso  Spiess  240,  köln.  Staats 
Höniü'  173»,  oberhess.  schtädds  Crecelus  803,  koburg. 
Frommann  3,  177,  37,  preusz.  Frischbier  2,  3«3*.  {da- 
nach ist  theibceise  auch  anstatts  für  anstatt  eingetreten, 
s.  3,  b.  f).  —  diese  form  stats  ist  auch  in  nd.  mundarten 
eingedrungen,  so  südhann.  Schambach  208,  mecklenb.  Mi  86». 
doM  99  sieh  ttm  entlehnung  handelt,  betoeist  die  lautform. 


1003 


STATT  ai.  D,  4) 


STATT  (II.  D,  4) 


1004 


da»  ursprünglich  nd.  stede  hat  an  dieser  ganzen  enticick- 
lung  nicht  üieil  genommen. 

c)  statt  als  prüp.  drückt  zunächst  einen  ersatz  für  nicht- 
vorlutndenes  aus:  den  haushält  eines  mächtigen  füllten 
in  fremdem  lande  statt  der  verwandten  und  nachbar- 
kinder  nützliche,  in  den  künsten  der  fremde  erfahrene 
unfreie.  Fheytag  17  (Wrfcr  i),  86;  statt  der  rinderherden 
trottet  der  wolf  durch  die  einöden.  118.  —  geht  es  ja 
hoch  her,  dann  sind  kartoffeln  das  beste  mahl,  statt  der 
butter  mit  mangel  und  noth  geschmälzt.  Rieiil  d.  deutsche 
arbeit  118; 

allein  der  weisz  ist  reich?   die  tugendon  in  gott, 

die  er  stat  goldes  hat,  nihrat  ihm  auch  nicht  der  tod. 

ScnEFFLKR  Cherub,  wandersm.  6,  240; 
(ich)  sah  nektar  und  elysium 
statt  meines  bachs,  statt  meiner  bunten  wiese, 
um  meinen  trunknen  bück  herum. 

HöLTY  lae  Halm; 
doch  in  groszmüth'ge  band  war  er  gefallen, 
statt  strafe  fand  er  lohn. 

Schiller  12,  118  (Piccol.  2,  7); 
(du)  kannst  mir  ohne  zwei  fei 
den  brunnen  zeigen,  der  aus  sieben  röhren 
statt  Wassers  wem  verspritzt. 

Hebbel  3,  6  Werner  (riibin  1,  1); 
dort  schreitet  elegant  hervor 
die  eänsehirtin  Katharine, 
die  herrlich  statt  der  krinoline  .  .  . 
trägt  einen  faszreif  stolz  im  kleide.     Keller  10,  27. 

rf)  im  IS.  jahrh.  begegnet  statt  mehrfach  im.  sinne  eines 
Vergleichs  oder  der  gleicltsetzung. 

a)  bei  personell,  wo  xcir  'vne'  sagen  xcürden :  einen  statt 
eines  vaters  ehren,  aliquem  loco  patris  colere.  Steinbach 
2,687;  einen  statt  seines  bruders  lieben,  in  loco  fratris 
diligere.  ebenda. 

ß)  bei  Sachen,  im  sinne  von  'als':  statt  einer  belohnung 
verlangen,  loco  praemii  petere.  Steinbach  2,687;  statt 
eines  gesetzes  in  acht  nehmen,  vice  legis  observare.  ebenda; 
statt  einer  wohlthat  annehmen,  aliquid  pro  beneficio 
habere,  ebenda;  an,  wird  in  einigen  rcdens-arten  aus- 
gelassen, als :  statt  einer  wohlthat  etwas  achten,  in  loco 
beneficii  ponere.  Frisch  2,  321»;  Marie,  ey  dsis  (eine  goldne 
halskette)  ist  ja  gar  schön!  wozu  braucht  man  denn  das, 
liebe  mama?  frau  Robert,  statt  des  halsbandes.  H.  L. 
Wagner  der  wohlthat.  unbekannte  12. 

e)  so  auch  als  prädicat;  doch  in  neuerer  zeit  nur  noch 
in  poetisdier  spräche. 

a)  von  Sachen :  es  ist  statt  des  strohes,  atramenti  vicem 

obtinet.  Steinbach  2,687; 

Oordon.  ohn  urthel  ?   Buttler.  die  Vollstreckung  ist  statt  urthels. 
ScniLLER  12,  337  (Wollenst,  tod  4,  6). 

ebenso  anstatt,  im  sinne  eines  vergleiclis  (vgl.  rf):  ich 
kenne  ein  freyherm,  welchem  die  grösten  einkommen 
von  dem  baurenwesen  herkommen ....  dasz  die  erden 
ihme  an  statt  eines  meers  ist,  so  stäts  wahren  einträgt. 

SCHUPPIUS  735. 

ß)  von  Personen,  statt  jemandes  sein,  ihn  ersetzen:  da 
wünscht'  ich  mir  einen  galten,  . . .  der  für  die  liebe,  die 
ihm  mein  jugendliches  herz  weihen  konnte,  im  alter 
mein  freund,  mein  beschützer,  mir  statt  meiner  eitern 
geworden  wäre,  die  ich  um  seinetwillen  verliesz.  Göthe 
10, 1«5  (Stella  3) ; 

ein  siojrhad  mädcben  fQhrt  des  feindes  beer, 
ich  will  das  eure  führen,  ich  will  euch 
statt  einer  Jungfrau  un'l  prophetin  soyn. 

SciiH-LEK  1»,  231  (jung/rau  v.  Orl.  2,  2). 

so  zum  autdruck  einer  wertscMtzung :  sie,  nach  der  ich 
mich  alle  tage  meines  lebens  gesehnt  habe,  sie,  die  mir 
noch  immer  statt  aller  andern  weiber  in  der  weit  ist 
(fnir  meJir  gilt  als  alle,  um  derentwillen  mir  alle  andern 
gleichgültig  sind).  GöTHK  19,238  (W.  Meister  b.ib); 

du  sollst  mir  sein  statt  aller  heiligen, 
wenn  du'n,  den  fusz  dar  eisernen  gewalt 
im  nacken  und  iIok  neue  glUck  vor  äugen, 
da«  dich  geplündert  hat,  noch  wiederholst 
und  leidest,  wie  du  handeln  willst,  im  träum  I 

Hkhiiki.  6,  te  Werner  (Itemetr.  1,6). 

/)  statt  verbindet  sich  natürlich  atteh  (besonder»  in  der 
umgangiixpiiicM  mit  dem  gen.  eines  j/ers.  pron.:  Marina 
die  mit  der  Lodoiska  oder  statt  ihrer  gekommen,  ist  bei 
rfieier  Mwoe  zugegen.  8<:hili.kii  Demetr.  «.98  Kettner; 
OJid  dsiui  luÜM  er  einmal  den  Präsidenten  del  consiglio, 


welcher  einem  armen  müUer .  .  .  unrecht  gethan,  auf  die 
galeeren  geschickt  und  den  müller  statt  seiner  zum  Prä- 
sidenten gemacht.  Gaudy  ausgew.  erz.  64;  statt  ihrer  {der 
freunde)  fiel  ihm  plötzlich  jener  unbekannte  verfolgte  ein. 
Hausrath  pater  Maternus  43; 

wenn  die  zunge  versagt,  so  redet  der  körper  statt  ihrer. 

Hebbel  8,  362  Werner. 

mit  dem  gen.  des  rel.  pron. :  aus  Niederdeutschland  und 
den  Niederlanden  sind  allmälich  fast  alle  Wörter  der 
schifTart  entliehen  worden,  statt  deren  unsere  frühere 
zeit  manche  abweichende,  eigene  besessen  haben  wird. 
J.  Grimm,  s.  theil  l,  xxx. 

g)  obwol  statt  seinem  Ursprünge  nach  nur  den  gen.  zu 
sich  nehmen  kann,  xcird  es  gleichwol  als  präp.  nicht  selten 
mit  dem  dativ  verbunden,  ein  grund  für  die.ie  abxceichung 
ist  in  diesem  falle  nicht  ersichtlich,  doch  ist  daran  zu 
erinnern,  dasz  auch  bei  andern  aus  subst.  erwachsenen 
Präpositionen  ein  schicanken  zwischen  gen.  und  dat.  statt 
findet,  dasz  besonders  wegen  sehr  häufig  viit  dem  dat. 
(seltner  auch  laut,  s.  theil  6,  366),  wie  umgekehrt  trotz  mit 
dem  gen.  vorkommt. 

a)  diese  fügung  begegnet  zuerst  bei  Lessing  und  Wik- 
LANü  tind  ist  in  der  klassischen  zeit  ziemlich  liäufig,  trotz- 
dem Jmt  sich  in  der  Schriftsprache  der  gen.  daneben  er- 
halten und  wird  vorgezogen.  r^Z.  Weigand  2,  800.  belege: 
Harduin  .  .  .  glaubt,  Ismenias  hätte  für  seine  sechs  denare 
zwey  Smaragde  statt  einem  bekommen.  Lessing  8, 69 
(antiqu.  brief  23, 1768);  er  kann,  ausser  beiden  zusammen, 
die  grundsprache  allein;  er  kann  die  Übersetzung  allein 
abdrucken  lassen  und  verkaulTen:  so  hat  er  drey  büclier 
statt  einem.  9,  58;  aber  lärm  und  geschrey  statt  dem 
pathos,  das  thuts  nicht.  Göthe  br.  l,  198  (vom  iZ.fettr.  1769); 
der  fand  die  schlacken  statt  dem  geträumten  schätz. 
Brentano  8, 2il;  da  du  nun  morgen  reisen  willt,  so 
hab'  ich  dir  statt  einem  Wanderpfennig  etwas  mitgebracht 
von  meiner  eignen  arbeit:  sind  glücksschuh'.  Mörikk 
erzähl.  113;  g^  sei^A  ihr  männer  alle! 

erst  lockt  ihr  uns  so  schmeichelnd  in  die  falle, 
und  habt  ihr  uns,  macht  ruhiger  genusz 
statt  frischem  blut  bey  euch  nur  böse  galle. 

WlELAM)  22,  291  (Ober.  6,  77); 
und  die  jungen  kommen  auf  dem  stocke, 
meinen  acten-riemen  statt  dem  zäum, 
ihrer  mutter  Strumpfband  statt  der  peitsche, 
angeritten.    Göckingk  1,  2ö6  (-=  818); 
wild  geläcbter 
statt  der  liebe  sQszem  wahn ! 

GÖTiiE  2,  29  (deutfcher  Parnatt); 
statt  beiszem  wünschen,  wildem  wollen, 
statt  läst'gem  fordern,  strengem  sollen, 
sich  aufzugeben  ist  genusz.    3,89  (eins  u.  allet); 
doch  statt  dem  kleinsten  scblummerkem 
zeigt  sie  ihr  nur  gespenster. 

Bi.f  MAUER  Aeneif  1,  #.  173; 

und  fühlen  sie,  statt  donnern  des  gewissens, 
die  Wollust,  gott  zu  seyn. 

Scnn.LEU  5,  1,  4«  (dorn  Karto*  2,  1;  vgl.  dat 
wortverz.  *.  cxm*»;  dafür  fpiitcr : 
statt  dolchen  des  gewissens.  5, 8, 182  =  don  Karlo*  1,5); 
ich  hab  statt  dir,  o  Jesus  Christ, 
die  bildcr  nur  verehret!    Brentano  >,  37&; 
lasz  mich  statt  dir  — 

Urillparzkr*  4,  61  (Argonauten  1). 

ß)  als  dat.  ist  auch  der  endungslose  casus  starker  masc. 
netUr.  aufzufassen  (während  beim  fem.  gen.  und  dat.  nicht 
zu  unterscheiden  sind): 

ein  groszer  hofmann  seyn. 

ein  mann,  dem  scliineicheley  und  llst 

statt  witz  und  tugcnd  ist. 

Lks.xin«)  1,  t03  (fah.  M.  er:.,  tlM). 

y)  ja  es  kommt  vor,  das*  gen.  und  dat.  unmittellMr 
neben  einander  stehen: 

statt  foirrlii-hston  rrusKes,  wie  FJi-h  ziemte, 
statt  nbrrurchtsvolTem  Willkomm  bring'  ich  dir 
in  ketten  hartfeschloesen  solchen  knecht. 

GAtiir  41.811  (Faust  II,  S). 

t)  in  mundarten  .tcheint  der  dat.  tiemlieh  uUgemein  tu 
herrschen,  (nur  kämt.  gsli\tt  dier  und  deiner  Lkxkk  880.) 
so  austirUcklirh  Itrzrugt  für  das  oberösterr.  FkommaNN 
8,101,77,  ßchtrlgeb.  8,  .V>5,  0  (»tiillH  inim),  obcrhess.  llUK- 
i;KMU8  H06;  und  so  ohne  endung  kotturg.  slatts  ziickcr 
Kkommann  8,166,87.  henneb.  prÜRcl  statta  gcld  Spif.hhMO, 
prttttt.  du»  habe  ich  itatU  dank  FRisciutiRH  8, 868\ 


1005 


STATT  (LI  D.  4.  5) 


STATTBAR—  STATTE 


1006 


h)  in  den  letzteren  fällen  (imd  unter  ß)  kann  der  dat. 
aueli  als  acc.  verstanden  xcerden,  zumal  in  mtmdarten, 
wo  zicischen  beiden  casus  keine  scharfe  Scheidung  mehr 
besteht,  so  begegnet  dann  auch  deutlicher  acc,  z.  b.  nd. 
se  sint  stats  puckeppele  'sie  xcerden  als  falläpfel  angesehen 
und  demgemäsz  bezahlt'.  Schambach  208''.  —  als  fehle^r 
musz  es  dagegen  bezeichnet  xcerden,  wenn  auch  in  der  Schrift- 
sprache vereinzelt  der  acc.  begegnet,  so  bei  anstatt  (neben 
wiederholtem  statt  mit  gen.): 

die  Wüstenei  anstatt  ihr  schönes  haus, 
statt  ihres  prunkgemachs  die  ßnstre  kluft, 
statt  diener  gingen  thiere  ein  und  aus, 
statt  schöner  speisen  kräuter  in  der  grufl, 
statt  reicher  betten  ängstigen  und  graus 
auf  dürren  reisem  in  der  kalten  lult, 
der  edlen  perlen  muszte  sie  entbehren, 
statt  deren  dienten  ihre  heiszen  zähren. 

TiECK  2,  210  (Genof.). 

t)  sonst  ist  ein  acc.  nach  statt  anders  zu  erklären;  icenn 
nämlich  ein  solcher  ausdruck  sich  an  das  object  eines  satzes 
anlehnt,  so  tritt  durch  eine  art  angleichung  zuweilen  auch 
das  von  statt  regierte  .nibst.  in  den  acc,  indem  es  nicht 
soicol  von  diesem,  als  vielmehr  von  dem,  regierenden  vei'h 
abhängig  gemacht  wird :  er  malte  für  micli  einen  heiligen 
Michael  —  aber  der  bösewicht  hatte  mich  schändlich 
verhöhnt,  der  erzengel  hatte  die  züge  des  Dreckmichels  . . . 
und  statt  einen  drachen  durchstach  die  lanze  das  aas 
einer  toten  katze.  Heine  7,493  .EZ*^6r,-  holzschüsseln  bieten 
wir  dir  statt  silber.  Freytag  ahnen  l,  216  (=  tcerke  8, 168); 

hat  sie  {die  natur)  nicht  oft  .  .  . 

manchem  betenden  mönch,  umglänzt  von  Sternen  und  sonnen, 
statt  den  verborgenen  gott,  das  unsichtbare  —  der  nennen 
in  zerrgemählden  lebloser  wölken  enthüllt  ? 

Thümmel  reise  8,  285  {was  Campe  miszverstehend 
tadelt} ; 
das  paternoster  nehmend  statt  den  degen 
ruht  Siegfried  dort.    Tieck  2,  271. 

k)  ähnlich  ist  es,  wenn  es  bei  dem  von  statt  abhängigen 
Worte  nicht  auf  den  begriffsinhalt ,  sondern  auf  die  wort- 
form ankovim,t;  da  musz  diese  natürlich  unverändert  bleiben. 
SO:  dem  Hochdeutschen  ist  zuwider  statt  laub  und  liebe 
zu  vernehmen  loof  und  leeve.  J.Grimm,  «.  fAeiZ  l,  xxvi, 
und  so  sehr  gewöhnlich:  der  ungebildete  Norddeutsche 
sagt  mir  statt  mich  und  umgekehrt;  auch:  der  lispelnde 
spricht  den  laut  des  engl,  th  statt  s  u.  a.  m. 

l)  so  stehen  nach  statt  zuweilen  auch  axisdrücke,  die 
bereits  eine  feste  grammatische  form  haben  und  also  keiner 
(lecliuation  mehr  fähig  sind,  verbalformen,  worti-erbin- 
dungen  u.  ä. :  während  die  Vorzüge  der  alten  spräche  oft 
nur  an  einzelnen  platzen,  abgebrochen  und  abgerissen, 
statt  im  ganzen  wirksam  erscheinen.  J.  Grimm,  s.  th.  1,  iv; 

der  zimmerman  gieng,  statt  aufs  dach, 
dem  wein  und  kareesiren  nach. 

Blum.\uer  Aeneis  1,  «.  1-H; 

wie  ging  es  zu, 
dasz  wir  uns  diesen  morgen,  statt  im  bett, 
unausgekleidet  auf  den  stuhlen  fanden? 

Hebbel  4,  52  Hemer  (A'ift.  II,  1,  1). 

ebenso  bei  anstatt,  s.theil  i,i'i  (Lessing  8, 5);  ferner: 
zahl !  anstatt,  empfang !   o  schön ! 

Le.ssing  2,  232  {Sathan  2,  2); 
(Ih'do)  langt,  wo  sie  dosen  offen  sieht, 
nach  schnupftaback,  and  Tährt  damit 
ins  maul  anstatt  zur  nase. 

Blltmauer  Aeneis  1,  *.  139. 

5)  icie  schon  in  dem  letzten  falle,  nähert  sich  statt  auch 
sonst  conjunctionaler  function,  ebenso  wie  anstatt,  s.  das.  2, 
theil  i,4i6f. 

a)  sehr  häufig  ist  nach  statt  ein  inf.  mit  zn:  statt  zu 
gehen,  odei-,  statt,  dasz  er  gehen  sollte,  blieb  er  stehen. 
Campe;  das  weisz  ich,  dasz  es  zwey  uhr  des  nachts  war, 
als  ich  zu  bette  kam,  und  dasz,  wenn  ich  dir  hätte  vor- 
schwatzen können,  statt  zu  schreiben,  ich  dich  vielleicht 
bis  an  den  morgen  aufgehalten  hätte.  Göthe  16,  37 
{Werther  1,  i9.junt);  alle  freunde  sind  so,  ...  statt  unser 
vertrauen  redlich  zu  erwiedern  folgen  sie  ihren  ansichten. 
«8, 182  {wanderj.  3, 13);  Ehingen  fing  als  mann  des  Greiners 
zwei  grosze  bürger  ans  Weil  und  Nördlingen;  statt  sie 
abzuliefern ,  schätzte  er  sie  selbst.  Freytao  18  (bilder 
*,  1),  302;  statt  zu  schlafen,  hören  wir  den  nordwest  an 
unseren  fensterläden  rappeln.  Storm  7,  164;  statt  nun 
still  ...  im  hintergrunde  zu  bleiben,  habe  sich  der  aben- 
leurer  sofort  der  bündnerischen  dame  als  mörder  ihres 


vaters  . . .  vorgestellt.  C.  F.  Meyer  Jürg  Jenatseh  174.  un- 
gewöhnlich ohne  zu: 

da  alle  tempel  andern  schon  gehören, 
dünkt's  ihnen  gut,  statt  bauen,  zu  zerstören. 

Gbillparzee^  1,  197. 

so  schon  früher  bei  anstatt,  vgl.  das.;  nocJt.  getrennt: 
die  aber  zum  Zeugnisse  der  groszen  erbitterung  an  statt 
erfreuliche  antwort  zu  erlangen,  erbärmlich  umgebracht 
worden  {qui  autem,  responsi  loco  misere  conscindebantur). 

HOFMANNSWALDAU    bei    StEINB.\CH    2,687; 

wenn  ich  dir  den  schnöden  todtenring  .  .  . 
nicht  vor  die  füsze  warf,  anstatt  mich  seiner 
zur  raschen  flucht  noch  einmal  zu  bedienen. 

Hebbel  3,  273  TlVrner  {Gyges  2). 

b)  dafür  kann  ferner  ein  inhaltssatz  mit  dasz  eintreten, 
s.  C.\mpe  unter  a:  statt  dasz  sich  Schwierigkeiten  heben 
sollten,  äuszern  sich  immer  neue.  E.  König  bei  Lessing 
13,323;  auch  ist  ein  mensch,  der  ganz  bosheit  ist, 
schlechterdings  kein  gegenständ  der  kunst,  und  äussert 
eine  zurückstossende  kraft,  statt  dasz  er  die  aufmerk- 
samkeit  der  leser  fesseln  sollte.  Schiller  2,  ll  (räuber, 
2.  vorr.).  zu  beachten  ist  in  allen  diesen  fällen  das  um- 
schreibende sollte,  das  für  das  heutige  Sprachgefühl  nicht 
obligatorisch  ist.  —  ebenso  findet  sich  schon  früher  an- 
statt dasz,  s.  die  belege  unter  anstatt  2.  (anstatt,  d£isz 
schon  bei  Fleming  i03,  wofür  an  statt,  da  120  und  bei 
Lohenstein  Armin,  l,  162*  ein  seltsames  an  statt  dessen. 
hier  ebenfalls  mit  umschreibendem  sollte,  dagegen  zeigen 
die  belege  aus  Göthe  anstatt  dasz  mit  dem  ind.  zum.  atis- 
druck  eines  gegensatzes,  wo  heute  die  gehobene  spräche 
während  vorziehen  würde.)  —  auch  mundartlieh  statts  dasz, 
z.  b.  henneb.  Spiess  240. 

c)  schlieszlich  kann  dasz  fortfallen  und  (an)statt  selbst 
zur  satzeinleitenden  conjunction  icerden.  doch  ist  dieser 
ungewöhnliche  gebrauch  nur  für  anstatt  zu  belegen: 

so  will  in  scherz  ich  mich  ergehn,  in  possen, 
anstatt  ich  jetzt  mich  blos  an  thränen  labe. 

Platen  102b  {■fonette  6!>). 

STATTBAR,  adj.  commodus,  opportunus.  Hai,t.\us  17.36, 
i-^^.  statt  II,  B  und  statthaft:  das  uns  und  unnsem  nach- 
komenden  dheine  andere  herre  in  ewige  zeit  uns  zu  be- 
schirmen nutzlicher  und  stadbar  gesein  kan,  noch  magk, 
dann  der  gemelt  unnser  gnediger  herre.  Gnadenthaler 
{irürtemb.)  urk.  v.  1459  bei  Hanszelm.\nn  diplomat.  be- 
weisz,  dasz  dem  hause  Hohenlohe  die  landes-hoheit  .  .  .  zu- 
gestanden {Nürnb.  I75l)  *.  510,  *.  Haltals  a.  a.  o.  danach 
Campe,     sonst  nicht  bekannt. 

STATTBESSERER,  m..  für  Statthalter:  vicarius  ... 
stat-besserer.  Dief.  gloas.  617'  (voc.  ges.  v.  Herm.  Cappel 
de  Mulnhusen). 

STÄTTCHEN,  n.,  seltne  deminutivbildung  zu  statt  bezw. 
statte:  eine  magd  hatte  jahrelang  einen  unsichtbaren 
hausgeist  bei  sich  am  herde  sitzen,  wo  sie  ihm  ein  eignes 
stättchen  eingeräumt.  Heine  4, 178  Elster  (gesch.  d.  rel.  in 
Deutschi.  1,  in  der  vorläge  dafür  stättlein,  s.  das.  und 
s.  582).  —  tcestf.  stiaken  VVoeste  255». 

STATTE,  /.  füllen  Nemnich.  Campe,  'ein  jung  füllen' 
Strodtmann  idiot.  Osruibr.  228.  nd.  wortf  {Zusammen- 
hang mit  stute  ist  kaum  anzunelimen.)  —  ein  mhd.  statte, 
chymiama,  s.  Lexer  handwb.  2, 1151. 

STATTE,  f.  locus,     l)  Ursprung  und  form. 

a)  statte  ist  eine  nebenform  zu  statt,  über  die  heraus- 
bildung  und  die  bezeugung  in  vornhd.  zeit  s.  das.  I,  4,  b 
und  Weioand  2,  800.  im  folgenden  tcerden  nur  die  nhd.  be- 
lege berücksichtigt.  —  hiervon  zu  scheiden  ist  ein  gleich- 
lautendes wort,  das  in  der  altern  spräche  vereinzelt  in  der 
bedeutung  'ufer'  oder  'landungsplatz'  begegnet,  es  ist  eine 
tceiterbildung  von  stad,  m.  n.,  s.  das.,  sp.  415/".  so  lautet 
es  ahd.  stedi,/.  statio,  portus.  Graff  6,644;  dagegen  mhd. 
mit  andrem  suffix  stette  Lexer  handwb.  2,  1184: 

wo!  tausent  tracken  fraszieich 
waren  komen  an  das  port 
und  lieffen  an  der  stellen  dort: 
si  mochten  durch  das  wasser  nit. 

Heinr.  V.  Neustadt  Apollon.  8518  Sintjer; 
die  tracken  er  vil  wol  vernam 
die  darnach  komen  an  die  stelle.    8648. 

b)  das  wort  ist  bei  Luther  überaus  häufig,  so  be 
sonders  in  der  bibelübersetzung  {als  Übersetzung  des  hebr. 
Cip72  bezw.  des  gr.  tönos),  s.  statt  1,4,  c.    doch  erscheint 


1007 


STATTE 


STÄTTE 


1008 


ea  durchxctg  in  der  Schreibung  stete  oder  stet  (tn  der 
bibel  beides  im  ganzen  gleich  häufig,  im  alten  testament 
ilbeririegend  stet,  im  neuen  stete),  womit  zioeifellos  langer 
vocal  ausgedrückt  wird,  andre  Schreibungen  ganz  ver- 
einzelt: das  deine  äugen  offen  stehen  über  dis  haus  nacht 
und  tag,  über  die  stedte  (cip70),  davon  du  gesagt  hast, 
mein  name  sol  da  sein,  du  wollest  hören  das  gebet, 
das  dein  knecht  an  dieser  stedte  thut,  und  woltest  er- 
hören, das  flehen  deines  knechts  und  deines  volcks 
Israel,  das  sie  hie  thun  werden  an  dieser  stete  deiner 
wonung  im  himel.  l  kön.  8,  29/.;  der  wil  dich  auff  der 
stette  erwürgen.  Luther  24,  575,  31  Weim.  ausg.  die  {nicht 
beweisende)  Schreibung  stet  begegnet  ferner  bei  H.  Sachs, 
Fischart,  Rollenhaoen;  die  gewöhnliche  form  des 
iG.jahrh.  ist  jedoch  stett,  so  besonders  oft  bei  Wickram 
und  Fischart  (nur  in  der  Garg.  dafür  statt),  zwei- 
silbige schreibxceisen  kommen  nur  hie  und  da  vor:  stete 
bei  Stumpf  (*.  unten  3,  b,  /3);  stedte  bei  Heinr.  Julius 
V.  Braunschweig  (*.  unten  2,  c.  3,  a.  4,a);  stedde  bei 
Staden  (s.  unten  3,  *,  ß).  im  17.  jahrh.  wird  statt  vor- 
herrschend, daneben  stett  (Hammer,  s.  5,  o)  und  stät  (Ai.- 
brecht,  s.Z,b,3).  Schuppius  hat  neben  einander  statt 
(».  133,  248),  State  (509)  und  stete  (290),  s.  unten  2,  e,  a.  ß.  g,  a. 
jetzt  auch  von  den  Wörterbüchern  verzeichnet:  stete,  /.  locus. 
ScHOTTEi,  1422;  Städte  (die),  locus.  Stein bach  2,  655; 
statte,  State,  sing.  f.  die  statte  oder  stelle.  Frlsch 
2,  321"=,  vgl. :  die  alten  haben  statte,  locus,  oder  stelle, 
nicht  mit  doppelten  tt  oder  dt,  ausgesprochen,  daher 
sprechen  es  auch  noch  viel  wie  mit  d,  oder  mit  ein- 
fachen t,  aus.  ebenda,  vgl.  Heyn  atz  U7iter  2.  die  doppel- 
heit  der  quantitüt,  ausgedrückt  in  den  Schreibungen  stäte 
und  statte,  halt  sich  in  der  that  bis  ins  19.  jahrh.  hin- 
ein, bei  Göthe  ist  beides  etwa  gleich  häufig,  s.  die  belege, 
die  ausg.  letzter  hnnd  bietet  stäte  9,  30.  10, 115.  16, 111.  17,  278. 
414,  Stätte  1,  273.  2,  133.  9,  104.  308.  J2,  234.  39,  339.  40,  250.  stäte 
ist  die  ältere  Schreibung  und  scheint  der  Sprechweise  Götiies 
gemäsz  zu  sein,  sie  findet  sich  auch  in  den  briefen,  z.  b. 
8,59,  xmd  ist  später  öfter  durch  statte  ersetzt,  /ür  statte 
12,  234  {Fatist  I,  prosascene  'trüber  tag',  zuerst  gedruckt 
1808)  hat  der  'Vrfaust'  s.  82,  55:  stäte.  in  der  Werther- 
stelle  16,  111  =-=  19, 109  Weim.  ausg.  lesen  alle  alten  einzel- 
auagaben  und  die  Schriften  bis  zur  ausgäbe  letzter  hand 
von  1828  stäten,  erst  die  jüngere  au.fgabe  C^  und  die  von 
1830  haben  statten  eingesetzt  (l9,  397  Weim.  atisg.),  wie  es 
die  Weim.  ausg.  überall  thut.  bei  dichtem  des  18.  jahrh. 
findet  sich  stäte  im  reime  auf  langes  e,  ä: 

sie  .  . .  ehrten  andachtvoll,  an  der  bestaubten  stäte, 
Abdallahs  hohen  rühm  mit  eifrigem  gebethe. 

Hagedorn  2,  11  (/ab.  1,  6); 
disteln  wanken  einsam  auf  der  stäte, 
wo  am  Schild  und  speer  der  knabe  flehte. 

Matthisson  1, 114. 
(stäte  im  versinnern  bei  Hölty  167,  s.  unten  2,  c.)  und  so 
noch:  dann  gieng  ich  eilends  in  die  kammer,  .  .  .  langte 
aus  dem  schrank  die  beiden  geräthe,  —  und  kehrte 
zurück  zur  stäte.  Rückert  Hariri  (1826)  163  bezw.  (1837) 
1,  62  (schlusz  der  6.  mak.;  die  gesamtattsg.  v.  1882  11,  269 
sehreibt  statte). 

c)  si&tte  ist  im  sing,  unveründerlieh.  als  fehleihaß  musx 
ea  bezeichnet  werden,  wenn  ganz  vereinzelt  sehuMche  form- 
gebung  vorkommt: 

and  das  gespenst  erscheint  an  selber  statten. 

TiECK  2,  209. 
{$eJiu)aehe  flexion  in  der  altern  spräche  s.  unten  2,  m.)  da- 
gegen ist  srhimche  bildung  des  plur.  regeUnäszig  ttnd  nor- 
mal, doch  ist  Stätten  dem  altern  nhd.  noch  fremd  (ältester 
beleg  bei  Möseh,  *.  i,k,e);  hier  kommt  vielmehr  noch  das 
alte  stet  als  plur.  vor,  vgl.  statt  1,4,  e;  ein  unziceidetitiger 
beleg  ist:  da  er  bezeuget,  es  mUge  obrigkeit  oder  andere, 
mit  den  kirchhöfen  nicht  jhres  gefallens  handeln,  viel 
weiniger  es  dafür  halten,  als  wcren  kirchhftfe  und  be- 
grebnÜBsen  solche  stedt«,  die  pur  lauter  in  der  welt- 
lichen Obrigkeit  gewait  und  macht  stünden.  Jjauenb. 
kirehen  ■  ordn.  v.  1M&  bei  P^niiAUDT  ges.  des  eotisist.  tu 
Mann.  i.ftM.  {JUet.  an  gewcyohten  itetten.  Jon.  Ebkklin 
S,  8,  $.  S,  d.  u.  0.) 

d)  in  idiotiken  lebender  mundarten  wird  äo»  vort  nur 
mUm  angrfiUtrt:  henneb.  «t«l.  /.  statte,  »teile,  platt,  ort. 
SpibM  S4>;  nordthür.  steete  Scuiultzb  46*;  preuat.  stCd, 


stMe,  auch  städ,  städe.  Fricchbier  2,  365»  (die  beispiele 
sind  nd.).  hier  also  mit  langem  vocal.  über  stede  iwi  tid. 
s.  statt  I,  2,  b  und  I,  5. 

2)  tn  der  geicöhnlichen  bedeutung  'locus'  hat  statte  zu- 
nächst das  alte  statt  verdrängt,  ist  aber  in  der  rteueren 
Umgangssprache  loiederiim  veraltet  und  durch  stelle  er- 
setzt {mit  ausnähme  des  nd.,  wo  stede  =  statt  für  stelle 
einti-itt).  so  6e?ne>A-/ Adelung :  'es  ist  noch  in  der  edlem 
und  Mhem  Schreibart  am  üblichsten,  dagegen  in  der  ver- 
traulichem und  gemeinen  stelle  gangbar  ist;  auszer  in 
den  zuxammensetzungen  bettstätte,  brandstätte,  gerichts- 
stätte,  schlafstätte,  werkstätte,  wohnstätte,  wovon  doch 
einige  auch  häufig  mit  -stelle  gemacht  werden.'  ähnlich 
Heynatz  Antibarh.  (1797)  2,  444:  'die  statte  (wofür  die 
meisten  stäte  sprechen,  andere  auch  stäte  schreiben),  ist 
auszer  der  erhabenen  Schreibart  fast  veraltet,  ob  es  gleich 
Luther  noch  sehr  oft  hat',  dazu  die  anm.:  'der  Schweizer 
mtisz  statte  unausstehlich  gefunden  haben,  weil  er  es 
meines  icissens  kein  einzigesmal  behalten  hat.  sondern  bald 
statt,  bald  das  ort  daraus  macht.  Heumann  und  Bengel 
haben  statte  häufig  behalten,  Michaelis  aber  pflegt  es  in 
ort  zti  verändern.'  nach  Lindmeyr  Wortschatz  tu<»c.  (i899) 
s.  88/.  luit  Eck  in  seiner  bibelübers.  (Ingulst.  1537)  fast 
durchgängig  die  stat,  statt,  daneben  das  ort,  die  stell, 
nur  vereinzelt  die  stett,  stedt. 

o)  belege:  denn  gott  hat  das  volck  nicht  auserwelet, 
umb  der  stete  willen  (Stä  rdv  rönov),  sondern  die  stete 
umb  des  volcks  willen.  2  Macc.  5, 19;  Jhesus  von  Nazareth 
wird  diese  stete  (rönov)  zustören.  ap.  gesch.  &,i3;  keine 
Umgebung  .  .  .  soll  in  uns  das  gefühl  des  göttlichen  stören, 
das  uns  überall  hin  begleiten  und  jede  stäte  zu  einem 
tempel  einweihen  kann.  Göthe  17,  278  (wahlverw.  2,  7); 
grausig  ist  diese  statte.  Schiller  8,166  (rauher  ^,b 
schausp.); 

es  dörft,  das  ich  (foh)  vil  flüfel  het, 

weil  sie  durchsuenen  die  ganz  stett. 

Fischart  2,  19  Kvrz  {flöhh.  622); 
die  höir  ist  weit, 

ihr  feld  ist  grosz,   die  statt  ist  breit. 

Rist  neve  html,  lieder  (1651)272; 

aber  die  statte  war  leer.      Voss  1,  78  {LuUe  2,  12) ; 

leereebrannt 

ist  die  Stätte.     Schiller  11,  312  {glocke  214); 

hier  ist  die  statte,  laszt  uns  stille  stehn. 

TiECK  2, 188. 

b)  in  der  bibelübersetzung  kommen  auch  statten  mit 
namen  vor,  doch  auch  dann  .tcharf  von  stadt  unterschieden : 
zog  Abram  durch,  bis  an  die  stet  (Diptt)  Sichern,  i  Mose 
12,6;  da  her  heisst  die  stet  Ber  Saba",  das  sie  beide 
mit  einander  da  geschworen  haben.  21,  31;  und  da  sie 
an  die  stet  (rönov)  kamen,  mit  namen  Golgatha,  das 
ist  verdeudschet,  Scheddelstet.  Matth.  27,  33. 

c)  häufig  durch  einen  relativsatz  näher  bestimmt  (vgl. 
statt  II,  A,  1,  b);  bis  .  .  .  an  die  stet,  da  am  ersten  seine 
hütten  war.  l  Mose  LS,  3;  und  als  sie  kamen  an  die  stet, 
die  jm  gott  saget.  22,  9;  wir  ziehen  da  hin  an  die  stet, 
davon  der  herr  gesagt  hat,  ich  wil  sie  euch  geben. 
4  Mose  10,  29;  euch  die  stet  zu  weisen,  wo  jr  euch  lagern 
soltet.  5ilfo*ei,83;  ist  aber  die  stet  fern  von  dir.  die 
der  herr  dein  gott  erwelet  hat,  das  er  seinen  namen  da 
selbs  wonen  lasse.  12,  81 ;  die  stet,  darauff  du  stehest 
ist  heilig.  Jos.  5,  15  (r^^  ap.  gesch.  7,88);  jr  saget,  zu  Je- 
rusalem scy  die  stete,  da  man  anbeten  solle.  JoA.  4,  80; 
da  sie  gebetet  hatten,  bewoget  sich  die  stete,  da  sie  ver 
samlet  waren,  ap.  gesch.  4,  31 ;  das  ist  die  stedte,  da  wir 
sterben  müssen.  Hkinr.  Julius  v.  Braunschnvkio  168 
Holland  (Sus.  4,  7);  sie  .  .  .  sollen  mich  in's  gefUngnisc 
schleppen,  aber  von  seinem  leichnaine  weg,  von  der 
stäte  weg,  wo  ich  mich  in  seinem  blute  werde  geletzt 
haben.  Göthk  lo,  ilft  (Clav.*);  muszlcn  wir  die  stalte 
verlassen,  an  der  uns're  grosz  eitern  über  ein  halbes 
Jahrhundert  fretide  und  leid  mit  einander  gethcilt  halten. 
Mkiiiikl  b,  118  Werner  (at{fz.  atis  m.  lebeti  lO);  dort  unten 
am  bach  der  sohicksalsfrau  richten  die  knabcn  der 
ThUringe  bereiU  die  Wagenburg  an  der  statte,  wo  sie 
ihr  darf  bauen  werden.  Fkkvtag  h,  162  (ahnen  l,  l,  8); 
dasz  dieser  scliatz  unhoil  brächte,  solange  er  nicht  zu 
der  statte  zurUckgcbrachl  wäre,  welcher  einst  Salonio 
ihn  goaliflel.  17,  i9ü  (bildet-  i.a); 


1009 


STATTE 


STATTE 


1010 


wer  sich  der  statte  naht,  wo  unser  vater  ruht, 
vollkommner  musz  er  wiederkehren. 

Götter  1,  274 ; 
enthülle  dich,  dasz  ich  die'  stäte  finde, 
wo  oft  mein  mädchen  sasz. 

HöLTV  167  Halm  {an  d.  nwnd) ; 
die  statte,  die  ein  guter  mensch  betrat, 
ist  eingeweiht.  Göthe  9,  104  (Ta-eso  1,  1); 

es  trieb  mich,  die  statte  zu  sehen, 
wo  die  Wohnung  gestanden. 

40,  250  {Herrn,  u.  Bor.  2) ; 

hat  Moskau  keine  statte,  die  du  liebst? 

Hebbel  6,  46  Werner  {Demetr.  1,  5). 

d)  iceniger  bestimvit  tcird  statte  durch  ein  adjectiv 
charakterisiert  {vgl.  statt  II,  A,  2,  c) :  das  sol  er  alles  hin 
aus  füren  ausser  dem  lager,  an  eine  reine  stete,  da 
man  die  asschen  hin  schüttet.  3  Mos.  i, 12;  die  kinder 
Gad  hatten  seer  viel  vieh,  und  sahen  das  land  Jaeser 
und  Gilead  an  für  bequeme  stet  zu  jrem  vieh.  4  Mos. 
32,  i;  Jhesus  gieng  in  eine  wüste  stete,  und  betet  daselbs. 
Marc,  i,  Bö;  ein  blick  in  den  anstoszenden  schenkraum 
überzeugte  Jenatsch,  dasz  hier  zwischen  lärmenden 
menschen  und  bettelnden  hunden  keine  kühle  statte  za 
finden  sei.  C.  F.  Meyer  Jenatsch  62; 

freue  dich  also,  lebend'ger,  der  lieberwärmeten  statte. 
Göthe  1,  273  (eleg.  1, 10) ; 

so  liesz  ich  an  verborgner  statte  sie  .  .  . 

durch  fremde  band  erziehn. 

Schiller  14,  65  (&r.  v.  Hess.  2,  5). 

insbesondere:  eine  heilige  statte,  locus  sanctus.  Frisch 
2,  321*=;  der  priester  der  das  sündopffer  thut,  sols  essen 
an  heiliger  stet.  3  310».  6,  26;  als  ich  auf  deinem  grabe 
herumwandelte,  edler  Erwin,  und  den  stein  suchte, 
.  .  .  dasz  sich  meine  Verehrung  deiner  an  der  heiligen 
Stätte  ergossen  hätte.  Göthe  39,  339  (von  deutscher  bau- 
kunsf);  da  wäre  er  besser  drauszen  .  . .  unter  den  grünen 
bäumen  geblieben  .  . ,  wenn  er  sich  nur  schwere  gedanken 
und  sündhafte  Versuchungen  des  hochmuths  holte  an 
heiliger  statte!  H.kv sr.kth  pater  Mafernus  s.  3i;  sie  {die 
Israeliten)  übernahmen  von  den  Kanaanitern  auch  die 
heiligen  statten,  an  denen  ihre  vorsassen  dem  Baal  ge- 
dient hatten.  Smexd  alttestamentl.  rel.  gesch.  50; 

an  heiiger  statte  ist  sie  (ßie  armbrust)  aufbewahrt. 

Schiller  14,  418  {TeU  5,  2). 

in  dejnselben  sinne  geweihte  statte:  die  pfaffen  sagenn, 
ann  geweychten  stetten  soll  man  betten.  Jon.  Eberlin 
V.  GüNZBURG  2,  8  Enders.  —  freie  statte  für  gewöhnliches 
freistatt,  -statte  {theil  4,  1,  122): 

erinnre  mich  nicht  jener  schönen  tage, 
da  mir  dein  haus  die  freie  stäte  gab. 

Göthe  9,  30  (Iphig.  2, 1). 

<)  hieran  schlieszen  sich  ztcei  redensarten,  in  denen  ao- 
wol  statt  tcie  statte  noch  im  gebrauch  sind. 

a)  keine  bleibende  städte  haben,  passim  vagari;  der 
keine  bleibende  städte  hat,  vagxis  exerro. .Steinbach 
2,  655 ;  dasz  er  lerne,  dasz  wir  hier  keine  bleibende  statt 
haben,  sondern  das  zukünftige  suchen  sollen.  Hebr.  13 
(13,  15).  SciiLPPlUS  133.  die  zu  gründe  liegende  bibelstelle 
enthält  eigentlich  si&A  ^  TtöXts,  «.  statt  II,  A,  6,  d;  doch 
findet  sich  auch  in  der  bibelübersefzung:  bis  aufif  diese 
stund  leiden  wir  hunger  und  durst,  und  sind  nacket, 
and  werden  geschlagen,  und  haben  keine  gewisse  stete 
{daraTovuer).  1  Cor.  4, 11.  so  auch :  allein,  Hansz  Wurst 
wolte  keine  bleibende  statt  bey  mir  haben,  ich  muste 
ihn  endlich  fortziehen  lassen.  Schuppius  24«;  freier,  keine 
rulie  haben:  sie  konnte  weder  essen  noch  trinken,  und 
hatte  nirgends  eine  bleibende  statte.  erzäJUer  d.  18.  jahrh. 
27,  3  Fürst;  seit  Sonnenaufgang  hat  mein  bruder  keine 
bleibende  statte.  Pfeffel  pros.  vers.  1,  27.  {schon  mhd. 
wernde  stete  bei  Lampreht  v.  Regensbukg,  a.  unter  statt 
1,  8,  d,  sp.  9»t.) 

ß)  ein  gut  wort,  findet  eine  gute  statt.  Scnrppius  248; 
dem  gibt  Salomo  . .  .  einen  weisen  rath  und  sagt,  Prov.  15. 
tnollis  responsio  frangit  iram.  das  ist,  eine  gelinde  ant- 
wort  stillet  den  zorn,  oder,  wie  wir  Teutschen  zu  reden 
pflegen,  ein  gut  wort,  findet  eine  gute  stete.  290.  vgl. 
statt  II,  C,  2,  a.  6. 

f)  statte  wi»^  pronominalen  ausdrucken  nach  Präposi- 
tionen in  allgemeinen  Ortsangaben,  vgl.  stattll,  A,  3;  so 
*.  b.:  das  deine  äugen  offen  seien  über  dis  haus  tag 
nnd  nacht,  über  die  stet,  da  hin  du  deinen  namen  zu 
X.  2. 


stellen  geredt  hast,  das  du  hörest  das  gebet,  das  dein 
knecht  an  dieser  stet  thun  wird.  2  chron.  6,  20;  und 
mügets  essen  an  allen  steten.  4  Mos.  18,  31. 

g)  statte  mit  sgnonymen  u.  a.  ausdrücken  zusammen- 
gestellt: 

a)  also  sagen  sie,  sind  die  engel  und  geister  an  steten 
oder  örtern.  Luther  3,  457»;  erstlich  beschreibet  er  {Jo- 
hannes) die  personen  welche  Christum  begraben  haben 
.  .  .  zu  letzt  stete  und  ort,  da  sie  jn  hin  geleget  haben. 
28,  417,  33  Weim.  ausg.;  wann  sich  jemand  vor  der  offöüt- 
lichen  Unehre  und  schände  fürchtet,  so  machet  er  {der 
tetifel)  denselben  einen  nebel  für  die  äugen,  dasz  er  ge- 
dencket,  ort  und  stäte  sey  darnach,  dasz  es  niemand 
leichtlich  erfahre.  Schuppius  509;  vgl.  auch:  und  David 
macht  sich  auff^,  und  kam  an  den  ort  da  Saul  sein  lager 
hielt,  und  sähe  die  stete,  da  Saul  lag.  i  Sam.  26,  5  {beides 

=  cip-f). 

ß)  es  ist  nur  zu  thun  gewest,  das  der  böse  geist  räum 
und  stet  fünde,  seine  giflft  auszulassen.  Luther  3, 48*, 
s.  ferner  unter  8. 

v)  andrerseits  tcerden  als  gegensätze  verbunden:  so  trawe 
ich  jm  nicht,  er  möchte  auff  zeit  und  stet  lauren,   und 
denn   thun,   was  ich   fürchte.  Luther  3,  45*>;    das  geist- 
lich anbeten,  setzt  Christus  wider  das  leiblich  anbeten, 
welchs  die  jüden  ...  an  stet  und  zeit  also  binden,   das 
es  mus   eusserlicher  weise ,   wie   die   stet   und   zeit  be- 
stimpt,  geschehen,  als  bette  das  gebet  sein  wesen,  krafft, 
leben,  und  alle  tugent  von  der  stet  oder  zeit.  481  *>.    {hier 
nähert    sich    statte    zuiceilen    der    bedeutung    von    State, 
s.  statt  II,  B,    die  es  doch   auszerhalb   des  nd.   nicht  hat; 
s.  den  ersten  beleg  und  den  unter  ß.)  —  ebenso: 
wo  sie  o£ft  gefallen  sindt, 
daselbst  man  sie  zu  mehrmaln  findt, 
person  und  stet  nicht  können  meiden, 
die  sie  offt  bringt  in  noth  und  leiden. 

B.  Waldis  Eeop  2, 12,  53. 

9)  80  in  mehrgliedrigen  grttppen:  wie  gut  das  werck 
ist,  . . .  wil  jm  doch  gott  rawm,  stet,  zeit,  und  weise 
fürbehalten.  Luther  3, 267*';  denn  es  mus  ja  kein  guter 
mensch  sein,  . .  .  der  es  so  gar  verachten  kan,  das  jm 
gott  selbs  stet  und  räum,  person,  zeit,  und  tage  dazu 
bestellet.  6,  34'';  denn  wo  gott  also  mit  xins  handelte, 
das  er  uns  das  leben  sehen  Hesse  ym  todte  odder  zeygte 
unser  seelen  stet  und  rawm,  weg  und  weyse,  wo  sie  auff 
tretten  und  fussen  solte,  wo  sie  auch  hyn  faren  und 
bleyben  solte ,  so  were  der  tod  nicht  bitter.  19,  217, 16 
Weim.  ausg. 

h)  statte  am  menschlichen  körper,  vgl.  statt  II,  A,  5,  a.- 
da  lies  gott  der  herr  einen  tieffen  schlaff  fallen  auff  den 
menschen  .  .  .  und  nam  seiner  rieben  eine,  und  schlos 
die  stet  zu  mit  fleisch,  i  Mos.  2, 21. 

t)  stelle  in  einem  buche,  vgl.  statt  II,  A,  5,  ft.- 
noch  will  er  erst  die  lent  bethören, 
solchs  ausz  den  patribus  beweren, .  .  . 
dem  keiner  doch  nit  solches  redt, 
wann  man  jm  nachschlecht  auff  der  stet 

Fischart  1,  8  Kurz  (nachtrab  214). 

k)  statte  in  bezug  auf  personen,  vgl.  statt  II,  A,  6. 

a)  der  platz,  %co  jemand  {geicöhnlieh,  von  amts  wegen) 
steht,  sitzt  u.  s.  ir. .-  und  die  priester  stunden  an  jrer  stete 
(CHT^y^y),  und  die  Leviten  in  jrer  Ordnung.  2  ehron. 
35,  10,  vgl.  15.  — 

3)  so  auch  biblisch,  die  stelle,  wo  jemand  war  {und 
nicht  mehr  ist):  es  ist  noch  umb  ein  kleines,  so  ist  der 
gottlose  nimer,  und  wenn  du  nach  seiner  stete  sehen 
wirst,  wird  er  weg  sein.  ps.  37,  10;  t^gl.:  ein  mensch  . . . 
blöet  wie  eine  blume  auff  dem  felde.  wenn  der  wind 
darfiber  gehet,  so  ist  sie  nimer  da,  und  jre  stete  kennet 
sie  nicht  mehr.  103, 16;  und  der  drach  streit  und  seine 
engel,  und  siegeten  nicht,  auch  ward  jre  stete  nicht 
mehr  funden  im  himel.  offenb.  Joh.  12 ,  8  {oi^re  xötios 
eii^i&Tj  avTäiy).  in  diesen  belegen  ist  eine  verschiedene 
nuaneierung  von  stete  zxt  beobachten:  im  ersten  ist  die 
stete  geblieben,  nachdem  der  innehabet  fort  ist,  sie  tat 
nur  leer;  in  den  letzteren  ist  die  stete  selbst  nicht  mehr 
kenntlich  und  daher  in  dieser  specification,  als  statte  des 
betreffenden,  nicht  mehr  vorhanden. 

•/)  gewohnlich  für  den  ort,  iro  jemand  sieh  dauernd  auf 
hält,  seine  wohnung.     ao  verdeutlicht  durch  einen  relativ- 

64 


1011 


STÄTTE 


STÄTTE 


1012 


sati:  las  uns  an  den  Jordan  gehen,  und  einen  jglichen 
daselbs  holtz  holen,  das  wir  uns  daselbs  eine  stete 
bawen,  da  wir  wonen.  2  kön.  6,  2  ;  was  ists  denn  für  ein 
haus,  das  jr  mir  {dem  herm)  bawen  wollet?  oder  welchs 
ist  die  stet ;  da  ich  rügen  sol  ?  Jes.  66,  l  (in  beiden  stellen 
also  geradezu  für  hatcs);  kam  der  kaufmann  ...  an  ein 
fremdes  ufer,  ...  so  war  sein  erstes  bestreben  sich  von 
dem  herrn  des  grundes  eine  statte  zu  gewinnen,  wo  er 
mit  seinen  genossen  nach  recht,  sitte  und  glauben  der 
heimat  leben  durfte.  Freytag  18,  251  (Jbilder  2, 1,  7);  durch 
erklärenden  gen.  -.  herr  ich  habe  lieb  die  stete  deines 
hauses,  und  den  ort,  da  deine  ehre  wonet.  ps.  26,  8;  o 
Israel  wie  herrlich  ist  das  haus  des  herrn,  wie  weit 
und  gros  ist  die  stet  seiner  wonung  {inturixrje  6  rönoe 
XTJs  xnjaeeos  avTov)?  Baruch  3,  24;  ähnlich  auch:  war  der 
ort  gastlich  zu  längerem  aufenthalt  .  . ,  so  umschanzte 
er  {'der  Hanse")  wieder  die  statte  seines  rechts  mit 
graben,  pfahlwerk,  brücke,  thor.  Freytao  18, 252;  durch 
parallele  ausdrücke:  ich  wil  aber  meinem  volck  Israel 
eine  stete  setzen,  und  wil  es  pflantzen,  das  es  daselbs 
wonen  sol,  und  nicht  mehr  bewegt  werde,  l  cÄron.  17, 9; 
das  ist  die  wonung  des  ungerechten,  und  dis  ist  die 
stete  des,  der  gott  nicht  achtet.  Hiob  18,  21 ;  ungewöhn- 
lich {zumal  in  neuerer  spräche)  jemandes  statte  ohne 
jeden  zusatz: 

welch  ein  himmlischer  garten  entspringt  aus  öd'  und  aus 

wüste . . . 
wohl  den  schöpfer  ahmet  ihr  nach,  ihr  götter  der  erde  ! 
fels  und  see  und  gebüsch,  vögel  imd  fisch  und  gewild, 
nur  dasz  euere  statte  sich  ganz  zum  Eden  vollende, 
fehlet  ein  glttcklicher  hier,   fehlt  euch  am  sabbat  die  ruh. 
GÖTHK  2,  133  {'der  park'). 

^  ebenso  von  thieren:  kanstu  ...  die  jungen  lewen 
settigen,  das  sie  sich  legen  in  jre  stete  (ni:iy73),  und 
rügen  in  der  hole  da  sie  lauren?  Hiob  38,40. 

f)  auf  nd.  boden  auch  für  hof,  bauernstelle ,  in  Um- 
setzung des  nd.  stede,  s.  statt  II,  A,6,  ä:  in  westfälischen 
gerichtlichen  aufsätzen  pflegt  stette  für  haus  oder  ge- 
höft  gesetzt  zu  werden.  Hf.\satz  Antibarb.  2,  iU\  wenn 
sein  haushält  der  ganzen  statte  angemessen,  nur  ein 
oder  ander  stück  land  davon  zum  todbau  versetzt  .  .  . 
ist.  MOSER  patr.  phant.  2,  232  {'Vorschlag  zur  erleicht,  der 
hofgesessenen  Schuldner");  der  Schuldner. so  wohl  als  ihre 
statten  würden  sich  immer  noch  besser  bey  6  p.  c.  zinsen 
stehen.  233. 

t)  statte  der  toten!  grabstätte:  so  ruhen  die  liebenden 
neben  einander,  friede  schwebt  über  ihrer  stäte.  Göthe 
17,414  {schlusz  der  tcahlverw.).  —  loieder  anders,  zu  l,  S 
hinüberleitend :  über  des  erschlagenen  statte  {wo  einer 
erschlagen  ist)  schwebende  rächende  geister  und  lauern 
auf  den  wiederkehrenden  mörder.  Göthe  12, 234  {vgl. 
oben  1,  b). 

V)  statte  in  bezug  auf  dinge,  vgl.  statt  II,  A,  7. 

o)  statte  eines  dinges,  der  ort,  wo  es  sich  {immer,  in 
der  regel  oder  im  vorliegenden  falle)  befindet,  vgl. :  erst- 
lich ist  ein  ding  an  eim  ort  circumscriptive  . .  .  das  ist, 
wenn  die  stet  und  der  cörper  drinnen  sich  mit  einander 
eben  reimen,  treffen  und  messen,  gleich,  wie  im  fas  der 
wein  oder  das  wasser  ist,  da  der  wein  nicht  mehr  raumes 
nimpt,  noch  das  fas  mehr  raumes  gibt,  denn  so  viel 
des  Weines  ist,  .  . .  auff  die  weise  messen  sich,  stet  und 
cörper  mit  einander  gleich  abe.  Luther  8,457».  neben 
einem  aynonymon:  das  ist  der  ort  meines  throns,  und 
die  stet  meiner  fussolen,  darin  ich  ewiglich  wil  wonen. 
Heaek.  48,  7  (beides  ■—  U)^1t).  einem  erklärenden  gen.  nahe 
kommend:  aber  die  stet  unsers  heiligthums,  nemlich, 
der  thron  göttlicher  ehre,  ist  alle  zeit  fest  blieben. 
Jerem.  17,  1«.  so  auch:  wo  her  kompt  denn  die  Weisheit? 
and  wo  ist  die  stete  des  Verstands?  Hiob  2S,tt;  welchs 
Ut  der  weg  da  das  lieoht  wonet,  and  welcha  scy  der 
flnstemis  stet?  88, 19. 

/f)  mit  potsetsivem  pron.:  und  {Josia)  ausrottet  die 
hayne.  und  füllet  jre  stete  (a^ip73)  mit  menschen 
knochen.  S  kön.  n,  14;  darumb  wil  ich  den  hlmel  be- 
wegen, das  die  erden  beben  sol  von  jrer  hIcI.  Je».  18. 18. 
«o  Mi.  be».  etwas  wider  an  seine  stet  brii  gen  u.  ühnl.  • 
and  sie  pflegten  . . .  den  stein  von  dem  bruniooh  zu 
weltzen,  und  die  schafe  trenoken,  und  thaten  als  denn 


den  stein  wider  für  das  loch  an  seine  stet,  l  Mos.  29,3; 
und  da  die  priester  ...  aus  dem  Jordan  er  auff  stiegen  .., 
kam  das  wasser  des  Jordans  wider  an  seine  stet.  Jos. 
4, 18 ;  also  brachten  die  priester  die  lade  des  bunds  des 
herrn  an  jre  stet  in  den  chor  des  hauses,  . . .  unter  die 
Hügel  der  cherubim.  das  die  Cherubim  jre  flügel  aus- 
breitten  über  die  stete  der  laden.  2  chron.  5,  7/.,-  sie  heben 
jn  {den  aus  gold  geschmiedeten  gott)  aufT  der  achseln  und 
tragen  jn,  und  setzen  jn  an  seine  stete,  da  stehet  er, 
und  kompt  von  seinem  ort  nicht.  Jes.  46,  7. 

•/)  statte  eines  hauses  u.  ähnl.,  platz,  auf  dem  es  steht 
oder  gestanden  hat  oder  stehen  soll,  vgl.  statt  II,  A,  7,  c- 
sieh  dort,  mein  könig,  die  statte  deines  eigenen  hofes. 
Freytag  8,  160  {ahnen  l,  l,  9);  als  im  jähr  1219  Waldemar 
der  Sieger  noch  weiter  ostwärts  auf  der  statte  einer 
alten  bürg  der  Esthen,  Reval  genannt,  ein  Dänenschlosz 
anlegte.  18,  2.56  {bilder  2, 1,  7); 

sie  selbst  (bürg  Siedeck)  ist  nun  verfallen,   die  st&tte  wüst 

und  leer. 
Ch AMISSO  1,244  Koch  {rieiten-fpielz.). 

ähnlich  statte  eines  kohlenmeilers,  grundlage. 

S)  nicht  selten  ist  in  neuerer  spräche  statte  eines  er- 
eignisses:  vor  ihnen  lag  die  stalte  des  kampfes  (wo  der 
kämpf  stattfinden  soU).  Freytag  8, 101  {ahtien  l,l,  6);  sie 
verflucht  die  statte  der  niederlage.  Smend  alttestamentl. 
rel.  gesch.  hl.    {vgl.  k,  ^.) 

f)  auch  sonst  oft  mit  dem  gen.  eines  abstractums:  er 
{Alarich)  tritt  mit  wenigen  begleitern  in  die  mauern 
(Athens) . . ,  betrachtet  die  statte  alten  erdenruhms  .  . , 
und  verläszt  achtungsvoll  die  stadt.  Freytag  17,  129 
{bilder  1,2);  ein  pilger  im  heiligen  lande  trifft  nicht  so 
viele  stäten  religiöser  erinnerungen  an.  Götmk  16,  lll 
{Werther  2,  vgl.  oben  1,6); 

wie  öde,  bohl  und  leer 
liegt  alles  vor  mir  da,  und  ausgebrannt, 
ein  groszer  schutt,  die  statte  meines  glucks. 

9,  308  {not.  locht.  3,  2). 

noch  mehr  nach  k,  y  liegend  statte  einer  rückkehr, 
s.  unten  4,  b. 

m)  in  Tuchers  baumeisterb.  findet  sich  schicach  flec 
tiertes  stette  für  schieszplatz :  auch  liesz  ich  ine  {den 
büchsenschützen)  die  steinen  statten  dapei  alspalde  auch 
machen.  117,  29;  was  dann  gepruchs  ist  an  der  steten, 
oder  deck  darüber,  . . .  das  soll  der  stat  paumeister 
machen  lassen.  118,  21. 

3)  siätle  in  formelhaften  verbinduiigeti  mit  präpositionen. 
vgl.  statt  II,  A,  4. 

a)  in  den  meisten  der  unter  statt  besprochenen  Been- 
dungen findet  sich  statte  nur  ganz  ausnahnxsxreise.  so. 
wenn  sie  zur  stedte  kömpt,  werden  es  die  herrn  and 
alle  umbstehende  vernhemen.  Hein».  Julius  v.  Braun- 
schweig 185  ifoMand  (St«.*  3,  l);  henneb.  nicht  von  der 
stet  gehen.  Simess  242.  —  ungetcöhnlich  an  der  statte 
für  das  gewöhnliche  an  ort  und  stelle; 

in  euerm  kabinette, 

da  lass'  ich's  gelten,  herri 

doch  an  der  statte, 

da  ging's  wohl  langsamer  I 

WlF.i.AM)  IS,  3S5  (fommrrm.  2). 

b)  nur  i)i  den  bejionders  im  10.  jahrh.  sehr  gewöhnlichen 
ausdrücken  für  'sogleich'  findet  sieh  statte  {ttimeist  als 
dat.)    als  gleich   häufig  neben   statt,    vgl.  dieses  \\,  k,A,  b. 

a)  an  stett:  der  bischoff  stund  ann  stett  uff  und  ging 
zu  ir.  Volksbücher  (Zur.  handschr.  des  15.  jahrh.)  843,  »7 
Bachmann  Singet-.  —  sonst  immer  mit  dem  artikel:  so 
. .  .  gott  also  lesteren,  dasz  wnriich  nit  ein  wunder  wer, 
gott  stricff  {straße)  sy  gleich  an  der  stett.  Wickram 
ruUwagenb.  121.  28  Kurz  (67);  das  nit  ein  wunder  wero. 
der  hellisch  lebendig  tcufel  fürt  sie  an  der  stett  hin. 
146,  88  (88);  ^i,  t,r{„g  (Q  ffUe  kartifen)  an  der  stet 

meiner  kOchin  in  pfarrhof  heim.    H.  SaciiR  6,  ».**>' ; 

der  kOnig  noch  einen  sun  het. 

der  an  oer  stet 

dem  vatter  ««in  leben  erret. 

dichtiivgen  1,  nr.  14H,  38  Ooedeke; 
der  apt  der  winkt  im  an  der  otett. 

Ximm.  chron.*  4,243,  18; 
Luna  (ants  willig  an  der  stett 
war  troh,  dasx  sie  eiik  araach  hett, 
sich  SU  rieben  am  jungfrftwlein. 

Fisch  ART  dicht.  8,  188  Kurt  (lob  der 
■••«(cten  806). 


1013 


STATTE 


in  der  hedeutung  ^jetzt' : 

mein  gniüt  ist  schwerer  an  der  stett 
denn  weil  ich  meinen  schätz  noch  hett. 

H.  Sachs  2,  2,  2«. 

ß)  am  häufigsten  auf  der  stet(t),  vgl.  Schm.^2,  792: 
soll  mit  im  ze  schikchen  haben,  so  wirt  si  auf  der  stet 
mit  ainem  chind.  quelle  des  15.  jahrh.  s.  ebenda  793 ;  der 
wil  dich  auff  der  stette  erwürgen.  Luther  24,  575,  31  Weim. 
atisg.;  glü  sie  (stahlbleche)  wol,  und  lesch  sie  ynn  wein, 
so  wird  es  auff  der  stet  zu  essig.  kuchenmeisterey  {Zicickaw 
1530)  Es»;  sie  wolten  auch  jr  teyl  von  mir  haben,  und 
wolten  mich  da  auff  der  stedde  gleich  todt  schlagen. 
H.  Staden  landtsch.  der  menschfresser  letithen  (1557)  e3*; 
ohn  das  Gargantoa  zweiffeit  man  möcht  nicht  also  auff 
der  statt  ein  gerecht  gesäsz  für  seine  adeliche  proportz 
gehaben.  Garg.  s.  246  neudr.;  Grandbusier  .  .  .  befahl  jm 
unverzöglich  nachzukommen,  fertigt  derhalben  auff  der 
statt  Baszwein  seinen  lackeyen,  ab.  331;  auff  der  statt 
(als  wann  man  vom  wolff  sagt,  so  ist  er  im  spil)  kam 
mein  mönch  daher  getrollt.  411;  auff  solche  wort  zuckt 
Zuckdendilen  von  leder,  und  durchstach  den  Schna- 
derentinger  gleich  ob  der  lincken  brüst,  dasz  er  auff 
der  statt  todt  nidersanck.  422;  mein  ralit  wer,  dasz  jhr 
ewer  volck  jetzund  auff  der  statt,  wann  sie  sich  nur 
ein  wenig  erschnaufft  unnd  erholt  haben,  gleich  den 
stürm  anlauffen  Hessen.  423;  dessen  erschracken  die 
bawern  sehr,  besassen  das  gericht  auff  der  stett  also 
stendlingen.  volksb.  des  16.  jahrh.  s.  398,  8  Bobertag  {Schilt- 
bürger cap.  36);  der  printz  von  Conde  . .  .  wirdt  . . .  von 
.  .  .  einem  gasconischen  edelmann,  mit  einem  handrohr 
durchs  haubt  geschossen ,  dasz  er  auff  der  stete  den 
geist  aufgab.  Stumpf  Schiceytzer  chron.  274'';  wie,  wann 
gott  dich  auff  der  stät  darnider  würff?  Albrecht  fluch 
ABC  (1664)  s.  113; 

der  gmeind  ich  die  (ßoche)  wil  zeigen  an. 

wiewol  ich  nit  bin  wolberett, 

doch  sol  es  beschehen  uff  der  stett. 

RuFF  Etter  Heini  2813; 

und  da  ich  diss  gesehen  hett, 

müszt  ich  hinwegk  gehn  auff  der  stett. 

Fisch  ART  dicht.  1,  105  Kurz  (teden 
u.  kuttemtr.  152) ; 

so  bald  sie  dis  hett  ausgeredt, 

verschwand  sie  vor  jm  auff  der  stett. 

205  (Domin.  leben  2862); 

eh  sie  disz  betten  ausz^eredt, 

waren  sie  hindurch  auff  der  statt. 

2, 190  (glücksh.  gchiff  438). 

gaiiz  vereinzelt  mit  dem  acc:  in  dem  concilium,  da  man 
zalt  1415  jar,  da  hat  der  künig  ausz  allen  landen  und 
sprachen  erwölt  66  man,  die  selten  sitzen  in  dem  rat, 
und  alles  das  man  in  fürpringt,  das  auf  die  stett  not- 
turftig  ist,  das  selten  sie  richten  und  urtailen  nach  der 
warhait.  d.  städtechron.  5,  6i,  20  (B.  Zink  chron.  v.  Augs- 
burg),    ebenso  vereinzelt  ohne  artikel:  ' 

sobald  er  das  haupt  plicket  an, 

uff  stett  ward  zn  eym  berg  der  man. 

Wickram  7, 199  Bolte  {Ovid  4,  c.  20,  1216). 
v)  zu  stet: 

da  gab  Adam  alsbalt  zu  stet 
der  Eva  eine  schöne  lausz. 

Fischart  dicht.  2,  167  Kurz  (flöhet  zanck  1180) ; 

gewöhnlich  mit  artikel: 

ey,  soll  in  der  gantzen  gemein 

dann  nicht  ein  mann  gewesen  seyn, 

der  an  den  lausen  halt  zur  stett 

disz  bubenstUck  gerochen  hett?    156  (789); 

(unger  könig)  wolt  unbeschwert 

euch  nennen,  und  jhr  maiestet 

besuchen,  da  sie  jtzt  zur  stet 

am  ufer  wartet  der  ansprach. 

/roechm.  D  1»  (1, 1,  2,  206). 

#0  noch  bei  Röckert,  s.  unter  i,  b. 

4)  statte  in  verbalen  fügungen  findet  sich  zuiceilen,  doch 
tind  diese  weniger  formelhaft  gefestigt  als  die  entsprechen 
den  mit  statt  (s.  das.  II,  C)  und  lassen  überall  die  ört- 
liche bedeutung  erkennen. 

o)  so  besonders  deutlich:  wir  können  auff  diss  mal 
anser  siedte  nicht  besitzen,  sintemal  wir  diesen  tag 
kläger  sein  werden,  derowegen  ist  unser  bitte,  jhr  wollet 
euch  dahin  setzen,  unsere  klage  anhören.  Heinr.  Julius 
V.  Braunschweio  185  Holland  (Sus.^^,  l ;  könnte  auch  als 
jiUir.   von    statt    aufgefaszt    tcerden).     ähnlich   jre    stete 


STÄTTEBEREITER— STÄTTEGELD  1014 

(jplur.f)  erfüllen  und  vertretten,  s.  Sarcerius  tmter  statt 
I,  4,  e  (sp.  957). 

b)  biblisch :  in  meines  vaters  hause  sind  viel  wonungen. 
wens  nicht  so  were,  so  wolt  ich  zu  euch  sagen,  ich  gehe 
hin,  euch  die  stete  zubereiten  {irotfidaai  tötiov).  Joh. 
14,  2,  vgl.  statt  II,  A,  6,  g ,  sowie  l  chron.  16, 1  unter  statt 
I,  4,  c  (»p.  956).  so  auch :  lebe  wohl,  liebe  mich  und  hilf 
die  gute  stäte  einer  rückkehr  für  mich  bereiten.  Göthe 
br.  8,  59  (an  Knebel  d.  17.  nov.  1786).  — freiere  Verbindungen  : 
für  welches  angesicht  flöhe  die  erde  und  der  himel,  und 
jnen  ward  keine  stete  erfunden  {rönos  ov/  ev^iO-t] 
avTols).  offenb.  Joh.  20, 11;  dennoch  ging  durch  die  jungen, 
phantasievollen  geschlechter  des  mittelalters  in  die  geist- 
liche dichtung  manches  poetische  dement  ein,  auch  auf 
dem  dürren  boden  schuf  sich  die  einbildungskraft  eine 
statte.  Gervinus  gesch.  der  deutschen  dichtung*  3, 11; 

die  hauszmagd  war  von  stund  bereit, 
wo  sich  die  spinn  zu  weben  regt, 
mit  einem  besem  sies  wegfegt, 
und  ward  jr  da  kein  stett  vergunt, 
da  sie  Urlaub  zu  bawen  fundt. 

B.  Waldis  Esop  2,  31,  39. 

c)  von  den  eigentlich  forvielhaften  Verbindungen,  ent- 
sprechend statt  II,  C,  begegnet  noch  am  ehesten  statte 
finden,  doch  mit  dem  unbestimmten  artikel,  wenn  nicht 
sonst  ein  pronominalndj.  daneben  sieht:  alle  wohlthat 
wird  jre  stet  finden  {jioir^aei  lönov).  Syr.  16, 14;  Sigurd 
redete  zum  guten,  aber  der  könig  war  so  böse,  dasz 
kein  wort  eine  statte  bei  ihm  fand.  Dahlmann  gesch. 
V.  Dännemark  2,  95;  hatte  doch  Waser's  herzliche  theil- 
nahme  bei  ihm  keine  statte,  nicht  ein  einziges  erwiedem- 
des  wort  gefunden.  Meyer  Jürg  Jenatsrh  s.  91.    so  auch: 

und  ob  mein  gbet      für  ihn  {gott)  kein  stet 
findet  noch  hat,      so  kumpts  doch  drat, 
mir  zu  gut. 

LiLiKNCRON  Jtitt.  volksl.  4,  «.  438  (nr.  560,  37, 
vom  j.  1547). 

d)  ungeicöhnlich  ist  statte  für  statt  (II,  C,  3,  d)  in  fol 
gender  stelle:  g^g^  unglückseiger  streit, 

der,  unauslöschlich  wüthend,  .  .  . 

nicht  räum  noch  statte  der  Versöhnung  gab. 

Schiller  14,  66  (br.  v.  ilegs.  2,  5). 

5)  auch  in  der  unter  statt  II,  D  behandelten  gebrauchs- 
weise  findet  sich  statte  nur  ausnah msiceise  und  nur  in 
Verbindung  mit  präpositionen  (vgl.  statt  II,  D,  2);  zu  prä- 
positionaler  und  conjunctionaler  geltung  ist  es  nicht  ent- 
wickelt. 

a)  a  n  —  statte  mit  ztciscJieugestelltem  gen. .-  Semiramis, 
die  lag  . . .  ihren  herren  stets  an  er  solte  ihr  nur  zween  tag 
zu  regieren  erlauben;  als  er  es  verwilligt,  last  sie  ihren 
eigenen  herrn  und  könig  in  ein  gefängnüsz  werffen,  und 
regiert  sie  an  der  zwene  tag  stett,  42.  jähr.  Hammer 
histor.  rose7ig.  (1654)  231.     mit  gen.  eines  pron.: 

der  mann  im  tiegerfell  . .  . 

sucht  itzt  auf  seinem  rasenbette 

den  iüngling  auf,  an  dessen  statte 

er  klüger,  wie  ihn  däucht,  sich  aufgeführet  hätte. 

VVlELAND  17,  37  (Idrig  1,  48). 
mit  Possessivpronomen: 

von  gold  ist's  keine  kette, 
kein  stoff  aus  fremdem  land, 
es  ist  an  ihrer  statte 
ein  selbstgewobnes  band. 

J.  Kerner  dichtungen  (1834)  108. 

b)  noch  vereinzelter  mit  einer  andern  präp. ;  zugleich  zu 
einer  bloszen  Umschreibung  verblaszt,  vgl.  statt  II,  D,  2,  ».- 
sie  (Hester)  wart  im  (dem  könig  Asverus)  als  lieb,  das 
er  sie  zuo  einer  kunigin  stette  wolt  haben.  Volksbücher 
(Zur.  Jiandschr.   des  15.  jahrh.)  332,11  Bachmann  -  Singer. 

STÄTTEBEREITER,  m.  preparatore  di  luoghi,  loggia- 
menti,  quartieri.foriere.  Kramer  dict.  2, 914*" ;  vgl.  statte  4,  b. 

STÄTTEGELD,  n.  l)  platzgebühr  auf  einem  jahrmarkte, 
budenzins,  vgl.  stallgeld  (2),  sp.  621,  Standgeld,  sp.  763  und 
unten  stellgeld,  stättelöse.  Brinckmeier  gloss.  dipl.2,blb^; 
vgl.  Gangler  stadtrechtsalterth.  140.  336.  346.  im  älteren 
hd.  auch  statgeld,  ».  Lexer  rnÄrf.  Aawrficd.  2, 1148:  dacia, 
datia,  daria  (quod  dant  mercatores  de  locis  in  quo  ven- 
dunt  .  .  .)  stat ,  stayt-,  stet-,  stalgelt,  -geld.  Dief.  gloss. 
165»  (aus  d.  15.  jahrh.);  es  sal  auch  ein  zentbüttel  einem 
Stadtbüttel  uff  iglichen  marckt  und  kirberey  beholffen 
sein  statgelt  zu  samein.  weisth.  3,  5.32  (von  Lohr  am  Main 
1425).     das  icort  ist  über  das  nd.  und  miffeld.  gebiet  ver- 

64* 


1015 


STATTEGELD 


ST ATTEL— STATTEN 


1016 


breitet  und  geht  vielleicht  vom  nd.  aiw,  worauf  die  form 
des  ersfeti  gliedes  hinzudeuten  .icheint.  mnd.  stedegelt 
ScHiLLER-LüBUEN  4,  373»:  stcdegclt  hebben  de  heren 
binnen  Oldenborch  up  dem  kerkhove,  up  dem  marckede 
und  up  der  Straten,  wor  dat  se  stad,  van  kremeren  und 
van  wantsnideren.  quelle  s.  ebenda,  so  im  nd.  noch  später, 
s.  brem.  tob.  4,1013.  Dähnert  456*  (städe-geld) ;  ostfriea. 
stäägeld,  'stätteiins  für  buden,  pferde  etc.  auf  dem  markte'. 
Stürenburg  259»,  stßgeld  ten  Doornkaat-Kooi.man 
3,  304'';  au^h  preusz.  stßdegeld  'zins  für  eine  stelle,  auf 
der  waren  feil  gehalten  werden'.  Frischbier  2,  365*.  (nn 
hd.  mundartlich  nicht  bezeugt.)  —  im.  lid.  ist  das  woj-t 
{in  der  gewöhnlichen  umgelatiteten  form  stet  gelt)  im  15. 
bis  16.  jahrh.  verbreitet:  dacia,  Denniark  ader  stet  gelt. 
tnitteUat.-M.  böhm.  wb.  87  Diefenb.  (von  1470);  durch  ydern 
fremden  und  inwoner,  wem  das  ebent  mit  allirley  kouff- 
manschatz,  gewande,  korssenwercke,  kremereye,  spitze- 
reye,  pfennigwert  und  wahre,  die  man  ungeverlich  zu 
buden  gehandein  mag  . . .  frei  unbeswert  und  ane  ufTsasze 
uff  redelich  und  treglich  stetegelt  und  budengelt.  Magdeb. 
urk.  r.  1463  bei  Dreyhaupt  Saalcreys  (1749)1,1.52;  doch 
uszgesloszen  die  bürgere  unser  aldenstad  Magdeburg,  die 
von  yrer  wahre,  kouffmanschatz  und  kremerie  stetegelt 
zegebene  nicht  vorpflicht  sein  sollen,  ebenda,  s.  auch 
Haltaus  1738;  die  helffte  desz  stetgeldes,  vonn  den  ge- 
want  pudenn,  die  sie  setzen  sollenn  am  jarmarcke  uff 
Margarethe.  urk.  der  burggrafen  v.  Leisnick  vom  jähre  1485 
s.  ebenda;  und  sollen  dem  radte  .  .  .  dieienigen  so  sich 
obberurtes  marckts  kunfftigen  mit  kauffen  und  ver- 
kauffen,  ...  gebrauchen  werden,  ein  billiges  und  ziem- 
liches stedte  geld  unweigerlich  geben  und  entrichten. 
Magdeb.  urk.  v.  1560  ebenda;  in  sant  Endris  mess,  so 
unser  ainer  will  fail  haben  neben  aim  frembden,  gleich 
ain  guldin  stettgelt  geben,  darinnen  wir  uns  beschwert 
vermainen,  zwey  stettgelt  ain  jar  zu  geben,  hierumb 
unser  beger,  uns  . .  .  halben  tail  nachlassen  und  an  aim 
halben  guldin  gnug  sein  und  die  frembden  in  altem 
stettgelt  bleyben  lassen,  quellen  zur  gesch.  des  bauertikr. 
aus  Rotenburg  an  d.  Tauber  s.  129  {vom,  jähre  1525);  es 
sollen  alle  kremer  und  ander,  so  doch  burger  sein,  in 
der  gewonlichen  jarmess  in  iren  selbst  hewsern  fail  zu 
haben  macht  haben,  und  man  sie  mit  ainichem  stett- 
gelt zu  begeben  nit  betrangen.  181 ; 

hast  auf  geschlagen  ain  markt  und  schrägen : 
trau  got,  du  werdest  das  stetgelt  nit  haben. 

Schade  sai.  u.  patqu.  2, 184,  305. 

dann  folgt  eine  längere  pause  in  der  bezeuguug  des  wortes, 
die  nur  durch  einen  autor  unterbrocJien  wird:  {der  Ver- 
käufer) sich  des  stättegeldes  weigerte.  Riemer  polit. 
»toekf.  215;  in  meinung  nicht  nur  das  stättegeld,  sondern 
auch  die  straffe  vor  gegebene  ungehorsame  worte  zu  er- 
holen, ebenda;  das  stättegeld  betrug  sich  alleine  auf  3.  g. 
die  straffe  ungerechnet,  ebenda.  —  in  den  nhd.  Wörter- 
büchern erst  seit  Frisch  (l74l):  stättegeld,  locarium,  was 
ein  krämer  auf  den  Jahrmarkt  für  seine  stelle  gibt,  wo 
er  feil  haben  darf.  2,321°  {mit  verweis  auf  Fomarii 
Magdeb.  chron.);  locarium,  pensio  pro  locis  et  statiunctilis, 
ad  eocponendum  et  vendendum  concesais.  Haltaus  1737, 
vgl.  Scherz  Oberlin  1560;  'das  stättegeld,  . . .  an  einigen 
orten,  di^enige  abgäbe,  welcJit  diejenigen,  welche  etwas  zu 
verkaufen  haben,  für  ihre  statte  oder  stelle  an  die  Obrig- 
keit entrichten;  das  Standgeld,  nieders.  stedegcld.'  Ade- 
LONO,  vgl.  Jacobsson  7, 427»  (stätegeld  unter  Standgeld). 
neuere  belege:  die  verödete  markthalle  an  der  Karls- 
Rtrasze  kam  darum  nicht  auf,  weil  z.  b.  gemüsehändle- 
rinnen, die  bisher  2  sgr.  stättegeld  auf  freiem  markte 
zahlten  und  etwa  l  thlr.  einnähme  hatten,  in  der  markt- 
halle 1  thlr.  miethc  für  den  tag  entrichten  sollten,  neue 
preuM.  zeit.  1878,  nr.  102,  t.  ?* ;  der  ntadtnäckel  (All  Berlins) 
war  immer  gar  ansehnlich  gefüllt  durch  die  einnähme 
aas  . .  dem  ertrag  des  stadtforKtes,  den  zolls,  der  niodor 
tage,  der  ntStte-  und  platzgclder,  der  gewerkhäuser,  bndon 
and  markzinseii.  L  Hebekiri.  Nürnberger  fand  l,  126. 

1)  im  älteru  nd.  auch  für  gmndtins.  Schiller  LOhiikn 
«.  S78*,  vgl.  slälte  s,  h,  n  we(re)  ok  yement,  dede  in  nyncn 
erre  hadde  rente,  lifftucht  edder  stedegoK  nndc  den 
TOnweghe.  Brrmer  Mtat.  V.  14SS,  «.  ebenda  und  brem.  tpb. 
4.1013;  itldegeld    grnndgeld,  markt-gdd'.  I)Xhnf.rt4M*. 


STATTEL,  /.,  bair.-österr.  für  schachte!  und  tcie  dieses 
aus  ital.  scatola  entlehnt,  s.  theil  8, 1964/.  bair.  schon  im 
15.  jahrh. :  für  zwey  statein  gutes  feines  confekt,  das  man 
der  herzogin  auf  das  rathhaus  kauft,  wo  sie  mit  den 
burgerinnen  kartet.  Münchner  stadtkammer-rechn.  v.  1433 
bei  ScHM.^  2,  79fi:  tragematotheca  ein  stattel  zu  einer  driet. 
H.  JuNii  nomencl.  (1629)  s.  50  s.  ebenda,  noch  häufiger  mit 
vorgeschlagenem  g(e) :  g(e)stattel,  g(e)stadel,  s.  Schm.  a.a.  o. 
und  theil  4,  1,  4203.  das  deminutiv  für  eine  papierdüte: 
cucullus,  scharnützlin,  stettelin.  nomencl.  r.  1629,  s.  131, 
*.  Schm.^  2,469.  ebenso  in  den  österr.  nlpenländern ;  tirol. 
g'stättel,/.  {älter  in  einem  gestattele)  nebe7i  skkil  Schöpf 
702;  kämt,  stättl,  gstättl,  demin.  (g)st&ttile  Lexer  239. 

STATTELOS,  adj.  ohne  wohnsitz,  vgl.  stattlos.  in  älterem 
deutsch  nicht  bekannt,  eine  von  Campe  angezogene  stalle 
aus  Herder:  da  ohne  war  diese  stelle  stätelos  gehört 
vielleicht  zu  stete,  /.  —  sonst  schon  in  den  altgerman. 
spraclten  in  freierem  sinne;  ags.  stedel6as  unstet,  unfähig 
zu  stehen.  Bosworth-Toli.er  914'';  alfn.  stadlauss  un- 
ruhig, furchtsam  (mit  verschiedenen  ableitungen).  Cleasby- 
VlGFUSSON  586».    FhITZNEr'*  3,  509». 

STÄTTELOSE,  f.,  in  alten  alemann,  weisth.  bezeichnung 
eim;r  abgäbe,  tcol  gleichbedeutend  mit  stättegeld,  s.  das.; 
so  in  einem  obereis.  tceisth.  {von  Sennheim.  1354)  die  stette- 
lösen,  s.  Grimm  tceisth.  4, 118,  in  einem  schiceiz.  {Neuküch, 
Schaffhausen,  1330)  die  stattlosy  1,  293,  vgl.  Lexer 
handwb.  2, 1149.  Ch.  Schmidt  hist.  wb.  der  eis.  mundart  340». 

STÄTTEMEISTER,  /.  i)stett-meister  vetus  vocabu- 
larium  an.  1482.  gevatter,  dot,  patrinus,  das  ist,  der  an 
des  Vaters  stelle  bey  der  taufe  seine  stelle  vertritt,  pro- 
pater.  Frisch  2,  .321". 

2)  in  Straszburg  icar  stettmeister  früher  bezeichnung 
der  4  bürgermeister ,  nach  der  alten  reich.t.städtischen  Ver- 
fassung, s.  Martin-Liknhart  1,  733»:  ein  hoffertiger  in 
weltlichem  stadt  {stand) ,  der  selb  gedenckt ,  ach  werest 
du  ein  drytzehener,  oder  ein  fünfftzehener,  dz  wer  ein 
feyn  ding,  oder  möchtest  du  ein  stetmeister  werden,  oder 
ein  ammeister,  und  also  zä  hohen  eeren  kummen. 
Keisersbero  postill  (1522)  3,  26»;  wan  der  ammeister  sitzt 
da  er  sitzen  sol,  und  der  stätmeister.  evangel.  (1522)  123*; 
denn  die  form  der  regierung  durch  ammeister,  stätt- 
meister,  bürgemeister  und  rahtspersonen  erst  unter  den 
sächsischen  und  schwäbischen  kaisern  angefangen.  Chr. 
Lehmann  chron.  v.  Speyr  (1612)  102''C;  herr  N.  N. ,  des 
h.  röm.  reichs  freyen  statt  Strasburg  alten  sfättmeister. 
J.  C.  Danhaueh  er.  memorial  {St7asb.  I66I)  vorr.  1; 
der  herr  stettmaister  isch's  un  der  ammaister. 

Arnold  pflnggtmont.  186  (6,  9), 

dazu  im  icörterb. .-  'stettmeister,  adelieher  obervorstand  der 
stadt.'  197.  {auch  ins  franz.  aufgenommen  als  stettmeister, 
-mestre,  statmeistre.) 

STATTEN,  verb.  locare,  coneedere,  permittere.  in  der 
altern  spräche  für  gestatten,  vgl.  dieses,  theil  4,  1,  4203 Jf. 
abUitung  zu  dem  subst.  statt,  *.  das.  wie  dieses  ztrei  Wörter 
iti  sich  vereinigt,  afid.  stat  und  stata  {urg.  *sladiz  u}id 
*stadr»),  .10  toäre  auch  bei  dem  verbum  eine  äJmliche  doppel- 
bildung  zu  enoarten:  ''stadjan  und  •stadön.  beideformen 
sind  in  der  that  vorhanden,  aber  ihre  vertheilung  entspricht 
nicht  der  bedeutung,  sondern  regelt  sich  zunächst  nach 
den  sprachen,  die  erstere  bildung  nämlich  ist  den  nord. 
sprachen  eigen :  altn.  stedja  stellen,  in  feste  Stellung  bringen, 
gestatten,  entschieden  sein.  Cleashy-Viokusson  690».  Fhitz- 
ner' 3,  531''/.,-  dün.  stede,  staede  stellen,  mieten,  gestatten 
{dazu  stedes  tcorein  geraten),  achired.  städa  at^fräumen, 
in  Ordnung  bringen  (städas  an  einem  orte  bleiben),  dagegen 
ist  stadön  (tote  das  xttgrunde  liegende  fem.  Stada,  wenig- 
stens in  diesem  sinne)  auf  das  deutsche  Sprachgebiet  be- 
schränkt, steht  hier  jedoch  auch  da,  wo  dem  sinne  nach 
ahleitnng  von  ntadi-  anzunehmen  \Nire.  indessen  bieten  die 
ältesten  belege  nur  tusamtnensetsungen  •  as.  bistadon  locart 
{verpachten)  Wadstkin  ftl'',  «a.  1.'.  {K.v.smer  evangeliengl ., 
10.  jahrh. r);  ahd.  ka-,  ki-,  gintati^n  schon  in  den  ältesten 
quellen  (f.  b.  Murb.  hijmn.) ,  während  das  einfache  niAtAn 
erst  spät  tind  selten  vorkofntnt.  (ihakk  «,  B5(>.  in  der  mittleren 
reit  kommt  dann  aUerdnuis  auch  das  einfache  verbftm  nicht 
selten  vor:  mhd,  staten  an  seinen  ort  bringen,  vertcenden; 
geetatten.  LrxBR  handwb.  2.1147/,'  mnd.  ninden  gestatten, 
atdataen;  pauen  ScMiLLKH-LünnEN  4,851  (stadin  in  einer 


1017 


STATTEN 


STATTEN 


1018 


Waldecker  urk.  v.  1380,  *.  Bauer -Collitz  173);  90  atuJt 
nl.  staeden,  in  statu  collocare.  staeden,  ghestaeden,  con- 
cedere,  permittere.  KiLiAN  2,626»  {vorher  geht:  staeden, 
Stabilire.  =  mhd.  stseten,  s.  unten  steten;  beide  Wörter 
sind  nicht  überall  mit  Sicherheit  zu  scheiden),  hier  kommen 
dann  jedoch  atich  nebenformen  mit  umlaut  vor,  und  zwar 
mnd.  steden  gleich  häufig  und  ohne  Scheidung  der  bedett- 
tungen,  s.  Schiller-LObben  i,3'73^f.,  wie  ja  auch  die 
stibstantiva  stede  U7id  stade  nicht  auseinander  gehalten 
werden;  dagegen  findet  sich  hd.  steten,  stetten  nur  ganz 
vereinzelt  und  zumeist  in  besonderen  gebrauchsweisen, 
s.  unten  7,  b.  8.  nhd.  kommt  statten  noch  ein  paar  mal  im 
16.  jahrh.  vor  (bei  Luther,  B.  Waldis  und  Fischart, 
s.  die  belege);  dann  ist  es  erloschen,  die  späteren  icörter- 
bücher  keimen  es  tiur  in  zusammensetztingen :  statten,  verb. 
simplea;  in  usu  rix  est,  sed  composita;  estque  propr.  in 
locum  stifficere.  Stieler  2116,  s.  ferner  Kramer  di^t 
2,914'».  Steinbach  2,688.  W.^chter  1593;  statten  'stehen 
machen,  stellen,  ein  für  sich  allein  veraltetes  zeitwort, 
welches  noch  bey  dem  Notker  vorkommt,  der  es  für  das 
nahe  verwandte  statuere,  sotcohl  im  eigentlichen  als  figür- 
lichen verstände  braucht,  leir  haben  es  noch  in  den  Zu- 
sammensetzungen abstatten,  bestatten,  ausstatten,  er- 
statten, gestatten  u.  s.  f.'  Adelung,  bei  Campe  als  wieder 
erneuert  bezeichnet;  aber  die  bedetdungen ,  in  denen  er  es 
aufführt  {statt  finden,  so  bei  Kolbe,  Wolke  ;  zu  statten 
kommen;  ferner  für  bestatten  und  gestatten)  entsprechen 
sicher  nicht  dem  allgemeinen  Sprachgebrauch,  und  die  künst- 
liche erneuerung  ist  ohne  folgen  geblieben,  länger  hat  sich 
das  tcort  in  einzelnen  nd.  mundarten  gehalten:  pomm. 
staden  gestatten,  zugeben.  Dähnert  455^,  ebenso  ostfries. 

TEN  DoORNKAAT  KoOLMAN    3,293''. 

1)  selten  in  der  rein  localen  bedeutung,  et^oas  an  einen 
ort  bringen,  wohin  setzen,  placieren ;  so  mnd.  {mit  umlaut): 
se  stededen  {steckten)  dat  hovet  up  enen  bogen  bom. 
quelle  bei  SchillerLüBBEN  4,  373*.  freier  im  mhd.,  eine 
gäbe  ti.  ähnl.  unterbringen,  anbringen,  verwenden,  s.  Lexer 
handwb.  2,  1147: 

ein  ieglich  man  sehen  sol 
wä  sin  gäbe  sl  gestatet  wol. 

Thomasin  v.  Zircuvria  14162. 

dazu  die  Zusammensetzungen  ab-,  be-,  dar-,  erstatten, 
*.  theil  1,  126.  1658.   2,  791.   3,  996/. 

2)  7nit  persönlichem  object  {vgl.  bestatten) ;  so  vereinzelt 
mhd.,  ebenfalls  in  der  um.gelaute.ten  form: 

herre,  und  sl  er  aber  tot, 
si  dan  sin  sele  in  keiner  not, 
da  loese  in  von  genaedediche 
und  stete  in  in  dag  himelrirhe! 

Lampreht  V.  Regensburg  Francifken 
leb.  343. 

ähnlich  häufig  mnd.  staden  und  steden  mit  einer  nuance, 
die  es  der  folgenden  bedeutung  annähert,  einen  wohin  lassen 
oder  zu  etwas  ztdassen. 

a)  örtlich,  einen  wohin  lassen:  do  erhoTen  sick  de 
Doringh  unde  weiden  de  Sassen  wedderstan  unde  nicht 
int  lant  staden.  quelle  bei  Schiller-Lübben  4,  351";  do 
let  sik  der  Tatheren  keiser  dopen  . . .  unde  stede  de  cristen 
in  sin  rike.  Lüb.  chron.  l,  134;  do  scref  de  pawest  dat 
concilium  wedder  up,  und  dat  umme  der  orsake,  dat  en 
de  hertoch  van  Mantua  nicht  in  Mantua  steden  wolde. 
Hambttrger  chron.  91  Lappenberg ;  item  dosulvest  hebben 
de  van  Lubek  by  sik  beslaten,  nene  Hollander  dorch 
den  Sunt  to  staden.  301 ;  attch  ■  doch  heft  de  hertoch 
van  Holsten  al  de  scepe ,  de  in  den  Kund  van  osten 
qaemen,  gcrustert  und  angeholden  und  neen  van  sik 
»teden  wolt.  109.  —  ähnlich  in  hd.  sprachform:  Hinrich 
Vassmer  .  . .  grieff  des  keisers  pferdt  bey  dem  tohme, 
beklagede,  wo  er  nicht  mochte  vor  ihme  gestadet  werden, 
bat  umb  ein  elende  recht,  geschichtsqu.  v.  Bremen  166 
Lappenberg. 

b)  freier,  einen  zulassen,  aufnehmen  in  ettcas:  dat  he 
in  de  zelschop  der  wantscherere  gutliken  stadet  werde. 
Hamburger  qu.  v.  1469  bei  Schillek-Lübben  4,351»;  unde 
hir  umme  ne  wolden  sie  uns  nicht  wedder  steden  in  die 
hencze  {Hansa  f)  lyck  anderen  steden.  geschichtsqti.  v. 
Bremen  101  Lappenberg;  men  die  heren  van  deme  capittele 
leten  des  paveses  brieve  to  unde  stededen  ene  to  dem 
stiebte.  110;  dat  de  borgere  sik  darup  wolden  bespreken, 


wat  se  gesittnet  weren,  efte  se  de  papen  wedder  to  erem 
olden  donde  wolden  steden,  edder  wer  se  bi  dem  evan- 
gelio  wolden  bliven.  Hamb.  chron.  94; 

so  wolde  ik  bidden,  dat  gy  my  staden 
wolden,  here,  to  juwen  gnaden,    fündenf.  2548. 

vereinzelt  mit  dativ  {?),  in  weiterer  annähertmg  an  3  {vgl. 
unter  3,  c):  de  sulven  verdrevenen,  se  komen  dar  in  edder 
se  bliven  dar  enbuten,  den  schole  we  unde  willen  staden 
to  alle  orem  gude  binnen  der  stad  unde  dar  enbuten. 
d.  städtechron.  6,  387,  25  (Braunschw.  urk.  v.  1380). 

c)  so  besonders  im  rechtsxcesen :  alse  wi  do  seghen, 
datme  uns  nicht  to  rechte  staden,  sunder  is  vorweldigen 
wolde.  Lübecker  urk.  v.  1413  bei  Schiller-LObben  4,  351*'; 
unde  die  man  en  gherede  men  rechtes  unde  wolde  sick 
weren  also  recht  were,  dar  en  wolden  sie  ene  nicht  to 
steden.  geschichtsqu.  v.  Bremen  91; 

here,  dat  kan  yw  nergen  ane  schaden, 
dat  gy  erst  Reynken  to  worden  staden. 

Reinke  de  vos  3478. 
30  auch  nhd.  {auf  nd.  boden): 

doch  hat  der  gsfindigt  allzn  viel, 

den  man  zur  antwort  nicht  statten  will. 

B.  Waldis  Es(^  1,  2,  34. 

3)  am  häufigsten  steht  statten  in  der  bedeutung  'er- 
lauben', die  gewöhnlich  durch  gestatten  ausgedrückt  wird, 
s.  das.  2,  theil  4, 1 ,  4203,  soine  verstatten,  zustatten  (?).  in 
diesem  falle  liegt  deutlich  ableitung  von  ahd.  stata  vor. 
vgl.  statt  II,  B  {besonders  2).  von  2  unterscheidet  sich  diese 
verwendtmg  darin,  dasz  die  person  im  dativ  steht  {doch  ist 
dieser  dat.  oft  nicht  ausgedrückt);  für  die  suche  sind  ver- 
schiedene ausdrucksweisen  möglich: 

a)  der  gen. 

«)  eines  subst.,  besonders  eines  verbalabstractums :  do 
tornede  sere  Volusian  uppe  Pylatum,  dat  he  des  un- 
rechtes gestadet  hadde.  deutsche  chron.  2, 91, 19;  durch  dat 
de  keiser  durch  bodeschap  aller  papen  . .  .  unde  der 
vorsten  bedwungen,  stadede  he  euer  gemener  sprake  to 
Wormeze.  192,  38;  dag  er  der  Swave  recht  wandelin  wolde, 
unde  der  wandelunge  ne  statitin  die  Sassen  nicht.  Gör- 
litzer landr.  40,  §  1,  rf  (Homeyer  Sachsensp.  2,  2,  s.  202); 
de  broder  koren  einen  Diderike  ...  de  koning  wolde 
des  kores  nicht  staden.  d.  städtechron.  7,  84, 19  {Magdeb. 
schöppenchron.);  de  orer  undat  nicht  wolden  staden,  de 
steken  se  mit  swerden  und  mit  speiten.  93, 13; 

sie  sal  da;  vleisch  gesäten 
nnd  nicht  der  obersete  {Übersättigung)  staten. 

H.  V.  Heslee  apokal.  4912. 

/3^  mit  dativ  der  person :  oc  antworde  he  ime  Pylatum 
gebunden,  de  den  Joden  stadet  hadde  eres  willen,  deutsche 
chron.  2,  91,  31 ;  so  habt  unsern  herren  got  vor  äwern  ougen 
und  statet  uch  seibin  keiner  sunde.  Leyser  pred.  123, 16. 

y)  mhd.  auch  mit  dem  gen.  eines  inf.  {vgl.  unten  c): 

deheines  gritTens  ich  uch  staten. 

Herbort  v.  Erftzlar  718; 
in  ir  willen  si  das  lie 
swie  dike  er  si  umbevie, 
und  stat  im  sunder  widerstrit 
sfijes  küssens  an  der  zit. 

RuD.  V.  Ems  Wiüeh.  v.  Orten*  4851. 

^  häufig  mit  einem  unbestimmten  ausdruck  {gen.  eines 
neutr.  pron.):  unde  wenne  is  di  burger  nicht  me  staten 
wollen ,  so  sullen  si  iz  lazen.  Freiberger  .9tadtr.  42,  §  9 
Ermisch;  we  sik  dopen  laten  wolde,  dat  me  des  staden 
scholde.  d.  städtechron.  ",  1^,9;  daz  understund  die  stat 
zu  Paris,  und  wollten  des  nit  statten  und  underchomen 
das.  deutsche  chron.  2,  361,  39  {sächs.  weltchr.,  4.  bair.forts.); 

des  en  wolde  god  hir  en  boven  nicht  staden. 

sündenfall  709; 
mit  dativ  der  person: 

er  sprach  'ich  state  in  diss  niht  mSr'. 

Ulrich  v.  Liechtenstein  286,  22; 

do  wolden  sie  hin  wek  vam.  des  enstatetin  in  die  läte 
niht  die  in  der  stat  warin.  Schönbach  pred.  i,  132,  21; 
driu  recht  der  Sazsen  die  wolde  der  kuninc  Karl  in  vor 
legit  habin,  wan  daz  is  ime  die  Sassen  nicht  ne  statetin. 
Görlitzer  landr.  40,  §  1,  a  (Homeyer  Sachsensp.  2,  2,  s.  202); 
des  ne  stat  man  in  nicht.  45,  §  i  {s.  2ii);  der  selb  ist 
in  mainung  auszgangen  in  Venusberg  zu  geen  und  die 
schwartzen  kunst  zu  lernen;   des  hat  im  der  teufel  nit 


1019 


STATTEN 


staten  wollen,  d.  atädtechron.  ii,  670,  6  (Dkichslkr  chron. 
V.  Nürnb.  zu  1491).     weitere  heispiele  unter  d. 

b)  an  stelU  des  gen.  kommt  später  der  acc.  vor;  zunädist 
bei  aolchen  pronominalen  ausdrücken: 

doch  hette  die  maget 

mer  gescholden  und  gecla?et 

ob  man  eg  (?  lies:  es?)  ir  hette  gestat. 

Herbort  v.  Fritslar  6185  (vgl.  unter  a,  y 
und  d,  sowie  gestatten  2,  ö); 
dat  vorstarde  de  duvel,  dat  god  stedede  dor  bosheit  unde 
ghiricheit  willen  der  cristen.  Detmak  Lüb.  chron.  1,139; 
dat  mochte  sin  samwitticheit  nicht  steden.  Germ.  9,  274, 18 
(Korner,  vgl.  nd.  korrespondenzbl.  l,  50,  2,  13.  36).  dann 
auch  mit  acc.  eines  subst. : 

herre  Pilate,  mer  vordencken  dichs  sere, 
dasz  du  uns  vor  dir  lesszest  underen  (kränken) 
und  dissen  groisszen  ungefug  salt  staden. 

Alsfeld,  pasnontsp.  7419; 
weil  die  hSIl  kein  erlösung  statt. 

Fischart  8,  373  Kurz  (badkurtzw.  334). 

c)  de»-  inf.  {vgl.  a.  •/):  die  erste  wache  hielt  unser  herre, 
do  er  sinen  aposteln  niht  en  statete  zu  vasten.  Leysek 
pred.  52,  27 ;  wurd  ouch  ienich  unser  bürgere  uns  beclaget 
oder  besaget,  oder  hette  we  in  selber  ichtes  czu  schul- 
digene,  deme  sul  we  vor  uns  staden  czu  komene  unde 
öne  rechtes  staden.  Magdeb.  urk.  v.  1310  bei  Dreyhaupt 
Saalcreysz  2,  281  und  Haltaus  1736;  se  stadeden  eren 
presteren  echte  wive  to  nemen.  Korner  bei  Schiller- 

LÜBBEN    4,  351*"; 

weit  ir  nu  Terramere 

ze  wUesten  staten  iwer  lant. 

Wolfram  wmeh.  182,  25. 

d)  mit  inhaltssatz: 

scaz  den  märin     er  ne  weite  sin  nieht  dane  foren, 
noch  niemanne  statote      daz  er  sine  giri  dar  ane  satote. 

fundgr.  2,  51,  17  (Wiener  genes.); 

unde  es  wolde  Pompeyus  nicht  staten,  das  ymant  seynes 
Volkes  yn  den  tempil  do  gynge,  denn  her  gyngk  alleyne 
daryn.  Rothe  Düring.  chron.  60;  stedet  eme,  dat  he  my 
ovel  spreke.  Detmak  Lüb.  chron.  i,  13;  wente  he  stedede, 
dat  schepe  wurden  berovet,  unde  let  dat  undertiden 
sulven  don.  284.  der  nebensatz  wird  gein  durch  den  gen. 
eines  pron.  (vgl.  a,  ^)  vorbereitet:  diz  tar  niman  tun  wan 
der  bäbist  alleine,  und  deme  staten  sin  ouch  di  Römgre 
nicht  d£iz  her  daz  heilictum  gebe  von  R6me.  d.  mystiker 
1, 123, 11;  Maria  Salome  die  coufte  balsamum,  die  enstatet 
des   niht   daz  kein   tot  lichnam  vüle.   Steinbach  pred. 

1,  50, 1 ;  wie  tut  ir  edel  kunic  so 

da;  ir  des  sult  staten 
daz  Troilus  mit  umbaten 
uf  Eleno  tribet  sinen  spot. 

Herbort  v.  Fritzlar  2295; 
des  du,  got  vatcr,  nicht  enstate 
daz  sich  der  tuvel  icht  gesäte 
801  uns  dort  sines  willen  I 

H.  V.  Hesler  a^Hikal.  123; 
got  de  en  wil  di  des  nicht  steden, 
dat  du  na  dyner  valschen  lust 
my  ghichtes  ghicht  arghes  dust. 

Jicdent.  ostersp.  1727. 

e)  ohne  object  in  dem,  frühesten  belege: 

daz  er  (gott)  in  bebäte      in  aller  siner  note 
Don  in   sineme  ellente      über  in  ne  statte  (gewaU  gebe) 
dehcinem  sinem  viante. 
fundgr.  2,  56, 15  ( Wiener  gen.). 

4)  nicht  selten  bedeutet  statten  in  solchen  fügungen  auch 
'einem  etwa»  tugestehen,  gewähren,  ihm  dazu  verhelfen'. 
vgl.  gestatten  s.  4. 

a)  tunächst  mit  obj.  in  gen.  (neben  dat.  der  person). 
a)  am  nächsten  stehen  der  bedeutung  8  fälle,  wo  es  »ich 
um  ein  (gemeinsames)  thun  Jianddt: 
wir  mugin  vil  wole 
in  wlgit  geitaten.    Lamprbiit  Alex.  464S. 

/8)  »on»t  tuweilen,  einem  etwa»  lassen:   kif  is  &I  hen 

{»tet»)  mit  on   (den  iibermäszig  liebenden),   de   on   nenes 

▼redes  stadet  7ti«^AeiSciiiLi.KH-L0BOKN4,86l'>;  ähnlich: 

■tat  ich  in  der  Kinne, 

■0  hie;  ich  nimer  Minne. 

Johann  v.  WCh/huro  Wilh.  v.ötiterr.  91S9. 

y)  ftwähmn,  bemmder»  in  Verbindungen  wie:  yck  . . . 
balp  en  das  eres  alto  male  wedder  unde  atedede  den 
&räieren  rechte»  richlos,  alao  dat  sie  sulven  allen  don 
yeroveren  die  koppe  äff  houwen.  geschicJttsqucllen  v.ßreme 


STÄTTEPFENNIG  — STATTFEST    1020 

»0  Lappenberg  (könnte  auch  zu  3  gezogen  werden);  daselbst 
soll  man  ihnen  gerichts  und  rechts  unweigerlich  statten 
und  ergehen  lassen,  urk.  v.  1490  bei  Haltaus  1736,  vgl. 
auch  die  urk.  v.  1310  ebenda,  s.  oben  3,  c. 

b)  dafür  auch  der  acc.:  unde  bidde  jo  leve  here,  dat 
gi  mir  dar  umme  staden  juwer  manne  recht,  wente  ik 
wil  ju  to  enem  heren  hebben.  richtst.  lehnr.  15,  §  5 
(HoMEYEK  Saclisensp.  2,  l,  *.  462).  eticas  wozu  hergeben, 
veracliaffen:  wer  hausz,  rawm,  zeyt,  huIfT  stattet  solche 
sunde  zu  thun  {der  sündigt  gegen  das  6.  gebot).  Luiiiek 
7,  210,  29  Weim.  ausg..  s.  auch  10,  2,  384,  2.  ungewöhnlich, 
einem  etwas  zufügen: 

si  stattet  mir  grö;  ungemach.    Boner  48,  67. 

5)  ebenfalls  von  stata  abgeleitet  ist  statten  in  dem  sinne 
'einen  womit  versefien,  ausrüsten',  insbesondere  eine  tochter 
mit  der  mitgift  zur  heirut,  daher  auch  geradezu  für  ver- 
lieiraten,  wofür  geu-öhnlich  ausstatten,  s.  theil  l,9S3,  vgl. 
auch  bestatten  2  (fheil  i,  1658):  eyn  man  stirbet  unde  lesset 
czwu  töchter,  dy  eldeste  staten  dy  frunde  und  gebin  sy 
eyme  manne  unde  gebin  ir  ör  vater  erbe  mete.  Magdeb. 
fragen  1,  7,  23;  vgl.  1, 11, 1. 

6)  m,nd.  nicht  selten  intransitiv,  zu  statten  kommen,  be- 
quem sein,  von  nutzen  sein,  passen,  «jid  zicar  sowol  in  der 
form  staden,  s.  Schiller-Lübben  4, 851'»  (2),  wie  steden 
374»  (2). 

7)  r/iehrere  vereinzelt  vorkommende  gebrauchsiceisen  führen 
auf  ei7i€  grundvorstellung    'zum  stehen   bringen'   zurück. 

a)  intrans.  mit  dat.,  den  feinden  widerstand  leisten,  es 
mit  ihneji  a%if nehmen: 

thie  stadent  wol  den  Franzen. 

Rolandsl.  276,  2  Stratzb.  handschr. 

(im  text:  di  gestreitint  wol  den  Franken);  auf  Italien: 
hemmen,  hindern: 

unse  here  ok  den  Ungern  stadede 

mit  einem  titliken  nevele,  den  he  Valien  leit. 

Eherhard  reimchron.  v.  Gandersh.  1440. 

b)  trans.  mit  urnlaut,  feuer  aufJuilten,  dämpfen,  löschen : 
doch  solle  er  trei  tag  frist  haben  und  das  feuer  helfen 
stötten,  ehe  man  an  ihme  haut  anlegunt  werde,  steir. 
taid.  123,  33  (17.  jahrh.). 

c)  hierzu  vielleicht  mnd.  sik  steden  sich  worin  befestigen, 
worattf  festlegen,  dabei  verharren  (?):  hir  anlworde  die 
rad  to:  'sie  . . .  weren  in  huldeginge  myt  heren  Mauricio, 
dat  en  stunde  en  nicht  to  donde  .  .  .'  dar  inede  stededen 
sie  sick  to  der  tyt.  geschichtsqu.  v.  Bremen  lio  Lappen 
herg  (im  Wörterbuch  als  'sich  stützen,  vertheidigen'  erklärt); 
also  stedede  sik  Josaphat  bedrovet  ('icard  immer  betrübter"), 
unde  en  wart  nummer  vro.  quelle  bei  Schilleh-LObben 
4,  374»  (3). 

8)  ich  verstand  auch  an  deiner  red,  das  du  sollich  ding 
gern  thon  und  darnach  stetten  wilt.  Geoho  v.  KiiinciEN  8. 
Fr.  Pkeifker  erklärt:  'durin  atisdauern  ;  es  ist  aber 
sicher  in  stellen  zu  corrigieren. 

.STÄTTEPFENNIG,  m.,  für  stättegeld  l,  «.  Brinckiikier 
glo.ss.  diplom.  2,  575». 

STÄTTEPLATZ,  m.  timmerplatz.  bauhof. 

STATTER,  m.  l)  statter,  der,  dator  ...  pro  simplici 
fifatter  utimur  compositis:  absfatter,  erslafter  u.  *.  ic. 
Stiklkr  2116. 

2)  schioeiz.  'junger  hirt,  xcelcher  das  vieh  auf  solchen 
alpen  hütet,  die  ausfelsen.  steilen  anhöhen  u.  ».  w.  bestehen'. 
Staldem  2,  ;t92/.,  vgl.  Blattern  2. 

STATTERN,  verb.  i)  statlern.  s.  stottern.  Frisch  a.SSS*, 
vgl.  842»,  too  stammlen  und  stattern  Luther  sugeaehriAtn 
wird. 

i)  »chwei*.  stattern  zu  sUiücr  8,  'die  kühe  zur  oder  von 
der  hütte  treiben  mit  dem  compos.  hinzu  ,  von  dannen 
stattern  —  auch  im  verallgemeinerten  «'»m.'SrAi.UKR  i,  89S: 
ds  chlin  Lunscli,  ds  nMterhilobi ,  liiid  ((rnd  d'  chüaloni 
wider  uf  dH  IK(!cr  usi  Kt>tattrot  ghhiic.  Fkommann  6,896,4 
(Saaner  muiidart,  canton  Bern,  vgl.  .«.  401 :  'herautgttri^Kn, 
von  dem  pferch.  %oo  sie  tum  melken  waren  tferaammelt 
toorden"). 

STArrFKST,  a<<;.  •  da«  wir  gegründet,  statfcst  und  un- 
beweglich inn  der  Hoffnung  de«  cwigon  lehcns  ...  be- 
harren. LUTIIKH  10,  2,  474,  86  Weim.  ausg.  vgl.  mnd.  »lod«- 
vasl  LObbkn  handwb.  876^  (JÜUchlieh  tU»  stfideTast  an- 
geaetsf). 


1021 


STATTGEBUNG  —  STATTHAFT 


STATTHAFT 


1022 


STATTGEBÜNG,  /.  Zulassung,  vgl.  statt  11,  C,  3.  in  der 
Sprache  des  rechts  und  der  gesetze,  besonders  österr.,  vgl. 
Günther  recht  u.  spräche  s.  270.  tcendungen  xcie:  statt- 
gebung der  beschwerde  sind  ungut,  weil  statt  geben  nicht 
transitive  fügung  zuläszt. 

STATT-,  STÄTTGELD,  n.,  s.  stättegeld. 

STATTHAFT,  adj.  zulässig,  gültig,  l)  statthaft,  mhd. 
statehaft,  ahd.  statahaft  ist  eine  ableitung  von  ahd.  stata, 
vgl.  statt  I,  3  und  II,  B ,  und  als  solche  auf  das  hd.  be- 
schränkt, es  ist  also  nicht  identisch  mit  dem  as.  stedihaft, 
das  einmal  im  Sei.  vorkommt  in  der  bedeutung  'am,  ort 
haftend,  feststehend'  • 

that  that  com  faniuarth      that  thär  mid  ktthun  ni  mähte 
an  themu  stene  uppan      stedihaft  uuerthan  (vmrzel  fassen). 

2454. 

doch  steht  auch  das  ahd.  icort  in  der  bedeutung  nicht  tceit 
davon  ab;  hier  ist  nur  die  ztcsammensetzung  unstatahaft 
'instabilis ,  inconstans.  incessanter'  belegt.  Graff  6,  647. 
tmd  ähnlich  noch: 

sie  enwaren  nie  wanchel 

an  ir  ubermuotelichen  gedanchen : 

dar  ane  waren  sie  vil  statehaft. 

S.  Paulus  48  bei  Kraus  d.  ged.  des  12.  jahrh. 
s.  40, 

s.  auch  Karajan  sprachdenkm.  s.  110,  2,  xcofür  Lexer 
handwb.  2, 1147  m,it  unrecht  ein  stätehaft  =  staete  ansetzt. 
2)  sonst  hat  sich  im  12.  jahrh.  ein  bedeutung sicandel  voll- 
zogen, mhd.  statehaft  hat  sich  nämlich  eng  an  state  im 
mild,  sinne  angeschlossen  und  bezeichnet  einen,  der  state 
hat,  der  die  möglichkeit  und  die  mittel  tcozu  hat,  reich, 
icohlhabend,  mächtig,  angesehen  u.  s.  u\,  s.  Lexer  handicb. 
2, 1147.  in  dieser  vettcendiuig  kommt  statehaft  schon  in  den 
epen  des  12.  jahrh.  (Rother,  kaiserehron.)  vor,  ist  als  stat-, 
statt-,  stadthafft  noch  im  16.  jahrh.  sehr  gewöhnlich,  reicht 
bis  ins  Vi.  jahrh.  hinein  {s.  unten  Philander),  und  hat 
sich  in  einzelnen  landschaften  bis  in  die  gegemcart  ge- 
halten, xcie  im  bair.,  s.  Schm.^  2,  795.  s.  auch  Frisch 
und  Adelung  unter  d.     vgl.  Weigand  2,  801. 

a)  selten  ist  die  relative  bedeutung  'in  der  läge,  eticas 
zu  thun' ;  so  mhd.  einen  eines  dinges  stathaft  tuon,  es 
ihm  gestatten: 

wir  machen  iuch  des  gewis, 

tuot  ir  uns  sin  stathaft, 

dag  ir  wol  schat  der  heidenschaft. 

Ottokar  reimchron.  52949. 

b)  in  der  reget  geht  statehaft  auf  die  geldmittel,  den 
besitz ;  auch  hier  zunächst  relativ,  die  mittel  xcozu  habend : 
es  solle  auch  allen  vriierten ,  gastgeben  ...  so  . .  .  göst 
oder  andere  leut  über  nacht  behausen  und  anhörbergen, 
oder  etwo  bei  den  ordenlichen  wierten  einzukhern  und 
zeren  übl  stathaft  und  nit  vermögen ,  . . .  gebotten  sein 
über  ain  nacht-  oder  tagzill  . . .  nit  zu  passiern  oder  ge 
statten,  steir.  taid.  489, 17  {verordn.  v.  1608).  mhd.  geicöhn- 
lich  in  der  Verbindung  so  statehaft,  dag:     » 

i;  enwsere  ain  s6  statehaft  man, 

der  sptse  und  gewaefen  wol  mähte  han. 

kaiserehron.  8418; 

geschehe  aber  daz,  daz  ich  oder  min  bruder  ...  so  statte- 
haft  wurde,  das  er  vierhundert  marck  an  eigen  oder  an 
erbe  leite,  eis.  urk.  v.  1290  bei  Schöpfi.in  Alsat.  diplom. 
2,46,  s.  auch  Ch.  Schmidt  hist.  wb.  der  eis.  mundart  337^ ; 
ob  under  in  ainer  oder  mer  so  stathaft  waeren  oder 
worden,  daz  si  mit  irem  maelhem  vihe  ze  alben  varen 
weiten  zue  andern  laeoten,  daz  mügent  si  wol  tuen,  tirol. 
vxisth.  1,279,27  {urk.  v.  1887);  vgl.  auch:  ieder  der  pesten 
ainer  sol  ain  nacht  haben  zwai  pfert  und  sol  ie  ainem 
pfert  geben  drei  metzen  fueter  und  heu  genueg,  .  . .  und 
darnach  aber  der  pesten  ainer  ain  pfert  ain  nacht,  und 
darnach  zwen  oder  drei  ain  pfert,  als  si  dan  statthaft 
sein  und  geben  mugen.  2,  287,  34  {handschr.  v.  1548).  — 
mhd.  auch  in  bezug  anf  die  Streitkräfte: 

aldä  gezOch  sich  Tristan  fn  . ,  . 

mit  mse;licher  ritterschaft. 

sine  wären  niht  so  statehaft, 

daz  si  deheinen  veltstril 

mobten  gehaben  ze  keiner  zit.     Tristan  18776. 

c)  sonst  frühnhd.  sehr  gewöhnlich  ein  stathaft  man,  ver- 
mögend,  reich;  zuxceilen  durch  ein  zxigesetztes  synonymen 
verdeutlicht:  diser  rieh  und  statthafft  man  ist  grosz  und 
guotes  lobes.  Steinhöwel  isop  i,  307  Österley ;  swelich 
stathaCrt  man   durch   sinen   übermät   des  bannes  {bann- 


xceins)  nicht  trincken  wil ,  dem  sol  man  heim  senden. 
xceisth.  4,  208  {eis.,  ausg.  des  M.  jahrh.,  s.  axtch  statthaftig  1; 
Lexer  handxcb.  2,  1148  setzt  hierfür  ein  besonderes  adj. 
stathaft  'angesessen'  an,  indem,  er  den  ausdnick  gleichsetzt 
mit  dem,  kurz  vorhergehenden:  einem  gesessenen  man, 
doch  scheitert  diese  erklärxmg  daran,  dasz  statt  im,  sinne 
von  'grundbesitz'  nxir  im  nd.  vorkommt,  s.  das.  II,  A,  6,  h, 
sp.  970);  wen  ain  leich  chumbt,  die  nicht  peichten  mag, 
das  sol  drei  kraitzer  geben,  und  was  alter  stathafter  laut 
sterbent,  die  sullen  geben  siben  pfenning  Meraner  münz. 
tirol.  xceisth.  4,  251, 17  {ende  des  15.  jahrh.);  ich  möchte  hie 
wol  anzeigen,  dasz  in  diser  wal  der  gar  armen  und  ver- 
lasznen  weniger  möchtind  zö  bischofen  erwälet  werden 
weder  der  statthaften;  dann  die  gar  verlasznen  regierend 
gemeinlich  jr  gsind  übel;  dann  wo  man  wol  regiert,  wirt 
man  ouch  statthaft.  Zwingli  2,316; 

doch  ist  mir  in  mein  sinn  jetzt  kummen 
Lux  Reichenburger  der  stadthafft  man. 

H.  Sachs  3,  3,  38^  {Jastn.  sp.  3,  70  neudr.). 

so  dann  auch:  die  städte  und  markte  je  statthafter,  je 
nützlicher,  ehrlicher  und  trotzlicher  sind  sie  dem  fürsten 
und  dem  lande,  qxtelle  bei  Schm.-  2,  796. 

d)  xceiterhin  geht  statehaft  axif  die  macht  xmd  das  an- 
sehen, das  jemand  genieszt.  so  mhd.  von  einem  könige, 
wMchtig ,  xcobei  der  begriff  des  reiehthums  zugleich  ein- 
geschlossen ist: 

her  {Rother)  ist  ein  statehafter  man.    Sother  317; 

das  ist  doch  seidene  getan 

von  eime  so  statehaften  man.    1994. 

ähnlich  nhd.,  mehr  relativ:  statthafft,  adj.  der  ort  und 
platz  haben  kan.  der  in  eine  stelle  im  rath  und  regi- 
ment  einer  stadt  kommen  kan,  cui  locxis  datur;  ad  honares 
via  patet.  Frisch  2,  321*;  in  der  Straszburgischen  policey- 
ordnung  p.  80  wurden  die  falliten  unter  eine  besondere 
rubric  auf  den  zünfften  geschrieben,  nemlich  der  unstatt- 
hafften,  das  ist,  sie  kunten  nicht  schöffel,  schöpfen, 
scabini,  gerichts-schöpfen  werden,  ihre  stelle  wurde  mit 
statthafften  erbarn  leuten  besetzt,  p.  79.  ebenda,  so  attch: 
'in  einigen  oberdeutschen  gegenden  ist  eine  statthafte  person 
in  mehr  eigentlichem,  verstände  eine  rathsfähige,  xcelche  zu 
einer  stelle  im  rathe  die  nöthigen  eigenschaften  hat.'  Ade- 
lung {hier  xcol  durch  die  heutige  bedeutung,  s.  3,  beein- 
flxiszt).  auch  in  folgender  stelle  ist  eher  'angesehen'  als 
'geeignet' zu  interpretieren:  ain  disputatz  wart  furgenomen 
von  zwelf  orten  in  der  .  .  .  Schweytz  .  . .  wegen  der  lutte- 
rischen  ketzerey.  .  . .  dieselbug  disputatz  fieng  sich  an 
anno  domini  1526  am  16  tag  may,  darzu  wurden  beruft 
die  nachfolgenden  doctores  ...  es  warden  ach  von  den 
12  orten  trefTenlieh,  stathaft  man  darzu  verordnet,  quellen 
z.  gesch.  des  bauernkr.  in  Oberschwaben  s.  129  Baumann. 

e)  im  nhd.  nimmt  statthaft  dann  auch  eine  mehr  mora- 
lische, allgemein  lobende  bedeutung  an: 

die  alt  sprach,  mein  man  ist  warhaffl  .  . . 
sein  ja  bleibt  ja,  sein  nein  bleibt  nein, 
und  fielt  sich  gantz  stathafFt  und  fein. 

H.  Sachs  1,  446'»  ('gesprech,  das  mans  lob, 
eines  bidermans'). 

xtnd  so  noch  im  M.  jahrh.:  die  jhr  die  wahre  weise  zu 
regieren  von  uns  ausz  den  büchern  zuhaben  euch  be- 
schämet, und  doch  selbst  so  vil  nit  erlernet  habt  dasz 
jhr  einem  stathafften  mann  antworten  könnet.  Philander 
1,580;  so  auch:  wan  ich  eine  veste  stathhaffte  gott-  und 
das  vatterland  ehrende  gesellschafft,  eine  ernsthaffto 
knnst-  und  tugend-liebende  versamlung  beschrieben  {l.  be- 
schreiben) ...  wolte.  697  {dagegen  ist  die  stelle:  [die 
Indianer]  seindt  vemünfftige  und  statthaffte  leut  in  diser 
insel.  Franck  tceltb.  224»  wol  druekfehler  für  stanthaffte, 
tri«  die  axisg.  v.  1542  liest.) 

f)  statthaft  in  diesem  sinne  xrird  zunächst  nur  von per- 
sonen  getagt;  dann  attch  von  coUeetivbegriffen :  städte, 
statthafte  gesellschaft,  s.  die  letzten  belege  unter  c  und  e. 
vereinzelt  axtch  als  attribut  zu  abstracten :  das  ist  das  mich 
verdreust,  ...  dasz  die  lügen  so  in  grossen  ehren  und 
statthafften  wesen,  von  grossen  und  kleinen  gehalten  soll 
werden.  Paracelsus  opp.  (16I6)  1,  .163  A. 

3)  unederum  hat  sich  im  nhd.  ein  bedeutungsxeandel  voll- 
zogen, nachdem  die  bederttiing  2  im  17.  jahrh.  atts  der  all- 
gemeinen sehrißspraclie  geschminden  ist,  scheint  das  xcort 
ztmächst  ganz  zu  fehlen,  vgl.:  statticht,  et  statthaft,  pro 


1023 


STATTHAFTIG 


STATTHAFTIGKEIT— STATTHALTER     1024 


guib.  eonipos.  ab-  et  erstatticht  . .  .  Stiei.ek  2116.  dann 
taucht  es  ende  des  18.  jahrh.  wieder  auf  in  dem  heutigen 
sinne,  der  sich  offenbar  an  statt  II,  C,  1  anlehnt,  'myw 
statt  hat,  statt  haben  kann',  in  diesem  simie  wird  es  also, 
im  gegensatze  zu  l  und  2,  niemals  von  personen,  sondern 
von  handhingen  u.  ähnl.  ausgesagt,  itidessen  finden  sich 
ähnliche  fälle  schon  im  anfang  des  16.  jahrh.,  die  zugleich 
zeigen,  icie  diese  gebrauchsweise  vielleicht  mit  der  vorigen 
zusammenhängt,  so  zu  statt  II,  B,  7  (?) :  auf  das  und  da- 
mit ein  stathaffte ,  gewisse ,  ernstliche  hulff  widerstand 
und  retung  gegen  des  christenlichen  glaubens  . .  .  feint 
vorgenommen  werde.  Nürnberger  tirk.  v.  1522  bei  Dief.- 
WÖLCKER  863  (vgl.  auch  stattlich),  und  ganz  in  der  heu- 
tigen weise  führt  Ch.  Schmidt  hist.  wb.  der  eis.  vutndart 
331^  aus  Fries  Spiegel  der  artznei  (1518)  ii}' an :  statthafte 
Ursachen,  wo  allerdings  die  ausg.  v.  1519  41»  liest:  Petrus 
de  Albano  . . .  spricht  der  wein  sei  wann  und  feucht,  das 
selbig  bewert  er  durch  glaubliche  geschrifft  und  stant- 
hafrte  Ursachen  {vgl.  standhaft  2,  d,  sp.  765).  s.  auch  statt- 
haftig  2  und  stattlich  II,  l,  d.  diese  Verwendung  tcird  zu- 
nächst der  kanzleisprach e  (der  sie  Jioc/i  Adelung  voruiegend 
zuspricht)  angehört  U7id  hier  lange  ein  unbeachtetes  dasein 
gefiihrt  liaben.  sie  ist  zuerst  in  Verbindung  mit  der  negation 
allgemeiner  üblich  geworden,  so  führt  sie  schon  Fkisch 
2,  321*'  auf:  unstatthafft,  adj.  quod  locxim  non  invenit;  non 
admittitur,  rejicitur.  eine  unstatthaffte  klage,  ein  un- 
statthaffter  beweisz,  %oährend  er  statthafft  nur  in  der  be- 
deutung  2,  d  kennt,  s.  oben,  (die  früheren  nhd.  Wörterbücher 
kennen  das  wort  überhattpt  nicht.)  auch  aus  deti  autoren  der 
klassischen  zeit,  wie  Wieland,  Göthe,  Voss  sind  wolfür 
unstatthaft  (*.  das.),  nicht  aber  für  statthaft  belege  bei- 
gebracht; dies  kann  vielmehr  erst  aus  C.  F.  Bahrdt  (1790) 
nacligeiciesen  werden. 

a)  statthaft  gehört  zunächst  der  gerichtlichen  spräche  an 
und  findet  sich  in  Wendungen  wie  statthafte  klage ,  ent- 
schuldigung,  statthaftes  urtheil  u.  ä.  mit  dem  volleren 
sinne  'ausreichend,  rechtskräftig,  gültig',  'was  statt  haben 
oder  finden  kann,  d.  i.  eingeräumet,  zugegeben,  bewilliget, 
ingleichen  gestattet  tcerden  kann;  im  gegensatze  des  un- 
statthaft, diese  entschuldigung  ist  nicht  statthaft,  kann 
nicht  angenommen  werden,  ein  statthafter  beweis.'  Ade- 
lung (l),  danach  Campe;  so  weiter:  (ich)  bat  ihn  aus- 
drüklich,  nicht  blos  mit  theologen  sondern  auch  .  .  .  mit 
rechtskundigen  .  .  .  sorgfältig  zu  überlegen :  ob  es  rathsam 
sey ,  dieses  glaubensbekentnisz  drukken  zu  lassen ,  und 
mir  sodann,  weil  ich  .  . .  mir  nicht  selbst  zu  rathen  wüste, 
ein  statthaftes  gutachten  darüber  zu  ertheilen.  G.  F.  Bau  rdt 
leben  3,  39G;  ich  las  alles,  was  ich  recensirte,  wo  nicht 
ganz,  doch  so  viel  als  nöthig  war,  um  ein  statthaftes 
urtheil  zu  fällen.  2, 193.  diese  gebraucJtstceise  ist  heute  icol 
veraltet.  —  so  dann  auch  ein  statthaftes  verfahren  Ade- 
lung (2)  m.it  der  erklärung  'rechtsbeständig,  gültig,  auch  im 
gegensatze  des  unstatthaft',  (diese  definitionen  scheinen  nicht 
sehr  glücklich   und   köfinten  ebensogut  vertauscht  werden.) 

b)  von  Wendungen  tcie  der  letztencähnten  aus  hat  statt- 
haft dann  die  bedeutung  'zulässig,  erlaubt'  schlechthin  er- 
halten und  ist  mit  ihr  im  19.  jahrh.  in  die  allgemeine 
Schrift-  und  Umgangssprache  übergegangeti :  so  statthaft  es 
nun  ist,  dasz  die  alte  frau  dem  verewigten  nach  der  zeit 
noch  einen  erweiterten  weltgenusz  wünscht.  Kellek 
naehlaaz  47;  indem  sie  .  .  .  überlegte,  ob  es  dann  an  diesem 
tage  der  auszerordentlichen  ereignisse  statthaft  sei,  frau 
von  Kosegarten  bis  in  ihr  Schlafzimmer  zu  verfolgen. 
G.  Reutkk  der  Amerikaner  1%.  —  dus  neutr.  substantiviert: 
jede  fortgesetzte  Verwechslung  bcyder  strebungen  musz 
fortan  gänzlich  unnutz  und  zwecklos  seyn,  da  sich  die 
geflissentlich  getrübte  masse  längst  geklärt,  und  das  statt- 
hafte vom  unstatthaften  sich  hinlänglich  geschieden  hat, 
indem  alle  verständigen  menschen  des  einen  sich  an- 
genommen, das  andere  aber  seinen  nicht  sehr  zahlreichen 
iiebhabcm  überlassen  haben.  Göuhrh  heil,  alliam (iftSü)  107. 

c)  von  kleidungssttieken.  zulässig,  üblich,  mode  »ein. 
STATTHAFTIG,  adj..  gleichbedeutende  leeiterbildung  tu 

statthaft,  vom  u.~ lt.  jahrh.  tu  belegen;  mhd.  statte)-, 
stadhaftig  Lkxkh  handwb.  t,  1147/.,  mnd.  stataftioh,  slat- 

heftig   SCHILLKH-LÜIIBEN    4,868V- 

l)  ;t4  statthaft  s,  von  personen,  reich,  vermögend  -  welcher 
stalhaffUg  man  durch  seinen  uberroAt  des  bans  (bann 


weins)  trinckhen  nit  will,  dem  soll  man  heim  senden. 
weisth.  4,185  (dinghof  zu  Münster  im  Elsasz.  1339,  vgl. 
statthaft  2,  c) ; 

wy  gan  over  se,  de  ok  lüde  weren, 
stataflich,  ryke,  wijs  unde  junck  van  jaren. 

geifü.  lied,  «.  zeitschr.  f.  Lübeck,  gesch.  2,  530; 

besonders  in  der  Verbindung  (vgl.  statthaft  2,  b) ;  wenn  der 
egnante  Niclaus  Wigliard ,  adir  sine  erben  in  diesen 
nehesten  dreien  jaren  also  stathaftig  wurden,  das  er  adir 
sine  erbin  die  zcinse  wider  gekauffen  möchten,  urk.  v.  1418 
bei  Haltaus  1736;  were  dasz  Hansz  von  Hasela  oder 
seines  brudern  söhn  also  standhafftig  worden ,  dasz  sie 
Pritschroda  wieder  kauffen  wollen,  ebenda  (v.  1434);  wen 
ich  ader  meine  erben,  szo  habende  und  szo  stadhafTtigk 
synt  .  . .  ebenda  (v.  1496);  so  auch:  went  dat  vorbenomede 
kloster  also  stadheftich  werd ,  so  moghen  we  de  sehen 
(verpfändeten)  hove  wedder  losen,  urk.  v.  1351  bei  Sciiiller- 
LünuEN  4,369»;  wen  das  closter  also  stadthafftigk  und 
vermögende  worde.  urk.  v.  1496  bei  Haltaus  1736.  —  ähn- 
lich vielleicht  adverbial  •  demnach  ermanen  wir  euch  der 
Verpflichtung  .  . ,  das  ir  angesichts  dis  briefs  mit  ganzer 
macht  statthaftig  etlich  werhaft  inenner  wol  gerust  mit 
ewerm  veldgeschosz  .  . .  gein  Haidingsfeld  schicket,  qu. 
zur  gesch.  des  bauernkr.  aus  Rotenburg  an  d.  Tauber  s.  4.55 
Baumann  (br.  v.  1525).  —  angesehen  (?):  das  wir  daruff  die 
sach  und  empörung  vermainten,  genzlich  zu  ruw  zu  stellen 
oder  aber  zu  dem  niindsten  ir  etlich  und  dero  vil  als 
die  statthaftigsten  von  inen  zu  ziehen.  *.  42.  —  in  mora- 
lischem sinne  (vgl.  statthaft  2,  e):  es  sind  (die  proplieten 
und  apostel)  alle  gar  stathafTtige,  warhafftig  und  frome 
menner  gewest,  nicht  holTertig,  nicht  geilzig,  nicht  un- 
keusch. Luther  3, 191''.  (an  andern  stellen  ist  stathaiTtig 
druckfehler  oder  Variante  für  stanthafftig ,  z.  b.  Franck 
weltb.  183''.) 

2)  zu  statthaft  3:  wann  (da)  aber  alle  Ordnung  gebot 
und  rechtvertigung  unverfencklich,  wa  die  mit  stathaftiger 
handthabung  nit  becrelTtigt  und  volfürt  wurden,  urk. 
Maximilians  v.  1495  bei  Haltaus  1737;  das  zu  stundt  an 
die  anliegende  dach  sollen  also  geniedertt,  das  davon  ausz 
und  einzukommen  kein  furderung  oder  stadthafTtiger  vor- 
theill  mag  gebrauchtt  werden,  urk.  v.  1514  bei  Haltaus 
173C;  der  Zuversicht,  ewer  fürstlich  hochwirdigkait  werden 
solichen  tag  selbs  personlich  und  unausbleyplich  oder, 
so  ewer  fürstlich  hochwirdigkait  ye  ansehenlich  hynderung 
betten,  denselben  tag  durch  ir  statthaftig  volmacht  be- 
suchen lassen,  qu.  zur  gesch.  des  bauernkr.  aus  Roten- 
burg an  d.  Tauber  433. 

3)  ganz  vereinzelt  Jindet  sich  mnd.  der  dat.  pl.  adveibial 
mit  der  bedeutung  'beständig',  was  sich  an  statlhaft  1  an- 
schlieszen  liesze,  falls  nicht  eher  schreibfehle?-  für  stant- 
haftig  anzunehmen  ist  (vgl.  standhaftig  i,  b,  sp.  768):  unde 
up  dat  de  nye  munthe  stathaftighen  by  orer  werde  unde 
gude  unde  unvordrucket  by  orer  upsate  beholden  werde. 
d.  städtechron.  16,552,24  (Hildesh.  Braunschw.  urk.  v.  1501; 
oder  ist  die  meinung  'voUgiiltig'f). 

STATTHAFTIGKKIT,  /.  zulässigkeit.  neuere  abstraet- 
bildung  zu  statthaft  (im  .<nnne  3),  zuer.it  bei  Camte  ge- 
bucht: hier  .  .  .  nahm  ich  die  gelegenheit  wahr,  mich 
heimlich  .  .  .  zu  meinem  lundsinanne  zu  stehlen  . . .  um  .  . . 
seine  meinung  über  die  Statthaftigkeit  meiner  besorg- 
nisz  ...  zu  hören.  Tiiümmel  reise  7  (1800)  246;  die  Statt- 
haftigkeit einer  solchen  aufgäbe  läugnet  heutzutage  nie- 
mand. K.  0.  Müller  gesch.  hellen,  stamme  8(1824),  *.  v; 
er  ist  ein  alter,  blasierter  .  .  .  theolog,  der  hier  einen  neuen 
beweis  für  die  Statthaftigkeit  des  Wunderglaubens  sammelt. 

J.  MOSEN  H,  187. 

STATTHALTKR,  «i.  »tOlvmireter .  ifutbncndere  änt» 
fürsten,  regent  eines  landes.  nomen  agentis  xi«  der  seltnen 
Verbindung  statt  halten,  erst  seit  anfang  des  15.  jahrh. 
(1410,  *.  unten)  nuchwriilpar  und  jedenfalls  dem  mitfellat. 
lociservator  oder  locumtenens,  «.  Uu  Ganor  6,  184,  nach- 
gebüilet.  mhd.  stathalter  Lkxkk  hwb.  8,  114».  nachtr.  ao», 
mn(/.  siedeholder («.8, a.  4, {i,-t«mnsaUstadhodcr,/.  holder?, 
und  stadtholdener)  Sciim.lkr  LOnnüN  4.378*;  vicarius  hd. 
nd.  eyn  atede-,  stet-,  slathelder,  holder,  hd.  stat-,  Statthalter, 
•ted  heller,  vorsteer  Mxkv.  glosa.&XT  (ib.  jahrh.);  so  auch 
nl.  stadhouder  Ugatus,  vicarius:  it're  et  loeo  alitrius  ȟb. 
atitutu».    vutfio  vieeditmiHtu,  locum  teHetu:  loa  »ervator- 


1025 


STATTHALTER 


STATTHALTER 


1026 


KiLiAN  2,  625»,  dän.  statholder,  schwed.  stäthällare.  vgl. 
Weigand  2,  801.  —  infolge  des  zuriickgehens  von  statt 
kommt  unter  einßusz  von  stadt  die  schreibimg  stadthalter 
auf,  z.b.:  stadthalter,  luogotenente ,  ricario.  v.  stadt. 
Kramer  dict.  1,604''.  so  schon  im  16.  jahrh.,  s.  weisth.  3, 347 
unter  2,  a.  (atich  stadhalter,  z.  b.  bei  Luther,  s.  l,  c.  4,  b.) 
s.  ferner  Krämer  und  Apin  tmter  5.  so  noch  bei  Göthe, 
s.Z,a,  und  vereinzelt  bei  Schiller,  «.5.  richtig  bemerkt 
dazu  Stieler  2117 :  'statt,  die,  vicis  .  . .  scribitur  cum  tt, 
ideoque  non  recte  pingimus :  stadthalter,  quia  vicem  alterius 
gerit,  et  substitutus  est  in  lociim  principalis'.  ähnlich 
Wächter  1592  (letztes  stat)  und  Adelung  (anm.).  formen 
mit  Umlaut  (stathelder,  stadtheiter)  in  quellen  von  IUI 
und  1548,  s.  2,  c.  eine  auffällige  nebenform  ist  der  plur. 
statthalten  Garg.  316,  s.  i,  c.  —  in  mundarten  nicht  sehr 
ve^-heitet :  schiceiz.  appenzell,  stadhalter  {pl.  -hälter)  Torler 
405**/.,  bair.  s.  Schm.-  2,  794;  nd.  stedeholder,  -holler 
brem.  wb.  6,  338,  ponim.  städeholler  {als  veraltet).  Däh- 
NERT  456*,   meklenb.  staatholler  Mi  85^  vgl.  6,  c;  *.  auch 

HUPEL  227. 

bedetitung:  l)  Statthalter,  m.  lieidenant,  luogotenente. 
Hu Lsius  (1616)307';  legatus  fiduciariam  operam  obtinens, 
ein  stadthalter  oder  leutenant ,  gallico  vocabulo  quasi 
locum  tenens.  Corvinus  fo7is  latin.  353*;  'eine  jede  per son, 
welche  einer  andern  statt  oder  stelle  vertritt;  im  mittlem 
lat.  lociservator,  locumtenens ,  franz.  lieutenant;  in 
welcher  weitem  bedeutung  es  doch  nur  noch  in  einigen 
fällen  gebraucht  unrd.'  Adelung  (l). 

a)  so  z.  b.:  auch  jezt  war  ein  Statthalter  nöthig,  der 
ihre  (der  consuln)  gegenwart  erseze,  wie  einst  für  die 
könige.  Niebuh r  2,  120  (hier  für  den  custos  oder  prae- 
fectus  urbis),  mit  der  anm.:  der  Statthalter  in  schwei- 
zerischen republiken  ist  der  welcher  das  abwesende  oder 
sonst  behinderte  standeshaupt  vertritt:  dasz  man  im 
übrigen  Deutschland  gewohnt  ist  sich  unter  diesem 
namen  nur  den  zu  denken  der  eine  provinz  für  seinen 
fürsten  regiert,  kann  den  gebrauch  eines  worts  nicht  un- 
angemessen machen,  welches  um  so  willkommner  ist  als 

schleppende  oder  uneigentliche  ersezt.  präfect  der 
adt  kann  um  so  weniger  vorgezogen  werden,  da  .  .  . 
der  Statthalter  wenigstens  bis  zum  decemvirat  nicht  ein 
mal  so,  sondern  custos  urbis  hiesz.  i-gl.  noch:  so  oft 
die  könige  im  felde  standen,  wurden  sie  zu  Rom  durch 
den  ersten  Senator  vertreten  .  .  .  hat  innere  oder  äuszere 
gefahr  gedroht,  so  ist  der  Statthalter  ohne  allen  zweifei 
befugt  gewesen  Völker  auszuheben.  126;  der  amtsname 
des  Statthalters  war  custos  urbis,  nach  dem  wesen  seines 
berufs.  136.  die  allgemeine  bedeutung  ist  hier  also  künst- 
lich erneuert  in  Verallgemeinerung  der  in  der  Schiceiz 
lebendigen  speciellen,  s.  u.  6,  a. 

b)  der  Statthalter  vertritt  jemand,  besonders  einen  re- 
gierenden, indem  er  bei  dessen  abwesenheit  oder  sonstiger 
behindertmg  seine  functionen  ausübt,  daher:  es  kan  yhe 
kein  stathalter  weytter  regieren  den  sein  her.  Luther 
an  d.  christl.  adel  s.  28  neudr.  (C  3^) ;  er  (der  papst)  ist 
nit  ein  stathalter  Christi  ym  hymel ,  szondern  allein 
Christi  auff  erden  wandeilend,  dan  Christus  ym  hymel, 
in  der  regierenden  form,  darff  keynis  stathalters,  sondern 
sitzt,  sihet,  thut,  weysz,  unnd  vormag  alle  ding.  38  (F  3**). 

c)  ein  herrscher  ernennt  daher  für  den  fall  längerer  ab- 
wesenheit aber  auch  sonst  einen  Statthalter  (z.  b.  der  deutsche 
könig,  s.  Schröder  d.  rechtsgesch.^  s.  469):  einen  Statt- 
halter oder  verwäser  an  sein  statt  stellen  oder  ordnen, 
dare  vicarium.  Maaler  385'' ;  da  machte  sich  der  könig 
eilends  auff,  das  er  den  auffrhur  stillete,  und  lies  hinder 
jm  den  fürsten  Andronicum  zum  sta.dha\ter  (Stade'j(öuevov). 
S  Marc.  4,  31 ;  weil  er  erfaren  hatte,  das  Philippus  abge- 
fallen war,  den  er  hinder  sich  zu  Antiochia  zum  stad- 
halter gelassen  hatje  (t6v  &no).i),tu ju ivov  äni  röiv  npay- 
fiAxorv).  13,  23 ;  und  ward  an  sein  stat  von  den  chur- 
ffirsten  erwellt  künig  Alphonsus  von  Castilia.  derselbig, 
als  er  verr  war  von  dem  reich,  do  ordnet  er  vier  stat 
halter  uf  des  reichs  grenizen,  nämlich  Österreich  wider 
Ungarn  u.s.ic.  Zimm.  cÄron.*  l,  259, 14;  das  neue  königs- 
paar  rief  sie  zu  seinen  Statthaltern  auf  erden  aus.  Novalis 
t,  20*  Meiszner  (Heinr.  v.  Ofterd.  1,  schlusz). 

2)  der  Statthalter    ist   immer   der  Stellvertreter  von  je 
WMnd  und  verlangt  ursprünglich   immer  eine  nähere  be- 
X   2. 


Stimmung  durch  einen  gen.  (oder  possessivpron.):  eines 
anderen  Statthalter  mit  gleychem  recht  und  gewalt  wie 
er,    vicarius  alieni  iuris.  M.\aler  385^.     so  im  einzelnen: 

a)  Statthalter  eines  herrschers,  besonders  eines  königs 
(s.  auch  1,  c):  Statthalter,  als  eines  königs,  j>ro^rea:.  Frisch 
2,  321'';  vgl.  nl.  stad-houder  des  konincks,  prorex.  regis 
absentis  locum  et  vices  gerens.  Kilian  2,  625».  in  anderm 
sinne:  Statthalter  eines  abgestorbnen  künigs,  interrex. 
Maaler  385*';  interrex,  qui  regis  defuncti  vice  fungitur, 
vicarius,  des  reichs,  eines  königs  stadthalter.  Corvinus 
fons  latin.  541'».  als  festes  amt  neben  dem  herrscher  (Statt- 
halter des  kaisers  auf  reichstagen  s.  Schröder  d.  rechts- 
gesch.^  183,):  by  dosses  tyden  (mw  840)  was  in  des  keysers 
palase  eyn  to  male  geleret  man ,  de  hette  Wilhelmus 
und  was  des  keysers  stadt  hoder  (es  ist  doch  wol  holder 
zu  lesen).  Münsferschr.  chron.  1,98  (bald  nach  1424);  ere 
(der  Türken)  koningk  quam  nouwe  wech  mit  kleneme 
Volke,  de  stedeholder  des  koninges  mit  alle  sinen 
eddelsten  wart  gheslaghen  (viceimperatore  cum  omnibus 
nobilioribus  Turcor~um  omissis).  chron.  Sclav.  (gedr.  1485) 
s.  208  Laspeyres;  als  sich  churfürsten,  fürsten  und  stände 
desz  reichs  . .  .  bewilligt  haben,  unsern  verordneten  Statt- 
halter, regiment  und  cammergericht  . .  .  ein  Zeitlang  zu- 
verlegen, reichstags  absch.  s.  151  (Nürnberg  1522);  zahl- 
meyster  . . ,  die  solch  gelt  ...  auff  jhr  pflicht,  die  sie 
deszhalben  auff  vorhalten  unsers  Statthalters  und  regi- 
ments ,  thun  sollen ,  empfahen ,  zu  underhaltung  desz 
kriegszvolcks,  .  . .  unnd  davon  Statthalter  unnd  regiment, 
erbarliche  rechnung  thun,  ebenda;  demnach  haben  unsere 
Statthalter  und  regiment  mit  verwilligung  churfürsten, 
fürsten  unnd  stände  ernstlich  befehl  geben,  ebenda;  die 
mögen  vor  unserm  Statthalter  und  regiment  vorbracht 
werden,  ebenda;  so  ohne  gen.  (vgl.ia.):  am  23  ten  may 
1618  erschienen  die  deputirten  bewaffnet  . . .  auf  dem 
königlichen  schlosz,  und  drangen  mit  ungestüm  in  den 
saal,  wo  die  Statthalter  Sternberg,  Martinitz,  Lobkowitz 
und  Slawata  versammelt  waren.  Schiller  8,  69.  —  von 
andern  fürsten :  dem  Ber[tolt]  von  Rehberg  ritter,  stat- 
halter des  jungen  von  Wirtemberg  30  gr.  d.  städtechron. 
2,  47,  an7n.  4  (Nüriib.  schenkb.  zu  1427) ;  ob  ein  scheffen 
verbreche,  wer  denselben  zu  rechtfertigen  hat?  darauf 
weisen  wir  für  recht,  dasz  niemand  die  anders  recht- 
fertigen soll,  dann  u.  gn.  h.  von  Cölne  oder  seiner  gnaden 
Statthalter,  weisth.  6,650  (Andernach,  1500,  §9);  in  den 
jähren  1532  hat  Philips  landgrave  zu  Hessen  das  buch 
des  eigengerichts  zu  Eisenhausen  durch  seinen  stadthalter 
Ludwig  von  Boyneburg  und  canzler  Johan  Feygen  be- 
sichtigen und  bessern  lassen.  3,  347;  wie  bald  Mathusalah 
ze  grab  ist  tragen,  sol  der  Statthalter,  trugsäss  und  der 
hofmeister  des  fürsten  mit  einanderen  härfür  gon  ...  in 
dem  redt  der  Statthalter  zum  trugsässen  und  hofmeister. 
J.  RuFF  Adam  u.  Heva,  nach  v.  55.51;  erstlich  soll  ein 
jeder,  er  sei  auch  wer  er  wolle  (ausgenommen  unsere 
[des  herzogs]  statthaltere,  cantzler  und  räthe  .  . .)  seinen 
kirchen-stand  .  .  .  bahr  bezahlen.  Lüneb.  kirchenordn. 
V.  1643,  cap.  13,  §21,  bei  Ebhardt  ges.  des  con.9ist.  zu 
Hannov.  1,  s.  259.  in  Göthes  briefen  bezeichnet  stadt- 
halter (so)  öfter  den  kurmainzischen  Statthalter  zu  Erfurt, 
Karl  Theodor  v.  Dalberg:  auch  der  stadthalter  lässt  sie 
grüsen.  3, 113  (an  Ch.  v.  Stein  27.  sept.  1776);  der  stadthalter 
hat  mich  auch  eingeladen.  138  (6.  märz  1777);  es  fällt  mir 
auf  einmal  ein  zum  stadthalter  zu  reiten.  149  (20.  april); 
ging  erst  nur  zum  stadthalter.  247  (10.  sept.  1778);  der 
stadthalter  war  vergnügt  .  .  .  der  stadthalter  ist  doch 
eigentlich  auch  kein  rechtes  kind  dieser  weit.  4,  215 
(5.  mai  1780);  ich  fahre  nach  Belvedere  den  stadthalter 
bewirthen  zu  helfen.  5,  146  (21.  juni  I78i);  mit  dem  stadt- 
halter hab  ich  mich  angenehm  unterhalten.  6, 170  (li.juni 
1783).  (herzoglicher  Statthalter  in  Baiem  s.  Schröder 
d.  rechtsgesek.^  s.  583,  anm.  55.)  —  in  demselben  sinne  von 
NiEBUHR  für  den  römischen  custos  urbis  gesagt,  s.  l,  a. 

b)  Statthalter  eines  burgermeisters,  proconsul.  Maaler 
38Sfi;  das  sol  ain  jeglicher  zö  stunt  und  öne  alles  ver- 
ziehen ainem  burgermaister  oder  sinem  Statthalter  fur- 
bringen  und  zä  wiszen  tön.  stadtb.  v.  Scfiaj^hausen  (vom 
jähre  1431),  s.  Alem.  6,  238,  8. 

c)  Vertreter  eines  gerichtsherrn ,  so  oft  in  der  spräche 
der  weisthümer :  es  sol  kein  richter,  noch  ire  official  oder 

65 


1027 


STATTHALTER 


STATTHALTER 


1028 


stathelder  furbas  durch  sich  oder  einen  andern  ge- 
schickte Personen  laden  oder  manen.  Würzburger  quelle 
v,\ui  6ci  Scherz- Obekmn  1561;  ain  vogther  oder  sin 
Statthalter  mügend  öch  richten  und  gericht  haben  zuo 
Glattburg  oder  zuo  Gebhartswil.  xceisth.  5,  147,  §  4  {stifts 
land  St.  Gauen  \i6&);  ein  vogthuon. ,  daz  ze  geben  und 
ze  nemen  sige,  wenn  er  darumb  ermant  wirt  von  aim 
vogt  oder  sim  statyialter.  158,  §  4  (ebenda  v.  1468);  item 
es  sol  ouch  ain  vogt  oder  sin  Statthalter  in  sinem  namen 
jerlich  zu  Burgow  drü  offne  jargericht  haben,  zway  zu 
mayen  und  ains  zu  herpstzyt,  oder  zway  zu  herpstzyt 
und  ains  zu  mayen,  weders  ainem  vogt  oder  sinem 
Statthalter  komlicher  ist.  l,  194  {Burgau,  St.  Gallen  1469); 
darumb  ist  der  meyer  m.  h.  v.  P.  {Prüm)  schuldig,  dem- 
selbigen  vogt  oder  seinem  stadtheiter  zu  liebern  den 
dritten  deill  der  böessen.  2,  315  {Mernich,  Untermosel,  1548). 
vgl.:  denmacb  sichs  offt  begeben,  dasz  die  graven  .  .  . 
dem  hoff  beygewohnet,  oder  wider  die  feindt  zum  krieg 
und  streit  auszgezogen,  haben  sie  stättigs,  so  wol  in  jhrem 
an  als  abwesen,  neben  sich  in  Verwaltung  der  gericht  und 
justitz  Wesens,  jhre  Statthalter  gehabt,  die  man  ins  ge- 
mein schultheisz,  unnd  prmpositos ,  vögt  genennt,  welche 
die  gericht  zu  bestimpten  zeiten  gehalten  und  besessen. 
die  namen  berührter  Statthalter,  nemlich  desz  schultheisz 
unnd  praepositi  deuten  auff  einen  unterschiedt  jhres  ampts 
und  Verrichtung,  nemlich,  dasz  man  vorm  schultheisz 
allein  schuldtsachen  geklaget.  Chr.  Lehmann  chron.  v. 
Speyr  (1612)  102*  E;  der  centgrave  ist  desz  gauwgraven 
oder  landtrichters  Statthalter,  in  Verwaltung  der  wöchent- 
lichen gemeiner  verhörtäge  aufTm  landt  gewesen.  105''  E. 
d)  ungetröhnlich :  Statthalter  eynes  feldherren,  oder 
obersten  haubtmanns  im  krieg,  oder  fürsten,  legatus, 
vicarius.  Dasypodius. 

3)  Statthalter  in  kirchlicher  spracJie. 
«)  Stellvertreter  eines  geistlichen,  ganz  den  fällen  unter  2 
analog:  und  de  vorsz.  werdige  bisschop  Lullus,  und 
stedeholder  Bonifacy  de  tor  tyt  {beim  tode  des  Bon.)  was 
in  synen  pallese.  Dorow  denkm.  l,  85  {Stiftung  v.  Frecken- 
Jiorat,  angeblich  13.  jahrh.);  {vrir  haben  verkauft)  fraw 
Elspeten  Volkerstalerin  stadhalterin  de[r]  eptissin  und 
hem  Johansen  von  Pegniz  stadhalter  des  gemainen 
peychtigers  und  dem  gantzen  covent  swestern  und 
prüdem  sant  Salvators  orden.  urk.  v.  1444  s.  monum. 
Boica  25,  46,  s.  auch  55  {v.  1447)  unter  statthalterin;  (er 
soll)  all  mitwochen  vor  denselben  pfmtztägen  des  abennds 
ain  vigili  durch  den  pharer,  oder  seinen  stathallter  zu 
Pegnitz,  . . .  bestellen  zesinngen.  s.  528  {vom  jähre  1495). 

b)  entsprechend  2,  a  ist  Statthalter  Christi  eine  häujige 
bezeichnung  des  papstes:  fanatische  eiferer  sahen  ihn 
schon  mit  einer  armee  über  die  Alpen  klimmen  und 
den  Statthalter  Christi  selbst  in  Italien  entthronen. 
Schi  LI, KR  8,223;  die  reformationszeit  übt  an  dem  aus- 
druck  scharfe  kritik,  die  zugleich  den  wortnnn  lehrreich 
beleuchtet:  sie  sprechen,  er  sey  ein  herr  der  weit,  das 
ist  erlogenn,  den  Christus,  des  stalhaltcr  und  amptman 
er  sich  rumet,  sprach  für  Pilato,  mein  reich  ist  nit  von 
disser  weit,  es  kan  yhe  kein  stathalter  weytter  regieren 
den  sein  her,  er  ist  auch  nit  ein  stathalter  des  erhebteim, 
sondern  des  gekreut^igten  Christi.  Luthkr  an  d.  christl. 
adelt.  18  tieudr.  (Cs**);  Christus  auch  des  stathalter  ehr 
sich  rumet,  wolt  noch  nie  mit  weltlichem  regiment  zu- 
schatTen  haben  .  . .  aber  der  bapst  .  . .  unterwindet  sich 
aller  dinge,  wie  ein  got,  bisz  das  er  selb  nit  mehr  wcysz, 
was  Christus  sey,  des  stathalter  er  sich  auffwirJTt.  89  (F  4*'), 
a.  auch  ».  88  unter  t.b;  sihe  wie  unglcych  seyn,  Christus 
nnd  seyne  Statthalter,  szo  sie  doch  alle  wollen  seyne  Statt- 
halter Myn,  und  ich  furwar  furcht,  sie  seyen  altzu  war- 
liafftig  seyne  Statthalter,  denn  eyn  stathalter,  ist  ym 
abweszcn  seynes  hcrrnn  eyn  Statthalter,  wenn  den  eyn 
bapst,  ym  abwetzen  Christi,  der  nit  ynn  seynem  horizcn 
wonf;!,  n-tiicret,  ist  der  selb  nit  altzti  warhafftig  (Christi 
Statthalter?  ...  wie  viel  besser  thettcn  die  apostel,  die 
Mich  nur  knechte  Christi  ynn  yhn  wonend,  nit  stathalter, 
des  abweszendes .  nenneten.  aendbr.  an  papat  Leo  a.  18 
muär.  (B  «••/.); 

dammb  traft  (>r  der  krönen  dri, 

daM  er  Qbn     "  ?  vj 

«od  sie  ein  ''KU  Christ, 

4ar  «r  d«ni  '  n  ial. 


Cläiwe  Pflug :  das  möcht  wol  ein  hoffertig  Statthalter  sin !  .  .  . 
des_  ewigen  gotts  sun  treit  ein  dorne  krönen  .  .  , 
so  ist  sins  statlhalter.s  krönen  gold. 

Manuel  «.  107  lUichtold  (von  paput*  n.  Christi 
gegen«.  93—102).    vgl.  auch  oben  1,  b. 

daher  dann  auch  dafür:  der  beste  aber  der  die  weit  wol 
regieret,  wie  sie  es  wirdig  ist,  das  ist  der  sathan  in 
seinem  Statthalter  dem  bapst.  Luther  tischred.  (I57i)  3*. 

c)  dafür  auch  Statthalter  gottes:  nächst  der  Bartho- 
lomäusnacht hat  keine  so  viel  jammer  und  noth  auf 
erden  gestiftet  als  die,  welche  gottes  Statthalter  auf 
erden  durchwachte,  um  einen  verderblichen  kreuzzug 
zu  gebären.  MusÄus  1,76  Hempel  {MelechsaZa);  die  Zu- 
kunft, die  bey  dieser  that  {d.  Hinrichtung  Konradins) 
erblassen  wird,  wagt  es  nicht,  dieses  verbrechen  dem 
Statthalter  gottes  zuzuschreiben ,  sondern  euch  {Karl 
v.  Anjou)\  Klinger  i,  343  {Konr.  4,  2;  vgl.:  ihr  lästert 
den  himmel  in  seinem  Statthalter,  ebenda),  daneben  in 
einem,  veitern  sinne: 

der  priester,  und  der  künicklich  stadt  {rtand) 
hondt  beide  gottes  vicariadt : 
stathalter  gottes  seind  sie  beil. 

Mlrner  hadenfahrt  15,54  (Gl'>). 

d)  in  noch  freierer  verwendutig  steht  Statthalter,  tcozu 
der  gen.  gottes  aus  dem  zusammenhange  zu  ergänzen  ist. 
in  der  altern  nhd.  dichtung: 

{du  gott)  hast  yn  gesetzt  zöm  herren  fint  stat-halter, 
uber's  geschopf  deiner  hend  ainn  Verwalter. 

Meussus  p«.  8,  6; 
von  ihm  hat  fürst  und  baur,  von  jhm  hat  herr  und  knecht, 
sein  land  und  seinen  pflüg,  sein  lehen  und  sein  recht, 
als  ein  stathalter  und  Verwalter. 

Weckherlin  ged.  301  (2,  184  FUcher ;  pt.  146,  11), 

e)  in  freier  poetischer  Übertragung  von  c  aus:  Goethe, 
der  jetzt  der  wahre  Statthalter  des  poetischen  geistes 
auf  erden  ist.  Schi.eoel  Athenaenm  l  (l798),  l,  103;  danach: 
in  der  that  sind  sie  {die  beiden  ' Dioskttren)  durch  ihre 
fähigkeiten  zu  keiner  so  subalternen  {rolle)  bestimmt, 
wie  sie  pro  tempore  unter  der  fahne  'des  zeitigen  wahren 
Statthalters  des  poetischen  geistes  auf  erden'  spielen. 
WiKLAND  bei  Böttiger  lit.  zust.  2,180. 

4)  ein  leises  abblassen  der  ursprünglicJten  bedeutung  ist 
deutlich,  wenn  Statthalter  nicht  mit  dem  gen.  einer  per- 
sonenbezeichnung  vei-bunden  üit,  sondetii : 

a)  mit  dem  gen.  eines  abstrartujns,  besonders  einer  amts- 
bezeichnung,  sodasz  es  in  die  bedeutung  'inhaber'  übergeht: 
Statthalter  desz  obersten  und  küniglichen  gewalts,  cone- 
stable.  tribunus  eelerum.  Statthalter  einer  vogtey,  praeaea. 
Maaler  385'';  und  des  zä  offem  wären  Urkunde  so  hon 
ich  erbetten  die  fromen  und  weisen  juncher  Hansen  von 
Tierberg,  ietz  Statthalter  dez  burgemaisteramtz  zu  Villingen, 
und  Hansen  den  Tüffer,  alt  schulthais  da  selbs.  urk.  vom 
30.  april  1420  s.  Mone  zeitschr.  f.  d.  gesch.  rf«f  Ol>errh.  8,  21. 
so  reird  der  erzb.  v.  Köln  von  Sigi»mund  zum  Statthalter 
der  heimlichen  gerichte  eingejtetzt.  Schröder  d.  rechts- 
gesch.^  s.  .")<;2. 

b)  im  sinne  eines  regenten  {s.  5)  mit  ländernamen  u.  ähnL, 
s.b,a — e.  allgemeiner:  du  muszt  verstehen,  Sancho  Pansa, 
dasz  es  eine  sehr  gewöhnliche  sitte  der  alten  irrenden 
ritter  war.  ihre  Stallmeister  zu  Statthaltern  {gobernndores) 
\ün  inseln  und  reichen  zu  machen,  die  sie  gewannen. 
TiKCK  don  ^Mi.r.' 1,  39  (1,7);  ich  habe  doch  schon  Statt- 
halter gesehen,  sagte  Sancho,  die  nach  meiner  einsieht 
nicht  verdienten,  mir  die  schuhriomen  aufzulösen,  und 
die  man  dennoch  cxcellenzcn  nannte.  3,  23  (6,  s) ;  ich 
sage  dir,  frau,  antwortete  Sancho,  dasz,  wenn  ich  nicht 
dUohtc,  mich  in  kurzer  zeit  als  Statthalter  einer  insel 
zu  sehen,  ich  hier  vor  dir  todt  niederfallen  würde.  2,  88 
(n,  6);  dasz  weder  gros/e  geschicklii^hkeit  noch  viele  ge- 
Ivhrsamkeit  nöthig  ist,  um  ein  Statthalter  zu  sein;  denn 
es  giebt  hundert,  die  kaum  lesen  können,  und  doch  wie 
die  engel  regieren.  847  (8,  iM;  wie  es  mit  den  Statthaltern 
geschieht,  die  ritter  und  keine  studirte  sind,  welche 
mit  dem  beistände  eines  asRessors  urtheile  sprechen. 
elmida.  so  atteh  im  sinne  ?i,a:  zu  denen  Zeiten,  als  herr 
Jerg  truchsess  von  Walpurg  Statthalter  in  Wilrtenherg 
gewesl,  welcher  etlichen  geschlechter  vil  damit  gedient, 
dHM  er  one  schaden  seines  hcrrn  . .  .  denselhigen,  was  in 
dur  canzlei  von  den  alten  sachcn  irer  forder  gefunden, 
mit  iiet  getaill.  Zimm.  rhron.*  1,  tfM,  84.  vgl.  auch:  stede- 
holder Iho  iJolincnhurst.  Oldenb.  urk.  v.  lAN  bei  SciilLLKR-  ^ 


1029 


STATTHALTER 


STATTHALTERAMT— STATTHALTEREI     1030 


LCbben  4,373";  der  bapst  ist  ein  nachkomer  S.  Peters, 
ist  nicht  ein  stadhalter  über  alle  kirchen  der  gantzen 
weit,  von  dem  herrn  Christo  in  S.  Peters  namen  ver- 
ordnet. Luther  1,  258». 

c)  tcenn  es  überhaupt  ohne  solche  bestimmung  auftritt, 
s.  b — 6,  vgl.  auch  2,  a-  ein  gesinnungsmann  ohne  kennt- 
nisse  und  verstand  wünscht  sich  in  der  stille  mit  solcher 
inbrunst  zum  Statthalter  oder  minister,  bis  er  eines  tages, 
also  brevetirt,  aufsteht.  Immermann  Münchh.-  l,  105  (l,  9). 
90  auch  als  militärische  Charge  (s.  oben  2,  d) :  zwischen  dem 
essen  bestellt  er  die  ämpter,  . .  .  die  ober  unnd  unter- 
wachten, hut,  statthalten,  starten,  forderst  und  hinderst 
unterhalten,  schilt  und  scharwachten.  Garg.  s.  316  neudr. 
—  in  freierem,  nicht  recht  deutlichem  gebrauche:  sollte 
es  dem  theismus  gelingen,  durch  den  süszteig  der  feinsten 
logik  und  ethik  einen  protector,  wie  Cromwell,  oder 
Statthalter  mit  schlüsseln  zu  den  schätzen  der  alten 
und  neuen  weit  hervorzubringen?  H.\m.\nn  4,250. 

5)  die  neuere  spracJie  kennt  Statthalter  fast  nur  noch 
in  dieser  gebrauchstceise,  während  es  sonst  durch  Stell- 
vertreter zurückgedrängt  ist.  und  zwar  ist  Statthalter 
besonders,  in  der  allgemeinen  spräche  fast  ausschlieszlich, 
üblich  in  einer  an  2,  a  anscidieszenden  vericendung,  als 
bezeich nung  eines  regierenden,  der  ein  land  oder  eineprovinz 
regiert  in  Vertretung  und  im  auftrage  eines  souveränen 
herrschers,  der  anderswo  residiert,  wo  die  bezeichnungen 
gouverneur,  regent,  vizekönig  conctirrieren .-  Statthalter  . . . 
prefecti  provinciarum.  Maaler  385'';  königlicher  stadt- 
halter,  vice-re.  Kr.\mer  dict.  1,604*";  stadthalter,  lat. 
praetor,  s.  gouverneur.  Xvm  gloss.  b08;  Statthalter,  der 
an  eines  regenten  statt  regiert,  qtii  pro  aliguo  regit; 
provindae  praeesf.  zum  Statthalter  machen ,  provinciae 
oder  regtw  piaeficere.  Frisch  2,  321*';  'am  üblichsten  ist 
es,  2)  in  engerer  und  vorzüglicher  bedetttung ,  derjenige, 
welcher  des  landesherren  oder  höchsten  obrigkeit  stelle  in 
einem  lande  oder  in  einer  provinz  vertritt,  und  welchen 
man  mit  ausländischen  Wörtern  auch  einen  vice-könig, 
Iren»  die  liöchste  landesobrigkeit  ein  könig  ist,  noch  hau- 
figer  aber  einen  gouverneur  zu  nennen  pflegt.'  Adelung. 
vgl. :  die  nobili's  allein  können  die  länder  verwalten, 
welche  unter  der  herrschaft  der  republik  {Venedig)  stehen; 
und  die  personen  vom  gröszten  stände,  die  ersten  Obrig- 
keiten in  diesen  ländern  betrachten  sie  wie  souverains, 
nicht  wie  stadthalter.  Schiller  4, 119.  —  insbesondere 
ist  Statthalter  in  getcissen  fällen  üblich: 

a)  vericalter  von  provinzen  des  alten  römisclien  reiches, 
m   in  Palästina,   dem  proconsul  von   Syrien   unterstellt, 

!  riecliischen  tjys/utür,  ^na^y^os,  in(rgo7ios,  lat.  procurator 
■  ntsprechend,  tco/iir Luther:  landpfleger  sagt.  «.Schenkel 
bihellex.  ä, 601  f.;  H.\MBURGER  realencyclop.  des  judent.  3, 
suppl.  i,  134 — 136.  vgl.  auch  Adelung  und  oben  i,c:  im 
Sitzungssaal  des  Statthalters  verklagen  sie^ihn  (Jcnis) 
als  politischen  Verschwörer,  der  Statthalter  . . .  hat  in 
kaisers  dienst  wunderliche  sitte  von  manchen  völklein 
gesehen.  Frenssen  Hilligenlei  567.  —  femer:  wenn  die, 
für  die  bedürfnisse  des  in  Mainz  residierenden  kaiser- 
lichen Statthalters  von  Obergermanien  notwendigen  geld- 
sendungen  in  neuer  münze  erfolgten.  Jacobi  Saalburg 
(1897)  399;      Statthalter  von  Chemska  grüsz'  ich  dich! 

Kleist  2,  442  E.  Schmidt  {Hermannsgchl.  5, 18). 

b)  stadthalter  von  Holland,  lat.  praefectus  totius  Belgii 
sttpremus.  Apin.  gloss.  508;  'der  Statthalter  in  den  ver- 
einigten Niederlanden  bekleidet  eine  beynahe  königliche 
würde,  und  vertritt  die  stelle  der  genei-alstaaten  in  einigen 
stücken,  besonders  im  kriege.'  Adelung,  das  icort  bezeichnet 
aoicol  die  gouverneure  der  einzelnen  provinzen:  in  unsrer 
provinz  singen  wir  was  wir  wollen,  das  macht  dasz  graf 
Egmont  unser  Statthalter  ist.  Göthe  8,  175  {Egmont  l); 
während  dasz  ...  seine  Statthalter preszten,  und  seine nach- 
richter  schlachteten,  versicherte  er  {Karl  F.)  sich  ihrer 
herzen  durch  eine  freundliche  miene.  Schiller  7,56;  jeder 
Provinzstatthalter  {vgl.  theil  7,  2179)  . . .  hatte  in  der 
provinz,  der  er  verstand,  das  kommando  über  das  kriegs- 
volk,  welches  sie  deckte,  die  Oberaufsicht  über  die  bürger- 
liche regierung  und  das  gerichtswesen;  nur  Flandern  aus- 
genommen, wo  der  Statthalter  in  rechtssachen  nichts  zu 
sagen  hatte.  93/.,  tcie  den  regenten  des  ganzen  landes  {der 
vereinigten  Staaten):  Philipp  konnte  in  den  Niederlanden 


keinen  Statthalter  brauchen,  dem  der  gute  wille  und  die 
kraft  des  volks  zu  geböte  stand.  88;  dafür  genauer: 
die  wähl  eines  obersten  Statthalters  für  die  Niederlande 
war  die  hauptangelegenheit,  die  ihn  {Philipp  II.)  jezt  noch 
beschäftigte. . ..  die  beinahe  unumschränkte  gewalt,  welche 
dem  oberstatthalter  verliehen  werden  muszte,  ... 
muszten  nothwendig  diese  wähl  erschweren,  das  gesetz, 
welches  jeden  ausländer  von  bedienungen  entfernt,  macht 
bei  dem  oberstatthalter  eine  ausnähme.  79. 

c)  dänisclier  Statthalter  in  Norwegen:  nach  dem  tode 
des  alten  Hamlet  werden  die  erst  eroberten  Norweger  un- 
ruhig, der  dortige  Statthalter  schickt  seinen  söhn  Horatio 
. . .  nach  Dänemark.  Göthe  19, 162. 

d)  jetzt  ist  Statthalter  der  officieüe  titel  der  höchsten 
regierungsstelle  in  den  reicJislanden  Elsasz  Lothringen ;  er 
ist  vom  kaiser  bestellt  und  absetzbar,  mit  den  gesetzlichen 
Zuständigkeiten  des  reichskanzlers  und  einzelnen  landes- 
herrlichen befugnissen.  s.  Stengel  wb.  des  deutschen  ver- 
waltungsrechts  2,  538. 

e)  in  den  Osfseeprovinzen :  'Statthalter,  der,  iourde  nach 
der  eröfnung  der  Statthalterschaften  anfangs  jeder  general- 
gouvemeur  genannt,  doch  hörte  dies  bald  auf.  Hupel  227. 

/)  gelegentliches:  sein  seckel  war  von  eins  oriflans  und 
libischen  urochsens  hoden,  welchen  im  monsier  Pracontal 
der  Statthalter   inn   Libien  verehret.  Garg.  s.  179  neudr. 

6)  in  andern  speciellen  ledeidungen  ist  Statthalter  in 
einzelnen  gegenden  bis  in  die  neuere  zeit  üblich  geblieben. 

a)  schtceiz.  stadhalter  'nach  den  landammännern  der  erste 
beamtete  des  landes'.  Tobler  405'*/'.,  der  aus  der  Verfassung 
von  1829  den  satz  anführt:  der  landesstatthalter  über- 
nimmt in  abwesenheit  oder  krankheit  des  landammanns 
das  Präsidium  und  die  amtsverrichtungen  des  regierenden 
landammanns.    vgl.  Niebuhr  unter  l,a. 

b)  'bey  dem  kaiserlicJien  landgerichte  in  Schicaben  heiszt 
derjenige,  der  des  landrichters  stelle  vertritt,  dessen  Statt- 
halter.' Adelung. 

c)  'in  Po7nmem  icird  ein  Verwalter  auf  adeligen  gütern, 
der  des  eigenthümers  stelle  in  der  aufsieht  über  die  öko- 
nomische  venoalfung  vertntt,  und  der  in  Meissen  ein  hof- 
meister  heiszt,  Statthalter  genannt.'  Adelung,  so  in 
Meklenb.  nd.  staatholler,  vogt  auf  dem  lande.  Mi  85'';  stat- 
höller,  tcofür  anderwärts  hohmester  {so  z.  b.  um  Goslar), 
nd.  korrespondenzbl.  11,  87:  dei  Meiersch  dei  bar  jo  nu  den 
Glawer  stathöller  meint  hadd  . . ,  den  sei  frigen  wol. 
Brinckman  3, 113  Weltzien  {uns'  herrg.  up  reisen  27).  — 
'vormals  hiesz  der  ökonomiedi rector  in  Dorpat  und  in 
Arensburg,  auch  Statthalter.'  Hüpel  227. 

7)  übertragen,  bei  den  appen zellischen  hirten,  'der  name 
einer  stattlichen  ziege'.  Tobler  406*  (2). 

STATTHALTER  AMT,  n.,  vgl.  statthalterei  {zu  Statt- 
halter 5):  bei  lebzeiten  margrafen  Philipsen  do  het  er 
das  statthalterampt  in  Lützelbui^.  Zimm.  chron.^  l,  184, 15; 
in  den  Niederlanden  hatte  sein  haus  {Wilhelms  III.  von 
Nassau-Oranien)  unter  dem  namen  des  statthalteramtes 
und  in  der  eigenschaft  als  bundesfeldherrn  eine  fürst- 
liche machtstellung  in  dem  bunde  der  vereinigten  Staaten 
begründet,  sein  vater  noch  war  feldherr  und  Statthalter 
gewesen.  Bluntschli  twi  d.  staatstcb.  ll,  199.  —  für  prae- 
fectura  urbis,  vgl.  unter  Statthalter  l,  a  und  Statthalter- 
schaft!: das  Statthalteramt.  {überschr.)  Niebuhr  2,126; 
die  könige,  deren  eigne  macht  lebenswierig  war,  mögen 
auch  das  statthalteramt  für  das  leben  verliehen  haben.  135. 

STATTHALTEREI,  /.  amt,  würde,  bezirk,  büreau  eines 
Statthalters,  vgl.  statthalteramt,  -posten,  -schaft:  statt- 
halterey  Stieler  (169i)  im  reg.;  'die  statthalterey,  plur. 
die  -en.  l.  das  einetn  Statthalter  ancertrauete  gebiet,  doch  nur 
in  einigen  fällen,  so  sind  die  länder  des  biachofs  zu  Strasburg 
in  vier  statthaltereyen  abgefheilet.  von  ganzen  provinzen  ist 
dieses  wort  nicht  üblich.  2.  die  wohnung,  der  pallast  eines 
Statthalters.'  AoEWUG ;  CAurv:  fügt  hinzu:  'l)  die  würde 
eines  Statthalters,  die  Statthalterschaft ;  ohne  mehrzahl.'  — 
belege:  er  fand  daher  für  gut,  ihren  Unwillen  zuerst  auf  die 
räthe  des  kaisers  abzuleiten,  und  verbreitete  zu  dem  ende 
die  mcinung,  dasz  das  kaiserliche  schreiben  in  der  statt- 
halterei zu  Prag  aufgesetzt,  und  nur  zu  Wien  unterschrieben 
worden  sey.  Schiller  8,  69;  ohne  statthalterei  (f/ofriVr/io) 
bist  du  aus  dem  leibe  deiner  niutter  gekommen,  ohne 
statthalterei  hast  du  bisher  gelebt,  und  ohne  statthalterei 

65* 


1031 


STATTHALTERIN 


STATTHALTERLICH— ST  ATTHALTERSCHAFT  1 032 


wirst  du  zu  grabe  gehen,  .  . .  wie  viele  giebt  es  nicht  in 
der  weit,  die  ohne  statthalterei  leben?  Tieck  do7i  Quix.^ 
2,3*  (6,5);  wenn  du  darauf  bestehst,  die  statthalterei  zu 
kriegen,  so  solltest  du  deinen  söhn  Sancho  mit  dir  nehmen, 
damit  er  gleich  von  dir  das  Statthaltern  lernen  könnte.  38 ; 
wenn  man  ihm  nur  den  verstand  um  ein  weniges  schärfen 
wollte,  so  würde  er  mit  jeder  statthalterei  so  gut  fertig 
werden,  wie  der  könig  mit  seinen  einkünften.  247  (8,15); 
{scherzhaft  miszbrattcht :)  geh  du,  mann,  werde  statthalterei 
oder  inselei,  und  blase  dich  auf,  soviel  du  lust  hast.  36 ; 
die  mystische  kraft  der  Sehnsucht  hat  gewirkt,  dasz  dem 
gesinnnngsmanne  die  statthalterei  in  den  mund  flog, 
wie  . . .  eine  gebratene  taube!  Immermann  Münchh.^i,  106 
(l,  9);  er  (Jesus)  wird  der  wache  übergeben  und  in  die 
kaiserliche  statthalterei  geführt  Frenssen  Hüligenlei  567 ; 
als  Stellvertreter  des  landesfürsten  .  .  .  waren  sie  (die  viz- 
thume,  incedomini)  ursprünglich  meistens  dem  ganzen 
lande  vorgesetzt .  . ;  später  wurden  die  gröszeren  terri- 
torien  wohl  auch  in  mehrere  viztumsämter  oder  statt- 
haltereien  unter  je  einem  viztum  eingeteilt.  R.  Schröder 
d.  rechtsgesch.^  a.  595;  dazu:  die  wichtigste  beschränkung 
aber  war  die,  dasz  das  reichsregiment  nur  ein  statt- 
halterei rat  für  die  dauer  der  abwesenheit  des  kaisers 
sein  sollte,  so  dasz  es  mit  der  rückkehr  desselben  in 
das  reich  seine  vollmacht  verlor.  783.  jetzt  bezeichnet 
statthalterei  in  einigen  österr.  ländern  die  politische  ver- 
icaltungsbehörde ,  die  in  andern  landesregierung  heiszt, 
s.  österr.  staats^cb.  2,  809*. 

STATTHALTERIN,  /..  statthalterinn  Adelung. 

1)  eine  frau  als  Statthalter,  den  verschiedenen  bedeu- 
tungen  dieses  loortes  entsprechend,  hd.  seit  dem  15.  jahrh. 
(1444)  bezeugt;  entsprechend  mnd.  stedeholdersche  (1469), 
s.  unten,  zuerst  in  frauenklöstern,  vgl.  Statthalter  3,  a, 
woselbst  ein  beleg  aus  1444,  ferner:  wir  Elyzabeth  Kny 
pentlin  muter  und  stathalterin  der  abtissin,  Vincen- 
tius  Prosen ,  vater  und  Statthalter  des  gemeynen  peich- 
tigers ,  und  die  gantze  sampnunge  und  covent  brüdere 
und  swestere  des  closters  zu  Gnademperg.  urk.  v-  1**7, 
s.  monum.  Boica  25,  55.  zu  Statthalter  5  (in  anlehnung  an 
den  Quixote):  Andreas,  hör  sie  Hannchen!  ist  der  bräu- 
tigam  sehr  freygebig?  z.  e.  wie  bezeigt  er  eich  gegen  die 
mamsel  kammerjungfer?  Hannchen.  sehr  groszmüthig, 
wenn  projekte  gangbare  münze  werden,  mit  nächstem 
soll  ich  stadthalterin  auf  einer  insel  werden,  nur  weisz 
er  noch  nicht,  auf  welchem  meere  ich  sie  haben  soll. 
Weisze  lu.ilsp.  2,  237  (d.  projektm.  2,1).  speciell  zu  5,b:  un- 
vermeidlich war  der  Untergang  dieser  blühenden  handels- 
stadt  (Antwerpen),  wenn  Karl  der  fünfte,  durch  die  Vor- 
stellungen der  stadthalterin  überführt,  diesen  gefährlichen 
anschlag  nicht  hätte  fallenlassen.  Schiller  7,  54;  noch 
als  kind  wurde  sie  der  statthalterin  Margarelha,  ihror 
grosztante,  nach  Brüssel  zur  erziehung  gegeben.  89;  zwey 
statthaiterinnen,  unter  deren  äugen  sie  erwachsen  war, 
hatten  sie  in  den  maximen  nach  und  nach  eingeweiht, 
nach  welchen  dieses  eigenthümlichevolk  am  besten  regiert 
wird.  90  (dafür  91:  die  neue  regentin),  dazu:  bey  der 
wähl  einer  oberstatt  halterin  .  .  .  habe  er  vorzüglich 
die  wünsche  der  nation  zu  rathe  gezogen.  92;  Brabant 
aliein  stand  unmittelbar  unter  der  oberstatthalterin, 
welche  . . .  Brüssel  zu  ihrem  beständigen  Wohnsitz  er- 
wählte. 94.  —  häufig  in  freierem  sinne,  in  geistlicher  und 
poetischer  spräche :  du  (seele)  salst  weerdich  wesen  to  her 
Bcopyen  als  eine  keiserinne  unde  als  eine  bruet  ofte  stede- 
holdersche des  keisers.  mnd.  quelle  v.  1469  6«ScniLLKR- 
LüBBRN  4,  S78;  arme  [.Aiskat  ...  diesen  köpf  zu  ver- 
rücken, würde  der  göttin  selbst,  deren  sichtbare  statt- 
halterin  du  bist,  nicht  möglicher  seyn  als  dir.  Wikland 
SS,  270  (Aristipp  1 ,  24) ; 

natur!  der  iM;h0nen  schOnst«,  dn  ffflti^l  .  .  . 
der  gotlheit  fieundin,  weise  stattnalterin 
der  vorsiebt. 

Herder  27,  897  Svphan  (naturhumn.  r.  Shafle»- 
buri  1); 
die  rnrnncbenliebe,  die,  (der  nniiinhtl)aren  ^te 
•tattkelterinn  I)  in  edlea  eeelen  wohnt. 

GUTTKH  1,  412. 

2)  frau  eines  •tatthalt«n.  so  in  dtr  bedeuturtg  6:  and 
dann  bin  ich  eine  statthalterin.  Tikck  don  ^tiu:.^  2,878 
(9, 17,  vgl.  s.  871 :   eaer  gnadvn  ...  litt  die  wUrdigite  ge- 


mahlin  eines  überwürdigsten  Statthalters),  in  der  bedeu- 
tung  6,  c,  nd.  (mekletib.)  staathöllersch.  Mi  85''. 

STATTHALTERLICH,  adj.  'zum  amte,  zur  uürde  eines 
Statthalters  gehörend,  demselben  gemäsz,  tcie  auch,  dem- 
selben ähnlich'.  Campe. 

STATTHALTERN,  verb.  Statthalter  sein,  als  solcher  re- 
gieren; gelegentliche  bildung  mit  scherzhaftem  anstrich, 
vgl.  Campe: 

einst,  da  der  pabst  noch  in  ruh  stattlialterte. 

Voss  2,  253  {der  bezauberte  tev/el  25). 

transitiv  gebraucht:  schaut  auch,  herr  irrender  ritter, 
wohl  zu,  dasz  ihr  das  nicht  vergeszt,  was  ihr  mir  von 
wegen  der  insula  versprochen  habt,  ich  will  sie  gewisz 
Statthaltern  (ßobernar),  und  wäre  sie  noch  so  grosz.  Tieck 
don  Quix.^  1,89  (1,7);  das  Unglück  ist  nur,  dasz  diese 
insel  sich,  weisz  gott  wo?  versteckt  hält,  aber  daran 
liegts  nicht,  dasz  ich  nicht  kopfs  genug  habe,  sie  zu  Statt- 
haltern. 2,  23  (e,  3),  s.  auch  2,  38  unter  statthalterei. 

STATTHALTERPOSTEN,  m.,  dasselbe  wie  statthalter- 
amt,  -ei,  -schaft. 

STATTHALTERSCHAFT,  /.,  abstractbildung  zu  Statt- 
halter, vgl.  statthalterei,  stalthalteramt.  zu  Statthalter  5 
bezxc.  3,  a.  nl.  stadhouderschap,  praefectura  vicaria,  prae- 
fectura  fiduciaria.  Kilian  2,625». 

l)  am,t,  würde,  stelle  eines  Statthalters :  statthalterschafft, 
dignifas  proregis,  provinciae  summa  praefectura.  Frisch 
2,321*';  die  würde  eines  Statthalters.  Adeluno.  belege: 
noch  werden  alle  Statthalterschaften  mit  Niederländern 
besetzt.  Göthe  8,  184  (Egmont  1,2);  einer  von  seinen 
(Egmonis)  vorfahren  hatte  schon  unter  Maximilian  die 
Statthalterschaft  über  Holland  verwaltet.  Schiller  7,85; 
die  erledigten  Statthalterschaften  der  provinzcn  wurden 
entweder  neu  besetzt,  oder  die  alten  bestätigt.  93;  die 
einsetzung  des  prinzen  von  Oranien  in  seine  Statthalter- 
schaften geschah  eigentlich  gegen  die  konstitution  des 
landes.  94;  Wilhelm  von  Oranien  erhielt  vier  Statthalter- 
schaften, andere  kleinere  nicht  einmal  gerechnet.  106; 
dasz  ich  den  herzog  .  . .  dahin  vermöge,  euch  so  bald  als 
möglich  die  versprochene  Statthalterschaft  (gobiemo)  zu 
geben.  Tieck  don  Quix.^  2,250  (8,  lö);  wenn  ihr  es  einmal 
versucht  habt,  .  .  .  werdet  ihr  alle  zehn  finger  nach  der 
Statthalterschaft  lecken,  denn  es  ist  ein  herrliches  ding, 
zu  befehlen  und  sich  gehorchen  zu  lassen.  309  (9,9);  man 
erzählt,  dasz,  als  Sancho  kaum  abgereist  war,  don  Quixote 
.  .  .  ihm  gern  amt  und  Statthalterschaft  wieder  genommen 
hätte.  322(9,11).  (praefectura  urbis.^  dasz,  ehe  die  Sena- 
toren der  beyden  stamme  sich  gleichgestellt  wurden,  auch 
unter  einem  könig  aus  dem  sabinischen,  die  Statthalter- 
schaft einem  Ramnes  vorbehalten  gewesen  ist.  Niebuhr 
2,128;  im  jähr  267,  demjenigen  wo  die  Statthalterschaft 
ein  wählbares  amt  ward.  140;  (proco7isul4it :)  Cäsar  .  . . 
organisirte  die  tinanzverwaltung  des  Staates  und  die  be- 
setzung  der  Statthalterschaften,  und  beschränkte  die  dauer 
der  provinzialverwaltung,  durch  die  er  selbst  mächtig  ge- 
worden war.  Becker  iceltgesch.*  3,Sti.  —  dazu:  unter 
den  niederländischen  groszen,  die  auf  die  oberstatt- 
haltcrschaft  anspruch  machen  konnten,  waren  die  er- 
wartungen  und  wünsche  der  nation  zwischen  dem  «rafcn 
von  Egmont  und  dem  prinzen  von  Oranien  gctheilt. 
Schiller  7, 80;  Philipp  der  zweite  stand  noch  in  der 
schuld  des  sicgers  bei  s.  Quentin  (Egmont),  und  die  ober- 
Statthalterschaft  der  Niederlande  schien  die  einzig  würdige 
belohnung  so  glänzender  Verdienste  zu  seyn.  87.  (dafür 
regentschaft  88.)  scherzhuftt.t  deminutiv :  meiner  scel,  aus 
ist  es  mit  der  arniuth ,  wir  haben  ein  statthalter- 
schaftchen (gobiemiio).  Tikck  don  <^ix.^  8,878  (9,17). 

8)  regierung(sxeif)  eines  Statthalters :  er  hat  seine  groszen 
besitzungen  bey  seiner  Statthalterschaft  in  Kandia  noch 
reichlich  vermehrt.  Heinhk  Ardingh.  i,  t^;  wenn  diese 
Statthalterschaft  nur  vier  tage  dauert.  Tikck  don  <^tix.^ 
2,881  (9,12);  als  Cäsar  von  dieser  slatthallrrschaft  za- 
rUckkam.  Bkckkh  wdtgtsch.*  z,tM. 

8)  provint,  gebiet  tmes  Statthalters,  «■<//.  Adki.iino. 
Campk:  daher  Eweifle  loh  noch,  ob  es  gut  gethan  sei, 
ihn  in  die  Statthalterschaft  zu  schicken,  mit  welcher  ihm 
eure  hohcit  eine  gnade  erzeigt  hat.  Tikck  don  (^uix.* 
2,847  (8,16);  was  Diociotian  begonnen  hatte,  vollendete 
Constantin.    auch  er  thoilte  das  reich ;  in  vier  Statthalter- 


1033  STATTHALTERWÜRDE  — STATTLICH  (1, 1.  2) 


STATTLICH  (I.  2) 


1034 


Schäften  zerfiel  es  fortan,  an  deren  spitze  er  seine  prä- 
fecten  setzte.  . .  .  jede  Statthalterschaft  war  in  mehrere 
diöcesen  getheilt ,  diese  wiederum  in  provinzen.  Giese- 
BRECHT  kaiserz.  1',  43.  so  auch  für  die  nissischen  goii- 
vernements  (Jetzt  nicht  mehr  üblich):  'Statthalterschaft, 
die,  und  das  gouvernement  sind  die  beiden  namen  uelche 
jeder  ansehnlichen  provinz  die  ihren  eignen  gouverneur  hat, 
vermischt  bey geleget  tcerden.  Statthalterschafts-re- 
gierung, die,  ist  die  behörde  welche  unter  dem  Vorsitz 
des  gouverneurs  alle  umgehende  befehle  bekannt  macht, 
für  Ordnung  sorgt,  executionsbefehle  ausfertigt  u.  d.  g.' 
HuPEL  227. 

4)  in  scherzhafter  Übertragung  auf  die  Statthalter  selbst 
{collectivisch,  vgl.  unter  Statthalter  3,  a):  ein  misthaufen, 
auf  den  die  kaiserliche  Statthalterschaft  zu  liegen  kam, 
hatte  sie  vor  beschädigung  gerettet.  Schiller  8,70. 

STATTHALTER  Würde",  /.,  vgl.  Statthalterschaft  l. 
Campe. 

STATTHALTUNG,  /..•  vicariatus  stat  haltung.  Dief. 
gloss.  617'^. 

STATTHUFIG,  adj.:  so  dir  ein  gaul  rech  wird,  so 
zeuch  jhm  alle  vier  eysen  auff  das  härtest  an,  sonst 
schlegt  jhm  die  rechin  in  die  schenckel,  und  macht  den 
gaul  statthueffig.  Seuter  roszn.  (1599)  131.  dr  tick  fehler  für 
satthufig,  s.  das.,  theil  8, 1830. 

STATTICHT,  adj.  et  statthaft,  pro  qtiib.  cmnpos.  ab-  et 
erstatticht, . . .  verstatticht.  Stieler  2116.  (weder  das  simpl. 
noch  die  compos.  sind  .sonst  bezeugt.) 

STÄTTIG,  adj..  s.  stätig,  .9p.  935—8. 

STÄTTINGER,  m.,  in  der  Soldatensprache  für  gülden. 
HORN  96. 

STÄTTISCH,  adj.,  ».städtisch,  sp.  iGdf,  und  statisch, 
sp.  947—9- 

STÄTTLEIN,  «.,  vereinzelt  begegnende  deminxitivhildung 
zu  statt,  vgl.  oben  stättchen:  wie  jene  magd  auch  thete, 
die  hatte  allezeit  einen  teuffei  bey  jr  am  herde  sitzen, 
da  er  ein  eigen  stedlin  hatte,  das  er  sehr  rein  hielt. 
Luther  tischr.  461»,  vgl.  Heine  4,  178  Elster  (s.  unter 
stättchen)  und  582  (lesarten); 

das  bey  der  nacht  im  finstem  thal 
die  äffen  suchten  überall, 
wo  sie  ein  sicher  stethlein  fünden, 
daran  sie  sich  verbergen  künten. 

fronchmem.  Bb  4*>  (2,  2,  10). 

{mhd.  stetlin  H.  Selse  66,  3.  67,  4  Bihlmeyer  ist  wol  = 
städtlcin.) 

STATTLICH,  adj.  ansehnlich. 

I.  herkunft  und  form,,  in  den  (nicht  überall  mit  Sicher- 
heit unterscheidbaren)  lautformen  stätlich  und  stätlich 
vereinigen  sich  Wörter  verschiedenen  Ursprungs ,  die  jetzt 
zum  theil  zusammengefallen,  zum  theil  erloschen  sind. 

1)  im  mhd.  findet  sich  ein  adverb  stateliche(n),  zuweilen 
mit  Umlauf  stätliche,  stetelichen,  das  gewöhnlich  'den 
umständen  angemessen,  gehörig',  daneben  'langsam'  und 
'standhaft'  bedeutet  und  eine  ableitung  von  state  (s.  statt  I,  3. 
II,  B,  sp.  9.54/.  973^.)  ist.  Lexer  handwb.  2, 1147.  es  be- 
gegnet schon  spätahd.  {bei  Notker)  als  stätelicho,  s.  Grafp 
6,  647 :  tö  hiej  man  lovis  prievarun  eiiia  dero  parcarum 
&fter  ördeno  ünde  stätelicho  {pro  suo  ordine  ac  ratis 
modis)  die  himelsagen  d&rauuisen.  Notker  l,  734, 4  Piper 
{Marc.  Cap.  l,  29).  ein  entsprechendes  adj.  ist  vor  dem, 
ie.jahrh.  nicht  nachgetciesen. 

2)  das  nhd.  adj.  stattlich  kann  im  allgemeinen  als  fort- 
Setzung  des  mhd.  gelten,  wie  die  einzelnen  Verwendungen 
zumeist  tceiter  bestehen,  doch  scheint  damit  eine  ableitung 
von  Staat,  stat  in  dem  sinne  'auftcand,  prunk'  (».  staat  3, 
»p.  276—9),  die  dann  aUo  mit  dem  heutigen  staatlich, 
politicus  {sp.  286)  dem  Ursprünge  nach  identisdi  ist,  nur 
dasz  sie  auf  eine  andre  bedeutung  des  grundwortes  zurück- 
geht, zusammengefallen  oder  eine  nachträgliche  anlehnuug 
an  und  beeinflussung  durch  staat  eingetreten  zu  sein,  auf 
diese  annähme  führen  folgende  umstände: 

a)  die  bedeutung  hat  sich  insoweit  gewandelt,  als  stattlich 
im,  nhd.  weniger  den  begriff  des  angemessenen,  gehörigen, 
als  den  des  groszartigen  und  imposanten  ausdrückt,  s.  II. 

b)  die  andern  germ.  sprachen  loeisen  Wörter  auf,  die 
dem  nhd.  nach  form  und  bedeutung  sehr  nahe  stehen  und 
nur  die  herleitung  aus  lat.  status  gestatten,  so  vielleicht 
»chon  mnd.  statelik,   das  erst  spät  und  vereinzelt  in  ost- 


elbischen  quellen  begegnet,  s.  Schiller-Lübben  4,  369»  und 
unten  die  belege  unter  2,  a  (statylyg),  aus  Lauremberg, 
s.  6,  a  (staetlick,  staedlik)  uiid  den  nd.  bauernkom.  (statt- 
lick),  s.  6,  c,  und  vielleicht  von  anfang  an  unter  hd.  ein- 
flusse  steht;  Dähnert  kennt  ein  veraltetes  staadlik,  'een 
staadlik  mann,  ein  vermögender  mann'.  iä:y^,  und  'statlik. 
adi.  u.  adv.  tüchtig,  auf  die  beszte  art'.  458''.  sonst  ist  nd. 
dafür  geicöhnlich  staatsch  eingetreten,  s.  staatisch,  sp.  286, 
und  statiös,  sp.  946/.  ferner  holl.  statelijk,  stattlich,  grosz- 
artig  {neben  statig,  feierlich),  vgl.  Franck  952.  staetigh, 
staetelick,  gravis,  severus,  constans:  auctoritate  et  reve- 
rentia  Valens :  magnificus ,  elatus.  Kilian  2,  627''.  aus 
dem,  holl.  stammt  wol  ostfries.  stateUc,  stattlich,  feierlich, 
auch  staatfestelk.  Stürenburg  262».  ten  Doornkaat 
KoOLMAN  3,  304»  (statelik,  statelk).  —  das  engl,  stately 
begegnet  zuerst  bei  Ckaucer  als  estatlich  (estatlich  of 
manere  Canterb.  tales  A  140,  estaatly  honestee  5  3902), 
als  stateli  {adv.)  um  1430,  s.  Stratmann-Bradley  574'». 
SkejVT  593».  schtced.  stätlig  prächtig,  dän.  entspricht  stad- 
selig  zti  stads,  staat,  prunk. 

c)  auch  im  nhd.  selbst  finden  sich  formen  mit  langem 
vocal:  das  sie  der  clerisey  die  schutzung,  so  ihnen  etwan 
vom  radt  und  gemeiner  stadt  stahtlich  mit  brieffen  und 
siegeln  verschrieben,  abkundigen  .  .  .  sollen,  d.  städte 
chron.  27, 184,  7  (Langhans  Magdeb.  hist.  1524).  die  geicöhn- 
lichen  Schreibungen,  der  altem  .spräche  stätlich  und  stattlich 
lassen  allerdings  auf  kürze  des  vocals  schlieszen;  seltner 
finden  sich  stadtlich  {urk.  iM525,  Heinr.  Julius  v.  Braun- 
schweig, Ayrer)  und  stadlich  (Luther,  urk.  r.  1546), 
s.  unten,  auch  formen  mit  umlaut  finden  sich  vereinzelt 
im  15. — 16.  jahrh. ,  s.  unten  1,  b.  e.  2,  a.  i,  c.  um  so  auf- 
fälliger ist,  dasz  bei  Göthe  die  Schreibung  staatlich  nicht 
selten  vorkommt,  und  zwar  in  den  werken  erst  spät: 
gleichgewicht  und  ernst  war  jedoch  alsobald  wieder  her- 
gestellt, und  die  aufmerksamkeit  auf  eine  neue,  staatlich 
heranziehende  procession  gelockt.  43,  267  {Sanct üochus- 
fest  zu  Bingen  1814.    gedr.  1817); 

staatlich  vor  dem  volke, 
schwarzes  haares,  langes  kleides. 

6,  14  {noten  sum  xceMöM.  dir.,  Araber  11, 
gedr.  1819). 
auch  in  den  briefen  scheint  stattlich  die  älteste  Schreibung 
zu  sein,  z.  b.  2,  64  (1773),  *.  unten  3,  e;  doch  setzt  staatlich 
hier  viel  früher  ein :  unter  den  generals  und  offiziers  ist 
manch  tüchtig  und  staatlicher  mann.  3, 227  {an  Ch.  v.  Stein, 
d.  28.  mai  1778) ;  der  almanach  macht  wirklich  ein  staat- 
liches gesicht.  11, 158  {an  Schiller  d.  13.  atig.  1796;  im  texte 
der  Weim.  ausg.  in  stattliches  geändert.');  mit  vielem  ver- 
gnügen gebe  ich  dir  .  . .  die  nachricht  dasz  in  der  gestrigen 
leseprobe  die  Mohrin  {Einsiedeis  bearb.  des  'Eumichen' 
V.  Terenz)  recht  gut  vorbereitet  worden.  .  .  .  künftigen 
dienstag  . . .  wollen  wir  eine  zweyte  staatlichere  leetüre 
bey  mir  vornehmen,  wozu  du  schönstens  eingeladen  bist. 
16,  188  {an  v.  Einsiedet  d.  12.  febi:  1803).  jedenfalls  hat 
Göthe  also  die  lautgebttng  nicht  atis  seiner  heimatsmund- 
art.  so  auch:  staatliche  besuche.  Kosegarten  bei  Campe 
{unter  stattlich),  vgl.  Adelung  unter  e.  die  Schreibung 
stattlich  vertheidigt  Heynatz  2,  444. 

d)  auch  in  mundarten  scheint,  soweit  das  wort  über- 
haupt üblich  ist,  langer  vocal  zu  gelten;  doch  ist  es  nur 
in  östlicfieren  gegenden  bezeugt:  tirol.  'stätlich,  stalle', 
l)  stattlieh,  festlich,  vornehm  geschmückt;  2)  hoffartig  im 
anzuge  {ob.  Efsch).'  Schöpf  702;  'stattlich,  dieses  edle  icort 
der  Schriftsprache  führt  auch  das  landvolk  in  der  Ober- 
lausitz itn  munde.  .  . .  sie  sagen  gewöhnlich  etwas  gedehnt, 
staatlich.'  Anton  4,  12,  vgl.  13,  6  {so  richtiger,  xceil  von 
Staat,  j««te  herkommend);  altenb.  stootlch  (dos  soch  stootlch 
aus)  Pasch  lOO.  (Schmeller-  2,  7%  belegt  stattlich  nur 
aus  der  altem  spräche.)  nach  Adelung  {s.  unter  e)  ist 
das  wort  besonders  oberd.,  und  Heynatz  Antibarb.2,iH 
bemerkt:  'die  Oberdeutschen  gebrauchen  stattlich  etwas  m 
häufig,  oft  wo  gut  hinreichen  würde',    {vgl.  unter  II.) 

e)  die  altem  nhd.  Wörterbücher  pflegen  ebenfalls  stattlich 
als  ableitung  von  staat  aufzufassen,  so:  stattlich,  quod 
in  stto  genere  eximium  est,  a  stat  qualitas.  Wächter  1.593. 
Stein  BACH  2,  687  und  Frisch  2,  313»  stellen  es  unter  staat, 
obwol  sie  stätlich  schreiben,  ausdrücklich  leitet  es  Ade- 
lung ton  Staat,  pomp,  pracht,  ab;  er  vergleicht  engl. 
stately,    schwed.  stätelig,    böhm.  statecny,    und    bemerkt 


1035 


STATTLICH  (},  2-6.  II) 


STATTLICH  (H,  1) 


1036 


tceiter .-  'die  Hochdeutschen  braticJien  dieses  wort  auch,  . .  . 
d-och  nicht  so  häufig  als  die  Oberdeutschen,  denen  es  ilberaus 
geläufig  ist.  es  ist  ohne  zioeifel  von  staat,  pracht,  poinp, 
und  fiele  gemeine  mundarten  sprechen  es  auch  sehr  richtig 
staatlich  aus,  nieders.  staatsk.  indessen  i,st  im  hoch-  und 
oberdeutschen  die  kurze  attssprache  des  a  und  die  Ver- 
doppelung des  folgenden  mitlauters  die  gewöhnlichste,  auf 
icelche  art  es  denn  auch  am  häufigsten  geschrieben  toird. 
ähtUich  Campe  (stattlich  2  und  staatlich  l).  —  noch  früher 
kommt  eine  andre  ableitung  vor,  die  auf  der  geicöhnlicfien 
atissprache  mit  kurzem  vocal  beruht:  statlich,  statlicher, 
statlichster,  adj.  et  adv.  propr.  id.  esset,  quod  städtisch, 
sed  crponitur:  solennis,  excellens,  praeclarus,  splendidus, 
lautus,  opiparus,  egregius,  exquisitus.  Stiki.eii  2113/.  U7id 
so  schicankend:  statlich,  per  abuso  stattlich,  adj.  di  grand' 
uso  [da  Stadt,  cittä  quasi  städtisch,  overo  da  stat,  stato 
quasi  statisch,  stattlich]  pomposo,  superbo,  splendido, 
eccellente,  grande ,  magmfico,  reale,  ricco  etc.  v.  vortreff- 
lich, herrlich,  köstlich  etc.  prächtig  etc.  Kijamer  dict. 
2, 913».  vgl.  dazu  3.  —  die  ableitung  von  mhd.  state  zu- 
erst (?)  bei  Schmei.ler'^  2,7%,  doch  mir  für  die  bedeutung 
'reichlich,  ansehnlich,  prächtig';  daneben  stattlich  'icas  an 
seinem  orte  ist.  gehörig'  von  stat,  loctis.  diese  letztere  er- 
klärung  ist  abzuweisen,  weil  die  umlautslose  form  statelich 
tceitaus  überwiegt,  und  die  wenigen  fälle  von  unilaut  sich 
aus  einflusz  der  abhitiingssilbe  verstellen  lassen,  die  ab- 
leitung von  State  ferner  bei  Wkigand  2,  801.  Kluge**  376**. 
Paul  «s*». 

3)  es  findet  sich  aber  in  der  altern  spräche  auch  eine 
wirkliche  adjecHvbildiing  zu  studt,  nö/.ts.  sie  begegnet 
vom  15. — 17.  jahrh.  (belege  v.  1471 — 1616)  in  oberd.  quellen 
{besonders  der  Schtceiz,  ferner  bei  Keisersbero,  in  Nürtib. 
thron,  und  Salzb.  taid.),  fast  immer  in  der  Schreibung 
stattlich  (daneben  mit  umlaut  stötlich  Salzb.  taid.)  und 
meist  in  der  bedeutung  'bürgerlich,  civilis,  politicus',  doch 
auch  in  dem  abgeleiteten  sinne  des  lat.  urbanus;  von  den 
Wörterbüchern  haben  sie  Dasypodius,  Maaler  u.  Henisch, 
8.  sp.  479  und  Lexer  m,hd.  handxcb.  2, 1149.  nachzutragen  : 
politicus,  ein  statlicher.  DiEi'.  gloss.Ub^(emle  des  15.  jahrh.). 
wol  auch .  disz  gebürgig  und  freisam  volck  (doch  jetz 
etwz  freündtlicher,  und  mer  statlicher  sitten  gewonet). 
S.  Franck  tceltb.  64".  später  ist  diese  bildung  zu  gunsfen 
von  städtisch  aufgegeben;  Stieler  kennt  sie  nicht  mehr, 
vgl.  unter  2,e.    vgl.  auch  unten  II,  6,  c  (Rufe). 

*)  stattlich  als  verbaladj.  zu  (ge)statten  führt  Campe  (l) 
auf:  eine  stattliche  bitte,  dies  ist  nicht  stattlich  (danach 
Wkigand  2,  80l),  doch  bemerkt  er  selbst,  dasz  es  nicht  ge- 
wöhnlich sei.  ea  ist  wol  eine  theoretische  bildung,  die  nie 
mala  in  gebrauch  war. 

5)  statlich,  stetlich  findet  sich  in  de?-  alten  spräche  öfter 
als  gleielibedeutende  Weiterbildung  des  adj.  stät,  stet;  so 
schon  6ei  Williram  14**,  6:  stfttlicho  büentiu,  vgl.  (iitAi'P 
6,647;  mild,  statlich,  stÄt(e)Iich,  meist  als  adv.  -liche(n), 
a.  Lexer  luindwb.  2,  1147;  mnd.  nur  als  adv.  stadelike 
Schiller -LÜRBEN  4,  351»  und  stedeliken,  -likes  373''. 
a.  unten  stetlich.  die  abgrenzung  von  stattlich  ist  nicht 
immer  ganz  deutlich  und  aicher. 

6)  ähnliche  formen  mit  umlaut  aonat  vereinzelt  in  ver- 
aehiedenen  bedeutungen. 

a)  'endlich'  und  'stedlich'  heyst  'festinanter'.  Luthbk 
29,446,20  Weim.auag.  (zu  Luc.  1,.TO,  vgl.  oben  statt  II,  A,4,c, #, 
»p.  966).  —  doch  scheint  auch  stattlich  vereinzelt  die  be- 
deutung 'aogleich'  zu  haben:  dieser  Unfall  nahm  jhm  die 
edelsten  gliedcr  desz  leibes  ein ,  dasz  er  fast  stattlich 
verstarrele.  Opitz  Arg.  (\nu)  2, 120. 

h)  'schädlich,  nacht/teilig'  (?):  da«  yman  den  andern 
yrrct  an  «yner  clagc  mit  rufonc  adir  mit  schcldone  adir 
mit  anderen  unrechte,  daz  em  stcdelich  sy  an  »ymo  rechte. 
»äeha.  fneichhü/trecht  v.  18H1  cap.  25  (».  18  Walther),  du  die 
bedeutung  nur  die  im  glosaar  angegebene  sein  kann,  so 
mochte  man  druckj'etder  für  «cedojich  annehmen;  doch 
scheint  «c  für  «ch  sonst  nicht  vortukommen. 

II.  die  ttcdeutting  den  nhd.  wortea  iceiat  veraehiedene 
nuaneen  auf,  die  jedoch  manchmal,  so  unltestimmt  und  alt- 
ftmein  aind  und  mt  manniz/fneh  in  einander  übergehen, 
tUut  ein«  getunte  präeiaierung  und  sondening  kaum  min/ 
lieh  iat.  die  tutchstehende  dmrattUung  hält  im  ganzen  die 
ehroHologisehe  folge  ii%m. 


1)  im  16.  jahrh.  (ganz  vereinzelt  später)  begegnen  aus- 
drucksweisen ,  die  noch  mehr  oder  weniger  deutlich  die 
herleitting  von  mhd.  state  erkennen  lassen. 

a)  unter  günstigen  umstätxden,  bequem,  sicher,  vgl.  statt 
II,  B,  3—6:  hiemit  befehlend  den  .  .  .  d.  Luther  . .  .  bey 
solchem  gleit  zu  schützen  .  . ,  auff  das  er  desto  statlicher 
und  sicherer,  on  beschwerung,  durch  und  fflröber  kernen 
mfige.  'hertzog  Fridrichs  .  .  .  zu  Sachsen  gleitsbrieff'  v.  \Wi\ 
bei  Luther  1,435»;  ähnlich  noch:  es  bedurffte  bey  jhnen 
nicht  viel  bittens,  weil  jhnen  ...  die  gelegenheit,  dar- 
nach sie  ...  fürnemblich  stunden,  so  stattlich  an  die 
band  gegeben  ward.  Opitz  Arg.  (1644)  2,  409.  vgl.  den  eisten 
beleg  unter  4,  o. 

b)  von  nutzen,  nützlich,  vgl.  statt,  II,  B,  7,  sp.  97"! ;  so 
einmal  mit  umlaut:  o  edles  pferdt  Douctin,  umb  deinent 
willen  bin  ich  fast  betrübt,  das  ich  dich  an  ende  und 
ort  mir  gefeilig,  nit  fürn  mag,  . .  .  wann  du  mir  offter- 
mals  in  streiten  und  manchen  wegen,  stettlich  ge 
wesen  bist,  und  deiner  getreten  dienst  sage  ich  dir 
grossen  danck.   Fierrabras  (1533)  G  l». 

c)  häufiger  in  der  Verbindung  stattliche  hilfe,  förder- 
lich, ausgiebig,  wirksam:  welcher  gestalt  die  Hungern 
durch  den  langwürigen  krieg  ...  in  gantz  Unvermögen 
kommen,  also,  dasz  sie  für  sich  selbst,  ohn  anderer 
christglaubiger  gewalt,  und  hülff,  dem  Türeken  allein 
kein  widerstand  zuthun  vermöchten,  unnd  darumb  aber- 
mals umb  ein  stattliche  förderliche  hülff  . .  .  gebetten. 
reicJistag  absch.  s.  161  (Nürnb.  1524  §30);  die  statliche  und 
horliche  hilff  wider  den  Türeken.  Weim.  urk.  v.  1527  bei 
DiEF.-WtJLCKER863.  adverbial:  und(das f rank,  reich) 'wurd 
also  darumb  tailt,  das  ain  brueder  dem  andern  dest 
füeglicher  und  statlicher  zu  hilf  möcht  komen,  so  ain 
iedlicher  in  seins  bruedcrn  tail  auch  land  und  leut  . .  . 
het.  AvEN TIN  chron.  2, 132, 10  (läszf  .^ich  auch  unter  a  eiri- 
reihen).  —  von  arznei:  holderblüe  ist  stattlich  hieher  zu 
gebrauchen.  Minderer  ici  Schm.^  2, 796.  —  in  demselben 
sinne  auch  stattlicher  widerstand:  welchem  {dem  Türken) 
stattlichen  widerstandt  zu  thun,  die  unvermeidentlich 
notturfft  erfordert,  reichstag  ah.9ch.  s.  164  (Augsb.  1525); 
sich  auch  unterfienge  der  Sünden  lust  und  begierd  in 
dem  fleisch  einen  statlichen  widerstand  durch  den  geist 
zuthun.  Gretter  erkl.  der  ep.  Pauli  an  d.  Römer  (1.566) 
458.  adverbial:  damit  im  (Aiifigonu.s)  obg'nant  neu  künig 
dester  statlicher  widerstand  tuen  möchten,  treulicher 
einander  halfen,  verpflichteten  si  sich  auf  ein  neues 
zam.  Aventin  chron.  1,  378, 13;  als  e.  keyser  maiestet .  .  . 
einen  gemeinen  reichstag  allhie  gen  Augspurg  gnedig- 
lichen  ausgeschrieben  .  .  .  von  sachen,  unsern  .  .  .  erb- 
feind,  den  Türeken  betreffend,  und  wie  demselben  mit 
beharlicher  hülff  statlichen  widerstanden  . . .  müge  werden. 
Melanchthon  corpus  doctr.  Christian.  (1.560)  vorr.  zur 
Aug.<>b.  con/.  B  1».  .so  auch:  und  wo  nit  statlich  darwidcr 
gehandelt,  {wird  er)  die  itztbcnant  christlichen  laut 
leiciitlich  bezwingen.  Nürnberger  urk.  v.  1522  bei  Diek.- 
Wi)LCKER  863. 

d)  stattlicher  beweis;  entsprechend  adverbial:  item  un- 
bekante  zeugen,  sollen  auff  anfechtung  des  gegentheyls 
nit  zägelassen  werden,  es  würd  dann  durch  den,  so  die 
zeugen  stellet,  stattlich  fürbracht,  dasz  sie  redlich  und 
unverleumbt  weren.  (larolina  art.  63;  so  vereinzelt  noch 
im  iH.  jahrh.:  Paulus  hat  dicRz  in  seinem  ersten  brief 
an  die  Korinther  so  stattlich  dargethan,  als  hält"  er  im 
geiste  blos  auf  unsere  Zeiten  gesehen.  SciiriiAicr  leben 
u.  gesinnungrn  2,  217;  das  gegeiüheil :  der  först  sAlIe  der 
frewntschafit  des  gefangnen  verprochen  und  miss«>tHt 
schrifftlich  zustellen  odder  die  frewnt«cliafft  zu  yhme 
lassen,  damit  sie  yhn,  was  er  unrecht,  darvon  doste  »tät- 
licher möchten  weisen.  Luther  23,  4«2.  23  HVi»i.  ausg. 
mm  gehr.  8,416»;  die  zween  treffliche  nienner,  Lyra  und  Bur- 
gcnsis,  haben  . .  .  der  jftden  undeligs  doulon  {der  srhrift), 
trcwlicli  beschrieben,  und  furwar  statlich  verlegt  {wider 
legtl  H,  49».  dam  ferner:  und  nachdem  aber  (rf.  nach 
ricIU  von)  obgemelt  solihichtcn  und  des  pundischen  hccr» 
.  .  .  emRlIichN  hnndlung  und  straf,  hieher  goin  Roten- 
burg so  glaubhaftig  und  ntnttlich  gelangten,  das  die 
ganz  offcnpar  und  nit  mer  vou  dem  aiigofnllen,  auf- 
rurigen  geÜifel  zu  laugen  oder  zu  verdecken  war.  quellen 
zur  geaeh.  dta  bauernkr.  au«  liotenburg  an  d.  Tauber  a.  461 


1037 


STATTLICH  (II,  1.  2) 


STATTLICH  (U.  2.  3) 


1038 


Baumann;  Mentz  hat  etlich  mal  nicht  dabey  sein  wollen, 
weil  sie  es  also  durch  einander  gekartet  haben,  als  man 
statlich  {mit  grund)  sagt.  Spalatinus  bei  Luther  5,36^; 
wie  jhr  dann  dessen  ein  stattlich  exempel  an  nnsers 
Gurgelstroszlingers  vatter  Gurgelgroszünger  'werdet  ver- 
nemmen.  Garg.  s.  60  neudr.;  als  seyn  syndici  herrn 
principaln  zum  nohtfall,  und  wann  die  dinge  zum  standt 
des  rechten  kommen  sollen,  jhre  und  gemeiner  stadt 
frey-  und  gerechtigkeit  mit  gottes  hülff,  durch  statlichen 
schein  (ausreichende  beweise,  documente)  ...  zu  deduciren 
erbötig.  urk.  v.  1595  bei  Haltaus  1737. 

e)  stattliche  Ursachen :  dann  weil  sie  natürlich  gesatz 
genant  werden,  so  hätten  ir  weise  und  regel  sollen  von 
ainem  kurtzen  weg  der  menschlichen  vernunfTt  durch 
;an  natürliche  st&tliche  ursach  gefast  und  geschlossen 
werden.  Melaxchthon  aniceisimg  in  d.  h.  sehr,  deutsch 
V.  Spalatinus  {Augsb.  1523)  s.  38;  solchem  verdacht .  . . 
begegnet  Paulus,  eben  mit  dem,  dasz  er  jetzund  stat- 
liche  Ursachen  erzelet,  warumb  jn  so  hart  nach  Rom 
verlange.  Gretter  erkl.  d.  ep.  Pauli  an  d.  Römer  (l566)  37. 

/)  den  Wendungen  unter  d  entspricht  auf  der  andern 
Seite  stattlich  glauben,  fest,  zuversichtlich:  allein  das 
einige  stück  bey  uns  in  die  obren  getragen,  als  sollte 
sich  ungehorsam,  aufruhr  und  frevel  wider  die  oberkeit 
bey  euch  eugen  {ereignen),  welchen  ich  doch  bis  auf 
kundschaft  des  andern  theils  nicht  habe  stattlich  glauben 
wollen.  Luther  briefe  3,  464  {vom  31.  mai  1529).  —  häufiger 
einen  vertrag  i«.  ähnl.  statlich  halten,  fest,  genau,  vso 
sich  statlich  sehr  der  bedeutung  von  stetlich  (=  stet,  stät, 
s.  das.)  nähert:  und  damit  sölich  einung  und  vertrag 
dester  statlicher  gehalten  und  gehanthabet  werde.  Ans- 
HELM  Bern«-  cÄ/o«.  3,  249,  21 ;  damit  aber  dis  kristlich 
Ordnung  und  Vereinigung  dester  statlicher  volzogen  und 
gehalten  werd.  5,  168,  15;  auch:  so  war  kaiser  Valens 
arianisch,  wolt,  damit  si  dest  ainiger  warn  und  frid 
dest  statlicher  gehalten  würd,  das  die  Teutschen,  die 
Gueten,  im  glauben  des  römischen  kaisers  mainang 
halten  sollten.  Aventin  cAron.  l,  1077,  27. 

2)  meistens  bedeutet  statlich  im  15.— 16.  und  bis  ins 
17.  jahrh.  'ordentlich,  gehörig,  geziemend',  ztiiceilen  auch 
'in  aller  form,  förmlich,  offiziell,  feierlich'. 

a)  als  adj. .-  deshalben  jch  zuesambt  jn  . . .  e.  k.  mt. 
bevelh  und  fürnemen  zu  fnrdern  vleis  tun  und  aber 
khainen  statlichen  abschid  (bescheid)  erlanngt.  urk. 
Maxim,  nr.  27  Chmel  (vom  2.  märz  1494);  dieweil  aber  jhr 
keyserliche  mayestat  dieser  zeit,  mit  höchsten  und  be- 
schwerlichen obligen  verhindert,  . .  .  haben  jhr  keyser- 
lich  mayestat  .  .  .  uns,  als  jhr  mayestat  commissarien, 
unnd  gewalthaber  mit  stattlichem  vollkommentlichem 
befelch  unnd  instruction  zu  diesem  reichstag  verordnet. 
reichstag  absch.  s.  164  {Attgsb.  1525);  vgl.  {in  den  späteren 
ginn  umgedeutet):  magnificentissimis  decretis  honestari, 
gewaltige  stattliche  befehl  bekommen.  CoVivinüs  fons 
latin.  318';  wolbedechtigklich  mit  zeitlichen  und  stad- 
lichem  gehaptem  rathe.  Mansf.  urk.  v.  154€  bei  JLvltaus 
17.37;  desgleichen  auch  die  Jurisdiction  ietzo  diesser  zeit 
furderlicher  dann  zuvor  ye  eine  stadtliche  handthabunge 
und  auffsohunge  bedarff.  ebenda  {urk.  v.  1525);  damit  der 
obrigkait  statliches  gericht  fürderlich  gehalten  (werde), 
tirol.  ieei.<»th.  4,  630, 1 ;  dar  hen  tho  senden  eyne  statylyge 
boedschop  myt  eyner  fulenkamen  fulmacht.  monum. 
lAvoniae  ant.  4,  209  {vom  j.  1572).  ähnlich  noch  später, 
mit  andrer  ntiance:  ein  groszer  reichstag  hatte,  wie  solche 
Versammlungen  in  der  regel,  kein  anderes  resultat,  als 
stattliche  beschlüsse.  Schlosser  uxligesch.  »,339  {vgl. 
unten  6).  so  auch .-  zu  Lyon  in  Franckreich  slifltete  er 
{kaiser  Claudius)  unter  den  rednem  und  poeten  bey  des 
Angustns  altare  eine  stattliche  ubung,  und  satzte  vor 
die  so  gewinnen  oder  verlieren  würden,  gewisse  ver- 
ehning  und  straffen  aasz.  Opitz  i,  var.  4*. 

b)  häufiger  adverbial,  in  bezug  auf  staatliche  dinge,  Ver- 
handlungen und  beschlüsse,  gericht  u.  ähnl.:  will  von 
Städten  und  markten,  wiewohl  die  von  der  prälatur  nicht 
stattlich  hier  sind,  nichtsminder  unsre  nothdurft  er- 
heischen, bayr.  landtagshandl.  13,  107  {prälaten-  u.  städte- 
ausschusztog  1.500);  nach  dem  nachtessen  warn  gemelte 
gesandten  der  von  Rotenburg  vor  gemelten  churfursten, 

i      forsten,  oberstem  feldhauptman,  pandsräten  ond  andern 


stenden  in  gemeltem  newen  hof,  darinnen  sie  all  statt- 
lich Sassen  und  versamelt  warn,  erschinen.  quellen  zur 
gesch.  des  bauemkr.  aus  Botenburg  an  d.  Tauber  s.  470 
Baumann.  —  stattlich  handeln,  verhandeln:  der  fürst, 
der  in  des  alten  Jagsthaimers  haws,  darinnen  sein  gnad 
zu  herberig  lag,  mit  aim  rat,  so  auch  darinnen  was, 
stattlich  handeln  liesz.  s.  558 ;  und  also  . . .  obgedachte 
churfursten  unnd  fürsten  anff  den  ersten  tag  . . .  de- 
cembris  ...  zu  uns  her  erfordert,  in  so  beschwerlichen 
Sachen  . . .  sampt  uns  stattlich  zu  handeln ,  zu  rath- 
schlagen  und  zu  beschliessen.  reichstag  absch.  s.  173  {Esz- 
lingen  1526  §  l) ;  darumben  ist  von  nötten,  das  bait  richter 
nit  widerwärtig  sunder  ains  sein,  damit  in  söUichen 
Valien  statlich  gehandlt  und  die  leut  durch  der  richter 
irrung  nit  genaehtailt  werden.  Salzb.  taid.  s.  227,  30  (Eauris 
1565);  der  bedeutung  1  nahestehend  (vgl.  l,c.d):  damit  auch 
auff  dem  kunfTtigen  concilio  dester  furderlicher,  stat- 
licher und  ausstreglicher  von  der  newen  lere  gerat- 
schlaget .  .  .  werde.  Luther  15,  274,  8  Weimarer  ausg. 
(=  sehr.  2,  433'') ;  damit  auff  solch  formliche  gründtliche 
beschreibung  stattlich  unnd  sicherlich  {eerto  recteque 
GOBLEH,  tuto  et  libere  Remus)  geurtheylt,  oder  wo  es 
nott  thün  würde,  darausz  nach  aller  nottnrflt  {bei  höheren 
instanzen)  geradtschlagt  werden  möge.  Carolina  art.  189; 
alda  sein  herligkait  die  tail  statlichen  in  clag  und  ant- 
wort  vernomen  und  darauf  den  nachvolgenten  entschidt 
geben,  steir.  taid.  468, 18  {albenbr.  v.  1550).  —  item  mit 
den  apoteckem  statlich  ze  reden,  daz  sie  darob  sein  . . . 
d.  städtechron.  10,  369,  anm.  3  {Xümb.  quelle  v.  14831;  item 
des  Unwillens  halb,  so  sich  zwischen  hertzog  Cristoffen 
von  Beyrn  2C.  und  grafen  Balthazarn  von  Swartzburg 
mit  smehen  worten  begeben  hat,  ist  verlassen,  zu  beden 
herren  zu  bescheyden  und  statlich  mit  ine  ze  reden. 
382,  anm.  l  (1487);  und  als  nu  der  rat  sollich  ir  antwurt 
vemam,  ward  wider  zu  in  geben  und  in  gar  statlich 
ertzelt,  wie  die  von  Streitparg  besloszt  und  gefründt 
leut  wem.  2,  75,  38  {Nürnb.  rathsverh.  v.  1444) ;  dem  haben 
wir  anhewt  unser  ratsbottschaft  stattlich  zu  und  ent- 
gegen geschickt,  quellen  z.  gesch.  des  batiernkr.  aus  Soten- 
burg  s.  535  Baumann;  nach  dem  durch  unsere  und  des 
heyligen  reichs  churfursten,  fürsten  unnd  andere  stende, 
stattlich  an  unsz  gelangt  {uns  gehörig  berichtet  ist).  Caro- 
lina, vorr.  (s.  4  Köhler-Scheel).  —  imser  ratsboten  haben 
nicht  künnen  vermercken  noch  versteen,  daz  derselbe 
fürst  marggraff  Albrecht  sulch  dargelegte  rechtbote,  die 
doch  von  des  vorgenanten  herren  von  Heideck  und 
unsem  wegen  so  gar  statlich  und  volliclich  geseczt  sein, 
aufnemen  oder  sich  der  genügen  habe  laszen  wollen. 
d.  städtechron.  2, 136,  3  {Nürnb.  quelle  v.  1449) ;  auch  ward 
in  {deji  sohlaten)  statlich  bevolhen,  daz  sie  den  gensen 
und  hünern  nit  solten  nachlaufen.  244,  24;  s.  attch  27, 184,  7 
unter  1,  2,  c.  feierlich:  versprach  er  {Lucifer),  jhro  in 
gegenwertiger  seines  reichs  versamlung  vor  andern  höl- 
lischen geistern  stattlich  zu  gedencken,  auf  dasz  männig- 
lichen  kund  werden  möchte ,  wie  so  gar  treue  dienste 
er  niemalen  unbelohnet  gelassen.  Philander  1,66.3. 

3)  in  der  altem  spräche  wird  stattlich  häufig  als  all- 
gemeines lobendes  beitcort  gebraucht;  vortrefflich,  ausge- 
zeichnet, herrlich:  statlich  (adj.)  lautus;  egregius,  spün- 
didus.  Stein  BACH  2,687;  staÜieh,  adv.irtagnifice,  splendide. 
Frisch  2,313»,  vgl.  Stieler  und  Kramer  unter  I,  2,  e. 
so  besonders  im  16. — 17.  jahrh.,  doch  auch  im  18.  nicht 
selten  und  vereinzelt  bis  ins  19.  jahrh. 

a)  stattliches  2unt  und  dergl.:  also  hat  Moses  einen 
stadlichen  beruff  . . .  denn  alhie  mus  dieser  stammeler 
und  armer  betler  ausrichten,  das  sonst  vier  könige 
nicht  vermöchten  zu  thun.  Luther  16,59,28  Weim.  ausg. 
{zu  2  Mos.  4, 14 jf.) ;  unsere  gröste  ehre  ist,  stathche  ämter 
und  dienste  zu  erlangen,  um  dadurch  geehret  zu  werden ; 
wir  seyn  tichtig  und  geschikt  darzu  oder  nicht  Butschky 
Paihmos  s.  251 ;  ein  statlich  amt,  carica  insigne,  cospicua, 
eceellente,  riguardevole.  v.  ansehnlich.  Kramer  diet.  2,913'' 
(ein  stattliches  amt,  ein  ansehnliches,  einträgliches.  Ade- 
LU.MG2);  statlicher  titui,  titolo  superbo,  predicato  eceel- 
lente. ebenda  (ein  stattlicher  titel  .Aiielung  i);  statlicher 
name,  nomen  honeatum,  pulcherrimum.  Stieler  2114. 

b)  besonders  im  17.  jahrh.  aueJt  voti  menschen;  ange- 
sehen, vornehm,  attch  für  reich  (vgl.  statt  II,  B,  4,  sp.  975): 


1039 


STATTLICH  (II.  3) 


STATTLICH  (II,  3) 


1040 


oder  ich  sey  des  teufTels,  wa  ich  nicht  meh  dann  sechs 
monat  einmal  freie  tafel  daselbst  hielt,  als  der  statlichst 
{nobehte,  freigebigste^)  rector  zu  Padua  unnd  Doli.  Qarg. 
s.  386; 

villeicht  kan  ich  dir  beystandt  than 
durch  fQrschub  meiner  stadtlicben  freundt. 

AvRER  581,  31  KeUer; 
stattliche  person  und  grrosse  gaben, 
selten  was  puts  auszgericht  Haben.     Petri  Tt  l* ; 
wie  jezt  unsre  feind,  so  statlich,  stoltz  und  erosz, 
dir,  nerr,  und  uns  zu  spot  jhr  aigen  lob  erklingen. 

Weckhkri.in  ged.  18^  {pn.  74,  20); 

vgl.:  regina,  eine  königin,  eine  stattliche  und  reiche 
frau.  ConviNUS  fons  lat.  öil*»;  ein  statlicher  mann,  un 
huomo  ecceUente,  nguardevole,  valente,  it.  di  qualitä,  di  con- 
ditione,  di  stato,  di  conto,  di  alto  affare.  eine  statliche 
frau,  %ina  donna,  dama,  matrona  di  qualitä,  di  nascita. 
statliche  leute ,  persone,  gente  di  conditione.  conMdera- 
tione.  Kram  ER  dict.  2,913''.  später  mehr  im  .tiniie  andrer 
Vorzüge.  tiUhtigleeit  im  bertif,  bildung  u.  ähnl. :  dieweil 
doch  e.  f.  g.  ohne  das  mit  statlichen,  und  der  rechte  er- 
fahrnen leuten  gnugsam  gefast  seyn.  Braunschw.  urk. 
V.  1557  bei  Haltaus  1737;  ich  habe  gar  zu  viel  exempel .., 
dasz  auch  die  edelsten  und  geschicktesten  gemüther, 
wie  statlich  sie  sich  immer  angelassen,  durch  allzu 
frühezeitige  Verschickung  sich  verderbet.  Schoch  stud. 
leben  As*  (1,2);  darumb  were  mein  rath,  wir  wendeten 
das  geld  lieber  an  einen  stattlichen  vornehmen  mann, 
der  uns  auch  was  rechtes  weisen  könte.  (vorher:  wenn 
wir  mit  einem  vornehmen  professore  der  collegia  wegen 
über  haupt  schlössen.)  B4''(l,3);  wendet  solches  (geld) 
nicht  unnütxlich,  sondern  zu  euern  besten  und  zu  euern 
studiern  an,  damit  auch  einmahl  stattliche  und  wackere 
männer  aus  euch  werden  mögen.  8»;  es  seynd  gewisz 
gar  statliche  und  vornehme  kerls.  F  1»  (2,  4);  nun  schiene 
der  kerle  anfangs  trefflich  reputirlich,  dasz  dem  hoff- 
meister  selbst  angst  war,  ob  er  den  stattlichen  quali- 
ßcirten  menschen  hoch  genug  respectiren  würde.  Weise 
erzn.  a.  40  (24  netidr.);  die  sämtlichen  herren  erfreuen 
sich,  dasz  sie  so  statliche  und  gelehrte  leute  zu  sich  in 
die  gemeine  bekommen  sollen,  comöd.  probe  26S;  wir  ... 
erfreuen  uns,  dasz  wir  so  statliche  und  treffliche  leute 
in  unserm  lande  haben.  A.Gryphius  1,729  (Pe^.Sjuenfa  2); 
ein  statlicher  prediger,  un  predicatore  ecceUente,  valoroao, 
valente.  ein  statlicher  medicus,  musicus  etc.,  un  medico, 
musico  insigne.  v.  unvergleichlich.  Krämer  dict.  2,913'', 
danach  Adeluno  (2),  der  fortfährt:  'ein  stattlicher  mann, 
eine  stattliche  frau,  von  vielen  Verdiensten  und  Vorzügen', 
und  toeiterhin  stattliche  gelehrte  männer  als  oberdeutsch 
und  stattliche  aufgeweckte  gemüther  aus  Opitz  anführt. 
ganz  vereinzelt  begegnet  stattlich  in  ähnlichem  sinne  (an- 
gesehen oder  ehrenhaft)  noch  im  19.  jahrh. :  in  einigen 
orten  Wirtembergs  war  ehemals  die  gewohnheit,  dasz 
ehezwistigkeiten,  ehe  sie  zu  sehr  überhand  genommen, 
durch  einen  stattlichen ,  untadelhaften  mann  im  dorfe, 
den  man  den  datte  nannte,  der  aber  unbekannt  blieb, 
gerügt  und  bestraft  wurden.  Mörike  erzähl,  a.  426.  — 
dazu  auch :  er  ist  reich,  und  von  stadtlicher  freundschafft. 
Heinr.  Julius  v.  Braunschweig  a.  94  Holland  (Sua. 
8,6);  bald  kamen  herfür  getretten,  Nero,  Domitianus, 
, . .  neben  anderen  tyrannen  mehr,  als  Lucifer  sie  sähe, 
sprach  er:  das  ist  bey  meiner  flnsternusz  eine  vortreff- 
liche adelbursch  und  stattliche  gesellsohafft.  Philander 
1 ,  575.  —   geht  dann  allmählich  in  die  bedeutung  6  über  ; 

*9^-  ■■  auch  RauclB  und  Pbilemons  htltte 

war,  iiafrt  die  fahel,  ene  und  klein, 
und  lichreicb  ki-hrten  doch  bey  ihnen  göttar  ein. 
mIk  Janen  in  des  treuen  paares  zUgen 
die  innige  Verlegenheit, 
so  statllicben  benucb  nach  wflrden  zu  vergnOgen. 

(JoriBR  1,  876. 

e)  ungeteöhnlieh  ist  stattlich  als  lobendes  bei%cort  von 
(eonereten)  dingen,  im  sinne  guter  qualität:  statlicher 
wein,  vinum  generosum,  nobile.  Stiklkr  ntU;  vino  eccel- 
lente.  ßno,  perfetto.  Krämer  dict  1,918'';  ein  itattlicher 
wein.  Adkluno  (2).     vgl.  unter*. 

tt)  von  ahstracten,  neben  tynonymni  ausdrücken:  in 
dieser  weit  gehet  nichts  Über  den  menschen,  in  menschen 
nichts  über  die  neeie ;  in  der  aoele  nicht«  herrliohers  als 
die  Temanin,  in  der  vemunfft  nichts  statUichers  als  der 


verstand,  im  verstand  nichts  köstlichers  als  die  weisz- 
heit.  ScHUPPius  563. 

e)  häufig  dagegen  in  bezug  auf  menschliclie  thätigkeiten 
und  deren  resultat :  opus  egregium.  ein  stattlich  werck. 
CoRViNUS  fons  latin.  306»;  eine  statliche  rede,  un  dia- 
corao  ecceUente.  eine  statliche  antwort,  una  bella  com- 
pita  rispoata.  ein  statlicher  schlusz  (l.  schusz),  un  tiro, 
una  sparata  ecceUente.  Kramer  dic<.  2,  913'' ;  eine  statt- 
liche rede,  antwort.  Adelung  (2);  er  hielt  eine  statt- 
liche predigt  (oberdeutsch).  Heyn  atz  Antibarb.  2,  444;  Nero 
war  von  art  zur  poeterey  geneiget ,  und  hat  ohn  alle 
müh  einen  stattlichen  vers  weg  gemacht.  Opitzi,  vor»-.4*; 
(Timoleon  ist)  durch  stattliche  und  herrliche  siege  be- 
rühmet worden.  Schuppius  526.  ähnliches  in  neuerer 
apracJie  (mit  annäherung  an  die  bedeutung  6) :  ich  bereite 
ietzo  ein  stattlich  stück  arbeit  zum  druck.  Göthe  briefe 
2,  64;  viel  glUck  zu  dieser  stattlichen  bemUhung. 

TiKOK  3,  418  (Fortunat  II,  4,  3). 

ao  auch:  divine  cogitare.  stattliche  sinnreiche  gedancken 
von  etwas  haben.  Corvinus/o»w  latin.  199^;  diese  Ver- 
bindung yioch  bei  Göthe:  der  gedanke,  jeden  ankömm- 
ling  erst  durch  eine  reihe  würdiger  erinnerungen  an  be- 
deutende vorfahren  durchzuführen,  ehe  er  an  das  eigent- 
liche thor  gelangt,  wo  das  tägliche  leben  noch  sein 
Wesen  treibt,  ...  ist  ein  stattlicher,  geisterhebender  ge- 
danke. 44,  144. 

f)  mit  verbalaubatantiven ,  das  verb  um^sclireibend ;  ao 
früh  in  der  kanzleisprache :  das  solcher  jarmarckt  dester 
statlichern  fürganng  gewynnen,  und  in  bestandt  bracht 
möge  werden,  urk.  v.  1495  bei  Haltaus  1737. 

g)  ala  adverb  sehr  gewöhnlich,  in  verschiedenen  ainnea- 
nuancen;  zu  e:  statlich  reden  können,  sajyer  pariere  ele 
gantemente,  sapere  perfettamente  l'arte  del  ben  dire.  Kramer 
dict.  2,  913"=;  statlich  reden,  praeclare  loqui;  er  hat  statlich 
von  dir  gesprochen,  laute  de  te  diont.  Steinrach  2,087. 
ordentlich,  eifrig,  energisch:  sich  statlich  verantworten, 
defendersi,  giustificarsi  bravamente,  altamente.  Kramer 
rfict  2,913'';  er  hat  sich  stattlich  (tüchtig,  nachdrücklich) 
gewehrt.  Heyn  atz  Antibarb.  2,  444;  hierinen  war  herr 
Hanns  Jacob  ganz  geflissen,  liess  sich  kein  mühe  betauren 
und  handlet  ganz  getrewlichen;  glaub  auch,  waver  man 
den  Sachen  statlichen  nachgesetzt,  .  .  .  die  andern  zwai 
dörfer  . . .  weren  zu  stammen  und  nammen  wider  kommen. 
Zimm.  ehr on.^  i,  261,  i;  wie  schwer  es  hergehet,  zu  der- 
selben (der  freiheit  des  studentenlebens)  zugclangen,  auch 
was  man  vor  mühe,  arbeit,  und  ungemach  zuvorher 
vertäuen  müsse;  ist  neben  uns  denen  jenigen  bckandt, 
die  ihre  kindheit  und  ersten  jähre  in  schulen  zubringen, 
und  den  kopff  statlich  dran  strecken  müssen.  Schuch 
stud.  leb.  A  5»  (l,  i);  Pickelher.  und  der  depos.  agircn  stat- 
lich mit  einander.  F4»(2, 6);  Pickelhering  hilfft  statlich 
mit  über  seine  herron.  G  2''  (3,  3) ;  also  fürwar  werden 
etliche  gefunden,  welche  stattlich  bossen  treiben,  aber 
gar  nicht  verständiger  seyn.  sie  treiben  narrenbossen 
mit  grossem  f[l]eisz.  Schuppius  742.  vgl.  dazu:  diligentem 
praeparationem  rebtia  incipiendia  adhibere,  stattliche  pr«B- 
paratoria  zu  etwas  machen.  Corvinus  fons  latin.  467». 
gründlich,  gut:  auff  allen  handtwercken  helt  man  in 
deutschen  landen  den  brauch,  dasz  keyner  zu  arbeyt 
seines  handtwercks  gelassen  wirt,  er  hab  denn  vor  den 

I  andern  meystern  ein  meisterstuck  geübet,  damit  er  be- 
weise, dasz  er  sein  handtwerck  wol  und  statlich  golernet 
hab.  Agricola  sp}-idiw.  406.  (diese  icendung  kommt  noch 
jetzt  vor.)  vgl.  dazu:  einen  stattlichen  grund  in  den  Wissen- 
schaften legen,  'im  oberdetitschen'.  Adkluno  (8).  auch: 
domith  der  rath  zä  Augspurg  . . .  von  solchen  laslern 
stattlich  möge  geburgiret  und  gerainiget  werden,  d.  stMte 
chron.  88,  433,  Ifl  (Augsb.  zu  1478).  mit  ironischem  anstrich 
in  Verbindungen  tcie:  statlich  sauffen,  statlich  spielen  etc. 
bevacchiarr,  giuocacchiare  etc.  bravamente,  eccMentemente, 
in  ecceUenza.  Kram  kr  diet.  9,919".  dazu  (?):  bei  solchen 
herrloin  ist  gut  wohnen,  ...  die  sauffen  guthertzig;  et 
quis  non:  wer  weit  nicht  der  öpffel,  wann  sie  pfciscn? 
es  könnens  noch  wol  disc,  die  es  jnen  mistgOnnen,  und 
doch  nit  so  Blatlioh  nachlliun  können,  wann  es  schon 
predigkaulzen  weren :  fümenilich  die  den  bäum  brenten- 
wein  auszsohencken.  (Jarg.  s.  7i  neudr.  (oder  sind  die 
epettder  gemeint/    dann  zu  !i  r);    Courage   nennet    ihren 


1041 


STATTLICH  (II,  3.  4) 


STATTLICH  (II,  4.  5) 


1042 


courtisan  . . .  Springinsfeld;  dem  ein  fenderich  auf  der 
Courage  anstalt  gar  listig  ein  paar  grosser  hörner  auf- 
setzet . . ;  kurtz ,  sie  ziehet  ihn  trefflich  bey  der  nasen 
herumb  und  schicket  sich  stattlich  in  den  handel.  Simpl. 
sehr.  3,  5,  SS  Kurz  {Cmir.,  innh.,  16.  cop.);  bin  euch  also, 
es  sey  meinen  vater  lieb  oder  nicht,  bald  gefolget  und 
stattlich  durchgangen.  Schock  stud.  leben  A  ö''  (l,  l); 
so  noch: 

nein,  der  verstorbne  herr  (pfarrer),  das  war  ein  andrer  mann, 

der  hatte  recht  auf  seinen  text  studiret,  .  .  . 

die  ketzer  stattlich  ausschändiret.    Gellert  1,  207  (Jab.  2,  42). 

nach  Adelung  (2)  im  oberdeutschen  noch  häufig  für  'sehr, 
im  hohen  grade',  der  dazu  aus  Opitz  anführt: 

klagt  stattlich,  seufzt  und  schreyt; 
und:  ich  musz  ja  stattlich  büszen. 

auch:  einen  statlich  loben,  aliquem  egregielaxidare.  Stein- 
B.\CH  2,  GS".  —  zur  Steigerung  eines  adj.:  steht  ihr  aber 
alle  für  einen  mann,  wenn  ich  die  klage  statlich  arg 
mache?  Weise  Tobias  u.  d.  schwalbe  (1682)  *.  102  Lach- 
mann  (4,  8,  vgl. :  nur  machts  fein  scharff.  s.  lOl). 

4)  oft  geht  stattlich  in  den  bloszeyi  qtiantitätsbegrijf  üf>er : 
reichlich,  beträchtlich,  diese  bedeutung  knüpft  an  state  in 
der  mehr  concreten  bedeutung,  s.  statt  II,  B,  4,  an;  sie  ist 
vom  15. — 18.  jahrh.  in  gebrauch. 

a)  so  zunächst  von  der  nahrtmg;  adverbial:  damit  dasz 
Tieh  desto  statlicher  sein  nahrung  haben  oder  suechen 
kan.  steir.  taid.  290,  41  {panordn.  v.  1624;  diese  vericendung 
läszt  sich  direkt  an  die  ursprüngliche  bedeutung  anknüpfen  ; 
'datnit  das  vieh  um  so  bessere  gelegenheit  hat'  . .  .);  unsere 
hirten  .  .  .  sassen  zusammen  unnd  frassen  zu  beiden 
bänden  die  wassemuteln  und  käszküchlin  zu  den  wasser- 
süchtigen hündisch  trauben  so  statlich,  als  ob  es  umb 
grosz  gelt  bestellt  wer.  Garg.  s.  313  neudr.  —  auffällig 
ist  folgende  adjectivische  gebrauclisiceise,  wo  statlich  nur 
als  qualitätsbezeichnung  genommen  werden  kann:  es  (das 
pferd)  solte  fest  stehen  bisz  ich  wäre  auffgesessen,  ich 
wolt  sein  auff  die  nacht  beym  harren  auch  nicht  ver- 
gessen ,  solt  ein  sester  statlichen  CöUerthäler  habern 
fressen.  Philaxder  2,  27. 

b)  so  weiter:  dasz  man  dester  geschickter  leut  auf  den 
pfarren  und  pfründen  haben  und  in  statlich  auszkommens 
geraicht  werden  mag.  Schade  sat.  «.  pasqu.  3,  146,  18; 
etzliche  von  Pomerellen,  so  auffs  königs  selten  waren, 
erstiegen  in  S.  Andreas  nacht,  das  schlos  Golba,  funden 
darin  200  pferd,  mit  statlicher  rüstung  . . ,  darvon  diese 
;irme  gesellen  reich  wurden.  Hennenberger  preusz. 
landtafel  (1595)  142.  überhaupt  von  vermögen,  besitz  u.  s.  w. : 
amplissimae  fortunae,  ein  stattlich  vermögen.  Corvinus 
fons  latin.  46'^;  statliche  mittel,  statliche  reichthümer, 
mezi,  beni  grandi,  eccellenti  ampie  facoltä.  statliche  guter, 
terre  rieche,  ricchi  poderi.  Kramer  dict.  2,  gis*".  vgl.  auch: 
eine  statliche  heurath,  luculentum,  matrimonium.  Stein- 
bach 2,  687  {jetzt:  eine  reiche,  glänzende  partie).  — 
adverbial:  Hispania  ist  mit  allen  dingen  die  . . ,  zusehen 
lustig,  oder  zabrauchen  nötig  seind,  überflüssig  . . .  süchstu 
Silber,  gold,  edel  gstein?  disz  land  hats  statlich.  S.  Fkanciv 
wdtb.  69''. 

c)  auch,  der  bedeutung  5  näherstehend:  ein  statliches 
geschencke,  munus  splendidum.  Steinb.vch  2,  687;  stat 
liches  geschenk,  donum  splendidum  Frisch  2,  313».  Ade- 
lung (l).  80  auch  noch  heute,  icobei  sich  leicht  der  neben- 
sinn des  nobeln  einstellt,  beleg:  i.  f.  g.  werden  ihr  eine 
stattliche  Verehrung  geben.  Schwein ichen  i,  126.  ad- 
verbial: einen  stattlich  beschenken,  *.  Kramer  und 
Adelung  unter  5,  c;  so  wol  auch  {?):  damit  die  bürgere 
nnnd  ire  stat  uns  ...steitlich  geert  hant.  Köhi.  stadt 
recht  des  ib.  jahrh.  bei  Dief.-WOlker  863.  —  ähnlieh: 
statliche  versprechen,  promesse  grandi,  alte,  ampie  pro 
messe.  Kramer  dic^  2,913'';  ein  stattliches  versprechen. 
Adelung  (2). 

d)  anderes :  denn  in  diesem  jähre  hat  man  nichts  liebers 
bisz  über  das  mittel  des  may  gewünschet,  als  eben  einen 
stattlichen  regen.  Praetorius  glückstopf  224.  —  neben 
quantitätsausdrücken :  ohne  das  rindvieh  und  schaafe, 
«o  er  (Salomo)  zu  gewöhnlichem  opITer  gebrauchen 
müssen,   so  sich   auch  aufff  eine  statliche   hohe  anzahl 

i  wird  belauffen  haben,  weil  er  allein  bey  der  einweihiing 
I  des  tempels  zu  Jerusalem  zwey  und  zwantzig  tausend 
X.  2. 


ochsen,  und  hundert  und  zwantzig  tausend  schaafe  ge- 
opffert.  ScHUPPius  102. 

c)  adverbial  in  verschiedenen  Verbindungen,  von  auficand, 
ausgaben .-  auch  hat  der  vorgemelt  fürst  marggraff  Albrecht 
vor  seiner  bewarung  (kriegsankündigttng),  die  er  in  tet, 
statlich  beworben  (soldaten  angeicorben).  d.  städtechron. 
2,  143,  6  {Nürnb.  kriegsber.  v.  l4-t9) ;  nachdem  .  . .  der  rath 
und  gemeine  der  Stadt  Halle  albereit  . . .  sich  stattlich 
angegriffen,  und  berührte  closter  mit  gebenden  vor  die 
knaben  und  schuldiener  zum  besten  angerichtet.  Magdeb. 
urk.  V.  1567  bei  Dreyh.\upt  Saalcreys  (1749)  s.  801.  von 
der  höhe  einer  strafe:  wo  es  beschäch,  [soll  er]  umb  sovil 
mer  statlichen  gestrafft  werden,  tirol.  weisth.  4,  728,  47 ; 
ähnlicfi  femer: 

es  ist  ein  art  der  räche,  zur  zeit  geduldig  seyn, 
gott,  der  Verleumdung  hasset,  bringt  alles  statlich  ein. 
LOGAU  3,  236  {zugäbe  103). 

ferner:  auch  haben  wir  ewern  hotten  ettlich  tage  hie 
bey  uns  verhalden  .  . .  umb  daz  wir  euch  deste  statlicher 
(ausführlicher)  und  merrklicher  westen  zeschreiben. 
d.  städtechron.  l,  464,  28  {Nürnb.  rathsbriefv.  1438). 

f)  häufig  steht  das  neutr.  substantivisch,  ein  oder  (et)was 
statliches,  bedeutendes,  beträchtliches ,  z.  b.  ein  gut  stück 
geld:  diese  zeit  hat  dokter  Reiman,  kanzler,  in  meinem 
haus  gelegen,  mit  welchem,  ich  alle  abend  einen  rausch 
trinken  müssen,  und  habe  an  ihm  einen  guten  freund 
gehabt,  wie  wohl  es  mich  auch  was  stattliches  kostet. 
ScHWEiNiCHEN  2,  359;  den  29.  dito  ist  Jocheim  Gladisz 
und  ein  Wiedebach  zu  mir  kommen,  und  8  tage  bei  mir 
verblieben,  welches  mich  auch  was  stattliches  gestanden. 
3,234;  wir  haben  wol  etwann  gut  gelt,  welchs  uns  die 
von  London  im  Cahorland  darfür  (für  die  glocken)  an- 
botten,  abgeschlagen:  so  betten  wir  auch  wol  ein  stat- 
liches mögen  haben  von  den  von  Burdeo  im  Brierland, 
welche  sie  kauffen  wolten.  Garg.  s.  239  neudr. ;  von  wild- 
brett  kont  man  so  bald  etwas  statlichs  nit  zu  wegen 
bringen;  on  einliff  hauend  schwein.  375;  dardurch  die 
wild  panns  gerechtigkeitt  umb  ein  stattlichs  und  merck- 
lichs  geschwecht  würde,  brief  Philipps  v.  Hanau  vori  1581 
bei  Haltaus  1737;  über  disz,  ist  einem  von  schlechten 
herkommen  eine  zierligkeit  und  wolstand  für  andern  was 
statliches  gesehen  und  begriffen  zu  haben.  Schoch  stud. 
leben  B  2»  (l,  2). 

5)  häufig  geht  stattlich  auf  die  entfaltung  von  prunk 
und  aufwand;  eine  bedeutung,  die  sich  wol  aus  state  her- 
leiten läszt,  wie  ja  mhd.  stateliche  ihr  vereinzelt  nahe- 
kommt. Z.  b.  : 

da  manic  kostelich  gezelt 
zierliche  and  stateliche  stuont. 

KoNR.  V.  WCrzburg  Engelh.  2479, 

die  aber  doch  in  ihrer  ausbildung  und  Verbreitung  den 
einfiusz  von  staat  nicht  verkennen  läszt.  sie  ist  im  17.  bis 
18.  jahrh.  üblich;  doch  ist  einzelnes  auch  der  heutigen 
redeweise  nikht  fremd. 

a)  so  im  allgemeinen,  adverbial :  sttmiuose, . . .  mit  grossen 
Unkosten,  sumtuosius  et  insolentius  se  jactare.  gewaltig 
pralen,  sich  sehr  stattlich  halten.  Corvinus /on*  fah'n. 
■2-2S'^;  sollennitas,  ein  sonderlich  gepräng,  ein  sonderlicher 
actus,  dabey  es  stattlich  zugehet.  686*;  sich  stattlich  auf- 
führen, condursi,  vivere  splendidamente ,  alla  grande. 
Kramer  diet.  2,  913*. 

b)  insbesondere  ein  stattliches  fest:  zu  diesem  tage 
werden  seine  (Tliaers)  weitverbreiteten  schüler  bey  ihm 
in  Mögelin  zusammenkommen;  sie  gedenken  ihm  ein  statt- 
liches fest  zu  geben.  Göthe  an  Zelter  419  (vom  11.  märz 
1824).  im  einzelnen :  statliche  hochzeit,  nozze  pomposissime. 
Krämer  dict.  2,  913\  Adelung  (l).  auch:  statliche  leich, 
statliche  begräbnis,  funerali  pomposi.  Kramer  a.a.O.; 
stadtliches  begräbnisz,  ftmus  amplum,  septdtura  honori- 
fica.  Stieler  2ll4;  ein  stattliches  leichenbegängnisz.  Ade- 
lung (l).  ferner:  ein  statlicher  aufzug,  egregius Processus. 
Steinbach  2,687.  adverbial:  einen  statlich  empfangen, 
aliqttem  splendide  accipere;  er  ist  statlich  in  die  stadt 
ein  gezogen,  magnifice  urbem  intravit.  ebenda,  feierlich, 
förmlich  (vgl.  2):  staatliche  besuche,  steife  zirkel.  Kose 
GARTEN  bei  Campe,  (dieselbe  Verbindung  in  anderm  sinne 
s.  3,  c.)  staatliche  lectüre,  vor  gröszerem  publicum,  feier- 
licher, s.  Göthe  br.  14,187  unter  I,  2,  c. 

66 


1043 


STATTLICH  (II,  5.  6) 


STATTLICH  (II,  6) 


1044 


c)  von  g<tstmäM-em  und  mahlzeiten,  wobei  {in  der  regeV) 
mannigfache,  reichliche  und  kostbare  gerichfe  auf  den  tisch 
kommen :  ein  stattliches  freudenmahl.  3  Maccab.  6,  3  (l.  30) 
ie»  Adelung  (in  der  bibel  v.  Danzig  1625  dafür:  ein  frewden- 
reiche  fröliche  gastarey); 

aber  nachdem  sie  die  äugen  gesättiget,  jenen  {hirsch)  bewun- 
dernd, 
wuschen  sich  alle  die  händ'  und  beschickten  den  stattlichen 
festschmaus   {rei^ovx'  iQixvSia  (taZra). 

Voss  Od.  10,  182. 
ejnilae  . .  .  sunt  privatorum  sed  lautiores,  eine  stattliche 
jrasterey,  ein  panquet.  Cokvinus  fons  latin.  235*;  stat- 
liche  tractamenten,  statlich  essen,  trattajnenti  alla  grande, 
da  prencipe,  reali,  badiali.  Kram  er  dict.  2,  gis*»;  stattliche 
mahlzeit,  un  grand  et  sonipfneux  bancquet.  Hui.sius  dict. 
307»;  eine  statliche  mahlzeit,  prandium  luutum.  Stein- 
bach 2,  687;  die  herren  des  klostcrs  luden  mich  ein,  zum 
fasttage  bey  ihnen  zu  essen,  dieses  ist  die  einzige  mahl- 
zeit, die  ich  in  Italien  bey  Ilaliänern  genossen  habe; 
und  sie  war  stattlich.  Seume  (182G)  3,  73.  auch:  das  ist 
ein  stattliches  (gutes)  gericht  essen.  Heynatz  Antibarb. 
2,  «4  {als  oberdeutsch).  —  adverbial:  honoi-ißce,  laute  ali- 
quem  accipere,  einen  mit  grosser  reverentz,  und  einem 
herrlichen  banquet  empfahen,  stattlich  tractieren.  Cok- 
vinus fons  latin.  119»;  copiosus  . .  .  der  da  stattlich  trac- 
tiret,  wenn  er  gast  hat.  171»;  sie  sind  stattlich  tractirt 
worden,  sono  stato  trattati  honorevolmente.  Hulsius  (1618) 
238»;  einen  statlich  tractiren,  bewirten,  beschencken, 
trattare,  accogliere,  regalare  uno  magnificamente.  Kram  er 
dict.  2,  913*»,  vgl.  ADELUNG  (l);  in  deine  er  {mein  vater) 
vorhero  sich  die  gantze  woche  mit  milch  und  grobem 
brod  behelffen,  ja,  wann  er  stattlich  leben  wolle,  meiner 
meuder  um  einen  häbernen  brey  zu  füssen  fallen  muste. 
Simpl.  2,  294,  16  Kurz  (3.  contin). 

6)  gewöhnlicher  enftcickelt  sich  die  bedeutung  des  Wortes 
in  der  richtung  weiter,  dasz  stattlich  auf  die  äuszere  er- 
scheinung  geht,  hier  ist  also  die  ursprüngliche  beziehung 
auf  State  ganz  erloschen  und  die  secundäre  zu  staat  zur 
Jierrschaft  gelangt.  diese  vencendung  setzt  schon  im 
\6.  jahrh.  ein,  udrd  aber  erst  in  der  neuern  spräche  recht 
üblich  und  ist  seit  dem  19.  jahrh.  so  gut  wie  allein 
lierrsckend.  dabei  geht  der  anfängliche  sinn  des  präch- 
tigen, schönen,  groszartigen  immer  mehr  über  in  den  des 
ansehnliclien.  imposanten,  was  den  eindruck  von  Wohlstand 
und  würde  macht. 

o)  aeJir  üblich  von  kleidung  und  schmuck:  stattliche 
kleyder,  accotistremens  somptueux  et  pompeicx.  Hulsius 
dict.  (1616)  307;  ein  statlich  kleid,  statliche  kleidung,  stat- 
liche kleider,  un  habito  etc.  pomposo,  superbo,  mugnijico, 
afoggiato.  Kramer  dict.  2,913»;  mit  keinem  wollen  zu  thun 
haben,  als  die  statliche  kleider  tragen.  913'';  Käthe... 
sollen  denn  die  kleider  schön  seyn?  Pickelliering  lacht. 
so  schön  und  stattlich  als  sie  werden  können,  eines 
für  den  Juncker,  und  das  andere  für  einen  reichen  fucker 
eines  kaufTmanns  söhn,  das  sol  noch  statlicher  seyn. 
ScHOCH  stud.  leb.  D  5''  {unterh.  l);  an  königshöfen  ist  die 
art ,  nur  stattliches  gewand ,  rosse  und  gesinde  geben 
dem    beiden    ein   ansehen.  Freytao  8,72  {ahnen  i,\,b); 

staetlick  wandt  van  cannesin  colAr. 

Laurembbrg  tchertzged.  2,  646 ; 
aber  wir  sollten  doch  sehn ,  wie  es  aussiebt ,  wann  dich  der 

vater 
moffen  bei  uns  antraut,  in  dem  stattlichen  ehrengewande. 

Voss  1,  188  {Luite  3.  131). 

im  einzelnen :  jre  {der  münner)  rock,  mäntel  und  kappen 
eben  ho  statlich  als  der  frawen,  mit  guldinen  knöpITcn, 
oder  dickbckröszten  fransen,  hafTten,  ketten,  wie  die 
reichen  Holsteinjunghern.  Garg.  ».  461  neudr.; 

anter  die  giftnzenden  fUsz'  auch  band  er  sich  stattliche  sohlen 
{xaXd  niHda).    Voss  Od.  S,  4; 
ein  statlicher  scbmaok,  mumfu«  j>ro«c/4tru«.  Steiniiacii 
»,  mn-,  ^ 

M  sind  behengt  mit  staedliken  güldenen  keden, 
de  wol  gekamen  sind  van  den  kopperschmeden. 

Lauremhkro  trhertsfied.  8,  S83  ; 
bindet  mir  einen  rechten  stattlichen  ärndtckranx.  Ciiii. 
F.  Wbisb  kom.  opem  S,  SM  {d.  ürudlrkr.  1,8),  vgl.  AoKl.UNO 
(l).  von  rüttung  und  teaffen:  aber  was  haHl  du  da  für 
ein  »UtUiohes  pulverhorn?  C.  F,  Meykh  JenatMch  a.  48; 


da  kam  der  landvo^t  gegen  mir  daher  .  .  . 
und  sah  mich  mit  dem  stattlichen  gewehr  (der  armbniff) 
daher  geschritten  kommen.  Schii.i.er  14,  341  {Teil  3,  1). 

so  scJierzhaft: 

bestraft  den  narren,  welcher  ins  walTenfeld, 
mit  gänsespulen  stattlich  bewatTnet,  zog. 

HöLTY  81  Halm, 
auf  den  träger  übertragen;  jemand  stattlich  machen, 
schmücken:  mein  käinmerer  gibt  dir  ein  schönes  gewand 
aus  den  truhcn,  das  wird  dich  stattlicher  machen  im 
Volk,  als  das  runde  blech.  Freytac;  8,  64  {ahnen  l,  l,  4). 
adverbial:  sich  statlich  kleiden,  statlich  aufziehen,  stat- 
lich gekleidet  gehen,  vestirsi.  vestire  pomposamente,  sulle 
foggie.  Krämer  dict.  2,  91.S'';  stattlich  gekleidet  seyn.  Ade- 
luno (l);  da  er  {der  könig)  aufl  einem  helffenbeinern  . . . 
thron  . . .  sitzet,  mit  köstlichem  subtilen  leinwande  (schier ) 
purpur  (scharlach)  und  statlich  gestickten  triumphkleidern 
{frabeaque  acupicta  magnißce)  prächtig  bekleidet.  Come- 
Nius  sprachenth.  675;  stattlich  gekleidet  und  gewafTnet 
zeigte  er  gleichwohl  nichts  von  dem  übermütigen  pompe 
der  kriegsknechte  jener  zeit.  Keller  6,  337;  auch  fräulein 
Hansa  putzte  sich  auf  meine  bitte  stattlich  heraus;  sie 
rauschte  in  schwarzer  seide  einher  .  .  .  und  hatte  einen 
groszen  ägyptischen  scarabäus  vorgesteckt.  7,  307 ;  deine 
knaben  kamen  zu  guten  rossen  und  ziehen  stattlich  ein- 
her mit  gefüllten  sacken.  Fheytag  8,  ai  {ahnen  i,  i,  ö); 
die  frau  war  .  . .  schön ,  stattlich  gekleidet  und  trat  so 
herrisch  einher,  als  sei  sie  eine  fürstin.  Brentano-Elre 
chronika  9.  57; 

mit  käppchen  und  kreuzchen,  mit  mantel  und  kragen, 
ward  stattlich  Hans  Beiidix  zum  abte  geschmückt. 

Bürger  67» ; 

(^"»  ^^^'^^  Ilion!    Ilionl 

du  braut  des  Jammers !    ha,  wie  stattlich 
prangest  einher  du  im  fackeltanze! 
umgürtet  mit  dem  flammengewande  .  .  . 

Stolbero  2, 143. 

b)  domus  magnißca,  ein  stattlich  oder  herrlich  haus. 
CoRViNus/o/w  latin.  213»;  stalliches  haus,  aedes  basilicue, 
magnificae.  Stieler  2114;  ein  statlich  hausz,  statlicher 
palast,  una  casa  reale,  magnißca,  palazzo  superbo.  Kramek 
dict.  2,913'»;  ein  stattlicher  palast.  Adelunu  (l);  so  schon: 
eben  so  wenig  als  man  an  einem  stattlichen  gebäw  die 
heimlichen  gemach  . .  .  und  örter,  dahin  man  allerley  Un- 
lust und  wüst  läret  .  . ,  zustrafTen  pfleget,  seitenmal  ja 
dieselbige  absönderungen  unnd  heimliche  ort  unnd  ge- 
mach auch  inn  dem  allerstattlichstcn  pallast  sich  nöttig 
erweisen.  Fischart  Bodin  (l59i)  6»;  wir  .  .  .  kamen  end- 
lich zu  einem  sehr  groszen  dorfe,  in  welchem  .  . .  statt- 
lichere häuser  des  Attila  waren  als  irgendwo  anders. 
Freytag  17  (iiWer  l),  157 ;  er  kaufte  alte  häuser  an  für 
eigene  rechnung,  risz  sie  nieder  und  baute  an  der  stelle 
stattliche  bürgerhäuser.  Keller  l,  22; 

und  in  der  mitte  steht  sein  stattlich  haus.     10,  83; 

nur  in  den  stallen,  die  hinter  die  stattlichen  häuser  verdteckt 

sind, 
wird's  allmälig  lebendig. 

Hebbel  8,  877  Werner  (tnuUer  u.  kind  1) 

dazu:  sicher  hast  du  als  rühmlicher  jUgcr  eine  bauni- 
hütte,  die  ich  dir  stattlich  machen  will,  Freytao  8,  sü» 
{ahnen  1,  2,  7);  der  weg  führte  .  .  .  hinauf  zur  schcune,  die, 
grosz  und  stattlich,  . .  .  über  rauhen  matten  stand.  Zahn 
Luk.  HocJistraszer  ft3.  —  auch:  statliches  guht,  praedium 
inatructiasimum,  amuenum.  Stieler  8114.  andere»: 
in  stattlicher  kutsche  zu  fahren. 

Hriihel  8,  316  Werner  (nuMer  u.  ktmd  fi). 

c)  sehr  gewöhnlich  wird  stattlich  von  metischen  fftaogt, 
wo  es  denn,  im  unterschied  von  8,  b.  auf  die  äuatere  er 
srheinung  {einschlir.vzlich  der  kleidung)  geht,  ohne  daat  eine 
scharfe  trennung  möglich  wäre,  ao  wol  schon  in  folgender 
stelle  {wenn  man  es  nicht  vortieht,  stattlich  ala  städtisch 
in  einer  allerdings  ungeiriihnliehen  Verwendung  au  nehmeti, 
vgl.  often  1,3;    vielleicht  mit  beiden  bedeutungen  »pielend): 

wiuwol  ich  l)in  ein  buwramann  gtyn ; 
vil  Hoher  ich  yctr.  ulattlich  bin, 
8<.'liün,  hUpKch,  ziorlichon,  wol  hi'kiridt, 
dann  do  wir  hUl  und  bclts  hnnd  Iroit  dietraffen  haheu). 
Hvvy  Adam  u.  Hera  90*^. 

aoiut  vom  17.  jahrh.  an  in  suuehmender  hüfißgkrit.  tu- 
näehat  noch  mehr  auf  die  kleidung  und  den  daraus  en 
»ehlienenden  stand  gehend:    de  sohriver   ys   iyckers  een 


1045 


STATTLICH  ai.  6) 


stattlyck  kerell  statlycker  asse  use  Juncker,  de  het  yo 
man  en  leern  wammes  an,  un  en  schwarte  linnenbroeck. 
tid.  batiemkomödien  s.  226  Jellinghmis  (Teiceschen  hochtydt. 
Havib.  1640);  da  näherte  sich  jenseit  dem  wasser  eine 
Schönheit  an  das  gestad,  die  mich  mehr  bewegte  (weil 
sie  nur  den  habit  einer  bauern-dirne  antrug)  als  eine 
stattliche  damoiselle  sonst  nicht  hätte  thun  mögen. 
Simpl.  2,32, 11  Kurz  (5,  7);  zumahl  da  er  {Pluto)  noch  über- 
diess  ein  feiner  stattlicher  mann  war,  und  sehr  wohl  zu 
leben  wussle.  Wieland  2,320  (A^raf/ic/i  10,  3);  auch  muss 
ich  gestehen,  dass  er  . .  .  für  seine  jähre  ein  so  feiner, 
stattlicher  und  wohl  erhaltner  mann  ist,  als  mir  jemahls 
einer  vor  die  äugen  kam.  8,  405  {Danischm.  45);  wie  wohl 
die  seit  ihrer  trennung  verflossenen  jähre  aus  dem  da- 
mahls  kaum  aufgeblühten  Jüngling  einen  stattlichen 
jungen  mann  gemacht  hatten.  417  {il.kap.,  dafür  s.  il6: 
einen  schönen  rüstigen  jungen  mann);  es  ist  ein  statt- 
licher mann,  mit  schwarzen  feurigen  äugen.  Göthe 
8,  89  (Götz  V.  ß.  3),  *.  auch  6, 14  und  Ir.  3,  227  unter  I,  2,  C; 
dieser  schwermüthige  zug  deiner  dunkeln  augbrauen 
bringt  mir  wieder  ganz  deines  vaters  bild  in  sinn,  der 
vollkommen  so  aussah,  und  gewisz  war  er  einer  der 
stattlichsten  ritter  seiner  zeit.  Fr.  Müller  3, 97  (Golo 
u.  Gen.  2,2);  hier  solltest  du  wandeln  dereinst,  ein  groser, 
stattlicher,  gepriesener  mann.  Schiller  2, 129  {räuberi,  l 
scJiausp.) ;  der  prinz  . .  .  sah  befremdet  und  vorsichtig  auf 
die  stattliche  professorsfrau.  Freytag  7,  6  (rerZ.  handsckr. 
3, 1) ;  den  bergweg  trabte  ein  reiter  herauf,  ein  stattlicher 
Jüngling.  8,5  (aA7icn  1,  1,  l);  wenn  sie  sich  einen  könig 
küren,  so  suchen  sie  am  liebsten  den  stattlichen  ge- 
sellen, der  dem  volke  zum  schmuck  ist  durch  seine  ab- 
kauft von  den  göttern  und  durch  riesige  kriegergestalt. 
17,94  (bUder  l,  l);  neben  einem  . . .  mädchen  . . .  stand  ein 
stattlicher  kavalier,  denn  das  war  er  nach  seiner  ganzen 
erscheinung,  trotz  des  schlichten  reisegewandes  und  der 
schmucklosen  wafTen.  G.  F.  Meyer  Jenatsch  s.  6;  vordem 
erstaunt  sich  umwendenden  bäcker  stand  ein  kriegsmann 
von  gewaltiger  statur  und  herrischem  blick  . . .  statt  ihm 
zu  antworten  neigte  sich  der  stattliche  fremde  . . .  gegen 
den  jungen  offizier.  107; 

und  nngewahrsam  lässt  sie  anf  and  ab 
die  äugen  schweifen  auf  der  stattlichen 
gestalt,  und  schaut  ihn  an  und  wieder  an 
wie  schön  er  ist.    Wieland  18,  35  (ßeron); 

du  göttergleicher,  stattlicher  Achill ! 

Bürger  143i',  187  (77.  1, 131); 
dasz  mich  ein  stattlicher  mann 
ziehe  mit  kraft  kühn  ins  hochzeitliche  bett! 

Kleist  1, 123  £.  Schmidt  {Schroffentt.  4,  3). 

mit  näherer  bestimmt! ng : 

traue  du  nicht  der  Spötterin,  Hans  !  zwar  stattlich  von  gliedern 
ist  sie  dir,  aber  zu  faul,   und  die  seidenen  händchen  zu  vor- 
nehm.   Voss  1,  66  {Luise  1,  549) ; 

denn  ich  sehe  dich  grosz  und  stattlich  von  bildung  {juäla  yäp 
a   dpdto  xa),6v  re  uiyav  ie).     Od.  3,  199 ; 

auch  {vgl.  unten  g):  sie  war  grosz  und  stark  und  statt 
lieh  von  gang.  Frenssen  Jörn  Uhl  s.  293.  auf  einzelne 
glieder  übertragen,  doch  geicöhnlich  nur  stattlicher  bauch, 
xoo  es  dann  mehr  umfang  und  füUe  (vgl.  4)  als  Wohl- 
gestalt ausdrückt :  ein  ältlicher  herr,  der  vor  kurzem  zu 
rathe  erwählt  worden  war,  weil  ihn  die  gute  matter 
natur  mit  einem  herrlichen  vollmondsgesicht  und  einem 
stattlichen  bauche  begünstiget  hatte.  Wieland  15,  137 
(Bonif.  Schleicher);  reitet  einmal  ein  mann  an  einem 
wirthshaus  vorbei ,  der  einen  stattlichen  schmeerbauch 
hatte,  also  dasz  er  auf  beiden  seilen  fast  über  den  sattel 
herunterbängte.  Heijel  2,  102. 

d)  ebenso  von  thieren:  ich  suchte  mir  einen  viel  statt- 
lichem träger  {esel  als  reit  und  lastthifr)  aus,  sorgte  für 
einen  wohlgebauten  sattel  der  zum  reiten  wie  zum  packen 
gleich  bequem  war.  Göthe  21,  26  {%canderj.  l,  2);  auf  statt- 
lichem rappen  ritt  bei  der  waidfrau  ein  mägdlein. 
Schei'fel  Ekke/iard  188  (l3.  kap.); 

ob  du  zugleich  nach  wünsche  die  stattlichen  gaule  verhandelt. 

Voss  2,  211  {id.  13,  32) ; 
ochse ,  wie  bist  du  so   stattlich ,   bedachtsam   fleiszig   nnd 

nützlich ! 
wahrlich,  ich  brauche  dich  sehr  —  aber  du  bist  doch  ein  ochs. 

ElCHENDOKFF*  1,  461. 


STATTLICH  (II,  6. 7)  —  STATTLICHKEIT     1 046 

von  pflanzen .-  er  . . .  hing  seinen  köcher  an  eine  stattliche 
esche,  die  in  dem  räume  der  wände  gewachsen  war. 
Freytag  17  {bilder  l),  173. 

e)  auf  menschenmengen  angeicendet,  bezeichnet  stattlich 
sotcol  die  grosze  anzahl  xcie  die  ansehnlichkeit  der  einzelnen 
{nach  stand,  aussehen,  ausrüshing  u.  s.  w.):  der  herr 
Brotinsack  . . .  besucht  jn  ein  mal  mit  einer  stattlichen 
reuterei  urmd  grossem  anhang  von  hofgesind.  Oarg.  a.  204 
neudr. ; 

nio.  er  {der  prariant-transport)  kommt  uns  grad  zu  pasz, 
die  stattliche  Versammlung  hier  zu  speisen. 
ButOer.  es  ist  schon  lebhaft  hier,  ich  sah's. 
Isolani.  ja,  ia, 

die  kirchen  selber  liegen  voll  Soldaten. 

Schiller  12, 64  {Piced.  1, 1). 

/)  sonst  in  mannigfachen  Verbindungen,  meist  abstracterer 
art.  was  einen  guten  oder  imponierenden  eindntck  Tnacht: 
ein  stattliches  gesiebt  {aussehen).  Göthe  br.  ii,  158,  s.  unter 
1, 2,  c;  dagegen  hatte  Wilhelm  die  schönen  ducaten  der 
gräfin  in  der  tasche  . . ,  und  sehr  leicht  vergasz  er,  dasz 
er  sie  in  der  stattlichen  bilanz,  die  er  den  seinigen  zu- 
schickte, schon  sehr  ruhmredig  aufgeführt  hatte.  Göthe 
19,14  {W.  Meister  i,  2);  ich  darf  erklären:  dasz  ich  ihnen 
sämmtlich  . . .  ein  hinreichendes  tagewerk ,  auf  mehrere 
jähre  anzubieten  im  fall  bin  . . .  damit  ich  erfahre,  mit 
welchen  leistungen  sie  mein  stattliches  anerbieten  zu 
erwidern  gedenken.  23, 13l  {icanderj.  3,  lO);  sobald  nun  die 
wagen  den  ersten  halt  machten,  stieg,  um  ein  stattliches 
masculinum  zu  gebrauchen,  der  unhold  {die  malerin)  aus. 
Keller  7,96.  —  ungewöhnlich:  anstoszende  gärten,  ter- 
rassen,  bis  an  den  Main  reichend,  überall  freien  ausgang 
nach  der  holden  umgegend  erlaubend,  setzten  den  ein- 
tretenden und  verweilenden  in  ein  stattliches  behagen. 
Göthe  48, 42  {dicht,  u.  wahrh.  17). 

g)  gern  in  adverbialer  geltung,  wo  man  jedoch  in  manchen 
fallen  auch  prädicatives  adj.  annehmen  könnte,  so  schon 
im  17.  jahrh. :  so  darffstu  nicht  bey  mir  zu  fasse  her- 
gehen, du  ädeler  fusztrompeter,  . . .  und  sol  er  uns  stat- 
lich  als  kale  falen  hier  {cavalliers)  in  die  stadt  kutschen. 
Leyer-Matzs  lustiger  correspondentzgeist  (1668)  s. 261.  häufig 
in  neuerer  spräche  von  erscheinung,  haltung ,  bewegung, 
benehmen  u.  s.  w. .-  zu  haus  fiel  Ilse  dem  gatten  um  den 
hals  und  sagte  ihm,  wie  stattlich  er  in  seinem  ornate 
ausgesehen  habe.  Frexta-G  T,ö  {verl.handschr.  3,  i);  denn 
Ilse  wollte,  dasz  er  sich  unter  den  andern  männern  recht 
stattlich  hervorthun  sollte.  8;  im  volke  aber  vermochte 
er  {der  fürst)  nur  ansehen  zu  erwerben ,  wenn  er  ein 
gerechter  richter  war  . . .  und  ein  herr,  der  im  verkehr 
stattlich  den  könig  kundzugeben  wuszte.  17  {bilder  l),  436 ; 

lachten  sie  über  das  band  der  mutze,  die  blumen  des  Schlaf- 
rocks, 
den  er  so  stattlich  trug.    Göthe  40,  272  {Herrn.  «.  Bor.  4) ; 
was  für  grünröck  mögen  das  seyn  ?  _ 
treten  ganz  schmuck  und  stattlich  ein. 

Schiller  12, 19  {WalUnst.  lager  S); 
ein  bild,  wie  eu'r  vater, 
im  hämisch  ganz,  bewehrt  von  köpf  zu  fusz, 
erscheint  vor  ihnen,  geht  mit  ernstem  tritt 
langsam  vorbei  und  stattlich.     Shaketp.  Hamlet  1,2; 
wie  stattlich  er  zu  rosse  sitzt 
voll  kraft  und  gottvertrauen ! 

HoFFM.'S.NN  v.  Fallerslebbn  ged.^  346 
{Georg  v.  Frundsberg). 

in  andrer  beziehung  {vgl.  oben  e):  wir  waren  stattlich  ge- 
leitet, auch  vom  stadthauptmann  und  seinen  sbirren. 
C.F.Meyer  Jenatsch  ni;  so  auch:  eine  st2iatlich  heran- 
ziehende procession.  Göthe  43,  267,  s.  I,  2,  c. 

7)  eine  weitere  enttcicklung  dieser  bedeutung,  die  den 
äuszern  scJtein  im  gegensatz  zutn  vxihren  uiesen  und  zur 
icirklichkeit  bezeichnet,  taucht  nur  vorübergehend  auf,  um, 
dann  xcieder  zu  verschwinden:  unter  statlichen  vorwänden, 
sotto  splendidi,  speciosi,  belli  pretesti,  Htoli.  Kramer  dic^ 
2,  913'' ;  'einen  guten  schein  oder  anschein  habend,  scheinbar. 
unter  allerley  stattlichen  vorwänden.'  Adelung  (3),  s.  auch 
Heynatz  Antibarb.  2,  444.  die  bedeutung  scheint  also  auf 
diese  Verbindung  beschränkt,  wo  sie  vielleicht  nur  eitlen 
specialfall  von  6  darstellt  und  die  besondere  nuanee  mehr 
am  Substantiv  hängt. 

STATTLICHKEIT,  /.  stattliches  aussehen,  ansehnlich- 
keit. in  tcörterbüchern  und  litteraturdenkmälern  seit  dem 
n.  jahrh.   bezeugt:    stattlichkeit,   magnificenza.    Hülsils 

66* 


1047      STATTLICHKEIT— STATTRÄUMIG 


STATTUNG— STATUE 


1048 


ditt.  (1618)  238*  (nach  Weigand  2,  801  schon  in  der  ausg. 
f.  1605  a7«  stattligkeit);  statlichkeit,  die,  magnißcentia, 
soletnnitas,  splendor.  pompa.  statlichkeit  in  kleidern, 
vestium  fasttis,  apparatus,  ostcntatio  theatrica.  Stikler 
2114;  statlichkeit,/.  pomposita,  pompa,  splendore,  eccellenza. 
magnificema,  superbia,  grandezza.  Kuamek  dict.  2,913";  'das 
haupUcort  die  stattlichkeit  ist  im  hochdexitsclien  selten, 
im  oberdeutschen  aber  getcöhnlicher.'  Adelung,  auch  im 
altern  nd.,  dem  sogar  der  älteste  beleg  angehört:  ein  tempel 
van  kunstriken  gebuw,  nicht  allein  van  stadlicheit  und 
zyre  . . .  Kantzow  bei  Schiller -Lübben  4,369»;  vgl.: 
'stattlicht  (l.  stattlicheit  ?),  stattlichkeit,  pracht.  ist  veraltet. ' 
brem.  xcb.  5,  460.  (schwed.  stätlighet.)  —  in  der  altern 
Sprache  nur  vereinzelt  bezeugt:  die  stattlichkeit  eines 
medici  stehet  nicht  in  zier  der  klaider  . , ,  sondern  in  gut- 
thätigkeit,  so  er  bei  seinen  patienten  übet.  dr.  Minderer 
(1620)  bei  ScHM.^  2,  796  (vgl.  stattlich  II,  3,  b).  wortspielend 
mit  Stadt  (vgl.  unten): 

stat  geht  fdr  land. 

bey  der  etat  ist  statli  ^heit  («o  nach  dem  druck- 
fehlerverz.  für  statligkeit  des  textee) 

bey  dem  dorffe  dürfftigkeit; 

ists  nun  recht  wenn  gleich  die  stat 

statlich  auch  zu  steuern  hat? 

LOGAU  1,  «.  38  (2,  40). 

ganz  getoöhnlich  erst  im,  19.  jahrh.,  entsprechend  statt- 
lich 11,6:  an  den  verschiedenen  höfen,  wo  er  sich  lange 
aufhielt,  glänzte  er  auch  durch  seine  persönliche  Schön- 
heit und  stattlichkeit  sowie  anch  durch  die  pracht  der 
orientalischen  kleidung.  Heine  7,  475  JS^fer,-  dasz  germa- 
nische stattlichkeit  auch  von  dem  modischen  Rom  ge- 
würdigt wurde,  beweisen  die  versuche  römischer  damen, 
sich  ein  deutsches  aussehen  zu  geben  durch  blonde  per- 
rücken. Freytag  17  (bilder  l),  49; 

und  des  kameeles  haupt  entragt  dem  knäul  mit  ernster  statt- 
lichkeit.   Freiligrath*  1, 162  (mirage). 

im  16.  jahrh.  begegnet  stattligkeyt  im  sinne  von  stadt- 
lichkeit,  s.  das.,  sp.  479,  vgl.  oben  die  stelle  aus  Logaü 
und  stattlich  I,  3.  dazu  auch  mit  umlaut:  min  honig, 
min  Hecht,  min  verlangen,  all  min  wollust,  min  siösses 
gespräch,  der  lächerlichen  st&ttlikeiten,  und  der  an- 
deren Ungeschicklichkeiten  der  büler,  besch&mmen  wir 
uns  in  den  sprüchspilen  (tisti  [l.  risti]  dignas  urbanitates 
et  caetera^  ineptias  amatorum  in  comoediis  erubescimus). 
Gbngenbach  *.  172  Goedeke  (pfaffensp.  277),  vgl.  s.  509.  — 
noch  älter  ist  stetlichkeit  belegt,  s.  das.  (vgl.  statt- 
lich I,  5). 

STATTLISCH,  adj..  für  stattlich  (schreib-  oder  druck- 
fehler)  in  einer  quelle  v.  1685,  a.  stapelstadt  2  zu  ende, 
sp.  857. 

STATTLOS,  adj.:  (gott  ist)  der  ding  keinem  gleich,  die 
man  sehen,  hören...  kan,  sonder  aller  ding  bildlosz, 
formlosz,  namlosz,  personlosz,  willosz,  zeitlosz,  unnd  statt- 
losz.    S.  Franck  parad.  (1558)  14»  (nr.  l,  ausg.  v.  1589  2»). 

STATTLÖSE,  /.,  a.  stättelöse,  sp.  1016. 

STÄTTMEISTER,  m..  a.  stättemeister,  sp.  1016. 

STATTMUR,  n..'.-  der  lulTt  ist  auch  also  ein  element, 
und  ein  stattmur  einer  mucken  grosz  mögend  jhr  nicht 
wachen  (l.  machen?),  das  ohn  lufft  seye.  Paracelsus 
diirurg.  achrifften  (1618)  878  B. 

STATTNASCHE ,  /.  ßndet  sich  öfter  im  16.  jahrh.  für 
stadtnasche,  a.  das..  ap.  486 ;  nacJuutragen : 

es  mfissen  mir  (dem  bauem)  warlich  die  statnaschen 
flndu  wieder  füllen  meine  tascben. 

SCHARPFFRNECKBR  AcdOStu»  C  8»> ; 

all  stand  anfT  dem  marck  laufTen  umb 
die  schleckerhafllen  stattnaschen, 
sehen,  ob  sie  was  mOgn  erhaschen. 

Ayrbr  26S9,  22  KelUr. 

STATTNEHMIG,  adj.  atatt  findend,  bei  Campb  ala  ver- 
ttUet  angeführt:  so  müsse  doch  seine  bitte  stattnehmig 
seyn.  quelle  a.  ebenda,  nach  einem  letUl  von  W.  Grimm 
dagegen  'kommt  ea  in  der  jurintischen  geacliäftaapraehe  noch 
häufig  vor',  ebenso  dua  algeleitete  eubat.  stattnehmig- 
kcit./. 

STATTRÄUMIG,  at^..  für  stadträumiff :  da  er  (der  'tinat 
raicher',  achxddner)  aber  etuan  gar  entlaulTen,  und  statt- 
reumig  worden,  dasz  die  zinszherm  alsdann  sich  selber 
vor  unsenn  schelTonraht  zusammen  bescbeyden.  Frankf. 
reformatioH  (l&7b)  2,8,  §  1, 


STATTUNG,  /.,  aeltne  nominaUnldung  zu  dem  verb. 
statten,  vgl.  dieses:  ahd.  statunga,  conclusiotiibtis  Graff 
6,648;  mhd.  stadunge  (erstattung.  Vergütung)  im  Frank- 
furter bürgermeisterbuche  zu  1448,  a.  Lexer  handwb.  2, 1151 ; 
dazu  schon:  in  horum  etiam  bonorum  recompensacionera 
seu  certitudinem  ampliorem ,  quae  in  vulgari  statunge 
dicitur,  in  einer  urk.  v.  1282,  *.  Lang  bei  Meusel  gejirliiclit- 
forscher  7,  .^3.  wind,  stiidinge  ausstattung .  in  einer  urk. 
V.  1465,  s.  ScHiLLER-LiJnBEN  4,  351*'.  ebenso  vereinzelt  sind 
die  Zeugnisse  aus  dem  16.  und  17.  jahrh.  •  stattung ,  die, 
et  das  statten,  simplicia  rara  sunt,  pro  quibus  compos. 
abstattung,  erstattung,  w^iedercrstattung.  Stieler  2116. 
für  gestattung,  Zulassung,  vgl.  das..  theil  4,1,4205,  und 
oben  statten  3,  sp.  1018/..-  die  bösen  geister  . . .  thun  nicht 
das  geringst  ohne  gerechte  Zulassung  unnd  stattung  gottcs. 
Fischart  Bodin  6'».  stattung  des  eides  für  abstattung, 
s.  das.,  theil  1,126:  nach  stattung  des  eydts  spricht  der 
schullheisz.  Kirchhof  milit.  discipl.  237;  nach  stattung 
desz  eydts  werden  die  zeugen  sämptlich  geheissen  abzu- 
tretten.  256. 

STATTZEICHEN,  n.,  von  äuszerlichen,  örtlichen  krauk- 
heitserscheinungen :  dieweil  nun  die  zeichen  der  (l.  die?) 
kranckheit  (die  pest)  offenbar  machen,  unnd  certificieren 
den  morbum,  so  wisz  dasz  diese  zeichen  leiofatlich  zu 
erkennen  seind.  . . .  das  erste  zeichen  hierinnen,  ist  Ver- 
änderung des  gemühts,  mit  eystgedrucktem  (?)  mitlauffen- 
den  stattzeichen.  .  . .  nachfolgend,  so  gehet  an  die  trans- 
mutatio,  das  ist,  des  giffts  gewalt..,  apostemata  zu- 
machen :  welche  nit  allein  auszwendig,  sondern  unsichtbar, 
inwendig    dergleichen    arbeiten.    Paracelus  sehr.  (1616) 

1,  3G6B. 

STATUARISCH,  adj.  nach  art  einer  statue:  was  zu- 
vörderst die  pforte  (des  Schlosses)  betrifft  . . ,  so  standen 
zwar  deren  beide  steinerne  pfeiler  noch,  und  auf  dem 
rechten  hatte  sich  sogar  der  statuarische  löwe  als  wappen- 
halter  zu  behaupten  gewuszt.  Immermann  MünchJi.-  1,53 
(l,l);  'ein  anschmiegendes  zuspiel  war  ihr  nicht  eigen, 
sie  neigte  in  ihrem  spiele  zu  einer  statuarischen  ahson- 
derung'  —  sagt  Eduard  Devrient  sehr  richtig  (von  mad. 
Stich).  Laube  ausgew.  werke  6,  28  Houben.  das  neutr.  sub- 
stantiviert: nun,  dieses  gesetz  (dem  publicum  nie  den 
rücken  zuzuivenden)  lehrt  am  deutlichsten,  dasz  Goethe 
das  dramatische  moment  unterordnete,  nicht  einmal  das 
malerische  war  hierbei  maszgebend  geblieben:  meistor 
hafte  historische  bilder  zeigen  dem  beschauer  den  rücken 
einzelner  .  .  .  personen.  das  statuarische  allenfalls  hat 
mitgesprochen.  47.  adverbial:  der  todte  punkt  also  liegt 
zwischen  zwei  bewegungen  als  ein  augenblick  des  Still- 
standes, welcher  sich  statuarisch  fixiren  lässt.  L.  v.  Syuel 
weltgescli.  der  kunst  140 ;  der  gemiszhandelte,  von  fluchen 
getragene  Jude  (in  Hebbels  'Genovefa'),  welcher  auf  das 
durch  aberglauben  .  .  .  entstellte  christenthum  gleichsam 
statuarisch  hinweist.  Kuh  biogr.  Hebbels  1,515.  —  misz 
bräuchlich  begegnet  statuarisch  auch  für  statutarisch, 
vgl.  das. 

STATUE,  /.  atandbild.  bildaätde.  lehnteort  aua  dem  tat. 
statua. 

l)  geschichte  der  form. 

o)  die  älte.sten  belege  stammen  au»  dem  i7.  jahrh.;  sie 
geben  daa  wort  noch  ganz  in  lat.  form  und  leinen  dadurch 
zugleich  die  heikunft  atia  dieser  spräche  und,  dasz  es  noch 
ungewohnt  und  nicht  eingebürgert  ist,  vgl.  Kl.  Hechien 
BERü  fremdwb.  des  11.  jahrh.  127:  ich  spatzirtc  cinsmalils 
im  wald  herum  ...  da  fand  ich  ein  steinern  bildnusz 
ligen  in  lebens  grOsse,  die  hatte  das  ansehen  als  wan  sie 
jrgends  eine  statua  (lat.  buchst.)  eines  alten  teutsohon 
beiden  gewesen  wäre.  Simpl.  (166»)  657  (6,0);  statua  kayscrs 
Fordinandi  III.    aus  wachs.   HoiiiiKRa  lamU.  (1683:)  t,   im 

2.  reg.;  es  wäre  auch  die  statua  und  bildnusz  disz  grossen 
königs  Nahuchodf^noKor  nicht  ühol  gestellt  und  gcslalt, 
weil  dero  haupt  von  purem  gold,  die  füsz  aber  von  erden. 
AnKAHAM  A  S.  ClJ^RA  aujf.  auff  jhr  rJiri.itm  (Wim  lOKS) 
a.  112  (hierachon  mit  detitachen  buehataben  gedruckt,  a.  auch 
teitachr.  f.  d.  toortf.  8,216);  in  den  ordcn  hielt  er  sich  wie 
die  statua  (lat.  buehjtt.)  desz  königs  Nabuchodono.soris, 
welche  ein  güldenes  haupt,  ein  Kilbcme  brüst,  metullinen 
li-ib,  eysorne  sohonckel  und  crdcnc  fUsz.  Jt4(/fi«(i686)l,2M; 
eine  steinerne  statuam  (lat.  bueliat.)  oder  bildniaz.  Pasb- 


1049 


STATUE 


STATUE 


1050 


MANN  d.  gelehrte  narr  (i729)  89,  s.  zeiischr.  f.  d.  tcortf.  8, 96». 
vgl.  auch  das  älteste  lexikalische  zeiignis:  statua  {Jtat. 
luchst),  ein  bild  von  stein,  holtz  oder  ertz,  gehauen,  ge- 
schnitzt oder  gegossen,  it.  eine  aufgerichtete  säule,  eine 
Statue  oder  ehren-bild  zu  pferde  oder  zu  fusz,  ein  bild 
in  lebens-grösse ,  so  entweder  zur  belustigung  oder  zum 
pracht  an  besondere  örter  aufgestellet  \rird.  Sperander 
a  la  mode- sprach  (1727)  G80»,  vgl.  Weig.\nd  2,  801.  — früher 
als  ins  deutsche  ist  statue  ins  engl,  eingedrungen;  es  be- 
gegnet schon  bei  Chaucer,  s.  Skeat  593».  auch  dän.  statae 
n.  s.  w. 

b)  dagegen  gilt  im  plur.  von  anfang  an  die  detttsche 
form  Statuen:  also  sind  gleichergestalt  die  statuen  (nur 
-en  mit  detitschen  btichst.)  und  ausgehauene  bilder  aus 
gleicher  materi  abzubilden.  Hohberg  (1682)  i,  593»;  gestern 
wahren  wir  vor  undt  nach  dem  eszen  drunten  im  gartten 
mitt  dem  könig,  gar  schönne  statuen  placiren  zu  sehen. 
Ei.iSAB.  Ch.arlotte  2,30*  (vom  9.  aug.  1702). 

c)  t»  der  2.  hälfte  des  18.  jahrh.  ändert  sich  die  lautform 
unter  französischem  einßusse,  indem  der  ton  auf  die  ziceite 
silbe  rückt,  die  nun  mit  langem  ü  gesprochen  icird.  dem- 
gemäsz  teird  nun  aucJt-  statüe  geschrieben.-  folglich  wars 
auch  nicht . . .  das  ding  (das  griech.  drama)  mehr,  puppe, 
nachbild,  äffe,  statüe,  in  der  nur  noch  der  andächtigste 
köpf  den  dämon  finden  konnte,  der  die  statüe  belebte. 
Herder  5,  213  Suphan  (v.  deutscher  art  u.  kunst,  1773, 
Shakesp.  4) ;  der  2\eptun  mitten  auf  demselben  (platze), 
von  Jean  de  Bologna,  hat  als  statüe  wohl  seine  Verdienste. 
Seume  (1826)  2,  140  (spazierg.  l).  poetische  belege  lassen 
auszerdem  die  tonstelle  durch  den  rhytlimus  und  den  vocal 
durch  den  reim  erkennen: 

überall  sieht  man  alleen, 
graszbänke,  steinerne  tische,  auf  postamenten  statuen. 

Naumann  Simrod  (1752)  212; 
wer  lachte  tanzender  statuen, 
im  may  des  lebens,  so  wie  ich? 
wer  liesz  so  unversengt  um  sich 
der  Schönheit  fenerfunken  sprühen? 

GoEKiNGK  (1780)  1,  93  (5.  ep..  an  Terttiüia); 
froher  .  .  .  bei  den  meisterscenen 
der  natur;  suchst  du  kein  prächtig  haus 
mit  statuen  dir  und  vasen, 
eine  bütte  nur,  mit  robr  und  rasen 
leicht  bedeckt,  zur  wohnun?  aus. 

Fr.  W.  A.  Schmidt  (v.  Werneuchbn) 
ged.  (1797)  34; 
wohn'  ein  andrer  in  der  grossen  Stadt 
nnter'm  dach,  belastet  mit  statuen. 
längst  schon  ihrer  steifen  thorheit  satt, 
will  ich  gern  zum  guten  bauer  ziehen.    145. 

vgl.  ScHÖNAiCH,  s.  unten,  und  Gombert  bemerk.  3,  2.  (in 
seiner  ausg.  v.  E.  v.  Kleist  giebt  Sauer  l,  s.  vii  im,  in- 
haltsverz.  bei  nr.  48  und  49:  statüe,  im  text  s.  88  beide 
male:  statue.)  ein  vereinzelter  nachzügler,  unter  einßusz 
landschaftlicher  Sprechweise,  ist: 

und  zu  ehren  der  geschichten  ' 

will  ein  denkmal  man  errichten. 

schon  steht  das  piedestal, 

doch  wer  die  statüe  bezahl', 

weisz  nur  gott  im  himmel. 

Scheffel  die  Tevtoburger  scMacht,  letzte  ttr. 
der  ursprüngl.  fassung  {tpäier  geändert). 

(/)  doch  ist  selbst  in  dieser  zeit  diese  ausspräche  nicht 
'inherrschend  gewesen,  denn  andre  dichterbelege  lassen 
flieh  betonung  der  eisten  silbe  erkennen: 

ich  zog  sie  auf,  und  liesz  sie  von  mascbinen, 

von  lauter  statuen  bedienen, 

die  schnell  zu  leben  schienen, 

so  bald  durch  meinen  zauberstab 

ich  ihnen  die  bewefrung  gab. 

Gellert  3,  116  (da*  orakel  1, 1); 

Orakel,  statue,  und  alles  ist  vergessen. 

Wieland  17,  215  (Idrit  4,  9); 

herr  Idris  fühlt's,  —  doch,  ein  gedaoike  bloss 

an  seine  statue,»)  an  die  geliebten  züge, 

an  diesen  blick  von  dem  sein  herz  zerfloss, 

macht  aus  dem  magischen  unsichtbam  netz  ihn  los. 

280  (5,  47), 
dazu  die  anm.:  wir  zweifeln  sehr,  ob  dieses  zwar  ur- 
sprünglich fremde,  aber  schon  so  lange  bey  uns  ein- 
heimische wort  (ungeachtet  wir  gelegentlich  auch  die 
Wörter,  bild,  Steinbild,  marmorbild  u.  s.  w.  statt  desselben 
gebrauchen  können)  dem  deutschen  dichter  (dem  es  oft 
bequemer  als  jene  ist)  mit  recht  genommen  werden  könne, 
nur  erinnern   wir,  dass  es   nicht  wie  das  französische 


statüe,  sondern  als  ein  deutsches  wori,  das  in  der  aus- 
spräche einen  daktylus  hören  lässt,  ausgesprochen  werden 
müsse.  322.     ebenso  beim  jungen  Schiller: 

wenn  dein  finger  durch  die  saiten  meistert  — 

Laura,  itzt  zur  statue  entgeistert, 

izt  entkörpert  steh  ich  da.     1,  216  (Laura  am  üavier); 

wie  kann  vor  seinem  topf  der  töpfer  liegen, 

der  künstler  knien  vor  seiner  statue?      335  {Semele  2). 

toenn  dalier  4,  317  (i'wi  'geisterseher',  s.  unten)  spätere  atts- 
gaben  die  Variante  statuen  auftceisen.  kann  diese  nicht  als 
Schillerisch  gelten,  nach  der  regelmäszigkeit ,  mit  der  in 
den  dichterischen  belegen  die  Schreibung  der  atissprache 
entspricht,  hat  man  wol  überall,  wo  8tatue(n)  geschrieben 
wird,    statue(n)   zu  lesen   (z.  b.  auch  bei  Winckelmann, 

8.  tt.).  —  überhaupt  geben  die  belege  Adelung  recht,  trenn 
er  hier  einen  landschaftlichen  unterschied  aufstellt:  'die 
statüe,  (der  ton  auf  der  mittelsten  silbe)  . . .  es  ist  zunächst 
aus  dem  französ.  statue,  dessen  ausspräche  auch  im  hoch- 
deutschen beybehalten  tcird.  im  oberdeutschen  hingegen 
folgt  man  dem  lateinischen  statua,  und  spricht  und  sehreibt 
daselbst  statua,  statue,  mit  dem  tone  auf  der  ersten  sylbe, 
nach  welchem  muster  auch  Geliert  sang: 

j  ihr  seht  hier  statuen  vor  euren  äugen  stehn." 

i  ähnlich:  'statüe  (spr.  statüh).  andere  sprechen  das  tcort 
I  nach  lateinischer  art  dreisilbig  sta-tu-e  aus'.  Campe  erg.  bd. 
(KiNDERLlNG  giebt  das  wort  richtig  als  lehnwort  aus  dem 
lat.,  schreibt  aber  s.  149:  statue,  dagegen  s.  333:  statüe.) 
e)  aber  auch  der  gebrauch  des  wortes  selbst  ist  im  18.  jahrh. 
nicht  unhestritten.  Schönaich  d.  gaiue  ästh.  in  e.  nusz 
287,  i3tff.  verspottet  es  als  fremdwort,  indem  er  die  unter  e 
mitgetheilte  stelle  aus  dem  'Ximrod'  anführt:  bildhauer 
Naumann  führet  mit  vielem  verstände  statuen  und  posta- 
mente  ein;  wir  haben  nämlich  keine  schnitzbilder  noch 
fuszgestelle.  und  Wieland  glaubt  seine  Verwendung  nocJi 
rechtfertigen  zu  müssen,  s.  oben  d;  vgl.  dazu  Feldmann 
zeitschr.  f.  d.  icortf.  8, 96».  eine  Übersicht  der  vorgeschlagenen 
Verdeutschungen  giebt  Campe  im  ergänzungsbande.  —  die 
frühere  spräche  sagt  für  statue  gewöhnlich  bildnisz, 
s.  theil  2,  20,  das  daher  in  den  ältesten  belegen  zur  erklärung 
daneben  steht,  s.  oben  a  und  Feldmann  a.  a.  o.,  oder  noch 
häufiger  bild,  das  früher  auch  vorwiegend  auf  plastische 
darstellungen  geht,  s.das.3,  t/ieil  2,9/.;  dafür  genauer 
ausgehauenes  bild,  s.  Hohberg  unter  b,  marmorbild, 
tiieil  6,1663,  Steinbild,  schnitzbild,  theil  9,1360  (vgl.  oben 
Schönaich),  r^Z.  Wieland  unter  d  und  Feldmann  a.a.o. 
dazu  noch:  blochbild  (das)  geschnitzt,  statua.  Maaler 
72»,  danach:  bloch-bild,  n.  ein  grosses  hölzernes  bild, 
statua  lignea.  Frisch  l,lll*>;  'in  alten  Schriften  block- 
bild.'  KiNDERLiNG  149,  SO  auch  bei  Campe  erg.bd.  noch 
heute  üblich  ist  das  schon  bei  Luther  begegnende  bild- 
säule,  s.  theil  2,21,  vgl.  Feldmann  a.a.O.;  es  dient  zu- 
nächst zur  erklärung,  so  bei  Adelung  und  Kinderling 
333.  wird  aber  von  Campe  vertcorfen  ('bildsäule,  welches 
bisher  ziemlich  allgemein  dafür  angenommen  lourde.  be- 
zeichnet eigentlich  nur  die  sogenannten  karyatiden  und 
atlanten,  welche  die  stelle  der  säulen  vertreten,  oder  auch 
die  termen  \termini] ,  welche  unten  säule  und  oben  bUd 
sind"),  imie. — 17.  jaÄr7i.  rfa/tiraucÄ  bildstock,  s.  th.a,il. 
bei  Kinderling  333  femer  ehrensäule,  s.  theil  3,65. 
(einfaches  s  ä  n  I  e ,  *.  U7iten  2,  /,  ß.)  am  häufigsten  ist  jetzt 
Standbild,  das  erst  im  18.  jahrh.  aufkommt  (zuerst  bei 
Thümmel)   und  offenbar  dem  fremdwort  nachgebildet  ist, 

9.  oben  sp.  731.  nach  Campe  tcürde  der  gebrauch  von  Stand- 
bild für  statue  überhaupt  aw/ Eschenburg  zurückgehen, 
vgl.  darüber  und  über  das  seltene  standsäule  (sp.  787) 
unten  2,f,  ß. 

f)  im  19.  jahrh.  gilt  die  ausspräche  statue  wol  allgemein: 
mit  den  statuen, 
die  in  geweihten  tempelnischen  steh'n. 

Hebbel  3, 244  Werner  {Gyges  1). 
(doch  ist  die  franz.  ausspräche  auch  heute  in  der  spreeh- 
iceise  der  halbgebildeten  noch  nicht  erloschen,  besonders  in 
manchen  gegenden.  vgl.  Gombert  3,  2  und  Scheffel, 
e  zu  ende)  zuweilen  ergiebt  sich  daraus  eine  txceisilbige 
form,  indem  das  n  seinen  silbenicert  verliert  (statue): 
CS  glänzt  der  tulpenflor.  durchschnitten  von  alleen, 
wo  zwischen  taxus  still  die  weiszen  statuen  stehn. 

Eichendorff«  1,  692  ('tontf). 


1051 


STATUE 


STATUE 


1052 


2)  bedetttung.    bestimmung  und  eintJieilutig  des  begriffes. 

o)  deßnifionen,  s.  Sperandeu  unter  i,a.  ferner:  denn 
ein  bild,  welches  die  kunst  verfertiget,  ist  eine  Vorstellung 
des  zusammen  gesetzten  im  zusammen  gesetzten,  und 
ins  besondere  ein  gemählde  eine  Vorstellung  des  zusammen 
gesetzten  auf  einer  fläche;  hingegen  eine  statue  oder  ein 
ausgehauenes  oder  erhabenes  bild  eine  Vorstellung  des 
zusammen  gesetzten  in  einem  cörperlichen  räume.  Woi.fi' 
gedancken  v.  gott  (1720)  s.  «4  (§  75i);  'statug,  bildsäale, 
ist  eine  körperliche  Vorstellung  einer  person  aus  holz,  stein, 
metall  oder  andern  materien.  entweder  in  lebens-  oder  natür- 
licJier  grösze,  in  verkleinerter,  oder  auch  in  übernatürlichem- 
grösze.'  Eggers  kriegslex.  2,  983. 

b)  eintheüung  zuTiächst  nach  dem  material,  womit  zu- 
gleich eine  verschiedene  technik  der  herstellung  gegeben  ist, 
i'^ri.  Speranüeh  unter  i,a.  Eggers  unter  i,a.  dieliaupt- 
arten  »ind: 

a)  den  primitiveren  Zeiten  der  kunst,  dem  frühen  alter 
ifium  und  dem  mittelalter,  sind  eigenthümlich  statuen  von 
holz,  s.  Jacobsson  *,  261;  sie  xcerden  geschnitzt,  vgl. 
schnitzen  3  und  schnitzbild.  tlieil  9, 1363/.  1360,  soxcie  block- 
bild  unter  i,  c.  aus  holz  wurden,  so  wie  die  gebäude,  also 
auch  die  statuen,  eher  als  aus  stein  und  marmor,  ge- 
machet, in  Aegypten  werden  noch  itzo  von  ihren  alten 
flguren  von  holz,  welches  sycomorus  ist,  gefunden  .  .  . 
Pausanias  machet  die  arten  von  holz  namhaft,  aus 
welchen  die  ältesten  bilder  geschnitzet  waren;  und  es 
waren  noch  zu  dessen  Zeiten  an  den  berühmtesten  orten 
in  Griechenland  statuen  von  holz.  Winckelmann  gesch. 
der  kunst  des  alterth.  (1764)  12/. 

^  in  den  blütezeiten  der  kunst,  im  alterthum  und  seit 
der  renaissance,  tcerden  statuen  meist  aus  stein,  besonders 
marmor,  oder  metall  hergestellt.  —  statue  von  stein  oder 
marmor.  Jacobsson  4,261^—265*.  (statue  von  Sandsteinen. 
26*».)  sie  icerden  ausgehauen  oder  gemeiszelt  {th.  6, 1985/.), 
daher  ausgehauenes  bild,  s.  Hohber  unter  l,  b  und  Wolff 
oben  a;  vgl.  Steinbild,  der  erste  stein,  aus  welchem  man 
statuen  machete,  scheinet  eben  derjenige  gewesen  zu 
seyn,  wovon  man  die  ältesten  gebäude  in  Griechenland  . . . 
aufführete,  nemlich  eine  art  toff-stein,  welcher  weisz- 
licht  war.  Winckelmann  s.  15;  aus  marmor  machete 
man  anfänglich  zuerst  köpf,  bände  und  füsze  an  figuren 
Ton  holz.  .  . .  solche  statuen,  an  welchen  niir  die  äussersten 
theile  von  stein  waren,  wurden  acrolithi  genennet,  ebenda; 
zuweilen  wurden  auch  marmorne  statuen  mit  wirklichem 
zeuge  bekleidet.  16;  die  mehresten  statuen  von  marmor 
sind  aus  einem  stücke  gearbeitet,  und  Plato  giebt  seiner 
republik  so  gar  ein  gesetz,  die  statuen  aus  einem  einzigen 
stücke  zu  machen.  251/.;  die  mehresten  statuen  in  marmor 
aber  wurden  geglättet  . . .  alle  statuen  werden,  wie  bey 
den  alten,  noch  itzo  mit  wachs  geglättet.  ...  die  unten 
angeführten  stellen  sind  von  allen  irrig  vom  abputzen 
der  statuen  verstanden  worden.  254;  in  basalt,  sowohl 
in  dem  eisenfärbigen,  als  in  dem  grünlichen,  haben  sich 
die  griechischen  bildhauer  zu  zeigen  gesucht;  es  hat  sich 
aber  von  ganzen  statuen  keine  einzige  erhalten.  255;  man 
merke  hier,  dasz  sich  an  statuen  von  porphyr  weder 
köpf  noch  bände  und  füsze,  aus  eben  demselben  steine 
finden,  sondern  sie  haben  diese  äuszcren  theile  von 
marmor.  257 ;  bruchstücke  einer  statue  von  halber  lebens- 
grösze  aus  bläulichem  basalt  (blaustein).  Jacobi  Saalburg 
a.  75;  (m  bilde:)  bei  diesen  {träumen  wirkt)  aber  eine  . .  . 
räthselhufte  kraft,  die  dem  menschen  im  eigentlichsten 
verstände  sich  selbst  stiehlt  und  die  ausgemeiszelte  statue 
wieder  in  den  marmorblock  einschlicszt.  Heubei.  tageb.  l, 
*.  S6&  Wertler. 

y)  'die  statuen  von  metall,  les  statue»  de  fönte,  »ind 
»eit  den  älte»ten  Zeiten  im  schwänge  gexoeaen;  ea  hat  aber 
da»  an»ehen.  daat  die  neuem  kün»tUr.  in  groazen  und  au» 
eifum  gu»»e  prae»tirten  werken,  diese  kun»t  weit  höher 
poutfiret  und  gebracht  haben.'  Eookks  kriegtUx. »,  W6. 
nie  werden  au»  bronze  JtergeateUt,  wofür  hät{flg  die  weniger 
beȆmnUe  beteiehnung  crz,  und  twar  durci^  gioszen;  in 
erzt  müszto  man  in  Italien  weil  eher,  als  in  Griechen- 
land, statuen  gearbeitet  haben,  wenn  man  dem  Pau- 
sanias folgen  wollte.  Winckelmann  16;  ferner  wird  von 
einer  statue  von  erzt  gemeldet,  welche  dem  Horatius 
Coclcs,  and  von  einer  andern  zu  pfcrde,  welche  der  be- 


rühmten Cloelia,  zu  anfang  der  römischen  republic,  auf- 
gerichtet worden;  und  da  Spurius  Cassius  wegen  seiner 
Unternehmungen  wider  die  freyheit  gestrafet  wurde,  so 
liesz  man  aus  seinem  eingezogenen  vermögen  der  Ceres 
statuen  von  erzt  setzen.  17;  was  endlich  die  arbeit  in 
erzt  betrifft,  so  waren  schon  lange  vor  dem  Phidias  viele 
statuen  darinn  gearbeitet.  257;  Montfaucon  ist  übel  be- 
richtet, wenn  er  sich  sagen  lassen,  dasz  die  statue  des 
Marcus  Aurelius  zu  pferde  nicht  gegossen,  sondern  mit 
dem  hammer  getrieben  worden  sey.  258;  als  knabe  hörte 
ich  die  sage,  der  künstler,  der  diese  statue  gegossen, 
habe  während  des  gieszens  mit  schrecken  bemerkt,  dasz 
sein  metall  nicht  dazu  ausreiche,  und  da  wären  die  bürger 
der  Stadt  herbeigelaufen  und  hätten  ihm  ihre  silbernen 
löffel  gebracht,  um  den  gusz  zu  vollenden.  Heine  3,  US 
Elster  {ideen  &);  Genserich  verschmähte  nicht,  auf  einem 
seiner  raubzüge  eine  Schiffsladung  statuen  aus  Byzanz 
nach  Karthago  zu  fahren,  um  seine  königsburg  mit  den 
hübschen  ehernen  Griechenmännchen  zu  schmücken. 
Freytag  17, 124  {bilder  i,  2). 

(5)  ungexoöhnlicher :  statuen  von  gold  wurden  im  alter- 
thum einigen  gottheiten,  häufiger  aber  den  römischen 
kaisern  gesetzet.  Winckelmann  *.  18.  häußger  sind  ver- 
goldete  statuen:  viele  öffentliche  statuen  von  erzt  wurden 
vergoldet,  wie  das  gold  noch  itzo  zeiget,  welches  sich 
erhalten  hat  an  der  statue  des  Marcus  Aurelius  zu 
pferde,  . . .  sonderlich  an  dem  Hercules  im  Campidoglio. 
die  dauerhaftigkeit  der  Vergoldung  an  statuen,  welche 
viele  hundert  jähre  unter  der  erde  verschüttet  gelegen, 
bestehet  in  den  starken  goldblättern.  260;  der  söhn  des- 
jenigen Glabrio,  welcher  den  könig  Anticchus  bey  den 
Thermopylen  geschlagen  hatte,  setzte  diesem  seinen  vater 
die  erste  vergoldete  statue.  302. 

e)  statuen  von  elfenbein,  ebenfalls  geschnitzt;  in  Giiechen- 
land  auch  eine  chryselephantine  mischtechnik .-  in  Griechen- 
land waren  an  hundert  statuen  von  elfenbein  und  golde, 
die  mehresten  aus  der  älteren  zeit,  und  über  lebensgrösze. 
Winckelmann  s.  14;  von  elfenbein  von  statuen  hat  sicii 
niemals  . .  .  die  geringste  spur  gefunden,  einige  ganz  kleine 
flguren  ausgenommen ,  weil  elfenbein  sich  in  der  erde 
calciniret.  15;  elfenbein  zu  statuen  scheinet  auf  der  dreh- 
bank  gearbeitet  zu  seyn.  252. 

i!)  die  älteste  zeit  kannte  auch  statuen  aus  thon, 
*.  Winckelmann  s.  il. 

17)  gebilde  aus  wachs  gelten  im  allgetneinen  nicht  «'.» 
ernste  kunsticerke  und  führen  daher  selten  die  bezeich  nur  / 
statue,  vgl.  jedoch  Hohuerg  tmter  1,0  und  statuenwoi  i . 

c)  nach  dem  gegenstände  der  darstell u  ng :  man  unter- 
scheidet die  alten  statuen  in  divines,  hiroiques  und  augustes, 
von  welchen  die  erstem  den  göttern,  als  dem  Jupiter, 
dem  Mars  etc.  die  zweyten  den  halbgöttern ,  als  dem 
Herkules  et«,  und  die  letztern  den  kaisern,  königcn, 
fürsten  und  berühmten  niännern  zu  ehren  aufgerichtet 
worden.  Eggers  2,  984. 

a)  statuen  stellen  in  der  regel  menscfUiclte  gestalten  dar, 
s.  z.  b.  Eggers  2,  a  und  Jacobsson  unter  f,  a;  seltner 
thiere,  auszer  pferde  in  Verbindung  mit  reitenden  menadten- 
gestalten ,  vgl. :  wie  manches  edle  pferd  hat  mehr  die 
statue  verdient,  als  sein  reuter!  Herher  8,82  Suphan 
{plastik  2,3);  ferner  lötceti,  vereinzelt  kühe,  hirsche  u.  a.  w. 
'die  statUe,  . . .  eine  jede  in  erhabener  arbeit  und  abgesondert 
abgebildete  menschliche  oder  thieriaehe  figur;  im  eigent- 
lieh»ten  verstände,  ao  fem  sie  stehend  vorge^iteUet  itird, 
in  weiterm  aber  auch  in  jeder  andern  Stellung.'  Akeluno. 
ungeicöhnlichea :  der  printz  von  Pningonia  bey  Palermo 
hat  monstreuse  statuen  um  sein  hausz,  zuweilen  die 
glicdcr  von  drey  verschiedenen  thiercn  mit  den  hörnern, 
von  allen  an  einer  eintzigen  figur.  Lichtenubko  opho-l 
riamen  8,  a.  17«  Leitzmann  (D  6O8). 

/f)  statuen  stellen  zum'ichat  gottheiten  oder  heroen  dar, 
vgl.  Sehmk  unter  i.c-  hieraus  olToubarot  sich  an  statuen, 
die  durch  den  verlust  de»  kopfs  und  anderer  reichen 
zweydcutig  seyn  könnten,  ob  dieselbe  einen  gott,  oder 
einen  menschen  vorstellen,  und  diese  botrnchlung  hätte 
lehren  können ,  dasz  man  eine  Hcrculanische  sitzende 
statue  über  lebensgrönze,  durch  einen  neuen  köpf  und 
durch  beygcicgto  zeichen  nicht  hätte  in  einen  Jupiter 
verwandeln   sollen.  Winckelmann  a.  162;   ich  behaupte 


1053 


STATUE 


STATUE 


1054 


aber  nicht,  dasz  alle  statuen  des  Apollo  diese  hohe  Schön- 
heit haben.  159;  die  schönsten  statuen  der  Faune  sind 
ein  bild  reifer  schöner  Jugend.  158;  die  statue  des  Merkurs 
muszte  weniger  geschicklichkeit,  weniger  fleisz  und  arbeit 
verlangen,  ...  als  eine  statue  des  Jupiters  oder  der  Juno. 
Lessing  6,427  {Laokoon  7);  der  geist  der  poesie  ist  das 
morgenlicht,  das  die  statue  des  Memnon  tönen  macht. 
Novalis  3,  25  Meiszner;  die  Römer  des  mittelalters  zer- 
schlugen die  statuen  und  götterbilder  ihrer  groszen  vor- 
fahren und  brannten  kalk  daraus.  Hebbel  tageb.  i, 
9.  289,  6124  Werner;  die  statue  des  genius,  der  bei  uns  vor- 
nehmlich den  Schutzgeist  der  centurie  repräsentiert. 
Jacobi  Saalbiirg  s.  iOl.  sonst  von  sagengestalten :  eine  der 
vorzüglichsten  statuen,  ist  ein  sterbender  söhn  der  Niobe, 
den  Apollo  erschossen  hat.  Schiller  3,  579;  der  zufall 
führt  ihn  vor  die  statue  der  Biblis  und  des  Kaunus.  5,  l,  5 
{dorn  Karlos  1,1,  biihyienanw.);  die  statue  des  von  schlangen 
umrungenen  Laokoon  mag  gegenständ  des  künstlerischen 
Streites  sein.  Laube  ausgeic.  icerke  5, 113  Hotiben. 

y)  entsprechend  in  christlicher  zeit:  wie  eine  rasende 
menge  .  . .  die  altäre  niederreiszen ,  die  statuen  der  hei- 
ligen zerschlagen.  Göthe  8, 181  {Egmont  l,  2);  eine  neben- 
kapelle,  worin  mehrere  kleinere  altäre  und  statuen  von 
heiligen  in  nischen  angebracht  stehen.  Schiller  4,  317; 
Liane  stand  .  .  .  neben  einer  weiszen  statue  der  heil.  Jung- 
frau und  blickte  in  die  nacht.  J.  Paul  22, 156  {Titan  2,  57). 

S)  statuen  von  menschen,  porträts;  so  zunächst  von 
königen  und  fürsten;  von  Nabuchadonosor ,  s.  Abraham 
A  S.  Clara  unter  l,  a;  von  römischen  kaisern,  s.Winckel- 
MANN  18.  258  unter  2,  b,  S.  y.  dazu:  die  statuen  römischer 
kaiserinnen  gleichen  heldinnen.  171;  sogar  die  statuen 
der  Gotenkönige  sollten  nicht  allein  gesetzt  werden,  son- 
dern immer  zu  ihrer  rechten  seite  der  kaiser.  Freytag 
17, 126  (jbilder  1,  2);  *.  auch  Hohberg  unter  1,  a.  von  obrig- 
keitlichen personen,  heerfiihrern,  beamten  u.  ühnl.:  es  findet 
sich  eine  consularische  statue  in  der  villa  des  hrn.  car- 
dinals  Alex.  Albani.  Winckelmann  *.  15,  s.  ferner  17.  302 
unter  b,  y.  S.  im,  alterthum,e  häufig  von  siegern  in  den 
öffentlichen  spielen:  wir  finden,  dasz  noch  siegern  in  der 
ein  und  sechzigsten  olympias  hölzerne  statuen  aufgerichtet 
worden.  Winckelmann  s.  13;  wir  finden  von  einer  statue 
nachricht,  welche  zu  Elis  einem  spartanischen  ringer, 
Eutelides,  schon  in  der  acht  und  dreyszigsten  olympias 
aufgerichtet  worden.  131;  den  siegern  in  den  groszen 
spielen  wurden  nicht  allein  an  dem  orte  der  spiele  .  .  . 
statuen  gesetzet,  sondern  auch  zugleich  in  ihrem  vater- 
lande. 132;  damals  wurden  auch  denen,  die  im  circo  in 
den  Wettlaufen  auf  wagens  den  preis  erhielten,  statuen 
aufgerichtet.  416  {am  rande:  misbrauch  der  statuen  an 
Personen  ohne  Verdienste);  den  fechtern  in  Schauspielen 
ist  die  ehre  einer  statue  unter  den  Griechen  vermuthlich 
niemals  wiederfahren.  Lessing  6,  538  (Laofcoon  28).  dabei 
vxrden  idealisierte  und  porträtähnliche  (ikonische)  statuen 
unterschieden :  jeder  olympische  sieger  erhielt  eine  statue; 
aber  nur  dem  dreymaligen  sieger,  ward  eine  ikonische 
gesetzet,  der  mittelmäszigen  portraits  sollten  unter  den 
kunstwerken  nicht  zu  viel  werden.  382  {Laokoon  2);  der 
Sieger  muszte  dreimal  gesiegt  haben,  wenn  ihm  die  iko- 
nische statue  erlaubt  war;  eine  veredelte  war  ihm  er- 
laubt beim  ersten  siege.  Herder  8,  33  Suphan  {plastik  2,3). 
ferner  häufig  statuen  von  kiinstlern,  dichtem,  schrift- 
stellern,  rednern,  männern  der  vrissenschaft  u.  a.  w.,  be- 
sonders in  der  neuern  zeit:  die  statue  des  rhctors  Aristides 
in  der  Vaticanischen  bibliothek  ist  aus  der  zeit,  von 
'■•'^Icher  wir  reden,  und  unter  den  sitzenden  bekleideten 

iien  nicht  die  schlechteste.  Winckelmann  *.  414;  das 
-..er  des  theaters  ist  grandios,  Voltaire's  statue,  umgeben 
von  denen  Talmas  und  le  Kains,  macht  die  honneur's, 
in  dem  oberen  foyer  sieht  man  unter  vielen  anderen  die 
bfisten  von  Meliere  und  Corneille.  Hebbel  tageb.  2,  s.  335 
Werner. 

r)  'statue,  allegorische,  fr.  statue  allegorique,  stellet 
unter  der  gestalt  eines  'menschen  flilsse,  gottheiten  u.  s.  w. 
vor.'  Jacousson  4,  261»  {im  allgemeinen  werden  darunter 
tucht  soicol  götterbilder,  als  personificationen  abstracter  be- 
griffe u.  ähnl.  verstanden). 

d)  menschliche  figuren  können  nackt  oder  bekleidet  dar- 
!  gestellt  werden,  vgl.:  'man  findet  desgleichen  einen  unter- 


scheid in  der  bedeekung,  da  sie  entweder  ganz,  halb,  un- 
bekleidet und  nackend  sind,  in  antiquer  oder  modemer 
tracht  vorgestellet  icerden.'  Eggers  2,  9S3.  nackte  gestalten 
bietet  besonders  die  griechische  {und  die  von  ihr  beeinfluszte 
nettere)  plastik,  daher:  'statue,  griechische,  eine  antike  und 
nackende  statue,  \ceH  die  Griechen  ihre  gottheiten ,  helden 
und  athleten  nackend  vorsfelleten.'  Jacobsso n  4,261".  im 
gegensatz  dazu .-  'statue,  römische,  die  bekleideten,  welche 
ihre  verschiedene  benenn ungen  von  ihrer  bekleidung  be 
kommen.'  {in  diesem  sinne  nicht  mehr  üblich.)  eigenthüm 
lieh  ist  die  Unterscheidung  :  'statue  von  stein  oder  marmor, 
{bildhauer)  diese  ist  entweder  nackend,  und  denn  ist  es 
eine  eigentliche  statue,  {s.  die.^e)  oder  es  ist  eine  figur  mit 
einem  geicand,  und  heiszt  alsdenn  portrait.'  261''.  (beklei- 
dete statuen  in  anderm,  sinne,  s.  Winckelmann  a.  16 
unter  b,  ß.) 

e)  statuen  icerden  nach  ihrer  grösze,  und  zwar  nach 
relativer  grösze,  im  vergleich  mit  dem  dargestellten  gegen- 
stände, eingetheilt  in  lebensgrosze,  unter  und  Überlebens 
grosse,  vgl.  Eggers  unter  a ;  'man  unterscheidet  verschiedene 
arten  von  statuen,  l)  diejenigen,  icelche  unter  natürlicher 
grösze  sind;  2)  die,  welche  der  natürlichen  grösze  gleich- 
kommen; 3)  die,  icelche  die  natürliche  grösze  übertreffen; 
4)  icelche  auf  dreymal  und  darüber  so  grosz  sind,  als 
menschen  gemeiniglich  zu  seyn  pflegen,  welche  man  kolossen 
nennt.'  Jacobsson  4,  260'^/.  letztere  werden  auch  sonst  als 
besondere  klasse  abgesondert :  statuS  colossale,  eine  statua 
die  die  lebensgrosze  etlichemal  übersteigt.  Eggers  2,  985; 
zu  Sais  und  zu  Theben  in  Aegypten  waren  colossalische 
statuen  von  holz.  Winckelmann  s.  13;  unter  die  Ver- 
zierungen gehört  besonders  eine  kolossalische  statue  des 
fürsten.  Novalis  2, 51  Minor;  die  . . .  bronzebruchstücke  . . . 
geben  der  Vermutung  räum,  dasz  hier  die  mehr  als  lebens- 
grosze statue  einer  weiblichen  figur  (Victoria?)  gestanden 
habe.  J.\cobi  Saniburg  s.  95  {im  reg. :  statue,  überlebens- 
grosze  weibliche);  statue  von  halber  lebensgrosze,  s.  75. 
s.  b,  ß.  stark  verkleinerte  statuen  verlieren  meist  diese  be- 
zeichnung ,  vgl.:  die  statue  buhlt  mit  der  nips-figur  um 
ihre  reize,  und  unterscheidet  sich  zuletzt  nur  noch  durch 
die  dimensionen  von  ihr.  Hebbel  12,  191  Werner  {das 
koniTna  im  frack).    s.  auch  Statuette. 

f)  'die  Stellungen  der  statuen  sind  sehr  unterschieden, 
man  hat  sie  stehend,  sitzend,  liegend,  kniend,  fallend, 
reutend,  fahrend  etc.'  Eggers  2,983. 

a)  am  häufigsten  icerden  die  gestalten  stehend  dargestellt, 
und  so  wird  auch  geicöhnlich  das  icort  statue  verstanden, 
icfie  die  Übersetzung  Standbild  zeigt:  'man  giebt  gemeiniglicJi 
diesen  namen  einer  jeden  ausgehauenen  figur,  icelche  auf 
füszen  ruhet,  von  dem  lateinischen  stare  stehen,  allein  man 
benennt  auch  so  noch  allgemein  eine  jede  Vorstellung  des 
menschlichen  körpers,  die  erhaben  und  abgesondert  ist.' 
Jacobsson  4,260'';  s.  ferner  Adelung  unter  e,  a. 

ß)  sehr  beliebt  ist  es,  eine  gestalt,  besonders  einen  fürsten 
oder  feldherrn,  reitend  darzustellen:  statue  equestre,  eine 
statue  zu  pferde,  dergleichen  zu  Paris  von  Henrico  IV. 
Ludovico  XIII.  und  Ludovico  XIV.  zu  Dreszden  von 
Augusto  II.  und  zu  Berlin  von  Friderico  Wilhelmo  Magno, 
prächtig  zu  sehen.  Eggers  2,  984;  'statuen  zu  pferde, 
fr.  statue  equestre,  stellet  einen  menschen  zu  pferde  vor.' 
Jacobsson  4,  265»;  im  4i7.  jähre  wurden  den  consuls 
L.  Furio  Camillo  und  C.  Moenio,  nach  dem  triumphe  über 
die  Lateiner,  als  etwas  ganz  seltenes,  statuen  zu  pferde 
gesetzt.  Winckelmann  s.  296.  im  gegensatze  dazu  erhalten 
dann  auch  die  gewöhnlichen ,  stehenden  eine  besondere  be- 
zeichnung:  statue  pedestre,  eine  zu  fnsz  stehende  statua, 
wie  die  von  Ludwig  dem  XIV.  auf  dem  platze  des  Victoires 
zu  Paris.  Eogers  2,984;  'statue  zu  fusze, /r.  statue  pe- 
destre. eine  stehende  bildsäule.'  Jacobsson  4,265*.  Campe 
im  erg.bd.  erörtert  eingehend  die  vorgeschlagenen  Ver- 
deutschungen; er  vericirft  pferdesäule,  reitbildsäule,  be 
pferdete  statue  für  'statue  equestre'  und  standsäule  für 
'statue pedestre'  und  empfiehlt  im  anschlusz  an  Eschenburg 
für  dieses  Standbild  schlechticeg  oder  Standbild  zu  fusz, 
fuszstandbild  {theil  i,  i,  \oa),  für  jenes  rossstandbild  oder 
reitstandbild ;  das  letztere  ist  nicht  üblich  getcorden,  dafür 
jetzt  allgemein  reiterstandbild,  -statue,  auch  ent- 
stellt: {die  Engländerinnen,  die  nach  Düsseldorf  kommen,) 
gehen   direkt  nach  dem  marktplatz  und  betrachten  die 


1055 


STATUE 


STATUENBRONZE— STATUENOLYMP  1056 


dort  in  der  mitte  stehende,  schwarze  kolossale  reuter- 
statue.  diese  soll  den  kurfürsten  Jan  Wilhelm  vorstellen. 
Heine  3, 1*5  Elster  (ideen  6). 

v)  seltner  und  im  ganzen  auf  das  römische  alterihum 
beschränkt  sind  statuen ,  die  menschen  im  tcagen  fahrend 
darstellen:  stutuS  ctirtiU,  eine  statua  in  einem  sieges- 
wagen  von  2  oder  *  pferden  gezogen.  Eggers  2,  984;  'statue, 
kurulis,  fr.  statue  curtde,  eine  statue,  die  einen  menschen 
auf  einem  tragen  vorstellet,  %oie  man  dergleichen  auf  den 
circig  U7ul  hippodromen  der  alten  sähe.'  Jacob.sson  4,  261*. 
g)  statue  bezeichnet  stets  eine  einzelne  gestalt;  nur  die 
xmter  f.  ß  und  y  angegebenen  gruppen  heiszen  auch  so, 
tceil  hier  die  pfe^de  nicht  um,  ihrer  selbst  willen  dargestellt, 
sondern  dem  zweck  der  darstellung  untergeordnet  sind, 
andrerseits  ist  eine  statue  im,  allgemeinen  eine  freistehende 
und  vollständige  figur  und  daher  von  andern  arten 
plastischer  kunstwerke  unterschieden;  doch  loerden  solche 
zuweilen  mit  einbegriffen. 

a)  statue  unterscheidet  sich  von  der  büste,  die  nur  den 
köpf  und  den  anschlieszenden  oherfheil  des  nimpfes  dar- 
stellt; für  diese  sagt  Campe:  brusf gebildc ,  brustslück. 
ähnlich  die  antiken  hermen,  die  Winckei.mann  noch  nicht 
zu  den  statuen  rechnet:  endlich  fieng  Dädalus  an,  wie  die 
gemeineste  meynung  ist,  die  unterste  hälfte  dieser  bild- 
säulen  in  gestalt  der  beine  von  einander  zu  sondern; 
und  weil  man  nicht  verstand,  aus  stein  eine  ganze  mensch- 
liche figur  hervorzubringen,  so  arbeitete  dieser  künstler 
in  holz,  und  von  ihm  sollen  die  ersten  statuen  den  namen 
dädali  bekommen  haben,  s.  7 ;  die  statuen  des  Jupiters 
und  der  Juno  zeigten  die  völlige  person  dieser  götter; 
die  statue  des  Merkurs  hingegen  war  ein  schlechter  vier- 
eckigter  pfeiler,  mit  dem  bloszen  brustbilde  desselben. 
Lessing  6,  427  {Laokoon  l). 

/3)  eher  gilt  die  bezeichnung  statue  von  den  ganz  oder 
halb  ausgeführten  menschlichen  figuren,  die  in  bauwerken 
an  stelle  von  säulen  oder  pfeilern  oder  in  Verbindung  mit 
diesen  als  stützen  der  decke  vertoendet  werden:  'statue, 
persische ,  eine  m.ännliche  ßgur ,  welche  statt  einer  sätde 
dienet'.  Jacobsson  4,261*;  für  karyatide:  statue,  caria- 
tidische,  s.  cariatide.  ebenda. 

v)  scharf  unterschieden  werde7i  dagegen  statuen  von 
reliefdarstellungen,  vgl.  z.  b.:  (statuen  von  wettläufern, 
8.  c,  8)  von  welchen  man  sich  einen  begriff  machen  kann  . . . 
von  einer  groszen  ovalen  begräbniszurne  in  der  villa 
Albani,  und  sonderlich  aus  einer  wirklichen  statue  in  der 
Villa  Negroni.  Winckelmann  *.  416;  man  findet  öftrer 
berühmte  statuen  und  basreliefe  auf  alten  münzen  copiret. 
Lessing  6,425  {Laokoom). 

h)  statuen  werden  an  verschiedenartigen  örtem  aufgestellt. 

a)  zunächst  und  meistens  an  öffentlichen  platzen,  vgl. 
z.  b.  Seume  unter  i,c;  so  insbesondere  die  dejikmäler  be- 
rühmter menschen:  an  einem  berühmten  orte  Deutsch- 
lands ist  der  paradeplatz  mit  statuen  umgeben,  griechische 
beiden,  mit  neuem  spitzen  knie  und  der  trummel.  Herdek 
8, 63  Suphan  {plastik  4). 

/?)  götter-  (und  heiligen)bilder  gewöhnlich  in  tempeln 
{adiner  andre  statuen):  der  statuen  in  den  tempeln  so 
wohl  der  götter,  als  ihrer  priester  und  priesterinnen,  nicht 
zu  gedenken.  Winckelmann  «.131;  so  dasz  . . .  in  den 
ersten  hundert  und  siebenzig  jähren,  weder  statuen  noch 
bilder  der  götter  in  den  tempeln  zu  Rom  gewesen.  294. 
»olche  götterbilder  bei  feierlichen  anlassen  umhergetragen: 
in  öffentlichen  proceszionen  wurden  noch  statuen  von 
holz  umher  getragen.  ...  da  der  blitz  in  den  tempel  der 
Jane  Regina  auf  dem  Avcntino  geschlagen  hatte,  wurde 
zu  abwendung  übler  Vorbedeutung  verordnet,  zwo  statuen 
dieser  göttinn  von  cyprcssenholze ,  aus  diesem  ihren 
t«mpel  umher  za  tragen.  WO;  wenn  Lucrez  den  Wechsel 
der  Jahreszeiten  beschreibet,  ...  hatte  er  kein  ganzes 
Jahr  durchlebet,  um  alle  die  Veränderungen  selbst  er- 
fahren zu  haben,  dasz  er  sie  nach  einer  proceszion  schil- 
dern muszte,  in  welcher  ihre  statuen  herumgetragen 
wurden?  Lkhkino  6,429  {Laokoon  7);  ».  ferner  Mkuiiki. 
unter  \,f  und  ScHiLi.En  unter  »,e.y. 

y)  »onjtt  atehen  paaaende  statuen  in  öffentlichen  gebäuden, 
t.  b.  in  theatem  die  von  dichtem  und  berühmten  tchau- 
tpidem,  ».  Hkbbf.i.  unter  c,  9.  —  statue  auf  der  hühne: 
näehstcos  wird  der  tnaler  ein  bild,  der  bildhauer  eine 


statue  für  die  bühne  verweigern,  weil  bild  und  statue 
nicht  die  hauptgegenstände  auf  der  bühne  seien.  Laube 
ausgeic.  tcerke  6, 120  Houben. 

d)  statuen  in  palästen  und  vornehrnen  pi-ivathäusern, 
s.  Fr.  W.  A.  Schmidt  unter  l,c.  so  wol  auch  in  der  Zu- 
sammenstellung: sie  müssen  die  säulen  und  statuen  sehen, 
von  denen  ihm  noch  eine  dunkle  idee  übrig  geblieben  ist. 
GöTHE  20,  259  {W.  Meütter  8,  9) ;  im  bilde:  wir  menschen 
stehen  vor  dem  Universum,  wie  die  ameise  vor  einem 
grossen  majestätischen  palaste,  es  ist  ein  ungeheures 
gebäude,  unser  insektenblick  verweilet  auf  diesem  flügel, 
und  findet  vielleicht  diese  säulen,  diese  statuen  übel  an- 
gebracht; das  äuge  eines  bessern  wesens  umfaszt  auch 
den  gegenüberstehenden  flügel,  und  nimmt  dort  statuen, 
und  säulen  gewahr,  die  ihren  kamerädinnen  hier  sym- 
metrisch entsprechen.  Schiller  2,  344.  sonst  bei  bau- 
werken: über  die  Saale  führt  eine  feste  brücke  von 
holz,  ...  zu  der  von  der  einen  seite  eine  art  von  thor 
oder  triumphbogcn  führt,  der  sich  von  weitem  ganz  gut 
präsentiert,  dessen  architektonische  Verzierungen  und 
statuen  aber  eben  keine  meisterstücke  sind.  Novalis 
2,  56  Minor. 

f)  in  parks,  besonders  den  französischen  gärten  des 
iS.jahrh.,  s.  Elisabeth  Charlotte  unter  i,b,  Naumann 
unter  i,  c,  Eichendorff  unter  l,  f. 

^  dazu  als  specielle  abart:  statttS  hydrauliqtte,  ein  fon- 
tainen-bild,  so  zu  einem  aufsatze  bey  einem  Springbrunnen 
gebraucht  wird.  Eggers  2,  985;  'statue,  hydraulische, 
zierathen,  die  bey  Springbrunnen  angebracht  werden,  durch 
welche  das  wasser  hervor  getrieben  icird.'  Jacobsson  4,  261*. 

3)  statue  zuweilen  in  übertragenem  gebrauche;  von  einem 
toten,  vergleichsiceise  im,  ausgeführten  bilde:  wenn  man 
einen  todten  sieht,  so  ist  es  einem  oft,  als  wäre  er 
die  stille,  ruhige,  abgeschlossene  statue,  die  das  leben 
durch  unausgesetzte  schlage  ausgemeiszelt.  Hebbel  tageb. 
2,51,2033  Werrier.  von  eitlem  menschen,  der  vor  affect  be- 
tvegungslos  und  beunisztlos  ist.  s.  Schiller  l,  216  unter  i,d. 
tanzende  statuen  von  m.ädchen,  ztim  ausdruck  idealer 
Schönheit,  s.  Goekingk  1,93  tmter  l,  c.  hier  vielleicht  in 
erinnerung  an  die  statue  des  Pygmalion,  in  die  sich  der 
künstler  verliebte  und  die  auf  sein  gebet  von  Venxcs  belebt 
%trurde.  vgl.  ferner:  aller  erste  anblick  und  eindruck,  den 
kinder  und  unerfahrne  von  einer  statue  haben,  ist... 
gefühl,  als  ob  sie  wandelten  und  lebten.  ...  bei  allen 
wilden  oder  halbwilden  sind  daher  die  statuen  belebt, 
dämonisch,  voll  gottheit  und  geistes.  Herder  8, 73  Suphan 
{plastik  5).  —  in  anderer  weise,  das  abbild  im  gegensatz 
zum  dinqe  selbst,  s.  Herder  5,213  unten,  c. 

STATÜENBRONZE, /.,  vgl  statue  2,  b,  y;  jetxt  eine  legte- 
rung  aus  88 — 90''/o  kupfer,  6 — 9'/»%  zink  und  1,4 — 4°/o 
zinn  {event.  1%  blei),  s.  Karmarsch-Heeren' 8,  448. 

STATÜENGIESZER,  «i.,  vgl  statue  2,  b,  y;  'bildgieszer, 
statuengieszer,  sind  solche  kün.itler,  die  atis  icachs.  ggpa 
und  mancherley  metallen  bilder  zu  gie.tzen  wissen.'  Jacobs- 
son 1,206'',  vgl.  206''— 208».  7,429*'  (bildergieszor). 

STATUENGRUPPE.  /..•  er  . . .  schaute  nach  der  stadt 
zurück,  wo  sich  auf  dem  in  diesem  augenblicke  hervor- 
ragendsten bauwerke,  der  neuen  Jesuitenkirche,  die  elTekt- 
volle  Statuengruppe  des  daches  von  der  rückseite  in 
den  wunderlichsten  Verkürzungen  zeigte.  C.  F.  Meyer 
Jenatsch  181. 

STATUENGUSZ,  m.  herateUung  vm  statuen  {vgl  daa., 
2.  *.  /)  durch  gusz,  aus  bronxe  oder  guaieisen ;  auch  kunst» 
gusz,  figurengusz,  bildgieszerei.  Karmarscii- Hkerkn* 
6,  148.   LUEGER  7,477. 

STATUENKOSTÜM,  n..  bestehend  aus  tunika.  ül>er\pttrf 
und  Sandalen,  das  der  maier  Louia  David  in  nachahmung 
dea alterthufns  einführen  tcoUte,  «.Weiss ko-itümkundeft,  12*0» 

STATUENLOB,  n.:  so  sang  Pindar  und  setzte  seinen 
gesang  über  statuenlob  und  schöne.  HEHDKK8,6a(|>/<t«fiA-4), 
vgl.  statue  2,  c,  S. 

STATUENMARMOH,  m..  vgl  statue  2,  b.  ß. 

STATUENMETALL,  n..  vgl  sUtue2,t,/  und  statuen^ 
brnnze.  -gusz. 

STATU KNNI.SCHK.  /.,  vgl.  Hbbbrl   unter  statue  l./.' 

STATUENOLYMP,  m.  vom  naekthimmel  tcegm  ihr  mit 
gSt^mamen  bananiUeH  »tembilder :  als  Ze^ara  cndlii^h  »us 
d«o  ketten  de«  simmen  . . .  hinaustrat  unter  das  freie« 


1057 


STATUENREIHE  —  STATUIEREN 


STATUIERUNG  —  STATUR 


1058 


reich  des  himmels  und  aller  sterne  und  auf  den  magischen 
statuen-oIymp,  nach  welchem  er  so  oft  sehnsüchtig  auf- 
geblickt, i.  Paul  22,154  {Titan  2,57). 

STATUENREIHE,  /..-  die  doppelte  statuenreihe  der 
Berliner  siegesallee. 

STATUENSCHMÜCK,  m.:  ein  park  mit  reichem  statuen- 
schmuck. 

STATUEN  WEISE,  adv.:  was  die  wachs-possierer  für 
schöne,  verwundersame  und  künstüche  wercke  aus  dem 
wachs  verfertigen,  ist  weltkündig,  ja  dasz  sie  contrefait, 
statuenweise,  in  lebens-grösse  daraus  abzubilden,  und 
gantze  personen  also  vorzustellen  wissen,  dasz  man,  wann 
man  sie  gähe  erblickt,  fast  vermeynet,  es  sey  ein  leben- 
diger mensch.  Hohberg  2,  402^. 

STATUETTE,  /..  deminutivbildmig  zu  statue  mit  fran- 
zösischer endung  (im  franz.  selbst  nicht  gebräuchlich,  da- 
gegen auch  im  dün.) :  er  . . .  blickte  . . .  auf  eine  Statuette 
der  Yenus  von  Milo,  die  seitwärts  auf  einem  tisch  eben 
stand.  Storm  2,  55;  auf  dem  tisch  . . .  standen  allerlei 
kindische  Stiftungen:  becher,  Sammelbüchsen, ausgestopfte 
Vögel,  billige  bemalte  Statuetten.  Frenssen  Hilligenlei 
*.  i38;  auf  der  kommode  ihres  Schlafzimmers  stand  eine 
gipsstatuette  Napoleons,  ...  es  konnte  vorkommen, 
dasz  sie  mit  erhobenem  köpf  und  verschränkten  armen 
in  der  pose  der  kleinen  Statuette,  ganz  allein  mitten  im 
zimmer  . . .  stand.  Is.  Kurz  lebensfluten  s.  64;  die  worte 
'memini  domini  nostri'  berechtigen  uns,  an  eine  Statuette 
eines  kaisers  (wahrscheinlich  aus  bronze)  ...  zu  denken. 
Jacobi  Saalburg  *.  349;  eine  fast  ganz  erhaltene,  15  cm 
hohe  kaiserstatuette.  407 ;  bronzestatuette  eines  kaisers.  408 
{unterschr^j. 

STATUIEREN,  verb.  aufstellen,  festsetzen,  annehmen, 
gestatten,  lehmcort  aus  dem  lat.  statuere.  einen  vereinzelten 
beleg  aus  dem  15.  jahrh.  s.  unter  l.  sonst  seit  ende  des 
ie.jahrh.  bekannt:  statuere,  [statu]iren,  gebiethen,  setzen, 
ihm  vorsetzen,  behaupten,  dafür  halten,  vorbringen,  auf 
die  bahn  bringen,  it.  bestimmen,  ordnen,  verordnen. 
Nehring  manualejuridico-polit.  (1690)  SU;  statuiren,  davor 
halten,  meynen,  beschliesen,  bestimmen,  verordnen,  ge- 
bieten, setzen,  ihme  vorsetzen,  behaupten,  vorbringen, 
auf  die  bahn  bringen,  darstellen,  aufrichten.  Sperander 
ala-mode-sprach  (l727)  680».  das  wort  geht  von  der  kanzlei- 
sprache  aus  und  ist  nie  recht  einheimisch  geworden,  in 
der  allgem.  deutschen  bibl.  31  (1777),  2,  318  tadelt  M(endels- 
sohn)  seinen  gebrauch  {in  der  unter  2  citierten  stelle 
Penzei.s)  als  eines  unnötigen  fremden  Wortes,  die  nhd. 
Wörterbücher  haben  es  im  allgemeinen  nicht  aufgenommen, 
doch  ist  es  in  manchen  gegenden  in  die  mundartliclie  Sprech- 
weise eingedrungen :  /ienn€5.  statuirt  Spiess  240;  mansfeld. 
stattewiren  Jecht  lO?*»;  waldeck.  stat(e)wer(e)n  Baüer- 
CoLLiTz  gs*». 

l)  die  älteste  bedeutung  scheint:  festsetzen  in  praktischer 
absieht,  anordnen,  bestimmen,  sie  hängt  zjisammen  mit  der 
Übernahme  des  sehr  gewöhnlichen  subst.  statut,  s.  unten. 
so  schon :  Ordnung ,  betrachtung  und  statut  . . ,  die  von 
unsem  vordem  seel.  abbt  Johannesen  . . .  mit  zeitigen 
rathe  geordnet,  betracht  und  statuiert,  steir.  taid.  81,6 
(marktstatuten  v.Äjlenz  1482,  al.^chr.  des  IG.  jahrh.);  danimb 
ordnen  und  statuiren  wir,  dasz  solche  eingefallene  im- 
pedimenta  zur  reproduction ,  keinem  appellanten  nach- 
theylig  seyn  {sollen),  reichst,  abseh.  614  {^>eier  1570);  der» 
halben  wir  cammerrichter  und  beysitzem  befohlen  haben 
wollen,  in  solchen  Sachen,  was  einmal  statuirt  und  ver- 
abschiedet, in  kein  ferrner  nachdenckens  zuziehen,  ebenda; 
haben  wir  uns  mit  jhnen  {den  ständen)  fermers  verglichen, 
wollen  und  statuiren  hiemit  . .  .  615;  wollen  wir  auff  gut- 
achtcn  gemeyner  ständen  unnd  der  abgesandten,  hiemit 
statuirt  unnd  verordnet  haben,  ebenda;  es  seye  dann  von 
röm.  kaysern  ein  anders  statuirt,  oder  von  den  rechts- 
gelehrten vor  rechtmessig  erkennt  worden,  colloq.  v.  eil. 
reichstags  puncten  (1653)  15;  disz  wäre  ein  . . .  geringe  macht 
eines  römischen  kaysers,  wann  er  die  schulden  nicht 
gar  auffheben,  und  auch  diszfals  nicht  ein  generalem 
amnistiatn  statuirn  könde.  46;  und  wann  auch  gleich 
abermahln  ...  ein  schlusz  abgefast  und  also  lex  prag- 
matica  statuirt  werden  solte.  55;  so  ist  aber  wissentlich, 
dasz  die  reichsstätt  den  dritten  raht  constituim,  und  das 
'.  dritte  votum  nicht  nur  . . .  consultivum ,  sondern  deci- 
X.  2.  Mr. 


sivum:  volglich  das  recht  und  gewalt  haben,  leges  im- 
perii  fundamentales  helfTcn  zu  statuirn.  82;  demnach 
haben  wir  auff  der  churfürsten  etc.  statuirt  worden,  dasz 
auch  die  ritterschafft  die  . . .  Türcken-stewer  . . .  bezahlen 
sollen.  98.  s.  ferner  oben  Nehring  tind  Sperander.  — 
dazu  mansf.  'stattewiren,  statuiren.  beschlieszen'.  Jecht  107''. 

2)  häufiger  bezeichnet  statuieren  ein  theoretisches  'fest- 
stellen', annehmen,  beJiaupten,  s.  oben  Nehring  U7id  Spe- 
r.\nder,  femer:  'statuiren,  beJiaupten,  festsetzen,  an- 
nehmen'. KiNDERLiNG  333.  Campe  erg.-bd.  belege:  in 
gleichen  ob  einer  materiam  primam  oder  materiam  sim- 
plicem  statuirt,  ob  er  transelementationem  beweist  oder 
verwirfft.  Weise  erzn.  (1673)  289;  sie  glauben  auch  nichts, 
sie  halten  alles  für  natürlich,  sie  statuiren  kein  anzeichen, 
keine  wunder,  lieber  herr  vetter,  sprechen  sie  doch  zu 
meiner  ruhe  und  zur  ehre  der  Wahrheit,  dasz  es  an- 
zeichen giebt,  wenn  sie  es  auch  im  herzen  nicht  glauben. 
Gellert  3, 159  {die  betschicester  l,  6) ;  aus  dem  Schlüsse 
dieses  buchs  ersehn  wir,  dasz  er  statuirete,  ein  arm  der 
Donau  ergösse  sich  in  dieses  {d.  adriat.)  meer.  Penzel 
Strabo  l  (1775),  s.  141  {vgl.  oben).  —  ähnlich:  es  handelt 
sich  darum,  ihn  {Jesus)  als  einen  politischen  Verbrecher 
zu  statuiren.  Frenssen  Hilligenlei  567. 

3)  dann  in  neuerer  zeit  auch  erlauben,  dulden,  zugeben; 
z.  b.  er  statuirt  keine,  auch  nicht  die  geringste  nach- 
läszigkeit  im  dienste.  C^mpe  erg.-bd.  diese  gebraucJisiceise 
ist  besonders  landschaftlich  in  gebrauch  und  beruht  auf 
volksetymologischer  anlehnung  an  gestatten,  s.  Nyrop-Vogt 
leben  der  Wörter  s.  208.  so  henneb.  'statuirt,  adj.  erlaubt; 
besonders  mit  der  negation:  es  ist  nicht  statuirt  {ziem- 
lich volksüblich)'.  Spiess  240;  waldeck,  gestatten,  erlauben 
B.\UER-CoLLiTZ  98''.  darnach  zog  der  von  K.  auch  seinen 
sarras,  beyderseits  diener  lieffen  herzu,  und  wolten  auch 
mit  schlachten  helffen,  allein  die  beyden  nationalisten 
stelleten  sich  darzwischen,  und  wolten  dergleichen  irregu- 
laire  rencontre  durchaus  nicht  statuiren.  cav.  im  irrg. 
(1746)  547 ;  wenn  ein  pekuniäres  Interesse  . . .  bei  dem  ge- 
schält, dem  sie  sich  unterzogen  haben,  zum  gründe  liegt, 
so  ist  es  kein  anderes,  als  das,  was  jedem  Schriftsteller, 
der  manuskripte  an  seinen  buchhändler  abliefert,  sta- 
tuiert ist.  Kleist  4, 143, 15  E.  Schmidt  {schreiben  eines  real. 
Berliners,  23.  nov.  1810). 

4)  jetzt  allgemein  {u7id  fast  ausschlieszlich)  üblich  in  der 
Verbindung  'ein  exempel  statuiren,  heiszt,  ein  ^oamendes 
beispiel,  oder  ein  beispiel  zur  warnung,  ein  schreekbeispiel 
geben  oder  aufstellen'.  C.\mpe  erg.-bd.,  in  der  regel  von 
einer  'exemplarischen'  bestrafung ,  vgl.  statuierung;  so 
schon:  doch  war  solche  hoffnung  ungewisz,  weil  der- 
gleichen täglichen  händel  halber  die  nothdurfft  erfodert, 
ein  exempel  zustatuiren.  Simpl.  s.  299  (3,  lO);  gott  ziehet 
oft  einen  aus  der  menge  'hervor,  an  welchem  er  ein 
exempel  statuiret,  damit  andere  dadurch  zu  einem  heil- 
samen schrecken  und  zur  busze  bewogen  werden,  daher 
sind  die  ersten  sünder  iedesmal  von  gott  härter  bestraft 
worden.  Chr.  Starke  sytwps.  nov.  fest*  (1758)  2,148.  — 
dazu,  scherzhaft:  dagegen  verspricht  er  {der  rhein.  haus- 
freund  1809),  künftig  keine  fernem  subtractions-exempel 
mehr  an  der  zeit  zu  statuiren,  sondern  alle  jähre 
365  tage  imgeschmälert  zu  liefern,  und  richtig  einzuhalten. 
Hebel  2,  88. 

5)  studentisch  eine  schleifkanne  statuiren  'poniren'. 
Kluge  studentenspr.  127''  (1749,  —  ausgeben,  spendieren*). 

STATÜIERÜNG,  /..  vgl.  statuieren  4:  dabei  stellte  er 
ihm  vor,  wie  notwendig  bei  den  fortdauernden  gewalt- 
tätigkeiten  des  Nagelschmidt .  . .  die  statuierung  eines  ab- 
schreckenden beispiels  wäre.  Kleist  3,  233,  29  E.  Schmidt. 

STATUISTIK,  /.,  ungewöhnlich  für  bildhauerei,  plustik- 
die  poesie  ist  keine  blosze  maierei  oder  statuistik,  die 
gemählde  wie  sie  sind,  ohne  absieht  darstellen  könnte. 
Herder  18,  140  Suphan  {human,  br.  107). 

STATUR ,  /.  {mit  betonter,  langer  letzter  sille)  wuchs, 
geatalt,  leibesgrösze  eiixes  menschen,  lehnwort  aus  lat.  statura, 
seit  dem  n.  jahrh.  bekannt  {zuerst  bei  Weckherlin,  s.  u.). 
Kinderling  833.  Weigand  2,  801;  doch  ganz  vereinzelt 
schon  in  einem  vocab.  verum  v.  1420:  statura  .  .  .  gestalt, 
statnre.  Dief.  gloss.  551».  statura,  galt,  stature,  ital.  statura, 
die  Statur,  die  leibes  grosse  oder  länge.  Nehring  manuale 
iuridieo  polit.  (1690)  844;   statura,   die  statur,   gröse   oder 

t)7  Mr. 


1059 


STATUR 


STATUR— STATUT 


1060 


leibeslänge.  Sperander  a  la  modesprach  (l727)6SO*;  statur, 
eine  ungemeine  grosse,  lat.  corpus  rarae  magnitudinis. 
Apin.  gloss.  511;  statur  (die)  statura,  corporis  magnitudo, 
Jiabitus  corporis.  Stein  dach  2,  689;  statur,  vom  latei- 
nischen »tofttra,  leibs-gestallt.  Frisch  2,322»;  'die  statur,... 
die  Uibesgrösze.  besonders  in  an^ehung  der  länge,  doch  ohne 
das  verhälft}  isz  derselben  gegen  die  dicke  auszuschlieszen. 
ein  mensch  von  guter  statur,  von  gutem  tmclise.  eine 
lange  statur.'  Adelung,  von  den  sprachreinigern  ersetzt 
durch  leibesgrösze,  -höhe,  -länge,  grösze,  *.  Campe  erg.-bd. 
zeitschr.  f.  d.  wortf.  8,  96».  auch  in  lebenden  mundarten : 
köln.  Stator  Honig*  l/S*.  statur  ist  auch  ins  nd.  ein- 
gedrungen und  hier  ebenfalls  im  17.  jahrh.  bezeugt  {bei 
Lauremberg,  s.  «.);  neuere  mundart  bietet  hier  die  sonst 
nicht  bezeugte  franz.  ausspräche  mit  ü.  ebenso  hoü.  statuur. 
engl,  stature  ist  schon  bei  Chaucei-  bezeugt  {Ganterb.  t.  8133), 
*.  Skeat  593».  —  in  den  nhd.  belegen  stets  von  menschen; 
in  eigentlichem  sinne:  wie  auch  der  glorwürdigste  römische 
käyser  Ferdinandus  III  also  in  seiner  völligen  gantzen 
statur  aus  wachs  gemacht.  Hohberg  2,402';  selbst  aus- 
leger  des  Homers  . . .  scheinen  sich  nicht  allezeit  dieser 
wunderbaren  statur  seiner  götter  genugsam  erinnert  zu 
haben.  Lessing  6,  454  {Laokoon  12);  ich  weisz  nicht,  ob 
ich  lebhaffter  empfinde  als  andere  menschen ,  . . .  oder 
ob  ich  meiner  kurtzen  statur  wegen,  da  das  blut  noch 
gantz  heisz  ist,  wenn  es  vom  hertzen  nach  dem  köpf 
kommt,  geschwinder  Schlüsse  ziehe.  Lichtenberg  apho- 
rismen  2,  s.  196,  25  Leitzmann;  von  statur  war  er  klein. 
Wünsch  unfcrh.  üb.  d.  menschen^  (l796)  i,  64;  diese  be- 
wandtnisz  hat  es  endlich  auch  mit  jenen  tatarischen 
nomaden,  deren  höhe  oder  länge  etwas  über  die  mittlere 
hinaus  reicht,  sie  .  .  .  vermengen  sich  . .  .  mit  anderen 
Tataren  von  gewöhnlicher  statur.  1+7 ;  {die  Indianer  Jiaben) 
im  ganzen  genommen  eine  mittelmäszige  statur.  153;  einen 
Franziskanermönch  .  . ,  der  unbeweglich  wie  eine  säule 
stand,  langer  hagrer  statur  und  aschbleichen  angesichts. 
Schiller  4,245;  er  schien  mir  ein  mann  zu  seyn  in 
seinen  besten  jähren,  etwas  hager  und  von  groszer.  edler 
statur.  338;  Theoda  und  Theudobach  ...  behalten  ihre 
ähnlichkeit  sogar  in  der  statur;  denn  er  ist  so  lang  als 
ich.  J.Paul  51,51  {Katzenb.  1,13);  ein  breitschultriger 
ernster  mann  von  kleiner  statur  aber  mit  ausdrucks- 
vollem köpfe.  C.  F.  Mkyf.r  Jenatsch  71;  vor  dem  erstaunt 
sich  umwendenden  bäcker  stand  ein  kriegsmann  von 
gewaltiger  statur  und  herrischem  blick.  107;  er  ist  auch 
nicht  so  klein ,  wie  es  mir  zuerst  schien ,  nur  ein  ganz 
weniges  unter  meiner  eigenen  statur;  und  ich  gehöre  ja 
schon  za  den  groszen.  Is.  Kurz  lebensfluten  132; 

Achilles  war  hoch  von  statur. 

Weckherlin  ged.  870  (od.  1,  8); 

iedoch  wolt  ich  sie  an  statur 

und  leibs  Schönheit  vollkommen  haben. 

491  {od.  2,31,6); 

o  zihmliche  statur,  o  gOttin-gleicher  gang  I    667,  30 ; 

vom  vater  hab'  ich  die  statur. 

GöTHF,  4,  393  {zahme  xenien  6); 

ea  lebt  im  norden  ein  schönes  weib 
.  von  hohem  wuchs  und  weiszem  leib. 
....  es  mahnt  die  statur 

an  Bimba,  die  riesin,  im  Ramajana, 
und  an  der  Epheser  grosze  Diana. 

Heine  1.  834  EUter  (der  wei$te  elefant). 

»dien  auf  geistige»  übertragen,  im  ausgeführten  bilde: 
Leibniz  hatte  freilich  kein  systematisches  lehrgebäude 
hinterlassen,  sondern  nur  die  dazu  nötigen  ideen.  eines 
riesen  bedurfte  es,  um  die  kolossalen  quadem  und  säulen 
zusammenzusetzen.  . . .  Christian  Wolf  jedoch  war  von 
sehr  untersetzter  statur  und  konnte  nur  einen  teil  solcher 
baamaterialien  bemeistem.  «,  228  {zur  gesch.  der  rd.  in 
DeuteeU.  s).  —  von  andern  gegenständen  ganz  vereinzelt. 

m  gibt  gar  nnterschiedna  beeren,  .  . . 
•ie  sind  im  tenprament  verschieden 
and  von  gar  mancherlei  statar. 

NovALin  1,  IM  Minor  ('tmr  vetnUte"). 

tonst  in  den  nd.  belegen,  von  der  länge  der  veree: 

Ick  bekenn«,  min«  rym  d«  aindt  so  schlicht  und  recht,  . . . 

••  aindt  nicht  lik«  lanck.  noch  van  einer  staliir. 

dat  mae<>kt  ick  weet  nicnt  recht  «re  «igenllike  mensur. 

LauMiMBiao  tchttiaged.  4, 468. 

Mr. 


in  einem  mekUnb.  volksrätsel  eoneret,  von  einer  biertonne 
{'eine  frau  scheuert  ihre  hiertonne'): 

rüm  oU  hol),  verschimmelst  ok  wol? 

rtim  oll  statüür,  sünd  de  buurknechts  ok  tiiOr, 

is  door  nich  een  mang,  de  di  't  hoil  ufschüert? 

Wos.«IDLO  1,129«>. 

STATUR,  m.  diener;  vereinzelt  als  entlehnung  atis  lat. 
Stator:  wann  es  was  ain  besunder  dienen  mit  dem  wadol 
wol  künnen  windlin  machen  als  yetz  fürsten  und  herren 
statur  band  die  sich  vor  lang  zeit  in  dem  fürsneiden 
müssen  geübt  hon  ee  sie  dar  zu  genomen  werden,  quelle 
bei  ScHMiD  Schwab,  nb.  505. 

STATUS,  m.  zustand,  das  lat.  wort  ist  im  allgemeinen 
in  der  form  Staat  übernommen  und  eingebürgert ,  s.  das. 
doch  begegnet  es  in  altern  quellen  (17.  jahrh.)  zuiceilen  auch 
in  lat.  form:  und  disz  sein  meine  rationes  und  argu 
mente  khürzlich  zusammen  gezogen,  warumben  ich  mich 
in  meinem  statu  zuverhalten  begehre,  eingäbe  Khlesl's 
an  kai.o.  Matthias  v.  1612  bei  Hammer-Purgstai.l  Khlesl's 
leben  3,  urk.  .y.  6;  wann  sich  der  unglückselige  status  ver- 
einigter provintzen  wieder  ändern  .  .  .  solte.  Simpl.  sehr. 
4,  180, 10  Kurz  {vögeln.  2.  24).  *.  auch  Grimmelshausen 
Dietw.  u.  Amelinde  (l670)  68.  so  noch  jetzt  besonders  in  der 
Verbindung  der  status  quo  der  bisherige  oder  vorige  zu- 
stand; in  statu  quo  oder  im  status  quo  bleiben,  den 
status  quo  wiederherstellen  u.  ähnl.,  s.  Campe  erg.-bd. 
auffällig  ist,  dasz  vereinzelt  sogar  die  form  des  lat.  acc. 
übernommen  tvird,  sogar  in  anderm  Casusverhältnis  und 
in  deutscher  Schreibweise :  es  ist  mangerlay  s  t  a  t  u  m  b 
{stand)  under  den  menschen.  . . .  ain  yedlich  person  sy 
sey  geistlich  oder  weltlich  in  welchem  statumb  und  grad 
irs  statz  sy  ist.  quelle  bei  Schmid  schwäb.  %cb.  505. 

STATUT,  n.  {mit  betonter,  gewöhnlich  langer  letzter  ailbe) 
festsetzung,  Verordnung,  Satzung,  grundgesetz  eir^er  gesdl- 
Schaft,  leihnwort  aus  dem  lat.  statutum.  Kinderling  888. 
Weigand  2,  801/ 

l)  Statut  ist  mhd.  seit  dem  l*.  jahrh.  bekannt,  vgl.  Lexer 
mhd.  handwb.  2, 1151.  nachtr.  369.  Gombert  bem.  u.  erg.  3,  2 
und  unten,    {ältester  beleg:  weisth.  4,  647,  aus  d.j.  1340—47, 
*.  5,b.)    im,  nd.  erst  in  neuerer  zeit  nachzutceisen : 
dewyl  verachtet  werden  alle  gode  Statuten. 

Laurbmberg  schertzged.  (1652)  2,  500. 
ebenso  holl.  statuut,  n.  früher  in  den  atidern  german. 
sprachen,  sofries.  schon  in  dem Bolswarder sendrecht  v.  1404: 
hier  beghinnen  die  Statuten  fan  Boelswerde  deckenye. 
Richthofen  482»,  Vgl.  s.  1044'';  engl.  Statute  zuerst  bri 
Oower  (1393)  belegt,  s.  Skeat  593»;  altn.  {isl.  tind  norw.) 
Statut,  n.  Cleasby-Vkifusson  589''  {vor  1400).  Fritznbr' 
8,  680''.  —  Statut  gehört  zunäclist  der  kanzleisprache  an. 
80  wird  es  von  den  altern  nhd.  Wörterbüchern  übergangen 
und  erst  von  den  fremdw'örterbüchern  des  ausgehenden  17. 
und  des  18.  jahrh.,  wie  Nehring  (l69o),  Stieler  (iC9T), 
Sperander  (1727)  «.  *.  tr.  gebucht,  s.  unten,  der  gelehrte 
und  fremdartige  character  des  worts  zeigt  sich  auch  darin, 
dasz  es  zuweilen  mit  lateinischer  endung  erscheint,  sta- 
tutnm,  pUir.  statuta  {dat.  -is),  sogar  unmittelfiar  neben  der 
deutschen  form,  mundartlich  bezeugt  in  der  Schtoeis  als 
stadute,  plur.  Hunziker  249. 

8)  sonst  ist  übet-  die  form  zu  bemerken : 

a)  der  sing,  erscheint  von  a^fang  an  als  neutr.  tuxoeilen 
ganz  in  Uit.  form:  ich  waisz  von  einem  ort  zusagen,  da 
die  ewerige  ein  statutum  gemacht,  das  keiner  zu  canoni 
caten  angenommen  werden  solle,  dessen  voreitern  von 
hundert  jähren  in  einer  herren-  oder  reichs  statt  vor 
buriüert  gewest.  eoUoq.  v.  etl.  reirhstags  puncten  (tavi)  14. 
gatiz  vereinzüt  seheitit  abweichendes  ge.ichlecht  vorzukommen  • 
ich  vorgenannter  Janutt  Carl  de  Rallounault  bekenn  oucli, 
das  ich  von  gcrichtz  wogen  ze  urkunt  der  worhoit  mein 
•igen  insigel  uf  dison  stntnt  gedruckt  han.  Hrol.  toeistk, 
8,868,80  {vom  j.  1427;  kun  vorher  s.  12:  da«  Statut);  ob 
an  einigem  ort  im  h.  reich  bis/her  ein  besonder  Statut, 
Ordnung  oder  gewonhoit  gowoson ,  dasz  in  ohlierührtom 
fall  der  verstorbnen  crh-schalTl,  und  vormög  jctzlgedachter 
Statut,  Ordnung  oder  gowonheit,  in  die  siiinim,  und  nicht 
in  die  haupter,  gctheylt  worden  soll,  reichst,  absch.  188 
{Speimr  1U9;  hier  vidUicM  durch  die  folgenden  »ynonyma 
boeif\fiu»ti;  kannte  auch  als  plur.  g^aszt  icerden,  vgl.  b,  y). 
ein  fem.  die  Statute  M  Ludwig  trutsch  engl.  lex.  (tut)  IMO, 
«.  Wbioand  8,801;  wol  nach  dem  plur.  gebildet, 

Mr. 


1061 


STATUT 


STATUT 


1062 


b)  der  plur.  erscheint  in  folgenden  formen: 

«)  zufrühest  belegt  ist  die  lat.  form,  die  bis  ins  17.  jahrh. 
vorkommt;  im,  Wechsel  mit  der  deutschen  form  {s.  ß):  onch 
ist  unser  meynunge  und  willen,  daz  keyne  hantwerker 
den  andern  in  seyne  statuta  ader  recht  greylTen  sullen 
in  keynerley  weis,  und  gebiten  dorumb  den  burgermeister, 
rate  und  den  burgern  der  egenanten  stat  czu  Breslaw,  . . . 
daz  sie  die  egenanten  moler  und  castenmacher  an  den 
obgenanten  Statuten  und  geseczen  . . .  nicht  hindern  noch 
irren,  cod.  diplom.  Siles.  8,  87  (rechte  der  Bresl.  tischler- 
u.  malerinnung  von  kön.  Wenzel  bestätigt,  Prag  1390);  ab- 
tailung  der  stafutta  in  fünf  thail.  tirol.  iceisth.  4,  627,  16 
{Thiirn  an  der  Gader);  statuta  685,  28.  35,  s.  unten;  diser 
articl  soll  nach  den  gemainen  geschribnen  geistlichen 
rechten  und  den  statutis  sinodalibus  gehalten  werden. 
631,25;  daneben  in  demselben  weisth.:  hienach  volgen  die 
Thurnerischen  am  Gäder  Statuten.  62+,  30,  stattuten  624,14; 
das  dergleichen  schmähliche  . . .  schädliche  statuta  cassirt 
(icerden).  dial.  (1653)  15.    iceitere  beispiele  s.  unten. 

ß)  ebenso  früh  ist  die  deutsche  pluralbildung  bezeugt; 
und  zwar  ist  hier  auffälligenceise  (vgl.  die  decrete,  edicte, 
producte  m.  s.  ic.)  von  anfang  an  schwache  bildung  vor- 
herrschend und  später  aüeinherrschend :  auch  sol  keyn 
hantwerg  dem  andern  in  syne  recht  und  Statuten  griffen. 
cod.  diplom.  Siles.  8,  102  (brief  des  rats  zu  Liegnitz  vom 
20.  nov.  1397);  des  sie  wir  Torgenanten  burgermeister  und 
ratmanne  der  stat  Legnicz  mit  unsern  eldisten  zu  rate 
wurden  von  der  stat  wegin,  daz  man  di  egenanten 
Statuten  und  artikel  auch  alhy  czu  Legnicz  alzo  halden 
sulle.  103.    ebenso  öfter  bei  Luther,  s.  unten. 

y)  doch  kommt  in  der  altern  zeit  aucJi  starke  bildung 
vor.  so  vereinzelt  bei  Luther:  das  mehrer  teyll  geht  mit 
narrn  werck  umb  und  leren  das  geystlich  recht,  bapst 
gesetz,  menschen  lere  unnd  yhre  stattute.  7,  658,  2  Weim. 
ausg.  häufiger  apocopiert:  daz  auch  wider  ire  statut  und 
freyhait  sey.  monum.  Habsburg.  2,941  (urk.  v.  15.  juli  1478, 
vgl.  Station  4,  »p.  942);  da  etlich  sünd  werden  mit  dem 
tod  gestrafft,  etliche  nitt,  wie  wol  sie  sind  wider  die  gebot 
und  Statut.  Keisersberg  irrig  schaf  F  Z*;  er  weit  die 
von  Ulm  wol  lernen,  etlich  stattut,  die  sie  haben,  dasz 
sie  es  miesten  abthun.  d.  städtechron.  25,  78, 16  (W.  Rem 
cron.  V.  Augsb.  zu  1517).  so  steht  in  derselben  Urkunde 
'Constitution  Karls  V.  zu  Speier,  23.  april  1529)  'neben  ein- 
ander: alle  und  jede  statuta  (s.  unten  3,b)  ...  soll  die 
erbschafft  nach  auszweisung  derselbigen  besondem  Sta- 
tuten . . .  getheylt  werden,  so  aber  ein  erbfall  an  orten 
unnd  enden,  da  über  obgemelten  fall  keine  besondere 
Statut,  freyheit,  Ordnung  oder  gewonheit,  jetzt  zu  fall 
kommen  . .  .  (oder  fem.  T,  vgl.  a).  reichst,  absch.  189.  —  ein 
plur.  Statute  taucht  in  neuester  zeit  vereinzelt  wieder  auf 
zum  zweck  einer  unter scheidting,  s.  unten. 
3)  bedeutung. 

a)  erklärungen .-  staiutttm,  gaU.  Statut,  ital.  statuio,  ein 
erkäntnisz,  gesetz,  sazung,  Ordnung,  it.  eine  gewohnheit, 
ein  beschlusz,  das  stadt  recht.  Neu  ring  manuale  juridico- 
polit.  (i690)  845  (vgl.  unten  4,  c);  statutum,  ein  gesetz, 
Ordnung,  dahero  sind  statuta  gewisse  regeln,  consti- 
tutiones  und  Ordnungen,  die  von  einer  lands-obrigkeit, 
einer  provintz  und  stadt,  oder  von  einem  superiore  seinem 
collegio  zu  halten  auferleget  und  vorgeschrieben  wird. 
Sperander  (1727)  eso*"/- ;  Statuten,  lat.  statuta,  decreta. 
.\P1N.  gloss.  (1728)  511;  Statuten  'l.  im  allgemeinen,  grund- 
gctetze  und  Verfassung  oder  grundverfassung' .  Campe 
erg.hd.  vgl.  auch:  statutum  hd.  eyn  gesetze,  gesetzde, 
gesalzt,  gebot,  nd.  sette,  gesette,  ee.  Dief.  gloss.  551». 

b)  mit  synonymen  zusammengestellt:  ob  man  dehein 
Satzung,  statflt,  wandelung  an  den  gerihten  und  zfinften 
muge  gemachen  wider  unsern  willen  und  verhengnftzze. 
weisth.  4,  647,  6  (kundschaft  üb.  d.  bischofsgericM  zu  Speier 
1340 — 7);  statuta  ader  recht,  an  den  Statuten  und  ge- 
seczen, syne  recht  und  Statuten,  schles.  urk.  v.  1390  und 
1397,  s.  oben  2,  b,  a.  ß ;  hiemit  revocieren,  widerruefen  und 
cassiern  wir  . . .  bischof  zu  Brixen  . . .  dise  statuta  und 
gebreuch,  so  etwo  hievor  gwest  und  diser  unserer  neuen 
reformierten  Ordnung  und  sazung  zuwider  sein,  und 
wellen,  das  .  . .  hinfüron  nach  disen  unsern  geschribnen 
Ordnungen  und  statuta  gelebt,  gericht  und  .  . .  gehandlt 
werden  solle.  . . ,  doch  sollen  solch  Ordnung,  statuta  und 

Mr. 


sazungen  uns  und  unsern  nachkomen  am  stift  Brixen  . . . 
unvergriffen  und  one  schaden  sein  . .  .  und  wellen ,  das 
ir  nun  hinfüron  sollicher  unserer  loblichen  und  neuen 
fürgenomnen  Ordnung,  statuta,  gepot  und  gsaz  nachkombt. 
tirol.  weisth.  4,685,20 — 40;  wider  ire  Statut  und  freyhait. 
österr.  urk.  v.  1478,  s.  oben  2,  b.  •/;  wir  Johannes,  . . .  abbt 
zu  St.  Lamprecht,  bekennen  öffentlich  mit  dem  brief  dasz 
unsz  . . .  unsere  burger  zu  Afflenz  ain  zetl  Inhalt  und  Ord- 
nung, betrachtung  und  statut  fürbracht  haben,  die  von 
unsern  vordem  seel.  abbt  Johannesen  ...  geordnet,  be- 
tracht  und  statuiert,  steir.  taid.  81, 1  (marktstatuten  con- 
firm.  1482);  die  alt  wolhergebrachte  freihält,  gerecfatigkait, 
Statut  und  gewonhait,  so  das  freitall,  die  klaine  Sölckh  . . . 
also  erhalten  und  geiebet.  8,2  (l6.  jahrh.);  wider  die  gebot 
und  Statut.  Keisersberg,  s.  2,b,y;  der  keiser  hat  in 
seinem  regiment  auch  gesetze,  rechte,  Statuten  und  Ord- 
nungen. Luther  28,  477, 35  Weim.  ausg.;  wollen  wir  hiemit 
ausz  . . .  keys.  macht,  Vollkommenheit  . .  .  alle  und  jede 
statuta,  sondere  Satzung,  gewonheit,  gebrauch,  alther 
kommen  unnd  freyheiten  . .  .  cassiert  unnd  abgethan 
haben,  reichst,  absch.  189  (Speier  1529;  s.  d.  forts.  unter  2,  a); 
Statuten  und  langwirige  gewonheit,  darnach  soll  der 
richter  erkennen.  Ayrer  hisf.  proc.  juris,  reg.;  der  tolle, 
eigensinnige  knabe,  der  nicht  mehr  voigt  sein  will  des 
reichs,  der  unsere  Statuten,  Satzungen,  unsere  alten  rechte 
freventlich  zertritt.  Alexis  hosen^'^  2'7i; 

zerrütt  werden  die  regiment, 

zu  grund  gent  gute  policey, 

Ordnung  und  statut  manctierley. 

H.  Sachs  16,  329,  5  Goetze: 

von  allen  gsetzen  und  Statuten, 

von  gwonheiten,  bösen  und  guten.    387,  5. 

c)  Statuten  userden  in  neuerer  zeit  ün  allgemeinen  von 
gesetzen  unterschieden:  man  bezeichnet  diese  letzteren 
(particulären  oder  speciellen  gesetze)  . . .  als  Statuten  oder 
Willküren  im  gegensatz  zu  den  gesetzen  im  engeren 
sinne,  d.  h.  von  der  Staatsgewalt  ausgehenden  gesetzen. 
Bluntschli  Brater  d.  staat»wb.  (1857)  i,  605;  herkommen 
und  Statut  haben  hienach  das  gemein,  dasz  sie  aus  einer 
engeren  Verbindung  innerhalb  des  Staates  und  volkes 
hervorgehen.  606;  weil  . . .  zwischen  statut  und  gesetz  .  . . 
eine  scharfe  grenze  zu  ziehen  ist.  607. 

d)  'das  Statut  . . .  ein  gesetz,  icelehes  einer  stadt,  oder 
einer  bürgerlichen  gesellschaft  gegeben,  oder  von  derselben 
selbst  gemacht  worden.'  Adelung,  danach  sind  2  fälle  zu 
unterscheiden : 

a)  die  Statuten  tcet-den  einer  gemeinschaft  von  der  obrig- 
keit  gegeben,  auferlegt,  vorgeschrieben,  s.  Sperander 
unter  a ;  femer :  nachdem  der  hochwirdig  fürst,  ...  herr 
Hainrich,  bischof  zu  Bamberg  (1487 — I50l),  ...  unndter 
anndern  vil  stattlichen  und  tapffern  stattuten  und  ge- 
setzen in  seiner  gnaden  stifft  ain  statut  der  gaystlichen 
hochzeyt  halb  gesetzt  und  aussgeen  lassen  hat.  Nürnb. 
polizeiordn.  «.84;  er  (kaiser  Karl)  schickt  ouch  sine  rett 
und  botschafften  inn  sinen  landen  ummhar;  die  zebe- 
sechen  . . .  und  Ordnung  setzen, . . .  stattutten  und  Satzungen 
zesetzen  und  machen  nach  syt  und  gwonheyt  der  landen. 
Morgant  d.  riese  5,29  Bachmann,  hier  also,  und  so  oft, 
von  codificierung  des  bereits  geltenden  gewohnheitsrechtes. 
doch  vgl. :  das  wir  als  iezt  regierunder  fürst  und  bischoff 
zu  Brixen  . . .  solliche  ire  stattuten  Iren  hergebrachten 
rechten,  gueten  alten  breuchen  und  gewonhaiten  gemäss 
reformieren ,  ändern ,  corigiem ,  meren  und  pessem  . . . 
und  also  ire  statuta  in  ain  bestendig  lobliche  guete  formb 
und  Ordnung  bringen  und  stellen  lassen,  tirol.  weisth. 
4,  626,  14.  17. 

ß)  eine  genossenschaft  giebt  sich  ihre  Statuten  adbat. 
aber  auch  in  diesem  falle  bedürfen  sie  (auszer  in  neuerer 
zeit  bei  privaten  vereinen  u.  ähnl.)  häufig  der  obrigkeitlichen 
beitätigung:  eben  so  ist  es  mit  den  statutis,  welche  ohne 
obrigkeitliche  bestätigung  keine  Verbindlichkeit  haben. 
Moser  Osnabr.  gesch.  i,2.t5.  so:  wir  Johanns,  von  gottes 
genaden  bischofen  zuChur,  bekennen  ouch  das  offenlichen, 
das  das  statut  für  uns  kummcn  ist,  ...  und  darum  so 
bestäten  wier  das  ouch  in  all  mas.  tirol.  weisth.  3,  363, 12 
(Mürufterthal  1427) ;  und  (die  bürger  v.  Aflenz)  hatten-  uns 
düemüetiklichen,  dasz  wier  ihnen  die  benante  Ordnung, 
betrachtung  und  statut  zu  erneueren,  zu  bestatten  und 
zu  confirmiern  genediklichen  geruechten.  . . .  (ir»V)  haben 

67*  Mr. 


1063 


STATUT 


STATUT 


1064 


ihnen  ...  die  obgenanten  ordnnng ,  betrachtung ,  Statut 
in  allen  ihren  punctcn  und  articuln  genediklich  ver- 
neuert,  bestettiget,  confirmiert  . . .  und  wollen,  dasz  di 
benanten  Ordnung,  betrachtung  und  Statut  also  nun  hin- 
füro  gehalten  werden,  steir.  taid.  83,  8 — 16  (vom  j.  14«2). 
e)  Statuten  sind  durchweg  geschriebene,  schriftlich  fixierte 
besfimmtingen  und  dadurch  von  dem  mündlich  überlieferten 
herkommen  und  geirohnfieitsrechte  unterschieden  (vgl.  oben  c) : 

doch  w6llen  wir  Statuten  schreiben,  .  .  . 
darnach  der  gantz  weltlich  stat 
zu  leben  and  regieren  hat. 

Murner  Itäher.  narr  1441. 

es  ist  daher  eine  ungetcöhnliche  erweiterting  des  begnffs, 
wenn  ungeschriebene  rechtsüberlieferungen  Statuten  gei\annt 
werden:      ^j^  haben  hier,  mit  euerer  erlaubnis. 

Statuten,  eigentümliche,  in  Huisum, 

nicht  aufgeschriebene,  musz  ich  gestehn,  doch  durch 

bewährte  tradition  uns  überliefert. 

Kleist  l,  360  £.  Schmidt  (zerhr.  knig  7). 

/)  Statut  bezeichnet  sotcol  die  einzelne  bestimmung,  den 
gesetzesparagraphen  (so  z.  b.  Nürnb.  polizeiordn.  240,  s.  unter 

4,  c,  doch  ist  der  sing,  in  diesem  sinne  selten),  leie  die 
gesamtheit  der  bestimmungen ,  die  eine  Constitution,  das 
grundgesetz  einer  gemeinschafi  ausmachen,  für  dieses 
letztere  sagt  mxin  also  ohne  sinnesunterschied  das  Statut 
(s.  z.  b.  die  belege  unter  2,  o  und  3,  d,  ß)  und,  gewöhnlicher, 
die  Statuten,  tceniger  üblich  ist  es,  zu  dem  collectiven 
sing,  einen  plural  zu  bilden,  der  darin  mehrere  grtmd- 
gesetze  verschiedener  gesellschaften  bezeichnet,  hier  begegnen 
neuerdings  tastende  versuche  einer  differenzierung ,  indem 
num  in  diesem  sinne  gelegentlich  den  plur.  die  Statute 
bildet:  darnach  erhalten  landeshauptstädte ,  ...  sowie 
bedeutende  curorte  durch  landesgesetze  eigene  Statute. 
österr.  staatstcb.  2,  1126»;  daneben-,  solchen  provinziellen 
divergenzen  sind  natürlich  auch  die  statutargemeinden 
unterworfen,  während  die  Statuten  der  städte  desselben 
kronlandes  sehr  viele  ad  verbum  übereinstimmende  Para- 
graphen enthalten.  1127'';  dazu  auch:  die  städtestatute 
nun  stammen  aus  den  verschiedensten  zcitperioden 
seit  1850.  ebenda. 

4)  arten  der  Statuten  ruu:h  ihrem  geltungsbereich. 

a)  von  der  verfa.isung  oder  ge.ietzgebung  eines  ganzen 
landes  wird  das  wort  nur  in  der  altern  spräche  gebraucht : 
weil  sie  (die  papisten)  sich  wider  die  öffentliche  warheit 
setzen ,  werden  sie  toll  darüber  und  schreiben  wider  jr 
eigen  decret,  wider  des  keisers  Statuten  und  Ordnung. 
LmiKK  28,  346, 15  Weim.  ausg.,  vgl.  auch  477,  3.5  unter  3,  b; 
darnach  ward  Florens  .  . .  zu  eim  könig  in  Engellandt 
gekrönet  . . .  darnach  ward  Florentzen  jre  statuta  und 
rcgiment  fürgelesen,  sich  darnach  zu  halten,  wie  dann 
eim  frommen  fürsten  gebürt.  biieh  der  liebe  Zl^  (keys. 
Oetavian  cap.  46).    so  von  den  römischen  Senatsbeschlüssen : 

soll  wir  euch  weihern  rechnung  geben 
von  unsern  gsetzen  und  Statut? 

H.  SAriis  tt,  276«:  (/nutv.  fp.  6,  144  neudr.). 

jetzt  dagegen  irerden  Statuten  7if<r  für  fjestimniungen  von 
beschränkterem  geltungsbereich  getagt  und  gerade  in  diesem, 
sinne  von  gesetzen  unterschieden,  vgl.  oben  c.  man  redet 
daher  höchstens  von  Statuten  einer  provinz,  eines  kreises 
tt.  ühnl.  {im  gegensati  zum  gemeinen  römischen  recht), 
vgl.:  'statuta  provincialia ,  die  landesordnung,  eigentlich, 
die  landschaftsordnung,  d.  i.  diejenige,  welche  eine  ganze 
Landschaft  angenommen  Jiat'.  Campk  erg.bd. 

b)  auch  für  das  geistliche  recht,  insbesondere  die  be- 
scMüsae  der  concüien  und  synoden,  sclteint  Statut  nur  in 
der  altern  sjtrache  (iß.  jakrh.)  üblich  zu  sein  •  da  haben 
wir  viel  mehr  gehalten  der  vetcr  und  concilien  Statuten 
und  gCRetz  denn  gotles  gebot.  Lutiikk  20,  .v>»,  81  Weim. 
atug.:  adversarii:  wir  wollen  die  messe  und  Statut  halten. 
tt,  %M,  4,  s.  auch  1,  668,  2  unter  8,  b,  y;  lasz  dein  statiit 
Statut  »ein.  an  d.  ehristl.  adel  «.  60  netulr.;  freiung  der 
klrch«-n.  di«er  artioul  »oll  nach  den  gemainen  goschribnen 
geiitlichen  rcrhinn  und  den  statutiR  ninmlalibus  gehalten 
werden,  tirol.  weiMth.  4,  698,  IR  (iB.joArA.,  rl)enso  fl8l,S!f)). 

e)  in  iiUerer  und  neuerer  neit  sehr  getoOhnlich  ist  »tatut 
für  «erfasming  und  recht  einer  stadt,  vgl.  0.  Stoiuik  grsch. 
d«r  d.  reehiaquellen  i, 490—8.  K.v.  Amiha  in  PAULR^rtim/r.* 

5,  75.  M.  106/. .-  statuta  rivitatum,  die  Htniuten,  gewöhn- 
heiten,  da«  stadtrecht.  Nbiibino  manuule  juridiropolit. 

Mr. 


(ir.oo)  846;  Statuten,  sind  die  stadt-gesetze,  die  ein  raht  flm 
seines  bestens  willen  beobachten  soll.  Stiei.kr  zeitungs 
lust  (1697)512;  'die  Statuten  einer  stadt,  die  Stadtgesetze; 
ehedem  die  willkühr.'  Adelung;  Statuten  . . .  'insonderheit 
das  stadtrecht  oder  weichbild'.  Campe  erg.bd.  belege: 
unnd  dem  hanntwerck  zu  gut,  . . .  will  ein  rate  das  also 
hinfür  für  ein  Statut  und  gesetzt  halten  . . .  Nürnb.  polizei- 
ordn. s.  240;  politische  gewohnheiten  kommen  überein 
mit  gewissen  eingeführten  Ordnungen  . .  .  sonderlich  aber 
machen  gewohnheiten  beliebte  und  confirmirte  Statuten, 
die  dem  gemeinen  rechte  derogiren,  dergl.  hiesiges  ortes 
auch  vorhanden.  Mei.tzer  histor.  Schneeberg.  1181; 

ingleichen  auch  ein  erbar  rath 

sein  sonderlich  gerichte  hat, 

gut  Ordnung,  gesetz  und  statutn, 

alles  der  bUrgerschafTt  zum  gntn. 
Woi.F  Ferber  schiesgen  SU  Dreszden  (1610)  12*". 

s.  ferner  d.  städtechron.  25, 78, 16  unter  2,  b,  y  sowie  3,  /  und 
statutargemeinde. 

d)  ferner  Statuten  von  gilden ,  zünften  u.  ähnl. ,  siehe 
K.  v.  Amira  in  Pauls  grundr.^  3,  75. 106/.  112. 117:  statuta 
opificum,  die  Innung,  innungsarticul,  handwercks-ord- 
nung.  Nehring  845;  die  Statuten  einer  innung,  einer 
zunft,  eines  handwerkes.  Adelung;  'Statuten,  handwerks-, 
innungs-,  heiszen  sonst  auch  innungsbriefe ,  handwerks- 
oder  innungs-artikel,  handwerksbrauch  und  gewohnheit, 
sind  eigentlich  nichts  anders,  als  die  bei/  den  handwerkem 
und  innungen  nur  so  durch  einen  langen  gebrauch  und 
herkommen  eingeführte,  oder  auch  von  und  unter  sich  selbst 
gemachte  Ordnungen  und  gesetze.'  Jacobsson  7,429*';  vgl.: 
'statuta  opificum,  die  innungsgesetze,  die  innungsordnung. 
Campe  erg.bd.  dese  hernochgeschrebin  artikell,  di  in 
iren  (der  Breslauer  rotgerber)  vorbriften  und  vorsigilten 
Statuten  begriffen  sint.  cod.  diplom.  Sites.  8, 102  (Liegnitzer 
ratsbrief  v.  1397),  vgl.  unter  2.  b,  «  und  ß.  (das  allgem. 
d.  handehgesetzbuch  von  1861  kannte  das  wort  statut  für 
den   'geselLtchaßsvertrag'  der  aktiengesellsciutft.    art.  208.) 

e)  Statuten  bei  andern  körperschaften,  z.  b.  die  Statuten 
des  deutschen  ordens  (Germ.  22, 114).  in  neuerer  zeit  icird 
die  Verfassung  von  vereinen  unterschiedslos  als  statut(cn) 
oder  satzung(en)  bezeichnet,  überhaupt  von  juristischen 
Personen:  der  wille  des  Stifters  über  die  Verfassung  wird 
bei  korporationen ,  manchmal  auch  bei  Stiftungen,  als 
Statut  beaeichnet.  Stengel  vencaltungsr.  l  (1889),  694'». 

/)  Statuten  einer  institution:  Statuten,  Verordnungen, 
vom  lateinischen  worte  statuere,  festsetzen,  die  Statuten 
der  königl.  preuss.  Friedrichsuniversität  hat  mchrentheils 
der  verstorbene  berühmte  rechtsgelehrte  Stryck  .  . .  auf 
gesetzt  und  der  hof  hernach  bestätigt,  sie  werden  in  die 
Statuten  der  gesammten  Universität  und  in  die  fakultäts- 
statuten  eingcthcilt.  Kindlehen  .otudentenlex.  (i78i)  •2\2 
neudr.;  kaiser  Joseph  . . .  gab  dem  (6ur5r-)theater  ein  sehr 
ausführliches  statut  unter  dem  titel  'Vorschrift  und  pc 
setze,  nach  welchen  sich  die  mitglieder  des  k.  k.  national- 
theaters  zu  halten  haben'.  Laure  ausgew.  werke  4, 89 
Hauben;  sollte  er  nun  auch  das  theaterstatut  um- 
stürzen, welches  er  selbst  gegeben?  119;  es  ist  gegen  liie 
Statuten  der  Sparkasse.  Frenssen  Hilligenlei  411. 

g)  so  auch  in  älterer  spräche  von  localer  gesrtzgebftng, 
die  sich  auf  ein  specielleres  gebiet  erstreckt,  Itesonders  von 
markt-  und  gerichtsord mingen :  statuta  und  Ordnung  des 
gcrichts  Puechenstain.  tirol.  weisth.  4,091,32  (iß.  jahrh.); 
gemaines  markts  Khindtbcrg  von  uralters  hero  zusamben 
geschribne  frciheiten,  burkfridt  und  landtafel,  ...  auch 
andere  gmaines  markts  alte  Statuten  und  freihoiten  mit 
wolhergebrachten  gewohnheiten.  steir.  taid.  Ti,  Sl  (vom 
j.  1666). 

h)  Statuten  von  noch  »pecieUerer  geUung :  ain  stalnt  dw 
gaystlichen  hochzeyt  halb.  Nürnb.  /xdizeiordn.  s.M.  s.  unter 
8,  d,  a;  lioRZ  er  (der  kaiser)  in  die  ülatuten  des  geheiligten 
gUttlichen  Zweikampfs,  überall  wo  vornusgesetzt  wird, 
danz  die  schuld  dadurch  unniittelharnns  tagcslirht  komme, 
die  Worte  cinrürki>n:  'wenn  e.s  polte»  willc  Ist".  Kleist 
3,427  K.  Schmidt  ((/.  zireik.,  .•tchlusx);  Rolher  läugncl  be- 
stimmt, Annr.  der  staatskanzlcr  in  dem  slnatsschulden- 
Statut  da«  wort  'reich««IUnde"  eigenmKchtig  und  gegen 
den  aundrUoklichen  willen  des  Königs  eingCRchwär/l 
habe  . .;  in  dem  von  dem  Könige  unterschriebenen  statut, 
das  im  archtv  aufbewahrt  liegt,  lindel  sich  nur  hei  dem 

Mr 


1065     STATÜTARGEMEINDE — STATUTENGELD 


STATUTENGEMÄSZ-STATZELN       1066 


Worte  'reichsstände'  ein  strich  mit  rothstift.  Varnhagen 
V.  Ense  tageb.  2,  306/.  von  einer  Schenkung,  die  zugleich 
eine  Verfassungsgrundlage  bildet: 

dem  pergament  alsbald  vertrau'  ich  wohlgemuth, 
zum  glück  dem  reich  und  uns,  das  wichtigste  Statut. 

GöTHE  41,  293  (Famt  II,  4). 

STATÜTARGEMEINDE,  /..-  unter  statatar gemeinden 
versteht  die  österr.  gesetzgebung  solche  gemeindewesen, 
welche  nicht  unter  die  bestimmungen  der  aligemeinen, 
für  das  betreffende  kronland  giltigen  gemeindeordnungen 
fallen,  sondern  bezüglich  ihrer  Organisation  und  Verwal- 
tung durch  ein  sondergesetz  geregelt  werden,  in  welchem 
ihre  unmittelbare  Unterordnung  unter  die  landesvertretung 
und  die  politische  landesstelle  . . .  ausgesprochen  ist.  österr. 
staatmcb.  2, 1125V- ,'  ™an  kann  die  hiedurch  den  statutar- 
gemeinden  eingeräumte  Sonderstellung  mit  dem  aus- 
drucke: 'landesunmittelbarkeit'  bezeichnen,  das  wesen 
dieser  Sonderstellung  beruht  nämlich  darin,  dasz  zwischen 
der  statutargemeinde  und  den  autonomen  wie  staatlichen 
landesbehörden  . . .  kein  Zwischenglied  eingeschoben  wer- 
den durfte.  1126''.    vgl.  statut  3,/  und  4,  c. 

STATUTARISCH,  rtrf;.  'in  der  rechtssprache,  verordnungs- 
niä.9zig  oder  gesetzlich'.  Campe  erg.-bd.:  weil  .  . .  die  statu- 
tarische gesetzgebung  an  besondere  Voraussetzungen  ge- 
knüpft erscheint.  Bluntschli-Brater  d.  sfaatsicb.  (1857) 
1,  607.  insbesondere  'die  statutarische  portion,  d.i.  der 
gesetzliche  antheil,  der  einer  person  von  dem  nachlasse  eines 
verstorbenen  zufällt'.  Campe  erg.-bd.;  statutarische  erb- 
portion,  erbansprüche  des  überlebenden  ehegatten  nach  den 
deutschen  partikularrechten,  auch  unter  der  herrschaft  der 
röm.  erlfolgeardnung,  als  durchbrechung  des  gemeinen  erb- 
rechts,  s.  R.  Schröder  bei  Holtzendorff  rechtslex.^ 
(1881)  3,  778 — 780  {ausdmck  seit  dem  il.jahrh.)  und  d.  rechts 
gesch.^  756/.  u.  anm.;  vgl.  statutentheil.  —  so  auch:  dabei 
haben  gerade  die  würdigsten  und  gröszten  theologen  an- 
stand genommen,  für  die  statutarische  religionslehre  einen 
katechismus  abzufassen.  Kant  6, 479  ausg.  d.  akad.  (metaph. 
der  sitten  2,  §  5l). 

STATUTARRECHT,  n..-  mit  dem  eximierten  gericht- 
stande  {des  adeL<i)  hing  die  exemtion  von  den  blos  lokalen 
statutarrechten  in  ansehung  des  familien-  und  erbrechts 
zusammen.  R.  Schröder  d.  rechtsgesch.^  826;  charakte- 
ristische unterschiede  zeigen  auch  die  gemeindeord- 
nungen, ...  je  nachdem  sie  dem  selbstgegebenen  sta- 
tutarrechte  der  gemeinde  einen  gröszeren  oder  geringeren 
Spielraum  gewähren.  Bachem  staatslex.^  2,'! 62. 

STATüTENBüCH,  n.  buch,  worin  Statuten  aufgezeichnet 
•  nd,  besonders  Sammlung  der  Statuten  einer  stadt,  stadt- 
•  chtsbuch,  s.  Pauls  grundr.^  3,  80;  so  schon  1380  das 
statutenboek  van  Maastricht,  s.  ebenda  l,  190.  hochd.  seit 
dem  IS.  jahrh.  belegt:  Statuten  buch,  gesatz,  Ordnungen 
n.  gebrauch,  kaiserlicher,  allgemeiner  u.  etlicher  beson- 
derer land  u.  stett  rechten.  1553  u.  ö..  s.  Stobbe  gesch. 
der  d.  rechtsqu.  2,  176;  weliches  . . .  ihro  fürstl.  gdn.  etc. 
dem  herrn  Hannsz  Malczen  . . .  gnädigst  anbevolchen  .  . . 
zu  ewiger  gedächtnusz  in  deren  von  St.  Rueprecht  stat- 
tutenbuch  einzuverleiben,  steir.  taid.  201,  20;  hienach  volgt 
des  loblichen  gerichts  Ennenbergs  statuttenpuech.  tirol. 
weisth.  4,  708, 15;  dem  he.  Cramer,  dem  Verleger  der  Vossi- 
schen Übersetzung,  . . .  der  ohne  seine  schuld,  durch  un- 
vorsichtigen Verlag  eines  ungeheuren  Bremer  statuten- 
buchs,  ganz  zurückgekommen  ist.  Grambero,  s.  briefe 
von  u.  an  Bürger  3,  .37  (22.  nmi  1781).  dafür  das  deminutiv: 
zu  wissen,  dass  die  nachperschaft  in  Inner-  und  Ausser- 
pens ain  gewisse  Ordnung  und  Statuten- biechl,  so  man 
jcrlich  bei  der  ehchafttäding  abgelesen ,  gehabt  haben, 
wie  sich  die  nachpersleit  verhalten  sollen,  tirol.  iceisth. 
4,282,31  (to/n.  ,;■.  1665) ;  das  uns  unsere  getreue  lieben  N., 
die  gemain  und  unterthancn  des  gerichts  Melten  aus  ihren 
Statuten-  und  ordnung-piechl,  so  sie  und  ihre  voreitern 
von  Villen  jähren  her  gehabt,  etliche  die  firnembsle 
herausgezogene  articl  firgebracht.  177,  3  {vom  j.  1736). 

STATÜTENGELD ,  n. ;  nur  im  plur.  von  gewissen  ge- 
bühren: da  kam  einer  und  klagte,  dasz  ihm  von  hoher 
band  eine  kleine  pra-bende  gegönnet  sey.  allein  die 
canonici  fordern  so  viel  statuten-gelder,  dasz  er  nicht 
wisse,  ob  er  so  lang  leben  werde,  dasz  er  so  viel  wider 
I      einnehme,   als   er  itzo  auszgeben   solle.   Schuppius  78; 

Mr. 


sein  vater  . . .  hab  ihm  mit  grosser  mühe  ein  vicariat 
zuwegen  gebracht,  und  die  Statuten  gelder  erlegt,  und  er 
hab  vermeynt ,  er  hab  daran  ein  Stipendium.  79;  er 
exagiriret  die  decanos  capitulares  und  canonicos,  heisset 
sie  blackscheisser,  sticht  an  ihre  Statuten  gelter,  bücher 
dieb  (1658)  55. 

STATUTENGEM ÄSZ,  adv.:  ihre  —  frau,  kann  ich  sie 
statutengemäsz  noch  nicht  nennen;  es  sey  mir  erlaubt, 
sie  braut  zu  heiszen.  Hippel  8, 112  {kreuz-  u.  qiierz.  i,  §  22); 
war  er  für  dieses  jähr  doch  auch  der  rechnungsführer 
der  {'vereinigten  fretcndschaf tu eJten')  gesellschaft  und  hatte 
für  seine  casse  zu  streben,  die  statutengemäsz  um  Weih- 
nachten unter  geheim  bedürftige  vertheilt  werden  sollte ! 
Storm  3, 157.    {als  adj.  dafür  gewöhnlich  statutenmäszig.) 

STATüTENKOLLISiON ,  /. .-  unter  diesem  der  älteren 
theorie  entnommenen,  aber  ungenauen  titel  wird  ge- 
wöhnlich die  ganze  lehre  des  internationalen  rechts  ab- 
gehandelt und  die  schwierige  frage  erörtert,  welches  von 
zwei  an  sich  möglichen  rechten  zur  anwendung  komme. 
Bluntschli(-Brater)  d.  .^taatswb.  10  (1867),  205 — 11,  vgl. 
Grimm  tceisth.  7,360  {reg.).  Bachem  staatslex.^  4,697  {beim 
internat.  privatrecht). 

STATUTENMÄSZIG,  adj..  vgl.  statutengemäsz. 

STATUTENRECHT,  n..  vgl.  statutarrecht. 

STATÜTENREITER,  m.  der  sich  in  lästiger  weise  immer 
auf  die  Statuten  beruft. 

STATUTENSAMMLUNG,  /..  vgl.  statutenbuch:  über 
nichts  wünschte  ich  mehr  die  geheimen  stimmen  dencken- 
der  köpfe  gesammelt  zu  lesen,  als  über  die  materie  von 
der  seele.  die  lauten  öffentlichen  . . .  weisz  ich  schon, 
allein  die  gehören  nicht  sowohl  in  eine  psychologie  als 
in  eine  Statuten  Sammlung.  Lichtenberg  aphorismen 
3,  221  Leitzmann  (F  536). 

STATUTENTHEIL,  n.:  portio  statutaria.  oder,  statuten- 
theil, ist  in  den  rechten  ein  stück  und  erbtheil  der  guter,  so 
das  überlebende  weih  nach  Inhalt  der  Statuten  oder  her- 
gebrachten gewohnheit  aus  des  verstorbenen  mannes 
vermögen  bekömmt,  woferne  sie  nicht  nach  ihrem  ein- 
gebrachten greiffen  will.  . . .  nach  den  allgemeinen  säch- 
sischen rechten  ist  dieses  statutentheil,  wenn  3.  oder 
weniger  kinder  da  sind,  der  vierdte  theil  von  des  mannes 
Verlassenschaft,  wo  aber  mehr  oder  drüber,  ist  es  ein 
kinds-theil.   Amaranthes  frauenzimmerlex.  (1715)  1513/ 

STATUTENWIDRIG,  adj.  was  den  Statuten  zuvnder  ist, 
dagegen  verstöszt. 

STÄTWÄHREND,  adj.,  s.  stetwährend. 

STÄTWIRIG,  adj.,  s.  stetwierig. 

STATZAUNER,  m.,  vgl.  stationierer,  *p.944/.;  statzawner 
oder  appotecker,  stationarius.  voc.  v.  1482,  s.  Frisch 
2,  321».  DiEF.  gloss.  550".  Lexer  handwb.  2, 1152.  {nach  dem 
mhd.  wb.  2, 2,  612*  soll  statzüner  bei  Ottokar  vorkommen.) 

ST  ATZE,  /,  in  dieser  lautform  fallen  verschiedene  icörter 
von  beschränkter  Verbreitung  zusatnmen. 

1)  in  älterer  spräche  für  einßschnetz,  garn:  una  sagena 
qne  vulgo  nominatur  statze.  urk.  v.  1119  hei  Wali.raf 
altd.  hist.-diplom.  wb.  80;  sagenam  unam  que  vulgo  vocatur 
statze  in  eodem  tractu.  Kölner  urk.  v.  1228,  s.  Alem.  5, 154 
(Lexer  handwb.  nachtr.  369). 

2)  im  österr.  des  14. — 15.  jahrh.  statz(e)  Verkaufsbude, 
apotheke,  s.  Schmeller*  2,7%.  Lexer  mfut.  handwb.  2,1152; 
atis  Station,  s.  das.  l  tmd  4  »p.  939.  942. 

3)  dazu  aus  neuern  mundarten. 

a)  Iterlin.  der  schtatzen,  stück,  jib  mir'n  schtatzen 
{kitchen)   ab.   Brkn" dicke  178»  {gleichbedeutend  atzen  81"). 

b)  eis.  'stätsa,  plur.  überhebiing,  einbildung.  statze  n-  im 
köpf  han  groszthun.  Martin-Lienhart  2,620'',  vgl.  spatz5, 
theil  10,1,  2006/  und  das  zioeile  stalzen  1. 

STATZELLIERER,  m.  stationarius.  Dief.  gloss.  550«  (üoc. 
V.  1515,  neben  stantzellierer),  vgl.  stationierer,  sp.  944/ 

STATZELN,  verb.  stammeln,  stottern;  tceiterbildung  zu 
statzen,  vgl.  dieses  und  statzler:  balbutirn  =  gakitzn, 
statzlen,  stammlen,  schleckitzn,  unvolkommenlich  reden, 
wie  die  jungen  kinder.  Simon  Roth  C3»;  etliche  halten 
mit  den  Nestorianern ,  das...  under  des  weins  gestalt, 
oder  im  wein  (wie  sie  statzelen)  allain  das  blöt  ohn 
fleisch  und  seel  zugegen  seye.  Joh.Nass  I7prerft^(l572)87*'; 
die  pfaffen  . .  .  dörffend  {brauchen)  nicht  . . .  hochgelehrt 
sein,    dann  wann  sie  schlechts  die  fünff  heymliche  wort 

Mr. 


1067 


ST  ATZEN  — ST  ATZER 


STATZGEN — STATZIGEN 


1068 


inn  der  mesz  herausz  statzlen,  ...  so  ist.  der  handel  schon 
richtig,  bienenk.  204*";  so  dann  dein  patient . . .  etwas  reden 
will,  so  lallet  unnd  statzlet  er,  umb  willen  dasz  sein 
zungen  mit  so  schwerem  last  desz  Schleimes  beladen  ist. 
Minderer  krügs  artzney  (1634)  175.  —  ds.  da/ür ' stä,ksal9. 

MaBTIN-LIENHART  2,  620''. 

ST  ATZEN,  verb.  stammeln,  stottern:  balbtitire  . . .  statzen. 
DiEF.  gloss.  66''  {voc.  v.  1507  Mnrfl512);  stafzgen,  statzen, 
statzeln.  dr.  Minderer  (1620)  s.  Schm.-  2,  799;  statzen, 
t.  e.  stammeln,  lingvd  haesitare,  offensare  in  legendo,  al. 
stocken.  Stieler  »iac/iäc/i.  29»;  'starzend ,  stockend  sprechen, 
stammeln,  stottern  (Jotucismus),  gleichsam  ivie  befangen, 
zungenschicer  sprechen.'  Höfler  krankJieitsnamenb.  e~6^ ; 
scfncäb.  stazzen,  statzgen  Schmid  508,  stazen,  stazgen 
Campe.  Utteraturbdege  aus  dem  16. — 17.  jahrh.:  die  red, 
durch  die  die  vergöttung  geschieht,  sol  eben  schlecht  und 
gerecht,  on  statzen  unnd  stamlen  herfliessen.  S.  Franck 
morie  encom.  47»  (102,  24) ;  es  seyn  ietz  .  .  .  manche  so  . . . 
verschränckte  verränckte,  verzwickte  verbickte  untefltsch- 
tefttsche  carmina  ...  in  den  truck  ausgegangen,  die  ich. 
und  meines  gleichen  gesellen,  nicht  änderst  als  überal 
stammlend  und  statzend  lesen,  auch  an  vilen  orten 
weniger,  dan  verzihferte  gehaime  briefe  verstehen  können. 
RoMPi.ER  V.  Löwenhalt  reimget.  (i6il)  vorr.  d  2»;  wo  dein 
herr  herkommet,  (mttszt  du)  dich  bücken  dasz  der  nestel 
kracht  . . .  dich  stellen  wie  er  sich  stellet,  . .  .  reden  wie 
er  redet:  gaxen  wann  er  statzet.  Philander  l,  510; 
Chrysostomus  bringet  das  exempel  der  heyden,  die,  wann 
sie  eine  stammlende  oder  statzende  zungen  gehabt,  sich 
dahin  befliessen,  dasz  sies  corrigiren  und  verbessern 
können.  G.  Ai.ßHKCHr  fltich- ABC  (l66i)  50.  daneben  statzgen 
und  die  Weiterbildung  statzeln,  vgl.  ersteres. 

STATZEN.  verb.  in  dieser  lautform  vereinigen  sich  ferner 
toörter  hochdeutscher  mundarten  mit  mannigfachen  bedeu- 
tungsnuancen. 

1)  ein  wort,  das  über  das  bair.-schtcäb.  gebiet  verbreitet  ist. 

a)  hier  scheint  die  grundbedeutung  auf  eine  aufrechte, 
steife,  gezierte  körperhaltung  zu  gehen,  so  in  Wien:  'staz'n, 
aufrecht  stellen,  gerade  richten,  sich  beim,  gehen  strecken, 
rote  dies  kleine  personen  thun,  auch  stolz  einliergehen ;  z.  b. 
wie  der  N.  wieder  g'stazt  dahersteigt.'  Hüoki.  155''.  ähn- 
liches acheint  bereits  in  einer  handschr.  v.  1431  zu  begegnen : 

ein  wätsac  und  zwen  soumschrin 
warn  ouf  die  soumer  gesalzt, 
ein  gelwerc  ouf  ieelichem  statzt. 

Heinr.  V.  Neustadt  4033  Strohl  («.  268«), 

%Dofäir  in  der  handschr.  B  4143  Singer: 

ain  twerg  auff  yglichem  gesalzt  (:  gevast). 

(danach  Lexer  handtcb.  2, 1152.)  so  auch  im  bair.  wald 
statzen,  sich  brüsten;  'gstätst  vot^  steifer  körperhaltung', 
8.  Bayerns  mundarten  2,  259;  vgl.  bayreuthisch  fränk.  statsn 
starren,  strotzen;  steif  ausstrecken'  267. 

b)  überhaupt  bair.  statzen,  sich  brüsten,  zieren;  affectiert 
benefimen;  gst&zt  und  gst&zig  gespreizt,  hoffärtig.  Schm.'' 
2,  749;  österr.  gschdazd  'steif,  sich  zierend,  auch  hoch- 
müthig'.  Castelli  154. 

c)  schioäb.  staatzen  'hochmüthig  seyn,  staat  machen'. 
Schmid  506,  vgl.  Frommann  4,189,44  und  statze  s,  b. 
(flnlehnung  an  st&at  8?) 

2)  andere  bedeutungen,  deren  zuaamm*nihang  unklar  ufut 
ztoeifelhaft  ist,  begegnen  in  westmitteld.  mundarten. 

a)  nass.  statzen  'stoszen,  stützen,  stampfen'.  Kehrein 
1,888  (mit  stoszen  verxcandt.  vgl.  slotzcn?). 

b)  statzen  'mit  dem  fuaze  hart  auftreten',  im  südl.  Ober- 
hessen, im  nördl.  dafür  star/.en.  Vii.mar  896. 

c)  in  der  Bistritzer  mundnrt  (siebenh.)  'sclitizcn  mit 
macht  hervorbrechen,  z.  b.  det  biat  (das  blut)  sclitäfzt  em 
aus  dem  maul.  Kiiamkr  127. 

STATZKNIEKKR.  m.,  s.  stationlerer,  sp.  »44./. 

STATZER.  m.  stammler,  vgl.  statzen  und  statzgcr, 
•totzicr:  balbtia.  htammler,  statzcr.Goi.ii  onoinnst.{\tieii)M\, 
rl7^  Fkisch  2.  842«;  »tatzer  Hadrianus  Iunils  nomenrl. 
(IfiM)  SM.  •.  HöHi.KR  krankheitjuiiimenb.  «76'';  statzer,  hucIip 
•t«mmlcr.  Hulhmh  dict.  (161m)28«»;  'der  so  spricht,  als 
ob  seine  zunge  starzt,  starr,  unbrwrglich  wird,  stockt  unterm 
sprechen.'  Höfi  kr  a.  a.  o.  littrrnturlteUge  aus  dem  15.  bis 
it.  jahrh,:  ein  reudip  Hchaf  iiiarlil  ein  gantz  henl  nMidiit. 
...  bei  stAtzem  Icrt  oiaii  g»utzcn.  S.  Franck  spricht«. 

Mr. 


2,  59»;  wann  sie  so  gar  stamlen,  das  sie  von  niemandt, 
dann  von  aim  gleichen  statzer  und  blöderer  mö|:cn  ver- 
standen werden,  morie  encom.  49''  (l07, 13); 

du  gatzer  und  statzer,  du  lummer  und  tauber. 

/aj><n.  «p.  254. 19; 

da  klatfer,  schwatzer  und  du  doderer, 
da  gatzer,  statzer  und  du  ploderer. 

H.  Sachs  1,  480a  {/astn.  fp.  1,  49  neudr.); 
da  gatzer,  statzer,  schaw  dich  an. 

2,  4,  SSb  {foftn.  sp.  5,  151  ncudr.) ; 

du  gatzer,  statzer  und  alter  ban 

der  all  ding  will  bekreen  than.    3, 1,5'». 

s.  auch  Martin-Lienhart  2,620''. 

STATZGEN ,  verb.  stammeln ,  stottern :  balbutire  .  .  . 
statzgen.  Dief.  gloss.  66''  (voc.  v.  1487,  1512  und  1516); 
labare  . . .  glitzschen  vel  statzgen.  313*  (gemma  gemmar., 
Straszb.  1512);  tifubare  . . .  staczgen.  586»  (gloss.  des  ii.  Jh.); 
statzgen,  stammlen,  balbutire.  Dasypodius;  balbutio,  ich 
stammle,  oder  statzge,  stosz  mit  der  zungen.  ders.,  lat.- 
germ.;  neben  statzen  bei  Minderer  (1620),  s.  dieses,  belege: 
er  hett  ain  Überträge  zungen,  darumb  er  ser  staczgct. 
Steinhöwel  Ae50jj38  Österley  (lingtui  tardus  atque  blactero. 
vita  Esopi  l);  also  verlöre  es  der  herr  von  Bern,  der 
statzget,  lurket  und  war  am  allerwenigesten  beredt. 
Zimmer,  chron.^  4,  252, 10;  beschawe  nur  wie  der  truncknen 
band,  füsz,  köpfT,  ja  der  gantze  leib  zittre  und  schwancke, 
wie  jhnen  das  gesicht  verfalle,  die  zung  statzge,  stammle, 
lalle,  und  kein  glied  desz  gantzen  leibs  sein  gebür  ver- 
richte. WiRSUNG  artzneyb.  (l597)  734 D  (=1572  595);  die 
kinder  sollen  alles  stamm  eins,  statzgens,  langdönens  sich 
enthalten.  ZJlmer  schulordn.  v.  1626.  gelegentlich  in  der 
Schreibung  statzigen:  so  niusz  der  göt  Moses,  Hlere- 
mias  unnd  Zacharias ,  her  halten ,  die  auch  gcstatziget 
unnd  ya  gar  stumme  seinndt  gewesenn.  kriegb.  desfriedes 
174».  Schweiz,  statzgen  Stalder  2,  390  (unter  staggeln), 
statzga  (neben  staggla,  dazu  die  statzgeta,  das  stottern). 
Tobler  406»;  ebenso  in  Vorarlberg:  'statzga  ist  das  an- 
gebor ne  stamrneln.  subst.  statzgatä,/.,-  statzger,  «i.' From 
MANN  3,300;  *c/tit'äft.  statzgen  (»icien  stazzen)  Schmid  50t*; 
tirol.  statzgen  Schöpf  702.  —  neben  statzgen  stehen  ah 
iceichende  formen,  einerseits  statzen  mit  der  iveiterbildtiug 
statzeln,  *.  oben;  andrerseits  eine  bildung  init  gs,  ks: 
schiceiz.  staggs  en  (ne&en  statzgen  utui  staggeln).  Staldek 
2,  390,  eis.  staxen  stammeln,  lallen  Klein  2, 1%.  Martin- 
Lienhart  2,620»  (dazu  staxele  620'');  pfälz.  stagse  Auten- 
KIETH  136,  in  Eappenau  staksa  Meisinoer  180''.  ditwe 
parallelformen  lassen  den  Zusammenhang  und  die  geschichte 
des  ^oortes  deutlich  erkennen,  von  einer  wtirzel  stag-  liegen 
zwei  iterativbildungen  neben  einander:  staggeln,  *.  das., 
sp.  538/.,  und  *staggezen,  *stagzen.  letztere  ist  in  utteut- 
stellter  form  nirgends  erhalten,  sondern  entweder  umgesteUt 
zu  statzgen  oder  erleichtert,  einerseits  zu  statzen  (vgl. 
blitzen,  schmatzen  aus  blickezen,  smackczen),  andrerseits 
zu  stagsen  (vgl.  drucksen,  mucksen,  klecksen),  indem  von 
der  unbequemen  latitgnippe  gts  entweder  der  erste  oder  der 
mittlere  consonant  ausgedrängt  tcurde. 

STATZGER,  »n.  stammler.  vgl.  statzgen  und  stat/.cr. 
statzler:  balbus  .  . .  staggler,  statzger.  DiEF.  gloss.  66'»  (vor. 
r.  1487);  statzger,  traulus.  lat.  Jiaesitans.  Dasvpodus; 
yeUöe.  balbus.  stamler,  statzger.  Nie.  Frischlin  »lOfn«»- 
tia<or  (1586)  87  (ca|>.  65,  auch  bei  Frisch  2,342»);  patzger, 
statzger,  bambalio,  Cic.  qui  propter  luiesitantiam  Hugum-. 
stujwremque  cordis.  cognotnen  ex  eontumeliu  eontru.nt 
Henisch  1376,14;  stammerer,  balbus.  bambalio.  dicittir 
etiam  stamler,  staggeler,  statzger,  et  staker.  Stikler  2224; 
statziger,  der,  bambalio.  balbutiens.  nacluich.  29*;  by 
statzgern  lernet  man  gautzen.  Seu.  Franck  S,  11»»,  vgl. 
unter  statzer.  mundartlicli  sclttoeiz.  staggser,  statzger 
(und  Htaggsig,  statxgig,  a4j.)  Stai.der  2,390,  in  VorarlUr<i 
Frommann  8,800,  tirol.  statzger  Schöpf  702,  eis.  stax«  i 

MAHTlN-LlKNIlAnT  t,  680"». 

STATZIAN,  /.,  #.  sUUon  1  und  8.  c,  sp.  98»/. 
STATZICHT,  adj.  stammelnd;  nur  in  bair.  form  beseugl 
Ijülbus  staczoter.  quelle  v.  1412  bei  SciiM.'t.T»»; 
unfOrmlichpr  golionl  und  nitt, 
»tat7. i't  und  iiiihi'riMict  mit. 

II.  Sa<m>  <Iic  nwcn  uni;e$ehti^tne  reuler, 

s.  Fkommann  1,87,  dazu  s.  w. 
STATZIGEN,  verb..  s.  statzgen. 

Mr. 


i 


1069 


STATZINIERER— STAUB  (l,  1) 


STAUB  (I.  2.  3.  II.  1) 


1070 


STATZi:SlERER,  STATZIONIERER,  m.,  s.  stationierer. 

STATZLER,  m.  Stammler,  vgl.  statzeln  und  statzer, 
statzger;  so  in  den  Sprichwörtern:  bey  statzlern  lernt  man 
gautzen.  Egenolff  59*,  von  statzleren  lehrnet  man 
gautzen.  Sutor  Argos  (1740)  s.  563,  bei  stazlern  lernt 
man  gazen  (gakezen,  crocitare).  Eiselein  577.  Simrock 
9828,  vgl.  Frisch  2,342».  Wander  4,783,1;  ein  statzler 
Tcrstehet  ein  stamler.  Lehman  florileg.  (l642)  352,28,  stazler 
verstehen  einander  wol.  Eisei-ein  577.  Simrock  9827,  vgl. 
Wander  4,  783,  2.  3. 

STAU,  m.  sfattung,  hemmung  von  flieszendem  wasser, 
icehr.  eine  nominalbildung  zu  stauen,  vgl.  dieses,  die  vom, 
nd.  ausgeht:  mnd.  dat  stow(e),  stouw(e),  stu,  *.  Schiller- 
LÜBBEN  4,  420»,  schon  früh  bezeugt:  de  ponte  usque  ad 
locum,  qui  dicitur  stowe.  Oldenb.  urk.  v.  1258,  s.  ebenda, 
in  neuern  mundarten :  stau  'die  hemmung  des  wassers, 
wenn  man  dessen  andrang  überwunden  hat.  dat  water  im 
stau  holden,  das  wasser  zurück  halten,  icie  z.  e.  der  müller 
oberhalb  der  mühlen.  daher  sagt  man  auch  uneigentlich: 
he  het  idt  im  stau,  er  ist  in  beglückten  umständen,  bey 
gutem,  vermögen,  im  vortheilhaften  nahrungszustande ;  wie 
ein  müller,  der  wasser  genug  zu  seiner  mühle  vwräthig 
hat'-  brem.  wb.  4,1007;  altmärk.  'stau  ein  dämm  etc.  wo- 
durch man  das  icasser  aufstauet  oder  absperrt'.  Danneil 
209*";  preusz.  stau,  m.  'die  hemmung,  der  auf  enthalt;  das 
anschwellen,  steigen  des  wassers'.  Frischbier  2,  363'';  in 
Husum  übertragen  stau  in  't  lief,  Verstopfung;  he  kann 
keen  stau  in  't  lief  krigen  'er  hat  die  diarhöe'.  Schütze 
4, 189.  hoU.  stouw,  stuw.  im  hd.  findet  sich  ein  vereinzeltes 
frühes  Zeugnis  auf  7id.  boden :  den  2.  augusti  (l586) ,  hat 
graff  Johan  . . .  die  pastey  an  der  Harne  zu  Oldenburg  .  . , 
da  man  den  bäum  beim  stauw  schleust,  auffziehen  lassen. 
Hamelmann  Oldenburg. chron. (±599) 438.  daraus  JeiFRiscH 
2,  331"=  gebucht:  der  stauuw,  stagnum,  redundctio.  . . .  das 
geseumte  oder  stehende  wasser,  stagnum.  danach  iciederum 
ScherzOberlin  1562  (staw,  stauung).  1572  (stewe).  Ade- 
lung kennt  stau  nur  als  nd.  form,  für  stauch,  m,.,  vgl. 
dieses,  das  geschlecht  scheint  im  mhd.  durchweg  masc.  zti 
sein  {gegen  mnd.  neutr.),  wie  überhaupt  bei  dieser  bildungs- 
weise, s.  Weigand  2,802.  Sanders  3,1183".  nur  Campe 
giebt  'die  stau  oder  staue ,  o.  mz. ,  l)  der  stillstand  des 
wassers,  da  es  eine  kurze  zeit  bei  der  ebbe  und  flut  still 
stehet,  ohne  mehr  ab-  oder  aufzulaufen.  2)  das  stauen  des 
wassers,  die  handlung ,  da  man  das  wasser  stauet',  als 
fem.  sonst  nirgends  bezeugt,  {pfälz.  stau,/,  steig,  Acten- 
RIETH  136,  gehört  jedenfalls  nicht  hierher.)  belege:  über 
nacht  ist  das  wasser  hier  wunderbarer  weise  gar  nicht 
gewachsen;  es  musz  daher  oberhalb  eine  eisstopfung 
und  stau  entstanden  sein,  dasz  es  nicht  herunter  kann. 
BiSM.\RGK  br.  an  s.  braut  s.  47;  von  dem  gehemmten  wasser: 
um  den  vorspringenden  fusz  des  felsens  . . .  wirbelten  die 
Wasserblasen,  die  gewalt  des  staues  zog  tiefe  furchen 
in  der  fluth.  Freytag  7,457  (lerZ.  handschr.b,z);  gesetz- 
lich ist  der  stau  oder  die  läge  der  Überfallsschwelle  oder 
höhe  der  Wehrkrone  durch  aich-  oder  hammpfähle  fixiert. 
österr.  staatswb.  2, 1544».  nach  S.\nders  a.  a.  o.  besonders 
in  der  Verbindung  im  stau :  das  wasser  ist  im  stau, 
zwischen  ebbe  und  flut  (vgl.  stauwasser);  das  wasser  im 
stau  haben ,  halten  vom.  wassermiüler ,  ein  rad  geht  im 
stau  (stauch),  wenn  das  wasser  unten  nicht  ordentlich 
ahflieszt. 

STAUANLAGE,  /.  künstliche  Vorrichtung  tur  Jtemmung 

ne»  wasserlaufs,  vgl.  Stauwerk.  Stengel  wb.  des  deutsclien 

rtcaltungsr.  2,539 — 542.  österr.  staatswb.  2, 15i* f.  i^i.    Mr. 

STAUB,  m.  ptilvis. 

I.  zur  geschichte  der  wortform,  l)  ein  ursprünglich  Jioch- 
deutsches  wort,  ahd.  stoup,  mhd.  stoup;  weiter  reicJit  der 
uf  anderer  bildung  beruhende  kreis  got.  stubjus,  ahd. 
-tubbi,  stuppi,  mM.  stüppe,  nhd.  gestüpp,  gesttippe 
(*.  theil  4, 1,  2,  sp.  4267  und  unten  stüpp) ,  mnd.  stabbe, 
wuu  in  Niedersaclisen  der  als  feuriger  schweif  in  den 
tehomstein  eines  hauses  fahrende  kobold  Stöpke  gestellt 
werden  könnte,  eigentlich  die  glückbringende  Sternschnuppe, 
wenn  die  lautlichen  schwierigkeifen  nicht  zu  grosz  wären ; 
doch  ahd.  stubbica,  eometa.  vgl.  auszer  nd.  ndl.  stof  (der 
mittelnieder d.  geschlechtswandel  dat  stof  erklärt  sich  wol 
ol»  toirkung  von  pulver  u.  ä.  vgl.  Schiller-Lübben  4,421») 
noch  weiteres  unten  unter  stieben,  verb.  und  stoben,  m. 

Mr.  Cr. 


2)  die  von  Uhlenbeck  in  Paul  und  Braunes  beifr. 
26,308  versuchte  Zusammenstellung  mit  griech.arv<p(o  'mache 
dicht,  fest  oder  hart',  OTvtplöq  'dicht,  derb,  fest,  hart,  rauh' 
u.  s.  w.  scheitert  schon  an  dem  bedeutungsunterschiede. 
mehr  wahrsdieinlichkeit  hat  die  herleitung  unseres  xcortes 
von  einer  indog.  wurzel  dhubh-,  griech.  rv^os  'rauch,  dampf, 
dunst,  nebeV  (vgl.  auch  innerhalb  des  germ.  mndl.  doom, 
aJid.  toum  'dampf '  neben  ags.  steäm,  mnd.  stöm,  ndl.  stoom 
M.  s.  IC.  Kuhns  zeitschr.  37,  310/.),  und  es  verschlägt  dabei 
nichts,  wenn  R.  Much  in  der  zeitschr.  f.  deutsche  Wort- 
forschung 2,286  diese  grundbedeutung  'rauch,  qualm'  für 
staub  nicht  nachweisen  kanti  (wenduugen  rede  er  staubt  wie 
ein  misthaufen  und  er  staubt  den  ganzen  tag,  beides 
scherzhaft  gesagt  von  einem  raucher,  geben  nur  schwachen 
beweis),  die  hier  zusammenschieszenden  bedeufungen  liegen 
doch  in  dem  gleichen  kreise:  staub  urspr.  die  bei  dem 
schwächsten  Windhauch  icie  dunst  oder  qualm  in  der  luft 
herumstiebende  lockere  feinkörnige  masse,  welche  sonst  auf 
dem  erdboden  lagert,    deshalb: 

also  vil  so  ist  der  erde  stobis 

als  vil  chnrnit  samen  von  dinem  llchnamen. 

genest's  54,  8  Diemer; 

„  „  slach  siege  manege 

of  den  stop  der  erde.    139,  6; 

noch  im  späten  nachklang: 

die  bäume  stehen  voller  laub, 
das  erdreich  decket  seinen  staub 
mit  einem  grünen  kleide. 

P.  Gerhardt  6«'  Fischer-Tümpel 
kirchenlied  8,  398». 

die  wenigen ,  oft  nur  scheinbaren  ausnahmen  von  dieser 
grundbedeutung  s.  II,  1,  l. 

3)  staub  ist  im  allgemeinen  ein  coUectivbegriff ;  beachtens- 
wert sind  Zeugnisse  wie: 

du  bist  weis  und  voll  Verstandes, 
was  geheim  ist,  ist  dir  kunt, 
zählst  den  staub  des  kleinen  sandes, 
gründst  des  tieffen  meeres  grund. 

P.  Gerhardt  bei  Fischer-Tümpei. 
l-irchenlied  3,  311, 
wo  staub  als  staubmenge  seinen  collectiven  sinn  besonders 
deutlich  macht,  unserer  spräche  fehlt  überhaupt  ursprüng- 
lich der  philosophische  begriff  des  griech.  ärouos  (staub, 
atomus.  DiEF.  57**).  nur  der  plur.  atome  läszt  sich  durch 
st&uh  fassen :  fliegender  staub,  atomi.  voe.  v.  1515  (Dief.  57'') ; 
und  von  disem  fliegenden  wilden  staub  soll  die  weit  von 
ungefähr  zusammen  gestoben  unnd  gefügt  sein  worden. 
Fischart  bienenkorb  se*'.  die  bezeichnung  des  einzelnen 
Staubkornes  gelang  enticedei-  durch  tceiteren  zusatz:  durch 
enge  mauerluken  fiel  ein  scharfes  licht  auf  die  geheimnis- 
volle statte,  in  dem  eindringenden  luftstrom  wirbelten  die 
atome  des  staubes,  davor  und  dahinter  dämmrige  dunkel- 
heit.  FREYT.^^G  7,335  (lerl.  handschr.  4,9);  vgl.  auch  unten 
staubfaser,  Staubkorn  und  staubtheil.  cleyn  staub,  atomus. 
DlEF.  57';  kannst  du  der  wesen  unzählbare  beere, 
den  kleinsten  staub  fOhllos  beschaun? 

Chr.  Fr.  Gei.lert  ivi  kann,  gesangbuch  461,  4, 

oder,  rcas  dem  letzteren  gebrauch  ganz  entspricht,  durch 
die  deminnt.  stäubchen  und  stäublein  (s.  unten),  ein  plural 
von  staub  ist  aber  völlig  ausnähme: 

und  traumwandelnd  sie  beschleichet 

nun  der  schlaue  Azrael, 

und  die  träumerin  sie  reichet 

sieben  staube  dem  gesell.    Brentano  3, 152. 

vgl.  auch  niederd.  den  seltnen  fall  der  Vereinzelung: 

war  umme  wultu  dem  bröder  din 

en  stof  nemen  üt  dem  Oge  sin?    Clatct  Btir  515. 

II.  bedeutung  und  gebrauch,  l)  von  seiner  erseheinungs- 
form  und  art : 

a)  leichter,  lockrer  staub: 

vielleicht  beginnt  ein  neues  reich, 
der  lockre  staub  wird  zum  gesträuch, 
der  bäum  nimmt  thierische  geberden, 
das  thier  soll  gar  zum  menschen  werden. 

Novalis  l,  229  Jfeitxner; 
ein  schwarzer  rauch  möcht'  ich  fliehn,  .  .  . 
möcht'  ein  leiser,  leichter  staub 
emporgeweht  flügellos  verfliegen! 

Droysbn  Aüchylos^  276; 
grosser  dicker  staub,   den  ein  Windsbraut  im   laufT  auf 
treybt,  nebttla  pulveris.  Maaler  385«;  vgl.  Frisch  2, 322», 
der  mit  'nubes  pulveris'  die  fügung  erläutert;  s.  axich  den 
beleg  aus  Wickrah  unter  b;  dicker  staub,  poltere  densa. 

Cr. 


1071 


STAUB  (II,  1) 


STAUB  (II,  1) 


1072 


spessa polverio,  nuvola  dipolvere.  Kkamek  dict.  2  (1702),  915", 
wäJirend  heute  für  den  fliegenden  staub  der  strasze  dichter 
staub  bevorzugt  icird;  doch  dicker  staub  liegt  noch  auf 
verstecktem,  lange  nicht  gebrauchtem  hausgerät;  groszer 
staub,  ingens  pulvis.  Stein  mach  2,708. 

b)  staub  in  bewegung:  staub  erregen,  staub  machen, 
levare,  fare polve^e.  Kuamer  dict.  2  (1702),  915"  {vgl.  Frisch 
2,  322»);  ich  wil  dir  keinen  solchen  staub  mer  machen 
und  fürbas  die  stube  dest  bas  begiessen.  Wickham  3, 119,  28 
Balte;  {das  bild,)  wenn  die  beyden  mädchen  mit  einander 
laufen  und  die  beine  werfen  und  den  staub  mit  ihren 
füszen  erregen.  Eckermann  gespräclie  l,  166.  der  wind 
hebte,  erregte  den  staub.  Kramer  dict.  2  (1702),  915"; 
fliegender,  erregter  staub,  jpoZrercio?anfe.  eJenrfo;  es  erhub 
sich  ein  staub,  levossi,  alzossi  una  poltere,  un  polverio. 
ebenda;  vgl.  sich  erheben  als  staub,  ad  coelum  surgere. 
Frisch  2,  322*;  wann  sie  {die  frau)  des  morgens  die 
Stuben  fegt  oder  schweifFet,  spritzet  sie  die  gar  nit,  davon 
sich  dann  ein  grosser  staub  erhub.  Wickram  3,119,7  Balte; 
unter  den  füszen  der  pferde  erhub  sich  ein  staub  wie 
eine  wölke.  Bkeitinoer  crit.  dichtkunst  l  (1740),  40; 

von  seinem  (det  arztes)  theater  zum  himmel 
erhob  sich  der  staub,  erhob  sich  das  schreyn. 

Müller  Siegfr.  v.  Lindenberg  1,  245; 

der  staub  steigt  bis  an  die  wolcken ,   nubes  pulveris  ad 
coelum  surgit.  Steinbach  2,708; 
so  stieg  .  .  . 
der  staub  ...  in  die  luft. 

Bürger  151, 18  Bohtz. 
iUiriUch:      gchaw,  schaw,  was  für  ein  staub  auff  gat 
vom  thuren  herwartz  gen  der  statt. 

H.  Sachs  8,  330,  9  Keller-Götze; 
ich  sah :  vorbey  der  eiche  wehte 
dunkler  der  staub. 

Klopstock  Oden  1  (1889),  110,  52. 

in  dieser  Sphäre  liegt  der  dichterische  gebrauch  nebel 
von  staub :  ^^t  eilen  stiere  vorüber, 

aas  ihren  nasen  raucht  brunst,  sie  spalten  mit  hörnern  dats 

erdreich, 
und  toben  im  nebel  von  staub. 

E.  Chr.  v.  Ki.eüst  2,  27  (frühling); 
vgl.:  wie  vor  brausender  winde  gewalt  unwetter  daherziehn, 
jenes  tags,  wann  häufig  der  staub  ist  rings  um  die  wege, 
dasz  sich  sofort  von  dem  staub  aufwölkt  ein  finsterer  nebel : 
so  dort  stürmte  zusammen  die  schlacbt. 

Voss  Lliaii  13,  335/. 

getcöhnlich  dagegen  eine  wölke  von  staub:  eine  wölke  von 
staub  erfüllte  eine  ecke  des  gemaches.  Raaue  kinder  von 
Finkenrode  I8ä;  eine  wölke  staubes: 

treibt  der  wind  vor  ihrer  pforte 
wölken  staubs  behend  vorüber. 

GOtiie  1,  C,  2C  w.  a.  (westiküicher  divan  1); 
unkenntlich  in  wölken  staubes, 
seh'  ich  nur  die  waffen  schimmern. 

TiECK  »Christen  X  (1828),  320; 
hoch  steigt  des  staubes  wölke 
ztun  himmel  auf  und  hüllt  die  sonn'  in  nacht. 

E.  ScnuLZE  Cücilie  8,  54 

{siehe  auch  die  belege  unten  und  Staubwolke),  der  eine 
uxndung  toie  der  staub  wirbelt  (empor)  entspricht,  vgl.: 
dichter  wirbelle  der  miszfarhige  staub.  Frevtag  7,  Ml 
{verl.  Iuindsc.hr.  4,9).  der  Übergang  zur  rufte:  der  staub 
legt  sich,  pulvis  considet.  Stkinhacii  2,  708;  ein  weib  hios 
ircn  man  aus  dem  haus  beleihen,  bis  der  staub  vergieiig. 
WiCKliAM  S,  ÜB,  m  Balte; 

wart«  nur, 
bis  sieb  der  staub  verzieht  {damit  man  sehen  kann). 

Hbhhki.  4,  29  Werner  (Nibelungen  l,  8); 

wenn  der  staub  begossen  wird,  das  er  zu  hauiT  leufft, 
und  die  klösse  an  einander  kleben.  Hiob  S8, 88;  regen, 
drinnen  der  staub  sich  allgcniehlich  setzet.  Pkätohius 
glückstopf  114; 

wenn  jetzt  all«  donuer  rollen 

und  der  ganz«  himmel  leuchtet, 

wird  der  wilde  staub  des  winde« 

noch  dem  boden  bingefeuchtot. 

GÖTHS  1,  6,  26  w.  a.  {voutöMicher  divan  1). 

c)  der  staub  fällt,  fliegt  mir  in  die  äugen,  la  polvere 
mi  aecieea,  mi  tormenta.  Kiiamkk  t^ic^  8  (170S),  M6*;  vor 
dem  staube  kann  man  nicht  vor  sich  hin  sehen.  Stein- 
MACH  s,  70(i;  so  vfrhl(>ndet  die  erde  als  aufwallender  staub 
die  äugen  und  beüeckl  als  nasser  kotli  die  ftlsze.  J.  Paui. 
6,66  (grOnUnd.  proe.  i);  der  slatib  hegt  starck  auf  den 
Mboben,  multtu  piUvi»  ttt  in  calehs.  Steinbach  t,  7M; 

Cr. 


der  staub  legt  sich  in  die  kleider,  pulvis  penetrat  in 
vestium  texturam.  Frisch  2,  322»' 

d)  besondeis  auf  der  strasze  am  heiszen  sonnendurdir 
glühten  sommertag:  der  staub,  welchen  das  stäte  gehn, 
reuten  und  faren  erreget.  Sebiz  feldbau  58;  im  staube 
fahren,  gehen,  den  die  pferde  und  die  räder  erregen, 
caminare,  andare,  carreggiare  nella polvere.  Kramer  dict. 
2  (1702),  915";  ich  habe  in  reiszen  gesehen,  dasz  so  ein 
staub  war,  dasz  man  sich  gar  nicht  in  der  kutschen 
sehen  kontc,  undt  der  könig  befahl  doch  nicht,  dasz  man 
nicht  neben  der  kutschen  reytten  solte.  Elis.  Charlotte 
briefe  2,  463  Holland  {S.juni  1706);  vgl.:  wen  ihr  die  hitze 
zu  Hannover  hettet  und  den  erschrecklichen  staub.  408 
(6.  aug.  1705);  die  kleine  Lucretia  ist  um  meinetwillen 
wie  eine  pilgerin  im  staube  der  landstrasze  gegangen. 
C.F.Meyer  Jürg  Jenatsch  i»;  der  kapuziner  trabte  auf 
seinem  thiere,  das  neben  ihm  noch  zwei  volle  körbe  trug, 
so  rasch  heran,  dasz  der  staub  in  wirbeln  aufflog.  70; 
auf  der  dorfstrasze  tanzten  im  staube  die  kleinen  kinder 
den  ringelreigen,  die  knahen  nackt  bis  auf  die  Wolljacke, 
die  kleinen  mädchen  im  weiszen  hemde,  sie  stapften  bar- 
beinig  im  staube  und  sangen.  Fheytag  8,  ii  {ahnen  i,i,l); 
der  stürm  fegte  durch  die  straszen,  trieb  staub  in  wirbeln 
um  ihn  her.  7,242  {verl.  handschr.  4,*); 

stäup,  laug  und  raugh, 
grosz  trünk,  zwifel  und  knoblauch, 
weisser  snee  und  heisse  päd : 
das  ist  alles  den  äugen  schad. 

hundert  ungedr.  priameln  81  Erding; 
er,  der  staub  und  Sonnenbrand  trug,  wagt  er  sich  auf  den 
kampfplatz?    Ramler  lyr.  ged.  (1722)  203 

(eine  kunststrasse,  welche  .  . .  stets  von  jedem  staube  reiu- 
gefegt  ward.  Ritter  erdkunde  2  [i822],i32); 

staub,  den  hab  ich  längst  entbehret 
in  dem  stets  umhüllten  norden, 
aber  in  dem  hcissen  süden 
ist  er  mir  genugsam  worden. 

GöTHE  1,  6,  26  w.  a.  (wettöstlicher  divan  1). 

voller  staub  und  schweisz  sein,  pulvere  atque  stidore  simtd 
perfusum  esse.  Steinbach  2,  708;  Pieps  . .  .  sasz  vor  der 
thür  bei  einem  wasserkübel  und  striegelte  den  beidt-n 
kindern  mit  schwamm  und  bürste  den  staub  des  weges 
von  gesiebt  und  kleidern.  Freytag  12,96  (aA/te/i  5,  l,  ;'>! 
er  hat  mir  lebhaft  frühere  samstagsabende  zurückgerufen, 
wo  mutter  uns  waschen  liesz  und  wusch ,  dasz  einem 
hören  und  sehen  verging;  dann  wurde  einem  die  ganze 
Wochenladung  von  staub  und  schmutz  'abgeschwemsel'. 
L.  Schücking  an  A.  v.  Droste  HüUhoff  {der  letzteren  briefe 
[1893]  33). 

e)  in  der  begriffsweit  des  kriege«,  der  Schlacht,  wenn 
auch  heute  treniger  als  ehedem,  tco  aller  kämpf  handgemenge 
war.    doch  nach  immer  gilt: 

der  reisig  zeug  im  staub  gar  dick 
erglitzet  alle  augcnblick. 

Spreng  Aenei*  165'»; 

ein  kriegszeug  oder  hauff,  den  man  von  staub  nit  sUhcn 
mag,  atrum  agmen.  Maaler  385"; 

staub,  eines  beeres  lautlosen  boten,  seh'  ich  schon. 

Uroysbn  AUehylo^  852 

wind  und  staub,  der  erstere  den  zweiten  vor  sid^  her  treibend, 
bestimmen  mit  den  aungang  einer  schlackt:  darzu  hettcii 
auch  {die  römischen  heerführer)  zu  allem  glück  den  wind 
und  den  staub ,  der  gegen  den  Cimbris  und  von  inen 
gieng,  zu  alnem  vorthail.  Zimmerische  chrau.'^  1,  6,  37 ;  dazu 
kommt  die  sonne:  Marius  sorjite  .  . .  dafür,  dass  sie  sonne, 
staub  und  wind  in  dem  gosicht  hatten.  M.  Sciimikt  v'^vA. 
der  Deutschen  1,  53 ;  um  die  mittagszeit  machte  Sohwepper- 
mann  »-ine  Wendung,  wodurch  die  Ösferreicher  die  sonne, 
den  wind  und  den  staub  in  das  gesiebt  liekamon.  S.  4Ai). 
staub  verhüllt  dann  besonders  das  eigentliche  kumpfgrtiimmel, 
wo  denn  die  unten  unter  8,  r  f/ehandelte  icendung  »ich  aus 
dem  staube  machen  ütren  ursj>rung  nimmt,  {in  der  über- 
tetMung  du  biblischet»  bilde«  votn  strafenden  Jehova-)  er 
ist  der  herr,  des  wegc  in  weiter  und  stürm  sind,  und 
unter  seinen  fUsson  dicker  staube.  AWttiml,3; 

mit  elephant-roM-wacetitos  die  weit  erfüllend, 
das  firmament  mit  staub  verhüllend. 

ROCKBRT  12  (1882),  18; 
ond  als  am  tollsten  sioh  g«>wirrt  der  Imftuel, 
verhOUst  dichter  stuub  dph  ganzen  «rftuel. 

Uin.ANi»  sfed.  437  (FoHutial  1). 

Cr 


1073 


STAUB  (II,  1) 


STAUB  (U,  1) 


1074 


staub  und  rauch:  da  {im  treffen)  sähe  man  nichts  als  einen 
dicken  rauch  und  staub,  welcher  schien,  als  wolle  er 
die  abscheuligkeit  der  verwundten  und  toden  bedecken. 
Sitnpl.  2,  27  {netidr.  177) ; 

gefallen  sind  die  hiebe, 

verflogen  staub  und  rauch, 

und  süsze  bruderliebe 

blüht  wieder  an  jedem  stranch ! 

Keller  10, 106  (Parteigänger). 
staub  und  dampf: 

so  auf  dem  plan,  der  vom  tumei  der  ritter 
zerwühlt  ist  und  umwölkt  mit  staub  und  dampf. 

Uhland  ged.  435  {Fortunat  1). 

in  verknüpfttng  verschiedenartiger  begriffe:  mit  der  ein- 
tretenden dunkelheit  war  die  kirchweih  in  eine  schlacht 
verwandelt  und  das  feld  voll  staub,  geschrei  und  blut- 
vergieszen.  Keller  6,  99  (Hadlatib).  staub  als  hinter- 
lassene  spur  des  hampfes:  er  hatte  von  dem  vorher- 
gehenden krieg  den  staub  noch  nicht  abgeschüttelt,  das 
blut  der  feinde  von  schwert  und  band  noch  nicht  ab- 
gewischt, so  stürzte  er  sich  schon  wieder,  gleich  einem 
ergrimmten  löwen  auf  diesen  neuen  zähnefletschenden 
feind.  Schiller  9,  204  {Anna  Komnena) ;  herr  Waser  aber 
klopfte  den  staub  des  handgemenges  aus  seinen  kleidern 
und  zog  manschetten  und  haiskrause  zurecht.  C.  F.  Mkyer 
Jiirg  Jenatsch  50; 

niemals  hat  Athenaea  die  mächtigen  arme  gewaschen, 
eh  sie  den  rossen  den  staub  ab  von  den  weichen  geschwemmt. 
A.W.  Schlegel  im  Athenäum  1, 131. 
blut  und  staub: 

und  besudelt  ward  itun  der  haarbusch 
ganz  in  blut  und  staube.    Voss  Hias  16,  795, 

wo    die    dichterische    ausgestalttoig    des   folgenden    bildes 

einsetzt: 

{der  mann,  der)  das  leben  tausender  in  seiner  band, 
es  hinsetzt',  wie  zum  fröhlich  leichten  brettspiel, 
auf  das  von  blut  und  staub  getheilte  feld 
und  ausrief:  schach !  als  wenn  es  steine  wären. 

Grillparzer  5,  109  (könig  Ottokar  i). 

schweisz,  blut  und  staub: 

ha,  dort  kömmt  er  mit  schweiss,  mit  RSmerblute, 
mit  dem  staube  der  schlacht  bedeckt! 

Klopstock  Oden  1  (1883),  105,  2. 

staub  ist  das  bett  der  im  kämpfe  unterliegenden,  der  ver- 
xcundeten  und  toten  {xco  zu  dem  gröszten  theile  die  tcurzel 
dertinten  unter  i,a  behandelten  xcendungen  liegt):  viel  brave 
muthige  männer  liegen  ...  im  staube  über  Genzingens 
Llachfeld  hingestreut,  maler  Müller  i,  362; 

er  lag  im  gewirbel  des  staubes. 

Voss  Ilia»  16,  774 ;  vgl.  auch  Od.  24,  39 ; 
denn  viel'  sanken  der  Troer  und  viel'  der  Danaer  vorwärts 
jenes  tags  in  den  staub  und  bluteten  neben  einander.    4,  544, 

wo  Bürger  {219  Bohtz)  übersetzt: 

solche  grosze  menge  der  Troer  und  der  Achaier 
stürzte  jenen  tags  dicht  neben  einander  zu  staube: 

{vgl.:  und  seiner  band,  hinab  zu  staub,  entfiel 

das  gezäum.    Bürger  165,  717 ;) 
ähnlieh:  Diores,  rücklings  zu  staube 

stürzend.    Bürger  219  (/i/o«  4,  522); 

(Voss  übersetzt  hier: 

dasz  er  rücklings  hinab  auf  den  boden 
taumelte.) 
also  blieben  gestreckt  die  zwei  bei  einander  im  staube. 

„r  ,    a  j   ^  Bürger  219  (/?i(M  4, 536); 

(Voss  hat  dafür: 

also  lagen  sie  beide  im  staube  gestreckt  mit  einander.) 
doch  wenn  des  mannes  blut  der  staub  getrunken  bat,  — 
einmal  gestorben,  und  es  kommt  kein  auTerstehn. 

Droysbn  Aitchylos^  147; 
doch  als  dn  niedersankst,  beneidete 
hier  diese  brüst  den  staub,  der  dich  empfing. 

Kleist  2, 104,  1762  E.  Schmidt  {Penthetilea  15); 
sie  sinkt,  die  todumschattete,  vom  pferd. 
und  da  sie  jetzt,  der  räche  preisgegeben, 
im  staub  sich  vor  ihm  wälzt. 

2,  70, 1129  E.  Schmidt  {Penthenlea  8). 

dementsprechend  einen  in  den  staub  legen,  werfen  u.  a.  w., 
«An  überwinden,  siegreich  bestehen: 

die  lost,  ihr  götter,  müszt  ihr  mir  gewähren, 
den  einen  heiszersehnten  iüngling  siegreich 
zum  staub  mir  noch  der  füsze  hinzuwerfen. 

Kleist  2,  57,  846  E.  Schmidt  {Penthmlea  5); 
nicht  blosz,  dasz  du,  statt  ihn  {den  gegner)  in  staub  zu  werfen, 
ihm  selbst  im  kämpf  erliegst. 

2, 128, 2317  E.  Schmidt  {PenthetOea  19); 
X.  2.  C 


so  kämpfe 
mit  ihm  und  wirf  ihn  nieder  in  den  staub 
und  zeige  mir,  w^ie  herrlich  du  erscheinst, 
wenn  er  der  schemel  deiner  füsze  ist. 

Hebbel  3,  98,  Nibelungen  11,  3,  4; 
verhaszt  nicht,  weil  ich  siegte,  bin  ich  dir? 
sprich!    fürchtest  du,  die  dich  in  staub  gelegt? 

Kleist  2, 103, 1753  E.  Schmidt  {Penthesilea  15). 

den  staub  mit  den  zahnen  zerknirschen,  bei  Voss  eine 
südlich  gedachte  entsprechitng  zu  unserem  ins  gras  beiszen, 
eigentlich  doch  im  kämpf  atif  g)-üner  lieide  tot  auf  den  rasen 
stürzen .-  denn  sehr  viel'  männer  Achaia's 

sanken  durch  Rektors  bände,  den  staub  mit  den  zahnen  zer- 
knirschend.   Voss  Iliat  24,  737. 
/)  bei  der  arbeit: 

dann  von  vom  arbeitet'  er  {Sisgphus)  angestrengt,  dasz  der 

angstschweisz 

rings  den  gliedern  entflosz,  and  staub  umwölkte  das  antlitz. 

Odyssee  11,  600. 
so  auf  der  tenne  beim  dreschen  und  reinigen  des  getreides : 
allein,  wenn  man  bedenkt,  dasz  die  dröscher beyra  schlagen 
alle  flecke  des  getreides  unterscheiden,  und  wann  die 
drösche  gewand  wird,  eir.en  dicken  nebel  von  staub  um 
sich  dulden  müssen.  Moser  patr.  phant.  3,158;  allein 
wenn  man  bedenkt,  dasz  das  hörn  {der  lateme)  auswendig 
vom  staube  und  inwendig  vom  oeldampfe  geschwind  ver- 
dunkelt wird,  ebenda,  in  der  Werkstatt,  besonders  des 
Webers:  und  wenn  man  achtz'hn  tage  iberm  stuhle  ge- 
legen hat,  . . .  halb  drehnig  vor  staub  und  gluthitze,  da 
hat  man  sich  glücklich  dreiz'ntehalb  Beemen  erschindt 
H.\üPTM.\NN  die  weber  (1892)  12  (l),  vgl.  a.  102  (5)  und  die 
dementsprechend  umgeprägte  tcendung  des  tages  last  und 
hitze  {theil  6,  sp.  246) :  schütteln  sie  des  tages  staub  und 
last  von  den  schultern,  a.  75  (4). 

g)  staub  und  stürm,  zum  bilde  der  tcirmia  des  mensch- 
lichen lebens,  wo  es  ziceifelhaft  bleibt,  welehe  von  den  drei 
unter  d,  e  {und/)  behandelten  begriffssphären  am,  meisten 
durchscheint: 

zwar  staub  und  stürm,  und  himmelverbergender 
gewölke  Schemen  trüben  ihn  (den  bom  des  seins)  oft. 

Stolberg  2,  76. 
h)  in  den  räumen  eines  hauses,  schon  nach  kurzer  zeit 
auf  alles  gerät  sich  lagernd;  gegen  ihn  kämpft  die  hausfrau 
mit  dem  Staubbesen,  Staubtuch,  Staubwedel  u.  s.  w.,  jetzt 
mit  der  staubmaschine,  dem  Staubsauger  {s.  unten),  hier 
haben  ihren  eigentlichen  platz  Wendungen  wie  den  staub 
abkehren.  Kramer  dict.  2  (1702),  915*;  den  staub  abkehren. 
L.Schröder  dram.tcerke2{i83i),i6l.  den  staub  abwischen. 
ebenda;  so  misstrauisch,  dasz  man  sich  fast  zulezt  scheut 
den  staub  abwischen  zu  lassen.  Göthe  3,  i,  79  Weim. 
aitsg.;  {vgl.  Storm  5,190);  ganz  allgemein:  ich  musz  in 
meines  mannes  zimmer  noch  staub  wischen,  den  staub 
von  möbeln  und  biichem  entfernen;  den  staub  abputzen: 
langsam  ging  sie  {Lotte)  nach  der  wand,  zitternd  nahm 
sie  das  gewehr  herunter,  putzte  den  staub  ab  und  zauderte. 
Göthe  16,  185  {Werthers  leiden  2);  aber  wie  ihn  das  fräu- 
lein  in  der  gallerie  herumführte,  ich  putze  eben  den 
staub  von  den  rahmen  der  gemälde  ab.  Schiller  2,136 
{räuber  4,  2  schatisp.).  den  staub  abwedeln,  vgl. :  mürrisch, 
murrend  wedelte  sie  den  staub  von  den  tischen  und 
Sesseln.  R.\.\be  kinder  von  Finkenrode  129.  vom  staub 
säubern.  Kramer  dict.  2  (i702),  915"=.  auch  im  oberdeutschen 
jetzt  ausgestorben  scheint  den  staub  fürben  {a.  theil  4, 1, 1, 663), 

vgl.:  ich  eedenche  wol,  dag  du  e;  bist, 

der  aen  stoup  und  den  mist 
fiirbte  von  des  bildes  wät.    jüdd  132,  74. 

den  staub  abklopfen.  Kramer  dict.  2  (1702),  915".  den  staub 
abblasen :  als  ich  müde  und  matt  aufs  geratewobl  einen 
folianten  aus  einer  der  bücherreihen  hervorzog,  den  staub 
abblies  und  aufs  geratewobl  ihn  aufschlug.  Raabe  kinder 
von  Finkenrode  130;  {übertragen-)  denn  anderer  leute 
wercken  eine  kleinigkeit  zuzusetzen,  staub  abzublasen, 
fliegen  zu  wehren,  das  habe  ich  nie  der  mühe  werth 
geachtet,  weil  sich  dadurch  minder  wahre  ehre  erwerben 
läszt  als  bey  andern  ausstäubern  und  mucken  wehren. 
Lichtenuebg  aphor.  2,  63, 17  Leitzmann.  den  staub  {vom 
fuazboden)  wegfegen,  wegkehren,  ihn  zusammenfegen  und 
mittels  fegeblech  beseitigen,  den  staub  ausfegen,  vgl.  .- 
nun  feget  ans  den  alten  staub! 

\V.  Müller  ged.  1  (1868),  86. 
(dicker)  staub  lagert  auf  den  gegenständen  als  sichtbares 
zeiclien  de»  ruhe,  des  tuibenutzt-  und  vergessenseina :  seMg 

68  Cr. 


1075 


STAUB  (II,  1) 


STAUB  ai  1) 


1076 


ist,  der  lust  hat  an  gottes  gesetz  und  wort,  und  be- 
trachtets  tag  und  nacht,  wieviel  lust  mancher  hat,  be- 
zeugt der  staub  auf  seiner  bibel.  Chr.  Starke  Synopsis 
2  (1735),  209;  indessen  die  classischen  schulfuchsereien  im 
staube  antiquarischer  trödelbuden  vermodern.  Büuger 
IT»*;  mit  staub  bedeckt  sind  eure  köstliche  partituren. 
Schubart  leben  u.  gefiinnungen  1, 179;  ich  bin  in  die  biblio- 
thek  gefahren,  und  ihr  staub  ist  .  . .  beunruhigt  worden. 
GÖRRES  briefe  3,  12;  von  staub  bedeckte  Schubladen. 
H.  Steffens  xcas  ich  erlebte  3  (l84l),  295;  zu  pulver  zerrieben 
kräuselte  sich  in  der  luft  (des  thurmzimmers),  was  einst 
form  und  körper  war,  feindlich  ballte  der  staub  seine 
wölken  gegen  die  eintretenden,  welche  kamen,  an  seinem 
besitzthum  zu  rühren,  das  er  mit  dicken  lagen  überzog ; 
er  hing  sich  an  haare  und  kleider  des  neuen  lebens  und 
quoll  langsam  durch  die  geöffnete  thür  hinab  den  räumen 
zu,  wo  bunte  färbe  und  glänzender  schmuck  die  menschen 
umgab,  um  auch  dort  den  endlosen  kämpf  der  Vergangen- 
heit gegen  das  neue  zu  führen.  Freytag  7,  335  (verl. 
handschr.  i,  9) ; 

darzn  denn  königlichen  thron 

seh'  ich  leer  und  vol  staub  da  stöhn. 

0.  DÄHNHARDT  griech.  dratnen  1,  143 
{Eurip.  Alcest  2241); 
für  mich  ist  alles  todt!    dort  traurt  sie  an  der  wand, 
mit  staub  bedeckt,  die  schäferflöte.    Hölty  48  Halm; 
in  meines  vaters  sälen  liegt  der  staub 
auf  allen  rüstungen,  und  niemand  ist 
uns  feindlich. 

Kleist  1,  47,  742  E.  Schmidt  {famüte  Schroffen- 
stein 2,  1) ; 
(in  einem  unbenutzten  zimmer:) 

staub  sinkt  herab. 

Storm  8,  274  {geh  nicht  hinein). 

unter  beiordnung  entsprechender  begriffe,  (tautologisch :) 
staub  und  gemelb  langer  verligung.  Judas  Nazarei  2, 12 
(neiidr.).  staub  und  moder:  wenn  sie  wüszten,  dass  mich 
staub  und  moder  erfreute.  Göthk  3,1,105  Weim.  aitsg.; 
staub  und  moder  schüttelte  der  rabe  krächzend  von  den 
flügeln.  Raabe  kinder  von  Finkenrode  189;  staub  und  Spinn- 
weben: aber  da  fand  sie  einen  schlechten  prospect  an 
ihrem  voll  staub  und  kankergespinne  klebenden  manne. 
polit.  maulaffe  (1679)  5 ;  wann  euch  ein  könig  .  . .  sein  bildt- 
nuss  verehrte?  . . .  und  aber  jhr  ausz  mutwillen  oder  Un- 
achtsamkeit dasselbige  mit  staub,  spinnweben  und  kath 
überziehen  liesset.  Mosch erosch  insomnis  cura  paren- 
tum  77  (neudr.);  die  drei  begleiter  einer  hundertjährigen 
ruhe  fehlen,  staub,  Spinngewebe  und  insektenschalen. 
Freytag  7,414  (verl.  handschr.  &,  l).  staub  und  motten: 
weswegen  er  denn  auch  selten  etwas  drucken  liesz, 
sondern  ganz  ansehnliche  stösze  von  handschriften  . .  . 
dem  staube  und  motten  und  ewiger  Vergessenheit  preis 
gab.  MüM.ER  Siegfr.  v.  Lindenberg  1,  184.  staub  und 
Schimmel:  mit  schimmel  und  staub  bedeckt.  Justi 
Winckelmann  l  (1866),  24.  in  staub  und  dunkelheit:  (das 
land,)  wo  zeither  Catull  im  staube  und  in  der  dunkelheit 
gelegen.  Lessing  8, 4«4.  staub  und  plunder  überschreibt 
Th.  Storm  jene  entcUckungsfahrt  in  das  auf  einem  liaua- 
hoden  herrschende  reich  der  Vergangenheit.  8, 175  (von  heut 
und  ehedem),    mit  einer  adjectivischen  bestimmung: 

verechwunden  ist  das  zierliche  geräth, 

und  dicker  staub  liegt  auf  der  kammerschwelle. 

A.  V.  Droste-Hülöhoff  2  (1879),  288  {Walther  6); 

mit  mehr  als  jährigem  staub.  Simpl.  1,19  (neudr.  52).  auch 
ehrwürdiger  staub,  toie  er  besonders  auf  alten  versteckten 
oder  sonst  unbeachteten  Schriften  ruht:  aber  achl  es  ist 
auch  diese  (handschrift  Leonardo»  da  Vinci),  wie  so  manche 
andre  uralte,  mit  ehrwürdigem  staube  bedeckte  handschrift 
in  den  bUcbersch&tzen  der  groszen,  ein  unangerührtes 
heiligtbam.  Wackbnhodbr  htrnensergieatungen  80.  deshalb 
muh  gelehrter  staub,  pulvi»  eruditus.  Steinrach  >,  708. 

wu  ans  gelehrtem  staub  kein  Scalinr  erwOhlt. 

Wielano  luppl.  1,  867  (moral.  bri^e  1,148). 

hier  Htun  denn  mit  besonderer  stärke  Wendungen  ein, 
wdeh*  das  hervorziehen,  entdecken  odtr  vnederentdecken 
milAmr  »ehätse  tum  gegenttand  haben,  (gans  tUlgemein:) 
dieser  befehl  (atU  akim  über  »ehlosM  Bielstein  und  kloster 
Bottau  riHtuttndtn)  Tenuilante  ein  starkes  aufrühren  von 
tUob,  (ttnf  frone  ledersäcke  wurden  mit  Urkunden  und 
•Iten  pftpieren  angefüllt.  Frbyiao  7,  in  (verl.  handschr. 

Cr. 


3,6).  dann  auch:  wie  wyr  erfaren  . . .  haben,  das  mit  so 
viel  mühe  und  erbeit  man  die  spräche  und  kunst  .  . .  aus 
ettlichen  brocken  und  stucken  allter  bücher  aus  dem 
staub  und  würmem  widder  erfür  bracht  hatt.  Luther 
15,  50, 16  Weim.  ausg. ;  sein  (Heynes)  Pindar  .  . .  hat  dem 
bilde  den  staub  weggewischt,  der  fingerhoch  auf  ihm  lag 
und  wegschreckte.  Herder  5,  265  Suphan;  die  meister 
stücke  dieses  groszen  tonsetzers  liegen  zu  München  in 
der  bibliothek  begraben,  und  nur  manchmal  gibt  es  einen 
forscher,  welcher  den  staub  hinwegbläst.  Sghubart 
ästhetik  der  tonkunst  41 ;  (den  dienst  des  rcörterbuches  soll 
man  nicht)  vergleichen  mit  dem  ärmlichen  eines  dürren 
handlexicons ,  das  ein  paarmal  im  jähr  aus  dem  staub 
unter  der  bank  hervor  gelangt  wird,  um  den  streit  zu 
schlichten.  Jac.  Grimm  vorwort  zum  wb.  xtii ;  dieser  thätige 
Präsident  des  Capitolinischen  museums,  der  die  huste  aus 
dem  staub  hervorgezogen.  Welcker  alte  denkmäler  1,  483; 
ja  dermaszen  sind  sie  (die  lieder)  mir  in  die  glieder  ge- 
fahren, dasz  ich  meinen  alten  fiedelbogen  aus  dem  staube 
hervorgesucht.  Storm  8,306  (fiedellieder);  vgl. :  ich  blätterte 
und  blätterte  alle  briefe  vorbey,  die  nicht  von  der  königin 
waren,  und  von  denen  ich  doch  jetzt  die  meisten  wieder 
in  ihren  staub  zurückwerfe,  da  sie  schlechterdings  des 
durchsiebens  nicht  werth  scheinen.  Thü.mmel  reise  8, 161. 
t)  staub,  Schutt,  asche  und  moder,  die  letzten  Über- 
bleibsel groszen  menschenwerks :  nachdem  jene  (ruinen) 
viele  Jahrhunderte  schon  in  staub  und  asche  gelegen. 
Ritter  erdkunde  l  (1822),  721 ; 

so  seid  ihr  götterbilder  auch  zu  staub  I 

GOTHE  1,  10,  38  Weim.  axug.  (Iphigenie  2,  2) ; 
umsonst  verschwend'  ich  meines  Volkes  leben, 
und  meine  städte  sinken  in  den  staub. 

Schiller  13,  206  (jung/r.  v.  Orl.  1,  5); 

Priams  veste  war  gesunken, 

Troja  lag  in  schutt  und  staub.    11,  390; 

doch  im  hintergrund: 

die  graue  zeit,  wirkend  ein  neues  grauen  — 
verwittrung,  staub  und  regenschlick  — 
mit  moos  und  wiidnis  düstre  sie  die  räume. 

GÖTHE  1, 16,  352  Weim.  autg.  {des  Epimenidej> 
erwachen  1, 12). 
k)  schmutz,  vermoderter  unrat  u.  s.  iv.,  mit  besonderer 
hervorhebung  der  Wertlosigkeit:  gehackt  stro  und  staub 
inn  gemalten  büchssen  und  laden  für  arabische  unnd 
indische  wehrschaft  haben.  Oarg.  298  neudr.;  der  knab  .  . . 
nam  ausz  einer  alten  büchsen,  darinn  nichts  den  staub 
lag,  band  den  in  ein  tüchlein,  gabs  der  frauwen.  ... 
darzwischen  löset  der  mann  das  tüchlein  auff,  sähe  den 
staub  und  schry  zum  weih  und  sprach,  was  er  mit  dem 
nichtigen  kot  und  staub  machen  solte.  Kirch hop  icend- 
unmu^^  1,344  Oesterley;  schänckte  er  dem  krancken  ein 
trüncklein  mit  säfften,  kräutern  und  staub  eingefüllt, 
welches  er  betheurte,  dasz  es  kunte  für  ein  hauszapotek 
dienen.  Schuppius  769;  wie  der  stich  einer  schlupfwespe 
den  sodomsapfel  in  schwarzen  staub  verwandelt,  welcher 
die  näscherei  blos  durch  eine  schöne  Oberfläche  täuschet. 
J.  Paul  6,  58  (grönländ.  proz.  l); 

(die  hauem)  ihren  pastori  spot  und  höhn, 

für  trewe  dienst'  geben  zu  lohn. 

beweisen  jhm  alle  untrew, 

geben  fürs  meszkom  staub  und  sprew. 

HOLLONius  somnium  vitae  hum.  41,  781  nettdr. 

l)  besondere  Verwendung  von  staub. 

a)  dünne,  feine  asche  vom  feuerbrand  (vgL  auch  staub- 
asche):  aber  gemach  in  die  kolen  Beblasen, 

80  ilhrt  dir  kein  staub  in  die  nasen. 

(.iarg.  403  neudr. ; 
das  kalb,  das  jr  gemacht  hattet,  nam  ich  und  verbrands 
mit  fewr,  und  zuschlug  es  und  zumnlmet  es,  bis  es  staub 
ward,  und  warff  den  staub  in  den  bach  der  vom  berge 
fleusst.  6  Mos.  9, il;  das  sie  solten  aus  dorn  tcmpel  des 
herrn  thun  alles  gezeug,  das  dem  Baal  und  dein  Hayne, 
und  allem  beer  des  himels  gemacht  war,  und  vcrhrnnten 
sie  haussen  für  Jerusalem  im  tal  Kidron,  und  jr  staub 
ward  getragen  gen  Beth  El.  aJkdn.  S8,  4;  und  (der  könig) 
lies  den  Hayn  aus  dem  hause  des  herrn  füren  hin  aus 
für  Jerusalem  in  bach  Kidron,  und  verbrand  jn  im  bach 
Kidron  und  macht  jn  zu  staub,  und  ward  den  staub  »ulT 
die  grebcr  der  gemeinen  Icute.  e. 

/9)  feitxes,  dünne»,  leicht  vertiäubmdtt  mM  mm  geringem 
werte,  t.  mehlstaab  0ml  6,  tp.  18«  und  unten  staubmehl. 

Cr. 


1077 


STAUB  (II,  1) 


STAUB  (ja,  2) 


1078 


{vgl.  auch  mühlstaub  theil  6,  «p.  2643,  das  aber  trotz 
M.^ALER  294'*  viel  mehr  ins  allgemeine  geht  als  unser  wort.) 
es  sol  dhain  peck  staub  onder  semel  pacben.  Cgm.  544 
/.  44  bei  SCHM.2  2,  718. 

/)  staub  zum  pudern  der  haare,  vgl.  puderstaub  {theil  7, 
sp.  2207) :  noch  gefährlicher  wars  —  weil  er  zwischen 
zwei  spiegeln  sasz,  dem  friseur  und  dem  groszen  spiegel 
im  Ofenschirm,  —  auf  seine  eigene  wolle  den  staub  recht 
aufzutragen.  J.  Paul  23,87  {Titan  i);  ihr  haar  kräuseln 
sie  und  pudern  es  mit  braunem  staube  ein.  Ritter  erd- 
künde  l  (l822),  241  ; 

lösete  dann  ihr  kastanienhaar,  das  in  glänzenden  ringeln 
über  die  schulter  sich  goss,  unentstellt  vom  staul>e  des  mehles. 
Voss  1,  134  (Lvise  3,  140). 

6)  feines  schieszpulver.  entsprechend  der  unter  pulver- 
staub {theil  7,  sp.  2225)  herangezogenen  besonderen  bedeutung 
dieses  Wortes  'gesiebtes  pulver':  er  nahm  eine  menge  von 
denjenigen  kriegern  mit  sich ,  die  aus  eisernen  röhren 
bleyerne  kugeln  durch  die  gewalt  eines  entzündeten 
staubes  trieben.  Haller  Usong  (i77l)  41. 

e)  blumenstaub  {theil  2,  sp.  166),  blütenstaub  {vgl.  theil  2, 
sp.  180),  pollen,  befruchtendes  mittel  der  männlichen  blute 
einer  pflanze,  vgl.  attch  unten  Staubbeutel,  Staubblatt, 
Staubfaden,  staubgefäsz,  staubwerkzeug  u.  s.  w. .-  die  feine 
materie,  welche  sich  in  den  antheren  entwickelt,  erscheint 
uns  als  ein  staub.  Göthe  2,6,58  w.  a.  {metam.  64);  staub 
der  männlichen  blüthen.  Bernhardt  geschichte  des  wald- 
eigentuTns  2,96;  sommerwinde,  die  den  staub  der  blüthen 
zu  einander  tragen.  Storm  4,18  {eine  Halligfahrt);  vgl. 
Lichtenberg  erklärungen  zu  Hogarths  kupferst.  i,  SS.  die 
frühere  gar  seltsame  Vorstellung  von  seiner  unorganischen 
art  {vgl.  Bernhardt  geschichte  des  waldeigentums  2,96) 
ist  zu  spüren:  die  oelbäum  mag  man  auch  im  auguste 
umbgraben,  doch  das  man  die  erdschollen  zerschlage, 
damit  sie  ein  staub  geben;  welcher  staub,  wo  er  auff 
fallt,  zeitiget  er  sie  bald.  Sebiz  feldbau  58. 

y)  staub  auf  den  flügeln  der  Schmetterlinge  .- 

ein  sommervögelchen,  mit  regen  schwingen, 
auf  deren  stanb  des  frühlings  färben  blülui. 

Wieland  suppl.  2, 160  {der  umufriedne  406) ; 

vier  flügel  schüttelten  ihren  weiszen  staub 
leicht  flatternd  von  sich.    427; 

{geschäftige  s^ylfen,)  wie  sie  mit  schöpfrischen  fingern 
blumen  bilden,  aurikeln,  gestirnte  narcissen  und  lilien, 
ihnen  mit  zefyrlippen  ambrosialische  seelen 
einweh'n,  und  auf  sie  den  staub  von  ihren  fittigen  schütteln. 
svppl.  3,  351  {friihling  178) ; 

s.  auch  schmetterlingsstaub  {theil  9,  sp.  1050)  und  die  belege 
unter  Schmetterlingsflügel  {theil  9,  sp.  1049). 

ff)  entsprechend  dem  vorigen  der  vne  von  feinem  staube 
herrührende  sammetartige  glänz  der  braunen  aurikel: 

die  braunen  aurikelgeschlechter,  bestreut  mit  glänzendem  staube, 
stehn  gleich  den  dichten  gestirnen.    E.  v.  Kleist;  2, 18. 

d)  im  fall  zerstiebende  tcassertropfen  beim  regen  {vgl. 
unten  Staubregen  und  oben  regenstaub,  theil  8,  sp.  523) 
und  bei  sturzbächen  und  Wasserfällen  {vgl.  unten  staub- 
bach  und  staubfall): 

wie  bey  des  winters  zeit  des  wassers  staub  der  schnee 
den  ackern  ruh  verleyht.    Opitz  1,46; 

schieszt  . . .  ein  starker  bach  flammend  herunter  in  ein 
becken,  wo  er  in  staub  und  schäum  sich  weit  ond  breit 
im  wind  herum  treibt.  Göthe  16,257; 

nach  den  weiszen  kieselsteinen, 
die  das  seichte  bächlein  kaum 
überspritzt  mit  staub  und  schäum. 

W.  Müller  ged.  1  (1868),  91 ; 

tgl. :  so  müszte  es  einem  Wasserfalle  zu  muthe  sein,  wenn 
er  fühlen  könnte;  ich  zerschellte  tausend  mal  in  einer 
minute  zu  staub.  Vischer  auch  einer  l,  82.  a.  unten  das 
besonders  behandelte  uort  staub  als  benennung  stark  herab- 
»türzender  f/ebirgsbäclie  in  der  Schweiz. 

i)  der  leichte  feine  flaum  der  gänse  ist  wol  gemeint  in 
folgender  stelle: 

die  federn  sambt  dem  staub  anszuepfen. 

H.  Sachs  23,  466, 12  KeOer-Götze; 

vgl.  tinten  staubfeder  und  staubbaar. 

x)  staub  im  Allgäu  feine  der  mölke  aufgeschwemmte 
käaebruchtheile,  welche  sie  iceiszlich  trübe  machen.  Martiny 
uit.  der  milchwirtschuft  121  •>. 

Ct. 


2)  im  vergleich: 

a)  so  zahlreich  wie  staub  die  strasze  bedeckt,  die  lufl 
erfüllt,  in  kammer  und  kästen  liegt:  eine  entsprechung  tu 
sand ,  das  im  gegensatz  zu  unserer  wendung  auch  mit 
mehr  erfolg  in  die  nichtbiblische  spräche  eingedrungen  ist 
{s.  theil  8,  sp.  1708 f.) ,  getcisz  nicht  zuletzt  wegen  des  stär- 
keren poetisch -metaphysischen  ausdrucks  der  unzähligkeit 
z.  b.  in  begnffen  wie  sand  am  meer:  und  wil  deinen 
samen  machen  wie  den  staub  auff  erden,  kan  ein  mensch 
den  staub  auflf  erden  zelen,  der  wird  auch  deinen  samen 
zelen.  l  Mos.  13,  16;  und  dein  same  sol  werden  wie 
der  staub  auff  erden,  und  du  solt  ausgebreitet  werden, 
gegen  dem  abend,  morgen,  mitternacht  und  mittag.  28, 14; 
wer  kan  zelen  den  staub  Jacob,  und  die  zal  des  vierden 
teils  Israel?  i  Mos.  23,10;  {könig)  über  ein  volck,  des  so 
viel  ist  als  staub  auff  erden.  2  chron.  l,  9.  dagegen  sucht 
auch  hier  die  spräche,  von  der  bloszen  Übersetzung  los- 
gelöst, eine  erhabenere  präg ung :  und  also  ist  ir  {der  sünden) 
so  vil  als  stoubes  in  der  sunnen.  Berthold  v.  Regens- 
BüRG  1,  429,  27;  wan  ir  {der  einer  seele  gestellten  stricke)  ist 
mär  danne  stoubes  in  der  sunnen.  29,  28  {beide  mal  doch 
wol  der  staub,  welcher  in  einem  Sonnenstrahl  spielt),  oder 
durch  eine  Verbindung  mit  der  wendung  wie  sand  am  meer : 

wann  ich  dein  worten  fest  gelaub, 
du  werst  mich  mehren  wie  den  staub, 
und  auch  der  sand  an  meeres  rand. 

H.  Sachs  1, 105, 16  KeUer-Götze; 
60  find  ich  da  bey  weitem  mehr 
als  staub  im  feld  und  sand  am  meer. 

P.  Gerhardt  bei  Fischbr-Tümpbl 
kircheniied  3,  426*> ; 
drum  mögen  sich 
um  uns  herum  die  Völker,  wie  der  sand 
am  meer,  versammeln,  oder  wie  der  staub 
auf  eines  mannes  acker. 

Klopstock  9,  70  {David  3,  7). 

b)  staub  vom  winde  verweht  t*.  ä.  als  vergleich  für 
das  vollständige  ende  eines  dinges,  die  völlige  Vernichtung, 
das  aufhören  im  nichts:  denn  des  gottlosen  hofifnung,  ist 
wie  ein  staub  vom  winde  verstrewet,  und  wie  ein  dünner 
reiffe  von  eim  stürm  vertrieben,  weish.  Salom.  5,15;  also 
wird  jre  wurtzel  verfaulen,  und  jre  sprossen  auffaren 
wie  staub.  Jes.  5,  24;  aber  er  (gott)  wird  sie  (unsere  rät« der) 
schelten ,  so  werden  sie  ferne  wegfliehen ,  und  wird  sie 
verfolgen,  wie  dem  staube  auff  dem  berge  vom  winde 
geschieht.  17,  13;  alle  jre  geschwürm,  des  sie  so  viel 
haben,  sol  zustieben  und  zufliehen,  wie  der  staub  für  dem 
winde.  Luther  3,  348»; 

hab  si  zermalmt  wi  staub  vom  wind  verstrait. 

Melissus  pi.  62,  43  neudr.; 
spricht  gott  zu  dem  gewitter ;  zerschmettr'  ihn !   und  zu  dem 

Sturme : 
hauche  sein  sinkend  gebein,  wie  staub,  in  alle  vier  winde. 
Klopstock  3, 167  {Messioi  4,  203). 

insbesondere :  der  gottlose  . . .  wird  zu  stewben ,  wie  eyn 
staub  auff  eynem  dennen.  Luther  17,  i,  372,  12  Weim. 
ausg. ;  vgl. :  denn  der  könig  zu  Syrien  hatte  sie  {die  kriegs- 
leute)  umb  gebracht,  und  hatte  sie  gemacht,  wie  dresscher 
staub.  2  kön.  13,  7. 

c)  zum  vergleich  der  völligen  nichtigkeit  und  tcerÜong- 
keit:  {gott)  kan  uns  auch  wider  nein  werffen  (in  da» 
gefangnis)  und,  das  noch  mehr  ist,  von  der  erde  vertilgen, 
als  weren  wir  staub.  Luther  28,  660,  25  Weim.  ausg.; 

das  kostbarste  der  guter  (dae  leben) 
wart  er  gleichgültig  hin,  als  war   es  staub. 

Schiller  13,  22  {Macbeth  l,  7); 
du  kannst 
mich  gleich  bespein  wie  einen  häufen  staub, 
da  lieg  ich  schon  — .    Hebbel  3, 144,  Sibelungen  II  53; 

rgl.  das  volle  bild:  ein  häufen  staub,  worin  würmer 
kriechen,  die  ihm  einen  schein  des  lebens  geben,  so  die 
meisten  menschen,  tagebücher  2,90  {t^od); 

kleinodien  sind  mir,  was  den  andern  staub. 

3,  67,  Sibeiungen  II  2,  3 ; 

neben  asche:  man  hat  mich  in  dreck  getretten,  und  gleich 
geacht  dem  staub  und  asschen.  Hiob  30,  i9;  neben  kot 
(«.  theil  5,  sp.  1894) :  jr  blut  sol  vergossen  werden,  als  were 
es  staub,  und  jr  leib,  als  were  es  kot.  Zephanja  1,17; 
neben  spren  (*.  spren  4  oben  sp.  56) : 

schmück,  bild,  raetall  und  ein  gelehrt  papier, 
iM  nichts  als  spreu  und  leichter  staub  vor  mir  {der  etuigMf). 
A.  Gryphius  1,  98  {öitharina  1). 


68' 


Cr. 


1079 


STAUB  (II,  3) 


STAUB  (II,  3) 


1080 


geringer  als  staub,  der  letzte  grad  dieser  hyperbel: 

ich  vertrauwo  auf  den,  .  .  . 

der  dich  auch  viel  nichtiger  und  geringer, 

denn  den  staub  machen  wird.    Amadis  1,  40. 

S)  fest  getoordene  Verbindungen. 

o)  einem  staub  in  die  äugen  streuen,  ihm  etwas  vor- 
macJien,  ihn  das  wirkliche  Verhältnis  nicht  erkennen  lassen; 
ihre  herleitung  ßndet  diese  icendung  (als  einem  staub  in  die 
äugen  werfen  noch  deutlicher)  wol  ron  einem  gebrauch  des 
kampfplatzes,  wo  der  eine  gegner  den  andern  durch  solche 
list  in  seiner  katnpftüchtigkeit  schwächt,  wie  z.  b.  in  der 
thiersage  Eeineke  dem  Isegrim  beim  Zweikampf  sand  in  die 
äugen  wirft;  von  dem  aus  der  Zauberkunst  hergenommenen 
einem  einen  blauen  dunst  vormachen  (s.  theil  2,  sp.  1562) 
ist  unser  fall  deshalb  von  grund  atis  verschieden:  es  kann 
kein  vertrauen  gegen  den  herrn  W.  erwecken,  wenn  man 
offenbar  sieht,  dasz  er  seinen  lesern  nur  staub  in  die  äugen 
streuen  will.  Lessing  6,20;  was  Schickard  von  seines 
Verlegers  wittwe  uns  vorlüget,  das  glaube  ja  kein  mensch, 
der  ehrliche  Schickard,  dasz  auch  der  den  leuten  staub 
in  die  äugen  werfen  konnte!  Reiske  an  Lessing  am 
13.  febr.  1773  {Lessing  13,  445) ;  wollen  wir  einander  staub 
in  die  äugen  streuen,  um  bewiesen  zu  haben,  der  mensch 
könne  nicht  sehen?  Heudek  5, 105  (Suphan);  Mathilde. 
die  liebe  allein,  anders  nichts  konnte  solch  eine  Um- 
änderung hervorbringen,  (liest)  'krank?'  ausfluchte,  staub 
in  die  äugen,  maler  Müller  3,  56  (Golo  l,  6);  wenn  jeder 
dem  andern  staub  in  die  äugen  wirft  —  wenigstens  der 
könig  goldstaub  —  der  rektor  an  der  domschule  und  der 
prorektor  schulstaub  —  die  päbstliche  rota  glasstaub,  der 
noch  dazu  die  äugen  aufreizt  —  der  poet  federstaub 
von  seinen  zweifalterflügeln  —  der  buchhändler  bücher- 
staub.  J.  Paul  19,  12  (Faling.  2).  m^hr  in  dem  sinne  blosz 
'einem  einen  Schabernack  spielen': 

wenn  ich  es  {dax  gefllz)  aber  abher  stiesz 
und  er  mir  den  staub  unter  die  äugen  plies, 
der  mocht  mich  in  den  laim  wol  finden. 

fastn.  fp.  376,  5  Keller, 
vgl.  noch  789, 11. 

b)  groszen  staub  aufwirbeln,  viel  staub  aufwirbeln  u.  ä. 
von  eitler  person  oder  saclie,  tvelche  viel  von  sich  reden 
macht,  tcie  etwa  ein  heranziehendes  atiszerordentliches  er- 
eignis  auf  der  strasze  stark  den  staub  auftreibt;  ein  wenig 
liegt  von  dieser  bedeutung  schon  hinter  dem  spricMcort 
tanzt  ein  alter,  so  macht  er  groszen  staub.  Lehmann  15; 
vgl.  auch:  kann  ich  verlangen,  dasz  gleiche  schritte  auch 
gleichen  staub  erregen?  Lessing  10, 52.  deutlich:  wo  ich 
nicht  sehr  irre,  so  komt  es  (das  besondere  betragen  des 
sog.  genies)  daher,  dasz  man  glaubt  mit  genie  lasze  sich 
unmöglich  von  dem  getrettenen  pfade  aus  etwas  gutes 
sehen,  sondern  man  müsse  nothwendig  durch  die  hecken 
brechen,  felder  zertretten,  staub  machen,  sprützen  und 
sprengen  um  etwas  zu  Dnden.  Lichtenuerg  aphorismen 
3, 124,  497  Leitzmann;  diese  Parlamente,  in  denen  . . .  die 
parteikämpfe  so  viel  staub  aufwirbeln.  Bismarck  reden 
13,230;  durch  den  staub,  den  die  dänische  sache  auf- 
rührt, ged.  u.  erinn.  2, 18.  ähnliclien  sinn  hat  eine  sache 
schlägt  so  recht  in  den  staub,  wie  ein  unnützer  bube  mit 
einem  busch  den  staub  der  strasze  außoirbelnd  schlägt. 
vgl.  auch:  eine  sUnde  hatte  er  doch,  die  so  recht  gemein 
in  den  staub  schlug.  Roseggek  Wildlinge  269,  wo  aber 
zugleich  beziehungen  zu  II,  4  schon  leise  hervortreten. 

e)  sich  aus  dem  staube  machen,  eigentlich  den  kämpf 
platz  fliehend  verlassen ,  sich  heimlich  von  dannen  stehlen 
(vgl.  machen  6  theil  6,  ap.  1891);  ja  staub  scheint  hier  so 
ziemlich  für  'kämpf  selbst  tu  stehen,  wie  die  folgende 
seltene  gebrouehsveeist  vermuten  löszt:  hat  also  unsere 
religion  vil  Widerstands  gehabt,  sind  doch  die  papisten 
mit  lehr  abgangen,  haben  auch  ein  ziemlichen  staub  er- 
litten. G.  NioiiiNUS  J>aj7t«^  tn^tmtVton  676.  ac/u>n  Flu  seil 
t,  8tt*  hat  richtig  die  beziehung  der  redensart  zum  kämpf 
platt  vermutet;  vgl.  noch  Kramkh  8  (l7oe),  915°  und  Stkin- 
BACH  s,  IW  und  unten  st&ubcn,  verb.  dann  wer  inen  (den 
bauem  tu  Biirasum  im  bisthum  Hildesheim)  darvon  mol- 
düng  thuet  (ne  mit  diesem  narrenatreieh  artftieht),  drr 
mach  sich  kurz  tiHzcrm  staub,  will  er  anders  nit  frcnib<Je 
hendt  im  haar  haben.  Zimmeri/teJie  chron.*  2,  A8l,ll;  da 
w«r  eyn  graunam  geschrey,  der  schlug,  der  stach,  der 
w»r(T,  ich  al<i  r  mnrhot  mioh  mutz  dem  staube,  satztc  mich 

Cr. 


von  ferren  hinder  einen  stein,  sähe  ihnen  zu,  wollte  der 
suppen  nicht  versuchen,  buch  der  liebe  203" ;  aber  Conradus 
macht  sich  auss  dem  staub  wider  in  Apuliam.  Stumpf 
Schwytzerchron.  94»;  da  die  Köllner  und  Utrechter  . .  .  sich 
aus  dem  staube  machten,  . . .  gieng  auch  dieses  treffen  für 
Heinrichen  verlohren.  M.  Schmidt  geschichte  der  Deutschen 
2,  310;  sonst  ist  aber  diese  beziehung  beim  weiteren  gebrauch 
vollständig  abgegriffen  worden,  zur  Verdeutlichung  braucht 
noch  MALER  Müller  sich  aus  dem  staube  weg  machen, 
davon  machen:  Leander  zahlt  die  musikanten  und  diese 
machen  sich  nach  abgelegtem  kratzfusz  sogleich  aus  dem 
staube  davon,  i,  332;  Mephistopheles,  der  höUengeist, 
lacht  und  macht  sich  . . .  aus  dem  staub  weg.  2,  lO,  ohne 
da.9z  aber  hier  ein  stärkeres  gefühl  für  den  ursprüng- 
lichen sinn  der  wendung  vorausgesetzt  werden  münzte,  aus 
dem  staub  weichen:  wolt  sich  der  sorg  entladen,  were 
gern  auss  dem  staub  gewichen.  Stumpf ScÄJpy^zercÄron. 668". 
sich  aus  dem  staub  schaffen  ftroucA^  Happel  ofcarf. 
roman.  (1690)  179:  nun,  so  stehe  dann  auf,  . . .  und  schaffe 
dich  auss  dem  staub,  doch  daneben  dann  er  sich  ...  ge- 
schwind aus  dem  staube  gemacht.  900.  sonst  von  allgemeiner 
geltung  sich  aus  dem  staube  machen:  Jezabel,  die 
stellt  dem  Helia  nach  dem  leben.  Hellas  macht  sich  aus 
dem  staub,  darnach  aus  dem  haissen  gottes  kam  Hellas 
wider  zue  land.TuRMAYR4, 1,242, 24;  dem  rosztäuscher  war 
angst,  gab  die  flucht,  und  machte  sich  auss  dem  staub. 
volksb.  von  dr.  Faust  83,152  neudr.;  welche  (Jungfer)  ich 
dann  in  ihrer  ruhe  unzerstöret  liegen  Hesse  und  mich, 
sobald  mir  die  heitere  des  tages  nur  ein  wenig  leuchtet, 
aus  dem  staube  machte.  Simpl.  3,  416,  2  Kurz;  und  er 
hab  nicht  klagen  dürffen,  dasz  sein  diener  ihn  bestohlen 
habe,  sondern  hab  sich  müssen  aus  dem  staub  machen. 
ScHUPPius  254;  er  ist  gefangen!  und  wo  sich  der  herr 
nicht  aus  dem  staube  macht,  wird  er  eben  so  wohl  ein- 
gezogen werden.  A.  Gryphius  1,  612  (seugamme  i,9);  mit 
der  Verwarnung,  dasz  wir  uns  je  eher  je  lieber  aus  dem 
staube  machen,  und  unsere  personen  in  weitere  Sicher- 
heit bringen  möchten,  insel  Felsenburg  4,421;  wenn  ein 
freyschöpfe  (seinem  verfehmten  freunde)  . . .  nur  den  ge- 
ringsten wink  gab,  und  z.  c.  nur  zu  ihm  sagte:  ander- 
wärts ist  so  gut  brod  zu  essen  als  hier,  um  ihm  damit 
zu  verstehen  zu  geben,  er  möge  sich  aus  dem  staube 
machen.  Moser  patriot.  phant.  4, 198;  damit  Thyest  nicht 
zu  zeitig  von  seinem  vorhaben  nachrichl  bekommen,  und 
sich  aus  dem  staube  machen  möge.  Lkssinc;  4,  294;  mit 
solchen  Wendungen  macht  sich  nur  die  beleidigte  eitel- 
keit  aus  dem  staube.  8,182;  dort,  vor  der  statüe,  sieht 
man  einen  karren  mit  hausrath.  das  sind  leute  die  sich 
aus  dem  staube  machen  wollen  und  daher  des  nachts 
ausziehen.  Lichtenberg  erklärungen  der  Hogarfhiscln  !^ 
kupferstiche  1,129;  und  Harwood  hatte,  um  der  rechen 
Schaft  und  —  zugleich  allen  seinen  zahlreichen  krcdi- 
toren  zu  entgehen,  sich  aus  dem  staube  gemacht.  Bahiidt 
gesch.  meines  lebens  3,  328 ;  indess,  da  er  sich  von  hier  aus 
dem  staube  machen  will.  Ii-fland  iheatr.  icerke  i,  228; 
ich  will  mich  aus  dem  staube  machen.  Fr.  L.  Schroeder 
dram.  werke  1,32  (heitnliche  heirat  S,  ß);  Geszler  ruft:  'das 
ist  das  niesen  Tell's,  verfolget  ihn.'  allein  Teil  hat 
noch  zeit,  sich  aus  dem  staube  zu  machen.  Vischer 
auch  einer  1,49;  ich  habe  mich  aber  beizeiten  aus  dem 
staube  gemacht.  Keller  2,  18;  wütend  hierüber  {über 
das  miszgeschick)  wollten  sie  (die  drei  spitzbul>en)  sich 
durch  einen  groszartigen  wechselbetrug  rächen  und  heraus- 
helfen und  sich  alsdann  aus  dem  staube  machen.  7, 187 
(die  arme  baronin);  in  der  mcinung,  er  habe  eine  Un- 
schicklichkeit begangen,  nahm  er  das  ficdelzcug  wieder 
unter  den  arm  und  machte  fiich  scinerücits  auch  aus  dem 
staube,  oder  vielmehr  aus  den  blumen.  6,68  (Hadlaub); 

sie  niachlon  Hieb  bocd  nun  drni  ntaub. 

SfUKNu  AeneU  1M)I>; 
viol  hundu  sind  den  liawon  tod, 
dacht'  ich  und  maclit  in  dieser  noth 
mich  eilig  aua  dem  iitaube. 

Blumaubr  AsmeU  1, 66. 

sich  mit  einem  gegenständ  aus  dem  staube  machen:  alt 
nun  die  burgerin  bofandt,  Ann?,  die  honn  noch  ein  ey  in 
sich  hätte,  bildet  sie  jhr  den  künfftigon  nutzen  ein  und 
gab  dem  goigor  vor  honn,  korb  und  pyern  die  drcy  reichs- 
tli.ilnr    mit  <l<<nen  er  sich  aus  dem  staube  machte,  der 

Cr. 


lOSl 


STAUB  (II.  3.  4) 


STÄUB  cn,  4) 


1082 


burgerin  einfalt  genug  lachte.  Simpl.  4,253,7  Kurz;  Bürle 
aber  machte  sich  am  andern  morgen  mit  den  dreihundert 
thalern  aus  dem  staub.  brCder  Grimm  kinder-  u.  haus- 
tnärchen  nr.  61. 

d)  den  staub  von  den  schuhen  (ftiszen)  schütteln,  mit 
erklärter  Unzufriedenheit  einen  ort  verlassen,  sich  für  immer 
v<yn  ihm  wenden  (ivie  wenn  man  auch  nicht  das  geringste 
mit  sich  nehmen  tmll.  Frisch  2,  322").  der  ausgang  der 
redensart  liegt  deutlich  in  der  biblischen  Übersetzungs- 
sprache: und  wo  euch  jemand  nicht  annemen  wird,  noch 
ewer  rede  hören,  so  gehet  eraus,  von  dem  selben  hause 
oder  stad,  und  schüttelt  den  staub  von  ewren  füssen. 
Matth.  10, 14  {so  auch  die  Zürcher  bibel  von  1531);  mit  dem 
tceiteren  zusatz  zu  einem  gezeugnis  über  sie.  Marc.  6, 11, 
vgl.  auch  Luc.  9,5;  sie  aber  schüttelten  den  staub  von 
jren  füssen  über  sie,  und  kamen  gen  Iconion.  apostel- 
gesch.  13,51;  so  sie  das  nicht  wöUent  entphahen  oder  an- 
nemen, so  schütten  sie  den  staub  von  den  bundschuhen. 
Keisersberg  brösaml.  2,  50*;  damit  sie  nit  die  geweihete 
schuch  aber  nit  die  geweiheten  füsz  entheiligen,  oder  vil 
mehr  den  geheiligten  boden  verunreinen,  und  den  staub 
wie  die  aposteln  von  füssen  schüttlen  müssen.  Garg.  5 
neudr.;  herzlich,  herzlich  wünschte  ich  daher,  je  eher, 
je  lieber,  von  hinnen  ziehen  und  den  hiesigen  staub  von 
den  füszen  schütteln  zu  können.  Bürger  bj-iefe  3,  177 
Sfrodtmann  (an  F.  L.  v.  Stollerg  jan.  MiTi);  sie  soll  den 
staub  schütteln  von  ihren  schuhen  und  weit  fortziehen. 
Alexis  Eoland  von  Berlin  1  (1840),  103; 

wenn  du  nach  Warschau  kommst  zur  Weichselbrücke, 
da  schüttr  einmal  den  staub  dir  von  den  füssen. 

RCCKERT  1  (1867),  22. 
\cenig  nachfolge  fand  dagegen  die  ins  allgemeinere  gewendete 
redensart  den  staub  von  sich  (vom  gewande)  schütteln 
M.  s.  w. :  auch  den  staub ,  der  sich  an  uns  gehenget  hat 
von  ewer  stad,  schlahen  wir  abe  auff  euch,  doch  solt  jr 
wissen,  das  euch  das  reich  gottes  nahe  gewesen  ist. 
Luc.  10, 11;  ich  schüttle  den  staub  von  meinem  gewande. 
Sc  HC  BART  ged.  1  (1825)  r  orber.  s.  7. 

e)  den  staub  hinunterschwemmen,  sich  durch  einen 
guten  trunk  stärken,  icie  ein  wandersmann  nach  anstrengen- 
dem marsch  oder  ein  handicerksmann  nach  der  arbeit  der 
icoche;  vom  Standpunkt  des  letzteren  auch  den  staub  der 
woche  aus  der  kehle  spülen. 

f)  viel  staub  schlucken  müssen ,  eigentlich  auf  müh- 
samer icanderung  und  im  kämpfe  (des  lebens):  er  muszte 
viel  staub  schlucken,  um  das  gesteckte  ziel  zu  erreichen. 
ähnlich :  viel  staub  einfressen  müssen,  seinen  staub  haben 
oder  empfinden,  dover  divorare  molta  polvere,  met.  molti 
sinistri,  molte  contrarietä,  molti  fastidi.  Kramer  dict. 
2  (1702),  915<=. 

g)  zu  einem  bequem  in  der  stube  bleibenden,  seine  kleider 
'gern   schonenden   herrn   sagt  man   in  Hessen  spotttceise: 

blast  mir  den  staub  ab,  herr  Falkeisen;  vgl.  oben  theil  3, 
sp.  1404  und  überhaupt  Wander  4,783/. 

4)  zum  ausdruck  des  bildes  vom,  leiblichen,  geistigen 
oder  sedischen  elend,  unter  dem  nicht  zu  verkennenden 
einflnsz  der  durch  die  Übersetzung slitteratur  uns  ver- 
mittelten anschauungen  des  Ostens  (besonders  der  bibel), 
ICO  der  sich  hier  aussprechende  geist  knechtischer  unter- 
vürfigkeit  und  sklavischer  willenslosigkeit  eigentlich  zu 
liause  ist.  für  den  Ursprung  dieser  enticicklung  vgl.  auch 
noch  die  biblischen  ausdruckstceisen  der  brisze  und  trauer: 
Josaa  aber  zureis  seine  kleider,  und  fiel  auff  sein  an- 
gesicht  zur  erden,  für  der  laden  des  herrn,  bis  auff  den 
abend,  sampt  den  eltesten  Israel,  und  worffen  staub  aulT 
jre  heubter.  Jos.  7,6;  sie  (die  eltesten)  werffen  staub  auff 
jre  heubter,  und  haben  secke  angezogen,  die  jung  frawen 
von  Jerusalem  hengen  jre  heubter  zur  erden,  klaget. 
Jerem.  2,10;  (sie  werden)  laut  über  dich  schreien,  bitter- 
lich klagen,  und  werden  staub  auff  jre  heubter  werffen, 
und  sich  in  der  asschen  weltzen.  Hesek.  27,  30.  zuletzt 
äügemein:  darumb  schuldige  ich  mich,  und  tha  hasse  in 
staub  und  asschen.  Hiob  42, 6. 

a)  staub  als  milieu  dieses  zustandes: 

denn  Sehnsucht  hält,  von  staub  zu  thron, 
uns  air  in  strengen  banden. 

GöTHK  1,  6,  43  Weim.  autg.  (teestögü.  diran). 

a)  in  den  staub  sinken :  sie  alle  (die  Pariserinnen  und 
Italiens  ausicurf)  erlebten  ihren  tag.    ich  sah  sie  neben 

Cr. 


mir  in  den  staub  sinken,  denn  ich  war  mehr  kokette, 
als  sie  alle.  Schiller  3,  403  (kab.  u.  liebe  2,3); 

anbetend,  vater,  sink  ich  in  den  staub,  und  fleh! 

Klopstock  Oden  1  (1889),  123, 17; 

und  wir  tragen  noch,  in  staub  gesunken, 
ahndung  künft'ger  Seligkeit  im  blick. 

Schubart  ged.  2  (1825),  3; 

wenn  ihr  mir  euren  gütgen  schütz  entzieht, 

so  sink  ich  nieder  in  den  staub.    Tieck  1  (1828),  58. 

eine  unendliche  zahl  von  siegen,  triumphen,  . . ,  sah  man 
in  den  staub  hingestreckt.  M.  Schmidt  gesch.  der Deiitschen 
1  (1778),  150;  niedergestürzt  in  staub 

bekenn'  ich,  mit  zerknirschtem  herzen 
meine  begangenen  jugendfehle.    Hölty  90  Halm. 

sich  in  den  staub  bücken: 

er  ist  es, 
der  in  den  staub  vor  ihm  sich  bückte,  welchem  du  höhn 
sprachst.    Klopstock  5,  68  (Megsias  11, 1000). 

hinknien  in  den  staub :  betet  an  vor  dem,  der  euch  dis 
erhabene  loos  gesprochen, . . .  entblöset  eure  häupter!  kniet 
hin  in  den  staub,  und  stehet  geheiliget  auf!  Schiller 
2, 171  (räuberi,  5  schausp.).  sich  in  den  staub  niederlegen: 
zu  ganzen  geschlechtem !  die  sollen  vor  mir  sich  in  staub  hin 
niederlegen.     Lessixg  8,  52, 15  Lachm.-Muncker. 

sich  in  den  staub  setzen :  herunter  jungfraw,  du  tochter 
Babel,  setze  dich  in  den  staub,  setze  dich  auff  die  erde; 
denn  die  tochter  der  Chaldeer  hat  keinen  stuel  mehr. 
Jes.  47, 1.     in  den  staub  fallen : 

darob  in  staub  mein  siegsmuth  fiel 

und  meine  kling  ward  stumpf. 

RüCKERT  1  (1867),  58. 
sich  in  den  staub  werfen : 

wirf  dich  in  den  staub  darnieder! 

J.  Neander  im  kann,  gesangb.  451,  3; 
ich  werfe,  gott  vor  dir,  mich  in  den  staub. 

Klopstock  9,  73  (David  3,  7); 
vgl. :  wirf  nieder  in  den  staub  all  deine  glieder. 

ROckbrt  1  (1867),  33. 

/S)  in  den  staub  legen,  stürzen,  treten  u.  s.  «c,  bis  zum 
äuszersten  demütigen,  aller  macht  und  würde  berauben, 
sitÜich  und  löblich  erniedrigen  u.  ä.,  wo  die  beziehung  zu 
dem  unter  l,  e  aufgewiesenen  Vorgang  des  kampfes  besonders 
deutlich  ist:  so  verfolge  mein  feind  meine  seele  und  er- 
greiffe  sie,  und  trette  mein  leben  zu  boden,  und  lege 
meine  ehre  in  den  staub,  ps.  7,  6;  vgl.  auch  Melissus 
ps.  30  neudr.;  ein  zweiter  kaiserschnitt  (sectio  caesarea) 
legte  den  herrn  der  weit  hier  in  den  stäub,  mitten  unter 
zerbrochenen  gläsern,  geheimen  pillen  und  trümmern  der 
hornleuchte.  Lichtenberg  erkl.  der  Hogarthischen  kupfer- 
stielte  3, 121 ;  in  unheilbare  wunden  hab  ich  doch  wenig- 
stens stillenden  baisam  gegossen  —  mächtige  frevler  )iJ 
staub  gelegt.  Schiller  3,403  (kab.  u.  liebe  2,2,); 

denn  überwunden  ist  der  feind, 
in  staub  ist  er  gelegt, 
verherrlicht  ist  der  menschenfrennd, 
der  gottes  räche  trägt !    Gleim  4,  46  (fiege^ied) ; 
auch:  alle  tiefe  Weisheit  ihrer  jähre 

legen  sie  vor  dem  kindlein  in  den  staub. 

Wackenboder  herzen»ergies»ungen  (1797)  95. 

in  den  staub  stürzen: 

Verachtung  ist  die  eine  waffe, 

welche  die  niedrigen  in  den  staub  stürzt. 

Klopstock  2, 154  (der  beloknie); 
so  wird  ihr  (der  schlänge  des  Jakobinerclubg)  geiferbisz  die 

freyheit, 
welch'  ihr  erschuft,  in  den  staub  euch  stürzen. 

132  (Jakobiner). 

in  den  staub  treten:  eine  natorkraft,  die  eine  Schaden- 
freude bat,  das  schöne  in  den  staub  zu  treten.  Ludwig 
5i  321 ;  j^^j  jfj,.  fygj,  a^f  immer  die  grosze 

nazion  ...  in  den  staub!      Klopstock  öden  2,  80, 32; 
nicht  ziemt  dirs,  edler  himmelssohn, 
an  eitlem  schein  zu  haften! 
dein  würdig,  tritt  in  staub  mit  höhn 
die  niedem  leidenschaften. 

Voss  4,  27s  (entschloftenheif) ; 
reichtnm  und  gaben  tret'  ich  in  den  staub. 

GöTHB  1,16,195  Weim.  autg.; 
es  tritt  der  feind  die  saat  von  fünfzig  ehen, 
der  enkel  schöne  hofnung  in  den  staub. 

Schiller  6,371  (zerstör.  Trexat  88). 

auch  mit  stärkerer  richtungsangabe : 

wenn  du  hinab  in  den  staub  getreten  wärst. 

BOaGEK  151,  75  Bohtz; 

Cr. 


1083 


STAUB  (LI.  4) 


STAUB  (II,  4) 


1084 


ich  bin  in  den  siaab  erniedriget.  S.  v.  La  Roche  frl. 
V.  Sternheim  2,53; 

das  edle  bild  der  menschheit  zu  verhöhnen, 
im  tiefsten  staube  wälzte  dich  der  spott 

Schiller  11,  836; 
es  liebt  die  weit  das  strahlende  zu  schwärzen, 
und  das  erhab'ne  in  den  staub  zu  ziehn. 

Schiller  11, 836. 
im  ausdruck  starker  Spannung: 

in  staub  mit  allen  feinden  Brandenburgs! 

Kleist  3, 126  E.  Schmidt  (prim  v.  Homburg  6, 11). 

y)  im  staub  ligen,  im  staube  verligen  und  verderben 
giacere,  marcirsi  nella  poliere,  met.  asser  negletto,  vilipeso. 
Kramer  dict.  2  (1702),  915";  im  staub  liegen,  contetnni. 
Frisch  2,822»;  meine  seele  ligt  im  staube,  erquicke  mich 
nach  deinem  wort.  ps.  119, 25;  für  jm  werden  knie  beugen, 
alle  die  im  staub  ligen,  und  die  so  kömerlich  leben. 
22,  30;  hinunter  in  die  helle  wird  es  (das  hoffen)  faren 
und  wird  mit  mir  in  dem  staub  ligen.  Hieb  17,  id;  vgl. 
Schenkendorf  ged.  (1815)  56;  jetzt  altert  er  und  liegt 
im  staube.  Schubart  ästhetik  der  tonkunst  232; 

wir  liegen  vor  dir  in  dem  staube, 
imd  unser  herz  ist  ganz  zerknirscht. 

B.  ScHMOLCK  im  kann,  gesangb.  256,  4; 
aber  Weisheit  herrscht  und  sieget, 
wenn  der  muth  im  staube  lieget. 

Neukirch  ged.  (1744)  16; 
als  am  schrecklich  stillen  Sterbebette 
meine  mutter  sinnlos  in  dem  staube  lag. 

Hölderlin  1,  38  Lttzmann; 
mae  der  edle  auch  liegen  im  staube,    nie  wird  er  gemeines 
fördern,  ob  es  ihn  gleich  allgewaltig  umdrängt. 

Hebbel  7,  48  Werner  (übersehr.  edles  im  staube) ; 
als  schuldig  ich  im  staube  lag, 
hab'  ich  mich  selbst  erhoben. 

Keller  10, 123  (ein  berittener). 
gebäckt  im  staube  liegen: 

o  lag  ich,  vater,  noch  tiefer  vor  dir, 
gebückt  in  dem  staube, 
der  untersten  weiten ! 

Klopstock  Oden  1  (1889),  127, 123 ; 
liegt  nur  .  .  . 
in  den  staub  gebückt.    Körner  1, 120  (Hetnpel). 

auch  nur  schwergebückt  im  staube  sein: 

o  herr,  vom  schweren  kann  nur  schweres  lösen, 
und  wir  sind  schwergebUckt  in  unserm  staube. 

Rücke  RT  1  (1867),  24. 
knien  im  staube: 

dieser  thron  ist  euer,  mir  geziemt  es, 
eure  sklavin  hier  zu  knien  im  staube! 

Platen  336«  {Abbastiden  6). 

im  staube  sitzen:  schmeicheln?  kriechen?  sich  über  die 
achsel  ansehen  lassen,  und  doch  im  staub  sizen.  Waüner 
frohe  frau  n.     sich  im  staube  wälzen: 

was  steigen  eol  zur  ehr  empor, 
ligt  auf  der  erd  und  musz  sich  vor 
im  koth  und  staube  weltzen. 

P.  Gerhardt  bei  FisrnER-Tt)MPEL 
kirchenlied  3,  389». 

sich  im  staube  winden:  ich  wand  mich  vor  dem  abschaum 
unseres  geschleclits  im  staube.  Grauue  i  (1874),  64  (herz. 
V.  Oothl.  1,  8).  im  staube  kriechen:  wenn  es  nach  deinem 
köpfe  gienge,  du  kröchest  dein  lebenlang  im  staube. 
Schiller  3,  882  (kab.  u.  liehe  1,7); 

dort  spottet  man  der  ärgsten  feinde  wuth; 
hier  kriegt  die  blödigkeit  im  staube. 

Gottsched  ged.  (1761)  897; 
ein  äffe  .  . . 

kam  an  de*  lOwen  bof,  und  —  ward  was  alle  Sklaven, 
ein  Schmeichler,  der  im  staube  kroch. 

Pfbfpbl  im  GöU.  mtuenalm.  (1782)  16. 

vgl.  auch  unter  *,  b  die  Beendung  staub  lecken  wie  die 
schlänge,     im  staube  hausen: 

dem  menacbenvolke,  das  im  staube  haust. 

BOruer  163,  544  Bnht:. 
im  ttaabe  bleiben: 

du  hättest  warlicb  wol  gemeynt, 
er  ward  im  staube  bleiben. 
'  P.  Gerhardt  bei  Fischbr-TOmpri. 

UrchenUed  8,  889*. 
9fl-i  aber  dringt  bisz  in  der  schOnbeit  sph&re, 

und  im  staube  bleibt  die  schwere 
mit  dem  stoff,  den  sie  beherrscht,  turUck. 

üchillbr  11,  58  (da»  reich  der  »chatten). 

9)  dementtpreehend  aoB  dem  staub  erheben,  e  eotUemtu 
ad  honore»  «twAere.  FntscH  t.sn»;  einen  aus  dem  staube 
erbeben,  d«  mocfrw  aliqusm  tuttdtert.  Stkindach  s,  7oe; 

Cr. 


er  hebt  auff  den  dürfiftigen  aus  dem  staub,  und  erhöhet 
den  armen  aus  dem  kot,  das  er  jn  setze  unter  die  fürsten. 
1  Sam.  2,  8 ;  (in  ähnlichem  zusammenlrnng  findet  sich  dafür 
auch:  der  den  geringen  auiTrichtet  aus  dem  staube. 
pa.  113,  7 ;)  darumb,  das  ich  dich  aus  dem  staub  erhaben 
habe,  und  zum  fürsten  gemacht  über  mein  volck  Israel. 
1  kön.  16,  2;  besonders  zeigt  er  sich  über  die  abtrünnigkeit 
des  bischofs  unwillig,  der  von  gott  aus  dem  staube  er- 
hoben und  zu  den  fürsten  seines  Volkes  gesetzt,  dafür  das 
evangelium  verfolge.  Ranke  Zeitalter  der  reformation  2,  45; 

nun  seyd  ihr  (dörfer)  aus  dem  staub  erhoben, 

die  zeit,  die  alles  hier  musz  loben, 

merckt  eure  gegenden  genau.    Picander  3, 19; 

einen  aus  dem  staube  hervorziehen,  bekandt  und  be- 
rühmt machen.  Kramer  dict.  2  (1702),  915"; 

als  fauler  rinder  herr  wagt  er  ein  göttlich  lied, 
das  musen  vom  Olymp,  mn  aus  dem  staube  zieht. 

Le-ssing  1,  172. 

einem  den  staub  abwischen,  detergere  sordes  paupertatis, 
pulverem  detergere  alicui.  Frisch  2,322». 

e)  aus  dem  staube  hervortreten  u.  ä.:  wenn  nun 
ein  solcher  auf  sich  gestellter,  rücksichtsloser  mensch 
(6.  Hiller),  indem  er  aus  dem  staube  hervortritt,  von 
einer  glänzenden  und  mannichfaltigen  weit  sich  nicht 
geblendet  noch  verwirrt  fühlt.  Göthe  49,  185;  (reflexiv 
gewendet:)  mein  vater  war  der  söhn  eines  hirten,  ein  frei- 
gelassener, der  . . .  durch  die  gunst  der  umstände  sich 
ein  bischen  aus  dem  staube  herausgebildet  hatte.  Arndt 
leben  15;  und  nur  einer  davon  hat  sich  als  fagotist  in 
Frankreich  wieder  aus  dem  staube  gehoben.  Schubart 
leben  u.  gesinnungen  l,  30; 

ich  hebe 
mich  aus  dem  staub'  empor.    Gleim  7,  203. 

zur  kennzeichnung  der  schnellen  (und  auch  bedetitenden) 
erhebung:  dieser  folgende  neben  ihm,  hat  sich  in  eben 
dem  lande,  so  zu  sagen,  aus  dem  staube  in  die  höhe 
geschwungen.  J.  E.  Schlegel  5,  222; 

erzittre,  dasz  mein  geist  .  .  . 

aus  seinem  staube  sich  zu  deinem  purpur  schwingen 

vmd  vor  dir  dichten  will.    Neukikcu  ged.  (1744)  188. 

5)  mit  einer  weiteren  bestimmung;  staub  meiner  her- 
kunft  u.  ä. :  sie  wollen  mich  aus  dem  staub  meiner  her- 
kunft  reissen.  ich  will  sie  nicht  zergliedern,  diese  ver 
dächtige  gnade,  ich  will  nur  fragen,  was  milady  bewegen 
konnte,  mich  für  die  thörin  zu  halten,  die  über  ihre  her- 
kunft  erröthet.  Schiller  3,  463  (kab.  u.liebe  *,7)i 

ich  erhebe  dich, 
dein  könig,  aus  dem  staube  deiner  dunkeln 
geburt.    13.  264  (Jungfrau  v.  Orl.  3,  4). 

niedriger  staub: 

wenn  dann  wir  in  unsrer  heimat  niedrigem  staube 
stehn.    Klopstock  3, 185  {Mett.  4,  4b5). 

unedler  staub:   ha!    wie  dich   der  ältere  söhn  dann  lu 
lohnen  wollte  I    wie  er  dich   aus   diesem  unedlen  staub, 
der  sich    so  wenig  mit  deinem  geist  und  adel  verträgt, 
ans  licht  emporheben  wollte!  Schiller  2,60  (räuberi,  1 
schausp.).    gemeiner  staub: 

bist  du  der  göttlichen  erscheinung 
schon  müde,  dasz  du  ihr  geRlsz  zerstören, 
die  reine  iungfrau,  die  dir  gott  gesendet, 
herab  willst  ziohn  in  den  gemeinen  staub? 

Schiller  18,  268  (Jungfrau  v.  Ori.  8,  4). 

r])  im  staube  als  einem  dauernden  nutande: 

ich  seh  die  bände  der  natur 

zerrissen;  redlich keit  im  staube;  nnachuld,  ehre 

verbannt.    Gotter  1,  898 ; 

wenn  du  uns  hier  in  unserm  staube 

trotz  der  verheiszung,  die  ich  glaube. 

zum  todten  stoCf  der  fremden  wesen  legst. 

Sbumb  1  (1886), 

mit  %oeiteretn  thäOgkeiUhegriff  verbunden:  besser  ist's,  alt 
so  im  staube  dM  gute  leben  verhauchcn.  malkh  M Ollem 
1  (1811),  869; 

im  tiefsten  staube  küss'  lob  deines  rockes  säum. 

Ramlbr  /oMtete  1  (1788),  U; 
was  der  im  Olympus  geschrieben,  verehr  ich  im  staube. 
Klopstock  öden  1  (1889),  44, 17; 
Isss  dich  sehn  in  deiner  lichtgestalt, 
wie  dich  der  hirorael  sieht,  da»  wir  anbetend 
im  staube  dich  verehren. 

Schillbr  18,  804  {Jungfrau  v.  Ori.  4.  lO); 
Im  staube  bet'  ich  dich,  o  könig,  anl 

ärOLHBRO  4,  M; 

Cr. 


.1 


1085  STAUB  (II,  4.  5) 

nein,  im  staube  will  ich  nicht  mehr  trauern, 

länger  nicht  der  stolzen  siegeswagen  ziehn ! 

Schiller  1,  314  {Semele  1). 
sich  im  staube  nahen,  mit  den  knien  im  staube  rutschend: 

ich  weisz,  an  wen  ich  glaube, 

und  nahe  mich  im  staube 

zu  dir,  o  gott,  mein  heil. 

Chr.  f.  Gellert  im  kann,  gesangb.  514,  4. 
axich  aas  dem  staube,  womit  das  gefühl  für  die  läge  stärker 
zum  ausdriick  gebracht  vnrd:  als  denn  soltu  genidriget 
werden,  und  aus  der  erden  reden,  und  aus  dem  staube 
mit  deiner  rede  mummeln,  das  deine  stimme  sey,  wie 
eins  zeuberers  aus  der  erden,  und  deine  rede  aus  dem 
staube  wispele.  Jes.  29,  i;  in  unterirdischen  höhlen,  die 
kein  strahl  erhellt,  beschwörungsformeln  aus  dem  staub 
heraufmurmeln.  Kleist  2,  183,  4  E.  Schmidt  (Käthchen 
V.  Heilbr.  i,  i)  ; 

und  wenn  ich,  einssuner, 
vom  staub  zu  dir  gefleht. 

Schubart  1,  9  (preisgesang  im  kerker) ; 
thränend  kann  ich  aus  dem  staube  zu  dir  blicken. 

Hölderlin  1,  38  Liizmann: 
aus  dem  staube 
aufwärts  blickt'  er  {der  knabe) 
milde  zürnend  den  frechen  an. 

Kleist  1, 11,  1  E.  Schmidt  (Jamüie 
Schroffenstein  1, 1), 
wo  der  zustand  der  wehrlosigkeit  und  Unmündigkeit  so  ge- 
kennzeichnet werden  soll. 

b)  staub  lecken  mit  dem  haupt  demütig  zur  erde  gebeugt, 
aus  der  bibelübersetzung ,-  nicht  umcahrscheinlich  gab  den 
atisgangsptcnkt  die  alleidings  erde  essende  schlänge  l  Mos. 
3,  14  {Jes.  65,  25);  vgl.  auch  unten  die  wendung  staub 
lecken,  wie  die  schlänge,  sie  werden  für  dir  nider  fallen 
zur  erden  auffs  angesicht,  und  deiner  füsse  staub  lecken. 
Jes.  49,23;  für  jm  werden  sich  neigen  die  in  der  wüsten, 
und  seine  feinde  werden  staub  lecken,  ps.  72,9;  ob  nun 
wol  Adam  und  seine  erben  . . .  auch  nach  der  versönung 
in  diesem  eilende  staub  essen  oder  lecken  mussten,  unnd 
unterthenige  und  dienstleute  sein,  drumb  das  sie  zu  frü 
wolten  herrn  werden.  Mathesiüs  Sarepta  sli»;  staub 
lecken  vor  dem  Zebaoth  das  heiszt  mich  eine  innere 
stimme  bleiben  lassen.  B.  v.  Arnim  Cl.  Brentanos  friih- 
liiigskram  (l844)  97 ; 

,         ,  .  aaf  dasz 

das  Schwert,  des  Schicksals  ehme  zung',  entscheide 
wer  würdig  sei,  du  oder  er,  von  beiden  '  "  '  ' 

den  staub,  nach  ihrem  {der  götter)  heiligen  beschlusz 
zu  semes  gegners  füszen  aufzulecken.  ' 

Kleist  2,  lai,  2867  E.  Schmidt  {Penthesüea  20). 

staub  lecken,  wie  die  schlangen:  sie  (die  heiden)  sollen 
staub  lecken,  wie  die  schlangen,  ...  sie  werden  sich 
furchten  für  dem  herm  unserm  gotte,  und  für  dir  sich 
entsetzen.  Micha  7, 17 ; 

v.'enn  ich  zu  meinem  zweck  gelange 
erlaubt  ihr  mir  triumph  aus  voller  brüst 
staub  soll  er  fressen,  und  mit  lust, 
wie  meine  muhme,  die  berühmte  schlänge. 

Göthe  12,  25  {Famt  prolog  im  Mmmet). 
die  vorstdlung  ins  feinere  gewendet: 

(M  •oß)  der  aufgeblasne  Nil  den  staub  von  deinen  ffisaen 
der  Türke  deinen  rock,  Paris  den  zepter  küssen.' 

Neukirch  (1744)  189; 
.  ich  will 

mich  nicht  ergeben,  um  vor  diesem  knaben 
Malcolm  zu  knien,  und  den  staub  zu  küssen. 

Schiller  13, 158  (Macbeth  5, 12). 
doch  die  unlebendigkeit  der  folgenden  wendung  mag  zeigen, 
vne  sehr  es  sich  hier  um  ein  uns  innerlich  fremdes,  rein 
poetisches  gut  handelt: 

als  er  kam  zu  Feridum  nah, 
den  hohen  thron  und  kröne  sah, 
senkt"  er  vor  ihm  zu  boden  das'  haupt 
und  neb  das  angesicht  am  staub.         ' 

Röckert  FirdoH  1,108. 
6)  staub  aU  Symbol  der  irdischen  art  des  menschen, 
aas  chnstenfhum  übernahm  diese  erklärung  des  rätseis 
von  der  menschensehöpfung  aus  der  anschauung  des  alten 
testamentes  und  hat  sie  in  lehre  und  gottesdienst  bis  heute 
oeicahrt.  von  hier  aus  die  gedankenweit  unserer  spräche 
auf  das  stärkste  beeinflussend. 

a)  die  menschen  sind  von  gott  aus  dem  st&uhe  geschaffen  ■ 
gleich  wie  alle  menschen  ans  der  erden,  und  Adam  aus 
dem  staube  geschaffen  ist  Jes.  Sir.  33,  lO;   es  feret  alles 

Cr. 


STAUB  (II,  5) 


1086 


an  einen  ort,  es  ist  alles  von  staub  gemacht,  and  wird 
wider  zu  staub,  pred.  Salom.  3,20; 

die  jhr  aus  staub  gemacht  zu  staub  soll  wider  werden. 

Weckherlin  305; 

erd,  aus  deren  staube 

der  erste  der  menschen  geschaffen  ward. 

Klopstock  Oden  l  (1889),  124,  59; 

wenn  der  allgegenwärtige  nun 

wieder  aus  staub  unsterbliche  schaft.    125,  84; 

nicht  deines  zomes,  deiner  liebe  stimme 

scholl,  uns  aus  dem  staube 

zu  rufen,    146,  28 ; 

bist  du  nur  gebildeter  staub, 

söhn  des  Mays,  so  werde  denn 

wieder  verfliegender  staub.    135,  34. 

aus  staub  und  asche:  dieses  alles  sind  ja  Adamskinder 
und  eines  gemächts  miteinander  und  zwar  nur  von  staub 
und  asche !  Simpl.  i,  27  (neudr.  s.  77).    aus  staub  und  erde: 

du  bist  gemacht  ausz  staub  und  erden, 
zu  staub  solt  du  auch  wider  werden. 

H.  Sachs  1,  46,  36  KeUer-Götze: 
wir  sind  von  einem  vatter  gleich, 
ob  wir  schon  arm  sind  oder  reich, 
und  sind  gemacht  anss  staub  und  erdt. 

Scheidt  Grobianut  653  (neudr.). 

und  in  immer  zunehmender  entfemung  von  der  ursprüng- 
lichen anschauung:  darwider  aber  wenden  die  quacker 
und  andere  feinde  der  weltlichen  obrigkeit  ein,  und 
sagen:  wir  sind  alle  aus  einerley  staub  und  blut  ge- 
macht, dahero  ist  auch  einer  so  gut,  als  der  andere. 
Spehling  Nicodemus  quaerens  2  (1719),  1029;  von  staub 
und  von  ihrem  blute,  ebenda. 

b)  wie  das  vorige  nur  ein  symbolischer  ausdruck.  und 
nicht  viel  mehr,  (wieder)  zu  staub  werden,  gestorben  sein, 
tot  liegen,  im  grabe  vermodern,  verwesen  {vgl.  im  gegensatz 
dazu  unten  verwesen,  welches  am  besten  den  ganzen  fremden 
mhalt  dieses  anschauungskreises  deutlich  macht):  du  nimpst 
weg  jren  ödem,  so  vergehen  sie,  und  werden  wider  zu 
staub,  ps.  104,29;  {ein  einsamer  greis  spricht:)  aber  der 
brand  hat  meine  zweige  weggehauen,  und  ich  bebe  bei  den 
flugein  des  nords.  allein,  aUein  soll  ich  an  meinem  orte 
zu  staube  werden.  Herder  3,  29  Suphan  {krit.  wälder  l,  3); 

wird  ich,  worden  zfi  staub  fin  mer. 

befurdem  kunnen,  her,  dein'  er. 

Melissus  pn.  106, 10  neudr.; 

was  werden  dir  denn  frommen 

die  aussgedorrten  bein 

imd  der  elende  staub, 

zu  welchem  in  der  erden 

wir  werden.      P.  Gerhardt  örf  Fischer-TO.mpel 
kirchenl.  3,  350» ; 

stirb !   werde  staub  I   und  über  deiner  gruft 

schlag'  ewige  Vergessenheit  zusammen ! 

Kleist  2,  399, 1573  E.  Schmidt 
.      ,  .       ,  {Hermannsichl.  4. 5). 

zu  staub  und  erde  werden: 

jhr  herren,  die  ihr  hie  aaf  erden 
euch  achtet  hoch  den  gßttem  gleich, 
und  doch,  wie  immer  grosz  und  reich 
zu  staub  und  erden  müsset  werden.     ' 
,  .  .  ,  Weckh  erlin  126. 

zu  leichtem  staube  werden: 

wenn  wir  nun,  ^escharret  in  die  erden, 
ohne  geist  zu  leichtem  staube  werden. ' 
,      ,       .  A.  Buchner  anleU.  zur  poeterei  (1665)  127 

staub  sein :  bruder,  lasz  das  buch  voll  staub, 
willst  du  länger  mit  ihm  wachen? 
morgen  bist  du  selber  staub! 

Lessing  1,  51  (faulheif); 
es  sei !   es  sei  1   die  band  ist  staub, 
und  ein  Vermächtnis  ja  kein  raub ! 

A.  V.  Droste-HOlshoff  2  (1878)  93 
(des  arztes  vermächtnit).      ' 

mehr  oder  weniger  aus  dieser  Starrheit  entbundene  tren- 
dungen:  senket  sie  beyde  in  den  mütterlichen  schooss 
der  erde,  so  wird  . . .  dieses  verwesen  und  in  staub  zer- 
fallen. Th.  Abbt  verm.  tcwÄe  6, 1,18;  das  beste  in  mir 
zieht  sich  zusammen  —  das  übrige  zerfällt  in  erbärm- 
lichen staub.  Novalis  l,  75  Meiszner; 

wenn  einst  ich  todt  bin,  wenn  mein  gebein  zu  staub' 
ut  emgesunken.    Klopstock  öden  1  (1889),  63,  i  • 
daa  verwesliche  war  ihm 
schon  zu  staube  zusammengesunken. 

6,  96  (Meitiat  11,  1444) ; 
möge  mein  antlitz  einst 
xn  staub  verwesen.    Herder  27,  63,  109  Suphan; 

Cr. 


1087 


STAUB  (II,  5) 


STAUB  (II.  5) 


1088 


so  sei  staub  zerstäubt  zum  staub  versunken  I 
nehme  erde,  was  die  erde  gab! 

Arndt  5, 144  {RögchMeiiitner); 

da  diese  äugen  nun  in  staub  vergehen, 

so  weisz  ich  nicht,  wo  wir  uns  wiedersehen. 

Stürm  8,  235 ; 

dem  staube  geben,  begraben : 

es  ist  ein  lang  stUck  leben, 
das  wir  dem  staube  geben. 

Kbller  10,  53  (am  sarg  eines  neunzigjahr. 
landmannes). 

in  des  todes  staub  legen,  der  veruesimg  übergeben,  zu- 
gleich als  eine  hinüberführung  in  die  syhäre  von  \,  e  xde 
von  einem  kämpfe  des  menschen  mit  gott:  du  legest  mich 
in  des  todes  staub,  ps.  22, 16.  vgl.  die  völlige  benützung 
dieser  stelle  bei  H.  Sachs  6,  262,  l  Keller-Götze  und  ihren 
nachklang  in:  diese  {die  unsterbliche  seele)  sieget  auch 
mit  zerschmetterten  gliedern,  und  in  dem  staube  des  todes. 
Lohenstein  Armin,  i,  203». 

c)  staub,  der  irdische  der  verwestmg  anheimfallende  oder 
schon  anheimgefallene  leib :  was  ist  nütze  an  meinem  blut, 
wenn  ich  tod  bin?  wird  dir  auch  der  staub  dancken, 
und  deine  trewe  verkündigen?  ps.  30, 10;  staub  zu  staub; 
so  will  es  der  ewige,  bereite  ein  grab  und  senke  den 
leichnam  hinab,  dasz  er  verwese,  mai.er  Müi-leh  1,112 
(der  erschlagene  Abel);  den  staub  der  rechtschaffenen  zu 
ehren.  S.  v.  La  Roche  fräulein  v.  Sternheim  1,84;  unter 
mir  {in  der  Westminsterabtei)  die  reste  zusammengestürzter 
pracht,  der  staub  der  könige.  Lichtenberg  verm.  Schriften 
1,9;  liebe  Schwester,  lass' es  ja  nicht  zu,  dasz  sie  meinen 
staub  in  ein  erbbegräbnisz  sperren  —  o  nein,  er  soll  aus 
Maienthals  rosen  flattern.  J.  Paul  8,  176  (Hespems  2); 
(»arkophag,)  der  . . .  den  staub  des  besiegers  der  Samniten 
bioschloss.  MOMMSEN  röm.  gesch.  I,i26; 

der  ist  nicht  lebens  wehrt, 
der  seiner  eitern  staub  zu  rühmen  nicht  begehrt. 

Rist  Parnassus  640; 

weht  sanft  auf  ihren  grüften,  ihr  winde ! 

und  hat  ein  unwissender  arm 

ausgegraben  den  staub  der  patrioten, 

verwent  ihn  nicht !    Klopstock  öden  1  (1889),  148, 3 ; 

0  ihr  älteren  toten,  ihr  staub!    177,13; 

nein !  nicht  schwelgendem  gewtirme 

nun  und  immerdar  ein  raub, 

noch  ein  spiel  der  erdenstürme 

bleibet  guter  herzen  staub.    BüuübR  H"  (o«  Agathe); 

würde  dieses  leibes  staub 

aller  wirbelstürme  raub. 

o,  so  scheute  Kain  doch 

gottes  feuereifer  noch!    Stolberg  1,49; 

drum  waren  meine  ahnherm  Taboriten, 

und  dienten  unter  dem  Prokop  und  Ziska. 

fried'  sei  mit  ihrem  staube!    kämpften  sie 

für  eine  gute  sache  doch. 

Schiller  12, 167  (Piccol.  4,  5); 

hier  ruht  der  staub  des  heil'gen  Ludewig. 

13,  185  (Jungfrau  v.  Orl.  prol.  3); 
mag  der  staub  gefallener  beiden  modern,  .  .  . 
ihres  ruhmes  flammenzüge  lodern 
in  dem  tempel  der  Unsterblichkeit. 

Körner  1, 110  (Hempel); 

sein  staub  ruht  bei  den  todten. 

RCckert  1  (1S67),  91. 

von  (Ur  aufersteliung : 

ia  beT  unserm  staube,  der  einst  der  Unsterblichkeit  aufwacht. 
'  Klopstock  6,  83  (Messias  11, 1240); 

staub,  dem  einst  posaunen  ertönen.    6, 100  (11, 1523); 

unsem  staub  mag  staub  bedecken, 

du  wirst  ihn  herrlich  auferwecken, 

der  du  des  staubes  scbOpfcr  bist. 

du  wirst  unvereänglich  leben 

und  kraft  und  herrlichkeit  ihm  geben, 

dem  staube,  der  dir  teuer  ist. 

Gottfr.  Funk  im  hann.  gtsangbuch  124,  8; 

folget  gesandte, 
himmeisverwandte, 
IcemftchHchen  flugt: 
sondern  vernben, 
■tanb  so  b«wb«n.  ,_     _.  .  .. 

GÖTHi  41,  8M  (Fatut  *,  6); 


vgl. 


bis 


VI«    ... 

in  zarachmelzender  Planeten  rauche 

ibran  sUub  die  grnrie  wiederkiun.    Schillbr  1, 182. 

mU  einem  erklärenden  geniüv: 

er  mU  ■Urbw  I  bald  will  ich  von  ihm  den  sUub  der  verwasung 
■af  den  «M«  zur  liölle,  vorm  nntlitx  des  owino  anastrenn. 
Lb«nik<>  0, 61, 80  (lU.  britje)  LaOmam-MMndeer. 

Cr. 


mit  einem,  adjectiv  verbunden:   Westminsters   grabm&ler 
liegen  zertrümmert,   vergessen  ist  der  königliche  staub, 
den   sie  verschlossen.   Heines,  160  Elster  {reiiebilder  2); 
traget  von  der  entweihten  altar 
den  blutigen  staub  weg, 
weg  das  starre  gebein, 
das  an  edle  todt   euch  erinnert! 

Klopstock  2, 138  (das  wort  der  Deutschen); 
dank  sey  dem  weisen  mann, 
sanft  ruhe  sein  heiliger  staub! 

Müller  Sieg/r.  v.  Lindenb.  1,  268 
(rql.  auch  2,  C8) ; 
80  leisten  sie  die  fromme  ptlicht 
dem,  so  der  fremde  ward  zum  raube, 
und  bei  dem  unbeweinten  staube 
entzünden  sie  das  trauerlicht. 

A.  V.  Droste-Hülshoff  2,  37  (hotpiz  auf 
dem  gr.  St.  Bernhard). 

in  edler  läuterung,   zugleich  als  ein  bild  von  der  dopptl 
natur  eines  gedankens: 

ob  ich  irdsches  denk'  und  sinne, 

das  gereicht  zu  höherem  gewinne. 

mit  dem  staube  nicht  der  geist  zerstoben, 

dringet,  in  sich  selbst  gedrängt,  nach  oben. 

GÖTHE  1,  6,  10  ll'etm.  ausg.  (westöstl.  divan). 

d)  staub  der  noch  lebendige  irdische  leib  im  gegensatz  zur 
unsterblichen  seele  des  menschen,  ein  Verhältnis,  das  auch 
schon  durch  die  biblische  spräche  eingeleitet  leird.  vgl.: 
denn  der  staub  mus  wider  zu  der  erden  komen,  wie  er 
gewesen  ist,  und  der  geist  wider  zu  gott,  der  jn  gegeben 
hat.  pred.  Sulom.  12,  7;  seltsam  aber  berührt  heute  die 
tceitere  ausmalung:  es  ist  {der  schöne  leib  eines  menschen) 
ein  reiner  staub  und  asche,  mit  einem  zarten  heutlein 
überzogen:  und  kurz  zu  sagen,  es  ist  eine  sterbliche  und 
täghch  sterbende  Schönheit.  Butschky  hochd.  kanzlet  564; 

in  dieser  ernsten  stunde 

thatest  du  jene  grosse  Wahrheit  kund, 

die  wahrheyt  sein  wird 

so  lang  die  hülle  der  ewigen  seele  staub  ist. 

Klopstock  öden  1  (ls>S9),  122,  8; 

doch  herrschend  ragt  in  seiner  stärke 

der  geist,  von  staub  umhüllt, 

das  wunder  deiner  Wunderwerke, 

der  mensch,  dein  ebenbild.    Voss  4, 148  (die  atente) ; 

dich,  gottes  ödem,  du  verstand, 

in  staub  gehüllt,  hat  gottes  band 

so  wunderbar  gebauet.    278  (cntscMossenheit) , 

beständig  dachte  er  dein  wohl,  bis  sich  sein  geist 
vom  staube  loswand,  und 

auf  engelschwingen  durch  der  steme  goldne  reihn 
zum  sitz  der  gottheit  flog.    Höltv  45  Halm; 

{von  einetn  unberührten  xceibe:)  {kinderengel)  umschwebten 
und  umwoben  diese  räthsel  lösende  und  räthsel  auf- 
gebende Verkörperung  von  aether  und  staub.  Goliz 
jugendleben  1,179. 

dann  wirst  du  wandeln  hier  ein  selig  wesen, 
dos  staubes  wünsche  weichen  scheu  zurück. 

Grillparzer  6,  4€  (des  meeres  und  der  liebe 
wellen  3). 
e)  staub  {eine  erweiterung  des  vorigen)  als  leib  und  seele 
umfassende  gesamtbezeichnung  des  hier  lebenden  menschen, 
weil  seine  gedanken  und  gexcohnheiten  mehr  von  dieser 
weit  rfetin  von  gott  sind,  vgl.:  denn  er  kennet  was  für  ein 
gemecht   wir  sind ,   er  gedencket  daran ,  das  wir  staub 

sind.  ps.  103,14; 

ich  bin  ia  nur  ein  dürres  blatt, 
ein  stauD,  der  keine  statte  hat. 

J.  G.  Hbrkmann  im  hannov.  ge*angb.  286,  6; 
was  wirst  du  mit  vermessenheit 
je  gegen  gott  gewinnen? 

du  bist  ja  staub.    J.  G.  Schöner  ebenda  427,  2; 
wir  sind  staub,    o  beschirme,  wenns  frommt,  in  dem  lebon 

der  Prüfung 
uns  vor  IrUbsal  und  noth,  wie  vor  üppigem  stolz  und  leiiht- 

sinn  ; 
bis  wir  bewährt  aas  dem  staube  zu  deiner  herrlichkeit  ein- 

gehn.     Vo.-<«  1,  12  (l.uife  1,  47.  49). 
wenn  ich  vom  staub  befleckt  bin,  soll  ich  zagen? 
die  erde  kann  sieb  nicht  dos  staubs  enl.'-t-hlafon. 
wenn  dieser  staub  nicht  «eine  sQnd'  pnipnind«, 
wer  wär's,  der  sich  su  deiner  gnade  llindoV    Itt  .kkrt  6,  Cm; 
morgen  kommt  der  aschonniiltwoch, 
und  ich  zeichne  deine  »tinio 
mit  dem  ascbenkreuz  und  sprecb« : 
weib  bedenke,  daas  du  staub  bist. 

Hrinb  1,285  EUlmr  UiiffeNffiK  U); 

uns  dOnkt  die  fktiude  attarwein, 
am  beiligsten  ein  sUndger  raub; 
zieht  gnCies  bauch  durch  nnaer  eeia, 
eo  lUbIcn  wir  uns  doppelt  staub. 

Hbkukl  0, 293  Werner  (dem  m^mm  tein  recht  9) 

Cr. 


10S9 


STAUB  (II.  5) 


STAUB  (II,  5—8) 


1090 


leichter  staub: 

ihm  ist  bewuszt    dasz  dieses  sein  geschöpfe 
ein  leichter  staub  und  schwaches  Werkzeug  sei. 

J.  Fraxck  im  hannov.  gesangb.  2S5,  6. 
staub  und  erde: 

du  bist  ein  schSpfer  aller  ding, 
ich  bin  nur  staul>  und  erde. 

P.  Gerhardt  bei  Fischer-Tijmpel 
kirchenlied  3,  332». 

staub  und  asche:  staub  und  asch  sind  wir  gewesen; 
staub  und  asch  sind  wir,  weil  wir  leben;  staub  und  asch 
müssen  wir  wider  werden,  bisz  uns  Christus  wider  zu 
den  alten  ehren  bringe  Petri  Fl*"; 

du  weist:  der  mensch  ist  staub  und  aschen. 

H.  Sachs  i,  147,  6  KeUer-Götze; 
dann  so  werden  meine  glieder, 
die  jetzt  staub  und  asche  sein, 
unverweslich  leben  wieder. 

J.  Rist  im  kann,  gefangbuch  113,  8; 
herr  zürne  nicht,  dasz  ich  so  bitte, 
da  ich  vor  dir  nur  staub  und  asche  bin. 

K.  H.  V.  BoGATZKY  ebenda  178, 11. 

erde,  staub  und  asche :  ein  könig  . . .  ist  . . .  eben  so  wol 
erd,  staub  und  aschen  als  ein  bettler  Aeg.  Albertinus 
himschleiffer  (1664)100;  vgl.: 

staub  waren  wir,  erd  sind  wir  noch, 

asch  werden  wir  ins  grabes  loch.    Petri  F  l*». 

f)  daher  dann  staub  geradezu  'mensch,  erdensohn',  eine 
bezeichnung,  die  in  der  zweiten  hälfte  des  iS.jahrh.  dank 
der  zwischen  zerfallenden  rinnen  und  kunstreichen,  aber 
leeren  aschenurnen  sich  ergehenden  sentimentalen  neigung 
stark  beliebt  icar.  um  dann  auch  nachher  sich  vereinzelt 
im  sprachgebraixch  zu  erhalten;  vom  staube  staub: 

du  bist  es,  der  du  warst ;  Jehova 
heissest  du !    aber  ich  staub  vom  staube ! 
staub,  und  auch  ewig! 

Klopstock  Oden  1  (1889),  72,  40; 
wer  bin  ich, 
dasz  ich  mich  auch  in  die  jubel  dränge? 
von  staube  staub !    96,  5. 

staub  allein  .- 

nein,  ganz  an  freuden  arm  ist  nie 
das  loos  dem  staube  zugemessen. 

Gotter  1,  226  ifrosC); 
.  ie  freut  sich  des  emporschauns  zum  stemheer,  wer  empfindet 
.  ie  gering  er,  und  wer  gott,  welch  ein  staub  er,  und  wer  gott, 
aein  gott  ist!     Klopstock  öden  1  (1889),  158,  6; 
eh  ich  es  wagte,  mich  zu  fragen  .  .  . 
mich,  den  thoren,  den  staub!    153, 17; 
in  vier  verschiedne  sekten  theilt 
sich  alles  volck  der  Muselmanen  .  .  . 
wer  geht  davon  auf  rechten  bahnen? 
auf  welchem  der  vier  pfade  mag 
der  staub  zum  thron  des  herm  gelangen? 

RüCKERT  ge«.  ged.  1,  54; 

dieser  allwissende  gott,  den  du  thor  und  bösewicht  mitten 
aus  seiner  schöpfung  zernichtest,  braucht  sich  nicht 
durch  den  mund  des  staubes  zu  rechtfertigen. Schiller 
2, 182  {räuber  5, 1  schausp.) ;  so  {doch  auf  alle  irdischen 
wesen  ausgedehnt)  ist  auch  wol  aufzufassen:  vom  unzu 
gänglichen  gebirge  über  die  einöde,  die  kein  fusz  betrat, 
bis  an's  ende  des  unbekannten  oceans,  weht  der  geist 
des  ewigschaffenden,  und  freut  sich  jedes  staubes,  der 
ihn  vernimmt  und  lebt  Göthe  16,75  (leiden  des  jungen 
Werther  l).  von  Christus,  dem  mittler  ztrisehen  gott  und 
wienschen: 

staub,  der  zu  gott  emporgedrungen, 

am  fusztritt  seines  thrones  glimmt. 

TuCmmel  reUe  7,  231; 
ienn:  er  (Chritttu)  ward  staub,  zu  erhiihen  den  staub! 

Stolberg  2,  365  (schtoanengesang). 
ataub  mit  einem  xoeiter  charakterisierenden  adjectiv: 

o  stolz  des  thörichten,  des  armen  staubes! 

Klopstock  9,  62  (David  3,  7); 
dann  wird  des  zweifelnden  staubes  besorgnisz, 
jede  thräne  wird  schweigen.    3,  215  {Metfias  4,  962); 
tränke  mich,  lieber  becber !  was  du  bist,  war  ich  und  werd'  ich, 
erde:  so  tränke  denn  den  noch  geniessenden  staub. 

Herder  26,  25  Suphan; 
denn  auch  ihn,  den  belebten  staub,  begnadigtest  du, 
hauchtest  leben  deines  odems  in  ihn, 
nach  deinem  bilde  bildetest  du  ihn ! 

Stolberg  2,  355  (schwanaigesang): 
aufstreben  wollt  aus  n&chten  ich  zum  licht; 
da  zog  mich  lichtgeträumtcn  staub  hernieder 
des  tiefen  loses  schmerzliches  gewicht ! 

Ludwig  1,  51  {Zerknirschung). 

X.  2.  Cr. 


der  gewöhnliche  ei-denstaub  bei  Th.  Storm  4,  227  die 
'misera  plebs'. 

g)  eine  poetische  formung  des  vorigen  ist  des  staubes 
söhn,  geschlecht  u.  s.  tc.    vgl.  .- 

doch  wissen  möcht'  ich,  was  die  kleinen  dort 
zu  sagen  haben,  die  der  staub  geboren? 

RÜCKERT  werke  3, 167; 

da  die  kinder  des  staubes  jenen. bau,  der  den  wölken 
drohete,  unternahmen:  da  wurde  der  taumelkelch  der 
Verwirrung  über  sie  ausgegossen  Herder  i,  i  Suphan; 
aber  sie  {die  Deutschen)  kennen  die  wahren  toUworte  für 
den  söhn  des  staubs  nicht  —  menschenrecht  und  gleich- 
heit  Klinger  3, 37  (Faust  i,!);  lob,  die  lieblingskost  des 
sohns  des  staubs  3,357  (Giafar  5,6);  (der  teufet-  spricht:) 
ich  habe  mit  eiserner  stirne,  mit  unbewegtem  geist,  den 
Verdammungsspruch  des  höchsten  angehört,  werden  mich 
Worte  der  söhne  des  staubes  ausser  fassung  bringen? 
10,  232 ;  vgl.  auch  ebenda  228  und  230 ; 

ist  doch  die  finstemisz  die  mutter  unsres  lichts, 

der  mensch  des  staubes  söhn  und  enkel  von  dem  nichts. 

WiTHOF  akad.  gedickte  1,45; 
gott,  gott,  den  mönch  und  bonze  nennet, 
und  weder  mönch  noch  bonze  kennet  .  .  . 
hier  bet'  auch  ich,  des  staubes  söhn. 

Seume  (1826)  1,  53  ; 
so  lasz,  o  söhn  des  staubs,  die  reinen  lauen 
geschwisterfluten  um  dein  leben  schwellen. 

RCcKERT  ge*.  ged.  1, 119. 
des  staubes  geschlecht: 

schon  hier  vereint  in  lieb'  und  recht 
sei  aller  weit  gewimmel ! 
wir  sind  ja  eines  staubs  geschlecht, 
bedeckt  von  einem  himmel. 

Voss  1,  51  {Luise  1,  408). 

selten  sind  ausnahmen  une  im  folgenden,  wo  die  menschen 
den  söhnen  des  staubes,  das  heiszt  aller  übrigen  creatur 
dieser  erde,  entgegengestellt  werden: 

aufrecht  das  haubt  zu  ewger  schSne, 

verschmäht  er  was  nur  nährt, 

und  schauet  tief  des  staubes  söhne 

dem  staube  zugekehrt.    Voss  4, 143  (die  steme). 

vgl. :  widrig  ist  uns,  was  kriecht  und  schleicht,  wir  sehen 
es  als  ein  niedriges  geschöpf  des  Schlammes,  des  staubes 
an  Herder  22,  79  Suphan  (KaUigone  1). 

6)  die  erde,  das  irdische  jammerthal:  da  kniet  er  {der 
mensch)  auf  eine  ebne  dieses  staubes  nieder,  erhebt  seinen 
blick  himmelan  und  betet  Herder  6, 46  Suphan  (archaeol. 
lies  Morgenlandes  l); 

lasst  den  staub  erbeben, 
gott  ist  unser  bort ! 

Gleim  7, 183  (nach  dem  erdbeben  3U  Ligsabon)\ 
gleich  einer  sonne,  die  aufgeht, 
einem  staube  zu  leuchten,  der  schwimmt,  und  erde  genennt  wird  ! 
Klopstock  3,  288  (Messias  5,  778); 
ich  weisz,  woran  ich  glaube, 
ich  weisz,  was  fest  besteht, 
wann  alles  hier  im  staube 
wie  sand  imd  staub  verweht. 

E.  M.  Arndt  im  harmov.  gesangb.  291, 1 ; 

7)  mehr  in  das  abstracte  verflüchtigt  'irdische  nichtig 
keit.  Wertlosigkeit,  Vergänglichkeit',  mit  dem  immer  voraus- 
gesetzten gegensatz  zu  den  werten  der  seele.  des  jenseits, 
der  unvergänglichkeit ;  am  staube  kleben: 

die  unmännliche  seele, 
welche,  noch  nie  dem  gegenwärtgen  entrissen, 
stets  an  dem  staube  klebt. 

Zachariä  376  (begräbmue). 
dem  staub  anhaften: 

fem  sei,  was  befleckt  von  sfind'  ist, 
was  dem  staub'  anhaftet,  zu  klein  der  menschheit  höherem 
aufschwung !    Voss  3, 161  (erneute  menschheit). 

Wendungen  icie  den  staub  durchwühlen  und  sich  im  staube 
nähren  mag  man  atis  jenem  groszen  wort  vom  überwinden 
der  bloszen  bücJtergelehrsamkeit  folgern : 

dem  wurme  gleich'  ich,  der  den  staub  durchwühlt, 

den,  wie  er  sich  im  staube  nährend  lebt, 

des  Wandrers  tritt  vernichtet  und  begräbt. 

ist  es  nicht  staub,  was  diese  hohe  wand 

aus  hundert  Täcbem  mir  verenget?   Göthb  IS,  89  (Faust  1). 

8)  staub,  ein  nichts: 

mein  ganzes  weseu  war  ein  staub,  ein  punkt,  ein  nichts, 
und  ich  verlor  mich  selbst.    Brockbs  1,3; 
Saladin.  ich  staub?   ich  nichts? 

0  gott !    Lbssing  2,  281  (tiathan  3,  7) ; 
vgl. :  hier  modert  Nitulus,  jungfräuliches  gesichts, 

der  durch  den  tod  gewann:  er  wurde  staub  aus  nichts. 

1, 11,  58  (prabschrifl  des  A'ittUtis); 

69  Cr. 


1  ü91      STAUB  (II,  8.  9)  —  STAUBAUFWERFEN 


STAUBAUS -STAUBBEI)F:CKT         1092 


und  sind  auch  nicht  besiegt; 

sie  sind's  nicht,  bis  zerrieben  klein 

ein  staub  ganz  Frankreich  liegt. 

RCCKERT  1  (1867),  54; 

geb  er  denen  rekruten  säbeln  und  baut  die  Schildbürger 
zu  Btaub  zusammen  Gottl.  Stephanie  d.  jung.  Itistsp. 
97,7;  ich  bin  das  licht  der  sonne  zu  schauen  müde!  ver- 
schafTt  mir . .  .  eine  balire  und  führt  mich  elenden,  dessen 
kraft  zu  staub  versinkt,  auf  den  richtplatz  hinaus  Kleist 
3,424,25  E.  Schmidt  {ztceikampf); 

alles  leben  ist  raub; 
funken,  die  sonnen  entstammen, 
lodern,  das  all  zu  durchflammen, 
da  verschluckt  sie  der  staub. 

Hebbel  6,  293  Werner  {den  schmerz 
Kein  recht  10). 

9)  als  eine  im  bilde  sich  beuxgende  Verstärkung  der  ne- 
gation.  vgl.  J.  Grimm  gramm.  8.  733.  viederd.  dat  halp 
allent  nicht  en  stöf  sächs.  chron.  hei  Leibniz  3,55*  (vgl. 
Frisch  2,  322»);  vgl.  die  Verbindung  weder  staub  noch 
flug:  hiezwisohen  aber  hat  (man)  ine  seines  langen  auss- 
bleibens ,  und  das  man  weder  staub  noch  flug  von  ime 
vernomen ,  gar  verschetzet  gehabt  Zimmerische  chron.^ 
1,  292,  27.  (von  einem  süberschatz :)  daran  ist  weder  staub 
noch  flug  mehr  vorhanden  2,  231,  20.  das  ganze  eine 
Steigerung  der  im,  mhd.  vorkommenden  positiven  negation  -. 

e;  was  in  als  ein  stoup.    Mai  u.  Beafi.  124,  12  u.  ä. 
vgl.  mhd.  wb.  2,  2,  648. 

'^STAUB,  m.,  das.%elbe  ine  unten  staubbach  Sghm.*2,  718. 
eine  begrifflicJie  ertceiterung  von  staub  II,  1,  l,  S"  (sp.  1077). 
zu  solch  einem,  staub  gelungt  man  z.  b.  auf  dem  gebirgs- 
steig,  der  von  Traun-^tein  und  Rupolding  durch  das  Miesen- 
bachthal  nach  der  salzburgischen  gegend  von  Unken  führt. 
ebenda. 

STAUBABKEHREN,  n..  substant.  inßn.  (vgl.  staub  II,1,ä. 
sp.  1074):  die  arbeit  eines  bibliothekars,  die  mit  dem 
ataubabkehren  in  einer  klasse  steht  Lessino  12,  269  {an 
Heyne  20.  nov.  1770). 

STAUBABLAGERUNG,  /.  ablagerung  von  staub  in  wohn- 
und  arbeitsräumen. 

STAUBAFTERMOOS,  n.  feines  schimmelartiges  moos, 
byssus  Dietrich  l-exicon  der gürtnerei  u. botanik  2  (1802), 391. 

STAUBÄHNLICH,  adj..-  grobes  mehl,  welches  nicht 
aus  . . .  staubäbnlichen  theilchen  besteht  Campe  unter 
grob. 

STAUBANSAMMLUNG,  /.  in  den  ecken  und  winkeln  der 
Häuser. 

STAUBAPFEL,  tn.  bei  Ritter  eine  benennung  für  den 
in  katholischen  klöatern  als  reliquie  beicahrten  Sodomsapfel 
(*.  theil  10, 1,  sp.  1400):  die  rose  von  Jericho  aus  der  wüste, 
die  Maria  auf  der  flucht  nach  Egypten  betreten,  fruchte, 
wie  die  staubäpfel  Sodoms  erdkunde  15,  36. 

STAUBARBEITER,  m.  urbeiter,  der  in  seinem  beruf  viel 
mit  staub  zu  kämpfen  hat  und  also  staubkrankhciten  {s.  u.) 
ausgesetet  ist.  vgl.  Sanders  handb.  der  gesundlieHspßege^ 
(1886)  106. 

STAUBARSCH,  m.,  staubars  in  Schlesien  eine  benennung 
der  pflanze  'bidens  bipartitus'  Pritzel-Jessen  CO;  darieben 
in  Schlesien- Mähren  auch   in  der  form  stuppÄrs.  ebenda. 

STAUBART,  /.  die  besondere  art  eines  ataubes,  »ei  es 
nun  kohlen-,  meid-,  metallstaub  u.  s.  w. 

STAUBARTIG,  adj.  von  derart  wie  staub:  anter  . . .  einem 
feinen,  «taabartigen  sande  Hassert  reise  durch  Monte- 
negro 87;  staubarliges  mehl.  tn  der  spräche  der  botanik 
staubartig  von  dem  laube  der  flechten  gesagt  Campe,  stib- 
tiantivisch:  die  innige  Verbindung  dieser  mischungen  (der 
färben)  geschieht . . .  durch  safte,  welche  das  staubartjge 
zusammenhalten,  und  das  unorganische  gleichsam  orga- 
lüsoh  verbinden  Göthe  S,  l,  SS4  Weim.  ausg.  (far benlehre). 

STAUBASCHE,/,  so  fein  wie  staub,  a.  aueh  staab  II,  1,  l 
{ap.  1076). 

STAÜBATMOSPHARE,  /.  mit  ataub  geaehwängerU  atmo- 
apKäre.  Damnkr  handtrb.  der  grjiundheitspfUge  (18»l)  76«*: 
die  . . .  ebene,  die  bei  einem  früheren  besuche  wegen  ihrer 
damaligen  sf;i^' • '—  •  httro  die  ebene  der  Wirbelwinde 
ftnuint  wer'i  Ritier  erdkunde  19,  MS. 

STAUBAUI'V n.,  ȟbst,  infin.   auftcerfen  von 

»taub :  sUbaufwerfen  ist  ein  kriegueichen  Ratzrl  vüUtar- 
iuMJes.M. 


STAUBAÜS,  imperativiscJie  bildung  Oberdeutschlands, 
wol  nach  dem  vorgange  von  reiszaus  (flieil  8,  sp.  753) ,  zu 
ausstauben  (theil  i,  sp.  983),  ivelche  aLio  die  begriffliche 
kurzform  der  icendung  mach  dich  (schleunigst)  aus  dem 
staub !  (s.  oben  staub  II,  8,  c)  darstellt,  dieser  Zusammen- 
hang ist  zu  deutlich,  als  dasz  an  eine  beziehung  zu  aus- 
stänbon  in  de?n  .tivue  'einem  die  jacke  ausklopfen'  gedacht 
icerden  könnte,  vgl.  auch  noch  das  fast  durchgängig  in 
friedlicherer  .9phüre  sich  bewegende  kehraus  (theil  5,  sp.  404). 
in  der  form  stciubus  ('stäipys, 'staüwys,  'stoeywys)  bei 
M.\rtin-Lienhart  elsäss.  wb.  2,  .508».  nehen  fort,  mit  dem 
es  ja  begrifflich  hier  gleich  steht:  der  beutet  fort,  das 
hütlein  gestohlen  und  das  pfciflein  staubaus  Zingerle 
kinder-  u.  hausmärchen  aus  Süddeutschland  147.  man  macht 
staubus,  wenn  man  die  kinder  zti/r  thürhinaustreiht  Martin- 
LiENHART  elsäss.  wb.  2, 568',  ebenso  Sunn  . . .  mach  staawüs 
hie  im  himmelsaal ,  jage  die  wölken  fort,  elsäss.  schatz- 
kästel  ebenda,  beim  karfenspiel  macht  ganz  ähnlich  staubus, 
wer  alle  stiche  bekommt,  den  gegner  also  von  vornherein 
von  dem  plane  weisen  kann,  ebenda,  beimi  Winteraustreiben 
(todaustreiben)  rufen  die  kinder: 

stabaus,  stabaus ! 

stecht  dem  winter  die  äugen  aus ! 

Uhland  gchrißen  3, 17, 

wo  J.  Grimm  (myth.  725)  allerdings  an  den  Zusammen- 
hang mit  den  weiszen  stähen  der  im  dienst  der  handlung 
stehenden  jugend  denkt,  doch  vgl.  bair.  stabaus,  auf  und 
davon  Schm.-  2,  718;  tirol.  stabaus  (auch  verderbt  in  abaus) 
FiiOMMANN  4,  66  (die  ausspräche  stäb  bei  Schöpf  tirol. 
wb.  702,  staap  auch  verzeichnet  von  Lenz,  vgl.  wb.  des 
Handschuhsheimer  dialekts  6&*)\  Vorarlberg,  stöbfls  6,245. 
dementsprechend  auch  staubaus  sein :  d's  Venedigermännle 
ist  lang  scho"  ^töb  üs  g'si~  Vorarlberg,  sage  bei  Fhommann 
6,  254.  in  dem,  sinne  von  sich  fort  machen  und  in  stärkerer 
anlehnicng  an  sich  aus  dem  staube  machen :  damit  machte 
ich  staubaus  Jucundiss.  139;  (aus  furcht  vor  einem  ge- 
spenst:)  aber  gar  viele  haben  dann  staubaus  gemacht 
Leoprechting  aus  dem  Lechrain  126;  (ein  so  starkes 
sausen,)  dasz  alle  vier  kinder  eilends  staubaus  machten 
in  rechter  herzensangst.  102.  staubaus  gehen,  durch  die 
läppen  gehen  Pfister  nachtrage  zu  Vilmars  idiot.  283,  elabi, 
effugere  Wander  4,  785.  entsprecheiid  rciszaus  nehmen 
(theil  8,  sp.  753) ;  staubaus  nehmen  lebensg.  eines  bad.  sold.  61. 
als  deutliches  subst.  mit  dem  artikel:  da  hat  er  dem 
staubaus  das  prä  gegeben  und  hat  sich  nimmer  sehen 
lassen  Leoprechting  aus  dem  Lechrain  bi.  der  staubus 
heiszt  ganz  entsprechend  kehraus  1  (theil  5,  sp.  404)  der  letzte 
tanz  eines  festes  MartinLienhart  2,  568»;  von  hier  atts: 
einen  staubus  machen,  bei  eijier  ratiferei  edle  gegner  zu- 
sammenhauen, ebenda;  mit  jemand  den  staubaus  machen, 
t/m  wegjagen  Hügel  155''. 

STAUBBACH,  m.  bach,  der  beim  hohen  und  starken 
herabfall  von  einer  höhe  zerstäubt,  vgl.  oben  staub  II,  l,i 
sp.  1077  soicie  ^taub  und  unten  stäuben:  eine  eingeschlos- 
sene wilde  Waldgegend,  staubbäche  stürzen  von  de»  felsen 
Schiller  14,  343  (scen.  bemerk,  zu  W.  Teil  8,  «).  als  eigen- 
name,  so  bei  Lautenbrunnen  in  der  ScAi<«ü:  wir  .  .  .  gingen 
zum  Staubbach,  dieser  Wasserfall  stürzt  neunhundert 
fuBZ  tief  von  einer  felsenwand  .  .  .  hinunter  in  das  thal 
Stolberg  6,  I80;  vgl.:  aus  unermeszlicher  höhe  stUnte 
vom  gebirge  ein  bach  herab,  in  kleinen  schäumenden 
cascaden  .  . ,  ein  altaischer  Staubbach ,  (der  sich)  ...  in 
den  feinsten  staub  auflöst  Ritter  erdkunde  2, 981.  bai 
J.  Paul  tn  dichterischer  Übertragung  des  hiinmels  stanlh 
bach  ein  feiner,  stäubender  regen :  aber  des  himmols  staub* 
bach  liattc  sich  vcrsprungcn,  und  blos  Lünens  lichtfall 
Ubersprengto    noch   die  gegend    icerke  7,  119  (Hesperua  i). 

STAUBBALG,  m.  in  der  pflantenkunde  dasselbe  Mt* 
un^n  Staubbeutel,  inabesonder«  die  samenbäl-gchen  der  mooa- 
Uume,  welche  staubähnliehen  samen  auaaehnMen  Illiobr 
M  Campe,  vgl.  Dikthicii  lejcicon  der  gärtnarei  u.  botanik 
1  (laOS),  646. 

.STAUBBEDECKT,  at^f.  mit  »taub  b«d«ekt  (alao  ein  t» 
beatimmter  begriffsnrhtung  laufendes  staubig),  von  dar 
landaeh^ft:  rino  traurige  einfrumigkcit  von  gruslluron  und 
stauhbedecklo  oinöden  A.  v.  liiMiiDLDT  Äco/rmo«  8,  .V);  htatt 
einer  schönen  reichen  ebene  .  .  .  ein  breites  sich  abKonken« 
dM  delta  an  der  mUndung  zwischen  den  Wadis,  staub- 

Cr. 


1093  STAUBBEFANGEN  — STAUBBEUTEL 


STAUBBEWOHNER— STAUBBOFIST  1094 


bedeckt  und  mit  feuersteinfragmenten  bestreut  Ritter 
erdkunde  15,  727 ;  gern  von  personen ,  zugleich  mit  he^auf- 
führung  eines  bilden  von  überstandener  mühe:  der  aus  dem 
kämpfe  zurückkehrende  staubbedeckte  held  Campe;  der 
staubbedeckte  wanderer:  {die  wache.)  die  .  .  .  verwundert 
auf  den  staubbedeckten  wanderer  schaute  Riehl  gesch. 
u.nov.i.,32i  {gräfin   Ursula);  staubbedeckte  Soldaten; 

der  nackte  staubbedeckte, 

verbannte  könig  streckte 

sich  ohne  pfahlhin  und  entschlief. 

RÜCKERT  12,  39. 

zerfetzt,   nackt  und   staubbedeckt  einhergehen  Keller 
2,29;      verzeiht,  dasz  ich,  so  staub-  und  schweiszbedeckt, 
in  eure  nähe  trete,  hoher  herr. 

Bauernfeld  5,  57  (jgeschvritter  von  Nürnberg  3,  5). 

substantivisch : 

vom  sitz  springt  er  (Achili),  der  staubbedeckte,  nieder ! 
Kleist  2,  42,  475  E.  Schmidi  {Penthesüea  3). 

ganz  entsprechend  auch  von  thieren,  staubbedeckte  pferde: 
(so)  sprangen  auf  dem  beinahe  schon  mittäglich  über- 
sonnten platze  zwei  junge  leute  von  staubbedeckten  gäulen 
C.  F.  Meyer  2, 47  {hochz.  des  mönchs).  von  einem  einzelnen 
körperfheil : 

soll  ich  das  duflendste  der  Perseröle 

in  wasser  mischen,  frisch  dem  quell  entschöpfl, 

und  dir  den  staubbedeckten  fusz  erquicken? 

62,  970  {Penthcsilea  6). 

von  gegenständen,  zum,  ausdruck,  dasz  sie  lange  unberührt 
(in  ihrem  trinkd)  gestanden  haben:  staubbedeckte  böcher; 
staubbedeckter  tisch; 

dorten  hängt  das  embryönchen  .  ,  . 

in  dem  trüben  spiritus, 

in  dem  staubbedeckten  glase.    Keller  10, 172. 

STAUBBEFANGEN,  adj.  befangen  in  irdischer  nichtig 
keit  (vgl.  staub  11,  7) ;  hier  im  gegensatz  zu  den  geistern, 
erfüllt  mit  himmlischer  klarheit: 

mitleidig  .  .  . 

führt  er  {der  tod)  den  groszen  zug,  der  nie  geendet, 

die  geister  wie  die  staubbefang'nen  seelen. 

J.  Mosen  2  (186S),  282. 

STAUBBEFLECKT,  adj.,  ungetcöhnlich  (vgl.  das  unten 
unter  staubfleck  bemerkte) :  nun  häufen  auf  häufen,  . . . 
geschwärzt  von  pulverdampf,  staubbefleckt,  mit  zerfetzten 
kleidern  Raabe  unseres  herrgotts  canzlei  l,  214. 

STAUBBEHÄLTER,  m..  nach  Dietrich  lexicon  der 
gärtnerei  u.  botanik  1  (1802),  545  gleich  unten  Staubbeutel. 
Adelung  hat  dafür  staubbehältnis,  n. 

STAUBBEKÄMPFUNG,/,  bekämpfung  des  umherunrbeln- 
den  und  die  gesundheit  schädigenden  staubes :  Staub- 
bekämpfung auf  den  straszen.  vierteljahrsschrift  für  öffentl. 
gesundheitspfUge  39  (1906),  suppl.  472. 

STAUBBESCHWERDE,  /.  irdische  beschwerde  des  men 
»ehen  (vgl.  staub  n,4,e): 

den  frei  von  stundenzwan^  und  staubbescbwerde 
ins  Universum  gehn  wir  em. 

Heyse  kinder  der  tcelt  2,  44. 

STAÜBBESEITIGÜNG,  /.  beseiügung  des  die  gestindheit 
der  arbeiter  schädigenden  staubes  aus  den  arbeitsiäumen. 
vierteljahrsschrift  für  öffentl.  gesundheitspßege  37  (1904), 
suppl.  385. 

STAUBBESEN,  m.,  welcher  zum,  staubabkehren  dient: 
ein  Staubbesen,  une  escouvette  Duez  nomencl.  (i652)  92; 
wenn  Josef  darin  (im  salcn)  gravitätisch  seines  dienstes 
waltete  mit  Staubbesen  und  flederwisch  Ebner-Eschen- 
OACli  meine  kinderjahre  297. 

STAUBBESPRENGT,  adj.,  eine  begriffsverbindung ,  die 
ohne  die  Zusammenstellung  mit  blut  kaum  möglich  wäre 
{vgl.  auch  die  erwägung  von  Schönaich  un/er  stäuben) : 
staub-  oder  bluttbesprengte  dienste  BuTSCHKvPa^Amo«  982, 
d.  h.  dienste,  welche  im  felde  geleistet  werden,  insbesondere 
im  gegensatz  zum  hofschranzenthum. 

STÄUBBESTREÜT,  adj.: 

Schmetterlinge,  staubbestreut. 

Freiligrath  1,  201  (die  Miitfie). 

mit  beziehung  auf  den  staub  (H,  I,  l,  ^  der  flügeldecken. 
STAUBBEUTEL,  m.  in  den  mäymlichen  bluten  die  an 
den  Staubfäden  sitzenden  beutelartigen  köpfchen,  icelcJie  den 
blütenstaub  enthalten.  Auelcno  verzeichnet  es  als  eiti  wort 
der  neueren,  s.  auch  oben  stanbbalg,  staubbehälter  und 
unten  staubkolbe;  vgl.  auch  uuten  Staubfaden  und  staub- 

Cr. 


gefäsz:  ein  wahres  wenig  verändertes  kronenblatt  zieht 
sich  am  obern  rande  zusammen,  und  es  zeigt  sich  ein 
Staubbeutel,  bei  welchem  das  übrige  blatt  die  stelle  des 
Staubfadens  vertritt  Göthe  58,  42  u.  ö.  (metamoiphose  der 
pflanzen);  die  staubgefäsze  (stam,ina)  haben  zwei  theile: 
Staubfaden  (ßlamentum)  und  Staubbeutel  oder  staub- 
kölbchen  (anthera)  Ratzebürg  standortgeicächse  (1859)29. 
dazu  das  adj.  staubbeutelähnlich:  staubbeutelähn- 
liche Schwielen  Göthe  58,  43. 

STAÜBBEWOHNER,  m.  poetisch  sentimentales  sehlagtoort 
atis  dem  ende  des  18.  jahrh.:  beicohner  des  staubs  (d.h. 
der  irdischen,  vergänglichen  tcelt  im  gegensatz  zum  gött- 
lichen jenseits  [vgl.  staub  H,  6]),  armer,  kleiner,  irrender 
mensch : 

von  der  zinne  der  überwinder  umflammt  diesz  hohe, 
göttlich  strahlende  licht  den  staubbewohner. 

Klopstock  4,  212  {Jfegsias  10,  381) ; 
der  du  mein  bruder  warst,  als  du  hienieden 
noch  anter  staubbewotmera  gingst. 

Miller  (mai  1772)  im  Göttinger  mufcncdmanacli 
1775  «.  104  (=  gedickte  s.  46) ; 
seliger  wäre  ich  dann  als  staubbewohner. 

HÖLTY  98  Halm; 
(so)  darf  stets  von  {lief  voll)  hoffhung  und  vertrauen 
der  staubbewohner  dahin  schauen, 
wo  er  den  Strahlenkranz  erwirbt. 

Kind  4,  22  (mutieriiebe) ; 
sieh  von  deinem  hohen  himmel, 
den  kein  staub  bewölken  kann, 
ach!   das  ängstliche  gewimmel 
armer  staubbewohner  an! 

ScHUB.ART  ged.  1  (1825),  24; 

der  engel  nimmt  pilgergestalt  an,  um  mit  staubbewohnem 
reden  zu  können  Schubart  ästhetik  der  tonkunst  81.  in 
einer  art  von  verknöcherung  mit  einer  weiteren  bestimmung 
des  Wohnorts:  um  deine  würde 

vertauscht,  selbst  auf  dem  weg  ins  grab, 

der  staubbewohner  einer  bürde 

nicht  seines  lebens  bürde, 

nicht  seinen  wanderstab.    ThCmmbl  reise  7,  234. 

heute  ist   das    toort    auch    aus  der   dichterischen  spräche 
!    nieder  so  gut  tcie  verschicunden. 

j  STAÜBBILDUNG,  /.  (neu)bildung  von  staub:  ein  neues 
j  straszenpflaster ,  das  staubbüdung  verhindert  deutscfte 
I  vierteljahrsschrift  für  öffenü.  gesundheitspflege  38  (1906), 
'    stippl.  472. 

STAUBBENDEMITTEL,  »i.  staubbindendes  mittel,  (vgl.  das 
!  folgende.)  Wochenschrift  für  den  öffentl.  baudienst  1906  nr.sz. 
STAUBBINDEND,  adj.   den  staub   bindend,    seine   ent 
tcicklung  hindernd:  staubbindende  fuszbodenöle. 

STAUBBINDUNG,  /.  •  ein  mittel  zur  staubbindung, 
dasselbe  wie  oben  staubbindemittel  deutsche  vierteljahrs- 
schrift für  öffentl.  gesundheitspflege  37  (1904),  suppl.  339. 

STAUBBLATT,  n.  nach  Göthes  Vorgang  eine  morpho- 
logische bezeichnung  des  staubgefäszes  einer  blute:  staub- 
gefäsze nnd  Stempel  jetzt  als  staub-  und  fruchtblätter 
Ratzeburg  uMldverderbnis  i,  3,  3. 

STAUBBLIND,  adj.  blind  von  staub,  ein  entsprechendes 
regenblind  erwähnt  J.  Grimm  unter  blind  theil  2,  sp.  119: 
der  dunstige  saal ....  die  dürren  baumäste  vor  den 
staubblinden  Scheiben  A.  Croissant-Rust  Fimpemelche 
(1909)  175.     merkwürdig  aber  bleibt  immer: 

blutrot  ward  der  boden,  die  Inft  staubblind. 

RCcKERT  Firdosi  2,  502,  631. 

STAUBBLÜTE,  /.  die  männliche  blute,  tcelche  den  frucht 
staub  führt  (vgl.  oben  staub  l\,\,l,t)  im  gegensatz  zur  weib 
liehen  fruchtblute,  vgl.  Oken  3, 1552  und  Bernhardt  ge- 
schickte des  waldeigenttims  2,  92.  auch  die  männlichen 
zeugungstheile,  die  Staubfäden,  im  gegensatz  zum  Stempel 
Nemnich.    vgl.  fruchtblüte  (theil  i,i,i,  sp.  268). 

STAUBBODEN,  m.  l)  in  der  mahlmiihU  ein  bühnen- 
artiger  boden  über  dem  beutelkasten.  reicher  das  staubmehl 
auffängt,  rtceptaeulum  pollinis  avolantis  Frisch  2,322**; 
allg.  haushaltungslex.  (1751)  3,402»;  .Adei-UNo. 

2)  als  geologisch  geographischer  begriff  einer  erdboden- 
formation.  welche  zur  zeit  eines  steppenklimas  durch  die 
tMagerung  bedeutender  staubmassen  zu  stände  kam,  ge- 
wöhnlicher als  lösz  (oberrhein.  'los,  locker,  durchlässig') 
bezeichnet,    vgl.  Ratzel  die  erde  utid  das  leben  l,  501/. 

STAUBBOFIST,  m.  lyeoperdon  vulgare,  ein  übelriechender 
stäubender  pilzsthwamm.   eigentlich    nur  eine  tceitere  ver 

69*  Cr. 


1095 


STAUBBRAND  —  STÄUBCHEN 


deutlichung  von  bofist  {fheil  2,  sp.  218):  staubbovist  Nem- 
NiCH.     a.  auch  unten  stänber  4. 

STAÜBBRAND ,  m.  eine  krankheitseracheinung ,  haupt- 
sächlich  des  weizens,  welche  sich  vom  steinbrand  durch 
den  umstand  unterscheidet,  dasz  der  staubbrandpilz 
schon  vor  dem,  schneiden  des  getreides  vom,  winde  zerstäubt 
wird  Scherz -Funk  ackerbau  u.  Viehzucht  (1882)  300.  vgl. 
Oken3,48.  ttstilagocarbohzvti IS  sytwpsis^lBas.  Pritzel- 
Jessen  465. 

STAÜBBRETZE ,  /.  in  einer  sfeirischen  rechnungsnotiz 
icol  bretze  {theil  2,  sp.  379  dasselbe  wie  bretzel),  von  staub- 
mehl  (s.  lt.)  gebacken,  vgl.  auch  staub  11,1,1,  ß,  sp.  1076: 
4  Schnitzer  und  ein  staubbretzen  quelle  von  1739  bei  Unger- 
Khull  570*. 

STAUBBRILLE,  /.  brüle,  welche  gegen  den  staub  der 
strasze  sdiiitzen  soll:  zwene  schwartze  Benedictiner- 
mUnchen  . . ,  so  auff  zwey  dromedarithieren  . . .  mit  vor- 
gethanen  Staubbrillen,  und  in  der  band  habenden  Sonnen- 
schirmen eingeritten  kamen  Juncker  Barnisch  113 ;  die 
brillenbinden  und  Staubbrillen  wb.  der  mediz.  Wissenschaften 
6  (1831),  228. 

STAÜBBRONZE,  /.  minderwertige,  aus  den  abfallen  des 
unechten  blattgoldes  hergestellte  pulverfönnige  bronzefarbe. 
{vgl.  die  ähnliche  bedeutung  unten  von  staubrot.) 

STAUBBÜRG,  /.    bürg,   toelche  in  staub  zerfallen   ist, 
hier  tool  im,  spiel  mit  dem  namen  Magdeburg  gebildet: 
dasz  man  ferne  sieht  die  Magdeburger  lohe, 
dadurch  die  schöne  Stadt  in  einer  kurzen  Trist 
zur  staub-  und  aschenburg,  o  weh!  geworden  ist. 

Rist  14D,  140  {Magdeburg)  Götze. 

STAUBBÜRSTE,  /.,  toelche  den  ataub  {besonders  von  den 
schuhen)  abbürstet  Campe. 

STAUBBÜRTIG,  adj.  aus  dem  staub  gebürtig;  in  einer 
scherzhaften  anrede  an  die  flöhe : 

ja,  sagt  jr  schwartz  staubbürtig  riesen, 
ein  weib,  das  solt  nicht  blüt  vergiesen. 

Fischart  fiöhhas  v.  971  neudr. 

STÄUBCHEN,  n.  pulvisculus.  deminut.  zu  staub,  zur 
bezeichnung  des  einzelnen  staubkömchens  dienend,  mndd. 
stoveken.    *.  unten  stäublein  und  vgl.  staub  1,3  {sp.  1070). 

l)  im.  eigentlicJien  sinne. 

a)  auf  einen  gegenständ  gelagert  {vgl.  staub  II,  1,  A):  die 
kleidergeiszel,  womit  der  bediente  wenige  stäubchen  im 
Staatsrocke  sitzen  lassen  J.  Paul  23,  86  (Titan  3);  er 
breitete  ihn  {den  ehrenvollen  militär abschied),  nachdem  er 
alle  stäubchen  weggeblasen,  auf  dem  tische  aus.  Au  er 
BACH  dorfgesch.  1,  83.  im  singular:  ein  stäubchen  auf 
einem  möbel  Ludwig  2,  307  {au,s  dem  regen  in  die  traufe); 
besonders  gern  in  der  Verneinung  als  äuszerster  grad  der 
Sauberkeit:  die  stühlo  wohl  abgekehrt  —  die  fenster 
auch  —  dasz  kein  stäubchen  zu  iinden  ist!  Iffland  2,4« 
{Jäger  2,  l);  nicht  ein  stäubchen  auf  den  kleidern  Ludwig 
1, 190  {zw.  himmel  u.  erde); 

der  alte  mann  .  .  . 
aufs  neu  beginnt  das  kleid  zu  reiben, 
ab  sollte  nicht  ein  stäubchen  bleiben. 

A.  V.  Dbostb-Hülshoi-f  2,  79  (hospiz 
a.  d.  gr.  St.  Bernhard). 

mit  gleichem  sinn:  das  letzte  stäubchen  entfernt.  Heyse 
h,  60.  in  scherzhaftem  ausdruck:  als  wenn  zu  jedem 
stäubchen  zween  Windmühlen  . . .  nöthig  wären  Herder 
8,  874  Suphan, 

b)  Sonnenstäubchen,  wie  sie  einen  ins  dunkd  fallenden 
strahl  der  sonne  tanzend  erfüllen ;  hier  tritt  denn,  von  der 
saehe  gefordert,  auch  der  plural  stärker  hervor:  auf 
welchen  Sonnenstäubchen  fliegt  oft  dein  menschen  eine 
kleine  sonne,  ein  himmelsgarlcn  an  und  wurzelt  ein !  ein 
Kolche«  flatterndes  stäubchen  bewohnt'  er  jetzt,  »md  sab 
davon  herab  J.  Paui.  54,  70  {leben  Fibels);  ein  stäubchen, 
da«  im  Bonnenslrahlc  tanzt  Ebner  Eschenbach  meine 
Jänderjahre  24> ; 

zart  wie  aos  «Uubchun  der  «onne.    ThOmmbl  8,  889; 

au«  •onnenstinbcben  ist  die  sonne  nicht  entstanden; 

die  Bttobcben  sind  nur,  weil  die  sonne  scheint,  vorhanden. 

ROCKKHT  4,  110. 
mit  erklärendem  adjeetiv  •  das  schmale  gemach  lag  jetzt 
tm  balbdiinkcl,  nur  durch  ein  hochgelegenes  rundfenKl«  r 
Ober  der  th(»r  drang  ein  röthlichcr  von  goldnen  stäubchen 
dorchRpielter  Sonnenstrahl  in  seine  tiefe  C.  F.  Mkyem 
Jürf  Jtnatueh  106. 

Cr. 


STÄUBCHENBLANK— STAUBDECKE  1096 

c)  entsprechend  staub  II,  1,Z  {sp.  \ffl6f): 

«)  auf  dem  Schmetterlingsflügel:  schmetterlingsfliigel  zu 
fassen  . . ,  ohne  dasz  sich  ein  buntes  stäubchen  davon 
verliere  Thümmel  reisen  (1800),  102; 

und  strich  die  guldnen  stäubchen 
von  den  gesprengten  flügeln. 

E.  V.  Kleist  1, 62, 9  iSkiuer. 
ß)  in  der  blute:  ein  kleines  blümchen,   gleich  einem 
goldkorn,  mit  so  starkem  dufte,  dass  ein  stäubchen  davon 
in   das   haar  gelegt  zehn    schritte   weit   duftet    Ritter 
erdkunde  4,  234. 

/)  fliegender  punkt  im  äuge,  wie  ihn  nervöse  schwäche 
einbildet,  moucfie  volante;  so  von  der  gespenstigen  erschei- 
nung  im  Hamlet  1,1: 

ein  stäubchen  ist's,  des  geistes  aug'  zu  trUben. 

Shakespeare  4, 130. 

d)  als  das  kleinste,  unbedeutendste,  nichtigste:  gottes 
liebe  vergisst  kein  stäubchen  in  seinem  all  Arndt  1,4 
{Rösch-Meisner);  dieses  geistliche  sinnwerkzeug,  welches 
durch  die  ganze  natur  hindurch  alle  geheiligte  Substanz 
auch  in  einem  stäubchen  verfolgte  Brentano  4,  350; 

'werde'  hat  er  nur  gesprochen, 

und  es  ist  hervorgebrochen 

jedes  stäubchen,  jedes  haar.    Gleim  7,  208. 

in  weiterer  Steigerung :  der  herr,  der  himef  und  erden  aus 
geringerm  dinge,  denn  ein  steubigen  ist,  geschaffen  hat 
Luther  6,  344'',  d.  h.  aus  nichts. 

e)  als  umsclireibung  des  griech.  ärouot,  besonders  ati.<>- 
gebildet  in  der  philosophie  des  Democrifoa  (vgl.  staub  I,  .s, 
sp.  1070):  was  ist  ein  untheilbares,  ewiges,  nothwendiges, 
durch  sich  selbst  bestehendes  stäubchen?  Wieland  1, 10«; 
(Agathon  2,  5) ; 

o  hältst  du  von  der  weit,  die  du  dem  ungefähren, 

der  stäubchen  tollem  schwärm  und  dem  verträumten  leeren 

zu  bilden  Ubergiebst,  nur  einen  teil  gekannt. 

natur  der  dinge  1, 186. 

2)  im  vergleich  zum  ausdruck  der  nichtigkeit:  und  dieses 

ganze  ungeheure  firmament  nur  ein  stäubchen  gegen  die 

Unendlichkeit!    Kleist  5,  326,  35  E.  Schmidt    {brief   vom 

31.  aug.  1806); 

ein  stäubchen  ist  der  lehensschmerz, 

gesehn  im  Sonnenschein.    Stolbbro  2,  161  (Jied). 

ähnlichen  sinn  hat  auch:  aber  alles  dieses  sind  doch  nur 
stäubchen  aus  der  litterargeschiohte,  welchen  mein  un- 
genannter nur  siebenmal  siebenmal  so  viel  andere  stäub- 
chen eben  daher  {aus  Lut/ters  bibelübersetzung)  entgegen 
zu  setzen  haben  dürfte,  um  mich  nicht  zum  lügner  zu 
machen  Lessino  lo,  217  {AntiQoeze). 
8)  enfsprecJiend  staub  11,6: 

auf  dem  stäubchen  erde 
preiset  dich,  auch  er  dein  kind,  der  mensch  I 

Stolberg  2,  364  (ichwanengetang). 

4)  mit  einem  noch  tceiter  verkleinem€len  adjeetiv:  holz- 
reste  . . ,  an  welchen  sich  in  zarten  stäubchen  . . .  kupfer, 
gold  und  kiesanflug  angesetzt  haben  Ritter  erdkunde 
8,  835;  schatten  eines  kiiaben, 

von  dessen  knochen  nicht  das  kleinste  stäubchen  ] 

mehr  übrig  ist.    Hebbel  6,  M  (Demetriu*  1);  | 

die  ehre  ist  mein  äuge,  k 

das  kleinste  stäubchen    das  hineindringt,  \ 

macht  mich  blind  undf  wild  vor  schmerz. 

Grabbe  2,  28  {don  Juan  und  Fautt  1, 1); 

das  gewissen  ist  wie  das  äuge,  das  kleinste  stäubchen, 
das  hineinfliegt,  schmerzt  und  brennt  wie  eine  grosse 
wunde  Riehl  geschiehten  u.  novelleii  1,819  {gräfin  Ursula). 

5)  als  biUUic?>er  atisdruek  einer  verstärkten  Verneinung 
kein  stäubchen,  nicht  dets  geringste :  darf  auch  nicht  ein 
stäubchen  zwischen  ihnen  sein  von  verschweigen  Immer- 
MANN  Münch}iau.<ien  i.Si; 

kein  stäubchen  trflbt  der  Wahrheit  Hohl. 

TiBCK  Oelavkm  448. 

STÄUBCHENBLANK,  a^j.  so  blank,  dan  kein  »tdubchen 
tu  »e/ten  ist.  vgl.  stäubchen  i :  das  gemach,  das  st&ubohen- 
blank  war  Anzknoruurr  4,  iss  {dorfgänge  >). 

STAUBDAMPF,  m.  eine  heute  nicht  mehr  gebräuchlich» 
t%uammeH»etaung :  staabdampf,  fumo,  ealigine,  Muvola  di 
polvere,  pUverio  Krämer  dict  3(i703),  Die*;  er  kömmt  . .. 
in  einem   nassen  slaubdampf  hervor  Gleim  britfireehtd 

8,408. 

STAUBDKCKE,  /.  wie  eine  deeh»  fdagerter  staub;  vgL 
ohmt  staabbedeokt :  auf  einem  am  fenster  stehenden  steh- 


1097 


STAUBDICHT  —  STAUBEN 


STAUBEN 


1098 


pult  . . .  lagen  zwar  ein  paar  dicke  bücher  umher ,  aber 
sie  hatten  jeden  morgen  eine  dünne  staubdecke  Fontane 
naehl.  24. 

STAUBDICHT,  adj.  ao  dicht  verschlossen,  dasz  selbststaub 
nicht  eindringen  kann:  staubdichte  museumsschränke. 

STAUBDÜNE,  /.  in  der  spräche  der  Zoologie  bezeichnung 
von  eigenthümlichen  flaumfedem.  z.  b.  der  reiher.  deren 
schaß  beständig  nachtcächst,  während  nur  die  obersten 
spitzen  abgesioszen  werden  Ziegler  zool.  wb.  (1909)  -190. 

STÄUBE,/,  l)  in  der  bedeiitung  von  staubmehl  (s.unten) 
steube,  farina  volatilis,  amylutn  Stieler  2124.  vgl.  auch 
unten  stiebe,  /. 

2)  stelle,  wo  ein  icaaser  im  stürz  zu  staub  zerstiebt,  Wasser- 
fall, Stromschnelle;   ein  xcort,   das  xcie  oben  staub^  süd- 
deutscher landschaftsschilderung  angehört: 
da  braust  der  wilde  Schächen 
hervor  aus  seiner  schluckt 
und  fels  und  tanne  brechen 
von  seiner  Jähen  flucht. 
er  hat  den  steg  begraben, 
der  ob  der  stäube  hieng. 

ÜHLAND  ged.  394  {TdU  tod). 

nach  ScHM.-  2, 719  ist  der  Steuben  name  verschiedener 
bäche  und  Wasserfälle  im  gebirge,  wo  der  geschlechtstcandel 
wol  unter  dem  einflusz  von  (staub)bach,  m.  oder  Wasser- 
fall, m.  zu  stände  gekommen  ist. 

3)  stäube  in  blumenstäube  ähnlich  der  unten  auf- 
geführten staubspritze  eine  spritze,  icelche  xcasser  über  topf- 
geicächse  fein  vertlteilt. 

4)  die  in  Basler  Urkunden  vorkommenden  Chänradus 
dictus  Stöbe  1277  und  Heinricus  dictus  Stoube  in  Magton 
1299  (SociN  167^)  führen  icol  den  namen  entweder  »pottweise, 
loeil  sie  etwa  betrügerisch  staubmehl  (s.  stäube  l)  als  gutes 
mehl  verkaufen,  oder  tceil  sie  an  einer  stäube  (s.  2)  wohnen, 
über  den  mangelnden  umlaut  vgl.  das  unten  folgende 
stauben,  verb. 

STAUBECKEN,  n.  mittels  dammbau  künstlich  angelegtes 
becken,  welches  dazu  dient,  grosze  u^assermassen  aufzu- 
stauen, um  z.  b.  so  die  wassei-versorgung  des  flachen  landes 
zu  regeln,  in  weiterer  Zusammensetzung  staube cken- 
anlage,/. :  die  staubeckenanlagen  des  Harzes. 

STAUBELXATMEN,  n.,  stibst.  inf.  (gesundheitsschädliches) 
einatmen  von  staub:  die  mit  dem  müU  beschäftigten 
arbeiter  müssen  vor  dem  staubeinatmen  geschützt  sein 
sanitätswesen  despreusz.  Staates  während  der  jähre  1898 — 1900 
8.  3d0. 

STAUBEIN  ATMUNG,/,  {vgl.  das  vorige) :  die  durch  staub- 
einathmung  entstehenden  gewerbekrankheiten  und  deren 
Verhütung  deutsche  vierteljahrsschriß  für  öffentl.  gesund- 
heitspfUge  33,  suppl.  s.  20.  vgl.  Sanders  handbuch  der 
öffentl.  gesundheitspflege^  (l885)  105. 

STAUBEINLAGERUNG,  /.  einlagerung  von  staub  in  die 
atmungsorgane  des  menscJien  Sanders  handbttd^der  öffentl. 
gesundheitspflege  (1885)  106. 

STAUBEINWIRKÜNG. /:  schwere  belästigung  verur- 
sachte eine  hanfspinnerei  durch  staubeinwirkung  auf  die 
benachbarten  Wohnungen  das  gesundheitswesen  despreusz. 
Staates  (1903)  384. 

STAUBEINWURF,  m.  nichtiger,  belangloser  einururf, 
vgl.  staub  11,7:  Harduins  hypothese  ist  gold  gegen  diese 
«taubeinwtirfe  Herder  lO,  140  Suphan  {briefe,  das  Studium 
der  theologie  betr.  1, 12). 

STAUBEN,  verb.  eine  rückangleichung  von  stäuben,  verb. 
an  den  lautstand  von  staub,  stibst.  braucht  nicht  mit  not- 
wendigkeit  angenommen  zu  werden;  ebenso  wahrscheinlich 
läszt  sich  angesichts  der  ganzen  bedeutungsgrtippe  unter  l 
die  annähme  einer  zustandsbildung  viachen;  vgl.  noch  mhd. 
stouben  {ahd.  stoupan).  das  im  übrigen  nach  oberdetitschem 
lautgesefz  den  umlaut  meidende  obd.  stauben  kann  ebenso- 
-ol  stauben  une  stäuben  sein,    e»  Jtat  wol  zu  seinem  theile 

■  it  dazu  beigetragen,  dasz  die  bedeutungsgrenzen  zwischen 
'  iden  Wörtern  stark  schtcanken  {s.  unter  2).    nach  Adelung 
rird  mit  unserm  wort  haben  verlninden.    vgl.  im  übrigen 
auch  unten  unter  stäuben,  verb. 

i)  als  staub  unrbelnd  umherfliegen: 

a)  es   staubt   in    der  mühle  Adelung;     vgl.   Frisch 

'22";  er  galoppirte,  dasz  es  staubte  Adelung;  tanzen, 

nnen,  dasz  es  staubt  vgl.  Schm.^  2,  719;  hierauf  Vorbei- 
marsch,  es  staubte  aber  so  fürchterlich,  dasz  man  fast 

Cr. 


nichts  . . .  sah  Moltke  6,  84.  als  scherzhafte  bildliche  er- 
ioeiterungen  dieser  tcendung  sind  aufzufassen:  essen, 
trinken,  beten,  lügen,  dasz  es  staubt  (däss's  stäbt  oder 
d&ss's  allen  stäbt),  d.  h.  ganz  ungeheuerlich,  vgl.  Schm.- 
2,  719,  xcie  etxca  ein  tüchtiger  kämpe  sich  axtf  dem  kampf- 
platz  tummelt  oder  ein  xcettläxifei-  die  bahn  nimmt,  dasz 

es  staubt; 

er  liugt,  däsz  's  stäbt, 
und  wer  eam  gläbt, 
der  kriagt  a  längs  näsel. 

Hartmann  Abel  volktfchaxupiele  152.94 
(aus  PalUng  m  Chiemgaxi). 

b)  der  blamenstaub  staubt: 

freude  fliegt  in  meiner  taube 

zu  dem  tauber  hin  aufs  dach; 

staubt  in  meinem  blumenstäube, 

rinnt  in  meinem  Emmabach.    Gleim  7,  179. 

c)  das  Wasser  staubt,  fliegt  zerstiebend  umher,  ent- 
sprechend staub  n,  1,  d-.  sp.  1077 : 

der  mühlbach  saust, 
das  mühlrad  braust, 
die  sonne  scheinet,  das  wasser  staubt. 

Brentano  1,  497. 

2)  in  die  bedexitung  von  stäuben,  verb.  mehr  oder  xceniger 

übergehend : 

a)  staub  von  sich  geben,  etwa  wie  die  strasze  stäubt 
tt.  s.  w. :  die  männliche  oder  die  staubende  blume  {der 
kiefer)  sitzet  auf  den  spitzen  der  zweige  in  eirunden 
böscheln  Eeppe  jagdlust  3,  388.    r^^  staub  II,  1,  e,  sp.  1077: 

durch  das  umwölkte,  staubende  tosen 
drängender  krieger  hört*  ich  die  götter 
fürchterlich  rufen. 

GöTHE  1, 15, 1, 185  Weim.  axug.  (Fatut  2,  3). 

scherzhaß  tcird  in  Wien  und  seiner  Umgebung  von  einem 
starken  tabaksraucher  gesagt:  der  staubt  den  ganzen  tag  oder 
der  staubt  wie  ein  misthaufen  R.  Much  in  der  zeitschr. 
f.  d.  Wortforschung  2,  286.    vgl.  auch  oben  staub  I,  2,  sp.  1070. 

b)  stäubend  strexten: 

die  amme,  die  ihn  (den  knaben)  am  busen  hatt', 
mit  dem  fusz  nicht  die  erde  betrat, 
nnter  den  fnsz  war  ihr  moschus  gestaubt. 

RÜCKERT  FirdoH  1,  104. 

c)  den  staub  auskU^fen.  fortblasen  u.s.w.  (vgl.  stäuben  5): 
item  notandum  dag  . .  .  dye  rauchen  dekh  im  sumer  auss- 
gelaugen  und  alle  monett  ains  geslagen  und  gestaubt 
werden  durch  den  hoffkursner,  damit  die  schaben  nicht 
darin  kömen  Zingerle  mittelalterl.  inventarien  165  anm. 
(schlosz  Buon  Consiglio  in  Trient,  ende  des  15.  jahrh.).  bild- 
lich mit  Worten  an  einem  stauben,  ihm  tüchtig  zusetzen, 
wie  man  etwa  mit  staubtxich  ufid  feder wisch  einen  gegen- 
ständ in  reinigende  behandlung  nimmt,    von  Lucrecia: 

mein  freunde  mir  der  wort  ^elaobten, 
mit  Worten  alle  an  mir  staubten, 
das  ich  mir  selb  nichts  arges  thet. 

H.  Sachs  23,  28,  19  Keller-Götze. 

d)  mundartlieh  einen  stäuben,  ihn  fliehen  machen. 
ScHM.*  2,  719,  entsprechend  stäuben  8,  verb.  vgl.  auch  ahd. 
stoupan,  turbare  Graff  6,  617. 

e)  sich  stauben,  xcenn  die  hühner  sich  im  sand  und 
lockeren  erdreich  baden  Kehrein  281,  vgl.  axich  unteti 
stäuben  1,  c. 

3)  stauben,  trinken.  Schu.*  2,  719.  hat  sich  wol  als  eine 
art  von  verknöcherung  aus  den  oben  unter  i,a  angeführten 
scherzhaften  ericeiterttngexi  ergeben,  zugleich  in  Verbindung 
mit  dem  anderen  vorstellxtngskreis:  den  staub  hinunter- 
schwemmen, seinen  durst  löschen  (vgl.  oben  staub  II,  3,  e, 
sp.  1081).  als  xceitere  möglichkeit  soll  eine  Übertragung  des 
der  Jägersprache  ungehörigen  at*sdrucks  die  hühner  stäuben 
(sich)  (vgl.  2,e  utid  stäuben  l,c),  nehmen  ein  bad.  tcomit  sich 
dann  leicht  überhaupt  die  vorstellxing  des  sich  gütlich  thuns 
verbindet  {man  denke  nur  an  die  freuden  mittelalterlichen 
badelebens),  durcliaus  erxcogen  tcerden.  J.  Grimm  hat  unter 
bestäuben  (xcelches  als  'sich  gründlich  stäuben'  auch  in 
den  eben  t<//i»«>*enen  gedankenkreis  einginge)  theil  l,  sp.  1658 
den  Zusammenhang  mit  (sich)  benebeln  erwogen. 

eins  nahtes  het  er  (der  mann)  wol  gestaubt 

d6  slo;  die  frauwe  leise  üf  die  tfir 

und  gie  zu  irm  ameise  hin  fSr.    renner  12849; 

so  werdent  aller  laute  haubet 

von  neuwem  mosten  mer  betäubet, 

swenne  der  trinker  wol  gestanbet, 

denn  von  reinem  vimem  wein«.    17273. 

Cr. 


1099 


STAUBEN 


STAUBEN 


1100 


STÄUBEN,  verb.  als  factitiv  mittels  i&nstiffixes  gebildet 
zu  dem  starken  verbum  stieben  {s.  u.)  mit  benutzung  des 
praet.  sing.  ahd.  stoup.  {iceniger  wahrscheinlich  zu  dem 
subst.  staub  %cie  etxoa  rauchen ,  verb.  theil  8,  sp.  245  zu 
rauch,  m.),  mhd.  stöuben;  dagegen  ohne  umlaut  stouben, 
das  sich  zu  nhd.  stauben  (s.  o.)  stellt,  z-tceifelhaft  bleibt 
in  seiner  Zugehörigkeit  ahd.  stouban,  stoupan.  vgl.  noch 
nd.  stoven.  im  übrigen  haben  sich  stieben  und  stäuben 
vielfach  ihr  hausrecht  streitig  gemacht,  vgl.  nur  beide 
synonym  gebraucht :  in  Teutschland ,  in  den  Alpen ,  bei 
den  Savoiern  und  in  Piemont  stiebe  und  stäube  alles 
voll  unholden  Fischart  JBodtn  (1591)  267 ;  wie  denn  auch 
stieben  gleichsam  zum  ersatz  für  stäuben  ein  schicach 
ßectierendes  praet.  stiebte  mit  transitiver  function  gebildet 
hat.  vgl.  andererseits  unten  7,  sotvie  die  oben  gegenüber 
stauben,  verb.  gethanen  übergriffe  (s.  stauben  2). 

l)  den  staub  empor tcirbeln,  dasz  er  wolkicht  fliegt,  pul 
verem  movere  Schottel  1421,   Frisch  2,  322». 

a)  beim  gehen,  schleifen,  laufen,  fahren: 

a)  stäube  nicht  so!  Adelung; 

der  pabst  und  kaiser  und  clerisey! 

haben  lange  mäntel  und  lange  schwänz,  .  .  . 

trottiren  und  stäuben  zu  hellen  scharen. 
..     ,.,  ,      ,  GöTHE  13, 3  {puppensp.  prolog). 

die  füsze  stäuben: 

liebliche  ruh,  stäubt  endlich  der  fusz  in  des  weges 

krümme  nicht  mehr.    Klopstock  öden  2,  33,  9. 

staub  aufwirbelnd  fahren  u.  s.  w.:  er  rennt  nach,  der 
waigen  schieszet  voraus  und  im  freien  sieht  er  ihn  schon 
hinter  seinem  schlosze  stäuben  J.  Paul  l,  i«  {unsichtb. 
löge  1); 

setze  dich  hier,  und  lausche  nun  nicht  dem  stäubenden  rade, 
noch  dem  schnaubenden  rosz    Stolberg  1,377  (träum); 

hierher  auch: 

80  bricht  aus  jenem  stäubenden  gewimmel  (des  kampfes) 
der  schmucke  Fortunatus  manches  mal :  .  .  . 
bald  taucht  er  auf,  bald  wieder  taucht  er  unter. 

Umland  ged.  437  {Fortunat  1). 
ß)  stäubende  fahrt,  flucht: 

siehe,  da  rudelten  dort  sich  die  hirsche  zusammen,  und  stürzten 
laut  die  stäubende  flucht  hinab  durchs  oiTene  bfachfeld. 

Bürger  246»; 
er,  Roin  der  held  und  Ferschideward 
ritten  dahin  die  stäubende  fahrt. 

RÜCKERT  Firdosi  2,  147. 

/)  begrifflich  stärker  zusammengeschlossen  mit  dem  localen 

Hahn,  weg  u.  s.  u>. : 

denn  wer  träte  mit  euch 
in  die  stäubende  bahn,  wo  es  am  ziele  grünt, 
s&umt  euch  das  nicht  im  lauf? 

Klopstock  öden  2,  34,  7; 
wo  vom  staub  und  blut  der  wafTen 
stets  die  wilde  rennbahn  stäubet. 

Arndt  5,  38  {Rögch-Meitner) ; 
das  ist  Italien,  das  ich  verhesz.    noch  stäuben  die  wage. 

.  .  ,.         ...  .  GöTHE  1, 349; 

dem  geistigen  blicke  ' 

erscheinen  die  fahnen, 
erscheinen  die  beere, 
das  stäubende  feld.    8, 48  (Rinaldo). 
ganz  allgemein: 

das  rosz  schnaubt  dampf  und  rauch,  es  stäubt  und  kracht  die 
erde.    J.  E.  Schlegel  4,  53. 

9)  mit  grötzerer  Unbestimmtheit  es  stäubt,  der  staub 
wird  (in  wölken)  aufyetoirbdt: 

ich  seh'  es  stäuben 
von  fern,  und  einen  in  dem  staube  kommen, 
ich  kenn'  ihn  nicht 

Klopstock  9,  77  {Halomo  8, 5) ; 
und  wer  bin  ich  denn,  gegen  ihn, 
wenn  laut  die  Kchlacht  ertSnt,  und  es  nun  gen  himmel  stäubt ! 

40,22  {David  1,«); 
und  laset  uns  s«hn,  dort  stäubt's  im  sand, 
dort  zieht  «in  wttthig  beer  zu  land. 

GöTHK  18,  58  {neuette*  von  Plunder $wcüer). 

es  flUlabt  in  der  ferne  stark,  heftig;  doch  Wendungen  wie 
er  reitet  fort,  dasz  es  st&ubt  Kramkr  dict.  2  (1702),  iiie'';  es 
•täabt  heute  sehr  u.  ä.  ordnen  »ich  vielmehr  zu  unten  7, «, 
neeifelhaß  bleibt:  es  stäubt  draussen,  egli  fä  polvere  fuori 
Kramer  diet.  a  (i7os),  gie**. 

b)  veniger  die  blone  bewegung  und  erregung  aU  die  ent- 
tUkung  tdbtt  »eKtint  begrifflieh  unaerm  toort  m,nge»ehLo»»en 

J«  tob  ▼•nchsMchtet«  schier  In  der  sttabenden  dürrs  de» 
sonBMn.    Voss  t,  MO  (der  bmouberU  tenfO). 

e)  im  4»r  jägertpraeh*  ttAabt  daaftderwUd.  u-mn  et  »ich 
m  eiauit  oder  »aitde  badet  v.  ThOnüKN  nnidm  prnrt.  8iO: 

Cr. 


am  morgen  gehen  sie  {die  rebhühner)  auf  die  weide, 
stäuben,  wenn  die  trockenheit  des  bodens  es  gestattet, 
und  bleiben  dann  den  tag  über  fest  liegen  200. 

d)  in  der  spräche  der  botanik  stäuben  die  blumen  und 
Hüten  den  männlichen  samenstaub  {vgl.  oben  staub  II,  1,  l,  e 
[sp.  1077],  Staubblüte  u.  s.  w.).  das  körn  stäubt  in  jenem 
tcundersamen  aiigenblick,  wo,  wie  auf  ein  zeichen,  der 
männlicfie  samenstaub  des  getreides  in  einer  wölke  sich 
über  dem  ährenfelde  erhebt  und  bald  zur  befruchtung  wieder 
niedersinkt;  nach  kurzer  zeit  ist  das  Schauspiel  schon  zu 
ende:  und  unten  auf  besonnter  flur 

seh  ich  des  komes  wellen  treiben, 
in  blauen  Wölkchen  drüber  stäuben  — 
ein  keusch  geheimnisz  der  natur. 

Storm  8,  248  (an/  dem  Segeberg); 

{die  Staubpilze)  bilden  in  der  blatt-  und  rindensubstanz 
kleine  .  .  .  gefärbte  gruppen,  die  oft  stäuben,  wenn  man 
sie  anstöszt  Ratzeburg  standortgewächse  (i859)  73,  wo  der 
begriff  in  'zerstäuben'  schon  übergeht,  die  blumen  stäuben 
duft  in  dichterischer  spräche;  verborgen  liegt  dieser  gebrauch 
in  der  folgenden  stelle  bei  Rückert  3, 182: 

und  durch  den  saal  hin  zog  sie  die  betäubte, 
bis  zu  dem  orte,  wo  verdeckt  lag  Flor 
in  seiner  wiege,  die  von  duften  stäubte. 

e)  perrücken  stäuben,  geben  puderstaub  von  sich,  als 
begleiterscheinung  einer  bei  uns  nun  vergangenen  mode  des 
18.  jahrh.  {vgl.  auch  die  belege  unter  staub  II,  1. 1,  '/.  *P- 1077)  : 

von  heiszen  stimen  nicken 
und  stäuben  die  perrucken 
wie  wölke  birgt  den  blitz. 

Keller  10, 15  {Panard  n.  Galet). 

f)  bei  einem  kranken  thiere,  z.  b.  einem,  hunde  stäubt 
das  feil,  hat  glanzloses  aussehen  und  giebt  beim  berühren 
staub  von  sich:  räudige  schaafe  lassen  die  wolle  gerne 
gehen:  und  wenn  der  fuchs  kranck  wird,  so  stäubet  ihm 
der  balg  A.  Gryphius  (1698)  1,805  {Horribilicribrifax). 

2)  im  Übergang  sclwn  zu  dem  begriff  'zerstmiben'  vom 
stark  herabfallenden  wasser  {vgl.  entspr.  staub'  II,  1,  l,  ä; 
sp.  1077  und  staub-,  Wasserfall,  weiterhin  staubbach  u.s.w.). 
Schönaich  {ganze  ästhetik  in  einer  nusz)  gieszt  noch  seine7i 
spott  über  diesen  gebrauch:  nach  der  lehre  der  herren 
neologisten  thut  nun  der  bach  das,  was  man  sonst  vom 
sande  sagte ,  jener  stäubet  und  dieser  spritzet :  wenn 
also  mein  kleid  voll  staub  ist,  so  ist  es  bespritzet,  ... 
wenn  ich  aber  ins  wasser  gefallen  bin ,  so  bin  ich  be- 
stäubt, doch  ohne  guten  grund. 

a)  der  bach,  die  flut  u.  s.  w.  stäubt : 

so  schwebet  der  bogen 
gottes  über  der  stäubenden  fluth  des  stürzenden  Stromes  I 

Stolberc,  1,  U.\\ 

vgl. :  sie  (die  «onne)  mahlet  mit  färben  des  himmlischen  bogens 
die  schwebenden  wölken  der  stäubenden  fluth.    1,  106. 
strömt  von  der  hohen 
steilen  felswand 
der  reine  strahl, 
dann  stäubt  er  lieblich 
in  wolkenwellen 
zum  glatten  fels. 

GÖTHB  8,  68  (gesang  der  geister  über  de»  ' 
wOMern) ; 
euch,  kleine  wellen,  seh'  ich  stäuben 
den  reis  hinab  im  ra.schen  lauf.    Pi.atrn  10»>; 

{ström,)  der  von  der  hfihe  herunter  in  allen  färben  des 
regenbogcns  stäubend  und  wirbelnd  in  die  tiefe  schoss 
Klinoer  10,126  {Sahir  3,  6).     im  vergleich: 

die  jähre  fliehen  hin,  so  wie  ein  stäubender  b.ii-h. 

Zachariä  t,  SM. 
im  bilde:  du,  meines  hymnus  feuerslrom! 

er  stäub'  und  donnr'  im  thale. 

Sciiuhart  ged.  2,  277. 

b)  deutlicii  in  dem  begriff  'teistiiuben'  auf  geltend:  hoohauf 
bäumen  sich  die  wilden  wasser  und  schauen  gierig  über 
den  deich  in's  gesegnete  land,  weit  hinein  ihren  äthuben* 
den  schäum  schleudernd  Allmkhs  nuirechtt^.  84;  mä 
gleicher  Wirkung  er.scheint  das  passiv: 

den  fallenden  stürz  gnst&ubli  - 
wasser.     RC(  kbht  12,  47. 

hierner  auch  der  regen  stäubt,  ßillt  unu  ,ir.-,r,i  jfinherah 
{vgl.  unteH  Staubregen):  unbewegt  stand  die  elegante 
sobwarz  befrackte  gestalt  des  bräutigaiuK  um  feustcr  und 
sah  in  den  stäubenden  regen  hinaus  Mahliii'  ticeitt 
frau  87.   »ub»t»ntivi*eh  mit  weiterer  btetimmuny .  der  regen 

Cr. 


1101 


STAUBEN 


STAUBEN 


1102 


I 


verwandelte  sieh  in  ein  dünnes  stäuben  Ganghofer 
mann  im  Salz  {gartenlaiibe  1905  s.  SSS*"). 

c)  ertceitertingen  dieses  gebrauches. 

a)  das  stäubende  rennen  eines  baches  u.  s.  w.  .- 

der  alte  hat  den  ste?  erreicht, 

den  durch  des  wirbeis  stäubend  rennen 

er  eben,  eben  mag  erkennen. 

V.  Droste-Hülshoff  2,  31  {hoipiz  auf  dem 
gr.  S.  Bernhard). 

ß)  des  baches  stäubender  nebel:  bis  er  {der  sttirzbach), 

aufgefangen  von    einer  vorstehenden   felsplatte,  ...  mit 

stäubendem  nebel  die  tiefe  anfüllt,  und  die  grüne  matte 

weit  umher  bethauet  Stolberg  6,  180.    stäubendes  silber: 

so  entsenket  die  erscheinnng  des  Thuiskon,  wie  silber  stäubt 

von  fallendem  gewässer,  sich  dem  himmel,   und  kommt  zu 

euch.    Klopstock  öden  1, 171,  5. 

vgl.  die  hezugnahme  auf  diese  stelle  bei  Herder  5,  353 
{Suphan). 

■/)  als  letzter  grad  solcher  ertceiterung  brücke,  welche 
stäabt,  welche  ganz  von  feinem  icasserstaub  umsprüht  wird, 
vgl.  auch  die  hierauf  zielende  anschauung  des  begriffes  in 
dem  beleg  unter  2,  c,  a-. 

sendet  der  berg  nicht  seine  windeswehen 
auf  euch  herab  von  dem  beeiszten  loch, 
V  so  kommt  ihr  auf  die  brücke,  welcne  stäubet. 

Schiller  14,  423  (Teü  5,  2). 

3)  mit  ausgesprochenem  object:  dann  der  lufft  die  äschen 
hin  und  wider  stäubt  Stumpf  Schicytzerchron.  (1606)  153*; 

der  Stab  wird 
mir  nicht  allein  von  dem  staube,  den  der  weg  stäubt, 
wird  dem  wanderer  auch  von  asche 
näherer  todter  bewölkt.    Klopstock  öden  2,  26,  2; 
vgl. :    (er)  stäubte  den  staub  von  unsem  hallen 

zur  sonn'  auf,  und  liesz  sie  in  schutt  zerfallen. 

RCcKERT  FirdoH  1,  43 ; 

rfo»  denn  auch  leicht  an  eine  tautologische  Verstärkung 
grenzt  : 

sie  (die  beiden  jungen  hdden)  stäuben  nun  auf  des  kaisers  bahn 

den  staub  des  kampfes  himmelan.    3,  308. 

vgl.  als  sich  mehr  an  2  anschlieszend :  ist  er  (der  Sperling) 
unglücklich ,  wenn  das  pustrohr  des  tölpischen  knaben 
auf  ihn  zielt,  und  im  nächsten  moment  rollt  er,  ein 
blut  stäubendes  federklümpchen,  das  dach  herab?  Alexis 
Isegrimm  267. 

4)  stäuben  mit  uxiterer  richtungaangabe  in  der  bedeutung 
'stäubend  streuen',  zumeist  mit  object:  und  nam  das  kalb, 
das  sie  gemacht  hatten,  und  verbrands  mit  fewr,  und 
zumalmets  zu  pulver,  und  steubts  auffs  wasser  2  Mos. 
32,  20;  im  Winter  aber  stahl  ich  nieszwurtz  und  stäubte 
sie  an  den  ort,  da  man  die  knaben  zu  castigiren  pflegt 
Simpl.  1,  625,  5  Keller;  ein  wenig  pfefTer  auf  die  speise 
stäuben  Adelung;  er  kam  an  die  Donau,  setzte  sich 
ans  ufer  nieder,  scharrte  den  sand  mit  seinem  stock  auf, 
und  stäubte  ihn  ins  wasser  Miller  Siegicart  2,315.  im 
geistigen  bilde:  so  sind  unser  äugen  vil  zu  dun^kel,  nach 
dem  der  teufel  sein  mord  und  blindheit  drein  gesteubet 
Mathesius  Sarej)to  (1571)  199^.  passivisch  gewendet :  secht 
da,  der  ist  genug  gestäubt,  als  kam  er  vom  eschermittwoch 
Garg.  403  neudr.  hierher  'gestäubte  tapcten,  auf  welche 
$ehr  feine  wolle  oder  seide  gestäubet  wird'  Adelung  und 
G.  Frf.ytags  versuch,  den  begriff  'mehV  hinter  der  alter- 
thümlich  erfundenen  kenning  gestäubte  gäbe  zu  verbergen : 
was  bedeutet  die  gestäubte  gäbe,  soll  sie  zu  einem  opfer- 
kochen  für  die  götter,  weil  die  bände  freier  Jungfrauen 
den  stein  gedreht  haben?  8,80  (ahnen  i,i,b). 

5)  durch  abstäuben,  ausstäuben  reinigen  u.  s.  w.,  doch 
haben  die  ztisammensetzungen  jetzt  durchaus  die  Tterrschaft ; 
mit  innerem  object:  sy  bekleydens  mit  purpur  und  stöubend 
denn  den  staub  ...  ab  jren  antliten  Zürcher  bibel  (i53l)  S*»; 
wenn  schaaren  vorausgesprengter  kuriere  unsere  nieder- 
fahrt melden,  dasz  sich  die  satane  festtäglich  heraus- 
pozen,  sich  den  tausendjährigen  rusz  aus  den  wimpern 
st&oben  Schiller  2,44  (rauher  1,2  schau.^jj.);  der  leib- 
hasar  . . .  stäubte  mit  dem  schnupftuch  den  puder  vom 
kleid  Hebel  2, 2«,  32  Behaghel;  oft  habe  er  sich  durch 
ohrfeijren  den  puder  aus  den  goldblonden  haaren  gestäubt 
Uhlands  leben  5.  verbunden  mit  andersartigem  begriff: 
erst  wenn  die  orgel  schwieg,  klappte  auch  er  sein  ge- 
gesangbuch  zu,  stäubte  sich  mit  seiner  ausgespreizten 
band  die  andacht  aus  den  rockaufschlägen  Storm  3, 190 
(zwei  kt(chenesser),   eine  psychologisch  fein  beobachtete  geate 

Cr. 


von  lettten,  die  sich  einem  eindruck  u.  ä.  nicht  lange  hin- 
geben wollen.  —  mit  äuszerem  object .-  das  zimmer  stäuben, 
es  von  staub  reinigen  Adelung;  in  der  landwirtschaft 
das  getreide  stäuben,  es  durch  schxcingen  vom.  staube 
reinigen  ebenda;  hierher  auch  die  betten  stäuben,  die 
federn  m,it  einem,  federicisch  in  bexcegung  bringen,  so  dasz 
die  guten  daunen  emporfliegen,  die  schlechten  aber  liegen 
bleiben  ebenda,  mit  scherzhaftem  beisinn,  einem  die  falten 
(des  tcammses)  stäuben,  eigentlich  'ihn  gehörig  durchprügeln' , 
dann  überhaupt  'ihm  einen  ordentlichen  denkzettel  geben': 

thn  frolich  zusamen  halten, 

du  frommer  adel  gut 

und  steubt  in  recht  die  falten. 

Volkslied  auf  Albert  v.  Eotenberg  (1545) 
bei  LiLiENCRON  4, 258. 

(einem)  den  beutel  stäuben,  'ihn  gründlich  ausleeren': 

der  zehn  iahr  ein  müller  war,  diesem,  das  den  beutel  steubt 
der,  der  jhm  die  müble  liesz,  scheint  gar  billich  und  erleubt. 
LoGAU  2,  9,  37  {ein  müller). 

6)  in  anlehnung  an  das  vorige  mit  beziehung  auf  die 
elektrische  eigenschaft  des  katzenhaares :  sie  (die  kräuter- 
frau)  hatte  den  grauen  hauskater  auf  dem  schosz  und 
stäubte  ihm  sanft  die  funken  aus  dem  pelz  Storm  3, 21 
(Hirizelmeier). 

7)  an  stelle  von  stieben  (starkes  verb.),  zu  dem  unser 
wort  mit  neuer  function  doch  überhaupt  erst  gebildet  ist 
(dabei  hat  gewisz  dießexion  ich  stiebe,  du  steubst  u.  s.  w., 
icelche  im,  älteren  nhd.  gentig  vorkommt  [s.  unten  stieben], 
noch  das  ihre  gethan,  um  hier  die  grenzen  zu  vericischen) : 

a)  stäuben,  icie  staub  umherfliegen,  umherwirbeln  u.  s.  w. 
a)  in  eigentlicher  bedeutung:  nemet  ewre  feuste  vol 
rusz  aus  dem  ofen,  und  Mose  sprenge  jn  gen  himel  für 
Pharao,  das  über  gantz  Egyptenland  steube,  und  böse 
schwartze  blättern  aufffaren  2  Mos.  9,  9;  darzu  stäubt 
eim  der  sand  in  hals,  das  verursacht  ein  unseglichen  durst 
Garg.  332  neudr.;  das  mehl  steubt  durch  den  beutel, 
pollen  per  crihrum  excussorium,  ejecfatur  Stieler  2124; 
es  hat  in  die  stube  gesteubet,  pulvis  in  hypocausto  eon- 
aidet.  ebetida; 

ein  geriesel,  wie  wenn  sand  auf  estrich  stäubt  durch  schmale 

rillen, 
v.  Droste-Hülshoff  2, 12  (gpiritus  famäiarit  des 
rosztätigchers) ; 
er  (gott)  ist  kein  sand,  der  glitzernd  stäubt. 

1,  60  {die  gtadt  und  der  dorn). 

stäubender  sand  zum.  löschen  der  tinte: 

{der  Amor  stand)  das  haupt  gewendet  vom  stäubenden  sand, 
und  spiegelte  sich  in  der  tinte    1, 188  {sommertagstraumi ; 

Schutt  und  moder  stäubte  durch  die  luft  Treitschke 
2,281;  ich  . . .  blickte  unverwandt  dem  wägeichen  nach, 
wie  es  durch  den  stäubenden  sand  zog  Storm  9,62;  (er) 
gosz  das  wasser  in  die  herdflamme  .  . .  eine  weile  blieb  er 
stehen,  bis  die  stäubende  asche  sich  verflogen  hatte  13,100; 
die  weit  werd  ebstes  das,  was  in  der  sonne  stäubt. 

LoGAU  1,  45,  77; 
krachend 
hallte  das  kreuz !   herauf  von  der  wurzel  stäubte  die  erde. 

Klopstock  5,54  {itessiat  11,  780); 
Wirbelwind  und  trocknen  koth 
lasz  sie  drehn  und  stäuben. 

Göthe  1,6,106  Weim.  ausg.  [westögü.  divan); 
der  schreiner  baut  die  wiege  aus  brettem    fest  und  stark, 
vom  selben  stück  gezimmert  stand  nebenoei  ein  sarg; 
die  Späne  stäubten  sprühend  and  säg'  und  haimmer  klang. 

A.  Grüx  der  letzte  ritier*'  14. 
federn  und  flocken  stäuben: 

bald  er  {der  habicM)  dieselb  (die  taube)  pOegt  anzuschawen, 

gebraucht  er  seine  scharffe  klawen, 

zerreist  dem  thierlein  das  geflder, 

so  von  dem  wind  stäubt  hin  und  wider  Spreng  Aenei»  286> ; 

dort  stäubt  vom  bäum 

der  flocken  pflaum 

wie  leichter  blütenregen. 

Salis  ged.  (1793)  56; 

man   sah   die   («cÄne«)flocken   stäuben  und  wirbeln,  von 

der  flamme  des  herdes  beleuchtet  C.F.Meyer  nov.  2,93 

(]u>ehz.  des  mönehs); 

vielleicht  schon  stäubet  der  schnee  vom  hnf 
der  schnellen  boten,  welche  'verworfen  sei 
vom  Volke  der  von  gott  verworfne', 
melden  dem  anfgang  und  niedergange. 

Stolbbrg  2,  289  Napoleon  (15.  jan.  1814). 

funken  si&uben  für geicöhnlicheres  funken  stieben  (*.  funke  l 

theil  4, 1,595/.  und  unten  stieben,  verb.): 

Cr. 


1103 


STÄUBEN 


STAUBENTWICKLUNG  —  STÄUBER  1104 


schiebt  das  reisie  der  flamme  ein, 

puh,  wie  die  fnnken  knistern  und  stäuben  I 

A.  V.  Droste-HOlshokf  1,  389. 

{J/üdlich :)  es  stÄuben  da  noch  immer  funken  von  kunst- 
anlagen Schubart  ^Jen  2,  22.     das  laub  stäubt: 

das  laub  von  dem  gezweige  stäubt, 
wie  sich  der  zug  vorüber  treibt. 

A.  V.  Droste-Hüi.shoff  2,  285  (fchlac.ht  im 
Lohner  Brtich  1). 

(blumen)duft  stäubt  (vgl.  oben  l,d):  der  stäubende  duft 
eurer  balsamstaude  —  meldete  mir  die  milde,  die  von 
euch  thaute   RCckert  11,  809  (makame  12). 

/ff)  bildlich,  in  anleknung  an  das  vorige):  sie  (die  stii- 
deuten)  studieren  und  zulesen  sich  immer,  dasz  jhnen 
das  lateinische  zum  halse  raus  stäubt,  wie  schimlich 
brodt  ScHOCH  studentenleben  D6'';  dasz  dir  so  schäbige 
redensarten  aus  dem  munde  stäuben  dürfen?  Tieck  3,  253; 
ich  wundre  mich  nur  . . .  über  alle  die  gelehrten  anspie- 
lungen ,  die  euch  so  vom  munde  stäuben ,  wie  federn 
vom  kissen,  wenn  das  bett  gemacht  wird  Immf.rmann 
Münchlumsen  l,  83. 

b)  zerstieben,  zu  staub  zerfallen  und  in  nichts  verfliegen 
(vgl.  auch  unten  zerstäuben,  verb.)  von  dem  akte  der  ver- 
tcesung  (vgl.  auch  staub  5,  a  und  b,  sp.  iOSbff.): 

jetzt  erwachte  sein  stäubend  gebein. 

Klopstock  5,  78  (Mettiat  11, 1081); 
nicht  in  der  (9raöe»)kammer,  wo  die  toten  stäuben. 

Hebbel  i,  52,  749  (Siegfrieds  tod  1,1); 
auch:   erde  mag  zurück  in  erde  stäuben, 

fliegt  der  geist  doch  aus  dem  morschen  hausz ! 

ScHii-LER  1,  183  (degie  auf  Weckfierlin). 

verdeutlichend  dafür  hinstäuben: 

wil  sie  mir  nicht  löschen  meinen  brand^ 

so  werd  ich  lauter  asch  und  steub  hin  m  den  sand. 

Reinhold  reime  dich  (1673)  87. 
von  dem  erduntergang : 

ruhend 
hoch  auf  Tabor,  hält  er  den  tieferzitterten  erdkreis, 
dasz  der  staub  nicht  vor  ihm  in  das  unermeszliche  stäube. 
Klopstock  8,  260  (Messias  5,  32.')), 

zu  der  besonderen  vertcendung  von  staub  als  bezeichnung 
des  erdballs  vgl.  staub  II,  6,  sp.  1090; 

wollt'  er;  80  stäubte  die  erde  ins  chaos. 

Schub  ART  ged.  2,  303. 
der  begriff  weiter  verdetitlicht : 

Tristan,  umschmeichelt  und  umtäubt, 
entsetzt,  beglückt,  meint,  dasz  ihm  stäubt 
die  weit,  all  ding,  das  bei  einander, 
in  bunte  funken  aus  einander. 

Immermann  13,  273  (Tristan  u.  Isolde  II). 

ganz  im  bilde :  sie  transit  gloria  mundi  —  also  gehet, 
fleugt  und  steubet  alle  pracht  und  ehr  der  weit  dahin 
Kirchhof  loendunm.  875''. 

c)  von  dem  hervorioachsen  der  weichen  milchhaare  (vgl. 
auch  oben  staub  II,  i,  l.  sp.  1077  und  unten  staubfeder, 
staubhaar):  ich  war  damals  in  der  basten  blüt  meiner 
Jugend,  und  sähe  man  blöszlich  die  schwartze  milchhaar 
über  den  leffzen  heraus  stäuben  Simpl.  l,  4,  5,  869. 

d)  zuletzt  a%tch  von  menschen  U7xd  thieren,  toelche  eilig 
dahinlaufen  und  dabei  den  .9taub  aufwirbeln:  zogen  damit 
er  und  Prelingant  . . .  dahin,  steubeten  und  spüreten  un- 
erschrocken alle  tritt  and  spuren  auss ,  das  wild  wer 
inns  holtz  oder  herauss  gangen  Gargantua  361  netidr., 
wo  stenben  unwahrscheinlieher  synonym  mit  (au8)spUren 
gebraucht  ist.  vgl.  ebenda:  ain  haselhun  das  da  fleugt, 
ain  rech  das  da  stcubt  74.  man  darf  also  nicht  ver- 
kennen, wie  diese  gebrauchsioeise  sich  oben  unter  1  neue 
kraft  geholt  hat; 

hier  kam  der  riesige  Karen  geat&ubt. 

ROCKBRT  Firdoti  1, 868. 

der  ausgang  von  1,1  wird  noch  deutlicher,  loenn  stenben 
im  pari,  praes.  mit  einem  andern  icort  der  hewegung  ver- 
/ntnden  wird;  släabend  laufen,  reiten  u.s.  w.:  der  hohen- 
(lieizische  Infant  jagte  aus  Italien  . . .  stäubend  und 
keuchend  nach  Deatachland  surUok  J.PAVi.^l,i9  (Titan  \); 

bab'  ihn  attvbtnd  reiten  lebn. 

BOroir  891*  (Macbeth  1,6); 
drauf  Mh  gott  bin  im  grfloo  feld, 
da  reft'  eich  itlnbend  gross«  schaar 
von  wann  und  Ibier  und  was  die  weit 
nun  krieohan  oder  fehn  gebar. 

Hbrpbr  6,  TS  SuphaiK  (,$ekti^mg$Uea); 

Cr. 


es  schwillt  und  wirbelt  in  der  Inft, 
und  nun  wie  bienenschwarm  gescheucht 
es  stäubend  auseinander  fleucht. 

A.  V.  Drostk-HClshofk  2,  279  (scldactU  im 
Lohner  Bruch  1). 

mit  richtttngsbestimmendem  adverb  verbunden: 

ein  heller  ruf  vereint  der  rüden  beer, 

es  stäubt  herbei  in  freundlichem  gewimmel. 

V.  Droste-Hülshoff  218  (Walther  3); 
und  rastlos  stäuben  die  gedanken  heim 
nach  ihrem  ziel,  sich  kreuzend  wie  der  schnee. 

Röckert  ged.  (1841)  259 ; 
(euch  jagen,)  dasz  ihr  heulend  mir  davon  stäubt. 

Kbller  10,  234  (apotheker  von  Ch.  2, 13) ; 

als  dieses  endlich  auseinander  stäubte,  lagen  Wilhelm 
und  Joseph  . . .  sterbend  bei  einander  am  boden  Fouque 
gefühle,bilderi{i8i9),i38;  plötzlich  verstummt  die  musik, 
der  kreis  stäubt  auseinander  v.  Droste-HOlshoff  2,  375 
(bilder  aus  Westphalen). 

8)  einen  stäuben,  ihn  in  eilige  flucht  jagen,  gewisz  ein 
vortreffliches  ewxgelien  in  den  factitiven  sinn,  das  aber 
ohne  die  enttoicklung  unter  7,  d  kaum  zu  stände  gekommen 
wäre;  auch  der  einflusz  der  bedeutung  von  stöbern,  verb. 
bez.  steubern,  verb.,  wird  nicht  gering  anzuschlagen  sein: 
unnd  das  gevögel  viel  auff  das  fleisch,  aber  Abram 
stöubet  sy  davon  Zürcher  bibel  (1531)  iS*»  (l  Mos.  15,  11, 
wo  Luther  hat:  scheuchte  sie  davon);  unter  disen  sachen 
fielen  die  Teutschen  in  das  römisch  kriegsvolk,  erlegten's, 
schluegen's,  stöberten's  und  stäubten's  wider  ausz 
Teutschland  über  den  Rein  in  das  römisch  reich  Aven 
TIN  US  bair.  chron.  1,  768,  16; 

das  stürmende  wetter 
stäubt  ihn  (den  feind)  schnell  vom  geschützten  ins  feld. 

Klopstock  2,  61  (Hermann  avs  Walhalla). 

eine  menge  auseinander  stäuben,  nach  allen  seiten  in  die 
flucht  jagen:  bis  Sulla  .  . .  die  ihm  entgegenstehenden 
reiterhaufen  auseinander  stäubte  Mommsen  röm.  gesch. 
2,  153. 

9)  auf  einen  stäuben,  auf  ihn  jagd  machen:  hund,  die 
dem  fuchsen  die  hennen  nit  Hessen  zu  lieb  werden, 
sonder  steubten  so  offt  drob,  bis  er  zuletzt  den  tod  an 
den  hennen  frasz  . .  .  und  von  den  hunden  zerrissen  ward 
S.  Fkanck  sprichw.  2  (1541),  29''.  t^'^  auch  mit  blcszem 
accusativ  im  niederdeutschen:  Augustinus  schuldiget  sik 
vor  gode,  dat  he  underwylen  ghcrne  dar  na  sach,  wo 
de  spennen  de  vleghen  venghen,  unde  wen  he  gink  ouer 
wech ,  dat  he  dar  na  sach,  wo  de  hunde  den  hasen 
stoueden   serm.  evang.  139*  ftei  Schiller-Lüuben  4,422''. 

10)  mit  einem  steuben,  mit  ihm  ax4f  dem  kampfplatz 
sich  messen  (so  dasz  dei-  staub  umher. stiebt):  Israhel  ist  ein 
hcbreisch  wort,  damit  der  grosse  engel  gottes.  so  mit  Jacob 
dem  ertzvatter  am  bach  Jabok  ränge  oder  steubete,  ihn 
nach  dem  eroberten  sieg  nante  Mathesius  tw.psalm  Vi*. 

STAUBENTWICKLUNG,  /.,  einer  .schon  ziemlich  ab- 
stracten  spraclie  angehörig;  so  in  einem  hetitigen  stra- 
tegischen bericht:  am  horizonte  zeigte  sich  eine  bedeutende 
Staubentwicklung,  ico  früher  lebendiger  von  einer  staub-, 
wölke  u.  dergl.  gesprocJien  ipurde.  als  geographischer  ter» 
minus:  dass  in  Grönland  ...  an  stellen,  welche  im  winter 
von  eis  bedeckt  werden,  während  des  sommers  neben 
einer  verhältnismäszig  reichen  Vegetation  eine  bedeutende 
Staubentwicklung  stattfindet  Nehiuno  tu ndren  u.  steppen 
(1890)  48.  die  nettere  gesundheitslehre  kennt  die  staubeat* 
Wicklung  in  fabriken  Dammeh  handwb.  (i89i)  762'»;  di«' 
mit  Staubentwicklung  arbeitenden  borufsarten. 

STÄUBER,  m.  einer,  der  stäubt,  tu  stäuben,  verb.  («.  oftanjf 
gebildet. 

l)  eine  peraon,  die  geicerbsmäszig  die  betten  stäubt,  d.  K^ 
von  ataub  reinigt  (vgl.  stäuben  6)  oder  mit  (neuen)  federn 
ausstopft  Adei.UNO.     vgl.  auch  Wkioand*  8,808. 

8)  ein  flederwisch,  Staubwedel  (a.  u.),  tceleher  tum  «^ 
stäuben  des  hausgeräts  u.  a.  ir.  dient,  die  beteichnung  itt 
nach  Adelun«!  auf  Niedrraachsen  Itctchränkt. 

8)  hauptaäclilieh  aber  ein  (kleiner)  Jagdhund,  welcher  tum 
aufspüren  und  aufacheudten  kleineren  utildea  gebrautM 
irird.  mhd.  ntöubcr,  vgl.  mnd.  alover,  a.  auch  unten  dM 
gleichbedrutendf  stöher,  m. 

a)  ein  stcuber,  indagator  Thochus  H  1^;  atänber,  eia 
Jagdhund,  der  das  wildt  aurTjagt  und  antreibt  Hui-SlUf 
(1616)  807*;  liann  die  apUrhunde  (stenber)  gehen  der  ^pOT 

Cr 


I 


1105 


STÄUBER 


STAUBERDE  —  STÄUBERN 


1106 


nach  und  schlagen  an  Comenius  sprachenth.  tö*;  steuber, 
stäuber  Kramer  rftc^  2  (i702),  916»> ;  steuber,  cania  odorus 
Stieler  2125;  stäuber,  canis  ad  excitandas  feras  e  lati- 
bulis  stiis  Frisch  2,322*',  dem  ipierfer  Adelung  und  Campe 
folgen.  Frisch  suchte  die  erklärung  des  icorfes  in  dem 
schönen  vergleich  mit  dem  wind,  der  über  die  erde  dahin- 
fahrend,  den  staub  vor  sich  auftreibt,  und  Luther  könnte 
ihm  ein  kronzeitge  sein:  wie  man  einen  mantel  aus- 
schüttelt oder  aussteubet.  und  wiv  reden  auff  deudsch 
also,  wir  haben  sie  ausgesteubert ;  daher  man  die  jag- 
hunde  steuber  nennet,  die  die  hasen  und  wild  auf- 
scheuchen und  steubem,  das  die  hasen  aufffaren  und 
dahin  wisschen,  hier  und  daher,  wie  staub  3,  313*,  umso- 
mehr,  icenn  der  hund  überhaupt  zunächst  nur  zur  jagd 
auf  federicild  benutzt  ist,  als  ein  gehülfe  des  falken,  %celchei- 
dann  die  eigentliche  jagd  auf  den  emporgescheiichten  vogeL 
aufnahm:  nun  hat  der  abenteurer  ain  steuber  oder  ain 
hundt  zum  federspill  bei  sich  gehabt  Zimmer,  chron.' 
2,300,26  Barack;  vgl.  auch  mhd.  wb.  2,2,  &i9^;  geicöhnlirh 
kommen  auf  ein  federspiel  meJirere  hunde:  es  soll  kommen 
ein  fauth  zur  Mandel  den  nechsten  dinstag  nach  Martini 
samt  halben  dritt  uf  einem  pferdt  geritten,  soll  bringen 
einen  habich  uf  der  handt  und  drei  steuber  . . .  man  soll 
auch  geben  den  hunden  ein  brodt  J.  Giumm  iceisfÄ.  2, 168 
{Braunxceiler);  und  so  von  den  steuberen  die  räbhüner 
aufgejagt  werdend,  so  wirf  den  habich  von  weytnusz 
auf  Gesner  vogelbuch  (1557)130''; 

die  falckner  ritten  wol  gerist 

mit  steubem  und  was  sunst  nodt  ist, 

zflra  federspil  warens  stafJierL 

Wickram  4, 163  Bolte  (irreitend  püger  i). 

ja  er  jagt  auch  ganz  allein  auf  federwild : 
von  der  saw  und  einem  stawber. 
ein  alte  saw  war  gantz  unsauber, 
belacht  gar  höhnlich  einen  stawber  .  .  . 
und  sprach :  'dein  herr  weisz  dir  zu  zwahen, 
mit  prügeln  lert  dich  wachtein  fahen.'  .  .  . 
wenn  wir  nausz  ziehen  auf  den  acker, 
fahn  lerchen,  wachtein  oder  sperhn  (Jie«  sprehn) : 
krieg  zum  wengsten  ein  oder  zwen. 

B.Waldis  E*op.  2,  71  Kurz. 

doch  es  bleibt  zxceifelhafi,  ob  nicht  mit  Adelung  einfach 
die  ganz  allgemeine  bedeutung  steuben  gleich  'stieben 
maclien'  {vgl.  stäuben  8,  sp.  1104)  zu  gründe  liegt,  da  natür- 
lich der  kleine  hund  nicht  nur  zur  jagd  auf  federunld 
benutzt  ist,  sondern  überhaupt  zum  aufspüren  eines  jeden 
im  dickicht  versteckten  tcildes  (vgl.  oben  Lti  her  und  unten 
Erasm.  Alberus),  nur  dasz  bei  der  jagd  auf  haartcild 
Windhunde  und  rüden  im  allgemeinen  die  arbeit  des  feder 
Spiels  übernehmen,  auch  der  begrifflich  gleichstimmige 
stöber  {s. unten)  mirde  dieser  letzteren  erklärung  entspreclien. 
von  dem  Wachtelhunde  (ja.  theil  13,  sp.  179),  mit  dem  er  sonst 
noch  die  meiste  ähnlichkeit  hat,  nur  dasz  unser  hund  kurz- 
haariger ist  (vgl.  die  abbUdung  des  xcappens  der  edlen  von 
Dorstad  vor  Rollenhagens  indian.  reise  und  seine  be- 
schreibung  A2'»),  icird  er  unterschieden:  die  Spürhunde. 
die  Wachtelhunde,  die  hünerhunde,  die  stäubere,  die 
Wasserhunde ,  die  rüden ,  die  röckel ,  die  beschüttere 
Philander  i,623;  ebenso  vom  Windspiel:  mit  seinen  jag- 
honden,  steuber  und  windspilen  Zimm.  chron.^  3,509,30; 
aber  weil  dise  bursch  {die  Zigeuner)  viel  hunde,  so  wohl 
stäaber  als  winde,  bey  sich  hatten,  spürten  mich  die- 
selbigen  gleich,  umbstellten  mich  und  schlugen  an,  als 
wann  ein  stuck  wildbret  vorhanden  gewest  wäre  Simpl. 
S,  167,  10  Kurz  {Springinsfeld  4) ;  {David.)  wie  er  im 
K.  psalm  . . .  die  pfafTenknecht  in  steubern  und  Windspiel 
»bconterfeytScHUPPius83i;  denn  zur  jagd  gebraucht  man 
auch  Windspiele,  stäuber  und  dachskriecher  Fuhrmann 
die  an  der  kirchen  gottes  gebauete  satanscapelle  (1729)  8. 
^eiehgesetzt  erscheinen  beide  begriffe  nur  im  niederd. : 
■torer  vel  wind,  leporarius,  melampua,  canis  venaticus. 
voeabularien  von  Lockum  und  Wolfenbüttel  bei  Schiller- 

LObBEN   4,  424*. 

b)  die  form  stauber  haben  H.  Sachs: 

mit  seinen  rinden,  staobem  und  winden. 

17,  371,  27  Keüer-Oötze, 

und  B.  Waldis  {letzterer  im  reim,  s.  den  Ideg  oben);  noch 
tön  stauber  oder  spörhönd,  un  limier,  «;i  braquet  Dlez 
IMnencl.  (1652)  185.  —  eine  ganz  dialektisclie  form  staiber 
ßndet  sich  {ebenfalls)  bei  H.Sachs: 

X.  2.  Cr. 


nembt  rüeden,  staiber  und  die  winden, 
leithund,  das  wilde  seh  wein  zu  finden. 

13, 111,  36  KeUer-Götze. 
und  Erasm.  Alberus  : 

gleich  wie  ein  stayber  hat  den  brauch, 
dasz  er  die  hasen  aus  dem  Strauch 
aufftreibt   fab.  153. 
c)  im  vergleich:   er  teuschet  und  betreuget  jederman, 
er  wittert  wie  ein  steuber  alles  gelt  Luther  tischreden 
267'',   wo  seine  kunst,   verborgenes  tcild  aufzusjriiren ,   das 
mittel  des  Vergleiches  bietet,    anders  mhd.: 
derst  wol  anderhalp  Franzeis, 
ein  stöuber  under  wlben. 

Neidhart  xxni,  17  Haupt, 

er  bringt  sie  in  erregung,  wie  wol  ein  stäuber  im  röhrieht 
einen  fltig  enten  aufscheucht,  d.  h.  ein  rechter  frauenheld. 
deutlicher  gemacht  ist  der  vergleicJisgrtind .-  ich  vergleiche 
solche  Schriften  den  kleinen  stäubern,  die  das  wild  ausz- 
spüren  und  auftreiben  Chr.  Weise  polit.  näscher  13. 

4)  besonders  in  Süddeutschland  eine  bezeichnung  des 
bofist  {lycoperdon  bovista):  steuber  (stoibe)  Schm.*  2,719. 
Campe  belegt  aus  Baiern  das  zu  erwartende  stauber;  ebenso 
hat  Nemnich  stauber.  vgl.  noch  staubbofist  und  unten 
staubschwamm. 

5)  bei  J.  Pwi.  ßndet  sieh  stäuber  in  der  bedeutung  'stütze, 
Stützbalken'  u.  ä. ;  er  stellte  seinen  linken  arm  als  stäuber 
unter  den  rechten  und  erhielt  diesen  und  die  fracht  des 
plüschnen  ermels  wagrecht  und  schnauzte  damit  öffent- 
lich das  licht  ll,il  {Siebenkäs  i);  beszre  baumheber,  als 
die,  die  ihn  sonst  umstüi-zten,  sind  jetzt  die  bettauf- 
helfer  des  liegenden  freiheitbaums,  and  unzählige  stäuber 
richten  ihn  empor  17, 132  {biograph.  belusiigtingen)  an  stelle 
von  steuper  (*.  unten  steiper). 

STAUBERDE,  /.  erde,  welche  im,  trocknen  zustande  leicht 
in  staub  zerfällt,  so  die  moorerde  {theU-  6,  sp.  2517)  Adelung; 
Hartig  forstl.  conversat.  lex.^  (1836)  781. 

STAÜBERFÜLLT,  adj.  mit  staub  völlig  durchschicängert : 
Schornsteine  treiben  stauberfüllte  rauchwolken  in  die  Infl 
Ratzel  die  erde  u.  das  leben  2, 407. 

STAÜBERHEBÜNG , /.  stark  wirbelnder  staub,  staub 
\oolke:  dar  entstund  ein  grausahmer  wind  und  staub- 
erhebung,  das  fast  niemand  einen  stich  sehen  konte 
Oleariüs  persian.  baumgarten  9, 10. 

STÄUBERLEIN,  n..  in  der  form  steuberle,  deminut.  zu 
dem  vorigen,  wegen  der  dieser  rosse  überhaupt  eigenthüm- 
Hellen  kleinheit:  ain  kleins  bündle,  ein  steuberle,  wie 
man  solche  hundt  zu  nennen  pfligt  Zimm.  chron.^  4,  278, 28 
Barack;  durch  die  steuberle  wird  der  hasz  gefunden  und 
durch  die  rüde  geschunden  Fischart  groszmutter  80. 

STÄUBERN,  verb.  l)  zu  stäuber  l  und  2,  mit  dem  stäuber 
arbeiten  oder  als  stäuber  arbeiten,  dann  auch  vom  staub 
reinigen,  möglich  ist  aber  auch  die  annähme  einer  reinen 
iterativbildung  zu  stäuben,  verb.:  stäuberen,  pulverem 
abjicere  Schottel  1421;  das  haus  stäubem  oder  aus- 
stäubern,  es  rein  machen  Adelung;  neben  säubern:  das 
sie  alsbald  das  land,  Strasse  und  unsicher  ort  also  ge- 
seubert  und  gestäubert  hat,  das  .  . .  alles  in  reinem  frid 
und  sicherhait  gestanden  ist  Steinhöwel  berühmte 
frauen  325,  20  anh. 

2)  zu  stäuber  3;  xoie  ein  stäuber  aufjagen,  scheuchen: 
stäubem,  anjagen,  antreiben  Hulsius  (1616)  307».  s.  auch 
unten  stöbern,  verb.;  kleine  hund  finden  und  steubem 
das  wildprät,  die  grossen  fangens  Lehmann  1,289; 

und  hatten  auch  kein  feyrens  nit 
mit  ihrem  steubem  und  aufflreiben. 

Wickram  irreitend  büger  xxi; 
ach  war  Hans  Mors  ein  hirschl    Hardi  {ein  hund)  hätt'  ihn 

gefunden, 
gestäubert  und  gejagt    Gottbr  S,  810. 

atich  aufstäubem,  verb.  {s.  theil  i,  sp.  ISO):  der  stäuber 
stäubert  das  wild  auf  Adelung.  —  bildlieh: 

drum  gebt  mir  einen  mann, 

dem  ich  die  pfenge  fein  in  hosen  steubem  kan. 

Wbisb  überft.  gedanken  1,  8,  2, 

vgl.  dazu  steuber  3,  c.  —  die  möglichkeit  der  annähme  einer 
iterativbildung  zu  stäuben  besteht  für  die  folgenden  belege, 
doch  nicht  ihre  notwendigkeit :  da  er  des  feindes  auch 
jenseit  des  stroms  gewar  worden,  alsbald  mit  stücken 
auf  dessen  trouppen  gespielet  und  dieselben  ziemlich  von 
einander  gestäubert  Chemnitz  schxoed.krieg  2,i9h;  wirk- 
lich kann  dem  gesellschaftlichen  leben  nichts  nachthei- 

70  Gr. 


1107   STAUBERREGER— STAUBFADEN 


STAUBFALL  —  STAUBFÄNGER 


1108 


liger  sein,  als  der  verwünschte  wind,  der  oft  unversehens 
die  schönsten  spiel-  und  lustpartien  auseinander  stäubert 
ThOmmel  reise  2,242;  ich  will  ihn  stäubern,  er  soll  an 
mich  denken  Adelung. 

8)  offenbare  iterativbildung  zu  stäuben  7  (sp.  1108)  in 
der  bedeutung  von  stieben :  disr  practisch  procken  sei  aus 
der  magisnostrischen  universitset  zu  Löwen  wie  verlegen 
kom  ausgeflogen  und  hin  und  wider  in  die  länder  ge 
steubert  Fischart  groazmtitier  (l607)  vorr.  3*.  es  stäubert, 
es  regnet  fein  Campe. 

STAÜBERREGER,  m.  in  der  heutigen  Hygiene  z.  b.  eine 
maschine,  die  bei  ihrer  arbeit  staub  erregt  und  so  die  sie 
bedienenden  arbeiter  gesundheitlich  schädigt  Dammf.u  hand- 
iDörterb.  der  gesundJteifspßege  753»:  in  diesem  fabriksaal 
finden  sich  viele  stauberreger. 

STAUBERZEUGT,  adj.  aus  dem  staube  erzeugt  (vgl.  oben 
staub  5,  a.  sp.  1085),  d.  h.  irdisch],  sterblich  u.  s.  w.  ganz 
entsprechend  unten  staubgeboren: 

der  herr  hat  ihn  gefaszt  beim  schöpfe, 
geschleudert  ihn  vom  goldnen  stuhl, 
gleich  einem  stauberzeugten  tropfe. 

RücKERT  1  (1867),  50 ; 
auch  stauberzeugte  brüst: 

doch  trägt  dies  sel'ge  übermasz  der  frenden 
nie  ungetrQbt  die  stauberzeugte  brüst. 

Körner  2, 12  Hempel. 

STAÜBESAND,  imperativische  bildung  als  familien- 
natne:  stäube  den  sand!  bei  Heintze  die  deutschen  fa- 
miliennamen^  251  als  oberdeutsches  Staubesand,  nieder- 
deutsch Stövesand.  nach  Heintze  geht  die  bezeichnung 
auf  einen  flotten  reiter,  welcher  den  statcb  recht  aufwirbelt, 
möglich  ist  auch  die  beziehung  auf  einen  fleiszigen  Schreiber, 
toelcher  den  löschsand  auf  die  tinte  stäubt  und  bald  zum 
weiterschreiben  das  blatt  wendet. 

STAUBESBAND,  n.,  plur.  die  staubesbande,  in  welche 
die  seele  des  sterblichen  mei^schen  hier  auf  der  erde  ver- 
strickt  ist   und    die  sie   bei  seinem   tode  von   sich  wirft 
(vgl.  staub  7,  sp.  1090),  kurz  der  irdische  leib: 
wenn  sich  die  seele  neigt 
aus  staubesbanden  sternenwärts      J.  Kurz  ged.'^  228. 

STÄUBESEMMEL,/,  seminel  atis  stäube  (a.  stäube  1, 
sp.  1097),  staubmehl  gebacken:  weite  gott,  dasz  ich  mein 
lebenlang  keine  pfründe  noch  stäubesemmel  nie  gesehen 
noch  genossen  bette  Rivander  2,64»;  die  stäubesemmel 
machen,  dass  ich  das  leben  nicht  verlassen  kann  64*'. 
vgl.  auch  staubbretze  sp.  1095. 

STAUBESNACHT,  /.  eine  unter  dem  einßusz  etwa  to»i 
todesnacht  (theil  11,  sp.  567)  zu  stände  gekommene  mystische 
Umschreibung  des  irdischen  daseins  der  mcTischen  und  des- 
halb  nicht  einfach  in  dem  gegenseitigen  Verhältnis  der  com- 
poeitionsglieder  zu  fassen: 

mir  gäbest  du.  in  staubesnacht  versunken, 
den  seelenstranl,  den  reinen  geistesfunken. 

RÜCKERT  6,  65, 

hier  eine  nacht,  welche  vom  Seesen  des  staubes  belierrscht 
toird,  d.  k.  das  irdische  Üben  im,  dunkel  des  göttliclien  ge- 
heimnisaes,  im  gegensatz  zu  dem  tag  des  ewigen  schauena. 
STAUBESSOHN,  m.  der  mansch  (vgl.  des  staubes  söhn 
unter  staub  5,^,  sp.  1090): 

(icMeler,)  der  nndurchdringbar,  dicht  gewebt, 
den  staubessAbnen  nicht  sicE  hebt. 

Stolbbro  6,  265  (weitze  frau.  6,  4). 

STAUBETE.  STÄUBETE,  /.  in  der  Schweiz  (über  die 
bildung  vgl.  Weinhold  alem.  gramm.  209)  dasselbe  wie 

l)  Staubregen  (a.  u.):  die  staubeicn,  kleiner  dünner 
ragen,  ein  sprUtzeten,  pluvia  tenuia  Maaler  sse". 

S)  itaabschnee  (».  u.):  staubeta  aehneegeatöber  Toblbr 
appenMM.  apraehaeh.  406'*,  auch  mit  umlaut  stttubete  (neben 
stabete)  Staldrr  achweit,  idiot.  i,  808. 

STAUBEXPLOSION ,  /.  exploaion  leicht  entflammbaren 
wirbdnden  staubet,  t.  b.  von  getreide,  kohle,  kork,  stärke. 

STAUBFADEN,  m.  bezeichnet  in  der  spräche  der  botanik 
jmten  fadenartigen  fheil  einer  männlichen  blute.  we^eAtfr 
dan  ttaabbealel  («.  oben)  trägt,  beide  tttaamme»  bilden 
im»  staabgeflUz  («.  uiUim).  von  Göthrs  verauchen  »einer 
morflhUogitehm  bttUmmfung :  die  geheime  Terwandtnrh.nfl 
d«r  TerMhledenen  anuteran  pflaneenlheile,  als  der  hlättcr, 
des  kelchs,  der  kröne,  der  staabmden,  welche  xich  nach 
einander  und  gleichsam  aas  einander  entwickeln  s,  6,  ts 

Cr. 


w.  a.  (metamorphose  4) ;  so  verändert  sich  meistens  die 
einfache  blume  dann  in  eine  gefüllte,  wenn  sich  anstatt 
der  Staubfäden  und  Staubbeutel  blumenblätter  entwickeln 
ebenda  25  (2);  vgl.  auch  noch  49  (47);  bemerkungen,  dasz 
griffel  und  Staubfäden  auf  der  gleichen  stufe  des  wachs- 
thums  stehen  ebenda  62  (73).  die  anzahl  der  Staubfäden  in 
einer  blute  und  ihr  Verhältnis  zu  den  blütenblättern  gaben 
hauptbestimmungsmerkmale  für  das  ältere  pflanzen.fystem 
ab,  deshalb  unterscheidet  man  die  (mit  den  blumenbUittern) 
abwechselnden  Staubfäden  Oken  2,64  von  den  gegenüber- 
stehenden Staubfäden,  todche  am  gründe  eines  blumen- 
hlattes,  gleichsam  seine  abgelöste  rippe  bildend,  stehen, 
denn  die  regelmäszige  zahl  der  Staubfäden  richtet  sich 
immer  nach  der  zahl  der  blumenblätter  ebenda,  die  Ver- 
krümmung der  Staubfäden  tritt  ein,  wenn  nicht  alle  Staub- 
fäden einer  lilüte,  infolge  einer  ungleichen  anordnung 
der  letzteren ,  voll  ausgebildet  werden  8, 65 ;  werden  z.  b. 
vier  Staubfäden  paarweise  ungleich  grosz,  so  nennt  man 
sie  zweimächtig.  66.  entsprechend  heiszen  sie  viermächtig, 
wenn  z.  b.  von  sechs  Staubfäden  nur  vier  voll  ausgebildet 
sind,  man  findet  einbrüderige  Staubfäden,  wenn  mehrere 
Staubfäden  röhrenförmig  vertoachsen  sind  (stamina  mono- 
delpha)  2,  65 ;  löst  sich  ein  Staubfaden  von  dieser  röhre  ab, 
so  heiszen  sie  zweybrüderig  (stamina  diadelpha)  (ebenda), 
und  trennen  sie  sich  in  mehrere  bündel,  so  gelten  sie  als 
vielbrüderig  ebenda.  —  gegen  diese  seine  tcerfung  spendet  sich 
Heinks  spott:  die  mutter  verlangte  den  namen  der  blume 
zu  wissen.  . . .  der  schweigsame  begleiter  öffnete  jetzt  auf 
einmal  den  mund,  zählte  die  Staubfäden  der  blume  und 
sagte  ganz  trocken:  'sie  gehört  zur  achten  klasse'  werke 
3,  69  Elster  (Harzreise);  es  ärgert  mich  jedesmal,  wenn  ich 
sehe,  dasz  man  auch  gottes  liebe  blumen,  ebenso  wie 
uns,  in  kästen  geteilt  hat,  und  nach  ähnlichen  äuszerlich- 
keiten,  nämlich  nach  staubfädenverschiedenheiten 
ebenda;  vgl.  auch  noch  26.  im  versuch,  den  höchsten  grad 
weibischer  prüderie  auszudrücken:  sie  (Emerentia)  mochte 
die  blumen  nicht  mehr  leiden,  seitdem  ihr  ein  durch- 
reisender Professor  die  bedeutung  der  Staubfäden  aus- 
einandergesetzt hatte  Immermann  MünchJuxusen  i,  72. 
in  dichterischer  erscluiuung  bewegt  sich  .•  bald  sind  die 
blätter  des  güldnen  löwenzahns  verwelket  und  das  ge- 
spinn der  Staubfäden  steht  geisterhaft  da  Herder  24,  iio 
Suphan.  bildlich:  dieser  ansehnliche  gedankenstrich  soll 
weder  die  sitzstange  eines  ausgeflogenen  gedankens  sein, 
noch  der  fühlfaden  eines  an  sich  unempfindsamen  Perio- 
den, noch  der  Staubfaden  eines  poetischen  blümchens 
J.  Paul  6,  9  vorr.  (grönländ.  proc.  2).  —  als  weitere  Zu- 
sammensetzungen bieten  .nch:  staubfädenartig,  adj. 
staminiformis  Dietrich  lexicon  der  gärtnerei  und  botanik 
9  (l809),  466.  —  staubfadenförmig,  adj.  staminifortnis : 
staubfadenförmiger  kränz  einer  blute  ebenda;  staubfaden- 
förmige blätter  einer  blute  Campe.  —  st a üb fä den- 
gle i  c  h ,  adj.  sich  Staubfäden  vergleichend : 

ihr  brautkelch  ist  die  sonn',  am  die  im  ringe 
staubfftdengleich  planeten  stehn  zur  traue. 

ROckert  7,  801. 

staubfad onkranz,  m.  kranzförmige  anordnung  der 
Staubfäden  in  einer  blute:  die  gefüllte  blume  ist  oft  hand- 
breit, fleischroth,  mit  weiszen  flecken  gesprenkelt  und 
dem  staubfadenkranz  geziert  Oken  8, 1184.  —  *.  auch  oben 
staubfädenverschiedenheiten,  plur.  in  dem  beltf 
aus  Heines  Harzreise. 

STAUBFALL,   m.     l)  regenartiger  fall    nnorgif""^t, 
aiuubes  aus  der  luft:  die  staubfälle  sind  weiter  vi  i 
als  die  vereinzelten  angaben  glauben  lassen  Ra  i 
erde  u.  das  leben  2,408;   die  sogenannten  passatstaubfnlle 
ebenda;  Heli.mann  u.  Meinahous,  der  grosro  st.inbfnll 
vom  9.— 12.  märz  1901.  Berlin  looi. 

«)  SLaabfall    als    name    eines    tcasaerfall- 
burgisdien. 

STAUBFANdEND,  adj.,  dasselbe  wie  oben  Btaubbindend; 
ein  staubfangendes  fuszbodonöl  liefert  das  geschilft  von  ... 

STAUBFÄNGER,  m.  l)  gegenständ  (in  eintm  timmer), 
leeleher  den  staub  besonders  gern  auffängt  und  awh  aontl 
nichts  nütte  ist,  t-o«  der  art  wie  nippaachen,  getrocknet« 
hlumensträitsze  u.a.  w. :  die  Maknrthouqucts  sind  die  reinen 
staabfftngor;  das  sind  doch  nur  stntibfHnnerl  bildlich! 
er  foll  sich  mit  dem  (rödel  bosohäftigcn,  um  ihn  sorgen» 

Cr. 


i 


1109 


STÄUBFÄRBE — STÄUBFLECK 


sich  über  ihn  ärgern  wie  er  will  —  für  den  staub  seiner 
seele  sind  das  die  richtigen  Staubfänger  Rosegger 
sündergl.  98.  Staubfänger  nennt  man  auch  mit  ähnlichem 
beisinn  die  schleppe  am.  Meide  einer  frau. 

2)  in  der  spräche  der  neueren  hyyiene  eine  maschine, 
tceÜhe  den  in  einem  wohn-  oder  arbeitsraume  umJtericirbeln- 
den  staut)  einfängt  und  so  beseitigt,  deutsche  Vierteljahrs- 
Schrift  38  (1905),  suppl.  379. 

STAÜBFARBE,  /.  färbe,  ^cdche  der  des  staubes  ähnelt. 
icie  z.  b.  grau,  die  staubfarbe  eines  gewandes  leidet  nicht 
unter  dem  straszenstaub. 

STAÜBFARBEN,  adj.  zu  dem  vorigen:  das  schlichte, 
staubfarbene  haar  eines  manschen  Storm  13, 108. 

STAÜBFARBIü,  adj.,  xcie  das  vorige:  eine  staubfarbige 
nebel-  und  wolkenschicht  Ritter  erdkunde  6, 1182. 

STAUBFARN,  wi. :  staabfarren,  Jarn(Jcraui),  icelches 
keinen  eigentlichen  samen  hervorbringt,  sondern  nur  ein 
ganz  feines  keimpulver,  im  gegensatz  zu  dem  samenfarren 
Oken  3,  306. 

STAÜBFASER,  /.  faser,  fein  wie  staub,  oder  von  staub; 
eine  Zusammensetzung,  die  hauptsächlich  der  Vereinzelung 
des  collecüvbegriffes  staub  dient  {s.  auch  das  folgende),  icie 
oben  stäubchen  und  unten  stäublein,  Staubkorn:  mein 
vater  schwieg  einen  augenblick,  während  er  mit  Sorgfalt 
eine  staubfaser  von  seinem  rocke  blies  Th.  Mann  der 
kleine  herr  Friedeniann  129;  bildlich:  die  gerechtigkeit  der 
weit  ...  ist  keine  staubfaser  vor  dem  throne  des  all- 
mächtigen Alexis  Solana  von  Berlin  l,  81. 

STAUBFÄSERCHEN,  n.,  deminut.  zu  dem  vorigen,  zu- 
gleich eine  teeitere  Verstärkung  des  mit  staubfaser  ver- 
suchten vereinzeltingbegriffes :  sein  ganzes  leben  hat  man 
nicht  ein  staubfäserchen  an  ihm  sehen  dürfen  Th.  Mann 
Buddenbrooks^  2,  425. 

STAUBFEDER,  /.  feder,  fein  vrie  staub,  die  beim  leich- 
testen luftzug  in  die  höhe  loirbelt,  die  flaumfeder,  datine; 
s.  oben  den  staub  der  gänse  (staub  II,  l,  l,  t,  »p.  1077);  plur. 
staubfedem,  piumetta,  piuma  ö  penna  matta  Krämer 
dict.  2  (1702),  916' ;  staubfedem ,  plumae  tenuissimae  et 
leinssimae  Frisch  2,322*',  lana  anserum  molissima  Serz 
irfzo<W7ncn(l797)l47',  mit  riicksicht  auf  die  belege  bei  Kramer 
und  Frisch  behauptet  Adelung  wol  die  ungebräuchlich- 
keit  des  Singulars,    vgl.  auch  noch  unten  staubhaar. 

STAÜBFEGE,  /.  nach  Campe  eine  Vorrichtung,  feiner 
als  die  gewöhnliche  kornfege  (s.  theil  5,  sp.  1824) ,    um  das 

rn  vom.  staub  zu  reinigen. 

STAUBFELD,  n.  von  staub  erfülltes  fdd :  Ägypten  ist 
erst  ein  ungeheures  staubfeld,  dann  ein  süsses  wasser- 
meer,  imd  dann  ein  blumenbeet  Ritter  erdkunde  i,  821. 

STAÜBFELL,  «.,  im  steirischen  dasselbe  wie  unten  staub- 
ieder in  beiden  bedeutungen  Unger-Khüll  570**. 

CTAÜBFERIEN,  plur.,  in  Wien  die  zeit,  in  der  die 
beamten  dienstfrei  sind,  weil  ihre  kanzleien  gereijiigt  toerden 
Hügel  155''. 

STAUBFETZE,  m.,  im  steirischen  staubfetzen. 

1)  das  rote  abhängende  tuch  um  kummet  der  pferde 
Unger-Khui.l  570**,  zunächst  ist  dieses  tuch  wol  zum  schütz 
des  kummets  gegen  staub  angebracht  (vgl.  auch  kummet- 
decke theil  5,  sp.  2611.) 

2)  dasselbe  wie  unten  Staubtuch  Unger-Khull  570''. 
STAUBFEUERUNG,/,  feuerung  mit  gemahlener  kohle 

QcoJdenstaub) ,  mit  angeicärmter  luft  vermischt,  wodurch 
eitle  vollkommnere  und  rauchfreiei-e  Verbrennung  erreicht 
wird,  in  weiterer  Zusammensetzung  staub feuerongs- 
anlage,  /.  anläge  einer  solchen  kohlenstaubfeuerung. 

STAÜBFIGDR,  /.,  plur.  staubfiguren,  elektrische  bilder. 
laie  sie  durch  überschlagen  eines  elektrischen  funkens  auf 
tiner  mit  harz  bestaubten  fiäche  entstehen,  entdeckt  von 
Georg  Chr.  Lichtenberg  1777  und  deshalb  auch  Lichten- 
bei^sche  fignren  genannt,  nach  ähnlicher  folgeerscheinung 
»ind  auch  die  Kundtschen  staubflguren  benannt. 

STAUBFLECHTE,  /.  liehen  pulverulentus ,  eine  misz 
farbige  ßechtenart ,  icelcJie  so  fest  an  dem  von  Vir  be- 
wohnten steine  haftet,  dasz  sie  einen  organischen  bestand- 
theil  desselben  auszumachen  scheint  Oken  3,  241.  Nemnich. 
nach  Campe  auch  eine  andere  bezeichnung  für  staub- 
Oioos  (s.  u.). 

STAUBFLECK,  m.  vom  ataub  herrührender  fleck;  nach 
dem  Vorgang  von  fettfleck  (theil  3,  sp.  1573)  und  schmutz- 

Cr. 


STÄUBFLÜGEL — STÄUBGEBOREN   1 1 1 0 

fleck  (theil  9,  sp.  1139)  gebildet,  dazu  im  deminut.:  staub- 
fleckchen,  n..-  in  einem  überaus  modernen  neglige  vom 
feinsten  weiszen  perkal,  von  dem  er  mit  vieler  grazle 
hin  und  \\ieder  die  staubfleckchen  abzuklopfen  und  wegzu- 
blasen bemüht  war  Eichendorff  2,  296  (ahnung  und 
gegemc.  2l).    *.  auch  oben  das  adj.  staubbefleckt. 

STAÜBFLÜGEL,  m.  der  mit  feinem  bunten  staub  be- 
deckte flügel  des  Schmetterlings  Campe. 

STAUBFLÜGLER,  m.  bezeichnung  der  zoologischen  Masse 
von  insekten,  vxlche  mit  staubflügeln  (*.  das  vorige)  aus- 
gestattet sind:  staubflügler,  Schmetterlinge,  lepidoptera 
Hartig  forstl.  convers.  lea:.'^(\«Sß)  513;  von  insekten  sahen 
Cook  und  Mearcs  auszer  verschiedenen  käfern  und  fliegen 
mehrere  arten  staubflügler  E.  Zimmerm.\nn  bei  Campe. 

STAUBFORM,  /.  tcesensform  des  staubes:  meteoriten 
fallen  in  staubform,  sei  es,  dasz  sie  ursprünglich  in  dieser 
form  existierten  oder  auf  ihrem  wege  zur  erde  durch 
zusammenstosz  zerstäubten  Ratze  l  die  erde  und  das 
leben  2, 407. 

STAUBFÖRMIG,  adj.  zu  dem  vorigen :  (erze)  mit  einem 
sehr  feinen,  staubförmigen,  silbergemischten,  blassen  gold 
zart  eingesprengt  Ritter  erdkunde  2,  ffjl;  eine  transport- 
vorrichtung  für  staubförmige  massen  vierteljahrsschr.  für 
öffenä.  gesundheitspflege  37  (1904)  suppl.  385.  in  der  älteren 
botanik  auch  eine  staubförmige  Vegetation:  hierunter 
(unter  den  staubaftermoosen)  versteht  man  die  staub-  und 
haarförmige  Vegetation  auf  dem  trocknen  oder  in  der 
freien  luft  Dietrich  lexicon  der  gärtnerei  und  botanik 
2  (1802),  391. 

STAUBFREI,  adj.  frei  von  staub:  (die  luft,)  die  eben 
darum  staubfreier  in  ihren  höheren  schichten  ist  Ratzel 
die  erde  und  das  leben  2, 407. 

STAUBFREIHEIT,/,  zustand  des  vorigen:  das  teeren 
chaussierter  straszen  als  ein  . .  .  verfahren  . . ,  das  staub- 
freiheit gewähre  vierteljahrsschr.  für  öffentl.  gesundheits- 
pflege 38  (1905)  suppl.  384. 

STAUBGATTÜNG,  /.  besondere  art  tmd  gattung  des  in 
fabrikräumen  herumicirbdnden  staubes  Dammer  handwb. 
der  gesundheitspflege  (l89l)  753*.  vgl.  auch  oben  staubart 
sp.  1091. 

STAÜBGEBÄRDE,  /.  gebärde  eines  im  staube  liegenden, 
gleichsam  aus  dem  staub  heraus;  demütige,  unterthänige 
gebärde,    vgl.  staub  II,  4,  a,  rj,  »p.  1084 : 

kindisch  hielt  er  es  (da»  woMgebädete  herz)  verborgen, 
mühte  sich  mit  staubgebärden 
nns  zu  gleichen  und  den  reichen 
schätz  bebarrUch  zu  verleugnen ! 

Keller  10,  225  (apoth.  von  Cham.  2, 11). 

STAITBGEBEIN,  n.  'gebein,  dem  staube  bestimmt,  dereinst 
in  staub  zerfallend',  im  deutlichen  gegensatz  zur  unsterb- 
lichen seele  (vgl.  staub  II,  5,  a,  sp.  1085) : 

sinke,  du  staubgebein, 
zur  erde,  deiner  mutter,  sinke 
zu  den  verschwisterten  erdgewürmen. 

HÖLTY  84  Halm; 
ffieb  deines  liebchens  staubgebeine 
der  erde  wieder  gern  zurück! 
J.  C.  La  VATER  handbibliothek  (1790)  3, 15  {tro*tworte 
an  eine  mutter,  welche  ihr  kind  verlor). 

STAÜBGEBIET,  n.  l)  gebiet,  icelches  stark  von  icirbeln- 
dem  staube  erfüllt  ist,  die  erdgeschichtliche  Vorstufe  der 
steppe. 

2)  gebiet,  icelches  von  dem  vergänglichen  diesseits  begriffen 
wird,  im  gegensatz  zur  herrachaft  des  unvergänglichen, 
vgl.  staub  II,  7,  sp.  1090. 

ein  leben,  das  80  weit, 
weit  über  staubgebiete 
hinaus  die  wurzel  schlag    Tieuge  bei  Campe. 

STAUBGEBILDE,  n.  'ein  gebUde  aus  staub,  erde'  als 
bezeichnung  des  geschaffenen  irdischen  menschen:  das  staub- 
gebilde  war  noch  nicht  mensch  Herder  bei  Campe. 

STAUBGEBILDET,  adj.  aus  staub  gebildet,  irdisch, 
tterblieh.  staubgebildetes  geschöpf  im  paraUelismus  mit 
dem  Substantiv  sterblich: 

hier,  wo  ein  weih  sich,  eine  sterbliche 
erfrecht,  ein  staubgebildetes  geschöpf, 
den  donnerer  aus  meinem  arm  zu  schmeicbeln. 

Schiller  7,  287  Jub.-ausg.  (Semele  1). 

STAUBGEBOREN,  adj.  aus  dem  staub  geboren,  der 
irdischen    weit  angehörig;  das   'nicht  von  dieser  icelt'  ist 

70*  Cr. 


1111   STAUBGEBÜCKT  —  STAUBGEGRÜNDET 


STAUBGEHALT  ~  STAUBGEWIMMEL  1112 


sein  begrifflicher  gegensatz  {s.  attch  oben  staubbürtig  und 
unten  staubgebürtig  und  vgl.  staub  II,  5,  a,  «p.  1085): 

besprenge  mich  mit  deinem  blut, 
mich  staubgebomen  söhn  des  falles. 

ScnuBART  sämmil.  gedichie  1  (1825),  80 ; 

der  körper  ist  im  gegensatz  zur  seele,  zum  geist  der  staub- 
geborene theil  des  menschen .-  dasz  .  .  .  der  staubgeborene 
theil  in  gewissenhafter  ertüllung  aller  pflichten  dem 
andern,  der  sein  herr  sein  soll,  sicherlich  nicht  nach- 
steht Heyse  kinder  der  -loelt  2,45.  suhstaniivisch :  ich  mag 
dein  niedriges  geschlecht  der  staubgebohrnen  mit  dir 
nicht  vermehren  Herdek26,  321  Suphan  {Luis  und  Eva); 
gtmeint  sind  Adam  und  seine  nachkommen,  tvie  auch  im 
folgenden  .- 

weil  jeder  staubgebome  dienen  musz. 

Arndt  5,  345  Bösch-Meisner ; 
dasz  wir  durch  keinen  sieg 
Sieger  werden  des  gemeinen 
looses  aller  staubgebomen. 

IMMER.MANN  12,87  (TuUföntcfien  2 ,  123S) ; 
da  ward  ich  mild'  wie  alle  staubgebomen. 

Grillparzer*  2,  42  (ruhe). 

auch  hier  an  stelle  von  sterblich  mit  starker  diditerischer 
hervorhebung . 

STAUBGEBÜCKT,  adj.  (demutsvoü)  in  den  staub  ge- 
bückt, im  gegensatz  zum  stolz  und  aufrecht  stehenden 
(vgl.  staub  II,  4,  a,  •/,  sp.  1083) : 

sie  (die  rettung)  kommt  und  macht  euch,  staubgebückte  knieer, 
zu  Stehern  unter  waff  und  auf  trophäe. 

RÜCKERT  (1867)  23. 

STAUBGEBÜRTIG,  adj.,  wie  oben  staubbürtig  aus  dem 
staub  gebürtig: 

ich  bin  kein  hünd'scher  Zweifler, 
der  seine  eigne  staubgebürt'ge  unkraft 
dem  Schöpfer  aller  dinge  unterschiebt. 

Ric.  HucH  Evoe  (1892)  95. 
vgl.  oben  staubgeboren. 

STAUBGEFAHR ,  /.  als  ausdruck  der  Jieutigen  öffent- 
lichen hygiene  'eine  gefahr,  welche  wirbelnder  staub  besonders 
in  fabrikräumen  der  gesundheit  der  arbeiter  bereitet':  zur 
Verhütung  der  staubgefahr  Vierteljahr sschr.  für  öffentl. 
gestmdheitspflege  31  (l900)  supj)l.  336;  die  staubgefahren 
können  durch  (reinlichkeit) . . .  vermindert  werden  Rubner 
lehrbuch  d.  hygiene  6  (1900),  197. 

STAUBGEFÄSZ,  n.  in  der  Pflanzenkunde  benennung 
eines  organes  der  männlichen  lÄüte,  welches  den  frucht- 
staub enthält;  gewöhnlich  den  blütenverhaltnissen  ent- 
sprechend im  plural:  Göthes  lehre  von  den  staubgefäszen 
als  umgewandelten  blättern:  es  zeigen  uns  verjschiedene 
kronenblätter  schon  ihre  Verwandtschaft  mit  den  staub- 
gefUszen  dadurch,  dasz  sie  ohne  ihre  gestalt  merklich  zu 
verändern,  grübchen  oder  glandeln  an  sich  tragen,  welche 
einen  honigartigen  saft  abscheiden  werke  2, 6, 52  Weim. 
ausg.  {metam.  53);  wir  konnten  nämlich  beobaolilen,  dasz 
die  staubgefäsze  durch  eine  zusammenziehung  hervor- 
gebracht werden  *.  61  (metam.  69).  vgl.  auch  Rai zeuurg 
xoaldverderbnis  l  §  2  ».  3.  Götue  braucht  im  übrigen  staub- 
gefäsze und  Staubwerkzeuge  (s.  unten)  als  gleichbegrifflich 
2,  6,  iß  ff.  (metamorphose  der  pflanzen  49.  60.  61.  58),  ein  ge 
l/rauch,  der  aueJi  von  späteren  nicht  aufgegeben  ist.  ihre 
stmctur:  die  Btaubgeftlsze  (stamina)  haben  zwei  theile: 
Staubfaden  (filamentum)  und  Staubbeutel  oder  staub- 
kölbchen  (anthera)  Ratzkburü  .standortgewüclise  (ism)  W. 
im  gegensatz  zu  den  staubgefäszen  der  weibliche  grifTel 
($.  obeti):  wir  bemerken  nämlich,  dasz  der  grifTel  auf  eben 
der  stufe  des  wachsthums  stehe,  wo  wir  die  staubgefäsze 
gefunden  haben  Götiie  a,  6,60  Weim.  ausg.  (metam.  69). 

STAUBGEFILDE,  n.  l)  im  gans  eigentlichen  sinne  'ge- 
filde  von  staub  tiberweht'  in  gehobener  spräche  etwa  von 
einem  kampfplatt  u.  ä.  gebraucht. 

2)  in  dem  sinne  wie  oben  Rlaubgchiet  s  eine  beteiehnung 
dieser  irdischen  weit  im  gegensatz  zum  jenseits : 

wenn  da  vollkommnea  auchen  willst, 
WM  anch'st  du  c«  im  ilaubgefild  ? 

RCOKEKT  11,  860  (18.  makame  des  Ilarirf). 

STAÜBGEGRÜNDET.  adj.  auf  den  staub,  das  lieistt  das 
irdische  nichts  gegründet,  eine  poetische  formung  des  be- 
griffes  'vergänglich' : 

and  waa  iat  der  wobner  der  hatten  von  Ulm, 
•Uobgvgrflndet  und  acbnell  von  moltan  lemurt. 

HiRDBR  M  Campr. 

Cr 


STAUBGEHALT,  m.  gehalt  (der  luft)  an  wirbelndem 
staube:  Staubgehalt  der  atmosphaere  J.  Fodor /(yflrieni«cAe 
untersttchu7igen  l  (1881),  33;  vgl.  K.  Lehmann  methoden  der 
prakt.  hygiene  (l90i)  155;  der  Staubgehalt  der  luft. 

STAUBGEMÄCHT,  n.  entsprechend  gemächt  II,  4,  d  (theil 
4, 1, 2,  8146)  mit  noch  deutlicherer  hervorhebttng  des  gering- 
schätzigen 'aus  staub  geschaffenes  (menschenwesen,  menschen- 
geschlecht)'  : 

ich  staubgemäuht,  ich  wurm,  bestimmt  zum  grabe. 

Schubart  l,  7  (an  gott). 

STAUBGEMISCH,  n.  gemisch  verschiedenartigen  staubes 
in  einer  fabrik. 

STAUBGENÄHRT,  adj.  ähnliche  poetische  fixierung  des 
begriffes  'vergänglich'  wie  oben  staubgegründet;  mit  staub, 
der  speise  der  Vergänglichkeit  und  des  grabes,  genährt: 

ich  vogelpüegling  staubgenährt. 

RüCKERT  Firdoei  1,  189. 

STAUBGERUCH,  m.  geruch,  wie  ihn  langgelagerter 
staub  beim  auficirbeln  an  sich  hat:  staubgeruch,  der 
ringsum  von  den  alten  Sachen  aufstieg  Keyszerling 
Bosa  Herz  170. 

STAUBGESCHLECHT,  n.  aus  dem  staub  geborenes,  er- 
standenes geschlecht,  getragen  von  irdischer  Vergänglichkeit 
(vgl.  staub  II,  6,g,  sp.  1090): 

stets  wechselnd  lebt  das  Staubgeschlecht, 
das  bald  zum  staube  kehret. 

Voss  5, 155  (neujahrslied). 

STAUBGESCHÖPF,  n..  wie  oben  staubgemächt,  aber  in 
der  heutigen  spräche  eher  lebendig  als  jenes  (vgl.  staub  II,  5,  g. 
sp.  1090):  und  wie  wollen  wir  diesem  staubgeschöpfe  . .  . 
zumuthen,  sich  den  anfang  der  weit  zu  denken?  Herder 
6,  47  Suphan  (archüologie  des  Morgenlandes  l); 

und  wenn  ich  staubgeschöpf 
auch  nimmer  kämpfen  kann, 
so  zieht  dein  enge!  mich 
mit  himmelsrUstung  an. 

Schubart  1, 10  (preitgetang  im  kerker). 

STAUBGESTIEBE,  n.  stiebende  staubmasse,  so  unter  dem 
heransprengen  feindlicher  scharen  (vgl.  staub  II,  l.e.sp.  1072) : 

von  rechts  und  links  kam  staubgestieb, 
dasz  sonn'  und  mond  nicht  sichtbar  blieb. 

RÜCKERT  h'irdosi  1,261. 

STAUBGETÜMMEL,  n.  kämpf getümmd,  von  staubxoolken 
eingehüllt : 

und  wie,  im  wilderregten  staubgetiimmel, 
die  halbgereifte  saat  zertreten  smkt. 

GöTHE  11,360  (prolog  zu  Goldoni»  'krieg'). 

STAUBGEWÄCHS,  n.  nacA  Dietrich  (lexicon  der  gdrt- 
nerei  u.  botanik  2  [I8O2],  391)  eine  andere  bezeichnung  für  das 
staubmoos  (byssus).    s.  dort  und  staubgcwebe. 

STAUBGEWAND,  n.    l)  gewand.  mit  staub  bedeckt,  oder 
zum  schütz  gegen  den  staub,     doch  schon  in  der  richtuiu/ 
auf  den  gebrauch  unter  2  bewegt  sich: 
im  staubgewiiiide 
irr'  ich  auf  dieser  weit  umher, 
und  sehe  fern  vom  mütterlichen  lande, 
den  hügel  deiner  ruh  nicht  mehr. 

Miller  im  OötL  mutenalmanacfi  (1775)  104. 

2)  in  diehteriscfier  spräche  eine  bezeichnung  des  mensch- 
lichen körpers,  welcher  gleichsam  das  irdische  gewund  der 
unsterblichen  seele  bildet: 

werf  ich  von  mir  einst  dies  mein  ataubgewand. 

Krli.rr  9, 199  (mein  vateriand). 

STAUBGEWEBE,  n.  nach  Campk  eine  andere  beteieh' 
nung  des  staubmooses  (s.  dort  und  oben  staubgewächs,  n.). 

STAUBGEWKRK,  n.  in  der  spräche  der  modernen  hygiene 
ein  handicerks-  oder  J'abrikbetrieb,  der  stark  der  belästigung  | 
durch  sich  dabei  entwickelnden  staub  ausgesetzt  ist:  (es)  ] 
konnte  festgestellt  werden,  dasz  der  gipsstaub  in  den 
gipsmUhlen  bei  weitem  nicht  die  nachteiligen  folgen  all 
andere  staubgowerke  ttach  sich  zieht  das  gesundheitt- 
wesen  des  preu.1».  Staates  (1U03)  851.  Il 

STAUBGEWIMMEL,  n.  leben  und  wben  at^f  dieser  *rd$l 
in  all  seiner  irdischen   natur  und  Vergänglichkeit  {vgL 
staub  11,  A,  sp.  1000): 

roit,  wann  Hm'idtevöbeUarterung)  im  ataubgewimmfl 
lingst  dea  unwerta  busze  zahlt. 

BOroBR  76'  (das  hohe  lird  lo«  drr  fitUKirti); 

ha  I   mit  deinem  ataubgewimro<-l 
llciigiit,  0  erito,  du  dabin  I 

MArrm><H(iN  l,  44  (dir  ^rr-  ' 


entfliegt  dem  ataubgowinimell 

Arndt  6,  96  Rösch  u. 


Cr. 


1113    STAUBGEWÖLK— STAÜBHELL 

STAUBGEWÖLK,  n.  gewölk  wogenden  wirbelnden  staubes 
über  einem  kampfplaiz,  auf  der  strasze  von  sich  bewegenden 
menschen-  und   thierhaufen    (Campe   belegt  das  wort    als 

gleichzeitig) : 

gott  ist  überall ! 
im  lichten  räum,  in  deiner  kerkerhöhle! 
im  Staubgewölk  !   im  Sonnenstrahl! 

Schubart  leben  u.  gesinmingen  2,  310; 
und  nun  das  dichte  staubgewölke  sinkt, 
da  sieht  man  erst,  was  sich  am  boden  regt. 

Uhland  ged.  438  [Fortunat  1); 

im  Staubgewölk  reiten  sie  heran! 

WiLBKANDT  Kricmh.  84. 

vgl.  auch  unten  Staubwolke. 

STAÜBGE WORDEN,  adj.  zu  staub  geicorden,  in  statib 
zerfallen:         magre  thürm',  entfleischte  steine, 
die  ihr  keine 

zeit  kennt,  seid  ihr  die  gebeine 
Staubgewordner  ber^e  nicht? 

Freiligrath  2,  29. 

dann  auch  'vermodert'  von  den  toten  {vgl.  staub  II,  5,  b, 
ap.  1086) :  neben  diesem  halb  versunkenen  kreuz  .  . ,  unter 
dem  das  kleine  staubgewordene  herz  ruht  Raabe  kindei- 
vonFinkenrode28S;  substaiitivisch :  die  geschichte  der  längst 
staubgewordnen  Klinuer  ll,  177  {betrachtungen  1,  231). 

STAUBGEWÜHL,  n.  gewiihl  wogenden  staubes :  im  staub- 
gewühl  der  strasze  wandern,  dann  stärker  verwendbar 
als  oben  staubgewimmel  zur  bezeichnung  irdischer  nichtig- 
keit  und  niedrigkeit:  dieses  grause  staubgewühl  Benzel- 
Sternau  bei  Campe. 

STAUBGLAS,  n.,  staubgläser,  plur..  augengläser,  welche 
zum  schlitz  gegen  den  straszenstaub  getragen  werden,  vgl. 
oben  Staubbrille :  ein  ziemlich  gewagtes  unternehmen  von 
ihm,  auf  seinen  fahrten  über  land  farbige  kreisrunde 
staubgläser  mit  einer  massiven  einfassung  zu  tragen 
Anzengruber  2,  31  {der  schandßeck). 

STAUBGLEICH,  adj.  dem  staube  gleich  oder  {toie  von 
Göthe  gebraucht)  dem  zustande  im  staube  gleichend,  d.  h. 
hinfällig,  vergänglich,  nichtig:  (menschen,)  die  von  allem 
lebensgefühl  so  ganz  verlassen  waren,  dasz  sie  das  ganze 
leben  und  wesen  der  sterblichen  für  ein  nichts,  für  ein 
kummervolles  und  staubgleiches  daseyn  erklärt  haben 
Göthe  18,  81  (Wilh.  Meisters  lehrjahre  l,  14). 

STAUBGRAU,  adj.  grau  in  der  färbe  des  staubes.  so- 
dasz  man  den  statib  nicht  darauf  sieht :  staubgraues  tuch; 
staubgrauer  mantel. 

STAUBHAAR,  n.  das  zuerst  sprossende  tceiche  barthaar 
eines  jungen  mannes:  dag  erst  barthaar,  gauchshaar 
(*.  gauchhaar  l  theil  4, 1, 1, 1534),  staubhaar,  Innugo  Dasy- 
PODius.  Go  LI  US  (1590)119;  staubhaar  HuLSius  (1618)238"; 
Btaubhaar,  lanugines  Frisch  2,322^.  ndd.  stoofhaar  nach 
Chytrakus  bei  Frisch  2,  322".  nach  Adelung  schlieszen 
sich  Singular  das  staubhaar  und  plural  die  staubhaare 
in  der  jeweiligen  gebraucfisiceise  aus:  er  {der  jiingling  zu 
Kaim)  was  jetzund,  das  im  das  staubhar  under  der  nasen 
herfür  stach  Keisersberg  evang.  (1517)  62*>.  die  mit  den 
stanbhaaren,  gemeint  als  Jünglinge :  diejenige,  welche  ausz 
Teutschland,  aus  jhrem  vatterland  niemahlen  einigen 
fusz  gesetzet,  sondern  mit  den  staubhaaren  allererst  von 
haus  geflicket  werden  {d.  h.  deren  kleider  bis  in  das  Jüng- 
lingsalter hauptsächlich  zu  haus  hergestellt  werden)  Phi- 
lander 1,703.  vgl.  auch  oben  staub  II,l,i  und  staubfeder. 
STAUBHALTIG,  adj.  staub  enthaltend,  als  ausdruck 
moderner  hygiene:  staubhaltige  luft  in  einer  fabrik. 

STAÜBHANF,  m.  der  nur  bluten  zeitigende  männliche 
hanf,  cannabis  safiva  mas  Nemnich  1,  834.  Oken  3, 1553. 
twi  gegensatz  zum  xceiblichen  samenhanf  {theil  8,  1734); 
seine  volksthümliche  benennung  fimmel  {d.  i.  cannabis 
femella),  verkehrt  gebraucht  ari  stelle  von  mäschel  (d.  i. 
cannabis  mascula  theil  6,  1695),  s.  theil  3, 1638. 

STAUBHAUFE,  STAUBHAUFEN,  m.,  z.b.  auf  einer 
hrümmer statte:  werden  sie  {die  Juden)  die  steine  lebendig 
machen,  die  staubhauffen  und  verbrand  sind?  Nehemia  4,2. 
STAUBHAUT,  /.  in  der  Pflanzenkunde  eine  bezeichnung 
der  samenhaut  der  schwämme  {welche  den  samenstaub  in 
winzigen  büchschen  trägt)    Illigeh  bei  Campe. 

STAUBHELL,  adj.:  blassbraune  halden,   blassbraune 

I~  höhen  und  staubhelle  wege  v.  Borch  Jacobsen  sechs 
noveUen  a.  l  Reclam,  d.  h.  lull  xmd  tceithin  leuchtend  durch 
den  darauf  lagernden  staub. 


STAUBHEMD  —  STAUBIG 


1114 


STAUBHEMD,  n.  in  Süddeutschland  ein  hemdartiger 
leinwandkittel ,  welcher  zum  schütz  gegen  den  staub  bei 
langen  tcandenmgen  über  dem  rock  getragen  vrird;  ein  theil 
der  handtcerksbtirschentracht  in  jener  zeit,  da  das  icirkliche 
wandern  noch  ah  fröhliche  pflicht  vom  handwerk  gefordert 
vntrde:  sie  standen  wehmutsvoll  vor  der  hausthüre  der  Züs 
Bünzlin,  in  lange  braune  rocke  gekleidet  mit  alten  ver- 
waschenen Staubhemden  darüber  Keller  4,246  {die  drei 
gerechten  kammacher).  er  {der  dritte  reisende)  trug  ein 
staubhemd  von  ungebleichter  leinwand  mit  einem  kleinen, 
über  die  schulter  hängenden  kragen  und  auf  dem  rücken 
einen  nicht  ungewichtigen  leinwandtornister  Vischer 
auch  einer  1,  29. 

STAUBHIMMEL,  m.  himmel,  ganz  von  wirbelndem  staub 
erfüllt,  tritt-  als  achter  zu  den  sieben  himmeln  der  planeten 
ROckert  Firdosi  1,  310. 

STAUBHINGESUNKEN,  adj.  nach  knechtes  weise  in  den 
staub  hingesunken,  vgl.  staub  II,  4,  a  {sp.  1081  jf.): 

auch  woir  im  andern  nicht  mir  zärteln  weiberhaft, 
noch  nach  barbarengruszes  weise  knechtisch  mir 
staubhingesunk'ne  huldigung  entgegen  blähn. 

Droysen  Aischylos^  39. 
STAÜBHOSE ,  /.  kegelförmig  von  einem  wirbelicind  in 
die  holte  gehobene  staubmasse,  vgl.  unten  Wasserhose  und 
Windhose,  imdeminut.  staubhöslein,n.:  auf  der  strasze 
spürte  man  nur  kurze  windstösze,  vor  denen  manches 
staubhöslein  keck  aufwirbelte  Rösegger  teildl.  (i906)  319. 
STAUBHÜGEL,  m.  hügel  von  statib.  Cvmpe;  als  be- 
zeichnung des  grabhügels  {in  einem  bilde) :  wie  froh  wollte 
ich  über  ihren  {d.  h.  der  von  mir  gemachten  bösen  erfäh- 
rungen) Staubhügel  hinwegsehen!  Thümmel  9, 126. 

STAUBHÜLLE,/,  l)  stouphüli,  conopeum  Dief.  nov. 
gloss.  109";  schützende  hülle  wider  den  staub,  so  als  be- 
zeichnung eines  betthimmels  Frisch  2, 322°,  des  verdecks 
einer  kutsche  ebenda. 

2)  hiUle  von  staub,  gern  mit  den  adjectiven  dicht  und 
dick  verbunden:  das  kleine  gewölbe  des  rathhauses,  wo 
alte  akten  in  dicker  staubhülle  die  zeit  erwarteten,  in 
welcher  ihr  stillleben  unter  dem  Stampfer  einer  Papier- 
mühle enden  würde  Freytag  6, 149  (verl.  handschr.  l,  8). 
STAUBHÜLSE,  /.  nach  Campe  eine  andere  bezeichnung 
für  den  Staubbeutel  {s.  oben). 

STAUBHUND,  m.,  dasselbe  icie  oben  stäuber  3  {sp.  1104 J?".); 
in  älterer  spräche  stoubhund,  stipularius  Fhitsche 
Closener  vocab.  von  1383  {vgl.  zeitschr.  für  deutsche  icort- 
forsch.  2,179).  staubhund,  cZaiiatZa  {lies:  caniculä)  Dief. 
nov.  gloss.  95*.    mittelniederd.  stofhund. 

STAUBJAGEN,  n.  'jagen  {jagd)  auf  den  in  der  wohnung 
lagernden  staub'  in  einer  Schilderung  des  groszen  reine- 
machens:  endlich  war  es  vorüber,  das  schreckliche  fegen 
und  scheuern  und  staubjagen,  ein  taglanges  rasen 
RosEGGER  Wildlinge  128. 

STAUBIG,  STAUBICHT,  STEUBIG,  STEUBICHT,  adj. 
puluenilentus.  die  umgelautete  form,  gehört  hauptsächlidi 
Mitteldeutschland  an  (Mathesius,  Melissus,  Stieler, 
Steinbach);  dasz  auch  Heine  ran  ihr  gebrauch  macht, 
beiceist  nichts  daicider. 

l)  mit  lagerndem  und  icirbelndem  staube  erfüllt,  ent- 
sprechend staub  11,1,  sp.  iQliff- 

a)  in  der  landschaß:  staubichter  weg,  camino  polveroao 
Kramer  dict.  2  (1702),  916";  steubichter  weg,  via  pulverti- 
lenta  Stielek  2125;  ein  staubichter  weg,  via  aestuosa  et 
pulverulenta  Steinbach  2,708;    auf  der  staubigen  land- 
strasze  C.  F.  Meyek  Jürg  Jenatsch  1,69;   flucht  und  ver 
folgung  und  wieder  kämpf  —  schnelles   eilen  . . .  über 
staubige  landstraszen  W.  Raabe  unseres  herrgotts  canzlei 
1,233.     {bildlich:)    {thema.)    die    fuszstapfen    der    Völker- 
wanderung  auf  den  . . .  staubigen    landstrassen   unserer 
zeit  aufzusuchen  Görres  ges.  briefe  3,  52. 
welch  eewerb  treibt  dich 
durch  des  tages  hitze 
den  staubigen  pfad  her? 

Göthe  2,  176  {der  wandrer). 
staubige  rennbahn  u.  s.  w.: 

die  freiheit  schwebt  wie  ein  engel, 
schwingend  den  leuchtenden  kränz,  über  der  staubigen  bahn. 
Arndt  4,  63  Bötch-Meigner. 

staubige  stadt :  etwas  beschicken  ?  —  das  überlass'  heute 
den  leuten  in  der  staubigen  stadt  Ghabbe  3,  69  {Napo- 
leon 2,  i). 

Cr. 


1115 


STAUBIG 


STAUBIG 


1116 


b)  entsprechend  staub  II,  i,f(ap.  1074)  die  staubige  Werk- 
statt des  Webers  u.  *.  w.  hierher  auch  staubiger  werkel- 
tag  u.  ä.    vgl.  in  büdlieher  Verwendung: 

im  staub'gen  handwerkstage  meines  lebens. 

Wildenbruch  Harold  (1889)  39. 

c)  staubiger  wind,  der  staub  mit  sich  führt:  vom  stau- 
bechten wind  Sebiz  feldbau  (1579)  159;  vgl.  auch:  zeigt 
an.  dass  der  lufft  gantz  trüb  und  staubecht  ist.  5. 

d)  staubiges  wetter,  dürre,  trockne  zeit,  wo  man  unter 
der  staubplage  zu  leiden  hat,  in  Süddeutschland  staubicht 
wetter,  tempo  polveroso  6  quando  fä  polvere  Krameh 
dict.  2  (1702),  916»;  auch  in  der  wendung:  wo  kommt  ihr 
her  in  dem  staubichten  wetter?  ebenda; 

ah  mein  Ewlenspie^l,  semper  quiest 
wan  her  des  lands  im  staubing  weter? 
pist  übern  walt  kumen  so  speter. 

H.  Sachs  faetii.  gp.  6,  87,  83  Götze. 

der  mitteldeutsche  beleg  der  wendung  steubicht  wetter, 
tempestas  torrida  Stieler  2125  steht  wol  leicht  in  abhängig- 
heit vom,  oberd.  gebrauch,  die  der  nördlichen  landschaft 
mehr  entsprechende  umicertung  dieser  ivendung  vgl.  unter  8. 
c)  und  immer  mehr  activität  an  sich  ziehend:  durch 
Wechsel  von  allbefruchtendem  regen  und  staubig  ver- 
ödender dürre  A.v.  Humboldt  kosmos  2,^2;  dasz  ich 
mich  vor  der  staubigen  dürre  der  residenz  wahrhaft 
ängstige  Bismarck  briefe  an  seine  braut  368. 

2)  mit  staub  bedeckt  {entsprechend  oben  staub  II,  1  ist 
lagernder  staub  ein  starkes  charakterisücum  des  betreffenden 
gegenständes,  wodurch  zumeist  eine  reihe  von  weiteren  Vor- 
stellungen für  unser  sprachliches  beumsztsein  lebendig  ge- 
macht werden): 

o)  staubig  mit  beziehung  auf  personen,  zugleich  mit 
der  heraufführung  von  Vorstellungen  wie  von  vollführter 
Wanderung,  geleisteter  arbeit  u.  s.  w.,  selten  auf  unreinlich- 
keit  an  sich  zielend  (vgl.  staub  II,  1,  dff.,  sp.  1072).  staubig 
sein :  flederwisch  .  .  .  der  kan  uns  abkehren ,  seh ,  seh : 
gesell  bist  auch  noch  stäubig?  Garg.  208  neudr.;  er  ist 
vom  langen  marsche  ganz  staubig,  staubig  von  der  arbeit 
kommen;         war  ich  endlich  staubigt  angekommen. 

Hölderlin  dichtungen  1,  63  Leitzmann; 

keiner  putzt  die  schuhe, 

keiner  sieht  sich  um, 

staubig  brechen  alle 

dir  ins  heiligtum    Keller  10,  57  (an  das  herz). 

dagegen  gehört  die  toendung  sich  staubig  machen  (Campe) 
vielmehr  in  die  Sphäre  von  2,  b,  ebenso,  toenn  ein  gegen- 
gtand  die  ihn  anfassende  oder  .tonst  mit  ihm  in  berühricng 
kommende  person  staubig  macht,  vgl.  mit  ganz  unbestimm- 
tem subject:  hab'  eine  weil'  alte  bibliotheken  durch- 
fahren ...  phu !  was  es  drinnen  staubig  machtl  maleh 
Müller  2,  lo. 

a)  der  staubichte  begräbniszmusikante  |?oitf.  maulaffeb; 
ein  staubiger  untersetzter  bäckermeister  Brentano  5,107; 
in  die  sphäre  2,  b  tritt  wieder  hinüber  der  staubige  pedant, 
der  gleichsam  von  allem  stubenhocken  und  umgang  mit 
altvertrockneten  büchern  selbst  ganz  staubig  geworden  ist: 
die  beredsamkeit  staubigen  pedanten  .  .  .  überlassen 
Herder  5, 627  Suphan. 

ß)  staubige  docke  in  Nürnberg  spöttische  bezeichnung 
einer  steif  oder  hochmütig  sieh  benehmenden  frauensperson. 
nach  HÄ8LEIN  gab  den  grund  für  diese  schelte  die  in 
grösze  xind  form  einer  frau  hergestellte  und  mit  Sägespänen 
angefüllte  docke  (puppe),  welche  beim  ocJisenhetzen  auf  einem 
rädergestell  mittels  langer  stange  dem  tcütigen  thier  ent- 
gegengeschoben wurde,  wo  sie  denn  so  zugerichtet  worden, 
datt  der  »taub  davon  flog  (wol  besser:  sie  naclüier  gann 
bedeckte)  Sciim.' 2, 719. 

■/)  von  einzelnen  theilen  des  körpers:  gieng  bin  mit 
atanbigen  armen  and  schweissigen  schultern  und  an- 
geaicht  and  stellt  sich  steif?  in  die  fussstapfTon  buch  der 
liebe  217,  S;  wie  er  sich  aber  seinen  staabigen  hart  wusch 
Bhehtako  frühlingskranz  (1H«4)64;  staobigc  haut,  staubige 
kehle  eines  durstigen  wandersmannes ,  der  den  staub  in 
der  kehle  mit  kühlem  irunk  hinunterspiÜt  (vgl.  oben 
■tauben  3,  verh.  tp.  109H); 

mit  WMMT  sei  di«  itaabire  baut  Meinet, 
dU  «tnnbife  kehle  dann  mit  rebenblut. 

WiutRANUT  Kriemh.  »l. 

0)  aueh  aU  eigensehaft  der  kleidung  einet  solchen 
meiuehen   wie   unter  at   tcbnell    entkleidet   von   meiner 

Cr. 


staubigen  hülle  trat  ich  in  ihn  (den  see)  Herder  24,  570 
Suphan;    da  legten  mörder,  heiss  von  wuth, 

zu  eines  Jünglings  füssen  hin  .  .  . 

die  kleider  staubig,  schweiszbefeuchtet. 

V.  Droste-Hülshoff  3,181  {dag  geitüiche  jahr)\ 

Ludwig  fegte  mit  der  reitgerte  die  spitzen  seiner  staubigen 
Stiefel  Ebner-Eschenbach  4, 13; 

dasz  deine  schuhe  so  staubig    Arnim  14,  74 ; 

am  eingang  läszt  der  pilger  zurück 

die  stäubigen,  drückenden  schuhe. 

Heine  1,  420  EMer  {fromme  wamnng). 
staubiger  hut  Campe,  sich  der  sphäre  2,6  nähernd:  die 
ernste  weltweisheit . . .  liebt'  auch  ich  im  gewande ,  das 
ihr  Feder,  Kant,  Mendelssohn  . . .  umwarfen,  mehr,  als 
in  ihrem  alten  staubichten  mantel  Schubart  leben  u. 
gesinnungen  l,  94. 

b)  voll  staub  gelagert,  als  deutliches  zeichen  des  un- 
ordentlichen, sehr  häufig  aber  des  langen  unbenutzt seins, 
entsprechend  staub  II,  1,  ä,  sp.  iOlif ;  in  mythologisierender 
spräche  faszt  G.  Freyiag  die  unter  solchem  staub  der 
Vergessenheit  gelagerten  geheimnisse  als  staubige  geister: 
das  ist  die  gnomentracht ,  in  der  ich  den  staubigen 
geistern  des  bodens  zu  nahen  wage  werke  7,  334  (verl. 
handschr.  4,9).  staubiger  hausboden,  staubige  stube  u.s.w.: 
bey  den  büchern,  in  einer  engen  staubigten  studier- 
stube,  vergiszt  man  des  körpers  sehr  leicht  Lessing  l,  406 
(freigeist  2,2);  seine  zimmer  waren  staubicht  Thümmel 
reise  i,  30.  staubiger  fuszboden :  hier  fiel  die  bouteille 
vor  schrecken  aus  der  band;  sie  sprang  in  stücken, 
und  die  kostbare  neige  flosz  auf  den  staubigten  boden 
Lessing  l,  508  (schätz  17).  staubiges  gerät  aller  art: 
staubichte  bücher,  staubicht  gerate,  libri,  mobili  polverosi, 
coperfi  di  polvere  Kramer  dict.  2  (i702),  916»;  staubiger 
tisch  Campe;  nur  dem  verlierenden  fiel  es  zuweilen  ein  in 
alten  staubigten  Urkunden  nachzuschlagen  A.  v.  Droste- 
HOlshoff  2,  262  (Judenbuche);  nur  das  muttergottesbild  . . . 
war  .  . .  zwischen  staubigem  gerümpel  eines  hausbodens 
von  einem  kunstsinnigen  Dänen  aufgefunden  Stohm3,  17fi 
(von  heut  und  ehedem);  ew.  hoheit  werden  sich  an  dem 
umherschleppen  der  staubigen  möbel  nicht  erfreuen 
Freytag  7,  336  (verl.  handschr.  4,9); 

in  staubigen  scherben  alter  topfe,  .  .  . 
in  solchem  wüst  und  moderleben 
musz  es  für  ewig  grillen  geben. 

Göthe  14,  78  jub.-axiso-  {Famt  II,  2) ; 
welke  Veilchen,  stäub'ge  locken, 
ein  verblichen  hlaups  band. 

Hei.ve  1,  415  EUter  (autodaje). 

—  als  beispiel  diene  für  die  tgpisclte  Verwendung  unstrts 
tcortes  besonders  in  der  spräche  des  diehters: 

dann  wecket  kein  munterer  ton  die  saiten  der  staubichten  leycr ; 
dann  hängt  sie  vergessen  an  buchen,  und  schweigt. 

Cronbuk  2,  189. 

staubige  Spinngewebe  aber  bedeuten  gleichsam  eir       * 
rung  in  dieser  begriffsxcelt :  in  staubige  spinngcv 
gewickelt  Ludwig  l,  184  (zicisclien  himmel  und  «/„t 

c)  im  staubigen  kerker  wol  nicht  zunächst  mit  riicksicM 
auf  den  dort  handlichen  staub  und  schmuts,  sondern 
beeinfluszt  vom  staubigen  grabe,  tcelclie  beiden  begriffe  hier  * 
das  Sprachgefühl  zusammenbrachte ,  me  denn  der  kerker 
gleichsam  eine  grabesgruft  für  den  metischen  bei  lebendigem 
leibe  ist :  aber  die  seelen  versezen  sich  aus  dem  staubigten 
kerker,  und  treffen  sich  im  paradiese  der  liebe  Scjiilleh 
2,151  (räuber  i,  i  schausp.).  —  staubiges  grab: 

ins  staubge  grab 
mttsoen  sie,  wie  russfe^r  htnab! 

Hkrdbr  S5,  866  anm.  Suphnn, 

wozu  staab  11,  6,  sp.  lOM  tu  vergleieheti  iet.     als  begriff»' 
enceiterung  in  dieser  »phäre  aber  »tdlen  »ich  dar: 

und  alle  unsre  gestem  führten  narr'n 
den  pfad  de«  staubnn  tod's. 

Shakespeare  9,  844  (Macbeth  6, 6); 
und  80  führt  »ie  hinal>  in  die  staubige  nacht; 
unbeweint,  unbuklagt,  ohne  Rong  una  geleit. 

Frbiliokath^  3,  217  {drinnen  und  droiuafN). 

S)  staubig  in  entsprechender  ergämung  und  »teigerun§. 

a)  im  verstärkenden  paralMismus  de»  gleichen  begriff», 
stAubig  und  stiebig:  was  werden  wir  in  derselben  Men 
wüsten  st&ubigen,  sUbigen  Sandschandban  der  Sandscham- 
panien  zu  saulTen  haben?  Oarg.  s&s  neudr.;  —  staubig  und 
sandig:  die  rogenfülle  dieses  jahros  ...  hatte  die  sonst 

Cr. 


I 


1117 


STAUBIGKEIT— STAUBKITTEL 


STAUBKLUMP — STAUBLAPPEN        1118 


staubige  sandige  wüstennatur  in  sampfflächen  verwandelt 
Ritter  erdkunde  3,  356. 

b)  sich  begrifflich  mehr  von  einander  entfernend ;  staubig 
und  schmutzig:  {das  mädchen)  muszte  sich  neben  den 
herd  in  die  asche  legen,  und  weil  es  darum  immer 
staubig  und  schmutzig  aussah,  nannten  sie  es  Aschenputtel 
BRÜDER  Grimm  kinder-  u.  hausmärchen  21;  —  staubig  und 
dunstig:  in  der  staubigen  und  dunstigen  stube  Ludwig 
3, 89  {erbförster  4,  5) ; 

fort  ans  staub'ger,  dunst'ger  hölle  Arnim  12,  20. 
staubig  und  schwarz  u.  s.  v. :  die  liebe  biblia,  die  etwas 
unter  der  banck  stacke,  unnd  gar  steubicht,  tunckel  und 
angeloffen  war  M.\thesius  Sarepta  (lö7l)  leg*;  fünfzig 
schwärzliche,  staubige  schauerleute  Frenssen  Jörn 
Uhl  495. 

i)  staubig  (in  anlehnung  an  2)  vom  schtcachen  nieder- 
schlug kochenden  wassers  in  einem  kessel:  {das  icasser  des 
sees)  machte  das  innere  des  theekessels  nach  viermonat- 
lichem,  täglichem  gebrauch  kaum  etwas  staubicht  durch 
seinen  ansatz  Ritter  erdkunde  3,  91. 

5)  vereinzelt  staubig  in  staubform,  staubartig:  nicht 
alles  sandig  erdrichs  ist  böss,  sonder  nur  der  mager  sand, 
der  staubig  Sebiz  fddbau  (1579)  24; 

seien  wi  stenbige  spren  leicht. 

Melisscs  pKolmen  128,  5  neudr. 

6)  entsprechend  staub  11,  l,  l,  e,  sp.  1077  staubig  als  eigen- 
Schaft  einer  blute  und  ihrer  staubwerkzeuge :  das  schillernde 
würmchen  drängte  sich  in  seinen  staubigten  blumenkelch 
hinab  J.  Paul  7,243  {Hesperus  l). 

7)  eine  erinnerung  an  den  staub  auf  dem,  feU  eines 
kranken  thieres  {vgl.  stäuben,  verb.  t,f,  sp.  IIOO)  bergen 
xcol:  staubige  ross,  nit  glatt  und  gestriglet,  strigosiores  equi 
Maaler  385<^,  wo  natürlich  nur  an  gewöhnlichen  staub  zu 
denken  ist,  der  geicissermaszen  vergleichende  ausgangs- 
ptinkt  dieses  gebrauchs  abe^-  auf  dem  felde  der  eingangs 
erwähnten  besonderen  Verwendung  zu  suchen  ist. 

8)  staubig  entsprechend  staub  II,  i,l,  d",  sp.  1077  von  fein 
versprühendem  wasser:  staubiges  wetter,  regnerisches  weiter 
ScHM.-  2,  719,  wobei  die  Übereinstimmung  der  Wendung  mit 
oben  1,  d  auffallen  musz;  es  ist  staubigt  wetter,  es  regnet 

''■>  Klein  2, 169. 

'  staubig  ist  in  der  spräche  der  AUgäuer  milchwirt- 
schaft  eine  mölke,  welche  staub  (II,  i,  l,  x.  sp.  1077)  führt 
Martiny  wb.  der  milchicirtsch.  121*.  ähnlich  ist  trübes  bier 
staubig  ScHM.2  2, 719. 

10)  übertrnfjen  staubiges  kleid,  der  irdische  leib  des 
menschen,  welcher  bestimmt  ist.  in  staub  zu  verfallen  {vgl. 
staub  II,  5,  sp.  1085  jf.);  im  plural: 

auch  Edmund  lebet,    er  hat  im  grabe 
nur  die  staubigen  kleider  abgele^. 

Herder  27,  86  Suphan. 

11)  flüchtig,  eilig,  entsprechend  stäuben,  verb.  7,  d  sp.  1103. 
adverbial .-  • 

(die  Mrtehe)  von  dem  gebürg  herunder  zohen, 

und  staubig  in  dem  holtz  umbflohen. 

Spreng  Aenei*  66». 

STAÜBIGKEIT,  /.  zustand  des  staubigseins .-  staubigkeit 

des  bodens  K.  B.  Lehman  methoden  derprakt.  hygiene  2, 156. 

STAUBKAFER,  m.    i)  bezeichnung  von  opatrum  sabu- 

losum,   einem  käfer,   der  an  sandigen  orten  von  aas  und 

anderen  unreinen  Steffen  lebt  Oken  3, 1786. 

2)  nach  Campe  heiszt  scarabaeus  ptdverulentus  der 
staubkäfer,  weil  feiner  staub  auf  ihm  zu  liegen  seheint; 
vgl.:  staubkäfer,  scarabaeus  farinosus  Nemnich. 

STAUBKALK,  7?i.  gebrannter  kalk,  rcelcher  ungelöscht  an 
der  luft  in  staub  zerfallen  ist  (Campe);  mit  staubkalk 
die  felder  düngen. 

STAUBKAMM,  m.  kämm  mit  sehr  eng  aneinanderstehen- 
den  Zähnen,  um  das  haar  von  staub  zu  reinigen;  er  ent- 
spricht dem  für  gröbere  bedürfnisse  ursprünglich  gedachten 
mhd.  nigkamp.  vgl.  Heyne  hattsaltertümer  3, 6i.  Schulz 
höf.  leben  1,230. 

STAUBKAMMER ,  /.   mit   icasserbratisen   versehener  ge- 
»Mossener  räum,  welcher  den  in  einer  falrrik  u.  s.  w.  er- 
(  regten  staub  m,it  hülfe  des   Staubsaugers  aufnimmt  und 
.  dann  durch  feuchtigkeit  niederschlägt. 

STAUBKITTEL,  m.  kittel,  welchem-  die  kleider  gegen  den 
!  umherwirhelnden  staub  schützt,    vgl.  oben  staubhemd  und 
unten  staobmantel. 


STAÜBKLUMP,  m.  die  erde  als  weltkörper  in  ihrer 
Meinheit  und  unbedeutend heit  gegenüber  dem  toeltall  (in 
beziehung  zu  staub  II,  6,  sp.  1090) ;  warum  deckt  uns  gott, 
wenn  wir  tagüber  vom  stral  der  sonne  ermattet  und  an 
unsem  staubklump  gefesselt  waren ,  nachts  dieses  hohe 
gefilde  unendlicher  ewiger  aussiebten  aaf  ?  Herder  15,  271 
Suphan  {über  die  Seelenwanderung  2);  atich  in  schteacher 
form  staubklumpe,«».:  der  staubklumpe  des  erdballs 
J.  Paul  7, 168  (Hesperus  l). 

STAÜBKOLBE,  /.  ist  begrifflich  mit  Staubbeutel  (s.  oben) 
eins  Dietrich  lexicon  der  gärtnerei  u.  botanik  1  (l802),  545. 

STAÜBKÖLBCHEN,  n.,  deminut.  zu  dem  vwigen:  Staub- 
beutel oder  staubkölbchen  {anthera)  Ratzkbvrg  standort- 
gewächse  (1859)  29. 

STAUBKORN,  n.  einzelnes  staubtheilcJien,  atom,  vgl.  oben 
staub  I,  3,  sp.  1070  t^nd  die  entsprechenden  begriffe  (oberC) 
stäubchen,  staubfaser  uji<f(«?if«»t)  stäublein;  (ncften  atom:) 
von  dem  ersten  atom,  dem  unfruchtbarsten  staubkome 
der  Schöpfung  an,  das  noch  kaum  dem  nichts  entrann 
(ältere  lesart  zu  dem  späteren  staube)  Herder  15,  289 
Suphan  (über  die  Seelenwanderung  3);  so  blieb  er  auch, 
ohne  zu  weichen,  bis  vom  zuge  kein  staubkom  mehr  zu 
sehen  war  Hippel  8,110  (kreuz- u.  querzüge  1,22),  d.  h. 
rei7^  gar  nichts; 

um  tücher  aus  Samarkand,  um  perlenschmuck  von  Aden 
verhandl'  ich  nicht  das  Staubkorn,  das  deine  ferse  betrat. 

Pl.\ten  79». 

es  bezeichnet  übertragen  (entsprechend  staub  II,  5,  /,  sp.  1089) 
den  irdischen  menschen  in  aller  seiner  unbedeutenden  nichtig- 
keit:  gott,  was  ist  der  mensch,  das  staubkom  im  ström 
der  Zeiten  Herder  5,  240  Suphan;  dann  auch  den  erdball 
(noch  mehr  im.  tcegicerf enden  tone  al^  oben  staubklump): 
und  was  sollte  meinen  geist  an  dies  träge  staubkom 
fesseln,  sobald  mein  leib,  diese  hülle  herabsinkt  Herder 
15,  271  Suphan;  vgl.:  doch  ist  es  nicht  schon  eine  straf- 
bare thorheit,  das  staubkom  gegen  den  unermeszlichen 
zu  wägen,  das  er,  ohne  zu  achten,  wohin  es  flog,  von 
dem  säume  seines  kleides  abblies  ThOmmel  reise  7,  206. 
eine  begriffliche  Steigerung  soll  aber  noch  darstellen:  und 
nun  mensch,  du  staubkom  auf  dem  staubkom  der 
Schöpfung!  Herder  6,  87  Suphan. 

STAUBKÖRPER,  m.,  gewöhnlieh  im  deminut.  staub- 
körperchen,  n.  in  toissenscliaftlicher spräche  das  einzelne 
Staubkorn:  mit  (dieser  methoden)  hilfe  kann  weder  die 
anzahl,  noch  weniger  die  natur,  oder,  um  mich  so  auszu- 
drücken, die  Individualität  der  staubkörperchen  bestimmt 
und  erforscht  werden  J.  Fodor  hygienische  Untersuchungen 
1  (1881),  91. 

STAUBKRANKHEIT,  /.  erkrankung  der  Schleimhäute  der 
äugen  und  der  atmungsorgane  durch  einwirkung  von  fabrik- 
staub u.  s.  tc.  deutsche  Vierteljahr sschrift  für  öffentl.  ge- 
sundheifspflege  31  (1897)  suppl.  317. 

STAUBKRIECHEN,  n.  schmeichlerisches,  sklavisches  wesen 
gegenüber  einem,  höher  stellenden  (vgl.  staub  II,  4,  a,  y, 
sp.l083):  ihr  müszt  doch  eine  entschädigung  für  euer  staub- 
kriechen haben  Benzel-Sternau  bei  Campe. 

STAUBKRIECHER,  m.  ein  niedrigdenkender  mensch,  ein 
Schmeichler  (s.  das  vorige)  Campe,  vgl.  atich  unten  staub- 
lecker. 

STAUBKRUSTE,  /.  lagernder  staub,  der  durch  feuchtig- 
keit zu  einer  festen  kruste  geworden  ist:  durch  die  dicke 
Staubkruste  auf  unseren  gesiebtem  bahnte  sich  der 
schweisz  furchen  und  rinnen  Liliencron  zehn  novellen  ts. 
vgl.  auch  unten  staubrinde. 

STAUBKÜGELCHEN,  n.  (deminut.  zu  staubkugel,/.) 
das  einzelne  kugelförmige  sfniibtfieilchen  im  Staubbeutel 
einer  blute:  diese  staubkügelchen  sind  aber  nur  gefäsze, 
worin  höchst  feiner  saft  aufbewahrt  wird  Göthe2,  6, 58 
Weim.  ausg.  (metamorph.  64). 

STAUBLAGE,/,  bedeckende  läge  von  staub:  die  ehemals 
so  glänzenden  platten  der  tische  und  kommoden  deckte 
eine  undurchdringliche  staublage  Marlitt  heideprimesz- 
chen  386.  vgl.  auch  oben  staubdecke  und  unten  Staubschicht. 

STAUBLAPPEN,  m.  zeuglappen,  icelcher  zum  staub- 
wischen  dient  (vgl.  staub  II,  1,A.  *p.  1074):  und  Brandolf 
wanderte  sich  nur,  ob  . . .  ihm  ehestens  ein  reinigungs- 
werkzeug  mit  Staublappen  und  flederwisch  anvertraut 
werde?  Keller  7,189  (sinnged.  9).     vgl.  unten  staobtuch. 

Cr. 


1119 


STAUBLAÜS  —  STAUBLEIN 


STÄUBLING  -  STAUBMANTEL    1 1 20 


STAÜBLAUS,  /.  l)  bezeichnung  einer  art  von  sehr  kleinen 
kopflätisen  Adelung  (vermutlich  handelt  es  sidi  nur  um 
die  junge  brut  der  gewöhnlichen  köpf  laus). 

2)  auch  name  der  papier-  oder  hücJierlauü  {termes  pulsa- 
ioriua),  Kelche,  so  fein  icie  staub,  dem  bloszen  äuge  kattm 
sichtbar  ist.  ebenda,  neuerdings  umfaszt  die  benennung 
staublaas  zwei  verschiedene  arten,  den  kleineren  'troctes 
diviimtorius'  utid  den  gröszeren  'atropos  pulsatorius' 
Brehm  kleines  thierlehen  3,  638. 

STAUBLAWINE,  /.  gewaltiger  stürz  einer  groszen  menge 
feinsten  eisstaubes,  wobei  die  eigentliche  gefahr  roeniger 
durch  die  so  fortgeführten  .<ichneeniassen,  als  durch  den  bis  zu 
örtlichen  orkanen  sicJi  steigernden  luftdruck  bedingt  wird, 
vgl.  Ratzel  die  erde  u.  das  leben  2,  808/.  in  der  schtoeize- 
rischen  form,  staubloweln  mit  der  erklärung:  nivis  minimi 
cqpia  homines  tegens  et  aedificia  Frisch  2,  822°. 

allein  die  Staublawine  bricht 

fewaltsam  fort,  hat  nur  ein  hauch 
ie  ersten  flocken  angetrieben. 

A.  V.  Droste-Hülshoff  2, 194  {hosjnz  auf 
dem  groszen  St.  Bernhard). 
im  vergleiiA:   dann,  einer  Staublawine  gleich, 

entlastet  sich  der  lüfte  reich    2,  134. 

STAUBLECKER,  m.,  der  gleichsam  den  staub  vor  einem 
höher  stehenden  leckt  (vgl.  staub  II,  4,  b,  sp.  1085),  ein  niedrig 
denkender  mensch,  ein  staubkriecher  (s.  oben)  Campe. 

STAÜBLEGKEREI,  /.  handlung,  tMtigkeit  und  zustand 
des  vorigen :  kriecherei  und  staubleckerei  Kosegarten 
bei  Campe;  er  treibt  viel  staubleckerei. 

STAUBLECKERIN , /.  zu  staublecker:  wie  oft  diese 
hohe  göttliche  Thalia  eine  spaszmacherin  des  pöbeis,  oder 
staubleckerin   an  sehr  kleinen  thronen  Schiller  8,  .512. 

STAUBLEDER,  n..  im  steirischen  l)  irchleder,  d.  h. 
hirsch-  oder  rehleder,  weich  gegerbt  und  schtvarzgefärbt 
Unger-Khu  LL  öTO*»;  2)  auch  schmachgegerbtes  (vgl.  schmach 
theil  9,  sp.  896)  schafleder.  ebenda,    (s.  auch  oben  staubfell.) 

STAUBLEIB,  m.  irdLicher  leib  des  menschen,  loelclter  be- 
stimmt ist,  in  staub  zu  zerfallen  (vgl.  staub  II,  5,  b,  .sp.  1086); 
die  vergängliche  hülle  der  unsterbliclien  seele-. 

den  staubleib  tragen!    Schubart  ged.  2,  65; 
sie  würgt  ja  nur  des  staubleibs  glieder    1,  46; 

und  (ich)  wünschte  mir,  ...  ausgesöhnt  mit  gott,  den 
flug  des  Christen  hinauf  in  die  weiten  des.lichts  zu  fliegen, 
und  diesen  staubleib  auf  dem  thurme  zurückzulassen 
leben  u.  gesinnungen  2, 107,  loie  man  ein  gewand  von  sich 
streift;  fehlt  es  nun  an  strahlen ,  so  musz  ihre  seele, 
nachdem  der  staubleib  verfallen  ist,  heimatlos  auf  der 
erde  umherirren  Ric.  Huch  vitae  somnium  breve  i,  332. 

STÄUBLEIN,  71.,  wie  oben  stäubchen  deminut.  zu  staub : 
das  einzelne  Staubkorn,  atom.  mhd.  stöubelin.  nhd.  zu- 
nächst noch  kleyns  stäublin,  pulvisculus  Dasypodius, 
eine  form.,  di«  Luther  noch  stark  bevorzugt,  in  der  form 
das  ßtöuble,  pülverle,  pulvisculus  Maaler  385«. 

l)  in  eigentlicher  bedeutung:  es  ist  nicht  ein  steublin 
noch  iröpflin,  damit  gott  nicht  zu  schafiTen  habe  und 
dasselbige  treibe  Luther  24,39,16  W.u.;  (die  mutter) 
schüttelte  die  äuserste  stäublein  aus  dem  saltzsacklin 
über  die  brocken  Simpl.  8,858,14  Kurz  (vogelnest  l,ll); 
wem  nur  ein  steublin  ins  äuge  fällt,  so  wirts  trüb 
Lehmann  954,64. 

a)  stäublein  als  sandkorn  im  Stundenglas:  denn  wir 
sterben  täglich;  und  leret  nicht  das  letzte  steublein, 
welches  aus  der  uhr  laufTt,  solches  Stundenglas  aus 
BuTSCHKY  hochd.  kant.  fi6ö.  anstatt  des  Sandkorns  streut 
e»  der  sandmann  dem  müden  in  die  äugen,  vgl.  snnd  II,  i 
{IheüS,  »p.  1767)  und  sandmann  2  (sp.  1769): 

(nach  dem  euen :)  die  äugen  fallen  dir  zu 
and  wollen,  wie  man  spricht,  zar  städteschreiberruh; 
es  soll  ein  at&uplein  aem,  das  nach  dem  essen  kOmmet. 

ScHBRFFBR  OroblanvM  (1640)  189. 

b)  siAablein  and  beinlein,  die  letzten  reste  des  verwesten 
körpert:  das  er  (Christus)  alle  . . .  erhalten,  und  ihre  bein- 
lein and  steublein  bewaren  will  Maihrsius  Sarepta 
(U^l)  4*;  vgl.!  wie  klein  oder  wintzig  aber  unser  steub- 
lein, beinlein  . . .  sein,  dennoch  hebt  sie  unser  gott  ileisnig 
Ȋff  M6^;  neben  der  opferbrandasehe :  zur  stedte  . . ,  da  er 
(Abraham)  Isaao  schlachten,  und  seine  steublein  und 
Mcberlein  befrabenwil  Scuallkr  theolog. Iierold (mm) kh. 

Gr. 


c)  in  weiterer  Verkleinerung  auch  kleines  stäublein :  ein 
kleines  stäublein  entzündet  das  ganze  äuge  Wander  4,785; 
s.  auch  oben  Dasypodius. 

2)  im  vergleich  als  ausdruck  der  üuszersten  nichtigkeit 
(vgl.  stäubchen  2  .sp.  1096):  sihe,  die  insulen  sind  wie  ein 
steublin  Jes.  40, 15;  ich  mus  gleuben,  das  gott  könne  das 
meer  wegsprühen  als  ein  steublin  Luther  16,185,12  Weim. 
ausg.;  wenn  himel  und  erden  gar  mein  allein  weren, 
was  hette  ich  gegen  gott?  nicht  soviel  als  ein  tropfflin 
Wassers  oder  ein  steublin  gegen  das  gantze  meer  82,  467, 19, 
^Bo  zugleich  das  typische,  feste  dieser  Vergleichsformel  deut- 
lich wird;  gleich  wie  .  . .  ein  steublein  sein  mochte  gegen 
der  sonnen  33,  579;  s.  Pauli  lere  sei  als  ein  steublein 
gegen  den  rhomischen  kciser  635, 18 ; 

und  wenn  man  diss  mein  bleiben 
soll  recht  und  wol  beschreiben, 
80  ists  ein  nichts  und  bleibet 
ein  stäublin,  das  zerstäubet. 

P.  Gerhardt  bei  Fischkr-Tümpel 
kirchenlied  8,  316. 

3)  in  der  Übertragung: 

a)  vom  menschen  (entsprechend  staub  II,  5,/,  sp.  1089): 

wer  aber  bist  du  denn?   du  punkt  des  erdenballs, 
vergängliches  insekt,  und  staublein  dieses  alls. 

Lichtwer  fabeln  196. 

b)  von  der  erde  (entsprecliend  staub  II,  6,  sp.  1090 ;  vgl. 
auch  stäubchen  3  sp.  1096):  seyd  nicht  verächtlich  in 
euren  äugen,  ob  ihr  gleich  nur  würmer  auf  einem  stäublein 
seyd,  das  im  unermeszlichen  Weltall  herumschwimmet 
Abbt  6,  3,  220. 

4)  im  bilde  sich  bewegende  verstärkte  Verneinung  (vgl. 
stäubchen  5  «p.  1096):  (die  jüden)  schreien:  gar  aus,  rein 
abe  mit  dem,  das  nicht  ein  steublin  seines  gedechtnis 
überbleibt  Luther  28,334,27  Weitn.  ausg.,  d.  h.  rein  gar 
nichts,  ebenso:  gott...  wil,  das  man  nicht  ein  steublin 
davon  lasse  überbleiben  Weim.  ausg.  762,  33 ;  eyn  dürr  blad, 
das  auff  der  erden  ligt,  da  alle  würmlin  drüber  lauften 
und  sich  nicht  eyns  steublins  erweren  kan  Weim.  ausg. 
19,226,18;  ich  gebe  nicht  ein  stäublein  drum  Wandek 
4,785;  allein  er  sah  und  hörte  nicht  ein  stäublein  und 
nicht  einen  laut  von  der  jungen  dame  Fides  Keller  6,  53 
Hadlaub.  positiv  gewendet:  aber  sie  Hessen  lieber  mantel 
und  hosen  in  stich  als  sie  von  ihren  ehren  ein  stäublein 
verlieren  wollten  Lehmann  181.  mehr  erklärend,  als  die 
Steigerung  abschwächend  ist:  gegen  welcher  person  alle 
menschen  aufT  erden  . . .  ein  steublin ,  ja  nichts  sind 
Luther  28,  225,  22  Weim.  ausg. 

STÄUBLING,  m.  1)  eine  dichteriscJie  bezeichnung  des 
armen  sterblichen  mensclien  (entsprechend  staub  II,  6,fund  6, 
.s^j.  1089/.):  von  einer  Seekrankheit  läszt  sich  nun  eben 
nicht  viel  sagen,  als  dasz  so  ein  meer  wenig  federlesen 
mit  armen  stäublingen  macht,  und  kämen  sie  auch  mit 
Orden  und  adelsbriefen,  goldknöpfen  und  goldspangen  über 
und  über  bedeckt  dahin  Agn.  Schebrst  aus  dem  leben 
einer  künstlerin  287. 

2)  dasselbe  wie  oben  staubboßst,  lycoperdon  bovista. 

STAUBLINIE,  /.  l)  in  wissenschafUicIier  spräche  schieht- 
artige  linie  von  staub,  wie  sie  sich  z.  b.  im  firnschnee  ab- 
gesetzt  hat:  die  firnflecken  haben  auch  ihre  staubiinien 
und  -schichten  Ratzel  dt«  erde  u.  das  leben  2.814. 

2)  von  den  mit  staub  voUgeselzten  linien  derluind:  die 
fauste  der  andern  waren  zerhackt  von  luiilicn  mul  rinnen, 
zerschnitten  von  staubiinien  Zahn  Li  66 

STAUBLÖFFEL.  »»..   in  einem  steii  von 

1769:  1  staublöffel  4  kr.  Unokh-Khui  1  -t«  löffel, 

den  staub  (s.  dort  II,  i,l,  x,  ap.  1077)  at(.^  iierauszu- 

nehmen. 

STAUBLOS,  a4j.  ohne  staub:  aber  die  luft  war  wirklich 
wie  baisam,  durch  den  regen  heute  frUh  ganz  staubloft 
und  milde  Hkysr  kinder  der  wdt  a,  «7; 
mit  .  .  . 
gew&ndem,  die  staublon  giftnzen. 

ROCKBRT  U.  84 

STAUBLUFT,  f.  die  mit  mehUtaub  ffaehwOngert*  U^ 
in  einer  mühte. 

STAUBMANTEL,  m.  $um  »ehuta  (der  kleider)  gegen  dm 
umherfliegenden  »traetenetaub.  vgl.  oben  staubiicmd,  staub* 
kittel  u,  e.  w.:  kaum  hatte  ich  meinen  staubmantei  ab- 
geworfen, so  trat  dieser  (der  baron)  auch  schon  in  meia 

Cr. 


1121 


STAUBMASKE  —  STAUBREICH 


Zimmer  Thümmel  reise  9, 153,  vgl.  auch  nocJi  6,96;  einen 
braunen  rock  mit  übergeworfenem  grauem  staubmantel 
und  eine  breitschirmige  filzmütze  trugen  damals  auch 
andere  reisende  Hoffmann  v.  Fallerslf.ben  leben  1,171; 
einem  den  staubmantel  umlegen.  —  in  übertragenem  sinne 
ivie  staubgewand  u.  ä.  eine  bezeiehnung  des  mensdilichen 
körpers,  xceUher  dem  staube,  der  Vergänglichkeit  artgehört: 
\renn  ich  ...  an  ihrer  {der  warte  seliger  zukunft)  hellen 
pforte  meinen  staubmantel  abgeworfen  . . .  habe  Thümmel 
reise  10,  409 ;  mit  weiterer  bestimmung  auch  staubmantel 
der  endlichkeit  Benzel-Sternau  bei  Campe. 

STAUBMASKE,/.,  von  fabrikarbeitem  zum scliutze  gegen 
den  staub  vor  dem  gesicht  getragen  Dammer  handtcb.  der 
gesiindheitspßege  753''. 

STAUB.MASSE,/.«Mi*sc  lagerndenund  irirbelndenstaubes. 

STAÜBMEHL,  n,  ganz  feines  mehl,  welches  beim  getreide- 
mahlen in  der  gestalt  von  staub  auf  stiebt:  staubmäl 
Maaler  385=;  staubmehl,  farina  volatica  b  volatile,  farina 
matta.  farinella,  frisceUo  Kram  er  dict.  2  (1702),  916* ; 
staubmehl,  farina  volatilis  Stieler  2124;  staubmeel 
Frisch  2, 322<=;  staubmehl  Adelung;  in  der  stampf- 
niühlen  .  .  .  ward  griesz  .  .  .  und  staubmehl  gemacht 
{crimnum  et  alica)  Comenius  janua  aurea  (1644)  114. 
s.  auch  flugmehl  (theil  3,  sp.  1847)  und  niehlstaub  {theil  6, 
sp.  1869),  soxcie  oben  stäube  l  sp.  1097. 

STAÜBMOOS,  n.  nach  Campe  begrifflieh  dasselbe  wie 
oben  staubflechte  (sp.  1109). 

STAUBOL,  n.  mischung  von  mineral-  und  pßanzenöl, 
Kelches  vnder  die  staiibenticicklutigaufdenfuszbodenauf- 
getragen  wird. 

STAUBPARTIKEL,  /.  (n.),  dasselbe  wie  unten  staubtheil. 

STAUBPERLE,  /.  ganz  kleine  perle,  welche  nicht  durch- 
bohrt, nur  zu  arzneizwecken  gebraucht  wird  Adelung. 
s.  auch  samenperle  i  (theil  8,  sp.  1737). 

STAUBPFLANZE,  /.  i)  die  botanische  bezeiehnung  der 
männlichen  pflanze  im  gegensatz  zur  weiblichen  Samen- 
pflanze Oken  3, 1553.    vgl.  auch  oben  staubhanf. 

2)  nach  Campe  attcA  eine  andere  bezeiehnung  für  staub- 
moos. 

STAUBPINSEL,  m.  l)  ein  feiner  pinsd.  um  s.  b.  den 
staub  von  einem  gemälde  zu  entfernen  Campe. 

2)  mit  Staubpinsel  bezeichnen  die  manrer  einen  abge- 
nutzten Schwemmpinsel,  mit  welchem  sie  vor  dem  iünclien 
eine  wand  abreiben,  ebenda. 

STAUBRAUM ,  m. ,  dasselbe  icie  oben  staubkammer 
Dahmer  Jiandtcb.  der  gesundheitspflegeloä*. 

STAUBREGEN,  m.  ganz  feinet-  staubartiger  regen;  s.  auch 
oben  Sprühregen  (sp.  190):  Staubregen,  pioggia  minuta, 
aquicdla,  piovetta,  piovaeella,  spruzzaglia  Kram  er  diet. 
2  (1702),  916» ;  Staubregen,  pluvia  tenuis,  roratio  Stieler 
2124.  Adelung,  vgl.  niederd.  stoffregen,  pluvia  tenuis 
Chytraeus  6.  der  nebelartig  die  luft  trübende  Staub- 
regen Humboldt  kosmos  i,337;  bis  an  die  Knöchel  im 
kothe!  und  obenher  feucht  von  nebel  und  Staubregen 
wie  eine  unglückliche  najade  A.  v.  Droste-HOlshoff  an 
L.  Schücking  162.  Staubregen  erregt  auch  der  Wasserfall, 
"staub  (sp.  1091),  der  staubbach  (sp.  1092)  u.  s.  w.  vgl.  auch 
staub  II,  1,  l,  &  (sp.  1077)  und  stäuben  2  (sp.  iioo/.):  felsen, 
zwischen  welchen  aus  den  wölken  herabstürzende  ströme, 
bald  in  funkelnden  Staubregen  aufgelöst,  bald  in  un- 
geheuren schaummassen  durch  die  geborstnen  klippen 
sich  drängend,  unzähliche  wasserHille  bildeten  Wieland 
88,142  (hexam.  von  Rosenhain;  entzaubei-ung);  denn  wenn 
das  Wasser  sich  in  Staubregen  zersplittert,  kann  es  keine 
mühle  treiben  Claudius  3, 161.  in  einer  begriffsenceite- 
rung:  zwischen  einem  Staubregen  von  blütendüften  J.Paul 
7, 118  (Hesperus  i).  als  ein  in  ein  bild  eintretender  ver- 
gleich :  alle  gaukeleien  der  tonkünstler  ohne  inneres  mark, 
das  heiszt,  ohne  richtig  bestimmte  theorie,  . . .  glitschten 
an  seiner  felsenseele  wie  Staubregen  ab  Schurart 
ästhetik  der  tonkunst  95.  hierauf  beruht  wol  das  folgende 
bild:  (das  musikalische  gekritzel  und  geschnörkel  in  den 
Ouvertüren)  ist  der  Staubregen,  der  das  herz  für  die  groszen 
tropfen  der  einfacheren  töne  aufwühlt  J.  Paul  8, 96 
{Hesperus  2). 

STAUBREICH,  adj.  reich  mit  »taub  erfOUt:  in  einer 
staubreichen  atmosphäre  Damm  er  handwb.  der  gesund- 
heitspflege  750*. 

X.  2.  Cr. 


STAUBRITTER  —  STAUBSTURM        1122 

STAUBRITTER,  /.  im  Elsasz  ein  sehr  engmaschiges  sieb, 
welches  nur  noch  den  staub  durchläszt,  ähnlich  staubsieb 
Maktin-Lienhart  2, 804. 

STAUBROT,  n..  s.  das  folgende. 

STAUBRÖTE,  /.  die  färberröte,  welche  in  der  form  von 
pulver  aus  den  feinen  wurzelfasern  herausgestampft  wird 
Campe,  dafür  auch  das  staubrot  ebenda. 

STAUBSÄGE,  /.  bei  den  kammachem  eine  säge  mit  zicei 
blättern,  tcelehe  zum  einschneiden  der  zahne  in  den  staub- 
kamm  (s.  oben)  gebraucht  teird  Adelung,  sie  wird  auch 
als  staubzeug  bezeichnet,  ebenda. 

STAUBSAME ,  m.  same  so  fein  wie  staub,  insbesondere 
nach  Illiger  bei  Campe  der  same  mancher  schwammarten. 

STAUBSAMMLER,  m.  Vorrichtung,  lagernden  und  tnr- 
belnden  staub  aufzusaugen  und  in  sich  anzusammeln;  ein 
anderer  name  dafür  ist  Zyklon,  iceil  die  mit  staitb  ge- 
schicängerte  luft  bei  ihrer  aufnähme  in  die  maschine  in  eine 
stark  wirbelnde  bewegung  versetzt  wird. 

STAUBSAND,  m.  feiner  sand,  der  bei  icind  leicht  in  die 
Jiöhe  xoirbelt  Adelung,  sonst  auch  flugsand  (s.  theil  3, 
sp.  1849)  genannt  Campe. 

STAUBSAUGER,  m.  gei-ät.  tcelches  gegenstände  durch 
absaugen  von  dem  darauf  lagernden  staub  reinigt,  vgl.  oben 
Staubsammler,  zu  dem  es  sich  als  eine  ergänzende  Wort- 
bildung stellt,  ohne  aber  in  mehr  als  der  idee  mit  ihm 
übereinztistimmen. 

STAUBSAULE,  /.  vom  urirbdurind  säulenartig  empor- 
geicirbelter  staub  Ritter  er dktinde  i,  266:  an  des  schlosz- 
bauern  haus  trieb  der  Wirbelwind  eine  staubsäule  in 
die  höhe  Auerbach  l,  138  (Ivo.  der  Hajrle) ; 

hörst  dn  den  samnm  aus  der  wüste  brausen? 
Staubsäulen  schreiten  riesenhaft  voraus, 
die  gleich  den  kreiseln  in  sieb  selber  sausen. 

MosBN  2  (1863),  293. 

im  scherzhaften  vergleich  sagt  man  in  der  Studentensprache 
von  einem  arg  angezechten  sich  beknüllen  wie  eine  staub- 
säule Kluge  studentenspracJie  127. 

STAUBSCHICHT  /.  i)  deckende  schickt  von  lagerndem 
staub:  die  graue  Staubschicht  des  sonnenheiszen  pflasters 
Marlitt  lieideprinzeszchen  273.  vgl.  auch  oben  staubdecke 
und  Staublage. 

2)  schickt  gelagerten  staubes  im  firnschnee.  s.  den  bdeg 
unter  staublinie. 

STAUBSCHNEE,  m.  feiner,  stiebender  (eis^^sehnee :  wann 
der  wind  den  staubschnee  so  stark  über  das  land  hin- 
treibt Frisch  2,322"=;  feiner  staubschnee  Liliencron 
zehn  novdlen  114.  vgl.  oben  Staubregen  und  die  erklärung 
von  Staublawine. 

STAUBSCHUH,  m.,  plur.  staubschnhe,  ealeei  ex  eorio 
fusco  Stieler  1938;  staubschuhe,  scarpe  da  mettersi quando 
fä  polvere  Kramer  dict.  2  (1702),  916*. 

STAUBSCHUTZ,  m.  tn  heutigen  fabrikanlagen  eine  Schutz- 
vorrichtung gegen  udrbdnden  staub. 

STAÜBSCHWAMM,  m.  l)  begrifflich  dassdbe  wie  oben 
Staubbofist,  lycoperdon  bovista  Adelung. 

2)  nach  C.^mpe  auch  eine  benennung  weicher  blätter- 
schwammarten  (agarici  pulvinati),  die  wie  mit  feinem  staube 
bedeckt  scheinen. 

STAUBSIEB,  n.  ein  sehr  feines  sieb,  insbesondere :  staub- 
sib,  damit  man  den  staub  ausz  der  frucht  reutert,  un 
crible,  qui  fert  ä  cribler  le  bled  Hu  LSI  US  (1616)  307*;  staub- 
sieb Adelung. 

STAÜBSPINNE,  /.;  staub-  und  kehrigspinne ,  aranea 
pulverulenta,  in  quisquiliis  latens,  die  mit  allerhand  mist- 
partickeln  bedeckt  ist  Frisch  2,  302"=,  unterschieden  von 
der  wihkel-  oder  hausspinne,  an  die  Adelung  und  Campe 
hier  denken. 

STAUBSPRITZE,  /.  (kleine)  spritze,  welehe  flüssigkeiten 
zerstäubt,  sonst  atUh  drosophor  genannt,  s.  auch  oben 
stäube  3  sp.  1097. 

STAUBSTAMPFEND,  adj.  im  staube  (dahin)  stampfend; 
(im  bilde:)  0  schlaf!  du  schirrest  aus  die  straffen  bände 
der  schaumschnaubenden,  staubstampfenden  gedanken 
Auerbach  dor/^re^cA.  3, 183  (Luzifer),  etwa  wie  rosse,  vor 
den  wageti  gespannt,  im  staube  der  strasze  sicJi  fortbetcegen. 

STADBSTURM,  m.  (steppen)sturm.  welcher  grosze  staub- 
massen  mit  sich  fültrt,  vgl.  Ratzel  die  erde  u.  das  leben 
1,491.  2,338:  Burnes  erlebte  hier,  an  derselben  stelle,  wo 

71  Cr. 


1123 


STAUBTABAGK  —  STAUBWIND 


STAUBWINKEL — STAUBWOLKE   1124 


von  zwei  entgegengesetzten  riesenbergen  die  heranziehen- 
den iuftzüge  sich  über  dem  heiszen  thale  begegneten, 
furchtbaren  staubsturm  Rittkr  er dkunde  "1,229. 

STAUBTABACK,  m.  sehr  feiner,  trockner  taback  Campe. 

STAUBTHEIL,  m.  (n.)  die  einzelne  Staubpartikel,  tcie  oben 
staubfaser,  Staubkorn  zur  Vereinzelung  des  collectivbegriffes 
staub  gebildet:  aus  verwitterten  feinen  staubtheilen 
Kitter  erdkunde  14,  648.  vgl.  auch  noch  stäubchen,  stäub 
lein,  denen  enfsprecJiend das  deminut.  staubtheilchen.n. 
als  eine  iceitere  Steigerung  dieses  Vereinzelungbegriffes 
starke  geltung  gefunden  hat:  regen  und  schnee  bringen 
immer  Staubteilchen  aus  der  luft  mit  herab  Ratzel  die 
erde  u.  das  leben  2,  407;  sogar  kleine  Staubteilchen  409,  die 
nur  noch  durch  schlechthin  kleinste  Staubteilchen  {äro/uoi) 
überboten  werden  können,     vgl.  auch  oben   Staubpartikel. 

STAÜBTHÜRM,»i.  in  Jieutigen  fabrikanlageti  ein  in  einem 
thurmartigen  gebäude  untergebrachter  staubraum  (s.  oben) 
Wetl  handblich  der  hygiene  8,  210. 

STAÜBTRÄGER,  m.  nach  Campe  begrifflich  eins  mit 
oben  Staubfaden. 

STAUBTROCKEN ,  adj.  'so  trocken  wie  staub'  oder  'so 
trocken,  dasz  sich  staub  enticickeln  kann':  auf  staubtrockner 
landstrasze.  im,  übertragenen  sinne:  ein  'an  die  deutschen 
dichter'  gerichtetes ,  theils  schwülstiges ,  theils  staub- 
trocknes  programm  E.Schmidt  Lesslng'^  i,&i. 

STAUBTUCH,  n.  tuch,  mit  welchem  gegenstände  vom  staub 
gereinigt  icerden,  fast  ein  attribut  der  ordnenden  hausfrau. 
vgl.  auch  oben  Staublappen:  sie  {die  kleine,  alte  frau) 
schien  so  recht  nicht  etwas  vorzuhaben,  trotz  des  Staub- 
tuches in  ihrer  band,  mit  dem  sie  hie  und  da  an  den 
umherstehenden  dingen  sich  zu  schaffen  machte  Stokm 
4,  242  {Psyche),  vgl.  auch  i,  147. 

STAUBVOGEL,  m.  nach  Campe  eine  andere  benennung 
für  den  staubflügler  (*.  oben). 

STAUBWEDEL,  m.  tce.del,  mit  xcelchem  der  auf  einem 
gegenstände  lagernde  staub  Jieruntergefechelt  wird:  die 
frau  auf  dem  stuhle..,  einen  Staubwedel  in  der  band 
Kei.lek  7,  145  {sinnged.  9).  vgl.  auch  oben  Staublappen, 
Staubtuch. 

STAUB  WEG,  m.  in  einer  blute  der  weibliche  griffel, 
iodcher  den  männlichen  {befruchtenden)  staub  aufnimmt 
Adelung;  der  Stempel  {pistillum)  besteht  aus  dem  frucht- 
knoten  (gerrnen,  ovarium) ,  dem  griffel  oder  staubweg 
{atylus)  und  der  narbe  {stigma)  Ratzebu  kg  Standort- 
getoächse  29.  vgl.  auch:  ßora  von  Deutschland^  3,  4.S:  ob 
man  gleich  in  diesen  fernen  zeiten  die  geschlechtsgHede- 
rung  so  wenig  nach  Stammbaum  und  pergamenthaut 
würderte,  als  man  .  .  .  die  blumen  nach  Staubfäden,  staub- 
wegen,  kelch  und  honigbehältnisz  ordnete  MusÄus  volksm. 
4,91  {Libuasa). 

STAUBWEIN,  m.  als  schtäbwein"  (schtabbein  )  in  Ober- 
hessen eitle  bezeichnung  für  den  schmaus  nach  dem  aus- 
drusch  des  getreides,  eigentlich  'der  iceiri,  welcher  den  beitn 
dreschen  geschluckten  staub  aus  der  kelUe  spülen  soll' 
Crecei.ius  806. 

STAUBWELT,  /.  weit,  vom  staub  beherrscht,  d.  h.  der 
irdischen    Vergänglichkeit    unterworfen,      vgl.    staub    II,  7, 

*p.  1090;      ging  er  aus  der  staubweit  der  prüfte 

hinauf  in  das  reich  der  himmlischen  lUfte. 

RCCKERT  12,  12. 

STAUBWERKZEUG,  n.  ioerkzeug,  Vorrichtung  in  einer 
männlichen  blute,  den  befruelitenden  staub  zu  bereiten; 
begriffen  xoerden  darunter  staubgefäsz,  Staubfaden  U7id 
stauiäbeutel  {».  diese  oben):  bildung  der  staubwerkzeuge 
GöTiiK  2,6,49  Weim.  atatg.  {metamorph.  VI);  die  nahe  Ver- 
wandtschaft der  kroncnbiätter  mit  den  stauhwcrkzeugen 
ebenda;  und  so  entstehet  ein  stauhwcrk/eug,  wenn  die 
Organe,  die  wir  bisher  als  kroncnbiätter  sich  ausbreiten 
gesehen,  wieder  in  einem  höchst  zusammengezogenen 
and  zuftleich  in  einem  höchst  verfeintcn  zustande  er- 
scheinen ebrmla  60. 

STAUBWIND,  m.  »taub  mit  sich  führender  wind  (vgl. 
oben  staubdlurm),  in  steppen-  und  wilatengegenden  eine 
häufige  plage:  ventus  qui  campi»  nceitate  torridia  nu/je» 
pulverit  vehil  Stiklkh  S4«s:  atuh  bei  Kramkr  dict. 
t(170S),  916;  der  staubwind  war  glühend  Kittkii  erd 
künde  7,80;  die  fcnRtcr  (der  nubiitchen  häuter)  bestehen 
aus  einem  . .  .  lehm/.iegclgalter  von  ziemlicher  dicke,  ein 

U. 


hinreichender  schütz  gegen  sonne  und  staubwind  wissen- 
schaftl.  beilage  zur  Münchener  allg.  zeitung  (1909)  306". 

STAUB  WINKEL,  7«.  xcinkel  eines  hauses.  welcher  ab- 
gelegen oder  sonst  schwer  zugänglich,  den  sich  anhäufenden 
staub  vor  dem  reinigenden  besen  birgt:  durch  alle  staub- 
winkel  des  hauses  kriechen,  einen  gegenständ  mit  eifer 
darin  suchen,  im  bilde:  Wahrheit  forschen,  sie  in  allen 
staubwinkeln  suchen  Scuuuart  leben  u.  gesinnungeji  i,2H. 

STAUBWIRBEL,  m.  tcirbeltcolke  emporgetriebenen  staubes  .- 
wenn  dann  zugleich  sich  ein  Staubwirbel  erhebt  Steki-ens 
wa.»  ich  erlebte  4,190;  schneller  kreisten  die  Staubwirbel 
um  seinen  leib ,  sie  bargen  das  schwarze  festkleid  in 
fahlem  grau,  glitten  fort  mit  dem  schreitenden  und  hüllten 
ihn  ein,  dasz  ihm  das  grün  der  bäume  und  die  ge- 
stalten der  menschen  entschwanden,  und  er  in  einer  wölke 
dahinlief  Freytag  7,  243  (vexi.  handschr.  4,  4).  —  dichter 
Staubwirbel:  handgenienge  .  . ,  dichte  Staubwirbeln  ver- 
hüllten freund  und  feind,  die  hunde  bellten  Eichen- 
DORFF  131,  24  Koch  {universitätslehen).  —  mit  bezug  auf  die 
färbe:  männer  zu  fusz  in  braunem  Staubwirbel  aufein- 
ander los!  MALER  Müller  1,359;  graue  Staubwirbel.  — 
bildlich:  wir  waren  bodenlos  unglücklich,  das  leben  sah  uns 
dürr  an  wie  die  wüste  Sahara  und  trieb  uns  Staubwirbel 
in  die  äugen  Immermann  Münchhausen  3,174;  hat  sie 
Wahrheit  gesprochen,  so  müssen  alle  Staubwirbel,  welche 
die  geschäftigkeit  des  modernen  Unglaubens  aufwühlt,  sich 
zerstreuen  und  verschwinden  ebenda  2, 176;  in  allen  klassen 
aber  gab  es  noch  familien  genug,  die,  gleichsam  mit 
einem  nationalen  Instinkt,  den  alten  Stammbaum  frommer 
zucht  und  ehrenhaftigkeit  in  den  stürmen  und  Staub- 
wirbeln der  neuen  Überbildung,  wenn  auch  nicht  zu 
regenerieren,  doch  wacker  aufrecht  zu  halten  wuszten 
Eichendorff  17.  27  Koch  {deutsches  adelsleben). 

STAUBWISCHER,  m.  1)  einer,  der  den  staub  tcischt. 
im  folgenden  als  schelte  für  einen  selbstbetpiegler :  du 
federchensucher,  du  staubwischer,  der  sich  unschuldig 
thut  Ludwig  1, 191  (zwischen  himmel  u.  erde). 

2)  ein  tuch  ztim  staub wischeu. 

STAUBWOLKE ,  /.  xcolkenartig  {durch  den  xcind  oder 
sich  bewegende  massen  von  metischen  oder  thieren)  empoi- 
gewirbelter  staub :  gott  ist  ja  überall,  im  sonnenstral  und 
in  der  Staubwolke  Sciiubart  leben  u.  gesintiutigen  2,309; 
der  nackte  gipfel  des  Ätna  in  schnee  und  flammen  und 
Staubwolken  und  strömen  von  glühender  lava  Gleim 
briefe  1,  252  Körte,  häufig:  in  den  Staubwolken  der  .  . . 
strasze  Ludwig  2,  584  (Maria);  auf  dem  wege  ergriff  sie 
eine  Staubwolke  Arnim  12, 141;  die  Staubwolke  auf  dem 
Schlachtfelde:  dicke  Staubwolken  erheben  sich  zwischen 
den  beeren,  die  schlacht  wogt  hin  und  her  Freytag 
17,97  {bilder  i);  sie  ist  die  kütiderin  heranziehender  heer- 
häufen :  zu  den  gröszten  reuterschaaren  . . .  flogen  sie  . . . 
in  mächtigen  Staubwolken  heran  Ritter  erdktinde  i,2*&; 
siehst  du  die  beiden  Staubwolken?  Graube  8,463  (Hanni- 
bul);  auf  der  strasze  nach  den  wällen  zog  eine  lange 
Staubwolke,  der  scharfe  bHck  des  Bündners  erkannte 
darin  eine  reihe  schwerer  lastwagen  C.  F.  Meyer  Jürg 
Jenatsch  59;  als  die  das  heer  verkündende  grosze  Staub- 
wolke sich  näherte  274,  während  in  der  spräche  der 
neueren  Strategie  dieses  amt  die  (sjtrachlich  verblaszte)  staub- 
erhehung  übernommen  hat.  harmlosere»  lebeti  bergend: 
der  ganze  königliche  trosz,  der,  in  eine  Staubwolke  ge- 
hüllt,  vor  mir  dahin  rollte  Kleist  6,72,18  E.Schmidt  f 
{brief  vom  le.  aug.  1800);  die  braunen  Staubwolken  über  ' 
unseren  groszstädten  und  industriebezirken  Ratzel  dt» 
erde  utid  das  leben  8,409.  im  crperiment :  man  errege  näm- 
lich in  der  linie,  in  welcher  das  (aus  dem  prij>ma  heran»- 
tretende)  bild  durch  den  dunklen  räum  geht,  eine  weisse 
feine  Staubwolke  Göthk  8, 1,  13+  Weim.  auag.  (farbetUehre) 
und  in  der  vision:  zur  Staubwolke  wurde  der  (grab)hüg9l, 
durch  die  wölke  sah  ich  die  verklärten  zQge  der  geliebten 
Novalis  I,  87  3fei»«»i«r.  al»  eine  sprachliche  hyperM  ist 
auftx^fa»»»n:  die  jacke  hing  er  an  den  pfeilcr  und  klopfte 
eine  Staubwolke  heraus  Cl.  Brentano»  frühling»kran2  6S, 
die  auch  heute  noch  gebräuchlich  ist.  —  im  bilde  -  alles 
echte  . . .  bleibt  der  nation  im  durchschnitt  werth ,  und 
man  wird  den  gesetzten  mann,  wenn  sich  die  Staubwolken 
verzogen  haben,  nach  wie  vor  auf  seinem  wege  gewahr 
GÖTIIK  I,  «1,  77  Weim.  autg. 

Cr. 


1125        STAUB  WURM  —  STAUCHE  (I,  1) 

STAUBWURM,  m.  unirm,  der  im  staube  kriecht;  im 
folgenden  mit  beziehung  auf  staub  II,  6  (sp.  1090)  irie  oben 
stäubling,  staubessohn  u.  s.  w.  eine  bezeichnung  der  erden- 
beicohner:  ich  gestehe  ganz  naiv..,  dasz  ein  solcher 
{vizegott)  sich  um  uns  staubwürmer  mit  spezieller  soi^e 
und  theilnahme  . . .  bekümmern  könne  Pückler  briefio. 
u.  tageb.  5,  75. 

STAUBZÄHLER,  m.  ein  physikalisches  instrument,  mit 
dessen  hülfe  die  in  einem  bestimmten  luftvolum  enthaltenen 
sfaubtheilchen  gezählt  werden  können:  Aitkinscher  staub- 
zähler. 

STAUBZEÜG,  n.  begrifflich  eins  mit  oben  staubsäge 
Adei.cxo. 

STAÜBZOTTEL ,  /.  rest  alten  verstaubten  spinngeicebg 
in  den  ecken  und  u-inkeln  der  hättser:  auszer  den  alters- 
sehwarzen  staubzotteln  und  langbeinigen  ungeheuem 
{spinnen)  kam  aber  auch  noch  eine  kleine  . .  .  tapetenthür 
zum  Vorschein  Mar  litt  heideprinzeszchen  109.  Cr. 

STAUCH,  OT.,  nebenform  zu  stau,  vgl.  dieses  und  stauchen, 
nur  in  der  Verbindung  im  stauch  gehen,  tcofür  auch  ad- 
verbial stauch  gehen  von  wassermühlenrädern :  'stauch 
oder  im  stauch  gehet  ein  mühlenrad ,  xcenn  das  xcasser 
so  grosz  angexcaclisen  und  im  gerinne  so  tieff  worden, 
dasz  das  rad  tcegen  tciderstand  des  rcassers  nicht  wohl 
herum  gehen  kan'  Zincke  öconom.  lex.-  (1744)  2802;  'bey 
den  Wassermühlen  sagt  man,  das  rad  gehe  im  stauch, 
oder  auch  adverbialiter,  es  gehe  stauch,  wenn  das  wasser 
so  grosz  geworden,  dasz  das  rad  nur  schwer  herum  gehen 
kann  und  von  dem  wasser  gleichsam  gestauchet  wird; 
nieders.  stau'  Adelung  (i).  Jacobsson  4, 265V-  Campe  (2). 
Krünitz  171,  67. 

STAUCH,  m.,  s.  stauche. 

STAUCHAPPARAT,  m.  apparat  zum  stauchen  (s.  das. 
I,  5,  c)  der  sägezähne  Karmarsch-Heeren^  7,  501. 

STAUCHARBEIT,  /.  (zu  stauchen  I,  5,  c,  vgl.  d.  vor.): 
die  staucharbeit  bedingt  naturgemäss  eine  ungleichförmig- 
keit  der  gestauchten  kanten  Karmarsch-Heehen*  7, 50i. 

STAUCHE,  /.  I.  langer  herabhängender  ärmel,  kopftuch, 
Schleier,  ein  gemeingerm.  wort:  altn.  stüka  ärmel  Cleasby- 
ViGFUSSON  600*";  ahd.  stücha,/.  manica,  commaticus  Graff 
6,638;  mhd.  stüche, /.  m.  Lexer  ÄandicJ.  2,  1259;  mnd. 
stuke  Schiller-Lübben  4,448».  dazu  im  ablaut  ags. 
stocu  langer  ärmel,  vgl.  Kluge®  376'*  und  in  Pauls  grtindr.^ 
1, 457,  §  220.  Ursprung  und  weitere  beziehungen  des  wertes 
sind  unsicher,  vgl.  stauchen  und  Kluge  a.  a.  o.  ToRP  bei 
FicK*  3,  494.  Prellwitz  etym.  wb.  d.  gr.  »pr.-  440  (unter 
ervfoi).  (auch  die  entlehnung  der  roman.  Wortsippe  ital. 
astuccio,  *pan.  estuclje, /ran/,  dtui  u.s.w.futteral.behältnis, 
musz  mindestens  als  ziceifelhaft  gelten,    s.  DiEZ*  30.  707/".) 

l)  die  ursprünglichste  bedeuttmg  ist  offenbar  die  eines 
(langen  und  weiten)  ärmels,  die  im  ahd.  rcie  im.  altn.  (und 
ags.)  ausschlieszlich  begegnet,  im  mnd.  überwiegt,  aber  auch 
im  mhd.  und  nhd.  sich  gehalten  hat. 

a)  manica  . . .  stucha  (ahd.),  stuiche,  stucke  Dief.  gloss. 
347»;  stuchen  vel  klanken  nov.  gloss.  245''  (dazu:  manu- 
deata  gistuchet  roc  gloss.  347»,  manicle{ci\ta  gestüket  rok, 
t.  vestis  duplices  manicas  habens  nov.  gloss.  245*');  peri- 
Bolidis  (==  neQiaxeXis)  i.  superus  ain  stuch,  stick,  en 
stucke  gloss.  427*",  perisolitis  eyn  stuke  nov.  gloss.  288»; 
sup{p)arus,  -erus  . . .  ein  lang(er)  ermel  . . .  stuche,  schnche 
{J,.  sthuche?),  stuch,  stuoch,  stug,  stawch,  stuke,  stuck 
gloss.  see*",  stuke  edder  grote  mauwen,  eyn  langh  vor 
manwe,  stuch  nov.  gloss.  3^^;  in  manicis,  in  ermelen, 
stachen  quelle  6et  SciiM.*  2,722;  supparus  est  manica  laxa 
et  longa  in  ve.ste  muliebri,  ein  stauche  ebenda  (ib.  jahrh.); 
voc.  V.  1482,  s.  unter  2,  a. 

b)  mhd.  stüche  begegnet  als  fem.  und  als  schwaches 
masc.,  vgl.  dazu  auch  3.  Gmmm  gramm.  3,  45i.  W.Grimm 
kl.  sehr.  3,  268/  412.  stüche  bezeiclmet  in  der  regel  ein  stück 
der  frauenkleidung,  nämlich  den  iceiten,  lose  herabfallenden 
ärmel  des  oberkleides,  der  über  den  engen,  festge.'tchnürfen 
tmterärmel  geht,  und  der  in  der  spätem  zeit  oft  nicht  fest- 
genäht, sondern  nur  angeschnürt  und  daher  abtrennbar  ist, 

\    «yi.  nocÄ  Weinhold  d./raf««n' 2,  225/  By.JinjiF.R  bürgert, 
hunstalterf.  bll.  Heyn  f.  Äa«»aZfer^  3, 311.  siüche  bei  frauen: 

sines  swertes  heize  vom 

zarte  ir  bS  dem  krumben  reien  einen  kleinen  stflchen. 

Neidhart  v.  Rbuental  90,  19; 

Cr.  Mr. 


STAUCHE  (I.  1) 


1126 


Ringewiffel  bt  der  stftchen 

yrouwen  Elsen  vuorte      minnes.  2,  TS*»,  6  Hagen; 

dag  wip  vil  dinges  bedarf 
von  cleidern  unde  stachln. 

Hugo  v.  Langensteix  Martina  132*>,  31 ; 
ain  rayszkappe  was  ir  claid,  . . . 
si  hette(n)  zway  lange  stauchen: 
das  sy  di  arme  entlauchen 
zu  dem  greyffen  solde  .  .  . 
Heinrich  v.  Neustadt  ApcHlon.  19878  Singer; 

später  auch  bei  männerkleidung :  item  in  disen  selben 
geziden  gingen  frauwen,  jungfrauwen  unde  manne,  edile 
unde  unedile,  mit  tapparten.  . . .  unde  di  manne  drugen 
si  lange  unde  korz  . . .  unde  machten  daran  lange  grosze 
Wide  stuchen  (var.:  stauchszen,  tuch,  duch)  endeiles  nf 
di  erden  Limb,  ehron.  79,20  Wysz  (cap.  145);  item  vortme 
drugen  di  manne  arme  an  wamselen,  an  schopen  unde 
an  anderer  kleidunge,  di  hatten  stuchen  (var.:  stuchszen, 
stuszen,  schueszenn,  stauchszen,  stiessen,  stausen)  binach 
uf  di  erden,  unde  wer  di  aller  lengesten  drug,  der  was 
der  man.  80,  5; 

er  trüc  an  sime  Übe 

einen  pelz  von  hermelin  .  .  . 

die  stuchen  wären  im  ■wit. 

Germ.  16,  69»>.    («.  atich  Frisch  2,  322«>.) 

stuke  nur  an  einem  arm:  des  stichtes  man  moghe  ghi 
(die  äbtissin  v.  Wunstorf)  wol  belenen  in  iuwem  werleke 
(tcelflichen)  klede,  des  (wenn  tiur)  gi  de  witten  stuken 
hebben  in  juwem  vorderen  (rechten)  arm  Calenb.  urk. 
bei  Schiller-Lübben  4,  448^. 

c)  von  rfer  stüche  wird  mannigfacher  gebrauch  gemacht : 

a)  um  schweisz  abzuicischen  u.  ähnl.: 

nu  erfürbte  si  diu  guote 
von  sweije  und  von  bluote 
mit  ir  stuchen  orte    Erec  4508; 

si  wischte  in  mit  ir  stächen      und  mit  ir  wijen  bant. 

Ortnit  A  467. 
ß)  um  das  gesicht  zu  verbergen: 

den  stächen  von  dem  röckelin 
warf  ich  da  über  da;  houbet  min. 

Ulrich  v.  Lichtenstein  287,  3. 

v)  häufig   um   eticas  darin  zu  tragen,    tcobei  die  ärmel 
wol  abgenommen  und  wie  beutet  verwendet  wurden: 

du  sla  Holofemi 

da;  honbit  von  dem  buchi. 

da  la  ligin  den  satin  buch, 

da;  houbit  sto;  in  ginin  (I.  dinin)  stnchin. 

Diemer  d.  (led.  123, 12  {alt.  Judith) ; 
ich  and  mfne  meide     tragen  in  die  steine  in  wlgen  stachen. 

Kudr.  1.S85.  4; 


da;  gebein  wants  in  ir  stuchen, 


diu  frouwe  wol  getan. 
Wolfdietr.  D  VIII,  326. 


so  auch :  'nach  Ruprecht  v.  Fr.  rechtbuch  v.  1332  .  .  .  soll 
man  der  frau,  welche  gegen  einen  mann,  den  sie  der  noth- 
zucht  beschuldigt,  in  gerichtlichen  zweyknmpf  tritt,  ainen 
stain  in  ir  stauchen  geben,  der  ein  pfunt  hab  ..;  nach 
dem  Augsb.  stadtb.  . . .  soll  sie  in  ir  stuchen  (in  jrer 
stauchen)  haben  einen  füst  grozzen  stein'  Schm.'2,  722; 

di  frauwe  soll  hie  aussen  gan, 

ainen  stauchen  in  der  hende  han  (^  :  ainen  stain  in 

der  stauchen  han) 
mit  riemen  dar  ein  gepunden, 
swer  pey  dreyn  pfunden. 

Heinr.  V.  Neustadt  ApoHon.  20188  Singer; 
di  (rar. .-  der)  stauch  soll  wesen  leynein 
and  zwayr  elen  langk  sein.    20191 ; 
er  hiesz  ir  dar  ir  were  geben, 
in  ainer  stauchen  ainen  stain.    20243. 

doch  ist  hier  die  bedeuttmg  häufig  zweifelhaft,  vgl.  unten 
2,  b  und  3,  b.  eigenthümlich  und  durch  die  besondere  not- 
läge  motiviert  ist  folgende  Verwendung  einer  stüche,  »«m 
wasser  zu  transportieren: 

ze  einer  vil  kurzer  vrist 
hat  sie  ein  wajjer  vunden, 
dar  in  hat  sie  gewunden 
wol  halben  ir  stOchen, 
wan  si7,  niht  mohte  belüchen 
in  der  hant  noch  beslie;en, 
sie  vorhte  e;  vergie:^en. 

Hbinr.  V.  D.  TüKLiN  crone  18072. 

^  einen  abgetrennten  ärmel  empfängt  der  ritter  von  seiner 
herrin  als  'kleinoete'  für  turnier  und  kämpf;  er  heiszt 
ermel  Parz.  375,  ll.  390,20;  stäche: 

71*  Mr. 


1127 


STAUCHE  (1,1.2) 


STAUCHE  (I,  2) 


1128 


ir  snit  mir  eine  stuchen  geben 
zu  eime  kleinofe, 
des  darf  ich  zu  note, 
da;  man  erkenne  da  bi 
das  ich  ein  froweu  ritter  si. 

Hbrbort  V.  Fritslar  9509 


annu) ; 


)heif  im  san  da:;  blut 
gliche  ho  dem  schafle 


U7  pl 

gliche 

da  die  stuche  ane  hafte.    9980. 

vijl.  K.  KociiENDÖRFFER,  die  mouice  als toappefibiltl ,  zeitschr. 
f.  d.  alterth.  28,246 — 250.  von  hier  atis  gelangt  die  stüche 
dann  auch  ztitceilen  in  ritterliche  wappen,  s.  Gritzner 
herald,  terminol.  (Siermacher  wappenb.  einl.  B)  118.  308**.  — 
eitle  ähnliche  Symbolik  liegt  auch  folgender  vertoendung 
zu  grtinde: 

her  Dietrich  jagete  in  nmbe      mit  starken  siegen  gröj. 

d6  viel  er  der  kOne^inne      nider  in  die  schö;. 

d6  warf  si  einen  stüchen      tiber  den  küenen  degen, 

dämite  si  gevriste      hem  Slvride  lip  und  leben. 

roseng.  A  865. 

d)  im  altern  nhd.  tritt  diese  hedeutung  sehr  zurück;  es 
musz  jedoch  beachtet  werden,  dasz  aus  den  meisten  belegen 
nicht  mit  voller  Sicherheit  zu  ersehen  ist,  ob  diese  bedeutung 
oder  2  vorliegt,  ein  vereinzelter  beleg  setzt  c,  y  fort:  welche 
frauen  ihre  beste  kleider  anhaben  sollen,  und  das  wachs 
in  Iren  stauchen  tragen  weisth.  3, 369  (Lauterbach  in  Hessen; 
vor  1589).  später  scheint  sie  im,  allgemeinen  erloschen  zu 
sein;  die  Wörterbücher  führen  sie  vereinzelt  aus  älteren 
quellen  auf:  stauch,  wodurch  man  den  arm  steckt,  manica 
longior  Frisch  2,322"  (nach  d.  voc.  v.  14«2,  s.  2).  Scherz- 
Oberlin  1562.  Adelung  (2).  doch  hat  sie  sich  landschaft- 
lich hie  und  da  erhalten ,  so  pfälz.  stauch ,  pl.  steuch 
ärmel;  in  eticas  abiceichendem  sinne  thür.  stauche,  sduche 
'ende  des  liemdärmels'  Hertei,  sprachsch.  234.  Salzunger 
xcb.  44.  so  erscheint  sie  gelegentlich  auch  in  neuerer  litte- 
ratur;  ganz  in  dem  ursprünglichen  sinne  eines  ober-  bezw. 
Überärmels  (ärtnelschoner,  auch  schreib-  und  tintenärmel 
genannt):  der  herr  auktionator  .  . .  wandte  sich  leise 
tuschelnd  an  seinen  gehilfen,  der,  zur  Schonung  seines 
schäbigen  Überrocks  mit  einer  kattunen  ärmelstauche 
bewaffnet,  sich  damit  beschäftigte  . . .  Laufk  Pittje  Pittje- 
uritt (1903)  s.  149;  der  herr  Protokollführer  mit  den  tinten- 
beklecksten stauchen.  406. 

e)  sonst  ist  stauche  itn  nhd.  (seit  ende  des  ;:.  jahrh.) 
mit  leichter  bedetdtaigsänderung  zur  bezeichnung  der  beider- 
seitig offnen,  loalzenförmigen  scJnitzhülle  aus  pelz  geirordfn, 
in  die  man  im  winter  die  hände  steckt,  tcm  sie  icavm  zu 
halten,  steht  also  synonym  mit  dem  nicht  viel  früher  ent- 
lehnten muff,  vgl.  dieses,  theil  6,  2683:  sed  muff . . .  nuoque 
exponitur:  manica,  alias  stauche  Stiei.er  1296;  stauche, 
et  staufe,  die,  it.  stutze,  alias  muff,  manica,  recondendis 
manibtis  apta.  2126;  meist  als  masc:  stauche,  stauchen,  m. 
[voce  non  usata  die  da' populi  del  basso  Ueno  ..  .\  maniccia, 
manizza  di  cacciarvi  dentro  le  mani  ne'  freddi  delV  inverno, 
V.  ermel,  muff  Krämer  dict.  (1702)  2,  ül7»;  stauch,  worein 
man  im  winter  die  hände  steckt,  s.  ermel  oder  muff 
Frisch  2,  322»;  'im  oberdeutschen  ist  stauch  oder  staucher, 
ein  muff,  besonders  ein  kurzer  enger  muff,  der  daselbst 
auch  ein  stutz,  ein  schliefer,  genannt  wird'  Adelung  (2), 
rfoTUJc/t  Campe.  Krünitz  171,  67.  r^^  Weigand  2,  802.  so 
lieute  in  rhein-  und  mittelfränk.  mundarten,  durchweg  als 
schwadies  masc.  stauche  (plur.  =  sing.),  s.  Klein  2,169 
(Ifalz.  Koblenz,  Jülich,  Berg,  Holtenlohe) ,  rheinfränk. 
st&chen  Fro.mmann  e,  279,  7,  westeruiäld.  Sciimiui;  232, 
TUM«.  Kehrein  1, 388,  oberhess.  (schdauche)  Crecelius  806, 
laAn.  stuche  HöNin*  i78». 

f)  daneben  rheinfränk.  hess.  auch  für  prüawärmer: 
pfält.  (?)  stauche  'eine  art  manschette  zum  wärmen'  Au  tf-N- 
KIRTH  136,  in  Handsehuhsheim  nur  im  deminutiv  staicvl» 
'gestrickter Pulswärmer  (manadietie)'  Lenz  68*;  lies»,  'unter- 
ärmel  oder  armhandtchuhe.  d.  h.  unterermel,  welche  hand- 
gelenk,  tmterhand  und  daumen  (diesen  nicht  immer)  um- 
faaten,  fnnat  gestrickt,  aber  atich  aus  tuch  verfertigt  und 
mit  peU  bneht  (pelzittauchen),  ein  kleidungtstüek  vorziig- 
lieh  der  lundbewohnerinnen ,  in  neuerer  teit  aber  atteh  in 
den  höheren  Händen,  und  twar  bei  dem  männlichen  wie  bei 
dem  weibUehen  geadUeeht  in  Übung  gekommen'  Vii.mar  S96. 
'Ideiner  handeehuh  ohne  flnger'  Crecrliur  HO«. 

t)  »eit  beginn  der  mhd.  §eit  bezeichnet  stOche  femer  ein 
koi^hteh  oder  einen  »Meier,  vgl.  Heyns  ha*t»aUert.  S,U8 
«(.  MIM.  fl77. 

Mr. 


rt)  calyptra  . .  .  stauch,  schlair  Diep.  gloss.  90»  (voe.  rer. 
Augsb.  1.521);  mitra  . . .  eyn  stuch  umbsz  haubt  oder  hübe 
36*''  (auch  ScHM.''  2,  722);  pephim  eyn  sleyer, . . .  heb  (Imubt) 
tüch  vel  stuch  424*;  vitta  .  . .  stuchen  vel  die  langen  zipffel 
vel  bendel  an  der  hüben  vel  ein  wisz  tuchel  quo  capilli 
coUiguntur  624'';  sleyer  oder  stauch,  peplum  vet.  voeab. 
1482  bei  Frisch  2,322";  stauch,  sl&yr,  preyse,  hang-ermel 
an  einem  chor-rock  ebenda;  auch  mnd.  stuke,  velum, 
s.  Schili.er-Löbben  4,448".  nhd.  stauchen  (die)  ein  tftchle, 
calantica  Maaler  385».  in  spätem  Wörterbüchern  zuiceilen 
aufgrund  älterer  quellen :  stauch  masc.  worein  man  den 
köpf  steckt,  ein  tüchlein  über  den  köpf,  colantica,  oder 
ein  Schleyer,  stürz,  stülp,  calyptra  Alberus  (unter  kleid) 
bei  Frisch  2,  322»>;  danach  Adelung. 

b)  die  litteraturbeUge  gehören  hauptsächlich  süddeutschen 
quellen  an  und  scJieinen  vom  anfing  des  14.  bis  zum  ende 
des  16.  jahrh.  zu  reichen,  soiceit  dies  bei  der  unsichern 
Scheidung  von  der  bedeutung  1  zu  erkennen  ist  (vgl.  auch 
die  belege  unter  3,6): 

si  (die  frauen)  hftnt  nü  verwunden 

diu  antlüz  in  ir  stüchen, 

dag  si  niht  rüchen  {rauh  werden). 

minnes.  2,  287>>  Hagen  (Hadloub  15,  4); 

das  ir  vrouwen  niht  verguot  went  hän 

d&  kleider,  der  si  {ihre  männer)  dfihte  gnuog. 

si  wend  ouch  haben  kleinöt  kiuog, 

sctiapel,  gebende  und  gürteilin, 

stflchen  und  reidfi  tüechclin. 

KuNBAT  V.  Am.menhausen  schacbznbelb. 
(1337)  4948; 

siehst  du  dann  am  gater  hangen 

ain  stuchen  wis    quelle  (G.  Zobbl)  bei  Schm.-2,  722; 

und  (er)  hat  ein  langen  groen  part 

und  ist  gewunden  in  ein  staucnen. 

fastn.  sp.  «.  1349; 

{ich,  der  kriegtman)  wolt  schier  durch  dinent  (Venut) 
willen  tragen 

hembd,  Schleyer,  sttirtz  und  stuchen. 

Gengenbach  goiichmat  643; 

auch  must  da  haben  ein  gwandkalter 

darein  du  henckst  mantl,  rock  und  schauben  .  . . 

hembd,  piret,  hfit,  klayder  und  stauchen. 

H.  Sachs  I,  440"; 

von  erst  war  ich  ein  gute  diem 

do  ich  dir  kund  die  blinder  fürn 

das  du  stets  bainilich  hetst  zu  schlauchen 

und  dir  vermerckelt  goller  und  stauchen. 

479<=  (fastn.  tp.  1,  44  neudr.); 

der  gut  Sewbeintz  nicht  liesz  darvon  .  .  . 

und  legt  an  ein  lang  frawen  kleid 

und  umb  das  maul  ein  stauchen  bund.    4,  3,  59" ; 

(ne)  reisz  jhm  den  stav.chen  von  dem  kopff.    5!»^; 

darmit  sich  frawen  und  iunckfrawen 

Echiii'icken  und  zirn,  sicn  lasen  schawen 

in  sihlayer,  stauchen  und  gepent. 

28;  65,  7  KeUer-Oötze; 

ouch  machend  sie  die  stuchen  gelb,    coneü  808; 

thu  mir  den  stauchen  von  dem  kopffi  . .  . 
er  schlecht  jhm  den  stauchen  mit  dem  stab  vom  kopff, 
so  ists  der  Jahn  Molitor  Ayrer  2199,  18.  15  X«//er  («c/c  ■ 
Sidea2);  er  hat  mir  einen  rob  genomen  an  einer  UcIh  m 
frowen :  si  zühet  nu  die  stuchen  für  und  wil  mich  nit  ino 
an  sehen  Seuse  s.  8S,  18  Bihlmeyer ;  ez  sol  auch  dhaine 
burgerin  . .  .  dhaynen  slayre  noch  stauchen  tragen ,  der 
mer  vache  habe  danne  vier  vache,  also  daz  di  ende  vorn 
auf  dem  huubt  ligen;  wil  si  aber  mer  sleyir  oder  stauch 
trugen  durch  frustes  oder  durch  krangheit  wegen,  di  mag 
di  wol  tragen  also,  daz  si  di  über  twerch  auf  legt  Nürn- 
berg, polizeiordn.  s.  66  (H.jalirh);  und  schlug  sie  in  den 
mtind,  das  sie  blutet,  da  hub  sie  ir  stauchen  für  den 
mund,  darin  stat  das  blut  noch  heut  zu  tage  und  ist  ein 
einfoltiger  schleyr  heiligen  leben  (1472)  77»;  die  kolen  oxft 
seinen  henden  nam  und  den  frawen  auf  iro  weisse  Schleyer 
und  stauchen,  unnd  den  mannen  auf  ire  goller  grosse 
mächtige  schwarcze  krücz  machet  Anino  decam.  «.  406,  St 
A>/^(6, 10);  Zeppa  in  die  kamern  kamo  das  weib  fand 
die  ir  den  stauchen  wider  umb  das  haubt  band  den  ir 
SpinoHuczo  in  dem  scherczcn  ab  dem  haubt  bot  fallen 
machen.  616,18  (8,8,  daratu  bei  Lindknkr  rastbilchl.  18$ 
undyiosiKUvagartenges.cap.m):  und  in  sKlchcni oyiendcn 
anlogen  den  Mtanchen  auf  dem  haubt  mit  dem  weyl  meint« 
zu  ncmen.  558,  n  (9,  S).  vgl.  Drescher  Ari^^o«.  169;  item 
damaoh  da  pant  er  die  frawen  auf  und  schub  sie  zur 
fearatat  und  setzt  sie  an  die  fourstat  und  tat  ir  im 
■tituohcn  ab  und  machet  einen  rink  darausz  und  setzet 

Mr. 


1129 


STAUCHE  (I,  2.  3) 


STAUCHE  (1.3.  11,1.2) 


1130 


ir  in  auf  den  köpf  d.  atädtechron.  11, 694,  27  (H.  Deichsler 
chron.  v.  Nürnb.  zu  1505);  als  da  der  wybren  mantel,  gstüch 
und  gestürz  allein  in  der  fasten  gebrucht  und  ze  ostren 
schnell  widerum  hingelegt  gescholten  wirt;  zu  eim  teil, 
dasz  die  eerberkeit  der  trurkleideren  in  ein  hochfart  keert 
ist  ZwiNGLi  2,381;  m&ntel  und  stärz  würden  selbs  zä 
rScken  und  stuchen  Anshelm  Bemer  chron.  5,  251, 24 
{zu  1528) ;  der  knab  kummet  geloffen,  treget  ein  blutigen 
stauchen  {dafür  nadiher:  disz  schleirlein  blieb  bey  der 
aychen.)  H.  Sachs  3,  3,  6*  {fasfn.  sp.  l,  lO  neudr.);  und 
haben  Weibspersonen  in  denselben  güetern,  so  manns- 
stamen  verbanden,  kain  gerechtigkait  zu  erben,  dann  . . . 
ain  mantl,  ain  schissl,  auch  hauben,  stauchen,  goller 
und  dergleichen  Hrol.  iceisth.  4,662,1,  ebenso  724,31;  und 
so  noch  zuweilen  im  17.  jahrh.:  endlich  wird  ein  ruffian 
auch  offtermals  ein  krämer,  damit  er  nur  zu  den  frawen 
und  jungfrawen  komme.  ...  er  bringt  jhnen  allerhand  . . . 
wahren  unnd  arbeit  zu  hausz,  als  .  . .  Schleyer,  vernebete 
fatzinetlein ,  stauchen ,  handschuch ,  fingerhüt ,  hauben 
U.S.  IC.  Garzoni  schaicpl.  {i6ii)  6di*;  bänder  und  schnür, 
stauchen,  regentücher  Jan  Perus  (l672)  86;  im  bilde: 

ob  si  czn  tansent  stunden 

in  todsunde  Sträuchen 

wan  über  si  braittet  er  stauchen 

frawe  Minne  und  gotez  parmchait 

daj  man  in  der  ewichait 

chain  ir  sundc  mach  gesehen. 

MÖNCH  V.  Heilsbronn  fiben  grade  1304. 

c)   .?o   noch    heute  in    den    oberd.   mundarfen:    Schweiz. 
stauche,  /.  'eine  ort  Schleyer,  wodurch  man  den  köpf  steckt, 
wie  eine  Uichenbitterinn   mit  einer  stauche   umschleyert' 
Stalder  2,  393;    dafür  stücha,  m.  Tobler  417*;    torarlb. 
stüche,    stauche,  /.,  auch  stöcha,   m.   'ein  kopftuch  oder 
acJdeier  von  dünner,  weiszer  Leinwand,  vonfrauen  besonders 
f'fim  gottesdienste  und  beileichenleyleitung  getragen;  dann 
'ser  Stoff  selbst    und  eine  schürze    davon'   Frommann 
ö30,  9;  Schwab,  stauche,  stuchen,  /.  {schwär zwäld^  '^opf- 
leckung  der   weiber  {tceiszer  scJdeier)   beim  gottesdienste 
id  bei  Leichen'  Schmid507;   vgl.  Birlinger  410'';    bair. 
e   stauchen,  auch  der  stauch,    stäuchel  'a)  kopfLnnde, 
pfttich  oder  Schleyer  der  iceibspersonen  {ntir  noch  hie  und 
da,  z.  b.  im  AUgäu,  um  Nürnberg,   üblich)'   Schm.*  2,722; 
tirol.  stauch'n,  /.  Schöpf  702  {mit  belegen  aus  mundarÜ. 
quellen  des  17. — 18.  jahrh.);    steir.  stauche,  /.  'köpf binde, 
kopftuch,  schleierartiges  tuch  für  köpf  und  gesichi'  ÜNGER- 
Khcll  570**;    'im  Bregenzerwalde   tragen    bei   Leichen  die 
nächsten  Leidträgerinnen  nonnenartig  eine  weiszLeinene  kopf- 
umliüllung ,   staucha  genannt'  cimbr.  wb.  236».     aonat  be- 
deutet citnbr.  staucha,  /.,  dem.  steuchle,  'halstueh,  fazio- 
letto  da  spalle'  235'*. 

3)  weitere  gebrauchsweisen. 

a)  cimbr.  staucha,  halstuch,  s.i,ezu  ende,  so  im  16.  jahrh. 
atieh  für  einen  theil  der  rüstung,  stoszkragen.  hrechrand, 
der  quer  über  die  schultern  laufende,  aufreiht  stehende 
kämm  an  den  achselstücken,  besonders  v.  1500 — 1550  üblich, 
*.  Weiss  kosfümkunde  2,742.  H.  Bergner  bürgerl.  Lcunst- 
altert.  550.  Boeheim  wuffenk.  98. 

b)  schtcäb.  für  schürze  Schmid  507.  auch  vorarlb.,  s. 
eben  2,  c. 

c)  diese  bedeutung  kommt  vielleicht  auch  für  ältere  quellen 
in  frage,  wenn  die  stüche  dazu  dient,  eticas  darin  zu  tragen, 
vgl.  oben  1,  c,  y.  so  nimmt  sie  Schmio  an  für  die  daselbst 
angezogene  stelle  aus  dem  Augsb.  stadtb.,  für  sich  genommen 
plausibel,  nur  kaum  zu  halten  angesichts  der  parallelstellen, 
i.  b.  aus  Heinr.  V.  Neustadt,  femer  Liegt  es  nahe,  diese 
bedeutung  anzunehmen  in  stellen  wie:  wer  es,  dz  man  die 
frauwen  mannete,  so  sollen  sie  heuwen;  unnd  wer  es 
dz  ein  frauw  ein  khindt  daheimen  bette,  so  soll  sy  heim- 
ziehen 3  stundt  im  tage  und  soll  zw  jren  kinden  lugen, 
unnd  soll  nemen  ein  stauch  voll  heuws,  unnd  wer  es 
dz  sy  zw  goüttig  {gieiig)  wehr,  dz  der  stauch  breche,  so 
soll  sy  es  dem  mayer  bessern  iceisth.  4,  211  {eis.,  1480). 
ioeh  icird  auch  hier  die  bedeiUung  'kopftuch'  vorliegen, 
tgl.:  so  soll  ein  fraw  binden  an  ihren  Schleyer  so  viel 
koms  alsz  sy  getröschen  und  gemahlen  mag  ein  dags  .  .  . 
bände  sy  aber  so  vil,  dz  jr  die  stuckh  ('/.  stüche,  köpf 
huh")  brnch  eh  dz  sy  heim  keme,  sy  müszt  es  bessern. 
tu  {vom  j.  1513) ;  hennen  haben  die  freyhait ,  wenn  die 
peyerin  auf  den  stadelvierst  steigt,   und  ain   ay  in  ein 

Mr. 


schlair,  oder  stauchen  nimbt,  und  von  ir  wirfft,  alss 
weite  sy  nu  dasselbig  ay  geworffen  hat,  mag  die  henn 
von  irem  hoff  gehen.  3,  683, 13  {l>air.). 

d)  dann  auch  als  bezeiehnung  des  Stoffes;  Schweiz,  stücha, 
m.  'dünne,  feine  Leinvwmd  {aehleier)'  Tobler  417»;  ebenso 
vorarlb.,  s.  8,  e. 

II.  kleiner  häufen  oder  bündd  von  flachs,  getreide,  torf 
u.  ähnl.  ein  vorxciegend  nd.  wort,  das  jedoch  auch  in  mittdd. 
mundarten  hereinreieht  und  von  den  nettem  nhd.  tcörter- 
büchem  verzeichnet  wird. 

1)  mnd.  stuke  Schiller -LObben  4, 448'»  (2),  nur  aus 
glossaren ;  z.  th.  unsicher,  vgl.  unten  2,  o.  in  neuem  mund- 
arfe»stuke  ^em.  m;ä.4,1075/.Strodtmann271*.ten  Doorn- 
KAAT  Koolman  3,  350  (stuke  oder  stüke,  stük,  'ein  stehen 
der  od.  aufgerichteter  häufe'),  überall  ohne  angäbe  des  ge 
schlechtes,  im  binnenlande  als  masc.,  südhann.  stüken, 
stüke,  m.  Schambach  216»,  waldeek.  st(o)ük(en)  Baüer- 
CoLLiTZ 99^.  dagegen preusz.  stauke,  nd.  stüke,/.  Frisch- 
bier 2,364*.  mittdd.  meist  als  fem.,  nur  tcesterw.  stauche, 
m.  Schmidt  232 f.;  nass.  stauche,  /.  Kkhrein  1,388;  hess. 
ViLMAR396;  ttwr.  stauche, /.  Hertel  »procÄÄcA.  234.  {in 
Handschuhsheim  nicht  vorhanden,  dafür  häufe,  m.  Lenz 
68».)  in  nhd.  Wörterbüchern  zuerst  bei  Adelung  als  stauche, 
/.  danach  Campe.  Krünitz  171, 67.  vgl.  Weigand  2, 802. 
litteraturbelege  fehlen. 

2)  im,  einzelnen  lassen  sich  folgende  gebratichsueisen  unter- 
scheiden. 

a)  am  häufigsten  von  flachs;  so  schon  mnd..-  sabueia, 
eyn  stuke  vel  ein  böte  vlasses,  s.Schiller-LCbben  4,448*'; 
ey[n]  hotte  vel  stuck  Dief.  gloss.  506».  im  neund.  nicht 
allgemein  verbleitet,  so  tcird  im  brem.  wb.  4, 1076  gerade 
diese  bedeutung  als  hd.  angegeben  {'bey  einigen  Hochdeutschen 
sind  stauchen  die  kleinen  flachsbüschd.  oder  bösen,  tcorin 
sie,  wan  sie  aus  der  rüste,  oder  dem  tcasser,  genommen  sind, 
auf  gesetzt  werden,  dasz  sie  trocknen");  auch  bei  StCren- 
burg  fehlt  sie,  dagegen  giebt  ten  Doornkaat  Koolman 
3,350'':  'n  stuke  törf  od.  flas;  üblicher  im  binnenlande: 
südhann.  {=  bäte)  Schambach  216»;  im  kreise  Oschers- 
Leben,  s.  nd.  korrespondenzbl.  22.  73  ('die  stuken  werden  da- 
durch gebildet,  dasz  die  strohbände  der  bötchen  an  das 
ältere  ende  gezogen  und  der  flachs,  mit  den  wurzelenden 
nach  unten,  kegelförmig  ausgebreitet  wurde") ;  preusz.  staoke, 
'flaehsbündel  mit  kopfartigem  knoten,  das  mit  dem  offenen 
ende  ausgebreitet  aufgeseilt  wird,  damit  der  trocknende 
wind  es  gehörig  durchziehe'  Frischbier  2,  364».  so  atteh 
in  Niederhessen  stauche,  flachsstauche  Vi lmar  396;  thür. 
{Vogtei,  Wititerstein)  sduchen,  flachspyramide  Hertel 
sprachsch.  234.  sogar  im  ungarischen  berglande  stauche,  /. 
'ort,  wo  der  flachs  trocknet;  der  daselbst  b^ndliche 
flachs  selbst'  Schröer  208».  so  auch:  'in  einigen  hoch- 
deutschen gebenden  sind  die  stauchen  kleine  büsdtel  oder 
bündel  jiachs,  in  welchen  derselbe,  wenn  er  aus  der  röste 
genommen  toorden,  zum  trocknen  aufgesetzet  icird,  in  einigen 
gegenden  werden  sie  hosen  genannt,  nieders.  both  .... 
stauchen  heissen  sie,  enticeder,  weil  mati  solche  büschel, 
indem  man  sie  bindet,  auf  die  erde  stauchet  {s.  stauchen), 
oder  auch  so  fern  stauche  {s.  unten  III,  l)  überhaupt  etwas 
kurzes  und  dickes  bedeutet,  da  es  denn  mit  stock,  ein  klotz, 
stumpf,  nahe  verwandt  ist.  das  nieders.  stake,  welches 
von  stauche  nur  in  der  mundart  verschieden  ist,  bedeutet 
einen  häufen,  oder  ein  jedes  bündel'  Adelung,  vgl.  dazu: 
bothe  (die),  both,  bündel,  stauche,  {Landwirtschaft)  eine 
hand  voll  flachs'  Jacobsson  i,  268».  nach  Weigand  2,  802 
ein  'vom  rösten  hohl  und  spitz  aufgestellter  büschel  flachs 
oder  hanf  zum  trocknen.' 

b)  im  binnenlande  ferner  von  getreide:  tcaldeek.  'getreide- 
häufen'  Bauer -Collitz  99'';  'in  Oberhessen  {wo  man 
stäche  spricht)  eine  handvoU  getreidehalme,  deren  mehrere 
eine  garbe  attsmaclien;  besonders  vom  hafer  gebräuchlich' 
ViLMAR  396.  vom  hafer  speeiell  westerw. .-  'ein  bündel  hafer, 
haberstauche,  der  ite  titeil  einer  garbe.  tcenn  nämlich 
der  hafer  einige  tage  in  sehtcaden  auf  dem  acker  gelegen 
hat,  so  wird  er  in  kleine  bündel  gebunden  und  aufgestellt' 
ScHMiDT233;  e&en.») Kehrein  1,388 ('i-onscAri/M. stauchen 
etwas  an  oder  wider  etwas  stoszen  und  dadttreh  auf  einen 
kaufen  drücken,  krumm  biegen,  kürzer  und  dicker  machen"), 
dagegen  holMein.  stuke  vom  buchweizen,  a.  brem.  vb.  4, 1076. 
Schütze  4, 816  (stokk).  Störbnburg  >7l». 

Mr 


1131 


STAUCHE  (II,  2.  3.  III.  1—4) 


STAUCHEL— STAUCHEN  (I.  1) 


1132 


c)  brem.  vom  torf:  'so  heiszt  hier  bey  den  hauern  ene 
stake  torf  ein  kleiner  häufe,  eine  schickt,  worin  der  torf, 
bey  dem  stechen  desselben,  quer  über  ein  ander  gelegt  toird, 
daaz  er  austrocknen  köjtne.  eine  solche  stuke  besteht  ge- 
meiniglich aus  6  stücken  torf.  einige  nennen  einen  solchen 
häufen  von  8  torfen  ringel  . . .  ein  tagwerk  ist  bey  den  torf 
gräbern  tein  stige  stuken,  d.  i.  1200  oder  1600  torfe.'  brem. 
if ft.  ♦,  lO/S/.  /  ebenso  osffries.  'ein  häufchen  zum  trocknen 
kretizweise  auf  einander  gelegten  torfs'  Sturen  bürg  271'; 
de  törf  steid  in  stuken,  is  in  stuken  settd  ten  Doorn- 

KAAT  KOOLMAN  3,  äöO*" ;    S.    UUCh   SCHÜTZE   4,217    {Husum, 

vgl.    stauchen  II   zu  ende),      so  au^h:    'eine    stuke   oder 
stauche  torf,  ein  liaufe  torf  von  sech.f  stücken'  Adelung. 

d)  südhann.  stuke(n)  bezeichnet  auch  einen  häufen  klee 
Schambach  216». 

3)  hiermit  läszt  sich  kaum  zusam-mennehmen  das  aus- 
schlieszlich  nd.  stuke  für  baumstnmpf:  mnd.  stuke  s. 
ScHiLi-ER-LüBBEN  4,  ««».     duzu  vielleicht: 

vele  hebben  geret  stocke  unde  sten.     Cla\is  Bur  191, 

»CO  Wo  ESTE  zeitschr.  f.  d.  phil.  5,  77  mit  dem  ältesten  drucke 
V.  h.  geren  stuken  u.  st.  lesen  icill.  neund.  stuke  'der 
icurzelklotz  eines  baumes,  mit  den  ausgerodeten  wurzeln, 
icelche  zerhauen  und  in  kleine  hänfen,  wie  torf-stuken  auf 
gesetzt  werden,  dasz  sie  trocknen  tind  zum  brande  dienen 
können'  brem.  wb.  4, 1076  (2;  gegen  diese  herleitung  von  2,  c 
spricht  die  Verbreitung) ;  ähnlich  osnabr.  Strodtmann  235/. 
{'auch  die  icurzeln  allein  werden  stuken  genatint");  westf. 
stuken,  »«.  'stammrest  eines  baumes'  Woeste  260*',  waldeck. 
st(o)ük(n)  Bauer-Collitz  99'';  südhann.  stuken,  -e,  m.  ; 
stuken  röen,  üthacken  Scham  räch  216*.  auch  in  die 
anstoszende  thür.  mundart  des  Unterharzes  (Stiege)  über- 
nommen als  schtftken,  m.  baumsfamm,  stumpf  Liesen- 
berg 209,  sdüken  Hertei,  spracJisch.  234.  —  dazu  holl. 
staik,  m.  einlaszzapfen ,  abgesägtes  ende  an  einem,  holz? 
wol  verwandt  mit  stock,  s.  das. 
III.  andre,  seltene  gehrauchsioeisen. 

1)  loesterw.  stauche,  m..  'etxpos  das  klein  und  gleichsam 
auf  einen  häufen  gedrückt  ist;  aber  .selten,  so  'n  stauche, 
wie  du  bist,  es  ist  ja  nur  'n  stauche  von  einem  schwein' 
Schmidt  232,  Kehr  ein  i,  388,  vgl.  stauchen  I,  5,/.  —  ähn- 
liches vereinzelt  im  nd. :  'stuuk  tcird  auch  im  dithm,.  ge- 
braucht als  ein  iebkosendes  wort  gegen  kleine  kinder :  das 
kleine,  liebe,  arfne  ding'  brem.  wb.  6,  350;  dat  is  en  lütjen 
stokk  Schütze  4,  217.    (hier  von  U,  s  herzuleiten*) 

2)  o)  stuche,  ventosa,  lasskopf,  vintausle  Scherz-Ober- 
1,1  N  1588  (aus  dem  voc.  v.  1482). 

b)  'stuchen,  projectura,  hervorragender  simsen.  termi- 
nus  architectonicus'  ebenda,     sonst  7iicht  bekannt. 

S)  in  mundarten  hie  und  rf«  als  verbal abstr actum  in 
verschiedenen  bedeutungen.  vgl. :  stauche  'l)  die  luindlung 
da  man  stauchet'  Campe. 

a)  in  Leipzig  'stauch,  der,  die  stauche,  ersehütterimg, 
icenn  man  einen  fehltritt  thut  oder  der  wagen  derb  atöszt' 
Albrecht  216»,  vgl.  stauchen  I,  3. 

b)  thür.  (in  Salzungen)  sduche  abspülung  Hertel 
tprachach.  234,  r^^  stauchen  IV,  6. 

c)  ostfries.  stuke,  liemmung,  'Stockung'  Stürenburo 
271» ;  'ein  zustand  von  stillstand  it.  Stockung  etc.  od.  auch 
ein  etwas  was  stehen  od.  stocken  macht  u.  so  auch:  ein 
stocken  machender  u.  hemmender  slosz  od.  gegensfosz,  an- 
stosz,  widerstost,  erschütterung'.  d'r  kwam  mit  'n  mül  'n 
stuke  in  de  löp  tkn  Doornkaat  Koolman  3,  sso**  (&). 

d)  brem.  'eine  convulsUm,  ein  anfall  von  krainpf  he 
kreeg  staken,  Zuckungen  brem.  tob.  4,  1076;  ebenso  nl. 
stayck,  concussus  Kilian  2,  649**. 

e)  ostfries.  stuke  'anfaU  von  krankheit  in  hezug  auf  das 
gemüth,  laune  etc.'  wen  s«  hör  böse  stuken  hed,  den  is 
siecht  mit  hör  to  kramen.  s£  hed  upstUnds  noch  al 
'n  göden  stfik  tkn  Doornkaat  Koolman  8,  :i5o'',  vgl. 
SrOBKNBrRO  27t»  (gew.  üble  laune).  ebenso  mrklenb.  »tuk, 
■tuken.  launen.  eigenihümliehkeitm   Ml  hh''. 

4)  stauche  in  den  letzten  bedrutungm  (8.  d.  r)  teechsrlt 
mit  stuape,  *.  das.  11,  1.  atter  M  Lxnuv.n  kommt  staurhe 
'auch  als  weeJtsel/orm  neben  dem  gewöhnlichen  stäupe  (I) 
tüeMigung'  vor  (infolge  von  Vermischung  der  beiden  be- 
deutungen f):  das  heyde  Carlstwl  und  (irlamflnder  ver- 
dienet hetten  eyne  gate  starcke  stauche  18,  98,  5  Weim. 
nusg.  (wo  die  alteJenturausg.  stäup«  liest,  s.  dieses  I,  4,  d); 

Ut. 


beides  verbunden .-  aber  das  sollen  sie  wissen ,  das  wer 
Widder  uberkeit  strebt,  der  nympt  eyn  gericht  über  sich. 
Rom.  13.  das  ist:  eyne  stauppe,  neyn  stauchen  odder 
plage  werden  sie  haben  17,  l,  211,  15.  (vielleicht  liegt  in 
diesen  fällen  ein  alter  toechsel  zwischen  germ.  k  und  p  vor. 
wie  in  kriechen ,  aM.  kriochan ,  gegen  mitteld.  kraufen, 
nd.  krupen,  altnfr.  criepan,  ags.  creopan,  altn.  krjüpa, 
oder  in  ahd.  slitochöha  schlittenscfatabel,  mnd.  koke  gegen 
nhd.  kufe,  s.  theil  5,  2206.  2530.  Kluge"  227».  230».) 

STAUCHEL.  STAUCHEL,  n.,  s.  stäuchlein. 

STAUCHEN,  verb.  in  dieser  lautform  fallen  Wörter  sehr 
verschiedener  bedeutung  und^  jedenfalls  theilweise  auch  ver- 
schiedenen Ursprungs  zusammen. 

I.  eine  reihe  von  gebrauchsiceisen  'jMszt  sich  in  einer 
grundvorstellung  'stoszen'  vereinigen,     so  zuerst  mnd.: 

des  heft  nu  Lucifer  missegehruket, 

dar  umme  is  he  dar  nedder  gestuket.     tündenf-  763. 

sonst  erst  nhd.  seit  d.  16.  jahrh.  nachzuweisen,  in  leben- 
den mundarten  weit  verbreitet,  s.  unten,  auszerhalb  des 
deutschen  ist  verwandt  norw.  stauka,  stoszen,  niederstampfen, 
langsam  (am  stabe)  gehen.  Aasen  745'»,  vgl.  Torp6«  Fick* 
3,  494.  danach  ist  wol  eine  german.  xcurzd  stuk-  neben  stut- 
anzunehmen. 

1)  'stauchen,  .  .  .  icelches  eigentlich  eine  onomatopöie  ist, 
und  den  dumpfigen  hauchenden  laut  nachahmet,  welcher 
entstehet,  icenn  man  einen  kurzen  dicken  weichen  körper 
gegen  einen  harten,  oder  einen  solchen  festen  gegen  einen 
weichen  stöszet.  l.  eigentlich,  jemanden  mit  dem  hintern 
gegen  die  wand  stauchen'  Adelung,  danach  Campe. 
von  den  frühern  Wörterbüchern  nicht  beachtet,  dagegen  ziem- 
lich gewöhnlich  in  der  altern  nhd.  litt.,  nafnentlich  des 
16.  jahrh.  einen  stauchen  (stets  mit  persönlichem  object) 
puffen ,  knuffen ,  rippenstösze  versetzen  (?) :  derhalben  die 
ammen,  sie  stillen  nun  oder  .  .  .  warten  der  kinder  sonsten, 
so  sollen  sie  getrewe  unnd  fleissig  sein,  sollen  die  kinder 
ja  nicht  fallen  lassen.  . . .  sollen  sie  auch  nicht  stauchen 
unnd  auffrücken  Mathesius  5ymc/t  (i586)  2, 126''; 

aber  was  soll  ich  ernst  vil  prauchen 
mit  narren,  die  man  nur  soll  stauchen. 

Fischart  dicht.  2,  281  Kvrz  {notw.  kehrab  622) ; 
ach  secht,  wie  mich  die  closter  katzen  .  .  . 
so  jämmerlich  gerichtet  zu  .  .  . 
theten  mich  stossen,  stauchen  und  knörn, 
wollen  den  teufel  von  mir  treiben. 

Ayrer  2863,  23  KeUer; 
0  loser  mann,  dßrfPt  ich 
mich  jetzt  reiben  an  dich  !  .  . . 
ich  mein,  ich  wolt  dich  stauchen.    3091,  15; 
niemand  mit  gwalt  thu  stauchn  und  pucken 
untertretten  noch  unterdrucken    H.  Sachs  2,  4,  4}><'. 

besonders  einen  zu  bodcn  stauchen  (im  kämpfe): 

Curiatius  maior  sagt: 
will  sie  weidlich  zu  boden  stauchn    Ayrer  151,  4; 
Ton  disen  wtirmen  (drachen)  weisz  jederman, 
dasz  sie  als.  was  sie  treffen  an, 
anfallen  una  zu  boden  stauchen.    1081,31; 
dein  strenger  {ernst  gen  ans  im  brauch 
staucht  flnsre  sei'  in  staub  zA  bodcn. 

Mklissus  ptalmt.  171  neudr.  (44,  xin). 
sodann  auch: 

mein  frewd  zu  boden  ist  restaacht. 

H.  Sachs  2,  8,  12" ; 

nider  stauchen,  s.  niederstauchen,  theil  7,  799: 
ich  wolt  dir  wol  die  lende  dein 
80  weich  schlagen  als  deinen  bauch 
weist  wie  ich  dich  olTl  nider  stauch.    8,  8,  43« ; 
o  thw  sie  ernstlich  nider  stawchen. 

/aetn.  tp.  2,  20  neudr. ; 
auch:    eh  machen  sie  (die  glück/da l>en)  dich  (Hofart)  dadeltch 
weil  das  ({.  dun?)  zu  hochmut  thust  miszbrauchen 
thund  sie  dich  ofll  damider  stauchen     »ehr.  1,  Kl' ; 
•o  thust  du  (krankheU)  jn  {den  m«twcA£ii)<lamiMl«r  aUuchta 
als  ob  er  leg  in  stock  unnd  eysen.    4eS^.  | , 

in  der  spätem  litieratur  in  genau  eniaprtehendsm  /»vi  .1*1*. 
tiren  gebrauche  nirJit  »»ehr  $u  bdegen.  doch  g< 
hierher:  nun  war  es  zeit,  das  flschlein  (ein  »r/ 
abzuhKngen.  wir  wischten  ihm  das  gesiebt  ab,  atauchlen 
es  auf  seinen  ii[K\t.  jugenderinn.  eines  alten  mannes  s.lM. 
dagtgsn  noch  in  dsm  Übenden  mundarten  trhalien.  iwm 
otiird.  bis  int  nd.  gMst  (tateol  aufpersonen  wie  tntf  snehen 
tmgmvtndet):  eis.  stuche  (sty'jf»,  Sty^»)  'stoszen,  in  der 
sehmisd*:  '■  Im  Widder   in's  flr  st.'   Mahtin  Liknuart 

Mr. 


freier: 


1133 


STAUCHEN  (I.  1—4) 


STAUCHEN  (I,  4—6) 


1134 


2,  573'';  schicäb.  stauchen  'einem  feindselig  stösze  geben' 
ScHMiDöOT;  bair.  staucha,  einen  stauchen  'ihm  rippen- 
stösze  versetzen;  figürlich:  bed^-ücken  Sc  HM.-  2,  722;  in 
Bappenau  stauxa  'einen  gegenständ  kräftig  gegen  einen 
andern  stoszen.  auf  den  boden  stoszen'  ÄIeisingf.r  181*"; 
tcesteric.  stauchen,  ich  will  den  kerl  schon  stauchen, 
er  hat  mich  auf  die  erde  gestaucht  Schmidt  23.B;  Tiess. 
stauchen,  stoszen,  stampfen,  z.  b.  koel  shtauche  Pfister 
283/.  (in  ob.  gr.  Hanau);  henneb.  stauchen,  'stoszen,  be- 
sonders mit  dem  eUbogen.  ist  von  knuffen  darin  unter- 
schieden, dasz  lezteres  mit  mehr  tücke  geschieht'  Rein- 
WALU  1,  156,  stouche  'mit  heftigkeit  und  geicalt  auf  den 
boden  niederstoszen,  gewaltsam  an  oder  auf  etwas  stoszen' 
Frommann  2, 171,  68:  thür.,  in  Stiege  {Unterharz)  schtaken 
stoszen,  heftig  hinstellen  Liesenberg  209,  sdiiken  Hertel 
sprachsch.  2M;  so  auch  im  südwestl.  nrf.  stüken,  südhann. 
Schambach  216»,  westfdl.  Woeste  260'';  preiisz.  'stüken, 
übel  verhd.  stanken,  auch  stucken,  stauchen,  wiederholt 
abicärts  stoszen,  drücken,  stampfen,  einen  mit  der  nase 
auf  den  tisch  stüken'  Frischbier  2,384''.  'auch  heiszt 
stauchen  in  einigen  gegenden  prügeln.'  KrCnitz  171,  68. 
vgl.  noch  stuuche,  zerschlagen,  im  'Berner  maftenenglisch', 
s.  zeitschr.  f.  d.  wortf.  2,  54''. 

2)  daran  scMieszt  sich  eine  reihe  apeciellerer  gebrauchs- 
weisen. 

a)  ochsen  stauchen,  stauen  ö  anstauchen,  stimolare, 
frugare,  pongoUire  i  buoi  per  farli  caminare  Kramer 
dic^  2,917*;  das  verbum  stauchen  heiszt  bey  einigen  so 
viel  als  mit  stechen  treiben,  als  an  einigen  orten  die  ochsen 
mit  dem  Stachel  treiben  Frisch  2,322"=.  ähnlich:  er  aber 
stauchte  den  delphin  in  die  seite  und  sogleich  schwamm 
dieser  weiter  den  flusz  hinauf  Hauff  2,  712  Reclam  {Saids 
Schicks.). 

b)  eis.  auch  'coitieren'  Martin-Lienhart  2,  574». 

c)  in  verscJiiedenen  mundarten  für  '{etwas)  stampfen', 
so  im  ungr.  berglande  SchrÖer  208»;  hess.  {in  oberer 
gr.  Hanau)  z.  b.  kcel  (kohl)  shtauche  Pfister  284;  preusz. 
'stuhken  wasche  stampfen  oder  kartoffeln  xu  brei'  Sche- 
MiONEK  39,  kartoffeln  stüken.  die  wasche  stüken,  sie 
durch  stauchen  reinigen  Frisch  bier  2,384''  {vgl.  unten  111,7). 

3)  im  18.  jähr h.  begegnet  stauchen  zuweilen  in  intransi- 
tiver bedeutung ,  stoszen,  stampfen;  so  von  der  gangart 
eines  pferdes .-  der  nehmliche  schritt  meines  pferdes  däucht 
mich  bald  stauchend ,  bald  sanft  Bode  Montaigne  4,  22 
(2,  kap.  12).  ähnlich,  transitiv  gebraucht:  aber  da  ich  über 
die  verschiedenen  arme  der  Älaas  sezzen  muste,  wo  ich 
bald  eine  meile  auf  ofner  kalesche  mich  zu  schänden 
stauchen  lassen,  bald  auf  einem  ofnen  boote  den  wellen 
preis  geben  muste,  da  wars  keine  freude  mehr  zu  reisen 
C.  F.  Bahr  DT  leben  3, 297.  —  vom  'stam,pfen'  eines  schiffes 
{s.  stampfen  5,  sp.  680): 

mein  schiff,  dasz  ohne  seegel  schwebt, 
stets  schlenckert,  stauchet,  zittert,  bebt« 
bis  es  sich  in  die  fluth  vergräbt. 

cav.  im  irrgarten  (1746)  406. 

4)  heute  zumeist  in  einer  specieUeren  bedeutung,  die  ge- 
wöhnlich in  dem  compositum  verstauchen  ausgeprägt  ist, 
vgl.  das.  soicie  überstauchen:  stauchen,  überstauchen, 
Saxones  dicunt  verstuken  Schotten  1421;  stauchen, 
staafen ,  luxare,  ossa  sedibus  suis  movere,  it.  mxttHare. 
eonvellere  artictilos,  et  torquere  Stieler  2125;  verstauchen, 
et  verstauen,  id.  quod  stauchen,  et  stauen,  eluxare.  2126; 
stauchen,  ...  it.  slocare  Kramer  dtc<.  2, 917»;  stauchen, 
luxare  .  .  .  dicitur  de  dislocatione  pedum  et  m^inuum,  et 
vocatur  alias  verrenken  distorquere  Wächter  1.593;  sich 
die  band  stauchen,  'auf  die  hand  fallen  oder  an  dieselbe 
so  stoszen,  dasz  sie  gewisser  mMSzen  dadurch  verrenkt  icird' 
Campe.  Steinbach  2,689,  Frisch  2,322«  «nd  Adelung (i) 
kennen  nur  verstauchen,  auch  i7i  der  litteratur  wie  in 
der  Umgangssprache  ist  das  einfache  verb  tcenig  gebräuch- 
lich: das  stauchen  ist  indesz  eine  verteufelte  sache.  mein 
fusz  war  sehr  geschwollen  und  schmerzte  fürchterlich 
Selme  4,  48  Hempel  {mein  sommer;  weiter  oben:  weil  ich 
mir  . .  .  den  fusz  vertreten  hatte),  in  idiotiken  wird  es 
'"iiufig  aufgeführt,  meist  ohne  nähere  angaben;  so  bair. 
^<:hm.*  2,  722  {a;  'wie  hd.'  überstauchen);  tirol.  Schöpf  703 
'.ebenso);  \cesterw.  'verrenken,  verstauchen,  ich  habe  mir 
die  hand  veritaiicht'  Schmidt  233;  hess.  schdauche  (;rk- 

Mr. 


GEH  US  806.  Pfister  283.  während  hier  diese  bedeutung 
zu  stauchen  angeführt  \eird,  wenn  auch  ohne  directe  belege 
für  den  gebrauch  des  simplex,  geben  andre  icörterbücher 
ausdrücklich  nur  das  compos.  verstauchen,  so  schicäb. 
Schmid  507,  siebenb.  Kramer  Bistritzer  dial.  i^;  ebenso 
nd.  nur  verstuken,  *.  z.  b.  brem.  icb.  4, 1076.  Stürenburg 

271».    TEN   DOORNKA.^T  KOOLMAN    3,351». 

5)  eine  weitere  enttcicklung  der  bedeutung  in  der  richtung 
'etwas  {durch  stoszen)  kürzer  und  dicker  machen'  liegt  be- 
sonders in  einigen  ausdrücken  der  schmiedekunst  soicie  in 
mtindarflichen  redeweisen  vor,  vgl.:  {tcesterw.)  'stauchen, 
eigentlich:  etwas  an  oder  tcider  etwas  stoszen  und  dadurch 
auf  einen  häufen  drücken,  krumm  biegen,  kürzer  und 
dicker  machen'  Schmidt  233. 

a)  stauchen,  bey  den  schmieden,  wenn  sie  einen  ge- 
schmiedeten stab  der  sich  erhitzet,  nicht  der  länge  nach, 
sondern  der  länge  entgegen  treiben,  und  solcher  gestallt 
verkürzen  und  in  einander  schlagen  Frisch  2,322=;  'die 
schmide  stauchen  ein  stück  eisen,  wenii  sie  dasselbe  glühend 
der  länge  entgegen  schmiden,  so  dasz  es  kürzer  und  dicker 
werde'  Adelung  (l),  s.  ferner  Eggers  2,985  utid  Campe; 
stauchen  '{refouler  jumping,  up-setting).  die  behandlung 
des  eisens,  wodurch  dasselbe  im  glühenden  zustande  in  der 
richtung  seiner  länge  zusammengedrückt  wird'  Karmarsch- 
Heeren^  8,  44S,  vgl.  7,  734  und  Stenzel  seemänn.  wb.  400» 
{wo  diese  bedeutung,  kaum  mit  recht,  von  II  hergeleitet 
icird).  so  auch  (?):  wie  könnte  nicht  gehämmert,  ge- 
staucht, gesägt,  gepaukt  werden,  mein  bester  stiller 
pauker?  J.  Paul  27,  82  (ßegelj.  2,  nr.  26). 

b)  dazu  wol:  axt  stauchen,  ist  dieselbe  auszschmieden 
G.  Junghans  auszgeklaubte  gräublein  ertz  (1680)  B  i''; 
stauchen  ...  ist  so  Ariel,  als  ausschmieden,  dahero  heisset 
es:  eine  axt  stauchen  Herttwig  bergbuch-  (1734)  368''; 
stauchen,  nehmen  die  bergleute  in  einen  besondern  ver- 
stand, wann  sie  sagen:  eine  axt  stauchen,  das  ist,  eine 
axt  ausschmieden,  hindern  dasz  sie  sich  nicht  weiter 
umlegen  kan  an  der  schneide  Frisch  2, 322<=;  bey  den  berg- 
leuten  heiszt  stauchen  so  viel  als  ausschmieden  Eggers 
2,985;  öAriZic/t  6e£  Adelung  (i).  Jacobsson  7,430».  Campe; 
im  ungr.  berglande  eine  ax  stauchen  SchrÖer  208». 

c)  die  zahne  einer  säge  stauchen,  an  den  spitzen  breiter 
machen,  um  die  breite  des  einschnitts  zu  vergröszern,  be- 
sonders bei  metallsägen  und  der  lochsäge,  s.  Karmarsch- 
Heeren^  7,  456.  501. 

d)  selten  auszerhalb  dieser  technischen  Verwendungen, 
allgemein:  'stauchen,  fr.  emousser.  etwas,  so  schmal  utul 
spitzig  ist,  auf  eticas  stoszen,  dasz  es  stumpf  und  breiter 
irird' Jacobsson  4,266».  —  vgl.  noch:  eine  feder  stauchen, 
sie  auf  den  tisch  stoszen,  dasz  sie  zerspaltet  KrÜNITZ 
171,68.  dazu  ausstauchen,  um  die  feder  i'on  tinte  tu 
reinigen:  und  solang  der  rede  schwall 

schwoll  mit  tönenden  gewalten, 

schlief  ich  wie  am  Wasserfall ; 

bis  mein  nachbar  seine  feder 

stauchte  aus  am  schreibepult, 

und  der  zaubrer  vom  katneder 

abtrat,  der  mich  eingelullt.   RCckbrt  (1882)  2,  52. 

e)  in  mundarten  vereinzelt  in  der  bedeutung  'verkürzen' 
schlechtweg,  so  eis.  kleiner  macJien.  wenn  dr  pfol  ze  lang 
is,  stuch  ne  e  bissll  ich  will  de  wagering  stuche,  den 
reif  verengern,  s.  Martin-Lienhart  2,573''.  ioestf  stüken 
'verkürzen  beim  schneiden'  WoESTE  260*'. 

f)  mitteld.  m,undarten  kenyien  das  pari.  perf.  in  einer 
verwandten  bedeutung:  in  Sappenau  kstauxt,  klein,  ge- 
drungen von  gestalt  Meisinger  181'';  icesteric.  gestaucht, 
'a)  gekrümmt,  syn.  v.  gekaucht.  wie  gehst  du  so  gestaucht, 
eingedruckt  mit  der  brüst?  b)  von  leuten,  icelche  den  köpf 
in  den  schultern  stecken  haben ,  und  gleichsam  auf  einen 
häufen  gedrückt  sind'  Schmidt  233;  vgl.  siebenb.  än- 
gestancht  'untersezt,  von  kurzem,  kräftigem  körperbau' 
Kramer  127.  —  in  anicendung  auf  Sachen  auch  bei  Göthe: 
die  gestauchte  form  des  kreuzes,  s.  theü  i,i,i206. 

6)  freiere  gebrauchsu>eisen  finden  sich  in  mundartlicher 
redeweise. 

a)  in  der  Soldatensprache  einen  stauchen,  drillen  (?  die 
eigentliche  bedeutung  ist  wol  noch  mehr  oder  weniger  deut- 
lich), s.  HORN  s.  9.  75.  81;  bair.  als  bezeicknung  des  militä- 
rischen tadeis  zusammen  gestochen  oder  gestaucht  werden. 
*.  137. 

Mr. 


1135 


STAUCHEN  (I,  6.  II.  III.  1) 


STAUCHEN  (Hl,  1-3.  IV,  1.2)     1136 


b)  80  attch  sonst,  henneb.  stauchen  'einen  brav  abfegen, 
ihm  das  martl  stopfen'  Reinwalü  l,  156.    danach  Campe. 

e)  Jienneb.  stouche  'aucfi  durch  schwere,  anstrengende 
arbeit  sieh  körperlich  schwächen  oder  zu  grtmd  richten' 
Frommann  2, 171,  68.  ähnlich  sonst  verstauchen,  vgl.  das., 
Z.  b.  hess.   Pl'ISTER  284. 

II.  hanf,  flachs  stauchen,  in  häufen  setzen,  zum  h-ocknen. 
in  diesem  sinne  offenbar  mit  stauche  II  zusam,menhängend, 
vgl.  das.,  und  eher  als  ableitung  daraus  anzusehen,  denn 
als  dessen  Stammwort  {wie  Weioand  2,802  tcili).  in  der 
Schriftsprache  seit  mitte  des  11.  jahrh.  nachzuweisen:  (solstu 
die  würzlinge)  also  aufgericht  in  die  gruben  setzen,  wie 
man  pflegt  den  flachs  zu  stauchen  Coi.eh  hausb.  (1640)  143; 
stauchen,  v.  a.  wird  von  den  kleinen  flachs-büscheln  oder 
hosen  gesagt,  welche,  wann  sie  aus  der  röste  oder  aus 
dem  Wasser  kommen,  worinnen  sie  eine  Zeitlang  haben 
liegen  müssen,  trocknen  müssen,  und  staucht  sie  auf 
einen  platz,  man  macht  dasz  sie  stehen,  dasz  die  wurzeln 
unten  auseinander  kommen,  und  das  andere  über  sich 
steht  Frisch  2,322°;  stauchen,  heist  den  aus  der  röste 
gekommenen  flachs  in  die  sonne  zur  dürrung  busen-weis, 
unten  breit  aus  einander  auf-  und  aussetzen  Zincke 
öeonom.  lex.^  2802 ;  'den  hanf  stauchen,  in  der  landwirth- 
schaft  einiger  gegenden,  z.  b.  Obersachsens,  ihn,  icenn  er 
geraufet  toorden,  in  kleine  häufchen  zusatnmen  hhnen,  damit 
er  trockne;  nieders.  stuken,  von  stuke,  eine  stauche,  ein 
häufen,  bündel.  den  flachs  stauchen,  ihn  nach  dem  rösten 
in  ähnliche  bündel  aufsetzen'  Adelung  (2,  l),  danach 
Campe  (2);  's  tauchen,  (landtcirthschaft)  den  aus  der  röste 
gekommenen  ßacJis  in  die  sonne  zur  dörrung  hundweise 
unten  breit  auseinander  auf-  und  aussetzen,  es  wird  auch 
von  den  garben  gesagt,  wenn  m^n  .<ne  bey  anhaltendem 
nassen  icetter  von  den  mandeLn  nimt,  und  mit  den  stürzen 
auf  die  erde  setzet,  damit  toind  und  sonne  solche  trocknen 
mögen,  und  das  auswachsen  dadurch  verhindert  werde' 
Jacobsson  4,  266».  vgl.  auch  Krünitz  171,68,  der  den  hanf 
stauchen  als  thüringisch  bezeichnet.  —  in  m,itteld.  und  nd. 
mundarten  weit  verbreitet:  im  ungr.  berglunde  'gerösteten 
fladis  bündelwei.^e  zum  trocknen  ausstellen'  Schröer  208»; 
ebenso  henneb.  stoch  Spiess  240;  fiess.:  'nur  in  Nieder- 
Jiessen  staucht  man  den  geroszeten  flachs,  in  Oberhessen  und 
in  der  grafschaft  Ziegenhain  breitet  man  ihn'  Vii-Mar  896; 
thür.  in  Salzungen  sduch  Hertel  46.  sprachtch.  234  (Salz., 
Vogtei),  nordthür.  stüche  Kleemann  22";  nd.,  südhann. 
stüken  'aus  den  Schwaden  in  häufen  bringeii,  in  häufen 
stellen,  z.  b.  heu,  halmfrüchte  oder  flachs,  um  sie  so  trocknen 
zu  lassen;  vgl.  upstüken'  Schambach  216*;  icaldeck. 
8t(o)ükn  (von  halmfrüchten)  Bauer -Collitz  SD*";  im  kr. 
Oschersleben  opstuken  vom  flachs,  s.  nd.  korrespondenzbl. 
22,  78.  in  den  norddeutschen  moorgegenden  auch  in  der 
bedeutung :  'stuken,  in  häuf  lein  auf  setzen,  schichtweise 
zum,  trocknen,  wie  den  torf,  und  die  ausgegrabene  baum- 
wurzeln' brem.  wb.  4,  1076.  so  ostfries.  'den  fri.icli  ge- 
grabenen torf  zu  kleinen  hüuflein  aufschichten,  aufstauen, 
oder  den  aus  der  röste  genommenen  flachs  zum  trocknen 
lose  aufstellen'  StOrenburg  271»,  flas  oder  törf  stuken 
oder  npstuken,  umstuken,  ferstuken  ten  Doornkaat 
KoOLMAN  8,  351».  im  liolstein.  mit  formaler  Unterscheidung: 
'stukken,  upstukken  {Hus.  Eid.  u.  a.  o.),  uphokken  (Holst.) 
getreide,  das  in  garben  gebunden  ist,  zum  trocknen  auf- 
setzen, von  allem  getreide,  2)  in  Holst,  nur  vom  buchtoeiten. 
bookweei«takken  .  . .  stukken  (ditm.)  der  gemähte  btuh- 
Weizen  in  häufen  gesetzt,  gestuukt,  um  zu  trocknen'  Schütze 
4, 216/.  (die  Schreibung  also  inconsequent ;  attch  Kl c HEY  426 
giebt  als  ditmars.,  dasz  buchweizen  gestuukt  unrd);  da- 
gegen: 'apstuuken  (Hus.)  klUn,  d.  i.  torf  und  torf  d.  i.  haide- 
soden  tum  trocknen  aufsttten'.  217. 

III.  in  andern  bedeutungen  ist  stanohen  n«iet\form  tu 
vörtem  von  ähnlicher  lautform. 

l)  fii  stauen,  waaser  hemmen,  s.  das.  >  (c).  in  der  nhd. 
Schriftsprache  seit  anfang  des  iB.jahrh.  bezeugt  (also  nicht 
viel  später  als  stauen):  stauchen,  stauen,  verb.  [ü  sem- 
pUee  i  di  poe'  u4m>]  atagnart . . .  das  wasser,  die  bacb,  den 
dasz  etc.  stauchen  6  stemmen,  ttagnare,  im{p9\iire  la 
eorrtnte  d'un  rusceUo,  d'una  riviera.  v.  stemmen  Kramkk 
Jict.  (17«)  s,  917»;  ein  gestauchtes  d  gestautes  wasser.  »17>>: 
ulanclien  ist  hier  (in  der  bedeutung  'dämpfen',  :  >)  so  viel 
aU  slaoen,   stauwen,   •.  stemmen,    das  wasser  stehen 

Mr. 


I  machen,  am  fliessen  hindern  Frisch  2,822°;  im  niders. 
ist  für  stauchen  stauwen.  .331°,  vgl.  unten '&;  'das  wasser 
wird  gestauchet,  trenn  mun  dessen  abflusz  hindert,  und  es 
dadurch  aufsc.hioellen  macht;  stammen,  nieders.  stauen, 
ital.  stuare.    einen  flusz,  einen  bach  stauchen'  Adelung 

I    (2,2),  s.  aucÄ  Campe  (l).  KrOnitz  171,68  (2,  2).    litteratur- 

I  belege:  als  die  Israeliten  an  einen  arm  des  arabischen 
meerbusens  gelangt  waren,  ...  so  trieb  ein  starker  wind  . . . 
das  wasser  aus  diesem  arme  meer  ein,  und  hielt  es  so 

■  lange  zurück,  bis  sie  mit  aller  gemächlichkeit  hindurcli 
gegangen  waren,    indesz  suchte  das  oberwärts  gestauchte 

i    wasser  einen  andern  ablauf  Lessing  lO,  22;  intrans.: 

schäumend  kehrt  die  welle  wieder, 
flieäzt  nicht  mehr  im  bett  darnieder; 
grund  erbebt,  das  wasser  staucht 

GöTHE  41, 135  (Faust  II,  2;  ' eTäbeben"). 

so  auch:  sie  sahen  das  oberhalb  leerstehende  schulhaus 
aufrecht  daher  schwimmen  und  an  der  westlichen  ecke 
des  daches  sich  feststellen ;  .  .  .  holz  stauchte  davor  sich 
auf  GoTTHELF  4,  27  Vetter  (wasserTiot  im  Emmenthal). 
mundartlich  wenig  verbreitet:  hess.  schdauche,  stauen 
Crecelius  806,  besonders  sich  stauchen  'd.  i.  drängend 
stopfen'  Pfister  283;  nd.  südhann.  sek  stuken,  sich  stauen 
Schambach  216».  —  Weigand  2,  802  möchte  in  diesem 
stauchen  eine  Weiterbildung  von  stauen  sehen,  indessen 
darf  inan  bei  dem  späten  auftreten  und  der  geringen  Ver- 
breitung in  mundarten  wol  fragen,  ob  stauchen  nicht  ein- 
fach eine  entstellung  ist,  die  das  urspr.  nd.  stauen  bei 
.leinem  übertritt  atif  hd.  gebiet  unter  einßusz  des  hier  ein- 
heimischen stauchen  erfuhr. 

2)  zu  stauen,  fest  packen,  s.  das.i:  'wahren  in  ein  fasz, 
in  das  schiff  stauchen,  sie  fest  zusammen  setzen,  mit  den 
füszen  in  ein  fasz  treten;  nieders.  stauen  Adelung  (unter!, 
also  zu  der  bedeutung  1).  danach  Krünitz  171, 68.  hier 
ist  vielleicht  zu  unterscheiden,  waren  in  ein  schiff  stauchen 
beruht  deutlich  auf  dem  nd.  stauen  und  geht  von  der 
secTnannssprache  aus.  es  wird  dann  auch  allgemeiner  ge- 
braucht, z.  b. :  nachts,  wenn  ehrliche  leute  in  ihren  betten 
liegen,  kriecht  sie  vom  boden  bis  zum  keller,  um  ihre 
schätze  zu  beäugeln,  die  sie  überall  hinter  kisten  und 
kästen  weg  gestaucht  hat  Sjorm  8,  14.  dagegen  scheint 
die  wendu7ig  waren  in  ein  fasz  stauchen  dem  hd.  gebiete 
eigenfhümlich  zu  sein  und  ist  dann  als  eine  specialisierung 
der  bedeutung  I  zu  fassen :  stauchen,  . . .  it.  stijmre,  stuare 
Krämer  dict.  2,917»;  wahren  in  ein  fasz  stauchen,  stauen 
0  stuchen,  stipare,  stuare,  calcare  delle  robbe  in  utia  hotte  etc. 
V.  packen  ebenda;  ein  wol  zusammengestauchtes  pack- 
fasz.  917'';  Campe  kennt  nur  sie.  so  in  der  litteratrir: 
(Falkenberg)  drückte  und  stauchte  das  weibliche  schiff 
und  ge.schirr  mit  ehernen  bänden  in  die  näcliste  Schachtel 
hinein  J.  Paul  l  (uns.  loye  i),  69. 

3)  schmoren,  .  .  .  alias  stauchen,  gall.  estouffer  Stieler 
1884;  stauen,  etiam  in  specie  est  vaporare,  inde  gestaucht 
fleisch,  caro  vaporatione  percocta.  2125/.  ,•  stauchen  (stofen, 
stoven,  stufen),  stuffare,  sottestare.  far'  in  tegame.  v.  ein 
machen,  kalbfleisch  etc.  stauchen ,  stuffare  etc.  vitella, 
fame  una  stuffata  Kramer  rfiW.  8,  917»;  gestaucht,  ge- ^ 
stoft  d  gestuftes  fleisch.  917'';  stauchen,  beym  kochen. 
ital.  stuffare.  gall.  ituv^e,  pcMlJunpftes  oder  gedünstetes 
fleisch,  caro  juri  incocta,  da  der  dampf  der  sonst  in  die 
lufTt  weggieng,  durch  das  zudecken  wider  zurück  ge- 
trieben wird  Frisch  2,  822<=  (der  es  also  von  III,  l  herleiten 
will,  vgl.  die  daseibat  angtführte  aklärung,  die  hier  un- 
mittelbar anachlieati);  'in  den  küchen  einiger  gegenden  iat 
stauchen  so  viel  ala  dämpfen,  nieders.  stöfen,  stoven. 
gestauchtes  fleisch,  gedämpftes,  in  einem  ver.9chlosaenen 
gefäsze  langsam  gekochtes'  Adki.vko  (8,8),  *.  atieJi  Cam pk  (n\ 
KrOnitz  171,  68.  das  wort  seheint  nur  eine  irn 
verhochdeutsehung  des  nd.  stoven  (für  daa  alUrd" 

belege  fehlen),  «.  SciullühLOhrrn  4,  42«^.,  toojur  .von.« 
im  hd.  stufen  eracheint.  s.  das.  (Wkigani)  8,846.  UiRZ 
etym.  wb.*  Sil). 

rV.  »IM  ansaht  andrer,  aumeiat  vereinaelier  fftbra*U)h$' 
teeiaen  laaaen  sich  nicht  mit  Sicherheit  ableitm, 

l)  uberackern  tauchen,    obarart,    perarmrß 

SriRLBR  18. 

8)  sich  stauchen  oder  aufstauchen  begegnet  in  dem 
ainne  'aich  icvlben,  bauaeken'  (an  ITl,  l  aneuknügfenf):  aus 

Mr. 


1 1 37      STAUCHEN  (IV,  2—8)  —  STAUCHER 

den  kurzen  ledernen  beinkleidem  hatte  sich  das  hemd 
etwas  aufgestaucht  Auerbach  dorfgesch.  l,  97  {Befehler- 
I^  2);  unter  diesem  hüte  aber  ...  lag  ein  mächtiger  wulst 
weizengelben  haares ,  von  dem  etliches  straff  und  lang 
ins  runde  gesiebt  herabhing,  etliches  im  nacken  zu  eckigen 
locken  sich  stauchte  Sohkrey  im  grünen  Mee  s.  8.  hier- 
her icol :  diese  gleich  den  wellen  . . .  wechselnden ,  ge- 
schmiegten, gestauchten,  gebrochnen  falten  sind  mehr  als 
verschieden  von  der  alten  regelmässigkeit  und  steifen 
Zierlichkeit  F.  G.  Welcher  alte  denkm.  l,  74. 

3)  bair.  sich  aufs  bett  hinstauchen,  lehnen  Schm.- 
2,  722  (c).  Schöpf  703.    vgl.  stauen  6,  a. 

4)  aus  der  gaunersprache  stammt  icol  stauchen  för 
stehlen  in  mundarten.  so  im  'Berner  mattenenglisch  'stuuche, 
s.  zeitschr.  f.  d.  wortforsch.  2, 52* ;  stauche(n)  bei  den  schwäb. 
händlern  aus  Lützenhardt  bei  Horb.  10,  215'' ;  eis.  stuche 
glimpfu:.  für  stehlen,  heimlich  entwenden,  bes.  fruchte' 
M.\RTiN-LiENHART  2,  573''  (3) ,  dazu  stuchet,  styxat,/.  'was 
man  auf  einmal  heimlich  entwendet  hat'.  574*;  thür.  stauchen 
{in  Satzungen  sduch,  in  Altenburg  sdauche)  'kleine  gegen- 
stände in  der  stauche  bergen,  entwenden'  Hertel  Sprach- 
schatz 234.  Salzunger  wb.  45.  {demnach  von  stauche  I,  1 
beiw.  3,  b.  c  herzuleiten*)  —  dazu  sich  stuuche,  sieh  fort- 
packen, zeitschr.  f.  d.  Wortforschung  2, 57. 

5)  mittelfränk.  stauche(n),  feuer  anzünden,  schüren,  ent- 
spricht dem  nl.  stoken,  vgl.  Franck  971,  und  ist  vielleicht 
daher  übernommen  {wie  auch  das  engl,  stoker,  wonach  erst 
das  verb  stoke  gebildet  ist.  aus  dem  nl.  stammt,  nach 
SKEAT599''):  luxemb.  stauchen,  das  feuer  anfachen,  wb. 
der  luxemb.  ma.  420*;  in  Aachen  und  Düsseldo^rf  stauche 
(stochen)  'anzünden,  einheizen,  anschüren,  soxoob feuer,  als 
auch  streit;  holl.  stoken,  verwandt  mit  stochern'  {vgl.  dieses) 
Möller-Weitz  233. 

6)  köln.  stuche  'einmaischen  der  gerste'  HÖNiG-  178*. 

7)  thür.  stauchen,  sduch(e)  auch  für  'spülen'  Hertel 
spracJisch.  23i  (4). 

8)  stuken  in  ostnd.  mundarten:  altmärk.  stük'n  'beim 
waschen  das  zeug  tüiederholentlich  im  wasser  niederdrücken' 
D.\NNEIL  215*;  meklenb.  'stauchen,  z.  b.  geicaschenes  zeug, 
um  es  vom  wasser  zu  befreien'  Mi  SS"*;  pomm.  'instuken, 
lieiszt  hier,  die  unreine  wasche,  ehe  sie  gewaschen  wird,  in 
eine  art  beitze  von  hürfermist  und  kalter  lauge  einlegen' 
D.\hnert'471'';  pretisz.  'die  wasche  stuken,  sie  durch 
stauchen  reinigen,  sie  ausstüken.  einstüken,  unreine  wasche 
einweichen  in  lauge'  Frischbier  2,384'';  so  schon  in  einer 
Königsberger  hochzeits-grat.  aus  der  ersten  hälfte  dts 
18.  jahrh.  : 

den  mägden  kommet  za  das  stohcken,  schrobben,  bobsen, 
s.  ebenda,    {vgl.  oben  1,2,  c.    eher  zu  111,6  gehörig*). 

STAÜCHENBLEICH,  adj.,  Schweiz.,  bleich  wie  ein  schleier, 
s.  stauche  I,  2;  'tceil  dieser  kopfputz  {s.  stauche  I.  2,  c)  ein 
bleiches  aussehen  gibt:  so  wird  auch  der  ausdruck .-  stauchen- 
bleich von  Personen  mit  einer  blassen,  kränkliclien  gesichts- 
farhe  gebraucht'  Stalder  2, 363 ;  appenz.  stüchabläch  'blast, 
leichenblasz  {blasz  icie  gebleichter  stacha)  Tobler  417*; 
vorarlb.  stüchabläch  Fromm.\nn  8,530,9;  vgl.  stauchen- 
weisz. 

STAÜCHENBUCKLERIN,/.,  schiceU..  'person.  die  andern 
diesen  kopfputz  {s.  stauche  I,  2,  c)  aufsetzt'  Stalder  2,  393. 
STAUCHENWEIBCHEN,  n.  gestalt  der  volkamythologie. 
8.  E.  H.  Meyer  germ.  myth.  %  369. 

STAUCHENWEISZ ,  adj.  weisz  vne  eine  stauche  (1,2), 
vgl.  stauchenbleich ;  alem.  stüchawisz,  schneeiceisz  From- 
mann 6,120,81.  vorarlb..  «.3,530,9. 

STAUCHENZEUG,   n.,  schxceiz.  'dünngewobenes ,  feine» 
leinenzeug'  Stalder  2, 393,  vgl.  stauche  I,  2. 
STAUCHER,  m.    i)  nomen  agentis  zu  stauchen,  'einer 
stauchet'    Campe   (i).     so    in    altern    Wörterbüchern: 
acher,  stauher,  et  staufer,  der,  ac  staucherinn,  die, 
et  foemina  luxans,  distorqvens,  depravans,   it.  oppi- 
obstruens.    et   vaporans    Stieler   2126;    staucher, 
.ner,  m.  stagnatore.   it.  atimolatore.     ochsen  staucher, 
er  d  stäuer,   stimolatore  di   buoi,    boaro,    cacciabtwi 
MER  dict.  2,  ai?*».    sonst  wenig  üblich,    os^fries.  stuker 
stüker,  'person  die  das  stuken  des  torfs  thut'  ten 
ORNKAAT  KoOLMAN  3,  Söl*»,  Vgl.  stauchen  n.    so  schon 
nd.  stuker  in  {Oldenb.)  Urkunden  v.  1577  und  1581  (torf 
«tukers)  SchillerLübben  4,44«''. 

X.  «.  Mr. 


STAUCHERIN  — STAUCHKALIBER      1138 

2)  vom  nomen  agentis  atts  ergeben  sieh  weiterentunck- 
lungen  nach  ztoei  richtungen. 

a)  bezeichnung  eines  ger&ts  zum  stauchen,  so  im  bergbau 
gleichbedeutend  mit  Stampfer,  s.  das.  4,  sp.  680.  Veith  458; 
zum  eindrücken  der  patrone  in  das  bohrloch,  bei  spreng- 
arbeit Karmarsch-Heeren' 1,384.  österr.  staucher,  'bei 
dem  bohrzeuge  ein  runder,  hölzerner  stössl,  um  das  pulver 
in  dem  bohrloche  festzudrücken,  bei  den  frischfeuern  ein 
holzschlägd.  um  die  feuergrube  mit  kohllösche  aufzuschlagen. 
oder  die  sehlakensOieke  in  das  flüssige  roheisen  bei  der  böden- 
cortitsch  oder  hartzer-renn-arbeit  zu  mengen'  Scheüghen- 
stuel  232.    {vgl.  besonders  stauchen  1, 2,  e.) 

b)  vereinzelt  Übergang  in  die  bedeutung  eines  verbal- 
abstracts.  so  in  der  Soldatensprache:  'eine  grosze  an- 
strengung  ist  eine  schindung,  ein  staucher  oder  wichser' 
Hörn  76  {zu  stauchen  I,  6,  c).  ostfries.  stuker  oder  stüker, 
stukert,  'zustand  der  od.  etwas  was  hemmt  u.  stocken  macht. 
Jiemmung.  Stockung,  bz.  hemmnisz.  hindemisz.  Widerwärtig- 
keit etc.'  TEN  Doornkaat  Eoolhan  3,  SSI**  {zu  stauchen 
in,  1). 

3)  in  hochd.  mundarten  weitverbreitet  als  nebenform  zu 
stauche  I,  in  verschiedenen  bedeutungen  .- 

o)  sehtoäb.  vorderärmel  Schhid  507.  Campe;  bair. 
staucher,  staucher,  vorsteckärmd  Schmeller-  2,  722.  {vgl. 
staucher  I,  l,  a — d.) 

b)  zu  staucher  1, 1,  e:  staucher,  heisset  dem  frauen- 
zimmer  in  Nürnberg  so  viel  als  ein  muff  Amaranthes 
frauenz.-lex.  (1715)  1896,  vgl.  A.  Schultz  alltagsl.  s.  99;  'der 
staucher  . .  .in  Schwaben,  ein  muff"  Adelung  {als  einzige 
bedeutung),  s.  auch  C.\mpe  {'in  manchen  gegenden  am 
Bliein").  KrOnitz  171,  69  {icürtemb.).  so  besonders  bair. 
Schm.-  2,  722,  eis.  stucher  {lautformen  sty;far,  stü^art, 
demin.  stij^erla,  sty^^arla)  Marti  n- Li  en  hart  2,574»;  in 
Würzburg.  s.  Sartori  US  118;  henneb.  Reinwald  2,121. 
so  auch  in  der  litteratur  dieser  landschaften .-  die  guffen  . . . 
die  sie  in  die  stuchen  stecken  Keisersberg  wannenkr. 
(1517)96  bei  Martin-Lienhart  a.a.O.     dazu: 

aber  sie  wird  deinen  lippen 

ihren  groszen  marderstaucher*) 

lieblicfi  spröd'  entgegen  halten. 

Götz  rerm.  ged.  (1785)  2,  49. 
mit  der  anm. :  im  oberdeutschen  ist  stauch  oder  staucher, 
ein  muff,  besonders  ein  kurzer  enger  muff,  der  daselbst 
auch  ein  stutz,  ein  schliefer  genannt  wird,  im  deminutiv: 
selbst  der  allzeit  ernste  Bachmüller  hing  Eugen  seinen 
grauen  müllermantel  um  und  gab  ihm  die  pelzgefütterten 
staucherle*),  wobei  er  bemerkte,  dasz  sich  damit  auch 
sein  vater  . .  .  sein  leben  lang  gewärmt  habe  Auerbach 
neues  leben  (1852)  2,  346,  mit  der  anm. :  doppelte  muffs. 

c)  eis.  femer  'fausthandschuh  aus  wolle'  AI.vrtin- 
Lienh.^rt  2,574»;  'im  fränkischen  nennt  man  auch  kurze 
handscJmhe  ohnefinger  staucher'  Campe,  so  würzb.  'Jialber. 
die  finget-  nicht  deckender  handschuh'  Schm.^  2,  722,  im 
mittleren  Franken  staucher  Reinwald  2, 161. 

d)  eis.  auch  'pulsicärmer.  eine  art  gestrickter  manschetten, 
oft  mit  glasperleji  besetzt,  zum  tcarmhalten  der  hinterhand 
und  des  Vorderarms',  besonders  demin.  sprichw.  eim  st. 
an  messe  'jem.  die  handkn'öchd  drücken,  dasz  es  schmerzt' 
Martin-Lienhart  2,  574»;  so  auch  unterfränk.  'staucher, 
deminut.  staucberla,  gestrickte  oder  gexcebte.  über  die  hand- 
gelenke  gezogene,  gegen  die  kälte  schützende  bekleidungs- 
stücke'  Ruckert  175,  in  Eappenau  staux'e,  dim.  staixvla 
Meisinger  181*'.    vgl.  stauche  I,  i,/. 

e)  im  schwäb.  ferner  schleier  (stauche  I,  2)  und 

f)  schürze  Schmid  507  (».  stauche  I,  3,  b). 

4)  henneb.  staucher  'an  einigen  orten  reinfasz  tu  trockenen 
victualien,  was  schwäb.  stübbich  heiszt'  Reinwald  2, 121, 
danach  Campe  {'ein  ding,  in  welches  etwas  gestaucht  wird', 
vgl.  unter  stauchen  III,  2). 

STAUCHERIN,  /.,  s.  staucher  1. 

STAUCHGABEL,/.,  köln.  stuchgaffel,  einmaischgdbel 
König*  178*,  vgl.  stauchen  IV,  6. 

STAÜCHHAFEN,  m..  stauch-  6  stof-hafen,  m.  stauch- 
rein,  /.  tegame.  testo  ä  stuffare  o  sottestare.  stuffetta 
Kramer  dict.  2,  917'».    vgl.  stauchen  Hl,  3. 

STAUCHICHT,  et  stauBcht,  adj.  ltta:us.  vulsus.  loeo 
motus.  distortus.  depravatus  Stieler  2186. 

STAUCHKALIBER,  n..  auch  breitungskaliber,  bei  der 
eisenbereitung  eine  form  des  entmcklungakalibers  der  walzen 

Tl  Mr. 


1 139     STAÜCHKARTOFFELN— STAUCHZANGE 
mr  allmählichen  ausbüdung  der  endform,  s.  Karmarsch- 

HeEHEN^  8,  53. 

STAUCHKARTOFFELN,  plur..  pretisz.  staukkartoffeln, 
nd.  stükkartoffle,  zu  brei  zerqtu>tschte  kartoffeln,  kartoffel- 
brei,  vgl.  stauchen  1,2,  c  Frischbier  l,  ISö"»  (unter  duls- 
kartoffeln). 

STAUCHLEIN,  n..  deminut.  zu  stauche  I,  vgl.  das.  so 
friihnhd.  mit  tcech.9elnden  formen-.  Schweiz,  stichle:  an 
wiben:  gross,  gffilt,  sidin  inflSchten,  hoch  buschhuben, 
dinne,  gele  stöchle,  hals-  und  brusttüechle  . . .  Anshelm 
Berner  chron.  2,  390, 17  (ztimj.  1503;  nacJi  dem  glossar  'ärmel 
amfratienkleid',  vgl.  stauche  I,  l;  eher  wie  in  den  folgenden 
beispiden).  sonst  bair.  steuchlein,  leCn),  -1  schleier,  köpf 
tuch,  vgl.  stauche  1,2:  'ao.  1423  bitten  diefrauen  und  fräu- 
lein  in  München  den  magistrat  um  erlaiibniss,  stauchel 
und  Schleyer  tragen  zu  dürfen,  um  damit  auf  der  strasze 
{tcegen  der  herrschenden  lizenz)  das  angesicht  verhüllen  zu 
können'  Schm.^  2,722;  'nach  der  ao.  1500  vorgeschlagenen 
Heiderordnung  .  . .  sollten  den  bauertceibern  steichel  oder 
Schleyer,  darin  gold  zu  leisten  getragen  ist,  verboten 
rcerden'  ebenda;  acht  steuchlein,  gut  und  pösz  mitfelalferl. 
inve7it.  aus  Tirol  74-,  105  Zingerle  {vom  j.  1*84);  etlich 
steuchel,  seiner  mueinen  zuegehörig  Bozener  quelle 
V.  1512  bei  Schöpf  762;  Jliesus  respondit  {zu  Veronicd): 
so  leich  mir  her  das  steuchl  dein: 
deinr  pitt  solstu  geberet  {geiväJirt)  sein. 

tunc  ponit  lintJieum  ad  fadem  altd.  passionssp.  aus  Tirol 
s.  324  {Haller  passion  v.  1087).    besonders  in  Nürnberg  •  item 
adi  4  febrer  (1507)   für  2  steuchlen   mit  gullden    pleiden, 
hab  ich   der  Folckmerin   und   der  Tucherin  geschenckt, 
dafür  par  czalt  4  fl.  Tucher  haushaltb.  s.  52; 
auch  gent  die  weiber  umadumb 
in  der  stat  mit  paum-wollen  umb, 
zawsen,  spinen  und  steuchlein  weben 
und  den  Walhen  zw  kawfTen  geben. 

H.  Sachs  22,  485,  5  Keller-Ooetze. 
vgl.:  'stäuglein  (Z.stäuchlein,  nach  der  aiphabet,  einreihung), 
Nürnbergisch,  ein  halstuch,  kopfschleier'  Jacobsson  7,  430*. 
—  cimbr.  steuchle  als  demin .  zu  staucha,  luilstuch.  cimbr 
wb.  235*,  vgl.  stauche  I,  2,  c.  3,  a. 

STAUCHLING,  m.:  wir  haben  für  sie  {die  kürzeren 
triebe  der  toaldbäume)  daher  auch  nicht  die  ausdrücke 
frachtspiesse,  . . .  sondern  nennen  sie  kurztriebe  (brachy- 
blasten  Hart,  oder  stauchlinge,  nach  Colm  . .  .)  und  ihnen 
gegenüber  die  blattreichen:  langtriebe  Ratze b u rg  U7a2c{- 
verderbnis  (1866)  1,  s.  14. 

STAÜCHRAHM,/.  in  Aachen,  'ein  tuchrahmen  im  innern 
eines  fabrikgebäudes,  woran  bei  regenxoetter  und  im  icinter 
das  tudi  mittels  groszer  geheizten  öfen  getrocknet  wird' 
MOller-Weitz  234,  der  stauchen  III,  8  heranzieht,  {vgl. 
rahmen  2,  tlieü  8,  65.) 

STAUCHREIN,  /.  tiegei,  pfanne  zum  stauchen  (III,  3) 
Kramer  dict.  2,  917'',  s.  oben  stauchhafen  {vgl.  rein ,  /., 
fheü  8,  699). 

STAUCHUNG./.,  stauhung,  et  staufung,  die,  it.  das 
stauchen,  luxatio  Stielbr  2126;  Stauchung,  Stauung,/. 
stagnamento  etc.  Kkamer  dict.  2,  917''.  in  gewöhnlieher 
spräche  nicht  gebräucldich.  technisch  knick-  oder  s  t  a  u  • 
chungs-elasticität,  toiderstand  eines  axial  belasteten 
Stabes  gegen  das  zerknicken  oder  ztisammendrücken  {siehe 
staachen  1, 5)  Kahmaksch-Hekmen^  8, 158. 

STAUCHWEGER,  m.  im  Schiffsbau,  'die  untern  Hmm 
toeger,  welche  auf  die  füUungen  der  nü.ifergafen  folgen' 
RÖDINO  bei  Campe;  die  toeger  {binnenplanken  zur  innern 
Verkleidung  des  Schiffes),  die  vom  kiel  aus  an  zweiter  stelle 
{nach  den  flarwegem,  vor  den  kimmwcgern)  kommen, 
s,  Jacobsson  8,  le*'  {der  stauch weeger  sehreibt,  ale  plur. 
des  »implex:  weegers,  weigert,  weegerungen)  und  Boiikik 
600^  {auch  otanchwegeringen). 

STAUCHWRHKZEUG,  n.  werkteug  mm  stauchen,  z.  b. 
der  aägeiähne  {s.  •tauchen  1, 6,  e)  Kakmahsch-Hrrken'* 
7,601  iflU  Unterschrift  der  flg..  sonst  stauch apparal,  vgl. 
dae.);  man  hat  aach  stauch  Werkzeuge,  bei  welchen  der 
Winkel,  der  von  den  begrenzangHflächen  des  einschnittos 
gebildet  wird,  variabel  ist,  so  dass  verschiedene  s&gezkhne 
mit  demselben  wcrkzoug  bearbeitet  werden  kennen  ebenda. 

STAUCHZANGE.  /.  'at^f  den  eit'nhämmem,  eine  urt 
gangen.  teonUt  das  eisen  gtkaltru  xrird ,  toenn  man  r» 
•taaohel  (I.ft,a)'  Cami*«.  s.  auch  H  .irnwio  bergb.^  {i7H) 

Mf. 


STAUDACH 


1140 


427*  (zange  §  6).  Adelung.  Jacobsson  4, 266».   Krönitz 

171,  69. 

bTAUDACH,  n.  gruppe  von  standen,  gesträuch,  busch- 
werk,  mit  standen  bewachsener  ort.  eine  dem  altern  hd. 
{bes.  oberd.)  eigenthümliche  collective  bildung  zu  staude  mit 
dem  Suffix  -ahi  (Klugk  stammungsbildungslehre^  §67):  aJul. 
stüdahi  rubus  Graff  6,  6.'>l/.,  auch  als  Ortsname  Studahi, 
■ahe,  Studach,  Staudah,  -ech  {li.  jahrh.),  jetzt  Staudach, 
s.  FÖRSTEMANN  altd.  namenb.  8*,  1395;  rnJid.  stOdach,  -aehe 
Lexer  hwb.  2, 1261.  Scuerz-Oberi.in  1588:  affumenttun  .  . . 
stau  dicht  Dief.  gloss-lff'  {mlaf.hd.böhm.  wb.  v.  1470); 
stawdech  vel  hek  pusch  nov.  glo.<is.  ll*"  {voc.  ex  quo  1432); 
arbusta  . . .  gebüsche  dz  wil  stüdlach  sint.  31»;  frutex- 
ticm  ...  stand  ech,  studechl.  249"=;  rubetum  stu  ,  rar. 
staudnig.  501";  struchstudig  {voc.  var.  14€6),  staudnig, 
stawdäch  {voc.  v.  1432)  nov.  gloss.  321';  studecht  fructice- 
tum  Dief.  WOi.CKER  863.     belege: 

daz  er  immer  mere  gie 

indfem  stoudsehe, 

da;  in  iemen  ssebe 

von  dem  er  wurde  erslagen    anegenge  22, 1 ; 

der  dahs  eneben  in  her  lief 

durch  ein  dicke;  stOdscbe. 

Grimm  Reinh.  fuch»  «.  314,  651 ; 

einen  kurzen  wec  niht  ze  lanc 

reit  er  durch  dag  stüdach. 

Wolfram  Wüleh.  69,  27; 

si  leiten  eg  {die  mörder  das  Hnd)  Of  dickej  rfs 

und  in  ein  grüenej  slOdach    troj.  krieg  499; 

nO  dag  diu  läge  was  geleit ... 

in  einem  dicken  stfidach.    40617; 

6tn  ros  er  bf  dem  zoum  bant 

in  ein  dicke;  sttidach, 

da;  e;  dar  inn  niemen  sach. 

Jansen  Enikei.  vidtchron.  103G5; 

si  gienc  in  einen  boumgarten, 

in  ein  dick  stüdach, 

da  sie  nieraan  inne  sach.    26517; 

holtz,  criut,  und  studach 

uf  dem  velde  manigen  enden  brach 

da;  gende  volc    Ludw.  kreuzf.  2838 ; 

hinz  Ungern  in  die  storren 

lä;  im  em  ander  wesen  gäch 

unde  in  da;  stüdach. 

Ottokar  reimchron.  26413 ; 

stfldcch,  stein  und  erden 

in  korben  si  dar  truogen.    49360 ; 

und  habent  di  vorgenanten  heren  mir  ...  da  f&r  geben 
zway  stökchel  wismads,  und  einen  tail  eins  rains,  mit 
staud.lch,  daz  an  mein  veld  und  wisen  stözzet  urk.  v. 
1343  bei  J.  WiCHNER  gesch.  des  Benediktinerstiftes  Admont 
8  (lö78),  *.  279;  später  besonders  in  süddeutschen  Urkunden, 
ioeisthümern  u.  s.  w.  fti.?  ins  17.  Jahrh.:  welcher  auf  der 
gemain  staudach  ausstöckt  und  auszrewtt?  der  soll  den 
grünt  nützen  drew  jor  Salzb.  taid.  142,13  {\b.  jahrh.);  was 
der  grünt  sein  her  dishalben  gegen  Ramatschachen  werz, 
di  sein  unser  und  unsers  goczhaus,  ausgenommen  ain 
wisel  und  staudech  so  der  Pendreich  .  .  .  hat  steir.  taid. 
164,  36  (15.  jahrh.);  auch  ain  plezen  ains  wysmadt  genant 
das  Siaudach  ligt  an  sandt  Katherein  zu  Murnau  urk. 
von  1504,  s.  monumBoica  10,  210;  der  der  hagkt  oder  wurft 
staudach  in  die  vischwaid  ist  schuldig  wand!  zwen  und 
sibenzig  phening  steir.  taid. ibi,  6  {banntaidingv.ibis,);  der 
arbeisen  {erbsen)  zu  bestecken  hat,  derselbe  sol  kein  stau- 
dach ohne  vorwissen  o.  auszzeugung  des  gerichts  ab- 
hacken. 212,  29  {vomj.  1594);  ainstmals  habe  er  zeug  auch 
staudach  zum  zoinen  dem  Stephan  Wurzer  gehockt  Vie- 
tringer  geriehtsprotok.  v.  1611  bei  Lexkh  kärnt.  »ri.239;  in  den 
gehnizen  oder  staudach  kämt,  jagdordn.  r.  1617  s.  ebenda; 
da  aber  die  nachbarschaft  alda  in  dorf  Grosz  Lobming 
an  ihren  gemainpergcn  ein  prant  oder  gereit  oder  stau- 
dach zu  hacken  oder  auszzutailen  gedachten  steir.  taid, 
890, M  {panordnung  vom  j.  1684).  in  der  tillgemeinen  Schrift- 
sprache dagegen,  wo  die  form  stau  dicht  {vgl.  ölten  die 
glosaen)  zu  ertoarten  toäre,  ist  das  tcort  in  nhd.  zeit  im 
allgemeinen  nicht  mehr  tiblieh.  einsige  anführung  in  tcdrter- 
büehem:  »IV^udich,  n.  fniticetnm  Frisch  8,  R28».  wd 
aber  kennt  das  früknhd.  (16.— 17.  joArA.)  die  teol  auf  ver- 
misdiung  mit  gestände  beruhende  bildung  gesteudig,  s.  theU 
4,  1,4107.  —  in  mundarten  noch  erhalten:  bair.  staude, 
gstaude*  .Schm.'8,788;  tirol  {f')K^n,\ulach,datuderfllmilien■ 
name  Staudacher  Scnftpr  7oa,  kärnt.  staudRcJi  [bes.  oU 
Ortsname  Staudach or)  Li-:xi  ii  88«,  steir,  als  slaurich  (stau* 

Mr. 


1141 


STAÜDÄCHTIG— STAUDE 


STAUDE 


1142 


räch)  Unger-Khci-l  571*;    henneb.  stäudig,  m.  gestrüpp, 

■Strauch  Spiess  240;    nassauisch  staudich,  älter  stadicb 

Ist  heilte  und  in  alten  Urkunden  oft  vorkommender  natne 

on  gemarkungstheilen,  früher  bes.  als  gränzhestimmung' 

Kehrein  1,388.    —    dazu   im  steir.  die  composita:  stan- 

dachbrachse  und  staudachhacke,/.  'groszes messer 

zum  niederlegen  von  gestrüppe  oder  staudach',  vgl.  stauden- 

messer  Unger-Khull  öto*»;    standachhuhn,   «.   {als 

abgäbe):  dient  staudachhiener  2  von  einem  staudach  beim 

leichtl  SchieUeiten.  stiftreg.  v.  1648  s.  ebenda;   staurich- 

verk  (staurachwerk),  n.  =  staudach. 571»;  t;^?. staudwerk. 

STAÜDÄCHTIG,  adj.,  s.  staudicht. 

STAUDAGKER,  m. .-  staudichter  acker,  staudichtes  feld, 
staud  acker,  campo  deserto  e  coperto  di  fratte  e  frasche 
Krajmer  dict.  2,  917«. 

STAUDAMM,  «i.  dämm  zum  stauen  eines  wasserlaufs, 
vgl.  Stauanlage,  Stauwerk,  österr.  sfaatsicb.  2,  1544/.;  der 
grosze  Staudamm  von  Assuan  war  im  bau  beil.  zu  d. 
Münchner  neuesten  nachr.  1909, 37,  *.  305'*. 

STAÜDBAUM,  m.,  vereinzelt  für  stände  {vgl.  das.  l,  b 
und  3,  rf):  in  den  wälden  wirt  diser  staudbaum  {der  faul- 
baum)  offtmals  hoch  wie  andere  bäume  Lonicerüs 
kreuterb.  (1577)  59  A. 

STÄÜDCHEN,  n.,  seltnes  deminutiv  zu  staude,  vgl.  das. 
und  stäudlein  Adelung:  sie  hatte  ihn  nur  als  eine  wilde 
ranke  betrachtet,  die  sich  nach  jedem  nahgelegenen 
Ständchen  hinbreitet,  um  sich  daran  hinauf  zu  stängeln 
.Mus.\LS  Volksmärchen  2,  63  Hempel;  mit  groszer  kühnheit 
chweifen  sie  {die  ziegen)  in  den  steilsten  gebirgsbändern 
amher,  um  vereinzelte  grasbüschel  oder  zarte  und  leckere 
stäudchen  zu  rupfen  Tschudi  thierl.  der  alpenw.  537; 

an  einer  eiche  wurzel  stand 
ein  Ständchen  thymian. 

Pfeffel  poet.  vert.  5, 130. 

STAUDE,  /.  strauchartige  pflanze,  das  loort  ist  dem 
deutschen  Sprachgebiete  im  engern  sinne  eigenthümlich  und 
lonciegend  hochd.  es  geht  zurück  auf  eine  idg.  wurzel 
it'^h)u-  in  der  bedeutung  'stehen,  steif,  starr  sein',  vgl.  gr. 
üTvo)  und  stauen,  beruht  aber  zunächst  auf  einer  ericei- 
terung  *stüdh-,  die  in  germ.  *studö-  stütze,  säule  {auszer 
altn.  und  ags.  auch  in  oberd.  mundarten  erhalten)  und 
*studjan,  s.  unten  stützen,  sowie  in  altslav.  studü  kälte, 
stynati,  kalt  werden,  wol  au^h  in  studü  sdiam,  stydeti  se 
y ich  schämen,  vorliegt,  ä.  FiCK^  3,  342.  (Torp)*  3, 4%.  Wei- 

AND  2,803.  Kluge^  376''.  Uhlenbegk  in  PaulBraünes 
,eitr.  26,  309.  {vgl.  auch  STiEL.ER2i2e.  Wächter  1593.)  ahd. 
Aüda,  ßtitex,  sentis,  rubus,  silva  Graff6,  651  {nom.  plur. 
-lüdin,  dat.  acc.  studun);  mJid.  stüde  Lexer  hwb.  2,1261. 

ährend  das  wort  hier  stets  als  schicaches  fem.  erscheint. 
:ennt  das  m?id.  ein  neutr.  stude  in  coUectivem  sinne,  'stau- 
cht, gesträuch,  gebüsch',  arbustum,  wolier  noch  jetzt  stude, 
-tiihe  (der  stüh)  als  waldname.  s.  Schiller-Lübben  4,  447. 
' .  274'',  vgl.  staudicht,  {der  in  Basel  1284  begegnende  hauem- 

i'i/me  Johannes  zum  Studen,  s.  Sooin  mhd.  namenb.  394*, 
jchört  dagegen  wol  zu  dem  sonst  erst  nhd.  bezettgten  masc., 

gl.  unten.)  gloss. :  arbustum  ...  stude,  clene  unnutte 
holt  i.  di*mus  Dief.  nov.  gloss.  31*  {nd.-lat.);  arbutus  . . . 
stude.  gloss.  45*;  batus  . . .  studa  {Sumerl.),  stawde  {voc. 
theuton.  yurnb.  1482)  70'';  dumus  . . .  stude,  . .  heidelstud. 
192« ;  stödde ,  busch  . . .  heyde  stude  s.  hag  . . .  hecke, 
stude  in  dem  wolde  not',  gloss.  142'' ;  fragus  e.  stand  181» 
{voc.  rer.  Augsb.  1468) ;  frutex . . .  stutha  (=  aM.  gl.  2, 615, 16), 
stud  . . .  hurst,  stude  {anfang  des  15.  jahrh.)  .  . .  fontex 
studa  {ahd.)  184*;  fructices  {i.  breves  arbores)  die  Stauden 
gloss.  248«;  frutex  . . .  hd.  stude,  staude,  tude  249'';  rubus 
. . .  Stauden  502*.  —  im  nhd.  ohne  formale  abiceichungen. 
auszer  dasz  etwa  frühe  alem.  quellen  (Anshelm,  Murner) 
noch  stude  bieten,  {so  auch  bei  Maaler:  stud  [die]  oder 
staud,  frutex.  393'*,  neben  stand,  s.  i.)  {vereinzelte  plural- 
formen mit  Umlaut  sind  vielleicht  nur  druck-  oder  scJireib- 
fehler:  dieselbe  [die  ehre  der  hofleute]  ist  gleich  . . .  denen 
kleineren  ständen  unter  den  schatten  der  hohen  bäume 
Treuer  dexitscher  Dädalus  (1676)  l,  *.  423;  daneben: 
die  erd  ist  aufTgeschlossen, 
dasz  bäum  and  standen  sprossen.    598. 

himbeer Stauden  bei  E.  v.  Kleist  i,  179,  *.  unter  2,  a.) 
nur  begegnet  staude  im  altem  nhd.  auch  als  masc.  {unter 
einßusz  der  synonymen  strauch,  husch?):  diser  staud  . . . 

Mr. 


hat  gleiche  würckung  wunden  und  schaden  zä  heilen 
Bock  kreütterb.  (i539)  1,176;  er  (der  hagdom)  hat  ein 
mittelmässige  grosse  under  einem  bäum  und  eim  standen 
LoxiCERUS  kreuterb.  (1577)  59  C ;  hartriegel  wirt  diser  staud 
genandt,  umb  seines  harten  holtz  \vTllen.  64G;  derblnmen 
dieses  staudens  gedenckt  Vergilius  in  eclogis.  65A;  {Dio- 
scoride^s  im  3.  buche)  meldet  keinen  standen  oder  Strauche, 
hecken  oder  bäum.  67 B,  s.  ferner  Tabern.vemontanus 
unter  4,  b  und  Cronegk  unter  5,  b.  —  in  mundartlicher 
Sprechweise  auf  Süddeutschland  beschränkt,  vgl.  unten  1,  c; 
Schweiz,  stude  (stüde)  oder  stud,/.,  pl.  stude  Hünziker  263. 
Seiler  Basler  mundart  2S2'';  eis.  stud(e),  stüta,  styta, 
stüata,  besonders  si^i,  plur. -3  Marti n-Lien hart  2,  574''; 
Schwab,  standen  Birlinger  410'*;  bair.  standen  (stau'an, 
stau'n,  oberpf.  staur)  Schm.*  2,  733,  im  bair.  icald  die 
stauarn,  ^i.  -na  Bayerns  mundarten  2,  259;  tirol.  staud'n,/. 
Schöpf  703,  kämt,  staude,  -dn,  /.  Lexer  239,  lusem. 
staude,  /.  Zingerle  53*,  stauda  B.^cher  393,  eimbr. 
stauda,  /.  ciinbr.  wb.  236*.  {ungar.  hasenuszstauda  im 
Volkslied,  s.  2,  o,  sonst  nicht  vorkommend  Schröer  208*.) 
auch  südfränk.,  in  Rappenau  stauta,  /.  Meisinger  181'', 
dagegen  in  Handschuhsheim  als  masc.  staurd  Lenz  68*. 
(in  Leipzig  in  übertragenem  sinne,  s.  7,  b.) 

l)  erklärungen  {vgl.  oben  die  glossen): 

ä)  frutex  'standen'  Aventinüs  werke  l,  392,  5  (rudi- 
menta  gramm.,  1Ö17);  staude, /rttfer.  weyche  staud,  rünen. 
staud,  stab  der  vil  gleych  oder  knoden  hat,  darausz  man 
stecken  oder  ruten  macht,  ferula.  das  von  abgehawen 
hinwürfßgen  stauden  ist,  sarmentitius.  ort  da  vil  standen 
wachssen,  frutetum  D.\SYPOnius;  staud  (die)  arbuscula, 
frutex  M AALER  385'^;  bäumiin,  staud,  der  auszspreutzt 
am  bäum,  frutex  Hexisch  216,70;  ester,  eester,  staud, 
baumle,  frutex.  talea.  arbuscula,  planta  minor  arbore, 
maior  herba,  non  demoriens  neque  arescens.  952,  65;  ge- 
strippe,  straus,  staude,  dorecht,  vepretum,  frutetum.  spi- 
netum.  1580,3;  staude,  busch,  m.  arbicau,  arbrisseau 
Hu  LSI  US  dict.  (1616)  307*;  staudt,  arbuscello  (l618)  238''; 
frutex,  ...  eine  staude,  cujus  modi  sunt  rosa,  foenicu- 
Ittm,  rubus,  juniperus  etc.  CoRViNUS  fons  laiin.  282''; 
staude,  frutex.  arbuscula  Schottel  1421 ;  staud,  staude,  /. 
stauden,  plur.  arboscello.  arbuscello.  frxtttice.  lat.  frutex, 
virgultum,  arbustum  Kramer  dict.  2,917'';  frutex,  stif- 
frutex  Steinbach  2,689;  s.  auch  Stieler  2126.  Frisch 
2,  323*. 

b)  frutex,  eine  stände,  ist  holtzhafFt,  aber  nicht  so  hoch 
als  ein  bäum,  nicht  einstämmig,  sondern  es  schiessen 
nebensprossen  auf,  als  die  haselstauden ,  dombusch, 
johannis-strauch  etc.  Woyt  Schatzkammer  (1734)  376;  ganz 
ähnlich  Zixcke  öconom.  lex.-  2802  (staude,  strauch).  dazu: 
zur  staude  werden,  das  ist,  nicht  als  ein  einiger  stamm 
in  die  höhe  wachsen,  sondern  mit  mehr  reissern  aus  der 
wurzel  aufsteigen,  fmticare,  frutescere  Frisch  2,323*. 
vgl.  auch:  luzula  pilosa,  haarige  hainsimse,  ...  starke 
rasentriebe,  oder  auch  einzelne  sprossen,  die  leicht  faulen, 
daher  mehr  stauden  als  vereinzelte  stocke  Ratzeborg 
standortgewächseiiS5d)  iiö.  eine  genauere  begriff sbestim,mung 
giebt  Adelung  {unter  2):  'eine  art  gewächse,  tcelche  einen 
vielfachen  stamm  oder  siängel  aus  der  tcurzel  treiben,  wo 
es,  (l)  im  xceitesten  verstände  zutceilen  von  allen  pflanzen 
oder  gewachsen  dieser  art  gebraucht  tcird.  tcelche  nicht 
blosz  einen,  sondern  mehrere  stängel  treiben,  ttnd  welche 
man  zum  unterschiede  von  den  folgenden,  auch  wohl  stauden- 
gewächse  nejint.  in  diesem  verstände  ist  z.  b.  die  nelke 
eine  staude  oder  ein  staudeng  wachs,  obgleich  hiervon,  so 
wie  von  einigen  andern  das  wort  stock  üblicher  ist.  siehe 
Staudengerste ,  staudenkorn ,  bestauden.  (2)  in  etwas 
engerer  bedeutung  ist  die  stände,  oder  zum  unterschiede 
von  dem  folgenden,  das  staudengewächs ,  ein  solches  ge- 
wächs  mit  mehrern .  gemeiniglich  holzartigen  stammen, 
tcelche  im  lierbste  über  der  wurzel  verdorren,  tm  frühlinge 
aber  icieder  aussehlagen;  »uffrutex.  (3)  im  engsten  und 
gewöhnlichsten  verstände  sind  stauden  geioächse  mit  mehrern 
holzigen  stammen,  toeldieim  herbste  nicht  absterben,  sondern 
fortdauern;  frutex.  in  diesem  und  dem  vorigen  x-erstande 
sind  jdie  stauden  das  mittel  z  irischen  den  gröszem  und 
nttr  mit  einem  stamme  versehenen  bäumen,  und  den  eigent- 
j  liehen  pflanzen  oder  kräutem,  tcelche  einen  saßigen  weichen 
stängel  haben,     die    haselstaude,    brombeerstaude,    hoh- 


72* 


Mr. 


1143 


STAUDE 


STAUDE 


1144 


lundcrstaude,  wachholderstaude  u.s.f.'  (,rfa«««7t  Campe 
und  Krünitz  171,  69/.)  in  der  zweiten  hedeutung  gilt 
Staude  in  der  botanischen  terminologie,  s.  Nemnich  {suf- 
frutex,  vgl.  c)  und  Beulen  5,677  ('stände,  suffrutex,  ein 
zwar  ausdauerndes  aber  krautartiges  gewächs,  ^oovon  die 
tcurzel  atiadauert.  der  stamm  aber  alljährlich  eingeht'). 
im  gewöhnlichen  sprachgebrauche  dagegen  überwiegt  durch- 
Otts  die  dritte  bedeutung. 

c)  Schwierigkeit  macht  besonders  das  Verhältnis  zwischen 
staude  und  strauch,  vgl.  das  letztere,  der  unterschied  ist 
einerseits  ein  geographisch-mtindarÜicher,  indem  staude  im 
süddeutschen,  strauch  im  norddeutschen  üblich  ist  (vgl. 
oben  d.  einl.;  strauch  kommt  im,  bair.  kaum  vor,  s.  Schm.'- 
2,  733);  insofern  können  sie  in  der  Volkssprache  als  synonyin 
gelten,  andrerseits  wird  in  der  Schriftsprache,  ico  beide 
Wörter  7ieben  einander  gebräuchlich  sind,  häufig  ein  tmter- 
schied  nach  der  bedeutung  gemacht,  im  ganzen  zutreffend 
bemerkt  Adelung:  'staude  und  strauch  werden  oft  als 
gleich  bedeutend  gebraucht,  sie  sind  aber  verschieden,  nach 
herm  Stosch  werden  nur  die  frucht  tragenden  gewächse 
dieser  art  stauden,  die  übrigen  aber  sträucher  genannt, 
allein  der  wahre  unterschied  scheinet  iti  andern  umständen 
zu  liegen,  denn  l.  ist  staude  der  niederdeutschen  mundart 
unbekannt,  u^elche  alles  strauch  nennet;  dagegen  das  erstere 
mehr  der  oberdeutschen  mundart,  und  aus  dieser  der 
edlem  und  anständigem  Schreibart  der  hochdeutschen  eigen 
ist.  dalier  man  aueh  in  der  höhern  Schreibart  lieber  dorn- 
staude  als  domstrauch  sagt.  2.  bezeichnet  strauch  eine 
mehr  verworrene  läge  der  stamme  und  zweige,  so  tcie  das 
gleichfalls  nur  im  gemeinen  leben  übliche  husch  eine  mit 
sehr  vielen  nahe  an  einander  stehenden  oder  dick  belaubten 
Stämmen  versehene  staude  bezeichnet,  und  um  desztvillen 
ist  domstrauch  üblicher  als  dornstaude.  in  manchen 
fallen  ist  auch  hier  stock  entweder  allei7i,  oder  mit  staude 
gleich  sehr  gebräuchlich;  rosenstock  und  rosenstaude, 
weinstock,  aber  nicht  weinstaude.'  ähnlich  Campe:  'die 
Sträuche  sind  besonders  dadurch  von  den  stauden  ver- 
schieden, dasz  sich  die  stamme  derselben  von  unten  an  in 
äste  ausbreiten  und  dasz  sie  sperrig  wachsen.'  vgl.  ferner 
Krünitz  171,  70.  —  die  botanische  terminologie  unter- 
scheidet naeh  den  unter  b  aufgeführten  bedeutungen  2  und  3 
Adelungs:  suffrutex,  eine  staude.  'eine pflanze  mit  holz- 
artigem stamme,  gemeiniglich  ungleich  Meiner,  als  ein 
strauch  (conf.  frutex),  bildet  oft  einen  kleinen  busch;  der 
stamm  geJit  alle  jähre  au^s,  aber  die  wurzel  bleibt  beständig, 
bey  den  strauchgewächsen  (frutices)  dauert  der  stamm 
mehrere  jähre'  Nemnich;  'pflanzen,  welche  jährlich  oder 
nach  dem  blüJien  absterben,  heiszen  kräuter  (herba) ;  deren 
tcurzel  allein  atisdauert,  stauden  (suffrutex) ;  welche  mehrere 
holzstengel  auf  der  Wurzel  haben,  sträucher  (frutex)'  Oken 
2,  27.  umgekehrt:  die  erdgewächse  sind  entweder  kräuter, 
stauden,  oder  Sträuche,  vegetabilia  vel  sutit  Jierbae,  fru- 
tices, vel  sxiffruticea  Steinbach  2,689.  (Comenius,  janua, 
164+,  überschreibt  das  13.  kap. :  von  Sträuchen  und  stauden 
-^  de  fruticibus,  des  arbrisseaux,  gebraucht  aber  im  text  188 
zusammenfassend  strauch,  und  so  auch  im  einzelnen 
berber-beer-stranch ,  brombeerstrauch  u.  *.  w. ,  bis  auf 
johannisbrodtstaude  und  meelbeerstaude,  «.  unten  2.)  — 
aus  der  häufigen  Zusammenstellung  von  staude  und  strauch 
in  der  litteratur  (».  unten  3,  o)  ergiebt  sich  nichts  über  den 
unterschied. 

2)  der  umfang  des  begriffs  in  der  lebendigen  spraehe 
ergiebt  sich  aus  einem  überblick  der  einzelnen  pflanzen- 
arten,  die  darunter  einbegriffen  und  durch  Zusammen- 
setzungen mit  staude  als  zweitem  gliede  bezeichnet  werden, 
solche  composita  sind  z.  b.  zusammengestellt  im,  mhd.  wb. 
t,t,7m^.   Sri  BLER  2126.    KraMEH  (/tC^  2,  917°.    (SteINIIACH 

«, ew.  Frisch  s, 828*.)  Sanders  3,ll86^  Martin -Lien- 
HART  2, 67&'.  wU  überall  stehen  entsprecJiende  büdungen 
mit  -strauch,  häufig  auch  solche  mit  -stock  daneben. 

a)  hierher  gehören?  attichstaude,  elndus  SriBLBR, 
ebulo  Krämer,  ds.  attichstude  zvoergholunder,  sambueus 
fAtiltM  Martin -Liekhart.  —  balsamstaade,  s.  theil. 
1.  lOM.  Sanders  a.  a.  o..  vgl.  Meobnbero  368,  so  unter  s, d. 
dasu-  waram  ha«t  du  aber  salb«i  und  ysop  . . .  dahin  ge- 
pflanzet, wo  vorher  da«  köstliche  balsamstilud lein  aus 
Mekka  blUhcle?  MusAus  volksm.  i.M  Hempd.  —  bäum- 
wollenstaade  (tA«i/  1,1196),  gossipium.  xylon  Stiklkr: 

Mr. 


für  seine  (des  Schneiders)  schcere  und  nadcl  reift  die  hanf- 
pflanze, der  flachs  und  die  baumwollenstaude  Herel 
3,199.  —  berberstaude,  berberis  Stieler,  berbero 
Kramer.  —  brombeerstaude, /.,  s.  theil  2,397  (vgl. 
Adelung,  obenl,b);  so  schon  mhd.:  ain  prämperstaud, 
die  ze  latein  vepres  haijent  Megenberg  404,16;  do  di 
boum  ains  künigs  begerten,  und  redten  mit  dem  ölboum, 
figenboum,  winreben  und  brunber  studen  Steinhöwel 
Esop  s.  6  österley;  auch  in  der  kürzeren  form:  rubus  .  .  . 
stauden  ...  braunstaud  Dief.  gloss.  502''  (voc.  rertim, 
Augsb.  1521);  praun  (atts  pram)  staud  ywv.  gl.  321»  (voc. 
rer.,  Augsb.  1468).  nM.  ferner :  brombeerstaude,  rubus 
Stieler;  rovo,  moraro  selvatico  Kramek;  rubus  monts 
Frisch  2,323*,  dazu-  Eva  war  ausgegangen,  dudaiin 
(anm.:  Judenkirschen)  zu  sammeln  und  brommbeer  von 
der  staude  zu  pflücken  Schubakt  ^erf.  (1787)  2,  314.  vgl. 
noch:  so  diu  wunde  beginnet  swinden,  so  nim  wegerich 
unde  mule  den  unde  nim  den  souch  (soft)  unde  den  souch 
rubi  der  stüdelen  arzneib.  des  IS.  jähr h.  lio,  3h  Pfeiffer. 
stawd  als  glosse  zu  rubu,s  (nebeti  andern  stauden)  s.  Stein- 
meyer ahd.  glossen  3,41,  anm.  12.  —  dornstaude. 
*.  <Äeti  2,1300;  so  schon  ahd.  thorn-,  dorn-,  doronstüda 
rubus,  congregatio  spinarum  (als  einziges  dieser  composita), 
daneben  getrennt  Ihornis  stüda,  rubus  Ghakf  6,651;  mhd. 
dornstüde  ruscus  Lexer  handwb.  1,  453  (voc.  v.  1482):  sam 
diu  lilig  ist  gestalt  under  den  dornstauden  Megenberg 
i06,  21 ;  nhd.  hinter  domstrauch  zurücktretend,  vgl.  oben  l ,  c 
(Adelung):  du  bist  so  herrlich  im  vogel 

der  niedrig  in  dornstauden  hüpft,  als  in  der  feste  des  himmels. 
E.  V.  Kleist  1,  226  Sauer  {friUd.  288). 

fenchelstaude,«.  f/t.  3,1518  (Uli land  volksl.  nr.  114,  l).  — 
haseist  au  de,  s.  theil  4,  2,  534,  vgl.  oben  1,  b;  mhd.  hasel- 
stüde  Lexkr  handwb.  l,  1193 ;  auellana  haselstud,  corulus 
haselstud  vocab.  opt.  s.  48»  Wackernagel  (41,  62/.);  nhd. 
haselstaude,  corilo,  nocciuolo  Kramer,  corylus  Stirleh. 
Steinbach.  Friscil  Sanders;  es  ist  ein  absonderliches 
verborgenes  werck  und  heimlichkeit  der  natur,  dasz  der 
haselstaude  jahrwachs  oder  zwiesel  zur  wüntzschel  ruthe 
am  besten  dienet  Fleming  t.  jäger  42»;  da  inmittelst 
sein  söhn  sich  die  erlaubnis  ausbat,  die  haselstauden 
durchzustreichen,  und  seine  taschen  mit  haselnüssen 
anzufüllen  cav.  im  irrg.  (1746)  .564;  eU.  haselstudc  Martin- 
Lienhart.  rffl/ttr omcA  haselnuszstaude,  /AetZ 4, 2, 533, 
U7igar.  hasenuszstauda  Schrökr  208».  —  heidelbeer- 
staude,  auch  hcidelstaude,  s.  theil  *,  2,  SOA;  mhd. 
heidel(ber)stOde  Lexer  handwb.  1,1207:  dumus,  ditinus 
heidelberstrud ,  heidelstud  Dief.  gloss.  192°;  heyde  studc 
o.  hag ,  .  . .  hecke,  stude  in  dem  wolde  nov.  gloss.  148'*. 
heidel-  0  schwartzbeer- staude,  mirtillaio,  mortellaio 
Kramer;  heidelbeerstaude,  myrtiUus  Stieler,  myrtus 
Steinbach.  —  himbeerstaude  (W»eti  4, 2,  i:i3s)  rubvs 
idaeus  Stieler.  Frisch;  bind-  6  himbeer-,  it.  holbecr- 
staude,  moro  angelico,  rovo  ideo,  moro  ro.<iso  Krames: 
und  himbeerstäuden  voll  schnee  umkränzen  die  spiegcl  dt-r 

teiche. 
E.  V.  Ki.kist  1,  179  Sauer  (früfiU  84,  var\ 

holunderstaude,  s.  theil  4,2,1762,  sambucus  STiEhEn  : 
holunder-  d  hollerstaude,  sambuco  Kramer,  vgl.  oben  i,b 
(Adelung);  mhd.  boldersfOde  Lexer  Aan c/iri.  1, 1826.  — 
johannes-beer-staude ,  ribes,  pianta  di  uvetta  ros.oa 
0  bianai  Kramer;  johannis-beer-staude.  ribes  Frisch 
2,888».  (da/tir  Johannisbeerstrauch  theil- 4,3,233*.  Comenius 
janua  188.)  —  die  johannis-brodt-staude  (.liliqua  seu 
ceratium.  le  carrottbier)  Comenius  janua  (16U)  138.  — 
kapperstaude,  capparis  Stiei.er,  pianta  di  capprii. 
capperaio  Krämer.  —  krammetstaude.  wachholder- 
strauch,  s.  theil  6,8006;  m/ut.  kranwitstüde  juniperus  (voc. 
r.  1429).  -staud  (1484),  krumwidslüdc,  kroinol-,  kronowich-, 
krabatstaude  IjEXEr  handwb.  1,  l'iu;  hernach  sollest 
du  eingedenck  seyn,  dasz  du  biszweilen  ein  fewr  von 
waoholder  oder  krammetbeer  stauden,  vor  doincm 
gezelt  oder  hUttlein  anzündest  . . .  oder  zünde  von  solchen 
stauden  nur  ein  wenig  «pän  von  den  wurtzeln  an,  oder 
lege  die  beer  aulT  ein  glut  Minderer  kriegs  artzney 
(1684)111.  -  kratzbcerstaudc,  ruftuj»  Steinmach  2,  i 
(kratxbeerstrauch  ^AnV  ft.  8071).  mchl  beerst audc  (uwii 
-Strauch),  «.  tAe»^  6, 1H67:  die  stachiiohte  moclbccrstaude 
(»:>inosu9   fülmru»,   U  grtmlimr  Mfmeuae  et   picq^iant) 

Mr. 


1145 


STAUDE 


STAUDE 


1146 


CoMEtiivs  janua  138;  meh\heeTsta.ude,  paliurtis  Stieler. 
—  mistelstaude,  tkeil  6,  2269.  —  myrtenstaude, 
s.  theil  6,  28i'/ ;  vihd.  mirtelstüde ,  mirtus  Lexer  handwb. 
1,  2159:  mirtus  mirtelstüde  vocab.  opt.  iS**  Wackemagel 
1+1,117),  vgl.  Megenberg  332,11  unter  3,d.  —  nessel- 
st au  de,  9.  theil  7,621  (eher  zu  b):  viel  lieber  wolt  ich  in 
nessel-stauden  mich  wselzen  Gessner  3,116  (d.  ybel  belohnte 
liebe).  —  papyrusstaude ,  s.  Sanders.  —  pfriemen- 
staude,  ginestraio,  ginestra  Kr.\mer,  s.  theil  1,1190.  — 
reckholderstaude,  s.  theil  8,  449 ;  iuniperus  regholt  er 
stude  vocab.  opt.  48''  Wackernagel  (41,  108).  alemann,  für 
uacholderst.,  vgl.  unten.  —  rosenstaude,  s.  theil  8, 1220, 
nicht  sehr  üblich,  vgl.  oben  1,  c  (Adelung),  Megenberg 
344, 14/.  unter  3,  d  und  Seuse  216, 20  unter  1,  a :  oft  giengen 
sie  zu  der  rosenstaude  hin  Gessner  2,36  (Daphnis  l); 
s.  «MCÄ Keller  wn^er stäudlein.  —  stach elbeerstaude, 
s.  oben  sp.  391;  uvaspino,  uva-spineUo ,  uva  crespino 
Kramer.  —  tamariskenstaude,  s.  theil  n,l02.  tama- 
>!scu«  Stieler,  /«mörice  Kramer.  dr«?«  (?):  von  welchen 
if/örfern)  er  unsz  doch  jährlichen  .  .  .  zwantzig  aymer 
honigs  soll  geben,  wegen  der  tamarischen  stauden  (anm.  .- 
Unstreitig:  rtierica  im  originale,  heide,  auf  denen  die 
hienenzucht  gedeihet'),  so  dorumb  gelegen  sein  urk.  Hein- 
richs III.  V.  Schlesien  vom  j.  1261,  deutschet-  text  v.  1650, 
.*.  Tzschoppe-Stenzel  urkundensamml.  (i832)  5.345.  — 
theestaude,  s.  theil  11,346;  dazu:  andre  thee-varietäten 
verdanken  ihre  benennungen  andern  umständen.  .  .  . 
Sil  tschong,  d.  h.  kleines  gut  von  blättern  3  jähriger  stauden 
vom  trefflichsten  boden  Ritter  erdkunde^  3,  s.  232,  s.  auch 
unter  stäudlein.  —  wachholderstaude,  ^ÄeiZ  13,  60, 
juniperus  Stieler,  wacholder-staude,  ginepraio,  ginepro 
Kramer,  vgl.  Minderer  oben  unter  krammetbeerstaude, 
soxcie  reckholderstaude  und  Adelung  unter  l,  b.  —  kaum 
üblich  sind  weinstaude  (s.  oben  l,b)  und  zucker- 
st a  u  d  e  (vgl.  das.  ?),  vgl.  jedoch : 

dO  zuckerstüde,  in  der  dag  saf 
Ift  aller  süegekeite. 

Konrad  v.  Würzburg  gold.  tchmiede  864. 

'//i.  kämt,  eigenthümlich  sind  wässerstaudn ,  salix,   und 
ttnstaudn,   kriechende  erle,    s.  Lexer  239.     die    ringel- 

'ume  bezeichnet  Tabern.\emont.\nus,  den  rosmarin 
Immermann,  den  thymus  Voss  als  stäudlein.  s.  dieses. 
igt.  ferner  unten   staudenapfel ,    -beere,   -bohne,   -dotter, 

gerste,   -gras,    -hederich,    -hopfen,    -kirsche,    -klee,  -kohl, 

körn,  -majoran,  -melde,  -nessel,  -pappel,  -roggen,  -sellerie 
{und  Staudengewächs,  -schöpf). 

b)  andre  Zusammensetzungen  zeigen  die  unter  8  behan- 
delten erweiterungen  der  bedeutung;  sie  sind  auf  die  ober- 
deutschen  mundarten  beschränkt,  von  feldfrüchten,  gemüse- 
arten u.  ähnl.:  mhd.  kabejstüde  Lexer  handwb.  l,  1491 
(=  guwas  stude  minnes.  3,249*'  Hagen);  vgl.  kabejstoc, 
ebenda,  kolstoc,  -strüch,  strunc  1667,  nhd.  kohlstrauch, 
^AeiZ  5,  1599.  —  kartoffels taude:  wo  c^  an  einem 
Sonntag  abend  auf  dem  felde  mich  auf  den  armen  trug, 
eine  kartoffelstaude  aus  der  erde  zog  und  mir  die  an- 
schwellenden knollen  zeigte  Keller  i,  27,  vgl.  eis.  herd- 
epfelstude  Martin-Lienhart.  ferner  lauchstude,  salat- 
stude  ebenda,  im  eis.  auch  von  kleineren  pflanzen  und 
speciell  von  blumen,'  so  in  mehreren  bezeichnungen  des 
lötcenzahns,  leontodon  taraxacum:  eicrstude,  kachelstud, 
kett(ene)stude,  ferner  er(d)berstud,  vgl.  tlieil  3,141:  erd- 
beerstaude,  .wicie  weggrasstud.  knöterichstaitde ,  und 
weidelstud,  wiesenflockenblume,  centaiireajacea,  s.  Martin- 
Lienhart  a.a.O.  (so  schon  mhd.  violstüde,  iibertr., 
s.  IjEXEr  handwb.  3,  362.  über  die  nelke  als  staude  vgl. 
oben  Adelung  unter  i,  b.)  —  ungewöhnlich  sind  vereinzelte 
gebrauchsiceisen  in  der  litteratur.  von  mohn:  am  19.  jun.  1799 
. .  .  bemerkten  wir  sehr  deutlich  an  den  blumen  des  orien- 
talischen mohns  . . .  etwas  flammenähnliches,  das  sich  in 
ihrer  nähe  zeigte,  wir  stellten  uns  vor  die  stauden  hin, 
sahen  aufmerksam  darauf  Göthe  naturw.  sehr.  1,24  Weim. 
ausg.  (farbenl.  i,  1,  §54).  andrerseits: 
der  ölbaaiD. 
Pallas  Staude  bin  ich:  was  schlingt  ihr,  tmnkene  tranben, 
euch  um  die  Jungfrau? 

Herder  26, 37  Suphan  (blumen  au»  d.  gr.  anth.  3, 42). 

3)  Staude  mit  synonymen  und  sinnverwandten  toörtern 
zusammengestellt ,  meist  im  plural. 

Mr. 


a)  staude  und  strauch,  vgl.  i,  c-  die  ganze  sonst  gewisz 
fruchtbare  klosterumgebung  ist  verwildert,  mit  stauden 
und  Sträuchen,  ja  mit  schon  veralteten  und  verdorrten 
bäumen  zum  theil  bedeckt  Göthe  39,268  (Euysdael  als 
dichter) ; 

sie  (die  Hunde)  irrt  auch  weder  staud  noch  strauch. 

Wickram  Ovids  metam.  3,  cap.  9,536  (3,  226); 
es  webet,  wallt  und  spielet 
das  laub  um  jeden  strauch, 
und  jede  staude  fühlet 
des  lauen  zephyrs  hauch. 

Hagedorn  3,  69  (öden  3,  6); 
und  vom  frühlingshauch  geschaukelt 
steht  in  blüthen  staud'  und  strauch. 

Hoffmann  v.  Fallersleben  ged."^  149. 

stauden  und  dörner:  ja  etliche  (dörfer)  sein  in  kurtzem 
gar  von  grundt  auff,  da  vor  nichts  denn  stauden  und 
dörner  waren,  neu  gebauwen  Kirchhof  wendunm.  i,  281 
Österley;  zugleicher  weisz  wie  ein  knab  mit  grosser  mühe 
und  gefahr  in  einen  garten  kombt,  von  den  dömern  unnd 
stauden  hart  gestochen  und  verwundt  wird  Albertinus 
hirnschleiffer  (CoZfen  1664)  464  (Z.  264);  nachdem  sie  etwa 
zwei  stunden  durch  stauden  und  dörner  sich  hatten 
durcharbeiten  müssen,  kamen  sie  zu  einem  felsen  Grimm 
märchen  nr.  166 ;  dazu  tirol.  weisth.  4,  43,  34,  s.  unten  5,  a, 
und  S.  Franck  uriter  5,  e. 

b)  staude  und  stock  verbunden: 

stauden,  stock 
machet  schock. 

O.SWALD  V.  WOI.KEN.'^TEIN  37,  53  SC.hoiz ; 

erweitert:       stain,  stauden,  stock,  snestangen 

die  sich  ich  täglich  ane  zal.    107,  25. 

so  sehr  gewöhnlich  in  der  zur  festen  redensart  gewordenen 
Verbindung  über  stocke  (stock)  und  stauden  (oder  um- 
gekehrt) laufen ,  springen ,  setzen  u.  s.  ic. .-  wo  aber  die 
pferde  nicht  hören,  lauffen  über  stauden  und  stocke,  so 
zuscheittern  sie  sich  selber,  den  wa^en  mit  sampt  dem 
furman  Luther  16,  409,  19  Weim.  ausg.  (sehr.  4.491*"); 

wol  an,  wol  an,  er  fardt  do  hyn 
über  studen  und  über  stocken. 

MüRNER  gevchm.  885  l'hl  (h  1«); 
erst  kam  der  gramma  in  den  lauff 
inn  wald  hinnein,  on  weg  und  strasz, 
ein  sprang  in  andern  spnngen  was 
hin  über  stock  und  über  stauden. 

H.  Sachs  4, 3,  97«; 
wie  auff  ein  zeit  ein  jeger  jaget 
ein  wolf  der  sprang  mit  grossem  schnandn 
hin  über  stock  und  über  staudn 
hin  nein  gehn  holtz. 

1,  488d  (Job.  u.  »chw.  1,  nr.  22,  4  neudr.); 
das  fräulein  hob  sich  aus  dem  wald 
wohl  über  stock  und  stauden. 

wunder h.  2,  47  Bozberger; 
gott  grüsz  den  herren  kaiser! 
wollt  ihr  werden  ein  reiser 
wie  Carle  quint  bei  nacht 
zfnsz  über  staud  und  stocke?   Opel-Cohn  f.  292,20; 

eZ*.  üwer  studen  un(d)  stock  'über  stock  und  stein'  Martin- 
Lienhart  2,  574''.  in  manchen  stellen  (denen  aus  H.  Sachs 
u.  a.)  ist  die  ursprüngliche  bedeutung  der  redeweise,  da 
sie  auf  Unterholz  im  oder  am,  walde  geht,  noch  deutlicli. 
häufig  in  erweiterter  formel:  dahin  brach  auch  durch 
über  pirg,  holz,  wasser,  stock  und  stauden  herzog  Dieth 
mit  all  seim  volk  Aventin  cÄron.  2,  27,  30;  sie  darfif . . . 
über  schnee  und  eisz,  stock  und  stauden,  mit  jhm  ins 
elend  reysen  Fischart  Garg.  «.102  neudr.;  sie  (die  kirche) 
weisz  über  alle  zäun  und  hage ,  über  alle  gruben  und 
graben,  über  stock  und  stauden  gar  fein  zu  springen 
bienenk.  50»;  dasz  er  solcher  gestalt  zum  öfiftern  über  stock 
und  stauden,  über  dorn  und  distel,  über  koht  und  lacke 
tantzen  und  capriolisiren  müste  Abele  gerichtshändel 
(1654)  s.  81;  atieh  mit  durch:  £iber  so  bald  er  (der  stier) 
den  löwen  ersach ,  flöhe  er  in  durch  stök  und  studen 
in  die  wüsty  Steinhöwei.  Esop  s.  272  Österley;  auff  dz 
ward  Brunhild  mit  jrem  haar  und  beiden  armen  einem 
wilden  ungezempten  pferd  an  den  schwantz  gebunden. 
und  also  durch  stein,  stock  und  stauden  jämerlich  ge- 
schleifft  Stumpf  Schweytzer  chron.  215*"; 

in  dem  ich  nun  fort  gehen  will 
der  stimm  nach  in  den  dicken  wald 
durch  stock  und  stauden  gleicher  gstalt. 

üpangenberg  griech.  dramen  2, 107  Dähnhnrdt 
(Aiax  Lorarim,  1608,  IV,  3,  3574). 

Mr. 


1147 


STAUDE 


STAUDE 


1148 


erweitert  durch  stein: 

ich  wil  gern  gan  wider  hain 
durch  studen  stok  und  durch  stain. 

Lassbbrg  liedtrs.  2,  260  {kioster  der  minne  173S) ; 

auch  Staude  und  stein  allein  werden  in  der  altern  »prache 
zutceilen  formelhaft  verbtinden  (iric  am  /läufigsten  stock 
und  stein): 

da  ich  waz  hin  gelofien 

durch  studen  und  stainen.     1,  244,  327; 

denn  diesem  (derA,  pfennig)  wacht  er  tleissig,  zeucht  jm 
nach  über  veldt,  über  staud  unnd  stein  Höniger  7iarren- 
schiff  0^.  vgl.  auch:  wo  der  (gott)  unser  hcnd  nit  benedeit 
und  sein  segen  legt,  so  finden  wir  mit  aller  arbeyt  ander 
allen  standen  unnd  steinen  nicht,  wo  wir  in  ein  nest 
unnd  loch  greiffen ,  so  seind  die  vögel  auszgeflogen 
S.  Franck  sprichic.  1,  ISO*". 

c)  indem,  staude  mit  coUectivbegriffen  zusammengestellt 
\cird,  nimmt  es  selbst  mehr  oder  weniger  collective  hedeulung 
an,  vgl.  unten  8, a.-  (*t€)  bleiben  dem  rosz  im  stegrailT 
behängen,  werden  geschlaipfft,  durch  alle  heck  unnd 
Stauden  gezogen  Ai.bertinijs  Lucifers  königr.  191, 21  Lilien 
cron;  als  er  {k aiser  Karl)  sähe,  dasz  seine  hoffleut  von 
den  Venedjschen  kauffleuthen  viel  seidene  gewandt 
kaufften,  . . .  führt  er  sie  zu  regens  zeit  mit  jhm  auif  die 
jagt,  durch  hecken  und  stauden  Zincgref  apophthegm. 
1,14;  auf  dieses  signal  lief  jedermann  in  den  garten; 
man  verthcilte  sich  auf  alle  selten,  man  durchsuchte 
alle  Stauden  und  hecken  Wieland  il,  205  {don  Sglv.i.,3,b); 
{im  bilde:)  nur  sind  seine  {Rousseaus)  urtheile  . .  .  nicht 
selten  paradox,  und  er  glaubt  schon  genug  gethan  zu 
haben,  wenn  er  von  der  gebahnten  heerstrasze  abweicht, 
und  wie  ein  muthwilliges  ross  über  hecken  und  stauden 
hinweg  rennt  Schubart  ästhetik  der  tonkunst  269 ; 

heken,  standen,  rings  umher.   Schiller  1,  349. 
s.  auch  Carbach  Liv.  113''  unter  b,  d,  S.  Franck  chron.  205'' 
unter  5,g  und  Fr.  Müller  1, 115  unter  i,e.    erweitert: 

auf,  auf,  gott  will  gelobet  sein, 
ihr  kräuter,  staud  und  hecken ! 

Spee  tndznacht.  2.1,  74  Balke. 

femer:  sie  aber  {Adam  und  Eva)  weiten  ires  schöpffers 
nicht  mehr  warten,  sunder  verbargen  sich  in  die  hürst 
und  stauden  Wickram  3,160,26  Balte  (hauptlaster  c.  3); 
wann  ich  vil  soll  durch  hursten  kriechen,  und  über  zäun 
unnd  stauden  klimmen,  so  laszt  mein  kutt  das  haar 
Garg.  s.  388  neudr.;  von  gebüschen  und  stauden  Fleming 
t.  Jäger  tö;  erachte  nicht  vor  undienlich  zu  seyn,  zum 
beschlusz  der  beschreibnng  alles  holtzes  hierbey  die  ge- 
büsche  und  stauden  anzufügen.  42»;  mhd.: 
dur  hürst  und  stOden  hin  ze  tal 
er  {der  brunnen)  sich  wünnencltchen  lie. 

heinfr.  v.  Braunechw.  27,  590. 

d)  die  staude  wird  vom  bäum  unterschieden,  vgl.  l,  b 
unrf  GÖTUE  39,  268  unter  z,a:  der  (mtVfei-)paum  haigt  pag 
ain  staud  denn  ain  paum,  wan  er  ist  klain  und  wechst 
gern  pei  fäuhten  steten  MEGENitKHO  332,  11;  rosarius 
haigt  ain  rösenpaum,  aber  eg  ist  aigenleicher  ain  staud 
wan  ain  paum.  rosa  haigt  ain  rös,  diu  auf  der  stauden 
wechst  844,14/.;  balsamus  hai.:;t  ain  balsempaum.  dag 
ist  ain  paum  oder  ain  staud  SÖ8,  20;  sanipt  allerley 
Stauden  und  g&rtenbäwmlin,  so  zum  Hechten  und  binden 
dienstlich,  als  weiden,  iindbast . . .  Sebiz  feldb.  2; 

von  Rtfiden  hin  ze  boume 

grff  ich    Hauamar  v.  Labrh  jagd  87; 

mein  .lesum  will  nun  tausend  mal 

in  wJUdcn  lan  erklingen, 

niit  mir  auch  sollen  Überall 

die  bftnm  und  stauden  springen. 

.Speb  trvtsnacht.  4, 184  Balke. 

vgl.  auch:  der  Wacholder  ist  zweycrley  gattung:  die  eine 
art  wachset  zu  einem  ziemlichen  stamm  ..;  die  andere 
art  bleibet  nur  eine  niedrige  staude  oder  busch  uiul 
Strauch  FLKMiNn  t.jägerta^.  —  toie  hier,  »ind  aueli  aontit 
die  standen  im  walde  {vgl.  die  utelUn  unier  h);  daher 
»priehtenrtlirh  •  wer  all  standen  wil  fliehen ,  der  kommt 
nimmer  mehr  in  kein  wald  S.  Fiianck  nprichw.  (1&41) 
1,1a*;  der  all  standen  fleucht,  kompl  nimmer  in  keynii 
wald.  H&*;  wer  alle  stauden  flicht,  kommt  nie  in  oinon 
wald  81MROCK  0n)i8.    dotk  tPtrdtn  attch  stauden  und  wuld 

Mr. 


diu  rephUenr  einen  valken 
gefluhen  nie  sO  balde 

ze  stttden  und  ze  walde.    troj.  krieg  33526; 
diesen  entgrünet 
all  der  wälder  und  stauden  geschlecht,  und  der  heiligen  haine. 
Voss  Virg.  Georg.  2,  21. 
staude  mit  bäumlein  gleichgesetzt:  die  beyde  stauden  oder 
bäumlin,  wegdorn  und  creutzbeer,  sind  nit  sehr  ungleich 
LONiCERüS  kreuterb.  (1577)  58 C. 

e)  die  staude  wird  andrerseits  von  kleineren  getcächsen, 
icie  kräutern,  gräsern,  blumen  u.  s.  w.  unterschieden,  vgl.  1,6; 
der  attich  .  . ,  das  ist,  nidriger  holder,  lateinisch  ebtdus.  . . . 
ist  gantz  nidrig,  mehr  under  die  kreuter  dann  ander 
die  stauden  und  bäum  zuzehlen  Lonicerus  kreuterb. 
(1577)  63 B.  daher  verbunden:  umsonst,  dasz  du  .  . .  gras 
und  Stauden  zerschlägst  Fr.  Müller  1,364  {Kreuznach); 
er  rait  wa  di  stymme  was, 
durch  stauden  und  durch  grünes  grasz. 

Heinr.  v.  Neustaut  Apollon.  8689  Singer; 

nun  ging  er  noch  einmal  zurück  und  führte  sie  durch 
das  wirrnisz  der  kräuter  und  stauden  auf  einen  freien 
platz  hinaus  Storm  1,10;  feigen,  zwetschgen,  . . .  melonen 
und  tausenderley  stauden  und  erdfrüchte,  standen  in 
schönster  Ordnung  Fr.  Müller  1,51; 

dann  grünen  die  irdischen  auen, 
dasz  blume  und  staude  sich  sprieszt. 

Arndt  werke  3, 119  Mettner; 
wo  nun  gras  und  staude  beben, 
hat  in  froher  kraft  geblüht  .  .  . 
manches  reiche  menschen  leben. 

Lenau  1, 173  Koch  {Heidelb.  ruine); 
zerstreute  beere  von  bienen 
durchsäuseln  die  lüfte,  sie  fallen  auf  klee  und  blühende  stauden. 
E.  V.  Kleist  l,  229  Sauer  {friihl.  330); 
so  auch:  die  hausfrau 

sitzt  in  der  laube  von  reben,  pflanzt  stauden  und  blumen  auf 

leinwand.    217  (151); 

vgl.  noch  Ramler  fabellese  1,  157  unter  5,  A.  erweitert, 
neben  bäumen: 

die  phantastischen  gewächse, 

kräuter,  blumen,  stauden,  bäume, 

die  des  Pflanzenreiches  adel 

oder  kroDjuwclen  sind. 

Heine  2, 127  Elster  {Bimini.  prol.). 

neben  allgemeinem  ausdrücken:  einsam  vielmehr  geht  der 
gemüthvolle  dichter  (Voss)  als  ein  priester  der  naliir 
umher,  berührt  jede  pflanze,  jede  staude  mit  leiser  band 
GöTiiE  40, 266, 13  Weim.  ausg.;  ha !  ihr  seyd  mir  alle  wieder 
da,  pflanzen,  stauden,  hügel,  klüfte,  ströme,  weit!  Fr. 
Müller  1,45.  —  so  dann  auch  stauden  neben  feld,  wiese, 
reo  diese  pflanzen  waclisen: 

man  sprach  ir  reht  fif  bluomen  velt, 
dane  irle  stüde  noch  gezelt.    Parz.  309,  14; 

dabei  sich  collectirer  bedeutung  nähernd: 
war'  hier  nichts  mehr  zu  finden, 
war'  feld  und  staude  leer.   Novalis  1,  230  J/«>«i«t. 

wenn  ackerland  vertnldert.  so  wachsen  stauden  darat{f, 
s.  GöTHE  39,  268  unter  3,  a;  daher:  wo  . . .  das  frömd  reisen 
und  wegloufen  also  beharre,  so  mfiessid  ir  acker  z& 
studen  werden  Anshelm  Bemer  chron.  4,  528,  24.  {um- 
gekehrt s.  Kirchhof  unter  a.) 

4)  eigenschaften,  zustände  der  staude  u.  a.  w. 

a)  mit  adjectiven:  eine  wilde  staude.  frutex  agreatia 
Steinbagii  2,689.  —  (Fähndrich.)  hinter  diesem  busche'i' 
ei,  was  kann  da  sein';"  —  irgend  eine  auslILndische 
staude  —  irgend  ein  seltnes  produkt  Fr.  L.  Sciikuder 
dram.  werke  (l83l)  1, 127  (Julie  v.  Lindorak  8, 4).  —  ein-,  drei- 
jährige staude,  «.  Ritter  erdk.'^  3, 232  unter  2,  a  (theest.).  — 
eine  staude  wächst  nicht  hoch,  frutex  in  altitudinem 
non  ereacit  Steinbagii  2,  689;  solche,  weiln  sie  nicht  hoch 
werden,  und  nimmer  keinen  rechten  stamm  erlangen, 
sondern  nur  als  niedrige  stauden  aufschieshcii,  wachsen 
sowohl  in  denen  hoyden  und  wäldern,  als  ackern  und 
feldern.  Fleming  t. Jägerei*; 

so  weicht  der  axt  die  coditr.  .  .  . 
die  mit  dorn  wipfel  Jovin  brcit<>ii  bäum 
weit  Qbemchauet  hat,  und  niedre  stauden 
vor  dem  gewalt'ftn  winterslurm  gedeckt. 

Shakeap.  8,888  {Heinr.  VI.,  ».  th  ,  b,  9); 

doch  auch :  hfthe  stQden  Part.  888,  87,  a.  5,  «.  —  dicke 
stauden,  fratte,  fraaehe  macchie.  v.  hecken  Khamkr  dict. 
8,  W7*i  (ich)  verbarg  mich  in  einer  dicken  stauden  vier 
ganlze   laglang  Alukrtinus  landatörtter  71;  das   neben 

Mr. 


1149 


STAUDE 


STAUDE 


1150 


I 


den  abhackenden  örl-,  auch  die  dorn-  oder  prumblpbi- 
und  andere  rauche  stauden  zur  erweiter-  und  raumbung 
der  gemeinen  azung  . . .  nidergehackt  und  von  ort  geraumbt 
werden  sollen  tirol.  tceisth.  i,  510,  anm.  {\1.  jahrh.); 

wann  dann  die  geiszen  steigen  an 
zun  felsen  hoch  hinaufen 
und  weiches  laub,  so  für  thut  gähn, 
von  zarten  Stauden  raufen. 

Speb  trutzn.  34, 116  Balte. 

harte  stände,  s.  Storm  i,  loi  unter  b,  e.  —  besonders 
grüne  stände: 

[iedoch  t}moc  er  den  küenen      [da;  er]  in  brähte  dan 
[überl  manege  stfiden  grüene. 

WdjdietT.  C.  VIII,  i  {hddenb.  4, 137); 
mit  leichten  lauften  streift  jetzt  ein  heer  gefleckter  hindinnen 
und  hirsche,   mit  ästen  gekrönt,    durch   grüne,   rauschende 
Stauden    E.  v.  Kleist  1,  222  Sauer  {frühl.  222). 
auch : 

nachtigall  auch  und  schwalb'.  .  .  ,  auf  grünende  standen 
gegen  einander  gesezt,  wehklageten    Voss  Moschos  3,  48. 

das  leitet  über  zu  den  Verbindungen 

b)  mit  Verben,  stauden  sprieszen,  schieszen  auf  w.  öähZ., 
s.  Treuer  in  d.  einl.,  Arndt  unter  3,  e  und  oben  Fleming. 
femer:  bäom  and  standen  kriegen  safl. 

Grob  versuchgabe  (1678)  102. 

besonders  blühende  staude:  ein  jedes  (fhier)  suchte  sich 
nahrung.  .  . .  die  fanden  sie  . .  .  an  fruchten  der  wälder 
oder  auf  blühenden  stauden  Fr.  MCi.ler  i,  50; 

euch  soll  künftig  ein  hain  blühender  standen,  euch 
meine  qnelle  geweihet  seyn. 

StoLbkrg  1, 128  ('an  die  grazien'); 
junges  leben  durchbrflUte  die  auen,  die  wälder,  die  berge, 
irrte  blockend  im  thal,  und  sang  in  blühenden  standen.   202. 

so  auch :  also  dass  im  hewmonat  der  gantz  staude  in 
voller  blüet  ist  Tabernaemontanüs  kräuterb.  (1588)2; 
vgl.  Seuse  551, 17  unter  5,  o  und  Hoffmann  v.  Fallers- 
leben  ped.^  149  unter  Z,a;  dafür: 

die  Staude  steht  im  flor    Platkn  30». 
vgl. :  dir  lachet  unde  smieret 

vil  manger  stüden  flore. 

KoNRAD  V.  WÜRZBLRG  Qöld.  tchmiede  1319. 

welkende  staude  {im  bilde):  wie  würde  die  hinwelkende 
staude  neben  diesem  kräftigen  stamme  sich  ausnehmen? 
IiFLAND  theatr.  tcerke  (1827)  3,219  (rette  versöhnt  2,  7).  — 
fruchttragende  stauden,  vgl. .-  da  müssen  wir  ein  register 
machen,  wieviel  jede  staude  getragen  hat  Bettina 
Gl.  Brentanos  frühlingskranz  (1844)  107;  in  bezug  auf  die 
Winterzeit  ist  ein  umstand  besonders  wichtig,  nämlich 
der,  dass  viele  gewächse  der  tundren,  namentlich  auch 
die  beerentragenden  stauden,  im  Spätsommer  gewöhnlich 
schon  dann  vom  froste  überrascht  und  mit  schnee  be- 
deckt werden,  wenn  sie  noch  im  vollen  safte  stehen, 
bezw.  noch  fruchte  tragen  Nehring  tundren  u.  steppen 
(1870)  s.  19. 

c)  der  duft  der  staude  \cird  liervorgehoben :  lauben 
von  allen  arten  wohl  riechender  stauden  Wieland  l,  96 
{Agath.2,i);  der  ambrosische  thau,  den  der  ritter  Astolf 
aus  dem  monde  holte,  träuft  auch  auf  unsrer  erde  von 
jeder  balsamischen  staude  Herder  23, 178  Suphan;  die 
Wohnungen  der  Indianer  lagen  einzeln  . . .  und  waren  mit 
mancherley  wohlriechenden  stauden,  als  gardenia,  guet- 
torda  und  colophyllum  umpflanzt  Forster  reiae  um  die 
tcelt  1,  206; 

unsre  (thronen)  flössen  ftlr  dich;   sie  netzten  die  duftenden 

Stauden    Stolberg  2,  40; 
mein  (des  wd/es)  balg  ist  parfnmirt  mit  mancher  stände  duft. 

Schubart  ged.  (1787)  2,  252; 
die  Staude  würzt  die  lufl  mit  nektardOflen    Schiller  11,49; 
Weihrauch  dampfend   dem  sinn   des  geruchs ,   wetteifern  die 
Stauden    RCtkert  werke  (1882)  2, 123. 

d)  theile  der  staude,  vmrzel,  stamm,  zweige,  bläfter  oder 
laub  (vgl.  Spee  unter  a),  blute  (s.  b),  event.  frucht  (b  zu 
ende,  vgl.  Adelung  unter  i,  e): 

die  kerten  allen  ir  vllg 

an  der  stfiden  wurzel  gar     Bari.  ti.  Jot.  117, 15; 

Daphne  hieng  kränze  an  die  ranken  der  stauden  S.Gessner 
werke  (1778)2,40;  dort  stand  ein  alter  mann  hinter  den 
breitblättrigen  standen  und  band  die  schwankenden  zweige 
an  Stäbchen  Novalis  2,  222  Meiszner.  (herz,  wuchs  einer 
staude,  ».Schiller  unter  1,0). 

Mr. 


e)  poetische  freiheiten : 
die  standen  werden  milch,  die  tannen  honig  schwitzen. 

KoENiG  ged.  (1745)  «.  70. 

singende  staude  mit  kühner  Übertragung  von  den  auf  ihr 
sitzenden  singenden  vögeln  (s.  unten  5,  c): 

unter  den  werdenden  knospen  des  haines  dort ! 

und  der  gebüsche  hier!  wandelst  im  aufwachenden  weltleben, 

in  singenden  stauden  und  tönendem  himmel  du ! 

Stolberg  1,195. 
staude  für  den  brennenden  husch,  2  Mos.  3,  iff-: 
und  pran  in  flamen  ho 
ein  staüd  starck  an  geczundt. 

Folz  meisterl.  75,  419  Mayer. 

personißcirt :  es  trauern  um  dich  hecken  und  stauden 
Fr.  Müller  l,  115  {d.  faun); 

ihr  Stauden,  hänget  noch  betrübt 
von  meinen  schweren  klagen ! 

3,  166  (Golo  u.  Genov.  3,  4). 

ähnlich  auch:  vor  sonn'  und  mond,  vor  allen  stauden 
schämt'  ich  mich,  dasz  ich  gestern  so  erzalbern  that 
Bräker  d.  arme  mann  im  Tockenb.  s.  5t  Seelam. 

5)  staude  in  andern  Verbindungen  (vericejidung  von 
Stauden  u.  ähnl.). 

a)  die  staude  in  der  Landschaft,  vgl.  Fleming  unter  4,  a 
sotcie  3,  d  und  e:  sam  die  wunnenclich  beide,  die  wol 
gezieret  ist  mit  blflygenden  studen  und  mit  den  grünen 
zwygen  Seuse  551,  17  Bihlmeyer;  nach  dem  bawmgarten 
hinab  am  wässerlin ,  gedencken  wir  die  wisen  . . .  anzu- 
richten, sampt  allerley  stauden  und  gärtenbäwmlin ,  so 
zum  flechten  und  binden  dienstlich,  als  weiden,  lindbast, 
ilmen  .  . .  und  allerley  wügen,  welche  die  wisen  umbgeben 
sollen  Sebiz  fildb.  2;  die  geschwlndigkeit,  mit  welcher 
die  natur  jede  leere  stelle  . . .  mit  .  . .  stauden  . . .  besetzt 
Hebel  2, 19,  5  Behaghel; 

mit  stauden  stoltz  gekrSnet 
die  krufften  geben  klang. 

Spee  tnUznacht.  (1649)  2  (1,  ttr.  3). 

dagegen .-  niemand  wird  dieser  schrift  den  Vorwurf  machen, 
dasz  sie  einer  arabischen  wüste  gleiche,  wo  der  wandrer 
viele  parasangen  reisen  kann,  ehe  er  . .  .  nur  6ine  staude, 
seinen  gaumen  zu  erfrischen,  antrifft  Gerstenberg  re 
zensionen  ».3,8  Fischer;  im  bilde:  kannst  du  glauben, 
dasz  ich  immer  fels  war,  ohne  pflanze,  halm  und  staude  / 
Gleim  brieficechsel  (I8O6)  2,  6  Körte,  stauden  im  gegensatz 
zum  ackerland,  s.  3,  e.-  alte  verlegene  böden  so  mit  stauden 
verwachsen  und  zu  wirklichen  raühenen  worden  conf. 
V.  Kempten  (l732 — 7)  bei  Birlinger  410**.  (das  heiszt:  der 
acker  standet  wieder  zu,  ligna  in  agro  resurgunt  recentia, 
alias:  befleugt  wieder  mit  holz  Stieler  2127.)  ähnlich: 
wer  reben  zue  lipding  hat  und  die  nit  in  eren  halt  . . . 
oder  darin  studen  wachsen  last.  . . .  wer  da  das  wasser 
in  die  agker  laut  gan  . . .  oder  die  agk(s)er  last  verstuden 
weisfh.  5,  205,  §  10  (schioeiz.  tceisth.  v.  1475).  —  femer:  es 
sollen  .  .  .  die  burger  . .  .  die  Strassen ,  weg  und  steg  . .  . 
aufs  beste  erhalten  . . ,  die  von  den  päumen  oder  auen 
darein  hangenden  stauden  daraus  hacken  tirol.  ueisfh. 
1,  30,  17;  das  man  alle  die  dören  und  stauden  umb  die 
gassen  herumb  fleissig  abmach  4, 43, 34.  —  sie  xcachsen 
besonders  am  wasser,  vgl.  oben  Sebiz  und  E.  v.  Kleist 
unter  2,  a,    Megenberg  332,11  unter  S,d: 

der  dufel  hat  alle  die  studen  hin, 
die  hie  umb  die  wasser  soiden  stan. 

Morolf  1,  1603  r.  d.  Hagen 

(dafür  bei  Vogt  Salman  m.  IforoZ/ 304, 5 :  die  hursten); 

und  wir  wuchsen  empoi:  freudig,  wie  standen  am  bach. 

Stolberg  1,  216. 
standen  als  Umgebung  von  Wohnungen,  s.  Forster  unter 
4,c.  —  verschieden  nach  ländern,  vgl.  ■  sehr  überraschend . . , 
plötzlich  ganz  fremde  (römische)  structuren  zu  sehen,  die 
unter  einem  fremden  himmel  entstanden,  gleich  aus- 
ländischen stauden  hieher  an  den  Nil  verpflanzt  wurden 
Ritter  erdkunde^  (1822)  l,  785.  «.  auch  Fr.  L.  Schröder 
unter  4,  a. 

b)  staude  vom  winde  betcegt,  vgl.  Hagedorn  und  Hoff- 
mann V.  Fallersleben  unter  8,0; 

wiewohl  .  . . 
frohes  gelüft  die  stände  beweht. 

Klopstock  Oden  2,46  Muneker-Pawü ; 
bey  dem  neubelanbten  frfihling 
riefen  mich  die  jungen  weste, 
die  den  stauden  samfl  durchschlüpfen. 

Cronbgk  2,  232; 

Wr. 


1151 


STAUDE 


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1152 


du  zephyr  weiszt  nicht,  wie  erfrent 
von  deinem  bauch  die  staude  säuselt. 

Stolberg  2, 100. 
vgl.:    doch  schwankt  der  boden,  luft  und  staude  schwirrt. 

MÖRiKK  gedß  35  (besuch  in  Urach). 

e)  stände  tnit  vögeln  auf  den  zweigen,  vgl.  E.  v.  Kleist 
1, 226  unter  2,  a.  Voss  unter  i,  a.  Stolbehg  l,  202  unter  i.  b 
und  1, 195  unter  i,  e.    vgl.  .- 

an  die  stauden,  wo  ich  nieisen 
im  hoUunder-kasten  fieng. 

Salis  ged.  (1793)  t.  98  (2  76). 

sprichicörtlicJi :  es  ist  besser  ein  sperling  in  der  band, 
als  ein  kraniets  vogel  auf  der  staude,  val  meglio  tm  passe- 
rotto  in  muno  ch' un  tordo  in  frasca.  einen  vogel  auf 
der  staude  Terkauffen,  vendere  l' uccello  sulla  frasca,  met. 
esser  aicuro  del  fatfo  stio  Khamer  dict.  2,  ei?*".  (vgl.  unten 
staudenbrudler,  -gatzger,  -ragerl,  Schnapper,  -vogel.)  dazu 
im  bilde:  icb  kann  niicb  in  jede  läge  und  ansieht  ver- 
setzen, und  ganz  ehrlich  in  diesem  sinne  sprechen  und 
schreiben,  bis  ich  mich  auf  einer  anderen  staude  nieder- 
lasse POcKLER- Muskau  briefw.  l,  290  {an  gr.  Ida  Hahn- 
Hahn,  d.  13.  febr.  1815). 

d)  die  staude  dient  wegen  ihrer  dichten  belaubung  gern 
tum  versteck,  sich  (einen)  in  oder  unter  eine(r)  staude 
verbeißen,  von  thieren-.  dag  die  binden  gepern  kälbel, 
der  hüetent  si  gar  vleigiclichen  und  verpergent  si  in  die 
Stauden  Megenberg  130,  i;  der  vasant  hat  die  art,  dag 
er  sein  haupt  in  ain  stauden  verpirgt  und  wsent,  er  hab 
sich  ze  mal  verporgen.  198,  28; 

drumb  braucht  das  pantelthier  ein  list 
verbirget  sein  kopff  m  ein  stauden. 

H.  Sach-s  4,  2,  116». 

30  auch:  sich  gächling  begäbe  das  ein  grausam  grosz 
wolffe  nahent  pey  ir  ausz  einer  dicken  stauden  spränge 
Arigo  decam^r.  574,28  Keller;  darumb  ist  das  alt  wappen 
(ier  stat  Ötting  ain  wolf  under  ainer  stauden  Aventin 
chron.  2,  23,  8.  —  von  menschen : 

er  douht  sich  in  ein  stouden   jung.  Tit.  1143,  4; 

da;  ich  an  allen  vieren  kreuch 

in  ein  stfiden,  diu  was  rouch, 

da  inne  sie  min  niht  sähen    Sei/r.  Helbl.  4, 12S ; 

ich  lac  in  der  stüden.    373; 

Merk  under  einer  stüden  lac 

hiute  disen  langen  tac.    447; 

ich  wil  seihest  die  gSttin  sein 

und  kriechen  in  die  stauden  nein 

der  jungen  frawen  antwort  geben  .  .  . 

dort  kombt  die  fraw,  ich  wu  mich  bücken 

heymiich  in  disen  husch  nein  schmucken 

dasz  mich  die  junge  fraw  nicht  sech. 

H.  Sachs  4,  3,  34«» ; 

da  hOrt  ich  etwas  hinder  mir 

kraspeln  auCT  der  andern  selten 

der  dorenheckn,  daher  von  weiten 

schlich  hinein  mit  kreisten  und  i^chnauden 

ein  betteimann  in  dise  stauden.    80»; 

wie  Rial  kam  an  das  end  da  die  sechs  die  junckfrawen 
tödten  woltent.  wie  er  die  vier  erschlag  und  ym  die 
zwen  in  die  stauden  entrunnen  WiUi.  av^  Osterr.  (1481)  29*'; 
darzA  het  er  (HannibaT)  Mago  seinen  brüder  mit  tausent 
z6  rosz,  unnd  tausent  zä  fösz  inn  hecken  und  stauden  ver 
steckt  Carhacii  IAv.  118''  {Liv.  21,  54,  l).  s.  auch  Wickram 
unter  8,  c  und  Albertini's  unter  4,  a.  so  attch  in  der 
apriehinörtlichen  redensart:  ausz  der  stauden  ist  gut  the 
dingen,  mit  fersengelt  bezahlen,  besser  in  den  reiscrn, 
dann  in  den  eisern,  wo  du  kan&t  fliehen,  soltu  nit  kriegen 
EoENOLHK  313*>;  auBzer  der  stauden  ist  gut  tedigen  (tage- 
dingen,  litigare)  EiSELBiN  S77.  Siu rock  9883;  ausser  der 
staaden  ist  wol  rat  geben  Eiselkin  677.  (v^^  unten 
staadenhahn ,  -hecht.)  —  man  »ueht  unter  der  stände 
aekatten  oder  achutt  vor  regen;  apriehwörÜieh :  wer  sich, 
wanns  regnet,  unter  eine  stände  stellet,  wird  doppelt 
nasz  Krämer  dict.  9, 9i7*.  ao  aucA:  do  nun  das  wasser 
in  der  fl&srhen  ausz  was,  legt  sy  (.Agar)  den  knaben 
under  ein  stauden  bibd  Zürich  Uil  l  3fo«.  :iB  (Lutiikr: 
unter  einen  bawm.  si.ia).    datu  tool: 

•r  Isft  über  perg  und  Ueffe  thal 

nnUr  dar  ataadm  ab«rsU 

sein  bSmUin  tbst  er  blu«n. 

•ein  lieb  unter  einr  standan  saas 

tket  aair  den  jegar  loaao. 

POMTin  frUeKe  t.  Uedl.  $.  IM  mmdr 

(111, 71, 8,  «  wtmderh.  1, 8M  Aoee6«fyer 

iä(f€r  WolOgmutk'). 

Mr. 


so  legt  man  sich  gern  unter  stauden,  um  zu  schlafen.- 
in  dem  der  student  der  do  nahend  bei  dem  turn  in  eyner 
stauden  geschlafen  het  enwachet  Arigo  decam.  506,  28 
Keller  (8,  7);  die  unter  stauden  so  anmuthig  ruht,  will  ich 
nicht  wecken,  bis  sie  von  selbst  erwacht  Fr.  Müller 
3,  335  (Golo  n.  Qen.  5,  l); 

er  legt  sich  an  ain  grünes  grasz 
under  ain  stauden  und  entslief. 

Heinr.  V.  Neustadt  ApöUon.  9669  Singer, 
auch  zum,  beisclUaf: 

da  lag  er  pei  dir  auf  eim  grilnn  wasen 

in  der  stauden  pei  dem  zäun,  dasz  sah  ich  eben. 

fafin.  itp.  f.»C,  -M  ; 
raide,      ir  maide, 
Euecht  der  stauden  winkeil 
da  well  wir  kosen,      losen 
mit  beslossen      gössen, 
warmen  armen      lieplich, 
dieplich      in  dem  pusch. 

O.swAi.D  V.  Wolkenstein  37,  80  Schatz, 
daher  auch  (?) : 

vor  grüenem  wald  nach  pfifferlingen  klauben 
mit  ainer  mait  beklait  von  amer  stauden, 
den  lust  ich  preis      für  alle  hofeweis.    36,  37. 

zum  sterben: 

(ich,  Artus)  wil  kriechen  in  die  stauden  eben 
und  darinnen  enden  mein  leben. 

H.  Sachs  2,  3,  Gö*»  (Olwier  u.  Arttu  6). 

auch  als  versteck  für  gegenstünde:  do  nyemand  anders 
dann  sy  alleyn  was  sich  nackend  ausz  czohe  ir  gewänd- 
lein  under  eyn  stauden  verbarge  decam.  504,  2  Keller. 

e)  durch  die  stauden  gehen,  laufen  u.  a.  w..  vgl.  Grimm 
unter  3,  a,  E.  v.  Kleist  unter  4,  a:  wo  er  (dei-  liirsch)  durch 
die  stauden  Hohe,  da  hatte  er  zä  einer  seyten  die  stauden 
und  das  laub  schweissig  gemacht  Noe  Meuher  v.forstl. 
oberherrligkeit  (l560)  96»; 

die  zwene  wurden  flfihtig. 

der  junge  degen  zfihtig 

der  jagt  si  durch  die  stüden. 

Johann  v.  WOkzburg  Wilhelm  v.  Oftttr.  4789 ; 

da  wolt  er  sein  erwarten  nicht, 
und  gar  bald  durch  die  stawden  kroch, 
wurd  schamrot  und  schnell  darvon  floch 
im  wald  zu  thal,  ohn  weg  und  strasz. 

H  Sachs  16,  588,  32  KeUer-GöUe  (dajür: 
ausz  der  h61en  4,  1, 121<>); 
W81S  rauscht  dort  durch  die  stauden  her? 

81,84,20  (5,  344t>). 

Über  (die)  stauden  springen: 

stn  ors  übr  höhe  stüden  spranc    Parz.  286,  27 ; 

die  blicke  des  jungen  mannes  folgten  unwillkürlich  ihren 
füszen,  wie  sie  behend  und  sicher  über  die  harten  stauden 
(lahinschritten  Storm  l,  lOl.  dafür  häufiger  dir  erxceiterte, 
formelhafte  Verbindung  über  stock  und  stauden ,  a.  3,  b; 
über  hecken  und  stauden,  a.  Schlhart  unter  3,  c.  un- 
gewöhnlich : 

der  lauflt  ein  ubers  mosz  gehn  waldt  .  .  . 
jetzt  geht  er  hinter  jener  stauden. 

H.  Sachs  8,  8,  20*. 

vgl.  noch:  als  ...  er  nun  vom  rosz  zum  schusz  abstöml. 
behieng  er  mit  den  sporn  in  stauden  und  dorn,  dasz  er  .  .  . 
aulTs  angesicht  fiel  S.  Fkanck  cfironicon  Qerm.  (1688)  266». 
/)  an  eine  staude  binden,  hängen  u.ähnl.:  er  stieg  ab 
von  seinem  pferd  und  band  es  an  eine  staude  HAUPf 
2,  539  üeclam  (märchen  vom  falschen  pr.);  wenn  iiincr  reit 
durch  ainn  wald  so  macht  man  etwenn  km^pf  an  die 
stauden,  zu  aincin  zaichnn  das  da  der  recht  weg  ist 
Keisrrsuerg  pred.  (1610)  46"; 

an  dia  atttdan  achftne 

hienc  an  (die  krävter).    Part.  486,  S6. 

g)  die  grossen  gsellen  h&wcn  stüden  ab,  machten  ein 
hätten  Tu.  Plaitkr  a.  88  Boo»;  also  hat  es  sich  auch 
begeben,  das  die  menschen  ...  sich  ab  den  neu  wen  er- 

j  findungen  hnbend  berAmbt,  und  sie  einer  dem  andern 
nachmalen  angezeygt,  hoUser  zA  niaohcn,  die  wAnden  mit 

,  uufTgeriohtcn  spreussen,  und  zwysohen  gelegten  stauden 
mit  laim  zA  vermachen  Alpinuh  Polyd.  Vergilitm  von 
d.  erjindern  (Augab.  i.n37)  7V*  (daneben:  Jr  etlic.li  habend 
jnen  ...  mit  kodi  und  gestaudcn,  örler  darinn  si« 
Wunen  sollend,  gemacht  ebetida;  und  damit  sie  dem 
regen  unnd  der  hitze  wAretoiidl,  haben  sys  mit  rArern 
oder  andern  gesteUden  ge<ieckt  ebendu).  — 

Mr. 


1153 


STAUDE 


STÄUDECH(T)-  STAÜDEICH 


1154 


(Ulysies)  henckt  auff  Dolonis  beut  hernach, 
an  einen  tamarischen  bäum, 
auff  ebnem  feld  in  weitem  räum, 
brach  ab  vil  standen,  äst,  und  laub, 
darmit  umbstecket  er  den  raub, 
auff  dasz  sie  ein  warzeichen  betten. 

Spreng  Hias  (1610)  134»  {^>uuäo\fas  SöraxaS 
uvolxr,s  t'  ipi&'TjJ.eas  d^ove.  iZ.  10,  467); 

als  ich  zum  dritten  mal  mit  grausz, 
ein  Stauden  ziehen  wolt  herausz, 
risz  starck  mit  beeden  bänden  grim, 
kam  f&r  die  obren  mir  ein  stim. 

in«",*  44»  (3,  37/.). 

aitch:  ein  grosze  rat  hab  sich  in  das  thal  da  jetzt  üri 
ist,  gethon,  da  angefangen  hecken  und  standen  ausz 
reutten  S.  Fr.\nck  chronicon  Germ.  (1538)  20.5''.  —  vgl. 
unten  staudenhack,  -haue,  -messer,  -sense. 

h)  standen  als  nahrung  für  thiere:  wenn  nu  der  esel 
den  der  reit,  derselben  standen  mitt  den  knöpfen  gewar 
wirt,  so  braucht  er  die  selben  nit  weiter,  dann  das  er 
das  laub  darab  beiszet  Keisersbero  pred.  46'  (Jbrtsetzung 
der  unter  f  angezogenen  stelle); 

kraut,  Staude,  wurzel,  alles  ward  verzehret 

Ramler  fabeOesc  (1783)  1,157; 
ja,  ällssämt  nagt  's  am  bauan 
äswia  die  goasz  an  da  stauän. 

Hartmanx-Abele  volkfschausp.  ».  269 
(XXXI,  173). 

vgl.  Spee  unter  i,  a;  E.  v.  Kleist  unter  3,  e;  Fr.  MCller 
unter  4,  b.    für  pienschen.  s.  Gerstenberg  unt^r  a. 

t)  Staude  zum  brennen,  s.  Minderer  unter  2,  a. 

k)  als  attribut  von  götfern  u.  ähnl.:  der  gott  {Bacchus) 
als  kind  reitet  auf  einer  ziege,  .  . .  ein  satyr  ist  vor  ihm, 
eine  stände  in  der  band,  angeblich  vdod'ri^  Welcher 
alt.  denkmäUr  2, 153. 

6)  Staude  in  Sprichwörtern  und  redensarten.  solche  sind 
iereits  unter  3,b.d  behandelt,  weiteres:  auf  die  standen 
schlagen  tn  süddeutschen  mundarten,  wie  gewöhnlich  auf 
den  busch  klopfen,  *.  busch  i,  theil  2,  558.  auf  die  staude 
klopfen  Hetzel  icie  der  Deutsche  spricht  299.  so  bair. 
ScHM.*  2,733  und  besonders  alem.:  schtceiz.  uf  d'  stude 
schlo  Hlnziker  263,  'eigentlich  auf  die  staude,  den  busch 
klopfen,  durch  versteckte  andeutungen  sein  begehren  kund 
geben,  er  schlot  uff  d'  stude  ass  d'  nest  (Ä.sfe)  zittere, 
bringt  sein  begehren  ohne  umschiceife  vor'  Seiler  Basler 
mundart  2S2^ ;  eis.  uf  d  stude  schla  Martin -Lienhart 
8,574''.  ähnlich  auch  bei  Schweizer  autoren:  Käthi  hat 
mir  um  die  standen  herum  geschlagen  (zu  verstellen  ge- 
gebeti),  dasz  es  mir  aufthäte,  wenn  ich  käme  Gottiieli 
Uli  d.  knecht  s.  138  Vetter;  aber  Trinette,  wie  sehr  auch 
Elisi  um  die  standen  schlug,  that  keinen  wank;  und 
wenn  es  fragte:  wer  wohl  drüben  sei?  so  sagte  Trinette, 
es  werden  die  säutreiber  sein.  283;  sie  schlugen  beide 
auf  den  standen  herum,  aber  ein  jedes  wollte  erst  hören, 
wer  das  andre  sei  geld  u.  geist^  (1852)  50,  s.  S.\ni)ERS 
1,247"  (unter  busch  4;  dafür  in  der  ausg.  v.  1895  1,40:  sie 
schlugen  beide  auf  den  busch).  —  dagegen :  in  d'  standen 
hawen,  scharpfT  reden  voc.  v.  I6I8  bei  Schmeller  a.  a.  o.  — 
dasz  ihr  nicht  auf  grüner  staude  seid  Spindler  /.  stadt 
und  land  1,68  &«i  Sanders  l,  633»  (grün  1),  wie  sonst  auf 
«inen  grünen  zweig  kommen,  vgl.  unter  grün.  —  fortuna 

vosfovet.  dem  faulen  wechst  das  sein  under  der  stauden 
ran  CK  sprüchw.  (1541)  2, 132».  —  eis.  e  Welscher  un  e  Jud 
sen  uf  einere  stud   Martin-Lienhart  2,  574''.  — 

oQl  kommt  ein  glück  von  ohngeflhr, 
wohl  Über  neuntzig  stauden  her. 

Simpl.  (1685)  2, 158  (Courage  12,  Sim.pL 
fchr.  3,  229  KeUer). 

7)  übertragene  gebrauchsiceisen  : 

•)  bildlich:  eya  dar  umbe,  du  seldenzwi,  du  meienris, 
roter  rosen  blöjendü  stude  (gott),  schlüs  uf  din  arme 
tvaE  2i(i,  20  Bihlnieger.    im  ausgeführten  bilde: 

ist  lieben  seuche,  pest  und  gifll,  .  .  . 

ein  wurm,  der  aus  den  standen  edler  Jugend 

nicht  nur  den  kern,  die  wurtzel  reiszt  der  tugend? 

Nbukirch  bei  Hoffmannswaldau  atutri. 
ged.  1  (1697),  «.  108; 
vorbei 
sind  diese  träume  —  ein  verborgner  wurm 
friszt  an  dem  herzen  dieser  stolzen  staude, 
auf  ewig  ist  ihr  wuchs  dahin. 

Schiller  5, 1, 81  (dorn  Karto»  1,  2). 
«.  aucli  Ipplan  u  unter  4,  b. 


X.  2. 


Mr. 


b)  auf  menschen  angeicendet  auch  in  mundarten  .•  eis. 
grosze  person  M.^rtin-Lienh.^rt  2,  575»;  henneb.  'schelf- 
name  für  eine  schlanke,  hocligewachsene  iceibsperson  (nicht 
gerade  böse  gemeinff  Spiess  240;  umgekehrt  in  Leipzig 
staude  '(kleiner)  mensch'  Albrecht  216».    vgl.  stäudlein. 

c)  andres  vereinzelt  bei  dichtem,  von  ähnlichkeit  der  form : 

was  achtet  sie  (die  see)  der  perlen  gut,  ... 

der  muscheln  wunderreich,  und  stauden  von  corallen  ? 

diesz  alles  speyt  sie  an  den  Strand. 

Gottsched  ged.  2,  246. 

d)  für  penis  .- 

das  peut  ich  dir  pei  deiner  standen, 

die  dich  gar  oft  und  dick  macht  schnauden, 

und  urtail  recht  on  neid  und  gunst, 

es  mosz  sunst  dein  stauden  in  der  kue  prunst. 

foitn.  gp.  786,  1—4; 
ich  ding  wandel,  herr  der  richter, 
meiner  schönen  stauden  on  gefer.    7. 

8)  enoeiterungen  der  bedeutung. 

a)  zuweilen  nähert  sich  staude  collecHver  bedeutung  (vgl. 
unteti  staudicht),  s.  3,  c.  —  daher  schtcäb.  die  stauden  und 
holderstauden   als   bezeichnung  von  landschaften ,   s.  Bir- 

LINGER   *.  410**   UT^   lY? 

b)  auf  bäume  ausgedehnt  scheint  alem.  stude  vorzu- 
kommen in  einer  auffälligen  ortsl-'nichnung  (\oo  die  an- 
nähme, die  tannen  seien  nach  ihrer  Umgebung  benannt, 
kaum  möglich  ist:  von  Entzefln  . . .  herab  zu  den  zwein 
tannen  ob  Eriswile,  die  man  nempt  'ze  den  wagenden 
studen'  weisth.  4,  386  (öfnung  v.  Willisau,  Lucem,  1408); 
so  auch :  von  dem  hoff  untz  an  die  wagenden  studen  alss 
ferr  alss  in  den  bach  1,  8I  (öfnung  v.  Altregensperg  bei 
Zürich  1456). 

c)  eher  wird  staude  auf  kleinere,  nicht  holzige  pflanzen 
ausgedehnt,  s.  2,  b. 

d)  hieran  schlieszt  sidi  eine  in  süddeutschen  mundarten 
verbreitete  gebraudisicei.^ :  schtceiz.  stude  atich  coUectiv  für 
Stengel  und  blätter  einiger  krautgeicächse :  herdöpfel-stude, 
reps-stude  Hunziker  263;  schwäb.  das  kraut  der  kartoffeln. 
BiRLiNGER  410'' (1);  (bair.)  'man  braucht  aber  im  dialekt 
den  attsdruck  stauden  nicht  blos  von  perennierenden  und 
holzigen  geicächsen  .  .,  sondern  auch  als  collectiv  von  den 
blättern,  die  an  einem  saatkom,  einer  kartoffel,  einemkürbis, 
einem  salat  oder  koMstrunke  sitzen  (salätstau'n,  kraut- 
stau'n)'  ScHW."-  2, 733;  Hrol.  'der  am  salat-  oder  kohlstrunke 
und  andern  pflanzen  sich  bildende  blätterbusch'  Schöpf  7(0. 

e)  Hunziker  263  giebt  als  3.  bedeutung  'reisicdle',  dazu 
jedoch  als  beispid:  er  het  es  hör  wi-n  es  bürdeli  stude, 
wo  mit  der  geicöhnlichen   bedeutung  auszukommen  wäre. 

9)  anderes   liegt  xceiter  ab    und  ist  wol  fem  zu  halten. 
o)  'so  werden  in  den  Papiermühlen  die  kleinen  säulen, 

in  und  zwischen  tcelclien  die  schwingen  gehen,  stauden 
genannt,  s.  hinterstaude,  vorderstaude.  beg  andern  hand- 
xoerkem  heiszt  eine  soMie  kleine  säule  eine  studel'  Ade- 
lung (l),  ähnlich  Jacobsson  4,266».  so  schon:  'hinter- 
staude ist  in  papiermülden  ein  stück  holtz,  tcorirmen  die 
schwinge  am  hintern  orte  mit  einem  höltzemen  nagel  an 
gemachet,  vorderstauden  sind  zwey  säuigen,  welche  in  den 
löcherbaum  eingemacht,  ztcischen  denen  die  schicingen  gehen, 
dasz  sie  auf  keine  seite  tceichen  können'  Zedler  universal- 
lex.  26  (1740),  647.  —  hier  liegt  offenbar  Vermischung  mit 
einem  ganz  andern  xcort  vor,  das  kurzes  u  hat  und  'stütze, 
pfosten,  säule'  bedeutet,  urgerm.  *studö,  altn.  sto{),  ags. 
studu,  s.  FiCK^  3,  342,  erhalten  in  Schweiz,  mundarten  als 
stüd,  /.  pfosten.  s.  z.  b.  Stalder  2,413.  Hunziker  263. 
Seiler  282''  (wmwc.)  BCiiler  Davos  1,  133  (zaunpfahl). 
ScHM.*  2,  738. 

b)  in  der  gaunersprache  bedeutet  die  staude  oder  der 
stauden  (auch  staute,  stände)  das  hemd  Ave-Lallemant 
4,  610,  vgl. :  hanffstaud ,  hemd  im  liber  vagatorum  (i510) 
vocab.  92  bei  Kluge  rotwelscJi  l,  54.  beides  auch  in  der 
Soldatensprache,  s.  Hörn  s.  63  und  anm.  6.  ableitung  vom 
gewöhnlichen  staude  ist  kaum  denkbar,  eher  v<dkaetymo- 
logische  anlehnutig  in  hanfstaude. 

c)  Ungar,  staude  'eine  grttppe  von  hättaem  in  den  hainen 
und  hügeln'  Schrüer  290*'. 

STAÜDECH(T),  n..  s.  staudach. 

STAUDECHTIG,  adj.,  a.  staudicht. 

STAUDEICH,  m  '(wasaerbau  derjenige  deich,  welchen 
man  an  sehr  hohen  örtem  anleget,  um  der  überschwem 
mung  einer  auszerordenttiehen  holten  fluth  zu  xriderstehen' 

73  Mr. 


1155  STAUDELBEERE  —  STAUDENBEERE 


STAUDENBÜHNE  —  STAÜDENHAHN  1 1 5(j 


Jacobsson  4,266*;  danach  Cahpe.  KkOnitz  171,71.  tn 
speeielleier  bedeutung  nd.  stau-diek,  'ein  notJidamm,  der 
da»  '.lulringende  laisser  so  lange  zurück  hält,  bis  der 
hainj^ldiimm  wieder  geknackt  ist.  sonst  auch  nood-diek' 
brejn.  icb.  i,  lü08,  vgl.  nothdeich,  tJieil  7,  923.  jetzt  elier  im 
sinne  einer  gewöhnlichen  Stauanlage,  vgl.  dieses  und  Stau- 
damm, -werk. 

STAUDELBEERE,  /.  für  heidelbeere,  vaecinium  myr- 
tilltta  Adklunu.  Nemnich.  Pritzkl-Jessen.  Krünitz 
171,71.  Metzoer  UindicirUiSckaJ'tl.pßamenkundeiSi:  lieidel- 
beer  »euuel  man  staudelbeeren.  Bock  kreuterb.  3  (1546),  15». 
auch  bei  Zeuler  uniiersuUex.  12  (1735),  1129.  pfälz.  stourel- 
biere  Aütenrieth  138.     vgl.  staudenbeere. 

ST-\UDELBOHNE,  /..  eis.  studelbon  busch-  oder  zxoerg- 
bohne,  phaseolus  nanus  Martin -Lienuart  2,  54»,  vgl. 
Staudenbohne. 

STÄUÜELKORB,  m.  im  altern  steir.  'atis  biegsamen 
ruten  (^besonders  vxidenruten)  geflochtener  korb'  Unger- 
Khull  570''  (ttu*  einer  quelle  v.  1638). 

STAUDEN,  verb.  iti  stauden,  staudenartig  waclisen 
Campe,  zuerst  bei  Stieler  (1691)  belegt:  stauden,  ge- 
staudet,  i.  e.  zur  stände  werden :  dicitur  etiam  anstauden, 
frutescere.  2126,  tv/i.  Weigand  2,  803;  stauden,  it.  an  stan- 
den, zustanden,  be-stauden,  frutticare,  frascarsi,  infra- 
scarsi  etc.  innarboscellarsi  Kram  er  rfic^.  2,  917°.  früher 
sind  Zusammensetzungen  belegt,  so  vorstuden  üi  einem 
sdnceiz.  tveisth.  v.  1475,  s.  weisth.  5,205.  Lkxek  mhd.  handwb. 
3,255.  «. /er/t€r  anstauden  Stieler.  Kramer,  s.oben; 
aufstanden  Sanders  3, 1186"=;  ausstanden  arva  senti- 
bus  liberare,  vepres  eveUere,  rubos  exstirpare  Stieler; 
bestauden,  s.  theil  l,  1659  und  Stieler.  Kramer.  San- 
ders a.a.O.;  emporstauden  Sanders;  entstanden 
^tetZ  3,631;  zustanden  Stieler.  Kramer,  vgl.  staude 
5,  a.  —  belege:  denn  im  guten  und  gedüngten  felde  standet 
es  (der  samen),  wegen  der  wärme,  sehr  um  sicli,  und 
ein  körnlein  stocket  und  giebet  viel  stengel;  aber  im  ge- 
ringen und  nassen  felde,  . . .  staudet  nicht  so  sehr,  musz 
viel  erdauren,  ein  körnlein  bringet  nur  einen  halm  oder 
stengel  Becher  hausvater  (1714)  25;  sie  {torfaache)  gibt 
den  korngewächsen  stärke  und  macht  sie  stauden  abh. 
üb.  d.  Verwendung  des  torfes  vom  Laibacher  moor  (1775) 
8.  mitth.  des  munealvereins  f.  Krain  9,  87;  buchen,  welche 
bald  stauden,  bald  zu  schlanken  stammen  erstarken 
Stolberg  6,239; 

denn  du  beherscbest  ein  blachfeld 
weit  umher,  das  lotoä  uingrUnt  und  nährender  galgant, 
Weizen  auch,  und  speit,  und  staudende  weisze  gerste. 

Vosö  Odygt.^  (1802)  4,  6Ü4  {ii^v^vii  x(>l  Ibvxöv; 
dafür  in  der  l.  au^g.  v.  1781: 

aberwachsen  mit  klee  .  .  .  lud  weisser  fruchtbarer  gerste, 

in  der  4.  v.  1814: 

und  weiss  aufbuscbende  gersle) ; 

jezo  traf  sie  den  teicb  von  besserer  Hut  in  des  thales 

niedrungen :    wo   laudleule   sich   staudende   reiser  {/ruiicosa 

vinina)  zum  Uecbten 
sammelten.  ^^^^  ^^^.^  ^^^  2^,  29  {metam.  6,  3U) ; 

im  bilde:  den  ersten  spross  der  Symbolik,  meinen  wir, 
trieb  der  verborgene  keim  in  den  Studien  I8ü6.  . . .  seit 
1810  staudete  der  narkotische  nachtschatten ,  Symbolik 
und  mytbologie  antinymbolik  1,338.  —  mundartlich,  eis. 
'Btudu(n),  8t)ta,  refl.  ahren  /gekommen,  zahlreich  aufgehn, 
vom  getreide'  Martin-Lienmaht  2,57ö*;  cimbr.  stauden, 
zweige  treiben,  cimbr.  wb.  'i36*;  siebenb.  steogden,  'sich  in 
mehrere  /lulnu  tJieiUn,  vom  körn  etc.'  Haltrich  48''.  in 
anderm  sintie  Schweiz,  stfida  'das  busdiwerk  ausrotten' 
(vgl.  obeti  ausstauden;  daneben,  ganz  verschiedeti ,  Btüdu 
zanken)  Tobler  417*.  (stauden  als  schifffahrtsaxudruck 
für  stauen  4  bei  Jacobsson  7, 480*.) 

STAU  DEN  APFEL,  m.  'eine  art  üpfd,  deren  bäum  einer 
Staude  gleic/tet;  auch  zwcrgupfcl,  hedenapfol,  und  weil  sie 
am  frühesten  reifen.  Johannuapfcr  Campe;  malus  paru 
disiaea  Memnicii. 

8TAU0ENAHT1G,  a/i;.  a<iv.  nach  art  einer  staude  Campe; 
su/fruHeosus  Nkmnicii  :  französisches  raigras.  . . .  iöb  fand 
M  immer  nur  zerstreut,  sowohl  in  Norddeutscbland  wie 
in  der  Schweiz,  ...  hier  wie  dort  ■taudonartig  Uatzk- 
BUHO  siandorigewüchse  (1MM>)  60. 

STAUDENBEERE./.  hndMmre.  MMcinmm  myrtiUus 
Mkmnich.  Camps,  vgl.  «laudelbeere. 


STAÜDENBOHNE,  /.  ztoergbohne,  phaseolus  vulgaris 
nanus  Pritzel-Jessen,  vgl.  staudelbohne. 

STAUDENBRUDLER.  GATZGEK,  m.  im  der  Schweiz  für 
grasmücke,  motaciUa  curruca  Stalder  2,  393. 

STAUDENBÜHEL,  m.  als  Ortsname,  z.  b.  in  dem  Puppen- 
spiel der  raubritter  oder:  Adelheid  von  Staudenbühel, 
*.  puppenkom.  2,  39  Engel;  wie  wir  gen  Staudenbühel 
kamen,  trat  uns  ein  eilbote  entgegen  60. 

STAUDENDOTTER,  m.  eine  art  des  leindotters,  die 
staudenartig  wächst,  auch  staudenhederich  Campe;  mya- 
griim  perenjie  Nemnicu. 

STAUDENENTE,/.,  scherzhaße entstellung  aus  staudente 
=  student(e):  von  allerley  . .  .  wolgeubten,  auff  der  hohen 
staudiums  stuben ,  auff  der  stauden  enten  badstuben, 
wohlgebornen,  unnd  tiefferfahrnen  ju[n]ckfrawen  Mäyn- 
hincklers  sack  (1612),  titel. 

STAUDENFUSZ,  entstellung  aus  Stütfuhs ,  tmme  der 
deutschen  heldensage,  s.  W.  Grimm  heldens.  s.  186.  248.  312. 
317.  Oerm.  3,  275 ;  nach  art  eines  appellativs  gebraucht 
in  dem  riesenverzeichnis :  strausfüssige  Staudenfüsz  und 
Schrutthanen  Garg.  s.  65  neudr.  (3.  ca,p.). 

STAUDENGATZGER,  m.,  s.  -brudler. 

STAUDENGEBÜSCH,  n. :  ein  staudichtes  gebüsch,  stau- 
dengebüsch,  nmcchia  frascosa ;  dumeto  Kramer  dic^2,9l7''. 

STAUDENGERSTE ,  /.  'eine  art  zwey zeiliger  sommer- 
gerate, welche  sich  in  einem  schioeren  und  feuchten  boden 
sehr  bestandet,  d.  i.  melirere  halme  treibt,  sie  wird  auch 
blattgerste  genannt'  Adelung.  Krünitz  17,  431/.  171,  71. 
Jacobsson  7,430";  hordeum  frutescens  Ne.mnich;  /wr- 
deum  distichon  erectum,  die  kurze  zweizeilige  oder  Hain- 
felder gerste,  auch  staudengerste,  blattgerste,  spiegerste, 
mit  aufrechten,  auch  in  der  reife  nicht  nickenden,  ge- 
drungenen ähren,  deren  grannen  nur  wenig  abstehen  fl^tra 
V.  Deutschland,  v.  Schleciitendal  m.  ö.*  8,  197;  s.  aucJi 
Metzger  landwirthschaftl.  pßanzenk.  85. 

STAUDENGESTRÜPP,  n. :  bis  dicht  an  den  weg  heran 
sieht  man  hier  grosse  heerden  von  den  südlichen,  hoch- 
beinigen ochsen  weiden ,  und  die  schafheerden  und  die 
zahlreichen,  niedrigen  pferde  sind  in  einiger  entfernung 
kaum  zwischen  dem  hohen,  abgetrockneten  stauden- 
gestrüpp  der  steppe  sichtbar  Blasius  reise  im  europ. 
Ruszland  2,222,  bei  Nehring  tundren  u.  steppen  (isao)  b». 

STAUDENGEWÄCHS,  n.  '1.  eitie  staude.  ein  gewäclts. 
welches  eine  staude  genannt  zu  werden  verdienet.  8.  ein 
gewächs,  weldies  einer  staude  nur  ähnlich  ist'  Adelung, 
vgl.  staude  l,  b.  (»lur  im  letzteren  sinne  bei  Krünitz  171,71.) 
zuerst  in  mehr  coüectivem  sinne:  frutectum  . . .  stawden- 
gewechst,  hufft,  hurst;  studengewechse ,  gesteud  Diek. 
gloss.  249";  gestüd,  stud  gew&schs,  stauden  gewechsz  nov. 
gl.  183*' ;  studen  gewechse  vocab.  opt.  i^*Wacker^lagel  (41, 15); 
belege:  wie  es  zu  machen  sey,  wenn  man  von  kern  aller- 
hand bäume  und  stauden-gewächse  haben  will  Beciiek 
hausvater  84;  ein  dutzend  solcher  namen  bezeichnet  meist 
Staudengewächse,  die  Seetzen  auf  dem  wege  von  Jericho 
gepcn  so.  nach  Vet  Hadschla  zu  untersuchen  gelcgenheit 
fand  Ritter  erdkunde  lö,  514;  die  fläche  bedeckt  sich 
mit  einem  wahren  walde  von  staudengewäohsen  Blasil.s 
(«.  staudengeslrüpp)  2,  273  (Nehring  58). 

STAUDENGRAS,  n.:  auf  wiesen  .. .  werden  die  edleren .. . 
gräser  .  . .  durch  die  staudcngräser,  wie  rasenschmielo 
{aira  cespitosu),  honig-  und  knäuelgras  (.holeus,  dactylis) 
erstickt  Ratzerurg  standortsgewädtse  (1859)894. 

STAUDENHACK,  m.  (?)  n.  (?):  (da)  die  untersässler  .  . . 
sicli  understanden  haben,  hereinwerts  des  Zoppani/.en- 
paohs  .  .  .  stauden  und  lanb  zu  hacken  und  andurch  da.sz 
gewä.x  der  öhrlen  (erlen)  ...  zu  ruinieren,  als  würdet  . . . 
vorbotten,  so  dasz  sich  keiner  mehr  unterfangen  solle, 
an  selbigen  orthen  dergleichen  lauber  und  slaudenlinck 
vorzukeren  oder  ein  so  andere  öhrlen  auch  anders  holz 
nider  zu  hacken  Salzb.  taid.  881,  84  [handscAr.  des  18.  jaJirk.; 
im  glossar  als  'verhackte  standen'  erklärt,  bei  Lex  er  mlul. 
lutndwb.  8, 1868  als  'Staudengebüsch' ;  es  seheint  eher  verbal- 
abtili .  tu  sein). 

STAUDENHAHN,  m.,  -HÄHNLEIN,  n.  wegdagertr. 
strastenräuber,  vgl.  itaudcnhocht  (dazu  auch  Studcngast 
unter  den  wappennamtn  in  Oiikimh  chron.  v.  Reidtenau. 
1401-1006,  \\\.  sck\ltb%toeh.  806,  s.  178,  t  ttarack —'f)  und 
busobklepper  (theil  8,&6l),  stranohilieb,  hnhn,  sohnapphaha 

Mr. 


1157   STAÜDENHÄUE  -  STAÜDENKORN 


STAUDENLIEDEL  —  STAUDENSELLERIE  1 1 58 


(theil  9, 1174) :  nach  wenig  monaten  kehret  der  frembde 
wider  daher,  .  . .  begab  siehs ,  dasz  eben  mehr  standen 
hänlein  dieses  orts  denen,  die  inen  bedeut  waren,  vor 
zu  warten,  die  schlappen  {das  versteck,  den  hinterhalt) 
hetten  eingenommen  Kirchhof  wendunm.  3, 114  Österley 
(4,107).  dafür  auch:  ein  edles  staudenhünlein  kompt 
umb  in  der  busz  i,  85  (l,  67,  über  sehr.). 

STAÜDENHÄUE,  /.  Werkzeug  zum  abhauen  von  stauden  (?) : 
epie  studehauwe  in  die  wiese  gestßlet  2.  alb.  —  i  nuwe 
studhauwe  3  alb.  mittelfränk.  zoUreg.  v.  Lahnstein  vom 
j.  1464 — 5,  S.  Germ.  25,  357. 

STAUDENHECHT,  m.,  vgl.  staudenhahn :  anno  1203  ward 
nächstgedachter  bischoff  Conrad  zu  Würtzburg,  darum, 
dasz  er  ein  ernstes  scharffes  aufsehen  hatte  auf  die 
schnapphanenund  staudenhechte,  hinter  der  thum-kirche. . 
verrätherlichen  erschlagen  Spangen berg  henneb.  chron. 
(1755)1,185  (=1599  103);  ein  solcher  alter  staudenhecht 
hat  sich  um  das  meinige  nicht  zu  bekümmern,  es  wäre 
dann,  dasz  er  ein  gut  maulvoll  von  dem,  so  ich  fallen 
lasse,  haben  wolte  kunst  über  alle  künste  12, 4  Köhler. 

STAÜDENHEDERICH ,  m..  s.  staudendotter.  Campe, 
myagrum  perenne  Nemnich. 

STAUDENHOCKER,  m.  im  steir.  'spitzname  für  die  beim 
verzehrungssteueramte  bediensteten'  ünger-Khull  570''. 
vgl.  femer  staudensitzer. 

STAÜDENHOLZ,  n.,  coU.  -.  müssen  alle  alte  buchen  oder 
die  alte  waldrechter  mit  vorsieht  des  umschlagens  am 
guten  holz  herausgewiesen  und  unter  diese  das  krüpf- 
und  stauden-holz ,  ...  so  viel  mit  gehauen  werden  . . . 
ScKWAPPACH  handb.  der  forst-  und  jagdgesch.  (1886)  1,406, 
a7im.  26. 

STAÜDENHOPFEN,  m.  wilder  hopfen,  'vermuthlicJi.  tceü 
er  in  den  hecken  und  dem  gesträuche  icächset,  und  sich  an 
die  Stauden  anranket;  heckenhopfen,  rasenhopfen,  weiden- 
hopfen'  Adelung.  KrOnitz  25,77.  206/.  I7i,7i.  J.\cobsson 
2,  243*.  Nemnich  {hujnulus  lupulus).  Pritzel-Jessen 
(stauden-,  strauchhopfen).  CAMPE('irei7  ersieh  an  stauden  etc. 
anranket");  so  schon:  der  wilde  hopfen,  den  man  auch 
rasen-  weiden-  oder  hecken-  und  stauden-hopfen  nennet 
Zedler  universal  lex.  13  (1735),  803;  es  ist  aber  der  hopffen 
eigentlich  zweyerley  sorten,  als  zahmer  oder  garten-hopffen 
und  wilder,  den  man  auch  rasen-  oder  weiden-  (hecken- 
und   stauden-)hop£fen  nennet  Zincke  öeonom.  lex.^  1232. 

STAUDENHÜHNLEIN,  «.,  s.  staudenhahn. 

STAUDENJÄGER,  m.,  früher  in  der  bair.  soldatensprache 
Spitzname  der  Jäger  (truppengattung) ,  xcofür  österr.  auch 
staudenscheiszer,  s.  Hörn  s.  32. 

STAÜDENJUNKER ,  m.:  so  möchten  wir  wol  ...den 
armen  priestern  . . .  umb  sunst  geben,  .  . .  nit  das  sy  faul 
staudenjunckherrn  oder  gassentreter  wurden,  sonder  das 
sy  got  den  herren  für  uns  alle  treulich  hätten  Luther 
7,251,1  Weim.  ausg.,  vgl.  die  anm.  v.  P.  Pietsch,  der  an 
studfaul  {s.  das.)  erinnert,  (es  ist  icol  an  einen  vornehmen 
und  datier  faulen  Studenten  zu  denken,  vgl.  unten  staudent.) 

STAUDENKIRSCHE,/.,  OMcAzwerg-kirsche,  erd-weichsel, 
priinus  cerasus  pumila,  eine  deutscfte  tcüde  Spielart  der 
kirsche,  s.  Krünitz  39,  4ö.  171,72;  prunus  chamaecerasus 
Pritzel-Jessen. 

STAUDENKLEE,  m.  ein  nordamerikanischer  baumartiger 
Strauch,  gewürzstaude,  ptelea  trifoliata  KrÖNITZ  39,  727jf. 
Nemnich.  Oken  3, 1278.  (Krünitz  171,  72  nennt  ebenso 
eitle  äthiopiscfie  kleeart,  die  39, 543  als  staudiger  klee,  tri- 
folium  africanum  fruticans,  aufgeführt  ist.) 

STAÜDENKOHL,  m.,  auch  strauchkohl,  blattkraut, 
nur  in  süddeutschen  gärten,  brassica  oleracea  fruticosa 
Pritzel-Jessen. 

STAUDENKOR.\LLE.  /.  eine  gaUung  pßanzenthiere, 
deren  stamm  aus  kalkartigen  gliedern  zusammengesetzt  und 
mit  zweigen  versehen  ist,  echte,  edle  koralle.  ins  Krünitz 
44,338.  Nemnich.  Campe. 

STAÜDENKORN,  n. .-  stauden-kom  oder  standen-roggen, 
ist  eine  besondere  gattung  von  roggen,  der  in  Norwegen 
sehr  gemein,  von  dar  nach  Pommern  gebracht,  in  Schle- 
sien, und  folglich  auch  bey  uns  bekannt  worden,  er  hat 
seinen  nahmen  daher,  weil  aus  einem  körne  viel  halme 
wachsen  Zincke  öeonom.  lex.^  2802,  s.  ferner  Adelung. 
Nemmch  {secale  cereale  3:  Staudenroggen,  -körn,  steck- 
korn,  gerstenkorn).  Campe  (tn  Meiszen  stollroggen).   Kkü- 

Mr. 


NITZ171,  72.  Uktzger  landwirthschaftl. pßanzenk  il  {secale 
cereale  mtdticatde,  'staudenkorn  im  Odenwald,  eis-  und 
staudenkom  bei  Maria-Zeil  in  Steiermark;  waldkorn  und 
staudenkorn  im  Schwarzwald;  russisches  körn  bei  Meisen- 
heim auf  dem  Hundsrücken,  tcir  finden  ihn  ferner  in 
Schriften  unter  der  benennung  secale  cereale  tcallachieum, 
wallachisches  staudenkom.  staudenroggen  aus  Norwegen, 
Johannesroggen  [von  der  aussaat  um  Johanni]  u.  s.  w., 
VMS  immer  ein  und  dieselbe  form  isf).  steir.  icriea,  mit 
sommerkorn  auf  hochgelegeTten  ackern  angebaut  Unger- 
Khull  570*  (dass.f).  das  älteste  zeugnis  bietet  die  form: 
wenn  das  staude-kom  gesäet  wird,  das  staude-korn 
kan,  wenn  man  tägliche  felder  hat,  vor  oder  nach  Jacobi 
gesäet  werden  Becher  hausvater  (1714)  29. 

STAUDENLIEDEL ,  n.  im  steir.  'vierzeüiges,  dem  stanzd 
ähnliches  liedchen'  Unger-Khüll  STO*». 

STAUDENMAHD,  /.  (?),  im  schwäb. :  die  in  einigen  orten 
befindliche  sogen,  staudenmäder  aber  sollen  nicht  ab- 
getriben,  sondern  wegen  des  bedürftigen  raiffholzes  in 
ihrem  stand,  wie  von  altershero  gelaszen  werden  conßrm. 
V.  Kempten  (1732 — 7)  bei  Birlinger  410*'. 

STAUDENMAJORAN,  m.  Krünitz  171,  72. 

STAÜDENMASSE ,  /..-  die  fruchtbaren  felder  stehen 
grün  und  still ,  indesz  auf  dem  breiten  wege  wildes  ge- 
büsch  und  staudenmassen ,  wie  unsinnig ,  von  blüthen 
glänzt  GÖTHE  28, 154. 

STAUDENMELDE,/,  strauchartige  melde  Campe,  meer 
porttdak,  atriplex  fudimus  Nemnich. 

STAÜDENMESSER,  n.  steir.  'groszes  messer  zum  nieder- 
legen von  gestrüppe  oder  staudach',  auch  staudensense, 
Staudensichel,  staudachbrachse,  staudachhacke  (vgl.  unter 
staudicht)  Unger-Khull  570''. 

STAUDENNESSEL,/,  die  grosze  nessd  Krünitz  171,  72. 
eine  den  malven  nah  verwandte  gattung  von  strättehen, 
lavatera  Oken  3,1211. 

STAUDENPAPPEL,  /.  eine  malvaeee  am  Mütelmeer, 
lavatera  (arborea)  Oken  3, 1211. 

STAUDENPFAD,  m.:  auf  Lilars  stauden-pfad  wandelten 
die  Spaziergänger  selig -langsam  heim  J.  Paul  23,  80 
(Titan  3,  75). 

STAUDENRAGERL,  n.  die  kleine  rohrdommel  Nemnich. 

STAUDENROGGEN,  m.,  dasselbe  icie  staudenkorn,  *.  das. 
Zincke  öeonom.  lex.'-  2802.  Nemnich.  Campe.  Metzger 
landwirthschafH.  pflanzenk.  s.  47:  um  das  behacken  bei 
der  kornsaat  zu  ersparen,  säet  man  in  neueren  zeiten 
(im  Odenicalde)  staudenroggen,  welcher  eine  längere  vege- 
tationszeit  als  der  winterroggen  zur  entwickelung  nöthig 
hat,  gleichzeitig  mit  dem  heidekorn  aus.  .  .  .  dieser  roggen 
bestockt  sich  im  frühlinge  sehr  kräftig  und  liefert  in  der 
regel  25 — 27  procent  mehr  ertrag  als  der  winterroggen. 
die  hackwaldwirthschaftsmethode  mit  dem  staudenkom 
ist  in  gebirgsgegenden  nicht  genug  zu  empfehlen  s.  354/. 
auch,  fmsonders  früher,  in  der /arm  staudenrocken  (die 
Adelung  fälschlich  als  niedersäclisisch  giebt):  d.  Elszholtz 
erzehlet . . .  dasz  vom  körn  noch  eine  besondere  art  sey, 
die  man  wegen  vieler  hälmen ,  die  aus  einem  körn 
wachsen,  stauden-rocken  nennet.  . . .  man  säet  ihn  ebcn- 
mässig  vor  winters  wie  den  gemeinen  winter-rocken.  . . . 
der  stauden-rocken  aber  bleibt  noch  den  winter  durch, 
wird  aber  im  folgenden  sommer  gar  zeitig  reiff.  ...  in 
Norwegen  ist  er  gantz  gemein,  von  dannen  er  in  Pommern 
gebracht,  auch  in  der  Marck  bekannt  worden  Hohberg 
(1682)  2, 36*».    s.  femer  Krünitz  126, 2a  ff. 

STAUDENSCHNAPPER,  m.  'im  gemeinen  leben  Ober- 
saclisens,  ein  kleiner  vogd  von  der  grösze  einer  hanfmeise, 
welcher  einem  rothkelchen  gleicht,  und  wohl  auch  zu  diesem 
geschledite  gehöret,  er  lüszt  sieh  schon  im  mürz  auf  den 
gipfeln  der  stauden  sehen,  wo  er  nach  dem  geicürm 
schnappet,  und  brütet  in  densdben  auf  oder  nahe  über 
der  erde'  Adelung,  ähnlich  schon  Zincke  öeonom.  lex.* 
W&,  8.  femer  Campe.  Krünitz  171,  72.  (es  ist  wol  der 
fiiegenschnäpper,  muscicapa,  gemeint.) 

STAÜDENSCHOPF,  m.  steir.  'dicht  gedrängtes  und 
»ckuer  durchdringbares  buschwerk'  Unger-Khull  571», 
vgl.  (das  erste)  schöpf  6,  b.  c,  theil  9, 1530. 

STAUDENSELLERIE,  m.  in  stauden  wachsender  Sellerie 
Campe,  weiszer  stengelstUerie  Metzger  landtcirthschaftl . 
pflanzenk.  647. 

73*  Mr. 


1159 


STAUDENSKNSE      STAUDICHT 


STAUDIG -STÄUDLEIN 


1160 


STAUDENSENSE,/..  STAUDENSICHEL,/.,  a.  stauden 
messer. 

STAUDENSITZER ,  m.  in  Wian  'ein  mensch,  der  aus 
angst  selbst  mit  den  besten  karten  sein  spiel  vergibt';  auch 
slaiid'nhocker  HOgei.  iSö*». 

STAUDENT,  m.,  im  altern  nhd.  zuweilen  für  student, 
*.  das. :  die  staudciilen  gefielen  ihr  besser.  ...  sie  were 
lieber  eine  staudenten-mäd  gewest  Scwocii  stud.  leb. 
D4»  {unterh.  l);  Alex  ist  wol  ein  grosz  narre,  dasz  ers 
rn&dgen  nicht  lieber  einen  staudenten  giebt,  wenn  sie 
last  darzu  hat,  als  einen  schäfer.  was  ist  es  denn  wol? 
ein  staudente  ist  jo  ein  biszgen  besser  i*»;  mein  camerad, 
ein  lateinischer  handwercks-gesell  oder  staudent,  . .  .  der 
erst  kürtzlich  aus  der  schule  entlolTen  Simplic.  (1685)  1,  237 
(s.  356  Keller;  2,  cap.  31).  daraus  weiter  entstellt  stauden- 
cnte,  vgl.  das.  und  weiterhin  staudenj unker,  stauder- 
mannsknecht,  staudernepper  {kaum  staudigel),  soicie 
staudium. 

STAUDENTHEILUNG,  /.  theilung  des  besitzes  und  rechts 
an  Unterholz  zwischen  verschiedenen  gemeinden -.  darumben 
das  vorhanden  libell  und  staudenthailung,  wo  not,  zu 
ersechen  tirol.  weisth.  4, 5I0,  an?«,  {ll.jahrh.;  dafür  vorher: 
wegen  an-  und  austhailung  der  läppmessen  und  stock- 
recht in  der  nidere). 

STAUDENVOGEL,  m.,  mit  mundartl.  deminutiv  österr. 
staudenvögerl ,  n.  motacilla  silvia  Höfer  3,173;  dagegen 
nach]  Campe  die  kleine  rohrdommel,  vgl.  staudenragerl. 
ähnlich  heiszt  der  dorndreher,  lamus  collurio,  in  Tirol 
staudenfärer  Schöpf  703,  an  der  kamt,  grenze  staudentral 
Frommann  4,  54,  die  garten  grasmücke ,  silvia  hortensis, 
in  Tirol  staudenweltscher  55  {zu  weltschen,  Unverstand- 
licJi  reden),  silvia  hortensis  vgl.  Suolahti  d.  deutschen 
vogelnam,en  (l909)7l;  *.  noch  staudenbrudler. 

STAUDENZAUN,  m.  sepimentum  virgulteum  Stielefi 
2349;  siepe  viva  di  fratte  ed  arboscelli.  v.  hecke  Kramer 
dict.  2, 917«. 

STAÜDER,  m.,  seltne  nebenform  zu  staude,  so 

1)  steir.  'stauder  und  stauer,  /.  staude,  strauch,  ein- 
zelnes gebüsch;  mehrz.  staudern  u.  stauern:  zusammen- 
hängendes gesträuche,  buschwerk,  gestruppe,  niederholz' 
Unger-Khüll  571». 

8)  bei  den  papiermüllem  einnehmer,  stauder,  musc, 
fr.  les  grippes,  'die  Ständer,  welche  mit  einschnitten  ver- 
sehen sind,  um  die  schioeife  (stiele)  der  in  einem  stampf - 
trog  arbeitenden  hämmer  zu  tragen,  und  die  köpfe  der 
hämmtr  in  sich  zufassen,  unterschieden  in  vorderstauder 
bezw.  -einnehmer  und  hinterstauder,  grippes  de  derriere 
Jacobsson  1,  529*'/.    vgl.  staude  9,  a. 

STAÜDERICH,  m.  l)  der  vielsa:nige  gänsefusz,  auch 
fischmelde,  chenopodium  polyspermun.  Nkmnich.  Campe. 

PrITZEL-J  ESSEN. 

2)  eine  gattung  ausländisclier  struuchge wachse,  auch 
strauchmelde,  atraphaxis  Nkmnich.  Campe. 

STAUDERLICHT,  adj.,  für  staudidil.  staudlecht(ig), 
vgl.  diese,  schlank  icie  eine  .staude?  {ut-nn  der  reimspie- 
lenden gelegenheitsbÜAlung  überhaupt  ein  sinn  zukommt): 
verlorn  hab  ich  mein  stauderletz  niauderletz  (lar. .-  tauder- 
letz)  stifel  hraunsz  meidlcin,  dz  rewet  mich  Forster 
frische  t.  liedlein  s.  101  Marriuge  (2,  60,  2),  vgl.  a.  288. 

STAUDERMANNSKNECHT,  m. .-  {Nieder)  videt  ruatieum. 

was  kdmpt  dort  vor  ein  staudrmaiiHknecbt, 

oder  wer  isU,  ich  ik.'b  nicht  recht, 

er  h.it  ein  rechten  bawursgang : 

er  ist  gewiss  nicht  gewesen  Inn^ 

allbier  aufT  dieser  unverstandt  ('pro  universitet'). 

Ih.  GlLiiL'sius  (irammatica  (ßomoed. 
.     ^        ^  .        ,  Frank/.  1697)  s.  94. 

vgl.  da»  folgende. 

STAUDERNEPPER,  m.,  entateUung  aua  sUudent  (#.  da».. 
•-  stadent)?:  wenn  ich  sie  irgend  nach  was  in  die  stndt 
schickte ,  ...  so  kam  sie  in  sincklichter  nacht  wieder 
heim,  und  wäre  indeüsen  bey  den  xtauderneppren  uff  dem 
calameyhause  gcwcHt  Schocii  atud.  leb.  D4*  {unitrh,  1, 
a.  80,  f7  Fabricius.  vgl.  *.  128). 

STÄUDICH.  STAUI/;CHT,  n,.  t.  sUadaoh. 
PTAi'H'f  MX.  adJ.   'einer  atauda  ähnlieh'  Campb.    ad- 
jeeti  >t  staud«*,  trtt  nhd.,  nieM  aehr  häufig,  vgl. 

SlaiM:., 

l)  fruhrr  in  il<  ni  nnne  'mit  fltauden  hewaekaen,  voll 
fltaaden',   xti/rühtat  bezeugt   oberd.    in  der   fceiterhildung : 

Mr. 


st  adächtig,  voll  studen,  frutetosus,  fruticosus  Maaler 
sgs«";  staudechtig:  achtens  soll  kainem  kain  wasznigs 
(mit  rasen  besetzt)  ebnes  orth  . . .  zum  greitermachen  ge- 
stattet, sondern  allein  die  staudechtigen  flecken,  da  kain 
waid  nicht  wachsen  mag,  aufzuarbeiten  passiert  werden 
steir.  taid.  449,  39  (vom  j.  1644).  so  noch  jetzt  steir.  stau- 
dächtig  'mit  gestruppe  und  gesträuche  bewachsen ,  voller 
<7es^rMj)pe' Unger-Khuli.  570*'.  —  die  gewöhnliche  form  i.it 
seit  beginn  des  M.jahrh.  belegt:  staudicht,  voll  standen,  o. 
un  halliei:  uno  spineto,  siepe  di  .tpine  Hu LSi US  (1616)307» 
(die  Übersetzungen  scheinen  das  subst.,  s.  staudach,  tnederzu- 
geben);  staudicht,  et  staudisch,  adj.  fruticosus,  frute- 
tosua,  alias  voller  stauden.  staudichter  acker,  ager  senti- 
cosus.  staudichtes  feld,  senticetum,  terra  inculta,  et  ne- 
morosa,  atque  spinis  deturpata,  impedita,  et  impervia 
Stiei.er  2127;  staudicht,  adj.  frutticoso,  frattoso,  fraseoso 
Khamer  dict.  2,917=;  staudichter  weg,  strada  frascosa, 
fnitticosa  ebenda,  vgl.  auch  staudacker,  staudengebüsch; 
staudicht,  frutico.<ius,  frutectosus  Steinbach  2,  689. 

2)  dagegen  in  neuerer  spräche:  staudicht,  adj.  und  adv. 
die  gewächse  so  stauden  gleich  wachsen,  more  frtiticum, 
instar  frxiücis  Frisch  2,323»;  pseudocytisus,  staudichter 
geisklee  mit  rauchen  blättern  Zedler  universal  lex.  29 
(1741),  1083 ; 

dort  lauscht  das  weisze  kaninchen  in  dunkler  höhle,  es  drehet 
die  rothen  äugen  herum,  springt  endlich  furchtsam  zum  zäune 
und  reiszt  an  staudichten  pappehi. 

E.  V.  Kleist  1, 184  Sauer  (/rüW.»  1.59). 

STAUDIG,  adj.,  zu  staude,  nicht  sehr  übliche  bildung. 
so  vereinzelt  schon  ahd.:  stüdag,  nemorosus  G  RA  ff  6,  652. 
mhd.  nicht  bezeugt,  nhd.  erst  seit  dem  18.  jahrh.,  mit  dem 
gleichen  bedeutungsxoandel  icie  die  parallelbildung  stau- 
dicht, vgl.  diese. 

i)  staudig,  adj.  fruticosus.  ein  staudiger  ort,  locus 
fruticibus  plenus  Frisch  2,323». 

2)  'staudiger  stamm,  suffruticosus ,  (förster.  gärtner) 
heiszt  derjenige,  dessen  basis  verbleibt,  die  äste  aber  alle 
jähre  ausgehen'  Jacobsson  7,  430»  (vgl.  staude  l,*);  'eine 
Staude  abgebend,  vorstellend,  ein  staudiges  ge wachs,  ein 
staudengexcäclis.  staudig  wachsen,  in  stnuden'  Campe; 
es  sind  daselbst  einige  . . .  inseln  mit  staudigem  gestrüpp 
bewachsen  G.  Forster  säinmtl.  sehr.  (1843)4,28;  so  auch 
(vom  täschelkraut) :  über  entwickelimg  (rasentriebe  bis 
zur  dritten  generation:  wodurch  der  staudige  wuchs!) 
spricht  Kolaczek   hübsch    Raizf.burö   standortsgetoüchae 

(1859)  144;  im  erlenbusche,  verborgen 

von  blUttem  und  ständigem  gras, 
dem  wellengemurniel  zu  horchen, 
ich  stundenlang  mit  ihm  sas-/.    MoftKN  1,  304. 

STAUDIGEL,  m.,  scfierzhafie  bezeichnung  eines  manches. 

vereinzelt  im  \f>.  jahrh.  : 

owe.  bruder  staudigell 

ich  han  verlorn  moyn  strigel. 

Kbli.br  ert.  arit  altd.  havdtchr.  f.  vi-i,  t.s. 

(Staudigel  noch  als  bair.  familienname.) 

STAUDISCH,  adj.  Stiei.er  2127,  *.  unter  staudicht. 

STAUDIUM,  n.,  im  altem  «Ad.  gelegentlich  als  ent- 
stellung  von  Studium,  vgl.  das.;  so  z.  h.  staudiums  stubc 
auf  dem  titel  von' Mäynhinrklers  sack'  (\6\i),  a.iiRnienenic. 

STAUDLECHTKi,  adj.,  im  altem  nhd.  vereinzelt  für 
staudicht,  r^^  das.  ■  das  gewächss  ist  staudleohtig,  allent- 
halben voller  biettcr  Tabernakmont.  kräuterh.  (i588)  378 
(»1664  298  K:  staudelechtig).    s.  auch  stauderiecht. 

STÄUDLEIN,  n.,  deminutiv  zu  stunde,  mhd.  stiudolin 
Lexer  handtob.  8,  I8O8:  zeilant  dar,  ist  ein  steudel 
arzneib.  dea  ii.  jahrh..  a.  mhd.  u>b.  8,8.707'';  (im  bilde:) 
die  wile  wir  ze  unsern  tagen  niht  komcn  stn,  so  stn  wir 
die    kleinen    stiudeltn    unde  wahscn  von    tage   xe  tage 

BEHTliOLn  V.  RKdKNSlUIRO  1,  87,10; 

wa  ottwan  itunt  ain  stttdnlin, 
das  enmocht  nit  berhaft  sin 
von  der  wildi  stain  natur. 

Lamsbrro  Utder».  8,  «.  869,  17; 
rauha,  steudli, 
lupf  dich,  krcudii  I 

OmWALD  V.  WOI.KBNSTBIN  76,  84  SchOiM. 

nhd.  (af\fanf/s  noch  in  mundartlicher  form):  die  weit  WM 
noch  ganz  jung,  ...  die  dement,  himmel.  wasser,  erd- 
rieh,  beuni.  Hteudlon,  krouler,  frUcht , . .  bohicUcn  noch 
den  göttlichen   neu    eingepflanzten    saft  und  kraft  ganz 

Mr. 


1161 


STAUDNIG  — STAUEN 


STAUEN 


1162 


nriversprt  Aventin  loerke  1,323,  3i;  so  man  dann  die  äst 
und  kleinere  stäudlin  brennet,  da  empfaliet  die  erd  von 
Icher  Untermischung  der  äschen  jhre  kraflft  widerumb 
:biz  /eidbau  26;  {zum  impfen  musz  man  haben)  eyn  reb- 
uiesser  die  uberigen  stäudlin  damit  zu  beschneiden  324; 
die  ringelblume  ...  ist  zweyerley ,  zam  und  wild,  das 
zame  geschlecht  ist  ein  stäudlein  mit  viel  nebenzweig- 
lein ,  hat  einen  holtzechtigen  stengel  zweyer  spannen 
hoch  Tabernaemont.  710 J;  (im  bilde:)  glanzvolle  blume 
les  Orients',  sprach  er,  'wie  darf  ein  stäudlein,  das  unter 
len  dornen  wächst,  sich  ermächtigen,  unter  deinem 
hatten  zu  blühen?  würde  es  nicht  die  wachsame  hand 
s  gärtners  als  ein  miszständiges  unkraut  ausjäten?' 
Mls.Iüs  volksm.  l,no  He mpel;  der  gemeine  thymas  der 
Römer  ist . .  .'ein  aufrechtes  ästiges  stäudlein  Voss  Virgils 
ländl.  ged.  1,  *.  272;  bestatten  wollt'  ich  ihn  still  in  ge- 
weihtem erdreich;  zu  häupten  ihm  pflanzt'  ich  ein  stäu- 
delein  rosmarin  Immehmann  l,  l,  s.  260  Koch;  die  rosen 
nebst  dem  Jasmin  wuchern  in  göttlicher  Unordnung  und 
überfülle,  so  dasz  nicht  einzelne  stäudlein  auf  ein  frisches 
grab  gesetzt,  sondern  das  grab  musz  in  den  blumenwald 
hineingehauen  werden  Keller  1,12;  auf  einem  grünen 
erdreiche  stand  ein  tannenbäumchen  und  ein  stäudlein 
mit  zwei  roten  rosen  7,  300;  schon  der  jesuiten-pater 
Martin  Martini  weisz,  .  . .  dasz  im  süden  von  Nanking  .  . . 
der  beste  thee  wächst  ...  er  beschreibt  nun  das  stäud- 
lein und  die  bereitung  des  tranks  Ritter  erdk.- 3,236. 
bildlich:  ach  da  wächst  unter  andern  schönen  kräutlein, 
das  stäudlein  mitleiden  Göthe  39,42  Weim.  ausg.  {Qottfr. 
c.  Berl.  l).  von  den  icörterbückem  in  atiffölliger  weise 
ignoriert;  nur  Kramer  verzeichnet  es:  stäudlein,  n.  arbo- 
scello  piccolo,  arbuscellino,  arbuscelletto.  heidel-  ö  schwartz- 
beer-stäudlein,  mortella  dict.  2,  917*.  weit  verbreitet  in  heti- 
''  len  mttndarten,  besonders  oberd.:  schiceiz.  stüdeli  HuN- 

IKER  263;  es  früret  alli  stüdeli 

und  alli  arme  chind    s.  19; 

eis.  stitla,  stitl  M.\rtin-Lienhart  2,  574'',  mit  den  beson- 
deren bedeutungen  'ästchen  einer  stände'  (e  stidel  vum  e 
bäum  abbreche)  und  'schlanke,  kleine  tceibsperson'  575'; 
bair.  staüdl,  staüdal,  staü'al,  staü'l  Schmeller-  2,  733, 
im  bair.  wald  das  stäiarl  Bayerns  mundarten  2,  259,  tirol. 
stäudl  Schöpf  708,  kämt,  stäudile,  geioöhnlich  in  der  be- 
deutung  'belaubter  ast.  zweig'  Lexer  239,  lusern.  staüdla 
Bacher  393;  siidfränk.  in  Handschiüisheim  stairala  Lexz 
68*,  in  Rappenau  staitila  Meisinger  187''.  {vgl.  atu,h  den 
familiennamen  Stäudel,  Steudel,  auch  oberd.  [München, 
Nürnberg],  schwäb.  Stäudlin.) 

STAUDNIG,  n..  s.  staudach. 

STAÜDUNG, /. fruticatio.  ttoanstaudung.e^bestau- 
dung,  reeentium  lignorum  germinatio  et  incrementum. 
ausstaudung,  exstirpatio,  evulsiofmticumSTiELER2l27. 
das  simplex  ist  ganz  ungebräuchlich,  aber  attch  die  Zu- 
sammensetzungen wenig  üblich,  (in  theil  l  ist  nur  bestau- 
dung  ohne  beleg  verzeichnet,  sp.  1659.)  —  'staudung,  (schiff- 
fahrt) s.  stauen'  J.\cobsson  7,  430*,  tcol  verschrieben  für 
Stauung. 

STAUDWERK,  n.,  ungewöhnlich  für  stände:  denn  was 
vor  annehmlichkeit  würde  das  sein,  wenn  in  einem  baum- 
garten, nichts  als  grosze  zedern-  zipressen- . .  .  und  andere 
hochwachsende  bäume  stehen;  und  darneben  keine 
zwetzschken,  kirschen,  quitten,  morellen,  pfirschen, 
mespeln,  allerhand  schöne  gattungen  von  hasel-  und 
lampertischen-nüssen ,  unterschiedene  stächet-  Johannis- 
und  himbeer-  und  dergleichen  mehr  niederträchtige  bäum- 
lein und  nutzbare  staudwerke  in  solchem  gepflantzet  seyn 
Bolten?  neuspross.  palmbanm  170;  gleich  wie  die  präch- 
tige zedern-  Zypressen-  eichen  oder  andere  hochgewachsene 
bäume,  wenn  der  liebkosende  efeu  um  ihren  stamm  sich 
herum  schlängelt,  oder  auch  andere  niedrige  staudwerke 
und  bäumlein,  unter  ihrem  schatten  und  wetterschutze 
nahrung  haben  76.  (der  eher  zu  erwartende  collective  sing, 
ist  unbelegt,  vgl.  jedoch  ateir.  stanrichwerk  unter  stau- 
dach.) 

STAUEN,  lerb.  flieazendea  wasser  hemmen;  icaren  fest 
schichten.  —  ü»  ganz  verschiedenem  sinne  finden  sich  in 
den  germ.  sprachen  verben  gleicher  oder  ähnlicher  lautform, 
die  sich  auf  ursprüngliches  ♦stöwjan  oder  *stawjan  zu- 
rückführen lassen    und   deren  zusaminenJiang   nicht  ganz 

Mr. 


klar  ist.  sie  sind  lool  alle  als  eine  eausativbildung  zu  der 
idg.  Wurzel  sthu-,  einer  nebenform  zu  ^curzel  sthä-  (schxcach 
stufe  zu  der  Weiterbildung  sthäv-)  'stehen'  oder  als  ab- 
leitungen  von  dem  auf  dieser  beruhenden  notnen  *stöwö 
'stelle,  statte'  (in  got.  staua  gericht,  altn.  stö,  eld-sto 
fetterstelle,  ags.  stow,  altfries.  stö,  überall  fem.,  vgl.  lit. 
stowä  'stelle,  wo  etwas  steht")  aufzufusseyi.  dann  entspricht 
genau  slaic.  staviti  'stellen'  (von  stavQ  stand);  vgl.  ferner 
lit.  stoweti  stehen ,  lett.  stäwet,  s.  ToRP  bei  FiCK*  3,  493. 
PRELL.wirzetgm.icb.'-iM(aTvo/).  Fr.\nck977.  tenDoorn- 
kaat  Koolman  3, 322*».  folgende  hauptbedeutttngen  lassen 
sieh  unterscheiden: 

l)  urgerm.  *stc>wja.n(bezio.  =*st6wian)  'richten',  vgl.  J.  Grimm 
rechtsalterth.  HS  f.  dies  wort  deckt  sich  lautlich  mit  slav. 
staviti  'stellen',  die  specialisirung  der  bedeutung  Idszt  sich 
auf  verschiedene  weise  vermitteln,  einerseits  mit peisönlichem 
object,  einen  vor  gericht  stellen,  oder  sächlich,  eine  rechts- 
sacke  festsetzen,  entscJieiden.  dies  verb  liegt  im  got.  und 
lid.  vor. 

a)  got.  stojan  (prät.  stauida),  dazu  staua,  m.,  richter, 
und  staua,  /.,  gericht.  vgl.  J.  Grimm  a.  a.  o.  Paul  in 
Paul-Braunes  beitr.T,iö6.  Uhlenbeck*141.  Th.v.Grien- 
BERGER  unters,  zur  got.  wortkunde  (Wieti  1900)  s.  198 f.  (mit 
lett.  entsprechungen). 

b)  im  ahd.  hat  stojan  eine  doppelte  entspreehung ,  vgl. 
darüber  Paul  in  Paul -Braunes  ^Yr.  8,  214—6  und 
KÖGEL  ebenda  9,514/.,  sowie  H.  Möller  anz.f.  d.  alterth. 
20,  118. 

«)  lautlich  entspricht  genau  stüen  (für  *8tuojan,  -en) 
mit  der  geicandelten  bedeutung  'biiszen' : 

nue  demo  in  vinstri  scal      slno  virinä  st&en. 

iftwp.  25. 

SO  häufiger  arstuen  luere;  arstuota,  expendit,  periulit. 
daneben  jedoch  auch  stuouuan  corripere,  stuoot  quaeritur, 
zi  stuuanne  conqtierendum,  s.  Graff  6,  728.  vgl.  noch  stua- 
tago  gerichtsfag  (vom  jüngsten  gericht),  Musp.  55. 

ß)  daneben  steht  ein  häufiges  verb  mit  kurzem  vocal 
der  Stammsilbe  (also  einem  got.  *staujan  —  *stawida  ent- 
sprechend) und  der  bedeutung  'schelten';  es  glossiert  qtteri, 
conqueri,  causaH,  ineusare,  increpare,  ohjurgare,  invehere. 
neben  der  übericiegenden  flexion  nach  der  l.  schwadien 
classe:  stou(u)uan,  prät.  stouida,  -ita,  stouta  begegnen 
formen  nach  der  zweiten:  stouuönes,  -önti,  stauuös  cau- 
seris,  stouuöt  quaeritur,  stouuöta  t».  s.  w.  daztt  ferner 
arstouuon,  irstou(u)ita,  part.  arstou(u)iti  correpti  u.  s.  to., 
s.  Graff  6,  727.  vgl.  J.  Grimm  rechtsalterth.  748/.  855 
Ca,  356.  488). 

c)  stouwen,  stöuwen  in  der  bedeutung  'spulten'  lebt 
auch  im  mhd.  fort  bis  ins  13.  jahrh.: 

sumiliche  instnovten  (l.  in  stouten), 

vil  harte  si  im  drouten, 

si  baten  in  swigen.    Diemer  ged.  239,16; 

vil  harte  si  in  stouten.    248,  6; 

den  richUere  si  steuten, 

ze  dem  chaeiser  si  im  dreuten, 

81  sprachen  :  ob  er  genist, 

des  chaeisers  vriont  du  niene  bist. 

urittende  106,  76. 

datiach  sirid  tcol  auch  folgende  stellen  mit  acc.  zu  verstehen : 

dem  andern  sol  hie  nieman  droon  (?) 
noch  mit  scharphen  Worten  stoun.    109,  5; 
des  begunden  si  im  starke  dröun 
und  ungezogen  liehen  stöun. 

Konrad  v.  Fusse:^bru.nnbn  2684 
Kochendörffer. 

ferner  oft  einen  umb  etewag  stöuwen: 

der  knnic  Tybalt  hin  zer  wide 
Arabelen  dicke  dreute: 
Ebmereiz  in  dnimbe  steute. 

Wolfram  WiUeh.  221,30; 
ich  wei;  wol,  das^  e;  geschach 
in  schimpf  ande  in  tagalt, 
.  .  .  umb  daz  sie  so  mich  stöut. 

Hbinr.  V.  D.  TÜRLIN  crone  4363; 
vil  wart  er  nmb  die  rede  gestaut.    16845. 

2)  vom  13. — 16.  jahrh.  begegnet  stöuwen,  stouwen, 
8tau(w)en  in  einer  bedeutung,  die  nicht  wol  von  der  vorigen 
hergeleitet  toerden  kann,  so  nahe  sie  sich  zuweilen  mit  ihr 
berührt,  nämlich  'einholt  thun,  icehren,  hemmen,  hindern', 
dabei  ist  die  construction  verschieden. 

Mr. 


1163 


STAUEN 


STAUEN 


a)  zufrühest  {im  n.jahrh.)  mit  acc.  der  aache: 
ich  weiz  [w-ol],  da;  ir  iuch  (tuot)  ze  mime  schaden  vröuwen 
doch  wil  ich  luwer  valschen  list  mit  vuoge  stöuwen. 

minnes.  3,57,  12  Hagen  (Rumei.ant); 
kiimmer  beschwichfigen.  atiUen  u.  ähnl.  .- 

si  bi!gunden  sich  harte  vröuwen 

der  räche  und  mit  alle  stöuwen 

an  ime  alles  jämers  muot, 

als  ein  vrö  herze  tuot, 

das  leides  gar  vergijjet.    croiie  19230; 

al  ir  kumber  wart  gestöut.     22877; 

ein  trosteclichir  clane 
der  daz  herze  irfrouwet 
und  valschis  (?)  truren  stouwit. 

Hugo  v.  Langenstein  Martina  28>>,  52. 
später  in  anderm  sinne,  gerichtlich,  eine  suche  beilegen  {?): 
<lie  Sache  im  besten  helfTen  stauwen  und  nyderlegen 
Frankf.  urk.  v.  1442  bei  DtKi-.WüKCKFR  8fi3. 

b)  dafür  selten  der  dativ  der  sache.- 

ich  wil  mfner  vröude  stöuwen, 

ich  möhte  ir  me  gemachen,    crojic  25179. 

c)  mit  dativ  der  person ;  einen  ärgern,  verdrieszen.  qtiälen, 
stören:  da  wider  ein  unvröude  stöute 

Artuse  unde  sfnen  man.    crom  11615; 
dafür  der  acc.  (?): 

diu  rede  stöute  in  sere.    28539. 

d)  gewöhnlich  doch  in  der  bedeutung  des  wehreiis: 

als  tuot  der  hofwart: 
der  bilt  ie  md,  so  man  im  stöut.  crone  17S03. 
so  häufig  im  Ib.—  id.jahrh.:  Abraham  nam  das  swert 
und  swang  es  auf  in  die  luft,  do  was  der  engel  gottes 
hie,  und  stauet  im  und  wert  im  handschr.  v.  1470  bei 
ScuMEi.LER*  709;  das  er  do  den  liiten  stouwe  und  were 
Sfraszb.  quelle  des  iö.jahrh.  bei  Cii.  Schmidt  hisf.  wb.  der 
eis.  mundart  :W2»;  begert  das  man  den  chor  mit  einer 
brustgewer  verschlagen  wolt,  domit  das  getreng  nit  so 
grosz  würd,  auch  das  man  etliche  knecht  verordnet  die 
den  leuten  stowen  weiten  Bhant  wyhe  biscli.  Wilh.  v.  Hon- 
stein (1507)  s.  cod.  hist.  de  Strasb.  2,  s.  254  {auch  narrensch. 
•■iO&>  Zarncke.  Ch.  ßcHMiirr  a.  a.  o.);  doch  erschrocken  die 
Römer  so  gar  nichts  ab  dem  schaden  das  man  grösser 
müg  und  arbeit  het  inen  zu  stauwen  und  weren  {deter- 
rendi  et  continendi),  daz  sie  sich  nit  so  sorglicher  Schar- 
mützel underwünden.  dann  sie  zu  reitzen  oder  ermanen 
Binomann  Jul.  Caesar  {Straszb.  1.507)  113»  {hell.  Alex.  2ä); 
eim  jungen  kind  . .  .  dem  lugestu  uff  ob  es  unzimliche 
wort  rede  oder  schwere,  das  du  im  stoutest  und  treuwest 
im  Keiskksbekg  brös.  1,  70»  bei  Ch.  Schmidt  a.  a.  0.;  die 
do  für  giengent,  die  schnawten  jn  {den  blinden  vor  Jericlw) 
an,  überbolderten  jn,  stowten  jm  das  er  solt  schwygen, 
und  nit  also  ein  geschrey  machen  postill  (1522)  1,35»;  die 
sprochent  zu  jm.  meister,  geschweig,  stöw,  oder  über- 
bolder  deine  lungeren,  als  ob  sye  sprächen,  nit  lossz  sye 
also  schryyen  iie''; 

und  wan  sie  dir  nit  ktinnen  stauwen, 

80  haben  sie  dir  vil  me  gelrauwen  {gedroht). 

redestu  dem  Luther  noch  ein  wort, 

«ie  wollen  es  achten  für  ein  mort. 

MuRNBR  Luth.  narr  449. 
dazu :  fieng  ein  mensch  nur  ein  wenig  an,  sich  mit  usz 
Ireybcn  der  laster  zu  üben ,  ...  so  Mürd  er  sehen  was 
im  gcbrcst  . . .  und  gewunn  mit  im  selber  so  vil  zu  stowen, 
zö  meisteren,  das  er  aller  anderer  Icüt  vergesse  Kkiskhs- 
BEBo  V.  d.  syfßen  »elteiden  (1516)  h  5^ 

«)  mit  angäbe  der  sache  daneben,  zunäcM  im  gen.,  einem 
fjtzw.  einen  eines  dingcs  stöuwen,  ihn  daran  hindern: 

hi  vone  er  weijcot  ir  gebot, 

das  »'  2u  keiner  hande  not  .  .  . 

xn  gebesnitz  (/reifcMg)  t-nwere  .  .  . 

■a  sazt«  er  ir  zu  biwar  .  .  . 

ein  deil  strenger  froowen, 

di  ir  dM  Rolt«n  ctonwen.    FAinab.  79."}«; 

gleich  eynem  wa«ser,  ao  snnffl  geht 

und  dem  keyn  sUden  widcr«t<>ht. 

sobald  es  knmpt  an  eynen  strauch. 

*n  laufTt  es  eml  iincHinn  .,riit  ruuch 

dem  gleichen  n-  :  <  thnt     ' 

do  man  in  «ein:  .  ,.t  hcf. 

funfür  der  uee.  .• 

da«  sie  mir  aber  ichreibnn  stauw< 

und  mir  nir  weiter  sehenden  trauwon  (dn^hr,,) 

oa«  gr6w«t  mich  nit  nrob  ein  hnr 

MuRNRK  Ittth.  narr  ♦««. 


1164 


3)  damit  berührt  sich  die  heute  gewöhnliche  bedeutung 
Wasser  hemmen;  so  dasz  es  nahe  läge,  die  behandelte  ge- 
brauchsweise  als  freiere  Verwendung  von  dieser  herzuleiten 
{vgl.  Kluge»  376»  und  die  stelle  aus  Wickram  bezw. 
Albrecht  v.  Halberstadt  unter  2,  c).  doch  stehen  dem 
die  thatsachen  des  spraclu/ebrauch^  entgegen,  stöuwen 
'icehren.  hindern'  ist  dem  altern  hd.  {iS.—te.  jahrh.)  eigen- 
thümlich  und  begegnet  fast  nur  in  oberd.  quellen;  (wasser) 
stauen  fehlt  im  altem  oberd.  vollständig,  ist  vielmehr 
zunäclist  specifisch  nd.  und  erst  in  neuerer  zeit  in  die  nhd. 
Schriftsprache -^eingedrungen. 

a)  auch  dieses  *stawjan  ist  wol  als  eine  cauaativbildung 
in  dem  sinm  'stillstehen  machen'  von  der  xcurzel  slhu- 
herzuleiten.  die  in  gr.  otvw  steifen,  empori-ichten  vorliegt 
und  u.  a.  deutschem  Steuer,  stier,  stutzen,  sflitzen,  stoUen 
zu  gründe  liegt,  weniger  nahe  liegt  es.  von  einer  andern 
idg.  Wurzel  steu-,  stQ  'stopfen,  verdichten,  ballen'  auszu- 
gehen, auf  die  stauche,  staude  (?)  zurückgeführt  werden, 
vgl.  diese,  s.  Fick"  3,  342.  *1, 147  und  145.  570.  3,493.  Prell- 
witz  etym.  wb.  der  gr.  spr.  306/.  bezw.  2440  {unter  axiai). 
Kluge  a.  a.  o.  Franck  977.  Goedel  etymol.  icb.  der  see- 
mannsspr.  460.  auffällig  ist.  dasz  im  holl.  neben  stöuwen 
auch  {jetzt  überwiegend?)  stuwen  vorkommt. 

b)  das  verb  geht  aus  vom  mnd.,  wo  es  seit  dem  14.  jahrh. 
als  stöuwen,  stowen,  stawen,  stuwen  nicht  selten  bezeugt 
ist,  *.  Schiller- LüBBEN  4,420.  bemerkenswert  ist.  dasz 
auch  eine  mitteld.  quelle  das  reflexiv  in  bildlicher  ver- 
icendung  bietet,  es  lebt  fort  in  den  nd.  mundarfen .-  hamb. 
stauen  'hemmen,  aufhalten,  wird  insonderheit  vom  wasser 
gebraucht,  wann  selbiges  durch  däinme  oder  Schliessung 
der  schleusen  an  seinem  lauffe  behindert  wird'  Richey  288; 
so  auch  osnabr.  water  stauen  Strodtmann  sso*»;  brern. 
wasser  dämmen,  auch  af  stauen,  up  stauen  brem.  wb. 
i,  1007;  südhann.  stawen  Schambach  208»;  ostfries.  stauen 
Stükenburg  262»,  stoen,  stojen,  stauen  ten  Doornkaat 
KooLMAN  3,  322  (a) ;  holst,  stauen  Schütze  4,189;  altmärk. 
stau'n,  uppstau'n  Dann  eil  209";  pomm.  stauen  'das  an- 
dringende  wasser  zurücklialten'  Dähnert  im'»;  hinterpomm. 
stauge  nd.  korrespondenzbl.  13,  86»;  preusz.  stauen  Frisgh- 
BIER  2,  363'';  in  Liv-  und  Estland  'dämmen,  den  aößusz  des 
Wassers  hindern'  {'einige  sagen  unrichtig  dafür  staugen') 
HuPEL  227.  den  hd.  mundarten  ist  es  fremd,  {nur  Schmel- 
ler2  2,709  giebt  stauen,  stauen  in  diesem  sinne,  au» 
der  Schriftsprache f  —  in  Handschuhsheim  dafür  swel» 
Lenz  68».)    holl.  stöuwen,  stuwen,  vgl.  a. 

c)  in  den  nhd.  Wörterbüchern  seit  dem  n.  jahrh.:  das 
wasser  stauen  Schottel  i42l;  einen  flusz  stauen,  arbo- 
rum  truncos.  cespites  et  saxa  obmoliri  ßumini  Stieler 
2126;  stauen  neben  stauchen  {vgl.  dieses  III,  1)  Krämer 
dict.  2,917»;  'stauen,  {wasserbau)  den  lauf  des  wassers 
hemmen'  Jacobsson  4,  266«;  'das  wasser  stauen,  e*  in 
seinem  laufe  aufhalten  und  dadurch  in  die  höhe  schtrelien 
machen' Camvk.  s.  umcAStenzel  seemänn.  wb.  40ü»(4).  viel- 
fach noch  als  nd.  bezeichnet  {neben  hd.  stauchen) :  im  niders. 
ist  für  stauchen  stauwen,  und  von  diesem  stemmen, 
stauwen  Frisch  2,  331"^;  stauen  . . .  nieders.  stauen,  ital. 
siuare  . .  .  'im  niedersädisischen  und  einigen  andern  qe 
meinen  mundarten  lautet  dieses  wort  ohne  hattclUaut  stauen' 
Adelung  (8,8  und  anm.);  'das  wasser  stauen  heiszt 
machen,  dasz  es  icegen  des  gehinderten  abjiusses  atischtcillt. 
dieser  ausdruek  aber  ist  blosz  niederdeutsch,  die  Hoch- 
deutschen sagen  dafür  stammen,  andere  auch  . . .  stauchen' 
Heyn  ATZ  Antibarb.  2.  444.     (ttmgekehrt  beaeichnet  Camhk 

fäleehlieh  stauchen  als  nd.)  die  litteraturbelege  setzen  im 
allgemeinen  erst  im  \9.  jahrh.  ein  {mit  Jahn,  Ejchkn 
DORPP,  Heine  u.a.w.,  s.  unten);  vereinaeUe  ältere  belege 
a.  unter  d  und  f  (Stoi.hero). 

d)  zunächst  eigentlicJi.  transitiv,  wasser,  einen  flusz 
stauen,  vgl.  oben:  stouwan,  schütten  als  mcn  waler 
Ntouwet  ScHUKRKN  Teuthonista  JWt»  Vrrdam;  dath  die 
zclve  Bernd  of  zine  ervon  .  . .  hcbhen  vullecomonc  macht 
owcliche  . . .  to  dammrne  ind  die  Flmeschcre  tho  Htuwene . . . 
also,  dat  die  EmcHchcro  ercn  (lanch  hebbe  tuschen  den 
tven  dyken  ...  ind  valle  op  des  Torseidon  Berndes  nioln. 
were  ouch  zake,  dath  de  dam  uyt  broko,  . . .  ao  mach 
Bernd  . . .  dämmen  ind  dye  F.mcschere  dvingen  Ind  stuven 
Dortmunder  urkundenh.  i.fto«  i,vom  j.  1866);  her  Otto  ... 
leyt  atawen  boncdon  der  slad  dat  wator,   dal  ullit  den 


1165 


STAUEN 


STAUEN 


1166 


Garbroke  kamt,  dat  um  dat  sloet  geyt.  do  dranck  syck 
dat  water  so  hoge  ynt  more  um  dat  sloet  gelick  off  et 
eyn  zee  were  Münstersche  chron.  1, 173;  up  der  stede,  dar 
se  buweden,  mochte  me  stouwen  dat  water  der  Elmenowe 
hogher,  wenne  se  wol  lyden  konden  in  der  stad  Lüb. 
chron.  2,  87  {zitmj.  1443);  dat  water  stouweden  se  so  hoghe, 
dat  id  de  stad  vorvullede  wente  to  den  balken  des  huses 
KoKNER  bei  Schiller-LCbben  i,i20^.  nhd.-.  soll  kein 
Wasser  so  hoch  gequält,  zugelacht  oder  auffgetrungen, 
dasz  die  Strassen  oder  wege  vertrenckt,  grundtlosz  oder 
arg  dadurch  gemacht  werden,  sondern  so  .  . .  jemandts 
einig  wasser  zu  quellen  oder  zu  stewen  .  . .  zugelassen 
wäre  oder  würde  .  . .  Gülich  u.  Bergische  policey-ordn.  (1696) 
8.  47,  vgl.  Frisch  2,  SSl"^;  zur  zeit  der  wasserschwelle 
wird  der  höher  als  gewöhnlich  aufsteigende  ström  durch 
einen  querdamm  gestaut  Ritter  erdÄunrfe- ll,  608;  wie 
wenn  etwas  eine  röhre  verstopft  hat,  das  gestaute  wasser 
erst  heftiger  und  in  stöszen  gesprudelt  kommt,  ehe  der 
gleichmäszigere  flusz  sich  wiederherstellen  kann  Ludwig 
5,133;  aber  das  wasser  flieszt  einmal  den  berg  hinab.  — 
es  wird  bald  an  eine  schleuse  kommen  und  dann  für 
eine  gute  weile  gestaut  werden,  brummte  Mohr  Heyse 
kinder  der  icelt  i,  i'O;  {im  bilde:)  das  ringen  aber  bleibt 
keinem  geschlechte  erspart,  .  .  .  nicht  der  kämpf  gegen 
jene,  die  den  ström  stauen  wollen  Anzengruber^  4,  378; 

es  ist  umsonst,  sie  stau'n  mit  macht  den  ström. 

Grillparzer*  7,  92  (iceA  dem,  der  lügt/  4); 
je  sichrer  sie  dein  schiQlein  trag  zur  stelle, 
wenn  du  sie  nutztest,  desto  grimmer  trachtet 
dich  zu  vernichten  die  gestaute  welle.    Geisel  2, 102. 

so  auch  mit  angäbe  des  ejfects :  man  vermorastet  die 
marschen  durch  fangdämme,  einsumpft  auen  durch  wehre 
. . .  und  stauet  wasserreiche  thäler  durch  wall  und  mauer 
zu  Seen  Jahn  2,  589  Euler  {merlce  162).  der  inf.  substan- 
tivisch: um  den  karren  und  dem  zugrieh  einen  weg 
durch  den  flusz  zu  sichern,  stemmten  sich  die  riesen- 
gestalten  der  männer  mit  ihren  lindenschilden  in  langer 
kette  gegen  das  reiszende  wasser;  im  Kimbrerkriege 
sahen  an  der  Etsch  die  Römer  erstaunt,  dasz  die  männer 
im  ströme  die  arbeit  des  stauens  verrichteten,  die  man 
sonst  wohl  einmal  der  kraft  der  stiere  und  rosse  über- 
liesz  Freytag  17  {bilder  l),  117. 

e)  80  reflexiv,  in  intransitivem  sintie:  das  wasser  staut 
sich  an  der  schleuse;  de  Sassen  hadden  der  Doringh  so 
vele  dot  geslagen,  dat  de  Unstrot  dat  water  sick  mydde 
stauwede  mit  den  doden,  dat  me  dar  uppe  over  gingk 
Script,  rer.  ]jj-unsw.  3,  281  (Botho  chron.  Brunsv.  pict.)\ 
hohl  gurgelte  das  wasser  und  staute  sich  an  den  letzten 
stufen  der  treppe  Freytag  .5,342  {soll  u.  haben  6,4);  wie 
sie  {die  gletschermasse)  plötzlich  anschwellt,  und  sich 
trübt,  weil  tief  unten  die  gröszeren  massen  sich  an  un- 
bekannten hemmnissen  stauen  Nitzsch  detttsche  Studien 
s.  297.    mit  angäbe  des  effects:  * 

wo  sich  der  fluss  in  einen  see  gestaut, 
der  eine  stunde  mag  an  breite  messen. 

Gries  Bojardo  2,  2, 15. 
so  schon  mhd.,  im  ausgeführten  bilde: 

do  uns  gebom  ein  mensche  wart, 

der  in  den  vluj  {der  Gerechtigkeit)  wart  geleit, 

als  {so)  daj  die  gerechtekeit, 

die  mit  den  luten  vlo5  den  val, 
■w  in  der  vinstemisse  tal 

|k  eich  stouwen  mnste  und  ufhaben! 

^K  pass.  3,  77  Köpke; 

Hf,  da  die  barmherzekeit 

^B  '  (die)  sich  stouwet  und  hin  uf  treit  .  .  . 

^P  big  zu  der  vreuden  trone, 

^  Bwa3  in  ir  bevangen  ist.    4,81. 

/)  in  demselben  sinne  auch  bloszes  stauen;  so  schon 
mnd. :  sunder  reghen  quam  dat  water  ut  der  erden  unde 
stowede  so  hoghe  upwordes,  dat  it  quam  den  perden  bet 
to  dem  sadel  Lüb.  chron.  1,67:  ok  in  ener  tyd  weren  se 
mit  den  gantzen  beere  in  eme  dale,  dar  stowede  up  en 
beke,  unde  vordrenkede  des  volkes  een  grot  deel  38.  »o 
aucli  neund.  'aufsteigen,  aufschwellen,  xcie  das  gestauetc 
oder  gehemmile  wasser'  brem.  tob.  4,1007.  StOrenbüRG  262*. 
Fr.iscHBiER  2,363'';  't  water  fangt  an  to  stOen,  't  stöed 
op  TEN  Doornkaat  Koülman  3,  322''.  stauend  water 
'toenn   der  ström  ztcisc/ien  ebbe  und  fluth  gleichsam  stille 

I~    stellet'  RicHEY  288  {auch:  et  is  stuhnde  water).  Schütze 
4, 189.    hierher  die  frühesten  lüul.  belege :  die  lava  llosz  wie 


Mr 


ein  breiter  und  tiefer  ström  gegen  die  stadt  an.  . .  . 
statt,  wie  man  erwartete,  die  mauer  zu  stürzen,  staute 
sie  vor  derselben,  erhub  sich  und  flosz  über  sie  hinweg 
Stolberg  9,  230;  wie  wenn  an  einer  stelle  im  gebirge  .  . . 
eine  plötzlich  gehobene,  unsichtbare  schleuse  einen  wasser- 
strom  in  majestätischem  stürze  niederdonnern  läszt,  nur 
umgekehrt!  hier  staute  plötzlich  der  volle  ström  und 
wie  im  nu  waren  die  brausenden  gewässer  zum  unheim- 
lichen schweigen  gebracht  Gutzkow  ritter  v.  g.  9,  367 ; 
gleichmässig  die  bergländer  und  die  tiefebene  bedeckend, 
mag  der  wald  nur  da  von  anfang  an  den  gesellig  lebenden 
graspflanzen  gewichen  sein,  wo  periodische  Überschwem- 
mung und  stauende  bodennässe  ihn  verdrängten  Bern- 
hardt gesch.  des  icaldeigentums  (1872)  65; 

die  ströme  werden  nimmer  rückwärts  stauen. 

ElCHENDORFF^  1,  437. 

g)  in  neuerer  litteratur  sehr  gewöhnlich  von  einer  mensehen- 
menge  {'menschenstrom'). 

a)  transitiv  selten,  auszer  im  part.:  einer  nur,  ein 
kranker  gelber  mann,  schleppte  sich  teilnahmlos  und  müh- 
sam durch  die  gestauten  massen  Ilse  Frapan  arbeit  251. 
{dafür  gewöhnlich  aufgestaut.) 

ß)  häufiger  reflexiv:  'die  menschen  stauen  sich,  trenn 
bei  groszem  gedränge  das  vorxcärtskommen  gehindert  icird' 
Frischbier  2,  363'' ;  mit  unwiderstehlicher  wucht  dringen 
die  Germanen  in  das  land  . . .  endlich  staut  sich  die 
fluth  an  einer  stadt,  deren  bürger  in  der  Verzweiflung 
die  mauern  besetzen  Freytag  17  (fetWeri),  117 ;  für  sie 
wehten  diese  fahnen ,  für  sie  staute  sich  die  menge  in 
den  straszen  Isolde  Kurz  lebejisfluten  87; 

doch  siehe,  da  staut  sich  der  Völkerstrom, 

nicht  treibt's  ihn,  nach  westen  zu  Quthen. 

ScHEREXBERG  gcd.'  3^6; 
so  auch :     kaum  dasz  die  band  des  herrschers  {kais.  Wilhelms  I.) 

zurück  den  Vorhang  schnellt, 

staut  sich  vor  dem  palaste 

die  buntbewegte  weit.    236; 

da  packt  die  Trojaner  entsetzen  und  grau'n; 

es  drängen,  dasz  wagen  und  leichen  sich  stau'n, 

die  scharen  zur  Bucht. 

Lelthold  ged.*  307  {PeiUhet.  10). 

/)  intransitiv:  niemals  staut  der  zug,  unaufhaltsam 
strebt  er  vorwärts  M.  v.  Ebner-Eschenb.\ch  meine  kinder- 

jahre  6;      nun,  stauend  wie  ein  mühlenbach, 

zum  lager  schiebt  es  drängend  nach, 
es  ist  ein  fürchterlicher  trosz. 

A.  V.  Droste-Hülshoff  2, 143  (d.  tchlacht 
im  Loener  brück). 

h)  in  mannigfacher  nuaneierung  wird  stauen  gelegentlieh 
vom  blute  gesagt. 

a)  mnd.  transitiv,  eine  blutung  stillen:  naderwort  mit 
mede  ghedrunken  stowet  dat  blot  quelle  bei  Schiller- 
LObben  4,  420'';  dat  blöd  is  nfet  to  stöen  ten  Doornkaat 

KOOLMAN    3,  322''. 

ß)  reflexiv,  im  bilde:  auch  die  anter  der  bezeichnung 
allegorisches  und  didaktisches  erscheinenden  stücke 
{Schnyders  v.  Wartensee)  sind  gehaltvoll,  im  gröszten  der- 
selben .  . .  staut  sich  jedoch  die  poetische  ader  an  einer 
kleinen  hauptsache  Keller  nacMasz  s.  26. 

y)  intransitiv,  vmn  stocken  des  bluf Umlaufs:  ein  kaum 
spürbares  rieseln  war  durch  des  knaben  starre  pulse  ge- 
glitten, und  wenn  es  auch  sofort  wieder  staute,  dennoch 
erklärte  der  doctor  voll  siegesgewiszheit:  'jetzt  hab'  ich 
ihn'  M.  V.  Ebner-Eschenbach  dorf-  u.  schloszgesch.  14.  — 
ähnlich  brem.  'idt  stauet  mi  to  koppe,  wenn  das  geblüt. 
oder  die  dünste  atis  dem  mögen,  mit  einer  plötzlichen  hitze 
und  röthe  ins  gesieht  steigen'  brem.  wb.  4, 1007. 

i)  selten  icird  stauen  von  festen  körpern  gesagt,  deren 
bewegung  gehemmt  wird. 

a)  mnd.  trans.,  vom  rüder:  datt  he  . . .  datt  röhr  stauen 
scbolde,  darmede  J.  R.  vorby  dryven  mochte  biem.  urU. 
V.  1564  bei  Schiller-LObben  4,420''. 

ß)  intransitiv:  das  leben  ist  eine  schablade,  die  nicht 
geht,  stockt,  staut,  spannt  Vischer  auch  einer  2,  318. 

4)  schichten,  fest  packen,  diese  bedeutung  hat  das  wort 
besonders  in  der  spracJie  der  Nordsee- anwohner. 

a)  engl,  stow  {spr.  stOu)  packen,  zurechtlegen,  auf 
bewahren;  dies  geht  zurück  auf  mittelengl.  stöwin  'sto:r 
away.  place'  Stratmann-Braüley  582»,  das  offenbar  eine 
Verbalbildung  tu  dem  ȟbst.  stOwe,  /.,  platz,  ist.     dieses 

Mr. 


1167 


STAUEN 


STAUER 


1168 


i»t  ags.  8t6w,  /.,  *.  Bosworth -Toller  sa**»,  da«  hereits 
vorgerm.  gebildet  ist,  vgl.  altfries.  stoe  Richthofen  1050'», 
altn.  stö  in  eldstö  feuerstelU,  herd  Cleasby-Vigfüsson 
126»,  lit.  stowä,  stelle,  s.  Fick*  l,  U7.  3,493.  Goedel  etgm. 
icb.  der  seemantisspr.  460.  {das  ags.  veih  stöwian  zurück- 
halten, zügeln,  stouuigan  retenfare,  läszt  »ich  nicht  direct 
mit  dem  heutigen  stow  identifizieren,  sowol  icegen  der  ab- 
weichenden bedeutung,  wie  wegen  der  nebenform  steowien, 
steowe,  stewen,  s.  Bosworth-Toller  es**».)    vgl.  Skeat 

GOl».    KmCE-LuTZ  201». 

b)  im  deutschen  besteht  kein  lautlicher  unterschied  gegen- 
über der  vorstehenden  bedeutung.  atuJt,  diese  gebrauchs- 
toeise  ist  zuerst  im  nd.  zu  belegen,  icie  sie  übei-lMupt  zu- 
nächst der  seemannsspraclie  angehört,  doch  im  mnd.  7iur 
ganz  vereinzelt  nachgewiesen:  dat  schip  is  al  vol  ghe- 
stouvet  {voll  waren  gestopft)  Hans.  rec.  v.  1395  bei  Schiller- 
LÖBBEN  6,  273».  heute  in  den  m,undarten  der  Nordsee- 
anwohner: hamb.  stauen  'fest  und  gepackt  zusammen  setzen, 
insonderheit  die  waa7'en  in  einem  .'ichiffe,  welcJie  in  der 
fahrt  nicht  müssen  gerüttelt,  gestosften  oder  zerdrücket 
werden ;  iciedrigen  falls  hat  der  sehiffer  nicht  wol  gestauet, 
und  ist  für  den  scJvaden  geJialten'  Richey  288  {so  nicht  in 
Osnabr.  Strodtmann  SSO*");  hoUt.  Schütze  4, 189;  brem 
wb.  4,  1006/.;  ostfries.  stauen  'fest  u.  dicht  zusam,m£n 
packen,  schichten  {z.  b.  holz,  torf,  icaaren  im  schiff  etc.) 
StOrenburg  262»,  stöen,  stöjen  ten  Doornkaat  Kooi 
MAN<f3,  322''  (c).  so  auch  nl.  stouwen,  vetus  vel  tassen 
acervare,  accumulare,  cogere  Kilian  2,644''.  auch  preusz 
'kunstrecht,  fest  und  gedrängt  verpacken,  namentlich  schiff's 
ladungen'  Frischbier  2,  363''.  —  auch  in  die  nord.  sprachen 
übernommen  (?):  dän.-norw.  stuve,  norw.  stuva,  stua 
Aasen  765. 

c)  im  nhd.  erst  in  neuerer  zeit  nachzuiceisen  •  wahren 
stauen  bei  Kramer  dict.  2  (1702),  2,  917»,  s.  stauchen  III,  2. 
sonst  erst  bei  Jacobsson  (1784)  verzeichnet:  'stauen,  {schiff- 
fahrt) soviel  als  .schichten,  die  toaaren  so  legen,  dasz  nichts 
verderbe,  auch  alles  in  gehöriger  Ordnung  und  dicht  neben 
einander  liege,  doch  so,  dasz  überall  eine  katze  daztcischen 
kann,  um  die  mause  zu  vertreiben'  7,  266»;  'waaren  stauen, 
sie  fest  und  so  zusammenlegen,  dasz  sie  ohne  schaden  zu 
leiden  den  tcenigsten  räum  einnehmen,  besonders  in  der 
schifffahrt,  die  ladung  eines  schiffes  gehörig  vertheilen  und 
bequem  fest  legen,  so  dasz  die  guter  weder  gedrückt  werden, 
noch  ihre  läge  verändern  können,  und  dasz  auch  das  schiff, 
wie  durch  schlechte  vertlteilung  der  last  geschieJiet,  weder 
dem  stampfen  und  rollen  ausgesetzt,  noch  zu  sehr  vorder- 
lastig  oder  hinterlastig  gemacht  werde'  Campe;  s.  femer 
KrOnitz  171,72.  BoRRiK  660''.  Stenzei,  «eewitfn«.  u'6.  400» 
unterscheidet:  'l)  die  arbeit  des  wegpackens  von  gegen- 
ständen an  bord,  besonders  von  gütern  im  räum;  2)  eine 
aus  verschiedenen  toaren  und  gütern  bestehende  ladung  im 
Schiffsraum,  unter  berücksichtigung  der  schwere  und  des 
Inhalts  der  einzelnen  stücke  sachgemäsz  unterbringen,  so 
dasz  der  laderaum,  möglichst  vollkommen  atisgenützt  wird; 
8)  saehgemäszes  unterbringen  des  Inventars  und  materials 
an  bord;  auch  verstauen.' 

d)  litteraturbelege :  nach  dem  nothwcndigen  hin-  und 
herreden  .  . .  wurden  die  sachen  der  fremden  Jungfer  auf 
den  wagen  gestaut  Freytag  12,84  (ahnen  6,1,  b); 

wo  in  den  räum  des  schiffe  man  deine  ballen  stau't. 

Freimouath»  1,99. 

dazu :  der  wackere  Steuermann  versicherte  . . ,  ich  könne 
ihn  {den  Klabotermann)  selber  sehr  gut  im  Schiffsräume 
hören,  wo  er  die  waren  gern  noch  bosser  nach  staue. 
Hf.inr  8, 100  Elster  {Nordsee  8). 

e)  daher  über  tragen  im  ostfries.  für  'sehr  sättigen' 
StOrf.nburo  868*;  dat  eten  stAcd  dtigtig,  d&r  kan  man 
nti  fSI  fan  Bten,  von  dichten  »chiceren  mehlspeisen  u.  a. 
TEN  Doornkaat  Koolman  8,882''(/y).  datu  stausam ,». da». 
—  noch  freier  und  allgemeiner  im  brem. :  dat  stauet  nig 
Teel  'das  bringt  nicht  viel  tu.  der  vorrath  ist  nicht  gros* 
brem  wb.  4,  ioo7  (8),  mu  auch  tu  8  ftMogen  vtrdtn  tcOnnie. 

f)  srhtDfrlieh  jKhM  hierher  die  rätatüu\fh  fftcMt:  aggrt 
gatus  pU.  geatTtiet;  tbtt.  eyn  stvuenSg  der  wort  «der 
«oder  ding'.  Dirp.  glon.  18*. 

6)  stanen  als  nebenform  tu  and«m  wlh-tem  (stauchen). 

a) /är  stauchen,  lujrarr.  ».  das.  1,4  (Stiklkh  2t«ö/.). 

Mr. 


b)  ochsen  stauen  =  stauchen,  s.  das.  1,2,  a  (Kramer 
dict.  2, 917»). 

c)  das  vei-einzdte  stauen  vaporare.  Stieler  2125/.,  ist 
wol  nur  versehen  für  stauchen,  s.  das.  III,  3. 

G)  weitere  abiceicJiende  bedeutungen  finden  sich  vereinzelt 
in  bair.  mundarten: 

a)  bair.  staeuen,  stäia~  stellen,  stützen,  stemmen,  den 
arm  auf  den  tisch  stseuen.  sich  k  'm  tisch  eini  st&io", 
mit  aufgestütztem  ellbogen  hinsetzen  Schmeller*  2,  709  (c). 
vgl.  stauchen  IV,  3. 

b)  tirol.  stauen  'icindig,  stürmisch  sem'  Schöpf  703. 
STAUER,  m.  eijier,  der  staut  Campe,    l)  gewöhnlich  als 

ausdruck  des  seeicesens,  zu  stauen  4:  'stauers,  arrumexirs, 
toerden  diejenigen  genennet,  welche  die  waaren  in  dem.  schiffe 
zu  rechte  legen  und  solche  dergestalt  zu  ordnen  wissen 
wollen,  dasz  sie  fest  auf  einander  gepacket  liegen,  damit, 
wenn  das  schiff  in  der  see  durch  stürm  und  ungewitter 
von  den  wellen  hin  und  wieder  geschlagen  wird,  .wiche 
waaren  sich  nicht  verrücken  oder  überwerffen,  und  folglich 
das  schiff  umstürtzen  können,  zu  welchem  ende  sie  alle- 
mahl  das  schicerste  und  nasse  unten  legen  m,üssen  .  .  .' 
Zedler  universaüex.  39  (1744),  1390  {danach  Jacobsson 
7,  4.S0»  und  Krünitz  171,72/.);  'ein  in  einem  seeliafen  mit 
der  stautitig  vertrauter  kunstverständiger'  Bobrik  660''  {vgl. 
Stauung);  'ein  mann,  dessen gewerbe  das  übernehmen,  stauen 
und  lossen  von  ladung  ist'  Sten/.kl  .seemänn.  xcb.  400». 
der  Schiffer  hat  zu  sorgen  für  die  tüchtigkeit  der  geräth- 
schaften  zum  laden  und  löschen  sowie  für  die  gehörige 
Stauung  nach  seemannsbrauch ,  auch  wenn  die  Stauung 
durch  besondere  stauer  bewirkt  wird  handelsgesetzb.  (i897) 
§  514.  so  besonders  in  Hamburg,  pretisz.  {in  Königsberg) : 
'die  lohnarbeiter,  die  aus  dem  vorschrifts-  und  ordnungs 
mäszigen  beladen  der  schiffe  ein  geioerbe  machen,  heiszen 
stauer  und  bilden  gewöhnlich  eine  genossenschaft  unter 
führung  eines  oberstauers  oder  staue rkapitäns,  der 
auch  den  stauerlohn  mit  den  Schiffseignern  akkordiert 
und  an  die  stauer  auszahlt,  die  gehilfen  der  stauer  heiszen 
schauer'  Frischbier  2,  364».  —  ebenso  holl.  stuwer,  engl. 
stower,  dän.  stuver,  schiced.  stufvare. 
2)  ganz  vereinzelt  in  andern  bedeutungen. 

a)  für  ballenbinder,  packknecht  Jacobsson  7, 430»,  vgl. 
1, 126''.  4, 144''  {da.^sdbe  wie  1,  in  allgemeinerer  anwendung). 

b)  stagnatore,  it.  stimolatore  Kbamer  dict.  2,  917'',  als 
nebenform  zu  staucher,  s.  das.  1  {zu  stauen  3). 

c)  frühnhd.  zu  stauen  2,  wehren-,  hinderet- :  so  ist  der 
{das)  alter  ein  stSwer  und  stiller  der  unfftr,  wan  wen 
alt  leut  bi  den  iungen  scint  so  hörren  sie  uff  von  ircn 
narren  werck  Keisersüerg  narrensch. (ib22)  30  {richtig^)'. 

8)  steir.  stauer  als  nebenform  zu  stauder,  s.  das.  1. 

STAUER,  /.,  für  Steuer,  s.  das.:  welicher  frembdcr 
herein  zeucht,  mit  uns  in  gleycher  stawr  und  beschwerd 
sitzen  soll  quellen  zur  gesch.  des  bauemkr.  aus  Eotenburg 
s.  128  Baumann. 

STAUER,  adj.  rauh,  utifreundlich,  grimmig,  nur  im 
äUem  nhd.  (16. — 17.  jahrh.)  bei  einigen  zumeist  nord- 
deutschen autoren  (Ringwaldt,  Thurneisser,  Spek), 
daher  wol  Lehnwort  aus  dem  nd..  vgl.  mnd.  stür  grosz, 
schwer;  von  personen:  störrig,  widerspenstig,  lästig;  mo- 
rosus,  atisterus  Schiller -LÜBBEN  4,468  {dazu  stürheit, 
sturicheit  strenge,  härte  4M»);  ebenso  mnl.  stuur,  sture 
stark,  listig,  wofür  jetst  die  Weiterbildung  stuursch  bar.sch, 
mürrisch,  vgl.  Franck  991.  damit  ist  toU  verwandt  nltn. 
stüra  betrübt  sein,  und  stüra,  /.  betrübnis  Cleasbv-Vio- 
FUSSON  600''.  Fritzner*  B,  &8&'>;  «orte,  stura,  verb.  und 
stur,  sturen,  ac^j.  Aasen  764";  und  tu  diesem  germ.  *stOra> 
läszt  sich  dann  weiterhin  lett.  stiirs  'hartnäckig',  skr, 
sthiirä.,  8thül&  'grob,  dick,  dicht,  groat'  atdlen,  «.  Torp  M 
Fi<:k*  3, 498/.  Prkllwitz  grieeh.  etym.  wb.*  430  {otnvfö«). 
{hiervon  ist  tu  trennen  ein  gem*inff«rm.  adj.  *8trira-  'grost', 
altn.  stArr  CLEA8nY-Viopu.'580N  596»,  woher  nettnord.  stör, 
ags.  B\öt  grost,  stark,  gewaltig  Bosworth -Toi. lkb  9«4» 
[Uhnwort  a%u  dem  nord.f],  aUfries.  slor  Richtmokkn  1058* 
[nur  nnmal  star;  «o  noch  aaittrländ.  stör],  aUa.  störi  *«• 
til^tu»  Wadstkin  885»  (in  8  glossen],  vgl.  lit.  störas  dtdk^ 
»law.  «tarn  aU  Torp  bei  Fick*  8,  478.)  stOr  findet  siek 
tu%eeiUn  auch  im  ahd.,  f.  b.  •  scaap  fona  smulcro  manno 
mezsM  (ovcf  de  populari  ordine)  samnn  uunnent  mit 
dhem  8i4irirom  in  dhuru  christes  chiriihhun  Jsid.  41,  ll; 

Mr. 


1169 


STAUERLOHN  —  STAÜF 


STAUF 


1170 


so  at*ch  Stur  als  personennameT,  s.  Fökstemann  natnenb. 
1-,  1364  {was  2^,  1396/.  zusammengestellt  icird.  gehört  jeden- 
falls nicht  hierher),  die  geicöhnliche  form  ist  jedoch  ahd. 
sünri,  fortis,  ferox.  amplus,  magntis,  magnißcus.  sttperbus, 
suMimis,  eminens.  praesta)is  Graff  6, 702/. ,  vgl.  707  und 
J.  Grimm  kl.  sehr.  6,  315,  36.  (atis  urg.  *steuria-,  s.  Torp  493. 
Prellwitz  a.  a.  o.)  in  mhd.  zeit  erhalten  auf  ostmittdd. 
hoden  in  der  Zusammensetzung  angestüre  ungestüm  Lexer 
handwb.  2,1871,  unstüreg,  unstügirlich  1941,  xcozti  das  etwas 
ujigere  abstr.  ungesture,  unstüre  s.  ebenda;  vgl.  auch: 
■frbus  . . .  stier  Dief.  gloss.  9».  —  hettte  ist  stur  erhalten 
1  n  den  nd.  mundarten  mit  einschlusz  des  mittelfränk. : 
köln.  stoor  eigensinnig,  satiertöpfig,  schtceigsam,  Honig'  176*, 
in  Aachen  stuur  storrig,  mürrisch,  e  stuur  weese  eine 
sattre  miene  MCller-Weitz  240;  westf.  stür  starr,  stark, 
sMf.  anhaltend;  mürrisch;  adv.  fortwährend  Woeste  261» ; 
tldeck.  stur  mürrisch,  eifrig  Bauer-Collitz  101*;  süd- 
nm.  stur  (von  kälte)  starr  Schambach  216'»,  lippisch 
iur  steif  und  unbeweglich;  ernst,  grimmig  Fromm.\nn 
iS5;  osnabr.  stuhr  satier,  grimmig,  böse  (he  süt  stuhr  ut) 
RODTM.*.NN  235  (vgl.  382»);  ostfries.  stuur  mürrisch 
=  stuursk) ;  schwer,  schwierig,  eine  grosze  kraftanstrengung 
trfordemd  StCrenburg  271*'.  ten  Doornkaat  Koolman 
3,355''.  Frommaxn  4,135,140;  brem.  simu  grosz,  schwer, 
stark,  mächtig:  een  stuur  (groszer,  starker)  minsk,  ene 
sture  arbeid;  mürrisch,  storrig,  unhöflich,  grob  brem.  tcb. 
■i.  1083;  hamb.  starr  starr,  steif,  sturre  haare  capilli  hirsttti 
KicHEY  299;  holst,  stuur  grosz,  ansehnlich  (en  stuuren 
keerl);  Jiart,  stuur  drögt  steif  getrocknet  Schütze  4,  22i; 
stür  starr,  stier,  erstarrt,  he  was  gans  stur  vor  schreck, 
hö  kikt  mi  so  stür  an ;  von  hartem,  unbiegsamem  sinn 
und  Charakter  {in  diesem  sinn  auch  stürsch)  Danneil  215'», 
auch  aufrecht,  gerade,  steil  279'';  meklenb.  stur  gerade, 
aufrecht,  und  stur  starr,  unbiegsam  Mi  88*;  pomm.  sturr 
aiarr.  storrig.  mürrisch  D.\hnert  472*;  preusz.  sturr,  stür 
starr,  steif,  sturres  zeug,  sturre  leinwand  {steif  gummiert, 
gestärkt);  still  und  stür  dasitzen;  ein  sturres  gemüt, 
störrisch,  eigensinnig;  daneben  stursch,  stürsch  störrisch, 
widerhaarig,  stürsches  (struppiges)  haar;  herbe,  hart,  starr, 
steif,  von  getränken  und  zeugen  Frischbier  2, 386''.  (einige 
mundarten  legen  es  nahe,  ein  adj.  sturr  'starr,  steif  als 
besonderes  wort  abzutrennen,  doch  ist  eine  sonderung  nicht 
durchzuführen;  jedenfalls  müszte  frühe  Vermischung  ein- 
getreten sein.)  —  in  der  nhd.  Schriftsprache  kommt  stauer 
(oder  meist  noch  staur,  ßectiert  stets  staure)  in  folgenden 
Verbindungen  vor.     vom  winde,  rauh,  Jieftig,  grimmig: 

eia,  stark  und  freche  wellen, 
eia  staur  und  stolze  wind. 

Spee  trutzn.  g.  77  Balte  (19,42;  in  der  atug. 
r.  1649  105  dafür:  starck  und  stoltze  w.); 
jetzt  kalter  lufit,  und  stawre  wind, 
uns  wider  seind  versöhnet. 

(1649)  119  (22,  55,  8.  85  Balke); 

von  menschen:  Paracel(»t«»).  nent  die  stauren  unfreund- 
lichen leut  also,  die  sehr  ernsthafft  seind  Thl'RNEIsskr 
magna  alchymia  (Berl.  1583)  2,  48.    advejhial : 

merckt  femer,  als  gedachter  pawr, 

bet  seine  sund  gebeichtet  stawr. 

B.  RiNGWAi.DT  chrisä.  wariiung  de»  tr.  Eckarts 

(1588)  H  6»  {dafür  in  der  augg.   v.  1589   K  1»: 

sawr); 

ich  machs  eucb  süsz,  ich  macbs  euch  sawr, 

bald  red  ich  sanfTt,  bald  wieder  staur. 

erangel.  (1646)  D5»'; 

das  gab  den  heuchiem  gros  verdris, 

sie  sahen  drüber  sawer, 

und  stiessen  mit  eim  stumpffen  spies, 

auff  Christum  eben  stawer, 

und  sprachen  ist  das  ein  prophet  ...    Y  2*. 

STAUEKLOHN,  m.  'der  dem  stauer  für  das  stauen  einer 
ladung  bezahlte  lohn  Stenzel  seemänn.  vb.  400*,  vgl. 
stauer,  m.  i. 

STAÜF.  m.    I.  becher. 

l)  *staupa-  ist  in  diesem  »inne  die  alte  gemeingerm. 
bezeichnufig,  die  im  deutsehen  durch  die  lehnworte  becher, 
kelch  verdrängt  ist:  altn.  stäup,  neutr.  Vertiefung  im 
vege.  becher,  klumpen  Clea8BY-ViüPUS.son  589''  (die  erste 
hedeutung  irieht  ToHP  bei  Fick'  3,497  als  die  ursprüng- 
liche an,  indetn  tr  von  dem  unter  II  erwähnten  adj.  aus- 
geht; die  hedeutung  'becher'  au»  dt^n  ags.  entleJint*),  ebenso 
«orte,  stäup  Aasen  746*  (ßchwed.  stöp,  dän.  steh  sind  vU 

X.2. 


vom  verb  stöpa,  st«be  gebildef) ;  wesfgerm.  als  masc. :  ags. 
steap  Cleasby-Vigfusson  913''  (das  neuengl.  stoop,  stoup 
kanri  nicht  daraus  liergeleitet  werden  und  ist  wol  entlehnt, 
vgl.  Skeat  600'");  alts.  unbelegt  (staupa  bei  Wadstf.in 
111*,  22;  sciphus,  parva  staupa,  ist  natürlich  tat.),  mnd. 
stöp  (vereinzelt  stuf,  vgl.  unten)  Schiller-Lübben  4,413, 
mnl.  stoop  krug;  ahd.  stouf,  stauf,  stouph  (plur.  staufä, 
stouffä,  stouph  a,  -e,  -i),  calix.  cyathus.  botolica,  ajatus. 
emina.  phialus,  fiala,  scyphiim,  staupus  Graff  6,660  (stouf 
als  glosse  über  calix  bei  Notker  ps.  10,  7.  15,  5.  21, 3.  74, 9), 
mhd.  stouf,  stauf,  stuof,  stoff  Lexer  handwb.  2,  1216: 
calix  .  . .  stouf  Dief.  gloss.  90«  (ahd.),  cyathus  116"  (nor. 
gloss.  SS*);  bothonicula  u.s.w.  stouf,  stouph,  stouphiün, 
ags.  stoppa,  stappa  79*  (ahd.);  bothoma  stouf,  eymer  not;. 
gloss.  58*  (anfang  des  15.  jahrh.);  (h)emina  . .  .  stouph  gloss. 
200'';  metreta  . . .  pint,  stauf  nov.  gloss.  252'»  (voc.  v.  1420); 
scyphus  . . .  hofbeker  vel  stöp  gloss.  518*  (Chytraeus); 
stopa,  stupa  . . .  ein  stauff  o.  gelt,  stoufF  vel  geelt,  stoop 
vel  gelte,  stubichen  u.  s.  w.  554'>  (gemma  gemmar.  1507 — lO); 
vgl.  nov.  gloss.  349''.  das  wort  ist  auch  ins  mittellat.  über- 
gegangen als  staupus,  staupum,  stoupus,  stopus,  stopa; 
demin.  staupulus  und  stopellus,  s.  Du  Gange  7,  590«/ 
im  abl^ut  dazu  steht  ags.  stoppa  eimer  Bosworth-Toller 
934*,  alts.  stoppo,  botholicula  Wadstein  s.  iii'',  40  (Oxf. 
Vergilgl.),  ahd.  stopha  Graff  6,  660  (?),  vgl.  nonc.  stoppa 
fuszstapfe  Aasen  755'»  (?).  weitere  beziehungen  sind  un- 
sicher, (das  von  Torp  angezogene  lett.  stäupe  'pferdefusz- 
stapfe'  ist  natürlich  aus  dem  nord.  entlehnt.)  vgl.  Wächter 
1593.  WeIGAND  2,803.  FlCK^  3,  343.  ToRP  bei  FlCK*3,  497. 
M 0  LLEN hoff  d.  altertumsk.  4, 345.  —  stauf  ist  im  deutsc/ten 
starkes  masc.  im  österr.  begegnet  daneben  ein  fem.,  s.  staufe  1 
und  Frisch  unter  3.  (in  den  Ostseeprovinzen  auch  neutr. 
HuPEL  229  unter  3.)  die  ßexion  ist  theils  die  der  a-,  theils 
der  i- stamme:  ahd.  pl.  stoupha,  stauf(f)a,  stouffa  und 
stouphi,  -e,  stoufi,  s.  Graff  6, 660.  später  hat  der  plur. 
meistens  umlaut  (s.  Basler  chron.  5,  529  und  Forer  fischb. 
142*  unter  2,  b.  B.  Waldis  unter  3,  Keller  5, 185  unter  2,  a; 
stauffe  Garg.  123,  s.  unter  2,  a,  femer  Frisch bier  unter  3). 

2)  stauf,  stöp  als  bezeichnung  eines  trinkgefäszes  ist  in 
der  mnd.  Schriftsprache  bis  zt«  ihrem  erlöschen  üblich  ge- 
blieben, s.  Schiller-Lübben  4,413.  brem.wb.  4,1047/.  6,345. 
L.\üremberg  betrachtet  es  sogar  als  specißsch  nd.  im  gegen- 
satz  zum  hochd.  .- 

ihr  drincket  aus  dem  becher,  wy  drincken  uth  dem  stope. 

schert zged.  4,  678. 
später  ist  es  eingegangen,  auf  hd.  gebiete  scheint  es  be- 
sonders dem  oberd.  eigen  zu  sein  und  hat  sich  hier  bis  zur 
gegenwart  erhalten:  stauff  (der)  grosser  bächer,  crater 
M aaler  385«;  stauff,  m.  ein  grosser  bekker,  crater 
ScHOTTEL  1421;  stauf,  der,  est  crater.  ein  groszer  becher 
Stieler  2126;  stauf,  m.  [voc.  sass.]  biechierone  ampio.  lat. 
crater  Kramer  dict.  2,917«;  'der  stauff  . . .  ein  im  hoch- 
deutschen unbekanntes  und  nur  im,  oberdeutsdien  gang- 
bares wort,  ein  gefäsz  von  einem  gewissen  umfange,  in 
gleichen  einen  becher  einen  kelch  zu  bezeichnen'  Adelung 
(was  für  die  bedeutung  3  niclU  zutrifft),  so  jetzt  noch 
Schweiz,  stauf  'humpen  d.  i.  becher  von  besonderer  grosze, 
dergleiclten  ehemals  bey  den  feyerlichen  Schiceizergastmahlen 
paradirten'  Stalder  2,393;  österr.  s.  unten  g,  ß. 

o)  zur  begriffsbestimmung :  stauf,  m.  bey  den  alten  ein 
grosser  becher,  darein  ein  stübchen,  oder  vier  maas,  oder 
4.  qvart  giengen,  crater  Frisch  2,  323*.  der  stauf  unter- 
scheidet sieh  von  andern  trinkgefäszen  durch  grösze  uttd 
gestalt :  er  ist  in  der  regel  ohne  fuaz  und  hat  eimerform, 
neben  andern  gefäszen  genannt:  mit  emmeren,  balligen, 
groete  schalen,  groete  giften,  kannen  und  kroesen,  stoepen, 
wo  idt  mag  genoemt  werden  quelle  bei  Schiller-Lübben 
4,  413'' ;  da  risz  . .  .  man  den  wein  ausz  potten ,  ausz 
pinten,  ausz  kelchen,  napffen,  gonen:  kellen:  hofbechem: 
lassen:  trinckschalen:  pfaffenmasen:  stauffen  von  hohen 
staoffen  (xcortspielend  mit  U) :  kitten :  kälten  m.  s.  w.  Garg. 
a.  tiS  nettdr. ;  schöne  frauen  und  Jungfrauen  fanden  sich 
ein,  immer  mehrere  stäuffe,  köpfe,  schalen  und  becher 
wurden  aufgesetzt,  so  dasz  über  all'  dem  glänzen  der 
feurigen  äugen  und  des  edlen  metalles  die  armen  Ruechen- 
steiner  sich  selbst  vergaszen  Keller  5, 186. 

b)  der  stauf  ist  meistens  von  metall  (vgl.  die  ztdetzt  an- 
gezogene stelle)  und  zwar,  da  es  sicJi  gewöhnlich  um  prr*nk 

74  Mr. 


1171 


STAUF 


STAUF 


1172 


atiicke  handelt,  gern  von  edelmetMl:  sulveme  stopp,  schower 
und  schalen  quelle  bei  Schim.erLObben  ♦,  413'»;  darna 
nemen  se  al  dat  sulverwerk  van  stopen,  sulver  scalen, 
sulver  lepel,  wat  dar  was  Hamburg,  chron.  s.  127  Lappen- 
berg; sulver  kanne,  schalen,  stope  chron.  d.  kl.  Ribnitz 
139,  23  Techen  {zum  j.  1525) ;  und  gewunnen  sy  die  wagen- 
barg und  was  do  inn  was,  als  sin  Silbergeschirr,  vil 
kostlich  stöufT,  köplT  und  silberin  kannen  Baaler  chron. 
5, 529,  3*  {vom  j.  1*76);  do  ward  neben  andern  diesem 
Schalksnarren  auch  ein  silberner  stauf  geben ,  wein  zu 
bringen  Zimm.  chron.^  3,  460, 19.  vergoldet:  de  rhat  schen- 
kede  dem  cardinale  eine  ahme  winsz  . . .  und  einen 
sülvern  vergülden  stop,  87  gülden  wehrt  quelle  s.  brem.  tcb. 
*,  10*8  (Renner  zumj.  1502).  sogar:  gülden  stauff,  phyala 
Dasypoüius,  vgl.  phiale  eyn  credentz  geschirr,  gülden 
staufT,  eyn  schalen  ders.  im  lat.  deutschen  theile;  urchin 
guldiner  stauff,  cra^«- an»o  «o/trffts  Maai.er  385";  (der 'ohr- 
schneck',  turbo  auritus)  ist  lustig  mit  corallen  geziert,  als 
die  goldtschmid  pflegen  etliche  güldine  stäuff  zu  schmiden 
Forer  fischb.  1*2».  von  anderm  material:  III  koppe  van 
albastere  unde  III  stope  van  albastere  Wismarer  inv.  bei 
Schiller  LÜBBEN  *,  *13'';  l  maser  {ahmnen)  stop  myt 
sulwer  ebenda;  abiegnus  .  . .  ein  vihten  kene  o.  stoff  Diek. 
gloss.  3»  {voc.  V.  1*40).  (hölzerner  stauf  zu  anderm  zweck 
a.  unten  g,  ß.) 

c)  der  stauf  ist  meistens  ein  prunkstück,  vgl.  b  und  oben 
Stalder.  daher  auch  mit  plastischem  schmuck:  staufT 
von  erhaben  arbeit  oder  mit  bildwerck,  caelatus  crater 
M aaler  385".     stauf  als  ehrengeschenk : 

für  den  besiegten  ein  prächtiger  stauf. 

BODMER  Homer  1,  s.  383  ill.  23,  656 : 
d'snas  du^ixvneV.ov); 
der  stauf  ist  für  den  besiegten.    38*  (663). 

d)  voller,  leerer  stauf: 

die  vierd  auf  erde  nider  sasz 
faulkeit  der  schwacheit  tochter  was 
ein  leeren  stauf  hielt  in  der  band. 

Wickgram  kuniit  zu  trinken  2,  D  3». 

mit  angäbe  des  inhalts:  ein  stauf  weines  oder  in  neuerer 
spräche  meist  ein  stauf  wein,  vgl.  unter  e.    auch: 

(iMrr.)  man  sol  im  billicb  ztrinken  geben, 
Atser    .  .  .  nim  hin,  bring  im  den  stouf  mit  win. 

FuNKELiN  Pallas  (1550)  v.  126  {schavsp.  au$ 
dem  16.  jahrhi  1,  «.  177). 

e)  verbale  fügungen: 

und  log  welcbs  da  der  köstlichst  (wet'n)  sey,  . ., 
heisz  oir  ein  hohen  stauff  vol  schencken. 

ScHEiDT  Qrobianti»  3198; 

se  hebben  gesecht:  'seeth,  drinket  uth  juwem  stope'. 
Hatiü).  chron.  a.  31  Lappenberg,  ein  stauf  wein  etc.  aus- 
sauffen,  vtiotare.  7nandar  giü,  tracannare  un  tal  bicchiere 
Kramkh  dict.  2,9\fi*;  eim  ein  grossen  stauff  voll  ausz 
bringen,  magno  cratere  laceaaere  aliquem  Maaler  885"; 

drinck  my  tho  den  stop  mit  dem  wyn. 

Stricker  de  aüdesche  schlömer  G  2»,  v.  2313. 

einen  stauf  trinken,  wobei  dann  stauf  auf  die  darin  ent- 
haltene ßüaaigkeit  gellt;  {im  bilde:) 

den  stouf  den  er  da  hie  tranc, 

der  gena'di^e  Christ,  . .  . 

des  muz  wir  alle  bichom.    aneg.  19,  69. 

vgl.  noch:  diser  staufT  hie  mag  die  bin  netzen,  dann  der 
es  nicht  empGnd:  der  trinckt  für  nichts  Garg.  s.  129  neudr. 

f)  der  stauf  dient  in  der  regel  zu7n  trinken,  seltner  zu 
anderm  gebrauche,  so  gelegentlich  {wobei  stauf  dann  das 
betproehene  tnnkgefäst  iaf):  wart  im  erlich  geschenckt  in 
einem  staufT  tusent  gülden,  und  sinem  sun  funffhundert 
gülden  in  einem  staufT,  one  win  und  haber;  wart  ge- 
•obetzt  u(T  *  tusent  gülden  Basier  chron.  4,  H5»,  6;  binden 
nach  in  »olchem  gedUmmel,  drang  Trachinus  auff  Pelorum 
zu,  zucket  den  schweren  stauff,  jn  damit  zu  bodcn  zu 
werfTen  buch  der  liebe  KOT;  wirst  du  viel  mäusz  darüber 
haben,  so  wil  ich  dir  diesen  stanfT  {l.  staufT)  zeigen,  dasz 
du  nicht  viel  ach  und  wehe  sagen  wirst  208^. 

g)  stauf  wird  dann  auch  auf  ähnlich«  gerate  übertragen. 
die  tu  andern  zwecken  dienen. 

a)  nd.  sl/)p  melkkübel:  »inum  molkkubiie,  . . .  eyn  atoep 
tzo,  stAp  to  meickeii  DiRP.  gloaa.  ftS?**. 

/Sf)  der  stauf  'in  der  gegend  von  Wien,  ein  höUernea 
gtfäat,  wtUhea  nur  teit  der  teeinleee  vortUglieh  gebrauchet 

Mr. 


toird,  um  den  weinmost  aus  und  ein  zu  schenken'  Höper 
3,  174. 

y)  Schweiz,  stauf  atich  für  'feuerkieke'  Stalder  2, 393. 
h)  zuweilen  in  freierem  gebrauche,  im  bilde:  also  wil 
ich  euch  das  tütsch  büchlin  herfür  ziehen  darin  ir  finden 
die  warheit  guter  sitten  und  geberden  under  den  figuren 
unnd  gleichnissen,  das  ist  der  stauff  darin  ist  süesses  und 
bitters  (hie  calix  vini  meri  plenus  iuxto)  Keisersrerg 
narrensch.  11*  {vorr.),  a.  auch  ScherzOberlin  1662.  EiSE- 
I.EIN  577; 

sich,  da;  d!n  muot  iht  trunken  ge  von  des  gelückes  stoufe. 

Frauenlob  116, 19. 
ungewöhnlich  für  'Schlund,  ahgrund' : 

darumme  so  warp  unse  leve  here  got 
den  engbel  yn  der  hellen  stop 
uthe  deme  hemmele. 

laiendoctr.  122=  bei  Schiller-Lübben  *,  *18'>. 

i)  mhd.  stouf  im  tcappen  '-=  spitz  {becher)'  Gritzner 
herald,  terminologie  {bei  Siehmaciier  wappenb.)  307".  (zum 
stouf,  Straszburger  hausname  1302,  s.  Ch.  Schmidt  hist. 
tob.  der  eis.  mundart  s.  S*!**.) 

3)  indem  der  stauf  geioöhnlich  eine  bestimmte  grösze  hat, 
wird  das  wort  weiterhin  bezeichnung  eines  maszes  für 
flüssigkeiten.  so  schon  mhd.  und  mnd.,  s.  Lexer  handxcb. 
2,1216.  Schiller-Lübben  *,  *13*'.  dahin  gehört  es,  icenn 
stauf  zur  wiedergäbe  von  metreta  oder  von  stopa  {das, 
daraus  entlehnt,  in  eben  diesem  speciellen  sinne  üblich  ist) 
dient,  s.  d.  glossen  tmter  l.  in  einem  lat.  geschriebenen 
Bremer  kaufbrief  von  1325  bezxo.  1*9+  wird  una  stopa 
buüri  durch  zusatz  von  (ein  stoep  botter  oder  achten- 
deelken)  erklärt,  tconach  das  wort  als  'ein  kleines  fäazgen, 
ein  achtel  von  der  tonne'  bestimmt  wird  {ohne  angäbe,  ob 
noch  üblich)  brem.  wb.  *,  10*8;  in  dem,  Marienburger  treszler- 
buch  u.  1399 — 1409  {hrsg.  v.  Joachim,  Königsb.  1896)  ist  stof, 
stouf  ein  masz  für  icein,  =  '/»o  löge  (louge ,  logel ,  fasz),  a.  d. 
wortreg.  diese  Verwendung  geht  natürlich  aus  von  fällen,  wo 
ein  wirklicher  becher  als  masz  gebraucht  icird,  z.  b. :  we  be- 
grepen  werth  myth  eynen  falschen  beckere  effte  stope 
offle  myt  falscher  olygematen  Rigaer  quelle  bei  Schiller- 
Lübben  a.a.O.  ähnlich:  item  soll  die  gemeinde  ein  art 
zu  der  weinmasz  halten,  zu  einer  masz,  zu  einer  halben 
masz  und  zu  einem  achtmasz.  . . .  und  aus  den  vor- 
genanten arten  soll  man  ein  würt,  der  da  wein  schenkt, . . . 
ein  meszigen  stauf,  ein  halben  meszigen  und  ein  echt- 
masz  {achtel)  stauf  maszen  und  eichen  xceiafh.  6, 687  {061U 
heim,,  vom  j.  1460).  die  litterattir belege  eratrecken  aieh  vom 
12.  bis  ins  16.  jahrh. :  dar  nach  nim  einen  stouf  vollin 
des  handigin  {scliarfen)  ejjikes  unde  mischeg  alle;  ze- 
samine.  . . .  dar  geuj  ein  triteil  eines  stoufis  von  ejjike, 
danne  giuj  eg  in  ein  glasevag  arzneib.  119,  2*.  27  Pfeiffer 
(I,  *);  dat  neyman  geynen  mart  zö  cüfbeir  (kaufbier)  in 
sette,  in  dat  man  eynen  stuf  {var.:  ein  stubich)  beirs 
umbe  eynen  penninc  gülde  d.  chron.  2,  2*5, 19  {.säclia.  weit- 
chron.  368,  zum  j.  1226);  kunt  er  zu  Mörbach  zu  vastnaht, 
(so  giebt  man  ihm)  einen  stöf  und  ein  brot  und  ein 
berizze  {portion)  fleisches  tceisth.  *,  129  {laeitheim  im  Elaasz, 
1382);  und  sol  man  den  fflrsteren  geben  vier  solen  und 
iedeman  ein  brot,  ein  stügke  fleis  und  einen  stöf  wines  188 
(Oberhergheim ,  ende  dea  1*.  jahrh.);  den  (mähdern)  sol 
man  geben  gebfitelt  brot,  und  vier  einen  kese,  und  tzwein 
einen  8t5ffe  rots  wines,  tzwflrent  in  dem  tage  198  {Melteral 
im  Elsaaz,  anfang  dea  lü.  jahrh.);  alle  dye  daygen ,  die 
do  habent  metzen  wein  ein  vierlal  stauff,  dy  sullen  das 
pringen  zw  sand  Michels  tag  3,  69",  30  {l'afztnannsdorf  in 
Niifleröaterreich.  um  1460);  da  sali  seine  gnaden  inen  ur» 
laab  geben,  und  sali  den  geben  zuo  fochhentzen  und  eia 
stauff  weins  2,  466  {Oondorf  an  der  Untermoael);  und 
(Ulenepiegel)  gat  mit  den  kanten  {können)  in  den  «rein* 
keller,  und  laszt  im  messen  ein  stauff  weinsz.  ...  und 
sprach,   weinxcpffer,  wz  gilt  der  stouff  weins  Ulenepiegtl 

67.  htet.;        Jn  naro«  ein  grosse  höltzom  kannen, 
wol  von  sechs  stiufTen  oder  mehr. 

K.  Wai.üIsi  Jiiop  4.19.71. 

ums  die  qt*antität  betrifft,  «o  wird  stauf  im  alh/rmrinen 
einem  hettte  tiUiehereti  stübrhcn  gleiekgesHtt  (gein'.hnlicA 
OMofc  ttifmotogiedi  iärntt^fiairt),  vgl.  da*. :  'gemeint  gl  ich  ist 
e»  ein  maes  ßüeeiger  ding«,  xeelehee  mit  uneerm  stUbchen 
sowohl  dem  k&rferUekm  iiüuUte.  ale  der  abetamimung  nad^. 
genau  überein   kommt»   und   in  einigen   niederdeuteekiit, 

Mr. 


1173 


STAÜF 


STAUFBIER—  STAUFICHT 


1174 


gegenden  stoff  lautet'  Adelung,  vgl.  Frisch  unter  2,  a. 
stauf  hat  sich  i?i  verschiedenen  mundarten  bis  in  die  gegen- 
wart  erhalten,  so  österr.:  'als  ein  getcisses  angenommenes 
masz,  hält  der  stauf  1^/3  masz;  24  stauf  machen  einen  eimer, 
oder  40  masz.  in  den  berg-  und  zehendrechten  tcird  daher 
alUs  nach  emer  und  stauf  beiechnet.  ...  in  den  alten 
Zeiten  ist  der  stauf  grösser  gewesen :  denn  schon  unter  herzog 
Eadolph  IV.  ist  selber  um  den  vierten  theil  kleiner  ge- 
macht worden'  Höfer  3, 173.  zu  der  letzten  angäbe  vgl.  .- 
das  vierteil  der  stawff,  oder  die  maas  soll  man  mynnen 
{'wegen  des  taigelds  kleiner  machen"),  dasz  wann  einer 
aufthut  um  20  pf.  das  engstel  just  zwanzig  mahl  in  den 
vierteil  stauffen  gehe  quelle  (e  diplomate  Rudolfi  archid. 
Aiistr.)  bei  FiüSCH  2,323»,  vgl.  ScHMELLER^  2, 735.  dagegen 
komm.t  stouf,  stäuff  im,  bair.  nur  in  der  altem  spräche 
vor,  s.  ScHM.^  2,  735;  ebenso  steir. :  'stauf  und  staufen,  m., 
alte  bez.  für  ein  fliissigkeits- ,  bes.  tceinmasz,  bis  tim  1600 
in  gebrauche'  Unger-Khull  571».  sonst  gerade  im  nord- 
osten  des  hd.  Sprachgebietes  in  nächster  nähe  des  nd.: 
nordthür.  in  Stiege  schtöf,  demin.  schtewechen,  ßiissig- 
keitsmasz  Liesenberg  206,  sdöf  Hertel  »prachsch.  234; 
preusz.  stoof  'quartmaasz'  Schemionek  39;  stöf,  plattd. 
stöp  'hohlmasz,  der  90.  theU  einer  to7ine,  der  120.  eines 
ohTns,  ungefähr  ein  liter'  Frischbier  2,  374.  hier  sind 
auch  schon  aus  dem  mittelalter  genaue  maszbestimmtmgen 
mitgetheilt:  94  staufe  soll  eine  tonne  hier  halten ,  aber 
96  staufe  eine  tonne  meth  und  132  staufe  ein  rheinisch 
fasz  wein  landesordn.  (r.  1307);  unsre  brauertonnen  sollen 
sein  92  staufTe,  und  die  vazze  zweimal  so  grosz  Danziger 
icülkür  V.  1369  und  1455,  s.  ebenda,  ferner  in  Liv-  und 
Esthland:  'stoof  oder  stof,  der  und  das,  ist  das  hiesige 
gemeinste  maasz  bey  fliiszigen  sacJien  {es  mächte  ungefähr 
2  sächsische  nösel  betragen)'  Hupel  229.  —  ebenso  holl. 
stoop,  masz  von  2  kannen. 

II.  spitzer,  kegelförmiger  berg.  so  nur  hd.;  Substanti- 
vierung des  icestgerm.  aclj.  *staupa-  steil,  ags.  steap,  engl. 
steep,  altfries.  stäp,  s.  Torp  Jei  Figk*  3,  496/.  Müllen- 
HOFF  d.  altertumskunde  4,  345,  anm.  ahd.  stauf,  stouf, 
rupes,  saxum  ingeyis;  cautes,  promunctorium  Gr.'VFF  6,  660, 
vgl.:  cautes  staufe  steina  gl.  Ker.  bei  Diefenbach  nov. 
gloss.  82»;  mhd.  stouf  hochragender  felsen  Lexer  handwb. 
2, 1216.  als  appellativ  nur  ganz  vereinzelt :  cardinal  lor- 
danus  Ostienszis  . .  .  zoch  in  mit  Ix.xxv  pfärden  in  den 
hof  als  man  gat  über  den  undern  hoff  gen  dem  stouff  über 
zä  der  linggen  siten  Ulrich  v.  Richental  Constanzer 
conc.  s.  24  Bück;  der  erst  ertzbischof  . . .  zoch  in  ...  in  den 
hoff  hinder  dem  stoff  46.  in  neuerer  zeit  gelegentlich  als 
dichterwort:  um  iahe  ber?e  wand  sich  der  pfad, 
gefels  mit  basaltenen  staufen. 

Brinckman  5,  61  Wdtzien. 
häufig  dagegen  als  name  von  bergen,  so  schon  ahd.  seit 
dem  8.  jahrh. ,  im  dativ  Stouphe,  -o,  gewöhnlich  im  dat. 
plur.  Stoufun,  -en,  Stouphin,  -en,  auch  in  tautologischer 
Zusammensetzung  Stoufinberc,  Stophanberch ,  s.  Förste- 
MANN  namenb.  2-,  1382/.  so  noch  jetzt  weit  verbreitet,  be- 
sonders in  den  oberd.  landschaften ,  Baden,  Schtcaben, 
Baiern,  Österreich,  doch  auch  in  Hessen  und  anderstco, 
als  name  von  bergspitzen  und  bürgen,  sowol  als  simplex: 
Stauf,  Staufen,  tcie  in  Zusammensetzungen,  wie  Donau- 
ßtauf,  Restenstauf,  der  höh  Stauff  bei  Reichenhall,  Hohen- 
staufen,  Staufenberg,  -buhl,  -eck,  -küppel,  s.  Schmiü  507. 
Schmeller'^  2,735.  Höfer  3, 174.  Vi LM AR  .396.  daher  dann 
auch  als  Personenbezeichnung  von  St6f(f)en,  s.  Socin  mhd. 
tuimenb.,  reg.  (vgl.  jedoch:  'stauffen,  ein  altes  deutsches 
wort,  tcelches  soviel  hiesz  als  ein  kelch  oder  becher,  tcelches 
man  noch  bey  der  adelichen  famUie  von  Stauffen,  toelche 
drey  becher  in  dem  icappen  führt,  siehet'  Zedi.er  universal- 
lex.  39, 1391.)  besonders  bekannt  ist  die  schwäb.  Stammburg 
de»  berühmten  kaiserhauses,  die  wir  jetzt  gewöhnlich  Hohen- 
staufen  nenr\en ;  das  gescfUecht  selbst  mhd.  (der)  von  Stoufen, 
oder  Stoufsere,  Stoufer.  a.  Lexer  a.  a.  o.  jetzt  wird, 
weniger  gut,  in  der  reget  die  Hohenstaufen  gesagt;  seifen 
einfaches  der  Staufe:  dieser  stoff,  der  kämpf  zwischen 
Heinrich  dem  Löwen  und  kaiser  Friedrich  Barbarossa, 
ist  hundertmal  erwählt  worden,  der  Weife  und  der  Staufe, 
. . .  wie  oft  haben  sie  sich  bekämpft !  Laube  ausgerc.  werke 
t,iU  Houben  {burgtheater  2, 2S).  dazu:  nach  kaiser  Hein- 
lich VI.  . . .  kam  das  letzte  Staufenkind  Konradin  der 

Mr. 


I  junge  Keller  6,  81;  Jakob  von  Wart  . .  .  sang  .  .  .  das 
I  schöne  tagelied,  das  am  Schlüsse  der  von  ihm  uns  er- 
1  haltenen  Sammlung  steht  und  sich  mit  den  vorzüglichsten 
i  gedieht  en  dieser  art  aus  der  Staufe  nzeit  vergleichen 
i   lassen  kann  45. 

i  III.  vereinzeltes,  l)  gelegentlich  als  entstellung  aus 
!   stauche  I,  s.  staufe  2. 

I        2)  unklar:   und    fürwar  disz   argument   ist  der  edelst 
I   unnd  feinste  eisen  stauff,  darausz  der  herr  Blindasinus  . .  . 
I    seine    gantze    kriegsrüstung,    kürisz    und    hämisch    ge- 
schmidet  hat  Fischart  bienenk.  32*. 

3)  'der  stauf  . .  .  die  spitze,  stufe.   Fulda,    derselbe  führt 
;    es  auch  für  kante  an'  Campe,     sojist  nicht  bekannt. 

STAUFBIER,  n.,  mnd.  m»  Lübeck  stoepbeer,  stopber 
s.  Schiller-LCbben  4,413''/  {'bier,  das  stöpwise  rerAaiM/f 
wird 7' —  kaum):  wer  dickeber,  we  pennigbßr,  ...  we 
stöpbSr  bruwen  wil,  dat  he  dar  by  blyve,  s.  ebenda,  hd. 
in  obedienzrechnungen  der  Zeitzer  domherren  aus  den  jähren 
1456 — 7:  VII  {den.  für)  eyn  naw  vesgen  czu  stauf  bir; 
;  VIII  aide  gr.  vor  dy  II  veszigen  czu  dem  stawff  bir 
zeitschr.  f.  d.  philol.  9, 146. 

STÄUFCHEN,  n.,   als  deminutiv  zu  stauf  bei  Campe, 
vgl.  stäuflein.  kaum  üblich,  nd.  stöpken:    Dorothea  abba- 
tissa    gaff    allen    susteren    drynken    uth     enem    klenen 
stöpken  chron.  v.  Ribnitz  149,  25   Techen  {z.  jähre  1526). 
STAUFE,  m.,  s.  stauf  II  gegen  ende. 
STAUFE,  /     1)  nebenform,  zu  stauf  I  (3).     im  österr.: 
daz   man  in  allem  dem  land  ze  Osterreich  daz  viertail, 
I    dew  stauff  oder  die  masz,   do   mit  man   von   alter  her 
j    geschankcht  hat  chlainer  machen  sei  umb  den  zehenten 
[    tail  .  .  .  und   doch   daz    chlain  viertail   die   chlain  stauff 
'    und  die  chlain  masz  umb  als  vil  gelts  geben  sol  herzog 
Rudolfs  ungeltordnung  v.  1559  bei  Schm.^  2,  735;  weil  der 
wein  über  dem  feuer  steht,  und  siedet,  soll  man  das  . . . 
fasz,  mit  einem  starcken  rührscheid  . . .  rühren,  den  ge- 
sottenen wein  also  heisz  drein  giessen,   und  eine  haU)e 
stauffen  gebrannten  weins  Höh  berg  landl.  1,  379''. 

2)  nebenform  zu  stauche  I,  s.  Stieler  2126,  das.  1, 1,  c. 
vielleicht  auf  grund  der  stelle  aus  der  Limburger  chron., 
die  unter  stauche  I,i,b  als  z^oeite  mitgetheilt  ist;  hier  liest 
nämlich  die  von  Frisch  2,32.3''  citierte  ausg.:  voran.  1389 
trugen  die  männer  ermel  an  wämbsern ,  .  .  .  die  hatten 
stauffen  bey  nahe  auf  die  erden,  wonach  er  stauf  ansetzt, 
vgl.  noch  Scherz-Oberlin  1562. 

3)  Steuer,  beförderung  (?)  .- 

(das  böse  w«ö)  verbirgets  (das  entwendete  bier)  heim- 
lich in  dem  haus, 
darnach  thuts  vor  sich  vorkauffen, 
das  kompt  der  hoch  fart  zur  stauffen. 
die  töchter  gehn  her  in  gülden  krentzen  u.  ».  tr. 

Ad.  Schubarth  Sieman  od.  hausteuffel  B  8*. 

1)  STAUFEN,  verb.  nach  staufen  ausmessen,  vgl.  stauf 
I,  3.  nur  im  ältein  preusz.  in  der  form  stouben  ver- 
einzelt belegt:  mynem  hern  gesand  anno  (14)31  .  .  .  eyn 
gesthowbet  vas  mit  rotem  weine,  do  sint  inne  6  sester. 
iczlich  sester  helt  16  stouffe ,  macht  %  stouffe ,  costen 
erstes  kouffes  23  ß  öV  2  gl.  item  ungeld  hiruff :  .  .  .  vor 
das  ledige  vas,  do  der  win  in  gestoubet  wart,  2 ,5  gl., 
item  von  sthowben  8  gl.  handelsrechn.  des  deutschen  Or- 
dens 509,  14—19  Saftler. 

2)  STAUFEN,  verb.,  vereinzelte  nebenform  zu  stauchen. 

1)  stoszen,  s.  stauchen  I  (l).  so  steir.  UngerKhüll571»: 

gets  hin,  gets  haim,  miieszt  aber  net  rauffa, 
möcht  enk  der  teufel  wohl  nider  stauffa. 

Fohntd.  weihnachtssp.  «.  ebenda. 

2)  staufen,  luxareu.  s.  w.  Stieler  2125,  s.  stauchen  I,  4. 

3)  ebenso  vereinzelt  im  sinne  von  stauen  (3)  bezw.  stauchen 
III,  1,  fnit  auffälligem  umiaut: 

dämmt  den  Rhein  mit  ihren  leichen; 
laszt,  gestäuft  von  ihrem  bein, 
schäumend  um  die  Pfalz  ihn  weichen, 
und  ihn  dann  die  grenze  sein ! 

Klbist  4,  32  E.  Schmidt  {Qerman.  an  ihre  kinder  54 ; 
in  den  drucken:  gestau't  und  gestaucht). 

STAUFER,  m.,  s.  Staucher  1  (Stieler  2126)  und  stauf  II. 

STAUFGLAS,  n.,  zu  stauf  I,  nd.  dithmara.  stoopglas, 
bierglas,  im  gegensatz  zum  weingla.se  bretn.  wb.  6,  345. 

STAUFHOBEL,  m.:  stauf-  und  leistenhobel  steir.  quelle 
bei  Unger-Khull  571». 

STAÜFICHT,  adj..  s.  stauchicht  Stieler  2126. 

74*  Mr. 


1175   STAÜFKOHLE  -  STAULSTOSZEN 


STAUMEISTER— STAUNEN 


1176 


STAÜFKOHLE,  /.:  'staufkohlen  oder  lesekohlen  sind 
die  schlechteste  sorte  der  holzkolden,  welche  noch  die  form 
der  verkohlten  holzstücTce  haben'  Behlen  5,  677. 

ST  AUFLEIN,  n.  kleiner  becher;  deminutiv  zu  stauf  I, 
mhd.  stöuf(e)lln  Lexer  handwb.  2,  1216;  potolicultis  .  .  . 
stouphilin  Dief.  gloss.lS"  (ahd.  gl.  SchUttst.);  calix,  pocu- 
lum  Scherz-Oberlin  1579:  'Elsa  zur  Megede  verpfändet 
den  Johannitern  u.  a.  ein  silberin  stöuffel',  1440,  s.  Ch. 
Schmidt  hist.  wb.  der  eis.  mundart  342";  mögent  ir  ouch 
den  kelch  und  das  stöufflin  usztrincken,  das  ich  usz- 
trincken  würd?  Keisersberg  postille  2,0.^;  jr  werden 
lyden  und  sterben,  and  werden  das  stöufTlin  usztrincken 
das  ich  würd  usztrincken  4, 15».  vgl.  ebenda  und  Frisch 
2,  323».  —  als  masz  {s.  stauf  I,  3):  stftuflein,  hoggi  stübchen. 
stoff,  [specie  di  misura  di  cose  liquide]  foglietta  Kramer 
dict.  2, 918». 

STAUFLUT,  /.  gestaute  flut:  ich  habe  oft  bei  grosz- 
wasserzeiten  auf  dem  leedeich  gestanden ,  wenn  die  ge- 
fräszige  stauflut  die  steilen  böschungen  fast  bis  zu  zwei 
drittel  höhe  benagte   Laukf  Pittje  Pittjeicitt  (1903)  s.  503. 

STAUFWEIN,  m.,  vgl.  stauf  I  und  staufbier:  stauf- wyn, 
eine  art  zins  des  abts  zu  St.  Gallen,  so  ihm  die  berg- 
leute  oder  inwohner  des  gebürgs  in  Appenzell  geben 
muszten,  länimer,  zieger,  käsz-geld,  schmalz,  stauf-wein 
und  alpengeld  Stumpf  fol.  314"=.  vini  certa  mensura 
Frisch  2,323":  für  lämmer,  ziger,  käszgelt,  schmaltz, 
stouffweyn  und  alpengclt,  etc.  sölten  jhm  die  landleut 
järlich  auch  ein  bestimpte  summa  auffioo.  pfund  pfenning 
erlegen  Stumpf  Schweytzer  chron.  (1606)  373». 

STAUGEBIET,  ».,  bei  überstauung  von  iciesen,  s.  auch 
staurevier:  auf  ausgedehnten  flächen  mit  sehr  geringem 
gefalle  ist  mit  erfolg  die  stauberieselung  zur  anwendung 
gebracht  worden,  wobei  nach  anfüllung  des  stuugebietes 
bis  zur  normalen  höhe  die  ablassschleuse  so  weit  geöffnet 
wird,  dass  das  stauwasser  in  langsamem  fliessen  erhalten 
wird  Karmarsch-Heeren^  10,705. 

STAUGRENZE,  /.  die  durch  eine  feste  marke  bezeichnete 
grenze,  bis  zu  der  der  eigenthümer  einer  Stauanlage  das 
toasser  stauen  darf,  s.  Stengel  tcb.  des  deutschen  vei-xoal- 
tungsrechts  2,  541. 

STAUHER,  m.,  s.  staucher  i. 

STAUHÖHE ,  /.  erhöhung  des  Wasserspiegels  durch  ein 
Stauwerk  {vgl.  stauen  3)  Karmarsch  :  Heeren^  10,  256. 
Stenzei-  seemänn.  wb.  400»:  bei  gegebener  Stauhöhe  h 
kann  hiernach  die  geschwindigkeit  c ...  als  eine  bekannte 
grosse  betrachtet  werden  A.  Ritter  lehrb.  der  techn. 
mechanik''  (1896)  485;  aus  dieser  gleichung  ergiebt  sich 
für  die  einer  vorgeschriebenen  stauhöhe  h  entsprechende 
höhe  des  Unterwasserspiegels  über  der  Überfallskante  der 
werth  ...  786;  nur  kann  die  genehmigung  {zu  einer  Ver- 
änderung an  der  Stauanlage)  ohne  weiteres  verfahren  |er- 
teilt  werden,  wenn  sofort  ersichtlich  ist,  dasz  ein  wesent- 
licher einflusz  auf  die  stauhöhe  dadurch  nicht  geübt  werden 
wird  Stengel  wb.  des  deutschen  verivaltungsrechts  2,  541''. 

STAUHOLZ,  n.  'knüppelholz  oder  kurze  stühe  holz,  tvelehe 
zum,  stauen  dienen  und  zurisehen  und  untvr  die  fässer 
gelegt  werden'  Campe.  Bobrik  eeo*",  'holzstücke  zum  gar- 
nieren und  befestigen  der  ladung'  Ütenzel  seemänn.  wb.  400». 
vgl.  stauen  4. 

STAUIG,  adj.,  nd.  im  südhannov.  'toas  nicht  recht  ßieszt'. 
de  melksoppe  is  te  stauig,  wenn  zu  viel  mehl  daran  ge- 
rührt ist  SCHAMBACH  208''. 

STAUKKIL,  m.,  auch  mit  nd.  lautform  staukiol,  'auf 
den  aehiffen  kiele  oder  keile,  deren  man  sich  beim  statten 
der  fäa»er  bedient,  indem  man  sie  an  beiden  Seiten  des 
fdute»  xurisclien  den  klumpen  oder  stauhölzern,  woran  die 
fäater  mit  den  enden  liegen,  hineintreibt'  Campk,  staukeil 
Bobrik  SM**,  'Jtolzkeil  zum  festkeilen  einer  ladung,  seemänn. 
kuntje'  Stbnzkl  seemänn.  wb.  400».    vgl.  stauen  4. 

STAUKURVE,  /.  die  eoneave  linie  eines  aufgestauten 
teoMmrtpiegeU  im  längenprnfUe  Karmamhi^h-Ukerkn''  io, 
SM;  'g^Uelinie  de»  aufgeMtnutcn  tmesers'  Stkn/.bl  src 
mann.  tob.  4on».    rgl.  stauen  3. 

STAULsTOSZhÜJI,  verb.:  die  in  meins  gnedigen  hern 
von  Sanol  Jorßen  gericht  Rcslaulstost  geranfft  und  go- 
•ohlAfen.  indeme  ein  patcrnoster  midt  silbern  ringen 
▼erioren  Saumburger  Utk.  r.  ]47ü  bei  Dikk.WOlckBR  86S. 
(vgl.  stuhlstoszen/) 

Mr. 


STAUMEISTER,  m.,  zu  stauen  4:  'bei  königlichen  sdiiffen 
und  groszen  ladungen  hat  mxin  eigene  schiebt-  oder  staue- 
meister'  Krünitz  171,  72. 

STÄUMEN,  verb.:  wo  das  tauben-hausz  in  einem  andern 
gebäude,  und  nicht  allein  gesetzt,  da  werden  gute  und 
starcke  fall-gitter  gemacht,  welche  des  nachts  nieder- 
gelassen, und  frühe  morgens  wieder  aufgeschoben  und 
gestäumet  werden  Hohberg  landl.Z,2,2rn^.  sonst  nicht 
bekamit.  —  ein  älteres  stümen  belegt  aus  nd.  und  md, 
quellen  F.  Rech  zeitschr.f  d.  phüol.  27,  37 :  furire,  toben  . . , 
wüten,  stumen,  poldern  Dief.  gloss.  2.^''  {voc.  teuthon. 
Nürnb.  1482);  mit  begerlichen  arbeitin  stömete  sy  n&ch 
dem  ewigen  lebin  quelle  bei  Bkch  a.  a.  o.; 

mit  grimme  de  wert  dar  stumde, 
so  lange  dat  he  rumde. 

Gerhard  v.  Minden  10,  57  Lettzmann; 
sUs  stumde  he  mit  breste, 
de  (Kchtpangere)  berch,  went  an  dat  leste 
ene  mus  he  do  telde    21, 11. 

(Jetzt  in  Mecklenb.  stimen,  stümen  von  tcinterlichem  Schnee- 
treiben und  dem  peitschen  des  dünensandes  durch  den  u-ind, 
s.  nd.  korrespondenzbl.  15,  75.  16, 14.)  —  eis.  stume  (styma, 
styma)  für  staunen;  schwermütig  oder  nachdenklich  über 
etwas  sinnen;  gedankenlos  ins  leere  schauen,  dazu  stumer 
(stymar),  m.  nachdenklicher  mensch,  und  stumerei  (sty- 
maröi)  nachdenken  Martin -Lienhart  2,  595''.  vgl.  dazu 
staunen,  besonders  2,  d  und  3. 

STAUNEKINDCHEN,  n. .-  es  hilft  nicht,  staunekindchen, 
wie  mein  freund  Bierbaum  so  schön  sagt!  Ilse  Frapan 
schreie  (1901)  148;  dieses  staunekindchen  mit  dem  rothen 
kleid  und  den  kinderwangen  ist  die  dichterin!    149; 

was  meinst  du  von  dem  erdenkleide, 
mein  staunekindchen?  schau  nur,  schau. 

Bierbaum  neubett.  irrgarten  der  liehe  168 
(Ott«  d.  herrgoiU -per fielet) 

STAUNEN,  verb.  stupere. 

l)  herkunft.    staunen  i^t  erst  im  nhd.  nachzuweisen  und 
geht  vom  oberd.  gebiete  aus.    daher  tiimmt  Kluge*  376''/. 
schweizerische   entUhnung    aus    dem  franz.  etonner,    alt- 
franz.  estoner,  estonner  an.    {so  schon  zweifelnd  Khamkr 
dict.  1,  1700,  307*'.    entschiedener  Wächter  393.)    dieseU>e  er- 
klürung   würde  passen   auf  das  engl,  astonish ,  astound, 
das  als  mittelengl.  astonie,  astone,  astune,  astoune  zuerst 
in  Kent  um  1315  auftaucht,  *.  Stratmann -Bradley  .14». 
vgl.  Kluge -Lutz  8».     indessen  stehen  dieser  an  sich  ein- 
leuchtenden erklärung  eine  reihe  i/eirichtigcr  bedenken  ent- 
gegen :   l)  der  Ursprung   des  franz.    icortes   ist   keinesivegs 
zu^eifellos.     das  als  efymon   vorausgesetzte   lat.  *extonaio 
=  altonare  ist  nirgends  bezeugt  {auch  nicht  mitteUat.  bei 
Du  Gange  und  Diefenbach)   und  nur  für  diesen  zicerk 
erfunden;   und  da  das  tcort  den  andern  rotnan.  sprachen 
felilt  {abgesehen  von  vereinzeltem  prov.  estornar),  so  ist  die 
möglichkeit  german.  Ursprungs  nicht  von  vornheitin  of>zn- 
weisen,   s.  Diez  etgjn.  wb.*  579.    Scheler'  i«»". 
die  formen  des  englischen   noch  die  des  deutsii.- 
lassen    sich    ohtie  .ichtrierigkeit  aus   dem  franz.   crkliiitii. 
über  jene  vgl.  Skeat  39».    auch  liegt  im  mittelengl.  m/ien 
astonicn  das  eit^ache  stunien  percello,  stupefacio.  stoiiien, 
stoune,  das  nicht  viel  später  gerade  in  den  nördlicJiett  ge- 
bieten bezeugt  ist  {besonders  in  der  allitterationsdidttung, 
zuerst  wol  bei  Rieh.  Holle,  vor  1S40)  und  im  nettengl.  stu; 
fortbesteht,   s.  Strai  mann-Bradley  686''.    .Ski  ,\i  tui» 
Klugk-Lutz  208»,     l>ei  dem  deutschen  tcorte  u- 
seita   </«■  unl^aut  st  nötigen,    die  entlehnung  in 
zeit  hinaufzitrücken .    andrerseits  er.scheint   dir 
des   conseqiwntett  ii  —  au   otw«   einem   fran*.  » 
nehmbar.     8)   überhaupt    würde    bei  • 
fremden,    dasz    die    entlehnung   nicht 
»andern   von  der  mundart  ausgeht  und  ui(> 
in  die  srhrift.yjtrache  aufgenommen  i.vf.  s.  i, 
gerade  die  Schiceit,    uo  die  lterüi-<  >•<'■'   ""■ 
sonders  intenntv  ist.  drr  ausganij 
für  dir  schrifts]*rnchltchr   rcniri. 

dings  hat  rs  insofern  eine  innere  utthrsrheiniichkut ,  nl» 
eben  hier  das  %rort  in  einer  mehr  sinnlichen,  offenlxir  wr- 
»prünglicheren  vencendung  Itegegnet.  s.  unten  8.  doch  liegt 
gerade  diente  ganz  ahseit»  von  der  franxös.  bedcutung  und 
ist  da»  stärkste  argument  gegen  die  annähme  einer  ent 
leJinung   atui   dem  franz.     diese    ist  also  unhaltbar.     aUf 

Mr. 


9»J 


1177 


STAUNEN 


STAUNEN 


1178 


Schwierigkeiten  verschicinden,  sobald  wir  uns  entschlieszen. 
gerinan.  Ursprung  anzu7iehmen  und  das  wort  auf  die  in 
so  vielen  ableitungen  vorliegende  wurzel  stü  'steif,  starr 
sein'  zurückführen,  vgl.  stauen,  stände,  stütze  u.  a.,  sowie 
ToRP  bei  FiCK^  3,  493.  dann  liesze  sich  weiterhin  auch 
das  mnd.  mnl.  stunen,  sich  widersetzen,  vgl.  Schili.er- 
LÜBBEN  4, 451*,  heranziehen,  {dagegen  wäre  ags.  stunian 
krachen,  mit  lautem  getöse  schlagen,  s.  Bosworth-Toller 
930,  vgl.  dazu  unten  stöhnen,  und  (las  spätere  engl,  stonien 
u.  s.  10.  davon  abzutrennen ,  vgl.  die  angezogenen  stellen.) 
vgl.  auch  erstaunen,  tteiV  3,  998  und  Schmeller- 2,  764. 
Prellwitz  griech.  etymol.  wb.-  439  (unter  arvyeio). 

2)  im  nhd.  ist  zufrühest  die  Zusammensetzung  erstaunen 
bezeugt  {lexicalisch  bei  Maaler  1561,  litterarisch  schon  im 
Züricher  neuen  testament  v.  1529,  s.  Kluge®  377*),  s.  theil 
3,  998/.  bei  dem,  einfachen  staunen  ist  dreierlei  zu  unter- 
scheiden. 

a)  die  ältesten  belege  bieten  die  icörterbücher  des  17.  jahrh. : 
staunen,  starren,  suche  starren  Hulsius  dict.  (1616)  307», 
dazu :  starren,  von  schrecken  erstaunen,  zittern  und  alle 
kräffte  sincken  lassen,  s'estonner,  s'esperdre.  starrendt, 
staunendt,  o.  roide  soe*»;  staunen  erstaunen  übrigere 
ScHOTTEL  1421;  Staunen,  erstaunen,  convenit  cum  hoc 
Stauden,  est  enim  obrigere,  torpere,  et  timere,  conturbari, 
consternari,  perceüi,  pavescere  Stieler  2127  (in  den  bei- 
spi«Z«7i  nur  erstaunen) ;  staunen,  erstaunen,  f.  erstaunen 
Kram  ER  dict.  2,  918»,  der  also  nur  letzteres  zu  kennen 
sclieint.  tne  auch  Wächter  1593  und  Steinbach  2,689; 
Frisch  2,  323^  bemerkt  ausdrücklich:  das  simplex  ist  nicht 
im  gebrauch,  aber  das  compositum  erstaunen,  stupere, 
obstupescere. 

b)  in  die  nhd.  litteratursprache  ist  das  icort  als  beiniszte 
neueinführung  durch  Haller  gekommen,  er  gebraucht 
es  1730  in  dem  gedieht  'Doris'  v.  31: 

du  staunst ;  es  regt  sich  deine  lügend, 
die  holde  färbe  keuscher  jngend 
deckt  dein  verschämtes  angesicht. 

Schweiz,  ged.^  87, 

mit  der  anm.:  dieses  alte  schweizerische  wort  behalte 
ich  mit  fleisz.  es  ist  die  wurzel  von  erstaunen,  und  be- 
deutet rever,  ein  wort,  das  mit  keinem  andern  gegeben 
werden  kann.  vgl.  ferner:  wenn  ich  etwas  erhabenes 
lese,  so  fühle  ich  ein  angenehmes  staunen  (verzeihen  sie 
mir  dieses  schweizerische  wort!)  in  meinem  gemiithe, 
das  mich  einzuhalten,  und  mich  gleichsam  recht  zu  be- 
sinnen nöthigt.  das  staunen  ist  eine  \virkung  der  neu- 
heit  oder  des  unerwarteten,  das  .  . .  die  aufmerksamkeit 
fesselt,  dasz  sie  hier  stehen  bleibt  Mendelssohn  ges. 
sehr.  5,  239  {an  Abbt,  d.  9.  märz  1761,  awc/i  bei  Abbt  verm. 
u«>Ae  3, 13) ;  staunen,  ein  wort,  das  wir  haben  ausgehen 
lassen,  da  wir's  doch  höchst  nöthig  brauchen  das  rever 
der  Franzosen  damit  auszudrükken.  in  der  Schweiz  findet 
sich's  noch  G.  Bider  (=  Mylius)  Hamiltons  märlein  (1777) 
s.  576,  im  rocah.,  zu  der  textstelle:  allein  da  solch  himmel- 
weiter unterschied  zwischen  ihrer  beider  gestalt  was, 
wählte  Glinzrich  sonder  alles  staunen,  und  bot  ihre  band 
dem  Wonniglichschönen  114.  dasz  der  nun  beginnende 
häufige  gebrauch  des  wortea  durch  Hallers  Vorgang  ver- 
anlaszt  ist,  wird  nicht  nur  dadurch  bekundet,  dasz  die 
Wörterbücher  stets  obige  belegsteUe  anführen,  sondern  auch 
durch  directe  Zeugnisse  bestätigt,  so  sagt  Gadkbusch 
in  den  Rigischen  gelehrten  beitragen  (1763 — 7):  dieses  Zeit- 
wort war  nach  Frischens  zeugnis  nicht  mehr  im  ge- 
hrauche, allein  herr  von  Haller  hat  wieder  angefangen 
sich  desselben  zu  bedienen ;  dem  viele  andere  gefolgt 
sind  s.  zeitschr.f  d.  philol.  6,54;  ferner:  'es  i.ft  ein  altes 
deutsches  xcwt,  welches  für  sich  allein  im  hochdeutschen 
veraltet  ist,  im  oberdeutschen  aber  gangbar  geblieben.  .  . . 
nach  dem  begspiele  Hallers  und  einiger  anderer  neuerer 
schiveitzerischcr  Schriftsteller,  ist  es  auch  von  einigen  Hoch- 
deutschen in  der  höhern  Schreibart  loieder  eingeführet  worden, 
da  maji  es  bisher  in  dieser  mundart  nitr  in  dem  zusammen 
gesetzten  erstaunen  kannte'  Adeluno;  s.  ferner  Kluge^ 
376*".  "staunen  ^oird  jetzt  von  allen  guten  Schriftstellern 
in  der  hochdeutschen  spräche  gebraucht'  Krünitz  171,  73. 
c)  die  form  des  Wortes  ist  im  ganzen  fest ;  ganz  vereinzelt 
findet  sich  ein  unberechtigter  umlaxU  bei  einem  atttor,  der 
zugleich  die  schnelle  Verbreitung  des  wortes  beleuchtet: 

Mr. 


nah  an  dem  gartenschlosse  eröfnet  eine  thür 
dem  staunenden  gesiebte  ein  himmlisches  revier. 

Dusch  verm.  werke  (1754)  ».  147  {dat  toppe, 
1751,  3,  V.  2). 

(Dusch  gebürtig  atis  Celle,  stud.  in  Göttingen.) 

d)  staunen  in  lebenden  mundarten,  zunächst  alem. 
schxceiz.  Stüne  'stiU  gedankenvoll  oder  gedankenlos  dastehen'. 
an  öpisem  stune,  über  etwas  nachsinnen,  er  ist  ganz  fer- 
stunet,  ganz  in  sich  versenkt  Hunziker  264;  in  Davos 
stüna  BOhleh  2,90;  tn  Basel  'träumen,  gedankenlos  vor 
sich  hinblicken,  tiefsinnig  sein'  Seiler  283*;  e^.  stune(n) 
(styna,  styna)  'gedankenlos  oder  gedankenroll  vor  sich  hin- 
blicken'; zaudern,  zögern  Martin -Lienhart  2,602»  {da- 
neben stume,  styma,  s.  oben  staumen).  staunen  findet 
sich  auch  im  südfränk.,  doch  ganz  im  sinne  der  Schrift- 
sprache und  tcol  aus  dieser  übernommen  :  in  Handschuhs- 
heim ätauna ,  sie  Bstauna ,  'häufiger  sie  wunBn ,  kuka' 
Lexz  68»,  in  Eappenau  stauna,  'dafür  häufiger  kuka, 
luura,  spana  Meisinger  181''.  den  östlichen  mundarten 
scheint  das  simplex  fremd,  doch  sind  die  Zusammen- 
setzungen er-  U7id  verstaunen  vorhanden,  z.  b.  schwäb.  ver- 
staunen  'irre  tcerden  vor  erstaunen'  Schmid  508,  bair.  sich 
verstaunen  (vo'stau'n)  über  etwas  Schmeller*  2,  764 
{einfaches  staunen  s.  unten  7,  c),  ebenso  tirol.  Schöpf  703; 
thür.  versduind  {in  Salzungen)  Hertel  sprachsch.  234. 

3)  die  ursprüngliche  bedeutung  'starr  .sein'  hat  sich  in 
der  Schweiz  erhalten  {s.  2,  d).  ^^'^  *-'"*  ^'^^ ireizer  autoien 
in  die  litteratur  eingeführt  {s.  2,  b  und  unten)  und  ge- 
legentlich auch  von  andern  schriftsteüem  übernommen, 
so  ausdrücklich : 

a)  staunen  bezeichnet  zunächst  ein  gedankenvolles  »innen 
und  träumen,  s.  Haller  unter  2,  b  und  die  erklärungen 
der  idiotiken  unter  2,  d.  so:  izt  eilte  Kain  zu  seinem 
vater,  der  kraftlos  an  einen  stamm  gelehnt,  traurig,  tief 
gebykt  staunte  und  zur  erde  weinte  S.  Gessner  i,  31  {tod 
Abels  l);  dann  schwieg  er  wieder  und  staunt',  und  seufzt' 
und  redte  wechselweise  2.  20  {Daphnis  l) ;  dann  stieg  er 
voll  Ungeduld  auf  die  hohen  baeume,  seiner  Phillis  ent 
gegen  zu  sehen:  dann  stieg  er  wieder  herunter,  und  gieng 
staunend  aengstlich  umher  46;  einsmals  sass  er  staunend 
unter  seinem  schilf-dach,  auf  seinen  bogen  gelehnt  3,  97 ; 
er  liebte  eine  musik,  welche  die  leidenschaften  besänf- 
tigte, und  die  seele  in  ein  angenehmes  staunen  wiegte 
Wieland  1,93  (JLgfa^Äo?»  2,  3);  eine  süsse  schwermath  be- 
mächtigte sich  Agathons;  er  sank  in  ein  angenehmes 
staunen,  unfreywillige  seufzer  entflohen  seiner  brüst,  und 
wollüstige  thränen  rollten  über  seine  wangen  herab  297 
(5,5);  die  Stellung,  worin  sie  an  eine  der  marmornen 
nymfen  angelehnt  lag,  gab  zu  erkennen  sie  staune,  {vorher: 
so  war  wirklich  mein  erster  gedanke,  dass  es  die  göttin 
sey ,  welche  . .  .  unter  ihren  nymfen  schlummere ;  gleich 
7iachher:  so  bald  sie  die  äugen  aufschlüge.)  2,  55  (7,  7); 
Filistus  sah,  dass  sein  herr  bey  diesen  worten  auf  ein- 
mahl tiefsinnig  ward,  er  schloss  daraus,  dass  etwas  in 
seinem  gemüth  arbeitete.  . .  .  was  für  ein  thor  ich  war! 
rief  Dionysius  aus,  nachdem  er  eine  weile  mit  gesenktem 
köpfe  zu  staunen  geschienen  hatte  345  (lO,  4);  die  bauern 
fragten  ihn  einmal:  ob  ihm  nicht  wohl  sey,  dasz  er  so 
staune?  Pestalozzi  Lietih.  u.  Gertr.  l,  168;  lange  habe  es 
nicht  mehr  lachen  mögen  und  nichts  als  stunen  (ge- 
dankenvoll vor  sich  hinstarren)  und  sinnen  Gotthelp 
gdd  u.  geist  (1895)  l,  162  {kap.  7); 

dass  sie  so  staunend  sizt,  beweiset,  dass  sie  liebet. 

Götz  verm.  ged.  2,  94; 
kommt  diesem  Amor  nicht  zu  nah, 
und  stört  ihn  nicht  in  seinem  staunen ! 
noch  steht  er  so,  in  einem  süszen  staunen, 
seit  er  Philinden  sah    Lessing  1, 14  {tinnged.  71); 
jedoch  du  redest  nicht, 
du  weinst,    ein  finstrer  gram  entstellet  dein  gesiebt 
ihr  götter!   ach!   er  staunt!   er  scheut  mich  zu  empfangen. 
Ckoneok  »Chr.  (1765)  1,  215  Ifiodrti»  2,  2); 

die  welle,  die  welle, 

wenn  sie  so  QUstert  und  so  raunt 

zum  herzen,  das  so  träumt  und  staunt. 

ViscHER  auch  einer  1,  184. 
bei  nichtschiceizerischen  autoren  gern  sich  der  bedeutung  * 
nähernd  oder  darin  übergehend:  ein  kleiner  gang  führte  . .  . 
zu  einem  bemoosten  sitze,  wo  man,  in  tiefsinnendes 
staunen  und  erhabene  betrachtungen  verloren,  die  natur 
in   ihrer    thätigsten    und    mächtigsten   Wirksamkeit    be- 

Mr. 


1179 


STAUNEN 


STAUNEN 


1180 


lauschen  konnte  Kmnger  10,J26  {Sahir  3, 6,  vgl.  indessen  i) ; 
eine  Öffnung  des  waldes  zwischen  zwey  bergen  zeipte 
ihm  —  die  untergehende  sonne.  ...  er  überliess  sich  der 
begeisterung ,  in  welche  dieses  majestätische  Schauspiel 
empfindliche  seelen  zu  setzen  pflegt.  .  .  .  endlich  weckte 
ihn  das  rauschen  einer  quelle  .  . .  aus  dem  angenehmen 
staunen,  worin  er  sich  selbst  vergessen  hatte  VViklano 
1,32  (Ägatkon  l,  l); 

der  dummheit  erstgeburt  war  die  Verwunderung  ... 

wird   solch   ein   scnauspiei   {getpiiter)  nicht  den  ersten  hörer 

schrecken  ? 
er  läuft,  sich,  gleich  dem  wild,  in  holen  zu  verstecken; 
er  staunt ;  er  sinnt  und  lindt  dasz  nichts  gewisser  ist, 
als  dasz  ein  donnergott  den  blitz  aus  welken  schieszt. 

1,  253  Homeyer  (moral.  br.  5,  21); 
staunend  bis  zum  grusz  der  Morgenhoren 
lag  ich,  und  erwog  den  freien  schwur  .  .  . 

Bürger  lOS^  {d.  erscheiiinng); 
aber  er  fuhr  aus  dem  staunenden  traura  auf,  wendete  langsam 
nach  dem  dorfe  sich  zu,  und  staunte  wieder;  denn  wieder 
kam  ihm  die  hohe  gestalt  des  herrlichen  mädchens  entgegen. 
fest  betrachtet  er  sie ;  es  war  kein  scheinleib,  sie  war  es 
selber    Göthe  40,  305  {Herrn,  u.  Dor.  7,  S/.). 

b)  dann  auch  vom  nachdenken  über  bestimmte  dinge: 
dann  staunt'  er,  und  dacht'  eine  neue  erfindung  zu  ent- 
wikeln  tief  nach  Ges.snkk3,  98  {erfind,  des  saitensp.);  er 
sann  sich  den  köpf  aus,  ob  er  den  Junker  mit  nichts 
erschrecken  .  . .  könnte.  ...  er  wälzte  sich  die  ganze  nacht 
durch,  und  fand  mit  sinnen  und  staunen  nichts  anders, 
als  sich  demüthig  zu  stellen  Pestalozzi  Lienh.u.  Gertr. 
1,  201;  mit  abhängigem  satz:  der  Junker  staunte  einen 
augenblick,  was  er  thun  wollte  2,179;  poetisch  mit  acc. 
des  innem  objtcts:  oft,  wenn  er  stillruhend  nicht  seufzet, 
dann  staunt  er  ernste  gedanken  Gessner  i,  109  {tod 
Abels  3).    vgl.  auch  nachstaunen,  tJicil  7, 135. 

c)  weiterhin  bezeichnet  staunen  bei  Schweizer  atdoren  den 
starren  blick  des  sinnendeti ;  in  diesem  si7me  gern  mit  all- 
gemeinen  rieht ungsangaben  verbtinden;  vor  sich  hin,  in 
die  luft  staunen  {vne  gewöhnlich  sia.rTtVi):  da  staunest  du 
so  grade  aus,  dasz  man  wohl  sieht,  dasz  du  an  nichts 
als  an  deine  schleipfe  {dirnen)  sinnest,  mit  denen  du  des 
iime  trolet  bist  {dich  umhergetrieben  hast)  Gotthelf  Uli 
d.  knecht  s.  7  Vetter;  sie  hätten  noch  soviel  abzureden, 
und  da  sitze  er,  staune  {'starre  vor  sich  hin')  423;  zuweilen 
stützt  sie  {die  spinnende  mutter)  ausruhend  den  köpf  auf 
die  liand  und  staunt  unverwandt  in  das  land  hinaus 
über  die  dächer  weg  oder  in  die  wölken  Kei.lek  d.  grüne 
Heinriche, 2iö  (später:  blickt  unverwandt  in  das  feld  hinaus 
icerke  3,  lOl);  der  am  wenigsten  ausrichtete  und  auf  wiese, 
feld  und  weinberg  zu  viel  in  die  luft  staunte,  als  dasz 
ihm  die  arbeit  recht  von  der  band  gegangen  wäre  Zahn 
Lukas  Hoclistraszer  s.  17;  David  antwortete  nicht,  er 
staunte  in  die  ferne  lOO;  dasz  er  mit  über  den  tisch  ge- 
worfenem Oberkörper  sasz  und  ins  leere  staunte  143;  die 
beiden  hüben  .  . .  staunten  ins  leere  lielden  des  alltags {\9Qn) 
14«;  die  ältliche  frau  bemerkte  nicht  einmal,  dasz  ihr  mann 
zerstreut  war  und  manchmal  gar  nachdenklich  ins  weite 
staunte,  und  doch  röteten  sich  Christophs  braune  wangen, 
als  ob  er  auf  einem  unrecht  ertappt  worden  wäre,  wenn 
er  aus  seinem  hinausstaunen  geweckt  wurde  die  da 
kommen  und  gehen!  (1909)  123;  vielleicht  war  diese  grosze, 
traumhafte  ruhe  der  landschaft  auf  die  Marianne  Bosz- 
bard  übergegangen,  dasz  sie  das  spinnen  vergasz,  die 
fegten,  weiszen  bände  in  den  sciiosz  legte  und  ins  leere 
staunte,  über  das  holzgcländcr  der  zinne  .  .  .  staunte  sie 
hinaus  in  die  luft  0.  ilatu  die  unter  erstaunen  beigebraditen 
fielege  atu  Cohhomi. 

rf)  noch  detMicher  tritt  der  Itegriff  de»  blicken»  in  den 
Vordergrund,  wenn  staunen  mit  bestimmten  richtungs- 
angaben  x^erbunden  wird,  vgl.  dazu:  die  von  Ponte  staunton, 
aber  nicht  wie  sie  zu  Herrlibach  gegafft  und  die  nasc 
gestreckt  haben  würden,  sondern  sie  blinzelten  nur  unter 
balbgesrhiossencn  lidern  auf  die  zwei  männer  Zahn 
Lukas  HochKtraszer  *.  271.  mit  jenen  allgeini-inrrm  angaben 
rerbundett:  da«  braune  gesiebt  des  in  der  gondel  zurück 
gelehnten  . . .  war  wie  erstorben  und  erkaltet  zu  rnetallcnrr 
h&rte.  unverwandt  Ktaunto  es  vor  «ich  hin  auf  die  däm- 
mernd geröl beten  wellen  und  erschien  fremdartig  ver- 
zogen und  drohend  in  «einer  crstarrung  C  V.  Mkykh 
Jenat»ch  t.  140.  ähnlich:  am  fünften  morgen,  da  die  itonne 
bej  ihrem  Aufgang  auf  sein  bett  •ehicii.  staunte  (^r  eine 

Mr. 


weile  gegen  sie  hin  Pestalozzi  Lienh.  u.  Gertr.  3,  35; 
er  staunte  auf  die  stelle,  auf  die  er  eben  trat  Zaun  Al- 
bin Indergand  106;  dort  blieb  Cilgia  plötzlich  stehen  und 
staunte  in  die  klaren  wasserHEEit  ff.  könig  d.  .Bemt»a(i909) 
s.  110.  dabei  nähert  sich  staunen  zutceilen  der  gewöhnlichen 
bedeiitung(i):  Markus  Paltram  staunte  wortlos  in  das  flam- 
mende mädchengesicht  94;  er  ...  staunte  begeistert  in  ihr 
schönes  gesiebt  167.  vgl.  4,  g.  —  selten  in  übertragenem  ge- 
brauche, in  die  grundbedeutung  («)  zurückkehrend:  er 
staunte  auf  sein  leben  zurück;  er  achtete  jetzt  alles  thun 
des  menschen  wie  einen  träum  Pestalozzi  Lienh.  «. 
Gertr.  3,34. 
e)  staunen  von  thieren: 

das  llüchtige  beer  gefiederter  sänger 
schweigt  und  erschrickt  vor  der  kommenden  nacht  {dem  ge- 

loftter) ;  .  .  . 
die  staunenden  heerden 
stehen  betrübt ;  die  natur  erzittert  beym  kommenden  stürme. 
Cronegk  sehr.  2,  71  {eimamkeiten  2). 

ganz  ungeicöhnlich  und  nicht  hinreichend  deutlich  ist  fol- 
gende stelle:  die  bremsen  und  bisfliegen  folgen  den  heerden 
nach  der  obern  alpenregion  und  staunend  sitzen  auf  dem 
kuhfladen  die  schaaren  der  schönen  gelblich  behaarten 
dungfliegen  Tschuüi  thierleben  der  alpemcelt  s.  261.  {es 
geht  wol  auf  die  groszen  starren  äugen,  nach  mittheilung 
von  prof.  Edw.  Sciiködeh  ist  in  erster  linie  die  'gold- 
äugige  blindbremse' ,  chrysops  coecuticus,  gemeint.) 

4)  im,  allgemeinen  bezeichnet  staunen  einen  hohen  grad 
der  vertounderung ;  es  ist  ein  stärkerer  ausdruck  als  sich 
(ver)wundern  und  weniger  stark  als  verblüfft,  überrascht 
sein  ti.  a.  vgl.  die  erklärungen  bei  Eislek  wb.  der  philos. 
begriffe^  2,  432.  zugleich  tvirkt  die  ursprüngliche  bedeutung 
noch  insoweit  nach,  als  staunen  stets  den  begriff  einer 
geunssen  dauer  dieses  zustandes  einschlieszt.  diese  bedeu- 
tung  ist  zufrühest  bei  dem  compositum  erstaunen  (*.  d€is., 
theil  3,  998)  ausgebildet,  tco  sie  schon  von  Maaler  bezeugt 
ist,  und  wol  erst  von  da  aus  auf  das  simplex  übertragen . 
da  sie  sich  zunächst  gerade  bei  nicht.schxceizerischen  autoren 
der  vorklassischen  zeit  (Klopstock,  Lessing,  Wielanh, 
MusÄus,  Pfeffel,  Gekstenberg)  findet,  so  hängt  dieser 
bedetdttngswandel  offenbar  mit  der  Übertragung  auf  ein 
gebiet,  wo  das  einfache  staunen  nicht  bodenständig  ist, 
zusamTnen.  {ob  bei  dieser  ganzen  entwicklung  das  franz. 
6tonner  mitbestimmend  gexcesen  ist.  läszt  sich  nicht  aus- 
machen.) bemerkenstcert  ist,  dasz  noch  Heynatz  Antibarb.  2 
{Beil.  1797),  *.  444  diese  gebrauchsweise  verwirft:  'staunen 
mv^z  nicht  für  erstaunen  oder  sich  verwundern  gebraucht 
werden,  sondern  zeigt  nur  das  starrtcerden  an'. 

a)  auch  hier  ist  die  gitindvorstellung  die  dea  atarr- 
tcerdens,  sodasz  diese  bedeutung  nur  eine  apeeieUe  anwen- 
düng  der  vorigen  ist:  'staunen,  .  .  .  vor  vencunderung 
gleichsam  stumm,  unbetceglich  da  stehen,  da  es  denn  zur 
bezeichnung  des  höchsten  grades  der  vencunderung  gebraucht 
roird'  Adeluno.  diese  grundvor Stellung  ist  noch  deutlich 
in  stellet^  wie:  so  dasz  die  vorbeygehenden  matronen, 
candidaten  .  . .  staunend  stehen  bleiben  Lichtenberg 
nachl.  s.  101 ;  je  ungewohnter  der  anblick  dieses  bildcs 
war,  . . .  um  so  ängstlicher  wurde  es  dem  gefangenen 
Reinhart  zu  mut,  der  wie  eine  bildsäule  staunend  zu 
pferde  sasz  Keller?, 31; 

wie  eingewurzelt  staunt  das  ritterpaar. 

Dro.ste-HOlshofk  8.  «87  {WaUher  6). 

ioeniger  deutlich  liegt  sie  zu  gründe  in  tusammenstellungen 
toie  stehen  und  staunen:  er  verlangt  nicht,  dasz  die  aus- 
sieht, die  ihn  entzücket,  auch  jedes  andere  äuge  ent- 
zücken müsse,  und  so,  dächte  ich,  könnte  man  ihn  ja 
wohl  stehen  und  staunen  lassen,  wo  er  stehet  und  staunt* 
Lkssin«  10,  »08  {era.  dea  menachengeadd.,  vorberiehC): 
wer  iat  die  dime,  di«  in'«  ohr  Ihm  li*pelt? 
ich  steh'  und  staune,  weis/  mich  nicht  xu  fasaoni 

Hai  KKM-Ki.i)  ii(».  fchr.  8,  4«  (Foriunat  2,6); 
»o  itnim  in  stillen  haynen 
Hin  Wandrer,  «hrfurchtuvoll.  oft  eine  nymph  ertcheinen 
und  bleiben  iitaun«nd  «lehn. 

WiKi.ANii  I,  »U  Beri.  auag.  (MonU.  br.  0.  117). 

.staunend  und  starr; 

die  palme  starr  und  utaunond  ncheint  tu  lauschen. 

UHoxTK-MCi.stioM'  3,  DO  (B/Iwgstooinitog); 

die  werke  der  groszen  und  reichen  seelen  der  vergangen- 

heil,   bekennt  er  {Montaigne),    machen   mich   staunend 

Mr. 


1181 


STAUNEN 


STAUNEN 


1182 


und  starr  vor  bewunderung  Justi  Wiiickelmann  1,  228.  — 
die  Zusammenstellung  mit  starren  geht  auf  den  blick:  ge- 
weckt von  dem  sternkundigen  sprang  Wilhelm  auf  und 
eilte  zum  fenster,  dort  staunte,  starrte  er  einen  augen- 
blick,  dann  rief  er  enthusiastisch  Göthe  21, 185  {icanderj. 
1, 10;  iceiterhin:  lassen  sie  mich  noch  immer  stumm  und 
staunend  hinblicken); 

die  rohe  menge  hast  du  nie  gekannt, 

sie  starrt  und  staunt  und  zaudert,  läszt  geschehn. 

9,356  {not.  tochter  4,*); 
dieser  staunte  mit  starrendem  blick. 

Klopstock  4, 10  (ifc««.  6, 104). 

auf  ein  stamcei-den  deutet  auch  folgende  stelle,  die  zu- 
gleich an  3,  a  anknüpft: 

gefesselt  hielt  mich  staunendes  verstummen, 

und  in  anschauung  war  ich  hingesunken, 

bis  aus  dem  träum  mich  weckt'  ein  helles  summen. 

RCcKERT  (1882)  3,  164  {edelstein  u.  perle  22). 

vgl.  auch  Schiller  1,325,  Semelei,  r.  356/.,  u>o  staunen 
cds  Variante  zu  stuzen  sftht. 

h)  so  häußg  absolut:  Osten  staunte  einen  augenblick 
Pfeffel  pros.  versuche  4.  77 ;  der  knabe  staunt,  der  ein- 
druck  bestimmt  ihn  Göthe  20,  125  (^Wüh.  Meister  7,  9); 
ob  er  staunt,  oder  sich  freut,  weisz  ich  nicht;  dasz  er 
als  retter  zu  spät  komme,  sieht  er  glücklicherweise  nur 
allzudeutlich  39,  53 ;  staunen  würde  vielleicht  die  weit, 
wenn  wir  die  melodie  desselben  {des  liedes  Mosis  in  der 
vniste)  ...wüszten;  so  wie  jeder  gefühlvolle  über  das 
lied  selbst  staunt  Schubart  ästhetik  der  tonk.  8;  er  {Gluck) 
setzte  anfangs  simple  clavierstücke,  die  nur  wenig  Sen- 
sation machten :  mit  einmahl  aber  wagte  er  sich  an  eine 
oper,  und  ganz  Italien  staunte  224;  wie  sie  staunten,  die 
fürsten  und  ritter,  als  die  lärmende  munterkeit  einer 
kriegerischen  Jugend  verstummte  Törring  Agnes  Ber- 
natterinn  1,2;  ich  staunte  wieder  wie  vorher,  und  jetzt 
um  so  mehr,  da  lauter  blumen  statt  menschen  in  den 
straszen  spazieren  gingen  Heine  3,  253  Elster  {Italien  l,2l); 
ein  reines  Wunderkind  waj*  er.  ...  alles  staunte  nur  so 
G.  Hauptmann  einsame  menschen  32  (2); 

früh  sang,  selber  entflamt, 
die  mutter  dem  knaben  ihn  (prophetengesang)  vor, 
und  dem  Jüngling,  dasz  er  staunte ! 

Klopstock  öden  1, 159  Muncker-Paicel; 
so  lang  ein  weisser  hals  noch  könige  bezwinget, 
und  alles  staunt  und  liebt,  wem  Roms  syrene  singet. 

WlBLAND  1,254  Berl.  ausg.  (moral.  br.  5,  68); 
ein  wandersmann  .  .  .  sieht  .  .  . 
itzt  einen  tempel  vor  sich  liegen, 
der  dem  geblendeten  gesiebt 
ein  achtes  Wunderwerk  verspricht, 
er  gaft  und  staunt,  und  um  noch  mehr  zu  sehen, 
bescblieszt  er  ganz  hinein  zu  gehen. 

Pfeffel  poet.  versuche  1  (1802),  14; 
wir  sahn  das  wunder,  staunen,  beten  an ! 

Gerstenberg  ged.  eines  skalden  2; 
dort  winkt  uns  die  blauäugige  tochter  Jupiters, 
siehe !    die  thore  öfnen  sich  frey willig, 
wir  staunen  und  weichen  zurück. 

Ab  BT  verm.  werke  3,  220; 
dann  folg'  ich  unerwartet  ihm  a^n  lluase, 
allein  so  wenig  staunet  er, 
als  ging'  ihm,  angeheftet  seinem  fnsze, 
sein  schatten  hinterher. 

Göthe  2, 150  Weim.  axtsg.  (an  Zachariäi; 
Seide,  wie  greift  diesz  wort  an  mein  zerrüttet  herz ! 

die  tngend  kennt  auch  meines  gottes  feind? 
Sopir.  du  kennst  sie  wenig,  weil  du  staunst. 

9,  326  (Mahomet  3,8); 
da  stehen  sie  umher  und  staunen. 

15,  18  {Fattft  II,  1,4977); 
man  horcht  und  staunt    16,  174  (die  geheimniste  87); 
o  I  wo  noch  voller  in's  herz  der  beiden 
dein  [der  freiheü)  nektar  strömte,  jener,  an  deren  grab 
nach  weiten  staunen    Stolberg  1, 19; 
er  {der  mensch)  forscht,  und  staunt,  der  wescn  leiter 
vom  Sandkorn  bis  zum  engelchor    Voss  4,  14S; 
ha!   schon  seh  ich  unsre  enkel  staunen, 
wenn  beim  klang  belebender  posaunen 
aas  Franzosengräbem  —  Rouszeau  steigt! 

Schiller  1,  221; 
wie  er  auf  das  thUrlein  zieht, 
sieht  er,  staunt,  und  staunt  und  siebt, 
dasz  der  bimmel  doch  mauern  kann  bauen. 

ROckert  (1882)  1, 166  (die  gottetmatier) ; 
alles  staunte,  staunend  sagte  Harun. 

Platen  322»  (Abbastiden  1); 

Mr. 


vemlmm's  und  staune, 
unsichtbar  macht  er  (d.  ring)  jeden,  der  ihn  trägt. 

Hebbel  3,  259  trerjj«-  ((}yges  1,  407). 

mit  synonymen  zusammengestellt:  man  schaurte,  weinte, 
staunte  {beim  vorlesen  des  'Messias"),  und  ich  sah's  mit 
dem  süszesten  freudengefühl  im  herzen,  wie  offen  die 
deutsche  seele  für  iedes  schöne,  grosze  und  erhabene  sei 
Schubart  leben  u.gesinn.  2,  40;  du  bist  von  frühem  zelten 
meine  liebe,  lächle  nur!  staune  nur!  ich  will  es  dir 
erklären  Göthe  13,  284  Weimarer  ausg.  {Götz  v.  Be^-l.  4,  l 
bühnenbearb.);  staunst  du?  schwindelt  dir?  Schiller 
2,  HO  {räuber  3, 1  schausp.) ;  Marianne  staunte  ,  und  als 
sie  Michel  ansah,  wuszte  sie,  dasz  auch  ihm  des  vetters 
art  auffiel,  aber  sie  sprachen  nicht  von  ihrem  befremden 
Zahn  die  da  kommen  und  gehen/  56; 

staune  nicht  und  lasz  dein  grauen. 

Eichexdorff^  1,  7-25; 
wo  ein  mund  ihn  {den  namen)  raunet, 
o  wie  laut  mein  herz  erschrickt! 
und  mein  äuge  staunet, 
wo's  geschrieben  ihn  erblickt. 

Rückert  (1882)  1,  457  {liebesfriihl.  3, 19); 
stolz  und  herrlich  erscheint  das  erhabne  mit  göttlicher  grosz- 

kraft, 
imd  der  bewundernde  geist  staune  mit  heiliger  furcht. 

Körner  2,  20  FUcher; 
da  stand  das  volk  entsetzt  und  staunend  da. 

Hebbel  3,  242  Wemeri  Gyges  1, 15) ; 
(er)  steht  auf  dem  markt  —  nein !  auf  den  stufen  steht  er, . . . 
und  hört  und  sieht  und  staunt  und  wird  verrückt. 

Schxitzler  d.  grüne  kakadu  ».  9. 

dtizu  als  causativ  zuweilen  einen  staunen  machen  {vgl.  5 
und  6,  b) :  dieser  anblick  hätte  ihn  staunen  gemacht 
S.  V.  Laroche  gesch.  des  frl.  v.  Steimheim  l,  174  (=  94,  28 
Eidderhoß).  ungexcöhnliclier  mit  part.:  ein  herz,  welches 
seine  freunde  durch  redlichkeit,  durch  aufrichtigkeit 
staunend  macht  Schiller  l,  19. 

c)    besonders  im,  particip. 

a)  attributiv:  warum  der  ström  des  genies  so  selten 
ausbricht  .  .  .  und  eure  staunende  seele  erschüttert'? 
Göthe  16,69; 

der  herr  der  erde  steigt 

empor  aus  ihrem  schooss,  tritt  auf  den  fels,  und  zeigt 

der  staunenden  natur  sein  leben. 

Ramler  lyr.  ged.  (1772)  364; 
die  staunenden  heerden 
stehen  betrfibt,  die  natur  erzittert  beym  kommenden  stürme. 
Cronkgk  schri/ten  (1765)  2,  71  (einsamkeiten  8); 
wie  tönten  In  meinen  obren, 
und  in  der  staunenden  seele  noch  mehr  die  harmonische  wirbel 
ihrer  bezaubernden  stimme ! 

Wieland  1,  161  Berl.  ausg.  (Hermann  2,  220); 
ein  schöner  träum 
scheint  alles,  was  mit  ihm  geschiehet, 
dem  staunenden  ritter. 

werke  21,  llö  (liebe  um  liebe  7, 159); 
(Amalia)  ruhte,  mit  unaussprechlicher  regung, 
heiss  die  wang'  und  bethränt,  an  der  wange  des  staunenden 
greises    Voss  l,  148  {Luise  8,  258); 
{der  Prediger)  hiess  die  braut  . .  . 
ihm  zur  rechten  sich  stellen,  und  links  den  staunenden  Jüng- 
ling   154  (315). 

freier:   'ist   es   möglich',    sagt  die  Margareth,    nicht  mit 
dem  mund,  —  niemand  redet  drein,    sondern  mit  dem 
staunenden  gesiebt  Hebel  3,  49. 
ß)  substantiviert: 

die  schaar  der  staunenden  liesz  meine  glieder 

ZOT  asche  glühn    Gerstbnberg  ged.  eine»  skalden  3; 

und  dem  staunenden  stand  Apollo  vor  äugen. 

Herder  27,  52  Snphan  (Terpnch.  1,  77); 
allschönst  und  allbegabtest  regte  sie  (Pandora)  sich  hehr 
dem  staunenden  entgegen    Göthe  40,  379  (Panthtra  1); 

wie  ward  mir,  königin ! 

als  .  .  .  des  kolosseums  herrlichkeit 

den  staunenden  umfing. 

Schiller  12,  418  (Maria  Stuart  1,  6). 

/)  meist  prädicativ  beztc.  adverbial,  staunend  neben 
einem  verb  drückt  entweder  die  Wirkung  eines  anblicks  oder 
erlebnisses  atts  (=  mit  staunen):  ein  so  höchst  bedeu- 
tendes ereignisz  {une  die  kaiserkrönung)  müsse  man  nicht 
unvorbereitet  erwarten,  und  etwa  nur  gaifend  und  stau- 
nend an  sich  vorbei  gehen  lassen  Göthe  24,  883  {dicht, 
u.  wahrh.  5);  ängstlich  fährt  Proteus,  von  ungewohnter 
stille  erweckt,  im  Schlummer  auf;  und  wie  er  staunend 
alles   stille   findet,   entriegelt  er  schnell  die  feste  grottc 

Mr. 


11S3 


STAUNEN 


STAUNEN 


1184 


Fr.  MO1.LEU  1, 156  (sat.  Mopsua  3);  staunend  sah  der  könig 
{Alarich,  in  Rom)  auf  die  reste  einer  heldengrösze,  welche 
seinem  volke  durch  Jahrhunderte  verderblich  gewesen 
war  Frkytag  17, 129  (büder  1,2);  sie  sah  ihn  staunend  an; 
sie  verstand  ihn  nicht  Stohm  1,20; 

heil  mir  —  0  rauschet  darein,  ihr  saiten !  darein, 
dass  es  in  tiefen  des  hajns 

staunend  der  Jäger  vernimmt,  am  rande  des  hayns 
staunend  der  wandrer  vernimmt  I 

Denis  lieder  Sineds  (1772)  218; 

oder  es  bezeichnet  die  Ursache  einer  handlung,  geberde  u.  s.  w., 
in  der  sich  das  staunen  äuszert:  der  alte  aber  sah  ihr 
staunend  nach  Fheytag  8, 123  {Ingo  7);  Brunelleschi  hält 
ihm  das  crucifix  hin  und  Donatello  ist  so  verblüfft  bei 
diesem  anblick,  dass  er  staunend  die  bände  erhebt  und 
alles  . . .  auf  die  erde  fallen  lässt  Grimm  Michelangelo 
(1890)  1,  87; 

Judas  riefs  mit  starrendem  blick,  und  erwürgte  sich !  staunend 
trat  Obaddon  selber  zurück,  da  er  starb  I 

Klopstock  4,  56  {Mess.  7,  209); 
80  sehn  in  stillen  hap^en 
die  Wandrer,  ehrfurchtsvoll,  oft  eine  nyniph  erscheinen 
und  bleiben  staunend  stehn  und  ehren  ihren  tritt. 

Wieland  1,  282  Berl.  aufg.  {moral.  br.  9, 117); 
nicht  so  umher,  mein  liebes  kind,  verschwende 
die  blicke  staunend,  ungewisz,  auf  mich. 

GöTHE  9,  259  (nat.  tochier  1,  4); 
zieh  nicht  staunend  auf  die  äugen! 

Grillparzer*  3,  21  (ahnfrau  1) ; 
ich  weisz,  Orestes  namen  sprachst  du  staunend  aus. 

Droysen  Aischylo»^  82  (grabesspend.  231). 
ähnlich:      ihr  rechtet  mit  dem,  .  .  . 

mit  dem,  desz  groszen  schrecklichen  namen 
der  hohe  engel 
staunend  nennet, 
mit  gott,  mit  gott! 

Klopptock  Oden  1,231  Muncker-Pawel  (wamtcng). 

beide»  fiieszt  zusammen  in  Wendungen  wie : 

wird  vieles  vor  den  äugen  abgesponnen, 
80  dasz  die  menge  staunend  gaffen  kann. 

GÖTHE  12,  11  (Faust  I,  vorep.); 
Staunend  gafft  der  pObel  nach  der  säule. 

HÖLTY  64  Halm; 
nun  umströmeten  ihn  die  übrigen  söhne  der  Griechen, 
und  betrachteten  staunend  den  wuchs  und  die  wunderschönheit 
Hektors    Bürger  239»  {pi  xai  d^riaavro  (pvr}r  xai  elSoS 
dyTjTÖP    n.  22,  370)  ; 

staonend  betrachtet  er  lang',  und  umarmt  die  liebende  gattin. 
VOS.S  1,  143  {Luise  3,  219); 

ähnlieh  .•  Lewin  .  .  .  sah  staunend  und  andächtig  in  den 
funkelnden  himmel  hinauf  Fontane  l,  7  {vor  d.  stürm  l); 

nach  Osten  strebt  die  masse  mit  geballtem  zag, 
ihr  strebt  das  äuge  staunend  in  bewundruug  nach. 

GÖTHE  41,  261  {Faust  II,  4); 
komm  liebe,  komm  ins  freye, 
und  lass  in  jene  bläue  {den  Sternenhimmel), 
und  lass  zu  ienen  hüh'n 
uns  staunend  aufwärts  sehn  I 

Mildheim,  liederb.  (1799)  «.  6. 

so  atuih  mit  synonymen  verbunden:  da  weiss  man  doch 
beim  himmel  nicht,  ob  man  schaudern  und  umkehren 
soll  .  .,  oder  ob  man  staunend  bewundern  möchte  Houtei 
erzähl,  sehr.  (I86I)  1,  ui ;  ähnlich 

im  saal  voll  prachl  und  herrlichkeit 
scblicszt,  äugen,  euch ;  hier  ist  nicht  zeit, 
sich  staunend  zu  ergetzen    Göthk  1, 178  {d.  sanger). 
anders:      dasz  seine  hunde  staunend  stehn, 
die  plötzlich  sich  verlassen  seh'n. 

ROCKERT  (1882)  1,  112  (e.  ijleichnifz). 

S)  auf  dieser  adverbialen  Verwendung  beruhen  freiere 
formen  des  attributiven  gebraucha,  indem  staunen  von  der 
person  auf  einen  verbalbegriff  übertragen  wird,  vgl.  Kinder 
LiNn4tt:  der  artist  musz  sich  besonders  angelegen  seyn 
lassen ,  uns  den  triumph  der  schAnheil  in  den  gierigen 
blicken  und  in  allen  den  äusserungen  einer  staunenden 
bewandernng  auf  den  gesichtern  dieser  kiillen  greise, 
empfinden  zu  lassen  LKflniNO  e,  r>oi  {Laok.  28);  aber  Louise 
erkundigt  sich  t&glich,  wo  ihr  nur  seyet,  und  versinkt 
dann  mit  ernstem  gesicht  in  staunende«  erwarten  der 
dinge  die  da  kommen  sollon  Wiki.and  brief  vom  17.  aug. 
17Ä5  bei  Zoi.i.iN»  H.  v.  Kleist  in  der  Rrhireiz  120;  was  siebet 
mein  staunender  blick!  Fr.  MGi.i.kr  i,3fl:  in  ihre  wunder 
hellen  augcn  Hchautc  er  stumm  hinein,  bis  eine  raunende 
iinmhe  und  staunendes  verwundern  summend  um  ihn 
zasammenrann  W.  Jknhrn  dw  pfeifer  v.  Duaenbaeh  (ifuu) 

Mr. 


1, 171;  Christophs  äugen  vergröszerten  sich  in  staunender 
freude  ein  wenig,  als  er  das  liebliche  äuszere  der  kundin 
ermasz  Zahn  die  da  kommen  u.  gehen l  (1909)  119; 

wenn  der  Schönheit  sonst,  der  anmut 
immer  flüchtige  erscheinung  .  . . 
mir  zu  staunendem  ent/.Ucken 
wieder  vor  die  sinne  trat    Mörike  ged.^  10; 
{die  Waffen  AchiUs,)  angegossen  dem  leib,  wie  flUgel  den  beiden 

erhebend, 
undurchdringlich  und  reich,  ein  wunder  staunendem  anblick. 
GÖTHE  40,  34!)  {Acfiilleix  1) ; 
dazu :  nicht 

kalt  staunenden  besuch  erlaubst  du  nur    12, 170  {Faust  I). 

d)  staunen  neben  verben,  die  die  ätiszerung  des  statinens 
bezeichnen,  s.  a  und  c,  y;  ferner:  wir  stehen  und  staunen 
und  schlagen  die  bände  zusammen  und  rufen:  'aber,  wie 
hat  ein  so  groszer  mann  nicht  wissen  können!'  Lessing 
7, 151  {Hamburg,  dramat.  34).  staunen  tritt  dajin  auch  für 
diese  äuszeren  geberden  und  Symptome  ein.  so  bezeichnet  es 
ein  staunendes  blicken;  den  Übergang  vermitteln  stellen  ine: 

80  staunte  Scyllens  blick,  ob  sie  dich,  Circe,  fühlte. 

Wieland  1,  5G  Berl.  aitsg.  (not.  der  dinge  ;j,  105); 

So  dann  mit  nchtungsadverbien  verbunden  {vgl.3,d):  und 
ich  sah  nun  auf,  siehe,  hoch  über  mir  am  himmel 
brachen  alle  lichter  hervor  . .  .  lange  staunt'  ich  hinauf 
Fr.  Müller  1,  36;  wenn  nun  ein  fremdling  daher  wan- 
dert, der  in  seiner  heimath  von  dem  hause  der  gastfrey- 
heit  gehört  hat,  wie  wird  er  hinstaunen  auf  diesen 
Schutt  Babo  Otto  V.  Wittelsb.  5;  er  staunte  selber  an 
sich  hinauf  und  traute  sich  das  ungeheuerste  zu  Ludwig 
2,  23.  {davon  verschieden  sind  die  unter  3,  c.  d  besprochenen 
gebrauchsiceisen.)  —  atif  die  ätiszerung  des  Staunens  in 
Worten  oder  tönen  geht: 

wettstreitet,  wer  am  lautsten  staunt ! 

Klopstock  2,  86  {ode  'Überschätzung  der 
ausländer). 

vgl. :  Anatol  grosz.  ich  muste  hingehen auf  die 

redoute!  Max. a,h\  Anatol.  du  staunst, wie  —  ?Schnitzlkr 
Anatol  s.  176. 

e)  der  gegenständ,  der  das  staunen  erregt,  kann  durch 
adverbiale  bcitimmungen  (bei  etwas,  bei  einem  anblick 
ä.  ähtil.),  nebensätze  u.  s.  w.  angegeben  werden,  solche  fälle 
sind  bereits  unter  h  aufgeführt,  hier  handelt  es  sich  um 
die  fälle,  wo  solche  ausdrücke  in  ein  directes  abhängigkeit^ 
Verhältnis  zu  staunen  treten  {'rection"). 

a)  der  grund  toird  du/rch  ein  Substantiv  bezeichnet,  hier 
ist  die  ergämung  durch  einen  bloszen  casus  ausschlie.i:!it/i 
der  poetischen  spraclie  eigen,  und  zioar  ist  der  dativ  am 
häufigsten;  vgl.:  'in  der  höliem  Schreibart  auch  mit  dem 
dritten  falle  des  gegenständes,  einer  sache  staunen,  üffer 
sie  staunen,  durcli  sie  in  den  zustand,  welchen  staunen 
bezeichnet,  versetzt  toerden'  Campe,  belege  {zumeist  aus 
dem  ende  des  18.  und  dem  beginne  des  19.  jahrh).:  Emil  Kuh 
staunte  diesem  dociren  Gutzkow  Dionysius  Longinus  40; 

näher  w&lzt  sich  die  wölke,  sie  glüht,  ich  staune  dem  wunder. 
GoTHK  1,  314  {F.uphrotyru) , 
so  wahr  die  g0ttergestalt«n, 
welche  sichtbar  nur  dir,  schöpferinn,  dir  nur  allein 
sich  enthüllen,  gßttlicbcr  sind,  eh'  zaubernd  der  pin^rt 
spielt,  eh'  Albion  dir  staunt  und  Italia  dirl 

Stoluero  1,  375  {an  Angel.  Ka<. 
also  staunt'  auch  der  jOngling  dem  anblick  seiner  geschniUcktcu 
blühenden  braut    Voss  1, 146  (Liiüe  8,  820); 

viel  zu  groszes  ja  sagst  du!   ich  staune  dir  {äyt]  n   ixf*) 

Odyrr.  3,  227,  ebenso  16,  243; 
und  aus  der  httll'  aufTahrend  am  Htraiid  der  verödeten  aal/.- 

fluth. 
Htaunten  sie  alle  dem  hirach  (tSh/i^aorT'  #iUijM»*>)    10,  IM); 
dort  die  gOtter,  um  Zeus,  den  wottarleuchtanden  sitzend, 
staunten  dem  grossen  werk  {fhjeih'To  fiiya  tfvov)  der  erz- 

uroschienten  Achaiar   il.  7,  «44 ; 
ihm  staunen  si«  all'  in  ebrfurcht  {iüum  admirantur). 

Georg.  4, SKI; 
doch  so  herrliche  kriefer, 
all  in  der  «vhenlen  legion  die  erde  («wahrte, 
Mlaunond   den  sObnen  dM  aiefs,  die  ward'  ich  wohl  nimmer 
ersahen  I    Pykkkh  7\mtrta*  88  (8, 16»); 
ihm  staunao  alla  glsta. 

II111.ANU  ged.  (1H64)  804  (d.  Sänger); 
dem  wunder  muszt«  Naia  staunan. 

KOiHKKT  (18H8)  11.117  {Nal;  W) 
Mr. 


1185 


STAUNEN 


STAUNEN 


1186 


staune  nicht  dem  felsen,  stürme,  winde,  blitze, 
selbst  der  menschen  äxte  mögen  ihn  zerklüften. 

Platen  76»  (ßOf.  54) ; 

dich  zu  sehn  schien  fülle  des  glucks,  und  bebend 
staunt'  ich  dir,  traumähnliches  bild  der  Schönheit! 

112»  (^oden  16). 

ß)  seltener  mit  gen. : 

desz  staun'  ich  nicht;  doch  desz,  dasz  Aias  dies, 
der  gröszre  Aias,  dies  erduldet  hat. 

Stolbeeg  14,  276  (Soph.  PhOoU.  437) ; 
wenn  du  so  willst,  o  herrscherin,  so  lasz 
mich  dir  gestehn,  wie  ich  des  Schauspiels  staune, 
das  mir  in  die  ungläub'gen  sinne  fällt. 

Kleist  2,  53  E.  Schmidt  {PerUhM.  5,  751); 

halb  kuh,  halb  weih 

erschien  sie  (/o);  scheu  staunte  man  des  Wunders. 

Droysen  Aüchylos^  263  {schutzfleh.  536). 

/)  häufig  ist  nicht  zu  entscheiden,  ob  gen.  oder  dat.  vor- 
liegt: Sancho  staunte  mit  offnem  munde  der  Weisheit 
seines  herrn ;  aber  mehr  noch,  als  er,  verwunderte  sich 
der  baumeister  aus  Sevilla  Franz  v.  Kleist  vertn.  sehr. 
(1/97)  323;  jjy.  staunten  nicht, 

der  hohen  göttinn  nicht,  im  stummen  schmerz 
erstarrt,  die  freunde    Stolberg  14,164  (Aias  prd.); 

die  drängende  nidel  der  hirsche 
staunt  der  befremdenden  last  {torpent  mUe  nora). 

Voss  Georg.  3,  370 ; 

ich  staune  deiner  rede  .  .  . 

der  tugend  staunt'  ich,  die  dein  eigen  heil 

dich  in  dem  heil  des  gatten  finden  liesz. 

Platen  dramat.  nachl.  37 ; 
wir  staunen  deiner  rede,  wie  du  zungenfrech 
noch  solche  worte  prahlest  Über  dich  und  ihn! 

Droysen  Aüchylos^  59  {Agatn.  1310). 

(in  den  ersteren  belegen  ist  nach  obigen  analogien  eher  der 
dat.,  im  letzten  jedenfalls  der  gen.  anzunehmen.) 

S)  vereinzelt  findet  sich  auch  transitive  fügung .  doch 
tritt  nur  das  neutr.  eines  pronomens  im  acc.  Idnzu  {irie 
und  vielleicht  nach  lat.  mirari  aliquid):  die  einsamkeit 
suchen,  oder  mitten  in  gesellschaft  sich  einbilden,  man 
habe  bloss  bäume  und  felsen  und  rieselnde  quellen  zu 
zeugen  seiner  empfindungen;  staunen  ohne  zu  wissen 
was,  seufzen  ohne  zu  wissen  warum;  —  diess  waren, 
ihrer  meinung  nach,  die  wahren  Symptomen  der  liebe 
Wie  LAND  3,343  (Agath.  ii,b;  geliört  eigentlich  unter  3); 
so  auch:  ich  werde  rasend,  toll; 

ist  das  ein  wunder?  .  .  . 

ich  irre,  rase  schon; 

ist  das  zu  staunen?    Göthb  5, 17  (divan  1). 

/sonst  treten  hier  Zusammensetzungen  ein,  besonders  an- 
staunen, s.  theil  1,  477  (dazu: 

verwundernd  staunt  es  an  die  träge  menge. 

Novalis  1, 193  ifeüsner); 

bestaunen,  s.  theil  i,i^9.  ungeicöhnlicher :  dabei  fanden 
sie  an  diesem  kinde  mehr  herumzustaunen  als  an  den 
schönsten  Obstbäumen  Zahn  Lnk.  Hochstraszer  s.  207. 

e)  sonst  treten  präposiiionen  ein,  und  zwar  in  gewöhn- 
licher spräche  durchaus  über:  es  ist  ein  dichter  (tW- 
deron),  über  den  man  bey  jedesmaligem  erblicken  staunt, 
wie  über  die  natur,  so  oft  man  aufmerksam  an  sie 
heranblickt  Göth  e  briefe  36,  63  (on  Ories  1822) ;  dem  söhne 
übergab  sie  alle  briefe  des  vaters,  und  er  staunte  über 
die  gleichheit  beider  handschriften !  Arnim  10,48;  ich 
staune,  Schwester,  über  dich  16,  66  {Halle  u.  Jenis.  l,  16); 
da  fand  man  dieselben  formen  in  den  himmelhohen 
hölzernen  häusern  wieder,  über  die  wir  in  den  gothischen 
baudenkmälem  der  vorzeit  . . .  staunen  Alexis  Roland 
V.  Berlin  (1840)  1,3;  da  wir  über  den  Wahnsinn  des  bar- 
baren  staunten  Freytag  17,  164  (Jtnlder  i,  2);  der  derbe 
mann  fand  ausdrücke,  . . .  über  deren  Zartheit  ich  aber 
staunte  Ebner-Eschenbach  4, 186;  wer  aber  kinder  beob- 
achtet hat,  der  wird  über  den  zweifel,  dass  sprachlaute 
nicht  zu  neuen  gruppen  zusammengestellt  werden  sollten, 
nur  staunen  können  Peschel  Völkerkunde  (1874)  113; 

andere  wandten  sich,  eilten, 
mit  befehlen  belastet,  darüber  sie  staunten,  darüber 
einst  auch  wir  .  .  . 
staunen  werden     Klopstock  6, 174/.  (MesK.  19,  264—8) ; 

ungewöhnlich  mit  dativ: 

wie  musz  ich  staunen  Ober  dem,  was  du  gesagt! 

Fr.  Schlbgei.  AlarcoB  «.14  (1,  8). 

dagegen  gehört  dus  gleichbedeutende  ob  der  poesie  an: 

er  muartn)  schrieb,  noch  staunt  die  kluge  Spree  darob. 
Mastalier  ged.  (1774)  84; 

X.  2.  Mr. 


und  sie  staunen  ob  des  schicksalspmcües 
Wahrheit    Herder  25,  457  Suphan  {volksl.  2,  2,  30); 
wohl    brüder,  staunen  wir  ob  Rektors  muth 
xmd  Streitbarkeit    Bürger  165^,  742  (=  11.  5,  601) ; 
ich  staun'  ob  dir:  bei  meinem  heü'gen  orden! 
ich  glaubte,  dein  gemüth  sey  bessern  Stoffs. 

Shakegp.  9,  242  (Rom.  u.  Jxd.  3,  3) ; 
ihr  staunet  ob  dem  königlichen  gast, 
der  stolz  erscheint  inmitten  eurem  rath. 

Chamisso  (1S36)  3,  247  {herein!); 

und  ob  den  worten  staunend,  die  der  spricht, 
erhebet  Müller  sich    4,  53  {die  verbannten  1); 

ich  fiel  ihm  um  den  hals,  ob  solcher  ungewohnten  ge- 
sinnung  staunend  258  (Pet.  Schlemild  3).  ungexcöhnlich  und 
fehlerhaft  ist  die  Verbindung  'von  ob  mit  dem  acc. : 

ob  deine  wunderzeichen  staunen 
die  einbewohner  femer  zonen. 

Mendelssohn  ps.  65,  9  {in  den  werken  6,  221 
geändert :  deinen). 

toeniger  eng  sind  Verbindungen  icie  staunen  bei  etwas: 
Benedix  staunte  bei  diesem  namen  noch  mehr  MusÄus 
volksmärcJien  l,  29  Henipel  {Sübez.  2); 

tönt  nicht  ihrer 
siege  geräusch  bis  zur  jüngsten  nach  weit 
in  ew'gen  Uedem  aufbewahrt:  o  so  staunt 
ein  blöder  enkel  einst  bey  gemeiner  that; 
denn  er  vermisset  unsrer  tage 
wxmder,  und  wähnt  nichts  von  Laudons  thaten. 

Mastalier  ged.  (1774)  69 ; 
doch  dort  hätt'  am  meisten  das  herz  dir  gestaunt  bei  dem 
anblick  (iSdtv  d'rprjaao  &vii<p)    Voss  Odyss.  24,  90. 

deutlicher  gehört  dagegen  hierher  staunen  vor  etwas:  wir 
staunten  vor  dem  wilden  furchtbaren  felsen  des  Wetter- 
horns  Jacobi  briefe  aus  der  Schweiz  l,  27;  eine  gesellschaft, 
die  aus  furcht  vor  jedem  neuen  gegenstände  starret  — 
vor  jeder  ungesehenen  sache,  wie  vor  einem  wunder 
staunet  Herder  2,  70  Suphan  {fragm.  1,3,  3);  denn  wer 
eine  leidenschaftlich  entzündete  bei  einbrach  der  nacht 
von  dem  weg  zu  ihrem  liebhaber  abhalten  will ,  der  musz 
nicht  allein  wohl  ersonnene,  bedeutende,  gehaltreiche 
mährchen  bereit  halten,  sondern  er  musz  auch  in  der 
ausführung  so  reich,  exuberant,  reizend  und  anregend 
sein,  dass  die  einbildungskraft,  vor  solcher  kraft  staunend, 
nicht  wüszte,  wohin  sie  sich  wenden,  wie  sie  alles  fassen 
solle  Göthe  41,2,18  Weim.au^g.;  und  doch,  wie  staune 
ich  vor  dieser  liebe,  und  bete  sie  an !  Bettina  an  Püekler- 
Muskau,  s.  dessen  briefic.  1, 132;  sie  staunten  vor  einander, 
als  sie  sich  in  der  andacht  mo^enröthlichen  glut  er- 
hoben SgHÜBART   (1787)2,302: 

ich  aber  blieb  zurücke, 
staunend  vor  der  erhöhteren  würde 
des  gotterfüllten  mannes    1,  2. 

zu  der  ersten  stelle  bem^jkt  Heynatz  Antibarb.  2, 444< 
indem  er  sie  anführt:  'vor  etwas  staunen  ist  noch  sonder- 
barer gesagt,  als  über  etwas',  doch  ist  die  Beendung  heute 
durchaus  üblich,  zumal  wenn  die  örtliche  Vorstellung  mög- 
lich ist.  —  ganz  ungewöhnlich:  du  staunst  zu  meinen 
Worten;  aber  sey  ruhig  Bürger  300»  (Macb.  3,5). 

Q  der  anlasz  kann  auch  durch  einen  nebensafz  aus- 
gedrückt werden,  soicol  in  loserer  fügung  durch  einen 
temporal-,  causal-  oder  bedingungssatz  (beispiele  unter  b), 
als  auch  in  directer  abhängigkeit  durch  einen  inhaltssatz: 
er  musz  seinen  plan  geändert  haben,  ich  staune,  dasz 
er  nichts  davon  schrieb  Ebner-Eschenbach  4, 116; 

fürwahr,  ich  staune,  dasz  dir  alles  fremd! 

Kleist  3,  64  E.  Schmidt  (prinz  v.  Homb.  2,  8). 
du  siehst  ihn  (d.  ring)  an,  du  findest  nichts  an  ihm, 
du  staunst,  dasz  ich  ihn  dir  zu  bieten  wage. 

Hebbel 3,  247  Werner  {Gyget  i,  132). 
ähnlich:     öffnet  sie  die  äugen,  meine  gute, 

gleich  erblickt  sie  diese  bunte  gäbe, 

staunt,  wie  immer  bei  verschlosznen  thüren 

dieses  freundliche  geschenk  sich  linde   Göthb  2,107; 

der  mensch  im  anfang  launet, 

nnd  findet  manches  hart ! 

er  wirds  gewohnt,  und  staunet, 

wie  gut  es  endlich  ward    Voss  4,  256. 

sieh    darum  staunt'  ich,  edle  königin, 

wie  diese  schöne  weit  dich  traurig  machte. 

A.  W.  Schlegel  Ion  s.  30; 
ich  staune,  wie  ein  menschlich  antlitz  barg 
in  sanftem  lächeln  so  tyrann'schen  mord. 

Shaketp.  6,  29  {TU.  Andron.  2,  4); 

75  Mr. 


1187 


STAUNEN 


STAUNEN 


1188 


sie  arbeitete  im  haase  und  machte  es  sauber  und  staunte 
selbst,  wie  nötig  das  war  Enking  P.  C.  Behm  240. 

»j)  endlich  at*c/t  durch  einen  inf. :  so  sehr  sie  beim  er- 
wachen staunten,  sich  an  einem  ihnen  fremden  orte  zu 
befinden,  so  gewannen  sie  sich  bald  lieb  Ludwig  2,420; 
ich  war  erstaunt,  zu  entdecken,  dasz  ich  eigentlich,  so 
gut  ich  erst  kürzlich  noch  zu  sehen  geglaubt,  noch  gar 
nichts  gesehen  hatte,  und  ich  staunte  noch  mehr,  das 
bedeutende  und  lehrreiche  nun  meistens  in  erscheinungen 
zu  finden,  die  ich  vorher  entweder  übersehen,  oder  wenig 
beachtet  Keller  2, 19. 

/)  in  dichterischer  spräche  wird  staunen  gelegentlich  von 
unpersönlichen   subjecfen  ausgesagt    {mit  personification): 

ach,  wer  bringt  mich  hinüber  auf  adlers  flügeln,  zu  deinen 
rollenden  meeren,  du  mächtigster  Orellana  {Amazonenß,usz)\ 

du  riese 
unter  den  flUssen !    dir  staunen  die  heiligen  fluthen  des  Welt- 
meers, 
wenn  du,  stark  wie  ein  gott,  in  den  ocean  dich  ergieszest ! 
,     ,        ^  .      ,  ^  Stolberg  1, 20G. 

[vgl.  7,  0,  sowie  oben  3,  e.) 

5)  in  einzelnen  fällen  nimmt  staunen  causative  bedeu- 
tung  an. 

o)  zutceilen  im  part. :  eine  staunende  krankheit  Haller 
bei  KiNDERLiNG  428;  der  Unterricht  der  taubstummen 
wird  unter  die  Pariser  merkwürdigkeiten  gezählt,  und 
verdient  es,  da  es  wirklich  staunend  ist,  was  die  leute 
an  grammatischer  kenntniss  zeigen  Sophie  La  Roche 
an  Fr.  Nicolai  d.  20.  juli  1785  bei  Dorow  denkschr.  u.  briefe 
1,162.    so  auch: 

meerwunder!    ruft  ihr,  wenn  ihr  was  entdeckt, 

worüber  wir  uns  wundem  nicht  von  ferne ; 

wir  sind  gewohnt,  was  staunend  euch  erschreckt. 

RücKERT  3, 132  {edelst.  u.  perle  4). 

b)  vereinzelt  in  unpersönlicher  constru^tion :  schlechte 
zeit  für  gute  fauste  und  trockene  kehlen;  mich  staunt's, 
dasz  es  noch  so  lustig  ist  auf  der  kilt  Jensen  die  pfeif  er 
V.  DeLtenbach  (l884)  l,  227. 

6)  häußg  begegnet  der  substantivierte  infinitiv  das  staunen. 
{die  fälle  der  bedeutung  3  sind  daselbst  eingereiht)  das 
staunen  'der  zustand,  in  welchem,  man  sich  befindet,  wenn 
man  vor  Verwunderung  oder  beiounderung  einer  suche  un- 
beweglich und  stumm,  dasteliet'  Campe  (l). 

a)  so  im  nom.:  aber  dieses  staunen  ward  bald  von 
lebhaftem  scenen  verdrängt  Klinger  3,223  {Faust  4,  ll); 
ihr  staunen  wuchs,  als  auf  der  treppe  ich  und  meine 
frau  ihnen  mit  prächtigem  gefolge  entgegenkamen  Ludwig 
2.487; 

erst  erschütterte  staunen,  alsdann  entflammtes  verlangen 
endlich  enthüllt  ihr  Schicksal  zu  seh'n,  die  Versammlung  der 

todten!    Klopstock  bei  Campe; 
mancherlei  wollt'  er  noch  redend   doch  wehrten  ihm    zagen 

und  staunen    Bürger  260>>  {Dido  445); 
der  bösewicbt!   die  zunge  lähmt  mir  staunen    Tieck  1,  301; 
den  bauer  verwandelt  das  staunen  zu  stein. 

Rückert  (1882)  1, 188. 

ungewöhnlich  in  der  Opposition:  so  lief,  ein  blick,  ein 
staunen,  mir  der  erste  tag  dahin  Fr.  Müller  l,  33  {Adams 
erstes  erwachen).  —  mit  adjectiven:  heilige  stimme  gottes 
nun,  aufforderung,  einsetzung,  cinsegnung  des  menschen 
in  die  neue  Schöpfung,  huldigung,  frohes  staunen,  zuruf, 
gejauchz  der  geschaffenen  17;  das  fräulein  nahm  dieses 
hinbrUtende  staunen  für  übermasz  seines  entzückens  an 
Mu8Äi)8  volksm.  1,110  Hempel  {Melechsala);  sein  süszcs 
staunen  wuchs  mit  der  sonderbaren  Verwandlung  Novalih 
2,  9  Meiszntr  (Heinr.  v.  Ofterd.  1,  l);  zwar  hat  i^cihnitz 
durch  seine  fast  leidenschaftlichen  äuszerungcn  über  das 
genie  der  römischen  Juristen  ein  heiliges  staunen  bey 
vielen  Teranlaszt  Thiuaut  nothwendigk.  eines  allg.  bürgerl. 
rteht»  {tnu}  18;  ich  fange  nun  an  die  besten  sachen  zum 
sweytenmal  zu  sehen,  wo  denn  das  erste  staunen  sich 
in  ein  mitleben  und  näheres  gefUhl  des  werthes  der 
•achen  auflöst  Göthr  bri^e  8,  100  {an  Ch.  v.  Stein  den 
SO.  <Ue.  17M): 

Mm  lanne,  blMea  ■tannen  macht  mich  Jas  lahm. 

tageb.\,i  (1776); 
doch  w«nn  ata  nah  verwandt  «ich  plötzlich  die 
b«tnu:htMi  •ollen,  di«  licb  fremd  Mwaien, 
■0  tritt  «nt  swiachan  sie  das  blOde  «taunen. 

A.  W.  äcHUtuii.  Ion  74. 

Mr. 


im  gen.:  hatte  ich  das  erstemal  die  freude  der  Über- 
raschung und  des  Staunens,  so  war  zum  zweytenmale 
die  Wollust  des  aufmerkens  und  forschens  grosz  Göthe 
18,19  {W.  Meister  i, 4,);  in  eben  dem  augenblick  gelangte 
nun  obgemeldetes  werk  zu  mir  und  versetzte  mich  aus 
der  ernsten  region  des  Staunens  und  glaubens  in  die  be- 
haglichen gegenden  des  schauens  und  begreifens  55,317; 
ohne  religion,  ohne  sitten,  blieb  er  ein  gegenständ  der 
bewunderung  und  des  Staunens  Klinger  4, 252  {Raph. 
de  Aquillas  5,  2);  'ja,  jetzt  haben  sie  aber  ja  keine  brille', 
sagte  ich  nach  einer  pause  des  Staunens  Vischer  auch 
einer  l,  19; 

und  wir  standen  umher,  voll  Staunens  ob  der  erscAeiuung 
dieses  grausen  gesichts    Bürger  198''  {IL  2,  320) ; 
er  hat  gesprochen,  und  des  königs  spruch, 
der  immer  weis'  ist,  und  des  Staunens  werth, 
steht  unerschüttert    Stoi.berg  4, 124, 

vgl.  staunenswert;  dafür:  indem  er  öfters  mit  einem 
ausdruck  von  staunen  und  Ironie  den  köpf  hin  und  her 
wiegte  Vischer  auch  einer  i,3i;  in  Marias  gesicht  trat 
ein  ausdruck  von  staunen  Zahn  die  da  kommen  und 
gehen/  (1909)126.  sonst  mit  präpos.:  man  müszte  mit 
tausend  griffein  schreiben,  was  soll  hier  eine  feder ! 
und  dann  ist  man  abends  müde  und  erschöpft  vom 
schauen  und  staunen  Göthe  27,  2ll  {ital.  reise.  Rom  7.nov.); 

vernimm  den  hergang,  dass  du  überzeugt, 
vom  ersten  staunen  wieder  zu  dir  kommend, 
dich  meiner  freude  willig  überlassest. 

A.W.  Schlegel  Ion  s.  53; 
ihr  anblick  schon  entzückte;  doch  nun  bringet 
die  anmuth  ihrer  reden,  ihre  worte,  .  .  . 
vom  staunen  mich  zur  freude,  welche  weint. 

Shakegp.  2, 178  {Heinr.  VI.,  2.  Ui..  1, 1); 
aus  langer  kindheit  träumerischem  staunen 
bin  hier  ich  zum  bewusztsein  erst  erwacht. 

Grillparzer*  G,  9  {uellen  1 ;  viil.  oben  3,  a). 
die  sinne,  welche,  wie  verschlafne  Wächter, 
bisher  nicht  sah'n,  noch  hörten,  wecken  sich 
in  sel'gem  staunen  gegenseitig  auf. 

Hebbel  3,  321  Werner  {Gyges  4,  v.  1542). 

b)  so  in  festen  verbalen  fügungen.  staunen  als  subject : 
und  da  der  geist  verschwunden  ist,  wen  sehen  wir  vor 
uns  stehen  ?  .  . .  staunen  und  trübsinn  überfällt  den  ein- 
samen {Hamlet)  Göthe  19,75  {W.Meister  4,13);  staunen 
ergreift  die  schauenden  und  die  satyrn  taumeln  vor  Wol- 
lust und  geblendet  von  dem  strahlenden  lichte  ihrer 
(Helenens)   Schönheit  Droysen   AiscJiylos^  s.  171;    dazu: 

doch  wer  ermiszt  das  ungeheure  staunen, 

das  ihn  ergreift,  da  die  prinzess'  den  handschuh, 

den  er  sich  ins  koUet  gesteckt,  vermiszt! 

Kleist  3,  116  K.  .Schmidt  {pn'nz  v.  Homb.  5,  5); 
ungewöhnlich : 

ich  sterbe,  sehe  nun  bald  um  mich 
die  groszen  seelen,  Popon  und  Addison,  .  .  . 
und,  durch  desz  tod  mich  staunen  traf,  dasz 
traurigkeit  auch,  und  nicht  freud'  allein  sey 
auf  erden !  meinen  bruder. 

Klopstock  öden  l,  66  ilunckerPawcl 
{der  abtchied  23). 

als  object;  gewöhnlich  staunen  erregen:  kunstunternoh- 
mungen  dieser  art,  welche  in  die  äugen  fallen,  aufsehen, 
ja  staunen  errc^'on  sollen,  werden  gewöhnüch  in's  kolos- 
sale geführt  GöiiiE  xceike  49,231,  17  Weim.  au.tg.  {abendm. 
V.  Leoard  da  Vinci);  zwischen  Bomte  und  Osnabrück  sahen 
wir  die  ungeheure  eiche,  welche  seit  Jahrhunderten 
staunen  erregt  Stoi.rero6,  5;  die  weiten  himmelsräume 
gehören  einem  weltgemälde  an,  in  dem  die  grösze  der 
massen,  die  zahl  zusammengedrängter  sonnen  .  .  .  unsere 
bewunderung  und  unser  staunen  erregen  AI.  v.  Hijmuoldt 
Kosmos  (18+5)1,84;  doch  erscheint  alles  in  diesen  fels- 
hallen {bei  Wadg  Gyrshe  am  Nil)  gewaltig,  stillschweigen 
gebietend,  staunen  erregend  RrriKii  erdkumW  {i»a)  i,ft*4; 
die  waffenstUcke  .  .  .  erregten  das  staunen  der  Asiaten 
Mommskn  röm.  geach.  8,  866;  seine  werke  erregten  staunen 
und  bewunderung  H.  Grimm  Michelangelo^  i,  17  (vgl.  stau- 
nenerrcgend).  ähnlich:  der  enthusiasmus.  womit  er  seine 
grosse  ideen  herausw&lzte.  zündete  auch  mich  an,  und 
lies/  heiliges  staunen  über  die  werke  guttes  in  meiner 
seele  zurUk  SoiiiniKHr  leben  u.  gesinn.  1,41; 
und  liallw  IrQnimer,  um  di«  U'txte  itunde 
mit  xluriii  und  rcven  känipfund,  drangen  mir 
doK  litnuncn  ab,  (laii  ich  dem  bau  versagt, 
«la  er  noch  stand  in  Heiner  vollen  pracbl. 

Hkiiiikl  4,  3U:i  Werner  {SiM.  iii,  4, 19). 

Mr. 


il89 


STAUNEN 


STAUNEN 


1190 


tnit  Präposition  in  der  causativen  tcendung  in  staunen  vor- 
setzen Campe  (r^Z.  oJen  5):  die  mittel  so  gering,  so  un- 
scheinbar, man  darf  nicht  sagen  so  dürftig,  denn  das 
resultat  versetzt  uns  in  staunen  Stolberg 6, 16;  er  erzählte 
mit  ironischem  lächeln,  wie  ich  durch  meine  offenherzige 
naivität  die  ganze  untersuchungs-commission  in  staunen 
versetzt  hätte  H.  Steffens  was  ich  erlebte  (l840)  2,  301; 
weil  jeder  in  seinem  eignen  laboratorium  die  raketen 
und  feuerfcugeln  verfertigt,  womit  er  die  weit  in  staunen 
setzen  und  womöglich  entzünden  möchte  Göthe  Briefe 
2d,  62,  19  (d.  26.  febr.  1818  an  Sartorius) ;  ferner  .- 

dasz  du  die  herrlichste  bist,  Admetos  heerden  ein  schmuck 

wärst,  .  .  . 
alles  reiszet  zum  staunen  mich  hin,  zum  preise  des  künstlers. 
werke    4,125  Weim.  attgg.  [Jlyrons  kuh) ; 

so  erkennt  man,  wie  die  mächtige,  ernste  und  sieges- 
gewisse gestalt  {Gerhart  v.  Rendsburg)  in  weiten  kreisen 
die  landes-  und  Zeitgenossen  mit  hingebender  bewun- 
derung  und  staunen  erfüllte  xSitzsch  deutsche  studien 
1879)258.  entsprechend  intransitiv:  da  gerieth  der  soldat 
in  Verwunderung  und  staunen  Hebel  3,  84. 

c)  sehr  geicöhnlich  in  gexcissen  präpositionalen  Verbin- 
dungen, so  besonders  mit  staunen  (gleichbedeutend  mit 
;_  staunend,  s.  oben  4,  c,  v):  mit  staunen  wandert  er  {Winckel- 
mann)  durch  die  reste  eines  riesenzeitalters  Göthe  37,  34; 
die  weit  sieht  das  alles  mit  staunen  an  Bettina  Cl. 
Brentanos  frühlingskranz  (1844)  189;  beiden  umständen  ist 
ohl  jene  weite  Verbreitung  gewissernamen  zuzuschreiben, 
eiche  schon  Grey  mit  staunen  hervorhebt  Ratzel  vöücer- 
nde  2,  62; 

mit  staunen  musz  ein  weiser  mann  es  lesen. 

Bürger  318»  {BeUin  26) ; 
wie  begrüszt'  ich  so  oft  mit  staunen  die  fluthen  des  Rhein- 
stroms   Göthe  40,  242  {Herrn,  u.  Bor.  i); 
mit  staunen  weilt  der  überraschte  blick 
beym  wunderbaren  bau  des  ungeheuren  rosses. 

Schiller  6,  348  (zergtör.  Trojas  6) ; 
gehört  nun  haben  Asia's  felsenthore 
meines  geschützes  donner  auch  mit  staunen ! 

RCcKERT  (18S2)  1, 19  (seham.  «on.  25); 
dies  hörend,  erhob  mit  staunen 
der  könig  die  augenbraunen    12, 119  (Sal  29). 

mit  sinnverwandten    ausdrücken    zusammengestellt:     mit 
dem,   staunen,   oft  mit    herzbeklemmenden  empfin- 
ngen  . . .  lieset  man   diese   denkwürdigkeiten  {von  St. 
.mo7\.  Dticlos  u.  a.).     mit  staunen,  wenn  man  erfährt, 
Ton    wem    die    weit    regiert   ward  .  .  .    Herder  23,  108 
Suphan  {Adrast.  1,  1,  II);  die   beiden  aber  schauten   ein- 
ander mit  Verwunderung   und  staunen   an   Hebel  3,  28; 
die  antwort  Griseldens  ist  zuerst  mit  staunen,   dann  mit 
entsetzen,  schlieszlich  mit  einem  lachausbruche  von  den 
herren  aufgenommen  worden  G.  Hauptmann  Griselda4G; 
wie   wir    alle   nicht    ohne  rührung,  ja  fast  mit  staunen 
gesehen  haben  105;  Anton  vernahm  diese  Weisung  zuerst 
mit  staunen,    dann  mit  misztrauen,  schlieszlich  mit  be- 
unruhigung  Oesteren  die  exzellenzen  (i909)  53; 
denn  hier  siz'  ich,  .  .  . 
wo  mit  ernst  und  staunen  meine  seele 
auf  sich  selber  niederblickt. 

ScHLBART  ged.  (1787)  2,  271; 
ich  sah  mit  staunen  und  vergnügen 
eine  pfauenfeder  im  coran  liegen. 

Göthe  5,  235  {divan  10,  5); 
doch  wohl  erinnr'  ich  mich  des  scheuen  blicke, 
den  ich  mit  staunen  und  mit  bangigkeit 
auf  jene  beiden  warf    9,  44  (Iphig.  3,  l) ; 
mit  staunen  seh  ich  euch,  mit  freude, 
der  ich  euch  schuf  bewundr'  euch  heute. 

13,  272  (£p»m«n.  1,5). 
hirch  adjectivischen  zusatz  näher  charakterisiert :  mit 
neudigem  staunen  nahm  die  heilige  frau  {Elisab.)  diese 
A  underbare  metamorphose  {der  nahrungsmittel  in  rosen) 
wahr  MusÄus  i,  79  Hempel  {Melechs.);  Engelbert  sah  nun 
mit  grauenvollem  staunen  das  innere  der  höhle  Pfeffei. 
ro«.  vers.  2,  87;  der  vielen  ebnen,  holen,  berge  undwälder 
geschweigen,  die  ich  alle  mit  bewunderndem  staunen 
«hr  als  einmal  betrachtete  Gersten berg  briefe  über 
■kwürdigk.  der  litt.  s.  258,  28  neudr.;  der  schulherr  aber 
haute  diese  zumuthung  mit  ungemeinem  staunen  an 
EBEL  3.  30;  dann  sah  und  hörte  er  mit  starrem  staunen 
ien  evolutionen  des  erschrecklichen  gewitters  zu  Vischer 
einer  i,37;  mit  ehrfurchtsvollem  staunen  betrachtet 
(d.    nafur/orscher)    das     mikroskopische    klümpchen 

Mr. 


nervensubstanz  Du  Bois-Reymond  üb.  d.  grenzen  d.  natur- 
erkennens  (1873)30;  nach  rechts  und  links  wichen  die 
wüsten  gesellen  mit  stumpfem  staunen  ihr  aus  Raabe 
uns.  herrgotts  canzlei  2,  226 ;  Wittig  (mit  gemachtem  stau- 
nen den  weher  dumm  anglotzend)  G.  Hauptmann  d. 
xceber  61  (3,  bühnenanw.);  Griselda  mit  grenzenlosem 
staunen:   versteht   ihr  das?    Griselda  109; 

mit  gesunkenem  knie, 

mit  tiefambetendem  staunen, 

freu  ich  mich ! 

Klopstock  Oden  1, 129  Muncker-Pawel 
(d.  anfchaun  gotte*  14) ; 
er  (Johannes)  sitzt  am  felsen,  dessen  bom  ihn  tränket, 
da  steigt  vor  seiner  seel'  empor  ein  bild, 
das  er  mit  sel'gem  staunen  überdenket. 

A.  W.  Schlegel  im  Athenäum2, 140; 
er  hört  mit  innerlichem  staunen  * 

unsichtbar  es  in's  ohr  sich  raunen    Rückert  3, 25. 

zutceilen  entsprechend  ohne  staunen,  meist  mit  negation: 
ich  kam  nach  Mannheim,  nicht  ohne  süsses  staunen 
über  die  simetrische  anläge  und  Schönheit  dieser  deut- 
schen Stadt  Schubart  leben  u.  gesinn.  l,  185;  eine  der 
merkwürdigsten  geschichten  dieser  art,  die  ich  nie  ohne 
staunen  habe  lesen  können  .  .  .,  ist  die  geschichte  von 
dem  tode  des  uralten  mahlers  Francesco  Francia  Wacken- 
roder  herzenserg.  29. 

d)  vor   staunen: 

starr  vor  schaam  und  staunen 

la?  er  auf  den  altan  gebückt, 

bis  ihn  der  jubel  der  posaunen  .  .  , 

ans  seinem  schweren  träum  erweckte. 

Pfeffel  poet.  verg.  2,  5 ; 
wir,  stumm  vor  staunen,  selbst  nicht  wollend,  folgen 
der  hohen  fahn'  und  ihrer  trägerin. 

Schiller  13,  213  (JungfrQU  1,  9) ; 
es  macht  mich  starr  vor  furcht  und  staunen. 

Shakesp.  6,  SO  (flomZ.  1, 1); 
dann,  eh  noch  einer  spricht  ein  wort 
vor  rührung,  staunen,  tiefer  schäm, 
schon  stapft  er  durch  das  zimmer  fort. 
Droste  Hülshoff  2,76  (hotpiz  auf  d.  St.  BemA.  2); 
die  mutter  rief  vor  staunen  schier    Stürm  8,  291 ; 
der  herr  teufel  mögen  mich  holen,  wenn  mir  nicht  vor 
staunen    und  Verwunderung    der   athem    stehen    bleibt! 
Grabbe  1,  313  Grisebach  {scherz,  satire  2,  2);  als  er  wieder 
auf  die  strasze  kam,  waren  ihm  vor   staunen   und   ent- 
setzen der  eisenladen  .  .  .  und  der  herr  Wunderlich  aus 
dem  gedächtnisz  heraus  verschwunden  Hebel  3,  29;  das 
erstemal    konnten    sie  vor    staunen    und    ungewiszheit 
nicht  antworten  91 ;  er  konnte  vor  staunen  und  lachen 
kaum   sich  fassen  Herwegh  s.  briefe  von  u.  an  H.  (i896) 
s.  60  {d.  25.  nov.  47).  —  zu  jemandes  staunen:  zu  Frankfurt 
sprang   er .  .  .  zum   staunen    des  postillions  kerngesund 
aus  dem  kaleschlein   heraus    Hebel  2,  245,  34  Behaghel; 
selbst  zu  einem  antrag,  der  künstler  möge  nach  Leipzig 
übersiedeln,  verstieg  sich  der  doctor  zu  Maternus  staunen 
Ha  US  RAT  H  pater  Maternus  121  \ 

mächtig,  zu  der  himmel  staunen 
thatst  QU  durch  der  seher  mund 
einst  im  donner  der  posaunen 
gottes  tiefen  ratbscblusz  kund. 

Schubart  ged.  2,  lOi ; 
ein  labyrinth  von  listen  und  von  faunen 
durchhastet  er  zu  seiner  feinde  staunen. 

Fretligrath  5  6,  213. 

e)  in  poetischer  spräche  nimmt  staunen  zuweilen  con- 
creten  sinn  an,  das,  worüber  man  staunt,  gegenständ  des 
Staunens  Campe  (2): 

Jesus  Christus  erhub  die  gebrochnen  äugen  een  himmel, 
rufte  mit  lauter  stimme,  nicht  eines  sterbenden  stimme,' 
mit  des  allmächtigen,  der  sich,  das  staunen  der  endlichkeiten, 
freygehorsam,  dem  mittlertod'  hingab! 

KLOPSTOf  K  4,  251  (ifcfit.  10, 1043); 
die  kraft,  die  in  des  fechters  muskel  schwillt, 
musz  in  des  gottes  Schönheit  lieblich  schweigen; 
das  staunen  seiner  zeit,  das  stolze  Jovisbild 
im  tempel  zu  Olympia  sich  neigen. 

Schiller  6,  272  (d.  küwtler  264); 
dieser  ist  der  stolz  des  Vaterlandes 
schönstes  kleinod  von  Toscana,  —  staunen 
seiner  nachweit :  sieh'  die  krafl  des  groezen 
Michel'  Angelo  Buonarotti. 

Wackenroder  herzemerg.  197; 
dennoch  konntest  du  allein 
meine  quäl  zu  lindem,  taugen 
und  das  staunen  meiner  äugen, 
meines  ohrs  bewundrung  sein. 

Gries  Calderon,  leben  e.  tratim  1  (2). 
75*  Mr. 


1191  STAUNENERFÜLLT— STAUNENSWERT 


STAUNENS  WÜRDIG  —  STAUNUNG   1 1 92 


7)  ganz  vereinzelt  findet  sich  staunen  in  gebratichioeisen, 
die  nicht  hierher  gehören. 

a)  im  älteren  nJid.  für  stöhnen,  vgl.  das. :  man  halte 
den  nicht  vor  gesund,  der  einen  krancken  in  seinem  hause 
hat,  denn  aus  bekümmernisz  um  den  schwachen,  seuff- 
tzet  und  staunet  er  eben  so,  als  der  andere  Olearics 
pers.  baumg.  13»  (1,  16). 

b)  die  welle  sprüht,  und  staunt  zurück  und  weichet 
und  schwillt  bergan,  sieh  immer  selbst  zu  trinken; 
gehemmt  ist  nun  zum  vater  hin  das  streben. 

GöTHE  2,  3  (sonettc  1). 

hier  möchte  man,  trotz  der,  wie  es  scJteint,  klaren  und 
einheitlichen  Überlieferung,  schreib-  bezic.  d7tickfehler  für 
staut  annehmen  {vgl.  stauen  3f),  da  ein  ühnliclier  ge- 
inauch  von  staunen  sonst  nicht  belegt  und  die  ungewöhn- 
liche personification  nicht  toeiter  durchgeführt  Lst.  {die  unter 
i,  f  gelmchte  stelle  ist  kaum,  vergleichbar.) 

c)  bayer.  stau~n  nach  dem  männchen  verlangen,  vom 
sciuoein  Schmem.er^  2,  764. 

d)  kämt,  an  zahnen  staunen,  s.  ebenda. 
STAUNENERFÜLLT,  adj. . 

als  Sudewa  das  wort  enthüllt, 

trat  Sunanda,  staunenerfüllt, 

zu  Damajanti    Rückert  (1S82)  12,  85  {Not  21). 

STAUNENERREGEND,  adj.,  vgl.  staunen  6.  b:  dazu 
gab  das  mächtige  Zeitalter  . . .  allen  Unternehmungen  einen 
reiz,  der  unserem  gelehrten  Zeitalter  in  den  jetzt  so  viel- 
fach aufgeschlossenen  erdräumen  zu  mangeln  beginnt: 
den  reiz  der  neuheit  und  staunenerregender  Überraschung 
A.  V.  Humboldt  kosmos  2  {isii),  31q;  von  eichenwäldern 
an  der  Friesischen  küste  berichtet  Plinius;  er  .  .  .  erzählt 
von  den  staunenerregenden  dimensionen  der  deutschen 
riesenbäume  Bernhardt  gesch.  des  icaldeigent.  (1872)  i,  24. 

STAÜNENHAFT,  adj.,  ungewöhnliche  gelegenheitshildung 
für  staunend: 

das  kriegsheer  schaute  staunenhaft 
auf  seinen  mut  und  armes  kraft. 

Rückert  Firdosi    1,  127. 

STAUNENSOFFEN,  adj.,  vom  mund,  den  man  beim 
atauneti  öffnet: 

da  sah  ich,  wie  im  hintergrund 
bereits  mit  stauncnsofTnera  mund 
Zukunft  und  nachweit  standen.. 

Rückert  (1882)  7,  2r.2. 

STAUNENSVOLL  adj.  {adv.),  für  älteres  stauncnvoU. 
vgl.  das.: 

was  gleich  vcrklung'nen  sagen 
aus  grauer  vorzeit  scholl, 
hat  man  in  diesen  tagen 
gesehen  Staunens  voll. 

SCHBNKENDORF  QCd.  (1815)  173. 

STAUNENSWERT,  adj.,  vgl.  staunen  6,  a  und  Staunens 
würdig;  zuerst  bei  Kinuerling  428  gebucht  {mit  verweis 
auf  die  Karschin),  vgl.  zeitschr  f.  d.  wortf.  11, 124:  ja  man 
sollte  glauben,  dass  die  mnsik  diesem  grossen  volkc 
{den  Griechen)  die  schwingen  zu  einem  stauncnswerthen 
aufflöge  gegeben  habe  Schuuart  ästhet.  der  tonk.  17;  wohl 
giebt  es  schon  in  den  niederen  klassen  staunenswerthe 
Weisheit,  aber  erst  in  secunda  beginnt  man  zu  begreifen, 
warum  man  etwas  weisz  jugetiderinn.  eines  alten  mannes^ 
«.868;  so  war  es  unvermeidlich  dass  die  Chinesen  .  .  .  ihre 
gewerbe  auf  eine  noch  jetzt  theilweise  staunenswerthe 
höhe  empor  heben  konnten  Pkscjiel  Völkerkunde  898; 
wirklich  herbeigeführt  aber  werden  .  .  .  jene  staunens- 
werthe Verschiedenheit  der  erzielten  Spielarten  von  dem 
urstamm  D.  F.  Sthausz  sehr,  fl,  186  {d.  alte  u.  d.  neue 
glaube  57) ;  selbst  die  grösze,  die  er  ihm  {Napoleon)  zu- 
gestehen muszte,  war  ihm  Staunens-  aber  nicht  bewun- 
dernswert, weil  sie  alles  himmlischen  lichtes  entbehrte 
Fontane  i,8«  {vor  d.  «türm  ♦);  diesen  satz  dehnten  die 
Sophisten  .  .  .  mit  einer  slaoncnswcrthen  Verwegenheit 
der  •  theorie  auf  alle  begriffe  aus  Lange  gesch.  des 
m4tterialimnu»  (iM6)  16;  mit  staunenswerthcr  pracht  feierte 
herzog  Boletlaw  die  anwesenheit  des  kaisors GtKKKitnKciiT 
deuUeke  kaittn.  l»,  78«;  noch  später  ist  er  (Vndomar)  zu 
diplomatixrh  militärischen  auftrügen  mit  erfolg  bennlzl 
worden,  hat  ai>er  namentlicli  eine  Htaunenswcrto  mcistor 
MshAft.  in  der  römischen  helagcnin^Nkunst  .  .  .  sieh  an- 
gedfnot  HKHT/BEHU^e«rA.  dea  rbm.  kaiserreiehes  ».  7Aa; 

Mr. 


doch  dasz  sie  diesen  träum  in  dieser  nacht 
geträumet  hat,  ist  wahrlich  staunenswerth ! 

Stolbbr«5,  10; 
höre  meine  künde,  sie  ist  staunenswerth. 

Rückert  (1882)  11,  512  (38.  makame). 

STAUNENSWÜRDIG,  adj.  des  Staunens  würdig  Campe 
{mit  beleg  aus  Gries),  vgl.  d.  vor.:  in  diesem  sinne  muszte 
nun  das  erste  stück  {einer  griech.  trag,  tetralogie)  gros/, 
und  für  den  ganzen  menschen  staunenswürdig  sein 
GÖTHE  41,  2,  66  Weim.  ausg.;  lasz  mich  hoffen  du  werdest 
mir  bald  wieder  gclegenheit  geben  deine  staunenswürdigen 
thätigkeiten  in  gegenwart  zu  bewundern  briefe  39,  2:u  {an 
Fei.  Mendelssohn-Bartholdy  d.  IS.  jnni  1825);  die  Medea  der 
alten  dramatiker  bleibt  bei  all  ihren  greueln  noch  ein  grosses 
staunenswürdiges  weih  Sciiii.i.er  2,  ll  {räuber,2.  vorr.); 
der  eingang  des  ganz  in  felsen  gehauenen  tempels  ward 
von  drei  sandbergen  ....  befreit,  am  isten  august  war 
die  pforte  entdeckt  und  der  eingang  in  den  Staunens- 
würdigsten  felsentempel  .  .  .  gefunden  Ritter  erdkunde^ 
(1822)1,588;  zahllose  neue  Hellenenstädte  entstanden  an 
den  küsten  der  Propontis  und  des  Pontös  .  .  .  und  blühten 
staunenswürdig  empor  Droysen  Äisch.^  178. 

STAUNENSWÜRDIGKEIT,/.:  die  .  .  .  werke  des  Phidias 
haben  allein  der  Niobe  nicht  geschadet,  welche  auch 
ihre  eigenthtimlichen  Staunenswürdigkeiten  und  bezau- 
berungen scyn  mögen  F.  G.  Welcker  alte  denkmüler 
1,  209  (1849). 

STAUNENVOLL,  adj.  'voll  Staunens,  von  staunen  erfüllt; 
wie  auch,  ron  groszem  staunen  zeugend'  Campe;  ?JtcÄ/  mehr 
üblich,  staunenerregend:  beyder  arbeit  {des  Seiltänzers 
und  des  transcendentalphüosophen)  .  .  .  gewähren  ein 
wunderbares,  staunenvolles,  manchmal  gleichen  Schau- 
der erregendes  Schauspiel  Klinger  ll,  214.  statinen  aus- 
drückend {vgl.  staunen  4,  c,  y): 

der  beide  sieht  mit  staunenvollem  gaffen. 

Grieis  bei  Campb. 

s.  auch  staunensvoll  und  staunvoll. 

STAUNER,  m.,  nomen  agentis  zu  staunen,  als  ver 
einzelte  gelegenheifsbildung  bei  dichtem: 

80  —  deutet  er:  die  weise  mühe  lohnt 

ein  baares  trinkgeld  aus  der  stauner  tasche. 

Berliner  ged.  s.  85  Geiger  (Berlin,  e.  ratyre  1795) ; 
saft,  kraft  und  färbe  —  alles  siehst  du  weichen, 
was  eben  noch  dem  stauner  göttlich  schien. 

Freilic.rath*  6,  216. 

eis.  stuner  (stynar)  'in  gedanken  versunkener  mensch' 
Martin  Linhart  2,  602*,  vgl.  staunen  8,  daneben  stumer, 
s.  unter  staumen. 

STAUNGESICHT,  n.  gesicht,  das  {er)staunen  ausdrückt: 
gewisz  hab'  ich  darauf  ein  einfältiges  staun-gesicht  ge- 
macht J.  Paul  51,  51  {Katzenb.  l,  13). 

STAUNIG,  adj.  staunend ;  alem.  bildung,  zu  staunen  8 
oder  4;  in  Basel  stunig  staunend  {wol  =■  träumend),  nach- 
denklich, vgl.  der  stuni  'wer  vor  tiefen  gedanken  oder  Zer- 
streuung nicht  hört,  j«kv  man  zu  ihm  .tagt'  Seiler  ax.!*'. 
bei  alem.  autoren  auch  in  der  litt.:  staunig  hatten  die 
Hunnen  die  herannahenden  dunkeln  schaaren  erschaut 
ScHEFi'EL  Ekkeh.  (iS-W)  189  (*'*213,  14.  kap.).  katan  lästt 
sich  ein  eis.  stUnig  und  eigensinnig,  das  Cii.  Scümiut 
hisfor.  icb.  846»  anführt,  hierher  ziehen.  —  in  Davos  dafür 
s  tu  nicht,  stauneiul  Bühlkk  l,  282  {fleet.  stOnichta,  -ti, 
-ts),  nachdenklich  2,  90. 

STAUNLICH,  adj..  selten  für    erstaunlich,    vgl.  dat.. 

th.  3,  999:   ergibt  sich  da  ein  staunlichor  gegonsatz  Scherr  - 

Schiller  {iSbO)  2,  v:;  ] 

gern  'gelehrte',  wirkli''<>  i 

nennt  der  Deutsch»  y>  ^  i 

i.ii  II  ■     ■'  (d.  brotreom). 

STAUNUNti, /.,  seltnes  verMabstr.  xt«  staunen: 

O  dieser  Marineil,  wi-  '■••"    "■\<-  wundortam 
er  aug'  und  »hr  7.11 1  '  riichte, 

sobald  or  auf  den  -  <tn  > 

A.  Kahhchin  iHi  ..;....  IM  tv  AnnkrtfmHtf  "  '*•"•' 
(über  die  Kmtlia  OalotU). 

Wrnf.  staun ung  der  Zähne,  #.  Schmellkk'»,  764/.        

wogegen  der  staunungswürdigo  rühm,  zu  dem  er 
(Byron)  sein  Vaterland  . .  .  erhebt,  ...  in  seinen  UA\^en 
unberechenbar  bleibt  OrtTiiK  42,  l,  104,  19  Wrirn.  mtsg. 
{vgl.  oben  staunenswUrdig). 

Mr. 


1193 


STAÜNVOLL  —  STAUPBESEN 


STAUPBESEN 


1194 


STAUNVOLL,  adj.,  s.  staunenvoll:  ich  sprach  staunvoll: 
—  o  wie  ist  deine  sünde  graunvoll!  Rückert  11,  300 
(10.   inakame). 

STAUNZE,/.,  s.  stauze  1—3. 

STÄUPAAS,  n.,  in  der  Frankfurter  gegend  als  schimpf' 
ivort  sehr  verbreitet,  bei  Frankfurter  autoren  als  steupe* 
cos,  stäubeos,  steuweoos,  lieb  steuweösi,  plur.  stoipe-öser, 
auch  sticksteipe-oos  bezeugt,  s.  Askenasy  d.  Frankf.  mund- 
,rt  u.  ilire  lit.  (190+)  s.  1+2;  nicht  immer  böse  gemeint,  vgl. 


b.: 


do  saufe  die  stäuweöser 

des  herrliche  goldene  nasz    *.  ebenda  «.  11. 


■ol  von  stäupe  II,  der  krankheit,  die  in  Frankfurt  stäupe 
heiszt,  abzuleiten). 

STAUPARSCH,  m.,  als  pßanzenname:  mnd.  stupars 
stabiosa  (scabiosaf)  major,  qtt.  bei  Schiller-L0bben6,  275'; 
nhd. :  drachen-kraut,  Wasserdosten  .  .  .  alp-kraut,  tugend- 
blumen,  stauparsch,  leber-kraut,  kletter-kraut.  lateinisch, 
eupatorium  (vulgare)  Zedler  universal-lex.  7  (1734),  138i. 

STAUPBESEN,   m.,    besen.    grosze   rute    zum    stäupen, 
7?.  'stäupe,   die  Zusammensetzung  ist  nhd.  seit  Luther 

zeugt  und  wird  besonders  in  der  altem  spräche  sehr 
häußg  Staubbesen  geschrieben,  vgl.  Weigand  2,  803.  in 
Wörterbüchern  erst  seit  beginn  des  17.  jahrh. :  staupbesep, 
scopae  castigatrices  Henisch  312,  42;  virga  .  .  .  it.  der 
Staupbesen,  poena  virgarum  CokvinüS  fons  latin.  735''; 
'■■•aupbesen,   scopae  castigatrices,  virga   censoria,  publica, 

r'amis  Stiki.er  112;  staup-,  stäupbesem,  m.  scopa, 
jerza,  scudiscio,  frusta.  v.  stäupe  Kram  er  dict.  2,  918*; 
staup  besen,  magna  carnificis  virga  Frisch  2,  323'';  'der 
Staupbesen,  .  .  .  ein  besen,  d.  i.  grosze  ruthe,  einen  misse- 
thäter  damit  zu  stäupen,  in  xcelchem.  verstände  es  noch 
die  grosze  ruthe  bedeutet,  mit  welcher  geicisse  Verbrecher  von 
■^-in  henker  öffentlich  ausgestriclien  werden  .  .  .  gemeiniglich 

Iireibt  man  es  Staubbesen;  allein  das  folgende  weiclie  b 
nacht  diese  der  abstammnng  zuwider  laufende  verändening 
des  p  eben  nicht  nofhuendig'  Adelung;  s.  auch  Campe. 
fvRÜNiTZ  171,  73/.  —  mit  der  sache  ist  das  wort  in 
neuerer  zeit  aus  der  allgemeinen  Umgangssprache  ge- 
aehicunden ;  doch  kennt  es  die  Volkssprache  noch,  zum  theil 
als  schimpficort,  s.  unten  5,  b.  so  auch  mundartlich:  ung. 
Staubbesen  'ruthe*  zum  schlagen'  Schröer  208»  (aus 
■  fem  quellen?  vgl.  staupsäule);  in  Leipzigs,  unten  5,  b;  auch 
"'.:  /neWeH&.stüpbessen,  ruthe  zum  stäupenMi  88^;  südhann. 
mit  entstellter  lautstufe  stüfbessen  Schambach  215'*.  (mnd. 
rfo/ij»- stüpgarde, /.,  eig.  stanpgerte,  s.  Schiller-Lübben 
4,  352*,  aus  eitler  qu.  v.   1526.) 

l)  Staupbesen  bezeichnet  zunächst  das  geräth  für  die 
öffentliche  Züchtigung  durch  den  Scharfrichter:  das  nu 
etliche  from  sind  und  widder  dis  gepot  nicht  sundigen, 
das  rieht  seine  göttliche  gnade  aus  odder  meister  Hans 
mit  dem  seh  wert  und  stauppebesem  treibt,  yhnen  eine 
forcht  ein  Luther  16,  öii,  30  Weim.  ausg.;  es  hat  man- 
cher frommer  hausvater  daheime  kaum  brod  und  kofend 
genug  und  die  vor  der  thüre  betteln,  geben  das  brod 
den  Schweinen,  da  gehören  stauppebesen  zu  M.\thesius 
Syrach  (1586)  2,  (zweites)  27'';  denn  solche  leichtfertige 
täntze,  .  .  .  die  soll  man  mit  prügeln  und  staupbesen  von 
einander  treiben  Weise  erznarren  s.  161  neudr.  (285);  wie 
sie  (die  obrigkeit)  dieselben  im  gefängnisz,  mit  dem  staup- 
besen abstraffen  läszt,  damit  sie  mögen  fromm  werden 
Sperling  Nicodemus  quaerens  2  (1719),  588;  was  gebraucht 
denn  jetzo  . . .  der  staat,  um  die  deutsche  mehrzahl,  das 
Volk,  bei  der  ehre  zu  fassen?  —  infamien-strafen ;  statt 
des  lorbeerkranzes  das  halseisen,  statt  des  Ölzweiges  den 
staupbesen.  . . .  die  höchsten  Staatsmänner  gehen  ...  als 
höhere  essenkehrer  mit  unsichtbaren  besen  und  leitem 
durch  die  straszen,  und  besteigen  zum  abkehren  und 
abkratzen  den  staat  mit  staupbesen  und  galgenleiter 
J.  Paul  34,  80  (2.  nachdämmerung);  vom  bürgermeister  bis 
XU  dem  würdig  redenden  barbier  und  amtschirurgus, 
dessen  hecken,  wie  der  staupbesen  unseres  letzten  Scharf- 
richters, durch  Jahrhunderte  auf  den  jetzigen  Inhaber 
herabgeerbt  waren,  muszten  mir  alle  still  halten  Storm 
6,90;  heut  ist  ihr  'landtag'  im  freidorf  Gersau,  wohin 
nicht  büttel  und  steckenknecht  reicht  und  man  staup- 
besen, brandeisen  und  galgenstrick  nicht  kennt  W.  Jensen 
^•Pfeifer  v.  Dusenbach  (1884)  l,  220. 

Mr. 


2)  so  in  gnoissen  festen  Verbindungen. 

a)  einem  den  staupbesen  geben,  ihn  damit  züchtigen 
(wie  die  rute  geben,  s.  theil  8,  1563):  nachmals  solte  er 
ihm  den  staupbesen  geben  lassen,  und  ihm  eine  öffent- 
liche abbitte,  nechst  vriederruff,  dasz  er  ihn  nicht  zum 
schimpf  bestohlen ,  . . .  thun  lassen  der  polit.  maulaffe 
(1679)  234;  in  ansehung  aber  unserer  groszen  last  er  gäbe 
man  uns  den  staupbesen  und  liesz  uns  damit  laufen 
Jucundiss.  (l680)  148;  ein  delinquent  möchte  zu  dem  richter 
sagen:  herr  richter,  es  würde  euch  nicht  gut  düncken, 
wenn  ihr  an  meiner  statt  wäret,  und  man  Hesse  euch 
den  staupbesen  geben,  den  kopff  abschlagen,  u.  s.  f. 
Nicodemus  quaerens  2  (1719),  800;  er  (Peter  Brahe)  hatte 
eine  so  herzliche  neigung  gegen  sich  und  seine  einfillle, 
dasz  er  sich  lieber  würde  den  staupbesen  haben  geben 
lassen,  als  einen  artigen  gedanken  auf  seinem  herzen 
und  gewissen  behalten  wollen  Rabener  schriffen  (1777) 
2,  48.  von  privater  Züchtigung :  wahrhaftig,  wenn  die  mir 
den  handel  verdürbe,  ich  liesz  ihr  einen  Staubbesen  im 
keller  geben  Borkenstein  d.  Bookesbeutel  (1742)  s.  56,  lO 
neudr.;  im  bilde:  warum  wachen  doch  die  Obrigkeiten 
nicht  sorgsamer  über  den  öffentlichen  ergözlichkeiten, 
und  geben  sonderlich  den  sentimentalen  dramen  der  Fran- 
zosen und  Welschen,  und  den  deutschen  nachpfuschungen 
. . .  den  staupbesen!?  Schubart  leben  u.  gesinn.  2,  lli; 

und  doch  reden  die  kerls  vom  gewaltgen  drang  .  .  . 
thun  der  tugend  auf  der  nase  spielen, 
geben  ihr  den  staupbesen. 

ScHiNK  marionettentheater  (1778)  70. 

b)  entsprechend:  den  stäupbesem  kriegen,  einem  der 
stäupbesem  zu  theU  werden,  havere  la  scopa,  la  scopacciata 
publica,  toccargli  in  sorie  d'  essere  scopatc,  frustuto  publi- 
camente  Kr.\mer  dict.  2,  918»;  staup  besen  bekommen, 
virgis  publice  caedi  et  in  exilium  mitti  Frisch  2,  323''; 
den  staupbesen  bekommen  Adelung,  belege:  aber  des 
geldmachersfrauist  nichtlosz  kommen,  bisz  sie  dem  13.  aus. 
den  staup-besen  erhalten  und  empfunden  hat  Meltzer 
histor.  Schneeberg.  (i716)  1407 ;  ist  es  aber  eine  glocke  auf  dem 
rathhause  (die  geläutet  toird),  so  bedeutet  es,  dasz  bald 
iemand  den  staup-besen  kriegen  werde  rockenphil.  (1718) 
2,269  (4,  eap.  5);  man  weisz  die  geschichte  des  mädgens, 
das  des  morgens  den  staupbesen  mit  dem  brandmarke 
empfangen  hatte,  und  des  abends  hundert  tausend  gülden 
in  der  lotterie  gewann  Moser  patr.  phant.  4,149;  man 
kan  es  sagen  ohne  deswegen  den  Staubbesen  zu  fürchten, 
dasz  die  hälffte  der  einwohner  den  Staubbesen  bekommen 
würden,  wenn  sie  öffentlich  sagten  was  sie  dencken 
Lichtenberg  aphorismen  2,  s.  104,  26/.  Leifzmann;  dessen 
(des  kammerdieners  Lübbe  Hillers)  eine  tochter  wurde 
in  Jever  öffentlich  ausgestrichen,  und  seine  andere  tochter 
erhielt  in  Kniphausen  Staubbesen  und  brandmark  Wiard.\ 
ostfries.  gesell.  5,  i61,  anm.  (zum  j.ieeo).  freier:  (die  grazien 
u.  s.  w.)  sollen  samt  und  sonders  den  staupbesen  t)e- 
kommen  Sc  hink  marionettentheater  (i778)  190;  den  staup- 
besen sollen  sie  haben,  die  kanaljen  174; 

den  staupbesen 
sollt  ihr  haben  —  ihr  bestien  ihr!    2$. 

im  scherz:  den  beschlusz  (des  balles)  machte  h.  Forche 
im  hemde,  indem  er  nebst  der  mamsell  Fanny  oben 
den  Staubbesen  bekam  Eichendorfp  li,  löo  Kosch  (tageb. 
10.  sept.  1806;  hierher?). 

e)  zum  staupbesen  verurtheilet  werden  Adelung.  — 
er  dürffte  sich  nicht  befürchten,  dasz  sein  libell  vor 
inept  würde  erkandt  werden,  wenn  er  deszwegen  seinen 
injuranten  auff  staupbesen  und  landesverweisung  an- 
klagen wolte  Kuhnau  music.  quack-salber  s.  26  Benndorf; 
wie  ich  heute  höre,  ist  er  arretiert,  und  wird  auf  den 
Staubbesen  angeklaget  E.  König  an  Lessing  d.  19.  mai  1771 
(Lessing  13,295).  —  vgl.  auch:  entgehet  einer  aber  hie, 
das  er  mit  der  straffe  verschonet  wird,  so  wird  er  doch 
sein  gericht  anders  wo  bekomen,  darömb  entgehet  er  an 
einem  ort  dem  Staubbesen,  so  bek6met  er  doch  anderswo 
einen  strick  dagegen  Luther  28,583,15  Weim.  ausg.; 

was  soll  ich  tbon?   du  bist  nicht  werth, 
dasz  ich  dich  anrfibr  mit  meim  schwerdt. 
ein  staupbSsem  geh5rt  allein 
ffir  solch  g' seilen,  die  nasweysz  seyn. 

Spangenberg  griech.  dramen  2,  70  Dähnhardt 
{Äiax  Lorar.  1608,  II,  4,  r.  2206). 

Mr. 


1195 


STAUPBESEN 


STAUPBESEN — STAUPE 


1196 


3)  von  hier  «t«  erhält  dann  stäupe  in  dUmählvchem 
Übergänge  die  ahstracte  bedeutung  der  Züchtigung :  **staup 
(ßuperest  in  composito  staupbesen,  ftistigatio  infamis) 
Steinbach  2,  690,  vgl.  oben  Corvinus;  bastonnade, 
prügelung,  stockschläge  . .  .  bedeutet bey denen  Juristen  so 
viel  als  staupen-schlag,  staub-besen  Apin  gloss.  (1728)65; 
den  peinlichen  leibes-strafen  werden  beygezchlet  .  . .  (III) 
das  ausstreichen  durch  den  scharffrichler,  oder  den  staub- 
beesen  Fleming  t.  soldat  515''.  hingegen  Hesse  er  {der  bentel- 
Schneider)  sich  hernach  die  bauern  lahm  und  ungesund 
priigeln,  und  müste  wohl  darzn  gewärtig  seyn,  dasz  er  mit 
einem  gnädigen  staupbesen  zum  überflusz  bedacht  würde 
Weise  eiznarren  s.  96  neudr.  (170);  was  wohl  seine  getreue 
Liese  dazu  sagen  wird?  dieser  gönnte  ich  doch  auch  den 
staupbesen;  schade,  dasz  man  ihn  abgeschafft  hatPrEFFEL 
pros.  vers.  (1810)  7,135;  wie  der  arme  sünder  den  staup- 
besen nicht  minder  stark  fühlt,  obgleich  der  scharfrichtcr, 
der  ihn  erteilt,  für  unehrlich  erklärt  wird  Heine  a,  302 
Elster,  so  icol  auch  (?):  ich  hätte  euch  gerne  5  marck 
4  Schill,  zum  Staubbesen  gegeben,  wenn  ihr  mir  nur  heute 
aus  dem  hause  geblieben  wäret  Borkenstein  d.  Bookes- 
beutel  (1742)  s.  72, 15  neudr.  —  mit  dem  stäupen  xoird  ge- 
fcöhnlich  das  brandmarken  verbunden,  vgl.  Moser  wnrf 
WiARDA  unter  2,  b:  der  verlust  oder  das  öffentliche  aus- 
ziehen der  uniforme,  w^ürde  nach  einmal  festgesetzten 
ehrenstande  eine  schwere  und  doch  billigere  strafe  seyn, 
als  landesverweisung  oder  ein  staubbesem  mit  und  ohne 
brandmark  Moser  patr.phant.  2,  66;  dann  wären  nachher 
vielleicht  staupbesen  und  glühend  eisen  auf'n  rücken  die 
herrlichen  regalien,  deren  ich  mich  zu  erfreuen  hätte 
Fr.  Müller  3,  220  {Golo  u.  Genov.  4,  l);  Thalia,  die  Grazien 
mit  dem  staupbesen  gebrandmarkt  Schink  manonetten- 
theater  (1778)  192.  in  der  regel  auch  mit  der  ewigen  landes- 
verxceisung  Zedler  universallex.  39, 1397/.,  vgl.  oben  KuH- 
NAU.  einesonst nicht  bezeugteunterscheidung mMchtKRiJ'si'i'7. 
171,73/..-  'wenn  die  strafe  des  sfaupetischlages  zugleich  mit 
der  landesverweisung  verbunden  ist,  so  heiszt  sie  der  staub- 
besen  oder  die  strafe  des  Staubbesens,  die  ausstäupung,  ist 
dieses  aber  nicht  der  fall,  werden  dem  Verbrecher  blosz 
nur  ruthenstreiche  von  der  olrrigkeit  zuerkannt,  so  Jieiszt 
diese  bestrafung  der  staupenschlag'. 

♦)  zuweilen  in  freieren  gebrauchsweisen. 

a)  dahin  geliört  es  schon,  wenn  staupbesen  von  einer 
privaten  Züchtigung  gesagt  wird,  s.  Borkenstein  unter 
2,a,  vgl.  dazu  stäupe,  dann  auch  übertragen:  darumb 
ist  es  gut,  dasz  er  {gott)  nit  so  nahe  als  ir  bey  mir  ist, 
und  mäsz  ein  langen  staupbesen,  sol  er  mich  erreichen, 
haben  Kirchhof  «endtmm.  1,292  Ö«^er/et/ (1,239);  schurke! 
hätte  hier  Flamin  geflucht;  aber  Viktor,  der  glaubte, 
diesen  moralischen  Staubbesen  verdiene  nur  ein  ganzes 
leben,  nie  6ine  handlung,  .  ..  dieser  sagte  J.  Paul  9,22 
(Hesperus  8,26).  so  aucJi:  der  staupbesen.  eine  drama- 
tische fantasei,  titel  einer  litteratursatire  von  Schink, 
8.  dessen  marionetfentheater  (l778)  125. 

b)  feste  Verbindungen  und  redensarien  :  wer  die  wort- 
straff  auszschlegt,  über  den  lesst  got  gewiszlich  durch 
den  hcncker,  Türeken  oder  teufel  ein  staupbesen  binden 
Mathesjus  Sarepta  131»,  danach  bei  Hknisch  312,  45.  nd. 
scherzhaft:  ek  sin  tofrßen,  ftwer  nich  med  den  stüf- 
bessen,  'ich  bin  mit  allem  zufrieden,  wenn  es  nicht  zu  arg 
ist'  Scham HAcii  2\b^. 

5)  statipbcRcn  wird  dann  in  übertragenem  gebrauche  atich 
auf  menschen  angewandt. 

a)  vereinzelt  in  freier  Übertragung,  der  andern  schaden 
und  Unheil  bringt,  t•(7^  gei8(z)cl  8,  ft,  fA«i7  4, 1 ,  2618,  gottes- 
geiszcl  {besonders  von  Attila):  denn  du  bist  der  Christen- 
heit nichts  nütz,  du  bist  ein  schedlicher  stcupbesem 
der  freunde  iiottcs  {am  rande:  ja  der  leidige  teufel  in  der 
holte)  brief  Tu.  MCntzers  an  graf  Ernst  zu  Mansfeld 
vom  j.  l.W.'.,  bei  Li;iher  3.  l»4*  (l8.  II71,  6  Weim.  ausg.). 

h)  liHufiger  als  Schimpfwort,  wo!  nur  für  frauen,  eigrnt 
lieh  eine,  die  die  strafe  des  staup/tesens  verdient  {vgl.  rtica 
(talgienstrick  2,  iheil  4.1,1178);  so  in  Leipzig  utauphcRcn 
' schimpf irort.  /fs.  für  gemeitie,  widertc/irfige  fraueniimtner, 
irelrhe  (Tp^lHupt  tu  trerden  verdienten;  davon  das  noch 
stärkere  xlniipbesonluder'  Aiuhfcht  216,  und  auch  sonst 
in  der  rolksHjn-nr/ie.  aueh  in  der  litteratur  {in  vulgärem 
#/iO:  0  staub  bcscn!  o  schandmUtze!  ooscl!  A.Gryimiii's 

Mr. 


(1698)  1,  915  {d.  .teugamme  4, 10;  zu  der  amme  gesagt,  die  die 
tochter  ihrer  herrschaft  verkuppelt  hat);  vgl.  d.  anm.  «.9.53.  — 
sonst  treten  dafür  Zusammensetzungen  ein:  ich  will  die 
Camille  zwar  nicht  schimpffen ,  allein  wenn  sie  dieses 
mir  nachsäget,  so  redet  sie  solches  wie  eine  staub- 
besenhure Chr.  Reuter  Schlampampe  krankh.  u.  tod 
(1696)  2,  8  (.9.116  neudr.);  staupbesenluder,  s.  oben 
Albrecht;  was  steckst  im  sack  da?  he!  staubbesen- 
waar!  was  steckst  ein?  H.  L.  Wagner  die  kindermörderin 
20  (16, 10  nexidr.). 

STAUPBESEN,  verb.  mit  dem  staupbesen  züchtigen; 
sclierzhafte  gelegenheitsbildung  .- 

{ich,  Hanswurst)  bin  kürzlich  zwar 
von  euch  Verstössen,  und  gestaubbes't  worden. 

Schink  marionettenthenter  (1778)  90. 

'STAUPE,  /.,  öffentliche  Züchtigung  m.it  rufen. 

1)  das  wort  bezeichnet  zunächst  den  pfähl,  an  den  der 
Verbrecher  zum  zweck  der  au.ipeitschung  gebunden  icurde, 
und  ist  verwandt  mit  dem  flrf/.*staupa-  steil,  hoch,  s.  stauf  II, 
und  dem  verb.  altn.  stüpa  emporstehen  (Fritzner'  3,  hS&^), 
s.  ToRP  bei  Fick*  3,  496.  es  gehört  zunächst  dem  fries.nd. 
Sprachgebiete  an:  altfries.  stupa  Richthofen  1055»;  m,nd. 
stupe  Schiller -LCbp.en  4,451;  mrd.  stupe.  doch  hat 
sich  stupe  früh  auf  das  mitteld.  gebiet  ausgedehnt  und  ist 
hier  schon  im  13.  jahrh.  nachzurceisen,  s.  mhd.  wb.  2,  2,  715''. 
Lexer  handwb.  2,1273/  Kluge*"' .377».  indessen  beiceist 
das  fehlen  der  lautverschiehung,  dasz  es  sich  um  entlehnung 
liandelt.  {kaum  ist  diese  aus  dem  ursprünglichen  pp  zu 
erklären,  jedenfalls  ist  fernzuhalten  das  bair.  stauppe,  m. 
in  alten  orts-  und  fiurhezeichnungen:  wir  Arnolt  der  Jud- 
man  ritter  und  ich  Bcrchtold  der  Judman  gebrüeder  ge- 
nannt von  dem  stauppenn  urk.  v.  1330  s.  monum.  Boica 
16,360;  des  Hagen  acker  zw  dem  stauppen  ».361.)  der 
nhd.  Schriftsprache  gehört  das  tcort  seit  Luther  an,  doch 
in  abgeleiteter  bedeutung.  den  hd.  m,undarien  fehlt  es  in 
diesem  sinne  gänzlich  {so  ausdrücklich  bezeugt  für  Hand- 
srhtiJisheim ,  Lenz  68*;  vgl.  im  übi-igen  II).  doch  ist  es 
auch  in  nd.  mundarten  in  dem  ursprüngliclien  sinne  nicht 
mehr  nachzuweisen  und  im  laufe  des  19.  jahrh.  mit  der 
sache  selbst  abgekommen. 

2)  die  ursprüngliche  bedeutung  des  pfaJdes  ist  in  der 
alten  spräche  zxtweilen  noch  vollkommentdeutlich.  für  pfähl 
schlechtweg  scheint  stupa  im  fries.  noch  vorzukommen: 
huamso  ma  slacht  iefta  myt  yrsen  syuth  {oder  mit  eisen 
verwundet)  iefta  mit  holte  ieff  mit  stupa  oen  syn  haud 
{haupt)  Richthofen  4<;4»,  14  (?).  .«onst  nur  in  dieser  spe 
ciellen  anwendung :  stipa  vel  stu}^  {.  .  .  statua  in  qua  fures 
ligantur  qui  abscondunt  bursas) . . .  pranger,  staupp,  stepffel 
DiEF.  gloss.  653»  {voc.  theuton.  Nürnb.  14S2,  nach  Lexer 
handwb.:  stäup  vel  pranger);  stäupe  per  meton.  loctis  et 
jmlus  infamis,  ad  qtiem  ligati  virgis  publice  castigantur, 
alias  staup-säule  Haltaus  17.S8:  si  vero  aliquis  excedens 
castigari  virgis  et  verberari  debet  in  loco,  qui  stupe  vul- 
paritcr  dicitur  urk.  v.  1270  s.  ebenda;  si  aliquis  in  furto 
comprehcndifur  et  id  furtum  minus  valeat  quatuor  solidis, 
in  tormcnto  quod  stupe  vocatur  feutonicc  ferietur  Statut 
v.  Salzwedel  vom  j.  1273,  .v.  eltenda;  an.  1510  hat  der  rath 
eine  neue  hölzerne  stäupen  von  eichen  setzeiin  laszen 
Naumb.  chron.  s.  ebenda ;  durch  den  scharfrichtcr  als  einen 
dieb  mit  stricken  gebunden  an  die  stäupen  führen  lies« 
urk.  V.  1547  s.  ebenda,  von  der  säule  bei  der  geiszelung 
Jesu:  denke  an  de  stupe,  dar  yck  wart  to  gebunden 
Oldenburger  gebetb.  l>ei  Schiller  LObben  4,451»;  sotist 
in  geistlicher  dichtung: 

mit  pro;en  iincron 

man  in'(*.  Martinut)  xeinpr  »lupcn  bant. 

pOM.  59«,  10  Kopke. 

8)  sie  liegt  offenbar  auch  der  häufigen  festen  redetctndunf 
zur  stäupe  schlagen  {(fleicJibedrutrnd  mi7  stäupen,  aU«» 
st&upen)  tu  gründe,  die  schon  im  i:\.  jahrh.  belegt  und  bi$ 
in  die  neuere  zeit  (Musäus,  178«)  üblich  geblieften  istt 
eedere  iHrgis  tr.u  der  stupcn  slan  Dikk.  gloss.  109"  {au$ 
Tbochi'R  voc.  rer.  prompt.  i!>x-t);  liaut  und  har  daz  ist  dl 
man  einen  zur  stäupen  schlecht  Dikf.  •  WCi.ckkr  86t 
{Frankfurter  handsrhr.  des t(i.  jahrh.),  s.attch  Haltaus  I71» 
«/«/.  zurtstaupe  Hchlagcn,  *.  Stiei.ki«  unter  4,  b;  Jemandett 
zur  stäupe  schlagen,  'd.  h.  ihm  den  staupliesrn  geben,  ihm 
öffentlich  stäupen,  tcrtche  r.  a.  noch  in  den  gn  ichten  gang 

Mr. 


1197 


STAUPE 


STÄUPE 


1198 


bar  ist,  und  niederdeutschen  Ursprunges  zu  seyn  scheinet, 
enigstens  in  dieser  mundart  schon  sehr  alt  ist'  Adelung. 
jtl.  ter  stuyp  slaen  v.  d.  Schüeren  Teuthonista  s.  385» 
Verdam;  brem.  enen  to'r  stape  slaan  'einem  den  staup- 
lesen  geben:  öffentlich  durch  den  Scharfrichter  ausstäupen 
lassen'  brem.  wb.  i,  1080.  belege:  den  deev  schall  men  hengen 
umme  duTe  de  beter  is  denn  8  schillinghe,  unde  be- 
ne(de)den  8  schillinghe  schall  men  en  to  der  stupe  slaen, 
unde  mit  einem  glöenden  slotel  an  sin  ene  led  bemen 
Hamburger  über  ordalium  v.  1270, 12,  %  7,  bei  Westphalf.N 
monum.  ined.  i,  3017;  ne  wurde  he  (der  ein  falsches  zeugnis 
'ihgelegt  hat)  dhar  nicht  ute  (ute  thes  Stades  camere) 
;  lest,  men  scal  en  upper  {var.:  to  der)  stupe  slan  unde 
M :al  de  stad  vorsweren  unde  nicht  mer  to  Bremen  comen 
Brevier  stat.  v.  1303  bei  Schiller-Lübben  4, 45l'>;  dosulves 
wurden  to  Hildensem  dre  wyve  tor  stupe  slagen  unde 
ud  der  stat  vorw^set  umme  erer  toverye  willen  Lüb. 
chron.  2,  391  (zum  J.U16);  we  den  anderen  gheschedighet 
. .  .  hefft ,  de  salt  em  betalen.  hefft  hees  in  den  budel 
nicht  . . ,  so  mot  heet  myt  sleghen  betalen  unde  mot  den 
rugge  dar  voer  holden;  men  sal  ene  dar  voer  tor  stupe 
slaen  Jon.  Veghe  *.  37,  io  Jostes; 
mit  starchen  ungeverte 

wart  er  {Patdxi*)  zer  stupen  wol  dris  (dreimal) 
geslagen,  da^  die  besem  ris 
im  zerissen  sine  hut   pa^.  184,  24  Hahn; 
zu  der  stnpen  man  in  slnoc    268,  37; 
s.  auch  Haltaus  173S  (zu  ende)  und  Scherz-Oberlin  1562. 
nhd. :  do   gieng  hyn   zu   eyn   gute    christliche  frawe  . . . 
und  erbot  sich,   man  solt  sie  zur  stäupen  schlagen,  ... 
man    solt    den    man    nur   widder    eyn    setzen    Luther 
18,239,35   Weim.  atisg.  (sehr.  3.35»  Jenaer  ausg.);    Pilatus 
lesst  ein  urteil  ghen,  wil  yhn  geissein  und  zur  stauppen 
schlahen    und    lassen    gehen    29,  239,  l  (vgl.  unten);    da 
'  olt  jch  auch  nicht  raten  noch  heissen  gnad  erzeigen, 
ndern  lieber  helffen,  das  man  solche  zur  stäupe  schlüge 
..dder  jnn  einen  sack  stecket   32,379,36  (5,383»);   als  die 
herren    disz    hören   und   sehen,    lassen   sie  unverhörter 
Sachen  . . .  diese  zwen   (Paulus  und  Silas)  nacket  ausz- 
ziehen,    and  öffentlich  zur  stäupe  schlagen   Mathesiüs 
Sar.  214*>;  entlich  merckten  die  Polen  seinen  betrug  (eines 
falschen  Schatzgräbers'  und  leichenräubers) ,   Hessen  jhn 
zur  stauppe  schlagen,  und  eine  cronen  aa  die  stim  brennen 
Hennenberger  preusz.  landtafel  278;    man  hat   sie  (die 
Christen)  gepeitscht,  zur  stäupen  geschlagen,  lebendig  ge- 
schunden, und  darauff  eingesaltzen  . .  .  Dan.  Schaller 
iheolog.  herollt  (i604)  66;   welchem  Schlüsse  so  sich  einer 
wiederlegen  wollen,  ist  derselbe   zur  stäupe  geschlagen 
-MiCRÄLius  altes P&mmerl.(t6i0) 2,ldS:  an. 1626.  d. 18.  Januar, 
wurde   der  Kleiber  mit   seines  weibes  seh  wester,  die  er 
geschwächt,  zur  stäupen  geschlagen  und  ewig  verwiesen 
Meltzer  histor.  Schneeberg.  1055;    also  ward   auch   einer 
von  Ober-Krinitz  d.  9.  nov.  1714.  propter  furtunuzur  stäupen 
geschlagen  und  ewig  des  landes  verwiesen.  1056,  s.  auch 
9.  1426 ;   dieses  weih  in  der  schenck-stube  ist   eine   ertz 
vettel,  die  w  erth  wäre,  man  schlüge  sie  ihrer  leichtfertig- 
keit  halben  zur  stäupe  Ettner  media,  maul  äffe  (1719)  173; 
die  armseligen  schlachtopfer  der  Justiz,  die  öffentlich  zur 
Staupe  geschlagen,  gebranntmarkt,  oder  enthalset  wurden 
MusÄus  physiogn.  reisen  (1788)3,9.     dafür:  zur  stäupen 
hawen  Comenius  sprachenth.  (i657)  im  reg.;    einen  zur 
Staupe  hauen,  publice  aliquem  virgis  caedere  Steinbach 
2.690;   'zur  Staupe  hauen,  tat.  fustigatio,  . . .  ist,  da  der 
rurtheilte   Iffentlich   durch  die  gössen  und  Strassen  von 
'II  scharffrichter,  oder  dessen  knecht,  über  die  entblöszten 
Kchtdlern    mit    ruthen    gehauen   icird'   Zedler   univ.lex. 
89, 1397 ;  sie  (die  obrigkeit)  last  auch  wohl  einige  an  pranger 
stellen,  zur  stäupe  hauen,  köpffen,  rädern,  verbrennen 
Sperli.ng  Nicodemus  quaerens  2  (l719),  587;  last  eine  obrig- 
keit einen  bösen  menschen  an  pranger  stellen,  oder  zur 
Staupen   hauen,   oder  hencken,    oder  köpffen,   oder  auf 
eine  andere   art  und  weise  öffentlich  absf raffen,   so  ge- 
schieht   solches    in  terrorem  atque  emendationem    alio-    i 
nim  588.  —  früher  zutceilen  noch  andre  Wendungen:  \ 

auch  kan  ich  stelen  und  gar  wol  verslan  ' 

und  bin  doch  nie  zu  der  stäupe  gehan. 

Wackbrnagel  leseb.  i*,  10I6, 12  (ottermiel 
de»  15.  jahrh.);  ' 

«*«wo  liest  in   der  steUe   Luther  29,  239,  l  («.  oben)  die 

Mr. 


Nürnberger  handschr. .-  Pilatus  wolde  yhn  lassen  zur  stäupe 
haben  und  zur  stadt  hinaus  weyszen  z.  24;  so  maus  aber 
recht  betrachten  wird  und  die  Ordnung  bey  jhn  finden, 
sie  wurden  etwan  mit  prüglen  bezahlt  werden,  oder  zu 
Staupen  gejagt  uiind  noch  mehr  Paracelsüs  opp.  (16I6) 
1,  61  C.  —  zur  stäupe  schlagen  freier  für  prügeln  über- 
haupt : 

ok  dachte  he  (jBrun  der  bär)  up  de  quaden  bur, 
dat  se  en  sus  hadden  slagen  tor  stupen. 

Reinke  de  to«s03 
(Reinaert  860  hat  dafür  das  wort  stupen  *.  unter  stäu- 
pen 2,  a).  —  übertragen:  zur  stäupe  hauen  von  litterar. 
kHtik  (vgl.  stäupen  3,/):  wir  beobachten,  wie  der  bor- 
nirte  mann  (Gottsched)  .  .  .  anfänger  nicht  abgeschreckt' 
oder  schon  um  kleiner  unvoUkommenheiten  willen  'vor 
aller  weit  zur  stäupe  gehauen'  sehn  will  E.  Schmidt 
Lessing^  1,  52.  gelegentlich  schmilzt  die  toortgruppe  auch  zu 
einem  compositum  zusammen,  doch  wol  nur  in  den  nominal 
formen;  so  im  inf.  mnd.:  item  6  seh.  deme  bodele  vor 
stupehauwent  qu.  v.  1505  bei  Schiller-Lübben  4,  451"; 
heip  mi  .  .  .  dorch  dat  stupeslant, 
dat  dyneme  kynde  wart  ghedaen    452»; 

nhd.:  so  sollen  sie  diszfaUs  mit  stauppenschlahen  ver- 
wiesen werden  eliepoliceiordnung  der  grafen  von  Ysenburg 
r.  1584;  die  sollen  mit  stauppenschlagen  gestrafft  werden 

!  ebenda ;  scelus  fustuario  dignum,  eine  ubelthat,  die  desz 
staupehawens  werth   ist  Corvinus  fons  latin.  (i646)  376. 

,  impart.pass.:  we  ok  eynen  deef  husede  edder  holede, 
de  scholde  hebben  vorloren  al  sin  gud,  unde  darto  sin 
stupeslan  denscke  krön,  (nach  I48i)  E.  e*»  de»  Schillek- 
LCbben  4,  452»;  Staupen  geschlagner  Logau  3,  7,  59  (s.  130), 

;    überschr.  eines  epigramms,  das  beginnt: 

einem  ward  der  tantz  mit  ruthen,  zu  der  stadt  hinausz 

gemacht. 

:  mit  dem  erlöschei\  des  ursprüngliclien  sinnes  von  stäupe 
icird  die  redensart  unverständlich:  einen  zur  stäupe 
schlagen,  id.  scheint  eine  pöbelhaffte  unordentliche  aus- 
drückung zu  seyn,  und  ist  vielleicht  davon  entstanden, 
dasz  man  an  einigen  orten  den  schimpf  des  auspeitschens 
zu  mehren,  einen  henkersknecht  mit  einer  trummel  mit- 
gehen läszt,  die  keinen  boden  hat,  auf  welche  er  mit 
einem  alten  koch-löffel  schlägt,  man  sagt  daher  für 
sUupe,  auch  staupen-schlag  Frisch  2,  323";  aucA  Adelung 
findet  diese  redensart  sonderbar,  s.  unter  4,  b. 

4)  mit  verblassen  des  ursprünglichen  sinnes  wird  dann 
stäupe  atich  für  die  Züchtigung  selbst  gesagt  und  so  später 
gewöhnlich. 

a)  so  schon  im  altfries:  thruch  thet  skilun  hia  (rf. 
Friesen)  wesa  fria  .  .  .  uter  stok  and  uter  stupa  Richt- 
HOFEN  25,  26  (16.  küre,  Rüstringertext,  ebenso  in  den  andern 
fries.  texten),  wofür  der  mnd.  text  bietet:  sunder  stocken 
sunder  gheyselen,  der  lat.:  preter  ligni  clausuram,  et 
absque  flagellatione  24,  25,  *.  auch  25,  anm.  21  (mnd.  end 
verkorenn  wy  Vriesen  stock  end  stupe)  und  s.  1055».  — 
mnd.  s.  Schiller-LCbben  4,  451»';  z.  b.:  doch  wor  koppent 
recht  schal  syn,  dar  ys  de  stupe  eyne  sachte  pyn  Lüb. 
chron.  3,  431  (zum  j.  1482).  in  diesem  sinne  noch  von  den 
älteren  ml.  idiotiken  verzeichnet:  brem.  stupe  'stäupe, 
Staupenschlag,  staupbesen'  brem.  wb.  4,  1080;  pomm.  stupe, 
stup-bessen  'der  staupbesen.  das  öffentlidie  ausstreichen 
durch  den  büttel'  D.ähnert  472»;  *.  femer  i,a.  —  nl..  z. 
th.  in  ßbiceichender  lautform:  stoepe  verber :  fustuarium, 
castigatio  fustium  et  virgarum  Kl  Li  an  2,  641»;  stoepe 
vetus:  sax.  sicamb.  cutis  et  crinium  exstirpatio :  poena  cutis 
et  critmivi,  corij  et  capilli.  ebenda  (miszver standen*); 
stuppe  vel  stoepe.  poena  cutis  et  crinium.  stuype  sicamb. 
verber.  flagrum:  virgae  650»;  vgl.  dazu  Haltaus  1738  (l), 
der  diese  bedeutung  als  die  ursprüngliche  ansieht. 

b)  ebenso  im  nhd.,  wo  die  Wörterbücher  das  wort  aller- 
dings erst  seit  mitte  des  11.  jahrh.  verzeichnen  (s.  auch 
unter  3):  stäupe,  /.  steupe  ftuiigatio  Schottel  (1663) 
1421 ;  Stäupung,  die,  et  das  steupen,  it.  die  steupe,  et  stäupe, 
fustigatio  .  .  .  einen  zur  stäupe  schlagen,  aive  die  stäupe 
geben,  virgis  famosis  castigare  aliquem  Stieler  2151 /.,- 
Staupe  (die)  fustigatio  Steinbach  8,  690  (als  plebejisch); 
supplicium  virgarum  Frisch  2,  323»;  'im  hochdeutschen  ist 
ea  in  dieser  bedeut^mg  (ruthe.  s.  e)  veraltet,  wo  man  es 
2.  mir  für  staupcnschlag,  d.  i.  die  strafe  der  öffenüicfien 

Mr. 


1199 


STAUPE 


STAUPE 


1200 


Züchtigung  mit  einer  grasten  rutke  brattcht.  und  zwar  ohne 
plural,  und  in  der  dem  anscJieine  nach  sonderbaren  r.  a. 
jemanden  zur  stäupe  schlagen'  Adelung. 

c)  so  in  festen  Verbindungen:  die  stäupe  geben  Stieler 
2158,  8.  b,  vgl.  unten  e;  einem  die  stäupe  geben,  caedere 
aliquem  virgis  publice  Frisch  2,  323'';  zur  stäupe  ver- 
urtheilen.    die  stäupe  erleiden  Campe  (v^i.  staupbesen  2). 

d)  belege:  das  beide  Carlstad  und  Orlamünder  verdienet 
betten,  eine  gute  starcke  stäupe,  den  andern  rotten  zum 
exempel  Luther  8,  i8^;  s.  dazu  stauche  III,  4;  wenn  man 
auffs  scherffste  mit  jhnen  {den  'gartebrüdern' ,  bettlern, 
landstreichern)  fehret,  so  lest  man  sie  mit  einer  stäupe 
hin  laufTen,  etliche  werden  verweiset,  etliche  kommen 
mit  einem  uhrfehd  davon  Pape  bettel  u.  garteteuffel  (l58e) 

»         ach,  welche  policey!  ich  sollte  hier  gebieten  ; 
mein  urtheil  wäre  tod  für  die  gesammte  brut, 
und  für  den  herrn  des  gute  die  stäupe. 

Pfeffel  poet.  vert.  9, 92. 

«)  stäupe  geht  dann  auch  in  die  bedeutung  der  ruthe 
über,  womit  die  Züchtigung  ausgeführt  loird.  so  icol  schon  .- 
wens  aber  also  wäre,  das  ein  jglicher  nur  ein  stflcklin 
brots  und  tr&ncklin  wassers  haben  seit  und  doch  sein 
abgemessene  arbeit,  als  ein  zehen  fuder  mist  auff  zu  laden 
und  hinaus  zu  fören,  und  wenn  er  das  nicht  thet,  flugs 
hinder  jm  hehr  mit  der  stäupen  Luther  28,  6*7,  16  Weim. 
ausg.;  wofür  kurz  vorher:  ist  mit  einer  peitzschen  hinter 
jr  her  646,  16.  dieser  Übergang  ist  wol  besonders  gefördert 
durch  die  vxndung  einem  die  stäupe  geben,  s.  c,  woneben 
in  ganz  deinsdben  sinne  einem  den  staupbesen  geben,  s. 
staupbesen  2,  a.  spätere  Wörterbücher  geben  geradezu  diese 
bedeutung:  stäupe,  stäupe,  f.  scudiscio,  frtista,  sferza, 
verga  du  battere,  staffle,  einem  die  stäupe  geben,  dare 
la  scopa,  la  sferza,  lo  scudiscio,  lafrustu  ad  uno  Kramer 
dict.  2,  918*;  die  stäupe,  'l.  eine  ruthe,  besonders  eine  grosze 
ruthe,  jemanden  damit  zu  stäupen'  Adelung  (giebt  als 
beleg  Jerem.  30,  14,  *.  unten  5  c,  tuid  diese  redensart). 

f)  mit  dieser  Verschiebung  der  bedeutung  hängt  auch  das 
aufkommen  der  lautlichen  nebenform  stäupe  zusammen, 
s.  das.  1. 

5)  stäupe  loird  dann  auch  in  weiterem  und  freierem 
sinne  gebraucht. 

a)  für  Züchtigung  mit  ruthen  überhaupt  {vgl.  Reinke  803 
unter ii);  Züchtigung  von  hindern,  so  im  neund.,  hamb.: 
'stup  brauchen  wir  auch  Substantive :  he  schall  stup  hebben 
er  aoU  was  mit  der  ruthe  haben  Richev  298;  ebenso  holstein. 
Schütze  4,  218,  während  in  Osnabrück  das  subst.  unbe- 
kannt ist  Strodtmann  382»;  s.  ferner  unten  d. 

b)  dann  auch  für  strafe  überhaupt:  'in  dni  de  Drey- 
HAUPT  t.  I.  p.  251  Joliannes  de  Disskau  an.  1547.  minatur 
Halensibus:  dann  ich  sorge  habe,  so  sie  nicht  zum  creutz 
werden  krichen,  werden  sie  eine  alte  stäupe  leyden  müssen. 
aut  inteUigit  miles  iUe  calamitafem  hostilem  aut  {ut  m,ihi 
videtur)  proseriptionem  imperatoris  metuendam'  Haltaus 
1788.  so  im  18.  jahrh.:  darüber  wurde  der  geist  endlich 
anwillig  .  .  .  und  wurde  gegen  alle  wanderer  so  barsch 
und  grämisch,  dasz  keiner  ohne  furcht  das  gebirge  be- 
trat, auch  gelten  ohne  stäupe  entrann  MusÄus  volksm. 
1,  43  Hempel  (4.  leg.);  wer  ist  denn  der  Goul,  dem  du  die 
reisen  eines  Franzosen  durch  Teutschland  beilegst?  wer 
er  auch  seyn  mag,  er  hat  eine  tüchtige  stäupe  verdient 
WiBi>AND  *.  briefe  an  Merk  l,  s.  408  (27.  oct.  1783);  meint 
ihr,  sie  (die  Franzosen)  seien  .  .  .  nicht  erbittert,  dasz 
sie  endlich  die  verdiente  stäupe  gekriegt  haben?  Arndt 
werke  l,  201  Röseh. 

e)  insbesondere  ist  stäupe  in  älterer  geistlicher  redeioeise 
verbreitet,  leo  Unglücksfälle  und  plagen  gern  als  göttliche 
tüektigung  aufgefastt  werden:  ich  Hab  dich  geschlagen, 
wie  ich  einen  feind  schlüge,  mit  anbarmhertziger  stäupe, 
amb  deiner  grossen  missethat  .  .  .  willen  Jer«m.  80,  14; 
wenn  wir  sehen  and  wissen  wollen,  warflm  der  eifrige 
herr  Zebaoth  so  sehr  zöme;  .  .  .  auf  uns  geschlagen,  wie 
ein  feind,  mit  anbarmherziger  stäupen,  mit  unsliglichcn 
kriegespresBuren ,  verwUst-  und  vorterbungen ;  und  dag 
edle  Deutschland  also  zugerichtet,  das  alle  einwohner 
tnumn  müssen?  Butschky  Pailimos  s.  48t  (.121).  so  auch . 
•ed  tarnen  deus  stolt  sich  noch  greulich  und  muH><i>n 
Torfain  ein  stauppen  erleiden  Luiiikh  in.  «89.  1«  Wrim. 
ausg.     sotehe  tsendungen  auch,  oltne  das  gott  ausdriieklich 

Mr. 


erwähnt  wird:  wo  wir  uns  nicht  bessern,  und  ablasssen 
von  Verfolgung  und  lesterung  des  evangelij,  wir  müssen 
herhalten,  und  eine  stäupe  leiden,  wo  es  der  Türck  nicht 
thut,  so  mus  es  doch  etwas  anders  thun  Luther  4,480»; 
wo  bleiben  die  heiligen  freunde  gottes,  die  Saracenen, 
die  von  den  Tattern  so  manche  stäupe  haben  leiden 
müssen  8,  23'';  und  zwar  wir  betten  ein  gute  scharffe 
stäupen  wol  verdienet,  denn  Deudschland  hat  das  Hecht 
der  warheit  .  .  .  noch  nie  so  helle  und  rein  gehabt,  .  .  . 
als  eben  jtzt.  wie  stellen  wir  uns  aber  dazu?  2,519». 
dazu:  stäupe  .  .  .  mit  dem  p  und  zwo  sylben,  das  ist, 
plage  Gueintz  deutsche  rechtschr.  (1666)  139  {mit  vericeis 
auf  Jerem.  30,  14). 

d)  dabei  liegt  in  der  regel  das  bild  der  väterlichen  zück- 
tigting  {vgl.  a)  zu  gründe;  so  deutlich:  wir  zwingen  gott 
Zinn  zorn  mit  aller  gewalt,  .  .  .  das  ich  warlich  den  lieben 
vater  nicht  kan  verdencken,  das  er  uns  ein  mal  ein  red- 
liche stäupe  gebe  Luther  5,  203»  {=briefe  4,  197);  vtjt 
sehen,  .  .  .  wie  lieb  der  vater  wird,  nach  der  ruten  und 
stäupe  19,  240,  32  Weivi.  ausg. ;  dasz  euch  bewegt,  ob  geld- 
schuld,  so  auf  erben  von  eitern  gelassen  wird,  auch 
ein  kreuz  sey,  von  gott  aufgelegt,  kunnt  ihr  wohl  denken, 
dasz  alle  stäupe,  damit  gott  seine  kinder  stäupt,  etwas 
des  heiligen  kreuzes  sind  ...  es  soll  aber  (wie  all  ander 
stäupe  des  lieben  vatcrs)  das  gewissen  nicht  schrecken 
als  eine  ernste  Ungnade,  sondern  trösten  und  stärken, 
als  ein  väterliche  ruthe  oder  fuchsschwanz  briefe  l,  427. 
von  da  aus  nimmt  stäupe  in  diesem  freieren  gebraudte 
dann  zuweilen  den  sinn  einer  leichten  strafe  an,  der  der 
eigentlichen  bedeutung  nicht  entspricht  {vgl.  jedoch  Lüb. 
chron.  2,  431  unter  4,  a):  er  drewet,  die  straffe  werde  nicht 
ein  Staupen  und  kinderstraff  sein,  da  besserung  nach  folge, 
sondern  es  werde  eitel  zorn  und  gar  aus  sein  Luther 
randbem.  z.  Hesek.  21,  10  {bibelübers.  7,  s.  .526).  ähnlich: 
auch  ist  das  scepter  Juda  damit  nicht  weg  gewest,  ob 
die  Juden  gen  Babylon  gefangen  wurden  gefurt,  denn  es 
war  allein  ein  stäupe  70  jar  lang  Luthers,  66'';  denn 
es  war  nur  eine  kleine  stäupe,  auff  70  jar  gewis  ge- 
stimmet 68'';  aber  andrerseits  auch:  das  er  {d.  herzog  zu 
Braunschweig)  nu  gefangen  und  aus  seinem  fürstenthum 
gestossen,  sol  er  nicht  deuten,  das  es  sey  die  rechte 
stäupe,  so  er  verdienet,  sondern  ein  fuchsschwentzlin, 
damit  er  seuberlich  und  gnediglich  vermanet  ist  zur 
busse,  und  sol  also  sagen,  lieber  gott,  weil  ichs  wol 
erger  verdienet,  und  du  doch  mit  solchem  kleinen  gnedigen 
reislein  mich  hast  gesteupt,  so  wil  ich  diese  straffe  gerne 
tragen  mein  lebenlang  251'';  vgl.  noch:  gott  der  allmech- 
tige  hat  mich  ettliche  zeit  her  ynn  der  zucht  und  stäupe 
so  hart  gehallten,  das  nicht  viel  lesens  noch  Schreibens 
hat  bey  mir  sein  mugen  23,  S-SS,  9  Weim.  ausg.  {sehr.  3,  391''). 

e)  daher  werden  deim  allerlei  plagen,  besonders  die  groszen 
landplagen,  wie  krieg,  pest,  hungersnot,  auch  schlechtweg 
als  stäupe  bezeichnet,  vgl.  Frisch  2,  383''  unter  11,  2:  weil 
denn  schuld,  odder  dürft,  odder  armuth  nicht  eine  ge- 
ringe stäupe,  der  sie  nicht  zu  tragen  weisz  Luther 
briefe  1,  427;  wenn  er  {gott)  sihet,  dasz  wir  undanokhar 
unnd  seinem  wort  unnd  befehl  ungehorsam  sind,  so 
lesset  er  uns  durch  den  teuffei  ein  guten  .Schilling  geben, 
mit  pestilentz,  krieg,  thewrung,  und  der  gleichen  stäupen 
und  plagen  tischred.  SS** ;  da  geredet  ward  voji  der  groggen 
pestilentz,  .  .  .  sprach  doct.  Mart.  die  straffe  folget  all- 
wege  der  sünde,  ...  es  wird  gewiszlich  eine  stäupe  ge- 
wegzt  Heyn  100'';  so  auch:  wilt  du  mich  aber  nu  nicht 
mehr  fflr  deinen  gott  halten,  .  .  .  denn  so  kAniot  der 
Tflrcke  oder  sonst  andere  stäupen,  dieselhon  leren  dich 
ri'olit  mores  yrerke  88,  786,  .SO  Weim.  ausg.:  vgl.  ferner: 
aber  das  sollen  sie  wissen,  das  wer  widdcr  uhcrknit 
strebt,  der  nympt  eyn  gerioht  aber  sich,  Rom  t.t.  das 
ist:  eyne  stauppe,  neyn  stauchen  odder  plage  werden  sie 
haben  17,  1,  >li,  li.  dasu:  unglücksstaupe,  ealamitat 
Stiki.rr  8lßS.  —  so  ist  xeol  auch  tu  verstehen: 

herr  PrtH«  rp\r.\»  Qriechenlaml 
sur  Troja  waril  verbrannt, 

ein  -er  apfsl  brachte 

dii'  I.  eb'  man  e«  dachte. 

MiiJüu  ?<f(  .Saiibr  OMUnger  tUcMerh.  2.  »,  Wl 
(die  macM  der  sehönh  ,  1774,  v.  8). 

/)  st  Aiipo  für  'die  irdische  straf  teil'  in  der  WfUdeekisektH^ 
kirehenordn.  v.  15M  H  8,  s.  Bauek-(}om.iT7  174. 

Mr. 


1201 


STAUPE 


STAUPE-STAUPEN 


1202 


II.  krankheitganfail. 
i)  Verbreitung,  a)  das  tcort  scheint  vom  n&rdtcesfen  des 
gesammtdeutschen  Sprachgebiets,  vom  nl.  auszugehen,  ist  aber 
at^ch  hier  erst  in  neuerer  zeit  bezeugt:  stuype.  stupor.  et 
eoncttssus,  concussio:  et  spasmus,  convulsio:  et  deliquium, 
de/ectio  animi:  et  fland.  febris  Kilian  2,  650*  {schon  in 
der  ausg.  v.  1599  *.  240) ;  jetzt  hoU.  stuip  zuckung,  eonvulsion, 
laune.  vgl.  Franck  989;  dem  eigentlichen  nd.  scheint  das 
wort  fremd  zu  sein,  denn  der  bei  Schiller-LCbben  i,  45l'> 
gegebene  beleg  aus  dem  anh.  zum  ostfries.  kochb.  zeigt  rein 
nl.  sprachform,  dafür  hat  das  nd.  in  demselben  sinne  eine 
parallelbildung  stake,  die  auch  ins  nl.  hineinreicht,  s. 
stauche  III,  3,  d.  e. 

b)  dagegen  bieten  mitteld.  mundarten  genaue  entspre- 
chungen:  rcetterauisch  mit  umlaut  stäupe  (schtäube)  die 
fallende  sucht  Crecelius  806;  ebenso  in  Frankfurt  stäube, 
steube,  auch  stickstoibe,  s.  Askexasy  d.  Frankf.  mund- 
art  s.  151;  soll  die  ganz  deutsch  aanigkeit  des  steupe 
kriehe,  s.  37;  mansf.  stäupe  ein  kurzer  krankheitsanfall 
Jecht  lO"*»;  ebenso  in  Leipzig  Ai.brecut  216'';  schles. 
stäupe;  ich  hab'  ne  rechte  stäupe  gehabt  Frommann  i,  187. 
formen,  die  dazu  im,  ablaut  stehen,  finden  sich  in  hess. 
mundarten.  so  steht  niederhess.  stuppe  einem  oberhess. 
stäupe  gegenüber,  'krankheitsanfall.  paroxysmus  der  krank- 
heit,  und  nicht  blosz  der  leiblichen,  auch  der  narrheit,  so- 
gar des  Zornes  n.  dgl.'  Vilmar  406;  nass.  stiepe,  'krank- 
heitsanfall, -itstosz'  Pfister  286.  diese  formein  beweisen, 
dasz  das  vort  im  mitteld.  bodenständig  ist;  das  unver- 
schobene  p  kann  daher  nur  aus  ursprünglichem  pp  erklärt 
Verden. 

c)  in  der  nhd.  Schriftsprache  ist  das  toort  seit  dem 
n.jahrh.  bezeugt  {bei  Scherffer  und  Wiedemann  s.  die 
bdege  unter  3).  die  Wörterbücher  haben  es  erst  seit  Frisch 
(.».  unter  2)  aufgenommen,  häufig  mit  der  ausdrücklichen 
angäbe,  dasz  es  ein  niederes  tcort  sei.  s.  Adelung  und 
Heynatz  unter  s. 

■>)  etymologie.  geht  man  von  der  schriftsprachlichen  be- 
dfutung  einer  seuche  aus,  so  liegt  es  nahe,  diese  an  stäupe  I 
anzuknüpfen,  sie  als  einen  specialfall  von  I,  5,  e  zu  nehmen. 
90  deutlich  Frisch  2,  323'':  stäupe,  heiszt  auch,  morbus 
epidemicus,  calamitas  publica,  affiictio  communis,  es  folgt 
eine  stäupe  auf  die  andere,  castigafio  casfigationem  sequi- 
tur.  ihm  tritt  Adelung  entgegen:  'Frisch  siehet  dieses 
wort  als  eine  figur  des  folgenden  an,  so  dasz  es  jede 
landplage  oder  plage  bedeuten  vürde.  allein  es  scheinet 
wohl  ein  eigenes  und  verschiedenes  tcort  zu  seyn,  obgleich 
dessen  stammbegriff  so  deutlich  noch  nicht  ist';  ähnlich 
Weigand  2,  803.  da.fz  in  der  that  ein  besonderes  wort 
vorliegt,  ergiebt  .fich  schon  aus  dem  ganz  verscJiiedenen 
Verbreitungsgebiete,  ebenso  icird  es  durch  die  ursprüng- 
liche bedeutung  eines  krampfes  oder  krampfartigen  krank- 
ieitsanfalles  beiciesen,  die  sich  in  den  volksmundarten 
durehtceg  erhalten  hat.  die  tceitere  abkunft  und  Vor- 
geschichte darf  man  sich  wohl  nach  analogie  von  stauche 
vorstellen,  s.  das.  III,  3. 

3)  die  ursprüngliche  bedeutung  bestimmt  Weig.\nd  mit 
recht  als  'überlaufender,  schüttelnder  krankheitsanfall; 
krampfanfall  mit  gliederzucken',  sie  ist  noch  deutlich  in 
der  Zusammensetzung  kornstaupe,  bezeichnung  einer 
1716 — 1717  aufgetretenen  epidemie  mit  krampf anfallen: 
'spasmodische  kranckheit,  morbus  spasmodicus,  sonst  auch 
griebel-  oder  kriebelkranckheit,  griebelsucht,  oder  korn- 
staupe genannt'  Zedler  universal-lex.  38  (1743),  1234.  in 
den  litteraturbelegen  tritt  diese  i-orstellung  zurück  vor  der 
einer  ansteckenden  krankheit,  epidemie;  vgl.  Frisch  unter  2, 
ferner:  'stäupe  heiszt  jede  ansteckende,  gifftige  und  plötzlidi 
ttdtende  krancklteit .  so  wold  bey  den  menschen  als  viehe, 
*.  e.  hitzige  fieber.  pest,  vieivsterben  u.  d.  g.'  Zedler  tmi- 
versal-lex.  39  (1744),  1397;  'die  stäupe  .  .  .  ein  nur  im  ge- 
meinen leben  einiger  gegenden  übliches  tcort,  eine  ansteckende 
krankheit,  eine  seuche  zu  bezeichnen,  die  stäupe  bekommen, 
die  herrschende  ansteckende  krankheit'  Adelung;  'die 
•Uape  für  eine  timher  geltende  [epidemische)  krankheit,  ist 
iBenigstens  gemein  gesagt'  Heynatz  Antibarb.  2,  444.  belege: 
«unb  diese  zeit  grassirete  die  rothe  rühr,  absonderl.  im 
Reust&dtlein ,  daran  viel  kinder  starben,  und  an  dieser 
rtanpe  muste  auch  der  bergschmidt  uffm  gebirge  .  .  . 
^B  leben  einbüssen  .M elter  histor.  Schneeberg.  (1716)  1407; 
X.  2.  Mr. 


recht  müssen  wir  ietznnd  an  unserm  ort'  erkennen 
dasz  Dm  and  um  der  todt  mit  stäupen  ans  berennen 
und  gleich  beheizen  wil 

ScHERFFKR  grabschr.  (1646)  4,  s.  Drbchsler 
Wencel  Scherffer  «.  249 ; 

der  artzt  ist  freuden-voll  und  nimt  sein  glucke  her, 
wann  kleine  stäupen  gehn,  dasz  nur  viel  lente  krancken 

Wiedemann  hittor.  gefangentch.  (1690)  mai  65, 

ungewöhnlich  von  geistesstörung :  guter  gott,  bewahre  du 
.  .  .  einen  jeden,  der  der  wuth  seiner  leidenschaften  keine 
zügel  anzulegen  weis,  vor  der  schaudervollen  stäupe, 
deren  andenken  allen  empfindsamen  das  haar  empor 
richten  macht  .  .  .  gieb  dem  mitleidenswürdigen  den  ge- 
brauch seiner  sinne  wieder  Wertherinn  (1775)  s.  37.  über- 
tragen: in  Wahrheit;  der  fünfte  akt  ist  eine  garstige  böse 
stäupe,  die  manchen  hinreiszt,  dem  die  ersten  vier  akte 
ein  weit  längeres  leben  versprachen  Lessing  t,  ii  {Ham- 
burg, dramat.  2,  vgl.  Cosack  materialien^  s.  30).  —  dazu 
im  eijizelnen  kornstaupe,  th.  5, 1831  und  oben.  —  ungetcöhn- 
lich  ist  die  abgeschwächte  bedeutung :  'so  nennt  man  im  ge- 
meinen leben  oft  schon  schnupfen  und  ähnliche  ansteckende 
krankheiten  stäupen'  Campe. 

4)  stäupe  tcird  dann  auch  von  krankheiten  des  i^iehes 
gesagt  uiid  so  tcohl  in  der  regel  in  der  nettesten  zeit,  tco 
das  wort  in  der  allgemeinen  ttmgangssprache  überhaupt 
nocJi  üblich  ist,  vgl.  Cosack  a.  a.  o.:  die  viehstaupe,  die 
viehseucJte  Adelung;  vgl.  viehstaupe.   speciell: 

a)  'in  engerer  bedeutung  ist  in  einigen  gegenden  die 
stäupe  eine  ansteckende  krankheit  der  schafe.  da  sie  den 
taumel,  und  hernach  den  dtirchf all  bekommen,  und  plötzlich 
sterben  Adelung;   s.  auch  blutstaupe,  th.  2,  192.  Campe. 

b)  netterdings  sagt  man  stäupe  oder  hundestaupe  für 
die  hundekrankheit  {th.  4,  2,  1922),  der  junge  hunde  häufig 
unterliegen;  und  diese  bedeutung  scheint  allein  in  der  ge- 
tcöhnlichen  Umgangssprache  üblich  zu  sein :  'hundeseuche 
(stäupe),  eine  katharartige  krankheit,  die  in  verschiedenen 
graden  die  Schleimhaut  der  nase,  der  luftröhre  oder  die 
lunge  affizirt,  daher  schntipfen,  husten,  feuchtende  äugen 
ttnd  neigung  zum  erbrechen  nebst  unterdrückter  freszlust 
und  fieber'  Behlen  3,  123;  'hettte  bekommen  geicönlich  nt(r 
hunde  die  stäupe,  d.  h.  sie  tcerden  augenkrank'  Drechsler 
W.  Scherffer  s.  249;  wo  in  der  nachbarschaft  ein  kanarien- 
vogel  den  pips,  ein  hund  die  stäupe  oder  eine  Verwun- 
dung auf  dem  felde  der  ehre  bekam  —  alle  wurden  zu 
Preetzens  gebracht  daheim  31,  399'». 

c)  Jieute  auch  pferdestaupe,  leuma,  für  eine  ansteckende 
krankheit  der  pferde,  die  sonst  aucJi  als  influenza  oder 
rotlaufseuche  bezeichnet  icird,  vgl.  Dieckerhoff,  die 
pferdestaupe  {Berl.  1882). 

5)  hierher  tcohl  auch  thür.  {altenb.  u.  s.  w.)  stäupe,  leichter 
regen  Hertel  sprachsch.  234. 

STÄUPE,  /.  1)  nebenform  zu  stäupe  I,  s.  das.  4,  b 
(Schottel,  Stieler)  und  4,  e  (Kramer),  so  auch  {zu  I,  3) : 
diser  k.  Hilderich  liesz  einen  Franzosen  genant  Codilo 
binden  an  eine  seule,  und  zu  steuppen  schlagen  Gersten- 
berger  chron.  Thuring.  s.  101  bei  Scherz-Oberlin  1570. 

2)  tcetterauisch  für  stäupe  II,  s.  das.  1,  b. 

3)  in  Davos  stäupa,  /.  'schicamm'  'der  staubt  {saamen 
kapsei  tcelcher  pflanze f)'  BOhler  1,  131,  der  grosze  und 
der  bimförmige  bovist  {lycoperdon  boviata  und  pyriforme) 
2,  11  (=  stäube?). 

STAUPEGEBISZ,  n.,  zu  stäupe  II,  in  Korddetttschland : 
wenn  ein  hund  schlechte  schwarzbraune  zähne  hat,  so 
nennt  man  das  staupegebisz  teilet  u.  hund  (1900)  *.  158,  s. 
zeitschr.  f.  d.   irortforsch.  9,  60. 

STÄUPEIN,  verb.,  mit  ruthen  züchtigen,  ableitung  von  dem 
subst.  stäupe,  für  älteres  zur  stäupe  schlagen,  vgl.  stäupe 
I,  3.  die  bildung  ist  zuerst  im  nd.  belegt;  mnd.  stupen 
Schiller-Lübben  4,  461'»  {ältester  beleg  aus  einem  drttck 
V.  1484),  ebenso  mnl.  tw  der  nhd.  Schriftsprache  ist  das  tcort 
besonders  von  Luther  eingeführt,  der  es  häufig  gebraucht, 
dasz  es  indessen  dem  damaligen  ober  detitschen  Sprachschatze 
noch  fremd  tcar,  beteeisen  die  dortigen  bibelübersetztingen, 
die  entweder  eine  erklärting  für  nöthig  halten  oder  ein 
anderes  tcort  einsetzen,  so  erklärt  Adam  Petri  in  dem 
glossar  der  Basler  bibel  v.  1523  steupen  dtirch  mit  rütten 
auszstreychen;  gesteupt  durch  mit  rotten  gestrichen;  in 
der  Nürnberger  bibel  v.  1526:  mit  röten  ausgestrichen,  s. 
Kluge  von  Luther   bis  Lessing  s.  87.  90.     Eck  {Ingolat. 

76  Mr. 


1203 


STAUPEN 


STÄUPEN 


1204 


1537)  setit  dafür  schlagen,  mit  röten  schlagen,  gais(z)len 
ein,  die  Wonnser  propheten  (1527)  züchtigen,  die  Züricher 
bibel  V.  1530  strafen,  schlahen,  s.  82.  Lindmeyr  d.  Wort- 
schatz in  Luthers,  Emsers  und  Ecks  übers,  des  n.  test. 
s.  89.  so  fehlt  das  wort  auch  in  den  ältesten  oberd.  Wörter- 
büchern, stäupen,  mit  ruhten  hawen.  chastier  de  verges 
HuLSius  dict.  (1616)  307»;  geissein,  streichen,  schlagen, 
steupen,  flagellare,  verberare,  caedere  loris,  verberibus, 
fusÜbus,  virgis,  saxis  Henisch  (1616)  1444,  37;  caedere 
virgis  ScHOTTEi,  1421;  stäupen,  stäupen,  steupen,  [da 
stäuben,  forse]  scopare  cioe  sferzare,  frustare,  battere 
con  verga,  flagellare,  .itafßlare,  met.  castigare  ni  genere, 
massitne  di  pena  corpwale  e  con  battiture.  v.  hauen, 
streichen,  geissein  Kramer  dict.  2,  918».  wie  hier,  finden 
sich  sonst  vereinzelt  umlautslose  formen,  so  bei  Stieler, 
8.  unten  3,  und:  stäupen,  caedere  virgis  Haltaus  1739.  im 
dllgemeinen  durchaus  7nit  umlaut,  im  altern  nhd.  meist 
steupen  geschrieben,  so  regelmäszig  bei  Luther,  vgl. 
Weigand  2,  803.  vereinzelt  begegnet  volksetym^logische  an- 
lehnung  an  oder  Vermischung  mit  stäuben,  vgl. :  darüber 
wurde  der  geist  endlich  unwillig,  stäubte  das  lose  ge- 
sindel  durch  einen  kräftigen  Steinhagel  aus  seinem  ge- 
biete hinaus  und  wurde  gegen  alle  wanderer  so  barsch 
und  grämisch,  dasz  keiner  .  .  .  ohne  stäupe  entrann 
MusÄus  volksm.  l,  43  Hempel  (leg.  v.  Rübez.  4).  stäuben 
für  stäupen:  zwingen  kann  mich  kein  bürgermeister, 
einem  gestäubten  weibsbilde  was  in  die  hand  zu  geben 
Alexis  d.  Roland  v.  Berlin  (1840)  l,  104  (ende  v.  cap.  4). 
UTngekehrt: 

er  (d.  samum)  mordet,  geweckt,  das  leben;  im  sausenden 

fluge 
hebt  er  die  wüst',  und  stäupt  sie  empor  in  die  lüfte 

Pyrker  Tunisias  10,  163; 

«70  die  ausg.  von  1820  10,  220:  stäubt  bietet,  (sonst  zur 
etymologie  Wächter  1602  laid  Adelung.)  —  mundarüich 
scheint  das  wort  nur  nd.  vorzuko7nmen  und  auch  hier 
nicht  allgemein,  (pfälz.  staebe  'stäupen'  Autenrieth  135 
ist  wohl  druckfehler,  da  es  weitergeht:  staeb  staub,  staebe 
stäuben,  für  Handschuhsheim  bezeugt  Lenz  68»  ausdrück- 
lich das  fehlen.)  hier  geben  die  ältesten  idiotiken  ebenfalls 
formen  ohne  umlaut:  stupen,  ut(h)stupen  Richey  298 
(nach  Matheson);  Strodtmann  382»  (Osnabr.);  brem. 
wb.  4,  1080;  Schütze  holst,  id.  4,  218.  die  östlichen  dagegen 
mit  umlaut,  atieh  noch  in  7ieuerer  zeit:  pomm.  stüpen  mit 
der  ruthe  züchtigen  Dähnert  470'';  meckl^nb.  Mi  88'';  alt- 
mark,  stüp'n,  dafür  hier  und  da  fitzen  Danneil  45''. 

l)  stäupen  gilt  zunächst  und  im,  eigentlichsten  verstände 
von  der  öffentlichen  auspeitschung  eines  verbrecliers ,  die 
vom  gericht  oder  von  der  obrigkeit  als  strafe  zuerkannt 
wird.     vgl.  J.  Grimm  rechtsalterth.  703/  (''2,  289/.). 

o)  stäupen  .  .  .  'besonders,  öffentlich  mit  ruthen  streichen, 
wie  noch  jetzt  zur  strafe  gewisser  verbrechen  geschiehet.' 
Adelung:  denn  sie  werden  euch  überantworten  für  die 
ratheuser  und  schulen,  und  jr  müsset  gesteupet  werden 
Marc.  13,  9;  und  rieffen  den  aposteln,  steupten  sie,  und 
geboten  jnen,  sie  solten  nicht  reden  in  dem  namcn  Jhesu, 
and  Hessen  sie  gehen  ap.-gesch.  5,  40;  und  die  heubt- 
leute  Hessen  jnen  die  kleider  abreissen,  und  hicssen  sie 
steupen.  und  da  sie  sie  wol  gesteupet  hatten,  worfTen  sie 
«ie  ins  gefengnis  16,  22/;  Paulus  aber  sprach  zu  jnen, 
aie  haben  uns  on  recht  und  urteil,  öffentlich  gesteupet, 
die  wir  doch  Römer  sind  87;  ich  bin  drey  mal  gesteupet 
S.  Cor.' li,  26;  ungehorsam,  lose  bubcn,  mus  meister  Hans 
steupen,  da  hin  komen  sie  gewis  randbem.  zu  spr.  Sal. 
19,  W  (pibdüber».  7,  a.  61S);  er  hat  den  faxt  wol  gesteupt 
baissen  kreutzigen  S.  Fkanck  chron.  Oermaniae  (1688)809<>; 
sie  haben  uns  verdampt  in  rücken,  spricht  S.  Paulus 
(«.  oben),  unvcrhörter  sachen,  unnd  haben  uns  steupen, 
foltern,  poltern,  stocken  unnd  pflücken  lassen  Matiieüius 
Bar.  fie**;  den  dieb  Hessen  sie  (die  alten  Preusxen)  zum 
ersten  mal  steupen,  zum  andern  mit  keulen  schlagen 
SchOtz  hetehr.  der  lande  Preutten  8*>;  da  er  (Paulus)  solle 
(estAapt  und  gegeisselt  werden,  berieCT  er  sich  auff  seine 
privil^ia,  die  er  als  ein  römischer  bUrger  hatte,  aoL  n 
ScHOPPius  806;  eine  arme  hure,  die  am  kack  (pranger) 
festeapet  wird,  und  zu  wahrer  hasse  kommet,  die  ist 
flttokMlif  floe;  ich  nähme  eben  so  gern  ihre  aassteuer 
mit  d«r  bedlngong,  alle  morgen  am  pranger  gest&apt  zu 

Mr. 


werden  Shakesp.  6,  212  (der  widersp.  Zähmung  1,  l);  vor 
fünfzig  Jahren  hätte  sie  bei  einem  turnier  nicht  einmal 
erscheinen  dürfen,  ohne  gestäupt  zu  werden  Hebbel  3, 157 
Werner  (Agnes  Bernauer  i,  18) ;  in  Teanum  .  .  .  hatte  ein 
consul  den  bürgermeister  .  .  .  auf  dem  markt  mit  ruthen 
stäupen  lassen  Mommsen  röm.  gesch.  2,  220; 

darzu  von  buben  und  geselln 

die  man  erbenckt,  verbrent,  entbeupt, 

verweiset  und  mit  ruhten  steupt 

Ringwaldt  lauter  warh.  195; 

da  sie  wohl  hundertmahl  gestäupt,  vergiftet,  ins  meer 
geworfen,  erstochen,  gehängt,  ja  gar  beschnitten  worden 
Wieland  4,252  (Amad.  11,6); 

he!  wache!  stäupt  die  frevlerinn, 

rief  der  tirann  Pfbffel  poet.  vers.  10,  77 ; 

von  der  geiszehmg  Jesu: 

er  ward  gestäupt,  sein  heilig  haupt 
mit  dornen  scharf  gekrönet 

Jon.  Heermann  im  hannov.  getangb.  267,  2. 

manchmal  ist  das  stäupen  weniger  eigentliche  strafe  als 
folter  u.  ähnl.:  es  wurden  auch  sieben  brüder  sampt 
jrer  mutter  gefangen,  und  mit  geissein  und  riemen  ge- 
steupt, und  gedrungen  vom  könige,  das  sie  solten 
Schweinen  fleisch  essen  2.  Maccab.  7,  l  (vgl.:  mitgeisselen 
und  riemen  gesteupt,  l.  Mac.  7,  1.  verberibus,  lorisque 
cruciarentur  Henisch  1444,  47);  hies  jn  (Paulus)  der 
heubtman  in  das  lager  füren,  und  saget,  das  man  jn 
steupen  und  erfragen  solt,  das  er  erfüre,  umb  welcher 
ursach  willen  sie  also  über  jn  rieffen  ap.-gesch.  22,  24; 
könnet  ihr  aber  diesen  bedingungen  nicht  genüge  leisten, 
so  will  ich  euch  als  eine  lose  dirne  stäupen  lassen,  bis 
ihr  mir  saget,  wie  euch  dieser  ring  ist  zu  banden  kommen 
MusÄus  volksm.  4,  59  Hempel;  vgl.  auch:  als  man  ihm 
die  nachricht  brachte,  es  sollte  in  dem  schloszhofe  eine 
execution  vorgehen,  und  ein  knabe  gestäupt  werden,  der 
sich  eines  nächtlichen  einbruchs  verdächtig  gemacht 
habe  .  .  .  der  knabe  leugne  zwar  auf  das  hartnäckigste, 
und  man  könne  ihn  deszwegen  nicht  förmlich  bestrafen, 
wolle  ihm  aber  als  einem  vagabunden  einen  denkzettel 
geben  und  ihn  weiter  schicken  Göthe  18,  299  (Wilh. 
Meister  3,  9). 

b)  stäupen  gern  mit  henken  zusammengestellt.' 

8ol  ich  dich  steupen  oder  hencken 
oder  in  das  tieffe  meer  versencken? 

JOH.  RöMOLDT  lagter  der  hoffart  (1564)  G  3''; 

gehangen  wird  er  noch,  zum  wenigsten  gestäupt 

GÖTiiE  7,  111  (miUchtUd.  3,  9); 

so  in  dem  sprichw.:  wo  hencken  recht  ist,  da  ist  steupen 
kirmesse(et»i/es<,  t'er//nu^en)  Luther *pricAw. 279;  steupen 
ist  für  hengen  kirchmesz,  steupen  ist  hongens  vorlauff 
Petri  Tt  2».  —  stäupen  und  enthaupten  als  römische  hin- 
richtungsart:  das  todesurtheil  sprach  bey  Staatsverbrechen 
damals  noch  der  consul  aus  .  .  .  von  dem  curulischen 
thron  sah  er  unerschüttert  wie  mit  den  Vitelliern  . 
seine  gefallnen  söhne  gestäupt  und  enthauptet  wurden 
Niebuhr  röm.  gesch.  (i8ll)  1,  830;  was  von  der  besatzung 
übrig  war,  (tcorrf)  in  Rom  auf  offenem  markte  gestäupt 
und  enthauptet  Mommsen  röm.  gesch.  l,  384. 

c)  stäupen  mit  nähern  angaben,  besonders  der  ^rirkung: 
bis  aufs  blut  steupen,  usque  ad  sanguinis  effusionemcaedert, 
Stieler  2151;  einen  bis  aufs  blut  stäupen,  sferzare  untf 
fin' al  sangue  Kramer  dict.  8,  918»;  tergum  alieujus  virgi$ 
sauciare  Steinbach  i,  690;  stäupen  .  .  .  aufs  blut,  virgi^ 
caedere;  tergum  virgis  lacerare  Frisch  8,  888''.  —  zu  todi 
steupen,  längere  aliquem  virgis  ad  neeem  ttsque  StikleK 
2161;  zu  tod  stäupen,  far  morire  uno  (dir)  colpi  di  sfertatt 
ö  staffilate;  stafJUare  ä  morte  Kkamkr  a.  a.  o.;  und  ist  ge 
bottcn,  das  man  jn  under  dem  galßcn  zu  tod  solt  steuppen' 
S.  Franck  chron.  Germ.  (158«)  19»;  deiner  mutter  will  ich's 
klagen,  das/  ihr  söhn  meinen  söhn  wird  xtäupon  lassen 
bis  in  den  tod,  dasz  er  ihm  wird  lassen  sein  zartes, 
woiszes  fleisch  in  langen  blutigen  streifen  vom  rUcken 
hauen  I  Holtki  ersähl.  sehriflen  1,  81«.  —  einen  durch  die 
gantze  Stadt  st&upen,  aliquem  j>er  totam  urbetn  virgi» 
caedere  Stkinbach  8,  (tgo;  mcn  schal  se  (die  ehebreektr) 
myt  geyselon  uth  der  stat  stupen.  koppcn  undc  steinen 
qu.  (vomj.  1484)  bei  Schilleh-LObdkn  4,  4Ä1'';  wenn  ich 
es  nicht  vollkommen  erweiszHch  mache,  will  ich  mioh 
zu   dieser    insul    hinaas    sUapcn,    oder  gar  in  die  s 

Mr. 


1205 


STAUPEN 


STAUPEN 


1206 


stürtzen  lassen  Felsenburg  3,  64;  man  sollte  sie  aas  dem 
Olympus  stäupen  Kotzebue  dramat.  sp.  l,  23. 

d)  bildlich:  mit  dem  eisernen  besen  stäupen  to?»A-amp/e.- 
nach  diesem  Geng  zu  reden  an, 
ein  wolversuchter  kriegesmann, 
der  offtmals  war  dabey  gewesen, 
da  man  stenpt  mit  dem  eisen  besem 

froschvi.  Oo  4*  (3,  1,  5,  r.  4). 

2)  stäupen  für  Züchtigung  mit  rtithen  überhaupt,  vgl. 
oben  die  erklärungen: 

d)  im  allgemeinen :  ich  stäupe,  virgis  caedo,  virgis  con- 
eido  Steinbach  2,  690;  sie  stäupten  ihn,  virgis  multabant 
etim;  von  einem  lange  gestäupet  werden  ebenda;  ver- 
kündige allenthalben  die  grosse  krafft  des  herm,  weil 
du    von    himel    herab    (durch  zicei   enge!)   gesteupt   bist 

2.  Maccab.  3,  34,  vgl.  v.  26  und  38;  es  ist  herr  Omnes  ein 
toller  teufel,  er  gehorchet  nicht,  bis  das  er  auff  das  maul 
geschlagen  wird,  mit  wolthaten  verwehnet  man  sie,  aber 
mit  besemen  mus  man  sie  steupen  Luther  16,  32i,  23 
Weim.  ausg.;  da  springet  zu,  greifet  den  dieb  und  stäupet 
ihn  MÖRIKE  ges.  erz.  s.  191;  mit  zusatz  {vgl.  1,  c): 

dann  soll  keiner  hinfort  des  Telemachos  vater  mich  nennen, 
wenn  nicht  schnell  dich  i^Thersites)  ergreifend  ich  jedes  gewand 

dir  entreisze,  .  .  . 
und  dich  heulenden  fort  zu  den  rüstigen  schiffen  entsende, 
aus  der  Versammlung  gestäupt  (jrtTtxtjyüc  dyoof^-d^tv)  mit 
schmählichen  geiszelhiel)en 
Voss  n.  2,  264. 
so  auch  in  bezug  avf  Brun  den  baren  im  thierepos: 

daer  na  (ßuchte  er)  Lamfroit  van  den  stupen, 
dat  hi  hem  so  lede  dede  Seinaert  860. 

b)  als  strafe  für  Jenechte:  gleichwie  ein  knecht,  der  offt 
gesteupt  wird,  nicht  on  striemen  ist  Syrach  23,  10;  die 
kinder  mit  vleis  ziehen,  den  bösen  knecht  wol  steupen  42,  5 
{vgl. :  steupen  .  .  .  das  ist,  züchtigen,  streichen,  Sir.  42,  5. 
Gdeintz  deutsche  rechtscJir.  1666  *.  138); 

thu  dein  kinder  anffziehen  recht, 
tha  wol  steupen  dein  falschen  knecht 

H.  Sachs  6,  159». 

90  auch:  der  bischof  wardt  zornig,  befalch,  den  narren 
auch  zu  steuppen.  so  sprächt  er:  'muess  ich  dann  von 
deiner  nasen  wegen   gestrichen  werden?'   Zimm.  chron.^ 

3,  495,  34;  das  ging  eine  weile  so  fort,  bis  ich  {der  ent- 
laufene narr  des  bischofs)  ihn  {Weislingen)  um  ein  vor- 
schreiben bat,  dasz  ich  zurückkehren  könnte  und  nicht 
gestäupt  würde  Göthe  13,  2,  289,  10  Weim.  ausg.  {Götz 
V.  Bert.,  bühnenbearb.,  handschr.  4,  2). 

c)  von  Züchtigung  der  kinder:  kinder  steupen,  feruld 
jmeros  castigare  Stieler  2151;  ein  kind  stäupen,  sferzare, 
eastigare  etc.  un  ßgliuolo,  batterlo  con  verghe,  scudisciarlo, 
dargli  «n  cavallo  Kramer  dict.  2,  918";  ein  kind  stäupen 
Adelung,  im  gewöhnliclien  leben  dafür  die  ruthe  geben 
Adelung,  Campe,  belege:  gleich  wie  ein  vater  sein 
kind  steupet,  nicht  das  er  als  ein  hencker  oder  stock- 
meister  es  todschlage,  sondern  durch  den  Schilling  seiner 

heit,  unart  und  schalckheit  stewere  Luther  16, 120,  37 

-im.  ausg.;    (las   nicht  ab  den  knaben  zu  züchtigen.; 

upestu  jn,  so  dariT  jn  der  hencker  nicht  steupen,   es 

IS  doch  gesteupet  sein,  thuts  der  vater  nicht,  so  thuts 

ister  Hans  bibelübers.  7, 513  {randbem.  zu  spr.  Sal.  23,  13); 

ich  wie  ein  hauszvatter  mit  seinem  sone  und  knechte 

Handelt,  den  son  steupt  und  schleget  er  viel  mehr  unnd 

öffter  denn  den   knecht,    doch   sammelet  er  jhm  einen 

'"hatz  zum  erbe,  aber  einen  bösen,  ungehorsamen  knecht 

flieget   er   mit  der  ruten  nicht,   sondern  er  stösset  jn 

nausz   für  die  thür  tischred.  23*;    als  wenn  ich  durch 

iie    finger    sehe,    das    einer    meinen    son    steupte   oder 

schlüge  23'»;    unsere    vorfaren    haben    die    kindlein    an 

Jisem    tage    {der  Unschuld,  kindlein,   28.  dez.)    gekindelt, 

und  mit  des  heiligen  Christs  gerten  gesteupet  Mathesius 

postiUa  3,  29»;  gleich  wie  ein  vater  ein  kind  steupet  mit 

einer  ruthen    M.  Neander   m^nsehensp.  (l63l)E3*>;    ein 

'•nd    irret   und   sündiget  als   ein   kind,    und   der  vater 

upet,    ermahnet   und   duldet   als   ein  vater    Scriver 

lenschatz  (1681)  581 ;  dieser  {der  genius  des  todes  auf  e. 

kmal)  ist  ein   kleiner  runder  junge   und   macht  ein 

ulendes  gesiebt,  als  ob  er  gestäupt  worden  wäre  Solger 

nochgel.  sehr,  i,  83;    die   mutter  .  .  .  sprang  in  solchen 

Tällen   hinzu,    sagte  wohl   {zum  vater):    'stäupe  stärker, 

der  verzweifelte   bub  hat  es  wohl  verdient',   und  unter- 

Mr. 


desz,  ohne  dasz  es  die  kinder  merkten,  faszte  sie  ihm 
den  arm  und  die  band,  worin  er  die  ruthe  hatte,  dasz 
er  nicht  zu  stark  zuschlagen  konnte  Freytag  19,  206 
{bilder  2,  2,  6,  aus  Barth.  Sastrow);  Luther  erzählt, 
dasz  ihn  die  mutter  .  .  .  um  einer  armseligen  nusz  willen 
blutig  gestäupt  Ranke  werke  l,  196; 

wen  den  se  {die  kinder)  pipen, 

du  will  se  gripen, 

een  betgen  stüpen, 

den  scheid  de  moder  gewis 

Teiresken  wagset  de  hart  {vor  1700)  v.  58, 
bei  Lauremberg  «.  143  Lappenberg. 

d)  ebenso  «rerden  kinder  in  der  schule  vom  lehrer  ge- 
stäupt: als  nu  de  rector  {der  schule)  de  beiden  jungen 
um  ore  undeugde  wolde  stupen  Bening.\  chron.  v.  Ost- 
friesland bei  ScHiLLER-LÜBBEN  4,  451'»;  auf  der  hohen 
schulen  da  schreibet  man  keinen  an,  da  steupet  man 
keinen  wie  in  den  kleinen  schulen  Mathesius  Syrach 
(1586)  1,  31»;  mein  alter  gerieth  in  die  grimmige  wut 
eines  verspotteten  lehrmeisters.  er  faszte  ihn  bey  den 
hosen  und  stäupte  ihn  vor  den  äugen  der  jauchzenden 
Schüler,  von  denen  einige  so  dienstfertig  waren,  ihn  zu 
halten,  um  ihn  die  strafe  besser  fühlen  zu  lassen  Raben  er 
sehr.  (1777)  4,  173;  sogar  alsdann  sieht  er  noch  süsz  und 
zärtlich  aus,  wenn  er  meinem  alten  onkel  in  seine  stäu- 
penden bände  fällt  177;  redet  er  die  spräche  des  pöbeis, 
wenn  er  die  spräche  des  glaubens  zu  reden  vermeynt; 
so  soll  ihn  sein  präceptor  stäupen,  und  ihm  für  jeden 
ungesitteten  ausdruck  einen  streich  geben  287.  vgl.  auch: 
wann  die  kinder  in  Italien  drey  jähr  alt  seynd,  so  können 
sie  gut  italiänisch  reden,  woher  lernen  sie  das?  nicht 
ausz  der  grammatic,  .  .  .  sondern  ausz  dem  gehör,  was 
sie  täglich  sehen  und  hören,  das  können  sie  leicht  be- 
halten, man  darff  sie  deszwegen  nicht  stäupen  Schup- 
pius  50.  daher  auch  das  sprichw.:  wer  steupet  den  Schul- 
meister? Petri  Kkk  3^. 

e)  stäupen  tu  bezug  auf  hunde  ist  im.  allgem.  kaum 
gebräuchlich,  ic-ird  aber  vorausgesetzt  von  der  nd.  sprich- 
icörÜ.  redensart:  he  het  daar  enen  hund  stupen  seen, 
'er  icird  sich  daselbst  nicht  einfinden,  Keil  er  beispiele  ge- 
sehen hat,  tcie  schlecht  man  seinesgleichen  daselbst  auf- 
nimmt: vestigia  illum  terrent'  brem.  üb.  4, 1080;  da  hett  he 
enen  hund  utstupen  seen,  'dorthin  kommt  er  nicht  tcieder' 
Schütze  4,  2i8. 

/)  stäupen  m'rrf  dann  auch  gesagt,  wo  gar  nicht  von 
bestrafung,  sondern  von  miszhandlung  die  rede  ist:  und 
zu  seiner  zeit  sandte  er  einen  knecht  zu  den  wein- 
gartnem,  das  sie  jm  geben  von  der  frucht  des  Wein- 
berges, aber  die  weingartner  steupten  jn,  und  Hessen 
jn  leer  von  sich,  und  über  das,  sandte  er  noch  einen 
andern  knecht.  sie  aber  steupten  denselbigen  auch 
Luc.  20,  10/.,  vgl.  Matth.  21,  35.  Marc.  12,  3.  5;  es  ist  auch 
geschehen,  das  {sie,  die  hofleute,  die  Marienburg  verkauft 
hatten)  etliche  unsers  Ordensbrüder  des  nachts,  wenn  sie 
zu  der  metten  wolten  gehen,  nacket  auszgezogen.  mit 
ruten  gesteupet,  .  .  .  und  sie  muttemacket  schemlich 
in  den  creutzgang  .  .  .  gejaget  haben  Schütz  besehr.  der 
lande  Preussen  (1.599)  263»;  vgl.  auch: 

lasz  mich  mit  glühnden  zangen  kneipen, .  .  . 
lasz  mich  mit  ruten  peitschen,  stäupen  — 
nur  warten,  warten  lasz  mich  nicht ! 

Heine  2,  50  Elster. 

ferner:  sind  auff  den  madratzen  und  kotzen  gelegen,  und 
haben   sich   selber  gesteupet    Mathesius  postiUa  3,  86». 

8)  stäupen  in  freierem  und  iceiterem  gebrauche,  vgl.  oben 
Kramer;  steupen,  gesteupet,  et  stäupen,  gestaupet, prqpr. 
est  caedere  virgis,  sed  metaph.  pro  quacttnque  castigatione 
stimi  solet  Stieler  2151. 

o)  im  ausgeführten  bilde: 

dich  falsches  glOcke !  red  ich  an :  .  .  . 

du  stäupst  nur  einen  tauben  rücken, 

der  drat  und  geissei  müde  macht, 

und,  ohne  sich  vor  dir  zu  bücken, 

den  aufgefangnen  streich  verlacht     Günther  SOI; 

es  hat  der  Vorwurf,  den  der  träum  ins  ohr  mir  schrie, 

dem  roszienker  gleich  mich  aufgepeitscht, 

blutigen  geiszelschwungs ! 

ja  mich  in  herz  und  mairk  gepeitscht  meiner  reu'  marterknecht ; 

wie  er  mich  trifft,  wie  er  mich  stäupt, 

durcbschauert  mich  grause,  die  zu  grause  quäl ! 

Droysen  Aitehylot*  127  {Eumen.  153). 

76»  Mr. 


1207 


STAUPEN 


STAUPENSCHLAG 


1208 


b)  sehr  gewöhnlich  von  goU,  indem  allerlei  unglüek  und 
plagen  als  göttliche  Züchtigung  gefaszt  werden;  in  geist- 
licher spräche  {bei  Luther  i/Twi  unter  seiiiem  einßusz). 
dabei  ist  meistens  die  Vorstellung  der  väterliclien  Züchti- 
gung (2,  c)  der  auigangspunkt :  gott  stüupet  die  seinige 
v&tterlich  und  nicht  richterlich,  dio  sferza,  castiga,  batte, 
flageUa  i  suoi  da  padre.  e  non  da  giudice  Kram  er  rfic(.  2, 
918»;  denn  welchen  der  herr  lieb  hat,  den  züchtiget  er, 
er  steupt  aber  einen  jglichen  son,  den  er  auffnimpt 
Ebr.  12,  6;  gott  zörnet  darumb  mit  seinen  kindern  nicht, 
wenn  er  sie  gleich  züchtiget  und  straffet  .  .  .  und  zwar  er 
selbs  schleget  unnd  steupet  sein  heufflin  nicht,  .  .  .  son- 
dern lessets  geschehen,  dasz  sie  geschlagen  und  gezüch- 
tiget werden  Luther  tischreden  30^ ;  gott  der  vatter  ver- 
sucht es  auch  mit  uns  alten  narrn,  doch  kindern  im 
glauben,  auch  mit  röten,  steupt  uns  jetzt  mit  armüt, 
dann  mit  kranckheyt . . .  Seb.  Franck  sprilchic.  (iSil) 2, 105" ; 

denn  das  ist  allzeit  dein  gebrauch  : 

wer  kind  ist,  musz  was  leiden ; 

und  wen  du  liebst,  den  stäupst  du  auch 

P.  Gerhardt  nr.  76,  10  Gocdelr; 
und  dasz  ich  ja  dein  eigen  sei, 
hast  du  mich  auch  aus  groszer  treu 
gestäupt  mit  vaterruten       hannov.  gesangb.  2 '*"!,!)  ; 

so  ferner:  in  hoc  regno  mera  misericordia,  auch  den, 
wen  er  uns  am  meisten  steupt  Luther  17,  i,  326,  12 
Weim.  ausg.;  verlasse  gott  ja  nicht,  laufe  nicht  von  ihm, 
ob  er  dich  gleich  steupet  und  züchtiget  Mathesius 
Syrach  (1586)  1,  S*»;  gott  .  .  .  kennet  euch  nicht  .  .  .  denn 
sonsten  würde  er  euch  auch  steupen,  und  mit  der  ruthe 
zu  rechte  ziehen  Mich.  Neander  mensdiensp.  (lG3l)  E  4*; 

wenn  gott  ein  volck  heimsucht  und  steupt, 
wird  buben  über  schälck  erlaubt .. 

KiRfMinoF  xoendunm.  2,  108  Österlei/  (2,  56} ; 
gott  steQpt  ein  wenig  hie  auff  erden 

Königsb.  dichterkr.  s.  236  nendr.  : 
darinn  lasz  die  straf  ergehen, 
schlage  zu  und  steupe  fort, 
liebster  gott,  und  schone  dort ! 

Nelmark  Imtwäldclien  (1653)  «.-23; 

ich  {(foU)  steupe  dich  tim  zu-zu-sehen 

wie  du  bey  deinem  gott  wirst  stehen  18; 

mein  vater  und  mein  gott!  ich  ehre  dein  gericht,  .  .  . 

indem  ich  durch  den  schlag  die  grosse  lieb'  empfinde, 

du  stäupest  hart  und  schärft  und  doch  noch  zu  gelinde 

Günther  705. 

so  im  gegensatz  zu  schärferer  strafe:  {gott  spricht,  er) 
habe  als  ein  vater  geeivert.  .  .  .  und  deutet  selbs  den 
eiver  also,  und  spricht,  ich  war  ein  wenig  zornig,  als 
soll  er  sagen,  ey  mein  eiver  ist  kurtzer  kleiner  zorn,  er 
wehret  nicht  lange,  so  beisset  er  auch  nicht  gar  durch, 
sondern  steupt  ein  wenig,  das  er  das  böse  abkere  Luther 
4,  242''.  doch  auch  in  stärkerem  sinne,  von  der  bestrafung 
der  bösen  {hier  also  von  'richterliclier  Züchtigung'):  denn 
die  gottlosen  so  dich  nicht  kennen  wolten,  sind  durch 
deinen  mechtigen  arm  gesteupt,  da  sie  durch  ungewön- 
liehe  regen,  hagel,  gewesser  .  .  .  verfolget,  und  durchs 
fewr  aufTgefressen  worden  weish.  Sal.  16,  IG;  denn  weyl 
yhr  beydes  teyls  unrecht  seyt  .  .  .,  werdet  yhr  euch  zu 
beyden  seytten  verderben,  und  wird  gott  eynen  buben 
mit  dem  andern  stcüppen  Luther  18.  829,  12  Weim.  ausg. 
{sehr.  8,  122»  Jenaer  ausg.) ;  szonder  pot  wyl  eynen  buben 
myt  dem  andern  stewpen  29,  .549,  29.  Christus  als  subject: 
darffst  nicht  gedenckcn,  das  er  dich  erst  gen  Rom  schicke 
umb  eine  absolution  oddcr  wftlle  dich  steuppon  und  er- 
wflrgen  W,  894,  30;  Christus  wird  nicht  zugleich  fromme 
and  bSsc  stäupen  und  in  dio  hölle  werfen  ...  er  wird  die 
fromme  zur  Seligkeit  annehmen  ...  die  böse  kobel  den 
schwarzen  engein  die  mit  keulen  lausen  hinterlassen 
Val.  Herberokr  ev.  herzpost.  677.  —  von  irdischen  herr- 
»ehern,  als  autdruck  der  iyrannei: 

da«  lied  des  kriegs  toll  durch  die  bcrgp  {cell^n, 

bU  auch  kein  died  mehr  flbrii;  bleibt 

der  kette,  die  den  arm  unii  reibt; 

bi«  kein  deepot«  mehr  unii  stäupt 

FRKILiaKATIi*  S,  100. 
e)  so  auch  mit  unpersönlichem  subject ;  tunäehst  im  bilde, 
die  rat«  atAupt:  der  himmel  l&at  dieselben  {Jugend- 
ȟmiUn)  doob  nicht  ungeal  rafft  .  .  .  mich  hat  dessen  ruthe 
10  Tenohiedenen  mahl(>n  sehr  hcfTtig  gostHupot  eav.  im 
irrg.  (174«)  rar.  A«*;    allein   der  putz  unsrcr  woiber  Ittt 

Mr. 


die  zuchtrathe  des  himmcls,  womit  wir  weidlich  gestäupet 
werden  Moser  patriot.  phantas.  l,  69; 

und  dencke  nur  getrost  zu  dulden, 
was  du  verdient  mit  deinen  schulden, 
die  ruthe,  die  dich  itzund  stäupt 

HOFKMANNSWALDAi-  axuerles.  ged.  (1697)  9,  277. 

ferner:  denn  der  fluch  des  propheten  stäupet  mit  ewiger 
Unfruchtbarkeit  die  äugen  der  ungläubigen  und  giebt 
ihnen  nicht  zu  kosten  den  vorschmack  des  paradieses 
M  usÄus  volksnulrclien  1,  98  Hempel  {Melechsala).  die 
plagen  als  subject: 

der  mensch  ist  nicht  von  stahl  und  fleisch  und  blut  musz 

sincken, 
wenn  unrnh  und  gefahr  uns  in  die  länge  stäupt 

Günther  83; 
wo  armuth,  schand'  und  gram  die  geilen  schlemmer  stäupt, 
und  gicht  den  trunkenbold  mit  heiszen  zangen  knoipt 

Lichtwer  sehr.  200  (recht  der  vem.  3). 

s.  auch  die  belege  U7iter  a. 

d)  abgeblaszter  im  passiv,  ohne  dasz  ein  züchtiger  ge- 
nannt icird:  er  wird  ietzo  gar  sehr  gestcupet,  variis 
difficultatibus  affectus,  atqtie  afflictus  est,  fractus  malis, 
et  prope  dissipatus  perit  Stieler  2151;  es  ist  unserer 
Sünden  schuld,  dasz  wir  so  gestäupet  werden  Kramer 
dict.  2,  918»;  es  ist  deiner  bosheit  schuld,  das  du  so  ge- 
steupt wirst,  und  deines  Ungehorsams,  das  du  so  ge- 
strafft wirst  Jerem.  2,  19;  sie  {die  gerecliten)  werden  ein 
wenig  gesteupt,  aber  viel  guts  wird  jnen  widerfaren 
weish.  Sal.  3,  5. 

e)  von  gesellscluiftlichem  tadel,  übler  nachrede,  verruf 
u.  ähtd.;  im  bilde:  nachrede  für  nachrede,  oder  medi- 
sance  für  medisance:  so  ist  es  doch  immer  besser, 
sich  eine  kluge  frau  schelten  zu  lassen,  als  die  ruthe 
zu  verdienen,  womit  die  weit  den  gefallenen  stolz 
stäupt  Mö.SER  patr.  phantas.  3,  23;  ungewöhnlicher :  ehr- 
liebende Ebräer  werden  die  gelegenheiten  nie  gern  sehen, 
da  einer  ihres  geschlcchts  mit  recht  und  unrecht  zu 
einem  überschwenglichen  reichthum  kommt,  weil  er  der 
ganzen  nation  hasz  und  ncid  aufladet,  sein  name,  er 
heisze  Süsz  oder  Ephraim,  wird  zelten  hinab  auch  den 
unschuldigen  vorgerückt  und  er  mit  demselben  gestäupet 
Herder  24,  70  Supluin. 

f)  von  litterarischer  kritik,  zunäclist  in  bezug  auf  den 
autor  selbst,  im  ausgeführteren  bilde: 

ihr  musen !  ist  es  nicht  ein  unverdienter  lohn,  .  .  . 
so  stäupt,  so  züchtigt  mir  den  geilen  Midas-sohn, 
bisz  sein  vertracktes  feil  die  spate  reu  empfindet 

Günther  492  {'der  entlarvte  üritpinu*  .  .  .  oder  die 
von  den  Mii»en  gettriegelte  ladel-sucht'). 
so  audi: 

schwing  deine  geiszol,  sänger  der  tagend!  schwing 
die  feuergeiszcl,  welche  dir  Braga  gab, 
die  nattembrut,  die  unsre  deutsche 
rcdlichkeit,  keuschheit  und  treue  tSdtet. 
zurUckzustäupen  IIöi.tv  86  Halm. 

dann  auch:  jetzt  griff  er  .  .  .  mich  selber  an  und  stäupte 
meine  opera  J.  Paul  4  {Qu.  Fixlein^,  12. 

g)  auf  ivaturvorgänge  angewendet: 

der  winde  kämpfend  hoer 

fällt  rasend  aufs  gestäupte  meor 

Uz  f.  169  Sauer. 

4)  eijie  sonst  unbekannte  Verwendung  ist:  stäupen 
etiam  abusive  est  stuprare.  mägdcstaupen,  vexare  puMa», 
nomen  virgineum  adimere  Stieler  8151. 

5)  der  inf.  substantivirt :  das  stäupen,  supplicium  vir- 
garum  Frisch  8,  Bss^; 

ein  gutes  stewpen  ono  Striemen,  .  .  . 
ist  alle  wider  nat6rlicb  art 

H.  Wai.dis  Ktop  4,  93,  134. 

{dagegen  ist  ein  stäupen,  i.  b.  in  Luthers  randltem,  «M 
Hes.  81,  10,  eher  als  subst.  ^  stäupe,  /.,  tu  fa»»9H,  §, 
das.  5,  d.) 

STAUPENSCIlL.\(i.  vi.  öffentliche  auspeitschung  miU 
dem  stauphcsen.  nhd.  seit  dem  la.  jahrh.  {der  beleg  au» 
dem  'froschmäunler' ,  den  Campe  unter  kak  beibrin^ 
stammt  \cold  aus  einer  neuem  bearbeitung.)  vgl.  sur  aoflfct 
bes.  Zkdi.kh  uniirrsallev.  Hfl  (I7t4),  1397/. 

1)  in  den  frülwren  Zeugnissen  den  einulnen  schlag  ••* 
zeichnend;  vgl.:  stäupen-  t)  stäuponschlag,  m.,  öolpt, 
battUura  eon  una  tferza.  sferzata,  srudisciata,  stafflltit 
Krämer  dirt.  t,  iuh*.    daher  im  plur.  gebraucht: 

Mr. 


1209 


STAUPENSPIEL-STAUPERN 


STAUPETE-STAUREVIER 


1210 


da  hast  den  söhn  gottes  tribulirt, 
mit  sehenden  und  Testern  nicht  allein 
verfolget,  und  alle  seine  gemein, 
sondern  mit  kercker  auch  und  schwerdt, 
mit  staupenschlegen  viel  vorehrt 

Havneccius  Hang  Pfriem  (1582)  i,  5,  r.  1970; 

dasz  nicht  allein  die  paszquillen-tichter,  .  .  .  sondern 
auch  alle  diejenigen,  die  solche  paszquillen  .  .  .  andern 
offenbaren,  .  .  .  mit  staupen-schlägen,  gefängnüsz,  Ver- 
weisung und  sonsten  zu  bestraffen  Sciiüppius  675  (ab- 
genöt.  ehrenrettung  1659);  wie  die  Deutschen  .  .  .  das  bey 
ihnen  ungemeine  laster  des  ehbruchs  mit  abschneidung 
der  haare  und  staupen-schlägen,  oder  auch  gar  mit 
strick  und  feuer  strafften  Lohenstein  Annin.  2,  175» ; 
nicht  die  staupenschläge  machen  einen  menschen  un- 
ehrlich, sondern  nur  die  laster  Chr.  Starke  »ynops. 
nov.  test.  (1735)  2,  139;  die  ebenbürtige  gesellschaft  muszte 
sich  erst  in  eine  mischung  von  unterthanen  verwandeln, 
ehe  man  es  wagen  mochte,  ihr  von  staupenschlägen  und 
torturen  vorzusprechen  Moser  patr.  phantas.  l,  255.  so 
auch  staupenschläge  in  Waldeck,  quellen  v.  1710  und  1741, 
s.  Bauer-Collitz  17i. 

2)  später  gexcöhnlidi  im  colleetiven  sing.:  ruten  sive 
staupenschlag ,  ftistigatio  virgarum  Stieler  1813;  man 
sagt  daher  für  stäupe,  auch  staupen-schlag.  einen  mit 
staupenschlag  verweisen,  virgis  caesum  urbe  ejicere 
Frisch  2,  323'»;  'die  handlung  und  strafe,  da  ein  Ver- 
brecher öffentlich  gestäupet,  zur  stäupe  geschlagen,  oder 
mit  ruthen  gestrichen  urird  Adelung,  vgl.  auch  Campe. 
belege:  an.  1684.  d.  1.  sept.  wurde  ein  bader-geselle  aus 
Schwaben,  der  allhier  seinen  herrn  bestohlen,  mit  stau- 
penschlag des  landes  ewig  verwiesen  (am  rande:  mehrere 
bekommen  den  besen.)  Meltzer  histor.  Schneeberg.  (1716) 
1056;  die  strafen  waren  entweder  zu  hals  und  band, 
oder  zu  haut  und  haar;  .  .  .  durch  die  zweyte  verstund 
man  den  staupenschlag  und  das  abschneiden  der  haare 
M.  J.  Schmidt  gesch.  der  Deutschen  3  (1779),  201;  man 
kaufte  darin  den  staupenschlag  mit  drey  Schillingen  und 
jede  ruthe  mit  sechs  pfennigen  ab  Moser  Osnabr.  gesch. 
(1780)  2,  223;  der  jüngste  assessor  .  .  .  trat  zu  der  armen 
Sünderin,  als  ob  er  sie  mit  trost  zum  richtplatz  und 
staupenschläge  begleiten  wollte  Hippel  8,  121  (kreuz-  u. 
querz.  1,  §  23) ;  es  war  einmal  ein  alter  pfarrer  .  .  . ,  dem 
der  staupenschlag  damit  wäre  erwünschter  gewesen,  als 
der  verdammte  ton  wie  ein  besen  wetzt  und  schleift 
i.  Paul  12,  7  (Siebenk.  2,  5.  kap.);  eine  widerrechtliche 
handlung,  um  derentwillen  eine  person  auf  eine  strafe 
...  zu  haut  und  haar  a)  angeklagt  werden  mag  mit  der 
anm.:  worunter  der  staupenschlag  verstanden  wird. 
Eichhorn  deutsche  Staats-  u.  rechtsgesch.^  (1821)  2,  624; 
Terbrannten  armes  und  schuldig  gesprochen,  den  stau- 
penschlag erleiden  müssen ScHEFFEL£3fcAcA.** 353  (21. kap.); 
entstand  durch  das  (heide-)hTennen  schaden.  89  sollte  der 
fahrlässige  anstecker  ersatzpflichtig  sein,  auch  mit  stau- 
penschlag, landesverweisung  und  gefängniss  gestraft 
werden  Bernhardt  gesch.  des  tcaldeigentums  (1872)  1,  235; 
euer  gespons,  die  schöne  hexe  vom  Havelsee,  stehet 
•llbereits  unter  staupenschlag  Bernoulli  ritt  nach 
Fehrbellin  48.  sprichxr.:  staupenschlag  ist  einweihung 
nun  galgen  Simrock  983it.  s.  auch  staupbesen  3,  sp.  1195. 
—  dafür  staupenschlägen,  inf.  (subst.),  a.  unter 
Staupe  I.  3  zu  eivde. 

STAUPENSPIEL,  n..  früher  eine  gexoohnheU  bei  den 
hanseatischen  kaufleuten  in  Bergen,  tconach  die  neu  ein- 
irdenden  vor  der  aufnähme  acht  jähre  nach  einander  in 
einer  feierlichen  Versammlung  mit  spieszruthen  ausgepeitscht 
icurden.  s.  Zedler  universal-lex.  39  (1744),  1398/. 

STAUPEXSTRIEME,  stäupenstrieme, /.,  lividore  cagio- 
noto  daUe  sferzate,  fnistate  Kram  er  dict.  2.  918». 

STAUPER,  m.,  unübliches  nomen  agentis  zu  stäupen: 
stauper,  stäuper,  m..  stafßlatore,  sferzatore,  colui  che 
»fena  Kramer  dict.  2,  918»;  nd.  mecklenb.  stüper,  der 
die  Züchtigung  vollzog  Mi  88''. 

STÄUPERN,  verb.  l)  seltne  landschaftliche  nebenform 
««  stäubern  bezw.  stöbern,  vgl.  diese,  als  solche  ztterst  von 
I  Adelung  verzeiclinet:  wirklich  kann  auch  dem  gesell- 
schaftlichen leben  nichts  nachtheiliger  seyn,  als  der  ver- 
wünschte wind,  der  oft  unversehens  die  schönsten  spiel- 
■nd  lustpartien  auseinander  stäupert  Thümmel  reise  2,107. 

Mr. 


2)  jetzt  in  mitteld.  mundarten  im  sinne  von  'stützen': 
in  Würzburg  stäupern,  stauen,  stemmen,  stützen,  z.  b.  mit 
obst  überladene  bäume,  die  fässer  in  den  kellern  bei  hohem 
icasser,  sich  neigende  mauern,  so  scJwn  in  einer  tcürzb. 
verordn.  vom  12.  Jan.  1789.  dtizu  stäuperer,  m.  'stütze, 
sei  es  eine  stange,  eine  Stützmauer,  oder  sonst  eine  vor- 
ricJitung'  Sartorius  118;  in  Salzungen  sdibber  stützen, 
dazu  sdibber,  in.  'gabelförmiger  pfähl  zur  unterstützujig 
der  Obstbäume'  Hertel  45;  in  Rappenau  staipBra  stützen, 
an  paam  einen  bäum  mit  einer  stütze  verselien;  sie  staipBra 
sich  wogegen  auflehnen,  tcehren  Meisinger  180''.  letztere 
bedeutung  vereinzelt  in  der  litteratur :  wenn  der  Vorschlag 
angenommen  wird,  und  ich  will  mich  nicht  dagegen 
stäupern  (widersetzen),  dann  macht  man  den  anhang  da- 
zu Auerbach  dorfgesch.  3,  125  (Luzifer  l). 

STAUPETE,/.,  regenscliauer;  schioeiz.  bildung.  vgl.  stäupe 
II,  5,  geicöhnlich  stäubete,  s.  das.  (vgl.  stäubete  Schnee- 
gestöber Stalder  2,  393).  im  bilde:  das  war  das  erste 
ehegewitter,  welches  bei  ihnen  stattfand,  kleine  stäu- 
peten  ('Staubregen')  oder  schauer  hatte  es  wohl  schon 
gegeben;  aber  war  die  wölke  vorübergezogen,  schien  die 
sonne  wieder  Gotthelf  Uli  d.pächter  s.  68  Vetter  (4.  kap.^. 

STAUPFEL,  »i.  (?)  'thronhimmel' :  wie  er  von  den  herren 
zär  hohen  stift  empfangen  und  in  das  münster  under  eim 
stoupfel  gefüret  d.  städtechron.  9,  1063,  11  {Straszb.,  notiz 
zu  1449;  'byschof  Ruprehtz  erst  inryten'). 

STAUPLEIN,  n..  ganz  vereinzelt  als  diminutiv  zu 
stäupe  (U,  3),  für  einen  anfall  von  schläfrigkeit: 

die  äugen  falln  dir  zu 

und  wollen  wie  man  spricht,  zur  städte-schreiber  ruh ; 

(es  sol  ein  stäuplein  sein,  das  nach  dem  essen  kommet) 

ScHERFFER  rf.  grobiancr  (1640)  139,  vgl.  Frommanx  4,  187 

und  Drechsler  FT.  Scherffer  s.  249. 

STAUPPFAHL,  m..  für  stäupe  im  eigentlichen  simie 
(*.  das.  I,  2),  z.  b.  bei  Brunner  d.  reehtsgesch.  2,  605,  vgl. 
staupsänle. 

STAUPRUTHE,  /.,  ruthe  zum  stäupen  (vgl.  staupbesen 
UTid  stäupe  1, 4,  e).  nd.  in  entstellter  form:  altmärk.  stüfr6(d) 
'eijie  mit  farbigem  bände  umieickelte  ruthe,  die  den  nicht 
artigen  kindern  vom  tceihnachtsTnanne  gebracht  wird' 
Danneil  215». 

STAUPSÄULE,  /. ,  für  stäupe  im  ursprüngl.  sinne, 
s.  das.  I,  2  und  stauppfahl:  vor  dem  (rofÄ-)hause  steht 
pranger  und  staupsäule  Heyne  hausalterth.  l,  293;  in  Posen 
(früher)  die  staupsäule,  'eine  säule,  an  welcher  die  zur 
stäupe  verurtheiUen  gestäupt  werden'  Bernd  293;  in  ent- 
stellter Schreibung:  'staubsaul  oder  pranger,  seule,  an 
welcher  der  Verbrecher  gestäupt  wird',  im  ungr.  Simpl., 
s.  Schröer  208*.  schon  im  16.  jahrh.  belegt:  nach  aus- 
gang  der  8  tage  kommen  die  gerichte  und  wollen  alles 
inventiren.  .  .  .  und  ist  der  gebrauch  da,  dasz  man  die 
pferde  an  die  staubsaule  bindet  und  schätzt  sie  also 
Schweinichen  1.  214  (s.  107  Österley,  zum  j.  1576);  allein 
ich  bat,  dasz  sie  die  Zeremonie  mit  der  Schätzung  nicht 
halten  wollten,  dasz  die  pferde  sollten  an  die  staupsäule 
gebunden  werden  275  (139  österley);  s.  auch  J.  Grimm 
rechtsalterth.*  2,  505. 

STÄUPUNG,/.:  geisselIung,steupung,/a^eWa<M)HENiscH 
1444,  42;  Stäupung,  Stäupung,  s.  scopatura,  staffUamenio 
etc.  it.  castigo  in  genere  Kram  er  dict.  2,  918*;  mit  der 
Stäupung  ist  später  regelmässig  der  vertust  des  haupt- 
haares  verbunden  Brunner  d.  reehtsgesch.  2,  606.  freier, 
von  gott  (vgl.  stäupen  3,  6).- 

doch  dieser,  der  da  schlägt,  bat  auch  ein  gnädig  ohr, 
und  hilfft,  indem  das  fleisch  noch  seine  stiapung  fohlet 

GCnthbr  618». 

STAUR,  adj..  s.  staner. 

STAURECHT,  n..  das  recht,  ein  wasser  zu  stauen:  da- 
bei kommt  es  dann  darauf  an,  ob  das  masz  des  be- 
treffenden Staurechts  durch  obrigkeitliche  genehmigungs- 
akte  oder  durch  vertrage  .  .  .  feststeht  Stengel  wb.  d. 
vericaltungsr.  2,  .Wl». 

STAUREN,  verb.  zittern ;  im  schwäbiscJien.  dazu  ver- 
stauren,  erstarren  Sghmid  508.  zu  stauer.  adj.  t.  vgl. 
ferner  steuern. 

STAUREVIER,  n.,  bei  Überstauung  (ataubewässerung) 
von  wiesen:  das  wasser  wird  aus  dem  bache  oder  flusse 
durch  einen  mit  einer  schleuse  versehenen  zuleitungs- 
graben  den   einzelnen   staurevieren   zugeführt   und  hier 

Mr. 


1211 


STAURISCH— STAUUNG 


STAUVORRICHTUNG-STAUWEIHER    1212 


zur  Stagnation  gebracht  .  .  .  die  grosse  der  einzelnen 
Staureviere  richtet  sich  nach  dem  gefalle  des  stauge- 
bietes  Karmarsch-Heeren''  lO,  705. 

STAURISCH,  adj.,  seltene  iceiterbildung  zu  staaer,  adj., 
vgl.  dieses  und  das  im  ttl.  gexc'öhnliclie  stuursch:  stör- 
risch, adj.,  Omnibus  resistens,  non  ßexibilis,  contuma^r. 
im  niderteutschen,  staurisch.  ein  sehr  staurisch,  zän- 
kisch nnd  bösz  weih,  mulier  morosa  admodum.  et  jur- 
giosa  Apherdian  p.  77.    Frisch  2,  340«. 

STAUROLITH,  m.,  auch  granatit,  kreuzstein,  kreuz- 
förmiger schörl,  'rhombisches  mineral,  in  rechtwinklig  oder 
sckieficinklig  kreuzförmigen  zicillingen,  einzeln  eingewachsen 
vorkommend'  Karmarsch-Heeren^  8,  448;  s.  femer  Oken 
1,  163/.;  KrOnitz  171,  76—78. 

STAUSAM,  adj.,  'sehr  sättigend  (von  fetten,  schwerver- 
daulichen speisen)',  im  älteren  ostfries.  StOrenburo  262*, 
r^^  stauen  4,  e. 

STAÜSCHLEUSE,  /.,  'schleuse  zu  beicässerungszicecken' 
Stenzel  seemänn.  wb.  355'';  vgl.  Heyne  3,  764. 

STAUSCHWELLE,  /.  oder  grundwehr,  wehr,  das  bei 
jedem  Wasserstande  vom  wasser  bedeckt  bleibt,  s.  MISCH- 
LER-ÜLBRiCH  östcrr.  stoatswb.  2,  2,  1544*». 

STAUSEE,  m.,  durch  aufstauung  entstandener  see: 
hoffentlich  werden  aquarelle  für  die  reliefs  und  archi- 
tektur  der  .  .  .  tempel  (in  Philae)  festhalten,  was  die 
Überschwemmung  durch  den  stausee  auf  ewig  zerstören 
wird  beil.  zu  d.  Mi'nichener  neuesten  nachr.  1909,  37,  s.  307". 

STAUSTELLE,  /.;  unmittelbar  oberhalb  der  stausteile 
wird  in  diesem  falle  der  Wasserspiegel  so  lange  steigen, 
bis  derselbe  diejenige  höhe  erreicht  hat  .  .  .  A.  Ritter 
lehrb.  der  tedin.  mechaniH'  (1896)  784. 

STAUUNG,  verbalabstractum  zu  stauen,  vgl.  das. 

i)  in  den  alten  dialecten  zu  stauen  i;  so  ahd.  staunga, 
stonnga,  stuunga,  quaerimmiias,  quereUis  Graff6,  727; 
ef/enso  altnfr.  stö(u)uuingon,  (ab)  increpatione  gloss.  Lips. 
650.  655  van  Hdten. 

2)  später  zu  stauen  3,  abdämmung  des  wasser s.  so  mnd. 
stouwinge,  stowinge,  stuwinge  (inundationeni,  que  dici- 
tur  stowinge)  Schiller-Lübben  4,  420''/. ,•  of  we  des 
vornomden  Berndes  molen,  die  op  der  Emescher  leget, 
of  hovestat  der  moln  besittet,  einen  aynslach,  dam- 
minge  ind  stuynge  der  Emeschere  Tornompt  Dortm.  ur- 
kundenb.  1,509  {vom  j.  1355);  vgl.:  etiam  in  stagnatione, 
quse  Tulgo  stowinge  dicitur  Erwin  Erdmann  chron. 
episcop.  Osnaburg.  bei  Meibom  script.  rer.  Qertnanic.  2,  223, 
vgl.  Frisch  2,  33i*;  neund.  'stauung,  und  bey  den  bauern 
stauje,  das  hemmen,  abdämmten  des  wassers.  auch  wol 
der  dämm,  selbst'  Brem.  wb.  4,  1007;  speciell  in  letzterem 
sinne:  Stauung,  'der  dämm  oberhalb  der  mühlen,  wodurch 
der  bach  unnützlich  wegzulauß'en  verhirtdert,  und  da-t 
wasser  zur  mühle  vorräthig  aufbehalten  wird'  Richey 
idiot.  Hamburg.  288;  Schütze  4,  189.  hell,  stuwing.  — 
nhd.  seit  beginn  des  IS.jahrh.  gebucht:  stauung,  /.,  stag- 
namento  Kram  ER  diet.  (1702)  2,  917'';  doch  auf  nd.  baden 
vereinzelt  schon  im,  16.  jahrh.  belegt:  anno  1425.  ward 
des  raths  mühle  auff  der  Elbe  gebawet,  that  aber  an- 
fenglich  grossen  schaden,  denn  das  wasser  von  der  staw- 
ung  der  mühlen,  risz  aus,  und  machte  das  die  pfeiler 
hernach  ein  Gelen  Jon.  Pomarius  Magdeb.  stadt  cJironicke 
(1687)  iS  2*;  vgl.  Frisch  o.  a.  o.,  schüttung,  stauung, 
'im  Wasserbau  eine  Scheidung  von  erde  oder  holz,  die  das 
gewöhnliche  wasser  von  einer  gegend  aufhält,  dasz  es  nicht 
nach  einer  andern  hinfallen  kann'  Jacobsson  4,  71»;  in 
Liv-  u.  Estland  'stauung,  die,  d.  i.  wasserdamm,  oder 
eigentlich  ein  dämm  zur  aufthürmung  des  wassers;  denn 
man  hat  auch  dämme,  die  blosze  fischwehren  sind,  stau- 
gnng  isi  falsche  ausspräche'  Hupel  228.  —  nettere  litte- 
raturbdege  erst  aus  dem  19.  jahrh. :  vor  diesen  pfeilern 
hatten  sieb  bei  der  auszerordentlichen  Überschwemmung 
.  .  .  ISM  sechs  oberhalb  durch  die  fluthen  mitfortgcris- 
■ene  hOIzeme  brücken  und  sieben  dergleichen  stege  auf- 
gethünnt,  und  somit  stauung  des  wassere,  .  .  .  und  end- 
lich den  einsturz  der  brückenbogen  veranlaszt  Götiik 
46,800  {vom  j.  itots);  jede  •t<auanlage)  berechtigt  den 
cifeDttlmer  nur  za  einem  gewissen  masze  der  stauung. 
M  ist  wichtig,  die  grenze  dieses  rechts  erkennbar  zu 
machen,  dazu  dienen  gewisse  vorriciitungcn,  an  wel- 
chen .  .  .   der   durch  die  stauung  hergcKirllto  wasser- 

.Mr 


stand  sich  zeichnet  Stengel  wb.  des  detitschen  verwal- 
tungsrechts  2  (1890),  541»;  das  aufziehen  der  Jungfische, 
für  die  das  heidewibli  durch  Stauung  in  dem  nicht  weit 
von  ihrer  hütte  stark  abfallenden  bach  einen  teich  herge- 
stellt Herm.  Villinger  treg  der  sclimerzen  (1904)  49.  dazu 
composita,  tcie:  (i/n  bilde:)  sie  .  .  .  verliesz  den  fürsten, 
an  den  inzwischen  bereits  auch  schon  wieder  die  mäch- 
tige woge  und  durch  die  kurze  abstauung  nur  stür- 
mischer gewordene  brandung  der  gcschäfte  anschlug 
Gutzkow  ritter  vom  g.  9,  288;  in  jähem  stürze  reiszen  sie 
{die  bergbäche,  runsen)  mit  rasender  gewalt  die  gröszten 
felsblöcke  durch  ihr  bctt  herab  .  .  .  und  dehnen  sich 
dem  thale  zu,  oft  plötzlich  durch  die  gewaltigen  auf- 
stauungen  aus  dem  bette  geworfen,  über  die  bebau- 
ten wiesen  und  äcker  aus  Tschudi  thierleben  der  alpenw. 
(1853)  27;  es  sind  hier  durch  einen  in  unvordenklichen 
zelten  stattgehabten  bergsturz  Wasseraufstauungen  und 
sümpfe  entstanden  J.  G.  Kohl  alpenreisen  (1849)  2,  215.  — 
in  der  spräche  der  medicin  auf  den  blutumlauf  angetcandt; 
dazu:  die  stauungsdermatosen.  in  das  gebiet  der 
stauungsdermatosen  rechnet  man  die  durch  circulations- 
störungen  entstandenen  pathologischen  Vorgänge,  von  der 
einfachen  stauungshyperämie  und  nachfolgender  anämie 
bis  zum  oedema  cutis  Baginsky  lehrb.  der  kinderkrank- 
heiten*  (1905)  *.  1147.  ferner  von  der  Stockung  der  safte  in 
einer  pflanzet;  dazu:  ich  selbst  kenne  Verletzungen  an 
birken,  die  nur  von  mausen  herrühren  konnten,  und 
Wächter  .  .  .  beschreibt  einen  frass  an  einer  birken- 
ausschlagstange ,  an  welcher  oberhalb  des  stauung s- 
wulstes  . . .  sich  luftwurzeln  gebildet  haben  Ratzeburg 
waldverderbn.  (1866)  2,  201. 

3)  zu  stauen  4,  seemannstcort ;  'lagerung  der  gegen- 
stände, besonders  der  ladung  oder  des  ballasts  in  einem 
schiff"  Stenzel  400'';  es  ist  die  stauung  deshalb  eine 
eigene  kunst  .  .  .  die  hauptsächlichsten  lehren  über  die 
Stauung  sind  bd.  II,  s.  2509—2536  enthalten  Bobrik  660''; 
zehn  für  einen  vollkommen  diensttauglichen  anker  we- 
sentliche eigenschaften  waren  es  vor  allen  andern,  auf 
deren  grad-  und  maszermittlung  .  .  .  von  der  Prüfungs- 
kommission rücksicht  genommen  wurde  ...  3)  leichtig- 
keit  der  Stauung  Bremer  handelsbl.  1853,  nr.  97,  s.  8»,  s. 
auch  handelsgesetzb.  §  514  tinter  stauer  l.  so  freier:  die 
kürze  {der  hauptsätze  bei  Sliakespeare)  vertritt  den  fort- 
schritt,  das  weitertreibende  dement,  die  stauung  der- 
selben durch  einander  dienen  dem  retardierenden  Lud- 
wig 5,  154.  dazu:  stauungsplan,  m.,  'zeichnting  der 
räum-  und  geicichtsvertheilting  eines  Schiffes,  in  welcher  ihr 
einflusz  atif  dessen  festigkeit  und  seeeigenschaften  sorgfältig 
zu  berücksichtigen  ist'  Stenzel  400''. 

4)  Stauung  etiam  est  vaporatio  {nach:  Stauchung  .  .  . 
luxatio)  Stieler  2126,  vgl.  stauen  5,  c. 

STAUVORRICHTÜNG,  / :  vor  allem  aber  sind  andere 
am  gleichen  wasserlaufe  etwa  bereits  bestehende  an- 
lagen, namentlich  wassertriebwerke ,  empfindlich  gegen 
jede  neue  stauvorrichtung  Stengel  wb.  des  deutschen  ver- 
waltungsrechfs  2,  540». 

STAUWALL,  m.,  pretisz.  in  gleicJiem  sinne  tcie  sommer- 
wall, *.  das.,  th.  10,  1,  1566.  Frischbier  2,  344'*. 

STAUWASSER,  n.,  nd.  stauwater  Brem.  tcb.  4,  1008. 
l)  gestautes  wasser  Campe.  Brem.  tcb.  4,  1008.  Frisciibier 
preusz.  wb.  2,  364»;  im  Pregel  ist  jetzt  viel  st  au  wasser, 
'durch  starken  tcind  gegen  den  ström  aufgestautes  wasser' 
ebenda  (ztt  2?);  an  den  weihern,  stauwassern  und  igarapes 
(nebenarmen  des  brasilianischen  Rio  Negro)  wächst  als 
grastcppich  der  wilde  reis  Pesciiel  Völkerkunde  (1874)  162; 
der  ziemlich  langen  strecke  stauwasser  oberhalb  der 
mühle  schritt  er  schnell  vorüber  W.  Jordan  die  Sebald» 
(1886)  >,  80.     .V.  atich  unter  staugebiet. 

2)  '(stauwater)  it.  das  teasser.  tcan  der  atrom  nn»ehen 
ebbe  tmdflut  gleichsam  still  stehet;  tcelches  man  sonst  auch 
stacnd  watcr  nennet'  Brem.  tcb.  4,  1008;  ähnlich  Jacob.sson 
4,  2A6»;  'der  seitpunkt,  wenn  derflut-  in  den  ebbestrom  oder 
der  ebbe-  in  den  fluiatrom  übergehen  tcill.  aUo  kein  ström 
im  teasser  ist'  Stenzel  teemänn.  v>b.  467»'.  wenn  die  flot 
der  ebbe  begegnet  und  stauwasser  macht  71«.  bei  Campr. 

STAUWEIUEH,  m.:  die  stantoregiernng  wird  ermächtigt, 
behufs  Verbesserung  der  schifTfahrtastraHze  von  Ober- 
Schlesien  nach  Berlin  vornrheitcn  für  die  anlegung  von 

Mr 


1213 


STAUWEITE-STAUZE 


STAÜZEIT— STAZIONIERER 


1214 


fr 


stauweihern,  mittelst  deren  auf  der  nicht  kanalisirten 
Oderstrecke  Ton  der  Neissemündung  bis  Fürstenberg  in 
trockenen  zeiten  eine  wassertiefe  von  etwa  1,40  m  her- 
gestellt wird,  zu  veranlassen  Hannov.  Courier  nr.  22074 
(2.  aug.  1899),  s.  1»  (kanalvorlage) ;  (im  bilde:)  ein  gesetz, 
das  einen  reservefonds  der  staatseisenbahnen  ins  leben 
ruft,  damit  die  Überschüsse  der  fetten  jähre  sich  in  einem 
stauweyher  zur  Verwendung  in  zeiten  der  wirtschaftlichen 
dürre  sammeln  no.  22059  (2ö.juli),  s.l;  2)  alle  eisgeschiebe 
über  dem  stauweiher  wären  festgehalten,  und  das  dorf 
Sieber  z.  b.  wäre  von  aller  not  verschont  geblieben;  3)  das 
vom  stauweiher  gefasste  wasserquantum  wäre  abgehalten 
worden,  den  ungeheuren  Wasserstau  in  der  ebene  zu 
verstärken  bericht  des  forstmeisters  Kautz  in  Sieber,  s. 
'der  Harz'  16  (1909),  3;  wie  lange  mag  es  dauern,  dasz 
auch  bei  uns,  wo  eine  talsperre  angelegt  werden  kann, 
wo  ein  see  einen  natürlichen  stauweiher  darstellt,  die 
elektrischen  riesenbögen  prasseln  beil.  zu  d.  Münchner 
neuesten  nachr.  1908,  67,  s.  629'';  eine  sumpfige  regenwasser- 
ablagerung  schien  mir  trotz  meines  durstes  zu  wenig 
einladend,  so  dasz  ich  froh  war,  als  ich  links  die  wälle 
eines  stauweihers  sah  22,  s.  209»;  dnzu:  die  meisten  .  .  . 
stillten  ihren  durst  am  tee.  da  das  grünliche  stau- 
weiherwasser  mit  seinem  üblen  geschmack  sich  wenig 
zum  genusz  empfahl  *.  2il». 

STAUWEITE,  /.,  'die  entfemung  vom  stautcerk  bis  zu 
dem  äuszersten  punkte,  an  welchem  der  aufstau  noch  be- 
merkbar ist'  Stenzel  seemänn.  icb.  400'»:  stromaufwärts 
nimmt  die  wassertiefe  allmählich  ab,  bis  dieselbe  am 
endpunkte  der  stauweite  wieder  in  die  grosse  a  über- 
geht A.  Ritter  lehrb.  der  techn.  mechanik'  (1896)  786. 

STAUWEN,  verb.,  s.  stauen  (3,  c)  tmd  stauchen  III,  i. 

STAUWERK,  n.,  Vorrichtung  zum  stauen  des  tcassers; 
'einbau  in  einen  wasserlauf  zur  erhöhung  des  Wasser- 
spiegels' Stenzel  iOO*».  auf  dem  gleichen  wege  können 
Stauwerke  an  privatflüssen  im  Interesse  der  einrichtung 
der  flöszerei  gezwungen  werden,  die  nötige  bahn  freizu- 
lassen Stengel  wb.  des  d.  vencaltungsr.  2,  542*,-  für  vor- 
übergehende Störungen  und  Wasserentziehungen  durch 
solche  öffentliche  Unternehmungen  pflegt  den  stau- 
werksbesitzern  eine  entschädigung  nicht  gewährt  zu 
werden  542*». 

STAUWIESE,  /.,  wiese,  die  zum  ziceck  der  betcässerung 
überstaut,  d.  h.  mit  ddmtnen  umgeben  und  unter  wasser 
gesetzt  wird,  s.  Karmarsgh-Heeren*  10,  704/.;  Misculer- 
Ulbrich  österr.  staatswb.  2,  2,  1540'*. 

STAUWIXD,  m.,  für  den  seeicind,  der  das  seeicasser 
gegen  die  küste  treibt  und  dort  aufstaut:  obwohl  selbst 
das  fahrzeug,  dank  der  eingetretenen  flut  bei  landwärts 
umgesprungenen  stauwinde,  mit  geringer  beschädigung 
wieder  flott  wurde  W.  Jordan  die  Sebalds  (1885)  2,  50. 

STAUWIXKEL,  m..  '(deichbau)  nennt  man  den  vnnkel 
hinter  einem  stocke,  weil  daselbst  kein  ström  vorhanden, 
mndem  dieser  durch  das  stack  hinter  demselben  in  stau 
gesetzt  wird'  Jacobsson  7,  430». 

STAUZE,  m.  f.,  mundartliches  wort  in  verschiedenen 
bedeutungen,  mit  nasalirten  nebenformen.      . 

1)  stanze,  /. ,  mücke  Nemnich;  'in  Baiem  eine  ari 
stechender  mucken  in  sumpfigen  gegenden'  Campe,  *.  femer 
Klein 2, 169 (Bayern, OesferreicA).  bagr.die stanzen (stau'zn) 
Schnake,  culex  Schmeller^  2,  799  (b.  vgl.  stanze  5,  b,  sp.  844) ; 
im  bayr.  wald  die  stau'tsn,  *.  Bayerns  mundarten  2,  259; 
in  und  um  Eichstätt  staunts,  m.,  s.  zeitschr.  für  hd.  viund- 
arten  3,  80. 

2)  sonst  bedeutet  bayr.  der  stauz  (stau~z)  eine  'ledige 
männliche  person  als  erklärter  liebhaber  einer  weiblichen'; 
entsprechend  die  stanzen  (stau'zn)  'ledige  uxibliche  person 
als  geliebte  einer  männlichen'  Schmeller' 2,  799;  herr,  i 
bi  mit  meiner  staunzen  gangen,  aus  der  beichte  eines 
battemburschen,  s.  ebenda;  Schöpf  703. 

3)  bayr.  stau'zn,  /..  für  staude,  s.  Schmeller*  2,  800. 

4)  dagegen  bedeutet  toestencäld.  stau(t)ze,  m..  'die  spitze 
an   gewissen   spitz  geformten  weckarten,    z.  e.  an   der  so- 

tnnten  christwise  [brotart)  .  .  .  auch  das  krüstchen,  der 

abschnitt  vom    brod.'    dim.  stautzelche,    stautzche 

:hmidt233;  Kehrein  volksspr.  in  Nassau  \,SSS;  Pfister 

l,  der  es  mit  recht  zu  steisz  stMt.  vgl.  das. ;  der  schdauze, 

rw  der  stauzeweck  (schdauzewegg)  Creceliüs  806. 

Mr. 


STAUZEIT,/..-  während  bisher  im  rastlos  dahinflieszen- 
den  ströme  den  feineren  theilchen  selten  soviel  ruhe 
gegönnt  war,  sich  lagern  zu  können,  entstehen  jetzt, 
wo  fluth-  und  ebbestrom  zusammen  treten  and  gegen- 
einander wirken,  gewisse  Zeitpunkte,  in  denen  alle 
Strömung  so  gut  wie  aufgehoben  erscheint,  oder  in  denen 
doch  die  bewegung  des  wassers  so  langsam  ist,  dasz 
dieses  vieles  fallen  lassen  musz,  was  bis  dahin  mit 
fortgerissen  ward,  diese  augenblicke  nun,  'stauzeiten' 
nennt  sie  der  küstenbewohner,  sind  die  wichtigsten  mo- 
mente  für  die  bildung  der  marschen  Allmers  marschen- 
buch^S. 

STA  VE,  /.,  nd.  form  für  stube,  s.  dieses  und  Campe, 
bes.  für  eine  badsiube  und  ein  feuersiübchen  (gehäuse 
eines  kohlentopf  es) ;  vgl.  auch  Bobrik  661*.  —  staven 
auch  als  nd.  plur.  zu  stab,  bes.  für  stab-,  staffholz 
(sp.  369/.,  530)  Bobrik  eeo*».  dazu  wohl  auch:  staven  einer 
daumkraft,  engl,  'the  iron  bar  of  a  handscrew  orjack',  die 
gezahnte  eiserne  stange  daumkraft  ebenda. 

STAVEN,  verb.,  nd.  für  staben,  s.  das..  sp.  Sfnf.  und 
Campe. 

STAVEXERDE,  /.  —  ?:  da  der  vater  regelmäszig  noch 
einige  düngerstellen  kleiner  leute  aufkaufte,  häufig  auch 
gute  garten-  und  stavenerde,  so  fing  das  (düngungs-) 
geschäft  ziemlich  früh  an  Fr.  Paulsen  atts  m.  leben  47. 

STAVENSAGK,  m..  zu  nd.  staf,  stav  =  stab,  'auf  den 
schiffen  ein  sack  mit  kurzen  enden  von  bolzen  und  eisernen 
stafen  oder  stangen  angefüllt,  welcher  aus  einer  kanone 
geschossen  wird'  Campe  (unter  staf),  *.  auch  Bobrik  378''. 

STÄVER,  m.  1)  in  der  älteren  spräche  für  st&beT,  stäber, 
s.  dtis.,  sp.  367/;  stavener,  staever,  qui  jus  jurandum  praeit, 
staebler  Scherz-Oberlin  1562. 

2)  für  stüb(n)er,  bader,  s.  d^s.    Campe,  vgl.  stave. 

STAVHOLZ,  n.,  s.  stabholz  und  stafholz,  sp.  369  f.  530. 
Jacobsson  7,  430». 

STÄVIG,  STÄWIG,  adj.,  nd.  für  fest,  steif,  s.  stäbig. 
sp.  370.   Campe. 

STAVROLOGIE,  /.,  'lehre  von  kreuzen',  zu  gr.  axavQoq 
(icohl  nur  momentane  gelegenheHsbildung) :  wie?  die  mittel- 
mäszigste  känntnisz  der  mittleren  geschichte  und  rechts- 
gelehrsamkeit,  die  diplomatische  stavrologie  und  sphra- 
gistik,  zeigt  sie  nicht,  dasz  kreuze  und  andere  zeichen 
altes  herkommen  gewesen  .  .  .?  Herder  3,  433  Suphan 
3.  krit.  Wäldchen,  1769,  als  enciderung  auf  eine  stelle  von 
Klotz  :  ist  es  zu  verwundern,  dasz  ein  Zeitalter  .  .  .  nichts 
lieber  auch  auf  münzen  sah,  als  kreuze,  Schlüssel,  bücher, 
bischofsstäbe  und  kirchen.  jetzt  würde  man  staurologie 
schreiben,  wenn  das  wort  überhaupt  üblich  wäre. 

STAX,  m.  'ungelenksamer,  steifer,  unbeholfener,  dummer 
mensch'  thür.  wb.,  vgl.  stacks  sp.  414  und  staxen :  und  wie 
der  herr,  so  der  diener;  gerade  so  ein  stax.  ich  weisz 
nicht  eine  silbe  von  ihm,  als  dasz  er  Franz  heiszt 
KoTZEBLE  menschenhasz  u.  reue  1,  10; 

doch  her  sah  ich  schreiten 
unsem  freund,  den  alten  Pax, 
liebreich  auf  die  seilen 
nahm  er  einen  alten  stax 
{einen  von  den  sieben  ftadUoldaten) 

RCCKERT  (1882)  2,  225 ; 

im  iS.jahrh.  als  typischer  name: 

Stax  kSmmt,  und  kaum  ist  Stax  erschienen, 
so  hält  man  ihn  auch  schon  für  klug 

Gbllbrt  1,  6  {'der  zeitig'). 

STAXE,  / :  bey  der  Painbachmühl  hat  es  ein  brunn, 
der  quillt  über  sich  auf,  bringt  einen  sand  mit  mancher- 
ley  färben,  gibt  auf  der  staxen  gediehen  gold.  quelle 
des  16.  jahrh.  bei  ünger-Khull  steir.  wortseh.  567'»  (unter 
stachse;  bedeutungf). 

STAXEN,  verb.  l)  'steif  umhergehen  .  thür.  wb.,  vgl.  stax. 

2)  stammeln,  s.  staggeln,  sp.  538/  und  statzgen,  sp.  1068. 

STAXER,  m.,  s.  statzger,  sp.  1068. 

STAZEN,  STAZGEN,  verb.,  s.  statzen,  statzgen,  sp.  1067/ 

STAZION,  /.,  *.  Station,  sp.  939 ff.;  dazu:  er  .  .  .  legte 
seine  inhäsiv-pro-reportestazionen  ein  und  zog  ab  J.  Paul 
3  (unsichtb.  löge  3),  29;  'halt,  Rasmus!'  (womit  er  zeigen 
wollte,  er  habe  lehr-  und  staziongeld  in  Dänemark 
gegeben,  wo  man  statt  seh  wager  [postillon]  Rasmas 
31,  60  (kom.  anh.  z.  Tit.  1,  2i.  jenner). 

STAZIONIERER,  m.,  s.  stationierer,  sp.  944/ 

Mr. 


1215 


STAZIÖS-STEARIN 


STEBEKRAUT-STECHAPFEL 


1216 


STAZIÖS,  adj.,  a.  statiös.  »p.  946/. 

STAZLER,  »I..  s.  statuier,  sp.  1069. 

STAZNER,  m.,  'statioTUirius{f),  posthaltfr':  der  gastgebe 
geit  X  .Schilling,  des  stazner  X  und  der  leitgeb  X  tirol. 
tceisth.  i,  379,  18  {vom  j.  1379),  vgl.  s.  926».  Mr. 

STEARIN,  n.  der  {vom  olein)  gereinigte  talg.  in  der 
irisaenschaßlichen  spräche  der  chemie  gebildet  von  griech. 
arioQ  'fett',  ein  nur  selten  gebrauchtes  und  ganz  auj 
inssenschaßiiche  spräche  beschränktes  steatin  lehnte  sich 
an  das  von  arsag,  gen.  ariarog gebildete  adjectiv  arfättvog 
'von  talg',  das  im  übrigen  auch  auf  die  bildung  unseres 
vortes  gewirkt  hat.  als  fem.  &i&a.Tin&  verzeichnet  das  xcort 
ent^r eckend  franz.  sWarine  KrOnitz:  um  nun  bei  die- 
sem gereinigten  talge  die  ol6ine  von  der  Stearine  zu 
scheiden  encyclop.  171  (1839),  81;  aus  dieser  Stearine  kann 
man  stearintalglichter  machen,  die  jetzt  im  handel  vor- 
kommen, und  sich  durch  festigkeit  und  woisze  auszeichnen 
ebenda  82;  doch  schon  hier  schwanketi:  um  sehr  schöne 
lichter  aus  dem  Stearine  darzustellen  ebenda  81.  aber 
.tonst  ist  ausschlieszlicli  das  neutr.  in  geltung:  das  stearin 
oder  der  talgstoff  Prechtl  technolog.  encyclop.  8  (1837),  326; 
vgl.  Liebig  handbuch  der  chemie  (1843)  947.  —  stearin- 
artig, adj.  von  der  art  des  Stearins ;  {auch  hier  im  gegen- 
.'<atx  zum  olein) :  eine  ältere  Untersuchung  des  menschen- 
hirnes  zeigte  .  .  .  4,53  "/q  stearinartiges  hirnfett,  0,7  "/o  elain- 
artiges  hirnfett  Sömmerring  vom  baue  desmenschl.  körpers 
4,  131.  —  stearinhaltig,  adj.  stearin  enthaltend :  aether 
zieht  aus  dem  Ohrenschmalz  ein  verseifbares,  elain-  und 
stearinhaltiges  weiches  fett  aus  ebenda  b,  914.  —  Stearin- 
kerze, /.  aus  stearin  {tmd  einem  geringen  zusatz  von 
wachs)  hergestellte  lichtkerze  vgl.  Prechtl  technolog.  encycl. 
8  (1837),  333.  die  zur  fabrikation  der  Stearinkerzen  dienende 
talgsäure  Liebig  handbuch  der  chemie  (1843)  944.  dazu 
Stearinkerzenfabrik,  /.,  fabrik,  tcelche  .Stearinkerzen 
herstellt:  in  der  gröszten  provinzialstadt  Deutsch-Öster- 
reichs wird  für  eine  bedeutende  Stearinkerzenfabrik  ein 
erfahrener  siedemeister  gesucht  anzeige  im  Frankfurter 
Journal  vom  16.  juni  1872  {liauptbl.).  —  stearinkörn- 
chen,  »I.  deminut.  zu  stearinkorn:  auszerdem  kommen 
häufig  auch  körnige  abscheidungen  von  fett  vor  (fett- 
kömchen,  von  einigen  mit  unrecht  stearinkörnchen  ge- 
nannt) Sömmerring  vom  baue  des  men.schl.  körpers  8,  i,  307. 

—  Stearinlicht,  Ji.  l)  von  Stearinkerzen  erzeugter  licht- 
glänz:  in  der  von  Stearinlicht  erhellten  kammer.  2)  das- 
selbe wie  Stearinkerze  {s.  oben)  mit  dem  heute  geicöhnlichen 
plural  die  stearinlichte.  Krünitz  setzt  dafür  das  stich- 
tcort  stearinelichter  encyclop.  171  (1839),  82.  ein  kästchen 
mit  Zündhölzern  und  einige  stümpfchen  Stearinlichts 
Storm  5,  233  {es  waren  zwei  königskinder).  —  stearin- 
sauer, adj.  zu  dem  folgenden:  stearinsaures  kali  {kali 
mit  Stearinsäure  verbunden)  Prechtl  technolog.  encyclop. 
8  (1837),  827;  stearinsaures  natron  Sömmerring  vom  baue 
des  menschl.  körpers  5,  161;  stearinsaures  salz  Prechtl 
a.  a.  o.  14  (1846),  449,  franz.  stdarate  Beil  technolog.  wörterb. 
1  (1853),  668.  —  Stearinsäure,/,  im gegensatz zur  Ölsäure 
(*.  th.  7,  ap.  1285)  die  aus  dem  geschmolzenen  talg  durch  den 
Zusatz  z.  b.  von  schwefelsaure  gewonnene  chemisclie  säure, 
deren  glycerinäther  eben  das  stearin  darstellt,  vgl.  Prechtl 
technolog.  encycl.  8  (1837),  333.  man  unterschied  stearin, 
margarin  und  olein,  und  danach  talg-  oder  Stearinsäure, 
margarinsäare  und  Oleinsäure  Sömmerring  vom  baue  des 
menscht,  k&rpers  6, 108.  c/azu  Stearinsäure  fabrikation 
/.  fabrikmäszige  herstellung  von  Stearinsäure :  B.  bediente 
«ich  der...  öl.säure,  so  wie  sie  bei  der  stearinsäurefabri- 
kation  erhalten  wird  Liebig  handbuch  der  chemie  (1843)  ö73; 
Htearin8äurehydrat;i.}7i  der  wissenscluifÜiclien  spräche 
der  chemie  die  genauere  bezeichnung  für  den  chemischen 
begriff  Stearinsäure,  die  sich  in  loirklichkeit  aus  einem 
theile  säurt  und  zicei  theilenwasser ztisammensetzt  Sömmer- 
rino  a.  a.  o.  6,  llO;  Prechtl  technolog.  encyclop.  14  (1846). 
440.  stearinsäurckerze, /.,  dasselbe  wie  steBrinker/«^ 
iß.  oben):  kerzen  .  .  .,  die  unter  dem  namen  der  stearin- 
kenen,  stearinsäurcker/en  vorkommen  ebenda  t^{\«il),  838. 

—  stearintalglicht,  n.  aus  gereinigtem  talg  hergestell- 
te» kertenlieht  {daastlhe  wie  oben  Stearinkerze  und  stearin- 
lieht  t).  «.  den  beleg  ttnter  stearin  bei  Krünitz  vom  jähre 
IMt:  plur.  Htrarintalgiichter  nn  stelle  der  heute  gebrauch- 
Uüten  fftririntalKlichte. 


STEBEKRAÜT,  «..  s.  unter  stoebekraut. 

STECH,  m.,  s.  unter  stich. 

STECHACHSEL,  /.,  an  der  tumirrüstung  ein  panxer- 
stück,  welches  ßilgelartig  nicht  nur  die  linke  schtUter. 
sondern  auch  die  linke  helmseite  und  nocJi  einen  teil  der 
brüst  gegen  den  {lanzen)stich  des  gegners  schützen  soll 
BoEHEiM  Waffenkunde  77.     vgl.  auch  unteii  stecharm. 

STECHADERKRAUT,  »t..  (/as«e;iejri«stöchaskraut(s.u.). 
in  tceiterer  volksetymologischer  angleichung  von  stechaden- 
kraut  stöchas  Dentzler  clains  ling.  lat.  (1716)  757'»:  stech- 
aderkraut  sticados  Kirsch  cornucopiae  (1723)  bei  Diepen- 

BACH    552''. 

STECHAHLE,  /. :  in  einer  tautologischen  Verstärkung 
'ahle  (*.  ^A.  l  sp.  119),  pfriem  zum  stechen',  das  tcort  ge- 
hört nicht  der  zünftigen  handwerksspracJie  an:  stechahlen 
unter  dem  handwerkszeug  der  artilleriesattler  aufgeführt 
bei  HOYER  Wörterbuch  der  artillerie  2  (1812),  127. 

STECHAPFEL,  m.  l)  die  pflanzengattung  'datura'  Diet- 
rich lexicon  der  gärtnerei  und  botanik  3,  565 jf.  beson- 
ders aber:  datura  stramonium,  der  gemeine  Stechapfel, 
vgl.  Schlechten  DAL  ßora  von  Deutschland''  16,  281 ;  /be- 
nannt nach  der  kugelförmigen,  stachlichten  frucht  der  pflanze, 
sonst  auch  entsprechende  bezeichnungen  führend  wie  dorn- 
apfel  {s.  th.  2,  sp.  129.S),  dornkopf  {th.  2,  .sp.  1299),  igelskolbe 
{th.  4,  2.  .sp.  2047),  rauchapfel  {für  rauhapfcl  th.  «,  sp.  24i) 
M.  ä.  niederd.  ist  das  wort  zu  belegen  als  stäkappel  {Unter- 
Weser, Mecklenburg)  Pritzel-J  ESSEN  130'' ;  .sti'kap"lBAUER- 
CoLLiTZ  tcaldeck  wb.  99»;  schon  älter  slekappel  belegt  aus 
Chytraeus  bei  Pritzel-Jessen  a.  a.  o.;  plur.  in  äl- 
terer nhd.  form  stechöpfel  Matthiolus-Camerarius 
(1586)  175,  sonst  Stechäpfel:  stechäpffel  oder  rauchäpffel, 
Solanum  .spinosum  Tabernaemontanus  (1664)  978,  stra- 
m.onium  spinosum  in  der  ausgäbe  von  1694  bei  Diefen- 
BACH  554'=;  stech-,  rauchapfel  hipponianes  27S^.  der  name 
bezeichnet  pflanze  und  J'rucht  zugleich:  Stechapfel  sive 
rauchapfel.  stramonia,  pomum  spinosum,  nux  metella, 
hippomanes  Stieler  (l69l)  1378;  Stechapfel  stramoneum. 
daturae  caput  Steinbach  1  (1734),  29,  Solanum  spinosum 
Dentzler  (1716)  730*;  vgl.  noch  Kinderling  reinigk.  der 
deutsch,  spräche  (1795)  333.  die  blüthen  des  Stechapfels 
nebst  der  zeitlose,  deren  wurzeln  vergiften,  {straften) 
bösen  leumund  und  heimlichen  neid  (tu  der  blumensprache 
des  Orients)  MusÄus  Volksmärchen  1,  97  {Meleclisala) ;  so 
man  die  ausrottung  der  Stechäpfel  beabsichtigt  Krünitz 
171  (18.39)  92;  die  mauer  entlang,  auf  dem  schmalen 
pflasterstreifen,  zwischen  dessen  spitzen  steinen  Stech- 
apfel wuchs  .  .  .,  saszen  weiber  Viebig  das  schlafende  heer 
1  (1904),  69.  Tabernaemontanus  sucht  die  pflanze  durch 
das  femininum  unterscheidend  zu  charakterisiren :  die 
stinckende  stechäpffel  {solanum spinosmn  foetidnm)  wächst 
viel  stärker  und  gröszer  als  die  vorige  {solanum  spinosum) 
978,  MO  ein  bloszer  druckfehler  auf  keine  wei.se  wahr- 
scheinlich gemacht  werden  kann.  —  die  blätter  und  fruchte 
der  pflanze  .sind  gleich  giftig  icie  heilkräftig:  ein  be- 
trübter Zufall  .  .  .,  da  ein  kind  durch  unvorsichtigen  ge- 
nusz  des  samens  von  Stechäpfeln  auf  die  traurigste  art 
ums  leben  gekommen  Berliner  intelligenzzettel  von  1787  bei 
KntJNiTZ  171,  86;  er  wählte  ein  langsam  wirkendes  gift, 
eine  mixtur  aus  .  .  .  spanischem  pfeffer,  Stechapfel  .  .  . 
und  wahren  arsenik  MusÄus  physiognom.  reisen  4,  75. 
dasz  der  Stechapfel  t»i  dienste  der  Zauberei  hauptsächlich 
durch  die  zigeuner  seine  Verbreitung  gefunden  liabe,  wie 
VVu'iTKK  {volksalterglaube)  noch  annahm,  irird  nun  nicht 
mehr  so  sicher  hingestellt,  vgl.  Riezi.kh  geschickte  der 
he.renprozes.se  in  Bayern  155;  wir  wollen  auch  einige 
/auberworto  mischen,  bilsen  und  Stechapfel  (iörrks  ges. 
schrißen  2,  2(15.  als  volksthümlirhe  heilpflante  tnirde  der 
Stechapfel  trotz  obrigkeitlicher  tcarnung  von  osnabrückiscken 
und  mü itsterschen  Imuern  häujig  ungelxiut  {vgl.  hannoirr- 
sckes  mugazin  17H2  *.  525),  doch  nur,  trril  sein  name  glauben 
machte,  dasz  er  gegen  scitenstoclicn  heilkräftig  sei. 

2)  Im  Taheknaemontanus  (1664)  1888  auch  seltsamer- 
ireise  eine  bezeichnung  von  Her  aquifolium.  s.  unten  atech- 
hnuin. 

8)  der  Middatenwitz  verglich  den  streitkiAben  mit  .seiner 
von  ei.senstacheln  oder  nageln  starrenden  haube  der  frucht 
unserer  pflanze  und  nannte  ihn  deshalb  stechnpfcl  Bkr«- 
NiH    bürgert  irhr    kiinstaltrrlihner  2.  C>M ,     }Cohl    tiesonder» 

V.T. 


1217 


STECHARM-STECHBAHN 


STECHBAHN 


1218 


angesichts  der  stachligen  kugel  des  schweizerischen  morgen- 
Sterns,    vgl.  Demmin  kriegsuaffen  (1869)  143. 

4)  in  tceiterer  Zusammensetzung:  stechapfelblättrig, 
adj.  ähnlich  dem  hlatt  des  Stechapfels :  stechapfelblättriger 
gänsefusz,  cJienopodium  hybridum  Dietrich  lex.  der  gärt- 
neret und  botanik  3  (1803),  37.  —  stechapfelextract,  m. 
ext  factum  stramonii:  extract,  besonders  aus  den  blättern 
des  Stechapfels  hergestellt,  von  Htifeland  Kider  gemüths- 
krankheiten  empfohlen  Krümtz  171  (1839),  84/.  —  stech- 
apfelkorn,  7i..  samenkom  der  stechapf elf  nicht:  bey  der 
Sektion  fanden  sich  die  stechapfelkörner  zu  2  loth  im 
magen  hannov.  magasin  v.  j.  1782,  s.  501;  daneben  über 
die  giftige  eigenschaft  der  stechapfelkörner  ebenda  525. 
(auch  Jahrg.  1180,  s.  464.)  —  stechapfelkraut,  n.  das 
kraut  des  Stechapfels,  dann  bezeichnung  der  pflanze  über- 
haupt: stechapfelkraut  Solanum  spinosiim  Dentzler  (1716) 
•273«;  stechapfelkraut  Campe;  Heixsius  4,  VSS'';  KrOnitz 
171  (1839),  92.  —  stechapfelpflanze,  /.  in  weiterer  Ver- 
deutlichung und  zum  unterschiede  von  derfrucht  allein .-  hat 
die  stechapfelpflanze  einmal  in  einem  lockern  boden  posto 
genommen  lia^uiov.  magazin,  jahrg.  1785,  s.  46:3.  der  plural 
auch  im  ersten  compositionsglied  zum  ausdruck  gebracht: 
der  ganze  garten  voller  stechäpfelpflanzen  ebenda;  dann 
auch  der  Singular  stechäpfelpflanze  jahrg.  1782,  .<?.  525.  — 
stechapfelpille,  /.  in  der  form  stechapfelspille :  mit 
stecluipfelextract  zubereitete  stechapfelspillen  allgemeine 
deutsche  bibliothek  iö,  69.  —  stechapfelsame,  stech- 
apfelsamen, m.  samen  des  Stechapfels;  stechapfelsamen 
KrCnitz  171  (1839),  86;  man  erhält  das  daturin  aus  stech- 
apfelsamen Liebig  handbuch  der  chemie  (1843)  1205.  auch 
das  erste  compositionsglied  pluralisch :  stechäpfelsamen  in 
geringer  dose  hannov.  magazin  1782,  s.  528;  ein  ehemann, 
der  dadurch  sein  leben  eingebfiszt  hat,  dasz  er  um  seiten- 
stiche  zu  vertreiben,  auf  anrathen  einer  magd  stechäpfel- 
saamen  eingenommen  ebenda  s.  498. 

STECHARM,  m.  als  theil  des  armzeugs  einer  turnir- 
rilstung:  zwen  stecharem  und  ain  arem,  ain  armzfig 
ZiNGERLE  mittelalterliche  inventare  67,  99  [vom  jähre  li20). 
wie  schon  das  nebeneinander  von  stecharm  und  arm  ver- 
muthen  läszt,  schützt  der  erstere  nur  den  linken  arm  des 
kämpfenden,  ganz  entsprecJiend  oben  Stechachsel. 

STECHBAHN,  /.,  turnirplatz.  unter  dem  einfltisz  des 
niederd.  stekebän  findet  sich  auch  ein  seltenes  stechebahn : 
ichteswelke  van  der  herschop  steken  up  deme  markede 
scharp  unde  de  stekebane  was  umme  beplantet  (lies 
beplanket)  mit  breden  unde  gestrouwet  mit  sande  Lü- 
becker Chronik  2,  406. 

l)  für  das  mittelalter  ist  das  xrort  nicht  zu  belegen;  es 
acheint  vielmehr  erst  unter  dem  eindriick  von  kaiser  Maxi- 
milians ritterlichen  bestrebungen  sich  den  boden  gewonnen 
zu  haben:  also  zogen  sie  ab  von  der  stechban  nacht- 
büchlein  (1559)  59  BoLTE;  und  o  schaffet,  dass  mein  arm 
bald  verbunden  werde,  dann  mich  verlanget  zu  sehen, 
wa.s  sie  auf  der  stechebahn  zu  Kyrene  vor  händel 
machen  werden  Bicholtz  Herkuliskus  und  Herkuludisla 
.(1665)  1014;  (beictinderer  und  anbeter),  die  bereit  sind  für 
rihre  damen  nach  alter  sitte  auf  der  stechbahn  das  leben 
1  aufzuopfern  Mus.ius  volksmärclien  3,  45  (Bichilde);  die 
;  zirkelrunde  stechbahn,  in  welche  die  ritter  eingeschlos- 
sen werden,  nebst  der  amphitheatralischen  erhöhung 
ringsumher  mit  unzähligen  Zuschauern  angefüllt,  der 
schauerlichen  backofengestalt  zu  vergleichen  ebenda  2,  34 
\der  geraubte  Schleier);  doch  tummelten  sich  die  ritter 
schon  wacker  auf  der  stechbahn  herum  ebenda  2,  48 
(stumme  liebe) ;  ihr  guten  fräuleins,  laszt  diesen  albernen 
schauer,  der  euch  so  übel  als  einem  muthlosen  knaben 
y.u  gesiebte  steht,  der  seinem  ritter  auf  der  stechbahn 
das  Schild  vortragen  soll  ThCmmel  reise  3,  490;  ihn  kann 
auf  der  stechbahn  kein  ritter  bestehen  allgemeine  deutsche 
biblioüiek  96,  184;  seit  die  ausbildung  des  reisigen  mannes 
für  sport  und  turf  der  stechbahn  iiauptsache  wird,  ist 
seine  brauchbarkeit  im  kriege  auffällig  verringert  Frey- 
TAü  19,  30  {bilder  2,  l); 

vielleichte  wil  er  auf  den  plan 
ein  ritt  thun  auf  der  ätecnebahn 

Dedekind  chrlftl.  ritter  (1590;  82'*  (.'>,  4) ; 
bald  langt  mit  Rezia  herr  HOon  vor  den  planken 
der  Stechhahn  an 

WiKLANt)  23,  297  {Oberon  12,  83). 


X.  2. 


Cr. 


doch  dieser  blutige  ernst,  der  aus  unserm  icort  hervor- 
leuchte, feiert  doch  mehr  nur  ein  litterarisdies  leben,  die 
icirklichkeit  kannte  nur  noch  harmlose  reiterspiele  auf  der 
stechbahu,  mehr  geeignet  die  geschickliclikeit  im  reiten  zu 
zeigen  als  das  leben  von  rosz  und  reiter  zu  gefährden, 
und  gestochen  icurde  nach  dem  köpf  oder  .Schild  einer  puppe, 
die  drehbar  dem  ungetcandten  steclver  leicht  einen  Schaber- 
nack spielen  konnte,  nach  einem  ringe  (».  ring  2a,  th.  8, 
sp.  987,  ringelrennen  sp.  999  und  ringrennen  sp.  1013;  ringel- 
stechen sp.  1000  «jid  ringstechen  sp.  1015;  s.  aueh  unten 
stechen  verb.  l  e)  und  dergleichen:  stechbahn  arringo, 
lizza,  campo,  steccato  da  correre  la  chintana  Kramer  dict. 
2  (1702),  919'';  stechbahn  hippodromus  [so  ungefährlich 
icird  das  vergnügen.')  Steinbach  l  (1734),  62;  ctirriculum; 
locus,  ubi  certant,  qui  annulum  lancea  petunt  Frisch 
2  (1741),  324;  'der  lange  ebene  platz,  reo  man  mit  lanzen 
zu  pferde  nach  einem  aufgesetzten  oder  aufgehängten  ziele 
zur  lust  stach'  Heinsius  4,  758«; 

die  graue  stechbahn  trank 

der  rosse  schweisz 

Pfekfel  poei.  versuche  4, 100. 

2)  stechbahn  als  straszenname ,  besonders  in  residenz- 
städten,  eine  erinnerung  an  das  vorige;  am  bekanntesten 
die  stechbahn,  ein  bogengang  am  schloszplatz  zu  Berlin 
Heinsius  4,  758*;  er  sank,  als  es  anfieng  dunkel  zu 
werden,  beynahe  ohne  es  selbst  zu  wissen,  unter  dem 
bogengange  der  stechbahn  in  einem  winkel  trostlos  nieder 
Nicolai  Seb.  Nothanker  2,  41.  (vgl.  auch  Alexis  Roland 
von  Berlin  127,  Beclam,  und  siehe  weiteres  unter  4).  doch 
auch  andere  städte  haben  ihre  stechbahn,  so  Celle  an  der 
Aller,  ja  sogar  das  kleine  waldecksche  Städtchen  Corbach 
eine  stechebahn  (B.xuer-Collitz  waldecksches  tcörter- 
buch  174). 

3)  auch  der  kampfplatz  des  merkwürdigen  kampfläufers 
oder  Streitvogels  (totanus  pugnax),  dessen  männchen  sich 
vor  der  paarungszeit  täglich  melirere  nuUe  duelliren,  wird 
die  stechbahn  genannt  Naumann  bei  Brehm  thierleben 
6,  25  Pech  uel- Lösche. 

4)  unter  der  stechbahn  zu  Berlin  wohnte  der  buch- 
händler  und  litterarische  intrigant  Friedrich  Christoph 
Nicolai  (a  monsieur,  monsieur  Nicolai,  libraire  tres 
renomm^  unter  der  stechbahn  in  seinem  hause  Lessing 
17,  236),  und  so  kommt  es,  dasz  unser  wort  an  dem, 
mummenschantz  theilnimmt,  irelcher  mit  diesem  manne 
voti  seinen  gegnern  gespielt  wird:  lust  .  .  .,  dem  ritter  von 
der  stechbahn  die  hosen,  die  bunten  hosen,  angesichts 
des  ganzen  ehrsamen  publici  abzuziehen,  damit  er  da- 
stünde so  nackt  und  blosz  wie  er  von  mutterleibe  kommen 
ist  GoECKiNGK  ari  Bürger  15.  nov.  1776  (des  letzteren  briefe 
1,  362  Strodtmatm) ;  den  spaszvogel  unter  der  stechbahn 
hab  ich  einstweilen  ein  bissei  gezwiebelt  Bürger  an 
Sprickmann  26.  dez.  1776  (l,  382  Strodtmann)  und  mit  deut- 
licher bezieliung  auf  GoECKiNGKS  brief: 

Fips  Buntjack  von  der  stecbbahn! 

halt  hos  und  athem  recht  an!  388. 

vgl.  auch  noch  1,  386.    t»i   spott  über  Nicolais  allgemeine 

detitsclie  bibliothek: 

dfirft  nur  die  allgemeine  bibliothek  lesen; 

ich,  lieber  vater,  arbeite  dran, 

wie  euch,  wenn  ihr  wolt,  der  artikel : 

schöne  Wissenschaften,  beweisen  kann. 

bin  sehr  bekant  auf  der  stechbahn. 

da  hau'  ich  euch  die  grossen  geister, 

Göthe,  Wieland  und  Lenz  zusammen 

ScHiNCK  marionettentheater  (1778)  117; 

[das  wort  ist  hier  icie  im  folgenden  bald  fett,  bald  gesperrt 

gedruckt.) 

mSgen  sie  nnn  immer  ihren  rächen 

gewaltig  drüber  aufsperren  im  ton  der  bibliothek, 

die  da  geschmiedet  wird  auf  der  stechbahn  123; 

so  möcht'  ich  doch  nicht  um  aller  weit  willen 

euch  glauben  machen,  als  war'  ich  etwa'n 

so'n  luftiger  gesell  von  der  stechbahn, 

dem 's  Zeitvertreib  war'  in  groszen  pasquillen 

die  Goethe  und  Lenze  zu  blaffen  an  121. 

sogar  ein  adjectiv  stechbahnisch  er.9rheint: 

doch  komt,  ich  mus  euch  ein  neues  stück 

vorlesen  aus  der  stechbahn'schen  fabrik, 

es  ist  der  klein  foin  almanach  118. 

{Nicolais  feiner  kleiner  almanach,  besonder»  gegen  Bürger 
gerichtet,    war  1777   und  1778  in   zwei   theilen  ersdtienen.) 

77  Cr. 


1219 


STECHBART— STECHBEITEL 


STECHBIENE-STECHBÜTTEL 


1220 


es  wird  durchaus  zum  litterarischen  schlagxcort;  so  warnt 
Georg  Christoph  Lichtenberg:  steht  irgend  einmal 
ein  kenner  in  einem  Journale  oder  einer  zeitung,  die  in 
höheren  Wissenschaften  credit  hat,  auf,  und  redet  die 
Wahrheit,  so  nennt  es  die  menge  in  stolzer  bequemlich- 
keit,  intrigue  der  stechbahne  oder  gelehrte  pedanterey 
verm.  sehriflen  4,  117. 

5)  im  Zusammenhang  mit  dem  vorigen  betoegt  sich:  ein 
kunstrichter,  der  das  wehrlose  gesindel  der  krüppel 
und  lahmen  abwürgt,  die  sich  jetzt  so  dreiste  auf  die 
literarische  stechbahn  wagen  MusÄus  Volksmärchen  i,  8S 
{Meleehsala).  wohl  angeregt  durch  das  vorige  kommt  J.  Paul 
zu  einer  neuen  vencendung:  übrigens  führte  er  seinen  Viktor 
mit  keinem  pedantischen  marschreglement  auf  die  eis- 
bahn  und  stechbahn  des  hofes  loerke  7,  230  (Hesperus  l), 
um  die  gefahren ,  nocJi  mehr  die  Intrigen  des  hoflebens 
dahinter  zu  verstecken. 

6)  in  Berlin  die  stechbahn  obscöne  bezeichnung  der 
Vulva,  genauer  der  vagina  {schriftliche  mitteilung  von  dr. 
Wagner  aus  Pöszneck)  vgl.  dazu  unten  stechen  verb.  20. 

STECHBART,  tn.  stechender  bart  Campe;  Heinsius 
4,  758».  vgl.  Stachelbart  {oben  sp.  389). 

STECHBAUM,  m.  l)  ilex  aquifolium,  wegen  ihrer  stach- 
lichten blätter  so  genannt,  doch  bekannter  unter  dem  namen 
stecheiche  {s.  u.)  oder  Stechpalme  {s.  u.) :  stechbaum  aqui- 
folium Tabernaemontanus  (1664)  1382;  agrifolium,  ilex 
aculeata  baccifera,  ruscus  arboreus,  hilft  gegen  husten 
und  seitenstecJien  {vgl.  oben  die  entsprechende  Wirkung  des 
Stechapfels)  Woyt  Schatzkammer  medizinisch-natürlicher 
dinge  (1734)  24;  spina  acuta  Steinbach  l,  78;  Frisch 
2,  824*. 

2)  paliurus  {australis) :  stechbaum  paliurus  Tabernae- 
montanus (1694)  6ct  Diefenb.  406«.  Spina  Christi  Frisch 
2,  324*.     vgl.  auch  unten  stechdorn  1. 

3)  juniperus  communis,  der  gemeine  Wacholder  Hein- 
siüS  4,  758*;  in  Schletien  stechbaum  neben  steckbaum 
(stekbaum  mit  langem  e)  Pritzel- Jessen  197».  vgl. 
Metzger  landtoirtschaftl.  Pflanzenkunde  (l84l)  279. 

STECHBECKEN,  n. :  flaches,  breitrandiges,  leicht  unter- 
schiebbares becken  für  die  bedürfnisse  eines  betÜägrigen 
kranken:  futteral  zu  klapphut  .  .  .  sieht  nicht  wie  ein 
hutfutteral  aus,  ist  ganz  flach  wie  ein  stechbecken  Bis- 
MARCK  briefe  an  seine  braut  520. 

STECHBEERE,  /.  l)  ribes  grossularia,  getcöhnlicher 
Stachelbeere  («.  oben  sp.  389  unter  l)  genannt,  stechbeer 
{plur.,  wohl  bezeichnung  des  Strauches)  Schmid  schwäb. 
wörterb.  508  {gegend  von  Kaufbeuren).  deminut.  stechaberle 
iMcea  grossxdaria  spinosa  {Augsburg)  PopÖwitzsch  558; 
Campe. 

2)  rhamnus  cathartictis ,  unser  geicöhnlicher  kreuzdorn 
{s.  th.  5,  sp.  2188)  ScHLECHTENDAL  flora  von  Deutschland 
1,  161;  die  Wirksamkeit  der  beeren  des  kreuzdorns  ah  ab- 
führmittel  {bei  stechenden  leibschmerzen)  hat  wohl  im 
apothekenhandel  zu  der  nam^ngebung  den  anlasz  gegeben. 
vgl.  Pritzel-Jessen  329'». 

8)  die  gleiche  erklärung  findet  stechbeere  als  bezeichnung 
des  kellerhalses  (*.  kellerhals  2,  th.  5,  sp.  517)  daphne 
mezereum  Campe,  mit  rücksicht  auf  die  sehr  scliarfen,  ab- 
führenden fruchte. 

STECHBEITEL,  (STECHBEÜTEL) ,  m.  1)  ein  breiter 
meiszel  zum  glättenden  bestoszen  des  holzes,  besonders  an 
stellen,  die  für  axt,  säge  oder  hobel  nicht  erreichbar  sind. 
vgl.  auch  unten  stechzeug,  aus  einem  niederdeutsclien 
stSkbeitel  [gleich  nhd.  bciszel  s.  th.  l,  sp.  1899) :  stechbeitel 
Egoers  kriegslexicon  2,  985;  Albrecht  Leipz.  muiuiart 
216*;  Prechtl  technolog.  encyclop.  9,  556;  Beil  technol.  wb. 
1,  668*.  die  form  stechbeutel  beruht  nur  auf  einer  fal- 
schen Ungleichung  des  Wortes  an  beutcl,  pera  {s.  th.  l, 
»p.  1750);  beatel,  kleyner  sack,  .  .  .  bey  den  tischlern  in 
ftecbbeatel,  eine  art  stämmeisen  Adelung  umständl. 
Uhrgebäude  der  deutschen  spräche  8,  714;  Brosenius  tech- 
ntiogie  t,  6;  Campe;  Heinsius  4,  768»;  Crecelius  ober- 
ht»».  Wörterbuch  fX»;  stechbUtel  MartinLienhart  e^ä#«. 
wSrttrbueh  2,  I2l'>.  die  bei  Eooers  a.  a.  o.  neben  stechbeitel 
belegte  form  ■tecbbödel  (gleich  niederd.  stSkbödel)  teigt,  wie 
di*  tjrraehverkehrung  auch  auf  niederdeutschem  botün  sieh 
amtfibreiM  Hot. 

t)  ^«ebbeaUl  für  •teohbUttel  «.  unten. 

Cr. 


STECHBIENE,  /.  eitie  ausländische  stechende  bienenart. 
Stechbienen  auf  St.  Domingo,  allgemeine  deutsche  biblio- 
thek  84,  529;  vielleicht,  dasz  es  sich  dabei  nur  um  die  im 
gegensatz  zur  königinbiene  und  den  dröhnen  mit  einem 
Stachel  beioaffnete  arbeitsbiene  von  apis  meUifica  handelt, 
wie  im  folgenden:  darunter  {unter  den  insekien,  welche 
junge  schtcalben  aus  ihren  jtestern  fallen  lassen)  habe  ich 
niemals  eine  stechbiene  gefunden  Naumann  naiurgesch. 
der  vögel  Deutschlands  6,  73. 

STECHBLATT,  n.  bedrucktes  oder  beschriebenes  blatt, 
welches  orakelzicecken  dient  {vgl.  unten  stechbuch  utui 
stechen  l  k) :  mit  einem  stab  oder  finger  fährt  (sticht)  man 
im,  dunkeln  oder  m.it  abgeicandtem.  gesicht  auf  das  blatt; 
das  so  getroffene  wort  lüird  dann  für  den  losspruch  aus- 
gedeutet; 

nn  schenck  uns  ein  den  grossen  becher, 

schenck  voll,  so,  hol   ihr  liebe  freind, 

ein  jeder  guter  zechcr,  siecher, 

80  ofTt  als  vil  buchstaben  seind 

in  seines  lieben  steohblats  namen 

hie  disen  gantz  abdrincken  soll 

Weckmerlin  gedicMe  1,  507. 
vgl.  auch  unten  stichblatt. 

STECHBLIND,  adj.  Verstärkung  von  blind  wie  das  ge- 
wöhnlichere stockblind  («.  unten),  dazu  die  weitere  Zusammen- 
setzung stechblindvoll  adj.:  sauffen  sich  bey  wasser 
stechblindvoU ,   dass  sie  taumeln  Reinhold  reime  dich 

(1673)   140. 

STECHBOHRER,  m.:  grabeisen,  schroteisen,  stechbor, 
meyssel  ancaesa.  i.  vasa  caelata  Alberus  dictionar.  (l540)  2». 

STECHBOLZ,  m.  1)  siechbolzen  stechender  spitziger 
bolzen  Heinsius  Wörterbuch  der  deutschen  spräche  (1818) 
4,  758». 

2)  übertragen  aus  niederdeutschem  stökbolten  bei  Hein- 
sius o.  a.  o.  bezeichnung  eines  schiff staues,  welches  ein  lan 
ges  äuge  hat,  vielleicht  in  anlehnung  an  bolz  7  {th.  2, 
sp.  235). 

STECHBORSTE,  /.  stechende  börste,  insbesondere  eine 
bezeichnung  des  kiefernfühlers  der  m,ilbe  Brehm  thierleben 
9,  728. 

STECHBORSTIG,  adj.  zum  vorigen,  als  Übersetzung  des 
lat.  hispidus:  stechborstige  vaillantie,  valantia  hispida 
Dietrich  lexicon  der  gärtnerei  (i8ll)  10,  335. 

STECHBREMSE,  /.  stechende  bremse  {vgl.  bremse,  tii.  2, 
sp.  363  und  stechen  2  c) ;  ich  erinnerte  mich  an  den  kran- 
ken, der  sich  eingebildet,  eine  lebendige  stechbremse 
im  köpf  zu  haben  Rosegger  Schriften  (1895)  5,  179.  vgl. 
auch  unten  Stechfliege. 

STECHBRETT,  n.  plur.  stechbretter,  welche  beim  Wiesen- 
bau iii  die  beicässerungsgräben  gestoszen  uxrden,  um  so 
das  icasser  an  seinem  ab-  oder  zuflusz  zu  hindern  Schwkrz 
prakt.  ackerbau  (1882)  213. 

STECHBRILLE,  /.  brille,  welche  klemmerartig  auf  der 
nase  sitzt,  hauptsächlich  gebraucht,  um  in  die  ferne  zu  .tehen: 
damit  wir  in  die  ferne  sehen,  wie  die  stechbrillen  sein 
Mathesius  Sarepta  (1571)  196'';  aber  hierin  hat  er  grosz 
vngleich,  vnnd  wird  gewiszlich,  da  er  die  götzlin  hat 
angesehen,  ein  kesterischc  helle  stechprill,  die  in  die 
weit  sieht,  gepraucht  haben,  dieweil  er  die  götzen  für 
klötzer  ansieht  Fischart  bienenkorb  (1588)  186». 

STECHBUCH,  n.  orakelbuch  mit  aUmöglieher  lebens- 
Weisheit,  in  welches  der  neugierige  mit  eitler  luidel 
hineinsticht,  um  den  so  getroffenen  spruch  dann  für  sich 
auszudeuten  {s.  stechen  l  k  tind  vgl.  oben  slechblatt): 

wer  weisz ,  wie  manche  schoar  stcrn ,  stechbuch ,  spiel  und 

karten 
und  weyhnachtnttsse  fragt:  vor  welches  schSne  kind 
die  blumen  deiner  gunst  hinfort  gewidmet  sind? 

GOntiibr  ged.  (1735)  89«. 

STECHBITDE,  /.  l)  in  Berlin  bei  volkshelusti gütigen 
eine  glücksbude.  in  der  um  einen  getoinn  gewürfelt  wird, 
{die  nam,enbildung  sehliesst  sieh  wohl  an  wendmigen  vne 
unten  nach  börsen  stechen  <4. ».  w.) 

2)  ebenda  die  obscöne  beteiehnung  für  ein  smisehläf- 
riges  {himmil)bett  {vgl.  stechen  verb.  «0  uiul  oben  stech- 
bahn  6). 

STECHBÜTTEL,  m.  im  nordösüiehen  Deut$ehland  ein 
name  de»  slichlings  (#.  u.).  gasterosteu»  aeuUatu*.  ausge- 
teichnet  durch  drei  »taehdn  vor  der  rüeket\flo»$«  Sirbold 
$ü»»¥>a»»erfüehe  M;    Brbhm  ihierMMn  8, 164:    aber  nach 

Cr. 


1221 


STECHDANK-STECHEISEN 


STECHEL-STECHEN 


1222 


dem  verbot  war  auch  der  fisch  darinnen  vergangen,  das 
da  man  hernacher  Schmerling  .  .  .  hat  haben  wollen, 
jhrer  zwene  einen  gantzen  halben  tagk  gefischet,  vnd 
doch  kaum  gefangen,  das  man  einer  person  bette  mögen 
fürsetzen,  vnd  weren  dazu  das  meiste  theil  stechbüttel 
gewesen  Hennenberger  erklärung  der  preusz.  landtaffel 
(1545)  344;  kassubisch  stekbydel,  daneben  erscheint  stech- 
bügel  und  Steigbügel  (I),  stekbidel  (scht6kbedel  Fischer 
Samland  87)  und  im  versuch  einer  weiteren  verhoch- 
deutschung  stechbeutel,  weiter  sogar  stichbeutel  {vgl. 
stichling)  Frischbier  2,  359. 

STECHDANK,  m.  siegespreis  in  einem  turnir,  einem 
stechen  {vgl.  stechen  verb.  2l); 

£0  überlasz'  ich  ihr  den  stechdank  im  tumiren 

MüHLPFORT  bei  Campe. 

STECHDEGEN,  m.  wie  unten  stoszdegen  im  gegensatz 
zum,  haudegen  {th.  i,  2,  sp.  572  unter  l)  ein  degen,  dessen 
klinge  hauptsächlich  zum  stechen  taugt,  stechdegen,  dolch, 
pugio  Dasypodil'S;  Melanchthon,  nomenclatura  (1591) 
Fla;  stechdägen,  eyn  dolch,  sticher ^«^o  Dasypodius. 
s.  auch  unten  Stecher. 

STECHDORN,  m.  botanische  bezeichnung  für  verschie- 
dene stechende  sträucher:  l)  paliurus  aculeatus  L:  den 
rhamnum,  oder  stechdorn  Guarinonius  grewel  der  Ver- 
wüstung (1610)  121;  stechdorn  rhaimius  Corvinus  fons 
latinit.  (1646)  708;  Stieler  327.  die  bletter  von  allen 
geschlechtern  des  stechdornes  leschen  das  wilde  fewer 
(das  St.  Antoniusfeuer  vgl.  Lonicerus  kreuterbuch  (1604) 
76 D)  und  heylen  die  vmbfressenden  geschwür  Camera- 
Rius  kreuterbuch  UD ;  die  zweige  dieser  stechdorn  vber 
die  thüren  und  fenster  gehenckt,  vertreiben  alle  gespenst 
and  zauberey  {nach  Dioscorides)  Lonicerus  kreuter- 
buch (1604)  76  D; 

statt  der  sanften  viol'  und  des  purpurhellen  narcissus, 
steigt  die  distel  empor  und  scharfgenadelter  stechdom 
(spinis  Burgit  paliurus  aeutig) 
Vosz  Virgil  1,  251  (bucol.  5,  39). 

den plural  stechdörn&T  verzeichnet  Camerarius  44«;  stech- 
dörner  als  charakteristisches  geiräcJis  für  Matthias  Abele 
als  mitglied  der  fruchtbringenden  gesellschaft,  dazu  der 
Spruch  was  streitig  ist  Neumark  neuspross.  palmenbaum 
(1668)   388. 

2)  stechdorn  insbesondere  icie  obeyi  Sanddorn  {s.  th.  8, 
sp.  1763),  eine  bezeichnung  für  hippophae  rhamnddesYKiscu- 
BIER   2,  364». 

3)  ribes  grosstdaria,  der  bekannte  beerenstrauch  der 
deutschen  hausgärten,  gewöhnlich  Stachelbeere  {»p.  389) 
genannt  Balthas.  Erhart  öcon.  pflanzenhistorie  (1756)  2, 
96.  {vgl.  Heufler  botan.  beitr.  28.) 

STECHDÖRNERISCH,  adj.  zu  dem  vorigen:  mit  ver- 
nichtig- und  füssentrettung  der  stechdörnerischen  auf- 
rührigkeit  Abele  künstl.  Unordnung  4,  4». 

STECHEICHE,  f.  l)  heutige  bezeichnung  von  Hex  aqui- 
folium  L,  auch  gemeine  Stechpalme  (s.  u.)  genannt,  schon 
stecheichen  Hex  teutsch-lat  wörterbüchleiii  27;  stecheychen 
Camerarius  64'*.  s.  auch  das  ältere  stechbaum  und  der 
röthlichen  beeren  wegen  die  nicht  sehr  treffende  bezeichnung 
Stechapfel  dafür  {s.  Stechapfel  2). 

2)  stecheiche  quercus  ilex  L.  allgemeine  deutsche  biblio- 
thek  84,  242;  die  krönen  der  ernsten  cypressen  und  stech- 
eichen Gaudy  14,  33. 

STECHEICHEL,  /.  plur.  die  Stecheicheln  als  sklavische 
Übersetzung  von  iliqua  Plinius  hist.  nat.  8,  51  bei  Heyden, 
Plinius  (1565)  271. 

STECHEISEN,  n.  l)  grabstichel:  stecheisen  caelum 
Dasypodius;  stecheisen,  meissel  burino,  scarpello  da 
tnfa^Ware  HuLSius  (1616)  307«,  grabeisen  (1618)  238'' ;  stech- 
eisen pungolo,  stimolo,  puiigiglione,  pungiglio  Kramer 
dict.  2  (1702),  919".  vgl.  auch  kölnisch  stackijser  titiona- 
rium.  glossar  von  1507  Diefenbach  586».  stecheisen- 
left,  n.  hölzernes  h&ii  für  ein  stecheisen,  weiszbuchene 
techeisenhefte  {aus  einer  anpreisung). 
2)  in  der  bergxcerkssprache  bezeichnet  stecheisen  eine 
inge  mit  eiserner  spitze,  mit  welcher  das  äuge  an  den 
\melzöfen  aufgestochen  wird,  damit  die  geschmolzene 
8se  sich  in  die  form  ergieszen  kann  Frisch  2  (1741), 
4»;  wenn  der  eisenstein  magnetet  .  .  .  und  leget  sich 
^an  den   neuen  keilhawen  an  wie  die  schlacken  an  das 

Cr. 


stecheisen  Mathesius  Sarepta  (1571)  79»;  fewerkrücken, 
stopffhöltzer,  stecheisen,  schlackenhaken  147*'. 

3)  das  grabeisen  der  tcurzelsammler :  im  nächsten  früh- 
jahr  trat  der  'waldhüter'  einen  alten  wurzelgräber  an, 
warum  derselbe  mit  seinem  stecheisen  die  baumwurzeln 
versehre  Rosegger  Schriften  7,  290. 

STECHEL,  m.    s.  unten  stichel. 

STECHEN,  verb.  pungere,  compungere,  f ödere,  ahd. 
stehhan,  mhd.  stechen,  as.  stekan  (afries.  steka),  mndd. 
steken.  als  urverwandt  wird  verglichen  griech.  otlyfxa 
'fleck,  punkt,  stich'  und  ariQfiv  'stechen;  auch  lat.  instigare 
'anspornen,  antreiben  und  russisch  stegatY,  stegnüti  'step- 
pen, durchnähen' .  innerhalb  des  germanischen  ist  zu  ste- 
chen gebildet  stachel  (*.  obeii  sp.  381/)  und  stichel  {s.  u.), 
weiterhin  das  bewirkungsicort  stecken,  für  die  kultur- 
historische bestimviung  einer  älteren  begriffssphäre  von 
stechen  {icie  sie  unter  2  versucht  worden  ist)  ist  besanders 
das  verhältnisz  zu  den  nasalirten  formen  zu  berücksichtigen : 
got.  stiggan,  altnord.  stinga,  ags.  stingan;  dazualtnord.siqn% 
{gen.  stangar  plur.  stangir  und  stengr),  ahd.  stanga;  nhd. 
Stange  {oben  sp.  789).  unser  verbum  hat  sich  bis  heute  bei 
der  starken  conjugation  gehalten :  ahd.  praes.  stihhu,  praet. 
stah,  pari,  praet.  gistohhan,  entspr.  nhd.  ich  steche  (du 
stichst,  er  sticht),  ich  stach  {conj.  ich  stäche),  gestochen 
Stieler  2154.  starke  ver^cirrung  hat  unter  den  Schriftstel- 
lern Niederdeutschlands  und  Mitteldeutschlands  die  nieder- 
deutsche Übereinstimmung  von  stechen  und  stecken  an- 
gerichtet {vgl.  z.  b.  waldeckisch  conj.  praes.  ind.  sing,  sti^k^, 
stik^st,  sii^L^,  plur.  sti«k«t,  praet.  stak,  part.  praet.  «sti«k^n. 
nhd.  stechen  und  stecken  Bauer-Collitz  99»);  hilf  mir 
die  rebellische  feinde  wieder  unter  das  joch  zu  stechen, 
hilf  dem  geflügelten  löwen  die  swinkfedern  zu  rüpffen 
Schottel  friedens  sieg  15;  eine  erinnerung  an  ihre  göt- 
tingische  haussprache  ist  wohl  auch:  aber  ich  für  mein 
theil  bin  nicht  wohl,  ich  stäche  die  feder  lieber  unter 
die  nachtmütze,  als  dass  ich  sie  zwischen  fingern  halte 
Caroline  l,  34  {am  22.  märz  1786)  Waitz;  die  arme  Dore 
hat  damals  den  mithszettel  vom  grabkreuze  'runter  ge- 
rissen und  in  das  grosse  pompadour  gestochen  Holtei 
erz.  Schriften  7,  179.  auch  im  folgenden  icürde  man  mehr 
gesteckt  erwarten:  und  dabei  hat  er  .  .  .  den  Schnitzer 
vor  sich  in  die  schnitzbank  gestochen  Ludwig  2,  49.  be- 
sonders in  der  icendung  einem  eine  stechen,  ihm 
eine  ohrfeige  geben:  musztest  du  ihm  nicht  bei  dem 
ersten  zweideutigen  worte,  das  deine  frau  betraf,  eine 
stechen  Ludwig  2,450;  junge,  wenn  du  so  dumm  sabberst, 
stech'  ich  dir  'nen  katzenkopf !  Holtei  erz.  Schriften  14, 
73:  wenn  die  alte  kreatur  nicht  das  arme  geschöpf  in 
den  armen  hielte,  so  möchte  ich  ihr  schon  eine  tachtel 
um  solch  'ne  nichtsnutzige,  fürwitzige  frage  stechen! 
Raabe  hungerpastor  2.  dagegen  vgl.  die  scharfe  Unterschei- 
dung beider  tcörter  und  begriffe  bei  dem  Franken  Schede; 

rot  röslein  wolt'  ich  brechen 
zum  hübschen  krentzelein: 
mich  dömer  thaten  stechen 
hart  in  die  finger  mein, 
noch  wolt'  ich  nit  lan  ab, 
ich  gnnt  mich  weiter  stecken 
in  Stauden  vnd  in  hecken: 
darin  mirs  wunden  gab 

Melissus  hei  Opitz  Aristarch  (1624)  165. 

auch  intrans.  stecken  icird  so  mit  stechen  verwechselt: 
ich  denke  in  der  alten  brieftasche  soll  sich's  {das  zettel- 
chen) finden,  wo  mein  abschied  d'rin  sticht  und  die  andre 
papiergeschichte  Holtei  erz.  Schriften  13,  30; 

und  eh  ich  mirs  versähe, 
stach  mir  der  pfeil  im  herzen 

Ew.  vo>-  Ki-EisT  werke  1,  39. 

anders  erklärt  sich  die  Wirkung  von  stechen  auf  stecken 
auf    rein    oberdeutschem    gebiete,    eine    Wirkung,    welche 
durchaus  der  andern  seit  dem.  15.  jahrh.  nachweisbaren  ent- 
spricht,   welche    die    schwache    conjugation    von    stecken 
{intrans.)  zu  gunsten  der  starken  (ron  stechen)  einschränkt 
{s.  weiteres  darüber  unter  stecken) :  Vlenspiegel  nam  einen 
deinen  schüch  vnd  ein  grossen,  vnd  stach  den  deinen  durch 
den  grossen,  vnd  negt  dy  zäsamen  Eulenspiegel  69  neudr. 
was  lastu  dich  dann  schön  anliegen 
vnd  hast  so  lang  an  knicken  krochen 
die  backen  beid  in  falten  gestochen? 

MfRNER  narrenbefchw .  120. 

77*  Cr. 


1223 


STECHEN 


STECHEN 


1224 


dafür  gröber: 

und  den  arss  in  Talten  jr^^tochen 

schrJmenziinft  34,  96  neudr. : 
das  sindt  myr  freylich  nasse  Icnaben, 
die  fill  verzeren  vnd  wenig  haben,  . . . 
heymlich  in  den  mantel  stechen, 
mit  fensterbrechen  sich  selbs  rechen 

38,  17  neudr. 

intran/ntiv: 

der  ban  thüt  annen  lUten  we. 

ach  wan  er  leg  in  dem  Bodens^p  I 

80  geben  die  euren  tusent  pfunt, 

das  er  leg  tusent  meil  im  grünt, 

vnd  wer  in  wider  herfür  brecht; 

das  er  bei  im  da  vnden  stecht    luth.  narr  1131 ; 

so  dasz  der  dünne  braune  arm  wie  ein  nackter  stecken 
durch  den  henkel  des  korbes  stach   Zahn  Lukas  Hocli- 
straszer  SS;    vgl.  ech  wäsz  net,  wo"  e  stecht  Foli.mann 
Mhring.  icörterlntcli  IW. 
hedetitting: 

l)  von  Personen,  in  eigentlicher  bedeutung: 
a)  einen  mit  einer  waffe  stechen,  iJnn  eine  wunde  bei- 
bringen: wer  den  andern  mit  messern,  mit  swertten,  mit 
dheyme  waffen,  oder  mit  stecken  steche  oder  slage 
Jag.  Grimm  \ceist.  2,  5  {freiheitsbrief für  Saarbrücken  1321), 
mit  dem  messer  einen  stechen  aliquetn  cultro  pungere 
Stein  BACH  2,  709;  wirt  er  durch  einen  .  .  .  darzu  ab- 
gerichten  Jakobitermönch  . .  .  mit  einem  messer  gestochen 
Stumpf  scfitceitz.  cJiron.  (1606)  281''.  einen  mit  dem  dolche 
stechen  d^figere  sicam  in  corpore  alicuiiis  Steinbach  2,  709. 
mit  dem  degen  stechen  Adelung  lehrgebäude  der  deutschen 
spräche  2,  128;  so  wil  ich  jn  {den  schlafenden  Said)  nu 
mit  dem  spies  stechen  in  die  erden  l.  Sam.  26,  8.  haupt- 
sächlich auf  weibliche  ueJirliafligkeit  nimmt  bezug  einen 
mit  nadeln  stechen  aliquem  acubus  com.pungere  Stein- 
BAGH  8,  708.  —  ohne  angäbe  der  tcaffe:  es  werden  jn  sehen 
alle  äugen,  vnd  die  jn  gestochen  haben  offenb.  l.  7;  ich 
hielt  ihm  beständig  die  spitze  an  die  kehle  und  stach  ihn 
manchmal  Göthe  l,  44,  102  Weim. 

da  sticht  er  sie,  feit  nider  zur  erd 

Hans  Sachs  2, 15,  27  Keller-Götze; 

ich  stech  ihn,  meiner  treu! 
er  geh  ja  seiner  wege 

Hoffmannswaldau  gedickte  4,  362. 

ß)  der  versuch  wird  gescJiHdert  mit  einer  allgemeinen 
richtuugsangabe :  da  ersiehe  ich  .  .  .,  das  er  nach  mir 
sticht  mit  einem  brodmesser  Berlichingen  lebensbeschr. 
10  Biding;  allda  wolt  einer  mit  einem  langen  spiesz 
nach  der  katzen  stechen  Agyrtas  grillenvertreiber  (1670) 
153;  er  stach  nach  euch  mit  dem  messer  Göthe  l,  8,  29 
Weim.  {Götz  i);  ich  erwischte  einen  Sonnenschirm  und 
stach  mit  dem  nach  seiner  lunge  oder  leber  Arnim 
Günderode  1,  54;  {in  einer  unglücklichen  eJte)  sie  hat  mit 
dem  messer  nach  mir  gestochen  und  ich  habe  sie  halb- 
(ot  geschlagen  Kahlenberg  Eva  Sehring  (1901)  163; 

Kchweig  oder  ich  will  dich  noch  heint 
mit  feusten  bass  zum  kopffe  stechen 

Hans  Sachs  17,  129  Keller-Qötze ; 

jedoch  der  hcld  Thoas  allda,  .  .  . 
hat  sich  an  Pyro  bald  gerochen, 
mit  seinem  sptess  aufT  ihn  gestochen 

Spreng  Ilta«  (1610)  50". 

hier  wird  schon  lidter  eine  angäbe  der  xcaffe  verschwiegen  : 
nach  einem  stechen  cercare  di  ferire  uno  di  punta, 
pugnere,  modere,  dar  di  morso  Kram  er  dict.  2  (1702),  918»»; 
einen  nach  der  brüst  stechen  gladio  pecttcs  alicujus  petere 
Stbinbach  (1734)  2,  709;  an  einer  vase  ist  ein  knabe  ge- 
malt, der  nach  einer  eidechso  sticht  Welcker  alte  denk- 
mäler  i,  418;  stich  drauf  pereute,  concide,  contrucida, 
transßge,  da  in  terram  vulneribtu  hoates  Stieleh  2155; 
mueh  besonders  gerne  in  bildem  {vgl.  iceiteres  unten  6  a  ß). 
in  der  noth  (wie  blind)  um  sich  stechen: 

derhalben  braucht  er  ohn  verdries 
Min  wolseput/.ton  jUdennpies, 
■ticbl  mit  domitetben  vmb  sich  her 

HiNüWAi.iiT  lauter  learheit  88; 

berr,  verfieb  dem  kind«,  daii  ein  messer 
in  binden  hielt,  als  du  es  KOchtigtest, 
vn4  du,  anstatt  zu  flehen,  um  sich  stach 

Hbbbbi.  6,  44  Werner  (Demetriu*  1,4). 

ß)  di$  wMmng  und  im  erfolg  werden  deutlicher  ge- 
hemutiekmH  iwrek  vendungen  %rir  in   einen  siechen 

Cr. 


oder  mit  genauerer  angäbe  des  getroffenen  körpertheiLi 
einen  in  den  arm  stechen  o.a.  mit  angäbe  der  waffe : 
einem  mit  dem  messer  ins  hertzc  stechen  defigere  ctdtrum 
in  corde  alicttjus  Steinbach  (1734)  2,  709;  einen  mit  dem 
degen  in  die  brüst  stechen  infigere  alicui  gladium  in 
j)ectiis  ebenda;  da  stach  jn  {den  Asahel)  Abner  hinder 
sich  mit  einem  spies  in  seinen  wanst,  das  der  spies 
binden  aus  gieng,  und  er  fiel  daselbs,  und  starb  für  jm 
2.  Sam.  2,  23,  {vgl.  audi  8,  27  und  4,  6) ;  wenn  einer  .  .  . 
mahlet  ein  äuge  an  die  wand,  steche  mit  einem  pfriemen 
darein  Niorinus  von  Zauberern  (l.'i92)  73;  so,  wie  das 
erste  ross  an  dem  ufer  muthig  hervor  sprang,  als  Neptun 
mit  seinem  gewaltigen  dreyzack  in  den  sand  stach 
Rabener  4,  60;  schon  hat  er  ausgeholt,  und  sie,  sich 
umgewandt,  sticht  ihn  .  .  .  mit  dem  scharfen  zwey- 
schneidigcn  sclaverdt  unter  den  aufgehobenen  arm  ins 
haarwachs  Gi.eim  brieficechsel  1,  342  Körte; 

der  ein  (Jwrfe)  mit  einem  spiesz  drin 
(in  dag  Marienbild)  stach, 
das  blut  ich  uszhcr  fliessen  sach 

Gengenbacii  42,  118  Gödeke  {fünf  jaden); 
dann  Pyru.s  lieffe  dar  fUrbass, 
vnd  stach  jhn  mit  der  lantzen  rauch, 
tiefT  bey  dem  nabel  in  den  bauch 

Spreng  Ilias  (1610)  öO*»; 
darauff  mit  seinem  messer  stach 
den  lämmern  tiefT  er  in  den  halss  35''; 

Da  kam  die  meisterstochter, 
mit  nadel  und  mit  scher' ; 
und  hat  mir  ins  herz  gestochen 
mit  nadel  und  mit  scher' 

Heine  1,21  £?»ter. 

die  icaffe,  das  gerät  m  bloszen  accusativ:  mit  disen  werten 
stach  sie  {Lucrecia)  das  messer  in  ir  unschuldiges  hercz 
Stainhöwei.  de  claris  midieribus  173;  dan  vber  das  ich 
mein  schwert  fünff  mal  in  ien  gestochen  .  .  .,  hab  ich 
noch  gegen  dem  todten  leichnam  gewütet  Hütten  werke 
4,  12  Böcking;  nichts  desto  weniger  hat  der  könig  also  ein 
gut  hertz  dasz,  wie  wol  er  sich  in  gantz  grosser  gefar 
seines  lehens  befände,  doch  hierab  nichts  erschracke, 
besonder  sich  also  stercket,  dasz  er  sein  schwerdt  soweit 
diesem  grimmen  thicr  inn  leib  hinein  stach  Amadis  l,  15; 
wann  du  dann  diesen  pfriemen  in  ein  wandt  stechest 
Paragei.sus  (1616)  2,  öj'J» ;  CS  war  aber  nicht  anders, 
als  wenn  ihm  zu  gleicher  zeit  jemand  ein  messer  ins 
herz  gestochen  hätte  der  im  irrgarten  der  liebe  herumt. 
cavalier  57;  bis  er  .  .  .  ihm  das  mordeisen  tief  in  den 
zuckenden  busen  sticht  Bettina  dies  buch  gehört  dem 
könig  (1843)  1,  109; 

und  Longinus  ein  sper  im  in  sin  reine  stten  stach 

Walther  37,  20; 

da;  sper  man  in  die  wunden  stach 

Wolfram  Parzival  492,  30  ; 

{nicht  der  ertte,  der)  dem  redlichen  .  .  . 
den  mordstahl  in  den  busen  sticht 

Pfeifkl  poet.  versuche  (1812)  1,  63; 

mag  nicht  wie  knecht  entlaufen, 
drum  will  ich  sterben  fein!  .  .  . 
so  klagt  der  von  Hurgund, 
will  sein  schwert  in  sich  stechen 

TiK<-K  4,  174  (der  getreue  Eckart); 
sein  schwert  hat  er  gezogen, 
still  stehend  unter'm  joch, 
es  sich  in's  herz  gestochen 

KCcKEUT  (1867)  l,  167. 

ein  messer,  das  in  einen  gestochen  ist  worden  Para- 
CELSU8  (1616)  1,  lOSS"».  —  ohtie  jede  angäbe  des  \cerkxeuges. 
der  waffe:  er  hat  ihn  in  leib  gestochen  Kramer  dicLi 
(1708),  919*;  mit  bezug  auf  den  speerstich  des  Jjonginus, 
{a.  auch  oben  den  beleg  aus  Wai.thkr^:  sie  f,die  Juden) 
werden  sehen,  in  welchen  sie  gestochen  haben  Joh.  19,  87; 

ach!  wie  will  die  weit  bostehon, 
wenn  sie  dermaleins  wird  sehen 
den,  in  welchen  sie  gestochen 

NstTKlRru  gfiUcMe  (1711)  «5; 

freche    Paridcs,    die    inn    den    todcn    Achillem    stechen 
Garg.  8»4  ueiulr.;  und  hast  du  dein  fechten  nur  darum 
gelernt,  .  .  .  weibcr  hinterrücks  in  den  bauch  zu  siechen? 
ScillU.Kn  2,  188  {räuber  8,  2.  schatutp.); 
verwundet  Diomedcs  hart 
die  gOttin  Venercm  so  zart 
und  sticht  »le  In  die  hnnd  gar  tiolT 

Sprbno  lUat  (1610)  Sl>; 

Cr. 


1225 


STECHEN 


STECHEN 


1226 


Agamemnon  aber  stach 
ihn  in  den  wanst  Bürger  170  Bohtz. 

einen  durch  den  hals  stechen  u.s.ic.  mit  angäbe 
der  xcaffe,  des  tcerkzeuges:  einen  mit  dem  spisse  durch 
den  hals  stechen  coUem  alicujiis  liasia  transfigere  Steis- 
BACH  (1734)  2,  709;  ehr  ward  von  einem  Hunger  mit 
einem  pfeil  durch  sein  halss  gestochen,  das  ehr  auff 
dem  fleck  blieb  S.  Franck  chronicon  (iSSS")  m'°;  Wilbaldns 
.  .  .  stach  sein  zuchtmeister  mit  einem  messer  durch  ein 
schenckel  und  WTindet  in  gar  hart  Wickram  2,  71,  5  BoUe. 
Tffl.  auch: 

von  iren  {der  tönigin  von  Arragon)  handen  ward  ich  in  die 

oren  mein 
gestochen  durch  mit  ainem  messin  nädelein, 
nach  ir  gewonhait  sloss  si  mir  zwen  rin?  darein 

Oswald  von  Wolkenstf.ix  64,  38  Schatz. 

die  tcnffe  in  loiserm  falle  besonders  gerne  im  accitsativ: 
sage  myr,  ob  du  nicht  erger  an  yhm  thust,  denn  ob  du 
taussent  schwerd  durch  seyn  hertz  stechist?  Luther  10, 
2,  155  Weim.  aitsg.;  das  wass,  do  sy  noch  dem  unschul- 
digen tod  ires  lieben  kindes  ein  sper  durch  sein  heilige 
Sitten    stachen   der  eicigen  wissheit  betbüchlin  (1518)  124» ; 

nun  weis  ich  doch  niht  rehte,  wa;  Witege  an  im  räch, 
da;  er  im  zuo  dem  slitze  ein  swert  durch  sinen  lip  stach 

Alphart  304,4; 

ich  wolde  em  {dem   Verräter  Christi)   das  swert  durch  sin 
hercz  stechen 
Alsfelder  paegionsspiel  98,  3120 ; 
das  öffnet  sy  mit  grossem  schmertz 
vnd  stach  ain  messer  durch  jr  hertz 

ScHWARZKNBERG  tciUsch  Ctcero  (1535)  113; 
was  zog  er  aus  der  taschen? 
ein  messer,  war  scharf  und  spitz ; 
er  stachs  seiner  liebe  durchs  herze 

Herder  25,  147  Suphan; 

passiv,  geicandt:  darnach  wart  ein  scharpfes  sper  durch 
mein  rechte  seyten  gestochen  der  emgen  icissheit  betbiicJi- 
lin  (1518)  45*.  —  ohne  angäbe  der  getroffenen  körpergegend  : 

ausz  zucket  sie  das  Schwerte 
und  stach  es  selbs  durch  sich 
Heidelberger  handfchr.  Pal.  343.  n.  131,  65  Kopp; 
vnd  zog  das  schwerdt  ausz  seinem  leib, 
stach  das  durch  sich,  das  trewe  weib 

Hans  Sachs  fattnachtspiele  1,  5  Götze; 
die  Schmach  weis  ich  nit  bass  zu  rechen, 
ich  wil  das  rapier  durch  in  stechen 

8,  375,  16  Keiler-Götze; 
wenn  er  mich  bey  ir  herinn  sech, 
ein  schwerdt  er  etwann  durch  mich  stech 

17,  21,  23  Keller-Götze. 

hieran  schlieszt  sich  die  Steigerung  einen  durch  und 
durch  stechen :  und  ehe  ein  mensch  sich's  versah,  stach 
er  dem  thäter  den  wanst  durch  und  durch  Göthe  i,  43 
140  Weim.  scherzhaß:  bin  nur  froh,  dasz  ein  eisenstab 
kein  schweizerkäs  ist,  sonst  hätt  ihn  der  meister  Weber 
durch  und  durch  gestochen  mit  seiner  spitzigen  nasen 
Ludwig  2,  26  {Heiteretiin). 

y)  besonders  zu  ericähnen  bleibt  noch:  sich  in  die 
finger  stechen  Adelung  lehrgebätide  der  deutschen 
Sprache  2,  433;  das  ist,  wie  wenn  sich  'ne  bradt  in'n  finger 
sticht,  ich  kannte  mal  eine,  die  war  so  versessen  drauf, 
die  stach  sich  immerzu  Fontane  icerke  1,5,  138; 

er  hat  sich  gestr  in  ein  finger  gstochen 

Hans  Sachs  14,  326,  7  Keller-Götze. 

—  mit  angäbe  des  tcerkzeugs:  sich  stechen  in  eine 
iiadel  Kram  ER  dict.  2,  (1702),  919«;  weil  ihr  mich  nicht 
gebeten,  so  sage  ich  euch,  dass  eure  tochter  in  ihrem  fünf- 
zehnten jähre  an  einer  spindel  sich  stechen  und  todt  hin- 
fallen wird  Brüder  Grimm  kinder-  und  hausmärchen  (1812) 
1,226;  sich  mit  einem  messer  stechen  Kramer  dict.  2(i702), 
919»;  ein  junger  Engländer  in  Eton  stach  sich  mit  (dem) 
federmesser  in  die  band  blos  um  sein  blut  zu  sehen  Lich- 
tenberg aphorismen  3,  19,  24  Leitzmann.  auch  ohne  diese 
angäbe:  stich  dich  nicht  Kramer  dict.  2  (1708),  919»; 
o  weh !  wie  hab  ich  mich  gestochen ! 

Cronegk  Schriften  (1766)  2,  24«. 

sogar:  das  pferd  stürzte  vielmehr  darauf  (auf  die  spitze 
des  spieszes)  und  stach  sich  den  hals  durch  und  durch 
Göthe  i,  43,  285  Weim. 

S)  eine  gehobene  spräche  giebt  der  icaffe  oder  dem  tcerk- 
zeuge  die  stärkeren  rechte  des  »ubjeets:    der  degen   hätte 

Cr. 


vor  sich  nicht  stechen  können  gladius  per  se  pungere 
non  potuisset  ?>T¥.i'SBKcn  (1734)  2,  708;  ein  rhorstab  .  .  ., 
welcher,  wenn  sie  jn  in  die  band  fasseten,  so  brach  er, 
vnd  stach  sie  durch  die  selten,  wenn  sie  sich  aber 
darauff  lehneten,  so  zubrach  er,  vnd  stach  sie  in  die 
lenden  Hesek.  29,  7: 

rührten  dich  die  schönen  wangen 
und  die  muntern  äugen  nicht; 
eh  sie  noch  den  pfeil  empfangen, 
der  auch  uns  ins  herze  sticht? 

Gottsched  gedickte  (1751)  284 ; 
über  mir  blinkten  Schwerter: 
neben  mir  stachen  lanzen 

Kretschmann  leerte  (1784)  1,  213; 
die  lanze,  sie  stach  in  die  mitte  des  bauches 

Stollberg  12,  22 ; 
die  gabel  sticht,  der  besen  kratzt 

Göthe  1,  14,  200  Wa'm.; 
sticht  der  zflnftge  dolch  denn  besser, 
als  des  pfuschers  gutes  messer? 

ZscHOKKE  Abellino  14  Seclam. 

auch:    stechende  waffen,  stechende  wehr  armi  di  punta 

Kramer  dict.  2  (1702),  919*;  stechende  nadeln  aghipungenti 

ebenda,     bildlich : 

dein  stechend  brennend  waffen  lähr, 
mich  munter  vnd  wachtsam  all  stund 
machen,  in  allem  unglück  schwer 

HoECK  schönes  blumenfdd  9  neudr. 

vgl.  im  bilde: 

macht,  Exabol,  macht  nicht  den  anschlag  gar  zu  spitzig! 
er  sticht  uns  sonst  noch  selbst 

A.  Gryphius  29  Palm. 

t)  einem  eine  wunde  stechen  macht  durch  dar- 
bietung  des  inneren  objects  den  erfolg  besonders  deutlich: 
sah  ich  mir  einen  bäum  aus,  und  begunte  meine  heim- 
liche wunde  mit  einem  griffel  zu  waffnen,  um  etliche 
wunden  in  die  rinde  zu  stechen  S.  vox  Birken  ostländ. 
lorbeerhayn  (1657)  24; 

des  (des  Schwertes)  güete  was  also  grOj, 
dei?  im  durch  den  halsperc  brach 
und  eine  grö;e  wunden  stach, 
da;  er  vil  sere  blnote 

HARTM.AXX  Iwein  3948; 
ein  dolch,  gewetzt  im  mondenschein, 
sticht  eine  ewig  stumme  wunde 

Lenau  gedickte  20t. 

gröber:  einem  ein  loch  stechen  tetum  inferre,  plagam 
mittere,  vulnerare,  inforare  et  efforare  Stieler  2154,  vgl. 
Kramer  dict.  (1702)  2,  918'';  der  gleiche  .  .  .,  der  mir  vor 
Wochen  so  bereitwillig  ein  loch  in  die  haut  eines  men- 
schen wollte  stechen  helfen  Keller  3,  14. 

b)  durch  Zusammenstellung  mit  anderen  ähnlichen  aus- 
drücken wird  das  bild  des  kämpf  es  weiter  vervollständigt: 
in  nachuolgender  zyt  so  die  sach  beschehen  ist,  wirdt 
acht  genomen,  ob  der  lyb  gehowen,  gestochen,  gewürgt 
.  .  .  sye  Biederer  spiegel  der  waren  rhetoric  (1493)  d3*; 
do  will  man  stechen  und  hawen,  brennen  und  würgen 
Luther  17.  i,  77,  29  Weim.;  steche,  schlahe,  würge 
hie,  wer  da  kan  ebenda  18,  361;  es  soll  auch  aller  sein 
thurniergezeug  zugericht  seyn,  den  andern  allen  ohne 
schaden,  also  dass  er  nichts  daran  hab,  dass  weder 
stech  noch  schneide  Moscherosch  gesichte  (1650)  2,  375; 
kurtz  darauf  kömmt  der  gegenteil,  sticht,  scheust,  haut 
eben  dieselbe,  so  allererst  wegen  ihres  sieges  sich  so 
lustig  machten,  danieder  ScHOTTEL//i«f«j» sieg 70  neudr.; 

wil  er  brennen,  stechen,  howen, 
so  mflss  er  vier  iar  vorhin  trowen 
und  saget  solches  yederman 

McRXER  narrenbeschicörung  53,  17  neudr. ; 
er  hau,  er  brenn,  er  stech,  er  schneid, 
hier  ist  nichts,  das  uns  von  jhm  scheid 
Paul  Gerhardt  bei  Fischer-TCmpkl  3,  370'*; 
schau,  held!    hier  ist  ein  schwerdt,  und  diese  faust  kan 

stechen 
und  schneiden,  wenn  es  noth,  und  printzen  köpffe  brechen 
A.  Crvi-hh-s  20  Palm. 

tt)  besonders  hebeti  sieh  stechen  und  h a u e n  A^ratAv, 
gefordert  von  den  beiden  verschiedenen  kämpf esiceisen  auf 
hieb  und  .<itich:  du  lerest  selbs  auffrur,  weyl  du  sprichst 
man  solle  flux  zuhawen  und  stechen  ynn  die  auff- 
rurischen,  wer  nur  kan  Luther  18,  397  Weim.;  da 
KampfTkeib  disen  vortheil  ersähe,  springt  er  vom  pferd, 
zeicht  von  leder,    hernach,    laufTst  nicht  so  hast  nicht, 

Cr. 


1227 


STECHEN 


STECHEN 


1228 


stach  und  hieb  inn  den  dicksten  hauffen,  erlegt  sie  kluppen- 
weisz  wie  hohe  berg  zusamen  Oargantua  866  neudr.; 
da  will  man  hawen  und  stechen,  und  dem  unnützen 
pfafTen  eine  solche  platte  scheren,  dass  er  sie  in  langer 
zeit  nicht  überwinden  solle  Sandrub  hist.  poet.  kurztceil 
18  neudr.;  denen  ihrigen  befahlen  sie,  dass  sie  nicht 
bauen,  sondern  nur  stechen  .  .  .  selten  Lohenstein  Ar- 
minius  (1689)  l,  35«; 

er  soll  sie  nit  wider  bekommen, 
vnd  solt  jm  sein  hertz  drob  zerbrechn 
kommt  er,  so  thut  hauen  vnd  stechn 
alles,  was  euch  kommt  vntert  händt ! 
Ayrer  dramen  103,  2  Keller  {erhauung  Roms  6) ; 

zom,  der  fUnfTt  trabant,  schaffen  thät, 
dass  man  ein  ander  houwt  vnd  sticht 
tchxcetz.  schauf^piele  de*  16.  jahrh.  1,  89,  937  BächtcHd; 

der  ist  zu  zänckisch,  will  nur  immer  hauen,  stechen 
Rachel  gatyr.  gedickte  135  neudr. 

daneben  in  einer  dem  vorigen  nicht  gleichuerthigen  tech- 
nischen Verbindung  schlagen  und  stechen: 

es  sind  die  rechten  guten  alten  kriegskatzen, 
sie  kCnned  schlahen,  stechen,  bissen  und  kratzen 

N.  Manuel  85  Bächtold  (paftst  und  sein 
priesterschaß  1433); 

hu !  nun  frisch  dran,  ir  knecht,  truckt  fort, 
schlagt,  stecht  den  strassenräuber  dort 

O.  Dähnhardt  griech.  dramen  2,  32 
iSophocles,  Ajax  860). 

^büdlicJi):  der  mensch  sol  .  .  .  die  begangen  sünd  mit 
rew  stechen  und  slahen  Berthold  von  Chiemsee 
teutsche  theologey  493  Beithmeter; 

so  macht  es  bruder  studio : 
er  haut,  er  sticht  und  schlägt 

Brant  narrenschiff  9  Zarncke. 

ß)  die  aprichtcörUiche  redewendung  nicht  gehauen 
und  nicht  gestochen,  'etwas  trifft  nicht  die  suche, 
beicegt  sich  unbestimmt  und  unordentlich',  knüpft  als  ein 
ursprünglicher  fechterausdruck  hier  a»i:  eigentlich  'ein 
fechtgang,  der  die  beiden  verschiedenen  fechticeisen  auf  hieb 
und  stich  unordentlich  durclieinander  motzt',  noch  deut- 
licher beim  dtiell,  tco  bestimmungen  wie  die  folgende: 
ob  eine  wunde  hieb  oder  stich  sei,  wird  in  zweifelhaften 
fällen  von  den  medizinern  entschieden  patikkomment  der 
göttinger  landsmannschaften  von  1809  {vom  dueli  %  42) 
unserer  redensart  zur  Voraussetzung  dienen.  —  besonders 
gerne  mit  beziehung  auf  geistige  kampfesmittel  gebraucht, 
zuerst  in  der  späten  reformationssprache  (vgl.  auch  oben 
th.  4,  2,  sp.  577) :  wenn  man  sie  nach  der  predigt  exami- 
niren  solte,  wisseten  sie  selber  nicht  obs  gehawen  oder 
gestochen,  wo  drum  oder  ende  were  Mathesius  Syrach 
(1586)  2,  148»;  so  künten  die,  so  den  briefT  lesen  Hessen, 
jhn  doch  nicht  verstehen,  vnd  wüsten  nicht  ob  es  ge- 
hawen oder  gestochen  were  Pape  bettel-  und  garteteuffel 
(1586)  LS;  und  damit  beulete  sie  immer  forth,  also 
dasz  ich  mich  in  ihre  rede  nicht  richten  noch  begreifen 
konte,  ob  es  gehauen  oder  gestochen,  gebrand  oder  gebort 
wäre  Simpl.  3,  50  Kurz;  wie  wol-  oder  übellautend  diese 
unteutsche  und  von  alters  hero  ungewöhnliche  ahrt, 
welche  weder  gehauen  noch  gestochen,  für  menschlichen 
gesunden  obren  klinget  Neumark  neuspr.  palmb.  139; 
wenn  ein  ding  nur  reime  hat,  so  singt  es  der  Franzose, 
68  mag  nun  sonst  gehauen  oder  gestochen  seyn  Gott- 
sched deutsehe  Schaubühne  6,  350;  und  das  schreibt  er 
auf  gut  glück  so  hin,  unbekümmert,  ob  es  gehauen  oder 
gestochen  ist  Lessing  7,  819;  beywörter  .  .  .,  die  weder 
gehauen  noch  gestochen  sind  Gersten  berg  rezensionen 
(17«B)  197,  20  neudr. ;  er  kann  leicht  denken,  was  das  für 
eine  rede  werden,  und  dass  es  nicht  gehauen  und  nicht 
gestochen  seyn  wird  Claudius  8,  51;  diese  {predigt)  war 
ihm  selbst ...  so  albern  erschienen,  dass  er  versicherte : 
e«  sei  weder  gehauen  noch  gestochen  Holtki  achriften 
16,  18;  aber,  fraue  pfcrrcre,  sagte  der  visitator  lachend, 
•oll  d«s  ghaue  oder  gstoche  sy?  ich  hätte  gamicht 
fe^aabt,  (Usz  ihr  euch  auf  das  trumpfen  so  gut  vor- 
■tflndet  GoTTHRi.p  »,  486  {Anne  Jovoäger  8,  88);  ein  ge- 
dieht an  künig  Wilhelm,  das  im  gründe  nicht  gehauen 
and  nicht  gestochen  ist,  in  schönen  vcrsen  nur  die  rath- 
losigkeit  des  dichten  offenbart  Trkithchke  hitt.  und 
polii.  aufaiUM«  (18M)  1,  4M; 

Cr. 


wenn  ihr  doch  eure  reden  lassen  wolltet, 
geschwätz,  gehauen  nicht  und  nicht  gestochen 

Kleist  1,  384,  1119.    E.  Schmidt 
{zerbrach,  krug  9). 

kein  zeichen  von  neuem  verständnisz  aber  ist:  der  musz 
zur  zeit  ein  tüchtig  wort  sprechen,  und  wär's  auch  nicht 
gehauen  und  gestochen,  so's  nur  haut  und  sticht  Alexis 
Boland  von  Berlin  2,  260.  auch  sonst  von  zuständen,  er- 
eigniasen  u.  s.  w.,  die  man  nicht  begreift: 

ins  tollhaus  weis'  ich  den,  der  sagen  kann, 
dasz  er  von  dieser  sache  was  begreift, 
es  ist  gehauen  nicht  und  nicht  gestochen, 
ein  Vorfall,  koboldartig,  wie  ein  märchen, 
und  dennoch  ist  es,  wie  das  Sonnenlicht 
Kleist  1,  234,  701.    E.  Schmidt  {Amphitryon  2,  1). 

dem  ursprünglichen  sinne  nähert  sich  wieder  mehr:  ein 
jeder  wille  darf  toll  und  halb  und  weder  gehauen  noch 
gestochen  seyn,  nur  aber  der  letzte  nicht  J.  Paul  26,  17 
{flegeljahre  l) ;  die  positiv  gewandte  wendung  sei  es  ge- 
hauen oder  gestochen  erhält  bisweilen  den  sinn  'auf  jeden 
fall;  gehts  nicht  auf  diese  weise,  so  gehts  auf  die  andere' : 

der  wirtt  dobt  sehr  vnd  that  gar  letz, 
er  solt  nicht  treiben  viel  geschwetz 
vnd  wolt  dais  gelt  herausser  pochen, 
es  wer  ghawen  oder  gestochen 

Fischart  Eulenspiegel  374  Hauffen. 

vgl.  auch:  die  vriedergeburt  des  Engadin  musz  von  einem 
herbeigeführt  werden,  der  —  hau'  es,  stech'  es  —  seinen 
weg  geht  Heer  könig  der  Bernina  39. 

c)  die  Wendung  einen  zu  tode  stechen,  bildet  die 
letzte  hier  mögliche  Steigerung;  sie  ist  deutlicher  als 
niederstechen  {s.  th.  7,  sp.  799)  in  der  völligen  angäbe  des 
erfolges:  stachen  sie  weyb  vnd  kind  zu  tod  Stumpf 
Sclncytzerchronik  (1606)  löö*»; 

wir  sollend  den  bösswicht  ztod  stächen ! 

Manuel  weinspiel  2081  neudr.; 
durch  Ehud,  der  durch  gottes  räch 
zu  tod  diesen  tyrannen  stach 

Hans  Sachs  1,  223  Keller-Götze; 
die  man  heist  die  streyffenden  rott, 
die  stachen  auff  dem  feld  zu  todt, 
was  sie  ergrifTen  22,  156,  6 ; 

vnd  welcher  ein  Behem  stech  zn  tod, 
der  hat  verdient  ein  krön  vor  gott 
Fisch  ART  2,  356  Kurz  {die  gelehrten,  die  verkehrten  969); 
dem  sollet  jhr  zur  stundt 
fUr  bonig  galle  sein,  vnd  jhn  zu  tode  stechen 

Opitz  teutsche  poemata  45  neudr. 

vgl.  auch:  ja  er  solt  bischoff  zu  Colin  werden,  der  köndt 
den  grafen  von  Bergen  inn  ein  eisenkorb  setzen,  vnd 
jhn  zur  Sommerzeit  mit  honig  beschmiren,  dasz  jhn  die 
mucken  zu  tod  stechen  Oarg.  328  7ieudr.  —  reflex.: 

biss  sich  doch  Saul  selb  zu  tod  stach 

Hans  Sachs  6,  288, 13  Keller-Götze; 

da;  er  sich  niht  ze  tOde  stach 

Hartmann  luein  3959. 

«)  die  heutige  spräche  aber  verwendet  dafür  ausschliesz- 
lieh  einen  todt  stechen:  todt  stechen  trajicere  ali- 
quem  gladio  et  transfigere  Stieler  2154,  vgl.  Kramer 
dict.  2  (1702),  918'»;  denn  da  sie  ins  haus  kamen,  lag  er 
{Isboseth)  auff  seinem  bette  in  seiner  schlaffkamer,  vnd 
stachenjn  tod  2.  Som.  4,  7;  er  sticht  ihn  tod  Schiller  2, 157 
{räuber  4,  5  schausp.  scen.  bem.);  der  kerl  ist  ein  fecht- 
meister,  der  reist  wohl  gar  in  der  weit  herum,  um  die 
leute  todt  zu  stechen  Bäuerle  kom.  theater  (1820)  1,  71 
{falsche  primadonna  2,  9) ; 

einander  Rtachen  tod 
die  Midianitor  under  einander 

Hans  Sachs  1,  888,  80  KMer-Gitte; 
lermanl  lermanl  drani  drani  dran!  dranl 
schlagt  todt!  stecht  todt!  last  kein  darvanl 

8,  >S8,  16 ; 

ain  RCmer  wolt  jn  (den  Porsena)  stechen  tod 

ScHWAK/KNBBKa  teuUck  dcero  (1686)  119; 
als  der  tod  zum  riutu!<  kam,  fand  er  ihn  an  Ongem  teblen, 
stach  ihn  tod.  Luoau  rinnged.  8,9,88; 

und  sticht  zuletzt,  mit  vielen  wunden, 
den  armen  alten  wütend  todt 

Gbllsrt  tMrte  1,  ItS; 

stecht  feinde  todt,  mit  ihren 
kleidem  dann  »ollt  ihr  euch  sieren 
fleich  lauter  Offizieren 

ROckbrt  (1867)  1,68. 

Cr. 


1229 


STECHEN 


STECHEN 


1230 


/9)  hierher  auch  über  den  häufen  stechen  {vgl. 
häufe  II  7.  th.  4,  2,  sp.  590) :  ein  spiesz,  um  sie  über  den 
häufen  zu  stechen  Bettine  dies  buch  gehört  dem  könig 
(1843)  1,  279;  aber  wie  die  Sachen  nun  einmal  liegen, 
bleibt  dem  beleidigten  keine  wähl,  als  sich  mit  ihnen 
zu  schieszen  auf  leben  und  tod,  .  .  .  oder  sie  bei  nächster 
gelegenheit  über  den  häufen  zu  stechen  Holtei  Schriften 

11,  29. 

d)  besonders  alterthümlich  ist  stechen  in  der  bedeutung 
'töten',  ganz  ohne  jeden  tceiteren  zusatz,  gewisz  eine  schon  vor- 
zeitliche begriffsversteinerung.  daneben  findet  sich  die  zti- 
sammensetzung  abstechen  {th.  1,  sp.  127),  von  der  es  zweifel- 
haft bleibt,  ob  ihr  ursprünglicher  sinn  in  der  icendung 
den  hals  abstechen  zu  tage  tritt,  oder  ob  nicht  vielmehr 
an  das  auf  diese  tceise  bewirkte  fortsprudeln  des  blutes 
zunächst  zu  denken  ist  {vgl.  abzapfen,  auch  xcirksam  in 
der  Beendung  ein  fasz  anstecken,  th.  l,  sp.  477). 

a)  vom  {zunftgerechten)  töten  von  allerlei  Schlachtvieh: 
eine  sau  stechen  suem  jugulare  Stieler  2154,  vgl. 
Kramer  dict.  (1702)  2, 919»;  ein  kalb,  ein  schaf,  bock  u.s.w. 
stechen  ammazzare,  scannare  un  vitello,  tina  pecora,  un 
caprone  etc.  ebenda;  der  metzger  wird  heut  stechen 
ebenda;  die  Juden  .  .  .  swas  die  schafe  stechent  oder 
heissent  stechen,  die  in  danne  nit  fügent  die  suln  si 
den  mezziern  geben  richtebrief  der  bilrger  von  Zürich 
{helvetische  bibliothek  s.  83);  und  sie  stechen  ochsen  und 
lember  und  gebens  umb  gottes  willen  und  das  thun  sie 
drey  tag  nach  ainander  Schiltberger  reisebuch  63,  34; 
aber  audite  domine,  wie  möcht  jr  eyn  kälblin  stechen, 
das  die  äugen  verkehrt;  erbarmts  euch  nicht?  Gar^.  384 
neudr.;  etliche  durchstachen  heu  und  stroh  mit  ihren 
degen,  als  ob  sie  nicht  schafe  und  schweine  genug  zu 
stechen  gehabt  hätten  Simpliciss.  16  neudr. ;  es  ist  noch 
nicht  vorkommen,  dasz  ich  eines  {ein  stück  tceidevieh) 
hab'  stechen  müssen,  weil  es  zu  viel  gefressen  hat 
Auerbach  i,  181; 

ich  merck,  du  pist  ein  hantwercksman ; 

kanst  etwan  .  .  . 

holcz  messen  oder  sewen  stechen. 

Hans  Sachs  fastnachtspiele  6,  125,  125  Götze; 

biss  montag  werd  ich  stechen  sew. 

9,  33  Keller-Götze ; 
als  nun  die  fassnacht  gieng  herzu, 
da  stach  Heinz  Mayer  etlich  säw.  17,  407 ; 

so  haist  du  auch  die  nechsten  wochen 
ein  feistes  schwein  darauff  gestochen.       21,  39; 
die  bäkkenschweine  stehen 
and  schmatzen  in  dem  trog,  biss  sie  der  mätzger  sticht. 
RoMPLER  VON  Löwenhalt  ergtes  gebüsch  seiner 
reimgetichte  (1647)  47; 
du  sihst  verwundert  an  das  wütende  beginnen, 
wenn  Ajax  schnaubend  geht,  beraubet  aller  sinnen, 
bald  einen  grossen  stier,  bald  einen  hamel  sticht. 

Rachel  satyr.  gedickte  52  neudr. ; 
die  gans  schreit  so,  es  ist  nicht  besser, 
als  dasz  man  sie  sticht.  Rückert  3,  13. 

schlagen,  welches  das  bild  der  Schlachtung  weiter 
vervollständigt:  das  Schlachtvieh  ivird  erst  durch  einen 
achlag  betäubt  und  niedergeschlagen  und  dann  gestochen, 
WMnit  das  oben  unter  schlagen  1 1  c  {th.  9,  sp.  352)  gesagte 
ergänzt  wird:  item  mer  als  vihe,  dag  der  rat  liesz  slahen 
und  stechen,  da^  tetten  als  fremd  flaischhacker  Nürn- 
berger Ordnung  von  1449/50  {d.  städtechron.  2,  314,  l);  dann 
biszweylen  grosse  und  heymliche  schaden  geschehen, 
und  sonderlich  in  den  finstern  winckeln,  heymlichen 
gässlein  und  unter  den  decklein,  do  man  die  ochssen 
schlecht  und  kälber  sticht  Lindener  katzipori  64; 

geh,  schlag  ma'  den  ochsen, 
geh,  stich  ma'  dö  kue! 
Stelzhamer  dichtungen  1, 133  Rosegger. 

neben  metzgen  {s.  th.  6,  sp.  2156),  dem  kunstgerechten  zer- 
legen des  geschlachteten  thieres:  die  schwein  .  .  .,  wann 
•ie  gestochen  und  gemätzigt  sein  worden  Sebiz  feldbau 
(1579)  133.     auch  hierher: 

nu  hab  ich  ye  ein  feistes  schwein 

gestochen  und  gesaltzen  ein. 

Hans  Sachs  fastnachtsp.  4,  38  Götze. 
mehr  an  den  endzweck  der  ganzen  arbeit  denkt  wohl  auch: 
der  einung  umb  da?  fleisch  das  die  Juden  stechent  ald 
heissent  stechen    richtebrief  der  bürger  von  Zürich  {hel- 

Cr. 


vetische  bibliothek  2,  65).  —  vergleiche:  äugen  machen  wie 
ein  gestochenes  kalb,  ausdruckslos,  dumm,  blödsinnig 
blicken:  warumb  der  pfaff  alsdan  {wenn  er  bei  der  hand- 
lung  der  hl.  messe  auf  die  knie  fällt)  so  jämerlich  und 
barmherzig  anfangt  auszusehen  wie  ein  gestochen  kalb 
FiscH.\RT  bienenkorb  (l588)  174»;  dem  einen  bluteten  die 
bände,  dem  andern  die  nase,  die  äugen  waren  erstorben 
alss  eines  gestochenen  kalbs  Moscherosch  gesichte  (1650) 
2,  230;  da  macht  er  äugen  wie  gestochne  kälber  Tiegk 
Schriften  (1828)  l,  211.  die  folgende  bildliche  Verwendung 
hat  schon  Z.\rncke  hierhergezogen: 

vnd  werden  doch  gefeilet  dick, 
das  man  sie  sticht  im  narrenstrick 

Brant  narrenschiff  26,  58. 

vne  ein  groszes  stück  vieh  vor  der  Schlachtung  erst  mit 
stricken  gefesselt  wird.  —  das  Sprichwort  die  wurst  ver- 
schenken ehe  die  sau  gestochen,  gebraucht  von  einem, 
der  leicht  verspricht,  was  er  nicht  halten  kann,  hat  hohn- 
vollen sinn  angenommen  im  folgenden: 

du  {der  bischof  von  Würzburg  ist  angeredet)  kämest  her  mit 

groszem  pracht, 
den  schweinstall  {Schweinfurt)  hasta  gar  veracht, 
bleibt  vor  dir  unzerprochen ! 
wir  wollen  dir  schicken  die  wurst, 
ehe  die  sew  seind  gestochen 

lied  auf  die  belagerung  von  Schweinfurt  1553 
(LiLiENCRON  hist.  volkel.  4,  592). 

ß)  die  alterthümlichkeit  des  ausdrticks  wird  besonders 
deutlich  in  der  Jägersprache ,  die  nur  auf  grund  altern 
besitzes  hier  der  vorigen  Sphäre  gemeinsames  zeigt:  man 
spricht,  da?  das  wilde  swyn  und  der  eychorn  geste 
sin,  darumme  habe  allirmelch  recht  darzu,  dannoch  so 
sal  man  er  yn  eynis  herrin  walde  ane  orloup  nicht 
jagin,  stechin  adir  schissin  Eisenachisches  rechtsbuch  3, 
111  bei  0 RTLOFF  samml.  deutscher  rechtsqueUen  (1836)  1, 
751;  item  3  fird.  den  lüthen  vor  9  stücke  rotwildes  zu 
stechen,  go  vor  das  stucke  2  scot  Marienburger  tressler- 
buch  404,  17;  wil  du  den  geschiessen  oder  stechen  möch- 
test, so  betest  du  vil  guote  wildprät  ze  essen  Stein- 
HÖWEL  Äsop  183 ;  vnd  {Eleasar)  machet  sich  vnter  den 
elephanten,  vnd  stach  jn,  das  der  elephant  vmbfiel  auff 
jn,  vnd  starb  i.  Macc.  6,  46;  ain  starckes  wild  .  .  .  jagen 
vnd  stechen  Schaidenraisser  Odyasea  (1537)  49«;  das 
gewild  oder  hirsch  ...  ist  inn  die  garn  gesprungen  oder 
gefallen,  wird  erlegt  oder  gestochen  Sebiz  feldbau  (1579) 
568;  doch  das  rech  wird  genickt,  gewürkt  und  nicht  ge- 
stochen ebenda; 

wände  swenne  s6  erj  (da;  elfent)  stichet, 

schire  i;  sih  selben  riebet 

und  vellet  üf  in  demider 

und  ne  lebet  niwit  langer  sider 

Lamprecht  Alexander  4350  Kinzü; 

di  ieger  di  da;  wilt  hetzin, 

di  hertze  und  hindin  vahin, 

di  bem  stechin  und  di  wildin  swin, 

und  wolfe  und  andir  wilt  irslahin 

Rothe  ritterspiegel  3482  Bartsch; 

hier  fiel  der  hirsch,  hier  stach  sie  ihn 

Kretschmann  jcerite  (1784)  1,  227. 
besonders  einen  hären  stechen  pugnere,  eioe  amazzare 
un  orso  alla  caccia  collo  spuntone  Kramer  rfici.  2  (1702)  918"; 
also,  das  von  dem  geschrey  .  .  .  der  bär  verirret,  ...  in  die 
wildseiler  laufft,  vnd  sich  darinnen  behenckt,  gestochen 
Wirt  Gesner-Forer  thierbuch  (1563)  17;  dazu  das  Sprich- 
wort: die  bärenhaut  verkauffen,  eh  der  bär  gestochen 
ist  Garg.  358  neudr.,  vgl.  auch  Henisch  233  utuI  Simrock  722. 
hier  handelt  es  sich  um  königliches  tceidwerk,  tcelches  auch 
auszerordentliche  anstrengung  und  geschicklichkeit  verlangt; 
deshalb  das  Sprichwort: 

mit  arbeit  sticht  er  keinen  bem 

Hans  Sachs  fab.  1,  36  Gölu. 

leistet    er    nichts    besonderes,    thut  er  sich   nicht  hervor; 

wenn  ich  im  ob  dem  hals  nit  bin, 

so  sticht  er  warlich  keinen  bem 

Hans  Sachs  3,  3,  68* ; 
mehr  dann  ein  feiner  kriegshelden  haben,  wann  sie  mit 
wein  begossen,  den  beren  allein  stechen  wollen,  und  es 
zu  heisz  gewagt,  ihr  leben  oder  gesundheit  verloren  Kirch- 
hof mint,  diseiplina  92;  auch  hechte  und  aale  werden  {mit 
der  fischgabel)  gestochen,  d.  h.  aufgespieszt.  —  spöttisch  ge- 
meint ist:  da  sahen  si,  das  er  {kaiser  Domiiian)  ein  spisz 

Cr. 


1231 


STECHEN 


STECHEN 


1232 


liöltzlin  het  gemacht,  und  sucht  die  fliegen  an  den  wenden, 
und  wa  er  sie  fand,  da  stach  er  sie  mit  dem  höltzlin 
/.ü  dot.  das  was  ein  keiserlicli  werck  mucken  stechen 
Pai'LI  schimpf  und  ern/tt  116  Öaierley. 

y)  von  peraotieii  gebraucht,  zunächst  noch  in  deutlicher 
anlehnung  an  den  gebranrh  unter  «.-  item  er  het  auch 
bekant:  er  habe  zwey  kindcr  gcstolen.  dasj  ein  ...  ge- 
stochen, das  sy  das  blät  von  im  überkomen  haben 
Hütten  3,  350  Bbcking ; 

ich  sampt  den  andern  in  dem  schlafT 
die  kinder  stechen  wie  die  schaff, 
die  haupt  abschneiden,  's  bluet  bebalten, 
ins  rabis  hauss  die  theilung  halten 

Endinger  judenfpiel  41  veiidr. 

aucJi  sonst:  die  sün  der  töchteren  habend  sy  gestochen 
Zürcher  bibel  (LtSi)  16'' ;  die  cinwohner  der  kleinen  städte 
erkürten,  sie  hätten  keine  spicsse,  um  die  baucrn  zu 
stechen  Ranke  2,139  {Zeitalter  der  reformation); 

Gelides  und  Clytymnestra, 

die  ir  mann  stechen  an  dorn  bett 

Brant  narrengchiff  64,  98  Zarncke; 
ich  sach  vil  wol  .sin  riten,  dO  er  den  Hiunen  stach 

Kibel.  1833,  3 ; 

schon  {beim  betJdehemitischen  kindermord): 

thin  kind  gistuatun  stechan,  thiu  \viht  ni  mohtun  sprechan 

Oti  RIED  1,  20,  5. 

hierher  gehört  auch  die  imperativische  namenbildung  Sticli- 
denteufel  vgl.   Gargantua  162  neudr. 

e)  im  turnier  stechen  ritterlich  om/ rfcr  stechbahn 
(«.  o6e»i)  mit  lanzen  kämpfen  im  ernst  oder  sclierz.  beson- 
ders reich  ist  hier  die  substant.  Verwendung,  icorüber  unten: 
alle  die,  so  gestochen  hctten,  in  ir  herherg  reiten  solten 
Wickram  1,38, 7  J3oÜe;  Nero  . . .  lesst  so  viel  Christen  vmb- 
hringen,  dass  er  grosse  nachtfewer  darauss  schüren  lesset, 
darbey  er  turnieret,  rennet  vnd  sticht  Mathesius  Sarepta 
(1571)  8€» ;  ward  .  .  .  ein  turnier  angericht,  in  welchem  der 
könig  .  .  .  sehr  klüglich  gestochen  Stumpf  Schicytzer- 
chronik    1606)  271«; 

in  Nürnberg  im  regiment 

ilzt  mancher  fürst  prangt,  sticht  und  rendt 

Hut  TKN  tcerke  3,  532  Böckiiui : 
da  wurd  gedumiert  und  gestochen 

Hans  Sachs  2,  293,  27  KeUer-Götze; 
wer  rennen  will  und  stechen, 
innss  noch  wohl  sein  zu  pferdt 

ZiNKGREK  auserlesene  gedicfite  11  neudr.; 
hab  ich  kein  mann, 
der  stechen  kann  .\rm.m  13,  38; 

seynd  mitlerfrisf  von  adel  acht  Stecher  .  ;  .  auff  dem  platz 
erschienen  .  .  .  und  {haben)  mit  einander  gestochen,  troffen 
und  fast  viel  lediger  fall  gemacht  Harsdörffek  teut- 
scher  secretaritis  (1656)  1,7  2  1'';  da  das  Jakob  merkte,  zog 
er  sich  zurück,  und  hatte  kein  lust  mehr  mit  dem  jun- 
gen ritter  zu  stechen  Tieck  schrißen  (1828)  3,  323  {Mage- 
Urne); 

ich  stach  vor  Agremuntfn 

gein  eime  rlter  Hurfn 

W01.KRAM  l'arzirnl  HJ2,  19. 

besonders  furbenreidi  ist  die  icendung  stechen  und  brechen, 
fiämlich  Speere  und  lanzen:  gerade  als  sey  die  gantze 
weit  mit  yhrer  oberkeit  gotts  turnyr  und  reuterey,  da 
sichs  unternander  sticht  und  bricht  Luther  19,  360 
Weim.;  A&r&ufl  {auf  dem  kampfplatz)  man  vmb  die  liebe 
Germania  stechen  vnd  brechen  wird  Mathesiuk  Sa- 
rtptu  80*; 

da  niaji  solde  siechen 

unde  spere  brechen 

und  die  scilde  huwen 

La.mi'RK(  IIT  Alexander  1304  h'iir.rl , 

vil  sper  muo7,  man  d&  brechen, 

in^diu  htirtn  und  stechen 

Wolfram  Parztval  »40,  6. 

an  Midie  von  eine  lanze  brechen  («.  th.  6,  trp.  IM)}.- 

er  tummelte  »ich  mit  ihm  auf  dem  feld  .  .  . 
«r  iitarh  eine  Ion/.'  und  vom  Hattel  ihn  hob 
and  warf  ihn  kopfüber  aufii  feld,  daae  ea  «tob 

lU  <  KIHI    Finioii  2,  498. 
kunHvoUer.  alter  auch  ein  irenig  ungefährlicher  irurde  da» 
tumir  durch  errichtung  einer  schranke  quer    durch  die 
itoehbabn:    e*   kam  jetzt  darauf  an,  dat  flftrd  MugUieh 
im  gltu  tu  xikfftln,    teodurrh  freilich  der  sio»*  an  stärke 


verlo^r:  ritterspiel  waren:  in  hohen  zeugen  stechen,  über 
die  schranken  stechen,  lanzen  brechen,  spiesz  brechen 
Philander  2  (1643),  417;  der  den  höchsten  preisz  über 
die  schranken  zu  stechen  mit  neun  und  vierzig  stangcn 
die  er  gebrochen  erlangt  het  anfang  Ursprung  und  her- 
kommen des  thurnirs  {Siemern  l.'j30)  bl  170»  --  stechen 
und  tanzen  dient  zur  Vervollständigung  des  bildes:  die 
vornehmen  frauen,  welche  hinter  der  schranke  auf  erhöhtem 
platz  dem  kämpfe  beigeicohnt,  helfen  beim  abendtanze  zum 
fröhlichen  abschlusz  des  festes:  und  dann  ettwer  kumpt 
und  im  vil  seit  von  synem  leben,  von  sinem  gut  und 
ere,  und  wie  er  hie  gestochen  und  dort  getantzt,  getur- 
niert  und  gespilt,  und  das  und  gyns  gethon  hab  Keisers- 
BKiui  bilgerschaft  (1512)  24''; 

hernach  wöll  wir  dantzcn  und  stechen, 
manch  ritterliches  sper  zerbrechen 

Hans  Sachs  1,  112,  2  Kellt r-liöi:e. 

um  einen  preis  stechen :  licrtzog  von  Österreich  der  stach 
vmb  64  gülden  ung.  mit  hertzog  Cunrat,  der  verlos  mit 
einem  reiten  Endres  Tucher  memorial  v.  1422.  {deutsche 
städtechron.  2,  10,  6);  die  ritter  stachen  um  den  preis  in 
den  schranken  Hai.lkr  könig  Alfred  {\m)  2H;  bildlich: 
{ein  buch),  darinnen  der  catholisch  schalksnarr  .  .  .  mit 
den  vorigen  herrlichen  dichtem  umbs  lugenkränzlcin 
sticht  Fischart  bienenk.  195''. 

«)  ursprünglich  icar  e.«  ein  durchaus  ernsthaftes  he- 
ginnen,  den  kämpf  des  berittenen  mannes  gegen  den  be- 
rittenen ganz  allgemein  voraussetzend;  das  siegende  moment 
verdient  nodi  hervorhebung ,  ohne  dasz  eine  leeitere  Schei- 
dung versucht  wird:  aber  Wihvolt  mit  den  seinen  knechten 
werten  sich  mannlich  und  also  hart,  das  si  den  Schotten 
und  seiner  knecht  einen  von  den  pferden  stachen  Wü- 
wolt  von  Schaumburg  72;  sie  ritten  aber  mit  grossen 
kräfftcn  zusammen,  da  stach  herr  Tristrant  Morholdten 
vom  pferdc  buch  der  liebe  (1587)  80'';  wollte  gott,  meine 
schultern  fühlten  kraft,  den  hämisch  zu  ertragen,  und 
mein  arm  stärke,  einen  feind  vom  pferd  zu  stechen 
Göthe  1,  8,  14  {Götz  1);  der  eine  {gesandte)  stach  .  .  . 
einen  gallischen  befehlshaber  vom  pferde  Mommsen 
römische  geschickte  l,  304;  sie  {die  ritter)  liatten  das  recht, 
der  fürstin  des  landes  ihren  ritterdienst  zu  weihen,  im 
turnier  könige  vom  rosse  zu  stechen  und  ihnen  pferd 
und  rüstung  zu  pfänden  Freytag  18,  «  (friWcr  2,  l) ;  ich 
will  .  .  .  ihn  vom  pferde  stechen  Tieck  schriften  (1828) 
I,  301.  -  würstu  flüchtig,  so  vberlengen  sie  dich  mit  iren 
gfilen,  vnd  stechen  dich  vnder  das  pferd  Eulenspiegel  (1515) 
36  neudr.;  er  .  .  .  stach  ihn,  dass  ein  biutlach  über  das 
weisse  gewand  strömte,  von  dem  sattel  Stifter  werke 
(1901)  3,  21.  freilich  haben  die  höfiscJten  dichter  den  Vor- 
gang melir  gescJuiut: 

Erecken  er  da  nider  stach 
binders  ors  an  da^  gras 
als  lanc  so  der  scbaft  was 

Hartmann  Ercc  6921 ; 
du  mite  stach  er  den  mör 
hindere  ors  flfen  grie/, 

Wolkram  I'arzivat  H,24; 

(iahmuret  stach  hinderj  ors 

Povtwin  de  Prienlascor» 

und  anders  manegen  werden  man 

72,  9; 
rehte  vliegent  stach  or  in  , 

enbor  über  den  satel  hin, 
da:^  er  öf  dem  sande  golac 
Hartmann  lurin  r>33.'»  (vfit.  tiutli  kiTl'. 

wie  von  hier  ihren  ausgang  die  ireiulung  einen  abstechen, 
'Ihn  übertreffen'  nimmt,  s.  th.  1  sp.  127. 

jf)  dasz  mann  gegen  mann  stiehl  ^wie  im  alten  tuniir- 
.stechen^    ist   auch    noch  Voraussetzung  für  jenes  spiel  der 
Jisclier,    das  fischersfpchen  s.  th.  S  «p.  1686  und  unten  2l\  i 
wie  es  ahhildungen  des  IC.  und  f?.  jahrh.  seigtn  (#.  Dikdk-J 
Riciis  deutsches  leiten  der  Vergangenheit  in  bildern  2,  410) 
und  wie  es  noch  heute  auf  süddeutschen  ßHssen  {doch  atick  * 
zu  Ijeipzig  auf  der  Vleisze)  geiaht  wird ; 

kuinr  mcr  soll  in  der  I'egnicz  paden. 
die  linchor  dorflrn  pry  vngnnden 
auch  ninicr  auf  der  Pcgnicz  utechrn 

H.  Sachs  Jnbeln  I.  1:.;  <;.,/. r 


docA    «MMer  mAr  gewöhnte   man   sich   an 
liehe    spiel,    im    aehnellen    ritt    mit   der   /< 


'Ar. 


1233 


STECHEN 


STECHEN 


1234 


gehängten  preisen  zu  stechen;  der  gegensatz  zum  alten 
ernsthafteren  turnir  wird  angedeutet  von  Moscherosch: 
vnnd  wan  sich  die  thurnier  geendet  haben,  dann  soll 
mann  anfahen  zu  dantzen,  rennen  und  stechen,  vnnd 
was    sich    zu    solchem   ritterspiel    gehört    gesichte   (1650) 

2,  376.  unter  den  preisen  spiegelt  der  ring  noch  alte  vor- 
nehme beziehung  und  hat  auch  bis  heute  bei  den  karussels 
unserer  jahrmarktsfeste  sein  dasein  gefristet:  do  stach 
hertzog  Fridrich  von  Österreich  mit  dem  jungen  graufen 
.  .  .  umb  ettwevil  ring  Richental  Constanzer  conzil  62, 
vo  die  ursprüngliche  bedeutung  des  preises  noch  deutlich 
hervortritt;  was  solt  der  gut  wein,  wann  keine  weren 
die  jhn  zechten?  was  wer  der  thurnirring,  wann  nicht 
die  hofleut  darnach  stechen?  Gargantua  96  neudr.  ge- 
wöhnlicher: das  mler  in  das  ringel  gestochen,  das  ringel 
abgestochen  haben,  haver  riportato,  tratto  giü  l'annello 
Kram  ER  dict.  2  (1702),  358'*;  den  ringel  stechen  dar  nella 
chintana,  riportare  l'annello.  ebenda  2  (1702\  918«;  wer  das 
glück  hat,  führt  die  braut  heim,  wer  am  schnellsten 
reitet,  sticht  den  ring  Shakespeare  6,  212  (der  widerspenst. 
Zähmung  1,  l); 

das  karussel,  das  ringestechen,  ist 
jetzt  aus.    zwei  ringe  stach  ich,  doch  der  dritte 
wollt'  sich  nicht  stechen  lassen 

Heine  2,  340  Eiaer; 

y)  hierher  gehört  auch  der  ausdruck  börsen  stechen, 
rferiji  geldbörsen  bildeten  naturgemäsz  einen  hauptgencinn: 

und  schreiend  nach  der  stange  sticht 

das  kleine  gierige  gezücht  {der  knaben)  .  .  . 

'gesindel'  ruft  der  eine 

"halt,  ich  will  euch  lehren  börsen  stechen' 

A.  VON  Droste-Hülshoff  (1879)  2,  15. 

so  nähert  sich  denn  der  ausdruck  dem  jargon  der  gauner: 
und  auch  das  gros  gelt  vnd  gut  pflegt  eyn  zil  für  die, 
so  nach  den  beutelen  schisen,  nach  dem  geltsack  stechen, 
.  .  .  falscher  und  lugener,  heuchler  vnd  schmeycheler  zu 
sein  Fischart  phil.  ehzuchtb.  288  Hauffen,  d.  h.  doch  durch 
falschspiel  oder  sonstigen  betrug  geld  geicinnen,  und  so  ver- 
steht sich  tcohl  auch  das  folgende:  für  bettler  und  land- 
streicher  war  schloss  Saland  ein  wahres  Eldorado,  oder 
wie  es  in  der  vagabundensprache  heiszt:  eine  dufte 
'winde',  wo  anständig  'gestochen'  wurde  Polenz  Büttner- 
bouer  1,  100. 

d)  doch  nester  stechen  die  knaben,  icie  sie  beim, 
festlichen  spiel  nach  den  geschenken  an  der  icimpelstange 
stechen;  besonders  gilt  das  von  den  in  hohen  päppeln  an- 
gelegten elsternestern :  zaunbeklettern,  elsternester  stechen, 
äpfel  abmachen,  und  nüsse  prügeln  Lichtenberg  aphor. 

3,  89,  6  Leitzmann,  und  dieser  Zusammenhang  ist  auch 
deutlich  für  das  folgende: 

d'rum  wollt  ob  der  Weisheit  mein, 
ihr  dummem  nicht  böse  sein, 
wenn  ich  ein  träubchen  breche, 
nach  pflaumen  und  äpfeln  steche 

Stelzii.\mer  dichtungen  3,  261. 

/)  mit  dem  grabstichel  kunstvoll  arbeiten  in  metall  oder 
icertvoUen  stein  {vgl.  oben  gravieren):  ein  bifd  in  silber 
stechen  speciem  aliquam  argento  caelare  Steinbach  (1734) 
8,  709;  Carolus  Magnus  hatte  ein  gantzen  silbern  tisch  ge- 
habt, daraufT  ein  mappa  oder  landtafel  gestochen  Mathe- 
sius  Sarepta  (l57i)  48';  ein  schön  schwerdt  von  Vienne,  mit 
einer  goldenen  scheiden,  von  gestochenem  und  erhabenem 
reblaubwerk  und  sonst  goldschmidarbeit  Garg.  418  neudr.; 
einen  von  des  kaufTmans  bechern  .  .  .,  darauff  sein  wapen 
gestochen  gewesen  Nigrinus  von  zäuberem  (1592)  262; 
so  man  will,  mag  mans  von  gold  machen,  vnd  die 
Charakter  darauff  stechen  Paracelsus  (1616)  2,  548;  es 
kan  leichte  sowol  in  erhabener  als  tief  ausgestochener 
arbeit  darauf  {auf  dem  amethist)  gestochen  werden 
haushält. -lecrikon  (1749)  i,  75'»;  unsere  geschlechtsbecher, 
worauf  unsere  wappen  gestochen  sind  Petrasch  lust- 
spiele  (1765)  1,  21  {tiefsinn  1,  6);  die  schrifTten,  die  er  auf 
seine  Instrumente  sticht  Lichtenberg  in>/e2,  202;  auf 
diese  zinnerne  heiligthümer  die  karaktere  stechen  zu 
lassen  Baiirdt  «ein  leberi  (l790)  l,  193;  dasz  ihm  die 
schöne  majestätische  weit  nichts  wäre,  als  der  präch- 
tige demant,  worauf  nur  ihr  bild  —  nur  ihr  bild  ge- 
stochen ist?  Schiller  3,  lo  {Fiesko  i,  l); 


X.  2. 


Cr. 


in  solchem  schildt  war  auch  gestochen 
ein  weites  feld  erst  newgebrochen 

Spreng  Iliag  (1610)  265»; 

dairinnen  (m  den  ge/äszen)  sach  man  vnzerbrochen 

der  könig  thaten  rein  gestochen  .in«»  17»; 

edelsteine,  geld  und  kunst  schertzen  allenthalben  reichlich, 

Pallas  ist  darauf  gestochen  und  mein  nähme  steht  darbey 

Hoffmannswaldau  gedichtet,  233; 

lasst  euren  lebenslauff  in  demanttaffeln  stechen ! 

2,  190. 

besonders:  siegel,  pitschier  stechen  Kramer  dict.  2  (1702), 
918";  der  junge  Facius,  der  eine  Zeitlang  hier  ist  und  pet- 
schafte  sticht,  hat  einen  jungen  Herkuleskopf  nach  einer 
antiken  gemme  ganz  über  alle  erwartungen  schön  in  stahl 
gearbeitet  Göthe  IV,  9, 139  Weim.  ,•  wollen  der  herr  graf  sich 
nicht  ein  petschaft  stechen  lassen?  Brentano  5,  57;  von 
unseren  voreitern  ist .  . .  das  Siegel  des  Darius  gestochen, 
womit  er  den  Daniel  in  der  löwengrube  versiegelte  5,  58 ; 
haben  unsere  eitern  doch  allein  das  petchierstechen 
gelernt,  um  dem  bahne  näher  zu  kommen,  da  sie  sein 
Portrait  nach  der  natur  auf  das  grafensiegel  stachen  5,  61. 
stechen  und  graben:  er  hat  jhne  {den  namen)  auch 
stechen  oder  graben  lassen  durch  einen  kupfferstecher 
Albertincs  himschleiffer  (1664)  59.  noch  deutlicher:  also 
werden  auch  viel  kleine  stein  in  wassern  .  .  .  erfunden, 
mit  wunderbarlichen  bildern  .  .  .  als  obs  menschen  arbeit 
were,  vnnd  hinein  gestochen  oder  gegraben  were  P.\ra- 
celsus  (1616)  2,  305  A.  ein  körpermal  stechen  tätoiriren, 
nur  in  Luthers  bibelübersetzung :  jr  solt  euch  nicht  mal 
stechen,  noch  kalh  scheren  vber  den  äugen,  vber  einen 
todten  5.  Mos.  14,  l.  dasz  es  sich  um,  tätovrirung  auch 
im  Urtext  handelt,  beweist  3.  Mos.  19,  28  und  Strack 
kommentar  zum  alten  testament  1.  345,  mit  berufung  auf 
talmudische  Schriften. 

a)  besonders  geeignet  ist  für  solche  arbeit  das  durch  seine 
grosze  weiche  und  Zähigkeit  gleich  ausgezeichnete  kupfer: 
aber  bficher  abschreiben,  buchstaben  malen,  clasuren 
machen,  den  passion  auszstreichen,  das  kont  ich  nie 
und  noch  vil  weniger,  wie  her  mönch  Tutilo  zu  s.  Gallen, 
in  kupffer  stechen  und  formen  schneiden  Gargantua  393 
neudr.;  das  allerschätzbarste  aber  war  eine  küpferne 
vergüldete  kugel,  auff  welcher  .  .  .  die  gestirne  .  .  .  sehr 
künstlich  gestochen  waren  Lohenstein  Arminius  ^1689} 
1,  616''.  —  indem  jedoch  in  den  oben  erwähnten  fällen  {eine 
ausnähme  bildet  nur  petschaft  stechen)  die  heutige  spräche 
die  ausdrücke  gravieren  und  in  gehobener  rede  in  erz 
graben  durchaus  bevorzugt,  hat  sich  die  wendung  in 
kupfer  stechen  {vgl.  kupfer  3  th.  5  sp.  2759)  auf  jene 
kunstübung  eingeschränkt,  ein  bildnisz  oder  eine  schrift 
in  eine  polirte  kupferplatte  für  druckztcecke  mit  dem  stichel 
oder  der  nadel  einzugraben,  im  gegensatz  zum  holzschnitt 
haftet  bei  der  kupferplatte  die  färbe  in  den  gestochenen 
Vertiefungen  und  theilt  sich  von  hier  aus  dem  zu  bedrucken- 
den papier  mit.  daneben  hat  in  stahl  stechen  {s.  oben 
sp.  546  stahl  II 1 1)  nur  einen  beschränkten  werth,  da  der 
Stahlstich  {s.  oben  sp.  584,  do^rt  auch  über  sein  alter)  nie- 
mals die  sprödigkeit  des  materials  vergessen  machen  kann: 
die  heilige  familie  nach  Schlotthauer,  in  stahl  gestochen 
von  Fleischmann  Brentano  9,  250.  mit  ehncürdigen  belegen 
beginnt  gleich  die  andere  reihe:  mich  hat  zu  gast  geladen 
maister  Lucas,  der  in  kuppffer  sticht  Dürer  tagebuch  87 
Leitschuh,  vgl.:  in  kupfer  stechen  in  aes  incidere  Stieler 
2155;  figuren  in  holz  schneiden,  in  kupfer  stechen  Ade- 
lung lehrgebäude  der  deutschen  spräche  2,  169;  hab  ich 
die  grössere  landtaffel  klein  gemacht,  welche  {{ürstlich)e 
dht.  (durehlaucht)  in  kupffer  stechen  hat  lassen  Hennen- 
berger  erklär,  der  preusz.  landtaffel  (1595)  7;  ich  habe 
alle  mienen  und  bewegungen,  deren  in  vorstehenden 
kapiteln  gedacht  worden  ist,  in  kupfer  stechen  lassen 
Rabener  icerke  i,  341;  zwar  sind  schon,  nur  über  Rom, 
ganze  zimmer  voll  folianten  .  .  .  geschrieben,  gezeichnet 
und  in  kupfer  gestochen  Gleim  briefe  2,  399  Körte;  ohne 
zweifei  das  original,  das  Diana  von  Mantua  in  kupfer 
gestochen  hat  Göthe  IV,  40,  219  Weim.;  Lips  stach 
umrisse  von  zwei  solchen  gemählden  in  kupfer  49,  92 
Weim.;  vielleicht  lasse  ich  die  Zeichnung  noch  in 
kupfer  stechen  Humboldt  briefe  an  Welcker  150;  meine 
römische  karte  wird  jetzt  durch  Brose,  unseren  ersten 
künstler,  in  kupfer  gestochen  Moltke  achriften  (1892)  4, 137. 

78  Cr. 


1235 


STECHEN 


STECHEN 


1236 


passiv:  darauff  zö  forderst  beyde  Fürsten  .  .  .  schön  ab- 
conterfet,  in  kupffer  gestochen  Nas  antipap.  eiiis  und 
hundert  (1567)  5,  115  ■;  ein  conterfeit  in  kupffer  gestochen 
Creizenacii  schausp.  engl,  comödianten  211,  19;  in  kupfer 
gestochene  gemähle  Neumark  neusp.  palmb.  (1668)  165; 
sie  (dt«  Sammlung  der  werke)  ist  übrigens  noch  mit  dem 
in  kupfer  gestochnen  bilde  unsers  dichters  (des  Des- 
toudtes)  geziert  Lessing  4,  217;  in  Flaxmans  in  kupfer 
gestochnen  Zeichnungen  Götue  48,  6  Weim.  selten  auf 
kupfer  stechen :  wie  die  auf  kupfer  gestochene  bilder  in 
der  presse  gedruckt  werden  Butschky  Pathmos  (1677)  248. 
ungewöhnlich  und  geschroben:  Bouverot  stach  den  risen 
(gemeint  ist  Roms  kunst)  in  historisches  kupffer  J.  Paul 
24,  H  (Titan  4),  tco  nuin  etwa  den  einfachen  accusativ  er- 
warten sollte,  entsprechend  den  nttn  folgenden:  die  kupfer 
zu  den  drey  folgenden  bänden  hoffe  ich  auch  hier  stechen 
zu  lassen  Göthe  IV,  8,  »43  Weim.;  Angelica  hat  ein 
titelkupfer  zum  Egmont  gezeichnet,  Lips  gestochen, 
das  wenigstens  in  Deutschland  nicht  gezeichnet,  nicht 
gestochen  worden  wäre  32,  137  Weim.  kurz:  schöne 
kupfferstich  .  .  .  gar  zierlich  gestochen  Guarinonius 
gretoel  der  venoüstung  (l610)  185,  vgl.  auch:  andere  (Stu- 
denten) seien  nach  Cassel,  um  sich  die  anschauende 
erkenntnisz  von  einigen  gemälden  und  kupferstichen, 
oder  von  nicht  gestochenen  sachen  in  natura  zu  ver- 
schaffen beitrüge  zur  Statistik  von  Göttingen  (1785)  72  und 
kupfer  3d  (th.  5  sp.  2759).  nicht  nur  diese  begriffserweite- 
rung,  sondern  auch  die  fast  atisschlieszliche  geltung  des 
materials  machte  eine  angäbe  ebendieses  materials  über- 
haupt entbehrlich:  ich  gschweig  der  kunststück  die  er 
(Dürer)  hat  gestochen  in  der  werden  statt  Scheit  frö- 
lieh  heimfart  F4»;  sie  wissen  ja,  dasz  ich  voriges  jähr 
mich  in  Berlin  von  Grafen  (dem  maier  Anton  Graff)  musste 
mahlen  lassen,  dieses  porträit  ist  itzt  von  Bausen  in 
Leipzig  gestochen  Lessing'  18,  51;  das  porträt  des  herrn 
von  Kleist  wird  bey  Bernigeroth  gestochen  17,  95;  eine 
Zeichnung,  die  gestochen  wird  Schiller  briefe  3,  309  (an 
Kömer  7.  apr.  179.3) ;  ein  bild  . .  .,  was  der  alte  zu  seinem 
schwanengesang  sticht  Görres  briefe  (1853)  3,  2;  die 
Zeichnungen  von  Carl  Bodmer,  meisterhaft  gestochen 
A.  VON  Humboldt  kosmos  (1845)  2,  132.     sogar: 

ein  kupferstecher  stach 
ein  kind  in  einer  wiege 

Schubart  gedickte  3,  121; 

ich  hab  den  herrn  Lazarus,  den  groszen  mann,  ein  ge- 
stochnen Hieronymum  .  .  .  geschenckt  Dürer  tagebuch 
69  Leitschuh,  vgl.  auch  »..53;  der  berühmte  kupferstecher 
hat  ...  bis  Wittenberg  kommen  und  mich  da  nach  dem 
leben  stechen  wollen  Gellert  9,  245;  Sulzer  hat  sich  mit 
gesenktem  haupte,  mit  einem  vom  finger  unterstützten 
kinne,  und  mit  tiefer  philosophischer  mine  stechen  lassen 
Herder  8,  78  Suphan;  die  bildnisse,  von  dem  vortreff- 
lichen Preisler  gestochen  Gerstenberg  hamb.  n.  zeitung 
356,  23  neudr.;  ein  gestochener  grundrisz  von  Tübingen 
Nicolai  reise  durch  Deutschland  und  die  Schweiz  11,  5; 
(blätter,)  worauf  die  propheten  und  Sibyllen  von  Michel 
Angelo  gestochen  sind  Göthe  IV,  29, 27  Weim. ;  sein  bruder 
hatte  alle  anlagen  zu  einem  starken,  kühnen  flügelspieler, 
wie  seine  hernach  gestochenen  stücke,  sonderlich  seine 
charakteristischen  sonaten  bezeugen  Schubart  leben  und 
gesinnungen  1,  180; 

er  Hess  genane  karten  stechen 

Gellert  1,  76. 

wüi  adverbialer  beatimmung:  ein  werk  mit  den  genannten 
abrissen,  aufs  vollkommenste  gestochen  Göthe  IV,  28, 
tM  Weim.;  im  zweiten  band  (von  Lavaters  phgsiognomik) 
kommt  mein  gebild,  herrlich  gestochen  Schubart 
bri^e  1,  s»;  sauber  gestochene  Vignetten  J.  Paul  64,  ae 
'leben  FibeU);  die  uns  erhaltene  copie  ist  von  Rubens, 
sehr  wirkungsvoll  gestochen  von  Edelinck  H.  Grimm 
Miehelangelo  (1890)  1,  «81;  ein  hundert  fein  gestochener 
Visitenkarten  Holte i  »chriften  il,  2«7.  im  gegenaats  tum 
In  holz  schneiden  (vgl.  schneiden  4  c  th.  9  »p.  ueo) :  wird 
denn  diese  treffliobe  composition  nicht  gestochen  oder, 
was  ihr  besonders  anstünde,  in  holz  geschnitten  werden 
ViHCiiF.n  krituKhe  gänge  i,  i,  S8  neue  folge.  —  stechen  und 
drucken,  alle  diese  dinge  sind  gewisx  schon  gestochen 
und  gedruckt  üöthb  IV,  «7,  7  Weim.;   und  doch  werden 

Cr. 


seine  stücke  jetzt  immer  seltener,  weil  dieser  grosze 
mann  von  seinen  compositionen  mehr  abschriften  nehmen, 
als  stechen  und  drucken  liesz  Schubart  aesthebik  der 
tonkunst  88.  —  stechen  und  illuminieren,  d.  h.  den  voll- 
endeten kupferstich  mit  Wasserfarben  leicht  ausmalen  (vgl. 
illumiiiiren,  2,  th.  4,  2,  2060) :  gezeichnet,  gestochen  und  illu- 
minirt  wie  das  vorhergehende  Göthe  47,  351  Weim..  vgl. 
eine  bedeutende  Situation  .  .  .,  in  kupfer  gestochen  und 
illuminirt  40,  2.52  Weim.;  anders  aber  ist  aufzufassen: 
ritter  Hamilton  .  .  .  brachte  deren  (gemeint  sind  griechische 
vasen)  eine  menge  zusammen,  Hess  sie  mit  färben  stechen 
Herder  20,  284  Suphan.  dagegen  geht  der  ausdruck  farbig 
stechen  auf  jene  besondere  kunstübung,  vor  allem  die  ein- 
zelnen  striche  der  gestochenen  Zeichnung  in  punkte  aufzu- 
lösen, wodurch  eine  lebendigere,  man  mag  sagen  farbige 
Wirkung  des  dargestellten  gegenständes  erzielt  wird. 

ß)  in  kupfer  gestochen  werden,  ein  zeichen  be- 
sonderer berühmtheit  und  merktcürdigkeit ;  in  dieser  pe- 
rucque  könnten  sie  sich  vor  die  europäische  fama  stechen 
lassen  Lessing  l,  364  (misogyn  2,  4);  dieser  gute  mann 
war  in  kupfer  gestochen  Hippel  lebensläufe  (1778)  1,  28; 
du  verdientest  wegen  deiner  ehrlichkeit  in  kupfer  ge- 
stochen zu  werden  Kotzebu e  dramat.  icerke  (1828)  8,  189 
(wildfang  2,  3);  Rabe:  o  was  werden  unsre  kinder  auch 
für  göttliche  menschen  werden!  galtin:  man  wird  sie 
ohne  zweifei  in  kupfer  stechen  Tieck  Schriften  (1828)  5, 
385  (verk.  loelt  4,  2).  auch :  ich  habe  mich  demnach  unter- 
wunden, .  .  .  durch  allerhand  nützliche  Schriften  mich 
in  den  stand  zu  setzen,  dasz  ich  mich  auch  ein  mal  mit 
ehren  in  kupfer  stechen  lassen,  und  neben  ihm  hängen 
könnte  Liscow  (1739)  106.  sogar  eines  dieser  pferde  .  .  . 
hat  überdem  die  ehre  gehabt,  in  kupfer  gestochen  zu 
werden  Arghenholz  England  tnid  Italien  (I7a5)  1,  2,  539; 
wäre  er  eine  pflanze  gewesen,  so  würde  man  ihn  als 
eine  seltene  spielart  vielleicht  in  kupfer  gestochen  haben 
Lichtenberg  verm.  schriften  3,  18. 

y)  er  schreibt  wie  gestochen,  erreicht  die  ge- 
stochene Schreibvorschrift,  welche  den  kindern  und  lernenden 
bei  den  schreibübungen  zur  nachahmung  vorgelegt  wurde 
(vgl. :  du  schreibst  das  aiphabet  noch  zwei  mal  nach  der 
gestochenen  Vorschrift  ins  reine  Holtei  schriften  18,  218); 
er  war  der  beste  rechner,  den  man  weit  und  breit  linden 
konnte,  eine  band  schrieb  er  wie  gestochen  H.  Kurz  2,  27. 
vollständiger:  sie  schrieb  wie  in  kupfer  gestochen  Bren- 
tano 9,  353. 

g)  durch  operativen  eingriff  einen  körperlichen  schaden 
beseitigen. 

a)  einem  den  staar  stechen,  acu  suffusiotiem  ocu- 
lorum  alicujus  discutere  Stein bach  2,  684.  vgl.  über  das 
wesen  dieser  augenkrankheit  und  den  unserem  ausdruck 
zu  gründe  liegenden  versuch  einer  heilung,  oben  staar  (sp. 
260  ff.)  und  besonders  unter  1  c  (sp.  262),  wo  sich  auch  weitere 
belege  finden,  wie  man  rechte,  zeitige  und  reiffe  stare 
wircken  und  stechen  sol  Bartisch  augendienst  (1583)  60*; 
lasse  sich  der  herr  kuriren!  der  herr  hat  den  staar, 
einen  gefährlichen  staar  1  er  kommt  nicht  aus  meinen  ;, 
bänden,  bis  ich  ihm  denselben  gestochen  habe!  Rabenbr 
2,  213;  diese  eigentliche  blindheit,  die  man  den  grauen 
staar  nennt,  lässt  sich  dadurch  heben,  dass  der  staar 
gestochen,  das  heisst,  dass  die  krystalllinse  entweder 
herausgezogen  oder  an  die  seite  geschoben  wird  Schu- 
bert Schriften  (1823)  3,  199; 

ein  storcor  erst  gewesen  bin,  ^.| 

aber  zu  klein  wolt  seyn  der  gwin !  »i 

ich  kundtß  nicht  liegen  genag, 

die  bawren  waren  mir  zu  klug: 

mein  wurmsom  wolt  nicht  operiom, 

dass  er  die  kinder  macht  hortiem. 

wolt  ich  den  weibern  z&hn  aus«brechen, 

oder  jhn  den  staren  stechen, 

hotten  sieg  lieber  gsetzet  ein, 

wollen  auch  lo  nicht  gstochen  seyn 

Mangoldt  marduehiff  (1596)  E  4; 
wir  stechen  staar  mit  glQck,  und  amputieren 
den  menseben  oft  halb  weg 

TiBCK  »ehri/Un  (18M)  8,  MS; 
das  hein'  ich  mir  doch  wunderth&t'ge  stein«, 
die  so  den  grauen  staar  den  äugen  stechen  I 

HOr-KRKT  gedieht»  (1867)  1,  174  ; 
ich  heisse  Niemand,  bin  augenarzt 
und  steche  den  «tor  den  rissen 

HaiNB  9,  um  KiMtr. 

Cr.       "l- 


1237 


STECHEN 


STECHEN 


1238 


in  vielfältiger  bildlicher  vericendung  in  dem  sinne  von 
'einem  die  äugen  öffnen'  (vgl.  äuge  16  th.  i  sp.  798),  icelch 
letztere  tcendung  aber  kaum  eine  oben  entsprechende  reale 
maniptdation  zu  ihrem  gründe  hat,  sondern  nur  ein  bild 
icie  et/ica  vom  öffnen  der  {fenster)laden  eines  hauses,  sodasz 
des  tages  licht  hineindringt  und  man  drinnen  sehen  kann  : 
er  sehe  aus  wie  ein  verhungerter  Schulmeister,  mache 
den  augenschneider,  wolle,  selbst  blind,  blinden  den  staar 
stechen  Kerner  bilderbuch  (1849)  333;  ihr  konsulent,  der 
amtshauptmann,  hat  ihnen  den  staar  über  ihre  umstände 
gestochen  Gotter  3,  301 ;  vortrefflich !  wer  stach  dir  den 
staar?  wer  zeigte  dir,  wie  du  um  dein  geld  gekommen 
warst?  Klinger  (i809)  l,  109  (falsche  Spieler  l,  4);  daher 
ist  es  auch  meine  absieht  zum  theil,  ihm  den  staar  zu 
stechen  Forster  Schriften  (1843)  8,  91 ;  ich  fürchte,  der 
arzt,  welcher  endlich  den  staar  stechen  wird,  ist  nicht 
fem  GÖRRES  briefe  (1858)  2,  493;  sie  hatte  die  leidenschaft 
'unpassende  parthien'  zu  hintertreiben  und  blinder  liebe 
.  .  .  'den  staar  zu  stechen'  Gutzkow  ritter  vom  geiste 
(1850)  4,  60;  du  hast  dem  blinden  den  staar  gestochen,  ich 
fange  wieder  an  zu  sehen  Holtei  Schriften  9,  189;  's 
giebt  frisches  futter  für  eure  krippe,  herr  kriminal !  der 
blinde  wird  euch  den  staar  stechen!  20,  189;  denn  Niesz 
schickte  mir  unter  dem  essen  meinen  brief  an  ihn  und 
seinen  kupferstich;  kurz,  der  staar  wurde  mir  mit  der 
staarnadel  gestochen,  und  ein  biszchen  das  herzchen  da- 
bei J.  Paul  Katzenb.  badereise  2,  67; 

den  staar  des  vorurtheils  .  .  .  stechen 

Pkeffel  poet.  versuche  (1812),  1, 188. 

doch  eine  gröbere  Schicht  liegt  darunter,  denn  die  alten 
oculisten  und  Quacksalber  versprachen,  gegen  vieles  geld 
durch  operativen  eingriff  auch  psychische  und  gar  mora- 
lische mängel  zu  beseitigen,  sie  tritt  hier  nur  auf  einen 
augenblick  zu  tage:  wellicher  jhnen  den  heuchel-,  schmey- 
chel-  vnd  lugenstahren  stechen  und  lösen  kündte  Guari- 
NONIUS  greuel  der  Verwüstung  (l610)  79.     vielleicht  auch: 

wolan,  jz  seit  jr  inn  den  zeiten, 
on  tas  si  niman  merckt  mit  fleis 
big  man  ten  staren  stech  ten  leuten 

Gargantua  51  neudr. 

icird  aber  unte^i  beim  narren  stechen  ausführlicher  auf- 
gewiesen. 

ß)  das  feil  von  den  äugen  stechen,  vom  gleichen 
sinn  wie  das  vorige  (vgl.  staarfell  oben  sp.  268).  hier  bild- 
lich: 

so  will  die  poesie  ohn  alles  kopffzerbrechen, 
aus  lieb  euch  noch  einmahl  das  feil  von  äugen  stechen 
HoFFMA>xswALDAU  gedickte  6,  239. 

y)  auch:  ein  geschwür  stechen,  wofür  gewöhnlicher 
aufstechen  (s.  th.  l  sp.  745)  gebraucht  wird: 

wie  ich  mich  und  andre  straffe,  also  stach  ich  dir  den  schwär, 
wenn  dein  hertz,  wie  manches  vaters,  voller  tück  und 

bosheit  war 
Günther  ged.  (1735)866; 
wer  fremde  beulen  sticht, 

dem  wird  zur  dankbarkeit  'der  schleim  ins  antütz  sprützen 

390. 
bildlich:  der  revolver,   das   ist   die   einzige  richtige  ant- 
wort  auf  die    frechheit  der    gesellschaft  .  .  .  wenn  das 
geschwür  reif  ist,   dann  kann  man  es  stechen   Polenz 
Grabenhäger  2,  321. 

rf)  hierher  gehört  auch:    einem  den  geck  stechen, 

eine  höhnische  geste  einem  machen,   indem  man  mit  zwei 

gabelförmig  gespreizten  fingern  nach  ihm  sticht,  tind  zwar 

nach  der  nackengegend,  wie  die  bezeichnung  geck  für  das 

gelenk  im  kälber-  oder  schöpsenkopf  (s.  geck  5  g  th.  4,  l,  l 

sp.  1920   und   die  dort  aufgeführten   belege)  darthut;   den 

geck  stechen,  d.  h.  'dieses  knöchlein  durch  tranchiren  zu 

lösen   verstehen'  und   unsere  redensart  hängen  getcisz  zu- 

i      Summen,  und  die  manipulation  der  alten  quacksalber,  welche 

I      nach  dieser  richtung  heilungen  in  aussieht  stellten,  spiegelt 

I      sich  noch  deutlich  wieder,    dasz  es  sich  dabei  erst  um  eine 

!      Übertragung  unserer  redensart  auf  den  kalbskopf  handelt, 

ist  ebenfalls  dort  schon  vermuthet. 


I 


kannst  du  den  jäcken  stechen, 
so  stech  ich  dir  ihn  auch; 
den  hals  will  ich  dir  brechen, 
wie  hart  auch  dir  der  bauch, 
treib  denn  mit  andern  spott! 

vmnderhom  1,  296  Boxberger; 

Cr. 


ein  gestrenger  herr  weisz  doch  am  besten  wie  er  einem 
andern  gestrengen  herrn  den  jecken  stechen  soll  Weise 
comödienprobe  (1695)  19;  einem  den  gecken,  den  esel,  den 
mtinch  stechen,  fare  le  ficche,  squadrare  le  castagne,  fare 
le  mocche  dietro  ad  uno  Kramer  dict.  2  (1702),  918«,  vgl. 
auch  1  (1700),  470'';  da  grinsete  mir  der  geist  in's  gesicht, 
stach  mir  den  gecken  und  rief:  tropf,  du  verschmähest 
dein  glück!  nun  so  bleib'  ein  lump  all  dein  lebtag! 
MusÄus  2,  103  JSempel  (Schatzgräber)  (vgl.  auch  die  belege 
unter  geck  5  e  th.  i,l,  l  sp.  1920).  besonders  wie  im  folgen- 
den als  scenarische  benierkung  beim  abgang:  Lisabeta  (eine 
junge  frau)  sticht  im  (dem  alten  kaufmann)  ain  gecken 
nach  H.  Sachs  fastnachtsspiele  6,  151  neudr.;  der  narr 
sticht  ihm  einen  gecken  binden  nach,  und  geen  alle  ab 
1,  125,  25  Keller-Götze.  —  ähnlichen  sinn  hat  einem  den 
narren  stechen,  ico  die  entsprechung  einem  den  narren 
schneiden  (s.  narr  &  e  a  th.  1  sp.  359)  noch  deutlicher  die 
operative  handlung  durchblicken  läszt;  wann  in  ein  ander 
ein  narren  sticht  und  eselor  zeigt  Franck  weltbuch  131*; 
da  kompt  das  sönlein  mit  der  lauften  oder  geygen  oder 
pfeyffen,  macht  also  von  erst  ein  böszlein  unnd  meynt, 
es  soll  der  Gräten  gefallen,  o,  es  ist  offt  weyt  fäl  und 
sticht  dir  den  narren  Schumann  nachtbüchlein  245,  21 
Bolte;  vgl.  einer  will  im  den  narren  boren,  den  cornuten 
stechen,  bachanten  behauen  Lindener  rastbüchlein  53 
Lichtenstein ;  Jahn  lacht,  schüttelt  den  kopff,  sticht  jhm 
den  narrn  Ayrer  4,  2302,  20  Keller;  wer  euch  in  ewer 
gegenwertigkeit  am  maisten  ehret,  .  .  .  der  pflegt  euch 
hinderrucks  am  meisten  zu  verunehren,  zu  sehenden 
vnnd  so  gar  den  narren  zu  stechen  Albertinus  zeit- 
kürzer (1603)  41*»; 

wer  auff  tugend  nichts  nicht  wagt,  wil  auff  glücke  blSslich 

harren, 
irrt,  weil  glücke  fome  lacht,  hinten  aber  sticht  den  narren. 
Logau  2,  5,  98  (das  glück). 

am  gröbsten  aber  ist  einzuschätzen :  einem  einen  münch 
stechen,  autem,  est  naso  suspendere  adunco,  auriculas 
asini,  vel  ciconiam  figurare,  sanna  postica  aliquem,  pro- 
sequi  Stieler  2154;  einem  einen  mönch  stechen,  das 
ist,  die  faust  weisen,  dasz  der  daumen  zwischen  den 
vordem  fingern  heraus  sieht,  welches  andere  'die  feige 
weisen'  nennen  Frisch  l,668=;  die  nasen  rümpffen,  einem 
einen  münch  stechen,  die  zunge  vber  jhn  ausstecken, 
mit  dem  kopffe  nicken,  summa  was  solche  ironische 
vnd  hönische  geberde  hat  Mathesius  Syrach  (1586)  2,  ii''. 
als  scenar.  bemerkung :  gehen  ab,  Floretto  sticht  ihr  hinter- 
werts  einen  mönch  Schoch  studentenleben  (1657)  C8»  (vgl. 
auch  die  belege  unter  mönch  2  th.  6  sp.  2489).  die  beziehung 
zu  mönch  4  i  'castratus'  und  besonders  zu  münchen  verb.  2 
(th.  6  sp.  2491)  'castrare,  spadonare'  liegt  zu  nahe,  um  über- 
sehen werden  zu  können.  —  eine  harmlosigkeit  bietet  dem 
gegenüber  einem  den  esel  stechen,  den  zeige-  und  kleineti 
finger  gegen  ihn  ausstrecken,  während  die  übrigen  drei  ein- 
gebogen werden,  asininis  auribus  manu  effectis  Müdere 
ScHM.  1,  118; 

redt  nur  geren  schmeichlerei, 

und  sticht  eim  den  esel  darbei 

Hans  Sachs  20,  506,  16  Keller-Götze. 

h)  stechen  in  der  begriffssphäre  von  'nähen':  emsig 
stach  sie  mit  der  nadel  in  den  harten  stoff  Freytag 
5,  392.  sehen  se,  da  sitzt  er  (der  Schneider)  an  seinem 
lütjen  kuckloch,  wie  er  sticht  und  ausgreift,  's  flutscht 
man  so  Sohle  musikantengeschichten  68;  als  regiments- 
schneider,  bald  mit  der  nadel  stechend,  bald  mit  dem 
Schwert  Hebel  3,  90  (Schneider  von  Pensa); 

ein  Schneider  im  zuo  sprach  vnd  sezt, 
sprach :  'stich  eng  vnd  thue  sauber  neen, 
auf  das  es  nimant  müeg  geseen' 

H.  Sachs  fabeln  1,  370  Götze. 

auch:  die  Schneider  stechen  nie  tapferer  drauf,  als  sonn- 
abends Kramer  dict.  2  (1702),  922».  bei  den  öuchbindern : 
zuweilen  findet  man  so  sauberen  bruder,  so  nur  ein 
halbes  jähr  beim  handwerck  gewest,  der  fangt  an  für 
sich  selbst  zu  stechen  und  zu  freiten  Abrah.  a  S.  Clara 
etwas  für  alle  (1699)  1,  327.  besonders  von  der  bearbeitung 
härterer  stoffe:  das  leder  ist  zu  dick  zum  nähen;  man 
kan  es  nicht  stechen,  ist  schwer  zu  stechen  Kramer 
dict.  2  (1702),  922»,  wo  noch  dazu  die  ahle  oder  der  pfriemen 
der  nadel  oft  zur  hülfe  kommen  musz. 

78*  Cr. 


1239 


STECHEN 


STECHEN 


1240 


t)  mit  sporcn  stechen,  eidmovere,  anbdere,  add^re 
equo  calearia,  agitare  calcaribtts  Stieler  2154;  das  pferd 
mit  den  sporen  stechen  Kramer  dict.  2  (1702),  918«;  mit 
den  Worten  sticht  Clemens  das  rosz  mit  beyden  sporen, 
da  fieng  es  an  zu  lauffen  buch  der  liebe  (1587)  25».  sporn 
im  accusativ:  ja  bemelter  stifel  hat  sein  sporn  gar  weid- 
lich in  gurren  gestochen  im  bawrnkrieg  Nas  antipap. 
eins  und  hundert  (1567)  1,  5i^.  ungeioöhnlicher  dafür:  vnd 
mit  den  Worten  stach  er  in  sein  pferdt  Amadis  l,  201; 
dennoch  so  mussten  sie  entreiten,  vnnd  stachen  in  jhre 
pferde,  vnnd  rennten  darvon  budi  der  liebe  (1587)  4*;  ebenso : 
aber  als  bald  er  verstünde  dusz,  .  . .  stach  er  so  dappffer 
auff  sein  pferd  Amadis  l,  221.  wie  hierfür  gewöhnlicher 
anstechen  gebraucht  wird,  vgl.  th.  1  sp.  477,  ganz  ent- 
»prediend  anspornen,  wo  der  begriff  des  antriebs  noch  deut- 
licher wird. 

a)  die  ebendort  erörterte  wendung  angestochen  kommen 
'im  eiligen  ritt  herankomtnen' .  dann  überhaupt  'heran- 
kommen, sich  nähern',  hat  sonst  hier  7iur  tcenig  ent- 
sprechendes ;  etica :  so  bald  kam  einer  von  den  todten  mit 
seinen  langen  beinen  auff  mich  zu  gestochen  Mosche- 
ROSCH  gesichte  (1650)  l,  216;  auch  von  thieren: 

als  nun  das  schwein  kommt  auf  ihn  los  gestochen, 
knutft  er  es  auf  den  köpf  mit  derber  band 
und  schmettert  es  entzwei  bis  auf  die  knochen 

Gries  gedickte  2,  124; 
wohin  stechen,  eilen: 

alter  hilft  für  thorheit  nicht, 
so  pflegt  man  gar  oft  zu  sagen, 
wann  man  sieht  die  schellen  tragen 
den,  der  nach  der  grübe  sticht 

Brant  narremchiffS  Zamcke; 

von  dannen  stechen  u.  ä. :  deszwegen  stach  er  fort,  vnd 
traff  zwo  jungfraven  sampt  einem  jungen  an  Amadis 
1,  138;  {von  Wölfen)  alsz  bald  sie  aber  vnser  ansichtig 
werden,  wendeten  sie  sich  vnd  stachen  daruon  Rau- 
wolff'i2.  —  hinter  einem  herstechen,  iJun  nacJieilen:  der 
münch  aber  stieg  .  .  .  eilends  wieder  auff,  . .  .  vnd  als  er 
sich  wider  zu  ross,  oder  vielmehr  zu  esel  befand,  stach 
er  hinder  seinem  burschgesellen  her  junker  Harnisch 
(1648)  97.   —  hierher  woJd  auch: 

es  musz  vorbei  gestochen  sein, 
und  kost  es  leib  und  leben; 
80  fahren  wir  über  die  haide 

wunderhorn  2,  35.3  Boxberger  {ßchlittenjahrf)  ; 

lasz  mir  gleich  den  Falk  satteln  und  an  die  hintergarten- 
thüre   führen,  will  bis  Trier  eins  voran  stechen  maler 

MÖLLER   3,  72. 

ß)  dagegen  liat  transitiven  sinn:  villeicht  möchte  sie 
vns  verschupffen  oder  dannen  stechen  (forsitun  nos 
rgiciat)  Boltz   Terenz  (l539)  153»,  d.  h.  wie  im  folgenden : 

so  möcht  ir  in  Ordnung  nach  ziehen, 
sie  schlagen  und  euch  an  in  rechen 
und  biss  auss  ewer  grentzen  stechen 

Hans  Sachs  6,  78,  24  Keller-Götze. 

mit  spieszen  aus  dem  Inmle  jagen;  vgl.  aucJt: 

wir  habens  hefftig  heimgesucht 
und  sie  gestochen  in  die  flucht, 
ir  sechzig  und  drcyhundert  erschlagen 

10,  291,  16. 

k)  zum  Orakel  mit  einer  nadel  zwischen  die  blätter  eines 
buehes  stechen;  der  so  getroffene  spruch  icird  dann  pro- 
phetisch ausgedeutet  (vgl.  oben  auch  stechbuch);  ein  e7it- 
sprechender  brauch  verlangt,  dasz  man  mit  abgewandtem 
gesicht  oder  im  dunkeln  auf  ein  mit  Sprüchen  bedecktes 
blatt  steche  {vgl.  ölten  stechblatt):  sie  ziehen  karten, 
stechen  sprUche,  zupfen  blumcnblättcr  aus,  bcy  welchen 
sie  die  nahmen  der  wahlfähigen  hersagen  Lichtknberu 
verm.  Schriften  (1800)  4,  176;  sie  giebt  mir  eine  nadel,  da- 
mit toll  ich  ins  heft  stechen,  welchen  satz  ich  treffe, 
den  soll  ich  als  gedenkspruch  bewahren  Brentanos 
friMxngakram  (1844)  16;  in  dieser  schläfrigen  läge  stach 
er  von  ungefähr  in  das  buch  {mit  Sprüchen  und  gedickten 
für  jeden  tag  im  jähre)  Kkllbr  8,  119;  sie  holte  gerührt 
ein  schatzkästlein  hervor  und  slacli  mit  einer  nadel 
ewisohen  die  blätter  4,  S40. 

f)  in  aprüthwdrilieher  redeteendung. 

a)  in  ein  Wespennest  stechen,  aodtut  die  in  ihrer 
nikt  getUMen  thiere  erbott  über  den  angreif  er  herfallen, 
InldliÄ  'mit  einrr  {bereehÜgten)  kritischen  bemerkung  und 

Cr. 


dergl.  die  gegner  in  hämisch  stecken,  eine  schlafende  gegner- 
Schaft  auf  die  beine  bringen',  schoti  Kramer  setzt  diese 
sprichwörtliche  Verwendung  der  redensart  eigentlich  vor- 
aus: in  ein  omeissen  ö  Wespennest  stechen,  stuzzicare 
in  un  formieuio  ö  vespaio,  dict.  2  (l702),  918"=.  in  voller 
geltung  findet  sie  sich:  lasst  euren  künftigen  lehrer  nicht 
von  euch  sagen,  wenn  er  euch  eine  busspredigt  gehalten, 
dasz  er  in  ein  Wespennest  gestochen  Hippel  lebensläufe 
(i77h)  .3,2,107;  ich  wolte,  dasz  Voss  seine  prosodie  ordnete, 
und  bekannt  machte,  aber  er  wird  sich  damit  wol  nicht 
sehr  übereilen,  aus  furcht  in  ein  Wespennest  zu  stechen, 
da  schon  sein  erstes  wort  unzufrieden  gemacht  zu  haben 
scheint  Boie  an  Bürger  am  14.  jan.  1790  {des  letzteren 
briefe  i,  6  Strodtmann) ;  der  vatcr  wird  dir  erzählen,  wie 
ich  neulich  hier  in  das  Wespennest  der  freiwilligen  stach, 
und  die  entrüsteten  hornissen  auf  mich  hersummten 
BiSMARCK  briefe  an  seine  braut  92;  die  abhülfe  konnte 
.  .  .  nur  in  einer  totalen  Umgestaltung  der  landwehr  ge- 
funden werden,  und  wer  hätte  in  jener  zeit  (1850)  die 
band  an  dieses  nationalinstitut  legen  mögen,  es  hiesz 
dies  in  ein  Wespennest  stechen!  Kaiser  Wilhelm  I. 
militär.  Schriften  (l897)  2,  454; 

und  doch  —  sich  neue  bahnen  brechen 
beisst  in  ein  nest  gelehrter  wespen  stechen 

Wieland  17,  12  (Idrig  und  Zenide  1,  2). 

mit  einem  adject.  zusatze,  welcher  dem  bilde  nicht  ganz 
gerecht  icird:  sind  die  händel  über  die  hierodulen  auch 
zu  ihnen  gelangt?  Böttcher  hat  in  ein  heftiges  Wespen- 
nest gestochen  Göthe  IV,  29,  160  Weim. 

ß)  durch  den  zäun  stechen,  aus  geschützter  Stel- 
lung und  dazu  heimlich  einen  angriff  auf  einen  gegner 
versuchen,  dabei  ist  es  für  das  verständnisz  der  redensaii 
nicht  nothtpendig,  geradezu  einen  palisadenzaun  als  den 
Schutzspender  sich  vorzustellen ;  schon  der  gewöhnliche  zäun 
von  genügender  höhe  bot  hier  ausreichenden  hinterhalt: 
vnnd  weil  der  auszgesönete  Carlstad  stettigs  durch  den 
zäun  stach  .  .  .  vnd  sein  gifft  heimlich  durch  seine 
schrifften  wider  sein  zusag  auszsprengete  Mathesius 
Lutlier  60'';  darneben  aber  stachen  sie  jmmer  heimlich 
durch  den  zäun  127» ; 

wer  heimlich  durch  den  zäun  thut  stechen, 
mit  list  sich  an  seim  feind  zu  rechen     Waldis  l&l". 
subst: 

mit  vbelwüntschen,  schelten,  fluchen, 
mit  abgunst  vnd  mit  vngluck  sflchen 
vnd  heymlich  durch  den  zäun  noch  stechen, 
das  sie  eyn  mal  jr  mütlin  brechen 
gtreitgedicht  gegen  herzog  Heinrich  den  Jüngern  32,  383  ndr. 

ein  Imrmloseres  bild  läszt.  vermutlien:  dass  e.  c.  h.  mich 
damit  durch  einen  zäun  stechen  und  stochern  Luther 
briefe  4,  615,  etwa  tcie  der  muthwillige  %oanderer  im  vor- 
übergehen einen  eingescMossenen  hofhund  durch  den  zäun 
mit  seitiem  stecken  reizt. 

y)  daneben  stechen,  eigentlich  mit  der  eingelegten 
lanze  das  ziel  verfehlen,  es  mit  dem  stich  nicht  treffett, 
besonders  beim  ringsteclien ;  dann  überhaupt  von  allem 
miszlingen  sprichwörtlich  gebraucht: 

die  esel  ladt  man  allesampt 

vnd  gibt  ir  yedem  ein  gät  amot, 

80  ein  geschickter  sticht  darneben : 

man  wil  nun  eseln  pfrUnden  geben! 

MuKNEK  narrenbesehw.  58,  8S; 

handtworcker  kynnent  ouch  wol  liegen, 

vmb  jre  narung  mich  betriegen; 

wann  sy  schon  tuscnt  mal  vorsprechen, 

dannocht  mflsz  ich  dameben  stechen  67,  98 ; 

darmit  stach  der  alt  pfafT  dameben 

H.  Sachs  »chtcänke  801,  66, 
d.  h.  er  bekam  nichts; 

wie  menger  sitzt  in  der  hellen  tief, 

der  vil  gults  umb  ubiass  hat  geben; 

sie  stechend  minonthalb  all  darneben  I 
Manuki.  paptit  und  prtettertchajt  1367  llächtold. 

besonders  treffend  ist  das  bild  gegenüber  verfehlenden  d*- 
duetionen  jeder  art:  das  auch  die  licbhaber  der  wissen- 
heit  nicht  darneben  stechen  vnnd  noch  durch  vnwisson- 
hoit  .  .  .  der  goschichtschreibcr  verführt  werden  Xy- 
LANDRR   Polybius  (1574)  128; 

dartzu  er  sich  fast  hoch  erbricht, 

doctor  Luthers  schrilften  anficht, 

wie  wol  or  gantz  dar  nei>cn  stirbt 

LUTIIKK  7,  687  Weim. 

Cr. 


ii 


1241 


STECHEN 


STECHEN 


1242 


rf)  eine  sache  durch  den  bauch  stechen,  ihr 
ei«  schnelles  ende  bereiten,  sie  aufgeben,  urspr.  ein  grober 
soldatenausdriick,  auch  deshalb  grob,  weil  durch  den  bauch 
stechen  nicht  eben  die  feinste  art  zu  stechen  ist.  dero- 
wegen  behielt  mich  der  vater  anheim,  habe  also  wie 
man  pflegt  zusagen,  die  schule  durch  den  bauch  ge- 
stochen, und  dies,  was  ich  in  ^'4  jähren  gelernt,  in  vier- 
zehn tagen  vergasz  Sghweinichen  l,  43.  atich:  also 
muste  ich  meinen  krieg  durch  den  bauch  stechen,  mein 
ganz  glück  verlassen  ebenda  1, 178;  dieser  kerl  wäre  sonst 
ein  Schneider  seiner  profession,  doch  stäche  er  das  ehr- 
liche handwerck  durch  den  bauch,  und  wartete  in  den 
bierhäusern  mit  der  zitter  auff  Kuhnau  musical.  Quack- 
salber 138  nendr.;  da  doctor  Lorentz  Pasch,  ein  prediger 
zu  Kyritz,  wegen  seines  Übeln  Verhaltens  abgesetzet 
wurde,  so  stach  er  sein  Studium  theologicum  durch  den 
bauch,  und  wurde  ein  advocat  Sperling  Nicodemus 
quaerens  et  Jesus  respondeyis  2  (1719),  235.  der  gleiche  ge- 
danke  erscheint  gemildert: 

jhr  habt  euwre  Sünde  nicht  recht  gebeichtet, 

zumpen  vnnd  messer  sind  nicht  einerley, 

ich  wil  euch  ein  loch  durch  die  absolution  stechen 

Maynhincklers  sack  (1612)  E  £*. 

und  als  verblaszt  vergleicht  sich :  das  studieren  erstechen, 
abjicere,  relinguere,  deponere  artes  Stikler  2155  und  durch- 
stechen 26a  {th.  2  sp.  1691). 

m)  in  der  bergicerkssprache  den  ofen  stechen,  den 
achmelzgang  mit  dem  stecheisen  (s.  oben  stecheisen  2)  auf- 
stechen, so  dasz  die  guszmasse  sich  in  die  fonn  ergieszen 
kann:  alsbald  man  nur  sticht  oder  öffnet  den  ofen  Ma- 
THESius  Sarepta  149»,  soicie  ein  thier  etwa  gestochen  wird, 
und  das  blut  sprudelt  hervor,  undeutlicher:  wann  die- 
selben weichen  schlacken  kommen,  so  stopfft  er  das 
äuge  zu,  zeucht  die  schlacken  vnnd  stein  vom  kupffer 
ab,  vnnd  sticht  dann  aus  dem  nebenöfelein  das  heisse 
Wey  in  das  kupffer  im  tiegel  Ercker  mineral.  ertzt{imi)  110''. 

2)  begriffen  einer  urzeitlichen  Sphäre  dienen  die  folgen- 
*den  Verbindungen:  empfindliche  beobachtungen  auf  diesem 
gebiete  muszten  die  menschen  der  älteren  zeit  fast  noch  mehr 
machen  als  die  heute  lebenden,  und  icaren  gezwungen,  hier 
zur  abicehr  ihre  erfahrungen  auszutauschen  und  in  ein- 
fachste   Sätze    zu    kleiden,     man    braucht   also    nicht    zu 

nfeln,    dasz    wesentliche    momente    aus    der    geschickte 

seres    wortes    sich    hinter  den    nun  folgenden   begriff s- 

rbindungen  verbergen. 

d)  der  dorn   sticht:    stechende  dörner,    spine  pun- 

iti  Kramer  dict.  8  (1703),  919«;  kein  dorn,  die  da  stechen 
lesek.  28,  24.    vgl.: 

dan  mich  ein  dorn  darein  stach, 
dass  ich  daran  gar  nichts  mehr  sach 

Endinger  judenspiel  69  neudr. 

ler  der  in  dornen  ist  gefallen,  flucht  und  schalt,  dasz 
le  ihn  gestochen,  da  er  vielmehr  seine  tölpelei  hat 
»llen  schelten  Lehmann  floril.polit.  384;  selbst  wer  sich 
dornen  gestochen,  würde  lächeln,  sähe  er  es  anderen 
Bschehen  POckler  briefwechsel  und  tageb.  3,  240; 

mancher  stechende  dorn  wird 
blutig  ritzen  dir  band  und  fusz 

Herder  27,  248  Suphan; 
da  stachen  mich  die  hagendom, 
dazu  die  rauhen  disteln  Arnim  13,  24; 

fl.:    stächend    hagentörn    oder    brombeerstaud ,    rubus 
Uus  Maaler  383 •>.     besonders  als  schmerzendes  mom^nt 
im  gegensatz  zur  anmutJi   der  lieblichen   rose  in  der 
vielfältig  genutzt: 

rot  röslein  wolt  ich  brechen 
zum  htibscben  krentzelein : 
mich  dömer  thaten  stechen 
hart  in  die  finger  mein 

ZiNKGREF  aiiBcrl.  gcd .  7  neudr. : 

ob  gleich  die  dömer  anfangs  stechen, 
so  will  ich  dennoch  rosen  brechen 

Günther  ged.  (1735)  178; 
ein  dorn  vom  stamm  der  rosen 
stach  in  den  zarten  finger 

E.  VON  Kleist  l,  52,  16  Sauer,- 
du  hofTest,  mit  herzen 
der  mädchen  zu  scherzen; 
es  reizet  die  rose  dich,  ehe  sie  sticht 

Stolbbrg  1, 123  {mädchen); 

Cr. 


wohl  stach,  die  rose  nehmend, 
ein  dorn  sie  durch  die  band 

RCCKERT  1  (1867),  147. 

auch:  die  rose  sticht  in  einer  begriff sericeiterung,  welelie 
tneder  auf  dem  vorigen  beruht,  die  rosen  stechen,  rosae 
compungu7it  Steinbach  2  (1734),  708; 

als  die  jungfraun  rosen  gebrochen, 
da  haben  sie  all  gesprochen : 
'was  blutet  mir  so  die  band? 
hat  mich  das  röslein  gestochen?' 

Ühland  gedickte  222; 
die  rosen  immer  stechen         Arnim  17,  74; 
was  stichst  du  mich,  du  röslein  roth? 

E.  M.  Arndt  3,  165  Rösch-Meimer. 
im  wundervollen  zidegespräch : 

röslein  sprach,  ich  steche  dich, 
dasz  du  ewig  denkst  an  mich 

GöTHE  1,  16  Weim.  (heideröslein) ; 
und  der  wilde  knabe  brach 
's  röslein  auf  der  beiden ; 
röslein  wehrte  sich  und  stach  {ebenda). 

a)  sotist  stechende  kräuter,  herbe pungereccie  Kr.k- 
MER  dict.  a  (1702)  919*;  disteln  stechen  Steinbach  1,  276: 
(im  bilde)  es  sind  kletten  und  distelnköpffe ,  wie  man 
sie  wirfft  so  keren  sie  die  stacheln  über  sich  und  urab 
sich,  und  müssen  stechen  Luther  23,  33,  29  Weim.; 
ein  bauerntöchterlein  wolt  gersten  aufbinden,  da  stachen 
sie  die  distel  in  die  finger  Garganttut  88*.  stechender 
ginster  {cytisus  germanicus  s.  auch  unten  stechheide  und 
cytisus  scoparius,  stechpfriemen)  stechend  genest  Sebiz 
f  eidbau  (1579)  56 ; 

ins  gebfisch  so  schwarz  und  dicht, 
wo  dorn  und  ginster  uns  die  fersen  stechen 
A.  V.  Droste-HOlshoff  2,  109  {des  arztes  vermächtnitz). 

stechende  hauhechel  {ononis  arvensis  vel  spinosa) :  masc. 
stechender  hauwhechel  Tabernaemontanus  912  J.  ste- 
chender hülst  {Hex  aquifolium.  s.  auch  oben  stechbaum, 
stecheiche  und  unten  Stechpalme); 

{wo)  wacholdergesträueh  um  die  hünengräber  der  vorweit 
wuchernd  kroch  und  stechender  hülst  mit  glänzenden  blättern 
Voss  1,  54  {LttUe  1,  439). 

stechende  winde  (smilax  aspera.  s.  auch  unten  Stech- 
winde) M.^tthiolus-Gamerarius  (1590)448  0;  Fleming 
Jäger  13»;  die  bletter  und  frucht  der  stechenden  winde 
vor  und  nach  getruncken  sindt  eine  gute  artzney  wider 
das  gifft  Matthiolus-Gamerarius  449  A;  so  ist  die  grosze 
stechende  winde  das  geicächs  Eberhards  von  Sikkingen  {'des 
nachstellenden')  in  der  fruchtbringenden  geseUsdwft ,  mit 
der  erläuterung  allerley  gift  Xeümark  netter,  teutsch. 
palmb.  (1668)  286.  —  die  binsen  spiz  und  steif  dasz  sie 
wohl  stechen  Göthe  III,  1,  273,  15  Weim.  die  anderen 
VI  gewechsz  stechen  und  brennen  nit  Bock  kreutter- 
buch  2.  —  auch  blätter  stechen:  die  blätter  des  baumes 
sind  spitzig  und  stechen,  folia  arboris  aeuleata  sunt 
et  fodicant  Steinbach  2  (1734),  709;  die  blätter  von 
'Hex  aquifolium'  {s.  oben  stechbaum,  stecheiche  und 
unten  Stechpalme)  sind  wohl  gemeint:  wer  ain  statt  lieb 
hatt  in  hertzen,  der  im  nyemant  benennen  mag,  und 
im  will  yrrikaitt  darein  fallen,  der  soll  stechenpletter 
tragen,  da  wachsen  rotte  per  an!  Clara  Hätzlerin 
172*  {wo  im  übrigen  der  roeg  von  der  partic.  construction 
zur  völligen  composition  schon  zurückgelegt  scheint) ;  vgl.: 
Schlechtendal  j?om  von  Deutschland^  21,  253; 

allein  ich  wuszte  .  .  ., 
dasz  mir  dürres  laub  den  nacken  stach 
A.  V.  Droste-HClshoff  2,  112  {des  arztes  vermächtnüz). 

ß)  im  vergleich:  wer  wie  ein  dornstrauch  ins  regiment 
kompt,  der  kan  nur  ritzen  nnd  stechen  Schuppius  834; 

denn  dein  {angeredet  ist  gott)  gerechter  ernster  zom 
stach  mich  gewaltig  wie  ein  dorn 

RiNGWALDT  handbüchlein  A  6» ; 

führt  mir  den  braven  vor,  laszt  uns  ihn  hören  — 
ey,  fängt  ein  dorn  so  jung  zu  stechen  an? 

Shakespeare  3,  343  {Heinrich  VI.  3,  5,  5). 

im  vergleich  mit  der  stachlichten  frucht  der  kastanie,  des 

kestenbaumes  {castanea  vesca)  von  einem  zu  hause  tobenden, 

doch  in  geseüschaft  sich  sanftmüthig  stellenden  menschen: 

Houbert  gleichet  einer  kesten,  mich  bedünkt,  es  fehle  nicht, 

weil  die  sonsten  glatte  kesten  nur  in  ihrem  hause  sticht 

Grob  dichter,  verstichgabe  (1678)  48. 

Cr. 


1243 


STECHEN 


STECHEN 


1244 


y)  stechende  dornen,  stechende  disteln,  tin  bild  für 
das  leidvoUe  Schicksal  der  menschen  in  dieser  tcelt  {im 
gegensatz  zu  den  rosen,  tcelehe  das  jenseits  dem  seligen 
darbietet):  gott  hat  diese  weit .  .  .  mit  disteln  und  stechen- 
den dömern  besäet  Butschky  Pathmos  (1677)  249;  denn 
wer  zum  ewigen  leben  ist  erkohren,  den  stechen  disteln 
und  dornen  Sperling  Nicodemus  quaerens  l  (1718),  1134; 

freund,  wer  in  jener  weit  wil  lauter  rosen  brechen, 
den  müssen  vor  allhier  die  dornen  gnugsam  stechen 
Ang.  Silesius  cherubin.  ivandersm.  13  neudr. 

der  dorn  der  sünde,  tcelcher  die  menschen  atif  ihrem 
lebensicege  ritzt  und  sticht,  sie  peinigt  und  quält: 

sticht  etwan  dich  der  sUnden  dorn, 
und  fühlest  grosse  flammen, 
dasz  du  vermeinest,  gottes  zorn 
schlag'  über  dir  zusammen 

Neumark  /ortgepfl.  luftw.  1  (1675),  98; 
gebete,  sJmuosen  wirt  verlorn, 
und  swag  er  guotes  mac  getuon, 
die  wlle  in  stichet  dirre  (^er  fänden)  dorn 

Winsbeke  54,  10. 

überhaupt  benutzt  zur  bildlichen  charakterisirung  einer 
schmerzvollen  Stimmung,  eines  leidvoUen  zustandes.  erleb- 
nisses  u.  s.  to.  (vgl.  dagegen  rose  4i  tJi.  8  sp.  im):  aber 
dasz  wäre  früntschaft  ein  stechender  dorn  ist,  das  mis- 
felt  mir  Holtzmann  CyriU  (l57l)  17;  wenn  ich  meinen 
Isaac  verliere,  so  wird  mir  der  mutter  titul  zu  dorn  und 
disteln,  die  mich  bis  in  die  seele  stechen  Chr.  Weise 
Isaacs  opfer  4,  3;  o  verdambter  neydl  so  ist  dann  dir  dess 
nechsten  rosen  ein  stechender  dorn?  Abraham  a  S.  Clara 
Judas  der  ertzschelm  1  (1686),  93 ; 

du  ahnest  nicht 
den  dorn,  der  mir  ins  leben  sticht 

Geibel  2,  22; 
autik: 

dein  gemüth  ersinne 
nichts  gegen  deine  mutter,  überlass  sie 
dem  bimrael  und  den  dornen,  die  im  busen 
ihr  stechend  wohnen 

Shakespeare  3,  180  (Hamlet  1,  6); 

also  erfahr  diese  königin  allzu  geschwinde,  dasz  sie . . . 
auf  den  bisz  ins  hertz  stechenden  dornen  lag  Lohenstein 
Ärminius  1  (1689),  loa**,  tcozu  die  askese  früherer  Jahr- 
hunderte entsprechende  körperliche  peinigungen  erfand, 
vgl.:  die  sich  selbs  vmb  räve  willen  werffent  in  ain 
bette  erfüllet  mit  stechenden  tornen  Niclas  von  Wyle 
fratislationen  131,  88  Keller,  ganz  ähnlich  den  heilver- 
suchen der  Volksmedizin,  icozu  das  beispiel  oben  unter 
Stechapfel  zu  vergleichen  ist.  —  der  hofmeisterstand  ist 
einer  von  denen,  die  alleweil  mit  rosen  und  lilien  über- 
streut sind,  und  wo  einen  die  dornen  des  lebens  nur 
gar  selten  stechen  Lenz  l,  39  (hofmeister  3,  2). 

<J)  in  sprichicörtlicher  redetcendung :  ein  dorn  sticht, 
ein  degen  durchbohrt  Simhock  1674; 

wer  rosen  bricht,  die  finger  sticht 

Rollenhagen  froschmeuseler  V  v  4»; 
disteln  und  dornen  stechen  sehr, 
falsche  zungen  noch  viel  mehr 
Petri  sprichw.  R  v  {vgl.  Sciiuppif;<  632) ; 
der  dorn,  der  nicht  im  frlihling  sticht, 
wird  schwerlich  auch  im  herbste  ritzen 
BODE  Montaigne«  gedanken  und  meinungen  2,  448. 
wer  will  zum  himmel  sein  erkom, 
den  stechen  täglich  distel  und  dorn 
Henisch  719  {vgl.  oben  Sperling  unter  3). 

b)  ähnlich:  borstiges  haar  sticht:  der(?)  haar,  der 
hart,  die  stoppelhaar  stechen,  li  peli  della  barba,  i  peli 
moxzipungono  Krämer  dict.  2  (il(i2),  918".  besonders  xeenn 
der  mann  ktiszt:  da  stehen  sie,  die  kahlen  untcrkinn- 
backen,  ,  .  .  sogar  der  stoppeln  beraubt,  weil  diese  den 
weiblichen  kusz  stechen  könnten  J.  Paul  6,  9  (gröti- 
ländische  prozeaaei);  als  er  (der  eunge  Jude)  sich  nieder- 
bückte, gewahrte  ich,  dasz  sein  grauer,  stechender  Juden- 
hart  nicht  glatt  vom  kinn  wegrasiK  sei,  sondern  wie 
eine  kratxbUrate  bervorstebe  HauppS,  M  (inemoiren  des 
1,  it);  dock  aiuk:  eingedenk  des  ttechcnden  ktisscs 
t,  71  (1,  18);  die  einzige  atrafe  war,  dasz  sie  ihm 
stechenden  blick  für  seinen  stechenden  handkusz 
zowwf  timda  t,  67  (1,  is); 

hOTTtadi  vaanat  di«  fatUn  der  herr  cemahl,  und  MrkQut  ihr, 
oft  nH  stechSBdem  kosM,  die  wftnfelein,  wann  es  ihm  «infltlt 
Voss  1, 181  (iMtte  8,  in). 

Cr. 


als  eigenschaft  thierischen  haares:  die  andern  (mause)  sind 
nberm  gantzen  leib  rauch,  wie  die  igel,  dass  jhre  bar 
stechen  und  stortzen  Heyden  Plinius  (1565)  288;  die 
raupen  lassen  augenblicklich  ihre  stechenden  haare  gehen 
Hebel  2,  9,  28  Behaghel.  besonders  von  den  stacheln  des 
igels  (bildlich):  du  igel,  die  sticht  und  beiszt  und  mich 
so  gewaltig  in  dein  net^  verstrickt!  ja  du  bist  mir  eine 
keusche  dirnel  maler  Müller  1,  143  (satgr  Mopsus  %). 
zuletzt  die  federn  und  daunen  des  bettes  stechen  (ähn- 
lich dem  stroh,    f^^  Opitz   teutsche  poemata  239  neudr.): 

verkauf  ich  mein  bettlein 
und  leg  mich  aufs  stroh, 
sticht  mich  keine  feder 
und  beiszt  mich  kein  floh 

wu7tderhom  2,  582  Boscberger. 

c)    eine   schaar    stechender  Insekten    Humboldt  an- 
sichten  der  natur  l,  32; 

er  zerreibt  das  stechende  insect 

Hebbel  3,  336  Werner  (Oyges  6). 

darunter  besonders  die  bienen  stechen  apes  pungunt 
Steinbach  2  (1734),  709;  es  hat  ihn  eine  biene  gestochen, 
apis  eum  pupugit  aculeo  Stieler  2154;  welchem  nun  dise 
.  .  .  bienen  hart  werden  picken  und  stechen,  der  mag 
Schrein  Fisch art  binenkorb  (1588)  A  3";  wann  euch  imen 
.  .  .  gestochen  oder  gebissen  haben  Sebiz  feldbau  (1579)  96; 
kommen  die  bienen,  so  muss  man  sie  nicht  verjagen, 
...  sie  stechen  nicht  Brentanos  frühlingskranz  (1844)  223 ; 
auch  ist  femer  zu  sagen,  dasz  die  emsigen  bienen  .  .  . 
nur  gereizt  stechen  Immermann  2,  50  Hempel; 

pick !  sticht's  {das  bienchen)  in  die  band 

Ramler  Jabdlese  1,  82; 
als  er,  Sami,  mit  dir  jüngst  blumen  brach  in  dem  garten, 
stach  ihn  ein  bienchen  Göthe  1,  5,  49  Weim. 

die  hornisse  sticht:  (der  herr)  Hess  es  (sein pferd)  grasen, 
indem  ein  grosser  horniss  das  ross  sticht,  das  es  binden 
auffhupffet  Hertzog  die  schiltxcache  C2;  wenn  ein  mensch 
von  einer  hornisse  gestochen  ist,  soll  man  etliche  fliegen 
fangen  und  auf  dem  stich  zerdrücken  öcon.  lexic.  1079; 
der  Zaunkönig  aber  schickte  die  hornisse  hinab,  sie 
sollte  sich  dem  fuchs  unter  den  schwantz  setzen  und 
aus  leibeskräften  stechen  brüder  Grimm  kinder-  und 
hausmärchen  2,  106; 

der  humbel  der  sol  stechen  Iwein  206. 
nicht  zu  vergessen  ist  das  stechende  gesindel  (der  flöhe) 
Arndt  werke  l  (1892),  122,  das  neben  sonstigem  Ungeziefer 
den  menschen  einer  fernen  Vergangenheit  viel  mehr,  ah 
heute  das  der  fall  ist.  geplagt  hat:  gelt  der  wein  ist  im 
bett  vber  alle  glutpfannen,  da  sticht  einen  kein  floh, 
wann  man  ligt  im  stroh  Garg.iib  netidr.;  da  hat  meister 
floh  am  bette  der  holden  frau  gesessen  und  der  Wärterin 
in  die  nase  gestochen  E.  Th.  A.  Hoffmann  12,  135  Qrise- 
bach;  die  geistige  fähigkeit,  in  honetter  gesellschaft  ruhiß 
zu  bleiben,  wenn  mich  ein  floh  sticht  ebenda  10,  184; 

in  dem  so  sticht  jn  starck  ein  floch 
zwischen  den  bcynen  zimlich  hoch 

FiscuART  Eulennpiegel  178(4686)  Havffen; 
sticht  mich  in  compagnie  ein  floh, 
thu  ich,  als  ob  ichs  gar  nicht  fühl, 
gedenck  benebens,  was  ich  will 
Stbanitzky  ollapatrida  228,  26  Tl'i«i.  neudr. 

die  wantzen  stechen  Kramer  dict.  2  (1702),  918«;  welche 
läusz  stechen  vbelcr?  die  hungrigen  Qarg.  75  neudr.  so 
viel  schwarze,  stechende  fliegen  Alexis  Roland  von 
Berlin  1,  22;  die  ursach,  warumb  die  fliegen  in  solcher 
wetterzeit  so  heutig  stechen  Paracelsus  2  (I6I6),  16S^ 
die  eigentlicJie  Stechfliege  (*.  u.)  ist  die  bremse:  die  premen 
stechen  Schaidenreisser  Odyssea  (li&l)  q  s';  wenn  die 
brcm  sticht  und  krabelt  Mathksius  Sarepta  (1571)  S**; 
eine  von  einer  bremc  gestochene  kuhe  Kramer  dict.  a 
(1708),  919»"; 

hart  Ktachen  die  brcmcn  und  mucken 

H.  Sachs  1,  687«. 

mit  ihrem  ge\cöhlteren  namen  sonnenfliege  (vgl.  ih.  10.  l 
s}i.  1646): 

wer  nicht,  wenn  die  sonnenfllegen  Hlcchen, 
recht  rmvig  um  «ich  flbrt  mit  senH'  und  rechen 

Brbntano  9,  6M; 

in  dieser  celle  stach  ihn  einst  eine  srhnaake  in  den 
fusz  Zimmermann  ii*«r  die  einsamkeit  t,  0«;  bald  daraaf 

Cr. 


1245 


STECHEN 


STECHEN 


1246 


stachen  die  mucken  die  kleinen  schläfer  MusÄus  Volks- 
märchen 1,  «  {Rübezahl):  hier  ist  es  nass,  trübe,  kalt 
and  stürmisch,  .  .  .  und  die  mucken,  die  dich  plagen, 
stechen  uns  nicht  Moltke  Schriften  6,  130.  einer,  so  Ton 
solcher  spinne  gestochen,  huomo  attarantolato  Kramer 
dict.  2  (1702),  919»;  solche  gififtige  spinnen  .  .  .,  dasz  sie 
den  mensch  stechen  und  er  mit  lachendem  mund 
sein  end  drüber  beschleust  und  dahin  stirbet  Hammer 
roseng.  463,  gemeint  ist  wohl  die  tarantd,  die  giftige  erd- 
spinne, vne  im  folgenden:  menschen,  die,  wenn  sie  von 
der  tarantel  gestochen  sind,  vom  tanzen  nicht  ablassen 
können  Hippel  kreuz-  und  querzüge  (i793)  1,  198;  ein 
beweis  .  .  .,  dasz  keiner  von  der  tarantel  gestochen  ist 
.1.  Paul  8,  91  {Hesperus  2).  ein  mensch  .  .  .  von  einem 
scorpion  gestochen  Coler  hausb.  (l680)  öcon.  l,  ITS*»; 

und  wie  der  scorpion  in  sich  zu  letzte  sticht, 
wann  feuer  um  ihn  her  wird  etwan  angericht 

LoGAU  ginngedichte  74  Eitner , 

aber  der  herr  verschaffte  einen  wurm  .  .  .  der  stach  den 
kürbis,  das  er  verdorrete  Jon.  4,  7;  sonst  werde  das  holtz 
untüchtig  zum  bauwen,  wann  es  die  wurm  steche  Nigri- 
xus  von  Zauberern  (1592)  138. 
a)  im  vergleich: 

das  volk  wie  ein  erzürnter  bienenschwann, 
der  seinen  führer  miszt,  schweift  hin  und  her, 
und  fragt  nicht,  wen  es  sticht  in  seiner  wuth 

Shakespeare  2,  223,  (Heinrich  VI.  2,  3,  2); 

ob  diese  {philosophuster)  gleich  in  Deutschland  schwär- 
men wie  die  mucken,  und  auch  eben  so  gern  summen 
und  stechen;  so  kümmere  ich  mich  doch  um  sie  sehr 
wenig  Nicolai  reise  durch  Deutschland  und  die  Schtceiz 
11,  vorr.  11 ;  so  hing  an  seinem  herzen  die  rückerinnerung, 
wie  ein  stechender  Skorpion  Jul.  Mosen  (i863),  8,  437; 

meine  weit  war  mir  zerbrochen, 
wie  von  einem  wurm  gestochen 
welkte  herz  und  blute  mir 

Novalis  l,  68  Minor. 

besonders  Jieute  noch  gerne:  in  die  höhe  fahren,  auf- 
springen wie  von  einer  wespe  (einer  tarantel)  gestochen, 
hastig  und  verstört;  wie  von  einer  wespe  gestochen, 
sprangen  die  gesellen  auf  und  stellten  sich  auf  die  beine 
Keller  4,  257. 

ß)  in  bildlicher  Verwendung  zur  charakterisirung  des 
feindlichen,  boshaften,  rieidischen  u.  s.  w. :  vil  nüwer  amt- 
lüt  verderben  den  gemeinen  man,  es  sein  hungerige 
mucken,  sie  stechen  vbel  Pauli  schimpf  und  ernst  127 
Österley.     ähnlich : 

emsig-müssiges  volk  der  grammatiker,  stechende  wespen 
Herder  26,  65  Suphan. 

{ein  vergleich,  im  bilde  endend:) 

schöne  weiber,  ihr  seyd  blumen;  eure  spinnen  sind  die  tage, 
die  euch  eurer  blumen  blätter  stechen  zu  der  niederlage 
LoGAU  2,  216,  30  {feinde  der  schönkeit). 

Y)  mit  bezug  auf  eine  ins  wunderliche  veränderte  ge- 
müthsstimmung  sagt  man  ihn  stechen  die  grillen 
U.S.W.:  wann  einer  tauben  hat  vnnd  jm  sein  ding  vbel 
ansteht,  sagen  wir:  er  hat  mucken,  die  fliegen  stechen 
jn  Frangk  Sprichwörter  (1541)  2,  47»;  o  wie  ein  machtlosz 
gut  gesell:  aber  was  hat  jhn  für  ein  muck  gestochen, 
dasz  er  jetzund,  weisz  nicht  seit  wann,  nichts  als  stu- 
dieren thut?  Garg.  386  neudr.; 

im  kopff  so  stechen  in  die  egeln, 

die  humeissel,  hundsmucken  und  grillen 

Hans  Sachs  17,  36,  21  Keller- Götze ; 
wann  mich  die  grillen  wenig  stechen, 
so  wil  ich  stet  und  muren  brechen 

Murner  narrenbeschv} .  85,  5; 
seit  einigen  tagen 
machst  du  mir  ein  bös  geeicht, 
du  denkst  wohl,  ich  soll  fragen, 
welche  mücke  dich  sticht 

GÖTHE  1,5,  115  Weim.; 
den  dieb,  den  Amor  hat  die  schlimmste  bien  gestochen 

PlKTSCH  (1740)  293. 
^enüber  gröberen  formen  von  gemüthsünderung  wird  ge- 
hat  sie  eine  tarantel  gestochen?  Kotzebue  dramat. 
.2,2.59;    welche   tarantel   hatte   ihn   heute   gestochen? 
F.  Meyer  JUrg  Jenatsch  260. 

<J)  in  sprichwörtlicher  redeuxndung :  kannst  du  den  apfel 
Bwahren,  dasz  ihn  kein  wurm  sticht?   Hippel  über  die 

Cr. 


elie  (1774)  19;  ein  kleiner  wurm  sticht  (oft)  die  schönste 
blume  Lebensläufe  (1778)  8,  l,  170; 

wer  gern  den  honig  klaubt  und  schöne  rosen  bricht, 
muss  leiden,  dass  der  dorn  und  dass  die  biene  sticht 
Rachel  satyr.  gedickte  30  neudr.; 

vgl. :  vnd  der  honig  schlecken  wil,  sich  auch  die  bienen 
stechen  lassen  musz  Amadis  133  Keller; 

die  mucken  singen  vor,  eh  als  sie  einen  stechen 

LoGAU  Sinngedichte  336 ; 
hie  siehestu,  mein  freund,  wie  auf  des  glückes  spitzen, 
auch  in  dem  högsten  staat,  so  fährlich  ist  zu  sitzen, 
wie  grosser  herren  gunst  so  plötzlich  bald  zerbricht, 
wie  leicht  ein  böser  wurm  den  grossen  kürbis  sticht 

Rachel  satyr.  gedickte  68  neudr.; 
ich  hält'  erwägen  sollen,  dasz  die  äpfel 
gewöhnlich  roth  sind,  wenn  der  wurm  sie  stach 

Hebbel  3,  29  Werner  (rubin  1,  10). 

d)  die  schlänge  sticht  aspis  pungit  Steinbach 
2  (1734),  709.  in  der  verfluchenden  anrede  gottes  an  die 
schlänge  des  paradieses:  und  ich  wil  feindschafft  setzen  .  . . 
zwischen  deinem  samen  und  jrem  {des  weibes)  samen, 
der  selb  sol  dir  den  kopff  zutreten,  vnd  du  wirst  jn  in 
die  verschen  stechen  l.  Mos.  3,  15;  vgl.  Hans  Sachs  1, 
46,  10  Keller;  ich  wil  schlangen  vnd  basilisken  vnter  euch 
senden,  die  nicht  beschworen  sind,  die  sollen  euch  stechen 
Jerem.  8,  17;  hier  wie  im  folgenden  auf  dem  hintergrund 
südlicher  landschaft:  wenn  jemand  in  ein  haus  kerne, 
und  lehnet  sich  mit  der  band  an  die  wand,  vnd  ein 
schlänge  steche  jn  Arnos  5,  19;  vnd  wer  den  zäun  zu- 
reisset,  den  wird  eine  schlänge  stechen  pred.  Salom.  lO,  8. 
allgemeiner:  es  sticht  auch  ein  schlang  die  andere  nit 
Heyden  Plinius  (1565)  3  (7,  5) ;  ein  schlang  ist  dem  Weibs- 
bild sehrer  schädlich  und  viel  feindseliger  weder  dem 
mann,  sticht  auch  solche  viel  eher  Hammer  rosen- 
garten  463;  wenn  eine  schlänge  einen  riesen  ...  an  die 
kleine  zehe  stäche,  würde  dieser  gran  gleichwohl  den 
gantzen  leib  einnehmen  Lohenstein  Arminitis  (1689)  i, 
178'>;  dasz  die  schlangen  zuweilen  die  menschen  in  die 
beine  stechen,  oder  tödtlich  verwunden  Jung-Stilling 
3,  423  Grollmann;  noch  immer  glauben  leute,  dasz  die 
giftigen  schlangen  mit  der  zunge  stechen  Hebel  2,  22,  19 
Behaghel ; 

wie  er  muthig  vorwärts  sieht, 
rückwärts  eine  schlang'  ihn  sticht 

RÜCKERT  (1867)  1,  70; 
Blankflora  ruht  in  dieses  grabs  umfange, 
die,  als  sie  spielend  unter  blumen  sasz, 
gestochen  ward  von  einer  gift'gen  schlänge     3,  173. 

ungewöhnlich:  wie  ich  aber  ihrem  {der  schlänge)  kopffe 
zu  nahe  kam,  stach  ich  mich  an  einen  ihren  zahn  in 
den  fusz  mMiz.  maulaffe  (1719)  242.  —  die  ältere  auffas- 
sung  des  blutvmrmes  {haemorrhois)  als  einer  blutschlange 
spiegelt  sich:  schlang,  ein  wurm,  wenn  der  einen  men- 
schen heckt  oder  sticht,  so  plutet  er  sich  zu  tode  emorrois 
Diefenbach  201». 

a)  im  vergleich :  ein  wesscher  ist  nichts  bessere,  denn 
eine  schlänge,  die  unbeschworen  sticht  pred.  Salamon. 
10,  11;  fleuch  für  der  sünde,  wie  für  einer  schlangen, 
denn  so  du  jr  zu  nahe  komest,  so  sticht  sie  dich  Jes. 
Syr.  21,  2;  {vgl.  Hans  Sachs  19,  85,  9  Keller-Götze  und 
Miller  predigten  fürs  landvolk  (1776)  3,  278);  denn  er 
{der  wein)  lieblich  eingeht,  am  letzten  aber  beist  er  wie 
ein  schlänge  vnd  stiebt  wie  ein  otter  Ambach  vom  zu- 
sauffen  .B2»;  affecten  seynd  schlangen  .  .  .  welche  ihren 
erhascher  endlich  gifftig  stechen,  und  tödlich  verwundet 
lassen  Treuer  deutsclier  Dädalus  (1675)  l,  64  {und  öfter); 
dahero  auch  Clemens  Alexandrinus  solchen  {reiehthum) 
denen  schlangen  vergleicht,  welche  den,  der  sie  nicht 
recht  anzugreiffen  weisz,  gefährlich  stechen  und  ver- 
wunden Sperling  Nieodemus  quaerens  (1719)  2,  59  {schon 
im  vollen  bilde); 

die  ärgste  (natter)  sticht 
zweizüngiger  als  du,  o  schlänge,  nicht 

Shakespeare  1,  232  (jtommemacht*traum  3,  8). 

/?)  in  bildlicher  Verwendung:  merck,  wann  der  schlang, 
der  böss  geist,  dir  din  houpt  vergifftet  und  gestochen 
bette  mit  dem  gyffte  der  todsünden  Geiler  von  Keisers- 
berg  bilgersch.  (1512)  16^;  {von  räubern  und  mördem:) 
giftige  Otterbrut,  die  im  Unstern  schleicht,  und  im 
verborgenen  sticht  Schiller  2,  lOO  {räuber  2,  3  schausp.); 

Cr. 


1247 


STECHEN 


STECHEN 


1248 


ja  die  sich  aus  Gosen  schreiben, 

sticht  ein  feurig  ottembisz  (nämlich  der  neid) 

ScHMOLCKE  Schriften  (1740)  1 ,  203 ; 

(der  geitt) :  doch  wisse,  edler  jüngling, 
die  schlang',  die  deines  vaters  leben  stach, 
trägt  meine  kröne  jetzt 

Shake*peare  3,  178  (Hamlet  1,  5) 
{entsprechend  dem  engl. 

the  serpent  that  did  sting  thy  fatber's  life); 
doch: 

die  schlänge,  die  mich  stach, 
trägt  meine  kröne 

Herdek  23,  363  Suphan  (Adrattea  2). 

ich  sorg',  ihr  wärmt  nur  die  erstorbene  schlänge, 
die  euch,  gehegt  am  busen,  stechen  wird 

Shakespeare  2,  218  (Heinrich  VI.  2,  3,  2) ; 

fort  du  schlänge ! 
nicht  stechen  will  sie,  nur  mit  ihrem  anblick 
mich  langsam  tSten 

Kleist  1,  54,  860  E.  Schmidt  (familie 
Schroffenstein  2,  1). 

y)  in  mehr  apriehwörÜicher  redewendung : 

erzürn  jhn  (einen  bösen  u~urm)  ja  beileibe  nicht, 
sonst  mustu  warten,  das  er  sticht 

Krüger  Ciawerts  werckl.  hist.  30  nevdr.; 
auch: 

die  schlänge  sticht  nicht  ungereizt 

Schiller  14,  292  (Teil  1,  3). 

3)  die  sonne  sticht  sol  urit  Steinbach  2  (1734),  709. 
gewisz  auch  eine  Steigerung  gegenüber  der  uendung  'die 
Konne  brennt'  {vgl.  audi  sonne  II  5  d  th.  10,  l,  sp.  1609), 
deren  höhepunkt  aber  Sonnenstich  als  hitzschlag  darstellt 
(vgl.  Sonnenstich  2  th.  10,  l.  sp.  1683);  es  ist  möglich,  dasz 
die  erscheinung  der  icasserziehenden  sonne  die  ausprägung 
unserer  wendung  beförderte,  vgl.  die  wendung:  die  sonne 
sticht  nach  regen  Kramer  dict.  2  (1702),  918  und  ver- 
blaszter:  s'sticht  gar  sehr  nach  regen  G.  Hauptmann 
die  veber  (l,  l).  daneben  die  sonne  sticht  auf  einen  regen 
Kramer  dict.  2  (1702),  839";  tji  diesen  Zusammenhang  ge- 
hört auch  der  vergleich:  und  nun,  da  das  ziehen  der 
harmonika  wie  das  wasserziehen  der  stechenden  sonne 
sein  herz  aufleckte  J.  Paul  22,  212  {Titan  2). 

d)  das  landschaftliche  bild  dieses  Vorganges  ist  deutlicher 
lierausgearbeitet :  den  see  hinauf  wars  trübe  und  die 
sonne  stach  Göthe  III,  2,  179  Weim.;  im  westen  stach 
die  sonne  durch  ein  malerisches  gewölke  Görres  briefe 
(1858)  1,  33;  eine  stechende  sonne  zerrisz  dann  und  wann 
die  dichten,  weiszen  wölken  Zahn  Lukas  Hochstraszer  149; 

dann  wie  die  stechende  sonn'  und  die  streifigen  wölken  am 

himmel 
sicherlich  regen  und  stürm  andeuteten 

Voss  gedichte  (1802)  2,  316. 

b)  im  näehsten  ansdtlusz  an  die  biblische  spräche  {vgl. 
die  belege  oben  th.  10,  l,  sp.  1609),  besonders  aber  an  psalm 
121,  6  bewegen  sich: 

der  herr  ist  dein  schatten  im  land, 

steht  Ober  deiner  rechten  hsmd, 

dass  dich  dess  tags  die  sonn  nit  stech 

Hans  Sachs  18,  474,  2  Keller-Götze; 

das  dich  de»  tags  die  sonn  nicht  stech, 

nochs  nachts  der  mond  dich  auch  nicht  schwech 

J.  Steuri.ein  bei  Fischer-Tümpki.  das  evang. 
kirchenlied  (1903)  1,5; 
damit  die  sonne  dich  den  tag, 
die  nacht  der  mond  nicht  stechen  mag 

S.  Dach  156  Üsterley. 

e)  die  sonne  lieng  an  zu  stechen  Kramer  dict.  2  (1702), 
919*;  die  sonne  sticht  und  trocknet  schnell  Göthe 
30,  148  Weim.  {iial.  reise  9.  okt.  1786) ; 

alles  muRz  hie  ja  vergehen, 
was  di«  klare  sonne  sticht; 
aschen  wird  es,  was  wir  sehen, 
Titan  selber  bleibet  nicht 

Rist  poet.  lustgarten  I)  4 ; 
indem  die  trUinenbftch'  auRs  ihren  äugen  fliesen 
umI  fast,  wie  zarte  sehne  ab  bergen,  sich  ergiesen, 
wan  sie  die  frflhlingssonn  mit  ihren  stralen  sticht 

Rompi.br  von  Löwbnhalt  reimifeUchte  (iM'!)  182; 

Diwi  wenn  dl«  sonne  stiebt,  so  labst  du  mund  und  bruiit 
HorPMANNSWALDAU  gedichte  (1697)  «,  S27 ; 

l«it«  dv  sie  ins  thal  blähender  frühlinge, 
wo  die  sonne  nicht  sticht,  starrend  der  nord  nicht  saust 

Siolbiro  4,  S40: 

Cr. 


wie  oft  gab  uns  dein  schattendach 
erquickung,  wenn  die  sonne  stach ! 

Becker  mildheimisches  liederbuch  (1799)  18; 
f£ngt  die  sonne  an  zu  stechen, 
tapfer  schieszen  gras  und  kräuter 
und  die  bäume  schlagen  aus 

Eichendorfk  1,  258; 
komm,  lasz  uns  lieber  heim,  die  sonne  sticht! 

A.  VON  Droste-HCl.«hoff  (1879)  1,  94. 

mit  adverb.  bestimmung:  heisz  heisz  wie  sticht  die  sonn 
Garg.  150  neudr.;  wann  die  sonne  zu  heyss  sticht  Sebiz 
feldbau  (1579)  138;  ein  dornstrauch,  welcher  des  tages, 
ie  heisser  die  sonne  stäche,  ie  schöner  er  grünete 
Lohenstein  Arminius  (i698)  i,  608*;  auch  wann  die  sonne 
heiss  stechend  scheinet,  und  die  fliegen  und  mucken  sehr 
stechen  Fleming  teutsch.  jäger  (1719)  268;  gewitterhaft, 
und  die  sonne  sticht  sehr  heiss  Göthe  II,  13,  490  Weim. 
(9.  juli  1823) ; 

nun  sticht  die  sunn  so  uberheiss, 
durch  unsem  leib  rindt  ab  der  schweiss 

Hans  Sachs  13,  116  Keller-Götze; 
ein  Volk,  das  auch  verflucht  der  sonnen  helles  licht, 
imfall  sie  etwas  heiss  den  tollen  bregen  sticht 

Rachel  satyr.  ged.  31  neudr.; 
aus  dessen  belme  frische  fluth  mich  labte, 
als  bei^s  mein  haupt  die  tropensonne  stach 

Fkeiligraih  dichtuvgtn  (1870)  5,  16; 

der  gospodarz  legte  sich  mittags,  wann  die  sonne  gar 
zu  sehr  stach,  unter  einen  husch  Viebig  das  schlafende 
heer  (1904)  2,  448; 

wenn  die  sonne  heftig  sticht     Arnim  16,  204. 

d)  die  sonne  sticht  auf  einen  gleichsam,  aus  der  höhe 
herab:  dazu  Hess  er  yhm  die  heyssen  sonne  auff  den 
kopff  stechen,  da  er  keyne  huttcn  mehr  bette  Luther 
19,  242  Weim.;  ein  eisz  zuschmiltzt,  wenn  gott  .  .  .  seine 
sonne  drauff  stechen  lesset  Mathesius  Sarepta  34"; 
als  .  .  .  die  sonn  den  auiT  sein  haupt  stach,  davon  ers 
kratzen  nicht  lengervertragenmochtMoNTANüSÄfÄtcanÄrft. 
31  Balte; 

wan  ich  pin  ie  erduerstet  schier, 
die  sun  stach  auf  mich  der  gcstalt, 
pis  ich  kam  durch  den  Durnger  walt 

H.  Sachs  fastnachispiele  6,  123,  63  Götze; 
laszt  euch  nicht  hindern  an  dem  thun, 
das  aufr  die  haut  euch  sticht  die  sunn 

FiscHART  gliickh.  schiff  11,  332  neudr.; 
wann  wachs  sie  (die  sonne)  findet  nicht  und  hin  auff  leimen  sticht 
LoGAU  Sinngedichte  219,  66. 

mit  adverb.  bestimmung:  vnd  hat  in  die  sonn  so  heisz 
gestochen  vff  sein  haupt,  das  es  zerschmoltzen  ist.  vnd 
ist  in  das  mer  geflossen  Pauli  schimpf  ttnd  ernst  189 
Österley  {vom  schneekind);  so  dem  eichborn  im  sommer 
zä  heiss  werden,  und  die  sonne  zu  scharff  auffcn  rucken 
stechen  wil,  machet  es  jhm  selbs  mit  seinem  wadel  einen 
feinen  külen  schatten  Heyden  Plinius  (.1565)  198;  da  (hat 
sich  erst  die  sonn  mit  jren  feurigen  straimen  herfür, 
versuchet  allgemächlich  jr  hail  und  stach  so  girig  .  .  . 
auf  das  arm  angefochten  mäntelin  Fischart  ehtucht- 
büchlin  139,  10  Hauffen;  die  sonn  begunte  .  .  .  heiss  auff 
ihn  loss  zu  stechen  Bastel  von  der  Sohle  junker 
Harnisch  (1648)  27;  die  sonne  sticht  einen  hart  auf  den 
rücken  Kramer  dict.  2  (1702),  918«. 

e)  aucA  entsprechend  die  hitze  sticht  u.a.:  mit  Scheel- 
sucht blickte  er  {der  ackerbauer)  jetxt  den  segen  des 
hirten  an,  der  ihm  ruhig  gegenüber  im  schatten  weidete, 
wenn  ihn  selbst  die  Sonnenhitze  stach  und  die  arbeit 
ihm  den  schweisz  von  der  sfirne  presrtc  Schiller  9, 
134;  die  hitze  sticht  arg.  bekommen  spät  im  jabr  noch 
ein  gcwitter  heut  trösteinsamkeit  150  Pfuf;  dasz  die  hit* 
dieser  sonnen  einem  jeden,  welchen  sie  gestochen,  nicht 
allein  seinen  leib,  gut  und  blut,  sondern  auch  seine  witz 
gäntzlich  schmöltzcn  kan  Wkckhehlin  ^e</irAfe  1,  68,  n; 

die  sonne  mitten  gleich  am  firmamente  girng 
und  uns  die  hitze  stach  Oni/  i.  l'^^. 

die  gluth  des  mittags  sticht: 

und  wenn  die  miltagsgluth  sie  auf  die  »cheilcl  sticht. 

dient  hohes  gras  im  schallrn  alter  cedcni 

zum  ruheplatz  Wiflani»  22,57  lOfxTo«  -J.  il; 

wo  draussen  regenhlrOm'  ihr  hanr  bald  bodi  m 
des  mittag«  glutben  bald  ihr  antlitz  stechen 

ROCXRRT  I,  xiw 

Cr. 


1249 


STECHEN 


STECHEN 


1250 


vgl.  auch  noch:  die  glentze  der  sunnen  sind  dir  so  nahe 
das  sie  dich  gleich  ynn  die  äugen  odder  auff  die  haut 
stechen  Luther  23,  150,  7  Weim.;  eben  vde  der  veyel- 
stein  sich  vernemen  lasset,  wenn  nach  einem  mey- 
reglein  ein  warmes  sonnenplicklein  darauff  sticht  Mathe- 
sius  Sarepta  (l57l)  123".  —  besonders  aber  noch  heute, 
die  strahlen  der  sonne  stechen  (gleichsam  urie  p/eile  aus 
dem  himmelsgewölk) ;  die  stechenden  strahlen  der  äquator- 
sonne u.  s.  IC.;  die  steinwände  brannten  und  schimmerten 
unter  den  stechenden  senkrechten  strahlen  (der  mittags- 
sonne)  C.  F.  Meyer  Jürg  Jenatsch  3.  vgl.  noch:  und  wie 
im  selbigen  moment  die  strahlen  Phoebi  seltsam  und 
stechend  durch  die  wölken  gedrungen  Keller  l,  55. 

f)  im  künstlichen  bilde  bei  J.  Paul:  nun  tritt  schon 
die  sonne  höher  an  Gustavs  lebenstage  und  föngt  an  zu 
stechen  werke  l,  149  {unsichtbare  löge  l). 

g)  in  diesen  bedeutungskreis  fügen  sich  auch  die 
stechenden  flammen,  welche  z.b.  aus  geschmolzenem 
guszstahl  herausfahren,  vgl.  flammen  stechen  aus  allen 
zweigen  Schönaich  die  ganze  aesthetik  in  einer  nusz  338,20 
neudr.;  und  sterne  entzündeten  sich  wie  kleine,  spitze, 
stechende  flammen,  und  blieben  da  zuckend  und  flim- 
mernd Kahlen  BERG  Eva  Sehring  (l90l)  25.  ähnlich  auch 
die  stechenden  funken,  welche  aus  einer  elektrischen  batterie 
herausspringen  und  zunder  in  brand  setzen  Lichten- 
berg briefe  2,  7.  —  doch  m^hr  in  dem  sinne  von  hervor- 
stechend, die  aufmerksamkeit  der  beschauer  auf  sich 
ziehend:  bläuliche  lichter  schwebten  grosz  und  ruhig 
über  den  fahrdämmen,  fahlgrüne  stachen  über  hotel- 
eingängen  Frey  in  licht  und  schatten  l,  3. 

i)  erwähnung  finde  hier  auch  a)  stechender  athem, 
der  scharf  und  beiszend  atcs  dem  munde  kommt,  tcie  bei 
einem,  kranken :  er  hatte  .  .  .  kaum  die  kraft,  den  stechen- 
den athem  zu  schöpfen  Kleist  5,  122,  27  Schmidt  (vom 
13.  sept.  1800) :  vgl.  so  wird  der  athem  deines  lebens  schwer 
und  stechend  über  deine  lippen  dringen  Klinger  theater 
(1790)  2,  164  {Damocles  5).  —  b)  stechender  geruch, 
d.  i.  geruch,  der  in  die  nase  sticht  u.  a.  entsprechende 
fügungen:  die  conzentrierte  (säure)  hat  stechenden  ge- 
ruch Liebig  handbuch  der  chemie  (1843)  242;  es  ist  mir, 
als  röche  ich  noch  ihren  (der  hände)  süszen  duft  und  er 
dränge  mir  stechend  ins  äuge  Heine  4,  94  Elster  (salon  l). 
(ähnlich:  scharfer  märzicind,  der  einem  so  herb  in  die 
nase  sticht,  dasz  es  darnach  wässert  maler  Müller 
(1811)  3,  395  und  unten  unter  8".)  —  c)  anders  stechender 
geschmack,  welcher  auf  eigener  zunge  sich  bemerkbar 
macht,  dem  entspricht  der  bittere  geschmack  und  die 
stechende  hitze  auf  lippen  und  zungen  beim  kauen  des 
türkischen  opiums  vgl.  Ritter  erdkunde  (1822)  6,  795. 

5)  stechende  schmerzen  des  körpers,  welche  wirk- 
lichen nadelstichen  gleich  den  physischen  menschen  peinigen 
und  quälen  (vgl.  unten  21/).-  er  (der  zitwar,  curcuma  zedoa- 
ria)  ist  guot .  .  .  für  etleich  stechent  smerzen  Megenberg 
426,  9;  ein  gross  stechender  schmertze  an  nieren  Nigri- 
NüS  1071  Zauberern  (1592)  80;  aber  Marie  empfand  am 
linken  arm  einen  noch  stechendem  schmerz  als  vorher 
E,  Th.  A.  Hoffmann  (1900)  6,  292;  ein  dumpfer'druck  über 
der  herzgrube,  der  zum  stechenden  schmerze  wuchs 
Ludwig  l,  313  (zidschen  himmel  und  erde);  einen  leise 
stechenden  schmerz  im  äuge  Keller  7,  ll  (Sinngedicht  l) ; 
ich  ...  empfand  plötzlich  einen  stechenden  schmerz  in 
den  äugen  Ebner-Eschenbach  4,  434;  auch: 

wie  ihm  der  wilde  schmerz  in  fnsz  und  schenke!  rücket, 
beiszt,  brennt,  nagt,  reiszt  und  sticht 

V.  König  gedichte  (1715)  116; 

wer  erleichtert  dir  den  schmerz  der  gicht? 
wenn  sie  oft,  wie  vipemzähne  nagen, 
dich  in  deine  sohlen  sticht 

Schubart  ged.  2, 132. 

ähnlich  das  stechent  wee  Mynsinger  von  den  falken 
(1863)  41.  in  älterer  zeit  nocJi  mehr  als  wirkliche  krank- 
heit  vorgestellt:  für  .  .  .  des  leybs  zerend  und  stächend 
kranckheit  ist  bibergeylin  gut  Gesner  thierbuch  (1563)  26 
(kranckheiten,  die  nemlich  nit  stechende  seyn  Schupp 
768),  durunter  besonders  das  Seitenstechen  pleuritis  (s.  th.  10,  l, 
»p.  398) ,  gegen  welches  noch  spät  blätter  und  f nicht  des 
Stechapfels  (*.  oben)  als  beliebte,  aber  gefährliche  Volks- 
medizin in  antcendung  gebracht  wurden:  es  sticht  mich  in 

X.  2.  Cr. 


der  Seite  Kramer  dic^  2  (1702)  918<=;  ach  mein  Hebamme, 
es  ist  mir  beut  in  eyn  selten  geschossen  und  sticht  mich 
so  hart,  das  ich  ^lab  frey  gemeinet,  es  werd  mich  umb- 
bringen  Schumann  nachtbüchlein  (1559)  iio  Bolte; 

lässt  kein  kurfürst  nach  mir  fragen, 
ob  mich  noch  die  beine  tragen, 
ob  michs  in  der  seite  sticht? 

Stoppe  Pamats  (1735)  236. 
seltner  findet  sich: 

mein  seitten  sticht  mich  an  dem  end 

Hans  Sachs  6, 149,  25  Keller-Götze. 

von  der  milz:  das  miltz  sticht  mich  Kramer  dict.  2  (1702), 
918"=;  das  milz  sticht  ihm  lien  illum  quasi  pungendo  tor- 
qtiet  Frisch  l,  663"=;  besonders  beim  laufen,  deshalb  der 
glaube,  berufsläufer  lieszen  sich  die  milz  ausschneiden 
(doch  vgl.  milz  3  th.  6  sp.  2220) :  ich  will  nur  erst  gehen, 
und  mir  die  milz  ausnehmen  lassen,  damit  ich  hurtig 
laufen  kann,  denn  die  sticht  mich  verhenkert  J.  E.  Schle- 
gel (1761)  3,  558  (pracht  zu  Landheim  3,  2); 

lieber,  sticht  dich  das  milz  nicht  auch, 
wann  also  laufst  mit  praitem  hauch? 

Fischart  ehzuchtb.  162,  27  Hauffen; 
ich  lag  und  schlief;  da  ßel  ein  böses  lieber 
im  schlaf  auf  mich  daher, 

und  stach  mir  in  der  brüst  und  nach  dem  räcken  über 
Claudius  3,  158  (nach  der  hrankheit). 

vgl.  dazu  die  auch  für  die  übrigen  fälle  ähnlich  gebräuch- 
liche scherzrede :  (Johannes)  eben  die  alte  geschichte.  stiche 
in  der  brüst.  (Braun)  stich  wieder,  Hans!  Hauptmann 
einsame  menschen  (1891)  s.  8  (akt  l]  —  ein  gesunder  und 
starker  bauer  .  .  .  klagte  abends,  dasz  es  ihm  in  der 
Schulter  stäche  hannov.  wMgaz.  (1782)  498;  die  folge  eines 
stechenden  kopfschmerzens  Iffland  l,  217  (verbrechen 
aus  ehrsticht  4,  6);  halt  ein,  mir  wird's  eng  um  die  gur- 
gel,  es  sticht  mich  im  köpf,  ich  werde  närrisch  Auer- 
bach neues  leben  (l87l)  2,  21 ; 

der  honig  ist  für  kranke, 
wenn  sie's  im  halse  sticht 
Hoffmann  von  Fallersleben  gedichte*  204. 

die  wunde  sticht:  dasz  die  vernarbte  wunde  an  dem 
arm  .  .  .  noch  sticht  Hebel  3,  234; 

Otko:  schmerzt  dich  die  wunde? 
.Siegfried:  ja,  sie  sticht 

TiECK  werke  (1828)  2, 130  (Genoveva) ; 

vgl.  den  stechenden  schmerz  einer  alten  wunde  C.  F. 
Meyer  Jürg  Jenatsch  löO;  stechender  grind  scabbia  pun- 
gente;  impetigine  Kramer  dict.  2  (1702),  919».  auch  das 
hühnerauge  sticht,  wenn  sich  das  wetter  ändern  will 
(S.  Andreasberg  am  Harz  (mündlich),     allgemeiner: 

so  ofts  in  schaden  wtietet  und  sticht, 
kSmpt  er  (der  wundarzt)  in  engeis  gestalten 
MoRHOF  Unterricht  von  der  deutschen  spräche  (1682)  1,  345. 

a)  zu  der  übertraffung  auf  seelische  schmerzen  ist  nur 
ein  schritt,  um.  so  leichter  gethan,  als  hier  die  bilder  von 
den  stechenden  dornen  des  lebens,  von  der  feindlich  züngeln- 
den schlänge  u.  s.  w.,  immer  icieder  anregend  zur  seite  stan- 
den: aber  es  thut  mir  wehe  im  hertzen.  vnd  sticht 
mich  in  meinen  nieren  ps.  73,  21 ;  es  drückt  mich  hier  so. 
es  sticht  mich  so  Göthe  li,  109,  3  Weim.;  ich  er 
kenne  gleich  in  jedes  menschen  herz,  was  ihn  stiebt 
briefwechsel  mit  einem  kinde  (1835)  3,  164;  Alpin's  guter 
Wille  war  gewesen,  abzuzwingen,  was  in  ihm  stach, 
bohrte,  brannte,  trotz  alledem  wieder  in  Ogdal's  haus 
einzutreten  Vischer  auch  einer  l,  217; 

was  ist  denn  nun,  das  euch  so  sehr  im  leibe  sticht 

Rachel  satt/r.  gedichte  141  neudr.; 

wie  stach  es  nun  mein  herz! 

wie  schmerzte  michs  im  innersten  I 

Herder  12,238  Suphan; 

was  ist  das?  wie  sticht's  und  schneidet 
und  unendlich  foltert's  mich ! 
Göthe  16,  358  Weim.  (des  Epimenides  erwachen  1, 14); 

schon  (wie  vom  schmerze  eines  pfeilschusses) : 

da;  mich  noch  sticht  als  e;  dö  stach 

Walther  von  der  Vogelweide  54,  25. 

das  schmerzende  genauer  bezeichnet:  stechende  Sehnsucht 
nach  meinem  weib  und  kindern  Schubart  briefe  2,  66 
Strausz;  der  geliebten  weh  . . .  stechend  im  busen  fühlend 
FouQUE  altsächsischer  bildersaal  (1818)  2,  401 ; 

79  Cr. 


1251 


STECHEN 


STECHEN 


1252 


vgl. 


wie  stechend  ist  dein  schmerz 

HALJ.ER  gedichU  179; 

dennoch  stach 
ihn  die  angst  bei  nacht  und  taj; 

Stolbkrg  1,  850; 

nur  augenblicks  mScht'  ich  den  jaramer  dänipren, 
der  stechend  schwer  mir  auf  dem  buaen  liegt 

GÖTiiE  IG,  808  Weim.  {maskenzug  v.  655). 
aclion 

sfner  chlage  smerze 
stach  in  an  da;  herze 

Genesig  (Jundgruben  40,  12), 


stechendes  gewissen  t«.  ö. :  wann  mich  aber  gewissen 
stechen  wolt,  kündte  ichs  warlich  nit  erleiden  Jon.  Nas 
antipap.  eiivf  und  hundert  (1567)  1,  123*; 


vgl. 


ich  theile  gewiszlich  mit  denen  die  drum  wissen, 
das  stechende,  beiszende,  böse  gewissen 

Brbuland  5,  83. 

das  thflt  mir  wehe  im  hertzen  mein, 
und  sticht  das  gwissen  hart  in  mir, 
das  ich  für  dir  ein  narr  m&ss  sein 

Waldis  pmUer  (1553)  185»  (ji?.  73) ; 


denn  gott  hat  mich  dem  stechenden  zweifei  entrissen 
Schubart  l^ben  und  gesinnungen  l,  117;  das  bewusztseyn, 
nicht  sich  allein,  sondern  auch  eine  gute,  ganz  unschul- 
dige seele  durch  sich  unglücklich  gemacht  zu  haben, 
ist  das  stechendste  von  allem  Miller  briefwechsel  (i778) 
1,  453;  dann  ruhte  er  in  jenen  stillen  ländern  aus,  wo 
er  ohne  stechende  bedürfnisse  und  ohne  sengende  leiden- 
schaften  auseinanderflosz  in  die  träumende  ruhe  des 
Braminen  J.  Paul  7,  174  (Hesperust);  er  risz,  von  er- 
innerung  gestochen,  das  äuge  davon  weg  104  {Hespe- 
rus  l),  soicie  einer,  etwa  von  der  tarantel  gestochen, 
plötzlich  aufgeschreckt  icird  (vgl.  oben  unter  2  c);  das 
ewig  stechende  gefühl  meines  Verlustes,  meines  allein- 
seins!  Pückler  brieftcechsel  und  tageb.  (1873)3,171;  der 
gedanke  an  Ludmilla,  der  ihn  seit  gestern  abend  nicht 
gestört,  stach  ihn  mitten  in's  herz  Holtei  erzähl. 
Schriften  36,  83.  sogar:  wenn  dir  keine  böse  handlung 
in  der  brüst  sticht,  sey  unbekümmert  Hippel  lebens- 
läufe  (1778)  3,  1,  1&5,  1C0ZU  zu  verghiclien  ist:  es  ist  kein 
bösewicht  auf  der  erde,  den  nicht  .  .  .  das,  wodurch  er 
ihm  {seinem  gegner)  im  leben  wehe  that,  jetzt  im  herzen 
steche  und  nage  Herder  17,  21  Suphan. 

b)  das  zu  gründe  liegende  bild  deutlicJier  gemacht:  das 
grosz  Unglück,  so  mich  mit  seinen  nadlen  hat  gestochen 
Schumann  nathtbüchlein  (1559)  195  Balte;  brieffe  ein  yeder 
sich  selber,  ob  er  nit  ein  creutz  hat  oder  mit  solchen  nadlen 
gestochen  wirt,  das  er  ihm  offt  vil  lieber  wünschet  todt 
zu  sein  195;  vgl.  nadeln,  sie  stachen  mich  in  der  nacht, 
ich  konnte  nicht  ruhen,  mein  gewissen  stach  mich 
Brentano  (1858)  4,  141  (tagebiich  der  ahnfrau),  %co  der  ge- 
danke vom  wirklic/ien  Vorgang  bis  zur  bildlichkeit  gestei- 
gert wird  —  die  gottlosen  werden  von  ihrem  gewissen 
immer  als  wie  von  einer  scharpffen  ahlen  gestochen 
Abraham  a  S.  Clara  eticas  für  alle  (1699)  2,  18; 


vgl. 


trotz  der  Selbstsucht  heissem  grimme, 
die  sein  herz  mit  schwerdem  sticht 

SCHILLBR  1,  364; 

si  wurden  gewar  des  smerzen 

als  si  ein  swert  stäche, 

und  da  von  ir  her/,  /erbräche 

MoNE  »chautptele  1,  235,  761  (der  gpiegel) ; 

nur  uxnig  anders  zu  werten  sind:  der  stachcl  der  be 
trügerei  beginnt  mich  hart  zu  stechen  Crei/enach  schau 
»pieU  engl,  comöd.  168,  9  {bestrafter  brudermord  3,  1) ;  vgl 
da  that  ich  mir  gewalt  an,  mocht'  es  bohren,  brennen 
stechen  wie  gift  und  feuer  Holtei  erzähl.  Schriften  5,  181 
6)  die  zunge  hü  cht  mit  feindlicher  rede  den  näcfisten 
(wie  eine  schlänge  nach  der  volksmeinung  mit  der  tunge 
gifüg  stieM):  dieweil  .  .  .  seine  gifTtigc  zunge  und  fedor 
nur  hohe  haubter  und  grosse  Icuto  zu  stechen  ist  ge- 
wohnet J.  Rist  friedeiDÜnsehentUs  Teutschland  (1648)  17; 
ruhmlos  nenne  aber  ich  die  boshafte  zunge,  die  in  der  hallo 
nach  dem  gastfreund  sticht  Frbytao  8,  84  {ahnen  l,  l); 

wenn  Mn«  zungen  stechen, 
mir  ^limpf  und  namen  brechi-n 
to  will  ich  z&hraeu  mich 
P.  Gbriiardt  bei  Fisciiir-TOmpbl  kirchentied  8,  809; 

Cr. 


und  achte  nicht, 
wenn  manche  lästerzunge  sticht 

Günther  gedickte  (1735)  ^l ; 
wann  dich  die  lästerzunge  sticht, 
so  lasz  dir  dies/,  zum  tröste  sagen : 
die  schlechtsten  frUchte  sind  es  nicht, 
woran  die  wespen  nagen  Bürger  77». 

seltener  mit  der  zunge  stechen  {auch  vorausgesetzt  von): 
bändige  deine  zunge,  um  im  geltenden  augenblick  tiefer 
zu  stechen  Klinger  (1809)  l,  198  {Elfride  i,  1); 

die  ihr  uns  betrugt  mit  glatter 

haut  und  mit  der  zunge  stecht! 

Rückert  (1867)  8,  177; 
weniger  feindlich  als  scharf:  Zeugnisse  seiner  kühnen 
und  stechenden  zunge  Justi  Winckeltnann  (1866)  l,  49. 
mit  Veränderung  des  ztigrunde  liegenden  bildes:  sie  hat 
ein  maul  das  haut  und  sticht  —  wie  ein  schweizerdegen 
Kirchhöfer  »c/nceizcrwcÄe  sjM-ttcAjrörter  48;  vgl.  ■wer  un- 
vorsichtig er  aus  feret,  sticht  wie  ein  schwert,  aber  die 
zunge  der  weisen  ist  heilsam  spr.  Sahm.  12,  18. 

a)  da7in  auch  Worte  stechen  tcie  die  dornen  am  tceges- 
rand.  diese  wort  stachen  ihn  gewaltig  queste  parole  lo 
punsero  vivamente  Kramer  dict.  8  (1702),  918'=; 

wann  die  wort  stechen  und  beissen, 
verschonen  weder  arm  noch  reich 

Hans  Sachs  13,  681,  18  KeUer-Qötze. 

das  zu  gründe  liegende  vergleicJismoment  liervorgehoben: 
also  stechen  uns  die  dorn,  das  seind  böse  wort  und 
wercke  der  menschen  Luther  l,  696  Weim.  vgl.  auch: 
ein  Spruch  in  eins  narren  mund,  ist  wie  ein  dorn- 
zweig, der  in  eins  truncken  band  sticht  spr.  Salom.  86,  9. 
—  stechender  witz  u.  a.,  durchaus  unterschieden  vom 
scharfen  witz:  nicht  durch  witz  und  stechenden  Scharf- 
sinn zeichnen  sich  diese  werke  aus  Herder  23, 431  Suphan; 

ein  witz,  dem's  nie  an  reiz  gebrach, 
zu  stechen  oder  liebzukosen 
gleich  aufgelegt 
S.  VON  Laroche  fräulein  von  Stemheim  (1771)  1,  140; 

deine  zweifei  wurden  stechender  Klinger  5,  31  {Oiafar); 
wir  .  .  .  verdienen  die  stechenden  vorwürfe  der  Zeitge- 
nossen ebenda  4,  257  {Raphael) ;  oder  sind  sie  der  glück- 
liche mann,  den  lob  und  tadel  weder  kitzelt  noch  sticht? 
Müller  Siegfried  von  Lindenberg  1,  183;  und  noch  später 
muszte  man  annehmen,  dasz  Zeuxis  ihm  seine  prahlerei 
mit  der  stechenden  antwort  vergolten  hat  H.  Meyer 
gesch.  d.  bild.  künste  (1824)  2,  150;  um  dieser  stechenden 
behauptung  auszuweichen,  sieht  man  jene  armen  herren 
sich  wie  raupen  krümmen  Börne  (1829)  5,  154; 

so  schwatzt  ein  blinder  narr,  den  meine  Schriften  stechen 
Nbukirch  gedickte  (1744)  166; 

hauen  und  stechen  führt  deutlich  in  ein  anderes  bild 
(s.  oben  1  b  a): 

ob  Ciceronis  red  gleich  hawen  kaji  und  stechen, 
doch  wird  man  jhn  nit  mehr  als  für  ein  redner  rechen 
ZiNKGREF  gedickte  46  neudr.; 

heutiges  tags  hewet  und  sticht  dieser  text  auch  umb  sich 
und  schleget  zu  boden  alle  secten  Luther  28,  546,  23  Weim. 

b)  weiterhin  wieder  in  die  persönliche  Sphäre  stärker 
gerückt:  einen  stechen  mit  werten  Kramer  dict.  8  (1709), 
918*;  irt«  »min  mit  einem  messer,  degen  u.  a.  einen  sticht: 
wie  ein  könig  von  Cipri  .  .  .  von  einer  edcln  frawen  mit 
Worten  gestochen  {da  una  donna  trafitto)  was  Arioo 
decamerone  49,  20  Keller;  diser  supponfresscr  wolt  gesehen 
sein,  stach  mit  bösen  werten  wider  hinumb  Wickram 
2,  153,  11  Bolte;  hat  er  den  Philippum  herwiderumb  mit 
Worten  gestochen  Xylander  Polybius  (1574)  602; 

hör',  wie  verächtlich  sie  zu  deinem  nachteil  spricht, 
sie  kenne  weder  dich  noch  deine  matter  nicht: 
lästu  so  lästerlich  mit  Worten  auf  dich  stechen? 

IIokfmannswai.dau  ged.  (1697)8,41; 

'sie  {die  armuUt)  hat  mich  bcrichf,  dasz  ich  bin  under- 
weist,  weliche  wäre  und  stet  freunt  seind.'  da  lacht  der 
kaiser  und  sprach:  'du  wilt  vielleicht  uns  mit  dem 
Spruch  stechen,  ob  wir  ein  rechter  freunt  sein,  und 
gute  gunst  an  dich  legen  wollen'  SiOM.  Mbistkrlin 
Nilrnb.  chron.  v.  1488  {deutitche  atädtechron.  8,  97,  18);  die 
klügling  und  witzbold,  di«  cyner  jeden  lausz  ein  schAh 
messen  odder  anthön  köndon,  sticht  man  mit  diesen 
Sprichwörtern  Franck  spriehteOrier  (I54i)  >,  34';  damit 
{mit  dtm  spriehwort   nach    gelauffnem    weg   wegzemnf 

Cr. 


1253 


STECHEN 


STECHEN 


1254 


suchen)  sticht  man  die  alten  geitigen  und  gotlosen  .... 
die  büsz  wollen  thün,  so  es  schon  ausz  ist  ebenda  5*; 
pass.:  wird  Aiax  mit  sittigen  werten  Ulyssi  gewaltig  ge- 
stochen Wickram  8,  163.  — -  einen  mit  vorwürfen  stechen 
H.  ä. :  die  unküstigen  .  .  .  die  den  abwesenden  schadent 
und  si  stichent  mit  nächred  üegenberg  281,  9;  der  dritter) 
durch  ein  tüchtig  straffen  eines  andern  gestraft  und  ge- 
stochen wart  Arigo  decamerone  44,  14  Keller;  (vgl.:  sticht 
damit  jene  falsche  lerer,  als  solt  er  sagen,  predigen  sie 
euch  etwas  anders,  so  mus  es  ja  nicht  von  Christo 
empfangen,  sondern  jr  eigen  trewme  und  geticht  sein 
Luther  6,  216*);  soll  ich  mich  mit  dem  vorwürfe  stechen 
lassen,  ich  gösse  alle  macht  und  schätze  über  unser  haus 
allein  aus  Klinger  7,  103.  —  beissen  und  stechen  machen 
das  zu  gründe  liegende  bild  etwa  von  verfolgenden  mücken- 
schuärmen  deutlicher:  umb  des  willen  das  er  in  und  die 
andern  geytigen  münche  mit  also  tüchtigen  werten  ge- 
stochen und  gepissen  het  Arigo  decamerone  43,  37  Keller, 
ganz  undeutsch  der  anlasz  im  genitiv:  Wilhalm  Vorsiere 
mit  etlichen  hübschen  tüchtigen  werten  her  Erminio 
Grimaldi  venn  Genoua  seiner  geitikeit  sticht  und  peisset 
ebenda  47,  26;  wie  Bergamino  .  .  .  den  abt  .  .  .  einer 
geytikeit  sticht  und  mit  werten  peyset  ebenda  44,  2. 

a)  zuletzt  auch  blosz  einen  stechen:  er  (Jesus)  sticht 
sonderlich  mit  Judeos,  qui  putabant  se  optime  facerent 
Luther  27,  202,  13  Weim.;  sie  vergündten  mirs  alle, 
stachen  mich  heimlich  (mordere  clanculum),  aber  ich 
achtete  nichts  Boltz  Terenz  (1539)  40^;  jedoch  lasset  es 
sich  ansehen,  das  Paulus  hie  an  diesem  ort,  sonderlich 
auff  die  gesehen,  vnd  sie  stechen  habe  wollen,  die  zu- 
vor Juden  gewesen  Gretter  erlclär.  der  ep.  Pauli  an  die 
Söwi^r  (1566)  885 ;  man  kann  niemanden  stechen,  ebne 
dass  die  band,  wenigstens  heimlich,  mitzuckt  A.  v.  Droste- 
HClshoff  briefe  an  Levin  Schücking  (1893)  273; 

so  es  darzu  wurdt  kummen, 
darnach  ich  yetz  fast  schrey, 
das  ich  an  jm  wirdt  rechen, 
wie  er  mich  yetz  thut  stechen 

Forster  teutxche  liedlein  27  neudr., 

vgl.  den  burschen,  den  sie  .  .  .  liebt,  se  stechen!  Vischer 
auch  einer  (1879)  1,  198; 

also  du  deinen  nächsten  gestochen  hast, 
dardurch  er  kommen  ist  in  angst  und  last 

hlatt  von  1622  (deutsches  leben  der  Vergangenheit 
in  bildern  2,  269  Diederichs) ; 

zum  dritten  sticht  er  (Karlstadt)  meuchlings  und  will 
uns  dargeben,  alls  lereten  v.'yr,  das  sacrament  empfahen 
one  wort  und  glauben  Luther  18,  194,  lO  Weim.  selten 
auch  sich  stechen  an  einem : 

ein  seltzam  eul,  der  Eulenspiegel, 
an  dem  man  sich  sticht,  wie  am  igel 

Fischart  Eulentpiegel  207,  5516  Hanffen. 

ß)  auf  einen  stechen,  tcie  etica  der  reiter  vom  p/erde 
herab  auf  den  gegner  sticht  oder  der  vogel  aus  der  luft 
auf  seine  beute  stöszt;  auf  jemand  stechen,  motteggiare, 
bisticciare  uno ;  pungerlo  facetamente  Kramer  dict.  2  (1702), 
918*,  dabei  stärker  als  sticheln,  welches  mehr  auf  ver- 
steckte anspielungen  geht  und  nicht  zwingt,  offenes  visier 
zeigen  zu  müssen,  vgl.  stachlicht;  wann  einer  auff  alle 
leut  sticht  acritudo  morum,  Corvinus/o»i«  latin.  (1646)  7; 

auch  sieht  man  hie,  wie  die  stieffvätter 

gar  selten  sind  getrewe  thäter 

den  stiefTkinden,  nur  auff  sie  stechen 

H.  Sachs  8,  594,  20  Keller-Götze, 
in  eine  ganz  andere  hildsphäre  ist  der  gedanke  gerückt  von 
Mathesius:  wie  es  auch  sehr  vbel  zugehet,  . .  .  wenn  die 
hertzen  getrennet  sind,  vnd  .  .  .  einer  sticht  oder  hekelt 
luff  den  andern,  wie  die  gifftigen  würme  Sarepta  220'',  ico 
"lieh  die  gröszere  stärke  von  stechen  gegenüber  sticheln 
'echt  anschaulich  wird,  allgemein  vom  angriff  mit  geistiger 
icaffe:  bette  ich  geirret  und  ir  ein  christlich  werck  bettet 
thun  wollen,  .  .  .  se  solt  ir  mich  brüderlich  unterweyst 
'laben,  ee  ir  also  öffentlich  auff  mich  stechet  Luther  15, 
•:J6, 28  Weim. ;  wann  sie  (die prediger)  suiiderlich  vil  stächen 
vff  oberkeit  vnd  priesterschafft,  das  gefalt  dem  gemeinen 
man  wol,  aber  ist  gyfft,  hüt  dich  Eberlin  von  GOnz- 
BURG  1,61  neudr.;  es  vermeynen  etliche  (prediger)  das 
es  jhnen  gar  wol  anstehe,  wann  sie  auf  die  bischoffe 
vnd  praelaten  stechen  Aeg.  Albertinus  zetöfcürzer  (1608) 

Cr. 


88;  gewisz  nieht  unbeeinfluszt  von  der  kampfessprache  der 
reformationszeit  schreibt  Gervinus  ;  auch  Jean  Paul  dachte 
ganz  frei  in  religiösen  dingen,  er  stach  schon  in  den 
grönländischen  precessen  auf  Lavater  und  auf  die  ortho- 
doxen geschichte  der  poet.  nationalliteratur^  5,  329.  einen 
für  solchen  kämpf  schlecht  gerüsteten  aber  trifft  die  redens- 
art:  was  sei  ich  aber  hier  antwortten,  denn  eben  das 
sanct  Augustinus  seinen  Pelagianis  anwert,  die  auch  mit 
dem  streern  spiesz  auff  yhn  stechen  Luther  7,  343  Weim. 
—  feindlich  von  einem  sprechen,  ihn  anschicärzen  u.  ä.: 
dessgleichen  hat  er  auch  auff  den  Alexandrum,  der 
des  königs  leib  pfleget,  wo  er  dessen  mocht  einen  füg 
haben,  gestochen  Xylander  Polybius  (1574)  257; 

mich  an  meins  herren  weih  zu  rechen, 
weil  sie  gar  hessig  auf  mich  sticht, 
vil  hadern  peim  herren  mir  zu  rieht, 
das  er  mich  teglich  an  thüet  schnarren 

H.  Sachs  fastnachtspiele  7,  160,  471  Götze; 

ja  es  wird  auch  in  der  gemein 
der  diener  keine  eintracht  sein,  .  .  . 
dieweil  eins  auff  das  ander  sticht 

Ringwaldt  lauter  uahrheit  224, 

womit  sich  der  begriff  unseres  Wortes  schon  abschicächt 
und  zuletzt  sich  vo7i  sticheln  nicht  mehr  viel  unterscheidet: 
der  alte  Odoardo  hat  zwar  von  einem  aufgeschnittenen 
auf  dem  buckel  zuvor  geredet,  aber  ich  hoff  nicht,  dass 
er  etwann  dabey  auch  auf  mich  gestochen  hat  Hafner 
lustspiele  (1812)  l,  192  (Ha7isicttrst  und  Crispin  2,  12); 

der  fürst  lacht  heymlich  dieser  sach, 
dann  er  wol  merckt  auff  wen  er  stach 

Fisch  ART  Eulenspiegel  411,118  Haufen; 
es  finden  menschen  sich,  die  gerne  schimpflich  sprechen, 
und  wo  es  sich  nur  schickt,  auf  andre  leute  stechen 

Grob  versuchgabe  (1678)  25  (51). 

besonders  wenn  der  gegenständ  eine  suche  und  nicht  eine 
person  ist:  auf  etwas  stechen,  alludere  ä  qualche  cosa  in 
un  discorso  Kramer  dict.  2  (1702),  918<=;  auf  eines  geitz, 
Unzucht  stechen  ebenda; 

ob  gleich  darauf  (auf  die  gelehrsamkeit)  der 

Neidhard  sticht, 
man  musz  es  lachend  leiden, 
denn  hierauf  ist  sein  thun  gericht, 
die  kfinste  zu  beneiden 

Nelmark  lusticäldchen  (1657)  1,  146. 

auch  das  subject  zieht  sich  in  den  kreis  des  bildlichen  zu- 
rück, die  neuere  spräche  übt  hier  aber  völlige  enthalt- 
samkeit: 

on  zal  auch  der  anfechtung  sind, 
so  stechen  auff  der  menschen  kind 

H.  Sachs  7,  307,  17  Keller-Götze; 
leyden,  trübsal,  stichred  und  spot 
von  schnür,  eiden  und  den  ehalten: 
das  stiebet  alles  auff  die  alten 

7,  445,  23  Keller-Götze; 
also  kan  des  menschen  grämen 
nichts  von  seinem  leiden  nehmen, 
wenn  es  gifftig  auff  ihn  sticht 

S.  Dach  187  Oetterley; 


lass  nur  die  missgunst  immerhin  . 
auf  dich  zu  stechen  sich  bemühen 


473; 


es  stehn  und  lauschen  viel,  faist  wie  in  Plutons  höhlen, 
und  sagen  ungescheut  von  meiner  matten  seelen, 
wenn  etwan  ungefehr  ein  Unfall  auf  mich  sticht 

Neumark  lustw.  (1657)2,4; 
lass  nur  die  missgunst  immerhin  .  .  . 
auff  dich  zu  stechen  sich  bemühen 

Königsberger  dichterkreis  248  neudr. 

y)  seltner  sirul  andere  fügungen;  so  wird  in  einen 
stechen  besonders  von  der  verbalinjune  gebraucht:  se  gäbe 
ich  mich  bei  ifg.  klar  an,  dabei  nicht  zu  sein,  sondern 
bald  davon  zu  reiten,  und  ifg.  werden  befinden,  in  wen 
sie  gestochen  haben  Schweinichen  denkicürdigk.  l,  309 
Oesterley ;  vgl.  ergo,  sie  werden  sehen,  in  wen  sie  ge- 
stochen haben  Ayrer  proc.  2,  10;  das  bild  auf  einen  be- 
sonderen Vorgang  neu  gegründet:  wenn  ihr  ihn  (Jesus) 
durch  eure  sünden  wieder  kreuziget  und  tödtet;  ihr 
werdet  sehn,  in  welchen  ihr  gestochen  habt,  und  zittern 
Miller  predigten  fürs  landvolk  (1776)  l,  53.  —  das  moment 
des  feindlichen  verstärkt  nocit  wider  einen  stechen :  auss 
dieser  rott  haben  sich  etlich  jhr  maul  vbereylen  lassen, 
vnnd  mit  schendworten  sich  vertediget  .  .  .  solche  lingua 
dolesa  hatt  wider  mich  auch  gestochen  Paracelsus  l 
(1616),  252«. 

79*  Cr. 


1255 


STECHEN 


STECHEN 


1256 


7)  stechende  äugen,  ufie  wenn  achlangen  aus  ihnen 
hervorachöasen  und  stächen;  eine  erat  durch  die  neuere 
romancharakteristik  besonders  gepflegte  toendting.  ihre 
Schönheit  Jiat  in  d^r  älteren  spräche  nichts  entsprechendes, 
nur  der  wundervolle  altnordiscJie  ormr  i  auga,  der  glanz- 
volle scJtarfe  blick  der  heldeng eschlechter  {und  insbesondere 
als  beiname  damit  geschmückt  Sigurdr  ormr  i  auga  Rag- 
narsson)  läszt  sidi  hier  lieran ziehen  ; 

gtol  v^ro  augo  sem  yrmlinge    RigsPula  34,  7 ; 
dem.  gegenüber  Gerings  Übersetzung : 

die  Schlangenaugen  schleuderten  blitze. 
fast  noch  zu  schwach  ist.  vgl.  dazu  Saxos  bemerkung: 
acritas  visus  ortus  excellenciam  prefert  .  .  .  exterior  pu- 
pillarum  alacritas  interni  fulgoris  genium  confitetur  «,  25 
Holder,  iro  das  höfische  mittelalter  doch  nur  mit  lichten 
ougen  übersetzen  würde,  vgl.  auch  das  in  der  geschickte 
der  deutschen  spräche  1,  12G/.  hierüber  gesagte,  denn  es 
schien  ihm,  als  ob  eine  ganze  legion  böser  geister  in 
ihren  stechenden  augcn  laure  Hebbel  8,  58  (barbier  Zitter- 
lein); Voltaire  ziehet  höhnisch  die  Unterlippe  in  die 
höhe  und  seine  heissen  stechenden  augen  sagen:  ich 
kenne  euch,  ihr  spitzbuben  Börne  (1829)  10,  61 ;  die  klar- 
heit  eines  mächtigen  Verstandes  redet  aus  den  stechen- 
den augen  {Cavours)  Treitschke  histor.  und  polit.  auf- 
sätze'^  2,  262;  hohe  gestalten  .  .  .  mit  länglich  mageren 
gesiebtem,  bartlosem  kinn,  stechenden  augen  Peschel 
Völkerkunde  (1874)520;  vgl.  noch:  die  schielenden  augen, 
welche  itzt  aber  von  einem  stechendem  glänze  erleuchtet 
schienen  Alexis  Roland  von  Berlin  l  (1840),  357.  auch 
von  thieren:  bienchen  ist  braun  mit  schwarzen  stechen- 
den augen  Bettine  die  Oünderode  (1840)  I,  142. 

a)  dementsprechend  der  stechende  blick:  ihr  ganzes 
innere  entsetzte  sich  vor  des  fürsten  frostgesicht  und 
stechendem  feuerblick  J.  Paul  2,  85  (unsicJitbare  löge  2); 
die  Schwestern  aber  triumphierten  und  warfen  ihr  einen 
stechenden  blick  nach  dem  andern  zu  trösteinsamkeit 
2*5  Pf  äff;  der  stechende  blick,  den  der  Jäger  auf  Agnes 
gerichtet,  hatte  mehr  gesagt,  als  dessen  mund  Holtei 
erz.  sehr.  2,  228;  (Französin,)  die  uns  mädchen  jede  freie 
bewegung  mit  stechenden  blicken  verwies  Mörike  3,  31 
(maier  Nolfen);  (das  stolze  männclien  von  hamadryas)  ging 
.  .  .  den  hunden  entgegen,  blitzte  ihnen  stechende  blicke 
zu  Brehm  thierleben  (i890)  187;  ein  abb6  .  .  .,  welcher, 
wie  eben  erst  aufmerksam  gemacht,  einen  forschenden 
stechenden  blick  auf  den  beschauer  richtete,  während 
er  seine  prise  zur  nase  führte  und  in  diesem  geschäft 
einen  augenblick  anhielt,  so  sehr  schien  ihn  die  lächer- 
lichkeit,  hohlheit  und  unlauterkeit  des  beschauers  zu 
frappieren  und  zu  bösen  witzen  aufzufordern  Keller 
2,  149;  ich  .  .  .  versuchte  einige  einwendungen  zu  machen, 
welche  jedoch  durch  seine  (Römers)  stechenden,  ge- 
heimnisvollen und  wichtigen  blicke  und  worte  unter- 
drückt wurden  ebenda  2,  .w,  denn  es  giebt  einen  gewissen 
stechenden  blick,  der  weiche  empfindungen  .  .  .  zersetzt 
und  umbringt  J.  Paul  2,  173  (unsichtb.  löge  2);  der  Schul- 
meister hielt  ihn  zurück,  betrachtete  ihn  lange  mit 
stechenden  blicken  Ebner-Eschenbach  (1893)  5,  26.  be- 
sonders als  der  eine  gesprächswendung  begleitende  gesichts- 
ausdruck:  da  diesmal,  so  sprach  er  zum  fürsten,  einen 
stechenden  Seitenblick  auf  mich  werfend,  nicht  von  ge- 
lehrter deutscher  musik  ...  die  rede  sein  solle  E.  Th. 
A.  HoFKMANN  10,  69  Grisebach;  ich  verstehe  euch  nicht, 
sprach  die  Benzon  mit  verächtlichem  ton,  indem  sie  dem 
meister  einen  stechenden  blick  zuwarf  ebenda  10,  205; 
er  begleitete  diese  bitter-süszen  worte  mit  einem  jener 
stechenden  blicke,  vor  denen  Rebekka  sich  zu  fürchten 
pflegte  HOLTKI  erz.schrijten  18,  a5.  seltener  als  eine  dauernde 
eigentchaß  wie  oben  stechende  augcn:  (die  xoahrsageiin) 
habe  durchaus  auch  die  requisiten  dazu  gehabt:  einen 
stechenden  blick  und  einen  falschen  schcitol  Fontane 
1,4,61;  (des  obersten)  scharfer  und  beinah'  stechender 
blick  ebenda  1,  4,  HM;  «ogar  jene  prägnanten  Harpagon- 
gesichtet  verlieren  ihren  raubvogoltypu»,  der  stechende 
blick  schwächt  sich  W.  Sommer  geschichten  aus  dt-m 
kUinUben  (18M)  168; 

•in  binchen  stacbend  ist  der  blick  (de*  elfenvaUxi», 
TwMnMnd  ein  sOssm,  doch  tMUiche«  glOrk 

Hbiki  1,391  Klster. 

Cr. 


b)  seltener  und  verblaszter  bietet  sicli  das  stechende 
lächeln:  es  bleibe  doch  einer  einmal  kalt,  der  warm 
ist,  nämlich  verliebt,  .  .  .  und  verbleib'  es,  sag'  ich,  vor 
dem  stechenden  lächeln  einer  hof-schwesternschaft  über 
seine  empfindliche  liebe,  zumal  vor  solchen  höhern 
damen,  die  gottheiten  sind  J.  Paul  lo.  19  (Ileaperus  4). 
anders:  das  gefällige  lächeln  vornehmer  lippen  stach  mich 
wie  schlangen  Heine  3,  26  Elster  (reisebilder  3). 

c)  in  stärkerer  activität,  womit  zugleicli  gröszere  alter- 
tJiümlichkeit  des  ausdrucks  erreicht  wird:  als  sein  blick 
wie  eine  sonne  stach,  und  sein  mund  sich  ernst  schlosz 
J.  Paul  23,  25  (Tita?i  3); 

da  seid  ihr  schon,  mit  wilder  flamme 

sticht  durch's  visir  das  äuge  klar 

Strachwitz  gedickte  (1850)  201 ; 
durch  die  kalten  neugierigen  blicke  erschreckt,  welche 
von  allen  Seiten  gegen  sie  stachen  Freytag  7,  208  (verl. 
handschr.  4,  3) ;  das  haupt  war  mit  einem  dunklen  tuchc 
verhüllt,  hinter  welchem  zwei  blitzende  augen  nach  den 
trauen  stachen  verl.  handschr.  3,  109;  feindlich  stach  der 
blick  der  königin,  als  sie  mich  in  dem  häufen  sah  8,  173 
(ahnen  l,  l,  lo).  auch  passivisch  gexcandt:  die  kranke  sasz 
da,  gestochen  durch  die  kalten  blicke  ihrer  geistlichen 
Wirte  ebenda  12,  149  (ahnen  5). 

d)  das  partic.  im  adverb.  gebrauch:  die  kleinen  grauen 
augen  sahen  kalt  und  stechend  aus  dem  harten  antlitz 
Stürm  3,  229;  er  sah  mich  stechend  an   Keller  i,  156; 

lässig  spielt  er  {der  grosze  rattenfänger  zu  Parit) 

mit  den  fingern ; 
doch  es  tönt  nicht,  stechend  blickt  er  10,  217. 

8)  eines  sticht  (einem)  in  die  augen,  stärker  als 
blosz  in  die  augen  fallen  (vgl.  auch  auffallen  th.  i  sp.  643) 
und  in  die  augen  springen  (*.  oben  springen  i  A:  ^  sp.  97), 
das  erat  aus  der  icendung  dem  äuge  entgegenspringen 
völlig  verstanden  tcird:  ao  wie  etwa  ein  kitul  dem  aiikömm- 
ling  entgegenapringt.  die  anspornende  leidenschaft,  welche 
das  einmal  geschaute  nicht  tcieder  freigeben  toill,  stellt 
als  eine  aelbatveratändliche  helferin  allein  hinter  unserer 
tcendung:  es  sticht  in  die  augen  utnschreibt  Stein  Bach  2 
(1734),  709  mit  'oculos  laedit'  und  hat  gevnsz  nach  dieser 
aeite  den  sinn  recht  getroffen. 

a)  in  älterer  apracJie  mit  dem  accusativ  der  person 
verbunden,  womit  zugleich  die  bildlichkeit  des  auadrucka 
atärker  geicahrt  wurde:  das  geld  sticht  ihn  in  die  augen 
Kramer  dict.  2  (1702),  919»;  das  ding  sticht  ihn  in  die 
augen,  hie  illa  reviaa  capitur  Steinbach  2  (1734),  709; 
welche  dann  dass  landt  schöne  in  die  augen  gestochen 
hat  Xylander  Polybiua  (1574)  81;  ich  scheuete  mich 
nicht,  nach  dem  ich  gefreyter  worden,  ein  koller  von 
sechtzig  reichsthalem,  rothe  scharlachne  hosen  und 
weisse  attlassene  ermel,  überall  mit  gold  und  silber  ver- 
bremt,  zu  tragen,  welches  damals  eine  tracht  der  höch- 
sten officierer  war;  darum  stachs  einen  jeden  in  die 
augen  Simpl.  1,  290,  3  Kurz;  sonderlich  aber  stach  sie 
die  Stadt  Carthago  in  die  augen  Lohenstein  Arminius 
(1689)  1,  788«;  weil  ihn  ihre  hübsche  gestalt  ...  in  die 
augen  gestochen  Happel  akad.  roman  (1690)  618; 

in  stach  int  augen  auch  sein  glflck 

Hans  Sach.x  17.  407,  26  KeUer-Götze; 

was  man  von  galanten  kindern 

mit  vergälltem  mundo  spricht, 

kan  die  sohnsucht  nicht  verhindern, 

dio  der  wohrt  ins  äuge  sticht 

üCnthkr  ged.  (1786)  33t. 
hierher  toohl  auch: 

ewr  Irew  treibt  euch  zum  vatter  nicht, 
der  schätz,  euch  in  die  augen  sticht 

Hans  Sachs  12,  13«,  5  KeUer-OöUe. 

mit  dem   beisinn  des  bletuienden.   dann  auch  feindlichen: 

Jr  stet  nicht  gern  der  warhoit  bey, 
sie  sticht  euch  in  die  augen 

HiNowALUT  et-angelia  N  l*". 

b)  heute  allein  gebräuchlich  einem  in  die  augen  stechen, 
womit  freilich  die  teendung  an  frische  verlieren  muut», 
besondert  gerne  gebraucht  i-on  personen  des  anderen,  sm- 
meiet  de»  acMneren  geaehleehts:  diese  stach  Solanden  ziem- 
lich in  die  augen  polit.  »toel^fleeh  Ml;  dem  alten  hatte 
der  H(!hKne  fisch  sehr  in  dio  augen  gestochen  luetige  be- 
gebenheiten  eine»  adlichen  awaii<uri«re  (t:»"'   '"i     -In  warft 

Cr. 


1257 


STECHEN 


STECHEN 


1258 


du  zwölf  jähr  alt,  and  stachst  doch  schon  den  barons  in 
die  äugen  H.  L.  Wagner  kindermörderin  18;  Schnaps  im 
vorbeigehen:  guten  abend,  Rose!  wie  ihr  doch  allen  leaten 
in  die  äugen  stecht!  Göthe  17,  275  Weim.  (bürgergeneral  7) ; 
wenn  dir  ein  siebenter  etwa  in  die  äugen  sticht,  dir 
etwa  am  herzen  liegt;  sag'  mir  ihn,  nenn  mir  ihnl 
38,  72  Weim.  {Erwin  und  Elmire);  die  groszgewachsnen 
mädchen  haben  uns  sehr  in  die  äugen  gestochen  IV,  9,  58 
Weim. ;  ich  will  den  mägdchen  gern  recht  in  die  äugen 
stechen  J.  E.  Schlegel  3,  394;  er  sticht  den  mädchen 
doch  in  die  äugen  Arnim  9,  I5i;  freischulze  wünschen 
der  herr  baron  nicht  zu  werden?  aber  die  Jungfer  frei- 
schulzin  sticht  ihnen  noch  in  die  äugen  Holtei  erz. 
Schriften  4,  167;  unsere  Schreiber  .  .  .  gehen  weit  weniger 
darauf  aus,  baronessen  in  die  äugen  zu  stechen,  als  sich 
den  magen  voll  zu  fressen  ebenda  5,  18;  mir  scheint,  ihm 
stechen  die  bewohnerinnen  in  die  äugen?  J.  Nestroy 
werke  (l890)  5,  85; 


da  sollst  derjenigen  ihn  {den  apfet)  spenden, 
die  dir  am  meisten  in  die  äugen  sticht 

KOTZEBUE  dramat.  ep.  1,  29; 

und  hat  sie  gleich  nicht  viel  zu  sprechen, 
so  wird  sie  euch  doch  in  die  äugen  stechen 

werke  (1827)  1,  260  {Cleopatra,  prolog). 

auf  besonderer  höhe  bewegen  sich  groszgezeichnete,  in  die 
angen  stechende  Vorbilder  Herder  23,  178  Suphan.  —  da- 
neben vo)i  Sachen:   mein  gütchen  sticht  euerm  herm  in 
die  äugen   Raben  er  3,  68;   ein   alter  desobligeant  (reise- 
wagen),  der  in   einer  ecke   des   hofes   stund,    stach  mir 
beym  ersten  anblick  in  die  äugen  Bode  Yoricks  empfinds. 
reise  (1768)  1,  17;  diese  (schätze)  waren  es  eigentlich,  was 
dem   Ruprecht,    und   den   geistlichen   kurfürsten,   deren 
creatur  Ruprecht  war,  in  die  äugen  stach  Schmidt  ge- 
kickte der  detitschen  (1778)  4,  46;  die  galeeren  werden  der 
lation  scharf  in  die  äugen  stechen  Schiller  3,  71  {Fiesko 
8,  15);  dreizehn  prinzen,  die  alle  unsre  prinzess  heirathen 
■  wollen,  das  grosze  heirathsgut  sticht  ihnen  in  die  äugen 
[Tieck  Schriften   (1828)  3,  392;    dem    manne    stachen    die 
waaren  in  die  äugen  brüder  Grimm  kinder-  und  haics- 
imärchen  (1812)  2,  110;    ein  kostbares   goldhalsband,   das 
ir  in  die  äugen  stach  Jak.  Grimm  kl.  Schriften  5,  425; 
lemms  einleitung  in  die  gesammte  theologie  und  Snlzers 
handbuch  der  schönen  Wissenschaften  und  freien  künste 
stechen   mir  doch   gar  zu  sehr  in  die  äugen  Schübart 
briefe  1,  21  Strausz;  vorzüglich  das  eine  haus  stach  ihr 
in  die  äugen  Viebig  das  schlafende  heer  l,  217; 


deine  schwarze  hauben 
sticht  mir  in  die  äugen 


Arnim  14,  393. 


mit  einer  toeiteren  angäbe  der  tirsaehe,  des  mittels:  der 
reiter  darauf  {auf  dem  Springer),  mit  seinem  emaillierten 
hämisch  und  vergoldeten  heim  und  seinem  degen  in 
der  rechten,  sticht  allen  in  die  äugen  J.  Paul  57,  57 
{komet  2);  mit  deiner  schönen  und  ritterlichen  gestalt 
stichst  du  der  menge  in  die  äugen  C.  F.  Meyer  2,  35  {hochz. 
de»  mänchs).  —  seltener  verbunden  mit  dem  singul-ar  in 
das  äuge:  als  sie  erwachsen  war,  stach,  ihr  munteres 
Wesen  .  .  .  dem  reizbaren  Malcolm  ins  äuge  Pfeffel 
pros.  versuche  (1810^  2,  107;  du  stichst  ihm  eben  so 
sehr  ins  äuge,  als  seinem  bruder  ebenda  9,  48;  er  hatte 
es  früher  gesehen,  nicht  erst  an  diesem  tage,  allein 
heute  erst  stach  es  ihm  weh  ins  äuge  Zahn  Lukas 
Hochstraszer  139. 

c)  in  gröbere  Sphäre,  die  durch  die  folgenden  belege 
deuttieh  gemacht  wird,  stei{ft  hinab  einem  in  die  nase 
stechen  {vgl.  auch  oben  unter  4): 

so  stach  kein  schinken  je  dem  Windhund  in  die  nase 
Göthe  9,  91  {.mitschuldig.); 

es  ist  der  dampf,  der  aus  der  garküch'  hier 
beian,  allwo  ein  häufen  lustiger 
gesellen  wirthschaft  treibt,  uns  in 
die  nase  sticht 

Grabbb  2,  16  {don  Juan  und  Faugt  1, 1). 

einen   weiteren  gebrauch   läszt  sich  die  wendung  nur 
zwangen   vencenden:   die   goldbarren   stechen   mir   ver- 
lilweifelt  in  die  nase  Lessino  12,  50+.     sogar: 

einen  troropetcr  hört  man  blasen, 
musik  sticht  ihnen  in  die  nasen 

Brentano  S,  7. 

Cr. 


anders  m,it  deuÜicliem  accus.:  das  stach  mich  verzweifelt 
in  die  nase,  dasz  man  mir  den  rühm  ...  zu  wasser 
machen  wollte  Gotthelf  der  Schulmeister  (1859)  1,  117. 
d)  in  der  reihe  dieser  enticicklung  liegt  zuletzt  stechen 
in  der  bedeutung  von  hervorstechen  {s.  th.  4,  2,  1200),  be- 
sonders in  der  Verbindung  stechende  färbe,  den  Zu- 
sammenhang mit  dem  vorigen  vermittelt  allzuharte  und  in 
die  äugen  stechende  farbenmischung  allgemeine  deutsche 
bibliothek  1,  2,  17.  er  konnte  als  färbe  keinen  unterschied 
unter  ihnen  {d.  h.  blau,  violett  und  rosenfarb)  finden,  nur 
sey  blau  am  meisten  stechend  Göthe  II,  5,  2,  31  Weim.; 
die    stechend    ziegelroth   seifige   erde    Ritter  erdkunde 

(1822)  17,  1708.  —  anders  aufzufassen  aber  ist:  ihre 
{der  7iieren^'  färbe  ist  rothbraun  und  sticht  weniger  in 
das  gelbe  als  die  der  leber,  und  in  das  blaue  als  die  der 
milz  Sömmerring  vom  baue  des  menscJdichen  körpers 
(1839)  5,  310; 

die  tracht  auch  ist  von  guter  wähl  .  .  . 
das  grün  da  sticht  sehr  hUbsch  ins  gelbe 

Kurz  l,  129, 

d.  h.  nähert  sich  dem  gelben,  icobei  es  immerhin  mäglich 
ist,  dasz  icendungen  icie  unten  auf  etwas  stechen  'eilig 
darauf  losstreben'  u.  s.  ic.  auch  in  tmserm,  falle  nidit 
ohne  Wirkung  geblieben  sind. 

9)  ein  pferd  sticht  der  hafer,  es  icird  bei  zu  reich- 
licher haferfütterung  icählig  und  übermüthig  {vgl.  th.  4,  2 
sp.  79):  der  haber  pfleget  diejenigen  pferde  gemeiniglich 
zu  stechen,  welche  im  stalle  stehen  und  nichts  zu  thun 
haben  Castimonics  das  polit.  hofmädgen  (1686)  30;  an 
einer  equipage  junge  hitzige  pferde,  die  der  haber  sticht, 
dasz  sie  nicht  stehen  oder  gar  durchgehen  wollen,  während 
die  herrschaft  aussteigt  Hebbel  8.  254;  seine  {des  icagens) 
vier  pferde,  welche  derLiebenauer  gasthafer  stach,  wieher- 
ten voll  Ungeduld  Holtei  erz.  schriften  10,  126; 

dich  {Phöbiia)  auch  seh'  ich  noch  schrittweis  einher 
die  prustenden  führen, 

und  nicht  immer,  beim  Zeus,  sticht  sie  der  haber, 
wie  heut 
Kleist  4,  15,  12  E.  .^hmidt  {epüog). 

in  der  älteren  spräche  besonders  gerne  das  futter  sticht: 
wenn  das  futter  das  pferdt  sticht  und  stehet  müssig 
aufif  der  strewe,  so  wird  es  böse  und  muthig  und  wirfft 
seinen  eignen  herrn  abe  Mathesiüs  Syrach  234»; 

wenn  den  esel  das  futter  sticht, 
tanzt  er  auffm  eisz,  ein  bein  zerbricht 

Rollenhagen  froechmeuseler  (1.595)  J  i  1*. 

einmal  auch  bei  Keisersberg  die  gerste  sticht  {s.  den  be- 
leg gleich  unter  a\ 

a)  gerne  auf  menschen  angewandt,  welche  sieh  vor  über- 
muOi  nicht  zu  Inssen  weissen,  im  offenen  vergleich:  den 
leuten  ist  doch  wie  dem  esel,  der  leckt  hinder  sich, 
das  futter  sticht  in,  wird  geil  Luther  16,  318,  13  Weim.; 
damit  sie  nicht,  gleich  pferden,  die  der  haber  sticht,  über 
die  stränge  springen  F.  Th.  v.  Schubert  verm.  schriften 

(1823)  3,  262.  —  in  völlig  vollzogener  anwendung:  ich  hab 
der  weit  ein  kropff  gessen  vnd  kan  in  nit  verdenwen ; 
ich  enpfind  wol  in  mir  die  stechent  gerst,  gedencken 
vnd  hertzigungen  zä  gytigkeit  vnd  vnluterkeyt;  dise  gerst 
sticht  mich  und  iert  mich  in  meynem  hertzen  Keisers- 
berg bilgerschaß  (1512)  9"^;  bis  .  .  .  gott  jme  {dem  über- 
müthigen)  die  grossen  feddern  ausrupfft,  denn  das  futter- 
lin  sticht  jn,  es  ist  jm  zu  wol  Luther  28,  eis,  18  Weim.; 
wenn  sie  {die  jungen  icittoeit)  geil  und  fürwitz  worden 
sind,  dasz  sie  das  futter  sticht,  so  wollen  sie  freyen  tisch- 
reden  214*; 

sy  warend  vor  gar  fräven  KU 

vnd  gabend  vmb  kein  tüfel  nüt, 

ja  weder  vmb  jn,  noch  sin  mäter. 

ich  gloub,  sy  habe  gstochen  's  füter 

Manuel  weinspiel  3993  neudr.; 
so  reisst  der  mensch  aach  auss,  wenn  ihn  der  haber  sticht 

Oprrz  3,  272; 
wann  manche  faule  magd  der  hafer  sticht,  und  sie  die 
guten  tage,  welche  sie  bei  herrn  und  frauen  hat,  nicht 
länger  ertragen  kan,  so  hängt  sie  sich  an  einen  tüge- 
nichts  ScHiPPius  .141;  Placidtts:  nun  brüder,  lasst  uns 
einmal  wie  menschen  leben,  stimmt  alle  mit  mir  aus 
voller  kehle  das  herrliche  lied  an:  mihi  est  propositum. 
Marcus:  sacht,  bruder,  das  ding  laszt  hier  bleiben,  wenn 
euch  der  weltliche   hafer  wieder  sticht  Tieck  schriften 

Cr. 


1259 


STECHEN 


STECHEN 


1260 


(1888)  8,  168  {Fortunat);  der  hafer  stach  mich,  ich  ver- 
liebte mich  Arnim  8,  78;  welcher  hafer  hat  mich  ge- 
stochen, dasz  ich  ein  so  kompliziertes  gesträuch  (zu  malen) 
wagte  Kellkr  2,  189  (grütier  Heinridi);  (als  erklärung), 
dasz  der  herr  als  ein  reicher  und  unverheirateter  stu- 
dierter mensch  seine  launen  und  keine  sorgen  habe,  und 
also  sich  nach  belieben  den  hafer  könne  stechen  lassen 
7,  136  (die  arme  barotiin);  sticht  euch  schon  dermaszen 
der  hafer,  dasz  ihr,  kaum  geduldet,  die  ehre  unserer 
frauen  beleidigt?  7,  356  (Eugenia);  die  (fabrikanten)  sticht 
d'r  haber  a  so  sehr!  die  wissen  gar  nich,  was  de  schnell 
anstellen  vor  reechtum  und  ibermuth  Hauptmann  tceher 
(1892)  38;  nach  dem  abendessen  stach  sie  der  hafer,  den 
heckenweg  entlang...  zu  laufen  Frenssen  ffiWt^enieilSl. 
b)  dasz  die  xcendung  der  schalk  sticht  einen,  ver- 
führt ihn  zu  allerlei  muthiciUeti  und  ausgelassenheit,  mit 
dem  vorigen  engeren  Zusammenhang  habe,  läszt  Gryphius 
immerhin  vermuthen:  ich  habe  dich  allezeit  vor  den 
frömbsten  angesehen,  bist  du  nun  mit  einem  solchen 
schalcke  gefüttert?  geliebte  dornrose  104,  30  Palm,  wahr- 
scheinlicher  aber  bleibt  doch  die  ansieht,  dasz  der  narr  als 
ein  geheimniszvoUes  etxcas  vom,  menschen  besitz  ergreift,  in 
ihm  haust  und  zu  allerlei  unüberlegten  streichen  antreibt, 
smcie  ettca  die  grille  u.  s.  w.  den  menschen  sticht  (vgl. 
oben  2  c  y) ;  zu  erwägen  bleibt  aber  auch,  ob  stechen  hier 
nicht  in  der  bedeutung  'die  sporen  geben'  (vgl.  oben  1  i) 
die  zu  gründe  liegende  Vorstellung  derart  ausdeuten  lasse, 
dasz  der  narr  dem  menschen  gleichsam,  auf  dem,  nacken 
reitet  und  ihn  mit  sporen  sticht  und  antreibt,  ein  besonders 
der  reformationszeit  nicht  ungetcohnter  bildgedanke.  die 
gut  alt  vettel,  wölche  zuvor  der  narr  gegen  dem  jungen 
stach,  meint  jm  aller  Worten  ernst  sein  Wickram  3,  55,  33 
Bolte;  nach  etlichen  tagen,  da  jn  der  narr  stach,  kam 
er  wider  und  sähe,  wie  alle  ding  so  ehrlich  säuberlich 
und  lustig  waren  Fischart  ehzux^htbüchl.  325,  2  Hauffen; 
wer  hat  euch  gesagt,  dass  also  sey?  der  narr  sticht  euch 
Paracelsus  (1616)  1,  240;  wiewol  derselbig  aussleger  die 
ding  veracht,  so  hatt  jhn  doch  der  narr  gestochen,  von 
ihm  auf  ander  gedroschen  (1616)  2,  633;  da  stach  mich 
der  narr  mit  einer  niederlendischen  Jungfrau  quelle  bei 
BiRLiNGER  Schwab,  augsb.  tcb.  349;  es  sticht  einen  der 
narr  Schmeller^  i,  1753.  — 

man  sieht  wol,  wie  er  gumpt  vnd  plitzt, 
wann  jn  ein  grimmer  schalck  besitzt, 
der  vor  zom  nichts  kan,  dann  nur  stechen 
vnd  sich  am  armen  esel  rechen 

Fi.scHART  Euleiif^iegel  6, 116  Hauffen; 

oder  hat  ihn  blos  der  schalk  gestochen 

ROcKERT  werke  (1867)  1,  190; 

jener  wolte  mit  der  Jungfer  scherzen  und  stach  sie  mit 
dem  finger  in  die  seite  und  fragte:  Jungfer,  sticht  euch 
der  geck?  ja,  sagte  die  Jungfer,  jetzo  stach  er  mich 
S.  Dach  zeitvertr.  (1700)  376.  auch  von  dem  laszdünkel  oder 
Uidünkel  (s.  th.  6  sp.  55  und  270),  der  männlich  gedachten 
arrogantia:  so  hat  es  auch  sonst  vil  vermessene  vnd 
trotzige  leute  .  .  .  die  der  narr  vnnd  ladünckel  sticht 
Mathesius  /Sarepto  219 •>.  ähnlich  der  lenz  sticht  einen 
(vgl.  tii.  6  sp.  752),  veranlaszt  zur  trägheit,  wozu  noch  zu 
bedenken  ist,  dasz  der  tag  des  lieil.  Laurentius  der  10.  aug. 
ist  und  einen  liaupterntetag  bezeichnete,  wo  fauUieit  nur 
unter  dem  einjlusz  eines  dämonischen  vxsens  als  möglich 
gedacht  werden  konnte:  dem  könig  David  hat  cinmahl  der 
lenz  gestochen,  deszwegen  er  nachmittag,  langweil  halber, 
sich  niedergelegt  und  den  poIster  gedruckt  Abr.  a 
S.  Clara  Judas  (1689)  l,  316.     dann  auch  der  faule  lenz : 

die  Schüler  aufT  die  hundstog  sehen, 
da  sie  nit  in  die  schule  eehen 
vnd  dOrfTen  die  zeit  lernen  nicht; 
das  macht,  der  faule  lentz  sie  sticht 
KpANKBMiiERO  anbind-  oder /angbri^fe  (IMS)  P  t^ ; 

manch  fauler  bruder, 
der  nicht  gern  schafft,  ligt  stets  im  lader, 
so  Jhn  der  faule  lentz  da  sticht      ebenda  R  7*; 

».  auch  noch  die  belege  th.  6  ap.  Ibiff.  di$  «ingang»  tu- 
letst  vorgetragene  an*icht  »eheint  auch  noch  im  folgenden 
durch:  der  gehörnt«  Jokus  iticht  mich  noch  gar  oft  in 
die  »dte  Schubart  bri^e  t,  «74  Stratutz.  —  Aphrodisia  (tä 
Aff(foAlaia,  das  liebesverlangen)  in  »tarker  p«r»on\fiealion : 
vnnd  stach  jhn  (den  Fausttt»)  seine  Aphrodiiia  tag  und 

Cr. 


nacht,  dasz  er  jhm  fürname  sich  ehelich  zu  verheyraten 
vnd  zu  weihen  volksbuch  vom  dr.  Faust  25  (81)  neudr., 
wozu  zu  vergleichen  bleibt: 

etslfcher  hin  zir  sprseche, 

daj  in  ir  minne  &ta;che 

Wolfram  Parzival  217,  2. 
den   frühlingsgefühlen  (dem  begattungstrieb  im  frühjahr) 
entspricht  die  Berlinische  uendung:  sticht  dich  der  früh- 
ling? (mittheilung  von  dr.  Lochner.) 

c)  nicht  nur  eine  verblassung  des  vorigen  braucht  zu 
sein  einen  sticht  der  fürwitz  u.s.w.,  sondern  leicht 
besteht  hier  nähere  vertcandtschaft  zum,  stechenden  hafer : 
stach  sie  der  fürwitz,  eröffneten  den  heiligthumbsack 
Kirchhof  wendunmuth  435'';  man  schreibt  von  einem 
volck,  die  Sybariter  geheissen,  das  sie  aufT  ein  zeit  der 
für'witz  gestochen,  und  gern  gewust  betten,  wie  lang 
doch  jr  regiment  vnd  herrschaft  bestehen  würde,  seien 
derhalben  zu  einem  abgott  gewallet,  den  sie  hierüber 
gefragt  haben  Gretter  erklär,  der  ep.  Pauli  an  die  Römer 
(1566)  842,  ähnlich  auch  s.  728;  bald  sticht  jn  (den  Faustus) 
der  fürwitz,  fordert  seinen  geist  Mephostophilem,  mit 
dem  wolte  er  ein  gespräch  halten,  vnd  sagt  zum  geist: 
mein  diener,  sage  an,  was  geists  bistu?  volksbuch  vom 
dr.  Faust  27  (35)  neudr.;  dieser  fürwitz  sticht  viel  ge- 
scheide  manspersonen  Guarinonius  grewel  der  ver- 
ioüstung  (1610)  375;  aber  ich  danke  gott,  dass  mich  der 
Vorwitz  nicht  sonderlich  sticht  Stranitzky  ollapatrida 
17,  5   Wien,  neudr.; 

dich  sticht  der  fürwitz  spat  und  frw. 
hast  auch  kein  fried,  bis  das  doch  du 
den  bauch  vol  buben  vberkümst 

n.  Sachs,  fastnachttip.  1,  41  Götze; 
darauf  so  lief  er  in  die  wette, 
als  ob  er  feur  im  busen  hätte, 
weil  ihn  ein  andrer  fürwitz  stach, 
dem  Schauspiel  mit  dem  pöbei  nach 

Drollinger  gedickte  161. 

vgl.  auch  noch  unter  fürwitz  th.  4,  1,  1,  941,  wie  für  das 
folgende  unter  kitzel  3  th.  5  sp.  872/.;  der  kützel  sticht 
ihn,  lascivia  agitatur  Steinbach  (1734)  2,  709;  ach,  uns 
ist  nur  zu  wol,  der  kutzel  sticht  uns  Luther  19,  64+ 
Weim.;  darumb  welchen  auch  der  kützel  nicht  sticht, 
von  hausz  zu  ziehen  Fischart  bienenkorb  154'';  denn 
nachdem  dieser  Asien  und  alle  morgenländer  überwäl- 
tigt hatte,  stach  ihn  auch  der  kützel,  der  Scythen 
meister  zu  werden  Lohenstein  Arminius  (1689)  l,  529'»; 
nun  denn  Jungfer!  werdet  ihr  euch  noch  länger  vor 
mir  schämen,  und  mir  nicht  gestehen  wollen,  dasz  euch 
der  kitzel  des  ehestands  sticht?  Stranitzky  ollapatrida 
122,  4  Wiener  neudr.; 

ein  gutes  vieh, 
den  nie  der  kitzel  stach,  nach  wann,  warum  und  wie 
bei  irgend  einem  ding  zu  fragen  Wiei.and  12,  7. 

d)  andere  Verbindungen:  dann  wo  er  (gemeint  ist  der 
schertz  oder  schimpf)  schon  einen  sticht,  dasz  er  sich  vom 
schlaaff  auftriebt,  vnd  nach  besserm  sieht,  darnach  er 
ficht,  was  kan  jhm  solches  schaden  bringen?  Fischart 
Eulenspiegel  13  Hauffen ;  sticht  dich  der  mutliwille,  dasz 
du  mich  aus  der  küche  herein  vexirst?  Göthe  l,  9,  120. 
24  Weim,.  (geschwister);  dann  sticht  ihn  erst  des  Übels 
grimm  Arnim  14,  67;  den  Martin  Leu  stach  die  neugierde 
und  der  Übermut,  die  seltsame  Schönheit  erst  jetzt  etwas 
näher  zu  besehen  Keller  6,  211  (landvogt  von  Greifensee)', 
die  weiber  von  Herrlibach  und  anderwärts  hatten  ihn 
zu  sehr  verwöhnt,  als  dasz  ihn  die  eitelkeit  nicht  ge- 
stochen hätte  Zahn   Lukas  Hoch.straszer  W\ 

wollt  ihr  vom  platz!  verwünschtes  volk  der  weiber! 
wer  fragt  nach  euch?  schickt  eure  männcr  her, 
wenn  sie  der  muth  sticht,  dem  befohl  zu  trotzen 

Sriiii.i.ER  14,  860  (TeU  8,  8), 

(vgl.  datu  th.  6  ap.  S789).  hierher  auch  der  becher  hat 
einen  gestochen,  die  trutJcsudit  plagt  eineti:  (der  artt 
aprieht:)  ich  kan  nichti«  amiers  an  dir  befinden,  dann 
das  dich  der  becher  geNtorhen  hatt.  du  mäst  dir  mit 
glesern  und  bechern  abbrechen,  wann  du  wider  deiner 
kranokhcyt  auffkomnicst  Wickram  8,  80,  7  Bolte.  wf/en 
kitzeln:  davon  man  feyn  kan  abmercken,  wie  dich  der 
grossen  Hansen  gunst,  knntschaft,  gnade  .  .  .  «ficht  und 
kitzelt  Huttkn  tctrke  i,  )in  Böcking.  neben  rvizf}» .  dann 
sein  (de»  Fauatuä)   fürwitz,   freyheil  vivl    NMohtfertigkeit 

Cr. 


1261 


STECHEN 


STECHEN 


1262 


stäche  vnnd  reitzte  jhn  also,  dasz  er  auff  eine  zeit  et- 
liche zauberische  rocabula,  figuras,  characteres  vnd  com- 
binationes,  damit  er  den  teufel  vor  sich  möchte  fordern, 
ins  werck  zu  setzen,  vnd  zu  probiern  jm  fürname  Volks- 
buch vom  dr.  Faust  2  (6)  neiulr. 

10)  stechen  von  verschiedenen  betcegungsvorgängen. 

a)  in  die  see  stechen  vom  schiff,  welches  den  hafen 
verläszt,  um  auf  die  hohe  see  zu  segeln  (da  hat  der  capi- 
tän  schon  mit  einer  stangen  in  die  see  gestochen  ge- 
habt Pocci  lust.  komödienbüchlein  44);  das  abstoszen  des 
Schiffes  mit  der  stange  vom  ufer  genügt  aber  nicht  allein 
zur  erklärung  der  redetcendung  (vgl.  auch  abstechen  th.  1 
«p.  127),  vielmehr  icird  man  einen  iceitgehenden  einfltisz 
des  gebrauches  unter  li  a  anzunehmen  haben,  zumal  der 
vergleich  eines  Schiffes  mit  einem  schnellen  pferde,  einem 
muthigen  rosz  für  Germanen  niemals  ettcas  ungeicöhnliches 
hatte,  so  braucht  auch  im  folgenden  nicht  nur  an  den 
stosz  mit  dem,  Schiffsschnabel  etwa  gedacht  zu  werden,  son- 
dern auch  an  eine  nahe  anlehnung  oben  an  \ia: 

als  das  geschrey  sich  weit  aussgosz, 
rennt  Gygas  der  fürsichtig  man, 
mit  seinem  schiff  gar  schnell  voran, 
dem  bald  Cloanthus  volget  nach, 
vnnd  streng  zuhinderst  auff  jhn  stach_ 

Spreng  Äneis  87»; 

mit  dem  artikel:  in  wenig  tagen  lichteten  sie  die  anker, 

erreichten  Cuxhaven,   und  stachen  mit  gutem  winde  in 

die  see  Nicolai  Seb.  Nothanker  2.  252;   ist  der  wind  gut, 

so  stechen  wir  noch  vor  nacht  in  die  see  Lichtenberg 

briefe  1,  298;  die  venetianische  flotte  ruhte  in  Dalmatien 

aus,  aber  wegen  der  beständigen  bewegungen  des  herzogs 

von  Ossuna,  hielt  sie  sich  bereit,  jeden  augenblick  in  die 

see  zu  stechen  Schiller  4,  161;  als  kurze  zeit  darauf  die 

flotte  in  die  see  gestochen  hatte   4,  132,   ico  zugleich  der 

unterschied  gegenüber  dem  mehr  verblaszten  in  see  stechen 

{vgl.  see  2ha  th.  9  sp.  2818)  deutlich  trird;  adjectiiische  be- 

stimmungen,  wie  die  beiden  folgenden,  lassen  über  die  gröszere 

frische  unserer  artikelbesch werten  Beendung  keinen  zweifei: 

und  anstatt  in  die  weite  see  zu  stechen   Pfeffel  pros. 

versuchet,  186;  nur  die  geschicktesten  schiffer  wagen  es, 

.  .  .  die  brandungen  zu  durchschneiden  und  in  die  hohe 

see  zu   stechen    Ritter  erdkunde  l  (1822),  307.     dagegen 

lingt  wie  aus  trocknem  seefahrtbericht :    im  Julius    1776 

lachen  sie  in  see  und  am  9.  november  desselben  Jahres 

fverliessen  sie  das  Cap  der  guten  Hoffnung  Lichtenberg 

fverm.  schrißen  4,  86;  dasz  die  herren  von  Hirschberg  noch 

[eine  flotte  in  see  stechen  lassen  MusÄus  Volksmärchen 

72  {Rübezahl  5) ;  um  vier  uhr  stachen  wir  bei  günstigem 

'•winde  in  see   Pückler  brief Wechsel  u.  tageb.  2,  135;  (die 

angäbe),  dasz  100  offene  schiffe  in  see  stachen  Mommsen 

röm.  geschichte  2,  283 ; 

und  so  marschirt'  ich  weiter  bis  nach  Cadix, 
und  stach  in  see  mit  eben  der  fregatte 

Zach.  Werner  göhne  des  thales  (1803)  1, 133; 

auch  Schiller  hat  (im  gegensatz  zu  oben)  keine  zeit,  das 
bild  ganz  zu  kosten:  nimm  deine  frau,  und  stich  unver- 
züglich in  see  3,  156  (Fiesko  4,  15).  wieder  in  see  stechen: 
ich  wollte,  wir  stächen  wieder  in  see  Kotzebue  dram. 
werke  (1827)  1,  69  (Indianer  in  England  2,  8).  bildlich:  wir 
sind  klar!  nächstens  kannst  du  mit  vollen  segeln  ins 
ehestandsmeer  stechen  Hermes  Sophiens  reise  (1769)  2, 
324;  diese  hosen  . . .  sind  denn  endlich  in  see  gestochen 
Bettina,  dies  buch  gehört  dem  könig  (18«)  2,  4€5.  —  dann 
stechen  überhaupt  von  der  fortbeicegung  des  Schiffes  ge- 
braucht, etwa  durch  eine  Zeitbestimmung  wie  im  folgenden 
gefördert:  dasz  der  kahn  eine  Viertelstunde  weit  in  die 
See  sticht  Gaudy  uxrke  (1844)  14,  29.  so  ist  denn  möglich: 
ein  schiff  sticht  durch  die  see,  und  folget  dem  compasz 
Schmolcke  trost-  und  geistr.  schriflen  (1740)  2,  1020;  wir 
nehmen  still  das  bild  der  göttin  mit  und  stechen  rudernd 
_nach  der  vielgeliebten  küste  Göthe  39,  380,  22  Weim. 
ilphigenie  auf  Tauris  4,  4) ;  hernach  stach  er  zwischen  30° 
40°  süderbreite  quer  über  das  südmeer  Forster 
(1843)  1,  20; 

dann  stech'  ich  durch  die  wogen, 
dem  kleinen  böte  nach ; 
die  fluten  spritzen  und  schäumen 
von  meinem  ruderschlag 

W.  Müller  ged.  (1868)  8,  15; 

Cr. 


von  Scheria  jezt,  ohne  die  unfeinen  Epiroten  mit  asia- 
tischem prunk  zu  behelligen,  stachen  sie  (die  Jonier) 
nach  Önotria's  fruchtlande  Vosz  antisgmbolik  (l824)  286; 
von  einer  insel  stach  man  zur  andern  herüber,  das  war 
alles  Forster  Schriften  (1843)  2,  79. 

a)  dasz  auch  so  der  iiihalt  der  redetcendung  noch  nicht 
ausgeschöpft  ist,  legt  das  folgende  nahe:  eine  fregatte  von 
fünfzig  kanonen  sticht  zu  tief,  um  sich  nicht  bei  einigem 
stürm  dort  in  gefahr  zu  befinden  Niebuhr  lebeii  Carsten 
Xiebuhrs  1,  314.  vom  tiefgang  des  schiffes,  ganz  ähnlich 
wie:  felsen  am  strande,  so  ins  meer  stechen  Mathesius 
Sarepta  (l57l)  56«;  auch: 

längen  von  Obelisken  mit  schlankem  conischen  körper 
stechen  hinauf  in  die  luft 

BooMBR  der  Noah  (1752)  77. 

vgl.  dazu  Schönaich  ganze  ästhetik  in  einer  nusz  340 
neudr.  und:  ein  obelisk,  aus  dem  weiten  himmelblau 
herausgeschnitten,  und  darum  so  stechend  und  unheim- 
lich GÖRRES  briefe  2,  284; 

auch  hatte  sie  ihn  ausstaffiert 
mit  einem  halstuch  buntcarriert, 
daraus  zwei  Vatermörder  stachen 

H.  Kurz  1, 101. 

b)  in  den  kreis  dieser  erörterung  gehört  auch  der  vogel 
sticht  aus  der  luft,  schieszt  schnell  herab: 

ein  rab  hoch  aus  dem  lüfte  stach, 

nam  die  ring  vnd  sich  hoch  auffschwung 

Hans  Sach.^  3,  2, 120  e. 
mit  weiterer  richtungsangabe: 

da  flug  es  als  vol  schwartzer  raben. 
die  zun  kirchfenstem  gstochen  haben 
mit  einem  sehr  grossen  geschrey, 
und  stachen  lenger  mehr  herbey, 
sam  woltens  die  fenster  aussstoszen 

8,  646,  2  /.  Keller-Götze. 

besonders  schieszen  sie  so  auf  ihre  beute  herab:  kaum 
hatte  sie  (die  biene)  ihren  flug  begonnen,  so  stach  eine 
gierige  schwalbe  auf  sie  herab  Mus.lus  Volksmärchen  l,  15 
(Rübezahl  1) ; 

mit  scharfen  schnäbeln,  krallen  beinen, 

sie  {die  kraniche)  stechen  nieder  auf  die  kleinen 

GÖTHB  15,  1,  148  Weim.  {Fatist  2,  2) ; 

sobald  ein  solcher  vogel  (gemeint  ist  der  seggenrohrsänger^ 
aus  den  seggenkufen  herausflog,  verfolgten  ihn  gleich 
mehrere  gelbe  bachstelzen  wie  wüthend,  stachen  nach 
ihm  Naumann  naturgesch.  der  vögd  2,  2,  853; 

schwang  als  ein  habich  sein  gefider, 
wellicher  hatt  ein  schnellen  flug, 
sticht  nach  den  tauben  mit  betrug 

Spreng  Iliag  (1610)  205*. 

mit  einfachem  accusativ.  xcodurch  das  bild  mehr  verblaszt: 
dann  wasz  werden  sie  für  rhum  ab  der  eulen  erholen? 
eben  so  viel,  acht  ich,  als  andere  vögel,  die  jn  (den  kautz) 
zu  stechen  begeren,  vnd  darüber  in  die  leimruten  fallen 
Fisch  ART  Eulenspiegel  19  Hauffen.  so  begreift  sieh  denn 
auch  das  bild: 

der  neid  ein  nachtvogel  ist, 
der  nur  heymlich  und  dückisch  fleugt, 
bey  dem  tag  sich  ducket  und  schmeugt, 
lest  sich  frey  offen  sehen  nicht, 
allein  undter  dem  hütlein  sticht 

Hans  Sachs  104,  333,  11  KeUer-Götze. 

und  die  von  anderer  sphäre  umgebene  starke  entwickln ng 

unter  6  b  ß: 

also  kan  des  menschen  grämen 
nichts  von  seinem  leiden  nehmen, 
wenn  es  gifftig  auff  jhn  sticht 

Königgb.  dichterkr.  83  neudr. 

11)  eine  karte  sticht  die  andere  wie  im  tumir- 
kämpf  ein  ritter  den  andern  (vom  pferde)  sticht  und  so 
besiegt,  die  karten  (eigentlich  die  kartenbUder)  führen 
unter  sich  den  tumirkampf.  die  kartenspieler  selbst  werden 
nur  als  Zuschauer  gedacht,  so  bietet  es  sich  als  das  ursprüng- 
liche: zu  dem  andern  so  ist  vff  dem  kartenspil  also  ein 
Ordnung,  das  ye  das  höher  sticht  das  vnder,  der  künig 
sticht  den  oberman,  der  ober  den  vnder  Keisersberg 
brösaml.  1,99"^;  die  zwei  stechen  ein  künig  und  die  sechs, 
die  zwei  den  obermann,und  das  carnöffel  sticht  es  allesamt 
109»>;  vgl.:  da  gat  es  schlecht  zu,  da  stiebt  das  besser  das 
böser  ebenda;  diejenigen  aber  auff  die  der  p feil  gerichtet, 
namen  bey  guter  zeit  einen  fürsichtigen  abtritt,  erwarteten 

Cr. 


1263 


STECHEN 


STECHEN 


1264 


desz  'ernsts  nicht,  wusztcn  wol  dasz  in  dergleichen  spiel 
die  saw  den  könig  sticht  Mich.  Stettler  Schiceizerchron. 
1,  505»;  die  erste  frage,  auss  jhren  vier  büchern,  sollt  sein, 
warumb  der  karnöfTel  den  bapst  vnd  keyser  sticht  Nas 
antipap.  einer  und  hundert  (1567)  4,  86»;  und  das  eichel- 
daus  sticht  Ludwig  2,  327  {aus  dem  regen  in  die  traufe); 
(aprichicörtlich :)  spadille  sticht  manille  Wander  4,  648 
{vgl.  dazu  th.  10,  l,  »p.  1831); 

die  dame  sticht  den  knecht  und  diss  bleibt  ungerochen? 

HOFFMANNSWALDAU  ged.  2,  128. 

bildlich:  freundschaft  ist  haupttrumpf,  der  alle  übrigen 
sticht  Holte  I  erz.  Schriften  18,  32.  die  färben  des  dem 
spiel  zu  gründe  liegenden  bildes  sind  verblaszt,  als  das 
subject  der  karte  durch  das  subject  der  kartenspieler  ab- 
gelöst vnirde:  eine  karte  stechen,  vincere,  tirare  una  carta 
Krauer  dict.  2  (1702),  918*;  stich  mir  die!  vincimi  questa! 
ebenda;  auch  das  läszt  mich  der  herr  hauptpastor  so 
sagen,  weil  er  es  an  meiner  stelle  sagen  würde;  —  weil 
er  mir  am  liebsten  in  den  mund  legt,  was  er  am  leich- 
testen beantworten  kann ;  —  weil  er  mir  gern  die  karten 
in  die  band  spielt,  die  er  stechen  kann  Lessing  11,  532. 
dementsprechend  denn  auch  mit  einer  karte  stechen:  als 
sein  gehülfe  mit  der  manille  gestochen  hatte  Kästner 
Schriften  (1755)  129;  der  kleine  wenzel  ist  mein,  drauf! 
ich  stech'  ihn  mit  dem  eichelkönig!  Hauff  ircrfte  l,  235; 
'das  moos,  das  ist  das  moos'  stotterte  der  papageigrüne 
und  stach  in  der  Zerstreuung  das  ass  seines  Aiden  mit 
atout  Iiiuermann  20, 135  Hempel;  da  stach  cousine  Ehne- 
been  die  forcc  ihrer  partnerin  mit  atout-ass  Storm  3,  302; 

ein  ander  lest  sich  wol  sampt  dreyen  gar  versperren 
und  kürtzet  seine  zeit  mit  hochgebomen  herren  .  .  . 
setzt  geld  und  bUcher  auiT  bey  einer  freien  zechen, 
darf  wol  den  guten  pabst  mit  einem  bauem  stechen 

Rachel  satyr.  ged.  70  neudr.; 
wenn  die  kugel  pfeift,  wenn  die  lanze  saust, 
wenn  der  tod  uns  in  tausend  gestalten  umbraust, 
kannst  du  am  Spieltisch  dein  septleva  brechen 
und  mit  der  spadille  die  könige  stechen 

KÖRNER  1, 141  Hempel; 

bildlieh:  wozu  denn  aber  die  ewigen  trumpfe,  mit  denen 
man  nicht  sticht,  und  kein  spiel  gewinnt  Göthe  IV  4,  112 
Weim. 

willst  Zwainzger,  an  stumpf 
oda'  mechst  an  guetn  trumpf, 
mit  denst  ollmal  stichst 
wannst  was  widersprichst? 

Stelzhamer  dichtungeii  1,  198  Kosegger; 

da  ich  jedoch  in  einem  solchen  groszen  dichterisch-histo- 
rischen werke  mit  diesen  vier  kartenkönigen  des  ganzen 
Spiels  öfters  vermittelst  ihrer  Spitznamen  zu  stechen 
habe:  so  kann  ich  mit  vergnügen  die  spitz-  und  ehren- 
namcn  hersetzen  J.  Paul  57,  25  {kometi).  selten  nach  einer 
karte  stechen:  ich  hab  gesehen,  dasz  der  tod  ein  spieler 
.  .  .  und  nicht  allein  sticht  nach  dem  bauer,  sondern 
auch  nach  dem  könig  Abraii.  a  S.  Clara  niercks  Wien 
(1680)  18.  im  Spielerjargon  stechen  ohne  jede  weitere  an- 
gabt: Stein:  aber  was  stichst  du  da  gleich,  wenn  ich 
mich  verwerfe?  forster:  verworfen  ist  verspielt  Ludwig 
3,  28  {erbförster  1,  6);  sie  haben  gestochen,  herr  Schmerl, 
sie  spielen  aus  Bauernfeld  sdiriften  5,  232  {groszjährig 
2,  l);  schon  bei  Krämer:  ich  hab  {die  karte)  gestochen 
dict.  2(1702)919'';  hierher  auch:  es  wäre  wohl  der  mühe 
werth,  einmal  das  verläumden  beym  cafTeetisch  als  ein 
kartenspiel  vorzustellen,  wo  immer  einer  den  andern 
sticht  Lichtenberg  verm.  Schriften  (1800)  2,  414.  icie  sehr 
aber  die  hier  zu  gründe  liegende  Vorstellung  verblassen 
konnte,  zeigt:  dann  kam  {zum  maskenballe)  eine  geuell- 
schaft  dcatscher  —  Spielkarten,  die  sich  selber  mischten 
und  ausspielten  und  stachen;  ein  schönes  Sinnbild  des 
atheismus  J.  Paul  22,  lü2  {Titan  2).  ob  in  der  icendung 
einen  kegel  stechen  mehr  vorliegt  als  eine  bhsze  Über- 
tragung vom  kartenspiel,  musz  gegenüber  dem  oben  ge- 
»ehüderten  entuncklungugang  sehr  zweifelhaft  bleiben:  der 
kSnif  im  kegeUpiel  wird  nicht  weniger  gestochen  als 
ein  gemeiner    Abraii.  a  S.  Clara  ettcojt  für  alle  (1689) 

It)  wäre  «n  wäre  ttecben,  mit  einer  *eaare  tatiseh- 
kmnäd  treiben,  gevriei  mit  der  wtrigen  ephäre  des  kartenspiels 
tUMmmenkängend,  indem  getagt  werden  «oll,  eine  vaare 
4mtk  mm»  andere,  teettigetene  gUiekutrthige  für  den  aus- 

Cr. 


tauseh,  ersetzen,  also  eigentlich  mit  dem  beisinn  des  über- 
bieteiis.  dasz  eine  mit  dem  rechtlichen  tauschact  sich  ver- 
bindende handgebärde  zu  der  redetcendung  anlasz  gegeben 
habe,  ist  sehr  viel  rceniger  wahrscheinlich:  tauschen  vnd 
stechen  sy  waar  an  waar,  ye  zwey  ding  an  eins  nach 
gelegenheyt  der  sach  Franck  weltbuch  214»;  vnd  do 
schon  gewerbe  gewesen,  hat  man  da  gewechselt  oder 
gebeutet  vnd  wahr  an  wahr  gestochen  oder  partirt 
Mathesius  Sarepta  (l57l)  lei»».  die  waare  wird  im  ein- 
zelnen  bezeichnet:  handien  mit  pferden,  die  füren  sy 
nachmals  in  der  moren  land,  die  stechen  yhn  daran 
Vni — X  oder  XII  sclaven,  nachdem  das  pferd  kostlich  ist 
Franck  weltbuch  213";  vnd  stachen  allda  mancherley 
färb,  pappagaly  vnd  ein  wurtz ...  an  schellen,  stuck  tüch, 
kartenbletter  ebenda  21«»; 

die  junckfraw  ist  gar  sch6n  und  zart, 
ir  complex  tugenthaffter  art. 
wir  wollen  uns  darob  besprechen, 
euch  etlich  kleinat  daran  stechen 

H.  Sachs  8,  318  Keller-Götse. 

wohl  unter  dem,  einfltisz  von  vertauschen  o.  ä.  kam,  dann 
zu  stände:  in  disem  landt  der  grawen  leuth  schlagt  man 
keine  müntz,  sonder  in  all  jren  kauffhändeln  tauschen 
vnd  stechen  sie  wahr  vmb  wahr  Franck  weltbuch  218»; 
vgl.:  stächen,  waar  vmb  waar,  an  galt  oder  kauffmann- 
schatz  vertauschen,  permuiare  pretio  vel  merce  Maaler 
883''.  das  schimmert  auch  nocli  durch  die  waldecksche 
redensart:  *t  sal  s*k  wül  da  ume  sti'ken,  es  wird  wohl 
darauf  ankommen,  es  wird  sich  tcohl  darum,  handeln 
Bauer-Collitz  waldeck.  wb.  99».  eine  Vermischung  von 
beiden  Wendungen  stellt  dar: 

die  Schweitzer  bringend  käsz  und  scbmaltz 
und  stechen  dann  vmb  wein  daran 

Wickram  4,  109,  371  BolU. 

stechen  mit  bloszem  accusativ,  wohl  unter  dem  einfiusz 
von  eintauschen: 

we  vch  die  husz  zfi  hfisser  brechen, 
ein  acker  zu  dem  andern  stechen 
sind  ir  allein  dann  vfT  der  erd, 
das  niemans  sunst  dar  von  nüt  werd 

Brant  narrentchiffß  Zamcke. 

wurd  .  .  .  nach  myn  h.  götem  vnd  getrflwen  flyss,  an 
gemeltem  houptgät  oder  an  den  böchern  daruss  erkoufTt, 
oder  gestochen,  oder  an  schulden  einnich  schad  oder  Ver- 
lust .  .  .  zä  ston  Riederer  Spiegel  der  wahren  rhetorik 
(1493)  Z2»;  vgl.:  stechen,  etiam  bibliopolis  est  libroa  cum 
libris  permutare  Stieler  2154.  — mit  einem  stechen  .  .  . 
id  est  wahre  um  wahre  geben  Kram  er  dict.  2  (1702)  919»; 
vgl.  dazu  das  reclienexempel:  zwen  stechen  mit  einander, 
hat  der  ein  saffran  der  ander  perlen,  gilt  l  %  safTran  bar 
4»;8  fl-  den  setzt  er  am  stich  für  5  fl.  will  >;«  bar  gelt  haben, 
der  ander  setzt  die  perlen  am  stich  für  7>/»  fl.  und  ist  der 
stich  gleich  —  dieweil  der  erst  '/«  nicht  will  im  stich 
haben,  so  subtrahirt  mans  von  seinem  stechen  Mich. 
Stifel  die  coss  {algebra)  Christoph  Rudolfs  (1554)  285. 
hierher  wohl  auch:  seind  jr  zertreglet  vnnd  vneins  mit- 
einander, so  sollen  ir  lögen  das  ir  ein  sönlin  mit  ein- 
ander stechen  vnd  eins  werden,  vnd  ein  ander  vergeben 
vnd  ablosszen  den  zorn  Keisersberg  postille2  (1528)  68*. 
in  neuer  frische  {bei  der  Werbung  um  die  hand  eine» 
mädchens  spricht  der  eine  nebenbuhler  tum  andern): 

wenn  ihr  die  tochter  mir  zum  weibe  gebt, 
verschreib'  ich  ihr  drei,  vier  so  schOne  hftueer 
im  reichen  Pisa  als  nur  irgend  ein», 
das  signor  (ircniio  hier  in  I'adua  hat  .  .  . 
nun  signor  Gremio,  womit  ftecbt  ihr  dauV 

SiiAKP-sfEARK  6,  235  {der  widerrpentt. 
uihvxung  2,  1), 

1(0  das  Hfterbieten  {übertrumpfen)  wieder  besonder»  deut- 
lich ist,  vgl. :  mit  der  waare  stechen,  merces  permutare 
Stein  BACH  (1784)  2,  7io. 

18)  in  der  bedeutung  von  bestechen  {».  bestechen  6, 
th.  1  sp.  1668).  der  erkliiruiuj  bieten  sich  Schwierigkeiten 
genug,  da  stechen,  bestechen  und  durchstechen,  jetzt 
in  dieser  gant  eigenthümlichen  Itegriff'ssphäre  sich  gleicher- 
weite  bezeugend,  von  gant  verschiedenen  ausgangepunkten 
aue  hier  tutammunir^e» .  am  deutlichsten  ist  für  be- 
stechen 'einen  durch  gaben  gewintten'  der  tueamtnenhang 
mit  dem  bergmunnsausdritck  bestechen  {lat^f  %aid  gut» 
eines erzganges durch  aondirinstrumrntefeststeUen),  «0  mAoh 

Cr. 


1265 


STECHEN 


STECHEN 


1266 


in  mhd.  zeit  zu  belegen,  vgl.  geitn.  l.  346;  dann  überhaupt 
'vorsichtig  und  tastend,  einen  gegenständ  untersuchen'  {was 
schon  ganz  trefflich  in  unsere  begriffssphäre  einlaufen 
mll):  die  Schnecken  haben  keine  äugen,  bestechen  aber 
den  weg  mit  den  hörnern  Hetden  Plinitis  331.  ob  vren- 
düngen  icie  mit  einander  durchstechen;  sie  haben  die 
Sache  mit  einander  durchgestochen  ihre  erkläriing  durch 
die  etica  mit  nadelsticJien  bezeichneten  Spielkarten  finden, 
bleibt  ziceifelhaft  genug,  gleich  guten  grund  hätten  er- 
tcägungen  im  Zusammenhang  mit  stechen  lÄ:  mit  einem 
andern  zusammen  alle  möglichkeiten  eines  faUes  durch 
iriederholte  befragung  des  orakelbuches  erwägen,  gemein- 
samen plan  machen,  eben  solche  Wahrscheinlichkeit  aber 
hat  noch  die  annähme  eiries  Zusammenhanges  mit  stechen 
Itß:  mit  einander  gleichen  weg  nehmen  u.  a.  m.,  eine  be- 
deutung,  die  auch  in  dem  gebrauch  bei  Lessing  10,  209  {s. 
th.  2,  sp.  1691)  noch  nicht  alle  färbe  verloren  hat.  am 
sinnlichsten  bleibt  aber  das  simplex  t7t  seiner  anlehnung 
an  die  wendung  ein  pferd  mit  sporen  stechen  (vgl.  stechen 
li);  die  gröszere  bildlichkeit  wird  durch  entsprechende  Zu- 
sätze getcahrt:  deus  vetat  principem  esse  6ioQO(päyov  vel 
SwQoßÖQOV,  dasz  er  sich  nicht  mit  gaben  stechen  lass: 
SiOQÖöoxoq  der  mit  gaben  sticht,  oder  der  gestochen 
wirt  Alberus  novum  dictionarii  genus  (1540)  5";  dasz  er 
den  richtern  eine  beständige  besoldung  geordnet,  dasz 
sie  sich  armut  halber  nicht  stechen  lassen  mit  gaben 
NiGRiNUS  papist.  inquisition  524;  denen  dräuete  der 
könig  hart,  als  hätten  sie  sich  mit  gaben  stechen  lassen, 
dasz  sie  jhnen  {den  Juden)  davon  hülffen  biblia  von  1662 
(3.  Maccab.  4,  18); 

ja,  wer  am  gerieht  hie  handeln  wil 
vnd  sich  an  seinen  feinden  rechen, 
der  mnss  jn  oft  mit  gaben  stechen 

Waldis  päpstlich  reych  k  4'» ; 
wenn  mans  (die  tnöncAe  und  pfaffen  in  der  beichte) 

aber  mit  gaben  stach, 
so  Hessens  dennocht  etwas  nach 

Waldis  Esop  2,  96  Kurz  (4,  36, 13) ; 

ist  er  {der  richter)  aber  des  mammon  knecht,  so  lesst 
er  sich  stechen  mit  geschencken,  das  er  blind  wird 
Luther  32,  454,  17  Weim.;  er  {gott)  heisset  sie  {die  richter) 
alles  in  der  furcht  gottes  und  mit  vleiss  thun,  sich  nicht 
etwan  mit  geschenck  stechen  lassen  KrCger  spiel  von 
den  bäurischen  richtern  7  Bolte.  besonders  deutlich: 
zancke  nicht  mit  einem  reichen,  das  er  dich  nicht  Über- 
wege, denn  viel  lassen  sich  mit  gelde  stechen,  vnd  be- 
weget auch  wol  der  könige  hertz  Jes.  Syr.  8,  3;  Maxi- 
minius  hat  vmb  die  ritterschaft  bült  vnd  sie  mit  gelt 
gestochen,  vnd  von  vilen  die  stimm  seines  keyserthumbs 
erkaufft  Franck  chron.  30'';  der  munch  zu  Venedig,  wel- 
cher eine  Preckin,  so  jhren  buhen  vmbgebracht  hatte, 
absolvirt  .  .  .  hernach  aber  mit  geld  gestochen  ist  wor- 
den vnnd  das  weih  .  .  .  verrathen  Mathesiüs  Syrach 
(1586)  2,  HO". 

wann  er  sich  wolt  an  feinden  rechen, 
mit  reichtumb  pQegt  er  sie  zu  stechen, 
er  macht  sie  reich,  das  war  sein  räch 

Alberus  fabeln  3J  neudr. 

mit  genauer  Zahlenangabe:  yedoch  stach  Aristobulns 
Scanrurn  mit  dreyhundert  centner  gelts  Franck  chron. 
32*.  icohl  unter  dem  einflusz  von  bestechen  stehen  die 
folgenden  verblassungen:  sie  {die  jungen  Verschwender) 
schanckten  und  gaben,  sie  stachen  und  prachen  Arigo 
«6,  12  Keller; 

oft  geschichts  auch  das  die  andre  partey 
den  procnratorem  sticht  frey 

Herlicivs  musicomattix  C8; 
dn  must  ffirher  wol  stechen, 
soll  anwalt  für  dich  sprechen; 
gesetze  wird  er  bringen, 
nach  dem  die  mOntzen  klingen 

LoG.\ü  2,  147,  36. 

:*)  Silben  stechen,  tüfldn.  haarspalterei  treiben, 
über  den  Ursprung  der  redensart  die  oben  th.  10,  l 
•p.  969  unter  silbe  3  ausgesprochene  vermuthung  Adelungs, 
''lei  es  gleichgültig  bleibt,  ob  die  schüler  die  ailben  'mit 
fzigen  griffein'  oder  mit  den  ausgereckten  Zeigefingern 
in  die  luß  stachen;  vgl.:  unterdesz  stachen  die  syrischen 
ond  jüdischen  knaben  in  den  schulen  Karthagos  mit 
«len   fingern   in  die  luft,   um   den  sinn   eines   alten  un- 


^^. 


X.  2. 


Cr. 


verständlichen  bochstabenräthsels  herauszubohren  Frey 
TAG  17,  125  {bilder  1,  2);  der  zusammeuJuing  mit  den  alten 
buchstabierübungen  leidet  keinen  ziceifel:  freilich  kommt 
jetzt  die  zeit,  wo  ihr  andern  Aiovvaov  xexvZxai  was 
bessers  zu  thun  habet,  als  gedaiiken  zu  haschen  und 
sylben  zu  stechen  Wiel.^nd  in  den  briefen  an  Merck 
1,  306;  leute,  die  sylben  stechen  und  an  buchstaben 
feilen  Lenz  vertheidigung  des  herrn  Wieland  26  neudr.; 
{Hamlet:)  wie  keck  der  bursch  ist!  wir  müssen  nach 
der  schnür  sprechen,  oder  er  sticht  uns  mit  sylben  zu 
tode  Shakespeare  3,  329  {Hamlet  5,  l);  mein  vertheidiger 
sprach  statt  meiner  ...  er  stach  silben,  er  verdrehte  die 
gesetze  oder  legte  sie  aus,  gleich  viel!  er  traf  die  her- 
zen nicht  HOLTEi  erz.  schrißen  4,  247;  'stechen  wir  nicht 
Silben'  sprach  Conti  mit  einem  höhnischen  zwinkern 
Handel-M.\zzetti  arme  Margaret  2i3; 

einfältig,  lieber  söhn!    nicht  sylben  fein  gestochen! 
wer  räthsel  beichtet,  wird  in  räthseln  losgesprochen 
GöTHK  9,  205,  16  Weim.  (Romeo). 

15)  eine  flasche  wein  stechen,  ihren  inJialt  ge- 
meinsam mit  zechgenossen  ausleeren;  häufiger  dafür  aas- 
stechen {s.  ausstechen  4,  th.  l,  sp.  984,  wo  die  herkunfl  des 
ausdrucks  vom  aufpfropfen  der  flasche  vermuthet  wird): 

vmb  kannen  lanzen  brechen, 
tnmieren  vmb  ein  glas,  und  kalte  schalen  stechen 
ist  unser  ritterspiel 

FLK>n>fG  deutsche  gedickte  1,  95  lit.  ver.; 

eine  flasche  wird  gestochen 
und  ein  dutzend  schelmenliedchen 
an  den  schwänzen  eingefangen, 
am  refrain,  den  alle  kennen 
Keller  10,  216  (apotheker  vo:i  Chamounix  2.  9). 

tcir  befinden  ujis  hier  durchaus  in  der  Sphäre  des  zech- 
tumiers,  vne  es  auch  im  folgenden  vorgestellt  wird; 
FisCHÄRT  zeigt  natürlich  hier  besonderen  reichthum:  da 
stachen  sie  einander  die  pocal  auf  die  brüst  Gargan- 
tua  123  neudr.;  er  .  .  .  fochtelt  mit  den  bauern  herumb, 
vnnd  stach  jnen  die  kannen,  häfen  und  krüg  zum 
kopff  73 ;  zu  allem  anlaoff  fertig,  wa  man  mit  eim  glasz 
herstach  76; 

da  faszt  er  solch  red  in  die  ohren, 

vnd  förcht,  man  nem  jn  vnder  d  sporen, 

dasz  er  nicht  mehr  könte  zechen, 

vnd  mit  der  hurst  (burta,  zechgesellschaft) 

herumber  stechen, 
könt  nit  mehr  so  gut  mänlin  sein 

Ftschart  1,  59  Kurz  {nachtrab  2204). 

hierher  gehört  auch  der  warn  ruf  ich  stich  dich  und  seine 
erwiderung  ich  wehr  mich  Gargantua  128  neudr.  sonst 
selten,  so  von  einem  wettessen: 

erst  thetens  auff  einander  stechen 
und  frassen  zu  neyd  an  einander 
sehr  grosse  mundvol  beidesander 

Hans  Sachs  9,  369,  32  Keller-Gdlse 

anders  verhält  es  sich  natürlich  mit  der  wendung  wein 
aus  dem  fasse  stechen,  mit  hilfe  des  stechhebers  (*.  u.) 
ihn  entnehmen;  den  wein  stechen,  assagiare  {gall.  es- 
sayer. gourmer)  il  tnno  Kram  er  dict.  2  (l702)  918«;  hierfür 
heute  auch  gewöhnlicher  den  wein  anstechen  {th.  1  sp.  iTi 
unter  anstechen  2),  tco  freilich  die  Beendung  ein  fasz  an- 
stechen davor  liegt  mit  der  Vorstellung,  tcie  der  metzger 
ein  thier  ansticht,  sodasz  das  rothe  blut  hervorsprudelt, 
vgl.  die  ähnliche  Vorstellung  6«  Stranitzky:  komme 
ich  nun  in  den  keller,  und  finde  sie  {die  geliebte)  nicht, 
so  lasse  ich  meinen  zorn  an  euren  Weinfässern  aus, 
und  steche  sie  unbarmhertzig  in  das  hertz,  dass  ihnen 
der  lebenssafTt  heraussprtitzet,  den  sauge  ich  ollapatrida 
89  Wien,  tieudr.;  unter  dem  einflusz  von  abzapfen  {th.  1 
sp.  156)  steht  tcohl  der  ausdruck  den  wein  abstechen. 

16)  stechen  in  der  bedeutung  'graben',  *o  torf  stechen 
plaggenweis  für  brennzicecke :  kuhdünger  in  kuchen  ge- 
häuft, gedörrt  und  wie  torf  gestochen,  reicht  hier  zum 
bedürfnisse  des  brennens  hin  Ritter  erdkunde  (1822)  5,7ii ; 
jeder  gestbauer  stach  seinen  brennbedarf  aus  dem  an 
seine  gründe  anstossenden  moore  Wimmer  geschichte  des 
deutschen  bodens  (1905)  159,  vgl.  dazu  auch  besonders  ab- 
stechen {th.  1  sp.  127).  —  ähnlich  butter  und  andere  fette 
aus  dem  fasz  stechen:  butter,  schmaltz  stechen  cavare 
del  butiro,  dal  mastello  Kramer  dict.  2  (1702),  919»;  wozu 
zu  vergleichen  ist  ausstechen  {th.  l  ^.  984  unter  8).    neben 

80  Cr. 


1267 


STECHEN 


STECHEN 


1268 


ansstechen  gilt  auch  einfaches  stechen  beim  herausgraben 
von  pflanzen  aus  der  erde:  diesteln  stechen,  kraut  stechen 
als  futter  für  das  vieh,  spargel  stechen:  da  sind  spargel, 
erst  iezt  gestochen  Göthe  IV,  3,  62  Weim.; 

flachs  dann  stich  mir  im  garten  die  neu<;eschosscnen  spargel 
Vosz  1,  101  (LUMC  2,  211). 

in  der  Jägersprache  sticht  der  dachs  und  der  fuchs,  loenn 
sie  mit  der  schnauze  in  dem  boden  icühlen,  um  larven 
und  kä/er  zu  fangen:  der  dachs  sticht,  wenn  er  wühlt 
Heppe  v>ohlred.  Jäger  284,  vgl.  auch  Brehm  thierleben  1,  646. 
desgleichen  sticht  auch  die  schnepfe  (vgl.  den  beleg  unter 
stechen  subst.). 

17)  stechen  in  der  bedeutung  'hervorsprieszen' : 

zarte  saatenspitzen  stechen 
aus  den  furchen 
Salis  im  OötUnger  musenalmanach  von  1788  «.  184. 

doch  geicöhnlich  dafür  in  der  älteren  spräche  herfür 
stechen  {vgl.  auch  hervorstechen  th.  4,  2  sp.  1200):  wenn 
aber  sie  {die  gärtner  und  xnnzer)  sehen  dye  boum  frö 
bürgen  und  dy  bellen  herfür  stechen  ...  so  hoffen  sie 
nit  vil  frucht  zu  erlangen  Keisersberg  bilgerschaft  (1512) 
32*;  wann  eben  das  new  jung  gras  herfür  stiebet  Sebiz 
feldbau  (1579)  %;  aucJi:  wann  die  blumen  herfür  stechen 
575;  gleich  wie  man  das  vnkraut,  wenn  es  begint  herfür 
zu  stechen,  .  .  .  zeitig  auszreutet  Pape  bettel-  und  garte- 
teuffei  (1586)  D  8^ ;  wann  er  {der  fenchel)  erst  herfür  sticht 
und  etwan  drey  oder  vier  finger  lang  ist  Hohberg  l,  513*. 
ein  reflexiv  kann  sich  hier  Brockes  nicht  versagen: 

sie  {die  pflanzen)  stechen  sich 

fast  mit  gewalt  hervor  aus  dunckler  erden 

irdisches  vergnügen  1,  5. 

entsprechend  auch  von  menschlichem  und  thieriscliem  haar: 

sobald  im  etwas  flaam  durchs  kinn  gestochen 

Wieland  22,  20. 

dafür  auch  hier  herfürstechen :  etwan  über  14  tag  da 
fiengen  im  die  graven  haar  wider  an  herfür  zu  stechen 
Frey  gartengetellschafl  89,  12  Bolte. 

18)  im,  bereich  des  schützenwesens : 

a)  beim  gewehr  bezeichnet  stechen  das  spannen  des 
Stechschlosses  {s.  u.)  durch  leises  andrücken  des  Stechers 
(».  M.):  niemand  nimt  sein  schönes  röhr  in  die  band, 
dasz  er  nicht  zum  wenigsten  den  schneller  daran  stechen 
vnd  wieder  loszziehen  solte  polit.  Stockfisch  49;,  siehst 
du,  ich  spanne,  siehst  du,  ich  lege  an  .  .  .  siehst  du,  ich 
steche,  es  geht  alles  in  Ordnung,  und  wenn  du  nicht 
auf  der  stelle  das  document  heraus  gibst,  oder  mir  an- 
zeigst, WO  es  sich  befindet  oder  was  mit  ihm  vorgefallen, 
so  rühr'  ich  diese  kleine  nadel  und  du  bist  auf  der 
stelle  mausetodt  Göthe  18,  72  Weim.  {die  aufgeregten  4,  8); 
er  nahm  seine  zweite  büchse,  die  dort  liegen  geblieben 
angebraucht,  spannte  den  bahn,  stach  sie  und  gab  sie 
seiner  frau  zum  losdrücken  in  die  bände  Arnim  8,  122; 
wer  recht  abkommen  wolte,  der  solte  selber  die  böltze 
schifften  und  fidern,  vnd  das  armbrust  stechen  können 
Mathesius  Sarepta  (1571)  153'';  er  .  .  .  kont  dasz  geschosz 
wol  stechen,  trang  den  anschlag  nicht  zu  viel,  hielt 
recht  ausz,  verwart  das  treff  sehr  wol  Oarg.  285  neudr. 

b)  einen  andern  sinn  hat  es,  wenn  ztoei  schützen,  Vielehe 
beim  scheibenschieszen  gleichen  erfolg  gehabt  haben,  mit 
einem  letzten  schusz  stechen,  d.  h.  eine  endgültige 
entsclteidung  herbeiführen;  ein  ausdruck  der  vom  stechen 
um  den  preis  beim  turnier  entlehnt  ist  {vgl.  oben  1  e  und 
die  enceiterung,  loelche  zu  unserer  wendung  hinführt): 

und  wie  offtmals  auCT  weitem  plan 
ein  rennen  wirdt  gestellet  an, 
mit  zweven  pferdan  gar  subtil, 
die  lauflen  sollen  zu  dem  zil, 
vnd  ütecben  vmb  ein  kleinot  gut 

Spreng  Ilia»  (1610)  807», 

»owie  auch  unten  steohschieszen  n.,  nur  daa$  hier  ein 
einziger  »chuat  auf  die  stechscbeibe  Überhaupt  nur  gethan 
tcerden  darf:  die  beiden  besten  schUtzon  stechen. 

19)  stechen  in  der  spräche  der  arcJUtektur  von  ge- 
wölben  gesagt,  deren  aehniUlinie  nicht  wagerecht  geht,  son- 
dern im  Winkel  nach  oben  oder  unten;  auch  eine  ge- 
stochene kappe. 

W)  o6«c.; 

ob  ich  dnrch  franen  willen  weit  stecben 

fattnachtspide  766,  IS  KeUer; 

Cr. 


vnd  was  gibts  gestochen  lebens  vnd  angststich  vnterm 
weibsvolck,  wann  man  ein  landt  und  statt  mit  gewalt 
gewinnet  Garg.  32  neudr.;  sie  .  .  .  hat  acht  auff  was  ge- 
stalt  das  bett  bereitet  jhm  mundet,  die  feder  oben  oder 
vnden,  oder  in  der  mitten  vest,  so  sticht  er  alsdann 
vmbs  best  Oarg.  106  neudr.; 

nu  weder  stechend  noch  gestochen, 
weil  loch  und  nadel  jhr  gebrochen, 
ligt  hie  die  Bärbel  über  sich. 
der  stich  könnt  ihr  das  herz  nicht  brechen 
(dan  sie  sich  nährte  von  dem  stich) 
doch  starb  sie  leyder  von  dem  stechen 
Weckherlin  ged.  812  {grabschrift  für  die  näherin  Bärbel) ; 

gelbe  öpfel  musz  man  brechen, 
schöne  Jungfern  sol  man  stechen 
Unterschrift  eines  deutschen  kupferstiches  um  1700  bei  Fuchs, 
Sittengeschichte  1,  324; 

sie  spricht  —  so  süsz  wie  mädchen  sprechen  — 

mit  Unschuld  im  gesiebt: 

'ach !  können  sie  denn  nicht 

mir  auch  ein  solches  kindchen  stechen?' 

Schubart  gedichte  3,  125 ; 

so  unrd  mit  nicht  unschuldigem  beisinn  ein  kupferstecher 
von  einem  mädchen  angesprochen,  auch  als  subst.  vgl.: 
ey  des  schönen  fotzenhelms  stechens  Garg.  32  neudr., 
wo  zugleich  die  anlehnung  an  den  kämpf  in  der  stech- 
bahn durchschim.mert ,  wozu  oben  stechbahn  6  zu  ver- 
gleichen ist. 

21)  die  subst.  Verwendung  rfe»  Infinitivs  stechen  hat 
vereinzelt  starke  aufnähme  gefunden: 

a)  entsprechend  oben  \b  a  hauen  und  stechen : 

morden,  huwen  und  stechen 

tribe  ich  in  der  tabeme: 

das  kan  ich  mine  kinder  gelerne 

AU^f eider  passionsspiel  12,  39^5 ; 

ich  richte  an  vil  bflsz  vnffiren, 
als  stächen,  spilen,  hären,  houwen 

Manuel  weinspiel  964  neudr.,- 
die  Schwyzcr  thatend  fechten 
mit  houwen  und  mit  stechen 
Casp.vr  Sutbr  über  die  Piemonier  schlacht  im  j.  1544 
(6et  LiLIENCRON  4,  249); 
du  sitzst  nit  für  im  rosengarten; 
dann  nur  dein  lust  ist  hawen,  stechen, 
wie  aus  deim  reimen  wol  zu  rechen 

Fischart  1,  41  Kurz  {nachtrab  1495) ; 

mit  stechen,  hawen,  werffen,  schiessen 
geschach  ein  grosses  blutvergiessen 

Spreng  Ilias  (1610)  39>>; 

und  wozu  ist  doch  der  weit  gut 
der  dapfersten  stechen  und  hawen  ? 

Weckherlin  gedichte  l,  282,  5«; 
kein  brennen,  hauen,  stechen 
sol  trennen  mich  und  dich 
P.  Gerhardt  bei  Fischer-Tü.mpel  kirchenlied  3,  388* ; 

man  sah  nichts,  wenn  er  kam,  als  plündern,  bauen,  stechen 
Neukiuch  gedichte  (1744)  171 ; 

ein  jeder  hofft  den  preisz  im  hauen  oder  stechen 

Koenig  gedichte  (1745)  153: 

und  als  er  mit  hauen  und  stechen 
durch  ist,  sind  die  reuter  fort 

RCcKERT  verke  (1867)  1, 166; 

auch  ihr  seid  beim  trinken  nur  mundschenk,  und  die 
rauhe  erzählung  von  hauen  und  stechen,  von  mord  und 
brand  muss  eurem  zarten  herzen  weh  thun  Kotzebüb 
3,  82  {Adelh.  von  Wulfingen  4,  l).  in  entsprechenden  auf- 
Zählungen:  dabey  auch  verpoten  ist  aller  vnbillicher 
zornn,  er  beschech  mit  siegen  oder  stechen,  mit 
schellten  oder  räch  im  hertzen  Berthold  von  Chieu- 
SEE  tewtsche  theologey  363  lieitl^meyer ;  die  Deutschen 
unterscheiden  sich  nur  durch  die  erstaunliche  Zerglie- 
derung der  Unbilden,  .  .  .  wie  es  mit  stechen,  hauen, 
schlagen  zu  halten  Schmidt  geschichte  der  Deutsehen 
(1778)  1,  187;  die  stunden,  von  den  alten  Hören  ge- 
hciszen...,  führen  allerdings  waffen  zum  schlagen, 
schneiden,  stechen  Holtki  erz.  aehrijten  8,  106.  —  die 
wunden,  wie  die  geschehen  .  .  .  mit  waffon,  stechen, 
sohiesson  Braunschwkiu  cJnrurgia  (1539)  10*;  ein  har- 
nisch  beschirmbt  vor  stechen  und  sohiessen  Paracel- 
8U8  (1616)  8,  868; 

pfui,  pfui  dem  prasseln,  krachn,  br«chn, 
todtscniesaen,  rauben,  würgen,  stechnl 
sind  das  chriKton? 

Opbl-Cohn  dMta^t^dAr.  krieg  4W. 

Cr. 


1269 


STECHEN 


STECHEN 


1270 


b)  besonders  beliebt  das  stechen  als  turnt  er  (s.  oben 
1  e) ;  ain  gros  stechen  wag  an  dem  gaylen  muntag  (rrum- 
tag  vor  fastnacht)  und  auch  an  der  fasnacht.  do  stach 
der  alt  herczog  Steffan  und  sein  sun  herczog  Ludweik 
und  herczog  Ernst,  .  .  .  alle  herczog  von  Bayern  Ulman 
Stromer  chro7i.  i,  22  {d.  städtechron.  i,  54,  2); 

nun  da  ein  grosses  stechen  hielten 

die  fürsten  vnd  den  winter  falten, 

darzu  gross  ritterschaü't  dar  kam 

Fischart  Euleni^piegel  258,  7051  Hauffen; 

auch  ward  die  statpir  (s.  oben  sp.  «3  stadtbime  im 
icappen  von  Augsburg)  an  ainem  stechen  Tmbgestochen 
auff  dem  fronhofF  Augsb.  chronikbericht  zum  jähr  1438  (d. 
städtechron.  i,  323,  15);  da  der  ritter  nun  \'ff  das  stechen 
kam,  da  lag  er  allen  edlen  ob  Pauli  schimpf  und  ernst  11; 
Ludwig  ward  im  stechen  zu  Nürenberg  troffen  S.  Münster 
cosmographie  762 ;  wie  der  hertzog  auff  ein  turnier  reit  und 
wie  Galmy,  der  ritter,  das  best  auff  dem  stechen  gewan 
Wickram  i,  317  Bolte;  und  vor  dem  palast  ist  gar  ein 
schöner  hoff  zu  stechen  und  zu  allerlei  kurtzweyl,  die 
man  haben  will  Schiltberger  reisebuch  46,  23;  alle 
vorüberzihende  ritter  sollen  zu  diesem  stechen  ersucht 
werden  Bucholtz  Herkidiskus  (1665)  92;  wenn  er  den 
heim  schlosz,  ein  stechen  zu  beginnen,  hob  sich  der 
keuscheste  busen  höher  MusÄus  Volksmärchen  l,  102; 
wenn  ich  im  hämisch  den  preis  beim  ritterlichen  stechen 
verdiente  Freytag  2,  38  (braidfahrt  2,  2); 

(ich)  vbrlie£f  auch  all  meine  gesellen, 
kont  im  stechen  rosz  and  mann  feilen 

Rollenhagen  froschmetueler  (1595)  P  5», 
und  leichter  kehret  Schott  alsdann 
auf  sein  nicht  fernes  schloss. 
schickt  sich  zum  nahen  stechen  an, 
wählt  rüstung,  pferd  und  tross 

Ra.mi.kr  fabellege  (1783)  3,  120; 
billig  nach  dem  blut'gen  stechen 
folgt  ein  bunter  festeskranz 

FouQUE  altsächsischer  bildersaal  (1818)  4,  78; 
es  lebte  einst  in  Frankenland 
ein  wackrer  kavalier,  .  .  . 
gewann  im  stechen  manchen  dank      Gaudv  11,  67. 

a)  neben  turnieren :  das  stächen  oder  turnieren,  decursus, 
simuluchra  belli  Maaler  383^;  welchem  zu  gefallen  der 
konig  bestalt  hatte  einen  tomir  oder  stechen  auf  den 
nebst  zukunfftigen  sontage  Warbeck  schöne  Magdone  7 
Bolte;  {die  herren)  hylden  eynen  houf  mit  tornyren  unde 
mit  stechen  unde  waren  vil  geste  von  mannen  unde 
von  frawen  Rothe  düring.  chron.  582  Liliencron;  mar- 
graffe  Kunrade  (hatte)  zugerichtet  grosse  freude  und  hoch- 
zeite  mit  stechen  und  tumiren  Arigo  102,  12  Keller;  der 
Spanier  pferd  seind  .  .  .  geachtet  worden  .  .  .,  das  sie 
zu  den  spielen,  als  zu  stechen  und  thurnieren  so  treff- 
lich geschickt  sind  S.  Münster  cosmographie  75;  in 
ritterlichen  spilen,  stechen,  thurnieren  ist  er  nie  ein  mal 
vom  pferd  kommen  Franck  chronic.  (1538)  235»;  Anti- 
phon verwundert  sich,  wie  sich  etliche  an  dem  ebkreuz 
also  ärgern  können,  ...  so  man  doch  im  kämpfen,  Wett- 
laufen, thurnieren,  stechen  vnd  allerley  ritterspilen  sich 
die  müh  .  .  .  nicht  verdriesen  laset  Fischart  phil.  eh- 
zu<:htbtich  221,  21  Hauffen;  ein  göte  zeyt  mit  triumph. 
stechen  vnnd  turnieren  zu  bringen  Stumpf  Schxcytzer 
Chronik  (1606)  275*;  im  turnieren  vnnd  stechen  Guari- 
NONiüS  grenel  der  venciistung  (l6lO)  198;  da  liesz  er 
{Gibaldo)  ein  tiiurnier  und  stechen  ausschreiben  Volksbuch 
gehörnten  Siegfried  (l726)  66  neudr.; 

er  (der  treulose  ritter)  laszt  ab  ee  der  zeitt 
mit  tnmay,  stechen  vnd  streitt 

Hätzlerin  liederlmch  224,  232 ; 
essen,  trincken  und  panckatieren 
lob  ich  für  stechen  und  thurnieren, 
für  tantzen  und  für  saytenspiel 

H.  Sachs  15,  110,  31  KeUer-Oötze. 
rytterspiel  . . .  mit  rennen,  stechen,  turnieren  Schü- 
»N  nachtbüchlein  299  Bolte;  er  (gemeint  ist  das  streitrosz) 
Seit  seinem  herm  vmb  sein  weih  geholfen  in  thurnieren, 
jrennen  vnd  stechen  Franck  Sprichwörter  (1541)  2,  29»; 
so  wollen  wir  auch  hie  zu  landt 
mit  vnsera  fürsten  allensandt 
in  freuden  leben  dreissig  tag, 
drum  sich  jeder  ergötzen  mag 
mit  rennen,  stechen  vnd  tumiem 

Ayrer  1307,  25  (Valentin  und  Urtu*  1); 

Cr. 


zum  fünfften  kam  Ascanius, 
der  junge  fürst  ohn  hindemuss, 
gerüst  mit  edlen  knaben  frey, 
vnd  einer  schönen  reyterey, 
so  die  versamblung  theten  zieren 
mit  rennen,  stechen  vnd  tomieren_ 

Spreng  Äneis  82'»; 
im  rennen,  thomim  vnd  stechen, 
im  schwerdt  vnd  spies  zubrechen 
wird  auch  daselbst  niemand  gesehn 
der  sichs  hett  dürffen  vnterstehn 

Thedel  von  WaUmoden  1363  Zimmermann; 

darzu  {zu  seinem  irrsinn)  man  sagt,  das  im  sein  vilfaltig 
rennen  und  stechen  und  die  sorgclichen  grossen  fei,  die 
er  vilmals  gethon,  ain  ursach  gewest  Zimmerische  chron.^ 
1, 183,  38;  rennen,  fechten,  ringen,  stechen  Garg.  l^neudr., 
öfter  .  .  .  habe  er  von  der  höhe  dieser  trümmer,  wo  er 
in  ruhe  gesessen,  dem  rennen,  lanzenwerfen  und  stechen 
der  türkischen  reiter  zugesehen  Ritter  erdkunde  (1822) 
10,  1147; 

ich  bin  ein  ritter  wolgebom, 

nach  rennen,  stechen  steht  mein  sinn, 

H.  Sachs  fastnachtsp.  1,  14,  45  neudr.; 
da  man  dir  in  höflichen  Sachen 
soll  alle  freud  und  kurtzweyl  machen 
mit  stechen,  dantzen  und  mit  jagen 

werke  2,  24,  30  KeUer-Oötze ; 
wie  nun  die  hochzeit  war  am  besten 
mit  aller  kurtzweil  den  edlen  gesten, 
mit  tantzen,  rennen  und  mit  stechen 

17,  225,  82. 
al»  kirehiceihbelustigungen  werden  aufgezählt: 

0  frau,  was  fechtens  und  was  ringen, 
rennens,  Stechens,  danzen,  springen 

fastnaehtspiele  l,  285, 1  KeOer. 

entsprechend  oben  1  e  ß  und  gleich  ringstechen  {th.  8  sp. 
1015)  und  ringelstechen  (th.  8  sp.  1000) :  denn  sie  speissten 
ihre  gebachne  händel  und  kipfel  im  herumdrehen,  sehr 
unbekümmert  um  ringe  und  stechen  Nicolai  reise  durch 
Deutschland  und  die  Schweiz  (1783)  5, 256.  —  zu  fischerstechen 
{th.  3  sp.  1685)  tind  schifferstechen  {th.  9  sp.  76)  ist  zu  ver- 
gleichen: alle  am  stechen  teilnehmenden  schiffet  Hart- 
mann Volksschauspiele  in  Bayern  urwl  Österreich  (1880) 
131,  s.  auch  hier  oben  1  e  ß. 

y)  übertragen,  vom  geistigen  rcettkampf  gebraucht:  Co- 
rynna  von  Thebe,  deren  Pindarus  gedencket,  dass  sie 
.  .  .  funffmal  den  Crantz  im  wettsingen  oder  stechen  ge- 
wunnen  Spangenberg  von  der  musica  75;  vgl.: 

das  ist  nicht  ein  weltlich  stechen, 
keine  eisenwaffe  blitzet  — 
eine  lanze  ist  das  wort, 
das  scholastisch  scharf  gespitzet 

Heine  l,  464  Elster. 

c)  entsprechend  oben  1  d  ß  das  stechen  der  schweine, 
das  schlachten,  porcorum  jugulatio  Frisch  (l74i)  2,  324»; 
vgl.  auch  Zusammensetzungen  wie  bärenstechen,  bären- 
jagd  (vgl.  bärenstecher,  bärenjäger  th.  l  sp.  1130),  sau- 
stechen,  saujagd  (vgl.  saustecher  th.  8  sp.  1937)  u.  s.  w. 
ein  fischstechen,  ßschiceide.  mag  erschlossen  werden  aus 
dem  beleg  bei  Forer  :  man  pflegt  sie  auff  allerley  art 
zu  fahen,  mit  dem  aass,  mit  starcken  eisinen  hacken, 
mit  dem  stechen,  mit  garnen  fischb.  59»,  wo  sachliche 
gründe  hindern,  an  ein  verschreiben  für  stecken  zu  denken, 
vgl.  auch  oben  aale  stechen  u.  s.  w. 

d)  entsprechend  oben  2  dornenstechen  {th.  2  sp.  1296) : 

fürchte  nicht  der  dornen  stechen, 
willst  du  schöne  rosen  brechen 

SiMROCK  1671; 

bienenstechen,  mückenstechen,  flohstechen  u.  s.  w.: 
ein  neu  geläsz  auff  das  vber  kortzweiligest  zu  belachen, 
wo  anders  die  flöh  mit  stechen  einem  die  kurtzweil  nicht 
lang  machen  Fischart  ßöhhatz  l  neudr.;  {meister  floh 
spricht:)  stechen  ist  nun  einmal  das  hanptbedingnis 
meines  seins;  aber  stets  habe  ich  zu  rechter  zeit  und 
an  rechter  stelle  gestochen  E.  Th.  A.  Hoffmann  12,  128 
Grisebach.  zugleich  bildlich  ist  gemeint:  {Pickelhering) 
ich  wolte,  dasz  sie  eine  floh  were,  und  säsze  in  meinem 
bette,  ich  wollte  ihr  das  stechen  wohl  vertreiben  Creize- 
nach  sehausp.  engl,  eomöd.  79,  1  {tugend-  und  liebesstreit 
1,2).  —  Schlangenstechen  u.a.w.: 

krieger  gleichen  sich  den  schlangen, 

welcher  stechen  tödlich  ist 

Rist  Jriedejauchzendea  Teutschland  (1683)  18. 

80*  Cr. 


1271 


STECHEN 


e)  entsprechend  oben  6  b  schelten  und  stechen: 
hilfft  nit  haymliche  fraintliche  vermanung  vnd  öffent- 
liche gmaine  predig  an  jnen  (den  gottlosen),  so  vnder- 
lasse  man  aach  das  stechen  und  schelten  und  gmurmel 
wider  sie  Eberl.  von  GCnzburg  3,  2T8  neudr. 

f)  auch  in  der  heutigen  spräche  noch  von  groszer  lehen- 
digkeii  ist  stechen  in  der  bedeutung  von  Seitenstechen 
pleuritis  {th.  10.  1  sp.  S98,  vgl.  dazu  auch  oben  unter  ste- 
chen 5);  in  älterer  spradie  das  stechen  der  seite:  die 
leberader  hat  iren  vrsprung  von  dem  magen  .  .  .  recht 
troffen  (beim  aderlasz)  ist  sye  wider  den  blütflusz  der 
naszen,  vnd  wider  das  stechen  der  syten  Gersdorff 
wundtartzney  (1517)  15,  l*»;  das  stechen  der  seiten  Xylan- 
DER  Polybius  (1574)  71;  vgl.  als  entsprecJiend :  des  hundts 
miltz  vnter  anderer  speise  genossen,  sol  des  miltzes 
stechen  auffheben  Heyden  Plinius  (1565)  805.  gewöhn- 
licher aber  und  in  der  heutigen  spräche  fast  allein  ge- 
bräiicJdich  stechen  in  der  seite:  denn  das  syrisch  vnd 
egyptisch  reich  macht  einander  viel  Stechens  in  der 
Seiten,  vnd  grimmens  vnd  bauchwehe  in  dermen  Ma- 
THESius  Sarepta  (l57l)  Sh^;  vnd  gibs  denen  zu  essen, 
welche  das  stechen  haben  in  der  Seiten  Sebiz  feldbau 
(1579)  858;  ich  habe  diese  tage  über  ein  stechen  in  der 
lincken  seite  gehabt  Lichtenberg  briefe  l,  354  {b.  juni 
1780);  er  klagt  über  starkes  stechen  in  der  rechten  seite. 
die  bedeutung  des  Seitenstechens  als  einer  besonderen  krank- 
heitsersdieinung  in  der  älteren  medizin  erhellt  der  um- 
stand, dasz  stechen  ohne  jede  weitere  bestimmung  sich 
oft  genug  findet:  er  starb  im  zwey  vnnd  sibentzigsten 
jar  seins  alters  an  dem  lieber,  grimmen,  stechen,  so 
darzä  schlug  Franck  chronicon  (1538)  76'';  arznei  des 
Stechens  oder  seitenweh  Sebiz  feldbau  (i579)  78;  die  pe- 
stilentzischen  fieber,  volle  brüst  vnnd  erstickung,  apo- 
stermen  vnd  stechen  Guarinonius  grewel  der  Verwüstung 
1^1610)  679;  vnd  auff  solch  geschrey,  der  es  lehmt  mit  er- 
fahrenheit  erkennen  die  pestilentz,  stechen,  pleuresis 
Paracelsus  (1616)  2,  199;  so  konnte  Fischart  spotten: 
deren  lungensichtigen  würd  vom  stechen  der  kützel  in 
der   seitten  vergehn   aller  praktik  groszmutter  29   neudr. 

d)  stechen  cds  bezeichnung  von  anderen  körperlichen 
Schmerzerscheinungen:  er  hatte  mich  mit  stöszen  übel 
zugerichtet,  also  dass  ich  lange  zeit  die  schmertzen  mit 
grossem  stechen  gefühlet  Moscherosgh  gesichte  (1650) 
2,  732.  —  stechen  in  der  brüst:  Grite,  mach'  mir  schnell 
einen  holderthee,  ich  habe  stechen  in  der  brüst  und 
will  nachher  gleich  zu  bett  W.  Sommer  gesrhichten  aus 
dem  kleinleben  (1894)  148;  (sie)  fühlte  in  der  brüst  ein 
sonderbares  stechen  ebenda  142;  ich  habe  so  ein  heftiges 
stechen  in  der  brüst  ebenda  145.  —  stechen  im  halse: 
Klaus  Heinrich  n&mlich  hatte  sich  .  .  .  eine  erkältung 
zugezogen,  sein  hals  war  geschwollen,  er  spürte  stechen 
beim  schlucken  Mann  königliche  Hoheit  392.  stechen  in 
den  äugen  spüren:  genserichwasser  leget  das  stechen 
und  die  schüsz  der  äugen  Tabernaemontanus  345; 

ach!  damals  war  ich  nilrrisch  und  jung  — 

jetzt  bin  ich  alt  und  närrisch  —  ein  stechen 

fühl'  ich  im  aug'  —  nun  musz  ich  sprechen 

in  reimen  sogar  Heine  1,  36  El»ter. 

hanidoser: 

da  fühlt'  ich  in  den  äugen  (aereizt  von  twUbütcliolen) 

Holen  ein  stechen, 
dasz  mir  die  thrSnen  auT  die  wangen  flössen 

W.  .Mt-LLER  gedictiU  (1868)  2,  8*. 

überJmupt  ein  stechen  im  köpfe:  wenn  schärfe  ein  ste- 
chen oder  brennen  ihr  verursachte,  wenn  ihr  der  köpf 
ein  wenig  wehe  that  Bahrdt  geschichte  seines  lebens 
(17W>)  >,  lat;  (auch  beim  Jagdfalken:)  für  das  stechen  des 
federapieU  soltu  byrsenwurzeln  nemen,  saft  daraus  stoszen 
and  denselben  auf  seinen  köpf  und  in  die  nascn  giessen, 
so  vergeht  ihm  das  stechen  Feierabend  falknerei  50». 

ß)  von  »editehen  schmerzen:  bey  diesem  anblick  zieht 
sich  das  bange  leben  in  mich  zurück,  drängt  mit  glutb 
and  stechen  durch  die  adem  nach  dem  herzen  Klinobr 
1,  S40  {ßionradin  4,4);  vgl.:  were  es  nicht  gnugsam  ge- 
west,  d*M7.  dl«!  starcke  vnd  jnbrünstige  liebe  jm  jren 
spHx  vnd  stechen  zu  uersachen  gegeben  Amadis  sa7. 

f)  enUprtekend  stechen  tB  im  sinne  von  bestechang 
(••  th.  I  »p.  16S4):    mit  sehencken,    geben,    ntechen    und 


STECHENDBITTER-STECHER         1272 

brechen  der  junckfrawen  zä  lieb  er  grosz  wunder  treyb 
Arigo  269,  14  Keller; 

wuchern,  triegen  vnd  finantzen  .  .  . 
mit  wechssei,  stechen,  listing  Sachen 

H.  Sachs  1,  889,  19  KeUer-Oötse. 
h)  entsprechend  oben  stechen  verb.  16  das  stechen  des 
torfs  (torfstechen),  des  spargels  (dqfür  das  spargel- 
stechen)  u.  s.  w.  man  kann  an  gezähmten  (tcoW- 
schnepfen)  das  stechen  nach  Insektenbrut  ...  gut  be- 
obachten Naumann  naturgesch.  der  vögel  (1822)  8,  390. 

i)  entsprechend  stechen  verb.  I8a  das  stechen  des  ge- 
wehrs. 

k)  entsprechend  stechen  verb.  18b  in  der  bedeutung  von 
stechschieszen:  im  stechen  verlor  ers  nimmer,  es 
wer  dann  die  senn  zerstochen,  verrückt  oder  zerprochen 
6arg.  285  neudr. 

STECHENDBITTER,  adj..  bitter  von  gesehmack.  so  dasz 
es  auf  der  zunge  sticht  (vgl.  stechen  verb.  4) ;  von  stechend- 
bitterem  gesehmack.  von  geruch,  der  widerlich  in  die  nase 
sticJit:  rinde  und  holz  (der  traubenkirsche)  riechen  wider- 
lich stechendbitter  ScHLECHTENDAL./?ora  von  Deutschland 
25,  140;  in  einer  Übertragung  entsprechend  stechen  verh.  6a; 
dieses  sprach  das  schöne  weih  mit  stechendbitteren 
accenten  Heine  8,  404  Elster  (reisebilder  4).  —  stechend- 
grell,  adj.:  dieser  träum  ist  sehr  bezeichnend  ...  als 
äuszerung  von  Heines  stechendgreller  phantasie  Elster 
in  der  vorrede  s.  6  zw  Heine  7,  d.  h.  so  grell,  dasz  sie  dem 
(inneren)  äuge  schmerz  verursacht  (vgl.  stechen  verb.  8d). 
—  stechendsalzig,  adj.,  Steigerung  von  salzig,  fuszend 
au/ stechen  verb.  4;  als  adverb:  (jodsaures  kali)  schmeckt 
stechendsalzig  Liebig  handbuch  der  chemie  (1843)  365.  — 
stechendsauer,  adj.,  gebildet  zu  stechen  verb.  4  als 
dienlich  zur  Charakterisierung  von  chemischen  säuren: 
(phosphorige  säure  ist)  ein  pulver,  welches  einen  stechend- 
sauren  gesehmack  hat,  vgl.  Liebig  handbuch  der  ehemie 
(1843)  293. 

STECHENTE,  /.,  bezeicJinung  einer  art  atts  der  gattung 
der  Säger-  oder  tauclierenten,  mergus  serrator  L.  Nau- 
mann naturgeschichte  der  vögel  Deutschlands  12,  233;  nach 
Brehm  thierleben  6,  138  idrd  unter  den  lummen  uria  grylle 
L.  auch  als  stechente  benannt,  vielleicht  uxgen  ihres  ver- 
hältniszmäszig  langen  und  geraden  Schnabels. 

STECHER,  m.,  zu  stedun  verb.:  einer,  der  sticht;  als 
anlehnung  an  stich  ist  wohl  zu  beurtheilen:  als  nun  der 
bestimpt  tag  vorhanden,  do  kamen  die  bald  sticher  uf 
die  ban,  ieder  hett  seine  trabanten  Zimmer,  ehron.^  l, 
611,  34. 

l)  entsprechend  stechen  verb.  l  von  personen: 
a)  besonders  Stecher,  theilnehmer  an  einem  tumier,  einem 
stechen,  vgl.  stechen  verb.  ie  und  81 6;  Stecher,  hastilusor 
Diefenbach  273''   (voc.   von  1482);    ein  ieglicher  Stecher 
het  zw6n  kreigßrer  deutsche  städtechron.  10,  166,  85  (Nürn- 
berg, jb.  zum  jhre.  1446) ;  mitler  zeit .  . .  haben  sich  vier 
paar  Stecher  vom  adel  lenger  denn  ein  stund  gebraucht 
(beim  kampfspiel)  Kirchhof  weiulunmuth  i,  63; 
der  künig  wil  under  seiner  kttniklichen  krön 
das  clainet  verschenken  auss  sein  sell>s  hant 
dem,  der  fUr  den  pesten  Stecher  wUrd  erkant 

/attnaehUpieU  762,  96; 
und  ain  Stecher  on  ain  pfert, 
die  dink  sint  alle  nit  ains  kots  wert      695, 10; 
ein  jrflter  stiser  darlT  ouch  glUck, 
die  götcn  Schwimmer  trincken  dick, 
die  guten  stecher  ouch  ofTt  feien, 
dos  man  oira  rönnet  durch  die  kelen 

Brant  narrentehiff  il ,  19  (N)  Zameke; 
er  sprach:  das  haben  than 
ir  vfttter,  so  vor  jaren 
auch  gute  strclier  waren 

11.  Sachs  8,  748  k'eUer-aUae; 
ich  hab  zugesehen  auff  der  ban : 
die  Stecher  ritten  dapfTer  dran, 
■ie  machten  gar  vil  e&tel  1er, 
brachen  ritterlich  manich  «per 

18,99;  r^.  avehi,  4«; 
'ist  jemand  hier,  der  konini  hcrfOr, 
der  ftot^hen  will  um  leib  und  ncel,  um  gut  nad  ehr, 
und  daaz  dem  teufel  die  «erle  wirl' 
da  waren  die  atecher  all  verechwiemn, 
keiner  wollt  dem  Türken  nicht  obliegen, 
dem  leidigen  mann, 
der  M>  tretnkjh  sUcnen  kann 

dm  knaben  teundcrhom  1 ,  78  lloxberfter. 

Cr. 


1273 


STECHER 


STECHER 


1274 


ähnliche  begriffe  tinserm  werte  beigeordnet,  besonders  be- 
liebt ein  renner  und  stecher:  es  hab  kurfürst  Augustas 
.  .  .  mit  meinem  herrn  vatem,  welche  beide  gute  renner 
und  Stecher  gewesen,  ein  treffen  mit  einander  gethan 
SCHWEINICHEN  denkwürdigheiten  20; 

auch  gab  man  ansz  die  denck  allsand 
den  besten  rennem  und  den  Stechern, 
den  ritterlichen  spänzerbrechem 
mit  ringen  gar  ein  köstling  krantz 

H.  Sachs  103,  397,  24  KeUer-Götze; 

als  er  eygentlich  sehen  wil, 
welcher  der  adelichen  menner 
wer  der  best  Stecher  oder  renner 

17,  226,  3. 

auch  sonst,  doch  ohne  die  sphäre  inneziüialten:  bruder 
Albrecht  nun  wol  daucht,  er  ein  reütter  und  Stecher  und 
nicht  eyn  engel  sein  müsst  Arigo  261,  12  Keller,  vgl. 
MoNTANUS  schicanJcbücher  67  Balte;  wir  Stecher,  rüter 
und  turnierer  sein  recht  lüt,  wir  treiben  die  bösen  geist 
vsz.  vnd  sein  vnsz  gehorsam  Pauli  schimpf  und  ernst 
72  Oesterley.  entsprechend  auch  beim  schifferstechen:  die 
Stecher  trugen  hier  weisze  kleidung  mit  rothen  schärpen 
Hartmann  volksschauspiele  in  Bayern  und  Österreich  131. 

b)  Stecher  entsprechend  stechen  verb.  id  besonders  zahl- 
reich in  zusammensetxunrten,  so  bärenstecher,  venator  ur- 
sarum  (Stieler  2155),  vgl.  th.  i  sp.  1130  und  die  catholi- 
schen  wären  nur  so  lange  die  Protestanten  zu  leiden 
und  zu  dulden  willens,  bis  sie  gelegenheit  bekämen,  die- 
selben aus  dem  wege  zu  räumen,  es  liegt  nur  am 
bärenstecher,  die  haut  ist  längst  verkaufiFt  Sperling 
Xicodemiis  qiiaerens  (1719)  2,  122;  saustecher  fh.  8  .sp.  1937 
und  Schweinstecher,  poreinarius  Stieler  2155.  deutlich 
in  der  metzgersphäre  bewegt  sich  ferkelstecher  als  bezeich- 
nung  eines  unzünftigen  schlachters  (der  nur  ferkel  ab- 
sticht) s.  th.  3  sp.  1531.  ganz  scherzhaft  ist  mückenetecher 
als  bezeichnung  für  einen  narren,  der  zum  Zeitvertreib 
mucken  mit  einer  nadel  aufspieszt  (s.  th.  6  sp.  2613). 

r)  Stecher  in  der  bedeutung  'märder'  (mit  beziehung  auf 
stechen  Idy)  gehört  hauptsächlich  der  älteren  spräche  an: 
Stecher,  assassinits  quelle  des  H.jh.  bei  Schmeller^  2,  724, 
vgl.  auch  ünger-Khull  steir.  tcortsch.  571''; 

der  (herzog  Luduig  von  Baiern)  forhte  smorgens 

niht  ein  här 
den  t6t,  den  er  des  äbents  leit, 
dö  in  der  Stecher  versneit 
ze  Keleheim 

Lamprecht  von  Rf.gbnsburg  s.  Franeuken 
leben  561  Weinhold; 

er  hiej  Stecher  ziehen  : 

an  swem  er  sich  wolt  rechen, 

den  hiej  er  waerlich  stechen 

Emkel  iceUchron.  28040  Stratich, 

■kto  in  der  anmerkung  ein  lateinischer  parallelbericht  her- 
atigezogen  tcird,  icelcher  durch  latein.  stecharius  den  schon 
techniscfien  Charakter  des  \cortes  bezeugt; 

swen  der  keiser  stechen  hie?, 

den  stach  der  stecher  an  der  stat, 

swenn  in  der  keiser  stechen  bat  28102; 

dem  beleg  bei  Lamprecht  aber  verdankt  Zschokke  den 
unbekannten  stecher  und  meuchelmörder  auagew.  Schriften 
30,  332. 

d)  entsprechend  stechen  verb.  \f:  stecher  caelator  Stein- 
bach (1734)  2,  711;  Dentzler  (l7l6)  273";  vgl.  ein  .  .  .  äva- 
y?.vnTTiq,  das  ist  ein  subtiler  stächer  in  gold  Stumpf 
Schwytzerchronik  (1606)  361».  besonders  kupferstecher  (th.  5 
»p.  2769).  heute  über  acht  tage  will  sie  der  stecher  ab- 
liefern Göthe  IV,  17,  93,  2  Weim.;  man  kann  von  diesem 
wundersamen  manne  (Georg  Friedr.  Schmidt  1712 — 75) 
sagen,  dasz  zwey  der  trefTlichsten  stecher  in  ihm  ver- 
bunden seyen.  wie  er  auch  irgend  die  kunstart  eines 
andern  nachahmt,  tritt  er  immer  von  seinem  auszer- 
ordentlichen  geiste  begleitet  als  original  wieder  hervor 
'iÖTHE  44,  229;  Zeichner  und  stecher  übersetzen  alles  . .  . 
in  die  manier  ihrer  schule  Justi  Winckelma7in  (1866) 
1,  368;  der  stecher  der  platte  zu  den  stadtkämmerei- 
scheinen  Gutzkow  ritter  vom  geiste  9,  470.  bezeichnend 
genug  hat  der  stahlstecher  daneben  nur  venig  räum,  vgl. 
oben  sp.  583  U7id  das  unter  stechen  l/.  gesagte,  ganz  im 
allgemeinen  beicegt  sich  bilderstecher  caelator  imaginum 
Steinbach  (1734)  «,  7ii.  —  petschaftstecher  (th.  7  »p.  1579), 

Cr. 


daneben  das  heute  nicht  mehr  gebräuchliche  petschier- 
stecher  (sp.  1580),  auch  siegelstecher  (th.  10,  i  sp.  910). 

e)  nach  Heinsius  4,  760»  hei.fzt  auch  der  ta^elöhner. 
Kelcher  torf  gräbt  (sticht),  der  Stecher  (vgl.  dazu  stechen 
16  sp.  1266). 

f)  in  der  bildlichen  Übertragung  von  oben  1  a  stecher 
der  theilnehmer  an  einem  zechturnier.  s.  dazu  den  aus 
Weckherlin  geschöpften  beleg  oben  unter  stechblatt.  — 
hierher  gehört  auch  die  Zusammensetzung  schoppenstecher 
(th.  9  sp.  1568) ,-  als  früher  beleg  ist  hier  nachzutragen  aus 
dem  jähre  1827  die  Unterschrift  eines  Coblenzer  artülerie- 
Unteroffiziers  unter  ein  Riepenfiausensches  stamjnbuch- 
kupfer  mit  der  darstellung  commersiereiider  Studenten: 
es  leben  alle  schoppenstecher  1  die  widmung  aber  dein 
alter  freund  und  schoppenstecher  zeigt  in  ursprünglicher 
reinheit  die  jetzt  noch  viel  gebratuthte,  aber  verderbte  Ver- 
bindung du  alter  freund  und  kupferstecher: 

o  alter  freund  und  kupferstecher, 
geniesz'  nur  heut'  den  vollen  becher 

Honig  aus  dem.  Göttinger  bürgerlelen-  27. 

zu  der  unter  schoppenstecher  atisgesprochenen  vermuthung 
über  den  Ursprung  der  Wortzusammensetzung  ist  auch  das 
unter  stechen  verb.  15  ausgeführte  zu  vergleichen. 

g)  obscön  entsprechend  stechen  verb.  20:  alter  stecher 
verliebter  alter  kerl  Martin-Lienhart  dsäss.  mundart 
2,  572''. 

2)  als  Tiatne  von  thieren: 

a)  in  Oberösterreieh  heiszt  der  rotrückige  würger  (lanius 
collurio)  der  stecher,  wohl  mit  rücksieht  auf  seine  ge- 
icohnheit,  die  gemachte  beute  auf  dornen  zu  spieszen 
vgl.  zs.  f.  d.  ph.  21,  209  und  dazu  Süolahti  vogelnamen 
(1909)  152. 

b)  in  mückenstecher  (th.  6  sp.  2613)  besonders  name  für 
mttscieapa  grisola,  getoöhnlicli  fliegenschnepper  (s.  th.  3 
sp.  1788)  genannt:  vgl.  Süolahti  vogelnamen  143,  dafür 
auch  fliiegenstecher  Eber-Peocer  vocab.  (1552)  E  e*»  und 
Süolahti  a.  a.  o.  — 

audt  unser  getcöhnlicher  ziegen/melker,  caprimulgus 
europaeus,  heiszt  \cegen  seines  eifers  im  insectenfung 
mückenstecher  Popowitsch  407  —  sonst  heiszen  über- 
haupt mehrere  kleinere  singvögelarten  mückenstecher  Süo- 
lahti vogelnamen  74. 

c)  wie  oben  stechbüttel  und  unten  stechfisch  heiszt 
gastrosteus  aeuleatus  selten  auch  stecher  Brehm  thierleben 
(1890)  8,  164. 

dj  in  Schlangenstecher  bezeiehnung  der  Wasserjungfer, 
libdlula  Nemnich-  (th.  9  sp.  470). 

3)  als  geräthbezeiehnung : 

a)  sOchicaffe,  insbesondere  'deich,  langes  messer,  beson- 
ders zum  stechen',  stecher,  verborgener  dolch  un  bourdon 
dedans  leqtiel  est  un  estoc  cache  HuLSius  (1616)  307'»;  eine 
heimliche  wehre,  stilet  oder  stecher  sica  Corvinus /on* 
latinitatis  (1646)  783;  begab  sich  auf  ain  zeit,  das  sie 
baide  zu  Wildenstain  waren  und  ob  disch  sassent,  das 
sie  abermals  der  sachen  so  spenni«!,  das  herr  Johanns 
Wörnher  aus  zom  ain  langen  stich  er,  wie  dozumal  der 
sitt  gewest  zu  tragen,  über  sein  herr  vatter  zuckt  und 
wenig  gefeit,  er  het  den  in  in  gestochen  Zimm.  cJiron.'^ 
1,  460,  32;  man  verpeut  euch  alle  vmrfliacken,  perkhacken, 
kreizhacken,  all  stecher  oder  was  hacken  die  seint,  die 
ir  zu  der  wehr  tragt  tirol.  iceiath.  l,  74,  33  (Kitzbühel 
um  1600);  etliche  mit  der  spitz  des  Stechers,  so  nicht 
fehlt,  oder  mit  einer  lantz  werden  wie  frösch  gepfählt 
Treuer  deutscher  Dädalus  (1675)  i,  525;  dann  ihre  pantzer, 
hämisch,  Sturmhauben  aufif  teutsche  manier,  ihre  säbel 
and  Stecher  meisten  theils  mit  lauter  silber  und  gold  be- 
schlagen gewest  Abraham  von  S.  Clara  auff,  auff  ihr 
Christen  170  Wiener  neudr.;  die  graue  montur  mit  dem 
Stecher  an  der  seite  steht  im  einzig  gut  Rosegger Schriften 
6,  51 ;  seltener  in  der  offensichtlichen  bedeutung  von  stech- 
degen:  stecher,  rapier,  sica  Frischlin  nomencl.  453,  wie 
denn  auch  stecher  trusile  Diefenbach  600»  stechdegen 
und  Stechmesser  gleiehertceis  bedeuten  kann;  franzosen- 
stecher  als  name  einer  steiriachen  bauernwaffe,  urkund- 
liche quelle  bei  Unger-Khüll  260''. 

b)  entsprediend  stechen  id  ß  stecher  ein  gabdförmiger 
spiesz,  dienlich  zur  fischiceide:  das  fischen  mit  dem  stecher 
allg.  deuttche  bibliothek  116,  548. 

Cr. 


1275   STECHERCHEN— STECHERLEIN 


STECHERLING— STECHFLIEGE    1276 


c)  Stecher,  die  breite,  geradestehende  schaufei  der  torf- 
gräber  (stechet  s.  oben  vtiter  le),  welche  die  torf  stücke  inm 
allen  Seiten  lossticht  Krünitz  171,  llO. 

d)  Stecher  in  der  kilche  ein  hohlmesser,  welches  aus  den 
gesefUUten  äpfeln  das  gehäuse  entfernt  Amaranthes  83 
und  1896.  s.  auch  oben  apfelstecher  {th.  i  sp.  53G). 

e)  Stecher  in  der  Studentensprache  eJiemal-s  ein  tinten- 
fast  von  hom,  mit  einer  eisernen  spitze  versehen,  um  es 
in  dem  tisch  damit  zu  befestiffen;  von  den  Studenten  in 
den  Hörsälen  benutzt.  G'öttinger  student  (1813)  174.  1876  wurde 
das  geräth  noch  von  Marburger  Studenten  in  Straszburg 
gebraticht,  um  1880  aber  verboten,  weil  durch  das  hinein- 
stechen die  tische  zu  sehr  beschädigt  tcurden  (mittheilung 
V071  Edward  Schröder). 

f)  Operngucker,  Opernglas: 

und  mit  dem  Stecher,  welch'  ein  pfiff  (kniff), 

da  koketier'n  s'  a  bissei, 

und  ich  hab'  statt  ein  perspcctiv 

nichts  als  ein'  Zimmerschlüssel 

Raimund  werke  (1881)  3,  427. 

vielleicht  dasz  es  sidi  dabei  um  eine  scherzhafte  Über- 
tragung von  3  a  handelt,  dasz  die  bezeichnung  in  dieser 
Sphäre  aufgekommen  ist,  machen  die  ei~iceiterungen  feld- 
siecher, dann  auch  krimstecher  {fin  doppdfemrohr,  %me 
e»  zuerst  im,  Krimkriege  benutzt  tcurde)  wahrscheinlich, 
doch  vgl.  oben  stechbrille. 

g)  eine  nadeiförmige  Vorrichtung  im  schlosz  der  (kugd-) 
büchse,  welche  den  abzug  auf  das  feinste  spannt  (sticht, 
a.  stechen  verb.  18  a),  so  dasz  er  schon  durch  den  leisesten 
druck  in  beicegung  gesetzt  werden  kann  (vgl.  auch  unten 
stechschlosz)  Hoyer  Wörterbuch  der  artillerie  (iSOi)  2,2, 197; 
es  versteht  sich,  dasz,  zur  Schonung  des  Stutzers  und 
Stechers,  das  schlosz  mit  einer  lederkappe  gedeckt  sein 
mnss  ZscHOKKE  ausgetc.  Schriften  9,  194;  mein  finger 
bebte  am  Stecher;  ich  wusste  nur,  dasz  ich  zielte,  plötz- 
lich fiel  der  schusz  Ebner-Eschenbach  ges.  Schriften 
4,  174.  ähnlich  auch  sdion  bei  der  armbrust:  so  gehts 
auch  mir  (d.  ä.  ich  kann  nicht  mit  der  armbrust  schieszen), 
ich  drückte  stets  zu  früh  den  Stecher  los  Arnim  Schau- 
bühne 1,  118.  sonst  icird  die  vorriditung  auch  schneller 
genannt  {s.  th.  9  sp.  1302  unter  3  g). 

h)  tH  der  orgd  öffnet  beim  druck  auf  die  taste  der 
Stecher  rfo*  Sperrventil,  so  dasz  der  tcind  in  das  werk  treten 
kann.  vgl.  auch  unten  stecherscheide,  dem  vorigen  ähn- 
lich nennen  auch  die  Uhrmacher  die  feder,  welche  die  wind- 
lade einer  flötenuhr  öffnet,  den  Stecher  Campe,  KrOnitz 
171,  110. 

i)  Stecher  bei  den  hutmachem  die  kopffache  (vgl.  kopf- 
fach th.  5  sp.  1773),  welche  beim,  walken  auf  den  hut  gelegt 
werden  Campe;  Krünitz  171,  lio,  d.  h.  wohl  den  deckd 
des  hutkopfes  (s.  hutkopf  th.  4,  2  sp.  1990)  bilden. 

k)  ohne  Zusammenhang  mit  dem  vorigen  ist  aber  der 
finkenstecher,  ein  drei.spitziger  hut  Schmeller*2,  724. 

4)  Stecher,  scherzhafte  henennung  eines  kleinen  rausches 
TOBLER  appenz.  spracJischatz  407'';  der  stächer  Seiler 
Basler  mundart  276»;  wolU  eine  Übertragung  von  3a  unter 
dem  einflusz  einer  redensart  wie  er  ist  angestochen,  hat 
über  den  durst  getrunken:  mein  vater  kam  .  .  .  wohl  auch 
mit  dem  hütchen  auf  der  seite  und  einem  kleinen  Stecher 
heim  Gottiielp  schriften  (1855)  5,  22. 

6)  entsprechend  oben  stechen  verb.  11  die  stechende  {den 
stich  gewinnende)  Spielkarte:  siecher  charia  ultima  et 
victrix  Stieler  «66. 

STECHERCHEN,  n.  deminut.  zu  siecher  Sa:  da  hab' 
ich  ein  orthand  von  meinem  alten  degen,  wir  wollen 
es  an  die  kappe  flicken,  so  denken  die  leute,  das 
•techergen  steckt  drunter  Weise  liebesalliance  138. 

STECH  ER  EI,  /.,  Handlung,  Vorgang  dea  atechena: 
siecherey  punetio.  ictua,  plaga  Stieler  2156;  heute  noch 
aUgetnem  ü»  meiserstecherei :  wir  erlebten  eine  grosze 
mcssersteoberai  «t.  ä.  im  niederäeutaehen  eine  beaondere 
betaiekmuHf  fOr  'tumier'  (a.  oben  stechen  aib);  N.  stack 
to  Paienhafen  vnde  wart  so  ghestekon  do  dar  in  der 
•tekcrye.  dat  he  dar  van  starir  Lerrrck  achaumburgiaehe 
dtroniic  177. 

STECHERKUNST,  /.,  abgeleitet  aus  kopfersteoherktinst 
M  StBIMBAOH  (17M)  1,  Ml. 

STEGHERLKUI.  n..  demtituU.  au  steober. 


1)  stecherlein,  ein  hündchen,  das  hauptsächlich  zum 
aufscheuchen  dea  wildes  benutzt  roird  Schmeller-2,  724 
(vgl.  oben  stechen  ii  ß  sp.  1239):  wenn  sie  schon  in  vera 
scientia  nur  kleine  stecherin,  stallpumperln  sind  A.  Bucher 
bei  Schneller*  2,  724. 

2)  entsprechend  Stecher  Sa  ein  kleiner  dolcJi:  das 
stecherlein  pu^uncuitw  Stieler  2155;  stecherlein  ^unto- 
ruolino,  stilettino  per  am,mazzare,  nettare  et  sparare  un 
porco  Kram  er,  dict.  2  (1702),  919«. 

3)  entsprechend  siecher  3/. ;  stecherlein,  concavglas  für 
kurzsichtige  in  liorn  oder  metall  gefaszt,  lorgnette  Schnel- 
ler* 2,  724;    vgl.  dazu  oben  stechbrille. 

STECHERLING,  m.,  verhochdeutschtes  ndd.  stekerling, 
unser  gewöhnlicher  stichling  (gastrosteus  aculeatus); 
stecherling,  ein  kleiner  fisch,  als  im  brandenburgischen 
an  der  Spree  Frisch  (1741)  2,  324»;  vgl.  Frischbier  2,  364«» 
und  oben  stechbüttel,  siecher  2c,  soicie  unten  stechfisch. 

STECHERLOHN,  m.,  bei  Kram  er  (1702)  2,  919«  dasselbe 
wie  unten  stechlohn;  nach  Campe  auch  die  belohnung, 
welche  der  kupferstecher  für  seine  arbeit  erhält. 

STECHERSCHEIDE,/.,  in  der  orgd  eine  leiste,  in  welcher 
die  sämmtlichen  Stecher  (».  Stecher  Sä)  sich  betcegen. 

STECHFACH,  n.,  die  stdle,  wo  ztcei  von  entgegengesetzter 
richtung  von  den  bergen  herabkominende  holzriesen  (das 
sind  aus  glatten  bautnstämmen  kiaisüich  erbaute  waaaer- 
runseti,  vgl.  riese  th.  8  sp.  984)  in  eine  hauptriese  zu- 
sammenlaufen (zusammenstechen)  Schmeller*  2,  724; 
das  fach  einer  solchen  holzriese  (die  natürlich  mehrere 
fache  haben  kann)  liat  aber  ungefähr  eine  länge  von 
25  schuh,    ebenda  l,  685. 

STECHFELDISCH,  adj.,  bei  Fischart  wohl  mü  he- 
ziehtmg  auf  das  oben  unter  stechblatt  und  stechen  l  Ar 
ausgeführte:  eselschreyende  zanbrecher,  stechfeldische 
wurt  groszmutter  72. 

STECHFINKE,  m,.,  finke,  welclier  als  lock-  und  fang- 
vogel  dient:  im  frühling  nahm  der  alte  vogler  stets  ihn 
(den  kleinen  Qotthelf)  und  einen  stechfinken  mit  in  den 
heildunkeln  wald,  um  etwas  zu  fangen,  während  der 
alte  zusah,  wie  sein  mit  leimruten  bestecktes  finken- 
er  die  eifersüchtigen  männchen  auf  sich  lockte;  so 
schauete  der  kleine  auch  mit  hin,  und  lief  zuerst  dazu, 
sobald  sich  einer  an  dem  singenden  bischer  ...  ge- 
fangen hatte  J.  Paul  54,  14  (leben  Fibels);  vielleicht 
falsch  verhochdeutscht  aus  ndd.  stekfinke  'g^esselter  finke' 
(vgl.  unter  stecken^  verb.);  richtiger  wäre  nhd.  steck 
finke  (vgl.  auch  unter  steckgarn).  im  vergleich:  endlich 
hielt  der  Hallore  es  auch  nicht  mehr  aus,  . . .  fuhr  wie  ein 
stechfinke  auf  das  finkenmännchen  in  seinem  wasser- 
gehege  J.  Paul  52,  4  (Katzenbergers  badereise  2). 

STECHFISCH,  m,.  icie  oben  stechbüttel  und  siecher  2c 
gastrosteus  actUeatus  Heinsius  4,  760'';  siechfisch  pesee- 
Spina,  perca,  persica  Kramer  teutaeh-ital.  diet.  (1708) 
2,   919''. 

STECHFLIEGE,/.,  eine  graue  fliege  (ähnlich  der  stttben- 
ßiege),  doch  mit  wagerecht  a«t»  dem  maule  vorstehendem 
Stechrüssel  (s.  u.),  mit  welchem  sie  empfindlicli  stechen 
kann,  stomoxys  ealcitrans  Brehm  thierleben  9,  618  (vgl. 
allgem.  deutsche  bibliothek  68,  158) ;  doch  sollen  ihre  flügd 
offener  stehen  als  die  der  Stubenfliege  KrCnitz  171,  111: 
andere  haschten  .  .  .  während  des  verhörs  Stechfliegen 
vom  geländer  der  gerichtsschranken  MusÄus  phyaiogn. 
reisen  (1778)  4,  81;  Stechfliegen  mit  groszem  anstand  auf 
den  waden  todtschlagen  vgl.  Lichtenberg  verm.  achrißen 
(1800)  4,  150;  winzig  kleine  Stechfliegen  und  mUcken 
Naumann  naturgesch.  der  vögel  Deutschlanda (1888)  8, a,  684; 
die  zahllosen  schwärme  kleiner  Stechfliegen  am  tiefen 
seeufer  waren  jetzt  eine  zu  grosze  plage  Ritter  erdkunde 
10,  821;  die  larven  und  puppen  .  .  .  der  Stechfliegen  leben 
im  Wasser  und  bilden  die  hauptnahrung  unserer  sUsz- 
wosserfische  Babr  reden  und  aufaäiae  \,  844  (dotk  handelt 
ea  aieh  hier  toologiaeih  um  Stechmücken  bemerkung  von 
F.  E.  Schulze);  neun  uhr  vormittag  ist  es,  die  zeit,  da 
im  Sommer  auf  dem  feidc  die  ochsen  «asgespannt  wor- 
den müssen,  weil  die  Stechfliegen  ihr  anwesen  treiben 
in  der  tageshitz«;  Rosbookr  16.  816;  das  von  Stechfliegen 
gepeinigte  pferd  Vibbio  daa  aehUifenda  haar  x,  8;  von  einem 
hengat  okna  aehweif,  um  die  ßiia§m  dmmit  «bmhran  au 
Können i 

Cr 


1277        STECHGABEL-STECHHÄNDEL 

er  läuft,  er  stürzt,  er  kann  nicht  mehr; 
Stechfliegen  quälen  ihn 

Gleim  Khriflen  (1798)  1,  204; 

in  einer  art  sprichwörtlicher  Verwendung:  Stechfliegen 
stechen  leichter  durch  einen  seidenen  als  einen  wollenen 
strumpf  J.  Paul  5,  60  (grönländische  prozesse  l);  im  ver- 
gleich: wann  ihm  eine  kanonenkugel  um  die  obren  pfiff, 
so  schüttelte  er  mit  dem  köpfe,  als  wolle  er  eine  Stech- 
fliege von  sich  jagen  Kotzebüe  dram.  werke  i,  68;  die 
behauptung,  ein  auferstandener  Christ  falle  nicht  gröszer 
aus  wie  eine  Stechfliege  J  Paul  2,  189  {unsichtb.  löge  2) ; 
die  gedanken  .  .  .  quälen  uns  oft  ebenso  wie  mucken 
und  Stechfliegen  Tieck  schrißen  (1828)  6,  314. 

STECHGABEL,/.:  stech gabel/i«ci/ia  venatica  Stieler 
602,  wohl  hauptsächlich  für  die  ßschweide;  danach  allge- 
meiner Campe,  Heinsius  i,  760''  u.  a.  stechgable,  heu- 
gabel,  heuforke  Hunziker  Aargauer  wb.  252. 

STECHGARX,  n.  in  einem  ausscJireiben  der  direction 
der  oberJiessischen  eisenbahnen  vom  13.  nov.  1872  werden 
als  bureaubedürfnisse  au/gezählt  packlack,  kordel  und 
stechgam. 

STECHGAUL,  m.,  tumierroszi*):  ich  bin  so  truncken 
wie  ein  stechgaol  engl,  comedien  und  tragedien  (1624) 
Aa  17«. 

STECHGELD,  n.,  wie  oben  stecherlohn  'lohn,  welcher 
dem  {haus)schlachter  für  seine  arbeit  gezahlt  wird' :  stech- 
gelt ammuzzatico  scannatico  Kramer  dict.  (i702)  2,  919*; 
mit  scherzhafter  beziehung  darauf:  der  kommand<int  liesz 
ihm  {dem  Soldaten)  für  jeden  {erstochenen  Franzosen)  ein 
halbguldenstück  stechgeld  bezahlen  Hebel  3  (1853),  109. 

STECHGESCHEXK,  n..  geschenk,  welches  der  bestechung 
dienen  soll  {vgl.  stechen  verb.  13): 

ja,  si  nit  dauren  kunten, 

wann  gefölt  si  nicht  funden 

yr'  rechte  faust  mit  stechgeschenk 

Melissus  Psalmen  94, 10  neudr. 

STECHGESELLSCHAFT,  /. ;  sie  nahmen  dissmal  ihre 
drey  übrige  gesellen  mit  in  ihre  stechgeselschaft  Buch- 
HOLTZ  Herkuliskus  (1665)  103. 

STECHGEZEüG,  n.,  das  zum  ausstechen  dienliehe  hand- 
icerksgeräth  der  tischler  Frisch  (1741)  2,  324»  und  danach 
C^mpe;  vgl.  oben  stechbeitel. 

STECHGINSTER,  m.,  cytistis  scoparius  L.,  die  charakte- 
ristische hulsenstaude  der  norddeutschen  heiden;  ulex  euro- 
paeus  L.  Adelung;  Oken  3,  3,  1642;  Schlechtendal 
flora  von  Deutschland  23,  55.  schon  wildwachsend  im  alten 
England  vgl.  HooPS  waldbäume  256.  -wegen  seiner  vielen 
stechenden  spitzen  an  blättern  und  Stengeln  auch  skorpion- 
kraut {th.  10,  1,  sp.  1328  U7iter  2)  und  skorpionpfrieme 
(sp.  1329)  genannt,     in  der  form  stechginst: 

ihr  ohr  bethört'  ich  so, 
dasz  sie  wie  kälber  meinem  brüllen  folgten 
durch  scharfe  disteln,  stechginst,  Strauch  und  dorn, 
die  ihre  beine  ritzten       Shakespeare  4,  286  {stürm  4). 

s.  auch  noch  oben  hecksame  (th.  4,  2,  ap.  748). 

STECHGRAS,  n.,  stechendes  gras,  übertragen:  der 
Schmied  von  Volters,  der  mit  einer  riesensense  da  war, 
rief,  als  er  die  vielen  blitzenden  bajonette  sah:  'das 
höllische  stechgras  musz  man  mähen!'  und  fuhr  mit 
seiner  sense  wütend  drein  Rosegger  Schriften  (1895)  2, 108. 

STECHGROSCHEN,  m.,  nach  Adelung  im  amte  Gie- 
hichenstein  bei  Halle  eine  abgäbe,  welche  eine  zur  neuen 
heirath  schreitende  wittwe  dem  grundherm  zahlen  muszte. 
vgl.  unten  stechschein  und  stechzettel,  zur  bedeutung 
auch  oben  stechen  verb.  20  und  den  ähnlich  groben  sinn 
von  sprungthaler  {sp.  206). 

STECHGÜDSE,  /.,  bei  den  achiffsnm,merleuten  ein  Mei- 
ner oben  dem  stechbeitel  ähnlicher  hohlmeiszel  Campe. 

STECHGÜRKE,  /..  sicyos  angulata  L.  Schlechten- 
dal flora  von  Deutschland  (l880)  22,  17. 

STECHHAFT,  adj.,  bei  Stieler  in  eigentlicher  und 
übertragener  bedeutung :  pungens,  ictu  feriens,  acuminatus, 
acutus,  euspidatus,  gpinosua.  —  objurgatorius,  censorius, 
rigidus  insectando  2156. 

STECHHAMMEL,  m..  zum  achlachten  bestimmter  hammel 
Campe,  vgl.  stechen  verb.  id. 

STECHHANDEL,  m.,  tauschhandel  {wo  wäre  an  wäre 
gestochen  wird,  vgl.  oben  stechen  verb.  12").  Stechhandel, 

Cr. 


STECHHAUFEN— STECHHOF 


1278 


trafßco  ä  scambio,  baratto,  trocco  Kramer  diet.  (1708) 
2,  gig*»;  danach  auch  Campe. 

STECHHAÜFEN,  m.,  in  der  spräche  der  scUachter  ein 
häufen  Schlachtvieh  Adelung;  vgl.  unten  stechvieh.  ge- 
nauer das  Schlachtvieh,  das  die  fleischer  über  ihr  ordent- 
liches vieh  der  Stadt  zur  notdurfft  schlachten  dörfen 
pecora  eoctra  ordinem  laniis  mactanda  permissa  Frisch 
(1741)  2,  324»,  sonst  auch  der  sonderhaufen  genannt,  der 
empfindsame  knabe  konnt's  nicht  aushalten,  dasz  der 
gerichtspfleger  den  patron  .  .  .  vom  würgen  und  ab- 
schlachten der  delinquenten  unterhielt,  als  war  vom 
Stechhaufen  der  masthämmel  die  rede  Mv SÄxj s  physiogn. 
reisen  (1778)  4,  20. 

STECHHEBER,  m.,  eine  an  beiden  enden  offene,  nach 
der  m,itte  zu  verdickte  glas-  oder  metallröhre,  deren  obere 
Öffnung  durch  den  darauf  gedrückten  finger  leicht  ge- 
schlossen werden  kann,  der  stechheber  dient  zum  heraus- 
heben von  flüssigkeiten  aus  fässern  u.  dgl.,  denn  er  füllt 
sich  beim  eintauchen  (einstechen  vgl.  oben  stechen  verb.  15) 
tn  die  flüssigkeit  und  bleibt  gefüllt,  wenn  man  ihn  mit 
verschlossener  oberer  Öffnung  xcieder  herauszieht:  stech- 
heber, ein  {metair)TÖhT\em  Amaranthes  frauenzimmer- 
lexicon  (1715)  1096;  Eggers  kriegslexieon  (1757)  2,  985;  der 
stechheber  .  .  .  das  tropfglas  sind  anwendungen  dieses 
gesetzes  {vom  druck  und  gegendruck  der  luft)  Liebig 
handbuch  der  chemie  (1843)  1,  30;  man  trennt  die  auf  die 
Oberfläche  sich  begebende  delphinsäure  von  der  wasser- 
schicht  mittelst  eines  stechhebers  Sprengel  cAewiie/ör 
landioirthe  (1831)  2,  495.  —  wenn  ein  kostetrunk  von  ihnen 
begehrt  wird,  laufen  sie  mit  ihrem  stechheber  behend 
in  die  erste  beste  niederlage,  heben  bald  aus  diesem 
bald  aus  jenem  fasz  ein  maalvoU  aus  MusÄus  phy- 
siognom.  reisen  (1778)  3,  105;  er  nahm  den  stechheber 
und  steckte  ihn  zum  Spundloch  ein  W.  H.  Riehl  natur- 
gesehichte  des  volkes  (I85l)  1,  138.  —  personificiert:  'ihr 
nimmersatten!'  scholt  das  geizige  weinfasz  den  stech- 
heber und  die  flaschen:  "wenn  werdet  ihr  endüch  genug 
haben?'  Kretschmann  xcerke  (1784)  6,  74. 

STECHHELM,  m,.,  der  eigentliche  tumierhelm,  welcher 
bis  auf  ein  paar  augenlöcher  völlig  geschlossen  dem  köpfe 
gegen  den  stich  des  gegners  guten  schütz  gewährte,  der 
nur  durch  ein  guter  (rosthelm)  oder  durch  spangen  im 
visier  geschützte  'tumierhelm'  kam  später  auf  und  wurde 
besonders  beim  Schwerter-  oder  kolbentumier  benutzt  Boe- 
heim  Waffenkunde  öseff.;  Freytag  18,  392.  begrifflich  eins 
mit  dem  in  der  zeit  von  1380 — 1420  in  Frankreich  madischen 
heim  ä  tete  de  crapeaud  Köhler  kriegsxcesen  3,  1,  82. 
niederd.  stekehelm :  1  olden  stekehelm  Wismarer  inv.  bei 
Schiller-LCbben  4,  379*.  daneben  auch  stekelhelm:  eyn 
ydel  leddyg  eydop  is  twar  neyn  gud  stekelhelm  Koker 
322;  —  alte  ritter  mit  stechhelmen  und  verloschencH 
Wappenschilden  Gaüdy  werke  (1844)  19,  77;  statt  des  stech- 
helms  glänzt  die  mitra,  statt  halsberg'  das  pallium  11, 165; 

auch  einen  stechhelm  schön  formiert, 
mit  federboschen  dick  geziert 

Spreng  lUa»  (1610)  54«. 

der  stechhelm  eine  beliebte  heraldische  krönung  des  tcap- 
penschildes;  vgl.  Querfurth  heraldik  160:  dasz  er  sich 
vom  pfaltzgrafif  einen  wappenbrieff  und  einen  stechhelm 
mit  einem  federbusch  geben  lassen  Arnold  unpart. 
kirchen-  und  ketzerhistor.  (1699)  2,  216''.  —  als  Übertragung 
bietet  J.  Paul  den  stechhelm  für  den  verscMiisz  einer 
Champagnerflasche:  mit  vorsieht  feilte  Leibgeber  an  der 
ersten  (flasche)  die  Sperrkette  der  fruchtsperre  ab  und 
zog  ihr  den  stechhelm  aus  und  öffnete  sie  wie  ein  — 
testament  werke  11,  40  {Siebenkäs  l). 

STECHHENGST,  m.,  ausgezeichneter  als  unten  stech- 
pferd:  ein  besonders  muthiger  hengst,  der  sich  für  den 
tumierkampf  eignet:  item  haben  durch  urtl  erkant,  das 
der  pfleger  und  richter  auf  Ramüsz  soll  selbdriter  bei 
der  pruggen  sein  zu  rosz,  und  selbs  auf  ainem  stech- 
hengst  unter  den  dreien  hengsten  sitzen,  und  sollen  drei 
lanzen  bei  inen  haben  und  in  dem  wasser  auf  und 
nider  reiten  Tirol,  toeisthümer  2,  315,  19  {Xauders  1436 
und  1531). 

STECHHOF,  m.,  eigentlich  dasselbe  tcie  oben  stechbahn ; 
«.  auch  unter  tumierhof,  dann  überhaupt  allgemein  'tur- 
nier':    anno   1416  jar  was   der   grosz    stechhoff   hie    {zu 

Cr. 


1279 


STECHHOLZ  -STECHKRAUT 


STECHKUNST-  STECHMESSER 


1280 


Augsburg)  mit  hertzog  Ludwig  von  Bairen  und  vil  stet 
und  waren  sechtzig  heim  auff  der  pan  und  stachen 
die  von  Augspurg  all  under  iren  wauppen  deutsehe  städte- 
ekron.  4,  S19,  SS; 

es  geschah  an  eyner  frawen  das, 

die  vil  bey  stechbofen  was 

altdeutsche  enöMungen  150, 11  Kelier. 

STECHHOLZ,  n.  l)  in  älterer  spräche  die  ttimierstaru/e : 
ich  hab  das  pest  gethan,  wann  ich  hab  VIII  stechholz 
Verstössen  Maximilian  I.  an  Sigmund  von  Prüachenk 
i./ebr.  1478.  d.  h.  auf  der  tartache  des  gegnera,  wie  man 
denn,  um  solchen  rt^m  tu  getcinnen,  die  eigene  stange 
immer  schicächer  nahm.  vgl.  Bobheim  waffenkunde  564 
und  unten  stechstange. 

2)  ein  holz  von  etwa  zioei  fusz  länge,  welches  den  stich 
{das  geschmolzene  metall)  über  das  gestühe  (».  gestübe  2  a 
th.  4,  1,  2  sp.  4260)  der  oberbrust  des  vorherdes  führt  Campe, 
KrOnitz  171,  112.  vgl.  auch  unter  stichherd  %tnd  stich- 
ofen  sowie  oben  stechen  verb.  i  m  sp.  1841. 

STECH  IG,  adj.,  stechend,  was  sticht:  stechicht  ^»Mti^en*, 
ietu  feriens,  ficuminatus,  acutus,  cuspidatus.  spinosus  et 
metaphor.  objurgatorius ,  censorius,  rigidus  insedando 
Stieler  2156.  den  allgemeinen  sinn  einer  Verstärkung  hat 
wohl:  und  sollend  zwüschen  den  küngen  /rid  machen, 
wann  sy  grossen  stechigen  krieg  mit  ainander  hattend 
RiCHENTAL  Chronik  des  Const.  conzils  148. 

STECHIMME,/.,  wie  oben  stechbiene:  der  bohrer  {der 
schlupf wespe),  welcher  .  .  .  dem  stachel  der  stechimmen 
gleicht  Brehm  thierleben  9,  S33  Pechuel-Loesche. 

STECHKAHN,  m..  {ßusz)kahn,  welcher  mit  der  stech- 
stange (*.  dort  unter  2)  von  der  stelle  getrieben  wird. 

STECHKALB,  n.,  zum  schlachten  bestimmtes  kalb:  von 
mastrindem,  weydfleisch,  verheylten  stieren,  verwundten 
stechkelbem  Oargant/ua  76  neudr.  vgl.  oben  stechham- 
mel  und  stechhaufe  und  unten  stechvieh,  sowie  stech- 
schaf  und  stechschwein. 

STECHKAMM,  m.,  ein  {besonders  in  Frankreich)  von 
den  nadelmachem  benutzter  kämm,  mit  eisernen  zahnen; 
mit  ihm  werden  in  die  nadelbriefe  die  likher  für  die  ein- 
zeln hineimustechenden  Stecknadeln  geschlagen  Campe,  KrO- 
nitz 171,  112. 

STECHKANNE,  /.,  in  Bremen  ein  masz  für  flüssig- 
keiten,  und  zwar  gehen  zioö// stechkannen  auf  ein  oxhoft 
Campe,  KrOnitz  171,  ii2;  besonders  bei  den  walfisch- 
fängem  gebrättchlich:  mensura  major  pinguedinis  liquidae 
Ceti  Frisch  (1741)  8,  384». 

STECHKANONFJfVOLL,  adj..  sinnlosbetrunken.  8t6ck- 
kannunefol  Meisinoer  Rappen,  mundart  les**. 

STECHKERNDISTEL,  /.,  wie  unten  stechkraut  l.  car- 
duus  marianus  L.,  sonst  auch  frauendistel  {th.  4,  i,  l 
tp.  78)  oder  mariendistel  {th.  6  sp.  1636)  genannt  Nemnich, 
Campe,  über  den  grund  der  namengebung  s.  unten  stech- 
kom. 

STECHKISSEN,  n.  l)  das  schutzkissen ,  welches  nach 
Maximilians  I.  Vorschrift  während  des  tumiers  die  brüst 
des  Pferdes  schützen  sollte  Boeueim  waffenkunde  568.  s. 
auch  die  abbildung  auf  s.  565. 

2)  das  mit  sand  g^üllte  lederne  kisaen.  auf  wdches  die 
Kupferstecher  die  pUMe  während  der  arbeit  legen,  damit 
«ie  »ich  nach  allen  Seiten  bequem  bewegen  lästt  Campe, 
stechküssen  KrOnitz  171, 113.  sonst  auch  sandsack  («.  th.  8 
tp.  1771)  genannt. 

STECHKLEE,  m..  medicago  polymorpha  L.  Nbmnich, 
Campk,  der  gewölinliche  schneckenklee  {s.  th.  9  sp.  1819), 
auch  scbneckenluzcrne  genannt. 

STECHKNIE,  n..  im  Schiffsbau  ein  {im  recJden  winkel) 
kni^fÖrmig  gebogenes  hole,  welches  die  deckbalken  mit  der 
«Hutenhaiui  {den  planken)  des  achiffes  verbindet  Campe, 
Stbnzbl  »eemänn.  wörterb.  WOf'. 

STECHKORN,  n..  der  Ölige  und  schleimige  samen  der 
stechkemdistel  {earduiu  marianus  L.  aüybum  marianum 
Oärtn.);  er  wurde  in  den  opotheken  als  heümiUel  gegen 
•eitcDctecbeii  verkai^,  vgl.  MAi~riiioLUB-CAMEHAKiit8 
(UiO)  tu'  und  Okkn  (IBM)  8,  731.  nach  Campe  lunszt 
much  die  pflatttr  selbst  steohkorn,  plur.  ntechkömer. 

STF.CHKHAIIT,  n.  1)  mndmv  bueichnung  von  Carduus 
m«rianu»  L.  (silybum  marianum  Oärtn.)  Matthiolus- 
Cambrarius  (IMO)  tsft*.     «.  oben  xteclikcmdistel. 

Cr. 


2)  cnicua  acarna  L.,  aucli  fischdistel  {th.  3  ap.  1682)  ge- 
iMtmt,  allgemeine  deutsche  bibliothek  (1765)  30,  9;  Campe. 

STECHKUNST,  /.,    die  kunstübung  des  kupferstechens. 

STECHKUSZ,  m.,  kusz,  welcher  sticht  {vgl.  oben  stechen 
verb.  2  b) :  die  gnädige  fraa  verzog  das  gesiebt  grimmig 
bei  dem  stechkusz  Hauff  ■loerke  2,  71. 

STECHLANZE,  /.,  twnierlame:  stechlantze  lanzia  da 
gioatra  ö  da  correre  la  diintana  Kramer  dict.  2  (l702)  gig* ; 
sonst:  der  fang  der  Schwertfische  wird  .  .  .  mit  stech- 
lanzen  betrieben  Brf.iim  thierleben  8,  84  Pechuel-Löache. 

STECHLAUB,  n.,  dasselbe  wie  unten  Stechpalme  Nem- 
nich, Campe;  stechlaub  Hex  aquifolium  L.  Toblbr  Ap- 
penz.  Sprachschatz  407''. 

STECKLING,  m..  wie  oben  stechfisch  dasselbe  wie  unten 
das  geioöhnlichere  stichling:  siechling  perca,  persica.  pesee- 
pina  Kramer  dict.  2  (1702)  919''. 

STECHLÖFFEL,  m..  in  der  apracJte  der  münztechnik 
ein  löffel  mit  einer  Öffnung  in  seiner  rertiefung,  icodurch 
das  Stechmesser  (s.  unten  Stechmesser  8)  gestoszen  wird 
Campe. 

STECHLOHN,  m.  bei  Kramer  dict.  2  (1702),  919  das- 
selbe wie  oben  stecherlohn  und  stechgeld. 

STECHMÄSZIG,  adj.,  wie  zum  steclien  gerüstet,  dann 
auch  'ergrimmt,  gehässig,  feindlidi' :  umbs  glauben  willen 
stechmessig  Capito  antwort  auf  Tregers  vermanuug  B  4''. 

STECHMÄUSEL,  /..  im  tumierzeug  entsprechend  oben 
Stechachsel  ein  panzerschutz  der  muskeln  {s.  maus  7.  th.  6 
sp.  1819)  des  linken  armes  in  der  eUenbogengegend,  franz. 
gardebras  Boeheim  waffenkunde  77;  142.  die  groszen  stech- 
mäusel  legen  sich  auch  noch  scliützend  über  den  halben 
Oberarm,  einen  ähnlichen  schütz  gewährte  das  mlid.  mü- 
senier  Benecke-Zarncke  mhd.  Wörterbuch  2,  l,  278. 

STECHMEISTER,  m..  ein  fechtlehrer.  zunächst  für  den 
gebrauch  der  Stichwaffen,  im  folgenden  ganz  allgemein, 
dazu  in  anlehnung  an  ein  niederd.  stökemester  bei  dem 
Braunschweiger  Bucholtz:  mein  bruder  hatte  .  .  .  in- 
ständig angehalten,  ihm  8  wochen  frist  zu  geben,  welche 
zeit  über  er  seines  guten  fecht  —  und  stechemeisters 
Unterweisung  sich  noch  wolte  gebrauchen  Herkuliskus 
(1665)   965. 

STECHMESSER,  n.  l)  ein  langes,  dolcliartiges  messer. 
Stechmesser  cluniculum  Diefenbach  128'',  pugio  471'', 
trusUe  600»;  nov.  gloss.  373»,  trusorium  gloss.  600».  Hul- 
sius  {aus  Gent)  hat  stechmesser  coupegorge  des  bottchers, 
le  cousteau  dont  ils  escorgent  les  bestes,  colteüo  da  scanare 
dict.  (1616)  307'',  zieht  aber  doch  stcckmesser  vor,  in 
anlehnung  an  niederd.  stfkemetz:  stekemest  trusil*  vor. 
Engelhus.  bei  SchillerLübben  4,  379'';  so  heiszen  die 
langen  messer  der  Sachsen  stekemeste  in  der  Magdeburger 
schöppenchronik  15,27  {städtechron.").  auch:  nen  man  schal 
stekemest  dragen,  dat  lenger  is  also  twe  quarter  in  dem 
lemmelen  na  der  lubeschen  mate  Dithmarsisches  land- 
recht 2,  222.  von  einem  hamburgischen  spiel  stfikmest,  bei 
welchem  ein  messer  kunstvoll  geicorfen  werden  mustte,  be- 
richtet Koppmann  im  niederdeutschen  korrespondenzbl.  2, 9«. 
in  einer  angleichung  an  hochdeutsche  consonantenstand 
Stechmetz  trusile  Diefenbach  600»;  stechmest  yta»r»Mm 
nov.  gloss.  175''.  —  in  der  hauptsache  dient  das  stech- 
messer zum  abschlachten  des  rriehs:  der  floischer  oder 
metzger  schlachtet  das  mastvieh  im  schlachthause  mit 
dem  stech-  oder  schlachtmesser  {arte  son  grand  cotisteau^ 
CoMKti IV 8  janua  aurea  (1644)421;  stechmesst-r  coltello  n 
Scannare  Kram  er  dict.  2  (1702)  919'';  als  scltlachtmes.sfr 
(gtfechmisa)  Follmann  loihring.  Wörterbuch  494»; 

burccnneister :     du  soll  unps  weiter  «eigen  ahn, 

womit  sie  dieses  mordt  handt  thon 

Elias :  ich  redt  ietz  mahl  zne  dii«or  frist, 

dass  mit  stechmessern  gescholien  ist 

Endinger  juden*i>iel  67  neudr. 

8)  ein  langes  messer,  um  kräuter  damit  aus  der  erde 
heraustustec^  {vgl.  stechen  verb.  16);  so  verdtn  mit  dem 
fitochmesser  dittkn  {als  sdtwein^utter)  gestochen  Marti N- 
LiKNHART  rlsäM.  mundarUn  i,  671;  attjf  das  spargdttteken 
geht:  nun  erst  hing  sie  den  korb  an  ihren  arm,  legte 
das  Stechmesser  hinein  und  ging  Fontane  1,  6,  IM. 

S)  in  der  spräche  der  münttechnik  eine  drei  fun  Unge 
klinge,  welche  durch  den  stechlöffel  (*.  oben)  gttioszen 
wird,   um  in  dem  formtond  die  verti^ung  für  den  gust 

Cr. 


1281 


STECHMÜCKE-STECHPALME 


STECHPFENNIG-STECHROCHE        1282 


der  »Überbarren  {aüberzaine  Adelung)  herzustellen  Ade- 
lung. 

STECHMÜCKE,  /.,  bezeichnung  der  zoologischen  aippe 
'eulex',  insbesondere  der  gröszeren  geringelten  Stechmücke 
etdex  anntdatus  L.  und  der  kleineren  gemeinen  Stech- 
mücke Culex  pipiens  L.,  vgl.  Brehm  thierleben  9,  47T 
Peehuel-Lösche:  fliegen  und  Stechmücken  Peschel  Völker- 
kunde (l87i)  276;  sobald  Mieke  (die  kuh)  den  Avedel  hob 
und  nach  den  Stechmücken  auf  ihrem  rücken  schlug 
Mar  LITT  heideprinzeszchen  11. 

STECHNADEL,  /.  wie  oben  Stecher  am  geicehr:  er  sey 
mit  dem  finger  gar  zu  bald  an  die  stechnadel  gekommen 
Stahl  der  gevxhrgereclite  jäger  (1762)  126,  10.  Kramer 
dict.  2  (1702)  gis*»  irir/f  stechnadel  und  Stecknadel  durch- 
einander, schreibt  hier  Stecknadel  am  armbrust  ago  della 
balestra,  und  dort  stechnadel  spilla.  spületta.  Campe 
folgt  ihm  icie  immer. 

STECHNELKE,  /.,  bezeichnung  vcm  agrostemma  githago 
L..  weil  die  stacheln  ihrer  blüthen  den  daran  riechenden 
in  die  nase  stechen  Campe,  sonst  sammetrose,  sammet- 
röschen  genannt  (s.  th.  8  sp.  I75l). 

STECHNüSZ,  /.,  seltene  bezeichnung  für  trapa  natans 
L.,  gewöhnlich  stachelnusz  genannt  (s.  oben  sp.  398  unter  l) : 
stechnusz  tribolo,  noce  aquatica  Kramer  dict.  2  (1702),  919''. 

STECHPALME,  /.,  neben  oben  stecheiche,  bezeichnung 
von  ilex  aqiiifolium  L.  mit  rücksicht  auf  die  stachlicht 
gezähnten  blätter  der  in  Westeuropa  altheimischen  pflanze, 
vgl.  Hoops  waldbäume  und  kulturpflanzen  30;  Schlech- 
TENDAL  flora  von  Deutschland  21,  253;  ein  anderer  name 
ist  walddistel  (a.  th.  13  sp.  11C6  unter  2) ;  Stechpalme  Bock 
kreutterbuch  (l539)  3,49;  paliurus  Diefenbach  406c;  die 
Stächpalmen  aquifolia  Maaler  383 *>;  Stechpalmen  agri- 
folium  Matthiolus-Camerariüs  46;  Stechpalmen,  wald- 
distel agrifoliuTnC.OR\i'SVSfonslatin.2i'°;  Dentzler(1716) 
273».  der  niederdeutsche  HuLSius  ist  auch  hier  unsicher: 
Stechpalmen  houx,  housson,  nespolo  selvatico  diction.  (1616) 
307'*,  gexcisz  in  anlehnung  an  M.\aler,  doch  im  teutsch- 
ital.  dictionarium  von  1618  hat  er  steckpalm,  so  stechende 
blätter  hat  nespole  seluaggio  238'';  ihm  folgt:  steckpalme 
aquifolia  Steinbach  2,  164;  die  form  stechbalmen  bei 
P.\racelsus  2,  773«  —  in  der  volksmedicin  und  im,  aber- 
glauben  zeigt  sie  sich  in  vielfältiger  nutzung:  als  mittel 
gegen  *etfenstechen  M.^tthiolus-Camerarius  46'';  tcall- 
fahrer  lassen  ihre  zweige  in  Einsiedeln  iceihen  und  befestigen 
sie  dann  daheim  zum  schütz  gegen  blitzgefahr  Birlinger 
volkst.  aus  Schicaben  1,  489;  vgl.  Leoprechting  aus  dem 
Lechrain  169  (Meyer  myth.  28i)  und  schon  Matthiolus- 
Camerariüs  46«.  ihre  Verwendung  in  der  gartenwirthschaft 
als  vortreffliche  heckenpflanze  {besonders  im  18.  jahrh.)  bei 
ZiNCKEN  öcon.  lexic.  2803  und  Hirschfeld  theorie  der 
gartenkunst  (1779)  1,  230.  —  beerlein  von  Stechpalmen 
An la GER  jagd-  und  weidbiichlein  (l68l)  267;  das  gestrüppe 
der  Stechpalmen  Gaüdy  werke  5,  144;  er  sah  sich  um 
und  gewahrte  eine  glänzend  grüne  Stechpalme  Keller 
5,  247;  (er)  verstand  auch,  dasz  ich  die  disteln  und  Stech- 
palmen meinte,  an  denen  er  sich  verletzen  würde  2,  192; 
ein  verdorrter  busch  von  Stechpalme  üb^  der  haus- 
thüre  4,  95; 

dieselben  psalmen  singt  man  auch, 
ölzweiglein  in  den  händen, 
musz  im  gebirg'  za  diesem  braach 
Stechpalmen  gar  verwenden 

GÖTHE  3,  187   Weim.; 

mit  der  festzeit  lanb 
ist  das  haus  bekr&nzt; 
die  tanne  duftet, 
die  Stechpalm'  glänzt 

Freiligrath  dichtungen  (1870)  4,  37. 

bildlich:  und  in  allen,  selbst  den  schönsten  gesängen 
der  messiade,  sucht  der  Franzose  vergeblich  nach  sol- 
chen witzspitzen  (poinies),  welche  in  der  henriade  jeden 
besang,  jede  seile  zur  Stechpalme  erheben  J.  Paul  44,  so 
kleine  bücherschau).  —  in  weiterer  Zusammensetzung: 
techpalmblatt,  stechpalmenblatt  n.,  stechpalm- 
blätter  öligem,  deutsehe  bibliothek  30,  9.  —  stechpal m - 
blättrig,  adj.  zu  dem  vorigen:  stechpalmblättrige  eiche 
quercus  ilex  U,  Ü2.  —  stechpalmenbitter,  n..  glycin 
LiKBiG  handbueh  der  cAemfc  (1843)  1104.  —  Stechpalm- 
dorn,    stechpalmendorn,   m.,    dorn    des   atechpalm- 


blattes:  ihre  schönen  arme  sind  von  scharfen  fichten- 
zweigen,  stechpalmdornen  blutig  geritzt  Vischer  auclt 
e!n«rl, 241.  —  stechpalmlaub,  stechpalmenlaub,n. : 

und  es  traf  ein  flüchtiger  Schimmer  der  sonne 
iezo  das  stechpalmlaub,  das  blinkende 

Voss  gedickte  (1802)  3, 100  (J7ia»,  weihe  an  Stolberg). 

stechpalmzweig,  stechpalmenzweig,  m.;  ein  ge- 
flecht  von  disteln  und  stechpalmzweigen  mit  roten  beeren 
Keller  2,  189. 

STECHPFENNIG,  m.,  geld,  zum  bestechen  benutzt,  (vgl. 
stechen  verb.  13  und  pfennig  4  th.  7  sp.  1667.)  besonders 
auf  niederdeutschem  gebiete:  so  auch  einer  oder  mehr 
etwes  (ein  stück  vieh)  funden,  das  billich  solde  ge- 
schüttet werden,  vnd  sulchs  nicht  vpdreuen,  sunder 
heimlich  vorbigiengen  oder  steckepennige  dauor  nemen 
Jak.  Grimm  tceisthümer  3,  210  (Nortrupper  mark  im, 
osnabrückschen  1577);  ock  de  kolers  des  kopes  haluen 
nicht  verwarnen  oder  sonsten  stekepenninge  van  ihnen 
nemen  Wismarer  rolle  der  kohlenmesser  von  1586  bei 
Schiller-Lübben  4,  3S0*>.  in  hochdeutscher  form:  deen 
er  hoat  bey  mir  gethon,  als  ein  schielm,  wie  ar  bey 
andern  leuten  ach  gethon  hoat,  vnnd  bot  stechpfenning 
vnd  goabe  genummen  Heinrich  Julius  von  Braun- 
SCHV^EiG  Schauspiele  14l ;  übertragen  stechpfenning  in  der 
bedeutung  'schlag,  ohrfeige'  ebenda  150. 

STECHPFERD,  n.,  'tumietpferd'  wie  unten  stechrosz 
Frisch  2,  324».     vgl.  auch  oben  stechhengst. 

STECHPFRIEME,  m.  l)  pfriemenartiges  geräth  zum 
stechen  Campe,  nur  eine  tautologische  Verstärkung  von 
pfrieme  (th.  7  sp.  1793). 

2)  bezeichnung  von  pflanzen  der  ginsterart  (vgl.  auch 
oben  Stechginster):  o)  genista  tinetoria  L.  stechpfrimme 
Bock  kreutterbuch  (1539)  3,  9.  —  b)  spartium  scoparium  L. 
Pritzel-Jessen  128'»;  auch  pfriemenkrant  genannt  (th.l, 
sp.  1795). 

STECHPILLE,/.,  längliche pille  (von  seife  u.  a.),  welche 
zur  beförderung  des  Stuhlgangs  in  den  öfter  gesteckt 
wird,  von  Adelung  an  stelle  von  nhd.  steckpille  fälsch- 
lich entwickelt  aus  ndd.  stSkepille:  glans  vel  balanus 
steckpyl,  vulgo  suppositorium  Chytraeus  bei  Schiller- 
Lübben  4,  381»;  stekpillen  D.ähnert  460». 

STECHPLATZ,  m.,  wie  oben  stechbahn:  1)  der  stäch- 
platz curriculum,  decursorium  Maaler  383'';  stechplatz 
.  .  .  mit  sand  beschüttet  arena  Corvinus  fona  latinitatis 
64»;  nach  der  maalzeit  legte  unsere  ritterliche  gesell- 
schaft  ihre  waffen  an,  und  verfügten  sich  nach  dem 
stechplatz  Bucholtz  Herkuliskus  (1665)  103;  die  beyden 
Zwillingbrüder  aber  verliessen  den  stechplatz  178.  vgl. 
oben  stechbahn  l  (sp.  1218). 

2)  obsc.  doch  im  bilde  des  vorigen  ausgeführt:  dann  ir 
werden  kein  ritter  da  werden,  auch  uff  dem  stechplatz 
kein  ritterliche  gab  oder  ehr  erholen  Frey  gortengesell- 
schafl  55  Bolte.   vgl.  oben  stechbahn  6  und  stechen  verb.  20. 

STECHREIGEN,  m..  eine  art  fechtertanz,  sehtcerüanz , 
niederd.  stSkerei:  item  weret  sake,  dat  dar  yemant 
Sprunge  yn  den  stekerey,  de  scal  darynne  blyven  den 
vastelauent  ouer  by  enen  schippunt  wasses,  vnde  we 
in  deme  stekerey  is,  sprynget  yemant  by  eme,  de  en 
scal  he  nicht  affwysen  by  twen  lyuespunt  wasses  item 
so  en  schal  nemant  in  den  stekerey  springen,  he  sy  en 
swart  houet  (gehöre  der  gesellschaft  der  schwarzen  häupter 
an)  monumenta  Livoniae  antiqua  4,  217. 

STECHRING,  m.,  ring,  nach  welchem  mit  der  turnier- 
stange  gestodien  wird:  stechring  chintana,  onnello  da 
giostra  Kramer  dict.  2  (1708),  919'».  bildlich:  der  den 
ehestand  allstets  zum  stechring  seines  spottes  erkieset 
hat  ungen.  quelle  bei  C\mpe. 

STECHRINGEL,  n.,  deminut.  zu  dem  vorigen  bei  Krämer 
dict.  2  (1702),   919''. 

STECHROCHE,  m.,  wie  oben  stachelroche  («p.  400), 
bezeichnung  der  familie  der  trygonidae,  deren  schwänze 
mit  gezähnten  stacheln  ausgestattet  sind ;  insbesondere  name 
von  trygon  pastinaca  Brehm  thierleben  8,  473  Pechuel- 
L'ösehe  (raia  pastinaca  Campe;  Oken  naturgesch.  6,  46): 
Speere,  die  oft  vierzehn  fusz  lang  und  oben  mit 
dem  Schwanzstachel  des  stechrochens  versehen  waren 
Forster  schriften  2,  S2;  nur  stachel  des  stechrochens 
ebenda  4,  199. 


X.  2. 


Cr. 


81 


Cr. 


1283 


STECHROSZ-STECHSCHUSZ 


STECHSCHWALBE-STECUTISCH       1284 


STECHROSZ,  n.,  wie  oben  stechpferd,  doch  gehobelter 
»praehe  angemessener  {vgl.  oben  stechhengst) :  stechrosz 
cabodltLS  DiEFENBACH  lutv.  gloss.  63* ;  grosse  stechrosz 
Mynsinger  von  den  falken,  p/erden  und  hunden  60;  der 
bann  von  Ketnbs  geht  so  tieff  in  den  Hin  als  einer  mit 
einem  stechrosz  und  einem  ritspiesz  in  den  Rin  geriten 
und  gereichen  mag  Burckhardt  hofr'ödel  143  {von  1383). 

STECHRÜSSEL,  m.,  rüssel  der  Stechfliegen  und  Stech- 
mücken, im  gegensat2  zum  Säugrüssel  {th.  8  sp.  1897)  be- 
sonders zum  stechen  eingerichtet  Brehm  thierleben  9,  11 
Pechuel-LöscJie;  starker  stechrüssel  Oken  naturgesch. 
^.1839)  5,  829. 

STECHSÄGE,  /.,  wie  unten  das  gewöhnlichere  stich- 
säge: ain  stechsag  qtielle  von  1.526  bei  Unger-Khull 
ateirisch.  tcortschatz  571'. 

STECHSALAT,  m.  nach  Nemnich  und  Campe  dasselbe 
wie  oben  schnittsalat  lactuca  sativa. 

STECHSATTEL,  m.,  erhöhter  satteL,  besonders  geeignet 
für  den  turnierkampf  Campe,  Boeheim  tcaffenkunde  554. 

STECHSAU,  /.,  zum  schlachten  bestimmt,  vgl.  unten 
Stechschwein :  stechsau  porco  ammazzatovo  cioe  stagionato 
ad  essere  scannato  Kramer  dict.  2  (1702)  eie**;  dasselbe  wie 
mastsau  Unger-Khull  steir.  wortsch.  571*. 

STECHSAUER,  adj.,  so  satter,  dasz  es  auf  der  zunge 
sticht  (vgl.  stechen  verb.  4  und  oben  stechendsauer,  adj.). 

STECHSCHAF,  n.,  zum  schlachten  bestimmt  Campe. 

STEGHSCHAUFEL,  /.  l)  besonders  zum  stechen  von  torf, 
thon.  Wim  u.s.w.  geeignet  (vgl.  Unger-Khull  steirischer 
Wortschatz  SOO*»  utid  641»,  dazu  oben  stechen  verb,  16) :  stech- 
schaufel  fortictdum  Diefenbach  244»;  stechschofel 
spaten  Martin-Lienhart  elsäss.  wörterb.  2,  400». 

2)  im  übertragenen  sinne  der  frack  ebenda,  auch  in 
breiterer  Zusammensetzung  stechschaufelfrack  m.: 
stechschufelfrack    schtcarzer  frack    m,it    langen  schöszen 

1,  180»  und  in  der  gleiclien  bedeiitung  stechschau  fei- 
kitte 1  m. ;  stechschufelkittel  ebenda  l,  480''. 

STECHSCHEIBE,  /.,  bei  Schützenfesten  eine  Scheibe, 
auf  icdche  jeder  schütze  nur  einen  schusz  thun  darf.  vgl. 
auch  unten  stechschieszen. 

STECHSCHEIN,  to.,  bescheinigung,  welche  einer  wittwe 
nach  erlegung  des  stechgroschens  (s.  oben)  atisgestellt  icird 
Frisch  2,  324». 

STECHSCHEIT,  n.,  grabscheit  (vgl.  oben  stechschaufel 
und  Bcheit  4  th.  8  sp.  2474):  stechschit  Wattenbach 
codex  diplom.  Silesiae  3,  108  (z.  jähre  1377);  umb  4  stech- 
scheit  zalt  16  pfen.  rechnung  von  1571  bei  Unger-Khull 
steirischer  Wortschatz  571». 

STECHSCHIESZEN,  n.,  bei  Schützenfesten  das  schieszen 
auf  die  stechscheibe.  über  die  beziehung  zu  stechen  verb. 
vgl.  dort  unter  196. 

STECHSCHILD,  m.,  tumierschild  Boeheim  waffen- 
ktinde  526;  mit  einem  ausschnitt  am,  rande  zum  einlegen 
der  tumierstange .  so  auch  in  der  formensprache  der 
lieraldik  vgl.  Querpurth  herald^  154.  s.  auch  unten 
stechtartflche. 

STECHSCHIPPE,  /.,  eine  zu  Melsungen  in  Hessen  ge- 
bräuchliche haubentracht  der  bürgerfratien  (erste  hälfte 
de»  19.  jahrha.)  Hessler  hessische  landes-  und  Volkskunde 

2,  44,  vgl.  hes».  schuppe,  schirm  an  der  mutze  Kehrein 
1,  869;    PfISTER  269. 

STECHSCHLITTEN,  m.,  wie  oben  stachelschlitten 
(«p.  400),  ein  Schlitten,  welcher  über  die  achnee-  oder  eiaßäche 
mitteUt  einer  atachelbewehrten  atange  getrieben  wird  Campe. 

STECHSCHLOSZ,  n.,  gewehrachlosz,  mit  einem  Stecher 
auageatattet  {a.  oben  Stecher  8^)  Poten  handwörterbuch  9, 85 ; 
Boeheim  waffenkunde  454;  482. 

STECHSCHNAKE,  /..  wie  oben  Stechmücke:  stech- 
KChnake,  eulex  Oken  naturgeachiehte  (1889)  &,  728,  vgl. 
schnacke,  schnake  2  (th.  9  ap.  1152). 

STECHSCHRIFT,  /..  plur.  stechschriften.  prüftinga- 
arbeiten  der  achüUr,  probeachriften  Martin-Lieniiart 
( hüa».  mundarten  2,  616». 

STECIISCHUH.  m.:  stechschUch  pero  Diefenbach 
iiov.  gloaaar.  289*  (von  1482),  wohl  identiaeh  mit  dem  schuch 
mit  tUehlappen  ebenda. 

•"■•nnSCHtlSZ.  m.;  befehl.  dasz  die  reserve  die  häuser 

'  der  brücke  besetzen  sollte;  um  diese  vor  den 

n.t;,  .i„v.liUMMi  von  Leinanhofe  ...   zu  sohUtxen,   wurde 

Cr. 


leutnant  Saint  Bleu  .  .  .  beordert,    die  schätzen   liinaus- 
zuwerfen  Pichler  allerlei  geschichten  aus  Tirol  2,  lft'>. 

STECHSCHWALBE,  /.,  seltnere  bezeichnung  von  hirttndo 
rustica,  unserer  rauchschwalbe,  mit  rücksicht  auf'  ihren 
schnellen,  dahinsiechenden  ßug  Brehm  thierleben  4,  519 
Pecchuel- Lösche;  Naumann  naturgeschichte  der  vögd 
Deutschlands  (1822)  6,  49.  txach  Campe  besonders  gebrätich- 
lieh  im  meisznischen :  die  fröhlichen  stechschwalben 
schwirrten  hoch  in  der  luft  um  den  klosterthurm  MusÄus 
Volksmärchen  der  Deutschen  8,  40  Hempel. 

STECHSCHWANZ,  m.,  imch  Campe  gleicli  oben  stachel- 
schwanz  (sp.  402). 

STECHSCHWEIN,  n.,  zum  schlechten  bestimmt:  stech- 
schwein  Kramek  dict.  2  (1702)  sig**;  Unger-Khull  ateiri- 
sclier  Wortschatz  b~i^;  vgl.  oben  stechsau;  drumb  werden 
vnd  müssen  sie  auch  in  die  hell  hinein  stürtzen,  vnd 
darinnen  jmmer  vnd  ewiglich  desz  teuffels  stach-  und 
mastschwein  seyn  Schaller  theologisclier  heroldt  (1604)  279. 

STECHSCHWERT,  n..  l)  schwert  besonders  zum  stechen 
Diefenbach  203»;  vgl.  oben  stechdegen.  —  wohl  nur  ein 
schwertartiger  langer  dolch  ist  gemeint,  stechschwert 
pugio  ebenda  471'';  vgl.  oben  stechmesser. 

2)  entsprechend  schwert  13  e  (th.  9  sp.  2,585)  hindert  bei 
Segelschiffen  das  stechschwert  (eine  starke  platte  von  holz 
oder  auch  eisen,  welclie  senkrecht  in  das  wasser  hängt)  das 
abtreiben  Stenzel  371»,  attch  kielschwert  genannt,  weil 
es  zugleich  atich  zum  ersatz  des  kieles  dient. 

STECHSEIDE,  /.,  nach  Campe  eine  gezmmte  seide  und 
dasselbe  wie  unten  stickseide. 

STECHSONNE,  /.,  stecJiende  sonne:  ich  kann  ihnen 
einen  Sonnenschirm  gegen  die  stechsonne  des  glucks 
bieten  J.  Paul  herbstblumine  3,  155;  vgl.  stechen  verb.  3. 

STECHSPEER,  m,.,  turnierlanze,  nur  in  niederdeutscher 
Umgangssprache  zu  belegen:  stekesper  Stralsunder  voca- 
bular  bei  Schiller-Lübben  4,  379''. 

STECHSPIEL,  n.,  turiner  der  harmlosen  art,  wo  mit 
der  tumierstange  nach  einem  ring  oder  kränz  u.  s.  w.  ge- 
stochenwurde, vgl.  Frisch  2,  324»  und  oben  stechen  verb.ieß 
sp.  1232;  hastiludium  Diefenbach  gloss.  273»>;  Alberus 
dict.  8»;  hier  (in  Regensburg)  feierte  des  ganzen  Nord- 
gaus adel  seine  stechspiele  Zschokke  ausgetc.  aehriften 
(1824)  31,  186;  mndd.  torneie  unde  stekespil  i'gl.  Schiller- 
LObben  4,  379»; 

gi  beiden  dar  bi  und  badden  ein  mod, 
so  de  piper  bi  dem  stekspel  dod, 
dar  kan  men  neine  gude  sproke  van  maken 
lied  atu  dem  jähre  1519  auf  die  hildesheimüche  ttiftafehde 
bei  LiLiENCRON  hist.  volklieder  3,  288 

(vgl.  auch  293,   teo   im  gleichen  zusammenhatig  die  form 
stekelspel  erscheint). 

STECHSTAHL,  m..  stählernes  geräth,  zutn  stechen  dien- 
licJi.  besonders  in  der  spräche  der  drecfisler  Campe. 

STECHSTANGE,  /.  l)  die  (etwa  vier  meter)  lange  tur- 
nierstange.  von  tceichem  liolz  g^ertigt.  damit  sie  leicht 
bricht  und  splittert,  vgl.  Boeheim  tcaffenkunde  539^.  und 
oben  stechholz  1 :  als  .  .  .  der  polack  die  stechstangen  zum 
sloss  gefasst  hett  Bkrlichingen  lebensbeschreibung  13 
Bieling;  neue  stechstangen  Fouque  tauberring  (1812)  l, 
23;  ein  langer  hagerer  knabe,  der  sich  gern  zu  rosz  mit 
der  stechstange  sehen  liesz  Freytag  li,  46.  atuk  sonst 
allgemeiner  in  der  bedeutung  'spiesx' :  es  poltern  die  pike- 
niere  an  in  ihren  pfundharnischen,  die  riesige  stech- 
stange mit  eiserner  spitze  geschultert  Hanüei.-Mazzktti 
die  arme  Margaret  187. 

2)  die  Stange,  mit  welcher  ein  ßoax  oder  achiff  im  \rasaer 
teeitergestoszen  trird:  da  lUllt  mir  wieder  mein  kinder- 
traum  ein,  wo  ich  auf  einem  backsteinernen  flusz  auf 
der  reise  war,  .  .  .  nur  mit  den  stechstangen  gings  lang- 
sam vorwärts  Bettine  Günderode  (1840)  2,  257;  vgl.  oben 
Stechkahn,  auch  anders  benutzt:  mit  der  stechstange, 
womit  die  fliizer  zuweilen  nach  den  fischen  stechen 
Hauff  tcerke  4,  224. 

STECHSTAUDK,  /.,  nach  Campe  in  einigen  gegenden 
eine  bexeichnting  des  staehrlbeerairauchea. 

STECHTARTSCHE,  /..  daamiA«  wm  oben  steohschild 
Boeiikim  tcaffenkunde  tax  und  6S9f. 

STECHTISCH,  m..  arbeiUHaeh  des  kupferattekera: 
wenn  du  dich  gestochen  mild'  am  atechtiech 

ROcKim  nurke  (1867)  7,  M. 

Cr. 


1285 


STECHUBUNG-STECHZEUG 


STECKAMBOSZ-STECKBRIEF 


1286 


STECHÜBUNG,  /..-  schon  wollten  wir  die  gabeln  ihre 
stech-,  hebe-  und  holübungen  beginnen  lassen  Lilien- 
CRON  tcerke  1,  104. 

STECHüNG,  /.,  Vorgang,  handlung  des  sfechens:  die 
stächung,  punctio,  compunctio  Maaler  383'';  stechung, 
punctio,  ictus,  plaga  et  vulneratio,  quae  punctim  fit 
Stieler  2155;  si^chun^,  pungimento,  piccamento  Kramer 
dict.  2  (1702),  919«;  punctura  ist  ein  stechung  Braun- 
SCHWEIG  chiriirgia  10*;  die  aderechten  schnierlin  seint 
de  entblöszt  von  dem  fleisch  vnd  offenbar,  vnd  deren 
stechung  machet  .  .  .  den  krampff,  vnd  darnach  den  todt 
Gersdorff  feldbuch  der  vnindartzney  (1517)  l,  2*';  stech- 
ang  des  torfes  {als  stichtcort)  allgem.  deutsche  bibliothek 
85,  586;  stechung  in  der  bedeutung  'turnier',  hastiludium 
Diefenbach  glossar  273''. 

STECHVIEH,  n.,  vieJi,  icelches  gescJdachtet  werden  soll 
Campe,     vgl.  auch  oben,  stechhaufen. 

STECHVOGEL,  m.,  astur  palumbarius,  unser  hühner- 
hahicht  Brehm  thierleben  6,  381  Pechuel- Lösche;  falco 
palumbarius  Naumann  vögd  (1822)  i,  249. 

STECHWAFFE,  /.,  icaffe,  die  zum  stechen  dient,  vgl. 
auch  unten  stechwehr:  stechwaffen,  arme  di  punta 
Kramer  dict.  2  (1702)  919'';  die  allergefährlichsten  doch 
kriegerlaubten  stechwaffen  wurden  zusammengesucht 
J.  Paul  Nepomttkkirche  115.  gewöhnlicher  dafür  heute 
Stichwaffe  (s.  u.). 

STECHVVAPPEN,  n.,  tumierwappen,  wohl  in  dem,  sinne 
von  oben  stechschild,  nicht  etwa  nur  ein  heraldischer 
Schild:  item  G  m  vor  12  fenchin  mit  golde  gemolet, 
unsers  homeisters  wopen  und  50  cleyne  stecwopen 
Peter  moler  Marienburger  tresslerbuch  (l89G)  Joachim. 

STECHWEHR,/.,  bei  Kramer  dict.  2  (1702)  919";  gleich- 
bedeutend mit  oben  stechwaffe. 

STECHWEIDE,  /.,  bezeichnung  von  saline  pentandra  L. 
Campe,  Pritzel-Jessen  355;  sonst  auch  schafweide  ge- 
7Hinnt  {th.  8  sp.  2053). 

STECHWEIDE,  /.,  icohl  von  Nicolai  als  parallelismus 
zu  dem  begriff  mastweide  {weide,  welche  zur  viehinast 
dient)  gebildet,  'weide  für  die  mästung  von  stechvieh'  {s. 
oben):  den  sommer  über  werden  alsdann  wieder  schaafe 
tausendweise  von  den  mast-  oder  stechwaiden  hinweg- 
geführt nach  Ulm  reise  durch  Deutschland  und  die 
Schweiz  10,  2i. 

STECH  WEITE,  /.,  enffernung,  so  tceit  man  mit  einer 
waffe  stechen  kann;  gewöhnlicher  stich  weite  {s.  unten): 
die  hör-  oder  stechweite  eines  solchen  geistigen  rauf- 
degens  J.  Paul  bei  Campe. 

STECHWERK,  n.  l)  tcerkzeug  zum  stechen  Campe.  2)  in 
kupfer  oder  sonstwie  gestochene  arbeit,  kupfericerk  ebenda. 

STEGHWESPE,  /.,  stecliende  icespenart.    vgl.  oben  auch 

fatechbiene  und  stechimme.     dazu  das  adj.  stechwes- 

lenartig:    die    stechwespenartige    blattwespe     allgem. 

titsche  bibliothek  50,  497. 

STECHWINDE,  /.    l)  pflanzenname:  smilax  aspera  L. 

IMPE.      2)   unwahrscheinlich    auch   ebenda    eine   bezeich- 

mg  von  Hex  aquifolium. 

STECHWORT,  n.,  Schimpfwort,  schmährede  Frisch  2, 
Altenstaig  bei  Campe. 

STECHWUNDE,  /.,  gleich  dem  heute  ausschlieszlich  ge- 
räuchlichen  Stichwunde  {s.  unten):  stechwunden  stigma 
)lEFENBACH  nov.  gloss.  348». 

STECHWURM,  m..  stechender  wurm,  besonders  ein  un- 

ziefer,  welches  die  jutigen  baumsprossen  durch  seinen 
beschädigt  allgem.  haushaltungslcxicon  l,  l*»  und  3, 
Campe. 

STECHWURZEL,  /.     i)  pflanzenname,   eryngium  eam- 

stre  L.   Campe,   vgl.  Pritzel-Jessen  145;    getcöhnlich 

th.  6  sp.  1.583  unter  2)  mannestreu  genannt.    2)  auch  be- 
\nung   der  mittleren,    nach    unten  dringenden  (jpfahl)- 

rzel  eines  pflanzenstamme»  Campe;   gewöhnlicher  herz- 

irzel  {tJi.  4,  2  sp.  1266). 
l,  STECHZETTEL,   m.     l)  in  der  Verwaltungssprache  der 

euerbehörden  efiemala  eine  bescheinigung,  dasz  ein  stück 
xchtvieh    {vgl.   oben    stechvieh)    ordnungsmüszig    zur 
ae  angemeldet  ist.     2)  dasselbe  wie   oben  stechschein 
fRISCH  2,  324«. 

STECHZEUG,    n.     l)  iumierzeug,    d.  h.   die    besonders 

hvxre   rüstuug   von   mann   und  rosz  für   den   turnier- 

Cr. 


kämpf,  im  gegensatz  zu  dem  leichten,  scharfen  gezeug  für 
den  ernstfall  Frisch  2,  324»;  stechzeug  städtechron.  10, 
209,  8  {Nürnberg  1454);  darunter  waren  der  kunig  selbs 
im  rennzeug  und  ander  sechs  im  stechzeug,  die  teten 
viel  guter  rite  il,  732,  23  {Xürnberg  1491);  und  rannten  2 
und  stachen  2,  der  ain  hett  stechzeug,  der  ander  scharpf 
städtechron.  23,  104,  anm.  7  {Augsburg  1504) ;  denn  als  ich 
zu  Vannes  hinweg  schiedt,  ich  ihm  eine  schöne  rüstung 
vnnd  stechzeug  gelassen  hab  Galmy  306;  das  pferd  .  .  . 
leufft  an  den  schlossbrun  .  .  .,  vberwirft  sich  vnd  stürtzt 
mit  dem  mann  in  brunnen,  der  da  im  stechzeug  oder 
hämisch  bald  zu  gründe  fiel  Hennenberger  preussische 
landtaffel  181. 

2)  Werkzeug  zum  stechen  Campe. 

3)  obscön.  im  Wechselspiel  der  bedeutungen  unter  1  und  2: 
ain  hochzeitlied  im  thon :  ich  traw  keim  alten  stechzeug 
mer  Hans  Sachs  23,  257,  2  Keller-Götze. 

STECKAMBOSZ,  m.,  beweglicher  ambosz,  welcher  zum 
gebrauch  mit  einem,  stächet  in  einem  klotze  befestigt  wer- 
den kann  Campe,  KrCnitz  171,  115. 

STECKAPFEL,  m.,  nach  Nemnich  U7id  Campe  eine  be- 
zeichnung des  atigust-  oder  splittapfels  {s.  splittapfel  th. 
10,  1  sp.  2661). 

STECKÄRMEL,  m.,  weitere  Verdeutschung  von  manschette: 
steckermel  manichette,  posticcie  Kramer  dict.  (1702)  2,  924<=. 

STECKBAUM,  w.,  wohl  auf  niederdeutschem,  gebiete  aus 
niederd.  stSkebom  an  stelle  von  nhd.  stechbaum  {s.  oben) 
fälschlich  verhochdeutscht.  nach  Nemnich  und  Campe 
bezeichnung  des  gemeinen  wachholders,  juniperiis  commti- 
nis  L. 

STECKBEIL,  n.,  ein  Werkzeug  der  leinzer,  im  deininut. 
steckbeilein,  n. :  steckbeihelein,  securicula,  qua  in pe- 
dandis  vineis  vinitores  utuntur  Stieler  123. 

STECKBETT,  n.,  gewöhnlicher  im  deminut.  steckbett- 
chen,  n.,  wie  unter  Steckkissen  eine  bettchennrtige  ztirich- 
tung,  in  icelche  ein  Säugling  hineingesteckt  wird,  damit 
er  sich  bequemer  tragen  lasse:  der  täufling  im  steck- 
bettchen  mit  blauen  schleifen. 

STECKBIRNE,  /.,  eine  birnenart  ohne  genauere  bestim- 
mung  Nemnich,  Campe. 

STECKBOLZEN,  m.,  bolzen,  welcher  die  reckstange  im 
balken  eines  turnrecks  festhält:  durch  stange  und  säule 
gehende  steckbolzen  bilden  die  befestigung  Kregenow 
und  Samel  gerätkunde  (1905)  20. 

STECKBRIEF,  m,.,  amtliches  ausschreiben,  welches  unter 
darbietung  einer  genauen  Personalbeschreibung  zur  Ver- 
haftung eines  gerichtlich  beschuldigten,  welclier  flüchtig  ist 
oder  sich  sonst  verborgen  hält,  auffordeH.  vgl.  Holtzen- 
DORFF  rechtslexicon^  3,  780.  die  herkunft  der  bezeichnung 
ist  ztceifelhaft ;  beliebt  ist  heute  die  herleitiing  aus  dem 
gebrauch  der  westfälischen  ferne,  einem  Verbrecher  den 
ladebrief  zusammen  mit  einem,  königspfennig  bei  nacht 
in  den  thorriegel  des  hofes  zu  stecken  Jak.  Grimm  rechfs- 
altertliümer  845;  auch  sonst  findet  sich  dergleichen:  so 
mugent  si  den  brief  an  die  porten,  da  dan  sin  wo- 
nunge  ist,  stecken  und  henken  oder  under  der  porten 
instoizen  und  haut  damit  ir  botschaft  recht  und  rede- 
lichen  verkündiget  quelle  von  1325  bei  Wenck  hessische 
landesgeschichte  l,  .302,  doch  auch  hier  nur  dann,  wenn 
sicJi  die  gehörige,  d.  h.  persönliche  ladung  nicht  ermöglichen 
läszt:  adressat  der  ladung  ist  aber  doch  immer  der  be- 
schuldigte selbst;  es  fehlt  also  durchaus  hier  das  uiiserm 
Steckbrief  wesentliche  moment  der  verhaftsaufforderung,  ge- 
richtet an  fremde  behörden  u.s.tc.  so  hat  denn  mehr  Wahr- 
scheinlichkeit, dasz  Steckbrief  sich  mit  hinblick  auf  ^stecken 
verb.  18  erkläre:  'ein  brief,  welcher  einem  heimlich  zuge- 
steckt wird,  heimliche  nachricht  giebt'  von  eitler  behörde 
heimlich  an  eine  andere  gesandt,  um  eines  flüchtigen  Ver- 
brechers habhaft  zu  werden;  erst  durch  die  Zeitungen 
wurde  der  Steckbrief  eine  öffentliche,  allen  zugängliche 
bekanntmachung :  er  nimmet  stekkbriefe  mit  von  der 
Obrigkeit  des  orts  .  .  .  und  bringt  beede  zu  gefänglicher 
verhaft  Harsdörffer  fratienzimmergesprechspiele  (l64i) 
6,  302  (Steckbrief  teutscher  secretarius  (1656)  1,  Ee  5*); 
steck-  sive  stöckbriefe  literae  accusatoriae  Stieler  240, 
weil  sie  die  Verhaftung ,  d.  h.  festsetzung  des  Verbrechers 
veranlassen  sollen  {vgl.  einen  ins  gefängnis  stecken  unter 
^stecken   verb.  10);   so   stark   drängte  sich  dieses  moment 

81*  Cr. 


1287 


STECKBRIEF 


STECKCHEN-STECKEN 


1288 


<f<r  älteren  spräche  in  dem  icortbegi~iff  hervor.  Steck- 
briefe UUere  di  arreato  di  qualche  gran  malfaüore  fug- 
gitivo  Kram  ER  did.  Cl'OS)  2,  924«;  dasz  hier  aber  das 
iportbildende  moment  überhaupt  verborgen  liegt,  macht 
deutlieh:  Tnnd  ist  darauf  vnser  bedenckcn,  das  ir  den 
befeder  vnd  seinen  mithelfem  mit  vleis  nachtrachtet,  ob 
ir  die  zu  hafften  bringen  möchtet,  do  ir  auch  dortzu 
unserer  hafft-  oder  steckbricfTe  bedurfTet,  seindt  wir  euch 
dieselben  mitzuteilen  gnediglich  geneigt  quelle  von  1555 
bei  DiEFENBACH-WÜLCKER  863.  Vgl.  üuch  die  entsprechen- 
den begriffe  fangbrief  {th.  3  sp.  1311)  und  haftbrief  {th.  4,  2 
ap.  132)  —  vgl.  auch  noch:  ich  musz  sie  besuchen,  ob 
sie  auch  etwa  Steckbriefe  bcy  sich  haben  Creizenach 
schausp.  engliscJier  comöd.  177  ,3  (bestrafter  brudermord  4,  l) ; 
in  solchem  lichte  und  glantze  offenbarete  er  sich  auch 
vom  himmel  herab  dem  apostel  Paulo,  da  er  vor  seiner 
bekehrung  mit  Steckbriefen  nach  Damasco  reisete  Sper- 
ling Nicodemus  quaerens  (1718)  1,  55G,  geicisz  keine  ent- 
sprechungen  zur  ladung  durch  den  femboten. 

a)  einen  Steckbrief  ausstellen;  einen  Steckbrief  er- 
lassen (durch  die  Zeitungen):  zum  überflusz  mag  noch 
ein  Steckbrief  in  die  zeitungen  genickt  werden  Tieck 
Schriften  5,  300;  er  hat  sich  aber  von  Basel  nach  Mül- 
hausen  begeben,  dahin  aber  Bulingerus  alsbald  steck- 
brieffe  nachgeschickt  Arnold  unpart.  kirchen-  und  keiner- 
historie  (1699)  2.  320*;  wir  wollen  ihm  Steckbriefe  nach- 
schicken, damit  er  seinem  richter  nicht  entlaufe  Gott- 
sched deutsche  scfiaubühne  5,  349;  man  hat  ihm  Steck- 
briefe nachgeschickt,  .  .  .  ein  preisz  ist  auf  seinen  köpf 
gesetzt  Schiller  2,  17  (räuber  l,  l);  alle  kinder,  die 
jährig  und  drunter  sind,  in  Bethlehem  morden  lassen 
und  sodann  flüchtigen  fuss  setzen  können,  ohne  dasz 
ihm  Steckbriefe  nachgesandt  werden  können,  ohne  dass 
er  einzuhohlen  und  zu  bestrafen  ist?  Hippel  lebensläufe 
(177S)  3,  1,  189.  auch :  es  wurden  Steckbriefe  und  boten  zu 
fusz,  zu  pferde  und  zu  wagen,  ausgesandt  2,  402.  — 
Reinhold  habe  falsche  Wechsel  geschmiedet  und  werde 
desshalb  mit  Steckbriefen  verfolgt  Göthe  41,  l,  157 
Weim.;  auf  dem  marktplatz  steht  .  .  .  der  polizcicom- 
missarius  ...  er  controlirt  passe  und  wanderbücher, 
oder  macht  auf  Steckbriefe  aufmerksam  Gutzkow  werke 
(1872)  11,  47;  die  vom  herzöge  nachgesendeten  Steckbriefe 
wies  man  in  Preussen  und  Hannover  als  offenbar  will- 
kürlich zurück  Treitschke  deutsche  gesch.  im  id.jahrh. 
3,561;  einen  Steckbrief  erneuern,  damit  das  fragt,  ver- 
brechen nicht  verjähre,    ein  Steckbrief  ist  erledigt. 

6)  Steckbrief  als  subject  und  in  gröszerer  activität:  als 
schon  auf  allen  straszen  Steckbriefe  voran  flogen  Hebel 
2,  215  Behaghd;  kein  verdacht  drohte,  keine  requisition 
verfolgte,  kein  Steckbrief  bezeichnete  sie  Holtei  erzähl, 
fchriften  8,  99;  die  Steckbriefe  waren  angekommen  Auer- 
bach Schriften  (1892)  10,  47.  vgl.  von  besserer  einrichtung 
des  laufs  der  Steckbriefe  Moser  tcerke  3,  162  (Überschrift). 

c)  in  erweitertem  gebrauche:  o  ja!  aber  warum  rennt 
man  so  hastig,  dasz  man,  wenn  man  vielleicht  ein  dieb 
ist,  sich  selbst  für  den  Steckbrief  zeichnet?  Hebbel  1,  1, 
.-►tö  Werner;  sie  verfolgen  meine  muthmaszlichen  ge- 
danken  mit  Steckbriefen,  sie  sprechen  zu  mir  ganz  wie 
ein  polizeisekretär  Riehl  Eisele  und  Beisde  (1848)  190. 

d)  der  grad  der  genauigkeit  und  ausführlichkeit  einer 
beachrtibung  soll  deutlich  gemacht  werden:  o!  ich  wollte 
ihn  so  beschreiben,  wenn  ihm  der  Steckbrief  gefertigt 
werden  sollte  Knioge  roman  meines  lebens  (I78i)  8,  62; 
ich  weisz,  dasz  Personalbeschreibungen,  so  genau  wie 
xteckbriefe,  jetzt  unerlässliches  bedUrfniss  für  jeden  hi- 
storischen roman  sind  Gaudy  u>erke  (1844)  18,  27;  er  be- 
schreibt das  ungcthUm  so  genau,  dasz  die  polizci  einen 
«tteckbrief  danach  abfassen  könnte  Hebbel  werke  i,  12, 
67  Werner;  die  arcbaeologie  ist  erst  in  ihren  anfangen; 
freilich  auch  noch  nicht  in  gefahr,  von  werken  des 
genies  im  stil  von  Steckbriefen  zu  reden  Juan  Winckel- 
mann  t,  i,  S88.  neben  Charakteristik:  fatal  ist,  dasz  diese 
äussere  eharakieristik ,  dieser  Steckbrief  seiner  literar- 
ischen Physiognomie  leider  gat  getrolTen  ist  Gör  res 
britfe  S,  fB«.  dasi  m  aber  ein  heimlich  tugeetedcter  bri^ 
»ei,  MAntii  auek  tm  folgenden  der  uebeneinn  de»  %oorte» 
Ofuudeulen:  duldet  man  ja  doch,  fast  möchte  ich  sagen 
mit   ftbermenschliober    hamanilAt,    die    erbttrmlirhsicn 

Cr. 


Steckbriefe  über  universaltincturen,  gesundheitschocolate 
und  die  essentia  miraculosa  coronata;  selbst  bey  hun- 
dertfacher Wiederholung  Lichtenberg  vermischte  Schrif- 
ten 7,  383. 

e)  als  letzte  scherzhafte  kröne  aller  briefschreiberei  er- 
scheint der  Steckbrief:  dieses  mal  wars  (der  brief)  ein 
expresser,  das  nächste  mal  \^-irds  ein  Steckbrief  Lich- 
tenberg brief e  3,  159. 

f)  in  weiterer  Zusammensetzung:  Steckbriefen  verb.. 
in  einem  Steckbrief,  im  steckbriefsfil  beschreiben:  nach 
herzenslust  hat  er  sich  über  sein  liebes  ich  ausgequetscht 
und  seinen  lebenslauf  gesteckbrieft  Jahn  werke  2,  777 
Euler.  —  steck  brief  gesiebt,  n.,  wie  man  es  im  Steck- 
brief eines  Verbrechers  geschildert  finden  kann :  ein  wahres 
Steckbriefgesicht  G.  Chr.  Lichtenberg  aphorismen  6, 112. 
—  steckbrieflich,  adj.,  adv..  durch  einen  Steckbrief: 
der  Höllbart,  höre  ich,  wird  steckbrieflich  verfolgt  Ro- 
segger  Schriften  13,  51.  —  steckbriefling,  m.,  ein  durch 
steckbi-ief  verfolgter  verbrecJier:  der  unglückliche  ehekan- 
didat  war  nämlich  ein  längst  gesuchter  steckbriefling 
Oöttinger  zeitung  vom  12.  mai  1911.  —  steckbriefschema, 
n.,  scliema,  nach  icelchem  ein  Steckbrief  verfaszt  wird  AvE- 
Lallemand  gaunerthum  2,  89.  —  steckbriefstil,  m., 
stil,  wie  er  sich  in  einem  Steckbrief  findet  (vgl.  oben  unter  c) : 
ich  bin  .  .  .  ungewandt  im  steckbriefstyl  Roon  denk- 
würdigkeiten  1,  73.  —  steckbriefträger,  m..  (eil)bote. 
welcher  den  Steckbrief  an  die  fremde  beJiörde  trägt:  ich 
für  mein  theil  bedaure  vorzüglich  die  beine  der  steck- 
briefträger oder  nachläufer  Hippel  lebensläufe  (1778)  2, 
555;  allgemeiner  'heimlicher  berichterstatter' :  der  steck- 
briefträger hat  euch  aufs  haar  genau  konterfeit  Zschokke 
sch}-iften  28,  323. 

STECKCHEN,  n.,  deminut.  zu  stecken  subst. :  ein  steck- 
gen,  damit  die  wollnspinnerin  die  wolle  ausseinander  thun 
CORVINUS  fons  latinitat.  (1646)  718. 

STECKDOHNE,  /.,  fangdohne.  welche  in  den  boden  ge- 
steckt vnrd;  laufdohne  Behlen  5,  678. 

STECKDORN,  m.,  wohl  an  stelle  von  oben  stechdorn: 
rombus  Gersdorff  wundarzney  94  (vocab.  herbarum)  vgl. 
niederd.  stekedorn. 

STECKEISEN,  n.,  wie  oben  stecheisen  2,  wohl  aus  niederd. 
stßkeisen:  steckeysen  Agricola  bergtcerkbuch  424. 

STECKEL,  n.,  deminut.  s.  unten  stecklein. 

STECKELSCHUH,  m.,  schuh  mit  stark  erhöhten  absätsen. 
wie  unten  stelzenschuh  (franz.  patin  des  18.  jahrhs.) :  den 
galanteriedegen  an  der  seite,  auf  hohen  steckelschuhen 
hin  und  her  gehen  Liliencron  zehn  novellen  56.  s.  auch 
unten  Stöckelschuh. 

STECKEN,  m.,  baculum,  ahd.  stekko,  mhd.  stecke  (dt« 
daneben  sich  findende  rein  oberdeutsche  form  aJtd.  stehhan, 
mild,  stechen  hat  noch  in  einem  seltenen  frühnlid.  staechen 
vaUus  Diefenbach  glossar  606*  ihre  en f sprechung),  stecke, 
stecken  gebildet  zu  dem  verb.  ^stecken  (*.  unten)  und 
eigentt.  'der  (in  die  erde)  gesteckte  stab,  stock  u.  s.  w.'  dieses 
verhältnisz  machen  noch  fühlbar:  kästenbäum  pflanzt 
man  auch  als  dann  von  stecken,  die  man  inn  das  erd- 
rich  stecket  Sebiz  feldbau  (1679)  68  und  der  beleg  bei 
Sperling  Nicodemtis  quaerens  l  (1718)  1883,  unter  •  stecken 
verb.  2  a,  vgl.  auch  den  wirthschaftlichen  ftff^ri/^(zaun)8tecken 
unten,  weitere  xcestgermanische  entsprechungen  sind  as. 
stekko  (mndd.  steke)  und  ags.  sticca  (engl,  stick),  lehn- 
wort  ist  ital.  stecca  stab,  stock  (stecco,  dorn)  und  eben- 
falls wohl  schon  aus  früher  zeit  anord.  stjaki  'pfähl. 
Stange',  über  das  aus  dem  niederdeutschen  mtUhnte  subst. 
sticken,  m.  a.  unten,  und  über  die  beziehung  tu  staken,  m. 
B.  oben.  sp.  686.  dt«  form  stecke  neben  staken  belegt  noch 
Stieler  2160  und  Kramer  dict.  i  (1702)  9«8*.  danebeti  ist 
eine  kurzform  steck  (wohl  unter  dem  eit\flus*  von  stab  und 
stock  zu  Stande  gekommen) :  in  der  älteren  spräche  wieder- 
holt zu  belegen  ain  aisner  stegk  Zingrrlb  mittdalterlicJie 
inveniare  4,  818  (Bozen  1486);  der  steck  (tm  saun)  tirol. 
weisth.  4,  198,  88  (Wangen);  ein  steck  oder  gert,  mt  virga, 
virgula  Ai.RRRUS  dt«{.  (1640)  4*;  ein  krummer  steck  unrtut. 
uncinu»  ebenda;  ein  steck,  damit  mann  die  Icut  bei 
seit«  triebe,  wenn  man  in  der  gölter  ehr  mit  der  process 
gieng  eommetabtUum  ebetxda;  sUick,  stab  »ripio,  fustis, 
baettltt»,  baetdum  Maai.rr  8H3*>;  stock,  stab  baston,  eschaUu 
HuLSius  (1616)  807'>;  steck,  stock  bastone,  palo  (lai»)  iS«*; 

Cr. 


1289 


STECKEN 


STECKEN 


1290 


mein  trost  bei  mir  ist  diser  steck 

Frischlin  dichiungen  119. 
beide  formen  rieben  einander:  darob  ward  er  dermassen 
erzürnet,  dasz  er  einen  stecken  zuckt,  den  er  in  seinen 
händen  trug,  und  einen  knecht  sehlug,  dermassen,  dasz 
der  steck  von  dem  streich  zerbrach  buch  der  liebe  286*. 
in  einer  ueiteren  angleichung  des  vocals  an  stock: 

leyt  neben  mich  ainen  stocken, 

damit  ich  sy  {die  tldere)  rnüge  von  mir  treyben 

ScHWAHZENBERG  teuttch  Ciccro  (1535)  60. 

eine  adtene  nebenform  steckten  bietet  Pauli  mit  einem 
steckten  schimpf  und  ernst  37  Österley. 

bedeutung: 

l)  baculum,  der  tcanderstab,  doch  von  vornherein  ein- 
geschränkter im  gebrauch  als  stab  («.  oben  sp.  335  unter 
stab  II 5)  und  besonders  unten  stock,  der  stecken  ist  be- 
sonders das  geräth  alter  leute,  auch  der  lahmen,  krüppd 
und  blinden ;  so  hat  man  sich  ihn  auch  zumeist  ohne  alle 
kunstvolle  bearbeitung  zu  denken  und  nur  wenig  verschieden 
von  den  rohen  genossen  im,  zäun  des  hofes  oder  gartens. 
sie  (ßie  alten  leute)  können  nicht  mehr  gehen,  sondern 
müssen  ihre  Zuflucht  zu  den  stecken  nehmen  Fleming 
der  teutsche  soldat  i,  11. 

sich  an  einen  stecken  lehnen:  sich  an  ein  stäcken 
erstützen  oder  leinen  incumbere  baculo  Maaler  383'»; 
(«e)  Cymon  vor  ir  an  seinem  stecken  leynen  sähe  Arigo 
S12  Keller;  ach  got  der  da  gesehen  het  die  junge  ritter 
an  ste<;ken  geleynet  durch  das  schlosz  Montabor  hungers 
halben  wandern  Aimon  10 ;  allein  der  halb  verschmachtete 
arme  tropf  danckte  gott,  dasz  er  an  seinen  stecken  sich 
noch  lehnen  konnte  polit.  Stockfisch  204. 

sich  an  einem  stecken  (weiter)  steuern:  Teutsch- 
land gehet  auff  in  der  gestalt  eines  armen  elenden  bettel- 
weibes, ...  sie  steuret  sich  an  einem  stekken  Rist  friede 
wünschendes  Teutschland  (1648)  130;  jenner  gehet  vber 
land,  vnnd  in  mangel  pferds  trägt  er  einen  stecken  in 
der  band,  an  den  er  sich  steyret  Moscherosch  gesichte 
(1650)   2,  145. 

am  stecken  gehen:  so  spricht  der  herr  Zebaoth, 
es  sollen  noch  förder  wonen  in  den  gassen  von  Jeru- 
salem alte  menner  vnd  weiber  und  die  an  stecken  gehen 
für  grossem  alter  Zacharj.  8,  4; 

sie  kam  an  eym  stecken  gegangen 

Wickram  7, 137, 648  Balte; 

der  aiU  narr  mftsz  erst  am  stecken  leren  gon 

Gengenbach  71  Goedeke; 
da  merkt  die  königin, 
dass  da  (in  Prag)  nicht  war  gut  bleiben, 
kein  feuer  mocht  sie  schmeckn, 
wer  nicht  mit  ihr  könnt  reiten, 
mosst  gehen  an  dem  steckn 

Opel-Cohn  dreü:dgjährig.  krieg  82; 

wo  die  greisen  leute  stehn, 

und  krummgebückt  an  stecken  gebn 

Treuer  deutscher  Dädalus  (1675)  1,  75. 

deuäieher  arbeiten  die  folgenden  belege  die  Sphäre  heraus: 

der  maier  iSsst  den  greis  am  stecken  kraftlos  schleichen, 
uns  ist,  als  hörten  wir  den  greis  vemehmliclk  keichen 
Gellert  xcerke  7, 12; 
auf  einem  dunkeln  pfad 
schlich  ein  gebückter  greis  an  seinem  stecken 

Pfeffel  poet.  versuche  (1812)  1,  198; 

dort  kriechet  ein  alter 
an  dem  dürren  stekken 
Lenz  gedickte  28  Weinhold  {landplagen) ; 

h  dorch  einen  jungen  knabcn  an  einem  stecken  an  die 
se  führen  lassen  Simpl.  2,  347,  3  Keller. 
_  a)  auch  bärenführer  lassen  den  tanzbären  am  stecken 
»(^reiten:  Estherchen  lachte  und  freute  sich  unbändig 
über  den  hären,  wie  er  so  zierlich  umherwatschelte  mit 
seinem  stecken  Keller  4,  21. 

b)  neben  krücke  (s.  th.  5  sp.  2427) :  in  eitler  waUfahrta- 
capelle  secht  an  den  grossen  hauifen  der  kmcken  vnnd 
stecken  Paracelsus  (1616)  i,  107;  was  krebs,  eiter, 
ifrind  .  .  .  hat,    war  hier  in  Aalen,    und  auf  dem  wege 

ach  Ellwang  an  krücken,  an  stecken,  auf  eseln  ...  zu 
- 'hen  Schubart  leben  2,  96. 

c)  im  sprichwörtlichen  vergleich  betcegt  sieh  die  redensart 
er  schreit  wie  ein  blinder  nach  seinem  stecken:  derhalben 
wollen  wir  nicht,  bisz  jhr  vns  vnser  geläut  und  glocken- 

Cc. 


nich 

^^Hras 

i™*   aehre 


büttlichkeit  wider  gebet,  nachlassen,  euch  nachzulauffen 
vnd  nach  zu  schreien,  wie  ein  plinder  der  seinen  stecken 
verloren  hat  Gargantua  244  neudr.;  sie  schreit  wie  ein 
blinder,  der  seinen  stecken  verlohren  hat  Harsdörffer 
frauemimmer  gesprechspiele  (1641)  2,  290. 

d)  m,it  einer  geicissen  absiclU  suchen  die  sphäre  unseres 
Wortes:  {es)  wurde  mit  einem  stecken  an  die  thür  ge- 
klopft Storm  5, 196;  Hinzelmeier  griff  nach  seinem  stecken, 
den  er  beim  eintritt  an  die  thür  gestellt  hatte  3,  23: 

sechsmal  ist  sonne  schlafen  gegangen, 
seit  ich  den  heiligen  stecken  empfangen 

Z.  Werner  kreuz  an  der  Ogtsee  (1806)  74. 

e)  in  symbolischer  spräche:  von  der  wiegen  bisz  an  die 
kmcken  odder  stecken,  versteh  von  kindswesen  auff  bis 
in  das  alter  Franck  sprichxcörter  (1545)  l,  1»,  ja,  bis  zum 
höchsten  alter,  wie  im  folgenden:  in  der  gantzen  statt 
ward  niemand  verschont,  alles  erwürget,  weih  vnd  kind, 
alt  leut  an  stecken  S.  Franck  chronicon  (1538)  135\ 

2)  der  stecken  als  primitives  Schlaginstrument  besonders 
beliebt:  mit  einem  stecken  schlagen  battere  con  un 
bastone,  bastonare,  dar  bastonate  Kramer  dict.  2  (1702),  923»; 
als  sy  den  selben  jemrigen  mit  stecken  schlügent  Nicl.\s 
VON  Wyle  translaüonen  261,  21  Keller;  wie  der  rhümen 
kan,  der  den  stecken  füret  vnd  hebt  xmd  füret  jn  so 
leicht,  als  were  er  kein  holtz  Jesaj.  10,  15;  der  die  jung- 
frawen  mit  einem  stecken  schlug  Amadis  1,  129  Keller; 
ausserdem  würdest  du,  mit  beyhülfe  eines  steckens  dich 
in  etwas  malträtiert  befinden  Ifflasd  theairal.  werke 
1,  277  {komet  7) ; 

und  halst  do  zwen  starck  junge  knaben 
her  zu  mir  gen  und  mich  do  fahen 
und  mich  mit  stecken  seer  do  schlahen 

Pfarrer  von  Kaienberg  7, 138  neudr.; 

wer  ein  böses  weih  hat  am  sonntag, 
der  schneid  'nen  stecken  am  montag, 
prfigle's  weih  am  dienstag 

Holtet  tckriflen  21,  34 ; 

mit  stecken  schmeiszen,  achlagen;  vgl.  schmeiszen 
(th.  9  »p.  1003) : 

an  statt,  dass  er  soll  pfenning  suchen, 
und  da  mit  kleydung,  brot  und  wein 
mitleidenlich  behilflich  seyn, 
heyst  er  den  armen  mann  abweissen, 
und  noch  dazu  mit  stäkken  schmeissen. 

RoMPLBR  VON  Löwenhalt  (1647)  21. 

tn  der  anrede  an  einen  Schulmeister: 

du  andrer  Nero,  du,  der  mit  der  mten  läuft, 
der  mit  dem  stecken  schmeisst,  der  stSsset,  schlägt  und  ränft 
Grob  dichter,  vertuchg.  (1678)  50. 

selten  das  geräth  im,  bloszen  accusativ:  einen  stecken  an 
den  hals  schlagen  inquutere  in  caput  scipionem  Corvinus 
fons  lat.  529  »>. 
einen  mit  einem  stecken  von  dannen  jagen: 

die  i>ewrin  mich  grob  anzannen, 
ja^en  mich  ofTt  mit  stecken  dannen 

H.  Sachs  9,  9  Keller-Götze. 

a)  als  ethnographischer  begriff  \cird  er  geschildert:  nicht 
mit  einem  indianischen  rohrstab,  sondern  mit  einem 
teutschen  stäcken  Moscherosch  gesichte  (1650)  219. 

b)  in  Verbindung  mit  entsprechenden  begriffen:  etwann 
das  ainer  geschlagen  würdt  mit  ainem  kolben  oder  stecken 
Braunschweig  chirurgia  (1539)  25*;  mit  ruthen,  stecken 
und  geissein  über  die  blosse  dicke  und  Schienbeine  ge- 
schlagen werden  Stranitzky  ollapatrida  308  Wien,  neudr.; 

gebrauche  fingerkrant,  faust,  peitschen,  prügel,  stecken: 
es  ist  mit  nichts  gethan     Rachel  tati/r.  ged.  20  neudr 

St.  Niklas  spricht: 

so  bringe  ich  euch  den  stecken  und  die  ruth 

Arnim  17,  384; 
mit  schollen,  steinen,  stangen,  röhren,  stecken, 
mit  fausten  wollen  wir  sie  niederstrecken 

RCckert  (1867)  12,  63. 

die  begriffe  durch  aüitteration  gebunden:  stock  und 
stecken  Fischart  bienenkorb  (1588)  69»;  ey,  das  war 
der  sündigen  weit  ein  göts  euangelium,  das  sie  billich. 
wanns  müglich  war,  mit  stangen  und  stecken  erhalten 
solt  Nas  antipap.  eins  xmd  hundert  (1567)  3,  237»;  die 
bürger  schlagen  einander  mit  stecken  und  stangen  Prä- 
TORIUS  anthropodemus  pluton.  (1666)  1,  235; 

Cr. 


1291  STECKEN 

als  einem  mörder  sicherlich 
habt  ir  gesuchet  mich 
mit  spiessen,  steclien  und  stangen 
aUderUtche  passiwwsp.  au«  Tirol  57  Wackemeü; 

mit  Stangen,  steken  und  stainen  Steiniiöwel  Äsop  101. 
über  stecken  und  stab  vgl.  taiten  id. 

c)  als  zücMigungsmittel  in  der  liand  des  lehrers:  plan, 
den  stecken  des  praeceptors  mit  dem  taktstocke  des 
mnsikdircktors  zu  vertauschen  Schubart  briefe  l,  147; 
der  religionsunterricht . . .  begann  meistens  mit  der  War- 
nung: buben,  wenn  ihr  euch  nicht  vor  dem  namen  Jesu 
beugt,  so  schlag  ich  euch  den  stecken  um  die  füsze 
herum  Kerner  büderbuch  (1849)  198.  zugleich  als  tact- 
stock  dienend:  der  stecken  {des  cantors)  musz  die  stimmen 
fähren  Abraham  a  S.  Clara  eiicas  für  alle  2,  134. 

d)  als  geräth  zum  antreiben  von  {hatis)thieren :  denn  du 
hast  das  joch  jrer  last,  vnd  die  rute  jrer  schulter,  vnd 
den  stecken  jres  treibers  zerbrochen  Jesaj.  9,  4;  unter 
dem  stecken  der  treiber  vgl.  Herder  19,  324  Suphan;  mit 
beiden  bänden  die  zügel,  in  der  rechten  überdies  einen 
stecken  haltend  Gerhard  akad.  abhandl.  (1866)  l,  24;  be- 
sonders für  den  esel  gebräuchlich:  si  asino  omnino  non 
dares  futter  und  stecken,  werden  den  esel  nicht  lang 
lassen  ghen  Luther  34,  2,  458,  10  Weim.;  doch  sagk  und 
stecken  müssen  nicht  alleyne  seyn,  szunder  das  futter 
auch  ebenda  25;  sein  (des  esels)  haut  ist  so  hart,  dass 
er  weder  des  stäckens  noch  des  rägens  achtet  Gesner- 
FoRER  thierbuch  (1563)  41;  der  eseldieb  .  .  .  triebe  den 
esel  an  mit  dem  stecken,  in  meinung,  desto  geschwinder 
nach  haus  zu  kommen  Abraham  a  S.  Clara  eticas 
für  alle  2,  15.  allgemein  zum  verscheuchen  von  thieren 
dienlich:  vnd  der  Philister  sprach  zu  David,  bin  ich  denn 
ein  band,  das  du  mit  stecken  zu  mir  kompst?  i.  Sam. 
17,  43; 

dann  wann  die  katz  will  häfen  lecken, 
80  bUszt  man  jhr  den  lust  mit  stecken 

Fisch  ART  flöhatz  33  neudr.; 

als  wann  ein  esel  mit  verlangen 
ist  in  ein  korenfeld  ;;egangen, 
darinnen  er  vil  Schadens  thut, 
so  laufTen  her  auss  frischem  muth 
die  baurcnbuben  mit  den  stecken, 
er  aber  lasst  sich  nit  erschrocken 

Spreng  Utas  (1610)  U9^. 

besonders  aUerthümlich  als  hirtenstecken  (*.  th.i,2, 
1578),  um  die  weidethiere  zusammenzuhalten,  doch  nicht 
eigentlich  {trotz  Butschky  unten)  als  waffe  wider  die 
unlden  thiere.  wo  der  kalben  seine  sache  thun  muszte  {s. 
hirtenkolbe  unter  kolbe  II 1 6  th.  b  sp.  1604) ;  mit  groszer 
wahrseheinlidikeit  hat  man  die  groszen  {in  der  längs- 
axe  unsymmetrisch  durcldochten)  steiuMmmer  als  solclie 
hirtenwaffe  der  urzeit  angesprochen:  ein  schäffer  rath 
schlagt  mit  seim  stecken  Kirchhop  wendunmuth  2,  190. 
dementsprechend  als  idyllisches  tündelgeräth  der  vornehmen 
geseUschaft  des  17.  und  i8.  Jahrhunderts :  derowegen  an 
einem  sontag  hernach,  als  ob  ich  nur  in  die  gärten 
spatzieren  wollte,  gantz  allein,  mit  einem  k  la  mode 
stecken  (hirtenstab)  in  der  band,  das  wasser  hienunder 
schliche  Mosch erosch  gesichte  (1650)  2,  24. 

a)  stark  fällt  hier  aber  die  biblische  spräche  ein.  mit 
anlehnung  an  Luthers  Übersetzung  von  'virga  et  baculus': 
und  ob  ich  schon  wandert  im  finstern  tal,  fürchte  ich 
kein  vnglück,  denn  du  bis  bey  mir,  dein  stecken  und 
«tab  trösten  mich  psalm  23,  4,  wo  gott  als  der  gute  hirte 
vorgestellt  wird;  vgl.  auch:  fürchte  dich  nicht,  mein  volck, 
das  zu  Zion  wonet,  für  Assur,  er  wird  dich  mit  dem 
stecken  schlahen  vnd  seinen  stab  wider  dich  auffhcben, 
wie  in  Egypten  geschach  Jesaj.  10,  24;  wer.  .  .  ohne  alle 
list  leben  wil,  der  begehret,  unter  den  Wolfen  .  .  .  ohne 
•tab  o<Jer  stekken  zu  wandeln  Butschky  Pathmos  (1677)  9; 

dein  stab,  herr,  und  dein  itecken 

benimmt  mir  idl  mein  schrecken 

P.  Oiriiard  bei  FihciiKR-TC'MPKL  ktrcheiUied  3,  367»; 

•r  (fotf)  ^itt«t  mich  zo  tag  vnd  nacht, 
Bit  MilMin  steck  vnd  stabe 

RiKCWALDT  handbüchlein  BIO*; 

tu  der  mrbimdung  stecken  und  stab  vgl.  auch  stab  11  bd 
(•*<»  ßP'  iW);  deine  nithe  und  dein  stecken  haben  mich 
HatrOtUt  Math  päekrJun  »atiren  M.  i. 

Cr. 


STECKEN 


1292 


er  weyset  mir 

den  ort  mit  seinem  stecken, 

da  für  und  für 

ich  wohnen  mag  ohn  schrecken 

Weckhbrlin  gedichte  2,  70,  78. 

*.  auch  unten  die  bildliche  verweiuluiig,  welche  hier  ihre 
hauptnahrung  gefunden  hat  {unter  12  o). 

e)  die  virgae  der  fasces  der  römischen  lictoren  werden 
als  stecken  gedacht:  ist  wohl  eine  schimpfllichere  dienst- 
barkeit zu  ersinnen,  als  dass  Deutschland  .  .  .  beil  und 
stecken  gleichsam  zum  täglichen  schrecken  fürtrageii 
sehen  musz?  Lohen  stein  Arminias  (1689)  i,  19«>;  vgl. 
auch  er  Hess  ...  die  frembden  so  bald  mit  weinstöcken, 
als  die  römischen  bürger  mit  gemeinen  stecken  schlagen 
1,  44''.  dagegen  der  unten  aus  dem  ruthenbündel  heraus- 
sehende stiel  des  beiles  i.tt  gemeint:  zfl  Rom  giengen  den 
oberen  gewaltschergen  vor,  mit  wellenröten  vnd  eim 
beihel  an  einem  stecken  Heyden  Plinitis  (1565)  46. 

f)  selten  mit  stecken  werfen,  doch  nur  wenn  ein 
schlagen  nicht  mehr  möglich:  einen  stecken  nach  dem 
hasen  schleudern  vgl.  Peschel  Völkerkunde  496.  anders 
gedacht  aber  sind: 

[geworfene)  stecken  die  da  waren  gebrant 
vnd  vornen  fewrig  spitzen  hant. 

Murner  Äneia  (1543)  oi". 

g)  stecken  im  gegensatz  zum  schwert  und  dadurch  als 
ungefährlichere  xcaffe  charakterisiert: 

zeffisz,  on  weer  vnd  nitt  zcrosz, 

on  schwerdt,  mit  stecken  vnd  demöt 

schtveiz.  Schauspiele  3,  119  Bächtold; 
lobt  ihr  das  schwert,  wenn  ihr's  nennt  schärfer  als  den  stecken? 
Rückkrt  werke  (1867)  8,  245. 

so  wird  das  schivert  in  spöttischer  rede  {gleichsam  in  der 
hand  eines  kindes  gedacht)  stecken  genannt:  hat  man  dir 
drumb  den  stecken  geben,  dasz  du  mir  also  freuenlich 
vnter  meinen  äugen  meine  liebe  freund  soltst  ermorden 
Gargantua  422  neudr.  gefährlich  wurde  der  stecken  erst 
durch  seine  spitze,  mochte  sie  nun  durch  fetter  gehärtet 
oder  mit  einem  mefaUschuh  versehen  sein:  underredten 
sich,  das  sie  kein  schädliche  wehr  .  .  .  brauchen  solten, 
kein  kolben  noch  spitzig  stecken  Wickram  2,  276,  18 
Bolte. 

3)  .selten  ist  der  stecken  aus  anderem  material  denn 
aus  holz;  er  ist  dann  kunstvoller  hergerichtet,  und  stab 
wird  dann  durchaus  vom  Sprachgebrauch  bevorzugt  {s.  stab  4/ 
oben  sp.  334):  czwen  eysen  steken  Zingerle  mifielalterl. 
invent.  16,  21  und  44,  256,  wo  es  z\ceifelhaft  bleibt,  ob  nur 
mit  eisen  beschuhte  stecken  gemeint  sind  {vgl.  oben  ig). 
—  elfenbeinerne  stecken:  (er)  schlag  den  Gallier  mit 
einem  helffenbeinin  stäcken  Stumpf  Schwytzerehron. 
(1606)   152». 

4)  der  in  die  erde  getriebene  stecken:  er  trieb  frische 
stecken  je  zu  zweien  in  den  boden  Rosboger  schriflen 
(1895)   1,  82; 

ob  ich  etewenne 

körn  flf  dem  tenne 

mit  drischelen  Q;  gebie; 

od  ob  ich  stecken  le  gestie; 

Helmbrecht  318. 

a)  eingeschlagener  stecken,  welcher  die  grenze  bezeichnet: 
item  so  ainer  dem  andern  die  marchstain  oder  stecken 
verändert  oder  selbs  aussteckt  und  wiert  verklagt,  ist 
peen  von  iedem  mark  fünfzig  phunt  persar  tirol.  weisth. 
4,  704,  6  {Buchenstein  16.  jh.)  vgl.  marcstccke  Schh.  8,  61ü. 

b)  insbesondere  der  zaunstecken  {s.  unten),  um  wel- 
chen »ich  das  flechtwerk  des  alten  zaunes  hertimlegt,  trie 
der  Zettel  des  geicebes  um  den  einschlag:  stecken  tu  einem 
zäun  vgl.  Schumann  nachtiüchleiu  8.S2  Bolte;  von  renn 
und  stecken  ansprechen  tirol.  iceisth.  i,  482,  24  {Sterzing'); 
Spelten,  stocken,  zaunring  4,  463,  16  {Moos  i».jahrh.).  hier- 
her wohl  auch: 

durch  donion  und  hekk(>ii, 
durch  stuuden  und  stekken  .  .  . 
wil  ich  mir  machen  eine  bahn 

SlLB8lt;8  hfilifjf  gfflenhiii  14  neudr.; 

ein  von  einem  zaane  abgebrochener  stecken  KrOnitz 

171.  121. 

a)  in  tpritkuirtiMkir  rtdtMort:  so  rasch  wird  der 
stecken  nicht  vom  zäun  gehrochen  Stohu  7,  »7,  da» 
heistt  die  geUgtnheii.    vgl.  die    gelegenheit  vom    zäune 

Cr. 


1293 


STECKEN 


STECKEN 


1294 


brechen  und  unter  zäun,  eigentlich  einen  streit,  einen 
rechtshandel  kurzerhand  hervorrufen,  wie  ihn  die  icenduivg 
solt  man  ein  sache  vom  alten  zäun  brechen  Luther 
5,  287''  noch  in  grösserer  frische  spiegelt,  denn  sache  ist 
hier  noch  ganz  'rechtstreit'  {vgl.  sache  11 1  th.  8  sp.  1593); 
sie,  die  seit  fünfzig  jähren  täglich  ihren  stecken  vom 
zäune  brach  —  sie  will  ruh'  haben  Rosegger  unldlinge 
(I90ö)   356. 

ß)  an  den  zaunstecken  denkt  tcohl  auch  die  bauernregel: 

es  ist  kein  aprill  so  gut, 
er  schneit  dem  stecken  auch  ein  hnt 
KiBCHHOFER  schvoeizerische  Sprichwörter  (182i)  313. 

c)  kleinerer  pfähl,  um  büsche,  stauden  und  junge  stamme 
damit  zu  befestigen:  stäcken  stossen  im  weyngarten  vineam 
pedare  Maaler  383*»;  man  steckt  die  reben.  man  biegett 
sy  Ton  oben  hernider  biss  auf  die  erden  vnd  steckt  sy 
denn  mit  starcken  ramen  oder  mit  stecken,  da  mit  die 
reben  aufifenthalt  haben  Thauler  sermones  (1508)  27»; 
schneid  die  wurtzeln  der  reben  ab,  vnd  vmbstellet  sie 
mit  stecken  Sebiz  f eidbau  (1579)  50.  —  und  sie  pinden  in 
(den  Pfeffer)  an  stecken  als  die  Weinreben  Schiltberger 
reisebuch  80,  7;  item  eyn  gartner,  wann  er  junge  reisz 
oder  bäumlin  sezt,  steckt  er  eynen  stecken  darbei,  das 
sie  stracks  vnd  gleich  aufwachssen  Fisch.\rt  ehzucht- 
büchl.  279  Hauffen.  mit  völliger  einkehr  in  das  bild:  thä 
deinem  sun  als  einem  zwig,  dem  stelst  du  ein  stecken 
zu  vnd  bindest  in  daran,  das  er  daran  vffrecht  wachsz. 
also  den  stecken  der  straff,  bind  in  deinem  sunn  zu,  das 
er  nicht  von  einem  ieglichen  wind  seines  eignen  willens 
vmmgeworffen  werd  Keisersberg  narrenschiff  17»'^. 

d)  pfähle  für  tische  und  bänke  im  freien:  der  Fritz 
und  seine  gesellen  hatten  .  .  .  mit  in  den  grasboden  ein- 
geschlagnen stecken  und  darauf  genagelten  brettem 
tische  und  bänke  .  .  .  hergestellt  Ludwig  2,  284. 

e)  der  leichnam  des  besiegten  feindes  wird  auf  einem 
in  die  erde  getriebenen  stecken  zur  schau  befestigt:  so 
nympt  er  in  (den  besiegten  gegenkönig)  und  setzt  in  auff 
ein  stecken,  das  im  der  steck  zu  dem  halss  wider  auss- 
geet  und  muss  auff  dem  stecken  erfaulen  Schiltberger 
reisebuch  65,  16.  schon  mhd.,  wo  aber  nur  der  köpf  dieses 
Schicksal  erfahrt,  im  übrigen  eine  alterthümliche  sitte: 

hie  {in  dem  baumgarten)  was  gestalt  ein  witer  rinc 

von  eichfnen  stecken. 

des  wundert  Erecken. 

ir  ieglich  was  sus  bedaht, 

ein  mannes  houpt  dar  üf  gestaht, 

wan  einer  der  was  laere  Hartm.\nn  i'ret  8770. 

/)  im  geschauten  vergleich: 

her  Nithart  hat  uns  hie  verläsen  als  diu  krä  den  stecken, 
diu  d&  hinne  fliuget  unde  sitzet  üf  ein  sät 

Nkidhart  198  Haupt  (vgl.  die  anmcrkung  dazu). 

5)  in  wirthschaftlicher  spräche  findet  »ich  der 
stecken  nocJi: 

a)  als  schürstock  des  feuers:  welcher  .  .  .  bey  einem 
grosen  hellen  feur  pflegt  sein  gepäck  zu  wärmen,  vnd 
zu  erharren,  wann  er  von  dem  äcker  der  kesten  feister 
würde,  vnnd  pflegt  dieweil  mit  eim  angepranten  stecken, 
damit  man  das  feur  schüret,  auff  den  herd  etwas  zu 
malen  vnd  zu  schreiben  Gargantua  329,  vgl.  schürstecke 
mhd.  wb.  2,  2,  625". 

b)  als  rührstock  für  flüssigkeiten :  wo  der  weyn  .  .  . 
seiger  werden  wil,  vnd  man  denn  mit  einem  gespaltnen 
stäcken  jn  abbräwet  Gesner-Forer  thierbuch  (1563)  20; 
schwencke  das  wasser  in  einem  gefesz  mit  einem  stecken 
geschwindt  vmb   Ercker  mineral  ertzt  (i580)  73*. 

c)  als  tragstock  im  wurstwiemen:  es  war  glich  als 
mfiglich,  das  ganz  meer  an  den  regenbogen  zä  henken, 
wie  ein  brotwurst  an  ein  stecken,  das  es  tüerr  und 
drucken  wurd  Manuel  230,  12  Bächtold  (krankheit  der 
messe),  ähnlich  auf  der  Wanderschaft:  imd  sie  kamen 
bis  an  bach  Escol,  vnd  schnitten  daselbs  eine  reben  ab 
mit  einer  Weintrauben,  vnd  Hessen  sie  zweene  auff  einem 
stecken  tragen  4.  Mos.  13,  24;  er  understünd  die  Strassen 
dermassen  zu  sicheren,  dasz  einer  gold  on  sorg  an  einem 
stecken  durch  das  land  möcht  tragen  Münster  cos- 
inogr.  509. 

d)  auch  zum  aufschütteln  des  bettes:  aber  wann  mir 
das  Cläuszle  nit  folgen  wolt,  botz  krisam,  so  wolt  ich 
jhn   so  jämmerlich  abhören  mit  diesem  stecken  (dann 

Cr. 


er  hett  eben  damals  seinen  stecken,  damit  er  das  bett 
macht,  inn  der  band,  und  fantasiert  dran)  Gargantua 
357  neudr.  hier  knüpft  woJil  die  redensart  an:  das  weih 
ist  so  garstig,  dasz  man  sie  kaum  mit  einem  stecken  an- 
rühren oder  aufheben  möchte  Kram  er  dict.  2  (1702),  923». 
e)  stecken  bilden  das  gerippe  eines  korbes,  welche  dann 
das  eigentliche  gefleckt  tragen  (ähnlich  wie  oben  zaun- 
stecken): körb,  von  starcken  stecken  vnd  zaunruhten 
geflochten  oder  gezäunet  Kirchhof  müit.  discipl.  171 ; 
vgl.  lärchen,  die  gut  zu  spelten,  stecken,  seilen  oder  ander 
notturft  zu  gebrauchen  sint  tiroi.  iceisth.  1,  129,  7  (Lichten- 
wert  1519). 

6)  eine  kleinere  fahnenstange:  ein  mann  von  mitt- 
lerm  alter  .  .  .  ging  voran  und  hielt  ein  weiszes  tuch 
auf  einem  kleinen  stecken  empor  Forster  schriflen  l,  455; 
nachdem  der  stecken  mit  der  weissen  grundfarbe  be- 
strichen, welche  für  beide  königreiche  dieselbe  war, 
wurde  er  mit  einer  Spirallinie  von  der  andern  färbe  um- 
wunden Keller  3,  77; 

die  lieb,  recht  als  ain  hader, 
empor  an  ainem  stecken  schwebt 

H.iTZLERix  Uederbuch  241,  233 ; 

audi  sonst  gebräuchlich,  ujn  ettcas  den  leuten  sichtbar 
voranzutragen,  vgl.:  niemand  hab  jn  vermocht,  das  er 
die  krön  ie  ein  mal  auff  sein  haupt  setze,  sonder  allweg 
auff  einem  steckenn  vor  jm  her  tragen  lassen  Franck 
chronicon  (1538)  SS*». 

7)  die  kinder  reiten  auf  dem  stecken,  nehmen  ihn 
rittlings  zvfischen  ihre  beine.  vgl.  dazu  unten  beson- 
ders Steckenpferd  und  steckenrosz,  sowie  steckenreiter : 
stäcken  darauff  die  kind  reytend,  was  vor  zeyten  ein 
ror,  bey  vns  badenrösszle  genannt  wurde  arundo  Maaler 
383*";  aufm  stecken  reiten  equitarein  arundine  longa  CoR- 
viNUS  foTis  lat.  70»  (vgl.  Steinb.\ch  2,  690);  auf  einem 
stecken  reiten  cavalcare  sti  un  bastone  d  sü  una 
canna  Kramer  dict.  2  (1702),  923»;  Agesüaus  reut  mit  den 
kindem  auff  dem  stecken  herumb  Gargantua  293  neudr. ; 
'quum  ipse  quoqpie  pater  evaseris,  tunc  patribus  con- 
silium  dabis'  sagte  A^esilaus,  als  ihn  einer  sähe  mit 
seinen  kindem  auff  dem  stecken  reiten  Moscherosch 
insomnis  cura  parentum  133  neudr.; 

der  sagt,  was  er  getriben  hab, 
da  er  noch  war  ein  junger  knab, 
wie  er  auff  steckn  geritten  sey, 
und  tiiben  seltzam  spil  darbey 

Scheit  Grobianus  2033  neudr. 

ganz  an  stelle  des  kunstvoller  gearbeiteten  Steckenpferds : 
auf  Josephs  stab  ein  männlein  seie  geschnitzlet  gestan- 
den, wie  man  sihet  an  denen  stecken,  da  kinder  .  .  . 
auff  zureitten  pflegen  Fischart  bienenkorb  (1588)  152'». 

a)  als  ausgesprochenes  charakteristicum  der  Jugendzeit: 

glücke  last  sich  nicht  beherrschen  von  dem  alter  oder  zeit: 
manchem  bringt  es  schöne  fruchte,  wann  er  noch  auf  stecken  reit 
LoGAU  Sinngedichte  604,  76  Eitner. 

ähnlieh:  es  ist  nicht  mehr  vmb  die  zeit  da  Gretlin  span 
und  Hänszlin  stecken  ritt  Fischart  bienenkorb  139», 
d.  h.  die  tage  der  kindheit  sind  vorüber. 

b)  übertragen  mit  beziehung  auf  liebhabereien,  neigungen 
und  getcohnheiten,  tcelche  so  in  den  kreis  des  kindlichen, 
ja  kindischen  gebracht  tcerden  sollen  (vgl.  die  reichere 
entioicklung  unter  Steckenpferd  2):  können  sie  den  mann 
grosz  finden,  der  niemals  anders  als  auf  seinen  eigenen 
stecken  reiten  will  Moser  tcerke  3,  45  Abeken;  nun 
setzten  sich  diese  exegeten  nackt  auf  stecken  und  höl- 
zerne pferdchen,  und  ritten  hin  und  her  Zimmermann 
über  die  einsamkeit  2,  63  anm.; 

der  ist  ein  gütter  gouckelman, 
der  zA  ross  nit  rytten  kan 
vnd  sitzet  dannocht  v£f  eim  stecken, 
vff  das  er  ryt  mit  andern  gecken, 
ein  vaüsche  freud  im  selber  macht 

MuRNBR  narrenbetchtcörung  74,  3  neudr. 

c)  im  Sprichwort:  es  ist  docken  werck,  auff  stecken 
geritten,  es  ist  wol  halb  zu  füss  gangen  Franck  sprüch- 
loörter  (1541)  1,  120'';  dann  darvon  pflege  man  im  sprüch- 
wort  zu  sagen:  stecken  reiten  sey  helb  gegangen  Agyr- 
TAS  grillenvertreiber  (l670)  81;  die  schenckel  empfindens 
wol,  so  man  aoff  stecken  reit  Franck  sprüchwörter  (1545) 
1,  81». 

Cr. 


1295 


STECKEN 


STECKEN 


1296 


8)  der  stecken  als  götÜiches  aymbol,  so  des  Hervies 
XQtrchTjXov  QÜßöov: 

ey,  ey,  wie  ein  seltzamer  mann ! 
hat  an  seim  stecken  zwo  schlangen, 
kan  fliegen  vnd  kombt  doch  gegangen 

Ayrek  dramen  516,  8; 
vnd  mein  Mercnrisch  richterstab 
mit  igelschmaltz  ich  geschmieret  hsd), 
darmit  ich  euch  flSh  stillen  mag, 
das  ihr  werd  stumm,  vnd  daub  vnd  zag, 
wie  Mercurius  mit  seim  stecken 
kondt  schlaffen  machen  vnd  erwecken 

Fischart  flöhatz  49  ncudr. 

auch  der  dreizack  des  erderschütterers  Poseidon: 

mit  dem  dreygespitzten  stekken 
schlug  er  in  das  blaue  meer 
Nbumakk  mvsik.-poet.  lustwäldchen  (1C52)  104. 

o)  hier  möge  attch  platz  finden,  wenn  in  der  deutlichen 
sage  der  treue  Eckhart  einen  stecken  führt:  es  soll  aber 
vor  dieses  teuffels  beer  ein  .  .  .  alter  mann,  welcben  sie 
den  getreuen  Eckhard  nennen,  herziehen,  und  mit  einem 
stecken  .  .  .  forne  an  marchiren  Praetorius  Blockes- 
berges Verrichtung  (1668)  15;  ganz  ähnlich  wie  Moses  in 
der  jüdischen: 

wo  schreibt  Lykurgus  denn,  und  Moses  mit  dem  stekken, 
dass  eine  hausfrau  nur  sei  draat  und  flnger  lekken? 

Rachel  »atyr.  ged.  35  neudr. 

9)  als  magisches  geräth: 

o  du  böses,  altes  wyb  .  .  . 

wie  bist  so  blindt  in  disen  Sachen, 

das  du  wenst,  du  kynnest  machen 

wetter,  hagel  oder  sehne, 

kindcr  lernen,  darzfi  mc, 

vff  gesalbten  stecken  faren ! 

Murner  narrenbeschwörung  46,  34; 

wann  dir  eine  wunde  fürkommet,  so  nim  einen  höltzern 
gescheiten  und  reinen  stecken  Nigrinus  von  Zauberern 
(1592)  101; 

wenn  Faust  auf  seinem  mantel  fuhr, 
und  zur  beschimpfung  der  natur 
mehr  wunder  in  der  weit,  als  Mosis  stecken  wirkte 
Goi-rscHED  gedickte  (1751)  171; 
der  weise  ziehet  einen  kreis, 
schlägt  dreymal  mit  dem  goldnen  stecken 

Ramler  fabellese  (1783)  1,  102. 

10)  vereinzelt  an  stelle  des  Stabes  als  rechtliches  symhol 
{vgl.  Stab  II  8/.  oben  sp.  346/.  und  Amira  der  stab  in  der 
germanischen  rechtssymbolik  1909) :  das  wörtlin  aber'  virga', 
das  hier  steet,  haisst  nach  latein  ain  rüt  oder  steck, 
als  die  richter  in  der  band  tragen  Luther  i,  694  Weim. 

a)  an  den  stecken  des  richters  geloben,  d.  h. 
'tacto  baculo  judicis  spondere'  vgl.  Jak.  Grimm  rechts- 
alterthümer  135:  Herman  Lobers  dochter  sol  pilch  dem 
schultheissen  an  dem  stecken  geloben  Marburger  akte 
von  1585  bei  Crecelius  2,  807;  auch  an  den  stecken  des 
Ortsvorstandes  gelobt  sich  die  gemeinde  zum  gemeinsamen 
handeln  Vilmar  398  (z.  jähre  1609).  deutlicher  ist  an  den 
stecken  greifen  {vgl.  das  entsprechende  unter  stab  II  8 
g  11,  sp.  849):  bait  he  der  bürgen  nicht,  he  sal  dem 
richter  an  den  stecken  grifen,  das  ist  so  viel  als  hant- 
gelobede  Schminke  monim.  hass.  2,  721.  doch  den  nur 
vereinzelten  gebrauch  bestätigt  auch  der  gegensatz:  der 
Bcepter  eines  richters  kein  stecken  eines  blinden,  sondern 
wachsamb  and  sehend  Albertinus  A{m*cA/«i'/fer (i664)  108. 

b)  selten  auch  Über  einen  den  stecken  brechen 
{das  häufigere  unter  stab  II  8  ^  ^  «p.  S49  und  vgl.  dazu 
Möller    in  der  Zeitschrift  für  recJitsgeschichte  21,  esff.): 

sie  seind  verdampt,  da  bilfTt  nichts  zu, 
den  stecken  will  ich  brechen  nu 
KkCobb  actum  von  dem  anjang  und  ende  der  weU 
(1580)  CS»; 
kaum  ist  ein  (verteumderUchet)  wort  gesprochen, 
es  ist  so  bald  geglaubt,    der  stekken  ist  gebrochen, 
die  nnschnld  ist  in  not,  ja  umb  den  balss  gebracht 
Kachel  latj/r.  ged.  08  neudr. 

e)  an  »teile  de»  weiszen  Stabes  und  noch  gewöhnlicheren 
ctockcs  («.  unten)  in  der  hand  des  recht-  und  besitzlosen, 
dt»  landfitichtigen:   jedem   gefangen   ein  stecken  geben 
and  in  die  kircbe  sperren  Oargantua  266*; 
da  ich  war  wie  ein  kmg, 
mich  mein  vater  zum  baas  hinaus  schlug, 
•r  nb  mir  «inra  weissen  stecken  in  meine  rechte  hand 
•Dd  «reiste  mich  in  das  drei  und  dreiszigsto  land 
»ektmUäimrtUd  bei  Jak.  Okimm  rtcMsaUerthümer^  i,  tu. 

Cr. 


11)  im,  vergleich. 

a)  der  stecken  als  stütze  und  halt:  uf  dene  kann  mer 
sich  verlasse  wie  uf  e  gebrochene  stecke  MartinLien- 
hart  8,  580»>;  ein  erzieher  soll  immerhin  wie  ein  höl- 
zerner stecken  sein,  an  dem  die  blume  des  kindlichen 
gemüthes  sich  aufrankt  Gutzkow  ritter  vom  geiste  5,  317. 

b)  von  der  armuth,  die  blosser  dann  ein  gescheiter 
steck  Franck  sprüchwörter  (1546)  1,  37*.  zur  Charakteri- 
sierung der  langsamkeit:  da  wers  {von  der  stell)  gangen, 
wie  ein  alt  weih  am  stecken  Oargantua  169  neudr. 
V071  einer  steif  zurückhaltenden  person  wird  gesagt:  es 
war,  als  habe  sie  einen  stecken  im  rücken,  als  sie  das 
sagte  Zahn  Itelden  des  alltags  (1907)  38. 

c)  ein  wenig  künstlidi  bewegt  sich:  so  mag  er  die  zyffer, 
die  fünff  bedut,  mit  einer  sichel  verglychen  ...  die  Hinff- 
zehenden  mitt  eim  stecken  vnd  einer  sichel  Rieoerbr 
Spiegel  der  icaren  rhetoric  (1493)  Jt  1^. 

d)  morsche  stützen,  die  der  mensch  zerbricht  wie 
einen  stecken  Germanicus  socialismus  und  die  frau 
(1899)  74; 

was  das,  beim  Jupiter! 
für  eine  spräche  ist!  als  schlug'  ein  stecken 
an  einen  alten  rostzerfressnen  heim! 

Kleist  8,  415  Schmidt  {HermanntscMacht  5, 1). 

18)  in  bildlicher  Übertragung. 

a)  in  anlehnung  an  den  stecken  und  stab  des ps.  23,  4 
oben  unter  2  d  a  von  gott  und  seinem  heiligen  icort:  dar- 
umb  lerne  ja  ein  jglicher  christ  diese  kunst,  das  er 
sich  an  diesen  stecken  und  stab  halte  Luther  6,  M7*; 
wir  wollen  uns  durch  dieses  finstre  thal,  liebster  vater, 
an  einem  stab  und  stecken  halten,  der  uns  beide  trösten 
soll  Hamann  Schriften  (laiS)  l,  335; 

wer  gott  zum  stecken  hat  und  seiner  sich  erfreut, 
dem  musz  ein  wanderstab  zu  groszen  beeren  werden 

HOFFMANNSWALDAU  J/crffCÄfe  (1697)  5,  165; 

darf  ich  doch  nicht  erschrecken: 
er  (gott)  ist  mein  stab  und  stecken 

Neukirch  gedickte  (1744)  88; 

der  uns  die  eine  freiheit  gab, 
will  auch  die  schön're  schenken, 
du  unser  stecken,  unser  stab, 
lass  deiner  stets  uns  denken 

Schenkendorf  gedickte  (1816)  S3. 

gottes  wort: 

dein  wort  lindert  all  schmerzen, 
'  es  ist  mein  steck  und  stab 
Steurlein  bei  Fischer-Tümpel  kirchenlied  4,6; 

er  (gott)  war  bey  dir  sonn  und  schild, 

und  sein  wort  dein  stab  und  stecken 

ScHMOLCKE  trost-  und  geistreiche  Schriften  (1740)  1,  969. 

a)  mit  hinblick  auf  das  vorige  kann  denn  auch  ein 
gutes  kind  stecken  und  stab  seiner  {alternden)  eitern  ge- 
nanntwerden: ha!  hal  das  ist  der  feine  junge  herr,  der 
seiner  familie  so  grosse  ehre  macht,  und  einst  der 
stecken  und  stab  seiner  altern  worden  wird !  Bode  gesch. 
des  Thomas  Jones  (1786)  3,  395;  die  mutter  nannte  ihn 
{den  söhn)  ihren  stecken  und  stab  J.  Paul  leben  Fibel»  69; 

mit  einem  weihe  .  .  ., 

die  mir  zum  stecken  und  zum  stab 

'n  dutzend  derbe  buhen  gab 

ScHunART  gedickte  (1826)  3,  88. 

verblaszter  dafür  stecken  und  trost:  euere  mutter,  deren 
einige  hofnung,  stekken  und  trost  ihres  alters  ihr  seyd 
Butschky  hochdeutsche  kanzeüey  100; 

wer  wird  mein  unterhalt?  mein  trost?  mein  otecken  seyn? 
Go-i-rsciiBD  deutsche  »ckaubühne  4,  858. 

ß)  auch  »onst:  lassen  sie  uns  von  den  französischen 
Übersetzern  anfangen;  sie  sind  ohnedem,  wie  ich  nun- 
mehr wohl  sehe,  ihr  einziger  steckiMi  niui  stab  gewesen 
LBSSINO   8,  418. 

y)  selten  im  plural: 

meines  alters  stAbe 

vnd  stecken  so  geschwind 

gleich  mit  aerbrochen  sind 

Königiherger  diehterkr.  t$7  memdr. 

b)  der  wandorstecken  de»  pilgtr»  {vgl.  oben  unter  l  d) 
wird  lehrhaft  autgtdeuUt  von  Kbisbrshkhu:  der  fünfft 
steck  oder  stab,  den  der  tUfel  einem  bilgrr  darstellet 
an  stat  einer  christenlichon  hofTnung  ist  ein  sohwinspysz 
einer  gebickten  stangon  bUgnachaft  (I6i>)  wf>. 

Cr. 


1297 


STECKEN 


STECKEN 


1298 


c)  auf  dem  grund  von  oben  2  beicegt  sich:  der  stecke 
solte  auch  hernacher  folgen,  das  man  zuschlüge,  da  ge- 
hört auff  uns  der  Türcke  oder  sonst  ein  grewlicher 
tyran,  wie  wol  unsere  fürsten  auch  stecken  gnug  sind 
Luther  28,  65i,  18  Weim.,  und  hieran  wohl  anknüpfend: 
denn  wie  man  sagt,  wenn  Tns  gott  einen  stecken  oder 
Strohhalm  zum  haupt  setzet,  so  solten  wir  jn  für  vnser 
haupt  erkennen,  vnd  dem  selbigen  ehre  thün  Glaser 
gesindteuffel  (156*)  D  6»>. 

13)  »prichwörÜiche  redewendutiffen: 

a)  er  (jpastor  Goeze)  nennet  weder  sack  noch  esel,  auf 
die  sein  stecken  zuschlägt  Lessing  10,  129,  d.  h.  sein 
angriff  kommt  von  hinten  herum,  nähert  sicJi  der  Stichelei. 

b)  von  einem  der  närrisches,  verkehrtes  zeug  treibt, 
vyird  gesagt:  {er)  geigt  auff  den  nuszschalen,  pfiff  auff 
eim  stecken  Gargantua  198  neudr. 

c)  einem  ins  rad  einen  stecken  schieben  oder  stecken, 
ihm  ein  hindemisz  bereiten,  e  stecke  ins  rad  stecken 
Martin-Lienhart  2,  580'';  auch  einem  fuszgänger  einen 
stecken  zwischen  die  beine  werfen,  so  dasz  er  zu  fall 
kommt. 

d)  einem  steht  kein  stecken  gerade,  ihm  ist  nichts 
recht,  er  ist  mit  nichts  (mehr)  zufrieden:  der  Marie-Liese 
steht  auch  kein  stecken  gerade,  wegen  ihrer  Terdrüsse 
mit  ihrem  junker  und  seiner  Schwester  Holtei  erz. 
.ochriften  15,  181;  weil  unsere  damen  nicht  auf  der  gallerie 
sitzen,  steht  dem  jungen  herm  kein  stecken  gerade 
35,  192. 

e)  dreck  am  stecken  haben,  schon  etwas  auf  dem  kerb- 
holz  haben,  schon  einmdl  bestraft  sein:  die  dreck  am 
stecken  haben,  müssen  sich  klein  machen  Ganghofer 
der  mann  im.  salz  (gartenlaube  1905  s.  947*);  die  meisten 
aber  leugnen  die  hexerei,  weil  sie  selber  dreck  am 
stecken  haben  und  vor  dem  richter  zittern  T82*.  dem- 
entsprechend denn  auch:  de  bekommst  dreck  an  den 
stecken,  du  tcirst  bestraft  Martin-Lienhart  2,  580''. 

f)  einem  den  stecken  geben,  ihn  verabschieden  und 
aus  dem  hause  schicken,  mit  dem  beisinn,  dasz  er  nun 
heimathlos  sei:  geb  dem  mann  sein  stecken,  mach, 
dasz  der  mann  fortkommt  Askenasy  Frankfurter  mund- 
art  37;  meine  letzte  amour,  die  ich  verlassen  hab' 
oder,  wie  man  in  der  hohen  dichtersprache  sagt,  der 
ich  den  stecken  gegeben  hab',  hat  mir  beim  ab- 
schied prophezeit  Raimund  l,  7  {barometermacJier  auf  der 
zauberinsei  1,  2) ;  wie  es  auch  im  folgenden  heiszt  'blosz 
und  aller  habe  bar  durchs  land  fahren  :  Jacob  .  .  .  war 
ein  armer  schlucker,  hatte  nichts  als  ein  stecken  in 
der  band  Abraham  a  S.  Clara  etwas  für  alle  (1699) 
1.  252,  von  wo  aus  sich  Versteinerungen  begreifen  wie  die 
folgende:  und  die  selbigen  knaben,  die  zeren  alwegen  bey 
den  Wirten,  die  zu  dem  stecken  hcissen,  das  ist  als  viel, 
das  sie  keinen  wirt  bezalen,  was  sie  yhm  schuldig  sind 
Luther  26,  651  Weim.  doch  die  leichtlebigkeit  spricht: 
seit  ich  .  .  .  mich  durch  ergreiffung  des  sacks  und 
Steckens  in  die  unschätzbarliche  freyheit  unsers  herren- 
lebens  gesetzt  Simpl.  2,  349  Keller. 

g)  einen  stecken  dabei  stecken  und  sich' so  eine  stdle 
in  der  landsdiaft  merken,  sie  für  künftiges  wiederfinden 
bezeichnen;  es  ist  eso',  de  chanst  e  st^ke  derzue  steke 
du  magst  es  dir  nur  merken  Hunziker  Aargauer  Wörter- 
buch 252.  eine  andere  seite  des  sprachlichen  bildes  entwickelt: 
wenns  dir  nit  gfallt,  so  steck  e  stecke  derzue  Martin- 
Lienhart  2,  580»»;  d.  h.  halte  dich  dabei  nun  nicht  weiter 
auf  und  gehe  deinen  weg  weiter;  ist  er  nicht  zufreden, 
stosz  er  einen  stecken  derzu  ebenda,  den  allgemeinen 
ainn  'ein  exempel  statuieren,  das  sich  andere  merken  mögen', 
hat  es  im  folgenden :  wir  wollen  schon  dahinter  kommen 
und  einen  stecken  dabei  stecken,  so  dasz  jedermann 
mit  unserer  Justiz  zufrieden  sein  musz  Huch  hahn  von 
Quakenbrück  24. 

A)  ob  die  redensart:  uf  dem  stecken  sitzen,  im  zweifei 
^n,  in  banger  erwartung  leben  Martin-Lienhart  2, 
580*  mit  der  andern  ebenda  verzeichneten:  er  geht  mit 
den  hüehnern  uf  den  stecke,  d.  h.  er  geht  früh  zu  bett 
und  steht  früh  wieder  auf  zusammenhängt,  muaz  zweifei- 
ht^ft  bleiben. 

13)  stecken  in  der  bildlichen  einkleidung  der  negation  g%t- 
gleich   mit   verstärkendem    beisinn:    das    freylich    dieser 


konig  nicht  ainen  stecken  zu  eigen  hat  ynn  aller  wellt 
Luther  30,  2,  406  Weim.,  d.  h.  rein  garnichts;  wenn  ers 
thun  durfte,  er  {der  teufeJC)  lies  dir  nicht  ein  gans  leben, 
und  ynn  summa  .  .  .  keinen  stecken  stehen  32,  115,  8 
Wäm.;  weder  kü  noch  gansz,  ja  kein  steck  an  deinem 
hauss  belibe  dier  32,  555,  6  Weim.;  ihr  solltet  nicht  einen 
stecken  behalten  33,  606,  88  Weim.;  ich  habe  nicht  einen 
stecken  holtz  im  hause  Kramer  dict.  2  (1703),  923». 

14)  entsprechend  der  unter  span,  astula  All  6  {th.  10,  1 
sp.  1866),  dafür  aufgewiesenen  bedeutung  'geld'  hat  diesen 
sinn  auch  der  plural  stecken:  mit  denne"  par  stecke", 
wi»  er  verdient,  kann  er  ke'n  grossi  sprüng  mache" 
Martin-Lienhart  2,  581»,  doch  zugleich  tkU  hervorhebung 
des  wenigen,  geringen. 

15)  stecken,  brennholzmasz  in  Frankfurt  a.  M.  und  im 
groszherzogthum  Hessen .  handschriftl.  mittheilung  von  Hoff- 
mann VON  Fallersleben,  vielleicht  eigentlich  'ein  bündd. 
holz  so  grosz,  wie  man  es  auf  einmal  auf  dem  tragstecken 
fortscJiaffen  kann. 

16)  dünne,  magere  beine  und  arme  heiszen  stecken:  der 
teufel  soll  mich  mit  brennenden  granaten  neunund- 
neunzig mal  todt  werfen,  wenn  mein  kleiner  finger  nicht 
gerade  so  dick  ist,  wie  des  Windhundes  seine  tausend- 
sackermentischen  stecken  von  beinen  Holtei  erzähl. 
Schriften  6,  81 ;  seine  arme  sind  die  reinen  stecken,  der 
ausgangspunkt  findet  sich  in  dem  vergleich  beine,  arme 
haben  so  dünn  wie  ein  stecken. 

17)  dementsprechend  auch  von  einer  hageren  person  über- 
haupt: ein  alter  stecke,  ein  alter  schedel  Berthold  von 
Regensbürg  1,  416,  34;  entsprechend  dem  vergleich:  ich 
rufe  gott  zum  zeugen  an,  der  kerl  sei  so  dünn  als  ein 
stecken  Kleist  4,  211  E.  Schmidt. 

18)  stecke,  membrum  virile  Martin-Lienhart  2,  581* ; 
dazu  die  redensart:  di®  geH  an  de"  stecken. 

19)  stecken  in  Obersteiermark  ein  schmaler,  auf  beiden 
Seiten  abschüssiger  felskopf.  der  von  der  schneide  aus  ge- 
sehen wie  ein  schmaler  kegel  aussieht  Unger-Khüll  571». 

^STECKEN,  verb..  transitives  verbum,  im  gegensatz  zu 
dem  auch  durch  die  fleanon  davon  völlig  unterschiedenen 
intrans.  verb.  'stecken,  factitivbildting  zu  stechen,  verb.  in 
dem  sinne  von  'stechend  befestigen,  festheften'  mittelst  -jan 
Suffixes:  {diesen  ursprünglichen  sinn  spiegelt  noch  gut: 
[sie]  treiben  [das  icild]  hin  vnd  her  vnd  steckens  vol 
pfeif,  bis  es  erlegt  sich  gibt  vnd  zu  boden  feit  Franck 
weltbuch  96*),  ahd.  stecchän,  stecchen,  mhd.  stecken,  ein 
dem  ahd.  nichtumgelauteten  praet.  stacta  {part.  gistact, 
neben  gistecchit)  und  mhd.  stacte,  stahte  {part.  gestact 
neben  gestecket)  entsprechendes  nhd.  praet.  stackte  findet 
sich  noch  im  ende  des  siebzehnten  jahrhs.;  gienge  dahero 
immer  meinen  weg  von  dem  schlösse  hinweg,  und  stackte 
das  testimonium  wieder  in  meine  tasche  teutsche  winter- 
nächte (1682)  5  und  stackte  Reuter  Schelmuffski  (1697)  12. 
auffällig  und  in  weiterem  völligen  Übergang  zu  *  stecken 
verb.:  an  der  rechten  band  stack  ich  einen  silbernen 
petschierring  Hafner  lustspiele  (1812)  1,  46.  entsprechend 
auch  das  part.  {teo  aber  zweifelhaft  ist,  ob  nicht  unter 
*  stecken  gehörig):  so  musten  der  grobianer  seein  in 
eseln,  sewen  vnd  büflen  sein  gestocken  Scheit  Gro- 
bianus2S23-  derowegen  strigelte  ich,  eh  er  sich  \^^eder 
erholen,  oder  etwas  besinnen  konte,  mein  kleid  mit  bey- 
den  bänden  dermassen,  dasz  es  schimmerte,  als  wenn 
ich  inwendig  voller  brennenden  schwefeis  gestochen  wäre 
Simplic.  138  neudr.  tiiederdetitsche  Unsicherheit  in  der  wohl 
zwischen  stechen  {vgl.  auch  die  belege  oben  unter  stechen 
verb.  die  einl.)  und  *^  stecken  verb.  verhochdeutseht:  stich 
du  all  bloss  det  jeld  bei  seite  Hauptmann  biberpelz  62  (3). 
in  der  schwäbischen  Schreibung  stocken  verb.  findet  sich 
bei  Wbckherlin: 

dergleichen  würckung  soll  dn  haben, 
wan  eine  nympff  dich  auff  ihr  haar 
soll  Stöcken  1,  489  Pitcher; 

liebstOckel  mögen  wir  anch  wagen, 
dieweil  sie  gut  für  die,  die  blaich, 
so  stock  es  tief  in  das  glied  weich 


X.  2. 


Cr. 


aass  leid  schier  unempfindlich  fihl 
ich  mich  mit  quahl  bedöcket, 
als  ob  mir  meines  lobers  zihl 
von  meinem  feind  gestOcket 

82 


2,430; 


2, 113. 
Cr. 


1299 


STECKEN 


STECKEN 


1300 


bedeutung: 

l)  an  oder  auf  einem  spitzen  gegeiuttande  durch  ein- 
Btechen  etwas  befestigen.  Wendungen  icie  auf  (an)  einen 
spiesz  stecken  zeigen  den  sprachlichen  sinn  des  begrißes 
noch  besonders  deutlich,  auch  in  seiner  ursprünglichen  be- 
Ziehung  zu  stechen  verb. 

a)  um  ettcas  der  Schaulust  darzubieten :  Sesitach  steckt 
seinen  (des  Varus)  köpf  auf!  eine  lantze  Lohenstein 
Arminius  1,  3;  beide  {Egmont  und  Hoorn)  sollten  öffent- 
lich enthauptet,  ihre  köpfe  auf  spiese  .  .  .  gesteckt  wer- 
den Schiller  9,  23;  die  Mongolen  zogen  den  herzog 
nackt  aus,  hieben  ihm  den  köpf  ab,  steckten  ihn  auf 
eine  lanze  und  verlangten  nun,  die  bürg  von  Liegnitz 
solle  .  .  .  sich  ergeben  Raumer  geschichte  der  Hohen- 
staufen  (1823)  *,  81 ;  das  haupt,  vom  körper  getrennt,  wird 
nun  als  würdige  beute  auf  einen  thyrsus  gesteckt  Göthe 
41,  8,  838  Weim.  ; 

und  schneiden  aufT  die  schwängern  weib, 
ncmen  die  kind  auss  irem  leib 
und  sie  au£f  die  zaunpfel  stecken 

H.  Sachs  8, 177  Keller-Götse; 

(sein)  leichnam  ...  ist  gevierteilt,  vnnd  der  kopff  auf 
st.  Antonis  pfort  auff  ein  pfähl  gesteckt  .  .  .  worden 
Stumpf  Schwytzerchron.  (l6oe)  281*";  den  köpf  auf  einen 
pfal  stecken,  caput  in  hastam  deßgere  Steinbach  (1734) 
2,  715;  als  ich  wie  der  gemeinste  missethäter  in  thurm, 
und  zwar  in  eben  das  gefängnisz  geworfen  wurde,  in 
dem  vorher  ein  mörder  lag,  den  ich  erst  vor  wenig 
tagen  hinrichten  und  seinen  köpf  auf  den  pfähl  stecken 
sah  Schubart  leben  und  gesinnicngen,  \,  161;  ganz  ent- 
sprechend: 

ir  ieglich  (stecke)  was  sus  bedaht, 

ein  mannes  houpt  dar  üf  gestaht 

Hartmann  Erec  8773. 

b)  ein  stück  fleisch  an  den  bratspiesz  stecken 
(vgl.  spiesz  II  l  th.  10, 1  sp.  2449) :  an  spisz  stecken  mattere 
neUo  spiedo  Kram  er  dict.  2  (1702),  871»;  etliche  stäckten 
das  faiste  flaisch  an  die  spiss  Schaidenraisser  Odi/s- 
sea  (1537)  9^;  als  sie  etliche  paar  junge  tauben  an  einen 
spiess  steckte  Simplic.  2,  370  Keller; 

die  köcbin  lielT  bald  in  die  kucben, 
vnd  thut  zwey  hUner  herfiir  suchen, 
steckt  sie  an  spies  vnd  rufTet  baldt, 
das  Eulenspiegel  braten  solt 

Fischart  Eulenspiegel  72  Hauffen: 

an  spiss  seyn  krametsvSgel  gsteckt, 
gut  bratwUrst  aufT  den  rost  gelegt 

Mangold  marcktchiff  (1596)  A  4; 

sie  macheten  darauss  (atu  den  ochsen)  vil  stttck, 

vnd  stecketen  die  mit  gelüuk 

an  lange  spiss,  beym  feur  zu  kochen 

Spreng  Iliat  (1610)  89»»  (vgl.  auch  850). 

im  närrischen  Vorgang: 

wie  etwann  eine  näderinn, 
die  ewer  kaninierjunckem  etlich 
steckt  an  ein  nadel  (warlich  spöttlich) 
vnd  briet  sie  darnach  bey  dem  feur. 
das  war  ein  that  sehr  ungeheur 

Fischart  flöhatz  42  neudr. 

aU  kannibalische  sitte  menschen  an  den  spiesz  stecken 
und  braten:  vnnd  gewisz  wann  einer  wüszt,  dasz  die 
canibalische  leutfrcsser  solche  schmutzige  freud  mit 
eim  nach  dem  tode  triben,  solt  sich  einer  noch  so 
willig  an  pratspisz  stecken  lassen  Oargantita  es  neudr.; 
man  sieht  darinne  (in  der  erzählung),  wie  Atrcus  die 
todten  körper  in  stücke  zerhackt;  wie  er  einen  theil 
derselben  an  die  spiesse  gesteckt,  und  den  andern  in 
kesael  geworfen,  um  jene  zu  braten  und  diese  zu  kochen 
Lessino  4,  276;  oft  trifft  CS  sich,  dass  einer  dieser  elen- 
den seinen  vater  ...  an  den  spiess  stecken  und  das 
peinlich  feaer  unter  ihm  unterhalten  muss  Klinoer 
(1809)  8,  18.  —  bildlich:  nasci  ergo  ex  deo  est  purgare  pec- 
catum,  da  wird  die  sUnde  am  brandspiess  gesteckt 
Luther  so,  706.  86  Weim. 

e)  einen  ring  an  den  finger  stecken,  too  dotk 
0b«r  der  finger  durch  die  «chon  vorhandene  Öffnung  des 
rimge»  nur  hindurch  geschoben  wird:  also  pflag  Amelia 
mit  irem  ringlin  umbzAgobn  .  .  .  wann  sie  sich  einig 
wassl,  so  stAokie  sie  es  von  einem  finger  an  den  an- 
deren WicKRAM  8,  IM;   Tnd  (er)  gibt  Jm  ein  ring,   den 

Cr 


solte  er  an  seinen  finger  stecken  Volksbuch  vom  dr.  Faust 
102  neudr.;  die  gräfin  .  .  .  steckte  noch  einige  ringe  an 
den  finger  Göthe  21,  322  Weim.;  sie  nimmt  den  ring 
von  ihrem  finger  und  steckt  ihn  an  seinen  Jak.  Grimm 
kl.  Schriften  2,  176.  dafür  verUaszter,  aber  zugleich  die 
unten  noch  aufzutceisende  allgemeinere  bedeutung  'be- 
festigen' vorbereitend:  fingerring,  die  an  die  hend  oder 
zeehen  gesteckt  werden  Gesner-Forer  thierbuch  (1568) 
32'';  und  zohe  hiemit  der  edel  herr  Florius  ein  anssder- 
massen  schönen  ring  von  seiner  bände  .  .  .  stecket  den 
der  zarten  und  schönen  junckfrawen  Marcebilla  an  ihr 
band  Schumann  nachtbüchlein  305  Balte; 

du  steckst  den  geburtstagsfestlicben  onyx  dir  an  die  band 
Herder  26,  285  Suphan; 

dort  im  fliederschatten 
seh'  ich  eine  band  sieb  strecken, 
die  an  meine  freigewordne 
froh  den  frühem  ring  will  stecken 

Röckert  (1867)  3,  28. 

den  gleichen  werth  hat  wohl  der  plural  an  die  finger:  unnd 
wellicher  den  dritten  tage  das  best  thet,  solt  haben  ein 
schönen  ring,  den  solt  ihm  an  seine  finger  stecken  die 
schönste  junckfraw  des  lands  Schümann  nachtbüch- 
lein 87  Balte. 

2)  den  dorn  in  den  fnsz  stecken,  wo  das  mehr  dauernde 
befestigtsein  hervorgehoben  voerden  soll  und  so  von  stechen 
verb.  wirklich  unterschieden  werden  tcilZ:  einem  den  dolch 
in  den  leib  stecken  cacciare  uno  stilo  nel  carpo  ad  uno 
Kramer  dict.  2  (1702),  923«;  aber  wenn  die  ha  wem  einen 
scharffen  spiess,  messer,  beyl,  axt  hatten,  sagten  sie, 
das  ist  ein  sehr  gut  wappen,  steck  es  in  den  huren- 
pfaffen  Hertzog  schiltwache  F  3.  sprichwörtlich  einem 
den  dorn  in  den  eigenen  fusz  stecken,  ihn  in  die  eigene 
falle  eingehen  lassen  u.  ä.: 

wir  wollen  dem  pfarrer  stecken 
den  doren  selbss  in  seinen  fucss, 
das  er  das  lanckbauss  decken  muess 

Pfarrer  von  Kaienberg  13,  234  neudr. 

bildlich:  dieweil  mich  so  grausam  tieff  sticht  das  urteil 
deins  gerichts,  und  mir  einen  dornen  in  das  elend  ge- 
wissen stecket  Luther  auslegung  des  2.  buszpsalm  l,  23'». 

a)  die  partisan  in  die  erde  stecken  Kramer  dict.  2 
(1702)  923«,  um  der  ruhe  zu  pflegen  und  sonst;  den  spisz 
in  die  erde  stecken /«wto;«  in  ferro ^ere  Steinbach 
(1734)  2,  715;  Diomedes  steckt  seine  lanze  in  die  erde 
und  erkennt  ihn  als  gastfreund  Göthe  41,  l,  278  Weim.; 
als  rechtliches  symbal:  ein  darf,  welches  seinen  namen 
von  dem  Alemannen  erhalten  hat,  der  zur  zeit  der  land- 
teilung  seinen  spiess  dort  in  die  erde  steckte  und  einen 
hof  baute  Keller  i,  ii;  ähnlich:  wenn  also  ein  frie- 
sischer bauer  sich  der  deichlast,  d.  h.  der  fortwährenden 
erhaltung  oder  gegebenen  falles  der  Wiederherstellung 
des  deiches  nicht  mehr  gewachsen  sah,  mnsste  er  zum 
zeichen  dessen  eine  schaufel  in  sein  deichstück  stecken 
Wimmer  geschichte  des  deutschen  badens  (1906)  104. 

b)  pfählen.  . .,  das  ist  pfähle  stecken  Harsdörpfbr 
teutscher  secretarius  (1656)  l,  HÄA4'';  vgl.  auch  Gubintz 
deutsche  rechtschreibung  (1666)  61.  häufig  bildlich  ausge- 
deutet: item  eyn  gartner,  wann  er  junge  reiss  oder 
bäumlin  sezt,  steckt  er  eynen  stecken  darbei,  das  sie 
stracks  vnnd  gleich  aufwachssen  Fischart  ehzuchtbüchl. 
299,  18  Hauffen;  wenn  ich  dir  einen  stab  könnte  stecken 
für  jene  künftigen  zeiten  . . .,  dasz  du  dich  daran  könntest 
stützen  RoSEGOER  Wildlinge  (1906)  409; 

ach  gebt  (ihr  eitern)  der  tocbter  keinen  ratun, 
steckt  in  der  zeit  ein  stock  zum  bäum, 
auf  das  er  nicht  in  hartem  sinn 
erwachs  nnd  grob«  ktM\  gewinn 

RiNowALO  laut.  xpokrheU  886. 

Stecklinge  (s.  unten)  in  die  erde  stecken:  (Ober- 
förster) sie  sagen,  ich  habe  nichts  gethan  als  zweige  in 
die  erde  gesteckt  Ippland  theatral.  werk»  (1887)  8,  141  (die 
Jäger  i,l>)i 

ich  will  euch  stecken  zwei  kleine  btnmelein, 
die  sollen  museal  und  nAgelein  tragen 

Arnim  81,  86; 

<Ü4  Wundervorgang:  einem  andern  mönch  habe  der  abt 
befohlen,  ein  dürr  holtz,  so  er  in  den  boden  gesteckt, 
täglich  mit  Wasser  zu  besprengen,  so  lange,  biss  es  grilne 

Cr. 


1301 


STECKEN 


STECKEN 


1302 


werde,  welches,  nachdem  es  dieser  mann  zwey  jare 
lang  gethan,  wäre  im  dritten  jähre  solches  erfüllet  wor- 
den, da  dieser  stecken  zu  grünen  und  auszuschlagen 
angefangen  Sperling  Nicodemus  quaerens  l  (1718),  1383. 

c)  auch  sonst  fnanni^ach,  so  als  lieblicher  frühlings- 
brauch:  einer  Jungfer  einen  mey  stecken,  dementsprechend 
auch  einem  einen  stumpf  stecken  piantar,  cacciar'  un 
fusto  ad   %ino,    met.  disraccommandarlo   Kramer  dict.  i 

;i702),  9^ffi; 

im  Sommer  stecket  ir  die  mayen, 
habt  kirchwey,  hochzeyt 

H.  Sachs  9,  6,  20  KeOer-Götze; 
stecket,  gärtner,  stecket  mayen, 
streuet  reiche  blnmen  ans 

Nkukirch  gediehte  (1744)  252. 

in  sprichwörtlicher  redewendung  einem  keinen  malen 
stecken  ihm  nicht  viel  gutes  zudenken: 

wer  from  von  aussenher  in  schafbeltz  sich  gekleydt,  .  .  . 
dem  hast  da,  wie  mam  sagt,  den  maien  nicht  gestökket. 
{im  reim  auf  zngetekket) 

ROMPLER  VON  LÖWKNHALT  (1647)  92  ; 

durch  desse  schnanffen 
und  grose  prallerey,  bin  ich  noch  nicht  erschröckt; 
wer  weyst,  wem  heit  das  glück  noch  grOne  mayen  stockt 

ebenda  105; 

wann  ein  Armeny  stirbt,  an  gottes  leychnam  oder  an 
peycht,  so  legt  man  in  in  den  freythoff  und  stecken 
ein  hochen  stain  auff  das  grab  Schiltberger  reise- 
buch  107.  aus  der  spräche  der  hüttenleute  hat  wohl  hier 
seinen  platz  zu  finden :  man  .  .  .  lest  den  blass  nit  mitten 
in  ofen  gehen,  sondern  an  ein  eysemes  röhr,  dasz  gegen 
einen  winckel  gesteckt  vnd  gericht  ist  Ercker  mineral. 
ertzt  (1580)  105». 

d)  mit  weiterer  adverbialer  besUmmung.  einen  pfähl  fest 
oder  tief  in  den  boden  stecken :  mache  den  räum  deiner 
hütten  weit,  rnd  breite  aus  die  teppich  deiner  wonung, 
spare  sein  nicht,  dehne  deine  seyle  lang,  vnd  stecke 
deine  negel  feste  Jesaj.  54,  2. 

e)  durch  einen  gegenständ  einen  pfähl  (hindurch) 
stecken:  eine  kleine  kugel,  durch  welche  eine  stange 
oder  axe  gesteckt  ist  Schubert  verm.  achriffen  (1823)  l,  14. 

/)  selten  und  heute  ungewöhnlich  in  reflex.  fiigung: 

gleich  als  zwn  hohe  aychen  steiff  .  . . 
sich  nicht  bewegen  in  dem  grund, 
die  weil  sie  in  das  erdterich 
tieff  mit  der  wurtzel  stecket  sich 

Spreng  Iliat  (1610)  159*. 

3)  den  allgemeineren  sinn  'befestigen'  hat  dann  in  an- 
lehnung  an  das  vorige  unser  wort  angenommen,  doch 
Ueibt  de>-  unterschied  zu  2  häufig  schwankend. 

o)  ein  licht  in  ö  auf  den  leuchter  stecken  Kra- 
mer dict.  2  (1702),  923";  als  bild:  ein  guter  leuchter,  um 
sein  licht  darauf  zu  stecken  Droste-HOlshoff  an 
Sehücking  213 ;  vgl.  dazu  unten  (in  brand)  stecken  (17)  —  eine 
fahne  auf  den  thurm  stecken  vexillum  in  turrim  infigere 
Steinbach  (i734)  2,  715;  diese  (ßihnlein)  lies  er  auf  eine 
baterie  gegen  die  stadt  stecken ,  vnd  mit  heerpaucken 
•vnd  trompettenschall ,  aus  allen  canonen  salve  darauf 
ifeben  Chemnitz  schwedischer  krieg  (1648)  i,  i'iö;  wenn  ich 
.«in  söhnchen  zur  weit  bringe,  will  ich  obenauf  eine 
weisse  fahne  stecken  brCder  Grimm  kinder-  und  haus- 
märchen  (1812)  i,  25;  ohne  locale  bestimmung  dafür  auf- 
stecken («.  th.  1  sp.  746  unter  2): 

der  könig  steckt  sein  banner  auf 

Schenkendorf  gedickte  (1815)  113. 

doch  in  der  älteren  spräche  genügt  hier  auch  das  simpUx: 

man  stellt  maincben  für  ain  schantz, 
der  nie  sah,  wie  der  bär  danzt, 
vnd  ist  als  wann  man  strowisch  steckt, 
das  man  damit  die  vSgel  schreckt 

Fischart  podagr.  trortbüchlein  29  Haufen. 

—  Tai  bald  lieffeiner  vnter  jnen,  nam  einen  schwam,  vnd 
füllet  jn  mit  essig  vnd  steckt  jn  auff  ein  rhor,  vnd 
trencket  jn  Matthäus  27.  4«;  indessen  steckte  der  vater 
die  spuhlen,  um  zu  zetteln,  auf  einen  rahmen  Göthe 
36,  118  Weim.  —  besonders  beliebt  in  der  sphäre  eine 
feder  auf  den  hut  stecken:  die  feder  regiert  das 
•chwert,  drumb  steckt  man  sie  auff  den  bot  Franck 
sprüehtcörter  (1541)  1,  147«;  wann  sie  aber  die  feder  auff 
den  hut  stecken,  so  müssen  sie  selbsten  bekennen,   die 

Cr. 


feder  seye  das  oberste  in  der  weit  Harsdörffer  teut- 
scher  sekretariits  (1656)  1,  dl»;  wenn  er  den  pflüg  ergreift, 
so  steckt  er  seine  hahnenfedem  auf  den  hut  Zimmer- 
mann von  dem  nationalstolze  (1758)  27; 

eine  hohe  hahnenfeder 
steck'  ich  auf  meinen  hut. 
mein  hut  hat  grüne  färbe, 
mein  herz  hat  frischen  muth 

W.  Müller  gediehte  (1868)  1,  77. 
auch   Humen  und  dergl.:   abends  .  .  .  hat   sie    sich  von 
den  weissen  maililien  in  ihr  schwarzes  haar  gesteckt 
Storm  2,  145; 

du  bist,  wohledler  freund !  der  erst  aus  unsrer  znnSl, 
um  dessen  doctorhut  wir  lorbeerreiser  stecken 

Günther  gediehte  (1735)  651; 
steck  die  zwei  röselein 
mir  auf  den  hut  Arnim  13, 182; 

er  spieszt  ihn  (den  Schmetterling)  an  eine  nadel  and 
steckt  ihn  auf  den  hut  Kotzebce  dram.  werke  2,  3.  als 
orientalische  sitte: 

jene 
flechte,  die  von  meinen  haaren 
ich  dir  auf  den  tnrban  steckte 

Herder  25, 159  Suphan. 

von  einem  phantasten  wird  in  mehr  sprich icörtlieher  rede- 
icendung  gesagt:  er  .  .  .  strebt  nach  unerreichbarem;  er 
hat  manchmal  wollen  den  Sonnenschein  auf  seinen  hat 
stecken  und  die  abendröthe  umarmen  Stifter  werke 
(1901)  1,  274. 

b)  ein  eisen  an  etwas  stecken  ferrum  alieui  praefigere 
Steinbach  (1734)  2,  715.  vgl.  von  der  hefeatigung  der  in- 
schrift  an  Christi  kreuz: 

mit  dirre  scrifl  dun  ich  irkant 
wie  sin  name  were  genant 
und  auch  sme  wirdekeit 
nü  sal  dfi  dar  zft  sin  bereit, 
da;  d&  si  nach  dem  willen  min 
steckes  zfi  den  heubten  sin 

MoNB  tchautpiele  1, 119  (Jeben  Je»*) 
und  anstecken  i  (th.  i  ap.  479). 

c)  in  sprichwörtlicher  Verwendung:  einen  (groben)  brief 
nicht  an  das  fenster,  nicht  an  den  Spiegel  stecken,  ihn 
nicht  so  aufheben,  dasz  aridere  kenntnisz  von  seinem  in- 
halte  nehmen  können,  s.  Spiegel  2  k  (th.  10,  1  sp.  2229). 
ähnlich:  ich  will  ihm  einen  brief  schreiben,  dem  herm 
major,  den  er  nicht  ins  fenster  stecken  soll  Lenz 
Schriften  1,  53  (hofmeister  4,  3);  (bildlich:)  du  (Hamerling) 
bist  ein  gescheiter  mensch  gewesen,  .  .  .  hast  ihnen 
schon  immer  einmal  was  gesagt,  was  sie  nit  ins  hut- 
bandel  stecken  Rosegger  trildlinge  (1906)  48.  dagegen: 
denn  wir  schreiben  uns  nur,  und  stecken  unsre  billets 
hinter  ein  alt  gemählde  Laroche  fräulein  von  Siem- 
heim  (l77l)  1,  251. 

4)  aus  2  und  3  ziehen  aber  ihre  kraft: 
o)  einem  ein  ziel  stecken  certos  alieui  fines  aeu 
terminoa  constituere;  cancellos  alieui  circumdare  Stieler 
2158;  eigentlich  'die  als  ziel  für  den  wettlauf  dienende 
Stange  in  die  erde  stecken*,  die  genauere  entwicldung 
dieser  Verbindung  s.  unten  unter  ziel,  hier  werden  nur 
die  grundlinien  angedeutet. 

Cloanthxu  kam  erstlich  zu  den  porten  dar, 
dahin  das  zil  gestecket  war 

Spreng  Ilia»  (1610)  89». 
dann  aber  auch  das  ziel  für  den  schützen  auf  dem  aehiesa- 
platz  in  die  erde  stecken:  gleych  wie  man  den  schützen 
eyn  ziell  oder  schiessmal  steckt,  das  alle  bogen  und 
buchssen,  pfeyll  und  steyn  drauff  gericht  und  getrieben 
werden  Luther  lO,  l,  i,  399  Weim.  vgl.  auch:  er  hat 
seinen  bogen  gespannen,  vnd  mich  dem  pfeil  zum  ziel 
gesteckt  klagel.  Jerem.  3,  12.  wie  man  aber  beim  vogd- 
schieszen  und  sonst  den  zweck  (s.  unten)  auf  einer  hohen 
Stange  befestigt,  scheint  durch  im  folgenden:  was  gelts 
wir  wollen  dess  Zimmermanns  söhn  einen  zweck  stecken, 
er  soll  jn  auff  einer  leitem  nicht  erlangen  können  Ayrer 
Processus  juris  (1600)  565,  wo  allerdings  auch  an  das 
höchste  ziel  der  kletterstange  gedacht  werden  kann,  wie  im 
folgenden: 

ds  der  vinster  gein  dem  liebte 
het  er  sich  enblecket, 
stnen  pris  so  hoch  gestecket, 
das  ^  niemen  konde  erreichen 

Wolfram  Parzival  613, 14. 

82»  Cr. 


1303 


STECKEN 


STECKEN 


1304 


o)  seiner  arbeit,  seinem  schaffen,  seinen  planen  und 
v/ünseken  ein  ziel  stecken,  wdches  man  gerne  erreichen 
tcill:  wie  es  bei  neuen  versnehen  zu  sein  pflegt,  ich 
werde  in  einzelnen  beispielen  das  gesteckte  ziel  noch 
nicht  erreicht,  in  andern  gar  überschritten  haben  Jak. 
Grimm  kl.  schnßen  3,  158;  auch  wenn  man  sich  nur 
das  neuere  deutsch  als  eigentliches  lehrziel  steckt  RuD. 
Hildebrand  »prachunterricfd  280.  mit  einer  tceiteren 
bestimmung  des  grades  der  Schwierigkeit:  das  ziel  höher 
stecken,  eigentlich  auf  der  stange,  so  dasz  es  der  schütze 
schtoerer  treffen,  der  kletterer  schicieriger  erreichen  kann. 
in  dem  masse  als  mir  die  einsieht  wächst,  stecke  ich 
das  ziel  höher  Solger  nachgel.  Schriften  l,  257; 

er  hat  ein  weit  entferntes,  hoch  gestecktes  ziel 

mit  frohem  muth  und  strengem  fleiss  erreicht 

GöTHE  10,  133  Weim.  (Tatto). 

ein  weites  oder  fernes  ziel,  irie  gleicherweis  für  den 
schützen  und  den  ioettläufer:  man  steht  denn  doch  am 
ziel,  es  mag  nahe  oder  fem  gesteckt  seyn,  wenn  einen 
der  leser  gewahr  wird  Göthe  IV  11,  260  Weim.;  warum 
stecken  wir,  bey  so  kurzen  kräften,  uns  ein  so  weites  ziel? 
BoDE  Montaignes  gedanken   und  ineinungen  (1793)  1,  380; 

ze  letz  ward  mir  ain  antwurt  geben, 
die  fristet  wol  mein  peinlich  leben, 
doch  steckt  sy  mir  am  ferres  zil, 
vff  das  ich  trostlich  harren  wil 

HÄTZLERIN  liederbuch  190  (29) ; 
mm  mass  der  himmel  selbst,  den  meyneid  zu  bedecken, 
sein  vorgehabtes  ziel  auf  einmal  weiter  stecken 

J.  E.  Schlegel  (1761)  1,  84  {Dido  1,  i); 
sogar: 

du  willst  dich  von  der  menschlichkeit 
vor  übermuth  und  stolz  entfernen, 
und  steckest  aus  Verwegenheit 
dein  ziel  oft  über  allen  stemen 

Gottsched  gedickte  (1751)  284. 

ß)  aus  dem  vorigen  ßieszt  ein  ziel  stecken,  einem 
masz  und  Ordnung  setzen,  wonach  er  sich  richten  soll 
und  kann:  zum  funfften,  soll  man  sich  yn  dissem  vor- 
trawen  alsso  halten,  das  man  gott  nit  cyn  tzill  steck, 
tag  odder  statt  stymme,  noch  die  weysse  odder  masse 
setzen  seyner  erhorung,  sondern  das  alles  seynem  willen, 
weyssheit  und  allmechtigkeit  heymgeben  Luther  2,  177 
Weim.;  wir  wollen  yhm  gern  ain  zil  stecken,  es  ist  uns 
aber  viel  zu  hoch  und  zu  gros,  das  wir  wissen,  wie  er 
mit  yhnen  handeln  werde  19,  332  Weim.;  dementsprecliend : 
es  geht  all  ding  in  seiner  Ordnung,  wie  es  got,  der  allen 
creaturen  ein  ziel  gesteckt,  wil  haben  Franck  sprüch- 
wörter  (15*5)  1,  93^.  auch:  diss  ziel  ist  uns  hie  ynn 
diesem  sacrament  gesteckt,  das  solche  beweysung  gegen 
den  nehisten  ynn  uns  erscheyne  Luther  15,  498  Weim. ; 
unter  den  propheten  weys  ich  euch  keyne  regel  noch 
keyn  zill  zu  stecken,  wie  yhr  euch  hütet  ym  lesen 
Eberlin  von  Günzburg  sdiriften  3,  192  neudr.,  d.  h. 
eure  lectüre  ordnet. 

y)  auch  ohne  die  nachbarschaft  von  unten  b  würde 
sieh  hier  die  bedeutung  'grenze,  ende'  entwickeln,  einem 
ein  ziel  stecken,  zuletzt  'ihm  ein  ende  machen,  sein 
aufhören  bewirken'  u.  s.  w.:  einem  ein  gewisses  ziel,  ein 
gewisses  mal  stecken  mettere,  porre  un  certo  termxne  6  limide 
ad  uno  Kramer  dict.  8  (1702),  923'';  denn  sie  achten  der  ehe 
nicht  und  ist  yhrer  nnzucht  kein  ziel  gesteckt,  nemen 
and  lassen  weiber,  wie  sie  wollen  Luther  so,  2,  224 
Weim.;  sie  wollen  nicht  leiden,  das  die  obrigkeyt  jhrem 
onaufThörlichen  zancken  ein  zibl  stecken  soll  Nas 
atUipap.  eins  und  hundert  (1667)  4,  S1S*>;  anders  theils, 
weil  der  keyser  muthmasscte,  daforn  die  tractaten  länger 
währen,  vnd  der  könig  zu  Schweden  mit  ins  spiel 
kommen  solle,  würde  jhm  die  sache  je  schwerer  vnd 
■obwerer  gemachet  und  seinem  dessein  vielleicht  ein 
ziel  dabey  gestecket  werden  Chemnitz  schwedischer  krieg 
(1M0)  1,  11';  sprach  sie  ihr  tröstlich  zu,  ihrem  trauren 
doch  ein  ziel  zu  stecken  Anton  Ulrich  von  Braun- 
■€UWBI0  Octavia  (1677)   l,  2.  267; 

doch  dn  atcckat  der  notb  ein  tiel, 
•cbickst  den  tod,  der  un«  entrücket 

B6HMB  volktthOml.  Ueder  der  DevUehen 
im  18.  ufMf  19.  Jahrh.  MS; 
•o  Ismt  ich  mich  mit  wenicem  bepittgan, 
and  steekte  meinem  wonach  ein  xiel 

ÜBLLIRT  fMrke  1,  S76. 

Cr. 


sdiener  personen: 

ein  anders  ziel  wil  ich  jm  stecken, 
ob  ich  jn  dadurch  kOnt  abschrecken 

Krüger  aktion  vom  anfang  und  ende 
der  weit  (1580)  H  5» ; 
lasz  deine  kirch  auff  erden 
nicht  überwältigt  werden, 
dein  feinden  steck  ein  ziel 
JoH.  Heermann  bei  Fisch br-TCmpbl  1,  836. 

doch  schon: 

swaj  der  plänSten  reise 
umlilouft,  und  ir  schin  bedecket, 
des  sint  dir  zil  gestecket 
ze  reichen  und  zerwerben 

Wolfram  Parzival  782,  20. 

ziel  neben  entsprechenden  begriffen: 

wo  wird  doch  endlich  meinem  leiden 
das  ziel  und  maass  gestecket  seyn? 

Königsberg,  dichterkreis  93  neudr.; 
der  die  raben  kann  versorgen, 
hat  auch  deinem  trauermorgen 
ende,  maas  und  ziel  gesteckt 

Neukirch  gedickte  (1744)  77. 

selten  mit  einer  bestimmung  des  grades: 

doch  weil  der  eitelkeit  ein  enges  ziel  gestekkt,  .  .  . 
muss  sie  ein  kluger  geist  zu  Zeiten  wider  regen 

LOHBNSTEIN  Ärmintu»  (1689)  1,  14; 

S)  doch:  ein  vngewaschen  maul,  ist  vnglück  zum  zil 
gsteckt  Franck  sprüchwörter  (l54i)  2,  68»  findet  sein  ende 
im  Unglück. 

e)  für  den  menschen  das  ziel  aufrichten,  nach  dem  wir 
alle  eilen;  subject  ist  gott:  das  ziel  eweres  lebens,  welches 
gott  euch  vnd  einem  jeden  manschen  .  .  .  fest  gestecket 
Mosch EROSCH  insomnis  cura  parentum  28  neudr.; 

ich  lebe  länger  nicht,  als  du  {gott)  mein  ziel  gestecket 
ScHMOLCKK  trogt-  und  geistreiche  Schriften  (1740)  1,  S24. 

das  Schicksal: 

tief  unter  der  erde  .  .  . 

da  bat  uns  das  Schicksal  das  ziel  gesteckt 

KÖRNER  2,  86  Hempel. 
der  tod: 

und  eh  wirs  uns  versehen, 
da  kömmt  der  tod,  steckt  uns  das  ziel, 
und  da  ists  dann  geschehen 
Gerhardt  bei  Fischer-Tümpel  kirchenlied  3,  440*. 

die  kürze  dieses  lebenszieles  wird  hervorgehoben: 

ehr  meinen  lieben  söhn  fürbass, 
weil  jhm  zu  leben  ohne  das 
gestecket  ist  ein  kurtzes  zil 

Spreng  Rias  (1610)  11»; 
was  darf  sich  denn  die  Jugend  viel 
um  das  zu  nah  gesteckte  ziel 
des  kurzen  lebenslaufs  beklagen? 

Gottsched  gedickte  (1751)  879. 


atuJi: 


weil  die  fOhrung  harter  Schlüsse 
ein  betrübtes  ziel  gesteckt 

Günther  gedichU  (1736)  86S. 


der  versuch  einer  Verstärkung  tcird  gemadU: 

biss  nun  auch  dess  todes  neid  ihr  das  letzte  ziel  gestecket 
LoGAU  sinngedickte  163. 

b)  deutlicher  wird  dieser  ausgang  der  vorigen  entwick- 
lung  in  dem  der  neueren  spräche  geläufigen  einem  dinge 
grenzen  stecken:  (der  fette  boden)  mit  dem  sande  der 
wüste  überschüttet,  die  hier  bis  zu  dem  Nilufer  tritt, 
so  dasz  dieser  ihr  hier  die  grenze  steckt  Rittbr  erd- 
ku7ide  (1822)  1,  639;  die  hauptaxe  der  anschwellung  der 
östlichen,  dem  hecken  des  grossen  ost-oceans  so  plötz- 
lich seine  grenze  steckenden  erhebungsmasse  8,  49; 

die  gr&ntz  ist  der  natur,  der  see  ihr  xiel  gesteckt 
HoPKMANNSWALDAU  ffcdiehte  (1697)  4,  8; 
dessen  thron  die  weiten  räume  decken, 
dessen  reich  die  stenio  grenzen  stecken, 
dessen  willen  wollen  wir  vollstrecken 

Klbist  werke  1.  11  K.  ückwUdt  (Schroffetutein  1,  1); 

wenn  ihre  freundschaft  keine  grenzen  kennt,  so  mass 
ich  ihr  grenzen  stocken  Ppbppbl  pro»,  versuche  (1810) 
4,  46;  wie  nun  aber  in  allen  geistesthftUgkeitcn  keine 
grenze  gesteckt  ist  Göthb  II  7,  847  Weim.  mit  weiterer 
bestimmung:  befriedigt  er  (Pmo)  durch  seine  freund- 
Bchaft  fUr  ihn  (Carlos)  einen  andern  trieb,  als  nur  diese 
frenndsohaft ,  so  kann  dem  stücke  selbst  nicht  wohl 
eine  engere  grenze  gesteckt  seyn  Schillbr  8,  80;    wie- 

Cr. 


1305 


STECKEN 


STECKEN 


1906 


weit  auch  die  natur  die  grenzen  seiner  tage  gesteckt 
hatte,  dennoch  erlebte  er  {Karl  V.)  nicht  den  ausgang 
dieses  kampfes  Moltke  schriften  2,  9; 

(dass  er)  dem  laufe  seines  glucks  geweihte  grenzen  stecket 
Neukirch  gedickte  (1744)  180; 
darch  meinen  schweren  fall  bin  ich  so  tief  erschreckt, 
die  gränze  sei  von  dir  nach  eignem  mass  gesteckt 

GöTHE  15,  287  Weim.  (Faxigt  2). 

das  zugrunde  liegende  büd  wird  deutlicher  herausgearbeitet: 
so  wenig  sicher  sind  jene  grenzpfähle,  welche  historiker 
und  Philosophen  für  die  geschichte  gesteckt  haben  Gutz- 
kow vxrke  12,  116.  —  selten  schranken  stecken:  feste 
schranken,  welche  man,  wenn  sie  einmal  mit  reifer 
Überlegung  gesteckt  worden,  nie  überschreiten  sollte 
Gersten  BERG  schlesic.  litteraturbriefe  338;  blieben  nun 
in  der  Wirklichkeit  immer  schranken  gesteckt  und  gren- 
zen abgezeichnet,  so  überschritt  sie  doch  die  ganze  Un- 
schuld der  .  .  .  Vorzeit  allenthalben  Jak.  Grimm  i?etn- 
hart  Fuchs  3  vorr.;  mochten  der  kritik  gegen  die  vater- 
ländische Chronik  patriotische  rücksichten  schranken 
stecken  Mommsen  räm.  geschichte  2,  430. 

c)  in  älterer  spräche  bisioeilen  auch  ein  mal  stecken 
designare  metam  Stieler  1216;  ganz  entsprechend  der 
reicheren  Verwendung  von  ziel  (^unter  d):  unser  gebett, 
soll  es  recht  gehen,  musz  es  also  geschickt  sein,  das 
wir  unsern  herr  gott  nicht  das  mall  stecken,  das  ers 
thue,  wan  wir  wollen  Luther  9,  .%5,  11  Weim.;  vgl.  mal 
2  c  {th.  6  sp.  1495).  ähnlich:  da  hatt  der  euangelist  aber 
eyn  maltzeychen  gesteckt,  das  er  hie  schweygt  der 
namen  Joseph  und  Maria,  nennet  sie  vatter  und  mutter 
10,  1,  1,  387  Weim.  das  mal  stecken  auch  noch  jetzt  beim 
ballschlagen  in  Marburg  (mittheilung  von  Edward 
Schröder.) 

d)  einem  etwas  in  den  weg  stecken,  ihm  ein 
hindernisz  bereiten,  ähnlich  tcie  unten  einem  etwas  in 
den  weg  legen,  d.  h.  auch  balken,  reisighaufen  und  grosze 
steine;  wie  einem  miszliebigen  der  %ceg  verzäiint  icerden 
konnte,     bildlich : 

hat  euch  gott  manchmal  ein  kreuz  in  weg  gesteckt, 
80  seyd  ihr  .  .  .  drüber  hin  geschritten 

Stoppe  Pamatz  (1735)  403. 

5)  einen  pflock  davor  stecken,  wie  zum  verschlusz 
einer  thär,  und  so  den  freien  austritt  hindern,  gebraucht 
von  allmöglicher  hindernder  thätigkeit:  ich  hab  meine 
büchlin  jnn  dem  stück  wol  verwaret  und  allen  lester- 
menlem  einen  pflock  dafür  gesteckt,  das,  wer  sich  da 
Widder  legt,  sol  redlich  anlauffen,  vde  dieser  meuchler 
Lother  so,  3,  447  Weim.,  wo  das  anlaufen  gegen  die  so 
verschlossene  thür  besonders  deutlich  ist;  es  galt  auch 
meinem  köpf  am  aller  meisten,  was  der  deufl'el  durch 
in  {den  Thomas  Münzer)  furnam.  aber  ich  stackt  im 
ein  pflock  darfur  durch  gots  genaden  19,  278  Weim.  im 
deminut. :  es  ist  yhm  nhue  eyn  pflockleyn  vor  die  zcunge 
gestecket,  ut  peniteat  eum  interrogasse  29,  527  Weim.; 
das  ist  der  man,  der  dem  bapst  ein  pQöglein  dafür  ge- 
steckt hat,  das  er  nicht  sol  können  aulTheben  noch 
lösen  einige  buchstaben  noch  tütel  in  der*schrifft  30,  2, 
*72  Weim.    auch  heute  noch  einen  stecken  davor  stecken. 

6)  in  der  bedeutung  hineinstecken,  a)  das  schwert 
in  die  scheide  stecken:  da  sprach  Jhesus  zu  Petro, 
stecke  dein  schwert  in  die  scheide  Joh.  18,  il ;  vgl.  da 
sprach  Jhesus  zu  jm,  stecke  dein  schwert  an  seinen 
ort,  denn  wer  das  schwert  nimpt,  der  sol  durchs  schwert 
vmbkomen  Matthäus  26,  52;  aber  der  Juncker  .  .  .  wischt 
sein  schwerdt  ab,  vnd  stecket  es  in  die  scheyden 
Amadis  74  Keller; 

das  schwert  steck  in  die  schaiden  ein 

Spreng  Utas  (1610)  1,5''; 

dein  schlachtschwert  müssest  du,  vor  wnth  erbittert, 
statt  in  die  scheid',  in  gottes  boden  stecken 

Rückert  werke  (1867)  1,  33. 

besonders  als  bildlicher  ausdruck  des  friedenssehlusses : 
aber  unglücklicher  weise  widersprachen  sich  die  be- 
dingungen,  unter  welchen  beyde  religionspartheyen  das 
schwert  in  die  scheide  stecken  wollten  Schiller  8, 133; 
wir  schauen,  wie  die  eisenseiten  Oliver  CromweH's  ihr 
blutiges  schwert  in  die  scheide  stecken  Trkitschke 
histor.  undpolit.  aufsätze  1,40.  —  den  pfeil  in  den  kScher 

Cr. 


stecken  u.  ä. :  nun  steckt  der  Teil  ein  anderen  pfyl  in  das 
goller  vnd  rüst  sich  zö  schiessen  schxceiz.  Schauspiele  des 
16.  jh.  3,  28  Bächtold.  —  den  Schlüssel  ins  Schlüsselloch 
stecken  Krämer  diet.  2  (1702)  923^  —  in  den  gürtel 
stecken  u.  ä.:  als  er  ein  halbes  roszeisen  gefunden, 
und  selbiges  undem  gürtel  gesteckt  hatte  Agyrtas 
grillenvertreiber  (1670)  148;  er  soll  manchmal  einen  dolch 
...  in  den  gürtel  gesteckt  haben  Göthe  21,  87  Weim.; 
Wilhelm  steckte  noch  überdiesz  ein  paar  terzerole  in 
den  gürtel  22,  32  Weim. 

b)  in  den  mund  stecken  und  dergl.:  wann  die  F. 
schreyen  wird,  als  ein  kätzlein,  will  ich  jhr  also  bald 
ein  Würstlein  in  das  maul  stecken  Mäynhincklers  sack' 
1612  C2»;  es  kann  keiner  ein  bissen  ins  maul  stecken 
Kramer  dict.  2  (1702),  923"=;  anstatt  eine  ganze  band  voll 
brodfrucht  auf  einmal  in  den  mund  zu  stecken,  schnitt 
er  sie  ganz  manierlich  in  kleine  stücke  Forster  2,  59; 
nun  endlich  steckte  sie  dem  schreihals  den  zulp  zwischen 
die  lippen.  sofort  verstummte  das  gezeter  und  machte 
behauch  glucksenden  lauten  platz  Polen  z  Büttner- 
bauer 1,  12; 

ihr  brei  ist  noch  nicht  gar  und  recht: 

drum  nimmt  sie  schnell  ein  lümpchen  schlecht, 

und  kaut  ein  Zuckerbrot  hinein, 

and  steckt's  dem  kind  in's  mündelein 

Göthe  16,  73  Weim.; 

in  anlehnung  vxM  an  die  xoendung  aus  der  hand  in  den 
mund  d.  h.  einfach,  schnell,  auf  kurzem  wege  u.  ä.  {vgl. 
hand  7  a  th.  i,  2  sp-Sto):  auch  ist  es  nicht  übel,  so  die 
schönsten  apfelsinen  vom  bäum  in  den  mund  zu  stecken 
Moltke  schriften  (1892)  4,  23.  —  im  vergleich:  Stanzius 
stand  da,  wie  ein  knabe,  dem  ein  gast  einen  lecker- 
bissen  in  den  mund  stecken  will  Nicolai  Nothanker 
(1773)  1,  152.  —  den  finger  in  den  mund  stecken: 

die  zahn',  asservez-vons,  sind  alle  noch  gesund, 
Versuchs  und  stekke  nur  den  daumen  in  den  mund 
Rachel  satyr.  gedickte  117  neudr. 

als  grober  kriegsbrauch  bei  der  zurüstung  zum  sehtee- 
dischen  trunk:  den  knecht  legten  sie  gebunden  aufF  die 
erde,  steckten  ihm  ein  sperrholtz  ins  maul  Simplicissi- 
mus  16  neudr.  als  scherzhafte  redensart  heute:  sich  eine 
cigarre  ins  gesiebt  stecken  vgl.  Ebner -Eschen  fach 
4,  390.  —  andere  körpertheile  \cerden  berücksichtigt:  andere 
nehmen  die  blätter  {des  tabacks),  nässen  sie  an,  machen 
Wicken  davon  und  stecken  sie  in  die  nasenlöcher  medie. 
maidaffe  (1719)  94;  ich  stecke  mir  die  finger  in  die  ohren 
und  antworte  nicht  Gaudy  13,  87; 

es  sizt  der  schlemmer  da  zuprassen, 
weyst  nicht,  wass  er  soll  bringen  lassen, 
dass  seinem  lekkermaul  mehr  scbmäck, 
und  dass  er  in  den  schmerbanch  stäck 

ROMPLER  VON  Löwbnhalt  (1647)  20. 

einen  Übergang  zum  folgenden  bietet:  einem  etwas  in  die 
hand  stecken,  es  ihm  heimlich  darreichen,  zustecken  (». 
unten):  {Wilhelm)  steckte  dem  alten  .  .  .  eine  reichliche 
belohnung  in  die  hand  Göthe  21,  206  Weim.;  und  steckte 
ihm  eine  anzahl  scudi  in  die  hand  43,  113  Weim.;  älter: 
einem  richter  ein  paar  ducaten  in  die  faust  stecken 
Kramer  dict.  2  (1702),  923*. 

c)  einen  gegenständ  in  die  tasche  stecken,  um  ihn 
besser  bewahren  zu  können  auf  der  reise  und  sonst:  Wilhelm 
war  überzeugt,  dasz  dieses  billet .  .  .  von  dem  oheim  in 
die  tasche  gesteckt  worden  sei  Göthe  22,  66  Weim.;  in 
alle  taschen  wurde  mir  geld  gesteckt  Schubart  leben  2, 66; 
sie  füllte  meinen  tomister  mit  eszwaren,  hing  mir  ein 
artiges  reisefläschchen  um,  mit  wein  gefüllt,  steckte  mir 
noch  hie  und  da  etwas  in  die  taschen  und  gab  mir  gute 
verhaltungsregeln  Keller  l,  133; 

die  Stadtpoeten  stecken  in  die  tasche 
papier  und  bleistift  und  lorgnett' 

Heine  l,  136. 
niU  weiterer  differencierung:  so  geschah's,  dasz  ich  .  .  . 
das  t&felchen  in  das  brieftäschchen  steckte  Göthe  25,  36 
Weim.;  du  steckst,  ehe  du  aus  dem  hause  gehst,  eine 
todte  kertze  in  die  uhrtasche  Grabbb  l,  381 ;  dabei  steckte 
er  die  summe  ...  in  die  brusttasche  Gutzkow  ritter 
vom  geist  1,  64; 

sagt  mir,  in  welche  taschen 
■teck'  ich  das  blei,  das  mir  noth? 

Rückert  (1867)  1,  68. 

Cr. 


1307 


STECKEN 


STECKEN 


1308 


als  geate  der  gleichgültigkeit,  doch  bisweilen  axteh  Verlegen- 
heit wird  etwas  stillschweigend  oder  achselzuckend  in  die 
tasche  gesteckt:  als  man  ihn  rief,  um  ihm  seinen  an- 
klageakt  zuzustellen :  er  las  ihn  .  .  .  und  steckte  ihn  mit 
achselzucken  in  die  tasche  G.  Kerner  bei  J.  Kerner 
bilderbuch  90.  —  die  hftnde  steckt  man  in  die  tasche, 
um  sie  vor  kälte  zu  schützen,  doch  auch  als  geste  des 
trotzes,  des  übermuthes  u.  s.  w.:  der  junge  steckte  trotzig 
die  hände  in  die  hosentaschen  Freytao  4,  98;  die  rechte 
band  steckte  er  dabei  behaglich  in  die  seitentasche 
seines  pantalons  Gutzkow  ritter  vom  geiste  l,  17.  die 
entsprechende  geste  bei  der/rau:  da  sie  . . .  die  hände  . . . 
noch  ebenso  unter  die  schürze  steckt,  wie  sonst,  so 
zeigt  das,  dass  sie  gleichmut  des  geistes  besitzt,  und 
sich  durch  das  glück  nicht  zu  stolz  und  Übermut  ver- 
leiten läszt  E.  Th.  A.  Hoffmann  u,  154. 

«)  in  der  Verbindung  mit  anderen  begriffen:  in  den 
sack  stecken:  wir  wissen  aber  nicht,  wer  vns  vnser 
geld  in  vnser  secke  gesteckt  hat  1.  Mos.  43,  22;  beede 
catholische  aber  steckten  die  pfeiff  mit  seufftzen  und 
gedult  in  den  sack  Simpl.  2,  359  Keller;  gieng  damit  hin, 
und  schlachte  ein  kalb,  steckte  dasselbe  in  einen  sack 
Schupp  freund  in  der  not  6  neudr.;  die  band  wurde  in 
einen  mit  dem  Siegel  des  richters  verwahrten  sack  ge- 
steckt Schmidt  geschickte  der  Deutschen  1,  311; 

viel  haben  bodenlose  seck, 

hilfft  nicht,  wie  viel  man  darinn  steck 

Kirchhof  wendunmuth  2,  13; 

sie  stecken  den  brief  nachlässig  in  den  schubsack 
Rabener  6,  18; 

{erblicken,)  wie  hurtig  er  (.der  rävher),  was  ihm  gefiel, 

in  Beinen  weiten  schnappsack  steckte 

Pfeffel  poel.  versuche  2,  69; 

sie  fürt  in  in  sein  kamer,  gab  im  zweyntzig  gülden,  die 
stecket  er  in  seinen  seckel  Schumann  nachtbüchlein  268. 
—  des  wardt  Ciawert  hoch  erfrewet . . .  vnd  steckt  brod, 
und  ander  speise  in  seinen  pündel  Krüger  Claiverts 
toerckl.  historie  10  neudr. ;  hierauf  ging  sie  geschäftig  hin 
und  her  und  steckte  das  kalbfellränzchen  des  knaben  voll 
und  steckte  ihm  noch  allerlei  in  die  taschen  Stifter 
werke  5,  1,  223.  —  in  den  ärmel  stecken:  etwas  schnell 
und  unauffällig  verschwinden  lassen: 

so  dir  etwas  wol  thfit  schmecken, 
soltu  das  halb  in  d'  ermel  stecken 

ScHErr  grobianus  846  neudr.; 

anders:  da  henget  er  (Claioert)  des  pfaffen  braunen 
mantel  vmb,  band  den  einen  ermel  zu,  vnnd  stecket 
die  zween  besten  silbern  becher  darein  Krüger  Ciawerts 
werckl.  historie  15  neudr.  häufig  etwas  in  den  busen 
stecken:  {als  scen.  bemerk.)  indem  er  auf  den  dolch 
weiset,  den  er  wieder  in  den  busen  steckt  Lessing  2, 
322  {Sara  Sampson  4,  3) ;  da  sind  so  viele  veilchen,  man 
steckt  sie  in  den  busen  Bettine  Brentanos  frühlings- 
kram  8; 

dann  etlich  seind  der  listen  voll, 
das  sie  ein  fleck  von  langer  woll 
in  busen  stecken,  setzst  dich  drein, 
gar  bald  sie  dann  vorhanden  sein 
vnd  lauBsen  dich  berausser  gschwind 

Fisch  ART  flöhatz  8  nevdr.; 

(wenn  die  tUchgätte)  sitzen  an  dem  tisch, 
vnd  keiner  ist  zu  essen  frisch, 
so  greifT  vmb  dich,  nimb  ein  paar  wecken, 
die  soltu  fluchs  in  hfisen  stecken 

Schbit  Orobiann»  2750  neudr.; 

{vgl.)  Tnd  der  herr  sprach  weiter  zu  jm,  stecke  deine 
band  in  deinen  bösen,  vnd  er  steckt  sie  in  seinen  bösen, 
vnd  zoch  sie  eraus,  sihe,  da  war  sie  aussetzig  wie  schnee 
t.  Mo».  4,  6. 

ß)  bildliehe  Wendungen  von  sprichwörtlichem  werthe 
knüpfen  hier  an.  einen  schimpf  ruhig  in  die  tasche 
stecken  müssen,  ihn  dulden  müssen,  ohne  die  möglich- 
keit,  sieh  loehren  zu  können:  der  kutscher  aber  .  .  . 
konnte  den  schimpf  nicht  leicht  in  die  tasche  stecken 
BODI  Thom4U  Jona  (1786)  8,  598; 

spring,  Marfsretbe,  lauf,  da  iat  der  •cblUsMl  I 
In  meinnm  laboratorium  iiit  herr  Reymund, 
dann  geh'  in  «il  zu  meinem  leibarzt  hin; 
■UU  darf  man  da«  nicht  in  die  taachs  stecken 

Tisch  tchriften  (1818)  8,  SM. 

Cr. 


doch  eines  in  die  tasche  stecken,  sich  seiner  kurzerhand 
bemächtigen,  darüber  herr  werden  u.  a.  w.:  mag  er  {Doria^ 
Genua  in  die  tasche  stecken,  .  .  .  was  kümmerts  uns? 
Schiller  3,  24  {Fiesko  l,  7);  der  alte  Hannibal  .  .  .  kam 
bis  an  die  thore  Roms  —  und  steckte  es  in  die  tasche 
Bauernfeld  l,  204;  sahen  wir  doch  im  jähre  1813,  wie 
in  Hamburg  ...  ein  französischer  marschall  zum  ab- 
schied die  Hamburger  bank  in  die  tasche  steckte  Moltke 
Schriften  7,  140; 

ein  hanswurst  von  könig, 
ein  beutelschneider  von  gewalt  und  reich, 
der  weg  vom  sims  die  reiche  kröne  stahl, 
und  in  die  tasche  steckte 

Shakespeare  3,  274  (Hamlet  3,  4) ; 

dass  die  hoUandsgängcr  den  landbaner  in  die  tasche 
steckten  Moser  werke  l,  187.  noch  heute  einen  mit 
leichtigkeit  in  die  tasche  stecken.  —  entsprechende  Wen- 
dungen mit  dem  begriff  sack  {vgl.  sack  2  th.  S  sp.  1611) : 
sonst  wenn  die  predigt  nicht  were,  so  würde  es  komen, 
das  ein  esel  den  andern  in  einen  sack  steckte  Luther 
28,  653,  27  Weim.;  die  statt  Bern,  im  sack  gebawt,  sac- 
cagirt  man  vmb  die  futerwannige  parmasangmäse  käsa 
und  steckt  sie  mit  jren  lauben  zu  käsz  vnd  brot  inn 
sack  Gargantua  354  neudr.;  wenn  ihro  majestät  nicht 
bald  dazu  thun,  so  stecken  einen  die  kerl  am  end  in 
sack  GÖTHE  8,  40  Weim.; 

weil  oft  ich  {spricht  der  hahn  Alektryo)  zu  früh  das 

gewissen  erweckt, 
ward  mit  dem  gewissen  in  sack  ich  gesteckt 

Brentano  6,  81. 

im  obscönen  spiel  mit  dem  begriff  'vulva': 

nun  hört  die  art  des  todes  an : 

ich  soll  und  soll  mich  lassen  sacken. 

Gelinde  weist  den  marterplan, 

und  will  mich  selbst  ins  säckgen  stecken. 

sie  ruCrt  mir  zu:  ins  säckgen  neini 

es  ist  zwar  klein: 

doch  must  du  hier  gesacket  sein 

Hoffmannswaldau  auterl.  gedickte  6,  88. 

im  Sprichwort:  in  mundo  sie  est:  wer  etbas  mag,  der 
steckt  den  anderen  yn  sagk  Luther  9,  374,  24  Weim.; 
das  ist  teufflisch  laster,  wo  einer  sihet,  das  einer  etwas 
vermag,  steckt  er  alium  jnn  sack  34,  2,  483  Weim.;  wer 
den  andern  vermag,  steckt  ihn  in  den  sack  teutsche 
Sprichwörter  (l790)  51.  —  von  einem,  der  in  einer  sache 
auf  seinen  vortheil  bedacht  gewesen  ist,  heiszt  es:  er  hats 
in  beutel  gesteckt  egli  V  ha  cacciato  in  borsa,  met.  con- 
vertito  in  suo  proprio  utile  Kramer  dict.  2  (1702),  924". 

y)  ähnlichen  sinn  wie  oben  einem  etwas  in  die  schuh 
schieben,  gieszen  u.  ä.  {vgl.  schuh  i  e  y  th.  9  sp.  1849) 
hat  das  folgende:  o  Jesus  mein  erlöser!  was  haben  sie 
dir  alles  unter  den  mantel  gesteckt?  Bettine  dies  buch 
gehört  dem  könig  (1843)  l,  252. 

6)  zwei  dinge  in  einen  sack  stecken  sie  als  gleicluirtig 
behandeln,  wofür  heute  gewöhnlicher  werfen  (*.  untert)  ge- 
braucht  wird,  im  parallelismus  mit  identificieren:  weil 
er  {der  begriff  'beiden'  nämlich)  Brahmanisten,  Bud- 
dhaisten,  Acgypter,  Griechen  identificirt  und  in  einen 
sack  steckt  Schopenhauer  l,  6i9. 

e)  aus  der  sphäre  des  glücksspiels  stammt  der  ausdruck 
die  äugen  in  die  tasche  stecken,  nicht  aufachten,  sondern 
etwa  den  schon  gemachten  gexcinn  {oder  erlittenen  vertust) 
während  des  spielet  feststellen  wollen:  aber  yhr  lieben  rad- 
herrn  zu  Basel,  Strasburg  und  alle  die,  so  yhr  solche 
sacramentsrotton  bey  euch  habt,  mUgt  euch  solche  yhre 
rede  wol  warnen  lassen,  das  yhr  die  äugen  nicht  yn 
die  beutel  steckt,  sondern  des  spiels  wol  acht  hai>t 
Luther  28,  283  Weim.;  wer  im  schacht  ziehen,  vnd  im 
bergwerck  bawen  wil.  der  sol  seine  äugen  nicht  in  die 
tasche  stecken  Mathesius  Sarepta  (1571)  88*. 

e)  die  band  ins  wasser  stecken  u.  ä.:  ich  wollte, 
das  man  solchen  büohschreibem  die  finger  abhawet,  vnd 
die  hende  in  heiss  pech  stecket  Cochlaeus  heiml.  ge- 
sprach  7  neudr.;  überlegen  sie,  wie  es  {das  schqfmon- 
strum)  am  besten  zu  benutzen  und  aufzubewahren  sey; 
vielleicht  stocken  sie  es  vor  der  band  ganz  in  brannt- 
weln  Göthb  IV  8»,  177  Weim.  eine  pftffersone  iat  im 
folgenden  gemeint:  {ein  priester  fragt:)  hat  mans  {daa 
oaterlamm)  in  pfefTcr  gesteckt?  und  mit  einander  raus« 
gesohleckt?  Sandrub  hist.  und  poet.  kurtweil  4«  neudr. 

Cr. 


1309 


STECKEN 


STECKEN 


1310 


atich :  thät  ganz  verstohlen  ans  einem  kübel,  in  den  ich 
das  maul  steckte,  einen  rechtschaffenen  trunck  wasser 
Simpl.  2,  364  Keller;  das  ein  verlassener  gedültig  sey, 
wenn  jn  etwas  vberfelt  vnd  seinen  mund  in  den  staub 
stecke,  vnd  der  hoffnung  erwarte  Magel.  Jerem.  3,  29; 
dieses  schöne  blau  ist  fest  zu  halten,  wenn  man  schnell 
den  stahl  aus  der  hitze  nimmt  und  ihn  in  asche  steckt 
GÖTHE  II  1,  195  Weim.  dazu  das  sprichicort:  es  kann 
einer  keinen  finger  in  die  asche  stecken,  so  wirds  aus- 
getragen non  si  pud  ficcar  un  dito  nella  cenere,  che  lo 
sä  subito  tutto'l  vicinato  Kramer  dict.  2  (1702),  923«. 

f)  höhnen  stecken  tt.  ä.,  d.  h.  den  samen  in  die 
erde  hinein  drücken,  damit  er  keime  und  aufgehe:  bohnen 
stecken  fabas  scrohibus  deponere,  terra  egesta  deprimere 
Stieler  2158;  er  steckt  bohnen  fabas  serit  Steinbach 
(1734)  2,  715;  wenn  man  eine  bone  steckt  in  einem 
garten  Luther  34,  2,  121  Weim.;  unser  herr  pastor  steckt 
bohnen    und    lieszt    intelligenzblätter    Schubart   briefe 

1,  96  Strausz.  auch  er  wird  also  wohl  thun,  die  eichein 
so  zu  stecken,  dasz  sie  .  .  .  zugedeckt  werden  können 
GÖTHE  IV  8,  192  Weim.; 

was  man  jezund  im  garten  stekt, 
das  wird  im  sommer  aufferwekt 

Grob  dichterische  versuchgabe  (1678)  131. 

m  neuerer  spräche  besonders  kartoffeln  stecken:  wer  ihm 
seine  tüften  stecken  und  den  weizen  mähen  und  aus- 
dreschen mag  PoLENZ  GrabenMger  1,  61;  um  das  land 
umzugraben  und  kartoffeln  zu  stecken  Hauptmann 
Bahnwärter  Thiel  (1892)  38.  auch  sttbstantiv:  nun  wurde 
s  ernst  in  der  feldarbeit,  mit  pflügen,  eggen  .  . .,  pflanzen, 
'.ecken  und  walzen  Polenz  Grabenliäger  2,  116. 

o)  nur  durch  eine  nuanee  unterscheidet  sich  davon 
pflantzen  stecken  piantare,  porre,  sotterrare piante  Kramer 
dict.  2  (1702),  S23<=,  d.  h.  die  jungen  pflänzchen  mit  dem 
finger  oder  sonst  in  die  erde  hinein  drücken,  zum  tceiteren 
vcachsthum;  die  im  mistbeete  gezogenen  pflänzchen  nun  ord- 
nungsmäszig  auf  freiem  gartenbeete  auspflanzen:  pflanzen 
stecken  brassicam  tralatitiam  per  ordines  disponere  Stie- 
ler 2158;  auch  die  kräuter  in  den  garten  stecken  Tier- 
bas  in  horto  plantare  Steinbagh  (1734)  2,  715;  bey  dem 
gärtner  die  aristolochien  gesteckt  Göthe  III  4,  90  Weim. 
vgl.  unten  Stecker  1  und  2. 

7)  einen  gegenständ  zu  sich  stecken  und  so 
sein  besitzer  werden:  davon  zween  {thaler)  so  nah  zu 
mir  rollten,  gleichsam  als  wann  sie  mich  baten,  ich 
solte  sie  aufheben  und  zu  mir  stecken  Simpl.  2,  406,  11 
Keller;  das  halstuch  .  .  .,  das  ich  aus  inbrünstiger  liebe 
ergriff  und  zu  mir  steckte  Göthe  23,  93  Weim.;  stecke 
es  {das  kästchen)  zu  dir,  vater,  und  lasz  es  niemand 
sehen  1  24,  60  Weim.;  auf  diesem  papier  stehn  die  zwölf 
kandidaten  des  todes.  stecken  sies  zu  sich,  und  lassen 
es  unter  meinen  vertrauten  herumgehn  Schiller  3,  253 
{Fiesko  2, 17);  und  wenn  ihr  ausgetrunken,  so  verschmähet 
nicht,  diese  schaale  zu  euch  zu  stecken  maier  Müller 

2,  183;  noch  nahm  ich  eins  von  den  gefäszen  .  .  .  und 
steckte  es  zu  mir  Tieck  Schriften  (1828)  4,  158; 

'da,  spricht  er,  lasz  dirs  schmecken!' 
ich  habe  schon  genug,    'du  kannst  noch  zu  dir  stecken' 
JoH.  E.  Schlegel  voerke  (1761)  4,  81. 

v>eit  schwächeren  gehalt  bietet  die  folgende  verioendung: 
wer  auf  den  marckt  gehen,  und  von  dar  nicht  leer  wie- 
der zurücke  kommen  will,  der  musz  geld  zu  sich  stecken 
Sperling  Nicodemus  quaerens  1  (1718),  409;  selbst  wenn 
er  vor  das  tor  ging,  steckte  er  nicht  einen  deut  zu  sich 
Keller  4,  222;  Fingerling  hatte  einen  kleinen  taschen- 
puffer  . . .  sorgfältig  geladen  und  zu  sich  gesteckt  Seidel 
Vorstadtgeschichten  155;  (ich)  hing  meinen  tornister  um, 
steckte  einigen  mundvorrath  zu  mir  und  trat  die  Wan- 
derung an  Ebner-Eschenbach  4,  216;  wo  den  begriffs- 
inhalt  erläutert:  ich  wollte,  ich  hätt'  einen  mantel  oder 
einen  Überrock  zu  mir  gesteckt,  oder  mit  mir  genommen, 
will  ich  vielmehr  sagen  E.  Th.  Hoffmann  8,  4fi. 

8)  in  dem  sinne  von  wegstecken,  verstecken  u.  a.  w. 
ioird  der  begriff  des  verber gens  hervorgehoben: 

o)  den  köpf  in  die  nachtmütze  gesteckt  Göthe  4fi,  68 
Weim.;  sie  steckte  den  leichnam  des  kindes  in  einen 
hafen  maier  Müller  i,  800;  sie  stecken  ihn  {den  Fol- 
ataff)  ...  in  einen  groszen  korb  voll  schmutziger  wasche 

Cr. 


scJUeswigsche  lüteraturbriefe  145,  24;  ja,  der  vermeint  adler 
hat  den  köpf  in  sein  spitzekragen  gesteckt  Bettine  dies 
buch  gehört  dem  könig  (1843)  l,  24 ;  und  die  nacht  steck 
ich  dich  in  den  kleiderschrank  Ludwig  2,  378; 

sie  steckt  den  brieiT  ins  röhr 

Hans  Sachs  2.  27,  25  KeUer-Götsx; 

drümb  so!  mein  himmelslicht 
sein  klares  angesicht 
in  schwartze,  trübe  deken 
vnd  dunckle  wolcken  stecken 
F.  GsaBARD  bei  Fischer-Tümpel  Hrcheiüied  3,  400»; 

dann  wirft  er  sich  nieder, 
stekket  sein  haapt  in  den  staub 

Lenz  gedickte  30  Weinhold; 

lass  mich  nur,  ich  will  ja  blind  und  lahm  sein, 

will  den  köpf  und  alle  beiden  äugen 

in  die  fülle  deiner  locken  stecken      Mörike  1   108; 

ehe  sie  sich  niederwarfen,  steckte  der  teufel  vor  den 
äugen  des  eremiten  einen  schweren  beutel  voll  gold 
unter  die  streue  Klinger  3,  88;  ein  paar  trunkene  edel- 
knaben  .  .  .  erzählten,  dasz  sie  den  kleinen  Cornelius  .  .  . 
unter  den  ofen  gesteckt  Arnim  i,  149;  die  fasanen  lagen 
meistens,  den  köpf  unter  die  flügel  gesteckt,  dumpf  hin- 
brütend  da  Immermann  2,  loo; 

die  sonn  an  jhrem  schein  beflecket, 
vnder  die  wolcken  wird  gestecket, 
wann  der  wind  also  grimmig  weht 

Spreng  Rioi  (1610)  174»'. 

d)  in  reflexiver  wendung  der  heutigen  spräche  mehr  ab- 
handen gekommen,  zu  gunsten  von  verstecken:  ain  floch 
wolt  wandern  über  land  und  stecket  sich  in  ain  ballen, 
die  ain  kemeltier  uf  im  truog  Stein höwel  Äsop  188; 
wie  wolds  sich  das  reymen,  das  sich  die  reyne  gotliche 
majestet  yn  eynen  solchen  schlam  stecken?  Luther  27, 
485,  25  Weim.;  in  tieffe  der  federn  solt  dich  nit  stecken 
{beim  schlafen)  Guarinonius  greioel  der  Verwüstung  (l610) 
1279;  die  geheimnisse  des  kabinets  stecken  sich  gern  in 
die  falten  eines  weiberrocks  Schiller  3,  71  {Fiesko  2, 15); 

ich  gunt  mich  weiter  stecken 
in  Stauden  und  in  hecken 

ZiNKGREF  gedichte  7  netidr.; 

so  pflegt  des  drachen  brat  sich  in  die  kluft  zu  stecken 
Pietsch  gebundene  »chrißen  (1740)  4; 

nach  dieser  seile  flog  der  ball !  —  er  liegt 
hier  an  der  erde,    schnell  fass'  ich  ihn  auf 
und  stecke  mich  in  das  gebüsche ! 

Göthe  10,  99  Weim.; 

nun  treffen  sie  sich  nie  in  wies'  und  hain, 
am  klaren  quell,  bei  lust'gem  stemenschein ; 
so  zanken  sie  zu  aller  elfen  schrecken, 
die  sich  geduckt  in  eichelnäpfe  stecken 

Shakespeare  l,  197  {sommemachtstraum  2,  1). 

sich  in  einen  elenden  winckel  stecken  ficcarsi,  cacciarsi, 
gettarsi  in  un  viL  eantonuceio  {per  habitarvt)  Krämer 
dict.  2  (1702),   924»; 

unsrer  liebe  göldnes  feuer 
stekkt  sich  in  die  winkel  nicht 

[Stieler]  gehamschte  Venxis  56  neudr. 

sich  zu  einer  gesellschaft  rechnen: 

drnmb  dürfen  sich  auch  wol  in  diesen  orden  stekken, 
die  niemahls  was  gethan  als  nur  die  feder  lekken 

Rachel  satyr.  ged.  110  neudr. 

sich  hinter  etwas  stecken,  auch  hier  vnrd  verstecken 
heute  durchaus  vorgezogen:  als  Isidor  sein  werk  voll- 
bracht hatte,  steckte  er  sich  hinter  den  wachtofen 
Immermann  l,  35  Hempel.  nicht  in  directer  Verbindung 
mit  einer  loealen  angäbe:  und  wird  in  den  forstordnangen 
verboten,  solche  (grenz-)  weg  zu  hauen  und  abzutreiben, 
weil  man  dadurch  theils  Urkunden  der  grentzen  hat, 
theils  auch  das  wild  sich  stecken  kan  allgem.  haushalt.- 
lexicon  2,  589". 

c)  in  sprichwörtlicher  rede  eines  unter  die  bank  stecken, 
es  darunter  verbergen  und  so  seine  icirkung  aufheben, 
gewisz  ursprünglich  von  büchem,  die  man  nicht  mehr  zu 
lesen  lust  hat:  sondern  dagegen  so  viel  grewlicher  rotten 
und  secten  auff  komen,  als  die  stifft  und  klöster  sind, 
dadurch  die  christliche  kirche  gar  unterdruckt  gewest, 
glaube  verlosschen,  liebe  ynn  zanck  und  krieg  verwandelt, 
euangelion  unter  die  banck  gesteckt  Luther  26, 197  Weim.; 
man  mus  .  .  .  dasselbige  (tcort)  nicht  faren  lassen  oder 

Cr. 


1311 


STECKEN 


STECKEN 


1312 


unter  die  banck  stecken  28,  726  Weim.  (vgl.  axich  a.  760); 

die  selbstredende  warheit,  die  sich  nicht  unter  die  bank 

stekken  läszt  Neumarck  neu-aprosa.  teutacli.  palmbaum  8. 

auch  von  peraonen,  doch  durchaus  bildlich  und  in  an- 

lehnung  an  daa  vorige: 

die  pracht  wirdt  wehren  nicht  gar  lang, 
steckt  man  schon  bäum  vnder  die  banck, 
BO  gehn  jm  doch  die  sehn  herfür 

GiLHUSius  grammatica  (1697)  4,  2,  96. 

9)  einen  in  kleider  stecken  ihn  mit  kleidem  ver- 
sehen, ihn  bekleiden,  daaz  der  vergleich  mit  einem  dolch, 
einem  degen.  welcher  in  seine  acheide  gesteckt  wird,  für 
das  Zustandekommen  unsei-er  wendung  nicht  zu  ferne  liegt, 
lehrt:  die  gnädige  frau  (hat)  unrecht  .  .  .,  ihre  weissen 
bände  in  ein  paar  handschuhe  zu  stecken  Gersten berg 
recensionen  S40,  32. 

o)  ein  kind  zum  ersten  mal  in  kleider  stecken  Kramer 
dict.  2  (1702),  923*".     besonders  gerne  Soldaten  in  uniform 
stecken,   sie  in  dienst  stellen;    ähnlich    in    den   bunten 
rock  gesteckt  werden:    hier  werden  elegants  mit  regen- 
Bchirmen    und    Strohhüten    und   bauernbengel  in  blaue 
Jacken   gesteckt  und  binnen  vier  wochen  so  zugestutzt, 
dasz  sie  aussehen  wie  Soldaten  Moltke  schrißen  i,  « ; 
'herr,  es  sind  Gascogner, 
mit  schlechten  rocken  zwar,  doch  biedern  herzen.' 
'gut,  gut!  marsch  fort!  steck'  sie  in  kleider!" 

Bauernfeld  fchriften  3,  63; 

'diese  reime  klingen  schandlich,  ohne  metrum  und  cäsuren!' 
wollt  in  uniform  ihr  stecken  litterarische  Panduren? 

Heine  3,  126. 

6)  mit  dem  nebensinn  der  Verkleidung,  vermummung 
u.  s.  w.:  werden  doch  unsere  christliche  beiden  in  rö- 
mischen omat  gesteckt,  wenn  man  sie  aufhängen,  auf- 
stellen, und  also  der  ewigkeit  zubringen  will  Hippel 
lebensläufe  (1778)  3, 1,  48;  es  würde  mich  nicht  sehr  über- 
raschen, wenn  er  in  ein  feil  gesteckt  würde  und  auf 
allen  vieren  gehen  müsste  Hauff  (1890)  4,  154.  neben 
verkleiden:  larven  und  fratzen,  in  welche  er  {Erasmus 
Alberus)  seine  feinde  und  Widersacher  auf  die  bos- 
hafteste, unverschämteste  und  ausgelassenste  art  steckte 
und  verkleidete,  um  sie  so  der  deutschen  naüon  vor 
äugen  ihre  affensprünge  machen  zu  lassen  Raabe  unseres 
herrgotta  canzlei  l,  .53. 

c)  reflexiv  geicendet  (entsprechend  a):  meiner  selbst  und 
des  lebens  überdrüssig,  steckt'  ich  mich  in  diese  kleider, 
in  fremde  dienste  Göthe  li,  169  Weim.  (Siella);  er  hat 
im  sinn,  sich  hier  im  haus'  in  die  livree  zu  stecken 
MOllner  5,  320; 

kämst  du  aus  Enacks  lendeu  her, 
und  könntest  dich  in  purpur  stecken 

KÖNIG  gedickte  (1746)  369; 

Bio  will  sich  nun  in  trauerkleider  stecken 

Hagedorn  poet.  werke  (I7i>9)  2,  281. 

(entsprechend  b) :  nichts  aber  ist  widerwärtiger,  als  wenn 
der  platte  Charakter  sich  einfallen  läszt,  liebenswürdig 
und  naiv  seyn  zu  wollen;  er,  der  sich  in  alle  hüllen 
der  kunst  stecken  sollte,  um  seine  eckelhafte  natur  zu 
verbergen  Schiller  lo,  497;  ich  steckte  mich  in  einen 
wamms  von  rauhen  feilen  Klinger  werke  (1809)  8,  160 
(Faust»  leben);  er  (der  fuchs)  steckt  sich  in  pilgertracht 
Jak.  Grimm  vorrede  zu  Reinhart  Fuchs  (1834)  128; 

ich  stecke  mich  in  arme,  niedre  kleidung, 
und  streiche  mein  gesicht  mit  oker  an 

8hake*peare  4,  187  (wie  es  euch  geJäOt  1,  8). 

»eUsam  klingt:  ich  muszte  lachen,  wie  sein  ganzer  leib 
«ich  in  Zauberpositur  steckte  Pückler  briefwechsel  und 
tageb.  (1878)  1,  125. 

d)  in  einer  »eltsamen  Übertragung  bietet  »ich  die  «wn- 
dung  einen  in  den  hämisch  stecken  (vgl.  in  einen  ur- 
alten rostigen  hämisch  mit  fest  geschlossonom  hclme  ge- 
steckt, wartete  ich  seiner  in  einem  abgelegenen  tbale 
FouQUB  xauberring  [1B12]  l,  16): 

mit  bantem  rock  der  lenlz,  der  sonimer  reich  mit  gold, 
der  herbst  mit  roht  und  weiu  kan  berg  und  tbal  bed(k:ken ; 


iadoch  der  winter  starck  mit  silberreichem  seid 
un  (nlcbtiger)  sie  all  gar  in  den  hamiacb  stAcken 

WscKHiauH  gedickU  8,  804, 104. 

«M  nUU,  i»U  oben  th.  4,  t  «p.  4W  (unter  hämisch  1  e)  an- 
wird,  der  «tnn  dir  wendung  entspricht:   einen 

Cr. 


in  die  tasche  stecken  (s.  oben  unter  6  c  ß),  sondern  viel- 
mehr  die  von  eis  und  sehnee  starrende  winterliche  land- 
schaft  einem  hämisch  verglichen  scheint,  welcher  die  erde 
fest  umsddiesze.  (sie  all  bezieht  sich  auf  berg  und  thal ; 
in  den  hämisch  stecken  gut  hier  aber  als  Steigerung  de» 
mit  buntem  rock  bedecken.) 

10)  einen  ins  gefängnisz  stecken  aliquem  in 
earcerem  mittere  Steinbach  (173+)  2,  715.  die  gedanken- 
fügung  wird  deutlicher  durch  das  folgende:  wenn  sie  (die 
frau)  zur  riesin  würde  und  ihren  mann  in  den  kästen 
steckte  Göthe  25,  l«  Weim.  auch  Wendungen  wie  die 
folgende  sind  in  betracht  zu  ziehen:  ob  wir  ihm  gleich 
den  einen  (fusz)  in  einen  schweren  kästen  gesteckt 
hatten  48,  144  Weim.,  wo  das  festlegen,  und  so  an  der 
freien  beicegung  unter  seinen  mitmensclien  hindern  auf 
eine  durchsichtigere  art  zum  ausdruck  gebracht  wird. 

a)  siehe  Ciawert,  was  machstu  hie?  hab  ich  dich  nit 
lassen  in  den  thurm  stecken  Krüger  Ciawerts  werekl. 
hist.  61  neudr.;  an  verhungerten  betteljungen  ins  loch 
stecken   Hauptmann  weber  64  (3); 

so  hat  man  dich  gesteckt  in  dieses  hundeloch 
Reuter  Harlequint  hochzeit-  und  kindbetterinschinaut  69; 

ich  krieg'  ihn,  dasz  er  jüngst  mich  einen  bengel  hiesz, 
und  gar  ins  loch  mich  stecken  liesz 

Ramler /aMtese  (1783)  2,  347; 

einstweilen  wirst  du  in  prison  gesteckt  Bettine  die» 
buch  gehört  dem  könig  (1843)  1,  66.  harmloser  ist:  in  den 
schulkarzer  gesteckt  werden  vgl.  Holtei  vierzig  jähre 
(1843)  1,  85.  —  ähnlich  gedacht:  ist  eine  tochter  ohne 
ihren  willen  und  neigung  ins  kloster  stecken  Kramer 
dict.  2  (1702),  923'^;  ein  weih,  welchs  weder  schön  noch 
fromm  ist,  wem  ist  sie  nutz?  ins  kloster  zu  stecken, 
antwort  Gurgelstrozza  Gargantua  437  netulr.:  so  steckt 
man  den  Junker  unter  die  Soldaten  und  das  fräulein 
ins  kloster  Lenz  l,  14  (hofineister  l,  6);  vgl.  in  den  kerker 
(gemeint  ist  das  kloster)  bin  ich  gesteckt,  unselig  ist 
die  band,  die  das  rauchfasz  schwingt  statt  des  eisens 
Freytag  werke  9,  16.  auch  sonst  'einen  zum  widerwilligen 
aufsuchen  einer  unericünscliten  statte  ztcingen':  (es  wurden 
aus  diesen  unterjochten  nationen)  viele  der  weiber  in  die 
harems  des  königs  und  der  grossen  gesteckt  Ritter 
erdkunde  (1822)  4,  1239;  dann  schien  er  noch  jahrelang 
mit  einer  guitarre  auf  dem  rücken  sich  beholfen  zu 
haben  .  .  .,  bis  er  unlängst  als  ein  alternder  mensch  in 
das  dorf  heimgeschoben  und  in  das  armenhäuslein  ge- 
steckt wurde  Keller  2,  94;  damals,  als  ihn  papa  in 
das  comptoir  steckte  —  da  hat  der  mensch  (der  Robert) 
gelitten  —  furchtbar  Hirschfeld  mütter  (1896)  18; 
ein  junger  sklave  war  zuerst  auf  wilder  see, 
und  schrie  und  bebt'  und  wimmerte : 
'steckt,  sprach  der  k5nig,  ihn  ins  nasse  wellenhaus!' 

Herder  26,  436; 

so  würde  er  (Joh.  Kasimir)  hundert  jähre  krieg  führen 
und  lieber  mit  rühm  und  ehren  um  die  kröne  kommen, 
als  Polen  durch  den  Verlust  Preussens  'in  perpetuam 
servitutem  gesteckt'  sehen  Prutz  preusz.  gesch.  2,  85; 
in  eine  unterbeamtenstellung  bei  der  Verwaltung  hat 
man  ihn  gesteckt  Sohle  mtisikantenge»chichten  17. 

b)  das  grab  als  gefängnisz  gedacht;  dementapreeheud 
in  das  grab  gesteckt  werden  'sterben': 

der  ungeheure  schusz  mit  heissrm  gift  befleckt 
hat  unsem  obristen  bald  in  ein  grab  gesteckt 

Rist  neuer  teuttcher  Pamats  (I6i>2)  28; 

du  hast  vor  uns  verirrte  schaiTe 
den  hirten  selbst  ins  grab  gesteckt 

GOnthbr  gedickte  (1786)  9; 

auch  sonst  in  ühtilichen  fügungen: 

bald  ist  dem  leibe  weh,  bald  wird  der  geist  erschreckt, 
diss  weret,  bis  man  uns  gar  in  die  erde  atekt 

Grob  vertuchg.  4a  neudr.; 

wilchen  er  wil  lebendig  machen,  den  steckt  er  dem  tod 
ynn  rächen  Luther  19,  im  Weim.; 

da  sterkest  du  dein  weib  inn  todt 

an  deine  «tat 
DXbnharot  griechi»ehe  dramen  1, 119  (Eurtptde»,  ÄteesL  1466). 

e)  von  untinnliAerett  vtrhäUrnttm:  einen  in  sorg 
stecken,  eim  zesorgen  gäben  cmtma  praebere  Maalbr 
S86';  biss  sie  zuletut  jhr  vatterlandt  haben  inn  grosses 
Tngefell  gesteckt  Xylanukr  Polybiu»  (1674)  >16; 

Cr. 


1313 


STECKEN 


STECKEN 


1314 


o  wie  habt  ir  mich  armes  weih 
mit  den  heffting  worten  erschreckt 
und  in  die  höchsten  sorg  gesteckt! 

Hans  Sachs  6,  145  Keller-Gitze; 

du  hast  mich  in  die  noth  gesteckt 

Spreng  IUcu  (1610)  76*; 

in  den  last  hab  ich  den  könig  gesteckt, 
▼iel  gemüther  wider  ihn  (nämitch  vnder  den  winter- 

köntg)  erweckt 
Opel-Cohn  drritägjähr.  hrieg  (1862)  109 ; 

ach  söhn,  in  wie  grossen  knmmer  steckest  da  mich! 

Petrasch  1,  647; 

fürs  Taterland  nur  mannlich  fecht, 
welchs  ietzt  der  papst  will  stecken 
dnrchs  Kaisers  gwalt  in  schwere  noth 

Arnim  13,  111; 

diabolns  stegket  sie  {die  manche)  in  dehn  wahn,  nt 
eogitent  sua  esse  recta  Luther  14,  133  Weitn.;  ein 
mehrers  begehren,  ist  sich  selbst  in  unnöthige  scrupel 
stecken  Leibniz  deutsche  Schriften  (1838)  1,  272;  es  ist 
auch  in  der  that  eine  schlechte  kunst,  die  Verwirrung, 
darein  man  seinen  held  gestecket,  durch  eine  göttliche 
hülfe  zurecht  zu  bringen  GtOttsched  versuch  einer  erit. 
diehtkunst  (l75l)  31; 

lest  mich  Tor  angst  vnd  sorge  nicht  schlaffen, 
steckt  mich  in  zweiffei  vnd  in  zagen, 
das  ich  auff  hoffnung  nichts  darff  wagen 

Haynbccius  Haru  Pfriem  24,  477  n«udr.; 

da  ligens  in  sunde  gestegkt,  was  blut  und  fleisch  ist, 
omnis  posteritas  Ädae  Luther  14,  134  Weim.;  wenn  sie 
zugleich  nicht  allein  in  intriguen,  sondern  auch  in 
pracht,  kostbarkeit  und  luxum  gesteckt  werden  Leibniz 
deutsche  Schriften  (1838)  1,  240  und  entsprechend  der  be- 
liebten reflex.  wendung  'sich  in  schulden  stecken'  (*. 
unter  d)  auch  ein  seltneres:  seine  freund  für  sich  in 
schulden  stecken  aere  alieno  amicos  suos  obstringere 
Maaler  385"*. 

d)  reflexiv  getcendet:  sich  in  schulden  stecken, 
sich  gegen  eim  verschreyben  vnd  verbinden  vmb  ein 
summ  gälts  nomina  facere,  incidere  in  aes  alienum, 
eonflare  aes  alienum  Maaler  SSö"*;  er  hatte  sich  in  eine 
drückende  last  von  schulden  gesteckt  Rabener  werke 
5,  170;  dasz  er  sich  nicht  in  schulden  stecke,  um  seiner 
wollust  vergnügen  genug  zu  verschaffen  Joh.  E.  Schlegel 
uxrke  (1761)  5,  138  {vgl.  Ludwig  Schriften  l,  2ll);  in  Un- 
kosten will  ich  mich  ihrethalb  nicht  stecken  Holtei 
erzählende  Schriften  11,  58;  mit  tceiterer  angäbe  einer  geld- 
aumme:  Cäsar  steckte  sich  in  schulden  von  einer  million 
goldes  mehr,  als  sein  vermögen  betrug,  um  Cäsar  zu 
werden  Bode  Montaignes  gedanken  und  meinungen  (1793) 
2,  248.  hinübergespielt  auf  geistiges  gebiet:  desshalb  er 
sich  gegen  got  in  newe  Verschuldung  steckt,  dadurch 
des  Sünders  geist  stirbt  Berth.  von  Chiemsee  teictsche 
theologey  564  Reithmeyer ;  sich  für  .  .  .  ein  objekt  mit 
einem  so  imposanten  wort  {nämlich  für  eine  gewisse  art 
von  klugheit)  in  Unkosten  zu  stecken,  lohnt  .  .  .  der 
mähe  nicht  Schleiermacher  im  Athenäum  i  (12),  107; 
man  sagt  damit  zu  seinem  gegner:  'mein  sehr  ge- 
lehrter critiker!  stecken  sie  sich  nicht  in  kosten!'  Justi 
Winckelmann  (I866)  1,  44«.  —  sich  in  eine  unnötige  sach 
stecken  admiscere  alieui  negotio  Maaler  885"*;  sich  in 
Tiel  unnöthige  händel  stecken  Kramer  dict.  2  (1702),  923«; 
mein  kind  stecke  dich  nicht  in  mancherley  hendel,  denn 
wo  du  dir  mancherley  fümimpst,  wirstu  nicht  viel  dran 
gewinnen  Jes.  Sir.  11, 10  {vgl.  auch  H.  Sachs  19,  44  Keller- 
Oötze);  hierwider  wendete  ich  ein,  der  h.  obr.  werde  sich 
in  schwere  Verantwortung  stecken  Harsdörffer  teut- 
seher  secretarius  (1656)  l,  Xx  l»;  weil  ein  rechtschaffener 
kerls,  der  etwas  redliches  studirt  hat,  sich  in  eine 
solche  servitur  (Servitut  in  der  ausgäbe  von  iTOl)  nicht 
stecken  wird  Schupp  Schriften  644;  sich  ins  unglück 
«tecken  conjicere  se  in  malum  Steinbach  2,  715;  wer 
sich  in  gefahr  steckt,  kommt  in  gefahr  um  qui  periculum 
»ubit,  periculo  perit  ebenda;  man  wollte  sich  Sicherheit 
geben,  und  steckte  »ich  aller  orten  in  zweifei  Prutz 
preuat.  gesch.  2,  16; 

wie  kann  gott  dulden, 
worin  ich  mich  gesteckt? 

S.  Dach  14«  ötteriey; 


X.S. 


Cr. 


sich  so  in  schweisz  zn  stecken, 
mit  stanb  sich  zn  bedecken, 
o  raserey ! 
GoTTL.  Stephanie  ttnggpiele  (1792)  S,  14. 

11)  einen  unter  die  Soldaten  stecken:  unter 
die  reiter  gesteckt  werden  vgl.  Holtei  erz.  Schriften  6,  84. 
in  älterer  spräche  aber  zunächst  einen  unter  ein  regiment 
stecken,  ihn  einreihen:  zu  den  Soldaten,  so  sich  in  der 
kirche  befunden,  gieng  er  selber,  sie  zu  besichtigen, 
hinein  . . .  befahl,  sie  hernach  mahls  unter  die  regimenter 
zu  stecken,  vnd  zu  vertheilen  Chemnitz  schwedischer 
krieg  (1648)  1,  160;  doch  davor  musz  als  noch  deutlicher 
vorausgesetzt  werden:  einen  unter  das  fähnlein  stecken 
{vgl.  Raabe  unseres  herrgotts  canzlei  2,  213),  wo  'fähnlein' 
noch  durchaus  als  das  {entfaltete)  feldzeichen  anzusehen 
ist,  unter  welches  der  neugeworbene  soldat  gestellt  wird, 
ja  für  die  entwicklung  zu  der  bedeutting  'kriegshaufen' 
werden  gerade  aus  unserm  falle  werthvoUe  momente  ge- 
wonnen, wer  würde  den  könig  anjet^o  verdenken,  wenn 
er  Teutsche  und  Ungarn  auf  seine  .  .  .  kosten  unter 
die  cronarmee  stecken  .  .  .  würde?  Leibniz  deutsche 
Schriften  1,  184;  das  erträglichste  für  sie  war  noch,  dasz 
man  sie  unter  die  römischen  legionen  steckte  Schmidt 
gesch.  der  Detitschen  (1778)  1,  43;  zwar  versuchte  Wrangel, 
nachdem  er  sich  von  Schwaben  nach  Franken  gewen- 
det, Schweinfurt  erobert,  und  die  dortige  kaiserliche 
besatzung  unter  seine  armee  gesteckt  hatte,  für  sich 
selbst  in  Böhmen  einzudringen  Schiller  8,  409;  er  wird 
doch  wohl  nicht  festgenommen  und  unter  die  miliz 
gesteckt?  Tieck  Schriften  (1828)  3,  394. 

o)  von  hier  atis  auch  auf  andere  Verhältnisse  über- 
tragen: wir  .  .  .  muszten  fürchten,  das  es  ihm  einfallen 
könnte,  uns  wieder  unter  die  andern  gefangenen  zu 
stecken  Gellert  4,  290;  wenn  ich  könig  wäre,  so  nähme 
ich  meinen  herm  obersten  ohne  barmherzigkeit  von 
der  Infanterie  weg,  und  steckte  ihn  unter  die  minister 
Kretschmann  werke  (1784)  3,  2,  6;  laszt  uns  an  jenem 
alten  heidnischen  gott  Jupiter,  der  zuletzt  als  invalide 
unter  die  planeten  gesteckt  worden  war,  ein  warnendes 
beispiel  nehmen  Brentano  5,  333. 

b)  selten  reflexiv  gewendet:  sich  unter  sechs  oder  sieben 
ungezogene  kinder  stecken  eioe  sposando  un  vedouo  d 
una  vedoua  che  gli  ha  Kramer  dict.  2  (1702),  924*. 

12)  sein  geld  in  ein  geschäft  stecken,  es  dorm 
arbeiten  lassen,  u.  ä.:  der  das  capital,  welches  seine 
Voreltern  durch  gottes  segen  im  schweisz  ihres  ange- 
sichts erworben  haben,  in  häuser  gesteckt  hat  Schup- 
Pios  186;  ihr  geld  in  staatspapiere  stecken  vgl.  Börne 
8,  75; 

die  steckt  ihr  vatertheil  in  spitzen,  seid'  and  band 

Günther  gedickte  (1735)  467 ; 
verkauft,  verpfändet  eure  banerhöfe, 
versilbert  alles,  steckts  in  pferd  und  rüstnng! 

Schiller  15,  2,  469  {Demetrim). 

von  geistigere  werthen:  fleiss,  Intelligenz,  die  kenntnisse, 
die  sie  täglich  und  stündlich  in  das  geschäft  {die  land- 
wirthschaft)  stecken  Polen z  Orabenhäger  2,  191;  auch: 
in  einen  aufsatz  material  stecken. 

a)  hier  finde  auch  platz  die  redewendung:  sein  geld 
aufs  profitchen  stecken,  es  sparhaft  und  vertinslieh  an- 
legen, mit  Zugrundelegung  des  bildes  vom  profitchen,  dem 
Itchtsparer.  welcher  einen  kerzenstumpf  bis  zuletzt  aus- 
nutzt (.«.  profit  th.  7  sp.  2162);  ich  fing  erst  gegen  das 
ende  meines  lebens  an  zu  arbeiten,  und  mein  bisgen 
witz  aufs  profitchen  za  stecken  Lichtenberg  verm. 
Schriften  l,  42. 

13)  seine  nase  fleiszig  in  die  bücher  stecken, 
mit  eifer  und  ausdauer  »ich  den  Studien  widmen:  die 
ältere  {tochter)  thut  den  gantzen  tag  anders  nichts,  als 
dass  sie  die  nase  in  die  bücher  steckt  Stranitzky  oUa- 
patrida  301  Wien,  neudr.  seltener  dafür:  selbst  in  philo- 
sophische Systeme  steckte  sie  den  köpf  —  nur  gegen 
Physiologie  wehrte  sie  sich  hartnäckig  Stifter  werke 
(1901)  1,  114. 

a)  entsprechend:  seine  nase  in  eine  angelegenheit 
stecken,  sich  dafür  interessieren,  sich  darum  kümmern: 
wer  seine  nase  in  die  politik  steckte,  den  hiessen  wir 
einen  kannegiesser  Storm  2,  310;    im  judendeutseh  {eine 

83  Cr. 


1315 


STECKEN 


STECKEN 


1316 


eharakteriatiache  enoeiterung):  hätt'  er  gesteckt  sei  nas' 
mehr  in  die  leut,  mehr  in  die  weit,  wäre  ihm  nit  ge- 
passirt  der  stracb  maler  Müller  2,  33. 

der  (d'Arfon)  steckte  seine  habichtsnas 
nun  in  den  handel  {die  belagerung  von  Gibraltar)  tiefer 
LiCHTKNBERG  verm.  Schriften  6,  121 ; 

doch  seine  nase  in  eine  (fremde)  angelegenheit  stecken, 
sich  uv%  dinge  kümmern,  die  einen  nichts  angehen,  oft 
auch  in  grobes  gercand  gekleidet:  was  geheyts  dich,  du 
heilloser  pfaflF,  kann  dann  niemand  vor  dir  scheissen, 
du  wilt  deine  nase  darinnen  stecken?  Mäynhincklers 
8<uk  (1612)  El*;  die  nase  in  allen  dreck  stecken  voler 
fieear  'iL  naso  in  ogni  merda;  voler  fiutar  ogni  sterco,  dar 
del  naso  da  per  tutto  Kramer  dict.  2  (1702),  923'»;  auch 
sollst  du,  maul,  künftig  nichts  genieszen,  worin  nicht 
nase  vorher  ihre  nase  stecke  maler  Müller  1,  170;  in 
was  steckt  der  mann  seine  nase  nicht  alles  Haupt- 
mann biberpelz  79  (3) ; 

wer  steckt  die  nase  gern  zu  faulen  pomeranzen? 

Hoffmannswaldau  gedickte  (1697)  2,  65 ; 

wenn  aufgeblasne  junge  gecken 
beständig  landesfehler  sehn, 
die  nas'  in  allen  unrath  stecken 

LiCHTWBR  äsopiiche  fabeln  (1748)  81 ; 
ich  mag 
nicht  fein  seyn;  mag  nicht  überreden; 
mag  mein  naschen  nicht  in  alles  stecken 

Lbssing»  3,  110  {Nathan  4,  1) ; 

herr  nachbar  Naseweisz,  steckt  eure  nase 
wo  anders  hin 

Schiller  13,  417  {Turandot  3,  4). 

b)  eine  andere  prägung  des  gleichen  gedankens  bietet: 
die  klauen  in  etwas  stecken  ßccare  le  unghie,  gli  arti- 
gli  in  qualche  cosa  Kram  er  dict.  2  (1702),  923°;  er  ver- 
bleibt in  den  grentzen  seiner  eignen  geschaffte,  und 
stekket  seinen  finger  nicht  in  fremdes  feuer  Harsdörffer 
gesprechspiele  (i64l)  6,  237;  kein  englischer  könig  würde 
glauben,  so  ungestraft  seine  finger  in  die  maschine  des 
Staates  stecken  zu  dürfen,  wie  dies  Louis  Philipp  thut 
Gutzkow  toerke  (1872)  8,  203;  wenn  ein  solcher  gesetz- 
geber  ausserdem  die  band  in  seine  (des  künftigen  renten- 
empfängers)  tasche  steckt,  ihm  zehn  procent  seines  bis- 
herigen einkommens  heraus  nimmt  und  baar  verschenkt 
(durch  gründung  der  rentenbanken)  Bismarck  reden  1, 
186  Kohl;  um  das  monarchische  ausländ  abzuschrecken 
von  versuchen,  die  finger  in  unsre  nationale  omelette 
zu  stecken  ebenda  2,  78. 

c)  zwischen  thür  und  angel,  zwischen  bäum  und 
rinde  soll  man  keine  finger  stecken  Kramer  dict. 
S  (1702),  923';  d.  h.  unparteilich  bleiben  und  mit  der  eigenen 
tneinung  zurückhalten,  besonders  im  eigenen  interesse,  um 
nicht  selbst  schaden  dabei  zu  leiden:  der  redacteur  darf 
seinen  finger  nicht  zwischen  den  bäum  und  die  rinde 
stecken,  das  heisst:  er  darf  sich  nicht  zwischen  den 
leser  und  die  mitarbeiter  stellen  Börne  Schriften  4,  81. 
eine  solche  sprichioörtliche  redensart  setzt  auch  voraus: 
nu  will  ich  meine  finger  nicht  stecken  zwischen  die 
irrigen  händel  Luther  briefel,  814.  ungefährlicher  scheint: 
ich  steckte  auch  nicht  gern  meine  füsze  zwischen  thür 
and  angel  Frevtao  bilder  (18.^9)  l,  291.  eine  verblassung 
bietet  aber  die  reflexive  fügung  des  gedankens:  hierin  sich 
mischen  ist  so  viel  als  in  aufgczuckte  Schwerter  greifen, 
swischen  thür  und  angel  sich  stecken  Leibniz  deutsche 
tekrifUn  (1838)  l,  171 ; 

zwischen  thür  and  angel  sich  z'  steckn 
Ceschicht  nicht  ohn  gtühr  vnd  grossen  schreckn 

GiLHUSius  grammatica  (1697)  4  (6),  123, 

die  Weiler  fortschreitet:  der  könig  sah  wohl,  dasz  le 
Notre  sich  nicht  zwischen  ihn  und  den  minister  stecken 
wollte  Herder  SS,  lio,  ohne  dasz  doch  der  grund  der 
rti«n»art  völlig  verschleiert  würde,  eine  rückkehr  jedoch 
mt  dem  gebrauch  unter  a  und  b  bedeutet  wohl:  es  ist 
keine  sache,  welche  nicht  vor  die  obrigkeit  komme,  die 
fioh  darein  legen  and  stecken,  and  also  den  unlust  aus- 
fuhren masz  Hbnnenbbrobr  preustiaeh»  landtafel,  vor- 
rede. 

u)  seinen  köpf  aus  dem  fentter  iteoken,  au» 
nmtgier  oder  anderem  gründe:  die  nachbam  steckten  die 
kBpfe  tM»  den  fenstem  Keller  i,  m.   mi  älterer  spräche: 

Gr. 


noch  in  d'  fenster  den  kopff  zu  steckn, 
ein  jungen  gesellen  anzublecken 

GiLHUSius  grammatica  (1697)  1  (3),  33. 

allgemeiner:  ich  bemerkte,  wie  er  den  köpf  in  die  freie 
luft  steckte  Storm  l,  271.  ähnlich  aus  neugierde:  den 
köpf  ins  Zimmer  stecken  (Storm  i,  179),  um  sich  darin 
umzublicken  und  durch  einen  schnellen  ersten  blick  zu  ver- 
gewissern; ein  schönes  blondes  mädchen  .  .  .  steckte  neu- 
gierig den  köpf  in  die  küche  ebenda  3,  26.  insbesondere: 
Vocherat  steckt  den  köpf  durch  die  thür  Hauptmann 
einsaTne  menschen  (l89l)  32  {akt  l) ;  er  steckte  den  köpf 
zur  thür  herein  Ebner-Eschenbagh  i,  121. 

a)  entsprechend  stecken  f rösche  ihren  köpf  aus  dem 
■wasser,  aus  neugier  oder  um  ihren  gesang  anzustimmen: 
wie  sie  {die  königstochter)  so  klagte,  steckte  ein  frosch 
seinen  köpf  aus  dem  wasser  und  sprach  brOder  Grimm 
kinder-  und  Jiausmärchen  1,  1.  schön  geschaut  ist  auch : 
eine  tiefe  stille  trat  ein,  und  die  fremden  gaste  steckten 
eben  die  köpfe  zum  schluszgebet  in  den  hut  Fontane 
I,  6,  110.  in  sprichwörtlicher  redewendung :  todtschlag, 
dieberey  oder  rauberey  ist  nit  so  ein  grosse  sünde,  als 
mit  den  wercken  das  haupt  in  himel  wollen  stecken 
Luther  10,  8,  376  Weim. 

b)  selten  reflexiv:  aus  den  fenstem  steckten  sich  die 
köpfe  und  schauten  ihm  nach  Stifter  icerke  (i90i)  S,  35. 

c)  die  köpfe  zusammenstecken,  um  über  einen  gegen- 
ständ sich  heimlich  zu  bereden,  ein  complott  zu  schmieden 
u.  dergl.:  die  köpfe  zusammen  stecken  capita  conferre 
Steinbach  (1734)  2,  715;  man  steckt  die  köpfe  zusammen, 
rottiert  sich  zu  häuf  Schiller  3,  51  {Fiesko  2,  4); 

wo  den  köpf  zusammenstecken  rüstem, 
um  von  Staatsgeheimnissen  zu  flüstern 

RüCKERT  werke  (1867)  1,  241. 

15)  sich  hinter  jemanden  stecken,  um  seine  hülfe 
zu  gebrauchen,  eigentlich  sich  hülfesucJiend  hinter  ihm  ver- 
bergen (vgl.  oben  unter  8  und  unten  vorschützen):  (der) 
junge  marggraf  Wilhelm  von  Jülich,  der  sich  hinter 
seine  tante  die  königinn  Philippa  steckte,  und  durch  sie 
den  Eduard  auf  andere  gedanken  zu  bringen  suchte 
Schmidt  geschickte  der  Deutsdien  (1778)  3,  .564;  um  sie  (die 
neuerungen)  also  der  regentin  abzunöthigen,  steckte  man 
sich  hinter  einige  von  den  vornehmsten  officieren  der 
armee  Schiller  7,  145  (vgl.  auch  Bismarck  bri^e  an 
seine  braut  33);  (die  mülie),  sich  hinter  einen  aristo- 
kratischen kammerdiener  zu  stecken,  um  zu  erfahren, 
ob  ihre  herren,  je  nach  ihrer  politischen  gesinnung, 
auf  der  rechten  oder  auf  der  linken  seite  im  bette 
liegen  Börne  5,  220 ;  auf  paschen  und  wildern  hast  du 
mich  erzogen,  und  wenn's  dann  schief  geht  und  du's 
mit  der  angst  kriegst,  dann  steckst  du  dich  hinter 
Siebenhaar  und  jammerst  ihm  was  vor  Fontane  werke 
1 6,  4.  ähnlich  aucJi:  sich  hinter  eine  sache  stecken 
Adelung  lehrgebäude  der  deutschen  spräche  2, 167.  —  hinter 
diese  steckte  sich  der  muthwille,  und  spielte  wider  den 
willen  der  komödie  in  ihrem  hause  die  lüderlichsten 
streiche  unter  ihrem  namen  Joh.  E.  Schlegel  werke 
(1761)  6,  49. 

16)  mit  einem  xoandeL  des  objectbegriffee  einem  die 
tasche  voll  nüsse  stecken,  sie  gant  mit  nüsaen  an- 
füllen: die  dame  . . .  bracht  eine  silberne  schale  vol  ma- 
cronen  .  .  .  hergetragen,  steckte  EUensteinen  alle  laschen 
voll  der  im  irrgarten  der  liebe  herumtautneltide  cavalier  63; 
auch  seine  finger  steckte  ich  voll  ringe  Göthk  43,  7» 
Weim.;  und  wenn  sie  meine  stube  voll  gold  steckten, 
so  brecb'  ich  meine  gelübde  nicht  La  Roche  fräulein 
von  Sternheim  (1771)  8,  119;  ein  tuch  voll  nadeln  stecken. 
—  mit  der  nebe>\form  voller :  und  warent  alle  hUser,  die 
dahin  sehen  mochtend,  gestekt  voller  lUt  Richental 
Chronik  des  Conatanser  eotuil»  104;  es  stunden  eyserne 
kisten  von  .  .  .  schwerem  gewicht  daselbsten  aufT  ein 
ander,  .  .  .  und  fände  ich  sie  gesteckt  voller  ducaten 
Simpl.  4.  63»  Keller;  thut  nicht  wie  etliche  Strassburger 
woiber,  welche  dass  hauss  voller  haussrath  stecken 
Mosch EH08CH  inaomnie  atra  parentum  IM  neudr. 

17)  in  brand  stecken;  daea  ee  eiek  eife>Miek  mm 
daa  anheften  der  brandfackel  an  e»fi  gebdiuda  dabei  Aai»> 
dele.  ist  nicht  auatumachen.  daa  neben  ttnetrer  wendtmg 
»ieh  findende  in  den  brand  stosxen  («.  unten)  »prieht  mh 

Cr. 


1317 


STECKEN 


STECKEN 


1318 


gar  dagegen;  der  atisgangspunkt  trtird«  dann  vielmeJir  oben 
unter  lOc  einen  in  die  not  stecken  u.  dergl.  liegen,  merk- 
icürdig  bleibt  dann  aber  die  schon  so  frühe  zu  belegende 
i-erwendung  des  simplex  stecken  ohne  weiteren  ztisatz  in 
dem  sinne  von  anstecken,  anzünden,  anbrennen:  ie  aine 
(kerze)  von  der  andren  gesteckt  als  zwen  finger  brait 
sind  RiCHENTAL  Chronik  des  Constanzer  conzils  85;  selten 
solche  schöne  prächtige  ansehliche  kirchenordnungen 
vnd  ceremonien  ansz  dem  tenfTel  sein,  dem  man  doch 
kein  kertz  stecket  Fisghart  bienenkorb  (1588)  8*»;  vgl. 
zu  der  redensart  kerze  4a  (th.  5  sp.  616);  dafür  auch: 
doch  aufF  das  der  frome  gott  for  solchen  richtem  bleyben 
müge  und  seyn  urteyl  recht  und  reyn  erfanden  werde, 
wollen  wyr  seyn  wort  widder  solche  frevele  meuler  ver- 
tretten  und  Ursache  anzeygen  seyns  gottlichen  willens, 
auff  das  wyr  auch  dem  teuffei  zwo  kertzen  auff  stecken 
Luther  li,  317  Weim.  vgl.  auch  noch  unsere  redensart: 
einem  ein  licht  aufstecken,  das  heiszt  doch  amün/ien, 
damit  er  ordentlich  sehen  kann  (schon  bei  Pauli  schimpf 
umd  ernst  746)   — 

darnach  die  Griechen  haben  fort .  .  . 
das  rohe  fleisch  mit  schmer  bedeckt, 
daronder  dürres  boltz  gesteckt 

Spreng  Ilia»  (1610)  10». 

o)  die  vestung  in  brand  gesteckt  Stumpf  Schicytzer- 
Chronik  (1606)  47»;  etlich  heuser  in  brandt  gesteckt  GuA- 
RiNONius  grewel  der  Verwüstung  (l610)  293:  ob  wol  der 
könig  mit  seiner  armee  noch  auf  der  andern  seite  der 
Oder  sich  befand,  .  .  .  lies  doch  der  von  Schaumburg 
auch  alsbald  die  stadt  Gartz,  nebenst  dem  magasin  vnd 
vorrath  an  getreide  ...  in  brand  stecken  Chemnitz 
schtcedischer  krieg  (1648)  1,  95»;  sie  steckten  die  stadt  in 
brand  subjiciebant  urbi  ignem  Steinbagh  (1734)  2,  715; 
die  kerl  flogen  wie  pfeile,  steckten  die  stadt  an  drey 
und  dreyssig  ecken  zumal  in  brand  Schiller  2,  91 
{räuber  2,  3);  es  gelang  ihm,  Leutschau  in  brand  zu 
stecken  Ranke  3,  148  {reformation);  volkshaufen  und  be- 
rauschte Soldaten  plünderten  die  öffentlichen  gebäude 
und  steckten  sogar  ein  Pulvermagazin  in  brand  Moltke 
Schriften  (1892)  3,  172; 

einst  steckt  ihm  eines  haben  hand 
sein  armes  kleines  bans  in  brand 

Ramlbr  fabeUete  (1783)  l,  29; 

ach,  sie  stecken  das  haus  oben  nnd  unten  in  brand 
GÖTHB  5,  275  Weim. ; 

(er)  steckt  mit  rascher  hand 

das  ganze  schlossqnartier  in  brand 

Pfeffel  poet.  versuche  (1812}  1,  153. 

mit  einer  angäbe  des  Werkzeuges:  und  (er)  bewaffnete 
Alexanders  faust  mit  der  mordfackel,  womit  er  Perse- 
polis  in  brand  steckte  Schubart  ästhetik  der  ionkunst 
23.  —  brand  adjectivisch  weiter  ergänzt: 


I 


so  ward  auch  A^amemnons  pfeil 
manch  aufgespürtes  wild  zu  theil, 
bevor  er  Troja  noch  in  lichten  brand  gesteckt 
Gottsched  gedickte  (1751}  42. 


«leÄr  an  der  stelle  von  in  brand  setzen  und  eine  Steige- 
rung von  anzünden:  er  hatte  ruhig  ein  hölzchen  in 
brand  gesteckt  Ludwig  tcerke  2,  375;  dann  bemühte  er 
sich  seine  cigarre  aufs  neue  in  brand  zu  stecken  Mar- 
litt  zweite  frau  118;  eine  pfeife  tabak  in  brand  stecken 
t;^^  Hauptmann  bahnwärter  Thiel  (1S92)  14. 

a)  als  hyperbel  erscheint:  ein  unhold,  der  die  weit  in 
brand  gesteckt  hätte  Klinger  werke  3,  278;  wehe  dem, 
der  Europa  in  brand  steckt,  der  zuerst  die  lunte  in  das 
polverfasz  schleudert  Moltke  schriften  (1892)  7,  139. 

ß)  bildlich:  die  liebe,  so  mein  hertz  in  brand  gestecket, 
ist  meine  allerhefftigste  pein  Stranitzky  oUapatrida 
(1886)  271,  6;  sie  sollen  bald  sehen,  daez  es  mir  etwas 
leichtes  ist,  ein  herz  in  brand  zu  stecken  Gellert  werke 
8,  278;  indem  er  unser  herz  empfindlich  machen  will, 
es  in  brand  steckt  Lichtenberg  nachlasz  46. 

y)  selten  mit  dem  bestimmten  artikel:  eine  überwundene 
sichere  königsstadt  wehrlos  in  den  brand  zu  stecken 
Herder  15,  16l  Suphan;  bildlich  wie  unter  ß: 

zwey  angen  hatten  ihm  sein  hertze  gantz  benommen 
vnd  in  den  brand  gesteckt 

ZiNKGREF  auterUt.  gedickte  26  neudr. 

Cr. 


b)  vereinzelt  dafür  in  älterer  spräche:  ein  hauss,  zwey 
oder  mehr  in  ein  hrunst  stecken  Guarinonius  grexcti 
der  Verwüstung  (1610)  98.  auch:  die  zerbrachen  diesz  haasz, 
vnd  stecktens  in  die  asche  biblia  von  1662  (3.  Esra  6,  16). 

e)  in  flammen  stecken: 

Terhindre  seinen  rath,  steck  seine  schiff  in  flammen 
JOH.  E.  Schlegel  (1761)  1, 106  (JHdo  3,  3); 
ihr  höllenflammen,  unter  mir 
steckt  diese  natterhöhle  hier; 
mein  bette  steckt  in  flammen 

Schubart  gedickte  (1825)  1,  235. 
bildlich : 

die  liebe  steckt  mein  hertz,  ich  diese  flnth  in  flammen 

Lohenstein  Arminiut  (1689)  1,  388»; 

wie  sol  diss  äuge  dich  nicht  gantz  in  flammen  stecken  I 

Hoffmannswaldau  gedickte  (1697)  2,  150. 

d)  mit  einem  wandet  des  objects: 

wie  vieler  frauen  trieb, 
wie  mancher  jähre  reitz  bey  uns  ohnmächtig  blieb, 
nur  einen  süssen  brand  in  unser  hertz  zu  stecken 

LOHENSTBIN  (1680)  1,  7  {IbraMm); 
wahr  ist  es,  Crummus  hat  das  feld  mit  mord  beflecket, 
und  flammen  in  die  saat,  glut  In  die  stadt  gestecket 

A.  Gryphtcs  v:erie  44  Palm; 
nicht  anders,  wie  ein  feur,  das  bey  entstandnem  wind 
man  in  die  wälder  steckt,  erst  eintzelweiss  beginnt 

Besser  »chrißen  (1782)  l,  47. 

18)  einem  eine  nachricht  stecken,  iJim  heimlich 
mittheüen,  eigentlich  sie  ihm  hinterrücks  heimlich  zustecken, 
insbesondere  in  die  tasche  stecken  u.  *.  w. :  von  meiner 
liebbaberei,  nach  nestem  zu  klettern,  hatte  er  der  mutter, 
und  von  meinen  versuchen,  aus  den  baumschulen  mir 
reitgerten  zu  schneiden,  dem  vater  heimliche  nachrichten 
gesteckt  Hauff  werke  3,  253 ; 

die  nachricht  wird  dem  fuchs  gesteckt 

Pfeffel  poet.  vergucke  (1812)  3,  88; 
auch: 

ohn'  uns  ein  wort  vorher  gesteckt  zn  hahen 

Kleist  1,  328  (zerbr.  krug  1). 

o)  verblaszter:  weiln  mir  von  einer  guten  freundin  ge- 
stecket worden  Salinde  13;  ja  es  ist  mir  gesteckt  wor- 
den, wenn  ich  es  gerne  thäte,  so  solte  eine  vornehme 
einladung  an  mich  ergehen  Lichtenberg  briefe  2,  iio 
(verm.  schriften  8,  272) ;  es  war  ihm  von  einem  freunde 
gesteckt  worden,  das  beste  und  wirksamste  mittel,  sich 
bey  den  damen  beliebt  zu  machen,  würde  seyn,  wenn 
er  seinen  verstand  ausbildete,  und  seinen  geist  durch 
schöne  schriften  aufzuklären  suchte  Bode  geschickte  des 
Thomas  Jones  (1786)  4,  22 ;  wird  er  euch  fragen ,  wer's 
euch  gesteckt  hat,  woher  ihr  es  wissen  könnt,  dasz  er 
eine  memme  sey  Göthe  36,  62;  meine  Schwester  bringt 
heimlich  Genovefen  diesen  abend  serenate,  Adam  bat 
mir's  gesteckt  m.\ler  Müller  3,  103;  ich  wills  ihnen 
gerne  stecken,  warum  wir  am  montage  die  diamanten 
so  gewisz  bekommen,  als  das  vaterunser  im  amen  ist 
J.  Paul  27 — 29,  165;  morgen  nachmittag  ist  eine  grosze 
partie  zu  esel  .  .  .  die  andern  wollten  den  voigt  nicht 
mit  haben,  ich  habs  ihm  aber  doch  gesteckt  Bettine 
die  Oünderode  (i840)  i,  93;  'warte  nur',  steckte  mir  meine 
frau,  'du  wirst  ihn  bald  haben'  Rosegger  sünderglöckl 
(1904)  158.  mit  beiordnung  eines  entsprechenden  begriffes: 
er  hat  es  dem  stadtschreiber  so  gar  stekken  und  ihn 
dabei  warnen  lassen,  dasz  er  auf  seiner  hut  seyn  möchte 
Bahrdt  geschiehte  seines  lebens  (l790)  4,  47. 

b)  mit  einer  genaueren  bestimmung  des  begriffes:  ich 
werde  dir  die  mittel  zeigen,  durch  welche  du  zum  gei- 
sterkönig  gelangst,  du  muszt  vorher  einen  hohen  berg 
ersteigen,  und  das  weitere  werde  ich  dir  schon  noch 
heimlich  stecken  Raimund  wcrJte  l,  139;  wenn  wir  ihm 
nun  das  geld  abgenommen  haben,  will  ich  dem  grafen 
oder  baron  heimlich  stecken,  des  marquis  vater  sey  hier 
Klingbr  werke  1,  131  (falsche  Spieler  3,  l),- 

wills  euch  geheim  erst  vorher  stecken, 
und,  was  ich  bringe,  euch  entdecken 

LüDNviG  tckriften  3,  612; 

und  überdies  hat  mir  der  onkel  im  vertrauen  gesteckt, 
dasz  er  mich  gern  zur  Schwiegertochter  hätte  Bretzner 
räuschgen  (1786)  2,  2;  eben  der  hat  mir's  ja  im  vertrauen 
gesteckt,  dasz  sie  ein  herr  hauptmann  seyen  Schiller 
14,  178  (neffe  als  onkel  3,  3). 

83»  Cr. 


1319 


STEGKEN 


STECKEN 


1320 


c)  eine  vergröberung  des  vorigen  begriffea  bietet:  bestellt 
uns  groszartigst  herein,  und  ist  dann  nicht  da.  80 
machen's  diese  grandseigneurs.  ich  werd's  ihm  aber 
stecken  Polenz  Grabenhäger  l,  178,  d.  h.  es  ihm  gehörig 
sagen,  hieraus  flosz  dann  weiter:  einem  eine  ohrfeige 
stecken  (Bauer-Collitz  vxddecksches  wörterb.  193*):  blox! 
steckte  ich  ihm  eine  ohrfeige  Laukhard  leben  und 
Schicksale  2  (1798),  185.  über  die  gerade  hier  besonders 
häufig  bei  niederdeutschen  Schriftstellern  sich  findende  Ver- 
wechslung mit  stechen  verb.  s.  dort  die  einleitung. 

19)  stecken  in  der  bedeutung  'ins  stecken  bringen,  stocken 
machen'  eine  versteineruTvg  entsprechend  dem  intrans.  'stecken 
(unten  unter  19)  und  getcisz  in  seinem  Zustandekommen  nicht 
unbeeir\fltiszt  durch  dieses,  eine  unerhörte  confusion  an- 
richten, die  Justiz  in  solchem  fürstenthume  stecken  ver- 
liandlung  der  schlesischen  fürsten  und  stände  1618  s.  240; 
es  ist  endlich  vmb  unsern  catholischen  glauben  zu  thun, 
dessen  freyen  lauCf  dieser  ketzerische  hauffe  zu  stecken 
vnd  zu  hemmen  sich  untervrindet  Chki/ihitz  schwedischer 
krieg  208.  rqßex.  gewendet  und  so  nur  ein  wenig  persön- 
lidier  als  unten  'stecken  19:  mit  solichem  rauschenden 
treffen  steckten  sich  freünt  und  veint  gar  hart  under 
ein  ander  Wilwolt  von  Schaumburg  39;  massen  er  .  .  . 
seinen  vorrath  hieher  holen  wollen,  dasz  sichs  aber  ge- 
steckt Simpl.  1,  469;  aber  vor  lauter  eifer,  weil  alles  auf 
einmal  hinausmöchte,  steckt  sich's  dann  oft  und  über- 
sprudelt Meyer-Merian  Mareili  32; 

die  arb«it  stecket  sich;  der  wunderbau  zerfUIlt 

Drollinger  gedickte  85. 

'STECKEN,  verb.  haerere,  av^schlieszlich  intransitiven 
gebrauchs,  eine  dauer-  und  zustandsbildung  zu  stechen  (*. 
oben) :  ahd.  stecchön,  mJid.  stecken  (stecchen),  zeigt  seit  der 
frühnhd.  zeit  starkes  schwanken  in  der  flexion,  indem  die 
schwachen  formen  mit  verschiednem  erfolge  durch  entspre- 
chende starke  eingeschränkt  werden ;  so  braucht  schon  Luther 
zu  den  präsensformen  ich  stecke,  du  steckest,  er  steckt 
fast  mit  einer  ort  Vorliebe  du  stickest  (sihe,  nu  stickestu  in 
deinem  Unglück  2.  Sam.  16, 8  u.  ö.  s.  die  belege  immer  unten), 
er  stickt  (wie  ein  nagel  in  der  mauren  zwischen  zween 
steinen  stickt,  also  stickt  auch  sünde  zwischen  kauffer 
und  verkauffer  Jes.  Sir.  27,  3  «.  8.)  und  eristicket  (9,  539 
Weim. ;  Jes.  Sir.  23,  22).  das  gleiche  nach  den  starken  formen 
»ich  sehr  hinübemeigende  schwanken  findet  sich  bei  Goethe 
(vgl.  38,  58;  202.  IV  4,  197;  248.  22,  223.  33,  238  Weim.  sowie 
die  belege  unten),  diese  erscheinung  läszt  sich  auch  sonst 
belegen:  du  stickest  Hütten  2,  187;  so  stickstu  doch  voller 
anfechtung  und  trübsal  Alberus  vndder  Jörg  Witzeln 
mammeluken  H  8*";  der  widdertauff  stickt  ihm  noch  im 
kopff  H  4'';  LiNDENER  katzipori  180  u.  s.  w.  und  findet  ihre 
mundartlichen  entsprechungen,  so  belegt  Rudolf  Hilde- 
brand atis  Leipzig  als  volksthümliche  formen  durchaus 
ich  sticke,  du  stickst,  er  stickt,  doch  Luthers  spracli- 
gebrauch  ging  in  der  Vorliebe  für  die  formen  im  präsens 
80  toeit,  dasz  er  auch  einen  plur.  biMete  wir  sticken  (29,  576 
Weim.)  und  sie  sticken  (30,  2,  31  Weim.);  während  die 
negiere  spräche  diese  präsensformen  wieder  aufgegeben  hat, 
wird  das  praeteritum  neben  dem  bis  heute  lebendig  geblie- 
benen schwachen  steckte  (mhd.  stekte,  steckete)  jetzt  in  der 
edlen  gewählten  spräche  hauptsächlich  von  der  starken 
form  ich  stak,  du  stakest,  er  stak,  wir  staken  zum  aus- 
druck  gebracht: 

und  ir  stackt  so  voll  klag  und  leyd 

Hans  Sachs  17,  6,  12  Keller- Götxe. 

der  köpf  stack  jnen  vol  red  Keisersbero  postille  (1512) 
2,  88*;  diese  Schreibung  mit  ck,  ohne  dasz  sie  aber  noch 
mit  Sicherheit  einen  vorausgehenden  kürten  vocal  bezeichnen 
müszte,  findet  sich  noch  bis  in  das  19.  jahrh. :  es  war 
eine  bitterkalte  nacht,  der  arme  tölpel  stack  zusammen- 
fetchmmpft  wie  ein  taschenmesser  malkk  Müller  1,813. 
Ivgl.  auch  den  beleg  bei  Stelzhamkr  unter  2c.)  auch 
lau»  dem  sing,  gedrungen)  implural:  das  nomliche  thaten 
iMite,  die  in  schulden  staoken,  oder  sich  verbürgt  hatten 
SCBMIDT  geschichte  der  Deutschen  4,  18;  die  heutige  Schrei- 
bung ist  seit  66thb  und  Gkllbrt  (a.  die  belege  unten) 
ich  stak,  wir  staken;  der  optativ  stäke:  wenn  wirklich 
etwAB  tfiobtiges  in  mir  stAkc  Keller  i,  tiu.  für  die 
frage  nach  dem  aufkommen  dieser  starken  formen  liegt 

Cr. 


die  anruHime  eines  einfiusses  der  starken  flexion  des  ver- 
bums  stechen,  zu  dem  unser  wort  ja  das  eigentliche  in- 
transitivum  ist,  nahe  genug ;  doch  mag  auch  das  mhd.  um- 
lautlose  schwache  praet.  stacte  dabei  fördernd  zur  seile  ge- 
standen haben : 

Meljanz  ein  sper  ouch  mnose  tra^, 
da;  stacte  dem  beiden  durch  den  arm 

Wolfram  Parzital  385,  21 ; 

noch  frühnhd. :  lag  Sissera  tod,  und  der  nagel  stackt 
in  seinem  schlaf  richter  4,  22;  vgl.  auch  Wickram  2,  186 
Bolte,  sowie  im  rolhcagenbüchlein  120,  20:  da  der  pfaff  in  der 
hurst  stackt  —  daspartic.  wird  heute  ausschlieszlidt,  schwach 
verwendet;  nur  die  norddeutsche  hausspradie  kennt  noch  all- 
gemeiner die  frage:  wo  hast  du  gestochen?  vgl.  auch  die 
vielleicht  hierher  gehörenden  belege  in  der  einleitung  von 
'stecken,  verb.;  ein  (noch  mundartlich  für  Baiern  von 
Schmeller)  belegtes  partic.  gestocken  findet  sich  in  der 
älteren  spräche  vereinzelt:  denn  er  fragte,  wo  er  die  ver- 
gangen nacht  gestocken  bette?  zweyhundert  neue  historien 
durch  Boccatium  (1646)  338;  so  in  Scheits  Orobianus  2223 
neudr.;  es  .  .  .  könne  auch  keiner  den  andern  urtheilen 
oder  richten,  er  sei  dann  in  ihm  gestocken,  das  ist  er 
sei  dann  ein  herzenskündiger  Zinkgref  l,  313;  das part. 
gestecken  (z.  b.  in  Leipzig);  gestickt  (15,  631  Weim.)  neben 
dem  infinitiv  sticken  (27,  507.  34,  2,  332  Weim.  und  danach 
wohl  Carpzow  leichpredigten  fl698]  72)  braucht  leieder 
Luther,  das  umschriebene  Präteritum  wird  mit  bin  und 
haben  gleichenceis  gebildet: 

und  das  all  um  ein  Stückchen  brot, 

das,  trocken,  aus  den  schönsten  h&nden  schmeckt, 

als  hält  es  in  ambrosia  gesteckt 

GÖTHE2,  88  Weim.; 

und  doch  wäre  ich  ihnen  lieber  in  seiner  haut  gesteckt 
als  in  der  des  fräuleins,  so  schön  die  war  Ebner- 
Esghenbach  4,  171. 

l)  durch  den  Vorgang  des  steckens  b^estigt  sein,  die 
deutliche  intransitive  entsprechung  zu  'stecken  verb.  1. 

a)  am  spiesz  stecken  u.  ä.  Wendungen  stehen  auch 
hier  dem  ausgangspunkt  der  ganzen  entwicklung  besonders 
nahe:  ein  schwarzer  käfer,  der  mit  aufgesperrten  kiefem 
an  der  nadel  steckte  Storm  l,  148; 

vnd  geschieht  vns  wie  den  geylen  fischen, 
wann  sie  das  sUsze  aass  erwischen, 
das  vomen  an  dem  angel  steckt 

ScHEFT  frölich  heimfart  ES'»; 

ein  vorJier  geschlachtetes  thier  steckt  am  spiesz,  um  ge- 
braten zu  werden  (vgl.  auch  spiesz  \\ky  th.  10,  i  sp.  2446); 
dasz  ein  hön  am  spiss  steckt  Exilenspiegel  16  neudr. 
—  besonders  beliebt  geblieben  in  der  heutigen  spraclie 
durch  den  vergleich  schreien,  kreischen,  als  wenn  man 
am  spiesze  stäke,  als  steckte  man  am  spiesze  (Campe, 
der  aber  mit  unrecht  eine  beziehung  der  redewendung  av^ 
den  bratspiesz  vermutltet).  es  spiegelt  sich  darin  der 
widerliche  kriegsbrauch  plündernder  soldateska,  besonder» 
kinder  an  spiesze  zu  stecken,  utid  Itoch  über  der  schütter 
zu  tragen;  einem  langsamen,  aber  qualvollen  tode  preis- 
gegeben, werden  die  so  gemarterten  jämmerlich  genttg  ge- 
schrieen haben:  er  schrye,  als  wann  er  an  einem  spisz 
steckete  Kramer  dict.  2  (1702),  924»;  er  hat  schrecklich 
geschrieen  ...  als  ob  er  am  spiess  stak  Bettine  dies 
buch  gehört  dem  könig  (1843)  2,  491;  schrei  nur  nicht,  als 
ob  du  am  spiesze  stecktest  Holtei  aehrifien  18,  14«; 
und  frau  von  Trompetta  .  .  .  schrie,  als  ob  sie  stäke  am 
spiesz  Gutzkow  ritter  vom  geist  i,  361;  auch  niederd.: 
he  schrijet  as  wen  he  am  spete  steke  brem.  vrörterbuch 
4,  947  (Danneil  203*;  Bauer-Collitz  91^);  für  die  richtig- 
keit  der  oben  ausgesprochenen  vermuthung  spricht  auch: 
(sie)  jammern,  als  ob  sie  am  spiesse  stäken  Keller 
4,  816,  nicht  etwa  nur  eine  verblaaaung  de»  verigen,  »ondem 
aus  dem  Vorgang  selbständig  geschöpft. 

b)  auch  son.it  in  entsprechung  zu  ^stecken  verb.  1:  auf 
der  lanzo  stecken  u.  s.  w.  einen  pfähl  .  .  .,  auf  wel- 
chem ein  geschundener  eselskopff  stack  Happbl  akadem. 
roman  (1690)  876. 

a)  umgekehrt  auch  a)  der  pfeil  steckt  in  der  wunde 
u.  ä.  Wendungen:  wenn  ein  wort  im  narren  stockt,  so 
ista  oben,  als  wenn  ein  pfeil  in  der  hufTl  steckt  Je».  Syr. 
19,  18;  ob  ainer  geschossen  wer  .  .  .  vnd  das  cysen  noch 

Cr. 


1321 


STECKEN 


STECKEN 


1322 


in  jra  steckte  Braünschweig  chirurgia  (1539)  2*;  die 
ärzt  brauchen  diese  wurtz  .  .  .,  wo  die  waafen  noch  im 
fleisch  gesteckt  Gesner-Forer  thierbuch  (1563)  20;  stich 
oder  schüsz,  darinn  noch  die  pfeile  oder  sonst  andere 
geschosz  stecken  Sebiz  f eidbau  (1579)  209;  der  dolch 
stak  in  seinem  bauch  wie  ein  pfähl  in  dem  Weinberg 
Schiller  2,  87  {räuber  2,  3); 

der  spiesz  noch  stecket  in  dem  fnsz 

Spreng  Iliai  (1610)  65»; 

entgprechend  mhd.: 

doch  stecket  in  dem  arme  sin 
din  Gahmuretes  lanze 

Wolfram  Panival  38,  4; 

{Jnldlich):  darumb  ists  vmb  sonst,  was  ich  rede,  denn 
die  pfeile  des  almechtigen  stecken  in  mir  Hiob  6,  *; 

da  steckt  der  pfeyl  mitten  im  hertzen 

H.  Sachs  2,  115,  30  KeOer-Götze; 

der  liebe  pfeyl  steckt  in  dem  hertzen 

Spreng  Aeneü  &S°; 

und  eh  ich  mir's  versähe, 
Stack  mir  der  pfeil  im  herzen 

E.  V.  Kleist  1,  53,  30  Sauer; 

wenn  gottes  pfeile  in  mir  stecken 

Schübart  gedickte  (1825)  1,  258 
(vgl.  leben  und  gesinnungen  2,  157); 

auch  die  kngel  steckt  in  der  wunde:  indem  er  die 
kugel,  welche  in  der  wunde  stak,  herauszuziehen  anstalt 
machte  Gtöthe  22,  46  Weim. 

b)  ein  pfähl  steckt  in  der  erde  {vgl.  oben  unter  a  <Un 
vergleich  bei  Schiller);  Saul  lag  vnd  schlieff  in  der  Wagen- 
burg, vnd  sein  spies  steckt  in  der  erden  zu  seinen 
heubten  l  Sam.  26,  7;  an  einem  daselbst  steckenden 
pfal  Gdarinonius  gretcel  der  vencüstung  (1610)  158; 
der  stock  steckt  neben  der  pflanze  u.  s.  tc. 

c)  im  vergleich  als  weitere  attsführung  der  sprichwört- 
lichen redercendung  er  ist  ihm  ein  dorn  im  äuge  {vgl. 
dorn  i  th.2  s'^.  I29l):  Reisel,  der  dem  Jäger,  seines  oft 
verwegenen  wildfrevels  wegen,  schon  längst  wie  ein 
dorn  im  äuge  stack  Stelzhamer  4,  187,  12. 

3)  in  mannigfacher  berührung  mit  dem  vorigen  ge- 
brauche {vgl.  oben  ^stecken  verb.  3).  o)  die  fahne  steckt 
aufdemdache:  wie  ...  die  alten  kirmessfanen  auff  den 
kirchenthürnen  stecken  Mathesiüs  Sarepta  (1571)  72''; 
er  solle  dem  könige  melden,  dasz  er  gestorben  sei  und 
ein  kreuz  auf  seinem  grabe  stecke  Jak.  Grimm  Reinhart 
Fuchs  (i'orr.)  137; 

und  ein  hut  mit  grünem  band, 
goidne  fransen  an  dem  rand; 
spielhahnfeder,  gemsenbart 
stecket  drauf,  nichts  ist  gespart 

Brentano  5,  118; 

über  der  fürstlichen  bahre  ist  ein  geschiedel  gestanden, 
darauf  haben  200  Wachslichter  gestecket  und  die  predigt 
durch  gebrannt  Schweinichen  denkicürdigkeiten  33  {doch 
steckt  die  unachlitfkerze  xcirklich  auf  einem  lichterstachel 
in  dem  sinne  von  oben  l) ;  ein  talglicht,  welches  in  einem 
messingenen  leuchter  stak  Stifters,  1,89;  der  brief 
steckt  an  dem  spiegel  u.  s.  w. 

b)  der  Schlüssel  steckt  in  dem  Schlüsselloch; 
dann  auch  schon  stak  der  Schlüssel  drinnen  {im 
käatchen)  Göthe  25,  293  Weim.;  der  Schlüssel  steckt 
Ton  innen  in  der  thür  des  kinderzimmers  Stifter  5, 
1,  327;  {bemühung),  von  auszen  die  thür  aufzuschlieszen, 
in  der  jedoch  von  innen  der  Schlüssel  steckt  Haupt- 
mann biberpelz  (1893)  5, 1.  —  dann  das  yszen,  das  do  steckt 
in  dem  ronden  holtz,  das  got  umb,  also  dasz  du  mit 
zeug  vff  alle  ort,  nebent,  vnden  oder  oben  hinfahren 
magst  Gersdorff  vrundarzney  (1517)  46,  1*;  der  nage! 
steckt  fest  und  tief  in  der  wand  Kramer  diet.  2  (1702), 
924*.  (twi  vergleich):  wie  ein  nagel  in  der  mauren 
zwischen  zween  steinen  stickt,  also  stickt  auch  sünde 
zwischen  kauffer  und  verkauiTer  Jes.  Syr.  2",  2;  stecken 
sie  wie  der  nagel  in  der  wand,  .  .  .  was  können  sie 
thon  Herder  24,  69.  —  in  dem  einen  falle  steckten 
nur  die  wurzeln  in  der  felsenspalte  Ratzeboro  stand- 
ortgeicächae  (1859)  19; 

es  erneuen  sich  Völker  auch, 
deren  wurzeln  im  boden  stecken 

ROCKBRT  1,  853. 

Cr. 


(zahne),  die  so  fomen  im  maul,  vnd  auch  binden  wie 
die  stockzän  im  kifel  stecken  Gesner-Forer  thierbuch 
(1563)  1. 

c)  eine  genaue  loeale  angäbe  fehlt:  zu  ihrer  rechtem 
band  steckten  zwey  fahnen,  in  welchen  ein  adeler  ge- 
machet B.\ST  friedeiriinschendes  TeutscJdand  (1648)  51;  auch 
Luthers  sprichwörtliche  redewendung  es  steckt  noch  los 
haftet  noch  nicht  fest  {ettca  wie  von  einem  nagel  in  der  wand, 
doch  auch  einem  pfähl  in  der  erde)  gehört  hierher:  doce- 
mus  quidem  talia,  sed  lauffen  über  hin.  insta  opportune, 
quia  non  satis  semel  docuisse,  legisse,  es  steck  noch  los, 
es  ist  noch  nicht  tiefif  Luther  25,  67,  15  Weim.  in  heutiger 
spräche  besojiders der  Schlüssel  steckt :  „gebt  den  Schlüssel !" 
wiederholte  der  gastherr,  und  merkte  jetzt  erst,  dasz  der 
Schlüssel  steckte  A.  von  Droste-HOlshoff  2,  300  {juden- 
buche);  die  geistesgegenwart,  den  Schlüssel,  der  auszen 
steckte,  umzudrehen  Ebner-Eschenbach  4,  319. 

4)  gegenüber  der  überaus  reichen  enttcicklung  von  ^  stecken 
verb.ihier  nur  ganz  vereinzelt  das  ziel  steckt  ferneM.ä.; 

dem  losszt  das  armbrust,  so  ers  r6rt, 
das  schafft  der  wyndfad  ist  geschmyert, 
dem  stickt  das  zyl  nit  glich  alls  ee 

Brant  narrenschiff  75,  18  Zameke ; 

ha  feinde  der  freyheit!  warum  schon  zurflcke? 
das  ziel  eurer  räche  steckt  diesseits  der  brücke! 

A^TIBNHOFF  282; 

ähnlieh: 

an  fernem  eck  steckt  oft  der  zweck 

ZiNKGRBF  auserl.  gedickte  12  neudr.; 

hierher  gehört  wohl  auch  und  nicht  zu  dem  begriff  ver- 
stecken : 

was  ich  gflts  hah,  ich  mit  dir  theil, 
wer  weiszt,  wo  noch  steckt  vnser  heil ! 

Fischart  flöhhaz  26  nettdr. 

5)  in  einem  behältnis  stecken,  a)  ein  messer,  ein 
Schwert  steckt  in  der  scheide,  bi3  es  zum  ge- 
brauch herausgezogen  wird,  entsprechend  ^stecken  verb.  6»: 
der  degen  steckt  in  der  scheiden  Steinbagh  (1734)  2,  406. 
sprichwörtlich:  meynt  ir,  das  in  solcher  sauberer  herberg 
könn  ein  wüster  wirf  oder  gast  hausen?  oder  in  einer 
helffenbeynen  scheiden  ein  bleien  messer  stecken?  Oar- 
gantua  77*;  denn  es  ward  wohl  schon  eher  eine  üble 
scheide  gefunden,  darin  ein  guter  degen  steckte  Sim- 
ROCK  8907. 

a)  durch  die  besonderheit  der  ausrüstung  bedingt  sind 
die  folgenden  Wendungen :  er  grub  sie  {die  kugtJ)  mit  dem 
messer,  welches  an  der  scheide  seines  hirschfängers 
steckte,  eifrig  heraus  Holtei  erz.  Schriften  2,  272,  d.  h. 
in  einer  besonderen  kleineren  scheide,  welche  mit  der  scheide 
des  hirschfängers  in  eins  gearbeitet  ist.     so  auch: 

köng  Agamemnon  lobesam, 

vom  groszen  seh  wert  das  messer  nam, 

so  stäket  auff  der  schayden  zwar 

Spreng  Iliai  (1610)  S5». 

ß)  mit  weiterer  besiimmung:  yhr  messer  stickt  fest; 
aber  müssen  sie  es  zucken,  so  kumpts  nicht  on  blat 
Widder  ynn  die  scheiden  Luther  19,  646  Weim.; 

meine  streiche  stecken 
in  dieser  scheide  schmalen  räum  gepresst 

MCllnbr  dramat.  taerke  (1888)  8,  IM. 

y)  im  vergleich:  kürze  aber  ist  wie  ein  köcher,  darin 
gar  viele  pfeile  stecken  Zimmermann  1,  11  Hempel. 

(J)  bildlich:  die  sprachen  sind  die  scheyden,  darynn 
dis  messer  des  geysts  {die  evangelien  sind  gemeint)  stickt 
Luther  15,  38  Weim..  vgl.  Quenstkdt  ethiea  pastoralis 
(1678)  4.    allgemeiner: 

die  alten  sprachen  sind  die  scheiden 
darin  das  messer  des  geistes  steckt 

Göthe  5,  117  Weim. 

b)  entsprechend  ^stecken  verb.  6c;  in  einem  sack 
stecken  u.  ä.  uiendungen:  in  der  seitentasche  dieses 
rockes  stecken  tausend  pfund  Nestrot  1,  25; 

hundert  zuckerbröckelcben 
stecken  in  den  taschen 
nnsrer  zuckerdSckelchen 

ROCKBRT  8,  15; 

wie  steht  ihn  so  der  busen  offen, 
md  stecken  etlich  bücher  drinn 

Fisch  ART  naektrab  866  Kurz; 

Cr. 


1323 


STECKEN 


STECKEN 


1324 


eie  wnst  nit  was  darinnen  Stack, 
bis  dasz  der  Eulenspiegel  sprach : 
'miitter,  du  hast  viel  wort  gemacht, 
wie  dasz  du  gau-  kein  brot  nit  weist 
jetzunder  billich  dich  erfrewst, 
dann  komm  nar,  kuck  in  diesen  sack!' 

Evlenspiegel  626  Hauffen. 

6)  in  kleidern  stecken,  'ein  kleid  tragen';  die  um- 
sehreihung  'eingekleidet  sein'  gibt  am  besten  den  sinn  des 
begriffes.  entsprechend  oben  'stecken  verb.  9:  wie  ein  bawr 
ynn  wammes  und  hosen  steckt,  da  wammes  und  hosen 
ausgedenet  werden,  das  sie  den  leib  und  die  schenckel 
umgeben  Luther  26,  833  Weim.;  das  alles  auf  das  treff- 
lichste gerieth,  obgleich  ein  paar  neue  ungeschickte  be- 
dienten in  der  livree  staken  Göthe  17,  113  Weim.;  wenn 
wir  im  priesterrock  stecken  Klinger  werke  3, 280;  politiker, 
die  im  priesterrock,  auch  in  einem  evangelischen,  stecken 
BiSMARCK  gedanken  und  erinnerungen  2,  183;  er  .  .  .  stak 
in  einem  weiten  grossblumigen  Schlafrocke  Stifter 
S,  327; 

ynn  der  färb  war  keyn  unterscheyd, 
nur  keyn  fromer  nicht  steckt  ym  kleyd 

Luther  19, 11  Weim.; 
wann  schon  gar  in  der  kalten  steckst, 
noch  dannoch  nicht  dein  bossheit  deckst 

Fischart  Etdenepiegel  12217  Hauffen; 

folgents,  der  bartecht,  der  dort  steht,  .  .  . 

ist  ans  der  Chiaciner  sect, 

die  gern  warm  in  den  hosen  steckt 

barfüfzer  fetten  und  kuUenstreit  412,  48  Hauffen ; 

was  sich  in  pelz  und  häute  schlägt, 
nnd  was  im  blanken  hämisch  stecket,  .  .  . 
das  alles  brennt,  das  alles  glimmt, 
wenn  es  der  liebe  glut  belebet 

Gottsched  gedichte  (1751)  222; 

stamme  wollen  gegen  stamme  pochen, 
kann  doch  einer  was  der  andere  kann  I 
steckt  doch  mark  in  jedem  knochen, 
nnd  in  jedem  hemde  steckt  ein  mann 

Göthe  3,  240  Weim.; 

der  ganze  unterschied  ist  in  den  rocken, 
und  ich  ganz  gern  mag  in  meinem  stecken 

Schiller  12,  23  {WaUensteing  lager  6). 

a)  im  gegensatz  z.  b.  zu  ein  kleid  tragen  {was  auch 
unten  das  subst.  tracht  spiegelt)  wird  das  fehlen  einer 
inneren,  d.  h.  wirklichen  beziehung  zwischen  dem,  kleid  und 
seinem,  träger  durch  die  Verwendung  unseres  ausdruckes 
gerne  hervorgehoben :  um  unerkannt  zu  seyn,  steckte  der 
könig  unter  einer  perücke  in  einem  schlechten  braunen 
rock  Herder  23,  42i ;  und  gegen  die  neumodische  pariser 
kleidung  muste  ich  in  steifer  uniform  mit  puder  und 
zopf  stecken  Jakob  Grimm  kleine  Schriften  1,9  {selbst 
biographie) ; 

das  schafTskleid  ihr  gar  wol  anblickt, 
ob  auch  ein  wolf  darinnen  stickt 

po*<re««€r  (1591)  F  2«; 
bald  stekkt  ein  geiler  bokk, 
ein  junger  Clodius,  in  einem  frauenrokk 

Rachel  satyr.  ged.  82  ncudr.; 

ein  kahles  kleid, 
nnd  steckt'  auch  Socrates  darinnen 

GoEKiNGK  gedickte  (1780)  2,  68; 

deshalb:  und  ein  ehrlicher  mann  mag  stecken,  in  wel- 
chem kleide  er  will,  man  musz  ihn  lieben  Lessing  l,  600 
(Minna  von  Barnhelm  5,  13). 

b)  in  der  älteren  spräche  steckt  auch  der  köpf  im  hüte: 
dort  hanget  sein  beltzhauben.  secht  ob  der  kopff  da- 
rinnen  stecke!   Schumann  naehtbüchlein  91  BoUe;   vgl.: 

derhalben  auch  der  Lucifer 

da  er  sab  auszgemacht  so  ferr 

disz  hotlein  sampt  dem,  was  drin  itack, 

vor  forcbten  selber  er  erschrack 

Fisch  ART  jesuiterküüein  969  Hauffen; 

noch  mundartlieh: 

f9st  in  buet  stOckt  da'  köpf, 
wier  in  eisstock  da'  stiel 

Stblzhambr  diehtuTiffen  1,  128. 

ttnen  weiteren  sehritt  aber  ihut  das  spriehwort :  im  langen 
liaar  stecken  auch  fecbter  Qargantua  S2  neudr. 

e)  heute  gant  getothnlieh:  die  fUsze  stecken  in  derben, 
fetten  lederttiefeln  u.  ü.  anwinteriich  gekleidet,  nur 
•eine  fOne  steckten  in  hoben  filzstiefeln  Fontane 
t,  171   («or  itm  gturm  i);    Iris  an  die  schahe,   and  in 


diesen  stecken  die  füsse  bloss  Adeluno  magazin  für 
die  deutsche  spräche  (1783)  2,  1,  107.  ebenso:  die  bände 
des  männleins  steckten  in  zerrissenen,  weiszen,  wasch- 
ledemen  handschuhen,  aus  denen  die  mageren  Onger- 
spitzen  schmutzig  hervorsahen  Raabe  kinder  von  Finken- 
rode'i%\  lasset  nur  meine  band  los;  sie  steckt  nicht  im 
panzerbandschuh  unseres  Herrgotts  eanzlei  2,  198. 

d)  mit  gewandeltem,  subjeet  in  älterem  Sprachgebrauch: 
weisse  händschuch  an  bänden  stecken  Paracelsus  (1616) 
1,  906; 

Mars  trftget  stiefeln,  die  als  schuh  was  fester  stecken 

LoGAU  1,  114,  84. 

e)  im  Sprichwort  heiszt:  in  schlechten  stiefeln  stecken 
nicht  gesund  sein  (wie  gleich  unten  in  einer  schlechten 
haut  stecken)  oder  in  schlechten  Verhältnissen  leben,  eigent- 
lich zum  erdenwandel  schlecht  gerüstet  sein. 

f)  entsprechend  dem  ursprünglichen  sinne  von  leichnam 
(ahd.  lihhamo  u.  s.  w.  oben  th.  6  sp.  625)  steckt  der  (innere) 
mensch,  die  seele  des  menschen,  in  dem  leibe  wie  in  einer 
kleiderhüUe :  war  ists,  das  wir  alsamen  sünder  seind 
und  pleiben,  so  lang  wir  in  disem  fleyschlichen  cörper 
stecken  Sleidanus  reden  88  Böhmer;  wenn  du  mir  im 
leibe  gesteckt  hättest,  so  hättest  du  es  nicht  anders 
machen  können  als  ich's  sehe  Göthe  43,  130  Weim..; 
einer,  dem  immer  noch  die  bürgercanaille  im  leibe 
steckte  Schubart  briefe  i,  150  Stratisz;  in  diesem  leibe 
steckte  .  .  .  ein  echter  Wiener  Arndt  werke  (1892)  i,  116; 
besonders  beliebt  ist  in  der  haut  stecken,  uh)  auch  zu- 
gleich ein  theil  des  körpers  zu  dem  inneren  menschen  ge- 
zogen wird:  der  körper  des  menschen  steckt  in  seiner 
baut;  als  sprichwörtlicher  icunsch:  ich  möchte  nicht  in 
der  haut  des  Verfassers  stecken  Göthe  IV  16,  208  Weim. 
(vgl.  Holtei  erz.  Schriften  3,  77);  (wünschen,)  ich  steckte 
nicht  in  diesem  wamms,  diesen  hosen,  dieser  haut 
Raabe  unseres  herrgotts  eanzlei  1,  90;  'o  himmel  und 
hölle,  ich  wollte  .  .  .,  du  stecktest  in  meiner  haut!'  rief 
der  Schauspieler  kinder  von  Finkenrode  44;  ja,  ja,  sie 
lächeln,  groszer  künstler,  sie  müssten  nur  mal  einen 
tag  in  meiner  haut  stecken  Hirschpeld  die  mütter  (1896) 
28;  auch:  ihr  solltet  nur  manchmal  in  meiner  haut 
stecken,  ihr  würd's  bald  genug  satt  kriegen  Haupt- 
mann weber  (1892)  18  (dkt  l),  wo  immer  die  ganzen  lebens- 
verhältnisse  und  umstände  eines  menschen  von  der  redens- 
art  umschlossen  werden,  wie  im  folgenden :  sie  (die  grafen) 
sind  nun  einmal  da  .  .  .  und  können  aus  ihrer  haut 
nich  'raus,  un  wenn  einer  mal  raus  will,  so  leiden  es 
die  andern  nich  un  ruhen  nich  eher,  als  bis  er  wieder 
drin  steckt  Fontane  I  5,  58;  in  dem  sinne  von  'lebens- 
Clement'  bietet  sich  auch:  dasz  er  also  voll  von  liebes- 
gedancken  seines  hcrtzens,  wie  eine  mauss  im  schmalta- 
kübel  oder  wie  ein  käfer  im  kühfladen,  in  seiner  haut 
steckte  Simpl.  l,  477;  dieses  gewand  kann  man  aber  in 
diesem  leben  nicht  ablegen,  deshalb  der  folgende  vergleich: 
sie  lassen  jedem  gern  seine  meinung,  wenn  er  nur  fest 
darin  steckt,  wie  in  seiner  haut  Börne  i,  il  (vorr.). 

a)  mit  weiterer  adjectivbestimmung :  in  kleiner  haut 
stecken  auch  leut  Dentzi.er  i.  356*: 


dasz  ihr  so  hoch  euch  beide  streckt 
nnd  in  so  dicken  hauten  steckt 

MÖRIKE    1, 


128; 


in  keiner  guten  haut  stecken,  in  dem  sinne  wie  oben 
unter  e  in  schlechten  stiefeln  stecken,  nicht  gesund  sein 
(dann  auch  'in  schlechten  verhäUnisaen  Men'  entspre- 
chend der  auffassung  in  den  obigen  belegen):  er  steckt 
übrigens  in  keiner  guten  haut,  nach  allem,  was  man 
hört  Schnitzler /rwtriW  28;  atieh:  der  gesell  sei  .  .  . 
ein  zarter  bursche  und  scheine  in  keiner  festen  haat 
zu  stocken  Speck  tum  seelen  32i. 

ß)  eine  auffällige  erweiterung  des  vorigen  bietet  Keller: 
aber  trotz  der  blässe,  die  ohne  den  rötlichen  greis  alle 
überzog,  steckten  sie  in  einer  unverwüstlichen  gesund- 
heit,  wie  die  fische  im  wasser  s,  140. 

y)  so  können  denn  dAmonwcAc  leesen  zugleich  mit  un* 
in  unserer  haut  stecken:  der  teafel  liecket  ans  in  der 
haut  Luther  S8,  66«  Weim.; 

der  tOfel  sUckt  jr  gwOss  im  Ivbl 

Manvbl  vtetniptil  164  nemdr.; 

Cr. 


1325 


STECKEN 


STECKEN 


1326 


UHU  die  neuere  zeit  einfach  atudrüekt: 

ihr  wahrlich  schaut 
nicht  80,  als  stäkt  in  sündger  haut 

TiECK  1,  104; 

doch  vgl.:  jedenfalls  steckt  der  teufel  in  ihr,  und  habe 
ich  ein  schlimmes  stück  arbeit  übernommen  Keller  i,  50. 
7)  icidencülig  oder  sonst  zu  seinem  schaden  festsitzen, 
festhaften,  an  der  freien  beicegung  gehindert  sein. 

a)  im  schlämm,  im  morast  stecken,  festsitzen, 
so  dasz  man  nicht  von  der  stelle  kann,  noch  deutlicher 
mit  henorhebung  der  dauer  durch  stecken  bleiben  (».  unten) : 
im  kaat  stäcken  Jiaesitare  in  luto  Maaler  SSS*»;  unterst 
zu  oberst  stürzt'  ihn  mein  herr  vom  pferd,  dasz  der 
federbusch    im  koth    stak    Göthe  8,  95  Weim.   {Götz  3); 

Antilochns  Mydoni  gab 
ein  harten  streich  von  oben  ab, 
das  er  gleich  von  dem  wagen  ganck, 
hemider  vff  die  erden  kranck, 
im  kot  er  stecket  mit  dem  kopff 

Spreng  lUas  (1610)  63^; 
da  die  gemahlin  noch  im  pfnhle  stecket 

Ramlbr  fabellese  (1783)  1,  W; 

entlich  stöst  er  aoff  einen  fuhrman,  der  mit  pferd  und 
wagen  im  tieffsten  schlam  in  einem  pfuel  steckete, 
kondte  weder  hinter  sich  noch  vor  sich  Hatnbccids 
Hans  Pfriem  i  nettdr.; 

in  jenem  snmpff  steck  ich  nicht  mehe  35; 

hat  der  sich  gewircket  aus  dem  dreck 

darinnen  er  nur  newlich  steck, 

so  musz  er  jo  der  teuffel  sein  31 ; 

die  einleitung  des  zustandes  icird  geschildert:  ehe  sie  sich 
es  versahen,  kamen  sie  in  einem  morast  zu  stecken 
Happel  akad.  roman  (1690)  536. 

bildlich:  dasz  sie  .  .  .  im  sündenschlam ,  ja  allerdings 
schon  gar  der  höUen  im  rächen  steckt  Simpl.  2,  48 
Keller;  sie  sind  dazumal  noch  tieff  ym  schlam  gestickt, 
das  gesetz  lag  yhn  noch  auff  dem  halse  Luther  15,  613, 
31  Weim.;  mein  seel  stäckt  im  kaat  Zürcher  bibel  1531 
psalm  118,  7;  die  fürsten  seien  uneinig,  die  städte  weder 
gerüstet  noch  entschlossen,  die  ganze  nation  stecke  — 
so  drückte  er  sich  aus  —  bis  an  den  hals  im  moor  Ranke 
4,  131  {Zeitalter  der  r^ormation); 

wer  über  die  oren  im  kat  steckt 
vnd  reinigt  sich  mit  andenn  dreck 
vnd  kat  mit  kat  wil  dannen  tryben, 
der  mfisz  von  not  dreckig  belyben 

McRNER  narrenbeschu'örung  179  neudr.; 
bei  meiner  treu !  ich  wette ! 
er  hat  im  hasenfette 

(JeigheU,  vgl.  th.  4,  3,  sp.  536) 
bis  Obers  knie  gesteckt, 
nun  ist  kein  hund  im  lande, 
der  ihm  die  grosze  schände 
von  seinen  strümpfTen  leckt 
Stranitzky  oUapairida  44,  17  Wiener  neudr.; 

hierher  gehört  die  noch  heute  gebräuchliche  redetcendung 
in  der  spräche  des  alltags  in  der  patsche  stecken:  denn 
stecken  wir  man  all  ooch  in  de  patsche  Hauptmann 
biberpelz  67  {akt  3),  vgl.  dazu  patsche  4  und  5  (,th.  7  sp.  1507). 

b)  im  gefängnis  stecken,  als  gefangener  festgesetzt 
»ein,  entsprechend  oben  ^stecken  verb.  10:  wollt  ihr  im 
Bcholdturm  stecken?  Schiller  2,  40  {räuber  l,  2);  er  hatte 
vier  monden  unter  strolchen  im   kerker  gesteckt  Jdsti 

.  Winekelmann  2,  2,  16;  von  der  studierstube: 

kweh!  steck'  ich  in  dem  kerker  noch? 
verfluchtes  dumpfes  mauerloch, 
wo  selbst  das  liebe  himmelsUcht 
trüb  durch  gemalte  Scheiben  bricht! 
Göthe  14,  28  Weim.  (Famt  1). 
sm^mentsprechend  auch    zu  hause   stecken  müssen,    nicht 
von  haus  fortkönnen,  an  das  haus  gebunden  sein .-  zu  hause 
mnsz  ich   stecken   und  das   fest  dieser  tage  versäumen 
Göthe  IV  20,  17  Weim.; 

im  hause  mnst  sie  stecken 
vnd  stets  bey  Myrto  sein 

ZiNKGREF  aiuerle«.  gedickte  49  neudr.; 
■teoken  sie  den  ganzen  tag  da  zu  haus?    Schnitzler 
Uebdei  118.     au^h:    bis    dahin    steckten    sie    {die  beiden 
hüben)  in  der  schule  Thümmel  reise  6,  137. 

et)  den  ausdruck  erläutert:  ach  so  ist  dem  armen 
mennschen  rechtt  also  ob  er  zwischen  zwaien  wenden 
stecke  Tauler  sermones  (1508)  103». 

Cr. 


ß)  mit  bezug  auf  den  aufenfhaU  der  toten  vor  dem  tag 
des  jüngsten  gerichts;  von  den  seelen  imfegefeuer  u.  s.  xc.: 

wenn  gottes  trompte  wird  erklingen 
von  oben  aus  der  luffl, 
und  mächtig  durch  die  grufft 
der  tieffen  gräber  selber  dringen, 
und  alle  menschen,  wo  sie  stecken, 
wird  aufferwecken 

Dach  gedichte  212  Österley; 

da  wird  sie  {die  königin)  .  .  .  erinnert,  dasz  ihr  verstor- 
bener herr  könig  im  .  .  .  Hörselberge  .  .  .  stecke  imd  vor 
seine  sünde  büsse  Prätorius  Blockesberges  Verrichtung 
(I668)  13.  als  tmnsch  für  einen  miszliebigen :  ich  wolt  dasz 
sie  beide  mitten  in  der  Elb,  oder  mitten  im  loch  des 
fewrigen  bergs  Aethna  in  Sicilia  steckten  Vogelgesang 
tragedia  Johannis  Hussen  14  neudr. 

c)  einem  in  den  klauen  stecken,  sich  von  ihm  nickt 
befreien  können:  was  will  er  machen?  er  steckt  dem  in 
den  klauen  ganz  und  gar  maler  Müller  1,  275.  im 
(fang)netz  stecken,  als  Jägerausdruck,  loenn  thiere  in  den 
ausgestellten  netzen  sich  gefangen  haben: 

heut,  da  man  seine  füchs  thut  kennen, 
vnd  will  den  fuchs  ausz  der  hell  brennen, 
da  wüt  er  vnd  wehrt  sich  zu  letz 
wie  ein  wild,  das  schon  steckt  im  netz 

Fischart  thierbilder  i26,  100  Rauffen; 

auch  für  die  fischtceide  tcird  er  vorausgesetzt: 

st.  Anton  hat  den  Aschen  gepredigt,  aber  ich  wette, 
kamen  sie  vor  aus  dem  meer,  staken  sie  sämmtlich  im  netz 
Waiblinger  gedichte  aut  Italien  2,  83. 

ähnlich:  in  den  dornen  stecken:  ich  stecke  in 
dornen  Göthe  17,  77  Weim.  {vögeT).  von  dem  widder. 
welcher  Abraham  zur  Opferung  gesandt  wurde:  wo  du  wie 
eine  unke  im  sumpfe,  oder  wie  Abrahams  widder  in 
den  dornen  gesteckt  hast  Droste-HClshoff  2,  366;  hier- 
auf bezieht  sich  die  redensart:  do  geth  die  schrifft  am 
meisten  wider,  do  sticket  der  bockh  in  den  dornen  Luther 
9,  539,  31  Weim.,  d.  h.  da  liegt  der  schinken  im  salze,  hier 
findet  sich  der  hauptsächlichste  Streitpunkt.  eine  Um- 
bildung davon  ist:  in  summa  da  stecket  der  baur  in 
der  hegken,  dasz  closter  betend  sy  geren  gar  gehabt 
Chronik  von  Kaisheim  169. 

d)  als  mythisches  bild:  dem  tod,  der  hellen  schon  im 
rächen  stecken  Kramer  dict.  2  (i702),  924'';  ach  got,  ich 
sihe,  das  der  ein  sünder  ist,  steckt  dem  teuffei  im  rächen 
Luther  10,  3,  302  Weim.;  {angst,)  dass  er  allbereit  dem 
höllischen  Schlund  beginne  im  rächen  zu  stecken  Sim- 
plie.  4,  507  Keller;  ist  der  nechste  gottlose  und  stecket 
dahero  dem  satan  im  rächen,  so  musz  man  aus  hertz- 
licher barmhertzigkeit  ihn  suchen  zu  bekehren  Sperling 
Nicodemus  quaerens  2  (1719),  569.  vgl.  er  steckt  im  ab- 
grunde  in  voraginibus  haeret  Steinbach  (i734)  2,  714. 

e)  in  der  nacht  stecken,  besonders  bildlich :  wer  in  der 
nacht  steckt,  hält  die  dämmerung  schon  für  tag  Göthe 
IV  8,  121  Weim.  ähnlich:  es  ist  wahr,  dasz  zu  Homers 
Zeiten,  die  lehre  von  gott  noch  in  dicken  finstemissen 
gestecket  hat    Gottsched  critische  dichtkunst  (i75l)  802. 

/)  in  reicher  Übertragung 

a)  auf  schwierige  lebenslagen  u.  ä.,  aus  denen  man  nicht 
herauskann,  die  einen  gefangen  halten ;  wie  man  im  morast 
steckt,  so  dasz  man  nicht  von  der  stelle  kann,  ja  zuletzt 
leicht  darin  elend  zu  gründe  geht  {vgl.  dazu  oben  unter 
grund) :  in  schwären  schulden  stäcken  aere  alieno  premi, 
opprimi  aere  alieno  Maaler  383 ''; 

dieser  hat  ein  böses  kind ;  jener  steckt  in  grossen  schulden 
Neumark  fortgepfl.  mugik.  poet.  Ittstwäldchen  (1657)  2,  48 ; 

die  vornehmste  Ursache,  dasz  die  ansehnlichsten  häuser 
am  meisten  in  schulden  stecken  Rabbner  5,  I80;  jeder 
Verwaltungszweig  steckte  in  schulden  Dahlmann  ge- 
schichte  der  franz.  revolution  (l845)  32;  ich  steckte  in 
schulden  bei  schneidern,  modisten  Ebner-Eschenbach 
i,  313; 

ein  armer  schiffer  stak  in  schulden 

Gkllbrt  1,  119; 
sie  haben  stol  zgenug,  doch  stecken  sie  in  schulden 
GöTHB  16,  23  Weim.  (Jahrmarkt^ett  von 
Plundertweilem). 

auch:  ich  stecke  noch  in  alten  quälenden  briefschulden 
Chamisso  5,  333.  subst:  vnd  dass  es  die  ellendeste 
arbeitseligkeit  sey,  in  schulden  stecken  vnd  vor  gericht 

Cr. 


1327 


STECKEN 


STECKEN 


1328 


zancken  Hetden  Pliniua  (1565)  48.  «rtc  der  ausdruek  in 
schalden  stecken  sich  aiis  dem  icirklichen  bilde  genährt 
hat,  wird  deutlich,  wenn  der  hofmeister  von  Schweinichen 
angesichts  der  schulden,  für  icelche  er  dem  Herzog  Hein- 
rich aufzukommen  hat,  klagt:  wie  ich  in  so  groszer  ver- 
tiefang  vor  herzog  Heinrich  stecket  denkicürdigk.  171 
österley. 

ß)  in  groszer  not  stecken  u.  ähnl.  Wendungen:  na 
hat  der  herr  das  reich  gegeben  in  die  band  deines  sons 
Absalom,  und  sihe,  nu  stickestu  in  deinem  unglück, 
denn  da  bist  ein  bluthand  2  Sam.  16,  8;  vnnd  ist  dieses 
nichts  anders  gesagt,  als  das  es  wegerer  sey  von  fernem 
ein  vnglück  anzusehen,  als  darinnen  selbs  stecken 
Fisch  ART  discoura  (1589)  A  2»;  da  sie  in  vngemach 
steckten  Xylander  Polybius  (1574)  25  vgl.  auch  s.  228; 
so  gross  das  anheil  war,  in  welchem  wir  staken,  .  .  . 
konnten  wir  doch  nicht  unterlassen  zu  scherzen  Göthe 
33,  93  Weim. ; 

doch  tawrt  er  mich,  dasz  er  zur  frist 

in  solchem  Unfall  steckt  mit  klagen 

Dähnhardt  griech.  dramen  2,  69  {Ajax  2234); 

denn  wer  yim  nödten  stickt,  der  ist  schier  gleich  wie 
ym  tod  Luther  19,  436  Weim.; 

in  grösser  noth  ich  niemals  Stack 

Ayrer  dramen  413,  19  {hütorien  Jtom«); 
ach  Jupiter,  du  grosser  gott, 
hatstu  jemahls  in  solcher  noth 

Belassen  einen  forsten  keck, 
arinnen  ich  mit  vnfall  steck 

Spreng  Utas  (1610)  99>'; 

dasz  ich  in  kurt^em  von  der  angst,  in  der  ich  stecke, 
mich  frey  befinde  Schauspiele  englischer  comödianten  263,  9 
(unzeüiger  vorwitz  1,  2)  Creizenach;  wie  helfen  wir  uns 
aus  der  Verwirrung,  in  der  wir  stecken?  Göthe  11,  165 
Weim.  (Clavigo);  nun  steck  ich  in  einer  zweifelhaftigen 
Unbequemlichkeit  Bettine  dies  buch  gehört  dem  könig 
1,  16;  da  ist  ja  den  leuten  lange  genug  klar  gemacht 
worden,  in  welchem  entsetzlichen  elend  sie  drin  stecken 
Hauptmann  weber  83  (4); 

ich,  ewr  vatter,  und  ihr  albeidt 
stecken  in  grossem  hertzenleid 
DÄHNHARDT  ffritch.  dramen  1,  99  (Eurip.  Alcett  876); 
in  so  schweren  sorgen  stecken,  .  .  . 
ist  es  nicht  ein  lauter  quehlen? 

Königsberger  dichterkreis  43  neudr.; 

auch  wer  schier  besser,  du  wärst  ein  zeyt  lang  in  welt- 
licher gefengknuss,  das  du  deine  sünde  erkendtest  unnd 
dich  darvon  besserest,  dann  also  in  täglicher  sorg  unnd 
angst  steckest  Schumann  nachtbüchlein  227;  weil  er 
viler  .  .  .  leat  weih  und  kind  sihet  in  not  vnd  schuld 
stecken  Mathesius  Sarepta  (i57l)  25*;  viel  männer,  die 
in  noth  und  schulden  stacken,  und  betrübtes  herzens 
waren  Sperling  Nicodemus  quaerens  2  (1719),  562; 

noch  stecken  wir  in  not  und  qual 

Spreng  Aeneis  14*». 

aua  einem  andern  bilde  schöpft  aber  wohl  er  suchte  .  .  . 
gottes  ehre  zu  befördern,  vnnd  seine  bedrängte  religions- 
verwandten .  .  .  von  dem  tyrannischen  zwang,  worunter 
sie  eine  geraume  zeit  gestecket,  zu  erretten  Chemnitz 
schwed.  krieg  (1648)  61»,  wie  etwa  ein  gefangener  vogel 
unter  dem  schlagnetz  des  vogelherdes  steckt. 

y)  in  einer  ansieht  stecken,  darin  b^angen 
sein,  nicht  von  ihr  loskönnen:  dass  menschliche  hertzen 
vnnd  sinn  in  viel  irrthumb  stecken  Amadis  l,  288;  aus 
allem  irrthum,  worin  alle  menschen  von  natur  stecken 
Arnold  ketzerhistorie  vorr.  42;  diejenigen  so  in  den  irr- 
samsten  meinungen  stecken  Butschky  Pathmos  204; 
ganz  Rom  in  dieser  meinung  steckte  Anton  Ulrich 
von  Braunschweig  Octavia  (1677)  i,  82;  ein  schwärmen- 
der Verehrer,  der  einmal  in  seinem  System  ohne  hoffnung 
za  einem  zurUckzug  steckt,  ist  allemal  verdächtig  Lichten- 
BBRO  vermischte  Schriften  4,  17  ; 

wir  steckten  in  abgOUerei, 

der  bapat  fttrt  una  in  tchaden 

lud  a«^  du  gtjan^iennahmie  hertog  Seinrieh»  von  Brauntchweig 

i.j.  1546  {bH  LiubncrON  htstor.  volktl.  4,  S70). 

S)  in  einer  gewohnbeit  stecken  u.  ä.:  der  leser, 
wdebar  in  der  langen  gewohnheit  steckt  Kant  8,  BW 
Hartentiein ;  auch  er  «tickt  in  dem  seichten  dilettantis- 
IBOS  der  zeit  QOthi  IV  87,  190  Weim.;   das  tarUckgehen 

Cr. 


musz  dein  hauptbegriff  sein;  denn  du  stickst  nun  einmal 
drin  an  Herder  am  22.  sept.  1788  {des  letzteren  nachlasz  i,  97). 
—  freilich  färben  halt  die  Verhältnisse  gar  so  ab  auf  die 
menschen,  die  in  ihnen  stecken!    Ebner-Eschenbach 

4,  404. 

f)  in  einer  Stimmung  oder  charakteranlage 
stecken:  wenn  er  in  seiner  melancholey  stecket  Amadis 
1,  160,  vgl.  GuARlNONius  grewel  der  verwilstung  (1610)  33; 
es  gibt  nichts,  was  du  .  .  .  mehr  perhorreszierst  als 
sentimentaUtäten,  und  doch,  färcht'  ich,  steckst  du  selber 
drin  Fontane  I  5,  220;  die  so  in  diesem  lasier  stecken 
Pape  bettel-  und  garteteuffel  (1.586)  C  7^;  förchten  sollen 
sich  diejenigen  vor  dem  todt,  welche  da  stecken  in  viel 
tausend  todtsünden  Albertinus  zeitkürtzer  (1603)  40*; 
in  gleycher  begyrd  stäcket  auch  der  papst  Stumpf 
Schwytzerchron.  (1606)  224'';  wer  aber  gegen  das  siebente 
(gebot)  verstöszt,  der  steckt  nicht  blosz  in  des  fleische« 
schwäche,  der  steckt  in  der  seele  niedrigkeit  Fontane 
I  5,  274;  wer  in  der  brunst  sticket,  der  ist  wie  ein 
brennend  fewr,  und  höret  nicht  auff,  bis  er  sich  selbs 
verbrenne  Jes.  Syr.  23,  22;  auffs  aller  lustlichst  in  woll- 
lust  stecken  Hütten  l,  394;  und  hoffart  treibet  zu  allen 
Sünden,  und  wer  darin  steckt  der  richtet  viel  grewel  an 
Jes.  Syr.  10,  15; 

wo  in  hoffart  steckt  ein  mann, 
riebt  er  vil  grewl  und  unglfickis  an 

H.  Sachs  19,  40,  27  Keller-Götze; 

in  Ungerechtigkeit  stäcken  und  bleyben  haerere  in  iniqui- 
tatibus  Maaler  883'>;  wann  ihr  aber  in  hasz  und  Un- 
einigkeit stecket,  so  machet  ihr  unlust  der  heyligen 
hochgelobten  dreyfaltigkeit  Schuppius  288; 

sunst  steck  ich  hy  in  hass  vnd  neyd 

Schwarzenbbrg  der  teuttch  Cicero  (1585)  140; 
vergebens  fiugelt  der,  der  noch  in  freveln  steckt, 
auf  freundschaft,  die  sein  herz  nicht  einst  im  träume 
schmeckt 

WITHOF   bei   KiNDKRLING 

reinigkeit  der  deutichen  tprache  (1796)  360. 
5)  mit  einer  aus  dem  bilde  entspringenden  adverbiellen 
bestimmung:  und  (er)  stak  tief  in  den  französischen 
Übeln  Göthe  43,  88  Weim.  {Cellini  l);  Aurel  gestand  .  .  . 
offen  ein,  dasz  er  tief  in  schulden  stecke  Holtei  er- 
zähl. Schriften  21,  99;  sie  sind  zu  entschuldigen,  wenn 
sie,  tief  in  jüdischen  vorurtheilen  steckend,  solche 
äuszere  stützen  .  . .  bedurften  Strausz  3,  18  {leben  Jeatt) ; 

ach  ja,  tieff  stackstu  in  gefahr, 
weil  du  beströcket  warst  so  gar 
mit  falschen,  bösen  leuten 
Zkiszold  bei  Fischer-TCmpel  kirchenlied  9,  50; 
der  pfarrer  von  Assmannshausen  sprach: 
'die  weit  steckt  tief  in  Sünden, 
doch  wo  der  meister  Josephus  steckt, 
weisz  keiner  mir  zu  künden.' 

Scheffel  6,  247  (gaudeatnua  137) ; 

doch  steckt  er  auch  noch  viel  zu  tief  in  der  Verehrung, 
als  dasz  er  sobald  zum  urtheil  gelangen  sollte  Göthe 
rv  17,  268  Weim.;  die  nalionen  steckten  za  tief  in 
ihrer  eigenen  Unordnung  Grimm  Michelangelo  (1890)  i,  16. 
auch:  grewel,  darin  wir  auffs  dieffst  stecken  Cronbero 
12  neudr.  so  ist  denn  hier  aucJt  möglich:  die  dreissig- 
tausend  gülden  brautschatz,  die  das  kaufmannstöchter- 
chen  meinem  söhne  .  .  .  ins  haus  brachte  —  die  haben 
mich  herausgerissen,  ich  stack  verteufelt  tief  Krbtsch- 
MANN  4,  2,  6  {hauskabale  1,  l). 

T})  die  bildlichkeit  des  ausdruck»  findet  %oeitere  Ver- 
stärkung: ich  stecke  momentan  bis  an  den  haU  in 
tausenderlei  fatalitäten  Pücklkr  britfwechsel  6,  66.  noch 
beliebter  aber  ist  bis  an  die  obren  worin  stecken: 
er  stecket  in  aller  unsaubcrkeit  bis  an  die  obren  (fttiw 
erat  immersus  altissime)  Slkidanus  awei  radan  SO« 
Böhmer,  wo  das  zugrunde  liegende  bild  gana  deutlieh  ge- 
fühlt ist.  kein  wunder,  dasz  sie  bis  an  die  obren  in 
schulden  stecken  Albertinus  der  weit  tummel-  und 
acliauplata  15«;  übrigens  trauten's  mir  nur  wenige  von 
meinen  nachbam  and  nächsten  gefreundten  zu,  dast  ich 
so  gar  bis  an  die  obren  in  schulden  stecke  BrXkbr  der 
arme  mann  im  Tuckenburg  200;  sie  werden  doch  meiner 
bäte  keinen  bruder  lüdcrlich  zur  frau  geben  wollen,  der 
bis  an  die  obren  in  schulden  steckt  Schiller  t4,  I4« 
(neffe  als  onkel  1,  10); 

Cr. 


1329 


STECKEN 


STECKEN 


1330 


ja  wohl  zu  matt,  dich  aus  dem  schlämme  —  nein, 
der  liebe'  wollt'  ich  sagen  —  dich  zu  ziehn, 
worin  du  leider  steckst  bis  an  die  obren 

Shakespeare  9,  203  (Romeo  1,  4). 

in  iceiterer  begrifflicher  Steigerung:  es  stickt  des  bapsts 
Seiten  ob  dissem  stuck  biss  ubir  die  oren  yn  der  ma- 
nicheorum  ketzerey  Luther  7,  644  Weim.;  das  wir  in 
Sünden  sticken  bis  ober  die  obren  ebenda  29,  576  Weim.; 
diss  gegenwertige  vnglück,  darinnen  wir  bis  vber  die 
obren  stecken  Musculus  hosenteuffd  7  neudr.;  sie  stecken 
biss  über  die  obren  in  allen  vorurtheilen  die  vemünft. 
tadlerinnen  (1725)  l,  182;  unter  allen  briefschulden ,  in 
welchen  ich  bis  über  die  obren  stecke,  liegt  mir  keine 
schwerer  auf  dem  herzen,  als  die,  in  welche  ich  bey 
dem  herrn  hofrath  Kästner  gerathen  bin  Lessing"  17, 
282;  er  steckt  ...  bis  über  die  obren  in  dunkel  and 
Standesvorurteilen  Fontane  I  5,  65; 

mancher  steckt  drinn  (im  grobianertum)  biss  vber  d'oren, 
der  es  noch  lang  zeit  hat  verschworen 

Scheit   Grobtanus  4881  nexidr.  ; 

du  steckst  ja  über  köpf  und  obren  in  der  liebe  Schroe- 
DER 1, 8  (heirrd.  Jieirath  1,5);  vgL.  auch  ohr  11  bgß{th.  7  sp.  1232). 
8)  ohne  diesen  beisinn  des  widertcilligen  in  einer  sache 
stecken,  sich  eifrig  mit  ihr  beschäftigen,  in  seiner  thätig- 
keit  ganz  von  ihr  in  anspntch  genommen  sein  u.  s.  w. ;  be- 
sonders in  solchem  sinne  in  den  büchern  stecken: 
der  alte  kerl  ist  nicht  dumm,  steckt  immer  in  seinen 
büchern  Ayrenhoffs,  248;  er  ist  ein  träumer,  der  mehr 
in  den  büchern  steckt  Baüernfeld  5,  lll ; 

man  sieht  doch  recht,  dasz  du  ein  schtUer  bist, 

ein  guter  zwar,  doch  der  zu  viel  allein 

in  seinen  büchern  steckt  Göthe  11,  364; 

xmd  sein  geselle  wohlbedächtig 
steckt  in  den  büchern  übernächtig 

16,  286  Weim.  (maskemug  615); 

ist  keiner  der  solch  bücher  hasst, 
er  sey  dann  viel  ein  grösser  gecfc, 
dann  der  so  in  den  büchern  steckt 

Fischart  Eulenspiegel  26,  415  Hauffen. 

dementsprechend  auch:  mein  voriger  herr,  der  berr  baron 
Süszmund,  steckte  beständig  in  romanen  Petrasch  i,  158; 
niemand  gab  auf  ihn  acht  —  man  steckte  im  testamente, 
ausgenommen  Knol  J.  Paul  26,  80  {flegdjahre  l).  —  die 
auch  hierher  gehörende  wendung  tief  in  der  arbeit 
stecken  zeigt  durchaus,  wie  der  ausgangspunkt  für 
diesen  gebrauch  unter  7  zu  suchen  ist:  wenn  sie  über 
viele  arbeit  klagen,  so  stecke  ich  auch  in  vieler  und 
groszentheils  so  unerfreulicher,  dasz  ich  gern  drei  stunden 
der  ihrigen  für  eine  der  meinigen  hinnehmen  wollte 
Jakob  Grimm  in  den  briefen  an  Benecke  34;  wisst  ihr 
denn  nicht,  wie  tief  ich  in  geschäften  stecke?  Kretsch- 
mann  4,  2,  80  (hauskabale  3,  4). 

9)  oft  mit  dem  beisinn  des  verborgenseins,  als  intran- 
sitiv, zu  oben  ^stecken  verb.  8  und  verstecken  verb. :  als 
solches  der  mann  höret,  fraget  er:  'wo  ist  der  pfaff?' 
dem  das  knäblein  bald  antwort:  'er  steckt  im  kachel- 
ofen'  Lindener  rastbüchlein  28  Bolte;  die'  Franzosen 
stecken  zwar  in  Tyrol  und  haben  Trient  und  Roveredo, 
doch  hat  Wurmser  in  der  Lombardei  grosse  vortheUe  er- 
halten Göthe  IV  li,  227  Weim.;  ich  habe  .  .  .  solide  men- 
schen kennen  lernen,  dergleichen  noch  manche  hier  in 
der  abgeschiedenheit  stecken  mögen  IV  8,  155;  und  in 
kurzem  steckten  wir  wieder  zwischen  so  hohen  und 
wilden  bergen  als  jemals  Nicolai  reise  durch  Deutsch- 
land und  die  Schioeiz  (1783)  2,  537;  das  fuszvolk  steckte 
zum  theil  in  jenem  bewaldeten  gebirge  und  schoss  sich 
ein  wenig  mit  dem  feinde  umher  Ritter  erdAundc  15, 1014; 

die  keuschheit  macht,  dasz  weiber  werden 
zu  klaren  engein  auf  der  erden, 
doch  ist  es  so  gar  seltsam  nie, 
manch  Ludfer  steckt  auch  allhie 

Logau  1,  229,  56; 
ausreisser,  memme!  liefest  du  so  mir  fort? 
in  welchem  husche  steckst  du?  sprich  ein  wort! 

Shakespeare  1,  249  (»ommemachtstraum  3,  2). 

in  der  Jägersprache:  das  edelwild  steckt  in  einem  teile 
der  wildbahn,  hält  sich  verborgen  Brehii  thierleben  3,  464 
PechuelLösc?ie ;  auch  sonst: 


X.  2. 


Cr. 


als  wann  ein  taub  thut  fliegen  aus 

von  jhrem  nest  vnd  tuncklen  haus, 

die  lang  in  einem  felsen  hart 

gestecket  ist  nach  jhrer  art     Spreng  Äeneis  88*; 

die  enl  in  ihrer  höhlen  steckt  Arnim  21,  280; 

das  ort,  da  die  läuss  stecken  Sebiz  feldbau  (1579)  96;  in 
diesem  wammes  stecken  so  viel  lause  und  flöhe,  das 
zehn  bauern  ein  jähr  davon  zu  fressen  betten  Schau- 
spiele engl,  comödianten  77,  19  {tugend-  und  liebesstreit 
1,  2)  Creizenach; 

sacht,  tas  jrs  recht  eräckt, 

tan  noch  ein  schlang  ta  hinten  stäkt 

GargarUua  46  neudr. ; 
weil  schlang  ond  natter  auch  in  paradiesen  steckt 

Neukirch  gedichte  (1744)  40; 
o  weh !  statt  des  glühenden  fünkleins  steckt 
im  kelche  der  rose  ein  kaltes  insekt        Heinb  2,  66; 

(die  kurzen  ohren)  stäcken  im  haar  als  ob  sie  ab- 
geschnitten seyen  Stumpf  Schicytzerchronik  (16O6)  609»»; 
auf  dem  bücherbrette  an  der  thüre  meines  Wohnzimmers 
stecken  noch  von  denen  blättchen,  die  ich  in  erwiderung 
meiner  geburtstagsfeyer  ausgehen  liesz  Gtöthb  IV  SS,  271 
Weim. ; 

wie  eine  rose  blüht,  die  noch  in  knospen  stecket 

König  gedichte  50; 
das  alte  haupt  der  felsen,  das,  tief  mit  eis  bedeckt, 
sich  für  den  donner  sichert,  und  in  den  wölken  steckt 

Dusch  69; 
allein  lass  sehn,  was  unten  steckt. 
er  räumt  die  hülse  (der  mandel)  weg  und  kömmt  nun 
auf  die  schaale 
Pfeffel  poet.  versuche  4,  97 ; 
item,  die  frommen  blicken  schnell 
in  die  Schatzkammer  gottes  hell 
vnd  schauen  alles  unvordeckt, 
was  hoch  vnd  tieffes  darinn  steckt! 

Ringwaldt  christliche  icamung  D7''; 
es  stecket  'ia'  im  lincken,  im  rechten  backen  'nein'; 
'ja— nein',  das  wil  bey  hofe  vermischet  immer  seyn 

LoGAU  277  (nr.  1340). 

a)  darunter  stecken  sich  befinden,  anzutreffen  sein  u.  tt.  w.: 
sollte  nicht  unter  den  tellern  etwas  von  majolika  stecken? 
Göthe  IV  28,  149  Weim.;  vgl.:  seine  bibel,  die  unter 
anderen  büchern  im  bücherschrank  steckte  Kerner  bilder- 
buch  17; 

pronomen  est  vox,  qua  ntimur 
in  demonstranda  aut  repetenda  re: 
drunder  stecken  zu  hülff  vnd  rathn 
neuntzehen  wol  versucht  soldatn 

GiLHUsius  grammatica  (.1597)  4(4),  112; 

(wo)  bücherhaufen  in  den  ecken 
unter  bücherhaufen  stecken 

Kästner  verm.  Schriften  (1756)  1,  171. 

in  der  sprichwörtlichen  redetcendung  unter  derbank 
stecken  (entsprechend  oben  ^stecken  verb.  8c)  an  einem 
unwürdigen  orte  »ich  befinden,  keine  rechte  werthschätzung 
erfahren,  nicht  rechte  Wirkung  thun  können,  denn  beim  ofen 
unter  der  bank  wird  nur  für  werthlos  gehaltenes  und  über- 
flüssiges geräth  aufbewahrt,  vgl. :  unter  der  banck  stak  ein 
grosses  pack  schlechter  tücher  und  zeuge  für  gelehrte, 
kaufleute,  künstler  und  andere  niedere  geschöpfe  Raben  er 
4,  60;  die  liebe  bibha,  die  etwan  vnter  der  bank  stacke, 
vnd  gar  steubicht,  tunckel  vnd  angeloffen  war  Mathesius 
iSare^to  (1571)  199'';  die  Ursachen,  welcher  wegen  sie  {die 
deutsche  spräche)  viel  jähre  unter  der  bancke  gestecket, 
und  mit  dem  liecht  dess  evangelii  wieder  hervorgezogen 
worden,  könten  viel  angeführet  werden  Harsdörffer 
teutscher  secretarius  (1656)  1 ,  Hb  7>' ;  es  stecken  offt  die 
herrlichsten  ingenia  under  der  bank  saepe  summa  ingenia 
in  occulto  latent  Dentzler  1,  356». 

b)  im  bette  stecken  u.  ä:  so  hat  er  kein  ritterspyl 
gelernet,  dan  huren,  iagen,  vnd  stecken  in  pflaum- 
fedem  Eberlin  von  Günzburg  3,  154  neudr.;  der  stack 
aber  noch  in  den  federn  bisz  über  die  obren  Simpl.  544 
Keller:  (zu  einer  stunde),  wo  jeder  ehrliche  diener  in 
den  federn  steckt  Gaudy  13,  126; 

er  fand  jn  nit,  dess  er  erschrack, 
dann  Tyll  sehr  tieff  in  feilen  stack 

Fischart  Eulenspiegel  254  i-.  6968  Hauffen; 
des  nachtes,  da  schlemmt  er,  so  viel  er  vermag, 
des  tages,  da  steckt  er  im  bette  verkrochen 

LoGAU  150  (nr.  656). 

&4  Cr. 


1331 


STECKEN 


STECKEN 


1332 


e)  in  der  frage  wo  steckst  du?  u.a.w.,  u»  hältst  du 
dich  auf:  TheseusI  wo  steckst  du?  hedal  komm,  ich  bin 
erwacht  Kotzebue  dramat.  werke  (1827)  8,  292;  wo  steckst 
du  denn?  (Bettine  br^fe  2,  218);  gewöhnlich  an  die  sich 
schon  wiedereinstellende  person  gerichtet  gleichsam  aus 
controllierender  neugier: 

der  vater  frajt  ihn,  wo  er  stickt  — 
ich  war  im  stern,  der  dorten  blickt 

GöTHE  38,  68  Weim.; 

wo  stecken  sie  denn,  Adrast?  man  hat  schon  zwanzig- 
mal nach  ihnen  gefragt  Lessing*  2,  90  {freigeist  3,  8); 
wo  stickst  du?  hast  du  geschlafen?  Göthe  8,  9  Weim. 
{Oötz);  nun  hauptmann,  wo  stickst  du?  Schiller  2,  147 
{räuber  4,  3);  mensch,  wo  steckst  du,  begann  sogleich 
Dankmar  Gutzkow  ritter  vom  geiste  l,  55; 

he !  Friz !  wo  steckst  du  denn  ?  komm  doch  her  I 
was  machst  du  dort? 

Miller  gedickte  (1783)  427; 

wo  um  des  himmels  willen  stecken  sie  denn,  sie  lassen 
sich  ja  garnicht  sehen  E.  Tu.  A.  Hofkmann  l,  230;  mit 
adverb.  bestimmung:  wo  steckt  ihr  so  lang?  Kramer  dict.  2 
(1702),  924»;  wu  steckst  alle  wil?  und  darauf  die  sclierz- 
jiafle  antxcort:  in  der  hut  bitz  üwer  d  ehren!  Martin-Lien- 
hart  2,  580».  —  deutlicher:  'wo  hast  du  gesteckt?'  fragte 
Wilhelm  freundlich  Göthe  21,  166  Weim.;  'nun  Meta', 
sagte  er,  'wo  hast  du  denn  gesteckt?'  Storm  l,  218; 

wo  stackst  du?  rief  ein  groszsultan 
einst  seinem  hofnarrn  zu 

Pfeffel  poet.  versuche  5,  134; 
wo  habt  ihr  denn 
die  ganze  zeit  gesteckt? 

Lessing  1,  6,  723; 

wo  bist  du  gesteckt?  wo  seyd  ihr  so  lang  gesteckt, 
dasz  .  .  .  Kramer  dict.  2  (i702),  924«. 

als  ausdruck  des  noch  erfolglosen  suchens  dienen  aber 
nicht  wissen,  wo  einer  steckt  und  ähnliche  Wen- 
dungen: wo  musz  denn  der  vogel  stecken,  dass  er  sich 
nicht  einmal  blicken  lässt  Reuter  Schlamp,  krankheit 
und  tod  133  (3,  15);  hätte  ich  gewusst,  wo  er  anzu- 
treffen wäre,  80  würde  ich  ihn  um  erlaubnis  hierzu  ge- 
beten haben,  aber  der  himmel  mag  wissen,  unter 
welchem  dache  er  steckt  Raben  er  5,  4€;  ich  weisz  auch 
nicht,  wo  der  major  immer  steckt  Lenz  l,  30  {hofmeister 
2,  6);  wo  teufel  kann  der  Romeo  stecken?  kam  er  heute 
nacht  nicht  zu  hause?  Shakespeare  l,  66  (Romeo  2,  4);  was 
weiss  ich,   wo   sie  steckt!    Iffland  8,  6  (aussteuer  1,  6); 

seyn  diss  all  Juden  auff  dieser  rhey, 
wo  stecken  dann  jetzund  die  pfafTen? 

Mangold  marekschiff  (.1696)  A2; 

wer  kan  nur  forschen  die  galee?  .  .  . 
ob  sie  mag  umb  Egyptens  ecken, 
omb  Cypem  oder  sonst  wo  stecken? 

Dach  916; 
sagt  mir  doch,  wo  steckt  mein  kind? 

Günther  gedickte  (1735)  282. 

d)  dahinter  stecken,  »ich  wohinter  verbergen,  so 
dasz  man  es  nicht  erkennen  kann:  ja  auch  ein  einfältiger 
Schuster  unterstünde  sich  dem  bilde  bald  hier,  bald  da 
einen  tadel  zu  geben,  welches  aber  den  Apellem,  der 
hinter  dem  bilde  stack,  verdrosz,  und  daher  voll  eiffers 
herfür  sprang  und  sagte:  ne  sutor  ultra  crepidam!  Sper- 
ling Nicodemus  quaerens  (1718)  1,  1387;  auch:  das  mädchen 
hat  mit  ihm  hinter  dem  laternenpfahl  gesteckt  Kotzebue 
dramat.  werke  (1828)  18,  103  {kieinstädter  4,  12) ;  dann  aber 
hint^  einer  wand,  einem  Vorhang  u.  dergl.  sich  verstecken, 
90  dasz  man  nicht  dahinter  kommen  (vgl.  kommen  verb.  II 
Kd  th.  5  «p.  1675)  oder  ihm  nicht  beikommen  kann  (vgl. 
auch  beikommen  verb.  i  th.  1  sp.  1875);  in  reicher  bildlicher 
Verwendung. 

a)  tunäehät  von  peraonen,  welche  im  hintergrunde  heim- 
lieh  ihre  Wirkung  thun:  zuletst  fahet  er  an  jm  sclbs 
nimmer  zu  trawon,  vnd  glaubt  nit  das  er  glaubt,  ob  er 
gleich  glaubt,  alzcit  besorgend,  es  steck  ein  heimlicher 
•bgot  darhinder  Franck  »prüehwörter  (1641)  S,  186^;  es 
Mi  dann,  das  ein  schalk  darhinter  stecke  Hbnisch  65S; 
0  wenn  sich  doch  jemand  einmal  in  meinem  namen 
mit  dem  teufel  zanken  wollte:  denn  dem  gebe  ich  schuld, 
da<z  er  hinter  dem  ganzen  Icriege  stecke  Rabenbr  6, 186; 
diaM  t«olmil(,    Toraasgesetzt,    dass  ein  proportionirter 

Cr. 


künstler  dahinter  steckt,  ist  Rlhig  alles  zu  leisten  Göthe 
rv  21,  53  Weim. ;  Lord  Spieker  wird  wohl  dahinter  stecken 
POcKLER  briefwechsel  und  tageb.  6, 40;  was  man  in  Deutsch- 
land teufelsmauer  nennt,  soll  immer  vom  bösen  feind, 
hinter  dem  ein  alter  gott  steckt,  über  nacht  aufgeworfen 
sein  Jak.  Grimm  kleine  Schriften  2,  54;  dass  hinter  allen 
diesen  masken  (Prometheus,  ödipus  u.  s.  w.)  eine  gottheit 
steckt,  das  ist  der  eine  wesentliche  grund  für  die  so  oft 
angestaunte  typische  'idealität'  jener  berühmten  figuren 
Nietzsche  i,  73; 

doch  steckt  hinter  diesem  schOnbart 
ein  gesiebt  von  ganz  andrer  art 

Göthe  13,  1,  304  Weim. 

ß)  dementsprechend  auxh  von  dem  mittel,  welcltes  solchem 
zwecke  dient,  liäufig  in  einem  geicissen  grade  von  personi- 
ßcation:  es  stäcket  ein  beschisz  oder  trug  darhinter 
aliquid  moTistri  alunt  Maaler  383'»  (vgl.  dahinter  stekt 
irgend  ein  verderbenschwangeres  ungeheuer  Schiller 
2,  133  [räuber  4,  2]);  ob  ein  kranckheit  .  .  .  darhinder 
stecke  SsBizfeldbau  (1579)  39;  (der  glaube,)  es  stecke  ein 
arglistiger  aufTsatz  darhinder  Stumpf  Schwytzerchronik 
(1606)  161  •>;  aber  es  stack  ein  ander  que  (ein  etwas) 
darhinter  Simplic.  535  neudr.;  wofern  ein  Unglück  dar- 
hinter steckt  Weise  kluge  leute  286;  es  stackte  eine 
Ursache  dahinter  latebat  causa  quaedam  Steinbach 
(1734)  2,  714;  es  steckt  was  böses  dahinter  tatet  unguis 
in  herba  ebenda;  ich  sage  dir,  dass  gewisz  etwas  gefähr- 
liches dahinter  steckt  Cronegk  Schriften  (l77l)  l,  36; 
mag  aber  hinter  seinen  (Harduina)  gelehrten  narrheiten 
auch  so  viel  jesuiterei  stecken,  als  da  will  Herder  3,  321; 
ich  vermuthe ,  es  stickt  eine  schelmerey  darhinter 
Göthe  IV  36,  89  Weim.  (vgl.  schausp.  engl,  comödianten 
95,  28  Creizenach  und  Schiller  l,  202);  es  steckt  ein 
verrath  dahinter!  ja  wohl!  ein  verräther  ist  im  spiele 
24,  167  Weim.;  ich  fürchte,  es  steckt  Zauberei  dahinter 
17,  52  Weim.;  hinter  allem  diesen  steckt  doch  eigentlich 
nur  die  falsche  sucht,  original  seyn  zu  wollen  IV  24,  31 
Weim.;  dahinter  steckt  auch  die  eitelkeit  Brentanos 
frühlingskranz  (1844)  254;  Jakob,  sag'  mir,  was  es  gegeben 
hat;  da  steckt  sicher  mehr  trotz  und  misz Verständnis 
als  böser  streit  dahinter  W.  Sommer  geschichten  atts  dem 
kleinleben  (1894)  144; 

es  steckt  ein  böses  gifft  darhinder 

Spreng  Aenei»  23»; 
ich  weisz  schon,  was  dahinter  steckt  — 
und  was  denn  weiter?  —  ein  project 

Göthe  15,  14  Weim.  (Faust  2,  1); 
ich  sehe  weiter  als  ihr  alle, 
dahinter  steckt  eine  böse  falle 

Schiller  12,  44  (Wallensteiru  lager  11); 
hinter  solchem  blanken  glänz 
steckt  der  ganze  katzenschwanz 

Arndt  werke  6,  343; 
so  entkommst  du  nicht, 
dahinter  steckt  mir  von  verkappung  was, 
und  meuterei,  was  weisz  ich? 

H.  V.  Kleist  1,  411  (terb.  krug  11); 
dahinter,  fQrcht'  ich  sehr,  steckt  eine  meutere!, 
die  ich  sogleich  ans  tageslicht  will  ziehn ! 

ebd.  2,  424  {HermanntsckladU  6,  8); 
gar  oft  sich  solche  männer  stellen 
ala  einfältige  schöps'  und  rindor, 
steckt  aber  dann  ein  pflfT  dahinter, 
verborgne  Weisheit 

Tieck  1,  840  (Odavian  8,  4). 

y)  der  verborgene  begriff  bleibt  in  seiner  völligen  un- 
bestimmümt:  der  edelmann  .  .  .  gedacht:  es  wird  etwas 
darhinder  stecken  Schumann  nachtbilchlein  29S;  da 
steckt  etwas  darhinter  Petrasch  luatapid»  (1766)  l,  iil, 
d.  h.  ein  geheimnisz,  wie  im  folgenden:  dahinter  steckt 
ganz  gewisz  etwas;  ganz  gewisz  steckt  etwas  dahinter! 
Lbssino  8,  168  (aehati  8);  (der  hertog  atutsig:)  Glnttcn- 
bach?  wie  kommen  sie  mir  denn  vor?  sie  sprechen  so 
umwunden,  dahinter  steckt  etwas  Kretschmann  3,  loo; 
dicRZ  betragen  ist  nicht  natürlich,  was  auch  dahinter 
stecke,  wir  müssen  es  .  .  .  erfahren  Göthe  24.  lOJ  Weim.; 
dahinter  steckt  was,  das  ich  nicht  begreife  Pfepprl 
pros.  verauch«  7,  18;  da  steckt  etwas  dahinter;  doch  man 
musz  discret  sein  Baubrnpeld  8,  800; 

«•  steckt  traun  dahinter  etwas 
HoLLomue  somnium  vita«  humanae  96  ntudr.; 

Cr. 


1333 


STECKEN 


STECKEN 


13a4 


» 


dahinter  steckt  was  anders,  die  wahre  ursacfie  ver- 
birgt sich:  dasz  einer  nicht  argwohnen  soll,  dahinter 
müsse  was  anders  stecken,  wenn  eins  mit  sieben  gülden 
hinreicht,  wo  man  den  aufwand  von  zweymal  soviel 
sieht  GÖTHE  16,  53;  hinter  seinem  anpreisen  der  aus- 
gelassenen stellen  des  Cellini,  furcht  ich,  steckt  was 
anders  IV  ll,  237  Weim. 

&)  in  besonderer  Sphäre  bewegt  sich  dahinter  steckt  eine 
geschichte  u.  s.  ic.:  'doctor',  rief  die  jugendliche  haus- 
frau,  'ich  merke  schon,  dahinter  steckt  wieder  eine  ge- 
schichte' Storm  2,  51;  mutmaszungen  darüber,  welche 
bewandtnis  es  mit  dieser  etwas  sonderbaren  und  über- 
raschenden ehe  haben  möge :  'dahinter  steckt  ein  roman' 
Fontane  l4,.  2i3.  auch:  empflndsame  Schnörkel,  bey 
denen  es  wenig  darauf  ankömmt,  ob  ein  gedanke  da- 
hinter steckt  oder  nicht  Gerstenberg  recensionen  327; 
wie  mögen  sich  die  leser  {des  Wilhelm  Meister)  beym 
schlusz  .  .  .  getäuscht  fühlen,  da  hinter  allen  diesen 
zufallen . . .  nichts  steckt  als  die  erhabenste  poesie  Friedr. 
Schlegel  im  Athenäum.  1,  12,  175. 

f)  der  begriff  'im  hintergrunde'  wird  deutlicher  heraus- 
gearbeitet von  Wendungen  tcie:  es  steckt  ein  schalck  da- 
hinten Kramer  dict.  2  (1702),  924*; 

vnd  noch  eins  das  misz  ich  verjähen: 
das  aller  böst  stäckt  noch  dahinden 

Manuel  weinspiel  2788  neudr.; 

es  ist  hierin  verlohren  wercfc, 
kein  artzney  hülfft  auss  apoteckn, 
ein  anders  thut  dahinden  steckn 

GiLHUSius  grammatica  (1597)  2  (3),  54. 

Ü)  darunter  stecken,  in  solchem  sinne  seltener  ge- 
braucht als  das  vorige: 

dieweil  unter  schönem  klarem  schein 
offt  stecket  gifft  vnd  schwere  pein 

SEBizfeldbau  (1579)  19; 

es  steckt  eine  andere  absieht  unter  meinem  verfahren 
Kant  8,  55  Hartenstein;  hirunter  stickt  etwas  anders 
verborgen  Göthe  38,  202  Weim.;  für  die  erklärung  des 
ausdrucks  vgl.  eine  maske,  was  steckt  darunter?  17,  52 
Weim.  {triumph  der  empßndsamkeit) ;  er  steckt  unter 
einer  larve  Bauernfeld  2,  97. 

e)  in  dem  gleichen  sinne  tcie  unter  d,  doch  nur  all- 
gemeiner beicegt  sich  der  aiisdruck  in  den  folgenden  Wen- 
dungen: sage  ihm,  dass  ich  den  hauptpunckt,  wo  der 
keim  stickt,  ganz  klar  .  .  .  habe  Göthe  IV  8,  232  Weim.; 
wo  steckt  .  .  .  die  Unmöglichkeit?  H.  L.  Wagner  theater- 
stücke  (1779)  60;  hier  steckt  der  knoten  Gerstenberg 
recensionen  398;  wo  stickt  dann  nun  das  heilige  Schiller 
2,  27  {raubet  1,  l);  sie  glauben,  dasz  in  der  'deutschen 
öffentlichen  meinung'  .  .  .  etwas  steckt,  was  uns  helfen 
könnte  Bismarck  gedanken  und  erinnerungen  2,  20; 
irgendwo  musz  die  schuld  stecken  Hauptmann  ein- 
same menschen  118  (4),  vgl.  Fontane  6,  244; 

die  glut,  so  hier  verborgen  stecket, 
scheint  von  den  thränen  matt  zu  seyn 

Gottsched  gedickte  (1751)  123; 

wenn  eine  spur  mich  leitet,  will  ich  finden, 

wo  Wahrheit  steckt,  und  steckte  sie  auch  recht 

im  mittelpunkt  Shakespeare  3,  202  (Hamlet  2,  2) ; 

o  büberey!  —  ha!  lasst  die  thüren  schliessen. 
verrath!  sucht,  wo  er  steckt! 

3,  353  (Hamlet  5,  2). 

f)  zum  beschlusz  der  ausruf  da  steckt  esl  darum 
handelt  es  sich,  das  ist  der  springende  punkt  u.  s.  w. :  nun 
murreten  sie  ja  nicht  widder  des  geists  verstand,  son- 
dern wieder  das  leiblich  essen,  da  steckts  Luther  26, 
367  Weim.,  vgl.  auch  Zach.  Werner  M.  Luther  (i807) 
101 ;  {Werner) :  o  über  den  alten  narren  I  {der  wirth) .-  da 
steckts  eben!  wenn  wir  alt  werden,  ist  es  mit  unserer 
geföiirlichkeit  aus  Lessing  l.  549  {Minna  v.  Barnhelm 
8,  4);  das,  herr  gevatter,  macht  aufsehen;  da,  da  steckt's  I 
MALER  Müller  i,  256; 

und  nämlich  im  text  (2  Thesg.  3)  Etat  es  also  dahar: 

etlich  under  Uch  nun  wonend, 

die  ir  selber  mit  werken  schonend; 

den  selben  bietend  wir  durch  gott, 

dass  sie  arbeitind  umb  täglicha  brot. 

da  steckt's,  da  blibt's  ewig  bi 

Manuel  158,  674  BäcMoUL  (Barbali); 

Cr. 


eigentlich  ein  ausruf  des  armbrtistschiitzen,  wenn  er  den 
ztceckschtisz  {vgl.  unten  zweck)  auf  die  Scheibe  gefhan  hat. 
dieser  Zusammenhang  ist  noch  deutlich  im  folgenden:  und 
wenn  er  die  sehnen  klappen  höret,  das  armbrust  her- 
umb  würffe  und  spreche:  da  steckts,  der  nagel  ist  ent- 
zwey  Luther  26,  304  Weim. 

10)  bei  einem  stecken,  dauernd  mit  ihm  zusammen 
sein,  steten  umgang  mit  ihm  pflegen:  er  steckt  stets  bey 
seinem  bruder  semper  cum  fratre  est  Steinbach  (1734) 
2,  714;  mein  nachbar  Jäckel  stack  immer  bey  sie  (fiel 
dem  mädchen,  icelches  der  Sprecher  nachher  selber  heirathete) 
Stranitzky  oUapatrida  181  Wien,  neudr.;  ihr  stacket  den- 
noch beständig  bey  ihnen  Petrasch  lustspiele  (1765)  l, 
800;  in  begrifflicher  kreuzung  mit  dem  gebrauch  unter  9: 
er  vermuthet  immer  noch,  der  hofmeister  habe  drinn 
gesteckt,  vielleicht  deine  tochter  bei  ihm  Lenz  i,  48  {hof- 
meister 4,  l) ; 

also  wolt  jhr  bei  weibem  stecken 
in  beltzen,  hembden  vnd  in  rocken 

Fischart  flöhhaz  29  neudr.  ; 
ja  der  fantastisch  grosz  poet 
hat  sich  gewünschet  all  zfi  schnöd 
zft  einem  floh,  das  er  mit  ffig 
bey  seinem  bulen  steck  gen&g  65; 

mit  hinüberführung  in  den  gebrauch  unter  "Jf?]: 
die  gelerten  wendt  nit  narren  syn, 
vnd  steckent  doch  by  andern  thoren, 
by  geschwomem  eidt,  biss  über  die  oren! 

Murner  narrenbeschtcörung  119  neudr. 

a)  nur  selten  nicht  in  beziehung  auf  personen  geraucht: 

der  siebent  spricht:  mein  mensch  der  wil 
tag  und  nacht  stecken  bey  dem  spiel 

H.  Sachs  9,  362,  20  Keller-Götze. 

b)  zusammen  stecken  u.  ä.:  obschon  er  praeceptor 
geurlaubet  ward,  so  stacken  wir  jedoch  ein  als  den  an- 
dern weg  tag  und  nacht  beyeinander  Simpl.  349  (4,  19) 
neudr.;  sie  stecken  immerdar  beysammen  Kramer  dict.  2 
(1702),  924»;  Wieland  ist  gar  lieb,  wir  stecken  immer  zu- 
sammen Göthe  IV  3,  i,  17  Weim.;  zu  dem  folgenden 
{unter  ll)  leitet  schon  hinüber:  {Daniel)  der  graf  hat  mir 
nichts  gegeben.  {Franz)  nichts?  und  was  staket  ihr 
denn  so  beysammen?  er  und  du  und  Amalia?  Schiller 
2,  135  {räuber  4,  2). 

c)  scherzhaft  erscheint:  wirdt  dannoch  schon  ein  ehe 
seyn,  ob  du  schon  nicht  stets  deinem  weih  an  der  selten 
steckest  Guarinonius  grewel  der  Verwüstung  {l6iO)  1137; 
etwa  wie  ein  dolch,  der  einem  an  der  seite  steckt,  den  man 
immer  mit  »ich  herumträgt. 

ll)  mit  einem  unter  einer  decke  stecken,  mit 
ihm  insgeheim  gemeinschaftliche  sache  machen,  gemeint  ist 
eigentlich  die  decke  des  bettes  tcie  im.  folgenden : 

morgen  war's  und  lieblich  zu  seh'n, 
doch  ich  Stack  noch  unter  den  decken 

Stelzhambr  3,  362. 

und  schon  bildhaft  in  dem  sinne  unserer  tcendung:  erst 
wuszte  er  .  .  .  nicht,  aus  wessen  bänden  er  {der  liebes- 
brief)  käme  —  er  zweifelte  keineswegs,  dasz  irgend  eine 
mitleidige  seele  in  seiner  gemeine  unter  der  decke  stecke, 
die  von  ihrem  {der  damen)  elend  gerührt,  sich  würde 
erboten  haben,  ihnen  beistand  zu  leisten  Schiller  3,  562. 
insbesondere  die  decke  des  ehebettes,  tcelche  nach  dem  rechts- 
sprichtcort  (SiMROCK  1516)  mann  und  frau  gleich  reich 
macht  und  des  einen  sache  auch  die  des  andern  sein  läszt 
{vgl.  auch  Jacob  Grimm  rechtsalterthümer  840  soxcie  die  ent- 
sprechende icendung  mit  einem  unter  einer  decke  liegen 
unter  decke  6  th.  2  sp.  885) :  aber  sie  musz  mit  dem  lumpen- 
zeug nicht  unter  einer  decke  stecken  Lichtenberg  briefe 
2,  4;  das  Volk  will  doch  nur  spioniren  und  steckt  mit 
allen  Juden  unter  einer  decke  Arnim  16,  16;  mit  der 
frau  wirthschaftsräthin,  herr,  können  sie  doch  nicht  unter 
einer  decke  stecken  Gutzkow  ritter  vom  geiste  2,  291; 
gegen  diese  art  von  raub  werden  keine  gesetze  geschrieben, 
weil  die  räuber  mit  den  gesetzgebern  unter  einer  decke 
stecken  Polenz  OrabenJuiger  2,  311; 

da  und  die  saubre  Jungfer  Eve  dort, 

wie  ihr  auch  vor  geriebt  euch  stellt,  ihr  steckt 

doch  unter  einer  decke  noch 

Kleist  1,  394  (zerbr.  krug  9). 

wenn  er  nicht  gar  selber  im  complotte  steckt  und  sich 
zu  guter  zeit  auf  und  davon  gemacht  hat  Stifter  l,  77. 

84»  Cr. 


1335 


STECKEN 


STECKEN 


1336 


18)  stecken,  enthalten  sein,  als  eigenthünUicJikeit  ihm 
angehören,  innetcohnen,  eignen,  eigentlich  icie  geld  in  einem 
beutel  steckt,  nun  aber  in  mannigfacher  Übertragung  und 
verbildlichung ;  zunächst  in  mehr  kaufmännischer  spräche: 
kommen  und  prangen  daher  mit  vielen  kleinen  plätlin 
von  muckenliidlin,  inn  deren  keim  vber  ein  pfund  steckt 
Oargantua  58;  kapital,  .  .  .  welches  in  der  buchhandlung 
steckte  Göckingk  im  leben  Nicolais  22;  das  holz,  worin 
mein  ganzer  reichtbum  steckt  Arnim  3,  286;  es  sind  so 
alte  Schriften;  werth  steckt  nicht  darin  Storm  3,  211. 
heute  im  reinen  händlerjargon  auch  einfach:  es  steckt 
nichts  drin!  von  waren,  die  nur  geringen  einkaufsicerth 
haben. 

a)  in  einem  buche  steckt  viel  arbeit  m.  *.  w.: 
feststellen,  wieviel  von  vorarbeiten  des  barons  selbst . .  . 
darin  steckt  JuSTi  Winckelmann  (1866)  2,  l,  253;  den- 
noch kann  in  der  aus  dem  ärmel  geschüttelten  skizze 
zehnmal  mehr  fleisz  stecken  W.  H.  Riehl  deutsche  arbeit 
(1861)  204;  auch:  sie  glauben  wohl  nicht,  dass  in  diesem 
buche  viel  gutes  stecken  könnte  Abbt  6,  3,  57;  wenig- 
stens ist  es  ein  buch,  worin  etwas  steckt  Chamisso 
5,  134.  von  dem  musenalmanach  auf  das  kommende  jähr: 
ob  ich  das  jähr  durchleben  werde,  das  noch  in  diesem 
büchlein  steckt?  Göckingk  4,  38. 

in  dieser  begriffssphäre  liegen  auch  die  folgenden  Wen- 
dungen: o  welch  eine  tiefTe  theologische  weiszheit  steckt 
in  diesen  wenigen  werten  Schupp  207;  er  würde  mit 
Verwunderung  sehen,  .  .  .  wie  viel  Stammwörter  in  dem 
alten  sächsischen  stecken  Morhof  Unterricht  von  der 
deutschen  spräche  (1682)  50;  wie  es  bei  solchem  werck 
hergegangen,  das  sticket  alles  in  diesem  einigen  hebrä- 
ischen Worte,  welches  sich  im  lateinischen  und  teutschen 
so  kurtz  nicht  aussprechen  lasset,  sondern  umschrieben 
werden  musz  Carpzov  ^■cA2>redt^ten  (1698)  1.58;  die  Philo- 
sophie steckt  nicht  in  dem  compendio,  sondern  in  der 
Untersuchungsbegierde  eines  freyen  und  beobachtenden 
geistes  Gerstenberg  recensionen  172,  29;  es  steckt  in 
der  spräche  ein  naturprincip,  dem  das  gesetz  geistiger 
fortbildung  entgegenwirkt  Jak.  Grimm  kleine  Schriften 
4,  195;  dann  der  zweite  teil  meiner  grammatik,  der  wie 
der  dick  genug  wird  und  sich  also  nicht  alles  gute, 
was  in  dem  stoff  steckt,  entschlüpfen  läszt  Görres 
briefe  3,  191;  {das  eingeständnisz)  dass  in  diesen  epen 
ein  gut  teil  volkspoesie  steckt    Brunn  2,  123; 

der  reden  zier  vnd  (Geschicklichkeit 
in  verbis  stecket  jederzeit 

GiLHUSius  grammatica  (1597)  4  (3),  104. 

b)  auch  sonst  von  kräften  und  eigenschaften  der  dinge : 
dieser  wundcrbarlichen  kräfften  halben,  so  in  den  me- 
tallen, die  mit  der  band  vorbereit  seind,  stecken  Para- 
CELSUS  (1616)  2,  544;  die  wundersame  Zusammenneigung 
zweyer  an  sich  selbst  unterschiedener  dinge  stecket  nicht 
allein  in  steinen,  sondern  auch  in  den  seelen  der  men- 
schen Lohenstein  Arminius  (1689)  i,  505»;  nach  der  New- 
tonischen lehre  sollen  ja  die  färben  im  lichte  stecken 
GöTHE  II  2,  48  Weim.  (vgl.  auch  153);  dasz  im  licht 
verschieden  gefärbte  .  .  .  lichtstrahlen  gesteckt  haben 
Schopenhauer  i,  127;  auch  in  der  materiellen  arbeit 
steckt  nämlich  ein  gutes  bruchtheil  geistiger  cultur 
W.  H.  Riehl  deutsche  arbeit  73;  in  solchen  päckchen 
steckte  ein  stück  leibhaftigen  Weihnachtens  Storm 
1,  178;  auch: 

Wahrheit  steckt  in  dir,  o  wein! 
wie  wil  der  denn  scheltbar  seyn, 
der  die  warheit  zn  er^nden 
sich  beim  Bacchus  viel  l&st  finden? 

Looau  Hnngedichte  83  (101) ; 
vgl. : 

in  weinAssem  vnd  ganckelsäcken 
sollen  groRze  freuden  stecken 
Fisch  ART  aller  prakUk  gro$»mutter  21  neudr.; 

weltliche  frewd,  allerley  spiel, 

stecken  darinnen  (in  dem  tack),  kurtzweil  viel 

Giuiusius  grammatica  (1697)  13  prd. 

e)  mü  besug  auf  eharakteräuaterung  und  vnllena- 
thäiUffkeit  de»  menschen:  wu  darinn  für  schände  steckt, 
dMZ  eiii  dichter  ein  lied  vorlicset?  Dusch  »thriflen 
(17S0)  40;  es  steckt  viel  vermessenheit  in  den  werten 
Kant  S,  BO  HartenHrin;   die  kUhnbeit,  die  in  der  forde- 

Cr. 


rung  stecket  82;  darin  steckt  eben  die  stärkste  beleidigung, 
seinen  leiblichen  vater  als  einen  dummkopf  zu  behandeln 
Klinger  werke  (1809)  l,  154  (falsche  spieler  i,  2);  hierin 
Stack  eine  doppelte  Ungerechtigkeit  beitrage  zur  Statistik 
von  Oöttingen  (1785)  91; 

in  der  ruh  vergnügter  sinnen 
steckt  das  höchste  guth  der  weit 

Günther  gedickte  (1735)  212; 

du,  Sigmar,  bist  es  nur,  der  so  genau  entdeckt, 
was  hassenswUrdiges  in  Varus  taaten  steckt 

Gottsched  devUche  Schaubühne  4,  22; 


nein,  ich  begreif  es  nicht, 
worinn  mein  hochmuth  steckt 


4,  246; 


(der  Unverstand:)  in  der  gesch windigkeit  steckt  meine  gröszte 

stärke 
Croneok  1,  10  (verfolgte  comödie  3). 

rf)  unter  stärkerem  einflusz  des  gebrauchs  von  *  stecken 
verb.9:  diss  sind  schedliche  aberglauben,  in  welchen  alle- 
zeit steckt  die  abwendung  von  gott  Nigrinus  von 
Zauberern  (1592)  98;  in  welchem  letztern  doch  der  kern 
der  vernunfft  steckte  Lohenstein  Arminius  (1689)  i,  609''; 
und  nun  sagen  sie  mir,  wo  der  trost  und  die  beruhigung 
stecken  sol,  welchen  sie  in  der  Versöhnungslehre  zu 
flnden  wähnen?  Bahrdt  geschieht«  seines  lebens  (1790) 
2,  215;  der  materialismus  steckt  jedoch  darin,  dasz  nicht 
nur  die  lebenskraft  als  lebensstoff  gefaszt  wird  Lange 
geschickte  des  materialism.us  (1866)  11; 

sonderlich  im  reichthumb  und  gut 
steckt  oft  die  höchste  armut 

H.  Sachs  7,  384,  32  Keller-Götze; 

des  geistes  wuchersucht  steckt  nicht  in  kramerh&nden, 
und  rabulisten  nur:  sie  herrscht  in  allen  ständen 

Neukirch  gedickte  (1744)  123. 

durch  die  getcählten  begriffe  wird  diese  Verknüpfung  mit 
dem,  gebrauche  unter  9  deutlicher  gemacht:  derohalben 
stecken  andeutungen  oder  Vorzeichen  in  den  Sachen  insunt 
omina  rebus  Comenius  janua  aurea  (1644)  314;  es  erzehlen 
die  Juden,  dasz  in  den  schamhamphoras  grosse  und 
wundersthätige  geheimnisse  stecken  mediz.  maulaffe 
(1719)  299;  schon  in  sollicitus  könnte  gelinde  anspielung 
auf  das  dem  pabst  widerfahrne  leid  stecken  Jak.  Grimm 
kleine  Schriften  3,  183; 

aus  der  red'  erhellt,  was  im  gemtlhte  steket 

Grob  dichter,  versuchgabe  (1678)  56. 

so  wenig  eine  Wahrheit,  die  im  mark 
des  stot^,  von  kurzsichtigen 
lang  unbemerket  steckt 

Mastalier  gedickte  (1774)  91. 

vgl.  auch:  alles  irdische  gehet  wie  ein  gewitter  dahin  .  .  . 
aber  in  den  sprachen  stekket  ein  weit  anders,  und  ein 
gantz  überirdisches  verborgen  Schottel  teutsehe  haupt- 
spracJie  74. 

13)  anlagen,  talente,  triebkräfte  u.s.w.  stecken  im  menschen 
und  suclien  sich  zu  entfalten  und  wirksam  zu  sein:  in 
allem  und  jedem  stecket  alles  Leibniz  deutsche  schrißen 
1,  412;  du  kommst  und  sagst,  es  stecke  alles  in  mir, 
und  ich  könne  wunder  verrichten  Brentanos  frilhlings- 
kranz  (1844)  140. 

a)  und  solchs  gewissen  stickt  leyder  ynn  aller  wellt 
im  gemeynen  mann  Luther  lo,  i,  727  Weim.;  summa, 
der  cnthusiasmus  sticket  in  Adam  vnd  seinen  kindcrn. 
von  anfang  bis  zu  endo  der  weit,  von  dem  alten  trachcn 
in  sie  gestifftet,  vnd  gegifftet  6,  520'' ;  dass  allerley  leycht- 
fertigkeit  ...  in  jm  stäcket  Stumpf  Schwgtserchron. 
(1606)  626'';  ein  solch  falsch  gemUth  steckt  in  keinem 
rechtschaffenen  Christen  Schupp  890;  so  ist  es  ganz 
allein  das  talent,  das  in  mir  steckt,  was  mir  durch 
alle  die  zustände  durchhilft  Göthe  IV  26,  818  Weim.; 
du  hast  durch  die  that  bewiesen,  dasz  noch  einige 
Jugend  in  dir  stickt  IV  88,  238  Weim.;  ich  habe  ja  immer 
gesagt:  'in  dem  jungen  steckt  was  groszes'  Tieck  6,  679 
(Phantaatut);  dass  in  keinem  seiner  kindcr  ein  aasser- 
ordentliohes  unternehmen  stecke  Arnim  8,  176;  der 
trieb  stak  in  mir  Bettin b  die»  buch  gekört  dem  kOni^ 
(1848)  1,  60;  in  ihm  (dem  geisüichen)  steckt  die  silnde 
wider  den  heiligen  geist  Bismarck  gedanken  und  erinne- 
rungen  S,  168:  der  Schönheitssinn  steckt  in  unserer  familie 
Baubrnpbld  1,  71  (Uicht»inn  ati»  liebe  4,  S); 

Cr. 


1337 


STECKEN 


STECKEN 


1338 


1 


zA  d«i  zHen  kemer  ladit, 
M  waren  afl  «sduodcm  ser, 
im  in  ntwlil  kein  recbts  wer 
Uta  mtf  dem  Winbmrger  ttädtdtrieg  1397—1400 
hei  LnjncBOK  kUtar.  veOd.  1. 170,  4S8, 

d.  h.  aie  Jutben  keinen  «mcA  (mdb  nt  «(dfcren)>  efciuo  «■» 

filgemden: 

anch  die  find,  die  Tor  ms  alaa 

gegentreitig  uf  dem  plan, 

der  dmfen  wir  nicht  fwAtea  aer, 

in  in  steckt  kein  rechte  wct      1, 183. 1376; 

ffawar  kon  witz  nit  in  dir  ateckt 

Fischabt  StOemipiegcl  SSU  Hamge»; 
ist  das  nit  docb  «n  doDer  schfitz, 
in  dem  steckt  weder  ehr  noch  wötx 

1,  U  Kurz  (ßaet^nb  S98); 
o  wee,  aDererst  idi  Tenrrm 
den  mSitlichen  grossen  Ust, 
der  in  den  pf  aner  steckra  ist 

Pfarrer  ton  Kaienberg  33  nemdr.f 
als  Tiel  tngent  in  dreyen  stickt, 
das  ist  nit  auamsprschen. 
der  wer  gelert  and  wol  geschi^t, 
dets  all  wist  ausaiuedien 

ZccKGSBF  amaeria.  gedtdde  48  neudr.; 
die  seitai  sind  Torber,  die  vtoA  die  £cfater  ehrten, 
itzt  steckt  die  ganze  kraft  nur  in  den  sdiriftgdehrten 
Nkckirch  gedtate  (1744)  120. 

h)  in  etnoK  menat^en  steckt  eine  peraSnUdiikeit,  womit 
dkmrakter,  anläge,  talente  u^.vr.  adtnuSUr  tmd  um^&ng- 
Udter  feaduldert  werden,  den  Übergang  von  dem  porigen 
mmdten  Wendungen  deuäitk  wie: 

«in  derris  hat  mir  das  in  Bagdad  eiast  eBAdedcet. 
in  dem  Abdallahs  geist  and  kraft  za  wand«rn  stecket 

Hagedobx  2,  SS. 

a)  der  ganze  Carlos  steckt  darin  (in  Friedrieü  dem 
grauen),  es  fehlt  nor  das  motiT  der  Verliebtheit  in  die 
motter  Ludwig  5,  339;  an  diesen  {begegnungen)  nahm 
graf  Harry  Arnim  ...  in  der  roüe  theil,  dasz  er  aof  die 
anwesenden  den  eindrack  machte,  den  mir  Roon  seihst 
mit  den  worten  wiedergab:  in  dem  steckt  doch  ein 
tüchtiger  Junker:'  Bismarck  gedanien  und  erinnerungen 
3, 179.  —  hierher  gthört  atieh  die  redewendung  ein  keri  steckt 
in  dem  andern,  ux>  kerl  gans  der  muikige  wuatn,  der  hdd 
ist  (vgl.  kerl  U  3,  a  tk.ä  sp.  373);  in  der  anrede  an  geld- 
protzen.  die  andere  für  nicht»  achten:  (die  ihr)  nit  Raubet 
dasz  ein  kerlesz  im  andern  steck  Oargantua  I9i^;  der 
sinn  wird  deutlieh  durch:  im  unsterblichen  menschen 
steckt  ein  unsterblicher  mensch,  es  steckt  noch  ein  kerl 
in  dem  kerl  Lehm.\nx  florileg.  l,  770  und  bleibt  e».  trotz 
Dedekinds  sdtsamer  skepaia: 

and  wil  mir  nicht  in  meinen  sin, 
das  ein  keil  in  dem  andern  sbeck 

ckrUa.  ritter  (1590)  84>  (5.  4). 
auch  zteei  perstmen  lmnr\en  ao  in  einem  menschen  stecken: 
es  stecken  . . .  zwei  ganz  verschiedene  personen  in  diesem 
Franz  {Moor  in  Schillers  räubern)  Ludwig  5,  96;  meine 
herren,  es  stecken  zwei  menschen  in  mir,  ein  bettler 
und  ein  könig  Gutzkow  ritter  rom  geiste  4,  217. 
/?)  als  ein  enticickdbares  dtarakieriaiert: 

ein kteig von  Mansto'  (d.h.  ein wtederiämfer)  stedl in  dir 
enriderwmg  amf  ein  gedieM  wider  herzog  Hemridi 
vonBramnadneeigt&U.  hei  Lnjcrcuoif  4, 181. 159; 

ein  höchst  geniales,  liebenswürdiges  mädchen  von  zwan- 
zig Jahren,  in  der  eine  tüchtige  malerin  und  gesangs- 
componistin  steckt  Drostk  -  Hülshofp  briefe  an  L. 
Sehücking  288;  in  jedem  tüchtigen  menschen  steckt  ein 
poet  Ebxer-Eschenb.kch  l,  15;  ahnt  denn  irgend  einer, 
was  für  ein  künstler  in  mir  steckt?  Schnitzlkr  der 
grüne  kakadu  (iaS9)  127; 

ey  sdiweigt!   ihr  tagjt  mir  alle  noA  za  wenig: 
in  diesem  hirtwnkina  steckt  sdioB  ein  grosser  kSnig 
KOino  gedSekte  (1746)  73; 
ähnlieh  von  der  entteieklung  einer  feinen  »anften  Jung- 
frau tur  keifenden  ehefrau:  wer  hitt'  wissen  und  ahnen 
können,   dasz  in  dem   hübschen   feinen  bild  solch  ein 
draeh',    solch'    eine    giftige    katze    stecke?     W.  Raabs 
unoere»  herrgotts  candei  1,  l». 

y)  das  abtragen  und  messen  verschiedener  wtensthen- 
gräoze  tcird  herauogtotdU :  in  Shakespear  steckt  aach 
Sophokles,  aber  in  Sophokles  nicht  Shakespear  J.  Paul 
15—18,  485  (Titan  4). 

Cr. 


c)  in  einem  steckt  etwas,  d.\.  an  entwidämmgo- 
fähiges  im  guten  »inne.  ein  iüMiger  gdtaUuaw.:  in  dem 
steckt  doch  noch  etwas  Arkim  9^  155;  vgL:  nmi  wird  der 
d«itsche  gelehrte  hitzig,  and  er  will  zdeen,  dasz  etwas 
in  ihm  ste^t  Börne  3,  s.  entofreAend:  wo's  nich 
dtin  steckt,  da  kommt  es  aodi  nich  ((Ke  büdwng  ist 
gemeüU)  Foxtamr  I  5,  136. 

d)  einem  steckt  etwas  im  blute  u.a.,  er  kmmn 
dmvon  aU  von  den  varfakren  ererbtem  löM,  loMoen,  e»  attuz 
in  ikm  wirksam  sein:  weil  da  von  ansprächen  ^ridut,  die 
mir  im  blute  stecken  sollen  Fontane  I  5,  97;  ihr  steckt 
noch  so  was  polnisches  im  blut  I  6,  33.  die  wendung. 
onem  geht  etwas  in  fleisch  und  blut  über,  er  btkerraeht 
es  toUig.  in  äner  Verstärkung:  alls  tiff  aÜs  di  schrifft 
im  fleysch  und  blut  stickt,  alls  tiff  ist  sie  in  gast  g^ 
zogen  Luther  9,  544  Weräk 

a)  in  Verbindung  mit  anderen  begriffen  de»  k9rper»: 
non  ist  noch  der  andre  fall  za  betrachten  übrig,  dass 
do'  ^aobe  an  gott  dem  menschen . . .  nicht  in  seinem 
maike  stecke  Abbt  6,  i,  90; 

and  in  meinen  innem  Imodmi 
stidA  das  mark  von  earen  ahnherra 

GÖTHB  4.  321  Weim.: 
ieh  kenne  euch  and  weisz,  dass  euch  allen  d^  paseher 
and  Wilddieb  von  kindheit  an  im  leibe  steckt  Foktahe 
I<k  to; 

man  sieht  wohl 

dasz  mi  das  hirtenhlat  noth  in  den  adem  stei^ 

Keokirch  gedtdtte  (17M)  117. 

ß)  die  mensMi^e  natar  ob  xu»ammenfa»»ender  begriff: 
es  stecket  in  der  menschen  natur  ein  fnrwitz  Xtlander 
TfAt^niu»  (1574)  vorrede  •"•;  was  einmal  in  der  natar 
stickt,  zwingt  den  menschen  zu  handeln  (xöthb  IV  4,  218 
Wtim.;  mein  gott,  das  steckt  so  in  der  menschennatar! 

StELZHAMER   4,  339. 

14)  hinter  einem  steckt  etwas,  es  iat  ein  memoek 
von  bedeuiung,  al»  eine  ttnter  dem  einfluat  von  13  atdtemde 
weiterentwiddung  de»  gebrmuA»  unter  9d: 

a)  den  Übergang  madten  notk  einige  ältere  bdege  dtmt- 
UA:  unnd  man  kann  nit  wissen,  was  hynder  yhm  stickt, 
dieweyl  seyn  meyster  ubir  yhm  hellt  Luther  lo,  i,  i,  450 
Weim.;  den  herm  war  sölchs  aach  nütze,  das  sie  er- 
föroi,  was  hynder  dem  poffel  steckte  und  wie  yhm  zu 
Totnwen  were  18,  394  Weim..-  doch  wolte  sie  hören, 
was  hinda  dem  ritter  stawke  and  sprach:  wie  darffsta 
so  köhn  seyn,  ein  solchen  starcken  vnnd  mächtigen 
könig  anzop«ffen  budi  der  Uebe  (1587)  a*,  dbm  die 
menaMiAe  tOehtigkeit  liegt  oft  verbmgen  im  hinter  gründe 
und  aeigt  »ich  nidkt  auf  den  ersten  lüde 

V)  ich  will  öjk  wenig  forschen,  was  hinter  ihm  steckt 
vo^io  ineeatigare,  »piare  un  poeo  ü  di  lui  talento  eaaere, 
genio  Kramer  dicL  2  (iTOeX  984^;  dann  hierinn  man  eine 

gewisse prob  hat.  was  hinder  einem  obersten  steckt 

X-njUfDBR  Pdybiua  (1574)  426;  ich  bette  recht,  und  da- 
mit an  tag  gelegt,  dass  noch  mehr  als  nur  dises  hinder 
mir  stedce  Smpl.  S,  19  Keller;  du  seyest  ein  ungebildeter 
anfgeblasoier  janger  mensch,  hinter  dem  nichts  stecke 
Miller  6ri^/weeJkseI  dreier  akad.frewnde  (1778)  1.  81;  son- 
dern man  muss  die  menschen  . . .  selbst  Hityynf  kommen 
lassen,  dass  doch  wohl  etwas  mehr  hinter  uns  stecke, 
als  bey  dem  ersten  anblicke  berrorschinunert  Kniggb 
uM^on^  mit  menadten  (1796)  l.  40;  sie  mag  es  wohl  fühlen, 
dass  hinter  dem  pedantischen  krame,  wie  sie  ihn  nennt, 
wohl  mehr  stecke,  als  sie  ahnte  Stifter  l.  106;  schon 
war  er  (Brundeadti)  auf  dem  spränge  wieder  nach  Rom . . ., 
als  den  leaten  das  verst&ndnis  kam.  es  kitame  doch  etwas 
hinter  dem  manne  stecken  GROnf  Wdtdangdo  (1880)  i.  s». 

c)  adten  mit  einer  genaueren  angäbe:  farwar,  iitto',  es 
stecket  mehr  mannheit  hinter  euch  Amadia  908  Keller; 
nun  sähe  er  auch  wohl,  dass  .  . .  was  grosses  hinter  mir 
stecken  musste  Reuter  Sdteltnuffakjf  38. 

15)  einem  steckt  etwas  im  köpfe,  aitxt  feat  urtd 
wiU  nicht  aua  »einem  gedädUmat:  aber  da  ist  der  feil,  das 
ein  jglicher  wil  wehnen.  es  sticke  das  natürliche  recht 
in  seinem  köpfe  Luther  6,  141*;  da  gab  der  schmid 
Ulenspiegeln  etwas  zä  essen,  wann  er  het  den  tag  ge- 
fastet, vnd  im  steckt  das  im  köpf,  das  er  in  het  zflm 
prophei  gewissen  Etdenapiegd  C5  neudr. ,-   man  sollte  es 

Cr. 


1339 


STECKEN 


STECKEN 


1340 


kanm  denken,  was  in  dem  grauen  köpfchen  für  schel- 
mereyen  stecken  müssen!  Lessing ^  2,  S2, 28  {misogyn  2,  6); 
gelt    da  stecken  dir  wieder  deine  neuen  lauslieder  im 

köpf  HALER    MÜLLER  1,  229; 

weil  jm  im  kopfT  die  gdancken  stecken, 
dieweil  bo  geht  er  auss  seim  flecken 

Fischart  Eulenspiegel  559  JJaufftn; 
was  hilft  es,  das  in  meinem  hirn 
der  Zenon  und  Piaton  selbs  stecket 

Weckerlin  gedickte  1,  183,  32. 

es  ist  gegenständ  seiner  absichten,  ja  seines  Wunsches :  weil 
aber  allbereit  in  meinem  haupte  das  hofwesen  .  . .  steckte, 
hatte  ich  nur  mehr  lust  zur  reiterei  Schwein ichen 
denkwürdigkeiten  21;  dabey  hatten  sie  {die  Griechen)  eine 
ungemeine  liebe  zu  ihrem  vaterlande,  sonderlich  stack 
ihnen  die  freyheit  in  den  köpften  Fleming  teutscher 
Soldat  (1726)  86;  steckt  dir  noch  das  mädchen  im  köpfe 
Ayrenhofp  3.  59,  17;  dem  guten  weibe  stak  auch  wohl 
der  adel  noch  im  köpfe  —  der  fürst  versprach  ein  dip- 
lom  für  sie  Kotzebue  6,  lOO  (yerläumder  i,  7). 

o)  entsprechend  auch  im  hertzen  stecken  als  dem  sitze 
des  gefühls  und  der  empfindungen.  nach  älterer  auffassung 
auch  der  gedanken:  also  wirt .  .  .  geoffenbart  verkerter 
menschen  neyd  vnd  haimliche  poszhait,  die  lang  ver- 
porgen  in  jren  hertzen  ist  gesteckht  Berthold  von 
Chiemsee  texctsche  iheologey  *;  ich  thar  auch  wol  darauff 
schweren,  das  dieser  spruch  Christi . . .  ynn  yhrem  hertzen 
stickt,  wie  ein  ewiger  stefft,  des  sie  nirgend  mugen  los 
werden  Luther  23,  88,  8  Weim.:  sie  etiam  christiani  facti, 
tamen  vix  kunnens  fassen  prae  ratione,  quia  semper 
stickt  im  grund  cordis :  man  mus  doch  etwas  guts  thun 
84,  2,  28  Weim. ;  allda  erhub  sich  die  abgötterey,  so  durch 
eigne  lieb  im  hertzen  stack  Nas  warnungsengel  51 ;  es 
möchte  hervorkommen,  was  ihm  schon  lange  im  herzen 
stecke:  eine  allgemeine  meuterei  zu  besorgen  Ranke 
\,  144  {reformation); 

und  nicht  ein  tag  vergeht,  so  ist  gewisz  entdecket, 
ob  meyneid  oder  treu  in  seinem  herzen  stecket 

J.  E.  Schlegel  l,  85  {Dido  1,  4); 
vielleicht  vertreibt  die  see,  die  neuen  länder, 
sammt  wandelbaren  gegenständen  ihm 
diess  etwas,  das  in  seinem  herzen  steckt, 
worauf  sein  köpf  beständig  hinarbeitend, 
ihn  so  sich  selbst  entzieht 

Shakespeare  3,  238  {Hamlet  3, 1). 

6)  seltener:  das  stickt  yn  unser  Vernunft,  quae  clamat 
Luther  34,  2,  38  Weim.;  die  comödie,  das  gepriesene  Cha- 
rakterstück 'der  geselligkeit' . . .,  welches  dem  kunstrichter 
im  äuge  steckt,  ist  .  .  .  nicht  die  hohe  und  edle  comödie, 
wie  er  sie  nennet  Herder  2,  222. 

den  Troianem  fürbass, 

steckt  jetzt  im  busen  auch  der  hass 

Spreng  Riae  (1610)  30". 

c)  mit  adverbieller  bestimmung  des  grades:  hie  zeigt  er 
an,  wie  tieff  solche  verstockung  ynn  yhren  hertzen  stickt 
und  wie  fest  sie  sitzt,  das  sie  schlechts  nicht  sind  zu 
bekeren  Luther  19,  606  Weim.;  dennoch  ist  dieser  bäb- 
stische  wohn  disem  mann  unnd  seinen  nachbarn  sehr 
tieff  im  hertzen  gesteckt  Sandrub  hist. -poetische  kurz- 
weil  10  neudr.;  eine  solche  Wahrheit  ...  ist  stärker  und 
siegreicher  als  vorurtheile,  wenn  diese  auch  noch  so  tief 
in  den  gemüthern  stecken  Gutzkow  werke  (1872)  8,  214. 
16)  eine  krankheit  steckt  in  einem,  hindert  das 
wohtb^nden,  ohne  doch  im  augenblick  »ich  sonst  stärker  zu 
äunern:  ich  habe  mit  dem  schlaf  curirt  und  hoffe  durch 
den  lauf  noch  mehr,  es  stickt  aber  wieder  etwas  irgendwo, 
das  ich  nicht  kenne  Göthe  an  frau  von  Stein  i,  298; 
es  steckt  mir  in  allen  gliedern,  wie  zerschlagen  bin  ich 
Hauptmann  einsame  menschen  (I89l)  87(3); 

es  sind  des  franzthums  seuchen, 

die  noch  im  blat  euch  stecken 

RCCKBRT  1,  108. 

auch  wm  aedisehen  leiden,  von  Verstimmung  u.  s.  w. :  so 
scheint  ihm  noch  der  gram  zu  stekken  in  der  stirnc 
LOHKNSTBIN  Arminias  (1689)  1,  86* ;  sintemal  .  .  .  alle  ge- 
m&cbt«  &oserlich  entweder  dieselbe  anmuth  oder  ver- 
drÜBxlichkcit  zeugen,  die  dem  künsUer  in  seinem  gehirne 
gesteckt  ebenda;  was  die  anmhe  ist,  die  in  mir  stickt, 
mag  ich  nicht  untersuchen,  auch  nicht  untersucht  haben 
G6THB  an  frau  von  Steint,  186;  auch: 

Cr. 


ein  schCner  süsser  Zeitvertreib! 
dir  steckt  der  doctor  noch  im  leib 

14, 165  Weim.  {Faust  1), 

ganz  spöttisch  gemeint,  une  sonst  die  nachwehen  einer  krank- 
heit noch  in  den  gliedern  stecken. 

17)  als  ausdruck  der  längeren  datier  des  zustandes  dient 
stecken  bleiben,  häufig  aber  mit  inchoativem  beisinn 
{vgl.  bleiben  2  th.  2  sp.  9l). 

a)  im  eigentlichen  sinne  {entsprechend  oben  l) :  und  wolt 
das  ross  über  ein  zäun  springen,  zohe  den  jungen  herren 
so  streng  und  starck  vber  den  zäun,  welcher  blieb  an 
einem  eychen  pfal  stecken,  auch  hangen  Schumann 
nachtbilchlein  350;  das  einhorn  aber  .  .  .  mit  dem  hörn 
in  bäum  lieff  und  also  darinn  unverwendt  stecken  blyb 
Montanus  schwankhücher  22;  ein  Stachelschwein,  das 
sich  unter  bäumen  herumgewälzt  hat,  damit  fruchte  an 
den  stacheln  stecken  bleiben  Kästner  8,  149; 

sm  dorn  und  busch  bleibt  hut  und  ärmel  stecken, 
sie  fliehn  hindurch,  berupft  an  allen  ecken 

Shakespeare  1,  230  {eommernachtstraum  3,  2); 

{entsprechend  oben  2) ;  vnd  sprang  ein  spelter  von  der 
lantzen,  so  in  seinem  schilt  stecken  blieben  Amadis  203 
Keller;  die  kugeln  fuhren  dann  in  die  pfeiler  der  halle, 
wo  sie  stecken  blieben  Moltke  Schriften  und  denk- 
würdigkeiten (1892)  1,  61; 

dann  so  gehts  gwiszlich  alle  denen, 
die  sich  wölln  wider  gott  auflenen 
und  widern  scharpffen  stachel  lecken: 
den  bleibt  er  in  der  fersen  stecken 
B.  Waldis  streitged.  38  neudr.  (der  wilde  mann 
von  Wolffenbüttel  419); 

derselb  (spiesz)  in  Pyro  stecken  blib, 
vnd  hafftet  an  der  langen  sein 

Spreng  Hiat  (I610)  SO"; 


dieses  bildnis  selber  trafen 
die  geschosse  der  Indianer ; 
sechs  geschosse  blieben  stecken 


just  im  herzen 


Heine  l,  379; 


{entsprechend  oben  s) :  des  andern  tages  blieb  die  weisse 
fahne  .  .  .  noch  auf  des  fürsten  zeit  stecken  Buchholtz 
Hereuliscus  (1665)  26;  der  Schlüssel  bleibt  an  der  thür 
stecken  u.  s.  w. ;  {entsprechend  5) :  das  schwert  bleibt  in  der 
scheide  stecken  »*.  s.  w.  —  besonders  beliebt  in  der  Sphäre 
von  7 :  er  bleibet  stecken  in  luto  Jiaeret.  haesitat.  expedire 
se  non  potest  Stieler  2158;  als  er  nun  bey  Medenblick 
über  das  gefrorne  wasser  setzen  wollte,  brach  das  eis 
unter  ihm,  so  dasz  er  im  morast  stecken  blieb  Schmidt 
geschickte  der  Deutschen  (1778)  3,  71 ;  so  hätte  ich  .  .  .  ge- 
wünscht, dass  sie  bis  an  die  achsen  wären  im  kothe 
stecken  blieben  Raben  er  6,  110 ;  wir  fuhren  mit  acht 
pferden,  dennoch  blieben  wir  auf  der  ersten  post  schon 
im  koth  stecken  Moltke  Schriften  und  denkwürdigk. 
(1892)  1,  131 ;  ein  stück  geschütz  hervorzuarbeiten,  das  im 
schlämme  stecken  geblieben  war  Ranke  3,  82;  die  stelle, 
an  welcher  während  der  ersten  reise  nach  Grunzenow 
der  wagen  im  schlämm  stecken  blieb,  und  wo  der  er- 
zürnte Vorspannbauer  erst  den  Juden  durchprügelte  Raabs 
hungerpastor  858.  —  einige  male  blieben  wir  fest  im 
sande  stecken,  die  pferde  waren  zu  schwach  Holtei 
erz.  Schriften  18,  213;  jetzt  macht  euch  auf  den  heimweg, 
die  junge  frau  ängstigt  sich  sonst,  ihr  könntet  im  schnee 
stecken  geblieben  sein  4,  98;  wo  haben  sie  denn  den 
postVerwalter,  er  ist  wohl  gar  im  schnee  stecken  ge- 
blieben? Sohle  musikantengeschichten  18;  unbestimmter: 
auf  den  schlimmsten  wegen  .  .  .  waren  mehrere  {broty 
wagen  stecken  geblieben  Göthk  38,  98  Weim.;  in  einem 
hohlen  tief  ausgefahrenen  engen  wege  .  .  .  blieben  die 
pferde  wirklich  stecken  Caroline  l,  154  Waitx;  einem 
bleibt  der  bissen  im  munde  stecken  u.a.w.:  hat  der  ain 
burger  ein  bain  von  dem  han  abnemen  wollen,  wölchs 
er  vnfUrsichtigklich  bald  verschlundcn  hatte,  vnd  ist  Im 
hals  stecken  bliben  Nas  antipap.  eins  und  hundert  (1567) 
1,  62*;  wenn  ich  dir  so  gegenübersitze  und  habe  dein 
langes  gesiebt  vor  mir,  da  bleibt  mir  der  bissen  im 
munde  stecken  Holtei  en.  sehrißen  8,  88; 

anch  so  dir  «twH  bliben  iit 

in  t&nen  stecken,  wo  du  biit, 

so  nimb  ein  meuer,  stich  und  nllbel 

io  slnea  fort,  das  ataht  nicht  nbel 

Seil  an-  OroMaiMM  858  neudr. 

Cr. 


1341 


STECKEN 


STECKEN 


1342 


es  ist  doch  eine  drollige  idee,  sich  zu  denken,  dcisz  es 
eine  zeit  war,  da  man  einem  den  Alexander  (als  embryo) 
«uf  einem  butterbrod  hätte  können  beybringen,  ohne 
dasz  man  es  gemerkt  hätte,  wenn  er  einem  nicht  wie 
ein  kümmelkömchen  zwischen  den  zahnen  stecken  ge- 
blieben .  .  .  wäre  Lichtenberg  briefe  3,  22.  —  selten: 
ainem  so  schlechten  dichter  vil  bass  zu  rathen,  er  bleib 
hinder  dem  offen  steckhen,  dan  er  herfür  krüech  Mon- 
tan us  schicankbücher  474,  8. 

sie  bleibt  im  winkel  stekken, 

ist  keiner  frenden  hold,  sucht  stetig  einsamkeit 

Rachel  gedickte  16  jieudr. 

b)  im  übertragenen  gebrauch:  ein  wort  bleibt  zwischen 
den  Zähnen  stecken,  läs2±  sich  schicer  aussprechen,  ist 
dem  gedächtnisz  entfallen,  besonders  infolge  einer  Über- 
raschung, eines  Schreckens  u.  s.  ic:  ey!  warum  bleibt  er 
{der  name)  auch  einem  zwischen  den  zahnen  stecken 
Lessing  l,  497  (schätz  ii);  auch:  des  bawren  son  saget 
wol.  allein  die  stücke  vom  kalender  seind  mir  im  halse 
stecken  blieben  Hertzog  schiltwache  H  4;  dem  alten  ein- 
armigen hochbootsmann  Steffen  Groote  blieb  das  malai- 
ische lied,  das  er  eben  einem  kleineren  zirkel  von 
kennem  zum  besten  gab,  zur  hälfte  in  der  kehle  stecken 
Baabe  hungerpastor  383. 

c)  in  reicher  bildlicher  Verwendung  zur  Charakterisierung 
der  erfolglosigkeit  von  bemühungen  jeder  art  (zunächst 
mit  stärkerer  beibehaltuTig  des  bildes):  die  verzagten  und 
feigen  memmen  bleiben  in  ihrem  unflat  stecken  Prae- 
TORius  vom  Katzenveite  (1665)  Xl*>;  die  arme  Christen- 
heit empfand  die  grimmigkeiten  des  Wüterichs  so  hart, 
als  nie  vor  diesen  zelten,  biss  der  Verfolger  in  dem 
sumpffe  stecken  büeb  Treuer  deutscher  Dädalus  (1675) 
1,  372 ;  wohin  ich  gehe  ist  der  wie  von  einem  landregen 
aufgeweichte  pfad  der  langeweile,  in  dem  man  leicht 
mit  dem  schuh  stecken  bleibt  Brentanos  früMings- 
kranz  (1844)  318;  da  mag  einer  noch  so  ein  weisser 
Schimmel  sein,  er  muss  im  morast  stecken  bleiben 
Bettine  die  Günderode  (1340)  1,  70;  aber  er  bleibt  auf 
halbem  wege  stecken  Straüss  Mien  Jesu  (1877)  3,  179; 
auch:  wenn  ich  was  mahlen  will,  so  bleibt  mir's  im 
halse  stecken  Göthe  I\^  l,  213  Weim. 

a)  ist  dir  grosslich  zu  besorgen,  got  werde  dich  mit 
yhnen  straffen  vnd  werdest  dich  eyn  mal  vertieffen  so 
vast,  das  du  müssest  bleyben  stecken  Eberlin  von 
GCnzburg  3,  133  neudr.;  dern  music  zwar  lustig,  aber 
neben  der  künstlichen  nicht  fort  kan,  sondern  stecken 
bleibt  GuARiNONius  greicei  der  vencüstung  (1610)  189; 
wer  sie  (die  quellen)  nur  aus  Übersetzungen  kennt,  findet 
alles  fremde  miszfällig,  beschwerlich;  jeden  augenblick 
bleibt  er  stecken  Gerstenberg  or.  über  merkicürdigk.  d. 
lit.  96,  28;  ich  habe  etwas  geschrieben,  um  nicht  stecken 
zu  bleiben  Göthe  IV  5,  9  Weim. ;  indessen  will  ich  die 
Sache  schon  so  führen  und  verwirren,  dasz  der  domher 
allein  stecken  bleibt  17,  147  Weim.  (groszcophta  2,  2);  es 
ist  ihm  immer  so  gegangen;  wo  es  darauf  ankam,  hat 
er  gezaudert  und  ist  stecken  gebüeben  Freytag  4,  258. 

ß)  in  einer  schwierigen  läge  steckeji  bleiben: 
Christiani  semper  manent  sticken  in  ferlichkeit  Luther 
27,  507,  6  Weim.;  in  jeder  gefahr,  aus  der  der  fuchs  ent- 
rinnt, bleibt  er  (der  tcolf)  stecken  Jak.  Grimm  Eeinhart 
Fuchs  (1834)  xxxviii;  auch:  hier  blieb  er  in  der  angst 
stecken  Miller  briefwechsel  dreier  akad.  freunde  (1778)  1, 22; 
für  mich,  für  einen  menschen,  der  in  persönlicher  eigen- 
thümlichkeit  stecken  blieb  und  es  nimmer  bis  zur  vollen 
gegenständlichkeit  brachte,  d.  h.  zu  dem  ruhigen,  sichern 
bewuszten  stände  den  Sachen  gegenüber  Arndt  leben  327; 
«eit  er  im  jüngUng  stecken  geblieben  und  geschlecht 
am  geschlecht  an  ihm  vorüber  in  die  reihen  der  männer 
geräckt  war  Ludwig  2,  iiO;  gar  mancher  bleibt  lebens- 
lang im  dramatischen  handwerk  stecken  ö,  35. 

y)  im  Vortrag  einer  rede  stecken  bleiben,  den  faden 
verlieren,  nicht  weiter  können:  Demosthenes  apud  Phi- 
üppum  regem  orans  excidit  sibi ,  es  entpfiel  ihm ,  er 
bleyb  stecken  Alberus  novum  dictionarii  genus  (1540)  29»; 
ja  es  fehlt  manchmahl  wol  dem  gelehrsten,  dasz  er  mitten 
in  der  rede  stecken  bleibt  Beuter  der  frau  Schlampampe 
krankheit  und  tod  141  (3,  21)  neudr.;  so  bleibt  er  stecken, 
und  kann  nicht  worte  finden,  seine  gedanken  auszudrücken 

Cr. 


WOLFF  vernünftige  gedanken  2,  162;  die  schmach,  in 
meiner  ersten  predigt  stekken  geblieben  zu  seyn  Bahrdt 
gesch.  seines  lebens  (l790)  1,  141;  der  bekannte  special 
Zilling  .  .  .  wollte  da  den  herzog  mit  einer  langen  rede 
empfangen,  blieb  aber  schon  am  eingange  stecken 
Kerner  bilderbuch  (1849)  25;  sie  hatte  ihn  einmal,  als 
er  in  der  probe  stecken  büeb,  so  boshaft  ausgelacht 
Storm  7,  71 ;  ich  wollte  etwas  sagen,  büeb  aber  in  dem 
ersten  worte  stecken,  aus  ver%vunderung  über  die  Ver- 
wandlung des  gesichtchens  der  cousine  Baabe  kinder 
von  Finkenrode  49; 

und  blieb,  weil  er  den  sprach  verlohr, 
in  seiner  leichenrede  stecken 

LiCHTWER  fabeln  (1748)  45 ; 
ihr  anblick  so  den  Franz  betäubt, 
dass  er  im  ave  stecken  bleibt 

Pfeffel  poet.  versuche  (1812)  1,  146. 

d)  in  einer  sache  stecken  bleiben,  in  ihr  beharren, 
nicht  davon  lassen  (entsprechend  oben  8): 

wie  er  dann  vor  oft  viel  und  mehr 
gelogen  hat  on  alle  bschwer 
und  noch  in  lügen  stecken  bleibt 

enriderung  auf  ein  tchandgedicM  wider 

herzog  Heinrich  von  Braumchu-eig  im  Jahre  1541  bei 

LiLiEXCEON  hist.  volksl.  4,  182,  211. 

e)  von  einer  pflanze,  welche  nicht  ^ceiter  wächst  tmd 
zuletzt  verdorrt,  doch  bleibt  zweifelhaft,  ob  sich  wirklich 
ein  ausdruck  der  wirthschaftssprache  hinter  den  folgenden 
bildem  verbirgt: 

vnd  als  auff^ing  das  edle  kom, 

da  must  es  bleiben  stecken 

RiNGWALDT  evangelia  Kö*; 
nun  hat  der  liebe  mann  nicht  würklich  können  schmekken 
die  fruchte  seiner  müh',  es  bleibet  oflflmahls  stekken 
die  hoffnung  unsers  thuns  Rist  Pamasz  499. 

doch  die  Bedeutung  geht  hier  wohl  ganz  allgemein  auf  den 
begriff  'aufhören    atts,  wie  im,  folgenden: 

es  prasselt  stets  an  diesem  ohrt  (der  hoUe), 
die  winde  brausen  fohrt  und  fohrt, 
der  hagel  bleibt  nicht  stekken 

Rist  hind.  lied.  5,  273. 

18)  stecken  lassen,  eines  von  seinem  ort  nicht  ent- 
fernen. 

a)  in  eigentlicher  bedeutiing  den  pfeil  in  der  wunde 
stecken  lassen  u.  s.  %c. :  warf  der  ander  dem  ktinig  synen 
byhel  in  das  houpt  und  Hess  den  in  im  stecken  Stain- 
höwel  de  claris  mulieribus  164;  lasset  die  nadel  also 
darin  stecken  mit  dem  umbgewunden  faden  Braun- 
schweig chirurgia  (1539)  14»; 

vnd  lass  in  mir  dein  grimmig  pfeil 

biss  in  den  tod  nicht  stecken 

Ringwaldt  handbüchlein  A  9  *> ; 
so  sticht  ein  bienchen  uns,  und  lässt  den  stachel  stecken 
und  martert  sich,  und  stirbt  Lessing  1,  4,  5 

den  degen  in  der  scheide  stecken  lassen :  lassen  sie  ihn 
(den  degen)  stecken,  es  friert  ihn  ohnehin  an  ihrer  seite 
Bäuerle  1,  27.  vgl.  nicht  doch,  guter  herr  pfarrer,  laszt 
die  klinge  stecken  Gerstenberg  br.  über  merkw.d.  lit.  löi. 
den  Schlüssel  in  der  thür  stecken  lassen,  entsprechend 
oben  ^stecken  verb.  3  c:  hat  sie  mir  doch  einen  brief 
geschrieben,  den  ich  nicht  hinter  den  spiegel  stecken 
lasse  W.  Sommer  aus  dem  kleitüeben  (1894)  106.  oben 
'stecken  verb.  6»  entspricht  die  redetcendung  lasz  dein  geld 
stecken  I  nämlich  in  der  vencahrenden  tasche,  brauchst 
es  nidit  auszugeben,  wenn  man  ettca  selbst  dafür  bezahlen 
unll;  im  umgangsjargon :  (Martin)  lasz  einmal  sehen, 
wer  die  vergangene  woche  das  meiste  trinkgeld  gekriegt 
hat  (er  greift  in  die  tasche)  du  bist  ein  lüderlicher  teufel, 
du  versäufst  alles  —  (Johann)  lasz  stecken!  Lessing 
1,  412  (freigeist  2,  5).  in  sprichwörtlicher  redensart  'sich 
nicht  so  breit  macJien,  sich  nicht  aufspielen  können' :  wäre 
aber  das  pulver  noch  nicht  erfunden  gewesen,  so  hätte 
ich  die  pfeiffe  wol  im  sack  müssen  stecken  lassen  Sim- 
plicissimus  1,  3  (12),  294. 

a)  einen  im  morast  stecken  lassen:  also  den  arczte 
mit  dem  haubt  in  den  unflat  stecken  Hesse  Arigo 
530,  86  Keller;  doch  hat  sich  der  reichthum  dieses  aus- 
drucks  auf  den  bildlichen  gebrauch  durchaus  zurück- 
gezogen (vgl.  unter  e).  auch  in  der  erweiterung:  da  das 
seine  diener  sahen,  wichen  sie  vonn  jhm,  vnnd  Hessen 

Cr. 


1343 


STECKEN 


STECKEN 


1344 


jhn  vnter  den  meusen  stecken  Heyden  Plinius  (1565)  289. 
sprichwörtlich  entsprechend  -stecken  verb.  9  o:  das  ich 
meine  reisebeschreibung  ...  so  lange  unter  der  banck 
stecken  lassen  Reuter  Schelmuffaky  5,  d.  h.  sie  nicht 
an  das  licht  gebracht. 

b)  übertragen  seine  äugen  worin  stecken  lassen, 
von  dem  anblick  nicht  uneder  loakönnhi:  er  und  andere 
sollen  dafür  auch  nicht  murren,  wenn  ich  .  .  .  gern  die 
äugen  in  lieben,  feinen,  jungen  weiblichen  gesichtchen 
stecken  lasse  Stifter  i,  4S. 

c)  bildlich  einen  in  der  not  stecken  lassen,  ihm 
nicht  zur  hülfe  kommen,  ihm  nicht  forthelfen,  zunächst 
noch  in  starker  bUdlichkeit:  deine  tröster  haben  dich 
uberredt  und  verfürt,  und  in  schlam  gefurt,  und  lassen 
dich  nu  stecken  Jerem.  38,  28; 

du  läszt  mich  nicht  im  Echlamm  der  bleichen  sorgen  stecken 
HoFFMANNSWALDAU  gcd.  (1697)  1,5; 

aber  wie  dan,  wann  die  verscherzte  gesundhait  nicht 
wider  zupringen,  .  .  .  soll  man  jne  {den  kranken)  darumb 
hilflos  im  kat  der  maulhengkolie  verzweifelter  gestalt 
da  stecken  lasen?  nain  warlich,  das  wer  vnmenschlich 
Fisch  ART  podagr.  trostbüchlein  15,  2  Hauffen.  in  der 
patsche  {eigentlich  im  morast,  vgl.  oben  patsche  i  th.  7 
sp.  1507)  stecken  lassen:  dasz  man  ihn  in  der  patschke 
stecken  lasse  Weise  erzTiarren  98.  als  Sprichwort:  der 
teufel  kehrt  oft  seinen  freunden  den  rücken  zu  und  läszt 
sie  in  der  patsche  stecken  Booe  Thomas  Jones  6,  334. 
a)  solten  sie  nit  eh  da  gepliben  sein  auf!  dem  wasen, 
als  jren  könig  in  nöten  stecken  lassen,  vnnd  an  jhm 
zu  Judas  werden  Oargantua  385  neudr. ;  als  seit  ihr  hier- 
durch dessen  desto  mehr  von  mir  versichert,  dasz  ich 
von  euch  nicht  absetzen,  noch  in  der  noth  .  .  .  euch 
stecken  lassen  werde  Chemnitz  schwedischer  krieg  (1648) 
226;  lasset  uns  nicht  in  der  gefar  stecken  Heilmann 
geschichte  des  pelopon.  krieges  (1760)  826; 

der  landesvater  lässt  ihn  nicht  in  mangel  stecken 

Drollinger  gedickte  87; 

sed  suum  officium  lest  er  ynn  der  schand  nicht  stecken 
Luther  34,  2,  332  Weim.;  dei  verbum  soll  ich  ynn  der 
Schmach  und  schand  nicht  sticken  lassen  ebenda;  soll 
ich  euch  in  diesen  dingen  {d.  h.  lästern)  stecken  lassen? 
Ambach  vom  zusauffen  D  3»;  dieweyl  die  keyser  von 
Constantinopel  Rom  in  sollicher  zwitracht  stecken  lieszen 
Franck  chronic.  (1538)  74»;  lass  die  angefochtenen  nicht 
in  der  Versuchung  stecken  Schmolcke  trost-  und  geist- 
reiche Schriften  (1740)  l,  16; 

gott  lest  mich  fast  untersinken, 
und  im  ungifickssee  ertrinken, 
lest  mich  stekken  in  der  pein, 
und  wil  nicht  genädig  sein 
Neumark  mutik.-poet.lustwäldchen  (1652)  18; 

der  zustand,  worinnen  sich  die  schöne  Leonore  befindet, 
ist  zu  gefährlich,  man  musz  sie  nicht  darinnen  stecken 
lassen  Petrasch  i,  51. 

ß)  in  einer  falschen  meinung  stecken  lassen, 
sie  nicht  berichtigen,  keine  aufklärung  geben  wollen:  ee 
weiten  sie  vnss  für  vnd  für  jm  irrsal  lassen  stecken 
Eberlin  von  Günzburg  l,  lO  neudr.;  ich  kann  dich 
aber  bey  dem  allen  unmöglich  in  dergleichen  aber- 
glauben  stecken  lassen  Lessino  l,  414  {freigeist  2,  5); 
ich  komme  nur  zurück,  sie  keinen  augenblick  länger  in 
einem  irrthume  von  mir  stecken  zu  lassen,  der  mich, 
selbst  in  ihren  äugen  verächtlich  machen  musz  2,  28 
(Sara  Sampaon  t,  6);  {die  frage,)  ob  er  uns  in  der  empi- 
rischen Verwirrung  einer  nicht  genug  durchdachten  er- 
fahrang  stecken  läszt  Göthe  47,  24  Weim.; 

thn  mich  i^ewehren  meiner  bitt, 
Um  mich  im  sweyfel  Btecken  nit 

Spreng  lUa*  (1610)  11*. 

}0  einen  im  Vortrag  stecken  lassen,  ihm  durch 
zv^üsttm  nicht  uneder  auf  die  Sprünge  helfen:  so  wie 
er  (der  Souffleur)  mich  ...  an  einer  sehr  gefährlichen 
stelle  stecken  liesz  Qöthb  tt,  170  Weim. 

S)  oknciceUen  besHmmung  nähert  »ich  einen  stecken 
lassen  der  wendung  einen  im  stich  lassen  (s.  unten  unter 
stich):  so  wil  ich  die  Obligation  unterschreiben,  allein 
ihr  mfisset  credit  halten  und  mich  nicht  stecken  lassen 
ScHOPPlus  6ai;  wo  dir  etwas  von  itzt  an  bist  zu  morgen 

Cr. 


begegnen  solte,  versichere  ich  dich,  dasz  ich  dich  nicht 
stecken  lassen  will  A.  Gryphius  (1698)  1,  917;  da  Otto 
inzwischen  auch  mit  den  herzogen  von  Pommern  in 
einen  krieg  verwickelt  ward,  liess  ihn  Karl  ebenfalls 
stecken  Schmidt  geschichte  der  Deutschen  (1778)  3,  6ii; 
er  {Christus)  wird  euch  auch  jetzt  nicht  stecken  lassen, 
sondern  euch  retten;  denn  er  hat  bisher  überwunden, 
und  wird  auch  ferner  überwinden  Jung-Stilling  3,  117; 
führt  ihr  mich  an,  so  lass  ich  euch  künftig  stecken 
Göthe  20,23  Weim.;  {ich)  bin  gleichsam  für  deine  redlich- 
keit  bürge  geworden,  antworte  bald!  willst  du  mich 
stecken  lassen:  so  suche  dir  sodann  einen  andern,  der 
sich  deiner  annimmt  Petrasch  l,  537;  {uns  aushelfen,) 
wenn  der  verstand  uns  stecken  lassen  will  Klingbr 
werke  i,  356; 

kompstu  darüber  in  ein  schrecken, 
80  wirdt  dich  gott  nicht  lassen  stecken 

Alberus /afcein  90,  17ü  neudr.; 

weil  wir  dan  dich  verlassen  han, 
so  haist  du  vns  auch  stecken  lan 

BiTNER  Jephthes  (1569)  0  7»; 

wen  hat  gott  jemal  lassen  stecken 

Grob  versuchgabe  (1678)  110; 

was  lässt  er  denn  so  tief  in  noth  mich  drin? 
er  lässt  mich  steck'n  und  mag  mich  wohl  nicht  leiden 
TiECK  2,  217  (Oenoveva). 

zappeln  und  stecken  lassen  bei  Luther  und  werde  dich 
auch  lassen  zappeln  und  stecken  28,  645,  15  Weim. 

d)  sprichwörtlich  einen  gedanken  in  der  feder 
stecken  lassen,  ihn  nicht  durch  niederschreiben  von 
sich  geben:  wil  ich  das  vbrig  so  ich  noch  wjter  dir 
geschriben  haben  wolt,  in  der  fädern  stecken  lassen 
NiCLAS  VON  Wyle  translationen  12  Keller;  die  vrsach 
lassen  die  möncb  in  den  faderen  stäcken  Stumpi* 
Schwytzerchron.  (1606)  357*; 

die  warheit  schwygen,  deller  schlecken, 
vil  lassen  in  der  feder  stecken : 
wann  die  der  todt  wUrt  strecken  bass, 
vor  gott  müst  alles  sagen  das 

Murner  narrenbetchw.  119  neudr. 

e)  verblMszt  ist  schon  die  Wendung  &\n&  sache  stecken 
lassen  sie  unterlassen,  von  Virer  weiteren  behandlung 
absehen  u.  s.  w. :  kan  man  es  nicht  nach  wünsche  aus- 
führen, sondern  musz  es  stecken  lassen,  so  erwächst 
nebenst  dem  schaden  der  spott  um  so  vil  mehr  Butschky 
Pathmos  622; 

als  die  mordt  wurden  offenbar 
nachvolgent  bey  der  bürger  schar, 
da  kam  in  sie  ein  solcher  schrecken, 
lissen  ohn  räch  die  sach  gar  stecken 

H.  Sachs  15,  238  KtUer-QöUe. 

19)  als  eine  art  von  sprachlicher  Versteinerung  {ent- 
sprechend oben  ^stecken  verb.  19  sp.  1319)  ohne  eine 
weitere  bestimmung  'in  hemtnung  geratften,  nicht  von  der 
stelle  köntien'.  die  herleitung  aus  dem  gebrauche  unter  7 
zeigt  noch  deutlich:  Augustinus  non  kan  antworten, 
sed  steckt  ynn  der  antwort  Luther  84,  i,  415  Weim.; 
auch  {das  schiff)  hart  in  den  sant  stecket  Arigo  107,  la 
Keller;  ward  ein  gross  gedreng  darauss,  also  dass  das 
volck  für  grossem  gedreng  in  einander  stecket  Nas  anti- 
pap.  eins  und  hundert  (l.^G7)  171»;  inwieweit  für  unsere 
bildung  ein  nicht  ableugbarer  einflusz  von  stocken  verb. 
in  frage  kommt,  mag  dabei  unentschieden  bleiben,  in  der 
Sphäre  des  handeis-  und  wirthschaftsjargons  scheint  dies* 
syntaktische  'kurzform'  besonders  beliebt  gewesen  tu  sein: 
alssdann  wirdts  inen  zwyfeltig  eingcdrenckt,  so  der 
handel  steckt  H.  Sachs  «2,  66,  84  KelUr-Oötze ;  wenn  die 
arbeit  klein  ist  und  die  bergwerck  stecken  Mathesius 
Sarepta  144^;  es  müssen  alle  geschäfte  stocken  Schupp  io6; 
die  handlung  steckt  sehr,  ist  sehr  ins  stecken  gerahten 
Kramer  dict.  2  (1701),  984^;  sogar:  der  mann  stecket  ietso 
gar  sehr  in  angusHis  versatur.  inopia  cogitur,  rtrum  indi- 
gentia  impeditur  impraesefttiarum  vir  iste  Stiklbr  >168. 
toie:  steckende  schulden  debiti  non pagoU,  «forte  da  noi» 
pagarsi  mai  Krameh  dict.  9  (1709),  994«  ist  wohl  aufm- 
fassen:  mit  den  städten  .  .  .  sol  ein  mitleiden  vnd  vei^ 
nehmen  gehalten  werden,  wofern  sie  erweislich  machen 
werden,  das  dieselben  stewerreste  nicht  boy  den  raht» 
hensem,  sondern  solchen  Privatpersonen  stecken,  welch* 


1345 


STECKEN 


STECKEN 


1346 


erduldeten  brand  Schadens  vnd  vnvermögenheit  halber 
dieselben  nicht  wol  zu  erlegen  haben  acta  publica  l,  27 
Palm,  d.  h.  deren  auszahlung  in  Stockung  gerathen. 

a)  von  einem  mechanismus :  wann  nun  die  probirwag  — 
also  zugerichtet,  dass  sie  ihre  Schnelligkeit  recht  hat, 
vnd  nicht   steckt  Ercker  mineral.  ertzt  (1580)  38'"; 

ein  uhrwerck  das  oft  steckt,  oft  zu  geschwinde  geht 
HoFFM  ANNS  WALD  AU  bcgräbnitgedicMe  52. 

b)  in  einer  tceiteren  Bedeutung  'stocken,  stutzen,  nicht 
iceiter  kommen,  aufhören',  aber  gexcisz  unter  dem  einflusz 
des  vorigen  zustandegekommen:  welche  .  .  .  von  wegen 
der  schwere  der  schiff,  vnnd  vnerfahrung  der  schiffleuth 
steckten  vnd  in  gefahr  ständen  Xylander  Polybius 
(1574)  41;  vnd  so  baldt  ein  kleiner  schweiss  kompt,  so 
stecket  jhr,  vnd  wisset  nicht  wo  daran  Paracelsüs 
opera  1,  231  •>; 

wer  sich  zu  weyt  darein  (»»  das  tcharmützei)  begeyt 

dy  har  gewönlich  niderleyt. 

sie  rennen  für,  und  stägken  helt, 

des  mancher  solcher  hat  entgelt 

SCHWARTZENBERG   CUXrO  152<1, 

wo  an  die  icendung  einen  halt  stecken  (ein  lager  ab- 
stecken s.  halt  i  th.  i,  2  sp.  271)  zu  denken,  von  dem  »inn 
der  stelle  verboten  icird.  hierher  gehört  tcohl  auch :  lachen 
ist  wohl  an  und  für  sich  ein  gar  schönes  ding,  aber  wo 
höhnisches  gelächter  steckt,  verliert  die  liebe  weit  nichts 
FoüQUE  altsäcJis.  bildersaal  4,  138; 

die  weit  ist  nichts  als  träume,  die  uns  triegen, 
diss  seh'  ich  nun,  nachdem  mich  gott  erweckt: 
ihr  gantzes  thnn  ist  list,  betrug  und  liegen, 
das  äuge  schläfift,  die  arme  seele  steckt 

Opitz  ged.  1,  424; 

20)  mit  begrifflichem  vxchsel  eines  steckt  eines 
dinges  voll  u.  s.  %c. 

d)  im  eigentlichen  sinne  'ist  damit  angeJüUt,  findet 
sich  in  groszer  m^nge  u}id  ausicahV :  gleich  als  wenn 
ein  strosack  vol  stro  stecket  und  oben  und  unden 
dennoch  ausraget  Luther  26,  339  Weim.;  wie  dan  auch 
die  gantz  gegenheit  do  selbst  herümb  vol  ertzt,  und 
besundervol  eysen  steckt  MCn'STER  cosmogr.  791;  (boden,) 
der  .  .  .  voll  wurtzeln  vnd  grosser  kräuter  steckt  Sebiz 
feldbau  (1579)  49;  jre  gebirg  stäcken  voll  metall  Stumpf 
Schtcytzerchronik  (1606)  290»;  das  ganze  künstliche  flecht- 
werk des  goldenen  nestes  hing  und  stak  voll  tausenderlei 
geschmeide,  ringen,  ketten,  spangen,  agraffen,  amuletten, 
talismanen,  perlen  und  bernsteinschnüren  Brentano  5, 
104;  der  ganze  boden  stecke  voll  von  solchen  Sachen 
Keller  3,  113; 

das  har  {der  mägde)  zerzöbelt  und  zerzauset, 

als  wärs  in  ein  jar  nicht  gelausst, 

o  liebe  mägd,  es  ist  gewiss, 

es  steckt  vol  maden,  leuss  vnd  niss 

ScHErr  Grobianut  80  neudr.; 

steckt  dann  dein  hauss  der  meuss  so  vol,  so  wollen 
wir  des  eysens  vergessen  (das  die  mause  gefressen  haben 
sollen)  Schümann  nachtbücfdein  38;  die  statt  Venusia, 
welche  woll  bemauret  war,  vnd  voll  allerley  zeugs 
stecket  Xylander  Polybius  (1574)  175;  in  den  bequemen 
Postkutschen  in  England,  die  immer  voll  schöner, 
wohlgekleideter  frauenzimmer  stecken  Lichtenberg 
verm.  Schriften  (i800)  i,  87;  das  haus  stak  voll  von  ver- 
schiedenen dingen  unserer  vorfahren  Stifter  2,  129 

b)  übertragen,  um  ein  charakteristisches  und  wesent- 
liches hervorzuheben. 

o)  von  menschen,  welclie  von  einem  inneren  zustande, 
einer  anläge,  einem,  laster  u.  s.  w.  ganz  beherrscht  werden 
(voll  mit  deutlichem  genetiv  verbunden):  darumb  sollen 
wyr  uns  hutten  vor  ursach  yhrer  lesterung,  der  sye 
voll,  voll,  voll  stecken  Luther  8,  682  Weim.;  ob  aber 
yemand  so  vol  argwons  stickt  und  mich  wolt  verdencken, 
dass  ich  d.  Carlstad  alzubald  gleube  18,  437  Weim. ;  (mein 
Iterz).  das  gesteckt  voll  guter  guter  gedäncken  vnd 
freuntlicher  gütwiUigkeit  Hütten  m9,  20  Böcking ;  dan 
do  steckst  aller  weissheyt  voll  Frey  gartengesellschaft 
196  Bolte;  was  ist  ein  heylig  gescheiden  von  mir  oder 
andern,  als  allein  in  dem,  das  er  glorificiert  ist?  das 
ist,  er  hat  nichts  natürlichs  mehr  an  jhm,  so  ich  der 
natur  aller  voll  steck  Paracelsüs  opera  l,  106«;  wie 
ein  han  aller  unkeaschheit  vnnd  hoffart  voll  steckt  2,  608; 


sie  haben  sich  um  so  mehr  zu  hüten,  da  leute  wie  der 
fürst  immer,  von  ihren  günstlingen  angetrieben,  voll 
fataler  plane  für  diese  stecken  Droste-Hülshoff  briefe  128 ; 

ir  (manche)  steckend  aller  sünden  voll 

M.-VNUEL  todteniam  26  Bäclttotd; 

er  steckt  aller  nntugent  vol 

H.  Sachs  1,  58,  2  KeUer-Götze; 

wie  steck  ich  hertzenleids  so  vol!      9,  31,  1; 

kein  gfite  ader  in  üch  ist, 
jr  stecken  vol  der  bösen  list 
tchueiz.  Schauspiele  des  16.  jhs.  2,  30,  228  BäcMold; 

der  Schlosser  aber  wüst  gar  wol, 
dass  derselb  mann  steck  geitzes  voll 
Sandrub  hist.  und  polit.  kuntceil  124, 10  neudr. 

(voll  mit  von  und  dem  dativ) :  so  voll  von  volksmeinun- 
gen  und  aberglauben  steckt  Lenette  Solger  nacJigel. 
Schriften  (1826)  l,  8;  dieser  Xabob  .  .  .  gehört  unter  die 
menschen,  die  immer  voll  von  planen  stecken  Stifter 
1,  94; 

Amor  steckt  von  schalkheit  voll, 

macht  die  armen  weiblein  toll 
Shakespeare  1,  251  (sommemachtstraum  3,  2). 

(voll  verbunden  mit  unbestimmt  gelassenem  casus):  daranff 
will  ich  hie  mit  geantwortet  haben,  das  er  myr  un- 
recht thut,  und  wie  er  sonst  voll  lügen  sticket,  hie 
auch  nicht  war  sagt  Luther  18,  550  Weim.;  der  mensch 
steckt  voll  eigensinn  Bauernfeld  l,  59; 

wo  ein  mensch  steckt  vol  neyd  und  hass 

Hans  Sachs  8,  105,  2  Keller-Götze; 
weil  all  ir  nachbaum  in  dem  landt 
bezwungen  sindt  unter  dein  handt 
und  noch  all  vol  verlust  und  schrecken 
und  armut  des  kriegss  halber  stecken 

13,  556,  35; 
wann  er  stecket  vol  phantasey  21,  104,  20; 

ich  glaub,  da  meinst  ich  steck  vol  giSl 

Scheit  Grobianus  326  neudr. 

ß)  verbunden  mit  Sammelbegriffen:  aber  des  künigs 
räthe  stupfften  den  schwäbischen  bund,  so  vol  krieg 
steckt,  zu  dem  krieg  Franck  chron.  (1538)  217*';  wie  er 
vol  lüg  und  trüg  steckt,  also  verdenckt  der  böfel  auch 
ander  also  sprüchicörter  (1545)  1,  35^;  dasz  concilium  zu 
Nicea  steckt  zweiffels  on  voll  solcher  hiezu  füglicher 
Schriften  Fischart  bienenkorb  (1588)  152»;    besonders: 

die  weit  steckt  voll  beschysz  vnd  lyst 

Brant  narrengchiff'36  Zameke; 
d'welt  steckt  vol  üppigkeyt  vnd  list 

Schweiz,  tchau^p.  des  16.  jhs.  1,  75,  498  Bächteid. 

y)  das  charakteristische  eines  buches  u.  ä.  soll  hervor- 
gehoben werden :  es  heisst :  hütt  dich  für  des  Luthers  heim- 
lichen brieffen,  die  sticken  vol  fuseissen  und  stricke 
Luther  30,  2,  31  Weim.;  dieses  aber,  weil  es  voll  lächer- 
licher possen  und  fantasien  stekkt,  muss  bei  manchem 
.  . .  ein  gut  Carmen  sein  und  heissen  Neumark  fortgepfl. 
musik.  poet.  lustwäldchen  (1657)  3  (zuschrifl). 

d)  von  mehr  abstracten  begriffen: 

nur  spitzfündige  menschenfflnd, 
das  als  vol  lü?  und  arglist  steckt 

Hans  Sachs  18,  125, 15  Keller-Götze; 

sie  (die  liebe)  steckt  vol  yfer,  forcht,  angst  und  sorgen 

2,  38,  26; 
sogar: 

der  jüngst  tag  wirt  stecken 
vol  trftbsal,  angst,  forcht,  pein  und  schrecken 

1,  303,  31, 
tco  freilich    die    mit    dem  leib   nun    tcieder  verbundenen 
Seelen  der  abgeschiedenen  zuletzt  gemeint  sind. 

c)  besondere  erwähnung  verdient  die  Verbindung  mit  der 
erstarrten  form  voller  (eigentlich  die  flectierte  form  des 
adjeetivs  in  prädicaÜver  Stellung;  vgl.  dazu  unten  voll 
adj.). 

a)  entsprechend  oben  a:  die  landtschafft  der  Eleer  ist 
treffenlich  wolbewonet  vnnd  stecket  mehr  dann  das 
ander  Peloponnesus  voller  menschen  vnnd  rüstung  Xy- 
lander Polybius  (1547)  249;  in  Sicilia  fiel  ein  tempel, 
als  die  kirch  voller  leut  stecket,  von  einem  erdpidem 
ein  Franck  chron.  (1588)  132»;  daher  denn  alle  häuser 
dieses  bezirks  voller  menschen  stecken  Archenholz 
England  und  Italien  (1785)  1,  2,  354;  wald,  der  voller 
mörder  .  .  .  steckt  Tieck  l,  99; 


X.  2. 


Cr. 


86 


Cr. 


1347 


STECKEN 


STECKENARTIG-STECKENBLEIBEN    1348 


ein  kauz  .  . . 
ward  in  dem  nest  ertappt;  das  steckte  voller  mause 
Hagedorn  werke  (1769)  2,  32i. 

ß)  entsprechend  oben  b:  das  ottern  gezicht  vril  lieb, 
friede  und  messickeit  rhümen  und  stickt  so  voller  gifft 
wie  ein  bundter  molch  Luther  26,  «2  Weim.;  steckest 
du  so  voller  kunst,  so  gang  ins  bad  vnd  lass  herausz 
schwitzen  Franck  sprüchwörter  (l54l)  l,  114»;  der  äff 
stecket  voller  schimpffs  Gesner-Forer  fAicriucA  (1563)  3; 
Homerus  .  .  .  steckt  voller  fabeln  Xylander  Polybius 
(1574)  3a  {vorrede);  ein  jämmerliches  wehklagen  der  ster- 
benden, und  ein  lustiges  geschrey  derjenigen,  die  noch 
voller  muth  stacken  Simpl.  177  netidr.;  ich  gestehe  ein, 
dasz  ich  voller  vorurtheile  stecke  Bismarck  reden  l,  25; 

den  gwalt  nit  yeder  haben  soll, 
er  steck  dann  voller  leckerei 

Wickram  4,  39 ; 

von  fom  sich  mancher  freundlich  stellt,  .  .  . 
vnd  doch  hinder  dem  berge  helt, 
steckt  voller  hundesmUcken 

RiNGWALDT  handbüehlein  B  S* ; 

du  steckest  voller  b5sen  list 

Spreng  llias  (1610)  4»'  (.vgl.  11*); 
ein  geist,  der  tugend  liebt,  der  voller  flamme  steckt 
Opitz  teuttche  poemata  234  neudr.  ,• 
ein  gelehrter  narr,  der  voller  mängel  steckt 

Neukirch  gedickte  (1744)  116; 

er  ist  ein  taugenichts,  der  voller  tborheit  steckt 

GÖTHK  9,  41,  9  Weim.; 

weil  meines  herrn  Schriften  voller  Sittenlehren  stecken 

Simplic.  2,  26,  9  Keller; 

ja  sein  gedieht  im  gantzen  laufT 
steckt  voller  sünd  von  Jugend  au£f 

RiNGWALDT  lauter  warheit  8 ; 

wenn  die  prahlende  gemühter 
stekken  voller  büberey 
Nbumark  fortgepfl.  mtnik.  poet.  lustwäldchen  (1657)  1,  399. 

d)  voll   stecken,    ohne   weiteren  zusatz  'angefüllt  sein  : 

{der  manch)  stecket  vol  gleich  wie  ein  zeck, 
hat  in  seiner  zelln  ein  gut  geschleck 

Hans  Sachs  9,  18, 1  Keller-Oötze ; 

der  zu  ergänzende  begriff  ist  aus  dem.  vorhergehenden  zu 
entnehmen: 

do  sach  man  volckes  ane  zal 

inn  allen  gassen  uberal ; 

auch  stacken  alle  heuser  vol  2,  389,  4; 

Hans  Worst  must  Ulrich  singen 
und  lachen  über  den  bart 
vom  speck,  den  er  verschlungen 
nach  grober  sechsischer  art; 
des  kan  er  nicht  genieszen, 
sein  roage  steckt  im  zu  voll 
lied  aus  der  Umgebung  herzog»  Heinriche 
von  Braunschweig  wider  die  ewangelischen  (nach  1642) 
bei  LiLiENCRON  histor.  volhl.  4,  267,  15. 

21)  der  infinitiv  stecken  in  Substantiv.  Verwendung  in 
dem  sinne  von  stecken  bleiben,  nicht  mehr  von  der  stelle 
kommen,  gebraucht,  um  den  stillstand  von  allerlei  mensch- 
Hellen  Unternehmungen  zu  bezeichnen  {ilber  eine  fragliche 
beziehung  zu  stocken  *.  dort). 

a)  in  älterer  spräche  ein  stecken  bekommen:  oder 
wenn  die  bergwerck  ein  stecken  oder  fallen  bekommen 
Mathesius  Sarepta  24»;  gemeltes  bergwerk  hat  ein  stecken 
bekommen  durch  der  Tartaren  einfall  Henel  Silesio- 
graphia  1,  808;  auch:  vom  Schneberg  sind  nachmals,  da 
es  allda  ein  stecken  gewan,  etlich  ander  bergwerck  vorm 
walde  auffkommen  Mathesius  Sarepta  17";  beides  der 
heutigen  spräche  fremd  gewordene  ausdrücke. 

b)  auch  für  das  Jieute  gewöhnliehe  ins  stocken  bringen : 
er  berichtete  darauf  .  .  .  wie  des  Drusus  tod  alle  genom- 
mene anschlage  ins  stecken  gebracht  Anton  Ulrich 
VON  Braunschweio  Octavia  4,  8,  46. 

e)  ins  stecken  kommen:  die  sache  kommt  ins  stecken 
haeret  haee  res  Steinbach  (1784)  2,  716;  bey  der  äusersten 
and  grAsten  {brücke)  aber  kam  unser  glück  ins  stecken 
Lohenstein  Arminius  (i689)  i,  «n^. 

d)  heute  gewöhnlieh  ins  stecken  gerathen  {neben  ins 
•locken  gerathen  a.  u.) :  {ea  ist)  bekannt,  durch  was  revo- 
lation  .  .  .  dasjenige  gattliche  mittel,  welches  man  zu 
abhelffang  ...  am  zulänglichsten  zu  seyn  erachtet,  ins 
«tecken  gerathen  HARSDÖRPrER  teutaeher  aeeretariua a,  190; 
•Im  gerathen  bey  dieser  alten  person  die  liebesgedancken 

Cr. 


trefflich  ins  stecken  Weise  liebesalliance  2;  denn  zu 
einem  zwecke,  es  sey  worinne  es  sey,  zu  gelangen,  werden 
die  mittel  erfordert,  ohne  welche  das  vornehmen  ent- 
weder gar  ins  stecken  geräth,  oder  doch  nicht  so  wohl 
fortgetrieben  wird  der  wohlgeplagte  priester  (lG05)  39;  dasz 
heutzutage  die  nahrung  allenthalben  ins  stecken  gerathen, 
darüber  darff  sich  niemand  wundem  Sperling  Nicodemus 
2«aeren5  2  (1719),  223;  denn  es  traget  solches  (athemholen) 
sehr  viel  zum  umlauf  ins  geblüte  und  auch  zu  dessen 
abkühlung  bey,  damit  es  nicht  verderben  oder  ins  stecken 
gerathen  möge  allgem.  haushält,  lexic.  (1749)  1,  137»;  die 
ganze  sache  mochte  ins  stecken  gerathen  sein  Moser 
7,  2,  101  Abeken;  eigentlich  gerathen  wir  dadurch  {durch 
Netctons  eaoperimentum  crucis)  ganz  in's  stecken  und 
werden  um  nichts  weiter  gebracht  Göthe  II  2,  113  Weim. ; 

seit  der  Leipziger  fatalität 

wollt'  es  eben  nirgends  mehr  flecken, 

alles  bey  uns  gerieth  ins  stecken 

Schiller  12,  26  {Walletuteins  lager  6); 

von  litterarischen  Unternehmungen:  man  wird  es  hoffent- 
lich nicht  ohne  vergnügen  bemerken,  dasz  dieses  Journal 
nicht  ins  stecken  gerathen  ist,  dasz  es  wirklich,  obgleich 
ein  wenig  langsam,  auf  eine  art  fortgesetzt  wird,  welche 
die  leser  zufrieden  stellen  kann  Lessino  4,  488;  die  weit 
verliert  nichts,  dass  ich,  anstatt  fünf  und  sechs  bände 
dramaturgie  nur  zwey  an  das  licht  bringen  kann,  aber 
sie  könnte  verlieren,  wenn  einmal  ein  nützlicheres  werk 
eines  besseren  Schriftstellers  eben  so  ins  stecken  geriethe 
10,  218;  meine  Übersetzung  des  Shaftesbury  ist  seit  einigen 
Wochen  ins  stecken  gerathen  Abbt  6,  3,  51. 

a)  neben  stocken:  meine  schönen  .  .  .  Vorsätze  sind 
freylich  sehr  ins  stocken  und  stecken  gerathen  Göthe 
IV  19,  92  Weim. 

ß)  vereinzelt  ohne  artikel:  wenn  die  bearbeitung  {einer 
erkenntnis)  in  stecken  geräth  Kant  2,  12  Hartenstein; 
(ich)  erhielt  aber  so  wenig  theilnehmer,  dass  .  .  .  das 
ganze  project  ...  in  stecken  gerieth  Bahrdt  leben  2,  52; 
diese  arbeit  gerieth  auch  in  stecken  2.  191,  doch  derselbe 
hat  daneben:  da  eben  das  gespräch  auf  einen  augenblick 
ins  stecken  gerathen  war  2,  104. 

STEGKENARTIG,  adj..  von  der  art.  nach  art  eines 
Steckens:  die  steckenartigen  glieder  Fraüqois  letzte  Recken- 
burgerin  2,  248,  d.  h.  diinn  wie  ein  stecken. 

STEGKENBALGEN,  n.  {entsprecJiend  balgen  verb.  th.  i 
ap.  1086  subst.  inf),  bei  Kramer  dict.  3  (1702),  923'»  dasselbe 
wie  unten  steckenkampf. 

STECKENBAUM,  m.,  bäum,  von  welchem  stecken  ge- 
schlagen werden,  insbesondere  'bäumclveti,  aus  dem  man 
tceingartsiecken  kliebt'  Unger-Khull  571»;  vgl.  unten 
steckenklieber.  um  die  gewinnung  von  zaunstecken  handelt 
es  sich  wohl:  der  arme  man,  der  in  der  Wiedenmarck 
sitzt  undt  eins  steckenbaums  vonnöthen  hat,  der  soll 
zum  förster  gehen  undt  ihme  heissen,  soll  ihme  der 
förster  auch  geben  Jak.  Grimm  weisth.  2,  174  {Menger- 
schied  1539). 

STECKENBEIL,  n..  versuch,  den  symbolischen  begriff 
der  römiscJien  'fasces'  völlig  zu  übersetzen  Posselt  bei 
Campe  ;  vgl.  auch  unteti  steckenbund  und  steckengebund. 

STEGKENBEIN,  n.,  stockdürres,  toadenlosea  bein  {dünn 
wie  ein  stecken):  die  schöne  Pariser  mode,  dasz  die  weiber 
durch  einen  kleinen  faltenwurf  ihre  waden  vorzeigen  — 
welches  sie  in  Paris  thun,  um  sehen  zu  lassen,  dasz 
sie  nicht  unter  die  herren  gehören,  die  bekanntlich  auf 
Steckenbeinen  gehen  J.  Paul  15—18,  50  {Titan  l). 

STECKENBERG,  m.,  benennung  etica  für  einen  irein- 
berg,  wo  sich  stecken  neben  stecken  findet ;  weniger  ist  an 
einen  berg  zu  denken,  wo  steckenbäume  {a.  oben)  wachsen: 
ein  steckenberg  Uteua  conaitua  virgia  Cortinus  fona 
latinit.  786». 

STECKENBEWAFFNET,  adj.:  ich  sehe  wenig  von 
diesen  schönen  eigcnschaften  an  einem  steckenbewaff- 
neten zornigen  manne  Immermann  5,  804. 

STECKENBLEIBEN,  n..  aiAat.  tu  «stecken  verb.  17: 
wo  immer  etwas  grostartig  beginnt  und  plötzlich  in 
kicinhcit  verschwindet,  wie  alles  stocken  and  stecken- 
bleiben der  rede  Vischbr  ästhetik  (1846)  l,  860;  'du  muszt 
beim  essen  die  gesundheit  des  brautpaars  ausbringen.' 
der  gatte  brummte:  'jedoch  ohne  unnützes  zeug,   wie 

Cr. 


1349   STECKENBOHNE-STECKENGELD 


STECKENGERAD-STECKENKNECHT  1350 


i 


redensarten  und  steckenbleiben'  Frettag  verlor,  hand- 
Schrift  I,  294;  nun  aber  machte  ihn  das  jähe  stecken- 
bleiben  bestürzt  Is.  Kurz  lebensßuten  210. 

STECKENBOHNE,  /.,  in  Süddetitschland  eine  Bezeich- 
nung der  gexcöhnlichen  rankenbohne,  ^reiche  s^ich  an  stecken 
emporwindet,  phaseolus  vulgaris  L.  Campe;  die  winden- 
bohne  oder  gemeine  steckenbohne  quelle  von  163"  im 
schweizer,  idiot.  i,  1314;  Unger-Khull  571»;  stecke°bo''n(e) 
-Martin-Lienhart  2,  54»;  sonst  auch  Stangenbohne  {oben 
.'■p.  811),  seltener  stängelbohne  (sp.  809)  oder  stäbelbohne 
genannt. 

STECKENBRUDER,  m.,  bei  Luther  als  scherzhafte 
lezeiehnung  eines  leichtfuszes,  der  nicht  seszhaft  sein  xcill: 
perfectissimi  sunt  die  steckhenbruder,  nehmen  ein  steckhen 
in  die  hand  et  omnia  relinquunt  iischreden  {nach  Schlag- 
inhaufen)  116,  xco  geradezu  an  den  bankrottierer,  Kelcher  mit 
dem  {veiszen)  stecken  sein  besitzthum  verläszt,  zu  denken, 
tcohl  zu  stark  ist;    vgl.  oben  stecken  subst.  10  c  {sp.  1295). 

STECKENBÜNDEL,  n.,  als  Übersetzungsbegriff  für  die 
römischen  'fasces',  xcelche  aus  birken-  oder  «iwienstecken 
{virgae)  gebildet,  von  den  lictoren  den  mit  richterlicher  ge- 
waÜ  ausgestatteten  beamten  vorangetragen  unirden:  stecken- 
bündel  Lessing  ll,  366;  dasz  von  der  zeit  {des  Valerius 
Publicola)  an  innerhalb  der  stadt  die  steckenbündel  ohne 
beile  Toraufgetragen  wurden  Niebuhr  römische  geschichte 

1,  555;  deshalb  icerden  sie  auch  auf  s.  589  die  entwaffneten 
steckenbündel  genannt,  vgl.  auch  unten  steckengebund 
und  oben  steckenbeil. 

STECKENDEGEN,  m.,  bei  Kramer  dict.  2  (1702),  923" 
dasselbe  tcie  unten  stockdegen. 

STECKENDIENER,  m.,  von  Campe  gebildet  für  das 
gewöhnlichere  steckenknecht  {s.  unten),  zugleich  als  Über- 
setzung des  römischen  lictor. 

STECKENERBSE,  /..  dasselbe  xcie  {oben  sp.  812)  stangen- 
erbse  {dafür  auch  stängelerbse  sp.  809),  weil  sie  wie  oben 
steckenbohne  stark  rankt  und  deshalb  an  stecken  ge- 
zogen wird  Campe;  KrOnitz  171,  125. 

STECKENESEL,  m.,  als  gröblicher  ersatz  des  Stecken- 
pferdes (*.  unten)  mit  starkem  höhn  verwendet:  öffne  die 
thore  weit,  lasz  die  ehrenmänner  einziehen  auf  ihren 
steckeneseln!  Kotzebue  dr.  Bahrdt  mit  der  eisernen  stirn 
(1790)   18. 

STECKENFAHREN,  n..  fahrt  auf  einem  stecken  {durch 
die  luft):  von  der  kunst  steckenfahren,  das  ist,  wie  die 
hexen  auff  gablen,  auf  rocken,  oder  auf  ander  dergleichen 
dingen,  zum  rauchloch  oder  dergleichen  ausfahren  Para- 
CELSUS  opera  2,  259. 

STECKENFÖRSTER,  m.,  niederer  forstbeamter.  wald- 
aufseher,  welcher  nur  einen  stecken  trägt,  nicht  zugleich 
Jäger  ist.  um  mit  der  flinte  in  den  wald  gehen  zu  können 
Schmeller*  2,  727;  vgl.  auch  unten  stockförster. 

STECKENFRITZ,  m. ,  in  scherzhafter  rede  von  einem 
nienschen,  der  schlank  und  dünn  ist  tcie  ein  stecken 
Martin-Lienhart  2,  938*>. 

STECKENGAUL,  m.,  tcie  unten  Steckenpferd,  im  über- 
tragenen sinne,  mit  einem  aus  der  tieferen  Sphäre  des 
wertes  gewonnenen  stärkeren  ztisatz  von  ironie:  glücklich 
mein  fräulein,  dass  ihre  pflegeältern  auf  einem  gewal- 
tigen steckengaul  reiten,  und  dreymal  glücklich,  dass  wir 
den  zäum  zu  dieser  Rosinante  gefunden  haben  Kotze- 
bue 20,  189; 

das  pfeETert  Eein  geschwäze, 
und  würzet  seine  lehr, 
und  macht  die  derbe  säze 
anf  kapp  nnd  steckengäulen  her 

Schiller  1,  552; 

als  trachter  nnd  als  dichter 
lasst  uns  den  steckengaul 
stets  richten  nach  dem  richter, 
dem  trefflichen  Jean  Paul 

Schall  reime  und  räihtel  74. 

STECKENGEBUND,  n.,  steckengebunde  plur.  trird  von 
Vosz  in  der  erklärung  von  Vergils  georg.  2,  495  als  über- 
setzttng  von  lat.  fasces  gegeben,  vgl.  dazu  oben  stecken- 
bündel. 

STECKENGELD,  n.  l)  das  jährliche  geldgeschenk  für 
die  hirten.     steckhengelt  ältere  quelle   bei   Schmeller* 

2,  727.  2)  eine  abgäbe  für  tceingartstecken  bei  Unger- 
Khull  671».     vgl.  auch  unten  steckenpfennig. 

Cr. 


STECKENGERAD,  STECKENGERADE,  adj.,  gerade  wie 
ein  stecken;  substant.  steckengrade  ist  am  schönsten 
GoTTHELF  9,  32,  d.i.  st cckengeradh cit, /. 

STECKENHAüFEN ,  m.,  tceidenruthenbündel ,  pyrami- 
denförmig auf  dem  felde  {im  tceidichf)  zusammengesetzt 
Unger-Khull  57i». 

STECKENHOLZ,  «.:  umb  das  steckenholcz  nach  dem 
masze  zu  steen,  sollen  rechenmeister  tun  bürgermeister- 
buch (1428)  4";  vgl.  unten  steckholz. 

STECKENJUNGE,  m.  1)  allgemein  troszjunge,  tcelcher 
nur  mit  einem  stecken  bewaffnet  ist:  tross  und  mann 
vom  steckenjungen  an  bis  zum  triumphierenden  Impe- 
rator Gleim  briefe  1,  262.  2)  deutlich  dasselbe  tcie  unten 
steckenknecht:  hingegen  ein  preussischer  {profosz)  ist 
.  .  .  ein  alter  invalide,  der  keinen  steckenjungen  hat 
Laukhard  leben  3,  115. 

STECKENKALB,  n.:  ein  Jüngling,  der  zum  ersten 
wandert,  ist  gleich  einem  jungen  steckenkalb,  das  zum 
ersten  vom  strick  abgebunden  Lehmann  l,  447,  d.  h.  das 
bis  dahin  noch  bei  der  mutter  angebunden  war. 

STECKENKAMPF,  m.,  kämpf  mit  stecken:  dueüo,  pugno 
con  bastoni  Kramer  dict.  2  (1702),  923''. 

STECKENKLEPPER,  m..  ähnlich  tcie  oben  steckengaul 
eine  stärker  wegwerfende  bezeichnung  als  unten  Stecken- 
pferd im  übertragenen  sinne:  nicht  allein  Steckenpferde, 
sondern  auch  steckenklepper  findet  man  allgemeine  deutsche 
bibliothek  39,  514. 

STECKENKLIEBER,  m.,  verfertiger  von  tcetn^orfstecken 
quelle  von  1577  bei  Unger-Khull  571''.  vgl.  auch  oben 
steckenbaum. 

STECKENKNECHT,  m.,  ein  untergebener  des  profossen, 
der  Züchtigungen  mit  ruthen  (stecken)  vorzunehmen  hat: 
steckenknecht  lictoris  in  bello  servus  Frisch  2,  326»;  in 
underhaltung  des  profosen  und  steckenknechtes  quelle 
von  1542  bei  Diefenbach-WClcker  863;  profosen,  feld- 
weibel,  fürer,  rottmeister,  hurnweibel,  steckenknecht, 
brandmeister  Gargantua  316  neudr.;  als  untergebene  des 
profossen:  fustuarii,  steckenknecht  oder  bengelhansen 
Kirchhof  discipl.  milit.  56;  als  profossengehülfe  in  einer 
quelle  von  1609  bei  Unger-Khull  571  »>.  seine  thätigkeit 
tcird  tceiter  geschildert:  das  spielen  ist  bereits  zu  unter- 
schiedlichen malen  bey  leib-  und  lebensstraffe  verboten, 
und  ausz  befelch  der  generalität  durch  rumormeister, 
provosen,  hencker  und  steckenknechte,  mit  gewaffneter 
hand  öffentlich  und  mit  gewalt  verwehret  worden  Simpl. 
153  neudr.;  nicht  anders,  als  der  steckenknecht  der  sol- 
datencompagnie  hinten  nachgehen  müste  Ku  hn  au  mustcaZ. 
quacksalber  209  {lit.  denkm.);  wird  ein  soldate  im  kriege 
gefangen,  und  dem  steckenknecht  überantwortet,  so  musz 
ihn  derselbe,  wenn  er  ranzioniret  wird,  wieder  ausant- 
worten Sperling  Nicodemus  quaerens  1  (1718),  990;  und 
da  jemand  dergleichen  person  {eine  concubine)  bey  sich 
hätte,  und  sie  nicht  verlassen  wolte,  solte  er  sich  solche 
entweder  ehrlich  zugeben  lassen,  oder  aber  gewertig 
sein,  dass  sie  ihm  vom  profoss  oder  stekkenknecht  ab- 
genommen würde  Fleming  teutscher  soldat  98;  wäre  mir 
der  degen  vom  steckenknecht  vor  dem  knie  zerbrochen, 
um  die  obren  geschlagen  und  ich  als  ein  schelm  vom 
regiment  verjaget  worden  insel  Felsenburg  2,  143.  auch 
sonst  als  beamter  eines  gerichts,  der  die  gefangenen  im 
kerker  verwahrt,  carcerarius  Stieler  995,  und  auch  hier 
natürlich  Züchtigungen  vornimmt,  lorarius.  virgarius, 
virgator  ebenda;  ihr  steckenknechte,  nhemet  das  {an- 
geschtildigte)  weih  in  ewre  Verwahrung,  und  jhr  andern 
diener  gehet  auch  beyseits,  bisz  das  ich  euch  wieder- 
ruffe  Heinrich  Julius  von  Braunschweig  i07;  es 
kamen  hencker  und  steckenknechte,  mit  grausamen 
folterungsinstrumenten  Simpl.  55  neudr.; 

der  hirsch  war  Schultheis,  sasz  das  recht, 
die  jagdhundt  waren  steckenknecht 

Waldis  Eeoput  4,  94,  20  Kurt; 

nichtsdestoweniger  müssen  sie  zu  denjenigen,  der  sie 
also  zu  brüglen  befohlen,  hinkommen,  ihme  die  hand 
küssen,  darfür  dancken,  und  noch  darzue  dem  stecken- 
knecht für  einem  jeden  straich  gewisses  gelt  bezahlen 
Abrah.  a  S.  Clara  auff,  auff  ihr  Christen  110  Wien, 
neudr.;  ausnahmsweise  geradezu  in  der  function  des  nach- 
richtera:  am  erichtag  den  19.  juli  umb  9  ahr  hat  man 

85»  Cr. 


1351    STECKENKRAUT-STECKENPFEFFER 


STECKENPFENNIG— STECKENPFERD    1352 


den  nachrichter  auf  des  herzogen  hof  gefürt,  und  (ist) 
von  einem  starkken  stekhenknecht  aufgehenckht  worden 
Leonhart  Widmann  Segensbttrger  chron.  z.j.  I5b2  (städte- 
chron.  15,  828,  30);  ittem  der  henckher,  so  gestert  von 
einem   stekhenknecht  gehenkht  was  worden  ebenda  35. 

a)  bisiceüen  als  Übersetzung  des  hit.  lictor,  dem  begriff- 
lieh doch  der  profoss  eigentlich  entspricht:  steckenknächt 
lietor,  appariior  Maaler  385 ■*,  mit  rücksicht  auf  die  ähn- 
lichkeit  des  amtsgeräths:  befalch  er  seinem  steckenknecht, 
der  ihm  etlich  wellenrüten  und  ein  beihel  .  .  .  vortrug 
Heyden  Plinius  (1565)  46.  auch  sonst  iti  abgeschwächter 
bedeutung:  da  sey  ein  herolt  oder  steckenknecht  zfi  ge- 
lauffen  Franck  treltbuch  iii». 

b)  ihre  gesellschaftliche  achtung  ist  äuszerst  gering: 
hencker,  schinder,  ragher,  .  .  .  steckenknecht,  bettel- 
richter,  schnapphän  Fischart  aller praktikgroszmutterll 
neudr. ;  einer  ist  schergen,  steckenknechten,  henckern  und 
seuscheidern  gleichschetzig  Nas  antipap.  eins  und  hun- 
dert 1,  82*;  ich  hätte  meines  bruders  kind  eher  einem 
steckenknecht  und  sauhirten  an  den  hals  geworfen,  als 
einem  mordbrenner  um  tonnen  goldes  gegeben  Zschokke 
Schriften  28,  257;  deshalb  als  anrede  an  den  neid: 

du  friedenstörer  du,  du  teufels  stekkenknecht 

NEU^tARK  poet.  musik.  lustwäldchen  196. 

c)  neben  steckenknecht  (*.  den  beleg  oben)  braucht  Hein- 
rich Julius  von  Braunschweig  die  form  stocken- 
knecht:  so  bevhele  ich  krafft  meines  amtes,  euch 
beiden  stöckenknechten,  das  ihr  sie  Avider  bindet,  sie 
hinausführet,  damit  sie  mit  steinen  zu  todte  geworffen 
werden  121. 

STECKENKRAUT,  n.,  eine  gattung  doldentragender 
gewächse  m.it  starkem  stengd.  der  als  Züchtigungsmittel 
(stecken)  in  den  schulen  Verwendung  fand,  ferula  L.: 
Steckenkraut  ferula  Tabernaemontanus  (1694)  bei  Die- 
fenbach  gloss.  231".  insbesondere  ferula  communis  L. 
Oken  3,  3,  1818.  als  synonym  s.  gertenkraut  (th.  4,  1,  2 
sp.  3745) :  gertenkraut,  Steckenkraut  thapsia,  ferula  petraea 
Henisch  1523;  Krünitz  encycl.  171,  125.  als  weitere  Zu- 
sammensetzung steckenkrautartig,  adj.,  von  der  art, 
nach  art  des  Steckenkrauts  Dietrich  6,  409;  7,  27. 

STECKENLEIB,  m,.,  von  einem  stark  geschnürten  frauen- 
leib  Baggesen  (1836)  3,  233.     vgl.  oben  steckenbein. 

STECKENLÖSER,  m..  im  Elsasz  stecke^löser.  l)  langes 
vorn  gebogenes  messer  (oder  beil)  zum  ahhatien  von  reisig 
und  dünnen  stecken  Martin-Lienhart  i,  615*.  2)  ufie 
unten  steckenmesser,  etn  liack-  oder  haumesser  zum  spitzen 
der  rebpfähle  ebenda.  —  vgl.  löser  5  th.  6  sp.  1196. 

STECKENMACHER,  m..  im  Elsasz  stecke°macher,  ein 
arbeiter,  der  mit  dem  steckenmeissel  (s.  das  folgende) 
bauTnstämme  zu  weingartstecken  (rebpfählen)  verarbeitet 
Martin-Lienhart  i,  646». 

STECKENMEISZEL,  m..  im  Elsasz  stecke"meissel, 
eiserner  meiszd  zum  spalten  der  baumstämme,  aus  welchen 
weingartstecken  getnacht werden  Martin-Lienhart  l,  722». 

STECKENMESSER,  n.,  in  Steiermark  ein  messer  zur 
bearbeifungvonu>eingartsteck.en  ünger-Khull571''.  a.aiieh 
oben  steckenlüscr  2. 

STECKENPAAR,  n,:  er  trieb  frische  stecken  je  zu 
zweien  in  den  boden,  legte  lange  querstangen  dazwischen 
und  befestigte  sie  mit  weidenbändern.  er  rüttelte  nun 
an  einem  solchen  steckenpaar  und  sagte:  'halten  muszt!' 

ROSEGGER   1,  82. 

STECKENPEGASUS,  m..  zur  scherzhaften  ironisierung 
einer  dichterischen  neigung  (vgl.  auch  Steckenpferd  8): 

o  mnM,  reib  mir  den  stift,  den  Faber 
in  Nttmbere  fabrizieren  muaz  I 
noch  einmal  sattle  mir  den  horten  traber, 
den  alten  ateckenpensas  I 

W.  Busch  tchnurrdiburr  vorr., 

der  $ehlun  tugleieh  den  eingang  von  Wiblands  Oberon 
parodierend: 

noch  einmahl  sattelt  mir  den  HippoKryfen,  Ihr  rausen 

(1796)89,8; 

4mu  du  teiAnung  eine*  g^ügelien  Steckenpferdes. 

8TKCKENPFEFFER,  m..  gepfefferte  prügeUuppe :  die 
lenden  mit  steckonpfeffer  reiben  Kihcuhop  wendunmuih 
i,  t06  {vgl.  pfeffer  als  jus  piperatum  th.  7  sp.  1694  unter  8). 

Cr. 


STECKENPFENNIG,  m.,  im  steirischen  dasselbe  wie 
oben  Steckengeld  2  Unger-Khull  571». 

STECKENPFERD,  n.,  ein  kinderspielzeug,  kunstvoller 
ausgestaltet  als  der  einfacJie  stecken,  tcelchen  die  knaben 
rittlings  zwischen  die  beine  nehmen  und  sich  nun  nach 
herzenslust  herumtummeln,  mit  ganzer  seele  kinderlust  ge- 
nieszend  (vgl.  oben  stecken  7  sp.  1294),  gatiz  icie  schon  in 
der  älteren  zeit  auf  der  gerte : 

dO  ich  da;  hört,  ich  was  ein  kint, 
und  tump  als  noch  die  jungen  sint, 
sG  tump  da;  ich  die  garten  reit 

Ulrich  von  Lichtbnstbin  3,  23 , 

oder  dem  stabe: 

rite  ein  grä  man  flf  und  ab 

mit  kleinen  kindern  fif  eime  stab 

Hugo  von  Trimberg  2736; 

aber  das  Steckenpferd  zeigt  vorne  (ganz  entsprechend  dem 
engl,  hobby-horse  vgl.  Murray 5,  317)  einen  xcirklichen  köpf, 
bisweilen  auch  den  bug  und  die  Vorderbeine  eines  pferdes: 
heiligenchristpferd  alias  Steckenpferd  eqttulus  ligneus 
picturis  variatus  Stieler  1440;  Steckenpferd  baculus  cum 
capite  equino  pro  pueris,  in  quo  equitant  Frisch  2,  326»; 
das  rosz  mit  den  zwey  kurzen  vorspringenden  vorder- 
füszen  und  der  buntgemalten  stang,  ich  meyn'  das 
Steckenpferd  MusÄUS  physiogn.  reisen  2,  4. 

l)  in  eigentliclier  bedeutung:  kommen  noch  zwei  büb- 
lein,  Henszle  und  Jacobla;  das  ein  hat  ein  stück  brodts 
in  der  band,  das  ander  reyt  aufT  einem  steckenpfcrdt 
Ayrer  762,  32;  (wenn)  der  knab  auf  dem  Steckenpferd 
reiten  könnte  Harsdörffer  frauenzimmergesprechspiele 
3,  260;  ein  kind  ist  aus  dem  groben  heraus,  wenn  es  lernt 
mit  dem  Steckenpferde  den  tisch  zu  umkreisen  Frey- 
tag 1,  31; 

sie  spielten  aber  Steckenpferd, 

und  ritten  hin  und  her: 

hop,  hop !  und  peitschten  unerhört, 

und  trieben's  wesen  sehr 

Claudius  3,  138; 

der  kreisel  und  das  Steckenpferd, 
auf  dem  er  herrisch  sitzt 

Hölty  121  (knabemeü); 

lasst  eure  kinder  kinder  bleiben, 

dass  sie  mit  pupp'  und  Steckenpferd  .  .  . 

ihr  kindlich  frohes  wesen  treiben 

J.  G.  Jacobi  5,  188; 

hallo!  rief  Carl  imd  trieb  und  schlug 
sein  Steckenpferd 

Pfeffel  poet.  versuche  9,  32 ; 

sehnst  dich  hinaus  aus  dem  wilden  getttmmel 
unter  der  kindheit  freundlichen  himmel 
zu  dem  Steckenpferde,  zum  ball 

Arndt  werke  3,  96; 

als  grosze  knabenfreude  charakterisiert:  so  fröhlich  hüpft 
der  knabe  nicht,  wenn  seine  mutter  ihm  ein  Steckenpferd 
verspricht  Nicolai  reise  8,  26;  von  der  fernen  kinder- 
zeit:  es  gab  eine  zeit,  wo  uns  ein  Steckenpferd  .  .  .  ver- 
gnügen genug  war  Cramer  nordischer  aufselierS,  343; 
als  sie  sich  noch  der  Steckenpferde  bedienten  und  ver- 
goldete Pfefferkuchen  verzehrten  E.  Th.  A.  Hoff.mann 
5,  14;  es  musz  eine  grosze  freude  sein,  kinder  zu  haben, 
und  ich  würde  ein  narr  mit  ihnen,  ritte  vergnügt  auf 
einem  Steckenpferde  und  hinge  mir  allen  ernstes  eine 
kindertrommel  um  Stifter  1,  100,  d.  h.  fände  den  toeg 
in«  land  der  kindheit  zurück,   würde  wieder  ein  kind  ; 

und  (die  greite)  ritten,  wenn  sie  sich  vergnlkgt, 
auf  Steckenpferden  kindisch  fort 

Ramleii  fabellete  (1783)  1,  68; 

so  gut  als  Agesilaus  mit  seinem  kindc  auf  einem  Stecken- 
pferd reiten  konnte,  ohne  darum  minder  ein  grosser 
general  zu  seyn  Wibland  I8.  896. 

8)  im  übertragenen  sinne  von  beherrschenden  vorstMunyen, 
lieÜiabereien  und  besonderen  neigungen  der  menscKen,  in 
Deutschland  besonders  in  atif nähme  gekommtn  dwrtk 
Sternes  Trisirafn  Shandy: 

der  vielgeliebte  Sterne  sprach 

im  Schandy  kaum  von  Steckenpferden, 

so  schwazt  ihm  alles  schon  von  Steckenpferden  nach; 

wer  aber  wird  davon  sum  Yorick  werden? 

OöCKiNOK  gedickte  1,  iit. 

vgl.  auch  unten  teß. 

Cr. 


1353 


STECKENPFERD 


STECKENPFERD 


1354 


a)  versttche,  diesen  psychologischen  begriff  zu  erklären: 
die  gelindeste  unter  allen  abschweifungen  über  die  grenz- 
linie  des  gesunden  Verstandes  ist  das  Steckenpferd,  eine 
liebhaberei,  sich  an  gegenständen  der  einbildungskraft,  mit 
denen  der  verstand  zur  Unterhaltung  blos  spielt,  als  mit 
einem  geschäfte  geflissentlich  zu  befassen,  gleichsam  ein 
beschäftigter  müsziggang.  für  alte,  sich  in  ruhe  setzende 
und  bemittelte  leute  ist  diese,  gleichsam  in  die  sorglose 
kindheit  sich  wieder  zurückziehende  gemüthslage  nicht 
allein  . . .  der  gesundheit  zuträglich,  sondern  auch  liebens- 
würdig Kant  lO,  216  Hartenstein;  und  sodann  haben  wir, 
um  übertriebene  eigenheiten  zu  bezeichnen,  das  höf- 
lichere wörtchen  Steckenpferd  {im  gegensatz  zum  egois- 
mus),  hei  dessen  gebrauch  wir  einander  mehr  schmei- 
cheln als  verletzen  Göthe  41, 1,  I66  Weim.;  vgl.  auch  die 
lehrreiche  Steigerung  der  begriffe:  beschäftigungen,  nei- 
gungen,  liebhabereien,  Steckenpferde,  alles  probieren  wir 
durch,  um  zuletzt  auszurufen,  dasz  alles  eitel  sei  29,  10 
Weim,.,  im  gegensatz  zur  ernsten  liebhaberei:  was  ernstere 
liebhaberey,  ja  auch  die  leichteren  und  grillichern  (vulgo 
Steckenpferde  genannt)  den  armen  .  .  .  menschen  sind, 
hab  ich  in  diesen  tagen  recht  erfahren  IV  27,  64  Weim. ; 
ähnlich  im  gegensatz  zum  ideal  {vgl.  th.  4,  2  sp.  2038) :  wir 
hätten  carricaturen,  aber  keine  Vorbilder,  Steckenpferde, 
aber  keine  ideale  Rosegger  II 11,  90:  in  der  gleichsetzung 
mit  passion  {th.  8  sp.  1490  unter  2) :  'passionen'  oder  ein 
Steckenpferd  für  irgend  etwas  auf  der  weit,  ausser  seinen 
kaufmännischen  Spekulationen,  hatte  Heinrich  Wilhelm 
nicht  LiLiENCRON  4,  48;  doch  ist  die  Sphäre  unseres 
icortes  die  bei  iceitem  umfänglichere. 

a)  jeder  mensch  hat  sein  Steckenpferd  Nicolai 
Seb.  Nothanker  (1773)  l,  7,  nur  verschieden  nach  der  art 
seiner  anläge,  seines  icerdeganges  und  seiner  Schicksale: 
de  gustibus  non  est  disputandum;  das  ist,  man  lasse 
eines  andern  mannes  Steckenpferd  ungeschoren  Bode 
Tristram  Schandi  (1774)  1,  26;  ertrage  jeden  schwachen, 
und  lasz  jedem  sein  Steckenpferd  Knigge  roman  meines 
Lebens  (i78i)  2,  39;  sehn  sie,  jeder  reitet  sein  Stecken- 
pferd Stephanie  Singspiele  169; 

ein  jeder  hat  sein  Steckenpferd, 
bald  etwas  mehr,  bald  minder  werth 

Keetschmann  S,  250. 

nur:  wer  vor  andern  sehen  haben  .  .  .  musz,  der  giebt  sich 
mühe,  sonderbare  eigenheiten  seines  kopfs  und  herzens 
zu  unterdrücken,  wenigstens  verschlieszt  er  sie  in  der 
innersten  kammer,  reitet  auf  seinem  Steckenpferde  nicht 
eben  an  hellem  lichten  tage,  nicht  auf  dem  markte 
Herder  17,  229. 

ß)  als  begründet  in  der  menschlichen  art  überhaupt: 
übrigens  musz  es  jedem  erlaubt  seyn  um  den  felsen,  den 
niemand  ersteigt,  nach  seiner  art  sich  herumzufummeln, 
auf  seinem  Steckenpferde  herumzureiten  Göthe  IV  9,  8 
Weim.;  kann  man  keine  hoffnung  und  keinen  wünsch 
in  seinem  gedächtnis  auftreiben;  ist  das  Steckenpferd 
lahm,  oder  gar  zu  tode  geritten,  —  o  wehe  dir  dann, 
armer  sterblicher  Tiegk  6,  70;  gebt  acht,  sagte  der  baron, 
Ottmar  wird  gleich  wieder  auf  seinem  Steckenpferde 
sitzen,  um  einen  ritt  in  das  unbekannte  land  zu  machen 
E.  Th.  A.  Hoffmann  1,  149;  {es)  wird  freie  musze  dem 
gewöhnlichen  menschen  bald  zur  last,  wenn  er  sie  nicht 
.  .  .  durch  spiel,  Zeitvertreib  und  Steckenpferde  jeder  art 
auszufüllen  vermag  Schopenhauer  4,  383. 

b)  die  Übertragung  beicegt  sich  noch  völlig  im  bilde:  alle 
meine  Steckenpferde  muszten  aus  dem  stall  und  nie  hab' ich 
in  Völkerpsychologie  und  vergleichender  stamm-  und  racen- 
forschung  so  geschwelgt  als  an  meinem  kamine  in  016ron 
Fontane  kriegsgefangen*  186;  hat  der  graf  eine  leiden- 
schaft,  so  ist  es  die  für  die  bühne.  ich  zweifle  nicht, 
dasz  er  bald  sein  altes  Steckenpferd  wieder  in  gang 
bringen  wird  Mosen  8,  392.  —  man  weisz  diesen  punkt, 
(flb  Moses  an  Unsterblichkeit  glaubte  oder  nicM)  als  eins 
der  Steckenpferde,  worauf  sich  Voltäre  am  liebsten 
schwingt,  wenn  er  auf  Juden  und  religion  ausreitet 
Herder  6,  445;  jetzt  hatte  Chateaubriand  eine  idee.  es 
■war  ein  muthiges,  kleines  Steckenpferd,  bunt  bemalt, 
das  er  bestieg  Gutzkow  tcerke  9,  47.  da  sasz  nun  der 
Attiker  ganz  eigentlich  auf  seinem  Steckenpferd  und 
lachte   und  demonstrirte    um    die    wette,    dasz    in    der 

Cr. 


dicken  böotischen  luft  der  geist  nothwendig  der  fleisch- 
masse  unterliegen  müsse  Böttiger  kleine  Schriften  l,  39; 
merkwürdig,  sprach  er,  wohin  auch  die  geistvollsten  män- 
ner  sich  bisweilen  verrennen,  wenn  sie  auf  ihrem  Stecken- 
pferde sitzen!  Holtei  erzähl.  Schriften  3, 165.  —  besonders 
häufig  sein  Steckenpferd  reiten:  sin  Steckenpferd  rite"* 
mit  verliebe  etxcas  thun  oder  besprechen  M.artin-Lienhart 
2,  139»;  die  leidenschaft  in  der  liebe ...  ist  nicht  mehr  das 
siegesrosz, .  . .  sondern  höchstens  ein  Steckenpferd,  womit 
man  um  die  toilette  reitet  Moser  (1842)  3,  88;  was  für  ein 
Steckenpferd  sie  auch  reiten  Knigge  umgang  mit  menschen 
1,  199;  sein  {des  buchdruckers  Lother)  grösztes  Stecken- 
pferd war  der  gaul,  welchen  er  in  der  einbildung  vor 
einem  blitzenden,  rasselnden  reitergeschwader,  welches 
ebenfalls  nur  in  der  einbildung  existirte,  ritt  R.aabe 
unseres  herrgotts  canzlei  47;  ein  dritter  {im  fddlager)  be- 
schäftigte sich  mit  dem  Steckenpferde,  welches  er  daheim 
in  der  alten  stadt  Magdeburg  zu  reiten  pflegte,  und  war 
in  sorgen,  ob  er  wohl  wieder  zu  ihm  heimgelangen  werde 

1,  172;  im  übrigen  reitet  er  unterschiedliche  Steckenpferde 
und  thut  seiner  kappe  jährlich  ein  paar  schellen  und 
sauberes  pelzwerk  zu  Stifter  l,  70; 

jetzt  hab'  ich  selbst  ein  ähnlich  Steckenpferd, 
auf  diesem  reit  ich  oft  spazieren 

GÖCKINGK  1,  112. 

{die  beobachtung,)  dasz  eitelkeit  ein  Steckenpferd  ist,  auf 
dem  sich  alle,  auch  die  besten  unter  ihnen,  herumtum- 
meln Huldreich  Wttrmsamen  von  Wurmbrand  1,  187.  so- 
gar: er  hatte  überhaupt  nur  zwei  Steckenpferde,  worauf 
er  sich  heisz  reiten  konnte,  die  Verachtung  der  weit 
und  die  strenge  der  erziehung  Gutzkow  werke  4,  256. 
mit  rücksicht  auf  das  publicum:  {gelehrte  Unterredungen) 
die  weniger  gemeinnützig  und  lehrreich  werden,  wenn 
jeder  dem  andern  sein  eigenes  Steckenpferd  vorreiten  will 
Nicolai  Seb.  Nothanker  {1773)2, 128;  sich  schämen,  seinem 
herrn  .  .  .  Steckenpferde  vorzuführen   R.  Wagner  3,  841; 

ich  reite 
dir  alle  Steckenpferde  vor, 
die  ich  vom  schüIer  an,  bis  heute, 
oft  theuer  kauft'  und  wohlfeil  oft  verlor 

GÖCKINGK  1,  95. 

vgl.:  auch  hatte  er  kein  Steckenpferd,  das  ihm  geld 
gekostet  hätte  Jung-Stilung  l,  352.  —  denn  diese 
Streitigkeit  ist  nun  schon  mein  Steckenpferd,  das  mich 
nie  so  herabwerfen  kann,  dasz  ich  den  hals  nothwendig 
brechen  müszte.  den  stall  wird  man  meinem  Stecken- 
pferde gewisz  hier  nicht  versagen,  wenn  ich  ihn  nicht 
selbst  aufkündige  Lessing  12,  509;  das  vergnügen  müssen 
sie  mir  gönnen,  obgleich  immer  einige  gefahr  dabei  ist, 
einen  Spazierritt  auf  fremdem  Steckenpferde  mitzumachen 
Pöckler  btiefwechsel  3,  352.  — 

und  hält  er  (der  weise)  ja  ein  Steckenpferd, 
so  ist  es  diesz :  der  weit  zu  lau;hen ! 

Göckingk  1,  26. 

c)  verblaszter,  ganz  in  der  bedeutung  von  'lieblingsthema. 
lieblingsgedanke'  u.  s.  ic. :  sie  wissen  auch,  dasz  gespräche 
von  schulen  mein  Steckenpferd  sind  Hermes  Sophiens 
reise  1,  381;  die  alte  römische  geschichte  ist  gewöhnlich 
ihr  Steckenpferd  Archenholz  England  und  Italien  2,  280; 
dieser  satz  war  so  Semlers  Steckenpferd  Laukhard  leben 

2,  134;  die  artillerie  sowohl  in  ihrer  theoretischen  be- 
gründung  als  praktischen  anwendung,  blieb  dabei  sein 
Steckenpferd  Gutzkow  tcerke  6,  395;  aber  ich  verschwatze 
mich,  die  Sperlinge  sind  manchmal  mein  Steckenpferd 
Fontane  I  5,  62;  auch  über  den  lebensversicherungs- 
prospekten  saszen  sie  wieder,  die  für  Christian  zu  einer 
art  Steckenpferd  geworden  waren  Zahn  Lukas  Hoch- 
straszer  103; 

ist  Sympathie  ein  Steckenpferd 
so  sey  sie  meine  lieblingsgrille 

Pfeffbl  poet.  vergtiche  (1812)  2,  56; 
sogar: 

sein  Steckenpferd  ist  —  lichterputzen! 

Kind  gedichte  5,  245 ; 

der  vater  besah  sich  ...  die  pflanze,  da  er  botanik  als 
Steckenpferd  trieb  Körner  4,  303. 

a)  als  'lieblingsansicht,  lieblingsproblem,'  nähert  sieh 
Steckenpferd  schon  dem  icissenschaftlich-litterarischen  Schlag- 
wort: er  {Schiller)  wird  ihnen  gesagt  haben,  dasz  es  sein 

Cr. 


1355 


STECKENPFERD 


STECKENPFERD 


1356 


Steckenpferd  war,  eine  römische  geschichte  zu  schreiben 
W.  VON  Humboldt  an  Oöthe  (Göthejahrbtich  S,  74);  sein 
{Hammersteins)  Steckenpferd  ist  die  wiederauffindung  der 
römischen  spuren  in  Deutschland  iAKOBanWühelm  Grimm 
im  hriefictchstl  432. 

ß)  als  litterarisches  schlagxcort  mit  starkem  spöttischem 
beisinn,  vielleicht  befördert  durch  den  gegensatz  zum  musen- 
pferde  Pegasus:  bedenckt  nur  einmal,  oder  wenn  euch  das 
weitläufTtig  sein  sollte,  so  nehmt  nur  einmal  an,  es  hätte 
ein  genie  anno  64  in  einem  bücheichen  sein  Youngisches 
uhu  über  dieses  Troja  durch  die  nacht  hingeklagt,  und 
wäre  Horazens  regel  {nämlich:  'nonum prematur  in  annum' 
ars  poetica  388)  gefolgt,  der  solte  schön  angekommen  seyn, 
wenn  er  unter  die  Steckenpferde  von  78  gerathen  wäre 
Lichtenberg  aphorismen  3,  70;  es  war  eine  lust  anzu- 
sehen, dreyssig  Yoricke  ritten  auf  ihren  Steckenpferden 
in  Spiralen  um  ein  ziel  herum,  das  sie  den  tag  zuvor 
in  einem  schritt  erreicht  hätten,  der  der  sonst  beym  an- 
blick  des  meeres  oder  des  gestirnten  himmels  nichts 
denken  konte,  schrieb  andachten  über  eine  schnupf- 
iabacksdose  2,  197; 

ihr  ernsthaft  tummelnd  eure  Steckenpferde, 
ihr,  tretend  in  der  Spiegelfechter  trosse, 
ihr  zielend  mit  nie  treQ'endem  geschosse  .  .  . 
und  ihr,  die  ihr  euch  von  der  sichern  erde 
auf  eurer  mnsen  fabelhaftem  rosse 
gen  himmel  spornt,  ihr  treibt  die  ärgste  posse 

RÜCKERT  1,  9; 

sie  reiten  nun  ihr  Steckenpferd, 
sobald  sie  verse  leimen  — 
recht  gern !  vergässen  sie  nur  nicht, 
sich  auf  die  weit  zu  reimen ! 

Hebbel  17,  83; 


denn: 


durch  eure  ruthen  ist  verwandelt  worden 
sein  Pegasus  zum  Steckenpferd 

Herwegh  gedichU  einet  lebendigen  24. 


vgl.  auch  oben  steckenpegasus. 

y)  als  politisches  Schlagwort:  die  Unabhängigkeit  der 
kirche  vom  Staate  und  die  abhängigkeit  der  schule  von 
der  kirche  ist . . .  jetzt  sein  Steckenpferd  Gutzkow  ritter 
vom  geiste  7,  443;  die  indirekten  steuern  sind  das  Stecken- 
pferd der  staatswirthe  tcerke  (1872)  10,  39  {deshalb  auch  in 
der  Zusammensetzung  Staatssteckenpferd:  wir  haben 
zelten  erleben  müssen,  wo  das  Staatssteckenpferd  zu 
reiten  auszer  stalle,  geftlhrlicher  war,  als  im  finstern 
mittelalter  die  besteigung  des  religionsesels  Weber  Demo- 
critos  (1832)  2,  156).  besonders  aber  mit  beziehung  auf  die 
erscheinungen  der  kleinstaaterei :  also  trabten  die  groszen 
kinder  der  kleinstaaterei  seelenvergnügt  auf  ihren  Stecken- 
pferden dahin  TREiTSCHKEdcMfcscAe^e«cÄtcÄ<el,  616;  grillen, 
launen,  recht  eigentlich  Steckenpferde  sind  es,  die  uns 
hindern  wieder  einzutreten  in  die  reihe  der  nationen 
hist.  und  polit.  aufsätze  1,  196. 

d)  der  vergleich:  aber  wenn  man  auf  einem  gedanken, 
\»ie  auf  einem  Steckenpferde  herumreitet:  so  wird  man 
seiner  bald  müde  Sonnenfels  briefe  über  die  wienerische 
Schaubühne  (1768)  8,  12  Wien,  neudr.;  der  fürst  von  Fürsten- 
berg reitet  die  musik  wie  Yorik  sein  Steckenpferd  ScHU- 
üART  aesthetik  191;  oder  als  blosze  Opposition:  wenn  er 
{Hieronymus)  auf  der  Orthodoxie,  seinem  Steckenpferde, 
tasz,  verliesz  ihn  alle  mäszigung  Zimmermann  über  die 
einsamkeit  1,  803.  hier  findet  sich  zugleich  der  naheliegende 
autgangapunkt  für  die  redewendung  auf  einer  sachc  reiten, 
herumreiten,  sieh  in  ausdauernder  pedanterie  mit  ihr  be- 
»ehäfligen  {s.  th.  8  sp.  775  unter  8  c). 

e)  mit  einem  entsprechenden  adjectiviachen  xusatze:  {das) 
christliche  liebeswerk,  das  eigentlich  ihr  frommes  Stecken- 
pferd war  MusÄus  Volksmärchen  der  Deutschen  l,  78  {Me- 
leehtala);  wenn  man  bei  dem  tugendhaften  wandel  noch 
immer  ein  irdisches  sinnliches  Steckenpferd  reitet,  so 
bekommt  man  gewisz  dereinst  ein  unheilbares  heimwch 
Juno-Stillino  4,  400;  wahrscheinlich  war  diesz  ein  indi- 
vidaellei  Steckenpferd  dieses  talentreichen,  aber  albernen 
individai,  eine  frille  Göthe  II  «l,  S,  175  Weim.;  die  phi- 
lotophie  that  nach  meiner  meinung  sehr  kindisch,  wenn 
•ie  sich  auf  ihr  metaphysisches  Steckenpferd  setzt  Bode 
Montaigne» gedanken  und  meinungen  e,  KU;  im  mittelalter 
war  der  rOmisohe  katsertilcl  ein  gewaltiges  Steckenpferd 
d«r  grotzen  Wbbbr  Vemocrito»  (i88s)  e,  im; 

Cr. 


sieh  hier  den  spott !  ein  rasches  Steckenpferd ! 

und  doch;  wie  bald  hab  ichs  nicht  steif  geritten 

GÖCKINGK  1, 112; 
da  doch  erfahrung  lehrt: 
oft  werf  uns  ab  beim  reiten 
das  frommste  Steckenpferd 

Gaudv  11,  112. 
f)  im  Sprichwort:  die  Steckenpferde  sind  schlechte 
kutschpferde  Lichtenberg  aphorismen i, 69;  Steckenpferde 
dienen  nicht  zum  pflügen  ebenda;  mit  rücksicld  auf  die 
oft  grosze  kostspieligkeit  solcher  liebhabereien :  ein  Stecken- 
pferd friszt  mehr  als  zehn  ackergäule  sprichwörtergarten 
386  bei  Wander  4,  790;  Steckenpferde  sind  teurer  ais  reit- 
pferde  (als  arabische  hengste)  Eiselein  678;  Simrock 
9837;  ein  Steckenpferd  kostet  oft  mehr  als  ein  reitpferd 
Frischbier  bei  Wander  4,  790;  auf  ihre  gefährlichkeit : 
reite  kein  Steckenpferd,  das  dich  abwirft  und  nach  andern 
ausschlägt  Jahns  rosz  tind  reiter  i,  197;  Steckenpferde 
reiten,  kostet  beinel  ebenda;  doch:  wer  kein  Stecken- 
pferd reitet,  den  reitet  der  teufel  quelle  bei  Wander 
4,  791.  —  in  einer  stärkeren  Verbindung  mit  der  eigent- 
lichen bedeutung  unter  i:  jedes  Steckenpferd  taugt,  sich 
ein  kreuz  daraus  zu  schnizen  Jahns  l,  197. 

3)  in  tceiterer  zusaminensetztmg :  steckenpferdartig, 
adj.,  nach  art  des  Steckenpferdes:  Carl  der  grosze  war  das 
Steckenpferd  Napoleons  und  Napoleon  das  Steckenpferd 
vieler  millionen,  die  sich  sogar  für  ihn  schlachten  lieszen, 
und  trugen  sie  das  zeichen  der  ehrenlegion,  so  bin  ich 
einst  gerne  mit  aufgesessen!  was  doch  auch  etwas  stecken- 
pferdartiges war  Weber  Democritos  (1832)  2, 162.  —  stecken- 
pferdchen, n.,  deminut.  zu  Steckenpferd,  im  eigentlichen 
sinne:  das  lustige  reiterlein  war  bald  nach  anfertigung 
des  bildes  von  den  schwarzen  blättern  hingerafft,  und 
nur  sein  steckenpferdchen  hatte  noch  lange  in  dem  ge- 
häuse  der  wanduhr  gestanden  Storm  6,  93; 

wann,  als  husar,  der  knab'  ein  steckenpferdchen  tummelt 
Voss  gedickte  (1802)  6,  170; 

ach !  da  {auf  dem  Jahrmarkt)  ist  alles  ihre  {der  kinder), 

zuckerwerk  und  andre  näschereien, 

die  bunten  bilder  und  das  steckenpferdchen, 

die  trommel  und  die  geige  I 

herz  was  begehrst  du?  Götiie  12,  131  Weim. 

im  übertragenen  sinne  {entsprechend  oben  2) :  der  eine  .  .  . 
haut  sich  aus  Klopstock's  eichenwäldern  ein  hölzernes 
oder  borkenes  musen-  und  steckenpferdchen  J.  Paul 
40,  35  {vgl.  oben  2  c  ß);  da  ich  nie  steckenpferdchen  ge- 
ritten, so  erbitte  ich  mir  hierüber  noch  nähere  instruk- 
tion  Pückler  brief Wechsel  3,  436; 

was  kGnte  der  noch  sehn,  wer  sein  {de*  Frantmannet) 

Paris  nur  sah? 
auf  keinem  fleck  des  erdenballes 
wohnt  ein  so  kluges  thier  als  da. 
Paris,  Paris!    das  ist  sein  steckenpferdchen I 
sizt  er  auf  dem,  so  ist  der  bettler  reich, 
blitzt  mit  dem  aug'  und  reibt  das  bärtchen 

GÖCKINGK   1,  187; 
man  streife  nur  das  handwerk  von  dem  manne, 
und  nehme,  was  dann  übrig  bleibt, 
gewissenhaft  und  nach  der  spanne, 
wenn  er  nicht  mehr  sein  steckenpferdchen  treibt 

bEi'MB  gedickte  44. 

Steckenpferdekenner,  m.,  spöttisch,  von  einem,  der 
gieh  viel  mit  Steckenpferden  {unter  2)  abgiebt: 

ey  nicht  doch !  riefen  viele  weise  m&nner, 
wir  sind  die  rechten  stecken  pferdckenner, 
wie  unser  rühm  bezeugen  musz 

GÖCKINGK   1,  187. 

Steckenpferdemarkt,  m.,  im  übertragenen  sinne  'ge- 
legenheit,  wo  man  (tn>  zum  verkauf)  Steckenpferde  {». 
unter  2)  vorgeführt  finden  kann': 

du  kennst  den  steckenpferdemarkt, 

wohin  den  kOnig,  der  ein  land  regieret, 

so  wie  den  bettler.  der  zusammen  harkt 

was  in  der  itoppel  sich  verlieret 

der  wünsch,  bequem  zu  reiten,  fQhrct       1,  126. 

steokenpferdereitcr,  steckenpfcrdreiter,  m.,  wit 
unten  steckenreilcr;  hier  im  übertragenen  tinne  'einer  der 
sich  gern  ai^  Steckenpferden  («.  unter  2)  tummelt':  sinnig 
naiv  trat  ich  unter  das  völklein  von  Finkcnrode  und 
liesz  es  die  revue  passieren:  liebenswürdige,  eitle,  emp> 
findlioho,  sentimentale,  muntere,  mürrische,  gutherzige» 
spitzfindige,    cnthusiasten,   gleichgültige,   Steckenpferde* 

Cr. 


1357    STECKENREITEN-STECKENREITER 


STEGKENRIECHER— STECKENROSZ    1358 


reiter  Raabe  hinder  von  Finhenrode  83.  —  stecken- 
pferdezucht,  /..  Züchtung  und  pflege  von  Stecken- 
pferden (wie  unter  2):  and  ist  .  .  .  Übertreibung  nicht 
unschädlicher  als  Steckenpferdezucht  Hippel  kreuz-  und 
querzüge  1, 437.  —  steckenpferdiseh,  adj.,  vom  Stecken- 
pferd stammend,  von  der  art  des  Steckenpferds;  vgl.  oben 
steckenpferdartig:  durch  langes  reiten  und  vieles  reiben 
wird  der  körper  des  reiters  endlich  mit  so  vieler  stecken- 
pferdischer materie  angefüllt,  als  er  fassen  kann  Bode 
Tristram  Schandi  (1774)  1,  179.  —  steckenpferdlein, 
n.,  wie  oben  steckenpferdchen  deminut.  zu  Steckenpferd: 
steckenpferdlein  cavaUetto  a  bastone  dafaneiuUo  Kramer 
dict.  2  (1702),  923''.  hier  im  übertragenen  sinne  {entsprechend 
oben  2)  von  allerlei  musikalischen  einfüllen: 

wenn  über  die  ernste  partitur 

quer  steckenpferdlein  reiten; 

nur  zu !    auf  weiter  töne-flur 

wirst  manche  lust  bereiten 
GÖTHE  4,  261  Weim.  {an  Felix  Mendelaohn-Bariholdy). 

steckenpferdler,  m.,  xcie  oJcn  Steckenpferdereiter  «rwi 
unten  steckenreiter :  das  ganze  geheimniss  ist:  der  WTin- 
derliche  mensch  war  verliebt,  als  er  sich  das  alles  ein- 
bildete; und  so  schrieb  er  (wie  es  jedem  ehrlichen  amo- 
roso  und  virtuoso,  steckenpferdler  und  mondritter  zu 
gehen  pflegt)  alles  was  er  sich  einbildete  für  Wahrheit 
hin  Wieland  7,  170.  —  Steckenpferdritterschaft,/. .- 
ebenso  holen  grosse  zu  ihren  ernstern  edeln  lustbar- 
keiten  durch  wahre  kindische  aus;  daher  die  Stecken- 
pferdritterschaft, die  Schaukel,  die  kartenhäuser  J.  Paul 
7—10,  293. 

STECKENREITEN,  verb..  auf  dem  stecken  {s.  dort 
unter  7  sp.  1294)  reiten,  als  spiel  der  kinder.  im  über- 
tragenen sinne  wie  dort  unter  b  {und  entsprechend  der 
reicheren  enticicklttng  unter  Steckenpferd  2):  sie  sind  ein 
tolldreister  äffe,  der  auf  dem  credit  seines  onkel  stecken- 
reitet Schiller  3,  lOl  (Fiesko  3,  8),  d.  h.  mit  ausdauer 
und  Unverschämtheit  darauf  herumreitet  und  ihn  ausnützt 
(schon  ganz  entsprechend  der  tcendung  auf  einer  sache 
herumreiten  unter  reiten  3  c  ^.  8  *p.  775).  —  subst.  stecken- 
reiten (Abr.  a  S.  Clara  mercks  Wien  (1680)  32;  Forster 
5,  225):  sintemal  diese  wol  wüsten,  dass  die  Deutschen 
. . .  ihre  kinder  bald  zum  steckenreiten  gewöhnten  Lohen- 
stein Ärminius  (1689)  2,  421«; 

bulerei,  und  steckenreiten,  wan  ich  etwas  merken  kan, 
stehet  eines  wie  das  ander'  einem  adten  greisen  an 

Grob  dichter,  vertuchg.  26  neudr. 
im  Sprichwort:  steckenreiten  macht  müde  füsze  (beine) 
Wander  4,  791. 

STECKENREITER,  m..  der  auf  einem  stecken  {s.  dort 
unter  7  sp.  1294).  auch  Steckenpferde  reitet:  steckenreiter 
equitans  in  arundine  longa  Stieler  1600;  steckenreiter 
cavalca-bastone  Kramer  dict.  2  (1702),  923»;  die  stecken- 
reiter, als  Überschrift  eines  kinderliedes  bei  Overbeck 
verm.  gedichte  209;  dahinter  folgte  ein  etwa  vierjähriger 
junge,  gar  munter  mit  geschwungener  peitsche  auf  einem 
Steckenpferde  reitend;  den  beschlusz  machten  ein  stakig 
aufgeschossenes  mädchen  und  ein  anderer  etwa  zehn- 
jähriger knabe  mit  einer  tellerrunden  mutze,  welche 
beiden,  wie  es  schien,  in  bewundernder  betrachtung  des 
munteren  steckenreiters,  keinen  blick  für  die  anmuth 
der  abendlandschaft  übrig  hatten  Storm  5,  92.  auch  im 
übertragenen  sinne  entsprechend  stecken  7  b  und  Stecken- 
pferd 2:  es  ist  ein  blosser  steckenreiter  und  docken- 
spieler  Luther  bei  Wander  4,  791;  wenn  einer  nun  zum 
anglücke  kein  Steckenpferd  hätte,  wie  müszte  er  es 
wohl  machen,  mit  den  steckenreitem  auszukommen? 
Abr.  Kästner  2,  134;  die  steckenreiter  halten  sich  in 
der  mitte  zwischen  humoristen  und  narren,  und  bilden 
sich,  wie  die  knaben  auf  ihren  bunten  Nürnbergern  ein, 
2u  reiten,  trottiren  und  zu  galoppiren  (denn  schritt  reitet 
man  nicht  leicht  auf  Steckenpferden),  wenn  sie  gleich  auf 
ihren  eigenen  füszen  sitzen  Weber  Democritos  (1832)  2, 151; 
als  ausruf:  steckenreiter,  der  du  bist!  Hausrath  pater 
Matemus  izi.  —  in  der  form  steckenreuter:  oberster 
Steckenreuter  in  der  Ölgasz,  ein  land  in  Schlampampen, 
Schlauraff enl and  und  im  reych  Narragonien,  da  das  edel 
geschlecht,  die  fantasten  wachsen  Lindener  rastbüchlein 
M;  vnser  steckenreuter  vnnd  blindstreichiger  tasecken- 
fechter  Oargantua  179  neudr.  —  in  toeiterer  ableitung  oder 

Cr. 


Zusammensetzung:  steckenreiterei,  /.,  neigung,  kunst 
auf  dem  stecken  (sp.  1294)  zu  reiten:  voreilige  behauptung 
'dasz  die  ganze  sache  blosser  spass  und  französische 
steckenreiterey  sei'  Wiel.\nd  35,  145;  nirgendswo  scheint 
steckenreiterei  heimischer  als  im  gebiete  der  Wissenschaf- 
ten und  künste,  denn  die  hohe  befriedigung  des  Wahrheits- 
sinnes geht  über  alle  sinnenlust  Weber  Democritos  (1832) 
3, 153;  al^  ausrxtf:  das  ist  so  deine  steckenreiterey  {Fausts 
leben  von  \11S  hat  dafür  steckenreuterei) :  keines  andern 
Übermacht  über  dir  zu  erkennen  maler  Müller  2,  124. 
auch  sonst  in  der  form  steckenreuterei:  disz  sagt 
er  {der  edelmann)  manchmal,  das  es  .  . .  die  leut  mercken 
begundten,  und  in  einer  ausz  der  Hehergassen  seine 
steckenreuterey  offenbar  machte  Kirchhof  Wendunmuth 
I,  94.  —  steckenreiterisch,  adj.,  nach  art  des  stecken- 
reiters, von  einem  steckenreiter  herrührend  u.  s.  ic:  ich 
eben  so  wenig,  versetzte  doktor  Slop  (und  parodierte 
meines  oncle  Toby's  steckenreiterische  anmerkungen,  ob 
er  gleich  selbst  eben  so  wohl  auf  seinem  Steckenpferde 
sass)  Bode  Tristram  Schandi  3,  66.  —  steckenreiter- 
klippe,  /.,  bei  Krönitz  171,  127  dasselbe  icie  das  folgende 
Steckenreiterpfennig,  nach  Halke  Wörterbuch  der  münz- 
kunde  345  auch  einfach  steckenreiter  genannt,  klippe 
{s.  th.  5  sp.  1203)  als  bezeichnung  für  diese  viereckige  ge- 
dächtnisz münze  giebt  aber  die  bedeutung  des  Stückes  genauer 
wieder  als  das  allgemeinere:  steckenreiterpfennig, 
m.,  allgemeines  haushalt.-lex.  3,  404;  öcon.  physical.  lex. 
8,  1593;  steckenreuterpfenning,  eine  kleine  münze, 
welche  der  herzog  von  Amalfi  anno  1650  prägen  lassen, 
als  die  kinder  zu  Nürnberg,  zum  bezeug  ihrer  freude 
über  den  geschlossenen  frieden,  in  grosser  anzahl  vor 
des  herzogs  haus  auf  Steckenpferden  kamen  Frisch  8, 
326".  so  zeigt  denn  auch  die  münze  neben  der  jubelauf- 
Schrift  vivat  Ferdinandus  III.  Rom.  imp.  {wohl  zugleich 
der  ruf  der  jubilierenden  knaben,  von  ihren  schulmeistern 
für  die  ovation  ihnen  beigebracht)  auf  der  einen  seile  das 
bild  eines  auf  einem  Steckenpferde  reitenden  knaben. 

STEGKENRIECHER,  m.,  als  gesinde  des  Saturn  werden 
u.  a,  genannt: 

strelmacher,  Slltrucker,  steckenriecher 

Thurneisskr  archidoxa  11". 

STECEENRIEMEN,  m..  'peitschenschnur  von  leder'  {vgl. 
riemen  ib  th.S  sp.  923) :  im  steirischen  steckenriem  ünger- 
Khull  571'». 

STECKENRITT,  m..  ritt  auf  dem  stecken  (Campe). 
vgl.  stecken  7  sp.  1294: 

bald  tönt  ein  lied  zu  saitenklaog  . .  .; 
der  kleinste  horcht,  und  lallet  mit, 
and  unterbricht  den  steckenritt 

Voss  (1802)  6,  201. 

STECKENRITTER,  m.,  scherzhaft:  stecke°ritter,  knabe. 
der  auf  einem  stecken  reitet  Martin-Lie.vhart  2,  303''. 
im  übertragenen  gebrauche  entsprechend  stecken  7  b  {sp. 
1294)  ufürde  unser  wort  stärkeren  spott  verbergen  als  oben 
steckenreiter.  —  ganz  anderen  sinn  scheint  zu  haben: 

du  armes  voick,  ihr  steckenritter, 

was  für  ein  graisses  ungewitter 

von  blitz  und  feur  und  hagelschlossen, 

von  bomben,  kugeln  und  granaten, 

wird  nun  auiT  euch  und  eure  herd  gerathen 

die  befreiete  Vindobone  53  Wien,  neudr., 

doch  eigentlich  'ritter.  die  nur  mit  einem  stecken  bewaffnet 
und  also  zuletzt  wehrlos  sind'. 

STECKENROSZ,  n..  ^toizer  aZ*  nur  Steckenpferd :  jedes 
steckenrosz  ein  über  die  masse  kühner,  gewaltiger,  un- 
ermüdlicher Streithengst  Fouqüe  gefühle,  bilder  (1819) 
2,  88; 

dann  durchhüpf  ich,  als  kind,  wieder  die  frühlingsflur, 

trage  blumen  im  hut,  tummle  mein  steckenrosz, 

oder  schaffe  mir  weiten, 

und  bin  könig  und  herr  darin  Hölty  gedichte  103. 

im  übertragenen  sinixe  leicht  spöttischer  als  oben  Stecken- 
pferd 2:  Oberpredigers  schwiegen  nun,  weil  man  ihren 
steckenrossen  so  öffentlich  in  den  zaam  gefallen  war 
Schmidt  kom.  dichtungen  347.  —  in  weiterer  Zusammen- 
setzung steckenrosskamm,  m.,  eigenÜ.  'händler  mit 
Steckenpferden',  vgl.  rosskamm  3  {th.  8  sp.  1265).  im  folgen- 
den in  übertragener  Verwendung:  nicht  allein  Stecken- 
pferde, sondern  auch  steckenklepper,   steckenroszkamm 

Cr. 


1359       STECKENSALAT-STECKERLEIN 


STECKERLING-STECKFLUSZ 


1360 


und  Stallungen  für  Steckenpferde  findet  man  auf  mancher 
Seite  dieser  schrift  (über  die  bauart  der  privatgebäude  in 
DetifscJiland)  allgemeine  deutsche  biblioth.  39  (l779),  514. 

STECKEXSALAT,  m..  icie  oben  BteckenpfefTer  scherz- 
hafte  bezeichnung  einer  tracht  prügel:  ein  steckensalat 
essen  Moscherosch  bei  Wander  4,  791. 

STECKENSCHLAG,  m.,  schlag  mit  dem  stecken  {unter  8 
sp.  1290):  steckenschlag  bastonnade,  baculi  verbera  DuEZ 
(1657)90;  bastonaia,  colpodibastoneKRAMf:Rdict.2{l':o2.),92S'^. 

STECKENSCHLAGEN,  n.,  subst.  in/.,  wohl  das  ein- 
schlagen der  reistecken  im.  frühjahr  (vgl.  unten  das  ent- 
sprechende steckenziehen  im  herbste),  als  'eine  weingart- 
arbeit  im  frühjahr    bei  Unger-Khull  571^ 

STECKENSCHWAMM,  m..,  eine  art  des  meerscJiicamTnes 
oder  saugschtcammes ,  spongia  bacülaris  L.  Nemnich; 
Campe. 

STECKENSTAB,  m.  {daneben  Steckelstab),  in  einer 
rechnungsnotiz  bei  Unger-Khull  571^. 

STECKENSTREICH,  m..  streich,  schlag,  hieb  mit  dem 
stecken:  steckenstreich  fustuarium  Stieler  2197;  ba- 
stonata,  colpo  di  bastene  Kramer  dict.  2  (1702),  923^.  plur. 
steckenstreiche  fustigatio  Frisch  2,  326».  vgl.  das  ent- 
sprechende rutenstreich  {th.  8  sp.  1567,  heute  gewöhnlich 
an  stelle  unseres  wertes)  und  das  sUirkere  Schwertstreich 
{th.  9  sp.  2591). 

STECKENTAG,  m..  bezeichnung  für  das  laetarefest 
{todaustreiben),  weil  die  kinder  mit  geringelten  und  ge- 
schmückten stecken  festlich  einherziehen  E.  H.  Meyer  ba- 
disches volksieben  90.  vgl.  die  hier  anknüpfenden  erklärungs- 
verstiche  von  stabaus,  staubaus  {oben  sp.  1092). 

STECKENVOGT,  m..  steckenvoigt,  in  dem  sinne  von 
bettelvogt  {th.  1  sp.  1733)  bei  W.  Raabe  unseres  herrgotts 
canzlei  2,  262. 

STECKEN WEIBEL,  m..  wie  das  vorige:  die  büttel  oder 
steckenweibel  rechtsquelle  bei  Scherz-Oberlin  I56i. 

STECKENZAUN,  m.,  zäun  aus  stecken  {s.  dort  unter  ib 
sp.  1292  und  unten  zaunstecken)  hergestellt:  siepe,  recinto, 
cJiiufo  di  stecchi  e  pali,  steccato  Kramer  dict.  2  (1702),  923''; 
steckenzaun  allgem.  deutsche  bibliothek  10,  2,  246;  im  ver- 
gleich: 

da  wett'  ich  drauf,  er  wird  mir,  traun  I 
viel  dürrer  als  ein  steckenzaun, 
eh  er  mir's  soll  erjagen 

MALER  Müller  1,  287. 

STECKENZIEHEN,  n.,  subst.  inf,  wohl  das  ausziehen 
der  rcftstecken  im  november.  bei  Unger-Khull  571'»  all- 
gemein als  'weingartarbeit  im  november'  {vgl.  oben  stecken- 
scblagen). 

STECKER,  m.,  einer  der  steckt,  l)  stecker  sator,  semi- 
nator,  insitor  Stieler  2160  {vgl.  ^stecken  verb.  6/  sp.  1309)/ 
auch  in  der  Zusammensetzung  krautstecker  insitor  olerum 
{th.  6  sp.  2124). 

2)  Stecker,  keilförmiges  pflanzholz.  womit  die  wurzel- 
löcher  für  die  Setzlinge  in  den  erdboden  gemacht  werden 
MaRTIN-LieNHART  2,  583*, 

8)  mundartlich  dasselbe  wie  oben  stecken  subst.  in  Zu- 
sammensetzungen steckerzaun  {wie  oben  steckenzaun)  und 
Steckerbein  {dünn  wie  ein  stecken;  steckerbein  auch  ein 
Scherzname  für  den  storch  869'')  bei  Frischbier  ost-  und 
weatpreuszisches  Wörterbuch  864''. 

4)  in  deutlicher  anlehnung  an  'stecken  verb.  {ein  geräth. 
das  feststeekf);  dasselbe  wie  oben  Stecher  8e  {sp.  1276): 
traget  einen  Studentenschreibzeug  oder  sogenannten 
stöcker  bey  sich  aus  einem  steckbri^  vom  26.  nov.  1776  bei 
Unoer-Khull  671'';  zugleich  ein  mundartlicher  versuch, 
das  wort  aus  dem  Studentenjargon  zu  lösen. 

STECKERBSE,  /.,  erbsenart.  welche  nicht  gesät,  sondern 
in  die  erde  gesteckt  wird  {vgl.  stecken  verb.  6/  sp.  1809) 
Adeluno;  sieckerbse,  setzerbse  pisdli  da posta  Kramer 
(ft«^  1  (1700),  801'' ;  steckerbso  jn«um  romanutn  Steinbach 
1,  849;  %eie  gartenerbse  {th.  4,  i,  i  «p.  1404)  und  im  gegen- 
»aU  zur  gewöhnlichen  felderbse. 

STECKERLEIN,  n.,  diminut.  zu  lieoker.  l)  {entspre- 
chend tteoker  8  und  in  der  mundartlichen  form  steckerl): 
luto  nar  so  ein'  affon  mit  ci'm  ateckcrl  recht  nauf  Pocoi 
luiÜftt  komOdienbiichUin  804. 

t)  nach  KrOnitz  171,  is7  im  Rlteinlande  bneichmtmg 
tinea  licbtknecht«*  {vgl.  th.  8  »p.  hm, .  ufil  die  UehUtümgft 

Cr. 


zur  völligen  ausnutzung  darauf  gesteckt  werden);  für 
Bayern  bezeugt  von  Schneller*  2,  726. 

STECKERLING,  m.,  tde  oben  Stecher  2  c,  stechbüttel 
und  stechfisch,  eine  norddeutsche  bezeichnung  ron  gastro- 
steus  aculeatus  Brehm  tliierleben  8,  164  Pechuel-Lösdie.  des 
gewöhnlichen  stichling  {s.  unten),  dem  dieses  niederd. 
stfikerling  entspricht:  es  werden  hie  {in  Pommern)  ge- 
funden .  .  .  steckerlinge  Micraelius  altes  Pommerland 
2,  384;  fische,  daumengross,  am  Spreeufer  mit  freier  band 
gefangen,  .  .  .  steckerlinge  genannt  Gutzkow  uxrke  l,  65. 

STECKFEDER,  /.,  eiserne  bolzenfeder,  welche  in  den 
stecknagel  (*.  u.)  hineingesteckt  wird  und  nach  dem  atis- 
einander biegen  der  beiden  federenden  hindert,  dasz  der 
stecknagel  sich  herausschiebt,  besonders  in  der  bergwerks- 
sprache  Junghans  gräublein  ertzE*^;  Minerophilus 
bergteer ckslexicon  632. 

STECKFINKE,  m.,  gegenüber  oben  stechfinke  {sp.  1276) 
die  genauere  hochdeutsche  entsprechung  v07i  ndd.  stfik- 
linke  'auf  dem  fangkloben  bej'estigter  finke,  welclier  als 
lockvogel  dient':  flachsfing,  leinfing,  hänfefing,  steckfing, 
linaria  Henisch  1096,  27. 

STECKFINSTER,  adj.,  sehr  finster,  überaus  dunkel:  das 
subst.  steck(en)  wie  das  häufiger  hier  verwendete  stock  {s. 
unten)  als  mittel  der  Steigerung :  steckfinster  Mich.  Nean- 
der  menschetispiegel  114;  vgl.  auch  entsprechende  bildungen 
unten  unter  stick. 

STECKFLUSZ,  «i.,  krankheitsfiusz  {eigentlich  Übersetzung 
von  griech.  ^ev/na;  vgl.  auch  flusz  3c  th.  3  sp.  1856  und 
hauptflusz  1  th.  4,  2  sp.  61l)  im  menschlichen  körper,  wel- 
cher plötzlichen  tod  durch  ersticken  herbeiführt,  deshalb 
auch  in  anlehnung  an  sticken  verb.  als  stickflusz  (*. 
unten)  bezeichnet,  tvährend  unser  wort  von  'stecken  verb.  19 
seinen  ausgang  zu  nehmen  scheint,  'flusz,  weldier  stecken 
macht  und  so  einen  schlagartigen  tod  herbeijührt' ;  vgl. 
die  entsprechende  Vorstellung  unter  schlagflusz  {th.  9  sp.  417) 
und  Höfler  krankheitsnameiibuch  i63* ;  zu  starkes  geblüth 
befördert  den  zufaU  und  mäszige  lebensiceise  beugt  ihm 
am  besten  vor  Zinck  öcon.  lexic.  2804;  m,it  ujiserer  krank- 
heit  scheint  identisch  unten  steckkatarrh ;  vgl.:  catbarr 
ist  bekandt,  und  heisset  ein  steckflusz,  ein  flusz  so  aus 
dem  haupt  auf  die  brüst  fällt  bauernlexicon  (1728)  43;  in 
der  form  stöckflusz :  als  {der  geizige)  endlich  beschlossen, 
die  sach  zu  richten,  erstickt  er  an  einem  stöckflusz 
Abraham  a  S.  Clara  etwas  für  alle  2,  406  {vgl.  unten 
seine  Vorliebe  für  den  steckkatarrh:  unser  icort  war  ihm 
gexcisz  ungewohnt). 

steckflusz  catarrhus  suffocativus,  suffocatio  Stein  BACH 
1,467;  {darauf)  antwortete  er  {der  quacksalber),  es  wäre 
nichts  anders,  als  ein  wenig  geleuterte  kreide  mit 
Schwefel  und  bolus  vermischet,  und  er  hätte  es  dem 
kinde  vor  den  steckflusz  gegeben  medizinischer  maulaffe 
(1719)  217;  am  deutlichsten  ist  mit  bezug  at^f  das  fallen 
der  krankheit  aus  dem  köpf  auf  die  brüst  (».  oben):  es 
ist  ihr  ein  steckflusz  gefallen,  dasz  sie  schon  nicht  mehr 
reden  kann  Reuter  der  frau  Schlampampe  krankheit 
und  tod  130  (3,  13); 

bis  ihm  zuletzt  noch  gar  ein  steck-  und  schlagflusz  f&llt 

Stoppe  Pamait  172. 

nur  das  plötzliche  der  krankheitseracheinung  hebt  hervor: 
N.  N.  .  .  .  den  25.  tag  mit  einem  steckflusz  überfallen,  und 
wenig  stunden  hernach  todes  verblichen  HARsm'iRKKER 
teutscher  secretarius  (l656)  V  V6'';  als  ob  ihn  eine  Ohn- 
macht oder  steckflusz  befiele  cavalier  im  irrgarten  450; 
allgemeiner:  gegen  abend  verlobr  er  die  kraft  aaszaverfen 
und  der  steckflusz  trat  ein,  der  ihn  aber  nach  4  stunden 
verliesz,  worauf  er  wieder  frey  athem  holen  konnte 
Gottsched  anmuthige  gelehrsamkeit  i,  788;  ach  wehel 
ach  wehe!  ach!  ich  kriege  einen  steckflusz!  deutsehe 
Schaubühne  4,  89;  er  wollte  noch  etwa*  sagen,  aber  der 
steckflusz  nahm  überhand,  er  fing  an  zu  röcheln  und 
nach  einigen  fruchtlosen  versuchen  ihm  zu  helfen  ver- 
schied er  einige  ininuten  darauf  Nicolai  Seb.  Nothanher 
>,  in; 

(der  kalte  nordwind  «NM«  M  ttark,  da*s)  die  hKuaer 

niederttOntten 
und  ichutt  und  steckfln*»  Riebenma) 
mehr  mcnvcben,  als  die  Mut,  den  lebcnsfadan  kOrxteii 
PrBKKSL  poet.  ver$uehe  fi.  95 ; 


1361       STECKFÖRSTER-STECKHAUFEN 


STECKHOLDER-STECKKOPF 


1362 


und  wäre  er  allen  amständen  nach  an  einem  steck- 
fiusse  gestorben  insel  Felsenburg  300  lit.  denkm.;  wäre 
dieser  {husten')  nicht  noch  zur  rechten  zeit  gekommen,  so 
wäre  ich  ...  an  einem  steckflusse  ohne  rettung  gestorben 
Rabener  I,  57;  und  als  das  haupt  unsrer  bände  an  einem 
nicht  ganz  natürlichen  steckflusse  starb  Pfeffel  jwo».  ver- 
suche 1,  193;  das  schnelle  tind  plötzliche  eintreten  des  todes 
icird  gekennzeichnet:  ich  denke,  sie  lesen  die  zeitung,  sonst 
musz  ich  ihnen  noch  sagen,  dasz  er  gestern,  da  er  bey 
herm  von  Gros  visite  machte,  ganz  plötzlich  an  einem  steck- 
fiusz  gestorben  ist  Eva  König  an  Lessing  {werke  13,  355); 
endlich  starb  denn  auch  Wilhelms  zweite  frau  plötzlich 
an  einem  steckflusz  Jung-Stilling  l,  500;  man  sprengte 
aus,  sie  {die  ermordete)  sey  plötzlich  an  einem  steckflusz 
gestorben  Heinse  ArdingheUo  2,  294;  neben  schlagflusz: 
denn  da  sterben  ihrer  viel,  ohne  vorhergehende  lang- 
wierige kranckheit,  plötzlich  und  unvermuthet,  entweder 
an  einem  steck-  oder  schlagflusse,  oder  sie  werden  er- 
schlagen, erschossen,  erstochen  Sperling  Xicodemus 
quaerens  (1719)  2,  154;  der  arzt  fürchtet,  dasz  die  äuszere 
entzündung  ins  gehim  schlagen,  oder  dasz  ein  steck- 
oder  schlagflusz  dazu  kommen  könnte  Schiller  briefe 
6,  237;  aber  es  ist  alles  eitelkeit.  ein  fieber,  ein  steck- 
flusz; so  sind  wir  dahin,  und  unsere  kleider  bleiben  da- 
hinten Gellert  3,  405. 

STECKFÖRSTER,  tn.,  in  der  Nürnberger  gegend  ein 
f&rster,  tcelcher  von  dem  erbförster  mit  der  xcaMhut  be- 
auftragt uird  Adelung;    vgl.  auch  oben   steckenförster. 

STECKGABEL,  /.,  im,  kölnischen  Wörterbuch  von  1507 
tn  der  {niederl.)  form  staeckgaffel  arpagio  (Diefenbach 
gloss.  50*),  wohl  entsprechend  hochd.  stechgabel  {sp.  1277). 

STECKGARN,  n.,  etwa  meterhohes  fanggarn  {s.  garn  II 
th.  4,  1,  1  sp.  1366),  welches  mit  spieszen  {vgl  spiesz  II  7  a 
th.  10,  1  sp.  2453)  dicht  über  dem  erdboden  befestigt  tcird, 
deshalb  auch  flachgarn  {th.  3  sp.  1700)  genannt,  die  spiesse 
oder  furckeln  zu  den  steckgarnen  .  .  .  werden  von  hage- 
dorn  zur  herbstzeit,  wann  das  laub  abgefallen,  gehauen 
und  gedörret  Fleming  teutscher  jäger  33S*;  es  dient  be- 
sonders zum  fang  der  feld-  oder  rebhühner  {vgl.  hühner- 
gam  th.  4,  2  sp.  1879) :  die  feldhüner  werden  ins  gemein 
gefangen  mit  steckgarn  Aitinger  jagd-  und  weidbüch- 
lein  16;  der  fasanen:  wie  man  die  fasanen  ...  in  steck- 
garnen fangen  soll  Döbel  jägerpractica  2,  174.  auch 
lerchen  werden  in  steckgarnen  gefangen  Naumann  natur- 
geschichte  der  vögel  Deutschlands  4,  183  (i-^^  Adelung); 
nach  ZiNCK  auch  begrifflich  eins  mit  hasengam  {th.  4,  2 
sp.  537).  vgl.  auch  unten  stecknetz.  —  in  weiterer  Zusammen- 
setzung steckgarnbusen  m.,  die  durch  falten  erreichte 
busenartige  ausbtichtung  desfangnetzes: plur.  die  steckgarn- 
busen Aitinger  45;  die  steckgarnbusen  Fleming  338»  — 
steckgärnlein  n.,  deminut.  zu  steckgarn,  insbesondere 
zum  wachtelfang  benutzt:  steckgärnlein  Aitinger  51;  Fle- 
ming 339/. 

STECKGRIND,  wi.,  im  appenzeUischen  steckgrend  das- 
selbe vne  unten  steckkopf  Tobler  407*.  s.  auch  oben  grind 
als  verächtliche  bezeichnung  für  'köpf  {schon  mhd.  vgl. 
MCller-Zarncke  1,  576*").  * 

STECKHÄKLEIN,  n.  {deminut.  zu  steckhaken  wi.): 
beim,  Spinnrad  der  mit  einem  kleinen  haken  versehene 
fadenholer,  welcher  den  faden  durch  das  öhr  der  spule 
leitet:  willst  du  dir  nicht  einmal  so  ein  spinnrad  genau 
ansehen,  du  stolzer  bauernknecht?  den  trittling  und  . . .  das 
treibrad  .  .  und  die  spule  und  das  abachel  mit  dem  faden- 
öhr  und  dem  steckhäklein  Rosegger  III  2,  248. 

STECKHAÜBE,  /.  l)  frauenhaube,  welche  {mittels  Steck- 
nadeln) tn  zahlreiche  falten  gesteckt  ist.  deshalb  auch 
gesteckte  hauben  genannt,  steckhauben  modisch  in  der 
zeit  von  1780—1800  Schmeller*  2,  726. 

2)  nach  Campe  dcisselbe  vne  falkenhaube  {th.  3  sp.  I27i), 
velamen  oculis  falconum  objectum. 

STECKHAUFEN,  m.,  ein  geschichteter  häufen  holz  von 
eiche  oder  kastanie,  der  nachher  zu  rebpfählen  verarbeitet 
vird:  steckhufe"  Martin-Lienhart  1,  309;  Schweiz,  steck- 
hnf,  steckhufe"  Staub -Tobler  2,  1049.  danach  ebenda 
auch  als  feldmasz  t»on  1500  quadratfusz :  eigentlich  so  viel 
feld,  als  sich  mit  den  aus  einem  steckhaufen  geiconnenen 
rebpfählen  besetzen  läszt  {wobei  für  die  einzelne  rebe  zehn 
quadratfusz  gerechnet  werden). 


STECKHOLDER,  m.,  junipents  communis  L.  Ross 
mässler  der  wald  354;  wohl  auf  einem  niederd.  stekholder 
{dem  hochd.  stechholder  entsprechen  icürde,  vgl.  oben  stech- 
baum  3  sp.  1219)  beruhende  volksetymologische  umdeutung  von 
wechholder,  queckholder  u.s.w.  {s.  wachholder  th.  13  sp.  53). 

STECKHOLZ,  n.,  xde  oben  steckenholz,  Stangenholz  {über 
die  kurzform,  steck  s.  sp.  1288):  item  was  holzes,  es  si 
steckholz  oder  ander,  in  den  weiden  verkouft  wurt, 
sollich  gelt  gehört  der  herrschaft  zu  Jak.  Grimm  iceis- 
thümer  5,  359  {herrschaftrecht  von  Hohennack  1441):  bin 
nacher  st.  Egidi  deputiert  worden,  stekhholz  ausmessen 
zu  lassen  quelle  bei  Martin-Lienhart  1,333*;  er  schimpfte 
die  bankmänner  herunter,  wie  Napoleon  seinen  Ouvrard, 
ja  er  risz  einen  knüttel  aus  einem  schober  steckholz 
heraus  und  prügelte  mich  in  die  schmählichste  flucht 
KÜRNBERGER  novcUen  1,  2.58.  —  im.  deminut.  steckhölz- 
chen  n.:  die  fingerlangen  priesterlein  in  der  kutte,  aus 
papier  geschnitzt,  an  ein  steckhölzchen  geklebt,  dass  sie 
stehen  konnten,  .  .  .  waren  gewiss  würdige  werke  Ros- 
egger alpensommer  192. 

STECKHUSTEN,  m,.,  selten  für  das  gewöhnliche  Stick- 
husten (*.  unten)  Adelung;  Nemnich;  husten  der  er- 
stickungsnoth  macht  Höfler  krankheitsnamenbuch  247»: 
ich  will  Sperlinge  fangen  für  euren  alten  kater  und  euch 
in  den  rücken  klopfen,  wenn  ihr  den  steckhusten  habt 
Kotzebue  11,   194. 

STECKIG,  adj..  borstig  emporstarrend:  der  hut  .  .  . 
sasz  fest  auf  dem  steckigen  schwarzen  haar  Zahn  beiden 
des  alltags  317;  er  war  klein,  hager  und  rotblond,  hatte 
steckiges  haar  Luk.  Hochstraszer  16. 

STECKKAMM,  m.,  {oft  reich  verzierter)  kämm,  welcher 
zum  besseren  festhalten  der  frisur  ins  haar  gesteckt  icird. 
in  der  oberdeutschen  form  steckkampel  {vgl.  kampel 
/Ä.5  sp. 136) :  ich  kleidete  mich  von  fuss  aus  neu;  . . .  runde 
fingerhoch  eingepuderte  haare,  in  welchen  ein  schöner 
steckkampel  Stack  Hafner  i,  46. 

STECKKATARRH,  m.,  zunächst  die  im  Xl.jahrh.  auf- 
gekommene schulmedizinische  bezeichnung  des  steckflusses 
{s.  oben):  {ein  verdammter  spricht)  ich  hab  eine  lange 
zeit  einen  hasz  getragen  gegen  einen,  .  .  .  bin  aber  ur- 
plötzlich an  einem  steckcatharr  gestorben  Abr.  a  S.  Clara 
mercks  Wien  (l680)  158 ;  vermuthlich  ist  der  gesell  an  einem 
steckchatarr  crepiert  etwas  für  alle  l,  694;  es  geschieht 
zuweilen,  dasz  einer  oder  desz  andern  ihr  sauffbruder 
desz  gäben  todts  stirbt;  oder  ein  andere  wollbekannte 
madam  an  einem  steckcathar  ohne  beicht  vnd  com- 
munion  erstickt  Judas  der  ertzschelm  1,  408.  steckkatarrh 
J.  Paul  ll — 4,  419  Hempel.  —  nach  Höfler  krankheits- 
namenbuch 26l'>  seit  1790  eine  kinderkrankheit  ähnlich  oben 
steckhusten:  pneumonia  catarrhalis. 

STECKKERZE,  /.,  'grosze  kerze,  die  an  einen  kirehenarm- 
leuchter  gesteckt  wird'  Unger-Khull  571*". 

STECKKIEL,  m.,  mit  der  nebenform  stekelkiel  in  der 
bergwerkssprache  eine  kleine  röhre  {vgl.  kiel  9e  th.5  sp.67ö) 
in  einem  pumpenwerke,  in  welcher  das  ventil  befestigt  ist 
Frisch  2,  325»;  Adelung. 

STECKKISSEN,  n.,  tcie  oben  steckbettchen  {sp.  1286)  mit 
hervorhebung  des  kissenartigen  der  Vorrichtung:  die  amme 
mit  einem  kinde  im  Steckkissen  Hauptmann  einsame 
menschen  2  (l).  nach  Campe  ausschlieszlich  für  täußinge 
benützt,  und  daher  seine  wenig  wahrscheinliche  vermuthung, 
die  benennung  rühre  her  voti  der  sitte  der  taufpathen,  das 
taufgeschenk  in  das  Steckkissen  /»tneinrwstecken. 

STECKKOPF,  m.,  im  oberdeutschen  'Starrkopf,  trotzkopf 
{vgl.  auch  oben  das  entsprechende  steckgrind):  setzest  du 
den  steckkopf  noch  einmal,  auch  nur  ein  wenig  auf, 
so  ist  das,  was  dir  jetzt  begegnet,  gegen  das,  was  dir 
vorsteht,  nur  der  schmerzen  anfang  Pestalozzi  3,  414. 
auch  zur  bezeichnung  der  person  selbst:  doch  habe  ich 
auch  noch  die  hoffnung,  sein  onkel,  der  general,  werde 
etwa  dahin  zu  bringen  seyn,  diesem  steckkopf  zu  zeigen, 
dass  er  nicht  im  fall  sey,  in  der  weit  gar  niemand  nichts 
nachzufragen  3, 171 ;  ich  kann  die  steckköpfe  und  mucker 
nicht  leiden  Vischer  auch  einer  1,395;  '...kannst  war- 
ten', denkt  der  deutsche  steckkopf,  'wirst  schon  merken, 
wann  ich  zeit  habe',  und  schweigt  altes  und  neues  2,  248. 
—  ein  entsprechendes  adjectiv  steckköpfig  verzeichnet 
Tobler  appemellischer  spracltschati  407*». 


X.  2. 


Cr. 


86 


Cr 


1363 


STEGKKORB-STECKLEIN 


STECKLEIN 


1364 


STEGKKORB.  m.,  in  einer  rechnungsnotiz  bei  ÜNGER- 
Khull  steiriach.  umrtach.  571'':  sämtlich  s  leckkörb  36  kr. 

STECKKORX,  n.  l)  allgemein  ein  Samenkorn,  welches 
bei  der  aussaat  nicht  einfach  ausgestreut  icird,  sondern  in 
den  boden  gesteckt  {vgl.  oben  ^stecken  verb.  i  f  [sp.  \S0^] 
und  vmribegriffe  wie  steckerbse  u.  *.  w.)  Campe. 

2)  eine  andere  benennung  des  aus  dem  norden  eingewan- 
derten gerstenartigen  staudeokornes  (s.  oben  sp.  1157)  oder 
Staudenroggens  (sp.  1158)  Nemnich;  Campe,  steck-  oder 
gerstenkorn  allgemeine  deutsche  bibliothek  lO,  267. 

3)  entsprechend  oben  stechkorn  {sp.  1279)  unter  dem  ein- 
flusz  eines  niederd.  st£k(e)korn:  steckkörner  plur.  als  be- 
Zeichnung  des  samens  der  frauendistel,  silybum  marianum 
Gärtn.  Oken  3,  732. 

STECKKRAUT,  n.,  bezeichnung  von  aniirrkinum  oron- 
iium  L.  wurde  zur  Zauberei  gebraucht  {der  gebrauch 
seiner  salbe  verhilß  zur  gunst  der  menschen  und  zu  ruhm- 
vollem 7Uimen):  steckkraut  cynocephalia ,  antirrhinum 
Frisch  a,  325»  (Diefenbach  glossar.  38«  unter  'antir- 
rhinon");  steckkraut  cynocephalia  Steinbach  1,  933.  sonst 
orant  {th.  7  sp.  1315),  auch  dorant  {th.  2,  1276)  und  stärk- 
kraut {oben  sp.  905  unter  l)  genannt. 

STECKKREUZ,  n..  von  Querfurth  (1872)  als  neuere 
heraldindte  benennutig  eines  unten  zugespitzten  kreuzes  auf- 
geführt,    heraldische  terminol.  150. 

STECKKROPF,  m.,  im  «tetri*cAe/i  (Unger-Khull  571") 
die  kr ankheitser scheinung  des  blähhalses  oder  blähkropfes, 
strunM  ventosa  vel  ßatuosa,  vgl.  Höfler  kranklieitsnamen- 
iiicA  335».  er  hatte,  wie  die  leute  sagen,  einen  'steck- 
kropf  Rosegger  III  5,  276. 

STECKKROPFIG,  adj.  zu  dem  vorigen:  der  durchs  leder 
fahrende  draht  röchelt  wie  ein  'steckkropGger  bürsten- 
binder'  Rosegger  III  3,  170;  sein  vater  war  ortsvorstand, 
ein  wohlhabender  und  angesehener  mann;  und  solche 
leute  hatten  zur  damaligen  zeit  stets  das  Unglück,  .  .  . 
plattfüszige,  steckkropGge  oder  sonstwie  kränkliche  söhne 
zu  haben  13,  357. 

STECKKUPPEL,/.,  degengehänge  («.  koppel,  kuppel  th.  5 
sp.  1785  unter  1  c  utui  sp.  2774  unter  1  d)  zum  umschnalleti 
um  den  leib  {ende  des  17.  jahrh.  im  gegensatz  zu  der  fran- 
zösischen art,  das  gehänge  über  die  rechte  schuZter  zu 
tragen)  Boeheim  249. 

STECKLADE,  /.,  in  der  spräche  der  Nordseefischer  ein 
hamenartiges  fang  gerät  mit  verstellbarer  Öffnung,  besonders 
gebräuchlich  beim,  fischfang  auf  den  watten  Stenzel  400''. 

STECKLEIN  (STECKEL),  »..  deminut.  zu  oben  stecken 
subat. 

l)  in  der  oberdeutschen  form  steckli  unten  in  den  zu- 
gam,mensetzungen  stecklibube  und  stecklespringer.  mit 
apokope  stecket,  steckal  {neben  steckelein)  Schmeller' 
8, 726;  steckel  Comenius  (1644)  reg.,  neben  stecklein  Stieler 
2160.  hiervon  zu  unterscheiden  bleibt  das  von  Luther 
{neben  stecklin,  stecklein)  gebrauchte  steckel,  welches  nicht 
nur  in  seinem  geschlecht  dem  alten  stecken  wieder  an- 
geglichen, sondern  vielmehr  mit  dem  Isuffix  in  geräthbezeich- 
nungen  gebildet  scheint:  dyse  tragen  den  balken,  ja  vil 
balken  in  iren  äugen  und  sehen  yr  nit,  aber  den  cleyncn 
steckel  ader  ruthen  in  ires  nehesten  äuge  mugen  sie  nit 
Torgessen  2,  118  Weim. ;  das  wortleyn  aber  'virga'  das  hie 
stet,  beisset  nach  latein  eyn  ruthe  adder  steckel  als  die 
richter  ynn  der  band  tragen  9, 184  Weim.  vgl.  auch  Hertel 
thüring.  Sprachschatz  234. 

S)  in  der  älteren  form:  das  st&cklin  bacillus,  bacillum 
Maalbr  383»;  {Jakob)  nam  grüne  stecklin  numen  {nur) 
halber  gescheit,  das  eyn  teyl  rynd  vnd  das  ander  teil 
nit,  zwiglen  von  jungen  wilden  böumlin,  vnd  macht 
sie  sprencklecht,  wie  dye  stattbotten  steh  tragen,  halber 
grün  vnd  wysz  Keisersbero  bilgerschaft  4i<';  des  steck- 
lins ynn  meynem  aug  kUnen  sie  nit  vorgessen,  aber  der 
grossen  balcken  ynn  yhren  augenn  wil  niemant  ynnen 
werden  Luther  7,  6S7  Weim.;  ein  rUtlin  oder  stecklin 
Fronsperobr  kriegabuchi,  Xs'';  Isaac  geet  an  einem 
stecklin  ein  H.  Sachs  l,  80  KeUer-Oötu ;  {Tarquinius) 
bell  eyn  stecklin  inn  der  bandt  vnd  scblAg  den  ölmagen 
al  die  heupter  ab  Carbach  Liviu*  >!'>  (l,  &«);  der  kUnig 
hiess  alle  burger  uss  der  statt  zUchen,  jung  und  alt 
an  stAoklinen,  one  gewer  und  hab  Tschudi  chronic. 
MveL  l,  76;  etliche  flössen  ein  röhr,  holtz,  papyr,  grass 

Cr. 


oder  sonst  ein  stäckliA  mit  öl  geschmiert,  in  den  wein, 
ist  dann  wasser  darbei,  so  bleiben  kleine  blässlin  oder 
tröpfflin  an  den  gertlin  hangen  Herr  f eidbau  (i55l)  102»; 
es  ist  eyne  regul,  das  man  . .  .  gross  gewachsenen  bäumen, 
welche  gesetzt  werden  sollen,  soll  .  .  .  nichts  mehr  dann 
alleyn  etliche  stecklin  eynes  fingers  lang  lassen  Sebiz 
f eidbau  370;  {im  toandel  mit  stecken:)  dann  wann  der 
schütten  zu  schnell  herablaufft,  hebt  er  jhn  mit  dem 
stecken,  oder  so  er  sich  anderswo  hinauss,  dann  er  sol, 
gewandt  hat,  bringt  er  jhn  mit  demselbigen  stecklin 
wiederumb  in  rechten  weg  Agrigola  bergtoerckbuch  131; 

do  mit  ich  nit  vergesz  hieby 

den  grossen  bschissz  der  alcbemy 

die  macht  das  svlber,  golt,  ufTgan 

das  vor  ist  jnn  das  stäcklin  gtan 

Brant  narrenachi ff  102,  59. 
das  heutige  stecklein  picciolo  bastone  HuLSius  (1618)238'', 
bacillus  CoRVlNUS  fons  Latin.  (1646)  102;  stecchetto,  stecca- 
rello,  bastoncello,  baatoyicino  Kram  er  dict.  2  (1702),  923"; 
bacillus  Frisch  2,  326»;  denn  wyr  sehen,  wie  die  papisten 
geschickt  sind,  das  sie  den  balcken  ynn  yhren  äugen 
stehen  lassen  und  mit  ganzem  vleysz  suchen  unnd 
scharren,  ob  sie  eyn  kleynisz  stecklein  ynn  unszern 
äugen  finden  mugen  Luther  8,  681  Weim.;  die  alt  hex 
kumpt,  klopfft  mit  ihrem  stecklein  H.  Sachs  14,  2oa 
Keller-Götze;  mit  einem  stecklein  oder  rütlein  Thur- 
neysser  magna  alchymia  31;  zween  wörffel  von  einem 
stäcklein  geschnitten  Nigrinus  von  Zauberern  323;  mische 
es  {das  pulver)  darnach  in  einer  schusseln  vnder  ein- 
ander mit  eim  stecklein  Wallhausen  kriegsmanual  bS; 
ein  stecklein  von  dorn  Aitinger  jagd-  und  weidbüchlein 
(1681)49;  stecklein  reiten  in  arundine  equitare  Dentzler 
(1716)   273". 

3)  in  seiner  besonderen  bedeutung  ist  hervorzuheben: 

a)  stecklein  als  rechtliches  ayrnbol  wie  oben  stecken 
subst.  10  c  {sp.  1295);  die  besatzung  Hess  man  mit  weyssen 
stäcklin  abziehen  Stumpf  Schwytzerchron.ii^;  vgl.  auch 
unten  steckleinspringer. 

b)  sprichwörtlich,  zur  Charakterisierung  von  körperlichem 
und  moralischem  schmutz:  wenn  er  eigentlich  gewuszt 
hätte,  was  sie  {seine  frau)  für  ein  wüstes  reibeisen,  .  .  . 
eine  faule  sau  sei,  er  hätte  sie  mit  keinem  stecklein 
anrühren  mögen  Gotthelf  2,  363;  wie  die  heilige  Elisa- 
beth ...  so  hegte  auch  Jukundus  eine  wahre  Zärtlich- 
keit für  seine  räudigen  und  ging  täglich  mit  leuten,  die 
er  früher,  wie  man  zu  sagen  pflegt,  nicht  mit  einem  steck- 
lein hätte  anrühren  mögen  Keller  5,  314.  vgl.  stecken 
subst.  5  d  sp.  1293. 

c)  in  technischer  apraclie:  stecklein,  nagel  an  der  lauten 
pioie,  pirole  del  luto  Hulsius  (1618)  238". 

d)  obacön  {entsprechend  stecken  subst.  18  sp.  1898): 

0  sprsuih  si,  ich  ampfind  solch  frost 
zu  untarst  inn  meim  feil  unt  secklin 
tas  mir  tos  hirn  harum  farrosebt, 
vnt  es  nicht  wärm  mit  kainem  päcklin, 
ta  untarstuzt  mans  mit  aim  stecklin, 
unt  reucherts  mit  aim  ruben  rauch, 
er  kroch  in  sein  hol  wie  ain  scbnecklin 
tas  er  ta  witar  w&rm  tän  bauch 

Oargantua  46  (8)  Mttdr. 

vgl.  dazu  >wch:  die  alten  flecklein  und  die  alten  stecklein 
haben  dannooh  ihre  häcklein  Abrah.a  S.Clara  etwas  für 
alle  8,  38. 

4)  in  weiterer  Zusammensetzung:  steokelmann,  m.. 
wie  oben  steckendiener  und  steckenknecbt:  ich  licss  euch 
.  .  .  durch  den  steckelmann  zum  tempel  hinausjagen 
Waoner  theaterstücke  (1778)  91.  —  steckleinbube,  m., 
in  der  form  stecklibube  als  schelte  für  einen  gecken- 
haften atadtherrn.  ähnlich  unten  steckleinspringer  8:  ihr 
habt  die  hauptsache,  die  ein  dorf  gefahret,  wenn  es 
einen  gelehrten  schuimeistur  hat,  noch  vergessen,  und 
das  ist,  dasz  die  besten  köpfe,  die  es  im  dorf  giebt  und 
die  söhne  der  wohlhabendsten  männor  von  dem  golust 
angesteckt  werden  könnten,  sladUicrrcbon  und  steckli- 
buben  zu  werden  Pestalozzi  4,  7t.  —  stecklein* 
Springer,  m..  im  daä$n*eh«n  stecklespringer  aU  »cheU» 
l)  für  einen  dünnbeinigen,  >)  für  ein  feine»  Kerrehen,  das 
beim  apasierengehen  »einen  »paaieratoek  tierlieh  »chwingt. 
vgl.  oben  steckleinbube.  8)  für  einen  Uhrer,  der  immer  den 
stock  in  der  hand  luU  Mahtin-Lienuart  >,  640*.   doch  den 

Cr. 


1365 


STECKLEINE— STECKLING 


STECKMESSER— STECKNADEL    1366 


vähren  gntnä  der  vsyrfhildung  bietet  Gottfr.  Kellers 
Steckleinspringer  al3  schelte  für  einen  hankeroüetir  {der 
entsprechend  oben  3  a  etwa  mit  dem  tceisien  stecklein  von 
seinem  besitzthum  ireg springt ,  durch  einen  symbolischen 
Sprung  sich  der  rechte  daran  begiebt)  icerke  4,  77;  diesem 
ausgange  entspricht  Steckspringer  für  einen  Springinsfeld 
und  leichtfusz  Martin-Liexhart  2,  560». 

STECKLEINE,  /.,  ganz  dünne,  nur  aus  sechs  garnen  zu- 
sammengedrehte schiffsleme  (th.  6  sp.  704  unter  l)  Stenzel 
400*'. 

STECKLEITER,  /.,  in  der  Jägersprache  entsprechend 
leiter  3  h  {th.  6  sp.  735,  dazu  das  collect,  geleiter  th.  i,  1, 
2.  2999)  niedriges,  dicht  über  der  erde  befindliches  jagdgam, 
welches  zu  beiden  seiten  des  eigentlichen  treibgarnes  {s. 
oben  steckgam)  in  die  erde  gesteckt  tcird.  damit  das  icild 
nicht  entkommen  kann;  plur.  Steckleitern  Adelung,  auch 
unten  in  der  form  steckletter.  —  begrifflich  entspricht 
noch  die  laufleiter  {th.  6  sp.  332). 

STECKLER,  m.,  bei  KrCnitz  171,  128  ein  nadelmacher, 
icelcher  sich  nur  mit  herstellung  von  Stecknadeln  beschäftigt. 

STECKLETTER,  /.,  dasselbe  icie  oben  Steckleiter  Krü- 
NITZ   171,  128. 

STECKLEÜCHTER,  m..  kurzer  hölzerner  leuehter  mit 
metaUjspitze ,  icomit  er  leicht  irgendtco  befestigt  tcerden 
'.ann:  stecklenchter  candelabrum ,  quod  parieti  infigitur 
Frisch  2,  325»;  steckleuchter  von  holz  mit  blecherner  tülle 
ZiNCK  öeon.  lexic.  2804,  besonders  im  handelsgeicerbe  ge- 
bräuchlich, denn  sie  können  leicht  bei  lagerarbeiten  an 
histen,  fässern  u.  ä.  befestigt  icerden,  vgl.  KrCnitz  171, 129. 
auch  an  den  ladenrepositorien  waren  entsprechende  Ösen 
angebracht,  in  denen  besser  aus  messing  gearbeitete  steck- 
leuchter schnellen  halt  fanden,  ebenda,  mit  einem  steck- 
lenchter Kirchhof  tcendunmuth  2,  402. 

STECKLICHT,  n.,  in  der  niederd.  form  stfikelicht:  zum 
ersten  dasz  sie  alle  jähre  täglich  zwei  stekelicht  haben 
und  halten  wollen,  die  da  täglich  brennen  sollen  zu 
st.  Jacob  scriptores  rerum  Silesiac.  3,  135.  handelt  es  sich 
um  unschlittkerzen ,  welche  auf  den  dorn  des  leuchters 
gesteckt  werden*  wahrscheinlicher  ist  stecklicht  ein  oft 
oder  gar  täglich  brennendes  licht  {im  gegensatz  zu  denen, 
rrelche  nur  an  den  hohen  festlagen  angezündet  tcerden) 
entsprechend  ^stecken  verb.  17  {sp.  1316/). 

STECKLING,  m.,  in  die  erde  gestecktes  pflanzenreis,  das 
der  fortpßanzung  dient,  jüngere  bildung  zu  Setzling  {s. 
th.  10,  1  sp.  691  unter  l),  das  von  unserm  wort  aber  an  be- 
grifflicher schärfe  übertroffen  icird,  und  dem  auf  eine  andere 
phase  der  arbeit  rücksicht  nehmenden  schnittling  {th.  9 
sp.  1356).  vgl.  auch  noch  unten  Steckreis,  die  allgegenwart 
der  Wurzel  zeigt  sich  übrigens  an  der  in  der  neueren  zeit 
allgemein  durchgeführten  Vermehrung  durch  Stecklinge 
GöTHE  39,  145  Weim.;  zum  entscheidenden  beweis  {da- 
fü  r,  dasz  ein  abgerissener  zweig,  in  die  erde  gesteckt,  fort- 
xrachsen  müsse)  zeigte  er  {der  graf)  dergleichen  Stecklinge 
gar  wohl  angeschlagen  in  seinem  garten  32,  47  'Weim.;  des 
weitem  zerbrach  sich  unser  gartendichter  den  köpf,  wie 
er  wol  in  den  besitz  von  samen  oder  den  Stecklingen 
des  tulpen-,  des  trompeten-  und  essigbaume^ . .  .  kommen 
könnte  Goltz  jugendleben  3.  277;  insbesondere:  die  Ver- 
mehrung {des  efeus)  geschieht  .  .  .  durch  samenableger 
und  Stecklinge  Zschokke  il,  190;  leichter  geschieht  die 
fortpflanzung  {des  wilden  Ölbaums)  durch  Stecklinge  und 
Wurzelreiser  ScHLECHTENDAL^ora  von  Detttschland  10, 169; 
man  pflanzt  diese  Varietäten  bekanntlich  nicht  durch 
samen,  sondern  auf  ungeschlechtlichem  wege  durch  Steck- 
linge fort  ScHWERZ  prakt.  ackerbau  517,  vgl.  aügem. 
deutsche  Ubliothek  84.  241 ;  diese  bäume  {weiden,  päppeln 
u.  a.)  werden  nur  ...  als  Stecklinge  erzogen  Rossmässler 
der  wald  M.  —  bildlich: 

hast  dn  nicht  irgendwo  anch  seitensprossen 
von  selbem  stamm  nnd  wurzel,  wilde  reiser 
von  gleichem  holz,  nnd  eingeimpfte  zweige, 
ableger,  setzling  oder  Stecklinge, 
nnächte  söhn',  halb-  oder  viertelsbrüder  — 
hast  du  dergleichen  etwas  aufgespürt, 
was,  näher  oder  femer  uns  verwandt? 

RCcKERT  9,  396; 

monarchien  wachsen  nur  wild,  und  pflanzen  sich  nur 
durch  Stecklinge  fort  de  Lagarde  deutsche  schrifUn  502.  — 
in  weiterer  Zusammensetzung  stecklingskulfur,  /.,  als 

Cr. 


eollediver  begriff  'ein  beet  oder  pflanzkasten  mit  Steck- 
lingen': auf  den  stecklingsculturen  Ratzbbürg  waldver- 
derbnis  2,  311. 

STECKMESSER,  n.,  bei  HcLßics  (1616)  307»»  *.  oben 
unter  stechmesser  {sp.  1280). 

STECKMICHEIN,  n.,  von  Campe  verstichte  Verdeutschung 
der  begriffe  'necessaire'  {als  toilettenbedarf)  und  'vademe- 
cum'  {als  lieblingsbucK). 

STECKMUSCHEL,  /.,  eine  im  meeresschlamm  oder  -sande 
aufrecht  steckende  muschelnart,  pinna  L.  Oken  5,  348; 
Brehm  10,  457  Pechuel -Lösche;  ein  steckmuschel  pinna 
Gesner-Forer ^ÄcAJ«cÄ  137'';  steckmuschel  j>em«  Stein- 
BACH  2,  86.  mit  der  ausführlichen  erklärung:  die  steck- 
muschel wechst  aus  den  leimechten  gründen  auffrichtig 
herfür  Heyden  Plinius  (l5€ö)  382  (9,  40);  steckmuschel . . . 
dann  sie  auflrecht  steckt  in  dem  sand  Gesner-Forer^äcä- 
buch  138»;  die  steckmuschel,  welche  an  dem  ufer  des  meeres 
sich  auf  dem  boden  aufhält  Abraham  a  S.  Clara  etwas 
für  alle  2,  421;  gattung  der  steckmuscheln  allgem.  deutsche 
bibliothek  86.  176.  m,it  rücksicht  auf  die  form  ihrer  schalen- 
hälßen  auch  schinkenmuschel  genannt  {s.  th.  9  sp.  905).  — 
in  weiterer  Zusammensetzung:  steckmuschelart,  /., 
von  der  kleinen  steckmuschelart  Gesner-Forer  fisch- 
bueh  138».  —  steckmuschelgrund,  m.,  meeresgrund, 
tco  sich  viel  steckmuscheln  finden:  gegenwärtig  gibt  es 
.  .  .  eine  grosse  bevölkerung  von  diesen  muscheln,  dass 
diese  gegend  .  . .  Steckmuschelgrund  genannt  wird  Oken 
5,  3ö7.  —  Steckmuschelhüter,  m.,  bei  KrCnitz  171, 129 
wie  unten  steckmuschelwächter  der  steckmuschelkrebs.  — 
Steckmuschelkrabbe,  /.,  icie  steckmuschelkrebs: 
steckmuschelkrab  Gesner-Forer  fischbuch  122'»,  auch  als 
Wächterkrabbe  ebenda.  —  steckmuschelkrebs,  m., 
Cancer  pinnotheres  L.,  ein  kleiner  krebs,  icelcher  in  der 
schaale  der  steckmuschel  wohnt  und  die  muschel  zu  warnen 
scheint,  wenn  sich  ein  feind  nähert,  vgl.  Oken  6,  SiSff.; 
KrCnitz  a.  o.,  er  heiszt  deshalb  auch  steckmuschelhüter, 
steckmuschelwächter.  —  steckmuschelseide,/.,  die 
in  der  form,  einer  quaste  aus  der  steckmuschel  heraus- 
hängenden seidenartigen  fäden,  vgl.  Oken  5,  351.  bei  Campe 
in  der  verschreibung  steckmuschelscheide,  worin  ihm  Hein- 
sius  4,  476*'/oZ^.  —  steckmuschelwächter,  *».,  da*- 
selbe  icie  steckmuschelkrebs  Campe,  Krünitz  a.  o.  s. 
auch  wächterkrebs  {th.  13  sp.  191). 

STECKNADEL,  /.,  nadel  mit  knöpf,  um  etwas  festzu- 
stecken; deshalb  auch  knopfnadel  {th.  5  sp.  1482)  oder  kopf- 
nadel  {sp.  1777)  genannt.  begriffliche  entsprechung  zu 
unserm  wort  ist  heftnadel  {th.  4,  2  sp.  775).  zusammen 
mit  ihrer  schicester,  der  nähnadel  {th.  7  sp.  302),  differen- 
zierungsbegriffe  der  aus  dem  urzeitlichen  dorn  entwickelten 
nadel  {th.  7  sp.  250).  icohl  in  anlehnung  an  unser  wort  ist 
ein  sprachlicher  versuch  zu  stände  gekommen  wie  spennadel 
{th.  10,  1  sp.  2156,  *.  auch  spännadel  sp.  1891).  eyn  stecknol, 
Spange  spinter  Biepeübach  gloss.bil^;  Steroide  ebenda ; 
Stecknadeln  Elisabeth  Charlotte  briefe  2.  76;  ein  steck- 
oder  spennadel  acic«Za  CoRviNUs/on»/a<tn.  7»;  Stecknadel 
a«et<Za  Stieler  1343;  adcula  capitata  Frisch  2,  Z2ö*;  acus 
capitulata  Steinbach  2,  lOO.  Kramer  dict.  2  (1702),  919' 
schwankt  zirischen  stechnadel  {oben  sp.  1281)  und  Steck- 
nadel, entscheidet  sieh  aber  doch  für  das  letztere:  grosse 
Stecknadel  spillone  2  (1702),  924";  kleine  Stecknadel  spiU 
letta,  spiUettina  ebenda,  einem  niederdeutschen  st@kenatel 
{vgl.  eine  stäknahtel  Zesen  adriat.  Rosemund  32  neudr.) 
icill  gerecht  werden :  eine  pferdehomisse,  hinten  mit  einem 
braunen,  fast  einer  steckenadeln  langen  und  dicken 
Stachel  Göchhausen  notabilia  venatoris  193;  stecke- 
nadeln Amaranthes  1896.  dagegen  icendei  sich  Adelung 
lehrgebäude  der  deutschen  spräche  2,  246. 

l)  im  eigentlichen  sinne,  im  dienst  der  toilette  und 
sonst:  ein  Stecknadel:  ich  bin  steif,  rund  und  lang,  dem 
frauenvolke  werth  Harsdörffer  gesprechspiele  3,  454; 
bald  war  der  sessel  nicht  recht  gesetzet,  bald  lagen  ihr  die 
Stecknadeln  nicht  recht  Zendorius  teutsche  wintemäclite 
(1682)403;  mit  neuen  heffteln  oder  Stecknadeln  Widmann 
Faustsleben  716;  schwarze  steckenadeln  zum  trauerkostüm 
Amaranthes  1897;  zugleich  folgt  ein  8  Stecknadeln,  es 
kostet  2  rth.  12  gr.  gut  geld  ...  der  messingdraht  ist  so 
theuer  Göthe  IV  22,  66  Weim.;  eine  goldne  Stecknadel 
...   die   ein  vergiszmeinnicht  vorstellte  Keller  4,  229. 

86*  Cr. 


1367 


STECKNADEL 


STECKNADEL 


1368 


a)  insbesondere:  mit  Stecknadeln  anheften  attac- 
eare  con  spilU.  spülare,  spillettare  Kram  er  dict.  2  (1702), 
924*  U.S.  if. :  zogen  mir  meine  kleider . . .  ausz,  und  hiengen 
mir  hingegen  einen  arm  voll  alter  zusammen  geneheter 
und  mit  Stecknadeln  aneinander  geheffteter  lumpen  umb 
den  leib  Jan  Perus  36;  bey  der  tafel  heftete  ich  mit 
einer  Stecknadel  ein  billet  an  meine  serviette  Knigge 
roman  tneines  Ubens  1,  217  (vgl.  Holtei  erz.  Schriften 
10,  26);  Gottfrieds  freundliche  Schwester,  hatte  ihm  ein 
band  geschenkt,  und  es  mit  einigen  Stecknadeln  auf  dem 
hüte  befestigt  Ch.  v.  Schmid  i,  9;  ein  paar  Stecknadeln 
reichten  hin,  die  schleife  wieder  zu  befestigen  E.  Th.  A. 
Hoffmann  ll,  93.  —  zu  anderen  zicecken:  so  schlag  zu 
Oberst  bey  dem  G  in  den  rechten  puncten  eine  reine 
Stecknadel,  vnd  halt  ein  gerades  linial  daran  Frons- 
perger kriegsbuch  3,  VS;  Mendelssohn  und  andre  .  .  . 
haben  versucht  die  Schönheit  wie  einen  Schmetterling 
zu  fangen,  und  mit  Stecknadeln  . .  .  festzustecken  Göthe 
IV  1,  238  Weim.;  auf  das  eine  kissen  hat  er  mit  Steck- 
nadeln meinen  und  seinen  namen  verschlungen  gesteckt 
Brentano  i,  l6i. 

b)  als  charakteristisches  kleingeräth  derfrau:  die  Steck- 
nadeln, mit  denen  die  frauenzimmer  sich  verschanzen, 
halten  keinen  stürm  aus  Hippel  über  die  ehe  36; 

entriss  ich  dich  dem  schwefelpfuhl, 
dass  ich  in  eines  mädchens  kreis  mich  bannen, 
dass  ich  Stecknadeln  lösen  sollte,  statt 
der  riegel,  womit  die  geheimnisse 
des  alls  verschlossen  sind? 

Grabbe  2,  49  {don  Juan  und  Faust  1,  2); 

ich  habe  einen  jungen  mann  gekannt,  der  eine  Steck- 
nadel dem  geliebten  mädchen,  abschied  nehmend,  ent- 
wendete, den  busenstreif  täglich  damit  zusteckte,  und 
diesen  gehegten  und  gepflegten  schätz  von  einer  groszen, 
mehrjährigen  fahrt  wieder  zurückbrachte  Göthe  24,  222 
Weim.;  und  nie  empfing  ich  ihn  (rfen  roman)  zurück, 
ohne  dasz  mir  Amalie  die  schönsten  stellen  mit  Stick- 
garn oder  einer  Stecknadel  bezeichnet  hätte  Hauff  2,  126. 
—  icic  das  trinkgeld  dem  manne,  so  wird  stecknadel- 
geld  {s.  unten)  der  frau,  dem  mädchen  gereicht:  (Lisette:) 
and  wenn  befehlen  sie,  dass  ich  sie  erinnern  soll? 
(jOrbü:)  das  war  eine  vernünftige  frage,  nehmt  etwas 
davor  zu  Stecknadeln  Hippel  der  mann  nach  der  uhr  10 
(ßieater  der  Deutschen  1,  283);  (Blumenau:)  du  wirst  mir 
doch  beistehen,  nicht  wahr?  (Therese:)  ganz  gewisz  nicht! 
(Blumenau:)  auch  nicht,  wenn  ich  dir  Stecknadeln  in 
den  schoss  werfe?  (er  wirft  ihr  einen  beutel  zu).  {Therese:) 
o  Stecknadeln  kann  ein  mädchen  immer  brauchen  Kotze- 
BUE  drainat.  sp.  3,  212. 

c)  als  tceibliche  voaffe:  damit  ging  sie  mit  einer  Steck- 
nadel auf  den  erstaunten  pagen  ein  und  stach  ihn,  wie 
es  traf  Arnim  2,  277;  kind,  lege  alle  wallen  von  dir, 
Stecknadeln  und  alles  Raupach  drainat.  merke  2,  389; 
wenn  du  nicht  von  mir  bleibst,  hier  ziehe  ich  eine 
grosse  Stecknadel  aus  dem  mieder;  damit  wehr  ich  mich 
Immermann  la,  19. 

d)  als  Zahlmittel  im  kindlichen  handel  und  wandet: 
Stecknadeln  gegen  maikäfer  setzen  Fr.  L.  Jahn  l,  265; 
einige  bunte  seidenflöckchen  mit  goldfädchen,  füttern 
und  anderen  agr^ments  mehr  oder  weniger  fantastisch 
verwirrt  und  hinter  einem  quadratzoll  weiszen  glases  auf 
papier  glatt  gedrückt,  und  das  alles  mit  einem  thürchen 
bedeckt,  lieszen  uns  an  vielen  orten  die  kinder  um  den 
preis  einer  Stecknadel  sehen,  weszwegen  wir  der  aka- 
dcmie  zwölf  kreuzcr  für  einen  brief  Stecknadeln  be- 
rechnen Brentano  5,  9;  so  machen  sich  gern  die  kinder 
aus  dergleichen  Überresten  von  flittern  irgend  eine  glit- 
zernde Zusammenstellung  unter  einem  stücken  glas, 
hinter  einem  thürchen  von  papier,  und  zeigen  einander 
für  eine  Stecknadel  diese  hcrrlichkeit  ebenda; 

ihr  kinder,  bringt  baderlumpen  mir! 

ich  cib  euch  Kchßn  gemahlt  briefT  darfür, 

•t«cknadel,  befTtlotn  vnd  «chlcilTcn 

AvuKR  532,  10  (JuXiu*  retUv.). 

auch  »orul:  vmb  Stecknadeln  spielen  ludere  acietUi» 
CoRviNus  /ons  laHn.  7*;  (tair)  spielten  um  nUsse  und 
«teckn«deln  Götub  88.  74  Weim. 

fl)  vtrgltieA*  und  rtdtwtndungen  von  tum  iheil  aprüeK- 
tiOrtliehim  verihtt 


a)  von  einem  lebhaften  schmerze:  und  da  hat  es  ihm 
drei  stiche  in  die  seite  gegeben,  wie  mit  Stecknadeln 
Bahrdt  geschichte  seines  lebens  3,  244.  von  einem,  der 
sich  auf  seiner  stelle,  in  seiner  Situation  nicht  toohl  fühlt: 
er  steht  (wie)  auf  Stecknadeln  Wander  4,  791. 

b)  eines  wie  eine  Stecknadel  suchen,  d.  h.  mit  be- 
sonderer aufmerksamkeit ,  rcie  sie  diesem  vnnzigen  gegen- 
stände gegenüber  nothwendig  ist:  ich  suche  sie  alle  beyde, 
wie  man  eine  Stecknadel  suchet  Cronegk  Schriften 
1,  112;  des  fräuleins  abwesenheit  konnte  nicht  lange 
verborgen  bleiben;  ihr  frauenzimmer  suchte  sie,  nach 
dem  Sprichwort,  wie  eine  Stecknadel  MusÄus  Volks- 
märchen der  Deutschen  1,  118;  ich  habe  dich  wie  eine 
Stecknadel  gesucht  Schröder  dram.  icerke  3,  1'6  (das  blatt 
hat  sich  gewendet  2,  9);  die  kammerjungfer  suchte  unter- 
dess  hinter  allen  hecken  herum,  als  hätte  sie  eine  Steck- 
nadel verloren  Eichendorff  3,  23.  vgl.:  so  wie  einer, 
der  die  versteckte  Stecknadel  sucht,  und  in  dem  augen- 
blick,  wo  man  ihm  sagt,  dasz  er  ganz  nahe  dabei  ist, 
wieder  meilen  weit  davon  läuft  Forster  7,  151.  —  ent- 
sprechend oben  1  d:  (schreien,)  als  wenn  kinder  eine 
Stecknadel  gefunden  haben  Prätorius  anthropodemus 
plutonicus  3,  18. 

c)  von  unmöglichem:  eine  Stecknadel  in  einem  fuder 
heu  suchen  Wander  4,  791;  des  Schwagers  haus  wusste 
der  arme  Jüngling  ...  so  wenig  zu  finden,  als  in  einem 
wagen  heu  eine  Stecknadel  Hebel  2,  158  Behagliel.  —  zum 
bildlichen  ausdruck  einer  groszen  zahl:  ich  dächte,  unsere 
anakreontischen  dichter  könnten  ihrer  {der  öden)  in  einem 
jähre  mehr  machen  als  ein  Nürnberger  künstler  Steck- 
nadeln oder  glascorallen  Lessing  3,  237. 

d)  als  der  inbegriff  des  kleinen,  unscheinbaren,  schwer 
erkennbaren  zu  verschiedenartiger  gradbestimmung :  es  ist 
so  hell,  man  hätte  eine  Stecknadel  auf  dem  boden  sehen 
können,  tiefe  stille  herrschte  rings  um;  man  hätte 
eine  Stecknadel  fallen  hören  Holtei  erz,  Schriften  3,  iii; 
(m^n)  drängte  sich  dermassen  in  der  kapeile  des  Santo, 
dasz  dort  keine  Stecknadel  zur  erde  konnte  Gaudy  14,  105. 
fast  personificiert  wie  im  märchen:  die  angst,  mit  der 
zwei  bediente  über  die  drei  zimmer  wachen,  dasz  auch 
nicht  eine  Stecknadel  hinaus  kann  Gutzkow  ritter  vom 
geist  1,  297. 

e)  in  mannigfacher  weise  zur  bildlichen  einkleidung 
eines  negationsbegriffes :  ich  wollte  nicht  eine  Stecknadel 
darum  geben  Wander  4,  791;  meine  freunde  zu  sehen, 
achte  ich  eine  reise  nicht  so  viel  als  eine  Stecknadel 
G.  Chr.  Lichtenberg  briefe  l,  28;  für  was  er  {gott)  uns 
halten  musz,  können  wir  schon  daraus  sehen,  dasz  er 
uns  vom  wesentlichen  nicht  einer  Stecknadel  grosz  an- 
vertraut hat  aphorismen  2,  123;  und  mich  hat  das  Un- 
glück so  herum  und  so  müde  gezaust,  dasz  ich  mein 
leben  gegen  eine  Stecknadel  aufsetze  Büroer  299  Bohtz; 
bey  mir  hat  sie  {die  Verkäuferin)  keine  Stecknadel  an- 
gebracht, und  keinen  kreutzer  geld  von  mir  gesehen 
Petrasch  lustspiele  2,  34.  entsprungen  aus  dem  begriff  der 
werthlosigkeit  des  gegenständes:  nein,  ich  habe  mein  lebe- 
tag  nichts  gestohlen,  nicht  einmal  was,  das  eine  Steck- 
nadel werth  wäre  Holberg  dänische  Schaubühne  3,  32<): 
dieser  tage  würde  ich  wiederkommen,  ihn  abzuholen, 
und  dann,  fehle  auch  nur  eine  Stecknadel,  ihr  das  iiaus 
üher'm  köpfe  anzünden  Gaudy  23,  158;  dabei  vcrfallo 
ich  jedoch  nicht  in  den  fehler  jener  kleinigkeitskrämer 
.  .  .,  die  da  meinen,  der  herr  berufe  seine  heerscharen 
zum  Weltgericht  um  jeder  Stecknadel  willen  Pückler 
briefivechsel  1,  877. 

/)  als  ausdruck  der  liebe  und  Verehrung  für  einen  ver- 
storbenen: man  möchte  ihn  mit  Stecknadeln  wieder  aus- 
graben Wander  4,  79i.  bildlich:  weil  wir  sie  (Luthers 
lehre)  haben,  achten  wir  jhrer  nicht,  .  .  .  wenn  sie  uns 
aber  aber  aus  dem  gosicht  weggerissen,  da  wollten  wir 
armen  neidhammel  sie  gerne,  wenn  es  nur  sein  kündte. 
mit  Stecknadeln  aus  der  erden  graben  Matiiesius  Sgrarh 
(1&86)  S,  IM*. 

8)  doch  im  tprüchvmrl:  eine  Stecknadel  hat  auch  einen 
köpf  Wanobr  4,  791;  utui  wer  die  Stecknadel  nicht  achtet, 
kommt  nicht  zur  nähnadel  ebenda;  eine  Stecknadel  täg- 
lich bildet  einen  groten  im  jähre  ebenda,  vgl.  die  ge- 
schichte von  der  aufgenommenen  Stecknadel,   die  dann 

Cr. 


1369 


STECKNADEL 


STECKNAGEL— STECKRÜBE 


1370 


schliesslich  den  aufnehmer  zum  millionär  umschuf  Fon- 
tane I  4,  273.  gleichicohl  aber  charakterisiert  einen  klein- 
lichen menschen :  die  alte  redete,  vrie  es  einer  person  ge- 
ziemt, die  eine  Stecknadel  aufhebt  Göthe  21,  43  Weim. 
i)in  iceiterer  zusa  m  mensetzung  .-stecknadelbehälter, 
m.:  der  kleine  altar  mit  einem  weihbecken,  das  aber 
völlig  wasserleer  und  sogar  ein  stecknadelbehälter  ge- 
worden war  Gutzkow  zauberer  ton  Born  3,  48.  —  steck- 
nadelbrief,  m.,  briefartig  zusammengefaltetes  papier, 
tcorin  die  Stecknadeln  reiheniceis  befestigt,  in  den  handel 
gebracht  werden,  steckenadelbrieff  von  blauem  oder  auch 
tceiszem papier  A^.KRASTHES  1897;  meine  stecknadelbriefe 
bethätigen  sich  ...  als  tauschwerthe  Lassalle  reden 
3,  153.  —  stecknadelbiichse,/.,  büchse,  iconn  Steck- 
nadeln aufbewahrt  werden  Campe,  oft  kunstvoll  gearbeitet 
aus  metall,  bein  oder  holz.  —  stecknadeldegen,  m., 
vergleichsweise:  und  welche  Säbelmöglichkeiten!  Goliath- 
mäszige  kürassierschleppsäbel  vom  general  Altenschen 
korps,  spitzige,  gerade  stecknadeldegen  Sohle  musi- 
kantengesch.  87.  —  stecknadelfabrik, /.,  wo  trotz  der 
kleinheit  des  hergestellten  gegenständes  noch  vielfältige 
arbeitstheilung  herrscht,  deshalb  im  übertragenen  sinne: 
leider  giebt  es  auch  derartige  poetische  stecknadelfabriken, 
wo  sich  z.  b.  vier  Franzosen  zusammensetzen,  um  ein 
lustspiel  zu  'dichten'  W.  H.  Riehl  die  deutsche  arbeit  295. 
—  stecknadelgeld,  n.  l)  geldgeschenk  zum  entgdt 
für  weibliche  dienste  (vgl.  oben  tb):  gern  hätte  unser 
ritter  dieser  kreuzschlägerinn  (für  ihren  glückwunsch) 
ein  trink-  oder  stecknadelgeld  gereicht  Hippel  kreuz- 
und  querzüge  1,  76.  2)  ioie  oben  nadelgeld  {th.  7  sp.  254) 
für  putzbedürfnisse  der  vornehmen  frau  gereichtes  geld: 
du  vrirst  wohl  deinen  antheil  an  ihren  stecknadelgeldern 
haben,  weil  du  sie  so  eifrig  verlangst  J.  E.  Schlegel 
2,  358.  vgl.  auch  spendelgeld  {th.  10,  1  sp.  2148)  und  spen- 
nadelgeld  (sp.  2156).  3)  als  ein  theil  der  mitgiß,  tcelchen  die 
frau  zur  bestreitung  ihrer  künftigen  putzbedürfnisse  mit  in 
die  ehe  bringt:  (Luise:)  Löwe  nimmt  mich  ohne  brautschatz, 
ohne  stecknadelgeld  Kotzebu E  dram.  werke  32,  188.  — 
Stecknadelhändler,  m.,  d«r  mit  kleinputzgeräth  der  frau 
handelt  J.  P.\UL  5,  56  Hempel.  —  Stecknadelkissen, 
n. ,  kleines  kissen  zur  aufbeicahrung  von  Stecknadeln, 
ähnlich  unten  dem  stecknadelpolster.  —  stecknadel- 
knauf,  m.,  selten  an  stelle  des  folgenden:  es  ist  keinen 
Stecknadelknauf  werth  Wander  4,  791.  —  Stecknadel- 
knöpf,  m.,  der  runde  knöpf  der  Stecknadel  (s.  oben  im 
eingang):  keine  erfindung  eines  müssiggängers,  der  zum 
Zeitvertreib  einen  stecknadelknopf  glättet  Sonnenfels 
ges.  Schriften  2,  260;  die  einzelnen  luftblasen  hatten  die 
grösze  von  stecknadelknöpfen  Sömmerring  vom  baue  des 
menschl.  körper s  S,  1,  li  (r^i.  stecknadelknopf  grösze, 
von  der  kleinsten  stecknadelknopfgrösze  ...  bis  zu 
bedeutendem  umfang  wachsen  sie  (die  perlen)  heran 
Bitter  erdkunde  6,  616);  denn  wer  ist  am  ende  so  rein, 
dasz  er  nicht  irgendwo  einen  fleck  hätte?  sei's  ein 
fleck,  wie  ein  stecknadelknopf  klein,  das  gerücht  läszt 
ihn  wachsen  bis  zur  grösze  des  tellers  Holtei  erz.  Schriften 
18,  61.  zur  Charakterisierung  des  geringsten:  kehien  zum 
mann  zu  nehmen,  dessen  leben  noch  einen  stecknadel- 
knopf werth  ist  Beck  quälgeister  30.  —  Stecknadel- 
kopf, m.,  von  der  gleichen  bedeutung  wie  das  vorher- 
gehende: von  der  grösze  eines  kleinen  Stecknadelkopfes 
Baer  reden  und  aufsätze  1,  180;  ungefähr  wie  ein  Steck- 
nadelkopf grosz  Sömmerring  vom  baue  des  menschlichen 
körpers  5,  74«;  die  jungen  dieses  thieres,  ehe  sie  noch 
gröszer  als  Stecknadelköpfe  sind  Forster  4, 166;  zuweilen, 
wie  kinder,  kehrten  sie  das  (/ern-)rohr  um  und  freuten 
sich,  wenn  ihr  haus,  winzig  wie  ein  Stecknadelkopf, 
meilenweit  draussen  lag  Stifter  l,  260.  aueh:  die  magd 
.  wollte  wetten,  wenn  man  die  frau  ausbälgelte, 
man  fände  nicht  einen  Stecknadelkopf  grosz  weiszheit 
bei  ihr  Gotthelp  Schriften  11,  151.  dazu:  stecknadel- 
kopfgrosz,  adj.,  ein  stecknadelkopfgroszes  körndl  (ar- 
$enik),  sagt  man,  soll  nicht  schlecht  thun  Rosegger 
IIl5, 63.  —  stecknadelkoppe,/.,  entsprechend  koppe  3 
{th.  5  sp.  1784)  in  der  bedeutung  des  vorigen:  zwey  schwartze 
flecklein  auf  denen  federn  ...  so  gross,  als  eine  grosse 
stecknadelkoppe  Göchhaüsen  notabilia  venatoris  91. 
M(cA  in  der  form  Stecknadelkuppe,/.,  {vgl.  kuppe  1  b 

Cr. 


th.  5  sp.  2771) :  öcon.  physical.  lexicon  1,  672 ;  zwei  schwartze 
tüpflein,  wie  eine  Stecknadelkuppe    Döbel  jägerpractica 

1,  54.  —  stecknadelkram,  m.,  kleinhandel  mit  Steck- 
nadeln {vgl.  kram  2  th.  h  sp.  1988);  im  folgenden  über- 
tragen und  verächtlich  in  dem  sinne  von  kleinigkeits- 
krämerei,  kleinkram  u.  s.  w.  (th.  5  sp.  1113^.):  und  wäre 
der  herr  nur  gleich  nach  Holland  gegangen  und  hätte 
dort  ohne  seinen  albernen  stecknadelkram  von  ehrlich- 
keit  ein  tüchtiges  spielhaus  angelegt,  was  gilts,  nun 
säszen  wir  warm  Kotzebue  dram.  werke  33, 113.  —  steck- 
nadelmacher,  wi. ,  trie  unten  stecknadler:  die  steck- 
nadelmacher  .  .  .  nutzen  eine  gantz  besondere  art  der 
feilen,  .  .  .  auf  welchen  sie  die  spitze  an  ihren  Steck- 
nadeln zu  wetzen  pflegen  Abrah.  a  S.  Clara  etwas  für 
alle  2,  202;  vgl.  öcon.  physical.  lexic.  8,  1591.  —  steck- 
nadelmaschine,  /. ,  zum  herstellen  von  Stecknadeln 
Prechtl  technol.  encycl.  10,  291  und  24,  360.  —  steck- 
nadelnatur,  /. .-  sie  wollte  donnern  und  blitzen  wie 
ein  afrikanischer  löwe,  aber  die  stecknadelnatur  des 
weiblichen  zornes  stach  überall  hervor  Börne  Schriften 
11,133.  —  stecknadelpolster,  n.,  kleines polster,  tcorauf 
die  Stecknadeln  zur  aufbeicahrung  gesteckt  werden,  oft  mit 
Stickerei  kunstvoll  verziert:  vor  dem  Spiegel  lag  ein  steck- 
nadelpolster und  ein  kämm  Keyserling  Bosa  Herz  167. 

—  stecknadelspitze,  /.:  ein  tropfen  wasser  mit  einer 
stecknadelspitze  aus  dem  unendlichen  ocean  geschöpft 
Göthe  45,  46  Weim.  {Bam.  neffe).  dazu  stecknadel- 
spitzgrosz,  adj.:  der  köpf  war  putzglatt  geschoren  und 
doch  sah  man  durchs  dunkelbraune  haar  nicht  ein 
stecknadelspitzgroszes  fleckchen  haut  Rosegger  laszt 
uns  von  liebe  reden  9.  —  stecknadler,  m. ,  irie  oben 
stecknadelmacher:  spiUaio,  maestro  spiüaio.  agucchiaro 
da  posnolo  Kramer  dict.  2  (1702),  924«. 

STECKNAGEL,  m..  in  der  bergwerkssprache  bolzenartiger 
nagel.  welcher  die  kunststange  in  dem  geschlitze  fesÜuilt 
Junghans  gräublein  ertz  E4»;  Minerophilüs  632;  vgl. 
Frisch  2,  825*. 

STECKNETZ,  n.  trie  oben  steckgarn  in  der  jäger-  und 
fischersprache:  die  stecknetze  zum  fang  der  rebhühner  ge- 
braucht Fleming  teutscher  jäger  332;  stecknetz  (haupt- 
sächlich für  den  fang  der  wachtein  und  lerchen)  Frisch 

2,  325*;  im  herbst  fangen  sie  (die  baumpieper)  sich  leicht 
in . . .  stecknetzen  N.\umann  naturgesch.  der  vögel  2,  2,  773 

—  stecknetz  auch  von  den  ßsehern  zum  kabeljaufange 
benutzt  Krünitz  171,  131. 

STECKNUSCH,  m.,  der  an  den  alten  dachrinnen  (s.  nusch 
th.  7  sp.  1008)  befestigte  lange  schnabel,  welcher  das  regen- 
tcasser  mitten  auf  die  strasze  fallen  liesz:  es  sol  kainer 
hie  in  der  stat  tropfstäl  haben,  anders  dann  er  leg 
nuesch  zusambt  ainem  stecknuesch,  also  da?  da;  wajjer 
dar  ab  mitten  an  die  gajjen  ungevaerlich  fallen  müg 
Münchener  stadtrecht  2,  35. 

STECKPFEIL,  m.,  bei  den  feldmessern  eine  spitze  stange, 
welche  bei  der  Vermessungsarbeit  in  den  boden  gesteckt 
wird:  eyn  feldmesser  soll  sich  mit  zehen  oder  eylff  spitz- 
pfälen,  sonst  spiesslin  oder  steckpfeil  genannt,  gefasst 
machen  Sebiz  feldbau  471.     vgl.  das  folgende. 

STECKPFLOCK,  m.,  pflock,  welcher  zur  richtungsangabe 
für  erdarbeiten  in  die  erde  gesteckt  wird,  plur.:  steck- 
pflöcke Booe  Tristram  Schandi  8,  48,  oft  als  halt  für  die 
noch  genauere  richtung  gebenden  schnüre  oder  leinen,  vgl. 
das  vorhergehende. 

STECKREIS,  n..  wie  oben  Steckling  utui  deutlicher  als 
setzreis  (th.  10,  l  sp.  694)  und  Setzling  (sp.  691)  reis,  welches 
zur  fortpflanzung  in  die  erde  gesteckt  tcird:  fortpflanzung 
durch  Steckreiser  aUgem.  deutsche  bibliothek  101,461;  noch 
ist  vom  pflanzen  der  erlen  zu  reden  . . .  man  kann  Steck- 
reiser machen  oder  wurzelleger  Zschokkb  ausgew. schriflen 
11,  85;  das  Steckreis  ist  ein  teil  .  .  .  des  mutterkörpers 
RossMÄssLER  der  icald  19. 

STECKRÜBE,  /.,  eigentlich  'rübe,  welche  nach  der  aus- 
saat  noch  einmal  durch  stecken  («.  'stecken  6/a  sp.  1309) 
verpflanzt  wird',  die  zamen  räben  .  .  .  nent  man  steck- 
röben  Bock  kreutterbueh  2,  46. 

l)  gewöhnlich  die  bezeichnung  von  brassica  napus  L. 
Erhart  pflanzenhistorie  5,  24;  steckrub  »uipus  teutsch- 
lat.  wörterbüehl.  22;  gelb-  o.  steckruob  napa  Pinicianus 
(1581)    bei    DiEFENBACH    gloss.   375*;     Steckrübe    navone 

Cr. 


1371 


steckrCbe-steckschober 


STECKSTANGE— STEFFEN 


1372 


Kram  ER  diet.  (1702),  925»;  steckrübe  naptts  Frisch  2,  325«; 
pleckrüben  naptts  Starck  (i620)  125;  Dentzler  487* ; 
Belcora  herfür  gienge,  ire  gewendlin  an  den  thennen 
hreytet  unnd  sich  darauff  setzt,  steckröben  zusamen 
zu  klauben  und  den  dennen  rein  zu  machen  Lindener 
rastbüchlein  tiO;  steckruben  ablesen  Sebiz48;  (die)  Steck- 
rüben werden  auch  entweder  als  ein  zugemüs,  oder  an 
fleisch  gekochet  und  aufgesetzet  Amaranthes  1667,  doch 
der  genttsz  der  steckrübe  beirirkt  leicht  hlähungen  ebenda; 
deshalb  empfiehlt  Sebiz:  darumm  solte  man  die  steck- 
ruben ausz  senff  essen  1S6;  stäckruben  als fasanevftitter  114. 
Jiir  einen  hartnäckigen  gilt  die  spriichtcörtliche  rtdensart: 
er    lässt    sich     eher    mit    steckruben    zu    tode    werfen 

El  SELB  IN   578. 

ö)  icegen  ihrer  langgestreckten  form  (eine  lange  jübe, 
ßteckrübe  navone  simile  alla  rapa  Hulsius  (1616)  882) 
giebt  Maaler  daneben  die  form  steckenräben,  die  zamen 
nempt  man  trucken  steckräben,  die  wilden  nassz  steck- 
räben  napus  885*,  in  anlehnnng  an  stecken  subst. 

b)  daneben  auch  mit  bentdziing  des  deminut.  steckel: 
steckel-  vel  bortfeldische  rüben  napa  Diefenbach  gloss. 
375»;  nach  Campe  gilt  für  die  Telfouer  riibchen  (eben  mit 
heziehi(ng  auf  ihre  kleinheit)  die  bezeichnung  steckelrübe. 
eine  nebenform  stickelrube  napa  Balt.  Trochus  bei 
Diefenbach  gloss.  37b*;  stickelrube  irfcm  g-uorf  steckrübe 
Stieler  1609  *.  unten. 

c)  in  sachlicher  beziehung  ist  noch  auf  das  völlige 
lehntcort  nape  (fh.  l  sp.  848,  dazu  die  nebenform  nop  sp.  886) 
himutceisen,  eine  entsprechung  zu  ags.  nsep  Hoops  tcald- 
bäume  und  kulturpßanzen  601. 

d)  als  Spottname  findet  sich  Steckn^be  in  einem  gedieht 
auf  den  Würzburger  städtekrieg  1397 — 14<X)  bei  Liliencron 
histor.  Volkslieder  1,  170,  445. 

2)  selten  name  der  getcöhnlichen  kohlrübe,  brassica  ole- 
racea  napobrassica  L.  Campe;  Sprengel  chemie  für 
landvnrte  2,  669;  die  steck-  oder  kohlrübe  Thaer  grund- 
züge  der  rat.  lajidicirtschaft  l,  262.  auch  entsprechend 
kohlrabi  4  {th.  5  sp.  1596):  da  man  nun  den  kohlrabi 
gewöhnlich  auch  steckrübe  zu  nennen  pflegt  Kotzebüe 
9,  55  {silberne  hochzeit  2,  9). 

3)  in  iceiterer  Zusammensetzung:  das  deminut.  steck- 
rübchen,  n.  bezeichnet  nach  Campe  besonders  die  Tel- 
totcer  rübe.  —  steckrübenacker,  m.,  campo  seminato 
di  navoni  Kramer  dict.  2  (1702),  925»;  napina  Steinbach 
1,  8.  —  Steckrübenblatt,  n.,  das  kohlartige  blatt  der 
steckrübe:  frische  steckrübenblätter  Sprengel  chemie 
der  landvirischaft  2,  669.  —  steckrübenbrod,  n., 
hrod,  Kelches  man  aus  dem  fleisch  der  steckrübe  herzu- 
stellen versticht  hat  KrOnitz  171,  140.  —  steckrüben- 
kohl,  m.,  mit  beziehung  auf  steckrübe  2  bei  Campe  das 
kohlartige  kraut  der  steckrübe.  —  steckrüblein,  n., 
deminut.:  kleine  steck- oder  bayrischen  rieblen  Franck 
chron.  249'';  in  steckrüblein  die  ander  süsse  Paracelsus 
opera  2,  47*  {de  gusiu  herbarum);  {Tillys  scharen  wütJien 
in  der  gegend  von  Merseburg  und  werden  tcilden  schtceinen 
verglichen) : 

mit  Bcharfen  wehren  sie  eich  stellen  allzn  wacker, 
ZQ  tbun  viel  schaden  in  der  wiesen  und  im  acker, 
voran«  verderben  sie  in  dem  Mcrssburger  land 
all  steckrüblein,  die  da  weit  und  breit  bekannt 
von  wegen  ihrer  gUt 

Opei.-Cohn  dreitzigjähr.  krieg  278. 

BteckröbleinBRen,  n.,  aussaat  des  ateekrübensamens : 
das  rubenpflantzen  ist  dem  steckrüblinsäyen  nicht  fast 
ungleich :  alleyn  das  sie  dicker  und  nicht  so  dünn  wollen 
gesäyet  werden  Sebiz  196. 

STECKRDTHE.  /.,  heiazt  in  der  köhlerspraehe  die  zilnd- 
atange,  mit  welcher  der  meiler  von  unten  in  brand  ge- 
itteckt  wird  KrCnitz  171,  140,  im  deutliehen  zuaammen- 
hattge  mit  '  stecken  verb.  17  sp.  1316. 

8TF.CKSCHAUFEL.  /..  im  Heirischen  'eine  »chaufel. 
die  man  mit  demfuate  in  den  Loden  treibt'  Unoer-Khull 
ft7J*>,  die  alto  tualeich  attcli  ntm  graben  dient. 

STECKSCHLÜSSEL,  m.,  in  der  aeemannsspraehe  ein 
eiaemt»  rokr,  wdehea  mr  vergrUaMerung  der  hebeUcraft  auf 
tinen  hebelarm  und  dergl.  gesteckt  wird  Stenzbl  8&8*>. 

STECKSCHOBER,  m.,  getreideaehcber .  der  aua  twantig 
wuf  dem  achoberattdun  hängenden  garben  heateht  Unoer- 
Khcll  671*;   der  aekober  bealAt  tiher  aua  drei  schober- 

Cr. 


stecken  {mäszig  langen  stecken,  die  zum  befestigen  eben 
des  Schobers  dienen),  und  so  machen  drei  steckschober 
einen  zahlschober  au«. 

STECKSTANGE,  /..•  bald  werden  sie  auch  da  vor 
mein  haus  kommen,  mit  ihren  steckstangen,  die  bäumel- 
setzer   Rosegger  die  försterbuben  157. 

STECKUNG,  /.,  handlung,  Vorgang  des  steckens:  die 
steckung  fibulatio,  fistucatio,  actus  figendi  Stieler  2160; 
fircamento,  figgimento,  cacciamento  Kramer  2  (1702),  925»; 
steckung  (pfahlsteckung)  fia^o  Steinbach  2,  715;  item, 
so  ainer  den  andern  überzeint  und  wirt  klagt,  ist  peen 
von  iedem  zaunstecken  fünf  phunt;  künden  sich  aber 
die  mitverwonten  des  guets  mit  steckung  der  mark  nit 
vergleichen,  soll  es  auf  der  parteien  kostung  durch  die 
herrschaft  .  .  .  beschehen  und  ausgesteckt  werden  tirol. 
ireisthümer  4,  729,  21.  —  entsprechend  *  stecken  19  sp.  184+ 
an  stelle  des  heute  gebräuchlichen  Stockung  {s.  unten): 
maszen  dann  ein  krieg  nichts  gewiszers  als  steckung 
aller  commercien  mit  sich  bringet  Verhandlungen  der 
schlesischen  fürsten  und  stände  (1610)  244. 

STECKVOLL,  adj..  völlig  voll;  steck  als  kurzform  von 
stecken  subst.,  zur  Steigerung  vericendet  tcie  getvöhnlicher 
unten  stock;  doch  erhält  unser  xrort  aus  der  vendung 
eines  dinges  voll  stecken  (*  stecken  verb.  20  sp.  1346)  be- 
sondere nahrung,  ja  ist  wohl  überhaupt  daraus  geschöpft: 
wenn  die  diener  Tom  morgen  bisz  in  die  geschlagne 
nacht  steck-  und  zeckvoll  sein  Mathesius  hochzeits- 
predigten  (1584)  148*";  davon  aller  alten  heydnischen 
poeten  bücher  steckvoll  seyn  Guarinonius  gretcel  der 
vertcüstung  (1610)  455  {vgl.  auch  s.  99l).  auch  in  der  er- 
starrten form  steckvoller  {vgl.  dazu  *  stecken  verb.  20c 
sp.  1346):  zu  vnsern  Zeiten  hat  man  in  Siebenbürgen  ein 
gewelb  gefunden,  das  ist  steckvoller  geschlagener  gold- 
gülden gelegen  Mathesius  Sarepta  i^^;  vnd  das  masz  derer 
im  occident  war  auch  steckvoller  mutwill  vnd  frevel  87». 

STECKWEIDE,  /.,  als  bezeichnung  von  salix  caprea  L., 
der  getcöhnlichen  Salweide  {s.  th.  8  sp.  1704):  wer  die  so- 
genannte holländische  rheinweyde  haben  kan,  wäre  es 
noch  besser,  denn  diese  ist  der  vorerwehnten  grossen 
steck-  oder  saltzweide  noch  vorzuziehen  allgem.  hatuthalt. 
lexic.  1,  747*,  tcohl,  tceil  sie  sich  leicht  dttrch  Stecklinge 
fortpflanzen  lüszt. 

STECKWIEKE,  /.,  nach  Nemnich  eine  benenntmg  von 
ulmus  sativa  L.,  der  kleinblättrigen  ulme;  ulmtis  minor 
Krünitz  171,  14«. 

STECKWINDE,/.,  als  bezeichnung  von  smilao" aspera L. 
ScHRADER  reallexicon  der  indog.  alterthtimsk.  377,  ent- 
sprechend ndd.  stekwinde  an  atelle  von  nhd.  Stechwinde 
{sp.  1286). 

STECKWURZEL,  /.,  entsprecliend  ^ stecken  verb.  6/ 
sp.  1309:  endlich  wird  die  erde  ...  zu  kleinen  kugeln 
geformt,  in  welche  die  samen  oder  steckwurzeln  gelegt 
werden  Ratzel  völkerktmde  2,  255. 

STECKZEIT,  /.,  pflanzzeit  {vgl.  'stecken  6/  sp.  1309): 
allerley  sorten  von  kernen,  welche  man  von  dem  reifen 
obst  sammlet,  man  mag  sie  gleich  noch  im  herbste, 
oder  auf  den  folgenden  frühjahr  einstecken  oder  aus- 
sähen wollen,  soll  man  bis  zu  ihrer  steckzeit  an  einem 
luftigen  {orte)  . .  .  aufbehalten  allgem.  hafishalt.  le.r.  2,  74». 

STECKZIRKEL,  m.,  reiszzirkel,  dessen  einen  fttsz  man 
heratisnehmen  und  dann  bleistifl  oder  reia^feder  an  seine 
atelle  stecken  kann  Eooers  2,  599;  Campe. 

STECKZWIEBEL,  /.,  striebel,  trelche  im  nächsten  jähre 
tcieder  atisgepflantt  (gesteckt  a.  *  stecken  verb.  6/  sp.  1809) 
trird,  besonders  tum  ttrtcke  der  satnenzttcht.  steckzwibel 
eipolla,  btdbo  da piantare  6 piantabile  Kramer  diet.t  (1708), 
926»,  sonst  auch  satzzwiebel  {th.  8  sp.  1848)  genannt. 

STEFFEN,  m.,  dasselbe  i«>  tinten  steg  («.  dort  unter  »•) 
atif  einem  »aiteninstrtimente ;  vielleicht  besieht  eine  ver- 
trandischaft  unseres  tcortes  zu  steifen  verb.,  die  auch  sach- 
lich sich  begründen  Hesse:  die  brücken,  der  oteg  aaff 
einer  lauten,  geigen,  vulgodvmiefli^npontieuluaConvinvB 
fons  laiin.  sosO;  der  Steffen  auf  der  geige,  worauff  die 
sayten  liegen  Stbinbach  8,  6t«o; 

vnd  laaz  «i«  (<tt<  aaOen  der  geige)  hinunter  fin. 
da  du  den  träger  flndett  stan, 
welcher  gnant  wird  der  ateffen, 
■0  magftu  die  teylang  treffen 

AoRicoLA  muaiea  inttrume^oN»  MM  nendr. 

Cr 


1373 


STEFT 


STEFTLEIN-STEG 


1374 


dazu  die  syrichuörÜiclie  redensart:  hinter  dem  Steffen 
fiedeln  delirare,  clave  findere  ligna.  et  securi  fores  aperire. 
de  via  dedinare,  aberrare,  deßectere  Stieler  2137. 

STEFT,  m.,  nebenform  zu  stift  (*.  unten);  daneben  in 
der  form  der  steften  Schmeller;  ünger-Khull  572» 
und  als  fem.  die  stefte,  so  kärnthisch  bei  Lexer  240  und 
steirisch  bei  Unger-Khull  572»,  letzteres  wold  unter  dem 
einflusz  von  spitze,  über  eine  mögliche  Verwandtschaft  zu 
dem  in  niederdeutscher  form  sich  darbietenden  steppen 
verb.  s.  dort  und  unter  stift.  besonders  charakteristisch 
ist  für  unsere  wortform  die  bedeutung  unter  1  o. 

1)  nagel  aus  eisendraht,  heftnadel  u.  ä.:  in  denn  die 
steften  in  den  lip  stechin  Suso  40,  18;  trüg  ain  yekliche 
ain  sack  mit  eisinen  steften  Sghaiuenreisser  Odyssea 
(1537)  88»;  hefften  es  mit  einem  stefften  an  dem  andern 
biss  inn  die  mitte  dess  holtz  Xylander  Folybius  (1574)  335»; 
geradezu  nähnadelartig:  darnach  mach  ein  eysnen  langen 
steft,  der  zu  forderst  am  spitz  ein  nadelör  hab  Dürer 
undericeysung  der  messung  Q  2**.  —  bildlich :  denn  ich  thar 
aach  wol  darauff  schweren,  das  dieser  sprach  Christi  'das 
ist  mein  leib'  ynn  yhrem  hertzen  steckt  wie  ein  ewiger 
stefft,  des  sie  nirgend  mügen  los  werden  Luther  23,  89 
Weim.;  darümb  erstlich  an  dem  stand  zu  reformiren  an- 
zufahen  ist,  oder  der  stefft  wirdt  aass  den  hertzen  nit 
kommen  19,  441  Weim. 

a)  insbesondere  die  metallene  zunge  einer  schnalle  u.  s.  vn., 
oft  kostbar  und  kunstvoll  gearbeitet  (für  diese  bedeutung 
setzt  auch  unten  die  Weiterbildung  stefzen  besonders  ei7i) : 
steft  an  einem  rincken  ardiglione,  puntale,  ago  difibbia 
Krämer  dict.  2  (1702%  927»;  steft  an  einem  riemen,  riemen- 
£teft  ferretto,  puntale,  puntar-uolo,  ago  die  stringa  ebenda, 
vfie  im  folgenden  der  nestelstift  (*.  th.  7  sp.  629,  s.  auch 
nestelnadel  ebenda):  ein  steft  am  nestel  Lehmann  exil. 
melanch.  409;  die  nadel  oder  stefft  aines  nesteis  Braun- 
schweig Chirurg.  47»; 

Gampel  Dötgch:  mein  Steffel,  warbey  keimst  du  ihn? 

(den  rock) 
Steffel  Löü:  ey,  bey  der  nesti,  die  hat  kein  stefft 

Hans  Sachs  17,  107,  14  Keller-Götze. 
ein  Schwert  er  gleichfalls  hencken  thet 
von  seiner  achsel  lang  heninder, 
daran  das  hültzin  heSt  besunder 
gewaltig  schön  gezieret  war, 
mit  stefften  weisz  von  silber  klar 

Spreng  ilias  (1610)231». 

vgl.  auch:  die  nadel  oder  stefft  eines  mantels  einem  kind 
in  das  aug  geschlagen  wart  Braunschweig  chirurg.  54'»; 
o  liebe  muter,  ich  wein  nit,  das  er  hinweg  ist,  ich  klag 
den  guten  mantel  mit  den  silberin  stefften,  den  er  an- 
tregt,  das  ich  in  auch  nit  verzert  hab  Pauli  schimpf 
tt.  ernst  21. 

b)  steft  bezeichnet  bei  dem  nagel  nur  die  spitze,  nicht 
zugleich  den  köpf:  {JJlenspiegeU)  nimpt  den  rümpf,  darinn 
die  hüfnegel  liegen,  und  schüttet  die  hüfnegel  darus, 
und  howet  in  die  köpf  ah,  und  die  köpf  zusamen,  und 
die  steft  auch  also  Ulenspiegel  60  (vgl.  Fis^hart  Eulen- 
spiegel 5471  Hauffen);  stefft,  kleine  spitzen  Ton  hufnägeln, 
welche  die  hufschmidte  nach  aufgeschlagenen  eisen  ab- 
rwicken  Frisch  2,  326»;  steft  viereckiger  nagel  ohne  köpf 

rFOLLMANN  494'';  Vgl.  ouch  ScHMELLERS  erläuterung :  der 
Inagel   besteht    aus    dem   steften    und  dem  köpf,     dem 

itapricht.    wenn    in    der    älteren  spräche   (ßteirisch)   die 

»menspitze  mit  steft  bezeichnet  wird: 

einen  schaft  vil  swseren 

habten  sie,  da  was  ein  steft 

oben  von  golde  angescheft         kröne  14687; 

des  muosten  vliegen  schenke! 

und  gar  unz  an  die  enkel 

sporn  in  diu  ors  heften 

und  die  stefte  von  den  scheften 

sich  von  den  stieben  biegen  15487. 

c)  sonstige  bedeutungen.     der  spitzige  holzspan  ist  ge- 
int: von  stund  an  zöge   ich   unden   aus   seinem  fusz 

einen  groszen  steften  oder  spreiszen  Kirchhop  wend- 
wnmuth  l,  316. 

schreib-    und    Zeichenstift:    ich    hab    herr    Wolff    von 

logendorff  mit  dem  stefft  conterfeit  Dürer  tagebucheS; 

ich  hab  mit  dem  kohln  conterfet  der  Köpffingrin  Schwester 

Ach;   noch  einmal  mit  dem  stefft  65;    wie   man  .  .  . 

hnit  silbern  stefften  auff  die  hültzern  weissen  plancketen 

Cr. 


oder  tefelein  ...  zu  schreiben  pfleget  Mathesius  Sa- 
repta  103*';  zu  solcher  tafelbezeichnung  haben  sie  einen 
spitzigen  stefft  gebraucht  Harsdörffer  teutscher  secre- 
tarius  1,  a7»;  vgl.  steft  (bleystefft)  bacilli,  quae  fiunt  e 
plumbagine  ad  scribendum  ligno  subtili  tecta  Frisch  2, 326». 

der  zeiger  im  felde  einer  Sonnenuhr:  steft  in  einer 
Sonnenuhr  stilo  di  quadrante  o  horologio  di  sole  Kramer 
dict.  2  (1702),   927». 

2)  im  steirischen  bezeichnet  als  eine  Übertragung  des 
vorigen  das  fem.  stefte,  bez.  das  Tnasc.  steften  den  feder- 
kielrest,  welcher  beim  rupfen  in  der  haut  stecken  bleibt, 
sowie  auch   die  borstige  bartstoppel    Unger-Khull  572». 

STEFTLEIX,  n.,  deminut.  zu  dem  vorigen:  schuhsteft 
6  steftlein  brocchi,  brocchetti  da  scarpe  6  da  suole  Kra- 
mer dict.  2  (1702),   927»; 

in  mannichem  kleuiot  und  heffUein 
köstlich  ring  und  gescbmeltzte  steffUein 

Hans  Sachs  20,  522,  18  Keiler-Götze ; 

vgl.  lusern.  steftle  Bacher  393. 

STEIFZEIN,  m.,  Wortbildung  zum  vorigen  mittels  az- 
suffixes,  besonders  in  der  bedeutung  von  steft  la;  arm- 
gezierd,  als  gestückte  ermel,  die  sie  tragen  uf  den  achsel  n 
und  silbrin  stefzen  an  den  menteln  Keisersberg  brö- 
samlein  1,  95'';  die  nestel  von  seiden,  nach  der  hosen 
färb,  mit  silbern  stefftzen  Gargantua  4öl  netidr.;  dem 
wäre  ein  stefftzen  am  nestel  abgangen,  da  brennete  er 
den  nestel  am  liecht,  dass  er  hart  wardt  Zinkgref 
apophth.  2,  14.  diese  mehr  selbständige  ausgestaltung  des 
schynuckgegenstandes  erklärt  auch  elsäss.:  stefze"  grobe 
nadel,  um  strumpfe  damit  zu  stopfen  Martin-Lienhart 
2,  577'',  auch  eine  nadel  ohne  spitze  zum  einziehen  von 
Jiestelbändem  in  einen  säum  ebenda,  während  stefze" 
klei7ier  nagel,  auch  als  bezeichnung  der  von  den  Schuh- 
machern gebrauchten  kleinen  holzstifte  M.\rtin-Liknhart 
2,  578»  wieder  in  die  aUgem^nere  bedeutung  voti  steft 
zurückleitet. 

STEG,  m.,  ponticulus,  semita.  ahd.  stec,  Tnhd.  stec.  der 
übrigen  Verwandtschaft  ude  steig  und  dem  durch  seinen 
vocalstand  auffälligen  stieg  {zu  dem  steg  3  gleichsam  eine 
begrifflidie  nebenform  ist)  gegenüber  schlieszt  sich  unser 
wort  mit  dem  folgende)*  fem.  Stege  (das  wieder  ein  steige 
UTid  auffälliges  stiege  sich  gegenüber  hat)  enger  zusammen, 
beide  sind  unter  der  Wirkung  eines  a,-umZautes  zu  der  aiu:h 
in  steigen  verb.  wirksamen  würzet  «/«^.-sttgh  gebildet,  beide 
Wörter  bezeichnen  zunächst  eine  dem,  überstieg  oder 
aufstieg  dienende,  mehr  oder  xceniger  kunstvolle 
holzconstruction  (ä.  steg  l  und  siege  überhaupt),  vgl. 
dazu  schon  ahd.  stega  pontes  Graff  6,  625,  ganz  ent- 
sprechend den  späteren  erläuterungen :  steg,  stegk,  steck, 
stecke  viale,  lignum  super  quod  transitur  Diefenbach 
glossar  617*;  steg,  brück  un  potu:eau,  petit  pont ;  un  ponti- 
cello  HuLSiüS  (1616)  307'';  steg  ponte  picciolo.  ponticdlo 
(1618)  238'";  plur.  stege  oder  schmale  brücken  ponticuli 
CoMENiüS  (1644)  474;  ein  steg  über  ein  vi^asser  ponticulus 
CoRviNUS  (1660)  fons  latin.  503».  (Edward  Schröder 
weist  auch  darauf  hin  [im  reaUexicon  der  german.  alter- 
tumskunde  1, 332  unter  brücke],  dasz  der  steg  im  gegensatz  zu 
der  m^r  flach  dem  wasser  oder  sumpf  aufliegenden  brücke 
in  einer  gewissen  höhe  geführt  wird;  unser  wort  habe  also 
zunäclist  nur  den  auf-  und  abstieg  der  anläge  bezeichnet, 
wodurch  sich  denn  das  plurale-  oder  genauer  duale-tantum 
Stegen  in  Ortsnamen  erkläre,  die  enge  sprachliche  be- 
zidiung  zwischen  steg  und  stege  fände  dann  hier  seine 
besondere  sachliche  bestätigung.)  steg  in  der  bedeutung 
'fuszweg'  hat  wohl  erst  unter  dem  einflusz  von  stieg  und 
steig  diese  begriffserweiterung  erfahren,  die  weitere  etymo- 
logische Verwandtschaft  unseres  wortes  gehört  mehr  unter 
steigen  verb. 

1)  für  den  verkehr  von  fuszgängem  mit  wenig  kunst 
aus  brettem  oder  bofden  hergestellter  Übergang  über  ein 
wasser;  im  gegensatz  zu  der  aus  balken-  oder  knüppel- 
werk errichteten  oder  gar  noch  kunstvoller  über  steinerne 
bögen  geführten,  zuletzt  auch  in  eisen  erdachten  brücke 
(«.  th.  2  sp.  414). 

a)  einen  holtzernen  steg  über  einen  graben  machen 
transitum  fossae  ligneo  ponticulo  conjungere  Stein bach 
2,  690;  einen  steg  über  einen  graben  machen  fossam 
ponticulo  jüngere  Frisch  8,  326'';    ein  weit  in  den  flusz 

Cr. 


1375 


STEG 


STEG 


1376 


hincingebanter  wassersteg  .  .  .  mitten  auf  diesem  steg 
aber  blieb  die  henne  stehen  Fontane  I  6,  188; 

ach,  Gockel,  bring  uns  bis  zum  flusz 
und  bau  uns  drflber  einen  steg 

Brentano  5,  39. 

in  älterer  spräche  auch  einen  steg  legen: 

ich  wondt,  ich  wer  vff  dem  rechten  weg, 
so  hond  sy  mir  glegt  ain  andern  steeg 

Clemen  r^formationgflugschrißen  3,  243; 

vgl.  die  .  .  .  legten  in  über  einen  see  tzu  ainen  st&g 
das  die  lentt  dar  über  gi engen  der  heiligen  leben  {das 
Summer  teil)  32**. 

b)  über  einen  steg  gehen  passar' un  ponticello  Kramer 
dict.  2  (1702),  927^  u.  s.  tc. :  wie  er  aber  einen  steg  will  gan, 
so  glitscht  er  aus  und  Tällt  ins  wasser  brOder  Grimm 
kinder-  und  hausmärcJien  1,  144;  ich  liesz  sie  wie  durch 
Zufall  von  einem  steg  ohne  geländer  in  den  tiefen 
Strom  hinabgleiten,  die  wellen  schlugen  über  ihr  zu- 
sammen Hauff  2,  78; 

ich  half  ihr  über  steg  und  zäun 
die  milch  zu  hause  bringen 

Voss  gedickte  4, 164; 

schön  SuEchen  schreitet  gewohnten  steg, 
umströmt  auch  gleitet  sie  nicht  vom  weg 

GÖTHE  2,  87  Weim.; 

der  alte  hat  den  steg  erreicht, 

den  durch  des  wirbeis  stäubend  rennen 

er  eben,  eben  mag  erkennen 

A.  V.  Droste-Hülshoff  2,  51 ; 

und  den  bach  ab  zu  dem  stäg,  den  man  nämpt  Bein- 
wiler  stäg  Tschudi  chronic,  helveticum  1,  229;  der  steg 
über  die  MüLllache  kommt  oberhalb  des  gartens  Göthe 
IV  8,  2  Weim.  auch  im  mittelalterlichen  straszenbilde 
spielen  solche  stege  eine  rolle:  Ulenspiegel  het  da  zu 
Nürnberg  weg  und  steg  wol  gelernt,  vnd  sunderlich  ab 
gesehen  den  steg  zwüschen  dem  süwmarkt  vnd  den 
hüsslin  Eulenspiegel  49  neudr.  —  insbesondere:  da  führt 
ein  steg  über  ein  beinahe  stillstehendes  wasser  Göthe 
II  10,  159  Weim.;  schon  wurde  es  dunkler  und  stiller, 
als  sie  an  einen  steg  gelangte,  der  über  den  mühlgraben 
führte  Keller  6,  408; 

über's  wasser  führt  ein  steg 
und  darüber  geht  der  weg 

Busch  Max  und  Moritz  17. 

daneben:  über  die  canäle  gehen  unzählige  stege  von 
einzelnen  planken  Ritter  erdkunde  4,  J051.  —  starke 
icasserßuthen  gefährden  ihn  leicht:  der  priester  .  .  .  wölt 
durch  den  bach  gewaten  sin,  dann  der  stäg  durch 
wachsung  des  wassers  verrannen  was  Tschudi  chronic, 
helvetic.  1,  166; 

da  kamen  sie  an  einen  bach, 

welcher  weit  anssgeloffen  war, 

und  het  den  steg  verflösset  gar 

Hans  Sachs  17,  358  Keller-Götze. 

c)  ein  adjectivischer  zusatz  schildert  die  anläge  weiter 
in  ihrer  einfachheit.  Zerbrechlichkeit  und  gefährlichkeit : 
einem  hölzernen  stege  (zueilen),  der  in  kleiner  entfer- 
nung  über  den  bach  führte  Keller  4,  102;  immer  noch 
besasz  die  hauptstadt  keine  andere  brücke  über  die 
Tiber  als  den  uralten  hölzernen  steg,  der  .  .  .  nach  dem 
Janiculum  führte   Mommsen  röm.  gesch.  i,  691; 

erzürnte  fluthen  brausen 
tief  unter  morschem  steg 

Matthisson  tchrifUn  1, 132. 

er  fOhrl  bimeeilen  hoch  über  das  wasser  hinweg  {vgl.  die 
etnl.):  Aber  den  flusz  führte  ein  hoher  steg,  der  sich 
gegen  die  wiese  herabsenkte  Stifter  6,  i,  74; 

da  begab  sich  ein  bös«s  glück, 
welchs  sich  nit  iedermals  so  schickt, 
dsM  wie  die  beoamm  tregt  das  kind 
und  ihr  nachfolgt  das  ander  gsind, 
da  sollte  sie  gchn  aufT  dem  weg 
vber  ein  zimlich  hohen  steg 

KiHc.iiART  Eulentptegel  81  Uauffen. 

langer  «teg:  {wir)  kamen  nach  einer  starken  stunde  an 
den  langen  steg,  der  die  insel  mit  dem  festen  lande  ver- 
bindet POcKLBR  hrü\f%DeehHl  t,  111.  —  schmaler  sieg  als 
nur  für  fuaxgängtr  berechnet  {deshalb  auch  häiifig,  besonders 
in  der  äUertn  feit  durth  eine  venäunung  an  beiden  enden 
gegen  andere  benüteung  geeAüttf):  viel  unnachdcnklicber 

Cr. 


ist  die  weltgier  der  menschen,  als  das  gehirn  jener 
zweier  ziegenbökke,  die  zusammen  wanderten  und  ein- 
ander mitten  auf  einem  smalen  stege,  darunter  ein  tief 
wasser  war,  begegneten  Schottel  friedens  sieg  5  neudr.; 
darüber  {über  den  flusz)  ging  ein  langer  schmaler  steg 
ohne  geländer  Göthe  43,  293  {vgl.  auch  25,  120)  Weim.; 
der  alte  müller  kam  .  .  .  über  den  schmalen  steg,  der 
über  das  bächlein  führte,  herüber  Chr.  v.  Schmid 
Schriften  1,  180:  wenn  ein  schmaler  steg  über  ein  w^asser 
führt,  so  balancire  ich  ohne  bedenken  noch  in  meinem 
alter  herüber  Steffens  tcas  ich  erlebte  1,  336;  lust- 
wandelnd durch  duftende  wälder,  über  frisch  grünende 
wiesen,  über  wild  getürmtes  steingeklüft,  über  schmale 
Stege,  unter  denen  die  waldbäche  schäumend  fortbrausen 
E.  Th.  A.  Hoffmann  lO,  66  {vgl.  auch  2,  43):  tief  im  see 
ein  badehaus,  zu  dem  ein  äuszerst  zierlicher  schmaler 
steg  führt,  der  sich  im  wasser  spiegelt  Droste-Hüls- 
hoff an  L.  Schücking  58; 

darautr,  so  gieng  ich  mit  im  {dem  enget)  weg, 
gar  vber  manchen  scbmallen  steg 

RiNGWALDT  chrittl.  Warnung  B  6*. 

entsprechend  ist  der  enge  steg:  wann  es  sich  begibet 
das  zwo  geissen  einander  begegnen  vfT  einem  engen 
steg  der  vber  ein  dieff  wasser  gat,  wie  halten  sie  sich? 
Pauli  schimpf  und  ernst  245;  auff  einem  gantz  engen, 
hohen  und  schmalen  stäg  Gesner- Forer  thierbuch 
(1563)  58.  —  manchmal  trug  er  mich  über  das  wasser  im 
garten,  und  sagte  er  wollte  mich  fallen  lassen,  —  da 
brach  endlich  der  kleine  steg,  ich  fiel  hinein  Iffland 
theatral.  werke  5,  9. 

d)  steg  heiszt  auch  die  schmale  und  leicht  tcegnehmbare 
landungsbrücke  der  schiffe  Stenzel  400*» ;  Kluge  seemanns- 
sprache  748;  den  steg  ütsmiten  Schütze  4,  200;  ok  so  en- 
schal  nement  int  schep  varen  {um  waaren  zu  kaufen), 
eer  dat  stech  gemaket  is  Rigaer  burspr.  v.  1376. 

e)  auch  im  belagerungskriege  tcird  eine  cümliche  leicht- 
bewegliche  laufbrücke  steg  genannt:  worauf  der  könig 
noch  selbigen  tag  .  .  .  seine  truppen  nicht  durch  die 
thore  vnd  gewöhnlichen  eingang  der  stadt,  sondern  über 
einen  schmalen  steg,  vnd  zween  noch  nicht  recht  aus- 
gemachte graben  den  wall  hinauf  marchiren  lassen 
Chemnitz  schwedischer  krieg  i,  63. 

f)  steg  mit  entsprecliendem  begriff,  besonders  neben 
brücke:  vor  diesen  pfeilern  hatten  sich  . . .  sechs  hölzerne 
brücken  und  sieben  dergleichen  stege  aufgethürrat  Göthe 
42, 1, 44  Weim. ;  die  grässlichen  meidungen  von  der  wasser- 
fluth,  die,  am  9.  September  in  die  dortige  schlucht  ein- 
dringend, alle  brücken  und  stege  zerstörend  .  .  .  ein 
grimmiges  unheil  anrichtete  IV  35,  98;  das  dorf  entlang, 
an  Stegen  und  brücken  vorbei  Fontane  l4,  834; 

nemblich  wo  euch  unterwegen, 
es  sey  aufT  brücken  oder  stägen, 
begegnen  männer  oder  gselln, 
sie  euch  auf  der  strasz  weichen  sSIIn 
Ayrer  dramen  107,  31  {erbauung  Rom»  1*") 

übers  wasser  weiss  ich  noch  den  weg, 
brauch  weder  brücken,  schiff  noch  steg 

Opel-Cohn  dreitzigjähr.  krieg  244. 
auffällig  ist: 

ich  möchte  tief  ins  land  hinein, 

über  berg  und  thal,  über  steg  und  flusz 

Platbn  1 ,  409  Hempel, 

wo  die  begriffe  'bach  und  flusz'  und  'steg  und  brücke' 
gekreuzt  sind. 

g)  im  vergleich: 

sie  {die  rofnr)  rennten  auff  dem  meer  hinweg, 

als  vber  einen  guten  steg      Spre.no  Iliai  (1610)  289^ 

h)  im  sprii-hirort:  wo  ein  steg  ausreicht,  baut  man 
keine  brücke  Wander  4,  792  und  es  gicbt  mehr  stege 
über  bkcho  als  brücken  Über  ströme  Altmann  6,  4i>. 
mit  rücksidii  auf  seine  enge:  auf  einem  stege  kOnnen 
nicht  zwei  unbeliebte  waschen  Wandkr  4,  792;  auf  einem 
Stege  können  nicht  zwei  feinde  gehen  ebenda,  mit  rück- 
sieht  auf  seine  geführt irhkrit:  «o  lange  man  noch  auf 
dem  Stege  ist,  soll  man  nicht  über  den  graben  spotten 
Altmann  O,  486;  auf  schmalen  stegen  und  schlimmen 
wegen  soll  der  barsch  (diencr,  knappe  «.  e,  w.)  vorgehen 
Wanubr  «,  79S; 

Cr. 


1377 


STEG 


STEG 


1378 


auf  einem  steg  im  regenbach  und  fluss, 
knecht  vor,  der  herr  dahinter  gehen  musz 

ebenda ; 
auf  Stegen  über  flusz  und  bach 
geht  der  diener  vor,  der  herr  kommt  nach 

ebenda. 

vde  noch  der  batier  seiner  frau,  und  nicht  nur  hier,  sorg- 
lich voranztischreiten  pflegt. 

2)  in  technischer  spräche  hat  sich  eine  reiche  Übertragung 
des  vorigen  gebrauchs  entxcicltelt: 

a)  der  steg  auf  einem  musikinstrumente,  über  welchen 
die  saiten  gespannt  werden,  pontictdus  in  fidibus,  elevator 
chordarum  Frisch  2,  326 •>;  die  brücken,  der  steg  auf 
einer  lauten,  geigen  magas,  magadium  Corvinus  fons 
latin.  (1660)  382^;  steg  auf  der  laute  ponticulus  testudinis 
Stieler  2137;  vgl.  geigensteg  (th.  4,  i,  2  sp.  2579)  und 
lautensteg  (th.  6  sp.  378);  die  kunst  resonnanzböden  an- 
zubringen, durch  Stege  die  saiten  zu  theilen  Schubart 
aesthetik  der  tonkunst  33;  es  wird  ein  langer  kästen  von 
trocknem  tannenholze  verfertigt,  der  unten  einen  reso- 
nanzboden  hat,  auf  diesem  werden  über  zwey  stege,  die 
.  .  .  einander  gegenüberliegen,  acht  bis  zehn  darmsaiten 
.  .  .  aufgespannt  G.  Chr.  Lichtenberg  verm.  Schriften 
5,  87;  der  steg  der  baszgeige  Brentano  i,  183;  darauf 
kamen  die  spielleute,  musicirend  auf  mannigfachen  In- 
strumenten, deren  metall  aus  nichts,  als  dem  reinsten 
gold  oder  silber  bestand,  edelsteine  funkelten  an  hand- 
haben und  Stegen  Fouque  zauberring  2,  146.  als  redens- 
art:  hinter  dem  steg  fidein  sonare  dietro  il  cavalletto, 
cioe  delirare,  vaneggiare,  andar'  in  quindici  colla  testa 
Kramer  dict.  2  (1702),  927*.  vgl.  auf  der  bratsche  zuerst 
ein  lagrimoso  weit,  weit  hinter  dem  stege  Gaudy  17,  63; 
ist  das  stück  zweimal  gespielt,  so  wird  die  mühle  ge- 
schützt (zum  stehen  gebracht),  was  der  baszspieler  durch 
einen  langsamen  kräftigen  strich  auf  den  saiten  zwischen 
steg  und  saitenhalter  bemerkbar  macht  Böhme  geschickte 
des  tanzes  (1886)  208.  zu  dem  akustischen  gesetz  vgl.  noch: 
dieser  pfropf  ist  in  der  flöte  unentbehrlich  und  thut  in 
derselben  eben  die  Wirkung,  welche  die  stimme  oder  das 
unter  dem  stege  aufrecht  stehende  hölzgen,  in  der  violine 
machet  Quantz  amceisung  die  flöte  zu  spielen  26.  —  auch 
stützende  höher  im  innern  des  instrumentenkörpers  heiszen 
stege:  das  corpus,  ob  es  gleich  noch  von  so  schönen, 
glatten  und  festen  holtze,  die  decke  noch  so  zart  und 
wohl  ausgearbeitet,  und  mit  denen  stegen  in  acht  ge- 
nommen, klinget  für  sich  selbst  nicht  Bendeler  organo- 
poeia  F  2  *" ;  eine  laute  stark  klingend  zu  machen,  gehet 
gar  wohl  an,  zumahl  wenn  der  meister,  der  solche  ver- 
fertiget, etwas  schmahle  und  überflüssige  stege  oder  ruhe- 
bäncklein  unter  die  decke  oder  dach  machet  Baron  in- 
atrument  der  lauten  90. 

b)  der  steg  in  einem  gefäsze:  und  satztend  ain  silbrin, 
vergülten  kelch  och  daruff,  der  wol  als  gross  was,  als 
unsser  kelch  dry  und  leitend  über  den  kelch  ain  dry- 
eggoten  steg,  der  was  silbrin,  und  was  bogen  Richen- 
TAL  Constanzer  conzil  138,  hier  %cohl  auch  Um  die  dünnere 
metallicand  zu,  stützen  (wie  heute  noch  die  hohlrätime  von 
guszkörpern  durch  stege  in  gestalt  schmaler  verbindtmgs- 
streifen  gestützt  tcerden);  wurde  anfangs  ein  steg  in  der 
mitte  des  gläschens  angebracht,  so  dasz  auch  darauf 
pilze  sich  ablagern  konnten,  so  begann  sie  vom  boden 
und  von  diesem  stege  Sömmerring  vom  baue  des  mensch- 
Heften  körpers  6,  26. 

c)  steg,  ein  in  einem,  kettengliede  zur  Versteifung  an- 
gebrachtes strebestück  Stenzel  400*»  {vgl.  die  abbildung 
auf  s.  181  unter  f),  auch  kettensteg  genannt. 

d)  steg,  im  bergbau  bezeichnung  der  hölzer,  zwischen 
welchen  die  feldkunst  schiebt  Frisch  2,  326'';  vgl.  Agricola 
bergwerckbuch  125 ;  das  aber  dem  anschlager  vom  gestein, 
welche  so  sie  aus  dem  tieffen  Schacht  gezogen,  wider- 
umb  hineynfallen,  kein  gefahr  zustehe,  so  legt  man 
schussbäume  auf  die  stäge,  das  also  die  gantzen  weite 
des  Schachts  eynnimmet  87. 

e)  steg,  in  der  tiachUrsprache  bezeichnung  der  zwischen 
zwei  füüungen  liegenden  erhöhten  rahmentheile  eines  thür- 
flügels  Frisch  2,  326>>.  auch  die  beine  von  stuhlen  und 
tischen  werden  durch  verbindende  stege  verstärkt  (vgl. 
auch  noch  stegtisch).  —  so  verbindet  auch  bei  der  säge 
die  beiden  arme,  welche  das  blatt  halten,  der  stärkere  steg. 

X.  2.  Cr. 


/)  dem  vorigen  ähnlich  gilt  als  steg  im  artillerietcesen 
der  senkrechtstehende  theil  der  laufschwellen  des  rahmens 
an  der  rahmenlaffette  Stenzel  400*". 

g)  in  der  druckersprache  trennt  der  steg  als  hölzerne 
leiste  die  spalten  und  seilen  eines  druckbogens,  intervallo 
della  forma  di  stampa  Kramer  dict.  2  (1702),  972»';  lignum 
planum  inter  characteres  aeneos  Frisch  2, 326'';  dann  auch: 
nur  wünsche  ich  einen  breiten  steg  und  überhaupt  viel 
rand,  als  die  wahre  zierde  jedes  buches  Göthe  IV 12,  135 
Weim.  insbesondere  der  bundsteg  (s.  th.  2  sp.  524),  wo  der 
bogen  nachher  gebrochen  und  geheftet  wird. 

h)  dem  vorigen  ähnlich  werden  bei  den  papiermachem 
stege  zur  Zusammensetzung  der  papierform  benutzt. 

t)  steg  bei  der  dorischen  sattle  das  von  drei  schlitzen 
oder  hohlkeMen  verzierte  glied,  der  dreischlitz,  femur 
Frisch  2,  326»';  auch  bei  der  jonischen  säule  der  zicischen 
zwei  kanneluren  stehengebliebene  theil  der  sävlenoberfläche 
Reimers  handbuch  der  denkmalpflege^  343. 

k)  in  der  schneidersprache  bezeichnet  steg  den  ztcickel 
oder  keil,  welcher  das  aufreiszen  des  zeuges  in  der  nähe 
eines  Schlitzes  verhindern  soll. 

V)  am  hosenbein  dasselbe  vne  oben  Sprungriemen  2  (sp. 
205):  besagter  (junger  herr)  hatte  ...  an  den  beinen 
enge  hosen  mit  stegen,  in  der  band  ein  modisches  stöck- 
chen Büchner  nachgel.  Schriften  242;  keine  stege  an  den 
beinkleidern  haben  Auerbach  Schriften  8,  60;  als  mitten 
im  contretanz  dem  freiwilligen  Breimüller  der  steg  risz 
und  ihm  die  unnennbare  bis  zum  knie  hinaufschnurrte, 
habe  ich  ihm  eine  droschke  herbeigepfiffen  Raabe  chronik 
der  Sperlingsgasse  157.     s.  auch  unten  steghose. 

3)  schmaler  fusziceg  (deshalb  auch  in  der  Zusammen- 
setzung fuszsteg  th.  4,  1,  1  sp.  1047),  gewisz  vne  unten  steig 
ursprünglich  'ein  weg,  der  ohne  rücksicht  auf  eine  viel- 
leicht im  thale  führende  fahrstrasze  seine  richtung  gleich 
über  die  höhen  nimmt  und  so  abschneidet';  dann  verall- 
gemeinert überhaupt  von  richteicegen  der  fuszgänger.  im, 
übrigen  ist  gegenüber  der  festumrissenen  bedeutung  des 
Wortes  unter  l  hier  ein  einflusz  von  steig  tcahr scheinlich ; 
vgl.  auch  die  Verallgemeinerung  des  begriffs  unten,  sachlich 
interessant  ist  die  erklärung  von  Frisch:  steg,  schmaler 
fiiszweg  über  feld,  tcelcher  durch  tciederholte  verzäunung 
für  die  bentttzung  durch  pferd  und  wagen  unbrauchbar 
gemacht  icird  2,  326''.  —  dem  steege  nach  gehen  semitam 
sequi  Steinbach  2,  690;  sein  strick  ist  verborgen  in  die 
erden  und  sein  fall  auff  seinem  steg  (et  deeipula  ejus 
super  semitam  Hiob  18,  10)  Aeg.  Albertinus  Lucifers 
königreich  23  Kürschner;  es  ist  kein  steg,  der  hinab  in 
die  gemeinheit  führt  Brentanos  frühlingskranz  317;  man 
suchte  vom  weg  ablenkend  über  hohe  berge  einen  steg 
Raumer  geschickte  der  Hokenstaufen  4,  366; 

kein  berg  ist  rauh,  kein  steg  ist  hart, 
und  frisch  und  munter  geht  die  fahrt 
durchs  leben  Blumauer  gedickte  184. 

c)  mit  entsprechendem  adjectiv :  ein  schmaler  steeg  semita 
angustissima  Steinbach  2.690;  über  das  gebürge,  an  ent- 
setzlichen abstürzen,  wo  der  schmale  steg  über  den  felsen 
.  .  .  hängt  Haller  Usong  (l77l)  209; 

kein  fels  ist  ihm  zu  schroff,  kein  steg  zu  schmal 

Göthe  2, 146  Weim.; 

ein  andern  tragen  ist  noch  grössre  arbeit,  zu  dem  gen 
Rom,  vber  hohe  berge  nnd  enge  stege  Agricola  sprick- 
wörter  1534  G3»; 

ich  habe  den  gebahnten  steg 
verlassen 
P.  Gerhardt  bei  Fischer-Tümpel  kirckenlied  3,  395»; 
durch  Wälder  und  gebirge  tritt  er  sich  neue  stege 
Dusch  verm.  werke  69 ; 

dein  haus,  im  waldgehege, 
stand  auf  dem  hUgel  frei; 
ich,  auf  gewundnem  stege 
zog  hart  daran  vorbei        Hebbel  6,  876; 

an  den  felsen  (welcke  salzlager  enthalten)  leckt  das  wild 
.  .  .  höhlungen  aus,  und  hat  sich  ...  die  gefährlichsten 
stege  gebahnt  Ritter  erdkunde  2,  891; 

o  Wurstl !    o  Wurstl !    das  ist  ein  weiter  weeg, 
es  gibt  grosse  hügl  und  gefährliche  steeg 

Stranitzky  luftige  reyszbeschreibung  7; 

du  wirst  auf  den  schwindelnden  stegen  genug  alte  be- 
kannte finden  Grabbe  8,  421  (Hannibal); 

87  Cr. 


1379 


STEG 


STEG 


1380 


vil  länder  und  ein  wüster  weg, 
auch  manche  unbekannte  steg, 
entzwischen  liegen  mit  verdrusz 

Spreng  Äenät  68  •. 

b)  eine  beiordnung  entsprechender  begriffe  führt  zu  iceiterer 
Verallgemeinerung  (vgl.  auch  die  eine  besondere  behandlung 
nothwendig  machende  reimformel  weg  und  steg  unter  5), 
so  bahn  und  steg: 

wolan,  so  tr&t  ich  bahn  und  steg, 
den  mir  dein  äugen  weisen 
P.  Gbrhardt  bei  Fischer-Tümpel  kirchenlied  3,  315; 
ermüdet  von  des  tages  langer  reise,  .  .  . 
kam  bruder  Marcus,  ausser  steg  und  bahn, 
verlangend  nach  geringem  trank  und  speise, 
in  einem  thal  am  schönen  abend  an 

GÖTHE  16, 172  Weim. 
pass  und  steg: 

nun  hat  es  einen  geraden  weg, 
jetzt  steht  uns  offen  pass  und  steg, 
zu  könig  Tumo  und  der  statt 

Spreng  Äenets  219''; 

schon  die  Schergen  und  Soldaten 
Bchlieszen  jeden  steeg  und  pass 

Spee  trutznachUgall  (1649)  240. 

pfad  und  steg:  der  ganze  landsturm  ist,  wie  es  scheint, 
aufgeboten,  und  zieht  auf  allen  pfaden  und  Stegen  heran 
GÖRRES  bri^e  3,  474;  hier  war  kein  steg,  kein  pfad  zu 
sehen  Alexis  hosen  des  herrn  v.  Bredoxo  l,  270.  —  steg  und 
strasze :  und  wer  das  sihet  oder  höret,  soll  es  nyemandt 
sagen,  yedermann  weichen,  wer  vmb  den  weg,  steg  und 
Strassen  ist  Lindener  rastbüchlein  55;  vgl.: 

es  wird  kein  ander  strass  noch  steg 
ins  himmelreich  gegeben 

RiNGWALDT  evangeUa  R  7». 
schon: 

Stege  unde  strafen  hän  wir  in  gar  verleit 

ze  leide  dem  von  Beme,  dem  vürsten  unverzeit 

Alpharts  tod  341,  2. 

krämme  und  steg:  eyn  hirt  .  .  .  saget,  wie  er  inn  der 
höhe  des  viehes  hütet,  vnd  wüszte  alle  krümme  und 
stege  derselben  berge  Carbach  Livius  225''. 

4)  in  reicher  bildlicher  Verwendung,  die  oft  sich  die 
stärkeren  färben  unter  1  und  3  holt,  doch  sich  auch  leicht 
mit  dem  verblaszten  gebrauche  unter  3  b  begnügt. 

a)  von  dem  gange,  welch€7i  die  phantasie,  wissenschaft- 
liche urtiieilskraft  u.  dergl.  nimmt,  von  den  pfaden,  welche 
sie  wandeln:  ich  sehe,  dasz  hr.  Kl(otz)  mich  in  zu  tiefe 
gelehrsamkeit,  in  zu  bunte  philosophie  führe;  ich  will 
lieber  auf  dem  ebnen  stege  der  natur  bleiben  Herder 
8,  887; 

sie  {die  weitheU)  lehrt  dich  wohl  die  wege, 
die  nach  der  hoheit  gehen,  verlernt  und  öde  stege 
Haller  gedickte  5, 177; 

{ein  entsprechender  zusatz  macht  die  neue  Sphäre  deutlicher:) 

die  neuen  wege  zu  entdecken, 

die  dichter,  welch'  erfinder  sind,  betreten, 

das  war  nicht  kleines  beyfalls  werth ; 

doch,  wege  hundertmal  gewiesen, 

zum  hunderterstenmal  zu  weisen, 

und  trifft  man  auch  dabey  auf  unbemerkte  stege, 

die  seitwärts  laufen,  wiederkehren, 

was  ist  denn  das? 

Klopstock  gdehrtenrepvblik  206: 

Maria  magt,  ich  Hüff  zu  dir 

ze  aller  zeitt  vmb  dein  genad  I 

dein  werde  hilff  ist  mir  nit  schad, 

die  weis  mich  vff  der  synne  steg, 

daa  ich  berür  den  selben  weg 

so  chomm  ich  vf  die  rechten  pan 

vnd  mag  auch  frölicb  heben  an, 

Z6  betrachten  die  vigur 

HXtzlerin  Uederbuch  887  (76, 17). 

das  zugrundeliegende  bild  tritt  stärker  hervor:  können  wir 
einen  bequemeren  steg  finden,  der  aus  den  regionen 
der  beglaubigten  geschichtc,  über  den  abgrund  des  un- 
begreiflichen hinweg  in  das  reich  der  Offenbarung  und 
ihrer  Organe  fUhrt  Forster  6,  U9;  und  unser  natur- 
erkennen gelangt  an  eine  kluft,  über  die  kein  steg,  kein 
flttig  trägt  DU  Bois-Reymond  grensen  de»  naturerkentiens 
(IBTS)  M. 

b)  der  wm  gefahren  umgebene  weg  de»  m«n»chen  in 
mHaphff»i»eker  landtehafl: 

dmmb  thu  mein  nit  vergeMen 
and  bring  ea  wMer  Mtff  den  steg 
PoMTBft  Untaek»  MfdMit  Sl  (46,  >1  neudr.) ; 

Cr. 


du  (gott)  fuhrst  mich  guten  weg 
um  deines  namens  willen ; 
und  wolte  gleich  den  steg 
die  finstemiss  umhüllen, 
so  bist  du,  herr,  mein  licht 
ScHMOLCK  trost-  und  geistr.  schri/ten  1,  146; 
drum  fort,  ihr  irdischen  gedanken! 
ich  will  nicht  mehr  auf  stegen  wanken 
Weichmann  poesie  der  Niedersachsen  3,  159; 
wir  sind  auf  unserm  stege, 
den  wir  bisher  gewandelt,  nicht  — 
befürcht  ich  —  auf  dem  völlig  rechten  wegel 

Baggesen  poet.  werke  4,  176; 

a)  mit  entsprechendem,  adjectiv.  zusatz,  zunächst  noch  aus 
dem  bilde  völlig  geschöpft;  der  schmale  steg,  welcher  der 
gefahren  viele  bietet,  entsprechend  dem  sprichtcort: 

wer  auf  schmalem  stege  geht, 

alleine  für  sich  selber  steht       Körte  5709. 

ich  sehe  dich  in  tiefer  nacht,  wenn  auf  dem  schmalen 

Stege  der  wandrer  bebt 
BÖHME  volktth.  lieder  der  Deutschen  im  18.  u.  IS.jA.  300; 

SO  insbesondere  der  schmale  steg  der  tugend  im  gegensatz 
zu  dem  breiten  wege,  auf  welchem  das  laster  fährt :  wenn 
du  diese  urquelle  des  lichts  {nämlich  gott)  siebest,  so 
wirst  du  auch  den  geraden  schmalen  steg  sehen,  der 
zum  leben  führt  Stilling  i,  430; 

geh  allzeit  den  grösten  weg, 

zur  tugent  geht  ein  schmaler  steg 

Scheit  Orobianut  1353  neudr. ; 

ganz  wie  schon  im  wundervollen  reimspiel: 

hei,  tugent,  wie  smal  sint  dine  stege, 

wie  kumberlfch  sint  dIne  wege ! 

die  dIne  stege,  die  dfne  wege, 

wol  ime,  der  si  wege  und  stege ! 

GoTFRiED  VON  Straszburg  Tristan  37. 
erreicht  mein  fusz  einst  auf  dem  schmalen  stege 
das  paradies  Pfeffel  poet.  versuche  8,  61. 

ja,  der  weg  ins  jenseits  wird  kurzerhand  so  bezeichnet: 
und  wo  nicht  ehe,  so  wird  es  doch  alles  an  die  sonne 
kommen,  wenn  ein  jeder  sein  unrecht  gut  über  den 
schmalen  stege  wird  tragen  müssen  Mathesius  Sarqatu 
153',  —  rauher  steg: 

und  hieng  sich  recht  an  die  frau  Tugend, 
die  er  on  das  gekant  von  Jugend, 
dieselbig  zeygt  jhm  gleich  den  weg 
and  den  sehr  rauhen  schmalen  steg, 
welcher  führt  zu  frau  Ehrenpreisz 

Fischart  ritter  von  Stauffenberg  390  Havkffen; 
aus  ihm  (gottes  wort)  träuft  dir  die  fülle  segen 
ins  herz  und  innre  Seligkeit, 
und  dich  umlacht  auf  rauhen  Stegen 
dann  göttliche  Zufriedenheit  Novaus  1,  149  Minor. 

jäher  steg: 

was  quält  ihr  euch  und  uns,  auf  jähem  stege 

nur  schritt  vor  schritt  den  läst'gen  stein  zu  wälzen, 

der  rückwärts  lastet,  immer  neu  zu  mühen? 

GÖTHB  2, 16  Weim. 
gebahnter  steg: 

ich  habe  den  gebahnten  steg 
verlassen 
P.  Gerhardt  bei  Fischer-Tömpkl  kirchenlied  8,  895'; 
er  labet  meine  seele, 
und  führt  mich  aus  der  hole, 
auf  recht  gebahnten  stegen, 
um  seines  namens  wegen 

Neukirch  gedickte  (1744)  88. 
sicherer  steg: 

dann  weckt,  dann  führt  er  mich  mit  neuem  muth, 
richtigen  wcgs,  sicheren  stege  zu  neuem  gut 

Hbrdbr  18,  880. 

den  Übergang  tu  der  unsinnlieheren  apKärt  bildet  der 
rechte  steg: 

eins  andern  irrer  weg 
macht,  dass  ich  such  den  rechten  steg 
Fischart  anu>eieung  tum  Ttmeniwi  878  Hattffe»: 
fehl  ich  Ja  des  weges, 
der  bedömten  tugendbahn, 
und  des  rechten  steges, 
da  man  reiset  himmelan 
Nbumark  tnuMik.  poet.  luitwäUehem  98; 
{der)  ist  doch  nicht  auf  gutem  wege, 
irret,  verwirret  vom  rechten  stege  168. 

der  reine  steg: 

es  ist  mir  mehr  als  leid, 
duz  ihr  so  ungeneigt,  ihr  harten  gfttter,  seid, 
der  ich  doch  vor  euch  geh'  auf  einem  reinen  stege 
Flbmino  gedickte  i ,  536. 

Cr. 


1381 


STEG 


STEG 


1382 


in  der  neuen  Sphäre  liegt  völlig  der  wahre  steg: 
kom  her,  ich  wil  dich  unterweisen ! 
hier  ist  der  wahre  steg,  hier  kannstn  zu  mir  reisen 

1,5. 

sogar: 

du  bringst  mich  nicht  von  diesen  keuschen  siegen 

HOFFMANNSWALDAU  gedichU  1,  70. 

ß)  mit  einem  entsprechenden  zusatz  im  genetiv: 

und  zeyget  den  ainfelting  weg 
durch  gottes  wort,  des  heyles  steg, 
die  eilenden  er  sterckt  und  tröst 

H.  Sachs  IG,  515  Keller-Oötze ; 

ein  flbrigs  aber  thun,  bis  dass  man  zu  dem  steg 
der  Seligkeit  gelang,  dunkt  alle  so  beschwerlich 

RoMPLER  VON  LÖWENHALT  reimgedichte  11; 

damit  das  menschlich  geschlecht 
allzeit  geleitet  würde  recht 
durch  mancherley  mittel  und  weg 
auff  den  einigen  rechten  steg 
der  tugend  und  Vorsichtigkeit 
DÄHNHARDT  gricch.  dramen  {Eurip.  Hekuba  28) ; 

hab'  ich  gleich  offt  tiberschritten 
deiner  w^rheit  heil'gen  steg 

Canitz  gedickte  10. 
auch : 

Rom  reizt  auch  unsem  held  auff  seiner  ehrsucht  stege 
LOHENSTEIN  Arminius  1,  eö*"; 
doch  soll  die  weit 
nicht  von  mir  sagen,  dasz  ich  stolz  und  schwindelnd 
in  blinder  ohnmacht  von  dem  luft'gen  steg 
des  ruhms  hinabgestürzt 

Beer  werke  370  {Struentee  2, 14). 
zuletzt: 

denn  wandelt  er  den  rechten  weg, 
fleucht,  wo  er  mag,  der  sünden  steg 

H.  Sachs  1,  297,  21  Keller-Götze; 
er  hat  gestekt  in  noth,  und  auf  betruges  steg 

Eeinecke  Fuchs  (1650)  85. 
c)  in  völliger  Übertragung: 

so  unser  sun  ist  abweg, 

der  do  was  unser  freiden  stegl 

Wickram  5, 193 ; 
herr  Christ,  ich  geh  meiner  väter  weg, 
sey  du  mein  gferth  vnd  rechter  steg 
BüCHHOLZER  bei  Fischer-TCmpel  kirchenlied  1,  75. 

5)  eine  besondere  Verbreitung  hat  die  reimformel  weg 
und  steg  als  begriffliche  Steigerung  zur  bezeichnung  der  ge- 
summten Verkehrsverbindungen  der  landschaft  (s.  auch  unten 
weg),  entspricht  zunächst  geicisz  dem,  begriff  brücken  und 
straszen;  schon  die  folgenden  urkundlichen  bestimmungen 
lassen  die  formel  durchscheinen:  das  selb  gut  mit  stegen, 
mit  wegen,  mit  holze,  mit  velde  Aarauer  urk.  22;  item 
dag  solichm  gut  sovii  vergriff,  wyte,  höhn,  türen,  thor, 
geng,  stäg,  weg,  . .  .  zugehör  Riederer  Spiegel  der  waren 
rhetoric  (1493)  v  ö** ;  dasz  die  von  Kaiszham  . . .  den  Haid- 
wang  sollen  besizen  mit  wegen,  stegen  Knebel  chronik 
von  Kaisheim  149;  doch  weiterhin  vnrd  zweifelhaft,  ob  die 
formjel  sich  aus  1  oder  3  besonders  nährt. 

a)  wege  und  stege  bessern,  für  den  ausbau  der 
straszen  in  einem  lande  sorgen  und  so  hahdel  und  wandet 
befördern:  ist  die  meinung,  das  die  zwen  keyser  Seve- 
rus  pius  und  Marcus  Aurelius  haben  weg  und  steg  ge- 
bessert Münster  cosmMgr.682;  weilen . . .  zur  beförderung 
des  commercii,  und  eines  jeden  particuliernutzen  die 
weege  und  stege  im  lande  mit  vielen  kosten  angerichtet 
Casseler  zeitung  1731  s.  338.  entsprechend  versperrt  man  in 
feindlicher  absieht  wege  und  stege,  um  jegliclien  verkehr 
und  Zugang  zu  hindern:  damit  bracht  er  sie  von  jr  vor- 
teil vnd  von  der  trenck,  also  dasz  sie  jm  das  wasser 
namen,  und  alle  wege  und  stege  werheten  Franck  chron. 
139 '•;  daher  sie,  weil  ihnen  alle  zufuhr,  alle  weg  und 
steg,  verleget  gewesen,  nach  des  feindes  wünsch  und 
willen,  nottrungentlich  von  einander  lauffen  müssen  Chem- 
nitz schwedischer  krieg  1,  57; 

greifft  zu,  verlegt  jhm  weg  vnd  stegk, 

Haynbccius  Harn  lyriem  2413  neudr.; 
wind,  hagel,  reif  und  schnee  verbinden  ihre  mächte, 
verspärren  weg  und  steg,  umringein  rosz  und  mann 
Weichmann  poesie  der  Niedertachsen  1,  51; 
liebste  musen!  dankt  mit  mir 
gott  und  den  arzneigelehrten, 
die  dem  tod  an  meiner  thür, 
Zugang,  weg  und  steg  verwehrten 
Gottsched  anmuthige  gelehr$amkeit  1,621. 

Cr. 


auch: 

es  hat  der  dicke  wald  uns  weg  und  steg  benommen, 
so,  dasz  wir  ganz  verirrt  in  dieses  grüne  kommen 

Ziegler  asiatitche  Banise  (1689)  846. 

b)  wege  und  stege  kennen,  sich  in  einer  gegend 
wohl  auskennen  und  zurechtfinden:  meine  treue  Eutyche 
.  .  .  alle  stege  und  wege  in  Rom  kennte  Anton  Ulrich 
VON  Braunschweig  2,  1194;  das  Schicksal  jener  fried- 
lichen gegenden,  wo  ich  alle  wege  und  stege  kenne 
Caroline  2,  318.  —  darbey  wurden  mir  alle  wege  und 
stege  bekant  Simpl.  184  neudr.,  (vgl.  Wickram  l,  134); 
solchergestalt  kan  er  .  .  .  derer  wege  und  stege  recht 
kundig  werden  Fleming  teutscher  jäger  45;  mit  weg  und 
steg  bekannt  Mommsen  röm.  geschichte  l,  683.  —  weeg 
und  steg  wissen  omjies  scire  regionis  vias  Frisch  2,  326»; 
dass  diese  leuthe  alle  rick,  weg  und  steg  an  diesen 
wilden  orten  so  wol  wüsten  Simpl.  2,  38  Keller; 

auch  rüst  er  sich  selbs  auff  den  weg, 
dann  er  wol  wüsst  all  weg  und  steg 

Scheit  frölich  heimfart  G  3»; 

der  Eulenspiegel  war  nit  trag, 
wie  er  gelehmt  hett  steg  und  weg 

Fischart  Eulenspiegel  4191  Hauffen; 
die  steg'  und  weg'  daselbst  er  wuszt 

Erlach  Volkslieder  der  Deutschen  2,  330 ; 

einem  steeg  und  weeg  zeigen  alicui  viam  aperire  Stein- 
bach 2,  690;  zu  welchen  unterschiedliche  personen  sich 
gesellet,  die  ihren  streiffenden  rotten  allerhand  an- 
schlage gemachet,  ihnen  wege  und  stege  gewiesen  Chem- 
nitz schwedischer  krieg  2,  521;  (bildlich:)  also  haben 
wir  nun  das  liecht,  uns  weg  und  steg  zu  weisen  Dann- 
hawer   catechismusviilch  1,  217.  — 

(Turnus)  sucht  weg  und  steg  mit  viel  vnruh, 
wo  er  der  maur  möcht  kommen  zu 

Spreng  Aeneis  172''; 

auch  alle  stäg  und  wäg  auff  Rab  in  geheim  erkundigen 
Stumpf  Schicgtzerchronik  il^ ;  ein  getreuer  kleiner  spiz 
.  .  .  half  ihr  oft  weg  und  steg  suchen  FCrst  deutsche 
erzähler  des  18.  jh.  72;  überall  neue  wege  und  stege 
erforschen  vgl.  Ritter  erdkunde  3,  436;  (sie)  fragte  nach 
den  wegen  und  stegen  zu  den  andern  (bauem),  die  sie 
noch  in  der  schreibtafel  hatte  Immermann  l,  131; 

si  wiset  dich  durch  alliu  lant 

wege  und  stege  an  ir  haut         Helmbrecht  1316. 

von  einem  tcieder  gesundeten,  noch  rüstigen:  darvon  sie 
gott  lob  genesen  und  gesundt  worden  ist  und  lebt  noch 
heut  bey  tag  und  geht  alle  steg  und  weg  ohn  stab 
und  leytung  Lindener  katzipori  92.  —  der  sprachliche 
gedanke  in  der  negation:  ain  unbegreiflich  wilde  wüsten, 
da  nyemand  inne  findet  weg  noch  steg  Tauler  sermones 
(1508)  38'»;  in  diesen  berg  vnd  alten  wald  Fileno  eingieng, 
da  er  weder  weg  noch  steg  fand,  sondern  alles  mit  wildt- 
nuss  verwachsen  war  buch  der  liebe  146";  wärs  nicht 
so  hell,  ich  wüszte  weder  weg  noch  steg  zu  finden,  so 
bekannt  mir  auch  sonst  hier  jeder  winkel  war  Babo 
Schauspiele  159; 

nur  kaoin  ich  weg  und  steg  nicht  finden 

Körner  2,  33; 

wann  einer  .  .  .  weder  weg  oder  steg  weiss,  so  bleib  er 
nur  auff  der  fahrstrassen  Montanus  schwankbücher  \&1 ; 
wie  soll  ich  so  schnell  und  auch  unerkannt  aus  dem 
lande  kommen,  ich  weisz  weder  weg  noch  steg,  habe 
auch  kein  geldl  Nicolai  Nothanker  3,  81;  da  der  mond 
noch  nicht  aufgegangen,  so  war  es  im  dichten  walde 
noch  sehr  dunkel  und  ich  vnisste  weder  weg  noch  steg 
Brentano  5,  171;  obgleich  vrir  weder  weg  noch  steg 
kannten,  nahmen  wir  doch  dies  anerbieten  an  POckler 
brieficechsel  2,  2.50;  (und  begrifflich  stärker  geschlossen:) 
weg  und  steg  kenn'  ich  nicht  Hebel  2,  300.  auch:  man 
sihet  weder  weg  noch  steg  Kramer  dict.  2  (1702),  927" 
(d.  Ä.  in  völliger  tcildnisz  oder  bei  groszer  dunkelheit). 

c)  in  präpositionaler  fügung,  auch  hier  zur  Steigerung 
des  begriff  es,  so  über  weg  und  steg: 

er  zeugt  dahin, 
nun  wolt  gott,  dass  von  stund  jhn 
all  vnglUck  fürt  in  lüften  wegk, 
das  er  nicht  vber  wegk  und  stegk 
heim  zu  seinen  herren  kommen  m5cbt 
vnd  bringen  jhn  von  mir  bericht 

Hayneccius  Hans  Pfriem  1435  neudr.; 

87*  Cr. 


1383 


STEG 


STEG 


1384 


er  warf  sich  rüstig  auf  sein  ross, 
sprengt'  über  weg  und  steg 

Kind  gedickte  2,  94. 

einen  aaf  weg  und  steg  bringen  toieder  auf  die 
rechte  strasze  geleiten  u.  s.  w. :  und  von  der  stimme  ge- 
trieben, irrt  der  kUnstler  oft  umher  und  kann  seine 
heimat  nicht  wieder  finden,  bis  der  freunde  zuruf  ihn 
nieder  auf  weg  und  steg  leitet  E.  Th.  A.  Hoffmann  1,  50; 

bedecke  die  gestirnte  veste  schnell 
mit  nebeln,  düster  wie  Kocytus  quell, 
und  locke  sie  auf  fsdsche  weg  und  stege, 
damit  sie  nicht  sich  kommen  in 's  gehüge 

Shakespeare  1,  247  {iommemachtstraum  3,  2). 

doch  als  besonders  beliebt  zeigt  sich  die  Verbindung  im 
locativ  auf  weg  und  steg  d.Ä.  überall,  bei  jeder  gelegen- 
heit.  ja  in  jeder  lebenslage  u.  s.  v).:  Tornehmlich  war 
es  Shakespeare,  der  uns  auf  weg  und  steg  begleitete 
MÖRiKE  3,  92;  denn  man  glaube  nicht,  dasz  dieses  stück, 
weil  es  seinen  gegenständ  aus  dem  dramatischen  kreise 
der  alten  nimmt .  .  .  darum  aus  der  reihe  der  übrigen 
werke  Göthes  herausträte,  die  mit  sichtbaren  ftlden  an 
seine  existenz  geknüpft  sind,  wie  er  selber  auf  weg  und 
steg  mit  pragmatischer  gewissenhaftigkeit  nachweist  Ger- 
viNüS  geschickte  der  deutschen  dichtung  5,  88;  die  beiden 
extreme,  in  denen  uns  auch  Jean  Paul  auf  weg  und 
steg  umtreibt  5,  200;  dafür  bevölkerte  sich  der  ganze  berg 
mit  ihrem  bilde,  auf  weg  und  steg  trat  es  ihm  entgegen 
und  guckte  ihm  durch  die  runden  Scheiben  Keller  5, 158; 

was  folgst  du  mir  auf  weg  und  steg 

hier  in  der  nächtlichen  öde?  Heine  2,  444. 

im  plural:  die  botanik  übe  ich  auf  wegen  und  Stegen 
GöTHE  IV  8,  268  Weim.;  Linn6's  terminologie,  Johann 
Gessner's  dissertationen  .  .  .  begleiteten  mich  auf  wegen 
und  Stegen  II 6, 104  Weim.;  er  glaubt,  dasz  eine  prinzessin 
in  ihn  verliebt  ist,  der  er  jetzt  nachläuft  auf  stegen  und 
wegen  E.Th.A.  Hoffmann  ll,  29;  dieses  alte  haupt-  und 
grundsymbol  der  Christenheit  liebt  bekanntlich  die  katho- 
lische kirche  verschwenderisch  auf  wegen  und  stegen 
anzubringen  StraüSz  Schriften  6,  60; 

Ceres  streute  voreinst,  als  sie  auf  wegen  und  stegen 

die  liebe  tochter  suchte, 

fröhliche  saaten  umher  Herder  27,  186; 

übertragen  auf  den  verlauf  menschlicher  lebensschicksale 
u.  ä. :  der  wittwer,  von  gram  .  .  .  auf  wegen  und  stegen 
begleitet  Hippel  kreuz-  und  querzüge  l,  108;  die  sterb- 
lichen eilen  hin  und  wieder,  auf  wegen  und  stegen,  .  .  . 
alles  damit  sie  schätze  gewinnen  Raumer  geschickte  der 
Holienstaufen  3,  76; 

vorsieht,  klugheit  und  verstand 
ist  der  stab  in  ihrer  band, 
welcher  begleitet  und  leitet 
auf  wegen  und  stegen 
Harsdörffer  frauenzimmergesprechtpiele  5,  301. 

tn  der  icunschformel :  mögen  sie  recht  rein  das  mannig- 
faltige gute  gemessen,  das  ihnen  auf  wegen  und  stegen 
von  nun  an  begegnen  musz  Göthe  IV  9,  16  Weim.;  gott 
schütz'  uns  auf  wegen  und  stegen  Brentano  4,  116.  — 
einen  noch  stärkeren  zusammenschlusz  der  formal  versucht: 
ein  Charakter,  dem  er  auf  weg  und  stegen  .  .  .  treu  ge- 
blieben Herder  23,  39. 

er  fuhrt  sie  weit  auf  weg  und  stegen, 
und  endlich  aus  des  wald's  gehegen 

RÜCKKRT  (1867)  8,  16. 
auch: 

(Ott  leg  seinen  reichen  seegen 
dir  mit  centnem  in  dein  haua, 
und  auf  deinen  steg  und  wegen 
geh  er  mit  dir  ein  und  aus 

mediz.  maulaffe  (1719)  870. 

die  formet  in  der  auflöaung:  gott  behUtc  mich  auf  allen 
meinen  wegen  und  stegen  Krauer  rftc<.  2  (1702),  927''; 
möge  dir  denn  auch  auf  deinen  weltwegen  und  stegen 
alles  gute  bereitet  seyn  Göthk  IV  87,  896  Weim.;  auf 
eignen  wegen  und  siegen  Arndt  l,  so.  besonders:  meine 
besten  wünsche  begleiten  sie  auf  allen  wegen  und  stegen 
GÖTiiB  IV  8,  nt  Weim.;  {ihr  hauptguchäft,)  hUbschen 
m&dchen  auf  allen  wegen  und  stegen  nachzuspüren 
ScHRKYVooBL  1,47;  («n  gUnner.)  der  sich  meiner  an- 
nimmt auf  allen  wegen  und  stegen  Holtri  erx.  achrtpen 
15,  «*•;    bald    liernach    k'innen   wir  den    brauticuten    he 

Cr. 


gegnen  auf  allen  wegen  und  stegen  Roseooer  l,  ISO. 
sogar:  laut  lärmt  die  trommel  auf  allen  wegen  und 
auf  allen  stegen  Görres  4,  470.  —  tmgewöhnlich  ist: 
sondern  hingen  in  verschiedenen  wegen  und  stegen  ihren 
eigenen  gedanken  nach  Immermann  l,  81.  —  alterthüm- 
licher  Sprache  gehört  an:  zu  weg  und  steg:  wie  der 
gut  mann  disen  trewen  rath  folget,  wird  es  von  tag 
zu  tag  besser  mit  jm  .  .  .  vnd  geht  wider  zu  weg  und 
stege  Mathesius  Sarepta  18»;  dass  die  N  .  .  .  .  alle- 
wegen  öflfentlich  zu  stege  und  wege,  auch  zur  kirchen 
gegangen  Nigrinus  von  Zauberern  (1592)  384  (wo  unsere 
icendung  neben  dem  allwegen  und  zur  kirche  das  'auf 
öffentlicher  strasze'  noch  mehr  herauskehren  soll); 

zu  weg  und  steg,  zu  thal  und  höhn 
mein  herz  soll  immer  mit  ihm  gehn 

Herder  25,  165; 

vgl.:  ich  wone  ir  togenlichen  bi  ze  tische,  ze  bete,  ze 
wege,  ze  stege  Suso  deutsche  Schriften  225. 

d)  bildlich  von  der  ueise  menschlicher  bemühungen,  vne 
sie  ein  erstrebtes  ziel  zu  erreiclien  suchen,  im  gegensatz 
zu  mittel  und  wege  (th.  6  sp.  2387  unter  10a)  kalt  sich 
unsere  Wendung  in  einheitlicher  Sphäre,  so  stege  und 
wege  suchen:  und  als  Flandern  in  nachgenden  Zeiten 
mit  hüpschen  stetten  erbauwen  ward  .  .  .,  sachten  die 
künig  von  Franckreich  al  weg  und  steg,  wie  sie  es 
wieder  zö  jren  henden  brächten  Münster  cosmogr.  lü; 
er  suchet  auch  weg  und  steg,  wie  er  den  fürsten  selber 
kan  und  mag  umbbringen  Schumann  nachtbüchlein  184; 
und  also  wird  der  gesunde  mensch  gezwungen  nach 
innhalt  des  gebotts,  für  den  krancken  zu  arbeiten,  weg 
und  steg  zu  suchen,  darmit  jhm  geholffen  werde  Para- 
CELSUS  op.  2,  63;  entsprechend:  aber  das  war  die  summa 
endlich,  wie  man  wege  und  stege  fünde,  .  .  .  das  sie  ja 
nicht  verhöret  würden  Luther  30,  3,  286  Weim.;  armüt 
fmdt  alle  weg  und  steg  Franck  sprüchwörter  (1545)  l,  31^; 
ähnlich  stege  und  wege  zeigen,  angeben  u.s.w.: 

o  du  rycher  Christ  von  himmelrych, 
war  mag  dir  dancken  vollkommenklich 
der  gnad,  so  du  vns  hast  erzeigt .  .  . 
vnsern  altvordern  stäg  und  wäg  geben, 
das  sy  möchtend  fristen  jr  laben! 

Schweiz,  schausp.  des  IG.  jhs.  3,  27  Bächtold; 

was  macht  den  menschen  zum  menschen  auf  erden?  .  .  . 
was  zeigt  ihm  weg  und  steg  zum  glück? 

Hoffmann  von  Fallersleben  Schriften  1,  83; 

also,  das  sie  {die  witfrau)  ein  sonderliche  lust  und  liebe 
zu  dem  Studenten  gewan,  im  weg  und  steg  vorschlug, 
ob  sie  ihn  zu  ihrer  lieb  bringen  möchte  Hertzoo 
schiltwaclie  A3;  vor  ietzo  aber  zeiget  mir  verirrten  prin- 
tzen  weg  und  steg,  wie  ich  aus  dieser  mördergrube 
meinen  fusz  ziehen  möge  Ziegler  asiat.  Banise  (1689)  12; 
einer  von  uns  heute  .  .  .  würde  sich  in  eine  furchtbare 
Sklaverei  verschlagen  glauben,  die  keinen  ohne  ketten 
lassend,  von  der  geburt  an  dem  niedrigsten  und  dem 
höchsten  weg  und  steg  vorschrieb  Herm.  Grimm  Michel- 
angelo 2,  60.  —  der  man  het  alle  seine  nottorft  durch  des 
münches  rede  .  .  .  wol  vernomen;  der  wege  und  stege 
die  er  halten  sölte  zA  der  frawen  ze  komen  Arigo  184 
die  mecklenburgiscJie  xcendung:  dar  hett  he  vel  steg  und 
weg  um  halt,  einer  hat  viel  mühe  ttm  eine  sache  sich 
gegeben  Wander  4,  792  erläutert:  dafür  vermietho  ich 
mein  land  an  einen,  der  nicht  um  einen,  sondern  um 
hundert  morgen  seine  stege  und  wege  thut,  der  sein 
ganzes  geschäfte  aus  dem  landbau  macht  Moser  ictrke 
S,  118.   —  et»  adjectiv  erläutert  den  begriff: 

ich  leren  dy  lewt  krump  weg  und  steg 

altdeuttehe  pastionsspiele  aus  Tirol  860; 

ein  toeiterer  mgwrdneter  begriff  Uitet  aus  der  Ursprung- 
liclien  Sphäre  hinaus: 

noch  kenn'  ich  weg  und  steg  und  hofnbrsnch; 
ich  will  auftreten,  und  die  weit  erfahr  es 

RCCKBRT  10,  857. 

6)  nur  als  versucJie  wechselseitiger  Verstärkung,  wie  sie 
sieh  au»  den  vorigen  gebraueh»%e«i»en  ergeben,  haben  rt< 
gelten : 

der  weg  and  steg  zur  hell  ist  wert 

H.  äAciia  tt,  106  KMer-Q&Ue; 


aber  der  gotllonen  weg  und  sieg, 
dcrMibig  der  wird  nirbt  b««l«bn 


18,22; 
Cr. 


1385 


STEG 


STEGEISEN— STEGREIF 


1386 


so  sind  auch  höher  meine  weg, 

denn  auff  erd  ewer  weg  und  steg         15,  228; 

er  fluchte  allen  den  stubenwegweisern,  die  in  ihrem 
itopf  wege  und  stege  im  himmel  und  auf  der  erde  wollen 
ausgemessen  haben  Herder  16, 155;  insbesondere  als  deut- 
liche Steigerung  des  begriffes  steg  l :  sihestu  da  den  teuffei, 
den  feynd  göttlicher  Ordnung?  wie  er  dyr  mit  den  worten 
geyst,  geyst,  geyst  das  maul  auff  sperret  und  doch  die 
weyl,  beyde  brücken,  steg  und  w^eg,  leytter  und  alles 
umbrysst,  dadurch  der  geist  zu  dyr  kommen  soll  Luther 
18,  137  Weim. 

7)  ähnlich  dient  der  Verstärkung  die  annomination  steig 
and  steg: 

als  es  {das  schaf)  nun  kam  durch  ein  holtzweg 
mit  grosser  eyl,  an  steyg  und  steg, 
verr  in  die  wüsteney  hinein 

H.  Sachs  9,  210  Keller-Götze; 

sih,  ob  ich  bin  auff  bösem  weg, 
hilff  mir  auff  allen  seilen. 
für  mich  den  rechten  steyg  und  steg 
nach  deynem  wort  zu  leythen 

Waldis  psalter  251»  (139). 

8)  zu  der  bedeutung  'list,  kunst,  vermögen'  führt  icohl  der 
begriff  'heimlicher  weg,  schleichtceg',  vielleicht  auch  unter 
eiiiflusz  von  öd:  jetzund  erkennest  du  die  wunden  meines 
hertzen,  es  ist  zeit,  dass  du  alle  deine  kunst  brauchest, 
alle  deine  alte  steg  vnd  renck,  alle  liebliche  vnd 
schmeichelhaftige  wort  vnd  griff  (um  ihr  den  Jüngling 
zu  gexcinnen)  buch  der  liebe  209*. 

9)  als  erstes  glied  von  Zusammensetzungen  vdrd  steg- 
und  stege-  gleichenceis  verwendet,  die  zweite  compositions- 
weise  besonders,  aber  nicht  allein  gefördert  durch  die  an- 
lehnung  an  stege  /. 

STEGBEREITER, m.,  viarum publiearutneuratorFRiscH 
2,  326'';   stegebereiter  bei  Campe. 

STEGE,/.,  scala,  begriffliche,  doch  nicht  sprachliche  neben- 
form  zu  dem.  durch  seinen  vocalstand  auffälligen  stiege 
(*.  unten),  wie  das  vorhergehende  steg  (zu  dein  es  sprach- 
lich auf  das  engste  gehört,  s.  dort)  eine  unter  dem  ein- 
fltisz  des  SL-umlautes  stehende  bildung  zu  der  xcurzel  stfg  in 
steigen  verb.:  ahd.  stega  Grafp  6,  625;  mhd.  stege;  —  stäg, 
stägen  planca,  ascensus,  scala  vel  climax,  scalae  scalarum 
MAALER383'';  stege  ^rac^iw  DiEFENBACH  ^F^s*.  268»;  stege, 
trepp,  darauff  man  auff  die  bün  gehet  la  scala  Hulsius 
(1616)  307'»;  die  stege  emporsteigen  u.  ä.;  der  kan  sich  selbs 
nicht  so  viel  heben,  dass  er  ohn  ein  misstritt  ein  stegen 
auffsteigen  möchte  Paracelsus  op.  2,  205;  keine  stege  im 
finstern  steigen  Simpl.  i,  554  Keller;  sie  ungeirret  die 
Stegen  hinauf  gehen  lassen  2,  341;  sie  traten  .  .  .,  als  sie 
eine  steinerne  gewundene  stege  emporgestiegen  waren,  in 
einen  geräumigen  saal  Zschokke  26,  113;  —  die  weil 
gieng  Ulnspiegel  von  der  stegen  und  wolt  zur  thüren 
usslauffen  Eulenspiegel  84  neudr.;  er  lief  der  Gertrud 
die  stege  hinab  nach  Pestalozzi  3,  130;  —  eines  die 
stege  hinabwerfen:  die  steg  hinabwerffen,  wann  man 
einen  entrüst  de  gradu  dejicere  Franck*  sprüchicörter 
(1541)  2,  72'';  wanns  nur  alles  wol  bestellt  ist,  dasz  wann 
der  Wirt  einen  die  erst  steg  hinunder  wirfft,  ein  anderer 
jhn  flugs  die  ander  auch  hinab  losz,  vnd  der  bauss- 
knecht  jhn  gar  zur  thürn  hinauss  stoss  Gargantua  145  (8) 
neudr.;  der  baur  ruff  seinen  knecht,  der  halff  ihm  den 
kästen  die  stegen  herunter  werffen  Kirchhof  wend- 
unmuth  2,  129; 

wenn  sich  ain  ander  rfimet  schon, 
so  wiss  er,  wo  er  hyn  sei  gon, 
(wie  des  kUngs  nar  der  supp  erhart, 
als  er  die  steg  ab  geworfen  wardt) 

Murner  gauchmatt  ilO; 

wer  er  {der  verbummelte  scholar)  meyn  sun  in 

solchen  Sachen, 
ich  wolt  im  das  benidicite  machen! 
von  oben  an  biss  under  die  stegen 
wolt  ich  im  in  den  schülsack  gsegen! 

8chelmenzun/t  18  neudr.; 


Cr. 


es  ligt  ein  bättler  an  der  stägen 
gchiceiz.  Schauspiele  des  16.  jhg.  1,  20,  84  Bächtold; 

darunter  der  platz  für  altes  gerümpel,  versteckort  u.  s.  ic. : 
sich  under  die  stägen  verbergen  conjicere  se  sub  scalas 
tabernae  librariae  Maaler  383'';  (er)  verstoszt  die  under 
ein  Stegen  in  alt  gerümpel  Wickram  2, 45;  sie. . .  sperreten 
mich  unter  eine  stege  in  gänsestall  Simplic.  91.  —  neben 
leiter  (th.  6  sp.  733) :  von  stegen  oder  leytern  de  ascensu, 
weiter  erklärt  durch  stegen  scalae  Melanchthon  nomen- 
clatura  Dl*;  {dasz)  ihm  das  henkerschwerd  den  weg, 
die  galgenleiter  die  steg  zum  himmel  machen  und  be- 
reiten müsse    Dannhawer  catechismusmilch  2,  212; 

0  langt  ti  flasch, 
tas  ich  ten  wein  in  källar  leg 
auch  on  ain  leiter,  sali  und  steg 

Gargantua  52  (2)  neudr. 

STEGEISEN,  »i.,  dasselbe  tcie  unten  Steigeisen:  steg- 
eisen, wie  solche  im  gebirge  zur  winterzeit  bei  ver- 
eisten wegen  an  die  schuhabsätze  angeschnallt  werden, 
um  das  ausgleiten  zu  vermeiden  Schönherr  erde  33 
(1.  6). 

STEGEKEHRER,  m.,  dasselbe  tcie  unten  stegeschäufler 
vgl.  Frisch  2,  326'';  so  ist  über  ieglichem  brunne  ein 
stegeschäufler  oder  stegekehrer  bestellet,  welche  die 
stege  rein  halten  Hondorff  saltzicerk  zu  Halle  (i670)  43. 

STEGEMÜHLE,  /.,  mühle  an  einem  steg  (*.  steg  l),  ins- 
besondere bei  einem  arbeitsstege  der  woUenweber  (so  Stege- 
mühle bei  Göttingen)  oder  gerber  (wo  das  wollenwerk  bez. 
die  feile  gespült  werden). 

STEGERING,  m.,  ring  am  sattelsteg,  um  irgend  etwas 
daran  zu  befestigen  Campe. 

STEGESCHÄUFLER,  STEGSCHÄÜFLER,  m.,  in  den 
salzwerken  ein  arbeiter,  tcelcher  die  wege  und  stege  sauber 
und  in  Ordnung  hält  (s.  auch  oben  stegekehrer):  stege- 
schäufler viarum  purgator  in  locis  salinae  suae  Frisch 
2,  326'';  item  (giebt  es  im  salzicerk)  stegscheufler,  die  den 
weg  rein  und  sauber  halten  Mathesius  Sarepta  126». 

STEGHOSE,  /.,  hose  mit  stegen  (vgl.  oben  steg  2l)  an 
den  beinlingen:  er  trug  Steghosen  Hansjakob  Valentin 
der  nagler  25. 

STEGLEHNE,  STEGELEHNE,  /..  schutzgeländer  einer 
stege:  steglebne,  daran  man  sich  hallt,  wann  man  auf 
und  ab  gehet  appuy  de  degres  ce  ä  quoy  on  se  tient  en 
montant  ou  descendant  Hulsius  (1616)  307'». 

STEGLEIN,  n.  l)  deminut.  zu  steg  (i):  steglein  pon- 
ticulus  Stieler  2137;  von  Sicilien  macht  man  ein  steg- 
lein mit  eim  krengel  auff  Italien,  vnd  ein  fallbruck  inn 
Sardinien  Gargantua  (36)  351  neudr.;  ach  mensch,  w^ie 
gehst  du  so  sicher?  hast  nur  ein  schmales  steglein, 
darauf  du  tanzest  F.  Böhme  Aurora  124; 

dermasz  ich  ihn  ringweisz  ambgieng, 
bisz  ich  doch  endtlich  fand  ein  steglein 
aber  ein  klufft  H.  Sachs  3,  325  Küler; 

ade,  0  tal,  du  berg  und  tal  1 
rebhügel,  wälder  allzumal ! 
herzlieber  türm  und  kirchendach, 
kirchhof  und  steglein  übern  bach ! 

MÖRIKK  1,  158; 
zu  steg  2a;    zween  von   diesen   theilen  läszt  man  frey, 
das  Stegelein  (des  vwnochordon)   aber  wird  an    dem  ort, 
wo  der  dritte   theil   anfängt ,   unter  die  saite  geschoben 
Mattheson  vollkommener  capellmeister  45. 

2)  wohl  deminut.  zu  stege,  fem. :  denn  wenn  bergkleut 
das  gestein  vor  dem  ort  mürbe  machen  vnd  heben  wollen, 
da  richten  sie  auch  jhre  fewer  auff  steglein  an  das  ge- 
stein, vnd  zünden  es  mit  perdten  an  Mathesius  Sa- 
repta 139». 

STEG  LOS,  adj..  ohne  steg,  hier  entsprechend  steg  l: 
berge  bauten  sich  auf  vor  seiner  brüst  und  steglose 
wasser  ergossen  sich  auf  seinen  pfaden  Rosegger  7,  46. 
STEGREIF,  m.,  Steigbügel,  ahd.  stegareif,  mhd.  stege- 
reif und  Stegreif,  die  form  stegereif  (stegereyff  stripa- 
rium  Diepenbach  glosa.  556«)  findet  sich  auch  noch  in 
der  späteren  spräche,  so  braucht  sie  noch  Göthe  (II  4, 
3,18;  IV  11,  10;  21,244  Weim.  u.  a.  w.) ,  Tieck,  Immer- 
mann und  K.  0.  Möller:  oft  deuteten  auch  die  haru- 
splces  .  .  .  aus  dem  stegereif  die  Etrusker  2,  192;  ihm  eixt- 
spricht  mndd.  mndl.  stegerSp:  stegherep  striparium  Die- 
VBNBACH  glosa.  556"  und  aU  M.  überaetzungsversuch  aua 

Cr. 


1387 


STEGREIF 


STEGREIF 


1388 


dem  niederd.:  eyn  stygereyff  acandalis  51«*;  selten  in  der 
form  Stegreifen,  so  unten  noch  bei  Göthe  {vgl.  th.  8  sp.  619). 
bisuxtUn  in  der  älteren  spräche,  so  z.  b.  von  Brant  (».  dsn 
beleg  unter  1  rf).  in  der  form  stegenreif  an  siege,  fem.,  ange- 
glichen, ein  femininum  die  Bi&gTieB giebt  H.  JuNius  als  die 
hochdeutsche  entsprechung  von  ndl.  stegelreep,  stapedes  bei 
DiEPENBACH  gloss.  550*;  so  auch  die  stägreiff,  stapodes 
Maaler  SSS*»;  zur  composition  ist  eher  utiser  subst.  steg 
(».  oben  unter  i)  als  etwa  das  verb.  ahd.  stegon,  mhd.  siegen 
'sehreiten,  steigen,  aufsteigen'  verwendet;  über  das  ur- 
sprüngliche alter  des  geräths  läszt  sich  nur  unsiclieres 
sagen;  so  bleibt  noch  völlig  zxceifelhaft,  ob  jene  in  Jütland 
und  angrenzenden  gebieten  seit  der  jüngeren  Hallstattzeit 
gefundenen  bronzeringe  mit  Ösen  hierher  zu  rechnen  sind, 
mögen  sie  auch  unserer  tcortbildung  gerade  besonders  ge- 
recht werden,  vgl.  R.  Beltz  Vorgeschichte  von  Mecklenburg 
s.  105 ;  erst  in  den  gräbem  der  völkericanderungszeit  lassen 
sich  Stegreife  mit  völliger  Sicherheit  riachweisen.  allerdings 
sogleich  in  so  vollendeter  edler  form  (ein  wundervolles  bei- 
spiel  in  der  Kopenhagener  Sammlung),  dasz  eine  schon 
längere  Vorgeschichte  dafür  vorauszusetzen  ist.  seit  der 
Karolingerzeit  aber  gehören  die  siegreife  zu  den  bedürf- 
nissen  des  reitenden  mannes.  über  die  weitere  geschichte 
der  Sache  s.  Boeheim  tcaffenkunde  198jf.  und  unten  Steig- 
bügel, eine  jüngere  und  deshalb  gewisz  auf  das  verb. 
steigen  zurückgehende  Wortbildung,  die  auf  die  spätere  ge- 
staltung  des  geräths  deutliche  rücksicht  nimmt,  nach 
diesen  erwägungen  wird  anord.  stigreip  als  ein  allerdings 
ausgeglichenes,  frühes  lehnwortaus  ags.  stigr&p  (engl,  stirrap) 
aufzufassen  sein,  ein  lehnwort  aus  dem  deutschen  ist  auch 
afranz.  estrief.  —  eine  ältere  german.  bezeichnung  des  ge- 
räthes  verbirgt  sich  in  ital.  staffa,  im  langobardischen  ver- 
schobenes germ.  stapa  (vgl.  Kluge  etym.  wb.^  377 •>  und  im 
grundrisz  der  rom.  philologie  1,  503),  icelchem  auch  oben 
staffe  (sp.  515)  entspricht. 

l)  im  eigentlichen  sinne  als  ausstattungsstück  des  reit- 
pferdes:  stagreff  strepa,  wörterb.  von  1440  bei  Diefenbagh 
gloss.  555*";  stegraiff  strapedes,  wörterb.  von  1521  ebenda 
555»;  stegreyffe  orbis  Diefenbach  nov.  gloss.  273»;  steg- 
reyff,  darein  der  reuter  den  fusz  auf!  dem  pferdt  setzt 
estrier,  staffa  HuLSius  (1616)  307*;  stegreiff  stapeda  Schot- 
TEL  1421 ;  2'/»  m  dem  huskompthur  zum  Eibinge  vor  eyn 
rittergezflg  und  eyn  par  stegereyffen  Marienburger  tressler- 
buch  81,  38;  oß  von  groszer  kostbarkeit:  darzwischen  ist 
der  keyser  geritten  .  .  .  auff  einem  weiszen  stoltzen 
Hengst,  mit  einem  gülden  bisz,  zäun,  stegreif  Kirchhof 
wendunmuth  2,  57; 

beide  guot  unde  gemeit 

wäm  die  stegereife, 

breite  goltreife, 

gebildet  nach  zwein  trachen 

Hartmann  JS!r<c7670; 

mit  guldfn  schellen  kleine 

vor  iewederm  beine 

warn  die  Stegreife  erklenget 

unt  ze  rehter  mäje  erlenget 

Wolfram  Parzival  122,  5 ; 

»eine  nothwendigkeit  schildert  nebenher:  das  rossz  wirfft 
den  guten  Herrn,  so  ohne  stegreiff  ritte,  aus  dem  sattel 
zur  erden  Hertzog  schiltwache  C2;  vgl.:  ohne  stegreiff 
und  Sporen  ein  reuter  schlecht  wird  fortkommen  Abra- 
HAU  A  S.  Clara  etwas  für  alle  l,  876;  wenn  auch  ge- 
wandte reiter  zum  aufsteigen  seiner  nicht  bedürfen,  viel- 
mehr ohne  Stegreif  in  den  satte!  springen  (Schottel  1140) 
hinnen;  die  mutigen  Helden  on  stegreyfT.  . .  in  den  sattel 
gesprungen  Haben  Agricola  «pricAwtfWer  (1534)  Ee  7*,  wie 
»ehon: 

der  gewApent  in  den  satel  spranc: 

em  gert«  stegereife  niht, 

dem  man  noch  snelbeite  giht 

Wolfram  Panival  167,  £9 ; 
■tn  vuos  dem&ch  nie  gegreif, 
er  «pranc  drOf  &ne  ■(•greif  S16,  28. 

da»  be»ehreiten  de»  ro»»e»  wird  geschildert:  (da»  pferd  lie»») 
nur  Alexandrum  auffsitzen  vnd  da  andere  jbm  zfi  nahe 
kamen,  vnnd  Bich  ■leiten,  als  ob  sie  die  ategreiff  an- 
greiffen  weiten,  wimmert  es  laut  Hkydkn  PUniu»  808; 
and  da  er  sfi  des  berren  hoff  kam,  da  trat  er  mit  dem 
rechten  fAsz  in  den  ategreiff,  vnd  hielt  sich  an  dem 
xUgel,  vnd  mit  dem  lincken  fAaz  gieiig  er  Pauli  schimpf 

Cr. 


und  emat  865;  ungern  entbehre  ich  auch  euren  starken 
Speer,  wenn  ich  einmal  gegen  meine  feinde  in  den  sieg- 
reif trete  Freytag  lO,  48;  dementsprechend:  das  er  und 
der  sattel  nit  konten  von  einander  kommen,  noch  er 
auss  den  stegreififen  tretten  Frey  garten getiellscliaft  135; 
und  so  unser  ehrw.  Herr  dem  armen  manne  begegnet  und 
derselbe  nicht  könte  fortkommen,  soll  unser  ehrw.  h.  mit 
einem  fusz  aus  dem  stegreif  treten  und  in  dem  andern 
bleiben  Jak.  Grimm  rechtsalterth.*  i,  137,  d.h. gleichsam  nur 
die  geste  des  absitzens  machen;  den  fusz  im  stegreif  haben, 
behalten  u.  s.  w. :  (er)  muss  den  einen  fuss  im  stegreif 
behalten  und  also  das  scHwein  siechen  Teuerdank  85; 
andere  vermeinten,  es  solle  ein  jeder  den  einen  fusz  im 
stegreiff  haben  und  reiten,  und  mit  dem  andern  auff 
dem  boden  gehen  Agyrtas  grillenvertreiber  (1670)  81; 
(bildlich:) 

er  naht  sich  kühn  dem  Pegasus, 
und  fasst  den  goldnen  zUgel. 
noch  steht  im  stegreif  kaum  sein  fnez, 
80  dreht  er  schon  den  riegel 

Pfbffel  poet.  vertuche  10,  88; 
ans  dem  stegreif  kommen  m,inus  firmiter  in  equo  seder», 
stapedam  perdere  Frisch  2,  326*;  sie  theten  jm  so  drang, 
dass  er  mit  beyden  füssen  auss  dem  stegreiff  kam  buch 
der  liebe  362  * ;  dasz  sie  alle  beyde  die  stegreiff  reumeten 
Amadis  184  Keller,  auch:  darnach  schlug  der  riess  ernst- 
lich zu  dem  Florentzen,  vnd  traff  jhn  mit  seiner  faust 
auff  den  rechten  schenckel,  dass  Florens  gar  nahe  zu- 
rück gefallen  wer,  doch  kam  er  bald  wider  in  seinen 
stegreiff  buch  der  liebe  15*.  als  gefährliche  Situation  für 
den  reiter  aber  bleibt:  do  schühele  das  ros  gegen  dem 
eher,  das  der  knabe  abeviel  und  in  dem  stegereyffe  gehing, 
und  wart  von  dem  pferde  gedrettet,  das  er  für  dot  bleip 
ligen  Königshofen  in  den  deutschen  städtechron.  9,  62»; 
die  andern  sagen,  sie  sey  in  des  pferds  stegreiff  bebangen 
vom  ross  geschleyfft  Seb.  Franck  chron.  254;  pferde  die 
ihren  mann  im  stegreif  hängend  Bräker  l,  152. 

o)  zur  besonderen  ehre  hält  man  einem  vornehmen  herm 
den  stegreif  beim  auf  und  absteigen :  Reynhardt  behandet 
jme  widerumb  sein  pferdt,  vnnd  Hielt  jm  den  stegreyff 
Aimon  C4*;  so  bald  er  jhn  aber  eingelassen,  und  auff 
der  Innern  fallbrücke  bewillkommte,  fehlte  wenig  oder 
gar  nichts,  dasz  er  ihm  nicht  selbst  an  stegraiff  griff, 
seine  devotion  gegen  ihm  zu  bezeugen  Simplic.  lOi  nextdr.; 
die  (haben)  .  .  .  demselben  den  stegreiff  und  pferd  ge- 
halten Dannhawer  catechismusmilch  2,  83;  im  lager  kam 
Swerker  gesprungen,  und  wollte  des  ritters  Trautwangen 
stegreif  halten  Fouque  zauberring  2,  173; 

vil  kleiner  juncherrelin 

Sprüngen  gein  dem  zoume  stn: 

iesliche;  für  de;  ander  greif. 

sie  habten  sfnen  stegreif: 

ans  muoser  von  dem  orse  stSn 

Wolfram  Panival  827,  88. 
besonders  als  'officium  Striae'  ein  (symbolischer)  dienst, 
welchen  der  vasall  seinem  lehnsherrn  tu  leisten  hat  (vgl. 
Sachsenspiegel  lehenrecht  66,  5);  der  geschichtlich  folgen- 
schwerste fall :  de  keiser  sal  eme  (dem  papale)  den  stegerep 
Halden,  dur  dal  de  sadel  nicht  ne  winde  Sachsenspiegel 
1,  1;  und  yhe  mit  der  teuffelischen  hoffart  hynfurt  zu- 
gelassen werde,  das  der  keyszer  des  bapsts  fuesse  kusz, 
odder  zu  seinen  fussen  sitze,  odder,  wie  man  sagt,  yhm 
den  stegreyff  halte  und  den  zäum  seines  maulpferds 
Luther  6,  MS  Weim.;  so  hat  pabst  Adrian  .  .  .  des 
keysers  Frideriohen  HöniscH  gespott,  das  er  jhm  nur 
zum  absteigen  gantz  unhofmännisoh  nicht  den  rechten, 
sonder  den  lincken  stegreiff  gehalten  Hott  Fi  schart 
bienenkorb  186*.  sonst:  der  anzal,  die  ime  den  stegraif, 
80  er  aufsitzen  und  reiten  wolt,  hielten,  waren  in  ainer 
zall  200  acht   Wüwolt  von  Schautnburg  17. 

b)  als  ätiszerster  grad  der  dtivtion  gilt  aber:  äugen- 
dicner,  welche  jmmerdar  die  knye  biegen,  vnd  den  iteg- 
raiff  küssen  Albrrtinus  teiikürter  68*;  t^^: 

OAwAn  b4t  ir  stnen  gniog, 

«i  kust  im  «tegreir  unde  vuog 

Wolfram  Parttval  «1, 1*. 

«)  »ehutf/tehende  ergreifen  bittend  den  «(«greif:  wenn 
er  (der  unter  dem  bienenkönig  vorguMU»  pab*€)  aber  gc- 
hasx  wirdt,  der  muti  fort,  Tnnd  hieng  er  H^m  keyKer 
au  ■tcgrciiTen  Fisuhaht  bienenhtrh  t66*. 

Cr. 


1389 


STEGREIF 


STEGREIF 


1390 


rf)  sich  im  stegreif  nähren,  als  berittener  xcege- 
lagerer  vom  straszenraub  leben  {vgl.  auch  entsprechendes 
unter  sattel  1  d  th.  8  sp.  1822) : 

also  ich  mich  im  stegreiff  nehr, 
wann  ich  kan  ye  nit  essen  grasz 

Hans  Sachs  3,  555  KeUer; 
so  leb  ich  forthin  gar  verwegen 
und  will  mich  in  dem  stegreiff  nehren 

1, 103  Keller  ; 

sol  ich  mich  denn  im  stegreiff  nehm, 
so  wil  ich  es  gar  nicht  sein  mit  ehm 

17,  261  Ä'eüer-fföfec 
und  zuletzt: 

soU  ich  mich  in  den  stegraiff  nehm, 
wie  ander  edel  renterslewt, 
so  furcht  ich  aber  meiner  hewt, 
dieweil  oft  mancher  wird  erdappet, 
das  der  rabenstein  nach  im  schnappet 

12,  443  Keller-Götze. 

daneben:  aus  dem  stegreif  sich  nähren  m#ic.,-  der  ärmere 
adel   lebte  wieder  aus   dem   stegreif  Zschokke  32,  148; 

wann  yeder  dät  als  er  thfin  sol, 
so  weren  sie  beid  gelttes  wert : 
dyser  mit  fädem,  der  mit  schwert, 
möht  man  ir  beid  entberen  nitt, 
wann  ob  der  hant  nit  wer  jr  schnytt 
vnd  durch  sie  würd  das  recht  versert, 
man  tsz  dem  stägenreiff  sich  nert 

Brant  narrenschiff  77, 17. 

dann  au^  'von  der  hand  in  den  mund'  und  dem  bildlichen 
gebrauch  unter  3  sich  nähernd  'ohne  grosze  Überlegung, 
mit  frischem  muth'  u.  s.  tc.,  wie  denn  überhaupt  die 
stärkste  tcurzel  jener  enttcicklung  hier  verborgen  liegt: 
ich  lebe  aus  dem  stegreif  Brentano  l,  62. 

a)  die  wendtmg  sich  vom  stegreif  nehren  latroeinari 
Frisch  2,  326''  beginnt  dagegen  den  begriffsinhalt  unseres 
wertes  zu  ertceitern:  sich  auf  reuterey  legen,  vom  sattel 
oder  stegreif  leben,  war  eben  so  viel  als  vom  raub  leben 
Schmidt  gesch.  der  Deutschen  i,  431;  das  faustrecht  der 
alten  ritter,  und  selbst  ihr  gewerbe,  vom  stegereife  zu 
leben  und  den  kaufmann  oder  reisenden  zu  plündern, 
war  bey  ihnen  eine  ehrensache  Schubert  verm.  schriften 
2,  275;  die  ritter,  welche  vom  stegreif  lebten  und  wege- 
lagerten,  wussten  wenigstens,  was  sie  thun  und  treiben 
sollten,  um  zu  existiren  W.  H.  Riehl  naturgeschichte  des 
Volkes  2,  298; 

das  sindt  myr  freylich  nasse  knaben, 
die  fill  verzeren  vnd  wenig  haben, 
in  halben  hossen  eynher  traben 
und  kynnendt  myr  den  seckel  schüUen, 
das  der  dreck  stinckt,  dapffer  rittelen, 
vnd  von  dem  stegreiff  sich  emeren 

MüRNER  BeJielmemunft  38  neudr.; 
ha!    ha!    da  zogst  du  aus  dem  stall  dein  rSsslein, 
schwangst  dich  hinauf,  wie's  Schottland's  rittem  ziemt, 
und  wie  die  ahnen  lebtest  du  vom  stegreif 

Heine  2,  328. 
ß)  diese  begriffserweiterung  wird  deutlicher: 

wer  mehr  wil  verzeren 

dann  sein  pflüg  mag  ereren, 

in  müsz  der  bettel  oder  stegreiff  neren 

Franck  tprüchxcörter  2,  101». 

besonders  beliebt  im  adverbieüen  genitiv:  etlich  gute 
schlucker,  die  sich  des  Stegreifs  dazumal  emarten  Wick- 
ram 3,  40;  ein  über  die  masze  frecher  verwägener  ritter, 
der  .  .  .  den  armen  edelleuten,  die  sich  des  Stegreifs  er- 
nähreten,  unterschleif  gab  Bucholtz  Herkuliskus  (16€5) 
U12; 

sol  ich  myn  kost  vom  sattel  nagen 

und  des  stegreiffs  mich  emeren, 

vil  böser  Wörter  mftsz  ich  hören 

MuRNBR  narrenbeichicörung  84  neudr.; 

streiffen  und  rouben  hat  er  giert 
vnd  sich  desz  stägenreiffs  emert 
Schweiz,  fchautpiele  de«  16.  jht.  8,  180  BäehMd; 

wann  er  (der  tchnapphahn)  verzert,  sich  Stegreifs  nert, 

greift  an  auf  all  personen, 

der  denkt  billich :  erschnapt  man  mich, 

80  mfisz  ich  ausz  den  bonen 

Uhland  volkfUeder  617  (236). 
entsprechend  auch  in  dem  bildlichen  sinne  unter  3: 

doch  rechne  nicht  darob  mich  zu  den  dichterlingen, 
die  Stegereifs  sechs  hundert  reime  singen 

Novalis  l,  207. 

Cr. 


/)  in  diesem  allgemeineren  sinne  hilft  unser  wort  die 
lebensweise  der  raubthiere  charakterisieren:  raben  und 
wolffen,  die  sich  auss  dem  stegreiff .  .  .  nehren  Ma- 
THESIUS   Sarepta  26"; 

vnd  wer  hat  nicht  gelesen  heut, 

die  wolffsklag,  wie  er  klagt  und  schreit, 

das  man  jhm  gibt  kein  kuttelfleck; 

so  trieg  er  keine  schaaf  hinwegk, 

vnd  das  er  sich  im  stegreiff  nehr 

Fischart  flöhhaz  67  neudr. 

e)  die  Voraussetzung  des  vorigen  hat  in  der  neueren 
Sprache  der  ritter  vom  stegreif,  der  raubritter,  tcege- 
lagerer  u.  s.  w.:  durch  grosse  Verluste  erkaufte  seine 
thorheit  das  beklagenswerthe  glück,  mit  rittem  vom 
stegereife  durch  dick  und  dünn  reiten  zu  dürfen  Holtei 
erz.  Schriften  11,  234.  auch:  der  unglückliche  krämer 
mochte  zuerst  glauben,  dasz  er  aufs  neue  in  die  bände 
der  unersättlichen  ritter  aus  dem  stegreif  gerathen  sei 
Alexis  hosen  des  herm  von  Bredow  l,  296; 
ich  bin  nicht  aufgestanden  freventlich, 
nicht  wie  ein  ritter  aus  dem  stegereif 

Immermann  16,  535. 

S)  eine  vom  galgenhumor  eingegebene  Übertragung  des 
vorigen: 

(ich  wöU)  ein  ding  finden,  ehs  wird  verlorn, 
stirb  ich  gleich,  eh  ich  kranck  bin  wom, 
und  mit  dem  kopff  ind  stegreiff  trett, 
heb  an  zu  trahn,  wenn  der  wind  weht, 
thu  auff  eim  hänffen  rosz  herreiten 

H.  Sachs  21,  52  Keüer-GöUe. 

3)  bildlich  aus  dem  Stegreife,  ohne  grosze  Vorberei- 
tung, ohne  lange  Überlegung,  keck,  eilig,  gleichsam  tcie 
der  fröhliche  reitersmann  schnell  noch  etwas  erledigt,  auch 
wenn  er  schon  im  sattel  sitzt  und  ohne  abzusteigen;  seltener 
in  die  form  des  Vergleichs  eingekleidet,  so  gerne  bei  Göthe: 
durchaus  bewundern  wir  die  Sicherheit  der  ersten  arbeit, 
die  ohne  langes  bedenken,  einer  lebendig  leuchtenden 
erfindung  gemäsz,  wie  aus  dem  stegreif  hingegossen  er- 
scheint 41,  2,  256  Weim.;  die  blüthe  erscheint  gleichsam 
aus  dem  Stegreife  II  7,  138  Weim. ;  indem  ich  diese  arbeit 
.  .  .  doch  zuletzt  nur  als  entwurf  gleichsam  aus  dem 
Stegreife  herauszugeben  im  falle  bin  II  i,  372  TTetm.  auch: 
wenn  insgeheim  der  bräutigam  zu  einem  nur  wie  aus  dem 
stegreif  unternommenen  besuch  in  Neubnrg  zu  bestimmen 
wäre  MÖRIKE  3,  59  (maier  Nolten).  gewöhnlich  aber  völlig 
als  bild,  das  so  einen  groszen  theil  des  menschlichen  mikro- 
kosmus  charakterisierend  umspannt:  aus  dem  stegreif 
sine  praeparatione  et  meditatione,  ex  tempore  aliquid  facere 
Frisch  2,  326'». 

a)  besonders  nahe  rückt  der  ursprünglichen  Sphäre 
einen  entschlusz  aus  dem  stegreif  fassen  u.^.tc., 
d.  h.  une  es  ein  rechter  schnellentschlossener  reitersmann 
thun  soll:  was  nun  der  königl.  schwedische  ambassadeur 
.  .  .  hierwieder  that .  .  .,  wolte  schier  nichts  mehr  ver- 
fangen: derhalben  er  auszm  stegreiff  eine  resolution  er- 
griff Chemnitz  schicedischer  krieg  2,  186;  dan  dergleichen 
hohe  und  wichtige  sache,  darauff  des  gantzen  reichs 
ruin  und  wolfart  bestehet,  wolte  seines  bedunckens  sich 
also  aus  dem  stegreiff  nicht  tractiren  lassen  2,  146;  weil 
er  aber  aus  dem  stegereiffen  keine  untadelhafte  ent- 
schlüssung zu  erkiesen  wüste  Lohen  stein  Arminius 
1,  146»;  (er  ward)  überaus  bekümmert,  also  dass  er  aus 
dem  stegereiffen  nichts  gewisses  zu  entschlüssen  wüste 
1,  159'*,  vgl.  auch  237"  u.  ö. ;  einen  rath  aus  dem  stege- 
reiffe  zu  fassen  Chr.  v.  Wolff  gedanken  210;  aus  dem 
Stegreif  wuszte  er  nicht  gleich,  wie  er  sich  bei  diesem 
verwirrten  handel  benehmen  sollte  MusÄus  Volksmärchen 
der  Deutschen  1,  121;  aber  die  frau  von  Albini  .  .  .  ent- 
schloss  sich  aus  dem  stegreif,  mit  mir  zu  gehen  J.  v, 
MÖLLER  5,  407;  seit  mehreren  jähren  war  mein  reise- 
entschlusz  gewöhnlich  aus  dem  Stegreife  gefasst  Göthe 
rV  28,  63  Weim.  —  die  .  .  .  das  urtheil  nicht  auss  dem 
stegreiff  herauss  recket,  auch  nicht  zu  lang  auff  dem 
schäftel  ligen  lässt  Dannhawer  catechismusmilh  3,  171; 
meine  meinung  aus  dem  stechreif  zu  sagen,  ist  gewisz, 
dass  .  .  .  der  prinzessin  dardurch  nicht  geholffen  ist 
Harsdörffer  frauenzimmergesprechspiele  i,  394;  eine 
meisterfrage,  die  ich  nicht  aus  dem  stegreif  lösen  kann 
MusÄus  physiogn.  reisen  4,  53;  ihre  .  .  .  argumente,  die 
oft  aas  dem  stegreif  kamen  Arcuenholz  England  und 

Cr. 


1391 


STEGREIF 


STEGREIF 


1392 


Italien  1,  2,  548;  mit  dieser  Charakterisierung  aus  dem 
Stegreife;  denn  wie  könnte  man  sie  anders  unternehmen? 
pedenken  wir  niemand  vorzugreifen  Göthe  40,  355  Weim. , 
die  rechten  deOnizionen  lassen  sich  gar  nicht  aus  dem 
Stegreife  machen  Fried.  Schlegel  im  Athenäum  l,  12,  21 ; 
ich  meines  orts  will  nur  einer  einzigen  dieser  ernen- 
nungen  aus  dem  Stegreif  bescheiden  entgegentreten  und 
diess  bloss  aus  piet&t  Hebbel  1 12,  81.  sogar:  wo  wasser 
und  moräste  sind,  und  da  man  nicht  recht  dazu  kommen 
kan,  macht  es  {das  abmessen)  die  gröste  hudeley,  und 
da  musz  man  denn  auf  mancherley  compendien  und 
handgriff  aus  den  stegreiffe  gefasst  seyn  Fleming  teut- 
scher  soldat  44. 

b)  aus  dem  Stegreif  sprechen,  d.h.  ohne  grosze 
Vorbereitung  und  ohne  manuscript:  jedes  grosse  genie  redet 
alles  aus  dem  Stegreife  Lessing  5,  344;  beredt  aus  dem 
Stegreife  Göthe  IV  41,  93  Weim.;  es  ist  nicht  aus  dem 
Stegreif,  was  ich  spreche,  ich  habe  zeit  gehabt  zu  denken 
25,  257  Weim.;  weil  er  meist  aus  dem  Stegreif  predigte,  so 
kam  auch  das  schreiben  selten  an  ihn  Nicolai  Nothanker 
2,  220;  (die  behauptung.)  ein  prediger  solle  stets  aus  dem 
Stegreife  zu  sprechen  bereit  sein  Holtei  vierzig  jähre  1, 161 ; 
nachfolgende  standrede,  welche  er  mir,  unerachtet  er  sie 
aus  dem  Stegreif  gesprochen,  schriftlich  mitteilte  E.  Th. 
A.  Hoffmann  10,  285;  Dietrich  aber,  als  guter  lutheraner 
bibelfest,  antwortete  aus  dem  stegreif  Moltke  Schriften 
2,  195.  —  {ich)  konnte  viele  darin  {in  der  bibel)  enthaltene 
geschichten  aus  dem  stegreif  erzählen  Bräker  l,  43; 
eine  schöne,  aus  dem  Stegreife  herdeclamirte  strohkranz- 
rede  Böttiger  kl.  Schriften  1,  854; 

der  brief,  den  ich  gesehen,  war  verfälscht; 
er  las  mir's  aus  dem  stegreif  nur  so  vor 

H.  V.  Kleist  1,  146  {zerh.  krug  12). 

in  stärkerer  bildliehkeit:  (Übergänge,)  die  der  redner  wohl 
nicht  aus  dem  stegreif  schütteln  möchte  Jahn  2,  239;  keck 
aus  dem  stegreif  einzuspringen  in  den  kämpf  der  reden, 
war  nicht  seine  weise  Treitschke  hist,  und  polit.  auf- 
Sätze  1,  408. 

c)  aus  dem  stegreif  schreiben  u.s.w.,  d.  h.  ohne 
grosze  Vorbereitung  keck  seine  ansichten  niederschreiben: 
gesammt  einem  .  .  .  von  mir  zwar  ausm  stegreif  .  .  . 
aufgesetzten  tractätlein  Leibniz  deutsche  Schriften  1,  169 ; 
von  da  an  {von  der  Schilderung  des  Londoner  brandes) 
scheint  das  buch  {Thomas  Sprat,  history  of  the  royal 
Society  of  London)  mehr  aus  dem  stegereif  geschrieben 
Göthe  II  4,  3,  18  Weim.;  unser  heft  aus  dem  stegreif 
IV  28,  103  Weim,.  —  besonders  als  arbeitsxceise  der  künst- 
ler:  so  darf  man  auch  wohl  annehmen,  dass  bey  der- 
gleichen weitläufigen  verdungenen  arbeiten  man  keines- 
wegs erst  modelle  gemacht  und  mit  fäden,  zirkeln  oder 
sonst,  höchst  gewissenhaft  verfahren,  wenn  der  haupt- 
begriff  gegeben  war,  so  arbeitete  der  künstler  wohl 
auch  aas  dem  Stegreife  Göthe  IV  29,  107  Weim.  —  so 
auf  dem  gebiete  der  musik:  aus  dem  stegreiffe  compo- 
niren  Mattheson  capellmeister  104;  die  erfindung  der 
cadenzen  aus  dem  Stegreife  ist  hier  hauptsächlich  mein 
augenmerk  Quantz  anweisung  die  flöte  zu  spielen  158; 
{er)  arbeitete  eine  fuge  aus  dem  stegreif  mit  vieler 
gründlichkeit  aus  Schubart  ästhetik  der  tonkunst  78; 
er  weiss  einen  gegebenen  satz  aus  dem  stegreif  so  oft 
man  will,  und  in  allen  tönen  umzuändern  235;  kurz: 
musik  aus  dem  Stegreife  E.  Th.  A.  Hoffmann  9,  122.  — 
auf  dem  gebiete  der  dichtku7ist:  eine  art  .  .  .  aus  dem 
Stegreif  gereimter  prose  Herder  18,  41;  aus  dem  stegreif 
die  reime  zu  machen,  wie  leicht  war  dasi  Göthe  is,  1, 
t61  Weim.;  man  lasse  mich  bekennen,  dass  ich  .  .  .  das 
gedieht  aus  dem  Stegreife  niederschrieb  41,  870  Weim.; 
ein  schlimmes  spottlied,  das  sie  ...  jedem  vorüber- 
gehenden aus  dem  stegreif  zusingen  Droste-HOlshoff 
t,  MO  ibilder  au*  Wettfalen); 

lauachen  wir  dem  wilden  dichter, 
der  im  kreia  gedrängier  tniwkcn 
hier  mit  liedem  aus  dem  Btegroir 
Mise  hOrerscbaft  begeietert 

Waiblinübr  gedickte  au*  Italien  l,  SI8; 

pOMie  aos  dem  ategreife  Grauer  norditcher  aufseher 
t,  »;  Tiele  baben  einen  grouen  hang  zur  dichlkunst 
atu  dem  ttepwif  Herder  ts,  SM;    verse  aus  dem  steg- 

Cr. 


reife  Arnim  16,  68.  —  es  nicht  an  herzlichen  dankgebeten 
aus  dem  Stegreife  fehlen  lassen   Keller  l,  40. 

d)  sich  aus  dem  stegreif  verlieben  u.  s.  w., 
d.  h.  auf  den  ersten  blick,  schon  nach  kurzer  zeit:  er 
habe  sich  aus  dem  Stegreife  sterblich  verliebt  Göthe 
22,  30,  5  Weim.;  war  der  fremde  nur  ein  frecher  tauge- 
nichts,  so  durfte  der  ringwechsel  aus  dem  stegreif  unter 
keinen  umständen  ihre  {Henriettens)  Zukunft  bestimmen 
Freytag  13,  68;  {Wak^ld.)  der  gleichsam  aus  dem  steg- 
reif die  tochter  des  reichen  herrn  Tourner  .  .  .  entführt 
und  .  .  .  geheiratet  hatte  Heine  3,  445.  vgl.:  der  prunck 
ist  der  kunstgrif,  den  einige  mädchen  brauchen,  wenn 
sie  aus  dem  stegreif  einen  mann  nöthig  haben  Hippel 
über  die  ehe  175.  auch  von  einer  nothtaufe:  in  der  nacht 
jemanden  aus  dem  Stegreife  zu  taufen  Gutzkow  u:erkeb,3l. 

e)  aus  dem  Stegreife  wandern,  d.A.  sich  ohne  lange 
Vorbereitung  und  schnell  auf  den  xceg  machen:  das . . .  weisz 
ich  wohl,  dasz  ich  zuletzt  aus  dem  Stegreife  fortgehen 
musz,  wenn  ich  loskommen  will  Göthe  IV  21,  244  Weim.; 
lust  und  muth,  aus  dem  stegreif  in  die  weite  weit  hinein- 
zurücken rV  28, 282  Weim. ;  ja  sogar  aus  dem  Stegreife  leben, 
d.  h.  ohtie  das  künftige  stark  zu  bedenken,  ohne  bestimmten 
lebensplan  {in  anknüpfung  an  i  d):  lass  mich  nächstens 
wissen,  wie  du  darüber  denkst,  was  du  vorhast  und 
ausführen  kannst,  denn  ich  darf  in  meinen  jähren  und 
tagen  nicht  mehr  aus  dem  Stegreife  leben  IV  35,  119 
Weim.  ähnlich:  das  glück  musz  doch  auch  einige  zeit 
haben,  um  zu  wachsen;  wer  wird  denn  so  aus  dem 
stegreif  glücklich  sein  wollen  Tieck  Schriften  5,  203. 

/)  eine  Vorrichtung  aus  dem  Stegreife  und 
eigentlich  nicht  dazu  bestimmt:  er  nahm  aus  dem  wand- 
schranke ein  lichtstümpfchen,  steckte  es  in  den  hals 
einer  flasche  und  ging  mit  dieser  Vorrichtung  aus  dem 
Stegreife  davon  Immermann  l,  12;  der  hof  hatte  keine 
andre  thüre  in  das  freie,  als  jene,  welche  Sannel  ein- 
mal aus  dem  stegreif  gemacht  hatte,  das  halbledige  brett 
der  verzäunung  Ludwig  2,  386; 

eine  alte  kirch'  am  kreuzweg  ist's  —  ein  spital  jetzt  aus 
dem  stegreif  {für  die  kriegsverumndeten) 

Freihgrath  4,  80. 

g)  ein  fest  aus  dem  Stegreife  d.  h.  aus  der  frohen 
laune  des  augenblicks  heratis,  plötzlich  und  ohne  Vor- 
bereitung arrangiert  und  gefeiert:  ball  aus  dem  Steg- 
reifen Göthe  IV  13,  84  Weim.;  das  fest  aus  dem  Steg- 
reife Holtei  erzähl,  schriftenü,  146;  ein  kleines  familien- 
fest  aus  dem  stegreif  Immermann  2, 145;  zu  dem  gelage 
aus  dem  stegreif  Keller  5,  21;  fröhliche  kaffegesell- 
schaffen  aus  dem  stegreif  4,  261;  vgl.  jetzt  wollen  wir 
.  .  .  ein  groszes  souper  aus  dem  stegreif  arrangieren 
Nestroy  2,  3i7. 

h)  ganz  entsprechend  ritter  aus  dem  stegreif  {oben  1  e) 
stärker  an  die  person  geknüpft:  man  hielt  ihn  nun  für 
einen  der  besten  reimer  aus  dem  Stegreife  weit  und 
breit  Heinse  4,  91;  als  volksdichter  aus  dem  stegreif 
Gutzkow  werke  5,  117;  vgl.  so  aus  dem  Stegreife  hat 
mich  das  talent  mehr  verwirrt  als  ergetzt  Göthe  IV  41.  14ö 
Weim.  —  hierher  gehört  attch  der  haarkünsdcr  aus  dem 
Stegreife  Immermann  3,  29  {Epigonen  l,  4). 

i)  durch  einen  weiteren  zusatz  erläutert;  neben  sogleich: 
das  fällt  mir  zu  schwer,  so  gleich  aus  dem  Stegreife 
verse  zu  machen  Gottsched  deutsche  Schaubühne  8,  IfiO; 
{gedächtnis.)  das  ihm  alles  nötige  .  .  .  sogleich  aus  dem 
Stegreife  darreichte  Arndt  tcerke  1,  70.  ergänzt  durch 
ohne  Vorbereitung:  {man  glaubt.)  eine  hcirath  müsse 
man,  wie  ein  bonmot,  ohne  Vorbereitung  aus  dem  steg- 
reif machen  J.  Paul  6,  sa  und  in  der  eile:  sie  verlangen 
auch  wahrhaftig  zu  viel,  dass  das  alles  so  in  der  eil, 
ganzaus  dem  stegereif  zu  stände  kommen  soll  Tieck  5,2.38. 

k)  in  einer  begrifftenoeiterung  {entsprechend  oben  i  d  j'i): 
die  besten  Schauspieler  in  der  weit  ...  für  das  aufge- 
schricbno  und  fUr  den  stegreif  haben  sie  ihres  gicirhon 
nicht  Shakespeare  8,  817  {Hamlet  8,  8)  d.  h.  stcgrcifscluiii 
Spielkunst,  die  improtfineri. 

4)  auch  daaselbe  wie  oben  steg  an  dem  beinkleid  der 
männer  (itegSO:  er  (der  ieufd^  selbst  ging  auf  Bern 
als  weinhändler,  mit  Stegreifen  an  den  boincn  und 
schnauzen  im  gosicht  Goitmklf  8,  888;  der  lächelnde 
feine  niunn  .  .  .  wandelt  vor  uns  über  blühende  aucn 

Cr. 


1393 


STEGREIF 


STEGTISCH-STEHAUF 


1394 


nnd  darf  über  ein  wiesenbächlein  springen,  ohne  dasz 
ihm  die  Stegreife  reissen  Keller  nachgel.  Schriften  24. 
5)  in  weiterer  Zusammensetzung  oder  ableitung:  Steg- 
reifdichter, m.,  entsprechend  oben  3  Ä,  zugleich  als 
deutscher  ausdruck  für  improvisator :  der  Stegreifdichter 
Herder  25,  393;  die  farceurs  und  Stegreifdichter  Bötti- 
ger kleine  Schriften  2,  366;  männer,  die  eifrig  einem 
Stegreifdichter  zuhören,  der  mit  einem  einsaitigen  in- 
strumente  seine  verse  begleitet  Hoffmann  von  Fallers- 
LEBEN  7,  371.  dazu  st egr eif dichterei,  /.,  thätigkeit 
oder  erzeugnisz  eines  Stegreifdichters: 

einheimisch,  wie  aller  orten 
die  strassenbettelei, 
ist  unter  Italiens  himmel 
die  stegreifdichterei 

Hoffmann  von  Fallbrslebbn  5,  54. 

stegreifereignis,  n.,  ereignisz,  das  plötzlich  und  ohne 
Vorboten  eintritt:  status  quo  des  augenblicks,  der  sich 
fortwälzen  musz  bis  zu  irgend  einem  groszen  stegreif- 
ereignisz,  einem  entscheidenden  zufall  Gutzkow  icerke 
9,  107.  —  stegreifern,  verb.,  eticas  aus  dem,  Stegreife 
itiun,  einrichten,  ins  werk  setzen:  nachdem  wir  gefrüh- 
stückt, Stegreif ern  wir  eine  musikbande:  Bloem  spielt 
die  geige,  ich  die  triangel,  andere  folgen  nach  mit  basz, 
trompete,  waldhorn  Hoffmann  von  Fallersleben  leben 
6,187.  —  stegreifgedieht,  n.,  entsprechend  oben  3c: 
Walter  Scott's  stegreifgedicht  auf  den  bauchredner  Alexan- 
der Böttiger  kleine  Schriften  l,  46.  —  stegreifisch, 
adj.,  stegreifartig,  aus  dem  Stegreif  gefertigt:  verzeihen 
sie  mir  diesen  stegreifischen,  kaum  nach  ihrer  abreise 
niedergeschriebenen  vertrag  Göthe  IV  35,  164  Weim.  — 
stegreifjunker,  m.,  entsprechend  oben  ritter  vom  Steg- 
reif {unter  l  c)  bezeichnung  eines  ritterlichen  Wegelagerers: 
er  erzählte  mir  von  der  stadt  Vergangenheit,  wie  es 
in  den  Chroniken  zu  lesen  stand,  bis  hinab  zu  dem 
bösen  stegreifjunker,  dessen  letzte  unthat  einst  das 
epitaphium  des  ermordeten  in  der  alten  kirche  berichtet 
hatte  Storm  2,  8.  —  stegreifleben,  n.,  leben  im 
Stegreif,  {vgl.  oben  1  d) :  wenn  überhaupt  der  handwerker 
jetzt  das  stegreifleben  des  mittelalterlichen  ritters  fort- 
setzt, so  thut  es  vor  allen  andern  der  setzer  Lagarde 
deutsche  Schriften  267;  daneben:  ich  dagegen  bin  in  einer 
läge  zum  bewusztsein  gekommen,  die  viel  von  dem 
schwanken  des  Schiffbruchs  oder  vom  stegreifsieben 
einer  nomadenhorde  hatte  Immermann  5,  134.  —  steg- 
reiflich, adj.,  aus  dem,  siegreil  gegeben,  vielleicht  im  gegen- 
sätzlichen Wortspiel  mit  reiflich  {s.  th.  8  sp.  633  unter  l) :  be- 
urtheile  meinen  nachfolgenden  stegreiflichen  rath  Grabbe 
4,  395.  vgl.  oben  stegreifisch.  —  stegreiflied,  n.,  lied  aus 
dem  Stegreif  {vgl.  3  c) : 

klagyoll  sogleich,  da  sie  den  lärmen  hört, 
singt  sie  ein  stegreiflied,  wie  alles  trug  ist, 
wie  liebe  jung'  und  alte  männer  thört, 
in  klugheit  närrisch,  in  Verrücktheit  klug  ist 

Freiligrath  6,  219. 

stegreiflos,  adj.,  von  einem  reiter,  der  die  Stegreife  beim 
reiten  verliert  und  in  gefahr  geräth,  abgeworfen  zu  werden : 
Reynhardten  den  sattel  zwischen  den  beynen  habende, 
auff  die  erd  fiel,  und  Rulandt  wardt  stegreyfloss  Aimon 
V  2  ».  —  stegreiflustspiel,  n.,  improvisiertes  lustspiel 
{entsprechend  oben  3  c):  das  stegreiflustspiel  MOllner 
7,  168.  —  stegreifmahl,  n.,  schnell  angerichtete  mMhl- 
zeit  {vgl.  3  g):  die  dorffrauen  nahmen  an  dem  stegreif- 
mahle .  .  .  teil  Keller  8,  295.  —  stegreifpoesie,  /. 
{entsprechend  oben  3  c) :  sie  bezaubert  alle  durch  Schön- 
heit, durch  kleidung,  durch  stegreifpoesie  der  Wirklich- 
keit, die  gemeine  klatschrose  der  gesellschaftsunterhaltung 
verwandelt  sie  in  die  üppigsten  rosen  von  Pästum,  in 
rosen  der  poesie  Jung  hriefe  über  Outzkotcs  ritter  vom, 
geiste  68.  —  stegreifpoet,  m.,  tric  o6en  Stegreifdichter: 
ihre  {der  Spanier)  improvisatoren  oder  stegreifpoeten  be- 
gleiten alle  ihre  einfalle  mit  diesem  Instrumente  {der 
laute)  Schubart  Schriften  b,  Zi2.  —  stegreifposse,/., 
wie  oben  stegreiflustspiel:  stegreifposse  Raupach  dram. 
MJcrie  16,  31.  —  stegreifrede,/.,  improvisierte  rede  {vgl. 
oben  3  b) :  des  onkels  kurze  stegreifrede  an  die  schwei- 
gende und  doch  so  beredtsame  stemennacht  Goltz 
jugendleben  3,  204;  dies  war  der  anfang  einer  ziemlich 
langen  stegreifsrede,  die  dem  herzog  mit  leichter  be- 


X.  2. 


Cr. 


redsamkeit  über  die  lippen  flosz  Kurz  2,  65.  —  steg- 
reifredner,  m.,  deutsch  für  improvisator  {vgl.  das  vorige) : 
dieses  talent  der  englischen  stegreifredner  ist  unendlich 
über  die  italienischen  stegreifreimer  erhaben  Archen- 
holz England  und  Italien  1,2,  U8.  —  stegreifreimer,  m., 
wie  oben  Stegreifdichter,  doch  mehr  im  wegwerf  enden  sinne: 
s.  den  vorigen  beleg.  —  steigreifreimerei,/.,  wie  oben 
stegreifdichterei,  doch  im  sinne  des  vorigen:  gemeiniglich 
geschieht  diese  stegreifreimerey  singend  Archenholz 
England  und  Italien  2,  279.  —  stegreifreimerin,/.  zu 
stegreifreimer:  die  stegreifreimerin  {improvisatriee)  ebenda 
2,279.  —  stegreifritter,  m,.,  ritter  vom  Stegreif  (oJen  3 e); 
daneben  stegreifsritter  Immermann  11,  189.  vgl.  oben 
stegreifjunker.  —  stegreifritterthum,  n.,  stand  und 
Seesen  des  stegreifritters  {s.  das  vorige):  das  stegreifritter- 
tum  Grote  weltgesch.  7,  573.  —  stegreifscharmützel, 
n. :  selbst  die  gescheitesten  . .  .  ahnten  nimmermehr,  dass 
eine  .  . .  Umwälzung  .  . .  wenig  gefördert  wird  durch  ein 
stegreifscharmützel  Heine  7,  552.  —  Stegreifspiel,  n., 
improvisiertes  dramatisches  spiel  {vgl.  stegreiflustspiel, 
-posse  und  oben  3  k) :  besonders  belehrend  ist  aber  das 
Schauspiel  in  seinen  früheren  versuchen,  sich  als  Steg- 
reifspiel von  der  dichtkunst  loszumachen  Vischer  ästhe- 
tik  3,  1,  65;  er  {Schröder)  war  ...  in  niedrigkomischen 
rollen  bewundert,  da  er  eine  Zeitlang  bei  dem  meister 
des  Stegreifspiels  und  der  niedem  posse,  bei  Kurz, 
zubrachte  Gervinus  gesch.  der  deutschen  dichtung  5,  487. 
—  Stegreifsprung,  m.,  etica  als  Übersetzung  von  exira- 
vaganze :  sie  war  an  auszerordentliche  Zwischenfälle,  an 
kecke  stegreifsprünge  ihres  mannes  zu  sehr  gewöhnt, 
als  dasz  sie  über  die  erscheinung  und  den  auftrag  des 
jungen  offiziers  mehr  als  billig  hätte  betreten  sein  können 
MÖRIKE  6,  259.  —  stegr ei fvers ,  m.,  vers  aus  dem  Steg- 
reif (*.  oben  3  c) :  stegreifverse  Freytag  bilder  i,  399.  — 
stegreifvortrag,  m,.,  improvisierter  Vortrag,  als  Über- 
setzung von  Improvisation:  plötzlich  trat  bei  ihm  .  .  . 
mangel  an  präparation  ein.  die  stunde  bekam  den  Cha- 
rakter eines  stegreifvortrags  Gutzkow  tcerke  1,  215. 

STEGTISCH,  m.,  tisch,  dessen  beine  durch  stege  {s.  steg  2e) 
weiter  verstärkt  werden.  —  besonders  im  deminut.  steg- 
tischchen,  n.,  tischchen  mit  zierlichen  beinen,  die  solche 
Verstärkung  besonders  nöthig  haben.  (Cr.) 

STEHÄFFCHEN,  n..  s.  stehauf  l,  a. 

STEHAUF,  m.  l)  bezeichnung  eines  Spielzeugs,  'ein  ding, 
welches  tcieder  aufstehet,  auf  seinen  fusz  oder  sein  unteres 
mit  blei  versehenes  ende  zu  stellen  kömmt,  wenn  man  es 
auf  die  seite  legt  oder  auf  den  köpf  stellt,  besonders  legt 
man  diesen  namen  dergleichen  kleinen  stücken  holunder- 
mark etc.  bei,  welchen  man  die  gestalt  eines  männchens 
gegeben  oder  ein  gesicht  angemahlt  hat,  und  welche  man 
auch  wol  Stehmännchen,  wippermännchen  nennt'  Campe  ; 
ähnlich  Heinsius  tcb.  der  d.  spr.  (1818)  4,  765''  {auch  kobold) ; 
'stehauf  m.,  Stehaufmännchen,  n.  ein  länglich  rundes 
Stückchen  weichen  hohes  oder  fliedermarkes,  mit  einem  ge- 
sicht bemalt  und  mit  etwas  blei,  einem  nagel  oder  pech- 
kügelchen  oben  versehen,  wenn  es  die  kinder  aufrichten, 
so  stellt  es  sich  immer  wieder  wie  ein  purzdmännchen  auf 
den  köpf .  .  .  nd.  wippermänneken ,  schwäb.  stehauferle' 
Hoffmann  v.  Fallersleben  in  Wagners  orcÄiv  i,  276; 
so  auch  mundartlich,  berl.  stehuf  Hans  Meter  d.  richtige 
Berliner^  118'».;  in  Posen  der  sti-uff  Bernd  294/.  {erklärun^ 
wie  bei  Campe);  'auch  die  {aus  böhm.  bädem  oft  mit- 
gebrachten) gläser,  die  sich  von  selbst  aufrichten,  heiszen 
stehauf  Albrecht  iei'^z.mun<far< 216''.  implural:  solche 
kerls,  wie  mein  Schwiegersohn,  fallen  immer  wie  die 
stehaufs  und  die  katzen  auf  die  beine,  man  mag  sie 
auch  herum  werfen,  wie  man  will  Tieck  15,  65  {Pet. 
Lebr.2,8).  —  so  übertragen :  'ach',  sagte  der  bärnhäuter, 
...  'es  ist  mir  nur  eine  verfluchte  arbeit,  so  einem  kleinen 
stehauf,  wie  du  bist,  auf  der  weit  zu  dienen  ..."  —  'ei 
was',  sagte  der  allraun,  und  kam  unter  dem  rocke  der 
alten  hervor,  'ich  bin  nicht  eben  zu  klein,  aber  du  bist 
zu  grosz'  Arnim  l,  56.     dafür  auch: 

a)  deminutivbildungen ,  bes.  stehauf chen,  n.,  so  in 
Augsburg,  korkmännlein  Birlinger  410'»  {schicäb.  auch 
stehauferle,  s.  oben);  thür.,  s.  Hertel  «prcK^cA.  234*;  in 
Leipzig  auch  entstellt  zu  'stehäffchen,  stehaufchen, 
stehuff,  das,  Spielzeug;  hoUunderröhrchen.  an  einem  ende 

88  Cr.  Mr. 


1395 


STEHBEIN-STEHBLECH 


STEHBODEN-STEHEN 


1396 


mit  biet  beschwert,  so  dasz  es  sich  von  selbst  aufrichtet', 
auch  Stehmännchen  und  anderswo  puttermännchen,  kögel- 
männchen  genannt  Albrbght  sie*".  auxJi  in  der  Schrift- 
sprache: und  dieses  ist  freylich  nur  ein  Vorzug  solcher 
kleiner,  niedlicher,  witziger  und  freyer  werkchen,  wo  die 
raaterien  überall  am  rechten  orte  stehen,  eben  so  wie 
die  stehaufchen,  diese  zum  Zeitvertreib  der  kinder  er- 
fundenen nützlichen  Werkzeuge  Lessing  4,  271  Lachmann- 
Muncker;  ich  sende  sie  {die präsente)  doch  erst  von  Muskau 
aus,  nämlich  eine  schlänge,  die  sehr  schöne  ringe  macht, 
und  ein  stehaufchen  Pöckler  briefw.  u.  tageb.  7,  169. 

b)  die  weitere  Zusammensetzung  stehaufmann,  über- 
tragen: diese  figuranten  und  stehaufmänner,  deren  jeder 
Staat  bedarf,  bleiben  es  nicht  immer,  sie  bekommen 
nur  zu  oft  eigenes  leben  und  eignen  willen,  und  rebel- 
liren  dann  gegen  die,  welche  ihre  schöpfer  waren  {vor- 
her: welch  ein  süszes  gefühl,  so  manche  Vogelscheuche 
in  amt  und  würden  zu  sehen  I)  Alexis  ruhe  ist  d.  erste 
bürgerpß.  (1852)  1,  241  (15.  cap.).  —  Mufiger  Stehauf- 
männchen: plastische  nachbildungen  der  kobolde  sind 
die  hölzernen  nuszknacker  und  die  aus  hoUundermark 
geschnitzten  Stehaufmännchen  Ad.  Wuttke  volksabergl. 
(1860)  411;  der  baron  hatte  einen  schwankenden  gang, 
stülpte  auch  wohl  manchmal  um,  stand  aber  gleich 
wieder  wie  ein  Stehaufmännchen  auf  den  füszen  E.  Th. 
A.  Hoffmann  9,  210  Orisebach;  unverdiente  kinderkrän- 
kung  wirkt  nicht  etwa  blos  äuszerlich  auf  den  stolz 
und  duckt  gleichsam  ein  Stehaufmännchen  in  seine 
schachte!  Gutzkovv*  ges.  werke  (i872)  1,  97;  hundertmal  da 
und  dort  abgewiesen,  gleichen  sie  den  Stehaufmännchen, 
die,  stelle  man  sie  auch  hundertmal  auf  den  köpf,  immer 
wieder  auf  ihr  dickes  ende  fallen  3,  13  {bezw.  11,  212  in 
d.  ausg.  V.  1846;  'die  wellenbraut'),  oberlaus,  stehufmandel 
Anton  13,  7. 

2)  als  pflanzenname,  salepvmrzel,  orchis  morio  Pritzel- 
Jessen  {in  Siebenbürgen).  —  so  geicöhnlicher  die  wort- 
gruppe  steh-auf-und-wandle,  bezeichnung  von  heil- 
kräftigen pflanzen  in  anlehnung  an  Matth.  9,  5/.,  und  zwar: 

a)  kreuzen zian .  geniiana  cruciata  Campe  {auch  heil- 
allen-schaden)  und  Nemnich  im  wörterb.,  dagegen  im 
text  zu  gentiana  vema,  frühling senzian ,  himmelstengel, 
danach  Pritzel-Jessen;  'steh-auf-und-wandle,  name  des 
kreuzenzians.  wegen  seiner  heilkraft'  Heinsius  4,  765''. 

b)  meistens  ehrenpreis,  veronica  officinalis  Pritzel- 
Jessen.  'diese  pflanze  galt  für  so  heilkräftig,  dasz  sie 
gichtbrüchige  von  ihren  leiden  befreie,  daher  ilir  na?ne 
aus  dem  evang.  Matth.  9,  5 — 6.  der  ältere  name  ist  tcol, 
im  sinn  übereinstimmend,  grundheil'  Hoffmann  v.  Fal- 
lbrsleben,  vgl.  in  Wagners  arch.  l,  276.  dafür  nd. 
{hamb. -holst.)  sta(h)  up  un  ga(h)  weg,  ehrenpreis.  veronica 
RiCHEY  285;  'welchem  kraute  eine  schnellheilende  kraft  zu- 
geschrieben  Vfird,  in  geschwülsten  im  rätuherkrauV  ScH  ütze 
4,  179;  s.  auch  nd.  korrespondenzbl.  2,  50/.  c^  sta  up  un 
ga  darvan  bei  Walbaum  idiot.  Lubecense  {Lpz.  1747),  *. 
Pritzel-Jessen. 

STEHBEIN,  n..  dass.  wie  standbcin  sp.  731:  das  knie 
des  Stehbeines  ist  hier  immer  sehr  geneigt,  sich  zu 
biegen,  80  wie  die  fuszspitze  des  spreizbeines  sich  zu 
strecken  Jahn  2,  40  Euler. 

STEHBIER,  n.,  bier.  das  man  schnell  im  stehen,  ohne 
sieh  erst  zu  setzen,  austrinkt:  im  kretscham  wurde  ein 
stehbier  getranken,  und  die  cigarren  in  brand  gesetzt 
W.  V.  POLENZ  d.  büttnerbauer  l,  6.  jetzt  giebt  es  in  groszen 
Städten  zahlreiche  Stehbierhallen. 

STEHBILD,  n.:  ew.  wohlgeboren  musz  die  unerfreu- 
liche nachricht  melden,  dasz  das  modeil  sehr  Übel  zu- 
gerichtet bey  mir  angekommen  .  .  .  auf  der  post  hat  man 
wahrscheinlich  das  kislcben  flach  gelegt  und  so  schwankte 
dM  Stehbild  bey  jeder  erschUtterung  Göthe  bri^e  26, 180 
{an  Sehadow.  d.  17.  dee.  1816);  BlUchersches  monument  für 
Brealan.  als  abwechslung  jenes  für  Rostock  beliebten 
Stehbildes  erscheint  hier  ein  schreitebild,  das  man  nicht 
mUzbilligen  kann  28,  109. 

8TKHBLECH,  n..-  die  gurtungon  der  Town' sehen  brücken 
sind  T- förmigen  querschnittes  und  werden  zusammen- 
gesetzt ans  horizontalen  bicchlamellcn  und  zwei  winckci- 
eisen.  welche  entweder  unmillolbar  zwischen  ihre  vortl- 
CM.lt  Schenkeln  die  aus  flacheisen  bestehenden  gitterst&be 

Hr. 


fassen,  oder  mittelst  eines  eingelegtes  verticalen  bleches, 
des  'stehbleches',  die  befestigung  der  gitterstäbe  an  die 
gurtungen  ermöglichen  Karmarsch-Heeren''  2,  87  {dazu 
flg.  619). 

STEHBODEN,  wi. ;  da  wir  fürchten,  dasz  es  uns  ein 
duell  zuziehen  möchte,  wenn  wir  sagen,  die  Studenten 
und  Offiziere  wären  parterre,  so  wollen  wir  für  sie  einen 
festen  stehboden  herstellen  Rosegger  sehr.,  2.  serie  li,  27. 

STEHBOJE,  /.,  preusz.,  'flottholz  von  flaschenform  am 
störgarn,  dessen  dickeres  ende  durch  eine  schnür  an  der 
simme  befestigt  ist'  Frischbier  2,  .Söä*. 

STEHBOLZEN,  m.:  bei  dem  hohen  dampfdrucke  .  .  . 
müssen  diese  ebenen  flächen  (bei  locomotiven)  versteift 
werden,  was  durch  die  sogenannten  stehbolzen  {entretoise- 
stay)  geschieht,  d.  h.  schrauben  aus  eisen,  stahl  oder 
kupfer,  deren  gewinde  in  der  platte  des  feuerkastens 
und  des  stehkessels  ihre  muttern  und  beiderseits  noch 
runde  nietenköpfe  haben  Karmarsch-Heeren*  3,  81  {dazu 
fig.  1304) ;  Versteifungen  zweier  paralleler  flächen  erfolgen 
durch  stehbolzen,  das  sind  lange  niete,  über  welche  eine 
hülse  aus  schmied-  oder  guszeisen  geschoben  ist,  welche 
die  platten  auseinander  hält  6,  .365. 

STEHBRETT,  n.:  die  kutsche  hielt  an,  der  schlag 
ging  auf,  der  diener  schlosz  ihn  wieder,  erklomm  sein 
stehbrett,  sie  rollten  davon  Holte l  erzähl.  Schriften  36,  80. 

STEHELEN,  STEHELIN,  adj.,  ältere  form  für  stählen, 
s.  das.,  sp.  560jf.,-  dazu  noch:  nym  stehelen  plech  und 
glue  dy  küchenmeist.  d  8. 

STEHEN,  verb.  stare. 

I.  verwandtsclmft  und  form. 

A)  etym^logie.  l)  stehen  geht  zurück  auf  die  idg.  vmrzel 
sthä-  {das  th  erscheint  nur  im  indischen,  sonst  überall 
stä),  die  in  allen  idg.  liauptstämmen  {mit  ausnähme  des 
armen,  u.  alban.)  für  diesen  begriff  vencendet  wird,  die 
ursprüngliche  präsensbildung  ist  die  redupliderende :  *si- 
sthämi,  erfüllten  in  skr.  tis^hati,  avest.  hiStaiti  {altpers. 
imperf.  a-i§tata),  kelt.  *sestämi  in  altir.  air-issim  und 
den  subst.  sessam  und  sessed  'das  stehen',  sowie  mit  ab- 
geänderter bedeutung.  als  causativ  'stellen'  oder  perfectiv 
'sich  stellen',  in  gr.  "axrifu  und  lat.  sisto  {umbr.  sestu). 
daneben  in  den  europäischen  sprachen  ein  präsens  *stSy5, 
lat.  sto,  umbr.  stahu;  altir.  tiu,  tö  bin  {aus  •[sjtäö); 
lit.  stöju,  st6ti  treteji  {nebeti  stöwiu,  stoweti  stehen);  slav. 
einerseits  mit  n-präsens  stan^,  stati  stehen  bleiben,  sieh 
stellen,  andrerseits  mit  kurzem  vocal  stoj%,  stojati  stehen.  — 
zu  sthä-  gehören  zahlreiche  ahleitungen.  daneben  begegnet 
eine  erweiterte  wurzelgestalt  sthäv-  mit  den  ablautsformen 
stheva-  {skr.  sthavi-)  und  sthü-,  die  mannigfachen  ablei- 
tungen  zugrunde  liegt,  sich  aber  mit  einer  idg.  basis  stu- 
in  ähnlicher  bedeutung  {sich  zusammenballen ,  steif  sein) 
berührt,  von  der  sie  bei  fehlen  der  indischen  formen  nicht 
mit  Sicherheit  zu  scheiden  ist.  (HiRT  unü  umgekehrt  sthä- 
aus  *sthv5-,  einer  ablautsstufe  zu  sthdva-,  herleiten,  indog. 
forschungen  12,  195—9.)  vgl.  Fick*  1,  14«/.  667;  2  (Stokes- 
Bezzenberger  urkelt.  sprachsch),  Sil;  8  (Torp),  477. 
Uhlenbeck  altind.  etymol.  wb.  346''/.  Prellwitz  griech. 
etymol.  tob.'  199/  Walde  lat.  etymol.  wb.  697/  Miklosich 
vergleich,  wb.  der  slav.  spr.  319. 

8)  im  germanischen  ist  diese  wurtel  im  allgemeinen 
durch  eine  Weiterbildung  mit  dei\t<d  sta{>-,  stad-  ersetzt, 
sie  geht  vielleidd  aus  von  den  häufigen  nominalableitungen 
mit  i :  dem  verbaladj.  *8thatös,  skr.  sthiti-  stehend,  avest. 
stäta-  {die  länge  des  vocals  ist  nicht  sieher),  gr.  OXtndi, 
lat.  Status,  ahn.  stadr  im  sinne  der  deutschen  vonterbil- 
düng  stäiig,  s.  das.,  sp.  935,  und  dem  verbalabHr.  *sthati- 
das  stehen.  Stellung,  zustatui:  skr.  sthiti-,  avest.  stliti  (wie 
oben),  azdaig,  lat.  stati-  in  statim,  sonst  d^für  stati-o. 
germ.  stadi-,  *.  statt,  sp.  WA  ff.,  und  stadt,  «p.  480/ ,  mit 
lätige  slav.  po-statT;  das  nomen  agenti»  •8th&t5(r)  ist  im 
germ.  nicht  vertreten,  {nicht  überzeugend  ist  Hirt's  her- 
leitung  des  t  aus  einer  —  in  jeder  KineieM  höchst  un- 
ioahrMheinliehen  —  8.  sing.  aor.  med.,  t.  Paül-Braunes 
beitr.  88,  816/.)  zu  dieser  basis  gehören  im  deutatken  tmeter 
dem  verb.  (standan,  *.  unten  B)  und  den  ang^fUMtn  uOr- 
tem  noch  stad,  stade(n),  $.  ep.  416/;  nihd.  itate,  $.  sUtt 
I,  8,  sp.  064/.,  daeu  statten,  sp.  loi«/..  gestatten,  1h.  4,  i. 
4>08ir-  t«.  «•  «c.;  st&t,  «.  atet  und  stat  {adv),  «p.  «84;  mit 
ablaut  Stute,  «.  dat.;  stadsl.  v.  418/.,  dasu  whl  stall. 

Mr. 


1397 


STEHEN  (I,  B.  1,  a— d) 


STEHEN  (I,  B,  1,  e-f) 


1398 


sp.  b9if.,  stellen  u.  s.  tc.;  ferner  got.  lukarna-sta|)a  leueh- 
ter,  anda-sta|)jis  Widersacher,  af-stass  ahfaU,  faura-stasseis 
Vorsteher,  gastoI)^an>n  zum  stehen  bringen,  anastodjan 
anfangen,  s.  Grimm  gramm.  2, 11.  Uhlenbeck  got.  etymol. 
icb.^  139^.  Feist  248.  —  die  unerweiterte  tcurzel  lebt  auszer 
in  dem  verb.  stehen  (theihceise,  s.  B,  1.  2)  nur  in  got.  stoma, 
grundlage,  stoff,  das  sich  lautlich  mit  slcr.  sthiman-  stand^ 
ort,  gr.  oti]U(ov,  lat.  stämen  aufzug  am  Webstuhl,  lit.  stomä 
natur,  deckt,  a.  Uhlenbeck-  imV-  Feist  252"  {doch  vgl. 
E.  Schröder  ztschr.  f.  d.  alterth.  42,  68),  und  dem  dazu 
im  ablaut  stehenden  stamm,  sj).  634/.,  fort,  zahlreich 
sind  die  nachkommen  der  icurzelform  st(h)5-w-:  st(h)ü, 
so  sicher  germ.  *stö-wö  statte,  stelle  (altn.  -stö.  ags.  stöw, 
altfries.  stö,  got.  stana  gericht  ToRP  493)  und  stauen, 
s.  das.,  femer  stauer  (adj.),  stier,  Steuer,  stütze,  studel, 
viell.  auch  stände,  stauf,  staunen,  *.  diese,  vgl.  zum 
ganzen  Weigand'*  2,  958/.    Kluge^  377*». 

B)  für  den  verbalbegriff  'stehen'  verwendet  das  germ. 
eine  zwiefache  wurzelgestalt.  einerseits  lebt  die  ursprüng- 
liche vocalische  basis  fort;  doch  ist  sie  weder  in  allen 
formen  noch  in  allen  germ.  sprachen  vorhanden,  andrer- 
seits ist  die  erweiterte  germ.  tcurzelform  staj)-  in  gebrauch; 
sie  bildet  das  präsens  mit  infigiertem  n  (standan),  das 
dann  im  deutsäien  auch  in  die  andern  flexionsformen  ein- 
gedrungen ist. 

1;  die  kürzere  idg.  tcurzelform,  ist  auf  das  präs.  (und 
geleg.  das  part.  petf.)  beschränkt,  sie  fehlt  vollständig  im 
got.,  westnord.  und  engl.,  begegnet  also  im  deutschen  und 
dän.-schtced.,  dazu  im  (wesf}fries.,  und  zwar  tritt  sie  hier 
überall  anfangs  hinter  standan  zurück,  trird  allmählich 
immer  häufiger  und  ist  schlieszlich  alleinherrschend  ge- 
worden, (auffällig  ist  besonders  das  fehlen  der  kürzeren 
form  im  engl.,  das  doch  die  entsprechenden  formen  des 
verbs  gehen  besitzt:  ags.  gän,  engl,  go.)  vgl.  3.  Grimm 
1*,  1023.  1060;  2,  51;  Kluge  beitr.  z.  gesch.  der  germ.  eonj. 
s.  151.     im  einzelnen  ist  zu  bemerken: 

a)  im  altdän.  stehen  neben  einander  stände,  stände, 
stonde  und  sta,  staa,  stä,  stoo;  3.  sing.  Stander,  -ser, 
stonder  und  star,  staar,  stser;  conj.  stände  und  staa; 
part.  standend(h)e,  -dis,  stundende,  -dis  und  stände,  staa- 
ende,  entsprechend  im  part.  perf.  standen,  -et(t),  und 
staaen,  -et ;  imp.  stets  stat,  s.  Kalkar  ordbog  4,  102 — 6. 
im  heutigen  dän.  staae,  präs.  staaer,  part.  perf.  staaet, 
seltner  und  veraltet  stände,  Stander,  standet.  —  altschwed. 
standa  und  stä,  dieses  häufiger  im  ind.  präs.  als  im  inf, 
niemals  im  conj.  und  imp.  (stat),  *.  Noreen  gramm. 
%  540,  1  (dazu  das  part.  perf.  stät  anm.  3),  die  2.,  3.  sing, 
auch  mit  und.  stsender  und  stär  §  561,  anm.  4.  jetzt 
schtced.  sta,  part.  stadd,  statt  (und  standen).  —  auch  im. 
neunorweg.  sind  die  formen  staa  (sta),  präs.  staar  (st«r) 
eingedrungen  und  allgemeiner  üblich  als  die  alteinheimi- 
schen standa  (e),  stend  (imper.  stets  statt, plur.  stände  u. 
staa),  s.  Aasen  744». 

b)  im  altfries.  herrscht  durchaus  stonda,  daneben  im 
inf.  ziemlich  häufig  stan,  selten  steen,  *in  der  3.  sing, 
selten  steet,  steth,  einmal  stat,  alles  fast  ausschlieszlich 
in  westfries.  quellen,  s.  Richthofen  I05l';  v.  Helten 
altostfries.  gramm.  %  273.  jetzt  ist  die  kurzform  auf  das  neu- 
westfries.  beschränkt,  hier  aber  allein  vorhanden :  1.  sing. 
stöan  (stäean,  st&an,  stäi),  2.  stfast  u.  stßsta  (stiast,  stjist), 
3.  stÄ(a)t,  plur.  st§an  u.  a.  w.,  part.  stSant,  a.  Siebs  in 
Pauls  grundr.^  l,  s.  1320/ 

c)  im  dlts.  sind  die  langem  formen  weit  überwiegend 
(etwa  4  mal  so  häufig  wie  die  kurzen,  vgl.  jetzt  auch  Gal- 
lee Vorstudien  a.  300.  391;  alts.  gramm.'  %  396,  anm.  l). 
dagegen  sind  sie  im  mnd.  völlig  gesehicunden,  mit  al- 
leiniger ausnähme  des  imperativs  (sing.),  wo  stant  häufiger 
ist  als  sta.  nur  in  dieser  form  hat  sieh  die  längere 
wurzelgestalt  bis  in  die  neuere  zeit  hinein  gerettet,  der 
verf.  der  betr.  stelle  im  Brem.  wb.  4,  992  erinnert  sich,  in 
seiner  Jugend  (also  anf.  des  18.  jahrh.)  noch  oft  den  imp. 
stand  oder  stond,  stond  still  gehört  zu  fiaben,  und  in 
der  gegend  um  Ooalar  kommt  noch  heute  stunt  neben 
sta  vor. 

d)  weniger  achneU  hat  sich  der  gleiche  wandel  im  nl. 
vollzogen,  in  den  altnfr.  paalmen  ist  stfin  häufiger  als 
standan,  aou^eit  das  die  nicht  zahlreichen  belege  erkennen 
lassen,  und  auch  im  mnl.  stehen  noch  staen  und  standen 

Mr. 


neben  einander,  so  dasz  ersteres  das  häufigere  ist,  s. 
Franck  mnl.  gramm.   %  148.  167. 

e)  im  ahd.  überwiegen  die  längeren  formen  etwa  um 
das  anderthalbfache,  eine  ungefähre  Schätzung  gestattet 
der  umfang  der  darsteUung  bei  Graff  6,  588 — 607 ;  hier 
füllt  stän  allein  etwa  1*/»,  mit  eompositen  7  spalten, 
stantan  allein  2,  mit  eompositen  ll»|j  spalten;  doch  be- 
stehen Verschiedenheiten  sowohl  zwischen  den  einzelnen 
denkmälem  wie  zwischen  den  flexionsformen.  von  jenen 
hat  die  alte  laidor  -  Übersetzung  ausschlieszlich  stan- 
dan, ebenso  der  Tatian  bis  auf  ganz  vereitizelte  aus- 
nahmen (4  gegen  106  stantan-/or»ie»  im  präs.);  dagegen 
sind  bei  Otfrid  die  kurzformen  im  ind.  präs.  übencie- 
gend  (im  MuspiUi  4  mal  stßt :  44,  45,  61,  87  neben  stan- 
tan 36,  stentit  68).  diese  scheinen  also  an  hoden  zu  ge- 
winnen, und  zwar  verbreiten  sie  sich  vom  ind.  präs.  aus, 
wo  schon  die  Murb.  hymnen  arstät  sitrgit  21,  6,  1  und 
arstämes  surgimus  4,  3,  l  (neben  verschriebenem,  zweifel- 
haftem  harstant  surgit  19,  3,  4,  von  J.  Grimm  in  harstantit 
geändert)  bieten,  während  im  conj.,  inf.  und  part.  aus- 
schlieszlich stant-  gilt,  (bei  Notker  stände  schon  beinahe 
auf  den  conj.  und  imp.  beschränkt.)  im  mhd.  haben  sie 
vollkommen  gesiegt  und  die  formen  von  standen  zurück- 
gedrängt, diese  beschränke/i  sich  im  allgemeinen  auf  die 
alemann,  mundart,  s.  Weinhold  mhd.  gramm.^  s.  364/, 
alem.  gramm.  s.  324,  bair.  gramm.  s.  282;  mhd.  wb.  2,  2, 
567'>;  Lexer  hwb.  2,  1134/  bes.  selten  sind  die  ind.-for- 
men.  (die  belege  der  alem.  gramm.  sind  zum  groszen  titeil, 
die  der  bair.  durchiceg  nhd.,  nur: 

er  sprach:  'ich  mich  des  'wol  enstande' 

Jcaisercliron.  12791  Schröder.) 

häufiger  sind  die  conjuncHvformen  im  alem.,  die  ganz 
vereinzelt  auch  mitteld.  begegnen;  allgemein  üblich  ist  der 
imp.  stant  (neben  sta).  überaus  selten  ist  dagegen  vriederum 
der  inf.  (bei  Weinhold  nur  stauten  in  der  Vorauer 
handsehr.  und  understenden  in  Basler  rechtsqu.).  das 
part.  scheiyit  mhd.  üherhaupt  nicht  belegt  zu  sein,  in- 
dessen beruht  diese  Seltenheit  von  standen  vx>hl  auf  lite- 
rarischer normierung;  i7i  der  lebenden  Volkssprache  waren 
diese  formen  nach  ausiceis  der  heutigen  dialecte  offenbar 
viel  verbreiteter. 

f),  die  mhd.  Verhältnisse  dauern  in  der  nhd.  Schrift- 
sprache bis  ende  des  16.  jahrh.  weiter;  dann  erlischt  der 
stamm  stand-  vollständig,  und  es  bleiben  nur  die  kürzeren 
formen  übrig,  die  längeren  sind  jetzt  noch  consequenter 
auf  alemann,  quellen  beschränkt,  nur  der  imper.  stand 
reicht  weit  darüber  hinaus  (s.  S).  überhaupt  sind  die 
einzelnen  sehr  verschieden  in  hinsieht  auf  die  häufigkeit 
ihres  Vorkommens,  sehr  gewöhnlich  ist.  neben  dem  sing, 
des  imp.,  der  conj.;  nicht  ganz  selten  ist  die  1.  sing, 
ind.;  alle  andern  formen  begegnen,  wenn  überhaupt,  nur 
ganz  vereinzelt,  nachstehend  tcird  das  vorkommen  der  ein- 
zelnen formen  im  spätmhd.  und  frühnhd.  (14. — 16.  jahrh.) 
durch  belege  veranschaulicht,  vgl.  das  genau  entsprechende 
vorkommen  von  gangen,  s.  gehen  I,  i,  6,  th.  4,  1,  2376/ 

a)  im  ind.  ist  am  häufigsten  die  1.  sing,  als  ich  stand 
belegt:  so  bindent  ir  mich,  und  stand  also  gefangner 
und  gebundner  zwischen  der  minen  gotz  und  seiner 
Torcht  Heinrich  v.  Nördlingen  an  Marg.  Ebner  XVII 
33  (vom  j.  1335,  s.  198  Strauch);  lieb,  ich  stand  also  und 
wart  wenne  man  mich  triben  werd  XXVI 17  (vomj.  1338, 
*.  210);  ich  hab  ietz  meinen  tagwen  wol  Tolbracht,  ich 
stand  wol  ich  bin  sicher  Keisersberg  traetat.  D  l^ ; 
(da)  gedacht  ülenspiegel  .  .  .  dahin  kernen  frembd  heren, 
die  laszen  mich  unbegabt  nit,  uberkum  ich  nit  dan  ir 
wopen ,  so  gestand  ich  wol  Eulensp.  63  (a.  96  neudr.) ; 
sprichst  du  aber,  ich  bin  ein  einfältiger  ley,  ich  ver- 
stand nit,  wann  einer  gelert  ist,  oder  nit  Eberlin 
V.  Günzburg  1,  61  neudr.;  solt  euch  die  angst  und  not 
kund  sein,  in  deren  ich  jetzund  stand  Wickram  2,  318 
33  Bolte  (goldtf.  e.  20);  ich  .  .  .  stand  uff  und  schlau  im 
den  streich  usz  Th.  Platter  90  Booa; 

ich  stand  hie  gar  kunstlose 

MuSKATBLUT  26, 123; 
darmit  so  will  ichs  bleiben  Ion 
tind  iez  ausz  disem  reien  gon, 
so  stand  ich  auf  einem  gilgenblat, 
gott  geb  euch  allen  ein  gtte  nacht! 

Umland  volktl.  nr.  3, 10; 

88»  Mr. 


1399 


STEHEN  (I,  B,  1,  f) 


STEHEN  (I,  B.  1,  f) 


1400 


von  bfichem  hab  ich  grossen  hört, 
verstand  doch  drynn  gar  wenig  wort 

Brant  narrerach.  1,6; 
ja,  wie  ich  den  geschworen  hab, 
dem  stamd  ich  nimer  ewig  ab 

MuENER  IxUh.  narr  2299; 
desz  ich  hie  also  üppig  stand 
vatter  und  müter  za  eir  schandt 

Gbnoenbacb  8.  56  Ooedeke  (d.  X  aUer  101) ; 
hilf  mir  ausz  desz  gottlosen  band,  .  .  . 
inn  Zuversicht  ich  auff  dir  stand, 
beut  mir  o  gott  dein  gewaltig  band 

H.  Vogther  bei  Ringwaldt  geiM.  UederXH; 

ja  eben  hie  inn  disem  land 

da  du  nun  stehst  und  ich  nun  stand 

Garg.  s.  454  neudr. 

geltener  in  der  volleren  form  ich  stände:  aber  die 
schändliche  mäusz  und  ratten  .  .  .  hatten  den  anfang 
(des  buchea)  .  .  .  gar  vernaget:  also  dasz  ich  desselbigen 
.  .  .  noch  inn  mangel  stände  43;  füeget  es  denne  got, 
so  Stande  ich  sin  wol  lidig  Nigolaus  v.  Basel  *.  306 
Schmidt  (brief  v.  j.  1377) ;  ich  stände  nüt  an  den  altar 
doTon  das  ich  keyser  bin,  me  es  ist  in  minen  landen 
gewonheitd.  stüdtechron.  8,  373,  17  (Königshofen  Straszb. 
1400); 

so  bitt  ich  dich,  mein  Fridburger,  . . . 

du  wollest  mich  laszen  hangen 

in  kleidem  da  ich  iez  stände! 

Umland  volksl.  74 A  (Ulinger),  28; 

{bervM  die  relative  häufigkeit  dieser  bildung  gerade  in  der 
1.  »ing.  auf  anlehnung  an  ich  stän?) 

ß)  von  den  anderen  pers.  des  ind.  kommen  die  2.  und 
3.  »ing.  von  diesem  stamme  überhaupt  nicht  vor;  die  plural- 
formen sind  vereinzelt  in  alem.  prosaquellen  bezeugt,  s. 
Wein  HOLD  alem.  gr.  s.  324,  z.  b.  auch:  dar  nach  vahent 
an  ze  lesend  .  .  .  und  wolchiü  wort  ir  nit  verstandint, 
die  zeichend  und  schribentz  mir  Heinr.  v.  Nördlingen 
an  Marg.  Ebner  XLIII,  135  (1345,  s.  246  Strauch);  die  zehen, 
die  an  unsers  scbultheissen  gerichte  sitzent  und  ge- 
sworen  hant,  menglichen  ze  richtende  nach  recht  als 
verre  si  sich  entstandent  rechtsqu.  v.  Basel  l,  49,  5  (vom 
j.  1390) ;  denn  ir  verstandent  wol,  söltent  die  Walhen  in 
dis  lande  komen  .  .  .,  so  were  versehenlich,  daj  ir  .  .  . 
niemer  me  ledig  mochtent  werden  Schreiber  urkun- 
denb.  d.  stadt  Freiburg  i.  Br.  2,  339  {urk.  v.  1424). 

y)  sehr  häufig  ist  stände  im  conj.  praes.  über  das  vor- 
kommen im  mhd.  s.  Weinhold  mhd.  gr?  s.  364  und,  Lexer 
hvib.  2,  1135.  es  ist  im  allgemeinen  auch  auf  alem.  autoren 
eingeschränkt,    im,  reime  gebraucht  es  Konr.  Flecke: 

joch  muo;  mich  wundem  sere 

weder  dir  din  muot  stände 

an  8t  od  0;  ze  lande  Flore  3301, 

vgl.  Sommers  anm.  zu  998.  (nicht  bei  Hartmann  v.  Aue, 
t.  Michels  mM.  elementarb.  §226,  anm.  8.)  ganz  verein- 
ten im  mitteld.: 

e;  Stande  kurz  oder  lanc, 

ich  nime  si  im  über  sinen  danc 

Salman  u.  Mar olj ZI,  1. 

f\hd.  bes.  bei  Schweizer  und  Elsässer  autoren  bis  ende  des 
16.  jahrh.  hier  atuh  lexikalisch  gebucht:  wie  es  umb  mich 
stände  quomodo  sim  affectua  Maaler  384*>.  belege:  unde 
sol  der  böte  ...  in  die  phcnninge  grifen  .  .  .  unde  sol 
eine  hant  volle  nämen  .  .  .  unde  sol  si  versuchen,  ob  si 
gut  sini  unde  in  der  swärin  standen,  als  sie  danne  ge- 
setzet sint  Augsb.  stadtb.  (1276)  18  Freyberg;  ir  .  .  .  tra- 
gent  gern  gutes  gewand  und  vlissent  (ich  dag  e;  wol 
•lande  St.  Oeorgener  pred.  21,  25;  swer  under  dem  rate 
ald  der  stat  dekeiner  buosse  schuldig  wirt,  gicht  der 
selbe  das  er  der  buosse  nicht  geleisten  muge,  das  stände 
an  des  rates  bescheidenheit  richtebr.  v.  Zürich  a.  45;  en- 
bat  mir,  wie  es  stand  umb  dich  o  Margarctha  Hein- 
rich ▼.  NöRDLiNOEN  an  Marg.  Ebner  VI,  48  (1832—8, 
a.  188  Strauch,  ebenso  XXXIII,  97  und  L,  81 ;  vgl.  die  einl. 
$.  XCIX);  die  selben  gueter  sint  ledig  einer  kilchen  ze 
Zürich,  es  stand  denn  in  krieg  tceisth.  i,  9  (Höngg  bei 
Zürich  isn);  wa  ouch  ieman  kumpt  und  ufT  einen  hof- 
man  klagt,  der  sol  bUrgen  geben,  des  er  Seh  ze  rechten 
Itand  IM  {fufrodd  v.  Einaiedeln,  anf.  de»  itt.jh.f);  wel- 
lest ir  aber  den  gebu  nit  anefohen,  so  wil  ich  imo 
tohriben  dag  er  sin  danne  gar  und  gantz  lidig  stände 
Nicolaus  v.  Basel  «.  soe  Schmidt;  gange  ont  fuege  dich 

Mr. 


zuo  dir  selber  in  dich  selben  so  lange  das  du  es  Ver- 
standes Wagkernagel  altd.  pred.  66,  lio  (Basler  hschr. 
des  U.jh.);  das  du  mir  helfest  das  ich  mit  dir  erstände 
%,  24;  umb  Swabegg  daj  behalten  wir  uns  selber  in 
solcher  weig  dag  die  hern  von  Bairn  mit  Gräften  dem 
Wauler  sollen  werden  uberain  wag  eg  im  stand  (koste, 
wofür  es  ihm  versetzt  sei),  und  wenn  wir  der  summe 
aigenlich  geindert  werden  und  die  ervaren ,  darnach 
wellen  wir  eg  rihten  d.  städtechron.  4,  180,  anm.  (Augab. 
qu.  V.  1374);  und  die  sache  stände  noch  also  5,  351,  anm.  3 
(Augsb.  urk.  v.  1418);  Augspurg  die  stat  ist  gestanden 
.  .  .  2572  jar.  got  von  himel  helf  und  frist  sy,  das  sy 
noch  lang  mit  eren  stand  4,  238,  19  (VVahraus,  1447);  doch 
so  gefallt  uns  ouch  wol,  dasz  jr  unserem  herren  dem 
künig  umb  die  bottschafft  ze  willen  standint  Züricher 
urk.  V.  1418  bei  Tsghudi  2,  117*;  so  sol  ich .  .  .  die  eptischin 
und  ir  gotzhus  dannenhin  verstau  an  gewonlichen  scha- 
den, si  nementz  an  schaden  oder  si  standen  an  schaden 
Züricher  urk.  v.  1405  im  gesehichtsfr.  8,  85;  erfarent  mir, 
war  min  alter  hörre  hine  komen  si  und  wie  eg  umbe 
in  stände  Oerm.  3,  419,  28  (Straszb.  handschr.  des  Ih.  jahrh.); 
darumb  dag  man  selten  erkennen  mag,  in  welches  end 
desz  wysen  man  mainung  stände  Steinhöwel  de  daris 
mulier.  40,  26  Drescher;  und  sol  ouch  der  pfleger  einer 
ir  register  in  der  hant  haben  und  darin  sehen  so  der 
schafTener  usz  sinem  register  rechnet,  uf  das  man  wisse 
das  sie  glich  standent  Straszburger  zunftverordn.  s.  278  (vom 
j.  1478,  oder  als  ind.  zu  fassen*);  du  solt  auch  lögen 
umb  einen  falcken.  unnd  dem  deinen  briefT  anbinden, 
in  dem  ich  verstau  müge  wie  dein  hercz  fürbasz  gegen 
mir  stände,  und  war  n&men  wo  ein  turtelteüblin  vor 
einem  laden  stände,  auff  dz  du  den  falcken  werffen 
solt  Wilhalm  v.  Oesterr.  (1481)  42'»;  du  solt  .  .  .  dein 
sinn  und  gemät  gesamlet  haben,  das  du  waist  wie  du 
gegen  got  deinem  herren  und  schöpfer  standest  Keisers- 
BERG  hasz  im  pfeffer  (1502),  bei:  granatapfel  (1510)  AaS**; 
er  beweget  sich  darzü  das  jm  seine  leftzen  nymer  still 
standen  8°;  die  gestreiften  kleid  mit  vil  färben,  als  man 
jetz  tregt,  sie  sprechen,  es  stand  wol,  bringt  aber  keinen 
nutz  brösaml.  (1517)  l,  95'»;  es  seint  darnach  etlich  die 
dem  artzt  nit  sagen  wesz  der  harn  sei,  .  .  .  und  wollen 
ym  nitt  sagen,  was  inen  brest,  wa  und  wie  es  umb  sie 
stand  narrensch.  (1520)  85  (richtig  77)"*;  stand  morgen  ufT 
.  .  .  und  how  huCT  negel  ab  so  lang  bitz  ich  uff  stand 
Eulensp.  s.  65  neudr.  (40.  hist.);  die  alten  köstlichen 
meister  des  wol  redens  leren,  es  stand  übel,  wann  die 
vorred  nit  uff  die  vermeinte  matery  diene  Eberlin 
V.  GÜNZBURG  1,  58  Enders  (bundtsgnosz  VI,  vom  j.  1521); 
hastu  aber  den  glauben  nit  im  hertzen,  so  underlasz 
dein  predigen,  dann  du  wirst  dein  hant  verbrennen 
daran,  es  stand  kurtz  oder  lang  2,  89;  den  tag  hastu  dir 
allein  vorbehalten,  desz  wir  auch  mit  freilden  wellen 
warten  göter  hoffnung,  er  standt  vor  der  thür  3,  117;  ich 
sorg,  es  stand  wenig  ausz  dem  gesatz  gottes  dar  in  (im 
geistl.  recht)  Schade  sat.  u.  pasqu.  8,  136,  81  (ela.,  mai 
1521);  a.  auch  a.  140,  28  und  142,  16;  sag  du  nur  mir,  ob 
etwas  von  iez  gemelter  meinung  drinnen  stand  8,  171, 
28  (alem.  1524,  ebenso  in  einer  20  jähre  jungem  Straszb. 
neubearbeitung :  sag  mir  nur,  ob  nichts  von  disem  hau- 
del  darinnen  stant  a.  278,  8);  darumb  sprach  er  die  brot- 
becker  standen  zäsamen,  das  sie  den  götlichen  segen 
empfahen  .  .  .  zö  dem  letsten  sprach  er,  standen  uff  die 
wacherer,  und  empfagen  den  segen  gottes,  da  wolt  keiner 
ufT  ston  Pauli  achimpf  u.  emat  (16S8)  a.  180  Österley 
(194.  cap.);  hie  drucket  Paulus  us  das  werk  des  mittlers 
Christi,  dasz  er  by  gott  fUr  uns  stände  und  dem  ange- 
sicht  gottes  .  .  .  erschyne  für  uns  Zwinoli  l,  866  (ualeg. 
des  19.  art.,  Zürich  1523);  deszhalb  syg  er  nach  Petro 
auch  der  fels,  daruf  die  kiloh  stände  8,  7;  wie  sy  von 
uns  ein  hall  wort  (bibelatelle)  erfordrend,  darinn  stände 
man  sol  kindertoufen  von  dem  iouf  (1685)  n  l**,  a.  unier 
kindertaufe  l,  ih.  5,  761;  so  lAg  er  vor  allen  dingen,  das 
er  als  ein  christenmann  in  der  forcht  und  liebe  gott« 
stand  Gbrszdorkp  viundarijn.  (is.*«))  88^;  und  dir  gelieb 
mir  zeoffnen,  ob  .  .  .  wir  Ollyller  und  Richarden  wyder 
erlössen  werdend,  und  wies  umm  sy  stand  Morgant. 
198,  18  Bachmann  (ach*c«ii.  handschr.  v.  l&SO);  glUckhafTt 
sey  alles  das  du  hast ...  es  stände  wol  in  deinem  hausz 

Mr. 


1401 


STEHEN  a.  B.  1,  f) 


STEHEN  (I,  B,  1,  f) 


1402 


d.  gantze  bibd  vert.  (Zur.  1531)  2,  50*  (H.  121  =  122,  7);  hast 
du  jn  für  einen  heiligen  bekennet  und  gesagt,  er  stand 
auch  im  jar  kalender  Wickram  roüwagenb.  73,  23  Kurz; 
du  solt  sie  (hirsehe)  auch  suchen  in  den  vorhöltzem, 
unnd  wo  ir  geng  standen  von  einem  wald  zu  dem  andern 
NoE  Meurer  V.  forsÜ.  oberherrligkeU  (1560)  96*  {oder  in- 
dic.f);  inn  einem  trockenen  land  ...  da  sehet  fleissig 
zu,  das  jr  den  baw  recht  setzet,  das  er  gegen  dem 
aequinoctialischen  auffgang  der  sonnen  stände  Sebiz 
feldb.  (Strasib.  1579)  13;  das  es  in  zeit  der  Vermischung 
weibes  und  mannes,  von  dem  puncto  des  falls,  men- 
liches  sahmens  in  die  behrmutter  her  entstände  L. 
Thurneysser  (aus  Basel)  magna  alchym.  (1583)  vorr.  s.  l; 
aber  widerumb  auf  unsere  materi  zukommen,  müssen 
wir  hie  kl&rlich  besehen  unnd  erwigen,  warinn  die 
wflrde,  macht  und  das  ansehen  der  h.  kirchen  eigent- 
lich stände  Fischart  bienenk.  16*;  als  ob  die  h.  röm. 
kirch  nicht  weitrers  lesen  könne,  dan  was  in  der  bibel 
vor  gespilt  stände  le*»  (daneben  auf  derselben  seile:  es 
stehe  geschriben) ;  die  natur  ist  der  artzt,  du  nicht .  . . 
schaw  du  dasz  du  lehmest  wo  jhr  apotecken  seyen, 
wo  jhr  Tirtutes  geschrieben  standen,  und  in  welchen 
bfichsen  sie  standen  Paracelsus  (1616)  l,  210A;  der  aber 
nach  der  natur  lebt  .  .  .,  derselbige  mag  nichts  also  heim- 
liches in  jhm  haben,  das  nicht  der  astrologey  in  wissen 
stand  2,  489  u.  ö.; 

denn  mfisent  alle  menschen  sterben  . . ., 
das  si  Ton  dem  tod  erstandint 
und  alle  für  den  richter  gangint 
MoNB  tchautp.  des  mittelalt.  1,  279  {d.jüngde  tag  v.  186, 
handschr.  v.  Ii67; ; 
da;  verknndent  den  Inten, 
da;  sij  sich  vor  snnden  h&ten, 
und  och  allen  landen, 
da;  es  wol  umb  si  stände 

s  258  {ludut  atcent.  106) ; 
ich  (regtUtu,  zauniönig)  bitte  euch  herren  alle  sampt, 
Sit  ich  uwer  künig  bin  genant, 
das  ir  nement  miner  eren  war,  .  .  . 
das  ich  Stande  lasters  fri 

Germ.  6,  83, 1  {Stuttg.  handschr.  des  lö.jh.); 

wer  überhebt  sich  das  er  stand, 

der  Ifig  und  schlypft  nit  uff  dem  sand 

Brant  narrensch.  56,  80; 
doch  das  ir  mich  verstanden  basz  .  .  . 

MuRNER  Ivther.  narr.  2038 ; 
erstlich,  wie  darinen  stant, 
das  die  bäbst  geredet  hant .  .  .  20H: 

und  nenst  ein  ort,  darin  es  stand, 

wie  wol  wirs  damit  (I.  da  nit?)  fanden  band 

2070; 
ich  schlaf,  ich  wach,  ich  stand,  ich  gang, 
so  gdenk  ich  stets  zum  kloster  ns 
N.  Manuel  t.  51  Bächtold  (v.  papst  u.  ».  priestersch.  502); 

noch  wend  sie  reden  fri  unverschempt, 
der  babst  der  sye,  wie  er  well,  .  .  . 
so  stand  die  christenlich  kilch  uf  im 

«.  80  (v.  1301) ; 
ich  sag  inn,  was  druss  mög  erschiessen, 
und  wenn  man  nit  bald  darvon  stand, 
80  wert  wir  kan  umb  lüt  und  land 

RuFF  Etter  Heini  {Zürich  1539—9)  v.  2*56 ; 

fleh  hat's  alls  gott  (merck!)  hie  erschaffen, 
nit  das  ir  standind  sy  angaffen 

Adam  u.  Heva  (Zur.  1550)  1298; 
gifick  stand  mir  alzeyt  bey 
Forster  frische  t.  liedl.  i,  38, 1  (oder  imp.f); 

welche  wolt  nicht  gern  sein  zu  hausz, 
so  man  von  jhr  gibt  rümlich  ausz, 
das  auff  jhren  das  hausz  bestand 

Fisch  ART  ehezvchtb.  Dl»; 
bis  das  ich  bSr,  ob  er  bestandt 
hinfort,  auff  seinem  alten  tandt 
Haynbccius  Hant  Pfriem  (1582)  2,  3  v.  873  («.  35  neudr.). 

höchst  auffällig  und  kaum  in  Ordnung  ist  die  folgeruie 
nach  zeit  und  gegend  ganz  isolierte  stelle: 


<J)  ganz  allgemein  üblich  ist  stand,  stant  im  sing,  des 
nperativs;  hier  reicht  dieser  stamm  nicht  nur  ins  mittel- 
sehe,  sondern  sogar  ins  nd.  hinein,   mhd.  belege  s.  mhd. 


Mr. 


icb.  2,  2,  567'';  Lexer  hieb.  2,  1135;  mnd.  Schiller-Lübben 
4,  359*;  dazu  auch:  Adam,  .  .  .  stant  up  dyner  hode,  be- 
wair  di  in  den  vruchten  godz!   Veghe  312,  24  Jostes; 

de  Iowe  sprak:  'stant  np'  .  .  . 

Gerhard  v.  Minden  24,  25  Seelmann; 

de  sone  begnnde  darweder  spreken 

dos:  vader,  stant!  lät  one  leven!  69,  45 

80  findet  sich  stand  atieh  im  frühnhd..  in  weniger  be- 
schränkter örtlicher  Verbreitung,  doch  weder  häufiger  noch 
länger  als  der  conj.  von  Wörterbüchern  verzeichnet  ihn 
ebenfalls  nur  Maaler:  stand  still  ich  bitt  dich  drumb. 
asta  te  amabo,  sta,  siste  gradum,  eomprime  te  384'».  Ldther 
gebraucht  es  in  seiner  früheren  zeit,  so  in  den  einzdaus- 
gaben  des  alten  und  neuen  test.  bis  1528,  wo  die  bibdausg. 
von  1545  stehe  einsetzt,  z.  b.:  so  sprach  Mose,  herr,  stehe 
auff  4.  Mose  lO,  35,  im  alten  testament  von  1523 — 28:  stand, 
s.  Frank  schriftspr.  Luthers  §43.  174A,  7;  stehe  auff 
herr  gott,  erhebe  deine  band  ps.  10, 12  (stand  auff  1522 — 3); 
da  erschein  der  engel  des  herm  dem  Joseph  im  träum, 
und  sprach,  stehe  auff  Matth.  2,  13  (stand  auff,  ebenso 
v.  20,  in  den  beiden  ersten  drucken  des  n.  test.  1522) ;  welchs 
ist  leichter  zu  sagen?  dir  sind  deine  sünde  vergeben? 
oder  zu  sagen,  stehe  auff,  und  wandele?  9,  5  (ebenso,  auch 
V.  6);  ebenso  Marc.  2,  9,  11  und  Luc.  5,  23/.;  meidlin,  ich 
sage  dir  stehe  auff  Marc.  5, 41  (stand  auff  in  e  l.  2. 5, 1522 — 24); 
und  sie  rieffen  dem  blinden,  und  sprachen  zu  jm,  sey  ge- 
trost, stehe  auff  10,  49  (stand  auff  e  l — 2);  stehe  auff,  und 
trit  erfür  Luc.  6,  8  (desgl.);  Jüngling,  ich  sage  dir,  stehe 
auff  7,  14  (desgl.);  und  er  sprach  zu  jm,  stehe  auff,  gehe 
hin,  dein  glaube  hat  dir  geholffen  17,  19  (desgl.  auch  im 
evang.  v.  1522);  im  namen  Jhesu  Christi  von  Nazareth, 
stehe  auff,  und  wandele  ap.  gesch.  3,  6  (e  l — 2) ;  stehe  auff 
und  gehe  gegen  mittag  8,  26  (desgl.);  und  so  femer  9,  6. 
11.  34.  40.  10, 13.  20.  26.  12,  7.  14,  10.  22,  10.  15.  26,  15.  Eph.  5, 14. 
offenb.  11,  1.  weitere  belege:  meyn  herre,  stant  uf  unde 
entphach  die  krönen  alles  dyness  riches  weder  Roths 
Düring.  chron.  c.  106;  verstannd  es  also  bey  diser  gleich- 
nusz  die  ich  dir  hie  geben  will  Keisersberg  Jtasz  im 
pf.  bei:  granatapfel  (Augsp.  1510)  Aa8^;  da  sprach  der 
schmid  zö  ülenspiegel.  stand  morgen  uff  Eulensp.  40  hist.; 
Paulus  spricht  Hehr.  VII,  24,  25 :  diser  (verstand  Christus) 
hat  ein  ewigs  priesteramt  Zwingli  l,  265  (usleg.  des  19.  art.) ; 
und  das  verstand  von  einer  yegklichen  schlechten  wunden 
des  haubts  Gersdorff  feldtb.  der  wundartzney  (1530)  32'» ; 
stand  auff  nach  der  edlen  hertzogin  rhat  unnd  ergetze 
dich  mit  andern  freüden  Wickram  i,  19,  6  Bolte  (Oalmy. 
1539,  cap.4);  Tomilin  nun  stand  styll  Th.  Platter  9  Boos; 
stand  uff  und  gang  64; 

stant  uf  durch  der  reinen  martel  ere 
d.  städtechron.  8,  106,  24.  107, 16  (geiszlervers  v.  1349  bei 
Closener  chron.  v.  Straszb.); 

du  sagest  uns  als  zu  disser  zit .  . . 
von  eim,  den  hostu  gnant 
einen  geist:  spring  uff  und  stant 
in  dim  rasende  glauben 

Alifeld,  patsionttp.  5095 ; 
stand  auf,  Maria  Magdalen 

Erlauer  spiele  4,  708; 
der  g&t  mann  sagt  mein  Uebes  weib 
stand  ab  von  deinem  zom  und  keib 

Wickram  d.  irr  reiUend  bilger  (1556)  43»; 

stand-auf  her,  das  überhand  gleich 
der  k&mmerfellig  mensch  nit  kreig 
Mblissus  psalmen  (1572)  D  1»  (».  37  neudr.,  ps.  9,  20); 

stand  auf,  herzlieb,  und  lasz  mich  ein  * 
Uhlamd  volksl.  no.  83  A,  1  (at«  d.  Franlf.  liederb.  1584). 

mit  unorganischem  end-e:  stände  uff  und  yssz  l.  Mos. 
27,  29  (l.  19)  in  der  sog.  4.  bibelübers.  (1470 — 8.')  neben: 
stee  uff  und  ysse  v.  31,  nach  Kehrein  gramm.  i.  *.  246; 
dar  umb  volge  dyser  lere,  .  .  .  stände  für  gott  in  grosser 
Zuversicht  und  bit  in  umb  hilff  Eberlin  v.  Gönzbüro 
1,  *.  70  Enders  (bundtsgnoss  VII,  l52l).  mit  dem  alten 
enklitischen  -&  in  dem  jägerschrei:  so  nun  sein  jäger- 
spruch  geschehen  ist,  so  soll  er  also  schreien,  standa 
still,  standa  still,  ich  weysz  nicht  wo  der  hirsch  hin 
will  Sebiz  feldb.  566. 

C)  seltner  und  nur  alem.  ist  die  entsprechende  form  de» 
imp.  plur.  standen(t):  vatter  standent  uff,  ier  mieszt 
praedigen  Th.  Plattbr  8S  Boos; 

Mr. 


1403 


STEHEN  (I.  B.  1.  f-Ti) 


STEHEN  (I,  B,  1,  Ä-2,  c) 


1404 


so  bit  ich  euch,  verstanden  das 

MuRNBR  luther.  narr  v.  160; 
das  sond  ir  inen  alls  verkünden:  .  .  . 
sy  lerind,  standind  ab  der  sünd 

RuFF  Etter  Heini  v.  2504. 
bair.  vielL: 

und  standet  snnder  slSfen 

Hadamar  V.  Labbr  jagd  15. 
$)  auszerordenÜtch  selten  sind  die  nominalformen,    ein 
in/,  standen   kommt  ganz  vereinzelt  mJid.  vor,  s.  Wein- 
hold mM.  gramm.^  365.  Lexer  hwb.  2,  1134/..-  in  dem  du 
in  gangen  bist  in  das  almechtig  vermügen  gotz  also,  das 
da  understanden  dich  in  dir  nichtz  vermacht  Heinr.  v. 
NÖRDLiNGEN  an  Marg.  Ebner  IX 15  (1332—8,  a.  181  Strauch) ; 
ir  maget  vile  wol  verstanten, 
dunchet  ig  iuhc  nieht  enplanten 

Diemer  Voratier  ged.  348,  28; 
sizzen  unte  stanten, 

mit  fSsen  iouhc  mit  hanten  356,  13. 

dagegen  ist  daa  noch  seltenere  pari,  erst  nhd.  belegt:  alte 
grawe  leüt  hat  der  soldan  stets  umb  sich  zu  rhäten  in 
yrem  geschick  eerlich  und  schweigend  yn  umbstandende 
See.  Franck  weltb.  (1534)  16». 

g)  heute  leben  diese  formen  noch  in  oberd..  bes.  alem. 
mundarten  fort,  meistens  neben  den  kürzeren,  und  zwar 
theiltceise  nur  im  conj.  (und  imp.),  theilweise  im  ind.  und 
conj.  ao  wird  bezeugt  Schweiz,  conj.  stand,  -ist,  plur.  standf, 
-it,  tmp.  stand  Frommann  3,  207,  17;  in  Visperterminen: 
conj.  (stf  od.)  Stande,  imp.  stand  El.  Wipf  §  235;  in  der 
Kerenzer  mundart  conj.  und  imp.  stannd  Winteler  a.  163; 
aargauisch  äto  {imp.  stand),  daneben  in  der  kindersprache 
stände,  demin.  gtändele,  seltner  im  geuöhnl.  aprachge- 
brauche  i  stände  {nur  in  dieser  person),  conj.  i  ätandi, 
de  standist  u.  s.  w.  Hunziker  255;  noch  weiter  reicht  die 
bildung  in  den  ind.  in  Basel:  sto,  kinderspr.  ständele;  ind. 
i  stand,  ob.  Basel  stone;  stoosch,  stoot;  plur.  stände, 
stönde,  steen(d) ;  conj.  stönd ;  imp.  stand,  stönded,  steen(d) 
Seiler  279»;  schieäb.  ind.  Stand,  stäst,  stät,  jjZwr.  standet; 
conj.  Stand,  Standst;  imp.  stand  Fromm  an  N  2, 113;  {s<^wäb.) 
stau"  und  standa'  Schmeller^  2,  709;  'uestlech'.  ich  stand, 
mir  standen  {neben  ich  stän,  stäst,  stät,  plur.  stänt),  imp. 
stand,  standen(t);  inf.  standen  {und  stän)  mundarten 
Bayerns  §  952.  vgl.  auch: 
blut  stang, 

vergisz  den  gang        Schweiz,  volksl.  2,  219. 
—  über  bair.österr.  mundarten  s.  h.  —  nur  der  imp.  ist 
erhalten  eis.:   stänt  {und  St6)  Martin-Li'enhart  2,  564'», 
und  mittelfränk. :  rip.  Stant  MÜNCH  §  236,  8;   köln.  stand 
HöNiG'^  302.    {brem.  a.  oben  c.) 

h)  sehr  merkwürdig  aind  nebenf armen,  die  an  stelle  des 
vocala  a  ein  e  aufweiaen.  aie  finden  sich  zuerst  in  alem. 
quellen  um  1600:  es  ist  also  unnser  alt  herkumen  des 
dorffs  LAchken,  das  jn  der  marckt  der  wilden  bom  halb, 
sie  stenden  in  ecker  jn  wisen  uff  der  elman  jn  weiden 
oder  jn  fflrhöltzern  das  das  selb  wild  obsz  gemein  ist 
des  dorffs  Lfichikein  kundschafft  vomj.  14S2  bei  Reyscher 
aamml.  altwürttemb.  statxdarrechte  s.  262  (gleich  darauf: 
und  wenn  derselbigen  bom  einer  dürr  wirtt  .  .  .,  er  stand 
uff  einen  uszwoneroder  jnwoner,  so  dar  er  jn  dennost  nit 
abhowen);  wen  hinfür  yemant  an  unsern  statgrichten 
Vergabung  Ordnung  mechnusz  oder  testament  ufrichten 
understenden  und  in  sollichen  mechnussen  inen  sclbs 
vorbehalten,  solliche  zu  meren  .  .  .  rechtsqu.  v.  Basel 
1,  S4«,  4  {vom  j.  1616).  später  sind  sie  im  alem.  erloschen, 
herrschen  dagegen  in  den  bair.-öaterr.  mundarten,  aoweit 
diese  überhaupt  die  längere  bildung  bewahrt  haben,  ao 
in  der  tirol.  mundart  v.  Imst  ind.  plur.  itenda,  -t.  conj. 
Stend  {neben  StTa  u.  s.  w.)  Schatz  *.  178;  kilrnt.  st&ndn. 
eondit.  st&ndet  Lexer  840;  auch  cimbr.  standen  neben  ge- 
^eShnl.  8t^n,  stenan  eimbr.  wb.  286«.  häufig  mit  Übergang 
von  nd  in  ng:  'oatleeh.'  mir  st&nden.  st&ngen,  imp.  (pl.) 
■tingtazl  ScuifBLLBR  mundarten  Bayerns  %  968;  mia 
•t*hn(g)»n  (=  «tänden),  kt  steht«,  sie  «tdhn(g)on(t) 
SchwAbl  altbayer.  fromm,  s.  76/;  oberiist.  1.  S.  pl.  m4*, 
■ö  tUngan  {rpl.  6§  etil»)  Fromm  an  n  8,  w,  61;  niederbat. 
•ie  itengan  4,  687,  i,  4;  in  Wien  wir,  sie  steng'n  HOobl 
IM*.    «0  oimA; 

«wo»  Uüar  aUncKn  drin.  dSa  oa'  grtb.  dOs  oa*  braii" 
Hartmann  voikstchauap.  i.  147 
(XVI,  78,  Traunatfiner  hirletup.). 

Mr. 


formen  mit  einfachem  n  schon  in  e.  alibair.  quelle  vor  1701  r 
ma  vostehna  a  nanda  glei  wol  scho  braff  Bayerns  mund- 
arten 1,  210,  12  (d.  prinz  v.  Arkadien  i,  5);  als  stenna  hetite 
tn  ganz  Franken,  s.  803;  oberpf.  (Z.  pl.)  Stena,  vogtl.  Sdenä, 
*.  272;  Sdrena  und  Sderjä  Gerbet  gramm.  §  20,  2  {bez. 
ersierea  als  ostfränk.,  letzteres  als  oberpf),  vgl.  d.  tcorU 
reg.  auch  in  Nürnberg  i.  s.pl.  Sten%,  a.  Gerhardt  §  388,  i. 
lägen  nur  diese  jüngeren  formen  vor,  ao  läge  ea  nahe,  in 
ständen,  stenden  eine  compromiazbildung  aua  standen 
und  sten  zu  sehen  (tcie  Gerhardt  §  112,  8  a.  883,  anm.  1 
annimmt  und  achon  Hildebrand  bei  gengen  unter  gehn 
n,  6,  b.  th.  4,  1,  2393  fragt);  aber  diese  erklärung  würde 
auf  die  altern  alemann.  Zeugnisse  nicht  anwendbar  sein. 
vieUMcht  besteht  zwischen  beiden  kein  geschichtlicher  Zu- 
sammenhang, (ein  ganz  analoges  noch  früher  außreten- 
des  gengen  für  gehn  *.  das.  I,  1,  c,  th.  4,  1,  2378/.  die  an- 
nahme  einer  alten  schwachen  nebenf orm.  auch  dort  un- 
wahrscheinlich, kommt  hier  nicht  in  frage.) 

2)   CM*  dem  idg.  st(h)g-  tcäre  im  germ.  eine   lautform 
*stö-  zu  erwarten,    diese  erscheint  jedoch  niemals,  sondern 
dafür  theils  stae-,  deutsch  stä-,  theils  stai-  bezw.  deutsches 
st6-.  jenes  könnte  man  als  alten  ablaut  fassen  (ao  Noreen 
urgerm.  lautl.   a.  66;    Brugmann   grundriaz  2,  1065/    be- 
trachtet das  5  von   *st-5   ala  präsenssuffix ,    das  an  die 
tief  stufe  der  wurzel  tritt),    dieses  ala   tief  stufe  sta-   mit 
flexivischem  i.     da  indessen   daa  verb  sonst  in  den  idg. 
sprachen  niemals  einen  t-vocal  aufweist,  ao  iat  hier  nicht 
alter  ablaut  anzunehmen,  aondern  einfluaz  dea  verba  gehen, 
daa  mit  stehen   in  häufiger  und  fester  Verbindung  steht 
und    grosze    ähnlichkeit    der  flexionsiceiae  auficeiat,    vor 
allem    dasselbe    nebeneinander    einer    kürzeren  und  einer 
längeren  Stammform,  ahd.  gän  und  gangan.    {vgl.  th.  4,  l, 
2376/".      die    dort    sp.  2392  jf.    gegebene    erklärung    dieser 
doppelformigkeit  ist  allerdings  kaum  zutreffend,  vielmehr 
sind  hier  wohl  schon  für  das  idg.  zwei  verschiedene  wurzeln 
anzunehmen:  ghe-,  germ.  g£  iind  gai-,  und  ghengh-,  germ. 
gang,  *.  TORP  bei  FicK*  3,  120.  124.    eine  andre  herleitung 
der  kürzeren  form  hei  Kluge«  137»»/)  —  besondere  Schwie- 
rigkeit schafft  der  umstand,  dasz  die   kürzere  wurzelform 
wiederum    in    doppelter  vocalisation   ersdieint,   und  zwar 
aind  die  beiden  lautformen  eineraeita  dialektiach  verachie- 
den,  aodaaz  innerhalb  dea  einzelnen  aprachkreisea  nur  die 
eine  üblich  iat;  andreraeita  atehen  aie  auch  innerhalb  der- 
aelben  mundart  neben  einander,   zuweilen  in  feater,    ge- 
regelter vertheilung  auf  die  verachiedenen  formen  dea  para- 
digmaa,  zuweilen  in  regelloaem  wechael.    hierbei  geht  stehen 
in  der  regel,  doch  nicht  atisnahmsloa,  mit  gehen  gusammen, 
vgl.  dieses  I,  3,  4,  th.  4, 1.  2382—9.  folgendes  sind  die  aprach- 
lichen  thatsachen: 

a)  die  kurzform  fehlt  ganz  im  got.  und  engl,  obgleich 
in  letzterer  spräche  das  parallele  verb  als  gän  {at4a  weat- 
germ.  gai-),  neuengl.  go,  durchaua  getcöhnlich  ist.  auch 
dem  xcestnord.  iat  aie  fremd  (gä  spät  und  selten  a.  Noreen' 
§  494,  anm.  4),  dagegen  iat  aie  im  ostnord.  schott  in  alter 
zeit  vorhanden  und  in  der  netten  zeit  im  präs.  zur  allein- 
herrschaft  gelangt,  a.  oben  1.  a.  hier  herracht  alao  durch- 
gängig der  vocal  k,  k=>=  urgerm.  «. 

b)  über  die  Verbreitung  der  kurzform  im  fries.  vgl.  l,  b. 
die  weatfriea.  formen  führt  Siebs  a.  a.  0.  auf  ein  alt- 
friea.  «stän,  stes,  8tet(h),  pUir.  stän,  pari.  stCn  zurück, 
der  auffällige  Wechsel  von  ft  und  6  begreift  sieh  u>ohl  am 
ehesten  von  uraprüngl.  ai  aua. 

c)  im  nd.nl.  herracht  der  vocal  &  {—  urgerm.  S),  tcenn 
auch  nicht  uneingeschränkt;  inabesondere  kommi  in  der 
2.  3.  sing.  ind.  praea.  daneben  6  und  ei  vor.  die  spär- 
lichen belege  der  altr\fr.  paalmen  bieten  auaaehliesüich  i 
(t^.  upstän,  imp.  -stä,  pari.  gen.  gl.  -stindiro),  a.  V.  Hblten 
altostr\fr.  gramm.  §  125.  im  mnl.  gestaltet  sieh  dieflexion 
ao:  inf.  staen  (aeltener  standen.  *.  o.),-  praes.  ind.  sta, 
staes,  staet  {häi\fig  auch  «teet,  aeltener  tteit),  plur.  staen, 
staet  (tdten  steet),  staen;  opt.  ausnahmslo»  sta,  imp. 
sta,  ir\f.  staen,  alle  ohne  uebet\/ormen  mit  ee  s.  Franck 
mnl.  gramm.*  §  IB8.  entsprechend  neunl.  staan.  —  im  alia. 
iat  der  kürzere  atamm  nur  in  der  8.  »ifi^.  ind.  praes. 
tahlreieher  belegt,  und  twar  im  Gott,  ausnahmsloa  als  stCd, 
•t,  ebenso  in  den  Vatiean.  fragm.,  wUhrend  der  J£on.  9  mal 
Btäd.  6  mal  ei6<\  und  l  mal  (4JM9)  gteld  bietet,  die  t.  sing, 
ist  nur  im  Cott.  tweimal  als  st^s,  der  plur.  einmal  (1678) 

Mr. 


1405 


STEHEN  a.  B,  2.  e—e) 


STEHEN  a.  B.  2,  e) 


1406 


in  beiden  handschr.  als  stät,  der  inf.  nur  im  Cott.  2  mal 
als  stän  (stann  4870,  gistan  2196)  belegt,  während  im 
Monac.   dafür   standan    erscheint,     auszerhalb   der    bibd- 

I  dichtung  bieten  nur  die  Merseb.  gl.  ein  vramstän.  dem- 
nach scheinen  in  der  2.  3.  sing,  die  Schreiber  des  Cott.  und 
der  Vatie.  hdschr.  (und  icohl  auch  der  Heliand-dichter)  6, 
der  Schreiber  des  Monac.  dagegen  ä  gesprochen  zu  haben, 
icährend  in  den  andern  formen,  soxceit  sie  überhaupt  vor- 
kommen, allgemein  ä  gilt.  vgl.  Holthausen  alts.  elemen- 
tarb.  %  477,  Gallek  alts.  gramm.^  %  425.  —  ähnlich  im 
mnd.,  ICO  die  kürzeren  formen  —  mit  ausnähme  des  imp., 
s.  1,  c  —  alleinherrschend  geicorden  sind,  hier  gilt  ä 
aitszerhalb  der  2.  3.  sing.  ind.  ausnahmslos;  in  diesen  per- 
sonen  dagegen  sind   die   überwiegenden  formen  du  steist, 

[  he  steit;  daneben  du  stäst,  he  stät,  sehr  selten  stßt.  diese 
beiden  bildungen  sind  aber  nicht  landschaftlich  geschieden, 
sondern  begegnen  in  derselben  quelle  neben  einander,  sogar 
bei  dichtem  im  reime,  so  hat  Gerhard  v.  Minden  uppe- 
steit :  endeit  95, 28  und  wederstet :  16t  78, 36  {in  der  handschr. 
leyt  und  -steit)  neben  stät:  hat  64,  39  {ebenso  7  mal  geit 
und  2  mal  gät  im  reime),  s.  Leitzmanns  einl.  a.  LXXVI. 
beides  dicht  neben  einander: 

darnach  des  mannis  wille  steit  (:  warheit), 
da  horit  er  gerne  reden  van 

sächf.  tceUchron.  prol.  68; 

diz  buch  ne  wirt  nimmer  vollenbracht, 
de  wile  diu  werlt  stat. 
so  vile  wirt  kunstiger  dat 

79,  ».  deutsche  chron.  2,  66. 

(im  Sachsenspiegel  herrschen  die  k-formen.  im  nd.  seebueh 
begegnen  für  die  3.  sing,  die  Schreibungen:  staet,  stat, 
stad,  stät,  steyt,  steit,  doch  findet  sich  steyt,  steit  nur 
in  d.  handschr.  A  und  wird  in  B  durch  staet  ersetzt, 
z.  b.:  unde  dar  steyt  [A,  staet  B]  ene  capelle  by  norden 
der  rede  5,  17.)  —  belege  für  stet:  Romulus  unde  Remus 
stichten  ene  burch  an  deme  berge,  dar  nu  stet  dat  palas 
dat  gebeten  is  maius  d.  chron.  2,  79,  32  {säehs.  toeUehr.  15); 

seg  mi  doch,  wu  stet  it  in  der  helle? 

Daxiel  V.  Soest  «.  122  Jottes  (gem.  bicM.  298). 

vgl.  auch  den  reim: 

gode  nnde  Marien  hebbe  gi  gesworen  einen  et, 
därumme  dat  cruce  up  juwem  klede  steit 

des  dodes  daris  548  Baetheke. 

im  neund.  ist  noch  gröszere  einheitlichlteit  und  consequem 
eingetreten,  indem  hier  in  der  2.  3.  sing,  ebenso  allgemein 
steist,  steit  {tcestf.  st€st,  st§t  Woeste  253»,  oder  stais, 
stäit  Jellinghaüs  §  258,  stögst,  stögt  Holthausen 
Soester  mundart  §  323)  herrscht,  wie  im  übrigen  die  formen 
mit  ä  (ä,  ö). 

d)  viel  complicierter  sind  die  Verhältnisse  im,  hochd., 
indem  hier  in  allen  formen  ä  und  6  neben  einander  liegen, 
theils  mundartlich  geschieden,  theils  innerhalb  des  para- 
digrnas  mannigfach  wechselnd,  während  die  nd.  formen 
der  2.  3.  sing,  steist,  steit  auch  für  einen  groszen  theil 
des  fränkischen  gelten,  besonders  grosz  ist  die  Verschieden- 
heit im  ahd.,  wo  obendrein  die  Verbreitung  der  kürzeren 
formen  neben  den  längeren  sehr  starke  differenzen  auf- 
weist, s.  1,  e.  die  spätere  spräche  zeigt  eine  fortschreitende 
Vereinfachung.  —  über  die  ahd.  flexion  s.  Graff  6,  588 
bis  607.  Braune  ahd.  gr.  %  382/.  von  den  wichtigeren 
fränk.   quellen  kennt  Isidor  die    kurzformen   gar    nicht, 

Tatian  nur  in  vereinzelten  fallen :  inf.  stän,  2.  plur.  stät, 
eonj.  stö,  imp.  plur.  stSt.  häufiger  sind  sie  bei  Otfrid, 
für  den  sich  folgendes  paradigma  aufstellen  läszt:  inf. 
Btän;  ind.  praes.  stän,  steist,  steit  (n  mal)  und  stät 
(3  moZ.  dazu  B  mal  stentit,  in  F:  st6t);  i.  plur.  stßt, 
3.  Stent;  eonj.  2.  plur.  st6t.  die  3.  s.  steit  findet  sich  auch 
im  Leidener  Will,  für  stfit  des  Originals,  sonst  sind  keine 
fränk.  belege  für  die  kürzeren  formen  bekannt,  s.  Franck 
altfränk.  gramm.  %  212.  im  alem.  gelten  ausschlieszlick 
die  &- formen,  s.  zeitschr.  f.  d.  alterth.  33,  429.  t»i  bair. 
fast  ebenso  ausschlieszlich  die  ^formen;  nur  in  der  3.  sing. 
ist  ein  paar  mal  stät  für  das  gewöhnliche  stöt  überliefert, 
die  kurzformen  fehlen  ganz  im  sing,  imp.,  der  immer  stant 
lautet,  und  fast  ganz  im  eonj.,  der  nur  durch  je  einen 
beleg  in   Tat.  und  Otfrid  (mit  6,   s.  oben)   vertreten  ist. 

e)  über  die  mhd.  Verhältnisse  vgl.  im  allgem.  Wein- 
hold mhd.  gramm.*  s.  361—4.  Michels  mhd.  elementarb. 
%  216,  num.  1. 

Mr. 


a)  im  ganzen  scheint  die  vertheilung  so  zu  sein,  dasx 
die  9.- formen  dem  alem.-fränk.,  die  ^-formen  dem  bair. 
hauptdialekt  angehören,  für  das  oberd.  galt  dies  schon 
in  ahd.  zeit;  der  hier  im  fränk.  vorhandene  Wechsel  von 
ä  und  6  innerhalb  des  paradigmas  ist  mhd.  nicht  mehr 
erkennbar,  mit  ausnähme  des  unter  y  encähnten  faUes. 

ß)  in  der  spräche  der  klassischen  mhd.  dichtung  hat 
diese  mundartliche  Verschiedenheit  nicht  statt,  vielmehr 
gilt  hier  ein  im  ganzen  einheitlicher  Sprachgebrauch,  dessen 
regel  ist:  im  beweisenden  reime  gelten  überall  für  stän 
und  gän  die  ä- formen,  mit  ausnähme  des  eonj.,  der  durch- 
gängig §  hat;  auszerhalb  des  reims  dagegen  und  ebenso 
in  den  fällen,  wo  gän  und  stän  unter  sich  im  reim  ge- 
bunden werden,  findet  sich  daneben,  in  der  regel  über- 
wiegend, die  Schreibung  mit  S.  (so  zutceilen  unmittelbar 
neben  einander: 

soll'  ich  trüric  stän, 

ob  ich  si  muo;  mlden, 

•we,  wie  waere  das  getan ! 

ti  genäde  stet  min  muot  vil  hS 

minnes.  1,  352'»,  2  Hagen.) 

dieser  reimgebrauch  gilt  z.  b.  für  die  Nib.  (wo  die  formen 
stän  und  stät  durch  häufigen  reim  gesichert  sind,  wäh- 
rend die  andern  fehlen)  und  das  österr.  volksepos  über- 
haupt (nur  dasz  vereinzelt  auch  im  eonj.  stä,  stän  gereimt 
werden,  s.  Singer  mhd.  schriftspr.  anm.  43),  tme  auch  für 
die  altem  lyriker  bis  Walther,  mit  ausnaJime  Hein- 
richs V.  MoRUNGEN  (dieser  hat: 

wil  si  aber  mich  dar  ombe  ven  [hschr.:  vehen], 
mir  ze  unstaten  sten  minnea.  frühl.  126,  12, 

neben  stän:  wän  125,  32,  stän:  hän  129,  16).  femer  bei 
Konrad  Flecke  (inf.  stän,  er  stät,  ir,  sie  stänt;  eonj. 
5  mal  stände  und  2  mal  st€,  s.  Sommer  zu  v.  998),  im 
ged.  von  herz.  Ernst  (B,  s.  Bartsch,  anm.  zu  2945),  bei 
Neidhart  v.  Reüental  (Haupt  s.  221  zu  89,  20),  Hein- 
rich V.  Freiberg  (s.  d.  ausg.  v.  Bernt,  s.  I0"f.).  über 
Hartmanns  reimgebrauch  s.  C.  Kraus  in  d.  festg.  für 
Heinzel  s.  152 — 160,  Benecke-Borchling  wb.  zum  Iw. 
s.  219.  danach  läszt  sich  folgendes  paradigma  aufstellen, 
worin  die  nur  für  gän  durch  den  reim  gesicherten  formen 
mit  einem  stern  gekennzeichnet,  die  gar  niclit  im  reim  er- 
scheinenden in  klammer  gesetzt  sind:  inf.  stän;  ind.  praes. 
ich  stän,  stÄn,  st6,  du  stäst,  er  stät;  plur.  (stän),  *stät, 
stänt;  eonj.  st6  (2.  s.  fehlt),  plur.  *stän,  stät,  stän;  für 
imp.  und  part.  praes.  fehlen  reimbelege,  hier  ist  bemer- 
kenswerth  das  ä  im  plur.  eonj.  (Kraus  setzt  auch  die  2.  s. 
als  *stäst  an)  und  das  schwanken  in  der  l.  s.  ind.,  dem 
bei  gän  nur  ich  gän  gegenübersteht,  hier  vertheilen  sich 
die  formen  auf  die  einzelnen  denkmäler:  ich  stän  findet 
sich  in  d.  liedern.  Er.  u.  a.  Heinr.,  st§n  im  Iic.  (alt 
einzige  form): 

der  kumber  da  ich  inne  sten  (:  Vrien)  4184; 

er  ist  sun  des  künec  Vrienes. 

entriuwen  ich  verstenes 

mich  nä  alrerst  ein  teil  2111; 

st§  einmal  im  Greg.: 

ich  hceres  wei;  got  niemer  m§, 

wände  ich  niht  langer  hie  beste  1416. 

(Kraus  betrachtet  stS  als  entlehnung  axts  dem  eonj.,  stfin 
als  mischbildting  aus  stän  und  st6.)  über  Reinmar  v. 
ZwETER  vgl.  Roethes  einl.  s.  396.  (beide  hdschr.  schwanken, 
im  ind.  ist  stets  ä  gereimt,  im  eonj.  st6;  sonst  überwiegt 
e,  aber  auch  im  identiscJien  reim,  mit  ausn.  von  D,  die 
immer  stan:  gan  fuit.)  ganz  entspricht  der  regel  Rudolf 
V.  Ems,  a.  Junk,  Paul-Braunes  beitr.  27,  485.  andre 
dichter  zeigen  geringere  eonsequenz;  so  bes.  Wolfram, 
der  als  Baier  stßn,  stßt  sprach,  und  seiner  mundart  in- 
sofern rechnung  trägt,  als  er  bexoeisende  reime  auffällig 
meidet,  ohne  sie  doch  ganz  auszttschlieszen,  dafür  um  so 
häujiger  beide  verben  unter  einander  bindet,  a.  Zwierzina, 
festg.  f.  Heinzel  s.  467/.  dieser  führt  6  reimbelege  für 
die  k-formen  auf  (2  stät,  3  gät,  l  gän),  davon  3  aus  dem 
ersten  buche  des  Parz.,  daneben  5  für  6  (4  stßt,  1  g€n). 
auch  bei  Heinrich  von  Neustadt  finden  sich  neben 
überwiegendem  ä  (nach  dem  wortverz.  von  Singer  stän: 
an,  man,  plan,  getan  9  mal;  st&t:  h&t,  r&t,  mat  8  mal) 
formen  mü  &  im  reime: 

Mr. 


1407 


STEHEN  a.  B.  2.  e—f) 


STEHEN  (I,  B,  2,  f) 


1408 


titf. :  sprach  der  von  Pentapolen, 

'mein  geluck  will  wider  auff  sten' 

ApoU.  17400  Singer: 
ind. :  ich  pin  Lucina,  als  ich  hie  stea, 

desz  knniges  kint  Altistraten  17275; 

'haht  ir  den  vendert  hie  gesehen 

der  euch  zu  layde  icht  hat  getan? 

er  musz  euch  hie  zu  recht  stan".  — 

ja,  hcrre:  er  ist  der  dort  stet, 

Silvian  von  Nasareth  19963/.; 

de;  da^es  vellet  gar  demider 

was  buwes  uf  der  erden  stete  (I.  stet), 

es  si  tom  oder  glete  (I.  glet)         gottet  tuk.  6100 
eonj.:  mercket  unde  höret  me 

wie  di  tavel  runde  ste  Apoll.  18728 

odir  ob  ich  lihte  scbribe  me 

dann  in  latin  geschriben  ste  gottet  zuk.  68 

imp. :  im  were  an  dem  hertzen  we. 

der  engel  sprach  'hie  u;  ste'  400. 

Rein  BOT  v.  Durne  hat  stfet  und  st&t  unmittelbar  neben 
einander  im  reime: 

da;  senfte  lamp  von  NazarSt 

bl  dem  starken  lewen  stet, 

da;  e;  deheine  vorhte  hat, 

wan  e;  gerne  bl  im  stät 

Georg  2869—78  Vetter. 

über  das  verhalten  der  ösierr.  epiker  (die  fast  alle  neben 
stark  überwiegendem  stän  auch  st6n  reimen)  s.  Singer  die 
mhd.  aehriftspr.  s.  19/.  (anm.  51).  ähnlich  in  mitteld. 
quellen:  Eilhart  v.  Oberge  folgt  der  reget,  s.  Ed.  Gie- 
rach zur  spräche  v.  Eilharts  Tristrant  s.  188.  {inf.  stän 
47  mal  im  reim,  dazu  10  m^il  st&n :  gän,  1  m4il  stön :  s6n ; 
8.  sing,  st&t:  hat  Zmal,  dazu  stät:  gät  6  mal,  ein  8t6t: 
entpffet  unsicher;  2  mal  1.  plur.  stän;  conj.  st6.)  der  ober- 
hess.  dichter  der  erlös,  gebraucht  die  seiner  mundart  fremr 
den  &form£n  auf  6594  verse  49  wtai  im  beweisenden  reime, 
auch  im  conj.,  dazu  die  k- formen  11  mal,  abgesehen  von 
31  gßn:  8t§n;  dagegen  hat  derselbe  dichter  in  den  10524 
»einer  späteren  Elia,  die  8. -reime  nur  noch  3  rnal,  s. 
ZwiERZiNA  zschr.f  d.  alterth.  44,  353;  45,  63/.  (auszerhalb 
des  reimes  einmal  inf.  stein,  Elis.  5492.)  Hugo  v.  Trim- 
BERG  hat  20  gät,  2  stän,  5  stät  neben  l  g@n,  6  gSt,  2  st6n, 
2  stet  und  35  g6n:  stßn,  40  g6t:  st6t  im  reime,  was  eine 
entschiedene  Vorliebe  für  die  & -formen  beweist,  s.  ebenda 
a.  65/  das  ged.  von  Ludic.  kreuzf.  hat  stän  neben  st6n 
im  reim  {ersteres  weit  überwiegend),  ebenso  Ebernant, 
«.  Einzel,  zeitschr.f.  d.  phil.  8,  890.  —  dasz  die  ^.-formen 
auazerhalb  dea  alem.  aua  litterar.  tradition  atammen,  be- 
gründet apec.  für  d.  bair.  K.  Bohnenberger,  über  gät/ 
gfit  im  bair.,  in  Paul-Braunes  beitr.  22,  209 — 216.  {nur  6 
haben  l)  die  heutigen  mundarten,  2)  die  Urkunden  im 
13. — 14.  jahrh.,  3)  die  ahd.  quellen  vom  9. — 11.  jahrh., 
4)  einige  denkmäler  dea  12.  jahrh.  ahd.  begegnet  ä  nur  in 
den  Par.  u.  Hrab.  glossen,  in  nichtbair.  formen,  seit  1050 
loird  in  den  litt.-quellen  ä  neben  dem  einheim.  6  verwendet, 
bes.  im  reime,  hier  in  vielen  quellen  vor-,  in  manchen 
alleinherrachend.)  —  auffällig  ist  immerhin,  dasz  schon  in 
der  Wiener  geneeia  &  und  fe  neben  einander  stehen,  so  z.  b. : 

den  (armen)  stent  an  deme  ende 
zuo  wolgetane  hente  fundgr.  2,  <.  14,  3, 

neben: 

da  aver  irwintet  der  ruke, 
da  stant  zuo  hulTe 

14,  43  (.bei  DiBMER  «.  6,  25  und  6,  27). 
im  reime: 

er  cbot  'Abraham,  Abraham!' 
er  antwrt«  ime  sa  'sich  wa  ich  stan'        33, 1  (40,  8); 
nn  mtn  snn  Gäd, 
vile  wole  dir  da;  suert  sUt  80,  SS  (118, 1). 

vgl.  auch  Zwierzina  zeitaehr.  f.  d.  alterth.  44,  888/ 

y)  die  formen  steist,  steit  {und  geist,  geit)  scheinen 
auater  dem  nd.  dem  mittelfr.-rheinfrünk.  Sprachgebiet  an- 
zugehören, a.  ScHAUMBERO,  Paul-Braunbs  beitr.  8,  88. 
Kraus  ged.  dea  18.  jahrh.  a.  148/  {viel  weitere  Verbreitung 
ffiebt  ihnen,  kaum  mit  recht.  Weinhold*  ».  MS  f.,  der  ein 
voUatändigea  paradigma  st«in  a^fHelU  und  auch  für  stlst, 
■Ut  vereinaelte  belege  beibringt,  in  einer  Baaeler  quelle 
de»  u.  jahrh.  findet  »ich:  und  Tenteit  man  me  an  dem 
werke  denne  an  den  werten  Wacrbrnaobl  itlid.  pred. 
60,  64;  da  ipricbeat  eines  und  ich  verttein  zwei  64.) 

/)  im  rüul.  dauern  die  mhd.  verhOUni»»«  teährtnd  de» 
16.  und  lt.  jahrh.  im  ganzen  fort,  allerding»  jftttört  durch 

Mr. 


da»  vordringen  der  gemeinaprache  und  das  zunehmende 
übergeioicht  des  ihr  gemäszen  e.  im  allgemeinen  halten 
sich  im  alem.  die  alten  k- formen,  sei  es  auaachlieszlieh, 
aei  ea  im  Wechsel  mit  ^-formen,  jedoch  tat  hier  das  ä  von 
stän  in  der  reget  in  6  übergegangen  vor  naaal,  aodasz  die 
meisten  quellen  im  inf.  ston,  stöhn  haben,  während  andre 
staCh)n  und  sto(h)n  neben  einander  gebrauchen,  tum  inf. 
stimmen  die  formen,  bei  denen  ein  nasal  auf  den  vocal 
folgt,  wozu  im  alem.  auch  die  1.  sing,  und  2.  pl.  gehören, 
seltner  ist  das  o  auch  in  die  andern  formen  eingedrungen; 
so  bieten  elsäss.  denkmäler  eine  3.  sing,  stot,  ».  unten 
T],  cc.  dd,  während  gewöhnlich  dem  inf.  sto(h)n  eirie  8.  sing. 
sta(h)t  entspricht  8ta(h)n  findet  sich  jedoch  {neben  stehn) 
auch  auazerhalb  dea  alem.  gebiete»  bei  autoren  der  ver- 
schiedensten landschaften ,  minder  häufig  auch  sto(h)n 
{bes.  bei  f rank. -hess.  Schriftstellern),  indessen  reichen  alle 
diese  formen  in  der  nhd.  litteratur  nicht  über  den  anfang 
des  n.  jahrh.  hinaus;  die  vereinzelten  belege  aus  jungem 
quellen  beschränken  sich  auf  volkathümliche  lied-  und 
apruchdichtung ,  die  aua  der  altern  zeit  fortlebt  {a.  bea. 
a,  aa  und  bb,  auch  S,  cc) ,  oder  stellen  doch  unter  ihrem 
einfiusz  {so  sind  wohl  die  stellen  aus  Spee,  a.  a,  cc,  zu 
beurtheilen).  —  von  nhd.  Wörterbüchern  kennen  nur  die 
schioeizerischen  dea  16.  jahrh.  (Dasypodius,  Maaler)  die 
a-  und  o-formen.  die  eingehende  Vorführung  dea  materiala 
muaz  die  einzelnen  formen  getrennt  behandeln. 
a)  der  inf.  erscheint  in  folgenden  formen: 
aa)  die  form  stan  ist  bei  alemann,  autoren  nicht  sehr 
häufig,  weil  hier  a  «u  o  geworden  ist,  s.  bb:  {er)  bat  min 
herren,  von  diser  irer  fürgenomnen  meinung  ze  stan 
quellen  zur  Schweizer  gesch.  1, 22, 12  (Frickart  Ttoingherren- 
str.  1470,  I,  8);  und  darmit  trat  ich  hinab  und  wolt  zär 
tür  usz;  do  hiesz  mich  Kistler  still  stan  37,  7  (I,  9)  u.  8.; 
alsz  kinig  Wenzeszlan  nach  vil  Warnung  .  .  .  von  seinem 
hinlessigen  wesen  und  onordenlichen  hausen  nit  wolt 
stan  Knebel  chron.  v.  Kaisheim  (i53l)  *.  160,  20  Hüttner; 

und  wann  man  jr  {der  htnst)  keyn  ere  dfit  an, 
so  werden  wenig  dar  noch  stan 

Brant  narrcTisch.  103,  125; 
der  tod  spricht  zum  grafen: 

mächtiger  graf,  sechend  mich  an, 
den  reisigen  zug  lond  still  stan! 

N.  Manuel  «.  10  Bächtold  (fodtetU.  46); 

zfl  letst  band  wir  Uch  fanden 
in  grossem  vorteil  stan 
mit  graben  oben  und  \inden, 
noch  lOffend  wir  üch  an 

<.  85  (Bicocea-Ued  U,  8); 

dank  hab  der  bapst,  von  dem  ich's  han, 
in  sinem  glouben  wil  ich  stan 

«.  36  (v.  papst  u.  $.  priettertch.  146); 

wo  wir  mUesstind  eewiber  han, 

80  mUesstind  wir  gebunden  stan  46  (S48); 

dMh  aucA: 

das  wort  gotts  wird  in  ewigkeit  ston 
und  mag  von  niemants  werden  abtont 

I.  150  {Barhali  «.446); 
nnd  da  das  hung  (honig)  soll  werden  gsAcht, 
da  laszt  mans  stan  und  sflcht  mans  gifft 

H.  R.  Manuel  weinapiü  (1648)  1987; 

jetz  muss  ich  alhier  khlopffen  ahn, 
den  Juden  zue  erbarmen  stan 

Endxnger  judentp.  8,  v.  466. 

von  den  werken  Geilers  v.  Keisersberq  haben  die  mei- 
sten {Straszburger,  Baseler)  drucke  ston,  ».  bb.  dagegen 
haben  die  Augsburger  ausgaben  neben  vorherr»chendem 
Bteen  vereinzelt  stan,  t.  b.:  o  du  diencr  gottes,  da  mafst 
nitt  stillsteen  in  ainem  stand,  darumb  ist  dir  not  das 
du  aufT  oder  absteigest,  wilt  du  aber  still  stan,  so 
möstu  gantz  nider  vallen  granatapfel  (1610)  G  8*.  —  gar 
nicht  »eilen  erscheint  stan  in  tirol.  und  kämt,  quellen: 
das  Ol*  fünfzig  'S  verfallen  ist  um  den  frefel,  and  mus 
iii  Jar  us  dem  land  stan  {d.  l.  ««rZotten)  tirol.  wtiaih. 
8,  846,  18  {MünsUrthal  1487); 

recht  als  ain  man, 

den  man  wil  verlan. 

von       frsndea  muess  ich  stan 

Oswald  v.  Wolkcnstbin  16,  40  SeAote 
(von  rtlmt  mU); 
•wer  herts  soll  nit  in  traurikait  stan 

pa$$tOH»»p.  aiM  Tirol  «.  48  (ßttn.  pa»»,  606); 

Mr. 


1409 


STEHEN  (I,  B,  2.  f,  a) 


STEHEN  (I,  B,  2,  f,  c) 


1410 


und  donkcht  mich  auch  nit  wol  getan, 

das  ier  sei  allain  habt  laszen  stau 

nnder  diser  sammung  Erlauer  spiele  III,  336; 

und  laszen  wiszen  in, 

das  du  mier  hast  chunt  getan, 

ob  er  es  m6cht  nnderstan  V,  54; 

daneben  aiiszerhalb  des  [beweisenden)  reims: 

wir  schfillen  sten  ainhalb  zi&, 
das  uns  icht  red  ersten, 
da  von,  das  wir  so  frü  hie  gen        III,  54 Jf. 
sonst  ösierr.: 

wolauff  und  loszet  mir  die  schuch, 
wiewol  mir  not  wer  einer  pruch, 
doch  wil  ichsz  lenger  lassen  stan, 
das  ich  nur  die  schuch  zu  eren  han 

pf.  V.  Kalenb.  1395  (daneben  auszerhalb  des 
reimes  sten,  z.  b.  v.  238,  1419) ; 

auch  der  Oberpfälzer  Wolfg.  Schmeltzl  reimt  stan: 
soll  ich  mein  armen  underthan 
nit  schützn,  lassen  in  nöten  stan 

Samuel  u.  üaid  D  3*»  v.  823; 

{ich)  will  mit  euch  in  der  schlacht  frey  stan  (:  an)       830, 
ebenso  die  (Nürnberger)  fastn.  sp.: 

ein  ider,  der  sich  zwingen  kan, 

der  mag  der  übel  wol  frei  stan  147,  30 ; 

hett  der  meister  also  getan, 

so  mocht  er  an  gespot  wol  stan  152,  29; 

herr  künig,  da  thut  ir  gar  recht  an  {dafz 

ihr  die  frone  tragt). 
ich  waisz,  sie  wirt  euch  gar  wol  stan  656,  29 ; 


wie  wol  die  frau  hie  prangen  kan, 

80  sah  ich  kainn  mantel  nie  übler  stan 


daneben: 


666,  29; 


und  zieh  man  mich  mit  münchen  und  pfaffen, 

wenn  ich  der  werk  mag  ledig  sten, 

so  lasz  ichsz  gar  gutlich  abgen  166,  15; 

ebenso  449,  31,  vgl.  unten.    imfränJc.,  auszerhalb  des  reims: 

dan  es  wirt  stan  dorauff  allein, 
das  wir  uns  rotten  jn  gemein  .  .  . 
Ulr.  V.  Huttex  3,  530  Böcking  {beklag,  der  freistette  33), 

neben:  so  dan  würt  kein  weybischer,  blöder,  lustsöchen- 
der  oder  geitziger  .  .  ..  nach  geistlichen  lehen  und  pfrun- 
den  steen  und  trachten  (netno  tunc  mollis  .  .  .  adspirabit) 
1,  *.  395,  38;  im  reim: 

allein  musz  er  vor  dem  richter  stan, 
seiner  diner  wirt  keiner  mit  im  gan 

Jaspar  V.  Gennep  Homulus  (1540)  438 ; 

es  darff  doch  mancher  edelman 
verschlucken  wagen,  rosz,  und  man, 
das  hastu  jha  noch  nicht  gethan, 
dammb  wirstu  noch  ehrlich  stahn 

Albercs  fabeln  11,  %. 
stan  im.  reim  mit  o: 

Eol  ich  mich  denn  nicht  ziren  schon, 

am  tanz  musz  ich  do  binden  stan, 

80  werden  sprechen  dan  die  leut: 

na  sehet,  wie  stet  die  Muszgeut! 

faftn.  tp.  107,  22. 
auch  im   (hess.)   Alsfelder  passionssp.  (1501)   ist   stan  die 
gewohnt,  reimform:  ' 

kommt  zu  mer,  er  hellerodden,  .  . 

und  losszet  mich  nit  allein  stan, 

willet  er  anders  den  Ion  von  mer  honn ! 

das  wel  ich  alles  losszen  stan 

und  das  nu  ein  frommekeit  wisszen  lan 

also  thun  mer  alle  glich, 

die  der,  herre,  zu  dinste  stan: 

sie  woln  dich  mit  nichte  lan 

mer  woln  hie  nit  lenger  stan; 
die  reis  wel  ich  uns  heben  an 

fursten,  gralTen  und  dinstman 
musszen  mer  alle  zu  gebode  stain 

die  zwene  man 
die  dort  vor  uns  stann 

|«o  im  reime  auf  gan: 

dasz  sie  nach  dim  libe  stan 
und  alle  dage  zu  raide  gan, 
wie  sie,  herre,  erwinnen  dich 

Hiesus  lieber  herre  zardt, 
du  solt  uff  disser  vardt 
uff  dissem  tuch  gaben 
und  vor  den  richter  stan 


Pilate,  losz  die  rede  stan 
und  losz  uns  Barraban  gan ! 


X.  2. 


137 


328; 


916 


1086 


1258 


7929 


2602; 


3^; 

4802; 
Mr. 


sin  gewalt  sal  ummer  stan, 

sin  gericht  sal  nnmmer  zugan  4777; 

daneben  jedoch: 

herre,  des  wasszers  gib  auch  mer!  .  .  . 

dasz  ich  nicht  mene  (l.  mee?)  dorff  her  gehen, 

sonder  dissen  bom  hie  losz  stehen !  1346 ; 

ebenso  4198,  *.  unten,     sehr  auffällig  ist  der  reim.: 


ach  lieben  gesellen,  nu  lauffet  hinn ! 
er  mochtet  hie  zu  lange  stehen ! 


1081. 


die  Schreibung  stain,  die  oben  in  v.  1258  begegnete  und 
ohne  morphologische  bedeutung  ist,  findet  sich  sonst  be- 
sonders in  mittelfränk.  quellen,  so: 

here,  sait  wat  uch  si  misdain, 
laist  xms  na  besseringen  stain 
d.  gtädtechr.  12,  101  (Hagen  boich  v.  Colne  2751); 

hedden  si  ir  werpen  laissen  stain, 

in  were  zo  der  zit  neit  gedain       128  (3728). 

dagegen  schreiben  spätere  Cölner  quellen  wieder  stan: 
also  bleif  dat  stan  13,  lOl,  14.  103,  25.  104,  4  {Cölner  jahrb. 
1414 — 5).  doch  auch  z.  b. :  darum  wer  sich  went  zestain, 
der  sech,  dag  er  icht  valle  cod.  Teplens.  2,  32  Huttier 
(l.  Cor.  10,  9).  —  im  thür.  herrscht  §.  doch  hat  das  spiel 
V.  d.  10  jungfr.  {aufgef.  1321,  hatidschr.  des  14.  jahrh.)  im 
reime  stan:         • 

betet  ir  mi  edir  mime  kinde  ichein  lip  getan, 

das  muste  uch  nu  zu  staten  stan  274  Beckers. 

ebenso  239  (stan:  gelan);  dagegen  im  nicht  beieeisenden 
reime: 

hemel  und  erde  sal  zuge, 

mine  wort  sullen  ummer  stille  ste  294. 

{vgl.  C,  2,  Ar,  a.)  ebenso  hat  Jon.  Rothe  neben  dem  ge- 
wöhnt, sten,  stehin  2  mal  stan  im  reim,  s.  die  ausg.  seitier 
'passion'  v.  Heinrich  s.  52.  bei  Luther  begegnet  a 
(stahen,  stan)  bis  1523  nicht  selten,  bis  1530  vereinzelt 
{wahrend  die  kursächs.  kanzlei  nur  e  kennt),  s.  Frank 
schriftspr.  Luthers  §  43.  242:  wie  wol  es  alszo  seyn  musz, 
das  an  Christum  .  .  .  vill  sich  stossen,  fallen,  und  auff- 
erstahen  müssen,  von  d.  freyh.  eynisz  Christen  manschen 
(1520)  A  2*  (s.  17  neudr.) ;  so  hat  sie  szo  ein  reyche  ge- 
rechtickeyt  ynn  yhrem  breötgam,  das  sie  abermals,  wider 
alle  sund  bestahn  mag  B  l*»  (s.  24);  so  auch  in  seiner 
umdichtung  des  i6.ps.  {'ein  feste  bürg'  u.  s.  w.): 

das  wort  sie  sollen  lassen  stan,  .  .  . 

er  ist  bey  uns  wol  auff  dem  plan  »ehr.  8,  364**. 

icie  hier,  verdankt  stahn  auch  sonst  seine  Verbreitung  und 
erhaltung  vielfach  dem  bedürfnisz  und  der  tradition  des 
reimes,  für  den  stahn  ebenso  bequem  tcie  stehn  wenig  ge- 
eignet war.  so  gebraucht  es  im  reime  auch  der  Obersachse 
Hayneccius  {neben  steht,  s.  ß): 

{ich)  wil  zu  keim  menschen  in  die  schul  nicht  gähn, 

auch  niemandt  zu  gebotten  stahn 

Han*  Pfriem  (1582)  1,  2,  t».  302 ; 
da  mus  der  arme  Hans  Pfriemer  dann 
eim  jedem  zu  seinen  rechten  stahn, 
muss  sich  verdammen  lassen  baldt        1,  4,  498, 

und  wenn  sie  gleich  wer  blieben  stahn, 

so  hett'  jhr  doch  misfallen  dran  2,  2,  663. 

ebenso  der  Leipziger  Schumann: 

wa  aber  zäsamen  kommen  zwey, 
die  in  selber  nicht  sein  recht  trew, 
die  müssen  allen  alle  zeyt  fortan 
ir  lebenlang  in  armfit  stahn 

nachtbüchl.  (Augtb.  1559)  ».  272,  27  BoUe  (nr.  48). 

auch  Opitz  hat  in  seiner  ersten  gedichtsammlung  (1624) 
noch  zuweilen  stahn  zugelassen,  vgl.  Baesecke  (ÖStt. 
diss.  1899)  s.  108.     z.  b.: 

ich  halt  allein  bey  euch  fest  an, 
bey  euch  bleib  ich,  sonst  niergendt,  stahn 
{dafür  später: 

mit  glauben  der  nicht  wancken  kan) 

t.  53  («.  83,  44  neudr.). 
aus  dem  nd.  stammt  stahn  t»  dem  bekannten  'Aennchen 
von  Tharau': 


und: 


qnfim'  allet  wedder  glihk  ön  ons  tho  schlahn, 
wy  gyn  gesfinnt  by  een  anger  tho  stahn        str.  4; 

wat  8ck  geb6de,  wart  van  dy  gedahn, 

wat  &ck  verb&de,  dat  lätstn  mv  stahn  11. 

89  Mr. 


1411 


STEHEN  (I,  B,  2.  f,  a) 


STEHEN  (I.  B,  2,  f,  «) 


1412 


a.  ged.  des  Königtb.  dichterkr.  s.  179.  S.  Dach  a.  420  österley. 

Herder  25,  80  Suphan   (alte  volksl.  II,  8,  12).     dafür  in 

der  übers,  (volksl.  l,  1,  20).- 

kam'  alles  weiter  gleich  auf  uns  zu  schiahn, 
wir  sind  gesinnt  bei  einander  zu  stahn 

und: 

was  ich  verbiete,  das  l&szt  du  mir  stahn      s.  17T. 

(nur  die  erste  stropfie  in  der  gekürzten  fassung,  die  als 
Volkslied  gesungen  wird,  s.  Herder  l,  2,  *.  466/.  und  53i 
Meyer.)  unter  dem  schütze  des  reimes  hat  sich  stahn 
über?iaupt  länger  im  Volkslied  gehalten: 

sie  haben  schöne  kleider  an, 

ich  aber  musz  in  der  kutten  stahn 

Herder  25,  376  Suphan  {volkel.  II,  1,  24). 

bb)  die  gewöhidiche  form,  der  frühnJid.  alem.  (scJiweiz. 
eis.  u.  s.  IC.)  autoren  ist  ston:  also  wart  er  (Heinr.  IV.) 
usgetolben  und  ...  in  dem  banne  gelossen  fünf  jor  ston 
d.  städtechr.  8,  435,  24  (Königshofen  Straszb.  chron.,  1400); 
und  sol  ouch  der  schaffener  den  pflegern  des  alle  woche 
ein  register  geben  darinne  solichs  alles  eigentlich  ge- 
schriben  ston  soll  Straszburger  zunftverordn.  s.  278  (vom 
j.  1478);  wee  denen,  die  mit  disen  zweien  hörneren  stossen, 
es  würt  nitt  lang  ston  Kei.sersberg  irrig  sclwf  A  3»; 
bey  diszer  weyszheit,  sollen  ir  nüt  anders  verston  denn 
den  gantzen  hauffen  der  tagenden  seetenpar.  (i52ü)  128»; 
bisz  sicher,  gott  lot  nit  die  pfand  ston,  er  löset  dir  die 
bilgersch.  (1512)  Sl"*;  unnd  hie  so  soltestu  fliehen,  so 
bleibstu  ston  drei  schütz  ...  du  bist  gleich  einem  hirtzen 
bleibt  ston,  bisz  er  erschossen  würt  nurrensch.  (1520)  151 
(gedr.  107,  richtig  143)»;  es  seint  vier  ding,  ston,  fallen, 
wider  uffston,  niemer  uffston  (zioeites)  169  (richtig  16l)»; 
da  sähe  der  docter  den  holen  stein  an  der  wand  ston 
mit  dem  treck  Euhnsp.  (Straszb.  1515)  s.  23  neudr.  (l5.  hiat.) ; 
da  Ulenspiegel  das  sähe  da  lieff  er  hindersich  .  .  .  und 
liesz  den  becker  ston  80  (20) ;  also  kam  Ulenspiegel  ent- 
lich usz  dem  karch  .  .  .  und  reit  usz  dem  land  und  liesz 
den  karch  vor  der  bürg  ston  38  (26,  u.  so  durchgängig); 
du  findst  auch  hie  noch  ston  die  zeychen  ob  das  hirn 
oder  die  feil  wundt  seycn  Gersdorff  vmndartzn.  (l517) 
22*  (=  1530  23'») ;  ir  müssen  .  .  .  hinusz  für  die  stat  gon 
. . .  und  als  weit  ir  gewerffen  mögen,  darvon  ston  Pauli 
aehimpf  u.  emat  99  österl.  (c.  135) ;  sant  Bernhardin  müsz 
auch  im  schawfeld  ston  Jud.  Nazarei  vom  alten  u.  neuen 
gott  (1521)  s.  48  Kück;  sein  (des  Franciscua)  orden  werde 
ston  bisz  an  iüngsten  tag  Jon.  Eberlin  v.  Günzburg 
1,  158  neudr. ;  wie  der  miszbruch  sy  ingewachszen,  wollen 
wir  lassen  ston,  und  nit  achten  wie  man  th&t  179;  förcht 
dir  nit  vor  jnen,  dann  ich  hab  sy  in  deine  band  geben, 
niemant  under  jnen  wirt  vor  dir  ston  können  bibel  vert. 
(Zürich  1531)  1,  108»  (Jos.  10,  8);  da  du  ...  die  todten 
vergrübest,  liessest  dein  essen  ston,  unnd  verschlügest 
sy  undertags  in  deinem  hausz  295»  (Tob.  12,  12);  das  sy 
nit  wolten  annemmen,  von  der  mesz  noch  cerimonien 
nit  ston  (abstehen)  Basler  chron.  6,  131,  20  (zu  1528);  ein 
wanderbare  sach,  dass  die  uralten  eidgnossen  so  vil 
dise  grafschaft  (Burgund)  gesäzt  hatten,  dass  €  si  dar- 
von ston  wöltid,  e  ire  land,  lib  und  gut  gegen  römschen 
keiser  Julio  unabwislich  wagten  Anshelm  Berner  cJir&n. 
1,  102,  79  (im  KÖrterverz.  ala  stftn,  stön  eingereiht,  dazu 
ge-,  üs-stän ;  die  angeführten  atellen  bieten  nur  ston) ;  disz 
ort  hat  Plautus  unbcrfirt  ston  lassen  (eum  Plautus  locum 
reliquit  integrum)  Boltz  Terenz  (Tüb.  1589)  84'»  (adelphi, 
prol.  10);  das  lassen  wir  nun  in  seinem  wert  stöhn  Seb. 
Munster  eoamogr.  (Baael  ifi60)  189;  nAn  müsz  es  gott 
trewlich  erbarmen,  das  ich  noch  so  vier  göter,  starcker, 
geräheter  ross  im  stal  hab  ston,  und  ist  deren  keins, 
es  m&cht  basz  ziehen  dann  ich  Frey  gartengea.  19,  81 
Bolle  (eap.  lo);  er  seit  allein  aoffston  Montan  us  17,  88 
Bolte  (uxgkürter  U67,  eap.  8);  wie  die  schön  jungfraw 
Iphigcnia  von  dem  schlaff  erwachet,  Cymon  sähe  vor 
ir  stöhn  840,  9  (,0]/m.  u.  Iph.  4);  es  sind  vil  bflchlin  wider 
solche  tyrannen  gescbhben;  wolto  gott,  sie  lescns  recht 
und  tbeten  darnach,  to  würde  es  besser  inn  der  weit 
•ton  878,  6  (gartengea.  8).  daneben:  dAd  hett  aber  der 
McrctarioB  .  .  .  kein  goldtsandt  oder  strewbalfer  aufT 
•einem  tisch  stehn  876,  88  (16.  eap.),  ao  Öfter  (/.  b.  a.  818, 17. 
•16,  81.  847,  1),  aogar:  als  er  aber  nit  weit  aufTHtohn  .  .  . 
die  leflt  .  .  .  dm  sarch  ston  Hessen  87,  8  (wegk.  6) ; 

Mr. 


vorabe  sol  niemans  barfuosz  gon 
oder  bloskoppfs  an  die  sunne  ston 

Dangkrotzheim  namenb.  (1435)  228; 
Venediger  die  red  solt  lassen  ston 
Gengenbach  ».  17  Ooedeke  (d.  alt  eydgnotz  814); 
danimb  will  ich  iez  stille  ston 
und  den  singer  zft  mir  einher  Ion 

Umland  volksl.  nr.  3,  3; 
dairumb  sollt  du  merken  und  verstohn : 
nit  stätta  Solls  nach  deim  willen  gohnl 

Zfmm.  chron.  (1566)  4,  2J5,  2  Barock''; 
es  will  mir  auch  nit  fuegen, 
die  lang  bei  dir  zu  ston  (:  hingon)        228,  21 ; 

das  ich  den  orden  möcht  verston, 

darzu  ich  gross  verlangen  hon  839,  33 . 

hier  auch  von  den  wörterbüdiern  aufgenommen:  abstohn 
vom  gerichts  handel,  hastam  abjicere,  metaph.  anstohn 
lassen  eyn  Zeitlang,  intermittere.  bestohn,  bedingen,  re- 
dimere  Dasypodius  (Straszb.  1537,  unter  sta.  eingeordnet); 
ston,  atare  Maaler  (Zürich  I56l)  389*  (mit  zahlreichen  bei- 
spielen).  auszerhalb  des  alem.  begegnet  ston  bes.  bei  frän- 
kischen autoren:  es  ist  eyn  thorheyt,  das  man  mit  still 
ligen  und  zusehen  den  krieg  treiben  will  ...  es  mftsz 
mann  gegen  mann  stöhn  (arma  capias  oportet  et  .  .  . 
vir  cum  viro  congrediaris)  Carbach  Liv.  (Megntz  1551) 
117»  (22,  14,  4).  daneben:  j renthalb  möcht  die  statt  ohn 
sorgen  stehn  128*"; 

ein  andrer  (tischgagt)  sagt  von  alten  kesen. 

wie  er  ein  hauptman  sey  gewesen, 

und  hab  so  manchen  zug  gethon, 

und  m&ssen  in  der  Ordnung  ston 

SCHEIDT  Grobianus  {Worms  1551)2155; 

ists  g&t,  so  iss  ein  theil  darvon, 

ists  schlecht,  so  lasz  nur  vor  dir  ston  3504 ; 

dann  jm  ward  nit  ein  (JlTe6«-)8cher  darvon 

und  m&st  darzü  in  schänden  ston  4308; 

daneben : 

so  sitz  dann  hinderm  disch  geschmogen, 

und  stewr  dich  aufT  ein  elenbogen : 

es  wirt  aber  vil  feiner  stehn, 

wann  du  dich  legst  auff  alle  zwen  3069; 

doch  ob  dus  maul  je  wischen  wolst, 
ans  dischthfich  du  es  reiben  solst: 
besonder  ist  es  rein  und  schSn, 
ein  flecken  wirt  gar  wol  draui  stehn  3104; 

auf  einen  sontag  morgen 
bei  nach  der  zwelften  stund, 
als  iederraan  ohn  sorgen 
▼erhofft  im  frieden  ston 

LiLiENCRON  hist.  volksl.  4,  564  (nr.  606,  3, 
belagrung  von  Frankfurt  o.  M.  1668); 
all  ehr  und  guts  mein  werthe  krön. 
Actaeon.    das  lasz  ich  an  seim  orthe  stöhn 

GiLHUSius  gramm.  (Frankf.  1597)  67  (8, 1); 
daneben : 

bey  paren,  thut  im  Moyse  stehn, 

mustens  in  die  arch  Noe  gehn  36  (1  3). 

hei  dem  Oberpfälzer  Schmeltzl: 

da  sieht  man  manch  histori  stöhn 

und  schier  den  gantzen  passion 

lobspr.  V.  Wien  (1648)  483; 
80  bald  man  hSrt  den  glocken  thon, 
mflsz  sie  (d.  bürgersch^)  auff  vier  pl&tzen  stöhn        1146. 

wenn  in  des  Schlesiera  Sebiz  feldbau  neben  gewöhnlichem, 
sehr  häufigem  stehn  vereinzelt  stöhn  begegnet,  so  erklärt 
sich  daa  aua  dem  druckort  (Straszb.  157»):  darumb  soll 
man  den  säutrog  niemals  lassen  l&r  stöhn  188;  aonat  in 
fester  reimformel:  so  nun  der  jÄger  wider  zu  der  fahrt 
will  zugchn,  .  .  .  soll  der  j&ger,  wann  er  aber  zu  dem 
hirsch  geschrien,  mit  seinem  hund  also  jligcrlich  reden, 
.  .  .  wolan  hin  zu  jenem  bom,  da  tindstu  den  edlen 
hirschen  stöhn  666.  über  daa  16.  jahrh.  hinatta  hat  aieh 
stöhn  in  einem  andern  voUcathümlichen  reimaprueh  ge- 
halten: 

ein  Jeder  lern  sein  lecUon, 

■o  wird  ••  wol  im  hause  ston 

Luther  8,  868^. 

vgl.  loction  8,  th.  6,  488.  ebenso  Piulandbk  (^raasb.  1660) 
2,  9.  Wille  aittenl.  (1781)  180.  danach:  os  wird  darumb 
nicht  wol  im  hauae  Btohn,  wann  der  knocht  lernt  nicht, 
seine,  sondern  seines  Herrn  lection  Scuuppius  (Hamb. 
1668)  888.  an  einer  andern  atelle  aettte  er  iafOtr  trola  dea 
reimea  daa  ihm  gdänflge  mundartliehe  stahn  ein:  bete, 
dass  ein  Jeglicher  lerne  am  sontag  seine,  und  nicht  eine 

Mr. 


1413 


STEHEN  (I,  B,  2,  f,  «) 


frembde  lection,  dasz  es  möge  wol  im  hause  nnd  im 
gewissen  stahn  210.  {sonst  gebraucht  Schuppius  natür- 
lich stehen.)     und  so  noch: 

und  geht's  nicht  mit  der  lection 

und  mit  dem  exponiren, 

daim  wird's  gar  schlecht  im  hause  stöhn 

Bürger  40*, 

hält"  jeder  nur  gelemet  täglich  seine  lektion, 
wnrd's,  ohne  blutvergieszen,  wohl  im  deutschen  hanse 

stöhn! 
Zach.  Werner  leeihe  der  unkraß  124. 
sonst  vereinzelt: 

hätt  ich  die  bilder  lassen  bleiben,  .  .  . 
so  würd  die  sach  noch  aufrecht  ston, 
nnd  müszt  ich  nicht  mit  spott  darvon 

Opbl-Cohn  dreiszigj.  krieg  s.  108  (c.  1621?); 

die  Schreibung  stun  belegt  Weinhold  alem.  gramm.  s.  323 
aus  Reyscher  alttcürtemb.  statutarrechte  (vom  j.  1462; 
ebenda  auch  gun,  hun). 

cc)  eine  anzahl  autoren,  bes.  elsäss.,  doch  auch  fränJc., 
gebrauchen  beide  formen,  stan  und  ston,  neben  einander, 
sogar  im  reime,  groszentheils  des  weiteren  auch  sten.  {so 
z.  b.  ston  und  sten  in  buntem  xoechsel:  die  dritt  frucht 
ist,  beider  wider  umb  auff  ston  ...  so  mage  er  doch 
gar  vil  ee  wider  auff  steen  .  .  .  wann  die  selben  mügen 
auch  nitt  on  sünd  besteen  Keisersberg  jw-ed.  [1510]  67»; 
es  seind  vier  dinge  die  du  mercken  soldt.  allwegen  ston, 
fallen,  wider  auffsteen,  allwegen  bleiben  ligen.  allwegen 
steen  ist  das  erst  u.  s.  w.  67*.)     so: 

der  jüdisch  syt  wil  gantz  uffstan  (:  dran) 

Brant  narrengeh.  4,  20 ; 

dar  umb  das  nit  folgt  gfittem  rott 

und  den  veracht  die  husfrow  Loth, 

wart  sie  geplagt  von  got  dar  von 

nnd  mfist  do  zä  eim  zeichen  ston  8,  16; 

wer  bnwen  will,  der  schlag  vor  an 

was  kostens  er  dar  zfi  müsz  han, 

er  würt  sunst  vor  dem  end  abstan  14,  37, 

vil  hant  grosz  buw  geschlagen  an 

und  möchtent  nit  dar  by  bestan  15,  6; 

wer  ettwas  grosz  will  understan 

der  soll  sin  selbst  bewerung  han  23; 

der  ist  eyn  narr  .  .  . 

der  alleyn  will  underston 
das  er  selb  dritt  nit  mScht  getön  24,  3; 

und  wann  man  jr  (der  kunst)  keyn  ere 

dfit  an, 
so  werden  wenig  dar  noch  stan  103,  125 ; 

das  gott  dann  den  erschaffen  hat, 
den  er  waysz  ghän  der  höUe  pfat. 
lasz  wir  zu  seinem  willen  sthon, 
der  alle  ding  hat  wolgethon 

SCHWARTZENBERG    ClC.    155*, 

sßlchs  sollen  mercken  weib  und  man, 

und  guter  werck  nit  m&ssig  stan  105*; 


wjwol  er  {Job)  was  ain  hayden  mann, 
sein  bäch  ist  inn  der  bibel  stan 


156«; 


daneben  auszerhalb  des  reims  sten,  z.  b.  152*,   s.  unter  II, 
und  gth&n,  s.  unten  ee. 

wer  hett  dich  heissen  hie  her  stan, 
wein  rieffer,  du  omechtig  man? 

Murner  geheimem.  (1512)  10  neudr.  (3,  7); 
hie  bin  ich,  seht  mich  frolich  an! 
ich  darff  noch  wol  zfln  Schelmen  stan  15  (7,  2) ; 

als  ich  wolt  zä  den  schelmen  stan, 
do  bracht  ich  mit  myr  meynen  Ion        18  (9,  7) ; 
man  vindt  wol,  die  zu  kirchen  gon 
nnd  all  gfitt  leren  lassen  ston 
19  (9»,  8  aus  einem  in  d.  2.  ausg.  eingetchobenen  stück); 

w6llen  sie  daran  kein  vernügen  hon, 

so  wil  ich  in  zfi  dem  rechten  ston 

vor  den  hirten  uff  den  felden        Luth.  narr.  556 ; 


das  ewangelium  recht  verston, 
kl&ster,  stifft  und  land  verlon 


884; 


sol  ein  wolff  me  freiheit  han, 
dam  ein  frumer  cristen  man? 
das  kan  ich  warlich  nit  verstau 

951  (dreireim); 
wer  in  einem  stUck  lügt  an, 
der  hatz  im  andern  me  gethan, 
und  kan  nit  von  der  gewonheit  stan 

8037  {detgl.)\ 
her  büchsenschützen,  leiter  an, 
ir  sollen  zfi  der  porten  stan 

3278  (m  nächsten  v.  nnderston:  Ion, 
als  2.  plur.  imp.,  s.  unten); 

Mr. 


STEHEN  (I,  B,  2,  f,  ä)  1414 

solt  es  mich  tusent  guldin  gestan, 

so  wil  ichs  alles  wenden  an  4520.  — 

gott  der  herr  spricht: 
sag  an,  Adam,  wo  ist  dein  weib? 

Adam  spricht: 
herr,  da  isz  im  gesteudig  stan  (:  gethan) 

H.  Sachs  1,8«; 
wie  magst  du  also  gottlosz  stehn  (:  gehn)  12*; 

so  kumb,  Abel,  lasz  waschen  dich  .  .  . 

wenn  der  herr  morgen  ein  wirt  gohn, 

das  jhr  sauber  vor  jhm  thut  ston  13»; 

euch  thut  in  der  nechst  Schlacht  geb&m 
das  Franckreichisch  wapen  zu  ffim 
das  man  noch  gar  auffrecht  sech  stöhn 
in  Franckreich  wappen,  cepter  und  krön 

3,  2,  157*; 
zu  derselbigen  zeyt  nach  dem 
wird  man  sprechn  zu  Jerusalem : 
förcht  du  dich  nicht,  und  zu  Zion : 
lass  deine  hend  nicht  müssig  stöhn!      4,  1,  61»; 

wolauf,  wolauf!  las  uns  doch  gen! 
was  wöl  wir  als  die  narren  sten? 

fastn.  fp.  1,  158  neudr.  (12,  356); 
kanst  du  denn  keinen  schimpff  verstahn  (:  ahn) 

130  (10,  181); 
sagt  mirs,  das  ichs  auch  kuen  versten!  (:  gen) 

2,  34  (15,  250); 
noch  traw  ich  mir  auf  diesem  plon 
pey  andern  nasen  wol  zw  pston         84  (20,  70) ; 

ich  hoff,  mein  nas  sol  wol  pestan  (:  daran) 

86  (134); 

Eva,  du  thust  nit  recht  versthan  (:  daran) 

5,28  (52,  374); 

mit  wenig  schlaffen,  frü  auff  ston, 
den  halbn  tag  Lnn  der  stat  umb  gon 

fab.  u.  schw.  nr.  29,  56. 

{also  sten  nur  im  reim  auf  gen!)  —  so  aber  iemand  usz 
nflwen  und  alten  testament  könde  eins  andren  berich- 
ten, so  wellen  sy  darvon  abstan  Th.  Platter  s.  42 
Boos;  war  wolt  die  puren  leren  verstau,  war  recht  bette 
oder  nit!  48;  ich  sagt:  'ich  kan  not',  aber  er  wolt  nit 
abston,  bysz  ims  mieszt  verheissen  50.  —  die  sach  freylich 
nit  wol  umb  meinen  lieben  ritter  ston  soll  Wickram 
loerke  1,  5,  6  Bolte  {Oalmy  c.  l);  ich  nit  glaub,  in  grösser 
freüd  zä  hett  mügen  ston  18,  30  (4);  disz  lassen  wir  also 
ston  unnd  sagendt  hinfürter  von  Galmien,  dem  ritter 
32,  35  (8) :  dann  fürwar  ein  grosse  sorg  darauff  ston  würd 
59,  3  (17);  hergegen  versprich  ich  dir,  dich  in  keinen 
weg  zä  vermelden,  und  solt  mir  schon  mein  leben 
daran  stan  332,  16  {Gabr.  c.  56);  sunst  werden  jr  gewisz 
in  grossen  geferden  an  euweren  letsten  end  ston  müssen 
roUwagenb.  13,  27  Kurz;  der  gesten  einer  .  .  .  verbirgt 
den  bratnen  kapaunen  und  laszt  die  schüssel  also  lir 
stan  24,  10; 

dieweil  er  uff  der  erd  thet  stahn, 

mocht  ich  im  nit  gesigen  ahn 

teerte  8,  13  {Ovid  9,  400) ; 
hie  mögt  ir  sehn 

mein  allerliebste  Schwester  sthen     22  (718); 

die  g6tt  gaben  mir  zu  verstahn, 
das  ich  noch  der  bott  solte  han 
keyn  gl6ck  33(1061); 

ja,  wann  ich  jetzundt  ab  solt  sthon, 
glaupt  er,  ich  wolt  in  versucht  hon      34(1101); 

Biblis  lieff  tobendt  schnei  darvon, 
zwo  stett  sie  hinder  ir  liesz  sthon  .  .  ., 
die  beide  inn  Licia  sthen  (:  Limyren') 

35  (1135—9) ; 
eyn  g6ttin  ausz  der  mossen  schon, 
vor  irem  beth  dieselb  thet  stöhn        38  (1218) ; 

wie  will  ich  mit  meim  vatter  bstohn, 

der  sein  tochter  meynt  sein  eyn  son     40  (1306); 

die  wasserzieher  Belides 
wurden  gentzlich  vergessen  desz 
und  liessen  ire  eymer  stöhn; 
so  sfis  erklsuig  der  harpffen  thon 

47  (10,  123).  — 

stan  bei  Tschudi  chron.  Helvet.  l,  146»  neben  ston  56», 
s.  unten  II,  B,  9.  d,  ß  und  C,  9,  e,  6.  —  wie  des  hiramel- 
erd-höUigen  auff  schlangen  unnd  ottern  gähn,  auff  dem 
keyser  Friderich  stan  Fischart  Garg.  s.  24  neudr.  ,•  wo 
hat  der  jungherr  sein  pferd  stehen?  63;  wer  ein  pferd  hat 
am  barren  stan,  zu  fusz  darff  er  nicht  gan  72;  wie  solt  es 
stehn,  wann  der  Adam  an  der  müntz  zu  Worms  allein 

89»  Mr. 


1415 


STEHEN  (I.  B.  2,  f,  u) 


STEHEN  (I.  B.  2.  f,  a) 


1416 


soll  schlagen,  and  kein  mitschlagende  Evam  haben?  88; 
aach  werden  mir  sehr  wol  stehn  zuhanden,  die  new 
Zeitung  von  teuffein  und  den  verdampfen  469; 

ßleichwol  weil  jr  hie  bleibet  stehn 
80  steht  hie  nicht  so  schlecht, 
sonder  ehe  jr  von  danncn  gehn 
sothut  jm  auch  sein  recht  10; 

hie  kan  man  von  theologis 
gleich  zun  Juristen  Rehn, 
von  disen  zu  den  physicis, 
bald  zur  history  stehn  445; 

dann  ewer  Ion        wird  am  galgen  stöhn      4i8; 
da  er  nun  mocht  gehn  nimmer  ausz, 
da  war  er  sehr  ernstlich  zu  hausz, 
dann  Helmstetiscbe  schuch  er  pletzt, 
welchs  dann  sein  mutter  sehr  erget/.t. 
meint,  wann  er  fieng  arbeiten  an, 
sein  Sachen  würden  besser  stahn 

Eulen*p.  cap.  4,  492  (s.  45  Ilauffen); 
auff  dem  karch  wolt  er  (Etilensp.)  nit  lang  hocken 
und  sprang  aufTs  pferdt  und  ritt  darvon, 
liesz  vor  der  bürg  den  karren  stöhn  32:S7 ; 

hiemit  so  gieng  der  Schmidt  darvon 
und  liesz  den  knecht  beyra  scheiszhausz  stöhn       6423 ; 
sprau:h  eilend,  ach  was  geschieht  mir  hie. 
erlaubet  mir,  ich  mfisz  hin  gon 
ein  wenig  bisz  mirs  blüt  thüt  ston, 
als  dann  w^ill  ich  bald  widerkeren       flöhh.  820; 
es  wirt  nun  an  bindriemen  gehn, 
man  wirt  auffn  schwantz  der  schlangen  stehn      1680; 
dieweil  sie  hierzu  treibet  an 
jhr  lieb  zfim  kind  und  jhrem  man, 
und  wolt  gern  wie  der  pellican 
mit  jhrem  blfit  für  alle  stahn  1768; 

ach  der  narren 
die  nichts  ges&chen  noch  erfaren,  .  .  . 
und  gaffens  mit  verwundern  an, 
hands  mul  und  nasen  offen  stan 

qlückh.  schiff,  echmachgpr.  20; 
mischten  under  die  göttlich  worheit 
jr  eitel  philosophisch  thorheit  .  .  ., 
wie  zwo  naturn  sind  ein  person, 
wies  gsatz  m&sz  bei  der  gnaden  stöhn 

d.  gel.  d.  verkehrten  341  (2,  341  Kur::). 

{also  in  diesen  belegen  aus  Fischart  6  stehn,  5  sta[hjn, 
5  8to[h]n,  davon  im  reim  3  stehn  [jiicJit  beweisend],  8  stahn, 
5  stöhn.)   —  und  so  eis.  bis  ins  n.jahrh.  hinein: 

weistu  doch  wol,  dasz  nie  kein  man 
kond  wider  gottes  willen  stahn 

W.  Spangenbf.rg  griech.  dratnen  1,  107 
Dähnhardt  {Eur.  Ale.  1604,  1091  =  523  V) ; 
Minerva:  .  .  .  bleib  stehn,  wie  du  stehst  sicherlich. 
Ulysse»:    ich  will  zwar  hie  wol  bleiben  stöhn, 

doch  ich  wolt,  ich  wer  weit  hiervon  2,  67 
(Soph.  Ajax  1608,  v.  2161/.  =  87/. ;  alva  ri  i 
iatiuf  xa'i  uiv  litg  xvniig  l^tuv.  —  fiivoifi  &v.) ; 

die  knechte,  die  verzagt  da  stöhn  (:  munition), 
mach  ich  hertzhafTt  gegen  den  fcind        s.  49  (1472). 

und  so  noch,  in  anschlusz  an  das  Volkslied: 

du  schöner  mon  auch  bleibe  stöhn 
hSr  an  mein  leyd  und  zagen 

Si'EK  trutm.  (1649)  84  (15,  1'.)  nallce); 
der  schSne  mon  wil  undergohn, 
ffir  leyd  nit  mehr  mag  scheinen, 
die  Sternen  lan  ihr  glitzen  stahn, 
mit  mir  sie  wollen  weinen  227  (38,  65). 

die$er  weehsel  von  a  und  o  bezeichnet  (soweit  er  nicht  auf 
reimztcang  zurückgeht)  too/U  nicht  ein  schwanken  des  lautes, 
tondern  verschiedene  versuche,  einen  offenen  olant  auszu- 
drücken, das  läszt  sich  daraus  schlie.9zen,  dasz  die  Schrei- 
bung stan  auch  vorkommt,  wo  das  reimwort  ein  o  auf- 
uteitt,  a.  oben  Murnbr  geheimem.  9,  7  und  Oswald  von 
WOLKRNSTBIN  16,  «0,  fostn.sp.  107,  22  und  Alsf.  passionsNji. 
1S7  unter  aa.  {dagegen  ist  SciiuPPius  810  antier»  tu  be- 
urtheiUn,  s.  bb  tu  tndt.)     umgekehrt: 

lond  Ucb  den  sprurh  zä  bortzen  gan 
nnd  thOnd  von  üwcrn  sQnden  «ton 
Umer  spiel  v.  Teil  786  (Schweiter  tehausp.  8,  47). 

{tonst  hat  noch  Suhmki.tzl  sowohl  stahn  wie  stöhn  im 
reime,  ».  die  belege  unter  aa  und  bb) 

dd)  dem  altem  »ehtoäb.  eigenthümlich  ist  die  mtteick- 
hmg  von  stin  tu  ttaan  {in  den  handschr.  für  au  auch 
a  mU  übergetetstem  r,  was  neuer»  drucke  tiMeeilen  mit  K 
vittdergtiefi);  doch  begegnet  dieee  form  omcA  in  andern 
theiUm  de»  alem.:  doch  sol  an  mcister  und  an  rat  staun, 
obt  li  dl«  joden  wellent  rolitvertiK'^n  oder  obe  sie  nenien 

Mr 


wellent  von  in  ein  summe  gutes  d.  städtechron.  9,  976,  15 
{Straszb.  stadtrechn.  v.  1322);  ist  er  aber  ain  hantwerck- 
man  oder  ain  uzz  burger  der  ain  gebur  ist,  die  bezzrung 
sol  von  ieglichem  an  dem  rat  staun  4,  145,  34  (Augsb. 
urk.  V.  1368) ;  und  Grayspach  derrisz  man  und  brantz  uzz 
und  Welham  liesz  man  staun  241,  17  (Wahraus  1462); 
daneben  iti  Augsburg  auch:  ob  ieniant  war  oder  furwas 
wurde,  .  .  .  der  nach  gewalt  hie  ze  Augspurg  stan  wolt 
und  grozzen  gewalt  füren  und  haben  wolt  129,  24  {urk. 
v.  1340);  und  also  kam  der  von  Nenningen  her  wider 
und  wolt  bischoff  sein,  es  wer  dem  babst  lieb  oder  leid, 
und  wolt  von  dem  bistumb  nicht  stan  5,  58,  12  (B.  Zink 
1468) ;  und  ward  och  gesprochen,  das  das  concilium  noch 
sölt  staun  und  beliben  ze  Costentz  ain  gantzen  monot 
Richental  chron.  des  Constanzer  conc.  s.  144;  und  dar- 
nach sol  man  jn  stellen  uf  die  stangen,  da  das  leynin 
tüch  uff  ist,  und  man  sol  vor  jm  ain  prynent  lattern 
lassen  staun  die  gantzen  nacht  Mynsinger  von  d.falken 
u.  s.  w.  s.  37  Haszier  {handsclir.  v.  1473);  Xanthus  .  .  .  er- 
sach  die  zwen  wolgestalten  iüngling,  und  zwischen  in 
Esopum  staun  Steinhöwel  Esop  s.  44  Österley;  zöhand 
gab  er  allem  volk  zeverstän,  wie  er  järHch  ain  walfart 
tun  mfiste  de  claris  mulier.  232,  10  Drescher;  Morgant, 
min  gsell,  läsz  uns  yetzmäl  die  hell  stän  und  die  tttffel, 
so  darinn  sind  {'sprechen  vdr  nicht  weAr  davon')  Morgant 
s.  24,  35  Bachmann;  und  es  darf  daruf  stSn  {si  pourra 
estre),  wenn  Maffredon  von  üch  überwunden  wirt,  daz 
Corador  und  sin  tochter,  dar  zuo  alles  land  kristen 
werdend  55,  14.  so  auch  mit  ze,  in  formaler  anlehnung 
an  das  pari.:  das  man  geben  sol  von  ainem  bett  ...  je 
zö  dem  monat,  zwen  rinisch  gülden,  und  von  aim  pfärd, 
blosz  ze  stand  (=  staund),  von  jeder  nacht  3  /^  Richen- 
tal s.  29. 

ee)  die  allgemeine  form  sten,  stehn  bedarf  keiner  be- 
lege, {über  stehen  s.  g.)  selten  mit  ä  geschrieben:  jhr 
seyt  auch  inn  solcher  trunckenhayt  aller  forcht  .  .  .  frey, 
so  dj  weysen  allwegen  inn  sorgen  sth&n  Schwartzen- 
berg  Cic.  (1535)  87*»; 

disz  lämmle  plfit  soll  unverplichn, 

st&ts  stän  ob  unser  thfir  gestrichen  154". 

später  auch  zerdehnt  {vgl.  g) :  wan  ein  stamwort  ein  a,  o 
oder  u  hat,  so  mus  in  den  zweig-  oder  herstammenden 
Wörtern,  wan  solche  lettern  verändert  w&rden,  ein  ä,  ö, 
oder  ü  .  .  .  stähen  Bellin  hochd.  rechtschreibung  (1667) 
32;  so  scheinet  es  auch,  das  dt  bei  einander  stähen 
können,  wan  das  e  zwischen  dem  d  und  t  weggeworfen 
ist  44;  doch  vgl.:  am  ende  for  dem  lätsten  mitlauter 
würd  das  e  oft  ausgelaszen:  ...  (5)  in  den  Zeitwörtern, 
die  auf  ahen,  ähen,  .  .  .  ausgäben,  als:  empfahn  .... 
sahn,  stähn  s.  107.  ganz  vereinzeli  dafür  die  Schreibung 
stön:  den  gensbach  in  Niderwisen  sol  och  gemeind 
graben  untz  an  de;  hübers  wis  anönd,  und  sol  der  selb 
grab  offen  stön  .  .  .  teeisth.  1,  117  {öfnung  v.  Ellikon,  bez. 
Winterthur) ;  in  neuerer  zeit  trird  zuweilen  in  bair.-österr. 
mundartlich  gefärbten  texten,  infolge  des  Übergangs  von  ö 
in  gescJdossenes  e,  auch  stöhn  geschrieben,  in  affeetierter 
redeweise  wohl  auch  ge.tprocJien :  mein  beströben  geht  vor- 
züglich da  hinaus  oder  vielmehr  da  hinein,  wo  das  bc- 
dürfnisz  zur  menschheit  spricht  und  der  verstand  still 
zu  stöh'n  anfangen  möchte!  Pocci  lustiges  komiidien- 
büchl.  (1859)  *.  191. 

ff)  die  scJireibung  stein  begegnet  nur  in  mhd.  quellen, 
8.  Lkxer  hwb.  8,  1184,  und  ticar  ganz  vereintelt  in  oberd. 
handschrißen  (DiBMBR  ged,  844,  6:  vcrstoin; 

ob  Ana  Ansar  viend  einis  wider  gein, 
da;  wir  ine  mSuin  güsigüa  stein 

aUd.  bl.  2,  264,  88 

EinetetUer  hachr.  des  U.jahrh.);  ein  urnig  hiinfiger  in  spä- 
tem thür.  quellen:  puella  surge.  mit  dcme  cinißin  worte 
lörte  got  di  sAle  da^  hi  sal  Qfstöin  fon  allin  llpliohin 
dingin  ttachr.f.  d.  alterth.  15,  s.  4to,  2  {pred.  v.  Eckhart, 
handeehr.  de»  ausgeh.  n.jahrh.,  aus  Erfurt  f)  u.  so  durch 
weg  Ml  dieser  predigt: 

•o  niuHt«  ich  weiytot  aller  stede 

mit  Worten  stein  su  Widerrede       Elt».  6488. 

ferner:  und  soilent  die  steyn  steen  und  blyben  steyn 
mit  namen  an  den  steden,  da  es  heyszt  an  dem  Essohen- 
stuck  ...  als  da  vor  Jn  jrer  heyschunge  geschrieben  steet 

Mr. 


1417 


STEHEN  (I,  B,  2,  f,  a-y) 


STEHEN  (I,  B,  2,  f,  y-rf) 


1418 


Baur  hess.  urkund.  1,  nr.  624  (vomj.  1356);  unnd  ab  zieh 
ymandes  bynnen  der  czyt  an  dem  anderen  Vorgriffe,  das 
sal  stein  uf  den  bischof  van  Olmintz  zcu  derkennen 
Palacky  urkundl.  beitr.  zur  gesch.  Böhmens  s.  402  {nr.  354 
vom  j.  1466) ;  ouch  ist  kein  tag  ffurdir  uffgenohmen  zcu- 
vorsachin  ab  sy  zieh  seheidin  muchtin,  sunder  eyn  siecht 
stein  uff  Galli  ebenda  {dagegen :  sein  und  steen  *.  468  vom 
j.  1467).  (stein  für  stSn  ist  wohl  ebenso  zu  beuriheilen 
wie  stain  für  stän,  *.  unter  aa.) 

gg)  in  bair.-fränk.  quellen  des  späteren  15.  jahrh.  be- 
gegnet ferner  stien,  styen:  man  sfiÜe  der  liebe  des  ersten 
\viderstien  und  ausztreiben  Albrecht  v.  Eybe  ob  eim 
manne  sei  zu  nemen  ein  elich  weibe  (1472)  ll*";  das  auch 
dye  kinder  sullen  vater  und  muter  lyeben  .  .  .  gibt  zu 
verstyen  die  natur  23*»;  wie  es  seinen  kindemn  ergien 
und  zustien  werde  26'» ;  {da)  schickt  er  nach  der  frawen 
sie  solt  in  lassen  verstien  warfimb  sie  umb  sein  leben 
bete  30*";  do  Alexander  solch  gedult  des  knaben  vername 
liesz  er  in  dest  lenger  vor  ym  stien  59*»;  die  habent 
solich  gemelt  schuld  auf  jrs  vatters  u.  müter  sei  nit 
stien  lassen  wellen  oberbayr.  arch.  25,  *.  147  {urk.  v.  Inders- 
dorf nr.  1460  vom  j.  1487);  darauf  er  anttwurtt,  er  wolt 
sein  vordrung  noch  lennger  anstien  lassen  s.  136  [vom 
.  j.  i486).  —  stin  schreibt  ülman  Stromer  in  Nürnberg: 
so  wer  der  paw  mit  seim  gehaizz  gesechen,  also  solt  di 
mawr  beleih  stin  d.  städtechr.  i,  27,  8  {zum  j.  1376) ;  do 
eylt  er  von  der  stat  und  liess  drey  poler  vor  der  stat 
stin  42,  3  (1388);  di  gesipp  muss  man  nemen  von  den, 
di  hi  vor  geschriben  stin  78,  18,  vgl.  s.  308. 

hh)  Schreibungen  der  glossare:  existere . .  .  stan,  hd.  ston, 
sten,  steen,  syn  Dief.  gloss.  217»;  existentes  an  gegen 
stan  ebenda ;  exurgere  hd.  uff-,  entgegen  uff-,  nd.  entieghen- 
stan  »im.  stayne  {Eltuil  1472),  up  stan  {Cöln  1507),  engegen 
ston  (a.  1440),  .  .  .  auf  steen,  uff  sten  {voe.  rer.  1260)  221*'; 
Stare  stan,  staen,  ston  {voc.  v.  1440  u.  Straszb.  1515),  sten,  steen 
{beide  Straszb.  1515),  steene,  stenen  {iö.  jahrh..  nfr.f)  bSO^. 
ß)  ähnliche  lautverhältnisse  wie  der  inf.  zeigen  alle  formen, 
wo  auf  den  stammvocal  ein  n  folgt,  sie  sind  durchxceg 
inel  weniger  häufig  belegt,  so  das  part.  präs.  alem.  s  t  o  n  d  e : 
stonde,  stans.  der  stadt.  auff  einem  füsz  stonde,  pede  in 
uno  stans  Maaler  390'';  alsz  ich . . .  ufstondt  zum  laden  ausz 
lögt  F.  Platter  191  Boos.  daneben:  aber  die  virgel  also 
st  ende!  gibt  zemercken  ainen  underschaide  zwüsehen 
den  geschriften  vor  und  nach  gende  Niclas  v.  Wyle 
translat.  15,  23  Keller;  aber  der  punckt  also  stende.  gibt 
zeerkennen  daj  daselbs  ain  volkomner  sin  beschlossen 
Wirt,  so  betüttet  diser  punckt  also  gesetz?  da^  die  ge- 
schrift  dar  vor  stände  in  frag  wyse  zemercken  ist  27 — 30, 
vgl.  oben  a.dd  zu  ende,  mittelfr.  stainde:  ich  Mechtilt 
wilen  grevinne  was  ze  Seyne,  dün  kunt  .  .  .,  dat  ich 
gainde  inde  stainde  bit  güder  witzen,  bit  gesunden  live, . . . 
(*.  unter  6,  ff)  besetzen  inde  machen  min  testament 
HOEFER  älteste  urk.  s.  29  (I,  12  vom  j.  1283).  vereinzelt: 
hat  abir  dy  vrouwe  steinde  eygen,  das  ir  an  geerbit 
was,  das  mochte  sy  nicht  ane  yrre  erbin  gfelob  vorgebin 
Kulm,  recht  4,  28  {so/ist  steende  eygen,  s.  d.  wb.  s.  332); 
zum  ersten  so  sol  der  apt  und  die  bürgere  eynen  zun 
zunen  von  der  brücken  ...  der  zun  sal  bliben  steynde 
Baur  hess.  urkund.  l,  no.  542  {vom  j.  1334),  3  pf.  u.  20  dn. 
aus sti ender  gult  zalt  er  oberbayr.  arch.  25.  126  {urk.  v. 
Indersdorf  nr.  1401  vom  j.  1485). 

y)  ferner  die  1.  plur   des  präs.     hier  weisen  die   belege 
2  formen  auf. 

aa)  die  alem.  form  ist  zunächst  wir  stand  mit  einem 
unorganisc/ien  d  am  ende  {in  angleichung  an  die  2.  3.  pl.) : 
ob  dann  gelück  fügt  darzfl, 
das  wir  ze  samen  cbomen, 
80  stand  wir  als  die  stummen, 
ich  vor  jm  und  er  vor  mir 

Cl.  HÄTZI.ERIN  1,  119,  82; 

herr  jr  sechend  üwre  und  unsre  not  und  gfar  unsers 
lebens,  darinn  wir  stand  Tschudi  l,  239».  gewöhnlich 
ydr  stond:  gnediger  Juncker,  wir  stond  hie  und  bitten 
etich  durch  gottes  willen,  gebt  uns  nur  die  pestilentz 
Wickram  roüwagenb.  90,  28  Kurz  {cap.  50) ; 

myn  mfttter,  herr,  die  mfisz  ich  schlagen  .  .  . 
sy  flflcht  uns  offt  schentlichen  all ; 
wir  stondt  nit  glycli  mit  ir  im  stall 

MURNEH  narrenbeschxB.  95,  13t ; 

Mr. 


ohne  das  ausl.  d: 

doch  wein  wir  sehenden  ieder  man, 
so  wir  im  dreck  über  die  oren  stan 

schelmenz.  3,  40  («.  11  neudr.). 

bb)  sonst  gewöhnl.  wir  sten,  stehen: 

und  wann  wir  sten  nach  gottes  macht, 
sen  wir  dem  tefiffel  gleych  geacht 

SCHWARTZEXBERG  Gic.  156»; 
jr  jndden,  wie  stehen  mer  nu? 

Alsfeld,  passionssp.  5084. 

oberd.  auch  ste(e)nd:  aus  sundern  gnaden  und  kunig- 
lieher  sanfftmuettigkait  damit  wir  zu  jr  aller  fromkait 
genaygt  stend  m,onum.  Habsb.  1.  abth.,  8,  168  {urk.  des  k. 
Mathias  vom,  j.  1479);  wenn  sy  sehen  die  manigfaltigen 
gebresten,  damit  sy  und  andre  menschen  überladen 
seind,  und  betrachten  dabey  die  värlichen  unsieherhaiten 
in  denen  wir  alle  steend  Keisersberg  pred.  (1510)  26». 
S)  die  gröszte  mannigfaltigkeit  weist  die  3.  plur.  auf. 
hier  kommt  zu  der  Verschiedenheit  des  vocals  noch  die  des 
auslauts,  indem  das  tirspr.  ausl.-t  im  altern  oberd.  ge- 
wöhnl. erhalten,  sonst  geschiüunden  ist. 

aa)  die  dem  normalen  mhd.  entsprechende  sdireibung 
stand  kommt  vereinzelt  noch  im  16.  jahrh.  im  schteäb. 
vor:  als  sie  hernach  geschriben  mit  irn  namen  stand 
d.  städtechr.  5, 18, 25  (B.  Zink  chron.  v.  Augsb.,  verf.  1450 — 60). 
rfas  ist  wohl  nur  histor.  Schreibung,  gesprochen  wurde  jeden- 
falls in  Augsburg  staund,  wie  auch  sonst  geschrieben 
wird:  alle  gaistlich  leut  von  clöstern  und  andern  ge- 
stifften,  die  der  statt  zu  versprechen  {vertreten)  staund 
153,  anm.  5  {Augsb.  ratsbeschl.  v.  1437).  so  schon:  alle  die 
denne  mit  got  erstaund,  die  en  werdent  nimmer  von 
im  geschaiden  Wackernagel  altd.  pred.  31,  81  {hschr.  d. 
14.  jÄ.).  8ta(h)nd  noch  später:  darumb  so  ich  den  grundt 
des  leibs  notturfft  beschrieben  hab,  warinnen  seine  fehl 
stand:  also  billich  auch  die  weiszheit  desz  menschen. 
Paragelsus  opp.  (1616)  2,  317  B;  dann  im  selbigen  stahnd 
viel  auff,  die  sich  selbs  lehrnen  318  B. 

bb)  die  gewöhnl.  alem.  form  des  15. — 16.  jahrh.  is^  stond: 
die  diener  stond  vor  jrer  herren  tisch,  astant  servi  mensis 
dominorum  Ma.\ler  390»;  nun  will  ich  euch  sagen  von 
der  sechszten  aigenschafft  des  häszlins,  die  ist,  das  dem 
häszlin  die  lefftzen  nymmer  still  stond  .  .  .  allso  thät 
auch  ain  rechter  andechtiger  cristenmennsch,  .  .  .  dem 
stond  sein  lefftzen  nymer  still  Keisersberg  hasz  im 
pf.  {bei:  granatapfel  1510)  Aa8"=;  sehendt  ir  die  leüt 
wölche  allein  stond  uff  iren  auszwenndigen  gütscheinen- 
den  werken  .  .  .  das  sind  die  touben  nüszs,  die  da 
wachszen  uff  den  schönen  groszen  boumen,  mit  den 
weiten  esten,  die  da  stond  an  den  feuchten  steten  seelen- 
par.  (1510)  128";  sie  stont  gestrackt  uff  irem  sinn  und  gut 
duncken,  do  von  kan  sie  nyeman  bringen  hilg.  (1512)  39*; 
das  xxviij  capitel  ist  von  platschierem,  das  sind  die  blin- 
den die  vor  den  kirchen  uff  die  stfll  stond  und  sehiahen 
die  lauten  liber  vagat.  (1510)  bei  Kluge  roticelsch  l,  50; 
\\ir  erkennen  ausz  alten  historien,  wie  wol  unser  nation 
gesin  ist  und  wie  übel  jetz  unsere  Sachen  stond  Eberlin 
V.  GÜNZBURG  1,  10  neudr.;  wann  sie  {die  'märlin  pre- 
diger')  .  .  .  vyl  fabel  oder  exempel  sagen,  die  nit  in  der 
bibel  geschriben  stond  61;  aber  andere  die  soliehs  nit 
künden,  oder  sich  sölieher  unerlieher  weisz  beschammen. 
die  stond  gfärlieher  dann  die  frommen  leüt  im  land 
Wirtenbärg  under  hertzog  Ulrich  dem  leüt  frässer  92: 
by  dem  allem  stond  auch  die  guten  in  bewerlicher  sorg, 
das  sy  nach  disem  karren  solicher  tröbsal  mässen  ziehen 
den  ewigen  wagen  95  {daneben  auch  stendt  190,  s.  unten  dd); 
die  schiesz  rein  {schieszziele)  wie  gemolte  menlin  wisz 
und  schwartz  von  karten  gemacht,  welche  noch  in  dem 
zeughausz  stondt  Fel.  Platter  126  Boos  {^eschr.  1612); 
eyn  teil  stont  schwätzen  uff  der  gassen, 
die  andern  sytzen,  spyelen,  prassen 

Brant  narrentch.  95,  38; 
jetz  sag  ich  üch  von  gfitten  schwencken, 
wie  die  stiel  {stuhle)  stond  uff  den  bencken 

Murner  narrenbeschw.  27,  2; 
pf  äffen,  .  .  . 

die  nur  zfl  der  kirchen  gondt, 
uff  das  sy  in  der  ordenung  stondt      tchelmenz.  10,  12; 

ir  gedenkend  weder  an  gott  noch  sine  beigen, 
üwere  gemüet  stond  zä  hären  und  beigen 
N.  Manuel  t.  59  Bächtold  {i.  papst  u.  g.  priegterseh.  732). 

Mr. 


1419 


STEHEN  (I.  B,  2.  f,  d) 


ff)  dann  mit  abgeworfenem  d: 

die  stiel  (ttüMe)  ston  auf  den  benken, 
der  wagen  vor  dem  ross 
Umland  volktl.  no.  849,  7  {.Mumer',  vgl.  oben). 


CO  tm  reim: 

die  doch  des  rechten  nit  verston 
und  blintlich  an  den  wenden  gon 

Brant  narrentch.  2,  3; 

durch  mich,  die  kunig  hant  jr  krön, 

durch  mich,  all  gsatz  mit  reht  ufT  ston       22,  14; 

wann  in  dem  zeichen  ist  der  mon 
in  dem  die  glid  desz  menschen  ston, 
so  lag  das  selbig  nit  berfir 

der  ew.  xnszheit  betbücMin  (Basel  1618)  B  7*; 

der  pfaiff  mit  kirchen  und  altar,  .  .  . 
ja  das  gehett,  des  himmcls  thron, 
ja  gott  selbst,  zu  Rom  feyl  da  stöhn 

Fisch  ART  bieiienk.  (1588)  247  »>. 
auch  bei  H.  Sachs: 

echines  henckt  sich  in  der  Ueff 
unden  am  boden  an  die  schiiT 
und  stellet  sie,  das  sie  still  stöhn 
in  schnellem  laufT  kein  tritt  mehr  gobn 

2,  2,  111*; 
als  ich  jetz  diesen  hab  gethon, 
die  also  trawriglich  hie  sthon 

fastn.  tp.  1,  «.  20  neudr.  (2,  194). 

ebenso  Eta(h)n: 

der  pawr  und  auch  der  handwercks  man, 
jr  werckzeög  hj  geraalet  stan 

SCHWARTZENBERG    dC.  (1625)  125 1*. 

iehr  auffällig  im,  tirol.  des  Ih.jaJirh.: 

der  tarant  und  ain  wider 
stan  in  demselben  (<Ater-)  kraiss 
Oswald  von  Wolkenstein  79,  68  Schatz. 

andrerseits  aucii  auszerhalb  des  oberd.  und  noch  im  ll.jahrh. : 

da  kam  Phyllis  alleine, 
und  sprach  den  knaben  an; 
sie  fragt  jn  in  geheime, 
wo  die  küszblümelein  stahn 

schausp.  der  engl,  komödianten  250,  6 
Creizenach  (tragikom.  IG30,  5,  4). 

alle  4  formen  neben  einander  bei  Nazarei  vom  alten  u. 
neuen  gott  (1521):  wan  man  ir  kirchen  besieht,  so  stond 
all  tafflen  voll  münch  gemalt  s.  47  Kück;  so  hehcken 
sy  eyn  grosse  tafel  harfür,  do  stan  die  prediger  münch 
ebenda;  und  sind  vil  nonncn  und  päginen  ouch  do,  die 
standt  alle  im  bäum  uff  ästen  ebenda;  die  sollen  wissen, 
wo  sie  nit  ire  leer  und  predig  ...  uff  die  heilig  geschrifft 
gründen,  .  .  .  das  sie  vast  geferlich  ston  gegen  got  59. 
mittelfränk.  auch  stain  geschrieben:  prenosticum  .  .  .  dat 
vorgekaut  offt  vorgesacht  is  van  tzokemenden  dingen 
die  zo  geschien  stain  gemma  gemmarum  {Cöln  1507)  bei 
DiEFENBACH  gloss.  455''.  daneben  staint:  die  kirchoff 
slaynt  allet  van  der  kirchen  buyssen  der  stat  Harff 
pilgerf.  s.  100. 

<W)  die  gewöhnliche  bair.  form  ist  Stent:  das  die  vier 
grericht:  Vilanders  und  der  Riten,  Särntein  und  Meilen, 
ain  aid  sollen  sein  und  sollen  an  einander  geholfen  sein, 
als  ir  geselz  gegen  einander  slenl  ('trie  ihre  Ordnungen 
es  verlangen")  tirol.  tceisHi.  4,  249,  5  {Vilanders,  \&.  jahrh.); 
all  die  da  wider  tuen,  .  .  .  di  slend  in  der  herrschafft 
straff  und  pessrung  mit  leib  und  mit  guel  steir.  iaid.  71,  29 
{Beichenau  1537); 

auch  beschuff  ich  das  firmament, 
daran  zwey  grose  liechter  stend 

H.  Sachs  1,  l*»; 
die  ding  stehnt  in  Keiner  gnaden  macht      123*'; 


ich  sprach,  sag  uns  wer  diese  send 
die  inn  dem  mittein  umbkraisz  stend 


230«; 


mein  kleinet  untom  Juden  stehnt, 

bansz  und  bof  ist  mir  als  verpfendt       3,  2,  117 1*; 

meiden  stoltz,  boffart  und  bocbmiit, 

den  gott  gar  tchrficklich  straffen  tbut, 

wann  all  ding  stohnd  in  seiner  band  6,  127"; 

mir  sthent  i:in  U-rg  all  meine  bar 

vor  dein«'-  ;  .m-n  maul 

•,  44,  25,   A  ^tnhn  ged.  2  (1670),  4,  U^ 

und  ,  ,     ',  ».  C«,  nr.  18,  881). 

und  to  noch: 

ich  erachuf  daa  ganze  flrmamcnt, 
woran  dl«  zwei  Tiachter  stehnt. 

If  ARTMANN -Arrlr  volkuchautp,  f.  89 
(VIII,  16,  I.aujener  Adam- u.  Bva-tp.). 

Ut. 


STEHEN  a,  B,  2.  f.  6)  1420 

die  form  reicht  ins  fränkische  hinein: 

und  liecht  bey  finster,  grosz  und  klain, 
der  gegenwürff  (gegensätse)  sen  vil  gemain. 
und  so  dj  bey  ainander  Stent, 
ain  jedes  wdrt  dest  pas  erkent 

ScHWARTZENBRRG  Oic.  129«  (cbenso  166« 
171  der  rclireibung  steend). 

auch  im  alem.  findet  sich  nicht  ganz  selten  stendl  neben 
herrschendem  stond  {bei  denselben  autoren,  vgl.  oben  bb): 
dise  zwü  weisz  stend  offt  in  vil  menschenn,  die  gar  wol 
wenen  dar  an  Izö  sein  mit  aigenschafft  in  ainem  schwin- 
den gemflt  JOH.  Thai'ler  sermones  {Augsp.  1508)  46''; 
das  ist  des  schuldt,  sie  nemen  nicht  mit  fleisz  war  ir 
leglichen  gebrechen  und  sehen  ir  nit  dan  in  ainer  schliem- 
mender  weisz  und  die  gebrechen  steend  jn  fflr  yr  gnade 
und  iren  einflusz  89^;  vne  wol  nu  vil  guter  menschen 
in  der  well  seind  die  auch  allzeit  auff  steend  von  iren 
Sünden  Keisersberg  jjred.  (l5io)  G'*»;  also  wo  die  wort  got, 
golzs  dienst  etc.  in  biblia  stendt,  ziehen  unnd  zcwingen 
sie  die  selbige  worl  uff  yren  got  Eberlin  v.  GCnzburg 

1,  190;  in  einem  rechtgeschaffenen  gemüth,  dz  sich  ver- 
einigt in  der  mensur  mit  dem  limo  terra?,  also  dasz  das 
gemüth  desz  menschen,  und  der  limus  terrse  in  gleicher 
wag  stehnd  Paracelsus  (1616)  2,  3ö5  B.  daneben  mit  ler- 
dehnung  {vgl.  g) :  das  sind  die  zahl  unnd  die  religionen 
oder  facultelen  der  gantzen  aslronomey,  so  natürlich 
und  kunstreich  zugehn  .  .  .  unnd  stehend  im  Hecht  der 
natur  507  C.  so  noch  »päter  im  bair. :  das  er  (rf.  comoediant) 
von  einer  persohn  bei  dem  eingang  der  hüllen  nit  mehr 
alss  ainen  groschen . . .  von  denen  übrigen  aber  so  stehent 
es  sey  gleich  auf  ebner  erdt  oder  denen  aufgerichlen 
staffeln  zu  schawen,  weitter  nichts  nemben  .  .  .  solle  «rt. 
V.  1653  bei  J.  E.  Schlager  Wiener  skizzen  3  (1839),  *.  314.  — 
mit  anorganischem  e  am  ende:  swelher  burger  purckreht 
auf  gibt  von  der  burger  gesetzte  wegen,  di  in  der  stat 
puch  geschriben  slend e  Nümb.  polizeiordn.  s.  18.  —  ver- 
einzelt mit  ö  für  e: 

ich  hab  drei  gftter  mülen 
die  stönd  auf  vester  erd 
Uhland  volksl.  130,  10  (Jiandschr.  Augtb.  1524—6). 

ee)  auf  mitteld.  boden  ist  von  anfang  des  nhd.  an  die 
form  stehn,  stehen  lierrschend: 

di  zu  des  keisers  geböte  sten, 
di  sullen  alle  balde  gen 

Katharinenepiel  14  Beckers; 

mich  duncket,  hie  wille  mer  entgehen : 
dri  äugen  uff  den  würffei  stehen 

Alfeld  passiontsp.  6711. 

seit  anf.  des  M.jdhrh.  herrscht  sie  auch  im  oberd.: 

die  steren  auch  am  himmel  stehn, 
darbey  man  schlaffen  pflegt  zugehn 

Spreng  Aeneis  (1610)  22»  (Aen.  2,  9); 
jud  Merckhlin,  wie  stehn  deine  sachen, 
weitest  dich  auss  dem  staub  tbun  machen? 

Endinger  judensp.  (1616)  7,  v.  1168. 

zutoeilen  schon  früher:  doch  so  soll  er  dem  verwundten 
alle  zeit  die  worheit  nit  verhalten,  unnd  jm  nil  mer  rü- 
sagen  dann  er  trawl  zuhalten,  wann  alle  dinng  zft  gott 
steen  Gerszdorff  xcundartzn.  (1530)  SS**  {gleich  darauf: 
so  mag  jin  glück  unnd  heyl  zöston); 

jetz  sind  ir  dry  dann  sind  ir  zwen, 
owe  wie  vyl  dar  hinder  sten 
GEMiF.NiiAiH  7  Oofdeke  (d.  welsch  fiim  160); 

ff)  steint  häufig  im  altern  mittelfränk.,  s.  Weinhold 
mhd.  gramm.*  *.  364:  so  sulin  unse  sciszin  burpin,  der 
nnmin  hie  na  bescrifvin  steint,  .  .  .  invarcn  ze  Mulinheim 
leisten    Lacomulet   urkundeuh.  f.  d.  gesch.  des  Niederrk. 

2,  nr.  615  {urk.  Adolfs  von  Berg  vom  j.  1262);  so  dat  wir 
.  .  .  intfain  solen  dal  erve  under  alle  den  vurworden. 
die  he  vur  beschrcvcn  steint  nr.  58»  {gruf  Dietrich  v. 
KatxeneUenbogen  vom  j.  1268);  bit  also  sulchcn  vorwurden, 
also  hie  vore  bcsrhriven  steint  Hokfkr  älteste  urk.  ».  Sl 
(I,  9,  vom  j.  1«78);  bit  Urkunde  ininer  vrunde  die  in  disen 
bi^ve  her  na  bcKchrlven  steint  *.  29  {testament  der  gr. 
Mrchtilt  v.  Sagn  vom  j.  1888);  als  in  geboiden  wirt  up 
iro  boisse  ind  presencie,  so  we  do  hei  vur  {=  tcie  die 
hie  vor)  in  deim  boiohe  kicirlichin  steint  Rnnen-Eckbrtz 
quellen  f.  gesch.  der  tt.  Köln  i,  61  {eidbuch  v.  1372.  51 ;  da- 
gegen: vralgde  dar  enboyven  cynich  man  umb  dyse  sachen 
anders,  dan  sy  vurschreven  stecnt  s.  78,  eidb.  v.  1396.  il); 

Mr. 


\ 


1421 


STEHEN  (I,  B,  2,  f.  6-^ 


STEHEN  (I,  B.  2,  f,  ?-jj) 


1422 


auch  rheinfr.hess. :  da?  \rir  han  verkauft  deme  abte  .  .  . 
viii  maldir  korngeldis  und  han  wir  yn  dye  golde  belacht 
US  (l.  uf?)  dye  eckere  und  morgen,  de  her  na  gescriben 
steynt  hess.  urk.  3,  nr.  1075  (vom  j.  1336).  mit  abxourf  des 
ausl.  t:  wan  alse  verre  alse  alle  dinc  under  deme  got- 
lichen  lichte  st6in,  alse  verre  sint  si  lustlich  und  be- 
hegelich  pred.  v.  meister  Eckart  s.  zeitschr.f.  d.  alterth. 
15,  373,  16  {Mainzer  hschr.,  ende  des  li.jh.). 

gg)  der  vocal  ie  begegnet  in  bair.  quellen  des  ausgehen- 
den ib.jahrh.:  Jacob  Obsser  wirt .  .  .  verkaufen  dem  pr. 
ülr  .  .  .  aws  ihrem  haws  o.  stadel,  dye  da  stiend  zu 
H.  oberbayr.  arch.  25,  103  {urk.  d.  kl.  Indersdorf  nr.  1321, 
vom  j.  14S3) ;  Augustin  Salier  .  .  .  verkauft  dem  ...  H.  v. 
Br.  .  .  .  seyne  zymer  der  obern  tafern  im  darff  u.  hof- 
march  zu  V.,  die  da  stiend  auf  seins  g.  genäd.  *.  119 
{nr.  1378,  vom  j.  1484).  ohtie  das  sehlieszende  d:  {er  soll) 
gedencken  das  alle  seine  alt  veter  .  .  .  und  alle  ander 
.  .  .  die  umb  in  stien  den  wege  des  todes  gangen  sein 
und  gien  müssen  Albr.  v.  Eybe  ob  eim  manne  sei  zu 
nemen  u.  s.  w.  28''. 

f)  ähnliche  Verschiedenheiten  zeigt  die  1.  sing,  hier  ist 
theüweise  das  ausl.  n  der  mJid.  form  erhalten,  theiliceise 
abgeworfen,  und  zwar  ist  jenes  die  regel,  wo  der  vocal  & 
bezic.  das  daraus  entxcickelte  o  herrscht;  hier  ist  also  die 

1.  sing,  mit  dem  inf  gleichlautend,  dagegen  ist  das  n 
hinter  e  im  nhd.  nicht  mehr  vorhanden,  daraus  ergeben 
sich  folgende  formen: 

aa)  st&n  ßndet  sich  im  ib.jahrh.  vereinzelt  im.  tirol.: 

ach  got,  und  west  si  mein  gedank, 
wenn  ich  vor  ir  senlichen  krank 
hert  stan 

Oswald  v.  Wolkenstkin  1, 15  Schatz. 

im  alem.: 

dann  ich  on  nutz  vil  bficher  han, 
die  jch  nit  lysz,  und  nyt  verstan 

Brant  narremch.  vorr.  139. 

zuweilen  noch  später:  diewil  ich  aber  din  bösen  willen 
gegen  mir  verstan,  so  will  ich  dich  füren  lassen  an  ein 
ort  TscHUDi  1,  238*.  die  geicöhnliche  alem.  form  ist  ich 
ston:  dieweyl  ich  vor  der  thüren  ston  dum  ante  ostium 
sto  Maaler  390*;  was  thüst?  ich  ston  da  (statur.)  390'»; 
auch  liszet  man  yetzt  so  vil  newer  yrrthümb  der  pfaffen, 
das  ich  nit  weysz,  wenn  ich  recht  singe,  bette,  tauffe, 
leere,  gon  oder  ston  Eberlin  v.  Günzburg  2,  76  neudr.; 

der  felber  sprach :  'ich  bin  so  drat, 
ich  ston  dort  mitten  in  der  matt' 

ÜHLAND  volkgl.  nr.  9A,  10  r 

vgl.:  absisto,  ich  uf  stan.  abstraho,  ich  ab  stan  Mone 
anz.  6,  341,  21/.  {Straszb.  lischr.).  dafür  in  einer  andern 
hschr.  (v.  1432) :  ich  uff  ston,  ich  abeston  31/.  beides  neben 
einander  bei  H.  Sachs: 

o  ich  armer  elender  mann! 
als  trostes  ich  beraubet  stan 
6,  164  Keller  (r.  d.  reichen  sterb.  mengchen  3,  v.  696) ; 

als  ich  nun  früe  vor  tag  auiT-ston 

123  {judü.  Salomonis'3,  v.  339). 

bb)  selten  fehlt  das  n  hinter  a,  ich  sta: 

die  küngin  fraget  Salden  da, 
sy  sprach:  fraw,  ich  gesta 
meiner  swester  Statt  urtail  bey 

Gl.  Hätzlerin  II,  55,  255. 

cc)  regdmäszig  dagegen  nach  e,  in  der  allgemein  nhd.  form 
ich  steh,  stehe,  die  bair.  seit  dem  1.5.  jahrh.  feststeht,  s. 
Weinhold  bair.  gramm.  s.  281:  nachdem  ich  aber  zu 
ewrr  lieb  und  freuntschafft  ain  sunder  hochs  vertrawen 
hab  .  .  .,  so  stee  ich  ye  nicht  gern  mit  ewer  frundt- 
schafTt  in  irrung  monum.  Habsb.  I,  2,  206  {Bernh.,  erzb. 
v.  Salzb..  vom  j.  1477).  eine  ungewöhnliche  Weiterbildung 
bietet  ein  vocab.  des  IS.  jahrh.  von  der  untern  Maas:  in- 
hio  .  .  .  ich  stan,  stene,  ste  vel  beyden  Dief.  gloss.  299*. 

dd)  vereinzelt  begegnet  ich  stein:  du  sprichest  eines 
und  ich  verstein  zwei  Wackernagel  altd.  pred.  60,  64; 
in  der  (vemunft)  bin  ich  also  nähe  der  stait  ubir  tüsint 
mile  geinsit  mcris  alse  der  stait  da  ich  izunt  inne  stöin 
tschr.  f.  d.  alterth.  15,  378,  54  {hschr.  des  attsgtltenden 
li.jh.,  aus  Erfurt f). 

5)   ebenso    ist  der    nasal    theilweise  vorhanden    in   der 

2.  plur.  ind.  und  der  damit  lautlich  identischen  2.  plur. 
imper.    hier  ist  nämlich   im  alem.   der  gewöhnliche  aus- 

Mr. 


gang  -t  durch  -nt  {die  endung  der  3.  plur.)  ersetzt,  so  dasz 
auch  hier  das  Vorhandensein  des  nasals  in  der  endung 
zusammenfallt  mit  dem  stammvocal  a,  der  davor  in  o 
übergeht. 

aa)  daher  ist  die  gewöhnt,  alem.  form  {ir)  stond: 
stond  in  der  fryheit  dero  üch  Christus  erlöszt  hat  und 
lassen  üch  nimme  underwerffen  dem  joch  der  knecht- 
heit  ZwiNGLi  V.  freiheit  der  sp.  s.  41  nevidr.;  Mose  sprach 
zu  jnen:  stond  still,  ich  wil  hören  was  euch  der  herr 
gebeut  d.  gantze  bibel  vert.  {Zur.  1531)  69*  (4.  Mose  9,  8) ; 
wan  die  viend  schon  wichenswis  gesehen;  biss  etlich 
schruwend:  'stond,  stond,  si  flfiehend  binden  ab!'  Ans- 
helm  Berner  ehron.  4,  518,  10  {zum  j.  1522);  so  stond  all 
mitt  einandem  ab  und  erkiesen  euch  ein  schwär  Wick- 
ram roUwagenb.  90,  23  Kurz; 

stont  uff,  und  wachen  von  dem  troum 

Brant  narrensch.  99,  183; 

dafür:    louffent  bed   und  yllend   bald,    wes   stand  ir? 
NiCL.  V.  Wyle  translat.  51,  8  Keller, 
bb)  zuweilen  mit  abfall  des  ausl.  -d: 

verschlossen  was  das  guldin  tor 
und  wirt  ouch  niemer  me  uff  getan, 
darumb  ir  jaden  im  zwiffel  stan 

Donauegchinger  pagsions»p.  3758,  ».  Monk 
tchansp.  des  mittelalters  2,  336  ; 

was  ich  euch  heisz,  das  underston, 
und  Ifigt,  dasz  ir  davon  nit  Ion 

MuRNER  luth.  narr.  3279 ; 

(vorher:  ir  sollen  zu  der  porten  stan). 
ce)  bei  Fisch art  gewöhnlich: 

und  nimpt  mich  wunder,  dasz  jr  nicht 
dfirmelt  weil  jr  hie  steht  (-stät) 

Garg.  10  neudr. 

wofür  (in  einer  auch  sonst  in  der  Schreibung  merkicür- 
digen  partie)  auch  geschrieben  wird: 

secht  wie  jr  ta  ergjüstart  stit 

tas  man  euch  inn  ti  hent  wol  tat 

wiszt  toch  nicht  wa  jr  stät  noch  get  52. 

dd)  steht  bezw.  stehet  ist  sonst  die  allgemein  übliche 
form,,  z.  b.: 

nu  stehet  stille  und  swiget  schone! 

Alsfeld,  passionssp.  99. 

Stent  begegnet  in  einem  rheinfränk.  ostersp.  des  H.  jahrh.: 
tunc  dieit  Pylatus: 

sit  ir  bit  ubeleme  mfide 
Stent  nach  dises  mannes  blfide ; 
wie  ir  ime  gewinnent  da;  leben  an, 
unschuldig  wil  ich  sin  dar  an 

Mone  schaugp.  des  mittelalters  1,  s.  116,  1050. 

ferner  in  der  ersten  deutschen  bibel:  waz  steent  ir  hie 
müssig  alle  den  tag?   l,  75,  18  Kurrdmeyer  (Matth.  20,  6). 

Tj)  viel  iceniger  verbreitet  ist  der  Übergang  von  a  in  o, 
wo  nicht  n  folgt,  die  Verhältnisse  sind  am  besten  zu  er- 
kennen in  der  massenhaft  belegten  3.  sing.  ind. 

aa)  die  gewöhnl.  schiceiz.  form  ist  stat,  auch  Stadt, 
statt  geschrieben:  wie  meinend  ir,  wo  dise  (s)trefflicheii 
menschen  gegen  üch  verbitteret  s61tend  werden,  wie 
daruff  stat  (wie  zu  erwarten  ist),  6b  sy  nit  bald  ire  puren 
beredt  bettend . . .  qu.  z.  Schvxizer  gesch.  1,  75,  9  (Frickart 
tvfingherren-streit,  1470,  1,  19);  so  stat  ie  der  gloub  allein 
US  der  wal  gottes  Zwingli  3,  7;  denn  des  herren  ist  das 
erdtrich  (als  im  XXIII.  psal. :  stat)  v.  freih.  der  sp.  s.  28 
ndr. ; 

nach  diser  zit  (zeitlichkeit)  ist  ouch  ein  leben, 
das  stat  in  frSuden  oder  in  pin 

ALanuel  «.  20  Bächtold  (todtentam  91) ; 

ich  sag  an  der  kanzlen,  was  ich  well  .  .  . 
und  lüg,  dass  mir  der  schweiss  usgat, 
wie  das  im  Arnold  geschriben  stat 

47  (v.  papst  u.  «.  priestertch.  384) ; 

kein  kr&merbanck  me  ufrecht  stadt 

H.  R.  M.\NUEL  weinspiel  v.  980  «.  ö. 

so  auch  da,  tco  im  inf.  ston  gilt:  stadt  es  wol?  wie 
stadts?  satin'  salvae  res;  die  sach  stadt  wol,  es  ist 
rächt  gefallen,  belle  cecidit,  in  tuto  res  est  Maaler  383»; 
also  stadts  umb  den  wäg  der  toren,  und  jre  nachkum- 
men  wandlend  auch  also  d.  ganze  bib.  vert.  (Zürich  1531) 
2,  27*  (ps.  48B  =  49,  14);  drum,  .  .  .  das  geschriben  stadt, 
gott  ist  wunderbarlich  in  sinen  werken  Th.  Platter 
s.  40  Boos; 

Mr. 


1423 


STEHEN  a.  B,  2,  f,  i) 


STEHEN  (I,  B.  2,  f,  tj) 


1424 


das  gemecht  ars  und  was  do  bey  stat 
dem  thfl  mit  artzney  kein  rat 

der  etaigen  teifzh.  betbüchl.  {Basel  1518)  Ba*». 

auch  sonst  im  alem.,  bes.  schicäb. :  ob  daz  war  daz  den 
bargem  von  Augspurch,  den  dy  purch  stat  {versetzt  ist), 
zwischen  hie  und  dem  nächsten  weissen  suntag  daz 
gelt  darumb  sy  yn  versetzt  ist  nicht  geben  wurd,  so  sei 
man  yn  diselben  purch  w^ider  einantwurtten  an  gev&rd 
allz  si  ieczä  stat  d.  städtechr.  4,  179,  11 — 14  {Augsb.  urk. 
V.  1374);  wie  der  kunig  von  Unger  und  die  von  Genaw 
and  der  priarch  von  Agla  mit  den  Venedigern  kriegte, 
und  wie  es  gieng,  stat  hernach  5,  25,  33  (B.  Zink  1468); 
umb  .  .  .  uf  das  nächst  by  dem  text,  wie  oben  stat,  zu 
belyben  Stein höwel  Aesop  s.  5  Oesterhy;  das  ist  die 
von  der  myn  hercz  ist  verwendet,  an  der  als  myn  ster- 
ben und  genesen  stat  299;  wer  sy  (gewisse  schlangen  in 
Calicut)  todt  schlecht,  dem  stadt  .  .  .  sein  leben  darauff 
S.  Frangk  vxUh.  203»;  so  statt  der  handel  Boltz  Terenz 
{Tab.  1539)  18»  {'sie  res  est'.  Andria  3,  4,  v.  588);  aller  han- 
del statt  yetz  in  Sicherheit  25»  {'omnis  res  est  iam  in 
vado'.  5,  2,  845);  dir  stat  dein  gemflt  im  zweifei  90» 
{'animus  tibi  pendet'.  adelphi  2,  2,  226); 

das  döchlerlin  sprach :  w5  will  du  hin  ? 

wä  statt  dir  hertz,  müt  oder  all  dein  syn? 

Gl.  Hätzlerin  I,  121,  6; 
ob  dem  tisch  seit  du  nit  clärFig  sein  .  .  . 
auch  sag  ich,  das  es  übel  Etatt, 
■wer  sein  red  gar  versperret  hat  II,  71,  135 

daneben  vereinzelt  staut: 

damff  stät  mein  begeren, 

fraw,  nach  den  gnaden  dein  I,  17,  17. 

ao  »chon  im  i.i.jaJirh.: 

an  sinen  bfichen  stät  also 
MoNE  schau^p.  des  mittela.  1,  167  (kindh.  Jesu  686). 

von  der  Boccaccioübers.  ÄRIGOS  liat  die  ausg.  Straszb.  1535 
stat  {anstatt  steet  der  von  Keller  wiedergegebenen  erst- 
atisg.),  z.  b.:  aber  leider,  es  stat  schier  itzund  umbs 
weiber  volk  wie  umb  schlegel  in  eim  sack  12»  (l,  5).  bei 
dem  Hessen  Kirchhof  vereinzelt  im  reim: 

drumb  wer  willig  nach  krankheit  staht, 
sind  wenig,  dens  zfi  hertzen  gabt 

wendtinm.  1, 148  Österley  (1,  116). 
ferner: 

ir  mundlein  stets  zu  lachen  stat 

fastn.  gp.  265,  28 ; 
Augspurg  ist  ain  kaiserliche  statt,  .  .  . 
darnach  stat  mein  verlangen 

Uhland  volksl.  16,  1. 

bb)  häufig  wechselt  stat  m,it  8te(h)t  in  derselben  quelle, 
so  im  Alsf.  passionssp.: 

wissze,  dasz  es  der  gar  bubelich  stad  (:  obeltad), 
dasz  du  hie  host  dines  brudder  wib  539; 


der  uch  groisz  gut  gethan  bat, 
und  alle  unser  heile  an  em  stad 


5030; 


und  so  noch  691,  970,  997,  5693  im  reime,    dagegen: 

eich,  der  man,  der  dort  an  dem  cruez  stehet, 
das  ist  Jhesus  von  Nazareth  6296; 

und  so  im  aügem.  auszerhalb  des  reims: 

din  hilff  neme  ich  gern  vor  gutt, 

eint  dir  also  stehet  der  mutt  6618; 

beides  neben  einander: 

berre  her,  so  ziege  ich  an  die  wat: 
lasz  sehen,  wie  woln  sie  mer  dan  stad! 

Fedderwisch  trahens  ipaum  cum  veste  dicens: 

sehet  alle  lieben  gesellen  zu, 

wie  stet  unser  her  Sathanas  nu  I 

hie  fted  recht  als  ein  böses  wipp         690—4. 

NiCLAS  VON  Wylb  hat  8te(e)t:  so  mUsten  wir  oach  die 
hailigen  geschrift  angelesen  rämen  lissen  darjnne  ge- 
schriben  stett  die  falschait  Dalade  jn  Samson  tränst. 
14,  11  Keller;  dar  von  dann  entsteet  und  wachset  das 
der  ee  allerminste  zöftehört  I4i,  S4;  der  tore  versteet  des 
nit  186,  SS;  das  ir  an  mich  als  obsteet  begcrt  hant  SSO,  4. 
äantbem  giebt  er  an:  heben  yetz  etlich  schrihcr  an  fle- 
inis«h  dar  f&r  zesrhriben  Uwer  liebde  .  .  .  und  rinisch 
fMt  für  ^  and  steet  für  stXt  861,  lO.  —  bei  Luther  ist 
die  peutfkidiehe  form  steb(e)t  (wie  die  kureäehe.  kantlei 
mmmeUieeilieh  haf):  daneben  begegnet  Bta(h)t  bie  I5ss 
nUM  »eUm,   bie   uso  vereintdi,   e.   Frank   eehr\flepr. 

Mr. 


Luthers  §  43,  z.  b. :  wye  der  peltz  auff  den  ermein  stat 
7,  297,  17  Weim.  ausg.;  das  eyner  ym  hymell  ist,  der  den 
hochmfitigen  widderstaht  sendbr.  an  d.  bapst  Leo  B2» 
(*.  10  neudr.).  —  vereinzeltes  {mundartl.)  staht  unmittelbar 
neben  steht  bei  dem  Schweizer  Paracelsus:  nun  ist  die 
seel  änderst,  änderst  der  leib,  der  leib  stehet  in  vie- 
hischer vernunfft  .  .  .  dann  zwo  weiszheit  hat  ein  jeg- 
licher mensch,  englisch  und  viehisch,  sein  will  staht 
wohin  er  will  2,  332  A.  —  bei  Ulr.  v.  Hütten  geicöhnlich 
mit  e,  doch  im  reime  auch  stadt:  wie  er  zu  Perlyn  in 
der  hoff  stuben,  do  sant  Christoffel  an  einer  wandt  ge- 
malet steet,  gestanden  opp.  3,  351,  2  Böcking; 

auff  das  du  lernest,  wye  es  zft  Rhom  zfi  gehet, 
und  auch  itzundt  leyder  in  der  geistlickeit  stehet 

4,266,7; 
dem  sey  nfi  wie  ym  wSl,  so  stadt 
der  ffirsten  sach  nach  ihrem  radt 

3,  531  {beklagunge  der  frei stette,  1522,  v.  83); 

den  steht  allein  ir  mhut  und  sin, 
wie  sie  auff  brengen  mögen  geldt 

533  (r.  118). 
sta(h)t  neben  steht  bei  dichtem  im  reim: 

wer  jn  (den  leter  de»  bucht)  ansieht  sol  sagen  frey, 
dasz  er  ein  grobianer  sey  .  .  . 
so  er  will  folgen  meinem  rhat, 
und  treiben  was  im  büchlin  stat 

ScHElDT  Grob.  14; 
und  {du  grobianer)  haltest  drinn  (im  gffängnigs) 

ein  fein  diet, 
darinn  ein  stUck  der  gsundtheit  steht  3905; 

(Hector  betet:)  thfit  meines  lieben  kindes  pflegen, 
verleybend  jhm  genad  und  fegen, 
das  es  in  die  fuszstapffen  trett 
darinn  jetzund  sein  vatter  steht 

Spreng  Ilian  (IGIO)  81  >>  (6,  477); 
Enrypilum  den  ritter  zart, 
ein  scharpffer  pfcil  verletzet  hat, 
mit  jhnen  es  gefährlich  staht 

218»  (16,  27-8); 
kein  bissen  heut  in  mich  eingeht, 
als  lang  die  sonn  am  himmel  steht, 
beleih  ich  nfichter  allerdingen     273'»  (19,  308) ; 

(Venus)  begünnet  jhn  (Ascanius)  zn  fuhren  bald 

auff  Idalum  den  grfinen  wald, 

da  es  vil  sch&ner  blumen  hat, 

und  manches  lieblichs  kräutlein  staht 

^CHri«  18"  (1,  693/.); 
diss  gegenwertig  mein  gebett, 
allein  auff  dem  beruht  und  steht, 
das  er  beleih  ein  kleine  weyll       73»  (4,  438); 

wie  es  Moses  beschriben  hatt, 
alss  exodi  geschriben  stat 

Enditiger  judensp.  1,  v.  166; 

hier  habt  ihr  da  ein  gantz  packhet, 

welche.s  an  unsern  fürsten  steht       7,  v.  127Jt. 

cc)  die  form  8to(h)t  findet  sich  ausschlieszlich  in  eis. 
u.  Baseler  quellen:  anno  1308  uff  den  meytag  ward  [kung] 
Albrecht  von  Oesterrich  [an  der  statt,  do  ietz  Kungfelden 
bi  Brück  stott,]  von  sinnes  bröders  son  hertzog  Hansen 
erschlagen  Basler  chron.  6,  249,  8;  ir  müssen  .  .  .  hin  usz 
für  die  stat  gon  in  den  hanfTacker,  da  der  bäum  in  stot 
Pauli  schimpf  u.  ernst  99  Österl.  (eap.  135,  vgl.  11,  A, 
12,  6);  etlich  meynen  sie  hab  den  namen  Bituris  von 
zweien  thürnen  .  .  .,  deren  noch  einer  in  wesen  stoth 
S.  Munster  cosmogr.  (Basel  1564)  iiö;  über  s&mlichs  ist 
ein  gedieht  von  eim  huren  hinzögesetzt,  das  weder  in 
Livio  noch  Dionisio  stodt  schweix.  schausp.  i,  107  (Bul- 
LINGER  Lucretiu,  Basel  1538,  vorr.); 

recht  richten  stod  den  rfidten  wol 

«.  156  (r,  1260) ; 
die  recht  gottcfellig  danckbarkcyt 
stot  {besteht)  in  Unschuld  und  ghrechtigkeit 

«.  68  (KOLROSZ  betrcuMn..  Hasel  1638,  t>.  144). 

e«  will  cn  erzelen  sein  unnot, 
dieweyl  es  vor  genchribcn  stoht 

MoNTANUH  8,  :iu  hf^te  (wegk.  vone.). 

dd)  V»  reichlichere  belege  tur  verfilgung  eind,  Beigen  eie 
durchweg  stot  und  stat  (tutrrilen  dazu  noch  steet,  steht) 
neben  einander,  eo:  durcli  daz  loch  gingent  sU  alle  naht 
in  den  kelre  der  ander  dem  dormcnter  stot  ä,  etääie- 
ehr.  8,  88,  4  (CloSBNBR  tHrastb.  chron.  1868);  (mit  auf- 
fälligem -t  am  ende:)  do  man  zaite  1861  jor,  do  erhöh 
sich    ein    geischolfart   von    der   do   vorgeschriben    «tote 

Mr. 


1425 


STEHEN  (I,  B,  2,  f,  rf) 


STEHEN  (I,  B,  2,  f,  tj) 


1426 


104,  13;  daz  uberig  teile  der  selben  muren,  von  Uten- 
gasze  antz  an  den  turn  der  vornan  uf  der  spitze  stat 
132,  17;  wenn  es  stot  geschriben,  we  dem  der  ergernysz 
git  Keisersberg  bilgersch.  (Basel  1512)  3»;  das  sich  got 
der  herr  ouch  von  im  kere  .  .  .,  und  im  sin  götlich 
wesen  nit  zeig  luter  und  dar,  in  welches  anschauwen 
gebrest  und  mangel  stot  die  geistlich  pin  5";  nun  merek, 
wenn  dich  din  nechster  letst  unbillich,  so  verlouflFen  sich 
dry  ding,  dar  in  stat  der  gantz  grundt  diser  matery  6'; 
das  verzihen  stot  darin,  das  er  im  nit  well  die  ewig 
verdamnusz  6"=;  usz  disem  allem  beschlüsz  ich  also,  das 
dise  christliche  und  brüderliche  verzyhung  stot  in  disen 
vier  Worten  grüntlich  7^;  wenn  das  wollen  gern  zu 
glouben  oder  zä  rüwen  stet  in  dynem  willen  und  in 
dinem  gewalt  19*;  wer  alwegen  stot  der  ist  ein  engel, 
der  niemerme  ufFstot  der  ist  ein  tüffel,  wer  aber  feit 
und  stot  wider  u£F  unnd  feit  aber,  der  ist  ein  mensch 
narrensch.  {Straszb.  1520)  {ziceites)  169  {richtig  161)'';  mit 
einem  schantzgrabenn,  das  ist  do  einer  sein  stantz  oder 
stand  dorhinder  hatt  das  er  sicher  stot  post.  {Straszb. 
1522)  3,  69»;  das  erst  oder  obrest  teil  der  seelen  das  stat 
in  dreyen  krefften ,  das  ist  in  der  vernunfft  .  .  . ,  im 
willen  und  in  der  verstentlichen  gedechtnisz  irrig  schaf 
D  i*";  dagegen  bieten  die  Augsbiirger  drucke  stat  und  steet: 
als  in  dem  ersten  tractat  geschriben  stat  granatapfel 
{Augsp.  1510)  F  2'' ;  davon  hie  nach  geschriben  steet  G  2'> ; 
davon  geschriben  steet  im  anderen  buch  der  küng.  3*; 
er  mufflet  allwegen,  ...  er  laszt  nitt  ab,  er  steet  nit 
still  hasz  im  pfeffer  (dem  vor.  beigeb.)  Aa  8'';  dir  ist  geleich 
als  ainem  sperber,  der  auff  ainer  stangen  stadt,  und 
angebunden  ist,  alle  die  weil  er  also  steet  so  wayszt  er 
nichts  darumb  das  er  gebunden  ist  pred.  (Augsp.  1510)  i*. 
—  bei  Br.\NT: 

der  ist  eyn  narr  der  nnderstot 

der  weit  zfi  dienen,  nnd  ouch  got  .  .  . 

narrensch.  18,  1; 
gott  weisz  (dem  es  alleyn  z&  stat) 
war  umb  er  all  ding  geordnet  hat  57,  41. 

(ferner  stöt,  *.  ujiter  ee.)  —  da  nun  der  hertzog  mit  seinen 
rütern  reiten  kam  an  die  stat  da  Ulenspiegel  in  seines 
pferdes  bauch  stund,  da  sprachen  die  diener:  sehent 
herr,  hie  stot  Ulenspiegel  in  eins  pferdes  hut  Eulensp. 
(Straszb.  1515)  25.  hist. ;  der  rector  sprach  zu  im,  die  drit 
frag,  sag  mir  bald,  wie  oder  waran  sich  dz  mittel  in 
der  weit  halt.  Ulenspiegel  antwurt.  dz  ist  dz  hie,  das 
stot  recht  mitten  in  der  weit  28;  gang  nun  hin,  mein 
thür  stot  offen  G6;  die  XCVI  histori  sagt  wie  Ulenspiegils 
epithaphium  unnd  ubergeschrift  zä  Lünenburg  uff  seinem 
grab  gehowen  stot: 

epithaphium. 
dissen  stein  sei  niemans  erhaben 
Ulenspiegel  stat  hie  begraben       *.  145  neudr. 

(mit  ausnähme  dieser  —  übernommenen  —  grabschr.  scheinen 
die  Straszb.  ausg.  v.  1515  und  1519  durchgängig  stot  zu 
haben;  dagegen  in  der  Erfurter  v.  1532:  disputa  umb  die 
bücher  wie  ob  stedt,  s.  s.  145  Lappenberg.)  —  ein  unsiniger 
mensch  (Luther),  der  bapst,  keiser,  bischoff,  under,  ober, 
sampt  der  gantzen  karten,  der  massen  stot  zu  ver- 
mischen, das  kein  erwürdigs  angesicht  eincherlei  orde- 
nung  in  christlichem  glauben  erfunden  werd  Murner 
an  d.  adel  s.  5  neudr.;  alle  ir  freud  und  mut  stot  in 
der  fleschen  (omne  in  conviviis  aevum  agunt).  ders.  bei 
Hütten  5,  469,  25  Böcking;  dagegen  im  reim: 

wir  gloubendt  als,  das  gschriben  stat, 
und  handient  doch  mit  unser  tat 

narrenbetchic.  3,28; 
80  der  höppebfib  bar  stadt  (:  gadt), 
die  Schelmen  znnfft  sich  wol  erstreckt 

geheimem.  13,  8. 
dieweil    aber   dir   unverborgen  ist,    mit  was   vertrewen 
unser  beder  hertzen   allweg   gegen   eynander  gestanden 
seind,  und  das  mein  noch  ungezweyffelt  stot  Wickram 
werke  i,  6,  25  Bolte  (Galmy  c.  i);    es  stat  doch  zfi  deiner 
wal,  so  du  änderst  im  leben  bist  103,  24  (c.  3i);  da  stadt 
noch  der  sambsfag  und  ist  noch  nit  gar  gebunden  rUl- 
tcagenb.  85,  18  Kurz  (e.  47,  ebenso  stat  *.  63,  18) ; 
in  allen  dingen  jm  wol  gat 
mag  wol  essen,  sein  sach  wol  stat 

irr  reitend  bilger  3*; 
^   2.  Mr. 


dagegen:  damit  er  möcht  gefristen  sich 

vor  Mileto,  welcher  in  n6t 
und  zu  vertreiben  understeht 

werke  8,  25  (Ovid  9,  811); 
so  dann  solchs  gschicht,  sein  nam  auch  stedt 
an  diser  blnmmen  gschrieben  schon, 
doch  sei  dein  namen  auch  dran  sthon 

55  (10,  372); 
dann  mein  lieb  zu  erwerben  sthet 
warlich  irm  eyner  hohen  wett       78  (10,  1151). 

ebenso  bei  dem  Schicaben  Eberlin  v.  Günzburg:  solichs 
wissen  wir  uff  erden  nieman  zu  klagen  dann  dir,  als 
unserem  .  .  .  kayser,  zu  dir  stadt  all  unser  Zuversicht 
sehr.  1,  s.  2  neudr.;  ain  christlich  wäsen  stot  darinn,  das 
man  ein  andächtig  härtz  trag  zu  got  ebenda;  so  stadt 
es  doch  jetz  umb  die  klöster,  das  man  sie  fliehen  solt 
28;  kein  man  soll  sich  förchten  oder  Schemen  zu  der  ee 
nemen  ein  nunnen  ausz  dem  kloster,  umb  die  es  stadt 
wie  ich  oben  gesagt  hab  32;  doch  widerstot  im  der 
grösser  hauff  .  .  .  sich  wer  widerstat  meer  öffentlich  der 
Clären  warheit  dann  die  bättel  Orden  49;  dann  an  seim 
letzsten  end  verflucht  er  (Dominicus)  alle,  die  ligend  gut 
in  sein  orden  brächten  oder  annemen.  das  stodt  in  siner 
legend  160;  der  christlich  streyt  stat  ym  predigen,  der 
christlich  syg  statt  in  sterben  umb  der  warheit  willen  198. 
dies  erklärt  sich  \cohl  daraus,  dasz  seine  '15  bundsgenossen', 
aus  denen  diese  belege  stammen,  1521  in  Basel  gedruckt 
icurden.  die  spätem  Schriften  zeigen  andre  lautverhäU- 
nisse,  z.  b. :  dan  so  lang  die  weit  stehet,  wurdt  nit  auff- 
horen  miszhandelung  2,  45  (Grym  1522) ;  bey  freyhait  des 
gaysts  stat  allerlay  zwang  und  bandt  des  leybs  122.  — 
6ei  FiscH.\RT  ist  die  geicöhnliclie  form  steht,  stehet,  doch 
auch:  was  heiszt  aber  wol,  wo  nicht  bei  eim  vollen  fasz, 
auch  staht  ein  schönes  glasz?  Garg.  87  neudr.; 

ja  wans  zum  ärgsten  mit  jr  staht, 
wird  die  sonn,  als  wans  nidergaht, 
ein  finstemusz  lan  über  sie  45G; 

er  sagt,  es  seye  kein  gebot, 

das  so  in  Paulo  geschrieben  stobt, 

ein  jeder  hab  sein  eigen  weib 

dicht.  1, 10  Kurz  (naehirab  282); 
neben : 

dann  disz  ist  gar  des  teuffels  art, 

der  auch  autf  d  leut  so  laurt  und  wart, 

frewt  sich,  wanns  andern  auch  so  geht, 

gleich  wie  er  ewig  übel  steht  7  (166); 

ich  hab  ein  basz  von  hoher  art,  .  .  . 
vatter  und  mutter  seind  jr  todt, 
aller  gewalt  an  mir  jetz  stodt 

1,  332  Haufen  {riU.  v.  Stauffenberg  2026). 

ebenso  wechselt  stot  und  stet  bei  Gerszdorff  wundartzn. 
(Straszb.  1530) :  so  bestot  er  gegen  gott  und  dem  krancken 
23*;  darnoch  so  bind  sye  mit  dem  baisam  wie  härnoch 
geschriben  stot  ebenda ;  so  die  hyrn  schalen  offen  stot  23»> ; 
so  stehet  es  Zo°  (=  1517  29* :  so  stet  es),  bei  Fel.  Platter 
(geschr.  1612) :  den  hirtzen  köpf  mit  den  hörnen,  so  noch 
am  haus  stot  125  Boos;  dywil  er  herren  Vesalio  geholfen 
die  anatomy  so  im  collegio  steth,  ufrichten  155. 

ee)  im  bayr.  wie  im  mitteld.  Sprachgebiete  ist  schon  im 
i6.  jahrh.  stet,  steht  die  allein  übliche  form  (daneben 
zerdehnt  stehet,  s.  unten  g).  so  in  der  regel  bei  H.  Sachs 
(geschr.  stet,  steht,  steet,  stedt).  doch  kommen  im  reime 
auch  die  andern  formen  vor: 

nun  merek,  wies  mit  den  dingen  stat! 

1,  33«  (:  hat): 
ich  kurab  her  ausz  getrungner  noth 
zu  euch  beide  umb  hilff  und  rath, 
die  weil  mein  sach  bawfellig  stadt       3,  2,  ISl*; 

(neben  steht  im  versinnern:) 

wie  sindt  die  zwen  einandr  so  gleich, 

denn  das  der  ein  geschmncket  staht, 

der  ander  steht  in  schlechter  w^t  183*; 

wenn  die  lieb  auff  der  wage  stoht 

all  augenblick  ausz  frewdt  in  noht  3,  3,  5«>; 

mag  sich  verwandlen  brot  und  wein 
in  fleisch  und  blut  gar  drot 
durch  gottes  kraft  der  priester  rein, 
so  er  ob  dem  altare  stot 

meisterl.  $.  9  Goedeke  (3,  61). 
gegen   ende  des  jahrh.   erobert  sie  auch  das  alem.  gebiet, 
wie  sie  ja  schon  bei  Fischart  die  herrschende  ist,  s.  oben 
(dd).  von  den  weiteren  abweichenden  Schreibungen  soll  stett 

90  Mr. 


1427 


STEHEN  (I,  B.  2.  f,  ri) 


STEHEN  (I.  B.  2,  f,  rj-t) 


1428 


kaum  kürae  des  vocala  ausdrücken:  ab  sie  aber  der  gut- 
lichen handlungh  warten  werden  szunderlich  der  bischoff 
mit  seynem  anhangh,  stett  zu  glugk  urk.  im  Weim.  gem. 
arch.  bei  Diefenbach-Wülcker  863  (is.jahrh.);  ist  myr 
von  e.  curf  gn.  ein  briff  uberantwortt,  des  dato  stett  zw 
der  Lochaw  freitages  am  tage  Johanns  ev.  ebenda  {Nürn- 
berg 1522);  daneben:  des  keyserlichen  mandats,  der  da- 
tum  steet  am  subenden  tag  januarii  ebenda  {vomj.  1523). 
ScHWARTZENBERG  Schreibt  stät  {überwiegend)  neben  stet: 
un  wfirt  dj  stat  Rhom,  djweyl  si  stäht,  derhalb  fron- 
looken  de.  67**; 

was  meiner  herrschafft  lewt  anget, 

der  gulde  dwuch  drey  h&ller  stat  122«; 

nach  pfisz  desz  gelts,  stät  mein  begir  135'^; 

narr.    würaulT  stet  dein  Zuversicht?        ebenda; 

anff  zanck  und  hader  stet  mein  rath  136'*; 

wann  wi  ich  gott  vergeben  bin, 

80  stÄt  (loch  inn  dj  weit  mein  syn  139'»; 

drfimb  Ennius  der  frflmm  poet, 

sprach,  als  von  jm  geschriben  stet  151°. 

ebenso:  ich  hab  ein  newe  tragediam  bekommen,  widers 
concilium  von  Costnitz,  st&t  aber  nit  darbei,  wer  sie 
gmacht  habe  Vogelgesang  trag.  Joh.  Russen  (1538)  s.  5 
neudr.  (l,  2);  daneben:  Mart.  ich  wolt  auch  woll  also 
antworten,  der  text  aber  kans  nit  lyden.  Agri{cola).  wes 
halben?  Mart.  deshalben,  das  do  steet,  Jesu  Christi  .  .  . 
s.  17  (3.  act) ;  nachfolgend  steet  in  der  selbigen  gschrifft  18. 
neben  stat:  dannet  denselben  höchinnen  nach,  so  gegen 
der  lincken  band  der  Rösz  sechend  stät  Tschudi  chron. 
Helvet.  1,  l**"  (a»*/  derseli.  seite  noch  einmal,  s.  unter 
II,  B,  1,  c);  der  abt  zerstört  .  .  .  ouch  die  vestinen  Koch- 
erspurg  und  Ittingen  (da  jetzt  ein  kloster  stat)  32». 
mit  zerdehnung  bei  Bellin  hochd.  rechtschr.  (1657):  ganz 
angereimt  aber  ists,  wan  etliche  am  ende  einer  silben 
säzzen  und  schreiben:  daf,  waf,  .  .  .  welches  eben  also 
st&het,  als  wan  man  in  der  lateinischen  spräche  das  f 
am  ende  eines  Wortes  säzzen  .  .  .  wolte :  faf,  ef,  sif  63.  — 
auf  stet  geht  auch  %oohl  die  Schreibung  st6t,  die  vereinzelt 
im  alem.  vorkommt: 

in  einem  cripffli  lit  ein  kind, 

do  stdt  ein  esel  und  ein  rind 

HeINR.  V.  LOUFENBBRG  6«»  WaCKBRNAGBL 

Hrcherd.  2,  nr.  706,  1  {P/tUlinger  ?ischr.); 
der  ist  eyn  narr  der  nit  verstfit 
wann  er  mit  eynem  narren  redt 

Brant  narrensch.  68,  1. 

ff)    steit    ist    bes.   im   mittelfränk.    {köln.)    dialekt   zu 
hause,  s.  Weinhold  mhd.  gr^  s.  364: 

dar  uffe  steit  nfl  sfn  grap 

Anrwl.  646  ^vgl.  Qenn.  2,  38) ; 
da;  sal  ite  nftwe 
mit  geistlichem  gebüwe 
alle  tage  dt  cristenheit, 
dt  wlle  da;  dt  werlt  steit 

Hartman  vom,  glouwen  1062; 
eine  want  steit  entuschen  uch  unde  in 
G.  Hagen  boich  v.  Cdne  2758  (d.  ttädtechr.  12,  101) ; 

doch  ensteit  is  uch  neit  zo  eiitbeme  3333 

{doch  daneben: 

here,  so  doit  des  pais  rait 

nnde  sin«  meistera  da  it  allt  an  stait  406); 

und  80  noch: 

wer  ist's,  der  da  gebunden  steit, 

an  im  merck  ich  grosz  klag  und  leit 

Jaspar  V.  Gbnnbp  Jlomuliu  (1540)  1232; 

alse  hi  in  disen  brive  beschriven  steit  Hoefer  älteste 
urk.  9.  19  (I,  9  vom  j.  1272).  doch  auch  im  mitleld.  über- 
haupt;  speziell  in  dem  mitield.  Norddeutschlands  (nd.  ein- 
flustt):  das  sal  der  richter  richten  alse  hyvor  geschreben 
steit  Kuimer  recht  K,  88.  hier  wechselt  dann,  ebenso  wie 
im  mnd.,  steit  mit  st&t;  zuweiUn  kommt  auch  stdt  noch 
daneben  vor: 

wie  is  um  di  schrift  stat, 

Tobiaa  da;  bescheiden  hat 

BrUN  V.   SCHONBBBCK  950 ; 

sin  onge  immer  offen  stet 
uns  tu  hüte  also  David  get 

S181  (vgl.  Wkinmold  mhd.  gr.*  ».  S64, 

«M  lUt  %md  fit  =  gibt  geschrieben  ist); 

der  inrt«  nach  beschreben  steit 

alsus  in  dem  buche  der  wisheit  S904: 

Mr. 


komet  her  zu  mir, 
ir  di  da  gearbeitet  hat 
und  noch  vaste  gebürdet  stat 


3240; 


wen  di  ma7e  an  dren  dingen  steit  (:  seit)  : 
an  a;e  an  slafe  an  kleiden  3730; 

sehe  den  bogen  und  lobe  in, 

der  in  da  geraachet  hat, 

wen  im  sin  schin  schone  stat  3910; 

ditz  gedute  stet  vil  ho  7627. 

indessen  kommt  steit  auch  im,  oberd.  vor,  so  in  dem  früher 
Gottfried  v.  Straszbürg  zugeschriebenen  liede: 

wfpllche  werdekeit,  .  .  . 
swes  muot  ze  roinnen  steit, 
dem  ist  din  name  alse  gehiure 

miniics.  2,  266*,  2  Hagen, 

vgl.  Wein  HOLD  alem.  gr.  s.  323  ('steist,  steit  ist  in  Bern, 
Solothurn,  Entlibuch  noch  lieute  üblich'),  ferner  in  dem 
oberschwäb.  gedieht  'des  teufeis  netz': 

als  das  hailig  ewangelium  seit 

das  es  aigenlich  geschriben  steit  1829. 

auch  im  bair.  findet  sich  vereinzelt  ein  solcher  reim,  so: 

ich  denckhe  kaum  ein  solche  zeit 
und  hab  ein  zimblichs  ölter, 
ich  glaub  ie  lenger  die  weit  steit, 
es  werd  nur  allweil  költer 
Weinjiold  weihnacfUsp.  au«  Säddeuttchl.  s.  178 

{anf.  des  Xl.jahrh.,  vgl.  Hartmann -Abele  volksschatisp. 
s.  99). 

gg)  stit  belegt  Weinhold  mhd.  gr.'  s.  364  aus  fränk. 
Urkunden  des  14.  jahrh. :  ouch  hon  wir  yn  vorkauft  allej 
daj  gut  ...  als  herna  geschriben  styt  urkundenb.  v.  Eber- 
bach {im  Rheingau)  2,  s.  913  {nr.  876  vom  j.  1330) ;  als  her 
vor  geschriben  stit  s.  914;  ir  gut  zu  Ober  Ingelnheim, 
dag  .  .  .  her  Peder  von  Lurzewilre  dem  godeshus  hat  ge- 
gebin,  dag  her  nach  geschriben  stit  hess.  urk.  3,  1115 
{vom  j.  1339) ;  und  hon  ich  sy  wider  gewiset  und  gesazt 
in  dag  gut  zu  Dynhem,  als  da  vor  geschriben  stit  s.  112.'> 
{vom  j.  1341). 

(h)  zur  3.  sing,  stimmt  die  viel  seltener  belegte  zxoeite. 
alem.  gew'öhnl.  du  stast  {auch  stöst,  selten  stSst)  Wein- 
hold alem.  gr.  s.  323:  du  stast  in  zweyfel.  animus  tibi 
pendet  Maaler  384*;  der  hertzog  sprach  zu  im  .  .  .  was 
meinstu  doch  darmit,  das  du  also  in  der  pferds  haut 
stast  Eulensp.  25.  hist.  {im  druck  v.  1519:  stost,  s.  38 
Lappenberg).  —  sonst  geicöhnl.  steest: 

und  w^eil  dw  geest,  ich  auch  ge, 
und  pald  dw  steest,  ich  auch  ste 

H.  Sachs  fastn.  sp.  7,  165  neudr.  (86,  344). 

im  mhd.  zuweilen  noch  ohne  das  angehängte  -t: 

zuo  ir  gespiln  sprach  dO  Spes : 
'Fides,  Sit  da;  du  dich  verstSs,  .  .  .' 
Lampr.  V.  Rbgbnsburg  tochter  v.  Syon  1191; 

mit  abweichender  vocalisation : 

er  sprach :  'du  sist  geseinet  Krist,  .  .  .' 

der  der  hochvart  widers ttst, 

den  Otmuotegen  gnäde  gtst 

Ebkrnand  V.  Erfurt  607; 
da;  du  yrr  geist        und  in  eilende  steist, 
da;  mfls  mich  ummer  ruwen 

MuSKATBLUT   71,  116. 

das  nd.  steist  liegt  wol  der  seJir  auffälligen  Schreibung 
steiest  {nebeti  stast,  *.  oben)  zu  gründe:  trüwen  stundest 
uff  dem  dach  so  werst  noch  höher,  da  du  also  woltest 
die  wol  schlagen,  so  hestu  sie  wol  uff  dem  dach  sitzen 
geschlagen,  als  du  hie  uff  der  leitren  steiest  Eulensp.  61 
(*.  81  neudr.). 

i)  im  conj.  ist  schon  im  klassischen  mhd.  stfi  die  nor- 
male form,  vgl.  oben  e;  doch  begegnet  auch  stA,  st&n 
nicht  gant  selten  im  reime,  im  alem.  wie  auch  im  bair., 
«.  Wein  hold  a/«m.  ^.  «.  828.  bair.gr.  «.281.  bodenständig 
ist  das  A  utir  im  alem.:  das  ie  der  man  ein  hus  sol 
han  uffon  dien  g&ttcrn,  da  sa  von  rcht  von  stan  tceisth. 
1,  811  {des  gotzhuses  von  Witnowe  recht  1344,  Weitnau  im 
Sehtnartw.). 

im  nhd.  ist  8te(e)  di«  einsige  form  (auMsr  stand,  s. 
i,f,y):  lassen  sieh  benfigen  an  dem  das  sie  haben  be- 
geren  nit  mere  und  lassen  sich  bedunckon  wie  in  kein 
mangel  zu  stee  Albrkciit  v.  Eyue  ob  eim  mann«  »ei 
Mu  nemtn  usw.  40**; 

Mr. 


I 


1429  STEHEN  (I,  B,  2.  f,  i-g) 

mancher  verzert  jn  petterle  {petersilie)  me 
dann  jm  usz  synem  tag  entstee 

Brant  narrensch.  71,  30; 

gelt,  Echulthais,  das  ich  wol  peste! 

H.  Sachs  fastn.  tp.  2,  84  7i€udr.  (20,  87). 

seit  dem  16.  jahrh.  wird  dafür  in  der  regel  steh,  stehe 
geschrieben,  s.  g.  {nur  bei  Luther  käme  nach  Frank 
schriftspr.  Luthers  §  43.  242  anfänglich  ganz  vereinzelt 
s  t  a  h  e  vor ,  doch  beruht  der  einzige  dort  angeführte  beleg, 
V.  d.freyheyt  ein.  christenm.  B  i*»,  auf  einem  versehen,  da 
die  stelle  nicht  bestahe,  sondern  bestahn  hat.) 

x)  ebenso  herrscht  ste(h)  allgemein  im  imp.,  souxit 
nicht  stand  erhalten;  auch  im  alem.,  vgl.  z.  b.:  stee  zfi 
Maria  ander  das  creütz  und  beharr  da  selbst  Keisers- 
BERG  granatapfel  {Augsp.  1510)  F  2»; 

Deianire, 
ich  bitt,  mein  rath  hie  wol  versthe  ! 

Wickram  8,  9  BoUe  {Ovid  9,  271). 

ein  vereinzelter,  nicht  ganz  sicherer  beleg  für  sta: 

sta,  sta,  mein  man,  las  dich  bedingen 
höre,  was  wir  dir  vor  zeittmg  bringen 

M.  Haynbccius  Hans  Pfriem  (1582)  t.  56  neudr. 
(4,  3,  1594  —  interj.  f). 

{die  2.  pl.  fallt  lauÜieh  mit  der  2.  pl.  indie.  zusammen, 
s.  oben  ^.) 

g)  für  sten  kommi  auf  mitteld.  gebiete  ziemlich  früh 
die  Schreibung  stehen  auf.  sie  beruht  darauf,  dasz 
hier  zvnschenvocal.  h  frühe  geschxcunden  xcar,  wobei  die 
nun  zusammenstoszenden  vocale  contrahiert  wurden,  wäh- 
rend die  Schrift  das  h  beibehielt,  so  war  etwa  sehen  zu 
s5n  geworden,  jedoch  bestand  sehen  als  historische  Schrei- 
bung fort,  so  ergab  sich  ehe  als  bezeichnung  des  lautes 
€  und  wurde  nun  auch  auf  fälle  übertragen,  wo  niemals 
ein  h  gesprochen  war,  tcie  sehe  =  se  (mare'),  stehen  =  st6n. 
allmählich  ist  jedoch  auch  die  lautform  geändert,  indem 
statt  stSn  zweisilbiges  st6-en  gesprochen  wird,  dies  ist 
wohl  als  Übernahme  der  endung  der  gewöhnlichen  {thema- 
tischen) conjugation  aufzufassen,  wie  ja  auch  thuen  für 
thon  üblich  geworden  ist  (<A.  11,  434/.),  vielleicht  begün- 
stigt durch  den  einßusz  der  Schreibung  stehen,  wann 
dies  eingetreten  ist,  läszt  sich  atis  der  Schreibung  mit 
Sicherheit  nicht  erkennen.  —  es  ist  zu  beachten,  dasz  diese 
erweiterte  schreibiceise  fast  ausschlieszlich  auf  die  formen 
mit  e  beschränkt  ist.  wo  a  gilt,  da  ist  zwar  stahn,  staht 
mit  einfachem  dehnungs-h  durchaus  üblich,  dagegen  kommt 
stahen,  stahe  tisw.  fast  niemals  vor.  {ein  vereinzeltes 
aufferstahen  bei  Luther  von  d.  freyh.  eynisz  christenm,. 
A  2»,  s.  unter  a,aa.  stähen,  stähet  bei  Bellin  1657,  s. 
unter  f,a,ee;  rj.ee.  auch  gaben,  das  doch  durch  mhd. 
gäben  nahe  gelegt  wurde,  kommt  äuszerst  selten  vor.  s. 
gehen  I,  7,  b,  th.  i,  i,  2395.) 

a)  die  Schreibung  stehen,  -in  geht  vom  mitteld.  gebiete 
aus  und  läszt  »ich  seit  dem  li.jahrh.  nachweisen,  {ent- 
sprechend gehen,  -in,  s.  das.  I,  7,  c,  th.  4, 1,  2395/.)  sie  taucht 
gleichzeitig  an  den  entgegengesetzten  enden  des  mitteld. 
gebietes  auf.  der  älteste  beleg  tcürde  eini  Frankfurter 
urk.  von  1338  sein,  tcenn  die  abschrift  zuverlässig  wäre: 
dag  ich  und  mpie  erben  han  gered  mit  dem  erbarn 
manne  Jacob  Clabelouche,  .  .  .  umb  das  husz,  das  hin- 
dene  an  unsirm  huse  stehet  (Böhmer:  stehit).  Böhmer 
urkundenb.  v.  Frankf.  s.  556,  netibearb.  v.  Lau  2,  s.  490 
(nr.  651).  sonst  gehören  alle  alten  Zeugnisse  dem  ostmit- 
ield.  an.  (gehn:  stehn  schreibt  die  um  die  mitte  des 
li.jahrh.  entstandene  Rigaer  handschr.  der  livländ.  reim- 
ehron.  8753 — 4.)  belege  aus  obersächs.  Urkunden  der  jähre 
1880  (vorstehen),  1389  {desgl.),  1401  (Vorsteher),  1414  (stehit) 
und  einer  Brieger  v.  1396  (stehet)  verzeichnet  Weinhold 
müid.  gramm.^  %  246.  mehrfach  begegnet  die  Schreibung  in 
den  Magdeburger  fragen  {entst.  zw.  1386  u.  1402,  hschr. 
des  15.  jh.) :  unde  ist  dai;  erbe  stehende  eygen,  dag  mögen 
sy  nicht  vorlossen  ane  erben  gelobe  l,  7,  6  {ebenso  ste- 
hende eygen  i,  6,  4,  neben  mit  stendem  eygen  l,  7,  4);  unde 
icb  stehe  hy  als  eyn  schöner  man,  der  ny  obirwunden  ist 
3,  9,  2.  in  dem  Marienburger  treszlerbuche  der  jähre  1399 
bis  1409  {hrsg.  v.  Joachim,  Königab.  1896):  irstes  koufes  an 
«11  ungelt  stehet  der  steyn  zu  Breslaw  i  schog  und  18  gr. 
.  .  .  und  das  pfunt  stehet  denne  i  scot  2  seh.  an  >/»  den. 
».  495,  25—28  {vom  j.  1408);  item  150  m.  Hassen  von  Wede- 
len vor  den  Döcz  in  der  Nuwenmarke,    das   der  orden 

Mr. 


STEHEN  (I,  B,  2,  g) 


1430 


inne  haben  sal  dy  wyle  der  unfrede  stehet  568,  23.  femer 
in  den  werken  des  Thüringers  Jon.  Rothe  {gest.  1434  zu 
Eisenach) :  unde  welch  yamer  wart  ym  lande  zu  Doryn- 
gen  unde  Myssen  .  .  . ,  des  stehit  nicht  zu  schreiben 
Düring.  chron.  e.  770  {zum  j.  1426) ;  über  das  vorkommen 
in  Roth  ES  dicht  ungen  vgl.  Alfr.  Heinrich  in  der  einl. 
seiner  ausg.  der  'passion'  {Bresl.  1906)  s.  51 — 5,  z.  b.: 

dit  sol  man  an  des  geistis  ougin  verstehin 

(igeschin)  rittersp.  {um  1400)  364; 
wan  man  die  schrift  nicht  wel  vorstehin 
und  sich  nicht  darnach  wel  richte, 
wa;  hilßt  danne  lesin  und  ansehin?  373; 

{daneben  .- 

also  ich  das  rechte  kan  vorste:  me  1438;) 

wi  63  (d.  gold)  in  deme  füre  bestehe 

ganz  gar  mit  sime  gewichte, 

daj  sin  darvone  nicht  abegehe  1677; 

er  danne  man  zu  strite  gehit 
kegin  ketzern  und  heidin, 
den  cristin  eg  gar  wole  stehit 
da;  81  sich  vor  snndin  scheidin  3103, 

igl.  d.  anm.  zu  31; 
dag  wir  nicht  wale  mogln  gegehin 
und  unsenfte  geritin  und  gestehin       pau.  805; 
{neben : 

da;  syn  riche  alzo  lange  solde  besten 

und«  syn  herczogetum  ouch  nicht  vorgen    665;) 

und  sagitin,  da;  si  e;  hettin  gesehin, 

da;  her  von  deme  tode  were  irstehin  1111. 

femer:  als  unser  stad  gewonheit  stehet  hess.  urk.  von 
1460  {Frankf.  arch.)  bei  Dief.-WOlcker  863;  mit  ym 
schaffen  der  veranlaszten  Sachen  uf  uns  stehende  Weim. 
urk.  v.  1469  s.  ebenda; 

wes  stehet  er  nu  zu  prolen? 

Alfeld,  pastionttp.  5061 ; 

und  loisz  uns  warten,  wie  es  em  do  ge 

ader  wie  es  umb  sin  leben  stehe !  6025 ; 

wer  Widder  uns  wil  fechten  ader  stehin, 

dem  woln  mer  nicht  ab  gehin  6983; 

wie  sal  uns  is  ergehen? 

is  magk  nicht  recht  umb  Jhesum  stehen     7318. 

in  der  l.  sing,  geht  diese  Schreibung  stets  mit  dem  abfall 
des  urspr.  ausl.  -n  zusammen,  vgl.  3.  Grimm  gramm.  l*, 
982  (902  neudr.).  —  in  der  2.  Jiälße  des  ib.jahrh.  kommt 
diese  Schreibung  auch  schon  auf  oberd.  boden  vor:  rechts 
Sulpicia  im  begriff  das  bild  zu  weihen,  das  man  hinten, 
halb  in  einem  wasser  stehend,  .  .  .  erblickt  Steinhöwel 
de  claris  mulier.  {Ulm  1473)  219,  5  Drescher;  er  stehet  fast 
auff  seinem  fümemen  323,  2.  {nicht  beweisend  ist  dagegen 
die  form  stehe  in  Jac.  PCterichs  ehrenbrief  [von  1462]),  z.  6..- 

so  stehe  in  bei  nicht  sonnder  nur  allain  gemaine       66, 
da  die  handschr.  erst  dem  ausgehenden  16.  jahrh.  angehört, 
s.  zschr.  f.  d.  alterth.  6,  31.) 

ß)  im  le.  jahrh.  ist  die  Schreibung  mit  ehe  auf  dem 
ganzen  mitteld.  gebiete  zur  herrschaft  gelangt,  auszer  wo 
der  vocal  a  oder  o  erscheint,  sie  gilt  ausschlieszlich  oder 
fast  ausschlieszlich  in  den  nachstehend  verwendeten  belegen 
aus  den  Schriften  der  Sachsen  Agricola,  MathesiüS, 
Musculus,  der  Franken  Alberus  utuI  Ulrich  v.  Hüt- 
ten und  aus  d.  buche  der  liebe,  und  sie  ist  häufig  bei 
dem  Schlesier  Sebiz.  den  bair.  quellen  ist  sie  im  ganzen 
fremd  {hier  xcird  sten,  steen,  stehn  m.  s.  w.  gesehrieben), 
findet  sich  dagegen  bei  Allemannen,  wie  Eberlin  v.  Günz- 
burg  und  Fischart,  wo  sie  sich  nicht  ihrer  heimischen, 
sondern  dieser  schriftsprachlichen  form  bedienen,  bei  dem 
Nürnberger  Ayrer  im  {nicht  beteeisenden)  reime: 

ich  musz  gehn ;  mir  ist  trefflich  wehe, 

in  grossem  Jammer  ich  nun  stehe      42,  10  Keller. 

bei  Luther,  für  den  ein  reiches  material  zur  Verfügung 
steht,  hat  die  alte  Jenaer  gesammtausg.  consequent  stehen, 
stehet  u.  s.  w.,  ebenso  die  ausgaben  der  briefe,  Sprichwörter 
und  tischreden.  dagegen  bieten  die  alten  einzeldrucke  und 
handschriften ,  wie  sie  in  der  Weim.  ausg.  wiedergegeben 
sind,  daneben  nicht  selten  einsilbige  formen,  namentlich 
in  der  früheren  zeit;  und  zwar  ist  dann  das  häufigste 
verfahren,  das  h  als  dehnungszeichen  vor  den  vocal  zu 
setzen,  so  findet  sich  in  den  hier  benutzten  belegen  neben 
32  stehen:  14  mal  sthen,  i  steen,  l  sten;  neben  23  stehet: 
9  sthet,  7  steht,  4  stet,   l  steet,   i  steeth,   i  stett;    neben 


90» 


Mr. 


1431 


STEHEN  (I.  B.  2,  g—h) 


STEHEN  (I,  B,  2,  h-t) 


1432 


8  stehe:  1  sthe.  belege  für  die  vereinzelten  aehreilnoeisen: 
also  wil  das  evangelium  gantz  wider  uns  steen  10,  8, 
276, 28 ;  das  evangelium  stett  in  zwuen  fragen :  zum  ersten, 
was  das  gröst  gesecz  sey  .  .  .  341,  21 ;  glaub  sol  sten  auff 
gotlicher  warheit  11,  52,  31;  Sulamit ...  ist  ein  frydsamme 
brawt,  die  mit  eyttel  fryd  unnd  freöd  umbgebenn  ist, 
stehet  in  gutter  ruhe  irs  gewissenns,  darumb  das  sie 
unnter  dem  zaichen  steet  12,  iU,  9/.,-  das  ir  nit  auff 
seynem  thun  sthe,  sed  in  gratia  15,  569,  2;  das  sie  sich 
ynn  keyn  weg  unterwinden  sollen,  eyn  solchen,  weyl 
dis  jubiljar  steeth,  .  .  .  eyniger  wege  zuentbinden  18,  267, 
13;  'qui  crediderit':  da  stets  34,  l,  423,  8.  auch  mit  i  in 
der  2.  silbe:  darumb,  lieber  bock,  denck  nit,  das  du  allein 
auff  dem  plan  stehist  7,  265,  2. 

von  den  icörterbüchern  hat  Dasypodius  {Straszb.  1537) 
schriftsprachlichea  zioeisiU).  stehen  neben  mundartlichem 
stöhn,  z.  b.:  offt  still  stehen,  resistere  .  .  .  still  stehen, 
praemere  vestigia  . . .  stracks  still  stöhn,  haerere  iti  vestigio 
(unter  stehen,  Ddd  8«). 

y)  nach  dem  16.jahrh.  werden  die  einsilbigen  formen 
wieder  häufiger,  und  zwar  ersckeivm  beide  Schreibweisen 
neben  einander  in  derselben  quelle,  z.  b.: 

es  stehet  nicht  wol, 

wo  man  die  freundschafit  keuffen  so!. 

es  steht  übel,  ausz  einer  gülden  scheide  ein  bleyem 
Schwert  ziehen,  das  ist,  unfletige  wort  ausz  einem  schönen 
munde  reden  Petri  Cc.  8''; 

laszt  du  dir  nicht  zuhertzen  gehen, 
dasz  es  thut  heut  so  übel  stehen, 
mit  unsem  Griechen  manigvalt? 

Spreng  Ilias  (1610)  gs''  (8,  201/.); 

wilt  du  in  den  todt  jetzt  gehn, 

so  wSlIen  wir  nit  von  dir  stehn, 

bereit  bin  ich  mit  dir  zusterben       Aen.  38''  (2,  675). 

überhaupt  sind  die  kürzeren  formen  nicht  einfach  als 
fortsetzung  der  alten  anzusehen,  sondern  sie  werden  nun- 
mehr als  nachträgliche  zusammenziehtmg  aus  den  längern 
empfunden,  für  dus  neuere  Sprachgefühl  ist  also  z.  b. 
er  steht  synkopiert  aus  er  stehet  und  steht  auf  einer 
stufe  mit  er  blüht,  sieht,  lebt,  fällt,  wächst  u.  s.  w.  vgl. : 
steht,  mit  dem  ht,  für  stehet,  vom  Zeitwerte  stehen, 
1.  Mos.  41,  16,  das  steht  bey  mir  nicht  Gueintz  deutsche 
rechtschr.  (1666)  139.  dazu  Bellin  hochd.  rechtschr.  (1657) 
107  unter  f,  a,  ee.  allmählich  bildet  sich ,  in  analogie  zu 
den  andern  verben,  ein  fester  Sprachgebrauch  heraus,  in 
der  weise,  dasz  die  Schreibung  mit  ehe  (und  entsprechend 
zweisilbige  ausspräche)  alleinherrschend  ist  im  pari,  praes. 
stehend,  und  die  gewöhnliche  in  (ich)  stehe,  stehen  (inf, 
1.  8.  plur.)  und  dem  eonj.;  hingegen  einsilbigkeit  aus- 
schlieszlich  gilt  in  der  2.  3.  sing,  du  stehst,  er  steht, 
herrschend  ist  in  ihr  steht  und  dem  imper.  steh,  steht! 
die  Synkope  in  stehst,  steht  scheint  nach  den  angaben  der 
grammatiker  im,  anfange  des  18.  jahrh.  durchgedrungen 
zu  »ein.  Schottel  598  giebt  noch:  stehen  —  ich  stehe, 
da  stehest  (ganz  ebenso  wie  Clajus  gramm.  Oerman. 
linguae  1678,  8.  102,  18/.  Weidling);  ebenso  Gottsched 
.vprachk.*  886.  dagegen  Steinbach  (1734)  2,  667:  ich  stehe, 
du  stehst,  er  steht,  doch  finden  sich  die  zweisilbigen  formen 
in  der  litteratur,  namentlich  der  dichtung,  noch  viel  länger, 
theil»,  weil  die  aUerthümliche  und  vollere  form  als  ge- 
toähUer  empfunden  wird,  theils  weil  sie  sieh  tutoeilen  be- 
quemer in  den  vers  fügt,  z.  b.:  das  theater  stellt  ein 
gactzimmer  vor,  in  welchem  verschiedene  bagage  stehet 
GOTTL.  Stephanie  Uutspiele  (Wien  1771)  6; 

sieh,  da  ttahet  wein  fUr  dich ! 

Lessino  1,  C4. 

A)  tuweiUn  wird  im  altem  oberd.  da»  in  vielen  endungen 
vorkomimende  n  zum  »tamme  geaogen,  »odaai  eine  ba»i» 
sien-  »r»eheinl;  doch  nur  in  formen,  deren  endung  ein  n 
emtkäU,  da»  nun  verdoppelt  i»t.  (die»e  bildungen  beruhen 
«mU  eütgrteit»  auf  der  t.  »ing.  ich  8t£n,  andrerteit»  imr- 
mtif,  doM  bei  wirklichen  verbalttämmen  auf  -n  <jmm»  mU 
timem  n  der  endung  tu»ammet\/lie»xen  konnte,  be».  im 
pmrt.,  vgl.  mhd.  sencie,  weinde  neben  senende,  weinende.) 
—  äknÜeh«  formeti  m  lebenden  mundarten  ».  unter  C,  1,  c,- 
«M  «Mid  «Ol»  deik  unter  B,  l,  h  behandelten  nicht  deutlich 
m  «eJhnden.  (entepreehend  genen  für  gSn,  pari,  genend 
».  leben  I.  7.  a.  th.  4.  i,  ssM). 

Mr. 


a)  so  am  ehesten  im  part.  praes.  stenend:  bisz 
Alexander  und  die  umbstenenden  dez  gesmackes  warden 
empfinden  Albrecht  v.  Eybe  ob  eim  manne  sei  zu,  nemen 
u.  s.  w.  (1472)  59'»;  den  blinden  münch  rieht  (enthauptete) 
er  also  stenent,  es  mislang  im  aber  Baumann  qu.  zur 
gesch.  des  batternkr.  aus  Rotenburg  a.  d.  Tauber  609; 

der  pischof  zfi  dem  schenken  sin 
sprach :  nim  disen  pecher  hin, 
der  hie  vor  uns  stenent  ist 
J.  BÄciiTOLD  deutsche  handschr.  aus  d.  brit.  miu.  3.»,  6 
(Karl  d.  gr.  u.  d.  schott.  heüigen,  Regensb.  H.  jahrh.); 

der  jm  mittel  der  Schacher  peid 

vil  smach  von  den  umbstenenden  leid 

Wolfenb.  priamelfischr.  866,  2  Etding 
(au»  Nürnberg,  ende  des  Ib.  Jh.). 

ß)  noch  vereinzelter  finden  sich  solche  Weiterbildungen 
in  der  Z.  plur.  im  (anfang  des)  16.  jahrh.;  so  österr.: 

Unfalo  weyter  fragen  tet 
den  held:  'habt  jr  nit  gelemet 
aus  grossem  geschütz  züschiessen? 
dann  jcb  hab  yetz  lassen  giessen 
etliche  stuckh,  die  steenen  da' 

Teivrdannck  39,  5  Haltaut. 

und  mit  dem  alem.  o  im  stamm: 

die  weiber  mit  den  flöhen 
die  band  ein  steten  krieg  .  .  . 
und  so  die  scblacht  facht  ane 
werffens  von  jn  das  gwand 
im  streyt  sie  nacket  stonen  (var.:  st&nnen) 
G.  Forster  frische  teutsche  liedl.  s.  9i  ndr.  (II,  37,  2). 

y)  einen  inf.  stenen  s.  unter  f,  a,  hh. 

i)  in  den  heutigen  deutschen  mundarten  haben  st&n  und 
stSn  bez^c.  die  daraus  weiter  entvnckelten  lautformen  ihre 
gesonderten  gebiete,  im  nd.  herrscJien  durchweg  die  k-formen 
(nur  in  der  2.  3.  sing.  ind.  e  i),  s.  oben  c.  im  hd.  sind  sie 
auf  zwei  gröszere  Sprachgebiete  beschränkt,  während  sonst 
überall  6  gilt:  ä  oder  geic'öhnlvcher  ö  kennzeichnet  einer- 
seits das  alem.,  andrerseits  das  mittelfränk.  (in  beiden 
dialekten  kommen  daneben  noch  formen  von  der  volleren 
basis  stand-  vor,  mittelfränk.  allerdi)igs  nur  im  imper., 
s.  1,  g.) 

a)  alemann,  mundarten:  Schweiz,  ind.  st&n,  stÄst,  stät; 
plur.  stän,  stänt,  stänt;  inf.  (zi)  stän,  s.  Frommann  3, 
207,  17  (vgl.:  ich  stän  Tobler  zschr.  f.  d.  philol.  4,  381); 
vorarlb.  stö'  (inf.  u.  präs.)  4,  325;  (wir,  ihr,  sie)  itond 
3,  215,  3;  appenz.  stöh  —  stöh,  er  stod  Tobler  411»; 
aargauisch  sto,  ind.  i  §to  (bisw.  i  stone),  de  sto§t,  er  ätot, 
mr  stond;  conj.  i  ätöj,  de  §töjist  u.  ».  w.  Hunziker  255; 
in  Kerenz  ätu  Winteler  §  163;  dieselbe  form  gilt  aucJi 
als  charakteristisch  für  Schaffhausen: 

gu,  stu,  bliba  lu  ; 

wer  die  drfi  ding  nit  cha, 

musz  nit  gu  SchalThusc  gu. 

die  unbestimmte  manier  gu,  für  gehen,  stu  für  stehen, 
lu  für  lassen,  gehört  dem  städter  in  Schaff  hausen  an, 
und  gieng  als  ein  Wahrzeichen  in  obiges  sprüchwort  über 
KiRCHHOKER  schtceizer.  sprüchwörter  (1824)  s.  110,  auch  bei 
Staluer  d.  landesspraclien  der  Sdiweis  169,  anm.  887  (hier 
im,  2.  verse  mit  der  bessern  lesart:  die  drey  spracha). 
einen  vocalioedisti,  der  auf  eindringen  de»  umlaute  beruht, 
zeigt  die  mundart  von  Viaperterminen  im  Wallis:  inf.  8t^. 
Stän;  präs.  Sta(n),  Steis(t),  äteid;  pl.  sU,  Steid  und  itfd, 
ättnd;  conj.  st*  (od.  Stande),  ätf8(t)  t«.  a.  w.  El.  Wipp  (iwo) 
§  235.  in  Basel  sto;  ind.  i  stand  und  stone,  stoosoh. 
stoot;  plur.  stände,  stönde,  steen(d),  stön;  coiy.  stönd; 
imper.  stand,  stönded,  8teen(d)  Seiler  879*;  de.  inf. 
sta"  (itö,  Stö,  iUö,  Stön,  StCn);  ind.  itö,  itöi.  itöt  oder 
Stö,  fitöS,  Stöt;  plur.  Stön,  St&Q,,  St&nt;  imper.  StiUit 
(und  itö),  pl.  Stöt  Martin-Lienhart  8,  6e4*>  (in  Colmar 
St8,  er  Stet,  imp.  Sie  Henry  221);  »chioäb.  präs.  Stand, 
StUt.  it&t  (oder  Stäit.  ität,  nördl.  mit  «),  ^ur.  UandH 
(conj.  imper.  Stand);  inf.  StS  tind  (obereehwäb.)  Itiu. 
St&u'  Fhommann  8,  118  (vgl.  6,  868,  1,  >);  (bmr.)  eehwäb. 
stau'  und  stand»'  Schmkller*  8,  7W,  vgl.  mundmrten 
Bayern»  %  MS  (we»tl»A.  ich  stand  u. ».  w.  und  ich  stin. 
st&st,  st&t,  plur.  it&nl). 

ß)  mittelfränk.:  rip.  StOn.  ind.  ix  H^n,  it8s,  ItSt,  p/xr 
it^n,  Stft,  il^nt  (atadtköln.  Stolt.  Steis.  iteit,  itfü  u.  «.  1/.;. 
imp.  itaAt  MOnch  {|  sS6,  s;  kiHn.  1190,  prä».  st^n,  steis, 
•teil,    sign,    stfht,    itgn    Hönio*  ».  8O8;    luxemb.   stottn 

Mr. 


1433 


STEHEN  (I,  B,  2,  i-3.  a) 


STEHEN  (I.  B,  3,  a) 


1434 


Gangler  434;  stoen  Ittxemb.  wb.  425  (aber  im  ind.:  §tin, 
stes,  stet,  stin,  stit,  stin);  siehenb.  sto  (süd&iebenb.  stön) 
KiscH  vgl.  wb.  der  Kösner  mundart  217». 

k)  die  erMärung  des  nebeneinander  von  ä  und  6  ist 
überaus  schicierig;  vgl.  bes.  MCllenhoff  zeitschr.  f.  d. 
alterth.  23,  15/.;  Bremer,  Paul-Braunes  beitr.  il,  41 — 5; 
WiLMANNS  zeitschr.  f.  d.  alterth.  33,  428—431;  Brügmann 
indog.  forschungen  15,  127;  17,  178;  Wilmanns  deuisehe 
gramm.  3,  1.  63 — 66.  im  allgemeinen  wird  6  auf  ad  zurück- 
geführt; dieses  wird  entweder  aus  dem  idg.  optativ  (aor.) 
hergeleitet  (skr.  stheyäm,  gr.  axalTjv.  tat.  stem,  so,  an- 
knüpfend an  MCllenhoff,  Kluge  in  Pauls  grundr.^ 
1,  450  und  Bethge  bei  Dieter  laut-  u.  formenl.  der  alt- 
germ.  dial.  390/.)  oder  mit  altslav.  stoj%,  stoji$i  (inf.  sto- 
jati)  zusammengestellt  (so  Streitberg  urgenn.  gramm. 
310,  Brügmann).  der  ersteren  annähme  steht  entgegen, 
dasz  gerade  der  opt.  erst  spät  und  noch  nhd.  ganz  ver- 
einzelt von  dieser  Stammform  gebildet  wird;  von  ihm.  kann 
diese  also  nicht  ausgehen,  gegen  diese  ganze  auffassung 
aber  spricht,  dasz  sich  das  durchgängige  hd.  g  schlechter- 
dings nicht  als  contraction  aus  ai  verstehen  läszt,  für  das 
vielmehr  dhd.  ei  zu  ericarten  wäre,  (die  bedingungen  der 
contraction  wären  höchstens  etwa  in  der  1.  3.  sing.  conj. 
vorhanden,  von  satz unbetontheit  zu  reden,  ist  durch  7iichts 
gerechtfertigt.)  dieses  ei  erscheint  nun  in  der  that  im  tld. 
ttnd  im  westlichen  fränk.  in  der  2.  3.  sing.  (s.  e,  y;  f,  t], 
ff),  während  die  andern  formen  ä  haben;  und  dadurch 
scheint  bewiesen,  dasz  das  hochd.  6  iceder  aus  ai  entstan- 
den noch  von  der  2.  3.  sing,  ausgegangen  ist.  einen  an- 
dern versuch  zur  lösiing  des  räihsels  hat  WiLMANNS  ge- 
macht:  er  nimmt  neben  der  athematischen  ßexion  des 
Stammes  stä-,  ursprünglich  im,  sing.  ind.  und  im,  inf, 
eine  thematische  des  schwachen  Stammes  sta-  an,  wobei 
sta  -f  e  in  stS  zusammengezogen  werde,  diese  hypothese 
hat  den  Vorzug,  dasz  sie  sowohl  das  räthsdhafte  e,  das 
sich  jeder  lautgesetzlichen  analogie  entzieht,  tcie  auch  das 
nebeneinander  von  ä  tind  6  erklärt,  auch  das  spricht  für 
sie,  dasz  die  1.  sing.,  solange  sie  das  scldieszende  -n  be- 
wahrt, also  deutlich  athematische  bildung  zeigt,  auch  an 
dem  ä  festhält  (s.  jedoch  f  s,  cc;  dd).  die  sehr  auffäl- 
lige erscheinung,  dasz  die  thematischen  endungen  an  eine 
vocalisch  auslautende  basis  unmittelbar,  ohne  Vermittlung 
eines  j,  antreten  icürden,  ist  immerhin  dadurch  gestützt, 
dasz  eine  ganz  analoge  bildung  bei  tuon  in  ahd.  denk- 
mälern  unverkennbar  ist  (s.  WiLMANNS  d.  gramm.  3,  1, 
60/.).  sehr  m,iszlich  ist  dagegen,  dasz  bei  dieser  erklürung 
nur  eine  so  seltene  form  xeie  die  2.  plur.  und  allenfalls 
der  doch  nicht  übliche  conj.  den  ausgangspunkt  und  die 
basis  der  bildungsweise  abgeben  könnte,  während  in  häu- 
ßgern  formen,  vrie  inf,  3.  plur.  die  contraction  von  ä  -|-  a 
wiederum  nur  ä  ergeben  und  in  der  2.  3.  sing.,  wenn  die 
thematische  flexion  auf  sie  ausgedehnt  würde,  immer  nur 
steist,  steit  entstehen  könnte,  so  sind  deim  auch  durch 
diese  annähme  nicht  alle  Schwierigkeiten  und  bedenken  ge- 
hoben und  eine  allseitig  befriedigende  erklätung  ist  noch 
nicht  gefunden,  aiif  jeden  fall  empfiehlt  es  sich,  zweierlei 
aus  einander  zu  halten:  l)  das  ei  des  nd.  (hier  theiltceise 
zu  €  contrahirt)  und  mittelfr.  (rheinfr.),  das  auf  die 
a.  3.  sing.  ind.  beschränkt  ist  und  neben  dem  (theilweise 
in  denselben,  durchgängig  in  den  andern  formen)  ä  er- 
scheint; 2)  da»  6  des  hochd.,  das  nach  ausweis  einiger 
altfränk.  quellen  vielleicht  ursprünglich  mit  ä  im  para- 
digma  wechselte,  dann  durch  alle  formen  durchgeführt  ist 
und  so  für  das  bair.  von  anfang  an  gilt,  allmählich  aber 
den  gröszten  theü  des  hochd.  Sprachgebietes  erobert  hat. 
(abgesdien  ist  dabei  vom  fries.,  das  viell.  ein  paradigma 
mit  durchgehendem  ai  voraussetzt,  s.  b.) 

3)  im  unterschiede  vom  präs.  ist  das  prät.  überall  und 
zu  allen  Zeiten  ausschlieszlich  von  der  vollen,  auf  dental 
ausgehenden  inirzelform.  gebildet,  doch  hat  es  gerade  im 
deutschen  mannigfache  Umwandlungen  erfahren,  die  im 
einzelnen  darzustellen  siiul. 

a)  da  das  n  von  stand-  nur  der  präsensbildung  diente, 
so  fehlt  es  ursprunglich  im  prät.;  dieses  vrird  also  vom 
stamme  staf)-  mit  ablaut  und  zunächst  mit  grammat. 
ipechsel  gebildet;  also  urgenn.  ettca  *stö{)  —  plur.  *stödum. 
im  got.  ist  der  Wechsel,  xcie  immer,  zu  gunsten  des  stimm- 
losen  Spiranten    ausgegliclten:    stoj) — stot)Uin;    im  nord. 

Mr. 


durch  den  zusammenfall  von  intervoc.  |)  mit  d  geschwun- 
den: alticestn.  stö{) — stö{)om  Noreen^  §490,  altschwed. 
stöj) — stö|)o  Noreen  altschwed.  gr.  §540,  schwed.-dän.  stod, 
tuyrw.  sto  (aus  stod,  plur.  stoo  für  stodo)  Aasen  744». 
dagegen  ist  im  tcestgerm.,  7cie  stets  in  dieser  reihe,  der 
cons.  des  plur.  auch  in  den  sing,  eingedrungen:  altengl. 
stod,  plur.  stödon  Sievers  ags.  gr.'  §  392,  3,  woraus  mittel- 
engl.  stod — stoden  Str.\tm.\nn-Bradley  573''/.,  neuengl. 
stood;  altfries.  stod  (stoed,  stoet,  stot,  stoe,  sto) — stoden 
Righthofen  1051.  nur  im  deutschen  ist  schon  früh  das 
n  des  präs.  auch  in  das  prät.  verschleppt,  sodasz  überall 
in  den  älteren  sprachstufen  bildungen  mit  und  ohne  nasal 
neben  einander  liegen,  während  in  den  jungem  jene  ge- 
siegt haben. 

a)  im  alts.  herrscht  im  allgemeinen  noch  die  ursprüng- 
liche form,  so  im  Heliand  ausnahmslos  stod — stödun 
bezw.  stuod — stuodun;  nur  die  bruchstücke  der  genesis 
bieten  (neben  gistuod,  -un)  ein  vereinzeltes  stuond: 


thuo  stnond  hie  fore  thes  bomges  dore 


269. 


in  den  andern  denkm.  fehlen  belege. 

ß)  dagegen  ist  im,  mnd.  die  form  mit  nasal  (stant, 
seltner  stont)  durchaus  vorherrschend,  doch  begegnet  die 
ältere  bildung  stöt  (vgl.  nd.  korrespondenzbl.  7,  6)  noch  in 
zahlreichen  belegen,  die  sich  iceder  örtlich  noch  zeitlich  ab- 
grenzen  lassen,  jedoch  besonders  zahlreich  in  quellen  aus 
Braunschweig,  Goslar  und  den  benachbarten  gebieten  sind: 
dusse  grote  twidracht  stod  wente  Mertini  deutsche  chron. 
2,  598,  27  (chron.  des  stifies  s.  Simon  u.  Judas  in  Goslar 
c.  21);  (im  j.  1414)  ward  dem  rade  to  wettene,  dat  de 
heren  in  der  borch  darna  stoden  by  dem  pavese,  dat 
se  uppe  dat  nye  eyne  incorporacien  werven  leten  deutsehe 
städtechron.  16,  69,  6  (Braunschw.  pfaffenb.  v.  1418,  c.  20); 
dat  stod  den  winter  over  wente  twisschen  pinxten  onde 
paschen  305,  16  (Br.  schichtbuch  v.  1514);  duth  stod  eyn 
lutting  Tordan  465,  20,  s.  femer  317,  4.  33?.,  2.  446,  32 ; 

dyt  most  he  loven  in  de  hant 

des  notaries  dar  ghesant, 

dat  to  holden  vast  allene 

by  des  pawes  kamrenpene, 

dar  ik  vor  tughen  mydde  stont 

myt  eynem  kumpen  wolgemout  151 

(schichtspiel  v.  1492,  v.  1528,  daneben  auszerhalh  des  reimes 
stunt  v.  1241  und  stunden  in  einer  Brattnschic.  quelle  um 
1460,  a.  518,  34,  s.  unten  II,  A,  5,  t) ; 

M  d§me  sulven  water  klär  .  .  . 
stöt  ein  böm  gewassen  gröt 
sünder\f.  {v.  Arnoldus  Immesskn  t»  Eiml>eck)  1434' 

hör,  Seth,  wat  dat  kleine  kint  mende, 
dat  dar  appe  deme  bome  sat  nnde  wende, 
de  dar  vordroget  stöt 
1458  (daneben  atiszer  dem  reime  stont  v.  1438,  1439,  1555); 

he  vrägede  em  (Seth  den  enget)  al  tö  hant, 

wat  dat  deine  kint  mende 

dat  uppe  dem  böme  lach  nnde  wende, 

de  dar  so  gröt  vordorret  stöt? 

de  engel  sprak:  'ik  mäkes  dt  vröt' 

van  d.  holte  des  hitl.  eruzea  187; 

des  drögen  se  alle  einen  möt. 

dö  sprak  ein  jode  de  dar  stöt  7SS; 

dat  was  dat  holt  dat  upwart  stöt 
van  deme  crüze  des  kempen  gut 
731  (daneben  stont  47  und  im  reime  standen :  sanden  99) ; 

de  vos  begnnde  slingen 

an  den  dorn,  de  dar  stöt  (hschr.  -.  stont) 

de  busch  was  mate  gröt 

Gerh.  v.  Minden  90,  61  Seelmann. 

dazu:  dar  dat  slot  stode  Korner  bei  Schiller-Lübben 
4,  359'';  war  du  ghingest  unde  stodest  Oldenburger  gebetb. 
r.  1473,  s.  ebenda;  2  rysselsche  laken  stoden  16 M»  8  grote 
memorial  des  Lüb.  krämera  HiNRiCH  DüNCKELgut 
(1479 — 1517)  8.  ebenda  360».  —  entsprechend  im  conj.:  ok  so 
bydde  ik  (Albrecht  v.  Wustrow)  iä  leven  vrunde  dat  gy 
my  wolden  enbeden,  w6  der  heren  d6nt  unde  juwe  van 
der  säte  weghene  st6de  urk.  votnj.  1395  bei  Sudendorf  8, 
nr.  60;  dat  se  hedden  eynen  deken  de  der  kercken  gud 
were  unde  na  ffrede  stode  wur  he  mochte  d.  städtechron. 
16,  53,  2  (BraunscJiw.  pfaffenb.  c.  17) ;  weret  dat  dar  ichtes 
mydde  were  des  dem  rade  unde  denjennen  de  dat  an- 
roren  mochte,  duchte  dat  yd  on  to  na  stode,  .  .  .  dat  se 
one  dat  Torgeven  wolden  326,  6  (schicJdb.  v.  1576);  unde  so 

Mr. 


1435 


STEHEN  (I.  B.  3,  a) 


STEHEN  (I,  B,  3,  a-b) 


1436 


id  denne  stode  by  deme  hoichwerdigen  .  .  .  hem  Christo- 
fere  qu.  vom  j.  1609  s.  brem.  tcb.  6,  334; 

wan  my  wes  to  dönde  stoide  ( :  heimode) 

nmme  jnk,  gy  wise  her  Salomon 

8ündet\f.  2654. 

abueichenden  vocal  hieiet  nur: 

dat  gud  wandelt  den  mot  {honoret  mxäant  more») 
nppe  deme  ryme  he  lange  stut 
Josef  v.  d.  1  todtünden  4080,  «.  Schiller-LObben  4,  361''. 

{dagegen  ausachlieszlich  stunt  z.  b.  im  Sachsenspiegel,  bei 
Gerhard  v.  Minden  *.  Leitzmann  *.  LXXVI  u.  a.). 

y)  im  mnl.  finden  sich  stoet — stoeden  und  stont — 
stonden  neben  einander,  und  zwar  sind  die  ersteren  formen 
besonders  (ausschlieszlichf)  im  ßäm.  zu  hause,  tco  sie  auf 
einem  ziemlich  groszen  gebiet  um  Antwerpen  fast  aus- 
scJdieszlich  gelten,  während  andre  quellen  beide  bildungen 
gleich  gern  gebrauchen;  im  brab.limb.  kommt  auch  ver- 
einzelt stoent  U7td  stuende  vor,  s.  Franck  mnl.  gramm.^ 
%  144  I.  TE  Winkel  in  Pauls  grundr.^  1,  *.  849.  in  den 
altndfr.  psalmen  fehlen  belege,  nur  die  mittelfr.  bieten  die 
formen:  stünt,  üsstuont,  samenstuendon,  s.  van  Kelten 
*.  219  (ßltsüdmfr.  gramm.  %  99).  im  neunl.  ist  stond — 
stonden  alleinherrschend  geworden. 

rf)  fveniger  gut  sind  die  alten  formen  im  hd.  erhalten. 
zumMl  im  ahd.  beschränken  sich  die  Zeugnisse  auf  einige 
vereinzelte  belege  in  fränk.  quellen,  s.  Braune  ahd.  gr. 
§  846,  anm.  5.  Franck  altfränk.  gr.  %  187,  2:  in  thritten 
dage  arstuat  fona  tootßm  Weiszenb.  kat.  {denkm.  nr.  56), 
47;  thö  vorstötun  .  .  .  (tunc  inteUexerunt)  Tat.  89,  6;  eno 
ni  forstaotun  zi  aaäre  thie  höröston,  thaj  thiz  ist  Christus? 
104,  7;  dazu  bei  Otfrid:  gistüat  2,  6,  40  {im  reime  auf 
güat,  gistüant  D)  und  l,  17,  42  P;  gistüatun  l,  9,  23  und  l, 
20,  5  V  (gistuantun  P).  dazu  vereinzelt  glossen :  arripuit 
hinterstuont,  -stuon,  hintarstuot  aM.  gloss.  l,  477,  19;  de- 
derunt  irstuotun  700,  68  (beides  bair.,  s.  Schatz  altbair. 
gr.  %  138,  o);  custodiebant  eum  stuontimobi,  stuot  imo  pi 
723,  13  {Xant.  gloss.,  9.  jh..  s.  Franck  a.  a.  o.). 

e)  bei  der  dürftigkeit  der  ahd.  belege  ist  es  auffällig, 
dasz  die  nasallose  form  im,  mhd.  noch  nicht  erloschen  ist. 
sie  begegnet  im  12.  jahrh.  noch  ziemlich  häufig,  vgl.  Lexer 
hwb.  2,  1135,  Weinhold  mhd.  gr}  s.  365.  Bech  Oerm.  80, 
265.  Kraus  ged.  des  li.  jahrh.  s.  209  (zu  3,  52);  und  zwar 
am  häufigsten  im  mittelfränk.  und  dem  mitteld.  auf  nd. 
boden,  s.  Weinhold  a.  a.  o.  ; 

Blanscandiz  dare  vure  stut  (stnnt  A), 

die  rede  er  alsus  hup  Rolandsl.  23,  17; 


Olivir  der  helt  gfit 

vür  den  keiser  gestünt  (er  gestftt  S) 


31,20; 


der  sal  der  wais  also  gut, 

s6  nie  nehein  besser  gestüt  {aus  geslunt) 

Lamprecht  Alex.  3539  Kinzel; 

des  wunderit  maniche  lüde  nog 
dat  he  den  freisen  ie  bestOt  (:  gfit) 

herz.  Ernst  ^11,32; 

dO  giengen  sl  vil  ageleise 
zer  linden  diu  bi  dem  brunnen  stüt  (8tfint  R). 
'ih  sage  in,  hSrre,  was  ir  tut'  .  .  . 
Eilhart  v.  Obergb  IX,  48  (vgl.  bearb.  3463); 

b{  dem  brnnnin  eiu  stüt  (:  gehOt, 

stunt  M,  gestünt  £)  109  (vgl.  3528), 

hier  neben  überwiegendem  stunt,  vgl.  unten  und  E.  Gl  brach 
tur  spräche  v.  Eilh.  Trist,  s.  188/..  230.     und  so  noch: 

da;  niemannes  mut 
ba;  dar  zu  nie  gcstut 

Sachtensp.  praef.  214. 

doch  auch  im,  oberd.:  do  da  iratuode  von  deme  grabe 
Wackbrnaoel  pred.  88,  5S  {aus  Muri.  IS.jh.);  bes.  bair.: 

di  zvene  dt  da  st4t«n 
unde  81  dM  fioara*  hflten 

ÜIEMBR  ged.  60,  88; 

di«  (marUrere)  stuten  vor  den  vuraten        886,  SO; 

•Im  Wiinnerhli(-ho  stat 

bet  n  mir  bescheiden; 

da  dio  blunien  unde  gra« 

■tAden  Kr&ne  baide         Carm.  bur.  1S6*. 

dasu  »ind  dann  auch  reime  tu  beachten  wie  stuont  :  bluot 
Annol.  M»,  at&nt :  g6t  Rother  IHM,  stunden  :  gute  Baum- 
parUnbtrger  Johanne»  bapt.  (Kraus  ged.  des  \%.jh.  8),  6>. 
im  hmr.  gtkmt  einulne  beUge  noch  durch  da»  IS.  jahrh.: 

Mr. 


bl  Assis  hei;et  alsus 
ein  stat  Rigus  tortns, 
d&  stuot  ein  hütte  liutc  Isere 
Lamprbcht  V.  Regknsburg  Franc,  leb.  1809; 

die  himel  stfidcn  ofTen  ob  dir, 

des  vater  stimme  bort  man  da  schir 

Gundacker  V.  Judenburg  553. 

(die  sonst  angezogerie  stelle  aus  Laszbero  lieders.  3,  158, 
3=  diu  halbe  bir  332,  scheidet  dagegen  aus,  da  hier  ent- 
stuont  :  tuont  zu  lesen  ist,  s.  d.  ausg.  v.  Wolff  v.  856. 
auch  in  den  andern  fällen  ist  mit  der  möglichkeit  eines 
bloszen  Schreibfehlers  zu  rechnen^  spätere  belege  sind 
niclit  bekannt. 

b)  sonst  ist  der  nasal  des  präsens  auch  in  das  prät.  ein- 
gedrimgen:  'stönd,  woraus  ahd.  stuont. 

a)  so  aJul.  V071  anfang  an;  auch: 

dat  in  dem  sciltim  stönt  Hild.  64. 

im  alem.  und  südrheinfr.  stuant  (arstuant  Murb.  u.  s.  w.). 
für  stuont  vnrd  einige  male  stuon  geschrieben,  so  Tat.  19,  4; 
20,  9  (furstuon),  60,  8  (arstuon)  und:  hinterstuon  instiii, 
arripuit,  ahd.  gl.  1, 477, 13. 18,  s.  R.  Koegel  anz.  f.  d.  alterth. 
19,  238/.  dieser  versticht  die  form  in  uxnig  einleuchtender 
weise  zu  erklären;  da  indessen  die  spätere  spräche  keine 
spuren  davon  aufweist,  vermag  ich  darin  nicht  mehr  als 
einen  Schreibfehler  zu  sehen. 

ß)  mhd.  stuont,  wofür  mitteld.  stünt,  stunt.  die  erstere 
form  scheint  anzusetzen,  tco  das  wort  auf  dünt  reimt,  z.  b. : 


vgl. : 


glicher  wts  die  frouwen  dOnt. 
da  bt  doch  ein  teil  frouwen  stfint 

erlöt.  2945; 

hei  gevreisch  it  wale  .  .  . 
we  it  mit  dem  broider  stoint; 
hei  dede  as  de  wisen  doint 
Hagen  hoich  v.  Colne  3123  (d.gtädtecfir.  12,  111). 


das  gewöhnliche  ist  jedoch,  dasz  stunt  im  reime  auf  kunt, 
munt,  (ver)wunt  und  andre  Wörter  mit  unzweifelhafter 
kürze  (als  zweifelhaft  musz  frünt,  frunt  gelten)  begegnet, 
s.  Weinhold  mhd.  gr.^  s.  365.  vielleicht  sind  auch  doppel- 
formen bei  demselben  dichter  anzuerkennen,  vgl.  Gier.vch 
zur  spr.  V.  Eilh.  Tristr.  s.  30,  188/  {wenn  nicht  eher  un- 
genauer reim  anzunehmen  ist): 

da»;  si  ftf  stunden 

und  den  n!t  versünden 

Eilhart  v.  Obergb  VIII,  32; 

der  den  trachin  bestunti 

da;  ist  uns  allen  wol  chunt  III,  58; 

bi;  siu  morgens  üf  gestünde. 

wie  wol  er  ir  des  gunde  IV,  12; 


femer: 


do  mite  si  (die  tavbe)  da;  tet  kunt, 
da;  alle  di  werlt  an  genaden  stunt 

Brun  y.  Schönebeck  8901. 


solche  reime  finden  sich  nun  auch  sehr  häufig  bei  Wolf- 
ram V.  Eschenbach  und  Heinrich  v.  d.  TOrlin,  s. 
mhd.  wb.  2,  2,  bBl^f.  (hier  ist  vielleicht  eine  andre  erklärung 
vorzuziehen,  s.  Wein  hold  mlid.  gramm.*  s.  .365.  die  aus- 
gaben von  Lach  MANN  urul  Martin  schreiben  stuont :  kuont 
u.  ähnl.,  dagegen  Bartsch  und  Leitzmann  stuont  :  kunt.) 
y)  die  bezeichiiung  der  diphthongischen  ausspräche  ist  bei 
oberd.  autoren  noch  im  15.  und  16.  jahrh.  sehr  gewöhnlich;  sie 
geschieht  meistens  durch  ü  (uo),  daneben  durch  fl,  ue;  sehr 
häufig  im  tceehsel  mit  einfachem  u.  beispiele:  donoch 
stund  uf  bischof  Künrad  von  Tullienst  oder  Tole  {Toul), 
.  .  .  und  stiint  uf  den  toufstein  d.  städtechr.  8,  60,  88 
(Closener,  Straszb.);  Aaz,  stund  darnach  nit  lang,  daj 
Hans  Dachs  sin  miill  mfist  abprechen  4,  45,  14  {Augsb. 
zu  1876);  als  (die  sach)  nun  etwan  also  stuend  und  man 
nicht  darzu  tctt  5,  i5i,  83  (B.  Zink  tu  148h);  es  stuend 
also  ain  zeit,  dasz  der  cardinal  nicht  tett  818,  8  (tum 
j.  1466);  und  da  zoch  de;  pi8chofr.s  volk  gen  in  und 
stflnden  alle  ab  zu  fusscn  i,  68.  26  (Stromer,  Nümb., 
1400);  dann  aliain,  das  in  den  bricfen  sldnd  Richrntal 
Const.  eoncil  ».  67;  item  die  von  Basel  dotend  dehein 
schütz  mit  der  grossen  buchsen,  es  stAnd  4  guldin 
Basier  ehron.  4,  868,  87  {tum  j.  144&);  dann  ich  wol  wuszt, 
was  mir  und  mincn  kinden  daruffon  stund,  das  ich 
von  minem  gwerh  .  .  .  stan  und  kommen  mflszte  qu.  tur 
Schweii.  geach.  i,  18«,  87  (Frickart  Utingherrtn  »tr.,  U70, 

Mr. 


1437 


STEHEN  (I,  B.  3,  6) 


STEHEN  (I,  B,  3,  b) 


1438 


i.  11) ;  czü  den  die  umb  sy  ständen  mit  senfter  stimm  . . . 
sprach  Arigo  deeam.  256,  14  Keller  (i,  l);  Philostrato  . . . 
eyn  kleyn  auf  im  selbs  stund  als  der  sich  was  bedächte 
265,  26  (^sovra  si  stesso  alquanto  stette  i,  3) ;  die  arm  eilende 
iung  frawe  .  . .  on  schuld  sich  zu  dem  tod  verurteylt  sähe, 
erschrockenlich  eynem  steyne  geleich  stund  290,  3  (4,  7) 
u.  so  öfter  {auch  stünde,  stünde,  doch  häufiger  stunde, 
stund,  s.  unten);  als  aber  Porris  das  ersach  gegen  im 
kommend,  bedächt  er  die  künftige  nöt  und  sorg  darinn 
er  stund  Steinhö'W'el  de  claris  mul.  232,  31  Drescher; 
der  kerker  stund  noch  vor  ir  und  die  kethen  237,  14;  do 
sie  uff  stuonden  und  den  weg  wider  an  sich  nemen 
Aesop  s.  43  Oesterley;  do  stflnd  der  schwartz  ritter  von 
dem  pferdt  Pontus  {Augsjp.  1498)  d  6»;  also  da  stund  der 
ammeister  oder  burgermeister  an  dem  marckt  Eulensp. 
20  hist. ;  {Eulerisp.)  steig  ai)  von  seinem  pferd,  und  schnit 
im  bald  den  bauch  uff,  .  .  .  und  stund  in  den  rümpf 
nr.  25  {in  d.  überschr.:  wie  er  sein  pferd  uff  schneid 
und  darin  stund) ;  und  z4  vesper  zeit  do  gienge  er  aber 
auss  und  fand  aber  menschen  die  da  massig  stünden 
JOH.  Thauler  sermones  (Augsp.  1508)  14=;  (er)  stündt  nun 
uff  ein  kosen  mit  der  ewigen  wyssheit  der  eic.  wissh.  bet- 
büchlin  {Basel  1518)  2»;  und  noment  Jonam,  und  wurffent 
jn  in  das  mör,  und  das  mör  stund  von  seinem  wüten,  und 
ward  ein  stille  Keisersberg  postiü  (i522)  2,  19»  {daneben 
stund  3,  6») ;  aber  sy  hatt  uff  sy  wenig  acht,  sunders  nun  uff 
Olliffier,  zuo  dem  stuond  ir  all  ir  gemüet  Morgant  s.  97,  34 
Bachmann;  ir  sinn  stuond  innen  im  vetter  zerlössen 
137,  3;  und  als  er  seine  äugen  auffhüb  und  sähe,  do 
stundend  drey  menner  gegen  jm  bibel  vert.  {Zürich  1531) 
1,8»  {i.  Mos.isA);  darzü  verbrannt  man  und  zerrissz 
man  alle  bücher  dar  inn  das  gsatz  gschriben  stand  309  •> 
(i.  Makkab.  i  F) ;  {AchUles  hat)  den  edelsten  beiden  Hec- 
torem,  auff  welchem  alle  hoffnung  der  Troianer  stund, 
in  der  flucht  erlegt  Schaidenreisser  Odyss.  (1539)  49»; 
er  {Otto  IV.)  wolt  die  kirchen  reformieren,  darinn  es  so 
übel  stund  S.  Franck  chronicon  Germ.  {Augsb.  1538)  174» 
{chron.  d.  Teutschen  1539  111^) ;  in  disen  nßten  zanckten 
sich  zween  fürsten  mit  Guidone  umb  deis  künigreich 
Hierusalem,  das  sie  doch  verloren  heften,  und  allein  in 
hoffnung  stünden  wider  Zugewinnen  chron.  d.  Teutschen 
147»  u.  ö. ;  der  hertzog  von  seinem  pferd  stund  Wickram 
1,170,12  Balte  {Galmy,  cap.  bö);  es  stund  nit  gar  ein 
stund,  do  kam  ein  fuchs  roUtcagenb.  82  Kurz  {cap.  46;  so 
hier  geicchnlich,  dagegen  tcird  in  andern  werken  v.  Wick- 
ram stund,  stunde  gedruckt);  der  vatter  gieng  (von?) 
ungeschicht  inn  eynen  garten  do  vil  ölmagen  {papaver) 
inn  stünden  Carbach  Liv.  21»  {Liv.  l,  54,  6);  sobald 
sie  aber  sah,  wie  es  umb  das  kindt  stand  {var.  stünde) 
Frey  gartenges.  32,  l  Bolte  {cap.  20);  darinnen  stund  ain 
kostlich  schön  wolberayt  beth  Montan us  schxcankb.  146, 
13  Bolte  {Andreützo  5;  getcöhnlich  stund,  stunde);  nun  inn 
solchem  trawrigen  leben  die  armen  schifleut  stünden 
246,  10  {Cymon  u.  Iphig.  8);  der  mann  .  .  .  heym  zu  hawsz 
gieng  und  diesem  gesehenen  münch  nachdertcket.  als  er 
nun  lang  in  solchen  gedancken  stund  Lindener  s.  25 
Liehtenst.  {rastbüchl.  63);  als  .  .  .  der  gantz  stamme  an 
jm  stund  S.  Münster  cosmogr.99e;  eins  mals  understuendt 
sich  der  graff  abermals  zu  jagen  Zimm.  chron.^  4,  141,  35 
{vereinzelt,  sonst  stund,  stand,  stunde,  stände);  nach 
Koresch  stuend  an  das  kaisertum  sein  vetter  Aventin 
chron.  1,  297,  9  u.  o.;  ist  im  Niderland  ein  schawgroschen 
auszgangen,  auff  wölchem  disz  gepreg  oder  bildtnusz 
stund  JoH.  Nas  antipap.  eins  und  hundert  75»;  wann  die 
Römer,  da  es  übel  umb  jhr  vatterland  stund  {Ttzalaavreg 
avty  Tf  nazgiöi),  angefangen  haben  jhr  sachen  zu  bes- 
serem stand  zebringen  Xylander  Polyb.  {Basel  1574)  8 
(l,  12,  7;  überwiegend  stund);  zu  Franckfurt  kamen  die 
protestierenden  fürsten  zusamen,  weyl  sie  in  grossen  ge- 
fahren stunden,  jhren  sachen  fürsehung  zuthün  Stumpf 
Schicytzerchron.  {Zur.  1606)  117»;  als  er  aber  grosz  gut 
gesamlet  hat,  stund  jm  sein  müt  widerumb  in  sein 
vatterland  391  *•,  und  so  überwiegend  neben  häufigem  stund, 
unterschiedslos  wechselnd,  oft  dicht  neben  einander,  vgl.: 
in  Holland  ist  .  .  .  ein  grosser  walfisch  gefangen  worden 
.  .  .  seine  äugen  stunden  15  schuh  von  dem  maul,  .  .  . 
das  underste  vom  maul  war  7  schuh,  .  .  .  darinn  stän- 
den 42  zän  283»; 

Hr. 


das  stund  an  dir  allaine 

Gl.  Hätzlerin  1,  131,  76; 
ain  plawe  plümen  sy  ab  prach, 
die  stund  uf  ainem  langen  stamm         8,  17,  97; 
do  ständen  nahent  mben  pei 

Erlauer  tp.  3,  393; 
zw  essen  und  trinckhen  was  mein  zill, 
dartzue  auf  gelt  und  guet: 
dahin  stnendt  mein  sin  und  muet 
altd.  passionssp.  aus  Tirol  ».  429  {Brixener  pau.  4559); 
dri  tusent  fromm  eidgnossen 
die  stÄndent  z4  witem  feld 
N.  Manuel  «.  22  Bächtold  {Bicocca-lied  3,  6) ; 
ain  claAsen  stand  mir  nahent  bey 

SCHWABTZENBERG    CiC.  150*; 

zfl  hoher  tngent  stftndt  jr  sinn  157»; 

du  gloubst  nit,  wie  ich  bin  so  arm, 
ich  denck  wol,  das  es  vil  basz  stund 

H.  R.  Manuel  weinspiel  1385; 
jrs  hausz  sie  erst  in  sorgen  stund, 
so  war  sie  drausz,  und  ungesund 

Scheit  fröl.  heimjart  F  2  *, 
neben: 

nun  hett  schon  zu  den  selben  stunden 

der  herr  von  Wachenstein  gefunden 

den  adler,  als  sein  fürsatz  war, 

und  stfind  zu  hausz  sein  willen  gar  4'*; 

was  lebet  noch,  das  zug  mir  nach 

an  marckt,  das  (l.  dar)  was  uns  also  gach. 

da  stund  weiber  ein  grosser  hauff, 

ich  stund  still  und  läget  auff  .  .  . 

Fischart  flöhh.  361/.; 
als  ich  {Agam.)  heut  lag  an  meiner  ruh, 
(sprach  er)  mir  bald  eim  träum  fürkam  .  .  ., 
der  stuend  vor  meinem  haupte  pur 

Spreng  Ilias  {Augsp.  1610)  14»>  {arij  <f  dig* 
iTiio  xtifa/.f^;  2,  59) ; 

jhr  hertz  das  stuend  zue  kriegen  leer, 
and  weil  jhr  arbeit  bracht  kein  frucht, 
geliebet  jhnen  mehr  die  flucht  107»  (9,  2) ; 

jedoch  kondt  er  {Ulyftes)  jhn  nicht  bewegen, 
Achilles  stuend  jhm  starck  entgegen, 
durch  gaben  und  geschenck  dermassen 
wolt  er  sich  nicht  erweichen  lassen 

107"  {innh.  desz  9.  bvehs). 

die  vereinzelte  Schreibung  stiendt  {conj.,  sonst  stund,  -dt) 
bei  Fel.  Platter  beruht  wol  auf  einem  versehen:  alsz 
ich  fir  die  apoteck  kam,  stündt  der  herr  Lorentz  .  .  .  vor 
der  apoteck  ...  er  verwundert  sich,  dasz  ich  zerosz 
still  hält  {hielt),  sunderlich  do  ich  ab  stiendt  188  Boos. 
S)  später  {nach  1610)  begegnet  solche  diphthongische 
Schreibung  in  schriftsprachlichen  quellen  nicht  mehr,  nur 
die  bezeichnung  der  vocaUänge  stuhnd  findet  sich  noch 
in  einzelnen  quellen: 

als  er  aber  mit  gwalt  nit  kundt, 
mit  ontrew  er  das  nnderstnhnd 

H.  Sachs  2,  3,  116»; 
die  kSngin  aber  wol  verstahn  (».  unten  g) 
und  forcht  jres  bruders  betrug 
und  stuhnd  in  grossen  ängsten  gnug  lie**; 

die  («IC«  ochsen)  waren  mutwillig  und  jung  .  .  . 
wenn  einer  gieng,  so  stuhnd  der  ander        2,  4,  SS'; 

{in  der  ausgäbe  von  Keller  dafür  unterstundt  8,  441,  27 
und  stund  442,  6.  9,  136,  8). 

man  musst'  da  alles  schreiben, 
sollt'  änderst  gottes  wort  und  seine  bündnus  bleiben, 
mit  welchen  büchem  es  doch  offt  schier  misslich  stuhnd 
RoMPLBR  V.  Löwenhalt  reimget.  50. 

insbesondere  ist  bei  S.  Gessner  dies  die  häufigste  Schrei- 
bung {fast  ebenso  oft  stand,  seltener  stund),  z.  b.:  sie 
stuhnd  da  und  sprach  nicht  mit  ihren  gespielen  2,  14 
{Daphnis  l);  er  stuhnd  verwirrt  da  81;  sie  stuhnd  da, 
die  Unschuld,  schamroth  Isecbelnd  .  .  .  bald  sah  er  die 
Phillis  an,  Isecbelnd,  dass  sie  so  schychtern  da  stand  57; 
so  sprachen  sie,  und  stubnden  izt  am  fluss  106  {Daphnis  2). 
auch  in  Wielands  Agathon  {ließ — 7):  sie  konnten  nicht 
anders  als  den  Agathon  für  denjenigen  ansehen,  der 
allen  ihren  absiebten  und  entwürfen  im  wege  stuhnd 
2,  214;  die  Wissenschaften  und  schönen  künste  stubnden 
in  keiner  besondern  hochachtung  bey  ihnen  302,  doch 
auch:  inzwischen  stunden  die  freunde  Agathons  seinet- 
wegen in  desto  grössern  sorgen  258.  ferner:  Verwüstung 
trauert  auf  den  gefilden,  die  vor  kurzem  wie  paradiese 
in  blühender  fülle  stuhnden  Wieland  3,  18,  8  Berl.  akad. 
{Arasp.  u.  Panth.  2) ;  sie  gestuhnden  es  ein  24,  12. 

Mr. 


1439 


STEHEN  (I,  B,  3.  c-d) 


STEHEN  (I,  B,  3,  d) 


1440 


c)  im  nd.  und  mitteld.  tritt  im  ailgemeinen  kürzung 
ein.  doch  ist  in  einzelnen  mundarten  die  länge  geblieben; 
so  wohl  köln.  stoint,  z.  b. : 

ind  stoint  also  ein  jair  .  .  . 
ind  darzo  vunf  mainde 

d.  städUchr.  12,  85S  (.wevertl.  319). 

{später  stoinde,  s.  d,  6.)  —  das  resultat  der  kürzung  ist 
im  nd.  weit  überwiegend  stunt — stunden,  doch  daneben 
auch  stont — stonden.  das  mitteld.  dagegen  kennt  nur  die 
ersteren  formen,  die  daher  auch  im  altern  nlid.  die  herr- 
schenden sind.  —  formen  mit  o  scheinen  im  nhd.  auf  ale- 
mann, qtiellen  ttm  1500  beschränkt  zu  sein,  kommen  aber 
auch  hier  nur  vereinzelt  vor,  vgl.  Weinhold  alem.  gr. 
s.  325:  anno  dni.  1462  am  mäntag  nauch  sant  Mathis 
tag  ...  da  waren  3  regenbögen  und  stondend  gein  ain- 
ander  .  .  .  d.  städtechr.  i,  241,  7  (Wahrhaus  Augsh. 
ehron.,  zu  1462);  in  disen  fröden  also  lange  stonden  {in 
questa  maniera  stettero  tanto)  pisz  die  künigin  zeit  dauchte 
ruwen  Arigo  decam.  15,  34  Keller  {ganz  vereinzelt);  also 
stond  Ulenspiegel  af  der  louben  vor  dem  rathhus  JJlensp. 
(1519)  s.  17  Lappenberg  (14.  hist. ;  ausg.  v.  1515  s.  20  neudr. : 
stunde) ; 

sant  Alexius  stond  auch  da  verborgen 

Jörg  Breining  Alexitis  (1488)  7,  8; 

da  sy  {Veronica)  den  schlayer  ane  sach, 

da  stond  daz  göttlich  angesiebt 

schon  in  dem  schlayer  gantz  verpflicbt, 

als  obs  darein  gewürcket  weer 

Keller  erz.  aus  altd.  handschr.  s.  89, 1 ; 

die  frawen  stonden  auff  gemain         187,  10; 


der  rosz  zigel  hieng  ir  da  nider 
und  stond  ir  wunderlichen  an 


203,  2 ; 


do  stond  ains  metzgers  sun  darbei 
mit  seiner  schwären  däschen 

Uhland  volkgl.  nr.  271,  2; 
es  stond  bisz  an  den  dritten  tag, 
der  Stab  fieng  an  zu  gronen 
297  (Tannh.),  A,  25  {beides  auf  der  hschr.  des 
Val.  Holl,  Augsb.  1524—6). 

<f)  eine  im,  altern  nhd.  sehr  gewöhnliche  nebenform  des 
sing,  stund  ist  stunde,  sie  beruht  auf  der  besonders  im 
oberdeutschen  verbreiteten  neigung,  den  starken  präteriten 
ein  unorganiscJies  e  anzuhängen,  ist  aber  in  diesem  falle 
wohl  begünstigt  durch  die  ungewöhnliche  bildung  dieses 
Präteritums,  das  so  das  aussehen  einer  schwachen  form 
erhielt. 

ä)  ein  ganz  vereinzelter  fall  scheint  schon  mhd.  im 
li.jahrh.  vorzukomTnen : 

da;  stftnde  unlange;  andir  suben  (kühe)  chomen  gegangen 

genetis  85,  5  Diemer, 
wofür  die  Wiener  gen.  hat: 

da;  stflnt  onlenge        e  andere  sibene  giengen  ennen 

Jundgr.  2,  60,  4. 

doch  liegt  hier  wohl  nur  ein  schreiberversehen  vor,  verun- 

laszt  durch  das  vorausgehende: 

{ich  träumte,)  wie  ich  stftnde  eine  .  .  .         85,  1. 

I 

ß)  sonst  kommt   diese   bildung  erst   um  1470  auf.     sie 

ist  die  häufigste  form  in  der  decamerone-übers.  v.  Arigo, 

t.  b.:  {der  Jude  Abraham)  feste  und  starck  in  seinem  gelau- 

benn   stunde  .  .  .   und   ye    fester  er    in   seiner   meinung 

stunde ...  80,  8/.  Keller  (l,  2) ;  do  er  asse  und  zö  tische  sasse, 

genug  traurig  und   übel   zemöte  vor  dem  tische  stunde 

46,  6  (1,  7)  u.  o.;  ferner:  als  Alexander  im  tempel  seiner 

gAter  war  und   die   selben   nach   seiner  gewonhcit  eren 

weit  do  stunde  vor  im  ein  edler  yflngling  myt  eim  reich- 

fasze  und  weyracb  Albr.  v.  Eyrf.  ob  eim  manne  sei  zu 

nemen  .  .  .  (U7S)  fie**;   die   frawe   stunde  aufT  und   gicng 

her  fAre  6S*;  aueh  bei  mitteld.  autoren  schon  im  15.  jahrh., 

so    in   den   denkwürdigkeiten   des  höllischen  rathsmeisters 

Spittrndorpp:   da   meinten  wir  vom  tale,  wie  im  den 

zo    than    stunde,   wir    musten    jo  jhe   aufT  eine   weise 

kommen,   so   mein   herr  zu   uns  schicket,   und  diss  an- 

bitten   stunde   nicht   wol   auszuschlahen  s.  7  (1474);    des 

weiten  wir  vom   tale   nicht  thun,    es   stunde   uns   auch 

nicht  zu  tbun  M  (1476);   kölnisch:   ind  dat  stunde  alsua 

sw«l  Jatr  d.  ttäittehr.  is,  6«,  9  (Koklhopp,  140b,  dankten 

«.  tmttm  S).   und  so  auch  einige  male  bei  Luthkr  : 

solchen   geist  halte  David,   da  er  von  Jerusalem 

ftfarieben  daroh  «einen  son  Abtalom,  und  darauff  stunde, 

Mr. 


das  er  ewig  verworffen,  nimer  mehr  könig,  und  zu  gottes 
gunst  komen  würde  l,  482*;  {weniger  sieher:)  wo  die  weit 
bette  lenger  so  stehen  sollen,  wie  sie  vorhin  stunde, 
were  gewis  alle  weit  Mahometisch  oder  Epicurisch  wor- 
den 5,  l*";  umb  seinet  willen  stunde  die  sonne  {ov/l 
iv  X^f-Q^  avxov  ävtnödiaev  d  '^hog;),  und  ward  ein  tag 
so  lange  als  zween  Syr.  46,  5:  da  sprach  das  volck  das 
da  bey  stunde,  und  zuhöret  (o  kazwq  xal  dxovaag)  Joh. 
12,  29;  sie  aber  bestünde  drauff  {6üaxvQlt,ezo)  ap.  gesch. 
12,  15.  im  ganzen  sind  solche  formen  auch  im  16.  jahrh. 
noch  nicht  allzu  häufig  und  hauptsäddich  auf  oberd.,  zu- 
mal alem.  quellen  beschränkt:  ain  gut  man  stunde  und 
drasch  sein  kome,  in  dem  ward  er  vertzuckt  Joh.  Thait- 
LER  sermones  {Augsp.  1508)  120'*;  zu  allem  glück  aber 
stunde  ein  capellen  inn  dem  wald  Montan  us  23,  lO  Bolie 
{wegk.,  1557,  c.  5);  also  ein  kleine  zeyt  auff  im  selbs 
stunde  113,  13  (c.  42);  nän  stunde  das  meitlin  vor  der 
stubenthör  und  horte  alle  die  wort  260,  26  {gartenges.  5; 
daneben  stund,  selten  stund,  stände);  was  fürter  von 
diesem  seinem  herren  in  der  kürtz  zfl  sagen  stunde  liesz 
er  nichts  underwegen  Kirchhof  wendunm.  i,  47  Österley 
(1,  34);  den  fort  er  nach  freundtlichem  gruess  in  ain  ca- 
pellen, so  unferr  von  inen  stunde  Zimm.  chron.^  i,  96,  18; 
wann  der  sähe,  dasz  sich  ein  knab  fein  schicket  in 
seiner  lernung,  und  stunde  in  hoffnung,  es  würde  ein 
gelerter,  erfarner,  und  wolgeschickter  man  auszjm  wer- 
den, so  sagt  er:  Henszgen  lerne  nit  zuvil  Egenolfp 
sprw.  (1570)  25»;  da  ein  geschwinde  theurung  ...  im  ge- 
lobten lande  war,  unnd  stunde  bisz  inn  vierthalb  jar 
Mathesius  Sarepta  (l57l)  3»;  weil  aber  des  bergkmans 
{Midas)  sinn  nur  nach  gelt  stunde  ...  so  weisz  er  nichts 
anders  zu  wünschen,  denn  das  alles  zu  gold  werde  14»; 
denn  er  stunde  in  eygener  person  mitten  in  der  Schlacht- 
ordnung bttch  der  liebe  (i587)  27»;  wie  er  in  die  statt  kam, 
stunde  sein  gemüht  zu  jrem  opffer  221'»  {gewöhnlich  stund). 
Y)  dafür  in  den  eis.  quellen  auch  stünde  geschrieben: 
wann  auch  Judas  der  in  verriet  stände  mit  in  erste 
deutsche  bibel  l,  408,  25  Kurrelmeyer  {Joh.  18,  5);  das 
er  nit  wissen  kund,  wann  es  sambstag  oder  suntag 
was,  dann  er  sich  gar  nichts  auff  den  kalender  ver- 
stünde Wickram  rollwagenb.  83,  24  Kurz  (47);  von  des 
wegen  er  in  grossem  unmüth  stünde  Montan  us  9,  19 
Bolte  {tcegk.  l);  als  er  stünde  inn  grossen  gedancken,  da 
fieng  sich  an  so  ein  grausamer  unnd  erschröcklicher 
wind  Schumann  nachtbüchl.  (1559)  126,  17  Bolte  (1,  22). 
das  ist  auch  wol  gemeint  mit  der  häufigen  Schreibung 
stünde  {vgl.  oben  b,  y)  in  Arigos  decam.,  wofür  spätere 
ausgaben  stünd(e)  drucke>\,  z.  b.:  also  die  edel  geselschaft 
von  dem  schönen  vogelgesange  durch  das  grün  tale  an 
das  end  do  ir  syn  hin  stünde  beleyt  warden  409,  19  Keller 
(7,  einl.);  also  ein  klein  zeit  ungeret  auf  im  selbs  stünde, 
nach  dem  .  .  .  also  zu  Gisippo  sprach  632,  8  (10,  8). 

S)  vereinzelt  mit  o  bezw.  köln.  oi  {vgl.  b,  ß  und  c) :  die 
stat  van  Goellen  halp  eme  machen  ein  costlich  burch 
.  .  .,  dat  die  stat  van  Goellen  vil  stoinde  d.  städiechron. 
18,  .551,  10  (KoELHOFP,  1499);  in  dem  vurz  jair  (1407)  do 
wart  des  nuwen  torns  begont  zo  machen  .  .  .  der  stoinde 
me  dan  50  duisent  gülden  14,  744,  lO  {neben  stunde,  *.  /8). 
auszerdem  mit  unregelmäszigem  t: 

golt  in  {Davit)  auch  wol  befridt 

vor  seinem  eigen  sone, 

dem  schönen  Absalon, 

der  nach  seim  leben  s tonte, 

auBz  seim  reich  Davit  enttronto 
Ln.iBNCHON  hi»l.  volM.  4,  nr.  689,  8  {vom  J.  1546). 

e)  erst  im  17.  jahrh.  rrird  stunde  reeW  iMieh  und  ist 
nun  bei  einer  beträehÜiehen  reHts  von  autortn  und  psdUn 
die  überwiegende  oder  aueh.  soweit  die  vorfUgbarm  boUge 
erktnnen  lassen,  die  alleinherrsehende  form:  flcischfresser 
waren  die  Israeliten,  ...  die  sich  mit  dem  himlischen 
brot  nit  wAUcn  benflgen  lassen,  sonder  nur  nach  den 
tApffen  und  hftfen  voll  fleisch  jhr  sinn  und  muth  stunde 
GuarinoNIUS  greirrl  der  Verwüstung  (1610)  740  B;  oins- 
mals  hat  sirhs  in  Kngcllnnd  bogeben,  dasz  das  getnüd 
trefflich  wol  auff  dem  fehl  stunde  Ai.bkrtinus  kirn- 
schleiffer  (1618)  187;  nachdem  ich  also  am  gentadte  des 
mccres  in  traurigen  gedancken,  mein  unglAck  beweinende 
■tnndo,  kam  einer  Ton  adel  sehausp.  sngl.  eomM,  U»,  • 
Creisenach  {Iragi  etmoed.,  l«W,  8.  S);   der  («My)  i«g*n  ^** 

Mt. 


1441 


STEHEN  (I,  B,  3,  d) 


STEHEN  a,  B,  3,  d-e) 


1442 


rechten  band  zu,  war  ein  faszpfad,  .  .  .  und  weil  er 
wenig  begangen  ward,  stunde  er  mit  dornen  und  distlen 
bewachsen  Philander  (1650)  1,  342;  als  ich  selbst  in 
diesen  närrischen  gedancken  stunde  343;  als  ich  nun 
sähe,  wie  mein  handel  stunde,  bette  ich  stein  und  bein  zu- 
sammen fluchen  mögen  Simpl.  sehr.  3, 180,  7  Kurz  (Spring- 
insf.  6) ;  demnach  einer  .  .  .  seinen  stecken  vor  der  kirch- 
thür  mit  sich  nemen  weite,  erdappte  er  darvor  eine  neue 
etxt,  die  bey  den  stecken  stunde  313,  18  (vogdn.  l,  4) :  wie- 
wol  noch  ein  grosse  pfann  gebachener  eyer  dort  stunde 
304,  27  (1,  3) ;  ich  schhche  hinaus  und  kam  vor  ein  zimmer, 
darvor  ein  baur  stunde  325,  13  (l.  6;  und  so  durchweg  im 
'Vogelnest',  während  die  belege  au^  dem  Simplicissimus  selbst 
ebenso  durchgehends  stund  aufweisen) ;  Lyon,  welcher  da- 
hinden  stunde,  schämte  sich  selbst  anzuzeigen  Octavia- 
nus  (1675)  Q  6*;  wie  die  leyter  Jacobs  auff  der  erden 
stunde,  und  doch  an  dem  himmel  reichete  Treuer  deut- 
scher Dädalus  (1675)  1,  283  («07!^  stund);  anno  1679  .  .  . 
stunde  obberfihrte  stadt  in  höchster  glori  Abraham  a 
S.  Clara  mercks  Wien  (1680)  10;  das  stunde  (sah  aus) 
sehr  artig  Schuppius  119;  da  er  wieder  von  den  todten 
aufferstunde,  zeigete  er  sich  der  armen  buszfertigen  Sün- 
derin 136,  und  so  gexcöhnlich,  doch  auch:  ich  erinnere 
mich,  dasz  ich  einsmals  einem  vornehmen  fürsten  auff- 
wartete,  der  stund  in  seinem  gemach  am  fenster  109; 
dasz  wir  .  .  .  mit  fried  und  freud  dahin  fahren  .  .  .  gleich 
dem  alten  Simeon,  der  in  solcher  guten  bereitschafft 
stunde  Carpzov  leichpredigten  (1698)  112; 

da  neigt  es  (d.  blümlein)  sich  zur  stunde 
verwelckt,  und  sincket  hin, 
dasz  jetzt  noch  auffrecht  stunde 
mit  adso  stoltzem  sinn 

Spee  trutzn.  (1649)  78  (nr.  13,  75  Balke) ; 

newlich  ich  in  trawren  stunde, 

wäre  voller  bitterkeit: 

Jesum  da  gecreutzigt  funde         102  (18,  41) ; 
ndten: 

alsz  {ich)  nun  spatzirt  im  garten, 

stund  auff  ein  bl&mlein  zart  75  (13,  6) ; 

zu  diesem  (d.  freunde)  drang  man  ein,  wann  Titan  gleich 

noch  stunde, 
wo  sonst  der  heisse  low  bläst  flammen  ausz  dem  munde ; 
noch  must  es  winter  seyn ;  noch  nam  man  da  quartier 
LOGAU  1,  3,  80,  V.  33  {n^ben:  so  stxmd  es 
■  zu  verfuhren  i'.  45); 

drauf  spricht  er  seine  mutter  an, 
die  bey  Johanne  stunde 

P.  Gerhardt  bei  Fischer-Tümpel 
Järchenl.  3,  334»  {gontt  stund); 
sie  stunde  ja  vor  mir,  ich  bin  ja  nicht  verrücket! 
Fleming  «.  501  Lappenberg  {sonst  stund). 

daher  wird  dann  zuweilen  die  einsilbige  form  mit  einem 
apoatroph  geschrieben  (nicht  nur  im  falle  der  dision  vor 
vocaT): 

es  stund'  ein  steinern  tisch  gleich  an  der  hör  am  ende 
Dietrich  v.  d.  Werder  13,  36,  8; 

stnndt'  Haman  dort  nicht  auf  der  ehrenspitzen? 

Neumark  fortgepfl.  tnugik.-poet. 
lustw.  (1657)  {,  39; 
lasz  den  hund  nur  immer  heulen,  . .  . 
er  macht  nur  den  rächen  wundt. 
lasz  ihn  Lünen  nur  anbellen ! 
sie  bleibt  doch  an  ihren  stellen, 
wo  sie  vor  erhöhet  stund'  164. 

^  auch  in  der  ersten  hälfte  des  18.  jahrh.  dauert  der 
gebrauch  von  stunde  noch  fort:  da  er  das  hörete,  stunde 
er  gantz  unbeweglich  Kram  er  dict.  (1702)  2,  928»  (und  so 
hier  durchweg);  stunde  denn  nicht  ein  grosser  lehn-stuhl, 
mit  sammet  beschlagen,  zu  deinen  diensten  Stranitzky 
oUapotrida  (1711)  95,  30  neudr.;  sie  (die  harpijae)  hielten 
sich  in  Thracien  auf,  allwo  sie  dem  dasigen  könige 
Phineo  . . .  seinen  speisz  und  tranck  durch  einen  solchen 
gestanck  unschmackbar  machten,  der  gar  nicht  zu  er- 
tragen stunde  Amaranthes /rauenz.  lex.  (1715)  741;  ^Esic 
siegele  zwar  anfangs  über  Boleslaum,  da  er  aber  zu 
sicher  wurde,  und  nicht  recht  auf  seiner  hut  stunde, 
erholte  sich  Boleslaus  Hahn  hist.  (1721)  2,  56  (m.  so  öfter); 
dann,  als  sie  kaum  an  sich  selbst  mehr  gedencken  konte, 
und,  so  zu  reden,  schon  an  der  thüre  des  paradieses 
stunde,  sähe  sie  sich  noch  einmahl  um  Canitz  ged. 
(1727)  190  (neben  stund:  mund  89);  wo  die  höltzerne  .  .  . 
Statue   stunde  cav.  im  irrgarten  (1746)  48;  indem  Elben- 


X.  2. 


Mr. 


stein  weiter  fort  reden  wolte,  stunde  ein  alter  .  .  .  mann 
von  seinem  tischgen  .  .  .  auf  130  (im  ganzen  bieten  die 
belege  4  stunde,  auszer  den  angeführten  noch  s.  40  und 
418,  gegen  5  stund,  zuerst  s.  192);  er  stunde  des  sonntags 
in  der  kirchen  fleiszig  bey  ihrem  stuhle  schildwache 
Gottsched  die  vemünft.  tadlerinnen  (1725)  1,  230; 

Buddeus,  Wemsdorf,  Breithaupt  fällt, 

davon  doch  jeder,  als  ein  held, 

vor  unsers  Zions  rissen  stunde  (:  von  dem  alten  bunde) 

ged.^  (1751)  1,  157  (öden  2,  13); 
mit  dir,  herr,  stund  das  recht  im  bunde ; 
dort  kämpften  list,  behendigkeit  und  macht! 
sie  stritten  ohne  feind,  und  siegten  ohne  Schlacht, 
eh  noch  dein  beer  im  felde  stunde  «.  7  (1, 1); 

der  galgen  stunde  da,  und  schien 
ihn  schon  als  hauswirth  zu  hegrüssen 

LiCHTWER  äsop.  fabeln  (1748)  «.  17 

(/al.  1,  6,  'der  fuchs',  dafür  in  d.  sehr.  v.  1828: 

der  galgen  stand  vor  ihm  g.  13; 

sonst  stund,  s.  unten  e,  "Q.  dann  erlischt  stunde  in  der 
literatur,  bis  auf  ganz  vereinzelte  ausnahmen,  wie:  ich 
ging  ohne  vorbedachten  plan,  wo  ich  hin  wollte,  gerade 
da  hin,  wohin  mir  der  köpf  stunde  Jung-Stillixg  sämmü. 
sehr.  (1835 — 37)  4,  124,  neben:  ein  jeder  wuszte,  wie  hoch 
er  bei  dem  junker  angeschrieben  stand  l,  36.  es  hält  sieh 
gelegentlich  im  volksliede,  unmittelbar  neben  stund: 

es  stunde  an  kein  vierteljaJir, 
eine  lilie  wächst  auf  seinem  grabe; 
es  stund  geschrieben  auf  den  blättern  da, 
beid  wären  beisammen  im  himmel 
wunderh.  1,  95  Boxberger  {'der  ritter  u.  d.  magd'). 

in  der  zeit  der  romuntik  begegnen  vereinzelt  emeuerungen : 

traurig  stunde  da  der  ritter 

Fr.  Schlegel  Alarcos  (1803)  «.  4  (1, 1); 
du  blühetest  die  schönste  aller  eichen, 
Germania,  im  tiefsten  kern  gesunde; 
als  dir  der  Römer  gegenüberstunde, 
könnt'  an  die  äste  dir  sein  speer  nicht  reichen 

Rückbrt  (1882)  1,  5  {geh.  son.,  vorkl.  4). 

e)  ein  schlieszlich  siegreicher  concurrent  entstand  dem 
älteren  stund  in  der  heute  durchgedrungenen  form  stand. 
diese  ist  nur  so  zu  verstehen,  dasz  die  völlig  isolierte  per- 
fectbildung  stund  —  stunden  von  der  dritten  ablautsreihe, 
die  im,  16. — n.  jahrh.  noch  den  ablaut  innerhalb  des  prät. 
bewahrt  hatte,  beeinßuszt  und  nach  der  analogie  von  band — 
bunden ,  fand  —  funden  in  stand  —  stunden  umgebildet 
icurde,  dasz  dann  später,  ebenso  tri«  in  dieser  ablautsreihe, 
ausgleichung  innerhalb  des  prät.  zu  stand  —  standen  ein- 
trat, vgl.  Grimm  gramm.  l^,  982.  allerdings  wird  diese  er- 
klärung  durch  die  Zeugnisse  der  Überlieferung  nur  schwach 
gestützt,  und  es  ist  auffällig,  dasz  diese  entwicklung  bei 
stehen  so  spät  eintritt. 

a)  im  16.  und  17.  jahrh.  herrscht  stund  (bezw.  stunde) — 
stunden  durchaus,  wie  Clajus  gramm.  (1578)  102,  19  Weid- 
ling  conjugiert:  ich  stund,  du  stundest,  ebenso  noch  Schot- 
tel  (1663)  598.  auch  in  der  lit.  kommen  nur  vereinzelte 
belege  vor,  die  allerdings  früh  einsetzen.  Sanders  3,  1193'* 
verzeichnet  stahnd  aus  einer  büchsenmeysterey  von  1529 
(Straszb.)  s.  37.  doch  findet  sich  ein  isolierter  fall  schon 
im  ib. jahrh.  (wenn  nicht  druckfehler  vorliegt):  als  die 
iunckfrawen  der  kflnigin  (Semiramis)  beten  einen  zopff 
geflochten  stände  auff  die  kflnigin  mit  dem  andernn 
ungeflochten  zopffe  und  ward  bewegt  in  menlichen 
zomn  Albr.  v.  Eybe  ob  eim  manne  sei  zu  nemen  u.  s.  v>. 
(1472)  34''  (sonst  stunde,  s.  oben  d,  ß).  sonst  im  ie.jahrh.4 
alsz  es  aber  über  zil  und  zeit  stand  und  nit  geld  ver- 
banden wasz  zu  zalen  Knebel  chron.  v.  Kaisheim  (l53l) 
*.  85  Hüttner;  (unmittelbar  neben  stund:)  do  kamen  sie 
zu  dem  crucifix  uf  Bernrain,  das  stand  dozumal  under 
ainem  dechle  an  ainer  saul  .  .  .  do  stund  under  inen 
ain  knab  .  .  .  gleich  gestunden  dem  knaben  die  hendt 
Zimm.  chron. '^  1,  462,  17/.  22; 

zu  gottes  ehr  sein  {Agtat)  hertze  stand, 

brach  die  frembden  altar  im  land 

H.  Sachs  l.öO»; 
ein  glasz  mit  wasser  ich  da  fand, 
welches  vor  einem  fenster  stand     3,  8,  214° ; 

hört,  wie  ich  in  eim  buch  gemalet  fant .  .  . 
mitten  auf  der  leiter  ein  ritter  stant  .  .  . 
im  stunt  sein  herz,  mut  und  begir,  .  . . 

dicht.  1, 146  Qoedeke  (liederM); 

91  Mr. 


1443 


STEHEN  (I,  B.  3,  e) 


STEHEN  (I,  B,  3.  e) 


1444 


auch  noch  einmal  mit  anorganischem,  -e  {wie  oben  bei  Albr. 
V.  Eybe):  nach  der  miternacht  fachte  den  grafen  der 
schlafT  an,  dessen  er  sich  doch,  so  vil  müglich,  zu  ent- 
halten understande,  kunt  sich  aber  doch  dessen  letstlich 
nit  müessigen  Zimm.  chron.^  3,  361,  23.  selten  ist  stand 
im  17.  jahrh.  bezeugt:  was  man  von  solchen  absonder- 
lichen . . .  vornehmen  vor  nutzen  zugewarten  hette,  stand 
daher  zuermessen    Chemnitz  schwed.  krieg  2   (1653),  7'; 

als  Udus  morgens  gieng  herfür 
stand  dieser  spruch  an  seiner  thUr 

LOGAU  1,  10,  12. 

ein  vereinzeltes  stand  bei  Opitz  verzeü^net  G.  Baesegke 
d.  spräche  der  Opitzischen  gedichtsamnü.  v.  1624 — 5  (Oött. 
diss.  1899)  s.  107. 

ß)  eine  bestätigung  erhält  die  vorgetragene  erklärung 
dddurch,  dasz  die  ersten  Zeugnisse  für  den  plur.  standen 
später  begegnen  {doch  belegt  Arndt  d.  Übergang  vom 
mhd.  zum  nhd.  in  d.  spräche  der  Breslauer  kanzlei,  1898, 
s,  88  standen  schon  aus  einer  urk.  v.  1550) : 

hernach  sie  allzumal  auff  von  der  taffei  standen 
und  giengen  hin,  da  sie  sich  wol  losiert  befanden 
DiETR.  V.  D.  Werder  Ariost  17,  60,  5. 

{sonst  fehlen  im   17.  jahrh.   belege  bis  auf  Lohenstein, 

»•  y-) 

y)  es  teure  zu  erwarten,  dasz  in  einer  Übergangszeit 
der  sing,  bereits  a  aufwiese,  während  der  plur.  noch  das 
alte  u  festhielte,  diesen  Wechsel  stand — stunden  scheinen 
einige  gegen  oder  um  1700  geborene  Schriftsteller  in  der 
that  zu  bieten:  nach  Sardinien  schnappten  die  Saracenen 
,  .  .  nach  Corsica  stunden  sie  desgleichen  Hahn  histor. 
(1721)  1,  59'»,  anm.;  Ludovicus  .  .  .  starb  in  seinem  72.  jähre 
(1347)  ...  es  stand  schon  darauf,  dasz  dieser  so  viel- 
mahl verbannte  keyser,  den  man  in  München  beyge- 
setzet  hatte,  wiederum  solte  ausgegraben  werden,  wenn 
es  nicht  seine  erben  noch  verhindert  hätten  5  (1742),  302; 
und  indem  sie  dieses  sagte,  wiese  sie  mir  einen  wohl- 
gekleideten bürger,  der  unter  dem  hauffen  stand  Liscow 
Schriften  (1739)  121 ;  summa,  seine  seele  auch  sein  geist 
standen  gegen  die  äuszere  natur  ganz  indifferent  670. 
in  des  Herrn  von  Koenigs  gedichten  {Dreszden  1745) 
igt  im,  sing,  stand  häufiger  als  stund  (4  tmd  8  belege), 
der  plur.  ist  einmal  als  stunden  belegt: 

so  hast  du  gütigst  auch  die  aller  straff  entbunden, 
die  dir  heimt&ckiscb  selbst  nach  deinem  leben  stunden 

8.  21. 

doch  ist  das  material  zu  gering,  um  daraus  sichere 
Schlüsse  zu  ziehen,  insbesondere  ist  zu  beuchten,  wie  schon 
in  Lo H EN stei N s  Arminiu«  (1689)  die  formen  stand,  stund, 
standen,  stunden  regellos  durch  einander  gehen:  die 
Deutschen,  welche  der  kayser  und  andere  grosse  könige 
...  zu  ihrer  leib-wache  erkieseten,  stunden  den  Römern 
in  ihren  kriegen  zu  dienste  l,  7»;  so  bald  das  kriegs-volck, 
welches  in  voller  rüstung  bereit  stand,  .  .  ,  den  heiligen 
kriegs-wagen  erblickte  .  .  . ,  kriegte  selbtes  gleichsam 
eine  neue  seele  31» ;  Eggius  führte  an  einer,  und  der 
armenische  fflrst  Zeno  an  der  andern  seite  .  .  .  die 
ihrigen  .  .  .  auff  die  Deutschen  an,  welche  gleichwohl 
wie  mauern  stunden  36»;  Catumer  aber  riesz  fast  eben 
za  einer  zeit  einem  Gallier  ihre  kriegs-fahne,  auf  welcher 
ein  bahn  stund,  aus  4l'>;  ob  nun  wohl  die  Deutschen 
derogestalt  in  mehrer  hoffnung  und  vortheil  standen  .  .  ., 
so  war  doch  bey  den  Römern  die  tapfferkeit  so  tieff  ein- 
gewurtzelt  4ö^;  bey  der  alle  gestirne  mit  lichte  betheilen- 
den sonne  stand:  alle  von  einem  .  .  .  der  die  zwölff 
himmlischen  zeichen  durchwandernden  sonne  stund  bey- 
gesetzi:  eines  nach  dem  andern  SSS**.  {heute  acheint 
dieser  Wechsel  vortuliegen  im  oberhe»».:  schdann,  plur. 
schd&nne  Crbcelius  807.) 

S)  der  eigentliche  kämpf  zwischen  stund(e)  und  stand 
findet  im  18.  jahrh.  statt,  und  läszt  sich  schon  an  der 
hand  der  vMerbüehtr  und  grammatiken  verfolgen,  tuerst 
giebt  Stibler  (lan)  tlS7:  praet.  ich  stand,  et  stand. 
dagegen  kennt  Krämer  noch  ITOS  ausscfdiesMlich  stunde 
{s.d,  0  — stunden,  weitere  teugtüsse:  imperf.  ich  stund  {et 
ifrtgulariter)  ich  stand  Stein  BACH  (1784)  2,  667;  ich  stand 
oder  ich  stand  Frisch  (i74i)  s,  896^  Gottsched  »praehk.* 
(17M)  gieU  s.  880:  ich  stehe,  ich  stand,  gestanden  {datu: 
'M  fsie  alte  fseU  saget:  ...  ich  stand'),   dagegen  s.  841: 

Mr. 


'ich  starb,  ich  stürbe,  ich  verdarb,  ich  verdürbe,  .  .  . 
ich  stand,  ich  stünde  .  .  .  vieleicht  kömmt  es  daher,  d<isz 
man  vor  alters  gesaget  hat,  ich  sturb,  verdurb,  .  .  .  stund ; 
wie  man  denn  das  letzte  noch  itzo  so  spricht',  ferner: 
stand  oder  stund  Weitenauer  ortJiogr.  wörterb.  (1764) 
s.  137;  'imperf  ich  stand,  {im  gemeinen  leben  stund)' 
Adeluno  (1780),  danach  Campe.  Braun  orthogr.  gramm. 
wb.  (1793)  nur:  ich  stand,  standst,  stand. 

e)  in  der  lit.  herrscht  in  der  ersten  hälfte  des  IS.  jahrh. 
im,  allgemeinen  stund  {bezw.  stunde,  s.  d)  noch  durchaus; 
so  durchgängig  bei  folgenden  autoren,  wo  reichlichere  belege 
zur  Verfügung  stehen:  B.  Neukirch  {geb.  1665,  ged.  von 
1744),  Schnabel  (1692;  Felsenb.  1731:  stunden  mehrfach; 
cav.  im  irrg.  1746:  stund  und  stunde,  s.  d,^;  Günther 
{geb.  1695,  ged.  v.  17*5);  Neuberin  (1697,  vorap.  v.  1784). 
attch  bei  Gottsched  scheint  u  zu  herrschen,  s.  oben  6 
und  die  belege  für  stunde  unter  d,  ^.    femer: 

wie  stunds  mit  ihm  die  vorge  nacht? 

Hagedorn  2,  31  {fab.  1,  19). 

so  auch  noch  bei  Haller  {geb.  1708)  und  Rabener  (1714), 
deren  werke  erst  in  der  2.  hälfte  des  jahrh.  erschienen 
sind:  er  stund  in  der  majestät  eines  beleidigten  kaiser- 
Sohnes  da  Haller  Usong  (l77l)  30;  das  eine  {Uiger) 
fflhrte  der  könig  an,  das  andre  stund  unter  seinem  noch 
jungen  bruder  Alfred  (1773)  8;  er  hatte  selbst  den  könig 
auferzogen,  und  stund  bey  ihm  im  grösten  ansehen  64; 
sogar  unbedeutende  .  .  .  städte  wiederstunden  seinen  an- 
fallen Fabius  u.  Cato  (1774)  50;  der  ehrwürdige  alte  ver- 
lohr  ihn  {den  söhn),  überstund  den  Unglücksfall  mit 
standhaftigkeit  70;  der  rath,  der  so  lang  in  lauter  edlen 
bestund  95  utid  so  durchgehends ;  er  stund  noch  in  der 
vollen  reife  des  männlichen  alters  Rabener  Schriften 
(1777)  1,  38;  die  haare  stunden  ihr  zu  berge,  wenn  sie 
tanzen  sah  2,  56;  er  trank  alle  tage  die  gesundheit  des 
commandirenden  generals  und  seiner  übrigen  kameraden, 
die  im  felde  stunden  58.  sing,  stand  neben  plur.  stun- 
den bei  Koenig  {geb.  1688),  Hahn  (1692)  und  LISC0V^' 
(1701),  s.  y.  eine  auffallige  ausnähme  ist  nur  Bodmer 
(1698)  mit  seinem  stand,  um  so  auffalliger,  da  sonst  ge- 
rade Schweizer  autoren  besonders  lange  an  stund  fest- 
halten (Haller,  Bräker,  Gotthelf,  *.  unten);  aller- 
dings stammen  die  belege  aus  werken  seiner  spätzeit: 

Og  stand  zwischen  die  schneiden  der  blanken  schwerdter, 

und  flehte 
JS'oaA  (1759)  287  (9,  654); 

also  lebte  Philodes  in  seiner  fSrenen  hütten,  .  .  . 
innig  belustigt,  durch  seine  päanischen  kUnste 

das  leben, 
das  am  rande  schon  stand,  schon  beweint  war, 

zurUcke  zu  rufen 

338  (U,  19), 

vgl.  Sghönaich  ästh.  in  e.  nusz  132,  29.  282,  9.  18  Köater; 

sie  (Thetis)  stieg  in  eil'  aus  dem  dunkeln  meer  wie  ein  nebel 
auf,  und  stand  vor  sein  antlitz 

Homer  (1778)  1,  14  (xal  ^a  ndQot»'  ottkofo 
xa^ijMo  IJ.l,  360). 

auch  bei  Besser  (1654—1729)  begegnet  stand  auffällig  früh : 

wie  stand  bey  zwsmtzig  jähr  der  zepter  dir  so  schön! 

tchrifflen  (1732)  1,  10. 

"Q  in  der  klassischen  zeit  gebrauchen  die  meisten  autoren 
stund  tind  stand  neben  einander,  doch  so,  dost  stand 
immer  mehr  überwiegt,  häufig  lästt  sieh  beobachten,  wie 
derselbe  autor  von  stund  zu  stand  übergeht  oder  in  spätem 
ausgaben  eines  \cerkes  stund  durdi  stand  ersetst.  beides 
neben  einander: 

und  stund  ihr  Dämon  sleich,  der  um  sie  buhlte,  nah, 
80  kUszt«  si«  mich  doch,  als  er  nur  seitw&rts  sah 

E.  V.  Klkist  1,  64  Sauer; 

da  stand  er  auf  und  sah,  dass  sich  der  schatten  streckt« 

ebenda; 
Amynt,  der  sich  in  groszor  noth  befand,  .  .  . 
bat  einen  roichen  mann,  in  dessen  dienst  er  stand, 
.  .  .  ihm  zehn  thaler  vorzuschieszen 

GSLLIRT  1,  168; 


SO  sah  ich  ihn  noch  Jüngst,  als  er  gevatter  stund 


884; 


da  stund  ihm  noch  die  wähl  von  seinem  Schicksal  tnj 
3.  E.  SoiiLBOKL  1,  888  (Oanwt  1,  8); 

Ich  fahrt«  krief  lar  s««,  ich  stand  bar  satnen  h««r«n 

884(8.8); 

Mr. 


1445 


STEHEN  (I,  B,  3,  e) 


STEHEN  (I,  B,  3,  e) 


1446 


bey  seinen  oberbeamten  stand  er  in  einem  solchen  an- 
sehen, dasz  sie  ohne  ihn  nicht  leicht  in  seinem  kirch- 
spiele  etwas  vornahmen  üöser  pJiantas.  l,  157;  die  herren 
Scapin  und  Mezzetin  stunden  daneben  verm.  sehr,  l,  101 ; 
da  fand  er  die  hirten,  die  voll  freude  beysammen  stun- 
den Gessxer  2,  21  (Daphnis  i);  Daphnis,  der  ihnen  bald 
znhoerte,  bald  unaufmerksam  da  stund,  erzehlt'  ihnen 
ebenda;  izt  trennte  sich  das  gebysche  zu  beyden  selten, 
eine  kleine  ebene  zu  umkränzen,  die  voll  blumen  da 
stand  30;  aber  der  zsertliche  vater  stand  schnell  .  .  .  auf 
76  (D.  2);  ein  lautes  gelaschter  entstand  um  mich  her; 
die  nymphe  mit  ihren  gespielinnen  standen  um  mich 
her  .  .  .  hier  bin  ich,  sprach  die  grausame,  und  stand 
mit  ihren  gespielen  laut  lachend  am  sumpf  118  {urid  so 
überwiegend  stand — standen,  doch  daneben,  kaum  minder 
häufig,  stuhnd — stuhnden,  s.  b,  &);  da  stand  vor  ihm  die 
gestalt  eines  reizvollen  mädchens  Musaeus  voUcsm.  l,  7 
Hempd  (Eübez.  l);  die  Hirschberger  Justiz  stund  damals 
in  dem  rufe,  dasz  sie  schnell  und  thätig  sei,  recht  und 
gerechtigkeit  zu  handhaben  22  (2);  der  vricht  stand  da 
wie  vom  donner  gerührt  23;  er  .  .  .  gestund  das  buben- 
stück  ein,  davon  sein  herz  nichts  wuszte  2i;  der  ent- 
fesselte stand  da  frank  und  frei  30;  auf  seinem  breiten 
.  .  .  gürtel  stunden  .  .  .  die  worte  Pfeffel  pros.  vers. 
(1810)  1,  162 ;  ihre  äugen  stunden  immer  voll  wasser  2,  49 ; 
sie  nahm  den  innigsten  antheil  an  ihrer  krankheit,  die 
bey  ihrer  abreise  auf  dem  höchsten  stand  5,  64;  Ewald 
stund  eine  minute,  wie  die  bildsäule  des  Schreckens, 
vor  dem  wagen  197;  sie  stunden  auf  ihre  füsze  und 
grosze  furcht  fiel  über  die,  so  es  sahen  Herder  9,  163 
Suphan  {qu.  v.  1779) ;  er  .  .  .  hatte  die  unruhigen  schon 
unter  sich  gebracht,  die  ihm  im  wege  standen  165;  sie 
kamen  alle  auf  des  vaters  wort  und  stunden  vor  ihm 
da  26,  328  (blätter  der  vorz.  1,  12).  —  stund  später  in  stand 
geändert: 

da  sie  noch  schrien,  so  stund,  o  wunder! 

die  helle  Wahrheit  nackend  da ! 

LiCHTWER  Äsop  fabeln  (1748)  «.  9  (1,  1 ; 

dafür  später: 

es  stand  die  blosze  Wahrheit  da        sehr.  5) ; 

denn  sie  kommen  bisweilen  hernieder,  die  erde  zu  sehen, 
wo  wir  herrschen ;  da  hügel  der  todten  und  grüfte  zu  sehen, 
wo  vordem  paradiese  nur  stunden 

Klopstock  Mess.  (1748)  2,  516 
(tpäter:  standen  f.  505,  so  1799  und  werke  3,  81); 

ihn  fand  an  Jerusalems  mauer 
Judas,  der  in  der  dämmerung  stund 
Mess.  1  (1751),  «.  139  (4,  976),  dajür  1»  (1760)  s.  140:  stand; 

wahrlich,  du  stundest  in  Pisa  nicht  so  wild  vor  Visconti, 
als  du  dein  schwert  zogst,  um  den  faden  seines  lebens 
zu  zerschneiden  Klinger  werke  i,  5  (i809;  zwUlinge  l,  i); 
schon  stand  ich  auf  dem  Scheideweg  83  (4,  5);  bebend 
stund  ich,  und  blickte  traurig  auf  diese  höhen!  neues 
theater  (l790)  l,  10  {Aristod.  1;  werke  2,  100:  stand).  —  sehr 
JuLufig  ist  stund  noch  bei  Goethe,  besonders  in  der  altem 
zeit,  doch  ohne  feste  grenze:  eh  man  nocö  ganz  droben 
ist,  ist  ein  absatz  und  ein  eisen  geländerlein,  da  stund 
der  bischof  und  gab  Franzen  die  band  8,  24  (Götz  v. 
Berl.  1,  ebenso  in  den  andern  textformen:  42,  30.  263);  wie 
ich  so  stund,  warf  der  bischof  einen  bauern  herunter 
50  (42,  63.  287);  ich  merkte  wo  das  hinaus  wollte,  denn 
die  andern  stunden  alle  dabei  15,  17  (d.  aufgeregten  1,  6); 
die  äugen  stunden  ihm  voll  thränen,  als  er  hinein  sah 
16,  166  {Werther  2;  über  das  allmähliche  ersetzen  von 
stund  durch  stand  in  den  spätem  ausgaben  vgl.  M.  Lau- 
terbach, das  verh.  der  ziceiten  zur  ersten  ausg.  v.  Wer- 
fhers  leiden.  Straszb.  1910,  *.  6/.);  in  der  gegend  wo  wir 
stunden,  ist  die  kleine  von  steinen  zusammen  gelegte 
hütte  247  (6r.  aus  d.  Schweiz  2);  das  schlosz  war  zuge- 
schnappt und  er  stund  gebannt  17,  387  {uiahlverw.  a,  16; 
sonst  hier  gew. :  stand) ;  neben  seiner  familie  muszte  er 
seine  freunde,  alle  fremden,  die  nur  mit  seinem  hause 
in  einiger  Verbindung  standen,  immer  bei  tische  sehen 
18,  57  {Wilh.  Meister  i,  ii);  da  wir  die  hindernisse  vor- 
aussahen, die  unserer  Verbindung  im  wege  stunden  72 
(13);  er  stund  und  blinzte  112  (17);  eines  morgens  .  .  .  kam 
er  von  ungerähr  in  das  zimmer,  und  fand  die  jungen 
lierren,  die  eine  höchst  sonderbare  toilette  zu  machen 
im  begriff  stunden  315  (8,  li);    sein   sinn   stand  in   die 

Mr. 


ferne,  er  hörte  nicht,  er  sah  kaum  21,  154  (wanderj.  l,  9) ; 
da  rief  ich  die  magd  und  ersuchte  sie,  sie  möchte  mir  .  .  . 
frisches  wasser  in  einem  kühlkessel  bringen,  der  eben 
da  stund  34,  250  {Cellini  2.  5) ;  don  Diego,  der  ganz  etwas 
anderes  erwartete,  stand  verwundert  280  (2,  8);  was 
stund  auf  den  tafeln  des  bundes?  56,  235  {bibl.  frag., 
überschr.);  gleich  hinter  dem  hausgarten  führt  ein  wil- 
der pfad  nach  einem  felsen,  worauf  ein  altes  schlosz 
der  grafen  von  Gleichen  stund  briefe  3,  10  {an  Carl  Aug. 
d.  24.  dec.  1775;  so  zunächst  überwiegend) ;  Lavatern  hab 
ich  immer  ausgelacht,  dass  er  .  .  .  mit  ieder  post  briefe 
und  zetteigen  erhielt,  worauf  eigentlich  nichts  stund, 
als  dass  sie  sich  .  .  .  noch  immer  herzlich  liebten  4,  ao 
{an  Ch.  V.  Stein  d.  1.  märz  79) ;  hier  bin  ich  nun  nah  am 
grabe  meiner  Schwester,  ihr  haushält  ist  mir,  wie  eine 
tafel  worauf  eine  geliebte  gestalt  stand  die  nun  weg- 
gelöscht ist  68  (28.  sept).  wie  schwankend  Goethes  Sprach- 
gebrauch ist.  erhellt  z.  b.  daraus,  dasz  in  demselben  jugend- 
gedicht  {'willkommen  u.  abschied')  neben  einander  steht: 

schon  stund  im  nebelkleid  die  eiche 
wie  ein  gethürmter  riese  da 

d.  junge  Göthk  2,  59  Morris,  und : 

ich  gieng,  du  standst  und  sahst  zur  erden     60. 

auch  bei  Schiller  begegnet  stund  in  den  früJieren  Schriften 
häufig,  doch  ist  stand  von  anfang  an  überwiegend:  wo 
stikt  dann  nun  das  heilige?  etwa  im  aktus  selber  durch 
den  ich  entstund  2,  27  {räuber  i,  i  schausp.) ;  schneebleich 
stunden  alle  179  (5,  l);  desto  besser  verstund  ich  auf 
gold  und  Silber  zu  speisen  3,  401  {kab.  u.  l.  2,  3,  ebenso  2,  7, 
*.  419);  niemand  zeigte  lust,  mit  dem  gefährlichen  kerl 
anzubinden  {dem  sonnenvnrth),  dem  der  teufel  zu  diensten 
stund  4,  80;  dasz  man  nach  seiner  zurückkunft  nicht 
anstund,  ihm  noch  eilf  schiffe  anzuvertrauen  132 ;  wahr- 
scheinlich aber  stund  er  noch  an,  sich  zu  erklären,  weil 
der  schrecken  leicht  ohne  grund  seyn  konnte  176;  die 
regeln  der  gattung  entstunden  aus  ihren  ersten  mustern 
5,  11,  151;  der  zugleich  noch  in  sorge  stund  7,  153;  die 
Strassen  waren  durch  ketten  geschlossen;  wachen  stun- 
den im  hinterhalt  gegen  die  fliehenden  9,  376,  s.  auch 
s.  384;  daneben  z.  b.:  euer  söhn  stand  2,  69  {räuber  2,  2); 
hier,  wo  sie  stehen,  stand  er  tausendmal  150  (4,  4);  ich 
stand  am  eingang  dieses  gewölbes,  mein  söhn  vor  mir 
168  (4,  5)  u.  ö.,  auch  schon  in  den  gedickten  der  'antho- 
logie'  (1782): 

dann  vom  obersten  tron,  dort  wo  Jehovah  stand, 

auf  der  himrael  eine,  auf  die  zertrümmerte 

Sphären  niederzutaumeln  1,  42. 

belege  für  stund  finden  sich  ferner  bei  folgendeti  autoreti: 

Alzire  wird  gespielt,  von  jedem  hochgeschätzt, 
und  auf  dem  zettel  stund:  von  Stfiven  übersetzt 

Rost  verm.  ged.  (1769)  11  {vortp.  1); 

wie  daurt  mich  nicht  der  mund,  Lucindens  schöner  mund, 
der  uns  so  reizend  schien,  eh  er  noch  offen  stund 
WiKLAND  jugendvi.  1,  95  Berl.  ausg.  (nat.  der  dinge  4,  828); 

neben: 
(Moses.)  der,  da  er  uns  beschreibt,  wie  unsre  weit  entstand, 
die  kette  nicht  zerreiszt,  die  sie  an  andre  band 

27  (1,  485;  auch  s.  255,  moral.  br.  5,  90); 

stund  nicht  der  rauschende  bach  selbst 
bey  dir  still  und  schlich  verzögernd  dich  länger  zu  sehen? 

165  (Hermann  2,  378) ; 

sie  stunden  beyde,  wie  ein  mannorbild 

364  {Zemin  u.  Glüh.  422) ; 

Satumia,  die  mit  verschränkten  armen, 
euch  kurz  zuvor  wie  eine  säule  stund  (:  grund) 

werke  10,  183; 
und  sah  auf  einmabi  sich  in  einem  weiten  rund, 
in  dessen  mitt'  ein  dom  von  edler  bauart  stund 

17,  263  (Idrit  6,  16); 
er  nahm,  noch  eh'  er  recht  verstund 
wovon  ich  sprach,  das  wort  mir  aus  dem  mund 

21,  219  {Klelia  u.  Sin.  3,  130); 
fünf  bis  sechs  (palmbäume)  von  gleicher  art  gefunden, 
die  hier  und  da  voll  goldner  trauben  stunden 
23,  54  {dagegen  z.  b.  im  'Agathon':  stand,  vgl.  jedoch  b.  J); 

sinnlos  stund  und  starr  Aneas  vor  der  erscheinung 

Bürger  248'>  {Dido  369); 
feuerroth  ward  mein  gesicht; 
wie  vom  blitz  geschlagen 
stund  ich  da,  und  konnte  nicht 
eine  sylbe  sagen         Miller  ged.  (1783)  s.  230: 

91*  Mr. 


1447 


STEHEN  (I.  B,  3,  c) 


STEHEN  (I,  B,  3,  e-f) 


1448 


in  dem  einen  {schuppen)  stund  die  kutsche  Leipz.  aventurier 
(1756)  1,  29;  ich  bemerkte,  dasz  diese,  wenn  sie  von  ohn- 
gefähr  unter  einem  häufen  stunden,  wenigstens  einen  köpf 
höher  waren,  als  alle  andre  Busch  verm.  krit.  u.  satyr. 
Schriften  (1758)  158;  es  waren  . .  .  sieben  einfache  leuchter, 
die  vermuthlich  im  halben  zirkel  herum  stunden  {die  Jo- 
hannes sah)  Stilling  werke  3,  34;  mein  vater  hatte  in 
Wittenberg  einen  leiblichen  bruder,  der  daselbst  in  einer 
kurfürstlichen  bedienung  stund  Bahrdt  gesch.  s.  Ubens 
1,  153;  wenn  die  sachen  schlecht  stunden  Archenholz 
Engl.u.  Italien  (1785)  1, 1,  254;  das  Schauspiel  war  so  gräsz- 
lich,  dasz  einem  die  haare  zu  berge  stunden  Anton  Wall 
(1783)  s.  d.  erzähler  des  18.  jahrh.  s.  55  Fürst;  und  so  noch: 
ein  satyr,  Anapavomenos  zubenannt,  stund  ebenfalls  im 
rufe  groszer  vortrefflichkeit  H.  Meyer  {geb.  1760)  gesch. 
der  bildenden  künste  (182t)  1,  187. 

rf)  auch  jetzt  noch  scheinen  einige  autoren.  bes.  Schweizer. 
stund  als  regelmüszige  form  zu  gebrauchen:  als  ich  vom 
pferd  eher  fiel  als  stieg,  war  ich  halb  lahm  und  stund 
da  wie  ein  hosendämpfer  Bräker  d.  arme  mann  im 
Tockenb.  67  Recl.  {u.  ö.) ;  doch  stund  es  nicht  allemal 
in  des  schwörenden  willkfthr,  seine  eideshelfer  selbst  zu 
w&hlen  M.  J.  Schmidt  gesch.  der  Deutschen  {Ulm  1778) 
1,  311;  es  wurde  also  bey  den  Römern  zur  regel,  ihre 
beere  aus  den  provinzen  selber,  wo  sie  stunden,  zu  re- 
crutiren  84;  doch  stunden  die  mönche  überhaupt  noch 
in  groszer  achtung  2,  185,  u.  so  noch  l,  39.  40.  353.  474.  3,  114 
tt.  ö.,  doch  auch:  die  Mogolen  .  .  .  vereinigten  sich  hier- 
auf mit  der  Mogolischen  armee,  die  bereits  in  Ungarn 
stand  3,  42;  selbst  in  dem  rath  der  aldermänner  an 
dessen  spitze  Wilckes  stund  wurde  nach  diesen  regeln 
disputirt  Lichtenberg  aphorismen  3,  18;  er  stund  sehr 
früh  auf  nachl.  12;  bey  tisch  hatte  er  allzeit  eine  bou- 
teille  die  so  unter  den  gewöhnlichen  bouteillen  stund 
wie  der  herr  Oberförster  unter  den  gewöhnlichen  men- 
schen 13;  durch  einen  zufall  kam  eine  oefnung  in  das 
schiff  in  der  gegend,  wo  mein  bette  stund  briefe  l,  9 
{vom  17.  aug.  1770) ;  wenige  schritte  unterhalb  der  beu- 
gung  .  .  .  stunden  zwei  häuser  Gotthelf  4,  31  Vetter; 
er  {d.  bauer)  durchging  mit  hochgehobenen  beinen  und 
langen  schritten  das  mächtige  gras,  stund  am  üppigen 
kornacker  still  Uli  d.  knecht  13  Vetter  (2.  cap.);  seine 
lederschuhe  stunden  oft  eine  woche  lang  zum  salben  in 
der  küche  109  (9). 

S-)  sonst  findet  sich  stund  i»/v  19.  jahrh.  noch  oft  als 
poetische  oder  aUerthümliche  form,  bes.  bei  den  Romantikem 
und  ihren  nachfolgem  {vgl.  auch  stunde,  d,  ^  zu  ende) : 

gefühle  wundersel'ger  stunden  —  stunden 

im  herzen  auf  und  mich  bezwangen  —  wangen 

TiECK  1  (Octavian,  1802),  8; 


ja  ich  beschwör'  dich  bei  den  sttszen  wunden, . . . 
die  schmerzlich  blutend  liebreich  ofTen  stunden 


144: 


er  hielt's  pferd,  dasz  es  stund  wie  eine  mauer         207 


Machmud's  macht  ist  umgesunken, 
und  ein  bleiches  schrecken  bindet 
die  noch  in  dem  streite  stunden 


383; 


Ueh)  unterstund  mich,  dich  zu  lieben 

fifed.  (1821)  1,  113; 

ein  kerl,  der  seinen  mann  stund,  und  sich 
für  seinen  Herrn  schlug,  wie  ein  panthertier 

Kleist  1,  273  Schmidt  {Amphitr.  2,  6,  1693) ; 

immer  runder, 
oben  stund  er  .  .  . 
Brbntano  4,  176  (».  brav.  Katperl) ; 

•iehe  da  eins  heidnisch  kOnigs  söhn, 

nach  Ursula  stund  sein  sinn 
Ar.mm  13,  261  {umnderh.  1 :  die  konigrioehter  atu  EngeUand. 
nach  einer  qu.  v.  1625;   vmnderh.  1,  825  Boxberger:  stand); 

stund  ich  auf  hohen  bereen, 
und  eah  wohl  ttber  den  Rhein 

wunder  h.  1, 111  Boxberger; 

da  bat  er  flink  aicb  umgedreht, 
und  wie  e«  stund,  m  annoch  steht 

Chamisso  8,9«  {trag,  getek.); 

«o  ihrem  grabe  kniet'  ich  festgebunden 
«•4  MBkU  Uef  den  blick  ina  todtonreich ; 
som  Unmel  reichte  nicht  meia  blick, 

ee  stunden 
dee  wiederaehen*  bildor  fem  und  bleich 

Umland  ged.  (1864)  IM  {rüekUben); 

Mr. 


und  die  man  da  nicht  gefunden, 

die  waren  geschwommen  zum  Rheine, 

wo  ihre  brüder  stunden 

Rückert  (1882)  1,  71  (d.  Sachsen  bei  Miltenberg; 
zeitged..  1814); 

und  lächelnd  süsz  ein  myrtenreis  sie  pflückte 
vom  myrtenstrauche,  der  am  fenster  stund 

Heine  1,60  Elster  {frtsko-ton.  6); 

wieder  hab'  ich  dich  gesehen, 
und  du  stundest  vor  mir  da 
noch  dieselbe,  wie  ich  damals 
dich  zum  ersten  male  sah 

Hoffmann  v.  Fallbrslbbbn  ^«d.*23; 

ein  teppich  war  gebreitet, 

köstlich  gewirket,  bunt, 

darauf  ein  lustig  essen 

in  blankem  silber  stund      MöaiKS  gtd.*  27 ; 

bald  grüszt  beruhigt  mein  verstummter  mund 
den  schlichten  winkel,  wo  sonst  halb  verwittert 
die  kleine  bank  und  wo  das  hfittchen  stund 

37  {daneben  gewöhnlich  stand); 

sogar  noch: 

und  bis  zum  tod  vergesz  ich  nicht 
des  alten  iUngferchens  gesiebt, 
das  plötzhch  in  der  stuoe  stund, 
ein  wenig  schmerzlich  schien  der  mund 

Bibrbaum  nenbest.  irrg.  der  liebe  163 
{aus  d.  herrgotts-persp.); 

in  mundartlich  gefärbter  dichtung: 

der  Birger  stund  alles  wertes  bar, 

und  vor  schreck  und  grimm  stieg  zu  berge  sein  haar 

Stklzhamer  ausgew.  dicht.  1,  86,  2  Rosegger  (1884). 

so  au^h  zuweilen  in  volksthümlicher  oder  alterthümelnder 
erzählender  prosa:  nun  es  stund  nicht  lange  zeit,  die 
reuter  wurden  dem  guten  Schneider  gram  br.  Grimm 
kinder-  u.  hausmÄrchen  (1812)  1,  78  {von  e.  tapfem  schneider- 
lein; später  d.  text  geändert:  die  kriegsleute  aber  waren 
dem  schneiderlein  aufgesessen  nr.  20);  und  wann  das 
gute  weih  bei  ihren  nachbarn  sasz,  stunden  sie  hinzu, 
und  trieben  gute  schwanke  und  possen  mit  ihnen  Aur- 
bacher volksbüchl.  (1835)  1,  93  {daneben  in  derselben  erz. 
gestand  utid  so  stand  regelm.);  der  Junker  aber,  wenn 
ihm  die  laune  stund,  suchte  mich  dann  beim  trunke 
festzuhalten  Storm  3,  230;  ein  alter  Steinbock  stund  in 
seines  raumes  enge  Scheffel  Ekkeh.  42.  auffälliger: 
gesetzt  auch,  dasz  die  griechische  entwicklung  weit  glück- 
licher war,  ...  so  stund  doch  keineswegs  das  homerische 
Zeitalter  mit  dem  des  Perikles  in  einem  unmittelbaren 
zusammenhange  Platen  354»  {d.  theater  ah  e.  national- 
inst.,  1825);  so  stunden  sie  {d.  darlehne)  denn  und  stun- 
den, und  der  zins  wächst  und  neues  capital  kommt 
hinzu  Gutzkow  ges.  werke  (1872)  1,  147. 

i)  nur  ganz  vereinzelt  und  nxir  in  der  ältesten  zeit 
{US.— 16.  jahrh.)  begegnet  für  stand  die  nebenform  stände 
{und  stahnd),  *.  die  behge  unter  a.  künstlich  erneuert 
in  archaisierender  spraclt«: 

an  dem  kreuz  die  mutter  stände, 

schmerzen  fühlt  sie  vielerhande 

TiECK  6,  481  ('ttabat  m<Uer')\ 

strafend  mir  zu  h&upten  stände 
Theseus.    schlingena  süsze  bände 
trat  Hugdietrich  mir  zum  herzen 

Pbllegrin  dramat.  spiele  194. 

X)  in  einem  niederbayr.  dialektged.  (um  1700)  beg^nei 
die  Schreibung  stendt  (oi*  stint  tu  Uaen.  entUhnung  ou» 
der  achriftspraehe): 

ain&  in  ain  reuten  harr 

stendt  mitten  drunter  in  d&  scharr 

Bayerns  mundarten  1,  225,  42,  vgl.  $.  228. 

/)  die  bildung  des  conj.  praet.  geht  im  aUgemeitten  mit 
der  des  ind.  jtaralUl,  um  erat  auf  d«r  UM»n  att^/k  d«r 
entwicklung  zuriickzubUiben. 

a)  ahd.  ohne  bezeichnung  dea  umlauts.  a.  b.:  daj  ih 
d&nnaa  ges&he  dina  tügend,  undo  dina  guöllichi.  und« 
ih  döro  betdero  eminentiam  stuonde  fernemen  Notkkr 
2,  286,  21  Piper  (pa.  «8,  8) ;  —  mhd.  stUende,  miltrld.  stünde. 
doch  UMcA  bei  oberd.  autortn  im  reime  onfü,  vgl.  oben  b,  ,:i: 
er  fragte  in  TOn  der  kQ(o)nde, 
wies  umben  griU  di  •ia(e)nde 

Pars.  468,  82.  *.  auch  616,  8. 

im  mnd.  fMt  gewöhnlich  iia  umUmtabaaeieknung :  stunde, 
(stünde  daigagen  im  Saehaenap.). 

Mr. 


1449 


STEHEN  (I,  B,  3,  f) 


STEHEN  (I,  B,  3,  f) 


1450 


/?)  im  nhd.  ist  stünde  von  anfang  an  die  herrschende 
form;  doch  begegnen  daneben  im  äUern  nhd.  noch  mannig- 
fache abweichungen .  indem  einerseits  noch  diphthongische 
ausspräche  oder  wenigstens  länge  des  vocals  vorhanden  ist, 
andrerseits  zmoeilen  der  ximlaut  des  u  nicJit  ausgedrückt 
ist  {was  in  dieser  zeit  wohl  nur  als  nachlässige  Schreibung 
zu  beurtheilen  ist)  oder  das  ü  xceiter  zu  i  entrundet  ist. 
(so  haben  z.  b.  die  drucke  Wickrams  neben  geicöhnlichem 
stfind(e)  auch  vereinzelt  stiende,  stände  tmd  stinde,  s. 
unten  cc.  ff.  gg.) 

aa)  vereinzelt  mit  diphthong  ohne  umlaut: 

Grates  der  allt  sprach,    wann  es  jm 

zfl  stund,  wolt  er  mit  heller  stym 

schryen 
Bravt  narremch.  6,51  {neben  stund  f.  31); 

\rie  es  an  dem  crütz  umm  Jesu  unserm  schöpfer  stunde 
der  ewigen  wiszh.  betbüchl.  {Basel  1518)  G 1»;  lässe[s]t  du  dich 
anfechten,  dasz  mir  der  könig  also  auffsätzig  ist,  dieweil 
es  mich  doch  gantz  nichts  jrret,  wie  woltestu  erst  thun, 
wenn  du  (als  ich)  gegen  jhm  stundest?  buch  d.  liebe  247»; 
der  möchte  uns  allezeit  schreiben,  wie  in  Engelland 
stünde  247'*  {offenbar  nur  druckfehler.  wie  lasset,  und  wie 
auf  dieser  seite  und  weiterhin  häufig  ö  für  u,  so  mehr- 
fach für-,  würde ;  sonst  stünde,  z.  b.  2i4»,  s.  unten  C,  2,  m,  d) ; 
gleichwol  wo  villeicht  eine  von  natur  zu  unbändig,  un- 
holdselig, ernsthafft,  unnd  rauch  were,  die  ...  in  keinen 
weg  mit  holdseliger  beywonung  zuerlustigen  und  auff 
anmutiger  weis  zupringen  stünde,  da  mfiszt  es  .  .  .  der 
mann  gedultig  tragen  Fischart  ehezuchtb.  {Straszb.  1597) 
C  3»  {nur  in  dieser  ausg..  sonst  stünde,  icie  auch  sonst 
bei  Fischart,  z.  b.:  könig  Picrochol  aber  meint,  dasz 
jhm  hülff  ausz  der  statt  zustünde  Garg.  s.  425  netidr.). 
bb)  häufiger  mit  umlaut  stüende  im  altern  oberd.: 
obe  ieman  wSre,  der  von  sines  vatter  seien  die  wörheit 
ime  gesagen  künde,  wie  eg  umbe  siu  stüende,  dem  wolte 
er  geben  eine  guote  gäbe  Germ.  3,  419,  24  {eis.  predigten- 
buch,  lö.jahrh.);  {Meridiannä)  ummfieng  Doon  und  fragt 
inn,  wie  es  umm  sine  gsellen  stüend,  insunderheit  umm 
OUiffier.  Doon  sprach,  es  stüend  wol  umm  sy  Morgant 
3.  96,  12/.  Bachmann;  ja  wenn  es  zu  meiner  wal  stüend 
so  wolte  ich  lieber  .  .  .  Schaidenreisser  Odyss.  11*"  {Od. 
2,  232);  item  war  auch,  das  zween  im  recht  gegen  ain- 
ander  stuenden  und  ietweder  thail  bider  lent  brächt  auf 
das  recht  tirol.  tceisth.  4,  217,  12  {abschr.  anf  des  Vi.jahrh.); 

und  ward  dir  mer,  das  stüend  zu  mir 

Osw.  V.  WoLKENSTKiN  115,  36  Schotz; 

stüend  es  als  bi  anfang  der  kilchen, 
ich  {bisefioff)  trüeg  vUlicht  grob  tuch  und  zwilchen 
N.  Manuel  s.  36  Bächtold  (v.  paptt  u.  $. 
priettersch.  131); 

ich  wett  {u-oüte)  e,  dass  mich  gott  sölt  sehenden, 
eb  ich  in  sSlichem  jamer  stüend, 
als  dln  vater  und  m&ter  tuend 

s.  144  {BarhcM  259). 

weniger  deutlich  ist  die  Schreibung: 

wer  unser  pfaJT  nicht,  der  laist  dieb,  * 
ich  glaub,  mein  ee  die  stüend  nocli  wol 

H.  Sachs  faetn.  tp.  1,  152  neudr.  (12, 175). 

cc)  mit  entrundung  stiende  bes.  bei  alemann,  autoren: 
und  also  nent  er  vil  hantwerck,  das  sie  zösamen  stien- 
den  Pauli  schimpf  u.  ernst  «.ISO  Österley;  so  ich  allein 
wissen  möcht,  wie  es  umb  Lewfriden  stiende  Wickram 
2,  360,  32  Bolte  (goldtf.  36);  w&r  wolt  die  puren  leren 
verstau,  w&r  recht  bette  oder  nit!  sy  verstienden  sich 
basz  uff  kü  mälken  Th.  Platter  s.  48  Boos; 

ob  gleich  jr  sinn 
stiend  änderst  hin 
Forster  frUche  t.  liedl.  s.  12  ndr.  (11,  1). 

ganz  vereinzelt  bei  Luther  (?):  wann  den  bapst  der 
teüfel  wegneme  und  ich  stiende  auff  jm,  wurd  ich  war- 
lich übel  steen  10,  3,  214.  20  Weim.  atisg. 

dd)  mit  bezeichnung  der  vocallänge.  aber  ohne  andeu- 
tung  des  uTnlauts: 

ob  du  das  siehst,  und  sagst  gleich  war, 
stuhnd  uns  doch  daranff  kein  gefahr 

H.  Sachs  2,  4,  38«>, 

ipo/ür  die  ausg.  v.  Keller  9,  157,  36  luich  A :  sthünd  hat. 
so  noch  bei  S.  Gessner  {vgl.  b,  6):  aber  wenn  du  holde 
Daphne  einmal  still  styhndest,    und  sagtest:    Menalk! 

Mr. 


ach!  du  singest  schoen!  2,  6i:  {Daphnis  i).  auch  der  junge 
WiEL.\ND  hat  stühnde:  wenn  es  in  ihrer  gewalt  stühnde, 
zu  lieben  oder  nicht  zu  lieben  werke  3,  6,  22  Berl.  ak. 
{Araspes  u.  Panth.  1);  ich  sehe  noch  jezt,  so  lebhaft  als 
ob  jede  scene  vor  mir  stühnde  44,  27  (3). 

ee)  mit  abweichendem  vocal  mittelfränk.:  stoinde,  vgl. 
c.  d,  ö.  dafür  scheint  ganz  vereinzelt  ai  geschrieben  zu 
sein  {wenn  nicht  lese-  oder  druckfehler):  queympt  oych 
also,  dat  uns  ieman  urlogede,  dar  umbe  dat  wir  der 
steede  inde  den  bürgeren  van  Kolne  hulpen  inde  be- 
stainden  {beistünden)  Lacomblet  urkundenb.  f.  d.  gesch. 
des  Niederrh.  2,  nr.  532  {graf  Dietrich  v.  Katzenellenb.  1263). 

ff)  im  nhd.  gewöhnlich  mit  kurzem  vocal,  anfangs  noch 
zuiceilen  ohne  umlautsbezeichnung,  so  z.  b.:  es  ist  auch 
lecherlich  und  kindisch,  das  der  bapst  ausz  solchem 
vorblendten,  vorkereten  grund  sich  rumet  .  .  .,  er  sey  des 
keyszertumbs  ein  ordenlicher  erbe,  so  es  ledig  stunde 
Luther  6,  434,  20  Weim.  ausg.  {an  d.  christl.  adel  s.  38 
neudr.);  so  die  sele  yhnn  eynem  sulchen  standt  were, 
das  yhr  tzü  helffen  stundt,  lyeber  got,  szo  erbarm  dich 
yrer  10,  3,  409,  12;  odder  wenn  ein  konig  odder  fürst  ge- 
recht ein  grossen  landkrieg  anzufahen  .  .  .  und  decht 
odder  rechnet  nicht,  wie  sein  vermügen  stunde,  was 
sein  kamergut  rente  und  einkommen  vermocht  {quid 
possit,  an  aerarium  sufficiat)  18,  612  {übers,  v.  Jonas); 
das  noch  nicht  offenbart  were  der  weg  zur  heiligkeit, 
so  lan^e  die  erste  hütte  stunde  (rar.:  yhren  bestand 
bette;  ezi  tTJg  TCQCüzrjq  axrjvtjg  iyovariq  azäaiv)  Ebr.  9,  8; 
weniger  deuÜich:  und  nach  zweien  jaren  hatte  Pharao 
einen  trawm,  wie  er  stünde  {d.  einzelausg.  des  alt.  test: 
stund,  stunde)  am  wasser,  und  sehe  aus  dem  wasser 
steigen  sieben  schöne  fette  küe  i.  Mos.  41,  l;  vgl.:  mir 
treumete,  ich  stunde  am  ufer  bey  dem  wasser,  und 
sähe  ...  17.  ferner:  mit  wilchem  ich  nye  yn  zweitracht 
kommen,  das  du  auch  selber  kuntest  schuldigen,  oder 
das  ynn  meinem  wissen  stunde?  {offensa  cuius  quidetn 
vel  tu  me  arguas  vel  ipse  conseius  mihi  simf)  Hütten 
2,  182,  22  Böcking;  und  stunde  dir  auch  vil  basz  an, 
wann  du  dich  nach  deinem  vatter  artettest  Wickram 
2,  14,  23  Bolte  {knabensp.  4,  sonst  geicöhnlich  stünde) ;  und 
so  noch:  weil  alles  zulieffe,  zu  sehen,  wie  es  umb  die 
Jungfer  stunde,  fände  ich  den  saal  von  jederman  gantz 
läer  Simpl.  sehr.  3,  350,  29  Kurz  {vögeln,  l,  10)  u.  ö. 

gg)  gelegentlich  geht  auch  hier  das  ü  in  i  über,  so  dasz 
stinde  herauskommt:  wie  weitest  du  erst  thün,  wann 
du  als  ich  gegen  im  stindest?  Wickram  l,  289,  2  Bolte 
{Gabriotto  c.  39); 

als  dem  würt  by  Senis  geschach, 
do  in  sant  Augustinus  sach 
und  frogt  in,  wie  es  umb  in  stynd, 
do  gab  er  im  antwurt  geswynd 

Brant  narremch.23,  rar.  58; 
ich  wolt,  dasz  eyner  lernt  latin  .  .  . 
und  lernet,  was  seynem  ampt  x&  stindt, 
nit  betten  wie  die  iungen  kindt 

Murxer  gchelmenz.  s.  21  nettdr.  (10,  38) ; 

und  nem  keyn  Ion  hie  yederman, 

—  er  mocht  in  dan  mit  eren  han  — : 

so  hett  ich  niemans  hie  har  gstelt, 

und  stind  fiU  basz  in  disser  weit  S7  (14,  40). 

vgl.  auch  die  reime: 

die  Müsse  fragten  wie  es  stund 
xmib  jre  diener  und  gesind 

Casp.  Scheit /röl.  ha'tnfart  C4'»; 
(Eulensp.)  macht  ausz  der  kirchen  sich  geschwindt. 
gott  geb,  wies  in  der  kirchen  stfindt .  .  . 

Fisch  ART  3,  88  Haufen  {Etderup.  1802). 

y)  tcie  der  ind.  praet.  stund  allmählich  durch  die  neti- 
bildung  stand  verdrängt  ist.  so  hat  man  auch  neben 
stünde  einen  conj.  stände  gebildet;  doch  tritt  dieser  nicht 
nur  später  auf,  sondern  er  hat  zicar  im  laufe  des 
19.  jahrh.  ein  gewisses  übergewicht,  aber  dach  nicht  die 
alleinherrschafl  erlangt,  {nach  dieser  analogie  ist  zu- 
weilen sogar  ein  conj.  gänge  für  gienge  gebildet,  s.  gehen 
I,  2,  C,  th.   4,  1,  2381.) 

aa)  von  den  tcörterbüchem  gibt  schon  Stieler  (i69l) 
2127:  conj.  ich  stünde,  et  stände  {ganz  analog  dem  ind.), 
u)id  ebenso  Steinbach  2,  667.  dagegen  kennt  Frisch 
(1741)  2,  326'*  atisschlieszlich :  ich  stünde,  und  so  die  nach 
sten     nachfolger:    ich    stand,    ich    stünde    Gottsched 

Mr. 


1451 


STEHEN  (I,  B,  3,  f) 


STEHEN  (I,  B,  3,  f) 


1452 


sprocÄJfc.*  (1762)  s.  341  {vgl.  dazu  e,  A);  wenn  ich  stünde 
Weitenauer  orthogr.  toörterb.  (1764)  *.  137.  erst  Adelung 
(1780)  gibt  ah  hauptform:  'ich  stände  {im  gemeinen  Üben 
stünde)',  wiederum,  in  genauer  parallele  zum  ind.  vgl. 
noch:  dasz  ich  stünde,  regelmäsziger,  dasz  ich  st&nde 
Braun  orthogr.  gramm.  wb.  (1793)  245*". 

hh)  noch  später  tritt  stünde  in  der  litt.  auf.  hier  ist  der 
älteste  mir  bekannte  beleg:  so  s61tind  beid  stett  .  .  .  mittel 
und  underhandlung  suchen,  dasz  kein  krieg  zwüschent 
jnen  uferstände  Tschudi  (1734)  i,  138*>.  sonst  scheinen  die 
autoren  der  ersten  hälfte  des  18.  jahrh.  noch  durchgängig 
stünde  zu  haben,  so  Koenig  {geb.  1688),  Günther  (i695), 
die  Neuberin  (1697),  Gottsched  (1700),  Liscow  (170i), 
Gellert  (1716,  bei  beiden  mehrfach  belegt),  Klopstock 
(1724),  Denis  und  noch  als  letzter  Lessing  (i729),  von 
dem  eine  grosze  anzahl  von  belegen  zu  geböte  steht,  da- 
gegen hat  Nicolai  (1733)  beides  neben  einatider:  er  ver- 
spreche ihm,  wenn  er  wieder  nach  hause  zurückkommen 
wolle,  dasz  er  die  erste  gute  Versorgung,  die  in  seiner 
macht  stünde,  haben  solle  Seb.  Nothanher  l  (1773)  153;  so 
konnte  sie  es  nicht  genug  bewundern,  wie  natürlich  der 
schäferhabit  dem  kleinen  pastorsohne  stSnde  195.  durch- 
gängig scheint  zuerst  Wieland  (1733)  stände  zu  gebrau- 
chen; wenigstens  bieten  die  belege  aus  der  gesammtausg. 
(1794 Jf.)  ausschlieszlich  diese  form,,  z.  b. :  indessen  gesteht 
er  {Epikur)  doch,  dass  ein  weiser  mann,  wenn  es  bey 
ihm  stände,  lieber  nicht  gebraten  werden  wollte  l,  78 
{Ag.  1,  anm.  l);  wenn  diess  nicht  zu  hoffen  stände  20, 
135  {Abder.  4,  12); 

er  .  .  .  mahlte  sie  als  ob  sie  vor  ihm  ständen ; 
sprach  so  entzückt  von  ihren  lilienhänden  .  .  . 

21,  219  {Kiel.  u.  Sin.  3,  132). 

{in  seiner  frühzeit  daneben  stühnde,  s.  ß,  dd.)  doch 
bleibt  auch  weiterhin  stünde  übertciegend :  allein  es 
war,  als  ob  das  brandmahl  der  ächtung  mir  auf  der 
stirne  stünde  Pfeffel  pros.  vers.  l  (1810),  195;  ich  musz 
wirklich  {lachen),  und  wenn  das  leben  darauf  stünde 
Kretschmann  werke  3,  135  {d.  famil.  Eichenkron  3,  5); 
würden  sie  wohl,  wenn  ein  gewitter  über  ihrem  gute 
stünde,  .  .  .  diese  zeit  für  schicklich  halten,  um  ein  con- 
cert  zu  geben?  5,  94;  sein  rath  war,  ich  sollte  mich  ver- 
gleichen; weil  .  .  .  meine  sachen  sehr  schlimm  stünden 
Gottl.  Stephanie  sämtl.  luatsp.  {Wien  I77i)  209;  so  habe 
ich  leute  gekannt,  deren  gewissen  so  zart  war  dasz  sie 
nicht  glauben  weiten  die  sonne  stünde  stille  Lichten- 
berg aphorismen  8,  152;  stünde  mir  die  versification  eines 
Jacobi  zu  geböte,  .  .  .  freilich  da  wäre  es  anders!  Her- 
der 17,  40  Suplian  {human,  br.  8);  {Hantiah:)  {trinkt)  es 
.  .  .  riecht  so  schön  I  ...  als  ob  man  vor  meiner  jungen 
herrschaft  nachtisch  stünde  Fr.  L.  Schroeder  dram. 
werke  (1831)  1,  13  {heiml.  heirat  2,  l) ; 

und  dennoch:  stünde  gleich  die  wähl 
in  meiner  macht :  zum  zweiten  mal 
würd  ich  wohl  nach  Berlin  nicht  reisen 

GoEKiNGK  ged.  2,  81. 

dagegen:  dennoch,  stände  mir  nicht  Amandchens  zeug- 
nisz  für  die  Wahrheit,  würde  ich  nimmermehr  geglaubt 
haben,  dasz  es  auf  deutschem  bodcn  eine  fürstenburg 
gäbe,  wo  ein  so  veraltetes  possenspiel  noch  gesetzliche 
kraft  habe  ThCmmel  reise  8,  508.  beides  neben  einander: 
ja,  stfind'  es  nur  bei  mir,  so  würd'  ich  den  allgemeinen 
frieden  stAren  Bürger  808»  {Macb.  4,  6); 

und  stilnde  noch  etwa  das  vorige  Troa; 
Uetz'  auch  Troa  jetzt  durch  wogen  und  stürm 
sich  erreichen  I 

249»  {Dido  847). 

ec)  bei  GÖTHE  itt  stünde  durchaus  die  herrschende 
form,  {dafür  einmal  die  Schreibung:  ich  meynte  aber 
es  stQndte  noch  mehr  im  briefe  br.  l,  119,  22,  vom  16.  oct. 
1767.)  nur  ganz  vereinzelt  kommt  später  stände  vor:  ein 
vertrackter  kerl  der  Schnaps  I  .  .  .  wenn  er  nur  mit 
üdrgen  besser  stände!  14,  262  {bürgergen.  6); 

die  kOprcben  hoben  sich  empor, 
die  blfcUerstengel  im  grünen  flor  .  .  . 
sJs  ■tindoi  sie  noch  auf  muttcrgnind 

47,  7»  \e.  gleUknlu). 

ebmtto  iH  dat  vtrIUUtmn  bei  Schiller,  wo  den  »t  vor- 
litgmitn  bdtgtn  für  stünde  nur  s  für  stände  gegmiA«r- 
»Uhm!   fib  da  acht!  —  und  wenn  du  aus  jedem  ast- 

Mr. 


loch  ein  äuge  strektest,  und  vor  jedem  blutstropfen 
schildwache  ständest,  er  wird  sie,  dir  auf  der  nase,  be- 
schwazen  8,  857  {kab.  u.  l.  l,  i); 

ihr  Schreiber  Karl,  stand'  er  ihr  gegenüber 

12,  440  (Mar.  Stuart  1,  8; 
gleich  darauf,  in  derselben  scene: 

wohl  stUnd's  zu  ändern,  meint  die  kOnigin, 
wenn  sie  nur  aufmerksam 're  diener  hätte    «.  448, 

wo  das  Leipz.  theatermantiscr.  liest:  ständ's).  spätere 
ausgaben  führen  theiltceise  das  ä  ein,  z.  b. :  ich  sollte  den 
prinzen  schritte  thun  sehen,  .  .  .  die  anter  seiner  würde 
sind,  es  stünde  in  meiner  macht  sie  ihm  zu  ersparen, 
und  ich  sollte  mich  leidend  dabei  verhalten?  Schiller 
4,  314  {geisters.  2,  6;  die  ausg.  v.  1792  an:  stände);  vgl. 
auch : 

er  hätt'  sich  weisen  lassen,  oder  du 

—  du  stündest  nicht  mehr  lebend  mir  zur  seitel 

12,  187  {Piccolom.  5,  1), 

wo  Sanders  8,  lias*  nach  der  einband,  ausg.  (1840)  357'» 
citirt:  ständest. 

dd)  auch  von  ihren  Zeitgenossen  und  nachfolgem  haben 
noch  die  meisten  stünde:  seine  {Hahns)  werke  stünden 
schon  in  der  reihe  unsrer  guten  dichter,  wenn  ihn  nicht 
ein  zu  hohes  ideal  ...  an  ausführung  der  erhabensten, 
dichterischsten  ideen  verhindert  hätten  J.  M.  Miller  ged. 
(1783)  s.  37;  ein  schöneres  emplacement  an  sich  gibt  es 
nicht,  wenn  es  nur  nicht  so  in  den  engen  gassen  stünde 
G.  Forster  sehr.  8,  213  {br.  vom  14.  aug.  1792);  die  kerls 
schmauchten  tobak.  das  war  dir  ein  qualm,  als  wenn 
der  ganze  berg  in  feuer  stünde  Schink  marionettenth. 
(1778)  187;  wenn  es  sich  so  verhielte  wie  sie  {d.  poesie) 
sagt,  so  stünde  es  schlimm  um  meine  sache  Athenäum 
1  (1798),  23  (A.  W.  Schlegel);  sonst  stünde  es  schlimm 
um  mich  2,  4  (Fr.  Schlegel);  es  war  mir,  als  stünde 
ich  hinter  der  glasthüre  deines  kleinen  zimmers  Cha- 
Misso  4,  249  {Pet.  SchlemiM  2);  um  aber  zu  thun,  was  in 
seinen  kräften  stünde,  schlüge  er  mir  eine  andere  Station 
vor  PüCKLEH-MuSKAU  bricfw.  u.  tageb.  2,  3; 

aber  zum  brautschmuck 
stünden  ein  feineres  hemd  und  seidene 
Strümpfe  nicht  unrecht 

Voss  1,  137  (L«j«e  3,  159); 

waim  der  frohe  puls  so  plötzlich  stünde 

Hölderlin  1,  55  Littmann; 

es  ist  die  schmucke  jägerachaar 
der  jungen  tapfem  Preuszen  .  .  . 
o  stund'  ich  unter  ihnen 

ScHENKENOORF  gcd.  (1815)  44; 

o  dasz  ich  stund'  auf  einem  hohen  thurme 

RücKERT  (1882)  1,  7  (geham.  ton.  S); 

dasz  ihr  neulebend  stündet,  oder  trunken 

ganz  niedertaumeltet  mit  todter  stirne!  10(7); 

ach  dasz  ihn  Blankflor  selbst  nicht  fliegen  sah! 
sie  stünde  dann  nicht  so  versenkt  in  trauer 

3,  177  (Flor  u.  Blankß.  8). 

dagegen  haben  stände:  ich  meyne  selbst,  wir  wären  in 
einem  wirthshaus,  wo  die  alte  zeche  noch  zu  bezahlen 
stände  Babo  schausp.  (1798)  s.  16  {Otto  v.  Wittelsb.  l); 
sogar  des  grosz-  und  ur-groszvaters  {würde  gedacht),  so 
weit  hinauf  nachrichten  zu  haben  ständen  J.  Paul  64, 
152  {leben  Fibels  c.  22);  ich  versammelte  die  acht  vo^ 
gesetzten  der  klasscn ,  stellte  ihnen  lebhaft  die  an- 
maszung  der  mitschüler  vor,  und  wie  es  in  unserer  ge- 
walt  stände,  sie  zu  demUthigcn  Steffens  was  ich  er- 
lebte (1840)  1,  119;  eine  Ungerechtigkeit  im  feenmärchen 
erzürnt  mich  eben  so  als  wenn  sie  für  gewiss  in  der 
Zeitung  stand  Bettina  dies  buch  gehört  d.  könig  (1848) 
1,  1*7; 

der  Brieat  steht  eeineiii  mann.  stAnd'  auch  wohl  sweien 
FouQUi  dramat.  dicht.  (1818)  806  (heiwtk. 
d(t  ffr.  kur/.  «); 

o,  wertbe  einheit,  biet  du  eins  — 
wer  stände  dann  des  beirgenscheine, 
des  kransea  würdiger  als  du, 
Msegnete,  auf  deutachem  grund  t 
A.  V.  DaosTi-HOLSHOFF  1,  58  (d.  »ladt  u.  d.  dorn). 

beide»  neben  einander:  vor  kurzem  war  einer  der  hOf- 
linge  des  Herzogs  hier,  der  mir  nicht  genug  erzählen 
konnte,  wie  du  mit  dem  herzog  und  allen  grossen  stün- 
dest Klinoer  1,  89  {neillinge  i,  ü);  einen  mann  .  .  .,  wel- 

Mr. 


il 


1453 


STEHEN  (I,  B,  3,  f) 


STEHEN  (I,  B,  3,  f-g) 


1454 


eher  nun  auf  dem  punkt  stände,  Italien  von  dem  joche 
der  Spanier  zu  befreyen  4,  253  (Raphael  de  Aqu.  5,  2) ;  die 
jungens  faselten  um  sie  herum,  dachten  wunder,  wie 
hoch  sie  ständen  d.  leidende  treib  8,  3,  8.  Lenz  1,  183; 
aber  am  6.  mal  ergieng  in  Berlin  .  .  .  ein  befehl,  als 
wenn  es  nicht  gut  stünde  Hebel  3,  46;  wenn  auf  der 
sonne  eine  grosze  scharf  geladene  kanone  stünde  ...  154; 
die  erde  .  .  .  bewegte  sich  wagrecht  in  einer  vollkommen 
runden  zirkellinie  um  die  sonne,  also,  dasz  die  sonne 
lenau  im  mittelpunkt  des  zirkelkreises  stände  159;  er 
i.  landmann)  wäre  glücklicher,  als  die  erde  beglücken 
kann,  wenn  er  .  .  .  nur  mit  seinem  gott  in  unmittel- 
barer Verbindung  stände  207;  es  war,  als  ständen  fremde 
männer  um  mein  bett,  die  mir  mit  fürchterlichen  ge- 
siebtem den  Zugang  versperrten  Tieck  2,  308  {abschied 
■2,  2);  nach  deiner  art  zu  leben  .  .  .  dacht'  ich,  welche 
goldgruben  dir  zu  geböte  ständen  3,  93  {Fortunat  l.  th.. 
2.  4);  daneben  im  reim  (viell.  alte.rthümelnd): 

der  löwe  nicht  von  ihrer  seile  wich,  .  .  . 
den  groszen  köpf  gerichtet  nach  dem  kinde, 
als  wenn  zu  diesem  sein  verlangen  stünde 

1.  145; 
ich  sag'  dir  eher,  was  zn  fürchten  stände, 
als  was  ich  fürchte 

A.  W.  .Schlegel  Shahetp.  (1797)  2,  21 
lausg.  V.  1825 #.  5,  116;  Jul.  Cäs.  1,  2); 

leicht  flucht'  ich  eine  wintemacht  hinweg, 
stund'  ich  schon  nackt  auf  eines  berges  gipfel 

8,  108  (2,  228;  Heinr.  VI.,  2.  tfi.,  3,  2); 

bald  spricht  er,  als  ob  herzog  Humphrey's  geist 
zur  seit'  ihm  stände  110  (229) ; 

hier  stünde  nicht,  dasz  man's  mit  fingern  läse, 
mit  groszem,  goldgegrabnen  zug  ein  A? 

Kleist  1,  252  E.  Schmidt  {Amphitr.  2,  4); 

gedankenvoll,  auf  einen  augenblick, 

sieht  sie  in  unsre  schar,  von  ausdruck  leer, 

als  ob  in  stein  gehaun  wir  vor  ihr  ständen 

2,  23  {Penthea.  1,  v.  65); 
dem  Hades 
stand*  ich  im  kämpf  um  sie,  vielmehr  denn  dir ! 

90  (12,  1470) ; 

denn  setzt  einmal,  ihr  herm,  ihr  stündet  .  .  . 
dem  Varus  kampfverbunden  gegenüber 

333  {HermannsscM.  1,  3,  245); 

kommt  her  und  sprecht:  Marbod  und  Hermann 
verständen  heimlich  sich,  in  dieser  fehde, 
und  so  wie  der  im  antlitz  mir, 
so  stände  der  mir  schon  im  rücken 

422  (5,  6,  2015—8) ; 
frauen  stünde,  gelehrt  sein,  nicht? 

4,  23  {epigr.  5) ; 

ihr  herren,  wenn  ich  das  sagen  könnte,  so  begriffen  es 
diese  fünf  sinne,  und  so  stand'  ich  nicht  vor  euch  und 
klagte  auf  alle,  mir  unbegreiflichen,  greuel  der  höUe 
2,  184  {Käthchen  1,  l);  diesmal,  herr  amtmann,  schweige 
ich  nicht,  und  wenn  der  köpf  drauf  stünde!  Iffland 
Jäger  4,  5;  so  wollte  ich,  dasz  es  um  euch  kinder  auch 
stände !  10  {in  den  theatr.  werken,  1844,  1,  112  und  119  beide- 
mal: stände);  ich  habe  daheim  nur  eine  'einzige  frau, 
und  die  ist  mir  schon  zuviel:  wenn  ich  nach  haus 
komme,  so  ist  mir  nicht  anders  als  ob  in  jedem  winkel 
eine  stände  Grimm  märchen  s.  32  {nr.  7);  {der)  erklärte 
damit  weniger  als  nichts,  weil  das  worauf  zurück 
geschoben  wird,  stände  es  irgend  zu  erlangen,  noch  lauter 
nach  erklärung  schriee  J.  Grimm  kl.  sehr,  i,  299  {üb.  d. 
urtpr.  der  »prache  1851) ;  weim  ihnen  nicht  eine  haupt- 
schwierigkeit  im  wege  stünde  a.  th.  l,  XXIX  {vomj.  1854); 
dasz  meine  bibliothek  zu  kauf  stände,  war  wol  in  öffent- 
lichen blättern  angezeigt  Hoffmann  v.  Fallersleben 
leben  4,  305; 

sie  weisz  es  nicht,  wie  ich  mich  wiege 

in  träumen  von  ihr,  .  .  . 

und  stehen  bleibe  vor  jeder  rose, 

als  stund'  ich  vor  ihr  ged.*  79. 

ee)  im  laufe  des  19.  jahrh.  verschiebt  »ich  das  Verhältnis! 
allmählich  etxcas  zugunsten  von  stände,  doch  begegnen 
auch  unter  den  nach  1800  geborenen  autoren  noch  manche, 
die,  wie  es  scheint,  regdmäszig  stünde  sagen,  so  bes. 
MÖRIKB  {der  auch  noch  den  ind.  stund  hat,  s.  e,  9^) :  es 
war,  als  stünde  wie  durch  zauberwerk  ein  alter  träum 
lebendig  verkörpert  vor  meinen  schwindelnden  äugen 
3,  17  (maier  Holten  l); 

Mr. 


ach,  stünden  deine  träume  für  mich  offen, 
du  winktest  wohl  auch  w^achend  mich  herbei '. 

flred.«49: 

im  sommer  stund'  ich  gern  da  draus 
bisweilen  auf  dem  taubenhaus 

205  (d.  alte  turmhahn). 

dagegen  hat  Hebbel  übenciegend,  doch  nicht  ausschliesz- 
lidi,  stände:  im  vorübergehen  kam  es  mir  vor,  als  ob 
nachbars  Bärbchen  am  fenster  stände  2,  17,  12  Werner 
{Maria  Magd.  1,  4) ;  mir  ist,  als  war'  ich  auf  einmal  tau- 
send jähr  alt  geworden,  und  nun  stünde  die  zeit  über 
mir  still  49,  18  (2,  5) ;  ihr  beide  trätet  ihm  dann  band  in 
band  entgegen,  ich  aber  stände  segnend  hinter  euch 
3,  163,  32  {Agnes  Bern.  2,  3) ;  mir  war,  als  stand'  ich  vor 
meinem  grabe  8,  175.  besonders  hält  die  dichtung  an 
stünde  fest: 

was  sonst  in  ehren  stände, 

nun  ist  es  worden  sünde 

Stürm  1,  31  bezw.  8,  196  {ged.  12); 

er  .  .  .  sieht  sich  unter  den  dirnen  um,  als  wenn  sie 
nur  alle  so  für  ihn  zu  kauf  stünden  3,  96;  dasz  die  leute 
darüber  munkeln,  dasz  sie  ein  verhältnisz  mit  meiner 
tochter  hätten,  und  dasz  sie  ihnen  modeil  stünde  Seidel 
2  {vorstadtgesch.),  129;  mein  papa  .  .  .  schreibt  mir  so  bei- 
läufig, ob  es  denn  mit  Domburg  faul  stünde  daheim 
31,  271»;  wie  reichlich  das  feld  bestellt  sei,  und  wie  gut 
die  fruchte  stünden  W.  v.  Polen  z  d.  Grabenhäger  i,  63.  da- 
gegen scheint  stände  bes.  in  wissenschaßi.  prosa  zu  herr- 
sdien:  es  stände  wohl  um  die  Staaten,  wenn  die  besitz- 
losen massen  ihnen  keine  andre  gefabr  bereiteten  als 
wie  sie  auch  droht  von  baren  und  wollen  Mommsen 
röm.  gesch.^  2,  79;  zum  gröszten  Unglück  ist .  .  .  kein  ein- 
ziger dichter  unter  ihnen  {d.  romantikem),  dem  die  me- 
lodische musik  der  spräche  wahrhaft  zu  gebot  stände 
Hettner  d.  romant.  schule  60;  stände  sein  persönliches 
leben  im  einklang  mit  der  höhe  seines  geistes,  so  würde 
er  {Machiavelli)  der  gröszte  mann  seiner  zeit  heiszen 
neben  Michelangelo  Grimm  Michelangelo^  l,  63;  was  würde 
aus  deinen  kindern,  wenn  ich  nicht  zu  gevatter  bei 
ihnen  stände  M.  v.Ebner-Eschenbach  1,177.  doch  findet 
sich  auch  bei  dichtem  der  neuesten  zeit  noch  unmittelbares 
nebeneinander  beider  formen:  etwas  war  doch  geblieben, 
eine  mir  ungewohnte  freude  daran,  den  tag  zu  begirmen, 
als  stände  etwas  angenehmes  bevor  Keyserling  bunte 
herzen  181;  es  war,  als  verstünde  sich  xmser  schweigen 
189;  wenn  das  jetzt  nicht  hier  stünde,  so  wäre  es  für 
mich  fort  220;  licht  und  schatten  wechselten,  als  stünde 
dort  oben  eine  mit  dem  erlöschen  kämpfende  flamme  246. 
g)  sehr  auffällig  sind  eine  reihe  voji  belegen  atts  Hans 
Sachs,  tcobei  der  schlieszende  nasal  abgefallen  ist,  theil- 
uwise  mit  dehnung  des  vocals.  diese  formen  stehen  aus- 
schlieszlich  im  reime,  sie  überraschen  um  so  mehr,  da 
zuweilen  die  getcöhnliche  form  unmittelbar  daneben  steht: 

in  dieser  nacht,  so  hat  die  fraw 
erdrucket  jhren  jungen  sun, 
daonach  sie  in  der  nacht  auffstun 

1,  57*>  (1,  243  Keller:  urieyl  Salomonit) ; 

der  (geniut)  füret  mich  also 

inn  einen  schönen  sal  .  .  . 

mitten  darinn  da  stöhn 

ein  wolgezierter  thron, 

auff  dem  ein  köngin  sasz 

2,  1,  l'>  (6,22,  3:  ston); 
so  namb  sie  mir  von  meiner  seiften 
mein  lebendigen  son  von  weilten 
an  jren  arm  und  schlich  darvon. 
als  ich  nun  frSe  vor  tag  auff  ston, 
den  meinen  jungen  son  zu  seugen, 
wolt  sich  kein  let>en  an  jm  eigen  (zeigen) 
26*  (123,  20,  judic.  Salom.  3;  kurz  vorher:  sie  stund  auff); 

die  köngin  aber  wol  verstahn 
und  forchl  jres  bruders  betrug 
und  stuhnd  in  grossen  ängsten  gnug 

2,  3,  116 •>  (8,  442,  4,  vgl.  oben  b,  (J); 
da  ich  jr  lang  wartet  und  slahn, 
da  kam  ein  grosser  durst  mich  an 

3,  2,  214"  (gleich  darauf:  stand,  t.  e,  d); 
an  dem  (briej)  stund  gemalt  ein  hohes  hausz, 
daran  reckt  an  einr  stangen  rausz 
ein  junckfraw  einen  jün^eling, 
welcher  in  einem  korbe  hieng, 
mit  schönen  kleidem  angethan. 
in  dem  korb  er  stoltzmUtig  st  an 

ö,  396«  =  21,  259,  3—9  Goetze; 

Mr. 


1455  STEHEN  (I,  B,  3,  g-i) 

ob  seinem  haupt  ein  zeftel  stan, 

da  stund  ein  solche  schrillt  daran         H/-; 

dar  gegen  ein  uralter  mann 
auch  an  dem  briefT  gemalet  stan 

260,  16(396^); 
vor  dem  gemalten  briefT  ich  stan 
und  schawet  den  mit  fleisse  an 

29  (daneben  im  versinnem  stets:  stund); 

got  in  (David)  auch  wol  befrid 

vor  seynem  aygen  sune, 

dem  schönen  Absolon, 

der  nach  seim  leben  stune  82,  95,  Si. 

h)  noch  seltner  sind  formen,  die  auch  den  nasal  nicht 
Jtaben  und  offenbar  von  dem  kurzen  stamme  stä-  ausgehen, 
sie  begegnen  im  altern  alem.,  ganz  vereinzelte  versuche 
einer  neubildung,  die  keinen  erfolg  gehabt  haben,  ganz  ana- 
log dem  häufigen  gie  zu  gän  (».  gehen  I,  5,  c,  th.  4,  l,  2390/.) 
ist  stie  in  dem  sldgertüechlin  des  Sdncaben  Hermann 
V.  Sachsenheim: 

(.Bethlehem)  da  Crist  sin  dyadem 

in  eyner  kripfT  empfle, 

da  by  ein  esel  stie 

«.  Altrwert  831,  2  Holland-Keüer. 

vgl.  gehen  I,  2,  c.  th.  i,  l,  2381.  (Martin  anz.f.  d.  alterth. 
14,  286/.  erklärt  stie  als  Schreibfehler  für  gie,  getcisz  mit 
unrecht.)  einen  ziceiten  beleg  verdanke  ich  einer  freundl. 
mitth.  des  herrn  dr.  J.  Lochner: 

darnach  gieng  er  zfi  dem  bet 

da  sin  wib  jnne  lag. 

er  winst  ir  ain  sälgen  gfiten  tag, 

und  do  er  also  vor  ir  stie, 

von  rechter  boshait  tanckt  sy  im  nie 

cod.  germ.  Man.  568,  «.  245»  (15.  jÄ., 
ged.  des  Schweizers  Georg  Zobel). 

—  ganz  für  sich  steht  stoü  in  dem  schuldbuch  des 
Baselers  Ludwig  Kilchmann  (1484 — 1518):  in  dissem  jor 
(1506)  stoü  ein  kommet  am  himmel,  alsz  ein  groszy  rotten 
Basl.  chron.  6,  448,  5. 

i)  das  prät.  in  den  lebenden  hd.  mimdarten. 

a)  der  ind.  ist  im  oberd.  im  ganzen  aufgegeben  und 
durch  das  umschriebene  prät.  ersetzt,  nur  vereinzelt  wird 
er  verzeichnet:  (schuxiz.  stuond,  -ost  u.s.w.,  s.  Frommann 
8,807,  17;)  oberöst.  i  stund  Frommann  2,  93,  51;  cimbr. 
ich  stin.  dagegen  ist  er  im  mitteldeutschen  bewahrt  und 
zumeist  in  der  alten  form  stunt  beztc.  deren  weiterenticick- 
lungen :  hess.  stund,  luxemb.  ech  stöng  {und  Stung),  ripuar. 
Stent,  köln.  StuiTt ;  thür.  stund,  in  Stiege  schtunt,  schtun', 
in  Buhla  stün  od.  stunn,  in  Altenburg  stong;  in  Leipzig 
stand,  im  Erzgeb.  §ton  {s.  d.  belege  unter  C,  1,  c).  ver- 
einzelt ist  das  schriftdeutsche  eingedrungen,  so  vogtl.  gdand 
neben  gdund  Gerbet  §  25,  4,  a;  während  das  oberhess.  den 
merktcürdigen  Wechsel:  sing,  schdann,  pl.  schdänne  auf- 
weist, t.  oben  e.  y.  zuweilen  scheint  dazu  umlaut  ein- 
gedrungen zu  sein:  henneb.  stän,  stinn  (stunn),  aber  ver- 
stunn  Spiess  *.  63  (— ?);  schles.  stund,  stand,  stind,  pl. 
stäjidn,  stindn  Wein  hold  dialektf.  s.  124. 

ß)  der  conj.  praet.  ist  auch  im  oberd.  erhalten,  ueisi 
aber  hier  mancherlei  entstellungen  und  neubildungen  auf, 
während  er  im  mitteld.  gewöhnlich  die  lautgesetzliche  form 
bewahrt,  in  dieser  ist  er  bezeugt:  Schweiz,  (stüond,  -ist 
Frommann  3,  207,  17,)  in  Visperterminen  Stiaij,  in  Kerenz 
Stiänd,  in  Appenzell  u.  Aargau  stiend  (und  stuend),  in  Basel 
sUend,  stieng;  eis.  ätieij,;  vogtl.  idind,  loOir.  in  Dieden- 
hofen  Stiij,  luaxmb.  Steng,  rip.  SLoöt,  köln.  Stynt;  thür., 
in  Buhla  stSn  od.  stünn.  —  oberd.  zuweilen  ohne  um- 
laut: Schweiz,  stuend,  s.  oben,  ebenso  bair.  stuend,  stUend, 
kämt,  stuend.  —  duneben  ist  vielfach  schriftdeutsches  ä 
eingedrungen:  appenz.  stand,  (neb.  stiend,  stuend),  eis.  §tAi^ 
itai^  itCij;  bair.  stand  (vgl.  oben),  i  st&nd,  ebenso  in  Jmst 
itand ;  vogtl.  (fidind  und)  it«nd  Gerbet  §  25,  4,  a.  (hierher 
eimbr.  ich  atdnne?) 

y)  daneben  kommen  im  oberd.  aekwaehe  bildungen  auf: 
Schweiz,  vereinzelt  in  Visperterminen  Stfttl  {neben  Stioi^) 
El.  Wipp  §  ss»;  bair.  at^et,  stehot,  t^röst.  i  stCot  {ind. 
stand)  Prommann  *,  98,  61 ;  kämt.  ste»t  und  st&ndet 
LsxER  840.  tuweilen  noch  auffälligere  formen  {iheilw. 
von  der  basis  stend-  ausgehend,  ».  B,  1,  h) :  achwäb.  itSKnd 
od.  MaA  Proumann  *,  118;  in  Nürnberg  itenat  Gbb- 
HAROT  §  SM ;  ebenso  vogtl.  itnnad  Obrbkt  §  86,  4,  e  {neben 
idind,  id»nd.  «.  oben);  in  Handsehuhtheim  iteei^t  Lenz 
«•;  M»  Oottsehse  itean(n)ait,  iteai^ait  Tsciiinkel  §  816. 

Mr. 


STEHEN  (I,  B,  i,  a-d) 


1456 


4)  das  pari,  perf  fehlt  im  got. ,  wie  bei  allen  intran- 
sitiven von  durativer  actionsart,  s.  Gering  zeitschr.  f.  d. 
phil.  6,  301.  Martin  am.  f.  d.  alterth.  u  {zeitschr.  3i), 
286.  Streitberg  got.  gratnm.*  %  324,  anm.  es  kann  dem- 
nach auch  im  urgerm.  noch  nicht  vorhanden  gewesen 
sein,  dazu  stimmt  es,  dasz  die  andern  germ.  sprachen  in 
der  bildung  verschiedene  wege  einschlagen  und  dasz  die 
form  in  den  älteren  sprachstufen  bei  dem  einfachen  verb 
vergleichsiceise  selten  begegnet. 

a)  das  altn.  legt  die  Stammform  des  praet.  zugrunde: 
sta|)enn.  so  noch  neunorw.:  stadet,  stade,  stae  {daneben 
stide,  stee,  doch  auch  stände,  stende,  stunde)  s.  Aasen 
744». 

b)  im  ostn.  ist  diese  bildung  früh  schon  einer  andern 
geiciclien,  die  das  nd  des  präsensstammes  übernimmt,  so 
schon  altschiced.  standin,  woneben  staj)in  nur  noch  in  der 
bedeutung  'ertappt'  erhalten  geblieben  ist,  s.  Noreen  alt- 
schwed.  gramm.  %  540,  3.  dazu  das  ältere  dän.  supinum 
standet.  —  im  westgerm.  ist  von  anfang  an  nur  diese 
bildung  üblich:  altengl.  stonden,  mittelengl.  standen,  ston- 
den;  altfries.  (e)stenden,  dazu  neuwestfries.  stinin  (stOnn), 
saterl.  st6n,  nordfrk.  stinn,  auf  den  inseln  staenn,  helgol. 
stynn;  alts.  (a)standan;  ahd.  bi-,  ir-,  furstantan,  -standen, 
mhd.  gestanden,  -ten. 

c)  das  allmähliche  Umsichgreifen  der  kürzeren  Stammform 
im  praes.  hat  dann  im  deutschen  auch  eine  weitere  neu- 
bildung im  part.  nach  sich  gezogen;  zum  inf.  stftn  bildet 
man  gestän.  diese  scheint  vom  nd.  auszugehen,  wo  sie 
schon  in  m,nd.  zeit  alleinherrschend  getcorden  ist:  g(h)e- 
sta(e)n.  auch  die  neund.  mundarten  kennen  ausschliesz- 
lich  (e)stän,  staan,  stän.  dagegen  sind  im  mnl.  ghestan- 
den  und  ghestaen  gleich  häufig  Franck  mnl.  gr.^  %  144. 
auch  in  die  ostnord.  sprachen  ist  diese  bildung  in  neuerer 
zeit  eingedrungen:  dän.  staaet. 

d)  auch  die  mhd.  dichtung  gebraucht  die  form  gestän 
häufig,  und  ztoar  sowohl  das  volksepos  {Nib.,  klage,  Biterolf. 
Dietrichs  fiucht  u.  s.  w)  wie  die  höfische  dichtung.  vgl. 
mhd.  tcb.  2,  2,  568».  Weinhold  bair.  gr.  s.  282.  Zwierzina 
zeitschr.  f.  d.  alterth.  45,  57.  Singer  mhd.  schriftspr.  s.  18, 
anm.  44  und  s.  20  {entsprechendes  gegän  s.  gehen  I,  5,  a, 
th.  4,  1,  2389).     insbesondere  ist  zu  beobachten: 

a)  die  form  wird  mit  Vorliebe  im  reim  verwendet,  z.  b. ; 

d6  wolden  zuo  der  kirchen         Guntheres  man: 
si  warn  von  den  betten  algellche  gestAn 

Nib.  1789,  4; 
ich  solle  dir  wider  sin  gestän, 
dins  willen  nit  verhengt  han 

Heinr.  V.  Neustadt  i/>.  265  Singer. 

(Eilhart  hat  im  reim  nur  (ge)st&n ,  dagegen  Heinr.  v. 
Veldeke  gestanden,  s.  Gierach  s.  189.) 

ß)  obwohl  die  form  gerade  in  bair.-österr.  denkmälern 
zahlreich  belegt  ist,  uxist  sie  doch  durchgehends  den  vocal 
fi,  auf  {nicht  6),  ein  beweis,  dasz  sie  nicht  der  lebenden 
mundart,  sondern  litterarischer  tradition  atigehört,  sie 
tcird  aus  dem  mitteldeutschen  stammen  und  hier,  wie  im 
nd.,  bodenständig  seiti. 

y)  doch  fehlt  die  form  gest£n  nicht  ganz,  vgl.  Wein- 
hold  mhd.  gramm.^  s.  362.  sie  begegnet  einerseits  vereinzelt 
in  frühmJid.  österr.  denkmälern: 

eines  nahtes  da;  gescach     da;  ir  iewederer  einen  troum  gesach, 
wl  Bin  dinch  scolte  ergen ;     der  chunig  h6te  st  unsanfte  besten 
Wiener  gen.  tjundgr.  2)  57,  37  (vgl.  Dibmrr  gen.  80,  81). 

und  wieder  im  tb.jahrh.:  indem  ich  vcrstecn  hab  wie 
man  mich  gern  davon  dringen  wolt  monum.  Habsburg. 
1,  8,  854  {urk.  v.  1479?).  andrerseits  tritt  sie  eben  so  früh 
im  mitteld.  auf  und  ist  auch  hier  noch  später  zu  beugen: 


setnte  JacObus  in  HierusalCm  — 
nu  is  her  dar  in  GaltciA  bisttn 


Annol.W; 


die  ertbebung  ivt  goxrhoen, 
der  almecbtiger  got  ist  ufT  ersten 
Al^.  pat$ion»tp.  7066  {vgl.  zeiUchr.  f.  d.  aUertfi.  7,  668); 

ich  weis  ^*i  ^'  Jhesam  der  gecruciget  ist  suchet  her 
ist  nicht  hir,  wante  her  ist  irtiten  zeitschr.  f.  d.  mlterth. 
9,  886  {heaa.  evangelisniibera.  d.  U.jahrh.);  inabeaondere 
kommt  bei  dem  Thür.  Jon.  Rothb  nickt  aalten  gesten,  ir-, 
▼orstehin  im  reime  vor,  a.  d.  auag.  der  pttaaion  «M  A.  Hbin- 
RICH  a.  6t/.  (v^^  axteh  oben  8.  g,  a).  ebanao  gec^,  «•  gehen 
I,  6,  b. 

Mr. 


Ü 


1457 


STEHEN  (I,  B,  4,  d—C,  1,  a) 


STEHEN  (I,  C,  1,  a—h) 


1458 


ges 
_^  ieb. 
m,  £58* 
■utQ 

Br    itoi 


d)  in  den  einzelnen  denkmälem  herrscht  keine  conse- 
quenz,  vielmehr  werden  die  verschiedenen  formen  neben- 
einander gebraucht,  so  hat  das  Alsfelder  passionssp.  neben 
dem  vereinzelten  irsten  («.  y)  gestanden  und  gestan: 

Jhesus  der  zenberer 

nam  und  säst  es  (d.  ohr)  mer  widder  an, 

als  is  vor  hat  gestan  3409; 

du  host  lange  gestanden 

nach  dinen  groisszen  schänden  5434; 

sie  han  mich  viel  gestanden  7569. 

«)  nach  dem   15.  jahrh.  ist  diese  kurzform   nicht  mehr 

belegt,     im  nhd.  herrscht  also  gestanden  uneingeschränkt. 

nur    vereinzelt    begegnen    laufliche    abtceichungen.     so    in 

der  Schweiz  mit  dem,  mundartl.  übergange  von  nd  in  ng: 

es  ist  wol  ein  stund,  das  sy  hend  angfangen 
und  bin  ich  sider  ye  by  jnen  gstangen 

H.  V.  RüTE  Jaszn.  {Basel  1532)  J  1». 

vielleieht  ist  es  nur  ein  druckfehler,  wenti  in  Simplidssimi 
eicigwährendem  calender  einmal  gedruckt  ist:  hauffen  ge- 
standener männer  Simpl.  sehr.  4,  216,  16  Kurz,  s.  unten 
II,  F,  3. 

f)  auch  die  lebenden  hd.  mundarten  bieten  in  ihrer  groszen 
mehr  zahl  formten,  die  mit  den  üblichen  lautüber gangen  (z.  b. 
des  nd  in  ng  oder  in  nn,  n)  dem  schriflsprachl.  gestanden 
entsprechen,  (mit  schwacher  endung  cimbr.  gastannet,  ga- 
stant,  in  Lusem  gastant.)  doch  lebt  gestan  theilweise  im 
mitteld.  fort,  vereinzelt  im,  westen:  lothr.  g8stän(?)  Foll- 
UANN  495»;  luxemb.  gestan  neben  gestängen  luxemb.  wb. 
425;  bes.  im  thür.,  ico  jesdän  überwiegt  Hertel  sprachsch. 
234  {so  in  Stiege  jeschtaen,  dagegen  in  Ruhla  gestannen). 

C)  überblick  der  ßexion. 

l)  hauptformen  der  tcichtigsten  dialekte  und  sprachstufen. 

a)  got.  standan;  praet.  sto{),  stot)um.  —  altn.  standa 
(l.  sing,  stend,  imp.  statt);  stö|),  st6I)om;  part.  sta{)enn 
NoREEN^  §  490.  —  neunorw.  standa  tmd  staa  (stend) ;  stod ; 
Stade.  —  altschic,  standa  und  sta  (2.  3.  sing,  noch  oft  mit 
und.  stsender,  st»r,  imp.  stat) ;  stö{),  stöjjo ;  standin  (sta|)in, 
8.  B,  4,  b)  NoREEN  altschw.  gr.  %  540.  —  schired.  stä  (stär); 
stod,  stodo;  städd  u.  ständen,  sup.  statt.  —  dän.  staa 
{ältere  Schreibung  staae,  veraltet  stände,  stonde);  stod, 
stode ;  staaet  {veraltet  standet).  —  altengl.  standan  (2.  s. 
stentst,  stenst,  3.  s.  stent);  stod,  stödon;  stonden  Sievers* 
§  392,  3.  —  mittelengl.  stande(n),  stonde(n)  (2.  s.  stondest, 
stonst ,  3.  s.  stonded ,  stont ,  stant .  stent) ;  stöd ,  stoden ; 
standen,  stonden.  —  neuengl.  stand,  stood,  stood.  —  alt- 
fries.  stonda  (2.  3.  sing,  stanst,  stant  neb.  stent,  stont); 
*st6th,  stödon;  stenden,  s.  Siebs  in  Pauls  grundr.- 
1,  1318.  —  neuwestfries.  1.  s.  stean,  stäean,  stäan,  stäi  (steast 
stgat,  stiast  stiat  u.  s.  w.);  praet.  stüa,  stij,  stia,  stuij,, 
stii^,  stöx  {pl.  stüann,  stiana  u.  s.  w.);  stian  1320/.  — 
wanger.  staun  (stonst,  stont);  stün;  stinin  s.  1319.  — 
saterl.  stöanda  (stanst,  stant);  stüd,  stüdn;  st§n  ebenda.  — 
nordfries.  stoen,  stdena  (stonst,  stönt);  sty  (stua,  stai), 
styn  (styan,  studn,  stiann);  sti(8e)nn  ebenda.  —  sylt.  stün 
(stonst,  stönt) ;  stcen ;  stoenn  *.  1320.  —  helgoV.  stun  (stöns) ; 
stun  (stin,  stid);  stynn  ebenda.  —  alts.  standan,  stän 
(l.  sing,  standu,  2.  s.  stes,  3.  *.  stendit,  standit,  sted,  städ, 
pl.  standat,  stät);  stöd  (stuod),  -un;  (a)standan.  —  altnfr. 
stän.  —  mnl.  staen,  standen  (2.  s.  staes,  stees,  3.  a.  staet, 
steet,  seltner  steit,  die  andern  formen  stets  mit  &);  stoet, 
stoeden  (u.  fläm.  stont,  stonden,  brab.-limb.  vereinzelt 
stoent,  stuende);  ghestanden  und  ghestaen  Franck* 
§  144.  163.  —  hoU.  staen ;  stont,  stonden ;  gestaan.  —  mnd. 
stän  (2.  3.  sing,  steist,  steit,  seltner  stäst,  stät;  imp.  stant, 
seltner  sta) ;  stunt  (stont,  stöt),  stunden  (stonden,  stoden) ; 
gestan.  —  neund.  staan  (steist,  steit);  stund;  staan  brem. 
wb.  4,  991/.  Mi  so*»  {praet.  stunn  u.  stünn).  StCrenburg 
858'»,  TEN  DooRNKAAT  KooLMAN  3,  299*»  {praet.  stuud,  gew. 
•tun,  stunst,  stun,  stunden  u.  stunnen),  Schambach  207'' 

itund,  pl.  stunnen;  part.  estän),  staon  Danneil  210'', 
n  Bauer-Collitz  98»»;  westf.  stän  (stes,  BtH,  pl.  statt); 
ttond,  pl.  stönnen;  stän  Woeste  253»;  staun  (stäis,  -t, 
imp.  stant  u.  stont) :  stont  (stönnes,  3.  s.  stont  u.  stunt, 
pl.  stönnfen,  stunnen);  staun  Jellinghaus  westfäl.  gr. 
{Ravensberg.  ma.)  §  258;  st|n  (stögst,  -t);  stönt  (stöntast, 
stöntn)  Holthausen  Soester  ma.  §  323.  306;  emsländ. 
»ton  (staes);  stynt;  stDn  Schönhoff  §  244;  samländ. 
schtäne  (schtä,   schteist,  schteit,   wi  schtäne);    schtund 


X.  2. 


Mr. 


(2.  *.  schtunghst);  jeschtande  u.  jeschtanghe  E.L.  Fischer 
167.  —  ahd,  stantan  u.  stän,  st§n  (1.  sing,  stantu,  stän, 
sten;  3.  s.  standit,  stentit  und  stät,  stet,  steit;  conj. 
stante,  -de,  selten  ste;  imp.  stant);  praet.  stuont  {pl. 
stuondum,  stuantun  u.  s.  «•.),-  part.  -stantan.  in  der  Tat- 
übers,  stantan  (stantu,  stentit,  stantemes,  stautet,  -ent, 
conj.  stante;  imp.  arstant);  praet.  stuont  {vereinzelt  stuon 
und  3.  ^^  Torstuotun) ;  furstantan.  Jet  Otfrid:  stantan, 
seltner  stän  (stän,  steist,  steit  u.  stentit,  selten  stät; 
2.  pl.  st§t,  3.  pl.  stantent  u.  stSnt ;  conj.  stante) ;  praet. 
stuant,  zuw.  stuat;  irstantan.  alem.  stantan,  stän  (stän, 
stäst,  stät,  stämgs,  stänt,  stänt;  conj.  stante,  imp.  stant); 
stuant.  bair.  1.  *.  stgm  (stgt,  selten  stät;  pl.  stet,  stent); 
stuont  (stoont,  stuot).  Sch.\tz  altb.  gr.  %  175.  —  mhd. 
stän  und  st^n,  selten  standen;  stuont;  gestanden. 

b)  die  ßexion  des  verbs  im,  nhd.  weist  icährend  des 
16.  jahrh.  noch  eine  bunte  mannigfaltigkeit  auf.  als  die 
schriftsprachlichen  normalformen  Itaben  sich  schon  jetzt 
festgesetzt:  praes.  stehn  — praet.  stund  — part.  gestanden. 
eine  Verschiedenheit  begegnet  besonders  im  praes.,  indem  bei 
vielen,  hauptsächlich  mitteld.  autoren,  die  zerdehnung 
stehen  mehr  oder  weniger  consequent  durchgeführt  ist, 
tcährend  andre  sich  ihrer  enthalten  und  bes.  bair.  quellen 
zumeist  sten,  steen  schreiben,  s.  I,  B,  2,  g,  ß.  doch  bedienen 
sich  viele,  zumal  oberd.  autoren,  theils  ausschlieszlich, 
theils  daneben  der  mundartlichen  fortne7i.  zur  veranschau 
lichung  stelle  ich  die  paradigmen  einiger  xcichtigen  Schrift- 
steller {mit  einschlusz  einiger  aus  dem  15.  jahrh.),  soweit 
sie  im  vorstehenden  belegt  sind,  hier  neben  einander,  {bei 
parallelformen  ist  ztiweilen  hinter  den  einzelnen  die  zahl 
der  belege  hinzugefügt.)  Steinhöwel:  staun,  er  stat 
und  stehet,  part.  stehend;  conj.  stände;  praet.  stund,  -en. 

—  in  Arigos  decam.:  ich  stee,  er  ste(e)t,  conj.  ste,  inf. 
sten  (steen),  part.  stend;  praet.  stunde  (stund),  stunden 
{vereinzelt  stünden,  stonden),  conj.  stünd(e).  —  Albr.  v. 
Eybe:  stien,  sie  stien,  conj.  stee,  part.  stenend,  praet. 
stunde  (stände).  —  Geiler  v.  Keisersberg:  ich  stand; 
er  stot  7,  stat  2,  stet  l  {Augsb.  drucke:  steet  3,  stat  2); 
wir  steend;  sie  stond  (stont)  3,  steend  1;  conj.  stand, 
du  standest,  sie  standen;  imp.  stand  und  stee;  inf.  ston 
u.  sten  {Augsb.:  steen,  stan);  praet.  stand,  stund  {conj. 
stunde).  —  Ulrich  v.  Hütten:  stehen  tmd  stan;  er 
steet,  steh(e)t  und  stadt;  conj.  praet.  stunde.  —  S.  Brant: 
stan,  ston;  ich  stan  u.  stand;  er  stat,  stot,  stöt;  sie 
stont,  ston ;  conj.  stee ;  imp.  pl.  stont ;  praet.  stund,  stflnd ; 
part.  gstanden,  s.  Zarncke  s.  286''.  —  Alsf.  passionsspiel 
[nach  Greins  glosaar):  stan  13,  stain  1,  sten  l,  stehen  4, 
-in;  stehestu;  er  stad  8,  stadt  1,  staidt  l,  stet  4,  sted  l, 
stehet  4;  stehen  mer;  (2.  pl.)  er  stehet  2;  sie  stan  4, 
stann  l,  sten  l,  stehen  5;  conj.  stehe  2;  imp.  stant,  stehet; 
praet.  stund,  -t,  conj.  stundet  ir;  gestanden  2  und  gestan  l.  — 
ScHWARTZENBERG:  stau,  sthon  und  sten,  sth&n;  er  stet 
und  st&(h)t,  wir  sten,  sie  stan,  st(h)än,  stent;  praet. 
stand.  —  MuRNER:  ich  stand,  er  stot  2,  stat  2  {im 
reime:  wir  stan  und  stondt,  sie  stond(t);  conj.  stand,  -t, 
pl.  standen;  imp.  pl.  ston  und  standen;  inf.  stan  7, 
ston  3 ;  praet.  conj.  stind(t).  —  Etdensp. :  du  stast,  er  stot, 
conj.  ich  stand,  imp.  stand,  inf.  ston;  praet.  stund.  — 
Luther:  ich  stehe  (sthe),  er  stehet  (sthet,  steht  u.  s.  w., 
s.  I,  B,  2,  g,  ß),  daneben  anfangs  sta(h)t,  jr  steh(e)t,  conj. 
stehe  (sthe),  imp.  stehe  und  anfangs  stand,  inf.  stehen 
(sthen),  bis  1530  auch  stan,  stah(e)n;  praet.  stund  (stunde), 
conj.  stünde  (stunde,  stiende),  vgl.  Franke  schrißspr. 
Luthers  §  43.  242.  —  N.  MANUEL:  er  stat,  sie  stond;  conj. 
stand ;  inf.  stan  4,  ston  l ;  praet.  sie  stöndent,  conj.  stüend. 

—  H.  Sachs:  ich  ste,  du  steest,  er  stet  (steht,  steet, 
stedt),  zuiceilen  sta(h)t,  stadt  3.  sto(h)t2;  sie  stehnt,  stend, 
conj.  imp.  ste,  inf.  sten  3,  stan  3,  ston  6;  praet.  stund 
(stuhnd,  stand,  stun,  ston,  stöhn,  stahn),  du  stundst, 
stünd(e)  (stuend,  stuhnd),  vgl.  Shumway  abl.  verb.  bei 
H.  S.  «.115—7.  —  Eberlin  V.  Günzburg:  ich  ston  (stand), 
er  stat  (stadt,  statt)  6  und  sto(d)t  3,  daneben  stehet  («.  I, 
B,  2,  /  T],  dd).  sie  stondt  u.  stendt,  conj.  stand,  imp.  stände, 
inf.  ston  {neben  stehen).  —  Wickram:  er  stat  2,  stot  1, 
im  reime:  steht  3,  stat  1,  wir  stond;  conj.  stand;  imp.  sthe 
und  stand,  pl.  stond ;  inf.  ston  9,  stan  5,  sten  l  {im  reime: 
ston  5,  stan  2,  sten  l);  praet.  stund,  stund,  stunde  (stünde); 
conj.  stünde  (stiende,  stunde,  stinde,  du  stindest).  —  Mon- 

92  Mr. 


1459 


STEHEN  (I,  C,  1,  b-c) 


STEHEN  (I,  C.  1.  c-2,  f) 


1460 


TAN  US:  ston  und  stehn,  er  stobt;  praet.  stunde  und  stand 
(stand,  stünde).  —  Fischart:  ich  stand(e),  er  steh(e)t  (ge- 
wohnlich),  staht  2,  stodt  2,  jr  steht  (st&t) ;  conj.  stand(e) ;  inf. 
stehn  6,  stahn  5,  stöhn  5;  praet.  stund,  conj.  stünde  (stünde). 

—  iceiterhin  läszt  sich  die  entiricklung,  die  vom  ende  des 
16.  jahrh.  an  im  wesentlichen  einheitlich  ist,  am  einfachsten 
mit  hilfe  der  Wörterbücher  und  grammatiken  übersehen: 
ich  ston,  du  stast,  er  sta(a)t,  stadt,  sie  stond,  conj.  stände, 
imp.  stand,  inf.  ston,  pari,  stonde,  praet.  stund  Maaler 
(1561)  382 — 394  {passim).  —  ich  stehe,  stv.  du  stehest ;  imper. 
ich  stund,  du  stundest  Clajus  gramm.  germ^n.  ling. 
(1578)  *.  102,  18 — 20  Weidling.  —  stehen;  ich  stehe,  du 
stehest;  ich  stund,  du  stundest;  gestanden  Schottel 
(1663)  598.  —  stehen,  'anÜqtte  stahn,  et  stöhn,  nonnunquam 
etiam  standen' ;  praet.  ich  stund,  et  stand,  conj.  ich  stünde, 
et  stände;  pari,  gestanden  Stieler  (I69l)  2127.  —  ich 
stehe,  ...  du  stehst,  er  steht;  'imperf.  ich  stund  (et 
irregulariter)  ich  stand,  conjunct.  ich  stünde,  stände' 
Steinbach  (17S4)  2,  667.  —  'stehen  imperf.  indic.  ich  stand 
oder  ich  stund,  praet.  perf.  ich  bin  gestanden,  imperf. 
conjunct.  ich  stünde'  Frisch  (1741)  2,  326»'.  —  'ich  stehe, 
du  stehest  oder  stehst,  er  stehet  od.  steht;  imperf  ich 
stand  (im  gcTneinen  leben  stund);  conjunct.  ich  stände 
(im  gemeinen  leben  stünde),  m,ittelw.  gestanden;  imperat. 
stehe  oder  steh'  Adelung.  —  ich  stehe,  du  stehst,  er 
steht ;  ich  stand,  standst,  stand ;  ich  bin  t>der  besser  ich 
habe  gestanden;  steh!  dasz  ich  stehe;  dasz  ich  stünde, 
regelmäsziger  dasz  ich  stände  H.  Braun  orthogr.  gramm. 
wb.  (1793)  245. 

c)  formen  der  lebenden  hd.  mundarten:  Schweiz,  stän, 
st&st,  st&t;  pl.  stän,  stänt,  stänt;  conj.  stand,  -ist,  pl. 
standi,  -it,  -it;  imper.  stand  ;^rae<.  stuond,  -ost;^^  stuondo, 
-ot,  -ot;  conj.  stüond,  -ist,  pl.  stüondi,  -it,  -it;  bin  gistando, 
s.  Frommann  3,  207,  17  (nach  Jovialis);  Visperterminen 
im  Wallis:  inf.  §t^,  stän;  praes.  stä(n),  §tei8(t),  §teid;  pl. 
stf,  steid  und  stfd,  stfnd;  conj.  stf  od.  stände,  §tfs(t)  od. 
§tandes(t)  u.  *.  w. ;  imp.  stand,  stF d ;  co7ij.  praet.  stiai^ 
sti8rys(t)  u.  s.  w.,  auch  schtoach  stFtti;  part.  gstannu  (mit 
haben)  El.  Wipf  (1910)  §  235;  Kerenz  im  Glarus:  stu, 
conj.  Stannd,  imp.  stannd,  condit.  stiänd,  part.  kätanndä, 
Winteler  *.  163;  Appenzell:  stöh;  praes.  stöh,  er  stod; 
cond.  er  stand,  stiend  od.  stuend;  part.  stent,  gstanda 
TOBLER  411»;  Aargau:  sto  (daneben  kindersprache  stände 
u.  demin.  ätändele) ;  praes.  i  sto  (bisw.  i  stone),  de  §toät, 
er  stot,  mr  stond;  conj.  1  ätöj,  de  Stöjist,  er  Stöj;  cond. 
i  Stiend  (seltner  i  Stuend);  i  bi  gStande  Hunziker  255; 
Basel:  sto  (kinderspr.  ständele);  i  stand  (ob.  Bas.  stone), 
stoosch,  stoot,  pl.  stände,  stönde,  8teen(d);  conj.  stönd; 
imper.  stand,  stöndcd,  steen(d);  cond.  stiend,  stieng;  part. 
g' stände  Seiler  279».  —  elsässisch:  inf.  sta(n)  (§tö,  St6, 
SUfe,  st6n.  StSn);  praes.  §tö,  §tö§,  §t6t  od.  §t6,  st6§,  §t6t, 
pl.  8t6n,  Stän,  §tänt;  imp.  Stint  (und  ät6),  pl.  §t6t;  cond. 
itiai^.  -5,  pl.  Stiai^  (ätäi^,  Steij,  §t»rp;  part.  kStänta, 
kititi^(a),  kitö^  kätc^na  Martin-Lienhart  2,  564'»;  in  Col- 
mar:  ät?;  i  5tf,  er  Stet;  imp.  Stf ;  part.  kSt&nte  Henry  221. 

—  Schwab.  StS  und  Stau;  praes.  stand,  stiSt,  Stät  od. 
St&st,  Stät  (nördl.  StöSt,  -t),  pl.  Standst;  conj.  Stand,  Standst 
u.  8.  w.;  imp.  Stand;  condit.  SteSnd  od.  StCnd,  StSndSt 
Frommann  2,  llS;  'westlech.':  ich  stän,  du  stäst,  er  st&t, 
m!r  u.  ».  w.  st&nt,  inf.  st&n  neben  ich  stand,  mir  stan- 
den, inf.  standen;  imp.  stand!  standen(t)!  Schmelleh 
mundarten  Bayern»  958  (*.  867/.).  —  bair.  ('ostlech.')  ich 
stfi,  da  st£8t,  er  st^t,  wir  stdn,  ir  st£t,  sie  stfin(t),  da- 
neben mtr  ständen,  stängen,  imper.  st&ngtszl  ebenda;  stC, 
oberpf.  8t£i~,  condit.  stfiet,  stuend,  stüend  u.  stand,  part. 
gestanden  bayer.  wb.*  s,  709;  i  steh,  stehst,  steht,  mia 
si6hn(g)on,  i»  stehts,  sie  8t6hn(g)an(t) ;  condit.  i  stand, 
■iehat;  gstandn  Sc h wähl  altbayer.  mundart  a.  76;  in 
Nürnberg,  t.  Gerhardt  gramm.  (1907):  Stei',  praes.  Stti, 
•tt,  -t,  pl.  itena',  Steit,  Stena'  (daneb.  gekürtt  Stfst,  itft, 
1.  pl.  itfniar),  «.  §  888.  l ;  iTnp.  Stti  (itf  Stil  I)  §  187,  l ;  condit. 
i  itenat  §  Wi;  part.  iiiiaTd  §  94,  s.  114,  anm.  6;  kStandi^ 
I  114.  1  (i  bi^  kit  40>.  1),  vgl.  d.  reg.;  niederöst.  (Wien) 
ftehn,  i  steh,  wir  stcngn  HOobl  km»;  oberöat.  mfc*.  so 
stangu,  Os  BteU;  praet.  i'  stand.  eot\j.  i'  steat  From- 
MANN  t,  n.  61;  Hrol..  in  ImH:  M9;  praes.  it«a.  -it,  -t. 
pl.  US;  Ufat,  itr»;  eoiy.  pl.  =  inä.  od.  it^ija,  -t;  daneben 
ind.  pl.  itenda,  •!,  cor\j.  itend;  imp.  itfa,  -t;  conj.  praet, 

Mr. 


Stand;  part.  StTanat,  kStonda  Schatz  s.  178;  in  Luseni: 
Stian,  imp.  Stea;  gerund.  §tianBn(t)a;  part.  gastant  Bacher 
*.  196;  cimbr.  stSn,  stenan;  praes.  ich  stear,  ar  steet,  bar 
steen,  iart  steet,  se  steent;  imper.  stee;  praet.  ich  stin, 
conj.  ich  stönne,  ich  pin  gastannet,  gastant  cimhr.  wb.  236»; 
kämt,  stean,  stien;  praet.  steat  od.  stuend,  part.  gst&ndn, 
gstuendn,  daneben  st&ndn,  ständet,  gst&ndn  Lexer  240; 
in  Qottschee:  Stean(an),  hinterl.  Stian(an);  praes.  Stean, 
-St,  -t,  -bm,  -t,  -nt ;  conj.  Stea  (Stearar,  Starrar  stehe  er),  pl. 
Stean;  imp.  stea,  -t;  part.  Steanta,  Steaninta;  conj.  praet. 
ätean(n)ait,  steai^gait;  part.  perf.  ga§tean(an)  Tschinkel 
§  216.  —  ostfränk.,  in  Rappenau:  Stee(n);  Stee,  stees, 
steet,  Steena;  kstana  Meisinger  182»;  henneb.  stShä;  stöhä, 
stäst,  stät,  stän,  stinn  (stunn);  gestanne  Spiess /ränAr.- 
henneb.  mundart  (1873)  s.  63;  Vogtland.  Sdia  (SdS",  SdS"); 
praes.  stia,  Sdesd,  Sded  (Sdid,  Sdiad,  Sdseid),  pl.  Sdtena  u. 
sdei^  (l.  pl.  Sdsemf),  2.  sdsed;  imp.  Sdia;  praet.  Sdund, 
Sdand,  conj.  ich  sdind,  Sdaend.  sdsenad;  part.  gasd&na 
Gerbet  gramm.  (1908)  s.  wörterverz.  422»;  rheinfr.,  in  Hand- 
schuhsheim: Stei(n),  conj.  praet.  stecht,  part.  kstana  Lenz 
68»;  hess.  ich  st§n,  ich  stund,  perf.  mit  haben  Vilmar  396; 
oberhess.  schdlvT ;  praes.  schdin",  schdissd,  schdidd;  praet. 
schdann,  schdünne;  part.  geschdanne  Crecelius  807. 
lothr.  st6n  (stön);  praes.  StSn,  StSSt,  StCt,  pl.  St6n;  ich 
han  (auch  ich  bin)  gast&n;  in  Diedenhofen:  praes.  Stin, 
stÄSt,  staet,  Stin,  stfit,  stin;  conj.  St6i,  -St,  pl.  Stefan,  -t, 
-an;  conj.  praet.  Stii^,  St,  -an,  -t,  -an;  part.  gast&n  Foll- 
MANN  495»;  luxemb.  stoön;  praes.  ech  stin,  stees,  steet, 
mir  stin,  dir  stit,  se  stin;  praet.  ech  stöng,  conj.  steng; 
part.  gestanen  Gangler  434;  stöen;  praes.  stin,  StßS,  st6t, 
Stin,  stit,  stin;  ech  stong  u.  Stung;  gestängen  u.  geSt&n 
luxemb.  wb.  425;  rip.  stgn;  praes.  ix  stqn,  du  stSs,  h^  Stet, 
mir  stgn,  Tr  steit,  ze  st^nt;  imp.  Stant;  praet.  ix  Stont, 
mir  StoEta;  conj.  ix  stont,  mir  staiita,  part.  jastanda. 
dafür  Stadtköln,  ix  Stgfi,  du  Steis,  hf  Steit,  mer  Stgn 
u.  s.  w.;  ix  stunt,  mer  stunta;  ix  Stynt,  mer  stynta 
MÜNCH  gramm.  %  236,  3,  vgl.  Honig*  302  (giebt  auszerdem: 
imp.  stand,  perf.  han  und  ben  gestände);  siebenb.  Stö 
(südsiebenb.  Stön),  gast^jun  Kisch  vergleich,  wb.  217».  — 
thür.  praet.  meist  stund,  part.  jesdän  (part.  praes.  Sdene- 
ning,  sdiniy)  Hertel  sprachsch.  234;  in  Euhla:  stS;  praes. 
stR,  stast  od.  stesst,  stät  od.  stett,  pl.  stenn,  stät  od.  stett, 
stenn ;  imp.  stä  od.  stak,  stÄt  od.  stett ;  praet.  stün  od.  stunn, 
stunnst  o(f.  stQnst,  stQn  od.  stunn,  stunncn  od.  stünen; 
conj.  stün  od.  stünn,  stunst  od.  stünnst,  stünnen  od.  stunen, 
stünnt  od.  st&nt;  part.  gestannen  Regel  105;  in  Stiege: 
schtaen;  imp.  schtek,  schtaet;  praet.  schtunt,  schtun'; 
jeschtaen  Liesenberg  72;  in  Altenburg:  stih;  stong;  ge- 
stann  Pasch  73.  —  obersächs.,  in  Leipz.:  stehen,  bauem- 
spr.  er  stiebt,  auch  stitt;  ich  stund  Albrecht  57;  erzgeb. 
Stl  (8.  3.  s.  stlst,  stTt);  Ston,  pl.  ston;  gStan  Göpfert  83; 
schles.  sti;  praet.  stund,  stand,  stind,  pl.  standn,  stindn; 
part.  gestundn  Weinhold  üb.  d.  dialektforschung  s.  124. 
2)  die  einzelnen  formen  im  nhd.  (systematische  Übersicht 
zu  I,  B,  worauf  die  verweise  gehen;  mit  ergänxungen.) 

a)  1.  sing.  ind.  praes.  ich  stehe,  a.  (I,  B)  8,  g.  daneben 
frühnhd.  (15. — 16.  jahrh.):  alem.  stand,  stände,  s.  1,  /,  o; 
ferner  überwiegend  alem.  stan,  ston  («.  2,  /,  f,  aa),  sta 
(bb),  bair.  stee,  mfr.  vereinzelt  stene  (cc),  stein  (dd). 

b)  8.  sing,  du  stehst,  älter  stehest,  ».  8,  g.  ältere  formen 
unter  2,  f,  $■■.  al.  du  stast,  stost,  gew.  stest,  ii\fr.  steist 
(mhd.  auch  st£s,  stist). 

c)  3.  sing,  er  steht,  älter  stehet,  a.  8,  g  (auch  stehit, 
s.  a;  bei  Luther,  a.  ß;  stehet — steht,  *.  y).  die  andeni 
formen  unter  8,  /,  tj:  schweis.-scÄtcäb.  stat  (aa,  dd — ff), 
Stadt,  staht  (aa.  bb,  dd),  stad  (bb),  statt  (aa);  staut  (aa, 
bb);  elf.  stot,  -th,  -dt  (cc.  dd),  steht,  stott,  stod  (ee),  stote 
(dd) ;  bair.  u.  a.  w.  stet  (bb,  dd,  ee,  ff),  steet,  steh(e)t,  stett 
(bb.  dd.  ee).  sthet  (dd),  sted  (bb),  stedt  (ee),  stät,  sUUi(e)t 
(ee);  mfr.  steit  (ff);  stit,  styt  (gg). 

d)  1.  plur.  wir  stehen;  daneben  frühnhd.  al.  wir  stand, 
stond,  stan,  a.  %,f,  y,  aa;  aonat  sten,  oberd.  auch  8te(e)nd, 
a.  bb. 

e)  8.  j^ur.  ihr  steh(e)t,  a.  8,  g;  frühnhd.  lUem.  standent, 
-int,  a.  1.  /.  ß;  stond,  staund,  a.  t,  /,  ^  aa;  stan,  ston 
(bb).  staht,  stit  (ee);  steh(e)t,  stent  (dd). 

f)  8.  plur.  sie  stehen,  a.  8,  g.  andre  formen:  al.  stan- 
den!, a.  1.  /,  ß;  stand,  staund,  a.  8,  f,  6,  aa;  stond,  -dt, 

Mr. 


1461 


STEHEN  (I,  C,  2,  f—l) 


STEHEN  (I,  C.  2,  l-d,  b) 


1462 


-t  (bb) ;  sta(h)n,  ston  (cc) ;  (bair.,  doch  auch  al.  u.  fränk.) 
stend,  st(h)ent,  stehnt,  -d,  steend,  stendt,  stehend,  -t, 
stende,  stönd  {dd) ;  stehn,  steen  (ee) ;  steint,  steynt,  stein 
(ff) ;  stiend,  stien  {gg) ;  steenen,  stonen,  *.  2,  A,  ß.  —  im 
nd.  sind  bekanntlich  die  3  personen  des  plurals  in  eine 
form  zusammengefallen,  die  theils  stät,  theils  stän  lautet. 
jenes  gilt  für  den  icesten  und  herrscht  in  den  altern  denk- 
mälern;  dieses  hat  sich  im  östlichen  colonialgebiete  dttreh- 
gesetzt,  doch  sind  in  manchen  denkmälern  und  mund- 
arten  auch  beide  formen  neben  einander  in  gebrauch,  z.  b.: 
item  dar  staet  to  Jermude  clene  husekens,  dar  de  seken 
ynne  wonen  seeb.  XIV,  18;  by  suden  Jermode  dar  licht 
Suttuen;  dar  stan  twe  hoge  tome  bynnen  .  .  .;  unde 
dar  stan  ok  vele  hoger  bome  26. 

g)  conj.  ich,  er  stehe  u.  s.  ic.,  s.  2,  g  (sthe  ß);  älter 
8te(e)  (altal.  stä),  s.  2,  /,  i.  —  im  altem  alem.  ferner 
stand(e),  du  standes(t),  wir,  sie  standen,  ir  standint,  -en, 
s.  1,  /,  y;  sie  stenden,  s.  l,  h. 

h)  imp.  steh  (älter  ste,  stee,  sthe,  —  zieeifelhaft  sta), 
s.  2,  /,  X.  daneben  im,  altern  nhd.  (allgemein)  stand, 
stände,  *.  i,  /,  6. 

i)  pl.  imp.  steht,  im  16.  jahrh.  alem.  standent,  stan- 
dind,  standen  (bair.  standet?),  *.  l,  /,  s;  sonst  tcie  die 
2.  pl.  ind.,  s.  oben  e. 

k)  inf.  stehen,  stehn,  s.  2,  g  (anfangs  auch  stehin 
geschr.,  s.  a;  bei  Luther:  stehen,  sthen,  steen,  sten,  s.  ß). 
ältere  nebenformen  (bei  deneyi  die  belege  vereinzelt  ins 
17.  jahrh.  hineinreichen):  al.  standen,  s.  \,  f,  "C,;  die  kür- 
zeren formen  s.  2,  f,  a:  al.  stan,  statin  (aa — dd,  hh),  stain 
(aa),  staun  (dd),  ston,  stöhn  (aa — ec,  hh);  sten,  steen, 
sthen,  stehn  (aa — cc,  ee,  ff,  Jih);  st(h}än,  stähen  (ee). 
stö(h)n  (ee) ;  stein,  steyn  (ff) ;  stien,  styen,  stin  (ff) ;  stenen 
(AA).     ergänzend  ist  folgendes  zu  bemerken : 

a)  im  mitteld.,  bes.  im,  thür.  hat  der  inf.  früh  das  ausl. 
n  verloren:  wo  si  kondin  adir  mochtin,  so  soldin  si 
ste  nach  frede  KöDiz  53,  23;  fie,  kuwe,  unnd  schoff, 
husz  unnd  hoff  lieszen  sie  unbestalt  stee,  unnd  lieffen 
von  dem  felde  .  .  .  etliche  die  uff  deme  felde  füren,  die 
Hessen  waine  (wagen)  unnd  pfert  steen  unnd  lieffen  ore 
strosze  .  .  .  unnd  lisz  pfert  unnd  wain  stehe  unnd  lieff 
mete  .  .  .  enteil  sageten  nymande  nichts  unnd  lieszen 
allis  stehe  .  .  .  K.  Stolle  Erfurter  chron.  s.  129/.  Hesse. 

ß)  in  neuem  miindarten  verschmilzt  n  in  weitem  um- 
fange mit  dem  vorhergehenden  vocal  zum,  nasalvocal,  z.  b. 
bair.  st6~,  s.  oben  1,  c.  solche  formen  erscheinen  dann 
auch  in  mundartlicher  lit.: 

der  herr  hat's  verboten:  'die  fnicht  läszts  mä  st6"!' 
Hartmann-Abele  volksschau^.  48  (Vin,  228). 

y)  in  der  altern  spräche  entwickelt  der  inf.  auch  flec- 
tierte  formen,  so  bes.  ahd.  ze  stänne  oder  stantanne,  mhd. 
ze  stenne.  später  fällt  hier  die  endung  Strieder  ab:  nhd. 
zu  stehn.  zuiieilen  ist  in  der  altern  spräche  stänne  (icohl 
infolge  einer  Vermischung  mit  dem  part.)  zu  stände  ent- 
wickelt, so  z.  b.  im  mnd.:  alse  we  syner  doch  mechtich 
sin  to  rechte  to  stände  d.  städtechron.  16,  56,  10  (Braun- 
achte,  pfaffenb.  v.  1418,  c.  17). 

<J)  ähnlich  findet  sich  stand  in  neuern  nd.  mundarten, 
wenn  der  inf.  substantivisch  gebraucht  wird;  so  südhannov. 
wat  noch  det  stand  behälen  (das  stehn  behalten)  het,  vms 
noch  stehen  geblieben  ist  Schambach  207'>. 

V)  part.  praes.  stehend  (älter  stehende),  s.  2,  g;  daneben 
al.  standend  (?),  s.  i,  /,•  femer  stonde,  ste(e)nde,  (mfr.) 
stainde,  steinde  (steynde),  stiende,  s.  2,f,ß;  stenend,  -t, 
a.  2,  A,  a.     xceitere  besonderheiten : 

a)  in  altem  österr.  quellen  begegnet  nicJU  selten  eine 
zerdehnte  form  mit  dunklem  vocal  in  der  zvxiten  silbe: 
ste(h)  und(e),  g.  Weinhold  bair.  gr.  s.  282:  swaj  denne 
stenuder  wa^jer  ist  urkundenb.  v.  Klostemeuburg  nr.  317 
{herz.  Albr.  II.  f.  Österr.,  l.  märz  1345);  von  erst  ist  in- 
steund  saltz  beliben  zu  Gmunden,  Hallstat  monum.  Habs- 
burg. 1,  2,  637  {urk.  v.  1478);  das  insteund  saltz  zu  Gmun- 
den, s.  642;  wo  er  sein  brueder  oder  jr  erben  von  dem 
gemelten  Juden  jn  ainigerley  weg  zersnittner  oder  aus- 
steunder  brief  jn  dem  obgemelten  schuldbrieff  bestimbt 
jmer  angelanngt  wurd  notizenbl.  zum  arch.  f.  künde  österr. 
geschichtsqu.  9,  430  (vom  j.  1483) ;  auf  zuestehunde  erste 
gelegenhait  ebenda;  obstehunder  gestallt  4,  822  (bundbrief 
der  evangel.  stände  österr.  vom  i.  1608). 

Mr. 


ß)  im  neund.  ist  das  part.  im  ganzen  auszer  gebrauch 
gekommen  und  nur  in  einigen  festen  Verbindungen  er- 
halten, in  diesem  falle  hat  es  dann  vielfach  das  d  ver- 
loren (in  merkicürdigem  contrast  zum  inf,  s.  k,  S);  so 
südhannov.  stän  wäter  Schambach  321»;  mecklenb.  mit 
stauen  wagen,  up  stauen  föten  nd.  korrespondenzbl.  14,  14. 
doch  finden  sich  solche  formen  «cAow  twi  mnd.  des  15.  jhs. : 
do  sach  he  dar  by  stane  des  afgodes  tempel  Oldenb.  qu. 
V.  14T3  bei  ScHiLLER-LÜBBEN  4,  359'';  he  bleff  stane  ebenda. 

m)  die  formen  des  ind.  praet.  s.  unter  I,  B,  3.  heute: 
ich  stand,  du  standest,  er  stand,  wir  standen,  ihr  standet, 
sie  standen,  dafür  bis  ins  18.  jahrh. :  ich  stund,  du  stun- 
dest u.  *.  w.,  s.  (I,  B,  3)  e.    folgende  formen  sind  oben  belegt: 

a)  1.  3.  sing,  stund  (stuond),  stönt,  -dt;  stund,  -dt 
(stuend,  stund),  s.  b,  y;  stuhnd  (b,  <J);  stond  (c);  stunde 
(d.  ß.  f.  ^);  stände  (d,  y);  stoinde,  stonte  (d,  S);  stund 
(d.  e.  5-  e,  y — 9);  stand  (e,  a — if);  stahnd  (c,  e);  stände 
(e,  a.  i) ;  stendt  (e,  x) ;  stun ,  sto(h)n ,  sta('h)n,  stune  (g) ; 
stie,  stoü  (A). 

ß)  2.  sing,  du  stundest,  s.  e,  ^.  d,  früher  getcöhnlieh 
stundst,  das  ganz  vereinzelt  sein  d  verliert  (wenn  nicht 
druekfehler  vorliegt): 

warumb  stunst  jr  nit  hilfFlich  bey? 

H.  Sachs  3,  2,  264*»  {spätere  autg. .-  standst, 
t.  13,  453,  3  Keller-Götse). 

jüngere  form  standst,  *.  e,  t,. 

y)  1.  3.  plur. :  stünden  (stuonden),  ständen  (b,  y) ;  stuhn- 
den  (b,  6);  stonden  (c);  stunden  (e,  y.  e — S-);  standen 
(e,  ß.  y.  "Q.  auch:  (3. plur.)  stundend,  -t,  stondend,  s.  b,  y.  c 

n)  im,  conj.  praet.  ist  neben  der  geicöhnlichen  form. 
ich  stände,  du  ständest,  er  stände,  wir  ständen,  ihr 
ständet,  sie  ständen  die  ältere  bildung  ich  stünde,  du 
stündest  u.  s.  w.  noch  heute  in  gebrauch,  s.  I,  B,  3,  /.  im 
einzelnen  sind  belegt: 

a)  1.  3.  sing,  stünde  {ß.  y) ;  stfind(e)  (ß,  aa),  stäend(e) 
(ß,  bb),  stiende  (cc),  stuhnd  (dd) ;  stunde  (ff^,  stind,  stynd 
igg);  stände  (y).    femer  stoinde,  s.  c.  d,  6. 

ß)  2.  sing,  stündest  (ß,  aa);  styhndest  (dd),  stindest  {gg); 
stündest  (y,  cc.  dd);  ständest  (cc). 

y)  1.  3.  plur. :  stuenden  (ß,  bb),  stienden  (ec),  stainden 
(ee);  stünden  (y,  bb.  dd.  ee),  ständen  (y,  bb — -dd).  dazu 
noch  Schweiz.: 

so  wurd  zertrennt  nnd  gmacht  abwendig, 

ytel  unnütz,  darzä  krafitlosz 

all  unser  red  und  (trtr)  stfindind  blosz 

tchweiz.  Khattgp.  des  16.  jA.  3,  121 
(Ruf  Tellentp.,  1545,  r.  1747). 

5)  2.pl.  stündet,  s.  y,  dd.  dazu:  denn  so  jhr  etwan 
von  ungeschicht  (zufall)  bey  der  jungfrauwen  stünden  zu 
reden,  unnd  denn  in  dem  gegen  dem  könig  versagt  würdet, 
so  möcht  jhr  dadurch  in  grosz  leiden  .  .  .  kommen  buch 
d.  liebe  244». 

6)  das  part.  praet.  lautet  nhd.  immer  gestanden,  s.  I, 
B,  4  c  (im  15.  jahrh.  noch  gestan,  s.  d,  6,  und  ersten,  ver- 
steen,  s.  d,  y;  im  16.  mtmdartlich  gstangen,  s.  e). 

S)  endlich  verlangt  noch  das  umschriebene  praet.  berück- 
sichtigung.  a)  da  stehen  im  allgemeinen  einen  zustand 
ausdrückt,  also  imperfectives  (duratives)  verb  ist,  so  ist 
Umschreibung  mit  haben  zu  erwarten;  so  ist  es  in  der 
that  in  den  germ.  sprachen,  nur  dasz  in  den  altem  sprach- 
stufen die  Umschreibung  selten  vorkommt  oder  ganz  ge- 
mieden wird:  altn.  ek  hefe  sta{)et,  schwed.  jag  bar  statt, 
dän.  jeg  bar  staaet;  mittelengl.  y  have  standen  (Cluiucer), 
hit  haved  istonde  (Lay. ;  altengl.  belege  scheinen  zu  fehlen), 
neuengl.  y  have  stood,  s.  Mötzner  engl,  gramm.^  2,  81; 
altfries.  ik  hebbe  (e)stenden. 

b)  im  westgerm.,  bes.  im  deutschen,  ist  die  Sachlage  da- 
durch complicierter  und  undurchsichtiger  geworden,  dasz 
das  part.  perf  die  vorsilbe  ga-,  ge-,  gi-  annimmt 
und  dadurch  lautlich  mit  dem  part.  des  compo.'^itumg 
gastandan  zusammenfällt,  das  zunächst  perfectiv  ist  und 
als  solches  die  Umschreibung  mit  wesan  anwendet,  dasz 
aber  auch  das  einfache  standan,  stän  nicht  selten  perfee- 
tive  bedeutung  aufueist.  auf  das  comp,  gistandan  ist 
wohl  der  einzige  beleg  der  unuichreibung  im  Hei.  zu  beziehen: 

qnad  tbat  im  nnäri  härm  gistandan  2987. 

im   spätem    nd.   herrscht  die   Umschreibung  mit    hebben 
ausschlieszlich. 


92» 


Mr. 


1463 


STEHEN  (I,  C.  3.  c-d) 


STEHEN  (I,  C,  3,  d) 


1464 


c)  über  den  hochd.  spraehgebrawh  vgl.  J.  Grimm  gramm. 
4,  165  (193  neudr.).  H.  Paul  Umschreibung  des  per/.  (Mün- 
chen 1902)  176/.  WiLMANNS  deutsche  gramm.  3,  l,  s.  155/. 
im  ahd.  fehlen  belege  für  die  Umschreibung  überliaupt. 
im  mhd.  ist  die  Verbindung  mit  sin  von  anfang  an  herr- 
scliend,  bes.  im  oberd.  s.  die  belege  bei  H.  Paul  a.  a.  o.  dies 
mag  ausgehen  von  den  fallen,  wo  stfin  in  perfectivem  siniie 
gebraucht  icird,  %oas  besonders  dem  oberdeutschen  eigen  ist, 
8.  unten  II,  A,  13,  z.  b. : 

si  w&ren  von  den  rossen        gestanden  üf  den  sant 

Kudr.  1574,  1 ; 
nu  was  diu  kilnef^in  eine 
zeinem  venster  gestanden 

Hkinr.  V.  D.  TCrlin  kröne  10183. 

indessen  ist  es  von  anfang  an  nicht  auf  diese  fälle,  die 
immerhin  iti  der  minderzalil  sind,  beschränkt,  sondern  auch 
auf  den  viel  Itäußgeren,  imperfectiven  gebrauch  ausgedeJmt, 
so  z.  b.  deutlich: 

da;  bette  fuor  von  sfner  stat, 

da;  §  was  gestanden  Pars.  667,  3; 

dar  üfTe  stuont  ein  cläriu  sül  .  .  . 

86  grOj,  froun  Camillen  sarc 

weer  drüffe  wol  gestanden  589,  9; 

nü  ist  e;  (d.  land)  gar  raanic  zit 

in  dem  jämer  gestanden  kröne  19302: 

dft  ich  ein  lop  erniuwen  sol  da;  äne  dach  so  manigen  tac 
gestanden  ist  und  äne  bant .  .  . 

BR.  Wernher  bei  Bartsch  liederd.  41,  14 
(rninnes.  3,  16,  25  v.  d.  Hagen). 

die  Umschreibung  mit  haben,  hän  findet  sich  nur  ver- 
einzelt bei  mitteld.  dichtem: 

dö  entslö;  man  die  tUr, 
diu  vil  selten  dar  für 
het  gestanden  ungespart 

Otte  Eraclius  3901  Maszmann 

{nach  der  Münchiier  Iischr.,  während  Graef  nach  der  besseren 
Wiener  liest: 

gestanden  wären  ungespart  4135) ; 

ich  hau  d&  bi  gestanden  und  gese;;en 

Rbinmar  V.  ZwETER  60,  7  Rocthc ; 

in  disen  werten  merket  man  wol  daj  ir  herze  unde  be- 
gerunge  ganz  unde  gar  nach  himelischen  dingen  ge- 
standin  hat  Ködiz  69,  2;  wen  her  {kais.  Karl  IV.)  was 
gar  wol  gelart  unde  hatte  langezeit  zu  schule  gestanden 
(d.  schule  besucht)  Rothe  Dür.  chron.  697;  item  2  m. 
eyme  Pruszen  im  gebite  zur  Balge  hülfe  gegeben;  der 
hatte  lange  zur  Licke  gestanden  Marien,b.  treszlerbuch  der 
jähre  1399 — 1409  *.  177,  18  Joachim  (1402);  in  deim  selven 
jare  do  wart  dat  introdikt  relaxiert  van  buschof  Frede- 
rich, dat  gestanden  had  8  jair.  d.  städtechr.  13,  46,  2  {Cöl- 
ner  Jahrb.  zu  1382);  und  dat  hait  gestanden  so  lange  bis 
dat  roemsche  rieh  quam  zo  den  Duitschen  277,  5  (Koelt- 
HOFF  1499) ;  belege  aus  einer  mitteld.  Iiandschr.  des  15.  jahrh. 
{Pontus  u.  Sidonia)  bei  Lexer  hieb.  2,  1135.  doch  attch  bei 
dem  österr.  Pleier: 


(perfectiv: 


neben: 


juncherre,  ir  sUlt  sitzen  gän  : 
ir  habt  gestanden  hie  genuoc 


Mel.  897. 


sumelich  zO  vrfl 
hatte  des  morgens  üf  gestän 

livländ.  retmehr.  3861, 


da;  der  un^etsOwe  bunt 
was  den  cnsten  abe  gestAn 


8695.) 


d)  das  frühnhd.  stimmt  hier  genau  mit  dem  mJid. 
aprachgebrauche  ilberein.  insbesondere  ist  toährend  des 
ganzen  iß.  jahrh.  die  bildung  mit  seiji  noch  alleinherrschend, 
mit  verschwindenden  ausrtahmen.  vgl.  die  belege  bei  Kkhr- 
BIN  gramm.  de$  \h.—M.  jahrh.  8,  *.  87. 

ff)  dies  ist  am  deutlichsten  bei  Luther,  wo  eine  grosse 
amahl  von  belegen  zur  hand  ist  (zugleich  am  auffiiUigsteu, 
da  in  altern  thür.  quellen  haben  begegnet,  s.  c).  belege 
aus  der  bibelübers.:  das  der  nicht  sterben  mflsse,  der 
einen  iodschlag  gethan  hat,  bis  dar  er  für  der  gemeine 
far  gericht  gestanden  scy  4.  Mos.  85,  is;  und  Josua  richtet 
zweUr  steine  aulT  mitten  im  Jordan,  da  die  fUsse  der 
prietter  gestanden  waren  J(t».  4,  9  (ebenso  in  der  »og. 
4.  bibtUtbers.,  U70— 8?,  und  der  kathol.  v.  DlKTENBBROBR, 
CHn  1A71,  t.  Kkhrrin  a.  a.  o.);  das  er  nicht  sterbe  durch 
den  blutrecher,    bis  das  er  für  der  gemeine  gestanden 

Mr. 


sey  20,  9;  weh  uns,  denn  es  ist  vorhin  nicht  also  ge- 
standen (.1NTJ  n.T.n  tkh)  l.  Sam.  4,  7;    gedencke  doch,  wie 

T        T-r 

ich  vor  dir  gestanden  bin  Jerem.  18,  20;  denn  wer  ist  im 
rat  des  herrn  gestanden,  der  sein  wort  gesehen  und  ge- 
hört habe?  23,  18;  wer  ist  jemals  so  freidig  gestanden  (t/$ 
nQOXfQOV  avTOV  ovxojii  sartj)?  Jes.  Syr.  46,  4;  denn  diese 
nacht  ist  bey  mir  gestanden  der  engel  gottes  ap.  gesch. 
27,  23.  alle  diese  stellen  sind  deutlich  imperfectiv ;  in  andern 
könnte  man  perfectiven  gebrauch  annehmen:  ists  aber  ge- 
standen an  dem  brandmal,  und  nicht  weiter  gefressen 
an  der  haut,  und  ist  dazu  verschwunden,  so  ists  ein 
geschwür  des  brandmals  3.  Mose  13,  28;  wenn  ich  etwas 
falsches  gethan  hette  .  .  .,  würdestu  selbst  wider  mich 
gestanden  sein  (mir  entgegengetreten  sein:  "ijJO  a-Jf^nn  nr»;) 

2.  Sam.  18,  13;  sie  aber  furchten  sich  fast  seer,  und 
sprachen,  sihe,  zween  kÖnige  sind  nicht  gestanden  für 
jm,  wie  wollen  wir  denn  stehen?  2.  kön.  lo,  4.  allen  diesen 
belegen  für  sein  stehen  nur  folgende  für  haben  gegen- 
über: weil  es  denn  dem  narren  gehet  wie  mir,  warumb 
hab  ich  denn  nach  Weisheit  gestanden?  pred.  2,  lö;  dencke 
dran,  was  sie  (deine  mutter)  für  fahr  gestanden  hat,  da 
sie  dich  untererem  hertzen  trug  Tob.i,  4;  die  beiden,  die 
nicht  haben  nach  der  gerechtigkeit  gestanden  Röm.9, 30.  — 
dem  entspricht  im  ganzen  der  Sprachgebrauch  in  Luthers 
übngen  Schriften,  auf  22  belege  für  sein,  die  nachstehend 
verwendet  sind,  kommen  nur  4  für  haben,  —  abgesehen 
von  dem  unter  y  beJiandelten  falle,  für  jene  werden 
einige  beispiele  genügen:  er  (d.  zinskauf)  ist  nicht  viel 
über  hundert  jar  gestanden  i,  314»;  stehe  in  der  lang- 
weile, wie  ich  gestanden  bin,  so  wirstu  es  auch  erfaren 

3,  60*;  so  zeigt  nu  Habacuc  hiemit  an,  wie  es  im  lande 
Juda  sey  gestanden,  da  er  predigte  229'* ;  daselbs  ist  ein 
teglicher  krieg  in  der  Christenheit,  welcher  ist  allzeit 
gestanden,  und  stehen  \vird  bis  an  den  jüngsten  tag 
6,  123»;  Optimum  regnum  fuit  Aegypti  et  in  der  plue  ists 
gestanden  16,  5,  l  Weim.  ausg.;  yhr  habt  bey  euch  viel 
jar  eine  hohe  schule  gehabt,  darynn  ich  auch  etlich 
jar  gestanden  bin  23,  15,  29;  es  ist  wol  so  übel  gestan- 
den in  populo,  ut  iam  in  papatu  erat  27,  209,  35;  sogar 
bei  transitiver  fügung:  disze  fahr,  die  die  jungkfraw  ge- 
standen ist,  ehe  sie  das  kindt  geporn  hat,  ist  ir  darnach 
hundertfeltig  vorgoltten  9,  527,  16.  dem  stehen  gegenüber: 
dieses  ist  ein  ernstes  gebot  gewesen  .  .  .  und  mag  dis 
gebot  irgend  ein  20.  jar  gestanden  haben  16,  17,  6;  also 
sehen  wir,  das  das  Osterfest  acht  tage  geweret  und  eine 
gantze  wochen  gestanden  habe  171,  24;  tunc  egregie 
habuit  Christianitas,  da  hat  die  Christenheit  wol  gestan- 
den 25,  16,  28;  hae  (guttae)  indicant  afflicciones  et  angu- 
stias  cum  sathana,  myt  dem  hat  er  zum  ersten  yn  der 
spiczen  gegen  yhm  gestanden  34,  1,  224,  13.  es  ist  zu  be- 
achten, dasz  sich  fälle  mit  sein  soicohl  in  ganz  denselben 
gebrauchsiceisen,  wie  auch  in  der  n/Utem  Umgebung  dieser 
finden,  vgl.  oben. 

ß)  ebenso  ist  die  Umschreibung  mit  sein  auch  bei  den 
andern  autoren  des  16.  jahrh.  /lerrsc/und,  ohne  unterschied 
der  landschaft:  ach  woffen  zarter  gott  wan  wer  dein 
armer  diener  do  gesyn  das  ich  vor  meinem  herfzen  dar 
(am,  kreuze)  were  gestanden  oder  aber  mit  meinem 
eynigenn  lieb  in  den  bittern  todt  wery  gegangen  der  eic. 
wiszheit  betbürhl.  (Basel  1618)  Sfi**;  dar  durch  ich  hoff  da.«« 
unszer  her  der  kayser  .  .  .  mehr  wircken  mag  .  .  .  dan 
kein  kayser  die  weil  die  weit  gestanden  ist  Hartmuth 
V.  Cronbero  (Tauntis)  s.9  Küek  (sendhr.  an  Fr.  v.  Siek- 
ingen  1521);  solich  lere  hat  man  xij.  hundert  jar  gelert 
in  der  Christenheit  und  ist  wol  dar  inn  gestanden  Fhf.r- 
LIN  V.  GÜN/.BURO  1,  KW  Enders ;  wilchcs  alles,  wywo! 
es  nicht  wenig  zur  sacho  thut,  sein  mir  doch  ander 
gedancken  yiii  wcge  gestunden  \alia  tamen  ohstitit  eogi- 
tatio),  das  ich  nicht  habe  können  vorstehen  .  .  .  Um. 
V.  HuTTKN  opp.  2,  189.  81  Börking  J>r.  r.  i.w.l);  dieweyl 
sy  (die  heil,  i-äirr)  dort  für  uns  got  gepoten,  ist  es  wol 
/.uo  Saltzburg  gestanden  Bkkthoi.i»  v.  Ciiirm.skk  tetctsche 
theologey  (1588)  *.  16I  Keithmeier;  der  unglawb  wider 
freyen  willen  hat  sich  angehebt  im  Cain  und  gewert 
biszhcr  aU  lang  die  weld  gestanden  ist  271;  ich  bin  gar 
zA  lang  inn  der  vorrede  gestanden  ScMWAHTZKNBERa 
teutach  de.  (1586)  8t>>;    sonder  (ic/i)  bin  ain  ainiges  kind 

Mr. 


1465 


STEHEN  (I,  C.  3,  d) 


STEHEN  (I,  C,  3,  d) 


1466 


» 


Ulyssis,  .  .  .  das  also  unser  namen  und  stam  auss  Ord- 
nung gots  allweg  auf  ainem  haubt  und  menschen  ge- 
standen ist  ScHAiDENREissER  Oclysseü  (1537)  eT*»;  nun 
weysz  doch  niemandt  gewisz,  wo  Babylonia,  Ninive  und 
Troia  . .  .  gestanden  seind  S.  Franck  chron.  der  Teutschen 
(1539)  3'';  yedoch  zeugt  die  histori  der  chronick,  jr  hertz 
sei  nit  recht  mit  gott  gestanden  tceltb.  38*;  gestanden 
seind  Wickram  i,  6,  24,  «.  oben  B,  2,/,  rj,  dd;  wie  wol 
Deutschland  sey  gestanden,  ehe  der  bracht  und  hoffart 
eingerissen,  .  . .  will  ich  jetzunder  nit  anrflren  Musculus 
hosentetiffel  s.  24  neudr.;  mein  weyb  gab  mir  eben  vor 
drey  tagen  ein  solch  kelbern  brätlein;  ich  glaube  gäntz- 
lich,  sie  seind  an  einem  ochssen  gestanden  Lindener 
8.  111  Lichtenst.  {Katzip.  154,  nr.  54);  dazu  hat  gott  also 
diesem  volck  einn  eusserlich  regiment  gefasset,  das  vom 
auszug  aus  Egypten,  bisz  zum  leiden  unnd  zur  auffer- 
stehung  Christi,  m.d.xliij.  jar  gestanden  ist  corp.  doctrinae 
Christ.  {Lpz.  1560)  850  (Melanchthon  exam.  der  ordinan- 
den);  die  Persier  haben  etwann  ein  grosz  reich  unnd 
gewalt  besessen,  aber  so  offt  sie  sich  understanden  die 
grentzen  Asie  zu  über  schreiten,  seindt  sie  nicht  allein 
jhrs  reichs,  sonder  auch  jhr  selbst  halben  in  gefahr  ge- 
standen Xylander  Pclybius  {Basel  1574)  1  (jcegl  a<p(vv 
ixivövvfvaav  l,  2,  2);  dann  .  .  .  jnen  {d.  Römern)  jre  sinn 
unnd  gedancken  vormals  auff  das  meer  nie  gestanden 
waren  14  {ovo'  inlvoiav  ovösnote  notTjadfievoi  rfjg  d-a- 
i.üxxrjq  1,  20,  12);  in  solchem  sengenden  stand  ist  er 
gestanden  bisz  auff  ein  jar  unnd  zehen  monat  Garg. 
s.  1G8  neudr.;  denn  wo  er  die  krön  verloren  hett,  so 
were  es  gar  übel  umb  die  Christenheit  gestanden  buch 
d.  liebe  {Frank/.  1587)  27«;  ich  bitte  dich,  ...  du  wollest 
mir  sagen,  was  die  jungfrauw  Rosamunda  mit  dir  geredt 
hat,  als  du  den  heutigen  tag  bey  jhr  gestanden  bist  237*»; 
chiromantia,  ist  das  gestirn  im  menschen,  wie  der  him- 
mel  gestanden  ist  zu  seiner  zeit  der  gehurt  Paracelsos 
opp.  (1616)  2,  510  A; 

Tewrdannck  sprach :  in  grosser  gefar 
bin  jch  gestanden,  das  glaub  fürwar 

Teuerd.  48,  70; 

ich  gloub,  dass  fich  der  zagel 

nit  hert  soll  gstanden  sin ! 
N.  Manuel  «.  25  Bächtold  {Bicoccalied,  1522, 14,  8) ; 

du  weist  doch,  wie  es  mir  und  dir 

am  sontag  ist  so  gnaw  gestanden, 

da  ich  gar  kaum  enttrann  den  banden 

deins  herm  H.  Sachs  4,  3,  S*»; 

darhinter  ich  gestanden  pin 

foitn.  gp.  7,  41  neudr.  (77,  127) ; 

als  dwält  noch  nit  was  gstanden  lang, 
erhfib  sich  solcher  zanck  und  not 

H.  R.  Manuel  weimpiel  1794; 

so  lang  ich  hie  gestanden  binn, 
gedacht  ich  stets  in  meinem  sinn, 
kein  weiser  mensch  wer,  weder  du 

Alberus  /ab.  59  neudr.  (13,  27); 

die  alten  sagen,  das  dabey 

ein  grosser  waldt  gestanden  sey,      • 

der  hab  gereicht  bisz  an  den  Rhein 

159(37,22): 
was  newiich  widerfaren  ist 
eim  herren  der  in  frembden  landen 
ist  auff  einr  hohen  schäl  gestanden 

SCHEIDT  Grobianut  4784; 

steinhertzig  ist  wer  da  nit  glaubt, 
wie  jr  gemfit  gestanden  sey 

frölich  heimfart  C  4* ; 
mein  fäs  ist  gestanden  in  richtikait 

Melissus  p*.  t.  95  neudr.  (26,  12). 

diesen  belegen,  die  sich  mehren  lieszen  und  bei  denen  die 
perfectiven  gebrauchsweisen  ganz  ausgeschieden  sind,  stehen 
nur  tcenige  quellen  mit  haben  gegenüber,  so  das  Alsfeld, 
passionssp..  s.  d.  belege  B,  4,  d,  6;  ferner:  so  sie  .  .  .  sehen 
wie  es  umb  sie  steet  und  gestanden  hat,  so  hebt  sich 
denn  iamer  und  not  mit  jn  Joh.  Thauler  serm.  (1508) 
89»;  von  dem  herkumen  der  landgraffen  von  Hessen, 
und  wie  d'  befründet  haben  mit  dem  künig  von  Ungeren 
und  andern  fürsten  und  herren,  und  wie  lang  dz  ge- 
standen hat  Eulensp.  s.  39  ndr.  (27.  hist.);  ich  hab  da 
vast  nach  gestanden,  und  got  alle  zeit  gebetten,  das  der 
heilig  geist  solt  in  mich  kumen  139  (90.  hist.),  doch  da- 
neben: wer  ich  da  gestanden,  so  bot  mich  der  stein  oder 

Mr. 


der  balck  zu  tod  gefallen  s.  31  (21.  hist.).  ferner:  darumb 
sind  die  .  .  .  gottis  .  .  .  feinde,  die  nach  grosser  gewalt 
gestanden  haben  J.  Agricola  sprichic.  (1534)  B  1;  ir  {der 
bischöfe  zu  Rom)  beschlus  hat  dahin  gestanden,  Juris- 
diction und  gewalt,  über  andere  bischoffe  und  kirchen 
zu  bekomen  Sleidanus  reden  (1542)  *.  179  Böhmer;  man 
weiszt  .  .  . ,  das ,  wo  d.  Johann  Eccius  .  .  .  hett  nach 
grossen  kirchenpfründen,  und  kirchengüttern  gestanden, 
das  jme  solche  .  .  .  der  babst  .  .  .  mit  nichten  versagt 
hette  Joh.  Nas  antipap.  eins  u.  hundert  1  (1567),  ll*»;  herr 
Leonhard  Kreuzheim  ...  ist  diese  zeit  hofprediger  ge- 
wesen; hat  gänzlich  darauf  gestanden,  dasz  er  hätte 
sollen  bademutter  sein  Schweinichen  l,  38;  um  diese 
zeit  ist  eine  grosze  unerhörte  kälte  eingefallen,  .  .  . 
welche  etliche  tage  gestanden  hat  3,  218.  es  ist  zu  be- 
achten, dasz  diese  bildung  am  häufigsten  in  der  bedetUung 
'dauern'  {s.  unter  II,  D)  begegnet,  demnächst  in  stehen  nach. 
streben  (II,  C,  8)  und  stehen,  sich  verhalten  (wol  stehen,  es 
steht  um  .  .  .,  vgl.  II,  D). 

y)  dieser  allgemeine  Sprachgebrauch  erleidet  eine  auf- 
fällige ausnähme,  noch  consequenter,  als  sonst  sein  gilt, 
icird  nämlich  die  Umschreibung  mit  haben  angeicendet. 
Kenn  stehen  in  der  bedeutung  'kosten'  gebraucht  wird 
{s.  unter  II,  D) :  hat  mich  die  zcerunge  gestanden  zcehen 
rinsche  gülden  Spangenberger  urk.  v.  1514  bei  Dief.- 
Wölcker  863;  das  sol  euch  reitzen,  wil  er  sagen,  zu 
der  furcht  gottes,  darin  jr  stehen  solt,  das  jr  gedencket, 
wie  viel  es  gestanden  hat,    das  jr  erlöset  seid  Luther 

2,  333*;  es  ist  hie  kein  schertz,  mit  der  christlichen 
freiheit,  ...  sie  hat  unsern  lieben  getrewen  heiland  .  .  . 
zu  viel  gestanden  3,  55'' ;  das  es  die  warheit  ist,  Carolus 
habe  vom  bapst  nichts ,  on  den  blossen  ledigen  namen 
römischer  keiser,  .  .  .  aber  solcher  lediger  name,  hat  die 
Deu[d]schen  viel  gestanden  8,  247»;  das  yhr  gedencket, 
wie  viel  es  gestanden  hatt,  das  yhr  erlöset  seyt  12,  291,  2 
Weim.  ausg.;  ich  bin  gleich  mit  dem  blut  erkaufft,  do- 
mit  Petrus  erkaufft  ist,  ich  hab  gleich  szovil  gestanden 
als  ehr  14,  373,  16;  der  einige  Christus  ist  für  mich  und 
dich  gegeben,  ich  hab  in  ja  so  viel  gestanden,  als  in 
Maria,  die  propheten  und  alle  heiligen  gekostet  haben 
16,  311,  18;  wie  es  got  so  hoch  verdreust  .  .  .,  wenn  seyn 
wort  verschmehet  wyrd,  das  so  tewer  und  so  köstlich 
ist,  das  yhn  seynes  lieben  sons  blut  gestanden  hat  17, 
1,  358,  24;  gott  achtet  seine  gaben  thewer  und  werd,  es 
hat  yhn  auch  viel  gestanden,  seines  sons  blut  daran 
gewand  24,  679,  19;  gedencke  dran,  wie  du  dich  gehalten 
und  was  du  mich  für  mähe  gestanden  hast,  das  ich 
deine  sfinde  abwandte  28,  761,  31  (dafür  in  Rörers  nttch- 
sehr. :  denck  dran  was  mich  dein  schwere  sunde  für 
muhe  gekost  hat  z.  12) ;  was  hat  es  gestanden,  weil  wir 
noch  munchen  sind  gewesen  und  haben  dennoch  da  mit 
nichts  ausgericht,  was  hat  es  nur  kostet,  das  man  so 
viel  kloster  gebawet  .  .  .  hat?  32,  llO,  32;  oportet  illos 
puerum  praesentare  und  myt  eynem  orthsfl  iöszen  et 
deinde  annuatim  primogenitum  ter  praesentare  Hierusa- 
lem  et  redimere.  es  hat  sie  vil  gestanden  primogenitus 
34,  1,  146,  17;  ein  gar  köstlichen  tegen,  so  allenthalben 
mit  Silber  beschlagen,  mer  denn  zwentzig  gülden  gestan- 
den hat  Wickram  2,  110,  16  Bolte  {unger.  son  A4'');  aber 
dise  glori  und  rhüm  hatt  jn  nachmals  gar  thewr  ge- 
standen Hedion  Comines  (l55l)  13«;  gleich  wol  hat  es 
mich  nicht  geringe  mühe  und  arbeit  gestanden,  das 
ich  .  .  .  jede  versz  aber  in  so  viel  sylben,  als  die  im 
frantzhösischen  seind,  ...  in  das  deutsch  gleich  wie 
zwingen  müssen  A.  Lobwasser  psalter  (1573)  vorr.  7'» 
(2.  dedication);  es  gab  der  herr  vater  von  mir  eine 
Wochen  kostgeld  vierzehn  weiszgroschen  .  .  .  aber  ich 
hieb  gleichwohl  über  die  schnüre,  dasz  ich  die  zeit  über, 
so  ich  zum  Goldberg  gewesen,  mit  dem  losament  dem 
vater  gestanden  habe  64rthl.  Schweinichen  1, 46  (o.  1566); 
und  hat  solches  begräbnisz  ifg.  über  1400  thl.  gestanden 

3,  46  (a.  159.1) ;  zu  folg  ergangener  haupturtheil,  in  welcher 
anwaldts  herrn  principal  Jesu  von  Nazareth  alle  ge- 
richtskosten  unnd  schaden  zugesprochen,  so  übergibt 
desselben  anwaldt  nachfolgende  designation  expensamm, 
unnd  erbeut  sich,  dasz  er  auff  den  fall  oder  notturfft 
bey  seinem  letzten  eydt  erhalten  wolle,  dasz  seinen 
principaln    diose    recbtfertigung    noch    viel    ein    anders 

Hr. 


1467 


STEHEN  (I.  C,  3,  d-e) 


STEHEN  (I,  C,  3,  e—f) 


1468 


annd  mehrers,  als  auffgezeichnet,  gekost  und  gestanden 
habe  Atrer  hist.  proe.  juris  (1600)  383  (l,  16); 

salben  ban  ich  hir  genungk, 

die  ich  äff  inineni  ruck  druck 

von  g8Lr  ferade  landen  : 

die  ban  mich  viel  gestanden 

Al^eider  passionsep.  7569. 
e)  allmählich  vollzieht  sich,  im  zunammenhange  mit  der 
Verschiebung  des  Schwerpunkts  der  hd.  liieratur  nach 
norden  und  der  stärkern  betheiligung  des  eigentlich  niederd. 
gebiets,  ein  wmschicung  zu  gunsten  von  haben,  das  nicht 
nur  das  mitteld.  gebiet  erobert  bezw.  zurückerobert,  son- 
dern in  steigendem  masze  auch  von  oberd.  autoren  ge- 
braucht wird,  souxit  sie  eine  mundartliche  sprachfärbung 
meid  €71. 

a)  dieser  wandet  ist  in  den  grammatiken  und  Wörter- 
büchern zu  beobachten,  so  schon  bei  Clajus  gramm.  Gferm. 
linguae  (1678):  per.  ich  habe,  et  bin  gestanden  102,  20 
Weidlung.  ferner:  standt  ein  ort  da  man  stehet,  oder 
gestanden  hat,  item  stehen  kan  Hulsius  (1616)  306». 
aber  (wegen  des  perfectiven  gebrauchest):  quater  ipse  in 
limine  portae  substitit.  ist  viermal  still  gestanden  CoR- 
viNUS  fons  latin.  (1660)  609».  der  norddeutsche  Schottel 
(1663)  gibt  s.  573:  ich  bin  gestanden,  ebenso  Stieler  (1691) 
2,  176  und  noch  Frisch  2,  826*>  und  Gottsched  sprachk.^ 
(1762)  354.  dagegen  gebraucht  Kramer  in  seinem  teutsch- 
ital.  dict.  (1702)  haben  und  sein  neben  einander,  wobei 
nur  insofern  ein  unterschied  erkennbar  ist,  als  in  der 
eigentlichen  bedeutung  ausschlieszlich  sein  angewendet  wird: 
ich  bin  die  gantze  predigt  durch  gestanden,  der  mann 
hat  wol  gestanden,  es  hat  wol  mit  (um)  ihn  gestanden, 
seine  sachen  seynd  wol  gestanden  .  .  .  damals  ists  in 
der  weit  anders  gestanden,  die  schuld  hat  lang  gnug 
gestanden,  er  ist  lang  zu  Rom  gestanden,  zur  zeit,  als 
der  grosse  erschreckliche  comet  gestanden  ist.  wie  seynd 
zur  selben  zeit  die  planeten  gestanden?  das  werck  etc. 
hat  lang  still  gestanden  929*».  und  Steinbach  2,  667  giebt 
bereits  an:  gestanden  (ich  habe,  quibusdam  ich  bin). 
nachdem  dann  Frisch  und  Gottsched  sich  wiederum 
für  sein  entschieden  haben,  hat  Adelung  den  heute  gel- 
tenden Sprachgebrauch  fixiert,  indem  er  bemerkt:  'im 
oberdeutschen  ist  dieses  zeitwort,  so  wie  sitzen  M?id  liegen, 
m,it  dem  hülfswort  seyn  üblich  .  .  .  welches  auch  wohl 
einige  hochdeutsche  nachahmen  .  .  .  obgleich  die  hochd. 
mundart  eigentlich  nur  allein  das  hülfsuvrt  haben  kennt. 
diese  und  andere  beyspiele  haben  denn  auch  wohl  einige 
Sprachlehrer  bewogen,  dasz  sie  diesem  zeitwort  beyde  hülfs- 
w'örter  beylegen,  tcelches  doch  nieJit  anders  als  m.it  Ver- 
mischung der  mundarten  geschehen  kann'  {anm.  l). 

ß)  in  der  literatur  herrscht  während  des  17.  jahrh.  sein 
noch  uneingeschränkt:  doctor  Vadianus  meldet,  das  anno 
do.  1436.  im  monat  januario  diser  see  {d.  Bodensee)  von 
nberschwencklicher  kelte,  weyt  vom  gstad  hineyn  ge- 
froren, und  doch  das  eysz  in  mercklicher  weyte  nirgend 
züsamen  kommen,  sonder  in  mitten  weyt  offen  gestan- 
den sey  Stumpf  Schwytzerchron.  (1606)  390'';  sölchs  ge- 
Bchach  als  dise  statt  yetz  85  jar  dem  reych  entzogen 
und  in  der  herrschaflt  dienst  gestanden  war  416'';  den 
weg  den  ich  gehe,  ist  jedem  weit  vor  mir  offen  gestan- 
den Guarinonius  grewel  der  Verwüstung  (1610)  7B;  Ovi- 
dius  schreibt,  es  sey  im  hausz  der  Sonnen  ein  sonder- 
barer golt  gemahlt  gestanden  Aeo.  Aluertinus  him- 
ffcAZ«t/fer  (1618)  111;  als  haben  sie  das  oberrecht,  beson- 
dem,  weil  alle  darbei  schwebenden  sachen  ohne  dies 
abgeschrieben  worden  und  die  Zusammenkunft  blosz  in 
obserratione  solemnitatis  gestanden  wäre,  zu  selbigem 
male  zarücke  setzen  wollen  acta  publ.  verhandl.  d.  sehles. 
stände  i.  j.  1881,  «.  280;  Cicerons  vorwerg,  dessen  hier 
erwehnet  wird,  ...  ist  zwischen  dem  berg  Gauro  and 
der  ttadt  Puteol  gestanden  Opitz  i,  41  (=  Vesuviua.  1688, 
*.  tt);  dasz  hier  Petrodava,  welches  Ptolemteus  erweh- 
net, gestanden  aey,  meinen  etliche  144;  Jobst  Maximilian 
. . .  war . . .  wegen  der  festung  WolfTenbflttel  in  ziemlichen 
sorgen  gestanden  Chemnitz  achwed.  krieg  8  (16&8),  M*;  da 
er  den  alles  auBzfUhrlich  . . .  erzchlct,  was  ihme  begegnet, 
worüber  etlichen  die  hahre  sind  zu  berge  gestanden  Risi' 
neue  ptuHonsandachten  (Hamb.  1664)  vorher,  ds»;  du  bist 
in  ]eÜ>-  and  lebens  gefahr  gestanden;  da  hast  dich  be- 
fflrehtot,    Am    gutt,    ehre   und    alle    deine    freyheit   zu 

Mr. 


kommen  Bütschky  hochd.  kam.  s.  462;  ist  doch  der 
sieges-zweig  in  der  mitten  gestanden!  Prätorius  Katzen- 
Veit  (166.>))  A2»;  schahl  .  .  .  wird  von  dem  getr&ncke  ge- 
redet, wen  es  matt  und  lange  gestanden  ist  Gdeintz 
d.  rechtschreibung  (1666)  121 ; 

man  sagt,  Idomeneüs  vorab 

damals  ein  fürst  ausz  Greta  hab 

seins  vatters  königreich  verlassen, 

sey  öd  gestanden  allermassen, 

von  feinden  nicht.belfistigt  mehr 

Spreng  Äneis  (1610)  46»  {hotte  vacare 
domum  Aen.  3,  123). 
dem  steht  nur  gegenüber:  und  wann  der  hoffmeister  die 
schubs&ck  in  der  laqueyen  kleidung  nicht  ersparet  h&tte, 
sein  herr  h&tte  übel  gestanden  Schuppius  31  (andere 
stellen  bei  dems.  sind  nicht  deutlich.  Schupp,  geborener 
Gieszener.  lebte  seit  1649  in  Hamburg,  wo  seine  deutschen 
Schriften  erschienen;  der  'Saloma',  woraus  die  angezogene 
stelle,  1657);  es  hat  nie  so  schlecht  gestanden  und  hanget 
gewiszlich  das  corpus  imperii  anjetzo  kaum  mit  einem 
seidnen  faden  zusammen  Leibniz  deutsche  sehr,  i,  166; 
was  war  das  vor  eine  grosse  stadt,  das  Jerusalem', 
welches  sie  in  der  opera  da  vorstelleten,  .  .  .  und  zer- 
störeten  da  das  ding  auch  so  lästerlich,  dasz  man  .  .  . 
nicht  einmahl  sähe,  wo  es  gestanden  hatte  Chr.  Reuter 
Schelmuffsky  (vollst,  ausg.)  s.  31  neudr.  —  für  den  unter 
d,  y   behandelten  fall  fehlen  belege  aus  dieser  zeit. 

y)  in  der  ersten  hälfte  des  li,.  jahrh.  beginnt  dann  die 
Wiedereinführung  von  haben,  und  zwar  sind  es  eine  reihe 
gleichzeitiger  obersächsischer  autoren,  die  hier  vorangehen: 
Schnabel  (geb.  1692),  Rabener  (Leipz.  1714),  Gellert 
(Erzgeb.  1716),  J.  E.  Schlegel  (Meiszen  1719);  dieser  nun 
und  unser  Eibenstein  hatten  .  .  .  auch  immer  vor  einen 
mann  gestanden,  wenn  sie  von  den  andern  attaquiret 
worden  cav.  im  irrg.  (i74€)  515;  ich  bin  stolz  darauf,  .  .  . 
dasz  ich  seit  vielen  jähren  mit  ihnen  in  einem  ver- 
trauten briefwechsel  gestanden  habe  Rabener  6,  93  (br. 
V.  1757);  zweymal  hat  meine  tochter  zu  gevattern  ge- 
standen Gellert  3,  177  (betschw.  2,  i);  du  .  .  .  willst  mehr 
seidenes  zeug  und  silberwerk  kommen  lassen,  als  noch 
kaum  da  gewesen  ist,  so  lange  das  schlosz  gestanden 
hat  J.  E.  Schlegel  3,  670  (d.  fracht  zu  Lautheim  3,  5). 
zu  ihnen  gesellt  sich  auffälligerweise  ein  Schweizer:  (Homer 
erzählt,)  dasz  er  (Neptuntis)  .  .  .  auf  den  hohen  rückgrat 
des  waldigten  thracischen  Samos  hinaufgestiegen,  da- 
mit er  von  der  höhe  das  gefechte  der  Trojaner  und  der 
Griechen  betrachtete,  weil  ihm  allda  der  gantze  berg 
Ida,  die  haupt-stadt  des  königs  Priamus,  und  die  schiffe 
der  Acheer  im  gesiebte  gestanden  hätten  Breitinger 
crit.  diditk.  (1740)  1,  434.  sonst  halten  die  süddeutschen 
autoren  an  sein  fest: 

dann  die  ulanerwacht  war  so  gepaart  gestanden 
bis  dabin,  wo  bereits  die  zelte  sich  befanden 

V.  KoENio  ged.  (1746)  203; 
so  schrie  mein  satyr  gleich :  die  scb&rffste  Striegel  her ! 
und  wenn  auch  rad  und  schwerdt  darauf  gestanden  w&r 
Günther  485  (quodsi  etiam  tub  poena  rotae  et 

gladii  prohibitum  Juittet  Stkinbach  2,  668); 

noch  bey  lebzeiten  des  letzten  herzogs  Sachsen-Röm- 
hildischer  linie  ist  ein  lust-  oder  trink-ort  hier  gestan- 
den Uz  s.  335  Sauer,  vielleicht  ist  es  auch  nicht  ohne 
bedeutung,  dasz  diese  letztern  {rers-)diehter  sind,  tcährend 
die  Umschreibung  mit  haben  zuerst  in  prosaischen  quellen 
üblich  wird,  es  ist  wohl  denkbar,  dasM  die  bildung  mit 
sein,  toeil  veraltend,  als  poetischer  empfunden  wird. 
(spätere  sehles.  autoren,  irt«  HoLTEl,  sagen:  ich  habe  ge- 
standen, s.  u.) 

f)  seit  mitte  des  18.  jahrh.  steht  die  heiMge  geogra- 
phische  vertheilung  fest:  norddeut.yche  autoren  bilden  da» 
perf.  mit  haben,  süddeutsche  mit  sein,  tu  jen«n  gthOnn 
nicht  nur  die  xrhriflsteller  des  urapr.  nd.  g$biatm,  mm- 
dem  auch  die  hauptmasae  der  miUddndachen,  he».  HeMtin, 
Thüringer,  Obersaeheen,  Sekleeier;  tu  diesen  die  alem. 
(achweit.,  sehwäb.)  u.  bair.-ötterr.,  d4uu  auch  die  ottfränk. 
autoren.  also  kttrt:  nördlich  der  Mainlinie  gilt  haben, 
südlich  sein. 

a)  haben  bei  norddeutschen  aehr\ftstellem :  das  frauen- 
zimmer  schien  irgendwo  als  französinn  oder  kammer- 
mädchen  gestanden  zu  haben  Dusch  krit  u.  tatyr. 
Schriften  (17&M)  174;    dieses  hätte  in   eurer  gewalt  gestan- 

Mr. 


^ 


1469 


STEHEN  (I.  C,  3,  f) 


STEHEN  (1,  C,  3,  f) 


1470 


den  {vTiaQXOv  ye  vfxZv)  Heilmann  Thuc.  (1760)  395  (3, 
63);  er  hatte  in  verschiedenen  ansehnlichen  buchhand- 
langen in  Holland,  Frankreich  und  Italien,  als  hand- 
lungsdiener  gestanden  Nicolai  Sei.  Xothanker  (1773)  i,  21 ; 
es  würde  mir  .  .  .  schlecht  zu  gesiebte  gestanden  haben, 
über  die  so  zuverlässige  unterscheidungskraft  seines  ge- 
schmacks  zu  spotten  Thümmel  reise  5,  413;  der  .  .  .  bey 
ihrem  abgang  in  begriff  gestanden  hätte,  in  sein  Vater- 
land zu  gehen  9,  158;  dieses  einträgliche  gewerbe  war 
für  einen  gewissen  obersten  von  Champigny,  der  ehe- 
mals in  französischen  diensten  gestanden  hatte  Archen- 
HOLTZ  England  u.  Italien  (1785)  1,  119;  die  guten  mäd- 
chen!  wie  auf  kohlen  haben  sie  gestanden  Bretzner 
d.  räuschgeni,  iS;  nun  hatte  die  höflichkeit  des  gnädi- 
gen herrn,  der  ohnedem  eine  Zeitlang  in  französischen 
diensten  gestanden  hatte,  noch  eine  besondere  spring- 
feder  Lenz  3,  iio;  dass  ...  die  ganze  Staatsmaschine 
bald  gestanden  haben  würde  Klinger  6,  322  (rewen  vor 
d.  sündß.  18);  Valentin  {bringt  weisser):  hier,  herr  hof- 
rat! hofrat:  es  ist  trübe.  Valentin:  beileibe  —  hofrat 
(kostet):  hat  über  nacht  gestanden  Iffland  d.  hagestolzen 
1,  4;  nie  hatten  meine  gedanken  nach  Amerika  gestan- 
den Arndt  werke  i,  106  Bosch;  ihre  mutter  war  einige 
neunzig  jähr  alt  geworden,  und  auch  diese  hatte  wie 
ihr  mann  in  dienenden  Verhältnissen  zur  familie  ge- 
standen H.  Steffens  was  ich  erlebte  l,  84;  so  deutet  auch 
der  nähme  des  ager  Vaticanus  auf  eine  stadt  Vati- 
cum  ....  die  einst  in  seinem  umfang  gestanden  haben 
musz  NiEBUHR  röm.  gesch.  2,  528;  da  hat  einer  dem 
schallloch  gegenüber  auf  der  treppe  gestanden  Grimm 
märchen,  nr.  4;  sonst  würden  auf  diesem  felde  die  wun- 
derbarsten entdeckungen  ihnen  offen  gestanden  haben 
J.  Grimm  s.  th.  l,  *.  X  (vorw.);  ich  war  als  mohr  ver- 
kleidet und  man  behauptet,  dasz  es  mir  sehr  gut  ge- 
standen hätte  Pückler  briefw.  i,  320;  eben  hieraufwar 
die  Sendung  Aleanders  berechnet,  der,  ehe  er  nach 
Rom  kam,  in  diensten  des  bischofs  gestanden  hatte 
Ranke  werke  l,  327;  sie  (d.  Taboriten)  würden  die  weit 
im  namen  gottes  in  eine  wüste  verwandelt  haben,  wenn 
es  in  ihrer  macht  gestanden  hätte  2,  5;  er  (Münchhausen) 
hatte  mit  Cagliostro  in  Verbindung  gestanden  Immer- 
mann Münchh.'^  1,  i  (1,11)  u.  ö. ;  kennen  sie  ihn  denn 
gar  nicht?  haben  sie  niemals  in  einem  verhältnisz  mit 
ihm  gestanden?  Holtei  erzähl,  sehr.  2,  7  u.  ö. ;  hätten 
nur  fünfzig,  nur  zehn  gutsbesitzer,  die  über  die  Verord- 
nung damals  lauter  schrieen  als  ich,  nämlich  in  ihren 
vier  wänden,  zu  mir  gestanden,  es  wäre  anders  ge- 
kommen Alexis  Isegrimm  310;  einer  von  den  herren 
Vorrednern  hat  vorhin  betont,  dasz  es  früher  noch  viel 
schlechter  mit  dem  ersatze  der  Unteroffiziere  gestanden 
habe  als  jetzt  Moltke  sehr.  7,  78  (rede  vom  16.  dec.  1881); 
jedenfalls  hätte  es  in  der  Willkür  Ruszlands  gestanden, 
die  östreichisch-französische  freundschaft  durch  seinen 
zutritt  zu  einer  übermächtigen  coalition  auszubilden 
BiSMARCK  gedanken  u.  erinn.  2,  170;  diejenfgen  gemein- 
den, die  seit  anfang  des  krieges  auf  selten  der  Römer 
gestanden  hatten  .  .  .  behielten  ihre  mark  und  wurden 
freistädte  Mommsen  röm.  gesch.^  2,  38;  so  sollen  bei 
Sullas  landung  lOOOOO,  später  sogar  die  doppelte  anzahl 
von  bewaffneten  gegen  ihn  gestanden  haben  319  (u.  oß); 
übrigens  hat  er,  ich  meine  den  onkel,  mal  in  ihrem 
regiment  gestanden  Fontane  werke  5,  157;  aber  das 
bineinstarren  in  die  flamme  war  ihm  bald  nicht 
weniger  unheimlich  als  das  bild,  das  eben  drauszen  vor 
seiner  seele  gestanden  hatte  6,  45  (quitt.  6);  das  neue 
und  unerhörte  war  die  weit  der  anschauung,  die  sich 
jetzt  aufthat,  wo  bisher  blosze  klänge  gestanden  hatten 
JüSTi  Winckelmann  l,  369;  vorher  hatten  doch  einige 
zweige  des  kunstgewerbes  noch  in  leidlicher  blüthe  ge- 
standen Treitschke  deutsche  gesch.  i,  267;  sein  gelb- 
graues  haar  hatte  ihm  in  langen  strähnen  um  den  köpf 
gestanden  Polenz  büttnerbauer^  155;  der  mond,  der 
schon  bei  tage  als  blasse  halbschelbe  am  himmel  ge- 
standen hatte,  gewann  glänz  Seidel  2  (vorstadtgesch.),  266; 
hat  er  (d.  hauptmann)  nicht  drei  tage  lang  .  .  .  wie  ein 
pfähl  im  sande  gestanden  und  menschen  und  pferde  ge- 
mustert? Frenssen  Jörn  UM  (i902)  250;  sie  stand  mit 
Hellbach  vor  einer  berühmten  Venus  auf  rotem  sammt- 

Mr. 


divan,  die  der  sage  nach  die  prinzessin  Orsina,  mme. 
ReiUe,  darstellen  sollte,  die  nach  dem  illustren  Vorbild 
von  Pauline  Borghese  einem  ihrer  künstlerfreunde  so 
gestanden  hatte  Hans  v.  Kahlenberg  Eva  Sehring 
(1901)  146; 

Uriel  aber,  der  engel  der  sonne,  hatte  schon  lange, 
fortzueilen  bereit,  auf  den  höhn  der  gebirge  gestanden 
Klopstock  Mess.  8,  369/.  ,• 

hätt'  ich  deinen  sanften  gang  nicht  vernommen, 
nicht  deiner  lispel  stimme  gehört; 
so  hätt'  auf  des  liegenden  kalten  stim 
gestanden  mit  dem  eisernen  fusze  der  tod ! 

öden  1,  «.  121,  8  Muncker-Paviel  {'d.  genemng'). 

ß)  sein  bei  süddeutschen  schriftsteilem:  wann  glaubst 
du,  .  .  .  sind  die  römischen  sachen  besser  gestanden, 
von  der  zeit  an,  da  ihr  ganz  mit  purpur,  gold  und  edlen 
steinen  bedeckt  sey[d]?  M.  J.  Schmidt  gesch.  der  Deut- 
schen (Ulm  ins)  1,  126;  hinter  den  Franken  werden  wir 
ein  reich  gewahr,  das  von  dem  Harz  bis  an  den  Mayn- 
strom  reicht,  und  schon  eine  ziemliche  zeit  musz  ge- 
standen seyn,  bis  es  zu  seiner  iezigen  macht  und  ein- 
richtung  gelangt  ist  199;  schon  oft  und  gern  ist  der 
hausfreund  dabei  gestanden  oder  gesessen  Hebel  3,  48; 
weil  alsdann  nach  365  tagen  und  ungefähr  6  stunden  alles 
wieder  so  wird,  und  alles  wieder  so  steht,  wie  es  vor 
eben  so  vieler  zeit  auch  gestanden  ist  158;  aber  war' 
ich  vor  vier  tagen  hier  gestanden  J.  Paul  bei  Campe; 
besonders  der  eine  der  beiden  meerbusen  hätte  mich 
freuen  sollen,  war'  ich  ein  Jahrtausend  früher  hier  ge- 
standen Hölderlin  2,  67  Litzmann  (Hyperion  1,  l) :  die 
anderen  in  Württemberg  lebenden  Stockmayer  müssen 
in  keiner  nähern  Verwandtschaft  mit  ihm  gestanden 
sein  Kerner  bilderb.  (1849)  39;  vor  vielen  tausend  .  .  . 
Jahren  ist  das  schlosz  Brandis  nicht  da  gestanden,  wo 
das,  welches  im  Übergang  1798  verbrannt  ist,  sondern 
auf  dem  darüber  liegenden  hügel  Gotthelf  4,  41  Vetter; 
wir  sind  eigentlich  gar  nicht  gut  g'standen  mit  der 
frau  .  .  .;  allein  ich  hab's  doch  nit  ungern  g'habt  Pocci 
lust.  komödienbüchl.  (1877)  126;  bei  dieser  hast  fiel  die 
leiter  um,  darauf  der  angeknüpfte  mit  den  füszen  ge- 
standen war  Leoprechting  aus  d.  Lechrain  102;  plötz- 
lich ist  alles  vor  mir  gestanden,  was  zu  vergessen  ich 
auf  und  davon  gegangen  M.  v.  Ebner-Eschenbach  4,  83; 
ja,  wenn  er  sich  nur  öfters  hätte  ärgern  können,  es  ist 
ihm  gut  gestanden  206;  jedes  kind  im  dorf  weisz,  wie 
mein  mann  und  der  selige  gegen  einander  gestanden 
sind  Felder  Sonderlinge  2,  288; 

o  wie  beschaemt,  wie  bestyrzt,  Narcissa,  waerst  du  gestanden 
haette  dich  mitten  im  tanz  einst  der  gedank  yberraschet,  .  .  . 

dasz  engel  dir  zusehn? 
Wibland  2,  16  Berl.  ausg.  (jbr.  von  verstorb.  2,  202) ; 

du  bist  in  Niederlanden 
vordem,  o  held,  gestanden 

RCCKERT  wert«  1,  90  ; 

es  ist  ein  bänmlein  gestanden  im  wald        3,  5 

auf  Monte  Mario  bin  ich  heut'  gestanden      5,  17 

allein  da  meinst,  dir  sei  nicht  bang,  .  . 
du  seist  gestanden  säkul'  lang 
und  würdest  femer  stehn? 

Grillparzer*  2,  22  (Kolotseum) ; 

da  musz  eine  stadt  gestanden  sein 
H.*.rtmann-Abele  volksschaugp.  «.  35  (VI,  202). 

Y)  die  ausnahmen  sind  nicht  sehr  zahlreich,  am  be- 
merkenswerthesten  ist,  dasz  auch  eine  reihe  von  alem.,  bes. 
Schweiz..  Schriftstellern  haben  gebraucht,  was  tn  manchen, 
doch  nicht  in  allen  fällen  durch  aufenthalt  in  Nord- 
deutschland erklärt  werden  kann  (vgl.  Breitinger  unter 
e,  y):  aus  Frankfurt  .  .  .,  wo  er  zwey  jähre  als  kellner 
gestanden  hat  Pfepfel  jpros.  vers.  i,  13;  nachdem  im 
verlauf  der  Jahrhunderte  das  namengebende  geschlecht 
im  Volke  verschwunden,  machte  ein  lehenmann  den 
dorfnamen  zu  seinem  titel  und  baute  ein  schlosz,  von 
dem  niemand  mehr  weiss,  wo  es  gestanden  hat  Keller 
1,  11;  da  vernehme  ich,  dasz  schon  in  den  gestrigen 
abendzeitungen  die  nachricht  von  einem  groszen  feuer 
gestanden  hat  2,  219;  ein  haus,  .  .  .  das  an  der  stelle  ge- 
standen habe,  wo  jetzt  das  gärtchen  gegen  die  strasze 
hervortrete  J.  V.  Widmann  tn:  unter'm  fimelicht  326.  — 
ähnlich  verhält  es  sich  \cohl  mit  Göthe  und  Schiller, 

Mr. 


1471 


STEHEN  (I,  C,  3,  f) 


STEHEN  (I,  C,  3,  f-l\,  A,  1.  d) 


W72 


die  beide  Umschreibungen  aufweisen,  jener  gebraucht  sein, 
nicht  nur  in  dem  süddeutsche  mundart  nachahmenden 
'  Schweixerlied' : 

in  ä  garte 

bin  i  gestände  GOthe  1,  169, 

sondern  auch  sonst  in  seiner  ersten  zeit:  wenn  ich  nicht 
schon  hundertmal  auf  dem  punkte  gestanden  bin,  ihr 
um  den  hals  zu  fallen!  16,  129  {Werther  2,  30.  oct.);  da- 
gegen herrscht  in  'Wilhelm  Meisters  lehrjahren'  durch- 
gängig haben:  Horatio  kennt  den  alten  könig,  denn  er 
hat  seinen  letzten  schlachten  beigewohnt,  hat  bei  ihm 
in  gunsten  gestanden  19,  162  (5,  4) ;  ich  las  die  bücher, 
weil  sie  von  ihm  kamen;  und  wuszte  am  ende  kein 
wort  von  alle  dem,  was  darin  gestanden  hatte  290  (6); 
ich  hatte  mit  einer  dame  in  der  nachbarschaft  .  .  . 
immer  in  gutem  Verhältnisse  gestanden  20,  53  (7,  6);  doch 
auch  später  noch:  nach  langem  warten  .  .  .  habe  der 
despot  sein  ungeduldiges  miszvergnügen  nicht  verbergen 
können  und  die  gesellschaft  sey  in  furcht  gestanden, 
.  .  .  eine  scene  zu  erleben  28,  221/.  (ital.  reise  2,  13.  may 
1787).  noch  deutlicher  ist  dies  verhältnisz  bei  Schiller, 
der  anfangs,  in  der  heimath,  sein  gebraucht,  später  zwi- 
schen haben  und  sein  wechselt  {letzteres  im,  eigentlichen 
sinne  bevorzugt):  einverleibt  dem  äskulapischen  orden, 
bin  ich  gestanden  an  deinem  altare  l,  200;  dieser  huld- 
reiche erwärmende  blick  —  war  er  vor  meinem  bette 
gestanden,  ich  hätte  gelebt  mitten  im  tode !  2,  66  {räuber 
2.  2); 

es  hätte 

bey  mir  gestanden,  einen  neuen  morgen 

heran fzuführen  über  diese  reiche 

5,  2,  387  {don  Karl,  i,  21); 
was  nur 

in  deinen  kleinen  kräften  hat  gestanden, 

das  hast  du  redlich  heut'  an  mir  gethan! 

6,  226  {Iphig.  i.  Auliib,  6,  1804); 

höher  war  die  österreichische  macht  nie  gestanden,  als 
nach  dem  siege  Carls  V.  bei  Mühlberg  8,  13;  fünfzehn 
tage  schon  hatten  beyde  armeen,  durch  gleich  unersteig- 
Ijche  verschanzungen  gedeckt,  einander  im  gesiebte  ge- 
standen 271;  dieser  Ursel,  ein  Gallier  von  gehurt,  war 
ehedem  in  römischen  kriegsdiensten  gestanden  9,  191; 

ich  bin  vor  hoben  fürsten  nie  gestanden 

13,  248  {jungfr.  v.  Orl.  2,  10). 

rf)  »eltner  ist  der  umgekehrte  fall,  dasz  norddeutsche 
autoren  neben  dem  ihnen  natürlichen  haben  auch  sein 
verwenden;  so:  Leander  hat  schon  lange  zeit  in  dem 
besten  vernehmen  mit  ihr  gestanden  Lessing  i,  S5i 
{misogyn  1,  4);  hätte  herr  professor  Gottsched  nicht  in 
dem  wahn  gestanden,  dasz  ein  autor  auch  zu  derjenigen 
zeit  müsse  gelebt  haben,  ...  6,  53  {litt.  br.  l,  30);  daneben: 
und  wie,  wenn  vielleicht  gar  mehrere  in  dem  wahne 
gestanden  wären,  dasz  dem  texte  des  Ramusio  nicht 
ganz  zu  trauen  sey?  9,  213  {z.  gesch.  u.  litt.,  2.  beytr.  VIII). 
während  hier  eine  erklärung  fehlt,  ist  in  andern  fällen 
deutlich  dauernder  aufenthalt  in  Süddeutschland  die  Ur- 
sache: er  hat  mir  lange  genug  bei  dir  im  wege  gestan- 
den Hebbel  2,  18  Werner  {Mar.  Magd.  1,  4);  aus  meinen 
lippen  hätt'  ich  gern  den  verband  gemacht,  wenn  der 
vater  nicht  dabei  gestanden  wäre!  3,  139  {Agnes  Bern. 
1,  2);  nur,  um  zu  sehen,  wie's  ihr  gestanden  hat!  187 
(8,  8,  s.  auch  s.  18.1) ;  er  .  .  .  bemerkte  nicht,  dasz  er  sich 
dem  als  unsicher  verrufenen  schloszgarten,  wo  ehemals 
eine  bürg  gestanden  hatte  .  .  .,  näherte  8,  20;  diese  stei- 
nerne bank  mit  den  greifenköpfen  war  hier  vorhin  nicht 
gestanden  Tu.  Mann  königl.  hoheitM;  da  hatte  er  ge- 
standen, allein  in  der  weit  104;  der  .  .  .  geschickte  junge 
mann  sei  ursprünglich  im  persönlichen  dienste  ihres 
▼aters  gestanden  s&4. 

e)  tuweilen  »eheint  die  ort  der  Umschreibung  auch  durch 
»inn  und  gebrauehsweise  de»  verb»  bedingt  tu  »ein.  ao 
ist  sein  nothuxndig  bei  perfeeÜver  gebraueK»toei»e.  hier 
%»t  allerding»  der  eigenÜiehste  und  wichtigste  fall,  das: 
•teben  eine  bewegung  au»drilekt  {eine  Stellung  rinnrlimm, 
treten.  ».  unten  II,  A,  18),  at^  da»  »üddeutsdie  gebiet  be 
»ehränkt.  wo  sein  ohnehin  gilt:  er  sagte  mir:  ich  Mj  zu 
nahe  vor  den  kOnig  gestanden I  Zimmermann  üb.  Priedr. 
d.  fr.  (1788)  wt;  M  aueh  übertragen:  mir  isfi  trelT-ase 
fCcUnden  Anzenoruber*  6,  M.    «ter  perfectiv  i»t  «a  auek. 

Mr. 


trenn  stehen  da»  aufhören  einer  bewegung  ausdrückt;  so 
besonders  still  stehen  stehen  bleiben,  halt  machen,  wofür 
aueh  stehen  allein,  s.  unten  II,  A,  12;  E,  2.  diese  gebrauchs- 
weise  ist  allgemein  üblich,  und  da  gilt  ala  regel:  ich  bin 
(still)  gestanden,  so  z.  b.: 

still  in  ihrem  lauf  sind  alle  steme  gestanden 

Klopstock  bei  Campe  (1); 

still  war  schon  gestanden  die  ganze  Schöpfung 

ebenda. 

{sonst  hat  Klopstock:  haben,  *.  oben  a.)  vielleicht  er- 
klärt sich  so  auch  der  gebrauch  von  sein  in  folgenden 
stellen,  wo  stehen  i/n  sinne  'einem  standhalten,  nicht 
fliehen  oder  entweichen'  gesagt  ist:  meine  leute  hättest 
du  sehen  sollen!  beiden  waren's!  gestanden  sind  sie 
wie  die  felsen  im  meere  Körner  8,  813  Fischer  {Joseph 
Heyderich  3); 

was  an  ihnen  leibhaft  schien, 

schmolz  wie  ein  hauch  im  winde.  —  ich,  ich  wollt', 

sie  wären  mir  gestanden 

Herder  23,  368  Suphan  {Adraetea  2;  Mach.  1). 

5)  andrerseits  ist  haben  selbstverständlich  bei  reflexivem 
gebrauche  von  stehen  {s.  ernten  II,  A,  15  und  C):  niemand 
hätte  sich  bey  euerer  eintracht  übel  gestanden,  als  der 
Staat  und  das  volk  von  Sicilien  Wieland  8,  177  {Agath. 

12,  10). 

g)  der  gebrauch  der  lebenden  mundarten  läszt  sich  au» 
den  idiotiken  meistens  nicht  erkennen,  vgl.  oben  1,  c.  die 
Umschreibung  mit  bin  ist  ausdrücklich  bezeugt  für  d.  Schiveiz 
(Frommann  3,  207,  17,  Hunziker),  Bayern  (Schmeller' 
2,  709),  das  cimbr.  und  Nürnberg,  —  nur  Visperterminen 
im  Wallis  gebraucht  merktcürdigerweise  haben,  das  sonst 
im  hess.  (Vilmar)  und.  neben  sein,  im  lothr.  und  köln.  gilt. 

II.  gebrauch. 

A)  stehen  im  eigentlichen  sinne,  zunächst  von  lebenden 
wesen. 

l)  stehen  bedeutet  zunächst  die  ruhelage  eines  körpers. 
icobei  seine  längsachse  vertical  gerichtet  ist.  'stehen  .  .  . 
bedeutet,  auf  seiner  kleinsten  seite  riüien,  in  welcher  Stel- 
lung ein  körper  zugleich  die  gröszte  mögliche  höhe  hat' 
Adelung,  so  wird  es  in  seinem  eigentlichsten  und  ur- 
sprünglichsten sinne  von  menschen  gesagt  und  meint  dann 
eine  ruhige  aufrechte  körperhaltung .  wobei  die  last  de» 
körpers  von  den  fußen  getragen  wird. 

a)  stehen,  stare  Dasypodius;  estre,  oti  se  tenir  de  bout 
HuLSlus  (1616)  307'';  Stare,  consistere,  pedibus  niti  Stieler 
2127;  tenersi  {ritte  o  in  piedi),  reggersi  sü  i  piedi  Kramer 
dict.  (1702)  2,  927'';  stehen,  auf  den  fflssen,  als  lebendige 
creaturen,  stare  Frisch  2,  326''. 

b)  belege,  zunächst  für  absoluten  gebrauch:  und  der 
könig  .  .  .  segenet  die  gantze  gemeine  Israel,  und  die 
ganfze  gemeine  Israel  stund  (icy)  l.  kön.  8,  14;  des  an- 
dern tags  stund  abermal  Johannes,  und  zween  seiner 
jünger  Joh.  1,  35;  statura.  die  länge  des  leibs,  so  lang 
einer  ist,  wenn  er  stehet  Corvinus  fons  latin.  686'' ; 
Leopold  (steht)  Lenz  l,  332  Blei  {hofmeister  l,  8,  bühnen- 
anw.).  —  da  gieng  der  junge  Tobias  hin  aus,  und  fand 
einen  feinen  jungen  gesellen  stehen  Tob.  5,  6; 


Ih&r 


jungen    gcscticit    Bleuen    Jivu.    o,  o, 

gisah  er  stÄntan        gotes  boten  sconan 

Otfrid  1,  4,  tl. 


c)  der  imperfective,  durative  eharakter  t^on  stehen  ist- 
besonders  deutlich,  irenn  es  mit  angaben  der  Zeitdauer  ver- 
bunden ist:  lange  stehen,  diu  stare;  ein  wenig  stehen, 
paulisper  stare  Steinbacii  8,  667;  sie  muszten  schon 
lange  stehen,  denn  sie  waren  höchst  ungeduldig  Hebbel 
8,  213,  8  Werner  {Agnes  Bern.  4,  lo^;  so  ich  doch  oUt 
mitten  aufT  de;  margkt,  bey  guten  freunden  zwo  oder 
drey  stunden  gestanden,  mit  yhn  geredet  Hütten  «, 
181,  88  Böcking.  ».  auch  Alsf  passionssp.  1081  und  1086 
unter  I,  B,  8,  /,  «,  aa.  im  perf.  jettt  Umschreibung  mit 
haben,  früher  {nach  »üddeut.trher  art)  mit  sein.  *.  I,  C,  8: 
ich  bin  die  gantze  predigt  durch  gestanden,  io  sono  atato. 
mi  sono  tenuto  in  piedi  per  tutta  la  predica  Kramer 
(lief.  (1708)9,989'*;  ich  hab  die  gantse  predigt  etc.  durch 
stehen  müssen,  mi  eonvenne  »tar'  in  piedi  tutta  la  pre- 
dica  etc.  Wl^;  ich  habe  den  ganzen  tag  gestanden  Ade- 

LUNO   (1). 

d)  ähnlieh:  ich  kan  nimmer  stoben,  aufrocht  stehen, 
HOn  po»»o  piü  ttnermi.   avstenermi.  reggermi.  itiaiatert  »ü 

Mr. 


1473 


STEHEN  (II,  A,  1,  d-2,  a) 


STEHEN  (II,  A,  2.  a-c) 


Ul^ 


ipiedi  Kramer  dict.  2,  927*» ;  vor  müdigkeit,  vor  schwäche 
in  den  fiiszen  nicht  stehen  können  Campe  (i);  ich  bin 
nicht  im  stände  zu  stehen  Shakesp.  2,  199  {Heinr.  VI., 
2.  theil.  2,  l);  die  zahne  klapperten  mir,  ich  vermogte 
kaum  noch,  zu  stehen  Hebbel  8, 167,  2  Werner  {Schnock  2); 

ich  kann  nicht  stehen, 
soll  das  jrebein  mir  brechen?   laszt  mich  sein 

Kleist  2,  76  E.  Schmidt  {Penthes.  9,  1240). 

e)  so  häufig  im  inf.  und  pari,  praes.,  s.  unten  F,  l,  o;  2,  a: 

(Sylvetter.)    nun,  beliebfs,  so  setz'  dich. 
Aldöbem.    herr,  kann  es  stehend  abtnn 
Sylvester,    ei,  du  narr, 
stehn  und  erzählen,  das  gehört  zusammen, 
wie  reiten  fast  und  küssen 

Kleist  1,  39  E.  Schmidt  (Schroffemt.  i,  2,  576/.). 

2)  fnit  verdeutlichenden  und  modificierenden  Zusätzen. 

a)  blosze  verstärkujig  des  eigentlichen  begriffes  von  stehen 
sind  icendungen  wie  auf  den  füszen  stehen  u.  ähnl.  {vgl. 
13,  g). 

a)  (auf  seinen  füszen)  stehen  {gtare)  Kbamer  dict.  2, 
927'»,  Adelung  (i);  und  David  der  könig  stund  auff  seinen 
füssen  und  sprach  l.  chron.  29,  2;  und  sie  {d.  cherubim) 
stunden  auff  jren  fassen  2.  chron.  3,  13;  jr  fleisch  wird 
verwesen,  also,  das  sie  noch  auff  jren  fössen  stehen 
Sacharja  14,  12;  wo  es  jeden  tag  ...  an  rath  und  that 
gebricht,  und  der  heerführer,  der  auf  seinen  füszen 
stehen  sollte,  sich  wiederholt  aufs  angesicht  wirft  Göthe 
6,  160;  werde  ich  vor  ihr  auf  den  füszen  stehen  können? 
20, 153  {WUh.  Meister  8,  2).  —  so  häufig:  auf  seinen  füszen 
nicht  stehen  können  Campe  (l);  aber  wenn  der  mut 
dahyn  ist,  so  ist  es  alles  aus,  so  das  der  leib  nicht  kan 
auff  den  fössen  stehen  Luther  2i,  575,  26  Weim.  ausg.; 
das  kein  mensch  .  .  .  vememmen  mocht,  was  zu  thün 
were,  noch  die  schiffdiener  auff  iren  fussen  stehn  moch- 
ten Montan  US  245,  32  Balte  (ßymon  u.  Iph.  7);  das  kind, 
das  noch  nicht  auf  seinen  füszen  stehen  konnte,  der 
alte,  der  sich  nicht  mehr  auf  den  seinigen  erhielt  .  .  . 
Göthe  20,  176  {WUh.  Meister  8,  3);  als  ich  mich  nach 
vierzehn  tagen  wieder  ein  wenig  erholt  hatte,  ob  ich 
gleich  noch  nicht  auf  den  füszen  stehen  konnte,  liesz 
ich  mich  in  palast  Medicis  .  .  .  tragen  34,  256  {Benv. 
Cellini  2,  6).  —  so  in  volksthüml.  rede  als  scherzhafte  ant- 
tcort  auf  die  gruszfrage:  wie  steht's?  —  uf  de  füesse! 
Martin-Lienhart  eis.  wb.  2,  565*; 

wenn  zu  mein  schätzte  kommst,  sag  ihm  viel  grüsz; 
wenn  es  fragt,  wie  es  geht,  wie  es  steht,  wie  es  geht, 
sag,  auf  zwei  füsze,  sag,  auf  zwei  füsz 

Erk-Böhme  d.  liederhort  2,  nr.  510a,  3. 

(im  cimbr.  ist  stenan  in  vüzen,  star  in  piedi,  der  getcöhnl. 
ausdruck  für  stehen,  da  das  blosze  stenan  die  allgemeine 
hedeutung  des  ital.  stare  angenommen  hat;  so  auch:  stenan 
gasozt,  star  assiso,  sitzen  cimbr.  wb.  236*.)  s.  auch puppensp. 
1,  68  unter  5,  d. 

ß)  mit  attributiver  bestimmung  zu  füszen: 

das  kleid  .  .  .  dehnt  flatternd  sich  hernieder 
an  ihrem  ganzen  leib,  indem  sich  der  erhöht, 
gerad'  erh&It,  und  fest  auf  kleinen  füssen  steht 

J.  A.  Schlegel  verm.  ged.  2,  247; 

ausschlafen  sollen  sie  .  .  .  wenn  sie  auf  graden  füssen 
stehen,  werde  ich  kommen  und  zu  ihnen  sprechen 
Alexis  Roland  v.  Berlin  (l840)  2,fA{i.kap.);  der  mann 
stand  .  . .  körperlich  auf  nicht  sehr  festen  füszen  Raabe 
d.  hungerpastor  (1864)  1,  17  (l.  cap.);  {vom  baren,  vgl. 
unten  9,f):  dann  {imfrühl.)  schüttelt  er  sich  auf,  steht 
auf  wunden  füszen  und  blinzt  in  die  weit  maler  MCller 
1,  23.  im  sing,  gewöhnlich  in  freierem  sinne,  s.  unten 
C,  1:  auf  festem  fusz  stehen,  star  sul  pie  fermo  Kramer 
dict.  (1702)  2,  9^^. 

y)  in  solchen  Verbindungen  kann  für  auf  auch  mit 
eintreten:  mit  sicherm  fusze  stand  ich  einst  auf  diesem 
ufer  TiECK  8,  73;   {in  dichterischer  personification :) 

aber  mit  starrem  fnsze  stand  auf  der  erde  die  stille 
wieder  Klopstock  4,  132  (ifesf.  8,512;  vgl. 

Oden  1,  121  unter  I,  C,  3,/,  o). 

seltner  ohne  adjectiv,  neben  angäbe  des  Standortes  (*.  7): 
bei  dieser  hast  fiel  die  leiter  um,  darauf  der  angeknüpfte 
mit  den  füszen  gestanden  war  Leoprechting  aus  d. 
Leehrain  102;  von  dem  als  peraon  vorgestellten  Helikon: 
X.  2.  Mr. 


doch,  wie  sein  hanpt  frei  trinket  himmelslüfte, 
mit  füszen  steht  er  auf  der  erde  doch 

Rückert  (1882)  1,  3  (geh.  ton.,  vorU.  1). 

(mit  beiden  füszen,  s.  e  zu  ende.) 

S)  in  der  altern  spräche  vereinzelt  mit  andern  praepoa. : 
dar  stürzton  die  unreht  uuurchent.  an  demo  fuögge 
nemahton  sie  gestän  Notker  2,  126,  26  Piper  (pa.  35,  13). 
—  in  anderm  sinne  dagegen: 

ob  wir  Verliesen  unser  pfert, 
e6  müje  wir  zu  vflge  stän 

Livländ.  reimchr.  1923. 

{wie  sonst  zu  fusze  gehen  im  gegensatz  zu  reiten,  s.  th.  4, 
1,  993^.) 

f)  seltner  auf  den  beinen  stehen:  wenn  der  mut  hin- 
weg ist,  denn  stehet  man  wie  ein  narr,  ja  es  kan  einer 
kaum  auff  den  beinen  stehen,  arm  und  bein  werden 
zitternd  und  machtlose,  das  einer  da  ligt  wie  ein  klotz 
Luther  16,  208,  21  Weim.  ausg. ;  der  gute  alte  admiral 
befand  sich  so  übel,  dasz  er  nicht  auf  den  beinen  stehen 
konnte  G.  Forster  Schriften  2,  77;  die  beiden  konnten 
übrigens  auch  kaum  mehr  auf  den  beinen  stehen  Popert 
Harringa  s.  162;  was  von  den  fuchsen  noch  auf  den 
beinen  stand  ebenda,  mit  attribut:  auf  kurzen  wohl- 
gerundeten beinen  stand  er  fest  und  unbewegt  vor  seinem 
thorweg  Raabe  d.  hungerpastor^^  118  (ll.  cap.). 

C)  anderes  ganz  vereinzelt: 

die  alten  lerten  jr  gesind, 

dasz  es  grad  aus  sein  schenckeln  stund 

SCHEIDT  Grob.  444. 
vxniger  deutlich  gehört  hierher  {vgl.  unten  5,  d.  g): 

steht  er  mit  festen 
markigen  knochen 
auf  der  wohlgegründeten 
dauernden  erde  .  .  . 

GÖTHK  2,  84  (grämen  der  mentchh.). 

b)  es  wird  dann  auch  von  den  füszen  selbst  gesagt, 
dasz  sie  stehen:  adoravimus  in  loco  ubi  steterunt  pedes 
eins,  peteton  uuir,  dar  sine  füoje  stuonden  Notker  2, 
564,  6  Piper  {ps.  131,  7);  und  das  unser  füsse  werden 
stehen  in  deinen  thoren  Jerusalem  ps.  122,  2;  und  seine 
füsse  werden  stehen,  zu  der  zeit,  auff  dem  oleberge 
Sacharja  14,  4; 

dein  {der  Religion)  fusz  steht  auf  der  hSlIe,  dein  hanpt  droht 
gegen  die  himmel  empor  Klopstock  Megs.  3, 184; 

wo  kleine  seid'ne  fOszchen  steh'n  zu  paaren 

Kellek  10, 145. 
mit  modalen  bestimmungen  {s.  unten  5,  d); 
ja  bey  des  hauptes  wohlergehn 
musz  fusz  und  Schenkel  sicher  stehn 

Stoppe  Pamass  (1735)  19; 
ach,  wie  schlüpfrig  steht  ihr  (der  sünder)  fusz ! 

B.  Neukirch  ged.  (1744)  ».  92. 

xceniger  ausgeprägt  ist  der  begriff  des  Stehens  in  andern 
Verbindungen:  die  füsze  standen  in  weiten  schuhen,  die 
grosze  schnallen  hatten  Stifter  werke  (i90i)  5,  l,  68; 

ach  feige!  wollt  ihr  nicht  des  nachbam  hausz  erretten, 
so  wird  das  eurige  gewisz  zu  gründe  gehn, 
und  der  gefangne  fusz  in  ungeheuren  ketten, 
und  fesseln,  die  ihr  euch  selbst  angeleget,  stehn 

LOHENSTKIN  Armintus  1,  ».  «  4*; 

*.  axich  Melissus  ps.  26,  12  unter  I,  C,  3,  d.  ß.  —  eigen- 
thümlich  ist  folgende  gebrauchsiceise,  wo  die  füsze  stehen, 
aber  ohne  den  körper  zu  tragen,  der  vielmehr  sitzt  {vgl. 
unten  4,  a): 

wan  ej  hete  diu  vil  süe;e 

ir  lieben  herren  füeje 

stände  in  ir  schöben 

d.  arme  Heinr.  463. 

von  den  beinen  {sich  der  bedeutung  B  nähernd):  bräder 
Albrecht  was  von  leib  gar  ein  schön  gerade  man  und 
stünden  im  die  bein  weydelichen  under  dem  leib  {sta- 
vangli  troppo  bene  le  gambe  in  su  la  persona)  Arigo 
decam.  s.  261,  24  Keller  (4,  2);  und  jre  beine  stunden 
gerade  Hesek.  l,  7.  anderes  vereinzelt:  schenke!  stehen, 
*.  oben  Stoppe;  aller  hende  werden  dahin  sincken,  und 
aller  knie  werden  so  ungewis  stehen,  wie  wasser  Hesek. 
7,  17  (0»a  ni2^n  'werden  zu  tcasser  zerftieszen'). 

•TT*-"  *'  ^ 

e)  dagegen  bezeichnet  die  Wendung  auf  Einern  beine 
stehen  eine  besondere  art  des  Stehens:  ich  würde  jeder- 

93  Mr. 


1475 


STEHEN  (II,  A,  2,  c-e) 


STEHEN  (II,  A,  2,  <5-3,  a) 


1476 


zeit  .  .  .  eine  stände  lang  auf  einem  beine  stehen,  um 
ein  solches  konzert  in  mich  aufnehmen  za  können  Ric. 
HucH  Jiahn  v.   Quakenbrück  91; 

er  fidelt,  stund  nur  auff  aim  pain 

H.  Sachs  fattn.  sp.  5,  143  neudr.  (62,  184); 
ein  männlein  steht  im  walde 
auf  einem  bein 
Hoffmann  v.  Fai.lerslkben  kinderlieder  243 
(räthgel  1 :  d.  hagebutU). 

80  aprichxcörÜieh ,  als  au/f orderung  ein  zweites  glas  zu 
trinken:  geschwind  noch  eins;  auf  einem  beine  ist  nicht 
gut  stehen  Lessing  l,  51l  {Minna  v.  Barnfi.  l,  2);  nd. 
(in  demselben  sinne)  up  ein(e)m  bein(e)  §teit-m(e)  nit 
Bauer-Gollitz  11».   —  ferner: 

do  schlag  der  starcke  ryse 
dem  ritter  edel  ein  wund, 
das  er  kaum  mit  eym  bayne 
aufT  dem  trachcnstain  stund 

lied  V.  hürnen  Seyfr.  108,  8. 

so  mit  scherzhafter  emphase  für  nicht  (mehr)  auf  den 
beinen  (füszen)  stehen  können  (».  a,  a):  er  kann  auf 
keinem  bein  mehr  stehen  (von  trunkenheit)  Lichten- 
berg 3,  74;  mundurÜ.,  eis.  ich  bin  so  müed,  (d)ass  i(ch) 
uf  ke(in)  fuess  me(hr)  8te(hn)  ka(nn)  Martin-Lienhart 
2,  564"; 

magst  auf  koan  fuasz  nimmä  g'st§' 
Hartmann  volksschau»p.  in  Bayern  s.  219,  140. 

indessen  ist  auch  bei  dem  gewöhnlichen  stehen  m^tens 
da»  gewicht  des  körpers  nicht  gleichmäszig  auf  beide  beine 
vertheiU,  sondern  ruht  zum  überwiegenden  theile  auf  dem 
einen  (standbein,  s.  sp.  731),  während  das  andere  lose  und 
lässig  aufgesetzt  ist  und  sich  freier  bewegen  kann  (Spiel- 
bein, th.  10,  1,  2321).  so  kann  man  sagen  auf  dem  rechten, 
dem  linken  beine  stehen;  doch  vnrd  auf  einem  beine 
stehen  nur  ausnahmsweise  in  diesem  sinne  verstanden, 
dafür: 

steh  du  nur  auff  eim  fäsz  allein, 

dasz  allweg  ruhen  mög  ein  bein. 

dann  brauch  den  rechten,  dann  den  lincken, 

und  steh  aJs  wolst  du  nider  sincken 

SCHEIDT  Grob.  446—9. 

dagegen:  das  licht  gebe  ich  dir  nicht  eher,  als  bis  ich 
mit  beiden  füszen  auf  dem  erdboden  stehe  Grimm 
märchen  nr.  116  {ähnlich  oft  in  übertragenem  gebrauche, 
8.  unter  C,  l). 

d)  eine  weitere  dbart  des  Stehens  ist  auf  den  zehen 
stehen:  hinten  auf  dem  wagentritte  aber  stand  vergnügt 
ein  junger  bursch,  der  im  wandern  heimlich  aufgestiegen, 
bald  auf  den  zehen  lang  gestreckt,  bald  sich  duckend 
Eichendorfp*  3,  383  {d.  glücksritter  l);  selbst  auf  den 
zehen  stehend,  hätte  er  nicht  über  das  grübchen  unter 
ihrem  halse  hinauf  gereicht  Ludwig  2,  9.  s.  auch  13,  g,  ß. 
dazu:  ich  .  .  .  stund  mit  dem  grossen  zolin  ouch  ufT  eim 
pAschlin  und  wen  ich  mied  was,  so  zoch  ich  mich  uff 
am  poschen  und  stalt  das  ander  zeelin  dohin  Th.  Platter 
9  Boos. 

e)  weiter  entfernt  sich  vom  normalen  stehen  auf  dem 
köpfe  stehen  Adelung  (l),  wo  der  aufrecht  gestreckte 
körper  in  umkehrung  der  gewöhnlichen  haltung  auf  dem, 
köpfe  ruht  {für  kurze,  zeit),  vgl.  köpf  II,  A,  3,  n,  th.  5,  1756 : 
am  weege  auf  dem  köpfe  stehen,  in  via  in  capite  sistere 
Steinbach  2,  667; 

ein  rad  zu  schlajcen,  auf  'm  köpf  zu  stehn, 

das  mag  fOr  lustige  jungen  gebn         Götiik  3,  264; 

vgl.:  ja  wir  wissen  nach  der  neuesten  schule  nicht,  ob 
wir  in  der  that  auf  den  füszen,  oder  auf  dem  köpfe 
stehen  Bonaventura  nachtw.  118,  6  Michel;  dafür:  sie 
sind  wie  manche  gauckeler,  welche  mit  ihren  köpffen 
auff  der  erden  stehen,  und  die  beine  in  die  höhe  recken, 
denn  die  meisten  menschen  neigen  ihre  hertzen  und 
gedancken  gegen  die  erde  Sperling  Nicod.  quaerens 
(171$)  iSfif.  «0  und  ähnlieh  tum  ausdruek  der  Verwunde- 
rung oder  tonst  eines  starken  affecta:  da.  i  ste  uf  dr  chopf 
an  verwundere  mil  als  ablehnende  antwort  Martin- 
Liknhart  «,  666»;  ich  war  in  meinem  sinn  bereits  wie- 
derumb  ebenso  reich,  als  ich  zuvor  gewesen  und  wüste 
vor  freoden  nicht,  ob  ich  auff  dem  kopff  oder  auff  den 
nUwen  stünde  8im.pl.  »ehr.  t,  681,  4  Keller  {vögeln.  S,  >). 
•»  0md»rm  »inne:  auf  seinem  köpf  stehen;  wann  du  auf 
Mnmn  köpf  stündest,  »tare  »uUa  tua  tetta:  quando  tu 

Mr. 


stessi  »Ulla  tua  testa  doi  se  facesti  tutti  li  tuoi  sforn, 
e  deüe  stranezze  Kramer  dict.  2,  927''/.  ferner  als  bild- 
licher ausdruek  für  die  umkehrung  der  natürlichen  Ord- 
nung, eine  verkehrte  u>elt  u.  ähnl.  un  sei  laten  sick  ok 
nich  seihn,  Bräsig;  vor  ehrentwegen  kann  hir  jo  ok  woU 
allens  up  den  kopp  stahn  Reuter  2,  269,  26  Seelmann 
{strömt.  2,  17).  so  denn  auch  {im  bilde):  da  ist  manch- 
mal weder  verstand  noch  rechte  gliederordnung  (dispo- 
sitio):  weder  wortzeit  (quantitas  syllabarum),  noch  zeil- 
masz  (metrum)  .  .  .  noch  andere  mehr  zu  einem  wohl- 
gestellten getichte  gehörige  stükke,  in  acht  genommen: 
kurtz,  es  stehet  oftmals  der  köpf  unten,  die  beine  oben 
Neu  mark  fortgepfl.  musik.poet.  lustw.  (1657)  zuschr.  s.  8, 

f)  in  neuerer  zeit  ist  auch  die  xcendung  zusammen- 
gewachsen zu  dem  gleichsam  technischen  köpf  stehen,  da» 
wohl  ursprünglich  köpf  als  adverbialen  acc.  enthält,  aber 
für  das  Sprachgefühl  sich  kaum  von  einer  Zusammen- 
setzung unterscheidet;  so  der  inf.  im  bilde:  denn  allmäh- 
lich war  die  moraldogmatik  das  metaphysische  kopf- 
stehn  müde  geworden  und  auf  ihre  physiologischen 
hinterbeine  zurückgefallen;  an  die  stelle  abstrakter  Spe- 
kulation über  das  Individuum  trat  die  konkrete  massen- 
beobachtung  Dehmel  ges.  werke  9,  43. 

g)  eine  ähnliche  Verbindung  ist  bock  stehn,  mit  vorn- 
übergebeugtem rümpf,  s.  bock  8  {th.  2,  203) :  schiceiz.  bok 
sto  HuNziKER  255;  er  musz  bock  stehen  Kirchhoper 
Schweizer  sprüchw.  (l82i)  s.272;  bair.  'bock  stfin,  mit  seinem 
rücken  einem  andern  zum  emporsteigen  dienen  Schmeller^ 
2,  709.  atich  als  spiel  der  jungen:  einer  stellt  sich  so  auf, 
damit  ein  andrer  rittlings  über  ihti  hinuxgsetzen  kann 
{vgl.  bock  als  turngeräth). 

3)  stehen  wird  unterschieden  und  in  gegensatz  gestellt 
zu  andern  ruhelagen,  irusbesondere  zu  sitzen  und  liegen, 
vgl.:  stehen,  stare,  .  .  .  non  sedere,  ne  giacere  etc.  Kramer 
dict.  2,  927'';  'in  allen  diesen  fällen  wird  stehen  entweder 
ohne  rücksicht  auf  eine  andere  art  der  Stellung,  oder  auch 
im  gegensatze  des  liegens  und  sitzens  gebraucht'  Ade- 
lung (i). 

o)  sitzen  und  stehen:  ein  mal  aber  wollte  ich  darin 
{im  kirchenstuMe)  sitzen  und  stehen,  wie  es  mein  vater 
gethan  Keller  l,  351;  vgl.  Diemer  ged.  356,  13  unter 
I,  B,  1,/,  "C,.  stehen  oder  sitzen:  man  kann  nur  füglich 
im  stehen  oder  sitzen  schreiben  Hippel  lebensl.  (1778) 
1,  227; 

al  die  in  den  strä;en 

stuonden  unde  s&3en  Iw.  6090; 

ich  (Judas)  gib  in  euch  hie  mit  ganczer  macht 
sicher  noch  heindt  in  diser  nacht ; 
wan  ich  wais,  wo  er  hin  geett 
und  wo  er  sitzt  oder  steedt 
altd.  passionstp.  au»  Tirol  g.  37  (Brixener  pa»a.  414) ; 
wenn  du  sitzest,  wenn  du  stehest,  .  .  . 
woir  er  dein  gefährte  seyn 
P.  Gerhardt  bei  Fischer-Tümpel  kirchenl.  3,  ».  320. 

ähnlich:  wende  alse  die  man  geit  to  'me  herren  dar  he 
stat,  oder  kniet  vor  in  dar  he  sitt,  so  weget  sik  al  sin 
lif  Sachsensp.  lehnr.  22,  §  l.  stehen  im  gegensatz  zu  sitzen: 
der  herr  setze  sich!  resp.  ich  kan  wol  stehen  Kramer 
dict.  2,  927'';  er  {markgr.  AlbrecM  v.  Brandenburg)  hatte 
auch  diese  red  fast  sehr  im  brauch,  wann  er  seine  diener 
lang  stehen  sähe,  dasz  er  sagte:  setzet  euch  nider  u.s.  w. 
Zincgrep  apophth.  i,  3;  er  stand  und  getraute  nicht 
nieder  zu  sitzen  Güthe  23,  86  {icanderj.  3,  3);  so  musz 
ich  mir  wohl  einen  stuhl  präsentieren,  denn  ich  steh' 
nicht  gern  Fr.  L.  Schröder  porträt  der  mutter  l,  14; 

80  wil  dir  nicht  gebilhm  viel  lange  da  zustehen, 
den  gliedern  aol  alszbald  gesundheit  abegehen, 
wenn  man  nicht  sitzend  iut       Schbrffir  Oro6.  S5; 

wann  jeder  in  der  Tolkiveruunmlung  stand, 
dann  ragt'  an  breiten  schultern  Menelas 
hervor;  doch  Miizen  sie,  so  war  Ulysz 
ansehnlicher      BCrobr  163^  (otdvtmv  /th  itn4ia»e 
i>»«lp«/fi>  tAffktf  Aiiovf  n.  8,  810) ; 
Sylvester,    sage  mir,  wie  kam 
ich  denn  auf  diesen  atuhl?  zuletzt,  wenn  ich 
nicht  irre,  stand  ich  —  nicht? 

QertrwU.    du  sankest  stehend 
in  ohnroaoht 

Klbist  1,  M  J;.  achmUU  (ßekrogtML  t,  >,  809); 

volksthümliehe  redeweitt:  {we»^f.s)  'da  he*  so  v&l  vant 
Sitten  as  vam  stin',  «mni  tu  d*m  »ttMmtdeH  be»ucher  g»- 

Mr. 


1477 


STEHEN  (U,  A,  3,  a-i,  b) 


STEHEN  (H,  A,  i  6-5,  c) 


1478 


scigt  WoESTE  253».  bei  verschiedenen  personen:  da  die 
jnngfer  stund,  sasz  sie,  quum  virgo  staret,  illa  sederet 
Stein  BACH  2,  667;  die  stehende  figtir  ist  von  bronze  .  .  .; 
die  sitzende  von  elfenbein  Göthe  briefe  29,  325,  22; 

da  ward'  ihnen  denn  der  platz  gezeigt; 
andre  aber  die  muszten  stebn 

tcerke  2,  211  (,'teanetO; 

nnd  soll  ich  stehn,  und  auf  dem  thron  du  sitzen? 
Shakesp.  2,  269  {Heinr.  VI..  3.  th.  1,  I); 

es  ziemt  nicht  eurem  ränge  noch  gehurt, 
dasz  ihr  so  steht,  indessen  Ludwig  sitzt 

311  (3,3). 

b)  stehen  und  liegen:  vrer  stehet,  der  biete  die  band 
dem,  der  ligt  Petri  Kkk  3^  (2,  718);  dn  weeszt's,  was 
mir  a  so  seufzen  een'n  tag  um  a  andern,  ob  m'r  stehn 
oder  liegen  G.  Hauptmann  d.  vxber  «  (2);  un  wo  schön 
sagt  derselbige  berühmte  dichter  in  seine  herrlichen 
sluszworten : 

'so  geiht't  de  prahlhäns'  alle  tid, 

nn  wenn  sei  mein'n,  sei  stahn,  denn  ligg'n  sei  in  de  schit' 
Reuter  2,  406,  9  Seelmcnn  (strömt.  2,  26,  vgl.  unten  10,  d); 

tritt  auf  die  seite,  herr,  recht  weit,  recht  weit, 
sonst  stoszen  sie  dich  um,  und  wenn  du  liegst, 
so  kannst  du  doch  nicht  schwören,  dasz  du  stehst 
Hebbel  4,  293  Werner  [yibel.  III,  4, 13). 


c)  neben  sitzen  und  liegen: 


si  stuonden  ode  lägen 
ode  ss;en  in  gezelten 


Parz.  513,  6. 


neben  diesen  und  verben  der  bexcegung  {vgl.  unten) :  sizanti, 
kankanti  edo  stantanti  (sedens,  ambuUins.  vel  stans) 
Hattemer  denkm.  l,  56  {benediktinerreg.  7);  sich  an  die 
frünt  gotz,  wie  gar  erberen  .  .  .  wandel  sy  haben  in 
weisz  unnd  geberd,  in  wort  und  werck,  in  sitzen,  geen 
und  steen  Keisersberg  granatapfel  F  3*;  siehe  den 
blühenden  Jüngling  von  25  jähren,  das  leichtschwebende, 
schwimmende,  elastische  geschöpfe!  es  liegt  nicht;  es 
steht  nicht;  es  stemmt  sich  nicht;  es  fliegt  nicht;  es 
schwebt  oder  schwimmt  Lavater  physiogn.  fragm.  2,  244 
{ZOfragm.,  auch  Göthe  48,  l.5i): 

swä  er  reit  oder  gie, 

swä  er  stuont  saj  oder  lac 

Stricker  Karl  299; 
dö  sitz,  du  stant,  du  wat,  du  swim 

Marner  1,  2  Strauch; 
ich  mag  gleich  sitzen,  oder  gehen, 
ich  mag  gleich  liegen,  oder  stehen, 
80  bist  du  dennoch  hier,  wo  ich  zugegen  bin 

B.  Neukirch  ged.  (1744)  «.  99. 

i)  andres  seltner:  so  stehen  im  gegensatz  zu  knien: 
kann  der  körper  im  knieen  wohl  seine  ganzen  kräfte  an- 
strengen? kann  er  den  spiesz  so  gerade,  so  mächtig 
vorhalten  als  im  stehen?  Lessing  8, 120  {antiqu.  briefeaa); 

entsag'  dem  thron,  und  knie  du,  wo  ich  stehe 

Shakesp.  2,  343  {Heinr.  VI.,  3.  th.,  5,  5). 
vgl.  4,  b,  ß  und:  . 

er  könt  (im  'thurm')  weder  lige,  er  könt  weder  stoh, 
er  mfiest  wol  uf  den  kneuen  goh 

ToBLER  Schvoeiz.  volkfl.  1,  t.  107,  6. 

4)  in  einigen  vereinzelten  faMen  unrd  stehen  von  körper- 
haltungen  gesagt,  die  über  die  eigentliche  Sphäre  des  uxyrtes 
hinausreichen . 

a)  ein  mittelding  von  stehen  und  sitzen  ist:  der  reuter 
im  Sattel  sitzende  stehet  in  den  süeffbügeln  (stegreiffen) 
(sfapedibus  insistit)  Comenius  sprachenth.  451.  {vgl.  auch 
d.  arm.  Heinr.  4€3  unter  2,  5.)  —  ähnlich  heute  auch  beim 

t  radfahren,  in  den  pedalen  stehen,  doch  so,  dasz  wirklich 
die  körperlast  in  der  hauptsache  auf  den  füszen  ruht. 
b)  die  ältere  spräche  vertcendet  stehen,  stfin  im  gegen- 
»atze  zur  neuem  in  zwei  fällen,  wo  zwar  der  körper  im 
ganzen  aufrechte  haltung  hat,  aber  nicht  von  den  füszen 
getragen  tcird: 

a)  am  kreuze  stehen  von  Jesus  {wofür  heute  nur 
hängen) : 

sich,  der  man,  der  dort  an  dem  cruez  stehet, 

das  ist  Jhesns  von  Nazareth 

Alfeld,  pattionttp.  6296; 
da  Jesus  an  dem  kreuze  stund 
und  ihm  sein  leichnam  was  verwundt 
Erk-Böhmb  Uederh.  3,  *.  668  {ßetangb.  v.  1546); 

Mr. 


dazu:  sihe,  min  liebin  mätir,  wie  ich  stan;  mir  sint 
mine  füje  an  dag  crüce  geheftet .  .  .  st.  Georgener  pred. 
305,  13. 

ß)  mhd.  auch  üf  den  knien  st6n  {für  knien,  vgl.  3,  d; 
jetzt  nur  auf  den  knien  liegen): 

unde  stuont  vrou  Lünete 

Ht  ir  knien  an  ir  gebete  Iwein  5157 

{in  demselben  sinne  blosz: 

diu  stet  an  ir  gebete  5886); 

d6  er  vor  sinem  bette  stuont 
tkf  sinen  knien  also  bar 

Stricker  Karl  312. 

5)  stehen  mit  adv^bialen  und prädicativen  bestimmungen, 
die  theils  das  wie  des  Stehens  seiist,  die  haltung  der  beine 
und  des  korpers  charakterisieren,  theils  begleitende  momente 
andeuten. 

a)  besondere  arten  des  Stehens  {im  eigentlichen  sinne, 
abgesehen  von  den  unter  2  behandelten  abarten)  werden 
besonders  in  der  tumkunst,  tanzkunst  u.  s.  w.  unter- 
schieden: mit  gespreizten  oder  geschlossenen  beinen 
stehen,  mit  auswärts  gekehrten  füszen,  mit  zusammen- 
geschlagenen hacken  stehen  u.  a.  stehen  (tanzkunst), 
die  kunst,  bey  der  tragung  des  körpers  recht  zu  stehen, 
man  kann  dieses  auf  dreyerley  arten  verrichten :  l)  mit 
auseinander  gestellten  füszen  and  gegen  über  stehenden 
fersen,  oder  wenn  man  2)  den  linken  fusz  gegen  den 
rechten,  oder  3)  umgekehrt,  den  rechten  fusz  gegen  den 
linken  etwa  eine  band  breit  von  einander  setzt,  und 
der  absatz  des  Schubes  der  schnalle  des  andern  fuszes 
gegenüber  zu  stehen  komt.  diese  dreyerley  Veränderungen 
beobachten  manns-  und  frauenspersonen  .  .  .  die  fehler 
im  stehen  sind,  wenn  man  kranichsmäszig  auf  einem 
bein  stehet,  oder  die  beine  übereinander  schlägt,  oder 
auf  dem  rechten  auftritt  und  das  linke  ruhen  läszt 
Jacobsson  4,  270».  —  als  ich  mich  noch  einmal  nach 
ihm  umsah,  stand  er  breitbeinig  hoch  oben  am  uferrand 
M.  Dreyer  Strand  (l910)  197. 

b)  gerade,  aufrecht,  schief  stehen  Adelung  (l);  er 
Stadt  auffrächt  assistit  rectus  M.v.aler  383»;  aufrächt  ston 
talo  recto  stare  389*;  aufrecht  stehen,  gerad  stehen,  stare, 
tenersi  dritto.  ritto  Kramer  dict.  (1702)  2,  927»';  die  wagen 
näherten  sich  itzo  der  erden,  dann  hüben  sie  sich  in 
die  luft;  aber  die  führer  stuhnden  aufrecht  auf  dem  sitze 
Breitinger  crit.  dichtk.  (i740)  1,40;  der  alte  Wachtmeister 
steht  aufrecht  er  stützt  sich  mit  der  linken  auf  den 
lehnstuhl  Liliencron  letzte  ernte  149;  in  der  jacke 
stand  der  stramme  mann  stur  aufrecht  vor  ihr  und 
lachte  sie  vergnügt  an  Enking  fam.  P.  C.  Behm  27;  da- 
für: alle  blicke  folgten  der  richtung,  nach  welcher  die 
band  Irmgards  wies,  die  hoch  aufgerichtet  in  der  laube 
stand  Freytag  8,  41  {ahnen  1,  1,  2);  er  war  einer  von 
denen,  .  .  .  bey  denen,  wenn  sie  grad  stünden,  die  rich- 
tung des  mittelpunckts  der  schwere  6  zoll  vor  die  grosze 
zehe  fallen  müszte  Lichtenberg  nacht.  12;  der  junge 
stand  gerade  auf  vor  dem  vater  und  wunderte  sich,  was 
der  reden  könne  Storm  7,  I66;  es  klang  fast  schreiend, 
als  er  dem  angeklagten  zurief:  'stehen  sie  gerade,  die 
haltung,  die  sie  da  annehmen,  ist  eine  beleidigung  des 
gerichts!'  Popert  Harringa  5.     auch: 

oft  seh  ich  ihr  aus  tiefem  thal  mit  stillem 
erstaunen  zu,  wenn  sie  auf  hoher  trift 
In  mitten  ihrer  heerde  ragend  steht 

Schiller  13,  175  (Jungfr.  prd.  2). 

stramm  stehen,  bes.  technischer  atisdrttek  beim  militär  u. 
ähnl.:  die  drei  alten  ausgedienten  feldwebel  standen 
stramm,  wie  die  pappen,  als  die  beiden  prinzen  vorüber 
kamen  Jahn  volksm..  aus  Pommern  i,  s.  87. 

c)  krumm,    schlemm    stehen    stare  storto,  pendio;    in- 
clinare,  pendere  Kr.^mer  dict.  2,  927*; 

seht,  wie  er  krumm  steht  —  wie  er  emsig  gräbt! 

Werner  göhne  des  thalet  1,  49; 

siehst  da  nicht,  dasz  er  mit  krummem  rücken  imd  ein- 
geknickten  beinen  vor  dir  steht?  Hebbel  8,  227  Werner; 
sein  junge  stand  furchtsam  mit  geknicktem  knie  in 
seinem  schurzfell  neben  ihm  Frenssen  Kl.  Hinr.  Baas 
403;  gesangen  wurde  stehend  .  .  .  hitze,  anstrengung  und 
vor  allem  die  unbequeme  stellang    (man  stand  mit  ge- 

93«  Mr. 


1479 


STEHEN  (II.  A.  5,  c-f) 


STEHEN  (II,  A.  5,  f-h) 


1480 


beugten  knien  eingeklemmt  zwischen  tisch  und  bank) 
brachten  mir  ein  paarmal  einen  ohnmachtsanfall  Paulsen 
aua  meinem  leben  83.     so  auch: 

der  herzog  schläft,  und  alle  diener  stehen, 
von  seinem  schmerz  durchdrungen,  stumm  gebeugt 
GöTHK  9,  303  (nat.  tochter  3,  1). 

d)  unsicher,  wankend  stehen,  mit  neigung  zum  fallen 
(vgl.  unten  10,  6):  mein  vater  stand  wankend;  auf  einmal 
warf  er  sich  auf  die  erde  und  blieb  todt  liegen  Lenz 
1,  50  IVeci  {hofm.  4,  2).  —  fest  stehen :  fast  stehen,  adstare 
Dasypodius;  fest,  sicher  stehen  Campe  (i).  häufig  in 
bildliche  vencendung  übergehend  {vgl.  unten  C,  13,  a,  ß) :  dir 
schwindelt!  halt  dich  an  mich!  und  ob  die  weit  sich 
dreht,  du  wirst  fest  stehen!  Hebbel  8,  157,  28  Werner 
{Agnes  Bern.  1,  18); 

der  steh  auff  gott,  der  stehn  wil  für  gefahre! 
er  steht  viel  fester  noch  als  feste  cedem  stehn 

LoGAU  1,  8,  25. 

verstärkt:  alles  schläft,  alles  ist  berauscht,  ich  bin  der 
einzige,  welcher  noch  fest  auf  den  füszen  steht  Puppen- 
spiele 1,  68  Kolltnann.  dafür  satt  stehen  bei  Fischart 
Garg.  341,  s.  unten  7,  b,  ß.  —  wer  unsicher  steht,  oder  wer 
nicht  allein,  von  selbst  stehen  kann  —  der  schwaclie, 
kranke,  erschöpfte,  betrunkene  — ,  bedarf  der  stütze;  er 
steht  mit  hülfe  von  krücken,  auf  andre  gelehnt  oder  von 
ihnen  gehalten,  der  gesunde,  starke  dagegen  steht  ohne 
stütze,  ohne  krücken: 

im  {dem  betrunkenen)  zaeme  baj,  möht  er  gebrüchen 

sine  füeje, 
das  ei'  ^6  helfe  bi  den  liuten  möhte  stän 

Walther  v.  d.  Vogelwbide  30,  3. 

(im  bilde:) 

ja,  ja  berufen  warst  du,  zu  zerdrücken 
die  schlaffe  zeit,  damit  sie  kraft  gewinne 
durch  druck,  zu  stehn  von  neuem  ohne  krücken 
RüCKERT  (1882)  1,  35  (geh.  son.  58). 

dafür:  allein  stehen:  ach,  herr,  ich  bin  nicht  im  stände, 
allein  zu  stehen  Shakesp.  2,  199  (Heinr.  VI.,  2.  th.  2,  l), 
wofür  gleicJi  darauf  in  dernselben  sinne:  ich  bin  nicht 
im  stände  zu  stehen. 

c)  steif,  starr,  unbeweglich,  angewurzelt  stehen  u.  ähnl. : 
der  graf  stand  steif  und  starr  wie  eine  bildsäule,  ohne 
leben  und  bewegung  MusÄus  volksm.  l,  lOl  Hempel;  er 
sagte  mir:  .  .  .  ich  habe  sogar  .  .  .  vor  dem  könig  gesti- 
kulirt!  —  vor  einem  könig  .  .  .  müsse  man  steiff  stehen, 
und  sich  nicht  rühren  Zimmermann  wJ.  Friedr.  d.  gr. 
(1788)  292;  Juan  stand  starr  und  eingewurzelt  Bonaven- 
tura tiachtwachen  44,  26  Micliel;  Juan  stand  starr  wie 
eine  bildsäule  47,  28;  er  liesz  den  erhobenen  arm  sinken 
und  stand,  wie  in  ein  wunder  verloren,  regungslos  Hebbel 
8,  78  Werner;  die  königin  stand  unbeweglich  und  starrte 
in  die  glut  Freytag  8,  205  {ahnen  i,  l,  ii); 

ein  solcher  {mann)  stehet  steiff  mit  unverwendten  fftssen, 
er  weichet  niemandt  nicht,  sein  feinde  weichen  müssen 
ZiNCOREF  auserl.  ged.  «.62  neudr.; 

nun  stand  da.s  volk  vor  entsetzen 
eingewurzelt,  und  sah  mit  wildem  blick  zu  dem  kreuz  auf 
Klopstock  Mess.  8,  423 ; 

schon  Soschen  steht  noch  strack  und  gut 

GöTHB  2,  39; 

wie  starr  er  steht 
und  in  die  wogen  schaut 

TiECK  13,210; 
wie  anbeweglich  du  im  heiszen  zome  stehst,  .  .  . 
so  sah  ich  oft  den  stier  im  wüthenden  gefecht 
ganz  angewurzelt  stehn 

Fr.  Schlroel  Alarco»  36; 
90  auch: 

aber  ich  stand  und  rührt«  mich  nicht;  dämonischer  stille, 
nnergrfindlicber  ruh'  lauschte  mein  innnrer  sinn 

MÖRIHB  Otd.'  98. 

f)  häufig  mit  vergleich,  wie  an-,  eingewurzelt  stehen 
(ekne  wie  *.  Klopstock  unter  c):  Wilhelm  stand  wie 
angeworzelt  Götiib  80,  u  (Wilh.  Meister  7,  l);  er  hätte 
Tertinken  mOgen,  stand  aber  wie  eingewurzelt  21,  14« 
(wanderj.  l,  6);  der  wicht  stand  da  wie  vom  donner  ge- 
rfthrt  MurAub  voUctm.  1,  S8  Hempel  (Rübet.  >);  und  der 
bann  wich  nicht  von  den  zerlumpten  gasten  der  zuoht- 
blater,  die  wie  angenagelt  standen  Popert  Harringa 
$.  7t;  dafür:  im  zimmcr  steht  ihr,  als  wenn  ihr  ange- 
nagelt  wäret  Hbnslbr  Donauweibclien  l,  l,  18.  —  stehen 

Mr. 


wie  ein  stein,  wie  eine  sänle  u.  ähnl. :  ut  Bagas  ata». 
du  stehst  wie  ein  klotz,  61g6tz,  Tielmann,  leuchter  etc. 
Franck  sprichw.  2,  51*;  da  stehet  er,  wie  ein  stock, 
oder  stetig  pferd  Luther  5,  70'»;  eynem  steyne  geleich 
s.  Arigo  unter  I,  B,  3,  b,  y;  da  aber  Eibenstein  noch 
immer  als  ein  steinern  bild  stund,  und  weder  redete 
noch  sich  bewegte  caval.  im  irrg.  (1746)  192;  er  war  gantz 
ausser  sich  selbst,  stund  als  ein  steinern  bild  203;  und 
so  standen  sie,  als  die  tafel  aufgehoben  und  der  kaffee 
gereicht  war,  wie  wachspuppen  rings  an  den  wänden 
GÖTHE  28,  218;  Faust  stand  einen  augenblick  wie  ver- 
steinert Klinger  3,  136  {Fausts  leben  3,  6);  dann  stand 
sie  wie  eine  säule,  das  haupt  gesenkt  Liliencron  letzte 
ernte  70; 

die  unerhörten  klagen 
des  jynglings,  der  auf  der  geliebten  grabmahl 
starr  wie  ein  marmor  steht,  dann  bebt  und  weinend 
gen  himmel  sieht 

Wieland  1,  373  Berl.  ausg.  {die  unglyckl.  200); 

vgl.  364  unter  I,  B,  3,  e,  5-  dafür:  der  küster  .  .  .  gab 
keinen  laut  von  sich  und  stand  als  wenn  er  von  stein 
wäre  br.  Grimm  märchen  s.  13  {nr.  4).  ähnlich  Kleist 
2,  23  unter  I,  B,  3,  /,  y,  dd.  eigentlicher,  prädicativer  au»- 
druck  anstatt  des  vergleich»:  könnt'  ich,  wie  das  morgen- 
ländische weih,  eine  marmorsäule  da  stehn,  so  wollt' 
ich  zurück  schaun!  Gerstenberg  Ugolino  b  (*.  261,  35 
Hamel).  U7igexcöhnlicher :  dasz  sie  nach  ihrer  entschlosznen 
schnellen  rückkehr  da  so  eisern  standen  Klopstock 
10,  211  {Hermanns  tod  11).  — 

starr  stand,  wie  binsen  starr,  der  schwärm  der  gaste 
Dehmbl  aber  die  liebe  205; 

berl.  er  schtand  wie  'n  boom  Bren dicke  178»  (5). 

g)  mit  näherer  bezeichnung  der  körperhaltung :  Humbrecht 
steht  mit  geschlungenen  armen,  guckt  Evchen,  dann  das 
kind,  starr  an  H.  L.  Wagner  theaterst.  (i779),  Evchen 
Humbr.  5,  10,  s.  144;  ich  stand  mit  den  äugen  zum  him- 
mel fragend:  wo  ist  hin  die  sonne,  das  licht  der  weit? 
MALER  Müller  i,  34;  man  stand  mit  gefalteten  bänden, 
wenn  sie  vorbeiging  Göthe  20,  275  {Wilh.  Meister  8,  9); 
vor  einem  leeren  thron  .  .  .  stehen  gebundene  krieger  in 
demütbiger  Stellung  briefe  a^,  285,  19  {an  Zelter  d.  13.  märz 
1822);  freude,  entzücken,  erstaunen,  schössen  durch  des 
bürgermeisters  geist ;  er  stand  vor  dem  teufel  mit  weit 
aufgesperrtem  munde  Klinger  3,  75  {Fausts  leben  2,  3); 
Teil  (stand  mit  vorgebognem  leib,  als  wollt'  er  dem  pfeil 
folgen  .  .  .)  Schiller  14,  364  {Teil  .s,  3  bühnenanic.) ;  er 
stand  mit  gesenktem  haupte  und  betrachtete  in  seinem 
Innern  die  gestaltlosen  bilder  Tieck  8,  15;  das  äuge  zu 
boden  geschlagen,  stand  sie,  indem  sie  sich  den  köpf 
hielt  Kleist  3,  335,  1  E.  Schmidt;  lautlos,  mit  gerungenen 
bänden,  stund  der  müller  an  der  halde  rand  Gotthelf 
4,  45  Vetter;  auch  diesmal  stand  die  vorsichtige  .  .  .  mit 
eingestemmten  armen  vor  ihrer  thür  Ed.  Genast  au»  d. 
tageb.  eines  alten  scluiusp.  1,  65;  alle  standen  mit  offnem 
munde  Hebbel  8,  178  Werner;  wir  stehen  mit  den  kuh- 
füszen  in  anschlag,  um  auf  alles  gerüstet  zu  sein  Raabk 
der  hungerp.^^  162  (15.  kap.);  wie  sie  aber  den  schmied 
fanden,  standen  sie  offenen  mundes,  staunten  des  Wun- 
ders Popert  Harringa  120;  Theo  (steht  mit  über  der 
brüst  gefalteten  bänden)  G.  Reiche  märtyrer  ».  *6.  — 
lothr.  was  stehsch  de  do  mit  der  zung  im  null?  warum 
giebst  du  keine  anttportt  Follmann  495». 

A)  mit  angaben  über  kleidung,  au»rü»tung  ttnd  ähnl.: 
nackt  stehen,  *.  unten  k  und  Lichtwer  ttnter  I,  B,  8,  e,  ^, 
For-ster  unter  I,  B,  2.  h,  ß;  s.  ferner  H.  Sachs  unter 
I,  B,  2,/,  tj,  ee;  die  nach  im  kamen  in  vor  dem  richter  in 
dem  hemde  sten  funden  (trovarono  ancora  in  cami»cia 
dinanzi  al  giudire)  ÄRioo  deeam.  58,  38  Keller  (S,  1);  und 
80,  die  mutze  samt  schirm  ins  gesiebt  gezogen,  stand  er 
auch  heute  wieder  .  .  .  vor  einer  .  .  .  blumenestrade  Fon- 
tane werke  A,  184; 

der  kOnIg  steht  in  fsstlichem  omat 

SciiiLLSR  18,  M7  {Junafr.  v.  Ort.  4,  S); 

indem  dieses  innen  vorgicng.  war  die  ganze  gamison  aus- 
gerückt und  stand  vor  dem  Kuileinburgischen  hause  unter 
dem  gewehre  Scuillbr  7,  817;  Fritz  von  Berg  und  Pätus 
(stehn  mit  gezogenen  degen)  Lenz  i,  6i  Tieck  {hqfm.  i.  61): 

dooh  wMthalb  stehst  du  mit  gezacktem  schwerdt? 

Shaketp.  6,  83  {TU.  Andnm.  S,  1). 

Mr. 


1481 


STEHEN  (II,  A,  5,  i-o) 


STEHEN  (II,  A,  5,  o—q) 


1482 


t)  mit  ausdrücken  des  seelischen  zustandes:  do  se  alle 
aldus  stunden  in  gantzer  otmodicheit ,  trat  to  de  prior 
des  closters  d.  städtechr.  IG,  518,  34; 

die  herold  nit  ansprachen  jhn  (Achilles), 
sonder  stunden  mit  reverentz 
und  ehrerbietung  an  der  grentz 

Spreng  nias  (1610)  8»  («.  1,  331/.); 

wie  stehst  du  da  mit  forcht  und  zitier? 

46*"  (tl  nttäaaui  ...  4,  371). 

&)  mit  prädicativen  adjectiven: 

und  wirt  din  schäme  harte  grö;, 
die  du  von  schulden  danne  hast 
unde  nacket  vor  mir  stäst 

Hartman  v.  Aue  d.  arme  Heinr.  1090 
{dafür: 

schiere  stuont  si  äne  wät 

und  wart  nacket  unde  blöj  1196); 

bi  frowen  trüwe  ich  niht  vervän, 
waui  da;  ich  müede  vor  in  stän 

ders.,  minnes.  frähl.  216,  36 ; 

*.  auch  Oswald  v.  Wolkenstein  i,  15  unter  I,  B,  2,/,  s,  aa. 
Forster  ebenda,  h,  ß.  loser  angeknüpft:  was  steht  ihr 
noch  hier,  müszig  und  angeheftet?  Lessing  2,  81  {Sara 
Sampson  5,  5).  gebunden  stan,  *.  Jaspar  v.  Gennep  unter 
l,  B,  2,  f.  Tl.  ff; 

dar  umbe  er  stat  gevangen, 

gebunden  vor  dem  riche 

Ruolandes  l.  299,  26; 

so  auch:  er  {gotf)  ist  frey  und  ungebunden  allenthalben 
wo  er  ist,  und  mus  nicht  da  stehen  als  ein  bube  an 
pranger  odder  hals  eisen  geschmidet  Luther  23,  151,  5 
Weim.  ausg. 

V)  in  andern föUen  eher  adverbial  zu  nehmen:  was  stehst 
du  so  feierlich,  base?  Freytag  8,  144  {ahnen  l,  i,  8); 

so  stuont  so  minnecliche        daj  Siglinde  kint 

yib.  134,  3 ; 
an  die  thüren  will  ich  schleichen, 
stiU  and  sittsam  will  ich  stehn 

GÖTHE  2,  121 ; 
wie  standen  sie  {die  Wettfalen)  prächtig  auf  der  mensur 
mit  ihren  löwenherzen 

Heine  2,  452  Eliter  {DeuUchl.  10); 
(Jim  bilde:) 

steh',  wer  da  wollte,  hoch  und  kühn 
auf  des  hofes  schlüpfriger  höhe ! 

Schubart  leben  u.  geginn.  1,  280. 

m)  mit  bezeichnung  des  ästhetischen  eindrucks:  gott  stand 
in  all  seiner  pracht  maler  Müller  l,  89.  ähnlich  sehr 
oft  in  freierem  gebrauche,  s.  C,  11,  a.  loser:  ihn  dauerte  der 
schöne  gefaszte  Jüngling,  der  jetzt  noch  in  voller  kraft 
und  gluth  des  lebens  vor  ihm  stand  Hebbel  8,  72  Werner, 
vgl.  ferner:  diese  hauptpersonen  {des  dramas  bei  Shake- 
speare) stehen  im  hellsten  lichte,  bis  zur  völligen  dorch- 
sichtigkeit  erhellt  Ludwig  5,  115. 

n)  in  beziehung  zu  andern,  allein  stehen  u.  ähnl.: 
wieder  stand  die  königin  allein  Freytag  ahnen  i,  186 
(1,  8);  bei  seinem  grübeln  und  suchen  trat  er  weit  von 
den  leuten  zurück,  zu  denen  er  gehörte,  uhd  weit  von 
allen  menschen  .  .  .  und  stand  allein,  und  besah  die 
menschen  Frenssen  Baas  364;  und  sie  lachte,  lief  da- 
von und  verschwand  um  die  ecke  des  nächsten  hauses, 
80  dasz  sie  wie  weggeblasen  war  und  der  Pertl  allein 
stand  W.  Fischer  Murwellen  6.  s.  auch  Alsfeld,  passionssp. 
137  unter  I,  B,  2,f,  a,  aa.  und  Hesse  unten  7,  b.  a.  dazu: 
alle  die  empflndungen,  die  ihm  die  tänzerinnen  ein- 
flöszten,  wollt'  er  seiner  einzigen  bringen,  die  einsam 
wegstand  J.  Paul  3  {mumien  3),  18.  —  in  anderm  sinne. 
».  d  zu  ende.  —  häufig  in  freiere  Verwendung  übergehend, 
vgl.  Jaspar  v.  Gennep  438  unter  I,  B,  3,/,  a,  aa;  so: 

ja  enstet  niht  eine  {ohne  helfer)  min  bruoder  Hagene 

A'jö.  2044,  2. 

o)  von  mehreren,  zusammen,  beisammen  stehn:  {von 
götterbildern :)  denn  wo  Themis  und  Minerva  in  einem 
tempel  beysammen  gestanden,  haben  sie  allezeit  den- 
selben berühmter  gemacht  Lohenstein  Arminias  l,  d  i**; 
s.  auch  Gessner  2,  21  unter  I,  B,  3,  e.  ^.    vgl.  femer: 

sie  fand  den  tapfem  hochberähmten  söhn 
Lykaons  von  den  Schilden  seiner  schaar  .  .  . 
umschirmet,  stehn  Bürger  157»  {IL  4,  90). 

mit  angaben  der  gegenseitigen  richtung.     zwei  zusammen- 
stehende  können  einander  dtu  gewicht  zutcenden;    so    im 

Mr. 


kämpfe:  es  müsz  mann  gegen  mann  stöhn  Carbagh,  *. 
I,  B,  2,f,  a.  bb.  dafür  äuge  in  äuge  stehen;  auch  vom  ein- 
zelnen: dasz  der  alte  von  demselben  manne  sprach,  .  .  . 
vor  dem  er  selbst  eben  erst  aug'  in  äuge  gestanden 
hatte  M.  v.  Ebner-Eschenbach  2,  48.  so  auch:  'warum 
natürlich?'  sagte  sie  und  stand  zu  ihm  gewandt  Frenssen 
Baas  502.  —  oder  sie  stehen  neben  einander,  und  dann 
vielleicht  band  in  band  oder  arm  in  arm;  so  im  bilde: 
mit  einer  mappe  und  zubehör  versehen,  lief  ich  bereits 
unter  den  grünen  hallen  des  bergwaldes  hin,  jeden  bäum 
betrachtend,  aber  nirgends  eigentlich  einen  gegenständ 
sehend,  weil  der  stolze  wald  eng  verschlungen,  arm  in 
arm  stand  und  mir  keinen  seiner  söhne  einzeln  preis- 
gab Keller  l,  200.  vom  einzelnen:  sie  hörte  ihn  still  an, 
ruhig  in  seinem  arm  stehend  Frenssen  Baas  344;  sie 
stand  mit  geschlossenen  äugen  in  seinen  armen  422;  als 
sie  aber  da  ihm  nahe  kam  und  an  seiner  band  schwan- 
kend stand  .  .  .  ebenda,  die  erstere  wendung  scheint  irn 
ganzen  neueren  datums,  ist  aber  sehr  anschaulich  und  in 
jedem  sinne  tadellos,     doch  schon: 

söhn,  stehst  du  in  den  armen  der  verworfnen  {Medeas)'i 
Grillparzer*  5,  121  {Argon.  4). 

femer:  die  drei  matrosen  .  .  .  standen  schulter  an  Schul- 
ter neben  dem  aufgang  zur  brücke  Frenssen  Anna 
Hollmann  128. 

p)  das  stehen  eines  manschen  wird  auch  in  beziehung 
auf  einen  gegenständ  bestimmt:  sie  stehen  schief  vor  dem 
Zeiger  Th.  Mann  königl.  hoheit  319; 

Casca  ist  so  heszlich  alt,  dünckt  sich  doch  so  trefflich  schön, 
weil  sie  masz  beym  hexen-tantz  umgekehrt  zum  leuchter  stehn 

LOGAU  2,  9,  75  («.  190). 

q)  tceitere  bestimmungen  ergeben  sich,  wenn  eine  menge 
als  subject  zu  stehen  gesetzt  wird:  da  antworteten  dem 
Jeremia  .  .  .  alle  weiber,  so  mit  grossem  hauffen  da 
stunden  Jerem.  44,  15;  die  leute  standen  in  einem  klumpen 
beim  leeboot  Frenssen  Anna  Hollmann  20; 

mit  der  ringfürigkeit  .  .  . 
warff  Roland  diesen  tisch,  den  andern  auff  den  rump, 
inn  dem  sie  stunden  gleich  da  all  auff  einen  klump 

DiKTR.  V.  D.  Werder  Ariost  13,  36,  8; 

aber  der  gottmensch  blutet,    er  schaut'  auf  Juda  hernieder, 
das,  von  Jerusalem  an  bis  nah  zu  dem  kreuze,  gedrängt  stund 
Klopstock  4,  118  {Mesg.  8,  282) ; 

dafür  technisch:  oberst  Scharnhorst  .  .  .  lehrte  schon  die 
der  alten  bedachtsamen  kriegsweisheit  unfaszbare  ketze- 
rei,  dasz  man  'nie  concentrirt  stehen,  aber  immer  con- 
centrirt  schlagen'  müsse  Treitschke  d.  gesch.  i,  154.  — 
da  man  sich  am  Schlüsse  der  traktierung  dorthin  {in  d. 
küche)  begab,  stand  das  gesinde  am  wege  aufgereiht  und 
begehrte  den  segen  des  bischofs  Ric.  Hüch  d.  hahn  v. 
Quakenbrüek  56;  sie  {d.  Soldaten)  standen,  glaube  ich,  in 
vier  oder  fünf  reihen,  die  den  ganzen  platz  hinunter- 
reichten Solger  nachgel.  sehr.  1,  52; 

die  andern  die  zugleich  in  einer  ketten  stehn, 
und  dick  in  grosser  zahl  in  keiner  Ordnung  gehn, 
das  ist  gefangen  volck  Fleming  143. 

in  reih  und  glied,  in  Ordnung  stehen:  da  gerieth  er  in 
zorn,  klopfte  auf  seinen  ranzen  so  lange  bis  hundert 
und  fünfzig  mann  in  reih  und  glied  vor  ihm  standen 
BR.  Grimm  märchen  nr.  54.  auch  vom  einzelnen,  vgl. 
Scheidt  GroÄ.  2155  unter  1,  B,  2,  f.  a.  bb :  auch  zog  diese 
kleine  fleischwunde  dem  kranken  nichts  als  ein  wund- 
fleber  zu :  und  wenige  tage  verflossen,  so  stand  er  wieder 
in  reih'  und  glied  Kleist  4, 164,  31  E.  Schmidt,  im  bilde: 
lieber  gott,  die  katzen,  schlangen  und  sonstigen  Scheu- 
sale, die  dir  bei  der  Schöpfung  so  zwischen  den  fingern 
durchgeschlüpft  sind,  haben  Beelzebubs  Wohlgefallen  er- 
regt, er  hat  sie  dir  nachgemacht,  aber  er  hat  sie  besser 
heraus  geputzt,  wie  du,  er  hat  sie  in  menschenhaut  ge- 
steckt, und  nun  stehen  sie  mit  deinen  menschen  in  reih' 
und  glied  Hebbel  2,  51,  31  Werner  {Maria  Magd.  2,  5). 
ferner:  die  dämme  und  basteyen  längs  dem  ufer,  die 
fahnen,  waffen  und  rüstungen  der  Soldaten,  welche  so- 
wohl hier  als  auf  der  brücke  in  parade  standen,  glänzten 
im  wiederschein  Schiller  9,  58.  —  wir  standen  in  einem 
halben  mond  um  ihn  herum,  der  russische  offizier  drängte 
sich  dicht  an  den  Engländer  und  stand  zunächst  an  dem 
altar  4,  315; 

Mr. 


1483 


STEHEN  (II,  A,  5.  q-1,  a) 


STEHEN  (II,  A,  7,  a) 


1484 


im  angesicht  des  ganzen  hofgesindes, 

das  mitleidsvoll  im  kreise  stand,  ward  sie  (d.  rocfte) 

auf  eklavenart  an  deinem  Karl  vollzogen 

5,  2,  154  {don  Karl.  1,  2,  251); 

die  knechte  waren  bisher  in  einem  dichten  kreise  nm 
den  vater,  die  kinder  und  die  groszmutter  gestanden 
Stifter  werke  5,  i,  293;  eben  steht  man  im  Viereck  und 
hat  rechts  und  links  seine  nebenmänner  .  .  .  bei  sich 
Raabe  d.  hungerpa3tor^^  123  (ll.  kap.).  —  bair.  kraisz  stön 
dU  feste  formel  ohne  präp.,  eine  art  kinderspiel  mit  d. 
ball   SCHM ELLER*  2,  709. 

r)  stehen  mit  allgemeinen  m,odaten  ausdrücken  {die  durch 
die  anschauung  oder  den  Zusammenhang  ihren  inhalt  be- 
kommen); besonders:  seht  nur  einmal,  wie  ersteht!  wie 
das  alles  paszt  und  zusammenhängt!  Göthe  20, 133  (Wilh. 
Meister  8,  l);  wenn  er  lust  hat,  kann  er  gleich,  wie  er 
da  steht,  mit  mir  in  die  Werkstatt  gehen  Hebbel  2,  29, 14 
Werner  {Maria  Magd,  l,  5); 

dem  heil'gen  vater  wollen  wir  vertraun  .  .  . 
nnd  wollen  stehen,  wie  die  väter  standen, 
sankt  Peter  über  uns,  das  schwert  in  banden 

Eelbo  DUhmarschen  47. 

ü)  die  art  des  Stehens  tcird  durch  einen  vergleich  be- 
zeichnet, s.  oben  f.    anders: 

und  wie  sich  furchtbar  6ch5n,  aus  dunklem  wald 
die  schlanke  ceder  hebt  in  jungem  grüne, 
steht  ritter  Alhards  herrliche  gestalt 

A.  V.  Droste-Hülshoff  2,  207  {Walther  2). 

doch  tritt  die  bedeutung  des  Stehens  dabei  oft  ganz  zurück 
vor  andern  Vergleichspunkten: 

sam  der  liebte  mäne  vor  den  stemen  stät, 
der  schln  s6  lOterliche  ab  den  wölken  gät, 
dem  stuont  sie  nu  gellcbe        vor  andern  fronwen  guot 

Nib.  282,  3. 

€)  stehen  durch  einen  folgesatz  bestimmt:  Kautz  (reiszt 
sich  los,  tritt  auf  die  seite,  und  zieht  den  säbel,  steht 
aber  so,  dasz  Kittmann  die  thüre  frey  hat)  G.  Stephanie 
lustsp.  (l77l)  17  {d.  Werber  1,  9  bühnenanw.);  da  ich  so 
stand,  dasz  ich  in  die  coulisse  sehen  konnte,  über- 
raschte es  mich,  zu  sehen,  wie  sie  {eine  tänzerin)  un- 
mittelbar vor  ihrem  auftreten  mit  einem  entrechät  das 
zeichen  des  kreuzes  machte  Moltke  Schriften  l,  109. 

6)  stehen  mit  angäbe  der  Wirkung ;  durchweg  ausdrücke, 
die  ein  lange  andauerndes  stehen  umschreiben,  gewöhn- 
lich sich  müde  stehen,  'durch  vieles  stellen  müde  werden, 
oder  sich  müde  machen'  Campe  (2) :  die  dienstbarkeit  ist 
ihm  zu  schwer,  aus  dem  bette  aufzustehen,  wenn  er 
noch  schläfrig  ist,  sich  in  vorgemächern  müde  zu  stehn, 
vergeblich  gänge  zu  thun  ...  J.  E.  Schlegel  werke  5,  iii 
{d.  fremde,  22.  juni  1745);  {im  bilde:)  diese  tugend  hat 
einen  vornehmen  ton,  an  ihrem  platze  ist  sie  auch 
nöthig;  nur  stehet  sie  einsam  da,  sie  steht  sich  müde 
und  wartet  auf  ablösung  Herder  bei  Campe; 

(da)  verging  mir  schnell  der  eigendUnkel, 
für  hart  gestraft  mich  anzusebn, 
dasz  ich  auch,  hier  in  diesen  winkel 
geworfen,  mich  soll  müde  stehn 

GOEKINGK  1,  14; 

femer:  sich  (die  beine)  steif  stehen  Sanders  (8,  a);  {von 
pferden,  s.  unten  9,  a:)  und  ist  es  so,  so  soll  er  .  .  .  meine 
braunen  polacken  reiten,  die  sich  jetzt  steif  stehen 
Klincer  1,  101  {falsche  Spieler  l,  2); 

ick  Stab  un  stah,  un  stah  de  bein 
mi  denn  hinab  in't  liw  herin 

Rel'tf.r  1,  169  Seelmann  (lauschen  t.  51,  63); 

ein  loch  in  die  erde  stehen  Sanders  (8,  a). 

7)  »ehr  häufig  icird  stehen  mit  Ortsangaben  verbunden, 
doch  haben  diese  im  allgemeinen  keinen  einflxtsz  auf  die 
bedeutung.  {hierher  gehören  in  gewisser  hinsieht  auch 
b,  0.  p.  t.) 

a)  stehen  mit  ortsadverbien. 

a)  hier:  ich  wil  dir  geben  von  diesen,  die  hie  stehen, 
das  sie  dich  geleiten  sollen  Sacharja  8,  7;  es  stehen  et- 
lieh  hie  {ttalv  xivKi  xwv  döe  katwTo/v),  die  nicht 
schmecken  werden  den  tod  .  .  .  Matih.  16,  28;  wie  der 
könig  ernstlich  nach  ihm  fragte,  tratt  Lyons  gesellen 
einer  herfUr  .  .  .  and  sprach:  hie  stehet  er,  nach  dem 
ihr  fraget  Ociavian  (1076)  Q«*;  'hier  stehe  ich*,  rief  er 
ans:  'ich  kann  nicht  anders:  gott  helfe  mir:  amen' 
Rankb  äeutadi«  gt$eh.  i,  SM;  hier  stehen  meine  zeugen I 

Mr. 


Hebbel  3,  195,  33  Werner  {Agnes  Bern.  3,  13);  'stehst  du 
hier,  Elke?'  frug  er  Storm  7,  182; 

hie  stehn  wir  meister  lobesan, 

thet  der  scbinder  beym  bencker  stan 

Eyerino  1,  610; 
und  glaubt  ihr  euch  vielleicht  durch  mich  betrogen; 
hier  steht  ein  mann !   da  I    fragt  den  astrologen 

GöTHB  41,  17  (Fatist  II,  1); 
es  braucht  nicht  neue  räthsel  zuzuspitzen, 
nnd  neue  köpfe  abzuhacken  —  da! 
hier  steht  der  mann !   der  hats  erratben ! 

Schiller  13,  397  (Turaiuioti,  4). 

da,  dort:  dar  steht  er,  eccum,  adest!  Stieler  2128;  do 
stehet  got  nicht  myt  der  keule  alda,  sed  proponit  tibi 
promissionem  remissionis  peccatorum  Luther  34,  l,  2li, 
19  Weim.  ausg.;  komm  nur  ins  haus,  Pertl,  weil  du  ge- 
rade da  stehst  W.  Fischer  MunceUen  55; 

der  zi  [dere]  cbilchun  gät 
und  äne  rüe  da  stüt 
MCllenhoff-Scherer  denkm.  49,  8; 

und  ist  die  jnngkfraw  die  da  stet 

H.  Sachs  1,114'; 
dasz  er  dort,  wo  engel  geh'n, 
sieht  die  reine  liebe  steh'n, 
die  ihm  aufwärts  winket 

RCCKERT  (1882)  1,  42. 

nd.  wat  best  du  denn  da  te  stän?  was  stehst  du  denn 
daf  Schambach  207*".  so  auch  die  aUzu  icörtliche  Über- 
setzung: und  es  werden  seine  arme  daselbst  stehen,  die 
werden  das  heiligthum  in  der  feste  entweihen  Dan.  ii,  si 
(noy»    «60    n'x'tn,    bei  Kautzsch:    von   ihm    entsandte 

truppen  werden  aufstellung  nehmen),  dastehen  ver- 
wächst dann  auch  zu  Sinem,  worte,  worin  die  Vorstellung 
des  bestimmten  .Standortes  ganz  aufgegeben  und  nur  die 
des  Stehens  entschiedener  und  selbständiger  attsgeprägt 
ist,  s.  th.  2,  811.  —  m,it  wo;  als  fragepronomen,  s.  Wiener 
gen.  33,  2  unter  I,  B,  2,  e,  ß; 

so  thut  es  (d.  augc)  auf,  seht,  wo  ihr  steht,  ihr  thoren 
RÖCKERT  (1882)  1,  14  (geh.  ton.  16). 

als  relativpron. :  aber  es  ist  nicht  blosz  der  empfindelnde 
gedanke,  zu  stehen,  wo  dieser  oder  jener  grosze  mann 
stand  Göthe  37,  35  {Winckelm.)  ; 

so  schimpfTt,  so  schilt  man  auch  die  beste;  ja  wo  nur  drey 

pedanten  stehn, 

da  rausz  sogar  im  kirchen-staude  die  pfarr-frau  durch  die 

hechel  gehn 
Günther  429  ($.  Stbinbach  2,  669); 

im  bilde:  wie  sehr  weiche  ich  nicht  von  den  eingeführten 
begriffen  ab!  ich  gestehe  es,  aber  man  musz  sich  nur 
an  eben  den  Standort  stellen,  wo  ich  stehe,  und  man 
wird  sich  alsdann  sehr  leicht  mit  mir  vereinigen  Th. 
Abbt  verm.  werke  2,  16 ;  dafür  in  der  altem  spräche  da : 
die  stete,  da  du  stehest  {i(p  (p  eaTrjxaq),  ist  heilig  land 
ap.  geseh.  7,  83; 

d6  gink  he  wedder  n&  den 

dfir  he  den  engel  st&nde  vant 

van  d.  holte  de*  hiU.  eru:e$  183; 

s.  auch  Garg.  454  unter  I,  B,  l,f,  a. 

ß)  nahe  stehen:  Lene  .  .  .  stand  nun  so  nahe,  dasz 
man  sich  mit  Icichtigkeit  die  band  reichen  konnte  Fon- 
tane 5,  128;  gewöhnlich  mit  dativ:  Johann  (welcher  sieht, 
dasz  ihm  Lisidor  wieder  nahe  steht)  Lessino  1,  897 
{/reyg.  l.  4); 

kOnnt'  ich  doch  ihm  nahe  stehn, 
schweigend  ihm  ins  äuge  sehn 

Houwald  leuckU.  t,  8.  990; 

was  alles  an  den  thalem  hing,  die  ich  damals  auf  der 
flucht  von  mir  warf  und  dir  an  den  hals,  weil  du  mir 
zunillig  zunächst  standest  Raabk  zum  wilden  mann  6f>. 
8.  auch  E.  V.  Kleist  l,  64  unter  l,  B,  8, «.  g.  —  nicht  »eUen 
einem  fern  gegenübergestrllt: 

Blinca,  wann  sie  ferne  steht,  kan  sie  liebe  leicht  ervvi.km; 
Blinca,  wann  «e  nahe  steht,  kan  sie  lieb«  leicht  er^t     k  :i 

LooAU  S,  n,  ... 

der  garten  ist  ein  stern.  dorn  innn  nah'  steht,  der  stem 
ein  garten,  dem  man  fern  steht  Heiiiikl  s,  404  Werner, 
dieses  allein:  et  qui  itioia  me  erant  de  lange  »ttterunt. 
unde  die  bt  mir  uu&ren,  ferro  stuOndcn  Notkkr  I,  188,  16 
Piper  {ps.  87.  18);  nhd.  gewöhnlich  von  ferne:  aber  s^e  J 
Schwester  stund  Ton  ferne,  das  sie  erfaren  wolt,  wie  •• 

Mr. 


1485 


STEHEN  (II,  A,  7,  a) 


STEHEN  (H,  A,  7,  b,  ä) 


1486 


jm  gehen  -würde  2.  Mos.  2,  4;  und  der  zölner  stund  von 
ferne  ^axQd&fv  saxwq)  Lue.  18,  13;  und  werden  von 
ferne  stehen  für  furcht  jrer  quäl  qfenb.  Joh.  18,  lO;  erst 
standen  wir  alle  von  ferne  Göthe  18,  9  (Wilh.  Meister 
1,  i) ;  das  kind  sagte :  nur  wenige  (geister)  seien  noch 
üi)rig  geblieben  und  sie  stünden  von  ferne  34,  190  {Cel- 
lini 2,  1);  (von  personif.  abstracten:)  die  freundschaft 
stand  von  ferne  und  schwieg  Schiller  4,  15; 

ihr  klagende  plagen  steht  jetzo  von  fernen, 
es  fliehe  der  ächzende  krächzende  neid ! 

[K.  Stieler]  geh.  Venxu  s.  21  netidr.; 
sie  sanken  unter  meinem  hiebe, 
von  ferne  stand  ihr  schiffgeleit 

Denis  lieder  Sineds  (1772)  42. 

hei  ergänzender  bestimmung  geicöhnlich  weit  von  einem, 
etwas :  weit  von  einem,  weit  von  einander  stehen,  stare 
lontano,  discosto,  allontanato,  separate  da  uno  Kramer 
dict.  2,  928<=;  nicht  weit  voneinander  stehen,  modicis  inter- 
vallis  positiim  esse  Steinb.\ch  2,  668;  nicht  weit  von  der 
laube  stand  der  rauhe  Cain  auf  einem  steine  m.\ler 
Müller  i,  67; 

ja,  auch  die  freunde  selbst,  die  scheuen  meine  planen 

und  stehen  weit  von  mir 
Fleming  1,  6  Lappenberg  {poet.  wcUder  1,  3,  31;  38  p«.  12); 

indem  er  nun  nicht  weit  vom  feuerherde  stand, 
ersah  er,  dasz  die  glut  noch  nicht  ganz  ausgegangen 
KoENiG  ged.  (1745)  41. 
y)  abseits,  seitwärts  stehen.- 

als  Geliert,  der  geliebte,  schied,  .  .  . 
stand  Oeser  seitwärts  von  den  leuten 

Göthe  2,  153; 

die  kinder  stehen  scheu  seitwärts  Grillparzer'  5,  137 
(Medea  1,  bühnenanw.) ,  die  mönch  stunden,  unterdem  er 
die  strafe  litt,  betend  abseits  E.  v.  Handel-M.\zzetti 
d.  arme  Margareth  390.  ebenso:  der  alte  wandte  sich  gegen 
die  in  Verwirrung  zur  seite  stehende  matter  Kleist  3, 
542,  29  E.  Schmidt;  der  alte  stand  zur  seite  und  beob- 
achtete mich  heimhch  Seidel  2  {vorstadtgesch.),  72;  stehe 
sie  bei  seite,  base  Schlotterbeck  Raabe  d.  hungerpastor^ 
52  (5.  cap.);  alem.:  die  schildwache  erwiederte,  sie  stehe 
da  so  neben  draus  und  erfahre  nicht  viel,  was  im  Innern 
der  Stadt  geschehe  Hebel  3, 119;  s.  auch  Erlauer  sp.  3,  54 
unter  I,  B,  2,f,a,  aa. 

6)  drauszen  stehen:  Petrus  stuont  üje  zi  thSn  duron 
{stabat  ad  ostium  foris)  Tat.  186,  2;  kom  er  ein  du  ge- 
segneter des  herrn,  warumb  stehestu  draussen?  i.  Mose 
24,  31 ;  sihe,  da  stunden  seine  mutter  und  seine  brüder 
draussen  (flazrjxecaav  e^io)  Matth.  12,  46; 

warumb  wilt  du  draussen  stehen, 
du  gesegneter  des  herrn? 
P.  Gekhaedt  bei  Fischer-TCmpbl  lärcherd.  3,  325»; 

der  abt  sich  des  münches  fremde  name,  im  wol  gedacht 
do  er  an  der  kamertüre  auszerhalbe  stund  sein  nicht 
solte  war  genomen  haben  Arigo  decamer.  37,  6  Keller 
(1,  4).    das  gegentheil: 

doch  nein,  eoch  mT  ich  nicht,  ihr  steht  schoa  drinnen 
RöCkert  (1882)  1,  11  {geh.  s<m.  10). 

f )  vorn,  hinten  stehen :  Lyon,  welcher  dahinden  stunde, 
schämte  sich  selbst  anzuzeigen  Octavian  (i675)  Qe*;  hinten 
{auf  d.  wagen)  stand  der  diener  des  jungen  königs,  das 
war  der  treue  Heinrich  br.  Grimh  märchen  nr.  l; 
wir  kinder  standen  ganz  hinten  Steffens  *.  unten  b, 
6,  cc.  auch  im  superl.:  he  wil,  daj  man  mane  hem 
Heinriche,  der  da  zu  vorderst  stet  Freib.  stadtr.  s.  186,  18 
(29,  §  5).  —  oben,  unten :  sihes  düo,  uuie  dör  da  öbe  st6t 
ae  den  linebergon  Williram  37,  7;  oben  an  stehen, 
primas  tenere;  er  steht  oben  an,  in  primis  consistit; 
oben  drauf  stehen,  super  adstare  Steinbach  2,  668. 
hoch  stehen:  es  ist  eine  schöne  aussieht  von  hier  oben; 
wenn  man  aber  so  hoch  steht,  musz  man  sich  in  acht 
nehmen,  dasz  man  nicht  die  lust  bekömmt,  hinunter 
zu  springen  Tieck  5,  139.  so  sehr  oft  in  übertragenem 
sinne,  s.  unten  C,  2,  f. 

5)  umher  stehen: 

engel  stehen  umher,  werfen  mir  krönen  zu 

Hölty  «.  74  Halm, 
ähnlich  ahd.: 


stüant  tho  thir  umbiring 
beisammen  stehen,  s.  oben  5,  0. 


filu  manag  ediling 

Otfrid  1,  9,  9. 


Mr. 


b)  mit  präposiOonalen  ausdrücken,  die  fheils  aügeman 
den  ort  und  die  räumliche  Umgebung,  theils  das  räuatr 
liehe  verhältnisz  zu  einem  gegenstände  oder  einer  andern 
person  bezeichnen. 

ß)  an  etwas  stehen:  an  einem  orte  stehen,  in  uno 
loco  adstare  Steinbach  2,  668;  Abraham  aber  macht  sich 
des  morgens  fröe  aufF  an  den  ort,  da  er  gestanden  war, 
für  dem  herrn  1.  Jfo*e  19,  27;  wer  wird  auff  des  herrn 
berg  gehen?  und  wer  Ajrird  stehen  an  seiner  heiligen 
stete?  jJÄ.  24,  3;  {bildlieh:)  fragili  loco  stant  superbi.  an 
einer  ungewissen  und  ßlhrlichen  stäte  stehen  die  hof- 
färtigen  Gorvinüs  fons  latin.  634»; 

ich  stundt  an  eynem  morgen 
heymiich  an  einem  ort 

bergr.  s.  85,  15  neudr.  (40, 1); 

o  bleib!  und  steh  an  diesem  platz 
lebendig,  aufrecht,  noch  emmal 

GÖTHB  9,  277  {not.  tochter  1,  6); 

an  seiner  {eignen,  festen)  stelle,  an  seinem  platze  stehen, 
tcofür  früher:  und  sihe,  der  könig  stund  an  seiner  stet 
im  eingang  2.  chron.  23,  13;  also  ward  der  gottesdienst 
beschickt,  und  die  priester  stunden  an  jrer  stete,  und 
die  leviten  in  {var.:  an)  jrer  Ordnung  35,  lO;  denn  ich 
stand  Sonntag  zur  rechten  stunde  an  meinem  platze, 
rechts,  zunächst  am  thron  Göthe  briefe  27,  s.  6;  die  Jage- 
mann hatte  an  die  scene  mit  Leicester  .  .  .  nicht  ge- 
dacht, rechtzeitig  bemerkte  ich,  dasz  sie  nicht  an  ihrem 
platze  stand  Ed.  Genast  aus  d.  tageb.  eines  alten  schausp. 
1,  117;  so  auch:  am  markte  stehen  Adelung  (i);  an  dem 
markt  stehen  Eulensp.  20  unter  I,  B,  8,  b,  y.  xcofür  jetzt 
geicöhnlich:  auf  dem  markte,  urigetcöhnlicher :  an  der  sonne 
stehen,  an  einem  von  der  sonne  beschieneneii  orte  (jetzt 
in  der  sonne):  aprieor,  stare  al  sole.  ...  an  der  sonne 
stehen  G\lepinus  septem  (1731)  l,  78».  analog  {für  heutiges 
im  kalten,  in  der  kälte) : 

das  hembd  thü  an,  und  laoff  darron, 
dasz  da  nit  m&st  am  kalten  ston 

ScHEiDT  Grob.  138. 

uxPirend  an  in  diesen  stellen  direct  auf  den  ort  geht,  tco 
einer  steht,  bezeichnet  es  in  der  regel  eine  örtliehkeit  oder 
einen  gegenständ,  neben  dem  jemand  steht,  einen  Über- 
gang bilden  Wendungen  une:  öffentlich  am  wege  und  an 
den  Strassen  stehet  sie  (d.  Weisheit)  spr.  Sal.  8,  2;  an  der 
grenze  stehen,  bildlich:  hier  steh'  ich  an  der  gränze  der 
natur  Hebbel  8,  70  Werner,  am  ufer  eines  wassers:  es 
stunden  zween  andere  da,  einer  an  diesem  ufer  des 
wassers,  der  ander  an  jenem  ufer.  und  er  sprach  zu 
dem  .  .  .,  der  oben  am  wasser  stund  Dan.  12,  »/. ;  alles 
volck  stund  am  ufer  Matth.  13,  2  (=  auff  dem  lande  am 
meer  Marc.  4,  i) ; 

ich  wei;  mich  peduhte       do  ich  mines  slafTes  brfthte, 
wie  ich  stünte  eine        an  eines  Stades  reine  {rande) 

Wiener  gen.  59,  46; 
und  an  jenem  ufer  drüben  stehen 
freund'  und  lieben,  beben  auf  dem  festen 

GöTHB  2,  76 ; 
und  an  dem  ufer  steh'  ich  lange  tage 
das  land  der  Griechen  mit  der  seele  suchend 

9,  3  {Iphig.  1,  1). 

dafür  dann  auch  am  wasser,  am  see  (vgl.  oben  Dan.  12,  6 
u.  Marc.  4,  i) :  und  er  stund  {ijv  earwg)  am  see  Gene- 
zareth  Luc.  5,  l; 

gott,  wenn  ich  dich  als  weltenschSpfer  denke, 
am  meere  steh,  das  deiner  faust  entrann 

Schubart  ged.  (1787)  1,  5. 
auch: 

aber  indessen  stand  sie  schon  fem,  am  winket  des  sees 

GöTHB  2,  137. 

femer:  PhiUis  stuhnd  schon  am  bach  Gessner  2,  50 
(Daphnis  l); 

Mirene  stund  an  einer  quelle 

Hagedorn  (1769)  S,  27; 
des  Hebchens  bildnis  zeige  sich 
an  jedem  qnell,  an  dem  du  stehst 

Platbn  1,  46  Hempel. 

an  einem  berge.-  den  tag,  da  du  für  dem  herrn  deinem 
gott  stundest  an  dem  berge  Horeb  5.  Mose  4,  10;  und  jr 
trattet  erzu,  imd  stundet  unten  an  dem  berge  ii;  ge- 
wöhnlicher:  ich  stand  am  fus  des  donnernden  Sina  Schil- 
ler 2, 178  {räuber  5,  l) ; 

Mr. 


1487 


STEHEN  (II,  A,  7.  h.  c) 


STEHEN  (II.  A.  7,  6,  «-/?) 


1488 


am  felsen  stand  ich,  adler  kreisten  drüber 
A.  V.  Droste-HClshoff  (1879)  2,  9i  (de«  arzUt  verm.). 

an  einem  grabe:  als  wir  an  seinem  grabe  standen,  sah 
ich  eine  hübsche,  grosze  frau  mit  verweintem  geeicht, 
die  .  .  .  allein  stand  Hesse  Gertrud  297; 

stets  an  dUstem  gräbem  stehn, 
heiszt  sich  von  der  weit  entwöhnen 

Gottsched  ged.  (1751)  1,  97; 

die  stunde  kommt,  die  stunde  kommt, 
wo  du  an  gräbem  stehst  und  klagst! 

Frkiligrath'  2,  157 ; 
&tM/.cA: 

denn  der  allerheiligste  steht  an  dem  offenen  grabe 

Klopstock  Met».  8,  218; 

die  eule  liesz  mich  nicht  schlafen,  sie  stöhnte  über  Frida, 
die  bei  nacht  am  zanne  steht  und  rüttelt  Freytag  8,  9 
{flhnen  1,  1,  i) ;  das  alte  weih  fand  ich  drauszen  auf  dem 
Wege  an  einem  heck  stehend  Storm  l,  78.  —  viel  lieber 
stehet  er  an  wettererschlagner  fichte  maler  Müller  l,  22; 

Maria,  voller  lieb  und  trew, 
stund  an  dem  creutz  und  auch  dabey 
den  unser  heyland  liebte 
P.  Gerhardt  hei  Fischer-Tümpel  lirchcnl.  3,  305; 

ein  jung  und  starckes  blut,  das  schon  am  iialgen  stund, 
verblich  vor  todes-angst  Günther  554; 

an  dem  pranger  stehen  Schiller  3,  *19  {kab.  u.  liebes,  7), 
als  var.  zu  an  den  pr.  st.,  *.  unten  13,  d,  a;  der  suhstan- 
tivierte  in/,  dazu  als  directe  Zusammensetzung  ohne  präp. : 
das  port  d'epee  ist  an  deiner  seite  des  pranger  Stehens 
gewohnt  worden  ebenda;  {ebenso  in  demselben  sinne  bair. 
schrägen  sten  Schmeller*  2,  709;)  morgen  steht  sie 
(d.  diebin)  am  pranger  Kotzebu  E  d.  d.  kieinstädter  1,  7. 
freier: 

höre  gesell,  es  fängt  mir  an  zu  däuchten, 
wir  stehen  hier  am  pranger  vor  dem  hut 

Schiller  14,  349  {Teil  3,  3). 

da  stund  der  könig  an  der  seulen,  wie  es  gewonheit 
war  2.  kön.  11,  14; 

er  sach  an  ainer  sewl  stan 

ainen  güldenen  man 

Heinr.  V.  Neustadt  Apollon.  23. 

an,  bey  der  thür  .  .  .  stehen,  stare  aUa  porta  Kramer 
dict.  2,  928«:  (im  bilde:)  der  cherub  der  aufklärung  steht 
an  der  pforte  und  läszt  uns  nicht  mehr  hinein  Hebel 
3,  229;  Petrus  stand  also  an  der  pforte  und  hielt  wache 
BR.  Grimm  märchen  s.  140  {nr.  3.5); 

Kamin,  zum  aufbruch  völlig  fertig,,  stand 
die  ganze  nacht  durch  mind'stens  am  portal 
Kleist  3,  33  E.  Schmidt  (prinz  v.  Ilomb.  1,  4); 

#.  auch  Schiller  2,  168  unter  I,  B,  3,  e,  "C,.  dafür  undeutsch: 
das  dierlein  (dirnlein)  .  .  .  den  ersten  den  es  nach  An- 
dreuczo  fraget,  das  er  selbes  was  auf  der  porten  der 
herber  alleine  stunde  (lui  medesimo  e  solo  trovö  in  sulla 
porta)  Arigo  decamer.  79,  34  Keller  (2,  5).  —  am  fenster 
stehen  Campe  (l),  s.  Schuppius  109  unter  I,  B,  3,  d,  f; 
Laertes  stand  nachdenklich  am  fenster  und  blickte  .  .  . 
in  das  feld  hinaus  Göthe  19,  3  {Wilh.  Meister  4,  i);  dasz 
er  in  der  zeit  öfter  als  sonst  an  dem  fenster  gestanden 
20,  277  (8,  9);  sie  waren  alle  warm  geworden  {vom  tanzen), 
am  meisten  die  gerade  jetzt  am  offenen  fenster  stehende 
fran  Dörr  Fontane  5,  148;  sie  hatte  am  dunkeln  fenster 
gestanden  and  wendete  sich  ihm  nun  zu  Zahn  die  da 
kommen  89.    mhd.  dafür  auch: 

sach  ieman  die  vrouwen 
die  man  mac  schouwcn 
in  dem  ven^ter  stän? 
minnet.  frühl.  129,  16  (Heinr.  v.  Morunoen). 


ich  atuont  mir  nebtint  spftte 
an  einer  zinnen 


8,  1; 


and  es  ward  dem  könige  Salomo  angesagt,  das  Joab 
zur  hfittcn  des  heim  gcllohen  were,  und  sihe,  er  stehet 
am  altar  i.  kön.  i,  S9;  vgl.  Schiller  i,  sog  unter  I, C,8,/,/; 

sieb!  aot  eine*  ^t«n  jfinglingn  blicke 

•pricbt  der  wonscb :  'acb  I  wUrd«  mir'«  cum  glQcke, 

neben  ibr  am  trauoltar  su  ■t«hnt'        Gokkinok  8,  SA; 

frUb,  wann  die  bftbne  krftbn,  .  .  . 

muaz  ich  am  berde  atebn, 

miuz  feuer  sOnden  Mörikb  ged.*  61 ; 

der  wirth  aber,  der  bisher  ruhig  am  ofen  stand,  trat 
berror  Hibbl  8,  lil.  —  der  mann,  der  hier  an  meinem 
bette  stand  E.  v.  Handbl-Uazzetti  d.  arme  Marg.  SM; 

Mr. 


ich  steh  an  deiner  krippen  hier, 
0  Jesulein,  mein  leben 
P.  Gbrhardt  bei  Fischer-Tümpel  Hrcherd.  8,  331»; 

wenn  ich  vor  tag  am  waschtrog  steh, 
80  bleibt  die  drolle  ruhig  liegen 

Pfeffel  poet.  vert.  l,  84; 

die  aufgeschürzte  bauermagd  .  .  .,  wie  sie  am  abgespann- 
ten leiterwagen  stehet  Lessing  6,  11  (Jiit.  briefe  l,  5).  — 
der  fremde  mann,  der  stumm  neben  ihm  am  Steuer 
stand  Frenssen  Kl.  Hinr.  Baas  139; 

doch  er  stehet  männlich  an  dem  Steuer 

Göthe  2,  76. 

hier  setzen  freiere  gebrauchstceisen  an,  z.  b. : 

der  im  gehölze,  mäszig  weit,  im  schweisze 
des  angesichts  an  seiner  arbeit  stand 

Keller  10,  149. 

wieder  anders,  ungetcöhnlich :  sie  {d.  engel)  sind  die  Wächter 
der  nacht  bestellt,  die  hüther  der  Unschuld;  sie  stehen 
an  heiligen  stäben,  umfassen  der  klarheit  ewigen  quell 
MALER  Müller  i,  38.  —  ein  vertrauter  mann  stand  in  der 
Schlacht  an  der  achsel  des  herrn,  einer  reichte  den  be- 
malten Schild  Freytag  17,  83;  ich  stehe  immer  an  eurem 
linken  ellbogen  Raabe  zum  tcilden  m/inn  52;  s.  aueJi 
HÖLTY  76  unter  8.  verschlafene  Schutzmänner  standen 
an  den  ecken  Liliencron  letzte  ernte  lOl; 

denn  ha !  steh'  ich  so  an  der  ecke, 

und  hör'  von  weitem  das  geschnatter, . . . 

kehr'  ich  mich  um  Göthe  2,  92. 

abstracter:  die  besten  krieger  stunden  forn  an  der  spitzen 
{OL  TtQiüTayüJViaraf)  l.  Macc.  9,  ll;  daneben:  exhortatur 
illos  militari  arte ,  gleych  als  sie  y  n  der  spicz  stunden 
Luther  32,  150,  28  Weim.  ausg.  auch  von  hier  gehen  über- 
tragene und  freiere  vericendungen  aus,  s.  unten  C,  2,  e. 

ß)  auf  was  stehen,  aliqua  re  superadstare  Steinbach 
2,  668;  auf  etwas  stehen,  insistere  alicui  rei  Frisch  2, 
326'';  auf  der  erde,  auf  dem  stuhle,  auf  dem  tische 
stehen  Adelung  (l).  so  auf  einer  stelle,  einem  orte 
stehen  (jenes  noch  heute,  dies  unüblich  geicorden ,  dafür 
an,  s.  «):  der  ort,  da  du  auffstehest,  ist  ein  heilig  land 
2.  Mose  3,  5;  zeuch  deine  schuch  aus  von  deinen  fflssen, 
denn  die  stet,  darauff  du  stehest  ist  heilig  Jos.  5,  15; 
und  ein  j glicher  stund  auff  seinem  ort,  umb  das  beer 
her  richter  7,  21.  auf  einer  stelle  stehen,  in  eodem  stare 
vestigio  Steinbach  2,  667;  immer  auf  einer  stelle  stehen 
Adelung  (l).    sehr  geicöhnlich  auf  einem  boden  stehen: 

verwünscht, 
dasz  wir  auf  span'schem  boden  stehn ! 

Schiller  6,  2,  248  (don  Karl.  2,  10,  1981); 

der  boden,  worauf  wir  stunden,  ein  hohes,  kahles  ge- 
birge,  trägt  noch  gras  Göthe  16,  237  {br.  aus  d.  Schweiz  2); 
unaufhörlich  vernimmt  man  dies  dumpfe  brausen  eines 
unbändigen  dementes  in  dem  Innern  des  bodens,  auf 
welchem  man  steht  Ranke  deutsche  gesch.  l,  143;  der 
prologus,  minister  von  F  .  .  .,  konnte  doch  unmöglich  auf 
dem  platten  boden  des  parquets  stehen,  es  muszte  also 
eine  erhöhung  herbeigeschafft  werden  Ed.  Genast  aus 
d.  tageb.  eines  alten  schausp.  l,  45;  ich  steh  auf  meinem 
eignen  boden  Arnim  12,  182;  (im  bilde:)  findet  er  ja  be- 
hagen daran,  solche  karrikaturen  von  bösewichtern  zn 
schildern,  ...  so  erdichte  er  sich  eine  fabel,  und  gebe 
seinen  pcrsonen  .  .  .  auch  erdichtete  namen.  er  steht 
sodann  auf  seinem  eignen  grund  und  boden;  ond  da 
mag  er  hausen  wie  er  will  Ayrenhopf  \cerke  (1808)  8,  286. 
ähnlich:  Lewin  sah  sich  um,  nicht  ohne  einen  anflug 
freudigen  stolzes,  auf  der  schölle  seiner  väter  zu  stehen 
Fontane  l,  12  (vor  d.  stürm  i).  mit  beiden  füszen  auf 
dem  erdboden  stehen,  s.  (iRIMm  märchen  116  unter  t,  c.  — 
und  der  engol,  den  ich  sähe  stehen  auff  dem  meer, 
und  auff  der  erden,  hub  seine  band  auff  gen  himel 
offenb.  Joh.  10,  5; 

Klara  achwimmet  .  .  . 
alebend  auf  dem  eis  heran 
MCllnkr  dram.  trerke  1,  47  (d.  89./e6r.  6,  t'.  50«). 

mit  einem  auf  dem  marckte  stehen,  cum  aliquo  in  foro 
consistere  Strinhach  t,M7;  auf  der  gMsen  stehen,  starr... 
in  piaiia  Khamkr  diet  S,  9S8*;  Paolas  aber  stund  mitten 
auff  dem  richlsplatx  (rar.:  trat  m.  auff  den  plats,  axa-- 
&fli  . .  .  iv  niatj)  xov  'Ai^lov  niyov)  ap.  guik.  17,  as; 

Mr. 


« 


1489  STEHEN  (II,  A,  7,  6,  /3) 

wer  tags  lang'  auf  dem  markte  steht, 
und  nachts  edlein  zu  bette  geht, 
der  wird  gewiss  nicht  schweigen 

Grob  dichter,  versvehg.  (1678)  130. 

auf  einem  berge,  felsen  etc.  stehen,  stare  aii  una  mon- 
tagna,  rocca  Kramer  dict.  2,  928»:  morgen  wil  ich  auff 
des  hügels  spitzen  stehen  2.  Mose  17,  9;  auf  der  berghöhe 
stand  an  dem  verhau,  das  die  wälder  der  Thüringe  von 
den  Katten  schied,  der  junge  Wächter  Freytag  8,  l 
{ahnen  l,  l,  l); 

der  dichter  steht  mit  dem  zauberstab 
auf  wolkigem  bergesthrone  Geibel  1,  28; 

{im  bilde:) 
du  bist  meine  grosze  Zuversicht, 

du  bist  der  fels.  auf  dem  ich  steh,  und  gen  himmel  schaue 
Klopstock  Oden  1,  131,  52  Muncker-Pawd. 

s.  femer  vninderh.  1,  111  unter  I,  B,  3,  e,  ^;  Shakesp.  2,  22S 
unter  I,  B,  3,/,  y,  dd;  RCCKERT  5,  17  unter  I,  C,  3,/.  ß.  — 
auf  einem  thurme  stehen,  turri  auperstare  Steinbach 
2,  668; 

o  dasz  ich  stund'  auf  einem  hohen  thurme 

RüCKERT  (1882)  1,  7  [geh.  ton.  2); 

ach !  kSnte  doch  ein  mensch  auff  einer  warte  stehen, 
und  über  dieses  reich  die  äugen  lassen  gehen 

Opitz  1,8; 

ich  stehe  auff  der  warte  jmerdar  des  tages,  und  stelle 
mich  auf  meine  hut  alle  nacht  Jes.  21,  8.  —  ich  stand 
auf  einem  hause  wo  das  dach  herunter  war  Göthe 
briefe  3,  69  {an  Auguste  zu  Stolb.  d.  24.  mai  1776) ;  ich  stehe 
wieder  auf  meiner  zinne  über  dem  rauschenden  brücken- 
bogen  29,  89  {an  Zelter  d.  19.  märz  1818) ; 

er  stand  auf  seines  daches  zinnen 

Schiller  11,  230  (d.  ring  de*  Polykr.); 

o  schönes  mädchen  du,  .  . . 

die  du  an 's  fenster  trittst, 

auf  dem  balkone  stehst!  Göthe  2,  98. 

podium,  ein  ort  aus  einem  gebäu  heraus,  da  man  auff- 
lehnend  stehen  und  sich  ümbsehen  kan,  ein  ercker.  in 
theatro  dim  erat  eine  bühne,  darauff  die  vornehmsten 
herren  stunden  Corvinus  fons  lat.  483^;  er  stand  auf 
der  tribüne  wie  gott  vater  E.  v.  Handel-Mazzetti  d. 
arme  Margareth  382.  vgl.  d.  urk.  v.  1653  unter  I,  B,  2,  f, 
d.  dd  und  Eulensp.  14  unter  I,  B,  3,  c.  wie  oft  stand  er 
auf  dem  theater  hinter  den  wänden  Göthe  18,  85  {Wilh. 
Meister  1,  15).  .  vgl.  auch:  sogar  die  in  der  nähe  häsz- 
lich  erscheinenden  tänzerinnen  waren  ihm  nicht  immer 
zuwider,  weil  sie  auf  einem  brete  mit  seiner  viel- 
geliebten standen  86;  »o  im  bilde:  so  steht  nun  das  ganze 
menschengeschleeht  .  .  .  auf  diesem  so  wunderbaren, 
sonderbaren  als  schaudervollen  schauplatze  Klinger  3, 
a.  X  {Fausts  leben,  vorr.).  —  auf  der  brücke  zu  Lützelflüh 
stund  eine  bange  menge  Gotthelf  4,  34  Vetter;  und  da 
standen  wir  denn  nun  auf  der  landungsbrücke  Fontane 
5,  131.  —  und  Esra  der  schrifftgelerte  stund  auff  eim 
hfiltzen  hohen  stuel  den  sie  gemacht  hatten  zu  predigen 
Nehem.  8,  4;  ich  sähe  den  herm  auff  dem  /iltar  stehen 
Arnos  9,  1;  der  ton  der  stimme  gjebt  unsern  werten, 
wann  wir  auf  der  cantzel  stehen,  eine  annehmlichkeit, 
die  ihnen  fehlt,  wenn  sie  zu  papier  gebracht  sind  Lis- 
cow  sat.  sehr.  (1739)  129 ; 

ich  sah  den  groszen  mann  {GotUched)  auf  dem 
catehder  stehn  .  .  . 
doch  steht  er  gleich  den  riesen, 
auf  dem  erhabnen  stuhl 

Göthe  brie/e  1,  18  {an  Riete  d.  6.  nov.  1765). 

auf  der  leiter  stehen  Campe  (l):  und  sihe,  eine  leiter 
stund  auff  erden  .  .  .  und  der  herr  stund  oben  drauff 
1.  Mos.  28,  13;  so  sah  er  auf  der  treppe,  dem  schallloch 
gegenüber,  eine  weisze  gestalt  stehen  br.  Grimm  märchen 
9.  13  {nr.  4);  a.  auch  Leoprechting  108  unter  I,  C,  8,  /,  ß, 
H.  Sachs  unter  I,  B,  3,  e,  «,-  in  der  altem  spräche  auch: 
Jacob  slaffunde  lach,  ein  leitir  er  den  himil  rfiren  sach, 
got  in  der  leiter  stende       die  engil  ouf  und  nidir  gende 

genet.  53,  11  Diemer. 

hier  aehlieszen  dann  freiere  und  übertragene  gebraueha- 
tceiaen  an,  s.  C,  2,/.  vgl.:  auf  der  stuffe  stehen,  in  gradu 
stare;  er  steht  auf  der  höchsten  staffel,  tn  aumtno  gradu 
stat  Stein  BACH  2,  667;  dann  die  auff  der  höchsten  spitze 
stehen,  die  stehen  nicht  satt  Garg.  s.  341  neudr.  {kann 
eigentlich  geaagt  icerden.  hät^figer  jedoch  bildlich). 

X.  2.  Mr. 


STEHEN  (II.  A,  7,  6,  y-S) 


1490 


y)  bei  einem,  etwas  stehen. 

aa)  bey  einem  ston,  assistere  Maaler  390»;  nach  bey 
einem  ston,  assistere  propter  aliquem,  ebenda;  nahe  bey 
einem   stehen,  prouimum  lateri  esse  alieui  Stein  back 

2,  668;  di  lute  sullen  denne  bi  im  sten  {bei  der  eides- 
leistung)  Freib.  stadtr.  s.  134,  29  (21,  §  2);  da  sprach  David 
zu  den  mennem,  die  bey  jm  stunden  l.  Sain.  17,  26;  sihe, 
da  stunden  bey  jnen  (^ar.:  da  tratten  neben  sie,  naQti- 
airjxsiaav  ccvzoTg)  zween  menner  in  weissen  kleidem  ap. 
gesch.  i,  10;  des  andern  tages  aber  in  der  nacht,  stund 
der  herr  bey  jm  {iTitaräc  civz<S),  und  sprach  23,  11;  als 
nun  die  jungfrawen  also  bey  den  edlen  jungen  rittem 
gestanden  waren,  die  jungkfraw  Philomena  sie  beyd  bey 
jhren  bänden  nam,  zu  öberst  desz  saals  auff  einer  banck 
zu  jhr  sitzen  hiesz  buch  d.  liebe  239^; 

Ewenner  bi  den  beiden       üf  dem  hove  stuont 

Nib.  134,  1 ; 
ich  hört  klegliche  wort 
von  eynem  frewlein  hübsch  und  feia, 
das  stündt  bei  seinem  bulen 

bergreihen  «.  85,  20  ndr.  (40, 1); 
und  wann  es  an  ein  nisen  geht, 
dem  nechsten  z4  der  bey  dir  steht 
solt  husten  in  sein  angesicht 

SCHEIDT  Grob.  266; 
sucht  jhr  denn  mich,  so  lasset  gehn, 
die  jhr  hier  sehet  bey  mir  stehn 
P.  Gerhardt  bei  Fischer-TCmpel  kircheid.  3,  303; 

ich  wil  hie  bey  dir  stehen  ilS"»,  6 : 

so  auch: 

als  ich  o  Delia  dich  erstlich  hab  ersehn, 
bey  deinen  schäffelein  in  grfiner  awen  stehn 

Venusgärtl.  s.  24,  2  neudr. 

3.  auch  Eyering  unter  a,  a. 

bb)  bei  etwas:  bey  dem  grabe  seines  vaters  stehen, 
ad  tumulum  patris  adstare  Steinbach  2,  668;  sihe,  ich 
stehe  hie  bey  dem  wasserbrun  i.  Mose  24,  13;  wenn  er 
aber  aus  der  priester  hende  die  opfferstöck  nam,  und 
bey  dem  fewr  stund,  so  auff  dem  altar  brand  {avxöq 
IffTcy?  TCUQ  ia/d^ff  ßcjuov)  Syr.  50,  13;  wer  bei  der 
schwelle  seines  hauses  steht  und  die  rosse  auf  dem  erbe 
der  Väter  zählt,  der  weisz  nicht,  wie  die  bedürftigkeit 
am  herzen  des  stolzen  mannes  nagt  Freytag  8,  24  {ahnen 
1,  1,  2); 

wie  de  nun  stunden  bey  dem  bach, 

Dominicus  sah  sawr  zur  sach 

und  sprach:  'mein  lieber  frater  Frantz,  . . . 

wie  sollen  wir  hinüber  komen?' 

Fischart  dicht,  l,  140  Kurz  {Domin.  leben  285); 

der  gottmensch  stand  bey  dem  kreuze! 

Klopstock  Mest.  8, 183. 

auch  mit  abstraden  verbunden:  bey  der  predig  ston,  di- 
vinis  assistere  Maaler  390». 

ce)  sehr  gewöhnlich  unbestimmt  dabei  stehen  {auch  in 
An  wort  zusammengeschrieben):  wie  er  darbey  stönd  oder 
gegenwirtig  was,  astante  illo  Maaler  394^;  di  da  bi 
stünden  Beheim  evang.  Marc.  14,  70;  dar  zu  di  gemain  di 
do  bey  stunden  di  swären  und  hülten  im  auch  Stromer 
s.  d.  städtechr.  1,  53,  9;  und  etliche  die  da  bey  stunden 
{xdjv  nagfoXTixÖTüiv),  da  sie  das  höreten,  sprachen  sie 
Marc.  15,  35; 

das  <lc  tinval  dar  p!       kitamit  stentit 

MutpiUi  68. 

{vgl.  Göthe  15,  17  unter  I,  B,  3,  e.  ^;  Hebbel  s,  139  unter 
I,  C,  3,  /.  S.) 

S)  in  der  altem  sprach  gegen  einem  stehen  {jetzt 
einem  gegenüber  oder  vor  einem),  und  als  er  seine 
äugen  auffhub,  und  sähe,  da  stunden  drey  menner  gegen 
jm  {r^  c«2Xj)  1.  Mose  18,  2  {ebenso  in  d.  Züricher  bibel 
V.  1531,  s.  I,  B,  3,  b,  y) ;  und  es  begab  sich,  da  Josua  bey 
Jeriho  war,  das  er  seine  äugen  auffhub  und  ward  ge- 
war,  das  ein  man  gegen  jm  stund  (njjS  naj)  Jos.  5,  13; 

frO  Saelde  teilet  umbe  sich, 

und  keret  mir  den  rügge  zuo  .  .  . 

81  stet  un<!eme  gegen  mir 

WaLTHBR  V.   D.  VOGBLWBIDB  65,  39. 

auch:  unde  stuönden  sie  uuider  mir  {et  steterunt,  adver- 
sum  me)  Notker  2,  138,  14  Piper  {ps.  37,  12).  —  vereinzelt 
in  der  netteren  dichtung  erneuert:  der  königliche  psalmen- 
Sänger  hatte  seinem  erretter  eben  eins  der  schönsten 
lieder  gesungen,  ...  als  Satan  gegen  ihn  stund,  und  das 

94  Mr. 


1491 


STEHEN  (II.  A.  7,  &.  J-j?) 


STEHEN  (II,  A,  7,  h,  tj-O-) 


1492 


herz  dea  königes  zum  stolz  über  seine  gesänge  neigte 
Herder  26,  850  Suphan  {blätter  der  vorz.  3,  4). 

e)  dafür  jetzt  einem  gegenüberstehen:  stumm  stan- 
den sich  beide  eine  zeit  lang  gegenüber  Hebbel  8,  18 
Werner; 

ihr  Schreiber  Kurl,  stand'  er  ihr  gegenüber 

Schiller  12,  «2  (.Jtfor.  Stuart  1,  8); 
macht  platz,  laszt  ihn  nns  gegenüber  stehn 

Shakesp.  4,  212  {kavfm.  v.  Ven.  i,  1). 

^  hinter  einem,  etwas  stehen. 

aa)  hinter  einem  stehen,  stare,  tenersi  dietro  ad  uno 
Eramer  dict.  2,  928'";  wann  er  die  sach  wolt  angreiffen, 
war  im  nit  änderst,  als  stände  einer  hinder  im,  der  in 
darför  bette  Montanus  86,  31  Balte  (wegk.  3i);  hinter 
den  dreyen  potentaten  stehet  der  Friede  auff  einem 
etwas  erhabenen  stul  Rist  d.  friedejauchz.  Teutschl.  (1653) 
s.  185  (3,  l);  (im  bilde:)  an  dem  leitbande  des  instinkts, 
woran  sie  noch  jetzt  das  vernunftlose  thier  leitet,  muszte 
die  Vorsehung  den  menschen  in  das  leben  einführen, 
und,  da  seine  Vernunft  noch  unentwickelt  war,  gleich 
einer  wachsamen  amme  hinter  ihm  stehen  Schiller 
9,  125;  da  fiel  er  dem  teufel  in  die  arme,  der  schon 
längst  hinter  ihm  stand  Hebbel  3,  205,  4  Werner  {Agnes 
Bern.  4,  6,  s.  auch  2,  3,  s.  163,  32  ui>ter  I,  B,  3,  /,  y,  ee); 
ich  stand  gestern  abend  schon  hinter  ihnen,  als  sie  .  .  . 
meine  arme  wohnung  betrachteten  8, 272  {nacht  imjägerh.) ; 

Pallas  die  göttin  kam  behend,  .  .  . 
stund  hinder  jhm  verborgen  gax 
Spreng  Eiat  (Augsp.  1610)  &^  {atfj  o"  d7ii9sv  1,  197). 
so  auch: 

das  die  held  für  unbetrogn 

hindern  orsen  stuonden  Parz.  385,  13. 

bb)  hinter  etwas:  sino,  uua  er  s61bo  stßt  hinter  unser 
aaänte  Williram  37,  l;  sihe,  er  stehet  hinder  unser 
wand,  und  sihet  durchs  fenster  hohel.  2,  9;  der  gute 
knechte  Magucio  der  mer  lust  und  freüd  het  in  der 
kuchen  hinder  dem  herd  zesteen  {stare  in  cucina)  dann 
in  der  grünen  awe  die  vögelein  singen  hören  Arigo 
decam.  402,  26  Keller  (6,  10);  o  göttlicher  Piaton!  .  .  . 
warum  standest  du  nicht  in  diesem  augenblick  hinter 
einer  tapete,  und  hörtest  diese  schmeichelhafte  apologie 
mit  an!  Wieland  2,  343  {Ag.  10,  4).  —  so  besonders  hinter 
der  thür  stehen  Adelung  (l):  er  stehet  hinter  der  thür, 
mauer  etc.,  egli  ata  {si  tiene)  dietro  alla  porta  .  .  . 
Kramer  dict.  2,  928'»;  undt  du  solst  dan  dich  nicht  furch- 
ten oder  gedencken,  das  ehr  ein  zorniger  richter  sei, 
der  mit  der  keulen  hindter  der  thuer  stehe  undt  dich 
richten  .  .  .  wolle  Luther  33,  83,  ll  Weim.  ausg.;  über- 
tragen, aprichw.: 

mancher  steht  hinter  der  thür; 

hat  er  glück,  so  kommt  er  herfOr 

Wander  4,  793,  13. 

da(r)hinter  stehn,  a.  Gengenbagh  7  unter  I,  B,  2,/,  a,  bb; 
H.  Sachs  faatn.  ap.  77,  127  unter  I,  C,  3,  d.  ß. 

Tf)  in  etwas  stehen.  —  mit  allgemeiner  angäbe  der 
Umgebung : 

Wolf  (Jlntter).    stand  sie  im  freien,   als  sie  schosz? 
Veniidius.    die  fürstin? 
Scäpio.    nein  —  hier  im  wald 
Kleist  2,  827  E.  Schmidt  (Hermannsgehl .  1,  2); 
nun  noch  ein  schwung:  ich  stand  in  freier  luft 

A.  V.  Droste-Hülshoff  2,  107  (de*  arzte»  verm). 

80  auch  in  der  sonne  stehen,  im  aonnenschein,  da,  wo 
die  aonne  acheint:  wenn  sie  einen  ansieht,  ist's  als  wenn 
man  in  der  frühlingssonne  stünde  Göthe  8,  60  {Oötz  v. 
Berl.  l;  ebenso  in  der  bühnenbearb.  8,  6,  werke  48,  888,  da- 
gegen in  der  traten  faaaung  stände  42,  63).  im  schatten; 
dazu ;  in  des  baumcs  schatten  aber,  nahe  bey  gott,  sähe 
ich  jetzt  ein  gebild  stehen,  das  war  kein  engel  maler 
MOllkr  1,  88;  in  der  dämmcrung  Klopstock  Meaa.  4, 
976,  a.  I,  B,  S,  e,  ^.  —  ich  sähe  einsmahls  einen  schwartzen 
menschen,  welcher  im  wasser  stund  und  sich  badete 
Olrarius  Lokmana  fah.  17;  und  die  priestor,  die  die 
ladeo  des  bunds  des  Herrn  tragen,  stunden  also  im 
trocken  mitten  im  Jordan  {ältere  faaaungen:  stunden 
trocken  mitten  ym  Jordan  bereyt)  Jo».  t,  17;  im  dreck, 
IHÜ  weiterer  angäbe  (apriehte.): 

doch  wein  wir  sehenden  isder  man, 
•0  wir  im  dr*ck  über  die  oren  itaa 

MuRNBB  aeMmmu.  S,  40. 

Mr. 


und  ich  sähe  einen  engel  in  der  sonnen  stehen  {eigent- 
lich, andera  ala  oben)  offenb.  Joh.  19,  17;  und  eh  er  sich's 
versieht,  ist  er  {d.  ritter)  umsponnen  und  durch  den 
grotten-eingang  gezogen,  und  steht  mitten  in  dem  reiche 
der  wunder  Immermann  Münchh.  i,  48  {corresp.  mit  d. 
buchb.  II).  —  tds  uu&^eres  kdrota  duo  m&nigi  dero 
uutlosäldon,  diu  in  demo  hole  stüont  Notker  l,  707,  82 
Piper  {Marc.  cap.  1,  11); 

und  er  (Goliat)  stund  in  desz  berges  tal 
hocbmütich  frech  mit  seiner  wehr 

H.  Sachs  1,  223,  34  Ketter; 

im  gesteudig  45,  27,  s.  I,  B,  2,/,  «,  cc;  in  ä  garte  Gtöthe 
1,  169  (Schiceizerl.),  a.  I,  C,  3,  /,  y.  und  da  der  könig  sähe 
Esther  die  königin  stehen  im  hofe,  fand  sie  gnade  für 
seinen  äugen  Esther  5,  2;  wie  er  gesehen  hette  einen 
engel  in  seinem  hause  stehen  {axaO^evxa)  ap.  gesch.  ll,  13; 
o  denket  wie  er  stund  im  bruderhaus  E.  v.  Handel- 
Mazzetti  d.  arme  Margareth  382;  stund  Maria  in  der 
leichenzelle,  schneeweisz,  mit  güldenen  zöpfen  über  der 
brüst  343; 

ja  so!  min  neve  Hörant  .  .  . 

stän  in  siner  kräme  .  .  . 

nuschen  unde  bouge       verkoufen  den  vrouwen 

Kudr.  251,  9. 

in  der  kirche  stehen,  s.  unten  C:  der  teufel  und  Faust 
standen  jetzt  verwandelt  und  vermummt  in  dem  kreuz- 
gang des  nonnenklosters  Klinger  3,  100.  —  in  der  stube 
stehen,  a.  Bierbaum  unter  I,  B,  3,  e,  d;  der  rector  und 
seine  begleiter  standen  mit  feierlichem  ernste  in  der 
mitte  des  saales  H.  Steffens  was  ich  erlebte  l,  122.  im 
Winkel  stehen:  ich  denke,  sie  stehen  dort  im  winkel 
Lessing  l,  397  (freyg.  l,  4);  wenn  der  vater  vom  hause 
wegging,  so  stund  es  in  allen  vier  ecken  der  reihe  nach 
und  hatte  nicht  ruhe,  bis  der  vater  heim  war  Gotthelp 
geld  und  geist  (1894)  2,  24:  s.  auch  Grimm  märchen  7  unter 
I,  B,  3,  /,  y,  dd.  der  Juwelier  . . .  stand  gerade  in  der  thür 
Hebbel  8,  70  Werner  (früher  unter  der  thür,  s.  (i,  aa). 
—  ungewöhnlicheres:  die  pfeife  des  tiefen  G  bekommt 
alsdann  eine  dicke,  dass  der  grösste  mann  bequem  darin 
stehen  kann  Schubart  ästhet.  der  tonk.  278;  das  nacht- 
wandeln ist  auch  eine  krankheit,  deswegen  steht  so  ein 
kerl  doch  tatsächlich  in  der  dachrinne  Hesse  Oertrud  293. 
Eulenspiegel  steht  in  seines  pferdes  bauch,  in  der  pferds 
haut  Eulensp.  25,  s.  I,  B,  2,  /,  tj,  dd  und  &.  —  unbe- 
stimmter: ein  Jude,  der  in  der  nähe  gestanden  und  das 
gespräch  mit  angehört  hatte,  lief  dem  baaer  nach  BR. 
Grimm  märchen  33  (nr.  7); 

er  (Friedr.  V.  v.  Dänem.)  .  .  . 
winkt  dem  stummen  verdienst,  das  in  der  ferne  steht! 
Klopstock  öden  l,  87,  33  Muncker- Pawel. 

denn  da  jtzt  die  todten  mit  hauffen  ubemander  fielen, 
stund  er  im  mittel  {/mra^v  ardg)  und  steuret  dem  zorn 
iceish.  Sal.  18,  23;  und  Jhesus  ward  gelassen  alleine,  und 
das  weib  im  mittel  stehend  {4v  ftsaca  ovaa)  Joh.  8,  9; 
von  dem  bild  der  heiligen  Cäcilie  wüszt  ich  nur  soviel 
zu  sagen:  die  heilige  steht  in  der  mitte  .  .  .,  die  an- 
dern heiligen  stehen  ganz  ohne  bezug  auf  sie  Göthe 
bri^e  33,  107,  5  (an  Zelter  den  d.juli  1880).  —  gott  stehet 
in  der  gemeine  gottes,  und  ist  richter  unter  den  göttern 
ps.  82, 1;  alle  engel  stunden  im  ring  desz  throns  Rbissnrr 
Jerus.  1,  15»;  da  sprach  der  kanzleivorstand,  —  der  (ds 
Wortführer  im  chor  stand  ROckert  (1888)  11,  856  {ma- 
käme  6); 

wer  aber  treu  bleibt  seinem  gott 

der  sol  dort  ewig  stehen 

im  chor  der  auazerwehlten 
P.  Gerhardt  bei  Fisciier-TOmpbl  kircherd.  3,  866^. 

und  die  eselin  sähe  den  engel  des  berrn  im  weg«  stehen, 
und  ein  blos  sohwert  in  seiner  band  4.  Moat  88,  88;  so 
sehr  häujig  übertragen,  a.  unter  C,  8,  »,  ff  und  D.  —  in 
einem  punkte  stehen  (uxffür  getcöhulieh  auf,  a.  oben  ß,  tu- 
meist  übertragen,  s.  C,  8,  e,  J):  in  solchem  Standpunkt  steht 
der  geneigte  leser  am  81.  märz  Hkiirl  3,  ißo;  drr  fcld- 
messer  orientirt  sich  nach  einer  der  himmolxgegcndcn 
und  zieht  also  zuerst  zwei  linien  von  norden  nach 
Süden  und  von  osten  nach  westen,  in  deren  schneide- 
punkt  ...  er  steht  Mommsrn  rbm.  geseh.'  l,  81. 

i^)  neben  einem:  nähend  einem  st^n,  a«.iiatere  prop- 
ter  aliquem  Maaler  800*;   dis  sind  aber  die  namen  der 

Mr. 


1493 


STEHEN  (II,  A,  7,  6,  &-1) 


STEHEN  ai,  A,  7,  b,  Ä-v) 


1494 


heubüente,  die  neben  euch  stehen  sollen  i.  Mose  l,  5; 
und  ein  man  stund  neben  mir  Hes.  43,  6;  neben  dem 
pascha  stand  ein  alter  Türke  in  einem  braunen  pelz, 
.  . .  und  zwei  diener  in  türkischer  tracht  Moltke  schrifl^n 
1.  128;  Marwald  musz  ja  davon  wissen,  die  sechsundvier- 
ziger  standen  dicht  neben  uns   Fontane  6,  22  {quitt  3); 

0  stand"  er  hier,  der  grosze,  der  gewalt'ge, 
und  stände  neben  ihm  der  stolze  kaiser,  .  .  . 
wie  kleinlich  würde  nicht  der  Karl  erscheinen! 

Werner  M.  Luther  1,  2,  628/. 

seltner  neben  etwas:  Theo  (bleibt  einen  augenblick  neben 
der  thür  stehen)  G.  Reiche  märtyrer  s.  19. 

i)  in  der  altern  spräche  ob  etwas  stehn,  vgl.  Grimm 
gramm.  4,  985  neudr.: 

da  er  (gott)  daj  pilede  erlich       gelegete  füre  sich, 
di  Et&nt  er  ime  werde       obe  derselben  erde 

Wiener  genes.  15,  29  (7,  21  Diemer) ; 
es  täte  dime  herzen  we, 
söltestu  ob  mime  grabe  stän 

d.  arme  Heinr.  847; 

den  T&tem  so  jhre  s6n  oder  kinder  erschlugen,  dr&wet 
das  gesetz  kein  todt,  sondern  drey  tag  und  nacht  musz 
er  ungeessen  ob  des  verstorbnen  leich  stehen  zur  busz 
S.  Franck  weltb.  (1567}  10»:  *.  auch  Lassberg  lieders. 
3.  433  unter  9,  Ä.  der  priester  stot  ob  dem  altare,  s.  H. 
Sachs  unter  I,  B,  2.  /,  rj,  ee;  über  das  er  sich  auch  zu 
priester  macht,  stäts  ob  dem  altar  stunde  mesz  zulesen 
MoNTANUS  schwankh.  63,  24  Bolte  {wegk.  c.  20;. 

x)  dafür  jetzt  über,  :.icht  gerade  häufig:  über  etwas 
stehen,  rei  superstare  Steinbach  2,  669;  seraphim  stun- 
den über  jm  Jes.  6,  2  (sehr  üblich  in  freierem  sinne,  s. 
unten  C,  2,  /,  &.  i). 

X)  um  etwas,  einen  stehen,  kann  sinngemäsz  nur  mit 
pluralischem,  subject  gesagt  xcerden :  hier  ist  keiner,  dessen 
ahnen  nicht  um  Genuas  wiege  standen  Schiller  3,  114 
{Fiesko  4,  6);  es  war,  als  ständen  fremde  männer  um 
mein  bett  Tieck  2,  308,  s.  I,  B,  3,/,  y,  dd;  auffällig  und 
ungut  vom  einzelnen:  scheme  dich,  eines  andern  magd 
zubegeren,  und  umb  jr  bette  zustehen  {xcd  /ur^  STiiot^q 
fTil  rfjv  xoLTTjV  aviTTj^)  Syrach  41,  27.  —  gewöhnlich  um 
einen:  in  solichem  kläglichen  weynen  der  frawen  meyd 
und  iunckfrawen  umb  sy  stünden  (ie  sue  damigelle,  che 
dattomo  le  stavano)  Arigo  decam.  255,  13  Keller  (4,  l); 
die  jung  fraw  sich  zu  irem  endt  kummen  sähe,  ...  zu 
den,  die  umb  sie  ständen,  mit  sänffter  stimm  ir  letst 
wort  sprach  Montanus  233,  ll  Bolte  {Gxiisc.  u.  Sigism.  17); 

um  einen  arzt  und  seine  bühne 
stand  mit  erstaunungsvoller  miene 
die  leicht  betrogne  menge 
in  tobendem  gedrenge 
Lessing  l,  59  (,var.:  ein  Orpheus  spielte,  rings  um  ihn  .  .  . 
stand  die  erstaunte  menge); 

Echutzgeister,  die  vielleicht  mitleidend  um  uns  stehn, 
nur  diese  können  noch  die  stillen  thränen  sehn 

Cronegk  sehr.  (1765)  2,  6  {einfamk.  1); 

wo  die  jungen  geister  meiner  brüder  .  .  . 

zwischen  engein  um  mich  stehn        HöltV  139  Halm. 

gern  durch  hinzugefügtes  her  oder  herum  verstärkt:  eir- 
cumsistere  aliquem,  umb  einen  herumb  stehen  Corvinus 
fons  latin.  &0S^;  circumstare  aliquem,  ümb  einen  herümb 
st.  646'*;  sie  standen  alle  um  uns  herum  Adelung  (l). 
—  da  kund  sich  Joseph  nicht  lenger  enthalten,  für  allen 
die  umb  jn  her  stunden  (rar.  umbher,  vhy  2«:v:.t)  i.  Mose 

TT  *  T '  — 

45,  1 ;  sihe,  umb  das  bette  Salomo  her,  stehen  sechzig 
starcken  aus  den  starcken  in  Israel  hohel.  3,  7;  wenn  er 
.  .  .  bey  dem  fewr  stund  .  .  .,  so  stunden  seine  brilder 
rings  umb  jn  her  {xvx).6&ev  avxo:  axiipavoq  ddelcpäiv) 
Syr.  50,  14;  die  ältesten  von  Messina  stehn  um  sie  her 
Schiller  14,  15  (braut  v.  Mess.  l,  i,  seen.  bem.) ;  ich  komme 
hinaus,  und  sehe  .  .  .  die  Fortuna  .  .  .  und  um  sie  her 
stehn  sechs  kläger,  sechs  wunderliche  fignren  Tieck  3,  7 
(Fortunat  I,  prol.);  interessant  war  es  uns,  die  reden  des 
um  uns  her  stehenden  Volkes  zu  beobachten  Solgbr 
nachgel.  sehr.  1,  53;  «o  auch: 

ihn  (d.  könig)  flieh  der  Schmeichler  beer, 

Weisheit  steh  um  ihn  her 

Böhme  voiktthüml.  Ueder  nr.  17, 1. 
allgemein,  darum  stehen,  nicht  mehr  üblich: 
denne  stH  d&r  umpi        engilo  menigl 

MutpiOi  87; 

Mr. 


I  dö  begonde  si  sprechin  zu  den  di  darumme  stünden  Be- 
j  heim  evang.  Marc.  14,  69;  etliche  porger,  die  dar  umb 
j    stunden  Arigo  decam.  56,  ii  Keller  (2,  l);  vgl.  auch: 

man  sach  sie  alumme  stehn 

livländ.  reimchron.  8754. 

fi)  unter,  aa)  unter  etwas  stehen,  sub  aliqwi  re.  (me) 
Thedaldo  sachen  unter  seiner  tür  sten  Arigo  decam. 
215,  31  Keller  (3,  7);  das  für  seinem  hausz  etlich  fösz- 
knecht  fürgiengen,  .  .  .  und  Thedaldum  sahen  under  seiner 
thär  stehn  Montanus  212,  17  Bolte  {Thed.  16);  ist  ein 
faules  weib.  .  .  .  und  stehet  beständig  unter  der  thüre 
und  haschet  nach  neuigkeiten  miihrleinb.  (1799)  292;  jetzt 
dafür  in  der  thür,  s.  tj.  —  da  bebt'  ein  schauer  durch  ihn 
auf,  wie  wann  einer  unter  dem  styrzenden  fels  steht 
Gessner  2,  47  {Daphnis  l):  als  ich  durch  einen  wald 
gieng,  djurinnen  ich  unweit  der  Strassen  einen  edelmaim 
sambt  seinem  knecht  sähe  unter  einem  bäum  stehen 
Simplic.  sehr.  3,  290,  20  Kurz  (vögeln.  1,  2);  da  stand  ich 
nun  unter  der  linde  Göthe  16, 190;  stehend  unterm  schat- 
tigen nuszbaume  nun  Adam,  der  gottgeschaffne  vater  der 
menschen  maler  Müller  1,  6.  —  so  auch  (in  der  altem 
spräche):  die  gute  fraw  kundt  nicht  fast  leugnen,  dann 
ir  der  Jüngling  under  äugen  stand  Lindener  s.  16  Licliten- 
stein  (rastbiichl.  29).  jetzt  einem  unter  den  äugen,  unter 
der  nase  stehen,  nicht  recht  üblich;  m.undartlich  (schiceiz.) 
under  d'  nase  sto  Hunziker  255. 

bb)  unter  einer  menge  stehen,  inter,  inmitten,  zwischen 
(vgl.  unten  0):  untar  mitten  iu  stentit  (medius  vestrum 
stetit),  then  ir  ni  uuizzut  Tat.  13.  24;  indem  sie  dieses 
sagte,  wiese  sie  mir  einen  wohlgekleideten  bürger,  der 
unter  dem  häufen  stand  Liscow  sehr.  (1739)  121;  er  .  .  . 
hatte  immer  eine  doppelte  lorgnette  in  der  band,  womit 
er  die  leute,  wenn  er  mitten  unter  ihnen  stand,  frech 
beguckte  Solger  nachgel.  sehr,  l,  21; 

do  gruoste  ich  die  aller  schcensten, 
diu  darunder  stuont 
JoHANS  V.  Braba>t  «.  minne*.  1, 16*  Hagen. 

vgl.  auch:  wissen  sie,  fräulein  König,  ich  heib'  sie  mir 
immerfort  so  vorstellen  müssen,  so  mitten  unter  den 
kindem,  wie  sie  eben  jetzt  standen!  G.  Reicke  mär- 
tyrer s.  14. 

v)  vor  einem,  etwas  stehen. 

aa)  vor  etwas,  in  mannigfachen  Verbindungen:  und  die 
nachperschafft  vor  dem  hausz  iglicher  mit  seinen  nächsten 
und  freunden  stunden  Arigo  decam.  6,  18  Keller;  Maria 
aber  stund  für  dem  grabe,  und  weinet  draussen  Joh.  20, 11 ; 
unerhoert  .  .  .  stand  ich  halbe  naechte  durch  vor  ihrer 
hoele  Gessner  3,  112;  im  gefühl  also  dieser  bildenden 
und  nicht  dichtenden  Schönheit  stand  er  (Winckelmann) 
auch  vor  Virgils  Laokoon,  wie  vor  dem  Laokoon  des  Poly- 
dorus  Herder  3, 11  Suphan;  gott  stand  in  all  seiner  pracbt; 
sichtbare  klarheit  sprang  vor  ihm,  als  stund  er  vor  sieben 
sonnen  maler  Müller  1,  89;  wenn  ...  sie  nun  da  liegt  in 
dem  erbärmlichsten  ermatten,  .  .  .  und  du  vor  dem  bette 
stehst  wie  ein  verdammter  Göthe  16,  48;  wo  dieses  bild 
einen  unauslöschlichen  eindruck  auf  mich  machte,  den 
mir  selbst  ihre  kritik  .  .  .  nicht  auslöschen  könnte,  wenn 
wir  auch  jetzt  vor  dem  bilde  stünden  18,  1O6  (Wilh. 
Meister  1,  17);  es  ist  eben  als  wenn  man  ein  kind  auf 
den  tisch  stellte,  vor  dem  ein  mann  stünde,  und  be- 
hauptete nun,  sie  seyen  gleich  grosz  59,  266  (farbenl.  2, 
.586);  die  junge  frau  hörte  nichts,  sie  stand  mit  den 
schönen  kleidern  und  kleinodien  vor  dem  Spiegel  Klinger 
3,  92  (Fausts  leben  2,  6) ;  ihre  wangen  glühten,  sie  glaubte 
vor  einer  bezauberten,  unbekannten  weit  zu  stehen  169 
(3,  10) ;  vorm  Spiegel  ist  hübscher  stehen  als  vorm  feuer 
Alexis  Roland  v.  Berlin  (1840)  1,  389  (15.  kap.);  Guntram 
hielt  nicht  ruhe,  bis  wir  auf  distanz  vor  der  Scheibe 
standen  C.  F.  Meyer  novellen  2,  238; 

das  ich  nu  an  dirre  stunt 
80I  und  mfls  vor  kilchen  stan 

Rudolf  v.  Ems  Willeh.  v.  Orl.  1803; 
der  enge],  der  vor  seiner  wiege  stand, 
berührte  mit  dem  eilberfinger  .  .  . 
das  ange  mir 

Schubart  tämmti.  ged.  (1787)  8, 16 ; 

9.  auch  Simpl.  sehr.  3,  825.  18  unter  l,  B,  3,  d,  f ;  Fr.  L. 
Schröder  dram.  ic.  1,  13  unter  I,  B,  3,/,  y,  bb;  Hebbel 
8,  175  ebenda  ee. 


U* 


Mr. 


1495 


STEHEN  (II,  A.  7  b.  v) 


STEHEN  (II.  A,  7.  b,  v-8) 


1496 


bb)  besonders  häufig  er  stehet  vor  der  thüre  Gueintz 
deuUche  rechtschr.  (1666)  67;  dieweyl  ich  vor  der  thüren 
Bton,  dum  ante  ostium  sto  Maaler  890»;  vor  der  thüre 
stehen,  adjanuam  stare  Stein  back  8, 667;  baaszen  vor  der 
thüre  stehen,  foris  ante  aedes  stare  668  {daneben:  für  der 
thüre  stehen,  adstare  ad  fores,  ebenda);  Jovis  s&rlinga 
stüonden  före  dien  türon  (militesque  Jovis  ante  fores  regias 
constiterunt)  Notker  1,  739,  11  Piper  (Marc.  cap.  1,  32); 
Petrus  aber  stund  draussen  für  der  thfir  Joh.  18,  16;  sihe, 
ich  stehe  für  der  thör,  und  klopfte  an  (rar..-  ich  byn 
für  die  thur  getretten,  eaxrjxa  inl  tjJv  &VQav)  offenb. 
3,  20;  steht  etwa  ein  riese  vor  der  thür  und  will  dich 
holen?  BR.  Grimm  märchen  s.  2  {nr.  l);  'das  ist  kanonen- 
donner,  mein  söhnchen',  sagte  ein  bürger,  der  vor  seiner 
thür  stand  Ed.  Genast  aus  d.  tageb.  eines  alten  scJiausp.  24; 
als  ich  durch  Wussow  fuhr,  stand  mein  freund,  der  alte 
Prediger  Mulert,  vor  der  thür  des  pfarrhofes  Bismarck 
gedank.  u.  erinn.  2,  84;  während  ich  vor  der  thür  stehe, 
horchend,  wie  es  drinnen  ...  in  den  tannenzweigen  rauscht 
Storm  1,  176.  häufig  übertragen,  s.  unten;  so  auch:  er 
{kaiser  Wenzel)  lag  im  thurm,  und  sein  adel  stand  zornig 
mit  blarikem  schwert  vor  der  pforte  Hebbel  3,  166,  18 
Werner  {Agnes  Bern.  2,  6). 

ec)  vor  einem  ston  in  conspectu  alicuius  astare  Maaler 
SSO*";  demütig  vor  einem  ston,  unnd  verzeyhung  oder  gnad 
begären,  suppliciter  stare  390*;  vgl.  Arigo  unter  S,  h, 
Albrecht  von  Eybe  unter  I,  B,  2,  /,  a,  gg  und  3,  d,  ß, 
der  ew.  wiszh.  betbüchl.  36  ••  unter  I,  C,  S,  d,  ß;  sihe,  ich 
wil  daselbs  stehen  für  dir  auff  einem  fels  in  Horeb  2.  Mos. 
17,  6;  und  trat  erzu  die  gantze  gemeine,  und  stund  für 
dem  herrn  3.  Mose  9,  5 ;  du  aber  solt  hie  für  mir  stehen, 
das  ich  mit  dir  rede  alle  gesetz  5.  Mos.  5,  31;  Jhesus 
aber  stund  für  {iazdS-^  'sfiTiQoa&sv)  dem  landpfleger 
Matth.  27,  11;  vor  einem  knaben  stand  ich,  an  einen 
knaben  schrieb  ich  Göthe  22, 187  {tcanderj.  2,  11  =  10) ;  als 
. . .  ein  wohlgewachsenes  mädchen ...  zu  mir  in's  zimmer 
trat,  blickte  ich  sie,  die  in  einiger  entfernung  vor  mir 
stand,  in  der  halbdämmerung  scharf  an  52,  36  {farbenl. 

1,  62);  der  teufel  .  .  .  stand  in  einem  augenblick  unter 
der  gestalt  eines  alten  mannes  mit  einem  guckkasten 
vor  Faust  Klinger  3,  168  {Fausts  leben  3,  lo);  ich  war 
in  stiller  nacht  ungestüm  aus  dem  schlaf  gepocht  w^orden, 
und  vor  mir  stand  ein  offizier  mit  einigen  mann  wache 
Humboldt  br.  an  Welcher  s.  44,  anm.;  das  parterre  war 
nach  dem  eingange  zu  erhöht,  wir  kinder  standen  ganz 
hinten,  wo  neben  der  thüre  hänke  waren,  auf  welche 
man  uns  stellte,  und  so  konnten  wir  über  die  köpfe  der 
vor  uns  stehenden  .  .  .  einen  freien  räum  gewinnen 
H.  Steffens  loas  ich  erlebte  i,  166;  traten  sie  nicht  vor 
mein  lager,  wie  sie  jetzt  vor  mir  stehen  Holtei  erzähl, 
sehr.  3,  27;  arme  Susanna,  ...  du  warst  gewisz  keine 
Zauberin,  oder  es  steht  auch  hier  eine  vor  mir!  Hebbel 
s,  166,  10  Werner  {Agnes  Bern.  2, 6);  und  wie  sie  vor  meiner 
ist  gestanden,  war  sie  schön  E.  v.  Handel-Mazzetti  d. 
arme  Mar gareth  325;  er  steht  dicht  vor  ihr  und  hat  ihre 
beiden  bände  gefaszt  6.  Reiche  märtyrer  s.  26; 

so  stand  ich  einst  vor  dir,  dich  anzaschanen 

GÖTHB  8,  11 ; 
o!  dasz  ich  vor  ihr  stUnde 

9,  369  (.natürl.  toehUr  676) : 
».ferner  unten  C,  13,  q,  ß. 

dd)  dafür  auch  (einem)  vor  äugen  ston,  ante  oculos 
astare  Maaler  390 '>;  mit  den  degen  dem  rathe  vor  äugen 
stehen,  cum  gladiis  in  conspectu  senatus  stare  Steinbach 

2,  667;  dieweil  ich  da  leiblich  predige  und  ich  euch  da 
far  den  äugen  and  nasen  stehe  und  gehe  Luther  88, 
MO,  6  Weim.  autg. ; 

•oilt  man  ans  nicht  anspeisn,       zum  wolverdlenten  spott? 
und  uns  vermaledeien,  dasz  wir  dem  höchsten  gott 

und  znr  bOsen  nacbred  der  deutschen  nation  .  .  . 

also  da  einbergsbeo,  wir  nionsiers  alle  vier, 

und  ench  vor  angsn  stehen  a  la  modo  monsler? 

Opcl-Cohn  dreütttj.  krieg  $.  41S  ialamodo  montiert,  16S8, 1) ; 
dar  war's,  der  stand  auf  einmal  mir  vor  äugen 

Hebbel  8,  298  Werner  (lOyget  8). 
vor  eines  aogen: 

sprecbt,  dast  sie  nnmehr  alsofort 
in  Oaliieam  c*ben: 
allda  wil  ich  kralTt  meiner  wort 
fOr  Jbrvn  aufra  stehen 
P.  OsaHAROT  bH  FuoHEM-TOMraL  ktrchml.  8,  84t'; 

Mr. 


wenn  der  {Jesus)  nicht  in  mir  wäre, 

80  dürft  und  könt  ich  nicht 

für  gottes  äugen  stehen  388*; 

auch: 

der  {gestorbne  söhn)  steht  vor  gottes  tmgesicht 
und  geht  in  Christi  garten  322'*; 

vgl.  auch  Mörike  8,  17  unter  I,  B,  8,  /.  y,  ee.    selten  ohne 

beziehung : 

dort  {in  Ägypten)  wird  dir  vieles  helle  sein  und  grosz, 

und  dasz  wir  sterblichen,  so  wie  wir 

vor  äugen  stehn,  nur  zeichen  sind  und  bilder 

Hölderlin  3,  184  Böhm. 

gern  in  freiere  gebrauchsweisen  übergehend,     vgl.  z.  b. : 

wie  ich  bei'm  scheiden  stand  vor  seinem  geist, 
so  hat  er  mich  bei'm  wiederseh'n  gefunden 

Hebbel  2,  341  Werner  {Herodet  5,  5). 

o)  zwischen  mehreren  personen  oder  gegenständen 
stehen:  also  stänt  der  engel  enzwischan  zwain  mOron 
die  da  umbe  die  wingarten  giengen  Grieshaber  pred. 
2,  130;  und  Aaron  .  .  .  stund  zwisschen  den  todten  und 
lebendigen  4.  Mose  16,  48;  und  David  .  .  .  sähe  den  engel 
des  herrn  stehen  zwischen  himel  und  erden  l.  chron. 
22,  16;  er  stand  eine  weile  dankend  und  fröhlichen  ant- 
litzes  zwischen  uns  dreien  Seidel  2  {vorstadtgesch.)  248; 
vgl.  auch:  neini  ich  stünde  {als  bildsäule)  lieber  zwischen 
Diogenes  und  Phryne  Göthe  36,  9  {Eameaus  neffe). 

c)  mannigfache  adverbiale  und  präpositionale  ausdrücke 
werden  mit  seite  gebildet. 

a)  diesseits,  jenseits  von  etwas  stehen:  das  voick,  das 
disseid  des  meers  stund  {var.:  jenseid,  ihensid,  so  richtig: 
0  hatrjxwq  neQav)  Joh.  6,  22. 

ß)  &xxi  der  rechten,  linken  seite  stehen :  sein  best 
kriegsvolck,  das  in  schlachten  pflegte  auff  der  rechten 
selten  zu  stehen  (ro  6s^i6v  xigag)  l.  Macc.  9,  l.  so  auch: 
do  ich  zu  tisch  geführet  ward,  do  stund  das  volck  auf 
beeden  seyten,  als  führet  man  einen  groszen  herren 
Dürer  tageb.  *.  52  Leitschuh,  auch  zur  rechten  seite, 
früher  meist  zur  rechten  band:  es  erschein  jm  aber  der 
engel  des  herrn,  und  stund  zur  rechtenhand  am  reuch- 
altar  Luc.  1,  11; 

die  brawt  steht  zu  der  rechten  band, 
in  köstlich  güldenem  gewand 

H.  Sachs  6,37*; 
gewöhnlich  einfach  zur  rechten,  linken;  vgl.  y. 

y)  mit  näherer  bestimmung  im  gen.  {od.  possessivpron.); 
so  schon  ahd.:  araugta  sib  imo  gotes  engil,  stantenti  in 
zeso  {stans  a  dextris)  thes  altares  thero  uuihrouhbrunsti 
Tat.  2,  4;  et  diabolus  stet  a  dextris  eius  unde  der  tifivel 
stände  ze  sinero  z6seuuun  Notker  2, 469, 23  Piper  {ps.  108, 6) ; 
qui  astitit  a  dextris  pauperis  .  .  .  der  ze  zt^scuuun  min 
armes  stuönt  475,  3  (108,  81);  ich  sähe  den  herrn  sitzen 
auff  seinem  stuel,  und  alles  himelisch  beer  neben  jm 
stehen  zu  seiner  rechten  und  lincken  i.  kön.  22,  19;  und 
sein  bruder  Assaph  stund  zu  seiner  rechten  l.  chron.  7,  39 ; 
sihe,  ich  sehe  den  himel  offen  und  des  menschen  son 
zur  rechten  gottes  stehen  ap.gesch.  7,  55;  der  knabe  drängte 
sich  behend  an  einen  alten  mann  mit  klugem  gesiebte, 
der  zur  linken  des  häuptlings  stand  Freytaq  8,  il  {ahr\en 
1,  1,  l).  —  in  neuerer  zeit  gern  im  dativ  angeschlossen:  sie 
sahen  auch  zween  junge  gesellen,  ...  die  stunden  dem 
Heliodoro  zu  beiden  Seiten  {naQiaravx«;  i^  kxarfpov 
fii^ovQ),  und  schlugen  getrost  auff  jn  2.  Macc. :».  26;  Elvire 
unterläuft  Valeros,  welcher  Hugo  zur  linken  stand 
MÜLLNER  schuld  4,  7  bühnenanw. ; 

an  der  linken  seit«  stand  ihm  sein  erstgebomer, 
würdiger  söhn  Klopstock  Mett.  6, 166. 

auch  blast  einem  zur  seite  stehen,   «.  Schiller  18,  187 
unier  I,  B,  :t,  /,  y,  ce  und  unten  C). 

8)  ea  macht  keinen  unterschied  der  Bedeutung,  wvnn  o» 
stelle  wirklicher  menschen  nur  vorgestellte  aU  aubjtet  ge- 
»etat  sind  {solche  fitile  sind  daiier  auch  im  vorstehenden 
mit  veneeiulet).  «o  von  geistern,  vgl.  t.  b.  Cronrok  und 
Höltt  189  unter  7,  b,  JL  von  traumgestalten:  da  stand 
ein  bilde  für  meinen  äugen  Hiob  t,  16;  wq/tlr  besimder» 
dichterisch  auch  ein  träum  steht  .  .  .: 

steh  mir  immer  ans  haupt.  wenn  mich  dos  morgenschlafs 
leiser  fittig  umweht,  lichcinder  wonnotraum 

HÖLTY  «.  76 ; 

vgl.  Sprino  IUm  M**  unter  I,  B,  8,  b,  y  «mi4  MöRIKF.  8.  17, 
tbend»/,Y,  m.     hüt^/ig  von  personijicimrim  ahtbraclen.  s. 

Mr. 


1497 


STEHEN  (II,  A.  8-9,  c) 


STEHEN  (II,  A,  9,  c-Ä) 


1498 


Klopstock  i,  132  unter  2,  a,  y  oder  1,  121  unter  I,  C,  3, 
/,  a;  RCcKERT  1,  42  unter  7,  a,  a  und  Lichtwer  unter 
I.  B,  3,  e.  l,:  % 

auf  dem  gewSlbe  stand  das  schwebende  Gerüchte, 
und  Spante,  wie  es  schien,  zum  flug  die  schwingen  aus 
Pyka  tempel  der  wahren  dichtk.  i,  123 ; 
denn  der  thron 
der  könige,  der  von  golde  schimmert,  ist 
das  Obdach  der  verlassenen  —  hier  steht 
die  macht  und  die  barmherzigkeit 

Schiller  13,  186  {jungfr.  v.  Orl.  prol.,  3). 

so  femer:  verkörpert  stehen  seine  Ideen  um  ihn  her 
GÖTHE  37,  34  {Winckelm.) ;  wer  hett  woll  nich  in  stnen 
lewen  so'ne  stunn  halt,  wo  so'ne  gedanken  um  einen 
nimmer  stahn  as  gespenster  ut  vergahene  tiden  Reuter 
3, 182, 5  Seelmann  (strömt.  3,  42) ;  die  kunst,  die  grosze  kunst 
.  .  .  stand  über  ihnen  und  warf  ihren  glorienschein  über 
diesen  letzten,  süsztraurigen  liebestraum  eines  groszen 
künstlers  Hans  v.  Kahlenberg  Eva  Sehring  s.  158. 

9)  dagegen  ändert  sich  die  bedeutung  von  stehen  in  ge- 
wisser weise,  icenn  es  auf  thiere  angetcandt  xcird,  indem, 
dann  die  Vorstellung  der  senkrechten  rumpfhaltung  ent- 
fallt, stehen  drückt  dann  aus,  dasz  der  körper  von  den 
aufrecht  gestellten  und  gestreckten  beinen  getragen  wird, 
und  steht,  ebenso  wie  beim  menschen,  im  gegensatz  zu 
sitzen  und  liegen,  es  ist  mithin  nur  auf  thiere,  die  beine 
haben,  anwendbar,  und  icird  zumeist  von  säugethieren, 
demnächst  von  vögeln  gesagt. 

a)  von  Pferden:  inn  pferdsst&Uen  soll  man  die  stund 
wol  verprettern  .  .  .  und  die  strai  darauff  machen,  damit 
solche  zum  ligen  waich,  unnd  zum  stehn  unter  dem 
fusz  hart  seien  Sebiz  feldb.  (i579)  32;  über  alles  dieses 
aber  hatten  die  schelmischen  diebe,  seine  im  stalle 
stehende  3  reit-pferde  mit  deichen  erstochen  caval.  im 
irrg.  (l74€)  445;  die  pferde  stehn  gesattelt,  ihr  könnt  auf- 
sizen,  wenn  ihr  wollt  Schiller  2, 148  {räuber  4,  3);  natür- 
lich waren  wir  die  ersten  vor  dem  hause  des  comman- 
direnden.  viele  pferde  standen  davor  Ed.  Genast  om« 
d.  tageb.  eines  alten  schausp.  l,  23; 

gleich  als  ein  mntigs  pferd  er  {Pari»)  sprang, 
das  in  dem  stall  gestanden  lang, 
und  wol  gefüttert  worden  ist 

Spreng  Tlias  82»  (m?  3"  öxt  ug  atarög  'inaos, 
&xoatr^aa?  i.-zi  (fdtvri  6,  506); 
es  wiehrt  der  freche  hengst,  und  stampft,  und  schlägt  und  bäumt, 
und  steht,  und  giebt  sich  kaum,  wenn  ihn  der  öihrer  streichelt 
JoH.  E.  Schlegel  4,  52; 
er  ist  am  andern  Weserufer  schon, 
wo  pferde  stehen,  die  ihn  weiter  bringen 
Kleist  2,  391  E.  Schmidt  {Hermannsschi.  4,  2, 1430). 

so  auch  mundartlich  im  volksrätsel,  luxemb.: 

der  Peter,  wo  steht  er? 

im  stall. 

was  macht  er,  was  sucht  (I.  tut?)  er? 

er  fresst  fuder  Follmann  495»; 

häufig  in  einem  weiteren  sinne,  s.  unten  C,  10,  g,  a. 

b)  von  andern  hausthieren:  smäleg  f6ho  uukt  kenömen 
föne  stigo.  rint  nestät  ze  chripho  {non  erit  armentum  in 
presepibus)  Notker  2,  624,  5  Piper;  und  sein  loichnam 
lag  geworffen  in  dem  wege,  und  der  esel  stund  neben 
jm,  und  der  lewe  stund  neben  dem  leichnam  i.  kön. 
13,  24;  und  sihe,  mitten  im  stuel  und  der  vier  thieren, 
und  mitten  unter  den  eltesten  stund  ein  lamb  offenb.  5,  6; 
und  ich  sähe  ein  lamb  stehen  auff  dem  berg  Zion  14,  i; 

ein  scaf  er  stäntan  gisah,        tha;  uuas  zem  öpphere  gimah 

Otfrid  2,  9,  59; 
in  einem  krippfly  lag  ein  kind ; 
do  stuond  ein  esel  und  ein  rind 

HeINR.    V.    LOUFENBERG    (1446) 

bei  Wackbrnagel  kirchenl.  2,  nr.  706,  2; 
so  im  bilde: 

do  da  (pott)  redst  ein  grusam  sag 
und  warntest  vil  vom  jüngsten  tag, 
wie  die  schaff  zÄr  rechten  handt 
und  die  geisz  den  lincken  standt 
vor  gottes  arteil  würdent  ston 

Murner  narrenbetchw.  7,  21. 

c)  so  häufig  in  der  sprichicörÜ.  redeweist:  die  ochsen 
Btehn  am  berge,  aqua  haeret,  eopiae  in  angustum  cogun- 
tur  Steinbach  2,  668;  'im  gemeinen  leben,  wir  können 
wegen  eines  hindemisses  nicht  weiter'  Adelung  (2,  2,  l); 
da  stehen  die  ochsen  am  berge,    'da  gehet  es  nun  nicht 

Mr. 


u}eiter,  da  weisz  man  nun  keinen  rath'  Campe  (l);  denn 
da  in  dieser  Verfolgung  der  kinder  von  Israel  die  ochsen 
(wie  man  pfleget  zu  sagen)  am  berge  stehen,  und  eitel 
tod  und  Untergang  dieses  volcks  für  äugen  ist  Luther 
16,  19,  35  Weim.  attsg.;  es  mus  zuvor  alles  zu  drümmern 
gehen  und  die  ochsen  am  berge  stehen  266,  18;  da  sthen 
die  ochsen  am  berg  27,  274,  20;  ochsen  am  berge  stehen 
sprichw.  417  Thiele,  vgl.  s.  374  und  hier  th.  7,  1131  oben, 
xcosdbst  tceitere  belege,  da  es  nun  also  mit  dem  frieden 
fehl  geschlagen,  fiengen  die  ochsen  bey  den  evangelischen 
am  berge  zustehen  an  Chemnitz  schwed.  krieg  2,  217». 
atich  mundartlich  weit  verbreitet,  z.  b.  waldeck.  \nd.)  da  stat 
d(e)  os(e)n  am  bi(e)rg(e)  Bauer -Collitz  13».  so  auch: 
ja  da  stehn  wir  nun  wie  eine  herde  ochsen  am  berge 
Kotzebue  d.  d.  kieinstädter  4,  11. 

d)  stehen  vom,  Jagdhunde  als  technischer  ausdruck,  s. 
unten  12,  g. 

e)  vom  wild: 

da  er  ein  rech  stende  vant    .       Iw.  3897 ; 

tobant  he  sine  ossen  vande ; 
mank  den  so  vant  he  stände 
dat  hert 
Gerhard  v.  Minden  32,  22  Leitzmann  (vgl.  d.  anm.) ; 

her,  secht  jr  ein  hirschen  steen  do? 

Teuerd.  30,  20 ; 

das  wild  stehet  auff  den  hügeln  .  .  .  und  verschmacht, 
weil  kein  kraut  wechst  Jerem.  14,  6;  zum  sibenden,  kroch 
Maximilian  .  .  .  einem  grossen  hawenden  wilden  schwein 
allein  mit  einem  blosen  degen  auff  allen  fieren,  .  .  .  durch 
ein  gar  dicke  hecken  in  ein  busch,  darinn  sie  stund, 
nach  S.  Franck  chron.  German.  (1539)  269'»;  s.  femer  Sebiz 
feldb.  566  unter  I,  B,  2,  /.  a,  bb  und  Scheffel  Ekkeh.  4a 
unter  I,  B,  3,  e,  &.  (stehen  vom  wilde  in  anderm,  sinne 
8.  unter  C.) 

f)  von  andern  vierfüszigen  thieren: 

den  sult  ir  hoher  heijen  gäa, 

iuwem  lewen  der  hie  stät  Iw.  5389; 

da  bist  als  wie  der  wolf,  der  an  der  (juelle  stund 

Neuberin  Vorspiel  423  («.  23) ; 

achtzig  elephanten  stunden  vor  der  stime  des  heers 
Haller  Fabius  u.  Cato  126;  da  steht  er  (d.  nashom) 
wie  ein  blitz  hinter  dem  fels  maler  Müller  l,  25;  so 
auch:  als  er  aber  die  beiden  wappenlöwen  sah,  den 
stehenden  und  den  liegenden,  so  muszte  er  sich  davon 
überzeugen  Immermann  Münchh.  (1840)  3,  113  (6,  2). 

g)  im  allgemeinen  stehen  diese  thiere  auf  allen  vier 
beinen;  in  besonderen  fallen  aber  stehen  sie  auch  aufge- 
richtet auf  den  hinterbeinen,  ganz  wie  der  mensch,  so  der 
hund,  wenn  er  'hübsch  macht':  der  bär  stand,  als  ich 
erstaunt  vor  ihn  trat,  auf  den  hinterfüszen  Kleist  4, 
140,  19  E.  Schmidt,  daztt:  das  erste  (thier  in  Daniels 
nachtgesicht  war)  wie  ein  lewe,  .  .  .  und  es  stund 
auff  seinen  fössen,  wie  ein  mensch  (nr'pn  »''•jTt'yv  'auf 

"     ■r      "  " 

zwei  fiisze  gestellt')  Dan.  7,  4;  das  ander  thier  hernach, 
war  gleich  einem  beeren,  und  stund  auff  der  einea 
Seiten  ('nach  der  einen  seile  toar  es  aufgerichtet',  .iDpri)  5. 
s.  auch  13,  g.  a. 

h)  stehen  tcird  ferner  häufig  von  vögeln  gesagt,  die 
stets  auf  zwei  beinen  stehen: 

die  natur  ain  vogel  hat 

der  ob  sinen  kinden  stat 

und  ertiktz  (l.  erkiktz)  mit  sinem  bluot 

Lassberg  lieders.  3,  433,  8; 
göttlicher  adler,  warum  stehst  du,  dem  himmel  entflogen, 
hier  auf  dem  grab'  und  schaust  kühn  zu  den  stemen  hinauf? 
Herder  26,  18  Suphan  (blumen  aiu  d.  gr.  anth.  1,  34); 

da  stehen  zwei  stSrche,  der  mann  und  die  frau 

MöRiKB  ged.*  19. 
a.  femer  a.  205  unter  I,  B,  8,/.  y,  ee  und  Wilhalm  v.  Oesterr. 
42'»  unter  I,  B,  l,/,  y.  auch  bei  vögeln  unrd  das  stehen  dein 
sitzen  entgegengesetzt:  nicht  weit  davon  hielten  auf  einem 
felsen  zwey  storche;  der  eine  sasz,  der  andere  stand 
über  ihm  maler  Müller  l,  84.  doch  sagt  tnan  in  neuerer 
zeit  gewöhnlich  der  vogel  sitzt  auf  der  stange,  auf  dem 
bäume,  wo  die  ältere  spräche  das  zutreffendere  stehen  ge- 
braucht, z.  b.: 

da  sach  er  vi!  höhe  (avfe.  bäume)  stfln 

einen  raben,  der  hiej  Diezelln     Reinh.  fueh»  220. 

Mr. 


1499 


STEHEN  (II,  A.  9,  A— 10,  b) 


STEHEN  (II,  A,  10,  b-e) 


1500 


(sitzen  wird  also  von  vögdn  in  doppeltem  sinne  gesagt: 
für  eigentliches  stehen  in  dem  angegebenen  falle,  und  für 
die  ruhelage  mit  eingezogenen  beinen,  die  soTist  liegen 
heisst.  bes.  vom  brüten,  s.  sitzen  3,  th.  10,  1,  1288.)  doch 
ist  stehen  als  technischer  ausdruck  der  tceidmannssprache 
geblieben :  der  aucrhahn  stehet  auf  dem  bäume  oder  der 
erde  {als  weidmänn.  ausdr.)  Döbel  l,  iö**,  dazu  im  reg.: 
'stehen,  auf  dem  bäume  oder  der  erde  stehen,  wird  vom 
auerhahne  und  andern  gleichtnäszigen  vögeln  gesagt'; 
'stehen,  auf  dem  bäume,  anstatt  sitzen,  tcird  vom  feder- 
urilde  der  hohen  und  mitteljagd  gesagt'  Behlen  6,  681; 
bes.  vom  falken:  sie  stehen  auff  der  band  oder  stangen, 
und  heyszt  nicht  gesessen  Sebiz  feldb.  (1579)  570;  ich  hab 
inn  langer  zeit  kein  guten  gerfaicken  bekommen,  der 
mir  recht  abtgemäsz  geh&upt  auff  der  band  stund  Oarg. 
388  neudr. ;  wann  sie  {die  jfalken)  gefangen  werden ,  so 
haubt  man  sie  mit  rauschhauben,  man  legt  jbnen  an 
wurfriemen,  und  stehen  auf  der  band  Harsdörffer 
frauenz.  gesprechspiele  3  (1643),  116.  so  ferner:  der  wild 
habich  .  .  .,  wenn  er  den  osterlufft  nit  hatt,  so  stot  er 
gegen  der  sonnen  Geiler  bilgersch.  (1512)  11"=.  —  vgl.  auch 
das  nd.  {samländ.)  sprichw.:  stab  stif,  knäckerbSn,  seggt 
de  sparling  tom  hadebar  Frischbier*  3609. 

i)  von  andern  thieren,  die  keine  beine  haben,  kann  stehen 
nur  in  poetischer  Übertragung  gesagt  werden.  V07i  schlangen 
oder  drachen,  die  als  fubelwesen  mit  füszen  ausgestattet 
sind:  wie  auch  Johannes  in  seiner  Offenbarung  cap.  12 
{v.  4)  zuverstehen  gibt,  do  der  drach  für  dem  weihe 
steht  die  geberen  solte  B.  Krüger  aktion  v.  d.  anf.  u. 
ende  d.  toelt  (1580)  A  2*".  vgl.  femer  Hesler  apokal.  17074 
unter  13,  d,  i,  und  H.  Sachs  l,  5*  unter  13,  g.    im  sprichw.: 

hie  stehn  wir  fisch,  der  stechling  sprach, 

zur  Schnecken  als  er  die  ersach        Eyering  1,  510. 

{vgl.  die  fortsetzung  unter  'i,a,a),  auch  bei  Wander  4, 
793,  7;  hier  stehen  wir  beiden,  sagte  der  frosch  zum 
Schwaben  8. 

k)  in  anderm  sinne  von  insecten  und  fischen,   s.  11,  h. 

10)  stehen  bezeichnet  eine  ruhdage  {im  gegensatz  zur 
Bewegung,  s.  ll),  aber  eine,  die  nur  mit  kraftaufwand 
innegehalten  werden  kann  —  schtcache,  ermüdete  u.  s.  w. 
können  nicht  (mehr)  stehen,  s.  i,  d  —  und  ein  labiles 
gleichgewicht  hat,  also  eine  neigung  zum  fallen  einschlieszt. 
daher  bilden  stehen  und  fallen  einen  gegensatz,  der  in  der 
spräche  auch  in  mannigfachen  formelhaften  und  über- 
tragenen gebrauchsweisen  ausgeprägt  ist. 

o)  steend  niht  vollen  chreftig  {stantes  ne  cadant  robora) 
Kehrein  kirchenl.  80,  6  (12.  jA.);  es  seint  vier  ding,  ston, 
fallen,  wider  uffston,  niemer  uffston  Keisersberg  nar- 
rensch.  169»,  s.  unter  1,  B,  2,/,  t],  dd.  —  im  bilde:  in  veri- 
tate  nestuönden  uuir,  in  vanitatem  fielen  uuir  Notker 
2,  610,  10  Piper  {ps.  118,  87);  übermuöti  ist  also  feinfuöziü, 
uuanda  si  iöo  sär  fallet,  unde  lango  stän  nemäg  126,  20 
(35.  12);  laszt  mich  nur  hinsinken,  ich  kann  doch  nicht 
stehn,  wenn  ihr  mich  auch  haltet  Klopstock  9,  854 
{Hermann  u.  d.  fürsten  14). 

auf  gottes  liebe  must  da  stehn 
und  dich  nicht  lassen  feilen 
P.  Gerhardt  bei  Fihchbr-TOmpbl  kirchenl.  8,894*; 

doch  meint  Karthago, 
wer  ehrenvoll  und  frei  nicht  stehen  kann, 
der  kOnne  frei  und  rühmlich  doch  noch  fallen  I 

CoLLiN  Regulut  2,  2,  v.  669. 

».femer  ROckert  l,  lO  unter  I,  B,  8,  /.  y,  dd.     so  auch: 

das  mädcben  steht,  die  werf'  ich  ttbern  häufen 

Kleist  l,  876  E.  Schmidt  (terbr.  kntg  7,  v.  974). 

stehen  und  fallen  verschiedener  in  gegensatz  gebracht: 
sie  sind  nidergestUrtzt  und  gefallen,  wir  aber  stehen 
aaffgericbt  pt.  «o,  0    ("nljinäi  «op.  «nj«i,    ävü}p0^iü9ijfifv, 

'trir   aber    richteten    uns    empor   und    blieben    aufrecht'). 

00  auch: 

Mtaa,  fall  in  deine  ttricket 
den  da  dachtest  zu  verschlingen, 
steht,  und  kann  die  fahne  schwingen 

B.  Nbukircii  ged.  (17U)  66; 

ich  will  mit  minnem  lieber  fallen,  als 

mit  kindem  stebn     Lbmino  S,  S86  (tfathan  8,  7). 

b)  die  neigung  zum  fallen  drückt  wanken,  taumeln 
»US.     die»  »iehi  daher  einerseit»   im  gegentat»   zu  (fest, 

Mr. 


sicher)  stehen  {vgl.5,d):  so  thun  die  truncken,  das  sie 
daumein  und  nyrgend  stehen  können  Luther  19,  419,  81 

Weim.;  f 

und  nimpt  mich  wunder,  dasz  jr  nicht 
dürmelt  weil  jr  hie  steht         Garg.  t.  10  neudr. 

andrerseits  ist  es  aber  auch  mit  stehen  vereinbar,  da  man 
wanken  kann,  ohne  doch  zu  fallen:  da  schieszt  sie  {d. 
schildwache),  und  der  schusz  trifft.  Heine  taumelt,  aber 
dann  steht  er,  und  er  fühlt,  dasz  er  sich  bewegen  kann 
M.  Dreyer  Strand  (1910)  203; 

und  steh  als  wolst  du  nider  sincken 

Sc  HEI  DT  Orob.  449. 
ja  es  begegnet  sogar  in  demselben  sinne: 

ach,  mein  Jesu !  hilf  mir  kriegen,  .  .  . 
hilf  mir  stehen,  wenn  ich  falle ! 

B.  Neukirch  ged.  (1744)  t.  66. 
in  solchen  fällen  nimmt  stehen  eine  besondere  nuance  an. 
es  bezeichnet  nun  nicht  einfach  einen  dauernden  zustand, 
sondern  die  aufrechterlialtung  eines  zustandes  gegenüber 
einer  tendenz  auf  Veränderung,  die  gewöhnlich  durch  stehen 
bleiben  ausgedrückt  wird  {s.  E,  3.  vgl.  unten  ll,  b) ;  so  auch : 
dO  stuont  ouch  er  niht  langer  hie, 
in  den  phat  viel  er  üf  slniu  knie      Part.  120,  £9*; 

sag  mir,  Tod,  wo  ist  die  spitze 
deines  stacheis?  und  dein  krieg? 
ist  auch  Helle  dir  was  nütze 
dein  zuvor  vermeinter  sieg? 
kuntet  ihr  auch  einmal  stehen  {auch 
nur  einen  augenblick  stehen  bleiben), 
als  ihr  Christum  nur  gesehen? 

Neumark  fortgepfi.  lustw.  (1667)  1,  84  (l.  74). 

c)  der  gegensatz  zu  fallen  icird  gern  durch  hinzugefügtes 
noch  hervorgehoben  {das  tiicht  auf  ein  künftiges  fallen 
hinzuweisen  braucht):  ich  fuhr  unter  sie  hinein  wie  ein 
wüthender  stier,  und  warf  vier  oder  fünfe  nieder  .  .  .; 
die,  welche  noch  standen,  schlugen  tüchtig  auf  mich  zu 
GÖTHE  34,  48  {Cellini  1,  3);  {im  bilde:)  Granvella  war  zo 
boden  gestürzt,  aber  noch  stand  sein  anhang  Schiller 
7,  136;  der  bürger  fiel;  der  mensch  steht  noch,  man  hat 
dich  aus  dem  bürgerlichen  leben  gestoszen;  ist  nun 
deine  kraft  gemindert,  dein  wesen  geändert?  B.\bo  Otto 
V.  Wittelsb.  4  (Hauffen  drama  der  klass.  per.  l,  146).  — 
andrerseits: 

das  heyl,  das  durch  den  todesfall 
gesuncken,  stehet  wieder 
P.  Gerhardt  bei  Fisch er-TCmpbl  kirchenl.  8,  889». 

d)  wer  stehet,  sehe  zu,  dasz  er  nicht  falle,  qui  stat, 
videat,  ne  cadat  Stieler  2127;  chi  std,  veda,  che  non 
cada  Kram  ER  dict.  2,  927'';  wer  steht,  der  sehe  dasz  er 
nicht  falle,  stantes  caveant  ne  cadant  Frisch  2,  326«.  diese 
sehr  verbreitete  redeicendung  stammt  aus  der  bibel:  dar- 
umb,  wer  sich  lesset  däncken,  er  stehe  (o  öoxdjv  eardvai), 
mag  wol  zusehen,  das  er  nicht  falle  l.  Cor.  lo,  12  {cod. 
Tepl.,  ».  I,  B,  2, /,  a,  oa) ;  das  sant  Paulus  sagt:  wer  do 
stehet,  der  schaw  tzu,  das  er  nit  falle  Luther  2,  lao,  IS 
Weim.  ausg.  {ausl.  des  vateruTts.  1619);  ist  aber  ganz  zum 
Sprichwort  getoorden:  wer  stehet,  der  sehe  zu,  das  er  nicht 
falle  Petri  Kkk  8*»  u.  oß  in  sprichwörtersammlungen. 
s.  Wander  4,  794,  23;  wer  da  steht,  sehe  zu.  dasz  er 
nicht  falle  Simrock  spricliw.  9839,  und  begegnet  auch 
hättfig  in  der  litt.:  wer  sich  dünken  lasset  er  stehe, 
schaue  wohl  zu,  das  er  nicht  falle  Butschky  Pathm. 
nr.  162  {übersclir.);  wer  unter  reichen  und  gewaltigen 
leuten  stehet  der  sehe  zu,  dasz  er  nicht  falle  Schup- 
pius  132; 

sehe  jeder  wie  er's  treib«, 

sehe  jeder  wo  er  bleibe, 

und  wer  steht,  doss  er  nicht  fallet 

GÖTHB  1,  TS  (behenrigung). 

».  auch  Brant  narreixsch.  66,  80  unter  I,  B,  l,/,  y.  in  dem- 
selben sinne:  es  stehet  keiner  so  wol,  er  kan  fallen  Petri 
00  8^  Henisch  989,  12.  Wander  4,  793,  4.  doch  andrer- 
seits auch:  wer  stehet,  der  stehet  Petri  Kkk  8^  femer: 
wer  stehet,  der  biete  die  hand  dein,  der  ligt  ebenda. 

e)  stehen  und  fallen  häufig  als  formeüu^ße  Verbindung: 
oder  hat  er  {Voltaire)  gedacht,  dasz  dieser  {Heinr.  IV.) 
mehr  anmuth  an  der  gleichen  schattenpersoncn  finden, 
und  mehr  thcil  an  ihrem  Schicksal  nehmen  werde,  als 
an  dem  stehn  und  fallen  der  himmlischen  wfircklichcn 
Wesen?    Bodmkr    abhandl.   v.  d.  umnderbaren  (1740)   21. 

Mr. 


1501 


STEHEN  (II,  A,  10,  e-g) 


STEHEN  (II,  A,  11,  a-c) 


1502 


meistens  mit  einem,  etwas  stehen  und  fallen  als  aus- 
druck  solidarischer  Verbundenheit  und  festen  zusammen- 
hcdtens:  diesen  und  nur  der  vereinten  stimme  dieser 
überlasse  man  es,  ein  endurtheil  über  den  dichter  zu 
fällen,  der  mit  dem  Volk  stehen  und  fallen  musz  Lenz 
vertheid.  des  herrn  W.  (1776)  15;  und  sie  (ß,.  Spanier)  ver- 
sammelten sich  und  gelobten  sich  eintracht  und  treue, 
und  thaten  den  hohen  schwur,  mit  der  ehre  ihres  Vater- 
landes zu  stehen  oder  zu  fallen  Arndt  sehr.  f.  u.  an  s. 
l.  Deutschen  1,  238 ; 

wem  soll  der  zweite  wünsch  ertönen? 
des  Vaterlandes  majestät ! 
verderben  allen,  die  es  höhnen ! 
glück  dem,  der  mit  ihm  fällt  und  steht! 

ged.  294  (bundesUed  1815). 

mit  daüv  in  der  vsendung:  wer  bistu,  das  du  einen  fremb- 
den  knecht  richtest?  er  stehet  oder  feilet  seinem  herrn, 
er  mag  aber  wol  auffgerichtet  werden,  denn  gott  kan  jn 
wol  auffrichten  Eöm.  14, 4  (rtw  töia)  xvqIü)  oxi^xsi  ?]  TCiTixei ; 
er  stet  seim  herrn  oder  velt  erste  deutsche  Mbel  2,  52,  2i) ; 
so  als  sprichw.:  ein  jeder  stehet  und  feit  seinem  eigen 
gott  oder  herrn  Petri  2,  203.  ebenso  mit  sächlichem  subj., 
s.  unter  B,  13,  h.  —  vgl.  auch:  ein  solcher  mann  steht  und 
fällt  nicht  als  ein  einzelner  mensch;  die  Umgebung,  die 
er  sich  geschaffen  hat,  trägt  und  hält  ihn,  so  lange  sie 
beisammen  bleibt,  oder  läszt  ihn,  indem  sie  sich  trennt, 
zu  gründe  sinken  Göthe  40,  7,  12  Weim.  ausg. 

f)  stehen  wie  fallen  xcerden  gern  in  bezug  auf  den 
kämpf  gesagt,  tco  dann  fallen  den  sinn  'getroffen,  ver- 
untndet  werden',  häufig  den  des  Sterbens  annimmt: 

hört  ihr,  wie  die  büchsen  knallen?  .  .  . 

und  die  brüder  stehn  und  fallen       Storm  8,  838. 

das  resultat  des  fallens  ist  liegen,  das  »o  auch  als  gegen- 
aatz  zu  stehen  erscheint  (mit  andrer  nuance  als  unter  3,  b): 

was  hilfts?  er  liegt  {itt  tot),  gottlob!  wir  stehn 

Stoppe  PartUMz  (1735)  6. 

wer  weis,  wieviel  indesz,  da  ich  hinweg  gegangen, 
die  letzte  wunde  schon,  und  ihren  tod  empfangen? 
und  ob  auf  ihrem  wall,  den  leichen  übersät, 
mein  vater  vor  dem  feind  itzt  lieget  oder  steht? 

J.  E.  Schlegel  1,  365  {Herrmann  4,  4). 

ähnlich  nd.  stän  auch  'von  hausthieren:  nicht  fallen,  nicht 
sterben,  dat  veih  het  ösch  siecht  estän,  d.  h.  uns  ist 
viel  vieh  gestorben'  Sghamb.\ch  208*;  wä  well  rike  sin, 
dem  maütet  de  perde  stän  un  de  frauens  vergan 
WOESTE  253». 

g)  von  hier  aus  geht  stehen  oß  in  eine  allgemeinere, 
tceniger  sinnliche  bedeutung  über,  bestehen,  bleiben  u.  ähnl., 
vgl.:  persistere  hd.  nd.  stan,  wol  stan,  hd.  steen;  be-, 
w^ol-steen;  foln  sten;  bleyben,  .  .  .  beharren  .  .  .  Diepen- 
BACH  glos».  429°; 

was  frag  ich  nach  der  weit?  .  .  . 
ihr  werk  ist  nur  ein  rauch, 
die  aber,  die  vertrauen, 
die  stehn  und  bleiben  auch 

B.  Nbukikch  ged.  48. 

dasz  aber  selbst  in  stellen,  wo  stehen  ganz  frei  ins  geistige 
gewendet  ist,  die  sinnliche  bedeutung  noch  empfunden  vrird, 
hetoeiat  z.  b.  in  der  folgenden  das  Wortspiel  mit  ligen 
(=  heutigem  liegen  und  lügen) :  merck  aber,  das  ein  sol- 
cher Prediger,  durch  welchen  gott,  die  götter  strafft, 
sei  stehen  in  der  gemeine,  stehen  sol  er,  das  ist,  fest 
unnd  getrost  sein,  auffrichtig  und  redlich  wider  sie 
handeln  .  .  .  gar  viel  jtzt  bischove  und  prediger,  im 
predigampt  sind,  sie  stehen  aber  nicht,  und  dienen  gott 
nicht  trewlich,  sondern  ligen  oder  treiben  sonst  jren 
schertz  damit  Luther  5,  151»,  oder  in  der  folgenden  der 
vergleich : 

sie  sind  in  keiner  todesfahr, 

erlet>en  hie  so  manches  jähr 

und  stehen  wie  pal  laste 
P.  Gerhardt  bei  Fischer-TCmpel  kirchenl.  3,  364». 

auch  wenn  stehen  als  gegensatz  zu  fallieren  von  einem 
handeis-  oder  bankhause  gesagt  wird,  so  liegt  dabei  deut- 
lich der  sinnliche  gegensatz  stehen  —  fallen  zugrunde, 
»rode»  mxin  sowohl  an  das  'haus',  die  firma,  wie  an  den 
Inhaber  denken  kann:  wer  wird  der  nächste  {sein,  der 
falliert)?  .  .  .  wenn  der  nicht  steht,  wer  steht  dann?  .  .  . 
stehst  du  dann?  Frenssen  Kl.  Hinr.  Baas  434. 

Mr. 


ll)  am  gewöhnlichsten  erscheint  stehen  jedoch  im  gegen- 
■iatz  zu  den  ausdrücken  der  fortbeicegung,  insbesondere  zu 
gehen,  mit  dem  es  auszerordentlich  oft  gepaart  wird  und 
auch  —  theiltceise  erst  infolge  der  häufigen  Zusammen- 
stellung und  gegenseitiger  beeinßussung  —  durch  Überein- 
stimmung der  ßeanon  und  durch  reim  verbunden  ist.  vgU 
Adelung  (i). 

a)  stehen  =  nicht  gehen:  da  stehet  er  (d.  götze),  und 
kompt  von  seinem  ort  nicht  Jes.  46,  7 ;  so  du  wirst  ausz- 
geschickt,  ...  so  fürder  dich  wider  heim  und  steh  nit 
ein  stund  auff  dem  schwatzmarckt,  -wie  dein  brauch  isti 
Schümann  nachtbüchl.  326,  6  Balte  (nr.  50);  er  (Wilhelm) 
stand  betäubt  vor  ihr  da;  sie  .  .  .  rief  nach  einer  pause: 
entfernen  sie  sich,  eilen  sie!  er  stand  noch  immer  Göthk 
18,  326  (Wilh.  Meister  3,  12);  so  lasz  ihn  stehen,  bis  er 
von  selbst  geht!  Hebbel  3,  198,  9  Werner  (Agnes  Bern.  4,  2); 
aber  er  stand  da  mit  hochgeschlagenem  kragen  in  dem 
klattrigen  wetter,  und  stand  und  stand,  und  ging  nicht 
hinein  Frenssen  Kl.  Hinr.  Baas  189; 

ich  wil  hie  bey  dir  stehen, 
verachte  mich  doch  nicht; 
von  dir  wil  ich  nicht  gehen, 
wann  dir  dein  hertze  bricht 
P.  Gerhardt  bei  Fischer-TCmpel  kirchenl.  3,  413'»,  6; 

die  Wahrheit  aber  lockt  uns  nicht  mit  zuckerspeisen, 
sie  steht;  und  wer  sie  sucht,  mag  ihr  entgegen  reisen 

B.  Neukirch  ged.  (1744)  d  7»; 
das  Volk  verläuft  sich  —  nur  ein  schnster  steht  noch 

Werner  Jf.  Luther  3, 1,  2044. 

b)  hierbei  entwickelt  sich  meistens  die  nuance,  dasz  je- 
mand an  einem  orte  verharrt,  obwohl  ein  anlasz  oder  eine 
tendenz  zum  fortgehen  vorhanden  ist;  eine  nuance,  die  der 
unter  10,  b  betrachteten  ganz  analog  ist  und  wie  diese  ent- 
schiedener durch  stehen  bleiben  bezeichnet  wird,  sie  gehört 
für  das  ursprüngl.  germ.  Sprachgefühl  der  perfectiven 
actionsart  an,  vgl.  Paul  Umschreibung  des  perf.  s.  169/.  so: 

thie  drüta  giangun  thana  sär;     si  stuant  thoh,  uueinota  thar, 
si  thia  stät  noh  tho  nirgäb         joh  luagata  ävur  in  thaj  grab 

Otfrid  5,  7,  6; 
wir  mugen  wol  langer  hie  stän 
unz  wir  alle;  daj  gesehen  hän 

Ernst  8946; 
(verstärkt:)        nu  da;  si  kam  s5  nähen, 

da;  si  beide  ein  ander  sähen, 

Tristan  stuont  alle;  ze  stete, 

da?  er  doch  nie  da  vor  getete : 

sine  kam  §  mäles  zuo  im  nie, 

em  gienge  verre  gegen  ir  ie        Trist.  146S5 ; 

si  sprach  'hie  solte  niemen  sten. 

weit  ir,  ich  heije  fürder  gen 

da?  volc  üjen  snüeren  Parz.  713,  5 ; 

dö  drangen  die  vrouwen  alle 
dar  nach  wol  mit  schalle, 
diu  da  gestanden  waere, 
diu  het  ein  boese;  maere 
iesä  gemachet  dar  an      ^ 

Pf.  Ami»  403  (vgl.  386); 
das  ich  nu  an  dirre  stunt 
sol  und  m&s  vor  kilchen  stan 
und  niht  &n  urlup  sol  gan 
Rudolf  v.  Ems  Willehalm  v.  Orient  1803; 

si  .  .  .  sprach:  ir  sult  nit  lenger  sten, 
mit  mir  zu  miner  frawen  gen 
Ruprecht  v.  WCrzb.  v.  zwein  koujmannen  745 ; 

louffent  bed  und  yllend  bald,  wes  stand  ir?  Nie.  v.  Wtle 
transl.  51,  8  Keller;  wenn  du  deinem  nehesten  jrgend 
eine  schuld  borgest,  so  soltu  nicht  in  sein  haus  gehen, 
und  jm  ein  pfand  nemen,  sondern  du  solt  haussen  stehen, 
und  er  dem  du  borgest,  sol  sein  pfand  zu  dir  er  aus 
bringen  5.  Mose  24,  ii;  aber  des  volcks  ist  viel,  und 
regenicht  wetter,  und  kan  nicht  haussen  stehen  Esra  10, 13; 

stehe  draussen,  thu  ein  weil  gemach, 
gehe  nicht  hinein  ohn  befehl  und  sach 

Petri  Tt  l'>; 
nnd  ich  ging,  und  Isegrim  stand  und  wartete  meiner 
Göthe  40,  128  (Rein,  fuchs  8,  48). 

c)  so  besonders  im  kämpfe,  stehen  =  nicht  fliehen, 
nicht  weichen:  die  feinde  wollen  nicht  stehen,  li  nemici 
non  vogliono  stare  Kramer  dict.  2,  927«;  im  feld  nicht 
stehen  als  soldat,  praelium  evitare,  non  dare  copiam  sui 
Frisch  2,  326«=;  'die  Soldaten  stehen  im  felde,  wenn  sie 
stand  halten,  ihren  feind  enoarten,  um  ihm  zu  beider- 
stehen,     der   feind  wollte   nicht  stehen,  war  nicht  zum 

Sir. 


1503 


STEHEN  (II,  A,  11,  c) 


STEHEN  (II,  A.  11.  c—e) 


1504 


stehen  za  bringen'  Adeluno  (i);  Florens  aber  onnd  seine 
gesellschafft  rannten  jnen  gewalüglich  nach,  und  jagten 
sie,  und  erschlugen  in  der  flucht  viel  mehr,  denn  wenn 
sie  gestanden  weren,  und  sich  mannlich  gewehrt  betten 
buch  d.  liebe  11^ ;  es  ist  unnöthig,  m&nnern  ein  hertz 
einsprechen  .  .  .,  durch  deren  hfllffe  die  Römer  allein  in 
Gallien  fusz  gehalten,  und  gegen  die  Parther  gestanden 
Lohenstein  Armin,  l,  31'';  die  Russen  sind  brave  leute, 
dasz  sie  gelaufen  sind;  Rehaar  wäre  auch  gelaufen  und 
alle  gescheiten  leute,  denn  wozu  nützt  das  stehen  und 
sich  totschlagen  lassen?  Lenz  l,  391  Blei  {hofmeister  4,  6); 
sie  brechen  von  allen  seilen  ins  lager,  und  kein  mann 
steht  Klinger  l,  2%  {Konradin  l,  8);  euer  söhn  hat  sich 
gehalten  wie  ein  wackerer  kriegsmann  .  .  .  fünf  regimen- 
ter  muszten  neben  ihm  wechseln,  er  stand,  feuerkugeln 
fielen  rechts  und  links,  euer  söhn  stand,  eine  kugel  zer- 
schmetterte ihm  die  rechte  band,  euer  söhn  nahm  die 
fahne  in  die  linke,  und  stand  Schiller  2,  e9  {räubert,  2); 
an  dem  Stadtgraben  hielten  sie  (20.  sächs.  dragoner)  auf 
commando  still  und  der  junge  anführer  rief:  'wer  seinem 
fürsten  und  Vaterland  treu  ist,  der  halte  stand!'  die 
alten  bärtigen  kerle  standen  Ed.  Genast  aus  d.  tugeb. 
eines  alten  schausp.  27; 

•    Tallard,  der  gepriesne  held  .  .  . 
lehrt  seine  vSlker  ■weichen, 
die  er  ehmals  stehn  gelehrt 

B.  Neukirch  gtd.  (1744)  9; 
was  laafTen  kan,  entflieht,    da  stehst,  zttckst  deinen  degen, 
und  stehst  nicht  nur  beherzt:  du  eilst  ihm  gar  entgegen 
V.  KOENIG  ged.  (1745)  9; 
von  niemand  wird  für  Talbots  blut  erkannt, 
der  schnöde  floh,  wo  Talbot  wacker  stand 

Shakesp.  2,  154  {Heinr.  VI.,  1.  th.,  4,  5); 
vor  tausend  Yorks  soll  er  sein  haupt  nicht  bergen, 
nein,  kuhnlich  stehn,  und  ins  gesiebt  ihm  schau'n 

257  (2.  (A..  5,  1); 
held  Rostem  fürchtet  sich!   das  ist  an  Rostem  neu. 
wer,  wenn  er  flieht,  soll  steh'n?  wer,  wenn  er  wankt,   soll 

dauern  ? 
RüCKERT  (1882)  12,  185  {Rostem  '59) ; 

wer  gefahr  nicht  fliehen  kann, 
stehe  tapfer  als  ein  mann 

SCHELLHORN  sprichw.  (1797)  e.  132,  17. 

mit  Zusatz:  sie  tretten  nicht  für  die  lücken,  .  .  .  und 
stehen  nicht  im  streit  (nonSea  ibyV),  am  tage  des  herrn 
Hesek.  13,  5;  (im  bilde:)     '''''' 

gib  freudigkeit  und  stärcke, 
zu  stehen  in  dem  streit, 
den  Satans  reich  und  wercke 
uns  täglich  anerbeut 
P.  Gerhardt  bei  Fischer-Tümpel  kirchenl.  3,  345»; 

abgeblaszter  in  stellen  wie  Tieck  l,  383  {s.  unter  I,  B,  8,  e,  d). 
—  verstärkt  durch  einen  vergleich:  die  victori  hatte  man 
eintzig  und  allein  dem  fusvolcke  zudancken :  welches  .  .  . 
wie  eine  maure  gegen  die  Lotthringer  gestanden  Chem- 
nitz sehwed.  krieg  2,  204*;  da  wir  dir  standen  wie  mauren, 
aufßengen  wie  scbilder  die  hiebe,  die  deinem  leben 
galten  Schiller  2,  199  (räuber  5,  a);  bis  zum  mittag 
standen  die  Deutschen  wie  die  mauern  Mommsen  röm. 
gesch.^  2,  184;  s.  auch  Lohenstein  Armin,  l,  36'  unter 
I,  B,  8,  e,  y.  Übertragen:  {die  Christen)  widerrueften  nit  ain 
eugel,  laugneten  nit,  Hessen  sich  zerreissen,  stuenden 
wie  ain  maur  Aventin  chron.  l,  882,  30  {vgl.  Wander  4, 
796,  96);  ».ferner  Körner  3,  318  unter  I,  C,  3,/,  e.  —  vor 
einem  stehen,  noch  ohne  diese  nuanee:  vor  seinem  feind 
stehen,  star'  affronie  6  aUa  testa  de'  suoi  nemici  per  com- 
battere  Kram  er  dict.  8,  929*;  gewöhnlich  in  Verbindungen 
wie:  er  kan  vor  ihm  stehen,  par  est  Uli;  vor  einem 
nicht  stehen  können,  inm  alicujus  sustinere  non  posse 
Steinbach  s,  668;  die  kinder  Israel  mUgen  nicht  stehen 
für  jren  feinden  (o.i*3*i(  *ith  c^ph),  sondern   müssen  jren 

•7        !  '■'  T 

feinden  den  rücken  keren  Jos.  7,  12;  furcht  dich  nicht 
für  jnen,  denn  ich  habe  sie  in  deine  hende  gegeben,  nie- 
mand unter  jnen  wird  für  dir  stehen  kOnnen  (i|*jea  . .  ib;«) 
10,8;  *'         "" 

menichen  itehn  fOr  gottem  nicht; 

unsrer  beiden  epieez  und  pfeile 

•ind  den  Römern  donnerkeile 

LOHBNHTBii«  Armin,  i,  66*. 

•McA  stehen  wider,  gegen,  vgl.  oben  Lohbnstbin;  freier: 
also  stehet  das  blMe  hertz  des  narren  in  seinem  fflr- 

Mr. 


nemen,  wider  kein  erschrecken  {ovTtog  xagöla  äsikij  inl 
SiavoijfjtaTog  ftWQOV  xativavxi  navrog  (pößov  ov  fx^ 
vnofjulvji)  Syrach  22,  22.  überhaupt  setzen  hier  mannig- 
fache freiere  gebrauehs^ceisen  an,  z.  b. : 

steh  als  ein  mann,  lasz  dich  nicht  schrekken, 
halt  aus,  und  bleibe  Test  bestehn 

Neumark  /ortgepfl.  Itutw.  (1657)  1,  82. 

s.  femer  unter  C,  4,  b.  c.  es  ist  auch  zu  beachten,  dasz  diese 
bedeutung  sich  einerseits  mit  10,/,  andrerseits  mit  12,  c 
nafie   berührt  und  oft  in  derselben  stelle  zusammenflieszt. 

d)  stehen  und  gehen  werden  häufig  zusammengestellt: 

schfinbeit  ist  in  jhrem  gehen,  .  .  . 
Schönheit  leucht  in  jhrem  stehen 

Königsb.  dic/Uerkr.  ».  14  neudr.; 
denn  nach  tische  soll  man  stehn, 
oder  tausend  schritte  gehn, 
sagt  der  würdige  Gaden 

Brentano  6, 135 ; 

*.  auch  Manuel  *.  51  unter  l,B,l, f,y.  —  mit  weiteren 
Verben  der  ruhe  oder  bewegung  {vgl.  3): 

ich  sihe  wol  da;  ir  stSt 

unde  rftet  unde  g6t 

swar  iuch  iuwer  wille  treit  /w.  4036; 

{Adam)  gink  mit  Eva  to  spasseren 
na  de  vagel,  na  den  deren, 
de  dar  flogen,  de  dar  lepen, 
de  dar  stunnen,  de  dar  schlepen 
nd.  ged.  v.  1636  hei  Lauremberg  «.  103,  64  Lappenberg; 

aber  wartet  nur,  jetzt  sollen  eure  steise  so  zusammen- 
karbatscht  werden,  dasz  ihr  nicht  stehen,  gehen  und 
sizen  solt  Schink  marionettenth.  (1778)  175;  wo  er  {d.  pres- 
byter)  geht,  steht,  sizt,  lebt  und  webt,  da  strahle  ein 
nimbus  wahren  hellen  lichts  um  sein  haupt  v.  Haller 
restaur.  der  staatsiciss.  1,  152;  *.  auch  Eberlin  v.  GCnz- 
BURG  2,  76  unter  I,  B,  2,/,  f,  aa. 

e)  gehen  und  stehen  als  feste  formet  {reimformel,  nd. 
stahn  un  gähn,  s.  nd.  korrespondenzbl.  21,  36):  gainde  inde 
stainde  als  ausdruck  normaler  körperlicher  Verfassung  in 
einem  mittelfränk.  test.  v.  1283,  s.  I,  B,  2,/,  ß;  alsbald  nun 
Ulenspiegel  so  alt  ward  dz  er  gon  und  ston  kunt  Eulensp. 
2.  hist. ;  {der  lahme)  sprang  aufT,  kund  gehen  und  stehen 
{sazT],  xal  TtSQisnccTSi)  ap.  gesch.  3,  8;  sicut  ghen  und 
sthen  Luther  34,  l,  30.5,  13  Weim.  ausg.;  so  musz  man 
im  gehen  und  stehen  allzeit  solche  Stellungen  des  leibes 
und  der  gliedmassen  annehmen,  bey  welchen  man  am 
allermeisten  von  dem  falle  sicher  ist  Wolff  von  der 
menschen  thun  u.  lassen  328;  um  des  gnädigen  herrn  thun 
und  lassen,  gehen  und  stehen  bekümmere  ich  mich  nicht 
Iffland  theatr.  werke  (1827)  1, 184  {verbr.  aus  ehrsticht  8,  8); 
ich  {Shylock)  will  mit  euch  handeln  und  wandeln,  mit 
euch  stehen  und  gehen  {talk  toith  you,  walk  with  you), 
und  was  dergleichen  mehr  ist;  aber  ich  will  nicht  mit 
euch  essen,  mit  euch  trinken,  noch  mit  euch  beten 
Shakesp.  4,  170  {kaufm.  v.  Vened.  1,  3);  mit  einmal  hebt 
sich  aus  den  meereswasscrn  —  ganz  aufrecht,  als  ob  er 
drin  stehn  und  gehn  könne  —  ein  .  .  .  mann  empor 
¥ OVQV t  altsächs.büdersaali,\\l;  allerdings  bekümmerte 
sich  Goethe  auch  um  gehen  und  stehen  der  Schauspieler 
Ed.  Genast  tageb.  eines  alten  schausp.  87;  man  geht  und 
steht  nur  dadurch,  dasz  man  das  äuge  fixirt.  blind  seyn 
und  in  die  luft  starren,   ist  dasselbe  Hebbel  tageb.  *, 

8.  121,  5624; 

ach  herr!  hOr  mein  gebet,  send  mir  hilff,  trost,  bestand, 
in  allem  zufall  recht  zu  stehen  und  zn  gehen 

Wbckhbrlin  ged.  1,  «.  387  Fischer; 
magst  klauen,  ziln',  und  gift  der  IOwen,  wOrm  und  trachen, 
auf  die  du  gehst  und  stehst,  behUrzter  weise  verlachen 

Romplbr  V.  Löwbnhalt  reimget.  31 ; 
iit  gleichlaut  tiberall,  und  eintracht  doch  tu  aehen  .  .  . 
man  stimmet  Ubcrein,  eogar  im  stehn  und  geben 

HbhXuh  ged.  u.  intehr.  (1791)  M8; 
ich  kann  vor  dir  allein  auch  nirgends  gehn  und  stehn; 
ich  mag  beecbäftigt  aeyn,  mag  wachen  oder  echlafen, 
•o  lucbst  dn  mich  docli  auf 

Myliüs  verm.  tchr.  (1754)  498  {tehi^ftHnsel  1,  7). 

teeniger  formelhaft:  und  ich  wil  selb»  umb  mein  hanii 
das  lager  sein,  das  nicht  dflrfTc  Stehens  und  hin  und 
wider  gehens  Sacharja  9,  8  {var.:  und  ich  wil  mein  haus 
besetsen  mit  kriegs  volck,  die  da  aus  und  ein  r.ihen; 
svBt  n3j!tt  'gegen  alU»,  waa  kommt  und  geht'),  —  gehn 

oder  stehn,  vgl.  unter  /: 

Mr. 


1505  STEHEN  (II.  A,  11,  e-g) 

wie  ichs  nu  dre 
gee  oder  stee 
G.  FoKSTER  frische  tenUche  liedl.  1,  30,  2; 

stetz  trag  (ich)  gros  leid  bisz  auff  die  stund 

gehe  oder  stee       umb  hertzlich  wee 

in  leid  vergee  31,  2. 

weder  gehn  noch  stehn  können:  ich  will  mich  verkem 
zu  gleicher  weisz  als  ich  an  henden  und  füssen  .  .  . 
lam  sey,  und  als  ob  ich  weder  gen  noch  sten  möchte 
Arigo  decam.  55,  32  Keller  (2,  l);  der  nach  ettlicher  rede 
die  frawen  auff  sein  aehszeln  name  die  weder  gen  noch 
sten  mocht  (che  andar  non  poteva)  ausz  dem  tum  trüg 
514,  4  (8,  7);  (der  trunJcenbold)  kan  sich  nicht  auffrichten, 
und  auff  seinen  eygen  fflssen  weder  gehn  noch^  stehn 
Ambach  vom  zusauffen,  u.  trunckenh.  D^l»  (fi^  övväftsvog 
o^&ovaS-ai,  fzridh  rolq  iSioiq  noalv  anisvai  Basil.  3, 
467  B  Migne) ;  man  musz  so  lange  sitzen  und  sauffen,  .  .  . 
bisz  man  sinn  und  witz  verleuret,  und  nicht  mehr  reden, 
gehen  oder  stehen  kan  Dan.  Schaller  theolog.  heroldt 
(1604)  94;  vor  hunger  kunt  er  fast  nicht  gehen  noch  stehen 
Reinicke  fuchs  3,  385;  sind  mir  denn  die  füsze  zusammen- 
gewachsen? .  .  .  ich  kann  nicht  stehen,  ich  kann  nicht 
gehen  Pocci  puppensp.  281.  auch  mundartlich  verbreitet: 
eis.  9r  khä,n  nem  (nicht  mehr)  k^n  ün  nem  st6n  ds. 
Jahrb.  7,  191,  34;  luxemb.  e  kann  net  meih  gohn  au  net 
meiih  stöhn  Follmann  495*;  nd.  meckhnb.  he  het  sik 
so  Tull  äten,  he  kann  nich  gähn  orer  stan  nd.  korre- 
spondenzbl.  14,  *.  22,  150. 

/)  formelhaft  wo  er  geht  und  steht  u.  ähnl..  als  eon- 
cretere  und  nachdrücklichere  Umschreibung  für  überall: 
und  düncket  mich  wo  ich  hin  gee  oder  stee?  wie  ich 
stäcz  seche  den  schein  meiner  vergangenn  Arigo  decam. 
10,  6  Keller;  auch  wir  schaffen  wöllenn  und  gepieten 
auch  einem  iglichem,  wo  es  (l.  er?)  hin  ge  oder  ste  (dove 
chs  egli  vada,  onde  che  egli  tomi),  hört  vernäme  oder  seche 
keinerley  neüwe  histori  such,  noch  uns  zu  hause  prenge 
15,  5;  der  ritter  jn  (den  narren)  der  massen  lieb  hatte, 
also  wo  er  stehen  oder  gehen  thet,  den  narren  allwegen 
bey  jhm  hatte  buch  der  liebe  254*;  wo  ich  gehe  oder 
stehe,  da  läuft  das  elementische  mädchen,  die  Ophelia, 
aus  allen  winkeln  mir  nach  Creizenach  schau^iele 
engl,  comöd.  174,  15  (bestrafter  brudermord  3,  ll) ;  seit  dem 
musz  ich  dir's  (das  lied)  überall  brummen,  wo  ich  nur 
geh'  und  steh'  maler  Müller  l.  228;  wo  er  stand  und 
ging,  redete  er  mit  sich  selbst  Göthe  18,  46  (Wilh.  Meister 
1,  9);  ich  prägte  sie  (die  Götiie- Schiller  sehen  distichen  gegen 
Manso)  mir  augenblicklich  ein,  recitirte  sie,  wo  ich  stand 
und  ging  Holtei  vierzig  jähre  1,  116;  von  einer  Staffelei 
blickte  ein  selten  schönes  Ölbild  Friedrichs  des  groszen. 
es  war  ein  merkwürdiges  bild.  wo  man  ging  und  stand 
im  Zimmer  sahen  einen  die  hellen  blauen  äugen  an 
Hans  v.  Kahlenberg  Eva  Sehring  74; 

menschen  folg  ich  immer  nach,  wo  sie  gehen  oder  stehen 
B.  Neukirch  6et'  Hoffmannswaldau  auserles.  ged.  2,  327; 

wie  wollt  ihr  doch,  ihr  herm,  mit  diesem  heer  des  Varus 

euch  messen,  .  .  ., 

mit  der  cohorte,  der  gegliederten, 

die,  wo  sie  geht  und  steht,   des  geistes  sich  erfreut 

Kleist  2,  335  E.  Schmidt  (Hermannsschl.  1,  3,  290). 

nd.  wo  ikk  gae  un  stae  'allenthalben,  wo  ich  bin'  Däh- 
nert  455*;  bä-m(e)  geit  un  steit,  'd.  h.  allenthalben'  Bauer- 
Collitz  9**. 

g)  ähnlich  wie  man  geht  und  steht  in  vxcliselndem 
sinne: 

a)  im  altem  nhd.  scheint  damit  eine  Verstärkung  des 
hegriffs  der  person  ausgedrückt  zu  werden,  ganz  und  gar, 
mit  leih  und  seele :  unnd  sie  sind  gewiszlich  der  verloren 
hawff,  heyden  und  Juden,  des  teuffels  eygen,  wie  sie 
gehen  und  stehen  Luther  10,  l,  687,  14  Weim.  ausg. 
(kirchenpost.  v.  1522);  estis  diaboli  cum  corpore  et  anima, 
wie  ir  ghet  und  sthet  15, 687, 18 ;  si  non  habes  aliam  iustitiam 
quam  papa,  so  bistu  des  teufeis,  wie  du  ghets  und  sthets 
M,  2,  2,  9;  da  bin  ich,  wie  ich  da  gehe  und  stehe,  eccomi 
quäle  e  quanto  mi  sono,  eccomi  in  corpo  ed  anima  Kramer 
dict.  (1702)  2,  927''. 

ß)  mit  andrer  nuance:  indotata,  die  nichts  hat,  als 
wie  sie  geht  und  steht  Corvinus  fons  latin.  (1646)  271; 
so  noch  berlin.  'wie  er  jing  un  schtand,  ohne  ausrüstung' 
Brendicke  178f  (4).     vgl.  auch: 

X.  2.  Mr. 


STEHEN  (II,  A,  11,  g—\2,  a) 


1506 


(Hintz)  bald  zum  loch  hinaus  sich  drehet, 
wund,  wie  er  da  steht  und  gehet 

Reineke  Fuchs  (1650)  «.  103, 10. 

y)  jetzt  gewöhnlich  in  dem  sinne  'sogleich,  ohne  tceiteres, 
auf  der  stelle' :  'wie  ich  gehe  und  stehe,  tcie  ich  geicöhn- 
lich  gekleidet  bin'  Adelung  (7),  'teie  ich  da  bin  Campe  (l); 
nd.  as  ikk  gae  un  stae  'ohne  mich  umzukleiden'  Dähnert 
455*.  belege:  ich  habe  die  pferde  in  den  stall  gezogen, 
und  bin  gleich,  wie  ich  gehe  und  stehe,  hergelaufen 
samml.  v.  Schauspielen  (1764—69)  2,  Burlin  a  5^;  er  warf 
sich,  wie  er  ging  und  stand,  hinein  (in  denflu^z)  Fouque 
altsächs.  bildersaal  4, 120;  ihr  sollt  gleich  zum  herm  könig 
kommen,  wie  ihr  geht  und  steht  br.  Grimm  märchen 
nr.  7,  *.  34;  schreck  und  grausen  übermannen  sie,  wie 
sie  geht  und  steht,  stürzt  sie  zur  thür  Holtei  erzähl. 
Schriften  3,  84.  dafür  au^  blosz:  laszt  den  kaufmann 
fahren,  sonst  wird  jeder  von  euch  an  einen  spiesz  ge- 
steckt, so  wie  er  hier  steht  Stifter  3,  24. 

S)  ungewöhnlich  im  sinne  von  f:  anderer  orten  musz 
man  das  bedeutende  aufsuchen,  hier  (in  Rom)  werden 
wir  davon  überdrängt  und  überfüllt,  wie  man  geht  und 
steht  zeigt  sich  ein  landschaftliches  bild  aller  art  und 
weise  j  paläste  und  ruinen,  gärten  und  wildnisz  .  . 
Göthe  27,  21l  (ital.  reise,  Rom  d.  7.  nov.). 

s)  die  Wendung  wird  gelegentlich  auch  auf  sachliches 
übertragen:  ausgenommen,  gegenwärtiges  haus  in  der 
hundgasse,  als  welches  .  .  .  ganz  so  wie  es  geht  und 
steht,  demjenigen  von  meinen  .  .  .  anverwandten  an- 
fallen und  zugehören  soll,  .  .  .  J.  Paul  26,  7  (ßegelj.  1,  l); 
alles,  wie  es  gehe  und  stehe  gehöre  seiner  frau  54,  50 
(leben  Fibels  c.  9);  nach  einer  würdigen  einleitung  des 
Angerbauers  wurde  ausgemacht,  dasz  .  .  .  Ludwig  der 
Annemarie  seinen  hof  anheirathe,  mit  allem  darin,  wie 
es  geht  und  steht  M.  Meyer  erzähl,  aus  d.  Ries  (1856)  105. 
(in  anderm  sinne  s.  unter  D.) 

h)  in  eigenthümlicher  Verwendung  vrird  stehen  zu- 
xceilen  von  insecten  gesagt,  wenn  sie  sich  in  der  luft  durch 
schwirren  mit  den  flügeln  unbeweglich  an  einer  stelle 
halten,  im  gegensatz  zum  fortfliegen :  kleine  goldglänzende, 
stahlblaue  fliegen  standen  flügelschwingend  in  der  luft 
Storm  1,  11.  —  ähnlich  von  fiscJien,  die  an  einer  stelle 
im  Wasser  stilllwlten,  hier  mit  Übergang  in  die  bedeutung 
des  dauernden  aufenthalts  (s.  unter  C):  naht  ein  kerbtier, 
gleichviel  ob  es  grosz  oder  klein,  dem  orte,  wo  sie  (d. 
bachforelle)  steht,  so  verharrt  sie  noch  immer  regungs- 
los, bis  es  in  Sprungweite  gekommen  Brehm  tierleben^ 
8,  341. 

12)  noch  entschiedener  perfectiv  ist  stehen  =  nicht  gehen, 
wenn  es  nicht  von  einem,  der  bereits  steht,  gesagt  icird 
(icie  unter  11,  b.  c),  sondern  von  einem  gehenden,  also  in 
dem  sinne:  aufhören  zu  gehen,  Jialt  muchen,  wofür  ge- 
tcöhnlicJier  stehen  bleiben  (wie  für  10,  b  und  11,  b)  oder 
still  stehen,  s.  unten  E,  2.  3.  indessen  ist  diese  Verwen- 
dung für  das  lebendige  Sprachgefühl  weder  gegen  11  scharf 
abgegrenzt  (s.  unten  b),  noch  gegen  die  gewöhnliche  durative 
bedeutung  von  stehen,  die  ja  das  resultat  des  haltmachens 
ist  und  daher  auch  dafür  eintreten  kann. 

a)  belege:  errette  deine  seele,  und  sihe  nicht  hinder 
dich,  auch  stehe  nicht  in  dieser  gantzen  gegend  l.  Mose 
19,  17;  und  (Jesus)  trat  hin  zu,  und  rfiret  den  sarck 
an,  und  die  treger  stunden  (sarrjoav)  Luc.  7,  14;  aber 
endlich  der  verwundete  Diomedes  'stand,  rief  dem  Sthene- 
lus,  ihm  den  pfeil  aus  der  wunde  zu  ziehen'  Herder 
3,  20  Suphan  («AA'  ava/(OQijaaq .  .  .  eatTj  II.  5,  lOS) ;  nun 
schaut  ich  um  mich,  ging,  sprang,  stand  wieder,  be- 
trachtete meine  glieder  maler  Müller  1,  17; 

auff  einen  abent  ich  spatziert  .  .  . 
ein  alter  dorfpfaff  on  gefehr 
kam  gegen  mir  gegangen  her  .  .  . 
ich  stund  und  gab  jm  audientz 

Waldis  Esop  4,  17,  46 ; 

da  begab  sich  ein  böses  glflck, 
welchs  sich  nit  jedermals  so  schickt, 
dasz  wie  die  hebamm  tregt  das  kind 
und  ihr  nachfolgt  das  ander  gsind, 
da  solle  sie  gehn  auff  dem  weg 
über  ein  zimlich  hohen  steg, 
und  wie  sie  eben  darauff  geht, 
kompt  jr  ein  schwinde!,  dasz  sie  steht 
und  weisz  nit,  wie  sie  ist  daran 

Fischart  2,  31  Haufen  (Eulengp.  94) ; 

95  Mr. 


1507 


STEHEN  (II,  A,  12,  a—d) 


STEHEN  (II,  A,  12,  d-e) 


1508 


doch  wandt'  ich  mich  hinweg  und  liesz  sie  gehen  .  .  . 
und  folgt'  ihr  doch,    sie  stand,    da  war's  geschehen! 

GÖTHE  3,  4; 

nun  stand  mein  fUhrer:  schwere  riegel  klirrten 

A.  V.  Droste-HOlshoff  (1879)  2,  97 
(des  arztee  verm.); 
man  flüstert,  steht, 
und  dann  ein  laut,  der  mir  die  seele  bannt         113. 

im  mhd.  udrd  die  incohative  bedeutung  durch  Umschrei- 
bung mit  beginnen  ausgedrückt: 

do  quam  ein  weitere 

al  die  Strafe  hergegan. 

do  her  in  gesach,  do  begonde  her  stan 

gr.  Rudolf  24,  2. 

6)  der  bedeutung  11,  b  nähert  sich  stehen  besonders, 
wenn  es  bedeutet:  'nicht  weiter  gelten' :  und  der  da  fleucht 
zu  der  stedte  eine,  sol  stehen  aussen  für  der  stadthor 
Jos.  20,  4 ;  so  auch :  ir  müssen . . .  hinusz  für  die  stat  gon 
in  den  hanffacker,  da  der  bäum  in  stot,  und  als  weit 
als  ir  gewerffen  mögen,  darron  ston  (in  solchem  abstand 
stehen  bleiben,  nicht  näher  Tierangehen)  und  drü  stück 
speck  müssen  ir  bei  euch  haben  .  .  .  und  müsen  drei 
mal  wetiTen  Pauli  schimpf  u.  ernst  99  Österl.  (c.  186). 
ferner: 

ja  alles  geht  vorbei! 

doch  sie,  die  mich  erkannt, 

den  harrenden,  wildfremd  an  ort  und  stunde, 

ging  nicht  vorbei,  sie  stand, 

reicht  mir  die  band!  BRENTANO  2,  200. 

fsuvxilen  sind  beide  auffassungen  möglich;  so  (von  thieren) : 
und  wenn  die  thier  giengen,  so  giengen  die  reder  auch 
neben  jnen.  .  .  .  wenn  sie  stunden,  so  stunden  diese  auch 
(nör  o-tey:?)  Hesek.  1,  21  (=  10,  17).    —   stehen  zur   be- 

n-     t:t: 
ztidinung  eines  zögernden,  beständig  stockenden  ganges: 

diu  schoene  strebete  allej  wider 
und  stuont  an  iegelichem  trite. 
si  volgete  ungeme  mite  Trist.  11805. 

c)  sieben  im  kämpfe,  vgl.  11,  c  (hier  also  von  solchen, 
die  bereits  auf  der  flucht  sind,  aber  dann  anhalten  und 
wieder  festen  fusz  fassen),  zugleich  den  begriff  des  tcider- 
standes,  der  gegenwehr  einschlieszend :  uf  das,  wie  wol 
stets  vil  redlicher  eidgnossen  umzekSren  und  zeston 
trangenlich  ermantend,  aber  etlich  zewichen  schruwen, 
.  ,  .  der  zerströwt  abzug  so  ganz  überhand  nam  Ans- 
HELM  Bemer  chron.  4,  121,  29;  nun  in  dem  rit  schruwend 
d'  Franzosen  den  eidgnossen  zö,  der  hofnung,  wo  si 
noch  widerkfirt  und  gestanden,  dass  nochmals  der  strit 
erobret  wäre  worden  518,  18;  die  legionen  standen  wieder 
und  überwältigten  die  feindlichen  reiter  Mommsen  röm. 
geach.^  2,  295; 

alles  weicht  vor  ihr, 
die  Franken  stehn,  sie  stellen  sich  auf's  neu ! 

Schiller  13,  332  (jung/r.  v.  Orl.  5, 12) 

dafür  mit  abstractem  subj.: 

der  Normann  floh  —  ich  fühlte  keinen  schmerz, 
doch  plötzlich  stand  die  flucht 

MÜLLNER  dram.  werke  3,  34  (kön.  Yngurd  1,  3). 

dock  kann  stehn  auch  bedeuten  'vom  weiteren  kämpfe  ab- 
lassen' : 

er  (Paris)  sprach's,  und  Hektor,  hoch  der  red'  erfreut, 
trat  vor,  und  hielt  mit  quergepacktem  spiesz 
der  Troer  rotten  an ;  und  alles  stand 
BCroer  168»,  106  (toi  (f  Id^vrdijoay  änavtti  II.  8,  78). 

d)  Überaus  häufig  begegnet  in  diesem  sinne  der  impe- 
rativ: steh,  du  hund,  siste  gradum,  nehtdol  Stielkr2127; 
stehet  (<"ev),    stehet   (werden   sie   ruffen)   aber  da   wird 

sich  niemand  umbwcnden  Nahum  2,  9;  steh!  rede!  wer 
bist  du?  was  hast  du  hier  zu  thun!  Schiller  8,  166 
(räuber  4,  6);  steht I  eure  losung!  8,  188  (Fiesko  6,  8); 
8.  achUdw.  steh ,  oder  du  bist  des  todes  Shakeap.  8,  884 
(Heinr.  VI.,  8.  th.,  4,  8);  als  sie  sich  näherten,  kam 
ihnen  ein  reiter  entgef^en  and  schrie:  'steht,  oder  ich 
schicHze  euch  nieder!'  sie  standen  and  warfen  diu 
Waffen  hinweg  Brentano  4,  866;  plötzlich  hörte  er  sich 
raah  anrufen  'steh  hundl'  Hebbel  8.  88  Werner;  als  der 
mann  aas  dem  gehölz  auf  den  freien  grenzrand  trat, 
rief  er  (d.  wäehter)  ihn  an  .  .  .:  'steh,  waldgänger,  and 
•inge  den  sprach,  der  dich  Ton  meinem  eisen  löst!' 
Frbttao  8,  1  (flhnen  1,  t,  l); 

Mr. 


Jesus  sprach:  geselle,  stant 
und  schon we,  wes  da;  bilde  st 

Ottokar  reimchr.  462; 
mein  mäiinlein  steh,  verzeuch  ein  weil 

H.  Sachs  2,  4,  3«; 
von  weitem  steht  ein  leichenstein, 
der  zeigt  uns  diese  zentnerworte : 
'steh,  Wanderer!  an  diesem  orte 
'grub  man  der  tugend  tochter  ein' 

Gottsched  ged.  (1751)  1, 124; 
steh,  Wandrer!   lies,  und  sey  vergnügt, 
ob  gleich  ein  arzt  dicht  vor  dir  liegt 

Kretschmann  werke  2,  269 ; 
steh,  du  tyrannenknecht,  dein  reich  ist  aus! 

Kleist  2,  446  E.  Schmidt  (HermannsscfU.  5,  82) ; 

steht,  freunde!  was  flieht  ihr  der  pfeile  gezisch? 

Leuthold  ged.*  295. 
so  auch: 

die  klugheit  führt 
ihn  sicher  an  der  hand, 
jetzt  zeigt  sie  ihm  Kollin,  und  heiszt  ihn  stehn 

Mastalier  ged.  (1774)  108; 

'Kopp',  rep  sei,  'willst  du  stahn!  sali  ick  mi  um  dinent- 
wegen  ut  de  pust  lopen?'  Reuter  2,  247,  7  Seelm.  (strömt. 
2, 14).  s.  ferner  Gerh.  v.  Minden  69,  46  unter  I,  B,  1,/,  6  und 
Haynegcius  Hans  Pfriem  4,  3  unter  I,  B,  2,/,  x  (?). 

e)  eigenthiimliche  Verwendungen  des  imp.  finden  sich  in 
lebenden  niederdeutschen  mundarten  innerhalb  eines  engem 
oder  weitern  gebietes  um  Hamburg. 

a)  stä-weder  als  vnrtlishausname  bei  Hamburg,  'mache 
wiederum  Jialt',  s.  nd.  korrespondenzbl.  1,  38;  ebenso  holst. 
stawedder;  'ein  wirthshaus  vor  dem,  dorfe  Reilingen:  steh, 
icandrer,  kehre  nieder  ein!  auch  name  eines  gutes  unfern 
Lübeck'  Schütze  4,  180;  vgl.  dazu  nd.  korrespondenzbl. 
2,  88/.,  wo  auch  stah-bi  und  stahfast  (tnrthshaits  im  dorfe 
Ottenbüttel,  dies  natürlich  nicht  hierher  gehörig)  angeführt 
werden. 

ß)  weit  verbreiteter  (von  Osnabrück  bis  Vorpommern) 
ist  stah  Seggen  als  bezeichnung  für  etwas  tüchtiges  und 
derbes:  'stah  seggen  ist  bey  uns  eine  redensart,  die  vid- 
leicJit  eigentlich  von  einer  schild-wache  herkommt,  insgemein 
aber  von  allem  gesagt  wird,  was  derbe  und  tüchtig  ist. 
z.  e.  dat  is  een  kerel,  de  stah  segt:  das  ist  ein  starcker, 
handfester  kerl.  he  kreeg  eenen,  de  kunn  stah  seggen: 
er  kriegte  einen  derben  sclilag'  Richey  284,  ebenso  Strodt- 
MANN  380»;  Schütze  4,  179  (als  Hamb.,  nach  Richey). 
anwendung  auf  personen  sonst  nicht  bezeugt;  mecklenb. 
'dat  seggt  mals  stah!  von  einer  sache,  die  als  recht  fest 
angesehen  wird'  Mi  a^**;  'de  hedd  een  kleed  an,  dat  säde 
stae  er  hatte  ein  vortrefliclies  kleid  an'  Dähnert  455*'. 
nicht  selten  bei  Reuter,  vgl.  C.  F.  Müller  d.  Mecklen- 
burger volksmund  in  Reuters  Schriften  679:  (darum)  hadd 
de  Zimmerling  herr  Schulz  so  recht  sinen  willen  .  .  . 
un  bug'te  (baute)  Jung'-Jochen  dor  sösz  verzahnte  (näynl. 
träger,  tragbalken)  hen,  dat  sei  dor  stünn'n,  as  sädon 
sei  man:  'stah!'  7,  344  (strotntid  3,  cap.  4l);  dqfilr: 

ick  führte  gistem  middag  'rin  (in  Teteroui), 

dor  stun'n  jo  so  'ne  hüser  in, 

dei  stun'n  man  dor,  &s  stah  man  so 

1,  360  {läuschen  u.  rim.  1,  64), 

was  Müller  a.  a.  o.  richtig  als  Verkürzung  aus  as  säden 
sei:  'stah  (man  so)!'  erklärt,  sonst  gern  von  abstracten: 
sei  frigten  beid'  lau  Martini,  un  de  oll  schult  rüst't  'ne 
hochtid  ut,  de  säd  man:  'sta!'  8,  880  (woatis  ick  tau  'ne 
fru  kämm) ;  er  hat  beute  morgen  an  die  tagclöhner  eine 
rede  gehalten,  die  sagte  man  so:  stahl  7,  69  (strömt. 
2,  19).  bes.  von  schlagen:  he  gaf  em  enen  slag,  dat 
idt  sta  sede  (segdo),  einen  derben  schlag  bretn.  wb.  4,  993; 
slag  kann  dabei  auch  ausgelassen  werden:  ick  will  di 
enen  geven,  dat  schall  sta  seggen  ebenda,  vgl.  ol>en 
Richey.  doch  ebenso  auch  von  küssen:  so  würden  ."sci 
denn  nu  Ummer  frUndschaftlicher  mit  onanncr;  de  Frnn- 
zos'  slek  do  blanke  plänip  in  do  scheid',  un't  wohrt 
nich  lang',  dünn  rasselt  sin  swarte  snurrbort  den  ollen 
möllcr  anner  de  stuw'  niis'  un  de  möllcr  smet  cm  cn 
por  in't  gcNichl,  do  sädcn  man  so  'stahl'  denn  de  oU 
nißllcr  hadd  cn  mulBPSchirr,  as  wir  hei  mit  'ne  worp- 
schupp  apfött,  un  Jcdwcrcin  von  sin  küsz  gUII  gaud  drei 
gadlich  (sfolt  gut  n  iüehtige)  Ueuter  8, 88S  (Fratixosent.  1).  ~ 
UMS  die  erklärung  angeht,  »o  ist  im  aUf/emeinen  die  ver> 
muthungB.icuEiia  übernommen {ao  bei ScuOTZK,UOLVKn);    l 

Mr. 


1509 


STEHEN  (II,  A,  12,  «—13) 


STEHEN  (U.  A,  13,  a—b) 


1510 


sollte  der  imper.  nicht  eher  bedeuten :  bleib  stehen  und  sieh 
mich  anf  vgl.  die  analogen,  bei  Müller  unter  642  bespro- 
chenen und  aus  Reuter  belegten  redetcendungen  (hei  gung 
Tip  de  annem  in),  as  {als  wollte  er  sagen:)  sähst  mi  woll; 
(so  pedd't  sei  np),  as  hest  mi  nich  geseihn.  (Müller 
übersetzt  selbst  den  dritten  beleg:  'eine  hochzeit,  die  sich 
sehen  Inssen  konnte.') 
f)  sfehn  in  diesem  sinne  auch  von  thieren: 

der  lewe  imd  sin  herre 

die  vuoren  nnverre 

unz  er  ein  tier  ersmahte. 

nä  twanc  in  des  sin  ahte,  .  . . 

dag  er  da?  gerne  wolde  jagen. 

dajn  kunderme  anders  niht  gesagen, 

wan  er  stuont  und  sach  in  an        Iic.  3891 ; 

da  dri  müle  mit  ir  kraft 

under  wsem  gestanden  (wag  sie  nicht 

hätten  von  der  stelle  bringen  können), 
zwischen  sfnen  banden 
truog  er;  als  ein  knsselln 

Wolfram  Witteh.  188, 13; 
der  jeger  schSj  da^  tigertier 
durch  sin  bein ;  duo  was  ej  schier 
erlernt,  daj  e;  küm  mochte  gän; 
das  ^  i^cl  '^^>  <^3S  mnoste  stän 

Boner  3,  34; 

und  wenn  die  thier  giengen,  so  giengen  die  reder  auch 
neben  jnen,  .  .  .  wenn  sie  stunden,  so  stunden  diese 
auch  Eesek.  1,  21  {ebenso  10,  17);  *.  auch  H.  Sachs  2,  i,  33« 
unter  I,  B,  3,  b,  d.  —  in  neuerer  zeit  oft  von  pf erden:  die 
pferde  wollen  nicht  stehen  Adelung  (i) ;  wenn  die  pferde 
in  vollem  rennen  waren,  so  durfte  er  nur  machen:  burr! 
und  auf  einmal  standen  sie,  wie  die  mauern  Lessing 
1,  546  {Mintia  v.  Barnh.  3,  2,  vgl.  Tieck  l,  207  unter  I,  B, 
3,  e,  &);  ...  dass  die  pferde  scheu  wurden,  und  mit 
meiner  Kamilla  davon  rennen  wollten,  ich  fiel  ihnen 
in  die  mahnen,  dass  sie  standen,  wie  lämmer  Klinger 
1,47  {Zwillinge  2,  i);  Eduard  aber  streckte  den  kutscher 
zu  boden.  die  pferde  standen  Hebbel  8,  7  Werner;  an 
einer  equipage  junge  hitzige  pferde,  die  der  haber  so  sticht, 
dasz  sie  nicht  stehen  oder  gar  durchgehen  wollen,  wäh- 
rend die  herrschaft  aussteigt  255;  herr  Tendier  zog  die 
Zügel  an,  der  braune  stand  Storm  4,  72; 

und  wenn  wo  kam  ein  Scheideweg, 
so  stand  der  kluge  gaul 

RüCKERT(1867)  1,  95; 

iat  sinn'  ich,  was  noch  all  sich  zugetragen, 
bevor  es  tagte,  hat  die  fahrt  wohl  kaum 
gefällt  aufs  längste  einer  stunde  räum, 
dann  stand  das  thier 
A.  V.  Droste-Hllshoff  2,  96  {det  arztet  verm.) ; 


es  war  ein  hexenritt, 
so  stand  das  rosz 


doch  lange  nicht, 


109. 


g)  als  kunstwort  der  weidmannssprache  vom  hunde: 
stehen  =  "vorstehen ,  fo?n  hiihnerhunde,  arreter  ;  mein 
hund  steht  vor  einem  hasen  Winckell  3,  518;  'der 
hühnerhund  steht,  wenn  er  in  der  nähe  eines  ifildes  plötz- 
lich halt  macht  und  regungslos  durch  die  richtung  der 
nase  andeutet,  wo  das  icild  liegt'  Behlen  5,  681;  junge 
und  alte  {feldhühner)  werden  nach  der  kom-ernde  mit 
dem  hund  gesucht,  stehet  dieser,  so  lauft  man  so  ge- 
schwind als  möglich  hinter  ihn  hin  (Stahl)  gewehr- 
gerecht. Jäger  (1762)  s.  206.  belege:  ich  hab'  einen  hund, 
der  seines  gleichen  sucht,  eine  nase,  herr  von  Vielden, 
und  steht,  als  wurzelte  er  in  den  boden  Klinger  i,  143 
(d.  falschen  Spieler  3,  8);  als  der  hund  vor  dem  volke 
hühner  stand  190  (5,  9).  in  beiden  fällen  ist  also  die  du- 
rative bedeutung  deutlich,    a.  ferner  unten  14,  a. 

13)  völlig  als  perfectivea  verb  wird  endlich  stehen  ver- 
wendet, wenn  es  selbst  eine  ortsbewegung  bezeichnet,  die  in 
einem  stehen  endigt,  also  im  sinne  unseres  heutigen  sich 
stellen,  treten,  dies  ist  besonders,  doch  nicht  ausschliesz- 
lieh,  im  süddeutschen  üblich  und  in  der  altem  literatur, 
mhd.  und  frühnhd.  {bes.  im  16.,  doch  noch  bis  ende  des 
18.  jahrh.)  sehr  häufig  {mhd.  auch  gestßn,  *.  gestehen  16, 
ih.  4,  1,  4213);  seitdem  nur  noch  in  oberd.  mundarten  und 
in  mundartlich  gefärbter  literatur.  vgl.  Grimm  gramm. 
4,819;  Paul*  522'».  {mundartlich  für  ober-  u.  niederöst. 
bezeugt,  s.  Frommann  3,  186,  9.  393,  il.  4,  245,  81.  537,  i.  4.) 
herrschend  ist  diese  bedeutung  in  manchen  compositen,  so 
bes.  abstehen   (s.  das.,   th.  i,  128),   aufstehen   (i,  746),    er- 

Mr. 


stehen  (3,  1007),  auferstehen  (l,  640),  theihceise  in  aus- 
stehen (l,  985),  in  freierer  weise  bei  einstehen  (3,  309), 
entstehen  (3,  63i). 

a)  auch  hier  begegnen  gebrauchstceisen,  die  einen  Über- 
gang von  der  gexcöhnlichen  durativen  bedeutung  zu  dieser 
bilden,  so,  xcenn  stehen  das  resultat  einer  beicegung  be- 
zeichnet: 

ftf  sprang  er  und  stuont  ander  in 

Tritt.  2322; 

der  könig  sprach,  gehe  erumb  und  trit  da  her,  und  er 
gieng  erumb  und  stund  alda  2.  Sam.  18,  30:  trettet  nur 
hin.  und  stehet,  und  sehet  das  heil  des  herrn  2.  chron. 
20,  17;  die  kinder  Zadok,  .  .  .  die  sollen  für  mich  tretten, 
und  mir  dienen,  und  für  mir  stehen,  das  sie  mir... 
opffem  {hier  abweichend  vom  original:  rtsy'  .  .  .  '^8  ?a!^I 

'die  sollen  mir  nahen  .  .  .  und  sollen  vor  mich  hintreten', 
während  Jes.  3,  19  eine  so  gebaute  construction  des  Origi- 
nals in  Luthers  übers,  zerstört  ist)  Hesek.  44,  15;  im 
vollen  laufe  stürzte  Hans  nach  dem  laden  des  trödlers 
.  .  .  endlich  stand  er  in  der  dämmerung  des  ladens 
Raabe  d.  hungerp.^^  87  (8.  cap.) ; 

feyerUch  stieg  er  {Eloa)  nieder  auf  Golgatha,  stand  auf  der  hShe 

MesB.  8,  25. 

zuweilen  wird  dann  der  ausdruek  der  bewegung  ganz  weg- 
gelassen, sodasz  die  angäbe  des  resuUats  an  seine  stelle 
tritt,  bes.  um  die  Plötzlichkeit  eines  Vorganges  auszu- 
drücken: mit  einem  kühnen  sprunge  stand  er  dann  in 
dem  garten  Tieck  8,  84; 

schon  hielten  wir 
ihn  für  verloren,  als  ans  rauch  und  flamme 
mit  eins  er  vor  uns  stand 

Lessing  2,  195  {Saihan  1,  1). 

in  solchen  fallen  ist  dann  manchmal  nur  an  den  hinzu- 
tretenden adverbialen  bestimmungen  zu  erkennen,  ob  stehen 
als  treten  oder  im  gewöhnlichen  sinne  zu  nehmen  {da  es 
ja  beides  in  sich  schlieszt),  vgl.:  do  eg  {d.  gotteshaus)  do 
gar  bereit  was,  do  gienc  er  dare,  unde  stönt  vur  den 
altar  spec.  eccles.  165  mit  der  angezogenen  stelle  aus  Trist, 
die  gleichwerthigkeit  beider  constructionen  zeigt  sich  darin, 
dasz  sie  mit  einander  vertauscht  tcerden  können,  vgl.  die 
var.  zu  ap.  gesch.  l,  10  unter  7,  b,  y,  aa.  in  andern  fallen 
hat  Luther  durative  ausdrucksweise  für  perfective  des 
Originals  eingesetzt:  wie  er  gesehen  hette  einen  engel 
in  seinem  hause  stehen  {arai^evrä)  ap.  gesch.  ii,  13;  des 
andern  tages  aber  in  der  nacht,  stund  der  herr  bey  jm 
{iniazäg  avxw),  und  sprach,  sey  getrost  Paule  23,  il. 

b)  diese  perfective  bedeutung  tcird  in  der  altern  spräche 
gern  durch  Verbindung  mit  gehn  zum  ausdruek  gebracht, 
mhd.  stän  gän,  s.  Grimm  gramm.  4,  96  (107  neudr.),  doch 
dient  dabei  gehn  in  den  meisten  fallen  nicht  iiur  zur 
Umschreibung  des  begriffs  'treten,  sondern  bewahrt  seinen 
vollen  sinn  'einen  weg  zurücklegen': 

er  hiej  die  sune  mit  ime  gen,        er  gie  für  den  cfaunich  stSn 
Wiener  genee.  73,  9  {vgl.  102,  30  Diemer); 

als5  Alexander  heim  chom, 
er  giench  füre  sinen  vater  st&n 

Vorauer  Alex.  552; 
Kraton  der  gerechte  man 
der  gienc  an  eine  hohe  stan 

Trierer  Süv.  687 ; 
Dietherich  vor  den  kuninc  gienc  stän 

Bother  liGO; 
Reinhart  .  .  . 
sprach  'wan  gät  ir  niht  dannen  stän?' 

Reinh.  fuhg  655; 
Prünbilt  und  ir  vrouwen        gie  für  daj  münster  stän 

Xib.  788,  1 ; 
sie  giengen  für  den  kunic  stan 

Manuel  «.  Amande  88; 
dö  gieng  ich  von  den  siechen  dan 
gein  einer  line  hin  näher  st&n 

Ulrich  t.  Libchtenstbin  331, 13. 
so  auch: 

si  gie  im  engegene        zuo  der  tür  st&n 

Sib.  1166,  1; 
und  giengen  üj  dem  hflse        fOr  die  tür  stän 

1770,  3; 

ebenso  noch  im  16.  jahrh. :  da  gieng  Ulenspiegel  für  die 
kirchen  ston  mit  seiner  kouffmanschafFt  Eulensp.  19.  hist.; 
{Ulensp.)  gieng  mit  seinem  krom  für  den  Römer  ston 
35;  vereinzelt  der  inf  mit  zu:  Ulenspiegel  .  .  ,  koufft  für 

95*  Mr. 


1511 


STEHEN  (II,  A,  13,  ft-c) 


STEHEN  (II,  A,  13,  c~d) 


1512 


zwen  Schilling  brot,  and  nam  ein  disch  unnd  gienge 
für  den  thom  zä  sant  Steffan  zu  ston,  und  hei  feil  18. 
da  indessen  diese  gebrauehsweise  nur  in  dieser  einen  quelle 
belegt  ist,  so  geht  sie  vielleicht  auf  das  nd.  original  zu- 
rück und  darf  nicht  ohne  weiteres  für  nhd.  Sprachgebrauch 
in  ansprach  genommen  werden,  sie  ist  nämlich  auch  im 
nd.  bekannt  U7id  hat  sich  gerade  hier  in  den  mundarten 
bis  in  die  gegen%oart  erhalten: 

do  gink  he  vor  de  kameren  stän 

Flot  unde  Blank flos  1192; 


Flos  unde  Blankflos  mosten  gän 
to  dem  richte  vor  den  konink  stdn 


1218; 


hyr  gha  ik  hen  vor  dat  schap  stan  unde  wil  wat  eten 
meklenb.  köstelbidderled  v.  1448  (?),  «.  C.  Schröder 
Mecklenb.  in  d.  schönen  lit.  «.  6 ; 

sine  vrunde,  sin  siechte,  syne  negesten  maige, 
de  gingen  al  vor  den  konnink  stan 

Reinke  de  vos  35. 

^enso  jetzt  meklenb.  stftn  g&n,  s.  nd.  korrespondenzbl.  16,  86; 
toestf.  staun  gaun,  s.  21 ;  südhannov.  stän  gän  sich  stellen, 
dei  geit  däbi  stän,  de  früe  ging  henstän  Schambach 
SO?*»;  ostfries.  staan  gaan  aufstehen  vom  sitze,  im  gegens. 
V.  Sitten  gän  StOrenburg  258*';  se  geit  alse  vorm  kdnig 
stahn  BR.  Grimm  mÄrclien  nr.  126.  und  so  ganz  ver- 
einzelt noch  im  18.  jahrh.  bei  einem  autor  von  der  nd. 
Sprachgrenze:  diese  ging  an  einem  abend  auf  ihrer  schlaf- 
kammer  ans  fenster  zu  stehen  Stilling  lebensgesch. 
(1835)  182.  —  vereinzelt  erscheint  mhd.  komen  für  gän, 
das  dann  anstatt  des  inf.  das  pari.  perf.  zu  sich  nimmt 
{tüie  gegangen,  gevarn  komen  u.  s.  w.): 

d6  si  Ü3  dem  münstre        nach  messe  kom  gestän 

Nib.  301,  1. 
ebenso  vereinzelt  ist  eine  andere  Umschreibung: 

daj  gehorte  Adam,        do  er  dannen  scolte  gan, 
also  hine  gente,        von  dannen  wart  er  stente 

Diemer  ged.  10,  19. 
c)  stehen  mit  ortsadverbien. 

a)  her  stehen,  s.  Murner  schelmenz.  3,  7  und  13,  8 
unter  I,  B,  2,/.  a,  cc  und  r},dd,  ferner:  hertz  lieber  gsel 
ste  wider  her!  {in  andern  ausg.:  gesel  nach  wider  ker) 
ich  ger  nit  mer  den  dich  freuntlich  zu  schmucken 
trucken  an  mein  brüst  Forster  frische  t.  liedl.  5,  22 
(*.  198  neudr.).    so  wortspielend  mit  der  bedeutung  11,  c: 

Gustave,  groszer  held,  .  .  .  wie  hat  man  für  flüchtig  dich 
gelästert,  der  du  nit  dem  feinde  hieltest  stich?  .  .  . 
du  bist  gestanden  so  viel  hundert  meilen  her, 
dein  stehen,  das  hat  sie  gemachet  laufen  sehr! 

Opel-Cohn  dreiszigj.  krieg  s.  263  {propempticon 
Tülycum,,  1631,  v.  71). 

hin,  vgl.  hinstehen,  th.  4,  2,  1478:  Wolf  und  die  bürger 
stehen  hin  und  sehen  zu  Babo  Otto  v.  Wittelsb.  l 
(Hauffen  drama  der  klass.  per.  i,  78,  31);  er  stellete  sich 
an  eben  den  orth  zum  stuben-ofen,  wo  ich  zu  vor  und 
nach  mir  auch  Springinsfeld  gestanden,  gleichsam  als 
wann  alle  ankommende  gaste  zuvor  dorthin  betten  stehen 
müssen  Grihmelshausen  2,  23,  13/.  Keller  (3,  159,  15/. 
Kurz;  Springinsf.  3);  hinzu  stehen,  g.  Aurbacher  i,  93 
unter  I,  B,  3,  e,  &. 

ß)  mhd.  dannen,  hin  dan  stän: 

Sifrit  der  stuont  dannen,        ligen  He  er  die  meit 

A'iö.  627,  1; 
si  sprach:  'st^t  verre  dort  bin  dan, 
unz  ich  iuch  g6na  zuo  mir  man' 

Parz.  713,  19; 
nn  bittet  meinen  vater  bin  dan  sten 

jüdeisn; 
hä%^flg  höher  (dan,  00  stän,  ttirücktreten  Grimm  gramm. 
8.  «M.  4,  986  (1123  neudr.),  antn.: 

do  enwolden  dise  zwtoe       idoch  niht  bOber  «t&n 
sweier  bände  breite  ifib.  1804,  8; 

dO  atuond  bOher  Gtselher  8146,  8; 

Til  (ftbea  ttuont  er  hOber  dan       Erec  6960 ; 

■US  maote  der  lewe  bdher  itAn 

Iv.  5303  (vgl.  Brnrcki  111  6888); 

der  Jeger  atuont  fif  bOher  dO        Tritt.  8794. 

ähnlich  ahd.  beiseite,  ferne  •tehen  {von  peraonificationen, 

#.«): 

ihr  klafead«  pla<w  lieht  Jetzo  von  fernen, 
ee  Biebs  der  irhiwide,  kricbcende  neid  t 

(SrtBUUi)  gtkintchU  Venu*  «.  81  neudr.; 

Mr. 


doch  willstu  dich  im  lieben  fiben : 

so  musz  die  faulheit  stehn  bey  seite, 

die  lieb'  erfordert  frische  leute  87;    . 

steht  alle  fern.  —  du  oheim,  komm  herab 

Shakesp.  6,  74  (Tit.  Andren.  5,  3). 

y)  anderes:  zusammenstehen,  a.  Pauli  130  unter  I,  B, 
1,  /.  y  und  3,  /,  ß,  cc.  — 

er  (jroö)  heisset  unverhofft  mich  tieff  herunter  stehen, 
ich  meint',  er  würde  mich  auff  einen  felsz  erhöhen 

Simon  Dach  s.  160  Österley,  danach  Schuppius  133. 

ähnlich  in  bildlicher  vericendung: 

des  sul  wir  hüte  enpor  stan 

gegen  unserme  lieben  herren  drobe 

in  der  heiligen  lobe         pasf.  579,  52  Köpke. 

der  Barclajus  hat  kaum  diese  rede  geendert,  da  stunde 
vorbey  ein  alter  hauptmann  Schuppius  717.  —  aber  die 
mördereyen  der  barbaren  .  .  .  zwangen  ihn  {Alfred),  dem 
ungewissen  zufalle  sich  zu  unterwerfen,  und  mit  geringen 
kräften  den  feinden  entgegen  zu  stehn  Haller  Alfred 
(1773)  s.  16. 

d)  mit  präpositionalen  ausdrücken,  vgl.  Grimm  gramm. 
4,  819. 

a)  an  etwas  stehen;  so  mhd.: 

dar  an  {in  d.  schiff)  so  stuont  vil  tougen      daj  Sigmundes  kint 

Sib.  451,  3; 
dö  hiej  man  si  beide      sten  an  einen  rinc    1621,  1; 

die  stuonden  en.samt  an  eine  schar 

Parz.  233,  9. 

{später  in  einen  ring  stehen,  s.  6.)  an  die  sunne(n)  stön : 
wenn  si  {die  hirsche)  ir  hörner  habent  geworfen  und  in 
jungen  hörner  her  wider  wahsent,  so  stönt  si  an  die 
sunnen  Megenberg  130,  ii;  *.  auch  Dangkrotzheim 
namenb.  228  unter  I,  B,  2,  /,  a,  bb,  smcie  d.  städtechron.  8, 
373,  17  unter  l,  B,  1,  /,  a  (an  den  altar).  —  nhd. :  indessen 
näherte  ich  mich  auch  mit  meiner  gesellschafft,  als  ob 
wir  ungefehr  daher  kämen,  stund  an  dem  (?)  kerl,  der 
den  hasen  hatte  Simpl.  sehr,  l,  352,  20  Kurz  (3,  24);  da 
ich  nun  dran  stehen  {hinzutreten),  die  beschliesserin  aber 
weiters  reden  wolte,  diesen  erbärmlichen  selbst-mord  zu 
verhindern  4,  38,  22  (vögeln.  2,  4);  dieweil  dem  bettelvogt 
von  den  bettlern  so  breite  tittel  gegeben  worden,  thate 
er  auch  auff  der  gassen  zu  beyden  seiten  so  breite  schritt, 
dasz  .  .  .  menniglich,  so  ihm  begegnet,  wiederum  zurück 
gehen,  oder  an  ein  eck  stehen  muste,  bisz  er  förüber 
kam  Witzenburger  3,  19;  als  er  auf  sein  zimmer  kam, 
stand  er  ans  fenster,  sah  stillschweigend  den  mond  und 
die  Donau  Miller  Siegwart  2,  341;  vater,  sie  {Louise) 
soll  an  den  pranger  stehn,  aber  mit  dem  ms^or,  des 
Präsidenten  söhn  Schiller  3,  419  {kab.  u.  l.  a,  7); 

ein  engel  will  ich,  mit  dem  flammenschwert, 
an  eures  throns  verwaiste  stufen  stehn ! 

Kleist  3,  58  E.  Schmidt  {prinz  v.  Hoinb.  2,  6,  583). 

ß)  auf:  der  stund  getörstichlichen  uf  den  heiligen 
taufstain  und  appelliert  für  si  alle  deutsche  chron.i.s&i, 
32  {sächs.  weltchr.,  1.  bair.  forts.  15),  vgl.  d.  städtechr.  8, 
50,  28  unter  I,  B,  3,  b,  y;  bald  kam  das  geschrey  durch 
ein  andern  mönch,  so  auff  die  kantzlen  stund  Wickrau 
rollwagenb.  150,  14  (c.  83) ;  da  sie  {die  g^angenen)  nun 
Cnemon  getröstet,  und  mit  sich  brachte,  stund  Thiemus 
auff  ein  sonder  ort,  dasz  jn  jedermann  sehen  kundte, 
und  redt  .  .  .  also  buch  der  liebe  188«;  steh'  auf  diesz 
stück  mauer  Fr.  Müller  3,  872;  stehe  du  nur  da  hinauf 
und  sing  mir  ein  lustiges  lied  puppenkom.  5,  54; 

si  stuonden  vor  dem  mOnster       ntder  Of  daz  gras 

Nib.  766,  1; 
ich  .  .  .  stuont  flf  eine  lare  bank     Seifr.  Hetbl.  16,  91; 

wan  ich  gen  kbirchen  bin  jangen, 
so  bin  ich  auf  den  fraTthoii  gestanden 

aUd.  paationatp.  aui  Tirol  i.  429 
(Brixener  pa»*.  4661); 
der  selb  (arker)  w&ert  mir  ie  auch  verterbet, 
wen  mir  die  lewt  stAnden  darauf 

H.  Sachs  /attnachUp.  6,  100  Mudr.  (69,  89) ; 
da  es  sich  begab, 
das  ein  minbnider,  wie  mans  nent, 
stund  auff  die  kantzol 

FiHoiiAKT  dteht.  1,  14«  JTitrs  (Domtn.  Ubtn  444); 

doch  rousa  lass  uns  sehn, 
und  Neukirclu  Talomach  selbst  auf  die  hiihne  stehn 
BoDMSR  4  crit.  ged.  1,  ÖWt; 

Mr. 


1513 


STEHEN  (II,  A,  13,  S) 


STEHEN  (II,  A,  13,  d) 


1514 


er  sprach  —  und  stürme  schwiegen. 

er  stand  auf  die  woog'  —  und  sie  ebnete  sich 

Schubart  ged.  (1787)  1,  342; 

s.  auch  Fischart  ßöh.  1680  tmter  I,  B,  2,/,  a,  cc.  so  noch 
mundartlich,  z.  b.  in  Rappenau  Br  is  uf  ta  waaga  kstana 
Meisinger  182*.    s.  ferner  unten  f  und  g. 

y)  zu  Bethania  zeygt  man  noch  das  hausz  Simonis 
leprosi,  darinn  unser  herr  sasz  und  asz,  da  Maria  Mag- 
dalena zu  jm  kam  . . .  und  stund  hin  der  seine  fusz,  die 
selben  jm  weschende  mit  jren  zähem  Franck  vieLtb.  173». 

S)  in  etwas  stehen:  und  do  got  den  gedanch  sach  in 
sinem  herzen,  do  santer  ainen  engel,  und  der  stünt  für 
in  in  den  weck  Grieshaber  pred.  2,  130;  also  stünt  der 
engel  do  in  ain  enge  ebenda;  (ülenspiegeT)  steig  ab  von 
seinem  pferd,  und  schnit  im  bald  den  bauch  uff,  unnd 
schüttelte  im  das  yngeweid  herusz,  und  stund  in  den 
rümpf  Eulensp.  25.  hist.  {vgl.  das  weitere  unter  I,  B,  2,  /, 
Tj,  dd) ;  die  Schwaben  . .  .  seien  offt  von  rossen  gesprungen 
und  als  zu  füsz  stercker  und  weerlicher  inn  die  Ordnung 
gestanden  S.  Franck  chron.  der  Teutschen  (1539)  7*;  ein 
junger  gesel . . .  treibt  hinausz  den  vorigen  weinschencken, 
steht  da  in  die  mitte  (xaxaaraq  elq  xb  fxäoov),  und  theylet 
ausz  den  zusäuffern  Ambagh  vom  zusauffen  u.  trunckenh. 
D  l*"  (Basil.  3,  460  A  Migne);  die  will . . .  erwutst  {erwischte) 
mier  der  Fuchsberger  min  halaparten,  wolt  mit  in  die 
Ordnung  stan  Th.  Platter  s.  78  Boos;  so  also  klag  und 
antwort  gnugsamlich  gehört,  so  steht  ein  feldtweybel  in 
ring,  sagt  etwan  zu  einem  kriegszmann  der  jhm  darzu 
gefeilt,  ...  so  erfordert  er  jhn  bey  seinem  eyd,  .  .  . 
das  er  sein  urtheil  .  .  .  auszsprechen  soll,  derselbig  er- 
fordert kriegszmann  steht  denn  hinein  in  ring,  zeigt  an, 
...  so  rüfft  er  ethchen  guten  gesellen,  .  .  .  mit  denen 
tritt  er  ausz  dem  ring,  .  .  .  denn  tritt  der  gefragt  wider 
in  ring  Fronsperger  kriegsb.  l,  69»;  buhen  und  mädchen 
standen  in  einen  ring,  das  tanzende  paar  trat  in  die 
mitte,  und  man  sang  Felder  Nümmamüllers  30;  wenn 
alsdann  am  heiszesten  sabbath  des  jahrs  noch  an  einem 
fleck  die  sonne  scheint,  so  wird  er  {d.  Jude)  nicht  in  den 
schatten  stehen  Hebel  3,  191; 

dö  stuonden  in  diu  venster       diu  minneclichen  kint 

-Viö.  366,  1 ; 
der  Präbant  in  die  stegereif  stuont  Lohengr.  5498; 

wie  alle  sorglos  ins  verderben  gehen, 

kanm  einmal  träge  nach  dem  himmel  schauen, 

bewusztlos  in  der  hölle  schlingen  stehen 

Fb.  Schlegel  Alarcos  27. 
f)  sie   kam  im   hembd  zu   mir  in  die  küchen,   hatte 
den  rock  über  der  achsel  hangen  und    stund  so  nahe 
neben  mich,  dasz  sie  mich  damit  rührete  Simpl.  l,  237, 
17  Kurz  (2,  31). 
Ö  Über: 

dö  stuont  er  über  den  degen  Uage  856; 

si  (d.  hinde)  stuont  über  dag  kindelin 

des  tages  iemer  dristunt, 

und  hienc  ir  bmst  für  sinen  munt     troj.  kr.  536; 
bald  nam  der  scherer  seinen  rock  umb  sich  und  stund 
über    dem    bauren    Wickram    rollwagenb.  116,   l    Kurz 
(cap.  64). 

rf)  unter  {sub):  wann  nun  die  knaben  .  .  .  au£f  der 
gassen  herum  strolten,  und  die  mutter  ihrer  manglete, 
stund  sie  unter  die  thür  und  schrye  ausz  vollem  halsz 
Simpl.  sehr.  4,  388,  7  Kurz  {t.  Michel  7); 

nun  leid  dich,  mein  Dominice, 
bis  das  das  wetter  ubergeh, 
und  steh  ein  weil  hie  unters  dach 
Fischart  dicht.  1, 135  Kurs  (Domin.  leben  63); 

er  steht  under's  hausthor, 
und  passt  nur  a  weil ! 

qu.  V.  1845  bei  Mareta  59» ; 
8tee  zfi  Maria  under  das  creütz  Keisersberg,  *.  I,  B,  2, 
/.  X.  so  besonders:  noch  mer  hat  Petrus  gejrrt,  do  jm 
Paulus  under  sein  angesicht  gestanden  und  er  des- 
selbenmals  zuoermanen  was  Berthold  v.  Cuiemsee 
tewtsche  theol.  s.  99; 

seit  er  mir  under  angen  stehn, 
sein  ubermuth  wurd  jhm  vergehn 

Spreng  Iliat  (1610)  HS"»  (11.  9,  373). 
•0  in  Basel  under  d'  nase  sto  Hunziker  255. 
ich  wil  jm  under  dnasen  stan 

U.  R.  Manubl  teeimp.  108S. 

Mr. 


d-)  unter  =  zwischen:  do  sye  das  ze  ding  redtent, .  . . 
do  kam  Christus  Jesus  durch  beschlossen  thür  hynin, 
und  stund  mitten  under  sye  Keisersberg  j'OÄftW  3,6»; 

zu  jhrem  lieben  söhn  sie  gieng, 
der  desz  Patrocli  leib  umbfieng  .  .  . 
sampt  seinen  mitverwandten  kläglich  .  .  ., 
die  edle  göttin  Thetis  zart 
stund  under  sie  mildtreicher  art 
Spreng  Uias  (1610)  267»  (^  f  iv  tolai  .laolatuto  H.  19,  6). 

f)  vor  {älter  für)  einen  stehen: 

der  wirt  was  also  bedäht 

das  er  wider  für  in  stuont  Parz.  560,  25 ; 

der  trache  stnent  vor  dag  wib, 
da;  ir  kint  solde  gebem 

Heinr.  V.  Hesler  apokal.  17074; 

Katherina,  du  salt  mit  mir  gen, 
gerichte  vor  den  konig  sten 

Katharinensp.  192  Beckerg; 

ohne  gaben  sol  man  nie        hin  f&r  grosse  herren  stehen : 
ohne  dancken  soll  man  nie       weg  von  grossen  herren  gehen 

Logau  2,  2,  65 ; 
bereitet  oder  nicht,  zu  gehen, 
er  musz  vor  seinen  richter  stehen! 

Schiller  14,  402  (T«a  4,  3); 

wann  sy  antwurten  euch  in  den  reten  .  .  .  und  wert 
sten  vor  die  künig  und  für  die  richter  erste  d.  bibel  1, 172, 12 
Kurrelmeyer  {rar. :  vor  den  kunigen  und  vor  den  richtern, 
67il  TjysfjLovoiv  xcd  ßaaüAojv  axaQ^r]aead^s  Marc.  13,  9); 
da  gieng  ülenspiegel  auch  hinein,  stund  für  den;  der 
oben  auf  dem  stule  sasz  und  sähe  yhn  an  Ulensp.  s.  145 
Lappenb.  (99.  hist.,  1532);  derhalben  hinein  ging,  für  den 
schulthaissen  stund  und  fraget  Montanüs  279,  27  Balte 
{gartenges.  19);  doch  wie  der  könig  ernstlich  nach  ihm 
fragte,  traft  Lyons  gesellen  einer  herfür  .  .  .  und  sprach : 
hie  stehet  er,  nach  dem  ihr  fraget;  so  muste  Lyon 
herfür  für  den  könig  stehen  Octavian  (1675)  Q  6» ;  s.  auch 
Als/,  passionssp.  3783  unter  I,  B,  2,f,  a,  aa.  so  auch:  er 
sagte  mir:  ich  sey  zu  nahe  vor  den  könig  gestanden! 
Zimmermann  üb.  Friedr.  d.  gr.  (1788)  292; 

in  der  stille  des  traums  stand  vor  mein  hanpt  ein  gesiebte 
BoDMER  Jacob  u.  Rachel  1,  628; 
wagst  mir  vor's  angesicht 
wieder  zu  stehn? 

GöTHE  11,21  {Jery  u.  Bäü.); 

dazu  Bodmer  Homer  l,  14  unter  I,  B,  3,  e,  e.  —  vor  etwas: 

als  er  vür  daj  bette  stuont, 

sie  bäten  in  sitzen  zno  in  kröne  9606: 

da  nun  der  sontag  wieder  kam, 
die  bawren  stunden  all  znsam 
Int  kirchen  für  den  predigstul 

H.  Sachs  1,  498*; 
{Ott.)   hiez  geht's  schon  geg'n  liechtmess'n, 
da  wer'n  die  baur'nbua'm  frisch, 
da  setzt  an  iada  sein'n  sab'l  in  d'seit, 
und  stengan  in  baur'n  für'n  tisch 

qu.  bei  Mareta  S9^; 

Epimenides  und  die  knaben  stehen  vor  die  pforte  Göthb 
13,  306  {des  Epim.  eric.  2,  6).  in  folgender  stelle  eher  als 
dativ  zu  nehmen:  sie  {der  wirthin  töchter)  hatten  .  .  .  ein 
grosz  gepulstere  .  .  .  aufF  den  kopffe,  und  stunden  stets 
vor  den  Spiegel  Chr.  Reuter  ehrl.frau  a.  20  neudr.  (2,  4). 
x)  zu  einem: 

man  bat  si  zuo  ein  ander        an  dem  ringe  stän 

Nib.  568,3; 
mit  zuht  si  künden  wider  gen, 
zuo  den  ersten  vieren  sten  Parz.  234,  2 : 

e;  gie  der  ungemuote  man 
von  sinen  gesellen  zuo  mir  stan 

Ulr.  V.  Liechtenstein  345, 16; 

■o  komb  lieber  und  steh  zu  mir! 

H.  Sachs  2.  1,  22«»; 
ja,  dort  hin  zw  den  dreyen  ste 

fattnachtsp.  2,  84  neudr.  (20,  88) ; 

zä  den  Schelmen  stan  bei  Murner  sehelmenz.,  z.  b.  7,  2 
und  9,  7,  «.  I,  B,  2,  /,  a,  ec.  zu  etwas:  zu  der  porten 
Murner  luth.  narr  3378,  a.  ebenda;  femer:  wann  die 
knechte  und  die  ambechter  die  ständen  zu  der  glüt  und 
wermten  sich  erste  d.  bibel  l,  409,  54  {Joh.  18,  18); 

man  sach  zuo  dem  ringe        dO  die  von  Burgonden  stän 

A'»ft.802,4; 
nu  was  diu  künegin  eine 
zeiuem  venster  gestanden  kröne  10184. 

Mr. 


1515 


STEHEN  (II,  A,  13,  d—g) 


STEHEN  (II,  A.  13,  g-k) 


1516 


ao  auch  zur  rechten,   linken  stehen  {lauüich  von  7,  c,  y 

nicht  unterschieden): 

der  richter  wird  so  wol  die,  so  nichts  gute  geöebet, 
zur  linken  heisen  stehn,  als  die,  so  ihn  betrfiebet 
mit  groser  fibelthat 

ROMPLER  V.  LÖWENHALT  TCimget.  f.  6. 

A)  zwischen:  man  stadt  darzwüschend,  intersistitur 
Maaler  383»;  interaisto,  darzwischen  stehen,  {iceiterhin: 
man  tritt  darzwischen)    Corvinus  fons  lat.  609»; 

Og  stand  zwischen  die  schneiden  der  blanken  schwerdter, 
und  flehte.  Bodmer  Xoah  287  (9,  654). 

angezogen  von  Schönaich  äath.  in  e.  mtsz  132,  29  Köster. 
der  dazu  bemerkt:  sollte  das  die  in  dem  l  verse  nicht 
ein  druckfehler  seyn?  auf  die  frage  wo?  gehöret  sonst 
die  nehmendung.   a.  132,  36 Jf. 

e)  so  auch  von  thieren:  es  verdrosz  den  esel,  dasz  der 
fabeiränger  ihn  nicht  mit  andern  thieren  in  seinen  fabeln 
eingeführt  hätte,  darum  als  eines  tages  derselbe  über 
den  kohlmarkt  gieng,  stund  er  ihm  in  seinen  weg 
Bodmer  crit.  br.  (1746)  161.     von  einem  falken: 

do  gailt  er  von,  und  stand  hin  in  die  bäume 

minnefalkner  121. 

sogar,  urobei  stehen  seinen  eigentlichen  begriff  völlig  auf- 
giebt  und  blosze  bezeichnung  einer  örtlichen  bewegung  wird: 
fisch,  so  in  der  güsz  in  die  grueben  {neben  den  fisch- 
backen)  gestanden  (gerathen)  seind  landordn.  v.  1553,  fol.  151 

bei  SCHMELLER*   2,  710. 

f)  einem  auf  den  fusz  stehen,  treten;  bildlich:  Lukas 
.  .  .  begleitete  ihn  wenigstens  ein  stück  auf  der  strasze, 
um  ihm  mit  einem  neuen  einwand  gegen  seine  heil- 
methode  .  .  .  auf  den  fusz  zu  stehn  Schaffner  in: 
unterm  firnelicht  s.  178.  ebenso:  liesz  jhm,  wie  der  grosz 
keyser  Carl,  einen  kfirisser  auff  die  band  stehn,  unnd 
hub  denselben  stracks  mit  dem  einigen  arm  auff  bisz 
zu  seinen  achsseln  Garg.  s.2H0neudr.;  (im  bilde:)  wenn 
wir  diesen  riesen  auf  die  schultern  stehen,  werden  wir 
noch  viel  weiter  sehen  können,  als  sie  gesehen  haben 
Breitinger  crit.  dichtkunst  (1740)  1,  115.  ferner: 

Aaron  unde  er  (Moyses)  digeten, 
under  di  arme  si  ime  stunten, 
so  si  si  uf  habeten 

Diemer  d.  ged.  62,  22. 

g)  davon  ist  verschieden  auf  die,  seine  {eigenen)  füsze 
stehen,  denn  hier  bezeichnet  stehen  nicht  eine  Veränderung 
des  Standortes,  sondern  der  körperhalf ung,  den  Übergang 
aus  dem,  sitzen  oder  liegen  in  das  stehen:  auf  seine 
fasse  stehen,  stare  sopra  isuoi  piedi  Kramer  dict.  2,  927'»; 
wann  der  herr  sprach  zö  mir,  ich  bins  Jhesus,  den  du 
lagst,  wann  ste  auf:  und  stee  auff  dein  füsz  erste  d.  bibel 
2, 397, 57  Kurrelmeyer  {arfjd^i  inl  toig  TidSac  ap.  gesch.  26, 15 
Luther:  trit);  und  es  war  ein  man  zu  Lystra,  der  muste 
sitzen,  denn  er  hatte  böse  fiisse  .  . .  und  als  er  {Paulus) 
jn  ansähe  .  . .  sprach  er  mit  lauter  stimme,  stehe  {var.: 
stand)  auffrichtig  aulT  deine  fösse  {avdarijO^i  ^nl  roig 
nööag  aov  dg9-6g).  und  er  sprang  auff  und  wandelte 
ap.-geach.  14,  10;  es  war  der  capitain  unter  denen  krancken 
noch  der  stärckste,  die  zwey  matrosen  aber  samt  der 
frau  mit  ihrem  kinde  waren  nicht  im  stände,  auf  die 
füBze  zu  stehen  Hob.  Pierot  2,  370  *.  atich  Herder  9,  163 
unter  I,  B.  3,  e,  C.  so  auch  {vgl.  9,  t):  die  schlang  steht  auf 
jhr  fÖ8z  H.  Sachs  l,  6*  {bühnenanw).  —  dies  entspricht 
also  der  imperfectiven  bedeutung  2,  a.  vermittelnd  sind 
Hdlen,  wo  stehen  da»  resultat  dieser  bewegung  ausdrückt: 
er  aber  rflret  mich  an,  and  richtet  mich  auff,  das  ich 
«fand  Dan.  8,  18  {ungenau:  im  orig.:    ♦loy-'jy  'ii'or'_  •  •  • 

und  »teilte   mich  wieder  atif  den  platz,  tro  ich  gestanden 
hatuy, 

all 
ihr  kamt,  batt'  Ich  drey  tag'  und  nicht'  in  ucb' 
mid  RtauD  vor  gott  gelegen,  und  geweint  .  .  . 
doch  nan  kam  die  vemunft  allmiblig  wieder, 
sie  spradi  mit  »anfler  «Umm':  'und  doch  i«t  gott!  . . . 
steh  aufr  —  ich  stand!  nnd  rief  so  gott:  ich  will! 
Lumwa  t,  884  (Nathan  4,  7). 
»0  im  betendem: 

a)  tu  9,  g:  wenn  ich  auf  meiner  qavrpfeife  blase,  dann 
steht  er  {d.  negtnboek)  .  .  .  auf  seine  hintern  fyssc,  und 
danxet,  wie  ich  danze  Qbunbr  8, 116. 

Mr. 


ß)  zu  2,  d:  Fritz,  ja,  wie  könnt'  ich  helfen?  kann  ja 
nicht  hinaufreichen.  Karl,  steh  auf  die  zehenl  .  .  .  oder 
hast  du  keinen  stuhl?  Miller  ged.  (1783)  434;  ein  grosser 
kühner  erhabener  gedanke  zwingt  uns  auf  die  zähen  zu 
stehen,  das  haupt  empor  zu  richten  . . .  Schiller  l,  170- 

y)  mhd.  auch  {vgl.  4,  b,  ß) : 

di  dugentriche  was  alhie 

gestanden  wei;got  an  ir  knie  ElU.  5138. 

h)  das  sich  erheben  zu  aufrechter  stell ttng  drücken  auch 
andere  Verbindungen  aus;  wie:  in  die  höhe  stehen,  die 
allerdings  nicht  nothwendig  eine  bewegung,  sondern  viel- 
leicht auch  nur  eine  richtung  ausdrücken  {wie:  mit  dem 
köpfe  empor  stehen,  capite  exstare  Steinbach  2,  668); 

beide  theile 
stehn  in  eile 
schon  als  knechte 
völlig  fertig  in  die  höhe ! 

Göthe  1,240  {d.  Zauberlehrling); 

dünn  steiht  oll  Schröder  sacht  tau  böcht: 
'na,  makt  jug  nich  taum  naren !' 

Reuter  1,  184  Seelmann  {läutchen  1,  62,  61). 

i)  stehen  eine  beicegung  von  einem  orte  weg  bezeichnend 
{wie  auch  c,  ß): 

drauf  stifftet  er  sein  fleisch  und  blat 
des  newen  testamentes  gut,  .  .  . 
und  stund  hernach  von  seinem  ort 
P.  Gerhardt  bei  Fischer-TCmpel  l-irchenl.  3,  SOS*. 

vgl.:  absisto . . .  abweichen,  hjndersich  stehn,  darvon  stehn 
Calepinus  VIII  Ung.  (1584)  12».  ößer  aus  dem  weg.  den 
wegen  {mhd.  von  den  w.)  stehn,  gehen: 

d6  hiejen  kameraere       die  Hute  von  den  wegen  stän 

Nib.  606,  4; 
do  mit  gieng  er  über  die  prtick 
hinein  wol  in  des  fürsten  sal, 
die  zwayte  stieg  wardt  im  zu  schmal  .  .  . 
sie  stunden  im  do  ausz  den  wegen 

Pfarrer  v.  Kalenb.  v.  89; 

der  hertzog  mitsampt  seinem  hoffgsind  der  hertzogin 
ausz  dem  weg  ständen  Wickram  l,  92,  6  Bolte  {Galmy 
c.  28).  aus  dem  land,  es  verlassen:  der  selbig  ist  ain  glid 
und  fünfzig  ^  verfallen,  und  mus  ain  jar  us  dem  land 
stan  tirol.  weisth.  3,  347,  29  {Miinsterthal  1427).     auch: 

sich  auff        den  kauff, 
stee  ausz  dem  trauff, 
es  dfirfft  sunst  wol  nit  werden  gut 
Förster  frische  t.  liedl.  1,  110,  2  («.  65  neudr.). 

aus  dem  schiff  stehn,  aussteigen:  si  stuenden  vom  schif 
zu  Pola  in  Histerreich  Aventin  chion.  2,  332,  ll.  dafür 
auch  die  ziisammensetzung  ausstehen,  *.  das.  1,  th.  1,  985. 
ähnlich  auch  abstehen,  th.l,  128;  z.  b. : 

als  er  nun  abgestanden  was 

vom  scheff  Teuerd.  43,  159. 

für  abtreten  Wickram  roUwagenh.  90,  23,  *.  I,  B,  2,/,  5.  aa, 
k)  diese  bedeutung  verbindet  sich  gern  mit  der  unter  g 

behandelten. 

a)  sich  erheben   vom  liegen,     so:   st6n  von   dem  bett, 

aufstehen,  voc.  v.  1618  6«  Schm  eller*  2,  710;  daraufstand 

die  adlige  frau  aus  dem  bett,  zog  sich  an  Grimu  »ageH 

nr.  68; 

st  warn  von  den  betten       algeltcbe  gestAn 

Nib.  1789,  ♦. 

ß)  au»  dem  grabe,  auferstehen;  *o  ahd.  mhd.: 
ja  würtun  töte  man  ouh  lös      qudke  eines  wörtes;  .  .  . 
tha7,  Hb  bigondun  sie  &varon      joh  stüantun  ir  then  gribiron ! 

Otfrid  4,  26,  20; 

ioh  ouh  m&n  thas  w6sUn,       tha;  Krist  stuant  ir  then  restin 

6.4,29; 
die  greber  täten  sih  Qf, 
die  tAten  stuonten  dar  fl; 

K/./.0  18,  8  {denkm.*  1,  87); 
{mit  'ethi»chem  dativ':) 

an  dem  Asterltchen  tage 

dO  atuont  »ich  Krist  Oi;  dem  grab* 

HKRoftR  *.  minnet.  friUU.  80,  21; 

der  heilige   Criiit  ...  ist  hiute  lebintiger  gestanden   Qj 
dem  |fr&bc  spec.  erde».  ».  68. 
y)  vom  »itten  at^fttehen; 

dO  ttuont  si  vnn  dem  sedel«       lf(b.  848,  8; 

dO  stuont  er  von  dem  sedeis       mit  allen  stnen  man 

liSl,  1; 

Mr. 


1517 


STEHEN  (II,  A,  13,  A;— 15,  a) 


STEHEN  (II,  A,  15,  a— B,  1.  a) 


1518 


die  unsterblichen  standen  empor  ihm 
alle  vom  sitz,  dem  vater  entgegenzugehn 

Voss  nias  1,  533. 

SO  auch: 

als  er  den  künic  her  sach  gen, 
do  begunder  von  dem  steine  sten 

Wigal.  1550; 

er  stüant  yr  themo  müaae  (surgit  a  coena)    tho  zi  themo  abande 

Otfrid  i,  11,  11. 

S)  bes.  häufig  vom  rosse  stehn,  absitzen,  absteigen,  vgl. 
abstehen,  th.  l,  128:    sten  von  dem  pferd  voc.  v.  1618  bei 

SCHMELLER^   2,  710: 

dö  sach  man  von  den  rossen       fünf  hundert  liter  stän 

NO).  1122,  2 ; 
si  habten  sinen  Stegreif: 
sus  muoser  von  dem  orse  sten 
in  bäten  ritter  fürbaj  gen  Parz.  227,  23; 

der  knnec  von  sinem  rosse  was 

gestanden  nähen  bl  der  tür  Biter.  1755; 

da  sach  man  manchen  beiden  stän 
von  den  pferden  üf  das  Kr^ 

livländ.  reimchr.  2512; 
von  müde  es  da  struchte, 
das  es  gelag  do  nider  uf  baiden  knewen ; 
und  {ich)  stund  darvon  und  lies  die  gurren  ligen, 
und  lief  mit  meinem  luder 

ze  fuj  hinnach  minnefalkner  120; 

Tewrdannck  stund  von  seim  pferdt 

Teuerd.  25,  94 
(dafür: 

stundt  ab  züfüss  von  dem  pferdt  sein 

38,  55  u.  «0  öfler,  vgl.  Adelung  anm.  2); 

dez  ersten  so  stet  er  von  rozz  gesta  Romanor.  58  Keller; 
do  stund  der  kayser  unter  dem  tor  zu  Rom  ab  von 
seym  pferd  d.  städtechron.  1,  31,  8  (Stromer);  Pipinus 
aber  drei  meil  von  der  statt  Carisiacum,  ständt  vom 
rosz,  küsset  dem  babst  sein  füsz  S.  Franck  chron.  Germ. 
(1538)  e?*";  alsbald  nun  Reinhart  von  seinem  pferdt  ge- 
standen, in  stiffel  imd  sporen  seinen  allerliebsten  Ga- 
briotten  suchen  gieng  Wigkram  l,  274,  19  Bolte  {Gabr. 
e.  32,  *.  auch  unter  I,  B,  3,  b,  y),  danach  buch  d.  liebe  244'' ; 
GofTroy  der  stund  von  dem  rossz,  unnd  leget  den  har- 
nisch  gering  an  273^ ;  da  er  wider  von  dem  pferdt  stund, 
da  gienge  er  in  ein  kammer,  da  beschlosz  er  sich  275'^. 
dafür  auch: 

si  stuonden  von  den  satelen 

Kudr.  1464,  4. 

e)  vereinzelt,  sich  vom  knien  erheben:  inti  mit  diu  her 
stuont  fon  themo  gibete  {cum  surrexisset  ab  oratione), 
quam  zi  sinen  iungirön  Tat.  181,  3,  vgl.  182,  4. 

14,  a)  aus  der  bedeutung  12,  g  entwickelt  sich  eine  tran- 
sitive, causative  Verwendung,  da  der  hund,  toenn  er  vor 
dem  wilde  steht,  auch  dieses  zum  stellen  bririgt  und  es 
ja  eben  darauf  abgesehen  ist.  so  sagt  man  geradezu :  'der 
hund  stehet  ein  wild,  bei  den  jägem,  wenn  er  vor  dem- 
selben stillstehet'  Campe  (2) ;  der  hund  steht  einen  hasen, 
'■Kenn  der  hühnerhund  ein  icildbret  angetroffen  hat  und 
vor  demselben  stille  stellet'  Adelung  (2,  i);  einspringen  — 
wenn  der  vorstehehund  das,  was  er  stehb,  attakiren 
oder  fassen  soll  H.  hAUBE  jagdbrev.  (l84l)  249;  (man  sagt) 
vom  hühnerhunde :  er  steht  vor  dem  hasen  und  huhne, 
oder:  er  steht  den  hasen  und  das  huhn  290.  eis.  e  bas, 
e  huen  ste(n)  Martin-Lienhart  2,  565». 

b)  ganz  vereinzelt  begegnet  bei  stehen  ein  acc.  des  inneren 
objects: 

(du,  goü,)  warntest  vil  vom  iüngsten  tag, 

wie  die  schaff  zfir  rechten  bandt 

und  die  geisz  den  lincken  standt 

vor  gottes  urteil  würdent  ston 

Murner  narrenbeschw.  7,  21. 

15)  im  anschlusz  daran  sind  wirklich  oder  scheinbar 
nflexive  gebrauchsweisen  zu  erwähnen. 

a)  in  alterer  deutscher  dichtung  nimmt  stehen  zuweilen 
einen  bedeutungslosen,  sog.  'ethischen  dativ'  zu  sich,  s. 
Grimm  gramm.  35  {neudr.  s.  36/.,  mhd.),  87  (40,  altg.),  vgl. 
mueh  47  (50:  dän.  stod  sig): 

stöd  imn  thO  fora  themu  uuthe       uualdandeo  Crist 

Hei.  3758; 
ich  stuont  mir  nehtint  späte 
an  einer  zinnen  minnes.  frühl.  8,  1. 

(^tceifelhaft  ist,  ob  schon  die  stelle:  sa  Fareisaius  stan- 
dands  sis  \)0  bad  =  o  ^agiaaloq  ara&elg  npog  havzdv 
xavxa  TiQoarjVXtfo  Luc.  18,  u  —  mit  J.  Grimm  gramm. 

Mr. 


4,  943  —  hierhergezogen  werden  darf;  Bernhardt  in  d. 
anm.  zieht  sis  zu  ba{).  jedenfalls  sind  —  gegen  Grimm 
gr.  4,  35  —  stellen  wie 

die  Juden  gestuonden  in  nie  so  laide 

kaieerchr.  10322  Schröder, 

ebenso  13240,  fernzuhalten,  da  der  dativ  hier  zu  laide  ge- 
hört, vgl.  unter  C,  15.)  indem  in  solchen  fällen  bei  der 
3.  person  früh  sich  als  dativ  gebraucht  icird,  entsteht  der 
schein  reflexiver  constniction ;  s.  z.  b.  minnes.  friM.  30,  21 
unter  13,  k,  ß. 

b)  icirklich  reflexive  fügung  begegnet  ganz  vereinzelt  in 
mundarten.  so  icesff  sik  stän  für  sich  stellen:  stä  dik 
mal  hi  mirren  in  de  stpwe  Woeste  253». 

c)  wie  bei  allen  intrans.  verben,  ist  auch  bei  stehen 
reflexive  fügung  in  unpersönlichem  gebrauche  üblich: 
es  steht  sich  sichrer  im  grund  (der  höhle)  als  vorn  an 
der  mündung,  weil  an  ihr  sich  immer  grosze  stücke 
eis  schmelzend  ablösen  Göthe  16,  248  (^^=  briefe  4,  132,  18, 
an  Gh.  v.  Stein  d.  5.  nov.  79);  (freier:)  ja,  ja!  so  steht  es 
sich  vor  dem  menschlichen  leben  Klinger  9,  64. 

B.  stehen  wird  tceiterhin  von  gegenständen  gesagt,  diese 
erxceiterung  des  gebrauchs  ist  mit  einer  gröszeren  oder  ge- 
ringeren abschicächung  der  ursprünglichen  bedeutung  ver- 
bunden. 

l)  am  nächsten  kommen  der  grundbedeutung  falle,  ico 
stehen  von  hocliragenden  oder  aufgerichteten  körpern  ge- 
sagt wird,  die  auf  der  kleinsten  unterstützungsfläche  ruhen 
und  ihre  längsachse  in  verticaler  richtung  haben. 

o)  so  von  pflanzen,  deren  stajnm  oder  Stengel  senkrecht 
in  die  höhe  wächst. 

a)  von  bäumen:  üffen  di6  f^leaua  die  in  iro  mittero 
stänt,  hängtön  uuir  unsere  Organa  Notker  2,  572,  14 
Piper  (ps.  136,  2); 

üf  dem  anger  stuont  ein  boum 

Walther  v.  d.  Vogelweidb  94,  80; 

und  es  versamleten  sich  alle  menner  von  Sichem  .  .  . 
bey  der  hohen  eichen,  die  zu  Sichem  stehet  rieht.  9,  6; 
ceder  ...  ist  das  .  .  .  schöne  holtz,  so  auf  dem  Libanon 
gewachsen,  und  noch  etliche  wenig  .  .  .  darauf  stehen 
sollen  GuEiNTZ  deutsche  rechtschreib ung  (1666)  s.  168; 
dort,  wo  die  tanne  auf  dem  felsen  steht  Gessner  3, 112; 
die  unten  stehenden  .  .  .  flehten  .  .  .  erschienen  hier  wie 
kleine  gedrückte  gebüsche  Lenz  3,  128  Tieck;  ich  werde 
die  statte  wieder  aufsuchen,  wo  die  eichen  stehen  Frey- 
tag 8,  174  (ahnen  1,  1,  10); 

es  stet  ein  lind  in  jenem  tal, 
ist  oben  breit  und  unden  schmal 

ÜHLAND  volksl.  15,  A,  1; 

auf  ihrem  grab,  da  steht  eine  Unde 

Heine  1,  264  Elster. 

sodann  auch:  zubrich  den  altar  Baal,  .  .  .  und  hawe  ab 
den  hayn  der  dabey  stehet  richter  6,  25;  und  als  sie  in 
das  wäldlein,  so  auff  halbem  weg  steht,  kam,  war  die 
zeit,  das  sie  geberen  solt,  verbanden  Montanüs  84,  6 
Bolte  (tcegk.  33);  silviger,  adj.  worauff  wälder  stehen 
CoRviNUS  fons  lat.  eos*»;  s.  auch  Alberus  fab.  37,  22 
unter  I,  C,  3,  d,  ß. 

ß)  getreide:  der  weizen  steht  ja  wohl  dicht  hinter  dem 
garten  Reuter  2,  78,  29  Seelm.  (strömt,  l,  4); 

steht  nur  der  weizen  und  grünet  das  laub 

Arnim  13,  258  (wunderh.  1,  «.  a%ich 
Böhme  volksthüml.  lieder  s.  154); 

dafür  genauer  getreide  steht  auf  dem  halm,  zum  unter- 
schiede von  b,  ß:  der  hafer  steht  zum  theil  noch  auf 
dem  halm  Moltke  ges.  sehr.  6,  228;  doch  kann  auch 
bloszes  stehen  dasselbe  ausdrücken:  wenn  ein  fewr  aus- 
kompt .  .  .  und  verbrend  die  garben  oder  getreide  das 
noch  stehet  (ncpn  „kalmfrucht" ,    „das    auf  den    halmen 

T  T  — 

stehende  kom")  2.  Mos.  22,  6;  die  günstigste  Jahreszeit 
für  die  zerstörenden  einfalle  der  alten  kriegsgeschichte 
.  .  .  war  die  worin  das  kom  mit  schon  ausgetrockneten 
halmen,  eben  vor  der  reife,  im  felde  steht  Niebuhr 
röm.  gesch.  (1812)  2,  92.  ferner:  also  müst  er  gleich  mit 
seim  iunckem  reiten  über  feld  und  bei  dem  weg  stund 
hanff  Till  Eulensp.  10.  hist. :  so  auch :  auff  der  lincken 
band  da  steht  ein  hanfTacker,  darinnen  so  steht  ein 
grosser  byerenbaum  Schumann  nachtbüchl.  s.  325, 18  Bolte 

Mr. 


1519 


STEHEN  (II.  B,  1.  a—c) 


STEHEN  (II,  B,  1,  c-d) 


1520 


(nr.  50);  filmagen  (mohn),  s.  Carbach  IAv.  21»  unter 
I,  B,  3,  b,  y.  sonst  von  feldfrilchten,  z.  b.  riiben,  s.  Erlauer 
sp.  3,  39S  unter  I,  B,  8,  b,  y  u.  o. 

/)  von  allerlei  stauden,  sträuchem,  bilschen  u.  ähnl.: 
item  bnten  an  den  Schylde  dar  stat  eyn  rnnt  busch  enen 
bogenschote  lank  nd.  seebuch  14,  14;  denn  es  wird  zu  der 
zeit  geschehen,  das,  wo  jtzt  tausent  weinstöcke  stehen, 
...  da  werden  dornen  und  hecken  sein  Jea.  9,  23;  da 
zuvor  die  schlangen  gelegen  haben,  sol  hew  und  rhor 
und  schilff  stehen  35,  7;  juncetum  .  .  .  ein  ort  da  viel 
bintzen  stehen,  ein  riedt  C.\lepinus  XI.  ling.  (1598)  778 •>; 
s.  atKh  Gerh.  v.  Minden  90,  61  Seelmann  (dorn)  unter  I,  B, 
3,  o,  ß;  Heine  l,  60  (myrtenstrauch)  ebenda  e,  9: 

d)  seJir  oft  von  blumen  und  kräutem: 

biginnet  änascouuon  thio  frönisgon  blüomon, 

thar  liuti  after  uuege  gent,        thie  in  themo  äkare  Stent 

Otfrid  2,  22,  14; 

wljer  nnde  röter  bluomen  weij  ich  vil: 
die  Stent  sO  verre  in  jener  beide 

Wai-ther  V.  D.  Vogelweide  75,  13; 

aber  ich  .  .  .  zog  meinen  handschuch  an  und  erwüschte 
eine  band  voll  von  den  kleinen  brenn-nesseln,  die  .  .  . 
zu  allem  glück  dort  stunden  Simpl.  sehr.  3,  822,  23  Kurz 
{vögeln,  i,  5);  es  war  aber  ein  kleines  gärtchen  an  dem 
verwünschten  bauschen,  darin  standen  zwölf  lilien- 
blumen,  die  man  auch  Studenten  heiszt  Grimm  märchen 
9.  40  {nr.  9);  einmal  brachte  sie  (die  ziege)  der  älteste  auf 
den  kirchhof,  wo  die  schönsten  kräuter  standen  142  (36); 
gerade  die  blumen  stehen  in  seinem  garten  Hebbel 
3,  142  Werner  {Agnes  Bern.  1,  5); 

es  ist  zeit  hinausz  zu  schawen 
und  sich  bey  den  frischen  quellen 
in  dem  grünen  zu  ergehn 
wo  die  schönen  blumen  stebn 

Opitz  «.  Königsb.  dichierkr.  s.  22  neudr. ; 

8.  auch  Spreng  H.  18^  und  schausp.  engl,  comöd.  250,  6 
unter  I,  B,  2,  /,  rj,  bb  und  6,  cc.  —  gras : 

so  vil  grasz  im  felde  stehen 
man  kan  sehen 
Weckherlin  bei  Zinkgref  auserl.  ged.  s.  43  neudr.  (35, 19); 

da  stund  einer  der  macht  hewschrecken,  im  anfang  da 
das  grumet  aulTgieng,  und  sihe,  das  grumet  stund  Arnos 
7,  1  {text  verderbt).  —  früehte:  es  stehen  genug  erdbeeren 
im  walde  Storu  l,  9. 

b)  verschieden  von  dem  stehen  lebendiger  pflanzen,  die 
sich  durch  ihren  wuchs  und  die  kraft  ihrer  wurzeln  auf- 
recht halten,  ist  das  künstlich  bewirkte  stehen  abgehauener 
oder  geschnittener. 

ä)  von  einem  baumstamme,  der  senkrecht  befestigt  ist; 
»0  vom  Weihnachtsbaum:  aber  das  weisz  ich,  dasz  mir's 
zu  muthe  war  wie  kindern,  die  am  Weihnachtsabend  in 
dunkler  kammer  an  der  thüre  drängen,  gleich  wird  sie 
aufgehen  und  der  bäum  in  seinem  glänze  stehen  Kü- 
GELGEN  jugenderinn.*  s.  15.  ferner:  sihe,  es  stehet  ein 
bawm  im  hause  Haman  funüzig  eilen  hoch,  den  er  Mar- 
dachai  gemacht  hatte  Esth.  7,  9. 

ß)  körn  {auch  höhnen  u.  a.)  steht  in  garben  auf  dem 
felde:  der  roggen  steht  rundum  in  stiegen  auf  den 
feldem  Raabe  unruhige  gaste  150 ;  der  duft . . .  des  reifen 
hafers,  der  in  garben  auf  dem  felde  stand  Keyserling 
bunte  herzen  184;  nd.  de  roggen  was  meiht  un  stunn 
Börre  drei  dagen  in  hocken  Reuter  8,  417,  82  Seelm. 
{ßtromt.  i,  28); 

uns'  rogg  is  rin,  doch  all  uns'  weit 

un  bawem  noch  in  hocken  (mandeln)  steiht 

1,  221  (läuKhen  2,  6,  17). 

mnek  g&rben,  mandel  stehen :  also  tronmet  Joseph  aine; 
nahte;,  wie  er  and  sine  brflder  bundcn  garba  Qf  ainem 
acker,  und  wie  sin  garbe  Of  rehte  stände,  und  icr  garba 
•tflnden  umbe  sin  garbe  Grieshaber  pred.  t.  iss;  za 
Gilgal  opffem  sie  ochsen  vergeblich,  and  haben  so  viel 
altar,  als  mandel  aaff  dem  felde  stehen  Hosea  it,  18. 

e)  von  bergen:  Syon  st&t  in  Jerasalem  Notkrr  8,  6,  S 
Piper  {ps.  t,  6:  super  Syon  montem  sanctum  eius);  da  vom 
iiM  Osten  ...  ist  ein  dorff,  welches  AspM  heist,  dameben 
stehet  aach  ein  rander  berg  Manson  teebuch  (1786)  ».  88; 
noch  standen  hie  and  da  mehrere  gipfel,  dem  ähnlich 
worauf  sie  sich   befanden    Qöthb  81,  4»  {teanderj.  i.  8); 

Mr. 


dasz  kein  Neapolitaner  von  seiner  stadt  weichen  will, 
...  ist  ihnen  nicht  zu  verdenken,  und  wenn  auch  noch 
ein  paar  Vesuve  in  der  nachbarschaft  stünden  28,  24; 
bis  jetzt  sind  nur  zwei  bergzüge  .  .  .  bekannt,  welche 
auf  dieser  terrasse  stehen  Ritter  erdkunde  (1822)  l,  96; 
links,  im  violetten  licht  der  ferne,  steht  der  charakte- 
ristischste berg  Schlesiens,  der  Zobten  Moltke  ges. 
Schriften  1,  232;  hier  dehnte  sich  die  gelbe  Campagna 
aus,  .  .  .  wie  ein  Wölkchen  stand  der  Soracte  Justi 
Winckelm^nn  2,  l,  22;  ihr  blick  . . .  hob  sich  zu  den  nebeln, 
hinter  denen  sie  die  berge  stehen  wuszte  Zahn  die  da 
kommen  28; 

so  stand 
das  Istbmische  gebirge,  trennte  beide  meere 

Ramlbr  lyr.  ged.  (1772)  113; 

du  (Brocken)  stehst  mit  unerforschtem  busen 
geheimniszvoll  offenbar 
über  der  erstaunten  weit 

Göthe  2,  67  {Harzreise  im  rvinter); 

erzählen  wird  man  von  dem  schützen  Teil, 
solang  die  berge  stehn  auf  ihrem  gründe 

Schiller  14,  364  {Teil  3,  3); 

mit  personißcation  s.  ROckert  unter  A,  2,  o,  y.  so  auch: 
mitten  auf  der  insel  stehet  ein  fels  mit  der  hoele  der 
nymphen  Gessner  2, 10  {Daphnis  1);  ein  steiler  fels  stand 
an  der  seite  Tieck  8,  254; 

zu  beederseits  zween  felsen  stebn, 
die  nahend  bis  an  Himmel  gebn 

Spreng  Aen.  (1610)  5*»  (geminique  minantur 
in  caelum  scopuli  1.  162); 

nicht  sieben  schritt  von  mir  die  klippe  stand 
A.  V.  Droste-Hülshoff  2,  115  (d.  arztet  vermächtn.); 

dasz  meine  gebeine 
felsen  würden,  und  ewig  hier  stumm,  und  ewig  hier  einsam 
ständen  !  Klopstock  Jfw».  (1748)  3,  365. 

stehen  wird  von  bergen  gesagt,  rvenn  die  sinnlicTie 
Vorstellung  lebhaft  vor  äugen  oder  vor  dem  geiste  steht, 
daher  besonders  in  poetischer  spräche,  kommt  es  nxtr 
darauf  an,  den  geographischen  punkt,  die  'läge'  eines  berges 
zu  bezeichnen,  so  sagt  man  gewöhnlich  liegen:  der  Vesuv 
liegt  im  osten  von  Neapel,  doch  ist  die  Unterscheidung 
nicht  scharf,  vgl.  z.  b.: 

wenn  sie  (d.  enle)  aus  holen  ästen  ihr  kläglich  todtenlied  rutfet, 
und  der  ringsum  stehende  fels  der  stygischen  nachheult 
Wieland  Hermann  4,  193 
neben: 

wie  das  feldgeschrey  der  giganten,  der  Stürmer  des  himroels, 
durch  die  wolkengebürge  ertCnte,  umliegende  felsen 
brachen  es  hunderträltig  297. 

d)  von  bauwerken: 

a)  im  allgemeinen:  das  gröszte  {werk)  dem  maase  nach, 
die  Peterskirche  (wie  denn  wohl  nun  kein  gröszer  ge- 
bäude  in  der  weit  steht)  Göthe  briefe  8,  45  {Rom  d. 
7.  nov.  1786);  *.  auch  Heinrich  v.  Neustadt  gotes  zuok. 
6100  untex-  I,  B,  2,  e,  ß  und  SEB\zfeldb.  13  unter  I,  B,  l,f,  y. 

ß)  besonders  von  hochragenden  bauwerken,  thürmen  u. 
dergl.:  unde  dar  stAt  {B:  staet)  by  westen  an  de  Cronye 
en  hoch  torne  .  .  .,  unde  de  torne  steyt  up  der  see 
{B:  staet  uppe  de  zee)  nd.  seebuch  VIII,  4;  s.  auch  XI,  7.  39 
u.  0.;  auf  dem  gegenüberliegenden  ufer  werden  wir  auf 
neuere  zeiten  gewiesen;  da  stehen  mächtige  thUrme,  frisch 
errichtete  oder  völlig  wiederhergestellte  vertheidigungs- 
anstaltcn,  neu  wohlausgemauerte  schicszschartcn  und 
zacken  Göthe  bri^e  35,  803,  7  {an  Zelter  d.  81.  märs  1888); 

Demosthenea  hat  cu  Ath^n, 
wie  lang  er  auch  gestorben, 
ein'  hohe  pyramide  stebn, 
Bo  ihm  die  kunst  erworben. 
Neumark  Jortgepfl.  mtuik.-poet.  luitw.  (1667)  1, 146. 

/)  sonst  von  hochragenden  gegenständen:  und  sol  einen 
napff  vol  glut  vom  altar  ncmen,  der  für  dem  hcrm 
stehet  8.  Mos.  16.  18;  aber  den  ehrnen  altar  der  für  dem 
herm  stund,  thct  er  weg  das  er  nicht  stftnde  zwisscben 
dem  altar,  und  dem  haase  des  herm  8.  kOn.  18,  U; 

and  das  kreos  erbub  gen  himmel  sich,  stiiod 

Ki.orarocK  Meu  8, 176. 

galgen  vgl.  Lichtwer  unier  I,  R,  8,  d,  $:  wenn  alle  dicbe 
gehangen  würden,  die  galgcn  mfiszten  dichter  «tchn. 
man  sieht  Ja  kaum  aller  zwey  meilen  einen;  and  wo 
aaob  einer  steht,  steht  «r  meist  leer  Lessino  i,  im  f. 

Mr. 


1521 


STEHEN  (U,  B.  l.d) 


STEHEN  (H,  B,  1,  d—e) 


1522 


(Juden  1);  als  sie  vor  den  Thalhauser  wald  hinaas  kamen, 
und  den  galgen  noch  mntterseel  allein  im  felde  stehen 
sahen  Hebel  3,  88. 

rf)  von  gebäuden  im  engem  sinne;  von  hirehen:  by  osten 
an  de  Brye  staet  ene  kerke  nd.  seeb.  V  l ;  der  Jesuiten 
collegium  und  kirche,  von  tüchtigen  quadem  aufgeführt, 
stehen  noch  unverletzt  in  ihrer  anfänglichen  tüchtigkeit 
GöTHE  28,  215;  der  burghügel,  auf  dem  jetzt  die  kirche 
des  h.  Ludwig  steht  Mommsen  röm.  geseh.  2,  29,  anm.  3. 
dorn,  ».  Wieland  17,  263  unter  I,  B,  3,  e.  t,.  tempel:  nun 
dünkte  ihn,  dass  der  tempel,  der  vorher  auf  ebenem 
boden  gestanden,  auf  drey  grossen  felsen  ruhte  Klinger 
3,  265  {Fattsts  leben  5,  2);  das  capitolium  steht  zu  oberst 
auf  dem  berge,  capitolium  in  summo  adstat  culmine 
Stein  BACH  2,  668.  —  allgemeiner:  so  kompt  er  über  ins 
land  das  der  herr  hat,  da  die  wonung  des  herm  stehet 
Jos.  22,  19.  kapelle.  s.  Montanos  28, 10  und  Zimm.  ehron.* 
1,  96,  18  unter  I,  B,  3,  d,  ß; 

da  stSt  ein  capelle  bf  Iv).  566 ; 

droben  stehet  die  kapelle 

Ühland  ged.  1, 11. 

f)  von  bürgen,  sehlössem  und  ähnl.: 

nist  bürg,  thaj  sih  giberge,        thin  stentit  ufan  berge. 

Otfrid  2,  17,13; 

diu  burc  stnont  besnnder  Iw.  6085; 

überj  wajjer  stnont  dej  kastei       Parz.  535,  7; 

dar  nu  stet  dat  palas  sächs.  weltchr.  15,  a.  I,  B,  2,  c ;  Aegi- 
dius  .  .  .  hält  dafür,  dieser  hügel  sey  derjenige,  wo  der- 
malen das  schlosz  von  Wirzburg  steht  M.  J.  Schmidt 
gesch.  der  Deutschen  l,  60; 

als  bange  finstemisz  Egyptenland 

drey  tage  lang  auf  Moses  wink  bedeckte, 

gab'  Pharao  befehl,  dasz  man  am  jähen  Strand 

des  Nils  wo  seine  hofburg  stand, 

auf  einen  obebsk  ein  groszes  windlicht  steckte 

Pfeffel  poet.  vertuehe  1, 153 ; 
so  übertragen: 

das  Vaterland,  das  dn  nns  gründetest, 
steht,  eine  feste  bürg,  mein  edler  ohm 
Kleist  3,  88  E.  Schmidt  {pr.  v.  Eomb.  *,  1, 1132). 

"Q  von  häusern,  vgl.  Frankf.  urk.  von  1338  unter  I,  B,  2,  g, 
nd.  seeb.  14,  18  unter  I,  C,  2,  /;  gassen,  die  so  schmal 
sind,  dasz  die  inwohner  der  gegenüber  stehenden  hohen 
häuser  einander  die  bände  reichen  können  ThCmmel 
reise  9, 151 ;  er  und  seine  frau  trugen  mein  gepäck  in  ein 
nahe  stehendes  gasthaus  Arndt  werke  1,  97  Rösch;  in 
Luckenbach,  fast  am  ende  des  Städtchens,  steht  ein 
kleines  haus  Ludwig  2,  306; 

dieweyl  gantz  abwegs  steht  mein  hansz 

H.  Sachs  4,3,  17«>; 
im  Weinberg  auf  der  höhe 
ein  häuslein  steht  so  windebang 

MöRiKE  ged.^  12; 

so  dann  auch:  das  Eesselsche  Institut  macht  so  unglück- 
liche rückschritte,  dasz  es  wohl  nächstens  vor  dem  thore 
stehn  wird  A.  v.  Droste-Hülshoff  briefe  an  Schücking 
s.  115;  wahrscheinlich  hatte,  als  Tacitus  schrieb,  der 
marschbewohner  an  der  Nordsee  schon  die  ersten  ein- 
fachen dämme  gegen  die  schwellende  see  gezogen,  schon 
!^nd  sein  wohnsitz  auf  den  warfen  Freytag  17,  67;  in 
einem  abgelegenen,  aber  sehr  schönen  theile  onsers 
Vaterlandes  steht  ein  stattlicher  hof  Stifter  ««rite 5,  l,  263 ; 

und  Hektor  kam  vor  Paris  lustgebäu,  .  .  . 
das  auf  der  barg  an  Priams  wohnung  stand 

Bürger  173»  (=  JZ.  6,  313—7); 
da  plötzlich  wie  ein  freud'ger  schrecken  nah 
steht  die  fast  aufgegebne  theure  zelle 
A.  V.  Droste-HClshoff  (1879)  2,  238  {Walther  5); 

Gcerons  vorwerg,  s.  Opitz  l,  41  unter  I,  C,  3,  e,  ß;  ein 
schöneres  enplacement  s.  G.  Forster  8,  213  unter  I,  B, 
3,/,  y,  dd;  das  hüttchen  ».  Mörike  ged.^  87  unter  I,  B, 
3,  e,  ij.     bildlich: 

noch  steht  gottes  himmelshaus 

Arndt  xcerke  4,  9  Meisner; 

ain  clausen  *.  Schwarzenberg  Oie.  150*  unter  I,  B,  3,  b,  y. 
jy)  von  stallen,  scheunen  u.  ähnl.;  vgl.  d.  Indersdor/er 
urk.  V.  1483  unter  I,  B,  2,  /,  d,  gg;  den  Tumfels  habe 
ich  . . .  aus  einer  gegenüber  stehenden  scheune  gezeichnet 
Göthe  bri^e  8,  5  {an  Ch.  v.  Stein  d.  80.  aug.  86); 

X.  2.  Mr. 


von  zelten: 


durt  dmnten  in  dem  thal 
durt  steht  an  alter  stall 
Hartmann  völktschausp.  in  Bayern  «.  6,  96 ; 


si  sähen  bl  in  stende        ein  vil  h&rlich  gezelt 

Mb.  1296,  1 ; 

ungetcöhnlich  und  auffällig:  ich  wil  sie  auff  die  beste 
weide  ffiren,  und  jre  hörten  werden  auff  den  hohen 
bergen  in  Israel  stehen  Hesek.  34,  14  (D"ii:  rt»rr>   'ihre  trift 

unrd  sein  .  .'). 

S-)  trenn  schon  da,  tro  von  einem  hause  die  rede  ist, 
neben  stehen  heute  auch  liegen  üblich  ist  (vgl.  oben  e), 
so  ist  stehen  geradezu  ungebräuchlich  geworden  in  bezug 
auf  einzelne  räume  in  einem  hause  u.  ähnl. :  in  den  kelre 
der  under  dem  dormenter  stot  d.  städteehr.  8,  88,  4 
(Closener  1362,  s.  I,  B,  2,/,  T],  dd);  so  loufft  ülenspiegel 
mit  dem  kopff  und  schultern  in  dz  glaszfenster  dan  die 
stub  stand  uff  der  erden  und  stiesz  uff  die  strasz  Eulensp. 
45.  hist.;  und  der  eusser  vorhof,  war  umbfangen  mit 
einer  mauren,  daran  die  kamem  stunden,  .  . .  und  die 
kamern  stunden  nach  einander  Hesek.  42, 7/.  ,•  und  stunden 
auff  beiden  selten  ercker,  die  waren  gleich  gros  40,  10; 
und  es  gienge  eine  halle  herumb,  .  .  .  dieselbige  stund 
fome  gegen  dem  eussem  vorhof  31;  zu  rechten  band 
desselbigen  gangs  soll  geordenet  stehn  die  kuchin  Sebiz 
feldb.  (1579),  29;  so  auch  auf  einen  bienenstock  angewendet: 

wie  man  im  frühllng  sieht  bey  aufgeklärtem  himmel 
die  bienen  um  den  stock  im  rauschenden  gewimmel, 
wenn  ihr  gerüster  schwärm  ihr  reich  zusammen  trägt, 
und  eine  Wagenburg  für  ihren  könig  schlägt. 
Zusehens  steigt  das  werck  an  unterschiednen  stellen: 
hier  geht  der  festungs-bau ;  dort  stehn  die  wohnungs-zellen 
J.  v.  Besser  tckr.  (1732)  1,  53; 

dagegen  als  besonderes  gebätule: 

nO  saher  inrehalp  dem  tor 

ein  wites  wercgadem  stän  7^.6187; 

ähnlich  ferner:  de  kiste  stont  in  des  van  Quernforde 
hove;  de  was  do,  dar  nu  de  kor  steit  to  simte  Xico- 
laus  d.  städtechron.  7,  157,  18;  dem  geräumig  erbauten 
Orchester  stand  ein  kleineres  zur  seile  Göthe  22,  157 
{wanderj.  2,  9). 

i)  seinen  vollen  sinn  hat  stehen  vnederum  in  anuten- 
dung  auf  einzelne  bautheile  von  senkrechter  Stellung,  wie 
mauern,  wände: 

denn  wenn  der  nicht  käme  mit  sand, 
und  nicht  jener  mit  kalke, 
so  stünde  nicht  diese  wand 

Rückbrt  (1882)1,48; 
seht  diese  flanken,  diese  Strebepfeiler, 
die  steh'n,  wie  für  die  ewigkeit  gebaut! 

Schiller  14,  290  (TeU  1,  3); 

thüren,  fenster:  und  eine  thfir  stund  gegen  der  andern 
Hesek.  40,  13;  da  fürt  mich  ein  wind  ...  zu  dem  innem 
thor,  das  gegen  mittemacht  stehet  8,  3; 


im  ist  noch  wirs  dan  den  die  gent 
nach  bröte  aldä  diu  fenster  Stent 


iVi«r.  171,  6 


(über  lesung  und  erklärung  s.  Wallner  beitr.  83,  59/.).  mit 
genauerer  bestimmung: 

in  ihren  angeln 
stand  einsam  mir  des  schönen  baiises  thfir 

Falk  Amphitr.  1,  270. 

x)  dann  auch:  du  solt  auch  breiter  machen  zu  der 
wonung  von  foern  holtz  die  stehen  sollen  2  Mose  26, 15; 
zwenzig  sollen  jr  stehen  gegen  dem  mittag  18;  im  bilde: 

nun  ftUle  jeder  seinen  platz,  und  wer  zun  eckstein 

nicht  ersehn, 
dem  sei's  der  ehre  schon  genng,  als  mauerstein  im  bau 

zu  stehn 
Geisel  1,  209; 
muhlenrad  für  mühle  im  volksliede: 

hoch  auf  dem  berge  drüben, 

da  steht  ein  mfihlenrad  Erlach  voCM.  1, 138; 

jfeu:öhnlicher : 

da  get  ein  mQlerad  ühland  nr.  33. 

e)  die  ältere  spräche  gebraucht  stehen  auch  von  den 
entsprechenden  coUectivbegriffen  wie  stadt,  dorf  (entspre- 
chend von  Wäldern,  getreidefeldem,  s.  a,  a.  ß).  in  neuerer 
zeit  tritt  stehen  hier  zurück  vor  liegen  (da  ja  bei  ort- 
Schäften,  sobald  sie  als  einheit  genommen  werden,  der 
begriff  einer  im   verhältnisz  zum   un\fange  beträchtlichen 

96  Mr. 


1523 


STEHEN  (II,  B,  1,  e-g) 


STEHEN  (II,  B,  1,  g-h) 


1524 


hohe  fehlt)  und  irird  meist  nur  dann  gesagt,  wenn  von 
einem  noch  stehen  oder  nicht  mehr  stehen  die  rede  ist 
{mit  besonderer  nuance,  vgl.  unten.  13,  d — f)  oder  wenn 
nonst  die  Vorstellung  des  Stehens  irgendwie  betont  ist: 
unden  an  dem  schlossz  stund  ein  kleines  stettlin  Wick- 
ram 1.  34«,  19  Bolte  (Gabr.  c.  61);  gegen  mittcrnacht  aber 
lag  ihm  {detn  apostel  Johannes)  die  gegend,  wo  jetzt  Con- 
stantinopel  steht,  mit  allen  umliegenden  ländern  Jung- 
Stilling  werke  3,  29;  (er)  besuchte  in  der  gegend  von 
Neubrandenburg  die  stelle,  wo  Rethra,  ein  hauptort  eines 
alten  Völkerstammes,  gestanden  haben  soll  Göthe  briefe 
20,  279,  15  {an  Oh.  V.  Stein  d.  16.  jian.  1809);  gleich  über  dem 
Rhein  zerstörten  sie  (d.  Alemannen)  die  stolze  stadt 
Äugst,  zwei  dörfer  stehn  jetat  auf  ihren  fundamenten 
Hebel  3,  43;  die  Latiner  müssen  in  ihrem  besitz  (rfer 
albanischen  feldmark)  gewesen  seyn,  weil  sie  hier,  .  .  . 
nahe  an  der  statte  wo  Alba  einst  stand,  ihre  lands- 
gemeinden  hielten  Niebuhr  röm.  gesch.  (l8il)  l,  210;  auf 
dem  Palatin  stand  ein  hirtendorf,  und  die  umgegend 
diente  den  heerden  zur  weide  Moltke  ges.  schriften  1,  167; 

sonne,  die  das  land  vergoldte,  wo  das  frome  Strelitz  steht 

LoGAU  2,  9,  5; 
Cartbago  kennt  nicht  mehr  das  feld,  worauf  es  stund 

Günther  670; 
da,  wo  jetzt  die  stadt  thut  stehen 
Hartmann  volksschawp.  in  Bayern  «.35  (VI,  197); 

s.  auch  Basler  chron.  6,  249,  8  unter  I,  B,  2,/,  tj,  cc;  Franck 
chron.  der  Teutschen  S*»,  Opitz  1,  144  und  Uz  835  unter 
I,  C,  3,  d,  ß;  e,  ß  und  y.  so  auch:  das  läger  stände  an 
einem  vortheilhaften  orte  Lohenstein  Armin,  l,  22'»; 
ganz  ungewöhnlich  dagegen  tmd  in  stark  abgeblaszter  be- 
deutung  von  ländern:  welch  land  Ergow  .  .  .  hept  an 
oberet  ze  Münsingen,  und  st&t  der  rechten  siten  der 
Aaren  nach  bis  under  Ölten  .  .  .  Tsghudi  chron.  Helvet. 
1,  14"  {vgl.  unter  I,  B,  2,/,  rj,  ee);  so  stehen  die  beiden  so 
eng  benachbarten  und  fast  verschwisterten  halbinseln 
{Italien  u.Qriechenland)  gleichsam  von  einander  abgewendet 
MoMMSEN  röm.  gesch.^  1,  6;  *.  auch  die  stelle  aus  Harffs 
fügerf.  (kirchofT)  zu  ende  von  I,  B,  2,  /,  6,  cc. 

f)  gern  wird  stehen  von  Jwhen,  schlanken  gegenständen 
gesagt,  wie  Säulen,  pfeilern:  Absalom  aber  hatte  jm  eine 
seule  auffgericht  da  er  noch  lebet,  die  stehet  im  k6nigs 
gründe  2  Sam.  18,  18;  und  stunden  pfeiler  unten  bey  den 
wenden  am  hause,  allenthalben  herumb,  die  sie  trugen 
JSesek.  41,  6.  dazu:  und  wenn  Mose  in  die  hutten  kam, 
80  kam  die  wolckenseule  ernider,  und  stund  in  der  hätten 
thfir  2  ilfose  33,  9;  s.  auch  b  Mose  Z,  \,  ib;  im  bilde:  wo 
steht  denn  nun  die  grenzsäiule  zwischen  Wahrheit  und 
irrthum?  Tieck  14,  153;  auch  sonst  bildlich  {doch  zugleich 
eigentlich,  zu  g): 

man  hält  ihn  würdig  dort  zn  glänzen,  wo  die  säulen*) 
der  rOm'schen  grösze  stehn 

Ma.stalier  ged.  (1774)  26,  8 , 

mit  der  anm.:  Karl  und  Konstantin,  die  groszcn,  deren 
bildsäulen  im  Vatikan  stehen.  —  sonst  hohe  steine,  z.  b. 
grenzateine,  pfähle  u.  ähnl.,  ebenfalls  in  freierem  gebrauche: 
niemand  wuszte  zu  sagen,  wo  des  heiligen  reiches  grenz- 
pf&hle  standen  Treitschke  d.  gesch.  1.9; 

{ich)  seegle  hin  wo  kein  hauch  mehr  weht, 
und  der  markstein  der  scbOpfung  steht! 

Schiller  1,  276. 
von  hohen  möbeln,  wie  schränken:  in  de  wahnstuw',  wo 
dat  blag  angestrekcne  eckschapp  stunn  Reuter  2,  84,  6 
Neelm.  {strömt.  1,  2). 

g)  90  femer  von  'bildsäulen',  Standbildern,  statuen; 
hier  mit  der  haupibedeutting  (A)  sich  berührend  und 
mannigfach  vermischt,  #.  J?teinhöwel  unter  I,  B,  2,  g; 
ihre  {der  nymphen)  bilder  stehen  in  selbiger  {hole)  kynst- 
lich  in  lindcn-holz  geschnitten  Gbssner  2,  lo  {Daphnis  i); 
die  schlechteste  atatue  steht  auf  ihren  füszcn  wie  die 
beste  GÖTHB  23,  lei  {wanderj.  8,  is);  so  lange  das  alte 
Rolandsbiid  noch  auf  dem  Bremer  markte  stehe,  habe 
CS  mit  der  alten  stodtfroihcit  der  Bremer  keine  gefahr 
frauenz.  almanaeh  für  1817  187  (L.  M.  FoUQUk  ritter 
Toggenburg) ; 

laax  uns  in  daurcndem  ntetall, 
o  chnrffintl  deinen  vntor  aeben; 
nnd  diMM  beiden  bild,  bis  an  der  erden  fall, 
Elbstroma  brUcke  stehen 

OoTTMCHio  ged.  (1701)  1,  35; 

Mr. 


statuen, 
die  in  geweihten  tempelnischen  eteh'n 

Hebbel  3,  244  Werner  {Gygea  1,  59); 

von  einem  crucifix  s.  Zimm.  chron.'-  1,  452,  17  unter  I,  B, 
3,  e,  a.  so  auch:  die  mutter  gottes  {ein  bild,  das  zum 
fest  geputzt  werden  soll)  stand  indessen  nackend  in  der 
mitte,  und  schien  den  erstaunten  und  erzürnten  nonnen 
zuzurufen,  ihre  blösze  zu  bedecken  Klinger  3,  9  {Fausts 
leben  i,  2);  das  herrlichste,  was  die  kunst  hervorgebracht 
hat,  steht  unter  freiem  himmel  Göthe  37,  34  {Winckelm.); 
ferner:  du  könig  sähest  {im  träum),  und  sihe,  ein  seer 
gros  und  hoch  bilde  stund  gegen  dir,  das  war  schreck- 
lich an  zusehen  Dan.  2,  31;  die  Vorstellung  eines  götter- 
bildes  flieszt  zusammen  mit  der  des  encarteten  Antichrisfa 
in  der  stelle:  wenn  jr  aber  sehen  werdet  den  grewel 
der  verwflstung,  von  dem  der  prophet  Daniel  gesagt 
hat,  das  er  stehet,  da  er  nicht  soll  {xd  ß6e}.vy/ja  zf/g 
i()rifXü)08(i}q  saTrjXÖza  otiov  ov  öeZ)  Marc.  13,  14,  ähnl. 
Matth.  24,  15  (das  er  stehet  an  der  heiligen  stet,  kazög; 
nach  Dan.  11,  31;  12,  11).  —  von  pla-ftischen  thierdarstel- 
lungen:  und  der  könig  macht  einen  grossen  stuel  von 
elffenbein,  .  .  .  und  der  stuel  hatte  sechs  stuffen  .  .  .,  und 
waren  lehnen  auff  beiden  selten  .  .  .,  und  zwo  lewin 
stunden  an  den  lehnen,  und  zwelff  lewen  stunden  aufT 
den  sechs  stuffen  auff  beiden  selten  l  kön.  lo,  18—20; 
was?  stehn  nit  heilige  palmesei  gemeynlich  auff  der 
borklrchen,  oder  auff  dem  höchsten  gewelb  Garg.  s.  205 
neudr.  —  von  kunstwerken  anderer  art,  denkmälern  u.  s.  w. : 
rings  um  ein  altes  grabmal  her,  das  auf  dem  hygel 
stand,  umgruben  sie  die  erde  Gessner  2,  102  {Daphnisi); 
wegen  einer  scheinbaren  oder  würcklichen  erhöhung  des 
schon  stehenden  dreyseitigen  monuments  wird  sich  noch 
eins  und  das  andere  überlegen  lassen  Göthe  6>ie/e 30, 22, 21. 
h)  von  kleineren,  beweglidien  gegenständen,  wie  flaschen, 
trinkgläsern  oder  sojist  hohen  gefäszen:  nun  zu  unsern 
flaschen:  die  mitler  unter  denselben  stund  auff  eim 
lustigen  .  .  .  büchlein  Garg.  s.  41  neudr. ;  wo  nicht  bei 
eim  vollen  fasz,  auch  staht  ein  schönes  glasz  87;  ferner 
steht  hinter  Ihr  ein  hohes  enghalslges  gefösz  Göthe 
briefe  35,  301,  21  {an  Zelter  d.  31.  mürz  22);  für  den  satan 
und  die  fürsten  standen,  auf  besonderen  kredenztischen, 
flaschen  des  edelsten  getränks  Klinger  3,  20  {Fausts 
Üben  1,  4);  eine  schenke  Ist's  ohnehin,  denn  drüben  in 
der  ecke  stehen  flaschen  und  gläser  Hebbel  8,  263 
Werner;  well  es  meistens  alte  flaschen  seien,  die  schon 
von  fastnacht  an  im  ladcnfenster  in  der  grellen  sonne 
gestanden  hätten  Fontane  5,  144;  vgl.  Bächtold  hschr. 
unter  I,  B,  2,  h,  a;  H.  Sachs  3,  2,  214"  unter  I,  B,  8,  e,  a; 
dazu  wohl  auch: 

da  stund  von  gold  ein  reich  credenlz 

H.  Sachs  1,  102  «>, 

wo  credentz  sich  am  ehesten  von  einer  gesammUieit  von  ge- 
fäszen verstehen  läszt  {vgl.  tii.  2,  689  u.  5,  2135).  anstatt 
des  gefäszes  wird  die  darin  enthaltene  flilssigkeit  genannt: 
ein  alter  .  .  .  köstlicher  wein,  wie  ich  danial  vor  mir 
stehen  hatte  Grimmelshausen  2,  20,  7  Keller  {Spring- 
insf  2);  im  selben  augenbllck  kam  Lene  mit  einem 
kaffeebrett  zurück,  auf  dem  eine  kuraffe  mit  wasscr 
samt  apfelwein  stand  Fontane  5,  137; 

(do')  etwan  einer  fArcht  den  wein, 

und  hat  darumb  den  wein  {ein  glat)  verborgen, 

der  Irunckeuheit  sich  thüt  besorgen, 

so  nimb  jii,  sprich,  schaw  stohstu  do? 

SCHKIDT  Orob/anti«  1834; 

wollt  ihr  biorgon  oder  wein? 
hier  steht  ein  gantzcr  haulTon 
Chr.  Rbotbr  Harlequin*  kindhrtteHntchmautx  S,  1,  v.  3i0; 

sieb,  da  stehet  wein  TQr  dich! 

LR8AING  1,  04; 

».ferner  S,b,e.  —  von  andern  gegenständen:  scitzame  Hecht- 
stock,  ...  die  stunden  fein  nach  der  Ordnung  wie  die 
prettspil  auf  der  schfitzen  hausz  Qarg.  a.  40  neudr.;  {im 
bilde;)  bei  meinem  ersten  würfe  standen  die  kegel  so 
BchOn,  jetzt  steht  die  rechte  gasse  gar  sa  enge  Rbutrr 
1,  W6  Seelnumn  {lauschen  S,  rorr.);  {von  ds»  figuren  des 
tekachspieU:) 

verloren?  —  wiedoram  im  schach  verloren f  — 
da  stobt  w  noch  das  ipiel! 

Lkssino  2,  S8S  {Sathan  8,  t,  «.  187). 

Mr. 


1525 


STEHEN  (II,  B,  1,  i—m) 


STEHEN  (II,  B,  1,  m— 2,  a) 


1526 


t":  von  biickern:  hier  in  dem  Wandschrank,  sagte  sie, 
steht  meine  ganze  bibliothek  Göthe  20,  66  {Wilh.  Meister 
7,  6) ;  die  meisten  bücher  standen  freilieh  in  den  brettem, 
aber  unordentlich  durcheinander,  ein  groszer  teil  .  .  . 
lagen  auf  tischen,  stuhlen  und  dem  fuszboden  in  Ver- 
wirrung umher  Arndt  werke  i,  53  Bosch;  sein  erster 
blick  fiel  auf  die  bihel,  die  sehr  bestäubt  noch  an  alter 
stelle  stand  Kern  er  bilderbuch  (1849)  s.  18.  —  von  einem 
senkrecht  eingesteckten  (?)  briefe:  noch  eben,  wie  dieses 
geschrieben  wird,  steht  ein  zugesiegelter  brief  an  sie 
auf  meinem  schreibpult,  den  ich  fortzuschicken  nicht 
den  muth  hatte  Göthe  briefe  19,  2ö3,  12. 

k)  von  hohen,  dünnen  gegenständen,  die  nur  durch  an- 
lehnen in  annähernd  verticaler  richtung  gehalten  werden 
und  leicht  umfallen,  so  von  stocken,  Schwertern,  leitem 
u.  dergl.:  der  stock  stehet  im  winkel  Cwipe  (l);  und 
sihe,  eine  leiter  stund  au£F  erden,  die  räret  mit  der 
spitzen  an  den  himel  i  Mos.  28,  12;  das  scharpffe  seh  wert, 
das  ein  ernstlich  gebot  bracht,  stund  und  machts  allent- 
halben voller  todten,  und  wiewol  es  auff  erden  stund, 
rüret  es  doch  bis  in  himel  weish.  18, 16  (falsch  übersetzt: 
subj.  ist  kSyog:  ^l(pog  o|r  ttjv  ävvnoxQiTOv  STiirayfiv 
oov  ffSQüJV,  xod  aräg  inhjQwaev  ra  nävxa  ^avärov 
xal  odgavov  fihv  r/7iTero,  ßsßi^xsi  ö'inlyfjg);  der  baur 
fand  drey  besen  bey  einandern  in  einem  winckel  ston 
Wickram  roUicagenb.  84,  19  Kurz  (c.  47); 

der  ein  erwütscht  ein  mistgablen 

und  knülts  dem  nächsten  umb  das  mul, 

so  ist  derselbig  ouch  nit  ful .  .  ., 

gsicht  etwan  dort  ein  pflegel  {dreschfiegel)  stan 

H.  R.  Manuel  icein»piel  1748; 

zur  rechten  steht  ein  grosses  schwerdt,  zur  linken  eine 
vergoldete  lanze  Klinger  4,  18  {Raphael  deAqu.l,z)\ 
damit  nahm  er  sein  schwert,  das  im  winkel  stand,  und 
übergab  es  dem  ritter  Kleist  3,  395  E.  Schmidt;  blin- 
kende Waffen  hingen  oder  standen  an  den  wänden 
Hebbel  8,  23  Werner;  femer  von  rädern,  brettem,  auf- 
gehobenen thüren  u.  a.:  die  vier  reder  aber  stunden  unten 
an  den  seiten  ikön.  7,  32;  sihe,  da  stund  ein  rad  auff 
der  erden  bey  den  vier  thieren  JSesek.  l,  15;  ich  fügte 
den  nächsten  zäun,  ein  scheunenthor  und  einige  ge- 
brochene Wagenräder  bei,  alles,  wie  es  hinter  einander 
stand  Göthe  16,  17;  nun  hatte  man  aber  .  .  .  gefunden, 
dasz  mehrere  hinter  einem  kleinen  schuppen  stehende 
mistbeetfenster  zertreten  waren  Arndt  werke  i,  23  Rösch; 
dann  zog  ich  mich  eilends  zurück,  griff  nach  meinem 
vor  dem  fenster  stehenden  hut  und  lief  Hebbel  8,  181 
Werner;  auch:  an  den  wänden  standen  sechs  knochen- 
gerippe  umher  Tieck  5,  125. 

Q  ähnlich  stehen  bilder  auf  Staffeleien  u.  dergl.:  dein 
porträt  steht  auf  der  staffeley  Göthe  briefe  41,  ii5  {an 
Zelter  d.  5.  aug.  26) ;  bei  Lepke  (in  einem  bilderladen) 
standen  ein  paar  Oswald  Achenbachs  im  Schaufenster 
Font.\ne  5,  157;  von  altargemälden ,  die  senkrecht  be- 
festigt sind:  dy  selbe  toufel  {tafeT)  steet  ^um  Eibinge 
uf  dem  huse  in  der  kirchen  uf  dem  hoen  altare  Marienb. 
treszlerb.  160,  32  Joachim,  {zum,  j.  1402).  immer  sehlieszt 
stehen  ein,  dasz  ein  bild  mit  dem  untern  rande  auf  der 
unterstützungsfläche  ruht,  icährend  bilder,  die  von  oben 
her  befestigt  sind,  hängen :  nachdem  der  pfarrer  noch  ge- 
fragt hatte,  ...  ob  in  seinen  gemächern  heiligenbilder 
ständen  oder  hingen  Ric.  Huch  d.  hahn  v.  Quakenbrück 
s.  87;  doch  kommt  bei  porträts  zuweilen  {in  dichterischer 
spräche)  auch  dafür  stehen  vor,  indem  die  haltung  der 
dargestellten  person  auf  die  darstellung  übertragen  tcird: 
es  war  niemand  drinnen;  und  die  bilder  verschollener 
menschen  standen  wie  immer  schweigend  an  den  wän- 
den Storm  1,  128  (gemeint  sind  lebensgrosze  familienlnlder, 
die  an  der  wand  des  rittersaales  hängen,  s.  s.  117).  in 
ähnlicher  weise  sagt  man  stehen  von  nicht  körperlichen 
bildem  und  gesicJitserscheinungen,  wobei  stehen  ai^f  dar- 
gestelltes und  darstellung  zugleich  geht: 

und  als  sie  traten  in  den  saal, 

o  wunder!   steht  an  weiszer  wand 

frau  Hildes  schatten  Mörike  ged.'  79. 

m)  stehen  von  allerlei  dingen,  die  senkrecht  gestellt 
und  so  befestigt  sind:  das  unter  dem  himel  jre  flflgel, 
einer    stracks    gegen    dem    andern     stund    (ninc'  2n>B:2 

Mr. 


'gerade  ausgestreckt')  Hesek.  l,  23;  indessen  steckte  der 
vater  die  spuhlen  .  .  .  auf  einen  mit  querstäben  abge- 
theilten  rahmen,  so  dasz  sie  sich  frei  um  perpendikulär 
stehende  starke  drahte  bewegten  Göthe  23,  58  {icanderj. 
3,  5);  die  fenster,  ohne  simse  und  flach,  standen  so  glatt 
in  der  quadermauer,  wie  glimmertafeln,  die  im  granite 
kleben  Stifter  sämmÜ.  werke  2,  54;  vgl.  femer  unten 
s.  8,  a,  ß.  —  ungeicöhnlich :  über  den  gerippen  standen  zettel 
mit  den  namen  der  geschlachteten  Tieck  5,  125;  'segel 
stehen,  wenn  sie  gesetzt  sind'  Stenzel  seemänn.  wb.  401*. 

2)  in  andern  fällen  ist  nicht  das  emporragen,  sondern 
das  ruhen  auf  stützen,  die  entsprechend  als  beine  oder 
füsze  bezeichnet  werden,  für  den  gebrauch  des  wortes  ent- 
scheidend.  {diese  Verwendung  geht  dann  nicht  vom.  stehen 
des  menschen,  sondern  der  vierfüszigen  thiere  atts.)  auch 
hier  bildet  stehen  einen  gegensatz  zu  liegen. 

a)  so  zunächst  von  gegenständen,  die  'beine'  haben. 

et)  tische  stehen  {auf  4  oder  3  beinen,  runde  oder  aoale 
auch  auf  l  beine): 

thie  disgi,  thie  thar  stüantun,       thar  sie  tho  münizotnn 

Otfrid  2,  11,  13; 
es  stund'  ein  stelnem  tisch  gleich  an  der  hSl'  am  ende 
DiETR.  V.  D.  Werder  Ariost  13,  36; 
aber  in   der  halle   für   dem  thor,    stunden  auff  j  glicher 
Seiten    zween   tissche   Hesek.  40,  39;    anstatt    des   altars 
stand  ein  groszer  tisch  auf  einigen  stufen  Göthe  20,  121 
{Wilh.  Meister  7,  9);  an  der  einen  seite  {des  raumes)  stand 
ein  tisch,   ein  sessel,   mehrere   stuhle   und   bänke   21,  14 
{wanderj.  l,  2) ;  zwischen  rauchgeschwärzten  Seitenflügeln 
erhoben  sich  etliche  kugelakazien,  .  .  .  um  die  herum  .  .  . 
tische   samt    angelehnten    gartenstühlen    standen    Fon- 
tane 4,  234. 

ß)  Stühle  {vgl.  a  und  Murner  unter  l,  B,2,f,ö,bb): 
Wilhelm  setzte  sich  auf  einen  kleinen  armstuhl,  der 
wider  den  verschlag  des  eingangs  stand:  .  .  .  der  sessel 
stand  fest  Göthe  20,  122  {Wilh.  Meister  7,  9);  und  wirft 
sich  dann  in  den  stuhl  der  am  tische  steht  Iffland 
theatral.  werke  (i827)  l,  85  {A.  v.  Thumeisen  4,  7). 

y)  bänke  u.  ähnl.:  er  eilte  verdrieszlich  hinunter,  sich 
auf  eine  steinerne  bank  zu  setzen,  die  vor  dem  thore 
seines  gasthofs  stand  Göthe  18,  210  {Wilh.  Meister  2,  ll); 
die  einzige  hölzerne  bank,  die  schlafstätte  des  pfarrers, 
stand  an  ihrer  stelle  Stifter  sämmtl.  werke  5,  l,  135; 
verstärkt  aufrecht  stehen,  s.  H.  R.  Manuel  weinsp.  980 
unter  I,  B,  2,/,  tj,  aa;  vgl.  auch: 

der  strick  ist  schwach,  der  nagel  klein, 
der  Schemel  will  nicht  stehen 

{als  jemand  eich  aufhängen  icill) 
Gebstenberg  br.  über  merkui.  der  litt.  201,  9  nettdr. 

6)  eine  bahre: 

durch  des  gewölbes  mitte  stehn 
drei  lange  bahren,  sind  sie  leer? 
A.  V.  Droste-Hülshoff  2,  43  [hogpiz  auf  d.  gr.  gt.  Bemh.  1). 

dann  auch  von  der  leiche,  die  auf  der  bahre  liegt: 

weh  und  leid 

kränken  unsre  sinnen,  .  .  . 
weil  wir  dich  itzt  müssen  sehn 
auf  der  todtenbahre  stehn 
Neumark  fortgepfl.  musik-poet.  liutw.  (1657)  1, 109; 

jezt  steht  er  nur  noch  auf  dem  paradebette,  und  die 
blumen  die  ihr  auf  ihn  streut  sind  herbstblumen  für  sein 
Sterbekleid  BonaventuR-\  nachticachen  s.  59,3  Michel; 
in  die  hinterstube,  wo  die  mutter  stand!  Hebbel  2,  7i, 
19  Werner  {Mar.  Magd.  3,  ll) ;  hier  im  saal  stand  auch 
seine  leiche  Storm  2,  3ii. 

f)  bett,  s.  Montan  US  146,  IS  unter  I,  B,  3,  b.  y;  cubi- 
culum  .  .  .  ein  schlafTkammer,  ein  ort  da  vil  bett  stehnd 
Calepinus  VIII  ling.  (1584)  323»;  Lichtenberg  briefe  l,  9 
unter  I,  B,  3,  e,  tj;  in  diesem  zimmer  stund  ein  schönes  . . . 
bett,  und  nicht  weit  davon  eine  kleine  oval-taffel,  auf 
welcher  etliche  schaalen  mit  allerhand  confituren  stun- 
den eaval.  im  irrg.  391. 

5)  von  andern  möbeln:  hier  stand  als  hauptstück  ein 
sehr  schöner  flügel   Hesse  Gertrud  s.  60. 

T])  auch  von  kleineren  geräthen  mit  beinen  oder  füszen: 

die  lanfTen  sollen  zu  dem  zil, 
und  stechen  umb  ein  kleinot  gut,  .  .  . 
nemlichen  umb  ein  tigel  frey, 
wellicher  steht  auff  fassen  drey 
Spreng  Iliai  (1610)  307»  {tqlTto:  II.  22,  164). 

96*  Mr. 


1527 


STEHEN  (II,  B,  2,  b—S,  b) 


STEHEN  (U,  B.  3,  b-e) 


1528 


b)  weiterhin  von  iüinlidien  gegenständen: 

a)  dem  bett  steht  die  wiege  nahe: 

ein  wiegen  stund  in  einem  gmach 
darinn  ein  kindlein  schliefT  und  lag 

Fischart  fto?ihatz  657; 

glOcklich,  wenn  er  fand 
das  grab,  wo  seine  wiege  stand 

MOllner  der  29.  febr.  6,  v.  847. 

ß)  ein  tragen  ruht  und  betcegt  sich  auf  rädern  an  stelle 

von  beinen:  in  dem  einen  (scliuppen)  stund  die  kutsche 

Leipziger  aventurier  (1756)  1,  29;    der   wagen    stand   vor 

der  thüre  Göthe  20,  34  (Wilh.  Meister  7,  4);    vgl.  auch: 

des  Schäfers  sein  haus  und  das  steht  auf  zwei  rad, 

steht  hoch  auf  der  heiden  .  .  .  Mörike  ged.*  22. 

y)  von  andern  dingen,  die  auf  rädern  laufen,  r.  b. 
geschützen,  s.  Teuerdank  89,  6  unter  I,  B,  2,  h,  ß;  eine 
kanone  stand  an  der  andern,  und  wartete  auf  den  feind 
Hebel  3,  80. 

8)  von  hohlgefäszen  sagt  man,  sie  stehen,  wenn  sie  mit 
der  Öffnung  nach  oben  rulien,  sodasz  sie  imstande  sind, 
den  inhalt,  den  zu  fassen  sie  bestimmt  sind,  aufzunehmen 
und  festzuhalten,  während  sie  im  andern  falle  auf  der 
Seite  liegen,  die  richtung  der  längsachse  ist  dabei  gleich- 
gültig. 

a)  so  von  schiffen:  inti  gisah  zuei  skef  stantantu 
(naves  stantes)  näh  themo  uuäge    Tat.  19,  4; 

zu  dem  mer  auff  dem  plan 
sach  er  ain  grosses  schefF  stan, 
wol  gehefftet  zu  den  staden 
Heinr.  V.  Neustadt  ÄpoUon.  2264  Singer; 

und  (Jesus)  sähe  zwey  schiff  am  see  stehen  {hardira) 
Luc.  5,  2;  sasz  der  häuptling  unfern  der  see,  dann 
standen  im  ström  oder  der  bucht  seine  schiffe  Frey- 
tag 17,  85; 

ja,  wenn  mein  schiff  im  meere  stand 

und  mich  ein  ungestümer  wind 

wor  h&tt'  in  Indien  getragen 

[Stieler]  geh.  Venus  i.  39  neridr.; 

lause  tae'  und  n&chte  stand  mein  schiff  befrachtet 
'  GÖTHE  2,  76. 

doch  sagt  man  im  gleichen  sinne  auch  und  jetzt  gewöhn- 
lieh liegen :  das  schiff  liegt  im  hafen  u.  ähnl. 

b)  sehr  häufig  von  kleineren  gefUszen.  so  zunächst  von 
hohen  gefäszen,  wie  fleischen,  gläsern,  s.  i,  h.  doch  tritt 
dabei  die  Vorstellung  des  hochragenden  und  der  vertical 
stehenden  längsachse  allmählich  zurück,  wenn  man  das 
wort  auf  fassen,  näpfe.  schalen,  teUer  anwendet,  auch 
der  gegensatz  zu  einer  andern  läge  (liegen)  ist  nur  etwa 
noch  bei  lassen  vorhanden;  dodi  kommt  hinzu,  dasz  diese 
gegenstände  nur,  wenn  sie  stehen,  eine  grade  Unter- 
stützung sflüche  und  infolgedessen  eine  feste  ruhelage  haben. 
und  stets  ist  die  nach  oben  gerichtete  Öffnung  einbegriffen, 
während  man  von  völlig  flachen  gerätlien  ähnliclier  art 
(z.  b.  Schinkentellern)  nie  sagen  würde,  dasz  sie  stehen. 
belege:  da  stund  ein  gefesse  vol  essiges  (im  orig.:  exsiTo) 
JoÄ.  19,  29;  krflg,  l&den,  böchsen  und  h&fen,  wie  wir  sie 
heut  in  den  apotecken  stehen  sehen  Ga7-g.  s.  17  neudr. ; 
wiewol  noch  ein  grosse  pfann  gebachener  eyer  dort 
stunde  Simpl.  sehr.  8,  304,  27  Kurz  (vögeln.  1,  3);  bis  ich 
sähe,  dasz  die  köchin  einen  hertzerquickenden  tauben- 
zag aus  einem  grossen  irdenen  hafen  that,  den  sie  eben 
unter  demselben  wasserstein  stehen  hatte  325,  4  (l,  6) ; 
er  .  .  .  heischt  mit  gleich  unverwandten  äugen  und 
bangemder  begierde  die  grosse  scbilssel  voll,  die  auf 
dem  tische  steht  Lessino  6,  88  (lit.  bri^e  1.  14);  (die 
Hausfrau)  sah  zweifelhaft  auf  einige  grosze  fremdartige 
thongeflUze,  die  halb  im  boden  vergraben  in  der 
ecke  BlADden  Freytao  8,  19  (alinen  l.  1.  8);  er  (d.  kaffee) 
befand  sich  in  sehr  kleinen  tassen,  die  in  kleinen 
silbernen  bechern  standen   Moltke  gea.  schrifl^m  l,  129; 

tbar  stuanton  an4svf<M(,      ">  ^^^^  ■»  ^^^^  oi^u  (""" 
Otfrid  «,  8,  «7  ('eratU  . . .  hydriae  uz  potitae'  Joh.  2, 6); 

••  Max  la  einem  tlMb  der  knecbt  auch  mit  den  teinen. 
der  ^iiien  broytopf  stund  und  gab  den  heissen  rauch 
J.  Rachel  latyr.  ged.  ».4«  newir.  (4, 176); 

«.  «Mcft  eav.  im  irrg.  »1,  oUü  I,  a,  e,  und  Qöthb  84,  MW 
mmter  I,  B,  8,  e,  (.  da  bedeutung  de»  stehent  ist  betonder» 
autgepräffl.  wenn  «*  im  gtgen»att  tu  andern  Utgen  getagt 
wird,  B.  b.  tu  blncen:  an  ihren  (der  hiOtU)  berd«»  Miten 

Mr. 


htengen  und  stehen  meine  trink-gefaesse  Gessner  8,  116. 

ioortspielend  mit  der  bedeutung  A: 

setz'  er  den  krug  mal  hin,  versuch'  er's  msdl 
den  krug,  der  kein  gebcin  zum  stehen  hat, 
zum  liegen  oder  sitzen  hat,  ersetzen  1 

Kleist  l,  349  E.  Schmidt  {zerbr.  krug  6,  428). 

von  viereckigen  behältern:  Evhnde  .  .  .  nam  dasz  gesang- 
buch  und  wurff  es  hinter  den  grossen  kleider-kasten 
welcher  im  hause  stund  polit.  maidaffe  (1679)  ».3;  in 
der  ecke  der  capelle  .  .  .  stand  ein  kästen  mit  steinen 
Göthe  21,  39  (wanderj.  l,  3). 

c)  statt  des  gefäszes  wird  oft  der  inhalt  als  gubjeet  zu 
Biehen  gesetzt :  das  essen  steht  auf  dem  tische  u.  ähnl.: 
feigen  und  mandeln  standen  neben  bonig,  milch  und 
rahm  aufjjetischt  maler  Müller  l,  69;  nun  kam  die 
magd  in  die  küche,  sah  den  fertigen  salat  da  stehen 
Grimm  mürchen  nr.  122;  auf  demselben  (tische)  prangte 
alsbald  ein  Silbergeschirr,  darauf  eine  fein  gearbeitete 
kanne  mit  malvasir,  geschliffene  gläser  und  ein  zucker- 
imbis  stand  Alexis  Roland  v.  Berlin  (1840)  l.  Hl  (6.cop.); 
dat  abendbrod  stunn  all  lang  up  den  disch  Reuter 
2,  379,  23  Seelm.  (strömt.  2,  25);  ich  langte  gedankenlos 
nach  den  trauben,  die  in  der  krystallschale  vor  uns 
auf  dem  marmoitische  standen  Storm  l,  42;  in  thöner- 
nen  satten  stand  fette,  weisze  milch  Hans  v.  Kahlen- 
berg  Eva  Sehring  (I90l)  48; 

setz  dich  zum  disch,  steht  essen  drauff 

ScHEiDT  Orobianus  607; 

da  in  der  mitte,  im  heitern  saal, 

stund'  grade  ein  hübsches  frühstücksmahl 

GöTHE  4,  152  We(m.; 
das  gesetz  hat  seine  endschaft  und  das  essen 
steht  auf  dem  tisch 

Schiller  13,  397  (Turandot  2,  4) ; 

ich  lob'  es  mir,  wo  voll  die  tische  stets  besetzt  sind; 
wo  kuchen  stets  in  schönen  pfannen  steht 

Falk  Amphitr.  1,  47; 

*.  auch  MÖRIKE  unter  I,  B,  3,  e.  —  so  auch:  würzkrämer 
in  seinem  laden  .  .  . 

die  nöthigst'  waar'  stund  bei  der  band, 

tobak  und  kaffee  .  .  . 

GÖTHF  18,  69  (paUr  Brey  v.  6) ; 

vgl.  dazu  Paracelsus  l,  210  A  tinter  I,  B,  l,  /,  y.  von 
schreibzetig :  nun  hett  aber  der  secretarius  . . .  kein  goldt- 
sandt  oder  strewbulfer  auff  seinem  tisch  stehn  MoN- 
tanus  276,  28  Balte  (gartenges.  15);  (da)  sagte  ich  zum 
lust-gärtner,  er  solte  mir  doch  feder  und  dinte  gehen, 
ich  wolte  eiligst  diesen  brief  beantworten,  der  lust- 
g&rtner  sagte  hierauf:  es  stönde  alles  zusammen  oben 
in  der  sommer-stube  Chr.  Reuter  Schelmuffsky  vollst, 
attsg.  s.  46  neudr.  —  femer:  man  läszt  die  knochen  in 
schwacher  Salzsäure  so  lange  stehen,  bis  sie  durch- 
scheinend und  biegsam  wie  das  geschmeidigste  leder 
werden  Liebig  ehem.  briefe  (1844)  108. 

rf)  tcenn  getränke  längere  zeit  (in  einem  offenen  g^fäsxe) 
stehen,  verlieren  sie  an  frische  und  qualitäf ,  tcerden 
schal,  unschmackhaft,  vgl.  abstehen  (th.  1.129);  s.  Gueintz 
rechtschr.  121  U7id  Iffland  hagest.  1,  4  unter  I,  C.  8,  e,  ß 
lind  f,  a ;  der  saure  schlipper  kommt  .  . .  von  der  kuh. 
und  nur,  wenn  er  lange  gestanden  hat  und  dem  zu- 
stande der  verderbnisz  sich  nähert,  dann  geht  er  in 
süszigkeit  über  Immermann  Münchh.*  1,6  (i,  ll).  vgl. 
lothr.:  g'stange  Wasser,  t>erdorbenes  toasaer  Follmann496". 

e)  tceiterhin  von  »äcken,  beuteln  u.  ähnl.:  das  ver- 
siegelte   beutelchen,    —    fünfhundert    thaler    louisdor, 

stehet  drauf, welches  ihro  gnaden  in  dem  schreibe 

pulte  stehen  gehabt  Lkssing  1.  514  (Minna  v.  B.  1,8); 
ich  sah  beim  hereintragen,  wie  zur  linken  seite  viele 
mehlsäcke  aufgehäuft  standen  frauem.  almanach  f.  1817, 
*.  119.  tind  von  deren  inhalt:  in  einem  sacke  da  stehn 
ein  hauffen  roslnobel,  im  andern  ein  hauffen  engelotten 
(münzen)  diseurtB  «tdieher  pertonen  v.  d.  jttigen  tuttande 
der  kipper  und  wipper  (1021)  Ai^',dot  timmer  in  Saladinj» 
palhuite.  in  weichet  die  beutet  mit  gtld  getragen  %oorden. 
die  noch  tu  tehen.  .  .  .  Saladin.    (im  hereintreten) 

da  «tebt  daa  seid  nun  nocht 

Le^aino  S,  8S9  (Nathan  6,  I); 

ach  (Ott  ich  maint  Mets  bett  gebackn, 
•o  tlundt  daa  mehl  ungslwrt  im  aackn 

Qiuiusiue  grammat.  (1697)  8,  8,  «.  67. 

Mr. 


1529 


STEHEN  (II,  B,  3,  f-i,  b) 


STEHEN  (H,  B,  4.  6-c) 


1530 


f)  von  ähnlichen  dingen,  die  keine  gefäste  sind,  t.  b. 
schuhen,  s.  Gotthelf  Uli  d.  knecht  109  unter  I,  B,  3,  e,  jy; 
eben  war  er  im  begriff  sich  aaszuziehen  .  .  .,  als  er  zu 
seiner  gröszten  Verwunderung  ein  paar  frauenpantoffehi 
vor  dem  bett  erblickte;  der  eine  stand,  der  andere  lag 
GÖTHE  19,  199  (Wilh.  Meister  5,  10). 

i)  tceiterhin  wird,  mit  fortschreitender  verblassung  der 
ursprünglichen  bedeutung.  stehen  von  allerlei  dingen  ge- 
sagt, die  auf  einer  unterläge  ruhen  oder  in  einer  gewissen 
hohe  sich  befinden. 

a)  auf  etwas  stehen,   im  allgemeinen. 

et)  auf  eitlem  fundainente  {vgl.  z.  b.  Klinger  3,  265 
uräer  l,d,6):  oder  wor  auff  stehen  jre  (der  erde)  ffisse 
Tersencket?   0-;2::-i  rt^ii»  rto'^y  'auf  was  sind  ihre  pf eiler. 

T  :T     T  TT — :       T        — 

grundsehicellen  eingesenkt t")  Hiob  38,  6;  als  Atlas  die  erd- 
kogel  auff  die  ander  achssel  wolt  abwechssein,  zusehen 
was  der  grosz  fisch  thet,  darauff  die  weit  stehn  soll 
Garg.  s.  39  neudr. ;  gleichwie  .  .  .  ein  wflrfel  .  .  .  alzeit 
faste  liget,  er  falle  auch  wie  er  wolle:  und  was  darauf 
stShet,  oder  gebauet  wurd,  wegen  seines  guten  grundes 
nicht  leicht  wakkelt  oder  fället  Bellin  hochd.  recht- 
achreib.  (I6ö7)  zuschr.  4«  s.  femer  6,  b,  ß. 

,?)  auf  stützen,  s.  2,  o  (tiegel  auf  3  füszen,  s.  ifj.  un- 
geiröhnlich  von  einem  hause  (l,  d) :  las  mich  djis  ich  die 
seulen  taste  auff  welchen  das  haus  stehet  richter  16,  26. 
—  eine  ähnliche  Vorstellung  scheint  der  nd.  redensart  zu 
gründe  zu  liegen: 

en  preistet  hadd  enmal  en  pird, 

en  schönen,  brnnen  bläszten  wir't! 

doch  stunn  hei  nich  mihr  np  sin  pal 

nn  hadd  en  beten  spat  nn  wat  von  schal  (An/trontÄ.) 
Reuter  1,22  Seelm.  {lauschen  1,4,3;  'von  e.  hause, 
das  nicht  mehr  fest  steht,  hergenommener  ausdr.'). 

y)  kröne,  hut  steht  (jetzt  in  der  Umgangssprache:  sitzt) 
auf  dem  köpfe: 

wenn  auf  der  Teutschen  köpf  musz  stehn  ein 

fremder  hnt,  .  .  . 
wir  andrer  äffen  seyn,  und  sie  uns  äffen  mUssen 

Leibniz  deutsche  sehr.  1,  439; 
wie  barfusz  sie  (Recuba)  umherlief,  . . .  einen  läppen 
auf  diesem  haupte,  wo  das  diadem 
vor  kurzem  stand  (where  lote  the  diadem  stood) 

Shakesp.  6, 123  {Hamlet  2.  2). 
so  auch: 

swer  nü  des  riches  irre  ge, 

der  schouwe  wem  der  weise  ob  slme  nacke  ste 

Walther  v.  d.  Vogelweidb  19,  3. 
S)  von  dingen,  die  nicht  lose  außiegen,  sondern  auf 
etwas  befestigt  sind,  auch  von  dem  obersten  theil  eines 
gegenständes  selbst:  item  2  Schilling  trankgelt  den  smede- 
knechten,  do  sy  dy  stange  smitten,  do  das  bilde  von 
Präge  nf  stet  Marienburger  treszlcrb.  63,  9  Joachim  (vom 
j.  1400);  und  es  stund  also  oben  auff  den  seulen  wie  rosen 
(jr'r  nt?^   ctej":  trsi   hy^    'vxir's    ide    lilien    gestaltet^) 

1  kön.  7,  22;  der  zwo  seulen  aber  war  ein  jgliche  achzehen 
eilen  hoch,  .  .  .  und  stund  auff  jglicher  ein  ehern  knauff, 
funff  eilen  hoch  Jerem.  52,  22;  so  auch:  lyehnuchus  .  .  . 
ein  liechtstock,  alles  das  darauff  ein  liecht  steht  Cale- 
PINUS  VIII  ling.  (1584)  848»;  anders  (ungewöhnlich):  eine 
unendliche  menge  stuffen  steiget  über  einander  hinauf, 
bisz  zu  derjenigen,  die  auf  der  spitze  der  leiter  stehet 
BoDMER  ahh.  V.  d.  wunderbaren  9. 

f)  von  einer  schieht  über  einer  andern  masse:  bis  ein 
groszer,  weisz  und  braungefleckter  schaumberg  auf  der 
Schüssel  stand  Stifter  granit  s.  13; 

un  somit  kratzt  hei  af  den  schimmel, 
de  äwerall  all  up  de  arwten  stunn, 
un  frat  de  suren  arwten  run 

Reuter  1,  111  Sedmann  {lauschen  1,  45,  39). 
dt«  Vorstellung  einer  gevnssen  höhe  ist  dabei  nothwendig; 
daher  würde  stehen  tn  folgender  stelle  nicht  meAr  mög- 
lieh sein  (dafür  liegen): 

up  dem  angere  scolde  sucker  stän, 

dar  de  w§rden  vrQwen  hen  gän        vruwenlcfXQi. 

b)  Uumen  stehen  auf  ihrem  stamm  oder  stengd,  s. 
Cl.  Hätzlerin  2,  17,  97  unter  I,  B,  3,  b,  y; 

es  stunden  drei  rosen  auf  einem  zweig 
Böhme  volksihüml.  lieder  nr.  125,  1  (Züccalmaouo)  ,• 
alte  weiber  sind  die  strSuche,  dranff  für  zeiten  rosen  stunden 
LOGAU  sinnged.  t.  279,  49  Eitner; 

Mr. 


im  bilde: 

neben  meiner  kindesliebe 
keimt  als  frohe  nachbarblflte 

i'ene  andre  liebe  auf; 
leide  stehn  auf  einem  stamme 
fest  gewurzelt  im  gemüte 

HouwALD  d.  leuchtturm  2,  3,  v.  1071 ; 
so  auch: 

oUs,  wos  auf  würzen 
steht,  blüe  tragt  und  sam, 
das  mähst  du  mit  da  sengsen 
.  .  .  zsamm  ! 
Frz.  Stelzbamer  ausgev.  dicht.  (1884)  1,  142,  18  Sosegger. 

anderes:  duramen  .  .  .  das  hart  räbschosz  so  zä  nächst 
am  stock  steht  CalepinüS  YIII  ling.  (1584)  414»;  gebreide 
steht  auf  dem  halm  *.  l,  b,  ß.  —  wenn  dagegen  auch  von 
blättern  und  fruchten  gesagt  wird,  dasz  sie  an  einem 
bäume  u.  s.  w.  stehen,  so  wird  der  begriff  des  empor- 
ragens  aufgegeben  und  es  bleibt  als  gemeinsame  Vorstel- 
lung nur  die  befeMigung  an  einem  dünnen  stiel,  dies 
scheint  nur  in  der  altem  spräche  vorzukommen: 

dannoch  stänt  vil  schöne;  loob 
in  dem  walde  her  und  dar 

livländ.  reimchron.  5670 ; 
du  bist,  cypressen-baum,  ein  bäum  gerader  höhe, 
dran  aber  niemand  sah,  dasz  sondre  frücht  viel  stehe 
LOGAU  3,  5,  69  («.  89). 

c)  ähnlich  von  gliedern  und  theHen  des  mensehlieken 
(oder  thierischeri)  leibes. 

«)  wenn  von  füszen  oder  beinen  gesagt  wird,  sie  stehen, 
so  ist  dies  in  der  regd  eine  Übertragung  vom  stehen  des 
menschen  aus.  in  diesem  sinne  schon  unter  A,  2,  b  be- 
handelt, es  kann  aber  auch  das  senkrechte  aufragen 
meinen;  stets  mit  näheren  Zusätzen:  Arigo  decam.  261,  24: 
Hesek.  1,  7,  s.  unter  A,  2,  b;  deine  lenden  stehen  (fehlt 
im  urtecct)  gleich  an  einander,  wie  zwo  spangen  hohel. 
7.  1; 

nider  halb  des  chnieraden     an  deme  beine  stant  die  waden ; 

so  sich  da;  bein  recche,  da;  ig  niene  stet  sam  ein  stecche 
Wiener  gen.  15,  2/.  (=  6,  31/.  Diemer),- 

so  wfinschet  ich  das,  wie  dein  {Nestors)  hertz 
also  die  schenckel  auch  aulTwertz 
noch  stünden,  und  desz  leybes  krafft 
bewisz  sein  junge  eygenschafft 
Spreng  Uta»  (1610)  45°  {&g  tot  yovrad'  tnoito  n.  4,  S14); 

dieses  war  die  ander  klag, 

dasz  die  Schienbein  fome  st&nden 

ZiNCGREF  auserl.  ged.  26  neudr. ; 

scherzhaft  gewendet  in  dem  Sprichwort:  hat  frissche  beine, 
aber  stehen  ym  maul  Luther  spracÄw.  251;  vgl.  s.  240 
('er  thut  mit  seinem  maul  grosze  thaten'). 

ß)  von  zahnen:  schrecklich  stehen  seine  zeene  omb- 
her  Hiob  41,  5;  vgl.  Stumpf  Schwt/tzerchron.  &S*>  unter 
I,  B,  3,  b,  y. 

y)  stehen  von  haaren  geht  auf  ihre  dünne,  vergleichs- 
weise lange  form  und  ihr  abstehen  von  dem  haarboden; 
die  Vorstellung  der  verticalen  richtung  ist  dabei  unvxsent- 
lich  (auszer  in  der  sehr  häufigen  Verbindung  zu  berge 
stehen,  s.  unten  8,b,ß):  dein  hauszfraw  hat  unter  ir 
lincken  pruste  ein  warczeln  zu  guter  masse  grosz,  dar- 
umb  sten  pey  sechs  goltfarbe  hare  (dintomo  al  quäle 
son  forse  sei  peluzzi  biondi  come  oro)  Arigo  decam.  147,  i 
Keller  (2,  9);  freier:  er  hatte  ihr  die  schweren  haare  ge- 
lockert, und  sie  standen  wie  ein  dunkler  kränz  um  ihr 
feines,  weiszes  gesichtchen  Hans  v.  Kahlenberg  Eva 
Sehring  (1901)  160  (ähnlieh:  Polen z  Büttnerbauer  155  unter 
I,  C,3,/.a). 

<J)  stehen  vom  köpf  entspricht  dem  falle  a,  8:  das  hertz 
(des  selig  vollendeten  menschen)  kan  nicht  klopffen,  die 
lang  nicht  ziehen  ohn  liebligkeit,  die  zunge  kan  nicht 
reden,  das  haupt  nicht  stehen  ohn  liebligkeit  J.  M.  Mey- 
PART  das  himml.  Jerusalem  (1630)  2,  203;  so  (im  16.  jahrh.) 
sprichw.:  auff  einem  vollen  bauch  steht  ein  frölich  haupt 
S.  Franck  sprüchw.  (l54l)  2,  48»;  ScHElDT  Grob.,  rand- 
bem.  zu  V.  92Sf. ;  es  gehören  volle  kröpff  unnd  schlecker- 
biszlein  darzn,  und  ein  guts  trflncklein,  als  denn  stehet 
auff  einem  vollen  bauch  ein  fröliches  haupt  Mathesiüs 
Sarepfa  (l57l)  9^.  dazu  fest  stehen,  s.  unten  8,  e,  ß. 

l)  dazu  gehört  die  sehr  gewöhnliche  sprichwörtliche  rede- 
weise  ich  weisz  nicht,  wo  mir  der  köpf  steht  zum  aus- 
druck  der  Verwirrung,  rathlosigkeit,  hast :  bisz  endlich  so 

Mr. 


1531 


STEHEN  (II,  B,  i,  c-d) 


STEHEN  (II,  B,  4,  d) 


1532 


ein  rumor  entstünde,  dasz  er  selbst  nicht  wflste,  wo 
ihm  der  kopff  stünde  Weise  erznarren  (1673)  888;  Treu- 
herz, nu?  er  soll  ein  sehr  wichtiger  Staatsmann  seyn? 
Lisette.  ja  —  der  vor  lauter  geschäften  . . .  niemals  weisz, 
wo  ihm  der  köpf  steht  v.  Ayrenhoff  werke  (1803)  3,  196; 
ich  weisz  nicht  wo  mir  der  köpf  steht  Gothe  9,  157, 
17  Weim.  {icette  3) ;  ich  mag  gern  bei  euch  trinken,  das 
ist  gewisz,  aber  das  zeugs  steigt  einem  sogleich  so  in 
den  köpf,  dasz  man  nicht  weisz,  wo  einem  der  köpf 
steht  TiECK  5,  325  (verk.  u>elt2,  5);  ich  helfe  dem  vater 
nor  ein  wenig;  der  arme  mann  weisz  nicht,  wo  ihm 
der  köpf  steht  L.  v.  Franc-ois  d.  htzte  Reckenburgerin 
s.  148.  daneben  mit  modaler  bestimmung  wie  mir  der 
köpf  steht;  und  entsprechend  der  köpf  steht  einem  nicht 
recht  u.  äJinl.;  a.  köpf  II,  A,  4.  b,  a,  <A.  5,  1758;  dazu  noch: 
der  köpf  steht  mir  wie  eine  Wetterfahne,  wenn  ein  ge- 
witter  heraufzieht  und  die  windstösze  veränderlich  sind 
GöTHE  briefe  1,  262,  14  {an  Salzmann,  juni  1771?). 

5)  in  andern  fällen  ist  die  eigentliche  bedeutung  von 
stehen  ganz  verblaszt  und  es  meint  nur  'irgendwo  seinen 
[festen)  platz  haben'  {icofür  jetzt ,  besonders  in  der  Um- 
gangssprache, gewöhnlicJi  sitzen):  bände,  hüften,  s.  Wiener 
gen.  14,  3.  43  unter  I,  B,  2,  e,  ß;  arsch,  gemachte,  vgl.  der  eui. 
wiszh.  betbüchl.  B  8*  unter  I,  B,  2,/,  rj,  aa;  dazu  (in  anderm 
sinne  u.  gröber  als  f);  denn  wir  haben  gar  zu  gute  tage, 
wir  wissen  nicht  (mit  Urlaub),  wo  uns  der  hinter  stehet 
Luther  28,  23,  17  Weim.;  ferner:  und  st6t  auch  der  hals 
ze  nsehst  nach  der  kein  gegen  dem  ruck  Megenberg  19,  2. 
eigenthümlich  ist  die  Umschreibung  für  'prügeln  : 

das  sy  all  söUind  werden  jrleyt 
über  ein  banck,  uszgnon  die  frowen, 
und  man  jnn  da  glatt  soll  abhouwen 
den  kopff,  der  jnn  bym  arszloch  stat 
H.  R.  Manuel  toeinfpiel  379G,  chemo  3907,  3927, 
4012,  vgl.  ferner  3751  und  zur  erkl.  4023#. 

von  theUen  des  köpf  es;  den  ohren.  s.  Alsf.  passionssp.  3409 
unter  I,  B,  i.  d,  6 ;  sieht  aus,  wie  ein  von  Daviden  seine 
rotten  —  so  stehen  ihm  die  ohren  Reuter  2,  85,  22  Seel- 
mann  (strömt.  1,  4).  der  nase:  da  lob  ich  mir  doch  diesz 
plätzchen,  wo  wirklich  die  nase  stehet  (nämlich  über  dem 
munde),  denn  da  kann  man  immer  trinken,  auch  zu- 
gleich riechen  und  so  doppelt  genieszen  maler  Müller 
1,  168;  bes.  den  äugen:  da  sähe  ich,  .  .  .  das  dem  weisen 
seine  äugen  im  heubt  stehen  (Iffsna  i'j«>-  aan.n  „der  toeise 

:         T  ••  TT  V 

hat  seine  äugen  im  köpfe"),  aber  die  narren  im  finsternis 
gehen  pred.  Sal.  2, 14;  grosse  äugen  bedeuten  ein  geytzigen, 
gefrässigen  menschen,  und  zuvor,  wann  sie  vorder  im 
haupt  stehn  Paracelsus  opp.  (1616)  l,  912A;  sein  bren- 
nendes äuge  stand  tief  im  köpfe  Tiegk  8,253;  ihr  volles 
gesiebt .  .  .  war  nicht  unschön,  merkwürdig,  fast  heraus- 
fordernd leuchtende  blaue  äugen  standen  darin  Zahn 
in:  'unterm  firnelicht'  s.  337; 

ich  wolle  da;  ir  ongen  an  ir  nacke  stUenden 

Walther  v.  d.  Vogelweide  56,  3. 

if)  stehen  nieht  nur  von  gliedern,  sondern  auch  sonst 
von  theilen  des  körpera,  wie  siüeken  fleisch,  z.  b.  einem 
oehsenbratenstück,  s.  Lindener  Katzip.  154  unter  I  C,  3, 
d,  ß;  wie  von  allerlei  dingen  und  eracheinungen  am  körper, 
geaehicüren,  narben,  flecken  u.a.w.:  so  vil  die  pestilcntz 
geschw&r  oder  carfunckcl  belangt,  ist  zuwissen  ...  die 
flchwartzen  sindt  am  allersörglichsten  und  ärgsten,  für- 
nemlich  so  sie  nahe  bei  den  emunctorijs  und  disen  orten 
stehn  Sebiz  feldb.  (1579)  a.  65;  ein  stück  der  starken 
und  freien  stirn  ragte  aus  den  binden,  aber  zwei  narbun 
Ktanden  darin  Zahn  die  da  kommen  und  gehen  86;  der 
diencr  .  .  .  hatte  wohl  dort  geschlafen,  auf  der  einen 
wangc  stand  ein  roter  fleck  Kryserli.ng  bunieherten  170. 

d)  häufig  wird  stehen  von  dingen  und  erscJieinungen 
am  himmel  gesagt,  wo  es  auf  die  höhe  ihres  Standorte« 
geht  (vgl.  unten  7,  b) : 

a)  so  beaondera  von  geaUmen;  Bunächnt  der  aonne:  die 
encheinung  ist  so  natürlich  als  der  tag  wenn  die  sonne 
am  himmel  ileht  Tieck  6,  7>  {Lovdli.  \t);  die  tonne 
steht  glutrot  auf  dem  gcbirgc,  der  abendwind  erhebt  sich 
E.  Tb.  A.  HoPFUANN  «,  7  Qri*ebaeh;  längst  ist  die  nacht 
vergangen  und  die  sonne  steht  itbor  den  bergen  Pocci 
UtH.  komlkli4hbücld.  t  (Ml),  sao; 

Mr. 


dazu: 


als  lang  die  sonn  am  himmel  steht 
Spreng  Jl.  (1610)  273  >>  (dvvta  6'  is  i^ÜMy  i«,  308); 

dämmrung  zerflog,  und  die  mittagssonne 
stand  hoch  am  himmel  Hölty  85  Halm; 

durch  die  dämmerung  der  thränen 
seh'  ich  ferne  sonnen  stehn 

Tieck  4,  305  (Magelona  4) ; 


mit  näheren  Ortsangaben:  hoch,  niedrig  stehen,  a.  unten 
7,  b;  anderes:  die  sonne  steht  (um  den  21.  märz)  gleich- 
weit von  beiden  polen  über  der  erde  Hebel  3,  160;  mit 
bezug  auf  die  Verschiebung  der  Sonnenbahn  am  himmel, 
die  nach  den  stembildern  des  'thierkreises'  bestimmt  wird: 
die  sonne  steht  im  zeichen  des  Widders,  Steinbocks  oder 
im  Widder  u.  ähnl.:  der  thierkreis.  er  steht  aber  noch 
viel  höher  am  firmamente,  als  die  sonne,  und  sie  steht 
von  hier  aus  betrachtet  immer  zwischen  den  zwei  linien, 
die  seinen  rand  bezeichnen,  und  in  einem  zeichen  der- 
selben, denn  ob  sie  gleich  noch  weit  herwärts  des- 
selben steht,  so  meint  man  doch  wegen  der  sehr  groszen 
entfernung,  sie  beGnde  sich  in  dem  zeichen  selbst,  wenn 
sie  aber  heute  in  dem  zeichen  des  Steinbocks  steht. . .  159; 
im  dezember,  wenn  die  sonne  in  der  gröszten  ferne  vom 
Wendekreis  des  krebs  steht,  steigt  das  thermometer  am 
Senegal  .  .  .  auf  93  gr.  Fahrenh.  Ritter  erdkunde  (1822) 
1,  302;  von  da  atis  übertragen:  die  sonne  steht  in  deinem 
zeichen  —  dein  glück  wird  reifen  und  gedeihen  Hensler 
Donautceibchen  1.  tJi.,  l,  17  vgl.  unten  y  zu  ende. 

ß)  vom  mond:  der  mond  hob  sich  mehr  imd  mehr 
und  stand  endlich  klar  an  dem  warmen  sommerhimmel 
Stifter  .s,  201 ; 

so  offt .  .  .  bey  der  nacht  am  klaren  himmel  stehet 
der  helle  mohn  mit  seinem  vollen  scheine 

Spangeniierg  grtech.  dramen  1,  101  Dähnhardt 
(Eur.  Alk.  957  =  navvixov  atXdras  Alk.  451); 

da  steht  der  mond !  verweile, 
verweile,  lieber  mond 

Schubart  ged.  (1787)  2,  89  ('an  den  mond'); 

und  als  der  mond  am  himmel  stand, 
die  liebchen  schwimmen  tot  ans  land 

MÖRIKH  ged.'  188; 

sehr  häufig  der  mond  steht  über  etwas:  das  licht  des 
mondes,  der  oben  mit  seinen  hörnern  übtr  der  bergspitze 
stand,  begrüszte  sie  freundlich  Tieck  4,  220;  der  mond 
stand  senkrecht  über  der  häusergruppe  und  legte  einen 
fahlgrauen  Schimmer  über  die  bretterdächer  Stifter  2,  25; 
dafür  ungewöhnlich: 

mit  erstorbncm  scheinen 

steht  der  mond  auf  todenstillen  haynen 

Schiller  l,  106; 
sonst: 

sam  der  liebte  mflne     vor  den  stemen  stiLt 

Sib.  282, 1. 

y)  von  stemen:  des  abends,  wann  die  sternen  am 
himmel  stehen,  la  sera,  quando  appariscono  le  stelle 
Kramer  dict.  2,  927<=;  den  holden  paradies-stern ,  der 
mitten  am  himmel  voll  reiner  Unschuld  stand  maler 
M ü LLER 1, 87 ;  keine  sterne  standen  am  himmel  Göthb  18, 253 
(Wilh.  Meister  3,  8) ;  das  chor  der  gcstirne  stand  am  dunkeln 
himmel    Novalis  4,  I6I  Minor  (üfterd.  1,  6); 

die  steren  auch  am  himmel  stehn, 
darbey  man  schlafTen  ptlegt  zugehn 

Sprk.ng  Aeneit  (IGIO)  82*  (madentome 
cadentia  aidera  «omiuw  Aen.  9,  9) ; 

es  stehen  drey  stemen  am  himmel, 
die  geben  der  lieb  ihren  schein 
vdksl.  bei  Herder  S6,  140  Suyhan  (vo/M.  1,  1,  6); 

eben  grauet  der  morgen,  noch  stehen  die  sittemden  sterne 
an  der  wAlbung  des  nimmels 

Hbbbbl  8,  977  Werner  (mii/ter  tt.  Und  1,  IV 

ao  auch:  es  stehet  ein  comet,  «^i,  doi  «t  vede,  appare 
uno  cometa  Kramer  a.a.O.;  zur  zeit,  als  der  grosse, 
erschrerkliche  comet  gestanden  ist  999 >>;  mit  tuaätMn: 
und  betrifft  den  cometen,  der  Jetzt  xn  gegen  steht  Pa- 
racelsus opp.  (1616)  8,  6S7  A; 

oder  daax  blulMth  ein  komel 

gar  nilhcngleich  durch  sterne  steht 

OOthb  8,  199; 

von  nun  an  soll  »ein  (Amor$)  schOoes  bild 

am  «ternenhimroel  »tenn         1,60  {ncrtmt>rrl .y. 


Mr. 


I 


1533 


STEHEN  (II.  B,  -i  d) 


als  -wir  .  .  .  nach  der  gegend  von  Florenz  hinsahen, 
riefen  wir  beide  zugleich  aus :  gott  im  himmel !  was  ist 
das  für  ein  zeichen,  das  über  Florenz  steht?  es  war 
wie  ein  groszer  feuerbalke,  der  funkelte  ...  34,  261 
(Cellini,  1.  th.,  2,  6).  ferner  mit  Ortsangaben:  und  secht 
den  stem  den  sy  sahen  in  osten.  der  ging  vor  in:  bis 
das  er  kam  er  stund  oben  do  daz  kint  was  erste  deutsche 
bibel  1,  s.  10,  53  Kurrelmeyer  (Matth.  2,  9  =  cod.  Teplen». 
i,  8);  wenn  er  {der  stem)  uns  näher  stände  als  sie  (die 
sonne)  Wieland  3,  «7  (Ag.  16,  2).  sonst  urird  die  läge  gern 
in  bezug  auf  andre  sterne  bestimmt,  bes.  in  bezug  auf  die 
zeiehen  rfes  'thierkreises' :  der  Saturnus,  ...  im  löwen 
stehendt,  macht  lange  lebende  G.  Nigrinos  f.  zäuberem, 
hexen  usw.  (1592)  s.  1.^3;  *.  ax*ch  Oswald  von  Wolken- 
STEIN  79,  68  unter  I,  B,  2,/,  6,  cc.  dafür  modale  ausdrticks- 
loeise:  das  ich  weis,  .  .  .  wie  das  jar  herumb  laufft,  wie 
die  stem  stehen  (ßviavrwv  xvxXovq  xal  darsQOJv  &easic) 
xoeish.  Sal.  7,  19.  insbesondere  ergiebt  die  Stellung  der 
'planeten  {sonne  und  mond  eingeschlossen)  zu  einander 
und  zu  dem  thierkreise  die  'consteüation'.  aus  der  früher 
die  astrologie  das  Schicksal  des  unter  ihr  geborenen  men- 
schen wahrsagen  zu  können  glaubte:  wie  seynd  zur  selben 
zeit  die  planeten  gestanden?  Kramer  dict.  2,  929"»;  am 
28ten  august  l7-i9  .  .  .  kam  ich  .  .  .  auf  die  weit,  die 
constellation  war  glücklich ;  die  sonne  stand  im  zeichen 
der  Jungfrau,  und  culmintrte  für  den  tag  .  . .  Göthb  24, 11 
{dicht,  u.  icahrh.  l); 

wie  an  dem  tag,  der  dich  der  weit  verliehen, 
die  sonne  stand  zum  gmsze  der  planeten, 
bist  alsobald  und  fort  und  fort  gediehen, 
nach  dem  gesetz  wonach  du  angetreten. 

3,  101  (urtrof*«); 

{danken:)  sieh,  ich  hab'  es  ausgerechnet,  .  . . 

wo  die  sonn'  und  mein  planet 
stand,  als  ich  don  Karl  erblickte 
MCllner  ichuld  4,  5,  f.  2116 ,  «.  auch  f.  2129/. 

so  dann  auch:  bei  meiner  gehurt  standen  glückliche  sterne 
TiECKi,  86;  über  deiner  mutter  kindheit  haben  helle 
sterne  gestanden  Fontane  l,  37;  ist  das  gestim  im  men- 
schen, wie  der  himmel  gestanden  ist  zu  seiner  zeit  der 
gehurt  Paracelsus  opp.  (1616)  2,  510  A. 

S)  wölken:  seht,  wie  das  feld  wüst  ist  dorthin,  die 
sandigen,  kahlen  hfigel,  fiber  denen  die  dunkeln  regen- 
wolken  stehn  Tieck  5,  83  {blaubart  3,  2);  wenn  ein  weiszes 
wölklein  über  ihm  {d.  see)  steht,  so  kommt  ein  gewitter 
Stifter  granit  s.  31 ; 

so  weit  die  wolcken  immer  stehn, 
und  die  gestirnten  kräise  gehn 

Treuer  deutscher  Dädalvs  (1675)  t.  66 ; 
keine  schwarze  Wetterwolke, 
welche  hagelschauer  trägt, 
wenn  sie  stumm  von  ferne  steht, 
droht  so  düster  Zschokke  ÄbeUinoS,*; 

vgl.  auch: 

nnd  was  fQr  zeichen  am  himmel  stehn, 

licht  oder  Wetterwolke  Storm  8,  265 ; 

{im  bilde:)  warum  sollt'  ich  dir  die  wetterwblke  zeigen, 
die  über  deinem  scheitel  steht?  Schiller  5,  2,  85  {dorn 
Karl.  4,  8);  bildlich:  auf  des  prinzen  stirne  standen  wöl- 
ken, als  ich  zu  ihm  hereintrat  4,  318;  regen  und  Sonnen- 
schein können  sich  am  himmel  zehn  mal  abgelös't  haben, 
in  deinem  gesiebt  steht  .  .  .  immer  noch  die  alte  wölke! 
Hebbel  2,  17,  17  Werner  {Mar.  Magd,  l,  4).  so  auch  ein 
gewitter  steht  am  himmel  «.  ähnl.,  s.  Kretschmann 
5,  94  unter  I,  B,  3,/,  y,  bb;  das  gewitter  hatte  sich  nun 
vollständig  entwickelt  und  stand,  als  dunkle  mauer,  an 
dem  himmel  Stifter  5,  l,  79;  das  gewitter  steht  über 
meinem  hause,  der  blitz  wird  gleich  einschlagen  Ebner- 
EscHENBACH  4,  138;  das  gewitter  ist  weit  fortgezogen  und 
steht  am  fernen  horizont  als  ein  stummes  wetterleuchten 
Seidel  2  [vorstadtgesch.),  184.  von  einem  nebel:  wir  sahen 
von  weitem  die  dent  du  vaulion,  über  einem  nebel  der 
auf  dem  see  stand  hervorsehen  Götiie  briefe  4,  lOl  ,7  {an 
Ch.  V.  Stein  d.  28.  oct.  1779). 

t)  eine  allmähliche  Verflüchtigung  der  concreten  vwrateUung 
tagen  die  fälle,  wo  stehen  von  allerlei  lichtersclieinungen 
am  himmel  gesagt  wird,  so  vom  regenhogen,  s.  d.  sfüdfechr. 
4,  241,  7  unter  I,  B,  3,  e;  einen  regenbosen,  der  eine  Viertel- 
stunde steht,  sieht  man  nicht  mehr  an  Güthe  42,  8,  185, 
17  Weim.. 

Mr. 


STEHEN  (II,  B.  4  d-5,  o)  1534 

wenn  zu  der  regenwand 

Phöbns  sich  galtet, 

gleich  steht  ein  bogenrand 

farbig  beschattet  Khr.  5,  15; 

es  stehet  ein  regenbogen 

wohl  über  jenem  haus  !  1,  94. 

morgen-  und  dbendrot: 

nnd  als  vergangen  war  die  nacht, 
nnd  stand  am  wald  das  morgenrot 

MÖRiKK  ged.^  79; 

dahinter  am  horizont  stand  feuerfarben  das  abendroth 
Storm  l,  187;  über  der  stadt  .  .  .  stand  nur  noch  ein 
fahler  schein  am  himmel  189.  femer  auch  vom  tage: 
heute,  wo  ein  so  schöner  pfingsttag  am  himmel  steht 
Arnim  l,  241;  ich  .  .  .  schlief  recht  fest  bis  an  den 
morgen,  da  schon  der  helle  tag  an  dem  himmel  stand 
Stifter  sämmtl.  irerke  2,  240.  von  der  nacht:  die  gant^e 
weit  hatte  ein  helles  Hecht.  .  .  .  allein  über  diesen  stund 
ein  tiefTe  nacht  {fiövoig  6*  ixsivotg  insxaxo  ßagüa  vv^ 
tceish.  Sal.  17,  21;  noch  märchenhafter  war  es,  wenn  eine 
schöne  voUmondnacht  über  dem  ungeheuren  dunklen 
Schlummerkissen  des  waldes  stand  und  leise,  dasz  nichts 
erwache,  die  weiszen  traumkörner  ihres  lichtes  darauf 
niederfallen  liesz  Stifter  s.  werke  l,  262;  so  femer:  er 
.  .  .  legte  das  haupt  darauf,  da  die  finsternisz  schon, 
wie  eine  mauer,  um  ihn  stand  3,  321.  —  anderes,  unge- 
wöhnlicheres in  der  poesie;  so  {mit  dem  begriff  des  ruhigen, 
gleiehmäszigen] : 

das  mondlicht  .  .  . 
streut  alle  seine  Schimmer  rein, 
die,  wie  sie  wolkenflor  umwebt, 
bald  auf  dem  dache,  wie  belebt, 
sich  kräuseln,  in  den  fenstem  drehn 
und  bald  wie  eine  lampe  stehn, 
die  halb  der  grüfte  dunkel  bricht 

A.  V.  Droste-Hülshoff  (1879)  2,  37; 

mit  ihrem  kind  zur  höhe  braust 

der  aar,  der  es  geraubt! 

noch  sieht  das  wickelband  sie  weh'n 

in  der  krystallnen  luft, 

dann  sieht  sie's  wie  ein  pünktlein  steh'n 

im  femeblauen  dufl 

Keller  10, 137  {Aroleid). 

^  audi  der  himmel  selbst  steht  über  der  erde:  wo  der 
himmel  über  dir  steht,  ist  er  (gott)  stets  bei  dir  Bräkfr 
d.  arme  mann  im  Tockenhurg  62  Red.;  hoch  stehen  die 
saphimen  gewölbe  des  himmels  maler  Müller  l,  78; 
am  rande  derselben  {der  erde)  ...  ist  gleichsam  der 
himmel  an  sie  angefügt,  der  wie  eine  grosze  hohle  halb- 
kugel über  ihr  steht  und  sie  bedeckt  Hebel  3,  152;  so 
weit  ich  laufen  mochte,  ich  sah  nichts  anderes  als  die 
öde  baumlose  gegend  und  den  kalten  grauen  himmel, 
der  darüber  stand  Storm  4,  73. 

5)  in  andern  fällen  fehlt  auch  diese  nuanee,  sodasz 
stehen  nur  das  siehbefinden  an  einem  bestimmten  ort  aus- 
drückt, vgl.:  'sehr  häufig  verliehret  sich  der  begriff  der 
kleinsten  fläche,  und  da  bedeutet  stehen  blosz  steh  an 
einem  orte  befitiden,  oft  ohne  allen  nebenbegriff,  oft  mit 
dem  nebenbegriffe  der  ruhe,  oft  aber  auch  der  dauer,  des 
daseyns  u.  a.f  Adelung  (2,  2).  so  schon  4,  c,  ^.  tj  u.  a. 
hier  sind  besonders  einige  häufige  und  meihr  oder  weniger 
feste  gebrauchsiceisen  zu  encähnen. 

o)  in  der  altern  spräche  öfter:  ein  edelstein  steht  in 
gold  {in  seiner  fassung) :  wie  ein  smaragd  in  schönem 
golde  stehet  Jesus  Syr.  32,  8  (=  aipgayiq  äv&Qaxog  inl 
xoafnp  XQvaüi  35,  5);  ein  riesz  helt  ein  ring  darinn  ein 
edelgestein  stehet,  vester  denn  ein  kind  von  sieben  jaren 
Mathesius  Sarepta  (l57l)  52'';  anders:  und  sie  machten 
das  schiltlin  .  .  .  und  ffllleten  es  mit  vier  riegen  {edel-) 
steinen  .  .  .  und  die  steine  stunden  nach  den  zwelfT 
namen  der  kinder  Israel  2  Mose  39,  14; 

der  beiden  tmog  ein  kurstt  .  .  . 
dau:  an  staont  manc  tiwer  stein 

Pars.  756,  29. 

dann  auch:  instita.  das  gebrem,  der  schweifT  oder  beleg 
an  einem  kleid,  was  oben  drauff  steht,  auJF  den  zeug 
genähet  ist,  inserta  (3orvinüS  fons  latin.  887.  —  ähnlieh 
bergmännisch,  metall,  erz  steht  in  einem  gestein:  ausz 
Schwatz  im  Inthal  bin  ich  mit  federweisz  und  schönen 
malachiten  versehen,  vom  Stalberg  ausz  der  Pfaltz  mit 
einem  schönen  kisz,   darin  qucck  oder  weich  silber  ge- 

Mr. 


1535 


STEHEN  (U.  B,  5,  a-d) 


STEHEN  (H,  B,  5,  d— 6,  a) 


1536 


standen  Mathesios  &»r.  lorr.  8";  und  sein  dieselbigen 
igtsteinsarten)  vor  sich  allein,  ohne  ander  eingesprengt 
ertz,  oder  das  biszweilen  darinnen  stehet,  selten  reich  an 
Silber  L.  Ercker  mineral.  erzt  u.  bergkw.  arten  (1580)  4». 

b)  von  waaren  {voofür  jetzt  eher  liegen,  soweit  nicht 
unter  8,  e  u.  s.  w.  fallend) :  die  wahren  stehen  in  seinem 
banse,  U  robbe  atanno,  sono  in  casa  stia  Kramer  dict. 
2,  928 »>;  dem  herrn  .  .  .  verhalte  daneben  nicht,  dasz  ich 
jetzo  eine  zimliche  parthey  guter  wolle  stehen  habe,  die 
ich  unib  die  billichkeit  zu  verhandlen  gemeinet  Hars- 
DÖRPFER  t.  secretarius  1  (1656)  Ddd  8".  —  bagage  steht  in 
einem  gastzimmer,  s.  Stephanie  unter  I,  B,  2,  g,  y. 

c)  noch  jetzt  sagt  man  von  der  erde,  dem  boden,  dasz 
sie  (er)  steht,  im  sinne  des  beharrens  und  der  unerschütter- 
lichen festigkeit:  schweben  keine  bayrische  lanzen  über 
mir,  so  steht  doch  noch  Bayerns  boden  unter  mirl  dar- 
auf steh'  ich  fest  wie  eine  eiche  Babo  Otto  v.  Witteis- 
baeh  5; 

wir  können  mhig  die  Zerstörung  schauen, 
denn  sturnifest  steht  der  boden,  den  wir  bauen 

Schiller  18,  187  (jungfr.  v.  Orl.  prol.  3); 

so  dann  auch: 

wo  stund  jetzundt  die  weit,  wo  were  wol  ihr  grundt 
wenn  man  das  klare  liecht  von  euch  nicht  haben  kUndt 
M.  Opitz  poemata  s.  18,  83  neudr.; 

wo  vordem  paradiese  nur  stunden 

Klopstock  Meat.  2,  516,  «.  I,  B,  3,  c,  f ; 

das  grab  steht  unter  wilden  beiden ; 
das  grab,  worin  der  heiland  lag 

Novalis  4, 102  Minor. 

(im  letzten  falle  trürde  man  in  prosa  liegt  sagen.) 

d)  sehr  gewöhnlich  ist  stehen  von  allerlei  geuässern. 
diese  Verbindung  ist  wohl  dadurch  begünstigt,  dasz  man 
sonst  stehen  vom  wasser  gebraucht  als  gegensatz  zum 
ftieszen,  s.  unten  13,  b;  und  selbstverständlich  sagt  man 
stehen  in  diesem  sinne  zunächst  von  stehendem  wasser. 
doch  wird  der  gegensatz  nicht  immer  empfunden,  meist 
mit  Ortsangaben:  in  den  muldcn  des  eises,  das  über  dem 
schnee  lag,  stand  wasser  Stifter  sämmtl.  werke  2,  240; 
besonders  wasser  steht  über  einer  fläche:  rechts  vom 
Stege  .  .  .  sind  die  wassergräser  menschenleibs  lang 
niedergedrückt,  und  darüber  steht  eine  pfütze  Ludwig 
2,  146;  über  Sodom  und  Gomorrha  steht  das  todte  meer 
Raabe  hungerpastor*'^  118;  doch  auch:  der  fuszboden 
drinnen  war  unsicher  geworden  und  hier  und  dort  konnte 
man  durch  die  ritzen  in  den  dielen  auf  das  darunter 
stehende  wasser  sehen  Storm  l,  71;  wie  der  see,  der 
grau  und  trübe  unter  einem  nebelhimmel  gestanden  hat 
L.  V.  FRANgois  d.  letzte  Reckenburgenn  a.  91;  so  besonders- 
von  Überschwemmungen  u.  dergl. :  und  das  gewisser  stund 
auff  erden  hundert  und  funfTzig  tage  l  Mose  7,  24;  mit 
der  tieffe  deckestu  es  (d.  erdreich),  wie  mit  einem  kleid, 
und  wasser  stehen  (o'O-ncy^)  über  den  bergen  pa.  104,  6; 

da  zuvor  wasser  stund  sähe  man  trocken  land  erfur 
kernen  (ßx  6h  TiQOvtpeaxwxoq  vöatoq  ^rjQäc  aväövaiq 
yijg  i^ewQT]^)  weish.  Sal.  19,  7;  die  hohe  fluth,  welche 
fünfzehn  eilen  über  den  höchsten  gebirgen  gestanden 
Göthe  «2,  180  (wanderj.  2,  10).  ao  auch:  der  strohm 
stand  weit  und  breit  ausgetreten,  seine  ufer  waren  un- 
zugänglich Niebuhr  röm.  geach.  1,  151.  stehen  von  den 
regeltnäszi'/en  'stehenden'  gewäaaern,  aeen.  teichen  u.  ähnl., 
gehört  mehr  der  altem  apraehe  an:  pinz  (binae)  . . .  wehset 
gern  in  pfUeln  und  an  mosigen  steten,  dft  sfe  stftnt  Meoen- 
BERO  890.  24;  und  wo  es  zuvor  trocken  ist  gewesen,  sollen 
teiche  stehen,  und  wo  es  dflrre  gewesen  ist,  sollen  brunne- 
quellen  sein  Jea.  86,  7;  vgl.  dazu:  'maria'  vocat  scriptura 
alle  grosse  deich  und  sehe,  wo  das  wasser  über  eim 
baaffen  sthet  Luthbr  17,  l,  4M,  8  Weim.  vollenda  ver- 
aUti  iH: 

ein  bmnne  Mi  pt  Karuunt      Pan.  858,  80. 

M  dann  awh:  auf  Ball's  bank  sind  e  faden  wassertiefe 
ond  bei  sohleehtetn  weiter  steht  dort .  .  .  eine  brandung 
Weaen.  nr.  »057  (6.  oet.  1868),  ».  **.  —  naUlrlich  auch  von 
ond$m  flüsaigkeUen: 

{du  1a*iben)  Uachten  ihre  •chnlb«'!  in  den  wein, 
MT  Usr  ond  da  Boeh  stand  in  kleinen  loon 

A.  W.  SciiLBOBL  Ion  «.  104. 

Mr. 


freier:  ich  blieb  noch  auf  dem  gipfel  stehen  und  athmete 
aus  dem  meere  von  luft,  das  um  mich  stand  Stifters,  112; 

im  tiefen  west  der  Schwaden  grollte, 
es  stand  die  luft,  ein  siedend  meer 
A.  V.  Droste-HClshoff  1. 186  (e.  sommeriagttr.). 

e)  sehr  häufig  dann  auch  von  wasser-  und  andern 
tropfen. 

«)  von  vMSsertropfen;  ao  von  thau: 

morgens  wann  die  sonn  aufgeht 
und  der  thau  im  grase  steht 
A.  Hartmann  volksachautp.  in  Baj/em  347,  2. 

ß)  von  harztropfen:  nach  einer  weile  kam  er  zu  ver- 
stümmelten stammen,  von  denen  pech  herabrann  .  .  . 
die  durchsichtige  flüssigkeit  quoll  in  der  sonne  aus  der 
rinde  hervor,  und  die  tropfen  standen  wie  reines,  ge- 
schmolzenes gold,  das  in  einem  h&utchen  hing  Stifter 
d.  waldsteig  35;  auf  den  röthlichen  fichtenstämmen  stan- 
den goldklare   harztropfen    Seidel  2  (vorstadtgesch.),  55. 

y)  bea.  in  bezug  auf  den  menschen ;  von  schweisztropfen: 
tief  aus  der  brüst  zieht  er  den  atem,  tropfen  stehen  auf 
der  stirn  E.  Th.  A.  Hoffmann  l,  13  Orisebach  (fantasieat. 
1,2);  helle  schweisztropfen  standen  auf  seiner  stime 
M.  V.  Ebner-Eschenbach  4,  32; 

die  tropfen  stehn  ihm  auf  der  stime 

Werner  M.  Luther  4, 1,  v.  8494. 

dann  auch:  ach,  er  ist  schon  geängstigt  genug;  seht  nur, 
wie  ihm  der  schweisz  auf  der  stime  steht  Tieck  5,  94; 
dem  poeten  stand  der  schweisz  auf  der  stirne,  weil  er 
keinen  verstand  in  sein  naturgedicht  bringen  konnte 
Bonaventura  nachticachen  134,  20  Michel;  ich  taumle 
und  der  angstschweisz  steht  vor  meiner  stirne  Arnim 
16,  194  {Halle  u.  Jerus.  3,  5). 

S)  noch  häufiger  von  thränen:  die  thränen  stehn  ihm 
in  den  äugen  Göthe  8,  89  {Oötz  v.  Berl.  3);  thränen  stan- 
den ihr  im  äuge,  als  sie  im  fortfahren  sich  nochmals 
umwendete  20,  S4  (Wilh.  Meister  7,  4);  Lucidorn  standen 
die  thränen  in  den  äugen  als  er  beifall  gab  21,  138 
(icanderj.  1,  8);  uns  standen  die  tränen  in  den  äugen 
Schiller  2,  69  (räuber  2,  2);  in  vielen  äugen  stand  die 
thräne  der  hohen  begeisterung  Tieck  8,  34;  dasz  er  mich 
oft  zehnmal  an  einem  tage  fragte,  ob  ich  ihn  lieb  hätte 
und  wenn  ich  es  zuweilen,  auch  nur  zum  spasz  ver- 
neinte, stunden  ihm  gleich  die  hellichten  zähren  im 
äuge  brief  vom  24.  apr.  1792  bei  0.  Jahn  W.  ä.  Mozart 
1,  30;  thränen  des  zornes  standen  in  ihren  äugen  M.  v. 
Ebner-Eschenbach  i,  138; 

nie  mir  in  den  äugen  stehen 
zehren  grosser  traurigkeit 
Harsdörffer  /rauenz.  gctprechtpiele  (1641—9)  2,  326; 

stirb,  prophetischer  greis!  .  .  .  dasz  sie  dir  rinne,  steht 
schon  die  freudige  thrftne 
in  dem  auj:e  der  himlisclien 
Klopstock  öden  1, 107  Muncker- Pawel  {'an  Young'); 
ein  z&hrlein  ihr  im  äuge  steht 

Schubart  eämmtl.  ged.  (1826)  8,  73; 

wem  flieszt  die  zfthre,  die  auf  jeder  wange  steht, 
der  trauer  heroldin?        Höi.ty  «.  44  Halm. 

dafür:  hierzu  fing  auch  meister  Janotus  von  Mattbruch 
weidlich  an  zulachen,  eben  so  sehr  als  sie,  das  jnen 
das  wasser  in  den  äugen  gestund  (l.  ausg.:  stund),  durch 
die  hefriige  erregung  der  substantz  des  hirnes,  dadurch 
diese  zftherliche  feuchtigkeiten  auszgetrocknet  und  zu 
dem  gesichtlichon  glid  oder  optischen  ncrfon  auszzu- 
rinnen  getriben  worden  Garg.  a.  246  neudr.  (28.  cop.); 

dasz  wasser  ihm'  in  sagen  stund 
Spangbnbbro  grifch.  dramen  1. 138  Dähnhardt 
(Eur..  Ale..  1604,  v.  1988  »  88« :  ifift  Wd»»  doxpvppooOr). 

c)  adtnerta;  von  blulatropfen : 

da  tausend  tropfen  blut  um  nifinn  stime  stunden 
(c«ifi  fron»  mea  miUe  $udori*  autti$  notaretur) 
Hofmannowaldau  bei  Steinbach  f 

von  achaum:  bemerktest  du  nicht,  wie  ihm  ((do- 
tier schäum  vor'm  maul  stand?  HBin 

6)   aehr  getcöhnlich   mit   ortab«»timv> . ■ 
meisttn  der  ai{fg^fUhrtan  beiapid«  (vgl.  A.  7). 

a)  mit  ortaadv«rbien.  nahe,  ferne  stehen;  mit  sinemo 
oh<^teflngere  . . .  Ukg  Ist  ter  nahOst  temo  dfimen  stAt.  tfr 
dnh   index  hÄljet  Notkbr  l,  768.  16  Pi/w  {Marc.  Cap.  i, 

Mr. 


1537 


STEHEN  {II,  B,  6,  a-h) 


STEHEN  (II,  B,  6,  6-7,  a) 


1538 


53);  ein  angepflöcktes  füllen,  dem  er  mitleidig  zuschante, 
wie  es  im  kreise  die  sparsamen  halme  abfrasz  und  ver- 
geblich sich  mühte  die  ferner  stehenden  zu  erreichen 
Hausrath  pater  Maiemus  s.  274.  vgl.  Schwartzenberg 
unter  I,  B,  3,  b,  y.  abwegs,  s.  Hans  Sachs  i,  3,  IT**  unter 
1.  d,  <;. 

an  den  dürren  stamm  mich  lehnen 
maszt'  ich,  der  daneben  steht 
MüLLNEE  dram.  w.  I,  22  (d.  29.  febr.  3,  v.  254). 

gegenüber,  ».  ThOmmel  reise  9,  156  und  Göthe  br.  8,  5 
unter  l,  d.  t,.  rj  (zugegen  Paracelsus  2,  637  unter  4,  d,  y). 
drinnen,  drauszen  u.  ähnl.:  so  standen  die  linden  halb 
in  der  wohnung,  halb  aussen  maler  Müller  l,  58; 

Stanffachers  hans  verbirgt  sich  nicht,    zn  änserst 
am  ofnen  heerweg  steht's 

Schiller  14,  287  {Teü  1,  2). 

vorne,  s.  Zinkgref  unter  4,  e,  a.  anders:  die  immer 
grünen  bäume  stehen  auch  hin  und  wieder  Göthe  br, 
8,  78  (an  Ch.  V.  Stein  d.  8.  dec.  86). 

b)  mit  Präpositionen :  das  glas  stehet  auf  dem  schranke, 
im  fenster,  im  ofen  u.s.f.  Adelung  l;  der  altar  steht 
in  der  kirche,  der  bäum  am  wasser,  das  haus  auf  einem 
berge  2,  2;  im  einzelnen: 

a)  an  einer  stelle:  die  bäume  stehen  hier  an  keiner 
guten  stelle  Campe  l.  sonst  an  =  neben:  an  arietis 
hörnen  stänt  filo  glate  st6men  fiere  Notker  l,  750,  22 
Piper  (Marc.  Cap.  i,  40);  er  suchte  schütz  unter  einer 
am  wasser  stehenden  linde  Storm  i,  29; 

ach  da  standen  blumen  an  dem  flusse 

GöTHB  2,  189  (Amor  als  landtchaftsm.) ; 

der  's  (d.  haus)  gebaut  vor  fünfzig  jähren 
sieht  es  noch  am  wege  stehn 

4, 143  Weim. 

^  a  n  f  etwas,  s.  4,  a.  b.  auf  einem  platze :  aber  sie 
kehreten  nicht  im  wirthshause  ein,  sonder  setzten  sich 
unter  die  linde,  die  auf  dem  platz  zwischen  der  kirchen, 
dem  pfarrhof  und  dem  wirthshaus  stunde  Simpl.  sehr. 
3.  309,  11  Kurz  {vögeln,  i,  4).  auf  halbem  wege,  *.  Mon- 
tan US  84, 6  unter  1,  a,  a.  —  auf  einem  boden :  auf  ebenem 
boden  Klinger  3,  265;  auf  der  erde  {'par  terre')  Eulensp. 
s.  72,  8. 1,  d,  6  und  &;  auf  muttergrund  Göthe  47,  79  unter 
I,  B,  3,  /,  y,  cc.  so  femer:  seine  saat  stehet  dicke  bey 
den  quellen  {var.:  auff  dem  acker),  und  sein  haus  auff 
steinen  Hiob  8,  17  {falsche  übers.);  {im  bilde:)  die  nach- 
komen  der  gottlosen,  werden  keine  zweige  kriegen,  und 
der  ungerechten  wurtzel  stehet  auff  einem  blosen  felsen 
(xal  QCQai  axäd-aproi  in  äxQOxöfjiov  nixQaq)  Jes.  Syr. 
40,  15;  das  kleine  haus  am  kirchhügel  des  armen  dorfes 
Grunzenow  ist  gefeit,  es  steht  auf  einem  sicheren  gründe 
Raabe  d.  hungerp.^^  394  (36.  cap.); 

Carthago  keimt  nicht  mehr  das  feld,  worauf  es  stund 

Günther  670; 
auf  ihrem  grab,  da  steht  eine  linde 

Hbine  1,  264  Elster. 

s.  auch  4,  o,  o.  ein  schiff  steht  auf  dem  stapel;  im  bilde: 
und  hoffentlich  macht  auch  eine  Vorstellung  von  Wallen- 
stein auf  dem  Weimarischen  theater  eine  ankündigung 
desselben  flott  die  schon  lange  bey  mir  auf  dem  stapel 
steht  Göthe  briefe  14,  231  {an  Cotta  d.  2.  dec.  1799).  — 
schweisz  steht  auf  der  stirne,  s.  5,  e,  y.  —  und  auff  bei- 
den Seiten  des  stroms  stund  holtz  des  lebens,  das  trug 
zwelfferley  fruchte  offenb.  Joh.  22,  2. 

y)  bei:  so  hängten  ir  seite  spil  an  den  widen  die  bi 
deme  wajjir  stuntin  spee.  eccles.  s.  46;  haben  yedes  ein 
blfimen,  in  dero  mittle  auch  eins  (e.  blatt)  für  die  ander 
auszraget,  doch  stond  sy  alle  nahet  bey  einander  Forer 
thierb.  (1583)  31». 

S)  in:  sie  {bäume)  stenden  in  ecker  jn  wisen  uff  der 
elman  jn  weiden  oder  jn  ffirhöltzem  altvtürtemb.  Statut. 
a.  unter  I,  B,  1,  A;  {im  bilde:)  das  jüdische  volk  seh'  ich 
für  einen  wilden  unfruchtbaren  stamm  an,  der  in  einem 
kreis  von  wilden  unfruchtbaren  bäumen  stund  Göthe 
56,  234;  doch  muszte  jeder,  der  .  .  .  des  weges  kam.  sich 
an  dem  anblick  des  dreifenstrigen  häuschens  und  einiger 
im  Vorgarten  stehenden  Obstbäume  genügen  lassen  FOM- 
TANE  5,  118; 

es  steh'n  in  unserm  garten 
der  blühenden  rosen  genung 

Chamisso  (1836)  3. 131  (Mehzeiü.  1); 


X.  S. 


Mr. 


ich  pin  recht  als  ain  rose  .  .  ., 
di  mitten  in  dem  dorne  stett 
Heinrich  v.  Neustadt  Apollon.  16433  Singer; 

im  wege  stehen:  item  8  scot,  5000  zygels,  der  by  der 
zygelschoynen  im  wege  stunt,  ins  hus  zu  füren  Marienb. 
treszlerb.  s.  523,  11  Joachim  {zum  j.  1409);  häufig  mit  dativ: 
wo  keine  felsen  ihr  {der  Emme,  e.  ßusse)  im  wege  stun- 
den, ging  sie  in  nie  gesehener  fülle  über  beide  ufer  weg 
Gotthelf  4,  33  Vetter;  so  sehr  häufig  in  freierem  und 
bildlichem  gebrauche,  s.  unter  C,  2,  i  und  D.  —  in  der  sonne, 
im  schatten :  sie  sind,  wie  viele  blumen,  die  eine  andere 
färbe  zu  haben  scheinen,  wenn  sie  in  der  sonne  stehen, 
und  eine  andere,  wenn  sie  im  schatten  versteckt  sind 
J.  E.  Schlegel  xcerke  3,  361.  —  im  winkel  stehen,  s.  i,  k; 
thür  steht  in  den  angeln,  *.  Falk  Amphitr.  l,  270  unter 
l,d,i;  ein  edelstein  steht  im  golde;  eine  thräne  im 
äuge,  s.  5,  a.  e,  6. 

e)  femer:  wasser  steht  über  einer  fläche,  s.  S,d;  ier 
garba  stünden  umbe  sin  garbe  Grieshaber  ^ed.  2,  133, 
s.  1,  b,  ß;  armstuhl,  der  wider  den  verschlag  des  ein- 
gangs stand  Göthe  20,  122,  *.  I,  B,  2,  d,  ß. 

5)  zur  seite  stehen  Göthe  22,  157,  s.  unter  l,  d,  ^;  den 
ganzen  hauptweg  hinauf  .  .  .  standen  levkojen  und  re- 
seda  Fontane  5,  I4ö;  die  pforte,  die  sich  nun  vor  unserem 
Hans  geöffnet  hatte,  führte  .  .  .  nicht  gleich  in  die  weiten, 
hohen,  herrlichen  säle,  wo  die  weiszen  marmorgestalten 
.  .  .  feierlich  die  wände  entlang  stehen  Raabe  d.  hunger- 
pastor'^^  67  (7.  cap.). 

c)  bestimmungen  im  verhälthisz  zu  anderen  gegen- 
ständen. 

a)  angaben  der  entfernung: 

er  aber  sitzt  und  wacht  und  sinnt.  .  .  . 
wie  weit  das  vorgemach  vom  tafelzimmer  stehn  («oÄ) 
B.  Neukirch  gcd.  (1744)  194; 
sie  {die  bäume)  stuonden .  .  . 
vierzec  poynder  von  ein  ander       Parz.  690,  26; 
an   der   groszen   linde,    die    eine  Viertelstunde    vor    der 
Stadt  nach  S  .  .  .  zu  steht,  liesz  ich  halten  Göthe  16,  iio. 

ß)  angaben  der  himmelsrichtung :  item  also  gy  vor  de 
Denenbalge  sin,  so  sal  dat  Werk  van  jw  stan  Südwest 
seebuch  XI,  7.  —  ohne  weitere  angäbe:  nach  Westen  (zu) 
stehen,  in  dem  icesÜichen  theüe  eines  bezirks:  den  tisch 
aber  setze  ausser  dem  furhang,  und  den  leuchter  gegen 
dem  tisch  über,  zu  mittag  werts  der  wonunge,  das  der 
tisch  stehe  gegen  mitternacht  2  Mose  26,  35;  vgl.  Hesek. 
8,  3  unter  l,d.t;  er  .  .  .  sah  ...  in  den  sonnenball,  der 
eben  zwischen  den  nach  westen  stehenden  bäumen  des 
invalidenparks  niederging  Fontane  5,  42. 

y)  anderes:  unnd  man  merck  was  jetz  an  disem  bau 
binden  heisz,  das  stehet  gegen  der  stat  Dürer  befest, 
der  statt  (1527)  A4'»;  die  ebene  .  .  .,  welche  .  .  .  schon  in 
einer  absoluten  erhebung  von  5300  fusz  über  dem  meeres- 
spiegel  liegen  soll,  weil  sie  in  gleichem  niveau  mit  dem 
gipfel  des  Komberges  zu  stehen  scheint  Ritter  erd- 
künde  (1822)  l,  96. 

d)  in  bezug  auf  personen,  bes.  vor  einem  stehen: 
alles  was  ich  in  gemählden  und  Zeichnungen  .  .  .  schon 
lange  gekannt  steht  nun  beysammen  vor  mir  Göthe 
briefe  8,  38  {Eom  d.  1.  nov.  86) ; 

ich  hebe  uns  mit  den  wirffei  an,  .  .  . 
fnnffzehen  angen  stehen  vor  mer 

Alsfeld,  passiomsp.  5704; 
dafür:  einem  im  gesiebte  stehen,  s.  Breitinger  erit 
dichtk.  1,  töi  unter  I,  C,  3,  e,  y;  vereinzelt:  wenn  er  (d. 
künsüer)  etwas  treffliches  geleistet  hat,  es  steht,  nach 
wie  vor,  seinem  aug'  entgegen,  dem  äuge  der  ganzen 
weit  Göthe  22,  163  {toanderj.  2,  8).  a.  atteh  Göthe  13,  59 
unter  3,  c. 

7)  besondere  beachtung  verlangen  die  Verbindungen  hoch 
bezw.  tief,  niedrig  stehen,  die  in  verschiedenen,  t.  th.  festen 
gebrauchstceisen  begegnen  und  auch  in  freiere  Verwen- 
dungen übergehen. 

o)  hoch  stehen  kann  zunächst  bedeuten  'an  einem  hohen 
orte  stehen,  in  einer  getcissen  höhe  befindlich  sein'  {dann 
also  rein  loeal,  s.  6);  ao  etwa:  glücklicherweise  dasz  die 
gemählde  so  hoch  stehen  Göthe  21,  21  {wanderj.  i,  2^ ; 
Junonis  stöol  stüont  nideror,  .  .  .  föne  diu,  nu&nda  aer 
nideror  ist  d&nne  ether  Notker  l,  742,  lO  Piper  {Marc. 
Cap.  1,  M);  dazu  im  bilde: 

97  Mr. 


1539 


STEHEN  ai  B,  7.  b-e) 


STEHEN  (11,  B,  7,  f—8,  b) 


1540 


er  strebt 
nach  gTOszen  dingen,  und  er  darf  es  wagen. 
.  .  .  kein  königsthron  steht  ihm  zn  hoch 

Hebbel  3,  300  Werner  {Gyget  3,  1120). 

6)  80  besonders  vom  stände  der  sonne  und  der  gestime 
über  dem  horizont,  vgl.  4,  d.  a — y;  von  der  sonne:  und 
(ich)  gehe  doch  alle  augenblick  an's  fenster,  zu  sehen, 
wie  hoch  die  sonne  noch  steht  Göthe  16,  25;  die  sonne 
stand  noch  hoch  und  erleuchtete  die  gipfel  der  flehten 
in  den  felsengründen  21,  8  (icanderj.  i,  l);  die  roten 
stamme  .  .  .  glühten  prächtig  im  Widerschein  der  schon 
tief  stehenden  sonne  Fontane  5,  190; 

wann  du  dann  wol  hast  auszgerast, 
die  gestrig  füll  vertriben  hast .  .  . 
und  nun  die  sonn  am  höchsten  steh 

ScHEiDT  öroWanu*  2438 ; 

und  in  sechs  stunden  kompt  die  klare  raorgenröth 
80  lang  hernach  die  sonn  am  allerhöchsten  steht 

Opitz  tetUeche  poem.  «.  20  Witkowski  (4,  4) ; 

wie  jhr  die  sonn,  wann  sie  am  aller  tiefsten  stehet 
zum  undergang  geneigt,  am  aller  grSsten  sehet 

ZiNKGREF  aitserl.  ged.  «.  63  neudr.  (nr.  52,  49); 

die  sonne  steht  schon  hoch  —  es  dringt  die  zeit! 

COLLIN  Coriolan  65 ; 

mit  näheren  besümmungen:  heut  aber  stand  die  sonne 
schon  hinter  dem  Wilmersdorfer  kirchturm  Fontane 
5,  118;  sie  blinzelt  behaglich  in  die  frühlingssonne  hinein, 
die  noch  nicht  allzuhoch  über  den  flachen  gelände- 
wellen gegenüber  im  osten  steht  Popert  Harringa  s.  29; 
so  auch: 

es  eilen  die  stunden,  im  mittag  steht 

die  sonne  und  wenn  sie  niedergeht, 

und  ich  kann  die  stadt  nicht  erreichen, 

80  musz  der  freund  mir  erbleichen 

Schiller  11,  286; 
dazu  auch: 

der  schalen  pflegt  zu  stehn,  nach  dem  die  sonne  steht 
Log  AU  2,  2,  37  («.  255  Eitner). 

(stehn  vom,  schatten  geht  allerdings  auf  die  horizontale 
längenausdehnung,  ist  hier  indessen  nur  in  angleichung 
an  das  stehen  des  nebensatzes  gesagt.)  vom  m,onde:  der 
mond  mochte  untergegangen  sein  oder  zu  tief  stehen, 
um  noch  über  die  mauer  in  den  kleinen  gartenbezirk 
hereinzuscheinen  J.  V.  Widmann  in:  unterm  ßrnelicht 
8.  332. 

c)  ein  anderes  ist  hoch  stehen  für  'hoch  aufragen'. 
wobei  hoch  modale  bestimmung  ist  {vgl.  unter  8),  die  den 
eigentlichen  sinn  von  stehen  verstärkt,  und  auch  als  prä- 
dieatives  adj.  genommen  werden  könnte;  so  bes.  von  bäumen 
u.  pflanzen:  Assur  war  wie  ein  cederbaum  aulT  dem 
Libanon,  von  schönen  esten,  .  .  .  und  seer  hoch,  das 
sein  wipffel  hoch  stund  unter  grossen  dicken  zweigen 
(in^BX  nn»T  cr.ay  i':i   'und  zwischen  den  wölken  war  sein 

:'         t:t        ■    -j      - 
toipfel')  Hesek.  31,  3; 

seht  ihr  eure  alten  tannen, 
wie  sie  noch  steh'n  so  hoch? 

ROckert  werke  1,  41; 

kennst  du  das  land,  wo  die  citronen  blühn,  .  .  . 
die  myrte  still  und  hoch  der  lorbeer  steht 

GöTHKl,  177; 

andrerseits:  über  diese  thüre  setzt  er  sein  bette  ohne 
boden,  säget  auch  dessen  füsse  ab,  dasz  es  fein  niedrig 
stehet  cav.  im  irrgarten  s.  439,  vgl.  8,  a,  y. 

d)  ao  die  nase  steht  ihm  hoch  als  ailsdruck  der  über- 
hebung, de»  hoehmuths,  wofür  gewöhnlicher  die  nase  hoch 
tragen,  «.  nase  I,  s  und  4,  a,  ih.  "7,  *00;  (freier:)  die  tochter 
eines  bUrgermeisters  auch  oberältesten  (will  er  heirathen)l 
...  die  nase  steht  ihm  hoch  Kotzebue  d.  deutschen  klein- 
»tadter  8,  9. 

<)  «0  hät^flg  vom  wasser,  in  bezug  auf  die  höhe  des 
wa»9er»piegdt  (vgl.  6,  d):  'das  wasser  sieht  hoch,  hat  eine 
grotu  höhe  erreicht  und  erhält  »ich  eine  leitlang  in  der- 
tdben'  Campb  (i);  das  wasser  eines  seea,  flusses  od«r 
ein  se«,  ein  flusz  steht  hoch  oder  tief,  niedrig;  die  .  .  . 
ebene  längs  dem  see  .  .  .  hat  eine  unterläge  von  kiesoln ; 
also  stand  .  .  .  einst  der  Baikal  weit  höher  Kitier  erd- 
IrtMMf«  (tan/.)  8,  71;  dazu  auch:  die  brunncn,  die  der 
erden  (leich  stehen  (deren  »piegd  gleiche  höhe  mit  der 
«riaherßAth»  hat),  sindt  ca  sommers  zeit  zuvil  warm,  sa 
frttUnf  seit  tavil  kalt,  ond  allezeit  roh  und  grob  SRBlt 

Mr. 


fddb.  (1679)  19;  daran  »cfdieszen  bildliche  gebraudisweisen, 
z.  b.:  uns  steht  halt's  wasser  bis  hierum  Hauptmann  d. 
weber  61. 

f)  der  höhere  oder  tiefere  stand  einer  ßüssigkeit  (queek- 
silber,  alkohol)  in  einer  engen  glasröhre  dient  bei  ver- 
schiedenen instrumenten  dazu,  um  physicalische  Verhält- 
nisse zu  messen,  so  beim  thermometer.  um  die  temperatur 
zu  messen,  dabei  icird  dann  stehen  in  der  regel  auj 
dieses  instrument  selbst  bezogen:  das  thermometer  steht 
hoch,  tief,  auf  dem  siede-,  dem  gefrier-  oder  nuUpuncte, 
(8  grad)  unter  null  u.  ».  w.:  das  thermometer  stand 
zwanzig  grade  unter  null  Storm  i,  74;  so  übertragen: 
ein  anderer  (lehrer)  an  seiner  stelle  hätte  sich  in  dem 
feuchten  kalten  räume  munter  und  warm  geprügelt; 
aber  selbst  dazu  war  er  nicht  mehr  im  stände,  seine 
schwachen  versuche  in  dieser  hinsieht  galten  nur  für 
gute  späsze;  seine  autorität  stand  unter  null  Raare 
hungerp.^^  24  (8.  cap.).  entsprecliend  beim  barometer,  als 
masz  für  den  lufidruck,  aus  dem  man  Schlüsse  auf  das 
bevorstehende  weiter  ziehen  zu  können  glaubt:  das  baro- 
meter steht  hoch,  niedrig  u.  s.  w.,  und  dann  auch,  mit 
bezeichnung  des  wetters,  das  an  dem  betr.  puncte  der  scala 
angegeben  ist:  es  hat  zwei  tage  stark  geregnet  und  das 
barometer  steht  auf  erdbeben,  so  niedrig  Moltke  gen. 
Schriften  6,  379;  dazu  im  bilde:  Turgot  .  .  .  wollte  sein 
werk  weder  Parlamenten  noch  reich sständen  vertrauen; 
auch  hätte  er  die  letzteren  bei  dem  könige,  wie  das 
Wetterglas  der  gnindsätze  damals  stand,  nicht  durch- 
zusetzen gewuszt  Dahlmann  franz.  revolution  33. 

8)  stehen  mit  modalen  bestimmungen. 

a)  a)  eine  Verstärkung  des  eigentlichen  begriffes  von 
stehen  ist  aufrecht  stehen,  s.  Grieshaber  pred.  2,  133 
unter  i,b,ß;  Manuel  weinsp.  9H0  unter  l,B,2,f,Tj,aa; 
Spee  78  unter  I,  B,  S,d,s;  die  eyförmigen  gestielten  fruchte 
(des  gelben  knotenmoses)  stehen  aufrecht  Dietrich  lex. 
der  gärtnerei  (i800)  8,  336;  ja  man  erzählte,  auf  einem 
aufrecht  stehenden  kirschbaum  sei  einer  daher  ge- 
schwommen gekommen  Gotthelf  4,  39  Vetter;  es  war 
nicht  des  windes  schuld,  wenn  die  alten  schiefen  häuser 
des  landstädtchens  .  .  .  am  anderen  morgen  noch  auf- 
recht standen  Raabe  d.  hungerpastor^^  118; 

wo  kampfes  spuren  hier  am  linden  hang, 
da  abwärts  alle  hälmchen  aufrecht  standen? 

A.  V.  Droste-Hülshoff  (1879)  8,  116. 

ß)  noch  genauer  senkrecht,  vertical  stehen:  auf 
einem  groszen  grabstein,  zu  dessen  häupten  eine  senk- 
recht stehende  marmorplatte  ...  in  die  dicht  dahinter 
befindliche  kirchhofsmauer  eingelassen  war  Fontane  6,  3 
(quitt  1);  perpendiculär  stehende  drahte,  s.  Göthe  28,  58 
unter  i,m;  senkrecht  zu  etwas:  das  vorgedachte  weisze 
papier  stand  vertical  zn  dem  horizont  and  parallel  mit 
der  linse  .59,  38  (farbenl.  2,  51). 

y)  eine  Steigerung  ist  hoch  stehen  in  dem  sinne  'hoch 
aufragen',  s.  7,  c.  so  auch:  aber  sihe,  der  herr  herr 
Zebaoth  wird  die  este  mit  macht  verhawen,  und  was 
hoch  auffgericht  stehet,  verkörtzin,  das  die  hohen  ge- 
nidriget  werden  Jes.  10,  83;  die  menschen  erkannten 
recht  gut  den  strich,  auf  dem  sie  (d.  göttin)  durch  das 
getreidefeld  gezogen  war,  denn  dort  standen  die  halme 
höher  und  lustiger   Freytag  17,  91. 

b)  dasselbe  wird   durch  richtungsangaben  ausgedrückt: 
a)  adverbien:   aufwärts   stehen,   s.  Spreng  Uta»  46'» 

unter  4,  c,  «:  mnd.  upwart  van  dem  holte  de»  hül.  ertues 
781  unter  I,  B,  8,  a,  ß.  geradoauf :  im  Kohlwald  war  eine 
buche  gerad  über  einem  mehr  als  turmhohen  fels  heraus- 
gewachsen ....  wo  die  äste  angingen,  stund  sie  wieder 
geradcauf  Bräker  d.  arme  mann  im  Tockenburg  ».  M 
Reclam;  neben  dem  dicken  artilloriekapitain  sasz  auf 
seinem  ast  ein  TOgel  mit  .  .  .  einem  diabolischen  linken 
Vatermörder,  der  triumphircnd  grudauf  stand,  während 
sein  rechter  genösse  nchlnff  und  geknickt  herabgesunken 
war  Kaabr  Aun^rrpa*tor  *"  176.  —  empor  stehen  (awh 
als  i  wort  geachriehen,  ».  th.  S,  441):  aus  manchem  liegen- 
den Strünke  .  .  .  standen  frisohaufgeschossene ,  be- 
blätterte triebe  empor  Stifter  d.  waldtieig  67;  das  halb 
weggewendete  gesicht  der  gestalt  konnte  er  nicht  schon, 
weil  eine  sehr  grosse  krause  einer  nachthnube  davor 
empor  stand  d.  drti  »ekmied*  ihm  »chick».  n. 

Mr. 


1541 


STEHEN  (II,  B.  8,  6) 


STEHEN  (H,  B,  8,  h—c) 


1542 


ß)  stehend  und  sehr  gewöhnlich  ist  zn  berge  stehen 
ton  haaren,  die  vor  schrecken  oder  entsetzen  gesträubt 
sind  {auch  ohne  scharfe  grenze  in  perfective  bedeutung 
übergehend,  sich  sträuben):  zu  (gen)  berge  stehen:  die 
haar  stehen  mir  zu  berge,  star  a  monte,  arricciarsi,  i 
capegli  misi  arricciano  Krämer  dict.  (1702)  2,  929»;  die 
haare  stehn  ihm  zu  berge,  obstupuit,  steteruntque 
comae,  vox  faucibua  haesit  Steinbach  2,  669;  die  haare 
stunden  mir  zu  berge  Frisch  2,326*;  'die  haare  stehen 
mir  zu  berge,  ein  gexcöhnlicher  ausdruck,  den  höchsten 
grad  des  sehaudems,  des  mit  abscheu  verbundenen 
Schreckens  zu  bezeichnen'  Adelung  (l).  vgl.:  den  haaren 
(irtVd)  das  schrecken,  wenn  sie  zu  berge  stehen,  .  .  . 
gegeben  d.  neueste  aus  d.  anmuth.  gelehrsamk.  l  (i7öi),  50. 
belege:  und  da  der  geist  für  mir  ubergieng,  stunden  mir 
die  har  zu  berge  an  meinem  leibe  Siob  i,  15;  darinner 
einige  wölfFe  entsetzlich  beuleten,  .  .  .  dasz  unserm 
printzen  die  haare  zu  berge  stunden  Ziegler  asiat. 
Banise  (1689)  s.  16;  die  haare  stunden  ihm  zu  berge, 
da  er  bey  dieser  geschieht  an  seinen  eigenen  lebens- 
wandel  gedachte  eavalier  im  irrg.  (1746)  96;  er  wird  so 
schrecklich,  dasz  seinem  leser  die  haare  zu  berge 
stehen  Lessing  6,  37  (litt,  briefe  l,  15);  wenn  sie  solche 
{die  'Lenore";  unsern  Göttingischen  freunden  zum  ersten 
mal  vorlesen,  so  borgen  sie  einen  todtenkopf  von  einem 
mediciner,  setzen  solchen  bei  einer  trüben  lampe,  und 
dann  lesen  sie.  so  sollen  allen  die  haare,  wie  im  Mac- 
beth, zu  berge  stehen  Bürger  briefe  l,  120  Strodtm.  {an 
Boie  d.  27.  mag  1773),  wiszt  ihr,  was  ich  that?  wenn 
ihr's  auch  wisset,  so  wird's  euch  doch  schaudern  und 
die  haare  müssen  euch  zu  berge  stehen,  wenn  ich's 
euch  noch  einmal  sage,  hört's:  ich  hab'  den  kaiser 
ermordet  I  Babo  Otto  v.  Wittelsb.  4  {drama  der  Mass.  per. 
1,  158,  29) ;  ich  glaube  wirklich,  der  ist  toll  geworden  . .  . 
die  haare  stehen  mir  vor  ihm  zu  berge  Arnim  16,  6P 
'Halle  u.  Jerus.  1,  18";  er  .  .  .  segelt  jetzt  selbstgefällig 
mit  einem  so  loyalen  kaiserlichen  winde,  dasz  mir  die 
haare  zu  berge  stehen  Freytag  an  Hirzel  s.  16  {d. 
31.  dee.  1854);  dasz  einem  die  haare  zu  berge  stehen  und 
die  Zähne  im  munde  klappern  puppenkom.  2,  52  Engel : 

all  myne  har  stonden  my  to  berge 

Theophüxis  T  396  Petseh; 
der  breutgam  ward  seins  (schücJUemen)  frennds  gewar: 
sich,  wilknmm  sprach  er,  komb  hiehar, 
und  sitz  zu  den  sch5iien  madonen,  .  .  . 
da  dien  jn  fein,  nnd  leg  jn  vor, 
da  stunden  jm  zu  berg  die  bor 

ScHEiDT  Grobianu*  3399; 
mir  stehn  zu  berg  all  meine  bahr 

G.  Rollenhägkn  frofchm.  R  4«; 
angst  nnd  zittern  kommt  mich  an,  und  die  stoppeln 

meiner  haare 
stehn  mir  schon  bestSrtzt  zu  berge 
B.  Nbukirch  hei  Hofmannswaldau  auserles.  ged.  7,232; 
so  offt  ein  Iflfftlein  weht, 
so  ist  kein  haar  an  ihm,  das  nicht  zu  berge  steht 

Rachel  gatyr.  ged.  s.  60  neudr.  (6,  32); 

und  wie  ein  schlafend  beer  beim  wafifenlärm, 
sträubt  euer  liegend  haar  sich  als  lebendig 
empor,  und  steht  zu  berg 

A.W.  Schlegel  Shakctp.  (1797 #.)  6,  160 

(your  bedded  hair,  like  life  in  excrementt, 
gtart»  up,  and  gtandt  on  end  Haml.  3,  4). 

atuh  mundartlich  verbreitet,  z.  b.  in  Wien :  mir  steng'n  d' 
haar  zn  berg  {ich  bin  entsetzt)  Hügel  156»;  luxemb.  't 
bor  stönge'  mer  zu  bifereg,  'mes  eheveux  se  h^risaierenf 
Gangler  435.  —  in  der  altem  spräche  (16. — n.jahrh.) 
häufiger  gen  berg(e)  stehen:  cela  me  fait  dresser  lea 
eheveux,  das  macht  mir  die  haar  gen  berg  stehen,  .  . . 
Aoc  eomas  seu  capillos  mihi  arrigit,  horrorem  injicit 
Ddez  nomencl.  (1652)  101;  die  bare  stehn  mir  gen  berge, 
capiUi  rigent  Stieler  2128;  weret  jhr  bissohove,  wie 
ewr  namen  und  ampt  foddert,  so  wurden  euch  die  har 
gen  berge  stehen  für  diesem  spruch  Luther  30,  2,  336,  lO 
Weim. :  also  dasz  mir  abermal  alle  haar  gen  berg  stun- 
den Simpl.  1,  89,  4  Kurz  (i,  25);  vom  zusehen  stunden 
mir  alle  haar  gen  berg  3,  416,  12  {vogelnest  l,  19); 
als  der  geist  redet  diese  worf, 
der  jOngling  wich,  erschluchtzet  par, 
gen  berg  jm  stunden  alle  har 

H.  Sachs  l,  169>>; 

Mr. 


ein  zitterforcht  mich  hart  anstiesz,  . . . 
gen  berg  mir  stunden  alle  haar 
Spreng  Aenei*  (1610)  44"  'steteruntque  comae  3,  48). 

auch  mit  der  vollen  form  gegen : 

er  stecket  in  desz  tods  gefahr, 
auch  stehn  jhm  gegen  berg  die  har, 
durch  ausz  seind  die  geUder  sein 
mit  forcht  nnd  angst  genommen  ein 

n.  173»  .13,  280/.); 

disz  sind  ja  harte  und  schreckliche  wort,  drfiber  einem 
gewiszlich  die  har  selten  gegen  berg  stehen  Joh.Mathe- 
sius  Sarepta  (l57l)  150'»;  Bourgognino:  mir  stehen  schon 
itzt  alle  haare  gegen  berg,  und  ich  weisz  nicht,  geht 
der  wind  so  kalt,  oder  habe  ich  einen  fieberschauer. 
Verrina:  das  ist  noch  allzuwenig,  ich  habe  eine  that 
vor,  über  die  manche  heulen  und  zähn'klappem  wer- 
den Raimunds  Vorgänger  s.  295  Fürst  (Gleich  Fiesko, 
d.  salamikrämer  1813,  2,  3).     vereinzelt: 

mit  schweigendem  entsetzen  blickt 

Aeneas  nach,  ihm  schauerts  durch  den  rucken, 

die  locken  stehn  bergan.  Im  munde  stirbt  der  laut 

Schiller  6,  399  {Dido  52). 

dafür  ai*eh  bloszes  stehen,  s.  unten  12,  b. 

y)  sonst  mit  präpositionalen  ausdrücken;  in  die  höhe 
stehen:  die  stamme  stehen  in  die  höhe  Stifter  granit 
s.  32.  besonders  in  die  luft:  die  gipfel  der  felsen  .  .  . 
sind  sehr  spitzig  ausgezackt,  es  kommt  daher,  weil  sie 
aus  einer  gesteinart  zusammen  gesetzt  sind,  deren  wände 
fast  ganz  perpendicular  in  die  erde  einschieszen.  wittert 
eine  leichter  aus,  so  bleibt  die  andere  spitz  in  die  luft 
stehen  Göthe  16,  247;  er  führte  mich  an  das  portal  der 
Jesuitenkirche,  das  .  .  .  prunkhaft  und  wirklich  impo- 
sant in  die  luft  steht  28,  219;  die  säulen  standen  hoch 
und  prächtig  in  die  lüfte  Stifter  2,  83;  aufschauend 
sah  ich  ...  in  einem  eisernen,  niedem  bett  meinen 
vater  liegen,  .  .  .  und  sein  kurzer  grauer  hart  stand 
sonderbar  in  die  luft  Hesse  Gertrud  s.  189.  —  in  der 
altem  spräche  dafür:  Belial  aber  erschien  doctor  Fausto 
in  gestalt  eines  zotteten  und  gantz  kolschwartzen  hären, 
alleine  dasz  seine  obren  über  sich  stunden  volksb.  v. 
dr.  Faust  «.47  neudr.  —  nd.:  dünn  leten  ok  de  mäuden 
blaumen  ehr  köpping  tau  irden  sacken  .  .  .  up  stun'ns 
stahn  de  blaumen,  de  putzmakerblaumen  ...  pil  in 
en'n  Reuter  3,  164,  14  Seelm.  {strömt.  3,  ü;  so  off). 

S)  im  sinne  des  hinausragens  über  ettcas,  bes.  den  erd- 
boden:  seine  bürg  ist  damals  verbrannt  worden,  die 
ruinen  stehen  noch  wie  ein  blauer  würfel  aus  dem 
Thomaswalde  empor  Stifter  granit  s.  33;  die  wenigen 
bildwerke,  welche  an  den  römischen  säulen  und  triumph- 
bogen  noch  zu  tage  standen,  galten  immer  als  werke 
der  Zauberei  Grimm  Michelangelo^  l,  31.  vgl.:  exstare. 
berausz  stehen  oder  ragen  CoR\iav s  fons  latin.  (1646)837; 

du  magst  ja  gern  den  garten  bauen, 
nnd  deine  blumen  standen  schön, 
woll  nur  mit  kindlichem  vertrauen 
auch  auf  das  innre  gärtlein  sehn! 
draus  stehn  die  lilien,  die  nicht  spinnen 

Brentano  2,  51*. 
c)  gerade  stehen  wird  in  doppeltem  sinne  gesagt: 
a)  die  senkrechte,  verticale  richtung  bezeichnend  {also 
gleichbedeutend  mit  den  bisher  behandelten  atisdrüdcen), 
im  gegensatz  zu  schief,  schräg  stehen:  nichts  beleidigt 
das  gesiebt  und  gefühl  mehr,  als  ein  hangender  balke, 
der  gerade  liegen,  eine  schiefe  säule,  die  gerade  stehen 
. .  .  soll  Herder  22,  41.  vgl.  geradeauf  stehen  unter  b,  c. 
modificiert,  wenn  in  beziehung  auf  etwas  anderes  gedttcht: 

steht  mir  die  (.wächteme)  nase  nicht?    sie  steht 

noch  nicht  gerade, 
antwortet  Kunz  .  .  . 
die  nase  steht  eudi  schief 

LiCHTWER  149  (Jab.  4,  28). 

ß)   gerade   stehen,    ao,    dasz   etwas   eine  gerade   linie 

bildet,  im  gegensatz  zu  krumm  stehen  {daher  mit  gerade 

sein    zu    vertauschen):    und    jre    beine    stunden    gerade 

Hesek.  I,  7    n^p«  hf.  a-'hi'n,    ohne  verb.).     das  gegentheü 

{krumme,  genauer  x-beinef)  kann  durch  auswärts  stehen 
ausgedrückt  vxrden,  so:  sine  körten  beinings,  de  hell- 
sehen utwarts  stunnen  on  so  leten,  as  wiren  sei  in  dat 
lange  bawenliw  {oberleib)  verkihrt  inschrawen  worden 
Reuter  ä,  36,  22  Seelmann  {»trotnt.  2). 

97»  Mr. 


1543 


STEHEN  (II,  B,  8,  d~g) 


STEHEN  (II,  B,  8,  g~i) 


1544 


d)  sonst  mit  richtungsangaben:  ein  land,  das  Abarimon 
heist,  ...  da  wohnen  wilde  leuth,  welchen  die  füss 
anden  hindersich  stehen  Heyden  Plinius  (1566)  s.  7 
(7,  2,  11);  der  lange  mittel-finger  stehet  vorheraus  Come- 
NI08  sprachenth.  268,  vgl.  88;  der  löwe  hatte  in  der 
groszen  eile  seinem  herrn  den  köpf  verkehrt  aufgesetzt 
.  .  .  erst  zu  mittag  .  .  .  sah  er  dasz  ihm  der  köpf  nach 
dem  rücken  zu  stand  Grimm  märehen  251  (nr.  60);  es 
muszte  immer  auf  seine  nase  sehen,  wie  die  so  weit 
hinausstand  69*  {kinderleg.  1).  —  ähnlich  in  bildlichem 
gebrattche:  die  sterne  haben  wohl  bei  meiner  geburt 
etwas  in  der  quere  gestanden,  so  deutet  auch  band 
and  fosz  Tibck  5,  20; 

swelch  kOnec  sich  laet  an  iwem  rät, 

vil  twerhes  dem  diu  kröne  stät        Parz.  ii7,  30 

(et^.  steht  quer  auf  d.  köpfe,  d.  h.  dessen  herrschaft  ist 
verkehrt  und  unsicher).  —  bei  gebäuden  u.  ähnl.  m,it  an- 
gaben der  Orientierung:  gegen  osten,  gegen  Sonnenauf- 
gang stehen,  so  dasz  die  front  dahin  gerichtet  ist  {also 
anders  als  6,  c,  ß),  s.  z.b.  Sebiz  feldb.  13  unter  I,  B,  i,f,  y. 

c)  sehr  häufig  fest  stehen  {vgl.  unten  E,  l),  mit  ver- 
scJiiedenen  nuancen: 

a)  nicht  in  sich  zusam,menbr ecken,  einsinken,  so  von 
bauvxrken:  ein  feststehender  bau,  edifieio  sodo,  fermo, 
che  si  arresta  Kramer  dict.  2,  729'',  vgl.  Göthe  20,  222 
unter  l,  d,  ß.     von  bergen  {s.  1,  c): 

(Siegfr.:)  und  wenn  die  berge  nicht  zusammenbrechen 

und  uns  bedecken,  kann  uns  nichts  gescheh'nl 
Kriemh.:  o  weh' !    gerade  das  hat  mir  geträumt. 
Siegfr.:  mein  kind,  sie  stehen  fest 

Hebbel  4,  140  Werner  (Nibel.  II,  4,  11). 

vom  boden,  s.  Schiller  13,  187  unter  5,  c.  —  ähnlich: 
statuminare  vineam,  den  berg  mit  pfalen  bestecken,  dasz 
die  reben  steiff  stehen,  pfälen  Corvinus  fonslatin.  eog**. 
ß)  auf  etwas  fest  stehen,  nicht  abfallen  {zu  4,  a) ;  {im 
bilde):  sonsten  wird  dem  könige  in  Dennemark  die 
krön  auff  seinem  häupte  nicht  fest  stehen  Schuppius  393. 
so  auch  vom  köpfe  {vgl.  i,  c,  d):  ich  will  sehn,  ob  sein 
köpf  auf  einer  stange  fester  stehen  wird  Shakesp.  2,  247 
{Heinr.VI.,  2.th.,  4,  7);  ja,  ja,  das  ist  ein  kluger  köpf, 
der  sich  selbst  köpft,  wenn's  zeit  ist.  der  meinige  musz 
dazu  zn  fest  stehen,  sonst  —  Hebbel  2,  37,  31  Werner 
{Maria  Magd.  2,  l) ; 

dann  hat  der  tod  auf  lange  zeit  sein  theil, 
und  jedes  haupt  steht  fester,  als  es  stand, 
eh'  das  geschah !         «.  303  {Her.  u.  Mar.  4,  8,  2095). 

da»  gegenOml  lose  stehen,  von  ei-nem  bäume,  im  bilde: 
nnd  ob  sie  {d.  gottlosen)  eine  zeit  lang  an  den  zweigen 
grünen,  weil  sie  gar  lose  stehen,  werden  sie  vom  winde 
bewegt,  und  vom  starcken  winde  ausgerottet  {i7ita<pa?Mq 
ßeßTjxoTa  vnb  dv^fiov  aa)^vf^aeTai ,  xcd  .  .  .  ixgi- 
(^(o&^atTai)  iceish.  Sal.  4,  4;  aufTrhür  kann  nicht  anders 
sein,  ut  statim  plectantur,  sein  haubt  sthet  im  so  los 
als  eim  birnenstengl  Luther  25,  462,  28  Weim.;  danach 
ist  wohl  auch  die  elliptische  xcendung  zu  ergänzen  und  zu 
verstehen:  si  quem  vides,  dem  stet  der  hals  etc.  nn- 
glack  mag  er  wol  anrichten,  sed  vix  dies  16  {vgl.  d. 
anm.). 

y)  auf  derselben  stelle  bleiben,  sich  nicht  vom  ort  be- 
wegen: 

dO  diu  Bchif  d&  etuonden  Taste  an  einer  stet 
vier  tage  lancrc  ich  wecne  und  dannocb  min 
das  "i  nimmer  dannen  kccmen  A'u^fr.  1138, 8. 

dttfür:  wenn  wir  so  zuweilen  bei  windstillen  auf  dem 
verdeck  im  warmen  Sonnenscheine  lagen,  und  das  schiff 
wie  angenagelt  auf  einem  fleck  stand  Kotzbbur  Indianer 
in  Engl.  8,  l*.     s.  femer  unten  15. 

/)  at^f  die  Umgebung  eines  dinges  geht  frei  stehen: 
da«  homerische  epos  ist  in  der  poesic  was  die  halb- 
erhabene  arbeit  in  der  scalptur,  die  tragödid  was  die 
frejiiehende  gruppe  A.  W.  Schlbobl  dramat.  kunst*  i, 
IM;  immer  beachtet  er  dabei  die  regeln  der  malerischen 
komponiUon:  die  figurcn  müssen  alle  möglichst  frei 
stehen,  nicht  eine  die  andre  verdecken  LuDwio  5,  in.  — 
sie  wohnten  am  ende  ihres  stJUltchens  in  einem  für 
•ioh   stehenden   hinsehen    Liliencron   letxU  ernte  1S7. 

g)  in  bantg  tmf  da»  «mmmmmiwMmi  und  g^tnttUige 
verkäUni»»  «in»r  m»n§»  «o»  g»g»m»tänd*n. 

Mr. 


a)  dicht  stehen,  wenn  viele  gegenstände  auf  engem 
räum  zusammen  stehen  {gegensatz  dünn  stehen):  die 
bleichsten  sterne  erloschen,  und  die  anderen  standen 
nicht  mehr  so  dicht  Stifter  werke  (1901  jf.)  6,  l,  247; 
die  galgen  müszten  dichter  stehn  Lessing  l,  804,  *.  i. 
d,  y.  so  besonders  von  pflanzen  {bäumen,  getreide  u.  ähnl.)  ; 
Alarich  .  .  .  sagte  nur,  das  dicht  stehende  heu  sey  leich- 
ter abzumähen,  als  das  dünne  M.  J.  Schmidt  gesch.  der 
Deutschen  (1778)  1,  149;  die  bäume  standen  sehr  dicht, 
wurden  immer  dunkler   Stifter  waldsteig  37; 

doch  wo  das  grün  so  dichte 
um  kirch'  und  rasen  steht,    . . . 
da  ruhet  unsrer  todten 
frühzeitiges  geschick 
Göthe  1,  128  {die  gläckl.  gatten;  =  3,  47). 

dafür  in  der  altem  sptache  dick:  disraro  .  .  .  dunner 
machen,  etwas  das  dick  steht,  erhawen  unnd  dünn 
machen  Calepinus  VIII  ling.  (1584)  896'';  auff  erden  oben 
auff  den  bergen  wird  das  getreide  dick  stehen  {vor.: 
es    wird    auff    erden    eyn    niedlich    getreyde  seyn;    »n« 

\"isa  na*nos    'es   wird  überflusz   an    körn  im  lande  sein') 

ps.  72,  16; 

der  waldt  stundt  dick,  und  darumb  er 
sein  selbst  nicht  achtet  all  zu  sehr 

Er.  Albep.us  fabeln  «.  190  neudr.  (43, 19). 

ferner:  Braun!  was  habt  ihr  für  nachricht  vom  hafer? 
Braun:  er  steht  voll  und  satt  Klinger  toerke  l,  lOs 
{falsche  Spieler  1,  2). 

ß)  nach  der  Ordnung  stehen  Oarg.  40,  s.i,h;  feigen, 
.  .  .  nüsse,  melonen  .  .  .  standen  in  schönster  Ordnung 
MALER  MÜLLER  1,  51.  —  er  rauchte  aus  einer  langen 
pfeife  mit  einer  sehr  dicken  spitze,  an  welcher  eine  reihe 
kleiner  kirchthurmsknöpfe  hinter  einander  stand  Frey- 
tag 6,  19  {handschr.  1,  l).  —  mit  angäbe  der  von  den 
gegenständen  gebildeten  figur:  zO  dien  fier  störnon,  die 
uns  öugent,  in  zilun  stände,  sämoso  äbafersnitenen 
taurum  Notker  1,  750,  30  Piper  {Marc.  Cap.  l,  40); 

sie  {die  schädeT)  stehn  in  reih'  geklemmt  die  sonst  sich 

hassten 
Göthe  23,  285 ; 

während  ich  ...  in  den  garten  hinunter  sah,  wo  zwerg- 
obstbäume  in  tadellosen  reihen  standen  Hesse  Gertrud 
s.  89.  —  frühlingsblumen  aller  art  standen  in  zierlich 
gezeichneten  feldern  Göthe  22, 196  {wanderj.  2, 12);  sieben 
einfache  leuchter,  die  vermuthlich  im  halben  zirkel 
herumstunden  Jüng-Stilling  werke  3,  34;  {im  bilde): 
düstere  wederwolken  stünnen  um  em  rüm  in  en  ring 
Reuter  3,  68,  8  Seelm.  {strömt.  3,  84).  —  kom  steht  in 
garben,  hocken,  s.  l,  b,  ß. 

y)      in  diesem  seegons-thal,  von  b6schunj;en  erhöht, 
darauf  granat,  canel,  muscat  ins  wilde  stunden 
B.  Nbukirch  bei  Hoffmannswaldau  auserl.  ged.  7, 104; 
ein  gemisch 
von  lilien  und  rosen,  die  im  beet 
bnnt  durcheinander  steh'n 

Hebbel  3,  279  Werner  {Oyg«$  8,  v.  768). 

h)  von  der  beschaffenlieit  des  bodens,  auf  dem  titoas  steht ; 
kan  auch  die  schliff  auffwachsen,  wo  sie  nicht  feucht 
stehet  (läfS  liSz   'too    kein   sumpf  ist')?    Hiob  8,  ll;     so 

trocken  stehen,  anders  vom  schiff  (=  auf  dem  trocknen) : 
wie  dasz  mer  falt,  dasz  die  schif  drockcn  stondt,  af  den 
obendt  wider  wagszt,  dasz  sy  wider  im  diefon  mer  stondt 
Fel.  Platter  282  lioos. 

i)  andere  ausdrücke  gehen  at^f  den  allgemeinen  {ästhe 
tischen)  eindruck:  schön,  vortrefflich,  Jämmerlioh  stehen 
M.  ähnl..  so  von  Jansen: 

sohOn  sch&tzle,  wir  wollen  in  rosenfarten  gehan, 
wo  die  rosen  am  schSnstcn  stehen  I 

Hoffmann  ßndlinge  116,  81, 1  (voUW.); 

besonder»  von  feldfrüchten,  getreide,  toein  u.».w.:  das  körn, 
die  gerste,  die  erbsen  eto.  stehen  vortrefflich  Cami>r  (t). 
belege:  so  stehet  der  weinstock  auch  jcmerlich  {orig.: 
'ist  verdorrt'),  und  der  feigenhaum  kieglioh  Joel  l.  18; 
wodurch  also  das  land  J&mmerlich  ruiniret,  ond  keine 
garbe  der  Seiten  der  Oder  eingeerndtet  worden,  da  doch 
das  getreide  sehr  sobftn  gestanden  Chemnitz  »chxoed. 
krieg  8  (t66S),  IW;  wie  schOn  steht  da  {in  Sicilien)  der 
waitxen,   di«  gerste!    Qöthb   bri^e  8,  848;    und  schon 

Mr. 


1545 


STEHEN  (II,  B,  8.  t-9,  ä) 


STEHEN  (II,  B,  9,  a-c) 


1M6 


wieder  stehen  eure  saaten  schön  Miller  pred.  für» 
landvoUe  l  (1776),  43;  seht  doch,  wie  schön  das  getraide 
steht!  Schiller  2,  115  (räuöer  3,  2) ;  der  croatische  edel- 
mann  und  der  feuerwerker  sprachen  nun  noch  mancherlei 
von  der  jagd,  und  wie  der  wein  so  vortrefflich  stehe 
Brentano  4,  226;  der  ackerstreifen  war  mit  roggen  und 
kartoffeln  bestellt,  von  denen  der  roggen  in  diesem  jähre 
ganz  wundervoll  stand  Fontane  6,  38  (quitt  b); 

ist  disz  die  zeit  der  emd',  in  welcher  sich  erfreöet 

die  schaiar  der  akkersleut  .  .  . 

dieweil  so  lieblich  steht  dasz  schöne  weitzenland? 
Rist  neuer  t.  Pama*z  (1652)  393 ; 

wer  m&ht  sich  wohl  im  garten  dort 

und  mustert  jedes  beet? 

er  pflanzt  und  gieszt  und  spricht  kein  wort 

so  schön  auch  alles  steht  Göthe  i,  40  Weim.; 

auch  mundartlich :  d  frücht  st6t  gutt  'die  feldfrüchte  ver- 
sprechen eine  gute  ernte'  luxemb.  wb.  426»  (allgemein), 
bei  blumen  in  der  poesie  zuweilen  mit  bestimmteren  aus- 
drücken, die  ilijien  selbst  die  Stimmungen  beilegen,  die  ihr 
anblick  im  menschen  hervorruft:  anemonen,  ranunkeln, 
tulipanen,  hyazinten,  primeln  pp.  stehn  in  allen  gärten 
munter  und  froh,  die  ersten  sogar  auf  wiesen  Göthe 
l  riefe  30,  42,  21  (aus  Rom  den  24.  «lärz  88) ; 

kennst  du  das  land,  wo  die  citronen  blQhn,  .  .  . 
die  myrthe  still  und  froh  der  lorbeer  steht? 

W.  Meisters  theatral.  Sendung  207  (4,  1 ;  für  froh 
später:  hoch,  s.  werke  18,  233  und  1,  177,  oben  7,  c) ; 
ähnlich  auch: 

nu  tat  is  goume       wie  mir  (Joseph)  chom  in  troume, 
da;  wir  alle  giengen,        garbe  an  deme  akchere  ze 

samene  trügen, 
do  gest&nt  diu  min        vil  herisken 

Jundgr.  2,  53,  21  (Wiener  gen.  3506). 

k)  schon  tn  diesen  fällen  geht  das  adv.  mehr  auf  die 
beschaffenheit  dessen,  was  steht,  als  auf  die  art  des  Stehens, 
weitere  falle  der  art  sind  im  mhd.  nicht  selten,  z.  b. : 

man  bevalh  iesllche  porten  s6, 
dag  si  werliche  d6 
stuonden,  dö  der  tag  erschein 

Pars.  377,  9 ; 

ir  mnnde  wäm  rOt,  dicke,  hei;: 

die  stuonden  niht  senllche  449,  29 ; 

wie  diniu  liehtiu  ougen 

mit  trüebc  suln  verlougen 

da;  si  s6  spillichen  stänt 

unde  kumbers  niht  enhänt  free  8100; 

swelch  frowe  schoen  bf  güete  hat 

und  ir  der  munt  kuslichen  stät, 

der  kuslich,  süeje,  röter  munt 

tuot  mannes  herze  siuften  kunt 

Ulkich  V.  Liechtenstein  558, 12; 

s.   Grimm    gramm.  4,  935    bezw.  1124  neudr.     solche  falle 
unterscheiden  sich  kaum  von  den  Verbindungen  m.it  prae- 
dicativem  adj.,  s.  9,  und  leiten  femer  zu  den  freieren  ge- 
hrauchsueisen  hinüber,  die  unter  D  beJianddt  sind, 
l)  mit  ganz  allgemeinen  modalbestimmungen: 

(ffott,)  der  sunst  all  seine  werck  verbraght 
mit  einem  wort,  das  er  ausz  sprach, 
das  als  im  augenblick  geschach, 
jedes  nach  seiner  art  da  stund 

H.  Sachs  1,  2». 

besonders  mit  so,  wie  *.  z.  b.  4,  d,  y ;  in  vergleichen:  so 
steht  die  junge  rose,  die  schoenste  unter  den  andern 
blumen  Gessner  2,  13  (Daphnis  i);  anders:  und  (die 
Syrer)  machten  sich  auff  und  flohen  in  der  fr&e,  und 
liessen  jre  hätten,  ross  und  esel  im  lager,  wie  es  stund 
(»VI  irss  n;ra-,  bessere  lesart:  'Bn  'das  lager,  wie  es  ging 

und  stand")  2  kön.  7,  7;  weil  meine  nase  etwas  anders 
stand  als  sie  es  wünschten,  fanden  sie  mich  verwerflich 

TiECK  7,  800. 

9)  mit  solchen  adverbialen  bestimmungen  berühren  sich 
fraedicative  zusätze,  die  das  was  steht  näher  bestimmen 
{vgl.  schon  8.  i.  k). 

a)  von  bäumen,  blumen  u.  ähnl.: 

bi  deme  sulven  water  klär  .  .  . 

stOt  ein  bdm  gewassen  grOt  sünder^.  1434; 

böme  van  raannigerhande  vrucht 

•ach  he  schOne  unde  grdne  stän 

van  d.  holte  d.  hiU.  eruzes  137 ; 
im  (der  linde)  schadet  der  winter  noch  envrumt 
an  ir  schcene  niht  ein  bär, 
■ine  stS  geloubet  durch  da;  jär  /tv.  680; 

Mr. 


dafür: 

die  bäume  stehen  voller  laub 
P.  Gerhardt  6«»  Fischer-Tümpel  tirchenl.  3,  398»; 
auch: 

der  grüene  walt  mit  lonbe  stät 

minnes.  JrüU.  108,  10 ; 

das  gegentheü:  kahl  standen  die  bäume  Hebbel  I8,  14; 

die  bäume  stehn  entlaubt 

LiLiENCROM  letzte  ernte  s.  49 ; 
ungetcöhnlich: 

du  vormals  grfiner  stock,  wie  stehst  du  jetzt  so  wöste? 
RoBERTiHN  8.  Königsb.  dichterkr.  s.  8  nettdr.; 

so  auch,  im  bilde:  er  musz  beklagen,  dasz  schon  mit 
der  knospe  unsrer  neuesten  litteraturblüte  der  wurm 
entstand  und  mit  der  blume  zunahm,  die  nun  durch 
seine  schuld  blätterlos  steht  Ludwig  5,  89.  dürr,  ver- 
dorrt stehen: 

der  grüene  und  der  da  dürre  stät, 

ieglicher  boum  ein  voglin  hat  kön.  Tirol  3, 1 ; 

dat  duchte  my  wesen  gans  gröt  schade, 

dat  he  (d.  bäum)  gewassen  stunt  so  böge 

unde  vorsoret  stunt  so  droge 

Sünden/.  1438/  (ebenso  1565) ; 

».  atieh  van  d.  holte  des  hill.  eruzes  187  unter  I,  B,  3,  a,  ß. 
anders:  für  die  beste  wanderzeit  gilt,  wenn  die  ernte 
reif  im  felde  steht  oder  neu  eingebracht  ist  Frevtag  17.  iil ; 

und  dreymal  sah  man  auch  die  reben  trächtig  stehn, 

seit  ich  dich  nicht  gesehn 

V.  König  ged.  (1745)  42 ; 

diesen  fryhling  stuhnden  meine  baeume  voll  blythen 
Gessner  2,  107  (Daphnis  2); 

(palmbäume)  die  hier  und  da  voll  goldner  trauben  stunden 

WiEL-iJiD  23,  64; 

im  bilde: 

vil  Uebia  vrouwe,  din  güete  schöne  geblüemet  stät 
minnes.  1,  336 *>,  5  Hagen; 
man  sieht  bey  ihren  (der  Wahrheit)  reichsgenossen 
die  schönsten  tugendzweige  sprossen, 
die  stetig  blfihn,  stets  voller  fruchte  stehn 

Gottsched  gedickte  (1751)  1,  301. 

mit  farbenadj.  (grün  stehen ,  s.  oben) :  dasselbige  (voüt) 
verwüstet  meinen  weinberg,  und  streiffet  meinen  feigen- 
bawm,  schelet  jn  und  verwirfft  jn,  das  seine  zweige  weis 
da  stehen  Joel  1,  7;  das  hindert  ihn  (d.  rosenstrauch)  aber 
nicht,  den  nächsten  morgen  ganz  rot  von  rosen  zu 
stehen  Keyserling  bunte  herzen  227;  dazu  auch: 

nü  lange  stät  diu  beide  val : 

si  hat  der  sne  gemachet  bluomen  eine 

minnes.  frühl.  106,  24; 
die  schöne  pfingsten-zeit,  da  alles  gr&n  bemahlet 
im  wald'  und  felde  steht 

Reineke  fuchs  (1650)  17. 

femer:  das  die  bewme  des  herrn  vol  saffts  stehen  (vor.: 
gnug  haben,  orig.  'sieh  sättigen')  ps.  104,  16;  der  bach 
hatte  wild  seine  (des  eichbaums)  wurzeln  von  der  erd' 
entbloesset,  und  der  bäum  stuhnd  da,  traurig  und  drohte 
zu  sinken  Gessner  3,  29  (Amyntas);  verregnet  und  zer- 
zaust stehen  die  rosen  Seidel  2  (vorstadtgesch.),  270; 

b&sch  und  w&lder 

stehn  ergezet 

und  mit  taue  sanft  benezet 

J.  Grob  dichter.  versucAg.  (1678)  126; 
blume,  du  stehst  verpflanzet,  wo  du  blühest, 
werth,  in  dieser  beschattung  nicht  zu  wachsen 

Klopstock  Oden  1,  89,  l  Muncker-Paioel. 

b)  vo»»  bergen: 

Montmort  steht  schwarz,  die  Jungfrau  grau 

A.  V.  Drostb-Hülshofk  (1879)  2,  71 
(d.  hosp.  auf  d.  gr.  St.  Bemh.  2) ; 

öde  [vgl.  d,  ß) :  manche  berge  standen  öde ,  und  einen 
gleichen  wuchs  hatten  nur  noch  die  ältesten  schlage 
GrÖTHE  20,  58  (Wilh.  Meister  7,  6);  leer  (von  menschen, 
vgl.  d,  a):  Garsyeres  ...  ist  mit  eil  wider  dem  gebirg 
zukommen,  welchs  er  lehr  stehn  gefunden,  und  mit 
besatznng  versorgt  hat  Xtlander  Polybiu»  (1574)  ysß 
(xazakaßwv  6'  igijfioiq  6,  72,  8); 

nun  steht  der  kahle  Blocksberg  leer, 
der  hexen  körper  ist  zu  schwer 

Gottsched  ged.  l,  I7l. 
e)  von  qebäuden. 

a)  sehr  häufig  leer  stehen  (ohne  betcohner) :  wollt  eher 
den  ganzen  hinterbau  zeitlebens  leer  stehen  lassen  .  .  ., 

Mr. 


lyt'i 


STEHEN  (II.  B,  9.  c-d) 


STEHEN  (H,  B,  9,  d-f) 


1548 


eh  ich  solch  lumpengesindel  beherbergen  wollt  H.  L. 
Wagner  theaterst.  (1779)  Evchen  Humbrecht  «.84  (1,9); 
wenn  er  (d.  fheaterdireetor)  seine  einnähme  einigermaszen 
der  ausgäbe  gleich  setzen  will,  so  ist  es  dem  publicum 
gleich  zu  viel,  das  haus  steht  leer  Göthe  18,  79  (WiUi. 
Meister  1,  14) ;  so  wollt  ich  euch  bitten,  mir  das  hftusgen 
drunten  im  dorf  zu  räumen,  das  schon  eine  gute  weil 
leer  stehtl  Schiller  2,  144  (raub.  4,  8);  darauf  giengen 
sie  tiefer  in  den  wald  hinein,  und  mitten  drin,  wo  er 
am  dunkelsten  war,  fanden  sie  ein  kleines  verwünschtes 
bauschen,  das  leer  stand  Grimm  märchen  s.  38  (nr.  9): 
hei  hadd't,  as  jenne  preister,  recht  schön  maken  wuUt, 
un  nu  stunn  sin  kirch  leddig  Reuter  2,  285,  23  Seelm. 
{atrotnt.  2, 18);  auch:  endlich  verlosch  die  leuchte  des 
gelehrten,  das  zimmer  stand  leer  Freytag  6,  22  {handachr. 
1,  l).  —  es  stehen  noch  galgen  leer  Schiller  3,  418  {kab. 
u.  liebe  2,  7);  s.  aucJi  Lessing  l,  305  unter  i,  d,  y.  —  da 
diese  Verbindung  auch  in  netierer  zeit  allgemein  üblich 
ist,  xoährend  bloszes  stehen  von  rätimen  nur  beschränkte 
geltung  hat  (s.  1,  d,  5-),  so  ist  sie  am  richtigsten  von  10 
aus  zu  verstehen,  vgl.  daselbst. 

ß)  ähnlicli  öde  stehen,  in  der  altern  spräche:  sif 
m&choton  Jerusalem  also  uuuösta,  also  diS  hüttun  d6ro 
öba^o  diß  man  in  demo  boOmgarten  tuöt,  diu  dann«' 
öde  stat,  so  dag  öbaj  in  gelesen  uuirt  Notker  2,  325,  VA 
Piper  (j>s.  78,  2);  dasselb  hawss  ob  drein  jaren  öd  ge 
standen  ist  oberbayr.  arch.  25,  147  (urk.  v.  Jndersdorf  nr. 
1460  vom  j.  1487);  was  gilts,  wo  nicht  die  viel  heusei 
sollen  wftste  werden,  und  die  grossen  und  feinen  öd« 
stehen?  Jos.  5,  9  {var.:  die  grosse  und  .feine  on  einwoner 
=  rs?i»  )'sd);    sie   verkaufte    die  besitzungen  und    lies/ 

das  schlosz  öde  stehen  mährleinbttch  (1799)  308; 

aber  bei  Iszstein,  einem  schlos, 
welches  zerstört  steht  6d  und  blosz, 
wolt  sich  erst  auch  ein  Strudel  sträuben 

Fischart  glückh.  schiff  v.  532 ; 

ähnlieh  in  neuerer  dichtung: 

baJd  steht  mir  des  töchterchens  kammer  verödet, 
und  des  tSchterchens  stelle  bei  tisch 

Voss  1,  150  {Luüe  3,  284). 

in  demselben  sinne:  später,  als  nach  der  regierurig  des 
herzogs  Ludwig  eine  grosse  stille  eintrat  und  die  räume 
des  Schlosses  sehr  verlassen  standen  Kerner  bilderbuch 
(1849)  11;  wenn  die  frühlingssonne  in  ein  gemach  dringt, 
das  den  winter  über  unbewohnt  und  verschlossen  stand, 
dann  sieht  man,  es  war  schlafendes  leben  .  .  .  Ludwig 
1,  165;  das  haus  in  der  parkstrasze  stehe  übrigens  augen- 
blicklich verschlossen  Raabe  hungerpastor^'^  339  (31.  cap.)\ 
deshalb  beschlosz  man  .  .  .,  dasz  die  vorderstube  im 
zweiten  stock,  die  unbenutzt  stand,  das  Schlafzimmer 
der  jungen  eheleute  werden  sollte  Enking  fam.  P.  C. 
Behm  215;  vgl.  auch:  verlassen  stehn  die  altäre  zu  Pafos 
Wieland  l,  344  (Agathen  6,  2); 

ODsre  gräber  werden  einsam  steh'n 

TiECK  nachgel.  sehr.  1,  204. 

y)  anderes:  dftj  hüs,  tds  rdhto  ünde  r^delicho  gefldgen 
nufrdet,  tAg  ...  ist  gerdchera,  d&nne  d&g  si,  tA^  in  unrfio- 
cheskun  ünbedC-nchit  st&t  Notker  l,  614,  15  Piper  (de 
»yllog.  14);  ähnlieh,  bildlicli: 

(U.  ich  ein  I<  It  emiuwen  sol,  daj  äne  dach  sO  manigen  tak 
gestanden  ist  und  ftne  bant 

minnet.  3,  16»  Hagen  (br.  Wbrmier  II,  26); 

ein  Haas,  das  tieff  gegründet,  wol  auffgchawet .  .  .  ist, 
stehet  gar  lange  nnbeech&digt  (perstat  diutissime  inco- 
lumis)  COMENius  »praehenik.  686;  von  den  schaden  des 
aiebei^ährigen  krieges  ausgeheilt,  stand  es  (d.  schulhaus) 
aach  jetzt  noch  unversehrt  unter  dach  and  fach  L.  v. 
Pran?OI8  d.  letzte  Beckenb.  214;  der  hühnerstall  war  der 
einzige  raam  in  dem  alten  schlösse,  der  noch  bewohn- 
bar unter  dach  und  fach  stand  Brentano  6,  8S;  vgl. 
QCyTHK  a,  tu  unter  l,  d,  ö. 

d)  weniger  tigmÜieh  werden  ähnliehe  ausdrücke  von 
orU^Uffen,   tOmdem  u.  ähnl.  gesagt,   vgl.  i,  <•  (und  10,  a). 

a)  leerfteh«n:  der  kdnig  hat  zu  aller  ersten  den  vor- 
holT  de«  MshloMes,  der  leer  stundt  erobert  Xylandkr 
Polybius  (1Ä74)  SBC  (xccxhxf  »^  nQodaxHov  xtiq  &x(faq, 
i^fiov  xttxaiMßwv  IV,  78. 11);  nach  dem  unseeligen  treffen 
bei  Moscbaz.  hat  sie  (d.  sUdi  Ofen)  Solimannas  a.  iflse 

Mr. 


.  .  .  erobert,  angezündet  und  leer  stehen  lassen  S.  v. 
BiRCKEN  verm.  Donau-strand  (1684)  65;  weit  und  breit 
standen  die  dörfer  und  Ortschaften  leer  Mommsbn  röm. 
gesch.  *2,  8;  und  dieser  reizende  besitz?  —  steht  leer,  soll 
verkauft  werden  Ebner-Eschenbach  4,  181; 

ich  soll  die  straszen  Roms, 
i«;h  greis,  mit  dem  gefühl  beschämt  durchwanken, 
sie  stünden  nur  durch  mich  so  menschenleer  I 

COLLIN  Regulttt  5,  6,  v.  2487 ; 
mhd.  dafür  blög : 

hanboume  stuonden  blO;: 
der  zadel  hUener  abe  in  schög 

Parz.  194,  7 ; 
mit  näherer  bestimmung  (im  gen.): 

dag  velt  herberge  stuont  al  blOg         54,  11; 
im  letzteren  falle  ist  die  (unter  c.  a  bemerkte)  Zusammen- 
gehörigkeit mit  10  besonders  deutlich. 

ß)  öde,  wüst  stehen  (vgl.  c,  ß):  eitel  wfistune  ist  in 
der  stad  blieben,  und  die  thor  stehen  6de  (-:>t?-.-iJ»  ."r»nc» 

~  T      — ^      T  ■  : 

'in  stücke  sind  die  thore  geschlagen')  Jes.  24,  12;  das 
gantze  land  sol  wflste  stehen,  und  niemand  drinnen 
wonen  (xal  sarai  näaa  jj  yi}  eig  aßaxov  and  ivoixovv- 
Twv)  Baruch  2,  23;  Georg  Nagler  sagt,  das  in  Bayrn 
über  Vierthalbhundert  pfarm  lödig,  unnd  wüsst  ständen 
JOH.  Nas  antipap.  eins  u.  hundert  2,  B  S*»;  in  dise  hole 
legt  sich  ein  grosser  track,  der  verderbt  Iflt  und  vech, 
also  dasz  die  lüt  usz  dem  dörfflin  wylen  wichen  musztend, 
und  es  öd  stan  lassen  Tschudi  chron.  Helvet.  l,  146»; 
man  wird  die  st&dte  bawen 
so  jetzt  durch  brand,  durch  pest  und  raub  verwftstet  stehn 

Opitz  (1629)  l,  163; 
s.  auch  Spreng  Aeneis  46»  unter  I,  C,  3,  e,  ß.  dazu  auch: 
tien  holen  öde  ständen  (specubusque  vidtiatis)  Notke.'i 
1,  702,  14  (Marc.  Gap.  1,9).  —  in  demselben  sinne:  alle 
stedte  werden  verlassen  stehen,  das  niemand  drinnen 
wonet  Jerem.  4,  29;  mein  volk  ist  ohne  könig,  Suhlu  land) 
steht  verlassen  Tieck  11,  288  (Aüa-Moddin  1,  2); 

sieh',  wie  die  ganze  flur  verlassen  steht  von  menschen 

nachgel.  sehr.  1,  37. 
y)  mit  andern  besUmmungen: 

nu  sol  diz  mtere  wider  komn, 
wie  Pelrapeir  stuont  jftmers  vol 

Pars.  185,  11. 
häufig  sind  ähnliche  Verbindungen,  bei  denen  adverbiale 
auffassung  näher  liegt:  die  feste  stehet  elend  und  ist 
zurissen  Jerem.  48,  l  (dicht  vorher:  weh  der  stad  Nebo, 
denn  sie  ist  zerstöret,  und  ligt  elend).  —  xceiteres  der 
art  unter  D. 

e)  irenn  uhiilirhe  Verbindungen  von  feldern,  vom  land 
u.  s.  w.  gebrauefit  werden,  so  geht  das  zumeist  auf  den 
pflanzenwuchs,  berührt  sich  also  einerseits  mit  a,  ander- 
seits m,it  10,  b,  so:  aber  die  wflsten  und  einöde  wird 
lustig  sein,  und  das  gefilde  wird  frölich  stehen  ('jubeln' 
hir\),   und    wird    blühen    wie   die    lilien    Jes.  85,  i ;    oder 

•  T 

standen  die  wiesen  wirklich  so  viel  saftiger,  die  felder 
so  viel  reicher  und  üppiger  bebaut?  L.  v.  Frani.iois  «/. 
leiste  Peckenburgerin  s.  36; 

es  stehen  ungehegt  der  felder  breite  rücken, 
die  äcker  liegen  prach  Fleming  115; 

es  stehe  dOrr 
das  luid,  wo  sonst  die  purpurtraubo  gern 
dem  bessern  volke  wuchs  und  goldne  fruchl 
im  dunkeln  hain  und  edles  körn 

Hölderlin  8,  83  Böhm. 

im  bilde:  und  sie  (d.  Fransosen)  wollten  lieber  diese 
gantze  grosse  ecke  des  poetischen  gebiethes,  eine  gantze 
weit,  wüst  und  ungebaut  stehen  lassen  BouMBR  abhandl. 
V.  d.  wunderbaren  (1740)  1».  —  wm  einem  see,  grau  und 
trübe,  *.  L.  v.  FranCOIS  unter  6,  d. 

f)  die  Verbindung  leer  stehen  (*.  oben  c,  «,-  d,  O;  b^ 
auch  sonst  ttät{fig: 

a)  ein  sluhi  xtoht  leer,  trenn  niematui  darauf  sitst: 
selten  erscheint  er  (d.  oheim)  an  unserm  tische,  und 
besetzt  den  stuhl  nur  augenblicklich,  der  fUr  ihn  leer 
steht  GöTIlE  it.  104  (tratulrrj.  1,  «);  in  der  anderen  (ecke) 
war  gegen  einen  mächtigen  gepolsterten  lehnstuhl,  der 
leer  stand  .  .  .,  ein  runder  tisch  fesofen  Raabs  tum 
wilden  mann  a.  8; 

Mr. 


1549  STEHEN  (II.  B,  9,  f-h) 

ich  vant  die  stüele  leider  laere  stän, 
da  wisheit  adel  und  alter 
gwaltecliche  säjen  e 

Walther  v.  d.  Vogelweide  103, 17. 

Üiron  als  sitz  der  herrschaft: 

ein  hoher  thron  steht  leer, 
so  lang'  er  pilgert 

Hebbel  4,  304  {ffibd.  in,  4,  21) ; 

nachdem  der  päbstliche  stuhl  fast  einige  jähre  lang  leer 
gestanden  M.  J.  Schmidt  geschickte  der  Deutschen  (1778 jf.) 
3.  46.    daran  schlieszen  dann  übertragene  gebrauchsiceisen 
als  aber  naher  auff  absterben  k.  Heinrichen  desz  7  das 
reych  ob  eim  jähr  lang  ledig  stund,   erhüb  sich  aber 
ma[l]s  vil  unrüw    Stumpf    Schwytzer  chron.  (1606)  343* 
Friedrich  (TL)  .  .  .  lasse  nicht  zu,  dasz  die  in  seinen  erb 
königreichen  ledig  stehenden  bisthümer  und  kirchen  .  . 
wieder  besetzt  würden    M.  J.  Schmidt  3,  35;    vgl.  Job 
Nas  unter  d,  [i.    dafür:  nach  sinem  (^Heinrichs  VII.)  tod 
stund  das  rieh  ein  jar .  .  .  on  ein  houpt  Tschudi  chron. 
Helvet.  1,  263». 

ß)  von  gefäszen  (s.  S,  6.  c): 

und  gulte  ein  fuoder  guotes  wines  tüsent  pfont, 
da  stüende  ouch  niemer  ritters  becher  laere 

Walther  v.  d.  Vogelweide  20, 15; 

du  herrlich  glas,  nun  stehst  du  leer  .  .  . 

Kerner  ausgew.  poet.  w.  1, 181. 

das  gegentheil  voll  stehen  ist  kaum  üblich,  doch  vgl.: 

nein!  —  das  maasz  steht  aufgehäuft, 
und  kein  kom  mehr  kann  es  fassen 
MCllner  dram.  werke  1,  63  (d.  29./e6r.  7,  t>.  783). 

{sehr    ungewöhnlich   ist  die  anwendung  auf  das  herz  bei 
Spreng  Mias  107»,  *.  unter  I,  B,  3,  b,  y.) 

g)  eine  ähnliche  häufige  Verbindung  ist  offen  stehen, 
zunächst  von  thüren,  fenstern,  dann  von  zimmern  u.  s.  tc. 
du  indessen  hier  die  freieren  gebrauchstceisen ,  wobei  die 
Vorstellung  des  stehens  ganz  erloschen  ist,  überwiegen,  ist 
die  Verbindung  unter  D  im  Zusammenhang  behandelt,  das 
gegentheil  ge-,  verschlossen  stehen  ist  in  mhd.  dichtung 
belegt: 

d6  kom  er  für  die  porten:  verslojen  im  diu  stnont 

Nib.  455,  1 ; 
haec  porta  clausa  erit. 
dese  pforte  sal  beslogjen  stan 

Brun  V.  Schonebeck  2586; 


STEHEN  ai.  B,  9,  t— 10,  ft) 


1550 


gene  di  der  sunden  vurch 
hie  mit  rouwe  han  begossen, 
seht  den  stet  si  unbeslojjen 


2597. 


Ä)  deutlicher  ist  der  begriff  des  stehens  in  andern  Ver- 
bindungen, icie  dem  häufigen  bereit  stehen :  wo  gebüsche 
von  schasminen,  rosen  und  akazien  eine  art  von  halb 
zirkelndem  amfitheater  bildeten,  unter  welchem  ein  zier- 
licher thron  von  laubwerk  .  .  .  für  die  schöne  Danae  be- 
reitet stand  Wieland  l,  342  (Agath.  6,  2);  {darauf)  ging 
er  {Sulla)  im  frühjahr  671  ..  .  nach  Patrae,  wo  die  schiffe 
wiederum  bereit  standen,  um  die  truppen  nach  Brun- 
disium  zu  führen  Mommsen  röm.  gesch.^  2,  3<J3; 

die  felsen,  die  so  traurig  scheinen, 
stehn  dir,  o  mensch,  zum  dienst  bereit 

J.  A.  Schlegel  verm.  ged.  (1787)  1,  6. 

doch  auch  von  dingen,  die  nicht  stehen:  könnte  ich's  aber 
nur  ungestraft  tuhn  und  stünden  im  Brühle  nicht  einige 
nägel  und  stricke  parat,  wann  man  so  etwas  erführe, 
so  würde  ich  die  affaire  des  teuffels  übernehmen  Göthe 
br.  1,  133,  19  (d.  7.  nov.  67); 

denn  kleider  und  Juwelen  stehn  bereit, 

im  prächt'gen  kästen  sämmtlich  eingeschlossen 

werke  9,  287  {nat.  locht.  2, 1). 

ähnlich:  wenn  z.  b.  ein  oder  zwei  wohlgepackte  wägen 
eben  angeschirrt  standen  oder  abfahren  wollten  Arndt 
vierTce  1,  34  Rösch; 

der  wagen,  fräulein,  auf  des  herm  befahl, 
steht  angeschirrt  im  hof  und  wartet  eu'r! 
Kleist  3,  96  E.  Schmidt  (prim  v.  Homb.  4,  2,  1278). 

femer:  er  fflhrete  uns...  in  eine  grosze  stube  allwo  eine 
lange  tafel  gedeckt  stunde  Chr.  Reuter  Schelmuffsky 
{voÜst.  ausg.)  s.  17  neudr.  (l,  2);  dem  fest  zu  liebe  hatte 
ich  nichts  zu  mir  genommen,  und  ein  köstlich  abend- 
essen  stand  unberührt  zu  hause  Göthe  23,  140  {wanderj. 
S.  10);    ein  bibliotheksgebäude  wird  . .  .  beabsichtigt,  da 

Mr. 


die  ansehnliche  büchersammlung  ...  in  verschiedenen 
ungünstigen  localitäten  aufbewahrt  steht  49,  l  Weim. 

V  seemännisch:  segel  stehen  voll,  wenn  der  wind  gut 
hineiniläst  Stenzel  401»;  ein  tau  steht  steif,  tcenn  viel 
kraft  darauf  kommt. 

k)  die  nähere  bestimmung  kann  auch  durch  präpositi»- 
nale  ausdrücke  gegeben  werden:  seine  äugen  sind  wie 
taubenaugen  an  den  wasserbechen,  mit  milch  gewasschen, 
und  stehen  in  der  ffille  (nN^D^^y  riscr'  'sitzend  auffüUung'; 
der  sinn  wohl:  'in  fassung  eingelegt,  wie  edelsteine)  hohei. 
Sal.  5,  12;  in  seinem  glänze  stehen  vom  Weihnachtsbaum, 
s.  KÜGELGEN  unter  1,  b,  a; 

die  morgensonne  will  nicht  länger  warten, 
die  lüfte  fangen  kühler  an  zu  wehn, 
indesz  die  berge  schon  im  glänze  stehn 

Pellegrin  (=  Fouque)  dram.  gpiele9Sl\ 

wenn  der  lenz  erwacht, 

und  in  blnthenpracht 

anger,  feld  und  beide  stehen 

Böhme  volktthüml.  Keder  nr.  123,  1 : 

der  garten  stand  in  voller  frühsommerpracht  Hesse 
Gertrud  s.  147;  vgl.  10,  b.  —  so  m^tens  in  formelhaften 
Verbindungen,  s.  unten  D. 

10)  zutoeilen  tritt  dann  jene  eigenthündiche  Verschiebung 
ein,  xcodurch  stehen  von  den  stehenden  gegenständen  auf 
den  räum,  in  dem  sie  {zahlreich,  dichtgedrängt)  stehen, 
übertragen  icird:  ein  garten  steht  voU  bäume,  blumen, 
und  so  auch:  ein  zimmer  steht  voll  menschen,  ebenso 
bei  sitzen,  s.  das.  7,  th.  10,  1,  sp.  1299,  und  bei  liegen  3,  c, 
th.  6,  1007.  diese  vencendung  verlangt  also  stets  eine 
nähere  bestimmung,  meistens  mit  voll(er),  und  scMieszt 
die  Vorstellung  der  fülle,  des  voUseins  ein.  man  könnte 
sie  an  9  anknüpfen,  als  gegensatz  zu  leer  stehen  (9,  c,  a; 
d,  a;  f);  indessen  wird  der  gebrauch  von  stehen  nicht 
durch  das  grammatische,  sondern  durch  das  logische  sub- 
ject  bedingt,  man  sagt  allgemein  ein  saal  steht  voll 
menschen,  während  stehen  von  räumen  {s.  1,  d.  9;  vgl. 
anch  1,  e)  nicht  allgemein  üblich  ist  {das  üblichere  leer 
stehen  ist  also  vielmehr  von  hier  aus  zu  erklären),  aber 
eben  nur,  wenn  die  menschen  xnrklich  stehen,  sonst:  die 
Wirtshausstube  sitzt  voll  gaste,  der  saal  liegt  voll  kranke, 
das  feld  voll  erschlagene,  ebenso  stets  der  bäum  sitzt 
nicht  steht)  voll  vögel,  obwohl  der  bauin  für  sich  doch 
steht  {nicht  sitzt). 

o)  in  bezug  auf  menschen  {also  von  A  ausgehend) :  sein 
vorsaal  stand  so  voller  leute,  dasz  der  graf  sich  ent- 
schlosz,  um  mehreres  auf  einmal  abzuthun,  heraus- 
zutreten Göthe  24,  157  {dicht,  u.  wahrh.  o-,  wollte  ich 
einen  groszen  gedanken  verfolgen,  so  meldete  mir  der 
kammerdiener,  dasz  das  Vorzimmer  voll  fremden  stehe 
Kleist  5,  152,  16  E.  Schmidt  {br.  vom  13.  nov.  1800);  die 
ganze  gasse  der  grünen  Fichtau  stand  gedrängt  voll 
menschen  Stifter  werke  2,  119/.; 

alle  straszen  stehen  voller  leute      ärxim  22,  318; 
dazu  unpersönlich: 

ich  schau  durch  ein  vogel-nest  die  krumme  wege  an 
welche  die  weit  hin  geht, 

die  gleichwohl  durch  ein  fermglasz  das  kind  nlt  sehen  kan, 
weils  voller  schämbärt  {masken,  «.  schönbart  2,  th.  9.  1487) 

steht 
Simpl.  sehr.  2,  327,  5  Keller  (erü.  des  titelkupfert  sum  'vögeln.'). 

auch  in  bezug  auf  tliiere:  der  stall  steht  voller  pferde 
Adelung  (2,  2);  vgl.  dazu:  die  hälften  pferd'  in  Pümpel- 
hagen  sünd  müd';  vor  ein  paar  tag'  stunn  die  eine 
mergelkuhl  {-grübe)  ganz  vull  —  da  stunnen  die  ollen 
mähren  denn  so  andächtig  dor  .  .  .  Reuter  3,  44,  31 
Seelm.  {strömt.  3,  33). 

b)  sehr  häufig  in  bezug  auf  pflanzen. 

a)  getcöhnlich  mit  voll:  ich  gieng  für  dem  acker  des 
faulen,  und  für  dem  weinberg  des  narren,  und  sihe, 
da  waren  eitel  nessel  drauff  und  stund  vol  disteln 
(o'^-in   i«:o  ^BS    'seine    Oberfläche    war    mit    unkraut    be- 

^       ■■.  "l         TT  T 

deckt')  spräche  Sal.  24,  31;  eine  kleine  ebene  .  . .,  die  voll 
blumen  da  stand  Gesssner  2,  30  {Daphnie  i,  s.  I,  B,  S,e,^; 
Rothkäppchen  schlug  die  angen  auf,  und  als  es  sah 
wie  .  .  .  alles  voll  schöner  blumen  stand,  dachte  es  .  .  . 
Grimm  märchen  s.  110  {nr.  26);  am  andern  morgen  gieng 
Hans  hinab  in  den  garten,  der  war  ganz  verwildert  und 
stand  voll  dornen  und  gebüsch  588  {nr.  166); 

Mr. 


1551  STEHEN  (II,  B.  10.  b-e) 

da  vormahls  frische  lust,  da  grüne  ^rten  waren, 
da  der  und  jener  ort  voll  bunter  regen  stund 

Fleming  115  (104,  98  Lappenb.); 
da  stehet  von  schCnen  blumen 
die  ganze  wiese  so  voll 

GÖTHB  1,  94  {gchäjen  Uagü.). 

die  bestimmuTUf  aus  dem  msanimetüiange  zu  ergänzen: 
denn  kommt  der  wind  .  .  .  und  der  trägt  die  federn  von 
den  disteikopp  über  feld.  und  das  nächste  jähr  steht 
das  ganze  feld  voll  Reuter  3.  24,  15  Seelm.  {strömt.  8,  81). 
—  dagegen  gehört  ein  bäum  steht  voll  bluten,  laub, 
fruchte  zu  9,  a,  a.  das. 

ß)  dafür:  die  anger  sind  vol  schafen,  und  die  awen 
stehen  dick  mit  körn  {eig.  'sind  bedeckt  mit  k.')  ps.  65, 14; 
auch  blosz:  ein  jeder  Weingarten  soll  wol  und  eigentlich 
gemeszen  und  darnach  besichtiget  werden,  wie  er  mit 
Stöcken  steht,  und  gedüngt  ist,  auch  der  art  und  pfleg 
nach  geschätzt  werden  Lennep  lands.  2,  20  {gericht-  u. 
landtordnung  der  graffsch.  Solms  usw.  1671).  weniger  deut- 
lich ist  diese  Verschiebung  in:  der  {weg)  .  .  .  war  ein  fusz- 
pfad,  .  .  .  und  weil  er  wenig  begangen  ward,  stunde  er 
mit  dornen  und  distlen  bewachsen  Philander  i,  »42; 
vgl.  dazu : 

der  enge  sttc  verwahsen  stät 

Bari.  u.  Job.  13(5,  14. 

y)  in  neuerer  zeit  auch:  auch  diese  wenigen  {rt*der-) 
schlage  reichten  schon  aus,  sie  nach  einer  kleinen  weile 
bis  an  eine  hoch  in  gras  stehende,  zugleich  als  Schiffs- 
werft dienende  wiese  zu  führen  Fontane  5,  189; 

der  frühling  kommt,  der  himmel  lacht, 
es  steht  die  weit  in  veilchen 

Storm  8,  191  {octoberl.). 
vgl.  auch:    auf  einen   feldweg,    der  hier  ...  an  dem  an 
seiner  auszenseite  hoch  in  nesseln  stehenden  gartenzaun 
hinlief  Fontane  5,  173. 

f)  unpers. :  im  garten  an  den  grasrändern  der  buchen- 
hecken stand  es  blau  von  veilchen  Storm  i,  167. 

c)  anderes:  ich  gieng  noch  den  obendt  ans  mer,  sach, 
wie  der  port  so  weit,  voller  schiffen  stfindt,  wie  ein 
grosze  stat,  dorin  vil  thürn  Fel.  Platter  244  Boos; 

es  werden  schafe,  kOh  und  ziegen 

mit  strotzenden  von  milch  geschwollnen  eytem  gehn , 

und  von  gepreszter  milch  .  .  . 

der  keller  aufgethürmt  voll  fetter  k&se  stehn 

KoENiG  ged.  (1745)  «.  71 ; 
der  himmel  stand  voll  sterne,  und  die  hellung  war  sehr 
grosz  GöTHE  34,  93  {Cellini  l,  6). 

d)  häufig  in  bezug  auf  loasser  {als  umkehrung  von  5,  d). 
ä)  unde  reinte  {regnete)  unde   goj   also   sere   dag  sich 

di  wajgirlouft«  unde  di  beche  unde  ouch  andere  wajjer 
ergo^jin  hatten,  daj  daj  velt  unde  di  grabin  vol  wajgirs 
stundin  Ködiz  41, 33;  dergleichen  wann  er  {d.  feind)  auch 
die  graben,  so  mit  wasser  stfinden,  mit  holtz  und  reissern 
anszgeföllt  Fronsperger  kriegsb.  (1578)  i,  Ye». 

ß)  besonders  es  stehet  alles  unter  wasser,  ist  davon 
überschwemmt  Campe  i:  die  hälfte  von  Planina  auf  der 
andern  seile  des  Ihals  stand  unter  wasser  Seume  2,  55 
Hempel;  alles  steht  dort  {im  Spreewald)  unter  wasser, 
and  ich  begreife  nicht,  wo  die  pferde  diesen  winter  heu 
her  bekommen  sollen  Moltke  ges.  Schriften  6,  208;  meine 
wiesen  zu  hause,  die  vier  jähre  von  fünf  immer  unter 
wasser  stehen  ....  die  können  solch  wetter  brauchen 
Fontane  6,  lae. 

y)  kaum  lästt  sieh  dagegen  i  m  wasser  stehen  hierJier 
flehen,  da»  sich  nicht  wesentlich  von  andern  Ortsbestim- 
mungen {».  6)  unterscheidet:  an.  dom.  1569.  den  ii.  jan.  ist 
zu  Nördlingen  ein  solche  vasscrgieszung  gewesen,  dasz 
die  kirclien  und  der  spital  im  wasser  gestanden  Stumpf 
Schwätze rehron.  (1806)  187«;  das  wasser ...  hat  das  ganze 
schöne  thal  zu  einer  auszerordentlichen  höhe  über- 
schwemmt, so  dasz  die  eichen  desselben  bis  an  die 
äst«  im  wasser  stehen  Sbumb  t,  66  («.  d.  forUettung 
unter  ß); 

stArche  97,  regen  bigan 

vierric  tag«  toUo, 

da',  die  berge  alle 

»tAnden  in  dem  wage  anegenge  28,  8&. 

e)  ahmUA  verhält  sieh  die  äugen  stehen  in  thränen  tu 
Ihfftnea  ttehen  im  aage  (6,  e,  d),  obteohl  der  auadruek  an 
&kk  MM*  ofcfM  tmnahme  solcher   verschMung  Heh  ver 

Mr. 


STEHEN  (II,  B,  10,  e— 12,  c) 


1552 


stehen  läszt.  vgl.  Adeluno  (2,  2):  ich  that .  .  .  einen  bUck 
auf  den  capitain,  und  nahm  wahr,  dasz  ihm  über  unser 
hertzliches  bewillkommen,  die  äugen  voll  freudenthränen 
stunden  Schnabel  insel  Felsenb.  «.20.  37  Ullrich;  die 
äugen  stunden  ihm  voll  thränen  Göthb  16,  166;  dafiW: 
aber  sein  augo  stand,  mitten  im  jubel  der  lieder 
in  herbe  thränen  gehüllt  ' 

Kretschmann  ».  werke  1,  273  (KleUitV). 
noch  häufiger:  die  äugen  stehen  ihm  voll  wasser,  oculi 
ejus  iument  lacrymis  Steinbach  2,  668;  als  die  schon 
Magelonna  bette  jres  liebsten  Peters  rede  vernommen, 
stunden  jr  als  bald  die  äugen  foller  wassers,  und  be- 
gunten  die  heissen  zeher  jr  das  schone  angesicht  nasz 
zfi  machen  Warbeck  Magel.  36,  21  Bolte;  allhier  stehen 
mir  die  äugen  voller  wasser,  wann  ich  zu  gemflt  führe 
den  tflrmischen  tod  Abb.  a.  S.  Clara  mercks  Wien  (1680) 
42;  die  äugen  stunden  {der  Maria  Magd.)  so  voll  wasser. 
und  das  hertz  war  mit  solchem  dicken  nebel  der  trauris- 
keit  umbgeben,  dasz  sie  nicht  erkennen  konte  den,  welchen 
sie  doch  so  brünstig  suchte  Scriver  seelensch.  (i68l)  501 ; 
aber  was  fehlt  ihnen  denn?  ...  die  äugen  stehen  ihnen 
ja  immer  voll  wasser  Lenz  i,  21  {Hofmeister  2,  2);  Ben 
Hafi  sah  dem  was  vorging  so  lange  zu,  bis  seine  wangen 
erglühten  und  seine  äugen  voll  hellen  wassers  standen 
Klinger  6,  130  {reisen  vor  d.  sUndfl.  6); 

ihr  seyd 
gerührt  und  euer  äuge  steht  voll  wa.sser? 

Lessino  2,  323  {Nathan  4,  7); 
der  mond  wollt'  endlich  scheiden; 
ich  hab'  es  nicht  geseh'n; 
den  blumen  und  uns  beiden, 
voll  wasser  die  äugen  stehn 

M0S8N  (1863)  1,  98. 
dafür,  in  anlehnung  an  d,  ß:  diese  furche  zwischen  den 
augenbraunen,   diese  äugen,   die  zu  leicht  unter  wasser 
stehen  Iffland  e.  mann  e.  wort  5,  5. 

11)  die  bedeutung  von  stehen  tritt  besonders  deutlich 
heratis,  wenn  es  in  gegensatz  zu  andern  verben  steht. 

a)  stehen  und  liegen  werden  gewöhnlich  unterschieden, 
z.  b.  ein  hoher  gegenständ  steht,  wenn  seine  längsachse 
vertical  gerichtet  ist;  im  andern  falle  liegt  er,  s.  i.  ein 
tisch  steht,  wenn  er  auf  seinen  beinen  ruht.  s.  2.  ein  ge- 
fasz,  wenn  die  Öffnung  nach  oben  gerichtet  ist  u.  s.  w. 
{s.  auch  Göthe  19,  199  unter  3,/.)  doch  unrd  die  Unter- 
scheidung nicht  streng  durchgeführt,  insbesondere  gebraucht 
die  ältere  spräche  in  manchen  fällen  stehen,  \co  jetzt  liegen 
üblich  ist;  so  von  einzelnen  räumen,  zimmern,  s.  t,  d,  9; 
von  Städten,  Ortschaften  u.  s.  w.  s.  1,  e;  von  schiffen,  s.  8,  o. 
zuweilen  mit  abweichender  nuance,  so  von  bergen,  s.  1,  c; 
doch  auch  da  ohne  consequenz,  s.  die  belege  aus  Wieland 
a.  a.  o.  als  synonym  zusammengestellt:  so  hübet  uns 
dem  goteshus  und  dem  convent  von  sant  Gerien  allir 
der  walt  der  ennont  {jenseits)  des  kilchstiges  lit  und 
stftt  ViUinger  urk.  v.  1291  in  MoNES  zeitsehr.  9,  478.  {vgl. 
noch  Kleist  i,  849  unter  8,  b.)     s.  femer  13  {bes.  18,  0- 

b)  stehen  und  hängen  (hangen)  unterscheiden  sich  da- 
durch, dasz  im  ersten  falle  die  Unterstützung  von  unten, 
im  letzteren  von  oben  stattfindet,  vgl.  1,  l  (Ric.  HüchV 
ferner:  an  ihren  {der  höhle)  beyden  Seiten  htengen  und 
stehen  meine  trinkgefsesse  Gessnbr  8,  116;  das  thermo- 
meter,  das  vorher  im  heiszen  wasser  gestanden,  hing 
nun  an  der  natürlichen  luft  Göthe  19,298  {WiUt.  Meister 
6);  nur  einzelne  arme  tannen  oder  eichen  sind  aus  den 
felsenspalten  da  und  dort  herausgewachsen,  mehr  hangend 
als  stehend  Hebkl  8.  78. 

18)  einen  besonders  prägnanten  «tun  hat  stehen,  wenn 
es  allein  gebraucht  wird  in  fällen,  wo  «•  geteShidieh  mit 
verdeutlichendem  tusats  erscheint. 

ä)  getreide  steht,  gleichbedeutend  mit  steht  auf  dem 
halm,  s.  unter  1,  a.  ß.     {vgl.  18.  a.) 

b)  die  haare  stehen,  nämlich  zu  berge,  vgl.  8,  A.  ß. 
'die  haare  stehen  mir  zu  berg««.  .  .  .  teqfür  Wirland 
blosz  sagt:  die  haare  stehen  ihr'  Ca.mpb  (l);  mordi  mord! 
und  wenn  ich's  denke,  stehn  mir  die  haare  nicht  Klinoer 
1,  69  {twillinge  8,  l). 

e)  die  sonne  »teht,  icmn  sie  den  hOdttten  punkt  ihrer 
bahn  erreicht  hat:  'teenn  sie  im  meridian  ateht,  kulminirt 
oder  steht  «m  {the  »un  stand»  »tili,  U  »oUil  nefait  rien)' 
RoHRiK  e*!*;    'die  sonne  steht  im  meridian'  Stenzpi. 

Mr 


1553 


STEHEN  (II,  B,  13,  a-d) 


STEHEN  (LI  B,  13,  d—f) 


1554 


seemänn.  icb.  401*.  ähnlich:  'die  flut  steht  bei  hochwasser' 
ebenda.  —  hier  bezeichnet  stehen  den  moment  des  gleich- 
gewichts  und  Stillstandes  zicischen  steigen  und  sinken,  ge- 
hört also  eigentlich  zu  15,  s.  das.  b,  y  und  e. 

13)  stehen  im  gegensatz  zu  fallen,  liegen  (vgl.  11,  a): 
stehen,  aufgerichtet  stehen,  nicht  darnieder  liegen  Frisch 
2,  326«. 

a)  von  pflanzen :  so  denn  gott  das  gras  auff  dem  felde 
also  kleidet,  das  doch  heute  stehet  (ar>fiegov  ovra,  vgl. : 
das  heute  auff  dem  felde  stehet  Luk.  12,  28),  und  morgen 
in  den  ofen  geworffen  wird  Matth.  6,  30; 

die  flüchtigen  narzissen 
sind  drüm  geringer  nicht,  ob  sie  schon  bald  hin  mfissen, 
als  etwa  rosmarien.  die  zwar  sehr  lange  steht, 
doch  wenn  der  frost  beist  an,  zugleich  auch  untergeht 

Fleming  125. 

xom  getreide  (vgl.  1,  a,  ß  und  12,  a):  man  hatte  vieles 
geschnitten  drauszen  liegen  und  bangte  darum,  dasz  es 
aaswachse,  und  auch  wenn  die  sonne  wiederkommt, 
trocknete  es  nicht  so  leicht  als  das  stehende  Auerbach 
sehr.  (1892 jf.)  10  (dorfgesch.  2),  241  (Erdmute),   von  bäumen: 

deutsches  volk,  du  herrlichstes  von  allen, 
deine  eichen  stehn,  du  bist  gefallen ! 

Körner  1,  43  Fitcher; 

veniger  ausgeprägt  in  dem  gegensatz: 

o  ihr  wankenden  tannen,  und  o  ihr  stehenden  eichen 

RüCKERT  vierke  5,  68  (Asteria  6). 

freier,  im  bilde:  so  sprichstu,  die  zweige  sind  zubrechen, 
das  ich  hin  ein  gepfropffet  würde,  ist  wol  geredt,  sie 
sind  zubrechen,  umb  jres  Unglaubens  willen,  du  stehest 
aber  durch  den  glauben  (av  6e  ry  niaxti  eaTrjxag)  Eöm. 
11,  20. 

b)  so  mit  besonderem  nachdruck,  te«nn  ein  atilaaz  zum 
umfalUn  ist: 

da;  wart  also  ungemach 

daj  der  walt  nider  brach. 

was  iender  boum  da  s6  gr5; 

das  er  stuont  {^hschr.  auch :  bestuont, 

gestunt),  der  wart  blö;         Iw.  660; 

die  abgestorbne  eiche  steht  im  stürm, 

doch  die  gesunde  stürzt  er  schmetternd  nieder, 

weil  er  in  ihre  kröne  greifen  kann 

Kleist  2,  168  E.  Schmidt  (Penth.  24,  3041). 
so  freier: 

er  (gott)  segnete  den  schönen  band, 
die  deutschen  fahnen  stehen 

Brextaxo  2,  43  (ged.  'la  beüe  alliance'). 

hierfür  gewöhnlich  deutlicher  stehen  bleiben,  s.  unten  E,  3. 
noch  auffälliger  ist  bloszes  stehen  in  folgender  stelle  (in 
genauem  anschlusz  an  das  originär):  gott  thu  mir  dis  und 
das,  wo  das  heubt  Elisa  .  .  .  heute  auff  jm  stehen  wird 
(-faV'-^H)  2  kön.  6,  31.  —  auch  fest  stehen  (s.  8,  e  und  unten 

E,  l)  hat  zuweilen  diese  besondere  nuajice:  sie  waren  fest 
gestanden,  die  alten  berge,  in  der  wuth  der  wasser 
GoTTHELP   vassernoth  45. 

c)  von  bauxcerken:  der  altar  steht  in  der'kirche,  ara 
stat  in  templo,  non  destructa  est  Frisch  2,  326".  im  gegen- 
satz zu  wanken: 

wohl  steht  das  haus  gezimmert  und  gef&gt, 
doch  ach  —  es  wankt  der  grund,  auf  den  wir  bauten 
Schiller  14,  283  (Teil  l,  2). 

mit  der  unter  b  bezeichneten  nuance: 

das  joch  (d.  veste  Ztcing-Uri)  soll  stehen,  das 

uns  zwingen  wollte? 
auf,  reiszt  es  nieder !  403  (6,  1) ; 

der  icb  gebot  von  Jericho  den  mauern  .- 
stürzt  ein!    and  sie  gedachten  nicht  zu  stehen 

RCcKERT  uerke  1, 18  (geh.  $<m.  24). 
so  gern  von  städten: 

Rom  steht,  wenn  Brutus  Brutus  ist 

Lessing  1,  66; 
wofern  euch  allen  dies  behagt,  so  mag 
die  Stadt  des  königs  Priam  femer  stehn 

Bürger  löe*»,  23  (ulxioito  II.  4,  18); 

gottes  Stadt  ist  fest  gegründet 
auf  heiigen  bergen,  es  verbündet 
sich  wider  sie  die  ganze  weit; 
dennoch  steht  sie  und  wird  stehen 

Spitta  m  hannov.  gesangb.  183,  1. 

d)  häufig:  noch  stehen,  essere,  tenersi  ancor'  in  piedi; 
«ssere,  trovarsi  ancora  in  istato  Kramer  dict.  2,  927  =  ; 

X.  2. 


0  lasz  mich  Hastings  warnen,  und  derweilen 
diesz  bange  haupt  noch  steht  (tchüe  my  /earful  head  i» 
on),  nach  Brecknock  eilen! 
A.  W.  Schlegel  Shaketp.  9,  149  {Sich.  III.  4,  2). 

besonders  von  bauwerken:  die  mauer,  das  hausz,  die  stadt 
etc.  stehet  noch  Kr.^mer  a.  a.  o.;  das  haus,  die  stadt 
steht  noch,  ist  noch  tcirklich  vorhanden  Adelung  (2,  2); 
da  bawet  Gideon  daselbs  dem  herrn  einen  altar,  .  .  . 
der   stehet  noch    (i1"i7)  bis  auff  den  heutigen  tag  rieht. 

6,  24;  dis  grab(»naQ  zu  Modin,  stehet  noch  auff  diesen 
tag  1  Macc.  13,  30;  der  alte  markt  war  ehemals  das 
capitol,  die  rotonde  steht  noch  ganz  Göthe  34,  13  (Cel- 
lini 1,  l);  ja,  diese  ruinen  .  .  .  sind  erhaben,  das  feuer 
hat  in  ihnen  gewütet,  aber  sie  stehen,  sie  sind  sogar 
noch  fester  geworden  Enking  fam.  P.  C.  Behm  300; 

alszdann  das  schlosz  noch  st&nde  gantz, 
darzu  das  reich  in  seinem  glantz 
Spreng  Aeneis  (1610)  236"  (Troiaque  nunc  $taret, 
Priamique  arx  alta  maueret  Aen.  2,  56). 

so  auch  im  bilde: 

steht  mein  thron  noch? 
bin  ich  noch  könig  dieses  landes?  —  nein 

Schiller  5,  2,  421  (don  Karlos  5,  5,  4866). 

von  städten:  zur  zeit,  da  Heidelberg  und  so  viel  andere 
schöne  städte  noch  stunden  Kramer  a.  a.  o. ;  also  stehet 
das  stettlin  noch  auff  disen  tag,  so  villeicht  sonst  etwan 
möcht  verbrennt  sein  worden  Lindener  s.  24  Lichtenst. 
(rastbüchl.  58);  hätte  er  meine  wiederholten  Vorstellungen 
geachtet,  so  würde  sein  land  keinen  feind  gesehen  haben, 
und  auch  Magdeburg  würde  noch  stehen  Schiller  8, 186; 

(d.  Heucheley .-)  blosz  meine  fr6mmigkeit,  mein  beten  hat  die 

schuld, 
dasz  diese  stadt  noch  steht 

Cronegk  schrißen  (1766)  1,  35  (d.  verfolgte  kom.  4); 

wie  geht's  zu  haus?  —  Eisleben,  steht  es  noch? 

Z.  Werner  3f.  Luther  2, 1,  1236. 

s.  auch  Bürger  249  unter  I,  B,  3,/,  y,  bb.  das  gegentheil : 
das  haus,  in  dem  ich  als  kind  jeden  tag  aus  und  ein 
gegangen  bin,  steht  nicht  mehr,  über  seine  stelle  geht 
der  pflüg  Paulsen  aus  m.  leben  73.  ebenso  vom  wasser 
einer  übersehicemmung :  es  wurden  einige  kornhäuser  .  .  . 
aufgeschlossen,  und  ihnen  damit  geholffen,  welche  hülffe 
aber  nicht  würde  zureichlich  gewesen  seyn,  wann  man 
nicht  hoffen  dörffen,  dasz  das  gewässer  über  einen  tag  nicht 
mehr  stehen  konte  A.  U.  v.  Braunschweig  Octavia  4,  221. 

e)  sonst  mit  Zeitangaben,  wobei  dann  die  Vorstellung  des 
bestandhabens.  dauerns  übenciegt;  von  gebäuden: 

er  bat  sie  da;  ir  wiser  mfint 
im  von  dem  tempel  dede  k&nt 
ob  er  iht  lange  solle  stan 
Heinr.  V.  Neustadt  gottes  zuk.  1703  Singer. 

s.  ferner  Grillparzer*  2,  22  unter  I,  C,  3,  f.  ß.  mit  ver- 
stärkendem Zusatz:  dises  ist  gar  ein  alt  hausz,  vor  700 
und  mehr  jaren  in  wesen  gestanden  Stumpf  Schwytzer- 
chron.  (1606)  425*.  —  von  städten:  Vespasianus  .  .  .  zer- 
störte Jherusalem,  die  was  gestanden  1080  jor  d.  städtechr. 

8,  27,  22  (Closener  Straszb.  1362),  s.  auch  4,  238,  19  unter 
1,  B,  1,/,  y,  so  auch:  sie  rühmen  sich  städte  eingeäschert 
zu  haben,  die  nie  gestanden  Lohenstein  Arjninius  l,  91^ ; 

Rom  fällt,  dasz  man  noch  fragt,  wo  Rom  einst  stand 
CoLLiN  Coriolan  115. 

solange  etwas  steht:  so  lange  die  erste  hütte  stunde  Ebr. 

9,  8,  s.  I,  B,  3,  /,  ß,  ff;  so  lange  das  schlosz  gestanden  hat 
J.  E.  Schlegel  3,  570,  s.  I,  C,  Z,  e.  y;  djweyl  si  (d.  stadt 
Eom)  stiht  Schwartzenberg  Cic.  61^,  s.  I,  B,  2,/,  rj,  ee; 

Friburg,  du  bist  ein  kerne,  .  .  . 
man  hat  dich  alzit  gerne, 
als  lang  du  gestanden  bist 
LlLiENCRON  hitt.  volksl.  2,  «.  69  (137,  6,  vom  j.  1475). 

hier  schlieszen  dann  freiere  gebrauchsweisen  an.  s.  unten  D 15. 

f)  in  den  bisher  besprochenen  fällen  ist  stehen  im  gegen- 
satz zu  einem  nachfolgenden  fallen  oder  liegen  gedacht; 
es  kann  aber  auch  einem  vorhergehenden  nichtstehen  ent- 
gegengesetzt werden:  etwas  steht  schon,  noch  nicht  u. 
ähnl.;  der  bau  stehet  schon,  la  fabrica  sta  cioe  e  drizzata 
gia  Kramer  dict.  2,  927';  erhöhung  des  schon  stehenden 
dreyseitigen  monuments  Göthe  briefe  30,  22,  s.  unter  1,  g 
zu  ende;  aber  sobald  das  gebäude  steht,  fällt  das  gerüste 
Schiller  6,  52;  noch  standen  die  mauern  der  neuen 
Stadt  nicht  vollständig  Mommsen  röm.  gesch.^  2,  5; 

98 


1555 


STEHEN  (II.  B,  13,  f-U,  a) 


STEHEN  (II,  B,  U,  a—iö,  b) 


1556 


eh',  als  der  unbewegte  grund 
der  erden  und  des  himmels  stund 

Simon  Dach  ».  173  ÖtUrley; 

zur  sacbe,  frennd!  —  noch  steht  der  galgen  nicht 

(Werner)  söhne  du  thale*  l,  193. 

«o  auch:  wenn  der  wagen  nur  erst  wieder  stünde!  Tieck 
14,  177.  90  erscheint  stehen  nicht  selten  als  resultat  des 
sicherhebens :  zwischen  mir  und  der  klarheit  stieg  aus 
der  erde  eine  weisze,  reine,  unbefleckte  lilie  empor  .  .  . 
sie  stand  herTorgezogen  vom  ödem  des  lebens  maler 
Müller  l,  40;  mich  dauchte,  wir  bunden  garben  auff 
dem  felde,  und  meine  garbe  richtet  sich  auff  und  stund, 
und  ewre  garben  umbher  neigeten  sich  gegen  meiner 
garben  l  Mose  37,  7;  ebenso  Klopstock  Mess.  8,  I7ß, 
s.  unter  l,  d,  y.  —  von  gehä%tden,  errichtet  sein:  ich  habe 
. . .  mir  eine  todtenkapelle  erbaut!  nun  steht  sie  Hebbel 
3,  207,  8  Werner  {Agnes  Bern.  4,  7);  das  haus  stand,  aber 
die  braut,  die  junge  frau  sollte  nicht  einziehen  Raabe 
zum  xciJden  mann  s.  45; 

thaz  möht  er  thaz  giflizan,        thaz  götes  hus  zislizan; 
joh  thaz  er  mohti  avur  thär    iz  eino  irzimboron  sär, 
joh  d&ti  thiu  sin  güaü,  theiz  thritten  dages  stüanti! 

Otfrid  4,  30,  12. 

*.  auch  Röckert  1,  48  unter  l,  d,  i. 

g)  indem  dann  die  errichtung  gar  nicht  ausgedrückt, 
sondern  dafür  sogleich  das  resultat  angegeben  wird,  nähert 
sich  stehen  perfectiver  actionsart  oder  geht  geradezu  darin 
über: 

schiere  stunt  diu  niure 
geworcht,  ir  zweier  stiure 
Albrecht  v.  Halberstadt  2.  hruchst.  90 

{dt^ßLr  bei  Wickram  8,  97  Bolte: 

alsobald  die  mawer  von  gmndt 

von  ihn  beyden  gebawen  stundt       11,  364); 

Theben,  ich  stand  durch  die  leier,  ich  ward  durch  die 

flöte  zertrümmert 
Arndt  werke  6,  82  Meisner. 

A)  stehen  und  fallen  mit  etwas  (einem)  als  formel- 
hafter ausdruck  solidarischen  Verbundenseins  (vgl.  A,  10,  e), 
stets  in  freierem  gebrauche:  mit  dem  glauben  an  dinen 
gott,  dessen  gegenwart  sie  durchdränge  und  belebe, 
muszte  das  christenthum  stehen  und  fallen  Herder  20, 
40  Suphan;  schade  nur,  .  .  .  dasz  die  letzten  frischen 
Wechsel  in  der  freien  stadt  vom  banquier  Montan  nicht 
mehr  acceptirt  wurden,  mit  dieser  guten  Wechselein- 
richtung steht  und  fällt  unser  Institut  Arnim  15,  282; 
alles,  was  ich  bin  und  habe,  steht  und  fällt  mit  meinem 
talent  Ebner-Eschenbach  3,  83; 

o  Cato!    hättest  du  dein  blnt  mit  Cäsars  blut 
im  tode  noch  vermischt:   so  würde  deinen  muth, 
mit  dem  Rom  stund,  und  fiel,  kein  feiger  Selbstmord  schänden 

Moser  Arminius  68 ; 

dir  halt'  ich  treue,  wie  dem  kind 
der  bursch'  die  treue  hält, 
der  iiscber  seinem  boot  im  wind, 
das  mit  ihm  steht  und  fällt 

Heer  kunig  der  BemiiM  885. 

t)  stehen  und  liegen  {vgl.  ll,  a)  als  formelhafte  Ver- 
bindung : 

Cheruüka,  wie  es  steht  und  liegt, 
kommt  mir,  wie  eingepackt  in  eine  kiste,  vor 
Klbist  9,  404  E.  Schmidt  (Hermanntschl.  4,  8,  1657). 

14)  dem  stehen  die  fälle  nahe.  u)0  stehen  den  sinn  'steif. 
Harr  sein'  annimmt. 

o)  vom  penis  {hier  zugleich  die  Vorstellung  des  auf- 
geriehUtaeins,  t.  1,  einschlieazend):  das  männliche  glied 
stehet,  iL  eazzo  »tä  ritto,  rizzato,  i  montato  in  auperbia, 
V.  starren  Kram  er  dict.  (1702)  2,  927«;  'zutoeilen  ist  stehen 
auch  ai^fgerichtet  sein,  steif  und  starr  sein,  in  welchem 
Mime  M  vom  männliehen  gliede  gehraucht  wird'  Campe  (l). 
hd»ge:  auff  einem  gegew,  imm  Yntal  gelegen,  war  ein 
raioher  birgbawr,  dem  war  gemacht  worden,  das  im  sein 
penal  oder  pindt  nit  mehr  stehn  wolt  Lindenbr  a.  loo 
JAehtenst.  (Katsip.  n.  4«);  des  Mercurias  bild  .  .  .  wUrde 
allezeit  mit  stehender  ruthe  gemahlet  Loiirnateii«  Armin. 
1.  tOi*;  {im  bilde:)  es  machen  sich  wahre  kinder  in  den 
wiMentohatrien  daran  {an  die  lösung  von  preisaufgaben), 
lind  weil  denn  das  zeagungsglied  noch  nicht  stehen  will, 
»o  geht  es  ohne  gewaltsame  reitzangimiltel  selten  ab 
LtCIITBMBBRO  brirft  t,  IM  (t.  apr.  M); 


ich  glaub,  dass  üch  der  zagel 
nit  bert  sollt  gstanden  sin ! 
N.  Manuel  ».  25  Bächtold  (Bicocealied  14,  8). 

dafür  mit  bildlichem  ausdruck:  der  göt  domine,  da  er 
sähe,  das  sie  nicht  geschickt  was,  sein  willen  zäthan, 
dann  allein  salvum  me  fac,  unnd  des  iren  gewisz  sein 
wolt,  unnd  ime  das  armbrost  gespannen  stündt,  zu  der 
frawen  sprach  Lindener  s.  48  {rastbüchl.  s.  143).  auch 
folgende  stelle  ist  wohl  so  zu  verstehen: 

frauen-zimmer  zu  gewohren,   dasz  sie  mit  gewehr  vergnügt, 
ist  die  Sache  zu  gewehren  wie  sie  steht,   nicht  wie  sie  liegt 

LOGAU  2,  10,  4€. 

b)  vom  haar  und  hart:  aber  ich  fürchte,  mein  freund, 
sagt'  ich,  diese  locke  {an  e.  perücke)  wird  nicht  stehn. 
sie  können  sie,  versetzte  er,  in  den  ocean  tauchen,  und 
sie  musz  doch  stehn  Bode  Yoricks  empßnds.  reise  (1768) 
1,  ISO;  seine  dicken  schnurrbartenden  standen  immer 
dicker  und  steifer  Frenssen  Anna  HoUmann  «.89;  er 
strich  seine  schnurrbartenden,  dasz  sie  starr  wie  heide- 
besen  standen  lOl. 

c)  von  kleidem,  die  infolge  des  sehteeren  Stoffes  oder 
reichen  schmuckes  starr  und  unschmiegsam  sind;  in  der 
altern  spräche: 

von  pfellor  kursät  unde  rok, 
der  stuont  von  golde  als  ein  stok 

Ulrich  v.  d.  Türlin  Wiüeh.  243,  31 ; 

si  truoc  von  purper  eine  wät. 
diu  was  der  beste  plyät  .  .  . 
man  sach  in  stotzen  unde  stän 
von  golde  an  allen  enden 

KoNR.  v.  Würzburg  troj.  kr.  20060; 

toga  arcta,  stricta  vel  restricta.  war  der  Stattknecht  um- 
gegürt,  dasz  steiff  oder  hart  an  stehet,  stringo,  con- 
stringo  vestem,  stringo  ad  cutem.  dasz  steiff  stehet,  schör 
odder  gürt  zfi,  bind  zö,  das  hart  am  leib  stehe,  cuius 
contrarium,  vestis  laxa,  fusa,  fluxa,  fluitans  Alberus 
nov.  dict.  (1540)  36^;  vestis  recta  dasz  strack  stehet  37*".  — 
ähnlich  jetzt  in  der  Volkssprache,  z.  b.  in  Leipzig:  'es  steht 
vor  dreck,  ist  sehr  schmutzig,  so  dasz  die  schmutzkruste 
es  aufrecht  erhalten  könnte'  Albrecht  216'»  {weit  ver- 
breitet). 

d)  der  sack  ist  so  voll,  dasz  er  stehet,  il  sacco  i  si 
pieno  e  colmo,  che  stä  ritto  Kramer  dict.  (1702)  2,  927«. 

c)  ein  so  dicker  brey,  dasz  der  leffel  drinnen  stehet, 
un  bollito  {minestra)  si  spesso  che  vi  stä  il  eucchiaro 
ebenda;  das  mus  ist  so  dick,  dasz  der  löffel  drin  steht 
Albrecht  216''; 

der  brei 
ist  dick,  dasz  schon  die  kelle  stehet 
Kleist  1,  123  E.  Schmidt  (/am.  Schroffemt.  4,  3,  8118). 

hier  handelt  es  sich  nicht  um  die  Steifheit  des  stehenden 
gegenständes,  sondern  um  die  der  Umgebung,  die  aus- 
drucksweise  wäre  also  genauer  unter  13  einzureihen,  aber 
auch  von  der  steifen  masse  selbst  gebraucht  man  stehen, 
*.  unten  17. 

15)  stehen  im  gegensatz  zu  x'crben  der  betcegung,  vgl.  A,  11. 

o)  so  zusammengestellt:  was  an  der  natur  aller  ding, 
unnd  an  der  gantzen  weit,  stände,  oder  bewegt,  das  alles 
würde  durch  frayndtschafft  lieblich  verwÄnt,  unnd  ent- 
gegen di\rch  zwytracht  zerstr&t  Schwartzenbkro  de. 
(1585)  68'';  er  .  .  .  sieht  sonne  und  mond,  wald  und  flur, 
alles  vor  ihm  wandeln  und  stehen  maler  MOllbr  1,  88; 

es  rauschen  die  wasser, 
die  wölken  zergahn; 
doch  bleiben  die  steme, 
■ia  wandeln  and  stehn  (pton«teii 
und  ßxsteme) 

Qöthb  6,  »0  Tl'rfm. 

stehen  dem  laufen  u.  ».  «o.  desselben  gegenständes  eni- 
gegengesetit : 

die  gltMr  rind  zum  wandern, 
xnm  stehen  nicht  gemacht 
Flkmino  1,  97  Lappeiib.  (poei.  wälder  8,  7,  108); 

das  bett«  ruor  von  stnar  stat, 
das  *  ^'u  ffestandan  Pan.  667,  8 ; 

auf  dieaam  strahlandan  wage, 
flnf  Jetst  wieder  dia  stahande  achApfung  den  krtisenden  lauf  an 
Klopstock  Metsiai  li,  SO. 

dafür  wrstürki  still  stehen,  s.  R.  9. 

b)  stehen  im  sinne  'nicht  laufen,  nicht  ßieszen'  %nrd 
von  ßüsaigktiten  getagt,  in  mannigfachen  gtbra%tehneei»tn. 


I 


1557 


STEHEN  (U,  B.  15,  b—d) 


STEHEN  (U.  B,  15.  c-16,  a) 


1558 


die  sich  nicht  scharf  gegen  die  perfectiie  actionsart,  s.  16,  6, 
abgrenzen  lassen. 

c)  stagnieren,  vom  wasser:  sie  (d.bäcJie)  faulen  und  wer- 
den stinkend,  wann  sie  stehen  und  faulenzen  S.v.  Birken 
oatiänd.  lorbeerhäyn  (1657)  3; 

denn  stünden  ihre  {der  quelle)  wasser,  sie  dehnte  sich 
zum  trüben  sumpfe  Denis  lieder  Sineds  (1772)  201. 

vgl.  oben  3,  d.  so  bes.  häufig  im  pari.,  stehendes  wasser, 
a.  unten  F,  2. 

ß)  femer :  'ein  flusz  steht,  icenn  er  mit  eis  bedeckt  ist. 
und  also  nicht  sichtbar  ßieszet'  Adelung  (l); 

wie  das  eis  hallt!  .  .  . 

wie  der  nacht  hauch  glänzt  auf  dem  stehenden  ström ! 
Klo  PST  o  CK  öden  1,  215,  2  Muncker-Fauel  (d.  kunH  TialJ»); 

in  einer  nacht  im  winter,  da  es  fror, 
dasz  selbst  di«  wellen  standen 

E.  Hardt  Gxidrun  49. 

vgl.  dazu:  das  eis  stehet,  iL  ghiaccio  resta,  stä  rigido  ed 
immobile  Kram  er  dict.  2,  928*. 

Y)  in  eigenthümlicher  antcendung  (vereinzelt)  vom  meere. 
den  kurzen  stillstand  zwischen  ebbe  und  flut  bezeichnend 
{vgl.  12,  c  zu  ende  und  Göthe  41,  258  unter  16,  b,  ä) : 

o  sch6ne  gefertm  wir  wollen  spatziren 
an  deme  saltz-  sandigem  ufer  daher, 
da  gehet  und  stehet  das  ebene  meer* 

mit  der  randglosse:  'mare  Stratum',  und  der  anm.:  das 
meer  lauft  von  sechs  zu  sechs  stunden  ab  und  zu,  da- 
her es  hier  recht  gehend  und  stehend  genennet  wird 
Harsdörffer  frauenzimmer  gesprechsp.  i,  68  (1644). 

d)  dazu  stehen  von  der  kuh.  die  keine  milch  giebt  (also 
^  nicht  ßieszen,  versiegt  sein,  eig.  von  der  milch  selbst), 
in  mundarten  weit  verbreitet:  eis.  d  kuej  stet,  xcird  nicht 
gemolken  Martin-Lienhart  2,  564 •>;  lotiir.  de  kuh  steht, 
steht  misi  Follmann  495»;  oberlaus,  von  der  kuh  'sie 
steht,  vcenn  sie  wenig  oder  keine  milch  mehr  giebt.  weil 
sie  trächtig  ist.  es  wird  auch  gesagt:  sie  ist  gelte'  Anton 
13,  7;  preusz.  starwt  de  frü  on  steit  de  koh,  kömmt  ömmer 
mehr  dato  Frischbier  2,  365'».  waldeck,  dafür  de  kou 
steit  dr(a)Ü2(e)  Bauer-Collitz  23^. 

e)  in  bezug  auf  bewegungen,  die  keine  Ortsveränderungen 
sind,  so  van  der  wage,  die  keinen  ausschlag  giebt:  das 
war  das  sandkorn  auf  der  stehenden  wage  seines  elends 
Pestalozzi  7,  260; 

die  wage,  die  sie  (d.  Gerechtigk.)  trug,  hieng  frey  in  ihrer  hand. 

sie  wog  das  unrecht  ab,  und  sieh!  die  wage  stand. 

in  einer  schale  lag  des  kaisers  zom  und  hassen, 

die  andre  hielt  den  stolz,  den  Heinrich  blicken  laszen, 

und  keine  sank,  noch  stieg 

J.  E.  Schlegel  4, 13  {Hänr.  d.  löue  1). 

dafür  sonst  die  wage  steht  im  gleich  gewicht,  steht  inne, 
ein,  *.  unten  D,  7,  a,  6;    8,  d. 

d)  besonders  in  bezug  auf  den  Umlauf  von  rädern  u.  dergl. 

0)  mein  freund  .  . .  setzte  seinen  tretmechanismns  . . . 
in  gang,  allein  die  maschine  rührte  sich  nicht,  mein 
freund  arbeitete,  dasz  ihm  der  schweisz  herablief,  schneller 
und  immer  schneller,  allein  alles  war  Terfeeblich,  das 
Schwungrad  stand  wie  eine  mauer  Seidel  vorstadt-gesch.  207. 

ß)  sodann  von  allerlei  apparaten,  die  durch  räder  in 
bewegung  gesetzt  werden:  'die  uhr  stehet,  sie  gehet  nicht' 
Caupb  (l);  mundartlich,  z.  b.  in  Rappenau  t  uu«  steet 
Meisinger  182*;  d  auer  stSt  luxemA.  wb.  426»;  es  schien 
noch  sehr  früh  zu  sein,  meine  ohr  stand  Chauisso  (i836) 
4.  849  (P.  Schlemihl  2) ; 

mainchmal  steh'  ich  auf,  mitten  in  der  nau:ht 
und  lass'  die  uhren  alle  stehen 

HoFFMANNSTHAL  d.  rotcnkav.  60. 

vgl.  auch:  die  uhr,  sand-uhr  stehet  (still),  l'horologio,  il 
j^verino  stä  fermo,  s'arresta  d  si  resta  Kram  er  dict. 
2,  «28».  —  die  mühle  stehet  Campe  (i). 

y)  die  maschine  steht:  gleich  darauf  hatte  er  ein  un- 
deutliches empfinden,  so  als  wenn  das  schiff  nun  leblos 
wäre  .  .  .  der  kleine  junge  hatte  es  zuerst  erfaszt  und 
schrie  ihm  zu:  'die  maschine  steht!'  Frenssen  Anna 
Hollmann  s.  123.  twi  bilde,  die  ganze  Staatsmaschine, 
•.  Klinger  6,  322  unter  I,  C,  3,/,  a.     s.  ferner  16,  c. 

d)  so  auch  vom  blutumlanf  s.  unten  16,  b,  y  und  d,  a. 

1)  vgl.  noch:  (stent  ardua)  d&j  ter  himel  st&nde.  döh 
er  lo  in  sudibe  si,  ratio  bech^nnet  uu6nne  er  nesu4ii>öt 
NOTKER  1,  716,  8  Fiper  (Marc.  Cap.  1,  17), 


e)  von  andern  dingen,  unbexceglich  sein. 

o)  seemännisch:  'das  takel  stehet,  wenn  es  unklar  igt, 
oder  wenn  der  lauf  er  desselben  sich  in  den  bocken  be- 
kniffen  hat  oder  fest  darin  sitzt,  dasz  er  nicht  laufen 
kann'  Campe  (i);  das  taakel  steht,  sitzt  fest  Bobrik  661'». 

ß)  von  gliedern  des  menschlichen  oder  tiiierischen  körpers. 
ein  (vorübergehendes)  starrsein  bezeichnend:  als  die  gesetzte 
stunde  (mitternacht)  da  war,  verstummte  er  plötzlich, 
und  wurde  starr  .  .  .  seine  äugen  standen,  sein  puls 
schlug  nicht  mehr  .  .  .  und  dieser  zustand  hielt  an,  bis 
die  stunde  verstrichen  war  Schiller  4,  233; 

dann  streckt  es  {da*  rosz)  sich,  die  nüstem  stehn,  vom 
wilden  schreie  aufgetrieben 
A.  V.  Drostb-Hülshoff  (1879)  2,  6  (d.  tpir.famü.  1), 

f)  freiere  gebrauchsweisen ;  im  anschlusz  an  c:  die  fabrik, 
der  betrieb  steht,  wenn  die  arbeit  eingestellt  wird;  nd. 
de  fabrik  (de  handel,  't  geschäft  etc.)  steid  ten  Doorn- 
KAAT  KooLMAN  3,  299*;  die  betriebe  stehen,  ...  sie  sind 
erträgnislos  Th.  Mann  königl.  hoheit  185.  —  so  weiterhin: 

Franz,  däweilst  jung  bist .  .  . 
denk  hinfür  äf  dö  zelten, 
wo"s  handweri  steht! 
wo's  steht  und  wo's  stockt 
Stklzhamer  atagew.  dichiungen  1,  45,  4  Sosegger  (1884); 

im  ganzen  homerischen  gedichte  sind  götter  wirksam: 
ihre  auftritte  wechseln  mit  den  auftritten  der  menschen 
ab:  nun  ist  nacht:  die  handlang  steht...  Herder  3,  151 
Suphan;  'das  leben  stehet,  hat  keinen  fortgang.  steht 
gleichsam  still'  Campe  mit  verweis  auf: 

dein  leben  steht!  ein  schwerer  traom! 

Herdbb. 

g)  dagegen  von  c  aus  übertragen  (zugleich  an  A,  11,  c 
angelehnt)  die  schlacht  steht,  wenn  keine  der  parteien 
vor-  oder  zurückgeht,  ist  unentschieden:  die  schlacht 
stand  —  wie  ein  sehr  angemessener  kunstausdruck 
heiszt.  sie  stand,  bis  einbrechende  dunkelheit  die  beere 
ablassen  hiesz  vom  gegenseitigen  ringen,  zuletzt  dem 
moment  vergleichbar,  wo  zwei  gleich  starke  ringer  schein- 
bar bewegungslos  just  in  höchster  kraftanstrengung  ein- 
ander erfaszt  halten  Fouque  Ubensgesch.  316;  das  gefecht 
(bei  belle  Alliance)  stand  lange  zeit,  und  ward  mit  glei- 
cher heftigkeit  gegen  die  Engländer  fortgesetzt  Gneisenau 
leben  4,  707;  (im  bilde)  Albions  söhne  stutzen  .  .  .  die 
schlacht  steht  aber  aus  den  millionenscharen  der  stür- 
menden hebt  sich  ein  ruf  Popert  Harringa  280;  so  häufig 
in  mhd.  dichtung: 

der  tomei  Taste  stuont  en  stet 

Ulrich  von  Lichtbnstein  88,  21. 

dant  stSnde  werden  als  perfectiver  ausdruck: 

do  der  tumei  stende  wart 

Erec  2625  {vgl.  d.  anm.  v.  Haupt); 

dö  was  der  tumei  als  ein  want 

stende  worden  gein  in  Lamelet  3289; 

der  stürm  ze  allen  enden 
stende  wart  als  ein  tumei 

Dietr.  flucht  9359  Ämbr. 

ähnlieh  beim  kartenspiel  die  lese  steht  S.\nders  3,  1193* 
(10,  c);  luxetnb.  d  spil  stßt,  'die  Spieler  haben  die  gleiche 
zahl  punkte'  luxemb.  wb.  426». 

16)  trenn  stehen  einer  vorhergehenden  bewegung  entgegen- 
gesetzt wird,  geht  es  in  perfecÜve  bedeutung  über,  nicht 
mehr  laufen,  aufhören  zu  laufen;  vgl.  A,  12.  dafür  deut- 
liclier  und  gewöhnlicher  stehen  bleiben  oder  still  stehen, 
*.  E,  3.  2.  die  perfective  actionsart  ist  nicht  immer  deut- 
lich ausgeprägt,  d/i  stehen  oft  weniger  das  aufhören  der 
bewegung  als  den  anschlieszenden  zustand  der  unbewegtheit 
bezeichnet. 

a)  in  bezug  auf  örtliche  fortbewegung.  so  von  gestirnen; 
den  Übergang  von  der  gewöhnlichen  (imperf)  Verwendung 
verdeutlichen  steilen,  wo  sich  stehen  als  angäbe  des  resul- 
tats  an  den  ausdruck  der  bewegung  anschlieszt,  wie:  der 
stem  .  .  .  gieng  für  jnen  hin,  bis  das  er  kam,  und  stund 
oben  über  (imq  i?.9-aiv  i<nd&ri  inävoa),  da  das  kindliii 
war  Matth.  2,  9  (unz  her  quementi  stuont  Tat.  8,  5,  vgl. 
auch  unter  4,  d,  y) ;  der  sterne  ginc  über  daj;  hüs  dö  da^j 
kint  inne  was,  unde  stunt  d.  mystiker  l,  51, 11.  —  deutlich 
perfectiv:  da  hielt  die  sonne  stille,  und  der  mond  stund 
var.xu:  da  stund  die  sonne  und  der  mond  stille  Jos.  lO,  13, 

98* 


1559 


STEHEN  (II,  B.  16,  a—b) 


STEHEN  (II.  B,  16.  b—e) 


1560 


vgl.  unten  E,  »;  umb  seinet  willen  stunde  die  sonne  (ovxl 
iv  zftp^  avrov  avenoöiaev  6  tjhoq;)  Jea.  Syr.  *%,  5;  und 
die  sonne  stunde,  e'l  seh  si  fermö  Kramer  dict.  2,  928*; 

da  betraten  die  wandelnden  weiten 
mit  weitwehendem  rauschen  des  kreislaufs  stäten,  von  denen 
Jesus  tod  sie  verkündigen  sollten,     sie  standen,     die  pole 
donnerten  sanfter  herab,  und  verstummten,    die  stehende 

Schöpfung 
schwieg'  und  zeigt'  in  den  bimmeln  umher  die  stunden  des 

Opfers. 
such  du  standest,  der  sünder  weit,  nnd  der  gräber! 

Klopstock  4.  115  (-Ve««.  8.  240—6); 

mit  ungewöhnlichem  dativ: 

engel.  der  dort  strahlend  einher  durch  die  himmel 
schwebet,  wer  ists?  dem  das  stemenheer  in  der  laufbahn 
steht,  dem  es  laut  auf  den  pfaden  goltes  ertönt  .  .  .  ? 

6,  254  (20.  519). 

von  andertn:   und  er  gebot  ze  sten   den  wagen    erste  d. 

Itibel  2,  316,  16  Kurrelmeyer  {ap.  gesch.  8,  38;  etjussit  stare 

currum:   Luther:  nnd  er  hies  den  wagen  halten),    mit 

verdeutlichendem  zusatz : 

plötzlich  scheint  ein  rad  gebunden, 

und  der  wagen  steht  gebannt        Mörike  ged.*9. 

von  gegenständen,  die  au/ dem  tcasser  treiben,  aufs  trockne 
gerathen: 

do  diu  flüit  füre  wart      unde  diu  arche  stfint  in  monte  Ararat 
Wiener  genes.  27,  39  (=  29,  7  Diemer). 
ähnlieh  schon: 

dat  in  dem  sciltim  stönt  Hüdebr.  l.  64, 

vgl.  d.  anm.  v.  MOllenhoff  («.  259  =  ^2,  ll).   vom  winde: 

die  schnellen  winde  standen 

TiKCK  nachgel.  sehr.  1,  193. 

b)  häufig  von  flüssigkeiten,  dem  fliesten  entgegengesetzt. 

d)  vom,  tcasser  (ganz  in  der  bedeutung  a),  zum  stillstand 
kommen:  das  wasser  stehet,  l'acqua  si  ferma,  si  stagna 
KAamer  dict.  2,  928*;  da  stund  das  wasser  (des  Jordans) 
das  von  oben  ernider  kam,  auffgericht  über  einem 
hauCTen  (inNii  ?Dp  .  .  .  c^Bi  ?iev^  'wie  ein  wall') . . .,  aber 

das  wasser  das  zum  meer  hinunter  lieff  .  .  . ,  das  nam 
abe  und  Terflos  Jos.  3,  16;  danach:  da  .  .  .  that  jnen  gott 
des  himels  das  (rothe)  meer  auff,  also,  das  das  wasser 
auff  beiden  selten  fest  stund,  wie  eine  mauer  Judith  5, 10; 
gleich,  als  da  durch  sein  gebot  das  wasser  stund,  wie 
mauren,  und  durch  sein  wort  die  wasser  stunden,  als 
weren  sie  gefasset  (iv  ?Mya)  avrov  earij  t«?  ^eficüvia 
vöwq)  Syr.  89,  22;  du  got  kefdstenötost  den  röten  m6re 
in  dinero  chrdfte,  dag  er  stäont  in  mQro  auls  Notker 
t,  296,  10  Piper  (pa.  73,  13); 

hört  ihr?  Siona  begint!  schon  rauscht 

der  heilige  hain  von  dem  harfenlaut! 

des  krystals  quelle  vemimts,  horcht,  und  steht 

Klopstock  öden  l,  167,  27  Muncker-Pawel; 
es  (d.  meer)  schwoll  empor  .  .  . 
die  woge  stand  und  rollte  dann  zurück 

GÖTIIE  41,  258  (Fanst  II.  4). 
ß)  vom  blut,  uxnn  der  hlutumlauf  stockt  (vgl.  unten  d,  «): 
'der  puls  stehet,  das  blut  stehet  in  seinen  ädern,  stockt, 
hat  keinen  umlauf  Campe;    cimbr.  'z    plut    inz    hertze 
standemar  cimbr.  wb.  236*.     beitn  sterben : 

nnd  willst  du,  herr,  so  steht  des  blutes  lauf, 
•0  sinkt  dem  adler  sein  gefieder 

Schiller  1,  29  (d.  abend  v.  86); 
freunde!  freunde!  wenn  er  heute  käme, 
heute  mich  aus  unserm  bunde  nähme 
jener  letzte  grosze  augenblick  — 
wann  der  frohe  puls  so  plötzlich  stünde  .  .  . 

Hölderlin  1,  66  LiUcmann  (tchwärmerel). 

«ueA  &et  h^fUgtm  schreck: 

mein  Junge«  blut  in  den  adem  stand 
A.  V.  DRosTB-HCLSiiOFr  1,  324  (der  mutUr  Wiederkehr). 

y)  doch   auch  vom  aufhören  einer  blutung,   eines  blut- 
ergu»M$!  das  blat  steht,  die  wunde  blutet  nicht  mehr  u.  ähnl. : 
stant  pl3t  (fasto) 
Strattb.  bluUegen  4  und  6  (denkm.  IV,  6); 
blut  stsnf , 
vergisz  den  gang         $ehu>el*.  volksl.  S,  119; 

».  ferner  Fischart  JWih.  8tO  unier  I.  B,  «,/,«,  ec;  dam: 
nim  die  nodel  and  stich  under  die  ader,  und  zeuch  sye 
dann  herdnrch.  and  knypff  dann  die  ader  zfi.  lo  itet  es 
QzntDonrr  wundartsn.  (i&so)  a6^. 


S)  stehen  für  versiegen:  er  sprach  zu  jr,  es  ist  kein 
gefess  mehr  hie.     da  stund  das  öle  (jcffrr  ncpsi)    2  kön. 

4,  6.  ebenso  Luther  19,  311,  28  Weim.;  danach:  und  das  öl 
stunde,  e'  l  oglio  si  resto,  fermö  Kramer  dict.  2,  928». 

f)  stehen  vom  wasser  kann  auch  das  aufhören  der 
Wellenbewegung  bezeichnen;  ruhig  werden: 

die  winde  legten  sich,  erkandten  ihren  herren. 
das  tolle  wasser  stund,    liesz  nach  sich  so  zu  sperren 

Fleming  70. 
hier  schlieszt  dann  die  bedeutung  17  an. 

c)  in  bezug  auf  bewegungen,  die  keine  ortsveränderungen 
sind,  bes.  den  umlauf  von  rädern  u.  ähnl.  im  bilde: 

nnd  der  natur  ihr  rad  musz  stehn,  wann  er  befiehlt 
Haller  ged.  s.  127  Hirzel  (urspr.  d.  übelt  2,  68); 

zwar  schlingt  ein  ewig  band  die  beyden  krftfte  (Sinnlichkeit 

V.  verstand)  um, 
steht  jene,  gleich  sind  auch  der  andern  räder  stumm 

Wieland  l,  93  Berl.  ak.  (nat.  der  dinge  4,  74«). 

so  dann  ferner  die  uhr,  die  maschine  steht,  doch  gewöhn- 
lich imperfectiv.  s.  15,  d,  ß.  y  (perf.  bleibt  stehen).  —  ahn- 
lich auch  der  pflüg  steht,  das  aufhören  des  pflügens,  des 
baus  ausdrückend;  im  bilde: 

gib  ich  nicht  ein.  so  stät  mein  pflfig. 
drfimb  mflsz  purgiem  haben  fflg 

Schwartzenberg  t.  etc.  137*. 

d)  in  mannigfacher  Verwendung  von  gliedern  de» 
menschlichen  leibes,  das  aufhören  ihrer  natürlichen  func- 
tionen  bezeichnend. 

a)  vom  stocken  des  blutumlaufes,  s.  b,  y.  dafür  dann 
auch:  'das  herz  stehet,  schlägt  nicht  mehr  und  zeigt 
aufhören  des  lebens  an'  Campe; 

das  herz  schlägt  langsam,  dann  stehts,  dann  stirbt  er! 
Klopstock  Mess.  6,  223. 

ß)  der  mund  oder  öfter  das  mundwerk,  maul  steht 
einem,  wenn  er  aufhört  zu  sprechen;  so  im  16.  jahrh.: 
sie  wissen  yhr  ding  zu  treiben  und  sind  nicht  faul  .  .  . 
und  lassen  keinen  spynweb  für  yhrem  maul  wachsen  . .  . 
es  stehet  den  verfurern  das  maul  nimmer  Luther  28, 677, 8 
Weim. ; 

Ifig  nur  dasz  dir  das  maul  nicht  steh  (6«'  tisch), 
und  allzeit  wie  ein  windtmül  geh 

Scheidt  Grob.  2807 ; 

dann  jm  das  maul  nimmer  gestund 

Wickram  irr  reit,  bilger  30*. 

dafür  mit  abstractem  subj.:  (ein  alter  mann)  dem  auch 
underweilen  die  red  gestund  (dasz  er  nidä  sprechen  konnte) 
Pauli  schimpf  57*;  so  der  wolff  den  menschen  zum 
ersten  ersieht,  das  derselbige  mensch  gleich  davon  solle 
erstummen,  und  jme  die  rede  gestehn  Sebiz  feldb.  618; 

also  Ihet  ich  jhm  ubertrang. 
doch  daucht  mich,  mach  ims  nit  zlllang 
das  er  dich  nit  in  grimm  erwUsch, 
dann  jhm  die  red  gestanden  ist 
zweymal,  als  er  heimlich  nach  mir 
hat  griffen  mit  grimmer  begir 

Fischart  ßöhh.  298. 

e)  von  allerlei  krankheiten  und  plagen  wird  stehen  in 
doppeltem  sinne  gesagt: 

«)  auf  der  erreichten  aiiufe  verharren,  nicht  weiter  tu- 
nehmen  oder  hrftiger  icerden.  so  der  schnupfen  steht. 
sinnlicher  von  einem  hautausschlag:  ists  aber  gestanden 
(iisy?)    an   dem   brandmal,   und   nicht   weiter  gefressen 

an  der  haut  3  Mose  13,  28,  vgl.  unter  I,  C,  8,  d,  ct. 

ß)  tum  stillstund  kommen,  at{fhören.  «o  von  blutergutt, 
s.  b,  y.  ähnlich  von  rühr:  trincheg  niun  tage  ein  vasgill 
volle;,  8Ö  stet  diu  ruora  artneib.  s.  183,  88  Pfeiffer  (I,  88; 
18.  jahrh.).  abstreuter  von  Vorgängen ;  t.  b.  vom  »chlttcken, 
achlucJizen:  nach  des  Täters  wegfiihrung,  da  muttcr  und 
Schwester  jammerten,  ward  mir  fühllosigkeit  vorgeworfen, 
bis  ich  gestand,  dasz,  wenn  der  schnuok  nicht  stehn 
wollte,  ich  hinter  den  brunnon  liefe,  mich  satt  zu  weinen 
J.  H.  Voss  britfe  l,  16  (erinn.  aus  m.  jugendl.  =  antiaymb. 
8,  189).  M  dann  auch:  diese  (d.  leidensch^ft)  wRIirt  kurze 
zeit;  so  bald  sie  ihre  Sättigung  hat,  so  steht  sie  ge- 
schwind und  hört  auf  Hbinsb  8,  484  Schüddekopf; 

kind,  bedenk  die  augenweid«  .  .  .1 
steht  noch  immer  die  mucke  nicht  ganz?  ich  ratbe 
dir  ernstlich! 
Vosa  t,  141  (td.  8.  184). 


1561 


STEHEN  (II,  B,  16,  e-C,  1,  6) 


STEHEN  (II,  C,  1.  b-2,  a) 


1562 


die  bedeutung  stehn  =  aufhören  bezeugt  auch  folgende 
merJcvnirdige  erklärung  einer  verbreiteten  redensart:  es 
steht  wie  es  geht,  wie  ein  ding  geht  und  seinen  anfang 
(und  end)  hat,  also  steht  es  und  hat  ein  end  S.  Franck 
»prw.  2,  108*  (vgl.  Eiselein  577). 

17)  stehen  von  flüssigkeiten  bezeichnet  zuweilen  ein  fest- 
werden. 

a)  stehen  'von  ßieszenden  geicässem,  wenn  sie  sich  mit 
eis  belegen  :  der  Pregel  steht,  die  Weichsel  steht  Frisch- 
bier preusz.  wb.  2,  365»,  vgl.  oben  15,  b,  ß  (genauer  wohl: 
wenn  das  treibeis  zum  stehen  gekommen  ist). 

b)  steif  werden,  zerrinnen :  nimm  von  den  rothen  Wein- 
trauben, .  .  .  lasz  sie  bey  einem  gelinden  feuer  welcken, 
doch  nicht  sieden,  dann  schlage  sie  durch  ein  haaren 
tuch,  lasz  das  geschlagene  kochen,  bis  es  stehet,  so  ist 
es  fertig  Marpurger  vollst,  küch-  u.  keller  dict.  (1716) 
1138».  bes.  mundartlich:  ösferr.  die  milch  steht,  gesteht 
Höfer  l,  292;  oberhess.  stehn,  'auch  von  gefrierendem 
Wasser  und  geronnener  milch  gebraucht'  Crecelius  807. 

18)  eigenthümlich  ist  die  wendung  der  tabak  steht  in 
der  pfeife  (auch  steht  lange,  gut),  verbrennt  langsam, 
hält  lange  an,  tco  also  stehen  beharren,  andauern  aus- 
drückt, s.  Spiess  241;  auch  sonst  gebräuchlich  (vidi,  im 
gegensatz  zum  zusammenfallen,  vgl.  13  ?). 

C)  stehen  in  freierer  verirendung,  zunächst  von  per- 
sonen.  (doch  sind  falle,  wo  dieselben  gebratichsweisen  mit 
»üchlichem  subj.  vorkommen,  häufig  gleich  angeschlossen.) 

l)  stehen  mit  prädicativen  bestimmungen  (Substantiven, 
stets  ohne  artikel).  wie  (zu)  gevatter  stehen,  hier  ist  die 
eigentliche  bedeutung  von  stehen  noch  in  kraft,  sie  tritt 
indesz  zurück  vor  dem  abstracteren  begriffe:  'ein  amt.  eine 
function  versehen'. 

o)  selten  wird  diese  bestimmting  mit  als  angeschlossen: 
obses  .  .  .  hd.  ein  leyster,  oder  ein  mensch  das  do  stet 
alsz  ein  pfant  sim.,  einer  der  für  ein  pfand  stet  Diefen- 
BACH  gloss.  389*»;  hier  steh'  ich  nun  als  schildwacht  I 
TiECK  nachgel.  sehr.  1,121;  Haller,  du  stehst  mir  als  zeug, 
wenn  es  zum  rechtstag  wird  Handel-Mazzetti  d.  arme 
Margareth  a.  149.  (Sanders  3,  1192«  führt  unter  2,  c  auf: 
als  bürge,  zeuge,  als  oder  zu  geyatter  stehen,  ohne  beleg.) 
daneben  mit  präpositionen ,  für  etwas,  *.  oben  Diefen- 
BACH  und  unten  3,  d,  ß;  häufiger  mit  zu  (also  den  ztceck, 
die  bestimmung  angebend),  so  besonders  in  der  Verbindung 
zu  gevatter  stehen,  die  seit  ende  des  i6.  jahrh.  bezeugt 
ist,  8.  gevatter  H,  2,  b,  th.  4,  l,  4657/.,-  dafür:  15.  (dec.  1800) 
bin  ich  zu  paten  gestanden  bey  der  Nannette  Eighen- 
DORFF  11,  7  Kosch. 

b)  die  bestimmung  gteht  absolut  als  prädicaiives  subst. 
neben  stehen: 

a)  am  verbreitetsten  ist  gevaüeT  stehen:  Tiey  jemanden 
gevatter  stehen,  im  gemeinen  leben  zu  gevatter  stehen' 
Adelung  (2,  l),  'als  gevatter  der  taufhandlung  beiwohnen' 
Campe  (2).  diese  ausdrucksiceise  ist,  mit  einer  in  neuerer 
zeit  häufigen  Verkürzung,  atts  der  vorstehenden  erwachsen ; 
sie  ist  schon  ende  des  17.  jahrh.  nachzuweisen  und  scheint 
vom  norddeutschen  auszugehen,  (es  ist  vielleicht  nicht 
zufällig,  dasz  die  ältesten  belege  alle  Leipzig  angehören 
und  dasz  solche  aus  dem  oberdeutschen  gebiete  ganz  fehlen.) 
vgl.  neben  den  nachweisen  th.  i,  l,  4657 — 9  noch: 

auch  kostets  manchen  viel,  wenn  sie  gevatter  stehen, 
geburts-  und  nahmens-tag  wohl  zwey,  drey  mahl  begehen 

PiCANDER  1,  353; 

so  sah  ich  ihn  noch  jüngst,  als  er  gevatter  stund 

Gbllert  1,  284. 

ß)  nicht  allgemein  üblich  ist  braut  stehen  (th.  2,  831/.); 

du  stehst  an  meiner  stelle  brant? 

Baggesen  5,  55; 

und  besser  ist  im  himmel  braut  stehn, 

um  mittsommerszeit  — 

als  auf  erden  im  königsmantel  gehn 

Arndt  werke  6, 190  Meitner. 
(im  bilde:) 

die  erde  steht  mit  dem  frfihling  braut. 

ged.  (1860)  131. 
dl«   Verbindung    stammt    wohl   aus   dem   dän.,    tco    brnd 
(wie  engl,   bride)    die   frau    am    hochzeitstage    bezeichnet 
(idag  staaer  hun  brud    Molbech*  i,  253). 


Y)  jetzt  häufig  modeil  stehen,  doch  nur  bei  wirklichem 
stehen  (sonst  auch  modell  sitzen),  vgl.  th.  6,  2440:  da 
muszt  du  .  .  .  stunden  lang  ohne  verdrusz  in  den  be- 
schwerlichsten Stellungen  modell  stehen  Arnim  9,  248 
(Raphael  l) ;  das  mädchen  auf  dem  bilde  sieht  leiblich 
aus  wie  meine  Helene,  und  ich  will  nicht,  dasz  die 
leute  sagen,  sie  hätte  ihnen  modell  gestanden  Seidel  2 
(vorstadtgesch.),  128.  übertragen:  wunderbar  fügte  es  sich, 
dasz  die  vorhandene  bibel-  und  spruchweisheit  (des 
Predigers)  sich  so  herrlich  auf  Gustav  münzen  liesz, 
als  hätte  er  dazu  modell  gestanden  Spitteler  Gustav 
s.  12.  dazu  im  einzelnen  köpf,  akt  stehen,  je  nachdem 
nur  der  köpf  oder  die  ganze  (unbekleidete)  gestalt  dem 
künstler  als  vorläge  dient,  hier  ist  das  subst.  natürlich 
als  acc.  zu  fassen  und  die  syntaktische  beziehung  ganz 
andrer  art,  vgl.  unten  7,  o.  (köpf  stehen  also  verschieden 
von  A,  2,  /.) 

f)  anderes  vereinzelt,  so  bair.  borg  stSn  gut  stehen  alt 
bürge    Schmeller*  2,  709. 

e)  in  getcissen  fallen  kann  sogar  das  bestimmende  sttbst. 
ganz  ausgelassen  werden,  so  dasz  stehen  einen  prägnanten 
sinn  erhält. 

a)  stehen/«r  gevatter  stehen  (s.  b,a):  da  hastu  ein  gold- 
gfilden  patengeld,  unser  haus-knecht  soll  vor  mich  stehen 
Weise  erznarren  s.  174  (98  neudr.).  mundartlich  eis.  bi  me 
kind  ste(n)  oder  gvatter  ste(n)  taufzeuge  sein  Martin- 
Lienhart  2,565»;  bair. dafür  grösz  sten  Schmeller*2,  709. 

ß)  in  der  kirche  stehen,  sich  trauen  lassen  (s.  b,  ß): 
künftigen  sontag  wollen  wir  in  der  kirche  stehen  kunst 
über  alle  künste  82,  6  Köhler. 

Y)  allgemein  üblich  ist  einem  maier  (bildhaner)  stehen, 
als  modell  vgl.  b,  Y'  er  glich  völlig  dem  gemahlten  bilde, 
als  wenn  er  dem  künstler  gestanden  hätte  Göthe  19,  209 
(Wilh.  Meister  5,  12);  ich  bin  fest  entschlossen  keinem 
künstler  .  .  .  mehr  zu  sitzen,  noch  zu  stehen  briefe  38,  30 
(an  O.  V.  Göthe  d.  2i.  jan.  2i).  übertragen:  die  Jünglinge 
deren  bilder  und  Silhouetten  wir  hier  vor  uns  haben, 
sind  die  ersten  menschen,  die  mir  zur  physiognomischen 
beschreibung  saszen  und  standen,  wie  wer  sich  mahlen 
läszt,  dem  mahler  sitzt  Lavater  physiogn.  fragm.  2,  244 
(30.  fgm.  =  Göthe  48,  15l).  stehen  wird  also  in  seinem 
vollen  sinne  empfunden,  in  neuerer  zeit  atich  von  liegen- 
den modeUen:  sie  stand  mit  Hellbach  vor  einer  be- 
rühmten Venus  auf  rotem  sammtdivan,  die  der  sage 
nach  die  prinzessin  Orsina  .  .  .  darstellen  sollte,  die  .  .  . 
einem  ihrer  künstlerfreunde  so  gestanden  hatte  Hans 
V.  Kahlenberg  Eva  Sehring  (1901)  146. 

6)  in  ähnlich  prägnantem  gebrauche  findet  sich  stehen 
im  frühnhd.  für  vor  gericht  stehen  (s.  3,  c,  y)  bezic.  sich 
stellen :  liben  frund !  mein  meinung  ist ,  das  ir  steht 
und  dy  mandat  nicht  verachtet,  wen  ich  musz  auch 
stehen  chron.  der  stadt  Elbogen  s.  20  Schlesinger;  sint 
dy  hem  desz  rechtens  nicht  alle  verbanden  gewest 
und  .  .  .  auf  Michahelis  dar  nach  wider  zu  stehen  ge- 
fodert.  also  sint  sy  .  .  .  auf  Michahelis  aber  erschinnen 
21,  a.  auch  s.  23,  6. 

2)  bildliche  gebrauchsweisen,  in  denen  die  sinnliche  Vor- 
stellung des  Stehens  noch  deutlich  vorliegt. 

a)  bildliche  ausdrucksweisen  mit  fusz,  füsze,  vgl.  A,  2,  a 
und  fusz  5,  c,  ß;  d,  th.  4,  1,  982 jf. 

a)  auf  eignen  füszen  stehen,  selbständig  sein  (th.  4, 1, 982) : 
nun  also  auf  eignen  füszen  stehen  soll  der  geist  Bettina 
V.  Arnim  dies  buch  gehört  d.  könig  (1843)  1,  59.  in  anderm 
sinne:  ein  glück  für  ihn,  dasz  ich  wieder  auf  eigenen 
füszen  stand  und  alles  hochtrabende  in  der  chaise 
zurückgelassen   hatte    Thümmel   reise  9,  130.  —   dafür: 

wenn  wir,  in  raschen,  muthigen  momenten, 
auf  unsem  füszen  stehen,  strack  und  kühn 
als  eigner  stütze  froh  uns  selbst  vertraun 

GÖTBB  9,  866  (jMt.  tochter  1,  5). 
das  gegentheil: 

was  will  auf  deinen  feldem  denn  der  Russe, 
Deutschland?  dir  beistehn !  hast  du  keine  stamme 
im  eignen  wald  mehr,  dich  zu  stützen?  memme, 
dasz  du  nicht  stehn  kannst,  als  auf  fremdem  fusze 

RüCKERT  poet.  w.  (1867)  1,  10  (geh.  ton.  8). 

ß)  auf  schwachen  füszen  stehen,  keine  festigkeit  und 
gewähr  des  bestehens  haben ,  vgl.  th.  4,  l,  982 ;  auch  auf 
schwachen    beinen:    wo    der    Luther    nicht    were,    die 


1563 


STEHEN  (II,  C.  2,  a) 


STEHEN  (II,  C,  2,  a-c) 


1564 


sohwermer  solten  gar  bald  dflnne  werden  und  zu  loch 
kriechen,  sie  stehen  warlich  auff  schwachen  beinen 
Luther  83,37,6  Weim.;  nd.  up  swakken  föten  staan, 
in  sehUcMen  umstünden  sein  Dähnert  455*".  so  auch 
käv^fig  mit  aächlichem  mibject.  z.  b.: 

der  faimmel  nunmehr  sehnet  sich 
zum  Untergang:  die  erde 
erwartet  gleichfals  &ngstiglich 
dasz  sie  entbunden  werde 
von  schwerer  sfind,  daher  sie  fast 
auff  schwachen  fUssen  stehet 
und  mit  der  zeit  ffir  grosser  last 
zu  grund  und  boden  gehet 

Königsb.  dichterkr.  t.  42  neudr. ; 

mueh  auf  dünnen  füszen,  auf  schwankendem  fusze, 
a.  th.  4,  1,  983;  auf  wackligen  füszen  stehen,  luxemb.  op 
wackleje  feiss  stfin  luxemb.  wb.  426  ■.  eigenthümlich:  viel 
weniger  hilfft  die  auszflucht,  die  der  lugener  von 
Leyptzick  {Eniser)  erticht  .  .  .  denn  solchs  geticht  steht 
auff  putter  fussen    Luther  8,  353,  1  Weim. 

y)  ähnlidie  ausdrücke  in  gutem  sinne:  auf  sichern 
füszen,  s.  th.  4,  1,  982.  sprichw.:  es  stund  nie  kein  gaul 
auff  leichten  beinen  Petri  Dd  !•.  sonst  gern  mit  un- 
persönl.  subj. :  es  {Ägypten)  hat  hohe  leute  im  geistlichen 
und  weltlichen  regiment  gehabt,  und  ist  dieses  reich 
auff  starcken  und  festen  beinen  gestanden  Luther 
le,  6,  12  Weim.  ; 

das  stürmen  ist  za  starck;  bey  diesen  nnglücksrällen 
kan  nur  allein  die  treu  auf  festen  fusse  stebn 

cav.  im  irrg.  (1746)  400. 

dafür  noch  getcöhnlicher  fest  auf  den  füszen  stehen: 
wenn  die  zeit  erst  vorüber  wäre  und  sie  ein  gesundes 
kind  im  arme  hätte,  dann  würde  sie  fester  auf  den 
füszen  stehn  und  eine  runde,  gesunde  und  lachende  frau 
werden  Frenssen  KL  H.  Baas  354. —  auf  bessern  füszen, 
a.  th.  4,  1,  982. 

d)  mit  bestimmteren  attributen:  auf  flüchtigem  fusze 
stehen  als  Umschreibung  für  fliehen:  denn  die  feinde 
stunden  auff  flüchtigem  fusz,  und  bekamen  den  hasen 
inn  busen  Mathesius  Sar.  (i57l)  22".  —  auf  freiers- 
füszen  stehen    s.  th.  4,  l,  l,  983. 

e)  auf  einem  guten  fusze  mit  jemand  stehen,  in  einem 
guten  Verhältnisse;  'in  gutem  vernehmen  mit  ihm  leben' 
Caupb  (l) :  Coraline  macht  dem  Pantalon  die  thüre  auf, 
der  sehr  vergnügt  darüber  ist,  dasz  er  mit  ihr  auf  einem 
so  guten  fusze  stehe  Lessing  4,  441;  Schiller  4,  272;  die 
berzogin,  die  sich  glücklich  pries,  mit  dem  grafen,  ihrem 
Schwager,  auf  einem  so  freundschaftlichen  fusz  zu  stehen 
Kleist  8,  394,  25  E.  Schmidt  (d.  zweik.),  vgl.  Hebbel 
11,  249,  24;  man  steht  nicht  um  nichts  mit  einer  Sängerin 
auf  so  vertrautem  fusze  Bauern feld  ges.  sehr,  l,  12 
{Uichts.  aus  liebe  1,  i).  an  stelle  eines  adj.  kann  eni  gen. 
als  nähere  beatimmung  zu  fusz  treten:  die  griechischen 
beroinen  .  .  .  standen  meist  mit  den  göttern  schon  auf 
dem  fusze  einer  weitläuftigen  schwägerschaft  Gutzkow 
gea.  vxrke  6.  S«  {Maha  Quru  6);  so  bes.  auf  (dem)  krieps- 
fusz  mit  jem.  stehen:  ist  doch  derselbe,  der  mit  Bismarck 
auf  dem  kriegsfusz  steht?  Fontane  5,  158:  auf  ge- 
spanntem fusze,  a.  th.  4,  1,  982.  fusz  durch  einen  inf-  oder 
inhaltaaaiz  bestimmt:  vater  und  söhn  stehen  nicht  auf 
dem  fusze  mit  einander,  sich  auf  bedingungen  einzu- 
lassen Bretzner  d.  rätuchgen  3,  7;  mit  den  bauern 
▼OD  Elb&ra  standen  wir  auf  dem  angenehmen  fuss, 
djtss  wir  gegenseitig  keine  notiz  von  einander  nahmen 
E.  V.  Sachau  reise  in  Syrien  und  Meaop.  (1888)  9a,  *.  auch 
E,  6,  a,  ß. 

5)  ungevöhnlich  auf  einem  fusze  stehen  ohne  beziehung 
auf  einen  andern:  die  weit  steht  auf  einem  fusz  wo 
keiner  an  die  Wirklichkeit  vom  andern  glaubt  Bettina 
V.  Arnim  diea  buch  gehöH  d.  könig  (1848)  l,  17. 

17)  mit  €inem  fusze  wo  stehen,  halb,  beinahe;  beaonder» 
im  grabe,  dem  tode  nahe  aein,  a.  fusz  5,  d,  th.  4,  1,  996.  ao 
achonfriih:  alierum  pedem  in  Charontia  eymba  habere,  er 
steht  mit  dem  einn  fAsz  im  grab  S.  Francs  »prüchvo. 
(tft4l)  t,  M*>.    dafür: 

der  eiD«  fast  steht  schon  im  (rab« 

(lO.NTIIBR  ofd.  110. 

*§L  dtuu:   apad   illos   habet    diahoiiis   ein  fus  sten,  qui 
■ant    (dt«    aind    ihm    adivn    lutlb     vtrftdlen) 


Luther  15,  459,  2  Weim.  in  netterer  zeit  atuh  in  xoeiterem 
gebrauche:  wir  andern  sollten  uns  niemals  so  weit  ia 
die  weit  verlieren,  dasz  wir  nicht  wenigstens  mit  6inem 
fusz  in  der  region  der  kunst  oder  Wissenschaft  fest 
stünden  Göthe  briefe  15,  252,  3  (an  J.  H.  Meyer  v.  Sl.jul. 
1801).  —  mit  beiden  füszen  im  grabe  stehen,  am  sterben 
sein,  a.  fusz  6,  d;  ich  weisz,  dasz  du  die  gottesfurcht 
verachtest,  und  mit  beiden  füszen  in  dem  pfuhl  der 
Sünde  stehst    Tieck  11,  10. 

d)  anstatt  der  füsze  werden  die  beine  genannt,  a.  Luthbr 
unter  ß  und  y;  zuweilen  auch  die  schuhe:  hei  wis'te 
sine  nüdlichen  ftlut  girn  breitlings,  dat  de  lud'  doch 
segen,  wo  dat  em  kein  deuwel  tau  befehlen  hadd  un 
dat  hei  in  sine  eigene  schauh  stünn  Reuter  2,  200,  11 
Seelm.  {strömt.  1,  ll). 

6)  auf  etwas  stehen  u.  ähnl. 

a)  auf  einem  gründe  oder  boden.  so  mit  Verallge- 
meinerung einer  zunächst  ganz  eigentlichen  ausdrucks- 
weise: fürchte  keine  gewaltthati  auch  hier  stehen  wir 
auf  rother  erde,  auch  in  Augsburg  ist  Westphalen 
Hebbel  3,  164,  5  {Agnes  Bern.  2,  3;  sinn:  auch  hier  waltet 
dasvehmgericht,  vgl.  s.  169,  12— 21,  sc.  8).  ferner:  also  stehet 
denn  die  liebe  recht,  auff  jrem  rechten  grund,  wie  sie 
stehen  sol,  nicht  auff  deinem  nehesten,  sondern  auff 
deinem  glauben  .  .  .  Luther  6,  58*;  der  arzt  und  der 
geistliche  verstehen  sich  gut  .  .  .  hier  im  armenhause 
stehen  sie  auf  gemeinsamem  gründe  M.  Dreyer  atrand 
(1910)  234;  die  romantiker  stehen  ursprünglich  mit  Göthe 
und  Schiller  auf  gleichem  boden  Hettner  d.  romant. 
schule  s.  2b.  mit  erklärendem  genetiv:  die  naturalisten 
haben  das  voraus,  dasz  sie  auf  dem  boden  der  Wirk- 
lichkeit stehen  24.  gern  durch  fest  u.  ähnl.  verstärkt: 
bei  Denis  stehen  wir  steif  und  fest  auf  der  erde  Herder 
5,167;  je  schwunghafter  der  flug  seiner  diktion,  desto 
fester  steht  er  {Shakespeare)  dabei  auf  dem  boden  der 
Wirklichkeit  Ludwig  5,  270.  ähnlich  auch:  freilich  stehen 
wir  hier  auf  einem  noch  viel  minder  angebauten  land 
Riehl  d.  deutsche  arbeit  10;  als  der  siebenundzwanzig- 
jährige  {Friedr.  Wilh.  III.)  die  herrschaft  antrat,  stand 
er  in   einer   fremden  weit     Treitschke  d.  gesch.  l,  149. 

ß)  mit  genauerer  bezeichnimg  der  unterläge;  auf  dem 
sande  stehen:  szo  yhr  aber  auff  dem  sandt  stehet,  wirtt 
euch  eyn  schwinder  grosser  fall  begegen  Luther  8,  48a. 
26  Weim.  {nach  Matth.  7,  26/.).  —  ao  besonders  (wie)  auf 
kohlen  stehen  als  ausdruck  der  Ungeduld,  literarische 
belege  th.  5,  1585;  auch  mundartl.  luxemb.:  ech  stöng  we 
up  glidege  koihlen  Gangler  434,  nd.  {märkisch):  ik  sta 
as  op  hfeitan  kuälan  Fromm  an  N  5,  163,  151.  ähnlich,  doch 
m^hr  furcht  und  den  wünsch  zu  fliehen  ausdrückend:  jeder 
andere  günstling,  . .  .  der  vernommen  hätte,  was  Abdallah 
soeben  vernahm,  würde  auf  feuer  gestanden  haben,  oder 
doch  wenigstens  gesonnen  haben,  wie  er  die  bösen  geister 
beschwören  möchte,  welche  ihm  jetzt  so  furchtbar  drohten 
Klinger  7,  II6  {Faust  d.  morgenl.  4). 

y)  anderes  vereinzelt,  so  auf  rosen  stehen  {häufiger 
gehen,  vgl.  rose  4,  b,  th.  8,  1172): 

kinder,  laszt  jetzt  von  einander, 

seht,  das  ufer  ist  noch  weit, 

und  ihr  steht  noch  nicht  auf  rosen 

HouwAi.u  d.  Uuchtt.  2,  3,  if.  995. 

auf  dem  rade  des  glückes  stehen  {wie  oft  attf  alten  biLl- 
liehen  dar  Stellungen):  und  scheinen  sie  {d.  Juden  u.  </. 
Philister)  gleich  oft  auf  dem  rado  des  glückes  zu  stehen, 
so  sind  sie  doch  eigentlich  nur  darauf  geflochten  Bren 
TAND  d.  Philister  vor,  in  u.  nach  der  gesch.  a.  8.  —  nd. 
{westf.)  uppem  breide  stein  stine,  gevatter  stehen  nd. 
korrespondenzbl.  11,  60  {weiteres  a.  unUr  stein),  vgl.  auch 
{in  Hamburg- Altena):  dats'n  deercn,  de  kann  in  'n  kaan 
staan,  ein  tiiclitiges  mädchen,  die  was  vertragen  kann 
Schütze  *.  i«i. 

d)  auf  dem  plan  stehen  vom  gegner.  der  tum  kämpf 
bereit  ist.  s.  Lutmkk  7.  M&,  a  unter  I,  B,  «,  g,  ß.  —  auf 
einem  weg«:  er  steet  auf  ainem  weg  disr  nicht  gät  ist: 
das  hftse  scheuet  6r  nicht  Mblissus  paalmsn  P  8*  (*.  VMt 
neudr..  ;».  86,  6);  in  fuszstapfen,  a.  Sphkno  Äsneis  üx^ 
unUr  I,  B,  «.  /.  n»  **• 

r^  bei  angäbe  da»  genoMtn  punktes,  «M  jemand  atehl. 
gewöhnlich  mit  »IL 


1565 


STEHEN  (II,  C.  2.  c) 


STEHEN  (II,  C,  2,  c-d) 


1566 


a)  auf  einem  platze  (twi  büde) :  Herodes  stand  auf  einem 
platz,  den  die  natur  ihm  bestimmt  .  .  .  hatte  Hebbel 
11,  249,  3.    gewöhnlicher  mit  an: 

(wann)  die  reiche  ernte 
der  missethat  in  vollen  halmen  steht, 
nnd  einen  Schnitter  sonder  beyspiel  fordert, 
dann  stehen  sie  an  ihrem  platz 

Schiller  5,  2,  219  {don  Karl.  2,  5). 

ß)  an  eines  stelle,  statt  stehen  ihn  vertreten,  vgl.  unten 
3,  d,  ß.  doch  auch  in  dem  sinne:  ein  amt,  eine  function 
ausüben,  z.  b.  an  richters  statt,  richter  sein,  zu  gericht 
sitzen:  mit  mines  herren  hulden,  wen  he  an  des  richters 
stat  steet  Freib.  stadtr.  s.  186,  20  (XXIX,  §  5") ;  wenn  du 
aber  segenest  im  geist,  wie  sol  der,  so  an  stat  des  leien 
stehet  (ö  avarcf.riQÜiv  rov  tönov  xov  idiwxov),  amen 
sagen  l  Cor.  l*,  16. 

y)  an,  auf  der  alten  stelle  stehen,  zunächst  eigentlich: 

da  sind  wir  wieder, 
stehn  wieder  auf  der  alten  stelle !  sieh  doch 
die  alten  sessel  da  .  .  .  Tieck  13,  291. 

freier,  in  derselben  läge:  da  schien  Preuszen  wieder  an 
derselben  stelle  zu  stehen  wie  beim  beginn  des  mörde- 
rischen kampfes.  kein  fuszbreit  deutscher  erde  war  ihm 
gewonnen  Treitschke  d.  gesch.  i,  58;  dann  kann  ich 
ihnen  eben  als  das  allerneueste  mittheilen,  dasz  wir 
noch  ganz  auf  dem  nämlichen  flecke  stehen,  wie  gestern 
abend  Raabe  unruh.  gaste  53.  uenn  man  im  gespräch 
auf  schon  gesagtes  zw-ückkom.mt :  'die  harte  existenz,  das 
ist  doch  kein  hindernisz  {dich  zu  heiraten).'  'und  was 
sonst?'  'der  wünsch  der  eitern.'  'da  stehen  wir  auf  dem 
alten  fleck'   M.  v.  Ebner-Eschenbach  4,  475. 

6)  auf  einem  punkte  stehen,  durch  attribute  näher  be- 
stimmt: auf  diesem  kritischen  punkte  steht  jetzt  Adrast; 
aber  noch  mit  wankendem  fusze  Lessing  l,  418  {d.freyg. 
S,  1);  mit  folgendem  relativsatz:  es  ist  eine  schauderhafte 
empfindung,  wenn  ein  edler  mensch,  mit  bewusztseyn, 
auf  dem  punkte  steht,  wo  er  über  sich  selbst  aufgeklärt 
werden  soll  Göthe  20,  142  (W.  Meister  8,  l).  mit  inhalts- 
satz:  auch  stehen  wir  jetzt  mehr,  wie  jemals,  auf  dem 
punkt,  dasz  uns  die  schlauen,  durch  eine  frische  erfahrung 
unterstützt  .  .  .  auf  den  unsegen  des  wechseis  und  der 
neuerungen  verweisen  können  Thibkvt üb.d.nothxcendigk. 
eines  allg.  bürgerl.  rechts  (1814)  s.  6.  —  dafiir  in  der  älteren 
spräche:  stflnde  aber  der  mensch  in  den  puncten,  das 
er  ye  urtailen  sßlte  oder  mflszt,  das  solt  der  hailig  gaiste 
durch  jn  tön  Thauler  sermones  (1508)  72».  —  häufig  mit 
folgendem  inf:  auf  dem  punkte  stehen  etwas  zu  thun, 
kaum  verschieden  von  im  begriffe  stehen  (*.  unten  11,  n), 
*.  Campe  (i):  wenn  ich  nicht  schon  hundertmal  auf  dem 
punkte  gestanden  bin,  ihr  um  den  haU  zu  fallen!  Göthe 
16,  129.  —  so  häufig  mit  sächlichem  subjeci,  durch  einen 
passiven  oder  neutralen  inf.  bestimmt,  wenn  irgend  ein 
ereignisz  bevorsteht  oder  tu  erwarten  ist:  Spanien  .  .  . 
stehet  aufm  punct,  wiederumb  in  seine  alte  stücke  zu 
zerfallen  Leibniz  deutsche  sehr,  i,  221;  deih  glück  und 
das  meinige  ist  hiedurch  unterbrochen,  ja  es  steht  auf 
dem  punkte  ganz  vernichtet  zu  werden  Göthe  23,  84 
(tcanderj.  3,  6:  d.  neue  Mel.). 

f)  am  ziele  stehen:  das  geschlecht  der  menschen,  dem, 
so  wie  es  am  ziele  zu  stehen  scheint,  die  alte  aufgäbe 
auf  weiterem  felde  und  in  höherem  sinne  neu  gestellt 
wird  MoMMSEN  röm.  gesch.*  1,  4: 

und  an  dem  ziel  der  bahn  steht  man  ein  andrer, 
als  der  man  war,  da  msm  den  lauf  begann 

Grillparzer*  5,  161  (Medea  2). 

in  prägnantem  sinne:   meine   frau    steht   an   ihrem  ziel. 

soll  sie  unterwegs  oder  gar  auf  dem  Rhein  in's  kindbett 

kommen?   Hebel  8,  25.  —  mhd.  auch  an  eines  zil   stin 

im  sinne  von  an  eines  stat  (*.  ß): 

gouch  i$ehalk)  Gandtn! 
friont,  ir  ct&t  an  des  Ruches  zil  (ihr  teid  der  narr) 

Tritt.  13417. 
^  ähnlich,  nur  mehr  ins  zeitliche  gexcendet,  am  ende: 
dieser  betagte  greis  stund  ...  am  ende  seines  lebens 
Miller  pred.  fürs  landvolk  i  (1776),  40;  vgl.  Wickram 
roUtcagenb.  13,  27  unter  I,  B,  2,  /,  a,  ee.  —  aber  das  ist  etwas, 
was  man  nicht  am  Schlüsse  einer  langen  rede  beiläufig 
erledigen  kann  .  .  .  wir  stehen  also  am  ende  Naumann 
ausstellungsbriefe  160. 


rj)  am  rande,  bes.  des  grabes:  in  voller  glut  des  jugend- 
lich überschäumenden  daseins-gefühls  .  .  .  plötzlich  .  .  . 
am  rande  des  vom  meuchelmord  aufgeworfenen  grabes 
stehen,  ist  gewisz  des  entsetzlichen  entsetzlichstes  Hebbel 
8,  266,  29;  vgl.  th.  8,  84/.;  auch  ohne  bestimmenden  genitiv: 

also  lebte  Philocles  in  seiner  förenen  hätten,  .  .  . 
innig  belustig,  durch  seine  päanischen  könste  das  leben, 
das  am  rande  schon  stand,  schon  beweint  war,  znrücke 

zu  rufen 
BoDMRR  Noah  338  (11.  19). 
B)  in  ähnlichem  sinne: 

du  könntest  an  Verderbens  abfrund  stehn, 
dasz  er,  um  dir  zu  helfen,  dich  zu  retten, 
auch  nicht  das  schwert  mehr  zuckte,  unberufen ! 

Kleist  prinz  v.  Homb.  5,  9; 

das  Opfer  steht  an  dem  schatten  des  todes ! 

Klopstock  Met».  8,  215; 

sieh,  bruderseele,  stehn  wir  erst  an  der  ewigkeit  ....  so 
kömmt  es  mir  vor  wie  ein  ablösen  der  schildwachen 
Tieck  4,  33;  die  Sabiner  bestürmten  die  stadt  selbst:  sie 
stand  am  unterfang    Niebühr  röm.  gesch.  I.  256. 

i)  an  der  schwelle,  thür  wovon:  dann,  als  sie  kaum 
an  sich  selbst  mehr  gedencken  konte,  und,  so  zu  reden, 
schon  an  der  thüre  des  paradieses  stunde,  sähe  sie  sich 
noch  einmahl  um  Caniz  190;  der  schwache  greis,  der 
schon  an  der  schwelle  des  todes  steht  Tieck  8,  185;  ich 
stand  an  den  pforten  des  lebens,  gleichsam  um  zum 
zweitenmale  geboren  zu  werden  Bonaventura  nacht- 
wachen  s.  96,  33  Michel. 

x)  anderes  vereinzelt,  so  am  berge  stehen  gelegentlich 
von  A,  9,  c  aus  übertragen:  nein,  da  stehen  meine  künste 
am  berg,  ein  portrait,  gradausgestreckt  auf  der  linken 
Seite,  schlummernd,  mit  gefaltenen  bänden  und  träumen 
und  engein  —  das  ist  gegen  alle  regeln  der  anatomiel 
Brentano  Valeria  s.  37,  15  Steig  (2,  19).  —  am  Scheide- 
wege s.  th.  8,  2415. 

d)  nahe,  fern  stehen. 

a)  getcöhnlich  mit  dativ,  einem  nahe  stehen  als  au»- 
druck  für  Verwandtschaft,  freund sclmft .  vertrauten  Um- 
gang u.  ähnl.:  Schwabe  .  .  .  hat  wahrscheinlich  nur  ver- 
gessen, das  theaterpersonal  als  leidtragende  mit  anzu- 
führen, es  wäre  auch  kaum  anzunehmen,  dasz  männer, 
denen  Schiller  so  nahe  gestanden,  .  .  .  sich  von  solchem 
acte  der  pietät  hätten  ausschlieszen  sollen  Ed.  Genast 
aus  d.  tageb.  eines  alten  schausp.  l,  18;  aber  jedesmal, 
wenn  sie  das  Instrument  (d.  Schnepper)  gebrauchte,  muszte 
sie  mit  schmerzen  der  niedrigen  gesinnungsart  dessen 
gedenken,  der  ihr  so  nahe  gestanden  und  beinahe  ihr 
gemahl  geworden  wäre!  Keller  4,  230.  mit  unpersönl. 
subject,  das  dann  personificiert  erseheint:  aber  die  natur 
steht  dem  menschen  jetzt  wenigstens  nicht  mehr  so 
nahe;  sie  ist  ihm  ein  geheimniszvolles  wesen  geworden 
Ritter  erdkunde  (1822)  l,  3.  ebenso  in  den  Steigerung»- 
formen:  ich  hatte  diese  züge  gesehen,  ohne  zweifei; 
ja,  sie  waren  mir  vertraut,  wie  wenn  sie  einer  mir 
näher  stehenden  person  angehörten  Holtet  erzählende 
sehr.  1,  51 ; 

künftighin 
steht  Karlos  meinem  throne  näher,   geht 

Schiller  5,  2,  209  (don  Karl,  t,  S). 

Zusammengehörigkeit  und  Solidarität  ausdrückend:  dann 
folgte  in  Schwaben  .  .  .  der  eigentliche  Schauplatz  reichs- 
städtischer kämpfe  und  bündnisse  wider  ritter,  herrn, 
prälaten  und  fürsten,  die  einander  hier  noch  am  nächsten 
standen  Ranke  werke  l,  44;  zuweilen  mehr  im  sinne  der 
xcesensverwandtschaft ,  ähnlichkeit:  dein  {Novalis')  geist 
stand  mir  am  nächsten  bey  diesen  bildem  der  unbe- 
griffenen  Wahrheit,  was  du  gedacht  hast,  denke  ich  .  .  . 
Fr.  Schlegel  im  Athenäum  3,  33.  so  häufig  tnit  unpersönl. 
subject,  t.  unten  D,  1,  d.    ähnlich  auch: 

bin's,  dem  alle  lippen  fluchen, 
der  in  landmanns  nachtgebet 
hart  an,  an  dem  teufel  steht  (in  der 
umgangtspr. :  gleich  nach  dem  t.  kommt) 

Grillparzer*  4,  75  (aht{fr.  S). 

ß)  einem  fem  stehen  als  gegentheil  von  a: 

du  staunst,  ich  seh'  es,  dasz  ich  dieses  wort 
an  dich,  und  nicht  an  meine  mutter,  richte, 
allein  sie  steht  mir  fem  nnd  ist  mir  fremd 

Hebbel  2,  347  (Herod.  u.  Mar.  6,  6,  2963). 


1567 


STEHEN  (II.  C,  2,  d-e) 


STEHEN  (II,  C,  2.  e-f) 


1568 


häufiger  im  ainne  der  Wesensverschiedenheit  und  unähnlich- 
keit  (vgl.  o):  auch  den  kindern  steht  er  nach  erziehung 
and  lebensgewohnheiten  ferner,  als  sie  selbst  es  ahnen 
Ric.  HucH  d.  letzte  sommer  63.  in  demselben  sitine  ähn- 
liehe Wendungen:  wenn  unser  trefflicher  bildhauer  auf- 
richtig seyn  will,  so  wird  er  bekennen,  dasz  ihm  unser 
dichter  eben  darum  beschwerlich  gefallen,  weil  beide 
künstler  am  weitesten  auseinander  stehen  Göthe  22, 167 
(icanderj.  2,  9);  ich  verzeihe  jedem  der  sie  (d.  Italiener) 
tadelt  und  schilt,  sie  stehen  zu  weit  von  uns  ab  briefe 
8,  38  (l.  nov.  86). 

y)  einer  sache  fern  stehen,  mit  ihr  nichts  zu  thun  oder 
keine  kenntnisz  von  ihr  haben:  die  bäuerin  steht  abseits 
von  allen  einnahmen  der  wirthschaft;  der  bauer  nimmt 
für  alles  ein  und  giebt  für  alles  aus  Rosegger  sehr. 
2,  Serie,  5,  163.  —  vgl.  auch  den  vereinzelten  alten  beleg: 

ja  ich  bekenne  es,  und  ist  mein  ernst 
das  ich  mit  der  ubung  noch  steh  von  fernst 
M.  Agricola  mutica  instrum.  deudsch  (1528  u.  ö.) ».  57  Eitner. 

e)  redetceisen,  die  an  dem  unterschied  des  vorn  und 
hinten  orientiert  sind. 

a)  an  der  spitze  stehen ,  der  erste  sein ,  die  führung 
oder  leitung  haben,  besonders  von  herrschern,  heerführem 
u.  ähnl.  gewöhnl.  mit  gen.:  da  jener  {könig  der  menschen) 
die  kräfte  seiner  mitschuldigen  helfershelfer  an  seinen 
willen  bindet,  so  ist  er  gleich  stark,  er  liege  an  der 
gicht,  oder  er  stehe  in  blühender  Jugend  an  der  spitze 
der  beere  Klinger  3,  211  (Fausts  leb.  4,  7);  sie  führte 
über  alles  die  leitung  und  aufsieht  ...  sie  stand  an  der 
spitze  der  mägde  Stifter  sämtl.  werke  (1901  jf.)  5,  l,  108; 
*.  auch  Lichtenberg  aphor.  3,  18  unter  I,  B,  3,  e,  tj.  mit 
verschwiegenem  gen. :  und  büberei  ist  das  ganze,  wenn  er 
nicht  an  der  spitze  steht  —  ohne  den  Moor  sind  wir 
leib  ohne  seele  Schiller  2,  234  {räuber  l,  6),  vgl.  th.  lO, 
1,  2595.  frühnhd.  mit  i  n :  hat  er  zum  ersten  yn  der  spiczen 
gegen  yhm  gestanden  Luther  34,  l,  224,  25,  s.  I,  C,  3,  d,  a, 
vgl.  th.  10,  1,  2594,  ß.  ähnlich  auch:  vor  der  spitze  stehen 
th.  10,  1,  2594,  y. 

ß)  in  der  ersten  linie,  der  vordersten  reihe  stehen  u. 
ähnl. :  nach  und  nach  räumten  alle  minister  der  vorigen 
regierang  ihre  platze  . . .  von  den  neu  eintretenden  standen 
Malesherbes  und  Turgot  in  der  ersten  linie  der  öffent- 
lichen meinung  Dahlmaüv franz.revolut.  25 ;  normannische 
herren  als  geborene  freunde  des  abenteuers,  standen  in 
der  vordersten  reihe  derer,  welche  ihn  {den  kreuzzugs- 
gedanken)  ausführten  Scherer  gesch.  der  deutschen  litt.  88. 
ao  schon: 

ihr  sollt  in  seiner  {jjottet)  gnnst  im  ersten  gliede  stehn 
Stoppe  Pamatz  (1735)  s.  27. 

«o  auch:  es  giebt  aber  leute,  die  sich  für  die  entgegen- 
gesetzte meinung  todtschieszen  lieszen;  und  unter  diesen 
■teht  William  wahrhaftig  nicht  im  letzten  gliede  Tieck  6, 6. 
y)  auf  ^iner,  gleicher  linie  stehen  in  gleichem  ränge, 
werthe,  gleicher  Schätzung:  und  mit  diesen  elenden  wollte 
ein  mann,  wie  sie,  auf  gleicher  linie  stehen?  Klinoer 
i,  176  (falsche  Spieler  i,  2);  der  lasterhafte  und  der  edle 
ständen  hier  in  einer  reihe?  Tieck  8,  9;  (mit  sachlichem 
subjeet:)  ein  gesetz,  das  ...  in  seiner  juristischen  Un- 
anfechtbarkeit und  staatsmännischen  wahnwitzigkeit  voll- 
kommen auf  einer  linie  steht  mit  jener  berühmten  acte, 
welche  den  grund  legte  zur  trennung  Nordamerikas  vom 
mutlerland  Mommsen  rüm.  gesch.*  2,  228.  dafür,  weniger 
bildlich: 

in  meinen  aa^en  stehet 
.  .  .  der  acbraoze,  der  sich  bl&het, 
nnd  der  co  kriecht,  in  gleichem  rang 

Pkekkbl  poet.  veri.  7, 1*8. 

».ferner  unttrf,  a.  —  ähnlieh  in  der  reihe  .  .  .  stehen  mit 
gen.,  wozu  gehören:  seine  {Hahns)  werke  stünden  schon 
in  der  reihe  onirer  gut«n  dichter  Miller  ged.  s.  87,  s.  I, 
B,t,f.Y,dd. 

S)  vor  einem  stehen,  den  vortug  haben  {wie  noch  häufiger 
Ober  einem,  a.  f,  rf):  praeHare  alteri  aetate.  vor  einem 
■teilen  im  alter,  i.  e.  Klier  Mfn  als  ein  ander  Corvinus 
fönt  tat.  687*: 

gott  atebet  mir  vor  allen, 
die  OMine  aeele  hebt 
Kbntgtb.  dtchterkr.  $.  M  nttidr.  (-8.  Dach  ».  707  örierl.). 


seltener  ist  dMs  gegentheil  hinter  einem  in  diesem  freieren 
gebrauche:  ich,  der  ich  einen  so  bedeutenden  geistigen 
Vorzug  unter  meinen  brüdern  bis  dahin  behauptet  hatte, 
muszte  es  erleben,  dasz  der  bruder,  der  fortdauernd  hinter 
mir  stand,  als  selbständiger  mann  in  der  familie  auftrat, 
während  ich  noch  schulknabe  war  H.  Steffens  was  ich 
erlebte  1,  203. 

f)  voran,  vorne  an  stehen,  zunächst  eigentlich,  so  schon : 

dann  wer  sie  (federn  du  paradiesvogeU,  av,/  dem 

heim)  ffibret,  zu  der  stund 
im  streit,  derselb  wird  nicht  verwund, 
stund  er  gleich  fomen  an,  mit  trutz, 
80  helt  jhm  dieser  vogel  schütz 

Spangenbekg  gantz-könig  v.  836. 

entsprechend  im  16.  jahrh. :  das  sind  die  silberne  hende, 
die  .  .  .  hülffe  theten  der  rechten  religion,  und  dem 
armen  volck  gottes ,  welches  keine  audientz  zu  hof 
hatte,  und  musste  mit  jhren  Privilegien  und  regalien  da- 
binden  stehen  Mathesius  Sar.  (l57i)  85»: 

bett  M.  Johan  Eiszieben  gethan 
ich  m&szt  noch  weit  da  binden  stahn 
Brant  narrensch.  g.  S*"  Zarncke  (Q,  narremch.  zum  Uteri). 

jetzt  gewöhnlicher:  'zurück  stehen  müssen,  zurückgesetzt 
werden  Adelung  (2,  2).  —  zurückstehen  nähert  sieh  zu- 
weilen perfectiver  bedeutung  (^  zurücktreten) : 

um  diese  ehr'  mag  Schwytz  mit  Uri  streiten, 
wir  Unterwaldner  stehen  frei  zurück 

Schiller  14,  323  {Teü  2,  2,  1130). 

f)  ausdrücke,  die  von  verticalen  unterschieden  ausgehen, 
a)  auf  einer  stufe  stehen,  von  rangstufen: 

auf  welcher  stufe  der  geister 
steht,  wer  den  gottesieugner 
nicht  für  rasend  hält? 

Klopstock  öden  2,  62,  3  Muneker-Pawel. 

von  altersstufen :  diese  beiden  standen  glücklicherweise 
auf  der  altersstufe,  wo  die  lehrer  .  . .  die  wirksamsten  .  .  . 
sind  Arndt  l,  52  Rösch,  besonders  von  stufen  der  kultur- 
entwicklung  oder  bildung:  grüsze,  die  mir  sogleich  an- 
deuten, auf  welcher  stufe  der  bildung  ein  jeder  dieser 
knaben  steht  Göthe  22,  5  {icanderj.  2,  i);  besonders  reiz- 
voll wäre  es,  die  hervorstechenden  unterschiede  der  ger- 
manischen völcker  aus  jener  wanderzeit  zu  finden  .  .  . 
wir  erkennen,  dasz  nicht  alle  auf  derselben  stufe  der 
cultur  standen  Freytag  17,  127.  mit  unpersönlichem  sub- 
jeet: wenn  seine  {des  menschen)  bildung  auf  einem  ge- 
wissen grade  steht,  dann  ist  es  vortheilhaft,  wenn  er  sich 
in  einer  gröszern  masse  verlieren  lernt  Göthe  20,  lao 
{Wilh.  Meister  7,  9);  vgl.:  der  mahler  darf  also  nur  einiger- 
maszen  künstler  seyn,  so  findet  er  schon  ein  gröszerea 
publicum  als  der  musiker,  der  auf  gleichem  grade  stünde 
22,  230.  ähnlich  auch:  nichts  ist  ferner  von  philisterei 
als  der  reine  rohe  bauer,  wie  er  aber  einen  schritt  weiter 
thut,  steht  er  auf  der  philistertreppe  Brentano  d.phülster 
vor,  in  und  nach  der  gesch.  s.  30.  auch  in  folgenden  stellen 
liegt  der  ganz  allgemeinen  ausdrucksweise  deutlich  die  Vor- 
stellung einer  {cultur-  bezw.  bildungs-)  stufe  zu  gründe: 
sie  blieben  also  dort,  wo  sie  als  Jäger  und  krieger  ge- 
standen, auch  da  sie  den  ackerbau  trieben,  stehen 
M.  J.  Schmid  gesch.  der  Deutschen  (1778)  1,  24; 

denn  mancher,  der,  wenn  ihn  nirbt  die  geburt  erhöht, 

da  stünde,  wo  sein  Christoph  steht, 

und  kaum  zum  diencr  tüchtig  w&re, 

hält  desto  mehr  auf  rühm  und  ehre    Gillbrt  1,  179. 

ß)  auf  der  höhe  stehen,  gewöhnlich  durch  einen  gen. 
bestimmt:  so  kann  ich  mir  nicht  denken,  dasz  ein  volk 
ein  treffliches  theater  haben  könne,  ohne  selbst  auf  der 
schönsten  höhe  seiner  histori.schcn  entwickelungzu  stehen 
Brentano  d.  philister  u.  s.  \r.  s.  J9;  Friedrich  der  zweite 
steht  auf  der  höhe  der  politischen  wie  der  wissenschaft- 
lichen bildung  seiner  zeit  Sciierkr  gesch.  der  deutschen 
litt.  s.  89;  ohne  solchen  gen.:  in  diesen  ganz  dranuitischen 
scenen  steht  der  dichter  {Ileinr.  v.  Molk)  auf  der  hOhe 
(«etfi«r  kunst)  85.    so  auch  mit  unpersönlichem  subjeet: 

mein  gram  stand  auf  dem  gipfel  (my  grlel  was  <U 
Ute  height)  eh  du  kamst. 
Jetxt  gleich  dem  Nil  bricht  er  die  schranken  durch 

Shakesp.  6.  84  {Titus  Andr.  8,  1). 
vgl.  auch: 

itundt  Hamaa  dort  nicht  auf  der  ehrenepitsen  7 

NiuMAaK  lusMOdehen  (1668)  5. 


1569 


STEHEN  (II.  C.  2,  f) 


STEHEN  (II,  G,  2,  f—h) 


1570 


Y)  oben  stehen:  sein  (des  altes  v.  S.  Gallen)  practick 
und  unnütze  hauszhaltung  stund  allweg  oben  Stumpf 
Schwytzer  thron.  (1606)  364";  wo  aber  jemand  die  ver- 
derbnisz  der  Zeiten  schilt,  und  sich  als  eximirten  be- 
trachtet, wohlgefällig  die  Zeitgenossen  hinunter  drückend, 
damit  er  allein  desto  herrlicher  oben  stehe:  —  o  wehe 
dann,  wehe  dann  über  die  klage !  FouQvt  gefühle,  bilder 
I,  78;  obenan:  do  opfferten  die  fürsten  Israel  .  .  .,  denn 
sie  waren  die  obersten  unter  den  stemmen,  und  stunden 
oben  an  unter  denen  die  gezelet  waren  (rar.;  st.  über 
den  gezelten ,   anpsn-'T;  cne5?.t  on)  4  Mose  7,  2 ; 

mein  ruf  stand  einst  den  besten  obenan 

Shakesp.  9,  47  {Cymb.  3,  3). 

rf)  hoch  stehen:  dafür  steht  ja  aber  der  mensch  so 
hoch,  dasz  sich  das  sonst  undarstellbare  in  ihm  dar- 
stellt GöTHE  23,  264;  gegen  die  später  auftretenden  kunst- 
schwätzer  stand  aber  jener  mann  (Christ)  wirklich  sehr 
hoch  37,  86  (Winckelm.);  stehen  wir  nur  hoch  in  der  be- 
urtheilung,  so  hat  es  nichts  zu  sagen,  wenn  auch  der 
gegenständ  tief  und  niedrig ,  unter  uns  zurückbleibt 
Schiller  10,  459;  mir  blieb  immer  zeit  genug,  durch 
priTatunterricht  .  .  .  mit  den  übrigen,  die  alle  nicht  hoch 
standen,  in  wenigen  monaten  auf  gleiche  höhe  zu  ge- 
langen Arndt  l,  51  Bosch;  a.  auch  (Klinger)  d.  leid,  tceib 
8,  3  unter  I,  B,  3,  /,  y,  dd. 

e)  mit  näherer  bestimmung:  sie  kennen  wieder  jeden 
ihrer  arbeiter,  wozu  er  zu  gebrauchen  ist,  und  wie  hoch 
er  im  preise  steht  Nicolai  Seb.  Nothanker  (1773)  l,  102; 
wohl  bemerkte  sie,  dasz  sie  nicht  mehr  so  hoch  in  der 
achtung  der  leute  stand,  indessen  sie  schüttelte  das  ab 
Enking  fam.  P.  C.  Behm  292.  —  hoch  am  brete  stehen 
(mit  verblaszfem  bilde,  da  bret  eig.  einen  sitz,  ehrenplatz 
bedeutet,  also  am  brete  sein  oder  sitzen  s.  bret  3,  th.  2, 374/.) : 
hoch  am  brete  stehen,  potentiä  et  dignitate  praestare. 
valere,  eminere,  praefulgere  Stieler  2128;  star'  in  alte 
favore,  esser  favorito,  in  honore  etc.  esser'  ujio  de'  primi 
di  seggio  Kramer  dict.  2,  928»;  hoch  am  brete  bey  je- 
manden stehen,  'bey  ihm,  in  ansehen  stehen  Adelung 
(2,  2,  l),  gut  angeschrieben,  angesehen  sein    Campe  (l); 

ich  kan  es  leicht  geschehen  lassen, 
dasz  andre  hoch  am  brete  stehn 

Stoppe  Parnasz  (1735)  849. 

5)  höher  stehen :  darumb  sol  got  billich  und  natürlich 
in  der  ainikait  hoeher  steen  über  menschliche  natur, 
die  ainig  ist  jm  geslaecht  aber  vilfeltig  in  der  zal  Bert- 
hold V.  Chiemsee  tewtsche  theol.  s.  54  Beithmeier;  sie 
meynen,  je  höher  der  herr  im  ränge  sey,  je  höher  stehe 
auch  folglich  sein  diener  Bode  gesch.  d.  Th.  Jones  (1786 — 8) 
4,  385;  die  Unterdrückung  der  minder  culturföhigen  oder 
auch  nur  minder  entwickelten  stamme  durch  höher 
stehende  nationen  Mommsen  röm.  gesch.^  1,  8.  —  zu  hoch: 
dasz  ich  dir  nicht  viel  schreibe,  kommt  daheis  weil  du 
mir  zu  hoch  stehst  Pöckler  briefic.  1, 116  (an  Bettina  d. 
20.juli  1833). 

T])  über  einem  stehen  an  rang,  werih.  Schätzung,  aus- 
bildung  u.  s.  w.  (vgl.  D,  1,  m) :  so  wäre  diese  einstimmung 
ein  genetischer  beweis,  dasz  .  .  .  die  menschengattung 
über  den  thieren  nicht  an  stufTen  des  mehr  oder  weniger 
stehe,  sondern  an  art  Herder  5,  27;  Friedrich  der  zweyte 
stand  noch  immer  über  allen  vorzüglichen  männern  des 
Jahrhunderts  in  meinen  gedanken  Göthe  25,  128  (dicht, 
u.  tcahrh.  7);  als  geistesarbeiter  steht  der  Unternehmer, 
leiter,  erfinder  der  groszen  Industrie  so  weit  über  dem 
bloszen  handarbeiter  der  fabrik,  wie  niemals  der  hand- 
werksmeister  über  dem  gesellen  stand  Riehl  d.  deutsche 
arbeit  33.  bei  zufügung  von  erhaben  (erhoben)  pflegt  der 
ace.  zu  stehen:  von  der  moralischen  höhe,  auf  der  er  so 
weit  über  sie  erhaben  stand  Wieland  3,  164  (Agath.  18,  9); 
eine  solche  entdeckung  hebt  sie  über  sich  selbst,  sie 
stehen  über  sich  erhoben  Göthe  22,  106  (xcanderj.  2,  5). 
ungeicöhnlich  ist  dagegen  der  acc.  nach  über  ohne  solchen 
Zusatz,  so  (von  Sachen):  etlich  (elemente)  seinn  zuo  un- 
drist,  ...  als  sand,  stain  .  .  .  etliche  steen  hoeher,  als 
saltz,  pley  .  .  .  etlich  leibliche  geschoepf  steen  über  die 
metall,  als  edelgestain  Berthold  v.  Chiemsee  tevutsche 
theol.  s.  174. 

Q)  andern  sinn  hat  die  icendung  über  etwas  stehen: 
die   öfTentliche   meinung  wechsle  .  .  .;   die  abgeordneten 

X.  2. 


hätten  die  höhere  aufgäbe,  die  Stimmung  zu  leiten,  über 
ihr  zu  stehen  Bismarck  polit.  reden  2,  29  Kohl  (30.  sept. 
1862) ;  er  (Geo.  Forster)  steht  über  der  ästhetik  seiner  zeit 
Hettner  d.  romant.  schule  24;  Lju  ist  im  gründe  ein 
revolutionär  ...  er  denkt  und  steht  zugleich  über  dem, 
was  er  denkt,  er  hält  das,  was  er  denkt  und  wünscht, 
nicht  für  das  letzte,  absolute  Ric.  Huch  d.  letzte  sommer  36. 
i)  tief,  niedrig  stehen,  zunächst  vom  stände: 

darum  lob  ich  mir  niedrig  zu  stehen, 
mich  verbergend  in  meiner  schwäche ! 

Schiller  14,  24  (jbraiU  v.  Mets.  1,  3,  240); 
in  dem  groszen  verband, 
welcher  Staat  sich  nennet, 
zn  achten  ist  jeglicher  stand  .  .  . 
du  pflüger,  der  du  zu  tiefst 
stehst  und  vom  schweisze  triefst,  .  . . 
du  nimmst  zuerst  aus  dem  grund 
die  frucht  und  reichst  sie  weiter, 
die  bis  zn  des  königes  mnnd 
aufsteigt  auf  langer  leiter  Rl'Ckert  1,  47. 

ähnlich: 

du  strafst  der  bSsen  werck  und  sagst,  was  nnrecht  sey. 
ein  andrer  braucht  die  kunst  der  süssen  hencheley; 
die  bringt  jhm  lieb  und  huld  und  hebt  jhn  auf  die  höhen: 
du  aber  bleibst  zurück  und  must  da  unten  stehen 

P.  Gerhardt  423,  3. 

von  geistiger  grösze  und  Bedeutung:  oder  steht  Plato  nie- 
driger als  die  jetzigen  philosophen?  Fr.  Schlegel  im 
Athenäum  1,  2,  s.  82. 

x)  in  demselben  sinne  unter  einem  stehen:  under  eng- 
lischer natur  steet  umb  ainn  grad  nidrer  menschlicher 
geist,  umb  das  er  aymm  sterblichen  leib  zuogefueegt  ist 
Berthold  v.  Chiemsee  tetctsche  theol.  s.  179;  denn  alle 
personen,  die  sie  noch  zur  zeit  hat  kennen  lernen,  stehen 
so  unendlich  weit  unter  ihr  Rabener  tcerke  5,  169;  der 
mensch  steht  unter  dem  äffen,  eben  deswegen,  weil  er 
die  spräche  hat,  denn  sie  ist  die  kläglichste  und  un- 
sinnigste Spielerei  Tieck  6,  223  (TT.  Lovell  4,  5). 

g)  Wendungen,  die  auf  ein  drinnen  oder  drauazen  be- 
zug  nehmen  u.  ähnl. 

a)  in  der  mitte  stehen,  in  verschiedenem  sinne;  räum- 
lich, wovon  umgeben  sein :  schon  im  September  1528  schrieb 
Andreas  Bathory  dem  könig  Ferdinand,  er  stehe  in  mitte 
der  rebellen  und  habe  den  tod  vor  äugen  Ranke  werke 
3, 25;  als  vermittler:  aber  eine  seltene  ehre  bleibt  es  für  die 
Protestanten,  einen  mann  (de  la  Xoue)  besessen  zu  haben, 
welcher  zwischen  einem  schmeichelnden  hof  und  einer 
unruhigen  religionspartie  so  fest  in  der  mitte  sttind,  dasz 
beyde  ihn  achten  muszten  Schiller  9,  384.  als  mittel- 
glied.  zicischenstu/e ,  dem  uxsen  nach:  wir  hörende  ge- 
schöpfe  stehn  in  der  mitte;  wir  sehen,  wir  fühlen;  aber 
die  gesehene,  gefühlte  natur  tönet  I  Herder  5,  65. 

ß)  in  demselben  sinne  zwischen:  ein  zauberer  —  geist 
—  ...  eines  der  wesen,  die  . .  .  zwischen  gott  und  dem 
menschen  stehen?  Klinger  5,  164  (geseh.  Oiafars  3,  2). 
sonst  als  trennend: 

zwischen  uns  so  steht  er,  wie 
eine  mauer  zwischen  flammen 

MüLLNBR  d.  schuld  1,4,  V.  258. 

zwischen  dingen,  so  ganz  bildlich  in  der  sprichwörtlichen 
redeiceise:  ich  stehe  zwischen  thür  unnd  angel,  weysz 
nit  ob  ich  ausz  oder  ein  sol  Seb.  Franck  sprüchic.  (I54i) 
2,40''.  unsinnlicher:  ich  bin  ein  alter  maim,  stehe  zwischen 
tod  und  kummer  Ifpland  theatr.  vierke  1,  IM  (^A.  v.  Thurji- 
eisen  5,  8). 

Y)  innerhalb,  auszerhalb  wovon  u.  ä. :  Dante  stand  ganz 
innerhalb  des  damaligen  ideenkreises,  wenn  er  auch 
geistig  die  meisten,  vielleicht  alle  Zeitgenossen  überragte 
Döllinger  akadem.  vortr.  i,  109;  ich  würde  immer  neben- 
dranszen  stehen,  wie  beim  tanzen,  und  zusehen  müssen 
und  den  mädchen  nicht  für  voll  gelten  Hesse  Gertnui 
s.  35;  ähnlich  s.  110. 

h)  ausdrücke,  die  das  verhältnist  zu  anderen  personen 
bestimmen  (vgl.  3  und  4). 

a)  neben  einem  stehen,  stare  accanto  d'uno;  esser  con- 
aervo,  collega,  compagno,  it.  rivale  etc.  d'uno  Kram  er  dict. 
2,  928«.  o/t  nur  im  sinne  der  Zusammenstellung,  die  leicht 
zu  einer  gegenüber  Stellung,  entgegenStellung  wird:  neben 
den  weggearbeiteten  Völkern  stehen  in  ergänzendem  gegen- 
bild  solche,  die  sich  kraft  ihrer  persönlichen  arbeit  flott 
erhalten  haben  Riehl  d.  deutsche  arbeit  62;  während  bei 

99 


1571 


STEHEN  (II.  C,  2,  h-i) 


STEHEN  (II.  C,  2,  i—tn) 


1572 


ihm  (Taeittts)  die  frauen  nar  rathend,  begeisternd  und 
pflegend  neben  den  männern  stehen  Scherer  gesch.  der 
d.  litt.  s.  10.  im  sinne  der  nebenordnung .  gleichstellung 
oder  gleichicerthigkeit:  neben  den  Griechen  ist  schwer  zu 
stehen,  und  doch  haben  auch  wir  stücke,  die  neben 
ihnen  stehen  können  und  dürfen  Herder  17, 195  {human. 
br.  39).  in  ähnlichem  sinne  früher:  er  kan  mit  ihm  nicht 
stehen,  par  ei  non  est.  viribus eum  non  aequat  Stieler  2128 ; 
egli  non  pud  stare  cioe  concorrere,  cozzare  con  lui  Kramer 
did.  2,  928«.    ferner: 

bei  den  alten  hiesz  es  vor  manche  ritterthat  begehen, 
dan  so  mocht  ein  schlechter  {BcMichter,  geringer)  mann  bei 
dem  starken  adel  stehen  {darin  avjgenommen  werden) 
J.  Grob  dichter,  vermchg.  (1678)  22  (nr.  40); 

».ferner  3,  a.  a.  ß. 

ß)  einem  gegenüber  stehen  {eig.,  s.  A,  7,  b,  e) :  der  Benzon 
gegenüber,  ebenso  einfluszreich ,  ebenso  eingreifend  in 
die  engsten  Verhältnisse  des  fürstlichen  hauses  .  .  .  stand 
der  seltsame  mann,  den  du.  geneigter  leser,  bereits  kennst 
E.  Tu.  A.  Hoffmann   lO,  40  Orisebach  (kat.  Murr  l,  l). 

vom  kämpfe: 

und  damals 
stand  ich  im  kämpf  als  feind  dir  gegenüber 

Schiller  13,  325  (Jungfr.  v.  Ort.  6,  9). 

y)  von  thieren  geht  aus  die  redeioeise  in  dinem  stall 
stehen,  sich  gut  vertragen,  einig  sein,  gewöhnlich  mit 
einer  negation,  s.  stall  4,  e,  sp.  fßä;  selten  positiv: 

sechs  schöne  ding  seind  unter  alln,  .  .  . 

als  wenn  natürlich  brüder  fein, 

unter  einander  einig  sein,  .  .  . 

and  in  dem  ehstand  man  und  weib  . . . 

sich  untr  einander  wolbegehn, 

and  stets  in  einem  stalle  stehn 

B.  RiNGWALDT  lauter  varh.  365. 

t)  verschiedene  bildliche  ausdrucksweisen  begegnen  in 
dem  sinne  'einem,  hinderlich  sein,  schaden'. 

d)  einem  im  wege  stehen  und  damit  gleichsam  ihn  am 
weitergehen  oder  fortkommen  hindern:  obstare,  hinderlich 
seyn,  im  wege  stehen  Corvinus  fons  lat.  636'';  im  licht 
oder  wege  stehen  609»,  s.  th.  6,  867,  g;  im  wege  stehen 
einem,  impedire  aliquem,  remorae  esse  Frisch  2,  326". 
auch  mundartlieh,  z.  b.  Schweiz,  i  w6g  sto  Hunziker,255. 
belege:  wie  ein  und  der  ander  .  .  .  seinem  nächsten  (be- 
sonders, der  etwa  seinen  anschlagen  im  wege  zu  stehen 
scheinet)  heimliche  und  offendliche  fallstrikke  leget 
BuTSCHKY  Pathmos  (l677)  einführ.  3»;  es  sey  aber,  was 
es  wolle,  so  weisz  ich  doch,  dasz  sie  viel  zu  gütig  sind, 
mir  darinn  im  wege  zu  stehen  Lessing  i,  419  (/reigeist 
8,  1).  so  dann  auch:  nach  abschlieszung  dieses  traktats, 
am  14.  märz  1647,  verlieszen  die  Franzosen  und  Schweden 
Bayern,  und  wählten  sich,  um  sich  selbst  nicht  im  wege 
zu  stehen,  verschiedene  quartiere  Schiller  8,  408;  Bajo- 
levcski  (mädchenhändler,  zu  Lude:)  also  schätz,  gelt  jal 
stehen  sie  ihrem  glück  nicht  im  wege!  Greber  Lueie 
(1901)  32.  —  dazu  die  für  Bremen  bezeugte  imperativische 
Wortbildung  steh  im  wege  'ein  mensch,  der  einem  im  wege 
sieht,  überall  hinderlich  ist'  Hoffmann  v.  Fallkrsleben 
in  Wagners  arch.  l,  276,  vgl.  brem.  wb.  4,  993.  —  dasselbe 
bild  liegt  vor  in  dem  ungewöhnlichen  ausdruck:  stehen 
einem  im  lauff,  reprimere  cursum  Dentzler  clav.  ling. 
lat.  (1716)  278  •>.  —  sehr  hämfig  mit  unpersönlichem  »ubjeet, 
».  unten  D,  i,  g. 

ff)  in  ähnlichem  sinne  mit  anderem  bilde  einem  im 
lichte  stehen,  eig.  so  stehen,  dasz  man  den  andern  be- 
schattet, dost  dieser  also  weniger  gesehen  und  beachtet  wird. 
auch  schlechter  sehen  kann.  vgl.  licht  II,  6,  g,  th.  6,  867/. 
und  Corvinus  unter  a.  auch  im  lichten  stehen,  s.  licht, 
adj.  18,  a.  <A.  6,  800:  einem  im  lichten  stehen,  alicujus 
fortunae  deesae  Stbinbach  2,  6«9,  neben:  der  Wahrheit  im 
licht«  stehen,  toUere  Judicium  veri  idque  adveterare  ebenda, 
in  den  friüuien  belegen  ist  die  eigentliche  bedeutung  meist 
noek  deutlieh: 

•r  itt  es  sncb,  wir  sehn  Jhn  kommen,  . .  . 
trett  ihr  beyseit  ein  kleine  frist, 
das  Jbr  mir  nicht  im  hechten  steht  (miek  tdM 
hindert  su  uhen) 
HAViiBoav«  Hans  Pfriewi  «.  86  neudr.  (S,  8,  v.  871). 

mh  tlärkeru  vtrbUusen  teigt  die  häufige  ausdruekaweise: 
M  lt«ht  jhm  mancher  selbst  im  licht  Pf.tri  Co  8*.  den- 
sinn  hat  einem  stehen  vor  der  sonnen,  <tfficere. 


obstare  alicujus  commodis,  obstruere  alicujus  luminibus 
Dentzler  (i716)  273''.  au4:h  einem  in  der  sonne  stehen, 
s.  sonne  II,  7,  m.  th.  10,  1, 1622  {wie  andererseits  auch  vorm 
licht,  s.  licht  6,  g). 

Y)  auch  sonst  einem  vor  etwas  stehen,  so  dasz  man 
ihn  davon  trennt,  ihn  hindert  es  zu  erreichen,  besonders: 
der  Greten  vormönder  würden  den  bossen  mercken  und 
sagen,  du  begehrtest,  deiner  tochter  vor  ihrem  gliJck  zu 
stehen  Simpl.  sehr.  3,  319,  23  Kurz  {vögeln.  1,  5);  die  ge- 
brechen steend  jn  für  yr  gnade,  s.  Tauler  unter  I,  B, 
8,/,  S.  dd.     in  demselben  sinne: 

ein  junger  prinz  nur  stand  noch  zwischen  ihm 
und  seiner  stolzen  hofnung 

Schiller  15,  2,  441  {Demetr.  1,  v.  110); 

vgl.  auch  MCllner  schuld  1,  4  oben  g,  ß. 

6)  ungeivöhnlich:  si  consul  vult  esse  pius,  Satan  wird 
im  auch  auffm  hals  sthen  Luther  27,  37,  31  Weim..  vgl. 
hals   4,  C,   th.  4,  2,  245. 

k)  auf  sächliches  bezogen. 

a)  häufig  sind  Wendungen  icie  bis  an  den  hals  im 
Wasser  stehen,  zunächst  ganz  eigentlich,  dann  auch  freier: 

ihr  wiszt  nicht  lieber  junger  prinz,  wie  tief  ihr 
im  Wasser  steht,  wie  euch  von  allen  Seiten 
betrug  umlauert 

Schiller  13,  417  {Ttirandot  3,  4). 

so  auch  im  dreck  über  die  oren  stan  Murner  sclulmens. 
3,  40,  s.  unter  I,  B,  2,  /,  y,  aa. 

ß)  vor  etwas  stehen,  zunächst  vor  einer  thatsache, 
einer  erscheinung  it.  ähnl.,  sie  vor  sich  haben,  so  das: 
man  sie  deutlich  sieht  und  unter  ihrem  eindrtick  steht: 
wir  haben  bei  §  7  des  gesetzes  über  kontrole  der  Staats- 
schulden einmal  wieder  vor  dem  bestreben  gestanden,  die 
Staatsmaschine  zu  regeln  Moltke  ges.  Schriften  7,  47.  — 
sonst  vor  etwas  stehen  auch  zeitlich,  sodasz  dies  'bevor- 
steht': 'Rienäcker  steht  vor  einer  scharfen  ecke',  'und 
vor  welcher?'    'er  soll  heiraten'   Fontane  5,  169. 

y)  hinter  etwas  stehen,  so  bes.  hinter  den  coulissen, 
eigentlich  von  den  schauspielern,  dann  von  den  eigentlichen, 
der  öffentlichkeit  unsichtbaren  und  unbekannten  Urhebern 
irgend  welcher  Vorgänge  und  ereignisse  oder  den  einge- 
weihten, die  einblick  in  ihr  ztistandekommen  haben:  wir 
andern,  die  wir  hinter  den  coulissen  stehen,  können 
uns  nicht  genug  wundern,  dasz  sich  ein  königl.  preuszi- 
sches  cabinet  .  . .  durch  nahmen,  schein  . .  .  zum  besten 
haben  läszt  Göthe  briefe  16, 274  {an  Zelter  d.  29.  aug.  1803).— 
hinter  einem,  s.  3,  a,  tj. 

S)  anderes:  du  stehst  einmal  jenseit  der  glücklichen 
Unwissenheit  Tieck  8,  95; 

sie  (d.  Nibelungen)  stehen  jenseits  der  natur 

Hebbel  4,  3St  (A'i6d.  III.  5,  9). 

l)  aufrücke,  die  sich  auf  thätigkeiten  beziehen. 

a)  an  einem  Werkzeuge  u.  ähnl.  stehen,  damit  arbeiten. 
solcJie  ausdrucksweisen  sind  sdion  unter  A,  7,  b,  a  auf- 
geführt; dazu  noch  am  ambosz  stehen,  übertragen:  'was 
wollen  wir  noch,  die  Jugend  steht  jetzt  am  ambosz I' 
lachte  Driesch  Heer  d.  könig  der  Bernina  (1904)  296;  da- 
für abstracter:  der  ehemalige  bund  der  Jugend  stand  mit 
männlicher  kraft  am  werk  288. 

ß)  dagegen  hat  hart  an  einem  ereignisz  stehen  tuweilen 
ähnlichen  {nur  verstärkten)  sinn  wie  vor  e.  e.,  sodass  es 
unmittelbar  bevorsteht:  den  zeitgenössischen  zuschaaem 
schien  die  einigkeit  der  mächte  noch  zu  bestehen,  als 
sie  bereits  hart  am  bruche  standen  Prutz  preust.  gesch. 
3.  808. 

y)  auf  dem  Sprunge  stehen,  eigentlich  in  der  kauernden, 
in  den  knieen  eingeknickten  haltung  eines,  der  sieh  an- 
schickt tu  springen,  mhd.  dafür  ze  sprunge  sULn.  ge- 
wöhnlich freier,  von  einem,  der  im  begriff  ist,  {eilig)  auf- 
zubrechen, s.  Sprung  1,  a.  X,  sp.  199/. 

rf)  in  anschlag  stehen  vom  Soldaten  oder  jäger,  der  da* 
gewehr  zum  tielen  an  die  wange  gelegt  hat  und  abdrüeksn 
will  («.  anschlag,  th.  1,  440).  dann  freier,  z.  b.  von  einem, 
der  eine  rede  halten  trill:  de  rekter  stunn  in  anslag.  — 
'fangen  sie  man  wieder  von  vornen  an',  säd  Bräsig  .  .  . 
Rbutbr  s,  Sil,  15  Sedm.  {strömt,  a,  19). 

m)  beseiehnttng  der  ihätigkeit  und  de*  orte*  JUetten  tu- 
»ammen  in  ausdrücken  wie  auf  der  lauer,  wache  stehen 
u.  ähnl. 


1573 


STEHEN  (II.  C.  2,  m—S,  a) 


STEHEN  (II.  C.  3,  a) 


1574 


a)  auf  der  lauer,  im  hinterhalt  u.  ähnl.  stehen,  vgl. 
lauer,  /.,  th.  6,  303.  im  eigentlichen  sinjie  von  jagd  oder 
feindUehem  hinterhdU: 

ha!    dich  (Aa««i)  fing  der  gute  bauer  .  .  . 
abends  stand  er  auf  der  lauer  Voss  5,  31. 

■»o  dann  auch: 

war  sie  (d.  Zwietracht)  gleich  zwergen-klein  vorhin  nur 

anzusehen, 
so  lang  sie  kriechen  muszt  und  auf  der  lauer  stehen 

V.  KoKXiG  ged.  (17*5)  217. 

dafür  vom  Jäger  atteh  auf  dem  anstand  stehen,  vgl.  th. 
1,  47i;  der  Mayenfelser  stehet  im  hinterhalt  und  wir 
müssen  ihm  zuvorkommen  mäÄrieinJ.  (1799)358;  dafür  {t) 

da  steh  ich  auff  der  hinder  bfi^, 
dasz  er  uns  nicht  entrinn  zu  rück 

H.  Sachs  5,  339*  (Jastn.-sp.  wildbad  1). 

ß)  besonders  auf  der  wache,  wacht  stehen,  vgl.  wache 
7,  d  und  wacht  6,  d,  th.  13,  29  und  167  (zur  wache,  s.  6,  b). 
so  dann  auch  im  bilde: 

wir  steh'n  ja  hier  auf  der  vorhut  der  kultur 

EiCHENDORFF  incognüo  &*. 

deutlicher  local,  auf  (seinem)  posten  stehen:  der  tag  er- 
wachte, die  arbeit  gieng  in's  feld,  aber  noch  stand  unser 
musketier  unabgelöst  auf  seinem  posten  Hebel  3,  17. 
auch  (abstracter) :  stellen  sie  sich  nur  Tor,  dasz  gestern 
der  rittmeister,  der  eine  meile  von  hier  auf  postirung 
stehet,  sechzehn  stück  rothwildpret  in  meinem  holze 
hat  schiessen  lassen  Nicolai  Seb.  Nothanker  (1773)  i,  59; 
steh'  ich  am  22.  juni  I813  an  der  Elbe  . .  .  auf  Vorposten 
Raabe  d.  hiingerpastor^  162.  so  auch:  jede  barg  was  en 
kikut,  wo  hei  up't  picket  stunn  Reuter  2,  2ii,  25  Seelm. 
(strömt.  1,  12). 

y)  am  häufigsten  und  am  frühesten  bezeugt  ist  die  Ver- 
bindung auf  seiner  hut  stehen  Adelung  (2,  2,  2).  die 
eigentliche  bedeutung  scheint  in  alten  Übersetzungen  einer 
bibelstelle  vorzuliegen:  Abacuc  sprichet:  'ich  wil  stan  ufiF 
miner  hat  und  wil  loffen  uff  min  vesti  und  wil  mich 
umb  sehen  St.  Geor gener  pred.  89,  20;  ebenso  bei  Luther: 
hie  stehe  ich  auff  meiner  hut  und  trete  auff  meine  feste 
Habac.  2,  1  ('ich  icill  mich  auf  meine  warte  stellen  und  auf 
den  wall  treten,  um  auszuspähen'  Kaützsch).  sonst  ab- 
stracter  (worauf  schon  das  fast  stets  stehende  possessiv 
deutet),  im  sinne  'sich  vorsehen,  sieh  in  acht  nehmen',  so 
schon  mnd.:  Adam,  wair  bistu  nu?  ...  stant  up  dyner 
hode,  bewair  di  in  den  vruchten  godz!  Joh.  Veghe  312,  24 
Jostes;  nhd.:  also  gar  wolte  er  keine  gelegenheit  verab- 
säumen, auf  seiner  hut  zu  stehen,  und  auf  alles,  so  ihm 
schaden  oder  nutzen  konte,  ein  wachsames  äuge  zu 
haben  A.  ü.  v.  Braunschweig  Octavia  (1677)  2,  495,  s.  auch 
3,177;  allein  da  Kizo  nachgehends  nicht  recht  auf  seiner 
hut  stunde  . .  .,  fiel  der  ort  zum  andernmal  in  die  bände 
der  feinde  Hahn  histor.  2,  144^;  weitere  belege  th.  4,  2, 1984. 

3)  präpositionale  ausdruckstceisen,  die  eine  beziehung  zu 
personen  ausdrücken  und  in  denen  die  örtliche  grundvor- 
stellung  noch  deutlich  ist. 

a)  zahlreiche  häufige  ausdrucksweisen  haben  den  sinn 
der  Unterstützung  oder  der  Parteinahme  für  jemand. 

a)  bei  einem  stehen,  wofür  gewöhnlich  beistehen,  s. 
th.  1,  1397/.;  'bey  jemanden  stehen,  ps.  94,  9,  ihm  beystand 
leisten,  ist  veraltet,  weil  beystehen  dafür  üblicher  ist' 
Adelung  (2,  2,  3).  doch  ist  die  bedeutung  vielfach  noch 
sinnlicher  itnd  anschaulicher,  die  wendung  geht  aus  vom 
zusammenstehen  im  kämpfe:  propugnare  bonis,  stan  pi 
den  guoten    ahd.  glossen  2,  Ib,  l ; 

der  antichristo  stet        pl  demo  altfiante, 

stet  pi  demo  satanäse,        der  inan  varsenkan  scal 

mutp.  44/. 

atich  nhd.  noch  oft  in  eigentlicher  bedeutung  (vgl.  A,  7,  b,  y) : 
in  meiner  ersten  Verantwortung  stund  niemand  bey  mir 
(ovösig  ßoi  naQeyhtxo),  sondern  sie  verliessen  mich 
alle  2  Timoth.i,  16;  aber  du  muszt,  wo  ich  in  der  Schlacht- 
ordnung seyn  m&szte,  bey  mir  stehen,  unnd  meinen 
königlichen  stab  vor  mir  tragen    buch  d.  liebe  18"*; 

ich  stand  als  haifsgenosz 
b«i  ihnen,  als  zur  schlacht  heran  das  heer 
der  manngemuthen  Amazonen  zog 

BCacBR  153*.  242  (iTilxovooi  läiw  futit 
xoUm  ilix^Tiv  IL  3,  188). 


zuweilen  in  die  bedeutung  10,  c  übergehend: 

wollt  ihr  nicht  steh'n  bei  ihnen? 

unter  hauptmann  Wasmer        Rcckbbt  1,  69; 

vgl.  auch  S.  D.\gh  unter  I,  B,  2,  f.  a,  aa.  —  mehr  in  der 
freieren  bedeutung  des  beistehens,  hdfens:  den  wehre  nodt, 
das  sie  einhelliglich  bey  der  uberkeit  stunden  und  ge- 
trewen  gehorsam  leisten  d.  städtechr.  27,  175,  16  (Magdeb., 
hist.  V.  1524) ;  aber  euer  pfarrherr  und  prediger  sollten  itzt 
bey  euch  stehen  und  trösten  Luther  br.  4,  268  (vom  j. 
1531);  wer  stehet  bey  mir,  wider  die  boshafftigen?  wer 
tritt  zu  mir,  wider  die  ubelthetter?   ps.  94,  16; 

tön.  Ed.  nun,  bruder  Richard,  wollt  ihr  bey  uns  stehn 
{will  you  ttand  by  us)t 
Gloft.  ja,  trotz  jedwedem,  der  euch  widersteht 

Shakesp.  2,  322  (Heinr.  VI.,  3.  th..  4,  1). 

gern  von  gott  bezw.  göttern:  wen  den  niemand  by  mier 
will  stan  ...  so  will  ich  den  lieben  gott  bitten,  er  welle 
by  mier  stan  Th.  Platter  *.  103  Boos; 

heut  steht  er  (Juppiier)  bey  dem  gegentheil, 
villeicht  kompt  morgen  uns  das  heil 

Spreng  Bios  (1610)97''  (8,  141/.); 

weh  mir !   ihr  götter,  wollet  bei  mir  stehn ! 

GöTHE  13,  102  {Satyrot  5) ; 

noch  steht  gott  bei  Schwedens  könig  fürwahr 

Arndt  6,  175  Meisner. 

durch  einen  vergleich  näher  bestimmt  in  dem  sprichicort: 
he  steit  by  synem  gesellen  als  de  hase  by  dem  hunde, 
assistit  socio  veluti  lepus  ipse  molossis  Tunnicius  590; 
das  ärgerlich  creutz  speit  alles  ausz,  was  nun  mensch 
heyszt,  under  den  allen  der  beste  bey  dir  steht  wie  der 
hase  bei  der  bauckeln  (trommel)  S.  Franck  sprw.  (l54l) 
2,  38»,  vgl.  baukel,  th.  l,  1186.  jemandes  partei  nehmen,  es 
m,it  einem  halten:  Luth.  jr  steet  dennoch  bey  den  newen 
Propheten.  KarlfstadtJ.  wo  sy  recht  und  warheit  haben; 
wo  sy  unrecht  sein,  do  stehe  der  teuffei  bey  Luther 
15,  339, 27  TTeiffi.;  aus  dem  unstäten  geschwäz  über  Homers 
flügelgötter  .  .  .  erhellt  deutlich,  dass  Heyne  .  .  .  lieber 
bei  Aristarch  zu  stehen  wünschte,  als  bei  dem  verkehrten 
Krates  Voss  antisymb.  2,  40.     so  auch: 

es  ging  mir,  wie  es  pflegt  zu  gehn 
alldenen,  die  bey  Christo  stehn 
und  von  der  weit  sich  scheiden 

P.  Gerhardt  398,  2. 

von  personif.  abstracten:  dasz  nicht  die  phantasey  bey 
den  affect  oder  gemüthsneigungen  stünde,  sondern  viel- 
mehr .  .  .  ein  bündnus  gemacht  wurd  zwischen  der  ver- 
nunfft  und  phantasey  wider  den  affect  Schüppius  sehr.  726. 
anders,  einem  anhaften: 

damit  nicht  etwan  ein  Soldat, 

den  man  im  krieg  umbgebracht  hat, 

uns  anklag  bey  Persephone, 

dasz  undanckbarkeit  bey  uns  steh 

gegen  die,  so  ihr  blut  vergossen 

Spaxgenbbrg  griech.  dramen  1, 197  Dähnhardt 

(Eurip.  See..    1605,    V.  1001 — 4  =  136 — 9:     toq    «xd^lOTOl 

Javaol  äavaoZq). 

ß)  in  der  älteren  spräche  mit  einem  stehn,  es  mit  ihm 
halten,  auf  seiner  seite  sein,  ihm  anhangen:  woldes  du 
des  nicht  tun,  so  mustes  du  sterben  und  alle  di  mit 
dir  stunden  d.  mystiker  1,  120,  12,  vgl.  mhd.  wb.  2,  2,  570''; 
in  dersulven  tyd  was  grot  krich  ...  in  der  stad  Ferraria : 
en  del  der  stad  stunden  mit  creme  rechten  heren,  de 
anderen  stunden  mit  sime  unechten  broder  Detmar 
Lüb.  chron.  1,  367  (zum  j.  1395,  vgl.  Schiller-Lijbbbn  4, 
361'',  3);    in  neuerer  spräche  gelegentlich  noch  von  gott: 

gott  der  herr  wird  mit  uns  stehn 

Arndt  4,  9  Meißner  (vgl.  t.  13). 

wenn  sich  andrerseits  im  frühnhd.  steht  mit  gott  als 
abschiedsformel  findet,  so  liegt  hier  wohl  einfach  nach- 
bildung  romanischer  (ital.)  redetoeise  vor:  czö  den  die 
umb  sy  stünden  mit  senfter  stimm  ir  letstes  wort  sprach, 
stet  mit  got,  ich  far  dohin  Arigo  decam.  256,  14  Keller 
(rimanete  con  dio  4,  l),  ebenso  Montanüs  223,  12  Bolte 
(Guisc.  u.  Sigism.  17);  den  (meinen  freund)  will  ich  mein 
nit  warten  lassen,  darumb  steht  mit  gottl  Linoener 
s.  48  lAchtenst.  (rastbüdd.  s.  126). 

^)  zu  einem  stehen  ist  ursprünglich  perfectiv,  da  zu 
eine  richtung  ausdrückt,  vgl.  A,  13  und  unten  d;  so  noch 
deutlich: 

99« 


1575 


STEHEN  (11,  C.  3,  a) 


STEHEN  (H,  C.  3.  a—h) 


1576 


Dynias  und  Hypenie  die  zwen 
hertzhafrtig  tbeten  zu  mir  stehn, 
verfögten  bey  desz  mondes  schein 
zu  nacht  sich  an  die  seyten  mein 

Spreng  Acnei*  (1610)  30* 
{'et  lateri  adglomerant  noitro'  2,  341). 

getcöhnlich  in  freierem  ginne,  es  mit  einem  halten,  meist 
ohne  entschieden  perfectiven  Charakter:  rechnen  sie  auf 
mich,  ich  stehe  zu  ihnen,  wenn  es  gilt  Alexis  Isegrimm 
381,  vgl.  s.  310  unter  I,  C,  3,/,  a;  (so)  gelang  es  .  . .  durch 
die  Italiker,  welche  .  .  .  fest  zu  Drusus  standen,  das  ge- 
setz  durchzubringen  Mommsen  röm.  gesch.^  2,  216;  ebenso 
ZQ  etwas  stehen: 

zu  eurem  volke  steht  und  eurem  lande, 
und  kämpft  für  euer  heilig  recht 

Schiller  14,  346  {Teil  3,  2,  v.  1663); 

in  seinen  jungen  jähren  steht  er  {Friedr.  IL)  noch  treu 
zur  evangelischen  sache  Treitschke  d.  gesch.  i,  50;  sich 
offen  tcozu  bekennen:  ein  unwahrer  und  unredlicher  Christ, 
der  mit  dem  herzen  läugnet,  was  er  mit  dem  munde 
bekennt,  der  also  ungläubig  ist  und  doch  zu  seinem 
Unglauben  nicht  stehen  mag  F.  W.  Bodemann  Lavater 
(1856)  256.  —  eticas  anders  nuanciert,  sidi  mit  einem  zu- 
sammenthun:  einer,  der  nur  2  {mansos,  hüben)  hätte, 
sollte  zu  einem  andern,  der  ebenfalls  2  hätte,  stehen, 
und  einer  davon  in  das  feld  (d.  krieg)  gehen,  der  andere 
aber  die  kosten  tragen  helfen  M.  J.  Schmidt  gesch.  d. 
Deutschen  (1778)  1,  540.  ähnlich:  Melsamer  hat  dem  ampt- 
man  von  Lobenhawsen  bey  15  haupt  viehs  abkauft 
und  ander  zu  ime  steen  lassen  {als  theilhaber  zugelassen  f) 
Bau  MANN  quellen  z.  gesch.  d.  bauernkr.  atis  Rotenburg 
s.  893.    vgl.  9,  b.  —  mJid.  dafür  auch  an  einem  st6n: 

der  von  Triere  der  wolde 

sten  vesticliclx 

an  dem  von  Osterrich 

Ottokar  reimchr.  59319. 

{ferner  gestfin  mit  bloszem  dativ,  s.  gestehen  21,  tfi.  4,  i, 
4214/.) 

d)  einem  zur  seite  stehen,  vgl.  seite  3,  th.  10,  l,  382; 
zunächst  eigentlich  (vgl.  A,  7,  c,  y):  das  gericht  machte 
sich  bereit,  dem  schlusz  des  kaisers  gemäsz,  in  bezug 
auf  den  ihm  zur  seite  stehenden  angeklagten,  zu  einer 
förmlichen  ehrenerklärung  zu  schreiten  Kleist  3,  406,  8 
E.  Schmidt,  vgl.  428,  16  u.  28.  mit  verstärkendem  zusatz. 
gleichxcohl  in  freierem  sinne: 

wo!  dem  der  solchem  herm  mag  nah'  zur  ssiten  stehen, 
gemessen  seiner  gnad'  und  königlichen  gunst 

Rachel  tat.  ged.  $.  5  neudr. 
mit  derselben  bedeutung  einer  dauernden  Verbindung: 

doch  eine  niedre  Schäferin  kann  nicht 
als  gattin  würdig  euch  zur  seite  stehn 

Schiller  13,  251  (J^ngfr.  v.  Ort.  3,  1). 
gewöhnlich  im  sinne  'beistehen,  helfen'  (vgl.  a):  sie  bat 
herrn  Friedrich,  .  .  .  ihr  daselbst  einen  rechtsgehülfen 
anzuweisen,  der  ihr,  bei  ihrer  erscheinung  vor  dem  von 
dem  kaiser  eingesetzten  gericht,  mit  klugem  und  be- 
sonnenen rat,  gegen  jene  schändliche  beschuldigung, 
zur  seite  stehen  könne  Kleist  3,  403,  24  E.  Schmidt; 
Anselm  .  .  .  erklärte,  bei  dem  vater  ausharren  und  dem- 
selben bei  Wiederaufbau  des  Schlosses  zur  seite  stehen 
zu  wollen    Fontane  i,  14  (vor  d.  stürm  2); 

denn  du  (herr)  stehst  mir  zur  Seiten, 
Bchtttzst  mich  fUr  bOsen  leuten 

P.  Gerhardt  423,  7  (pr  88); 

wir  häuften  ew'ge  schmach 
anf  unser  baupt,  wenn  wir  den  mann  verlieszen, 
der  uns  in  notb  und  tod  zur  seite  stand 

Hebbel  4,  279  (Ntb.  III,  4,  4); 

(als  gattin,  «.  oben  Schiller  is,  201).  von  stauten:  und 
dadurch  geschah  nun  allerdings,  dasz  Cleve  die  Verbin- 
dung mit  Geldern  aassoblug,  dem  hause  Oestreich  treu 
zur  leite  stand  Ranke  deutsehe  gesch.  t,  M8.  in  anderm 
sinne:  Ostr.  u.  Pr.  stehen  einander,  wie  ehmals,  eifer- 
süchtig zar  Seite  und  haben  beiderseits  sich  vorwürfe 
xa  machen  J.  Grimm  br.  v.  17.  juni  1869,  s.  anx.  f.  d. 
oUsrUt.  j«,  V49.  —  mit  einem  abstracten  ausdruck  als  suhj. : 
(tcfc  trotte)  auf  deine  tugnnd.  die,  wenn  du  sie  auch  nur 
•inM  augenblick  von  dir  entfernst,  nie  so  wiederkelirt. 
wie  sie  dir  nun  noch  zur  seite  steht  Klinoer  5,  807 
§eseh.  Oittfars  8,  8);   Falk  unterlag  derselben  tactik.  .  .  . 


theils  weil  ihm  die  Sympathie  des  keisers  nicht  in  gleichem 
masze  zur  seite  stand  wie  mir  Bismarck  gedank.  u. 
erinn.  2,  131.  —  seltener  und  eigentlicher,  anders  nuanciert, 
einem  an  der  seite  stehen,  bes.  in  einer  bestimmten  Wen- 
dung: hertzhafften  leuten  riegele  die  natur  alle  pforten 
auff,  das  glücke  stehe  ihnen  an  der  selten,  und  das  ver- 
hängnisz  hielte  ihnen  den  rücken   Lohenstein  Armin. 

1,  26'»; 

viel  glOckes  sieht  man  auch  dir  an  der  selten  stehen, 
in  deiner  himmels-Dorotheen 
Besser  schrifften  (1732)  1,  5  (vgl.  oben  Schiller  13,  251); 

schwarzer  ritter.  schweigt  dir  die  stimme  des  prophetengeistes? 
Johanna,  sie  redet  laut  in  meiner  tiefsten  brüst, 
dasz  mir  das  unglUck  an  der  seite  steht 

Schiller  13,  276  (jungfr.  v.  Ort.  3,  9). 
an  eines  seite:  aber  jede  Verständigung  ist  unmöglich, 
solange  der  mann  (Bismarck)  an  eurer  majestät  seite 
steht,  ihr  entschiedenes  vertrauen  besitzt . .  .  Bethmann- 
Hollweg  an  Wüh.  L,  bei  Bismarck  ged.  u.  erinner.  2,  15. 
zu  eines  seite:  o  Dunkan,  Dunkan!  wie  konntest  du  mich 
verlassen  .  .  .  ständest  du  noch  zu  meiner  seite  .  .  . 
TiECK  nachgel.  sehr.  2,  13. 

e)  in  der  älteren  spräche  auch  einem  zur  band  stehen: 
kompt  aber  die  mutter  und  spricht  zur  tochter:  auff  und 
diene  mir,  so  mus  sie  alles  stehen  und  faren  lassen  .  .  . 
und  der  mutter  zur  band  stehen  Luther  28,  23,  13  Weim.; 
hiermit  wünschte  sie  mir  eine  gute  nacht,  und  begunte 
sich  abzukleiden  . .  .  ich  wolte  ihr  hierin  zur  band  stehen, 
konte  aber  für  zittern  der  bände  nichts  ausrichten  A. 
U.  V.  Braunschweig  Octavia  1,  852.  —  zur  rechten:  denn 
er  stehet  dem  armen  zur  rechten,  das  er  jm  helffe  von 
denen,  die  sein  leben  verurteilen  ps.  109,  31.  —  in  anderem 
sinne  nd.:  'an  miner  band  sölt  se  stän,  d.  h.  sie  sollen 
von  mir  bedacht  werden     Schambach  207''. 

"Q  einen  anderen  ausgangsptinkt  hat  auf  eines  seite 
stehen,  hier  bezeichnet  seite  nicht  die  körperliche  seite  des 
m.enschen  (wie  bei  6),  sondern  die  eine  zweier  streitenden 
Parteien  (seite  9,  th.  10,  1,  389);  die  wendung  liat  daher 
mehr  den  sinn  der  Parteinahme  als  des  beistandes:  er  stadt 
auff  desz  radts  seyten,  er  halts  mit  dem  radt.  stat  ä 
senatu    Maaler  383»; 

euch  br&dem  ist  bckand, 
wie  viel  ihr  ausser  uns  auffs  sultans  seite  stehen 

Lohenstein  Ibrah.  stUt.  (1680)  97  (5,  299); 
der  ältesten  tante  Adelaide  .  .  .  misGel  an  Machault, 
dasz  er  überall,  wo  staat  und  kirche  zusammentrafen, 
unbeugsam  auf  des  Staates  seite  stand  Dahlmann  gesch. 
d.  franz.  revol.  18;  er  ging  nicht  mehr  mit  dem  schwapcr 
aus  und  stand  auch  nicht  aufseile  der  Schwester  Enkino 
fam.  P.  C.  Behm  307;  s.  auch  Mommsen  2,  38  unter  I,  C, 
3,/,  a.     in  der  älteren  spräche  dafür  auch: 

Pallas  und  Juno  boed  mit  heil 
stehn  auff  desz  Diomedis  theil 
Spreng  Iliat  (1610)  51  »>  ('inh.  dett  fünfflen  buch»'); 

der  rfimische  rath  schickte  den  Aquilius  hierauff  in  Asien 
zum  Mithridates;  welcher  .  .  .  endlich  auff  keinem  theile 
zu  stehen   sich   erklärte    Lohenstein  Armxnius  1,  931». 

ri)  im  sinne  der  Unterstützung  (des  'rückhalts')  auch 
hinter  einem  stehen:  Albrecht  von  Wittelsbacii.  Ingolstadt 
steht  hinter  euch,  fürchtet  nicht  für  euer  recht!  Hebbel 
8,  196,  26  (Agnes  Bern.  8,  13).  so  femer:  da  er  aber  er- 
kannte, dasz  hinter  dieser  neuen  bank  die  angesehensten 
geldleute  und  die  unternehmendste  Intelligenz  stehn 
würde,  lehnte  er  .  .  .  jenes  angebet  ab  Frenssen  Kl. 
11.  Baas  859. 

&)  von  mehreren  zusammen  stehen: 

wir  konnten  viel,  wenn  wir  zusammen  stfinden 

Schiller  14,  298  (TeU  1,  8,  488); 

5 Ott  ^b'  euch  seinen  guten  geist, 
ast  ihr  susammon  stehet  dreist.  .  .  . 
euch  selbst  su  schQtsen  ohn'  abiaMung 

ROCKBHI     I     114 

b)  entspreehends  ausdrücke  im  sinne  des  gegentaties  und 
der  feindsdu^/t, 

o)  tunäekst  wider  einen  stehen,  star«  eontro  aleun« 
eioi  rtsistsrgli,  fargli  testa  Krämer  diet.  i,  M0'.  besonders 
frilhnhd.:  Wider  einen  slon  assistere  contra  alifttem 
Maaler  880*.  häufig  perfrctiver  bedeutung  nahekowmimd, 
so  vom  kämpf:  da  stimdon  ilip  kindcr  Ammon  und  Moab 


1577 


STEHEN  (II,  C,  3,  6) 


STEHEN  (H,  C.  3,  b-c) 


1578 


\Tider  die  vom  gebirge  Seir,  sie  za  verbannen  und  zn 
vertilgen  2  chron.  20,  23.  vom  rechtsstreit:  am  gricht  wider 
einen  ston  und  handien,  ein  r&chtshandel  wider  einen 
haben,  inferre  aborium  Maaler  389 "i.  urui  sonst  in 
mannigfachen  nuancen:  oder  wenn  ich  etwas  falsches 
gethan  hette  .  .  .,  würdestu  selbst  wider  mich  gestanden 
sein  (^>:.Q  2»»rin  nriSi  2  Sam.  18,  13;  denn  es  stehen  fal- 
sche zeugen  wider  mich  (»a^oa),  und  thun  mir  unrecht 

ps.  27,  12 ;  da  stunden  sie  wider  den  haufTen,  und  wereten 
dem  volck  die  sfinde,  und  stilleten  die  schedlich  auffrhur 
Jesus  Syr.  46,  9;  wenn  schön  die  gantze  weit  wider  mich 
stünde,  und  mich  angrieffe  Luther  24,  22, 15  Weim.  dabei 
kann  stehen  dann  in  die  bedeutung  'stand  halten'  übergehen, 
vgl.  A,  11,  c  und  unten  i,  c;  so  z.  b.:  und  in  deiner  band 
ist  krafft  und  macht,  imd  ist  niemand  der  wider  dich 
stehen   müge   (2S\in*7  ^ey  ]'si)    2  chron.  20,  6.     auch  mit 

unpersönlichem  subject:  also  wil  das  evangelium  gantz 
wider  uns  steen  Luther  lO,  8,  276,  28  Weim.  —  in  der 
neueren  spräche  dafür  gegen,  s.  unten  y.  andererseits 
lebt  wider  fort  in  der  untrennbaren  Zusammensetzung 
i^iderstehen,  s.  das. 

ß)  ebenso  wider  etwas,  z.  b. :  wider  gottes  willen  Span- 
genberg griech.  dra-men  1,  107  unter  I,  B,  2,  /,  a,  cc.  in 
der  alten  spräche  auch  mit  dat.:  unde  Finees  stuönt 
uuider  domo  unrehte  Xotker  2,  455,  22  Piper  {ps.  lOö,  30). 
ungewöhnlich:  du  solt  auch  nicht  stehen  wider  deines 
nehesten  blut   3  Mose  19,  16  (ij^i  et':*;  "'CV-Z  **^  'nodi  (tm 

gericht)  auf  dem,  tode  deines  nächsten  bestellen'  Kautzsch); 
ja  es  war  mit  den  sonst  imüberwindlichen  dapffem 
Römern  .  .  .  dahin  kommen,  dasz  sie  Italien  verlassen  .  . ., 
wenn  nicht  .  .  .  Scipio  Africanus  mit  seinen  sieghafften 
Waffen  darwider  gestanden,  und  den  rath  zu  Rom  ge- 
zwungen, das  vatterland  zu  beschützen  Schuppius 
sehr.  781. 

y)  für  wider  ist  jetzt  gegen  üblich  geworden,  dies  tcird 
in  der  altem  spräche  mit  dem  dat.  verbunden  und  hat 
zunädist  rein  örtlichen  sinn,  s.  A,  7,  b,  d:  gegen  einem 
stehen,  stare  contro,  it.  dirimpetto  di  uno  ö  ad  uno  Eraii er 
dict.  2,  928^;   z.  b.: 

im  snlt  onch  niht  vergessen,  swa;  ir  habet  getan, 
and  8ult  vil  vlisecllchen  da  gein  gote  stän 

Nib.  1794,  2. 

so  vohl  auch:  meine  lieben  und  freunde  stehen  gegen 
mir,  und  schawen  meine  plage  (ncp'  »yj:  -iJ-iD  'treten  ab- 
seits bei  meiner  pein  Kautzsch),  und  meine  nehesten 
tretten  ferne  ps.  38, 12.  andrerseits  auch  schon  bei  Luther 
vom  kämpfe  (und  zugleich  mit  dem  acc.):  und  der  streit 
nam  über  band  desselben  tages,  und  der  könig  stund 
aufiF  dem  wagen  gegen  die  Syrer  l  kön.  22,  35.  häufig  in 
neuerer  zeit  vom  kämpfe:  Nicolaus  Piccinini,  feldherr  des 
herzogs  Philipp  .  .  .  stand  gegen  die  päpstlichen  und 
florentinischen  truppen  unfern  von  Arezzo  Göthe  35,  307 
(Cellini  2,  anh.  IV);  ihm  {Gracchus)  zeit  zum  entrinnen 
zu  geben,  warfen  seine  beiden  begleiter  .  .  .  auf  der 
Tiberbrücke,  da  wo-  einst  Horatius  Codes  allein  gegen 
das  Etruskerheer  gestanden  haben  sollte,  den  Verfolgern 
sich  entgegen  Mommsen  röm.  gesch.  2*,  124.  vom  vnld 
bei  der  jagd:  gleichnisz  vom  eher,  welcher  muthig  gegen 
die  Jäger  steht  Göthe  41,  l,  295,  li  Weim.  gerichtlich: 
eis.  gejen  eine  ste(n)  als  belastungszeuge  auftreten  Martin- 
Lienhart  2,  565»;  du  unverständiger  bastard  . . .,  meynst 
du,  wenn  ich  gegen  dir  stünde,  irgend  eine  meynung, 
die  man  von  deiner  treue,  tugend  oder  rechtschaffenheit 
gefaszt  haben  kan,  würde  deinen  werten  glauben  ver- 
schaffen, wenn  ich  läugne  Wieland  übers,  l,  116,  38  Berl. 
(kön.  Lear  2,3);  gegen  einander  stehen  (vor  gericht) 
Kramer  dict.  2,  939»:  als  oft  zwo  parteien  im  rechten 
mit  klag  und  antwurt  gegeneinander  steen  {'prozeszfüJiren') 
iirol.  toeisth.  4,  717,  10.     auch  mit  unpersönlichem  subj.: 

die  starre 
unwandelbare  regel  der  natur 
steht  gegen  mich 

Schiller  5, 1,  9  (don  Karlo$  1, 1,  102). 
<J)  tuu>eilen  hat  gegen   nicht  den  »inn  der  feindschaß 
und  entgegensetz U7ig,  sondern  der  vergleichenden  gegenüber- 
0tellung: 


ja,  sprecht  ihr,  disz  sind  weisse  raben,  und  gegen  eine,  die  was 

nützt, 
stehn  allzeit  tausend  solche  klötzer,  woraus  man  keine  tugend 

schnitzt 
GüNTBEB  4S6,  vgl.  Stbimbach  2.  668. 

wieder  anders  mit  folgendem  vergleich,  so  dasz  eine  'pro- 
portion  entsteht:  übrigens  sagte  ich  neulich  zu  Meyern, 
wir  stehen  gegen  die  neuere  kunst  wie  Julian  gegen  das 
christenthum  Göthe  bri^e  15,  201,  3  (an  Schiller  d. 
18.  jnärz  1801  \ 

e)  für  gegen  einen  stehen  auch  einem  entgegen  stehen, 
jetzt  getcöhnlich  in  1  wort  zusammengeschrieben,  s.  th.  3, 
536.  entgegen  stehen,  contra  stare  Steinbach  2,  668, 
«.  Spreng  Ilias  107''  unter  I,  B,  3,  b,  y.  ferner:  nein, 
(sagte  sie)  Phillis !  nein,  ich  will  nicht  eigensinnig  deiner 
liebe  entgegen  stehn  Gessner  2,  52  (Daphnis  l).  —  gegen- 
über stehen,  s.  2,  ä,  ß. 

c)  vor  einem  stehen,  stds  die  eigentliche  bedeutung 
(s.  A,  7,  b,  y,  cc)  festhaltend,  doch  mit  besonderer  beziehung. 
(in  der  älteren  spräche  wird  für  vor  oft  für,  für  ge- 
schrieben und  umgekehrt,  für  die  einordnung  ist  nicht  die 
Schreibweise,  sondern  der  nachfolgende  casus  entscheidend.) 

ä)  vor  gott  stehen,  um  ihm  zu  dienen:  die  engel 
stehen  vor  gott  Kramer  dict.  2,  928«;  taasent  mal  tausent 
dieneten  jm,  und  zehen  hundert  mal  tausent  stunden 
für  jm  Dan.  7,  10;  und  ich  bin  Raphael,  einer  von  den 
sieben  engein,  die  wir  für  dem  herrn  stehen  Tob.  12,  lö ; 
zur  selben  zeit  sondert  der  herr  den  stam  Levi  aus,  .  .  . 
zustehen  für  dem  herrn,  jm  zu  dienen  und  seinen 
namen  zu  loben  ö  Mose  lO,  8;  denn  euch  hat  der  herr 
erwelet,  das  jr  für  jm  stehen  solt,  und  das  jr  seine 
diener  und  reucher  seid  2  chron.  29,  11 ;  vgl.  l  kön.  17,  1 
18, 15;  Sacharja  3,  l; 

drum  eh  ihr  auszieht  und  dem  feind  begegnet, 
steht  erst  vor  dem,  desz  aug'  die  herzen  probet 

RÜCKERT  1,  29  (geh.  ton.  45); 

wir  müssen  den  staub  über  den  staub  erhöhen,  bis  wir 
wieder  vor  dem  stehen,  der  nicht  könige  und  bettler, 
nur  gute  und  böse  kennt  Hebbel  3,  234,  7  (Agnes  Bern. 
5,  10).  —  zuweilen  hat  die  Wendung  auch  den  sinn,  dasz 
man  gott  zum  zeugen  anruft  (an  y  anschlieszend) :  ich 
zittere,  nicht  für  mich,  ich  stehe  vor  gott  in  meiner 
Unschuld    Göthe  lO,  56  (Clav,  i,  2). 

ß)  ebenso  steht  der  diener  vor  dem  irdischen  ?ierm: 
vor  dem  könig  stehen  Kram  er  dict.  2,  928"=.  doch  scheint 
die  ausdrucksweise  eine  eigenthümlichkeit  des  biblischen 
Sprachgebrauchs:  unser  herr  sage  seinen  knechten,  die 
für  jm  stehen,  das  sie  einen  man  suchen  .  .  .  l  Sam.  16, 16; 
lasst  sie  meinem  herrn  könige  eine  dirne  ein  jungfraw 
suchen,  die  für  dem  könige  stehe  und  sein  pflege 
1  kön.  1,  2;  vgl.  Esth.  4,  5;  Sprüche  Sal.  22,  29.  ungewöhn- 
lich in  umgekehrter  beziehung,  schützend  für  jem.  ein- 
treten (=  d,  «): 

so  lobesan  es  auch,  dasz  kaisers  majest&t, 
ein  ehrbar  rittersmann,  vor  seiner  frauen  steht 

Z.  Werner  Cnncffunde  113. 
y)  sehr  gewöhnlich  und  allgemein  üblich  ist  vor  dem 
lichter,  dem  gericht  stehen,  vgl.:  vor  dem  gericht  ston 
unnd  wider  einen  klagen,  consistere  cum  aliquo  in  iudicio 
Maaler  390''.  so  vom  klüger,  s.  Kleist  Käthchen  v.  Heil- 
br.  1,  1  unter  1,  B,  3,  /.  y,  dd.  gewöhnlich  indessen  vom 
angeklagten: 

stuamt  drühtin  innan  thes  in  nnar  fora  themo  biskofe  thar, 

Otfrid  4,  19,  1 ; 
SO  sol  er  in  der  stad  wonen,  bis  das  er  stehe  für  der 
gemeine  für  gericht  Jos.  20,  6,  vgl.  9  und  4  Mose  35,  12 
unter  I,  C,  3,  d,  a,  ferner  ap.  gesch.  24,  20;  Luther  hatte 
schon  vor  kaiser  und  reich  gestanden,  ehe  Zwingli  eine 
anfechtung  erfuhr  Ranke  deutsdie  gesell.  3,  47.   dazu  auch: 

vor  niemand  stehst  du,  in  dem  augenblick, 
der  einen  fehltritt  nicht  verzeihen  könnte 

Kleist  zerbr.  kr.  9, 1253 ; 
wenn  du  nicht  jetzt  gerichtet  vor  mir  ständest 

Hebbel  3,  312  (Gyge*  4,  v.  1372). 

vom  'jüngsten  gericht'  gottes:  und  ich  sähe  die  todten 
beide  gros  und  klein  stehen  für  gott  (sazcüzag  iv<u7uov 
xov  9q6vov),.  .  .  und  die  todten  wurden  gerichtet  .  .  . 
nach  jren  wercken  offenb.  Joh.  20,  12;  wann  all  werden 
wir   sten   vor  dem   gericht    Cristi    erste  d.  bibel  2,  52,  35 


1579 


STEHEN  (II.  C,  3,  c  -d) 


STEHEN  (II,  C.  3.  (V: 


1580 


Kurrtlmeyer  (Böm.  14,  10);  Paulus  aber  sprach,  ich  stehe 
für  des  keisers  gerichte  (hardg  inl  xov  ßrifxaxoq  xalaaQÖq 
el/u),  da  sol  ich  mich  lassen  richten   ap.  gesch.  25,  lO; 

ach  bmder !  stund  ich  doch  nur  ietzo  vor  gerichte ! 

Günther  554. 

dafür  sinnlieher  vor  den  schranken  stehen,  s.  schranke 
S,  a,  th.  9,  1635:  zunächst  verwies  mich  das  gericht  wegen 
meines  Überfalls  auf  zwei  monate  ins  gefängnis,  wie 
ich  da  vor  den  schranken  stand,  .  .  Speck  z%oei  seelen  114. 
auch  bloszes  stehen,  s.  l,  c,  ä. 

6)  anderes:  laszt  uns  ein  stück  wählen;  wir  wollen 
es  auf  der  stelle  spielen,  jeder  musz  sein  möglichstes 
thun,  als  wenn  er  vor  dem  gröszten  auditorium  stünde 
GÖTHE  19,  21  iWüh.  Meister  4,  2);  ähnlich: 

wer  wird  k&nftig  vor  uns  stehen? 
wer  stimmt  unser  seytenspiel, 
wenn  die  kunst  zu  grabe  gehen, 
und  der  meister  sterben  will? 

B.  Neukirch  ged.  (1744)  19. 
ferner: 

Faust  .  .  .  (auf  die  sphinxe  deutend) 
vor  solchen  hat  einst  Oedipus  gestanden 

GöTHE  41,  121  (Faust  II.  2). 

e)  eigenthütnlich  ist  folgende  ausdrucksweise:  er  {Schtoei- 
nicken)  hatte  nicht  wie  ein  Slave,  sondern  als  ein 
Deutscher  getrunken,  vielleicht  noch  stärker  als  sein 
herr,  —  denn  er  hatte  nach  damaligem  brauch  seinem 
herrn  'vor  dem  trank  zu  stehn',  d.  h.  demselben  beim 
zechen  aufzuwarten  und  seine  trinkduelle  auszufechten 
Freytag  17,  299. 

rf)  stärker  verblaszt  ist  die  eigentliche,  sinnliche  be- 
deutung  in  der  häufigen  Verbindung  für  einen  (bezw. 
etwas)   stehen,    die  i?i   verschiedetien   nuancen  vorkommt. 

a)  für  einen  eintreten,  ihn  schützen,  dabei  liegt  wohl 
ursprünglich  der  begriff  'schützend  vor  einen  hintreten' 
(also  perfectiv)  zu  gründe,  doch  wird  er  nicht  mehr 
empfunden,  eher  der  begriff  der  Stellvertretung,  s.  ß. 

ich  rauo;  et  aver  die  not  bestän, 

als  ich  vil  dicke  hän  getan 

da  ich  vür  minen  vriunt  stuont  Iw.  2471 ; 

es  enmac  nieman  ein  ambet  vüeren,.  .  . 
e;  muos  der  herre  vUr  in  st&n 

Tbichner  1Ö7; 

Michael  .  .  .  kummbt  mir  zuo  hilf,  jtem  der  gros  fürst 
Michael  steet  für  die  kind  deines  volcks  Berthold  v. 
Chiemsee  tewtscJie  tlieol.  s.  158  (aus  Dan.  12,  l);  ego  qui- 
dem  sum  damnatus.  aber  do  secze  ich  eyn  kleynes 
kyndleyn  vor,  qui  est  in  sinu  Mariae  .  .  .  das  kyndleyn 
stehet  vor  mich  Luther  84,  2,  498,  22  Weim.;  ich  habe 
diesen  armen  bauern  gepredigt,  dasz  sie  bis  auf  den 
letzten  mann  für  ihren  könig  stehen  ...  müszten 
Arndt  i,  31  Rösch; 

der  guter  höchstes  dürfen  wir  vertheid'gen 
gegen  gewalt  —  wir  stehn  vor  unser  land, 
wir  stehn  vor  unsre  weiber,  unsre  kindcr! 

Schiller  14,  329  (Teil  2,  2,  v.  1287/),- 

vgl.  auch  Fischart  flöhh.  1768  unter  i,  B,  2,  /,  u,  cc. 
sprichwörtlich:  ein  jeder  stehet  für  sich  selber,  gott  für 
uns  alle  Petri  2,  203;  ein  jeder  stehe  fü^r  die  seinigen, 
gott  ffir  uns  alle  Mathesius  Sarepta  130**.  für  etwas: 
(britfe)  darinnen  der  k6nig  den  joden  gab,  wo  sie  in 
stedten  waren,  sich  zuversamlen  und  zu  stehen  für  jr 
leben  {'ihr  leben  zu  verteidigen'  Kautzsch),  und  zu  ver- 
tilgen .  .  .  alle  macht  des  volcks  .  .  .,  die  sie  engsteten 
E*th.  8,  11,  vgl.  9,  16; 

wer  f&r  gut,  ehr  und  land 

und  leben  mit  mir  «teht,  wer  seinen  geist  zu  pfand, 

vor  riihm  und  freybeit  setzt  .  .  . 
A.  Grvphiuh  (1698)  1,  10  (Leo  1,  1,  v.  189);  vgl.  198; 

und  bleibt  er  im  entschlnsz  unbeugsam,  fest  — 
er  steht  fttr  das,  was  er  als  recht  erkannt 

CoLLiN  Coriolan  11. 

mU  »äehliehem  »ubj.:  denn  jr  gewissen  stehet  für  mich, 
wider  sie  selb«  Luther  as,  >70,  19  Weim.  jo  mehr  im 
tinne  der  Parteinahme:  seine  (MontU)  freunde  und  Ver- 
ehrer stehen  dagegen  fitr  die  romantiache  partei  und  ver- 
sichern, seine  eigenen  besten  werke  seien  romantisch 
OöTHE  41,  1,  187,  8  Weim.;  alle  damen  waren  Mozar- 
tisUnnen  .  .  ,  Angela  stand  für  Beethoven,  unterstützt 
von  dem  greisen  Violoncellisten  und  mir  Stiktkr  i,  so. 


ß)  für  einen  stehen,  an  eines  stelle,  ihn  vertreten; 
wiederum  verschieden  nuanciert,  vgl.  Zwingli  l,  266  unter 
I,  B,  1,  /,  y.  in  eines  namen  stehen,  vom  abgesandten  eines 
herrn  oder  votn  getoählten  Vertreter  eitver  gesammtJieit : 
Preising.  ich  stehe  hier  für  den  herzog  von  Baiern 
Hebbel  3,  217,  10  {Agnes  Bern.  5,  2); 

es  grUszt  das  röm'sche  volk,  ftlr  das  wir  stehn 
(als  volkstrilmnen)  . .  ., 
als  des  reiches  fürst 
Andronicus  .  .  . 

Shakesp.  6,  3  (Tit.  Andr.  1,  1). 

in  ähnlicJiem  sinne:  ich  stehe  hier  in  den  angelegen- 
heiten  eines  grösseren  herrn  Schiller  2,  182  (räuber  5, 1). 
in  der  älteren  spräche  andrerseits  mit  unbestimmtem 
subst.,  als  etwas  fungieren,  gelten,  vgl.  oben  1,  a.   so  mnd., 

S.    SCHILLER-LÜBBEN  4,  362»: 


freier: 


dar  ik  vor  tughen  mydde  stout 

Braunschw.  schichtsp.  1528,  «.  I,  B,  3,  a,  (*. 

ja  was  noch  ärger,  denen  ich 
doch  stets  für  freund  gestanden, 
die  gehn  zusammen  wieder  mich 

Opitz  3,  161  (ps.  38,  20); 


eis.  ich  will  nit  ste(n)  für  ne  Martin-Lienhart  2,  565». 
y)  sehr  häufig  im  sinne  'für  einen  bürgen':  für 
einen  stehen:  stare  cioe  rispondere,  proTnettere  per 
uno  Kramer  dict.  2,  928''.  zunächst  von  gerichtlicher 
bürgscliaftsleistung  (für  einen  Schuldner  u.  sotist) :  daran 
ig.  ain  gut  genügen  gehabt  hat  u.  ist  uns  für  sich  u. 
seine  sün  gestanden  oberbayr.  arch.  25,  136  (urk.  v.  Inders- 
dorf v.J.  148G).    übertragen  (doch  mehr  im  sinne  ß): 

ich  bin  dir  schuldig,  ach !   die  hauptsumm  und  die   fruchte. 

dafem  ich  auch  verkauffen  weit 

was  ich  besitze;  wird  kein  gold, 

kein  geld,  kein  blut  den  ausstand,  herr,  erreichen. 

ein  bürg,  ein  zahlmann  steht  fUr  mich, 

der  durch  den  tod  versöhnet  dich 

A.  Grvphiüs  (1698)  2,  422  (son.  4,  59). 

sonst,  wofür  liaftbar  sein: 

bei  dem  verluste  ihres  rangs  und  adels 
wird  jede  mir  für  ihre  fUrstin  stehn 

Schiller  5,  l,  51  (don  Karl.  1,  6,  1064). 

gewöhnlich  in  freierem  sinne,  als  nadidrückliche  betheuerung. 
dasz  jemand  zuverlässig  ist,  etwas  t/iun  xcird  u.  o. :  er 
(Marbod)  hätte  den  Römern  ausdrücklich  versprochen 
ihnen  für  diese  st&dte  zu  stehen  Lohenstei.n  Armin. 
2,  375»;  übrigens  versprach  er  so  viel  truppen  zu  schicken, 
als  er  entbehren  könnte,  und  sie  so  zu  wählen,  dasz  er 
für  sie  stehen  dürfte  wie  für  sich  selbst  Schiller  4, 122; 
ich  stehe  für  ihn:  er  würde  seine  frau  auf  bänden 
tragen  Bauernfelu  ges.  sehr,  l,  30  (leichtsinn  aus  liebe  2, 2) ; 

Günther,  wo  sind  denn  meine  knechte? 

Kriemh.  wohl  versorgt. 
Hagen,    mein  bruder  steht  für  sie. 

Etsel.   und  ich,  ich  stehe 
für  meinen  koch 

Hebbel  4,  302  (Mbel.  III,  4, 19). 

so  auch  (mit  unpersönl.  subj.): 

gesetzt  auch  Griechenland  sucht  in  dir  ein  verbrechen; 
dein  herz  wird  für  dich  stehn,  dein  wandel  für  dich  sprechen 
J.  E.  ScMLEüEL  1,  4«  (Orett  u.  Pj/l.  4,  1). 

6)  sehr  häufig  auch  für  etwas  stehen :  ich  stehe  darfUr, 
ich  will  dafür  stehen,  io  ci  rispondo  Kramer  diet.  2,  988'': 
ich  stehe  dir  vor  das,  fidem  meam  pro  hoc  interpono 
Steinbach  2,  668;  'ich  stehe  dafür,  bin  gut  di\für;  im 
gemeinen  leben,  stehe  dir  gut  dafür"  Adelung  (8,  2,  4). 
ebenso  mundartlicli .  österr.  ea(r)  schdehd  daiia(r)  bürgt 
dafür  Castelli  884;  nd.  ik  stae  darvör  'icA  iiin  bürg« 
dafür'    DÄHNERT4Ö6''. 

aa)  tunächst  im  eigentlichen  »inne:  fUr  eine  sohuhi 
stehen,  rispondere, promettert per  un debito  KuAMEHa.irc 
überhaupt,  eine  tahlungaverpflichtung  übernehmen:  we  .  .  . 
bekennen  dat  we  .  .  .  unsen  leven  getruwen  stan  vor 
koste,  de  se  hebben  uppe  dorne  sloto  to  Wofel'  (Woffeti- 
büttel)  .  .  .  undo  wad  se  koste  liden  .  .  .  dar  willen  we 
se  von  gutlikon  entledigen  Suubndorf  urkundrnb.  b,  no.  s 
{vom  j.  1874);  nach  dem  fraget  der  künig  Salonion  die 
bürgen,  unnd  sprach:  ob  sie  verstanden  hettcn.  warumb 
unnd  für  was  sie  dieses  orts  von  Jesu  zu  bUrgen  fUr- 
gesetzt  worden  weren,  nemlich.  nicht  allein  zustehen 
für  die   Unkosten,   sondern   auch    fUr    alles  das  so  ge* 


1581 


STEHEN  (II.  C.  3,  d) 


STEHEN  ai.  C.  3,  d) 


1582 


urtheilet  wird  Ayrer  hist.  proe.  juris  (1600)  322;  nur  jage 
die  Jette  fort,  ich  will  für  alle  Unkosten  stehen  Lichten- 
berg briefe  2,  4  (vom  9.  apr.  1782);  wenn  nun  aber  diese 
leute  auch  an  ihre  Sicherheit  denken,  wenn  sie  nun 
auch  wissen  wollen  wer  mir  und  ihnen  für  eine  so 
grosze  summe  steht  Göthe  14,  172  {groszcophta  3,  2)-  unde 
hie  stunde  sick  unde  den  synen  vor  scaden  Lappenberg 
brem.  gesckichtsqu.  130  (vgl.  Schiller-LCbben  4,  360»,  6). 
gewöhnlich  in  freierem  sinne,  s.  unten  cc  (ähnlich  in 
neuerem  nd.:  to'm  schaden  staan  'für  den  schaden  ge- 
recht Verden'  Dähnert  455*").  —  wofür  haften,  mehr  oder 
minder  juristisch  gefaszt:  wa;  ein  man  anderes  lonis 
schuldic  ist,  .  .  .  dag  mac  nimant  me  behalden  nf  den 
heiligen  zu  rechte;  ein  iklich  man  stet  davor  mit  sime 
rechte  Freiberger  stadtr.  a.  2ö7,  b  (XLIX,  §4);  als  sich 
der  burggraf  erboth,  ihm  mit  all  seinem  haab  und  gut 
dafür  (für  s.  persönl.  Sicherheit)  zu  stehen  M.  J.  Schmidt 
gesch.  d.  Deutschen  3,  349;  ist  ein  haus  abgebrannt,  so 
steht  ihr  mir  dafür  mit  eurem  köpf  Herder  23,  112; 
vgl.  auch: 

dein  leben  steht  für  sie  (du  mutzt  mit  deinem  leben  für 

tie  hßften) 
Gotter  2,  50. 

bb)  sehr  häufig  in  dem  freieren  sinne  einer  nur  mora- 
lischen Verpflichtung  und  nachdrücklichen  Versicherung, 
dabei  weist  die  redeicendung  iciederum  verschiedene  nuancen 
auf.  für  etwas  stehen  kann  zunächst  bedeuten:  die  Ver- 
pflichtungen, die  sich  daraus  ergeben,  übernehm,en,  so  z.  b. 
in  bezug  auf  eignes  thun  für  sein  wort  stehn:  sollte  ich 
etwann  nicht  der  mann  seyn,  der  für  sein  wort  stehen 
könnte?  Petrasch  lustsp.  (i'65)  l,  465  (pantoffel  3,  3);  ja, 
ja,  das  sagten  sie,  und  ein  mann  steht  für  sein  wort 
Wieland  19,  59  (Abder.  i,  5).  ebenso:  verspreche  er  mir 
nichts,  wofür  er  nicht  stehen,  und  worauf  ich  mich  nicht 
verlassen  kann  Gottl.  Stephanie  d.  j.  s.  lustsp.  (i77l)  22 
(die  werher  l,  13) ;  war  das  menschengeschlecht  in  Jesu 
zur  Seligkeit  geschaffen:  so  ward  er  im  entwurf  einer 
ewigkeit,  in  der  alles  gegenwart  ist,  dieses  plans  bürge 
und  ausführer.  er  stand  gleichsam  für  sein  geschlecht: 
himmel  und  erde  sollten  versöhnt  . . .  werden,  für  den 
plan  stand  er  Herder  7,  383.  für  die  folgen  stehen  'sie  zu 
verantworten  haben,  die  guten  folgen  verbürgen  Campe  (l): 
könnte  ich  noch  vierzehn  tage  hier  bleiben,  so  hätte 
ich  es  doch  durch  zu  setzen  gesucht  und  für  die  folgen 
gestanden  Göthe  briefe  9,  190,  5. 

cc)  zuweilen  bedeutet  für  etwas  stehen  'sich  verbürgen, 
dasz  etwas  nicht  der  fall  ist  oder  geschieht,  dafür  haft- 
bar sein,  wenn  es  geschieht':  versündigt  habe  ich  mich 
mit  meinen  äugen,  seit  meines  hierseyns,  noch  nicht  .  .  . 
zwar  für  unerkannte  augensünden  stehe  ich  auch  nicht 
Lichtenberg  briefe  i,  25;  ob  denn  auch  bei  mir  jene 
eitelkeit  eintreten  wird  .  .  .  ?  man  kann  freilich  für  nichts 
stehn,  am  wenigsten  für  irgend  eine  menschliche  schwäche, 
allein  ich  glaube  es  doch  nicht  Tieck  7,  192.  ähnlich: 
ein  herr  wäre  wahrlich  übel  daran,  wenn  er  für  alles 
das  stehen  müszte,  was  seine  einfältigen  bedienten  um 
den  küchenherd  von  ihm  posaunen  ThCmmel  reise  6,  35. 
80  in  einigen  festen  redewendungen ;  bes.  für  schaden 
stehen,  vgl.  oben  aa: 

ach,  Fridranna,  mScht  es  gesein, 
das  du  mit  den  junkfranen  dein 
mit  uns  woltest  zn  dem  wein  gen ! 
mir  wellen  für  deinn  schaden  sten, 
dasz  da  (I.  dir)  niemat  laides  spricht 

fagtn.  fp.  449,  31. 

gewöhnlich  in  verneintem  oder  fragendem  satze: 

sie  safren,  es  ist  nicht  gut  in  der  nacht  zu  gehn, 
man  könnte  mir  da  nicht  für  schaden  stehn 

TiKCK  2,  360  (Rothkäppchen  6). 

für  gefahr:  hat  ein  könig  witz,  wer  steht  uns  für  die 
gefahr,  dasz  er  deswegen  einen  ungerechten  aussprach 
thut,  weil  er  einen  witzigen  einfall  dabey  anbringen 
kann?  Lessing  ii,  749;  ich  .  .  .  weisz,  wie  ihm  ohne 
gefahr  beizukommen  ist;  ich  stehe  euch  für  jede  gefahr 
H.  Steffens  was  ich  erlebte  3,  87.  ähnlich  dann  in  Ver- 
bindung mit  neutralen  ausdrücken,  wo  negative  und  fra- 
gende tcendungen  den  sinn  der  ungewiszheit  und  der  ab- 
lehnung  der  Verantwortung  haben:  da  jedoch  niemand 
fBr  den  zufall   stehen   kann,    so   hängt  es,    möcht  ich 


sagen,   blosz   davon   ab  wie  serenissimns  die  sache  an- 
sehen Göthe  briefe  11,  136,  19; 

denn  was  geschehn  ist,  ist  geschehn, 
und  wer  kann  für  die  zukunft  stehn? 

A.  V.  Droste  Hülshoff  1, 155  (kinderfp.). 

dd)  geicöhnlich  nimmt  für  etwas  stehen  dagegen  um- 
gekehrt den  sinn  an  'dafür  einstehen,  dasz  etwas  der  fall 
ist  oder  geschieht',  so  steht  man  zunächst  für  sein  eigenes 
thun:  Laszberg  will  jetzt,  dasz  ich  seinen  'liedersaal'  . . . 
verhochdeutschen  soll,  und  zwar  unter  seinen  äugen,  wo 
er  dann  für  die  richtigkeit  und  ich  für  die  harmonie  zu 
stehen  hätte  A.  v.  Droste -Hülshoff  briefe  an  Lev. 
Schücking  s.  235.  für  das  handeln  u.  s.  w.  andrer:  wissen 
sie  auch,  dasz  ich  für  die  treue  meines  liebhabers  stehe? 
Gellert  3,  99  (d.  zärtl.  Schwestern  3.  14) ;  Valer.  wenn  ich 
es  getroffen  habe,  wovon  die  rede  ist,  so  will  ich  für 
den  gehorsam  meiner  Schwester  fast  stehen.  Laura,  da 
wagst  sehr  viel,  bruder.  weit  eher  könnte  ich  für  deinen 
ungehorsam  stehen,  und  eine  sichere  wette  darauf  ein- 
gehen .  .  .  Lessing  l,  382  (d.  misog.  3,  8);  sein  onkel  sei 
der  general  K  . .  .,  für  dessen  einwilligung  er  stehe  Kleist 
3,  259  E.  Schmidt;  ferner:  so  steh'  ich  für  des  königs, 
wie  für  eure  genesung  Klinger  neues  theat.  i,  HO  (Ro- 
derico  l) : 

ich  fände  mich  gewisz  nicht  ein, 
und  sollt  ich  zwanzig  schätze  heben, 
wer  stünde  mir  denn  für  mein  leben? 

Gkllbrt  1,  213. 
für  die  Wahrheit  (einer  aussage)  stehen,  vgl.  ThCmmel 
reise  3,  503  unter  I,  B,  3,/,  y,  bb;  als  ich  wieder  hinunter 
kam,  setzte  man  mir  auch  Falemer  wein  vor;  für  die 
ächtheit  will  ich  indessen  nicht  stehen  Seume  2,  127 
Hempel.  in  ähnlichem  sinne:  dafür  stehe  hier  ein  altes, 
recht  schauderhaftes  schottisches  lied,  für  das  ich  schon 
mehr  stehen  kann,  weil  ichs  unmittelbar  aus  der  Ur- 
sprache habe  Herder  5,  172. 

ee)  sehr  häufig  %cird  das,  wofür  man  in  diesem,  sinne 
steht,  durch  einen  inhaltssatz  (mit  oder  ohne  hintceisendes 
dafür)  ausgedrückt:  wenn  du  (schäfer)  mich  (d.  wolf) 
aber  anstatt  deines  verstorbenen  hundes  in  dienste  nehmen 
willst,  so  stehe  ich  dir  dafür,  dasz  sie  (d.  andern  wölfe) 
keines  deiner  schafe  auch  nur  scheel  ansehen  sollen 
Lessing  l,  161  (fab.  3,  19),  s.  auch  2,  48  (Sara  Samps.  3,  5); 
dafür,  dasz  er  dem  unternehmen  (Schlegel  der  übers. 
Shakespeares)  gewachsen  ist,  glaube  ich  stehen  zu  können 
Wieland  an  H.  Geszner,  s.  Zolling  Kleist  in  d.  Schweiz 
s.  122.  besonders  mit  Verneinung :  dasz  das,  was  jemand 
sich  selbst  oder  einem  anderen  sagt,  wahr  sei,  dafür  kann 
er  nicht  jederzeit  stehen,  (denn  er  kann  irren);  dafür 
aber  kann  und  musz  er  stehen,  dasz  sein  bekenntnisz 
oder  geständnisz  wahrhaft  sei  Kant  6,  154.  besonders 
häufig  in  fragender  form:  ich  musz  nicht  vergessen,  den 
bettel  zu  vernichten  .  .  .  wer  steht  mir  dafür,  dasz  eigner 
mangel  mich  nicht  einmal  verleiten  könnte,  gebrauch 
davon  zu  machen?  Lessing  l,  518  (Minna  v.  Bamh.  l,  7); 
wer  steht  uns  denn  überhaupt  davor,  dasz  er  gar  ge- 
tauft sei?  HoLTEi  erzähl,  sehr.  5,  134.  häufig  ist  der  in- 
halt  durch  einen  unabhängigen  satz  ausgedrückt:  sollte 
es  ihnen  glücken ,  nur  einmal  diese  (d.  urschönheit)  zu 
sehen:  so  stehe  ich  dafür,  alle  jene  . .  .  häsziichkeiten  .  . . 
werden  augenblicks  verschwinden  Herder  17,  157  (human, 
br.  82).  durch  vorausgehenden  hauptsatz:  roth  wird  seinet- 
wegen kein  tag  im  calender  des  herrn  v.  W.  gefärbt 
werden!  dafür  steh  ich!  Hippel  lebensläufe  Z,  bl2.  mit 
indirectem  fragesatt  (ob  statt  dasz):  eine  schnelle  röthe 
—  ich  stehe  nicht  dafür,  Eduard,  ob  nicht  der  grund 
davon  in  dem  bewusztseyn  zu  suchen  war,  das  ihr  von 
ihrer  ersten  unruhigen  nacht  zurück  blieb  —  überzog 
das  engelsgesichtchen  Thühmel  reise  2,  230.  selten  in 
dem  umgekehrten  sinne  einer  negativen  Versicherung  (ent- 
sprechend cc):  dasz  man  aber  vielleicht  ab  der  unhöff- 
lichkeit  wolte  grosz  klag  einfahren,  da  kan  ich  für  mein 
person  warlich  nicht  darfflr  stehen,  ich  hab  es  nicht  ent- 
worfen noch  viesiert,  sonder  gereutert,  gereimpt  und 
explicirt  Fischart  8,  16,  12  Hauffen  (Eulensp.,  vorr.); 
vorher  aber  entfernen  sie  dies  vierbeinigte  Ungeziefer, 
denn  ich  stehe  nicht  dafür,  dasz  ich  nach  den  bestien 
trete,  wenn  sie  mir  zwischen  die  beine  fahren  Holtki 
erzähl,  sehr.  I,  49. 


1583 


STEHEN  (II.  C.  3.  d) 


STEHEN  (II,  C.  3.  d—i,  b) 


1584 


jy)  allgemeine  ausdruckstceisen:  für  alles  stehen:  der 
bräutigam  liesz  mir  durch  den  herrn  bflrgemeister  sagen, 
er  wolte  nicht  hoffen,  dasz  mich  iemand  von  den  herrn 
hochzeit-g&sten  würde  touchiret  haben,  ich  solle  ihn 
doch  nur  sagen  was  mir  w&re?  er  wolte  vor  alles  stehen 
Chr.  Reuter  Schelmuffsky  s.  61  netidr.  —  bes.  häufig: 
ich  stehe  für  nichts,  'ich  mache  mich  für  nichts  verant- 
wortlich, ich  verbürge  mich  für  nichts'  Campe  (l);  bis 
dahin  ist  mein  loos  entweder  nach  meinem  eignen  sinn 
entschieden,  oder  —  ich  stehe  vor  nichts  Wieland  39, 
177  {Krates  u.  Hipparch.  8);  sollte  sie  indessen  der  zufall 
alle  so  glücklich  lenken,  so  steh'  ich  dir  für  nichts 
Klinger  4,  79  (Raph.  de  Aqu.  2,  4): 

Herrn.    Ventidius  hat  ganz  recht,  wahrhaftig, 

sein  Schäfchen,  für  die  schurzeit,  sich  zu  kirren. 
Thugn.  nun,  der  wird  doch  den  köpf  mir  selber  nicht  — ? 
Herrn.    Ventidius?  hm!  ich  steh'  für  nichts,  mein  kind 
Kleist  2,  371  E.  Schmidt  (Hermannsschi.  3,  3,  1036). 

s)  für  bloszes  stehen  auch  gut  stehen,  dies  läszt  sich 
aus  Vermischung  mit  für  etwas  gut  sein  oder  gut  sagen 
(».  sagen  3,  b,  tli,.  8,  1655)  erMären;  doch  hindert  nichts,  in 
stehen  eine  art  hilfsverb  zu  sehen  und  die  Verbindung  den 
unter  13  behandelten  gleichzustellen,  für  einen  gut  stehen : 
der  Jude  bittet  um  erlaubnisz,  ihn  (d.  edelstein)  einem 
kenner  zu  zeigen,  und  einer,  der  dabei  sasz,  sagte :  'ich 
stehe  gut  für  den  Israeliten,  der  stein  mag  werth  sein, 
was  er  will.'  der  fremde  sagte:  'ich  brauche  keinen 
bürgen'  Hebel  2,  156;  wenn  sie  mich  .  .  .  zum  zorn 
reizen  sollten,  so  könnte  ich  nicht  für  mich  gut  stehen 
Pocci  lust.  komödienbüchl.  3,  16;  es  kann  kein  mensch 
für  den  andern  gutstehen,  auch  für  sein  eigenes  blut 
nicht  Zahn  Luk.  Hochstraszer  97.  österr.  guad  schdehn  fia(r) 
an  'n  Castelli  234.  —  für  etwas,  vgl.:  'für  etwas  stehen, 
dafür  gut  sein  oder  sagen,  nicht  so  gut  sagt  man,  für 
etwas  gut  stehen'  Campe  (l);  mundartlich,  Schweiz,  eim 
für  öpis  guet-sto,  bürgen  Hunziker  255;  in  Basel  Seiler 
279'';  jetzt,  wo  sie  gar  nichts  wagt,  und  das  päpstliche 
et  in  integrum  restituimus  ihr  für  allen  schaden  gut 
steht  ThOmmel  reise  i,  177: 

wir  sind  genug  und  steh'n  euch  gut, 
für  jeden  tropfen  bluts,  bis  auf  den  einen, 
von  dem  die  mücke  lebt 

Hebbel  4,  266  {Nibel.  III,  3, 12); 

wenn  mein  söhn  für  mich  auch  dieses  mal  .  .  .  ein 
räthscl  ist,  dafür  steh'  ich  gut —  eine  unedle  handlung 
mit  bedacht  zu  vollziehen,  dessen  ist  er  nicht  fähig 
M.  V.  Ebner-Eschenbach  2,  302.  so  aucJi:  ich  rede  nicht 
von  jenen  verfehlten  tragödien,  .  .  .  auch  ist  hie  und  da 
wohl  ein  zug  oder  eine  scene  gelungen,  die  für  das  ganze 
dann  gut  stehn  müssen  Tieck  4,  287. 

5)  »ehr  häufig  ist  die  (auf  a  und  ß  beruhende)  rede- 
%Dendung  für  6inen  mann  stehen  von  einer  m^hrheit  zum 
augdruck  festen  Zusammenhaltens  und  solidarischer  Ver- 
bundenheit: wir  stehen  für  einen  mann,  noi  stiamo  da 
un  huomo  solo,  cioi  aiamo  d'accordo  e  uniti  di  risolutione 
e  di  forze  Kramer  dict.  2,  928'';  wenn  viele  menschen 
treulich  vor  einen  mann  stünden,  und  unter  einander 
die  Verrichtungen  sowohl  und  den  genusz  der  guter  also 
aastheilten,  wie  es  zu  gemeinem  besten  ...  am  dien- 
lichsten Leibniz  deutsehe  »ehr.  2,  48;  wenn  der  könig  in 
Polen  .  .  .  mit  Oesterreich  vor  einen  mann  stehe,  habe 
sich  ganz  Teutschland  vor  dieser  conjunctio  zu  fürchten 
1,  188;  weil  wir  Deutsche  nicht  zu  rechter  zeit  alle  für 
einen  mann  stehen  und  aufstehen  wollten,  und  nicht 
einträchtiglich  und  brüderlich  zusammenhielten  Arndt 
»ehr.  für  u.  an  ».  l.  Deutschen  1,  238;  anfangs  hatte  es 
nicht  anders  geschienen,  als  würden  sie  (d.  reiehsstädte) 
alle  noch  einmal  für  einen  mann  stehen,  denn  das  war 
ihre  alte  regel,  wenn  eine  von  ihnen  eine  bcscliworde 
hatte,  sich  alle  für  dieselbe  zu  verwenden  Rankk  8, 114; 
«.  audi  eav.  im  irrg.  616  unter  I,  C,  8,  e,  y.  in  freierem  ge- 
brauche, von  Übereinstimmung  bei  »ehriflateüern ;  auch  in 
ihrer  anmerkung  über  diese  worte,  stehen  beide  für  einen 
mann;  der  eine  sagt  vollkommen  eben  das,  was  der 
andere  sagt  LusiNO  7,  400  {hamb.  dramat.  SB),  ähnlich 
in  dem  frOhtattn  beUge:  wenn  wir  die  cvangelisten  und 
Pulom  so  tarnen  halten,  das  sie  für  einen  man  stehen, 
■o  leiden  tie  keine   iuliHten,    tropiston  noch  deutisten 


Luther  26,  477,  14  Weim.  —  ungeicöhnlich  mit  attribtU: 
da  der  söhn  .  .  .  seine  tugend  und  tapferkeit  vom  vater 
erbte,  lernte  und  der  ganze  stamm  überhaupt  bei  allen 
gelegenheiten  für  6inen  braven  mann  stand  Herder 
5,  130.  —  auch  ohne  mann:  wann  darf  sich  ein  könig 
sicherer  halten  als  wenn  sie  alle  für  einen,  einer  für 
alle  stehen?  Göthe  8,  258  (Egm.  4): 

denn  immer  datcht'  ich,  nur  darum  vereine 
der  Staat  die  menschen  durch  das  bürgerband, 
dasz  alle  stets  für  einen  stehn 

COLLIN  Reffulus  5,  6,  2311. 

ähnlicJi  in  Wien:  wir  steng'n  alli  aner  für  alli,  wir  halten 
fest  zusammen  Hügel  156*. 

e)  den  behandelten  Verbindungen,  die  eine  bexiehung 
zu  andern  personen  ausdrücken,  schlieszen  »ich  reflexive 
Wendungen  an. 

a)  für  sich  (selbst)  stehen,  nach  d,  gew.  im  sinne  d,  y. 
sondern  das  lere  ich,  das  yderman  sich  selbs  wisse  zu 
halten  ynn  diesem  stücke  und  werck  gegen  die  ober- 
person  und  thu,  was  yhm  gott  befelhet,  und  las  die  ober- 
herrn  für  sich  selbs  sehen  und  stehen  Luther  19,  MS, 
11  Weim.;  die  erziehung  wird  bei  uns  um  so  leichter, 
als  jeder  für  sich  selbst  .  .  .  stehen  musz  Göthe  25, 
211,  29  Weim.  (ausg.  letzter  h.  23,  150:  als  j.  f.  s.  s.  knechte 
und  mägde,  diener  und  dienerinnen  stellen  musz) ;  Fritz  . . . 
rief:  .  .  .  'ich  brauch  keine  mutter  mehr;  ich  bin  ein 
junge.'  und  meister  Daniel  betrachtete  etwas  ängstlich 
seinen  jungen,  der  schon  so  früh  für  sich  selber  stehen 
wollte  Storm  7,  14. 

ß)  ähnlieh  auf  sich  selbst  stehen,  zum  auadruck  der 
'Selbständigkeit'  (vgl.  unten  &,  a,  ß):  darumb,  das  sie  auff 
sich  selbs  stehen,  jr  hoffnung  auff  jr  eigen  gute  meinung 
setzen  Luther  l,  25'';  ah,  was  machen  doch  die  gott- 
losen, die  auff  jnen  selbs  stehen,  sich  auff  jr  werck 
und  Weisheit  verlassen  5,  60*;  wohl  in  irdischen  Ver- 
hältnissen gewöhnen  wir  uns  zuletzt  auf  uns  selber  zu 
stehen  . .  . ;  in  himmlischen  dingen  dagegen  lernen  wir  nie 
aus  Göthe  25,  120  (aus  m.  leben  7);  der  wahre  künstler 
steht  fest  und  sicher  auf  sich  selbst  47,  320,  1  Weim.; 
so  lange  er  noch  in  schwerer  läge  auf  sich  allein  stand, 
durfte  er  seine  kräfte  nicht  zwischen  mehrere  Unter- 
nehmungen teilen  Ludwig  1,  244: 

im  felde,  da  ist  der  mann  noch  was  werth  .  .  . 
da  tritt  kein  anderer  für  ihn  ein, 
auf  sich  selber  steht  er  da  ganz  allein 

Schiller  14,  57  {Wallenst.  lager  11). 

y)  in  ganz  andern  sinne  findet  »ich  die  redeweise  in 
der  erzählungsliteratur  des  15. — iß.jahrh.,  nämlich  für 
'schweigend  und  nachdenklich  dastehen':  Philostrato  .  .  . 
eyn  kleyn  auf  im  selbs  stund  (sopra  se  stes.10  alqttanto 
stette)  als  der  sich  was  bedächte,  darnach  zu  ir  sprach 
Arigo  decam.  265,  26  Keller  (4,  3);  do  der  herczog  die  pot- 
schaft  vernam  dovon  grosz  gefallen  het,  doch  auf  im 
selbes  stund  ob  im  eyn  solchs  zetän  wäre  oder  nicht 
(lungamente  seco  pensö  se  fare  il  volesse)  270,  24.  ».  auch 
298,  26  (4,  9),  .394,  24  (6,  7)  und  632,  8  unter  I,  B,  8.  d,  y\ 
Philomena,  als  sye  solche  wort  vernam,  anhAb  von 
freüden  zu  erbidmen,  lang  auff  ir  selb  stund,  kein  wort 
reden  mocht  Wickram  1,  216,  22Bo2fe  (Gabriotto  n,=bucJi 
d.  liebe  23S^);  die  gefattcrin  auff  ir  selber  stund,  als  die 
da  weder  ab  noch  zusagen  kundte  Montanus  74,  4  Bolte 
(wegk.  31),  s.  auch  113,  13  unter  I,  B,  8,  d,  ß;  der  narr  in 
grossen  ängsten  war,  nit  gedcncken  mocht  wie  er  sein 
sach  angreiffen  wolte,  .  .  .  also  auff  jhm  selbst  stund 
buch  der  liebe  256''. 

4)  eine  beriehung  auf  andre  scMieaten  auch  freiere  ge- 
brauchaweiaen  ein,  die  »ich  an  A,  (10  und)  18  anachlieaxen 
(also  »treng  genommen  perfectiv). 

a)  stehn  für  das  geiröhnliche  bestehen,  nicht  tu  falU 
kommen,  ohne  nähen  beatimmung ,  gana  vereinadt  in  der 
alten  apraehe: 

wände  er  (Adam)  mit  chranchen  saehen       dag  wip 

wolda  ichuldich  machan  .  .  . 
reht  sam  er  fcstanden  wnr«       ob  «j  niht  wer« 

fCMcheben  von  ir  alwara 
ttna.  16,  16  Diemer,  vgl.  d.  anm.  und  Wtener  gtn.  SO,  lt. 

b)  ähnlieh  vor  einem  stehen  (können),  wo  indeaaen 
stehen  ntcht  smrohl  den  grgettsatz  tum  fallen  ata  den  tum 
waichen  meint,  ao  häufig  in  der  apraehe  dar  bibetüberaeteunf 


1 


1585 


STEHEN  (II,  C.  i,  b-c) 


STEHEN  (II.  C,  4,  c-e) 


1586 


und  unter  ihrem  einflusz;  doch  in  der  regd  verneint  oder 
fragend;  zunächst  ganz  eigentlich:  also,  das  die  zeuberer 
nicht  kundten  für  Mose  stehen  (nso  »jb":  ri:^,  so  immer), 

far  den  bösen  blättern  2  Mos.  9,  11 ;  und  die  leute  zu 
Beth  Semes  sprachen,  wer  kan  stehen  für  dem  herrn 
solchem  heiligen  gott?  2  Sa  wi.  6,  20;  s.  auch  2  kön.  10,  * 
unter  I,  C,  3,  d,  a;  vor  seinem  zorn  Xah.  l,  6; 

wenn  der  (Jegut)  nicht  in  mir  wäre, 
so  dürft  and  könt  ich  nicht 
für  gottes  äugen  stehen 
und  für  dem  stemensitz 

P.  Gerhardt  447,  4; 
lasz  dein  gericht  nicht  über  mich  ergehen, 
wer  kan  doch  herr,  wer  kan  doch  vor  dir  stehen? 
kein  mensche  nicht 

Xeumark  fortgepfl.  musik.-poet.  lugtic.  1,  42; 

ich  darf  in  jedem  sinne  vor  ilim  stehn 

GÖTHE  9,  204  {Tasso  4,  2); 

wie  könnte  ich  jetzt  vor  mir  stehen,  der  ich  nie  mit 
wissen  ein  unrecht  an  mir  litt,  wie  könnt'  ich  vor  den 
andern  stehen,  die  mich  scheuten  und  verehrten  .  .  .?! 
Stifter  3,  181.  diese  redeweise  berührt  sich  nahe  mit  3,  c 
und  ist  nicht  immer  scharf  davon  zu  scheiden,  wie  ja 
meistens  die  Vorstellung  des  Stehens  vor  einem  richter 
(3,  c.  y)  vorherrscht. 

c)  stehen  im  kämpfe,  nicht  iceiclien,  s.  A,  12,  c,  wird  sehr 
geicöhnlich  mit  einem  dutiv  verbunden:  dem  feinde  stehen, 
wohl  in  anlehnung  an  die  gleichbedeutenden  ausdrücke 
einem  stand  halten,  widerstehen  tind  den  gegensatz  einem 
weichen,  diese  jetzt  sehr  häufige  Verbindung  ist  in  der 
alten  spräche  so  noch  nicht  nachzuweisen,  mhd.  zuiceilen 
gesten,  vgl.  gestehen  8,  th.  4,  l,  4210/.  mnd.  in  ähnlichem 
sinne  mit  präpos.  bezw.  präpositionaladverbien :  {in  derfabel, 
2on  pflanzen): 

wu  machstu  {eiche)  stän  deme  winde  vore, 
dat  he  di  nicht  entwe  enbreket? 

Gerh.  v.  binden  88,  24  Seelmann; 

wente  ek  (d.  tchUJ)  mi  der  were  begeve 

to  stände  weder  dem  winde  35. 

auch  nhd.  zunächst  vor  dem  feinde  stehen,  vgl.  oben  b. 
der  dativ  ist  erst  seit  anfang  des  18.  jahrh.  nachzuweisen: 
einem  stehen,  stare  ^ä  pie  fermo)  ad  uno  cioe  non  cedere, 
non  rinmlare,  star  saldo,  tener  buono.  er  stehet  dem 
stärckesten  mann  Kr.\mer  dict.  (i702)  2,  927  =  ;  'einem 
stehen,  ihn  encarten,  um  ihm  widerstand  zu  leisten,  ihm, 
rede  und  antwort  zu  geben  u.  s.f  Adelung  (l);  weil  er 
mit  aller  gewalt  händel  an  mir  suchte,  wolte  ich  ihm  .  .  . 
auf  ein  paar  pistolen  stehen  cav.  im  irrg.  (1746)  548;  nach 
einem  dreytägigen  Scharmützel  muszte  er  (Christian  IV.) 
endlich  bey  dem  dorfe  Lutter  am  Barenberg  dem  feinde 
stehen  Schiller  8,  123;  mit  gleich  lobenswerther  tapfer- 
keit  focht  der  Franzos,  der  Rusz'  und  der  Preusz'.  der 
musketier  stand  dem  reuter,  der  reuter  der  kanone  Hebel 
3,  46;  die  hopliten  standen  dem  feinde,  bis  ein  flanken- 
angriff  des  römischen  elitencorps  auch  in  ihre  reihen 
Verwirrung  brachte  Mommsen  röm.  gesch.^  2,  46; 

verruchter  rauher,  halt  an,  halt  an, 

und  steh  dem  mann, 

an  dem  du  verdammnisz  erfrevelt! 

Bürger  81*  (fied  v.  treue); 

öfter  in  der  Iliasübersetz.,  vgl.  151  •».  230».  231*; 

wie  steh'n  wir  dann  der  groszen  Übermacht? 

tCOLLiN  Coriolan  s.  61 ; 
and  wurmts  dem  (!)  alten  (d.  pap»<),  gut,  ich 
will  ihm  stehn, 
wie  tausend  teufein !  —  trotz  sey  ihm  geboten ! 
Z.  Werner  Martin  Luther  (1807)  124  (2,  1). 
nem   nicht  stehen  können   bedeutet  demgemäsz  in  der 
reget:   iceichen,  fliehen;    vereinzelt  attch  für  unterliegen, 
fallen: 

nur  ein  Cesar  mochte  Rom  verderben, 
nur  nicht  Brutus  mochte  Cesar  stehn 

Schiller  1,  132. 
#0  hat  auch  stehen  stellenweise  den  sinn  'einem  gewachsen, 
gleich  stark  sein':  bisher  waren  Fritz  Sengenbusch  und 
ich  die  besten  ringer  und  klopffechter  unter  den  alters- 
genossen,  wir  beide  waren  uns  gleich,  wir  'standen  uns'. 
Heine  aber  warf  uns  einen  nach  dem  andern,  er  'wurde 
uns  über'  M.  Dreter  Strand  (i9io)  183.  ebenso  ungetcöhn- 
lieh  ist  es.  rcenn  der  dat.  bei  atehn  nicht  den  feind  be- 
X.  2. 


zeichnet,  sondern  den  feldherrn.  auf  dessen  ruf  die  fliehen- 
den truppen  nicht  mehr  hören: 

Talbot  (kommt),  sie  hören  nicht  —  sie  wollen  mir 

nicht  stehn ! 
gelöszt  sind  alle  bände  des  gehorsams 

Schiller  13,  238  (jnngfr.  v.  Ort.  2,  5). 

auch  der  waffe  stehen  {vgl.  oben  Hebel  3,  46) : 

jeder  scheute  sich, 
der  lanze  des  gewaltigen  zu  stehn 

Bürger  167  •>,  990  {xelrov  yco  iitldtotzw 
SiQtuov  (yX^S  li-  ö,  790); 
Mnd  abstracter: 

das  beer  der  grafen 
steht  dem  kämpf! 

Herder  25,  262  {voltsl.  1,  3,  7). 

d)  daran  schlieszen  sich  freiere  gebrauchsxceisen,  besonders 
dem  stürm  stehen,  zunächst  ganz  eigentlich  von  bäumen 
und  andern  pflanzen: 

pralt  ihr  fichten,  die  ihr  hochveraltet 
stürmen  stehet  und  den  donner  nekt? 

Schiller  1, 178. 
so  im  bilde: 

denn  du,  ein  biegsamer  frühlingssprosz 
bey  kleineren  dingen, 
bist,  wenn  es  gröszere  gilt, 
eiche,  die  dem  orkane  steht 
Klopstock  2,  12  {öden  2,  6,  'fürgteräöb' ,  ttr.  4); 

stürm  dann  auch  übertragen,  so  vom  kämpfe;  fest  und 
technisch  {nicht  mehr  als  bild  empfunden)  vom  angriff  auf 
eine  festung: 

die  festung,  wie  sie  ist,  steht  keinem  stürm 

P.  Heyse  Colberg  i.  65. 

sonst  freier:  schrek!  —  was  kan  der  schrek  nicht?  .  .  . 
und  doch?  —  wenn  er  (d.  alte  Moor)  auch  diesem  stürm 
stünde?  Schiller  2,  59  {räuber  2,  l).    so  auch: 

weh  uns !  und  wie  dem  ungewitter  stehn, 
das  drohend  uns  umzieht  von  allen  enden? 

12,  80  {Piccol.  1,  3). 

mit  einem  andern,  gleichrcerthigen  bilde: 

eia  starck,  und  freche  wällen  .  .  . 
ihr  mich  nimmer  sollet  feilen, 
euch  zustehn  ich  bin  gesinnt 

Spee  trutzn.  (1649)  105. 

dann  auch  ohne  fortgeführtes  bild  dem  Schicksal  stehen 
und  ähnUeh: 

nun,  mit  gott!  wir  wollen's  wagen, 
fest  vereint  dem  Schicksal  stehn 

Körner  1,  66  Fischer ; 

wir  werden  dann  nicht  mehr  vor  dem  fatum  zittern, 
wir  werden  auf  jedem  fall  ihm  stehen  B.  v.  Arnim  dies 
buch  gehört  d.  könig  (1843)  2,  448. 

e)  einem  stehen  tcird  jedoch  nicht  nur  in  bezug  auf 
den  angreifenden  feind  gesagt,  sondern  auch  in  weiterem 
sinne,  besonders  in  bezug  auf  einen  frager,  wofür  genauer 
rede,  antwort  stehen,  *.  unten  7,  c.  die  eigentliche  bedeutung 
'stehenbleiben  und  einen  erwarten,  ihm  nicht  enticeiehen' 
ist  geicöhnlich  deutlich: 

was  an  ihnen  (d.  ftezen)  leibhaft  schien, 
schmolz  wie  ein  hauch  im  winde.  —  ich,  ich  wollt', 
sie  wären  mir  gestanden  (would  they  had  ftay'd) 

Herder  23,  368  (Jfacö.  1,  3); 

trifft  man  auch  Proteus,  gleich  ist  er  zerronnen, 
und  steht  er  euch,  so  sagt  er  nur  zuletzt 
was  staunen  macht  und  in  Verwirrung  setzt 

GöTHB  41, 163  {Fauet  II,  2). 

{fast  im  »inne  'begegnen,  in  den  weg  kommen':) 

da  ging  er  einstens  Ober  land, 

ein  tier  war's  erste,  das  ihm  stand, 

er  fragt  das  tier:  'was  ist  denn  leben?' 

Anzengrubbr'  5,  302. 

in  bezug  auf  einen  verfolgenden  liebhaber;  von  einer  kuh: 
der  erhitzte  brüllende  stier, .  .  .  der  die  ihm  nicht  stehende 
geliebte  verfolgt  Lessing  6,  ll  {lit.  briefe  l,  5).    vgl.: 

er  {Wallemt.)  bannet  das  glück,  es  musz  ihm  stehen 

Schiller  12,  28  (Wallentt.  lag.  6). 

anstatt  der  person  kann  ein  abstracter  ausdruck  eintreten. 
einer  frage  stehen  m.  ähnl.:  nun  ists  ja  aber  ein  zu  alter 
kunstgriff,  dasz,  wenn  der  kleinmeister  dem  gespräch 
nicht  zu  stehen  weisz,  er  weghüpfet  Herder  in  d. 
Frankf.  gelehrten  anz.  v.  1772,  s.  393  neudr. ;  dem  gericht, 
im  verhör: 

100 


1587 


STEHEN  (II,  C.  4.  e—5,  a) 


STEHEN  (II.  C,  5,  a) 


1588 


{Bohem.)  du  standst  dem  kriegsrecht,  Arthur,  im  verhör? 
und  bist  des  glaubens  noch?  d.prinz  v.  Homb.  weil  ich 
ihm  stand ! 
Kleist  3,  74  E.  Schmidt  (pr.  Fr.  v.  Homb.  3,  1,  842/.). 

ähnlieh: 

anlangend  eure  häm'schen  falschen  rUgen, 
beweist  sie,  und  ich  stehe  dem  gesetz  (.and  I  lie  open 
to  the  law) 
Skaketp.  2, 190  {Heinr.  VI.,  2.  th.,  1,  3). 

dem  blick  stehen: 

Verräterin ! 
wagst  du's,  zu  stehn  deines  vaters  blick? 

Grillparzer'  5,  79  (Argon.  3). 

y")  in  ganz  anderer,  recht  ungewöhnlicher  bedeutung  {vgl. 
oben  3,  a  und  7,  e)  steht  stehn  mit  dut.  in  seinem  worte 
stehen,  es  halten,  erfüllen;  oder  auch  es  vertreten,  dafür 
einstehen:  denn  ob  ich  gleich  so  ziemlich  meiner  rede 
stehe,  so  mag  ich  doch  nicht,  dasz  sie  allgemein  werde 
Knebel  lit.  nacM.  3,  65   {br.  an  Böttiger  d.  3.  febr.  1804); 

ich  gab  mein  wort,   das  wird  euch  doch  gentigen? 
wer  zweifelt  noch?  ich  stehe  meinem  worte 

CoLLlN  Coriolan  54; 
wir  schwören :  stehn  zu  wollen  den  geboten 
des  lands,  desz  mark  wir  tragen  in  den  röhren 

ROcKERT  werke  1,  18  (geh.  son.  23). 

ähnl.  nd.  tcestf.  hai  stfit  em,    'er  ist  für  ihn,   unterstützt 
ihn'    WOESTE  253». 

g)  hier  sei  angeschlossen  die  im  frühnhd.  vereinzelt  be- 
gegnende fügung  einem  etwas  stehen  für  das  gewöhnliche 
gestehen,  zugestehen  (eig.  einem  in  bezug  darauf  beitreten, 
zustimmen),  vgl.  gestehen  II,  23 — 29,  th.  i,  i,  4215 — 17.  da 
die  gebrauchsweise  sich  nur  von  gestehen  aus  erklärt  und 
auf  das  alte  nd.  gebiet  beschränkt  zu  sein  scheint,  ist  sie 
icohl  durch  abfall  der  vorsilbe  ge-  zu  erklären,  zunächst 
mnd.  einem  eines  dinges  stän,  *.  Schiller-Lübben  4, 
360»,  5:  unde  des  stondt  em  do  de  raidt,  dat  sze  em  dat 
gesecht  hedden  Münst.  chron.  l,  271;  unde  wy  wilt  em 
der  woirde  staen,  dat  se  waer  synnt  277,  *.  auch  s.  269/. 
dann  in  hochd.  spräche:  und  nach  solchem  sinne  that 
er  das  uff  alle  unsere  antwort,  das  er  darauff  riethe, 
das  man  uns  das  so  nicht  stunde,  als  wir  das  vorbrachten 
Spittendorff  s.  399  {vom  j.  1478);  so  atich  (?).-  da  die 
von  Innungen  und  gemeinheit  kein  wörtlin  stunden  und 
das  auch  so  verwilligten  \6b  (1475).  bei  Luther  scheint 
ein  ganz  vereinzelter  beleg  zu  begegnen,  falls  nicht  druck- 
fehler  für  sehen  anzunehmen  ist:  das  mAssen  entwedder 
hüben  odder  rasende  leute  sein,  die  ein  ding  suchen 
und  foddem,  da  es  nicht  ist,  und  nicht  stehen  wollen, 
das  es  ist,  und  da  man  es  yhn  für  die  nasen  stellet 
26,  480,  23  Weim.     noch  später: 

doch  steh  dem  drachen  nicht  zu  viel, 
sondern  fall  ihm  ins  beste  spiel, 
durch  deine  hand  von  oben 

B.  RiNGWALDT  lauter  warh.  435. 
das  pari,  gestanden  ist  eher  zu  gestehen  zu  ziehen,  z.  b.: 
damit  ich  in  darzä  bracht  hab,  das  er  sich  solichs  Übels 
berflmpt  hat,  ...  in  von  newem  beredt,  das  er  seiner 
red  bisz  an  den  galgen  gestanden  ist  Wickram  l,  168,  25, 
was  allerdings  auch  zu  f  gestellt  werden  könnte. 

5)  praepontionale  toendungen,  die  eine  beziehung  zu 
Sachen  enthalten,  zunächst  solche,  in  denen  der  begriff 
des  fettatehena,  der  festigkeit  vorherrscht. 

o)  athr  häufig  auf  etwas  stehen,  anschlieszend  an  2,  i, 
mit  verschiedenen  nuancen. 

c)  »ich  worauf  gründen,  stützen,  so  bes.  in  der  spräche 
der  r^ormationsteit,  von  den  gründen  einer  Überzeugung : 
meine  gründe  aber,  darauff  ich  stehe  ynn  solchem  stücke, 
sind  diese  Luther  26,  826.  29  Weim.;  so  lasset  ewer 
Sache  her  kernen,  spricht  der  herr,  bringt  her  worauff 
jr  stehet  (sr'ntoxy  'eure  beweisgründe)  Jes.  41,  21 ;    nicht 

eyn  spitzle  fflret  er  ausz  der  schrifft,  das  er  sich  gründet 
und  mich  itortzet,  so  ich  doch  auff  der  schrifft  htehc 
und  bleybe  werke  10,  «,  B60,  S  Weim.  (antte.  auff  k.  Hein- 
richs buch  tau);  ».  ferner  10,  8,  SOS.  9;  18,  804,  18;  19,  889, 
8S  umd  86,  866,  86;  677,  86.  to  auch  {anders  als  l):  noch 
lebnylMta  ond  schreiest  in  alle  weit,  ich  woll  alle 
doctores  vorwerffen  und  allein  auff  meynem  syn  stehen, 
OB  alle  tohrifTt  unnd  Spruch  6,  666,  8.  »ein  vertrauen 
•Mmi^MOefi/  Mhendt  ir  die   leUt  welche  allein  stond 


uff  iren  ausz  wendigen  gütscheinenden  wercken,  und 
Übungen  Keisersberg  seelenpar.  128'';  das  er  nit  auff 
seynem  thun  sthe,  sed  in  gratia  Luther  15,  569,  2  Weim.; 

ich  steh  und  hoffe  steif  und  vest 

darauf,  dasz  du  die  deinen 

nicht  endlich  untergehen  läszst 

P.  Gerhardt  439,  5. 
juristisch,  sich  worauf  berufen:  item  ofte  yument  wer, 
de  uns  uth  unsen  guderen  meynde  tho  setten,  so  en 
solle  wy  nycht  staen  up  unse  besegelde  breve,  mer  up 
unse  lange  besyt  cod.  trad.  westfal.  l,  199  {Freckenhorster 
hofesrecht  vom  ende  des  15.  jahrh.);  ähnlich  noch  in 
neuerer  spräche  auf  seinem  scheine  stehen,  vgl.  unten  tj, 
dazu:  er  {Shakesp.)  ist  nirgends  spekulativ,  überall  steht 
er  auf  der  erfahrung,  wie  Shylock  auf  seinem  scheine 
Ludwig  5,  76;  es  versteht  sich  also  von  selbst,  dasz  ich 
auf  ihrem  wort  stehe  und  beharre.  .  .  .  wie  Shylock  auf 
seinem  schein  Lassalle  *.  briefe  von  u.  an  Herwegh  s.  17. 
/?)  gelegentlich  in  demselben  sinne  auch  auf  einem 
stehen,  z.  b.  auf  gott,  *.  Vogther  unter  I.  B.  l,  /,  a, 
LOGAU  1.  8,  25  tmter  II,  A,  5,  d;  auch:  arundo  in  scriptura 
est  talis  homo,  qui  auff  im  selber  sthet  Luther  28,  6, 
31  Weim.,  vgl.  3,  e,  ß. 

y)  daraus  ergiebt  sich  dann  iceiter  die  bedeutung  'tcorauf 
bestehen,  woran  festhalten' ;  zunächst  an  einer  Überzeugung, 
meinung,  behauptung  {nur  in  der  älteren  spräche):  denn 
er  {Adam)  stehet  gentzlich  auff  der  meinung,  kan  nicht 
anders  fälen  noch  dencken.  denn  er  sey  ewig  verdampt 
Luther  24,  97,  20  Weim.;  denn  wo  wir  diese  gerechtig- 
keit  leren,  do  .  .  .  faren  sie  dawider  mit  jrer  gerechtig- 
keit,  ...  die  der  vernunfft  gemes  ist,  darauff  stehen 
sie  so  storrig,  und  knorrig,  das  jn  nicht  kan  eingehen, 
was  man  jnen  sagt  oder  singet  37.  441,  13;  denn  sie 
stehen  drauff  {nsnsiafisvog  yÜQ  iaziv  [6  ).a6g]),  das 
Johannes  ein  prophet  sey  Luc.  20.  6;  die  Mahometaner 
stehen  darauff.  dasz  das  geld.  vor  welches  Joseph  von 
seinen  brüdern  verkauffet  war.  falsch  gewesen  sey 
Olearius  pers.  baumgarten  100»  (9,  13,  anm.);  s.  auch 
Schwein ICHEN  l,  38  unter  I,  G,  3,  d.  ß.  ähnlich  auch: 
wider  Adams  meinung,  der  auff  grosser  Zuversicht  stehet, 
das  dis  der  rechte  same  sein  solle  Luther  24,  126,  15 
Weim.  zu%ceilen  schtcächer,  auf  einer  meinung  stehen 
für  Tneinen:  denn  sie  {pfaffen  u.  münche)  stehen  auff 
dem  Wahn,  das  sie  wollen  der  sache  mit  wercken  helffen 
91,  14;    vgl.  unten  11,  i,  i. 

S)  in  praktischer  hinsieht,  auf  einer  absicJit  oder  forde- 
rung  bestehen  {so  auch  in  neuerer  zeit):  auf  einer  sache 
stehen,  'darauf  bestehen'  Campe  (2),  vgl.:  sto  .  .  .  pro 
steiff  stehen,  ut:  stare  conventis,  des  Vertrags  geständig 
seyn,  darauff  bestehen,  denselben  halten  Corvinus 
fonslat.  634»;  niemant  stund  auch  heffliger  darauff,  das 
man  Luthern  unverhört  und  unöberwunden  soll  ver- 
dammen, dan  .  .  .  Glapion  {neque  alius  obstiruitiits  pugna- 
vit  .  .  .)  Hütten  2,  211,  34  Böcking  {gleicht,  übers.);  eigen- 
sinnig steht  er  (d.  bauer)  auf  allem,  was  er  für  sein 
recht  hält    Freytag  17  {bilder  1),  6; 

der  Student  stund   auff  seinem  wohn  (da«  evang.  aus- 
wendig herzutagen,  trotz  abrathen  Luthert), 
er  w8lt,  wies  jhm  beliebet  thon 

Sandrub  hitt.  u.  poet.  kurtweü  «.  46,  16  neudr.; 

auf  Vollziehung  des 
gelUbdes  stehen  wir 

Herder  88,  886  (Admetus  hau$  9) 

f)  in  diesem  sinne  {meist  S,  doch  auch  y)  gern  rtfiexiv, 
auf  seinem  sinn  stehen,  s.  Keisersberg  bilg.  89'  unter 
I,  B,  2,/,  6.  bb;    auff  seinem  fürnemen    Steinhöwbl 
dar.  mul.  828,  8  unter  I,  B,  2,  g;  femer: 

gib  mir  verstand  aus  deiner  höh, 
auf  dan  ich  ja  nicht  ruh  und  steh 
auf  meinem  eignen  willen 

I>.  Gerhardt  434,  8. 

am  häufigsten  dafür  auf  seinem  (eigenen)  köpfe  stehen 
{jetzt  dafür  bleiben,  vgl.  köpf  II,  A,  4,/,  f.  th.  6,  1768),  da» 
also  nicht  von  A.  2,  e  ausgeht:  stehe  nicht  auff  deinem 
{var.:  deinen)  eigen  kopff,  in  deinem  ampt  J»»ui  Syrack 
10,  89  (/ir)  aoif'tZ,ov  TTOtfjOai  xd  ^pyov  aov),  angeführt  von 
AoELUNO  (8,  8,  8),  mit  dem  tu»att:  'vx^für  man  jetst  be- 
stehen »agV ;  nemo  potest  eis  persuadere,  sie  sthen  aufT 
yhrem  kopff   Luther  80,  740,  6  Weim.; 


iv.   j 
ier   I 


1589 


STEHEN  dl  C,  5,  a—c) 


STEHEN  (H.  C,  6,  a—d) 


1590 


dasz  heisset  nicht  nur  blosz  auff  seinem  kopffe  stehn, 
besondem  auff  der  land'  und  leute  bestes  sehn 

Rist  Pam.  398. 

jetzt  veraltet,  doch  noch  mundartlich,  z.  b.  westf.:  hä  stSt 
op  sinen  kop  Woeste  253*.  —  nordd.  auch  in  ähnlichem 
sinne:  wir  wissen  nicht  was  uns  gut  ist,  .  .  .  und  also 
musz  man  nicht  auf  seinem  stück  stehen,  sondern  blöde 
und  discret  seyn,  und  dem  lieber  alles  mit  anheim  stellen 
der's  besser  weis  als  wir  Claudius  3,  163;  nd.  (holst.): 
'staan  se  nig  so  up  eer  stück,  auch  staan  se  nig  up  en 
Schilling  sagen  die  Verkäufer,  denen  zu  venig  für  ihre 
icaare  geboten  xcird'    SchCtze  4,  180/. 

Q  zuweilen  folgt  nach  auf  statt  des  d4tt.  der  aee.  {der 
sonst  in  anderm  sinne  steht,  s.  unten  8,  6).  'auch  mit  dem 
vierten  falle,  auf  etwas  stehen,  darauf  bestehen,  es  durch- 
aus haben,  durchsetzen  wollen'  Campe  (2),  der  dazu  die 
unter  6  angezogene  ÜERDER-stelle  als  beleg  giebt.  vgl.  auch 
Jes.  Syr.  10.  29  unter  s.  mit  deutlichem  acc:  es  stunden 
die  vorgemelten  zwen  dez  kungs  diener  auf  ein  meinung, 
daz  man  mit  der  Hans  Rummlein  bei  unser  frawen 
cappellen  reden  solte  d.  städte  ehr.  3,  386,  20  {zumj.  1«4); 
omnes  stehen  auff  yhr  eigen  klugheit  Luther  34,  l,  119,  5 
Weim.  ; 

0  seelig  ist  der  mann,  der  hie  bedachtsam  fährt,  .  .  . 
der  einen  guten  raht  des  weibes  nicht  verschmähet, 
nicht  blosz  auf  seinen  köpf  und  fünfzehn  äugen  stehet 
Rachel  gatyr.  ged.  g.  101  Drescher  (7,  542); 

bey  meiner  seele  schwör'  ich, 
dasz  keines  menschen  zunge  über  mich 
gewalt  hat :  ich  steh'  hier  auf  meinen  schein 

Shakesp.  4,  218  (kaufm.  v.  Ven.  4,  1). 

letztere  stelle,  doch  in  der  regel  mit  dem  geicöhnlichen  dat., 
ist  zum  'geflügelten  wort'  geicorden,  vgl.  Büchmann  *^  343 
und  oben  a. 

b)  in  ähnlichem  sinne  auch  in  etwas  stehen,  'auf  etwas 
bestehen  Campe  (l),  worin  fest  bleiben;  bes.  in  älterer 
Sprache: 

als  er  im  vor  gesaget  hete, 
in  der  rede  stunt  er  vast 

Ludw.  kreuzf.  824 ; 

doch  (d.  Jude  AbraJtam)  alle  weg  feste  und  starck  in 
seinem  gelaubenn  stunde  {ostinato  in  su  la  sua  credenza) 
sich  in  keinen  wege  wolte  bekeren  lassen,  und  ye  fester 
er  in  seiner  meinung  stunde  (come  egli  pertinace  dimorava) 
ye  fester  im  Gianotto  zu  seczet  Arigo  decam.  30,  8/. 
Keller  (i,  2};  ich  erinnere  euch  aber  .  .  .  des  evangelij, 
.  .  .  welchs  jr  auch  angenomen  habt,  in  welchem  jr  auch 
stehet  (eoT^xavs)  i  Cor.  15,  l ;  wachet,  stehet  im  glauben, 
seid  menlich  16,  13,  vgl.  Philipp,  i,  27;  stond  in  der 
fryheit  . . .  Zwingli  v.  freih.  d.  sp.  41,  s.  I,  B,  2,/  ^,  aa; 
s.  auch  N.  Manuel  v.  papst  u.  s.  priest.  14€,  ebenda  a,  aa; 

wann  wer  inn  gutem  röwt  und  steht, 

desz  päsen  selten  mfissig  get 

Schwarzenbkrg  Cic.  (1535)  105''. 
so  auch  in  gott,  Christo  stehen:  denn  nu  sind  wir  lebendig, 
dieweil  jr  stehet  in  dem  herm  (ar^xfre  iv  x.)  i  Thess. 
3,8;  want  nicht  all  dat  christenn  heth,  ys  Christen, 
mer  de  rechtschapen  in  Christo  steit  unnde  levet,  dat 
ys  ein  Christen  B.  Rotmann  restitufion  s.  49  neudr. 
ahd.-  mhd.  dafür  gewöhnlich  a  n :  in  misericordia  altissimi 
non  commovebitur.  an  des  höhesten  gnädo  stät  er  ünge- 
nuöget.  an  den  er  gedinget,  an  d^mo  habet  er  festi 
NOTKER  2,  64,  20  Piper  {ps.  20,  8); 

wan  er  antwurte  redelfche 
den  heidenen,  die  frevelliche 
kristen  e  vOr  niht  enhänt 

und  an  ir  ungelouben  stänt  Cauf  ihren  unplauben 

beharren') 
Lamprecht  v.  Regbnsbcrg  Fraru:.  leb.  2395; 

an   dem   unrehte,   der  wärheit  st&n    mhd.  tcb.  2,  i,  ili"; 

Cursates,  laz  di  zoiberin  her  ge! 

laz  se,  wi  lange  su  wolle  ste 

an  erme  krige  (ihrer  behattptung)  also  su  spricht 

Katharinemp.  185  Beckerg. 

c)  vereinzelt  mit  bei:  das  sind  nu  die  iunger  Christi, 
die  wol  wissen  die  warheytt,  durffen  aber  sie  nit  be- 
kennen noch  bey  yhr  stehen  Luther  lo,  l,  594.  6  Weim.; 
ubi  Satan  videt.  das  Christus  so  hart  und  fest  beym 
wort  sthet    29,  58,  3; 


in  meinem  sinn  auch  nicht  gedenck, 
forthin  zustehn  bey  meinem  ampt 

GiLHUSifs  gramm.  (1597)  24  (1,  1). 

6)  andere  xcendungen  drücken  einen  ziceck,  eine  bestim- 
mung,  die  bereitschaft  zu  einer  thätigkeit  oder  auch  diese 
selbst  aus. 

o)  so  zuweilen  mit  auf,  in  naher  berühr ung  mit  den 
häufigeren  gebrauchsiceisen  2,  m  und  8,  b:  als  ich  vor 
8.  Jahren  als  fähndrich  in  Z.  auf  Werbung  stund,  um 
sonderlich  vor  meines  capitains  compagnie  etwa  10.  bis 
12.  recrouten  anzuwerben  cav.  im  irrg.  (1746)  462;  der 
eine  (pfficier)  besonders,  der  eine  zeit  lang  auf  Werbung 
gestanden,  wuszte  nicht  genug  die  list  und  thätigkeit 
seines  hauptmanns  zu  rühmen  Goethe  18,  315  (Wilh. 
Meister  3,  ll);  lieutenant  von  Flotho,  in  der  Stadt  auf 
commando  stehend,  .  .  .  erwies  sich  thätig  und  hülf- 
reich 30,  183.  beide  stellen  fallen  zugleich  unter  10,  c. 
auch  das  artikellose  auf  wache  stehen  {neben  auf  der 
und  zur  wache,  *.  2,  m,  y  u.  unten  b,  vgl.  ferner  7,  a) 
ist  wohl  hierher  zu.  stellen:  jeden  dritten  tag  und  jede 
dritte  nacht  standen  wir  auf  feldwache  Liliencron 
8,  204  {kriegsnov.  lOl). 

b)  in  der  regel  werden  solche  ausdrücke  mit  z  u  gebildet, 
so  zunächst  ganz  eigentlich,  von  einer  bestimmten  körper- 
haltung:  mhd.  ze  sprunge  stän,   vgl.  oben  2,  l,  y;  ferner: 

er  (gott)  stet  ze  vange  mit  den  armen, 
im  zer  ahseln  ist  sin  houbet  geneiget, 
als  er  sich  wil  über  uns  erbarmen; 
ümbevanc  nnt  kus  er  uns  erzeiget 

minnes.  3,  61*  Hagen  (Rcvielant  68). 

ferner:  zur  wache  stehen,  vereinzelt  für  auf  der  wache 
(2,  m,  ß)  s.  th.  13,  29;  zur  wehre  stehen  th.  14,  160.  ähn- 
lich: ich  wolt  dir  noch  rathen,  du  giengst  mit  willen 
hinweg,  ee  dann  ich  mit  dir  zu  kampff  stehe  Schaiden- 
RAissER  Odyssea  (1537)  76»  {Od.  18,  13);  ein  anderes  Un- 
glück war  dieses,  dasz  der  liebe  getreue,  so  wenig  als 
jetzt  der  soldat,  dem  hofgesessenen  zu  kämpfe  stehen 
wollte    Moser  patr.  phant.  3,  103;   freier: 

weil  da  jn  (den  gasten)  allen  stehst  zu  trutz  (dasz  sie 

nicht  viel  essen), 

so  bistu  deinem  herren  nutz 

ScHEiDT  Grobianus  1660. 
danach  in  der  älteren  spräche  vereinzelt  auch  die  gegen- 
theilige  ausdrucksiceise :  wo  aber  die  Achaier  feindtschafft 
wider  die  Messenier  auffnemmen,  wolten  sie  gleich  gegen 
denselben  zu  frieden  stehen  Xylander  Polybjus  (l574) 
204  {r^v  BLQi^vriv  aiToZg  inolovv  Vi  15,  lO;  sonst  in 
anderm  sinne  s.  13,  Ä). 

c)  auch  von  thieren  in  eigentlichem  sinne,  z.  b.  {im  bilde): 

Iduna  Hensler  grüszet,  mein  Stolberg,  dich, 
und  sagt  dir  leichthinspielendes  ganges,  hoch 
den  köpf,  die  mahn'  im  fluge :  dasz  sie  .  .  . 
durch  mich  zum  aufsitz  stehen  gelernt 
Klopstock  Oden  2,  23,  9  ifiincker-Pawel  (' Unterricht'). 

so  mJid.  häufig  ze  bile  stän,  von  der  gegenwehr  des  von 
den  hunden  gestellten  mldes,  s.  mhd.  wb.  1,  123.  2,  2,  569*. 
zschr.f.  d.  alterth.  3,  24. 

d)  Wendungen,  die  sich  mit  10  berühren,  in  der  älteren 
spräche  zu  schule  stehn,  die  schule  besuchen,  s.  Rothe 
Dür.  chron.  697  unter  I,  G,  3,  c;  bair.  ze  schuel  st€n 
Schmeller^  2,  709.  ähnlich  noch  in  neuerer  zeit  zur 
lehre  stehn :  (er)  ist  sodann  nach  Erfurt,  in  das  chemisch- 
pharmaceutische  Institut  .  .  .  aufgenommen  worden  und 
hat  daselbst  die  praktische  chemie,  die  apothekerkunst 
.  .  .  studirt,  auch  in  der  officin  förmlich  zur  lehre  ge- 
standen  GÖTHE  briefe  16,  360.  —  zu  einem  berufe  stehen: 

lasz  mich  zu  dem  beruff,  zu  dem  die  (l.  du)  mich  ersehn, 
nur  frisch,  gesund,  getrost,  und  unverdrossen  stehn 

Neumark  fortgepfl.  lustw.  (1657)  2,  4. 

gewöhnlich  wird  dafür  das  concrete  zeichen  des  berufes 
genannt,  so  im  älteren  bair.  {und  wohl  auch  sonst)  st6n 
ze  kräme,  ze  markte,  ze  tische  u.  s.  w.,  feil  haben  in 
einem  laden,  einer  bude,  an  einem  tische  Schmeller'  8, 
709  (Augsb.  stadtb.) ;  die  statt  ...  hat  ...  ein  schöne 
metzg,  darinn  gemeinlich  von  27.  bisz  in  die  so.  meister 
zu  banck  stehen  Stumpf  Schicytzer  chron.  (1606)  386». 
auch:  Jungfer  Brigitta,  so  der  gnadigen  frauen  zu  haare 
gestanden  {den  haarputz  zu  besorgen  hatte)  denkwürdigk. 
der  herzogin  Dorothea  Sibylle  zu  Liegnits  u.  Brieg  {geat. 

100* 


1591 


STEHEN  (II,  C,  6.  d-e) 


STEHEN  (H,  C,  6,  e-f) 


1592 


1625)  *.  70  Koch.  s.  ScHMELLER  a.  a.  o.  bei  allen  diesen 
tcendungen  ist  der  formelhafte  Charakter  schon  durch  das 
fehlen  des  artUcels  gekennzeichnet,  sie  sind  in  neuerer 
zeit  auszer  gebrauch  gekommen. 

e)  »ehr  getcöhnlich  ist  dagegen  einem  zu  geböte,  zu 
dienste  stehen  u.  ähnl. 

«)  zu  gebothe  stehen,  (Uicuiparere  Steinbach  2,  669. 
mhd.  sehr  üblich,  vgl.  th.  4,  1,  1,  1806;  auch  im  nhd.  noch 
von  Personen:  zu  geböte  stehen  einem  Frisch  2,  326"; 
'jemanden  zu  gebothe  stehen,  bereit,  verbunden  seyn. 
dessen  befehle  anzunehmen  Adeluno  (2,  2);  darzä  bin 
ich  nicht  gewont  under  dem  vih  .  .  .  zäleben,  unnd  ainem 
hirten  zö  gebot  steen  Schaidenraiszer  Odyss.  71»  {&i 
X  inireiXa/jievco  ajjfiavzoQi  nävra  ni&ia&ai  17,  20); 
wehe  dem  gottlosen,  der  den  armen  geld  leiht,  dasz  sie 
seine  knechte  werden,  ihm  zu  geböte  stehen,  ohne  lohn 
arbeiten    Pestalozzi  sämtl.  sehr,  i,  163; 

wie,  wenn  im  Schauspiel  Faust  die  stirne  murmelnd  faltet, 
die  scene  furchtsam  bebt,  der  foliant  sich  spaltet, 
aus  welchem  nach  und  nach  drey  junge  teufel  gehn, 
die  durch  den  zauberstab  ihm  zu  geböte  stehn 

Zachariae  poet.  sehr.  (1763)  1,  177  {verwandl.  1). 

in  neuerer  zeit  ist  eine  getcisse  abschwächnng  der  bedeutimg 
eingetreten,  indem  der  ausdruck  nicht  soxcohl  auf  den 
pflichttnäszigeti  gehorsam  des  untergebenen  geht  als  viel- 
mehr auf  das  freiicillige  sicherbieten  zu  diensten;  doch 
ist  sie  überhaupt  weniger  gebräuchlich  und  tcird  meistens 
durch  die  nachstehenden  tcendungen  (ß  und  y)  ersetzt  {da- 
gegen in  gebrauch  geblieben  von  suchen,  s.  unter  D,  4,  b). 
ß)  dafür  in  neuerer  spraclie  zu  befehl(e)  stehen: 

ein  held  wird  iederzeit  mit  lust  von  uns  gesehen, 
dem  ein  ganz  kriegesheer  musz  zu  befehle  stehen 

V.  KOEMG  ged.  (1745)  388 ; 

(JTanncurfO  bin  ganz  zu  diensten  und  bedanke  mich  schön, 
steh  zu  befehl  mit  meinen  schwanken 

SCHINK  marionettentk.  (1778)  18; 

er  {Scherer)  würde  seine  hiesigen  Vorlesungen  gleichfalls 
aufgeben  können,  und  so  ganz  zu  befehle  stehn  Göthe 
briefe  12,  68,  2  {an  Carl  Aug.  14.  märz  1797);  ich  bitte  sie, 
uns  noch  einige  ihrer  damaligen  Zerstreutheiten  mitzu- 
theilen  .  .  .  ich  stehe  gern,  antwortete  Lothar,  mit  allen 
meinen  lächerlichkeiten  zu  ihrem  befehl  Tieck  5,  448; 
wenn  du  mich  würdigst,  an  deiner  seite  zu  stehen  .  .  ., 
dann  danke  ich  dir  und  stehe  dir  zu  befehl  Th.  Mann 
königl.  hoheit  204. 

y)  sehr  getcöhnlich  zu  dienste(n)  stehen,  hier  ist  {um- 
gekehrt, wie  bei  o)  in  der  älteren  spraclie  die  ergänzung 
durch  einen  dativ  die  regel.  dabei  steht  bis  ende  des  17. 
jahrh.  der  sing,  zu  dienste: 

die  der,  berre,  zu  dinste  stan 
Altfeld,  pattionttp.  916,  vgl.  I,  B,  t,f,  a,  «o; 

o  selig  .  .  . 

der  keine  diener  nennt, 
nicht  in  dem  purpur  gläntzt  .  .  . 

die  uns  zu  dienste  stehen 
stehn  offt  nach  unserm  leib 
A.  Grypiiius  (1698)  1,  44  (Leo  3, 1,  v.  16); 

die  Deutschen  .  .  .  stunden  den  Römern  in  ihren  kriegen 
zu  dienste  Lohenstein  Arminius  (1689)  i,  7*  {vgl.  I,  B, 
8,  e,  y).  auch  noch  später,  belege  unter  D,  4,  b,  y.  daneben 
kommt  im  17.  jahrh.  der  seit  1700  herrschende  plur.  zu 
diensten  auf: 

wir  wollen  unsre  Juliene  .  .  . 
nach  unsrer  pfiicht  besuchen  gehn, 
und  s&mtlich  ihr  zu  diensten  stehn 
Nbcmark  /ortgepfl.  musik.-poet.  lustw.  (1667)  1,  468; 

mit  weiteren  angaben:  mit  dem  gclde  habe  es  keine  noth. 
er  selbst  fühle  diese  lUcke  gar  nicht,  und  stehe  dem 
prinzen  jeden  augenblick  mit  noch  dreimal  soviel  zu 
diensten  Schiller  4,  S28,  a.  auch  a.  ho  unter  I,  B,  8,  e,  t,. 
mit  posaeasiv  pron.:  wenn  wir  was  verlangetcn,  solten 
wir  nur  zum  fenster  hinunter  pfeiffen,  so  würde  der 
hauRzknecht  alsobald  zu  unsern  diensten  stehen  Chr. 
Rbutbr    Schelmuffaky   {vollst,  ausg.,    169«)   a.  17    neudr.: 

nun  stcb  ich  auch  zu  deinen  dienst«n 

Lbmhiko  8,  864  (A'atAan  6,  8,  M». 

mit  hituutrdendem  dativ: 

di«  ihm  itxo  noch  in  Minen  dienaton  stehn 

K1.KMIKU    141. 

suwnien  ganM  ofcfM  »Udm  btttimunung  (die  »iek  au*  dem 


zusammenhange  ergiebt):  unterthänigster  diener,  euer 
gnaden,  mit  was  kann  ich  zu  diensten  stehn?  Nestroy 
ges.  icerke  l,  83  {Lumpazivag.  2,  2).  {von  thieren.  s.  unter  D.) 
(5)  andre,  ähnliche  ausdrücke  finden  sich  in  der  älteren 
spräche,   ze  eines  hant  stän,  ihm  unterthan  sein: 

vrle  gebom  werden  die, 
ir  selbes  sache  wesent  sie 
unde  Stent  ze  niemans  hant 
Ulrich  v.  Eschenbacii  AIcjc.,  anh.  1169. 

einem  ze  willen  stan: 

woluff,  ir  jünger  wir  wellen  gan, 
minen  gfiten  frUnden  zewillen  stan 
MoNE  schausp.  des  mittelalt.  2,  244  (passionssp.  1506); 

s.  auch  TscHUDi  2,  117»  unter  I,  B,  1,/,  y.    ze  helfe: 

ob  er  ieman  künde  ersehen, 

der  im  ze  helfe  stüende  troj.  kr.  35849. 

ze  staten  stän,  s.  statt  II,  B,  l,  d,  a,  sp.  980.  —  ze  un- 
staten,  s.  z.  b.  minnes.  frühl.  126,  12  unter  I,  B,  2,  e,  ß. 

f)  ausdrücke  der  rechtssprache: 

a)  zu  recht(e)  stehen,  sich  vor  gericht  stellen  und  ver- 
antworten, 'recht  nehmen  und  geben';  in  der  regel.  doch 
nicht  nothwendig.  vom  angeklagten,  so  ganz  gexcöhnlich  in 
der  älteren  spräche,  mhd.:  unde  stßnt  die  Hute  niht  zu 
rehte  inner  sehs  wochen  und  einem  tage,  so  sol  der 
rihter  da  für  komen  Schicabetisp.  207,  %  7;  und  ist  das 
dy  lute  dy  uf  der  bürg  .  .  .  synt,  nicht  tzu  rechte  stan, 
...  so  sal  der  richter  dovor  komen  Kulmer  recht 
5,  42,  §  3;  s.auch  Heinr.  v.  Neustadt  Apollon.  19953  unier 
I,  B,  2,  e,  ß.  mnd.:  unde  hefft  gheladen  unde  vervolghet 
her  Hermen  Dikeshovede  unsen  cappellan  myt  breven 
buten  unser  stad,  alse  we  do  syner  mechtich  weren 
ome  to  rechte  to  stände  vor  der  papheit  eder  vor  uns 
d.  städtechron.  16,  61,  3  {Braunschic,  pfaffenb..  1418,  c.  18), 
*.  auch  53,  10  unter  I,  C,  2,  k.  y.  im  frühnhd.  ganz  ge- 
wöhnlich; in  jüngerer  zeit  vorwiegend  in  geschichtstoerken. 
in  toiederauf nähme  des  alten  Sprachgebrauchs,  belege  s. 
th.  8,  384;   sonst  selten: 

in  dreien  tagen  solin  zu  recht  sie  stehen : 
sie  sind  geladen  hin  vor  gottes  throne 

Fr.  Schlegel  Alarcos  44; 

dafür  zum  rechten:  der  Sebastian  Bernsteiner  ...  zu 
seinen  k.  gnaden  geriten  und  zum  rechten  gestanden 
chron.  d.  st.  Elbogen  24;  zu  dem  rechten  ston  bei  Murner 
luth.  narr  bbl,  s.  I,  B,  2,  /,  a,  cc. 

ß)  etwas  abweichende  ausdrucksweisen  begegnen  ver- 
einzelt: einem  des  rechten  stehn:  das  bemelter  Lorentz 
.  .  .  einem  e.  radt  gnuglichen  abtrag  zuthun  und  Hansen 
Herman  und  seinem  bruder  .  .  .  des  rechten  zustehn 
d.  städtechr.  27,  180,  26  {Magdeb.  1524);  einem  zu  seinen 
rechten  stahn,  s.  Hayneccius  Hajis  Pfriem  1,4,  r.  498 
unter  I,  B,  2,/,  a,  aa;  ähnlich  mnd.  vor  sin  recht  stan: 
item,  die  geeschet  wert  met  dem  schwerde,  de  magh 
vor  sin  recht  stan  sellefT  twellefte  iceisth.  3,  27  {wesifül. 
vestenrecht  zu  Schwelm),  vgl.  Schiller-LObben  4,  360».  — 
zu  gericht  stehn:  darauf  wisse,  daz  drey  gotlich  ge- 
richtsstet seinn,  vor  denen  ain  yeglicher  mensch  zuo 
gericht  steen  und  anntwortten  muoes  Bkrth.  v.  Chiem- 
SEE  tewtsche  theol.  *.  689;    so  schon  mhd.: 

(Christus,)  vor  dem  man  ze  richte  musz  stan 
und  (^  umb)  das  was  man  hie  hat  getann 

Heinr.  v.  Neu.staot  Ai)oHon.  20620  Kingtr. 

{vgl.  oben  3,  e,  y.)  vgl.  auch  mnd.:  item,  die  schedede  buten 
gerichte,  die  am  gericht  stan  is,  veer  Schillinge  weiath. 
8,  27  {s.  oben). 

y)  ferner  in  der  älteren  apraehe  in  demaeUen  »inne  zu 
klage  stehen: 

■un,  ntt  Btant  im  ^;oU)  hie  ze  klage 

Hartmann  v.  Auk  Oreg.  1796. 

ahd.:     d&r  Rcal  er  voro  domo  rthho       ax  rahbu  stantan, 
pi  das  er  in  uuemlti        eo  kiuuerkOt  hapAta 

M*i»p.M. 
mhd.  ze  Widerrede: 

io  rouste  ich  wei;  got  aller  stede 
mit  Worten  stein  zu  Widerrede 

EUtab.b4W. 

später  zu  antwort.-  über  das  vermag  sie  niemand  dasz 
sie  ans  licht  wollten,  und  zur  antwortung  stehen 
Luther  br.  »,  r..i7  {vom  j.  im4). 


1593 


STEHEN  (II,  C,  6,  f-1,  a) 


STEHEN  (II,  C,  7,  a—c) 


1594 


S)  einem  zu  busze  stehen,  genugihtiung  leisten;  bes. 
mhd..  vgl.  mhd.  tcb.  I,  283*;  ähnlich: 

mir  ne  geswiche  mxne  craft, 
er  Eolis  ze  wandele  stän 

Lamprecht  Alexander  4286  Kinzel. 

auch  nhd.  noch:  ich  .  .  .  begere  gnad  von  dir  umb  meine 
grosse  schnldt,  ich  wil  auch  dir  ewighch  darumb  zu 
busz  stehen    buch  der  liebe  (1587)  87''. 

f)  die  neuere  spräche  kennt  von  solchen  Wendungen  nur 
noch  za(r)  rede  stehen,  an  y  anschlieszend,  aber  aus  der 
rechtssprache  in  die  sphäre  des  gewöhnlichen  lebens  über- 
tragen: er  würde  mir  sodann  schon  aufs  neue  und  viel 
höfflicher  zur  rede  stehen  Felsenb.  1,  14;  frag',  ich  stehe 
zur  rede;  —  fordere  nur,  ich  stehe  zur  fehde  Rückert 
poet.  werke  11,  256  (5.  makame);  iceiteres  th.  8,  451.  vgl. 
unten  7,  c. 

g)  in  andern  Beendungen  bedeutet  zu  etwas  stehen  'als 
etwas  dienen,  eticas  sein':  so  zu  eim  zeichen  ston 
Brant  narrensch.  8,  16,  s.  I,  B,  2,/,  a,  cc.    ähnlich: 

als  hätt'  er  Medusens  haupt  gesehen, 
und  müsste  nun  zum  denkmahl  stehen 

Wieland  21,  88  (liebe  um  l.  6,  26). 

gern  mit  dativ:  hie  müssen  uns  die  liben  junger  zum 
exempel  stehen  Luther  29,230,29  Weim.,  die  wurtzel 
Isai,  die  da  stehet  zum  panir  den  völckern  {var.:  tzu 
eynem  tzeychen  der  volcker),  nach  der  werden  die 
heiden  fragen  Jes.  11,  10.    so  ferner: 

zum  Schelmen  soltu  billich  stan 
MuRNBR  schelmem.  15,  36  {vgl.  jedoch  A,  13,  d,x); 

ich  hab'  dem  treusten  freunde 
die  kinder  umgebracht, 
drum  steht  er  mir  zum  feinde 
in  dieser  finstem  nacht 

TiECK  4,  189  (d.  getr.  Eckart  1); 

forsten  haben  zwar  mehr  gut,   als  vielleicht  gemeine  leute; 
haben  aber  derer  viel,  denen  sie  stehn  stets  zur  beute 

LOGAU  2,  3,  71. 

A)  die  letzte  stelle  bildet  den  Übergang  zu  fällen,  tco  die 
Kendung  einen  passiven  sinn  annimmt,  'einer  handlung 
{von  jem.)  ausgesetzt  sein' : 

ir  snlt  des  niht  verge:?5en,  ir  stät  den  von  Trlant  hie  ze  läge 

Kudr.  496,  4; 

den  Juden  zue  erbarmen  stan 

Endinger  juden*p.  2,  v.  466, 

s.  oben  I,  B,  2,  /,  a,  aa.   (vgl.  auch  oben  f,  y.) 

t)  ici«  hier,  bezeichnet  auch  sonst  zu  etwas  stehen 
Keniger  den  ztceck  als  die  Wirkung,  den  erfolg,  so  bes. 
mhd.  ze  lobe  stän: 

des  sun  wol  geraten  hat 

und  also  gar  ze  lobe  stät  Erec  2915; 

daj  also  gar  ze  prise  stät 

vür  manegen  riter  iuwer  lip  Iic.  6052. 

ähnlich  nhd.:  denn  wir  haben  das  vorteil,  das  die  larven 
nngelert  sind  beruffen  in  aller  weit,  und  nu  für  jeder- 
man  zu  schänden  stehen,  als  die  das  liecht  schewen 
Luther  2,  139'';  und  noch  neund.  to  schimpe  stan  'mit 
schimpf  bestehn    brem.  wb.  4,  992. 

k)  wieder  mit  andrer  nuance,  in  bezug  auf  ein  bevor- 
stehendes, zu  ericartendes  ereignisz:  ihr  Schwager  Düring 
steht  durchaus  zum  bankrutt  Droste-HClshoff  br.  an 
Levin  Schücking  s.  164.  (so  häufiger  mit  unpersönl.  fügung, 
s.  D,  4,  Ä.) 

7)  für  manche  dieser  Verbindungen  sind  jetzt  verkürzte 
ausdrucksweisen  mit  auslassung  der  präposition  üblich 
geworden,  so  entsteht  eine  {scheinbar)  transitive  gebrauche- 
weise  von  stehen  —  so  schon  köpf,  bock  stehen  unter 
A,  2,  /.  g  — ,  die  dann  allerdings  auch  von  andrer  Seite 
Zuwachs  erhält. 

a)  icie  man  sagt  köpf  stehen  für  auf  dem  köpfe  stehen, 
ebenso  auch  wache,  schildwache  stehen  für  auf  wache, 
auf  der  wacht,  vgl.  2,  m,  ß  und  6,  a.  b.  wache  ist  also 
hier  eine  art  adverbialer  acc.  {vgl.  Adeluno  [2,  l]);  da 
indessen  wache,  schildwache  auch  als  bezeiehnung  der 
person  selbst  üblich  ist,  so  unterscheiden  sich  für  das 
lebendige  Sprachgefühl  diese  Wendungen  kaum  t-on  den 
unter  l  behandelten,  tcie  gevatter,  modeil  stehen,  wo  das 
subst.  ein  prädicativer  nom.  ist.  vgl.:  als  schildwacht 
stehen  Tieck  l,  121  unter  l,  a.  diese  fügung  ist  seit  dem 
l'.jahrh.  nachzuweisen. 


a)  wache  stehn: 

Trullus  zeucht  sich  ausz  dem  kriege,  wil  nicht  länger 
wache  stehn, 

nimmt  ein  weih,  wird,  wil  ich  glauben,  wache  stehen 
nicht  entgehn 

LOGAU  3,  7,  64. 

weitere  und  spätere  belege  unter  wache  7,  d,  th.  13,  29/. 
und  wachestehen,  sp.  52. 

ß)  schildwache  stehen,  vgl.  th.  9, 139:  schildwach  stehen, 
fare  la  sentinella  Kramer  dict.  (1702)  2,  928»;  schildwache 
stehen  bey  den  thore,  lat.  in  statione  ad  portam  esse, 
agere  vigilias  ad  portam  Apin  gloss.  (1728)  484;  in  ex- 
cubiis  esse  Frisch  2,  326'';  der  henker  mag  schildwache 
stehn  und  ich  nicht  Stoppe  Parnasz  (1735)  531 ;  *.  auch 
d.  Vernunft,  tadlerinnen  1,  230  unter  I,  B,  3,  d,  l,  und 
Schiller  3,  357  unter  I,  B,  3,  f.  y,  cc.  von  einem  hunde: 
so  bückte  er  sich  wohl  zu  dem  hund  nieder,  liesz  den- 
selben .  .  .  allerlei  künste  machen,  schildwache  stehen, 
oder  den  unfreiwilligen  todten  spielen  Hebbel  8,  238.  — 
auch  Schild  wacht  stehen  {vgl.  th.  9,  139):  faire  le  guet 
ou  la  sentinelle,  schildwacht  stehen,  schildwacht  halten, 
far  la  sentinella,  e  star'  in  ceruello.  excubare  Duez 
nomencl.   (1652)  226;    so   noch   in   der   bair.   volksmundart: 

S  Zeitlang  schildwacht  stehn, 

da  kann  man  ruhig  schlafen  gehn 

Hartmann  volksschausp.  g.  26(5,  115); 

auch  Schneller  *  2,  709  bucht  schildwach  st6n  als  hd. 
und  dazu  das  mundartliche  speh  stfin,  'auf  der  lauer', 
{ähnlich  kak  stehen  =  am  kak,  pranger.  s.  unter  13,  n.) 

b)  ein  ähnlicher  acc.  {des  zxcecks  oder  inhalts)  findet 
sich  in  den  vereinzelten  Wendungen  einen  kämpf  stehen 
{vgl.  oben  6,  b),  icie  schon  mnd. :  do  endorsten  se  de  veyde 
erer  herren  nicht  lengher  stan  Korner  230»  bei  Schil- 
ler-LCbben  4,  360'';  dieser  .  .  .  konnte  sich  nicht  ent- 
halten, hervorzutreten,  und  irgend  einen  teutschen  ritter 
auf  zweykampf  zu  laden,  diesen  stand  ihm  ein  eben 
solcher  Jüngling  Hanns  graf  zu  Sonnenberg  J.  v.  Müller 
24,  346  {gesch.  d.  Schweiz  5,  3)  und  dem  etwas  häufigeren 
die  probe  stehen: 

wann  tugent  plfit  hl  in  der  not,.  .  . 
und  steht  jr  prob  mit  vestem  mfit, 
als  feines  gold  inn  fewres  gl  6t 

SCHWARTZENBERG   CiC.  158": 

von  meinem  mnth,  o  feldherr,  steh'  ich  hier  die  probe 
KoTZBBUE  neue  schaugp.  (1798^.)  10, 106 
(d.  Hutgiten  vor  Naumb.  4,  3). 

c)  sehr  gewöhnlich  ist  dagegen  seit  mitte  des  18.  jahrh. 
rede  stehn,  im  sinne  von  antworten,  berichten,  vgl.  6,  /,  £ 
und  th.  8,  451. 

a)  ich  mag  nicht  klätschern,  am  caminfeur,  rede  stehen 
und  gecken  das  Verständnis  öfnen  .  .  .  Hippel  lebensl. 
(1778 jf.)  3,  2,  595 ;  euer  vater  hat  mir  nicht  umsonst  die 
aufsieht  über  euch  anvertraut,  ich  will  in  meiner 
rechenschaft ,  die  ich  abzulegen  habe,  rede  stehen 
können  Tieck  5,  84.  meist  mit  dativ,  'einem  rede 
stehen,  ihm  rede  und  antwort  geben'  Campe  (2):  dem 
fuszgänger  aber  gehört  die  weit,  er  ist  des  bauers  und 
bürgers  gleicher,  und  jeder  steht  ihm  rede  und  gewinnt 
ihm  rede  an  Arndt  werke  I,  208  Bosch;  unbekannte 
sprachen  sich  an,  und  standen  sich  rede  H.  Steffens 
was  ich  erlebte  7,  74;  vollends  neu  aber  ist  es,  den  volks- 
geist  zu  beschwören,  dasz  er  in  den  sitten  und  sagen, 
liedern  und  Sprüchen  des  volkes  uns  rede  stehe  Riehl 
d.  deutsche  arbeit  11.  freier,  wenn  gelegentlich  r^exiv  ge- 
braucht: sie  wuszte  nicht,  warum,  und  war  auch  nicht 
gewohnt,  über  dergleichen  sich  rede  zu  stehn  Ludwig 
2,  29.  selten  mit  unpersönl.  dativ:  nun,  freund,  da  ich 
ausgeschwärmt,  stehe  ich  deiner  letzten  frage  und  klage 
rede  Stifter  l,  69.  dafür  gewöhnlich  auf  etwas  rede 
stehn,  vgl.  th.  8,  451.  loser,  über  etwas  rede  stehen,  in 
bezug  auf  den  inhalt  der  rede:  und  nun  soll  er  uns  rede 
stehen  über  den  begriff  der  Zartheit  Fontane  5,  26.  — 
für  etwas,  indem  rede  stehen  in  den  begriff  'rechenschaft 
ablegen  {vgl.  S),  wofür  büszen'  übergeht:  soll  das  ge- 
schlecht für  den  frevel  des  einzelnen  rede  stehn? 
Schiller  3,  46  {Fiesko  2,  3). 

ß)  verstärkt  zu  rede  und  antwort  stehen:  Lucie  — 
denn  das  teufelchen  Emma  sagt  nichts  —  musz  heute 
noch  rede  und  antwort  stehen    Stifter  i,  78;   Gustav 


1595 


STEHEN  (II,  C.  7.  c-e) 


STEHEN  (II,  C,  7,  e-f) 


1596 


maszte  auf  viele  fragen  rede  und  antwort  stehen  W.  v. 
Polen z  d. püttnerbauer  l,  5.  seltner  mit  antwort  allein: 
ich  danke  dir  noch,  lieber  Varnhagen,  deine  sechs 
Sonette,  soll  ich  dir  aber  antwort  stehen,  —  sie  müssen 
mir  wohl  noch  vertrauter  werden  Chamisso  5,  112. 
y)  auch  andre  Verbindungen  vereinzelt,  so  wort  st.; 

doch  jetzt,  dein  hin-  und  wiedergehn 
ist  nur  um  mir  nicht  wort  zu  stehn 

GÖTHE  41.  71  {Faust  II,  1,  6180). 

S)  rechnung,  rechenschaft  stehen  giebt  zugleich  eine 
besondere  ntuiTice  {vgl.  et  zu  ende):  was  du  mehr  in  dir 
fühlst  als  das  gewöhnliche  bravsein  .  .  .,  das  muszt  du 
still  in  dir  bilden  und  gott  selbst  dafür  rechnung  stehen 
Bettina  v.  Arnim  Brentanos  friihlingskr.  l;  über  das, 
was  die  Jungmannschaft  von  St.  Moritz  in  gemeinde- 
angelegenheiten  gethan,  stehen  wir  gerne  rechenschaft 
Heer  d.  könig  der  Berniiia  295. 

e)  beichte  stehen;  eigentlich: 

es  wollt'  ein  mädchen  zur  kirche  gehn, 
und  beten  und  singen  und  beichte  stehn 

Hoffmann  v.  Fali.erslebkn  ged.  SIS. 

freier  {und  eig.  falsch,  von  dem,  der  beichte  hört): 

ihr  männer,  stündet  ihr  nur  all'  einmal  so  beichte! 

GÖTHE  7,  67  (d.  mitschuld.  2,  3). 

d)  einen  andern  Ursprung  hat  die  Mußge  Wendung 
seinen  mann  stehen,  'eigentlich  in  der  vertheidigung  es 
mit  einem  gegner  aufnehmen,  demselben  gewachsen  seyn; 
und  in  weiterer  bedeutiing,  sich  männlich  wehren,  wider- 
stehen. Opitz  sagt  dafür:  seinen  mann  nach  vermögen 
wehren'  Adelung  (2,  3),  vgl.  Campe  (2).  nach  dieser  zu- 
treffenden erklärung  geht  die  redeweise  also  von  i,  c  aus 
und  verlangt  eigentlich  den  dativ,  der  auch  wirklich  noch 
zuweilen  vorkommt:  der  dichter,  um  mir  zu  entschlüpfen, 
suchen  sie  mich  zu  verwirren,  der  weitmann,  das  nun 
nicht:  ich  stehe  immer  meinem  manne  Klinger  9,  162; 
suchen  sie  ihren  werth  in  sich  und  nicht  in  der  meinung 
anderer,  stehen  sie  ihrem  mann  und  lassen  sie  andere 
wie  die  penguins  dastehen  Heyne  bei  J.  G.  Forster 
briefw.  2,  161  {des  3.  mai  1792);  vgl.  auch: 

mann  steht  den  mann,  den  satan 
besteben  zwei  und  drei 

Arndt  5,  185  Meisner. 

der  accus,  des  objects  erklärt  sich  wohl  durch  eine  Ver- 
mischung mit  1,  wo  im  gewöhnliclien  Sprachgefühl  das 
prädicative  subst.  ja  auch  leicht  als  acc.  empfunden  wird. 
man  sagt  also  seinen  mann  stehen  ebenso  vne  auch 
seinen  mann  stellen  (*.  unter  stellen,  von  Campe  mit  recht 
herangezogen),  manns  genug  sein,  sodasz  seinen  mann 
»ich  auf  da»  »ubj.  zuruckbezieht.  diese  rückbeziehung  liegt 
XU  gründe  der  entstellung: 

Plantagenet  bleibe  auf  Albion, 

den  scbottenkönig  rasch  zu  überwinden 

und  den  meineid'gen  freiherm  mann  zu  stehn 

Körner  3,  228  Fischer  {Rosam.  5,  1). 

die  Wendung  geht  also  zunächst  auf  den  kämpf:  wo  ist 
euer  diener?  ist  es  ein  tüchtiger  diener?  steht  er  seinen 
mann  {will  he  stand  to'tf)  A.  W.  Schlegel  Shakesp. 
1,  257  {Heinr.  IV.,  2.  th.  2,  i);  als  der  prinz  dies  erfuhr, 
wollten  einige  fliehen,  der  prinz  aber  sagte:  'ich  .  .  . 
will  auch  meinen  mann  stehen'    Arnim  12,  182; 

'ihr  verfluchten  kerls',  sprach  seine  majestät, 
'dasz  jeder  in  der  bataille  seinen  mann  mir  steht!' 
BÖHMS  volktthünU.  Ueder  no.  84,  8  {aus:  Albxis  Cabanis). 

»on»l  freier,  einer  auf  gäbe  gewachsen  »ein  u.  ähnl. :  brauchen 
sollte  man  mich,  dächte  ich,  wohl  können,  wenn  vom  Staate 
künftig  gelehrt  werden  darf,  und  in  manchen  thcilcn 
der  geschichte  dächte  ich  meinen  mann  wohl  stehen 
zu  können  Daiilmann  an  J.  und  W.  Grimm  l,  421  (10. nor. 
1H40);  er  malte  sich  einen  reinen  guten  räum  aus,  in 
dem  er  eine  erfreuliche  arbeit  hätte;  da  wollte  er  wohl 
•einen  mann  stehen    Frenssen  Kl.  H.  Baa»  78. 

e)  damit  berührt  »ich  da»  vereinzelt  vorkommende  der 
mann  steht  seinen  rahm,  nimmt  ejt  mit  Uim  auf,  erweist 
»ich  bei  periönlieher  bekanntachaft  ah  ihm  entsprechend 
oder  noch  besser: 

ah,  wahrlich  Card:  der  mann 
•tobt  mImii  mhin.    •ein  nihra  ist  blos  sein  schatten 
LiMUto  t,  tsa  (NeMan  8,  9,  S47). 


ähnlich  ferner  einen  kauf  stehen,  'die  bedingungen  des- 
selben halten'    Campe  (2);    eine  wette,  eingehen: 

der  andre  sprach :  wenns  prahlen  gilt, 
so  steh"  ich  alle  wetten 
A.  W.  Schlegel  poct.  werke  (1811)  1, 198  (d.  wamung). 

man  sagt  xoohl  auch  sein  wort  stehen  /tir  seinem  worte 
stehen,  s.  4,  /. 

f)  viel  älter  als  alle  diese  gebrauclisweisen  ist  gefahr 
(abentheuer)  stehen,  der  echt  deutsche  ausdruck  für  das 
lieutige  gefahr  laufen,  der  wohl  dem  franz.  nachgebildet 
ist,  vgl.  gefahr  II,  3,  d,  th.  4,  l,  2065.  die  verbindxmg  ist 
dem  norddeutsdien  eigentlnimlich  und  begegnet  häufig  im 
mnd.,  vgl.  Schiller-Lübben  4,  360'',  doch  auch  im 
mitteld.  des  nordostens.  der  älteste  bekannte  datierte  beleg 
steht  in  den  handelsrechnungen  des  deutschen  ordens 
{hsg.  V.  Sattler,  1887):  do  sayte  ich  im,  ich  weide 
keyne  ebnttewere  mer  mid  im  sten,  also  manc  man  en 
umbe  das  vorgeschrebin  gelt  *.  279,  13  {vom  j.  1405 — 6). 
etwa  derselben  zeit  gehört  eine  stelle  der  holstein.  reimehr. 
{verf  zw.  1381—1433)  an: 

he  schoet  in  de  stat  beide  pil  unde  vur, 
de  borger  stonden  grot  eventur 

216,  s.  deutsche  chron.  2,  619. 

dann  häufig  im  16.  jahrh.,  bes.  bei  Luther  {rgl.  Dietz 
wb.  zu  Ltdher  1,9**:  abenteuer  3) ;  vereinzelt  noch  später, 
zumeist  bei  Moser.  —  man  könnte  versucht  seiti,  die  Wen- 
dung ähnlich  wie  die  vorstellend  behandelte  {d),  von  4,  d 
atis  zu  erklären,  sodasz  der  acc.  {der  schon  in  dem  älte- 
sten belege  deutlich  ist)  an  die  stelle  eines  dat.  getreten 
wäre,  die  Zeugnisse  lehren  indes,  dasz  er  vielmehr  auf 
einem,  präpos.  ausdruck  beruht  {une  in  den  unter  a — c 
besprochenen  fällen),  vgl.  unter  gefahr  und: 

och  wat  mannigerleie  groter  vär 

moste  dit  kint  stän  in  grotem  eventure ! 

des  dodes  dam  1445  Baethcice. 

s.  auch  den  beleg  aus  Agricola  unter  ß.  {zaldreiche 
belege  für  in  der  fahr  stehen  unter  fahr  1,  th.  3,  1245/.) 
a)  häufiger  noch  als  mit  gefahr  wird  diese  ausdrucks- 
weise in  der  altern  spräche  m,it  aben-,  ebenteuer,  nd. 
eventur,  gebildet,  vgl.  die  obigen  belege,  zuweilen  formel- 
haft ohne  artikel:  wenn  eyn  kauffman  den  beuttel  vol 
gellts  hat  und  nicht  mehr  will  mit  seynen  gfltern  über 
land  odder  meer  ebenteur  stehen,  sondern  gewissen 
handel  haben,  so  bleybt  er  ymer  ynn  eyner  grossen 
kauffstad  Luther  15,  308,  3  Weim.; 

he  heft  my  rede  eyn  oghe  gheblendet, 
dat  ander  oghe  steyt  nu  eventfir 

Reinke  de  vos  2617. 

häufiger  mit  hinzugesetztem  pron.  poss. :  wo  er  aber  sölchs 
nit  underlies,  möcht  er  sein  abenteuer  vor  im  sten  Wüw. 
v.  Schaumb.  108  Keller;  andere  könige,  fürsten,  oder  ober- 
keit  ...  die  lass  ich  yhr  ebentheur  stehen  Luther  SO,  2, 
146,  2  Weim.;  vgl.  344,  15  utid  26,  165,  29; 

darumb  dat  gi  hebt  so  ovel  ^edain, 

80  mot  gi  ter  stat  hen  ut  gam, 

of  staet  ju  eventuir; 

dat  swert,  water  eder  vuir 

Daniel  v.  Soest  164  Jostes  (gem.  bicht  1633). 

ß)  für  gefahr  hat  das  mnd.  var:  were  nu  de  anclager- 
sche  valsch  ghevunden,  dat  sc  ere  var  stunde  Korn  er  69  *» 
bei  SciilLLER-LÜBBEN  4,  360''  (*.  auch  oben  de»  dode» 
danz  1445).  ebenso  im  altern  nhd.:  da  inusstcn  sie  nu 
untereinander  die  fahr  stehen,  wenn  ymand  eins  andern 
weih  gerne  gehabt  bette,  das  er  irgend  ein  ursach  ncme  . . . 
Luther  9,  627,  16  Weim.,  s.  atuJh  Tob.  4,  4  unier  I,  C, 
a,  d,  a;  aber  im  grund  suchten  sie  das  damit,  dass  sie 
Verfolgung  und  das  kreuz  nicht  leiden  musztcn.  und 
keine  fahr  leibs  oder  guts  stehen  hriefe  8,  844;  die  im 
schilT  scind,  müssen  auch  also  stehen  fahr,  leibs  und 
lehons  Agricola  760  »prichwörter  (1584)  C  8  »*  {dafür  in 
der  ausg.  v.  154«  84''  m.  auch  slahn  in  gfar  1.  u.  I.\ 
mit  gefahr:  es  dfirftcn  die  römische  ritter  gefahr  stehen, 
weil  der  richter  des  orts  den  Juden  sehr  zagetahn  seyn 
solle  BucHOLTZ  Herkuliskus  u.  Herktdadisla  (1066)  64*, 
besonders  bei  MÖSBR,  in  der  reget  mit  pron.  j)oa».:  wer 
das  wehrgeld,  wie  es  vergllohen  war,  nicht  bozahloti 
wollte,  genoa  des  gemeinen  friedens  nicht  weiter,  un<i 
mogte  seine  gefahr  stehen  Osnabr.  gesch.  (I780)  i,  86*,  .v 
auch  s.  816;  das  hypothekenbuoh  ruft   einem  jeden    zu, 


1597 


STEHEN  (II,  C,  7,  /•— 8,  a) 


STEHEN  {11,  C.  8.  a) 


1598 


trau  schau  wem !  .  .  .  und  wenn  diese  (die  gläubiger)  sich 
daran  nicht  kehren:  so  mässen  sie  auch  ihre  gefahr 
stehen  patr.  phantas.  3,  253;  doch  auch:  kömmt  die  (Ge- 
treide) sperre  dann  nicht:  so  ist  es  so  viel  schlimmer 
für  den  ackerbauer,  der  die  gefahr  davon  gestanden  2,  48. 
auch  im  neund.:  na,  denn  laten  s'  em  Bräsig;  hei  möt 
sin  gefohr  stahn  Reuter  2,  392,  17  Seelm.  (strömt.  2,  26). 
vgl.  auch: 

der  schlag, 
wenn  er  sie  plötzlich  rührte,  würde  nicht 
bei  mir  genügen,  eure  schuld  zu  tilgen, 
o  nein !  ihr  steht  das  risico  für  sie ! 

Hebbel  2,  110  (jtrauer^p.  in  Sic.  6). 

y)  mehrere  ausdrücke  verbunden:  darinnen  er  sich  .  .  . 
sonderlich  vor  den  Schaunburg  .  .  .  sorg,  var  und  aben- 
teur  sten  must  Wilw.  v.  Schaumb.  74;  die  grosse  eben- 
teuer und  färligkeit,  die  er  tagk  und  nacht  vor  feur 
stehen  muss  Spittendorfp  199  (zum  jr.  147G). 

g)  hiermit  (und  zugleich  mit  e)  hängt  die  bes.  imlS.jahrh. 
bei  niederd.  autoren  übliche  icendung  die  kosten  stehen 
(tragen,  übernehmen,  dafür  aufkommen)  zusammen:  'wer 
soll  die  kosten  stehen?  d.  i.  tragen,  mit  auslassung  des 
für'  Adelung  (2,  2,  4);  ich  stehe  die  kosten  Campe  (i) 
nach  Heyn  ATZ  (es  scheint  ihm  selbst  nicht  geläufig  zu  sein); 
ich  weisz  noch  nicht  ob  ich  meine  Instrumente  werde 
mit  nehmen,  einestheils  weil  ich  alle  die  Unkosten  stehen 
mäste  .  . .  Lichtenberg  briefe  l,  129;  dasz  ich  alle  aus- 
lagen  stehe,  versteht  sich  von  selbst  3,  113;  freier:  da  soll 
die  Obrigkeit  auf  die  gründe  vor  und  wider  den  angeklagten 
mit  gleicher  unpartheylichkeit  herabsehen,  .  .  .  und  wenn 
die  nothzucht  sich  in  eine  gemeine  hurerey  .  .  .  ver- 
wandelt, die  kosten  von  jeder  thorheit  stehen  Moser 
patr.  phantas.  3.  83.  ein«  tcendung  der  art  ist  schon  im 
mnd.  nachzutceisen :  went  die  stad  der  reyse  een  hovet 
was,  so  stunden  sie  alle  druncke,  spise  unde  vooderunge 
to  voren  over  der  ganczen  heet  Lappenberg  brem.  ge- 
schichtsqu.  s.  130  (zum  j.  1400).  und  ähnliches  ist  noch 
in  der  heutigen  spräche  in  gebrauch:  aber  jetzt  komme 
mit  mir,  wir  wollen  auf  den  schreck  eine  flasche  wein 
trinken  —  ich  stehe  sie  Raabe  hungerpastor  (1864)  l,  220 
(^Oll3,  10.  kap.). 

8)  mit  6  berührt  sieh  der  gebrauch  von  stehen  mit  rieh- 
tungs-  bezw.  Zielangaben,  um  ein  streben,  trachten  zu  be- 
zeichnen, diese  Verwendung  ist  in  bezug  auf  sächliche 
subjecte  enttcickelt ;  auch  das  persönl.  subject  wird  mei- 
stens durch  abstraete  ausdrücke  umschrieben,  (sein  sinn 
steht  nach  .  .  .  u.  ähnl.,  s.  unter  D,  6.) 

a)  die  geicöhnliche  fügung  ist  nach  etwas  stehen, 
streben,  verlangen,  es  zu  erlangen  suchen. 

a)  so  schon  mhd.  seit  dem  ende  des  18.  jahrh. .-  die  dur- 
n&htigen,  die  sich  sere  hfitent  vor  allen  sünden  und  mit 
flisse  dar  nach  stant  (älteres  bruchst. :  dar  nah  strittent) 
wie  si  koment  ze  volkomenhait  der  tugent  St.  Georgener 
pred.  s.  13,  13.  32  Rieder;  er  sol  sich  ussefg  geschäftes 
enziehen  und  nach  eren  und  nach  gewalt  nit  stan  333,  29; 
s6  sal  billichen  ein  iclich  mensche  dar  nach  stSn,  dag 
her  mit  gote  voreiniget  werde  Hermann  v.  Fritslar, 
s.  deutsche  myst.  i,  178,  26;  ez  enschol  auch  kain  ge- 
nanter sten  nach  ainer  müntze,  unde  sol  auch  müntze  oder 
ungelt  niht  besten  Nürnb.  polizeiordn.  9  (is.—u.  jahrh.); 
item  sagt  man,  unser  allergnedigster  herre  der  keyser 
stee  nach  Villach  und  dem  lande  in  Kernten  Frankfurts 
reiehscorr.  2,  *.  181  Janssen  (br.  v.  1461) ; 

dese  gote  wol  wir  vorsme 

und  wollen  noch  gotis  hulden  ste 

Katharinerupiel  384  Beekert. 
ß)  noch  höher  reichen  die  kaum  tceniger  häufigen  mnd. 
belege  hinauf,  vgl.  Schiller-Lübben  4,  361,  2:  du  ne 
beterest  mi  dat,  na  dinen  schänden  so  will'  ic  stan 
deutsche  chron.2,  140,  19  (sächs.  tceltchr.  119,  vgl.  oben),  s. 
auch  169,  24  (167) ;  wey  .  .  .  bekennen  in  disme  openen 
breve,  dat  wey  .  .  .  nummermer  schullen  stan  noch 
arveyden  bi  der  herschap  to  Brunswich  ...  na  der  monte 
unde  wesle  to  Gothingen  Göttinger  urkund.  l,  nr.  193 
(vom  j.  1354) ;  we  hebben  darna  ghestan  dat  we  twischen 
unsen  heren  den  forsten  unde  dem  rade  twidracht  maken 
wolden  d.  städtechr.  16,  46,  6  (Braunschtc.  pfaffenb.  1418, 
c.  16;  s.  auch  unter  I,  B,  3,  a,  ß); 


he  dachte  6k  varen  to  hove 
unde  stän  nach  eren  unde  nach  love 
Gerh.  V.  Minden  87,  14  Seelm.  («.  awh  83,51); 

de  steit  na  einem  gnlden  wagen, 

he  kricht  al  wanner  einen  naven 

TuxNicics  492 
(aureolum  poseens  eurrum  vel  quaeritat  axem).     im  nd. 
auch  noch  später,  vgl.  unten   6.     im  brem.  tcb.  6.  335  als 
veraltet  bezeichnet;  dagegen  als  tcestf.  noch  fteiWoESTE  253» 
angegeben:  nä  wat  stän,  nach  eticas  streben. 

Y)  im  nhd.  ist  die  redeiceise  im  16.  und  auch  im  17.  jahrh. 
sehr  häufig;  im  laufe  des  18.  geht  sie  rasch  zurück  und 
ist  in  der  klassischen  zeit  in  der  Schriftsprache  erloschen, 
soweit  sie  nicht  in  nachtcirkung  des  altem  Sprachgebrauches 
beicahrt  ist.     venari  laudem  modestiae  in  aliqiia  re.  trach- 
ten oder  stehen  nach  dem  lob  der  bescheidenheit,  i.  e. 
gern  für  bescheiden   angesehen  seyn  wollen    Corvinus 
fons  lat.  (1660)  714*';  nach   etwas  stehen,   quaerere.   con- 
querere.   quaeritare.   sectari,   sitienter  appetere.    discupere 
aliquid  Stieler  2127;  nach  der  herrschaft  stehen,  appe- 
tere imperium,  er  steht  nach  eines  erbschaft,  haereditatem 
alicujus  inhiat  Steinbach  (1734)  2,  669;  so  dan  würt  kein 
weybischer,   blöder,    lustsöchender,   oder   geitziger 
nach  geistlichen  leben  und  pfrunden  steen  und  trachten 
Ulrich  v.  Hütten  i,  395,  38  Böcking  (nemo  . . .  ad  sacer- 
dotia  .  .  .  aspirabit  16;    11.  sept.  1520);    die  andern  (heideri) 
so  nach  reichtumb,  glöck  oder  nach  lust  und  guten  tagen 
stunden  Luther  30,  i,  135,  3  Weim.;  s.  auch  9,  593,  U;  lo,  3, 
424,  21;    16,  372,  23;    19,  399,  18;    stehe  nicht  nach  hoherm 
Stande  (ja)£Ti(i>xiQä  aov  fzfj  <^ifcei)   Syr.  3,  22;  ich  stund 
mit   ernst  nach  jr   (der  tceish.,   t^v  ipv/ijv  fxov  xaxev- 
&wa  aig  ovtjJv)  51,  28;  s.  auch  2  Macc.  i,  7.  Rom.  9,  30 
und  pred.  2,  15  unter  I,  C,  3,  d,  a;   denn  alle  menschen 
von  natur  stehen  und  trachten  nach  der  gottheit  tisch- 
red. 33'';  wer  nach  hohen  dingen  stehet,  sich  inn  grosse 
fahr  geben  musz  Agricola  sprichw.  (i534)  0  8»  (=1548  112», 
nr.  205);  es  bedurffte  bey  jhnen  nicht  viel  bittens,  weil 
jhnen  ...  die  gelegenheit,  darnach  sie  .  .  .  fürnemblich 
stunden,  so  stattlich  an  die  band  gegeben  ward    Opitz 
Arg.  (1644)  2,  409;   wann  ich  alle  die  jenigen  überdenke, 
die  nach  dieser  würde  stehen,  so  finde  ich  keinen  dazu 
geschickter  noch  würdiger,   als   eben   den   Salvius  Otto 
A.  U.  V.  Braunschweig  Octavia  (i677)  3,  954;  Hahn  histor. 
(1721)  1,  59»,   s.  I,  B,  3,  e.  y;    (die  kurfürsten  versprachen 
einander.)  wenn  jemand,  er  sey  wer  er  wolle,  ohne  ihr 
sammtliches   vorwissen  nach   dem   reich  stehen  wollte, 
.  .  .  dagegen  zusammen  zu  halten    M.  J.  Schmidt  gesch. 
der  Deutschen  (1778  ff.)  4,  32; 

nach  der  Camillen  lieb'  ein  paar  der  freyer  stand 
Scherffer  epigr.  nr.  76,  t.  Drechsler  W.  Scherffer  s.  251; 
kaum  legtest  du  die  kindheit  hin, 
so  stund  dein  herz  nach  edlen  Sachen 

Gottsched  ged.  (1751)  1,  38; 
und  so  noch  (mit  etwas  andrer  nuance): 

Bacchus  steht  nach  unsern  sinnen, 

Amor  zielt  auf  unser  herz       Gotter  1,  296. 

zugleich  in  eigentlicher  bedeutung:  die  zwen  barfuesser 
munche,  die  uff  dem  marckte  nach  den  alsmusen  ge- 
standen d.  städtechr.  27,  194,  25  (Magdeb..  1525).  in  der 
altem  spräche  wird  das  object  oft  durch  einen  nebensatx 
ausgedrückt,  vgl.  die  belege  unter  a  und  ß. 

S)  vereinzelt  mit  persönlichem  object.  nach  einem  stehen, 
theils  im  sinne  des  umicerbens:  es  war  ein  schuler  nach 
dem  stunden  die  prediger  münch,  und  die  Franciscaner 
buhleten  auch  umb  jhn  (Alberus)  d.  barfüsser  münck 
alcoran  (1614)  cap.  337; 

doch  düt  is  luter  speierei  vor  dat,  wat  friers  liden, 
wen  86  na  s^Sten  derens  staen 

nd.  quelle  {vor  1700)  6«"  Laurbmberg 
».  134,  42  Lappenberg, 
theils  im  sinne  feindlicher  nachsteüung  (vgl.  ^ : 

80  lasz  denn  denen  mich  entgehn, 
die  sehr  begierig  nach  mir  stehn 

Opftz  4,  20  {ptalm.  7,  1). 
f)  nicht  selten  tritt  noch  ein  indirectes  object  hinzu: 
einem  nach  etwas  stehen,  e*  ihm  zu  rauben  suchen  (wo- 
für gleichbedeutend  mit  gen. :  nach  eines  gut,  amt  u.  s.  w. 
stehen,  g.  unter  y) :  da  mit  unser  ritterschaft  unsere  üben 
getrewen  .  .  .  furgewaldigt,   also   das  in  nach  iren  eren, 


1599 


STEHEN  (II.  C,  8,  a) 


leibden  und  gutern  gestanden  wurden  ist  chron.  der  st. 
Elbogen  a.  23  {urk.  vom.  j.  1497) ;  wy  mir  ein  rat  .  .  .  noch 
meim  leibe,  ere  und  gut  gestanden  77  (urk.  v.  1500) ;  gott 
verbeut,  dasz  man  dem  nechsten  nit  sölte  nach  dem 
seinen  stehen,  vil  weniger  dasselbig  nemmen  Kirchhof 
iccTidunm.  1,  347  Oesterley  (l,  307);  wie  die  beiden  alten 
buben  .  .  .  der  Susannse  .  .  .  mit  list  und  gewalt  nach 
jrer  ehre  gestanden  Heinr.  Julius  v.  Braunschweig 
8.  173  Holland  {Sus.,  prol.,  vgl.  s.  2); 

du  bist  ein  spott  und  höhn 
der  leute,  die  dir  stehn  nach  deinem  sitz  und  thron 
Rist  d.  friedewümch.  Teutschl.  (1647)  c  8''. 

^  so  bes.  in  der  Verbindung  einem  nach  dem  leben 
stehen,  ihn  zu  tödten  sttchen.  die  allein  von  dieser  be- 
deuhingsclasse  auch  in  der  neueren  spräche  üblich  ge- 
blieben, ja  erst  recht  üblich  geworden  ist.  jedenfalls  unter 
einßusz  der  bibelsp räche :  petit  iüius  Caput,  er  stehet  jhm 
nach  dem  leben  Alberus  dict.  (i540)  9»;  'jemanden  nach 
dem  leben  stehen,  trachten;  mit  andern  hauptwörtern 
ist  es  im  hochdeutschen  veraltet'  Adelung  (2,  2,  6);  die 
menner  zu  Anathoth,  die  dir  nach  deinem  leben  stehen 
Jerem.  11,  21,  ferner  21,  7  u.  ö. ,  Matth.  2,  20;  mich  hat 
man  . . .  l&sterlich  beschuldiget,  ob  ich  euer  majestat  nach 
dem  leben  stflnde  Harsdörffer  frauenz.  gesprechsp.  3 
(1643),  95;  für  alles,  was  er  um  ihn  gelitten,  gethan  hat, 
verfolgt  er  ihn  noch  und  steht  ihm  nach  dem  leben 
Ludwig  i,  321; 

(Pilatus.)  was  bot  begangen  disser  man  (Jesus), 
dasz  er  em  stehet  nach  sim  leben? 

Alsfeld,  passionssp.  3692. 

verstärkt:  seine  eygene  feindt,  die  jm  nach  leib  und 
leben  gestanden,  .  .  .  jnen  unnd  seine  brüder  umbzu- 
bringen  vorgehabt    Aymx)n  (1535)  a  2*; 

denn  es  erhellt  aus  offenbarem  hergang, 
dasz  du  durch  umweg'  und  auch  grade  zu 
recht  eigentlich  gestanden  dem  beklagten 
nach  leib  und  leben 

Shakesp.  4,  221  {kauSm.  v.  Ven.  4,  1). 

andre  Verbindungen  (vgl.  s): 

zavor  stand  mancher  ihm  nach  ehre,  gut  und  leben 
V.  KÖNIG  ged.  (1745)  123. 

für  den  dat.  kann  der  gen.  bezic.  das  pron.  poss.  eintreten: 
wer  nach   meinem   leben   stehet   (»c?sr.iN  cpy-\a^),   der 

sol  auch  nach  deinem  leben  stehen,  und  solt  mit  mir 
behalten  werden  i  Sam.  22,  23;  s.  auch  Liliencron  volksl. 
4,  S89  unter  I,  B,  3,  d,  6; 

des  gemales  zom 
ist  wohl  entwichen,  er  hat  wobl  erfahren, 
wie  lüge  nur  nach  meinem  leben  stund 

TiECK  1,  237. 

ea  kann  auch  der  dat.  noch  auszerdem  hinzutreten:  mein 
son,  der  von  meinem  leibe  komen  ist,  stehet  mir  nach 
meinem  leben  2  Sam.  16,  ll;  a.  ferner  König  ged.  81  unter 
I,  B,  3,  e.  y. 

rj)  die  ältere  spräche  hat  dafür  auch  andre,  ähnliche 
ausdrucksweisen,  die  bis  ins  16.  oder  17.  jahrh.  hinab- 
reichen, so  mhd.  nach  eines  libe  stän: 

daz  sie  n&ch  dfnem  Übe  stSnt 
und  alle  tage  zu  rflte  gcnt, 
wie  sie  dich  erwinnen 

erlösung  4308 ;  ebenso  AUJ.  pa$»iontp.  8602 ; 

Dalida  sein  weib, 
die  allzeit  stftnd  nach  seinem  leib 

Cl.  Hätzlerin  liederb.  2,  68,  462; 

und  so  noch  bei  A.  Gryphius  (1698)  1,  44,  *.  unter  6,  e.  y. 
frühnhd.  bes.  nach  eines  seele  stehen,  so  hättfig  in  der 
bibelüber».:  sihe,  da  ist  das  heubt  Isboseth  Saul»  son, 
deines  feindes.  der  nach  deiner  seelen  stund  2  Sam.  4,  8 ; 
Schemen  mflssen  sich  und  zu  schänden  werden,  die  mir 
nach  meiner  leelen  stehen,  das  sie  die  umbhringcn  ps. 
40,  15  (ebenso  70,  8,  ».ferner  17,  9  u.  ö.).     danach  noch: 

ea  werden  eelber  mit  der  zeit 
■ich  echtmen,  und  vergehen, 
die  durch  eo  vielee  herzeleid 
nach  meiner  eeele  tteben 

Nbukircii  ged.  (1744)  89. 

mit  dativ:  und  die  mir  nach  der  seelen  stehen  (vor.:  die 
do  suchten  meine  seel),   stellen  mir  («ifTB]  n^SQ  K>p2M 

'und  die  fRsr  nach  dem  leben  trachten,  legten  tchlingen') 
jw.  M,1S.    nach  eines  blute: 


STEHEN  (II,  C,  8,  a-9.  a)  1600 

Pylatu*.    Sit  ir  bit  ubeleme  mfide 

Stent  nach  dises  mannes  bl&de,  .  .  . 
unschuldig  wil  ich  sin  dar  an 
MoNK  schausp.  des  mittelalt.  1,  116  (leben  Jesu  1050). 

nach  eines  tode: 

dat  ik  desse  alle  mochte  vorderven, 
de  sus  nu  stan  na  myneme  doet 

Reinke  de  vos  8081. 

b)  in  ähnlichem  sinne  begegnet  frühnhd.  vereinzelt  stehen 
auf.  auf  einen,  ihm  auflauern:  da  haben  sie  bein  der 
badstuben  auf  in  gestanden  und  haben  den  her  Jawor- 
nitzken  also  zürhawen  deutsche  chron.  aus  Böhmen  2,  37 
(Sim.  Hüttel  ehr.  v.  Trautenau,  zu  1514).  auf  etwas: 
(er)  stündt  nun  uff  ein  kosen  mit  der  ewigen  wyssheit 
de»'  etc.  wissh.  betbüchl.  (1518)  2». 

c)  u  m  etwas  stehn,  sich  bewerben,  vereinzelt  im  köln. : 
so  was  ein,  der  hadde  vur  gestanden  umb  ein  dein  bisch- 
dom  d.  städtechron.  14,  691,  20  (Koelthoff  1499).  (ebenso 
mnl.  stonden  omme  den  seghe,  strebten  nach  dem  siege, 
bei  Maerlant,  s.  Grimm  gramm.  4,  818.)  —  mundartl.  in 
Wien:  i'  steh'  ned  um  sei'  gnad,  ich  brauche  s.  gn.  nicht 
Hügel  156». 

9)  nähern  sich  schon  die  zuletzt  behandelten  gebraueJis- 
tceisen  mehr  oder  weniger  perfectiver  actionsart,  so  gehen 
andre  voUends  darin  über.  vgl.  A,  13.  diese  sind  (mit  aits- 
yidhme  von  d)  in  der  regel  auf  d.  15. — M.  jahrh.  beschränkt, 
bes.  häufig  im,  16.  jahrh..  und  begegnen  überwiegend  bei 
süddeutschen  autoren  (auch  bei  Luther). 

a)  mit  Präpositionen  mit  acc,  die  eine  richtung  auf 
etwas  bezeichnen. 

a)  an  etwas  stehen,  *.  A,  13,  d,  «,-  freier  etwas  'an- 
treten, aggredi  opus  Dentzler  (1716)  273 *".  mit  deutlichem 
bilde;  so  schon  mhd.  an  eines  stat  stän,  sein  nachf olger 
werden:  also  hSter  (Judas  Machabeus)  ain  bröder  der 
bieg  Jonathas  der  stünt  an  sin  stat  Grieshaber  pred. 
2,  21.  noch  ganz  eigentlich:  unnd  als  die  schiff  seitwertz, 
sich  gegen  dem  wasser  naigten,  .  .  .  seind  wir  nach  allen 
unsern  krefften  an  die  rüder  gestanden,  haben  zä  land 
gearbaitet  Schaidenreisser  Odyss.  36»  (avtaq  [=  viiaq] 
(f  iaavjuevwg  UQoeQvaaafjiev  TJneiQovSe  9,  73);  (im  bilde:) 

(d.  schiff)  bekam  zu  rädern  erst  ein  grimm, 
thäten  so  starck  die  rhäder  zucken  .  .  ., 
der  stewrman  stund  fest  an  den  pflüg, 
und  schnitt  solch  furchen  inn  den  Rein  .  .  . 

Fischart  glückh.  schiff  389. 
abstracter:     (goU)  riert  dich  mit  sym  stecken  an, 
dann  raiestu  selbs  an  die  arbeit  stan 

Mf  RNKR  narrenbeschw.  7,  87. 

tn  dieser  Verbindung  öfter.  —  feiner:  anno  viij.  c.  xv. 
stönd  Ludovicus,  Pius  zugenant,  noch  bei  leben  Garoli 
magni  seines  vatters  zum  kayser  gemacht,  an  das  reich 
(trat  die  regierung  an)  S.  Frangk  chron.  der  Teutschen 
(1539)  80'';  nach  Koresch  stuend  an  das  kaisertum  sein 
Vetter,  seins  bruedern  Darios  sun  .  .  .  nach  dem  kam 
an  das  reich  der  Persier  Darius  der  ander  Aventin  chron. 
1,  297,  9.  80  auch  stCn  an  ein  guet,  'es  antreten,  davon 
besitz  nehmen,  mand.  v.  1651'  Schmeller'  2,  710.  —früh- 
nhd. an  eines  fuszstapfen  stan,  an  seine  stelle  treten: 

nun  ist  der  bruch  gsin  ye  und  ye, 
welcher  einen  hat  anklagt  hie  .  .  . 
und  es  aber  nit  mucbt  bezOgen,  .  .  . 
das  er  jn  dann  des  s&It  entschlan, 
fUr  jn  an  sin  fflszstapfTen  stan 

H.  R.  Manubi,  wein*;).  3571,  vgl.  3611. 

ß)  stehen  auf,  *.  A,  13,  d,  ß;  im  bilde: 

doch  Musa  lasz  uns  sehn, 
und  Neukirchs  Telemach  selbst  auf  die  bUhne  »tchn 
BoDMBR  4  krit.  gedickte  s.  83  neudr. 

y)  in  etwas  stehen,  ähnlieh  wie  a.  vgl.  A,  18,  d,  rf;  in 
die  Schlachtordnung  ston,  in  acte  versari;  in  ein  aach 
ston,  oder  ein  handcl  au(T  sich  nemmen.  den  selbigen 
zevollstrecken.  ad  causam  accedere;  in  das  rAcht  ston  umb 
etlicher  Sachen  willen,  orfire  in  »«<*d«reoZi^Ma  Maalkh  S90»; 
Jeronimus  der  begerl  gnad  und  weit  buese  aufncmen, 
.  .  .  wer  er  in  die  bucRZ  gesUnden,  man  hett  in  gern 
leben  lan  d.  städtechron.  6,  «4,  8  (B.Zink.  Axigsb.  14«8); 
doch  haben  die  eydgnossen  mit  der  zeyt  die  von  Appen- 
zell widerumb  aus«  freUndschadt  zö  jnen  in  die  beherr- 
schung  doBZ  Rheyntals  stehen  lassen,  dasz  sie  zA  jrer 
zeyt  auch  einen  landvogt  daroyn  geben  Stumpf  Schun/tter- 
chron.  650». 


1601 


STEHEN  (II,  C,  9,  a—d) 


STEHEN  (II,  C,  9,  ß-10,  6) 


1602 


6)  stehen  unter  die  bürde,  onits  subire  dorao  Dentz- 
LER  273''. 

f)  zur  history  stehn  Garg.  «5,  s.  I,  B,  2,/,  a.  cc. 

b)  zu  einem  in  etwas  stehn,  ihm  beistehen,  helfen,  so 
im  älteren  bair.  st6n  zu  einem  in  das  recht  od«/  mit  dem 
rechten,  ihn  vor  gericht  vertreten,  ihm  beistehen  Schmel- 
LER*  2,  709;  ez  mag  ein  herr  oder  ein  gewaltiger  ampt- 
man  wol  zw  seinem  man  sten  in  daz  recht,  und  mag 
im  des  rechten  helffen  und  sol  der  man  still  sweigin 
stadtrecht  v.  WeiUieim  vom  j.  1396,  art.  116  u.  134,  s.  eben- 
da 710.  so  auch:  ich  machte  mir  anderer  gehabte  mühe 
zu  nutz,  und  stund  zu  den  Siegern  in  ihr  arbeit  Simplic. 
sehr.  3,  231,  26  Kurz  (Springinsf.  15).  ähnlich  ferner:  wo 
einiger  burger  dasselbige  alleinige  kaufft  .  .  .,  und  ein 
ander  burger  dessen  auch  nothürfftig,  so  der  zu  ihm 
keme,  dass  begehrt,  soll  er  inen  zum  halben  theill  mit 
im  in  den  kauft  stehen  lassen  tceisth.  2,  56i,  vgl.  3,  a,  y 
gegen  ende. 

c)  häufiger  mit  dativ  der  person. 

a)  vereinzelt:  den  grossen  herrn  werden  viel  auff  dem 
füsz  nachgehen,  und  jnen  lieber  auff  den  kopff  stehn 
Fischart  o.  praktik  groszm.  s.  lO  neiidr.  (Jetzt  dafür 
steigen.) 

ß)  ähnlich:  institor,  qui  instat  et  urget,  der  da  einem 
über  den  hals  stehet,  anhält,  und  die  leut  nöthigt,  jhm 
abzukauffen,  ein  hausirer,  dessen  man  nicht  los  werden 
kann    Corvinus  fons  latin.  (1646)  837. 

y)  häufiger  mit  in;  zunächst  eigentlich  einem  in  den 
weg  stehen,  in  freierem,  gebrauche:  es  ist,  wenn  ich  je- 
mand sehe  einem  wasser  zurennen,  oder  mördern  in  die 
band  eilen,  wenn  es  immer  in  meinem  vermögen  steht, 
eben  so  sehr  meine  pflicht,  ihm  in  den  weg  zu  stehen, 
oder  ihn  zu  warnen,  wie  wenn  gott  vom  himmel  herab 
mit  lauter  stimme  rufen  würde:  steh  ihm  in  den  weg! 
warne  ihn !  Lavater  pred.  üb.  d.  buch  Jonas  l,  65.  soiist 
abstracter:  wie  hart  sy  (d.  Christen)  dise  oberzälten  Zau- 
berer (die  jnen  ins  ampt  steen  wollen  ungeheyssen)  an- 
tasten, lauffens  doch  selbs  in  der  not  jnen  nach  Franck 
iceltb.  S***;  Jupiter,  welcher  .  .  .  vielleicht  vermeynte,  es 
möchte  jemand  seinen  strahl  ergriffen  haben,  ihm  ins 
handwerck  zu  stehen  Simpl.  sehr,  i,  159,  8  Kurz  (=  4,  663 
Keller;  vögeln.  2,  21). 

6)  ähnlich  eis. :  'de(r)  dät  eim  bi  dr  nacht  v  o  r  d  snnn 
sten,  so  miszgünstig  ist  er'  Martin-Lienhart  2,  565'. 

f)       ich  hab  daheimen  ouch  ein  wyb, 

es  ist  kein  luchs  uff  erd  so  bschyb  (gewandt), 
sy  d6rfft  jm  handtlich  zum  zil  stan; 
ich  w5lt  ein  tüfel  mit  jr  fahn  .  .  . 

H.  R.  Manuel  ivein«p.  1109. 

d)  so  noch  in  neuerer  zeit  vor  den  risz  stehen  Ade- 
lung (2,  2,  8),  'den  schaden  tragen,  decken'  Campe  (l). 
die  Wendung  geht  aus  vom  bilde  einer  belagerting,  wenn 
eine  bresche  in  die  Stadtmauer  gelegt  ist  und  jiun  jem^iTui 
davor  tritt,  um  die  feinde  am  eindringen  zu  hindern,  ist 
also  gleichbedeutend  mit  dem  heute  üblichen  in  die  bresche 
treten,  springen,  vgl.  risz  3,  c,  th.  8,  1048/.  in  der  bibel- 
übers,  mit  wider,  belegt  unter  risz.  bes.  im  18.  jahrh.  nach- 
zuweisen: die  Vernunft  konnte  im  allgemeinen  nie  herab- 
gewürdigt werden,  vielmehr  gab  es  von  jeher  menschen, 
getrieben  vom  heiligen  geiste,  die  vor  den  risz  standen  .  .  . 
Hippel  7,  59  (u.  öfter);  was  ists,  das  der  allhirte  von 
ihnen  (den  engein)  fodert?  sie  stehn  vor  den  risz  ihrer 
heerde  Herder  9,  11,  vgl.  9,  162.  18,  112.  mit  für:  der 
prinz  muszte  für  den  risz  stehn  (für  die  kosten  auf- 
kommen), und  seine  gesundheit  durfte  doch  schicklicher- 
weise nicht  in  hier  getrunken  werden  Gaudy  sämmtl. 
werke  (1844)  2,  51.  weniger  gut  mit  dem  dat.,  so  Hein- 
S1Ü8  4,  767'',  vgl.  risz  3,  c  und  Gottsched  ged.  i,  5  unter 
l,  B,  3,  d.  5; 

nachdem  sie  kaum  ein  stttndchen  ruh  gehabt 
und  hier  gleich  wieder  vor  dem  risz  stehn  müssen 
P.  Heysb  Colberg  77. 

dafür  in  Wien:  warum  soll  i'  vor  die  luk'n  steh'n  ('die 
fatalitäten  eine^  andern  auf  mich  nehmen')!  Hügel  156». 
ähnlich  auch:  praestare  damnum.  vor  den  schaden  stehen, 
dasz  er  nicht  zu  einem  komme,  denselben  verhüten 
Corvinus  fons  latin.  637*. 

X.  2. 


e)  perfectiv  ist  stehen  auch  in  Verbindung  mit  von,  vgl. 
A,  13,  i — k. 

a)  von  einem  stehn,  abfallen,  ihn  verlassen,  ihm  un- 
treu werden: 

wilt  du  in  den  todt  jetzt  gehn, 
so  w5llen  wir  nit  von  dir  stehn, 
bereit  bin  ich  mit  dir  zusterben 

Spreng  Aeneü  (1610)  38''  (2,  675); 

Cynthia  mein  leben, 

wil  sich  nicht  ergeben 

in  gewünschter  pflicht: 

ich  sol  von  jhr  stehen 

und  sie  lassen  gehen 

Königsb.  dichterkr.  s.  61  neudr. 

ß)  von  etwas:  darvon  stehen,  absistere,  desistere  Da- 
SYPODius.  xcie  «:  als  offt  ain  glawbig  landt  von  christen- 
licher  kirch  gestanden  und  newen  erfindungen  obgelegen 
unnd  nachgefaren  ist  Berthold  v.  Chiemsee  teictsche 
theol.  s.  13.  —  von  einem  amt  zurücktreten :  wolt  von  dem 
bistumb  nit  stan  d.  städtechron.  5,  58,  12  (B.  Zink,  Augsb.), 
s.  I,  B,  2,  f,  a,  bb;  Victor  sagt,  Diocletianus  .  .  .  hab  xxv. 
jar  regiert  und  zületst  willig  vom  reich  mit  Maximiniano 
gestanden  S.  Franck  chron.  der  Teutschen  (1539)  38»';  *. 
auch  Anshelm  Berner  chron.  l,  102,  19  unter  I,  B,  2,  /, 
ß,  bb.  —  von  seinem  gut  ston  unnd.  es  dem  Schuldner 
übergäben,  bonis  cedere  Maaler  390»;  die  Schwitzer  ... 
batend  jn  (den  kaiser),  dasz  er  .  .  .  si  nit  zwingen  [weit] 
von  jr  vordem  besitzung  und  march  ze  ston  Tschüdi 
chron.  Helvet.  1,  56»;  bair.  'st6n  von  einem  guet,  es  ver- 
lassen, davon  abtreten'  Schmeller^  2,  710. 

y)  häufiger  abstracter,  von  einer  handlung,  meinung 
u.  ähnl.  stehen,  ablassen,  sie  aufgeben :  von  einem  handel 
ston,  causa  desistere  Maaler  390».  auch:  doch  ie  mer 
sie  genStet  und  bezwungen  ward,  ie  minder  sie  ab  ierem 
fürnemen  stan  wolt  Stainhöwel  de  claris  mul.  272,  4; 
bat  min  herren,  von  diser  irer  fürgenomnen  meinung 
ze  stan  qu.  zur  Schweizer  gesch.  l,  22, 13  (Frickart  Zwing- 
herrenstr.  1470,  1,  3);  hatt  Wilbaldus  sein  jungen  tag  in 
mütwillen  verzert,  ist  im  wol  zu  verzeihen,  dieweil  er 
davon  gestanden  Wickram  2,  91,  25  (knabensp.  27);  hie- 
mit  wolten  die  eidgnossen  von  jhrer  anmütung  nit  stehen, 
so  wolt  sich  Zürych  von  jhrer  freyheit  auch  nit  lassen 
trengen    Stumpf  Schwijtzerchron.  (1606)  734»; 

biss  .  .  .  tringt  herzu  die  finster  nacht, 
darinn  die  feind  stehn  von  der  Schlacht 
Spreng  Ilias  (1610)  189»  (riv  xai  tfi  än6axt>>rtat 
TtoXiuoto  Toüitg  H.  14,  78). 

iceitere  belege  s.  unter  I,  B,  2,  /,  a,  aa — cc  (von  freuden 
muess  ich  stan  Osw.  v.  Wolkenstein  15,  40;  von  der 
gewonheit  stan  MuRNERZwfA.  narr.  2037;  thünd  von  üwern 
Sünden  ston  Urner  spiel  v.  W.  Teil  785;  von  der  mesz 
noch  cerimonien  nit  ston  Basler  chron.  6,  131,  20;  von 
seinem  hinlessigen  wesen  und  unordentlichen  hausen  .  .  . 
stan  Knebel  chron.  v.  Kaisheim  1531,  s.  167).  so  noch 
Schweiz,  fom  recht  sto,  vom  prozesz  abstehen  Hunziker  255. 
10)  stehen  bezeichnet  in  manchen  fallen  ein  längeres 
verweilen  an  einem  orte. 

a)  aus  dem  begriff  des  stehenbleibens  (A,  11 — 12)  ent- 
wickelt  sich  zuweilen  der  des  bleibens,  wartens.  venceilens, 
vgl.:  inhio  .  .  .  stehen  vel  beyten  (gloss.  v.  1470)  .  .  .  ik 
sta  vel  beyde  (voc.  lat.-sax.)  Diefenbach  gloss.  299».  so 
mhd.: 

nQ  stant  als6  noch  eine  wlle,  bite! 

Walther  v.  d.  Vogelweidb  82, 16; 

ir  sult  hfnaht  bi  mir  st4n 
Pleier  Mel.  5227  (=  mit  mir  sin  5214) ; 

s.  atuA  Zimm.  chron.^  4,  228,  21  unter  1,  B,  2,/,  a,  bb.  — 
im  gegensatz  zum  fortgehen:  zu  der  stund  mein  Urlaub 
habt  zereitten  oder  zesten  wo  euch  hin  liebet  Arigo 
decam.  593,  37  Keller  (»ia  e  l'andare  e  lo  stare  nel  piacer 
vostro  10,  2) ;  *.  ferner  b,  ß.  —  so  in  den  südlichsten  Sprach- 
inseln, vgl.  b,  a:  cimhr.  steet  panüz  (bei  uns),  State  da  noi! 
cimbr.  wb.  236»;  lusern.  itian  an  pet,  dvhaam  (daheim),  kan 
US  (bei  uns)  Bacher  394. 

b)  (dauernd  oder  längere  zeit)   an   einem  orte  wohnen. 

c)  so  vereinzelt  in  der  altern  spräche,  häufig  frühnhd. 
in  Übersetzungen  aus  dem  italienischen,  in  nachbildung 
des  ital.  stare,  so  in  Arigos  decameron-übers.,  a.  die  be- 
lege, darnach  könnte  man  auf  eine  aus  dem  ital.  stammende 
süddeutsche  eigenfhümlichkeit  schlieszen;  und  dazu  tcürde 

101 


1603 


STEHEN  (II,  C.  10.  b—c) 


STEHEN  (II.  C.  10.  c) 


1604 


stimmen,  daaz  von  den  nhd.  wörterbüehem  nur  Kram  er 
die  gebrauchstceise  verzeichnet  (».  ß),  und  dasz  sie  auch  in 
den  südlichen,  stark  vom  ital.  beeinflttszten  Sprachinseln 
vorkommt,  z.  b.  in  Ltisern,  s.  Bacher  394.  doch  lassen 
die  andern  belege  weder  eine  geographische  noch  eine  zeit- 
liche begrenzung  zu.  diese  gebrauchsrceise  findet  sich  zu 
allen  Zeiten  in  den  verschiedensten  gegenden,  ohne  je  recht 
üblich  zu  tcerden. 

ß)  mit  Ortsangaben,  sich  aufhalten:  wo  stehet  er?  resp. 
er  stehet  zu  Amsterdam,  dove  stä  cioe  vive,  liabita,  stantia 
eglit  resp.  egli  sta  ä  A.  als  er  noch  zu  Paris  stunde 
Kramer  dict.  (1702)  2,  928»;  er  ist  lang  zu  Rom  gestanden 
929'»;  im  wol  in  gedechtnüsz  kam  wie  er  vernomen  hette; 
das  sein  vater  etlich  zeit  in  Cicilia  und  zä  Palerma  ge- 
standenn  waz  Arigo  decam.  82,  9  Keller  (che  il  padre  era 
stato  in  Palermo  2,  5).  ähnlich  noch:  das  haus  ist  in- 
dessen bis  Michael  vermiethet.  die  gräfin  Dohna-Kar- 
winden  bewohnt  es  oben,  unten  steht  herr  stadtrath 
Dehn  Hippel  14,  113.  —  übertragen:  in  den  motiven  wie 
in  der  spräche  steht  Plautus  in  der  kneipe,  Terenz  im 
guten  bürgerlichen  haushält  Mommsen  röm.  gesch.  2*,  434. 

y)  bei  einem  stehen,  leben,  bleiben;  so  oft  bei  Arigo  : 
die  knaben  nun  etlich  iare  in  Casparin  Doria  hause  stun- 
den 95,  29  {stettero  .  .  .  in  casa  messer  Guasparrino  2,  6) ; 
dann  alleine  von  den  säligen  frawen  (nontien)  ich  wirdig- 
lichen  entpfangen  warde,  .  .  .  pey  den  ich  nun  etlich 
lang  zeit  gestanden  was  123,  28  {poi  die  per  alquanto 
tempo  con  loro  dimorata  fui  2,  7);  ebenso  324,  15  (5,  2); 
ferner  157,  5  (2,  10).  gern  verbunden:  ee  er  sy  {d.  kinder) 
wölt  weinen  hören  ee  er  in  den  alten  man  ze  liebe  halten 
wolt,  und  in  fragenn  Hesse  ob  er  pey  im  sten  und  be- 
leyben  wölt  {sei  prod'uomo  .  .  .  lä  entro  dimarar  volesse) 
138,  9;   vgl.  167,  33. 

d)  stehen  att  höfen  oder  bei  groszen  lierren  berührt  sich 
mit  der  bedetitung  3,  c;  schlieszlich  liesz  er  ihm  {Winckelm. 
dem,  churprinzen)  schreiben  —  'dasz  er  sich  bemühen 
werde,  dasz  ich  künftig  mit  vergnügen  an  seinem  hofe 
stehen  solle'  Justi  WinckelmAinn  2,  2,  10; 

ja  wenn  ihr  zu  hofe  stehet, 

wird  dies  seyn  der  gesang  zu  tisch 

Reineke  fuchs  (1650)  98,  4. 

ntgleieh  im  eigentlichen  sinne  (A,  10,  b): 

wer  bey  hofe  lange  wil 
stehen  ohne  wancken 

LoGAU  2,  10,  84. 

von  Sklaven:  als  diese  etwa  4.  wochen  bey  ihren  herrn 
gestanden,  wurden  sie  ober  land  nach  Ptolemais  .  .  . 
geföhret  Happel  akad.  roman  1022;  Notker  2,  566.  16 
Piper  {ps.  133.  l),  vgl.  567,  6; 

fürwaar,  fürwaar,  ich  sage  dir, 

sprach  Jesus,  du  wirst  heut  bey  mir 

im  paradiese  stehen       P.  Gerhardt  385,  21 ; 

s.  femer  unten  d. 

t)  von  Völkern,  ihren  wohnsitz  liahen:  deswegen  Otto  .  .  . 
die  an  der  Havel  wohnende  völcker  a.  997.  heimsuchte, 
und  züchtigte,  welches  die  Slaven  durch  einen  andern 
einbruch  in  die  Bardengou  zu  rächen  vermeinten,  aber 
von  den  daselbst  stehenden  Westphälingern  ungesegnet 
nach  hause  gewiesen  wurden  Hahn  t.  reichs-  u.  kayser- 
hiat.  (1781)  2,  144;  die  damals  im  lande  gestandene  Lät- 
thauiscbe  waren  an  ihrer  weissen  kleidung  durch  blaues 
.  .  .  tuch  .  .  .  unterschieden  v.  Koenio  gedickte  (1746)  202; 
jedes  geschlecht  hat  sein  angewiesenes  revier;  die  dem 
Baikal  im  west  stehenden  (Burüten)  wechseln  blos  ihre 
wint«r-  und  sommer-dörfer    Ritter  erdkunde  3,  121. 

e)  »tehend  und  gleichsam  technisch  ist  stehen  als  mili- 
täriaeker  ausdruek.  und  zwar  ist  diese  Verwendung  gerade 
in  neuerer  teit  (seit  d.  18.  «.  bes.  dem  19.  jahrh.)  sehr  ge- 
wlAnUeh  geworden ,-  doch  begegnen  vereimelte  beispiele  schon 
früher  {im  16.  jahrh.,  ».  Manubl  unter  y,  Kirchhof 
«Miter  ß).  Knut  gebraucht  die  ältere  spräche  dafür  liegen, 
da»  tum  theil  auch  neben  stehen  üblich  geblieben  ist,  bes. 
vo»  mmquartierung,  a.  Hegen  6—7,  ik.  6,  looe/. 

ft)  «M  im/ftn.  und  sowohl  in  besug  auf  ihn  dauern- 
am  tUmdttutrtiera  im  friadm.  wie  die  voriOerfdmulen 
Ufaratdlen  währtnd  tinaa /ddaugea :  die  kayteriiche  artnee 
tUhti  in  UBtarn  Krambr  dieL  (iTW)  t.  9M»;  der  feind 
■tobt  da,  hoatia  eaatra  M  habet  Frisch  t,  ase*;  die  Sol- 


daten stehen  itzo  im  felde;  in  den  Winterquartieren 
Gottsched  beobachtungen  280;  'von  truppen  gebraucht, 
bedeutet  es,  sich  eine  Zeitlang  an  einem,  orte  im  stände 
der  ruhe  befinden,  im  lager,  in  garnison,  in  den  Winter- 
quartieren, im  felde  stehen,  der  stab  steht  in  der  stadt' 
{'geicöhnliclier  liegt'  Campe)  Adelung  (2,  2).  belege:  die 
ruszische  armee  stehet  noch  in  der  nehmlichen  position  . . . 
Lessing  18,  391  Lachmann- Muncker  (Tauentzien  anFriedr. 
d.  gr.  8.  atig.  1769) ;  bis  dahin  beschlosz  Bedemar  . . .,  die 
truppen  an  den  örtern,  wo  sie  standen,  zu  unterhalten 
Schiller  4,  156;  ich  zweifle  keinen  augenblick,  dasz  .  . . 
wir  binnen  acht  tagen  wohlgerüstet  an  der  grenze  stehen 
können  Herwegh  briefe  116  (15.  inärz  48);  das  regiment 
Arnolds,  dasz  im  Elsasz  stand,  hat  marschbefehl  be- 
kommen Ebner-Eschenbach  4,  109.  mit  Zusätzen,  im 
lager  stehen  u.  ähnl.: 

dasz  Kottwitz  fern  in  Amstein  kantoniert, 
gesondert  von  den  andern  regimentem, 
die  hier,  bei  dieser  stadt,  im  lager  stebn 

Kleist  prinz.  v.  Homb.  4,  2,  1247; 
seht  euch  vor ! 
die  Engelländer  stehen  nah'  gelagert 

Schiller  13,  312  {junnfr.  v.  Ort.  5,  2). 

dem  feinde  nah,  gegenüber  stehen  u.  ähnl.: 

die  beiden  beere  stehen  sich  so  nah, 

dasz  nur  der  wald  sie  trennt  310; 

sie  standen  an  den  deutschen  marken 

dem  feind  entgegen  unverwandt 

Storm  8,  265; 
*.  ferner  tinter  I,  C,  3,  /,  y  und  a.    anstatt  des  heeres  oder 
truppentheils  wird  oft  der  feld herr  bezw.  anführer  genannt: 

der  junge  weimarische  held 
.  .  .  stand  mit  einem  mal  vor  Regenspurg, 
zum  schrecken  aller  gut  kathol'schen  Christen 

Schiller  12, 116  (Piccol.  2,  7); 
nun  steht  er  (Varus),  mit  drei  legionen, 
in  deines  landes  westen  drohend  da 

Kleist  Herrmannsschl.  1,  3,  189; 

s.  auch  RÜCKERT  1,  90  unter  I,  C,  3,  /,  ß. 

ß)  ganz  gewöhnlich  atich  vom  einzelnen  Soldaten  oder 
offizier,  beim  militär,  bei  einem  regimente,  in  einer 
garnison  stehen  m.  ähnl.:  berlin.  bei  't  milleteer  schtehn 
Brendicke  178»  (6).  hier  findet  sich  ein  vereinzelter  beleg 
sclwn  im  16.  jahrh. :  nun  hielt  er  eins  mals  mit  seinen 
fendlein,  derer  acht  was,  under  welcher  eines  ich  da- 
mals ghörig  und  darbey  stund  (wie  mans  nennet)  ge- 
mein, vermanet  neben  andern  die  kriegsleut ...  Kirchhop 
toendunm.  (1563)  1,  63  Österley  (l.  53).  sonst  erst  wieder 
seit  mitte  des  IS.  jahrh.:  wo  war  er  denn,  als  der  major 
bey  uns  in  Thüringen  im  Winterquartiere  stand?  Lessing 
1,  .546  {Mintia  v.  B.  3,  2);  es  ist  ein  sehr  feiner  junger 
mensch,  er  steht  unter  dem  dragonerregiment,  wovon 
das  depot  in  Beifort  liegt  Pfekfel  pros.  vers.  5,  63; 
Rudolf  steht  jetzt  in  Potsdam  {als  offizier)  J.  Grimm 
aji  Dahlmann  1,  541  (29.  atisg.  1858);  diese  jungen  lebens- 
und  liebetollen  'stückknechte'  stehen  dann  auch  zuweilen 
in  Spandauer  garnison  Gutzkow  ges.  werke  l,  172;  in 
der  deutschen  leibwache  der  kaiser  stand  mancher  be- 
wanderte mann  Freytag  17,  30;  'warst  du  denn  mit  da- 
bei .  .  .'  'nein,  aber  so  gut  wie  mit  dabei,  denn  ich  stand 
in  demselben  zug  . . .'  Fontane  6,  28  {quitt  3);  Hubert  und 
ich  standen  bei  derselben  kompagnie  Liliencron  lettte 
ernte  W>;  s.  auch  Schknkendorf  ged.  44  unter  I,  B,  S, 
/,  y,  dd.  —  darauf  beruht  tpohl  auch  die  ausdrtickstceiae: 
ein  guter  freund  sagte  zu  mir,  er  wisse  für  mich  eine 
zum  heiraten,  wo  steht  sie?  fragte  ich  in  dem  damals 
üblichen  schnöden  sprachstil  junger  landlöwen  Kellbr 
8,  201  {oder  zu  gt). 

y)  eine  hät^fige  feste  Verbindung  ist  im  felde  stehen  t<oi» 
Soldaten  während  eines  kriegasuges.  {daneben  im,  zu  felde 
liegen,  s.  liegen  7.)  so  vom  heere:  agmen  wird  gebrauchet, 
wenn  die  armdo  in  tnarch  ist:  wenn  sie  in  fcido  stehet, 
hciszct  es  aries  ApiN  gloaaar.  (t7W)  4t;  die  armce  stand 
fertig  im  felde  Schiller  8.  SS8;  ich  glaube,  wenn  solche 
sechzig,  oder  xirbonzig  tausend  im  felde  stünden,  sie 
würden  den  frind  über  die  greiue  zurückwerfen  Stifter 
S,  186;  a.  femer  GorrscHRD  gad.  1,  7  unter  I,  B,  S,  <f,  ^ 
von  den  eintdntn,  a.  Rabbnrr  S,  68  unter  I,  B,  S,  «,  f, 
scheint  zuerst  gesetzlich  verfttgt  sa  sein,  dass  wer  sechs 
jähre  hinter  einander  im  felde  gestanden,  dadurch  zu- 


1605 


STEHEN  (II,  C,  10,  c-e) 


STEHEN  (II,  C.  10,  f-n,  a) 


1606 


nächst  ein   recht   erhalte   auf  den  abschied    Mommsen 
röm.  gesch.  2*,  107; 

dri  tusent  fromm  eid^ossen 

die  stftndent  z&  witem  feld 

N.  Manuel  «.  22  Bächtold  {Bicocca-lied  (1522)  str.  3,  6). 

(T)  daneben  andre  ausdrücke,  irie  bei,  unter  der  fahne 
stehen,  s.  Kirchhof  unter  ß;  wie  die  Jesuiten  in  Frei- 
burg erzogen  werden,  chinesisch  abgeschlossen,  so  sollen 
wir  Offiziere  leben!  warum  denn?  warum  denn  mit  ge- 
brochenem herzen  unter  der  fahne  stehen?  Gutzkow 
ritter  vom  g.  8,  216; 

ein  häufe,  der  schon  längst  bey  meinen  fahnen  stand 
J.  E.  Schlegel  1,  253. 

d)  ferner  idrd  stehen  auf  allerlei  'ansteUungen'.  ämter 
und  dienste  angetcandt:  'ziceytens  bedeutet  es  so  viel,  als 
mit  einer  getcissen  bedienung  bekleidet  seyn,  z.  e.  in  einem 
hohen  ehrenamte  stehen;  bey  dem  oder  jenem  regimente 
als  oberster  stehen'  Gottsched  beobachtungen  s.  279. 
diese  hedeutung  findet  sich  vereinzelt  im  15.  jahrh. :  item 
^'«  m.  zwen  wytingen  (beamteu)  zu  schortlone  geben,  die 
uf  dem  Nuwen  huseren  sallen  sten,  am  pfingisttage 
Marienb.  treszlerb.  75,  12  Joachim  {vom  j.  1400);  mit  einem 
meinen  prüder,  der  in  eines  armen  knechtes  weise  pey 
misser  Casperin  Doria  ze  Genoua  stet  Arigo  decam.  s. 
102,  18  Keller  {quäle  in  forma  di  servo  messer  Gucsparrin 
d'Oria  tiene  in  casa  2,  6).  dann  verschicindet  sie  aus  der 
litt.,  um,  erst  im,  18.  jahrh.  icieder  aufzutauchen,  hier  ist 
sie  ganz  gewöhnlich  und  reicht  auch  noch  hie  und  da  ins 
19.  jahrh.  hinein. 

a)  von  höheren  Stellungen,  besonders  als  prediger:  mein 
groszvater,  der  als  hausprediger  auf  einem  adelichen 
gute  gestanden  Moser  patr.  phantas.  2,  94;  der  ältere 
Heinr.  Meibom  war  1555  zu  Lemgo  geboren,  wo  sein 
vater  Martin  als  prediger  stand  J.  Grimm  Reinhart 
fuchs  (1834)  vorr.  s.  CLXXI;  von  lehrern,  professoren 
u.  ähnl.:  von  Osnabrück  aus,  wo  er  damals  als  rector 
am  gymnasio  stand  Reiske  Thucyd.  vorr.;  zu  Halle  . . . 
stand  dieser  Sellius  auf  ein  paar  jähre  als  professor  der 
juristischen  und  philosophischen  facultät  Göthe  37,  84 
(Winckelm.  III).  femer:  indem  ich  über  die  10.  jähre  bey 
gericht  in  praxi  ruhmwürdigst  gestanden  R.  M.\yr  päck- 
chen  Satiren  (1769)  38;  ich  stehe  am  hoftheater  BoN.\- 
vextura  nachtwachen  105,  14  Michel. 

ß)  von  niedem,  im  engeren  sinne  dienenden  Stellungen : 
das  frauenzimmer  schien  irgendwo  als  Französinn  oder 
kammermädchen  gestanden  zu  haben  Dusch  krit.  u. 
satyr.  sehr.  (1758)  174;  als  handlungsdiener  stehen  Nicolai 
Seb.  Nothanker  (1773)  l,  21,  als  keilner  Pfeffel  pros.  vers. 
(1810)  1,  13,  s.  I,  C,  3,  /,  a  und  y;  als  ich  schon  lange 
vorher  beim  alten  herrn  Lovell  als  ein  bedienter  ge- 
standen habe  Tieck  6,  39;  in  jener  groszen  fabrik  .  .  . 
stand  Gustav,  äuszerlich  unbescholten,  als  comptoirist 
Gutzkow  ges.  werke  (1872)  2,  222  {d.  emporblick  6). 

e)  auch  in  bezug  auf  lehre  und  Studium.   . 

a)  so  im  18.  jahrh.  von  der  lehrzeit  eines  lehrlings  in 
handicerk  und  getcerbe;  mit  verdeutlichendem  zusatz:  ein 
junger  mensch,  nahmens  Ferdinand  Henking,  von  Heidel- 
berg, steht  gegenwärtig  in  der  Tromsdorüschen  apotheke 
zur  lehre  Göthe  briefe  15,  17.  gern  mit  acc.  der  zeit,  der 
hier  dem  acc.  des  inner n  objects  nahe  kom,mf:  'bey  jeman- 
den die  jähre  stehen,  die  leJirjahre  bey  ihm  aushalten 
und  vollbringen,  sein  vater  und  ich  haben  die  jähre 
mit  einander  gestanden  {aus  Weisze);  sind  zu  einer  zeit 
bey  einem  lehrherren  in  der  lehre  gewesen  Adelung  (l,  2, 
von  Campe,  2,  als  ungut  bezeichnet);  einer  derselben 
('triWen  jungens")  .  .  .  war  von  ihm  {dem  vater)  ...  zu 
einem  apotheker  nach  Gera  geschickt  worden,  wo  er  die 
jähre  stehen  solte  Bahrt  gesch.  s.  lebens  l,  153. 

ß)  dagegen  im,  16.  jahrh.  vom  Studium,  gewöhnlich  in 
der  Verbindung:  welcher  nit  yn  der  hohen  schule  ge- 
standen ist,  der  kan  nichts  Luther  8,  558,  30  Weim.,  s. 
atteh  23,  15,  29  unter  I,  C,  3,  d,  a;  villicht  synd  sy  ouch 
zä  Parysz  uff  der  hohen  schälen  gestanden  ein  zwelff 
iar  J.  Nazarei  vom  alten  u.  neuen  gott  s.  59  nevdr.,  Jerner 
Scheidt  grob.  4784.   s.  unter  I,  C,  3,  d,  ß.    stehen  allein: 

so  sint  wir  zfi  Lyps,  Erfordt,  Wyen, 
zfi  Heidelberg,  Mentz,  Basel,  gstanden 
Bkant  narrentch.  27,  27  {'von  unnutzem  ttndieren'). 


f)  stehen  in  der  älteren  spräche  vereinzelt  von  der  avis- 
Übung  eines  beruf  es ,  doch  nur,  wenn  diese  stehend  im 
eigentlichen  sinne  geschieht,    {vgl.  6,  d.) 

a)  mit  waren  ausstehen,  vom  händler:  uf  dem  marcte 
sal  zu  rechte  nimant  stehn  Freiberger  stadtr.  s.  251,  5 
Ermisch  (XL VI,  §  4) ;  unde  alle,  di  mittene  in  dem  kouf- 
huse  sten,  di  sullen  geben  uz  der  kameren  vumf  vir- 
dunge  alle  iar  zu  rechte,  unde  alle,  di  undene  sten  in 
den  kelren  unde  gewant  sniden,  die  sullen  geben  .  .  . 
anderhalben  virdunc  251,  28.  30  (XLVII,  §  l). 

ß)  im  felde  stehen  vom  bergbau  {vgl.  feld  10  und  feld- 
bauer 2,  th.  3,  1479/.).-  die  belehnung  {des  Stollens)  ist  mit 
der  maassgabe  ertheilt,  dass  den  wirklich  im  felde  stehen- 
den andern  gewerken  ihr  etwaiges  muthungs-  und  be- 
lehnungsrecht  nicht  genommen  werde  Karsten  areh.  f. 
bergb.  18,  90/.,  *.  Veith  182. 

g)  stehen  tcird  in  ähnlicher  weise  auch  voji  dem  dauern- 
den oder  auch  vorübergehenden  aufenthaltsort  von  thieren 
gesagt:  Schweiz,  {aarg.)  'wo  stot's?  vom  Standort  des  thieres" 
HuNziKER  255.    insbesondere 

a)  von  Pferden  und  andern  hausthieren:  die  pferde 
stehen  im  stalle,  befinden  sich  in  demselben  Adelung 
(2,  2),  'sie  befinden  sich  darin,  sie  mögen  sich  auf  den 
füszen  befinden  oder  liegen'  C.\mpe  (l);  sechs  pferde  auf 
dem  stalle  stehen  haben  Adelung  {bei  Campe  im  stalle); 
wo  hat  der  jungherr  sein  pferd  stehen?  Garg.s.  63  neudr.. 
vgl.  72;  s.  ferner  Frey  gartenges.  19,  21  Bolte  und  Richen- 
TAL  29  unter  I,  B,  2,  /,  a,  bb  und  dd  zu  ende  {hier  nur 
von  nachtquartier).  —  er  hat  eine  menge  Schweine  auf 
der  mast  stehen  C.\mpe;  von  ochsen: 

na,  hür  hei,  Bräuker,  hüt  kann  hei 
mal  up  den  ossenhandel  gähn ; 
so  as  mi  seggt,  so  sälen  twei 
bi  Kahlem  tau  Voigtshagen  stahn 
Reuter  1,  180  Seelmann  (lättschenl,  61,  4). 

ß)  häufig  und  technisch  von  teild  in  der  Jägersprache: 
'stehen  heisset  eigentlich:  das  mldpret  hält  seinen  gewissen 
stand  auf  einem  bogen,  ico  es  zu  dieser  oder  jener  zeit 
am  liebsten  ist,  und  sich  daselbst  am  meisten  finden  läszt, 
z.  e.  der  brunfthirsch  stehet  in  der  brunftzeit  gerne  an 
einer  anhöbe,  wo  es  etwas  liecht,  sumpfig,  oder  brüchig 
ist  Heppe  leithund  (l75l)  49,  vgl.  Chomel  öcon.  u.  physic. 
lex.  (1750 — 7)  8,  1592  {insonderheit  vom  hirsch:  'der  hirsch 
steckt  oder  stehet  in  dem  und  dem  reviere,  nicht  aber, 
er  lieget  darinne');  es  steht  da  wild,  es  hat  da  wild 
seinen  stand,  es  stehen  da  auerhähne  H.  Laube  jagd- 
brev.  (1841)  290;  'l)  alles  icild  steht  da,  wo  es  seinen 
gewöhnlichen  Standort  hat.  2)  das  wechselwild  steht  da, 
wo  es  sich  nach  dem  einwechseln  momentan  befindet' 
Behlen  5,  681; 

mi  was  dat  kamen  in  de  kund, 
dat  in  herm  von  Aprillen  sin  revir 
en  wunnerschönen  rehbuck  stünn 

Reuter  1,  230  Seelm.  {lauschen  2,  9,  163); 

auch  von  vögeln,  bes.  jagdvögeln  {vgl.  oben  h.WBE):  essoll 
kainer  holz  schlachen  in  der  nähent  da  sperber  stehen 
{'ihr  nestliaben')  steir.  taid.  299,  26  {stiß  Göss,  16.  jahrh.  . 
sogar  von  fischen,  {mit  collectivem  sing. .)  in  die  Rexow- 
schen  dannen,  in  den  Lauban(-«ec),  da  weisz  ich  en  flag, 
da  steht  en  hartlicher  bors  {barsch)  Reuter  3,  233,  i 
Seelmann  {strömt.  3,  kap.  45). 

ll)  aus  der  localen  bedeutung  geht  stehen  sehr  gewöhn- 
lich über  in  die  modale,  sich  in  einem  zustande  befinden, 
so  zumeist  in  Verbindung  mit  präpositionalen  ausdrücken, 
namentlich  in  zahllosen  tcendungen  m.it  der  präpos.  in. 

a)  in  bezug  auf  den  gesammtzustand  eines  menschen:  dass 
der  sechsundfunfzigjährige  in  voller  gesundheit  und  kraft 
stehende  mann  {Scipio  Aemüianus)  .  .  .  das  opfer  eines 
politischen  mordes  geworden  ist,  kann  nicht  bezweifelt 
werden  Mommsen  röm.  gesch.*  2,  100; 

ich  stand  in  meiner  kraft, 
da  rief  ich  schon  vertrauend  auf  zum  himmel 

COLLIN  Coriolan  82. 

solche  Wendungen  bezeichnen  gewöhnlich  das  lebensalfer 
im  allgemeinen;  noch  deutlicher:  er  steht  in  der  blüthe 
seiner  jähre  Adelung  (2.  2,  5);  äo  schon:  ein  man  der 
in  seines  alters ,  besten  saft  und  sterck  steht  {«v^q 
axfiaC.Qtv  xa&'  yXixlav),  .  .  .  wirt  für  trunckenheit  heym 
zu  hausz  getragen   Ahbach  (gest.  1559)   vom  zusatiffen  u. 

101* 


1607 


STEHEN  (II,  C,  11.  a-c) 


STEHEN  (H,  C,  11,  c-d) 


1608 


trundcenh.  Dl'  {vgl.  Basil.  3,  467  B  Migne);  ferner  Ra- 
BENER  1,  38  unter  I,  B,  3,  c,  s;  aber  auch  er  {Luther) 
stand  in  der  blüthe  des  männlichen  alters,  seinem  36sten 
lebensjahre  Ranke  deutsche  geach.  l,  282.  anderes:  Ghiberti 
stand  in  der  blüthe  seines  ruhmes  Grimm  Michelangelo 
(1890)  1,  34; 

sie  C/rau  Kritik)  bringt  auch  selber  nichts  hervor, 

und  lebt  und  steht  doch  grosz  im  flor 

GÖTHE  13,  48  (d.  neueste  v.  Plundersw.  90). 

mit  genaueren  altersangaben :  ich  stand  damahls  eben  in 
dem  alter,  worin  wir,  aus  dem  langen  träume  der  kind- 
heit  erwachend,  uns  selbst  zuerst  zu  finden  glauben  Wie- 
land 2,  11  {Agath.  7,  2);  er  mochte  ohngefähr  in  seinem 
sechszehnten  jähre  stehn  Kleist  4,  139,  l  E.  Schmidt. 
90  atich:  den  locken  nach  ist  sie  älter,  als  achtzehn, 
den  äugen  nach  jünger,  als  vierzehn  jähre,  vielleicht 
steht  sie  mitten  Stifter  l,  218.  ähnlich  als  jägeraus- 
ditick  von  hunden:  'im  feld  stehen  —  der  windhund  steht 
im  zweiten  feld,  xcenn  er  ztcei  hetzzeiten  mitgelaufen,  der 
hund  steht  im  zweiten  felde,  macht  das  zweite  feld  mit, 
tcenn  er  das  zxceite  jähr  geführt  uird'  H.  Laube  jagd- 
brevier  (1841)  266. 

b)  von  lehre,  arbeit,  stand,  rang  u.  ähnl. 
a)  in  der  lehre  stehen,  vgl.  oben  10,  e,  a.  in  freierer 
tceise:  das  fräulein  stand  im  ersten  noviziat  der  liebe 
M  USA  US  volksm.  l,  104  Hempel;  jungen  leuten,  die  von 
der  akademie  kommen,  oder  sonst  in  dem  vorbereitungs- 
stunde  zu  wichtigern  geschäften  stehen  Lenz  3, 117  Tieck; 
er  sollte  wie  ein  meister  seines  faches  sprechen,  während 
er  erst  am  ende  seiner  lehrjahre  und  im  anfang  seiner 
wanderjahre  stand  Justi  Winckehnann  l,  383.  {vgl.  auch: 
in  solchem  sengenden  stand  ist  er  gestanden  bisz  aulT 
ein  jar  unnd  zehen  monat  Garg.  168.) 

jff)  in  arbeit  stehn,  so  in  .4u^sJwr(7  =  einstehn  Bir- 
LINGER  410'*; 

vier  männer  stark  von  leibem 

die  sollen  mit  zwei  weibem 

allhier  in  arbeit  stehn 

vmnderh.  1,  290  Boxherger. 

mit  artikel,  anders  nuanciert:  der  dient  ihm  {Christo)  am 
besten,  der  in  der  arbeit  steht  und  Ordnung  hält ,  Fon- 
tane 6,  160  {quitt  19).     *.  ferner  c,  a. 

y)  in  einem  amte  stehen :  in  einem  amt,  dienst  stehen 
Krämer  dict.  2,  928»';  in  einem  öffentlichen  amte  stehen 
Adelung  (2,  2,  5);  wo  jemand  vermessen  handien  würde, 
das  er  dem  priester  nicht  gehorchet,  det  daselbs  in  {zu- 
erst :  an)  des  herrn  deines  gottes  ampt  stehet  5  Mose  17, 12 
(nn«-nH  osr  n-!D^  "ßjn,  um  dort  Jahveh  zu  dienen);  etliche 

T    :      V      T         -.r:  t 

80  in  der  oberkeit  stunden  {cQxaQ  txovteq)  Xylander 
Polybius  356  (VI,  54,  5);  zu  meiner  zeit  liesz  sich  keiner 
malen,  der  nicht  in  amt  und  würden  stand  Kotzebu e 
d.  d.  kieinstädter  1,  4.  ähnlich:  es  war  ein  feiner  und 
ernster  mann,  der  in  den  Staatsgeschäften  stand  Keller 
1,  228.  dafür  auch:  es  is  halt  doch  'was  schön's, 
wenn  man  in  ein'  gehalt  steht  Nestroy  ges.  werke  4,  121 
{mein  freund  1,  2). 

<J)  in  einem  ränge,  stände  u.  ähnl.:  nicht  blosz  die 
männer,  welche  schon  in  hohen  militärischen  graden 
standen,  .  .  .  blickten  die  alte  weit  mit  andern  äugen 
an  als  zuvor  Dahlmann  franz.  revol.  79.  von  berufs- 
ständen: 

lasz  meinen  stand,  darin  ich  steh, 

berr,  deine  liebe  zieren 

P.  Gerhardt  436,  15; 

dat  dat  511er  keinen  stand  weniger  schaden  deiht  as 
den  preisterstand,  wenn  de  mann,  de  in  cm  steiht,  em 
rechtschaffen  verwacht  hett  Reuter  2, 196, 4  Seelm.  {strömt. 
1,  11).  anderes:  Spina  ...  ein  witib  belcyben  waz  ...  in 
wiUb  stant  also  etlich  zeit  gestanden  Arioo  decamer. 
9t,  90  Keller  (8,  e,  fehlt  ital.); 

akdmn  so  wirtt  dn  Mhn  wie  redner  und  poet, 
■toroMbtr,  and  wu  Boniit  im  MuMnorden  (t«bt 

B.  Nbukircii  ifed.  (1744)  178. 

e)  «9»  dienH-  und  lohnverhüUnitsen. 

tt)  in  arbeit,  dienst,  lohn  stehen  bei  einem:  bey  irgend 
eioem  in  arbeit  stehen,  star'  A  tavoro  appreaso  tino 
Kramkr  diet.  I,  BS8*>;  bey  Jemanden  in  der  lehre,  in  arboit, 
in  oondiUon  stehen  Adbluno  (s,  s,  6);  ich  bin  ein  ehr- 
lieber  sohoeidar  meia««  Handwerks  .  .  .  und  Blehc  hier 


in  arbeit  bei  meinem  meister  MusÄus  volksm.  i,  23 
Hempel  {Rübez.  2);  die  häscher  .  .  .  führten  einen  ge- 
wissen kapitän  Cisti,  der  .  .  .  nicht  bei  dem  herzog  in 
diensten  stand  Göthe  34,  140  {Cellini  i,  lo).  bei  einem 
in  lohn,  in  lohn  und  brod  {oder  kost)  stehen:  ihr  be- 
klagt euch  so  viel  übern  adel  .  .  .,  die  leute  sahn  hof- 
meister  wie  domestiken  an,  narren  I  was  sind  sie  denn 
anders?  stehen  sie  nicht  in  lohn  und  brot  bei  ihnen 
wie  jene?  Lenz  l,  345  Blei  {hofmAster  2,  l);  steihst  du 
bi  den  herrn  ratsherrn  in  lohn  un  brod,  oder  bi  mi? 
Reuter  3,  343  Seelmann  (franzosent.  10); 

bi  den  hei  in  de  lihr  badd  stahn 

1,  380  (lätttchen  2,  66,  12). 

ß)  noch  häufiger  mit  gen.,  in  eines  dienst(e)  u.  ä.: 
drauszen  in  der  küche  aber  setzte  sie  sich  .  .  .  und  liesz 
sich  von  Christine,  die  seit  etwa  zwei  jähren  in  ihrem 
dienste  stand,  die  kaffeemühle  geben  Fontane  6,  29 
{quitt  4);  andere  {Johanniter)  standen  im  dienste  der 
republiken  Venedig  und  Genua  Gutzkow  ritter  vom  g. 
1,  95.     im  plural: 

mit  absehen  musz  ich  jetzt  den  frechen  mörder  sehn, 
unmöglich  kann  ich  mehr  in  seinen  diensten  stehn 

Gottsched  d.  Schaubühne  5,  26 
(Gottschedin  Panthea  2,  4); 

einige  batavische  in  römischen  diensten  stehende  cohortcn 

waren   eben   auf  dem  weg  nach  Italien  begriffen    M.  J. 

Schmidt  gesch.  d.  DeutscJien  l,  87.    alterthümlich  in  eines 

pflicht: 

die  liebe  lässt  den  harten  zäum  nicht  gehen, 

sie  träncket  mir  die  lust  so  bitter  ein, 

dasz  ich  nicht  mehr  in  jhrer  ptlicht  kan  stehen 

Königsb.  dichterkr.  s.  94  neudr.  ; 

wir  aber  stehn  in  des  kaisers  pflicht, 
und  wer  uns  bezahlt,  das  ist  der  kaiser 

Schiller  12,  50  {Walienst.  lag.  11); 

in  eines  solde :  viele  grossen  in  Madrid  standen  in  seinem 
solde  Klinger  4,  253  {Raph.  de  Aqu.  5,  2).  dafür:  Fiesco. 
kerl,  wie  viel  teufel  besoldest  du?  mehr,  zu  dienen  — 
nur  einen,  und  der  steht  in  gräflichem  futter  Schiller 
3,  270  {Fiesko  3,  3) ;  nun  und  nimmermehr  konnte  dieses 
prototyp  einer  edelfrau  den  Stammsitz  ihrer  väter  .  .  . 
auf  die  familie  eines  mannes  übertragen,  der  als  be- 
diensteter  in  ihrem  lohn  und  brode  stand  L.  v.  Franc:ois 
d.  letzte  Reckenb.^  321.  dazu  auch:  er  ist  hofgelehrter  und 
der  andre  hofnarr;  ihr  steht  beide  in  einem  {demselben) 
gehalte  Tieck  5,  228  {d.  gest.  kater  2,  4). 

Y)  andere  ausdrücke  begegnen  vereinzelt,  so  in  der  älteren 
spräche  in  eines  geböte  {rieben  zu,  s.  6,  e,  ä): 

sie  betten  an  die  abgfitte, 
inn  der  teüffel  gebotte 
stunden  sie  gemeyn 

Albrecht  v.  Halberstadt  prol.  25; 

in  eines  schütze  stehen: 

dasz  alle  musen  schon  aus  fremden  I&ndem  gehen 
und  nun  in  deinem  schütz  und  reichem  solde  stehen 

KoBMo  ged.  37. 

bildlicher  ausgedrückt:  nichts  gehet  über  die  anhänglich- 
keit,  womit  die,  welche  einmal  im  gefolge  stunden,  ihrem 
anführer  ergeben  waren  M.  J.  Schmidt  gesch.  der  Deut- 
schen 1,  40;  alle  die  vier  mittelstaaten.  welche  Napoleon 
bereits  als  die  stützen  'meines  künftigen  deutschen  bundes' 
bezeichnete,  standen  in  seinem  lager  Trkitsciike  (/. 
gesch.  l,  822. 

d)  von  Zahlung»-  und  anderen  Verpflichtungen :  in  schulden 
stehen,  stare  in  dtbiti,  eioi  esaerr  indebitato  Kramer 
dict.  2,  928>>;  so  gewöhnlieh  in  eines  schuld  stehen,  sein 
Schuldner  sein;  gern  in  freierem  »inne:  es  ist  nicht 
heiter,  wenn  jemand  .  .  .  vor  uns  hintritt  und  uns  be- 
weist, dasz  wir  tief  in  seiner  schuld  stehen  Ebnkk 
Eschen  BACH  4,  98; 

ich  bin  nicht  genonnen, 

in  mfiner  di«ner  Hchuld  zu  Mtehen  —  erbittet 

euch  eine  gnade 

Schiller  6,  S,  808  (don  KarUn  8, 10); 

ich  stehe 
schon  hoch  genug  in  ihrer  acbuldl 

Hkbbil  8,  814  (Her.  u.  Mar.  1,  8,  888). 

selten  ohne  »oUhen  gen.: 

ich  bin  von  dir  bctchlmt,  und  ateh  in  tiefster  schuld 
Oo-rrscHBD  ged.  (1751)  878  (öden  8,  88). 


1609 


STEHEN  (II,  C,  11,  d-e) 


STEHEN  (II,  C,  11.  e-g) 


1610 


anderes:  ob  .  . .  derselbig  ungehorsamb  erscheinet,  so  soll 
er  in  der  straff  der  herrschaft  stehen  steir.  taid.  Ii9,  32 
{Ratten,  16.  jnhrh.),  s.  auch  71,  29  unter  I,  B,  2,  /,  6,  dd. 
in  neuerer  spräche  einem  im  wort  stehen :  er  liatte  aller- 
dings keine  ahnung,  ob  herr  Oversberg  daran  denke,  sich 
von  dem  besitze  zu  trennen,  in  dem  .  .  .  doch  möglichen 
falle  jedoch,  dasz  er  sich  .  .  .  dazu  geneigt  fände,  bäte 
er  ihn,  sich  seiner  als  eines  ihm  im  wort  siebenden  zu 
erinnern  Ebner-Eschenb.^ch  i,  163. 

e)  von  gesellschaftlicher  und  sonstiger  Schätzung:  in  ehre, 
ansehen,  gunst  stehen. 

a)  ohne  jeden  ziisatz  sind  diese  Wendungen  kaum  üblich, 
wohl  aber  finden  sich  so  ausdrücke,  die  das  gegentheil  be- 
sagen, in  schänden  stehn  u.  ähnl.,  besonders  in  der  älteren 
spräche  {daneben  mit  schänden,  s.  12,  c):  nu  stehen  sie 
mit  ihm   in  allen  schänden    Luther  50,  144  Erl.  ausg. ; 

und  mfist  (er  muszte)  darzä  in  schänden  ston 

SCHEIDT  grob.  4308,  s.  I,  B,  2,/,  a,  bb; 

ich  stund  in  spott  und  schänden 

P.  Gerhardt  401,  4. 
so  auch: 

ich  f&rcht,  ich  stehe  nur  in  lauter  ungenaden 

Neuberin  verspiel  s.  10,  134  Richter. 

(in  der  gnade  stehen  in  geistlicher  spräche,  in  bezug  auf 
gott,  s.  5,  b.) 

ß)  mit  adjectiven  des  grades  u.  ähnl.:  in  hohen  ehren 
stehen,  stare  in  alti  honori,  esser  honorato  Kramer  dict. 

2,  928'';  sie  war  aus  einem  hause,  welches  in  Leipzig 
seit  langen  jähren  in  gutem  ansehen  gestanden  .  .  .  hat 
Raben  ER  s.  werke  6,  77;  woher  komme  es,  dasz  die  eid- 
genossenschaft  so  in  allgemeinem  ansehn  stehe?  Ranke 
deutsche  gesch.  1, 83;  auch  steht  dieser  mann  in  der  gröszten 
achtung  Göthe  36,  72.  in  demselben  sinne  auch:  ich  lasse 
mir  den  burschen,  der  allhier  in  so  gutem  geruch  steht, 
genau  beschreiben  Raabe  hungerpastor^^  154  (l4.  kap.); 
in  sonderlichem  wohlgeruch  steht  unser  lieber  Beo  hier 
nicht  Enking  Matth.  Tedebus  269.  —ferner:  ein  in  hohen 
gnaden  stehender  minister,  .  .  .  ministro  favorito,  gratiato, 
accreditato  Kramer  dict.  2,  929*';  er  war  der  freund  meines 
gemahls,  und  steht  in  groszem  credit  Pfeffel  pros. 
vers.  5,  193. 

y)  mit  genauerer  inhaltlicher  bestimmung.  im  gen. :  im 
rufe  der  Wahrheitsliebe  und  fügend  stehen  Adelung 
(2,  2,  5) ;  er  führte  ihn  zu  einem  künstler,  der  im  gerücht 
der  Zauberei  stand  Herder  26,  438;  (ein  eremit)  der  weit 
und  breit  im  geruche  besondrer  heiligkeit  stand  Klinger 

3,  82  (Fausts  leb.  2,  5);  vgl.  H.  Meyer  unter  I,  ß,  3,  e,  t. 
durch  einen  inhaltssatz:  Hippias  stand  in  dem  rufe,  dass 
ihm  in  den  Vollkommenheiten  seiner  profession  wenige 
den  rang  streitig  machen  könnten  Wieland  l,  79  {Ägath. 
2,  1);  da  er  in  dem  geschrei  stand,  dasz  er  betstunden 
hielte  Hippel  8,  22. 

6)  in  ehren,  ansehen,  achtung,  gunst  stehen  bei  einem: 
die  fraw  .  .  .  bey  dem  vatter  inn  grossen .  ehren  stund 
Montanus  s.  220,  21  Bolte  {Guisc.  u.  Sigism.  7).  —  in  an- 
sehen *.  Haller  Alfred  64  und  Moser  phant.  i,  157  unter 
I,  B,  3,  e,  e  und  ^;  der  leser,  wenn  er  bedenkt,  dasz  dieser 
kerl  bey  herrn  Western  bereits  in  einem  sehr  schlechten 
geruche  stand,  .  .  .  Bode  Th.  Jones  (1786)  1,  .328;  wi  stahn 
all  drei  bi  em  in  en  schönen  kredit  Reuter  3,  206  Seel- 
mann  {strömt.  3,  43) ;  die  reden  der  flüchtigen  beamten, 
die  .  .  .  aus  den  letzten  feldzügen  in  gutem  andenken 
bei  den  Soldaten  standen,  machten  tiefen  eindruck  Momm- 
SEN  röm.  gesch.  2  *,  307.  —  so  ferner  in  gunst :  man  kennt 
die  gunst  in  der  bei  Mengs  Correggio  stand  Justi  Winckel- 
mann  2,  i,  40.  —  in  gnaden :  bey  einem  in  gnaden,  in  freund- 
schaft  stehen,  stare,  essere,  trovarsi,  vedersi  in  gratia,  in 
favore  di  uno  Kramer  dict.  2,  sas«»;  er  steht  bey  ihm  in 
genaden,  multum  apud illum gratia valet  Steinbach  2,  668; 
solchen  ansehnlichen  leuten  nun,  die  am  kaiserlichen 
hofe  in  groszen  gnaden  stunden,  wollte  Horaz  eine  richt- 
schnur  in  die  band  geben  Gottsched  erit.  dichtk.^ 
(1742)  g.  4. 

f)  seltener  mit  gen.    so  in  der  älteren  spräche: 

lade  alle  gliche  .  .  . 

daz  8u  komen  zu  mime  hove, 

so  sten  SU  alle  an  mime  lobe 

Katharinen^.  (1340—60)  r.  7  Beckert; 


unde  stunde  he  {Seinke)  alzo  in  des  konnynges  love, 
her  Ysegrym,  so  alze  gy  doet 

Reinke  de  vos  158;  ebenso  3905. 

später  nur  in  eines  gunst,  gnade  stehen:  Adam,  wair 
bistu  nu?  steistu  oick  noch  in  der  vrentschap  unde  ghe- 
nade  godz?  Veghe312,23  Jostes;  nun  erkenne  ich,  dasz  ich 
...  in  der  gnade  gottes  stehe  Göthe  34, 371  {Cellini  2,  13) ; 

mir  {Alba)  befahl  er  .  .  . 
ihm  {Karle»)  abzubitten,  dasz  ich  mich  vermessen, 
in  seines  vaters  gunst  zu  stehen 

Schiller  5, 1, 137  {den  Karl.  2,  13,  2877). 

früher  auch  in  dem  sinne  'in  eines  geicalt  stehen'  {ihm 
auf  gnade  oder  ungnade  ausgeliefert  sein):  dieweil  jm 
denn  also  ist,  sagten  die  gebrüder,  so  nempt  gegen  uns 
für,  als  denen,  so  in  euweren  gnaden  und  gewalt  stehn 
Amadis  i  (1569),  s.  61  Keller  (l,  5).  ferner:  da  wir  alle 
gottes  feinde  waren,  und  in  seinen  Ungnaden  stunden 
M.\thesius  Say-epta  (l57i)  43^. 

f)  von  krieg  und  kriegsrüstung.  so  ganz  sinnlich:  estre 
en  armes,  in  waffen  stehen,  stare  in  armi,  i;»  armis  esse 
Duez  Twmencl.  (I6.02)  207;  immer  aber  stand  doch  der 
Osten  {des  reiches)  gegen  die  Römer  in  waffen  Mommsen 
röm.  gesch.*  2,  283.  mit  art. :  nun  war  unter  den  evan- 
gelischen Schweitzern.  ...  im  gantzen  lande  alarm,  und 
stunden  sie  bereit  auf  die  zwantzig  tausend  man  starck, 
in  den  waffen  Chemnitz  schwed.  krieg  2  (1653),  232».  auch: 
in  dem  hämisch  ston,  assistere  in  armis  Maaler  390*.  — 
abstracfer  in  rüstung  stehen:  derhalben  sie  ein  beer 
sambleten,  und  in  grosser  kriegsrüstung  stunden,  der 
meinung  in  Macedonien  zufallen  Xylander  Polybjus 
(1574)  245  {naQaaxeifiv  noislo&ai  ßiyä'/.rp>  IV  66,  1) ;  aber 
als  er  {Heinr.  I.)  mit  den  teutschen  fürsten  in  rüstung 
stund,  fiel  er  in  ein  kranckheit  Stumpf  ScMcytzerchron. 
(1606)  72''.  dafür:  in  guter  Verfassung  (kriegs-verfassung) 
stehen,  star'  in  buon  apparecchio,  star'  all'  ordine  Kramer 
dict.  2,  928*";  dasz  man  den  feinden  nicht  eher  den  krieg 
ankündigen  soll,  bisz  man  in  Verfassung  stehet  Brei- 
tinger  crit.  dichtk.  (1740)  1,  247;  wir,  die  brigade  des 
generals  Blanckensee,  stehen  in  bereitschaft  und  er- 
warten einen  starken  ausfall  Liliencron  6,  218  ; 

ain  statt  dj  st&nd  in  grosser  wehr, 
als  sj  verlegt  das  römisch  h6r 

Schwarzexberg  Cic.  (1535)  113*. 

im  kämpf,  streit  stehen: 

drum  ring'  ich  künftig  denen  nach, 
die  siegreich  stehn  im  blut'gen  streit 

Pellegrin  dram.  spiele  237. 

freier:  zu  der  zeit,  da  ich  alleine  ym  kampff  stund,  bullen 
und  bann,  beide  bapsts  und  keisers,  dazu  aller  papisten 
anfechten  leiden  muszte  Luther  23,  34,  35  TFetm.  s.  fer- 
ner g,  a.  vom  eig.  kämpf  jetzt  gern  im  teuer  stehen:  wir 
hatten  fünf  stunden  in  der  äuszersten  vorhut  im  feuer 
gestanden  Liliencron  6,  193.  —  specielleres:  im  accord 
stehen,  oder  capituliren,  conditiones  de  arce  dedenda 
utrimque  ferre,  einen  ehrlichen  accord  treffen,  aequis  con- 
ditionibus  discedendi  potestatem  pacisei  Apin  gloss.  nov.  11. 
—  so  dann  auch  im  frieden  stehen :  wen  ir  mir  schreiben 
wert  das  er  nun  in  frid  stet  zu  haut  wil  ich  auch  im 
frid  sein  und  steen  Palacky  urkundl.  beitr.  z.  gesch. 
Böhmens,  s.  468  (nr.  402  vomj.  1467);  s.  auch  Liliencron 
hist.  volksl.  4,  564  {nr.  605  vom  j.  1552)  unter  I,  B,  2,  /,  «,  bb. 

g)  von  feindliehen  und  freundlichen  beziehungen  zu 
andern. 

a)  im  kämpf  mit  einem  stehen,  freier:  wie  yhm  zu 
mut  gewesen  ist  .  .  .,  da  er  mit  dem  tod  ynn  solchem 
kampff  gestanden  ist  Luther  19,  221,  8  Weim.;  vgl.  34,  l, 
224,  13.     so  auch: 

weh  der  liebe,  steht  sie  mit  der  hohen  ehr'  im  kämpf! 

Fr.  Schlegel  Alarcos  38; 

du  liebst  ihn,  doch  dein  herz  steht  mit  sich  selbst  in  streit 
Gellert  bei  Adelung  (2,  ä,  5); 
die  schiffe  der  Dantziger  und  Polen,  mit  welchen  der 
könig  zu  Schweden  damahln  in  offenbahrer  fehde  stand 
Chemnitz  schtced.  krieg  1  (1648),  9».  in  der  älteren  spräche 
in  Spänen  (s.  d.  ztceiie  span,  m.,  th.  10,  1,  1867 jf.).-  item 
wenn  der  richter  eben  in  der  glych  sach,  mit  eim  andren 
ouch  in  spennen  steet  {fall  der  befangenheit  des  richtera) 
Biederer  Spiegel  d.  icaren  rhetorie  (1498)  a  6'';  als  nun 
abt  Gero  von  Einsideln  jetzt  4.  jar  lang  mit  den  grafen 


1611 


STEHEN  (II.  C,  11.  g) 


STEHEN  (II,  C.  11.  g) 


1612 


von  Lentzburg  ...  in  st6sz  und  spfinen  gestanden  Tschudi 
chron.  Helvet.  1,  51».  auch  im  sing.:  die  überigen  zeyt 
halben  stat  man  im  span  gegen  einanderen  M aaler  384''. 
femer:  in  irrung,  s.  monum.  Habsb.  I,  2,  206  {vom  j.  1477) 
unter  I,  B.  2,/,  f,  cc;  dasz  besser,  mit  den  evangelischen 
ihrer  firther  sich  dieszfalls  in  keine  negotiation  einzulas- 
sen, wegen  der  Weiterung,  darinnen  theils  dieselbigen 
mit  andern  stehen  .  .  .  Leibniz  deutsche  sehr.  2,  112  {br. 
V.  19. — 22.  oct.  1G99).  —  stehen  allein  für  in  kämpf  stehen. 
vom  Zweikampf:  dreymal  schon  mit  ihm  auf  leben  und 
tod  gestanden,  und  .  .  .  nie  beleidigte  ich  den  menschen 
Klinger  theater  2,  272  {stürm  u.  drang  1,  l). 

ß)  weiterhin  in  gegensatz,  Opposition  stehen :  auch  beim 
kämpf  stand  das  gefolge  des  häuptlings  in  einem  gegen- 
satz zum  volksheer  Freytag  17,  85;  seit  langem  zum 
erstenmal  stand  wieder  einmal  ein  einzelner  beamter  in 
ernsthafter  Opposition  gegen  die  aristokratische  regierung 
MoMMSEN  röm.  gesch.^  2,  87.  —  vom  rechtsstreit,  im  recht 
stehen  mit  einem  oder  gegen  einen,  *.  tirol.  weisth.  4,  217, 
12  unter  I,  B,  3,  /,  ß,  bb  {häufiger  einem  zu  recht  stehen 
u.  ähnl..  s.  6,  /,  a — ß).  —  im  Widerspruch  stehen :  als  sie 
aber  den  herrn.  .  .  .  beschreiben  sollten,  standen  beyde 
mit  einander  in  geradem  ^Widerspruch  Thümmel  reise 
9,  157;  so  stehst  du  ja  mit  dir  selbst  in  Widerspruch 
GÖTHE  21,  52  {wanderj.  l,  4).  —  loser  ist  die  Verbindung  mit 
einem  in  der  wähl  stehen,  als  mitbetcerber :  im  j.  1039  war 
auch  der  herzog  Konrad  von  Kärnthen  .  .  .,  der  ehemals 
mit  Heinrichens  vater  in  der  wähl  gestanden,  mit  tod 
abgegangen  M.  J.  Schmidt  gesdi.  der  Deutschen  2,  826. 

Y)  im  frieden  mit  einem  stehn,  gelegentlich  in  der  älteren 
»prache:  denn  der  kßnig  Jabin  zu  Hazor,  und  das  haus 
Heber  des  Keniters,  stunden  mit  einander  im  friede 
richter  4,  17 ; 

die  mit  der  nachbarschafft  in  lieb  und  frieden  steht 
Rachel  gatyr.  ged.  39  neudr.  (3,  91). 

S)  sehr  gewöhnlich  im  bunde,  bündnisz  stehen  mit 
einem:  darauff  antwortet  ein  anderer  Holländer:  wer 
wolle  uns  den  krieg  ankünden?  wir  stehen  mit  Hispania 
and  Engelland  in  der  zu  Sancten  geschlossenen  triple- 
alliantz  Simplie.  sehr,  i,  84,  3  Kurz  {vögeln.  2,  11) ;  er  stahl, 
er  raubte,  er  mordete,  und  so  lang  er  mit  dem  manne 
im  bündnisse  stand,  ging  alles  gut  mährleinbuch  (1799)  242. 
bei  mehreren  subjecten  ist  mit  einander  entbehrlich: 

Marbod  und  Hennann  stehn  im  bund',  Quintilius! 

Kleist  Herrmannsschl.  5.  9. 

häufig  in  freierem  und  übertragenem  gebrauche:  was  alter? 
stehst  du  mit  dem  himmel  oder  mit  der  höUe  im  bünd- 
nis?  Schiller  2,  186  {räuber  6,  l); 

zwar  steh'  ich  nicht,  wie  du, 
mit  kräften  der  natur  in  trautem  bunde 

Hölderlin  3,  120  Böhm; 

das  glück  stehet  mit  dem  tode  in  einem  grausamen 
bündnisse  Adelung  umständl.  lehrgeb.  2,  521.  in  vertrag: 
zugleich  wurden  die  gaetulischen  stamme  im  inneren 
Africa  als  freie  bundesgenossen  unter  die  mit  den  Römern 
in  vertrag  stehenden  unabhängigen  nationen  aufgenommen 
MoMMSEN  röm.  gesch.**  2,  156. 

e)  in  Verwandtschaft  stehen:  der  alte  seihst,  der  es 
Tortheilhaft  findet,  bei  sinkendem  ansehn  mit  dem  tüch- 
tigen in  Verwandtschaft  zu  stehen,  begünstigt  die  neigung 
GöTHE  41,  2,  101,  8  Weim.;  8.  auch  Kerner  unter  I,  C,  8, 
f,  ß.  freier:  gleichwie  sie,  in  der  gute  und  vollmacht 
gutes  zathun,  mit  der  göttl.  majestät  in  verwandschafTt 
stehen  S.  v.  Birken  osUänd.  lorbeerhäyn  (1867)  7*  {über- 
reiehungsrede).  ähnlich:  ich  wandte  mich  an  die  unsterb- 
lichen, mit  denen  meine  seele  schon  so  lange  in  einer 
«rt  Ton  unaichtbarer  gemeinschaft  stand  Wikland2,  80 
(AgaÜum  7,  9);  aber  was  wollen  sie  denn  bey  dem  jungen 
I.«elio  .  .  .?  ohne  zweifei  stehen  sie  mit  dem  erstem  in 
verkehr?  Lessino  1,  M6  (</.  »chats  11);  je  nachdem  sie 
id.  nation)  entweder  mehr  in  sich  eingeachlosscn ,  oder 
daroh  handlung  mit  andern  nationen  in  mehr  oder 
wenigenn  Umgang  gestanden,  haben  sich  auch  ihre  be- 
griff« und  neigangen  verändert  M.  J.  Schmidt  ^mcA.  der 
DtuUehen  l,  if;  sie  sehen  einander  nicht,  sie  stehen 
nur  in  .  .  .  schriftlichem  verkehr  KBNRR-KHCHKNnAcii 
4.  110.    dafür  in  briefwcchsel,  #.  lUnKNRH  6,  93  unter  I. 


C,  3,  e,  y,  beide  {Kleist  u.  Wieland)  standen  in  dem  freund- 
schaftlichsten briefwechsel  Ulrike  v.  Kleist,  s.  Eu- 
phorion  10,  110.  —  vom  einzelnen  falle  in  Unterhandlung 
stehen:  sie  ist  zur  assemhlee  bei  einer  baronin  eingeladen, 
mit  der  sie  eines  rittergutes  wegen  im  handel  steht 
Fr.  L.  Schröder  porträt  der  mutter  3,  7;  ich  sehe  aus 
dem  briefe,  dasz  Levin  selbst  mit  Cotta  in  Unterhandlungen 
wegen  des  'Günthers'  steht  Droste-Hülshoff  an  Louise 
Schilcking  s.  278. 

"Q  in  bekanntschaft ,  freundschaft  stehen  u.  ähnl.: 
während  ich  oben  rühmte,  mein  vater  seie  mit  dem 
vater  Schillers  in  bekanntschaft  gestanden  Kerner 
bilderb.  {iSiS)  s.  21 ;  die  freundinnen,  mit  denen  sie  eh- 
mals  in  gesellschaft  gestanden  war  Wieland  Agathon 
(1766)  1,  221  (6,  1);  wenn  ich  nur  mit  dir,  o  alleredlestes 
und  liehreiches  kätzlein,  in  freundschafft  stünde I  Schup- 
pius  291;  dieweil  ich  dann  mehr  recht  in  diesem  ort 
wegen  der  vertreulichkeit,  in  deren  ich  mit  dem  apo- 
thecker  stunde,  mir  anzumassen  gewohnet  war  Simplie. 
sehr.  4,  544  Keller  {vogelnest  2,  6);  dasz  die  intimität,  in 
der  er  ehemals  zu  Ulrichs  gattin  gestanden,  jetzt  nicht 
wieder  aufleben  konnte,  war  ja  klar  W.  v.  Polenz  d. 
Orabenhäger  l,  73.  —  in  gutem  vernehmen  {jetzt  gewöhn- 
lich einvernehmen)  mit  jemanden  stehen  Adelung  (2,  2,  5) ; 
vgl.  Lessing  l,  351  unter  I,  C,  3,/,  6;  es  war  ihr  haus- 
haltungsprincip,  .  .  .  dasz  man  mit  nachbarn  und  nach- 
barinnen  im  besten  vernehmen  und  immer  in  einem 
ewigen  gefälligkeitswechsel  stehen  müsse  Göthe  20,  290 
{Wilh.  Meister  8,  lo);  vgl.  vernehmen  <7».  12,  914.  im  ein- 
verständnis:  mit  der  pforte  {Türkei)  stand  er  im  ein- 
verständnis  Klinger  4,  2.t3  {Raph.  da  Aqu.  6,  2).  —  in  ähn- 
lichem sinne  scJion:  so  stehet  Frankreich  mit  dem  kaiser 
in  böser  Zuversicht  Luther  briefe  5,  209  {von  1539). 

j;)  allgemeiner  und  neutraler  mit  jemanden  in  Verbindung 
stehen  Adelung  umst.  lehrgeb.  2,  168;  man  sieht  auch 
unter  freyen  fürsten,  die  in  gewisser  Verbindung  mit  ein- 
ander stehen,  .  .  .  dasz  die  Staatsabsichten  gleichsam  die 
seele  ihrer  processe  sind  J.  E.  Schlegel  4,  289;  selbst 
in  der  Schweiz,  die  weder  in  politischer  noch  merkan- 
tilischer  Verbindung  mit  dieser  insel  steht,  .  .  .  waren 
fast  alle  wünsche  für  Englands  wohl  vereinigt  Archen- 
holz England  u.  Italien  (1785)  1,  50;  Kaspar  Sternberg, 
mit  dem  ich  schon  früher  in  brieflicher  Verbindung  stand 
Göthe  briefe  36,  112  {an  Zelter  d.  8.  aug.  22);  vgl.  Ver- 
bindung, th.  12,  124.  dafür:  es  lebe  ihre  connexion  in  der 
sie  mit  dem  schicksaale  stehn,  ich  werde  mich  auch 
auf  den  fus  mit  ihm  setzen  Göthe  br.  l,  196,  12  {an  Frid. 
Oeser  d.  Vi.febr.  1769);  diesem  festen  zusammenschlusz 
der  einzelnen  in  der  gemeinde  entsprach  nicht  die  festig- 
keit  des  Verbandes,  in  welchem  die  gemeinden  zu  ein- 
ander, der  einzelne  zu  seinem  volke  standen  Freytag 
17,  75.  —  ähnlich  in  berührung :  der  landrat hsposten  war . . . 
der  letzte  ausläufer  der  Verwaltungshierarchie,  durch  den 
sie  mit  dem  volke  unmittelbar  in  berührung  stand  Bi.s 
MARCK  gedank.  u.  erinn.  2,  179.  —  häufiger  in  bc7.iehung(en) 
u.  ähnl.:  alle  brauchbaren  menschen  sollen  in  bezug 
unter  einander  stehen  Göthe  23,  128  {wanderj.  3,  9);  die 
erzbischöfe  und  vornehmsten  bischöfe  stehen  in  so  enger 
beziehung  zu  den  königlichen  geschlechtern,  wie  früher 
die  heidnischen  oberpriester  Ranke  werke*  14,  13;  den 
herrn  stadthauptmann,  .  .  .  von  dem  man  wisse,  das7. 
er  in  herzlich  vertraulichen  beziehungen  zum  herrn 
bUrgermeister  und  seiner  familie  stehe  Rio.  Huch  d. 
hahn  von  Quakenbrilck  s.  82. 

&■)  der  allgemeinste  atisdruck  ist  in  einem  verhältnis.si- 
stehen  zu  ...  «o  absolut:  'die  band  meiner  Schwester, 
briefe  .  .  .1  haben  sie  je  mit  ihr  in  vorhältnisz  gestanden':*' 
'unmittelbar  nicht,  mittelbar  seit  einiger  zeit'  Gütiii 
22,  117  {wanderj.  2,  5);  ein  junger  doktor  der  rechte  uml 
eine  stiftsdamc,  von  denen  kein  mensch  wuszte,  dasz 
sie  miteinander  in  Verhältnis  standen,  befanden  sich 
einst ...  in  einer  . . .  gescIlNchaft  Kleist  4, 196,  81  {'rätsel'). 
ungetpöhnlich  im  plural:  mit  den  meisten  verdienstvollen 
männorn  seines  Zeitalters  stand  er  in  Verhältnissen  Göthe 
19,  107  {Wilh.  Meister  4,  16);  seit  dem  besuch  meiner 
kinder  boy  euch  .  .  .  steh  ich  in  einem  stillen  wunder- 
lichen verhältnise  zu  Berlin  bri<fe  34,  129,  Ifl  {an  Zelter 
d.  i>*.  frhr.  90;   mit   don  bedeutendsten  männern  seiner 


1613 


STEHEN  (II,  C,  11,  g-h) 


STEHEN  (H,  C,  11,  h-i) 


1614 


zeit  in  contact,  steht  er  (JAonardo)  doch  zu  keinem  in 
natürlichen,  offenbaren  Verhältnissen  H.  Grimm  Mi- 
chelangelo (1890)  1,  45;  in  dienenden  Verhältnissen  zu  einem 
stehen,  s.  H.  Steffens  unter  I,  C,  3,  /,  a.  in  netterer  zeit 
nimmt  verhältnisz  zutceilen  den  prägnanten  sinn  eines 
liebesverhältnisses  an  (noch  nicht  in  der  obigen  stelle  atis 
Kleist)  :  'hat  sie  denn  eine  {Vergangenheit)  ?'  'ja.  wenigstens 
stand  sie  jahrelang  in  einem  Verhältnis  und  'ging  mit  ihm', 
wie  sie  sich  auszudrücken  pflegt  Fontane  5, 147  {irrungen, 
icirrungen  5);  vgl.  verhältnisz,  th.  12,  518. 

i)  die  nähere  art  des  Verhältnisses,  in  dem,  menschen 
mit  einander  stehen,  wird  auch  durch  Beendungen  m,it  auf 
nälier  bestimmt,  so  bes.  auf  einem  guten,  freundschaft- 
lichen fusze  stehen,  s.  2,  a,  e.  ferner  auf  rechnung,  von 
geschäftsverkehr :  sie  standen  auf  rechnung  mit  einander, 
der  gläubiger  wollte  bezahlt  seyn  Göthe  36,  86  {Rameaus 
neffe).  von  freunden,  auf  du  und  du;  freier:  mit  allen 
Völkern  der  erde  stand  Conrad  von  Faber  so  zu  sagen 
auf  du  und  du  Ra.\be  leute  aus  d.  icalde  3,  HO. 

h)  häufig  mit  angaben  der  äuszeren  läge: 

a)  im,  allgemeinen:  greift  er  {Frankreich)  den  burgun- 
dischen  crais  an,  so  sind  wir,  ehe  wir  in  einer  bessern 
Verfassung  stehn,  .  .  .  weder  schuldig,  noch  stark  genug- 
sam, solchen  zu  defendiren  Leibniz  deutsche  schriften 
1,  172;  aber  in  welch  peinlicher  läge  steht  ein  deutscher 
autor  gegen  Verleger  und  publicum    Göthe  briefe  38,  16. 

ß)  in  ruhe  stehn  {veraltet),  vgl.  in  friede,  f  zu  ende:  Lo- 
tharius  .  .  .  söhnete  sich  aber  bald  nach  diesem  mit 
seinem  vater  vollkommen  aus,  und  stunde,  so  lange 
Ludovicus  Pius  noch  am  leben  war,  in  ruhe  Hahn 
hisior.  (1721)  1,  169; 

wir  stehn  dem  lager  nah,  doch  stehen  wir  in  ruh 

J.  E.  Schlegel  Herrmann  4,  2,  1175. 

tn  bezug  auf  ein  beabsichtigtes  thun,  es  unterlassen  oder 
aufschieben  {vgl.  l):  weil  er  jedoch  ...  zu  einem  güt- 
lichen vergleich  nicht  ungeneigt  zu  sein,  sich  itzt  ver- 
mercken  Hesse;  als  würde  der  glimpfF  desto  mehr  bey- 
behalten,  wann  der  könig  .  .  .  mit  den  waffen,  bis  man 
sehen  möchte,  wie  solche  conferentz  ablieffe,  in  ruhe 
stunde  Chemnitz  schiced.  krieg  1  (1648)  80»;  daher  ich  noch 
bis  dato  in  den  gedanken  bin,  dasz,  wenn  nicht  grosze 
hoffnung  zu  einer  guten  Verrichtung  vorhanden,  besser 
sey,  etwas  in  ruhe  zu  stehen  Leibniz  deutsche  sehr.  2, 
HO  {briefe  v.  1699);  vgl.  117. 
y)  im  glücke  stehn  (veraltet): 

wie  war  ich  freudenreich,  als  ich  noch  stund  im  glücke 

Fleming  118. 
im  besitz:  diese  beobachtung  sollte  sich  besonders  der- 
jenige empfohlen  seyn  lassen,  welcher  eine  im  besitz 
stehende  geliebte  mit  der  geschichte  seiner  ehemahligen 
verliebten  abenteuer  unterhält  Wieland  2, 51  (Agath.  7,  7). 
ungeicöhnlich  mit  folgendem  inf.  (in  der  läge  sein):  die 
spanischen  gesandten  standen  damals  im  besiz,  an  den 
höfen,  wohin  sie  geschickt  wurden,  die  herreh  zu  spielen 
Schiller  4,  117.  —  im  vortheil,  so  schon  bei  N.  Mandel 
*.  25  Bächtold  u.  bei  Lohenstein  Armin,  l,  45'',  *.  I,  B, 
2,  /,  a,  aa  und  3,  e,  y.    femer : 

das  ich,  das  mich  von  hier  verjagte,  stand 
im  vorteil  gegen  mich;  es  hatte  mut 
und  zwei  geübte  arme,  wie  ein  fechter 

Kleist  Amphür.  2,  1,  735. 

auch:  endlich  . . .  ein  brief  von  dem  dreyjährigen  Schweiger 
...  er  bildet  sich  wirklich  ein,  im  vorschusz  zu  stehen, 
and  will  nun  von  unserer  seite  das  zuerst  geleistet  haben, 
was  er  uns  von  der  seinigen  .  .  .  versagte  Göthe  21,  i08 
{toanderj.  l,  6). 

(J)  in  armut,  s.  Schumann  nachtlnlchl.  43  unter  I,  B, 
1,/,  a,  aa,  hyr  an  so  wart  he  seer  gehyndert  van  synen 
undersaten,  so  dat  he  moste  yn  armode  staen  Münster 
ehron.  1,  134.  so  in  freierem  sinne:  o  es  ist  mit  der  ferne, 
wie  mit  der  zukunfl!  .  .  .  wenn  wir  hinzu  eilen,  wenn 
das  dort  nun  hier  wird,  ist  alles  vor  wie  nach,  und  wir 
stehen  in  unserer  armuth,  in  unserer  eingeschränktheit 
Göthe  16,  39  (Werther  l).  sonst  sind  diese  und  die  folgen- 
den Verbindungen  auf  die  ältere  spräche  (15.— 17.,  bes.  d. 
16.  jahrh.)  beschränkt,  in  mangel,  durch  einen  gen.  näher 
bestimmt,  s.  Garg.  43  unter  I,  B,  l,/,  o;  also  das  er  nichts, 
das  er  je  begeret  bette,  in  mangel  stehen,  oder  etwas 


das  er  .  .  .  wünschen  köndte,  jhme  .  .  .  versagt  werden 
dörffte  Thurneysser  magna  alchymia  (1583)  s.  1.  im 
schaden :  die  sandige  örter  kan  man  mit  mist  und  mergel 
verbesseren:  welche  doch  on  dise  weisz,  zuzeiten  durch 
mittel  eins  wassers,  so  unter  dem  erdrich  rinnt,  an 
etlichen  end  seine  herrn  nit  im  schaden  stehn  laset 
(läszt)  Sebiz  feldb.  (1579)  21.  —  in  not,  *.  Wickram  goldtf. 
20  unter  I,  B,  \,f,  a  und  Tschudi  unter  I,  B.  2,/,  /,  aa. 
speddU:  der  wird  das  elende  weih,  so  in  kindsnöten 
stehet  .  .  .  erretten    Mathesius  Aar.  (l57l)  94*     femer: 

wen  du  wilt  hebn  empor, 

den  läszt  zuvor 

ein  zeit  im  elend  stehen 

Rebhun  Susanne  4,  4,  i'.  369; 

in  solchem  trawrigen  leben  s.  Montan us  246,  16  Bolte 
unter  I,  B,  3,  b,  y.  —  specieller ,  im  bann :  und  das  alles 
zu  pesserung  für  den  pan  in  dem  er  etlich  zeit  gestanden 
was  tet  d.  städtechron.  3,  274,  11.  sinnlicher  und  mehr 
local  von  gefängnisz:  also  ein  ganczes  iare  vergangen  was, 
das  die  czwen  in  sölicher  trübsale  und  gefencknüsz  ge- 
standenn  waren  Arigo  decam.  97,  32  Keller  (2,  6). 

e)  sehr  häufig  in  gefahr  stehen,  stare,  versare  inperi- 
colo  Kramer  dict.  2,  928'',  periditari  Steinbach  2,  668: 
es  sey  unbillich,  dasz  ein  gantze  statt  und  burgerschafft 
umb  einer  person  willen  in  gefahr  stehen  und  solch  un- 
gemach  leiden  solt  Zincgref  apophthegm.  i,  7.  dafür 
im  16.  jahrh.  auch,  bes.  bei  Luther:  in  der  fahr  (geicöhn- 
lich  mit  art.):  denn  es  stund  die  stad,  der  gottesdienst 
und  der  tempel  in  fahr  (rfm  ro  xal  xtjv  Tid)uv  .  .  .  xiv- 
övveveiv)  2  Macc.  15,  17:  vgl.  i  Cor.  15,  30;  denn  weyl 
deyn  gantzes  land  ynn  der  fahr  steht,  mnstu  wagen,  ob 
dyr  gott  helffen  wollt  xcerke  11,  277,  12  Weim.    im  plural: 

sie  hats  wol  selbst  erfahren, 
die  sch6ne  Venus  zart, 
als  sie  stund  in  gefahren 
Melissus  bei  Zinkgref  auterl.  ged.  t.  8  neudr. 

mit  näherer  bestimmung.  im  gen.: 

sie  stund  in  höchster  todts  gefahr, 
begehret  nichts  mehr  dann  zu  sterbn 

Spreng  Aeneis  (1610)  IZ^  (4,  451); 
diejenigen,  so  . . .  desz  lebens  jn  gefahr  stunden  Nigrinus 
f.  Zauberern,  hexen  u.  s.  ic.  (1592)  49;  du  bist  in  leib-  und 
lebens  gefahr  gestanden  Butschky  hd.  kanzl.  s.  452,  s.  I, 
C,  3,  e,  ß.  dafür  dann:  wann  der  zäuberer  das  losz  nicht 
anders  wohin  wendet,  steht  sein  leben  in  gefahr  Nigri- 
nus 122.  mit  folgendem  inf  .  diese  gebrauehsiceise  besonders 
ist  auch  in  neuerer  zeit  üblich  geblieben,  häufig  in  stark 
abgeschwächtem  sinne:  auszerdem  stehen  sie  in  der  ge- 
fahr, noch  weit  mehr  zu  erfahren  Gellert  4,  365;  wer 
nichts  unerlaubtes  denkt,  der  steht  nie  in  der  gefahr 
zu  frey  zu  reden  ders.  bei  Adelung  (2,  2,  5);  (e*  icar) 
nicht  recht,  dasz  ich  mein  höchstes  gut  .  .  .  auch  durch 
das  letzte  band  an  mich  fest  zu  knüpfen  suchte?  und 
in  dem  augenblick,  wo  ich  in  gefahr  stand,  es  zu  ver- 
lieren? Hebbel  2,  17,  29  (Maria  Magd,  l,  4).  dafür  im 
inhaltssatz:  denn  wir  stehen  in  der  fahr,  das  wir  umb 
diese  heutigen  empörung  verklaget  möchten  werden  apost. 
gesch.  19,  40;  vgl.  gefahr,  th.  4,  l,  l,  2065. 

i)  tn  bezug  auf  den  inneren  seelischen  zustand,  diese 
Wendungen  sind  bes.  im  altem  nhd.  ungemein  häufig,  leben 
aber  theiluxise  auch  in  der  neueren  spräche  fort,  allgemein : 
sein  herz  steht  jetzt  nicht  in  der  Verfassung,  sich  des- 
wegen zu  beruhigen  Adelung  (2,  2,  5).    im.  einzelnen: 

a)  in  freude  stehen  u.  ähnl.:  nun  etliche  tage  in 
solchen  freüden  gestanden  und  gerüet  betten  Arigo  decam. 
104,  27  Keller  (poi  che  riposata  fu  2,  6):  nun  die  weile 
Constantin  also  mit  der  schönen  frawen  in  lust  und 
freu(n)den  stund  117,  26  (mentre  queste  cose  andavano  in 
questa  guisa  2,  7),  a.  auch  s.  15,  34  unter  I,  B,  3,  c;  darumb 
stehet  ein  solcher  gleubiger  mensch  in  solcher  freude 
und  Sicherheit,  das  er  sich  für  keiner  creatur  lesst  er- 
schrecken Luther  4,  3»  (=24,  22,  22  Weim.),- 

wird  nicht  mein  hertz  in  vollen  freudcn  stehn, 
wenn  es  dir  dartf  sein  innerstes  entdecken? 

cor.  im  irrg.  407. 

ß)  in  leid,  Jammer,  traurigkeit;  so  schon  mhd.: 

do  ich  in  leide  stuont, 
dö  huop  ich  si  gar  unhC 
Heinr.  V.  MoRUNGEN  minnc«.  fr&hl.  13S,  25; 


1615 


STEHEN  (II.  C,  11.  0 


STEHEN  (H,  C,  11.  i) 


1616 


der  kumber  dft  ich  inne  stSn, 
der  ist  von  sinen  schulden 


Iw.  4184 ; 


da  unser  stat  stunde  in  sölichem  iamer,  und  von  menschen 
läre  was  Arigo  decamer.  8,  28  Keller  {'stando  in  questi 
termini  la  nostra  cittä',  also  von  der  äuszeren  läge);  in 
sölichem,  grossem  jam(m)er,  *.  N.  Manuel  BarbdUitß 
und  Ayrer  42.  10  unter  I,  B,  8,  /.  ß,  bb  und  2,  g.  ß;  in 
grossem  unmüth  Montanus  9, 19.  in  trawren  Spee  trtitzn. 
102,  s.  I.  B.  3.  d,  y  und  e.    ferner: 

ich  steh  in  angst  und  pein 
König$b.  dichterkr.  s.  113  neudr.  {anj.  e.  Hede»  v.  S.  Dach); 

er  {Achilles)  steht  noch  heut  auff  disen  tag 
in  schwerer  traurigkeit  und  klag 
Spreng  /Zum  (1610)50»  (jföior  &vuaXyia  niaaii  4.413). 

ainnlieher: 

schnell  den  schleier  vorgezogen, 
steht  das  töchterchen  in  thränen 

MöRiKE  ged.^  176. 

auch:  der  junge  mann  stand  in  groszer  Verlegenheit 
GÖTHE  23.  106  (leanderj.  3.  7). 

y)  in  bezug  auf  mannigfache  affecte:  unterdessen  stund 
der  mahler  in  voller  curiosit&t,  und  fragte  stets  .  .  . 
Weise  erznarren  (1673)  389; 

deine  seele  steht  im  zorne! 

Brentano  3,  229. 

<J)  in  forcht  ston  M aaler  390«;  er  steht  in  furcht,  tiinet. 
timore  adficitur  Steinbach  2,  668;  in  furcht  stehen  Ade- 
lung (2.  2.  5);  wie  woU  nu  ich  nit  ungerne  höre,  das  die 
geystlichen  yn  solcher  furcht  und  sorge  stehen  Luther 
8.  676,  20  Weim,.;  ein  solch  mensch  stehet  alweg  ynn 
einer  furcht  und  schew  für  gott  19,  305.  35.  ebenso:  die 
gantze  nacht  in  schräcken  ston.  ich  ston  hie  in  grosser 
angst  M aaler  390»; 

da  sie  nun  stundt  in  angst  und  noht 
ergeben  war  dem  grimmen  todt 

H.  Sachs  3,  2,  264»; 

sie  stehen  miteinander  ih  misztrauen,  inter  se  timent 
Steinbach  2,  668.  —  durch  einen  inf.  oder  einen  nebensatz 
näher  bestimmt:  ich  musz  aber  in  furcht  stehen,  sie 
mich  mit  einem  zornmütigen  geschrey  in  ein  gesper 
bringen  möchte  Creizenach  schausp.  der  engl,  comöd. 
275.  2  {unzeit.  voncitz  2,  l) ;  die  gesellschaft  sey  in  furcht 
gestanden  .  .  .  eine  scene  zu  erleben  Göthe  28,  221/; 
er  .  .  -  stand  nicht  in  der  geringsten  furcht  ihr  miszfallen 
zu  erregen  Tieck  14,  90. 

f)  in  sorgen  stehen,  schon  mhd.: 

'ich  sten  in  grögen  sorgen',  sprach  aber  Hagene 

Mb.  2131,  1. 

ähnl.:  ich  ston  in  unglöublichen  sorgen  M aaler  390»; 
denn  wo  wir  gleich  reichtumb  haben,  so  mössen  wir 
die  feynde  mit  haben  und  ynn  grossen  sorgen  stehen, 
mflssen  hie  sorgen,  dort  sorgen  Luther  19,  300,  25  Weim.; 
dann  in  solchen  sorgen  stehet  er  (d.  satan),  dasz  er  täg- 
lich fflrcht  die  gefengnusz  seines  reichs  Paracelsus  opp. 
(1616)  2,  480  C;  *.  auch  Wieland  Ag.  2,  258  unter  I,  B,  3, 
b.  6.  mit  folgendem  inhaltssatz:  dann  ich  in  sorgen  stehn 
müszt,  wann  der  mann  kam,  das  er  mich  vileicht  möcht 
umbbringen    Lindeneh  s.  il  Lichienst. 

^  in  zweifei :  du  stast  in  zweyfel,  animua  tibi  pendet 
Maaler  884*;  in  dem  zweyfel.  in  einem  grossen  zweyfel 
.  .  .  «ton  890»;  aporior  {germ.  inn  zweifei  stehen,  nicht 
wissen  wo  ausz  oder  ein)  Calepinus  VIII  ling.  (1584)  104''; 
er  steht  im  zweifei,  dubitat.  liaeaitat  Stein bach  2,  668; 
in  zweifei  stehen  Frisch  2.  826«;  dir  stat  dein  gemflt 
im  zweifei  {animua  tibi  pendet)  Boltz  Terent.  deutsch 
(1589)  90*  {fldelphi  2,  2,  286).  in  solchen  füllen,  wo  keine 
nähere  beatimmung  hinzutritt,  fehlt  später  der  artikel 
durchaus: 

du  wurdest  dich  vergehen : 
wran  dn  in  di«Min  fall  in  zweifei  wolltest  stehen 
Mkuderin  vortjfiel  «.  11  neudr.  (158); 
allein  so  lanf  ich  noch  in  zweifei  stehe, 
und  gerne  mAchte  deine  blicke  fragen 

Platin  l,  172  Hempel  (»onette  41). 

fernen  wenn  er  na  in  einem  solchen  zweifei  stehet  und 
wei«  nicht  wo  hinnaus  Luthkh  lo,  8,  68,  80  Weim.;  do 
wyle  nu  de  geleerden  also  tho  hope  kyvon,  steidt  leider 
de  arme  •impele  man  in  groten  bedruck  und  twyvel 
RoTMAMN  rt§tituiüni  $.  60  neudr.    gern  mit  folgendem 


indir.  fragesatz :  sie  stehen  in  zweifei,  ob  gott  unter  inen 
sey  oder  nicht  Luther  16,  324,  23  Weiwi.  mit  andrer 
fügung:  nach  demjenigen,  was  in  der  deduction  der 
kategorien  gezeigt  worden,  wird  hoffentlich  niemand  in 
zweifei  stehen,  sich  über  die  frage  zu  entschlieszen 
Kant  4,  lOO  (kr.  der  r.  vern.  139).  —  in  ähnlichem  sinne 
sagt  Grimmelshausen  in  der  wähl  stehen:  da  ich  nun 
so  in  der  wähl  stund  und  noch  zweiffelte,  was  ich  thun 
wolte  Simpl.  sehr.  1,  357,  11  Kurz  (4,  l);  worüber  sich 
alle  entsetzten  und  in  der  wähl  stunden,  ob  sie  mehr  essen 
weiten  oder  nicht  3,  289,  29  [vögeln.  1,1);  so  auch  336,  20 
(l,  8)  und  413,  7  (l,  18).  anderes  vereinzelt:  als  Heva  in 
dem  wancken  stehet  .  .  .    Luther  4,  22''. 

7])  in  hoffnung,  mit  inf.  oder  inhaltssatz,  so  schon  im 
16.  jahrh.  häußg,  s.  S.  Franck  chron.  der  Teutschen  147» 
und  Egenolff  sprichxc.  25»  unter  I,  B,  3,  b.  y  und  d,  ß: 
wie  ich  denn  inn  guter  hoffnung  stehe  ...  es  sollen 
dennoch  viel  örter  inn  der  schrifft,  leychter,  heller  und 
klerer  worden  sein    Mathesius  Sareptu  vorr.  2^\ 

drumb  ich  in  hofTnung  ste 
dz  es  mir  ge 

nach  allem  meinem  willen 
Forster  fr.  teutsche  liedlein  s.  71  neudr.  (122, 1). 

später  mit  dem  artikel:  (sie)  stunden  auch  in  der  gewissen 
hoffnung:  das  blätlein  wflrde  sich  nunmehr  wenden 
Chemnitz  schwed.  krieg  2,  s.  5».  in  neuerer  spräche  in 
der  erwartung:  man  hat  nachher  erfahren,  dasz  der 
kapitän  die  ganze  nacht  in  der  erwartung  gestanden  und 
sich  in  das  beste  seiner  schiffe  geworfen  hatte  .  .  .  um 
sich  auf  allen  fall  in  vertheidigungsstand  zu  sezen 
Schiller  4,  175;  die  erwartung,  in  der  er  stand,  täuschte 
ihn  auch  keineswegs    Kleist  3,  371,  6. 

d)  er  steht  in  gedancken,  meditabundus  est  Stein  bach 
2,  668:  wann  nicht  ein  graf  auf  einen  schellen-schlitten 
wäre  querfeld  ein  nach  mir  zu  gefahren  kommen,  und 
mich  gefraget:  wie  ich  so  da  in  gedanken  stände?  Chr. 
Reuter  Schelmuffsky  {vollst,  ausg.)  s.  13  neudr.  (l,  2); 
sie  (Eboli)  steht  in  tiefen  gedanken  Schiller  5,  l,  131 
{do7i  Karl.  2,  12).  so  schon  im  15. — 16.  jahrh..  docli  nur 
mit  adjectiven:  als  er  stände  inn  grossen  gedancken 
Schumann  nachtbüchl.  1,  22  unter  I,  B,  3,  d,  y;  also  er 
ein  kleine  zeit  in  solchen  betrübten  gedencken  gestanden 
was  Arigo  decam.  89,  18  Keller  {in  cosi  fatti  pensieri,  e 
dolorosa  molto  stando  2,  5). 

t)  dem  steht  nahe  das  in  der  älteren  spräche  (16. — 18.  jahrh.) 
häufige  bestimmte  in  den  gedanken  stehen,  einer  {bestimm- 
ten) meinung  sein,  stets  im  plur..  obtcohl  es  sich  doch  um 
einen  einzelnen  gedanken  handelt:  die  leute  stehen  in  den 
gedancken,  putant  homines  Steinbach  2.  668;  in  den 
gedancken  stehen,  putare,  cogitare  Frisch  2,  326",  Ade- 
lung (2,  2,  5);  gewöhnlich  mit  folgendem  inhaltssatz:  denn 
wir  stehen  imerdar  in  diesen  gedancken,  gott  werde  es 
machen,  wie  wirs  wollen  Luther  16,  64,  19  Weim.;  die 
gelerten  stehen  auch  in  den  gedancken,  wenn  den  gcngen 
und  ertzen  jre  natörliche  feuchtigkeit  .  .  .  entgehe,  nemo 
es  von  tag  zu  tag  abe  Mathesius  Sarepta  (1571)  36»; 
weil  ...  sie  mich  nur  von  hinten  ansichtig  wurde,  so 
mochte  sie  in  den  gedancken  stehen,  ihr  söhn  käme 
geritten  Chr.  Reuter  Schelmuffsky  {voUat.  ausg.)  a.  lll 
neudr.  (2,  4);  die  guten  freunde  stunden  zwar  in  den 
gedancken,  als  solle  Concordia  nach  Antwerpen  gefUhret 
werden  Felsenb.  l,  188;  nur  in  dem  jüngsten  beUg  fehlt 
d.  art.:  nur  stehe  er  freilich  in  gedanken,  das  ganze 
werde  mit  seiner  idee  zusammentreffen  Göthe  18,  8«o 
{Wilh.  Meiater  8.  7).  in  neuerer  teit  d^für  gewöhnlieh  in 
der  meinung  stehen  Adeluno  (9,  8,  6,  neben  jenem): 
Adrianus  I.  selbst  stunde  noch  in  der  meinung,  pontiflci 
.  .  .  singularom  concilioruin  congregandorum  auctoritatom 
traditam  esse  Hahn  hist.  (1791)  1.  80.  anm.  c,  so  stünden 
die  meisten  ...  in  der  irrigen  meinung,  er  habe  iwo 
töchter  d.  verniit\ft.  tadUrinnen  1  (178S),  868;  aus  dero 
erstem  briofo  ersehe  ich  noch,  dasz  sie  in  der  meinung 
stehen,  als  ob  ich  die  übersetxung  von  Huart  damals 
erst  angekündigt  hätte  Lbssino*  17,  874  {an  Chr.  G.  v. 
Murr  d.  86.  nov.  1768).  —  hä^fig  im  wahn:  dweyl  die 
wellt  ynn  dem  wahn  steht,  das  sie  mit  gott  will  kauff 
schlagen  {handel  trriben)  Luthbr  17,  1,  816,  88,  vgl.  84,  l, 
909,  10  Weim. ;  die  Verbindung  mit  dem  major  —  du  und 


1617 


STEHEN  (II.  C,  11.  i-n) 


STEHEN  (II,  C,  11,  n— 12,  b) 


1618 


die  weit  stehen  im  wahn.  sie  sei  eine  hofkabale  Schiller 
3,  391  {kab.  u.  l.  2.  1).  so  ferner:  diejenigen,  die  masik 
machen,  .  .  .  stehen  doch  wenigstens  in  der  einbildung. 
unter  einander  einig  zu  seyn  und  in  Übereinstimmung  zu 
wirken  Göthe  28, 100  {icanderj.  3,  6);  die  menschen  stehn 
in  dem  irrthume.  dasz  an  uns  jenes  seltsame  murren  .  .  . 
das  einzige  merkwürdige  sei  Tieck  5,  179  (rf.  gest.  kater 
1.  1);  Hesz  stand  noch  in  dem  guten  glauben,  dasz  . . . 
D.  F.  StraüSZ  d.  leben  Jesu*  i,  8. 

x)  ähnliches:  wo  er  {Lessing)  belehrend  die  gesetze  des 
Schaffens  darlegt,  ist  sein  urtheil  begrenzt  durch  die  enge 
auffassung  des  schönen  und  wirkungsvollen,  in  welcher 
er  damals  noch  selbst  stand    Freytag  14,  7; 

ich  sol  allda  mein  tagzeit  beten. 

steh  doch  bey  mir  in  heymling  rheten. 

•wie  ich  kömb  zu  der  mesznerin 

H.  Sachs  i,  3,  46^. 

k)  andres  führt  in  die  moralische  sphäre  hinüber:  sipverr 
Clodius  nit  in  furgesatztem  willen  gestanden  war  Milonem 
umbzebringen  Riederer  Spiegel  der  teuren  rhetorie  (1493) 
e  6»;  so  weisz  ich,  .  .  .  dasz  ich  viele  gutgesinnte  be- 
festiget, .  .  ,  und  .  .  .  selbst  solche,  die  sonst  in  andern 
grundsäzen  standen,  durch  Überzeugung  gewonnen  habe 
Haller  restaur.  der  staatsiciss.  l  (1816),  s.  XLI.  —  in  einer 
pflicht:  doch  hat  auch  der  redner  .  .  .  nicht  nur  die 
erlaubnisz,  sondern  steht  oft  in  der  pflicht,  die  poetische 
mahler-kunst  zu  hülffe  zu  nehmen  Breitinger  crit. 
dichtk.  (1740)  1,  33;  in  einer  schuld  (moralisch,  kaum  ge- 
bräuchlich), so  mhd.: 

wan  er  (d.  fürst)  tuot  ein  missetät, 

das  nian  sprichet:  'ej  tuotj  sin  rät',  .  . . 

der  miio;  dan  in  schulden  stän 

Teichner  272. 

in  der  ordenung  Murner  schelmenz.  lO,  12,  in  gütter  rohe 
irs  gewissenns  Luther  12,  434,  9,  s.  I,  B,  2,/,  6,  bb  undg; 
also  mueessen  die  grossen  sünder  lang  in  der  puoes  steen 
Berthold  v.  Chiemsee  teictsche  theol.  s.  522;  ich  . . .  gebe 
ihnen  gelegenheit,  sich  über  die  unvermuthete  busse 
eines  sünders  zu  freuen,  von  dem  sie  geglaubet,  dasz 
er  schon  in  dem  stände  der  Verhärtung  stünde  Liscow 
s.  439;  wer  .  .  .  gegen  das  sechste  (gebot)  verstöszt,  dem 
kann  verziehen  werden,  wemi  er  in  gutem  wandel  und 
in  der  reue  steht  Fontane  5,  274  (irrungen  tcirr.  20); 
wiltu  eyn  Christen  seyn.  szo  stehe  yn  gotes  furcht  Luther 
34,  1,  127,  21;  wie  es  unmüglichen  were  umb  der  weycheit 
des  fleichs  willen  stäcz  in  keusche  zu  sten  Arigo  de- 
camer.  553.  31  Keller  (impossibile  essere  il  potersi  dagli 
stimoli  della  carne  difendere  9,  2).  in  geduld:  die  mineurs 
sind  nunmehr  erst  einige  80  fusz  avanciret,  und  müszen 
wir  daher  schon  noch  3  bis  4  tage  in  geduld  stehen 
Lessing'  18,  44l  (Tauentzien  an  Friedr.  d.  gr.  d.  28.  aug. 
1762).     bis  ins  19.  jahrh.  in  gebrauch. 

l)  in  einer  handlung  stehen,  begriffen  sein  (wozu  auch 
manche  der  scfion  behandelten  Verbindungen  gehören):  item 
so  eyner  gifft  kaufft,  und  des  vor  der  oberkeyt  inn  laugnen 
stund  Carolina  c.  37;  deszhalb  damit  sich  die  statt  desto 
basz  möchte  umbsehen,  unnd  die  ubelthäter  straaffen. 
st&nd  sie  in  ernstlicher  Werbung,  die  reychsvogtey  .  .  . 
an  sich  zubringen  Stumpf  Schwytzerchron.  385 '';  in  dem 
stände  und  gesandten  über  vorgemeldten  puncten  in 
voller  deliberation  stunden  Chemnitz  schtced.  krieg  2. 173'>; 
ganz  Abdera  stand  in  zitternder  bewegung.  erwartungs- 
voll des  ausgangs    Wieland  20,  130  (Äbder.  4,  12); 

ihr  seht,  mir  winckt  mein  leben, 
weil  ich  im  tantze  steh' 
Königsb.  dichterkr.  s.  176  neudr.  (S.  Dach). 

m)  daran  scMieszt  sich  die  jetzt  überaus  häufige  umr 
Schreibung  im  begriffe  stehen,  die  zuerst  Adelung  (2,  2,  5) 
bucht.  Campe  gibt  dafür  in  begriffe  stehen,  'in  begriffe 
sein,  und  so  auch  Thümmel  reise  9,  158,  *.  unter  I.  C, 
i,f,  a.  sonst  durchgängig  mit  artikel:  wir  stehen  nun- 
mehr im  begrif,  einen  neuen  Schauplatz  von  begebenheiten 
xa  betreten  Bode  Tristram  Schandi  (1774)  6,  87;  er  begab 
sich  also  in  geheim  ...  in  diejenigen  städte,  welche  im 
begriff  standen,  die  partey  von  Karthago  zu  verstärken 
Wieland  3,  85  {Agathon  12,  2). 

n)  solche  ausdrücke  mit  verbalabstracten  können  auch 
passiven  sinn  haben,  so  bedeutet  in  (groszer,  allgemeiner) 
X.2. 


achtang  stehen:  geachtet  werden,  s.  oben  e  (mit  einem  in 
der  wähl  stehen,  als  candidat.  s.  g,  ß).  so  besonders  in 
den  icendungen  in  rede,  in  frage  stehen,  die  häufiger  mit 
sächlichem  subj.  vorkommen,  s.  unter  D,  1,  a,  &:  falls  der- 
jenige, der  hier  in  rede  stand,  nur  irgend  einmal  in  Rom 
gewesen  .  .  .  war,  so  durfte  sie  hoffen,  ihn  zu  kennen 
Kleist  3,  368,  18;  es  scheint  von  mehreren  seilen  .  .  . 
darauf  gewicht  gelegt  zu  werden,  ob  der  in  rede  stehende 
abgeordnete  in  ein  neues  amt  eingetreten  sei  Bismarck 
polit.  reden  1,  253  Kohl,  auch  in  einem  rufe  stehen  läszt 
sich  hierher  stellen,  s.  unter  e;  dafür  in  der  älteren  spräche 
auch:  in  gutem  vernehmen  stehen,  stare  in  buon  concetto, 
in  buona  riputatione.  in  einem  schlimmen  vernehmen 
stehen  Kramer  dict.  2,  928"=.  in  einem  verdachte  stehen 
konnte  früher  in  activem  und  in  passivem  sinne  gebraucht 
werden  (jetzt  gewöhnlich  in  letzterem) :  in  verdacht  stehen, 
als  ob  etc.,  star'  in  sospetto,  sospettare;  it.  esser  sospettato 
ebenda;  'ich  stehe  in  dem  verdachte,  sowohl  ich  hege  den 
verdacht,  als  auch  andere  hegen  von  m,ir  den  verdacht' 
Adelung  (2,  2,  5). 

0)  veraltet  ist  die  Beendung  im  theil  stehen  für  'theil 
haben':  im  teil  ston  lassen,  oder  teil  lassen  haben,  in 
partem  vocare  M.\aler  390»;  bald  erhüb  sich  zanck 
under  den  brödern,  erben,  und  sunen  Ludovici  Pij  umb 
das  reich.  Lotharius  will  nit  in  gleichem  teyl  steen, 
noch  Carolum  Calvum  teyl  am  reich  mit  lassen  haben, 
will  auch  Ludovicum  enterben  S.  Franck  chron.  der 
Teutschen  (1539)  82*;  vgl.  auch  an  dem  teil  stfin  Schmel- 
LER  1,  599.  —  ungeicöhnlich  ist  auch  'sie  stehen  in  einer 
gleichheit,  sie  sind  einander  gleich'   Adelung  (2,  2). 

p)  dem  nd.  eigenthümlich  scheint  die  wendung  in  'n 
kropp  stahn,  einen  kröpf  (geschwollenen  hals)  haben :  sollst 
sehen,  morgen  steht  er  so  im  kropp,  dasz  er  kein  wort 
hals  geben  kann  Reuter  3, 134,  25  Seelmann  (strömt.  3.  39) ; 
Kurz  steiht  in'n  kropp  143,  15  (überschr.  v.  kap.  40),  vgl. 
s.  145,  11  u.  d.  anm.  —  doch  ähnlich:  wenn  er  (d.  stör)  in 
milch  stSt,  so  lebt  er  lang  an  wajger   Megenberg  257,  12. 

q)  sonst  von  thieren  in  der  Weidmannssprache:  'stehen 
im  bruch  oder  gebreche,  beim,  Schwarzwild  n.  s.  w.  den 
boden  außcühlen,  um  nahrung  darin  zu  suchen'  Behlen 
5.  684  (also  zu  V). 

12)  ähnliche  ausdrücke  mit  andern  präpositionen. 

a)  Verbindungen  mit  an  begegnen  zumeist  im  mhd.  und 
geicöhnlich  in  einem  stärkeren  sinne,  s.  5,  b.  doch  zuweilen 
auch  ganz  den  unter  11  behandelten  gebrauchsweisen  analog: 

swelch  kint  sines  vater  rät 

ze  allen  ziten  übergät, 

das  stet  ze  jungest  an  der  schäm 

und  an  dem  schaden  reht'  alsam 

Helmbr.  335; 

da;  alle  di  werlt  an  genaden  stunt 
Bbun  V.  Schonebeck  3901  (».  I,  B,  3,  b,  f}, 

vgl.  11,  e,  a  und  h,  6.  —  im  frühnhd.:  denn  der  herr  dein 
gott  hat  jn  (d.  stamm  Levi)  erwelet  aus  allen  deinen 
stemmen,  das  er  stehe  am  dienst  im  namen  des  herm 
5  Mose  18,  5  (vgl.  11,  c  und  b,  y)  ; 

so  mfissen  wir  am  Ifigen  stan 
,  ScHMELZL  auteendung  9». 

vgl.  11,  l  (?).  und  so  einzelnes  noch  in  neuerer  zeit:  und 
das  kindergeschrei . . .  ?  bewahre  mich  gott !  oder  —  stehen 
sie  an  dieser  narrheit  (dewi  Äej>a<Äe») ?  Iffland  d.  hage- 
stolzen  1,  7  (hier  wohl  in  dem  sinne  'am  raruie,  an  der 
schwelle  einer  handlung  stehen,  im  begriff  sein  sie  auszu- 
führen', also  von  11,  l  unterschieden;  vgl.  D,  3,  c,  e).  am 
futter  stehen,  vgl.  11,  c,  ß:  indem  er  stets  fort  an  den  aus- 
ländischen kunstschulen  hier  einen  kupferstecher,  dort 
einen  maier  .  .  .  am  futter  stehen  hatte    Keller  1,  249. 

b)  selir  geicöhnlich  mit  unter. 

ä)  unter  den  waffen  stehen,  vgl.  11,/;  belege  unter 
waffe.  th.  18,  273;   doch  schon  früher  als  dort  erkennbar: 

die  Dänen  rings  hemm 
stehn  unter'n  wafTen 
MCllner  dram.  teerte  3,  62  (Jtön.  Vngurd  8,  1). 

ß)  unter  jemandes  gerichtsbarkeit,  herrschaft,  gewalt 
stehen  Adelung  (2,  2,  7),  i-^^  ii,  c  (bes.  y):  ein  unter 
seinem  (des  generals)  befehl  stehender  ritter  Klinger 
3,  818  (Fausts  leb.  4,  9);    aber  die  bauem  haben  es  gethan, 

102 


1619 


STEHEN  (II,  C,  12,  6) 


die  anter  deinen  befehlen  standen  M.  v.  Ebner-Eschen- 
BACH  2,  148;  unter  eines  commando  stehen,  purere  Apin 
gloss.  (1728)  134.  —  unter  eines  leitung:  im  jähre  1814  .  .  . 
war  ich,  als  herausgeber  eines  politischen  blattes,  so 
glücklich,  unter  der  pädagogischen  leitung  eines  grosz- 
mächtigen  polizeidirectors  und  zensors  zu  stehen  Börne 
tfes.  sehr.  (1829)  3,  1.  —  unter  eines  schütze:  du  stehest 
unter  dem  schütze  der  elftausend  Jungfrauen  Klinger 
3,  154  (Fausts  leben  3,  9); 

kommiMarius.   wer  ist  dort  die  junge  person? 
baron.  die?  niemand,  sie  steht  unter  meiner  protektion! 
H.  V.  HoFMANNSTHAL  d.  rosenkavaltcr  135. 

so  dann  auch:  damals  war  Grabenhagen,  das  unter  des 
allmächtigen  Inspektors  Heilmann  willkürherrschaft  stand, 
das  Schmerzenskind  des  Seelsorgers  gewesen  W.  v.  Polenz 
Grabenhäger  2,  227.  adjectiva  statt  des  genetivs:  seine  be- 
kanntschaft  mit  ihr  hatte  sich  zufälliger  weise  in  einem 
alter  angefangen,  worinn  er  noch  gänzlich  unter  der 
väterlichen  gewalt  stuhnd  Wieland  Agathon  (1766)  i,  322 
(7,  9;  werke  2,  89:  stand);  wo  findet  man  mehr  anmuth, 
als  bey  kindern,  die  doch  ganz  unter  sinnlicher  leitung 
stehen?    Schiller  lo,  115. 

y)  oft  in  freierem  gebrauche;  mit  unpersönl.  subject: 
die  winde  stehen  (bei  d.  bewohnern  der  societäts-inseln) 
unter  der  botmäszigkeit  des  gottes  Orri-Orri  G.  Forster 
sämtl.  Schriften  2,  118;  tanze,  Spazierfahrten,  kleine  spiele 
waren  von  seiner  erfindung,  und  standen  unter  seiner 
direction  Göthe  19,  335  {Wilh.  Meister  6).  oder  das,  unter 
dessen  herrschaft  einer  steht,  ist  ein  unpersönl.  begriff: 
schlimm  ist  für  die  Juden,  dasz  der  Deutsche  in  dieser 
Sache  wie  immer  unter  der  strengen  regierung  seines 
herzens  steht  Börne  ges.  sehr.  11,  178;  beides:  unter  der 
herrschaft  ihres  eigennutzes  stand  jede  andre  leidenschaft 
Schiller  9,  269. 

Ö)  für  unter  eines  herrschaft,  befehl  stehen  sagt  man 
sehr  gewöhnlich  unter  einem  stehen,  das  sich  dann  mit 
der  sinnlicheren  bedeutung  2,  f,  x  berührt,  aber  doch  davon 
zu  unterscheiden  ist.  unter  einem  stehen :  er  stehet  unter 
dem  fürsten  von  N.,  stare  sotto  di  uno:  esser  suo  suddito, 
vasaalle  Kramer  dict.  2,928«;  unter  jemanden  stehen,  'voti 
ihm  in  seinem  verhalten  eingeschränkt  werden'  Adelung 
(2,2,1); 'ihm  untergeordnet,  untergeben  sei7i'  Campe  (l).  be- 
lege: man  kaufte  ihm  eine  kompagnie,  und  bey  der  ersten 
gelegenheit  wird  dieser  allerliebste  söhn  eine  anzahl 
bärtiger  und  tapferer  männer,  die  unter  ihm  stehen, 
wider  den  feind  anführen  Rabenek  4,  49;  die  direktion 
der  ganzen  anstalt  stehet  unter  dem  herrn  Abbe,  unter 
dem  direktor  stehen  acht  hofmeister  Nicolai  reise  durch 
Deutschland  2,  513;  sie  ist  von  familie  und  steht  unterm 
Vormund  Bretzner  d.  räuschgen  3,  9.  von  städten:  weil 
Rom  und  Bavenna  unter  dinem  herrn  stunden  M.  J. 
Schmidt  gesch.  der  Deutschen  l,  353;  *.  auch  Haller 
Alfred  8  unter  1,  B,  8,  e,  f.  so  ferner:  die  Engländer 
suchten  nachzuweisen,  dasz  sie  seit  einführung  des 
christenthums  nicht  unter  dem  reich  gestanden  Ranke 
deutsche  gesch.  l,  36. 

c)  dafür  ungewöhnlich:  das  sie  stehen  solten  unter  der 
band  der  kinder  Aaron,  zu  dienen  im  hause  des  herrn 
1  chron.  24,  28  (schlecht  übers.:  p.iH^'j  i  i'h  cioyo  «s  ^viel- 
mehr besteht  ihre  amtspflieht  in  der  Unterstützung  der 
söhne  Aarons'  Kautzsch).  —  häufiger  wird  das  abzeichen 
und  instrument  der  herrschaft  eingesetzt:  o  du  gute  alte 
zeit,  wo  nicht  allein  die  armee  unter  dem  korporalstock 
stand!    Raabe  d.  hungerpastor  *^  24  (8.  kap.); 

und  stehen  unter'ra  alten  joch 

dea  stammeaherm      Rückert  werke  1,  118. 

so  besonder»  unter  dem  pantofTel  stehen,  'von  der  frau 
beherrteht  vierden'  Campe  (i),  meist  ohne  weitere  bestim- 
mung:  er  steht,  so  wie  die  meisten  männer,  unter  dem 
pantoffel  Adeluno  (t,  2,  7);  ich  würde  dann  freilich 
(tanz  unter  ihrem  pantofTel  stehen  Pücklkr- Muskau 
briffw.  u.  taget,  l,  8M. 

Ö  daran  »ehUeuen  sieh  mannigfache  freiere  gebrauch»- 
wciwn.     mil  pertönUehtm  subject: 

„.     war  unter  seiiMiii  iWaUenttein»)  seichen  tbut  fechten, 
dar  *teht  anter  beaondem  mlchten 

SOHILLIR  If,  tS  (WaUenal.  lager  6). 


STEHEN  ai,  C,  12.  h-d)  1620 

unter  einem  einQusz,  druck,  zwang  u.  ährd.  stehen:  hier, 
wo  ich  meine  kinder  nicht  allein  habe,  wo  sie  unter 
dem  einflusz  des  beyspiels  stehn  Caroline  i,  50  Waitz 
(an  L.  Qoller  d.  8.  märz  89);  wo  das  volk  sein  leben 
formte,  .  .  .  stand  es  unter  dem  zwange  seiner  natür- 
lichen anlagen  und  unter  dem  zwange  der  gewohnheiten 
und  idealen  Stimmungen,  welche  ihm  seine  ahnen  ver- 
erbt hatten  Freytag  17  (bilder  i),  29;  er  hatte  auf  der 
schule  und  in  diesem  ersten  jähr  im  kontor  unter  har- 
tem druck  gestanden  Frenssen  Kl.  H.  Baas  188.  femer: 
ich  könte  dir  allerhand  lächerliche  unglücks-fälle  erzehlen, 
die  mir  begegnet,  seit  der  zeit  ich  unter  seinem  fluch 
gestanden  Liscow  124;  um  den  unter  verdacht  stehenden 
auf  eine  falsche  fährte  zu  führen  und  dadurch  wie  sicher 
zu  machen  Fontane  6,  124  (quitt  15),  vgl.  auch  *.  290  (35: 
unter  einem  gefühle  stehen),  weiterhin:  jeder  («fem)  be- 
obachtet seinen  richtigen  lauf,  und  hält  auf  die  minute  ein, 
denn  sie  stehen  unter  einer  scharfen  aufsieht  Hebel  8,  83; 
dem  hause  Nassau- Dillenburg -Oranien,  das  lange  zeit 
unter  einem  besonders  günstigen  gestirne  stand,  brachte 
fast  jede  Vermählung  auch  einen  Zuwachs  an  land  und 
leuten  Döllinger  akad.  vortr.  1,  17.  von  abstracten,  bes. 
unter  einem  gesetz,  einer  regel  stehen  u.  ähnl.:  auch 
bey  uns  (d.  Deutschen)  ist  die  sylbenmessung  sinnlich, 
aber  sie  steht  unter  einem  höhern  gesetze  A.  W. Schlegel 
im  Athenäum  l,  33;  so  ist  urtheilskraft  das  vermögen 
unter  regeln  zu  subsumiren,  d.  i.  zu  unterscheiden,  ob 
etwas  unter  einer  gegebenen  regel  .  .  .  stehe,  oder  nicht 
Kant  3,  131  pretisz.  akad.  (krit.  d.  reinen  vern.  I,  2,  l,  2, 
einl.);  wenn  die  gesetze  des  menschlichen  geistes  nicht 
auch  zugleich  die  weltgesetze  wären,  wenn  die  Vernunft 
endlich  selbst  unter  der  erfahrung  stünde,  so  würde  auch 
keine  erfahrung  möglich  seyn    Schiller  10,  514. 

c)  Verbindungen  mit  der  prüp.  mit  sind  auf  die  ältere 
spräche  beschränkt,     so  mhd.: 

al  diu  weit  mit  grimme  stet         denktn.  49,  4; 

Guivreiz  stuont  mit  riuwen 

umb  fireckes  ungemach  Erec  7003; 

diu  weit  mit  grCjer  vröude  stdt 

minnet.  1,  119**,  4  ».  d.  Hagen. 

SO  noch  frühnhd.,  bei  Luther,  bes.  mit  ehren,  schänden 
stehen  (vgl.n,e):  Babel  ist  gewonnen.  Bei  stehet  mit 
schänden,  Merodach  ist  zuschmettert,  jre  gAtzen  stehen  mit 
schänden  Jerem.  50, 2,  ebenso  10, 14;  s.  auch  46,  24  u.  50, 12; 
meine  Schwester  hat  auffgehöret  (zu  gebären),  sie  stehet 
stille  und  ich  fare  fort  und  stehe  mit  grossen  ehren 
icerke  24,  530,  17  Weim. ;  s.  auch :  aber  wenn  einer  unschul- 
dig mit  allen  schänden  stehet,  das  ist  erst  bitter  660,  13. — 
aucJi  in  bezug  auf  handlungen,  lügenden  u.  ähnl.  (vgl. 
11,  k — l):  lieben  gesellen,  das  ist  schendlich  mit  Ifigen 
gestanden  30,  3,  338,  25;  stet  er  aber  sein  mit  laugen 
Münchner  stadtr.  13;  (sie  sollte)  alle  wochen  zö  dorn 
minsten  den  freytag  und  samstag  fasten,  darnach  alle 
unsere  frawen  und  czwelfTbotentage  .  .  .  mit  keusche  sttu 
Arigo  decufner.  155,  28  Keller  (2,  10),  vgl.  unter  13,  i". 
sehr  ungewöhnlich  ist  ein  vereinzelter  späterer  belag:  der 
mit  der  red  zierligkeit  auiTgebutzte  Basilius,  mit  spitze 
der  sententz  stehende  Nazianzenus   Schuppius  sehr.  724. 

d)  das  gegentheil  drücken  Verbindungen  mit  ohne  aus, 
die  zuweilen  bis  in  die  nettere  spräche  herabreichen,  ohne 
schaden  stehen  (vgl.  11,  A),  s.  d.  Zürcher  urk.  v.  1406  unter 
\,'B,\,f,y;  darauf  ist  durch  goinaine  urtail  bekant  .  .  . 
worden,  das  das  selb  sol  meins  horren  und  gotshaus 
halben  on  allen  schaden  stcen  tirol.  weisth.  1,  ISO,  IS 
(Stumm  1476,  vgl.  jedoch  ttnter  D,  10,  /,  ff),  ähnlich  nn 
gespot  stan  fastn.  sp.  152,  29  unter  I,  B,  t,f,  a,.aa; 

du  enwelleat  mir  dann,  werder  degen, 
geben  deinen  guttcn  ratt: 
Bunat  pin  ich  der  an  hillTa  stat 

Hbinr.  V.  NarsTAUT  ApoUon.  9848  Singer. 

mhd.  7iicht  selten  auch  Ane  lougon  stAn,  nicht  leugnen, 
vgl.  oben  c  und  11,  l:  8t6t  er  im  des  An  laugen  Münchner 
stadtr.  la.  nhd.  bes.  ohne  sorgen  stöhn  (vgl.  11,  i,  f):  ich 
stund  auch  on  alle  sorg,  das  aafhrAr  in  Erfört  werden 
seit    Kbkklin  V.  GONZBUno  8,  t88  Ender»; 


ich  konnte  ruhig  seyn,  bey  seitea  achlafen  gehn, 
bey  tage  nAstig  seyn  und  ohne  aorgen  atehn 

B.  NlUKIRCH  fWd.  (1744)  107  : 


i 


1621 


STEHEN  (II,  C,  12,  rf-13,  a) 


STEHEN  (II.  C,  13.  a-e 


1622 


ähnlich: 

sol  mein  geist  geb&cket  gehen 
und  ohn  alle  hoffnung  stehen 
wenn  ein  unglfick  an  mich  setzt 
S.  Dach,  «.  Königgb.  dichterkr.  *.  82  neudr. 

entsprechend  werden,  als  gegensatz  zu  den  Verbindungen 
mit  in  (ll),  in  neuerer  spräche  zuweilen  solche  mit  auszer 
gebildet : 

alle  äugen 
durchbohrten  mich,  ich  stand  zum  erstenmal 
in  meinem  leben  auszer  fassnng 

Schiller  5, 1,  138  {dorn  Karl.  2,  13). 

13)  die  modale  bedeutung  übenciegt  auch  häufig  in  den 
Verbindungen  von  stehen  mit  prädic.  adj.  oder  mit  adv.  — 
beides  ist  im  nhd.  nicht  überall  scharf  zu  scheiden,  solche 
Verbindungen  im  eigentlichen  sinne  sind  unter  A,  5  be- 
handelt, auch  in  den  nachstehend  dargestellten  fällen  liegt 
meist  deutlich  die  eigentliche  bedeutung  zugrunde,  doch 
findet  ein  stufenweises  verblassen  stau,  bis  stehen  geradezu 
in  die  function  eines  hilfsverb  übergeht,  so  dasz  es  in  vielen 
Jallen  ohne  iceiteres  mit  sein  wechseln  kann. 

a)  die  eigentliche  bedeutung  ist  am.  deutliclisten  in  icen- 
'hingen  tcie  aufrecht,  fest,  sicher  stehen. 

«)  aufrecht  stehen,  vgl.  A,  5,  b:  diesz  alles  sey  aber 
nicht  geklagt,  sondern  einem  manne  vertraut,  der  in 
manchen  stürmen  des  lebens  aufrecht  gestanden  Göthe 
in-,  il,  34  (an  Jak.  v.  Willemer,  d.  16.  mai  26)  ; 

(marqu.  zu  Karlos.)  spricht  so 

der  grosze  mensch  —  vielleicht  der  einzge,  .  .  . 

der  bei  Europas  allgemeinem  taumel 

noch  aufrecht  stand? 

Schiller  5, 1,  20  (dorn  Karl.  1,  2). 

ß)  fest  stehen,  vgl.  A,  5,  d  und  unten  D,  8,  a;  so  eigent- 
lich in  bezug  auf  den  kämpf,  nicht  weichen  (s.  bloszes 
stehen,  A,  ii,  c):  Mose  sprach  zum  volck,  fürchtet  euch 
nicht,  stehet  fest  (?a5Prjn  'haltet  stand")  2  Mose  U,  13;  wie 

in  einem  gantzen  regimente  .  .  .  nicht  alleine  die  häupt- 
leute  .  .  .  feste  stehen  .  .  .  sollen,  sondern  es  müssen 
auch  neben  jnen  alle  andere  reuter  .  .  .  bey  der  fahnen 
halten    Ringwaldt  lauter  tcarh.Ai^: 

lieb  Vaterland,  magst  ruhig  sein : 

fest  steht  und  treu  die  wacht  am  Rhein ! 

K.  Wilhelm  (1854). 

dann  freier:  bleibe  auff  deinem  sinn  (vorsatz)  steiff  und 
stehe  fest,  bisz  .  .  .  Comenius  sprachenth.  899;  wenn 
ihr  im  tode  annoch  feste  steht,  wenn  euch  eure  grund- 
sätze  auch  da  nicht  im  stiebe  lassen,  so  sollt  ihr  ge- 
wonnen haben    Schiller  2,  183  {räuber  5,  l); 

wenn  er  dann  meint,  er  steh  am  festen  {twperl.T) 
und  all  sein  ding  das  sey  am  besten 

H.  Sachs  1,102*. 

)')  sicher  stehn,  zunächst  eigentlich,  nicht  in  gefahr 
sein  zu  fallen,  mit  fest  stehen  gleichbedeutend  {vgl.  A,  ö,  d). 
dann  in  loserer  Verbindung,  geschützt  gegen  geschosse  und 
andre  gefahren,  s.  Keisersberg  post.  3,  69*. unter  I,  B, 
2,f,  7},  dd;  dazu  Göthe  16,  248  unter  II,  A,  13,  c.  freier, 
»ich  sicher  fühlen:  denn  er  weis  nicht,  was  im  gebricht, 
und  stehet  dieweil  sicher    Luther  l,  20*: 

du  aber,  der  du  sicher  stehst 
und  ohne  busse  täglich  gehst 
in  ungeschewte  Sünden 

P.  Gerhardt  385,  29. 

andrerseits  auch  gern  in  bezug  auf  die  finanzielle  läge: 
nur  eine  goldtonne  war  ein  zuverlässiges  piedestal. 
zwischen  fest  und  spiel  .  .  .  gab  es  am  hofe  von  Sachsen 
ein  junges  mädchen,  das  .  .  .  die  schnüre  seines  beuteis 
fest  in  den  bänden  hielt  .  .  .  mochten  die  kartenhäuser 
om  sie  her  zusammenstürzen,  sie  stand  sicher  L.  v. 
Franc-OIS  d.  letzte  Rerhenburgerin^  s.  105.  —  das  gegen- 
theil  unsicher,  gefährlich  stehen,  so  eigentlich,  doch  so, 
dasz  die  Vorstellung  des  Stehens  zurücktritt:  die  auff  der 
hfihe  des  baums  hangen,  stehen  gefehrlicher  als  die  so 
die  mitte,  da  der  bäum  am  stercksten  ist  umbfangen 
Garg.  s.  341  neudr. 

S)  ungewöhnlichere,  vereinzelte  ausdrucksweisen:  beharr- 
lich stehen,  persistere  Dasypodius;  perstare  beständig 
stehen,  beharren  Corvinus /on«  latin.  Gse*»:  ein  schmidt- 
knecht  und  sein  gesel,  die  müszen  all  beid  hart  ston, 
wann  sie  wf.Ilen  zä  werck  gon   Eulensp.  41  («.  6"  neudr.); 


wenn  jr  dem  wort  glaubet,  so  werdt  jr  gewisz  stehen, 
one  zweifei  sein,  werdt  nit  wancken  Mathesius  Sarepta 
(1571)  52»;  Busch  ist  ein  mann,  steht  unerschüttert  wie 
ein  fels  und  setzt  seinen  vs-illen  durch  Bretzner  d. 
räuschgen  i,  3;  nun  steht  er  stark  und  kühn,  nicht  etwa 
selbstisch  vereinzelt;  nur  in  Verbindung  mit  seines 
gleichen  macht  er  fronte  gegen  die  weit  Göthe  22,  13 
(wanderj.  2,  l); 

daselbsten  sollen  wir  auch  unvergänglich  stehn, 
den  amaranthen  gleich  FLE\nNG  125. 

b)  das  allmähliche  verblassen  des  eigentlichen  sinnes 
läszt  die  gewöhnliche  Verbindung  müszig  stehen  gut  be- 
obachten, zunächst  ganz  eigentlich,  in  der  bibelstelle:  und 
gieng  aus  umb  die  dritte  stunde,  und  sähe  andere  an 
dem  marckte  müssig  stehen  (eöTtÖTa?  iv  ry  äyogä  OQyoiq) 
Matth.  20,  3,  s.  ferner  v.  6;  ebenso  erste  deutsche  bibd 
1,  74,  12,  s.  auch  Thauler  unter  I,  B;  3,  b,  y;  ebenso 
schon  ahd.,  s.  Tat  109,  1.  auch  in  folgender  stelle  ist  von 
wirklichem  stehen  die  rede: 

um  einen  arzt  und  seine  bflhne 

stand  mit  erstaunungsvoller  miene 

die  leicht  betrogne  menge  .  .  . 

ein  weiser  trincker  gieng  vorbey 

und  schriee  :  welche  policey  I 

so  müszig  hier  zu  stehen?  Lessing  1,  59. 

dann  allgemein  für  'unthätig  sein',  gleichviel  ob  man 
dabei  steht  oder  geht  oder  sitzt  ti.  s.  w.  (wie  das  noch  viel 
häufigere  müszig  gehen,  vgl.  müszig  5;rf,  th.  6, 2777) :  müszig 
stehen  otiosttm,  feriatum,  vacuuTn  esse,  compressis  manibtis 
sedere,  insinuatis  manibus  ambulare  Stieler  2128;  der 
sontag  aber  heisst  rugetag  ...  es  ist  wol  verdeudscht 
feiertag.  darumb,  das  wir  daran  feiren  und  müssig 
stehen  Luther  4,  516»;  wer  gewöhnt  ist,  fremdes  ge- 
wand  zu  bitten,  der  soll  nicht  müszig  stehen,  wenn 
bessere  männer  die  bände  rühren  Freytag  8,  21 
(ahnen  1,  1,  2).  einen  andern,  uneigentlicheren  sinn  hat 
müszig  stehen  mit  gen.,  sich  einer  sache  enthalten,  davon 
bleiben,  sie  unterlassen  oder  vermeiden,  das  im  16.  jahrh. 
häufig  begegnet  (noch  viel  häufiger  auch  hier  müszig 
gehen,  s.  müszig  3,  th.  6,  2773 — 5;  belege  für  müszig  stehen 
ebenda  unter  4). 

c)  ähnlich  schwankt  ztcischen  eigentlicher  und  freierer 
Verwendung  bereit  stehen :  am  dritten  feyertag,  mit  dem 
frühsten,  standen  alle  munter  und  bereit  Göthe  22,  192 
(icanderj.  2,  12).  s.  ferner  Lohenstein  Armin,  l,  31»  unter 

1,  B,  3,  e,  y.  durch  einen  inf  näher  bestimmt:  dasz  zwei- 
tausend mann  .  .  .  bereit  stünden  in  spanische  dienste 
zu  treten  Schiller  4,  139;  wo  diejenigen,  welche  am 
wenigsten  kenner  sind,  bey  jeglicher  kleinigkeit  mit 
einem  bewundernden  ausrufe  fertig  stehen  J.  E.  Schle- 
gel 5,  9  (d.  fremde,  6.  apr.  1745);  ich  glaube,  ihr  steht 
schon  mit  der  gratulation  parat    Bretzner  d.  räuschgen 

2,  2;  wir  alle  sind  hier  entschlossen,  wir  alle  stehen 
hier  des  Wortes  gewärtig    Fontane  i,36  (vor  d.  stürm  4). 

d)  mit  angaben  über  kleidung  und  ausrüstung;  zu- 
nächst eigentlich,  s.  A,  5,  h;  k.  doch  tritt  die  Vorstellung 
des  Stehens  zutceilen  mehr  zurück: 

jeder  sieg  aus  dunkler  wissenssphäre 
drängt  sich  in  das  pantheon  der  ehre, 
und  der  kühne  künstler  steht  bekränzt 

Körner  1,  46  Fitcher; 

nun  die  Bayer  stunden  gewert  gegen  dem  armen  hasen 
Montanus  279,  4  (gartenges.  18);  blosz  stehen  oft  freier, 
vgl.  schiceiz.  schausp.  3,  121  unter  I,  C,  2,  m,  y; 

wiederumb,  wenns  {da»  herz)  stehet  blosz, 
und  die  armuth  wird  zu  grosz 

P.  Gerhardt  391,  5. 

gebunden  stehen,  freier,  s.  Manuel  s.  45  unter  I,  B,  2, 
/.  «,  aa: 

ich  schreibe,  was  ich  musz,  ich  steh  itzund  gebunden 
(jam  enim  victtu  teneor) 

Hofmannswaldau  bei  Steinbach  2,  667. 
vgl.  auch   gebürdet   stan   bei  Brun  t.  Schonebeck  3240 
unter  I,  B,  2,  /,  J],  ff. 

e)  allein,  einsam  stehen;  eigentlich,  s.  A,  5,  n.  sehr 
häufig  freier,  für  sich  leben,  ohne  verwandte  und  freunde 
sein,  spec.  unverheirathet  sein  und  ähnl. :  Deutschland  .  .  . 
war  vielleicht  nie  so  gesellig,  wie  itzt .  .  .  alleine  stehen 
ist,  wie  alleine  leben,  in  Deutschland  itzt  schände 
Zimmermann  üb.  d.  einsamk.  (1784)  i,  «9; 

102» 


1623 


STEHEN  (II.  C,  13,  e—h) 


STEHEN  (II,  C,  13,  h—k) 


1624 


und  ich,  die  ärmst«,  stunde  ganz  allein, 
auf  dieser  weiten,  fremden  wilden  weit, 
müszt'  ich  von  ihm,  dem  einzigen,  mich  trennen 

GöTHK  9,  278  (na«,  tccht.  1,  6); 
allfrtttge  Vorsehung  —  da  steh  ich  arm 
und  einsam! 

SCHILLBR  5,  1,  190  (dorn  Karl.  3,  6,  3956); 
in  der  groszen  weit  verlassen 
wirst  du  ohne  mich  dann  stehn 

Holwald  d.  leuchtth.  l,  l,  85; 
die  einzelnen  groszen  stehen  weniger  isolirt  unter  den 
Griechen  und  Römern  Friedr.  Schlegel  im  Athenäum 
1,  2,  68;  unsere  beiden  dichter  stehen  in  dieser  anti- 
kisirenden  kunstrichtung  nicht  vereinzelt  Hettner  d. 
romant,  achtde  89. 

f)  ähnliches:  jene  menschen  und  dinge,  ja  das  ganze 
leben  der  jähre  von  1780  und  1790  stehen  schon  gleich 
ein  paar  Jahrhunderten  von  uns  geschieden  Arndt 
Ktrke  1,  3  Bosch; 

aber  du  hörtest  nicht,  lieszest  mich  staunend  allein, 
monde  vergingen  und  jähre;  die  heimliche  Sehnsucht 

im  herzen, 
standen  wir  fremd        Mörike  ged.*  136  {an  Hermann). 

freundlich,  feindlich  stehen,  was  adverbial  genommen 
icerdcn  kann:  nun  aber  er  woll  erkant,  das  die  selben 
Megapoliter  mit  dem  hausz  Macedonia  freündtlich  stün- 
den Xylander  Polybjus  101  (oixslcDg  öiaxsifievovg  avrovg 
TiQog  x^v  Maxeöövwv  otxlav  2,  48,  2).  ähnlich:  wir 
stehen  zu  gespannt  miteinander,  als  dasz  ich  ihr  in  der 
rechten  form  das  nötige  sagen  könnte  Hesse  6ertrud230, 
vgl.  dazu  unteti  14,  b.  —  durch  eine  nie  verläugnete 
klugheit  gelang  es  ihm  {marschall  v.  Vieillevüle) ,  zu 
einer  zeit,  in  der  alles  parthei  war,  partheilos  zu  stehen, 
ohne  seinen  Wirkungskreis  zu  verlieren  Schiller  9,  406; 
*.  auch  Liscow  sehr.  670  unter  I,  B,  3,  e,  y.  ungewöhn- 
licher: 

er  stand  dort 

gleich  verhaszt  dem  lastervollen 

Alezander  Medicis  .  .  , 

ZscHOKKE  Abellino  23  Recl.  (1,  5). 

g)  stehen  in  Verbindung  mit  bestimmungen,  in  denen 
»ich  ein  affect  atisdrückt,  Jiat  geicöhnlich  seinen  vollen 
und  eigentlichen  sinn.  so  starr  stehen,  vgl.  A,  5,  e. 
stumm,  schweigend :  Amalia  steht  stumm,  und  starr  wie 
eine  bildsäule  Schiller  2,  197  (räuber  b,  2);  diesz  fragt' 
ich  dich  öfters,  und  allemahl  standst  du  schweigend 
MALER  MÜLLER  1,15.  bleich:  blasz  und  leblos  steht 
ihr  alle!  Klinger  2,  102  {Aristod.  l);  schneebleich  stun- 
den alle,  ängstlich  klopfte  die  erwartung  in  jeglicher 
brüst    Schiller  2,  179  {räuber  5,  1). 

h)  weniger,  wenn  es  mit  ausdrücken  des  affects  selbst 
verbunden  ist:  erstaunt  stehen,  solche  ausdrücke  sind 
sehr  hätifig  und  berühren  sich  nahe  mit  den  unter  11,  i 
behandelten  {vgl.  auch  A,  5,  i).    so  schon  ahd.mhd.: 

diu  sela  stet  pidungan  Mtup.  61 ; 

gerne  da;  mfn  herze  erkande,  wan  e;  so  bedwungen  stftt 

minnes.  frühl.  32,  2; 
8Ö  muoj  ich  leider  trüric  stän  103,  39; 

die  stet  also  harte  fro; 
sie  wenet  uns  uberwonden  hon 

aU(f.  paisionttp.  5203. 
so  nhd.: 

gott  l&<zt  keinen  traurig  stehn 

P.  Gerhardt  422,  8; 
er  Stande  gantz  entzUckt  eav.  im  irrgarten  (174«)  40; 
Faust  stand  in  seinem  zauberkreise  .  .  .  wild  begeistert 
Klinger  8,  47  (Fausts  leb.  1,  8).  {älter  ergeistert,  s. 
Garg.  58  unter  I,  B,  i,f,  $,  cc.)  wer  ist  jemals  so  freidig 
gestanden?  Jes.  Syr.  4«,  4,  s.  1,  C,  8,  d,  «;  so  cimbr.  {unter 
iUUien.  einflust)  steen  lustig,  'atar  allegro'  cimbr.  wb.  286«. 
und  ich  stand  verwundert!  maler  MCller  1,  41,  *. 
aueh  GöTHB  84,  880  unter  1,  B,  8,  e,  ^; 

ich  steh  erstaunt  —  was  für  ein  ungeheuer 

liegt  hier  im  hinterhalt? 

äciiiLLiR  5,  1,  9  {dorn  Kart.  1,  l.  104); 
die  menge   and   die   gemässigten   männer   standen   ent- 
•ctxt    M0MM8BN  röm.  gesch.  8,  lOO; 

hearhlmt,  erecbrocken.  ganz  zerarhiagen  steh'  ich  da 
Fk.  Schi.kobl  Alareot  47; 
tfn  sithst  an«  an;  wir  alle  alebn  beklommen 

GÖTiiK  18.  181  id.  grheimn.); 


als  er  {Friedr.  d.  gr.)  starb,  schien  ein  hoher  genins  die 
erde  verlassen  zu  haben;  freunde  und  feinde  seines 
ruhms  standen  gerührt  Herder  17,  28  Suphan  {br.  z 
b^.  der  human.  1,  7); 

nun  aber  bricht  aus  jenen  ewigen  gründen 
ein  flammen-fibermaasz,  wir  stehn  betroffen 

GöTHB  41,  7  {Fautt  II,  1); 

das  mägdlein  .  .  .  blickte  mit  lachenden  äugen  auf 
Pertl,  der  ganz  verdutzt  stand  W.  Fischer  Murtcelleni; 
denn  ich  bin  zu  schänden  worden,  und  stehe  schamrot 
(»no2:i"S£i  'fltya  'ich  schäme  mich,  ja,  ich  bin  tief  beschämt' 

Kautzsch)  Jerem.  31,  19; 

nicht  selten  gar, 
weil  ihm  der  strengere  beweis  nicht  glückt, 
steht  er  zuletzt  auch  vor  gericht  beschämt 

GÖTHE  9,  363  (nat.  locht.  5,  2); 

ihr  werdet  blasz?  ihr  steht  verlegen? 

Schiller  5,  l,  190  {dorn  Karl.  3,  6,  3973). 

zweifelhaft  stehen,  tcofür  früher  auch:  pendet  animus 
das  gemfith  stehet  zweyffel  Corvinus/o»w /a^in.  (1646)  642; 
jetzt,  da  dein  wort  das  glück  meines  lebens  entscheiden 
könnte,  jetzt  steh'  ich  zweifelhaft,  und  wage  nicht  das 
kind  in  meine  arme  zu  schlieszen  Göthe  20,  108  {Wilh. 
Meister  7,  8);  er  stand  zweifelhaft,  welchem  von  beiden 
theilen  er  folgen  sollte  21,  57  {wanderj.  l,  4);  der  wirth 
stand  unsicher  und  suchte  das  äuge  seiner  hausfrau 
Freytag  8,  16  {ahnen  l,  1,  1).  so  dann  auch  zufrieden 
stehen  u.  ähnl.,  bes.  frühnhd.:  des  stunden  do  de  stede 
wol  to  vreden  Korner  220"'  u.  ö.  6ei  Schiller-Lübben 
4,  360 *>.  9;  umb  unmessiger  begirde  willen,  die  mich  in 
keinen  wege  wol  zemüte  sten  liesse  {mi  lasciava  con- 
tento  Stare)  Arigo  decam.  1,  23  Keller;  aber  das  un- 
gelücke  seinem  willen  noch  nicht  ein  genügen  hat  ge- 
tun  noch  content  stunde  110,  9  {non  essendo  la  fortuna 
content^  d'aver  ...  2,  7) ;  es  dienet  mir  wol,  das  sie  nicht 
sich  zancken  ynn  der  schrifft  .  .  .,  sondern  derselbigen 
stuck  halben  zu  friden  stehen  Luther  23,  66,  24  Weim.; 
das  es  nicht  anders  sey,  denn  ein  verlassen  in  gott,  und 
gantz  gottes  willen  gelassen  stehen    sehr.  3,  22'». 

t)  stehen  mit  adj.,  die  einen  körperlichen  zustand  be- 
zeichnen, begegnet  hie  und  da:  die  gut  iung  fraw  den 
merern  teyl  irer  czeit  den  husten  het  kalt  unnd  erfroren 
stund  Arigo  decam.  300.  9  Keller  {che  ella  il  piü  del 
tempo  stava  infreddata,  4.  10).  so  unter  ital.  einflusse 
in  den  südliclisten  mundarten:  lusem.  gtian  g9sunt 
Bacher  394,  stee  gasunt!  sta  sanol  cimbr.  wb.  236»;  doch 
ähnlich  auch: 

wohl  viele,  die  jetzt  rüstig  stehn, 

sehn  sie  (d.  sonne)  nie  wieder  untergehn 

Körner  1,  47  Fifcher. 

so  den7i  auch:  auch  etliche  punckte  des  mone  und  gc- 
stirn  man  keusch  und  heilig  sten  sölte  Arigo  decam, 
155,  30     {doversi    astenere    da    cosi  fatti    congiungimenti 

2,  10)  vgl.  oben  12,  c,  hier  allerdings  itvs  moralische  über- 
gehend, doch  kommt  stehen  mit  adj..  die  eine  sittliche 
eigenschaft  bezeichnen,  kaum  vor  (gottlosz  stehn  H.  Sachs 
1,  12\  *.  I,  B,  2,f,  a,  cc).  —  von  thieren:  uns  melkkauh 
in  Pümpelhagen  steiht  drög  {giebt  keine  milch)    Reuter 

3,  54,  6  Seelmann  {strömt.  8,  kap.  88). 

Ar)  stehen  mit  adjectiven,  die  eine  ergäniung  verlangen, 
ist  geicöhnlich  stark  abgeblaszt,  so  meist  in  der  älteren 
spräche,  hierher  einer  sache  mUszig  stehen,  a.  oben  (&). 
ähnlich:  der  die  sunnen  fraget,  warumb  scheinesta,  sie 
Sprech :  'ich  musz  scheinen  und  vermag  anders  nit, 
wan  es  ist  mein  eigenschiifft  und  gehört  mir  zu;  und 
der  selben  eigenschafTt  unnd  dos  .scheinen»  sten  ich 
ledig'  theol.  deutsch  s.  52,  8«  Mandel  (c.  «4,=*.  tAPfeifftr, 
e.  86).  ähnlich  Jon.  Arnd  Thomas  a  Kempis  (I68I)  s.  87; 
s.  femer  Nie.  v,  Bahrl  *.  806  utui  fasin.  sp.  »66,  15  unter 
I.  B,  ],/,  Y  und  8,/,  o,  aa;  so  noch:  die  sohmaoh  hat 
ihm  das  herz  zerfressen,  so  dasz  er  seines  lebens  lieber 
wollt'  ledig  stehn,  als  sich  der  last  Iftnger  zu  unter- 
werfen W.  Fischer  MurwtUen  10.  frei  stehen,  s.  Oerm. 
6,  88  und  fastn.  sp.  147,  80  an  denselben  Hellen,  würdig 
stehen,  «.  A.  v.  Dkohtr-Hülsiiopp  1,68  unter  I.  B,  s. 
/,  y,  dd.  mit  dativ :  ich  hielt  sie  zwar  sehr  richtig 
für  narren  —  verschob  jedoch  mein  urtheil  über  den 
verdacht,  dem  sie  blosz  standen    Thümmkl  reise  t>,  169; 


1625 


STEHEN  (11,  C,  13,  Jc—o) 


STEHEN  (H,  C,  13,  o—q) 


1626 


die  jahrzahl  (i794)  ist  bedeutsam  und  erklärt  sowohl 
den  geist  seiner  damaligen  schritten  als  auch  die 
tribulationen,  denen  er  (Fichte)  seitdem  ausgesetzt  stand 
Heine  i,  269  Elster,  so  auch  einem,  sich  {einander)  gleich 
stehen : 

lieber  landsknecht  in  der  feldschlacht; 

da  blitzt  degen  gegen  degen, 

und  die  Spieler  stehn  sich  gleich 

ZscHOKKK  AbeUino  9,  (1,  1). 
darnach  ungewöhnlicher: 

Frankreich  und  der  deutsche  kaiser 

stehn  uns  allzu  überlegen  20  (1,  4). 

l)  selten  ist  stehn  mit  pari,  {perf.)  in  der  älteren 
spräche;  so  im  bilde:  es  seind  doch  weder  zu  sieden 
noch  zu  braten,  solche  Crassische,  Agelastische  creaturen, 
.  .  .  die  nimmermehr  den  kopff,  so  im  übersieh  gaffen 
ermfldet,  von  der  höhe  sencken,  .  .  .  sonder  wie  ein 
armbrost  allzeit  gespannen  stehen  Fi  schart  2,  15,  13 
Hauffen  {Eulensp.,  vorr.).  auffallend  ist  das  häufige  vor- 
kommen  dieser  sonst  so  ungetcöhnlichen  Verbindung  in 
ZscHOKKES  Abellino  {der  auch  sonst  stehen  mit  adj. 
liebt,  s.  oben  f  und  k): 

unentweiht  steht  der  geweihte  !        83  (3,  3) ; 

die  geheiligte  person 

eurer  durchlaucht  steht  gehütet       99  (3,  6) ; 

vgl.  91  (3,  5).  gut  angeschrieben  stehen  bei  einem  u.  ähnl., 
s.  unter  D,  12,  e,  ß. 

m)  die  bestimmung  zu  stehen  ist  in  den  besprochenen 
fällen  in  der  regel  als  prädicatives  adj.  anzusehen,  läszt 
sich  jedoch  auch  als  adv.  fassen,  auch  im  mJid.  kann 
beides  gelegentlich  nebeneinander  gebraucht  tcerden.   vgl.; 

si  sprach  zno  dem  künige        'ich  rauo;  nnfroelichen  slän' 
yib.  795,  4  {ebenso  1178,  4) 
neben: 

er  lobete  ir  sä  zehant 
da;  ej  eramen  müese        Kriemhilde  man: 
oder  er  wolde  nimmer       dar  umbe  vroelich  gestän 

807,4. 
darnach  zu  beurtheilen:    sorgklich  stan,   in   gefaar    sein, 
in  discrimine  versari    Maaler  390»;  die  stond  gfärlicher 
Eberlin  V.  GOnzburg   l,  92,  s.  I,  B,  2,/,  6,  bb;    ehrlich 
stahn    Alberus  /ai.  ii,  96,  s.  I,  B,  2,/,  a,  aa. 

n)  adverbial  ist  %cold  auch  zu  nehmen  die  bei  Llther 
häufige  redetcendung  kalt  stehen  'zu  schänden  werden, 
blamiert  sein:  auff  das  der  teuffei  nicht  so  kalt  moste 
stehen  und  ynn  seiner  lügen  so  öffentlich  ergriffen  wer- 
den 26, 264,  12  Weim.;  s.  ferner  428, 2S;  611,26;  44,272  Erl. 
ausg.;  auch  th.  5,  82.  hiermit  wechselt  als  völlig  gleichbe- 
deutend kak,  gack  stehen,  tcie  denn  zu  26,  611,  26  in  z.  9 
die  Variante  kag  stehen  erscheint,  ferner:  denn  weil  sie 
sich  so  gewis  yhrs  dinges  rhflmen,  so  sollen  sie  es  auch 
gewis  machen  odder  sollen  gack  stehen  26,  397,  7  {'am 
pranger  oder  kaken  stehen,  als  Schwätzer  bloszgestellt  sein' 
anm.  des  hsg.).  diese  Verbindung  ist  syntaktisch  ganz  ver- 
schieden; sie  gehört  zu  kak,  pranger,  s.  th.  b'ilf  und  ist 
also  verkürzt  für  am  kak  stehen  {vgl.  oben  7).  dem  kalt 
stehen  vergleicht  sich  das  neuere  österr.  'hiazt  schdeh  ih 
frisch,  jetzt  bin  ich  in  gefahr'  Castelli  234;  da  haben 
wir's;  nun  steh'  ich  frisch!  Bäuerle  die  bürger  in  Wien 
2,  8  (Fürst  Eaimunds  Vorgänger  s.  46). 

o)  anstatt  eines  adj.  kann  zuweilen  auch  ein  »tibstantiv 
prädicativ  zu  stehen  treten,  so  gevatter,  braut,  modell 
stehen,  wobei  stehen  im  eigentlichen  sirtne  gemeint  ist, 
8.  oben  1,  b,  a.  ß.  freier  frühnhd.  witib  sten,  bleiben  {vgl. 
oben  e)  bei  Arigo  decam.:  ich  wölt  gern  ein  witib  sten 
wo  es  euer  gefallen  wer  368,  31  Keller  {io  volentieri  .  .  . 
mi  starei  5,  9).  auch:  darumb  {Masetto)  im  gedencken 
warde:  stund  er  lenger  ein  stumme  im  do  von  schaden 
zu  sten  möcht  170,  14  {che  il  »uo  esser  mutolo  gli  po- 
irebbe.  ae  piü  stesse,  in  troppo  gran  danno  resultare  3,  l), 
vgl.  oben  g.    ähnliches  jetzt  nur  in  poetischer  spräche: 

süszes,  seelenvolles  mädchen ! 
anbetungswürdiges  geschöpf!  —  ich  stehe 
ganz  ehr  —  ganz  äuge  —  ganz  entzücken  —  ganz 
be  wunderung 

Scim.i.ER  5,  2,  238  {dorn  Karl.  2,  8,  1813). 
sonst  tcird  das  subst.  mit  als  angeknüpft;    so   als  zeuge 
stehen,  s.  l,  a;  als  eyn  schöner  man  Magdeb.  fr.  3,  9,  2, 
s.  I,  B,  2,  g,  a; 


der  neider  steht  als  folie  des  glucks 

GÖTHE  9,  299  {nat.  tochter  2,  5). 

p)  die  Verbindung  ist  loser  und  stehen  hält  entschie- 
dener seine  volle  bedeutung  fest,  wenn  Ortsbestimmungen 
hinzutreten,  die  einfachste  und  farbloseste  ortsbezeiehnung 
ist  da,  die  mit  stehen  geradezu  zu  einem  worte  verschmilzt, 
im  sinne  eines  verstärkten  stehen,  s.  dastehen,  th.  2,  811: 
und  her  ginc  üz  umme  tercie  stunde,  her  sach  andere 
da  sten  müzic  an  dem  markete  M.  v.  Beheim  evajigelienb. 
(1343)  Matth.  20,  3  {in  den  späteren  bibelübers.  nur  massig 
stehen,  s.  b); 

er  stand,  du  selbst  verriethst  es  uns  im  zom, 
auf  einmal  eid-  und  pflichtvergessen  da 

Hebbel  4,  281  {Xibel.  III,  4,  4,  v.  4495). 

inhaltsvoller  sind  bestimmungen,  wie  vor  einem,  etwas: 
in  dem  namen  Jhesu  Christi  von  Nazareth  .  .  .  stehet 
dieser  alhie  für  euch  gesund  {TiaQsarrjXSV  .  .  .  vyi^c) 
ap.  gesch.  4,  10;  {Hamlet)  wie  ein  nichtswürdiger  ban- 
querottirer  steh'  ich  vor  dem  angesicht  der  weit  Hebbel 
2,  39,  31  {Mar.  Magd.  2,  l);  die  alten  ionischen  Physio- 
logen standen  davor  nicht  rathloser  als  wir  Du  Boys- 
Retmond  üb.  d.  grenzen  des  naturerkennens  ^  s.  15.  ferner: 

welche  wonne  gewährte  der  blick  auf  diesz  herrliche  bild  mir, 
stund'  ich  armer  nicht  so  heilig,  wie  Joseph,  dabei '. 

GÖTHE  2,  135. 

q)  sehr  häufig  -wird  die  art  des  Stehens  bertc.  des  stehen- 
den durch  einen  vergleich  gekennzeichnet,  vgl.  A,  5,  f. 

a)  mit  adjectiven,  so  bes.:  der  graf  vom  Strahl  (steht 
wie  vom  donner  gerührt)  Kleist  Käthchen  v.  Heilbr.  5,  5; 

alle  stehn,  wie  angedonnert 

ZscHOKKB  AbeUino  63  (2,  8); 

wie  vom  blitz  geschlagen  Miller  ged.  230,  s.  unter  I, 
B,  3,  e,  5.  —  in  anderen  fällen  kaum,  vom  bloszen  adj. 
unterschieden,  z.  b.:  ich  stand  lange  wie  betäubt  Tieck 
6.  138;  ich  stand  noch  wie  versteinert  7,  21  neben:  ich 
stand  versteinert  unter  ihnen  15; 

die  männer  stehen  wie  verzückt 

MÖRIKE  1,  153  (ged.*  256); 

so  auch:  die  beiden  stehen  gleichsam  entzflkket  und 
sehen  dieses  alles  mit  Verwunderung  an  Rist  d.  friede- 
wünsch. Teutschl.  (1647)  11  (1,  2).     vgl.  oben  h. 

ß)  mit  Substantiven,  so  eigentlich  wie  ein  stein,  stock 
u.  ähnl.  stehen,  *.  A,  5,/;  so  nd.:  he  steit  as  en  pickpaal 
Schütze  3,  185.  219,  'steif  und  fest  wie  der  eingerammte 
pfähl,  an  den  pechkränze  zur  bdeuchtung  einer  gegend 
aufgehangen  tcerden'  Wander  4,  7%,  85;  tcestfäl.  sprueh 
beim  pfandlösen:  ik  sta  hir  as  en  stok  un  stinke  as  en 
bock  WoESTE  2.53*.   als  ausdruck  des  seelischen  zustandes: 

der  mann  steht  wie  ein  klotz  mit  aufgesperrtem  rächen, 
gleich  wie  ein  ovenloch,  und  lest  die  fraue  machen 

Rachel  satyr.  ged.  s.  24  ndr.  (1,  249); 

des  nachts  spat,  wenn  min  man  heim  gat 
und  wie  ein  6lgStz  vor  mir  stat 

H.  R.  Manuel  weintp.  2667; 

sie  stunden  beyde,  wie  ein  marmorbild, 
tiefsinnig,  von  empfindnngen  beklemmt 
Wieland  l,  364  Berl.  ak.  {Zemin  u.  Gulhindy  422). 

wie  ein  stummer  {vgl.  stumm  stehen  unter  g),  so  früh- 
nhd.: Ariguczo  als  ein  stum  stunde  nicht  west  was  er 
reden  solt  Arigo  decam.  460,  4  Keller  {Arr.  stava  come 
trasognato  7,  8);  vgl.  Hätzlerin  l,  119,  82  unter  I,  B, 
2,  /,  Y,  aa.  —  häufig  wie  ein  narr,  die  narren:  szo  yn 
got  etwas  widderwertigs  leest  tzukommen,  szo  tzyhen 
sye  tzu  rucke,  und  stehen  wye  die  narren  Luther  9, 
132,  1  Weim..  s.  ferner  16,  208,  20  (wie  ein  narr)  unter  A, 
2,  a,  6;  H.  Sachs  fastn.  sp.  12,  356,  a.  unter  I,  B,  2,  /, 
a,  cc.  —  auch  thiervergleiche  sind  beliebt: 

Paschasius  was  geschant, 
wand  er  als  die  äffen  stunt, 
die  nicht  wizzen  was  si  tnnt 

patt.  30,  47  Köpke; 

ich  hab  disz  sigill  offt  zu  meiner  widerwertigen  spott 
gebraucht,  dasz  sie  wie  die  waldesel  gestanden  sind,  und 
keiner  dasz  mal  {mauT)  dörffen  aufTthun  Paracelsds 
opp.  (1616)  2,  556  C; 

»teht  nicht  der  esel,  wie  ein  ochse,  da? 
Kleist  zerbr.  krttg  7,  866.     mit  weiterem  zusatz:  aber  du 
stehst  ja  da  wie  ein  kranker  kananenvogel    Kotzebub 


1627 


STEHEN  (II.  C.  13.  3) 


STEHEN  (II,  U.  a) 


1628 


d.  d.  klnnstädier  1,  4.  volksthümlieh:  er  steht  da  wie  ein 
begossener  pudel  (oder  hund,  a.  begieszen,  Üi.  1,  1294),  be- 
gehämt  und  verlegen;  dafür  lnxemb.  e  st6t  do  we(i)  feng 
besftcht  k&z  luxemb.  wb.  426«;  der  edelman  stunde  wie 
das  hündlein  von  Breda,  und  machte  manche  tieffe  re- 
verentz  Schuppius  89  (SaloTnoWU)  ly;?.  Wander  4,  796,  91 
(ist  d€t3  hünddien  von  Bretten  gemeint?  s.  Wackernagel 
kl.  sehr.  I,  423/.).  —  andere  vergleiche  bei  Luther:  wenn 
diese  prechtige  lester  wort  .  .  .  sind  aus  gewest,  so  sind 
sie  gestanden  als  die  beschoren  menlin,  und  ist  nichts 
mehr  dahinden  gewest.  damit  sie  yhren  yrthum  be- 
schirmen 26,  170,  26  Weim.  {=  sehr.  4t,  SSl»»);  wenn  es  eyns 
zur  antwort  kompt,  werden  wyr  stehn  wye  dy  pfeyffer 
15,  706,  34;  ähnlich  16,  73,  23.  wofür  vollständiger:  also 
mugt  ihr  sie  dringen  zur  schrift.  das  werden  sie  un- 
gern thun;  da  werdet  ihr  sehen,  dasz  sie  stehen  werden, 
wie  die  pfeifer,  die  den  tanz  verderbet  haben  br.  2,  87; 
a.  ferner  pfeifer  1,  th.  7,  1653.  stund  da  wie  ein  hosen- 
dämpfer  {der  dampf  in  der  hose  macht,  quipeditf)  Bräker 
67,  *.  I,  B,  3,  c,  Tj.  sehr  eigenfhümlicJi  ist  die  eis.  redens- 
art  do  stet  (e)r  wü  drei  un(d)  elf,  'rathlos,  unentschlossen, 
naehdenklich  und  dabei  in  nachlässiger,  schlaffer  haltung, 
auch  beschämt'  Martin -Lienhart  2,  564''.  auch  eis. 
Jahrb.  7,  196.  nd. :  un  din  fru  steiht  hir  woll  as  trumpf 
sös?  Reuter  2,  247,  29  Seelm.  (strömt.  2,  14,  ähnlich  sitten 
as  tr.  s.  107,  12.  toozu  der  ftsg.  bemerkt:  'in  spielen,  bei 
denen  die  sieben  die  unterste  karte  ist.  wird  die  sechs 
überflüssig'). 

y)  gern  mit  weiteren  Zusätzen:  stehen  wie  ein  pfähl 
im  sande  Frenssen  Jörn  JJhl  s.  250,  s.  I,  G,  3,/,  «;  ich 
stehe  da  wie  die  perle  im  gold  Kollmann  puppensp. 
1,  65;  wer  .  .  .  den  herren  Jesum  Christum  .  .  .  mit  glau- 
bigem hertzen  ergreiffet,  der  stehet  wie  gold  im  fewer, 
unnd  wird  jmmer  schöner  und  reiner  drinne  Mathesius 
Sar.  102».  aucli  hier  bes.  häufig  vergleiche  mit  thieren:  führt 
einen  der  zufall  dann  in  eine  kleine  stadt,  so  steht  er 
da  wie  eine  eule  auf  der  stange  Kotzebue  d.  d.  klein- 
atädter  3,  11 ;  nu  mach,  dasz  du  fortkommst,  un  steh  hier 
nich  vor  den  bäum,  as  en  hund,  wenn  'ne  katt  in  den 
bom  hüppt  is  Reuter  2,  282,  31  Seelm.  (strömt.  2,  18). 
ao  apridiw.:  (da)  stehen  wie  die  ochsen  am  berge,  s.  A, 
9.  c;  er  steht  wie  die  kuh  vorm  grünen  (neuen)  thor 
Wander  4,  795,  64;  er  steht  da,  wie  der  bock  vor  dem 
metzger  K\rchhofer  schweizer,  aprichw.  (1824)272.  ela.: 
ste(hn)  wi(e)  e  vogl  uf  ere  zwig,  wie  e  geis  uf  ere  leitere, 
wie  e  katz  am  dachstuel,  unsicher  stehen  Martin-Lien- 
HART  2,  564''.  ferner  fränk.  kr  stött  wi  'es  kind  bftn 
dr&k  {beim  dreck),  er  weiaz  aicfi  nicht  mehr  zu  helfen 
Frommann  6,  3i8,  221. 

S)  beaondera  zu  erwähnen  aind  ztoei  redewendungen,  die 
bei  Luther  begegnen: 

aa)  (da)  stehen  wie  butter  an  der  sonne,  beacJiämt, 
rathloa,  verblüfft;  belege  th.  2,  583.  bia  heute  üblich  geblie- 
ben, auch  im  dialect:  Fritz  stunn  dor  as  botter  an  de 
sünn  Reuter  3,  22,  12  Seelm.  (atromt.  3,  31).  ela. :  do  stet 
r  wü  dr  butter  in  dr  sunn  {synon.  mit  wü  drei  un  elf, 
a.  die  erklärung  unter  ß)  Martin-Lienhart  2,  564»". 
mark,  (weatf.) :  da  stfeid  Äk  as  buatar  in  dar  sunna  From- 
mann 6.  163,   151. 

bb)  nur  im  16.  jahrh.  bezeugt  ist  die  Wendung:  wo  sie 
die  igleiehniaae)  nicht  anzeigen  und  wol  da  mit  ein  tref- 
fen (tt6erein*tt»imen) ,  so  stehen  sie  wie  der  peltz  auff 
seinen  ermein  Luther  26,  401,  20  Weim.;  er  stehet  auff 
seinen  worten,  wie  ein  beltz  auff  den  ermein  Egenolf 
»priehvi.  (1665)  60^  a.  Thiele  tu  Luther  aprichw.  120; 
wer  aber  auf  gottes  gute  nicht  trawet,  der  wird  stehen, 
wie  ein  pelz  auff  seinen  ermein  Chr.  Fischer  aualeg. 
dea  paaliera  (1690)  bei  Wander  4,  796,  77.  der  ainn  ist 
also  auch  'unsicher  stehen,  tu  aehanden  werden'. 

f)  der  vergläeh  wird  durch  einen  satt  mit  als  ob  ge- 
geben: sonst  würdet  ihr  die  äugen  wenigstens  nieder- 
schlagen und  nicht  da  stehen,  als  ob  alle  zehn  geböte 
mit  feurigen  buchstat>en  auf  eurer  stirn  geschrieben 
ständen  Hebbkl  8,  190,  M  {Agnes  Bern.  8,  10);  spriehw, 
er  steht  hier,  als  ob  ihm  in  die  band  geschissen  sei 
ElRELBlN  178.  WaNDRR  «.  7»6,  66.  fränk.:  kr  slütt,  &SS 
wenn  'n  die  h&hr  {kühner)  '•  brit  gnumm&  hättn    FnoM- 

MANN  6,   3t:.    IHM. 


14j  am  entschiedensten  modalen  sinn  hat  stehen  in  Ver- 
bindung m.it  adverbien  der  art  und  iceise:  stehen,  für,  in 
gewisser  beschaffenheit  oder  zustand  seyn  Frisch  2,  326". 

o)  so  wol,  gut,  schlecht  stehen  u.  ähnl.,  zunächst  ohne 
iceitere  bestimmungen.  diese  redetceise  ich  stehe  wol  t(. 
ähnl.  ist  in  der  älteren  spräche  nicht  selten ,  tritt  jedoch 
in  der  neuei-en  zurück  hititer  der  unpersönlichen  loendung 
es  steht  gut  mit  mir  (es  geht  mir  gut),  a.  D.  10,  d ;  vgl. : 
der  mann  hat  wol  gestanden,  es  hat  wol  mit  (um)  ihn 
gestanden.  seine*sachen  seynd  wol  gestanden,  coatui  e 
stuto  bene,  le  cose  sue  erano  in  buono  stato  Kram  er  dict. 
2,  929'";  und  Gottsched  beobacht.  280. 

«)  er  stehet  gar  wol,  ßoret  opibus  etfelicHate  Stieler 
2127;  der  mann  stehet  wol,  egli  stä  bene,  agiato,  acco- 
modato  di  beni  di  fortuna  Kram  er  dict.  2,  927"=;  so  wille 
ich  ir  muter  sein  und  mit  einem  manne  in  solcher 
masse  versechen,  daz  sie  ir  lebtag  wol  sten  sol  Ariüo 
decam.  130,  11  Keller  (io  la  mariterö  .  .  .  in  maniera,  che 
starä  bene  2,  8) ;  man  pfleget  zu  sagen,  dasz  ein  kriegs- 
heer  ohne  seine  obristen  und  eine  vestung  ohne  jhren 
hauptmann  nicht  wol  stehe  schausp.  engl,  cotnöd.  s.  293,  8 
Creizenach  (unzeit  vortcitz  3,  4);  cimbr.  steetar  iart  hol? 
State  voi  benef  cimbr.  wb.  236*.  der  gebrauch  der  wendung 
in  der  gruszformel  bei  Arigo  ist  dem  ital.  nachgebildet: 
im  entgegen  gingen  und  grüstcn  und  zu  im  sprachen, 
w^olste  unser  Faczibolo  decam.  215,  32  {ben  possa  stare 
Faziuolo  3,  7),  ebenso  365,  28.  auf  wol  stehen  beruht  das 
subst.  wolstand ;  sonst  sagt  man  in  neuerer  spräche  lieber 
gut  stehen,  vgl.  unten  f.    auch: 

wir  stehn  ganz  leidlich,    zwanzig  schlachten  hat 
dies  Volk  geschlagen,  und  mit  diesem  sieg 
den  weg  geöffnet  nach  Jerusalem 

Ludwig  3,  364  {Maccab.  3). 

auch  in  den  Steigerungsformen:  jetz  aber,  so  wir  am 
besten  steen,  sollen  wir  dar  von,  wider  in  armöt  und 
eilend  Vogelgesang  trag.  Joh.  Hussen  s.  24  neudr.  (4,  2\ 

/9)  übel  (jetzt  schlecht)  stehen;  wann  sie  ...  nach 
dem  frantzösischen  sprflchwort  den  mönch,  das  ist,  den 
hasen  oder  das  unglück  im  busen  haben,  so  stehn  sie 
übel  Garg.  s.  410  neudr.;  s.  auch  Fischart  nachtrab  16*3 
unter  I,  B,  2,  /,  r},  dd;  dann  sie  an  keinem  end  erger 
stehn  möchten  als  da  Montanus  247,  l  Bolte  {Cym.  r. 
Jph.8);  und  hätte  mancher  medicus  des  Würsungs  oder 
Offenbachs  artzney  buch  nicht,  er  stünde  leiden  übe! 
Schuppius  538.  M 

y)  syntaktisch  verschieden  gevjendet:  wie  stehet  er?  ■ 
come  ata  eglif  come  la  paaaaf  Kramer  dict.  2,  927«; 
Lucifer  .  .  .  was  sagst  Mogol?  —  hei  wie  stehst  in  deiner 
beherrschung?  .  .  .  Mogol.  übergüldete  armuth  meine 
beherrschung!  maler  Müller  Fausts  leben  18,  20  neudr. . 
ich  weisz  schon  wie  ich  stehe,  in  was  für  umständen 
ich  mich  befinde  Adelung  (2,  3);  überlegt  man  näher, 
wie  er  (don  Joluinn  v.  Ost.)  stand,  was  er  that.  und  was 
aus  seinen  Unternehmungen  erfolgte. ..  Ranke  toerkeSS,  66. 
wir  stehen  noch,  auf  oder  ab,  wie  vorher,  es  ist  weder 
tag  noch  nacht  ruhe  Göthe  br.  18.  48,  6  {aus  d.  'läget- 
bey  Marienboni'  1793); 

ich  kann  mit  ihm  nicht  rechten,  .  .  . 
denn  wie  er  steht,  ist  er  kein  freier  mann 

Göthe  9,  168  (TaMoS,  4). 

wie  ganz  anders,  als  damals,  da  sein  vater  von  Oestreich 
verjagt,  er  selber  in  Brügge  gefangen  war,  standen  nun 
seine  enkel!    Ranke  deutsche  geseh.  l,  887. 

d)  wol  stehen  u.  a.  w.  auch  von  thieren,  gedeihen:  wem 
die  schafe  wol  stehen,  und  die  bösen  weiber  wol  nh 
gehen  und  die  bienen  wol  schwermen.  der  darf  sirli 
nichts  hormcn  Coi.er  hnuab.  (1640)  406;  man  hat  aurh 
an  gewissen  örtern  sonderlich  zugerichtete  forellen-tciohr. 
darinne  sie  sehr  wohl  stehen  und  zunehmen  Amaran 
thbs  frauent.-lex.  668; 

dia  geiss  scharret,  wenn  >y  wol  «tat, 
hftrt  bald  off,  wenn*  Jr  Ob«!  gadl 

H.  R.  Manuel  tveintp.  89M. 

f )  leährend  diese  ausdnteksweise  im  allgemsinsn  tttriiek- 
gegangen  ist,  ist  sie  in  einem  speeitUertm  «mhm  gtrais  seit 
mitte  dss  18.  jahrh.  erst  rtehi  übUek  gswardsn,  nämliek 
hesogsn  auf  die  finansiettt  Utgss 


1629 


STEHEN  (II,  C,  U,  a-c) 


STEHEN  ai  C,  14,  c— 15,  6) 


1630 


wenn  sich  ein  bürge  stellt,  der  gut  steht,  nnd  sie  kennt, 
verlang  ich  weiter  nichts,  als  nur  ein  pfand,  von  ihnen 
Cbonegk  sehr.  (1765)  1,  35  (d.  verfolgte  komöd.  4); 

Z.  hat  sie  geld?  C.  ich  glaube,  sie  steht  recht  gut 
Ayrenhoff  icerke  (1814)  3,  248;  so  könnten  100  (thaler)  da- 
von dem  Professor  Meyer  zugelegt  werden,  so  dasz  er  wie 
sein  Vorgänger  stünde  Göthe  br.  30,  96,  2  (an  Carl  Aug., 
5.  märz  1807);  sie  kennen  die  Verhältnisse,  wie  steh'  ich? 
Ebner-Eschenbach  4,  158.  auch  nd.:  'good  staan,  oder 
sik  good  staan:  im  Wohlstände,  bey  guten  mittein  seyn' 
brem.  wb.  4,  992;  ebenso  St0renburg258'>  {'sich  wohl  stehen, 
vermögen  haben'). 

b)  sehr  häufig  ist  gut,  schlecht  u.  s.  tc.  mit  einem  stehen 
für  das  verhältnisz,  in  dem  man  zu  ihm  steht,  vgl.  Adelung 
2.  3).  lexikalisch  zuerst  von  Kramer  (1702)  gebucht,  s.  un- 
ten, doch  reichen  die  belege  bis  ins  Ib.jahrh.  hinauf,  auch 
mnd.:  de  stunden  do  wol  myd  ereme  rade  Korner  247  = 
bei  Schiller-LObben  4,  361  *>,  3.  neund.:  wo  steest  du  mit 
em?  'seid  ihr  gute  freunde*'  Dähnert  455''.  gut  mit  einem 
stehen  ist  also  gleichbedeutend  mit  auf  gutem  fusze.  in 
gutem  Verhältnis,  einvernehmen  mit  einem  stehen,  vgl. 
oben  2,  a,  €  und  11,  g  (5,  Q-).  belege:  fraw  ich  weysz  nicht 
wie  ir  mit  im  {dem  liebhaber)  gestanden  seit  Arigo  de- 
cam.  262,  1  Keller  {come  voi  vi  steste  con  lui  4,  2) ;  der  selb 
{Naravasus)  war  allweg  freündtlichen  gegen  den  Cartha- 
ginensern  gesinnet  gewesen,  dann  auch  sein  vatter  mit 
den  selben  wol  gestanden  Xylander  Polybjus  (1574)  58 
{naxQixriv  s^ov  avaxaaiv  78,  i) ;  höre  doch ,  Kathrine ! 
steht  deine  frau  heute  nicht  ein  wenig  übel  mit  ihrem 
manne?  J.  E.  Schlegel  2,365;  noch  stehen  sie,  misz,  mit 
ihm  so,  dasz  sie  .  .  ..  ohne  öffentliche  schände  von  ihm 
ablassen  können  Lessing  2,  71  {Sara  Sampson  4,8);  mit 
Schillern  und  den  Humboldts  steh  ich  recht  gut,  unser 
weg  geht  für  dieszmal  zusammen  Göthe  briefe  lo,  218 
{an  F.  H.  Jacobi,  d.  27.  dec.  94);  der  baron  Fr.  Baconus 
erzehlet  .  .  .,  dasz  der  könig  {Heinrich  TU.  v.  Engl.), 
nachdem  er  mit  Schottland,  Spanien  und  Burgundien 
wol  gestanden,  und  der  krieg  sich  in  Italien  gezogen,  . .  . 
ScHüPPius  16  {SaloTno  2).  wol  mit  einander  stehen,  stare 
bene  e  d'accordo  assieme.  sie  stehen  nicht  wol  mit  ein- 
ander,..  .  sono  nemici  Kramer  dtcf.  (1702)  2,928*;  zwar 
sahen  wir  uns  seltner,  weil  unsre  eitern  nicht  zum  besten 
mit  einander  standen  Göthe  24,  261  {dicJit.  u.  tcahrh. 
5);  stehn  wir  so  mit  einander?  Schiller  3,  99  {Fiesko 
3,  7).  dafür  auch:  nun  hatte  ich  auf  einmal  zwey  lieb- 
haber bekommen,  ich  war  für  keinen  entschieden;  sie 
gefielen  mir  beide,  und  wir  standen  auFs  beste  zusam- 
men Göthe  19,  271  {Wilh.  Meister  6);  {auf  das  finan- 
zielle verhältnisz  angewandt:)  ich  würde  auch  alsdenn 
mir  die  freyheit  nehmen  sie  um  eine  berechnung  zu  er- 
suchen, wie  wir  eigentlich  zusammen  stehen?  briefe  16,  24 
{an  Cotta,  25.  jan.  1802);  anders:  die  zwa  pferd  steng'n 
guad  z'samm,  passen  gut  zu  einander  Hügel  156».  zu- 
tceilen  zu  ergänzen:  sei  unbesorgt,  das  glyk  und  ich 
stehen  besser  Schiller  3,  130  {Fiesko  4,  14).  femer: 
wol  stehen  mit  oder  gegen  gott,  bene  convenire  cum  deo 
Dentzler  (1716)  273'»;  der  mensch  .  . .,  der  mit  gott  recht 
gestanden  Mathesius  Sar.  (i57i)  179'';  dann  müszt  ihr 
schwach  seyn,  und  schlecht  mit  dem  himmel  stehen 
Klinger  3,  86  {Fausts  leb.  2,  5);  *.  auch  Franck  tceltb. 
38 *>  (jr  hertz  sey  nit  recht  mit  gott  gestanden)  unter  I, 
C,  3,  d,  ß.  seltner  umgekehrt:  wie  die  götter  mit  mir 
stehen  weis  ich  nicht  Göthe  briefe  8,  145  {an  Ch.  v. 
Stein  1777).  noch  kühner:  seit  ich  unter  dem  Volke  alle 
tage  herum  getrieben  werde,  und  sehe,  was  sie  thun, 
und  wie  sie  's  treiben,  stehe  ich  viel  besser  mit  mir 
selbst  Göthe  16,  9i  {Werth^r  2,  anf). 

c)  dafür  können  andre  präpositionen  eintreten. 

a)  gegen,  s.  Wickram,  i,  289,  2  {Qabriotto  39)  bezw.  buch 
d.  liebe  247»,  *.  I,  B,  3,/.  ß,  gg  und  a.  aa;  Felder  son- 
derl.  2,  288,  s.  I,  C,  3,f,  ß.  so  auch:  zum  ersten  ein  un- 
derricht,  zu  erkennen  den  anfang,  wie  das  gestirn  und 
der  mensch  gegen  einander  stehn,  und  vereiniget  sein 
PaRACELSÜS  opp.   (1616)  2,  338  A. 

ß)  in  neuerer  spräche  gern  zu  einem  stehen:  da  nun 
die  rathgeber  der  kröne  zu  der  Versammlung  wie  fremde 
standen  .  .  .  Dahlmann  franz.  revol.  240;  wie  das  kai- 
serliche Frankreich  und  besonders  die  kaiserin  Eagenie 


damals  zu  dem  papste  standen  Bismarck  ged.  u.  erin- 
ner. 2,  195;  wenn  die  italischen  bundesgenossen  zu  den 
Römern  früher  gestanden  hatten  theils  als  bevormun- 
dete brüder  .  .  .,  theils  als  leidlich  gehaltene  .  .  .  knechte, 
so  standen  sie  jetzt  sämmtlich  ungefähr  in  gleicher  un- 
terthänigkeit  .  .  .  Mommsen  röm.  gesch.  2*,  221. 

y)  icährend  diese  ausdrucksiceisen  hauptsächlich  auf  die 
gesinnung  und  das  verhalten  dessen,  der  steht,  gehen,  be- 
zeichnet gut  bei  einem  stehen  die  gesinnung  des  andern 
theils:  'gut  bey  jemanden  stehen,  bey  ihm  in  gunst,  in 
gnaden  stehen'  Adelung  (2,  2,  3);  'bei  ihm  wohl  gelitten 
sein,  seine  gunst,  seine  gnade  besitzen'  Campe  (l);  er  steht 
gut  bey  der  frau  amtmannin  Raben  er  4,  120 ;  so  viel 
ist  gewisz,  dasz  Adrast  bey  Henrietten  ziemlich  schlecht 
steht,  so  sehr  sie  sich  auch  nach  seiner  weise  zu  rich- 
ten scheint  Lessing  1,  410  {d.  freyg.  2,  3).  dafür  auch 
gut  bei  einem  angeschrieben  stehen,  s.  unter  D,  12,  e,  ß,  dd. 

d)  ähnliche  Verbindungen  bezeichnen  das  verhältnisz  ei- 
nes menschen  zu  einer  aaehe  {wie  schon  in  einigen  der  an- 
geführten belege). 

a)  wie  stehst  du  mit  deiner  arbeit?  d.  h.  wie  geht  es 
mit  ihrT  teie  geht  sie  von  statten*  icie  weit  bist  du  schon* 
u.  ähnl.  mich  verlangt  sehr  zu  hören  wie  sie  mit  ihren 
arbeiten  stehen?  Göthe  briefe  10,  208,  5  {an  Schiller,  27. 
nov.  94).     so  sehr  gewöhnlich. 

ß)  zu  etwas:  lohnender  dürfte  es  sein,  ihn  {Aventin) 
im  lichte  seiner  zeit  zu  betrachten,  darzustellen,  wie  die 
zeit  zu  ihm  und  er  zu  ihr  stand  Döllinger  akadem. 
vortr.  1,  138.  so  besonders  in  Wendungen  icie:  sie  haben 
wohl  schon  gemerkt,  wie  ich  zu  diesen  ausführungen 
des  herrn  koUegen  Harringa  stehe   Popert  Harringa  21. 

15)  für  gut  stehen  kommt  seit  der  mitte  des  18.  jahrh. 
{die  belege  beginnen  mit  Lessing  und  Wieland)  reflexi- 
ves sich  gut  stehen  auf  und  wird  bald  häufiger  als  jenes. 
Das  sich  ist  dabei  ursprünglich  als  dativ  gemeint;  denn 
diese  gebrauchsweise  ist  wohl  anzuknüpfen  an  mhd.  Wen- 
dungen \cie  ich  stän  mir  leide  es  geht  mir  schlimm: 

die  jaden  gestnonden  in  nie  s6  laide 

kaUerchr.  10322  Schröder; 
ja  gestnont  ich  mir  nie  so  laide  13240. 

dasz  es  jedoch  thatsächlich  als  acc.  empfunden  wird,  zei- 
gen die  stellen,  die  ein  pron.  der  1.  od.  2.  pers.  (mich,  dich) 
enthalten,  die  entxcicklung  ist  dann  analog  teie  bei  sich 
fürchten,  vgl.  fürchten,  III,  th.  i,  l,  701  /. 

a)  sich  gut  stehen  geht  in  der  regel  auf  die  finanzielle 
läge,  'in  guten  umständen  des  zeitlichen  Vermögens  seyn' 
Adelung  (2,  3);  so  auch  in  mundarten:  luxemb.  'e  st6t 
sech  es  gutt,  er  ist  woTUlutbend;  der  volkswitx  fügt  manch- 
mal hinzu:  en  ass  plattfe(i)ssech'  luxemb.  wb.  426»;  ber- 
lin.  sich  jut  schtehn,  gute  einnahmen  haben  Brendickk 
178»;  nd.  de  mann  steet  sikk  good,  er  hat  vermögen 
Dähnert  455 *>,  vgl.  14,  a,  e  zu  ende,  belege:  dasz  Koch  in 
Berlin  sich  besser  stehen  mag,  ist  mein  wünsch  Lessing' 
18,  11  {an  Karl  L.,  25.  jan.  1772);  als  wagenmeister  würde 
er  sich  besser  stehen  Pfeffel  pros.  vers.  b,  37;  unsere 
tagelöhner  .  .  .  erhalten :  freie  wohnung  mit  einem  gar- 
ten, .  .  .  steht  sich  ein  tagelöhner  in  der  stadt  so  gut? 
Reuter  3,  120,  13  Sedm.  {strömt.  3.  38).  'sich  gut  bey  et- 
was stehen,  gewinn,  vortheil  bey  einer  sache  haben'  Ade- 
lung (2,  3);  aber  ich  habe  doch  gehört,  dasz  in  England 
und  in  Frankreich  sich  die  buchhändler  bey  guten  bü- 
chern  sehr  wohl  stehen  sollen  Nicolai  Seb.  Xothanker 
(1773)  1,  120;  nun,  so  geb'  ich  dir  monatlich  fünf  thaler; 
dann  stehst  du  dich  um  einen  besser  Holtei  erzählende 
»ehr.  7,  181.  so  geradezu  er  steht  sich  auf  einige  tausend 
thaler,  an  (die)  tausend  thaler  jährlich  m.  ähnl.:  don 
Dominico  Spinelli,  der  die  gesandten  einführte  und  sich 
an  die  3000  duc.  jährlich  stand,  wurde  nach  Messina  auf 
die  festung  geschickt  Göthe  37,  252. 

b)  doch  uird  die  wendung  sich  gut  stehen  nicht  selten 
auch  in  allgemeinerem  sinne  gesagt,  s.  Wieland  3,  177 
{Agath.  12,  10)  unter  I.  C,  3,/,^.  ferner:  wollt  ihr  den 
himmel  dafür  {als  richterstuhl)  annehmen,  meinetwegen, 
sie  stehen  sich  gut  dabey  Klinger  3, 120  {Fatists  leb.3,2); 
denn  wie  schlecht  man  sich  stehen  kann,  wenn  man 
über  dem  trachten  nach  dem  höfling  und  menschen 
dem  bürger  vorbeiläuft,  das  hat  die  französische  und 
deutsche  geschichte  sattsam  bewiesen    Arndt  sehr,  für 


1631 


STEHEN  (II.  C.  15,  &-16.  a) 


STEHEN  (II.  C,  16.  a-c) 


1632 


t*.  an  s.  l.  Deutschen  1,  468;  er  weisz  mit  allen  ...  in 
gutem  vernehmen  zu  bleiben,  .  .  .  und  steht  sich  also 
im  ganzen  sehr  gut  Holtei  erzählende  sehr,  l,  19;  und 
wie  liesz  man  den  Unarten  der  natur  freien  Spielraum! 
was  standen  sich  die  Unkräuter  so  gut  im  fürstenthum 
Hohenberg!    Gutzkow  ritter  v.  geiste  7,  95. 

c)  so  besonders  sich  mit  einem  gut  stehen  (vgl.  14.  b); 
berl.  sich  jut  mit  eenem  schtehn,  'im  eitivernehmen  sein 
mit  jetn.'  Brendicke  178* ;  nd.  sik  good  mit  enem  staan 
'im  guten  vernehmen  mit  jm.  leben;  wohl  gelitten  bey 
einem  seyn  brem.  wb.  4,  992.  belege:  Bernhard  .  .  .  steht 
sich  immer  mit  seinen  vorgesetzten  vortrefflich  Bismarck 
briefe  an  s.  braut  s.  30  (29.  sept.  1838) ;  mit  einander,  das 
zuuxilen  zu  ergänzen  ist,  z.  b.:  wi  stahn  uns  beid  in  de 
letzte  tid  nich  gaud  Reuter  2,  244,  14  Seelm.  {strömt. 
2,  14).  sprichw.:  sick  as  kukuk  un  de  säbenstirn  mit 
einanner  stahn,  sich  gegenseitig  vermeiden  Mi  85'». 

d)  eine  eigenthümliche  reflexive  vencendung  ist  für  die 
österr.  mundart  bezeugt:  'sich  stehen  oder  stellen  unter 
etwas,  um  es  zu  ergreifen,  zu  heben,  zu  nehmen,  loird  in 
einer  figürlieJien  bedeutung  auf  jedes  vermessene  unter- 
nehmen angeicendet'    Höfer  1,  293  {unter  gestehen). 

16)  stehen  in  Verbindung  mit  andern  verben. 

a)  überaus  häufig  tcird  stehen  durch  und  mit  einem 
andern  verbum  verbunden,  das  dann  der  hauptbegriff  ist, 
wenn  auch  stehen  gewöhnlich  in  eigentlicher  bedeutung 
festgehalten  wird,  in  andern  sprachen  treten  dafür  viel- 
fach abweichende  fügungen  ein:  stehen  und  warten,  star' 
aspettando.  stehen  und  singen,  stare  cantando.  v.  dastehen, 
stehen  und  mit  jemand  reden,  star'  ä  parlare,  ä  dis- 
correre  con  uno.  stehen  und  auflauren,  stare  ä  spiare 
ad  ascoltare    Kramer  dict.  2,  928». 

a)  so  scho7i  ahd.:  ther  ist  thes  brütigomen  friunt, 
thie  thär  stentit  inti  hörit  inan  (qui  stat  et  audit  cum), 
inti  giveen  givihit  Tat.  21,  6.  im  deutsclien  hinzufügt: 
ipsi  vero  consideraverunt  et  in»pexerunt  me.  sie  selben 
stuonden  unde  uu&rteton,  unde  chüren  mih  Notker 
2,  69,  19  Piper  ips.  21,  18).    mhd. : 

sneiine  si  ettewen  vlustik  machent,        so  stant  si  unde 
lachent 
Wiener  genes.  32,  44  (=  40,  3  Diemer); 

d6  stuont  er  unde  schouwet        den  lip  und  ouch  da;  här 

Ortnit  97,  2; 

als  ich  stän  unde  denke,  wä  ich  si  hab'  gesehen 

minnet.  1,  336»,  Zv.  d.  Hagen. 

ß)  zahllose  belege  im  nhd..  bes.  bei  Luther:  lasz 
darumb  nit  ab,  sonder  stee  und  hoff,  so  werden  deine 
werck  gülden  10,  3,  231,  21  Weim.;  sihe,  so  stehet  denn 
der  geist  und  hat  sich  ynn  die  hende  bethan  mit  all 
seiner  kunst  26,  319,  12;  da  mercke  auff  Hiob,  stehe  und 
vernim  die  wunder  gottes  Hiob  37,  14;  und  wo  eine 
Sache  für  sie  kompt,  sollen  sie  stehen  und  richten 
(e»«ah  ney»)  Hesek.  44,  24;  und  wenn  jr  stehet  und  betet 

(ozav  axTjxexe  nQoasvyofisvoi),  so  vergebet,  wo  jr  etwas 
wider  jemand  habt  Marc.  11,  25,  vgl.  Matth.  6,  5;  da 
stunden  sie  und  fragten  nach  Jhesu  {i'C,'^xovv  ovv  xdv '/.) 
Joh.  11,  56,  8.  auch  ap.  gesch.  l,  11.  5,  25.  9,  7;  hihr-flber 
{über  ein  gedieht)  stund  si,  und  besan  sich  eine  lange 
zeit  Zesen  adriat.  Rosemund  s.  30  neudr.;  poz  kreuz 
bataillon.  du  schmerbauch,  steh  nicht  und  grinze  immer 
ScHiNK  marionetienth.  (1778)  162;  als  sie  einmal  stand 
und  ihn  freundlich  anschaute,  .  .  .  wollte  es  mir  die 
bnist  zusammenschnüren    Seidel  8  {voratadtgesch.),  274; 

wenn  die  Wiederwertigkeit  auf  ihn  wil  stfirmen, 
■t«bt  sein  treuer  mitgenosz,  und  bilTt  beschirmen 
Nbumark  fortgepfi.  luttw.  1,  418; 

man  steht  und  hofft  bis  tag  und  nacht 
uns  unbescheidne  klüger  macht 

Stoppk  Pamatt  (1786)  8 ; 

et  horcbt«n  auf  die  lieder 
die  kinder  Korah,  Assaph  stand, 
und  staunt' 

GiRSTBNBiiio  ged.  eines  $kalden  4; 

was  steht  ihr  und  legt  die  binde  in  schoosz? 

Sciiii.LBR  18,  84  (WaUen$t.  lag.  8); 

und  sie  streichelt  mir  die  wange. 
kOszt  mir  das  »rfromn  kinn, 
st«ht  und  liebelt.  w«in«>t  lange  .  . 

MOrikb  {ied.*B  (näehU.  fahrt). 


auch  mit  unpersönl.  »tibj.  {mehr  oder  minder  personi- 
ficiert):  ich  meine  nicht,  dasz  mein  herr  des  weines  be- 
gehren wird,  doch  wenn  er  darnach  ruft,  so  sagt  dem 
schenken,  dasz  sie  das  kleine  (thongefäsz)  nehmen,  denn 
die  anderen  stehen  und  harren  auf  einen  gröszeren  fest- 
tag    Freytag  8,  19  {ahnen  l,  l.  2); 

und  marmorbilder  stehn  und  sehn  mich  an 

GÖTHE  18,  233  (W.  if eitler  3,  1); 
wä  sik  des  annem  unglUcks  freuet, 
dem  stät  et  sine  un  bläuet  Woestb  253  •. 

nicht  hierlier  gehören  fälle,  wo  stehen  einen  selbständigen 
moment  in  einer  erzählung  bedeutet  und  eigentlich  per- 
fectiv  ist,  z.  b.:  da  stund  er  und  schlug  die  Philister, 
bis  das  seine  band  mi^de  am  schwert  erstarret  2  Sam. 
23,  10;    (l»i   cp    'da    hielt    er    stand    und    hieb   ...    ein' 

Kautzsch);  ähnlich  Luc.  18,  11. 

y)  dagegen  ändert  ein  ohne  nachdruck  hinzugesetztes  da 
oder  hier  den  Charakter  der  Verbindung  kaum,:  dastehen 
und  lachen,  dastehen  und  weinen  etc.  star  ridendo.  star 
piagnendo.  da  stehet  sie  und  schwätzt,  eccola  lä  che 
ciarla  .  .  .  o  che  sta  ciarlando  Kramer  dict.  2.  987";  s6 
wir  da  standen  und  gedenken,  daj  unser  herre  .  .  .  vor 
uns  üf  dem  altär  ist  d.  mystiker  1,  294,  20;  Wickram 
rollicagenb.  90,  28,  *.  I,  B,  2,/,  y,  aa;  ja  da  stehen  die 
armen  jungen,  und  heulen  mir  über  den  halsz,  dasz  sie 
so  kahl  davon  kommen  Chr.  Weise  Tobias  91  Lach- 
mann  (4,  l);  sehen  sie,  da  steht  er  und  lacht  mir  noch 
in  die  zahne  obenein  Lenz  l,  58  Tieck  {hofmeister  i,  6): 
fru  Nüszlern  .  .  .  ret  dat  finster  up:  'wat  staht  ji  hir?' 
—  'je,  fru,  wi  stahn  hir  un  tau  wen  {tcarten)'  Reuter 
3,  103,  21  Seelm.  {strömt.  3,  37);  nun,  da  steht  ja  gleich 
wieder  einer  und  gafft!  Hebbel  3, 141,  29  {Agnes  Bern,  l,  5). 

b)  einfache  aneinanderreihung  ohne  und  kommt  zuweilen 
in  der  poesie  vor,  besonders  in  der  alten  spräche,    so  schon : 

sin  friunt  thar  thes  fartes        steit,  löset  sines  uuortes 
Otfrid  2,  13,  II  {'gtat  et  audit  cum'  Joh.  3,  29); 

er  stuant,  suigeta       jah  mämmonto  githägeta 

4,  23, 33  {'Jeswi  autem  tacebat' 
randbem.,  nach  Joh.  19,  9); 

s.  noch  3,  24,  55  und  5,  18,  1 ; 

er  stfint  bette        da;  in  got  gewerte,  .  .  . 

Wiener  genes.  34,  5  (er  st.  unde  b.  42,  11  Diemer); 
sie,  Amphitrite,  stund, 
bot  unserm  Friedriche  stracks  ihren  süszen  mund 
Fleming  186,  137  Lappenberg; 

wie  sie  stehn !  nach  einander  sehn  I 

GÖTUE  10,  291  {Erw.  u.  Elm.  1,  1). 

c)  stehn  mit  dem  pari.  präs.  eines  verbs  besonders  in 
der  alten  Sprache  und  poetisch:  stuontun  thie  hßröston 
thero  bisgoffo  inti  thie  buoherä  einr&tl!hho  ruogenti 
inan  {stabant  .  .  .  accusantes  eum)  Tat.  196,  6; 

Jacob  stänt  bibente 

Wiener  genes.  38,  32 
(stunt  bidemunte  50,  14  Diemer); 

da  stuont  er  guote  wtle  ob  in 

weinende  unde  klagende, 

stniu  klagemsere  sagende  7W«(.  18664; 

nachdem  ich  .  .  .  mein  unglilck  beweinende  stunde 
schausp.  engl,  komöd.  219,  6,  s.  I,  B,  8,  d,  e;  ihn  mit  ge- 
fälligkeit  beschauend  stand  der  vater  Göthr  81,  66 
{wanderj.  1,  4);  doch  stand  ich  lange  hinüber  schauend 
30,  186;  Teutschland  steht  harrend  jetzt,  was  ihm  für 
alle  seine  groszen  opfer  werden  soll  Görrrs  gea. 
sehr.  1,  410; 

so  steht  er  an  der  thUre  pfeifend,  und  fragt:  was  holtz  und 
haber  gilt?  GOnthbr  434; 

^  jener 

gereizten  gottheit,  die  mich  niederschmettert, 
will  ich  getrost  in's  äuge  schauend  stebn 

GÖTiiB  9,36»  {natürl.  tochter  6,6); 

erwartend  steht  das  beer 

CoLLiN  Regulut  1,  8; 

denn  was  stebn  wir  sprechend  hier? 

Houwali)  d.  leuchtth.  8,  6  «.  IMO; 

du  hOrst  die  dieb«  sohleichen  . . . 
und  horchend  stahn 

LlLIBNCRON  1,  8S8; 

«.  at4«A    Pbllborin  dram.  »pieU  l»«  unter  I,  B,  8,  «.  i.  — 
I    in   den   aildlichaten   apraehinaeln :   stenan  bacheten,  'star 


1633 


STEHEN  (II,  C,  16.  c-e) 


STEHEN  (II,  C,  16,  f-B,  1,  c} 


1634 


vigüando'  cimbr.  wb.  236»,  lusern.  stian  wach^nt,  wach 
sein    Bacher  394. 

d)  davan  ist  stehn  mit  dem  inf.,  das  attsacldieszlich  in 
poetischen  quellen  belegt  ist  und  zunächst  den  zweck  an- 
giebi,  kaum  verschieden: 

dft  got  Even  nnt  Adamen        im  daz  paradisam  hiez  rumen, 
du  hiez  er  den  engel  chernbin        da  fore  sten  werigen 
Wiener  genes.  23,  7  (da  für  st.  unde  w.  20, 17  Diemer); 
si  weinten  harte  swinde,        so  sis  (««  sie,  Kudrun) 

sähen  stän 
waschen  an  dem  grieje  Kudr.  1069,  2; 

eyn  teil  stont  schwätzen  uff  der  gassen 

Brant  narrensch.  95,  38,  vgl.  I,  B,  2,  f.  d,  bb; 
als  wird  der  herr  mit  sein  geselln 
anheben  einen  spruch  zufelln,  .  .  . 
und  erstlich  sagen  fein  bescheidn, 
zu  denen,  die  mit  allen  frewden 
zur  rechten  stehn  auffwarten  frey 

RiNGWALDT  d.  tr.  Eckart  M  7»; 
ein  böse  magd  vol  arger  list  .  .  . 
gern  mit  den  knechten  reden  steht 

lauter  warh.  316; 
o  du  ungemeines  leiden ! 
schöne  fruchte  sehn  und  meiden, 
und  bey  quellen  dürsten  stehn     Günther  250; 
was  steht  ihr  horchen?  will  euch  beine  machen 

Schiller  12, 165  {Piccol.  4,  5). 

auch  nd.  mundartlich,  icestf.  bat  statt  it  da  kiken? 
(was  steht  ihr  da  gucken*)    Woeste  253». 

e)  auch  in  prosa  findet  sich  der  inf.  mit  zu  bei  stehn 
in  ähnlichem  sinne,  als  deutliche  zweckangabe:  inti  thanne 
ir  stantet  zi  betönne  {cum  stabitis  ad  orandum)  forläzet 
oba  ir  sihuuaz  habet  uuidar  uaen  Tat.  121,  i;  denn  ich 
byn  zu  Leyptzick  gestanden  zu  disputiren  für  der  aller 
geferlichsten  gemeyne  Luther  15,  214,  19  Weim.;  und 
Jerobeam    stund   bey    dem    altar    zu    reuchem    (-i'cpn':) 

ikön.  13,  1;  vgl.  1  chron.  24,  30;  es  wart  (wehrte  dem  brande) 
schier  nieman,  sunder  stünden  der  mertheil  do  allein 
züzesechen  Fel.  Platter  259  Boos.  in  andern  föUen  da- 
gegen ist  der  eigentliche  begriff  von  stehen  aufgegeben  und 
es  bedeutet  'wobei  sein,  womit  beschäftigt  sein,  im,  begriffe 
sein,  etwas  zu  thun' ;  s.  Murner  an  d.  adel  s.  5  unter 
1,  B,  2,f,  Tj,  dd;  ferner:  so  jhr  etwan  von  ungeschicht 
bey  der  jungfrauwen  stünden  zu  reden  buch  d.  liebe  244», 
vgl.  I,  C,  2,  m,  6; 

ir  mundlein  stets  zu  lachen  stat 

fastn.  sp.  265,  23; 
und  schrey  alls  hefftig  überlaut, 
wie  ein  zanbrecher  steht  zu  plerren, 
wann  er  bÄsz  zän  gern  ausz  wolt  zerren 

SCHEIDT  Grobian.  2321 ; 
wen  wir  gantz  eiffrig  stehn  zu  mehren  unser  haab, 
als  den  so  kernt  der  todt  und  spricht :  du  must  ins  grab 

Rist  Pam.  732. 
zutceilen  auch  im  sinne  'nahe  daran  sein,  etwas  thun 
wollen  oder  es  beinahe  thun  :  do  ich  in  dem  kalten 
Schnee  .  .  .  stund  mein  leben  ze  verlieren  ARioo  decam. 
506,  28  Keller  {moriva  di  freddo  8,  7),  so  mit  unpersönl. 
aubj.: 

dekk'  uns  bald  mit  gnaden  flüglen, 
wen  das  ungewitter  steht 
deinen  willen  auszzurichten 
statt  und  länder  zuvemichten 

Rist  html,  lieder  (1651)  l,  60. 
als  Umschreibung  des  verbs  in  durativem   sinne  auch  in 
voUcsthümlicher  Sprechweise;  so  im  volksliede: 

da  spür  ich  ein  sturmwindlein  wehn, 

als  wollte  das  schiff  zu  gründe  gehn : 

da  stehen  meine  gedanken 

zu  wanken 
ERK-BÖU.MB  liederhort  3,  s.  418  (2.  hcHfU  det  n.jahrh., 
t.  auch  Auerbach  dorfgetch.  1,  23). 
jetzt  noch    in   den   nördlichen   nd.    mundarten,    woher  es 
Storm  übernommen  hat:  hier  im  saal  stand  auch  seine 
leiche;  du  warst  damals  erst  sechs  jähre  alt  und  standest 
am  sarg  zu  weinen  2,  Sil,  vgl.  4,  184; 

und  auf  dem  stall  zur  Winterszeit, 
wie  wacker  steht  der  ochs  zu  kauen ! 

ged.»  77. 

(ganz  gewöhnlich  im  holl.:   ik  stond  met  hem  te  praten, 

ich  plauderte  mit   ihm;   hij    staat   te    luisteren,    er  steht 

und    horcht,    u.  a.,  auch:    de    vrede    staat    gesloten    te 

'  worden  es  ist  an  dem.  dasz  der  friede  geschlossen  wird.) 

X.  2. 


f)  von  diesen  Verwendungen  zu  sondern  ist  eine  Ver- 
bindung mit  dem  inf.  in  der  bedeutung  'anfangen',  also 
perfectiv,  die  nur  in  der  alten  spräche  begegnet,  stehen 
vertritt  hier  die  Zusammensetzung  gestehen;  ahd.  gistantan 
s.  gestehen  17,  th.  4.  l,  4213,  urid  Grimm  gramm.  4,  96.  945 
(106  netidr.).  danach  bes.  bei  Notker  vorkomm^end  (die 
stelle  aus  Brant  gehört  nicht  hierher,  s.  oben  d):  ünz  er 
in  (Dietrich  den  kaiser)  des  biten  stüont,  täz  er  imo 
öndi,  mit  Otachere  zevehtenne  i,  5,  20  Piper  (Boet.,  prol.); 
uuio  iöh  selbes  Jovis  stella,  tiu  före  filo  glänz  ist,  tdnne 
ürouge  uuirt,  so  diu  sünna  stät  skinen  748,  14  (Marc, 
cap.  1,  38) ;  stüont  si  sorgen  iro  sconi,  ünde  iro  licham- 
haftigun  uuiste  (decori  forme  .  .  .  cepit  formidare)  782,  9 
(2,  5);  vgl.  2,  498,  23;  ferner  235,  21  (62,  3)  unter  I,  B,  3,  /,  a. 
doch  gehört  jedenfalls  auch  hierJier: 

dö  hörderz  ros        waien, 

daz  stunt  in  siner  tobeheit  scrien 

Vorauer  Alexander  284. 

ein  späterer  vereinzelter  beleg  mit  zu:  item  in  deme 
jaire  uns  heren  1400  ind  34  jaire  des  7.  dais  in  october 
...  so  stoint  sich  zo  heyen  ein  grois  wint  deutsche 
städtechr.  13,  122,  25  (Cöln.  Jahrb.). 

D.  stehen  in  freierer  anwendung  von  sacken. 

l)  Verwendungen,  bei  denen  die  locale  bedeutung  (sieh 
an  einem  orte  befinden)  deutlich  ist,  im  anschlusse  an 
B,  5.  6. 

a)  eigentlich,  nur  mit  abstractem  subject. 

a)  von  färben,  von  concretem  gebrauch  ausgehend:  das 
prismatische  sonnenbild  zerfällt  ...  in  eine  tag-  und 
nachtseite.  gelb  und  gelbroth  stehen  auf  der  ersten, 
blau  und  blauroth  auf  der  zweiten  Göthe  59,  106  (far- 
benl.  2,  170). 

auf  klarem  antlitz  jugendrosen  stehn 
A.  V.  Drostb-Hülshoff  2,  202  (Watther  2). 
anders: 

ich  eilte  Lesbien  aus  kurtzweil  zu  erwecken, 
als  gleich  Aurorens  glantz  um  ihr  gesiebte  stund 

B.  Nbukirch  bei  H.  v.  Hoffmanns- 
wALD.\u  auserl.  ged.  1,  13. 

ß)  oft  vom  ausdruck  des  gesichts,  der  äugen:  in  den 
äugen  des  jungen  mädchens  stand  ein  milder,  stiller 
glänz  Frenssen  sandgräfin  125;  ein  unendliches  glück 
stand  in  den  vergiszmeinnichtblauen  äugen  Menjas,  als 
sie  im  brautkranz  ging  Heer  könig  der  Bemina  297;  in 
ihrem  gesiebt  stand  zugleich  der  ausdruck  des  entsetzens 
und  der  unbedenklichsten  entschlossenheit  Ric.  Ruch 
d.  letzte  Sommer  42;  erwartung  stand  auf  jeglichem  ge- 
siebt TiECK  8,  90;  auf  Schoppe's  gesiebt  stand  die  wär- 
me und  eile  des  selbst-siegers  J.  Paul  24  (Tit.  4).  43.  — 
ähnlich: 

dabei  ein  lächeln  steht 
auf  ihren  lippen  leise 

RCckert  3,  77. 

b)  anderes  uneigentlicher;  in  hypostasierung  oder  perso- 
nification  übergehend:  wir  sehen  dunkle  schatten  in  der 
ferne  stehen,  und  nennen  sie  freundschaft  und  liebe 
TiECK  7,  119;  Schauder  stehn  vor  unserm  gefängnisse  zur 
wacht  23;  in  dieser  wiesenreichen  mit  schönen  bergen 
umkränzten  gegend  stehen  die  lebhaftesten  erinnerungen 
meiner  kindheit  J.  Grimm  kl.  sehr.  \,  l. 

c)  geistig,  von  Vorstellungen,  erinnerungsbildem  u.  s.  to. 
a)  etwas  steht  einem  im  gedächtnisz,  im  sinn  u.  ähnl.: 

besinne  ich  mich  genauer,  so  war  allerdings  jene  zeit 
nicht  ganz  so  vollkommen  blau  und  sonnig  und  feier- 
täglich, wie  sie  mir  im  gedächtnis  steht  Hesse  Ger- 
trud S9; 

keine  nacht  kein  tag  vergehet,  .  .  . 

dasz  mir  nicht  in  meinem  sinn 

meine  Philosette  stehet 

Königsberger  dichterkr.  s.  13  neudr.; 

Heioise !  darf  sich  elend  wähnen, 
dem  ein  solcher  tag  im  herzen  steht? 

TiBOGB  2,156; 
aber  herrliche  und  grosze  dinge 
stehen  innerlich  mir  im  gemüthe 

Wackenroder  herzenterg.  95. 

ß)  etwas  steht  einem  vor  äugen,  so  zunächst  eigentlich 
(vgl.  B,  6,  d),  bes.  in  der  älteren  spräche:  das  sie  yres 
hem  unde  syner  lande  gedien  unde  vorterbin  woldin  an- 
sehn, das  gröblichen  unde  harte  vor  ougen  stunde  Rothe 

103 


1635 


STEHEN  (II,  D,  1,  c-e) 


STEHEN  (II.  D,  1,  e-g) 


1636 


Dür.  ehron.  770;  die  wort  stehen  zu  gewaltig  und  zu 
klar  da  für  äugen  Luther  26,  157,  22  Wetm.  atisg.;  er 
(Ter.)  hat  sechs  lieblicher  comedien  gemacht,  in  deren 
er  mancherley  sitten  und  art  der  menschen  so  eigent- 
lich fürwendet,  als  ob  es  leiblich  vor  äugen  stönd  Boltz 
Terenz  deutsch  (1539)  A  4*>;  jener  zeit,  da  ich  den  werth 
solcher  schätze  (antiker  denkmäler)  nicht  genugsam  ein- 
sah, standen  sie  mir  vor  äugen;  jetzt  .  .  .  bin  ich  ge- 
trennt von  ihnen  Göthe  br.  40,  256  {an  Zelter  21.  jan. 
1826).  von  phantasiebüdern :  die  kleinsten  umstände  die- 
ses Zufalls  stehn  mir  noch  vor  äugen,  als  hätte  er  sich 
gestern  ereignet  Göthe  19,  265  {Wüh.  Meister  6);  die  er- 
mordung  seines  freundes  stand  ihm  unaufhörlich  vor  äu- 
gen TiECK  4,  165  {d.  blonde  Eckbert);  sein  bild,  o  sein 
bild  steht  mir  immer  vor  den  äugen  Lenz  l,  387  Blei 
(ho/m.  4,  4).  ähnlich  vor  der  seele  stehen :  das  schlosz 
des  grafen  stand  ihnen  wie  ein  feengebäude  vor  der 
seele  Göthe  18,  252  (Wilh.  Meister  3,  3); 

nicht  alles, 
was  klar  vor  meiner  seele  steht,  ist  reif 
genug  fttr  meinen  könig 

Schiller  5,  2,  281  (dorn,  Karlos  3,  3). 

Y)  ähnlich  vor  einem  stehen,  s.  B,  6,  d: 

und  ist  das  ergste,  das  ich  klage, 
das  er  sich  auch  nicht  weisen  lebt, 
wenn  gleich  erfarung  vor  jhm  steht 

Hayneccius  Hans  Pfriem  2,  5,  1038; 

wie  so  schwartz  bist  du  Atrina!  wer  dich  sibt  der  denckt  an  gott, 
denn  er  meint,  dasz  für  jhm  stehe  finstres  grab  und  schwartzer  tod 

LoGAU  2,  9,  92; 

vgl.:  ffir  gott  stehen  alle  vergangene  und  könfiftige  ding 
gegenwertig  Mathesius  Sarepta  43».  freier:  alles,  was 
ich  mir  seit  jener  unglücklichen  nacht  .  .  .  nur  träumen 
liesz,  steht  vor  mir  Göthe  19,  127  (Wilh.  Meister  4,19); 
in  ihrer  guten  und  natürlichen  art  sieht  sie  die  dinge 
recht  klar  und  deutlich,  und  so  bleiben  sie  auch  vor  ihr 
stehen,  immer  als  gegenwärtig  Göthe  briefe  35,  282  (an 
Zelter  13.  märz  1822),  s.  auch  Ebner-Eschenbach  4,  83 
unter  I,  C,  3,/,  ß;  es  ist  besser,  ich  sehe  sie  durch  die 
äugen  ihres  liebhabers ;  vielleicht  erscheint  sie  mir  vor 
meinen  eigenen  äugen  nicht  so,  wie  sie  jetzt  vor  mir 
steht  Göthe  16,  23.  gern  in  bezug  auf  zukünftiges,  in 
die  bedeutung  e,  a  übergehend:  du  blinder  mensch,  der  du 
nach  diesem  leben  nur  eins  aus  zweyen,  nemlich  den 
bimmei  oder  die  höll  .  .  .  vor  dir  stehen  und  zu  gewarten 
. . .  hast  Simpl.  sehr.  3,  425, 10  Kurz  (vögeln.  1,  20).  ähnlich: 
frei  von  allem  zweifei  stand  vor  ihm,  was  er  zu  erfüllen 
hatte  Seidel  2,  173  (vorstadtgesch.  70). 

d)  nahe,  fern  stehen,  *.  B,  6,  o,  häufig  freier:  als  sie 
am  tiefsten  herunter  waren,  stand  ihnen  jedoch  die  hülfe 
am  nächsten  Immermann  Münchh.  3,  117  (6,  3);  ich  wür- 
de in  freuden  dank  sagen  meinem  gnädigsten  herrn, 
wenn  mir  die  thränen  nicht  zu  nahe  stünden  Riehl  d. 
Stadtpfeifer  51 ;  dann  müssen  sie  von  einem  andern  lande 
erzählen,  das  seinem  herzen  noch  näher  steht  M.  Dreyer 
Hrand  (1910)  235.  (mnd.  to  na  stan  zu  nahe  geschehen,  ver- 
letten,  a.  d.  atädteehr.  16,  326,  6  unter  1,  B,  8,  a,  ß.)  — 

das  nächste  steht  oft  unergreifbar  fem 

OÖTHB  9,  851  {nat.  toehter  4,  3); 

wu  ihr  nicht  tastet,  steht  euch  meilenfem 

41, 16  (Faust  II,  1). 
von  etwas: 

die  ros'  .  .  . 

ist  bleich  und  weick,  und  stehet  weit 

vom  frischen  leben  ihrer  wangen 

Königtherger  dicMerkr.  s.  86  ndr.; 

alle  Schlüssel,  welche  am  anfang  einen  gleichen  buch- 
Stäben  haben,  stehen  voneinander  durch  eine  octavam 
M.  AoRicoLA  musiea  choralis  deudseh  (1588)  A  8V 

e)  spriehwörÜiehe  redewendungen,  um  die  zeitliche  nähe 
oder  ferne  eine»  ereigniaaea  auaxudrüeken. 

a)  vor  der  thtir  stehen  (unmittelbar)  bevoratehen,  vgl. 
Ebermn  V.  GOnzburo  s,  ii7  unter  I.  B.  l./,  y,  unser 
ganzer  ruln  stehet  vor  der  thUre  Gottsched  deutsehe 
aehaub.  t.  loi  (d.  opem  «,  t);  die  zeit  (war)  gekommen, 
wo  die  abreise  wirklich  vor  der  thüre  stand  Kbi.i,er 
t,  104; 

alles  onglOck  bricht  herfOr, 
sUht  und  tigt  fDr  deiner  thOr 

P.  Okrmarut  4tt,  6: 


ja,  und  der  mai  steht  vor  der  thtlr 
Hoffmann  v.  Fallersleben  kinderl.*  70. 
ähnlich  (im  bilde): 

horch  auf,  Berlin,  horch  auf  mit  deinen  obren,  .  .  . 
die  freudenbotscbaft  steht  vor  deinen  thoren 

RüCKERT  1,  23  (ßeÄ.  son.  34); 
endlich,  so  stände  dem  könige  ein  überschwerer  krieg  .  . . 
vor  der  band  Chemnitz  schwed.  krieg  l,  19». 

ß)  das  gegentheil  im  weiten  felde  stehen,  drückt  zu- 
gleich die  tingewiszheit  atis:  das  steht  noch  im  weiten 
felde,  haec  res  adhuc  longe  a  nobis  remota  e«<  Steinbach 

2,  669,  res  adhuc  incerta  est  et  dubia  Frisch  2,  326«,  das 
stehet  noch  in  weitem  felde,  ist  noch  sehr  ungeidsz 
Adelung  (2,  2,  5).    (im  bilde:) 

mein  hofTnungsklee  steht  noch  im  weiten  felde 
(spes  mea  adhuc  dubia  est) 

Stoppe  bei  Steinbach  2,669; 

leider  steht  es  mit  der  fortsetzung  der  natürlichen  toehter 
noch  im  weiten  felde  Göthe  briefe  17. 188  (an  Zelter  s.aug. 
1804) ;  vgl.  41,  39  (dgl.  20.  mag  1826) ;  ist  er  der  teufel,  was 
das  wahrscheinlichere  is,  dann  kann  er  nicht  sterben 
.  .  .;  is  er  aber  ein  mensch ,  was  aber  noch  in  weitem 
feld  steht,  dann  is  es  wohl  auch  möglich,  dasz  ihm  d' 
schlag'  zu  viel  worden  sind  Nestroy  ges.  werke  2,  52 
(pap.  des  teuf.  3,  l).  auch  ohne  feld :  ich  freue  mich  dar- 
auf, dich  hier  zu  sehen,  denn  mit  meiner  italiänischen 
reise  steht  es  noch  im  weiten  Göthe  briefe  12,  99  (an 
Friedr.  v.  Stein  26.  april  1797). 

f)  der  Wendung  e,  a  steht  nahe  die  sprichwörtliche  rede- 
wendung  das  messer  steht  uns  (ihm)  an  der  kehle,  'xcir 
befinden  uns  in  dem  augenblicke  der  gröszten  gefahr 
Adelung  (l);  'er  befindet  sich  in  der  gröszten  gefahr, 
auch,  in  der  unangenehm^en  nothwendigkeit  etwas  zu  thun 
Campe  (l).  (zugleich  eigentlich  gemeint:)  einst  wurde  ich 
ordentlich  bange,  als  er  mich  just  nahe  beim  halse 
barbierte,  während  er  so  heftig  gegen  Wellington  loszog 
.  .  .  gott  weisz!  was  ich  noch  mehr  von  Wellington 
rühmte,  als  mir  das  messer  an  der  kehle  stand    Heine 

3,  492  Elster  (engl,  fragm.  lo); 

der  Rothschild  ist  zwar  da, 
er  pumpt  auch  wohl  —  nun  ja, 
doch  tbut's  man's  höchstenfalls, 
steht's  messer  uns  am  hals 
S.  Landsberger  den  Carlos  s.  18  Weisstein. 

eigentlicher:  erachteten  wie  ein  grosse  gefahr  jhnen  auff 
dem  hals  stände  Xylander  Polyb.  (1574)  85  (/ifyav  .  .  . 
airotq  vnoXa/ußävovteg  ini<piQea&ai  xlvövvov  2,  23,  7); 

vgl.  th.  6,  2128. 

^r)  sehr  geicöhnlich  einem  im  wege  stehen  (mit  peraönl. 
subject,  8.  C,  2,  i,  a).  eigentlich,  von  concreten  dingen: 
den  Burgundischen  stand  jhr  eigen  geschfltz  im  weg 
Stumpf  Schwytzer  chron.  (1606)  589»»; 

der  Tyber-strom  .  .  . 
hebt  sein  beschilftes  haupt  empor, 
und  wünschet, 

dsisz  die  Alpen  seinen  äugen  nicht  mSchten  in  weg  stehen 
A.  U.  V.  Bral'nschwbio  Octavia  1,4**. 

gewöhnl.  mit  abstractem  subj.,  s.  Hütten  8,  189  unter  I, 
C,  3,  d,  ß;  es  glaubt  sich  schwechlicht,  unnd  bett  sich 
laulicht,  .  .  .  wenn  die  zehen  gebot,  und  sonderlich  das 
siebende  .  .  .  einem  im  wege  stehet,  wie  ein  fester  unnd 
zeher  knawer  (gestein)  Mathesius  iSar.  40*';  das  der 
teutschen  chur-  und  fürsten  dignitet  .  .  .  ihm,  als  der 
geringern  Standes,  hierin  mercklich  hinderlich  sein,  und 
im  wege  stehen  würde  Chemnitz  schwed.  krieg  8,  9*. 
häufig  mit  nichts :  dem  einmarsch  in  Makedonien  .  .  . 
stand  nichts  im  wege    Mommnkn  röm.  gesch.  t,  996; 

und  nun 
dies  blatt  uns  ffir  die  truppen  bttrgt,  ist  nichts, 
was  dem  vertrauen  noch  im  wege  stünde 

SciiiLLRH  12.  225  (Wollenst,  tod  1.  6). 

aatt  ala  aubjeet:  da  auch  der  Neronia  dieses  seither  im 
weg  gestanden  wäre,  dasz  mein  könig  kein  Römer  von 
gehurt  ist  A.  U.  v.  Braunschwrio  (Maria  1,  18;  mit 
abhängigem  aatt:  man  erklärte  ihnen,  dasx  nichts  im 
wege  stehe,  dasz  «ic  »ich  entfernen  könnten  STirrKR 
5.  1,  179;  ungewöhnlich  r^f.riv:  warum  ich  dich  haupt- 
sächlich bitte,  seh  heiter  aus;  furcht  ist  von  jeher  sich 
selbst  im  weg  gestunden  H.  L.  Waonkr  theaterat.  (177»), 
Maeb.  l,  1»,  a.  SO. 


1637 


STEHEN  (II,  D,  1.  h-i) 


STEHEN  (II,  D,  1,  »-2,  a) 


1638 


A)  andres:  auf  der  einen  seite  stehet  die  missethat, 
ex  utia  parte  adest  delictum  Hofmannswaldaü  bei  Stein- 
bach 2,  668.  —  Überall  steht  der  tod  im  hintergrunde, 
dem  jeder  gut  oder  ühel  verwendete  augenblick  uns 
entgegen  führt  A.  W.  Schlegel  üb.  dramat.  kunst^  l,  61; 
dennoch  stehen  im  Vordergründe  der  Germania  durchaus 
solche  eindrücke,  wie  sie  ein  angesehener  Römer  in 
Deutschland  selbst  . . .  empfangen  muszte  Freytag  17,  30; 
Ctiristi  leben  und  wunder  stehen  im  mittelpuncte  (yon 
Ezzos  lied)  Scherer  gesch.  der  d.  litt.  89.  —  da  eine 
graue  fläche  zwischen  hell  und  dunkel  innen  steht 
Göthe  52,  28  (farbenl.  1,  3.  36\  in  bezti^  auf  personen: 
das  geht  niemand  etwas  an.  das  steht  allein  zwischen 
uns  beiden  Speck  ztcei  seelen  287.  (sonst  bedetäet  das 
steht  zwischen  uns  auch:  das  trennt  tins,  hindert  unsre 
Vereinigung.)  —  in  allen  hauptsachen  stand  ihr  Volks- 
leben auszerhalb  der  cultur  des  mittelmeeres  Freytag 
17,  58;  der  attischen  kritik  ....  welche  den  werth 
eines  Stückes  danach  beurtheilte,  ob  die  peripetiescene 
an  rechter  stelle  stand    technik  des  dramas  4. 

i>  bei,  neben  etwas  stehen. 

a)  ohne  iceiteren  nebensinn,  s.  Eberlin  v.  GOnzburg 
i,  122  und  FiSGHART  dicht.  2,  Sil  unter  I,  B,  2,  /.  rj,  dd 
und  a.  cc;  bei  einander  s.  Schwartzenberg  Cic.  129". 
155«  unter  I,  B,  2,  /,  S,  dd.  neben:  wenn  der  bildende 
künstler  ...  in  den  theilen  seines  ganzen,  welche  alle 
neben  einander  stehen,  sich  nicht  wiederholen  darf 
Göthe  I  47,  38  Weim.;  in  dem  leben  des  kleinen  wird 
schneller  Wechsel  von  glück  und  elend  häufig,  hoher 
sinn  und  schwere  frevelthat  stehen  auch  in  ihm  neben- 
einander   Freytag  17,  174. 

ß)  in  dem  sinne  'zu  etwas  passen,  damit  übereinstimmen, 
sich  mit  ihm  vertragen',     so  schon  mhd.: 

genäde  doch  bim  dienste  stet       Parz.  346,  22. 
eigenthümlich  mit  bezug  auf  personen: 

der  {könig  Cazmir)  hett  ein  seltzam  abenthewrer. 
der  war  ein  fidler  und  ein  leyrer, 

welchs  {nänd.  d.  fiedeln)  dann  gar  wol  bey  narren  steht  (st* 

?i.  paizt) 
Fischart  2,  126  Haufen  (Eulensp.  2997). 

getcöhnlieh  negativ  geicendet: 

wer  gleich  was  nun  der  mensch  volbrecht 
natfirlich  wer  es  wider  recht, 
und  künt  nit  sten  bey  gottes  g5t 

SCHW.VRTZENBKRG    OC.  152''; 

die  Waffen  hätten  in  Deutschland  schon  das  ansehn 
erlangt:  dasz  ihr  sieg  bey  keiner  ungerechten  sache 
stehen  könte  Lohexstein  Armin.  2,  791».  bei  einander: 
warumb  aber  solte  nicht  auch  Schönheit  und  schwärtze 
bey  einander  stehen  können?    l,  458».     dafür: 

vergisz  der  alten  zeit,  die  manchen  wünsch  verkehret, 
da  krieg  und  Ordnung  nicht  beysammen  kunten  stehn 
Heraus  ged.  u.  intchr.  46; 

vgl.:  ohne  that  der  blosze  nahm,  , 

stehn  mit  schlechtem  lob  beisammen 

Wille  sittenl.  (1781)  138. 

y)  im  sinne  der  gleiehstdlung,  gleichtcerthigkeit : 

ob  ich  indert  vinden  kan  .  .  . 
rede,  die  wol  stende  tilge 
bi  disen  Sprüchen  guldin 

Heinrich  v.  Freiberg   Trittan  28; 

welches  in  allen  eigenschaften  eines  vortrefflichen  trauer- 
spiels  neben  irgend  einem  vom  Racine  stehen  könne 
▼.  Ayrenhoff  tcerke  2,  87;  die  seinigen  {Schillers  balladen) 
sind  ihm.  wie  sie  schon  wissen,  sehr  geglückt ;  ich  wünsche, 
dasz  die  meinigen  einigermaszen  darneben  stehen  dürfen 
Göthe  briefe  12,  199  {an  C.  G.  Körner  20.  juli  1797).  — 
in  demselben  sinne  gleich  stehen,  *.  unten  8,  d. 

rf)  besonderheiten :  Seneca  spricht,  dag  ze  seinen  zeiten 
der  donr  ain  vaj  voller  weins  zeslüeg,  also  daj  der  wein 
ain  kurzej  stündel  stüend  pei  ainander  {zusammen  ge- 
blieben, nicht  zerflossen  wäre)  äne  vag,  sam  er  in  dem  vag 
gestanden  was  Megenberg  94,  9,  —  nd.  ostfr.  datt  steit 
bi  'n  kärl,  'die  speise  ist  kräftig,  ihre  Wirkung,  nährkraft 
nachhaltig  Stürenburg  258";  westf.  dat  stftt  bi  de  rib- 
ben,  'das  ist  eine  derbe,  sättigende  speise'  Woeste  253» 
{vgl.  II,  B.  15,  b:  17,  b?).  —  nicht  recht  klar  ist  der  aus- 
druck:  ist   dann  der  wein  von  varb  und  gesmach,  daz 


si  den  erkennen  ze  nemen,  daz  stee  darbe!  {'so  ist  es 
recht')  tirol.  weisth.  2,  352,  30. 

k)  ähnlieh  wie  bei  (t.  ß)  in  der  älteren  spräche  auch  mit : 

dit  mach  wol  staen  mit  Luthers  leer, 

Daniel  v.  Soest  ».  155  Jogtes  {bicht  1320); 

(dann)  solt  se  meinen,  wi  hebn  wol  gedaen, 
et  möge  mit  dem  evangelio  staen  {'bestehen,  übereinstimmen' 
ScHiLLER-LüBBEN  4,  361»>,  3)  160  (1506); 

nun  sehet  wie  jhr  der  philosophey  so  gar  leer  seind, 
wie  kan  dann  ewer  verstand  der  artzney  mit  warheit 
stehen?   Paracelscs  i,  211  A. 

F)  gegen  etwas  stehen,  meist  reciprok:  wenn  kein  budget 
zu  Stande  komme,  dann  sei  tabula  rasa;  die  Verfassung 
biete  keinen  ausweg,  denn  da  stehe  Interpretation  gegen 
interpretation  Bismarck  polit.  reden  2,  30  (30.  sept.  1862); 
es  wird  das  loos  gezogen,  weil  man  überzeugt  ist,  dasz 
bei  gegen  einander  stehenden  meinungen  es  immer  gleich- 
gültig ist,  welche  befolgt  wird  Göthe  23,  152  {wanderj. 
3,  11).  m,it  folgendem  vergleich  abgeschwächt  zu  der  Be- 
deutung 'sich  zu  einander  verhalten  :  also  ist  auch  mit 
solchen  zweyen  aussätzen  zu  verstehen,  dasz  sie  gegen 
einander  zu  gleicher  masz  stehend,  wie  rosz  und  esel 
Paracelsus  Chirurg,  sehr.  (1618)  132  B. 

wi)  über  etwas  stehen  im  sinne  häherer  geltung;  theils 
objectiv,  als  höhere  instanz:  auch  dort  stand  über  dem 
besitzrecht  des  einzelnen  das  bodenrecht  der  gemeinde 
Fheytag  17,  75.  tJteils  von  subjectiver  beicertung:  der  stolz, 
zahllose  coupons  allmonatlich  abschneiden  zu  können, 
steht  ihnen  über  aller  arbeitsehre  Riehl  deutsche  arbeit  2i. 
{das  gegentheil  unter,  s.  unter  E,  5).  —  ähnlich  vor  etwas 
stehen  im  sinne  des  Vorrangs;  vgl.: 

weil  tödten  für  dem  stehlen  in  zehngeboten  steht, 
ists  recht  dasz  dem  Juristen  ein  artzt  drum  oben  geht? 

LoGAU  1,  9,  78. 

n)  hinter,  als  folge:  hinter  diesem  scheitern  {der  Ver- 
handlung) steht  aber  fast  unvermeidlich  der  krieg  mit 
Oestreich    Bismarck  ged.  u.  erinti.  2,  16; 

in  der  weit  pflegt  es  also  zu  gehn, 

das  Unglück  oft  hinterm  glück  zu  stehn. 

Wille  siüenl.  (1781)  78. 

o)  auch  von  B,  7  gehen  freiere  gebrauchstceisen  aus,  s. 
z.  b.  7,  e  zu  ende,  ähnlich  auch,  bes.  in  der  Volkssprache: 
es  steht  mir  bis  oben  'ran  'ich  habe  es  gründlich  satt, 
bis  zum  ekel'  Albrecht  Leipz.  mundart  216'».  ungewöhn- 
licher in  anderm  sinne:  äwer  de  fru  Syndikussen  stunn 
de  geschieht  nu  all  bet  an  den  hals,  sei  hadd  sick,  as 
sei  de  Krummhurn  taum  verteilen  upfödderte,  'ne  nüd- 
liche  raud  för  ehre  Ungeduld  bunnen,  sei  föU  hir  also 
in  de  red'    Reuter  3,  36  Seelmann  {strömt.  3,  32). 

p)  perfective  bedeutung  {wie  A,  13)  zeigt  die  im  altem 
nhd.  begegnende  redeiceise  einem  zu  banden  stehen,  be- 
gegnen, vorkommen,  widerfahren:  {ein  gläubiger  mensch) 
furcht  sich  für  keinem  ding,  das  yhm  möcht  zu  banden 
stehen  Luther  24,  22,  25  Weim.  (4,  3»);  was  mir  aber 
jetzt  zu  banden  stehet,  ist  wie  ich  es  gewündscht 
Leibniz  deutsche  sehr.  2,  24  {br.  v.  okt.  1675).  in  anderm 
sinne  s.  4,  c.  —  ähnlich  noch  bair.  'sten  einem  an  od.  in 
die  hand  (ron  dingen,  die  man  kaufen  will),  gelegen  od. 
trie  gerufen  kommen ,  sehr  icohlfeil  seyn'.  das  hab  ich 
gekauft,  nicht  weil  ich  es  brauche,  sondern  weil  es  mir 
gerad  in  die  hand  gestanden  ist  Schmeller's,  710. 

2)  weiter  verblaszt  ist  die  sinnliche  bedeutung  in  weit- 
verbreiteten Wendungen  von  dem  typus  in  jemandes  macht 
stehen. 

a)  von  ländern.  besitzungen  u.  ähnl. : 

zweier  kröne  rtcheit 

stet  vorhtecliche  in  siner  pflege 

Pars.  328,  7; 

in  earer  {jifi'  götter)  obhut  steht  das  Taterland 

Schiller  6,  379  (zerst.  Trojas  118); 

in  der  benatzang  der  groszherzoglichen  familie  standen 
allein  schlosz  Hollerbrunn  .  .  .  Th.  Mann  königl.  hoheitsi. 
femer:  das  alle  creaturen  ynn  gottes  gewalt  stehen 
Luther  24,  23,  11  Weim.;  in  der  altem  spräche  mit  an 
{vgl.  e) :  dit  land  steit  rede  an  unser  macht,  d.  städte 
ehr.  7,  15,  5. 

103  • 


1639 


STEHEN  (II,  D,  2.  b—d) 


STEHEN  (II,  D,  2,  e-f) 


J640 


b)  ähnliehe  Wendungen  mit  anter:  aber  da  diese  neu- 
erworbene provintzien  bisher  unter  der  herrschafft  eines 
königes  gestanden  Besser  sehr,  l,  104;  ein  kleines  Vor- 
werk auf  einer  von  den  insuln  .  .  .,  welche  unter  der 
botmässigkeit  der  Athenienser  stehen  Wieland  A^'aiÄOH 
1,  325;  das  kloster  .  .  .  stand  unter  der  trefflichen  obhut 
des  einzigen  menschen  .  .  .  L.  v.  Francois  d.  letzte  Recken- 
hurgerin^  216;  so  dann  auch:  aus  denen  {zünften)  würden 
Städte  entstehen,  solche  zu  einer  landschaft  treten,  und 
alle  länder  endlich  unter  der  kirche  gottes  stehen  Leibniz 
deutsche  sehr.  1,  419;  da  der  besitzstand  und  die  macht- 
stellung  all  dieser  Staaten  thatsächlich  unter  römischer 
garantie  stand  Mommsen  röm.  gesch.^  2,  19.  weiterhin  sehr 
gevDöhnlich  unter  einem  gesetze  stehen:  die  geistliche 
beredtsamkeit  steht  ganz  unter  dem  gesetz  des  allge- 
meinen fortschritts  der  spräche  überhaupt  J.  Grimm,  s. 
th.  1,  XXXI. 

c)  gewöhnlich  abstraeter :  es  steht  in  meiner  macht,  in 
manu  mea  est;  es  steht  in  des  fürsten  gewalt,  situm  est 
in  voluntate principis  Steinbagh  2,  668;  das  stehet  nicht 
in  meiner  macht,  in  meinem  vermögen,  in  meinen  kräf- 
ten,  in  meiner  gewalt  Adelung  2,  2,  5,  ich  habe  darüber 
zu  bestimmen  oder  zu  entscheiden,  mit  einem,  subst.  als 
subj. :  ich  weis  herr,  das  des  menschen  thun  stehet  nicht 
in  seiner  gewalt,  und  stehet  in  niemands  macht,  wie 
er  wandele  Jerem.  10,  23;  vielleicht  aber  kan  ich  etwa 
mit  einem  guten  rathe  dienen,  obgleich  die  hülffe  in 
meinem  vermögen  nicht  stehen  möchte,  cav.  im  irrg.  520. 
sehr  häufig  mit  in/.:  nauch  disem  kostlichen  nachtmäl 
bat  sie  ißleop)  den  trunknen  Anthonium,  daz  er  ir  das 
römisch  rych  sölte  undertenig  machen,  ze  glycher  wys, 
als  ob  in  synem  gwalt  stönde,  das  hin  ze  geben  Stein- 
höwel  de  claris  mul.  265,  29  Drescher;  ja,  wenn  es  in 
meinem  vermögen  stünde,  ihm  .  .  .  das  bitterste  zu  er- 
sparen Lessing  2,  39  (Sara  Sampson  S,  3);  stand  es  in 
meiner  macht,  nicht  zu  kommen?  Tieck  2,  287.  mit  oder 
in  abhäng,  satz:  darumb  alszo  wenig  als  ynn  meyner 
macht  steht,  das  ich  keyn  mansz  bild  sey,  alszo  wenig 
stehet  es  auch  bey  myr,  das  ich  on  weyb  sey  Luther 
10,  2,  276  Weim.;  wie  lange  wir  leben,  steht  nicht  in 
unsern  kräften;  wohl  aber,  ob  wir  gut  leben  Hippel 
lebensl.  3, 1, 179;  er  soll,  so  viel  in  seinen  kräfften  und  ver- 
mögen stehet,  allen  schimpff  und  schaden  .  .  .  von  uns 
.  .  .  abwenden  Stranitzky  ollapatr.  117,  26  neudr.;  hilft 
es  nichts,  so  haben  wir  doch  alles  gethan,  was  in  unsern 
kräften  steht  Lessing  l,  352  (misog.  l,  i).  ähnliches:  die- 
weil  aber  solch  ermessung  (der  grösze  des  diebstahls)  in 
rechtverstendiger  leut  vernunfft  steht  {'in  jurisperitorum 
ratüme  consistit'  Gobler)  Carolina  160;  dann  also  beweret 
es  sich,  dasz  das  gestirn  in  des  menschen  kunst  stehet 
Paracelsus  2,  378  B  (schlieszt  an  die  unter  /.  y  mitgeth. 
stelle  an). 

d)  etwas  steht  in  jemandes  willen:  in  seinem  willen 
steet  es  wie  jn  lustet  zä  thän  unnd  zu  lassen  Thauler 
sermones  (1508)  16*; 

80  habt  ihr  das  nicht  einmal  gut  gemacht, 
was  doch  noch  heut'  in  eurem  willen  steht? 

Hebbel  4,  253  Werner  (Nibel.  III,  3,  7). 

verbunden  in  dynem  willen  und  in  dinem  gewalt  Geiler 
bilg.  IS*),  ».  I,  B,  2,f,  T],  dd;  nachdem  ...  in  seinem  goct- 
liehen  willen  und  gevallen  steet,  was  und  wievil  er 
seiner  warhait  .  .  .  verkünden  lassen  woelle  Berthold 
V.  Chiemseb  ieudtAe  theol.  80.  dafür  ferner:  und  stehet 
nicht  in  anserer  willkühr,  ob  wir  es  thun  oder  lassen, 
sondern  befehl  ist  da,  dasz  wirs  thun  sollen  Sciiweim- 
CHEN  1,  6;  a.  auch  Bismarck  ged.  u.  erinn.  2,  170  unter  1, 
C,  8,/,  o.  —  heut  ist  geystlich  recht  nit  das  in  denn 
bachem,  szondern  was  in  des  bapsts  und  seiner  schmeych- 
ler  mutwil  stet  Luther  6,  469,  li  Weim.  —  wie  sie 
wollen,  mademoiselle.  das  steht  ganz  in  ihrem  belieben 
Schiller  8,  446  Qcab.  u.  l.  8,  6).  —  wer  des  ersten  erweit 
sein  toi  das  tte  in  unser  aller  wale  {neüa  elesion  di  not 
UMi  na)  Anioo  d«eam.  U,  13  Keller; 

iltem  kann  man  zwar  nicht  wthlen: 
aber  slOndt  in  deiner  wähl  . . . 

OoTTSCHio  ffed.  1, 106; 


ob  eie'e  wollen  bexablen, 
steht  in  Ihrer  wähl 


HCCKBRT  1,  «00. 


e)  in  der  älteren  spräche  häufig  mit  andern  präpositionen. 
a)  a  n  {vgl.  unter  a) :  doch  stat  dat  an  des  herren  köre 

{wähl),  weder  he  des  boden  recht  neme  allohant  Sachsensp. 
lehnr.  24,  §  8;  an  des  herren  willen  67,  §  10;  da  stat  des 
burgers  buosse  an  des  rates  bescheidenheit  uf  ir  eit  das 
ze  richten  riehtebriev  der  burger  v.  Zürichs.  16;  als  sey 
jr  verfluoecht  weibnemen  nit  gestannden  an  jrem  ver- 
kerten  willen  Berthold  v.  Chiemsee  t.  theol.  286; 

ob  i;  an  dfnin  willin  solde  stän 

Rother  ^06; 
an  gotes  gehot  i;  alle;  st&t 

livländ.  reimchr.  4934. 

ß)  auf  vereinzelt:  dann  die  rentmeister  mögen  inn 
keiner  besonderen  sach  nichts  auszgeben,  sonder  steht 
auff  des  raths  erkantnus  Xylander  Polyb.  300  {X^Q^<i 
xu,v  TTJg  avyxXrizov  öoy/jtdvwv  6,  13,  2).    vgl.  3,  a,  a. 

Y)  bei,  nicht  häufig:  das  zuoefallend  wesen  steet 
bey  gottes  willen  unnd  verhenngen.  das  guot  wesen  des 
menschens  steet  in  der  andern  band  gottes,  nemlich  bey 
seinen  goettlichen  gnaden,  und  bey  freyem  willen  des 
menschens  Berthold  v.  Chiemsee  147;  welchs  sy  (so- 
vil  bey  jhrem  guten  willen  gestanden)  gern  gethon  betten 
SCHAIDENRAISSER   Odyss.  56^  {Od.  13,  274/.); 

doch  steht  es  bey  der  götter  macht, 
wem  sie  forthelffen  in  der  schlacht 
Spreng  IHa«  (1610)  248»  (^«ü»'  ^v  yoiraai  xiitat  17,  514); 
w6lt  jhr  mir  volgen  nach  zum  theyl  .  .  . 
so  steht  dasselb  bey  ewer  wähl 

Aen.  SO«»  (2,  350). 

rf)  häufiger  zu:  wer  nach  der  ersten  welung  sol  er- 
weit wern,  das  ste  zu  des  gefallen  das  (=  der)  von  erst 
ist  erweit  worden  Arigo  decam.  14,  14  Keller  {scJdieszt  an 
die  stelle  unter  d  an);  ob  aber  ain  haubtman  für  sein 
tafl  selbs  mer  vacher  {netzfischer)  .  .  .  schlagen  lassen 
will,  steet  zu  seinem  willen  tirol.  weisth.  4,  10,  16;  bei 
straff  die  zu  des  herrn  pfarrers  erkantnusz  stehet  steir. 
taid.  311,  48;  dencke  nicht,  das  solchs  zu  deinem  gefallen 
und  eigner  wilköre  stehe  Luther  4,  399";  so  kan  ich  dir 
nit  leicht  sagen,  welchen  weg  under  zwayen  du  darnach 
solst  faren,  die  wal  wirt  zä  dein  selbst  rath  und  be- 
trachtung  steen  Schaidenraisser  Odyss.  51»  (12,  57/.); 
zä  meiner  (deiner)  wal  11 1*  und  Wickram  l,  103,  s.  unter 
I,  B,  3,  /  ß,  bb  und  2,  /,  tj,  dd. 

f)  sinnlicher,  obwohl  nicht  anschaulich,  ist  die  sehr  ge- 
wöhnliche Wendung  etwas  steht  in  jemandes  band,  vgl. 
th.  4,  2,  349. 

«)  gern  m,it  concretem  subject  {vgl.  a);  von  reichen  u. 
ähnl.:  ich  weis,  das  du  könig  werden  wirst,  und  das 
königreich  Israel  stehet  in  deiner  band  (iii»a  .top)  \  Sam. 

24,  21;  die  templarier  etc.  achteten  disz  nit  gnög,  wo 
nicht  Damiata  da  z8  erobert  in  jrer  band  stund  Seb. 
Franck  chron.  der  Teuischen  (1539)  150».  in  etwas  andertn 
sinne: 

dann  dieser  weit  reich  allesand, 

stehen  allein  in  gottes  band. 

er  gibt  sie  wem  er  will  allein 
Spangenberg  axugew.  dicht.  195  (Saul  3,  1,  1878). 

von  menschlichem  eigenthum :  die  weyle  is  {das  haus)  unsir 
was  unde  die  weyle  is  noch  in  unsir  handt  stundt  handels- 
rechn.  des  deutsch,  ordens  843,  19  {ausd.j.  1402—4);  alles 
das  sein  stehet  in  fremder  gefehrlicher  misztrawiger 
band  Garg.  100  neudr.  —  auch  von  personen,  bes.  in  besug 
auf  gott:  wie  sie  gar  ynn  gottes  band  stehen  Luther 
24,  82,  12  Weim. ; 

ich  stehe  in  der  allmacht  band 

SciiiLLKR  18, 191  {Pioe.  &,  1). 

seltener  sonst:  jeder  andre,  als  ich,  wUrde  dadurch  iii 
ihrer  band  stehn  Tieck  6,  838.  in  anderm  ginne:  hu- 
mit  bekennet  alle  weit,  dasz  wir  gottes  seindt,  und  .  .  . 
der  todt  und  leben  stehe  in  gottes  handt  Aüricoi.a 
sprichw.  (154«)  82»;  und  ihnen  schenk  ich  ihr  leben,  dasz 
itzt  in  meiner  band  stehet  Stephanie  /t*»^*p.  (I77i)  47 
{d.  Werber  8,  8).  dufür:  dein  sohicksa&I  steht  in  meiner 
band  Schiller  8,  187  {rauher  4,  8); 


aUgtnmn: 


mein  anfang  und  end 
■teht  allee  in  Kottes  bend 
Schumann  nacAibdcA/.  48,  81  BoUe  (1, 18). 

Sit  das  ^los  >ttt  In  atner  (Oottet)  he;ide 

WALTHBR  V.  D.  VoOBLWIlOB  78,  87 ; 


1641 


STEHEN  (II,  D,  2,  f-g) 


STEHEN  ai.D,2,9) 


1642 


es  stet  dir  als  in  deiner  band 
H.  Sachs  1,  IS»»,  vgl.  5,  127*  unter  I,  B.  2,/,  d,  dd, 

mit  abstractem  subjeci  (vgl.  c) :  nun  in  des  genanten  herren 
Ariget  hant  stunde  daz  regiment  des  ganczen  künigreichs 
Arigo  decam.  91,  3  Keller  {ü  quäle  Arrighetto  avendo  iL 
governo  deW  isola  nelle  mani  2,  6) ;  seitdem  .  .  .  stand 
die  besetzung  der  geistlichen  stellen  ohne  Widerrede  in 
der  hand  des  kaisers  Ranke  icerhe  1,  16.  anders:  das 
ende  ihres  Jammers  stehet  in  der  hand  des  herrn  samml. 
V.  schausp.  (Wien  1764)  l,  6  (Weiszkern  Samson  1, 3).  mit 
inf.  {vgl.  c):  in  deiner  hand  stehet  krafft  und  macht, 
in  deiner  hand  stehet  es,  jederman  gros  und  starck  zu 
machen  l  chron.  30,  12.    mit  abhängigem  satz: 

es  ist  sein'  högste  Inst,  ... 

wenn  ein  bedrengtes  volk,  ein  reich,  ein  gantzes  land 

wie  lang  es  stehen  sol,  steht  blosz  in  seiner  band 

Rachel  tatyr.  ged.  75  neudr.  (6,  487). 

jS)  nicht  selten  im  plural:  alle  seine  freüde  lust  und 
ere  in  euern  hendenn  stunde  Arigo  decamer.  208,  34 
Keller  (tutta  nelle  vostre  mani  era  da  lui  rimessa  3,  7); 
dermass  steet  all  wesen  des  menschens  in  zwayen  gottes 
hannden  Berthold  v.  Chiemsee  teictsche  theol.  s.  147; 
jr  gut  stehet  nicht  in  jren  henden  Hiob  21, 16;  vgl.ps.  31, 
16;  Jes.  Syr.  10,  4;  das  leben  stände  in  seiner  allerliebsten 
frawen  bänden,  das  mScht  die  jm  behalten  oder  verlieren, 
wie  sie  selber  wolt  buch  der  liebe  97*;  unser  Schicksal 
stehet  in  den  bänden  der  vorsieht  Gellert  bei  Adelung 
(2,  2,  5).    so  auch: 

trompeter.  bat  man  uns  nicht  seit  vierzig  wochen 

die  löhnung  immer  umsonst  versprochen? 
1.  arkebusier.  ei  was!  das  steht  ja  in  guten  bänden 
Schiller  12,  50  {Wallenst.  lag.  11). 

y)  der  sinn  durch  zusatz  von  synonymen  verdeutlicht:  also 
steet  in  gottes  macht  und  banden  all  geschoepf,  sonderlich 
der  mensch  Berthold  v.  Chiemsee  148;  also  herschet  ers, 
so  er  die  kunst  und  liebe  zum  gestirn  hatt  .  .  .,  als  dann 
stehet  der  himmel  in  seiner  gewalt  unnd  handt  Para- 
celsus  2,  378  B.  vgl.  auch:  tod  und  leben  stehet  in  der 
Zungen  gewalt  {var. :  steht  ynn  der  hand  der  zungen,  = 
]ic'':-^»3)  spr.  Sal.  18,  21;   alles,  was  in  meiner  gewalt  ist, 

steht  in  deiner  hand  MusÄus  volksm.  l,  13  Hempd  (Eübez.i) ; 
mit  faust  für  band:  widerümb  erhebt  .  .  .  gott  unsere 
Widersacher  auch  also  seer,  das  sie  stoltz  werden  und 
meinen,  sie  haben  das  spiel  gewonnen  und  stehe  in  irer 
faust  Luther  16,  135,  19  Weim. 

&)  vereinzelt  verden  in  ähnlichem,  sinne  andre  glieder 
genannt,  so  nach  griech.  vorbilde  das  knie  {vgl.  Spreng 
unter  e,  y): 

bema  wenn  mine  seel  utb  dissem  lyff  werd  fahren, 
wor  se  werd  inloseem,  steit  in  der  götter  knee 

Lauremberg  1,  45. 

im  munde  zweier  zeugen  *.  unter  3,  b,  ß. 

g)  an  stelh  dieser  Umschreibungen  tcird  sehr  häufig  die 
person  selbst  gesetzt,  doch  sind  dann  zumeist  andre  Prä- 
positionen üblich: 

a)  in  der  älteren  spräche  in  der  regel  an  einem  stän, 
von  ihm  abhängen,  vgl.  Grimm  gramm.  4,  818  (984  neudr.). 
so  schon  spätahd.:  därumbe  er  aber  sörgöt,  dag  stät  an 
göte  nals  an  imo  selhemo  Notker  2,  143,  30  Piper  (ps. 
38,  12,  *.  attch  ps.  13,  1  und  145,  3) ;  biddet  tvene  man  vor- 
spreken  to  male,  dat  sta  an  me  richtere,  welk  irme  he 
ne  erst  geven  wille  Sachsensp.  l,  61,  §  2;  rnhd.  belege,  s. 
mhd.  tcb.  2,  2,  572'»  {y).  so  auch  frühnhd.  (l4.— 16.  joÄrÄ.) 
ganz  getcöhnlich:  das  regiment  staat  am  Bruto  pendet 
respub.  e  Bruto  Maaler  382*;  es  stadt  an  uns,  es  ist  in 
unserm  gwalt  est  situm  in  nobis  383*;  ein  man  mac 
dem  andim  nicht  me  schult  gegebin  wan  drier  slachtin 
clage  in  eime  dinge,  ...  he  enwolle  danne  von  willin 
mer  clage  antwortin;  daz  stet  an  ime  {steht  ihm  frei) 
Freib.  sttidtr.  s.  261,  7  (49,  §  31);  wer  aber,  daz  di  Juden 
dez  nicht  getun  mfihten  in  des  jars  frist,  so  solt  ez  sten 
an  dem  vesten  ritter,  herrn  Arnolden  .  .  .  d.  städtechr. 
1,  112,  23  {urk.  v.  1352);  vgl.  4,  145,  34  und  9,  976,  15  unter 
I,  B,  2,  /,  a,  dd,  Steinhöwel  Esop  299  unter  I,  B,  2,/, 
T],  aa;  so  wurd  menglich  zerriten  {var.:  haimriten)  und 
beschäch  die  reformacion  niemer,  wann  es  dann  alles 
an  ainem  baupst  stünde  Richental  chron.  d.  Const.  con- 
cüs  s.  111 ;   aber  dz  dar  zä  haben  stet  nit  an  dir,  sunder 


an  gott  Geiler  v.  Keisersb.  bilgersch.  20»;  als  vil  an 
mir  stehet,  wil  ich  verzigen  haben  Stumpf  Schicytzer- 
chron.  (1606)  320"; 

er  (d.  esefj  meynt,  das  gantz  reich  st&nd  an  jm 

Alberus  /ab.  27,  32; 
nnd  stfind  an  jm  (d.  wein)  ein  {l.  din)  säligkeit, 
so  wir  jm  eeren  gnäg  zugleyt 

H.  R.  Manuel  tceimp.  3228; 

w511en  darzn  hoch  gerfihmet  sein, 
als  st&nd  der  bimel  an  jn  allein 
Fischart  dicht.  2,  336  Kurz  (d.  gel.  d.  verk.  178) ; 

s.  auch  unter  I,  B,  2,  /,  i],  dd.  —  vereinzelt  noch  später:  es 
stehet  nicht  allwegen  am  artzt,  dasz  dem  krancken  wieder 
auffgeholffen  werde  {'non  est  in  medico  semper,  relevetur 
ut  aeger'  Ov.)  Dentzler  l,  393'';  ich  schreibe  dir  heute 
nicht,  ...  es  stehet  an  dir,  an  mich  zu  schreiben  Cha- 
Misso  5,  160  {br.  an  Varnhagen,  28.  sept.  1806).  vgl.:  'ehe- 
mahls  sagte  man  auch,  es  stehet  an  dir,  für,  bei  dir,  es 
stehet  in  deiner  getcalt'  Campe  (l). 

ß)  in  neuerer  zeit  gewöhnlich  bei:  es  steht  bey  dir, 
tibi  in  manu  est  Stieler  2128;  das  stehet  bey  euch,  .  .  . 
questo  stä  nelV  arbitrio  vostro,  dipende  da  voi  Kramer 
dict.  2,  928'';  es  stehet  bey  dir,  penes  te  est,  in  tuo  luco  et 
fano  situm  est,  in  munu  tua  est  Dentzler  273'';  es  steht 
beym  richter,  situm  est  in  judice;  es  steht  beym  glücke, 
haec  sors  viderit;  es  steht  bey  gott,  est  in  potestate  dei 
Steinbach  2,  668.  die  belege  beginnen  mit  dem  anf.  des 
iG.jahrh.:  bey  dem  menschen  steen  nit  sein  wege,  dann 
kain  man  mag  wandern  noch  wol  schicken  sein  schrit 
Berthold  v.  Chiemsee  274  {Jerem.  lO,  23,  *.  unter  e; 
neben:  das  steet  an  jmselbs  und  nit  an  Christo  s.  30); 
wers  bey  im  gestanden,  abstulisset  nobis  evangelium 
Luther  27,  107,  34  TTetwi.;  aber  wo  zu  ein  jglichs  der 
selbigen  sol  gebraucht  werden,  das  stehet  bey  dem  töpffer 
{xQiXTjq  6  7iTj?.0VQy6Q)weish.lö,l;  vgl.  Hiob  li,  ö;  2  chron. 
25,  8;  dar  zu  wer  gut  das  .  .  .  die  wal  {des  predigers) 
stund  by  dem  gemeinen  voick  und  by  der  oberkeit  Eber- 
LiN  V.  GÜNZBURG  schr.  1,  47;  seine  Sachen  stehn  jetzt 
bey  euch  und  in  ewern  henden  Xylander  Polyb.  481 
{iv  vfiZv  öh  xslrai  xal  toIq  vßBxeQaiq  '/egal .  .  .  15,  26,  4) ; 
das  die  wähl  und  die  ewige  geniessung  bey  jm  nicht 
stehet,  eben  so  wenig  als  die  reich  und  keyserthumb 
bei  den  fürsten  Sebiz  feldh.  4;  wollen  aber  die  von 
Vörstenburg  den  bemelten  herrn  ain  essen  visch  selber 
schicken,  das  stet  bei  in  «teir.  faid.  108,  10  (le.jaÄrÄ.); 
0  Fortuna  .  .  .,  bey  dir  stehet  des  menschen  glück  und 
unglöck  und  wie  du  einem  wilt  so  gescbiehet  jhnen 
schausp.  engl,  comöd.  216,  35  Creizenach  {tragieom.  [l630]  3, 2) ; 
es  stehet  bey  mir  nicht,  das  geschehene  ungeschehen  zu 
machen;  aber  mich  wegen  des  geschehenen  zu  strafen 
—  das  steht  bey  mir!  Lessing  2,  88/.  (Sara  Sampson  5,  lo) ; 
so  möchte  ich  ihnen  .  .  .  etwas  von  dem  thurme  er- 
zählen ...  es  steht  bei  ihnen,  versetzte  Wilhelm,  wenn 
sie  es  auf  meine  Zerstreuung  hin  wagen  wollen  Göthe 
20,  210  {Wilh.  Meister  8,  5);  wollen  sie  die  gedichte  anders 
ordnen,  so  steht  dies  bei  ihnen  A.  v.  Droste-Hülshoff 
briefe  an  Levin  Schücking  s.  245;  noch  stand  es  bei  dem 
kaiser,  ob  der  krieg  ein  allgemeiner  werden  solle,  oder 
nicht  Hebbel  9,  91 ; 

wann  {denn)  bey  gott  steet  allein  der  sieg 

H.  Sachs  1,50<=; 
doch  steht's  nicht  bei  dir,  die  neigung  zu  rufen, 
der  neigung  zu  folgen  steht  bei  dir, 
da  beginnt  des  wollens  sonniges  reich 

Grillparzer*  5,  82  {Argon.  S). 

auch  nd.,  s.  unter  I,  B,  3,  o,  ß  {sp.  1434/5,  9,  qu.  von  1509);  in 
neueren  mundarten:  et  steet  bi  di,  du  hast  deinen  uiUen 
Dähnert  455'';  (e)t  Steit  b(e)i  jach,  hängt  von  euch  ab 
CoLLiTz  gs*». 

y)  eine  dritte  fügung  mit  zn  ist  im  frühnhd.  (15. — 18. 
jahrh.)  üblich,  vereinzelt  schon  im  14.  jahrh. :  und  scal  to 
den  broderen  stan,  eft  se  ene  buten  der  broderschop 
willen  laten  Westphalen  monum.  ined.  3,  563  (regd  der 
kalandbrudersch.  tom  Kyle  v.  1334);  und  das  alles  steet 
ZU  baiden  herrn,  ob  in  das  gefall  mittelalt.  invent.  54,  34 
Zingerle  {vomj.  1450) ;  der  abte  . . .  zä  im  {Primaso)  sprach, 
ze  reyten  oder  pey  im  ze  beleiben  zu  im  stünde  Arigo 
decam.  47,  10  Keller  {nd  suo  arbitrio  rimise  l'andare  e 
lo  Stare  l,  7);  vgl.  395,  24;  wil  dann  der  wirt  die  beschaiden- 


1643 


STEHEN  (II.  D,  g-'S,  a) 


STEHEN  (II,  D,  3,  a) 


1644 


hait  tun,  das  er  es  vail  fiiern  wil  an  deu  (den?)  gassen, 
das  stet  hinz  im  tirol.  weisth.  2,  211,  21  (i5.  jahrh.);  wann 
er  heüt  oder  morgen  (yrie  zu  gott  steet)  ausz  disem 
leben  erfordert  würdt  Schaidenraisser  Odyss.  6»  (2,  99/.); 
die  da  fallen,  da  würd  es  nur  zu  jnen  stehn,  das  sie 
widemmb  auffstehn    Fischart  praktik  a.  7  neudr.; 

da;  ste  tzu  gote,  ich  forhte  mir  nicht 

Ludw.  kreuz/.  5835 ; 
das  ste  zu  all  den  werden 
ob  sy  mich  lassen  reyten 
Jac.  POtkrich  ehrenbr.  71  {zuchr.  f.  d.  alterth.  6,  44). 

8.  auch  Gerszdorff  wundartzn.  23''  u.  Weim.  urk.  unter 
I,  B,  9,f,  6,  ee  und  t],  ee.     mit  ungewöhnlicher  iiuance: 

zwar  desgeleichen  videlt  ich  dier, 

and  wurd  dir  mer,  dsis  stUend  zu  mier  {'wäre  mein  voriheil, 

mir  recht'  —  ?) 
Oswald  v.  Wolkenstein  115,  36  Schatz. 

ganz  vereinzelt  in  neuerer  zeit: 

ihr  hieszt,  sprach  er,  mich  euern  feind; 

es  steht  zu  euch,  dasz  ich  auch  ({.  euch)  freund 

und  mehr  noch  —  bruder  werde 

Pfkffel  poei.  versuche  10,  91. 

d)  andre  präpoa.  hie  und  da  in  der  älteren  spräche,  so 
i  n ;  neben  an :  neheina  baldi  neeigint  in  mönniscon  chin- 
den,  an  diSn  iüuuera  sälda  nieht  nestänt  {in  quibus  non 
est  Salus).  si§  stant  ecchert  in  einemo  filio  hominis, 
der  ouh  filius  dei  ist  Notker  2,  596,  l/.  Piper  (ps.  145,  3). 
ferner:  wo  der  sieg  nit  von  uns  erlangt  wirt,  hat  unser 
vatter  land  nichts,  sich  vor  dem  feind  zu  erretten,  dann 
.  .  .  alle  hoffnung  seins  heils  steht  inn  euch  Xylander 
Polyb.  187  {naaaq  raq  iknlöaq  sx£i  Tijg  awxTiQlaq  iv 
Vfüv  3,  109,  11).  mit  andrer  nuance:  lasz  ich  mich  be- 
dunken  nottorfft  sey  unter  uns  ein  haubt  ze  machen  .  .  . 
in  dem  alle  unsere  sorge  und  notorffte  ste  (nel  quäle 
ogni  pensiere  stea  di  doverci  a  lietamente  viver  disporre, 
'dem,  alle  sorge  für  uns  obliegt')  Arigo  decam.  14,  8  Keller. 

f)  auf  einem  stehn  {nieder-  u.mitteld.):  sunder  latet 
dat  stan  up  uns  {überlaszt  das  uns),  wi  willen  kesen 
na  unsem  rechte  d.  siädte  ehr.  7,  239,  33  {Magdeb.);  eft 
schele  worde  twischen  den  vorsten  und  der  stad,  dat 
scheide  up  Strobarde  stan  {sollte  Str.  entscheiden),  wo  de 
dat  utsede  390,  7;  anders  wolten  wir  nicht,  und  es  stunde 
auch  hinder  unserm  gnedigen  herrn  uns  in  den  dingen 
nicht  anders  zu  thun,  so  die  gebrechen  uff  beyden  theilen 
uff  seiner  gnaden  stunden  Spittendorff  58  (1475); 
stundt  es  nicht  allzömal  aufT  im,  dem  abgot  zft  Rom, 
seinem  th&n  und  lassen,  binden  und  auflösen,  gepieten 
und  verpieten?  {nonne  humana  omnia  pendebant  a  solo 
jussu  et  arbitratu  numinis  Romani?)  Sleidanus  reden 
(1541)  8.  41  Böhmer,  so  noch  mundartl.:  de  sake  sali  up 
em  staan,  er  soll  die  sache  entscheiden  Dähnert  455''.  — 
die  letzten  fügungen  berühren  sich  mit  der  rUichtten  ge- 
brauchs%ceise. 

3)  andre  Verbindungen  mit  präpositionen,  von  der  sinn- 
liehen bedeutung  ausgehend,  mit  besonderen  nuancen. 

a)  stehen  auf. 

a)  80  zunächst  mit  vollem  verbalsinn,  worauf  stehen, 
vie  ein  haus  auf  dem  boden,  sich  worauf  gründen,  diese 
fügung  geht  vom,  nd.  aus;  im  bilde: 

in  willigem  armode,  h'^rsdm  unde  Atmodicheit, 
htmp  dat  fundament  dines  ordens  steit 

det  dodet  danz  484  Baethcke. 

dann  abgeschwächt  und  sich  mit  2,  g,  e  berührend,  wovon 
abhängen,  worauf  ankommen:  dat  stat  uppe  des  herren 
trUwe,  dat  he't  deme  manne  stede  late  sachsensp.  lehnr. 
66,  §  6  {dafür  an  §  7,  8.  c.  a);  so  vindme,  dat  sta  up 
des  bcren  bekantnisse  richtat.  Sl,  §  l;  vorder  worden  se 
dea  ook  eyna  alse  umme  de  tynsze,  dar  de  groteste 
wrangk  ane  was  unde  dat  meyste  uppe  stod  d.  siädte 
ehr.  16,  446,  St  {Braunachw.  schichtb.  v.  1514).  —  überaus 
häufig  bei  Luther,  aurti  auf  einem  stehen:  consistit 
8pe»,  vidoria  in  aliquo,  auf  einem  stehen,  beruhen  Coh- 
yiHVB  fons  tat.  tOi*',  das  ya  der  Schwester  rath  nit  ufT 
ir  selb  stehe,  und  richte  nit  nach  yhrem  entpflndenn 
über  sich  selb  Luther  7,  784,  b;  wol  dem,  des  hfilffe 
der  gott  Jacob  ist,  des  hoffnung  aufT  dem  herrn  seinem 
fott  stehet  p8.  14«,  5;  vgl.  Jta.  Syr.  84,  Iß;  Hie  {d.  plebejer) 
weren  auch  die,  darauff  Korn  stUndt  Cahuacm  Liv.  ss*; 
».ferner  N.  Manuki.  ».  80  unter  I,  H.  i,  b,  y  und  Schaidkn- 


raisser  Odyss.  49»  unter  I,  B,  3,  b,  y.  so  auch  noch  m,it 
nngetcöhnl.  acc: 

auf  got  und  aufT  das  glUk  steht  aller  menschen  segen 
Rachel  Bat.  ged.  s.  29  neudr.  (1,  398). 

sonst  auf  etwas  stehen  in  mannigfaclien  nuancen:  status, 
apud  rlietores,  der  punct,  darauit  der  gantze  handel  steht 
CoRviNus  fons  lat.  635'';  die  wahre  ehre  stehet  auf  der 
tugcnd,  il  vero  honore  stä  sulla  virtü  cioe  ci  consiste.  r. 
bestehen  Kramer  dict.  2,  928'».  die  belege  bes.  häufig  im 
16.  jahrh.:  ja,  diszer  gifftiger  hohmutt  ist  der  grund, 
darauff  alle  yhr  {der  geistlichen)  regiment  stehet  Luther 
10,  1,  637,  3  Weim. ;  SO  höre  ich  wol,  unser  glaube  stAnde 
aufT  der  dinten  und  feddern,  ja  auff  dem  guten  willen 
der  schreyber  und  drücker,  ey  da  stünde  er  feyn  18,  148, 
19  {ähnlich  157,  30) ;  das  alte  königreich  stund  auff  Israels 
gehorsam  .  .  .  aber  dis  königreich  stehet  auff  gotts  barm- 
hertzikeit  .  .  .  drumb  stehets  fest  ynn  ewickeit  23,  627, 
34 — 628,  1 ;  fflr  allen  aber  greweln  halt  ich  die  messe,  .  .  . 
darauff  denn  itzt  alle  stiffte  und  klöster  stehen,  aber 
ob  gott  wil,  bald  liegen  sollen  28,  508,  32;  die  gantz  cur 
steet  auff  dem,  das  die  materi  verzeert  werd,  das 
wenig  aytter  da  werd  Braunschweig  chirurg.  42''; 
jre  {der  Moscoicyter)  gröste  nutzung  steht  auff  dem 
wachsz  und  honig  S.  Münster  cosm.  1272;  stehet  der- 
halben  alles  darauff,  das  in  einem  haus  .  .  .  jederman 
das  seine  thue  Barth  weiberspiegel  G  8»;  dasz  der  krieg 
mehr  auff  dem  glück  denn  auff  der  macht  stehet  Frons- 
7ERGER  kriegsb.  l,  56»;  er  {d.  glaube)  stehet  und  ruhet 
auff  gottes  wort  Nigrinus  von  Zauberern,  hexen  (1592) 
120.  s.  auch  Schwartzenberg  135<'  und  Spreng  Aen. 
(1610)  73»  unter  I,  B,  2,  /,  tj,  ee  und  bb.  mit  acc.  {vgl.  oben): 
quod  non  habeant  fundamentum,  sed  ir  ding  sthet  auff 
ein  dunckel  und  wahn  Luther  27,  50,  lO  Weim.  neben 
dem  dat.:  damit  sie  gewisz  bleiben,  stehen  sie  nicht  auff 
unserm  verdienst,  sondern  auff  die  zusage  in  Christo 
geschehen  Augsb.  conf.  s.  17  in  corp.  doctr.  clirist.  {Lz.  1560). 
so  auch:  was  dich  nit  angeht,  das  lasz  auff  jm  selbs 
sieh^n  {auf  sich  beruhen)  S.  Frangk  sprüc/tic.  1,  3».  auch 
in  neuerer  zeit  üblich:  der  adel  .  .  .  stand  durchaus  auf 
der  lehenseinrichtung  Eichendorff  10,  383  Kosch  {er- 
lebtes I); 

jedes  kunstwerk,  das  vollendet,  .  .  . 

musz,  um  klar  sich  auszusprechen, 

stehn  auf  ewigen  begriffen ! 

Brentano  3,  62  {rosenkr.  5,  70). 

hierher  auch  einige  sprichtcörtlichen  redeweisen  mit  deut- 
lichem bilde,  bei  Luther  Mm/^t  auf  pelzärmeln  stehen, 
unsicher  stehen,  vgl.  pelzärmel,  th.  7,  1535  und  C,  13,  q,  d. 
bb.  in  ähnlichem  sinne  in  neuerer  zeit:  auf  schrauben 
stehen,  *.  schraube  4,  th.  9,  1652; 

heirathen  musz  ich  meines  bruders  tochter, 
sonst  steht  mein  königreich  auf  dünnem  glas 

A.  W.  Schlegel  Shakegp.  9,  145  (Sich.  III.,  4,  2, 

7iach  dem  engl. : 

or  eise  my  kingdom  Stands  on  britUe  glas). 
ß)  ein  geschlccht,  stamm,  haus  steht  auf  söhnen:  das 
haus  der  Valois  stand  beim  tode  Heinrich's  II.  im  j.  15.59 
auf  vier  söhnen,  von  denen  drei  .  .  .  nach  einander  den 
thron  bestiegen  Döllingkr  akadem.  vortr.  i,  2t.  so  bes., 
v^enn  nur  ein  nachkomtne  vorhanden :  sonder  {ich)  bin  ain 
ainiges  kind  Ulyssis,  .  .  .  das  also  unser  namen  und 
stam  ausz  Ordnung  gots  allweg  auf  ainem  haubt  und 
menschen  gestanden  ist  Schaidenraisser  Odyss.  67** 
{zusatz  bei  16,  I18jf.); 

es  steht  auf  ihr  (Owdr.)  der  itamm 

der  Hegelinge  Ernst  Harut  Oudrun  S8. 

dßfür  ist  der  getröhuliche  ausdruck  auf  zwei  augcn  stehen. 
vgl.  unter  äuge  2,  Üi.  l,  791:  hingegen  überkoninist  du  mit 
der  unschätzbaren  i{iama  .  .  .  die  anwarthschafft  zu  so 
vielen  kAnigrcichon.  denn  diese  stehen  auff  den  zweyen 
äugen  Heines  einigen  Hohnes  Hippon,  und  also  auf  dem 
falle  I.,<)HKN8tein  Armin,  l,  157»;  die  Münchner  linie 
steht  so  gut,  wie  auf  zwei  äugen  Hkiihkl  8,  ir>H,  19  {Agnes 
Bern.  2,  l).  so  dann  weiterhin:  die  alte  form  der  frideri- 
cianiHchcn  munarcliie  stand  auf  zwei  äugen  TRKrr8CMKK 
d.  gesch.  1,  104;  weil  dnH  fetitlialton  an  der  alten  Iradition 
des  preuBzischruBHiHclicn  bundcs  doch  immer  nur  auf 
r.wei  äugen  stehe,  d.  h.  von  dem  gemllthsleben  des  jedes- 


1645 


STEHEN  (U,  D,  3,  a) 


STEHEN  (H,  D,  3,  a) 


1646 


maligen  kaisers  von  Rnszland  abhänge  Bismarck  ged. 
u.  erinn.  2,  225. 

/)  andere  bildliche  redetceisen  umschreiben  eine  gefähr- 
dete, vom  verderben  bedrohte  läge. 

aa)  zu  frühest  auf  der  wage  stehen,  besonders  mhd., 
doch  bis  ins  16.  jh.  nachweisbar,  vgl.  Grimm  gramm.  4,  818 
und  wage  III,  5,  b,  a,  ih.  13,  362/. 

bb)  in  ähnlichem  sinne  im  älteren  nhd.  auf  der  spitze 
stehen,  vgl.  spitze  2,  c,  th.  10,  1,  2591:  nunmehr  stünde 
das  werck  auf  der  spitze:  derhalben  mfiste  man  sich 
rund  aus  erklären,  ob  man  bey  und  nebenst  die  evan- 
gelische treten  wolte.  oder  nicht?  Chemnitz  schwed.  kr. 
2,  170 *>;  weil  die  Sachen  also  auf  der  spitze  stehen,  dasz 
ein  übelgeführtes  consilium  .  .  .  ein  anfang  der  ruin  des 
Vaterlandes  seyn  kann  Leibniz  deutsdie  sehr,  l,  164;  weil 
die  Sache  wenig  Verzug  leidet,  .  .  .  alles  auf  der  spitz 
einer  weit  andern  allianz  bei  französisch  gesinnten  stehet, 
und  bei  geringer  zeitversäumung  ein  irreparabler  schaden 
seyn  kann  205,  *.  auch  348.  in  diesen  stellen  scheint  die  Vorstel- 
lung eines  auf  die  spitze  gestellten,  daher  in  labilem  gleich- 
gewicht  befindlichen  körpers  {kegel ,  pyramide)  zu  gründe 
zu  liegen,  in  andern  ist  dagegen  an  die  spitze  des  Schwertes 
zu  denken;  so  natürlich  bei  ausdrücklichem  zusatz:  auf 
des  Schwertes  spitze,  s.  unter  spitze  a.  a.  o.  und  spitz, 
m.  I,  a,  a,  th.  10,  l,  2569.     auch  in  der  Verbindung: 

jetzt  steht  der  Griechen  todt  und  leben 
anff  spitz  und  knopff  gefihrlich  schweben 
Spreng  Ilias  127''  (10, 173  :  i:ii  ^vooij  lotatai  äxixf^c), 
vgl.  knöpf  II,  9,  b,  th.  5, 1474. 

ec)  dafür  bei  Voss: 

denn  nun  steht  es  allen  fürwahr  auf  der  schärfe  des  messers, 
schmählicher  unterfang  den  Achaiem  oder  auch  leben. 

daher  das  'geflügelte  wort'  es  steht  auf  des  messers 
schneide,  s.  Böchmann  ^349.  auch  blosz  auf  der  schneide 
stehen,  s.  unter  schneide  1,  c,  th.  9,  1246.  auch  diese  Ver- 
bindung ist  nur  eine  Variante  der  vorigen,  denn  die  Vor- 
stellung ist:  etwas  ruht  auf  einer  so  schmalen  Unter- 
stützung, daher  so  wackelig,  dasz  die  geringste  Verschie- 
bung den  ausschlug  giebt. 

dd)  in  demselben  sinne  norddeutsch:  auf  der  kippe  oder 
wippe  stehen,  s.  kippe  l,  a,  th.  5,  782;  Weisheit,  Wahrheit, 
und  wol  des  staats  steht  auf  der  kippe  Schink  mario- 
nettenth.  (1778)  141;  wie  es  auf  der  wippe  gestanden  hatte, 
wie  sie  alle  verzweifelt  gewesen  waren,  und  wie  es  vor- 
läufig gerettet  worden  war  Frenssen  Kl.  Hinr.  Baas  458. 
—  ähnlich:  weil  nun  die  sache  bis  zum  lächerlichen  ge- 
kommen sei,  stünde  sie  auf  dem  Umschlag  Görres 
briefe  3,  3  (H.  J.  Dietz  an  frau  G.). 

ee)  die  neuere  spräche  sagt  in  ähnlicher  weise  gern  auf 
dem  spiele  stehen ,  ausgehend  von  der  Vorstellung  des 
glücksspiels.  s.  spiel  II,  8,  i,  th.  10,  1,  2307.  so  seit  anf.  des 
18.  jahrh. :  Hamlet,  ach ,  Horatio ,  du  hättest  mich 
bald  nicht  mehr  lebendig  gesehen,  dieweil  mein  leben 
bereits  auf  dem  spiel  gestanden,  wo  mich  die  göttliche 
allmacht  nicht  sonderlich  hätte  bewahret,  schausp.  engl, 
eamöd.  181,  18  Creizenach  {d.  bestrafte  bruderm.,  handschr. 
V.  1710,  5,  2).  ungewöhnl.  mit  persönl.  subj.:  stand'  ich 
allein  auf  dem  spiel,  wir  hätten  schon  ausgekämpft 
Klinger  4, 171  (Raph.  de  Äqu.  3,  8).    weiteres  s.  unter  spiel. 

(J)  an  y,  dd  schlieszen  sich  Wendungen  wie  auf  der  neige 
stehen,  vgl.  neige  4,  <ä.  7,  566:  dieweil  die  männlichkeit 
in  unsern  tagen  gar  sehr  auf  der  neige  steht  und  zwanzig 
Jungfern  .  .  .  sich  jetzt  um  einen  nagel  schlagen  maler 
Müller  l,  310.  sonst  sind  Verbindungen  mit  Verbalsub- 
stantiven häufiger  mit  persönl.  subj.,  vgl.  C,  2,  l,  y  und  m. 
hier  in  dem  sinne,  dasz  ein  ereignisz  nahe  bevorsteht  und  zu 
erwarten  ist:  Artaxata  (stadt)  lag  nun  in  letzten  zügen, 
und  stand  auff  der  Übergabe  Lohenstein  Armin,  i,  247^ 

e)  in  diesem  sinne  ist  unpersönlicfte  fügung  im  älteren 
nhd.  verbreitet:  jetzund  stehet  es  darauf,  dasz  etc.  adesso 
si  tratta  che  ete.  la  cosa  e  pervenuta  ä  tale  che  etc.  ä'ra- 
MER  dict.  2,  937«;  es  stehet  darauf,  dasz  eo  res  producta 
est.  ut  Dentzler  2,  273»».  Steinbach  2,  668,  es  steht  auf 
dem  punkte,  ist  zu  erwarten,  belege:  wo  man  syn  fünde 
das  eüern  feinden  ir  geschosz  abe  ginge  .  .  .  und  die 
eüern  stäcz  sein  genügen  hetten,  so  stund  wol  darauf 
nach  meinem  geduncken  der  sige  wider  eüern  fein[den] 
üer  were    Arigo  decam.  824,  37  Keller  (ü>  awiso  che  la 


voatra  battaglia  si  vincerebbe  5,  2) ;  und  stehet  wohl  drauf, 
.  .  .  esmöcht  einmal  mein  gebet  kraft  gewinnen  Luther 
briefe  2,  355;  weil  aber  inzwischen  eine  armee  über  Rhein 
gangen,  und  in  Schwaben  eingefallen,  also  dasz  auch 
der  bayersche  crais  in  gefahr  gewesen,  und  es  darauf 
gestanden,  dasz  die  belagerung  aufgehoben  werden  sollen 
Leibniz  deutsche  sehr,  i,  352.  auch  auf  gegenwärtiges  und 
vergangenes  angeicandt,  'es  ist  anzunehmen .  icahrschein- 
lieh' :  und  stehet  drauff  das  Henoch  und  Elias  noch  selbs 
nicht  wissen  wo  sie  sind  Luther  4,  43»;  vgl.  lU^;  die 
sage  ist,  das  keis.  maie.  die  Schweitzer  auch  erfoddert 
habe,  und  stehet  drauff,  das  Zwingel,  Ecolampad  .  .  . 
auch  herkomen  sind  5,  37*  (Spalatin);  es  stat  auch  weil 
darauff,  der  bawr  solt  frömmer  sein  geweszt  dann  der 
pfarrer  Wickr.\m  roUwagenb.  63,  18.  —  endlich  auch  in 
modale  bedeutung  (s.  unten  9)  übergehend:  er  solte  jnen 
bald  sagen,  .  .  .  worauff  die  sach  stünde,  ob  sie  gewonnen 
oder  verloren  were?  Ayrer  histor.  proc.  juris  (l600)  99. 
vereinzelt  im  sinne  'es  kom,mt  darauf  an'  (vgl.  a): 

nun  ist  drin  meim  beduncken  nach 
zu  finden  radt  ein  leichte  sach, 
dan  es  wirt  stan  dorauff  allein, 
das  wir  uns  rotten  jn  gemein 
und  setzen  stetz  dem  adel  zu. 
Ulr.  V.  Hütten  3,  530  (betlag.  der  freistette  33). 

^  mhd.  ej  stät  üf  geht  auf,  handelt  sich  um,: 

si  wil  sich  an  mir  versünden ; 
wigjet  das  ej  iemer  uf  ir  sele  stat 

minnes.  1,  96'',  3  r.  d.  Hagen 
{'dasz  He  es  auf  ihrer  geele  hat'  mhd.  wb.  2,  2,  572»). 

ähnlich  noch:  so  stehet  es  nu  auff  Verlust  eines  jglichen 
Seligkeit,  das  er  ja  nicht  widerruffe  Luther  2,  96».  — 
so  dann  auch  mit  bestimmtem  subj.  (gelegentlich): 

so  stehe  der  kämpf  uns  auf  tod  und  auf  leben! 

Arndt  5,  111  Meisner. 

häufiger  mit  umbe: 

ex  stuont  umb  al  sin  6re 

Greg.  461 
{'»eine  ganze  ehre  stand  anf  dem  spiele'  573»), 
s.  auch  Trist.  9717  u.  10406. 

jj)  im  nhd.  ist  sehr  gewöhnlich  die  Verbindung  beloh- 
nung,  strafe  u.  ähnl.  steht  auf  etwas,  ist  darauf  gesetzt, 
die  gleichsam  die  umkehrung  der  vorigen  ist. 

aa)  im  16.  jahrh.  häufig  (ge)fahr  steht  darauf:  denn 
sonst  möchte  meinem  g.  h.  eine  fahr,  so  wol,  als  uns 
allen,  drauff  stehen  Luther  4,  374'';  vgl.  28,  7,  10  Weim.; 
mochtest  aber  sagen,  ich  musz  meines  thuns  achtne- 
men,  .  .  .  wen  dir  villeicht  ferligkeit  darauff  gestanden, 
so  du  mich  zu  dir  gelassen  bettest  (n«  si  me  admitteres. 
periculo  esset  id  tibi)  Hütten  5,  182,  40;  und  gadt  hin 
zu  seinem  doctor,  .  .  .  entdeckt  jm  sein  anligen  und  die 
grosse  gfar,  so  jm  drauff  stünde  Wickram  roUwagenb. 
15,  19  Kurz;  s.  auch  H.  Sachs  2, 4, 38»"  unter  I,  B,  3,/,  ß,  dd. 
—  ähnlich:  gedencken  ward,  was  grosser  sorg  ir  des 
künigs  halb  darauff  stünde  Wickram  l,  214,  15  Bolte  {6a- 
briotto  c.  10),  s.  auch  59,  3  {Galmy  c.  17)  unter  I,  B,  2,  /,  a, 
cc;  so  dz  aber  nicht  geschehen,  stehet  ein  ander  be- 
dencken  darauff  {aliud  subiit),  dz  du  villeicht  etwan  mit 
der  silbern  buchsze  geschossen  bist  Kutten  2,  188,  34. 
bb)  strafe  steht  darauf  u.  ähnl.  so  schon:  dann  daruff 
{auf  Verleumdung)  stat  gebfirlich  unnd  glychförmig  wi- 
dergelt  Biederer  Spiegel  der  w.  rhetoric  (1493)  a  3''; 
hernach  als  sie  betrachteten  was  für  straff  jnen  darauff 
stündt,  haben  sie  alle  Carthaginenser  .  .  .  getödt  Xylan- 
DER  Polyb.  59  {7ia^T]}JMyfjiivag  inivoovvxeg  ri/LKuglag 
1,  79,  4).  in  eigentlicher,  officieller  gebrauchsiceise  erst  in 
neuerer  zeit  {seit  d.  18.  jh.)  recht  üblich ;  so  mit  bestimm- 
teren angaben,  wobei  nach  auf  das  delict  jetzt  überwiegend 
im  aec.  steht:  eigentlich  steht  auf  diese  Verdienste  das 
Zuchthaus  C.  F.  Weisze  lustsp.  2,  196;  er  rechne  wahr- 
scheinlich auf  seine  verwandten  bei  diesem  schritte, 
infame  kassation  stünde  sonst  darauf  Kleist  3.  263  E. 
Schmidt; 

dann  die  kerkerstrafe  stehet 

anf  dem  offnen  disputiren 

von  Studenten  gegen  jeden, 

den  die  hohem  würden  zieren  ! 

Brentano  3,  73  {rosenkr.  5,  135). 

be».  der  tod :   und   wenn  Verlust   meiner  guter,   Verban- 
nung and   der  tod  selbst  auf  meiner  Weigerung  stände 


1647 


STEHEN  (II.  D.  3,  a-b) 


STEHEN  (II.  D.  3,  b-c) 


1648 


Wieland  8,  486  {Agath.  16,  8).  anstatt  der  strafe  tcird  auch 
da»  strafwerhzeug  gesetzt:  auf  einem  diebstahle  stehet 
der  %a\%eTi,  für  pattbulo  dignus  habetur  Steinbach  2,  668; 
rad  und  schwerdt.  s.  Günther  485  unter  I.  C,  3,  e,  y;  auf 
mordbrennerei  steht  der  strik  Schiller  8,  146  {JBHesko 
5,  10);  siebentens,  steht  der  galgen  aufs  desertiren  Tieck 
5,  420;  auf  gewaltsame  entführung  steht  der  sträng  Ar- 
nim 2,  87.  hierher  auch:  alle  vemönfftige  leute,  können 
auch  solches  nicht  gut  sprechen,  dieweil  .  .  .  land  und 
leut  verderben  hierauff  stehet  Mathesius  Sar.  48'';  er 
soll,  kann,  darf  dich  nicht  besitzen  .  .  .  sein,  mein  und 
dein  Unglück  steht  darauf  Klinger  5,  270  (gesch.  Gia- 
fars  4.  5). 

ec)  entsprediend  von  belohnungen:  darum  ist  Teutsch- 
land die  schwerere  aufgäbe  zu  theil  geworden  .  .  .  gröszer 
ist  dann  auch  der  preis,  der  auf  der  lösung  steht  Gör- 
RES  ges.  sehr.  2,  96.  so  bes.  auf  deinen  köpf  stehet  eine 
belohnung  Adelung  (2,  2,  l);  auf  seinem  k.  st.  e.  b.,  es 
ist  eine  belohnung  darauf  gesetzt  Campe  (nämlich,  wenn 
einer  seinen  köpf  oder  ihn  selbst  einliefert): 

tausend  zechinen  stehn  auf  seinen  köpf 

Körner  dram.  beytr.  2,  122  {Hedwig  2,  13); 

ein  tag  — 
80  stand  ein  preis  auf  meinem  köpf 

F.  P.  Grevk  Browning,  Paracelsua  120. 

rfd)  für  darauf  steht  Verlust  des  lebens  sagt  man  gewön- 
lieh  einfach  darauf  steht  das  leben  (ausgehend  von  das 
leben  steht  auf  dem  spiele  oder  besser  auf  der  wage 
[s.  y]?):  capital,  ein  öbelthat,  so  den  kopff  verwircket 
hat,  darauf!  leib  und  leben  steht  Corvinus  fons  latin. 
(1646)  155;  wer  sy  (^eicisse  schlangen  in  Calicut)  todt 
schlecht,  dem  stadt  .  .  .  sein  leben  darauff  Franck  weltb. 
203*;  ich  musz  wirklich  (lachen),  und  wenn  das  leben 
darauf  stünde  Kretschmann  icerke  3,  135  (d.fam.  Eichen- 
krön  3,  5);  nein  —  ...  und  sollte  es  mein  grösztes  Un- 
glück werden,  und  sollte  mein  leben  darauf  stehen!  Iff- 
land  Jäger  2,  12.  in  demselben  sinne  (vgl.  cc):  man  macht 
keine  zehn  gute  verse  ohne  Stimmung,  und  wenn  der 
köpf  darauf  stünde  Göthe  36,  249.  anderes:  seine  Wohl- 
fahrt steht  darauf,  salus  ejus  agitur  Steinbach  2,  668; 
wisse,  dasz  ich  mir  selbst,  wie  jener  gesetzgeber,  dessen 
söhn  ein  gesetz  übertrat,  worauf  zwey  äugen  standen, 
auch  ein  aug'  ausgerissen  Hippel  lebensl.  3,  l,  374;  halt, 
.  .  .  darfst  doch  nicht  zu  keck  mit  der  sache  hervortreten, 
steht  des  menschen  ehre  darauf,  und  wäre  sein  guter 
name  sonst  dahin  mährleinbuch  (1799)  177.    vgl.  c,  ö. 

b)  die  Verbindung  stehen  in  ist  bes.  im  älteren  nhd. 
überaus  verbreitet,  begegnet  jedoch  schon  früher. 

a)  in  berührt  sich  dabei  zuweilen  mit  auf  und  kann 
damit  wechseln:  jedoch  ist  das  auch  war  .  .  .,  dasz  die 
wäre  frombkeit  weder  auff  den  eusserlichen  wercken, 
noch  in  den  ceremonien,  auch  nicht  in  den  tugenden, 
ja  auch  nicht  auff  den  wunderzeichen  stehe  Gretter 
erkl.  der  ep.  Pauli  an  d.  Römer  (1566)  145.  so  könnte 
etwa  in  den  folgenden  stellen  smi  für  in  gesetzt  werden: 
unser  hAlfTe  stehet  im  namen  des  herrn  ps.  124,  8;  so 
steht  auch  alle  unsere  hoffnung  und  trost  in  dir  War- 
beck Magel.  5,  11;  jr  recht  und  anspruch  stehe  in  waaf- 
fen  und  krieg,  dann  alle  ding  sollen  den  sterckisten 
mennern  von  recht  zugehören  Stumpf  Schwytzer  chron. 
161  *.  ebenso  neben  a,  tj,  aa:  meinen  jr  das  etwas  Scha- 
dens oder  gfarlichheit  syg  in  dem  das  got  hat  fry  ge- 
lassen, stönd  ein  gev&rd  der  seel  darinn,  got  hett  es 
ongebotten  nit  gelassen  Zwingli  r.  freih.  der  speisen 
».  18  neudr. 

ß)  in  andern  fällen  ist  die  bedeutung  der  präp.  stär- 
ker ausgeprägt;  so: 

der  menschen  gunst  steht  nur  im  round, 
da  aber  liebst  von  hertzenipiind 

P.  Gerhardt  396,  13; 

obs  recht,  obs  ehrlich  sey,  wu  Honoratus  tbut, 

da  fra(t  er  wenig  drum,  er  b&lt  nur  disz  für  gut 

was  gut  SU  schmausen  bringt;  ey !  darfT  man  doch  wol  sagen, 

im  maule  steh  sein  recht,  sein  ehre  wohn  im  magen 

LOOAU  1,  8,  8i. 

«0.*  fif  daj  in  dem  mande  rweir  gezAge  odir  drier  stfi 
allij  wort  M.  Bbhbim  evang.  diUUth.  18, 16  (ut  in  ore  duo 
rum  vel  trium  testium  H«t  omne  verbum;  ebenso  in  der 
.Mtitun  lUuitehen  bibd"  1.  «.  W.  «:  Luthkr  :  auff  das  alle 


Sache  bestehe,  auff  zweier  oder  dreier  zeugen  munde); 
so  sol  in  zweier  oder  dreier  mund  bestehen  allerley 
Sache  2  Cor.  13,  l;  vgl.  5  Mose  19, 15  und  Luther  26, 151,  32 
Weim.;  das  im  blut  des  sons  gottes,  unser  leben,  krafft, 
und  gedeien  stehe  Mathesius  Sar.  73».  *.  auch  Murner 
bei  Hütten  5,  459,  25  unter  I,  B,  2,  f,  rj,  dd. 

y)  gewöhnlich  dient  stehen  in  etwas  zur  näheren  be- 
Stimmung,  ausführung  und  erklärung  einer  sache,  wo- 
für jetzt  bestehen  üblich  ist,  s.  bestehen  I,  10,  th.  i,  1669. 
(die  beiden  dadurch  verbundenen  begriffe  sind,  also  ihrem 
inhalte  nach  identisch.)     so  schon  ahd.  vereinzelt: 

ni  stüant  thiu  mäht  thes  uuiges       in  menigi  thes  heries, 
iz  uuas  äl  in  rihti        in  sines  einen  krefti 

Otfrid  4, 12,  69. 

sotist  erst  seit  dem  anf  des  16.  jährh.  bezeugt,  zahlreiche 
belege  aus  Geiler  v.  Keisersberg  u.a.s.  unter  I,  B,  2,/,t/. 
ferner:  ir  ampt  steet  am  aller  maisten  darinn,  das  sie 
mit  irer  gegenwurt  und  gezeugnusen  allerlei  contrect  be- 
kreftigen  d.  städt.  chron.  11,  787,  30  (Nürnberger  epistel  von 
1516) ;  und  stehet  seine  reformation  darynn,  das  man  die 
langen  har  verschneyte,  die  schnebel  an  den  schuchen 
abthut  und  bretspiel  verbrennet  Luther  23,8,  12;  denn 
das  reich  gottes  stehet  nicht  in  Worten,  sondern  in  krafft 
(ov  yäQ  iv  köycp  ^  ßaai).sla  rov  &eov,  aAA'  ^v  övvafxei^ 
1  Cor.  4,  20  (für  bestehet,  eine  veraltete  bedeutung'  Ade 
LUNG  2,  2,  5);  vgl.  1  Joh.  4,  10;  nuhn  will  ich  wider  zur 
hauptsach  kheren,  die  steht  darinn,  das  .  .  .  (Tovro  ^rir 
Xylander  Polyb.  396  (9,  37,  2);  so  bestehet  die  predigt- 
kunst  auch  nicht  in  seltzamer  und  vielfältiger  bewegung. 
die  action  oder  bewegunge  auff  der  cantzel  .  .  .  stehet 
vielmehr  in  heiligem  leben  und  wandel  Schuppius  533; 
kräfte  sind  fruchtbarkeit,  volk,  geld.  der  gebrauch  stehet 
in  guter  erziehung  der  leute,  Übung  in  künsten  und  der 
miliz  .  .  .  Leibniz  deutsche  sehr.  1,  224; 

und  wie  das  leyd  inn  unmftt  steht, 
also  die  freud  auff  kurtzweil  gebt 

Fischart  glückh.  schiff  141 ; 

unsers  lebens  gantzer  wandel  steht  im  lernen  und  vergessen 

LOGAU  2,  8,  12. 

Adelung  bezeichnet  diesen  Sprachgebrauch  als  veraltet  (zu 
1  Cor.  4,  20,  *.  oben)  und  Campe  als  ungewöhnlich  (mit 
hinweis  auf  Herder);  er  kommt  noch  hie  und  da  bei 
neueren  dichtem  vor: 

der  wahre 
adel  steht  nicht  im  ersparen, 
doch  auch  im  vergeuden  nicht 

Herder  28.  502  («d  48); 

du  magst  ermessen,  was  ich  wohl  empfand, 
da  all  mein  trost  in  traumes  hoffnung  stand 
A.  v.  Dro-stb-HOlshoff  2,  114  (de»  arztet  verm.). 

so  im  sprichw.: 

treu  und  glauben 

steht  in  werken,  nicht  in  Worten 

Wille  nttenl.  (1781)  138. 

c)  in  denselben  gebrauchstoeisen  wird  in  der  älteren 
spräche  auch  an  gesagt. 

a)  worauf  beruhen,  ankomTiien,  wovon  abhängen,  vgl.  a, 
«  und  b,  a:  uuöla  gesiho  ih,  uuölih  s&lighöit  &lde  uuölih 
uuCnegh^it  &n  iro  biidero  fröhten  st&nde  (constituta  in 
ipsis  meritis),  dero  göotön,  iöh  tero  übelön  Notker  l, 
268,  1  Piper  (Boeth.  4,  87); 

und  stuont  ir  trOst  doch  gar  dar  an 

Hartmann  t.  Aub  Oreg.  1606. 

mnd.:  svat  aver  die  herro  manlike  liet,  dat  stat  an  des 
manncs  trUwe,  weder  he't  late  oder  ne  du  na  sime  ge- 
lovede  Sacftsensp.  Uhnr.  56,  §  7.  nhd.:  mein  not  und 
selickeit  sol  sthen  am  rechten  waren  liecht  Luther  »9. 
16,  8  Weim.;  es  steht  auch  ofTt  an  einem  rathschlag,  wo 
er  versohwigen  wirt,  das  gedeien  eines  gantzcn  landts 
Koenolpp  sprw.  (i57o)  177*;  alle  des  hahiohs  krafft  und 
macht  steht  fUrnämlich  an  dem  schnabcl  und  klauen 
Skbiz  feldb.  671.    «.  auch  a,  g,  a. 

ß)  tporin  bestehen,  a.b.y.  wenn  ein  volkumen  leben 
stet  doran  das  ein  mensch  lebe  nach  dem  ewangelium 
erste  deutsche  bibel  1,  ISO,  47  Kurreim,    so  teohl  auch: 

die  aide  (e,  testament)  an  sen  geboten  stet, 
die  nuwe  an  swein  ouch  irnt 

HBSLia  apokal.  17311. 


1649 


STEHEN  (II,  D,  3,  c-e) 


STEHEN  (II,  D.  3,  «-4  6i 


1650 


}')  für  a,  ß:  diser  Albrecht  was  ...  ein  thumbherr  zu 
Passaw.  und  als  er  seine  brüder  alle  überlebt,  und  der 
gantz  stamme  an  jm  stund,  ward  jm  zugelassen  ein  eh- 
frauw  zünemmen  S.  Münster  co»mogr.  996. 

d)  mein  leben  steht  daran,  steht  auf  dem  spiele,  ist  in 
gefahr.  vgl.  a,  rj,  dd:  hergegen  versprich  ich  dir,  dich  in 
keinen  weg  zu  vermelden,  und  solt  mir  schon  mein  leben 
daran  stan  Wickram  l,  332,  16  Bolte  {Oabr.  c.  56); 
soltind  vater  und  mfiter  beide  drum  toben  .  .  . 
und  stüend  inen  Hb  und  leben  dran : 
so  het  ich's  verlobt,  wnrd  inen  nit  wilfaren  .  .  . 

Manuel  ».  166  Bächtold  {Barhali  9ii) ; 

Codrus  ...  ein  könig  zu  Athen  der  sich  gutwillig  in  todt 
ergeben  hat,  alsz  des  vatterlandts  wolfart  daran  stund 
Calepinus  onom.  (1598)  94*. 

f )  während  diese  Verbindungen  nicht  über  das  16.  jahrh. 
herabreichen ,  findet  sich  es  steht  an  dem  für  es  steht 
darauf  (».  a,  f)  gerade  in  neuerer  zeit:  jetzund  stehets  an 
dem,  dasz  etc.  adesso  stä  cioe  si  tratta,  gall.  iL  s'agit  etc. 
Kr.^mer  dict.  2  (1702],  928»;  es  stand  an  dem,  dasz  doch 
endlich  Arlecchino  . . .  von  den  sbirren  ertappt  und  samt 
ihr  ins  gefängnis  geschleppt  werden  sollte  E.  T.  A.  Hoff- 
mann 11,  31   Grisebach  (jprinz.  Brambilla  2). 

d)  stehen  für  u.  ähnliches. 

a)  im  sinne  der  Stellvertretung  oder  gleichwerthigkeit: 
des  vronen  boden  getüch  stat  (lar..-  geht)  vor  tvene  man, 
of  man's  bedarf,  dar  man  mit  seven  mannen  getügen  sal 
SacTisensp.  1,  8,  §  2; 

dat  bittere  lident,  dattu  vor  mi  hefst  willichliken  angegän, 
dat  late  jo,  leve  here,  nu  vor  alle  mine  sunde  stän 

des  dodes  danz  1080  Baethcke. 

ähnlich  icohl  auch  in  folgender  stelle: 

was  hast  du  nicht  gethan,  so  lange  du  regiert?  .  .  . 
und  ist  es  nicht  genug,  was  du  ietzt  ausgeführt? 
die  cron  auf  deinem  haupt  steht  dir  für  alle  thaten. 
hier  hast  du  was  gethan,  was  keiner  noch  der  Brennen, 
und  schwerlich  einer  auch,  nach  dir,  wird  stifften  können 
Besser  schrifflen  (1732)  1,  94  {auf  d.  königskrönung 
Friedrichs  III.  v.  Preuszen  1701). 

ß)  dafür  gewöhnlich  an  statt;  ganz  eigentlich:  das  aber 
vier  (hörner)  an  seiner  stat  stunden  (n»rnr  .■T:-!syn,  besser: 

'an  seine  stelle  traten'),  da  es  zubrechen  war,  bedeut  .  .  . 
Daniel  8,  22; 
den  (schuh)  zieh  vom  gasten  ab  und  wend  jhn  in  die  höhe, 
das  an  desz  Wetzsteins  stat,  dir  seine  sole  stehe 

ScHERFFEE  grob.  26; 
die  werthe  keuschheit  die  sie  hat, 
steht  mir  an  goldestonnen  statt 

Neumark  lustwäldchen  g.  85. 
Y)  auch  sonst  für  etwas  stehen  soviel  werth  sein,  es 
einbringen,  lohnen:  ungeacht  nun  vormeinet  wirdt,  dasz 
es  nicht  vor  die  mühe  und  kosten  der  abfuhr  stehen 
würde  verhandl.  d.  schles.  fürsten  u.  stunde  v.j.  1618,  *.  57. 
so  jetzt  in  der  österr.  redensart  das  schdehd  ma  nöd  da- 
fia(r)  'das  ist  mir  der  mühe  nicht  werth'  Castelli  234: 
ob's  nur  dafür  steht,  seine  jungen  jähre  so. einfach  zum 
fenster  hinauszuwerfen?  —  und  was  hat  denn  so  ein 
armes  geschöpf  schlieszlich  von  ihrer  ganzen  bravheit 
.  .  .!  Schnitzler  liehelei  s.  87; 

aber  ich  hab'  .  .  .  mir  vorgesagt :  es  wird  schon  nicht 

dafür  steh'n. 
und  wär's  dafür  gestanden? 

HoFMANNSTHAL  rotcnkav.  56. 
S)  wofür  gelten: 

es  sol  dir  allemal  vor  grosse  schände  stehn, 
wenn  du  solt  oben  weg,  und  unden  sitzen  gehn 

Scherffer  grob.  25. 
so  dann  auch  stehen  als: 

und  frauenunscbnld,  frauenlieb' 
steht  noch  als  höchstes  gut 

Körner  l,  54  Fischer. 

e)  die  Verbindung  vor  etwas  stehen,  die  lautlich  von  d) 
nicht  scharf  zu  scheiden  ist  (».  unter  d,  y),  entwickelt  den 
\tiebensinn  des  Schützens  oder  hinderns:  ja,  der  teufel 
ralle  sich  leichter  in  einem  schwarzgalligen  gemüte  als 
einem  lustigen  fest,  sagte  der  pfarrer;  davor  sei  aber 
die  frömmigkeit  des  Robert  gestanden  Ric.  Huch  d. 
grosze  krieg  3,  223; 

wen  got  der  gebe  in  allen  gut, 
die  da  guj^en  ir  blüt  .  .  . 
ir  tAt  stS  vor  ir  helle  pfn 

livländ.  reimehrvn.  8606, 

X.  2. 


wo  Leo  Meyer  übersetzt:  'gelte  für,  tctrde  gerechnet', 
ähnlich  für  in  folgender  stelle: 

das  man  dem  wolff  vergeben  solt, 
und  absolviem  von  pein  und  scholt, 
der  ablasz  stundt  f&r  alle  scheden 

Alberus  fabeln  11,  149. 

der  zuerst  angegebene  sinn  icird  auch  durch  wider  aus- 
gedrückt: 

ein  Schinken  ausz  dem  rauch  steht  wider  hungersnot 

Raehel  sat.  ged.  s.  61  neudr.  (6,  43). 

4)  stehen  zu,  bestimmung  und  bereitschafl  ausdrückend, 
vgl.  C,  6. 

a)  zu  kaufe  stehen,  wie  feil  stehen  {s.  unten  8,  A),  eigent- 
lich von  xcaaren,  die  ausgestellt  sind,  um  gekauft  zu  icerden, 
dann  überhaupt,  käuflich  sein:  ganze  sogenannte  graf- 
schaften  standen  noch  zu  kauf  an  der  gränze  des  be- 
wohnten landes  Göthe  21,  121  {wanderj.  l,  7); 

gesell,  ihr  suchet  einen  heim, 
ich  weisz,  ihr  suchet  einen,    dal  nehmt  hin! 
um  ein  geringes  steht  er  euch  zu  kaufe 

Schiller  13,  179  (Jungfr.  v.  Orl.,  prol.  3). 

selten  mit  art.:  seine  seele  .  .  .  verschwendet  er  auch, 
als  wenn  seelen  nur  so  auf  allen  Jahrmärkten  zum  kaufe 
ständen  Tieck  6,  206.  —  dafür  auch: 

und  seht  die  schönen  vögel, 
sie  stehen  zum  verkauf 

GöTHB  1,  43  (.teer  kaufl  liebetg.  ?). 
ferner: 

wir  wollen  sie  nicht  loben, 

sie  stehn  zu  allen  proben  44. 

b)  sehr  häufig  sind  besonders  seit  dem  18.  jahrh.  die 
schon  mhd.  begegnenden  Wendungen  zu  geböte,  befehl, 
dienst(en),  Verfügung  stehen,  wodurch  jemand  das  recht 
gegeben  wird,  von  einer  sache  gebrauch  zu  machen,  sie 
sich  anzueignen  oder  darüber  zu  verfügen;  auch  freier, 
als  ausdruck  dafür,  dasz  jemand  eine  sache  {fähigkeit) 
besitzt,    vgl.  C,  6,  e. 

a)  zu  gebot;    so  schon  mhd.: 

wand  e5  stüend  ze  sim  gebot, 
swa;  da;  goteshüs  het 

Ottokar  reimehr.  5780. 

im  eigentlichen  sinne  von  dem.  worüber  einer  herr  ist 
und  dem  er  gebieten  kann,  so  zunächst  von  menschen.  s. 
C,  6,  e.  a;  dann  auch  von  ländem  (dies  nicht  mehr  üblich): 

eh  soll  mein  eigen  stahl  mir  durch  die  brüste  gehn: 
eh  Brittens  insel  dir  soll  zu  geböte  stehn ! 

A.  Grvphius  1,  296  (Carol.  Stuard.  3,  280). 
ferner : 

so  leicht 
als  ein  akkord  dem  griff  des  lautenspielers 
steht  euch  mein  geist  nicht  zu  geböte 

Schiller  5,  1,  192  (dorn  Karl.  3,  6,  4014); 

dem  .  .  .  alle  elementa  zu  gebot  gestanden,  hat  doch  nie 
keinem  verstorbenen  das  leben  wider  gebracht  Hars- 
dörffer  teutsch.  secretarius  (1656)  1,  Hb  7*.  der  begriff 
des  'gehorchens'  ist  auch  in  folgenden  stellen  deutlich:  alle 
seine  muskeln  können  ihm  so  leicht,  so  geschwind  zu 
gebothe  stehen  Lessing  7,  14  (hamb.  dramat.  3);  alle 
leidenschaften  müssen  der  herrschenden  zu  gebothe  stehen 
Adelung  2,  2  (so  ungewöhnlich),  vgl.  auch  Hett.ner  d. 
romant.  schule  60  unter  I,  B,  8,/,  y,  ee;  wünsche  nur,  und 
alles  soll  dir  zu  gebot  stehen  Pocci  komödienbüchl.  (1859) 
165.  demgegenüber  die  jüngere  bedeutung  'zu  jemandes  Ver- 
fügung, in  jemandes  besitz  sein:  wenn  er  es  wagte,  auf 
frischen  wanderfüszen,  die  ihm  zu  geböte  standen,  sein 
ziel  zu  erreichen  Göthe  21,  152  (wanderj.  l,  9);  alle  mittel 
stehen  ihm  zu  geböte,  'sind  in  seiner  gewalt,  kann  er  an- 
wenden' Campe:  die  probleme  .  .  .  der  groszen  natur, 
welcher  er  (Benj.  Franklin)  mit  apparaten.  die  jedem 
kinde  zu  geböte  stehen,  die  zunge  gelöst  hatte  Dahl- 
MANN  franz.  revol.  71.  abatracter.  im  sinne  von  'möglich 
sein:  er  wird  .  .  .  jede  vorsichtsmaszregel  ergreifen,  die 
dem  menschen  in  solcher  läge  zu  geböte  steht  Hebbel 
8,  158.  von  geistigen  oder  sittlichen  Qualitäten :  dem  vf.  steht 
ein  ausdruck  zu  geböte,  der  mit  bündigkeit  und  kraft 
schärfe  des  witzes  und  urtheils  so  glücklich  vereint  .  .  . 
Herder  20,  304;  der  vater  nahm  sich  zusammen  und 
doch  wollte  die  angewohnte  gelassenheit  ihm  nicht  zu 
geböte  stehen  Göthe  83,  133  (tcanderj.  3,  10).  von  mienen 
und  geberden,   die  einer  nach  beliebm  herverr^fen  kann: 

104 


1651 


STEHEN  (11,  D,  A,  b) 


STEHEN  (II.  D,  4,  b-g) 


1652 


sie  ...  nickte  .  .  .  dem  Schreiber  zu,  der  sein  gesicht 
zum  süszesten  lächeln  verzog,  das  ihm  zu  geböte  stand 
Ebner-Eschenbach  2,  290; 

grause  blicke 
stebn  zn  gebot  mir  (are  at  my  service),  wie  erzwungnes 

lächeln, 
und  beyde  sind  bereit  in  ihrem  dienst 
zu  jeder  zeit  zu  gunsten  meiner  ranke 

A.  W.  ScuLKGEi.  Shakeap.  9,  117  (Rieh.  JH.,  3,  5). 

»elten  ohne  dativ  d.person:  das  selbe  leistet  sie  (d.  rer- 
nttnfl)  am  ende  auch  in  der  kunst,  wo  sie  .  .  .  die  aus- 
führung  unterstützt,  eben  weil  der  genius  nicht  in  jeder 
stunde  zu  geböte  steht  Schopenhauer  tcerke  i,  loo  Orise- 
back. 

ß)  in  neuerer  zeit  zu  befehl  stehen  {vgl.  C,  6,  e,  ß),  ge- 
iröhnlich  in  dem  sinne,  dasz  man  jemand  eine  suche  {zum 
gebrauch  oder  eigenthum)  anbietet,  icobei  der  dativ  der  (an- 
geredeten) peraon  meist  unterdrückt  tcird:  gefallen  sie 
{ueiehnungen)  ew.  durchl.,  so  stehen  sie  zu  befehl,  sonst 
kann  ich  sie  vielleicht  auch  andrer  orten  anbringen 
GÖTHE  br.  9.  48  {an  herz.  Amalia  31.  oct.  88);  ihre  briefe 
an  mich,  liebe  tante,  sind  in  der  besten  Ordnung  und 
stehen  gleich  zu  befehl  werke  21,  109  {icanderj.  1,  6).  so 
in  der  frage  was  steht  zu  befehl,  was  befehlen,  urilnschen 
tief  was  steht  zu  befehl,  mein  gebieter?  Schiller  2, 134 
{räuber  4,  2).  auch  mit  pron. :  nun,  was  steht  zu  ihrem 
befehl?  Schroeder  dram.  werke  1,  27  {heiml.heirat  3,  3).  — 
ungewöhnlich,  um  auszudrücken,  dasz  man  etwas  in  seiner 
gewalt  hat:  izt  alter  Doria  steht  mir  deine  haut  zu  be- 
fehl. —  hin  bist  du,  wenn  ich  dich  nicht  warne  Schiller 
3,  99  {Fiesko  3,  7). 

y)  sehr  häufig  zu  dienst(en)  stehen,  vgl.  C,  6,  e,  y. 

ad)  so  vereinzelt  schon  im  mhd.  {mit  besonderer  ntiaiwe) : 

da;  ich  im  nihtes  abe  ge 

da;  im  ze  dieneste  ste  ('nützlich  sein  kann'  Benecke) 

Iw.  4910. 

gebrätichlieh  seit  dem  n.jahrh.  anfangs  überwiegt  der  sing. : 

und  ob  nicht  dazumahl  mein  unvergnügter  mund, 
wenn  ihm  der  ammen  brüst  nicht  bald  zu  dienste  stund, 
ein  gleiches  klage-lied  .  .  .  gesungen  .  .  .  ?    Caniz  «.  89. 

verbunden  mit  f : 

du  meine  seele,  singe  ... 
dem,  welchem  alle  dinge 
zu  dienst  und  willen  stehn! 

P.  Gerhardt  419,  l. 

der  plural  findet  sieh  zu  frühest  in  der  Verbindung  mit 
pron.  poss.,  wo  er  ausschlieszlich  gilt:  hier  hab  ich  auch 
noch  ein  par  batzen,  die  zu  deinen  diensten  stehen 
Grimmelshausen  2,  21,  32  Keller  {Springinsf.  2);  sprich 
wenn  sie  mit  einen  schlechten  quartier  wolten  verlieb 
nehmen,  so  stünde  es  zu  ihren  diensten  Chr.  Reuter 
ehrl.  frau  s.  39  neudr.  (3,  10).  statt  des  pron.  auch  der 
dativ:  er  hätte  nicht  mehr  als  etwa  lo  bis  12  loth  davon, 
die  stünden  ihm  zu  diensten  cav.  im  irrgarten  150.  seit 
GÖTHE  wird  es  üblich,  die  bezeichnung  der  angeredeten 
person  wegztdasaen:  gib  .  .  .  dein  exemplar  der  medaille 
an  Langermann,  .  .  .  und  wenn  du  sonst  noch  jemand 
weiszt,  80  stehen  deren  noch  einige  zu  diensten  briefe 
42,  44  {an  Zelter  f,.  fehr.  27);  {der  hund)  steht  zu  diensten, 
sammt  meinem  dänen!  Klinoer  i,  143;  (wio/or)  .  .  .  er 
zieht  eine  börse:  diesz  steht  zu  diensten  Iffland  theatr. 
werke  1,  74  {A.  v.  Thurneisen  8,  11);  nun  sagen  sie,  was 
steht  zu  dienste?    Arnim  16,  94  {Halle  u.  Jerus.  2,  6). 

bb)  die  bedeutung  weist  dieselbeti  ntianeen  auf  icie  die 
unter  a  behandelte  wendung:  unglaublich  steht  ihm  {Kose- 
garten) die  spräche  zu  dienst  IIekdkk  20,  853;  hier  be- 
dient sich  nun  die  Vorsehung  öfters  gleichgültiger  per- 
Honen  ...  als  Werkzeuge,  welche  nnbcwuszt  höherem 
zwecke  zu  dienste  stehen    Göthr  I,  4i,  i,  859,  17  Weim.; 

Ranz  wohl  ein  kAnIg  Je  auf  ird'scbem  thron, 
dem  nicht  zu  dienst  mehr  freude  stand  wie  mirV 

Shakesp.  8,  851  (U^nr.  VI.,  2.  th.,  4,  9). 

§mMtnlieh  in  der  anred»,  um  jemand  etwas  anzubieten, 
*tLß:  befehlen  sie.  was  aie  wollen,  alles  soll  zu  ihren 
diWMten  stehen  Gbllbrt  a,  816  {d.  loos  in  der  lott.  5,  i); 


«•  (wutn  M>en)  steht  in  allen  (Ulen 
Ml  wwtin  wieder 


xn  4eii>eB 

Lbssino  8,  807  (NaUuin  4,  4); 

was  steht  zu  ihren  diensten,  mein  herr?  l,  50i  {sthaU  is). 
im  tmgtuCMnliek  abttrmeter  4ut¥)mulu»g :  die  worte:  'ziebeii 


sie  aber  vor,  den  contract  ganz  aufzuheben,  so  steht 
dies  auch  zu  dienst'  sind  mir  schwer  aufs  herz  gefallen 
A.  v.  Droste-HOlshoff   briefe  an  L.  Schücking  s.  277. 

d)  in  neuerer  zeit  auch  (einem)  zur  Verfügung  stehen : 
er  .  .  .  bat  noch  sterbend  seinen  söhn  Gottfried,  jenen 
abgewiesenen  käufer  aufzusuchen  und  ihm  zu  melden, 
die  Sammlung  .  .  .  stehe  ihm  nun  zur  Verfügung  Ebner- 
Eschenbach  3,  21;  zwei  zimmer  neben  meinem  Schlaf- 
zimmer stehen  zur  Verfügung  4,  281.  ungewöhnlich,  reflexiv 
gewendet:  unser  Apollonius  war  ein  bursche  geworden,  den 
so  leicht  keine  ausgeschlagen  hätte,  deren  herz  und  band 
noch  zu  ihrer  Verfügung  stand    Ludwig  1,  165. 

e)  in  älterer  spräche  auch  zuweilen  zu  willen  stehen, 
vgl.  C,  6,  f,  d: 

musz  dir  das  glQck  zu  willen  stehen 

S.  Dach  «.  198  Oesterley. 

zu  dienst  und  willen,  s.  P.  Gerhardt  unter  y,  bb.  ver- 
einzelt noch  in  neuerer  zeit: 

denn,  wer  die  form  gelernt  hat  zu  besiegen, 
dem  wird  ihr  zauber  gern  zu  willen  stehen 

Strachwitz  ged.  (1850)  120. 

c)  sinnlicher  ist  die  wendting  zu  banden  stehen,  die  im 
älteren  nhd.  in  ähnlichem  sinne  vorkommt,  vgl.  band  II,  l, 
h,  th.  4,  2,  346:  derhalb  sollen  wir  auch  an  bösem  lufft 
und  gewitter  nicht  verzagen,  .  .  .  sonder  gott  vertrawen, 
.  .  .  auch  mit  gottesforcht  die  mittel  brauchen,  welche 
uns  zuhanden  stehn  Sebiz  feldb.  8;  Oarg.  459,  s.  unter 
I,  B,  2,  /,  a,  cc.  so  auch,  wohl  aus  älterem  Sprachgebrauch 
übernommen:  der  einfache  landmann  reicht  sein  leben- 
lang mit  einer  beschränkten  zahl  von  Wörtern  ans,  wo 
dem  gebildeten  und  welterfahrnen  mann  die  zehn  oder 
zwanzigfach  gröszere  inasse  zu  banden  steht  J.  Grimm 
kl.  sehr.  1,  301.  daneben  perfectiv,  s.  1,  p.  {allgemein  üblicJt 
ist  zur  hand  stehen  im  eig.  sinne;  so  auch  mundartlich: 
dät  stet  mer  net  zur  band,  'das  kann  ich  nicht  bequem 
anfassen'    luxemb.  wörterb.  426*.) 

d)  dem  mhd.  eigenthümlich  ist  ze  staten  stän,  von  nutzen 
sein,  zu  gute  komme7i,  vgl.  statt  II,  B,  7,  d,  a,  sp.  980;  in 
demselben  sinne: 

leicht  gib  ich  euch  den  ratt 

der  euch  wol  ze  frumen  stat 

Heinr.  V.  Neustadt  Apollon.  5202   Singer. 

so  dann  auch  z6  väre  stän,  zur  gefahr,  zum  nachtheil  ge- 
reichen : 

swie  harte  ej  mir  ze  värc  sie, 
ich  wil  iuch  doch  geniejen  län, 
da;  ir  niht  valsches  habet  getan 

Tritt.  14890; 

ze  Verluste  st6n  Lamprecht  v.  Reoensburg  tochter  r. 
Syon  8553.  ähnlich  frühnhd.:  er  sagt:  'frauw,  ihr  habt 
mir  ein  künstlich  schoch  gebotten.  wolan,  es  mösz  dis/. 
speil  etwas  zä  gCTvin  ston,  damit  ihr  eüwer  kunst  nit 
umbsunst  auszstreüwt'.  also  salzten  sie  ein  summa  goM 
zu  gewin    Wickram  2,  94,  3  Bolte  {knabensp.  88). 

e)  zu  pfände  stehen,  alspfand;  d^/iir  mArf.  aucA  pfan- 
des,  8.  unten  13,  c,  ß.   freier: 

uuch  enwart  der  Itp  des  niht  erl&n 

ern  müese  dfl  ze  pfände  stün  Iw.  722«; 

um  welchen  preis  erfuhrst 
du  dies  geheimniszV  wohlfeil  war  es  nicht! 
mir  stand  ein  köpf  zum  pfand! 

Hehhf.i.  2.  279  (Her.  u.  .Har.  3,  8); 

einem  flüchtigen  feinde  hilft  niemand  so  leicht  wider 
den  Sieger,  am  wenigsten,  wenn  das  eigne  dach  dabey 
zum  pfände  steht   frauenz.  almanach  f.  1817,  180. 

/)  dem  mhd.  eii/enthümlich  sind  Verbindungen  «i  '     r 
balsubstanliven  {in  jM.ssirischem  sinne),  irie  ze  priM 
preiswürdig  sein: 

stt  dax  inch  got  sA  gtret  hftt 

dag  alsA  gar  z«  prtM  stAt 

vQr  roanegen  rfter  iuwer  Itp  lit  6068; 

ach,  wie  gar  ze  kusoe  riH  ir  wol  gerwter  munt! 

ntinne*.  1.  861*>  Hagen 

so  femer:  ze  danke  ge^t.  abent.  8,  «.  168,  88t;  ze  slnrr  gir 
OtTOKAH  reimchr.  1184»;    zurteile    Pari.  744.  88. 

g)  vergleichbar  ist  in  jüngerer  tpriMche  die  formelhafte 
irendung  etwas  Ktoht  zur  frage,  BOT  Verhandlung,  zur 
debaltc  oder  dincnsKion.  bildet  den  f$ffen«tand  der  Ver- 
handlung u.  a.  ID.;  wäre  auch  das  .  .  .  nicht  ni  rrroirheii 


i 


1653 


STEHEN  (II,  D,  4.  g-b,  h) 


STEHEN  ai.  D.  ö.  6-rf) 


1654 


gewesen  ....  so  stand  zur  frage,  auf  welchem  wege  für 
die  herzogthümer  ...  ein  vorläuflger  abschlusz  erreich- 
bar bliebe  Bism.\rck  ged.  u.  erinn.  2,  9;  später  in  Berlin 
stand  von  diesen  planen  nur  noch  zur  Verhandlung  die 
abtretung  des  .auf  dem  rechten  Mainufer  gelegenen  bairi- 
schen  gebiets  ...  an  Preuszen  46.  ähnlich  schon:  stünde 
derowegen  zu  reiflichen  bedenken,  ob  man  sich  nicht 
mit  einer  beständigen  policey-ordnung  ...  zu  vergleichen 
MOSER  patr.  phantas.  1,  101. 

A)  in  andern  fällen  drückt  soUhe  Verbindung  die  bereit- 
sclMft  zu  einem  geschehen  aus,  so  dasz  dies  unmittelbar 
bevorsteht:  die  sache  steht  zum  urtheil,  spruch,  konkurs 
Sanders  (2,  a);  in  diesem  augenblick  pfiff  drüben  schrill 
und  durchdringend  die  lokomotive  des  zur  abfahrt  stehen- 
den zuges  Zahn  die  da  kommen  24.  so  in  unpersönlicher 
Wendung,  vgl.  3,  a,  f:  es  stand  freilich  schon  zum  kriege 
mit  Ägypten,  als  Cyrus  noch  unter  den  lebendigen  .  .  . 
war  Dahlmann  Herodot  (1823)  153.  —  ähnlich  schon  (.'); 
das  end  der  fabel  das  stot  zu  eynem  frölichen(d)  end 
Terenz  (1499)  36». 

i)  in  demselben  sinne  auch  stehen  auf  mit  acc.  (vgl.  3, 
a,  s,  ICO  der  casics  nicht  zu  erkennen  ist):  das  haus  stehet 
auf  den  fall,  'im  oberdeutschen,  neiget  sich  zum,  falle,  ist 
im  begriffe  zu  fallen'  Adelung  (2,  2,  2);  daneben  jedoch 
im  dat.  (vgl.  3,  a,  y,  dd): 

die  weit  fault  in  sich  selbst.  .  .  . 

ihr  haus  steht  aufT  dem  fall  und  hebt  schon  an  zu  sincken 

LOGAU  1,  9,  69. 

k)  auffallig  ist  eine  im  süddeutschen  begegnende  wendung 
für  'gehören  zu':  viele  mühlen  und  Wasserwerke  stehn 
zu  diesem  hause    Rosegger  sehr.  II,  8,  349. 

5)  an  die  gebrauchsiceisen  i,f.  g  schlieszt  sich  die  überaus 
häufige  Verbindung  von  stehen  mit  einem  gerundium  (in/. 
mit  zu)  im  sinne  des  tat.  gerundivs:  es  steht  zu  hoffen, 
»perandum  est.  da  der  inf.  hier  den  icerth  eines  passiven 
verbaladj.  angenommen  hat,  so  ist  stehen  hier  zum,  hilfs- 
verb  getcorden  und  xcechselt  unterschiedslos  m,it  sein,  vgl. 
dieses  II,  35.  th.  10,  l,  326—8. 

o)  diese  fügung  ist  zuerst  im  mlid.  seit  etwa  1200  zu 
belegen,  s.  mhd.  tcb.  2,  2,  573'' : 

wie  habt  ir  da;  veriän 

ini  suoehtet  helfe  unde  rät 

da  si  iu  ze  suocLen  stät  Iw.  4512 ; 

eine  rede  wüste  ich  gerne, 

di  stet  mir  nicht  zu  vorbeme 

Brun  V.  Schönebeck  1925. 
ebenso  mnd.,  s.  Schiller -LCbben  4,  359''  (3):  men  die 
hertoge  hedde  gerne  seen,  dat  die  rad  hedde  synen  sone 
huldeghet  .  .  .  hir  antworde  die  rad  to :  ...  dat  en  stunde 
en  nicht  to  donde  Lappen berg  brem.  geschichtsqu.  lio, 
vgl.  brem.  wb.  6,  335.  s.  auch  sündenf.  2654  unter  I,  B,  3, 
a,  ß.  —  twi  nhd.  von  anfang  an  sehr  verbreitet:  es  steht 
zugewarten,  praestolandum  est  Stieler  2128,  egli  sfä  ä 
sperare,  ci  e  da  sperare  Kram  er  dicf.  2,  929»;  es  stehet 
zu  beweisen,  res  probanda  est  Stein bach  2,  668.  nach 
Adelung  (2,  2)  ist  diese  Wortfügung  'besonders  den  Ober- 
deutschen geläufig',  dagegen  ist  sie  mundartlich  gerade  für 
das  nd.  bezeugt:  dat  steit  mi  nig  to  doon,  'das  ist  mir 
nicht  zu  rathen:  das  schickt  sich  nicht  für  mich  zu  thun' 
brem.  wb.  4,  992,  ebenso  Stürenburg  258'';  dat  stünne  te 
wünschene,  wäre  zu  wünschen  Schambach  207'';  wat  steit 
wol  nich  alle  te  globen  in  der  weit  'xcas  kommt  in  der 
weit  nicht  alles  vor,  was  man  glaubet^  kann'  208». 

b)  gemä^z  ihrem  passiven  character  wird  diese  fügung 
zunächst  von  transitive7i  verben  gebildet:  alle  gaistlich  leut 
von  clöstern  ond  andern  gestifften,  die  der  statt  zu  ver- 
sprechen (vertreten)  staund  d.  städte  ehr.  5,  158,  atim.  5 
(Augb.  urk.  v.  1437);  ist  eynig  mensch  als  d&rstig,  der 
mir  uberdrang  thän  will,  an  dem  steet.s  mir  zurechen 
Aimoti  E  2»;  von  der  arbeit,  die  einem  bawersmann  jeden 
monat  steht  zu  vollbringen  Sebiz  feldb.  49;  solche  glider 
stehnd  einem  artzt  zu  wissen  Paracelsus  chirurg.  sehr. 
268  C;  des  Galha  ankunft  stehet  erster  tagen  zu  vermuten 
Anton  Ulrich  v.  Braunschweig  Octaina  3,  155;  wer 
zum  verständnisz  so  begabt  ist,  als  sie,  steht  zu  beneiden 
FouQüE  Ubensgesch.  189;  die  gefahr,  welche  hieraus  für 
das  gebäude  von  räuberischen  Überfällen  zu  besorgen 
stand,  war  aber  nur  bei  trocknem  wetter  vorhanden 
Immermann   Münchh.  i,  54  (i,  i); 


vieleicht  bricht  jetzt  der  tod  herein, 
dann  steht  uns  rechenschaffl  zu  geben 
von  allem  was  so  wol  uns  that. 

Königgb.  dichterkr.  s.  i  nettdr. 

die  fügung  mit  Substantiv,  subj.  ist  nicht  mehr  unbeschränkt 
in  gebrauch,  besser  hielt  sie  sich  mit  einem  satz  als  »tibj. : 
nicht,  dasz  wir  d.  Ecken  gegen  e.  k.  f.  g.  wollen  verun- 
glipfen,  .  .  .  sondern  dasz  uns  nicht  zu  leiden  stehet, 
dasz  sich  e.  k.  f.  g.  lästerer  und  schmäher  allererst  für 
geneigte  diener  schmücken  wollen  Luther  br.  i,  317; 
sie  ist  mir  zu  schaden  eine  Christin  worden,  wie  stehet 
dann  zu  hoffen,  dasz  sie  mir  zu  liebe  sich  bekehren 
werde?  Anton  Ulrich  v. Braunschweig  Octavia  4,193; 
zu  wissen  stehet,  dasz  ihr  vater  ein  alter  mann  war 
Lenz  3,  98  Tieck;  ob  aber  die  Schicksale  sich  einen  flusz 
werden  zur  grenze  setzen  lassen,  steht  zu  versuchen 
GÖRRES  ges.  briefe  3,  91;  nicht  zu  leugnen  stand  übrigens, 
dasz  die  äuszerst  zarte  Organisation  des  vetters  .  .  .  ihn 
zu  einem  .  .  .  ziemlich  seltsamen  kauz  gemacht  hatte 
Storm  4,  13;  es  kam  doch  der  schwarze,  schwarze  tag, 
WO  ...  in  der  Koggenstedter  zeitung  zu  lesen  stand,  dasz 
über  das  vermögen  des  händlers  Peter  Cajus  Behm,  hier- 
selbst,  das  konkursverfahren  eröffnet  sei  Enking  fam. 
P.  C.  Behm  243.  an  stelle  des  inhaltssatzes  kann  ein  inf. 
eintreten: 

an  dem  vor-gewesnen  ort 

wüst  er  einen  guten  braten : 

aber  wieder  vor  die  pfort, 

nahen,  st&nde  nicht  zu  rahten. 

Reineke  fuchg  (1650)  «.  80,  5. 

ungewöhnlicher  ein  relativsatz:  es  stehet  einem  nicht  zu 
verargen,  der  wein  trincket,  wenn  er  jhm  auch  werden 
kan  Petri  Cc  8''.  —  ähnlich:  hierauf  rückten,  wie  es 
nicht  mehr  zu  hindern  stand,  Spanier  und  Colonnesen 
aufs  neue  gegen  Rom  vor    Ranke  werke  37,  193. 

c)  in  unpersönlicher  fügung  dann  auch  von  intran- 
sitiven verben  bezw.  von  solchen,  die  das  obj.  im  dativ 
zu  sich  nehmen,  so  seit  dem  15.  jahrh.  zu  belegen :  und 
heerschet  liebe  gewaltenklich  jn  allem  minem  gemüte 
und  steet  mir  nauchzefolgen  was  der  gewalt  der  liebe 
gehütet    Nie.  v.  Wyle  translat.  30,  4  Keller; 

und  meinen  feinden  steht  zu  trawen  nicht  ein  har 
Reineke  fuchg  (1650)  138; 

so  besonders:  verhehle  mir  nicht  deinen  kummer,  dasz 
ich  zusehe,  wie  dir  zu  helfen  stehe  Mus.\us  volksm.  i,  25 
Hempel  (Riibez.  2], ;  dem  leser  anderw^eitiger  gesinnung 
dürfte  mit  Stammtafeln  vom  13.  Jahrhundert  her  .  .  . 
nicht  sonderlich  zu  dienen  und  zu  helfen  stehn  Fouquk 
lebensgesch.  70; 

darumb  sol  Cloto  meinem  leben, 
(weil  sonst  mir  nicht  zu  helffen  steht,') 
die  l&ngst-gewfinschte  endschafft  geben 

Königtb.  dichterkr.  t.  102  neudr. 
so  auch: 

Suffolk,  wie  steht  zu  helfen  (what  remedy)? 

Shaketp.  2,  166  {Heinr.  VI.,  1.  th.,  5,  3). 

d)  die  Verbindung  hat  zunächst  den  sinn  einer  noth- 
wendigkeit  (es  steht  zu  thun,  es  mtisz  gethan  icerden), 
wie  in  den  meisten  der  angeführten  belege,  daneben  kommt 
früh  die  bedeutung  einer  möglichkeit  auf:  es  stehet  mehr 
zu  wünschen  als  zu  hoffen,  questo  stä  pitt  ä  (si  pud  piit) 
desiderare,  chä  sperare  Kramer  rftc^  2,  929»;  es  stehet 
zu  erweisen,  egli  stä  ä  dimostrare  eioe  io  lo  so  dimo- 
strare,  it.  si  vuol  dimostrarlo  ebenda;  er  wolt  sie  weder 
umh  leib  noch  leben  bitten,  .  .  .  sunder  ein  ringe  sach, 
dz  on  schaden  wol  zu  thän  stund,  und  dz  der  eerlich 
rat  von  Lübeck  leichtig  thän  kund  Eulensp.  58  (s.  9t 
neudr.);  disz  ist  .  .  .  gantz  unlaugbar,  und  stehet  gnug- 
samlich  .  .  .  zubew^eisen  L.  Thurneysser  magna  alchy- 
mia  141;  es  entsteht  auch  eine  gewisse  kunst  zu  fragen 
.  .  .  auch  auf  reisen  wohl  zu  gebrauchen  bei  denen  ge- 
legenheiten,  ...  da  seltsame  dinge  oder  sonderbare  per- 
sonen  zu  sehen  oder  zu  sprechen,  von  denen  viel  zu 
erfahren  stehet  Leibniz  deutsehe  sehr,  i,  380;  aber  stellen 
aus  ihm  durfte  ich  in  meinem  alten^  buche.  ...  zu  finden 
glauben,  welche  zu  vielerley  zu  brauchen  stünden  Les- 
sing 8,  331;  dennoch  erlaubte  ihm  (Wollenst.)  weder  sein 
stolz,  noch  sein  vortheil,  ...  als  ein  bittender  von  der 
gnade  des  kaisers  eine  beschränkte  macht  zu  erflehen, 
die  von  der  furcht  desselben  uneingeschränkt  zu  ertrotzen) 

1(M* 


1655 


STEHEN  (II,  D,  5.  d—f) 


STEHEN  (II.  D,  6,  a-e) 


1656 


stand  Schiller  8,  853;  nun  zogen  sie  in  den  wald  und 
schössen  hasen,  wilde  rehe,  .  .  .  und  was  zu  essen  stand 
Grimm  märchen  s.  S8  {no.  9);  so  ist  dieses  allerdings  nicht 
minder  lächerlich,  als  wenn  ein  knabe  in  die  rüstung 
eines  riesen  schlüpft  .  .  .,  steht  indesz  zu  vergeben 
Hebbel  9,  ll,  ll;  bei  dieser  allgemeinen  stamm-  oder 
Wahlverwandtschaft  der  Japyger  mit  den  Hellenen  .  .  . 
wird  die  forschung  vorläufig  wenigstens  stehen  bleiben 
müssen,  bis  ein  schärferes  und  besser  gesichertes  er- 
gebniss  zu  erreichen  steht  Mommsen  röm.  gesch.  l ,  ll. 
»0  in  Zeitungsanzeigen:  etage  ...  zu  miehten,  wovon  die 
conditionen  bey  dem  hausz-herrn  zu  erfragen  stehen 
Caaadische  zeitung  1731,  no.l ;  1800  schock  grüne  bandstöcke 
stehen  zu  verkaufen    Danziger  intelligenzbl.  1870,  no.  291. 

«)  so  übericie^end.  icenn  negiert. 

a)  zuweilen  begegnet  auch  es  ist  nicht  zu  thun  in  dem 
sinne  'es  darf  nicht  gethan  werden,  ist  7iicht  erlaubt': 
ohne  sein  vorwissen  stehet  mir  nichts  zuzusetzen,  darf 
ich  nichts  hinzusetzen  Adelung  (2,  2).  besonders  in  der 
älteren  spräche:  aber  das  die  vom  tale  die  4  rathmanne 
solten  heissen  abtretten,  .  .  seindt  sie  nicht  geneiget,  es 
steht  ihnen  auch  nicht  zu  thun  Spittendorff  10  {zum 
j.  1474).  vgl.  die  belege  unter  a.  —  auf  der  grenze  stehen 
ausdrücke  wie:  seytemal  du  .  .  .  mit  den,  die  ich  am 
allerliebsten  gehabt,  also  heszlich  umbgehest,  dz  mirs, 
der  ich  yhr  freunt,  nicht  wol  zu  leiden  steht  {odiosius 
quam  ferendum  amico  si't  tractes)  Hütten  2,  192,  22; 
verstockte  sünder  stehen  nicht  zubeklagen  Ringwaldt 
d.  lauter  icarh.  165.  ähnlich  in  der  noch  üblichen  Verbin- 
dung: ein  gut  par  schu  und  new  hosen  von  zopfigem 
nollenthuch  stehn  nicht  zuverachten   Oarg.  s.  240  neudr. ; 

mein  brnder,  hör'  das  steht  nicht  zu  verwerfen 

FouQUK  held  des  nordens  2,  65. 

ß)  meist  ist  der  begriff  des  nichtkönnens  deutlich  aus- 
geprägt: es  stehet  nicht  zu  leugnen,  nicht  abzusehen 
Adelung  (2,  2);  was  do  herschaft  zu  sampne  qweme  .  . ., 
das  stehit  nicht  allis  hie  uss  zu  richten  Rothe  Dür. 
chron.  431 ;  ausz  angeborner  fürwitz  fraget  sie,  ob  es  ihr 
nicht  stund  zu  eröffnen?  Kirchhof  wendunm.  l,  143 
österl.  (l,  lll):  Galba  nähme  .  .  .  dieses  ein  wenig  übel 
auf,  als  wann  Sulpitia  Prätextata  dadurch  auf  sein  alter 
gestümpfet,  und  fragte,  ob  dann  ein  käiser  von  solchen 
Jahren  nicht  zu  lieben  stünde?  Ant.  Ulr.  v.  Braun- 
schweig Octavia  3,  704;  oder  es  ist  kein  enthusiasmus 
möglich,  ohne  den  doch  überall  nichts  besonders  aus- 
zurichten stehet  Lessing  8,  474;  wenn  aber  nur  die 
möglichkeit  nicht  zu  längnen  steht,  so  muszt  du  mich 
anhören;  diese  aber  kannst  du  unmöglich  läugnen 
TiECK  5,  120  {Blaubart  5,  l);  liesz  nun  ein  fasan  eine 
feder  fallen,  oder  fiel  sonst  was  vor,  was  nicht  zu  ver- 
meiden stand  Immermann  2,  lOO  Hempel  {Münchh.  3,9). 
90  bes.  häufig:  da  musz  man  schon  .  .  .  fünfe  gerade  sein 
lassen,  denn  das  steht  nicht  zu  ändern  Tieck  5,  390 
{rerk.  icelt  4,  4);  über  das  schlimmst  kann  man  sich 
leichter  trösten,  wenns  einmal  nicht  zu  ändern  steht, 
wenn  man«  nur  wenigstens  weisz  Ludwig  2,  72.  ähn- 
lieh schon:  in  Unfall,  der  nicht  zä  wenden  stehet,  ist 
nichts  besser,  denn  gedult  Kirchhop  icendunm.  i,  59 
Ost.  (1,  50).  den  werth  einer  negation  haben  auch  ausdrücke 
xcie:  diese  {wunder)  beweisen  nichts,  und  stehen  auch 
unmöglich  zu  beweisen  Haller  tageb.  s.  beob.  i,  19;  so 
ist  doch  gewisz,  dasz  aus  gesprächcn,  wie  Plato's,  .  .  . 
der  styl  eine  gelenkigkeit  .  .  .  bekommt,  die  sonsther 
achwerlich  zu  erlangen  stehet    Herder  11,  80. 

y)  hierher  gehört  das  sehr  verbreitete  sprichxc.  wem 
nicht  zu  rathen  steht,  dem  steht  auch  nicht  zu  helfen 
Adeluno  (8,  8),  a.  auch  Lessino  l,  SOS  {d.  junge  gel.  8, 19); 
GoEKiNOK  8,  886  {»thlittenf.  6, 18).  dafür:  darumb  wem 
nicht  zu  raten  ist,  dem  stehet  auch  nicht  zu  helffen 
Luther  sh,  6m,  u  Weim.;  wem  nit  zurathen  stehet,  dem 
itt  auch  nit  zuhelfTen  Aoricola  tpriehw.  so.  seltener 
pontiv  gewendet :  wem  nun  zu  rathen  stfinde,  dem  st&nde 
aaob  m  helfTen  Mathksiub  Sar.  86*>;  doch  wem  zu 
rathen  fleht .  dem  iteht  auch  zu  helffen  Weiss  com. 
pr.  800. 

/)  time  ähmiiehe  Verbindung  mit  dem  inf.  nne»  intran». 
mHW  im  meUvmm  »inne  (zo  fetchien  stain)  au*  einem  Oölner 
lei.  9.  um  ».  umier  l,  B,  8,  /,  d.  ee  fu  ende. 


6)  stehen  mit  richtungsangaben. 

a)  vom  icinde;  so  schon  mhd.: 

foujch  stunt  der  wint  dare  wart, 
[dar]  der  konin^  wolde  vare. 
Albrecht  v.  Hai.berstadt  ».  Germ,  10,  238,  20. 

die  raisigen  und  bürger  in  der  stat  behulfen  sich  .  .  .  uf 
den  turnen,  dahin  der  wint  nit  stunt.  Wilw.  v.  Schaum- 
burg 37  Keller;  sie  giengen  aber  wohin  der  wint  stund. 
Hesek.  l,  12  {bei  Kautzsch  :  'wohin  [sie]  der  geist  zu 
gehen  trieb');  so  oft  der  wind  auf  die  haustür  stand 
Fontane  i,  98. 

b)  von  festen  gegenständen,  wie  Windfahne,  magnetnadel : 
die  Wetterfahne  steht  nach  norden  Paul  (lO)  u.  ähnl.; 
beschreibung  desz  Nörnbergischen  compasz,  wie  man 
darinn  die  wind  erkenne  ausz  dem  g&belin  am  zünglin, 
welches,  wann  mans  eben  stellet,  st&ts  gegen  nort  ge- 
richtet steht  Sebiz  feldb.  6.     im  vergleich: 

du  bist  der  deinen  angen weide, 
die  herzen  sind  wie  ein  magnet, 
der  stets  nach  dir  gerichtet  steht 

Stoppe  Parti.  (1735)  13. 

c)  vom  menschlichen  gesicht  und  dessen  theilen.  zu- 
nächst ganz  eigentlich,  vgl.  B,  8,  d:  und  jre  {der  cherubim) 
andlitz    stunden    gegen    ander    (thn-'tm  C'«  cn'js'i),    und 

sahen  auff  den  gnadenstuel  2  Mos.  37,  9;  hinter  ihm  stan- 
den zwei  gemacher  offen,  wohin  mein  gesicht  stand 
Arndt  i,  91  Rösch,  ins  geistige  gewendet:  das  andlitz 
aber  des  herrn  stehet  über  die  so     böses  thun  (yi  «trys 

T 

ohne  verb),  das  er  jr  gedechtnis  ausrotte  von  der  erden 
ps.  34,  17.  in  die  bedeutung  e,  e  übergehend:  und  da  His- 
kia  sähe  das  Sanherib  kam,  und  sein  angesicht  stund 
zu  streiten  (ncnStsS  i»:si)  wider  Jerusalem  2  chron.  32,  2. 

TT   :  •  -        TT 

gewöhnlich  von  den  äugen,  die  bliekrichtun%  bezeichnend,- 
schon  mJid.: 

er  marcte  des  Wäleises  sehen, 

war  stUenden  im  diu  ougen  sin 

Parz.  301,  27; 

meyn  äugen  stehen  ymer  zu  dem  hern  Luther  10,  2, 
421,  15  {betbüchl.  1522;  ps.  25, 14,  ältere  fassung,  dafür  später 
m.  o.  sehen  stettes  auff  den  h.  z.  31); 

wo  nehm  ich  weiszheit  und  verstand, 
mit  lobe  zu  erhöhen 
die  äut;Iein,  die  so  unverwandt 
nach  mir  gerichtet  stehen? 

P.  Gerhardt  406,  9. 

aber  die  laube  verhüllte  das  ende  der  umarmung,  und 
lange  standen  alle  wartende  äugen  vergeblich  auf  der 
klause  der  liebe  J.  Paul  7  {Hesp.  l),  55.  man  sagt  die 
nase  steht  ihm  wohin  von  dem,  der  geJit  oder  sich  zum 
gehen  anschickt,  indem  die  nase  als  der  vorderste  theil 
des  gesichts  gleichsam  vorangeht  utid  den  ioeg  zeigt,  vgl. 
der  nase  nach  gehen  unter  nase  I,  5,  /,  th.  7,  405.  von 
da  aus  bildlich  .- 

auf  was  verspitzt  sich  wohl  der  alp?  nach  welchem  doctor 
steht  die  nase? 

GCntiikr  429  {'cujtu  doctori»  connubium  appetitf 
STBiNBArii  2,  669). 

in  demselben  sinne,  weniger  üblich,  der  köpf  steht  wohin, 
*.  Jung-Stilling  4,  184  unter  1,  B,  8,  d,  i^.  unsinnlicJter 
nd.  d&  Steit  mT  d(e)  kop  nit  nä  das  will  ich  nicht  Bauer- 
CoLi>lTZ  60»  {vgl.  e,  y,  bb).  in  derselben  unsinnlichen  be 
deutung  dann  »pecieller:  der  schnabel  steht  ihm  nach  den 
kirschen  {handschr.  zettel  von  J.  Grimm);  der  gaumen 
steht  mir  nach  einer  speise,  übertragen: 

bewund'rung  von  kindern  und  äffen, 
wenn  euch  darnach  der  gaumen  steht 

GÖTIIB  18,  87  (Fauttl,  64S). 

d)  gang  steht  wohin:  lieben  g&st  sagt,  von  wann  her 
kumht  jhr,  .  .  .  wahin  stoel  ewre  raisc  Schaidknraisrer 
Odyss.  10*  (8,  71); 

kommt 
nur  mit.    mein  gang  stand  ohnebin  zu  ihm 

LB8HINU  8,  887  {Nathan  5,  5). 

{in  anderm  »inne  Mrurkr  98*  unter  1.  B,  l,/,  y.  #p.  1401.) 

e)  überaus  häufig  Jemandes  sinn,  herz,  gemUt  u.  ilhnl. 
steht  wohin,  ist  dahin  gerichtet. 

a)  mit  riehtutigaadverbien.    m  »ehon  mhd.: 


1657 


STEHEN  (II.  D.  6,  e) 


STEHEN  (II,  D,  6,  e) 


1658 


wan  dar  staont  ir  aller  mnot 

sin  herze  niender  anderswar 
stuont  niuwan  da  er  si  weste. 


Zw.  906; 


nJid.  am  häufigsten  mit  sinn:  die  fraw  ...  in  pilgrams 
forme  .  .  .  on  yemant  wissen  wo  hin  ir  syn  stunde,  sich 
auf  den  wege  machte  Arigo  decam.  229,  24  Keller  {senza 
saper  alcuno  ove  ella  a'andasse  3,  9,  s.  auch  s.  409,  19  unter 
I.  B,  3,  d,  y): 

darumb  so  stet  heim  hin  nnser  sin 

fattn.  tp.  570,  10; 

WO  deyn  hertz  hyn  steht,  da  sehen  die  äugen  auch  hynn. 
apriehwort  bei  Luther  10,  i,  548,  li  TT'eim.,-  wiewol  nun 
der  paur  solches,  ausz  forcht  benötiget,  schwur,  stund 
jm  doch  das  hertz  hindersich  Stumpf  Schicytzer  chron. 
425 •;  ein  mensch  der  da  ein  schätz  verbirgt  .  .  .,  dem 
steht  nun  all  sein  gemöht  dahin  Paracelsus  opp.  2,510,  C. 
femer:  gedanken,  *.  Xylander  Polyh.  14  und  Arndt  l, 
106  unter  I,  C,  3,  d,  ß  und  f,  a,  Schiller  6,  134  unter  ß. 
sehr  häufig  verlangen,  begier(de),  *.  die  belege  unter  y, 
bb;  6,  aa  u.  a.  verstärkt  meins  hertzen  gyr  {pfarrer  v. 
Kalenb.  unter  y,  bb)  oder  lust  {Jes.  26,  8  unter  y,  ee) ;  sein 
will.  s.  Paracelsus  2,  332  A  unter  I,  B,  2,  /,  t],  bb  (Scheidt 
unter  I,  B,  3,  b,  y):  mein  thun  und  trachten  zu  jeder  zeit 
stehet  dahin  dasz  es  in  des  königes  ländern  möge  wol- 
gehen.  engl.  com.  u.  trag.  D  6';  meinung,  s.  Luther 
unter  e;  bestrebungen  J.  Grimm  unter  y,  aa.  ungewöhn- 
licheres: darauff  mich  der  Argander  noch  dieselbige  nacht, 
von  den  insel  ab  und  mich  zu  schiff  führete,  weisz  nicht 
wo  sein  intent  mir  hinausz  gestanden?  schausp.  engl, 
comöd.  219,  21  Creizenach  {tragicom.,  1630,  3,  2); 

nach  reichthumb  trachten  sie  {die  sorglosen)  nicht  sehr,  .  .  . 

allein  jr  datam  steht  dahin, 

zu  haben  einen  leichten  sinn  Scheidt  grob.  2058. 

mit  schiefem  ausdruck: 

er  weis  nicht,  was  er  will ;  nicht,  was  er  gar  nicht  will, 
worauf  er  heute  flacht  steht  morgen  schon  sein  ziel 

Nkukirch  ged.  (1744)  169. 

ß)  mit  präpositionalem  object.  so  in  mehr  eigentlichem 
sinne  mit  Ortsangaben  (tri«  zumeist  unter  a) ;  schon  mhd., 
vgl.  Grimm  gramm.  4,  819: 

er  sprach  "mfn  wille  und  euch  min  gir 

stät  gar  in  unkundin  lanf  gute  frau  461 ; 

da  stuend  im  muet  und  synn 

zu  der  stat  Pentapolin 

Hei.nr.  V.  Neustadt  Apollon.  1237  Singer; 
vgl.  auch  sinn  II,  4,  b,  a,  th.  10.  1,  1110. 

nhd.:  gast  dein  sinn  stehet  dir  noch  heint  in  die  stadt 
Schaidenraisser  Odyss.  72»  {nöhrf  ififvai  fi;veaiv£ig 
a^fxfQOV  17,  185/);  mein  sinn  steht  nach  Colin  Solger 
nachgel.  sehr,  l,  385; 

so  baldt  als  er  nur  lauffen  kundt, 
sein  mut  nur  auff  die  gassen  stundt 

Fisciiart  2,  32  Haufen  {Eulentp.  2,  128) 
sie  aber  eylends  fuhr  dahin, 
nach  Papho  stund  jhr  mut  und  sin      • 
Spreng  Aen.  11  »>  {ipsa  Paphum  tubiimi*  abä  1,415); 
zum  Vaterland  fühlt  jeder  sich  gezogen  .  .  . 
und  nach  der  heimat  stehen  die  gedanken 

Schiller  6,  134  {Phöniz.  2,  3,  340). 

s.  auch  ScHWARTZENBERG  Cic.  139*»  Unter  I,  B,  2,/,  t),  ee; 
Xylander  Polyb.  14  und  Arndt  i,  106  unter  I,  C,  3,  d,  ß 
und  f,  a  u.  a.  zuweilen  auch  von  dem  schtceifen  der  ge- 
danken: sein  sinn  stand  in  die  ferne,  er  hörte  nicht,  er 
sah  kaum  Göthe  21,  154  {xcanderj.  i,  9). 

/)  abairacter  in  beziehung  auf  dinge,  nach  denen  man 
strebt,  die  man  erreichen  unU  oder  erwartet. 

aa)  auf  etwas,  s.  mhd.  wb.  2,  2,  574''.  nhd.:  Christi  ge- 
dancken  sthen  nicht  aufff  gl.  und  narden-wasser,  sed  auff 
den  tod,  ut,  si  furi  multo  dicuntur,  tamen  cogitat  semper 
auff  den  strick  und  galgen  Luther  34,  i,  194,  lO  Weim.; 

doch  all  sein  sinn  steht  nur  auf  frSmmigkeit 
(but  all  his  mind  is  bent  to  holiness)    A.  W.  Schlegel 
Shakesp.  8,  27  {Heinr.  VI.,  2.  th.,  l,  3); 

auf  sterben  steht  sein  sinn, 

sein  wünsch  nur  nach  dem  grabe 

Tieck  4,  186. 
»o    dann    weiterhin:    auf  deutsche    spräche    von  jeher 
standen   alle   unsere    bestrebungen    J.  Grimm  *.  th.  l,  I; 
ungetcöhnlich: 


unsrer  zeit  gewissen 
stehet  auff  genissen 

LOGAU  3,  1,  41. 

bb)  nach  etwas,  *.  mhd.  wb.  a.  a.  o.:  mnd.,  s.  weltchron. 
prol.  68  unter  I,  B,  2,  c; 

wente  na  gelde  unde  na  gude  steit  alle  min  mOt 
likerwis  alse  der  katten  na  der  müs  döt 

des  dodes  dam  976. 

nhd.  danach  stehet  mein  sinn,  danach  strebe  ich  Campe; 
*.  Mathesius  Sar.  14»  %irui  Guarinonius  749B  unter  I, 
B,  3,  d,  ßunds;  bat  sy  fir  mich  den  vatter,  solte  mir 
ein  delchlin  kaufen,  darnach  altzeit  mein  begirdt  stündt 
Fel.  Platter  *.  140  Boos;  isz,  wenn  du  bist  hungrig 
und  greife  nach  allem,  wonach  der  sinn  dir  steht  Raabe 
hungerpastor  (1864)  l,  177  (8.  kap.); 

yedoch  so  stet  meins  hertzen  gyr 
noch  lobes  preisz  und  hoher  kunst 

Pfarrer  v.  Kalenb.  10; 

der  hitz  wolt  er  entweichen, 
nach  schatten  stundt  sein  will 

Zincgref  auserl.  ged.  15  nendr.  (10,  36); 

nach  tugendlichen  ehren 

stand  ihm  herz,  mnth  und  sinn 

Arnim  13,  44  (uunderh.  1,  38  Birl.-Crec.). 

nach  im  Wechsel  mit  auf,  s.  H.ätzlerin  I.  17,  17  unter  I, 
B,  2,  /,  Tj,  aa.  —  *.  ferner  c,  ende. 

ec)  zu  etwas  besonders  in  älterer  spräche,  s.  mhd. 
wb.  a.  a.  o.: 

sin  fürsaz  und  sin  muot 

ste  niht  ze  guot  (er  habe  nichts  gutes  vor) 

Ottokar  rdmchr.  944Ö5 ; 

das  dem  helden  stunnd  all  sein  syn 
zfi  dem  weydwerck  unnd  dem  pirschen 

Teuerd.  30,  2; 

es  steht  auch  all  mein  gmfit  und  sinn 
zft  k&stlichen  und  schönen  dingen 

Fischart  ßöhh.  s.  6  nendr.  (84); 

schlafen,  zum  schlafen 
da  steht  mir  mein  sinn 

u-underh.  2,  582  Boxberger; 

denn  wir  warten  auff  dich  herr  .  .  . ,  des  hertzen  lust 
stehet  zu  deinem  namen  und  deinem  gedechtnis  Jes.  26, 
8;  s.  femer  Schwartzenberg  Otc.  157»,  H.  Sachs  i,  50 •"; 
buch  d.  liebe  221*'  uitter  I,  B,  3,  b,  y;  e,  a;  d,  ß. 

S)  auch  in  bezug  auf  personen,  bes.  die  man  liebt. 

aa)  sinn,  herz,  verlangen  steht  nach  einem  (einer): 
gott  wolt,  sein  hertz  und  gemöt  nach  mir  stand,  als 
das  mein  sich  nach  im  senet  und  kr&ncket  Wickram 
1,  219,  18  Bolte  {Gabr.  c.  11) ; 

nach  jhr  steht  mein  verlangen, 
mein  sehnlich  hertzegird 
Melissus  bei  Zincgref  auterl.  ged.  $.  8  neudr.; 

nach  Ursula  stund  sein  sinn 

wunderh.  1,  225  Boxb. ; 

noch  viele  heimliche  Verehrer  zählt 
der  röm'sche  gStzendienst  auf  dieser  insel. 
die  alle  nähren  feindliche  gedanken, 
nach  dieser  Stuart  steht  ihr  herz 

Schiller  12,  452  (Afarjä  Sf.  2,  3); 
zu  einem: 

sin  muot  stunt  zuo  sime  liebe  dar 

busant  424; 

alle  ire  gedencke  zö  im  stunden  Arigo  decam.  127,  i 
Keller  (2,  8);  zu  dir,  zu  dir,  du  meines  lebens-aufTent- 
haltl  stehet  mein  sinn,  gemüth  und  auch  der  entschlusz, 
.  .  .  entweder  das  leben  oder  den  tod  zu  empfangen  I 
Simpl.  sehr.  4,  37,  23  Kurz  {vögeln.  2,  4).  so  auch  in  neuerer 
diditung,  s.  Tieck  l,  145  unter  I,  B.  3,/,  y,  dd.  mhd.  auch 
mit  an,  s.  mhd.  wb.  2,  2.  574». 

bb)  entsprechend  findet  sich  wider,  zum  ausdruck  einer 
feindlichen  gesinnung  und  absieht:  denn  seine  gedancken 
stehen  wider  Babel  (irats  ^sa-'ry-'S  gegen  Babel  [ist]  sein 

plan,  besehlusz),  das  er  sie  verderbe  Jerem.  51,  11; 

der  Christen  gschwomer  feindt  ich  bin. 
wider  sie  steht  mir  mein  denckh  und  sin 

Endinger  judentp.  1,  368. 

f)  die  ergänzung  icird  durch  einen  inf.  gegeben:  doch 
stund  allweg  ir  gemöt  zebehalten  desz  lybes  rainikait 
unvermalget  Steinhöwel  de  claris  mul.  s.  131, 8  Drescher; 
sie  suchten  nicht  wie  sie  Jerusalem  strafften,  .  .  .  sondern 
schlecht«  ZQ  verderben  stund  jre  meinange  Luther 4, 848'*; 


1659 


STEHEN  (II.  D,  ö,  e-i) 


STEHEN  (H,  D,  6.  «-7.  a) 


1660 


zu  mehren  derer  preis,  die  deine  kr&fllen  mehret, 
steht  eintzig  nur  dein  sinn  Logau  1,  8,  99,  38. 

durd%  einen  inhaltssatz: 

so  wisszet  dasz  min  befrere  stad, 

dasz  ir  mer  Johannes  heubet  willet  geben! 

AUj'eld.  patsionesp.  997  {ebengo  970) ; 

*.  attch  Hütten  3, 533  unter  I,  B,  2,  /,  //,  bb.  —  sein  {Mosia) 
sinn  ist  dahin  je  und  alle  wege  gestanden,  das  er  allen 
gerne  geholffen  hette    Li'ther  16,  26,  12  Weim. 

5)  zmceilen  ist  die  ergänzung  gar  nicht  ausgedrückt, 
s.  2.  b.  Storm  3,  230  tmter  I,  B,  3,  e,  d. 

f)  so  iceiterhin  jemandes  vertrauen,  Hoffnung  steht  zu 
einem  {neben  auf,  in,  an  einem,  s. 's,  a.  a;  b.  a;  c,  a, 
mit  ettcas  andrer  nunnce):  o  ersamen  richter  min  ver- 
truwen  stund  zu  miner  fürsprechin  mir  getrüwlich  dz 
wort  zetön  Biederer  spiegel  d.  waren  rhet.  (1493)  C  4»; 
zu  dir  Stadt  all  unser  Zuversicht,  unser  hoffnung  und 
zäilucht  Eberlin  v.  Günzburg  l,  2  Enders,  vgl.  unter 
I,  B.  2,/.  Tj,  dd; 

so  hoch  entzückte  mich  der  gottes-sohn, 
zu  dem  gestanden  jähre  lang  mein  hod'en 

TiECK  2,  87; 

ao  auch  {noch  näher  an  3,  a,a):  die  edel  hertzogin  .  .  . 
jrem  aller  liebsten  ritter,  zä  welchem  jr  heyl  und  er- 
lösung  stönd,  anfieng  ein  brieff  zu  schreiben  Gähnt/ 
(1540)  109''  (Wickram  l,  145,  14  Balte),  ähnlich:  dann 
unser  gloub  stat  grundlich  allein  in  die  gottheit 
ZwiNGLI   3,  7. 

g)  anderes:  in  welches  end  desz  wysen  man  mainung 
Stande  Stainhöwel  de  claris  mul.  40,  26  Drescher  {vgl. 
I.  B.  1,/.  y); 

aufT  zanck  und  hader  stet  mein  rath 

Schwartzenberc;   136''. 
in  andertn  sintie: 

wen  Hollant  harde  antradt, 

to  deme  stunt  yo  kume  radt  (/wr  den  gab  et  keinen  rath, 

keine  möglichkeit), 
dat  he  alsus  mochte  nezen 

d.  gtädie  ehr.  16,  142  {Braungchw.  schichtsp.  1241). 

ungewöhnlich:  weil  .  .  .  ein  fast  durchgehender  com- 
mentar  nöthig  seyn  möchte,  um  den  standpunct  des 
Vasari,  mit  dem  standpunct  eines  neuern,  ins  allge- 
meinere stehenden  kunsturtheils  zu  vergleichen  Göthe 
briefe  15,  151,  8. 

A)  itn  älteren  nhd.  ein  brief  steht  an  einen,  ist  an 
einen  gerichtet,  adressiert,  für  ihn  bestimmt;  icelche  be- 
deutung  einerseits  an  d  anknüpft,  andrerseits  sich  mit 
9,  h,  ß.  t  berührt:  darauff  langte  sie  ihm  auch  das 
{brieflein)  ausz  ihrem  sack,  so  an  ihn  stunde  Simpl. 
»ehr.  4,  4«,  32  Ktirz  {vögeln.  2,  6); 

so  wir  nun  lesen  den  begrielT, 

80  thut  der  briefl"  nicht  an  uns  stehn 

sonder  thut  ehesachen  angehn, 

mit  denen  wir  nichts  habn  zuschaffn 

Ayrer  1,  125,  33  Keller. 

so  ferner  Endinger  jud^nsp.  1275  unter  I,  B,  2,  /,  tj,  bb.  mit 
bloazem  dativ  ohne  präp.  (/);  ein  brieff  von  hcrn  Dyel 
von  Beldershein  und  stet  hern  Johan  von  eins  sedel- 
hoffs  wegen  Heidelberger  urk.  v.  1402  bei  Diefenbach- 
WClcker  863.  —  ähnlich  noch  im  österreichischen: 

ein  brief  mit  geld  steht  in  ihr  haus 

Raimund*  Vorgänger  ».  218  Fürtt 
(Mbisl  prim.  Europa  2,  5); 

^eh  bin  nicht  zu  ende  mit  den  Überraschungen,  die 
grOizte  stand  dir  noch  ins  haus,  da  ist  sie.'  noch  ein- 
mal wurde  das  paket  mit   beiden   bänden  ergriffen  .  .  . 

KBNKR-EfiCilENBACH    8,  117. 

i)  verbUuzt  iat  die  sinnliche  bedeutung  in  der  Ver- 
bindung dahin  stehen  für  das  noch  häufigere  dahin- 
gestellt sein,  unentschieden,  ungnrisz  sein,  dabei  liegt  die 
vorHeUung  tu  gründe,  dasz  es  fort,  beiseite  gestellt  xcird, 
dan  man  sieh  nicht  weiter  damit  tteschäftigen  xcill.  in 
ähnlichem  sinne  früher:  we  it  darom  weire,  dat  ste  da 
it  «te  d.  Städte  ehr.  13,  18S,  7  {Cölner  jahrb.  1440).  dahin 
stehen  ist  teit  dem  n.jahrh.  naehttiweisen,  s.  den  beleg 
MM  LoOAU,  ih.  a,  en;  es  steht  dahin,  incertum,  in 
amibifui0  tat,  in  medio  relinquitur,  purum  erploratum 
ttt  Stiblrr  Slts;  es  stehet  noch  dahin,  questo  <>  anrora 
ineerto    Kramkr  diel,  t,  W7*:    es   siebet    vii-linchr   noch 


dahin,  ob  selbst  ihre  Sprachlehrer  und  sprachgelehrten  sich 
des  grundes,  warum  in  ihrer  spräche  so  verfahren  wird,  be- 
wuszt  sind  Adelung  umständl.  Uhrgeb.  1,647;  in  weniger 
als  einer  Viertelstunde,  war  derselbe  {luftballon)  nunmehr 
den  äugen  entschwunden ;  und  ob  man  ihn  wieder  auffinden 
wird,  steht  dahin  Kleist  4,  20.S,  30  E.  Schmidt,  dufilr: 
noch  stand  es  in  des  königs  macht,  den  stürm  zu  be- 
schwören, er  hatte  es  noch  nicht  entschieden  abgelehnt 
die  schaden  zu  ersetzen  .  .  .  aber  während  das  noch 
hinstand,  schlössen  sich  schon  die  jütischen  berren  .  .  . 
zum  kriegsbunde  gegen  Dännemark  Daiilmann  gesch. 
V.  Dünnem.  2,  30. 

7)  in  andern  präpositiotialen  Verbindungen,  bes.  mit  in, 
entwickelt  stehen  die  modale  bedeutung  'sich  in  einem  zu- 
stande befinden',  vgl.  G,  11 — 12. 

a)  so  meistens  mit  in  {vgl.  G,  U). 

a)  in  blüle  stehen  u.  ähnl. 

aa)  eigentlich;  schon  mhd.: 

vil  boume  stuont  in  blüete 
von  dem  sUe;en  luft  des  meien 

Parz.96,  18; 

an  meinen  ärmlein  schlaft  ihr  nicht, 
ihr  bringt  mir  dann  drei  rosen, 
die  .  .  .  stehn  in  voller  blüthe 

Arnim  13.  330; 

zimmet  und  nägelein,  rosen  und  schasmin  und  der 
stark  duftende  holunder  standen  hier  im  schönsten  flor<> 
maleh  Müller  l,  29.    bildlidi: 

was  in  der  bl&hte  steht,  das  fället  leichtlich  ab 

Grob  dichter,  vertuchg.  39. 

mit  deutendem  zusatz:  Egmont  .  .  .  konnte  es  nicht  von 
sich  erhalten,  die  saaten  seines  glucks  zu  verlassen,  die 
an  dem  hofe  der  regentin  jezt  eben  in  voller  blüthe 
standen  Schiller  7,  176.  ähnlich:  wenn  't  in  gräunen 
un  bläuhen  steiht  Beuter  3,  40,  so  Seelmann,  zu  C,  li.  « 
hinüberführen  d : 

seine  kinder  werden  stehen 
wie  die  rosen  in  der  blUht 

P.  Gerhardt  431,  2. 

sonst  übertragen,  zu  frühest  au f  reiche :  Optimum  regnum 
fuit  Aegypti  et  in  der  plue  ists  gestanden  Luther  16,  ö,  i 
Weim.;  er  {Arm.)  habe  Rom,  ...  da  es  in  der  grösten 
blute  seiner  macht  gestanden,  .  .  .  hertzhafft  angegriffen 
Lohenstein  Armin,  l,  vorber.  4''.  in  neuerer  zeit  in 
mannigfacher  anwendung:  ihre  reize,  die  in  ihrer  höchsten 
blüthe  standen,  erhielten  für  mich  .  .  .  einen  neuen 
glänz  Pfeffel  pros.  vers.  5,  16;  als  ich  meinen  letzten 
ausflug  machte,  war  eben  die  deutschheit  aufgekommen 
und  stand  in  ihrer  dicksten  blute  Eichendorkf  incog- 
nito  s.  81;  Selbstgefühl  entfaltete  sich  schon  im  vorigen 
Stadium  im  reichlichsten  maasze  in  unserer  brüst;  jetzt 
steht  es  in  voller  blüthe  Baabe  d.  hungerpastor  i,  is« 
(7.  kap.). 

bb)  ähnliclie  ausdrücke:  einmal,  als  die  bäume  wicdiM- 
in    frischem   grün   standen    Grimm  märchen  s.  9  {nr.  :! 

dar  m^de  he  (ti.  palmbaum)  stret  unde  spreit 
unde  al  in  einer  grOne  steit 

van  d.  holte  des  hill.  cruxet  267; 

ach!  dasz  du  fortgehst,  liebe  mutter,  da  die  schöne 
Jahrszeit  kommt,  ...  die  weiden  in  saft  stehen  malkr 
MÜLLER  1,  120.    freier: 

der  frUhling  kommt,  der  hinimol  lacht, 
es  steht  die  weit  in  Veilchen 

Storni  ged.  4  {oktoberl.). 

so  häufig  im  bilde:  die  weit  richtet  verblühte  Schön- 
heiten weit  strenger,  als  blumen  die  noch  in  ihrem 
vollen  wüchse  stehen  Schuhart  leben  »i.  gesinn.  1,  178; 
die  honorarforderung  will  ich  höher  stellen;  jedenfalls 
so,  dasz  sie  erfreut  die  fruchte  ihrer  mühen  besser  in 
ähren  stehen  sehen,  als  sie  gedacht  A.  v.  Droste- 
HOlsiioi'f //nV/r  2.19  (Lkvin  Scim'ckino  an  .4.  r.  D.H.); 
de  rechte  tid  müszte  hei  afpassen,  sine  schönen,  gold- 
gelen  waukcrblaumen  mUszten  irst  in  saat  stahn  Hkutkr  . 
8,  167,  86  Seelm.  {strömt.  1.  9);  ■■ 

ei,  welch  ein  vlQ:i^i(ic,  ziniic  hoch 

die  bluomen  mtn  durrhviuhtot,  da;  «i  al&nt  nflch  wünsch« 
in  »prungo  (da»:  nie  enlrpringen) 
Fkaukni.ob  vrountn  leirh  l'J,  84; 


1661 


STEHEN  (II,  D,  7,  a) 


STEHEN  (II,  D,  7,  ä) 


1662 


dann,  wann  .  .  .  die  reiche  ernte 
der  missethat  in  vollen  balmen  steht, 
und  einen  schnitter  sonder  beyspiel  fordert 

Schiller  5,  2,  219  (,dom  Karl.  2,  5). 

vgl  auch:  man  war  überhaupt  in  ein  Zeitalter  getreten, 
da  eine  öffentliche  meinung  über  die  weltlichen  dinge 
in  der  ersten  entfaltung  stand  Dahlmann /ranz,  revol.  7. 
cc)  allgemeinere  ausdrücke:  die  Schöpfung  um  mich 
her  stand  umgewandelt  in  neuer  pracht  maler  Müller 
1,  33;  auf  dieser  so  anmuthigen  insel  grünten  nun  aller 
ley  der  herrlichsten  bäume;  alles  .  .  .  stand  in  herr- 
lichster fülle  51;  nun  standen  die  birnbäume  in  der 
fülle  ihrer  kraft    Ebner-Esghenbach  4,  lO; 

durch  wessen  kunst  steht  dein  gebein 
in  ordentlicher  fülle?  P.  Gerhardt  432,  5; 

obgleich  die  Schöpfung  in  ganzer  Schönheit  stand 

Dusch  verm.  werke  12. 

(Id)  zuweilen  mit  andern  präp.: 

der  grüene  walt  m  i  t  loube  stät 

minnes.  frühl.  108,  10 ; 
die  boame 
in  der  werlde  stänt  mit  wünneclicher  blttete 

Neidhart  v.  Reuental  130,  2; 

es  sollen  dise  monats  zeit  {im  mai)  die  bäum  und  er 
dem  laub  stehen    Fischart  praktik  s.  18  neiidr. 

ß)  in  {früher  im)  feuer,  in  flamme(n)  stehen  u.  ähnl.  ; 
eigentlich:  das  die  allererste  fewrkugel  .  .  .  dergestalt 
gewircket;  das  die  stadt  ...  in  weinig  stunden  gantz 
im  fewr  gestanden  Chemnitz  schwed.  krieg  2,  576*; 
als  aber  der  morgenstern  im  osten  herfür  flackerte, 
sähe  ich  meines  knäns  hausz  in  voller  flamme  stehen 
Simplic.  s.  18  neudr.  (l,  5) ;  beim  religionskriege,  da  mein 
vater  verwundet  und  zerschlagen  aus  seiner  im  feuer 
stehenden  hütte  floh  mährleinb.  (1799)  18;  als  ein  sieb- 
zehnjähriger Jüngling  .  .  .  bestieg  er  bei  einem  ganz  im 
brande  stehenden  hause  eine  leiter  Kerner  bilderb.  44; 
da  erst  bemerkte  sie,  dasz  die  kammer  schon  halb  in 
feuer  stand  Hebbel  8,  234;  sieht  er  toben  die  männer- 
schlacht  über  die  Weiserheide,  die  steht  in  brand  und 
flammen  E.  v.  Handel-Mazzetti  d.  arme  Margareth  343; 
prasselnd  schlägt  die  flamme  aus, 
straszen  stehn  in  glut  und  graus 

Müllner  schuld  4,  4,  r.  1985; 
da  stieg  ein  heftig  feuer  auf, 
ich  sah  mein  haus  in  hellen  flammen  stehn 

Arnim  6,  146. 
»o  auch,  vom  haus  auf  den  bewohner  übertragen: 

wenn  erst  Ukalegon,  dein  nachbar,  steht  im  rauch, 
so  gilt  es  deiner  wand  und  deinem  giebel  auch 

Rachel  Bat.  ged.  s.  53  iieudr.  (4,  371); 
anders : 

der  ganze  körper  steht  in  feuer, 

ich  fühle  kaum  dasz  es  im  nacken  brennt 

GÖTHE  41,330  (Famt  11,5,  v.  11785).  — 
im  bilde:  während  das  staatsgebäude  in  vollen  flammen 
stand    Mo-MMSEN  röm.  gesch.  2*,  319.   so  auch:  das  erregte 
seinen  Unwillen,  weil  doch  schlieszlich  noch  ganz  andere 
türme  im  wetter  standen   Schaffner  in:  unterm  firne- 
licht 183.     von  feuerähnlichem;  der  morgenröthe: 
es  steht  ein  berg  in  feuer, 
in  feurigem  morgenbrand 

ElCHENDORFF   *1,  455. 

vom  erröthen:  sobald  man  ihr  nur  ein  wort  sagt,  .  .  . 
gleich  stehen  ihr  die  backen  in  feuer  Lenz  i,  lo  Tieck 
{hofm.  1,  4);  während  er  fühlte,  dasz  seine  wangen  in 
hitze  standen  Th.  Mann  königl.  holieit  78.  auf  seelisches 
angewandt  bes.  als  bildliclier  atisdruck  für  liebe,  vgl.: 
sie  macht  es,  wie  alles  frauenzimmer,  die  nicht  ge- 
stehen wollen,  dasz  sie  verliebt  sind,  ob  ihnen  schon 
lang  und  leber  in  voller  flamme  stehen  Stranitzky 
ollapatr.  s.  45,  12  neudr.;  mein  herz  steht  in  flammen 
Arnim  6,  fti.     auch  mit  persönl.  subj.: 

dein  herz  ist  noch  von  liebe  frei 

und  meins  steht  lichterloh  in  feuer 

Hoffmann  v.  Faller.slebkn  gred.»80; 

es  brennt  in  Wahrheit  jung  und  alt; 

es  steht  so  reich  als  arm  in  flammen 

Gottsched  ged.  1,  221. 
ron    aufregung.   zorn:    wie    du    doch    den   augenblik   in 
feuer  und  flammen  stehsti  Schiller  2,  .S60  {kab.  u.  l.  i,  i). 
y)  von  lichtverhältnissen  u.  ähnl. 


aa)  in  licht,  im  lichte  stehen ;  mit  näherer  bestimmung 
in  vollem  licht,  häufig  in  freierem  sinne:  nun  noch  ein 
gewagterer  blik  über  die  Universalgeschichte  des  ganzen 
menschlichen  geschlechts  .  .  .  und  die  Wahrheit  des  bis- 
her gesagten  wird  in  ihrem  vollesten  lichte  stehen 
Schiller  l,  155.  ähnlich:  doch  so  lebhaft  dies  bild  aus- 
gemahlt  werde:  so  ists  nicht  das  bild  des  menschen  — 
es  ist  nur  6ine  seite  seiner  Oberfläche  und  auch  die 
stehet  im  faschen  licht  Herder  5,  94.  —  im  eigentliclien 
sinne  dafür:  sie  sah  das  freundliche  haus  auf  grünem 
hügel  in  eitel  sonne  stehen  Zahn  die  da  kommen  s.  .35. 
ferner  {vgl.  ß),  in  locale  bedeutung  übergehend: 
und  räthselhaft  steht  rings  die  gegend 
im  glänz  des  abends  Tieck  7,  59. 

entsprechend  im  schatten:  dasz  in  manchen  fällen  eine 
im  schatten  oder  in  der  dämmerung  stehende  weisze 
fläche  für  eine  graue  gelten  kann   Göthe  52,  28  (farbenl. 

1,  HI,  35). 

bb)  von  den  mondphasen,  der  mond  steht  im  ersten, 
letzten  viertel,  auch  in  mannigfachen  übertragenen  ge- 
brauchweisen: meine  lustigkeit  hat  abgenommen  und 
steht  itzt  sogar  im  letzten  viertel  Tieck  6,  72;  ich  .  .  . 
wurde  theils  vor  kummer.  theils  von  den  neumonds- 
portionen,  die  aber  immer  und  ewig  im  ersten  viertel 
stehen  blieben,  mager  wie  eine  schindel  Gaüdy  sämmtl. 
werke  2,  150;  dor  satt  Gottlieb  —  ...  wo  vordem  de 
binnensid  von  fru  Nüszlern  ehre  backmoll  satt,  satt  nu 
en  rechten  anständigen  buk,  de  ogenschinlich  in  den 
taunemenden  mand  stunn  Reuter  3,  251,  28  Seelm. 
{strömt.  3,  47).  —  mehr  örtlich  in  bezug  auf  die  zeichen 
des   thierkreises .   s.    der  ew.   iciszh.  betb.  B  7*   unter  I,  B, 

2,  /,  a,  bb. 

cc)  von  färben:  der  himmel  stand  in  einem  wolken- 
losen blau    Fontane  6,  70  {quitt  9); 

deszgleich  auch  ein  jeder  planet, 
in  seinen  sondern  färben  steht 

ScHEiDT  grob.  4C46. 
daneben  {vgl.  B,  10): 

und  nechten  da  ich  bei  ir  war 
ir  angesicht  stund  vol  röte 

Uhland  volkgl.  nr.  73,  2. 

6)  femer:  der  garten  stand  in  fliederduft  oder  im 
duft  des  flieders,  die  rose  steht  im  thau  u.  a.  ,•  so  schon 
mhd.  {vgl.  Grimm  gramm.  4,  818): 

seht,  w^ie  heid'  und  anger  lit, 
unt  [wie]  der  walt  in  tüften  stät 

minnes.  1,  65'  Hagen; 
waj  gelichet  sich  der  wunnen, 
da  ein  rose  in  touwe  stät  348''. 
äugen  stehen  in  thränen  {vgl.  B,  lO,  e): 

zum  zweitenmal  sah  ich  dich  abschied  nehmen, 
dein  göttlich  aug'  in  thränen  stehn 

Lenz  ged.  «.  88  Weinhold. 

e)  abstracter.  im  gleichgewicht,  in  Ordnung  stehen  i«. 
ähnl. 

aa)  im  gleichgewicht,  eigentlich  von  der  icage;  im  ver- 
gleich oder  bild:  sollten  wir  denn  auch  die  trost volle 
aussieht  haben,  unser  leben  hindurch  zu  denken,  gedan- 
ken  gegen  gedanken  und  zweifei  gegen  zweifei  unauf- 
hörlich abzuwägen,  indesz  die  wage  ewig  in  einem  er- 
müdenden gleichgewichte  steht?  Tieck  7,  174,  vgl.  30!» 
und  8.  298.  freier:  eine  gewisse  feyerliche  grazie  bei  ge- 
wöhnlichen dingen  .  .  .  kleidet  ihn  wohl,  weil  er  sehen 
läszt,  dasz  er  überall  im  gleichgewicht  steht  Göthe 
19.152  {W.Meister  5,3);  wo  die  beweglichkeit  der  an- 
schauenden kräfte  mit  der  fülle  der  empfänglichkeit  in 
schönem  gleichgewichte  steht  A.  W.  Schlegel  im  Athe- 
näum 1,  23.  dafür  im  älteren  nhd. :  dieweil  aber  die  Car- 
thaginenser  on  allen  eintrag  das  meer  beherschten, 
stand  der  krieg  zwischen  jhnen  unnd  den  Römern  gleich 
inn  der  wag  Xylander  Polyb.  13  {ii^vyoaxaxfZxo  avxolq 
6  noXefiog)  I.  20,  5):  Lycurgus  {hat)  ...  alle  fugenden 
unnd  eigenschafTten  der  besten  policeyen  zusammen 
gestossen,  darmit  .  .  .  die  policey  ...  in  gleicher  wag 
stehndt,  lange  zeit  bestendig  bliebe.  328  (iva  .  .  .  iaop- 
QonoTv  xal  ^vyoaxaxovfievov inl  rcoXiiöianhyVl,  10,  7); 
8.  auch  Paracelsus  2,  355 B  unter  I,  B,  2,  /,  6,  dd;  nimmt 
dannenhero  einen  hauffen  der  neuesten  reiff-pfennige, 
wegt  solche  gegen  die  ducaten,  also,  dasz  beyderley  sor- 


1663 


STEHEN  (II.  D.  7,  a) 


STEHEN  (H,  D.  7.  a) 


1664 


ten  in  einem  gewichte  stunden  Zenoorius  teutsche 
tcintemäehte  (1682)  84;  his  dahin  war  Teuschland  zwi- 
schen den  Italiänern  .  .  .  und  den  Franzosen  .  .  .  gleich- 
sam in  der  wage  gestanden  Leibniz  deutsche  sehr,  i,  458 
{ymvorgreifl.  ged.  26).  dafür  auch:  vor  dem  Schicksal 
stand  die  wage  lange  in  der  schwebe  Görres  sehr.  i.  116 
{vgl.  th.  9,  2364).  entsprechend  der  Unterscheidung  von  sta- 
bilem und  labilem  gleichgewicht  haben  diese  Wendungen 
bald  den  sinn  der  festigkeit  und  beständigkeit  {s.  oben  Göthe 
und  Xylander  328),  bald  den  des  unentschiedenen,  un- 
sichern  (Leibniz).  in  der  schwebe  nur  in  letzterem  sinne: 
als  noch  alles  in  Versailles  in  der  schwebe  stand,  ob  man 
den  krieg  auch  wolle,  den  man  drohte  Dahlmann /rojiz. 
revol.  Ih.  so  wohl  auch  in  dem  ältesten  belege:  und  ich 
durfft  drauff  etwas  wetten,  wo  der  bäum  auffrur  nicht 
were  drein  komen,  es  hette  sich  ein  auffrur  unter  dem 
adel  Widder  die  forsten  .  .  .  erhaben,  sogar  stund  Deutsch 
land  ynn  einer  wage  Luther  19,  644,  6  Weiin.  damit 
berührt  sich  auf  der  kippe  stehen,  s.  3,  o,  y,  dd. 

bb)  von  andrer  gleichheit:  dann  nicht  allein  ein  fewr 
gewesen  ist,  sonder  viel  hunderterley  fewr,  da  keins  im 
grad  gestanden  ist  wie  das  ander  Paracelsus  opp.  2,  5B; 

der  ist  gedoppelt  grosz,  wo  adel  und  verstand 
in  gleicher  höhe  stehn 

Treuer  deutlicher  Däd.  45; 

nun  ist  klar,  dasz  es  ein  drittes  geben  müsse,  was  einer- 
seits mit  der  kategorie,  andererseits  mit  der  erscheinung 
in  gleichartigkeit  stehen  musz  und  die  anwendung  der 
ersteren  auf  die  letzte  möglich  macht  Kant  4,  99  Berl. 
akad.  {kritik  d.  r.  vern.^  138),-  bei  dieser  neuen  philologie 
stehen  aber  alle  zungen  des  erdbodens  in  demselben 
recht  J.  Grimm,  s.  th.  i,  s.  X. 
ee)  in  Ordnung: 

wir  wollen  uns  ansehen, 
ob  unsre  kleider  in  Ordnung  stehen ! 

Hartmann  volksschatiep.  s.  107  (XVI,  56) ; 

in  einer  stadt,  wo  parität 

noch  in  der  alten  Ordnung  steht 

GÖTHE  2,  222. 
dd)  in  ruhe  u.  ähnl. : 

wenn  andre  ohne  noth  in  krieg  und  unglUck  rennen,  .  .  . 
80  wird  dein  treues  land  in  süssem  friede  stehn 

Neu  KIRCH  ged.  191; 

wann  wird  sich  die  Vernunft  bey  uns  doch  kräftig  weisen? 
wenn  wird  das  herz  in  ruhe  stehn? 

Gottsched  ged.  1, 10. 
das  gegentheil:   und  {Wenczlab)   ward    entzetz  dar  umb: 
daz  er   gehengt  und   gestat   het,   daz   di   heylig  kirchen 
lang    zeit    in   irsal    und    zwayung    gestanden    wer    mit 
zwayn  pebsten  d.  städt.  ehr.  1.51,24  (Stro.mer,  Nürnb.). 

ee)  in  bereitschaft:  lief  die  fräulein  v.  Z.  sogleich  zur 
hertzogin  ins  zimmer,  um  aus  dero  apothekgen,  wel- 
ches jederzeit  in  bereitschailt  stunde,  einen  hertz- 
stärckenden  spiritum  zu  langen,  cav.  im  irrg.  s.  418 
neudr.;  selbst  der  scharfsinnigste  köpf  wird  besorgt  sein, 
dasz  jener  schon  alle  seine  ideen  habe,  und  jede  Wider- 
legung bei  ihm  in  bereitschaft  stehe  Tieck  7,  317.  — 
weil  aber  die  sach  ynn  der  eile  stund,  haben  wir  uns 
selbst  ewer  kunst  zu  antworten  unterstanden  Luther 
36,  542,  10  Weim. 

ff)  früher  in  einem  weson  stehen :  aller  geschaffnen 
dingen,  die  da  in  zergenglichem  wesen  stehen,  ist  gewesen 
ein  eyniger  anfang  Paracelsus  op]p.  2,  i  C  (in  viehischer 
vernanfft  888  A,  a.  unier  \,  B,  2,  /,  t\,  bb).  in  wesen  stehen 
aUein  für  'existieren,  vorhanden  sein',  s.  Münster  cos- 
mogr.  115  unttr  \,  B,  2,/,  rj,  cc.    ähnlich: 

dat  mtn  levent  mochte  lenger  st&n  in  bobolt, 
dArumme  werde  nicht  gesparet  aulver  efte  golt. 

det  dodet  dam  195. 
gg)  ei  liehet  im  alten,  velu»  conauetudo  manet  Dkntz- 

kein  wunder,  daaz  die  zeit  ihm  atille  sUnd 
und  daaz  er  meinet,  alle«  eteb'  im  alten 

UiiLANO  ged.  IM. 
hk)  in  gebraach  stehen,  gebraucht  werden:  die  zeit- 
lichen gflter  stehen  ynn  dreyerley  christlichem  brauch, 
ond  aber  die  drey  ist  noch  ein  weltlicher  brauch  Luther 
19,  an,  U  Wtim. ;  die  halbcylindriMohon  führen  oft  den 
namen  wienerfifen,  weil  sie  in  der  Wienerfabrik   ,  ,  .  bin 


zum  jähre  1886  im  gebrauche  standen  Prechtl  technol. 
encyclop.  18,  888.  — 

kein  wahr  steht  mehr  im  alten  kauff 

H.  Sachs  1,  332>'. 
so  sagt  man  noch  jetzt:   diese   wäre  steht  noch  in  dem- 
selben preise. 

t,)  in  ehren  stehen  geehrt  werden: 

denn  welche  Wissenschaft,  die  ländem  irgend  nützt, 
steht  nicht  an  seinem  hof  in  ehren? 

GOTISCHED  ged.  1,  11; 
(eingemachte)  palmensprossen  und  ähnliches  naschwerk, 
welches  bei  den  barbaren  in  ehren  steht,  weil  es  nicht 
inländisch  ist  Freytag  bilder  l,  155.  {mit  andrer  nuance. 
ehrenhaft,  untaddhaft  sein,  s.  Storm  8,  196  unter  I,  B.  3,/, 
y,  ee.)  ähnlich,  s.  Abraham  a  S.  Clara  mercks  Wienio  (in 
höchster  glori)  und  Wieland  Ag.  2,  302  unter  l,  B,  3.  d,  e 
und  b,  6;  jene  {die  maschinerien  Homers)  konnten  in 
keinem  gröszern  ansehn  bey  den  beiden  stehen,  als  .  .  . 
briefe  über  m^rkic.  der  litt.  17,  3*  neudr. ;  die  kunst  ro- 
mane  zu  schreiben,  steht  nicht  in  dem  rufe,  den  sie 
verdient  Göthe  I  40,  225,  8  Weim.;  weil  ich  .  .  .  das  ab- 
surde und  unsinnige  in  allgemeiner  bewunderung  und 
Verehrung  stehen  sah  Schopenhauer  i,  16  Orisebach; 
nur  die  thalwiege  .  .  .  stand  im  rufe  der  gänzlichen  Un- 
fruchtbarkeit Stifter  s.  werke  3,  72.  so  auch:  was  hier- 
von zu  halten,  mag  ein  jeder  leicht  ermessen:  ich  lasse 
es  in  seinen  würden  stehen  Aitinger  weidbüchl.  (i68l) 
A4»  —  das  gegentheil:  hie  stehet  doch  der  arme  becher 
weins  so  blos  ynn  allen  schänden,  das  er  nicht  sehend- 
lieber  stehen  kundte  Luther  26,  398,  ii  Weim.  vgl.  un- 
ten b. 

T])  in  bezug  auf  gemüthszustände  oder  moralisches  nur 
bei  persönlichem  subject,  s.  C,  11,  i — k,  oder  bei  umschrei- 
bungen  von  personell,  wie: 

ir  herze  stuont  in  bitterkeit  Boner  54,  19. 

oder  bei  collectivem  subj.:  we  dit  bok  leset,  de  schal  dat 
wol  bekennen,  in  welkeme  ungeloven  .  .  .  Sassenland 
gestan  heft  d.  städte  ehr.  i,  i.  7. 

d)  etwas  steht  in  rede,  zweifei,  aussieht  u.  ähnl.  am 
frühesten  bezeugt  in  zweifei  stehen:  als  der  frede  noch 
in  zwyfel  stunt  d.  Marienb.  treszlerb.  s.  397,  13  Joachim 
{vom  j.  1406);  es  ist  zu  erbarmen,  das  ein  mensch  .  .  . 
sich  wundert,  das  eyn  man  ein  weib  nimpt  .  .  .  weil 
sich  niemant  wundert,  das  menschen  essen  und  trincken 
pflegen,  und  diese  notturft,  do  das  menschlich  wesen 
herkompt,  soll  erst  noch  ynn  zweifiel  und  wunder  ste- 
hen? Luther  18,  277,  17  Weim.  frühnhd.  getcöhnlich  viif 
art.:  in  der  grösten  not,  alldieweyl  der  sig  noch  im  zwey- 
fel  stund  Stumpf  iSc/ncyfzer  cAron.  697''.  ebenso  ist  schon 
frühnlid.  belegt  etwas  steht  in  meinem  wissen,  s.  Huttkn 
2,  182,  22  unter  I,  B,  3,  /,  ß,  ff;  mit  dat.  (das  nicht  der 
astrologey  in  wissen  stand),  s.  Paracelsus  2,  489  unter 
I,  B,  1,/,  y.  —  sonst  gehören  diese  attsdrücke  der  neuertu 
spräche  an;  in  frage  stehen  {neben  zur  frage  stehen, 
s.  4,  g;  anders  ntianciert)  angezweifelt,  bestritten  werden: 
sie  {die  Standarte)  war  so  recht  eigentlich  das  symboI 
der  militärischen  autorität  des  königs,  deren  geltung 
jetzt  in  frage  stand  Ranke  werke*  16,  150.  in  rede:  der 
erste  dieser  kanäle  flieszt  in  den  Anio,  der  zweite  hier 
in  rede  stehende  ist  .  .  .  tausend  schritte  weit  durch 
eine  felshöhe  getrieben  Moltke  sehr,  l,  179.  häufig  in 
aussieht  stehen,  erwartet  werden:  bald  müsse  das  blut 
stromweisc  flieszen;  nachher  aber  stehe  eine  gesegnete 
zeit  in  aussieht  Ebner-Eschenbacii  8,  18S;  gebietsver- 
gröszerungen  standen  zu  Wien  nicht  in  aussichtTRBiTSCH- 
KE  d.  gesch.  1,  880. 

i)  von  beziehungen ,  Verhältnissen  zwischen  mehreren 
dingen. 

aa)  der  allgemeinste  ausdruck  in  einem  Verhältnisse 
zu  etwas  stehen  verlangt  eine  nähere  bestimmung:  das 
verhältnisz  zu  bestimmen,  worinn  eine  so  merkwürdige 
Übersetzung  zu  ihrem  originale  steht  Gkrstbnbrho  re- 
tensionen  a.  809,  8.  anstatt  dta  heute  herrachenden  zu  ist 
früher  mit  üblicher:  diese  ideo  steht  mit  ihrer  sccie  in 
einem  weit  andern  verhältnisz,  als  mit  der  mcinigen 
(Gkrstrnbero)  br.  über  merkw.  der  litt.  886,  8S  naudr.; 
woher  kommt  es,  dasz  der  amtastolz  so  gern  im  ent- 
Kegengesezten  verhältnisz   mit  dem   wahren   Verdienste 


1665 


STEHEN  (II.  D,  7.  a) 


STEHEN  (II,  D,  7.  a-8,  a) 


1666 


steht?  Schiller  3,  510;  hängen  diese  beyden  künste 
(romane  spielen  ti.  schreiben)  unter  einander  zusammen, 
oder  steht  diese  mit  jener  in  umgekehrtem  Verhältnisse? 
A.  W.  Schlegel  tm  Athenäum  l,  2,  44.  daneben:  in  um- 
gekehrtem Verhältnisse  gegen  einander  stehen  1,  1,  141. 
eine  andre  construction,  die  ebenfalls  nicht  ein  einfaches 
verhältnisz ,  sondern  eine  proportion  bezeichnet,  ist:  die 
tonhöhen  der  pfeifen  stehen  im  umgekehrten  Verhältnis 
ihrer  längen  u.  ähnl.;  nach  dem  ausgemachten  gesetze 
der  Umlaufszeiten  {der  sterne),  die  im  verhältnisz  der 
quadratwnrzel  aus  dem  würfel  der  entfernungen  vom 
mittelpunkte  stehen  Kant  l,  253  Berl.  ak.  {naturgesch. 
des  himmels  l). 

bb)  in  beziehung,  Verbindung,  Zusammenhang,  Ver- 
wandtschaft: wenn  es  seine  richtigkeit  hat,  dasz  alle 
dinge  in  der  weit  in  der  genauesten  beziehung  auf  ein- 
ander stehen  Wieland  i,  33  (Agath.  i,  2);  so  ist  es  die  auf- 
gäbe der  physischen  geographie,  nachzuspüren,  wie  auf 
der  Oberfläche  der  erde  sehr  verschiedenartige  formen . . . 
doch  in  geheimniszvoller  genetischer  beziehung  zu  ein- 
ander stehen  Humboldt  kosmost,  56.  dafür  ungewöhnlich: 
in  bezug  stehen  mit  Brentano  5,  65.  —  bey  aller  dieser 
Verschiedenheit,  stehen  dennoch  die  schönen  künste  mit 
den  schönen  Wissenschaften,  und  die  gattungen  beyder 
unter  sich  selbst,  in  mannichfaltiger  und  genauer  Verbin- 
dung EsGHENBURG  enticurfe.  tlieorie  (l'SS),  s.  7,  §  7;  dazu 
kömmt  meine  neigung  zur  dichtkunst  und  zu  allem,  was 
mit  ihr  in  Verbindung  steht  Göthe  19,  154  {Wilh.  Meister 
5,  3) ;  ob  zwar  die  säle  des  ganzen  geschosses  alle  in  Ver- 
bindung stehen,  und  man  ihre  reihen  durchwandern 
kann,  ohne  umzukehren  Börne  ges.  sehr.  (1829)  5,  210; 
wenn  dergleichen  wesen  viel  sind,  die  mit  keinem  dinge 
der  weit  in  Verknüpfung  stehen,  allein  gegen  einander 
eine  relation  haben  Kant  i,  22  Berl.  ak.  —  in  Zusammen- 
hang, s.  Pl.\ten  354*  unter  I,  B,  3,  e,  d;  kein  zweifei, 
dasz  die  Vermählung  mit  der  wahlsache  eng  im  Zusam- 
menhang stehe  Ranke  werke  1,  s.  255,  anm.  3.  —  dahin- 
gegen habe  ich  von  unnöhten  erachtet:  andere  .  . .  dinge, 
weiter,  als  sie  mit  der  königlichen  schwedischen  partey 
in  verwandnus  stehen,  und  unzertrenlich  verknflpffet 
seind,  anzuführen  Chemnitz  schiced.  krieg  l  (1648),  vorr. 
s.  3;  diejenigen  sachen,  die  mit  seiner  materie,  welche 
er  besingt,  in  naher  verwandschaft  stehen  Dusch  verm. 
krit.schr.  17.  —  ähnlich  auch:  wir  menschen  sind  nun  ein- 
mal nicht  anders  und  unser  ohr  scheint,  noch  mehr  als 
unser  äuge,  mit  dem  schicklichen  im  bunde  zu  stehen 
Göthe  briefe  15,  286,  19;  auch  stehen  die  männlichen  ge- 
werbe  der  höhern  stände  doch  schon  in  etwas  näherm 
umgange  mit  Wissenschaften  und  künsten  .  .  .,  wie  die 
Verwaltung  des  hauses  Fr.  Schlegel  jM$fend«cÄr.  2,  320,  4. 

cc)  in  einklang,  harmonie:  sie  bleibe  so  fest  bei  ihrer 
Überzeugung,  als  nur  einer  seyn  kann  dem  etwas  inner- 
lich wahr  geworden,  es  möge  nun  mit  der  ihn  umge- 
benden weit  in  einklang  stehen  oder  nicht  Göthe  22, 
115  {tcanderj.  2,  5) ;  so  war  ehemals  nur  die '.  .  .  Heidel- 
berge  ruine  eine  .  .  .  wilde  einsamkeit,  die  so  schön  mit 
den  verfallenen  thürmen,  den  groszen  höfen,  und  der 
herrlichen  natur  umher  in  harmonie  stand  Tieck  4,  58; 
*.  auch    H.  Grimm    Michelang.  l,  63  unter  I,  B,  3,/,  y,  ee. 

dd)  in  Wechselwirkung:  und  überall,  wo  wir  grosze 
kanstperioden  erleben,  da  stehen  immer  kunst  und  un- 
mittelbare Wirklichkeit  in  innigster  Wechselwirkung 
Hettner  d.  romant.  schule  14.  ähnlich:  wunder  stehn 
mit  naturgesetzlichen  Wirkungen  im  Wechsel:  sie  be- 
schränken einander  gegenseitig,  und  machen  zusammen 
ein  ganzes  aus  Novalis  im  AÜienäum  i,  72. 

ee)  sehr  häufig  im  oder  in  Widerspruch  womit :  geburt, 
stand  und  vermögen  stehen  in  keinem  Widerspruch  mit 
genie  und  eeschmack  Göthe  18,  294  {Wilh.  Meister  3,  9); 
zugleich  fiel  mir  auf,  dasz  sie  überaus  abergläubisch 
sein  muszte,  und  das  stand  doch  in  hartem  Widerspruch 
zu  ihrer  sonstigen  freiheit  Liliencron  letzte  ernte  91.  — 
daneben:  so  findet  man,  dasz  der  edle  Charakter  der 
dankbaren  Octavia  nur  mit  dem  Charakter  ihres  un- 
dankbaren verächtlichen  bruders,  keinerdings  aber  mit 
dem  Charakter  der  Kleopatra.  unmittelbar  in  coUision 
stehe  Ayrenhofp  (1803)  2,  243;  die  wechselnden  färben, 
das  tumultuarische  leben,  stehn  mit  «ler  würde  des 
X.  2. 


gegenständes  in  solchem  streit  A.  W.  Schlegel  im  Athe- 
näum i,  154;  das  weichgeformte  kinn  stand  in  seltsamem 
kontrast  mit  dem  geschlossenen  munde  E.  Th.  A.  Hopf- 
mann 1,11  Grisebach;  jenen  hang  der  mit  seiner  übrigen 
lebenstendenz  in  dem  sonderbarsten  widerspiel  stand 
10,  40  {kater  Murr  1,  l);  Italien  indesz  ist  auffallend  arm 
an  denkmälern  der  primitiven  epoche  und  steht  in  dieser 
beziehung  in  einem  bemerkenswerthen  gegensatz  zu  an- 
dern culturgebieten  MommsCn  röm.  gesch.  1*,  s.  8. 

ff)  im  vortheil,  nachtheil  gegen:  war  jenes  komplott 
{d.  Bartholomäusnacht)  eine  handlung  oder  nicht  viel- 
mehr eine  kette  von  .  .  .  hunderttausend  mangelhaften, 
gegen  welche  ihre  kleine  wohlthat  noch  immer  im  vor- 
theile  stehet  Schiller  4,  30i. 

b)  dafür  mit  bes.  im  mhd.,  vgl.  Grimm  gramm.  4,  713 
und  818.  s.  oben  a,  cc,  dd.  sonst  bes.  mit  ^ren  (*.  a,  Q  u. 
ähnl.,  s.  mhd.  u:b.  2,  2,  571  •>  f.: 

dö  staont  mit  solhen  eren       der  hof  unt  onch  da;  lant 

Sib.  1326,  1; 
ir  zweier  minne  was  s6  ganz 
und  staont  mit  solheu  triuwen 

Parz.  365,  13. 
so  noch  im  iB.jahrh.:  wo  sie  das  nicht  thun,  so  stehen 
yhr  lere  mit  schänden  Luther  26,  331,  23  (=stehet  z.  7), 
vgl.:   stehet  mit  allen  schänden     sprichic.  301   Thiele,   a. 
femer  Wickram  i,  6,  25  unter  I,  B,  2,/,  r),  dd. 

c)  dem,  entsprechen  als  gegensatz  ausdrücke  mit  ohne: 

an  alle  missewende 

stuont  sin  ere  und  sin  leben 

d.  arme  Heinr.  55; 

die  eigenschafft  aber  und  maiestet  der  natur,  wirt  alle 
zeit  blosz  on  glauben  stehn,  wenn  sie  einer  stückweisz 
.  .  .  begreiffen  wolte  {naturae  vero  rerum  vis  ...  in  Om- 
nibus momentis  fide  caret)  Heyden  Plin.  (l565)  s.  5  (l,  7). 
—  so  dann  auch:  weyl  das  reych  on  ein  haubt  stund,  ward 
darzü  berufft  Matthias  Stumpf  Sclncytzer  chron.  6». 

d)  in  der  neueren  spräche  finden  sich  in  ähnlicher  ent- 
sprechung,  bes.  zu  a,  &  und  i,  Wendungen  mit  auszer: 
so  steht  auszer  zweifei,  dasz  es  beiden  zur  gegenseitigen 
ehre  gereicht,  treue  diener  zu  bewahren  Moltke  sehr. 
1,141;  dasz ...  höhere  und  niedere  arbeit  selbst  nicht  auszer 
allem  zusammenhange  mit  geburt  und  familie  steht 
Riehl  deutsche  arb.  s.  32;  man  hat  eben  nur  nötig,  dinge, 
die  ganz  auszer  aller  Verbindung  gestanden  haben,  ge- 
duldig durcheinanderzuschütteln,  so  fügen  sie  sich  am 
ende  prächtig  aneinander  Speck  zwei  seelen  106. 

e)  hierher  gehören  auch  die  in  älterer  spräche  begegnen- 
den, verschieden  nuancierten  redeweisen  mit  nach: 


sin  hof  wart  aller  freuden  bar 
unde  stuont  nach  schänden 


£rec  2990,- 


das  alles  'die  Strafbemessung)  stett  nach  gnaden  steir. 
taid.  40,  8;  summa  die  gantze  rede  stund  fürnemlich  nach 
der  rhetorica  und  redekunst    Luther  l,  446'».     so  auch: 

und  wie  ein  treflich  bild  nicht  nach  dem  leben  stehet, 
es  sey  denn  durch  die  kunst  mit  schatten  recht  erhöhet . .  . 
Rachel  sat.  ged.  s.  30  ndr.  (2,  5). 

8)  modalen  sinn  hat  stehen  ferner  in  der  Verbindung 
mit  adverbien  und  prädicativen  adjectiven,  die  von  B, 
8 — 9  ausgeht  {vgl.  auch  C,  13).  ich  stelle  eine  anzahl  fester, 
formelhafter  Verbindungen  voran: 

a)  fest  stehen,  vgl.  B,  8,  e,  soicie  A,  5,  d;  C,  13,  o,  ß  und 
unten  13,  a,  ß. 

d)  im  eigentlichen  sinne,  a.  B,  8,  e,  uiozu  einiges  nach- 
zutragen ist.  von  einem  messer,  das  nicht  zusammenklappt: 
er  öffnete  die  grosze  klinge  ...  bis  mit  leisem  knacken 
eine  feder  einschnappte,  da  stand  die  klinge  im  griff, 
ganz  fest  Popert  Harringa  56.  ähnlich  von  gelenken: 
also  balde  stunden  {var.:  wurden)  seine  schenckel  und 
kn6chel  feste  {iaTeQeco&jjaav)  ap.  gesch.  3,  7.  anderes :  von 
dem   an   stehet  dein  stuel   fest  (=]i;:,  var.:  ist  bereyt 

deyn  st.),  du  bist  ewig  />*.  93,  2;  und  bawet  sein  heiligtham 
hoch,  wie  ein  land,  das  ewiglich  fest  stehen  sol  {var.: 
das  er  ewiglich  grAndet  hat,  =niyfi  mo«  vnj«)   78,69. 

T     :  TT:  TT: 

im  allgemeinen: 

wanken  auch 
die  berge  selb«t?  es  steht  nichts  fest  auf  erden 

Schiller  14,  392  {TeU  4,  3). 

105 


1667 


STEHEN  (II.  D.  8,  a-c) 


STEHEN  (II,  D,  8,  c-d) 


1668 


ß)  daran  schliesien  mannigfache  übertragene  gebrauchs- 
iceiaen:  und  stehet  unser  hoffnung  feste  (ßeßaia  ohne 
verb)  für  euch  2  Cor.  1,  7;  eben  solche  bewantnis  hats 
auch  in  unserer  deudschen  rechtschreibung  mit  iren 
grundrichtigen  Ursachen:  diselbigen  st&hen  faste  {im 
gegensatz  zum.  veränderlichen  'gebrauche')  Bellin  hochd. 
reehtachr.  zuschr.  4»;  wäre  demnach  jemand,  der,  was 
Winckelmann  gethan,  nur  für  anfange  halten  wollte,  so 
widersprechen  wir  demselben  nicht  geradezu;  aber  wir 
sagen,  es  sind  grosze  grundlagen,  welche  unbeweglich 
fest  stehen  Göthe  37,  75;  ihre  mutter  warnte  ihn.  aber 
sein  glaube  stand  felsenfest   Ebner-Eschenbach  4,  336; 

sein  heyl  und  grosso  gute 
steht  vest  und  unbewegt 

P.  Gerhardt  421,  3. 

mit  dativ  der  peraon:  die  sittliche  weltordnung,  der  ge- 
danke  der  pflicht  steht  ihm  {Friedr.  d.  gr.)  unantastbar 
fest  Treitschke  d.  gesch.  l,  83.  besonders  vom  tcillen, 
von  entachlüssen ,  Vorsätzen  u.  ühnl.:  der  erste  versuch 
zur  räche  an  dem  haus  Oesterreich  war  fehlgeschlagen ; 
aber  fest  stand  der  vorsatz,  und  nur  die  wähl  der  mittel 
erlitt  eine  Veränderung  Schiller  8,  252;  er  mag  mir 
heute  darauf  antworten,  was  er  will,  mein  entschlusz 
steht  fest!  Hebbel  2,  68,  22  {Mar.  Magd.  3,  lO);  und  so 
steht  es  bei  ihnen  fest ,  dasz  sie  uns  für  immer  ver- 
lassen wollen?  LiLiENCRON  letzte  ernte  51. 

y)  sehr  häufig  von  tliatsächlichem  im  sinne  zweifelfreier 
gewiszheit:  wäre  es  nothwendig  für  die  bestimmung  einer 
ära  dasz  ihr  anfangspunkt  historisch  fest  stehe,  so  würde 
die  von  der  erbauung  Roms  .  .  .  vollkommen  unmöglich 
seyn  Niebuhr  röm.  gesch.  1,  185;  ob  Geesche  .  .  .  ver- 
schmäht hatte,  sich  zu  retten,  hat  sich  nicht  ermitteln 
lassen,  so  viel  steht  fest,  dasz  von  ihr  .  .  .  nur  ein  ver- 
schrumpftes  gerippe  aus  dem  hause  heraus  gekommen 
Hebbel  8,  249;  fräulein  Hardine  ist  deine  mutter,  das 
steht  so  fest  wie  das  amen  im  evangelium  L.  v.  Fran- 
C-ois  d.  letzte  Reckenb.  s.  20 ;  seit  dieser  weihestunde  stand 
für  muhme  Justinen  die  gräfliche  erbschaft  fest  wie  ein 
evangelium  98. 

S)  der  Wortlaut  einer  rede,  eines  Schriftstücks,.  Ver- 
trages u.  ähnl.  steht  fest,  steht  noch  nicht  fest,  so  sehr 
gexcöhnlich  feststehende  formein  u.  dergl.  dazu:  tag  um 
tag  wiederholte  ich  das  gebet  .  .  .;  die  worte  standen 
zuletzt  formelhaft  fest  Loewenberg  aus  zwei  quellen  lii. 

f)  in  demselben  sinne  gelegentlich: 

mir  steht  das  feste  wort  gewisz  .  .  . : 
die  guten  sollen  siegen 

Arndt  4,  6  Meümer. 

ungewöhnlich  im  gegentheiligen  sinne: 

bawf&llig  stund  die  hoffnung  sein 
Spreng  Aen.  156''  (Caci  spem  .  .  .  JefeUit  8,  218). 

b)  weniger  häufig  und  weniger  formelliaft  ist  sicher 
stehen,  eigentlich  zumeist  von  personen,  s.  A,  5,  d  und 
C,  IS,  a,  y.  weiterhin  kaum  verschieden  von  sicher  sein: 
sicher  etc.  stehen,  stare  sicuro  etc.  v.  seyn  Kramer  dict. 
2,  928»;  auf  die  primären,  die  urversuche,  kommt  alles 
an,  und  das  capitel,  das  hierauf  gebaut  ist,  steht  sicher 
und  fest  Göthe  22,  260  {wanderj.  2,  betracht.);  der  hoch- 
meister  .  .  .  zog  endlich  selbst  gen  Avignon,  wo  er  bald 
erfuhr,  dasz  der  Staat  der  deutschen  herren  sicherer 
stehe  als  die  staatlosen  templer  Treitschke  hist.  u. 
polit,  aufs.  '2,  27.  besonders  von  geldern.  a.  unten  18,  o,  ß. 
unsinnlicher,  von  zukünftigem,  das  mit  bestimmÜieit  zu 
enoarten  ist:  dasz  die  Widerstandskraft  Frankreichs  nicht 
in  dem  masze  gebrochen  sei,  dasz  ein  unsrer  erfolge 
würdiger  friede  sicher  stehe  Bismarck  ged.  u.  erinn.  2, 
141  volksausg. 

e)  hoch,  niedrig  stehen  u.  ähnl.,  an  B,  7  anschliesxend , 
vgl.  auch  C,  2,  /. 

a)  mkä.  häufig  von  einer  'gehobenen',  freudigen  Stim- 
mung min  muot,  herze  st&t  hö(be),  s.  Grimii  gramm. 
4,  M4  /.  ,■  mhd.  wb.  «,  »,  67t  *.    nhd.  erloschen ;  andersartig  .- 

die  Friedl&ndorin 
denkt  er  davon  zu  Iraxen?  nun!  der  «infall 
gtfUlt  mirl  die  fedanken  eteben  ihm  nicht  niedrig 
SciiiLLiR  It,  t79  (Wollenst,  t.  8,  4). 

ß)  dsn.  /reitrsH  gebrauekstoeisen  der  netursn  teit  liegt 
mim  Aeil  die  Vorstellung  einer  skala  su  gründe,   vgl.  B, 


T,f  von  musikalischer  tonhöfie,  bes.  von  der  Stimmung 
eines  instruments:  das  klavier,  der  flügel  stehet  hoch, 
'hat  eine  hohe  Stimmung'  Campe  (i);  ich  habe  selbst  eine 
{ßöte)  von  dieser  art  in  bänden,  welche  .  .  .  eine  quarte 
tiefer  steht,  als  die  gewöhnlichen  Quantz  anveeisung  d. 
ßöte  zu  spielen  (1752)  24  (l,  §  4).  {dagegen  sagt  man:  ein 
musikstück  liegt  hoch.) 

y)  häufig  von  geldverhältnissen.  preise  stehen  hoch : 
also  bedeutet  es  lauter  gute  zeit,  wenn  die  preise  etwas 
hoch  stehen  Hebel  3,  52;  so  ist  es  überhaupt  noch  eine 
grosze  frage,  ob  es  besser  sey,  dasz  der  handlohn  hoch 
oder  niedrig  stehe  Moser  patr.  phant.  i,  103;  wissen  sie 
denn  aber  auch,  wie  unbegreiflich  hoch  die  miethen  in 
der  Stadt  alsdann  stehen?  Thömmel  reise  i,  390.  dafür 
auch:  die  waaren  stehen  hoch  im  preise,  'haben  einen 
höhere  werth'  Campe  (l).  weiter:  weil  aber  damals  der 
cours  in  Gelnhausen  sehr  hoch  stand  .  .  .,  so  ward  der 
Wechsel-  und  tauschhandel  sehr  lebhaft  Brentano  5, 
109;  einem  lande  mit  erschüttertem  kredit  .  .  .,  dessen 
Obligationen  tief,  tief  im  kurse  stehen  Tu.  Mann  königl. 
hoheitis.  dazu  auch:  die  Pfandbriefe  stehen  wieder  al  pari 
Kleist  4,  220,  33  E.  Schmidt. 

6)  S07ist  in  mannigfachen  freieren  gebrauchsweisen.  von 
einem  reiche,  in  bezug  auf  seine  macht,  s.  Schiller  8, 
13  unter  I,  C,  3,/,  y;  do  Rom  am  höchsten  stunde,  da 
holet  man  die  regenten  vom  pflüge  Agricola  sprichw. 
(1534)  V6»;  da  die  römische  macht  am  höchsten  stund 
M.  J.  Schmidt  gesch.  der  Deutschen  1,  39.     ähnlich  auch: 

das  min  {des  tevj'els)  sacb  oben  Stadt  ufT  erden, 
vil  künden  wend  mir  wider  werden, 
die  Christus  mir  hat  brochen  ab 

H.  R.  Manuel  weinsp.  1200. 

—  sittlich  hoch  stehen,  sehr  gewöhnlich:  obgleich  diese 
zeit  {das  mittelalter)  doch  gewisz  nicht  sittlich  höher 
stand  als  die  gegenwart  Riehl  d.  deutsche  arbeit  19.  so 
auch:  die  municipalitäten,  die  .  .  .  durch  fleisz  und  treue 
hoch  über  jenen  des  alten  Roms  .  .  .  standen  Herder 
23,  14  Suphan.  —  von  entwicklungsstufen ,  so  auch:  wir 
bemerken  närnlich,  dasz  der  griffel  auf  eben  der  stufe 
des  wachsthumes  stehe,  wo  wir  die  staubgefäsze  gefun- 
den haben  Göthe  II,  6,  60  Weim.  {zur  morphol.  §  69). 
ähnlich:  sie  {d.  blumen)  stehen  auf  der  höhe  ihres  tages 
Zahn  in:  unterm  firnelicht  334.  eine  krankheit  steht  auf 
dem  höchsten,  s.  Pfeffel  pros.  vers.  5,  64  unter  I,  B,  3, 
e,  "C,.  —  auf  einem  grade  stehen:  weil  nun  hier  die  färbe 
des  durchscheinenden  glases  auch  auf  einem  hohen  grade 
von  reinheit  steht    Göthe  ."»g,  104  {farbenl.  2,  167). 

f)  häufig  im  sinne  des  werthes  oder  der  xcerthschätzuug 
(also  von  y  aus  übertrugen);  schon  mhd.: 

vrouwe,  ir  sit  schcene  und  minneclfche: 

swie  diu  lügende  höher  stfi, 

da;  lät  Sne  ha;,  ir  stt  doch  beider  rtche 

minnet.  1,  317»  Hagen  (Rubin  XVII,  4); 

das  gesiebt  ist  der  edelste  sinn,  die  andern  vier  belehrtM» 
uns  nur  durch  die  organe  des  tacts  ....  das  gesiebt  aber 
steht  unendlich  höher  Göthe  23,  274;  über  Wallenstein 
habe  ich  indessen  vieles  gedacht  ...  es  wird  sehr  hoch 
stehen  wenn  es  fertig  ist  briefe  13,  256  {an  Schiller  28.  aug. 
1798);  der  soldatenstand  hatte  vordem  weit  höher  ge- 
standen, viel  getrennter  vom  übrigen  volk  Edm.  Höper 
aus  d.  volk  (1852)  28.  —  etwas  steht  mir  höher,  gilt  mir 
mehr,  ich  schätze  es  höher:  er  {Oöthe)  veriangte  von  jedem 
{Schauspieler),  dasz  ihm  die  kunst  höher  stände  als  sein 
liebes  ich  Ed.  Genast  tageb.  100;  wenn  ich  ein  Frank- 
furter wäre,  so  würde  mir  Cassel  ebenso  gut  einige  grade 
tiefer  stehen,  als  dem  Casselaner  Göttingen  J.  Grimm 
an  JJahlmann  20.  sept.  81,  *.  bri^w.  1.  7;  für  alle  männor, 
denen  das  Vaterland  höher  steht  als  die  partei  Rennh;- 
8EN  d.  natiouallib.  partei  20.  so  auch,  in  betug  auf  dm 
subjectiven  riiulruek:  das  verächtliche  steht  erhaben  und 
die  erhabonheif   fällt  zu  bodcn  Tikck  7.  89. 

d)  gleich  stehen  runäekst  von  der  vHige  =  im  gleich- 
gewicht  Htehcn  (7,  a,  (,  oa).  so  auch:  die  schalen  einer 
wage  stehen  gleich,  wenn  sie  leer  sind ;  sie  stehen  aber 
auch  gleich,  wenn  sie  gleiche  gewichte  enthalten  Sch  11. lrh 
10,  84A.  d^^filr  auch  Inno  stehen,  s.  th.  4.  2,  2185/.:  als- 
dann lege  Inn  die  eine  wagschale,  das  kArnlein  silber, 
in  die  andere  das  bleykAmlein  .  .  .  und  soviel  von  del- 


1669 


STEHEN  (II,  D,  8,  d—f) 


STEHEN  (II,  D,  8,  f) 


1670 


nem  probirgewicht  darza,  dasz  es  gegen  dem  körnlein 
...  gerade  unnd  recht  jnnen  stehe  Ercker  ertzt  u.  bergkw. 
arten  (1580)  17»;  Schiller  U,  lO,  s.  a.  a.  o.  femer  ein- 
stehen, s.  das.  3,  th.  3,  309.  auch  blcsz  die  wage  steht, 
s.  B,  15,  c.  —  sonst  mit  etwas  oder  einer  sache  gleich 
stehen,  eigentlich,  dasselbe  niveau  haben,  wie  wasser  in 
communicierenden  röhren,  vgl.  unter  B,  7,  e;  freier  im 
sinne  der  gleichicerthigkeit :  ich  sah  federzeichnungen,  die 
in  der  ausführung  den  Dürerischen  handzeichnungen 
gleich  stehen  Görres  ges.  briefe  3,  3  (H.  J.  Dietz  anfrau 
G.).     von  einer  ebenbürtigen  heirath: 

ich  halt  darfür,  .  .  . 

der  hevrat  steh  dir  wol  geleich 

Spreng  Aen.  63»  (i,  il/J. 

e)  einzeln,  isoliert,  für  sich  stehen,  vgl.  B,  8,  /  wid  C, 
18,  e:  es  steht  manches  schöne  isolirt  in  der  weit  Göthe 
22,  218;  weil  man  bei  solchen  schmuckdarstellungen  nur 
perle  zu  perlen  reiht,  so  kommt  das,  was  einzeln  für 
sich  stehen  und  gelten  sollte,  auch  blosz  zur  augen- 
blicklichen erscheinung  briefe  31,  44  (an  Zelter  i.  jan.  19); 
loser  ist  die  Verbindung,  wenn  da  hinzutritt:  jene  Pro- 
phezeiung .  .  .  geht  über  alle  meine  fassungskraft.  stünde 
sie  einzeln  da,  hätte  der  Armenier  seine  rolle  mit  ihr 
beschlossen,  wie  er  sie  damit  eröffnete  .  .  .  Schiller 
4,  259.  dagegen  hat  einzig  (da)stehen  den  qualitätsbegriff 
der  'einzigartigkeit' :  erst  vor  kurzem  hatte  er  .  .  .Venedig 
durch  eine  Verschwörung,  die  einzig  in  der  geschichte 
steht,  nah  an  die  klippe  des  Untergangs  getrieben  Klin- 
ger 4,  253   {Raph.  de  Aqu.  5,  2).  —  über  frei  stehen  s.  g. 

f)  sehr  häufig  offen  stehen,  patere  Frisch  2,  32G<^,  in 
mannigfachem  eigentlichen  und  übertragenen  gebrauche 
(vgl.  B,  9,  g). 

a)  der  eigenÜiche  begriff  des  Stehens  ist  bewahrt,  wenn 
es  von  einer  thür  u.  ähnl.  gesagt  unrd:  die  thüre  steht 
offen,  janua  patet  Steinbach  2,  668;  so  schon  Eulensp. 
€6.  8.  I,  B,  2,/.  Ti,  dd: 

thür  und  thor  steht  euch  wider  offen 

H.  Sachs  2,  4,  it»; 

ha!  manchmal  läszt  sie  mir  die  thür  halb  offen  stehn, 
seitblickt  mich  spottend  an,  ob  ich  nicht  fliehen  will 

Göthe  2,  74. 

bildlich:  ich  glewb,  die  pforten  stehen  alle  offen  zu 
Rom,  wer  nur  viel  gelts  bringen  wolt  Luther  18,  260,  4 
Weim,.  ebenso  von  fenstern :  (das  schlosz)  dessen  hohe 
fenster  und  spiegelthüren  nach  der  terrasse  geöffnet 
standen  L.  v.  Franc-OIS  d.  letzte  Reckenb.  47;  häufiger  in 
der  Umgangssprache  die  thür  steht  auf.  vgl.  aufstehen  9, 
th.  1,  748. 

ß)  von  dem  räume,  der  durch  eine  thür  geschlossen 
wird:  also  das  zu  Rom  die  gantze  zyt  der  fasten  alle 
metzge  offen  ston,  dar  inn  .  .  .  flaysch  koufft  und  ver- 
koufft  Wirt  Eberlin  v.  GCnzburg  sehr,  i,  20;  die  korn- 
schütten, kästen  und  Speicher  sollen  allweg  gegen  nider- 
gang  der  sonnen  zum  grösten  tagliecht  offen  ^stehn  Sebiz 
feldb.  27;  (die  mutter)  sah  ihren  offen  stehenden  kleider- 
schrank  Keller  4, 176;  ein  kanarienvogel,  dessen  bauer 
. .  .  offen  stand  Fontane  5,  152.  freier:  mein  haus  steht 
ihnen  offen  Adelung,  als  einladung  zum  besuche;  dem 
unerfahrnen,  der  meine  bilder  anstaunte,  dem  lüsternen, 
der  ihnen  zulächelte,  .  .  .  ihnen  allen  sollte  mein  cabinet 
offen  stehen  ThCmmel  reise  9,  127.  so  auch  vom  grabe, 
das  freilich  keine  thür  hat: 

sie  (d.  gräber)  dfint  sich  uf  als  ein  tor, 

wann  daz  mensch  ffir  her  gee, 

daz  sin  grab  offen  stee 

Heinrich  v.  Neustadt  gotteg  zu*.  6143  Singer. 
Y)   von  gröszeren   räumen,   so  eigentlich  von  gärten  u. 
ähnl:  meine  abendspaziergänge  richteten  sich  meistens 
nach  dem  königlichen  garten,  der  jedem  stand  zu  allen 
tageszeiten  offen  stand    Hauff  2,  72  Red.   freier: 

ihm  steh'n  Tanfanen»  hayn  und  heiligthfimer  offen 
LOHENSTEIN  Armin.  I,e4'>. 
von  lätulern.  in  verschiedenem  sinne:  Franzos  {zu  For- 
tuna) ...  die  seekflsten  in  mittelmeere  und  die  ober- 
beherschung  des  oceans  sollen  mir  durch  deinen  ge- 
mflszigeten  beistand  offen  stehen  Schottel  friedens  sieg 
».  24  neudr.;  diese  berge  .  .  .,  welche  bei  der  ersten  ein- 
wanderung,   als  noch   die  ebenen  {von  Latium  u.  Cam- 


panieii)  .  .  .  offen  standen,  verschmäht  worden  zu  sein 
scheinen    Mommsen  röm.  gesch.  l,  31; 

er  {Merkur)  wirdt  gefertigt  ab  bequem 
wol  in  die  statt  Carthaginem, 
das  den  Troyaneren  geleich 
mScht  offen  stehn  das  gantze  reich 
Spreng  Aen  S*»  (u<  terrae  utque  novae  pateant 
Karthagini»  arces  1,298); 

graf  Tilly  war 
am  Lech  aufs  haupt  geschlagen  —  offen  stand 
das  Baierland  dem  feind  — 

Schiller  12,  69  (Piceol.  1,  2). 

häufig  in  freierem  sinne:   einem   talentvollen   burschen 

ständejederzeit  die  ganze  weit  offen  Spitteler  Gustavs. &. 

rf)    vom  himmel;   eigentlich,  s.  Gundacker  v.  Jüden- 

BURG  553  unter   I,  B.  3,  a,  f ;    meist  freier  oder  bildlieh: 

durch  den  gruo;  {ave  Maria)  wart  üf  getan 
der  himel,  da;  er  muo;  offen  stän 

Vridanc  12,  20; 

das  paradies,  die  hölle  steht  dir  offen 

Göthe  3,  24  {elegie),  vgl.  I  5,  16  Weim.-, 

vor  uns  liegt  ein  glücklich  hoffen,  .  .  . 
steht  ein  ganzer  himmel  offen 

KÖRNER  1,  128  Hempel. 

e)  der  weeg  steht  offen,  via  patet  Steinbach  2,  668, 
eigentlich,  wenn  er  nicht  durch  schranken,  schlagbäume 
gesperrt  ist;  gewöhnlich  freier: 

zer  helle  dri  sträje  gänt, 
die  zallen  ziten  offen  stänt 

Vridanc  66,  6; 

der  weg  zur  tugent  den  frommen  offen  steht  B.\rth 
iceibersp.  B  2»,  vgl.  GuARiNONius  unter  I,  C,  3,  e,  ß;  jedem 
unter  euch  soll  der  weg  zu  einem  ehren-amt  offen  stehn 
Schiller  2,  lOö  {raub.  2,  3). 

^)  mannigfach  angexoendet  auf  theile  des  menschlichen 
körpers: 

mines  herzen  tiefin  wunde 

diu  muo5  ienier  offen  sten,  sin  werde  heil  von  Hiltegunde 

WaLTHER  V.  D.  VOGBLW.  74,  19; 

SO  magst  du  diszen  baisam  bruchen  zu  einer  yeden 
wunden  an  dem  leib,  .  .  .  on  allein  in  den  haubtwunden, 
so  die  hyrn  schalen  offen  stot  Gerszdorff  wundartzn.  32^ : 
die  nicht  allein  ihr  haupt  nicht  verhüllen,  sondern  auch 
ihre  haare  sprenzeln,  .  .  .  und  fornen  an  der  brüst  blecken 
und  offen  stehen  Barth  weiberspiegel  V  l*".  {dafür  natür- 
Hell  auch  blosz  stehen;  im  bilde: 

voller  fastnacht  ist  die  weit;  thorheit  klebet  jedem  an: 
dort,  wird  blosz  stehn  jeder  sinn,  der  sich  hier  vermummen  kan 

Logau  2,  10,  32.) 
die  brüst  steht  offen  auch  bildlich: 

komm!  schöne  braut!  ja  sey  willkommen! 
zeuch  ein !  die  herzen  öffnen  sich. 
die  bmst  steht  offen  und  vor  dich 

Stoppe  Pam.  23; 
lasz  das  vaterhertze 
deinem  kind  eröfnet  stehn 

Neum.\rk  fortgepfl.  lustw.  1,  93. 


ferner: 


ein  wenig  offen  steht  der  kleine  mnnd 

LiLIENCRON  1,  239; 


Kai  stierte,  als  wenn  er  kindisch  geworden  wäre,  Tor 
sich  hin.    die  lippen  standen  ihm  offen  6,  282; 

seht,  die  äugen  stehn  ihm  offen; 
nnd  doch  —  ich  will  d'rauf  wetten  —  sah'  er  nichts  .  .  . 
(Werner)  söhne  de«  thalet  1,  199. 

gesteigert:  ihre  äugen,  die  sonst  häufig  unter  den  langen 
weiszen  wimpern  verborgen  waren,  standen  grosz  offen 
Zahn  die  da  kommen  81.  arme  stehen  offen,  sind  aus- 
gebreitet, um  jemand  zu  empfangen : 

komm,  komm,  und  säume  nicht,  die  armen  stehn  dir  offen 
(expanHg  manibu*  te  excipiam) 
Hoffmannswaldau  6«  Steinbach  2,  668. 

obwohl  der  begriff  des  Stehens  in  diesen  Verbindungen  ganz 
verblaszt  ist,  so  ist  es  doch  ungeicöhnlich ,  zu  sagen  das 
haar  steht  offen  für  ist  offen,  lose,  nicht  geflochten  oder 
aufgesteckt: 

Dido  jhr  sch6n  goldfarbes  haar 
liesz  offen  stehn  und  fliegen  gar 

SPRR.NG  Aen.  75  *>  (crjnj»  effuta  4,  509). 

if)  ein  kleid,  rock  steht  offen,  ist  nicht  zugeknöpft  oder 
-gehakt;  dafür: 

105» 


1671 


STEHEN  (II,  D.  8,  f-h) 


STEHEN  (H.  D.  8,  i-m) 


1672 


das  haar  hieng  ohne  band,  und  lag  anff  ihrer  schoez, 
ihr  kleid  stund  auffgemacbt,  die  brttste  waren  blosz 

Opitz  1,  437. 
go  auch: 

secht  wie  steht  euch  (mägdeti)  der  b&sem  offen, 
als  w&m  jung  bfiner  drausz  geschloffen 

ScnEiDT  grob.  v.  73. 

d)  daran  schlieszen  mannigfache  freiere  vencemlungen , 
ein  platz  steht  offen,  ist  unbesetzt;  doch  nur  freier,  in- 
dem man  ihn  jemand  anbietet: 

euch  steht  ein  platz  in  meinem  wagen  offen 

Kleist  3,  95  (pr.  v.  Homb.  4,  2); 

dasz  er  nun  wieder  nach  Hamburg  gekommen  sei,  um 
eine  bankvertretung  zu  übernehmen,  die  für  ihn  offen 
stände  Frenssen  Kl.  H.  Baas  432.  —  eine  wähl,  eine 
möglichkeit  steht  einem  offen:  es  war  immer  vortheil- 
haft,  dasz  die  wähl  zwischen  zwey  subjeckten  offen 
stand  GöTHE  bri^e  41,  4  {an  Carl  Aug.  i.apr.  26).  liäußq 
nur,  einem,  zugänglich,  erreichbar  sein:  wo  ihr  .  .  .  schwei- 
gen könnet,  so  stehet  euch  bey  mir  das  jenige  vergnügen 
offen,  welches  ihr  diese  nacht  bey  Rosinden  zu  finden 
verhofft  habt  eav.  im  irrg.  470;  es  stehen  ihm  {dem  ad- 
ligen priester)  heute  noch  prälatenwürden  aller  art  offen 
RiEHL  deutsche  arb.  28;  er  wisse  einen  trost,  eine  voll- 
kommene Weisheit,  die  jedem  ernstlich  suchenden  offen 
stehe    Hesse  Gertrud  89.    der  erkenntnis  zugänglich: 

mir  steht,  wie  dir,  zukünftiges  nicht  offen 

Hölderlin  3,  120  Böhm. 

g)  damit  berührt  sich  das  im  nhd.  {schon  im.  le.jahrh.) 
sehr  geicöhnliche  frei  stehen ,  erlaubt  sein :  freystehen, 
Heere,  fas  esse,  arbitratu  su6  vivere.  das  steht  mir  nicht 
frey,  religio,  nefas  mihi  est,  jus  licitum  non  est  Stieler 
2129;  frey-stehen,  stare  cioe  esser  libero  [ad  unoj  Kram  er 
dict.  2,  938";  es  stehet  euch  frey,  es  zu  thun  oder  zu 
lassen,  in  stä  libero,  vi  e  pertnesso,  lecito,  havete  libertä 
intiera,  stä  ä  voi  di  farlo  6  di  non  farlo  ebenda ;  es  steht 
ihm  frey,  in  ejus  potestate  situm  est  Steinbach  2,  668. 
hier  geht  also  die  freiere  gebraucJistceise  nicht  von  der 
eigentlichen  (=  isoliert,  für  sich  stehen,  s.  B,  8,  /,  vgl. 
oben  c)  aus,  sondern  ist  unmittelbar  aus  dem  adj.  frei 
entwickelt,  vgl.  freistehn  l,  th.  4,  l,  122.  das  subj.  ist  natur- 
gemäsz  ein  inf.,  ein  verbalsubst.  oder  ein  pron.:  so  lasz 
ich  das  urtheil  von  diesem  meinem  werck  .  .  .  allen 
güthertzigen  verständigen  frey  sfehn  Xylander  Polyb. 
(1574)  4»  {vorr.)\  es  stehe  eim  jeden  frey  drausz  zu  lesen 
was  er  wil  Garg.  s.  7  neudr.;  es  ist  aber  hiermit  nie- 
manden vorgeschrieben,  und  stehet  jedem  frey,  hievon 
nach  belieben  zu  glauben  Birken  d.  vermehrte  Donau- 
strand (1684)  17;  nur  diejenigen  können  glauben,  ihnen 
stehe  alles  frey,  was  sie  wollen,  die  sich  unüberlegt  ein- 
bilden, ihrer  gewalt  sey  alles  unterworfen  Kaestner 
verm.  sehr.  1,  6;  den  niedern  geistlichen  soll  es  frei 
stehen,  sich  zu  verheirathen    Ranke  s.  werke  1,  803; 

bedenke  dich,    noch  steht  die  wähl  dir  frei 

Schiller  5, 1,  87  (dorn  Karl.  2,  5). 

»priehw.:  fragen  steht  frey  deutsche  sprichw.  (1790)  s.  66; 
eine  frage  steht  frey  Wille  sittenl.  132;  vgl.  Wander 
1,  1093,  22;  1095,  37;  alle  fragen  stehen  frei.  —  ungewöhn- 
lich im  comparativ:  er  wisse  aber  dasz  ich  offt  der  me- 
lodey  zu  gefallen  etwas  zwingen  müssen,  wiewol  es  mir 
mehr  freyer  zu  tuhn,  als  einem  andern  zu  tadeln  stehet 
gehamschte  Venus  s.  4  neudr.  {vorr.).  zuweilen  tritt  ein 
eonereter  gegenständ,  dessen  gebrauch  u.  ühnl.  gestattet  ist, 
als  subj.  zu  frei  stehen,  das  sich  dann  den  unter  4,  b 
behandelten  Verbindungen  nähert:  manchmal  speis'te  der 
papst  im  castell,  und  unter  der  zeit  waren  die  thore 
nicht  bewacht,  sondern  standen  einem  jeden  frei  Götiie 
84,  816; 

auch  daa  kamin  steht  frei  dem  herm  I  -- 

doch  feaer  drin  —  damit  kann  ich  nicht  dienen 

Z.  Wbrnbii  d.  84  febr.  S,  861. 

k)  feil  stehen,  eigentlich  von  waaren,  die  zum  verkat^f 
€m»§utdU  oder  ausgelegt  sind,  dann  überhaupt  kät{flich 
tein:  laden  .  .  .,  in  denen  salben  und  wohigerüche  feil 
sUaden    Niebuhr  röm.  geath.  8,  486; 

4i«  walt  l«t  wi«  ein  kram,  hat  wahren  gantze  hanffen: 
MB  BrMt  stolin  sie  feil,  und  sind  durch  fleisz  zu  kauffen 

LOOAU  8,  9, 1. 
«.  mwk  PlBCRART  bienenk.  S47>>  unier  I,  B,  a,f,  6,  ee. 


t)  anderes  vereinzelt,  so  leer,  ledig  stehen:  wenn  er 
aber  vermerckt,  das  das  hertz  an  glauben  und  wort  gar 
leere  steht,  da  treibt  er  sein  kunst  Luther  32,  60,  8 
Weim.  {vgl.  B,  9,  /,  ß).  unbesetzt,  von  thronen  und  reichen, 
s.  B,  9,/,  ß  und   Luther  6,  434,  20  unter  I,  B,  3,/,  ß,  ff. 

k)  stehen  mit  allgemeinen  modal adverbien  wie  gut,  übel, 
icie  mit  den  Pronominaladverbien  wie,  so  u.  s.  w.  ist  unter 
9  behandelt,  hier  zwei  ähnlich  allgemeine  ausdrücke,  bei 
denen  doch  noch  eitie  sinnlichere  bedetdung  durchscheint. 

a)  recht  stehen,  vom  köpf:  der  köpf  steht  ihm  (nicht) 
recht,  er  ist  {nicht)  gut  aufgelegt,  vgl.  B,  4,  c,  f :  der  com- 
mendant  wolte  sich  meines  lustigen  Vortrags  schier  in 
stücken  lachen;  und  weil  ich  sähe,  dasz  sein  kopff  recht 
stund,  liesz  ich  mich  noch  freyer  heraus  Simpl.  l,  339. 
27  Kurz  (3,  22);  sie  sähe  zwar  eben  nicht  zornig  aus, 
jedoch  merckte  ich,  dasz  ihr  der  kopff  nicht  recht 
stund  cav.  im  irrg.  2S3.  frilhnhd.  ungewöhnlich  für  'richtig 
sein':  aber  das  kan  ich  nicht  zu  geben  dasz  die  recept 
recht  standen,  das  ist,  dasz  sie  den  frantzosen  {für  die 
Syphilis)  nützlich  seyen    Paracelsus  chirurg.  sehr.  288  C. 

ß)  ähnlich  mhd.  ebene  stän,  s.  mhd.  wb.  1,  408^;  2,  2, 
571  ••,  in  verschiedenen  nuancen.    von  kleidern,  passen: 

diu  {kleider)  sint  ze  wit  und  stent  niht  eben 

»legel  985; 
die  ringe  (d.  pamer)  stuonden  ebene 

Ortn.  179,  4. 

vom  seelenzustande  ('gleichmuth'.  aequa  mans): 

vil  ebene  stuont  stn  gedanc         Erec  6719 
{'er  hatte  keine  besorgnis'    nüid.  wb.  2,  2,  671'').    überhaupt 
von  normaler  Verfassung: 

mtniu  laut  stent  s6  eben, 
da;  niemen  des  andern  värt 

^'CJ/r.  Hübl.  2,  682. 
l)  auch  sonst  steht  stän   im   mhd.  gern   mit  adverbien, 
bes.  solchen  auf  liche(n),  wo  eher  ein  prädicatsadj .  zu  er- 
warten wäre,   vgl.  B,  8,  k  und   C,  13,  m,    soune   Grimm 
gramm.  4,  1124  neudr.  und  mhd.  wb.  2,  2,  571'': 

selicltche  stuont  Kolnischiu  werlt 

Annol.  613 ; 
stn  herberge  rtche 
stuont  s6  riterliche         Parz.  674,  28. 

im  mnd.  begegnet  adject.  form:  hirup  schal  alle  dingh 
vruntlik  stan  d.  städte  chron.  16,  67,  24.  auch  frühhhd.. 
bes.  bei  Luther,  sind  solche  ausdrücke  häufig.,  die  form 
auf  lieh  läszt  die  wortcl^sse  nicht  erkenneti,  hat  jedoch 
im  allgemeinen  adverbiale  geltung:  das  er  {der  Sedier) 
nicht  schendlicher  stehen  kundte  Luther  26,  398,  12 
Weiin.,  vgl.  "!,  a,t,;  eorum  cogitationes  sind  fleischlich 
gestanden  34,  l,  346,  17;  das  land  stehet  jcmcrlich  und 
verderbt  Jes.  24,  4.  weiteres  unter  9,  c.  —  auch  im  mhd. 
steht  adjectivische  form  bei  unpersönlicher  fügung  {vgl.  10), 
wo  dann  st&t  die  bedeutung  der  copuln  erhält: 

vil  mttelich  e;  iu  st&t, 
weit  ir  durch  sine  marke        Nib.  1486,  2; 
da;  stet  wfslich 

Ottokar  reimchr.  23449. 

m)  nicht  selten  begegnen  bes.  in  älterer  spräche  solclie 
ausdrücke  von  körpertheilen ,  wo  stehen  auch  in  eigeni 
lichem  sinne  gesagt  icerden  kann,  s.  B,  4,  e,  ohne  dasz  es 
doch  in  diesen  fällen  darauf  ankommt,  vgl.  auch  11,  o,  fl. 
bes.  von  den  äugen  (B,  4,  c,  £[): 

gar  lacheltchen  stftnt  ir  spilnden  ougen 

minnet.  1,  861°,  8  Hagen; 
mein  äugen  stebn  verdrossen 

V.  Gerhardt  381.  7; 

deine  äugen  haben  so  grosz  und  ängstlich  gestanden, 
dasz  dahinter  wohl  noch  eine  dunkle  angst  steckte 
M.  DiERS  Jos.  Koppen  (1910)  67.    anderes: 

ir  kol  und  ir  hcnde  sint  wt^  recht  als  snA, 
unde  Ht(t  rA  lienllch  ir  ir  kinne. 
vil  wol  hW  oucli  ir  tinno    und  ir  ougen  dir 
lUiiLoun  30,  88/.  (HAiiT8rii  SchirHsrr  minnei.  $.  886), 
•.  auch  63,  10; 
daa  scbAne  leibe«  schlotz  (d.  601«^^)  schftn  rund  und  artig  «tobt 
«.  ZiNCGRBP  auterlet.  ged.  $.  85  neudr 
Irftgt  wo  einer  gold  und  sammet 
de»*en  haar  am  häupt  geflammet 
und  am  bahrt  gekrümmt  mu«(  «lehn  .  .  . 
der  mu«x  vor  im  tantze  gchn 

M<mtgtlt.  dichterkr.  «.  87  nevdr. 


i 


1673 


STEHEN  (II,  D,  8,  m-9.  6) 


STEHEN  (U,  D,  9,  6— e) 


1674 


eigentlicher:  seine  gesichtsmuskeln  stehn  aufwärts  ge- 
drängt und  starr!    Gerstenberg   Ugolino  i. 

n)  auch  sonst  wird  stehn  mit  adjectiven,  zumeist  mit 
pari.  perf.  verbunden,  vgl.  C,  13,  l.  bei  concretem  subject 
ist  die  eigentliche  bedeutung  von  stehen  noch  geicahrt: 

als  er  (d.  mono)  von  der  sonnen  geht 
da?  er  da  von  dester  Hehler  stet 
Heixr.  V.  Neustadt  gotle«  zuk.  1004  Singer; 

wie  schönen  glantz  der  himmel  giebet 
dann,  wann  er  ungewölcket  steht 

KörUgsb.  dichterkr.  t.  39  neudr. 
weniger  sinnlich: 

er  seit  uns  danne  wie  dag  riche  ste  verwarren 

Walther  v.  d.  Vogelw.  34,  18; 

Mars  gab  sich  eigen  dir  {Alexander),  .  .  . 
wolwissend  dasz  in  dir  der  weltbewohnte  gmnd 
schon  zitternd  und  gefährt,  und  überzwungen  stund 
Treuer  deutscher  Dädalus  69; 

trüb  in  schauem  und  nacht 

stand  begraben  die  prächtige  Schöpfung 

Schiller  1,  214. 

so  auch:  da  Verachtung  auff  die  fürsten  geschüttet  war, 
das  alles  jrrig  und  wüste  stund  ps.  107,  40;  eine  sorglose 
häuslichkeit  steht  mir,  —  ihnen,  liebe  Dorothee,  —  dort 
bereitet  L.  v.  Fran^ois  d.  letzte  Beckenburgerin  s.  229. 
vollends  erhält  stehen  mit  abstractem  subj.  die  geltung 
einer  bloszen  copula:  daz  der  selben  frouwen  natur  uff 
unrainikait  genaiget  stönd  Stainhüwel  de  clnris  mul. 
s.  43,  13  Drescher; 

iuwer  bet(e)  stet  vergeben, 

ir  bitet  gar  uneben       ges.  abent.  1 ,  474,  723 ; 

jezo  stund'  erfüllt  mein  sinn, 
und  das  glükk  in  meinen  bänden 

geharnschte   Venug  «.  127  neudr. ; 

unsere  sache  steht  gewonnen 

ZscHOKKE  Abellino  4,  11. 

in  unpersönlicher  fügung  (vgl.  l  zu  ende):  wann  sie  (d. 
Schreiner)  die  stuhl-füsz  einsetzen,  so  soll  ihnen  einfallen, 
wie  ungereimt  es  stehe,  dasz  sie  gute  füsz  machen,  und 
gleichwohl  auf  nichts  gutes  umgehen  Abraham  a  S.  Clara 
eticas  für  alle  I,  548. 

9)  besonders  zu  beachten  sind  die  Verbindungen  von 
stehen  mit  allgemeinen  madaladverbien  (gut,  wohl,  übel, 
miszlich  tt.  s.  tc,  duzu  den  Pronominaladverbien  wie ,  so 
u.  s.  w.),  um  den  zustand  oder  das  verhalten  eines  gegen- 
ständes, einen  'stand  der  dinge'  u.  ähnl.  zu  charakterisieren : 
wol  stehen,  bene  esse,  bene  habere,  optimo  in  statu  esse, 
pulchre  stare  Dentzler  273''.  in  dem  gleichen  sinne  auch  zu- 
weilen präpositionale  ausdrucksweisen,  z.  b.:  meine  Sachen 
stehen  in  einem  sehr  guten  (standt).  mes  affaires  vont 
fort  bien  Hulsil'S  306»;  diese  drey  tag  über  ist  mein 
sach  in  eim  seer  harten  stand  gestanden  Luther  1,  120». 
—  diese  ausdrucksweisen  gehören  mit  ausnähme  von  e — ■/ 
hauptsächlich  der  älteren  spräche  an. 

d)  in  einigen  fällen  liegen  bestimmtere,  sinjilichere  Vor- 
stellungen zu  gründe:  flgura  coeli:  ist  ein  kunst,  die  da 
lernet  wissen,  wie  der  himmel  zu  allen  minuten  steht 
Paracelsus  opp.  2,  485  B; 

wem  sein  thun  nicht  wil  gelingen, 
musz  so  lange  müssig  gehn, 
bisz  sein  stem  wil  besser  stetin 

LOGAU  2,  9,  51. 
von  wagschalen: 

'wie  stehn  die  schalen  nun?'  —  'die  linke  hat  zu  viel' 
Ramler /afceWe««  1,73; 


Hartmut.    Ruuk,  wie  steht  der  wind? 
Ruuk.  er  sticht 

aus  West  Hardt  Gudrun  56. 


L_ ._„„.,.,„ 

I^Ur  also  steet.     setzent  peryodum  also  gefiguriert;    Nie. 

■  V.  Wyle  transl.  15,  38  Keller,  s.  ferner  unter  I,  B,  2,/.  ß. 
von  buchstaben:  so  das  3  also  darmit  signirt,  wird  es 
für  ein  B,  so  es  aber  ohn  den  punct  also  3  steht,  wird 
es  für  ein  F  oder  V  gelesen  Thurneysser  onomast.  2  (1583), 
ermahn,  an  d.  leser  s.  1. 

b)  stehn  ztir  bezeichnung  eines  gemüthszuatandes  {daneben 
richtungaausdrücke.  s.  6,  e): 

da;  herze  mir  dö  also  stuont, 
als  alle  werlttOren  tuont 

d.  arme  Heinr.  395 ; 


darumb  musz  seyn  {des  Lazarus)  hertz  alszo  gestanden 
seyn,  das  er  auch  mitten  ynn  solchem  armut  unnd  elend 
sich  zu  gott  alles  gütten  .  . .  versehen  hat  Luther  ig,  3, 
185,  24; 

min  mnot  stät  also 
dag  ich  wil  wesen  frö 

minnet.  frühl.  63,  6,  vgl.  209,  3; 
er  sprach  'ir  guoten  recken,    e  ir  scheidet  hin, 
s6  nemet  mine  gäbe :     also  stet  min  sin' 

Nib.  309,2; 
dann  also  steht  mein  sinn  und  mut, 
das  ich  will  lieber  heyl  erwerben 
dem  volck :  dann  es  gar  lassen  sterben 

Spreng  Tliag  4»  (ßovi.uu'  iydt  .  .  .  l,  117); 

sihe  nu  auch,  wie  Kains  gemüt  gestanden  ist  Luther 
24,  130,  30;  Mahomets  paradies,  oder  der  .  .  .  mystiker 
schmelzende  Vereinigung  mit  der  gottheit,  sowie  jedem 
sein  sinn  steht,  würden  der  vemunft  ihre  ungeheuer 
aufdringen  Kant  5, 120  Berl.  ak.  {kr.  d.prakt.  vem.  I,  2, 2,  3); 

ichn  weis  wie  din  wille  ste 
wider  mich :  der  mine  ist  guot 
wider  dich 

VValther  V.  D.  Vogelw.  60,  20. 

so  standen  meine  hoffnungen,  als  nun  am  Vorabend  ihrer 
erfüllung  mich  ein  alter  diener  des  hauses  .  .  .  enttäuschte 
Brentano  5,  ll;  und  stund  ir  hoffung  er  wurd  ver- 
nunfftig  antwort  geben  Biederer  Spiegel  der  waren  rhet. 
(1493)  s.  1». 

c)  häufig  von  ländern.  städten  u.  ähnl.: 

vil  selicliche  diz  riche  allig  stuont  Annd.  631 ; 
und  ist  kflrtzlich  da  bey  abzunemen,  wie  Deutschland 
gestanden,  was  für  gelt  und  guth  darinnen  gewesen 
sey,  .  .  .  Musculus  hosen  teuffei  s.  24  neudr.;  es  müszte 
nur  seyn,  dasz  er  von  klöstern  redete,  die  doch  gut 
stehen  B.  Mayr  päckchen  satiren  (1769)  85;  das  der  herr 
jre  weide  so  verwflstet  hat,  und  jre  awen,  die  so  wol 
stunden,  verderbt  sind  Jerem.  25,  37.  in  Luthers  bibel- 
iibers.  gern  mit  ligen  gepaart  {ohne  vorbild  im  urtext): 
das  land  ligt  kleglich  und  jemerlich,  der  Libanon  stehet 
schendlich  zuhawen  Jes.  33,  9;  Juda  ligt  jemerlich,  jre 
thore  stehen  elend,  es  stehet  kleglich  auff  dem  lande 
Jerem.  14,  2;  vgl.  klagel.  2,  8.  —  ferner:  tunc  egregie  habuit 
Christianitas,  da  hat  die  Christenheit  wol  gestanden 
Luther  25,  16,  28  Weim.;  sonsten  sollte  die  Christenheit 
übel  stehen  Leibniz  deutsche  sehr.  1,  227. 

d)  daran  schlieszen  sich  mannigfache,  abstractere  at*»- 
driicke: 

stnende  mir  mtn  ahte  (mein«  läge)  nnd  mfn  guot 
als  eg  andern  vronwen  tuot  Iw.  8305 ; 

mein  ee,  s.  H.  Sachs  fastn.  sp.  l,  152  unter  I,  B,  3,/,  ß,  bb; 
als  dann  werden  die  historien  wol  stehn,  wann  .  .  .  die, 
so  grosse  Sachen  zu  handien  haben,  die  historien  be- 
schreiben .  .  .  werden  Xylander  Polyb.  458  {ta  x^q 
laxoQiaq  s^ei  xore  xaXuJq  XII,  28,  3);  wie  schlecht  auch 
unsre  kunst  stehen  möge  Herder  22,  167;  die  Sprach- 
wissenschaft stand  so,  dasz  in  unsrer  zeit  ein  bedeuten- 
der schritt  geschehen  muste  J.  Grimm  brief  vom  \%.febr. 
1863,  s.  anz.f.  d.  alterth.  16,  262.    mit  besonderem  sinn: 

wie  steht  die  schlacht,  sag'  an? 

Klelst  Herrmannstchl.  5,  20. 
*.  auch  Sudendorf  8,  nr.  60  {urk.  v.  1395)  unter  1,  B,  3,  a,  ß. 

e)  am  häufigsten  sind  ganz  allgemeine  attsdrücke  wie 
die  sache  «.  dergl. 

ä)  so:  die  sach  stat  gefaarlich.  in  angustum  res  ad- 
ducta  est  M aaler  384"*;  die  sache  stehet  noch  gar  wol. 
la  cosa  stä,  vä  bene  ancora  Kram  er  dict.  2,  927«;  wie 
stehet  die  sach?  quae  est  rei  conditio,  faciest  Dentzler 
273'*;  die  sache  steht  sehr  gut,  res  optime  ae  habet 
Steinbach  2,  667;  die  sache  stehet  übel,  res  male 
agitur  ebenda;  so  stehet  die  sache,  ita  res  ae  habet  668. 
belege:  als  der  von  Argun  nun  wider  hingeritten  was,  da 
stuend  die  sach  als  vor  unbericht  d.  städte  ehr.  5,  205,  1, 
s.  auch  a.  351,  a.  3  unter  I,  B,  1,/,  y;  haben  die  Römer 
auff  dem  bühel  die  fewer  inn  seinem  läger  ersehen,  unnd 
wol  erachtet  wie  die  sach  stfindt  Xylander  Polyb.  87 
{voTjOavxeg  x6  yeyovoq  11,  26,  2);  Clavigo.  umständen! 
was  meinst  du  mit  den  umständen?  Carlos,  wie  die 
sache  nun  steht  und  liegt  und  sich  verhält  Göthe  10,  94 
{Clav.  4);  jetzt  beunruhigt  mich  nur  Lothario's  zustand, 
die  sache  steht  gefährlich  20,  26  {Wilh.  Meiater  7,  8).    eine 


1675 


STEHEN  (II.  D.  9.  e-f) 


STEHEN  (II,  D.  9.  f-h) 


1676 


beatimmuug  wird  in  der  regel  durch  einen  gen.  oder  ein 
pron.  pos9.  gegeben:  sage  jhr  wie  meine  sach  stehet  buch 
der  liebe  106"; 

damals  war  Hector  frewden  voll, 
sein  sach  stund  ausz  dermassen  wol 

Spreng  Aen.  29"  (2,  275); 

Ursel  meine  tochter  thut 
vor  liebe  fast  verzagen, 
ihre  sach  steht  gar  nicht  gut, 
darffs  doch  dem  artzt  nicht  klagen 
Chr.  Reuter  Harlequ.  hochzeü-schm.,  eniree  IX,  241. 

g.  femer  Hütten  3,  531;  Wickram  irr.  reit,  bilgerü^,  und, 
mit  ungewöhnlichem  adv.  (bawfellig)  H.  Sachs  3,  2,  151"* 
unter  I,  B,  2,  /,  r],  bb;  dd;  ee.  —  dazu:  stehet  die  sache 
eines  mannes  mit  seinem  weihe  also  (fi  ovtCDq  iarlv  ^ 
ahla  xov  av^gwnov  fiezä  rijg  Yvvaixög),  so  ists  nicht 
gut  ehelich  werden   Matth.  19,  10.    vereinzelt  schon  rnhd: 

die  wlle  da^  er  leben  sol, 
86  stet  iuwer  sache  wol 

d.  arme  Heinr.  622. 

der  gewöhnliche  ausdruck  ist  jedoch  sin  dinc,  der  nhd. 
nicht  mehr  vorkommt,  s.  dinc  3.  mJid.  wb.  1,  333  •>;  2,  2,  572'». 
ß)  für  die  sache  steht  auch,  besonders  in  neuerer  spräche, 
und  noch  häufiger,  der  plur.,  ohne  merklichen  si7inesunter- 
schied:  wie  stehen  die  sachen?  'in  was  für  umständen  be- 
finden sie  sieht'  Adelung  (2,  3);  als  jetz  die  sachen  stond 
JoH.  Ebkrlin  1,  49  neudr.;  die  sachen  ubel  stünden,  wann 
man  zu  solcher  eussersten  hülff  greiffen  müste  Barth 
weibersp.  Ci^;  genug,  ich  habe,  wie  die  sachen  jetzt 
stehen,  an  mich  selbst  zu  denken  Göthei9,163{W. Meister 
5,  3) ;  s.  auch  18,  286  (3,  8) ;  20,  61  (7,  6) ;  die  Sachen  stehen, 
scheint  mir,  höchst  ungünstig  Dahlmann  an  J.  u.  W. 
Qrimm  fß.juli  1832  {briefw.  I,  24).     ungewöhnlich: 

dasz  so,  wie  nun  die  sachen  dringend  stehn, 
o  herr,  dir  keine  wähl  mehr  bleibt 

Kleist  Herrmannsschi.  2,  1,  447. 

mit  pron.  poss.:  seine  sachen  stehen  gar  schlecht,  er  stehet 
übel,  le  cose  sue  stanno  male,  i  fatti  suoi  sono  in  cattivo 
State  Kramer  dict.  2,  927«;  nam  vidimus  ante  annum, 
wie  schwach  unser  sach  stehen,  die  der  keyser  myt 
eynem  odden  k6nde  matten  Luther  34,  l,  390,  17  Weim.: 
meine  sachen  stehen  wol  ja  sehr  wol  mit  jhr,  sie  hat 
mich  hertzlich  lieb  schausp.  engl,  comöd.  286,  12  Creizenach 
(unzeit.  vorw.  2,  5).  mit  gen.:  im  anfang  des  juni  1528,  als 
die  Sachen  der  Franzosen  vor  Neapel  noch  vortrefflich 
standen    Ranke  «.  werke  3,  95. 

y)  ähnliche  ausdrücke,  namentlich  in  neuerer  spräche 
statt  die  sachen  auch  die  dinge  {vgl.  a  schlusz):  und  eben 
wie  alle  ding  wol  stunden  bei  hertzog  Eberharts  zeitten, 
also  giengen  mit  seinem  leben  alle  ding  undter  Agricola 
tprichw.  (1548)  62'»  (115);  er  beobachtete,  .  .  .  wie  denn  die 
dinge  standen?  Alexis  Roland  v.  Berlin  l,  36  (3.  kap.). 
frühnhd.  für  die  sache  nicht  selten  der  handel :  der  bandet 
statt  wol  {salva  res  est)  Boltz  Terenz  (l.')39)  37»  (eunuch. 
2.  2,  268) ; 

nun  aber  thu  bekennen  mir, 

wie  steht  der  handel  jetzt  mit  dir  .  .  .? 

Spreng  Aen.  50''  (3,  317). 

»o  auch  mein  handel  Simpl.  sehr.  3,  180,  7,  s.  I,  B,  8,  d,  s. 
—  als  im  jähre  1812  der  krieg  zwischen  Frankreich  und 
Ruszland  ausbrach,  standen  in  Europa  die  Verhältnisse 
so  Hebel  8,  36.  —  ich  fürchte,  meine  angelegenheiten 
stehen  nicht  so,  wie  sie  sollten  Reuter  2,  159,  9  iSeel- 
mann  {strömt,  i,  8).  —  wie  steht  das  werte  befinden? 
Nbstroy  ges.  werke  1,  17  {launen  des  glucks  1,  16). 

S)  so  dann  auch:  alles  stehet  noch  wol,  ogni  coaa  atä 
bene  aneora  Krämer  dict.  2,  927»;  es  würde  vieles  in  der 
weit  besser  stehen,  wenn  jeder  gelehrter  darnach  han- 
delte   Nicolai  reise  durch  Deutschi,  l,  lü6; 

wie  (eht  es  meiner  Julia?  nochmals  frag'  ich: 
denn  nicht*  kann  ttbel  stehn,  ist  sie  nur  wohl 

GÖTIIB  I,  9,  S69  Weim.  {Romeo  6,  9,  1688); 

und  alles  würde  stehen,  wie  suvor 

Hkbbbl  3,  334  (Oygu  6,  1800). 

/)  andre  Wendungen  gehen  von  bestimmteren  vor- 
tUUungen  aus. 

a)  stehen  von  aeUtn  tunäehst  eigentlich  an  8,  c,  /  an- 
kmügftnd  (gehört  alto  tu  a) ;  die  actien  stehen  gut  =  hoch : 
8l»rUng.  .  .  .  was  ist  auf  der  börse  Torgefallen?  wie  stehen 
dto  actien?   LovetrtU.  sie  sind  den  morgen  um  ein  und  ein 


halb  gefallen  Schröder  dram.  werke  l,  6  {heiml.  heir.  l,  8). 
so  dann  im  bilde:  wissen  sie,  dasz  meine  aktien  ver- 
zweifelt schlecht  stehen?  .  .  .  der  onkel  will  mich  mit 
aller  gewalt  .  .  .  verheiraten  Bretzner  d.  räuschgen  l,  6. 
ähnlich:  wie  steht  die  bilanz,  abrechnung?  sie  steht 
günstig,  so  in  freierem  gebrauche:  Louise,  gott  der  gnade, 
nimm  die  sünde  von  ihm  —  Ferdinand,  sieh  du  nach 
deinen  rechnungen  —  ich  fürchte,  sie  stehen  übel  Schiller 
3,  502  {kab.  u.  l.  5,  7).  ferner:  die  kasse  der  harmonie 
{eines  Vereins)  hatte  nie  so  glänzend  gestanden  .  .  .  wie 
jetzt  Enking  Matth.  Tedebus  211. 

ß)  andre  ausdrücke,  die  meist  bildlicli  gebraucht  werden, 
sind  vom  karten-  oder  Würfelspiel  hergenommen:  nein,  rief 
Ali,  so  steht  unser  spiel  nicht  Ti eck  8,  200;  noch  ist 
nichts  ganz  entschieden,  aber  —  der  Würfel  liegt,  und 
wenn  ich  recht  sehe,  ...  so  stehen  die  äugen  gut  Kleist 
5,  120,  8  E.  Schmidt  {br.  v.  13.  sept  1800). 

g)  zuweilen  gehen  solclie  ausdrücke  nicht  sowohl  auf  den 
zustand  einer  sache,  als  auf  andre  Verhältnisse;  so  z.  b. 
auf  den  vorhandenen  vorrath:  Oötz.  wie  steht's  pulver? 
kriecht,  so  ziemlich,  wir  sparen  unsere  schüsse  wohl  aus 
Göthe  8,  107  {Götz  V.  Berl.  3).  auf  den  stand  der  beschäf 
tigung  womit:  wie  steht's  konzertchen?  .  .  .  haben  sie's 
durchgespielt?    Lenz  l,  390  Blei  {hofmeister  4,  G). 

h)  besonders  in  der  älteren  spräche  begegnen  zahlreiche 
ähnliche  ausdrucksweisen,  bei  denen  es  sich  nicht  um  den 
zustand,  sondern  um  den  inhalt  eirier  sache  fiandelt. 

a)  besonders  von  sitten,  gesetzen  u.  dergl.: 

des  landes  site  stet  alsO 

livländ.  reimchr.  4616; 

want  uwer  recht  also  stehen, 

dasz  man  einen  ledigk  loisz  gehen 

zu  oistem  Alsfeld,  pattiowtp.  4198 ; 

das  gesecze  stund  also  das  die  dasig  fraw  die  in  unkeüsch 
bei  anderm  manne  dann  bei  irem  eman  gefunden  würd 
.  .  .  solt  verbrannt  werden  Arigo  decam.  394,  4  Keller 
{fu  gia  uno  statuta,  .  .  .  il  quäle  .. .  .  comandava  6,  7),  s. 
auch  tirol.  weisth.  4,  249  unter  I,  B,  2,  /,  6,  dd.  ferner: 
dcme  gogreven  {'iceddet  nuin')  ses  penninge  oder  enen 
Schilling,  al  weder  die  (je  nachdem)  der  landlüde  köre 
{freie  bestimmung)  stat  Sachsensp.  3,  64,  §  10;  ire  gelovedc 
ne  stünde  den  anderes  3,  5,  §5;  ir  beschlus,  *.  Sleidanus 
179  unter  I,  G,  3,  d,  ß;  wann  die  von  Auspurg  und  die 
vorgenant  herschaft  solt  ainander  zulegen  des  rechten, 
also  stönt  ir  puntnuss    d.  städte  ehr.  4,  105,  10. 

ß)  der  brief  steht  so,  lautet  so,  besagt  folgendes:  der 
prief  stunt  also  deutsche  chron.  2,  345,  17  {sächs.  weltchr.. 
3.  bair.forts.  7);  unde  leten  dar  lesen  enen  bref,  de  ludet 
unde  steyt  van  worde  tho  worde  aldus  Calenb.  urkutyien>i 
9,  nr.  41  {Wunstorf  1290).     sonst  von  'schrift' : 

die  heilige  schrift  steht  alsus: 
Johannes  unde  Petrus  .  .  . 

Heinr.  v.  Neustadt  gotte*  tuk.  3786. 

y)  mhd.  auch  von  mündlicher  rede: 


ouch  sol  iuch  niht  betrügen 
bedähter  gegenrede,  din  gh 
reht  als  jenes  vrägen  stö 


Pan.  171,  20; 


der  Waihe  rede  stunt  also 

Ludw.  kreii^.  8316,  vgl.  8187. 

vgl.  auch  den  volleren  ausdruck:  wie  wol  mir  iner  histori 

euch  czesagen  ich  mir  in  mein  .  .  .  synn  genomen  het. 

doch  eyne  mer  dann  andre  mir  yeczund   eingefall'-n  is» 

.  .  .  der  syn  und  inhaltung  also  steet   Arigo  deconi 

Keller  (6.  9;  nicht  im  orig.). 

6)  so  weiter:  der  nam  sich  ze  latein  anhebt  an  a 

A,  dar  n&ch  an  ainem  B.  reht  als  daj?  ABC  stft  M 

iikrg  119,  86; 

Amelrich  si  tsu  wibe  nam, 
mit  der  fr  eine  tochter  het, 
YHabol  der  namo  stet         Ludic.  krexuj.  ^i'^ 

f)  nette  nuancen  ergeben  sieh  durch  dojt  himutrftc» 
\veiterer  bestimmungtn. 

€M)  von  dei-  datierung  eines  bri^ea:  datum  steht  mit 
angäbe  de»  ortes  und  des  tage»  ».  Nilrnb.  urk.  v.  1582  und 
IMS  unter  l.  B,  8,/,  ^.  ee;  und  stehet  das  datum  zA  S. 
(lallen  in  unserm  gottshausz,  am  9.  tag  apr.  anno  dorn. 
14&»  Stumpk  Schwyiter  chron.  876*>;  des  datum  stAnd 
ausz  Wyl,  am  sinstag  nach  Franoisci   tftend«. 


liueiii     j 

KGKN-       I 


1677 


STEHEN  (II,  D,  9,  Ä-10,  a) 


STEHEN  (II,  D,  10,  a-b) 


1678 


6*)  brief  stet  ombe,  urkttnde  betrifft,  igt  ausgestellt 
über: 

er  mnoste  gelten  unerwert, 
swa;  sin  vorvar  het  verzert 
tind  da  sin  brieve  stuonden  umbe 

Ottokar  reimchr.  11799; 
baoch  stet  von,  lianddt  von: 

swas;  man  dintscher  bnoche  pflac, 

diu  Stent  niur  von  ritter  tat        Teichner  24. 

ec)  auf  etwas  stehen  gehen,  lauten:  die  (altfränk.  ducea) 
müszten  aufF  der  königen  befelch  warten,  .  .  .  daramb 
ständen  jhre  titel  nit  auff  land,  sonder  auffs  ampt,  duces 
exercitus  Stumpf  Schicytzer  chron.  312 •.  ähnlich  noch 
in  neuerer  zeit  von  vertragen :  er  (d.  director)  .  .  .  kündigte 
ihr  den  contract,  der  ohnediesz  nur  auf  sechs  wochen 
stand,  sogleich  auf    Göthe  18,  179  (Wilh.  Meister  2,  7). 

lO)  die  meisten  der  unter  9  behandelten  gebrauchsiceisen 
(tfic  die  entsprechende  C,  14,  a)  treten  in  der  neueren  spräche 
immer  entschiedener  zurück  vor  der  unpersönlichen 
fügung.  ausgenommen  ist  besonders  9,  e,  das  einen  ähn- 
lich allgemeinen  Charakter  hat,  vgl.:  wie  stehets,  wie 
gehets,  wie  stehen  eure  sachen?  come  stä,  come  vä?  come 
stä  ü  negotiof  Kramer  dict.  2,  927*.  zuweilen  kann  die 
Sache  steht  geradezu  für  es  steht  eintreten,  s.  Wickram 
1,  5,  6  unter  I,  B,  2,/,  a,  cc;  vgl.:  am  morgen  da  kam  ir 
basz  wider  und  wolt  sehen,  wie  die  sach  mit  des  Kerben 
weyb  stände,  ob  sie  noch  kranck  war  Schumann  rMcht- 
büchl.  220,  7  Bolte  (31). 

a)  es  steht  mit  adverb,   ohne  weitere  bestimmung. 

a)  mit  fragewort:  wie  stehet  es?  quid  agitur,  quis 
Status  est  rerum  tuarum,  satisne  belle  se  res  habentf 
Stieler  2127;  wie  stehts?  quid  agitur?  quomodo  valesf 
Frisch  2,  326";  du  geselle  wie  stehet  es  schausp.  der 
engl,  komöd.  233,  37  Creizenach  {tragikom.  [l630]  4,  3) ;  Sekre- 
tär, der  doktor  wird  gleich  hier  seyn,  —  wie  stehts? 
Louise,  o  schlecht!  Iffland  theatr.  tcerke  l,  220  (verbr. 
aus  ehrs.  4,  8); 

Alcest.  .  .  .  wie  steht's,  herr  Söller? 
Söller.  dumm ! 

es  geht  mir  die  musik  noch  so  im  köpf  hemm 

Göthe  7,  102  (.mitgchuld.  3,  9). 

durch  eine  speciellere  frage  näher  bestimmt:  sieh  da  mons. 
Cleander,  nun  wie  stehts?  hat  er  unser  hausz-frauen- 
zimmer  besucht  Chr.  Reuter  ehrl.frau  s.  29  neudr.  (3,2); 
haben  wir  dich  nun?  wie  steht's  nun,  he?  wie  ist's  nun? 
MALER  MÜLLER  1,  145;  wie  stchts,  kann  er  seinen  Cor- 
nelio?  Lenz  l,  336  Blei  {hofm.  l,  4).  durch  einen  nebensatz 
bestimmt:  wie  solt  es  stehn,  wann  .  .  .?  6arg.  88,  s.  I, 
B,  2,  /,  a,  cc.  vgl.  auch  das  unter  2,  a,  a  angeführte  volks- 
thüml.  Scherzwort.  —  indirecte  frage:  {die  kundschafter) 
sagten  .  .  .  der  gantzen  gemeine,  wie  es  stünde  4  Mose 
13,  27; 

die  freonde  sind  bisweilen  hier 

zu  sehen,  wie  es  stehe 

S.  Dach  «.  153  Oetterley. 

ß)  es   Stadt   wol ,    es   ist   alles    auffrächt ,  *  bene   habet 

M AALER   383»; 

es  stat  noch  wol  von  gottes  gnaden ! 
N.  Manuel  41  Bächiold  (r.  paptt  u.  $.  prietter$ch.  227). 

sprichwörtlich : 

es  stehet  im  hausz  nicht  wol, 

wenn  der  knecbt  den  heim  lehren  sol 

Petri  Cc  8*; 
es  stehet  wol,  da  ein  han  im  hausz  ist  Dd  l»,  s.  auch 
unter  I,  B,  2,  g.  in  neuerer  spräche  dafür  es  steht  gut.  — 
comparativ:  wie  viel  besser  stand  es  zu  Rom,  da  das 
capitol  unvergoldet  .  .  .  war  Lohenstein  Armin,  i,  109'>. 
daneben  frühnhd. : 

80  tagent  pald  fündt  jren  Ion 
auch  alle  poszhait  straff  und  hasz, 
inn  allen  landen  stQnd  es  pasz 

Schwarzenbbrg  Cic.  157'»; 

es  würt  ein  mal  zftm  besten  sthon 
Brant  narrensch.  ».2*  Zamcke  (Uta.  von  I  nach  i); 

mit  sich  selbst  zu  rathe  gehn, 
immer  wird's  am  besten  stehn 

Göthe  4,  334  (zahme  xin.  IV). 

y)  es  steht  übel,  miszlich  u.  ä.  s.  S.  Franck  chron.  177*» 
untxr  I,  B,  8,  6,  y ;   Spreng  TZ.  98«"  unttr  I,  B,  2,  g,  summa. 


es  stund  übel  in  Teutschlanden  Stumpf  Schwytzer  chron. 
81''.  jetzt  gewöhnlich  es  steht  schlecht  oder  schlimm :  es 
könnte  nicht  schlimmer  stehen,  in  pejore  loco  esse  non 
potest  Frisch  2,  326*;  es  stehet  gefährlich,  la  cosa  stä 
pericolosissima  Kramer  dict.  2,  928»;  es  steht  miszlich, 
in  dubium  vocatur  Steinbach  2,  667,  in  periculo  est 
Frisch  2,  326*; 

swie  angestliche  e;  na  stät 

Stricker  Karl  1085; 

führt  uns  nicht  gott  und  gottes  gunst, 
wirds  offtmals  seltzam  stehn 

P.  Gerhardt  nr.  456,  2; 

und  ist  das  evangelium  keinem  menschen  feinder,  denn 
den  falschen  herzen,  die  sich  seine  freunde  stellen,  und 
darnach,  wenns  ein  wenig  sauer  stehet,  abfallen  Luther 
br.  2,  244;  er  litt  am  nervenfieber,  und  der  arzt  schüttelte 
mit  dem  köpfe,  denn  es  stand  bedenklich  Seidel  Lebe- 
recht Hühnchen  s.  89.  —  so  auch:  so  und  so  stehen,  stare 
cosi  e  cosi  Kramer  dict.  2,  927*,  wofür  jetzt  so  so,  zweifei- 
hafl,  bedenklich,  mittelmäszig :  und  doch  Stands  so  und 
so  —  wie  man  eine  band  umdreht  H.  L.  Wagner  Evchen 
Humbrecht  {in:  theaterstücke  1779)  5,  10,  s.  144;  mein  knappe 
Adalbert  .  .  .  hat  sich  heute  wie  ein  wackrer  mann  ge- 
zeigt, ohne  ihn  stand  es  so  so  Tieck  8,  283,  vgl.  so  II, 
A,  3,  C,  th.  10,  1,  1357/. 

rf)  mit  demonstrativadverb.:  es  steht  also,  *.  1  Sam.  4,  7 
unter  I,  C,  3,  d.  a.  durch  einen  inhaltssatz  näher  bestimmt: 
wirklich  stand  es  so,  dasz  nach  allen  seiten  schleunig 
eingeschritten  werden  muszte  Dahlmann /ranz,  reio^  19. 
die  bestimmung  meist  in  gestalt  eines  selbstständigen  haupt- 
sa  tzes : 

so  steht's,  herr  Peter,  herre  mein, 

da  ich  ohn  all  gefebr  alkin 

mit  meinem  fuhrwerck  draussen  war, 

kömpt  der  kerl  anch  geschlichen  dar  .  .  . 

Hayneccius  Hant  Pfriem  2,  5,  f.  1007; 

es  steht  nicht  anders,  hoch  und  niedrig  lebte  befangen 
in  einer  ungeheuren  Selbsttäuschung  Treitschkb  d. 
gesch.  l,  161.     in  der  frage: 

o  weh  uns!    steht  es  so? 

Schiller  12,  90  (Piceol.  1,  5). 

dafür:  'hoho',  dachte  der  Student,  'steht  es  dermaszen 
hier?'    Immermann  i,  75  Hempel  {Münchh.  i,  6). 

f)  durch  eineti  rdativsatz  bestimmt,  besonders  in  formel- 
haften Wendungen:  alles  sonst  mag  stehen,  wie  es  will, 
der  arbeiter  fühlt,  dasz  er  sich  ein  asyl  erworben  hat 
Ludwig  2,  120.  es  steht,  wie  es  stand,  gestanden  hat 
(ist),  *.  Chamisso  3,  94  unter  I,  B,  3,  e,  d-;  Hebel  3,  158 
unter  I,  C,  3,/  ß.  stehen  wie  es  stehen  soll,  stare  per 
il  verso  Kramer  dict.  2.  927*.  sprichwörtlich:  wie  stehts 
mit  unserm  kritischen  kranken?  es  steht,  wie  es  steht: 
saigte  der  doctor    Engel  sehr.  12,  154  {Lor.  Stark  16); 

steh's  jetzt,  wie  es  steht; 
es  erfüllet  sich  docn  dem  verhängnisz  nach 
Droysen  Aitch.*  7  (lati  f  önii  rCr  lau  Agam.  67/.). 

femer  sprichwörtlich:  es  steht,  wie  es  geht  Eiselein  577 
(nach  Agricola);  es  stehet  wie  es  gehet,  und  wie  gott 
wil    Petri  Dd  !•. 

Q  stehen  im  relativsatz.     mhd.  formelhaft: 

da;  dO  uns  gebest  einen  rät 
in  der  sache  als  e;  nfl  stät 
Pyr.  u.  Thitbe  114  (zeittchr.f.  d.  alterth.  6,  507). 

ähnlich  frühnhd.:  das  er  dir  jr  land  gebe  zum  erbteil, 
wie  es  heuts  tages  stehet  (mn  ci»i  'wie  diesen  tag  [ge- 
schieht]') 5  Mose  4,  38;  mit  deinem  mund  hastn  es  ge- 
redt, und  mit  deiner  band  hastu  es  erföUet,  wie  es  stehet 
an  diesem  tage  l  kön.  8,  24  (ebenso),  ».ferner  Esra  9,  15; 
Jerem.  11,  5;  25,  18;  44,  6. 

b)  stehen  wird  in  diesem  ginne  gern  mit  dem  gleich- 
bedeutenden gehen  gepaart,  (vgl.  A,  11,  d — g  und  gehen 
II,  4,  d  und  36,  h,  y,  th.  4,  1,  2401  und  2473.)  in  loser  Zu- 
sammenstellung: wie  stehets,  wie  gehets,  wie  stehen  eure 
Sachen?  Kramer  dict.  2,  927*;  wie  lang  hab  ich  dich 
nit  gesehen,  wie  gehets,  wie  stehets?  Agricola  gpriekw. 
(1634)  n  4».  dafür  auch:  guten  tag,  herr  Schulmeister  ...  1 
wie  geht's?  stet's  leben?    maler  MCller  1,  234; 

wie  geht's,  wie  steht  das  leben,  herr  Doriskns? 

Falk  Amphttr.  1,  4». 


1679 


STEHEN  (11.  D.  10.  ft-d) 


STEHEN  (H.  D.  10.  d) 


1680 


formelhaft  durch  und  verbunden:  darinn  gott  durch 
Mosen  .  .  .  fftrbilden  liesz,  wie  es  forthin  in  der  allge- 
meinen  Christenheit  .  . .  gehen  und  stehen  wörde  Mathe- 
siüs  Sar.  4i^;  wie  wflst  es  sonst  in  der  weit  geht  und 
steht  NiGRiNUS  V.  Zauberern,  hexen  (1592)  vorr.  3»;  eben 
komme  ich  von  Moritz,  dessen  geheilter  arm  heute  auf- 
gebunden worden,  es  steht  und  geht  recht  gut  Göthk 
87,  250;  denn  auch  mit  dem  geigen  stand  und  ging  es 
nicht  so,  dasz  ich  darauf  hätte  stolz  sein  können  Hesse 
Gertrud  11.  im  nd.  begegnet  die  Verbindung  es  geht  und 
steht  auch  ohne  adverb.  in  prägnantem  sinTie,  wie  son^t 
es  geht  allein,  vgl.  gehen  II,  36,  h,  X,  tli.  4,  i,  2475:  dat  geit 
und  steit,  'es  ist  passable'  Strodtmann  (Osnabr.)  229, 
'es  ist  zwischen  beiden,  mittelmäszig  gutl'  brem.  icb.  4,  992. 
so  auch  gelegentlich  in  der  litt.:  (er)  muszte  gleich  darauf 
gestehen,  dasz  der  knaster  .  .  .  von  so  feinem  geruche 
sey,  als  er  ihn  kürzlich  nicht  gerochen,  er  geht  und 
steht  so,  versetzte  der  schwarze  mann  gar  vornehm 
Müller  Siegfr.  v.  Lindenberg  1,  118. 

c)  teeHere  bestimmungen  können  durch  Ortsangaben  ge- 
geben werden. 

a)  meist  mit  in  oder  einer  gleichwerthigen  präpos. :  wie 
stehets  in  Teutschland?  miszlich?  qtto  in  statu  sunt  res 
Germaniaef  turbulento  Dentzler  273''  (kaum  verschieden 
von  dem  älteren  wie  steht  Deutschland?,  *.  9,  c); 

wie  ez  stfinde  in  dem  lande  (reiche) 

anegange  24,  20  und  23; 
wente  it  in  velen  landen  gans  ovel  steit 

de«  dodes  dam  150; 

dem  {papst  Gregor  X.)  kam  die  klegde  dicke  für,  wie 
äbel  es  in  den  landen  stünde  d.  städte  ehr.  8,  41,  li 
(Closener,  Straszb.,  1362);  Susanna.  .  .  .  der  wein  geräth 
dies  jähr  nicht.  Clemens,  darüber  ist  in  ganz  Italien  .  .  . 
die  klage,  in  Calabria,  Sicilia,  Cypern  soll  es  gar  nicht 
besser  stehn  Tieck  l,  154.  sprichwörtlich:  es  stund  vor 
Zeiten  in  stetten  wol,  da  zwölff  mistgabeln  feyrten,  wenn 
die  herrn  zu  rathe  gingen  Petri  Dd  l».  —  wie  stund  es 
aber  jnn  des  Groszgurglers  hauszhaltung?  Garg.  s.  75 
neudr.;  wie  steht's  auf  dem  schlösse  zu  Thurneck? 
Kleist  Käthchen  v.  Heilbr.  3,  3; 

so  Ifig  dann  wie  es  steh  im  hausz 

SCHEIDT  grob.  3921. 

«o  bes.  in  dem  unter  I,  B,  2,  /,  a,  bb  zu  ende  {sp.  1412/.) 
angeführten  reimspruch. —  wie  stehts  zu  hause?  quomodo 
res  geruntur  in  patriaf  Frisch  2,  326".  —  es  ist  noch  nie 
basz  in  der  kirchen  gestanden,  dann  do  vil  prediget 
erwörgt  wurden  von  des  wort  gotes  wegen  Luther  7, 
244,  30  Weim.;  in  der  Christenheit,  s.  Eberlin  i,  169  unter 
I.  C,  3,  d,  ß.  —  häufig  in  der  weit: 

sO  steit  i;  in  der  werlti  noch 

Annolied  166; 

80  ists  gestanden  ynn  der  weit  zu  der  zeyt  Jona  Luther 
19,  192,  27  Weim.  anderes:  das  betragen  Agathons  bey  die- 
sem anlass  wird  ihn  vielleicht  in  den  verdacht  setzen, 
dass  er  sich  bewusst  gewesen  sey,  es  stehe  nicht  so  gar 
richtig  in  seinem  herzen  Wieland  l,  269  {Agath.  5,  l); 
wenn  es  in  seinem  gehirnc  so  richtig  stünde,  als  in 
seinem  gewissen,  so  wollte  ich  gut  für  ihn  seyn  Schlegel 
bei  Adelung  (8,  2,  5).     abstracter: 

wie?  sollt  es  nicht  mehr  gut  in  ihrer  ehe  stehen? 

Gellekt  1,  181. 

die  leisten  beispiele  stehen  den  unter  d  behandelten  gebrauchs- 
vmsen  nahe. 

/?)  bei  einem:  es  steht  bey  ihm  wohl,  bene  agitur  cum 
illo  Steinbach  8,  667;  wolte  gott,  es  th&ten  es  alle 
eitern!  es  solte  gewisz  bey  vielen  besser  stehen  Mosch e- 
rosch  insomnis  eura  par.  117  neudr.;  wie  stehet  es  bey 
euch?  Adelung  umatündl.  lehrg.  2,  a.  187,  8.  mit  andern 
prOpoa.:  es  stehet  herrlich  und  prechtig  für  jm,  und 
gehet  gewaltiglich  and  lAblich  zu  in  seinem  heiligthum 
JW.  96,  «  (1  chron.  17,  87); 

wan  aJtA  ist  e;  gewant, 

aU  es  ouch  undem  hüten  itAt  .  .  .         Iw.  3866. 

d)  andre  präpotiUonen  stellen  die  bexiehung  auf  eine 
ptrmm  oder  einen  gegenständ  her,  der  in  der  älteren  spräche 
meiH  aU  mtbjeet  steht,     so  besonders  mit. 

a)  es  steht  gut  u.  t.  tc.  mit  einem  (=  einer  steht  gut, 
«.  C,  u,  a):  wie  stehet«  mit  (um)  euch?  . . .  come  state  voi. 


come  sta,  come  si  porta  leit  e  le  cose  vostret  Kramer  dict. 

2,  928";  es  stehet  gantz  anders  mit  ihm,  longe  alia  fortuna 
ejus  est  Steinbach  2,  667;  sie  {Ruth)  aber  kam  zu  jrer 
schwiger,  die  sprach,  wie  stehets  mit  dir,  meine  tochter? 
und  sie  saget  jr  alles  was  jr  der  man  gethan  hatte  Ruth 

3,  16;  zu  diser  zeit  ists  vast  übel  gestanden  mit  den  jüden 
Hedio  chron.  germ.  (1530)  6»;  wenn  er  wieder  kommen 
sollte,  und  sollte  sehen,  wie  es  mit  seiner  familie  stünde, 
so  müszte  er  sich  doch  zu  tode  grämen  Lessing  i,  468 
{schätz  i);  mit  dem  grafen  stand  es  seit  dem  letzten 
abend  betrübt    J.  Paul  22,  44  {Titan  2,  41  «.),- 

mit  einem  herren  steht  es  gut, 
der  was  er  befohlen  selber  thut 

GÖTHK  2,  237 ; 

*.  auch  Spreng  II.  98 *>  unter  I,  B,  2,  g.  verschieden  nuan 
eiert:  'es  steht  schlecht  mit  ihm,  sowohl  der  gesundheit. 
als  auch  dem  vermögen,  den  häuslichen  umständen  nach' 
Adelung  (2,  3);  mit  ihro  hoheit  steht's  schlecht,  der 
puls  zappelt  wie  ein  mäuseschwanz  MusÄus  volksm.  1. 
108  Hempel;  s.  auch  Spreng  II.  218*  unter  I,  B,  2,/,  ?/,  bb. 
jetzt  besonders  vom  stand  und  verlauf  einer  krankheit, 
sonst  lieber  wie  geht  es  dir?  t«.  s.  w.  ungewöhnlich: 
{Horatio  zu  Hamlet.)  wie  stehts  mit  ihro  durchlaucht'^ 
wie  so  erschrocken?  schausp.  der  engl,  komöd.  156,  f 
Creizenach  {d.  bestr.  brudermord  1,  6;  jetzt:  was  ist,  fehlt 
ihnen?),  von  dem  seelischen  bezw.  sittlichen  zustande:  ich 
merke  wohl,  wie  es  itzt  mit  dir  steht,  deine  begierdcn 
.  .  .  sind  itzt  deine  tyrannen  Lessing  2,  20  {Sara  Samps. 
2,  3) ;  doch  kann  ich  nicht  ruhen,  bis  ich  weisz,  .  .  . 
wie's  mit  meinem  söhn  steht;  ob's  wahr  ist,  dasz  er 
auf  solch  gottlosen  verbothenen  wegen  wandelt  maleh 
MÜLLER  2,  73  {Fausts  leb.); 

bin  nur  jetzt  von  sorgen  getrieben, 
wie  es  drinne  steht  mit  meiner  lieben, 
und  ob  sie,  wie  in  der  Stadt  man  sagt, 
sich  mit  dem  teufels-pfaffen  bebagt 

GÖTUE  13.  63  (pnt.  Brey  106); 

ungewöhnlicher  von  Charakter  und  tcesen  eines  menschen : 
'sage  mir  lieber  etwas  über  die  drei,  wie  steht  es  mit 
dem  alten  grafen?'  'ein  ekel.'  'und  mit  dem  baron?' 
'ein  dummbart'  u.  s.  w.  Fontane  5,  39  {Stine  6),  vgl.  68  (ii\ 
gern  in  bezug  auf  Vermögensverhältnisse:  arm  bin  ich. 
wie  ein  bettler  ...  so  stehts  nun  mit  mir!  Klinger 
dramat.  jugendw.  1,  287; 

{Nathan)  ist  endlich  wieder  heim  gekommen?  ev! 
so  mags  doch  gar  so  schlecht  mit  ihm  nicht  stehn 

Lessing  2, 238  {Nathan  2.  2). 

von  liebesverhältnissen :  sie  hatte  ihm  nun  alles  er- 
zählt, wie  es  mit  ihr  und  dem  Hannes  stand  Ludwu; 
2,  S88.    {vgl.  unter  e.  a  und  f.  ß.) 

ß)  mit  einer  sache.  so  ganz  allgemein:  es  kan  mit 
der  Sache  nicht  schlimmer  stehn,  res  pejore  loco  es.te 
non  potest  Steinbach  2,  667.  vgl.  H.  Sachs  1,  S3«  unter 
I,  B,  3,  /,  rj,  ee. 

manche  ausdrücke  umschreiben  die  unter  o  behan 
delten:  es  stehet  noch  wol  mit  (um)  seine  Sachen,  le 
cose  sue  stanno  ancora  bene,  c'e  ancora  bene  de'  fattx 
suoi  Kramer  dict.  2.  928«;  guten  morgen  professor.  wie 
stehts  mit  der  gesundheit?  Schiller  4,  I86.  specieiUr 
wie  steht's  mit  dem  kopfreiszen,  Franzel?  Holtei  erzähl. 
Schriften  1,  13.  es  steht  mit  meinem  leben  gefährlich. 
mea  vita  in  dubio  est  Steinbach  8.  66».  —  wie  steht  e> 
mit  deinem  herzen?    Gellert  bei  Adelung  (8,  8); 

mein  guter  freund,  ihr  treibt  das  ding  ins  grosse; 
beut'  ist  es  diese,  morgen  jene  rose: 
mit  eurem  herzen  steht  es  sonderbar. 

IIkkwkuh  ged.  einet  lebend.  171  (lon.  41). 

—  es  stand  nicht  gut  mit  dem  Hienäckersohen  vermögen 
Fontane  5,  282.  —  weiter:  mit  den  hiesigen  anstalton. 
welche  unserer  Oberaufsicht  untergeben  sind,  steht  r> 
gar  erfreulich  Göthe  bri^e  88,  80;  lass  uns  nun  nacli 
Rom  ziehen,  um  zu  sehen,  ob  es  heute  bosser  mit  der 
kircho  und  der  geistlichen  regiorung  steht  Klinorr  S,  äi: 
{Fausts  leb.  4,  9);  der  ganze  anschoin  gab's,  dass  es  niii 
allem,  was  die  bibel  sagt,  so  sicher  nicht  stehe  Jun<. 
Stillinu  8,  188;  aber  katholizismus  und  musikalische 
fertigkcit  und  kenntnisse  sind  streng  geforderte  rcquisitc, 
und  die  Rüdiger  wird  sich  deshalb  bei  ihrer  tante  er- 
kundiftiMi ,    wie   es    mit   letzterem   steht    A.  v.  Drostk- 


1681 


STEHEN  (II,  D,  10.  d-e) 


HÜLSHOFF  briefe  s.  123;  wie  sah  der  acker  aus!  das 
stand  noch  schlimmer  mit  dem  unkraut,  als  es  ihr 
heut  .  .  .  vorgekommen  war    Ludwig  2,  183; 

müd  ist  dein  furknecht  und  verdrossen, 
nbel  steht  es  mit  deinen  rossen 
Spreng  Utas  96*»  {■ioadit^  di  toi  innoi  8,  104). 

vom  Stande  einer  arbeit  {ob,  tcieiceit  sie  fertig  ist  u.  ähril.): 
schreiben  sie  mir  nun  wie  es  mit  unserm  wercke  steht? 
ob  sie  die  partitur  empfangen  haben?  ob  sie  etwas 
ändern?  ob  der  vierte  ackt  fertig  ist?  Göthe  briefe  8,  69 
(an  Kayser  25.  nov.  86) ;  wie  steht's  mit  meinem  porträt? 
nicht  wahr,  sie  haben  nicht  dran  gedacht?  Lenz  i,  350 
Blei  (hofm.  2,  2).  von  planen:  wie  steht's  mit  ihrer  alten 
grille,  etwas  schönes  und  gutes  in  gesellschaft  von 
zigeunern  hervorzubringen?     Göthe  20,  23  {Wilh.  Meister 

7,  2);  wie  steht's  mit  Posen  und  der  reise  dahin? 
G.  Herwegh  briefe  s.  36. 

e)  ebenso  häußg  und  früher  auftretend  ist  stehen  um. 
«)  um  einen;  schau  mhd.  ganz  getcohnlicJi,  s.  mhd.  icb. 
2,  2,  573«: 

herre,  wie  bin  ich        oder  wie  stet  iz  umbe  mich, 
daz  ich  mit  Pharaone       muge  haben  gechose? 

Wiener  exod.  91,  37; 

umbe  de  {Conetanting  tochter)  stät  ij  möweliche 

Rother  81. 

nhd.:  es  stat  wol  umb  mich,  bene  mecum  agitur.  umb 
mein  müter  stat  es  wol,  apud  matrem  recte  est  Maaler 
384 ••:  basz  umb  einen  ston,  in  einem  besseren  stand 
sein.  Stare  meliore  loco.  übel  umb  einen  ston,  se  male 
habere  390»;  es  stehet  nicht  wol  um  ihn,  malo  astro 
natus  est,  in  egestate  versatur  Stieler  2127;  es  stehet 
wol  um  mich,  bene  mecum  agitur:  bene  valeo,  bene  habeo 
Dentzler  273'';  s.auch  Steixbach  2,  669.  belege:  grosse 
begire  .  .  .  hette  ze  wissen  wie  es  doch  umb  seine 
kinder  sten  möchte  Arigo  decam.  136,  23  Keller  (quello 
che  de'  figliuoli  fosse  addivenuto  2,  8);  ich  habs  dir  vor- 
gesagt, da  es  noch  wol  umb  dich  stund  Jerem.  22,  21; 
da  jn  nu  Demetrius  in  den  rat  foddern,  und  fragen 
lies,  wie  es  umb  die  Juden  stünde,  und  was  sie  fur- 
hetten?  (tv  rivi  öiu&iasi  xal  ßov).^  xa&savrjxav)  2  Macc. 
14,  5,  vgl.  Ephes.  6,  21 ;  marquise !  marquise !  wenn  ich 
nicht  so  nachsichtig  wäre,  wie  würde  es  um  sie  stehen? 
Göthe  14,  157  (^rosz  cophta  2,  5);  wie  wird  es  heut'  über 
acht  tage  um  mich  stehen?  da  ist  mein  geld  rein  auf- 
gezehrt!   Heine  4,  269  Elster; 

es  stund  yetz  umb  die  kynd  vil  bas 

geh  man  schfilmeister  jnn,  als  was 

Phenix  Brant  narrensch.  6,  31; 

jungfr.   dein  unglück  macht  dasz  mir  die  äugen  übergehen. 
rotengt.    es  wird  umb  dich  gar  bald  auch  ebenmessig  stehen 
Königsb.  dichterkr.  s.  9  neudr. 

in  der  begriiszungsfrage  geicöhnlich  wie  geht  es  dir?; 
doch  begegnet  wie  steht  es  um  .  .  .?  in  ähnlicher  weise 
bes.  bei  Göthe:  wie  steht  es  sonst  um  sie?  briefel,  103,  27 
{an  Behrisch  l.oct.  1767);  s.  ferner  1,  103;  36,  54  uru^  39,  182; 
Adelbert .  .  .  wie  stehts  um  euch  ?  um  alles  ?  Tormann. 
Adelbert,  wie  stehts  um  einen  wurm,  den  man  hart  auf 
den  köpf  getreten  hat .  .  .?  Adelbert,  edler  graf,  schlecht, 
und  so  musz  es  nie  um  euch  stehen!    Klinger  Ottos. 

8,  20 — 26  neudr.  (l,  2).  auch  hier  dieselben  specielleren  be- 
deutungen  wie  unter  d,  a.  vom  körperlichen  zustande: 
daselbst  er  einen  todten  ritter,  und  neben  jm  ein  andern, 
umb  den  es  nicht  viel  besser  stund,  fände  Amadis  l, 
».  68  Keller,  ivtn  seelisch-sittlichen  zustande:  ja  ich  ge- 
stehe .  .  .  dasz  es  damahl  umb  mich  und  meiner  seelen 
heyl  knapp  gestanden  und  sehr  nahe  geschehen  gewest 
wäre  Simpl.  sehr.  4,  18,  33  Kurz  {vögeln.  2, 1).  von  liebes- 
verhältnissen :  maszen  er  nun  einer  von  den  lezten  seyn 
müste,  der  erführe,  wie  es  um  den  Otto  und  sie  stünde 
Anton  Ulrich  v.  Braunschw.  Octavia  3,  635.  von  der 
Charakterbeschaffenheit:  nicht  wahr,  Lene,  wenn  du  ge- 
wuszt  hättest,  wie's  eigentlich  um  mich  stünde,  du 
würdest  dich  für  einen  solchen  mann  bedankt  haben? 
Hebbel  8,16.5,2  {Schnocki).  es  steht  um,  verhält  »ich 
mit:  es  stet  nicht  umb  uns  lewte  als  umb  das  geflügel 
und  umb  die  tier,  fisch  und  würm  qu.  {Iiandschr.  des 
Xh.jahrh.)  bei  Sghmellek*  2,  709. 

X.  8. 


STEHEN  (II,  D,  10.  e-f 
ß)  um  eine  sache.    ganz  allgemein: 


1682 


drüm  kommet  selbst  und  sehet, 
wies  um  die  sache  stehet 

Reineke  fuchs  (1650)  108,  12. 

in  bezug  auf  personen:  es  sagt  Plato,  es  werde  als 
denn  wol  umb  die  menschlichen  Sachen  stehn,  wann 
entweders  die  philosophi  .  .  .  regieren,  oder  die  könig 
sich  der  weiszheit  befleissen  werden  Xylander  Polyb.  458 
(rdrf  xdv9-Q(ä7ieia  xa?.<5g  t'qsiv  XH,  28,  2);  wie  steht  es 
um  unsre  sachen?  Adelung  (2,  3).  körperlicher  u. 
geistiger  zustand:  es  solcher  gestalt  sehr  miszlich  um 
sein  leben  stehen  wurde  S.  v.  Birken /orte,  der  Pegnitz 
schäferey  22;  alsbald  macht  sich  der  doctor  vor  das 
bette  .  .  .  denn  ist  die  erste  frage:  wie  stehts  um  des 
herrn  seine  zunge?  Stranitzky  oUapatrida  191,  30 
neudr.;  dann  wie  es  umb  ein  menschen  inwendig  steht, 
das  zeygt  das  gewissen  bald  den  äugen  an  .  .  .  (e*)  steht 
umb  alle  glider,  wie  es  umb  das  hauptgiid  das  hertz 
steht    S.  Franck  sprichw.  1,  21»; 

wan  hoeret  an  der  rede  wol  wieg  umb  da;  herze  stät 

W.\LTHER   V.  D.  VOGELWEIDK   83,  38; 

dasz  es  um  euer  gewissen  nicht  beser  stehe,  will  ich 
euch  .  .  .  beweisen   Pfeffel  pros.  vers.  l,  136; 

ihr  herrn  zeloten  dieser  zeit, 
wie  steht's  um  enem  willen? 

Bürger  50».  — 

um  ein  land  (neben  in  einem  lande,  *.  c,  d),  vgl.  Xy- 
lander Polyb.  8  unter  I,  B,  3,  b,  y; 

solt  ewer  gnad  mit  tod  abgehn, 

wie  wurd  es  umb  die  landschafTt  stehn? 

H.  Sachs  1,  122«»; 

um  Deutschland  stund  es  noch  so  wol, 
da  Deutschland  nur  war  gerne  voll; 
als  da  es  triegen,  buhlen,  beuten 
gelemet  hat  von  fremden  leuten 

LOGAU  1,  7,  16. 

um  die  Staaten,  s.  Mommsen  2,  79  unter  I,  B,  2,/,  y,  ee. 
so  auch:  um  die  Christenheit,  s.  buch  d.  liebe  27»  unter 
I,  C,  3,  d.ß; 

wie  stand  es  jetzond  am  die  weit, 
hätt  Adam  nicht  gebaut  das  feld 

Simplicits.  s.  12  neudr.  (1,  3). 

tceiter:  dann  es  wirdt  wol  umb  das  bergwerck  stehn,  so 
nicht  allein  der  steiger,  sonder  auch  der  gewerckherr, 
lehret  was  in  dem  zu  thun  seye  Agricola  bergtcerckb.  22; 

hört  'mal,  da  unten!  's  steht  nicht  gut  um's  schiff 
MüLLXER  dram.  werke  3,  67  {kön.  Yngurd  2,  2). 

abstracter:  der  {keuschen  Josephs)  vint  man  leider  wenig 
me.  dar  umbe  stetz  nu  wundirlich  umbe  di  e  Ködiz 
21,  23;  das  sy  im  enbuttind,  wie  es  umb  das  concilium 
stund  Richent.\l  Const.  concil  s.  113;  wie  steht's  um 
die  Schlacht?  Bürger  287»'  {Macb.  l,  2;  vgl.  9,  d).  es  han- 
delt sieh  um  einen  Sachverhalt: 

sag  wie  des  himels  lauff  umb  geh, 
und  wies  umb  die  planeten  steh 

SciiEiDT  grob.  730; 

und  wie  steht  es  hier  genauer  besehen  um  die  zeitbe 
Stimmung?  J.  Grimm  Beinh.  fuchs  s.  CCLXXX.  —  so 
steht  es  um  kommt  dabei  einem  so  ist  o/l  sehr  nahe:  es 
Stadt  also  umb  die  menschlich  art  und  natur.  compa- 
rata  est  ita  hominum  natura  Maaler  383«;  vgl.  Züricher 
bibel  2,  27"*  unter  I,  B,  2,/,  t],  aa.  frage  nach  dem  vorfutnden- 
sein  von  etwas:  wie  würde  es  um  den  reiz  der  meisten 
moralischen  erscheinungen  stehen,  wenn  man  ...  sie 
gleichsam  werden  sehen  müszte?  Schiller  6,  60  (6r. 
üb.  don  K.  8).  nach  der  richtigkeit  einer  behauptung  u. 
ähnl. :  miszlich  musz  es  daher  auch  um  die  behauptung 
stehen,  dasz  unsere  erde  abwechselnd  von  den  planeten 
regiert  werde  Hebel  3,  169; 

ich  weisz  wie  es  um  diese  lehre  steht 

Göthe  12,  97  {Fautt  I,  1971); 

wenn  man's  so  hOret,  möcht's  leidlich  Scheinen, 
steht  aber  doch  immer  schief  darum.    181. 

/)  mit  andern  präpositionen. 

a)  ähnliehen  sinn  tcie  mit  hat  zuweilen  auch  bei,  *. 
c,  ß.  ferner  können  die  allgemeinen  ausdrücke  der  be- 
Ziehung  tcie  wegen,  in  betreff  u.  äh)U.  eintreten;  so:  zu 
letzte  ward  gefragt,  .  .  .  wie  das  meins  genedigen  herren 

106 


1683 


STEHEN  (II,  D,  10.  f-il,  a) 


STEHEN  (II,  D,  11,  a-c) 


1684- 


und  der  urbarleut  halben  steen  sol.    tirol.  weiath.  1,  150, 
12  {Stumm  1476). 

ß)  trenn  es  sieh  um  das  verhältnisz  mehrerer  handelt 
{vgl.  d,  a  zu  ende),  begegnet  auch  zwischen:  der  rosen- 
könig  und  Mariens  muüer  hatten  damals  längst  be- 
merkt, wie  es  zwischen  mir  und  Marie  stand  Seidel  2 
{vorstadtgesch.),  293;  wie  es  ihr  gehe  und  wie  es  zwischen 
ihr  und  ihrem  manne  stehe,  darüber  dachte  ich  jetzt 
nicht  nach  Hesse  Gertrud  247; 

denn  mir  ist  sichre  künde  zugekommen, 
dasz  zwischen  diesen  stolzen  lords  von  England 
und  meinem  vetter  von  Burgund  nicht  alles  mehr 
so  steht  wie  sonst 

Schiller  13,  199  (Jnngfr.  v.  Orl.  1,  4). 

g)  im  mhd.  häufig  mit  bloszem,  dativ  ohne  präp.,  ana- 
log der  gleichen  construction  von  gehen  (s.  das.  II,  36,  g, 
th.  4,  I,  2471/),  *.  mhd.  wb.  2,  2,  572''  (/?);  z.  b.:  er  mant  in 
aller  truwen,  daz  er  nicht  vergesse,  er  queme  na  sime 
dote  wider  zu  ire,  und  sagete  wi  ez  ime  stunde,  der 
lieil.  regel  Gä,  9  Priebsch ;  so  nocJi  vereinzelt  bei  H.  Sachs 
4,  3,  5»>,  a.  unter  I,  C,  3,  d,  ß. 

11)  als  eine  specieUe  Wendung  und  Weiterbildung  der 
modalen  bedeutung  läszt  sich  die  häufige  Verwendung  von 
stehen  im,  sinne  'aussehen,  kleiden,  anstehen,  sich  ziemen' 
betrachten,  vgl.  die  analoge  enticicklujig  von  sitj;en,  s. 
das.  6,  d — e,  th.  10,  I,  1297  /.  es  stehet  wol,  decorum,  con- 
cinnum,  aptum,  consentaneum  est,  convenit  Stieler  2127; 
es  stehet  übel,  dedecet,  turpe,  inhonestum.,  indecorum  est. 
ebenda:  das  stehet  wol,  das  stehet  schön,  questo  sta 
bene,  sta  belle,  das  stehet  heszlich,  garstig,  questo  sta 
brutto,  fä  un  brutto  vedere  Kramer  dict.  2,  928»;  gut 
stehen  'gut  lassen,  zieren'  Adelung  (2,  5);  'eine  sache 
stehet  auch  gut,  wenn  sie  sich  an  ihrem  orte  gut  aus- 
nimmt, gut  in  die  äugen  fällt'  Campe  (l). 

a)  zunächst  von  concreten  sichtbaren  dingen,  bes.  klei- 
dung  und  schmuck,  in  bezug  auf  den  ästhetischen  ein- 
druck. 

a)  'ein  kleid,  ein  hut  stehet  gut,  vxnn  es,  er  gut  sitzet, 
gut  kleidet,  zieret'  Campe  (l).  hierbei  wird  im  heutigen 
sprachgebrauche  zwischen  stehen  und  sitzen  (6,  d)  gewöhn- 
lich so  unterschieden,  dasz  ersteres  auf  die  conception, 
letzteres  auf  die  ausführung  geht,  demnach  wäre  in  fol- 
gendem falle  sitzen  angemessener :  das  kleid  steht  gut, 
vestis  adstricta  est  et  singulos  artus  exprimit  Steinbach 
2,  667.  —  80  schon  mhd.:  s.  St.  Georgener  pred.  21,  15  un- 
ier I,  B,  \,f,  y-,  sonst  mehr  mit  der  nuance  'einen  be- 
stimmten eindruck  hervorrufen'  {was  näher  zu  8,  l  liegt): 

särant  durch  prises  lön 

eines  pfelles  aä  gedähte  .  .  . 

ob  der  iht  rtlfchen  ste?         Pars.  629,  26; 

wan  e  j  (d.  gewand)  stet  s6  riterliche  148, 18 ; 
#.  ferner  Hartmann  v.  Aue  Greg.  1162  (pfefllchen)  und 
Trift.  2647  (geistliche),  nhd.:  s.  fastn.  sp.  666,  28  unter 
I,  B,  2,/,  a,  aa;  Keisersb.  brösaml.  l,  95»»  unter  I,  B,  i, 
/,  y;  als  denn  werden  unsere  junge  gesellen  sehen  .  .  . 
wie  fein  solche  pluderichte  teuflelische  hosen  stehen 
Musculus  hosen  teuffei  n  neudr.;  dann  setz  ich  meine 
haub  auf,  blos  die  mit  den  spitzen,  'ei  wollen  sie  net 
die  mit  den  Sternblume  aufsetzen,  die  steht  schöner!' 
Bettina  dies  buch  geh.  d.  könig  i,  7; 

wie  hurtig  ist  der  gangl  wie  artig  steht  das  kleid! 

A.  Gryphius  1,  222  (Carden.  3,  v.  197); 

man  schaae  sie  nur  an,  wenn  sie  zur  hochzeit  gehen, 
wie  alles  masz  so  nett,  so  niedlich,  lieblich  stehen 

Kachel  $at.  ged.  s.  180  neudr.  (9, 162). 

ß)  im  mhd.  auch  vom  menschlichen  leibe  und  seinen 
gliedern : 

wie  gar  stn  Itp  ze  wünsche  stAt !        Trist.  706 ; 
avoy  wie  stuonden  sfniu  bein !         Part.  168,  7. 

«0  wol  «tende,  schön: 

j&rlanc  mir  tmobent  oncb 

mtnia  wol  standen  engen  minnes.  frühl.  87,  M; 

■o  denck  ich  an  ir  ogen  brechen  .  .  . 

an  ir  wol  stendes  bar 

Laubbro  Uedert.  8,  s.  10t,  106; 

«xitere»  ».  unter  N,  m.  —  ahnlieh  noch  nhd.i 

ja,  lockigt  haar  steht  schOn 

ObLLBKT  bei  ÄDILVItO  (f ,  5). 


y)  sonst  von  mannigfachen  dingen;  etwas  steht  schön, 
sieht  schön  at4S  u.  ähnl.:  das  wird  dennoch  ein  seltzam 
anblick  und  gesiebt  gewest  und  abenteuerlich  gestanden, 
das  einer  so  ynn  der  lufTt  feret,  ut  ein  pflaumfeder 
Luther  34,  i,  406,  4  Weim.;  .  .  .  ich  glaube,  sie  muszten 
anstatt  der  Schlafmützen  damit  {mit  den  federhüten) 
in  den  betten  gelegen  haben,  das  steht  so  schlimm 
schausp.  der  engl,  komöd.  163,  30  Creizenach  {bestraft,  bru- 
derm.  2,  7);  fr.  v.  Landheim  .  .  .  das  gezelt  wird  ja  schö- 
ner seyn,  als  der  atlas  ist?  Fiekchen  .  .  .  und  die  leere 
wand  steht  noch  schöner;  denn  die  kostet  noch  weniger 
J.  E.  Schlegel  3,  582  {pracht  zu  Landh.  4,  l);  es  stand 
hübsch,  dasz  die  löckchen  sich  in  lauter  glänzenden 
goldfaden  kräuselten  E.  T.  A.  Hoffmann  6,  216  Grisebach; 

(sie)  spitzten  die  hörner  artlich  rund, 
setztens  aulT,  dasz  es  artlich  stund 

Fischart  2,  262  Kurz  (jeeuiterhütl.  792); 

s.  auch  ScHEiDT  grob.  3104  unter  I,  B,  2,  /,  a,  bb. 

b)  stehen  bezeichnet  nicht  sowohl  den  eindruck  eines 
gegenständes  an  sich  als  in  seiner  beziehung  zu  andern 
und  zu  seiner  Umgebung,  diese  beziehung  ufird  durch  zu 
ausgedrückt;  wozu  stelfien,  pa.<isen:  sehr  gut  stand  das 
schwarze  struppige  halbergraute  haar  zu  den  roten  trie- 
fenden äugen  E.  T.  A.  Hoffmann  12,  8  Griseb.  {meister 
Floh  l) ;  zu  den  blonden  locken  stehen  seltsam  die  dunkel- 
braunen, fast  schwarzen  äugen  Stifter  v^erke  l,  218  Sauer; 
s.  auch  Voss  l,  13"  unter  I,  B,  3,  /,  y,  dd.  so  mit  be- 
sonderem sin7i: 

diesz  haupt  da  steht  zu  einer  kröne  nicht. 
{that  head  of  thine  doth  not  become  a  crotvn) 

Shakesp.  2,  257  (Heinr.  VI.,  2.  th.  6,  1). 

tceniger  scharf  ist  diese  beziehung  ausgedrückt  durch  ört- 
liche Präpositionen  wie  bei:  es  ist  auch  wol  zu  merken, 
dasz,  bey  den  nackenden  leibern,  die  gewänder,  so  gelb- 
licht, rötlich,  veilfarb,  und  von  purpur  .  .  .  nicht  übel 
stehen  Sandrart  acad.  (1675)  i,  63^; 

wie  niedlich  steht  dabey  ihr  weiszes  mUllerkleid ! 

KOENIG  ged.  533. 

ähnliche  ausdrücke  schon  mhd.-mnd.: 

dar  under  was  härmin, 
als  e?  ob  hemde  wol  stftt         he.  6487 ; 
diu  kelli  blank,  da  vor  stet  wol  din  spengel 

minnes.  2,  93»,  2  Hagen  CTanhuser); 
adamas  unde  6k  brigillus  grät  (heryll-spitze) 
an  golde  weideliken  stfit  {'nehmen  sich  im  golde  stattlich  aus') 

vruwen  IcJ  76; 

deine  backen  stehen  lieblich  in  den  spangen,  und  dein 
hals  in   den   keten  (nnina  Ti^nS  ?iw   'lieblich  sind  deinen 

•      -       —T :  T 

wangen  die  gehänge'  u.  s.  w.)  hohel.  1,  10;  von  der  bey- 
kommenden  bordüre  hält  das  stück  40  eilen  ...  sie  steht 
auf  grün  sehr  gut  Göthe  briefe  11,  12,  21  {an  SchilUr 
23.  Jan.  96). 

c)  gewöhnlich  mit  dativ  der  person,  der  für  diese  be- 
deutung  charakteristisch  und  bei  ihr  vorherrschend  ist, 
während  er  bei  der  modalen  auf  die  ältere  spräche  be- 
schränkt ist  {s.  10,  g).  nur  ausnahmstceise  treten  dafür 
Präpositionen  ein:  allzu  lichte  kleider  stehen  nicht  für 
alte  leute  Gottsched  beobacht.  280. 

a)  zunächst  von  kleidern  und  theilen  der  klridung:  vide 
ut  isthic  omatus  me  deceat,  sih  wie  steht  mir  das  kleid 
CoRviNus  fons  lat.  256;  das  kleid  stehet  mir  nicht, 
•kleidet,  zieret  mich  nicht'  Adelung  (2.  5).  so  auch  für 
viele  mundarten  ausdrücklieh  angegeben :  schtceis.  's  chleid 
stot-em  guet  Hunziker  256;  österr.  deti{r)  rock  schdehd 
ihm  guad  Castei.li  234;  oberlaus.  Anton  13,  7;  in  Rappen- 
au  Meisinoer  182» ;  nd.  dat  kleet  steit  cm  good  'd.  kleid 
sitzt  ihm  gut:  er  hat  darin  ein  gute»  ansehen'  brem.  »•♦. 
4,  992.  —  so  schon  mhd.  {mhd.  wb.  2,  9,  57t*): 

nO  merkent  wie  den  frcuwcn  ir  gebende  stAt 

Walthbr  V.  i>.  VooKLW.  194,  94; 

der  mAnich  .  .  .  sieht  dar  und  wider 
ob  im  die  koral  wol  ste 
IIrink.  V.  Nkuhtadt  gottet  luk.  489  StnQtr; 

der  roantol  stund  der  Junkfrau  wol 

/(Utfi.  sp.M»,*; 

der  mnntcl  iit4<t  dir  lestorlich  66«.  17; 

bin  ii'li  dann  nit  ein  schßnor  knccht? 
ich  wpiKZ  die  kleider  stehn  mir  recht 

QiLMunius  gromm.  «,  t,  ».  9r, : 


1685 


STEHEN  (II.  D,  11,  c) 


STEHEN  (II.  D,  11.  c-d) 


1686 


in  Jena  liesz  dir  nnr  ein  knrzer  ermel  schön, 
weit  besser  wird  dir  hier  ein  langer  aufschlag  stehn 
Zachariae  1,50  {renommist  2) ; 

komm,  gib  mir  deinen  rock  und  mutze, 
die  maske  musz  mir  köstlich  stehn 

GÖTHE  12,92  {Faust  I,  1847); 

fraoen  sollten  durchaus  maimichfaltig  gekleidet  gehen; 
jede  nach  eigener  art  und  weise,  damit  eine  jede  fühlen 
lernte,  was  ihr  eigentlich  gut  stehe  und  wohl  zieme 
17,  281  {icahlvertc.  2,  7) ;  wie  ihr  das  spitzenhäubchen  so 
allerliebst  steht!  E.  T.  A.  Hoffmann  i,  201  Grisebach  (d. 
gold.  topf  5);  heut'  ist  sie  angethan  mit  flor  und  seide 
—  steht  ihr  auch  nicht  übel  Bauernfeld  ges.  sehr.  i.  43 
{leichte,  aus  liebe  2,  lo);  dein  hochzeits-kleid  ?  ei,  wie  es 
dir  steht!  es  ist.  als  ob's  zu  heuf  gemacht  wäre!  Hebbel 
2,  11  {Mar.  Magd.  1,  l).  — 

sie  sieht  nicht  auf  ihr  kleid,  ob  ihr  die  färbe  steht 

J.  A.  Schlegel  verm.  ged.  2,  247. 

durch  einen  satz  umschrieben: 

wie  artig,  rieff  sie,  wird  es  dem  Berintho  stehen, 
wenn  er  ins  künfltige  wird  so  gebunden  gehen 
Nkukirch  bei  Hoffmaxxswaldau  auserl.  ged.  2,  131 ; 

a.  auch  Pückler  briefvc.  4,  320  unter  I,  C,  3./,  a. 

ß)  von  allerlei  schmuck:  ihr  schmuck!  .  .  .  das  hätte 
dir  bei  der  trauung  prächtig  gestanden!  Hebbel  3,  185,  22 
{Agnes  Bern.  3,  8);  die  ohrgehenke  stehen  ihnen  ganz 
vortre£flich  Gellert  bei  Adelung  (2,  5); 

wie  sollte  mir  die  kette  stehn? 

GÖTHE  12,  143  {Faust  I,  2794); 

wie  schön  der  demantring  dir  steht, 
wenn  es  zum  feste  morgen  geht 

Arnim  15,  260; 

werlich,  uwer  königliche  krön. 

her  juddenkonig,  die  stet  dir  schone 

Alsfeld,  passionssp.  5285 ; 

ich  hatte  ihr  aber  einen  so  schönen  kränz  gemacht  von 
farrenkraut,  der  ihr  so  gut  stand  und  ihre  wunderschön- 
heit noch  erhöhte  Bettina  d.  Günderode  l,  80; 

umkränzt  mit  rosen  eure  scheitel, 
(noch  stehen  euch  die  rosen  gut) 

Hagedorn  3,  30; 

um  gottes  willen  andre  bänder! 

diesz  gelbe  steht  mir  scheuslich,  ohne  roth" 

Gotter  1,  70; 

ein  pflästerchen,  das  Chloen  besser  stand 

Wieland  1,  255  Berl.  ak.  {moral.  br.  5.  90). 

ungeKÖhnlieJieres:  ein  schwert,  s.  Wiener  gen.  80.  32  unter 
I,  B.  2,  e.  ß; 

o  Diana  jägrin  erkom, 

wie  wol  steht  dir  das  jägerhom 

GiLHUSius  gramtn.  «.  64  (3.  2).  — 
{ironisch,  im  bilde:) 

ach  schade,  .  .  .  dasz  du  armer  schelm  nicht  längst  ein 

hahnrey  bist! 
wie  artig  würde  dir  doch  das  geweihe  stehen? 

Nelkirch  ged.  205.  — 

diese  narben  stehen  dir  schön  Schiller  2,  \l9  {raub.  3,  2); 
und  die  wunden  sollen  uns  schön  stehen  Immermann 
Münchh.  1,  51  {corresp.  mit  d.  bttchb.  HI). 

y)  eine  andre  nuance  kommt  herein,  wenn  zu  stehen 
nicht  allgemein  lobende  oder  tadelnde  ausdrücke,  sondern 
adverbien  m,it  bestimmterem  inhalt  treten;  so  mhd.,  s.  unter 
a,  a.  die  tracht  stand  ihm  natürlich,  machte  den  eindruck, 
als  wenn  sie  ihm  natürlich  wäre,  s.  Nicolai  Seb.  Xothanker 
t,  195  unter  I,  B,  3,  /,  y,  bb.  femer:  wissen  sie,  dasz 
ihnen  das  kleid  ganz  fremd  steht?  {für  sich.)  weil  sie's 
ausgeliehen  hat  Raimtinds  Vorgänger  298  Fürst  (Gleich 
Fiesko  2,  5) ;  seht  .  .  .  diese  goldglänzende  haube.  die  mir 
unendlich  ehrwürdig  stehen  musz  Tieck  4,  281.  anstatt 
der  adverb.  bestimmung  kann  ein  vergleich  eintreten,  so  in 
sprichwörtl.  redensarten,  wie:  das  steht  ihm  wie  der  sau 
ein  sattel  oder  eine  bandhaub'  {Eifel),  wie  der  ziege  das 
knmmet  {Franken)  Wander  4.  794,  36 — 37. 

d)  in  neuerer  spräche  wird  stehen  auch  sehr  oft  ganz 
ohne  adverb  in  prägnanter  weise  (=  gut  stehen)  gesagt, 
s.  i.  A.  Schlegel  unter  a: 

ich  will  auf  einen  spiegel  was  verwenden, 
und  ein  paar  dutzend  Schneider  unterhalten, 
um  trachten  auszusinnen,  die  mir  stehn 
'to  xtiidy  fashiont  to  adom  my  body) 
A.  W.  Schlegel  Shakerp.  9,  30  {Rieh.  III.,  1,  2); 


{sie)  explizierte  Henri  Reille,  warum  sie  Witwenschleier 
trüge,  'symbolisch,  und  schwarz  steht  mir'  Hans  v. 
Kahlenberg  Eva  Sehring  115. 

e)  der  dat.  verstärkt  durch  präpositionale  ausdrücke  icie 
am  leibe  stehen  {wodurch  dann  auch  stehen  wieder  einen 
eigentlicheren  sinn  erhält): 

er  mag  mir  do  mein  schnch  pfissen 

das  sie  mir  wol  an  meinen  füssen 

sten  umb  und  umb  allzumal 

Pfarrer  v.  Kalenb.  1419; 

er  sieht  genau  die  weiszen  kleider  glänzen, 
die  ihnen  knapp  und  wohl  am  leibe  stehn 

GÖTHE  13.  191  (d.  geheimn.  346); 

Maria  kannte  den  groszen  wert  dieser  perlen  nicht,  .  .  . 
das  einzige  aber  wuszte  sie  mit  gewiszheit,  dasz  sie  ihr, 
als  sie  sie  einmal  umgetan  hatte,  unsäglich  schön  und 
sanft  um  den  hals  stünden  Stifter  d.  waldsteig  76. 

^  to»  der  letzten  Verbindung  unterscheidet  sieh  die  fol- 
gende durch  den  formelhafteren  Charakter,  der  eine  innere 
beziehung,  wie  bei  b  andeutet: 

wie  schön  der  kuh  das  band  zu  halse  steht 

Schiller  14,  274  {TeU  1. 1,  53). 

dasselbe  gilt  von  der  Mußgen  wendung  zu  gesiebte  stehen, 
vgl.  gesiebt  II.  l.  g,  6,  th.  4,  I,  4090.  eigentlich,  doch  zu- 
meist, ohne  dasz  es  auf  die  beziehung  zum  antlitz  an- 
kommt, vom  bloszen  stehen  kaum  verschieden:  die  groszen 
goldnen  ketten  stehen  ihnen  {den  räthen)  zu  gesiebt  — 
Götz,  wie  dem  schwein  das  halsband  Göthe  8.  116  {Götz 
v.  B.  4);  der  Schlafrock  stand  mir  schön  zu  gesiebte 
EicHENDORFF*  3.  15  {tatigen.  2).  so  dann  übertragen:  ich 
malte  ...  die  fertigen  häuser  bereits  hinein,  sie  stehen 
der  landschaft  trefflich  zu  gesiebte  Stifter  l.  68  Sauer, 
häufig  in  freierem  sinne;  vom  gesichtsausdruck  {vgl.  unten 
d,  ß) :  ich  hätte  alles  in  der  weit  darum  gegeben,  nicht 
Ursache  an  einer  heiterkeit  gewesen  zu  seyn,  die  ihr  so 
fürtrefflich  zu  gesiebt  stand  Göthe  25,  iG{dicht.u.wahrh.e,); 
vielmehr  glauben  sie.  nichts  stehe  ihnen  besser  zu  ge- 
siebt, als  eine  schreckliche  Sicherheit  und  Unverschämt- 
heit Keller  4.  45;  das  tennisspielen,  das  steht  der  Erna 
nämlich  besonders  gut  zu  gesiebt  Schnitzler  d.  weite 
land  55;  eine  erwiderung,  die  euerer  excellenz  zu  gesiebte 
steht,  eine  ästhetische  erwiderung  Th.  Mann  königl. 
hoheit  2i.  daneben  auch  im  sinne  'gefallen':  ja,  gewisz. 
Linchen,  mir  hätte  auch  dieser  oder  jener  besser  zu 
gesiebte  gestanden,  wie  dein  guter  vater,  der  mir  schon 
zu  wenig  jung  war  Holtei  erz.  sehr.  3.  33;  das  weih  ist 
ja  lauter  herzenslieb'  .  .  .  und  der  himmel  war  mir  gnädig, 
dasz  ich  ihr  zu  gesicht  gestanden  bin  W.  Fischer  ^m»-- 
tcellen  44.  die  bedeutung  'gefallen'  ist  icoU  von  gesicht 
'visus'  herzuleiten  {wie  in  die  äugen  stechen),  während 
sonst  von  gesicht  'vultus'  auszugehen  ist. 

d)  andre,  iceniger  häufige  gebrauchsweisen .  die  inner- 
halb der  sinnlichen  {sichtbaren)  Sphäre  bleiben. 

a)  von  theilen  des  menschlichen  leibes,  vgl.  a,  ß;  so  mhd.: 

sin  buch  ne  was  ime  nit  ze  lane  noh  ze  breit: 
vil  wol  daz  deme  jungelinge  steit 

(Lamprecht)  Strag2b.  Alex.  172. 

so  auch,  im  bilde:  denn  ich  höre,  das  wol  funff  mal  dis 
edict  sey  verendert.  und  haben  viel  sich  dran  geerbeit, 
noch  hat  es  nirgent  wollen  eine  nasen  gewinnen,  die 
jhm  wol  stände  Luther  30.  3.  338.  5  Weim.  {vgl.  36,  503.  i 
und  Thiele  Luthers  sprielnc.  s.  359).  in  neuerer  zeit  kaum 
anders  als  von  den  haaren,  die  sich  als  ein  schmuck  {s.  c,  ß) 
auffassen  lassen:  was  für  seidenes  haar  du  hast,  lange, 
schöne  locken,  sie  stehen  dir  gut,  Kuni  Freytag  ges. 
werke  2,  82  {brautf.  5,  2). 

ß)  von  geberden,  mienen  u.  ähtxl.:  dann  umspielte  seine 
lippen  ein  humoristisches  lächeln,  das  ihm  sehr  gut 
stand  und  dem  ganzen  menschen  etwas  angenehmes  gab 
M.  Meyr  erz.  aus.  d.  Ries  (1868)  2,  10; 

sie  ist  die  seuberleiche. 

ihr  lachen  das  stehet  ihr  wol 

bergreihen  $.  16,  19  netutr.  (6,  4). 
so  absolut: 

fahr  ich  nicht  mit  pferd'  und  wagen, 
kan  ich  doch  zu  fusse  gebn  .  .  . 
laufen  kan  nicht  sch&ndlich  stehn 

Stoppe  Pam.  247. 

y)  *o  auch,  das  »ubj.  durch  einen  nebensatz  ausgedrückt : 
siehe  doch   dieses   schöne   mensch   und   ihren   zom  an, 

106* 


1687 


STEHEN  (II.  D,  11,  d—e) 


STEHEN  (II,  D,  11,  e-f) 


1688 


wie  lieblich  stehfets,  dasz  die  zom-lrnntzeln  über  den 
angenbranen  zusammengezogen  Oi.earivs pers.  roaenth. 
71  »>  (5,  19);  auch  ihm  .  .  .  stand  es  hübsch,  wenn  er  den 
köpf  mit  den  lichtbraunen  locken  zurückwarf  Storm  6, 82. 
rf)  selten  ist  das  dativobject  ein  ding,  vgl.  Brun  v. 
Schönebeck  3910  unter  I,  B,  2,  /,  17,  ff: 

wie  wol  der  beide  in  manicvaltiu  varwe  st&t! 

WaLTIIER  V.  D.  VOGKLV.-.  64,  13; 

wie  prächtig  steht  dem  goUe  die  wilde  pracht, 
dem  herrscher-antlitz  drohend  hinzugeprägt! 

Herder  27,  50  ('die  alten  münzen'). 

e)  sehr  gewöhnlich  dann  in  die  seelisch- sittliche  Sphäre 
übertragen,  anstehen,  passen,  sich  schicken,  mit  mannig- 
fachen ntiancen,  bald  in  hinsieht  auf  den  ästhetischen  ein- 
druck,  bald  auf  geseUschaftlicIie  Convention,  bald  im  sinne 
moralischer  beurfheilung.  so  absolut,  besonders  im  älteren 
uhd.  ungemein  häufig. 

a)  wol,  fein  stehen  u.  ä.:  wol  stehen,  decere,  condecere. 
es  Stadt  wol.  decet.  es  zimbt  sich  Maaler  383»;  decet  .  .  . 
es  gezimpt  sich,  es  gebürt,  es  steht  wol  Calepinus  VIII. 
ling.  (1584)  541  *.  zuxceilen  nicht  sehr  verschieden  von  10,  a,  ß. 
so  mhd.: 

sin  lant  nieman  schelten  sol 
noch  sfnen  herren;  da;  stät  wol 

Vridanc  63,  7; 

richtet  bey  euch  selbs,  obs  wol  stehet  (var.:  stehe, 
TCQinov  iatlv  .  .  .),  das  ein  weih  unbedecket  für  gott 
bete  1  Cor.  11,  13.  verneint:  mit  beyden  bänden  zugleich 
auff  dem  clavier  in  die  höhe  oder  herab  springen,  stehet 
gar  nicht  wol  Königsb.  dichterkr.  s.  36  neudr.;  (für  das  in 
neuerer  spräche  zu  erwartende  es  steht  gut  fehlen  belege.) 
comparativ:  dasz  sie  .  . .  jhre  seelen  {vor  der  hinrichtung) 
dem  lieben  getrewen  gott  zu  trewen  bänden  bevehlen 
sollen,  das  stehet  und  lautet  besser,  als  die  droben  er- 
zehlte  narrentheydungen  Sandrub  hist.  u.  poet.  kurzw. 
s.  94  neudr.  im  nhd.  daneben  sehr  gewöhnlich:  fein  stehen, 
fein  seyn,  star  bene,  convenire,  convenirsi,  essere  convenevole. 
das  stehet  fein,  wie  fein  stehets,  wann  etc.  Kramer 
dicf.  1,  355'';  o  wie  fein  stehets,  wenn  die  grawen  heubte, 
weise,  und  die  alten,  klug  .  .  .  sind  {cog  wQala  yeQÖvxcDV 
aoifltt)  Syr.  25,  6.  darnach  als  sprichw.:  es  stehet  fein, 
wenn  die  grawen  heupter  weisz,  und  die  herren  ver- 
nünfftig  sind  Petri  Cc8»>;  es  stehet  nicht  fein,  ist  auch 
nicht  ehrlich,  wann  man  weder  das  eine  noch  das  andere 
gar  seyn  will  Moscherosch  ges.  348; 

nun  meiner  treu !  das  nimmt  mich  wunder, 
ich  will  doch  horchen,  steht's  gleich  nicht  fein 
KoTZEBUE  dfam.  w.  1,  248  (d.  harmherz,  briider  i). 

im  comparativ,  s.  Scheidt  grob.  3059  unter  I,  B,  2,  y,  a,  bb; 
es  stehet  nichts  feiner,  als  .  .  .  non  vi  e  cosa  piic  bella, 
che  .  .  .  Kramer  dict.  l,  855'».  tnit  andern  ausdrücken  der 
büligung : 

swie  e;  doch  herllchen  ste 

daj  man  für  fursten  tische  ge 

umb  si  mit  gedrange 

Ottokar  reimchr.  8100 ; 

steht  es  dan  nicht  schOn  und  löblich,  wan  ein  mann  so 

dankbar  ist 
Grob  dichter,  versuchg.  44; 

nichts  steht  ehrlicher  auf  erden 
als  umsonst  getadelt  werden 

Fl.EMINf;  390,  65  Lappenberg; 

ein  stoltze  gesellin  .  .  .  mit  dem  arse  hin  und  wider 
nappet,  das  hüpsch  stehen  soll  unnd  darzä  fein  sein 
LiNOKNER  a.  117  Lichfenst.  (KatzipoH  s.  171). 

ff)  da»  gegentheil  übel,  schändlich  stehen  u.  ä. :  es  stadt 
fibcl,  ist  unfrey.  dedeeet,  haud  convenit,  indeut  Maaler 
888»  {vgl.  10,  a,  y); 

da;  mtn  rtten  bl  in  Übel  st^t, 
Sit  man  und  wlp  ze  fuo;  hie  g£t 

Parz.  460,  15; 
du  Spottor  schr«ib«st  nnr,  was  an  uns  ttbel  steht 

Grob  dichter,  veriwhg.  (1678)  •.  41 ; 

es  stehet  Qb«l,  wenn  die  bierhäuser  voll,  und  die  gottes- 
häuser  ledig  sind  Chr.  Starke  Synopsis  n.  teat.  (1785) 
«,  128.  sprichw.:  es  stehet  übel  (jaU  gemeinsamer  anfang). 
ein  Unflat  in  einem  schönen  hause  seyn.  wenn  ein 
junget  mcydlein  am  lisch  viel  seh  wetzt,  da  feine  alte 
matroncn  stille  schweigen,  wenn  der  wein  dess  mans 
hWT    wird    u.  «.  n.    Pktwi    IM   i»,    «    auch    V.r    h"-    unter 


1.  B,  2,  g.  verneint:  accismis  paululum  uti  non  inci- 
vile.  sich  ein  wenig  weigern  stehet  nicht  übel  Dentz- 
LER  1,  5'';  es  würde  nicht  übel  stehen,  wann  alsdann  m. 
Bernhard  Schmidt  vorher  ritte  .  .  .  Schuppius  804.  da- 
für in  neuerer  spräche:  es  ist  als  dann  ein  verdienst 
für  einen  klugen  köpf,  ...  zu  zeigen,  wie  schlecht  pöbel- 
hafte  Sitten   stehen    J.  E.  Schlegel  3,  270.    comparativ : 

gib  dir  nicht  selber  lob,  nichts  ist,  das  schlimmer  stehet 
Grob  dichter,  versuchg.  t.  32. 

neben  übel  besonders  schändlich ;  gleich  wol  so  es  schant- 
lich  stehen  soll  .  .  .  das  man  einander  inn  anderer  leut 
beiwesen  umbfanget,  küsset  oder  kützelet:  wie  schand- 
licher und  leydlicher  mus  es  dann  stehen,  vor  leuten 
zancken  Fischart  ehezuchtb.  As*";  ihr  sagt,  es  stehe 
schändlich  {wg  ataxQOV  rjv),  seine  wohlthäter  zu  ver- 
lassen Heilmann  Thuc.  395  (3,  63).  —  ein  gepleder  und 
gewesche  ubern  tische  von  unfletigen  .  .  .  Sachen  machen, 
ist  eine  grosze  schände  und  stehet  unerbar.  andere  leute 
ubern  tische  zur  banck  hawen  unnd  verleumbden,  stehet 
lesterlich  Mathesius  Syrach  3,  25'';  das  stehet  gar  nicht 
heszlich,  wenn  ein  herr  sich  über  seine  diener  erbarmet 
Sperling  Nicod.  quaerens  2  {ill9),  562.  —  ungetröhnl icher : 
ich  bekenne  es  stehet  sehr  geringe,  einen  ehrlichen  mann 
durch  den  Vorwurf  seiner  armuth  zu  kräncken  Liscow 
254;  kahl  stehen,  s.  kahl  5,  th.  5,  29. 

Y)  mit  adverbien  von  bestim,mterem  inhalt,  es  steht 
lächerlich,  sieht  läclierlich  aus,  m^cht  einen  lächerlichen 
eindruck:  was  stehet  lecherlicher,  dennsoeinaffmenschen- 
werck  thun  wil?  Petri  Zzi^; 

bilder  von  dem  heutigen  stände 
der  kultur  im  deutschen  lande, 
winke  wünschest  du  mitunter  — 
danke  schön !  es  steht  recht  munter 

Leuthold  ged.*  65.  — 

was  man  dir  bringt  in  grossen  zechen, 
solt  du  alls  geschwind  herausser  stechen, 
als  in  eim  trunck,  das  steht  so  frey 

Scheidt  grob.  3766  {hierher  f); 

so  stehet  es  auch  zum  hefTtigsten  unsauber,  wenn  aller- 
ley  lateinische,  frantzösische  .  .  .  Wörter  in  den  text 
unserer  rede  geflickt  werden  Opitz  poeterey  s.  27  neudr.  — 
so  mit  Standesbezeichnungen:  wann  eyn  j&ger  des  morgens 
auffsteht  der  jagen  will,  soll  er  den  tag  j&gerlichen  ausz- 
schreien,  und  die  mit  jm  jagen  wollen  also  auflwecken,  .  .  . 
wolulT  frisch  und  frölich,  das  stehet  heut  j&gerlich 
Sebiz  feldb.  565: 

ihr  empFmdliches  gewissen 

hasset,  was  so  weltlich  steht 

Hagedorn  bei  Adelung  (2,  5). 

diese  ausdrucksweisen  sind  jetzt  veraltet. 

f)  während  die  besprochene  absolute  gebrauchsweise  ziem- 
lich auszer  gebrauch  gekommen  ist,  sind  die  fügungen  mit 
dem  dativ  der  person  gerade  der  neueren  spräche  sehr 
geläufig;  dabei  kann  der  dativ  d.  pers.  auch  umschrieben 
sein:  das  religiöse  stehet  der  weiblichen  bescheidenheit 
sehr  wohl;  es  giebt  der  Schönheit  ein  gewisses  edles, 
gesetztes  und  schmachtendes  ansehen  Lessinu  l,  437 
(freyg.  4,  3).  ganz  selten  ist  der  dativ  durch  eine  präp. 
ersetzt : 

versprechen  und  halten, 

steht  fein  bey  jung  und  alten 

deuUche  tpriehw.  (1790)  82,  177. 

«)  zumeist  mit  denselben  adverbien  allgemeinen  Charakters, 

vgl.  e,  « — ß\ 

werdiu  gesellekeit  siSt  wol  den  kinden 

Tit.  60,  3,  vgl.  114.  4; 

daz  solt  du  nüme  tön,  es  slftt  dir  nit  wol,  und  ist  Ach 
unzuht  St.  Oeorgener  pred.  6.5.  l,  *.  auch  185,  6;  sie  nimmt 
sich  kleine  froyheiten  heraus,  welche  mannspersonen 
unverschämt  lassen  würden,  allein  ihr  stehen  sie  wohl 
Gellert  4.  84;  ein  stilles  und  langmüthiges  wesen  steht 
einem  tapfern  manne  wohl  Arndt  .ichr.  filr  u.  an  a.  l. 
Deutschen  1,  27."».  dafür  jetzt:  es  war  etwas  mütterliches 
darin,  das  ihr  sehr  gut  stand  Liinwio  8,  807.  umgekehrt: 
des  stit  in  trflren  tlbel  und  stOende  in  fröide  wol 

WaI.TIIKR   V.  I>.  VüOKI.W.  4S,  .1H; 

es  giebt  olympischen  ncid  oder  cifcrsuchtl  der  steht 
einem  könige  nicht  Übel  Hippel  lettenal.  8,  s.  29;  Hein 
rieh  IV.    geht   daran   zu   gründe,   dasz  seinem  heftigen 


1689 


STEHEN  (II,  D,  11,  /•— 12,  a) 


STEHEN  (U,  D,  12,  a) 


1690 


deutschen  gemüth  die  welsche  list  allzu  übel  steht  Frey- 
tag 17,  437    (büder  1,  9).    jetzt  getcöhnlich    schlecht:    die 
Mainzer  .  .  .    afTectiren    ganz   Franzosen   zu   seyn.    dies 
j       thun  besonders   junge   leute;    es   steht   ihnen   aber  be- 
(        sonders  schlecht  Solger  nachgel.  sehr,  l,  27.    anderes: 

\  mir  ist  liep  daj  si  mich  klage 

?  ze  mäje  als  e;  ir  schöne  ste 

Walther  v.  d.  Vogelw.  61,  9; 

freunde,  treibet  nur  alles  mit  ernst  und  liebe;  die  beiden 
stehen  dem  Deutschen  so  schön,  den  ach !  so  vieles  entstellt 
GöTHE  1,  399  {ijahresz.  43);  vgl.  3,  41.  41,  45.  330; 

übrig  bleiben  aber  wird  uns  ein  frommes  gemüth,  das  uns 
nirgends  schöner  steht  als  bei  der  arbeit  Riehl  deutsche 
arb.  167; 

wir  mügen?  noch  wol  scheiden  .  .  . 
und  haben  in  ze  friunde;     daj  uns  noch  lol)elicher  stät 

mb.  119,  4, 

hör'  auf  doch  mit  Weisheit  zu  prahlen,  zu  prangen, 
bescheidenheit  würde  dir  löblicher  stehn       Göthb3,  24€; 

wie  artig  stehet  dem  herrn  prof.  nicht  der  angenommene 
eyfer  Liscow  157;  es  läszt  sich  wohl  .  .  .  alles  mit  grazie 
thun,  ich  kenne  wenigstens  einen  groszen  philosophen. 
dem  in  seiner  liebenswürdigkeit  auch  dies  edel  steht 
TiECK  4,  35. 

,?)  das  siibject  ist  meistens  ein  abstractes  sitbst.  oder  ein 
stellvertretendes  pronomen,  s.  die  belege  tinter  a.  daneben 
ein  inf.,  s.  schiceiz.  schausp.  1,  156  unter  I,  B,  2,  /,  jy,  cc; 
es  steet  übel  ainem  Jüngling  win  erkennen  Xicl.  v.  Wyle 
transl.  155,  26  Keller,  bei  nachstellung  jetzt  nur  mit  zu: 
es  steht  ihnen  wohl,  diesz  wort  gegen  mich  zu  ge- 
brauchen Iffland  theatr.  werke  2,  251  (rf.  Spieler  3,'3).  ein 
»atz:  deshalb  mir  gar  übel  gestanden,  das  ich  als  ein 
nnfrätiger  hirt  .  .  .  umb  liesse  kummen  die  schaff  so 
miner  trüw  empfolht  sind  Zwingli  v.  freih.  der  speisen 
s.  4  neudr.; 

das  einer  sin  heren  verratten  sol, 
es  stat  keim  Christenmenschen  wol 

MoNE  schausp.  des  mittelalt.  2,  283,  2444; 

sei  nicht  galant,  es  steht  dir  schlecht  Ebner-Eschen- 
BACH  4,  289. 

Y)  mit  adverhien  bestimmteren  inhalts  (vgl.  e,  y),  s.  Alsf. 
passionssp.  539  unter  I,  B,  2,  /,  tj,  bb: 

ein  jungfrow  sol  nit  hinter  sich 
sehen,  das  Staat  ir  züchtigklich 

Br.\nt  narrensch.  3^  Zamcke,  var.; 

wie  komme  ich  mir  Tor,  mir  eine  religion  machen  zu 
lassen ,  die  mir  nimmermehr  natürlich  stehen  wird ! 
Gutzkow  ges.  werke  3,  418  (rf.  diakon.  VII);  du  hast  bis 
jetzt  zwar  keine  anlagen  zur  eitelkeit,  würde  dir  auch 
komisch  stehn  M.  Diers  Jos.  Koppen  22. 

(f)  seit  dem  IS.jahrh.  sehr  geicöhnlich  ohne  adverbiale 
bestimmung,  in  prägnantem  gebrauche  (=  gut  stehen,  vgl. 
r,  (Ti:  herr  Leander,  wie  sehen  sie  mir  denn  aber  heute 
einmal  so  verdrieszlich  aus?  ach!  das  gesiebte  steht 
einem  freyer  gar  nicht!  Lessing  2,  370  {Dämon  4); 

ein  weibisch  mitleid  steht  nicht  dienern  möiner  räche : 
die  wuth  ist  ihre  pflicht  und  tödten  ihre  sache 

Weisze  Eich.  III.  s.  70  neudr.  (4,  6); 
Trauen  stünde,  gelehrt  sein,  nicht?  die  Wahrheit  zu  sagen, 
nützlich  ist  es,  es  steht  männem  so  wenig  wie  frann 

Kleist  4,  23  E.  Schmidt  (epigr.  5) ; 

dmm  sehn  mer  hie  stark  druf,  .  .  . 
dasz  unsri  maidle  recht  an's  schafTe  sich  geweene ; 
d'  arwet  macht  gsund,  un  steht  de  wüeste  wie  de  scheene 
Arnold  pfingttmont.  65  (2,  6). 

in  folgender  stelle  mehr  im  »inne  des  heutigen  liegen  (II, 
11,  i,  th.  6,  1014):  Immermann  .  .  .  möchte  productionen 
geben  ohne  ironie ;  aber  primitive  gefühle,  zärtlichkdten 
...  zu  zeichnen,  steht  ihm  nicht  Gutzkow  ges.  tmrke 
9,  286. 

f )  in  absolutem  gebratuh  im  18.  jahrh.  als  nd.  (pommerseh) 
bezeugt:  dat  steet  nig, 'e«  geziemet  »ich  nicht'  Dähnert  465'>. 
dazu  (.')  .• 

sei  gott  gleich!  —  'ach:  das  geht  nicht.' 
80  sei  ein  mensch!  —  'das  steht  nicht.'  — 
ei  was !  es  kann  doch  stehn 

Arndt  5,  331  Meitner. 
12)  von  »pecielleren  gebrauchsweisen   ist  die  anwendung 
auf  schriftliche  darstellungen  die  häufigste. 

a)  in  es  steht  geschrieben  hat  steht  einerseits  den  icerth 
eines  hüfaverbs,  wie  sonst  neben  prädicatsadjectiven  (vgl.  5 


und  8.  bes.  8,  n).  andrerseits  betont  es  das  feste,  dauernde, 
beständige  des  geschriebenen  im,  unterschiede  vom  gesproche- 
nen Worte,    die  Verbindung  findet  sich  vereinzelt  schon  ahd. : 

keremes  in  mäate        uns  selben  io  zi  güate 
främmortes  thia  gotes  dät,        so  siu  thar  giscriban  stat 
Otfrid  3,  26,  6  (ebenso  5,  12,  4). 

(William  49,  i,  s.  c,  y,  aa.)  auch  im  mJid.  ist  sie  noch 
nicht  sehr  häufig: 

also  man  vint  geschreben  stan 

Brun  V.  Schonebeck  2719; 

weitere  belege  s.  unten,  im  nhd.  ist  sie  von  anfang  an 
eine  feste  formal  und  viel  üblicher  als  es  ist  geschrieben. 
ihre  Verbreitung  geht  wohl  besonders  auf  den  einfiusz  der 
Lutherschen  bibelübersetzung  und  der  reformation  zurück, 
(vgl.  schreiben  II,  8,  b.  th.  9,  1696/.) 

a)  so  ohne  iceiteren  zusatz,  als  einleitung  eines  citats: 
es  stehet  geschrieben  (yeyQanxai),  du  solt  gott  deinen 
herrn  anbeten,  und  jm  allein  dienen  Luc.  4,  8;  vgl.  Gal. 
3,  10;  dann  geschriben  steet,  Übertretung  goetlicher  gesetze 
bleibt  nit  unerrochen  Berth.  v.  Chiemsee  s.  5;  s.  auch 
Geiler  bilgersch.  3*  unter  I,  B,  2,  /,  7],  dd.  in  freierem 
sinne  (.'): 

jeder  treil)e  sein  handwerk,  doch  immer  steh'  es  geschrieben : 
diesz  ist  das  handwerk,  und  der  treil)et  das  handwerk  geschickt 
GOT  he  werke  I,  5,  249  Weim. 

ß)  durch  Präpositionen  oder  adverbia  erweitert: 

das  steht  vom  Ulenspiegel  gschriben 

der  hab  disz  stücklin  auch  getrit>en 

^  Scheidt  grob.  919. 

so  bes.  bei  relativischer  anknüpf ung,  s.  d.  .städte  chron.  8, 
104,  13  unter  I,  B,  2,/,  rj,  dd;  er  ists,  von  dem  geschrieben 
stehet,  sihe,  ich  sende  meinen  engel  für  deinem  angesicht 
her    Luc.  7,  27.     daneben  mit  über;  mhd.  umbe: 

nmb  alle;  sin  gesiebte 

stuont  da  geschriben  rehte        Parz.  455,  16. 

mit  quellen-  oder  Stellenangabe:  alles  was  in  diesem  buch 
geschrieben  stehet  Jerem.  25,  13;  wie  denn  geschrieben 
stehet  in  dem  gesetz  des  herrn  Luc.  2,  23;  es  stand 
Mathei  am  XVIII  geschriben  .  .  .  Schade  sat.  u.  pasqu. 
2,  140,  28;  wi  geschriben  steet  im  i.  buch  Samuels,  am  23  c. 
Melissus  psalmen  s.  108  neudr.,  in  Paulo,  *.  Fischart 
1,  10  unter  I,  B,  2,/,  tj,  dd; 

an  vielen  orten  stehts  geschrieben, 
das,  wie  wirs  han  allhie  getrieben, 
werden  wir  müssen  rechnung  gebn 

Krüger  aktion  r.  d.  ßnf.  d.  weit  BS*". 

sonst:  in  latin,  s.  Heinr.  v.  Neustadt  gottes  zuk.  68  unter 
I,  B,  2,  e,  ß.  —  so  auch:  do  er  (pabst  Johannes)  gen  Con- 
stantinopel  kam  alse  do  vor  stet  geschriben,  do  zogete 
daz  Volke  gegen  im  us  d.  städte  ehr.  8,  31.  31  (Closener); 
alse  hyvor  geschreben  steit  Kulmer  recht  V,  38.  —  nicht 
iti  büchern:  vor  der  ärmsten  hütte  stand  viva  Pio  nono 
mit"  kreide  angeschrieben    Moltke  ges.  sehr,  l,  25; 

wirke!  das  ist  das  grosze  gesetz,  in  des  tempels 
tafel  gehaun  .  .  .  noch  fassest  du  nicht  des  gesetzes 
ganzen  verstand,  denn  es  steht  zwar  in  der  halle 
nicht  geschrieben  .  .  . 
Klopstock  öden  2,  48  Juncker- Panel  ('d.  grämstein). 

s.  auch  wunderh.  1,  95  unter  I,  B,  3,  d,  ^. 

y)  mit  bestimmtem  subject:  in  disem  exemplar  stand 
geschriben  vier  gütü  bfichlü  Suso  3,  2  Bihlmeyer;  glycher 
wyse,  als  ob  diese(l)b  ingezogen  schrifte  nienert  alda 
geschriben  stund  Nicl.  v.  Wyle  transl.  1.5,  36  Keller;  da 
fand  man  zu  Ahmetha  .  .  .  ein  buch,  und  stund  also 
drinnen  eine  geschieht  geschrieben  Esra  6,  2 :  daher  triflfl 
uns  auch  der  fluch  und  schwur,  der  geschrieben  stehet 
im  gesetze  Mose  Dan.  9,  11;  so  find  man  alsdann  die 
schrifft  im  ey  geschriben  stehn  Sebiz  feldb.  108;  s.  ferner 
JoH.  Eberlin  1,  61  unter  I,  B,  2,/,  6,  bb;  Zürcher  bibel  1, 
309''  unter  I,  B,  3,  *,  y.     im  bilde: 

am  himmel  steht  ein  scheidebrief 

ins  abendrot  geschrieben  Kkllbr  9,  70. 

namen:  der  namen  nicht  geschrieben  stehen  in  dem 
buch  des  lebens  offenb.  17,  8.  dafür  oft  die  personen 
selbst  eingesetzt  (vgl.  e) :  und  na  eme  quemen  de  bischoppe, 
de  hyma  staet  geschreven  Münster  chron.  i,  92:  vgl.  d. 
städte  ehr.  5,  18,  25  unter  l,  B,  2,  f,  6,  aa;  in  gegenwertig- 
keit  .  . .  der  zeugen  die  im  kaufTbrieff  geschrieben  stunden 
Jerem.  32,  12; 


1691 


STEHEN  (II,  D,  12,  a-c) 


STEHEN  (II,  D,  12,  c) 


1692 


in  diesem  bttchelcben  stehn  vom  und  hinten, 
wie  ich  mir  sagen  lassen,  mit  des  hcrm 
selbsteigner  band,  die  angehörigen 
von  ihm  und  ihr  geschrieben 

Lessing  2,  327  (Nathan  4,  7,  731). 

».  ferner  d,  6;  e,  ß,  dd;  h,  a.  ß.  ö,  wvd  mit  aiuiem  pari,  f;  g. 
b)  für  geschrieben  können  ähnliche  ausdrücke  eintreten: 
an  allen  zimmern  stehe  schon  seit  gestern  mit  kreide 
deutlich  angeschrieben,  wer  darin  wohnen  solle  Göthe 
18,  253  {Wilh.  Meister  3,  3);  ich  bewundre  nur  immer  das 
spiel  des  katers  ...  so  oft  er  zum  beispiel  das  kaninchen 
aus  der  tasche  nahm,  hob  er  es  jederzeit  bei  den  obren, 
—  es  stand  ihm  nicht  vorgeschrieben  Tieck  5,  233  {gest. 
kater.  2.  ztcischenakt).    freier,  im  ginne   der  Chiromantie: 

beseht  die  flache  handt,  .  . . 

da  stehet  all  mein  glück  und  Unglück  utfgeschrieben 
ZiNCüREF  auserl.  ged.  s.  59  neudr.  (48,  22).  — 

mhd.  öfter  beschriben  stän,  s.  Hoefer  älteste  urk.  s.  19, 
21  und  29,  Lacomblet  urkundenb.  no.  515  und  532.  Brun 
V.  Schonebeck  3204  unter  I,  ß,  2,  /,  rj,  ff.  und  6,  ff.  — 
darumb  ist  von  jm  gesand  .  .  .  diese  scbrifft,  die  da  ver- 
zeichent  stehet  Dan.  5,  24;  das  im  vorberichte  zu  meinem 
trauerspiel  als  eine  note  angeführt  stehet  Ayrenhoff 
werke  i,  226;  sie  erhalten  hiebey  .  .  .  ein  paquet,  dessen 
inbalt  und  behandlung  hiernächst  verzeichnet  steht 
Göthe  briefe  33,  198,  13;  auch  im  Morgenblatt  stehe  es 
schon  weitläuftig  aus  Frankfurt  berichtet  Brentano 
9,  175; 

frei  wählten  wir  des  reiches  schütz  und  schirm, 
so  steht's  bemerkt  in  kaiser  Friedrichs  brief 

Schiller  14,  326  {Teil  2,  2,  1215); 

so  stand  ihm  sein  geschick  bebrieft, 
das  seeweib  sollt'  er  schaun 

Arndt  6,  219  Meisner; 
du  hast  mit  hunden  wild  gehetzt,  obwohl 
geboten  steht,  ein  tempelritter  solle 
den  teufel  nur  aus  seinem  innem  jagen 

(Z.Werner)  söhne  des  thales  1,  121. 

vgl.  auch  Fischart  bienenk.  16 *>  U7iter  I,  B,  1,  /,  y.  — 
Klotilde  —  die  Sehnsucht  .  .  .  oder  etwas  dem  ähnliches 
steht  unter  ihnen  (rfcn  bildern)  zu  lesen  Raabe  d.  hunger- 
pagtor  •'*  275  (25.  kap.) ;  neben  geschrieben : 

der  Josua  war  doch  auch  ein  soldat,  ... 
und  wo  steht  denn  geschrieben  zu  lesen, 
dasz  sie  solche  fluchmäuler  sind  gewesen? 

Schiller  12,  37  ( Wollenst,  lag.  8).  — 

wenn  unsre  recension  gedruckt  steht  Göthe  briefe  42, 
73  {an  Zelter  2.  märz  27). 

c)  für  geschrieben  stehen  steht  dann  auch,  und  noch 
viel  gewöhnlicher,  bloszes  stehen,  fast  immer  mit  Orts- 
angaben, so  dasz  hier  eigentlich  nur  ein  specieller  fall 
der  allgemeinen  bedeutung  'sich  an  einem  orte  befinden 
(s.  B,  5 — 6)  vorliegt. 

o)  in  {mhd.  an)  einem  buche,  briefe  u.  ähnl.:  si 
sprachen,  er  machet!  bächer,  an  den  ständi  falschü 
lere    Suso  68,  22  Bihlmeyer; 

swa;  an  disem  brieve  stet 

rittertreue  155; 
nim  dir  widerumb  ein  ander  buch,  und  schreib  alle 
vorige  rede  drein,  die  im  ersten  buch  stunden  Jerem. 
36,  28;  er  hat  ein  buch  darinn  stehts  alles  S.  Franck 
sprichic.  1, 11»;  die  schiiTer-mclodie  stand  in  einem  bände 
Rousseaa'scher  lieder-compositionen  Göthe  briefe  27,  233 
{an  2!elter  14.  nov.  16).  ao  apeeiell:  gottes  wort  steht  in 
der  bibel,  verbum  dei  continetur  in  bibliis  Frisch  2, 
886";  darumb  stehet  in  der  schrifTt  {var.:  ist  ynn  der 
schrifft  verfasset,  negii^ei  iv  ygaipf/),  sihe  da,  ich  lege 
einen  ausscrweleten  kdstlichen  eckstein  in  Zion  i  Pet  2,  6; 
die  lieder,  die  in  der  bibel  stehen  Schuhart  ästhel.  der 
tonk.  H. 

nun  Ia«z  uns  hören,  weiter  fort, 
was  in  dem  brieffe  stehn  für  wort 
Spangbnbbro  autgew.  dicht,  t.  87  (ßanMxk.  992); 
»priehtB.  du  stund  wol  ym  brieffe?  Luther  »priehw.  201 
Thiele,  t.  *.  90» f.    mundarüieh  in  d.  SdiwetM  was  stot  im 
(In  »Im)  brief?  Hunziker  au.  Seilbh  279».—  über  Homeo 
ond  Jalla  »teht  ein  »ehr  vernünftiger  anklang  in   eurer 
MUang    Göthr   britfe  27,6t    {an  Zelter  H.  juni  16);    und 
die  bey  euch  die  narren  spielen,  laszt  sie  nicht  mehr 
Mf».  *!•  In  ihrer  rolle   steht  {tJum  ig  get  down  for 
Mm»)    A.  W.  Schlkobl  Shakegp.  s,  241  {Hamlet  8,  2); 


von  span'schen  truppen  aber  und  Infanten  .  .  . 
steht  im  vertrage  nichts 

Schiller  12,  124  {Piccol.  2,  7). 
ß)  ein  buch  wird  gern  mit  dem  autornamen  angeführt . 
daher:  es  steht  im  Cicerone,  Cicero  scriptum  reliquit 
Steinbach  2,  668;  Christus  ist  allein  das  licht  unsers 
lebens,  wie  im  Johanne  stehet  Schweinichen  i,  8; 
im  Moyse,  s.  Gilhusius  gramm.  i,  3  unter  I,  B,  2,/,  a,  bb; 

wie's  im  Homerus  steht 
Herwegh  gedichte  eines  lebend.  2,  70. 
ungewöhnlich  bei  neueren  autoren:  ja  sie  werden's 
machen,  wie  im  Geliert  steht:  er  besah  die  spitz'  und 
schneide  und  steckt  ihn  langsam  wieder  ein  Lenz  i, 
389  Blei  {hofm.  l,  5).  daneben  bei:  was  weytter  bei 
Peterman  Etterlin  und  im  legend  hoch  für  fabel  . .  .  von 
jm  {Karl  d.  gr.)  geschriben  steet,  lasz  ich  in  seinem 
werdt  S.  Franck  chron.  der  Teutschen  (1539)  77'';  die 
actenstücke,  die  in  diesem  streit  gewechselt  worden, 
stehen  ...  bei  Harpprecht  Ranke  s.  werke  l,  317,  ann.  l; 
freilich  steht  bei  Marcus  . . .  D.  F.Strausz  leben  Jesu  l,  32. 

y)  nähere  angaben  der  stelle  innerhalb  eines  buchea 
u.  ähnl. 

aa)  zu  end  des  bestirnten  fleschenbüchleins  stund  .  .  . 
eyn  kleyn  anhänglin  und  tractetlin  Oarg.  s.  42  neudr. ; 
hinter  allen  {romanzen)  steht  eine  nutzanwendung  Ger- 
stenberg rezensionen  s.  70,  20;  er  {Tnein  'Cook')  steht 
vor  dem  ersten  bände  meiner  Übersetzung  von  Cook's 
letzter  reise  Forster  sämtl.  sehr.  8,  30;  die  worte  stan- 
den unter  dem  bilde  Arnim  2,  53.  mit  adverbien:  auch 
stehet  hier,  das  Pickelhäring  die  reise  über  65  maas 
wein  .  .  .  allein  getrunken  scfuiusp.  der  engl,  komöd.  96,  l 
Creizenach  {lügend-  u.  liebesstr.  3,  2); 

unschuldig  hingerichtet!  ja  hier  stehts 

Tieck  2,  204. 
ebenso  sagt  man:  da  steht's!  doch  wird  da  stehen  ge- 
wöhnlich in  ganz  allgetneinem  sinne  gesagt  {=  geschrieben 
stehen  überhaupt):  der  zweyte  {Wolf)  dagegen  hat  sich 
.  .  .  dem  Widerspruch  ergeben,  dasz  er  alles  was  man 
sagen  kann,  ja  alle^  was  da  steht  hartnäckig  verneint 
Göthe  briefe  27,  149  {an  Zelter  28.  aug.  18I6).  —  so  bei 
rück-  und  vorverweisen:  dag  s61ba  vdrs  st6t  öuh  da  vöra 
Williram  4P,  i;  häufig  wie  oben  steht,  *.  z.  b.  Stein- 
höwel  Aesop  s.  5  unter  I,  B,  2,  /,  t],  aa;  darumb  hab  ich 
dise  kleine  verszlein  daran  gehenckt,  wie  unden  stehn 
Schumann  nachtbüchl.  2S,  21  Bolte{i,6);  dafür  stat  her- 
nach (hie  noch),  s.  d.  städte  ehr.  5,  25,  33  und  Gersdorff 
wundartzn.  20»  unter  I,  B,  2,/,  7],  aa  und  a,  bb.  —  vgl. 
auch  {da)  zog  er  {d.  vogt)  die  vier  befehle  aus  der  tasche, 
ob  er  ihnen  nicht  .  .  .  auszen  ansehen  könnte,  was  in- 
wendig stehen  möchte    Hebel  3,  87. 

bb)  häufig  am  rechten  orte,  platze  u.  ähnl.  stehen: 
einige  allgemeine  betrachtungen  werden  hoffentlich  hier 
am  rechten  orte  stehen  Göthe  23,  216  {tcanderj.  3,  14); 
ähnlich  37,  52  (am  rechten  platze);  deszhalb  der  ausfall 
besonders  gegen  uns  nicht  am  rechten  flecke  steht  briefe 
16,101.20  {an  Schiller  b.  juli  1802);  die  Wahrheit  steht 
überall  an  ihrem  rechten  platze  Klinger  8,  l&8  {Faugta 
leb.  3,  9). 

rf)  mit  angaben  des  materials,  xcorauf  geschrieben  toird. 
auf  dem  papier  stehen  von  dem.  icas  niedergeachrieben 
ist,  im  unterschiede  ton  dem,  tcas  mündlich  geredet  oder 
nur  im  köpfe  enticorfen  ist:  Hcrsilie  .  .  .  hat  mir  in  der 
geschwindigkeit  die  ganze  familie  aus  dem  Stegreife  in's 
lustige  recensirl;  ich  wollte,  dasz  es  auf  dem  papier 
stünde  Göthe  21, 109  {uanderj.  i,  6).  ungewöhnlich:  meinen 
Winter  bring  ich  beynahe  in  absoluter  einsamkeit  zu, 
dictire  fleiszig,  so  dasz  meine  ganze  existenz  wie  auf 
dem  papiere  steht  Göthe  brirfe  86,  861,  81  {an  Zdter 
b.febr.  82),  g.  auch  88,  289,  17  (80.  ggpt.  80).  früher  auf  per- 
gamcnt,  vgl.  Lohenstkin  Armin,  l,  l87^  unUn  f.  im 
einzelnen  auf  einem  blatte: 

der  ahnen  tunnden,  und  ihre  hcldonthatcn, 
davon  auf  jedem  blat  auch  neue  wunder  stehn 

KoKNio  ged.  87; 
was   auf    dem   Utolblatlo    steht    Haben  er   werke  i,  166. 
dafür:  kennen  Sie  die  Kanlischen  beobachtungen  über 
das   gefühl   des    schönen    und    orhahenon   von   1771?   es 
wäre  eine  recht  artige  srhrift  wenn   die   werte   schön 


1693 


STEHEN  (II,  D.  12,  c-d) 


STEHEN  (II,  D,  12,  d-e) 


1694 


and  erhaben  auf  dem  titel  gar  nicht  stünden  Göthe 
briefe  10,  235,  7  {an  Schiller  iO.febr.  1T95);  wenn  die  schelm- 
streiche Scapins  und  dergleichen  auf  dem  zettel  standen 
tcerke  24,  166  (dicht,  und  icahrh.  3).  —  auf  Schriften ,  in- 
sehrißen:  auf  jedem  topfe  steht,  dasz  die  schminke  un- 
schädlich sei  TiECK  7,  197  {LoveU  9,  12);  auf  einem  der- 
selben {sitze)  im  theater  steht  eine  Inschrift  Göthe  37, 
193.  vom,  geprägt  der  münzen:  in  unsern  Zeiten  hat  man 
in  Siebenbürgen  ein  gewelb  gefunden,  .  .  .  das  ist  steck 
voller  geschlagner  goldgülden  gelegen,  .  .  .  auff  einem 
stehet  grieckisch,  Basilij  Lisymachon,  auff  eim  andern 
stehen  drey  bilder  . .  .  Mathesius  Sar.  15'>.  namen  oder 
initialen  in  tcäsche  und  dergl.:  es  stehen  auf  jedem 
stücke  Ton  mir  die  anfangsbuchstaben  meines  namens 
Gellert  3,  174  {betschw.  2,  l);  ihr  taschentuch  aber,  in 
dem  ihr  name  stand,  schenkte  sie  dem  Jäger  Grimm 
märchen  249  {nr.  60). 

f)  selten  und  nur  mit  besonderem  nachdniek  ganz  ohne 
solche  bestimmungen :  im  ersten  falle  haben  Milton,  Haller, 
Kleist  und  andre  gedichtet:  sie  sannen  lang,  ohne  zu 
schreiben:  sprachen  sie  aber,  so  wards  und  stand 
Herder  5,  184  {hier  als  att'sdnick  der  Vollendung,  icie  B, 
13,  /);  heute  geht  auch  Iphigenie  ab,  o  mögtest  du 
fühlen  wie  viel  gedancken  zu  dir  herüber  und  hinüber 
gegangen  sind  bisz  das  stück  so  stand  Göthe  briefe  8, 
132  {an  fr.  v.  Stein  IS.  jan.  87);  ich  erzähle  aus  den  jähren 
1770  und  1780.  also  stehe  es!    Arndt  i,  18  Bosch. 

d)  als  subjeci  tritt  zu  stehen  theils  der  Wortlaut  des 
geschriebenen  in  directer  oder  indirecter  rciedergabe  {s.  a, 
a.  ß).  theils  hinweisende  u.a.pronomina  oder  entsprechende 
stibstantiva.  letztere  verlangen  besondere  b^trachtung,  da 
sie  neue  nuancen  enttcickeln. 

«)  buchstaben,  Wörter:  es  bedeute  etwas  grosz  das  ein 
's'  stände  im  mittel  des  namen  {Jhesus)  Eberlin  i,  58 
neudr. ; 

hier  steht  ein  andres  fremdes  anfangszeichen. 
hier  steht  ein  I  Kleist  Amphitr.  2,  4,  1118/. 

(^vgl.  unter  I,  B,  S,f,  y,  dd). —  im  Virgilio  stehen  vil  hebre- 
ische  Wörter  Mathesius  Sor.  is*»;  ich  halte  es  für  eine 
gelehrte  abhandlung  .  .  .,  weil  so  erschrecklich  vieles 
griechisch  darinnen  steht  Rabener  5,  46;  hier  kommen 
also  die  Wanderjahre  angezogen;  .  .  .  ich  kann  mich 
rühmen,  dasz  keine  zeile  drinnen  steht,  die  nicht  ge- 
fühlt oder  gedacht  wäre  Göthe  briefe  35,  146,  lO  {an 
Zelter  19.  oct.  21);  meine  mutter  .  .  .  liesz  sich  nie  ader, 
wenn  im  calender  das  zeichen  zum  gutaderlassen  stand 
Hippel  lebensläufe  l,  26;  vgl.  e,  a. 

ß)  stehen  xcird  dann  auch  auf  allerlei  sprachliche  be- 
ziehungen  angewandt,  icobei  die  Vorstellung  des  geschrieben- 
seins  ganz  wegfällt,  theilweise  auch  kaum  zu  gründe  liegt: 
da  beim  Franzosen  hauptwort  und  nebenbegriffe  fast 
willkürlich  unter  einander  vermengt  zu  stehen  scheinen 
Lenz  2,  329  Tieck;  der  Willkür  jedes  burschen,  wenn  ein 
von  vor  seinem  namen  stand,  waren  die  armen  schelme 
preisgegeben  Ed.  Genast  tageb.  15;  denn  in  den  kurzen 
sylben,  wo  wir  {Griechen)  tönende  vokale  haben,  steht 
bey  euch  {Deutschen)  meistens  das  unbedeutende  e 
A.  W.  Schlegel  im  Athenäum,  1, 13.  von  der  rechtschrei- 
bung:  in  folgenden  aber  nicht;  als:  jnnerlich,  .  .  .  son- 
dern müs  stehen:  innerlich  Butschky  hochd.  kanz.  a.9; 
weis,  das  zeitwort,  ich  weis,  stehet  mit  dem  einfachen 
und  kleinen  s  am  ende  Gueintz  deutsche  rechtschr. 
(1666)  158.  von  der  Wortbildung  undßexion:  nur  mit  dem 
unterschiede,  dasz  wenn  die  Zusammensetzung  acht  ist, 
das  augment  vor  die  ganze  Zusammensetzung  tritt,  wenn 
sie  aber  unächt  ist,  nach  der  trennbaren  partikel  stehet 
Adelung  umständl.  lehrgeb.  2.  10.  von  gebrauch  der  Wör- 
ter und  wortformen:  zä  latin  stet  sacrilegns  {als  gloase 
tu:  den  grosten  schalck)  Terenz  (1499)  49«;  eyn  iglich 
wortt  soll  man  lassen  stehen  ynn  seyner  natürlichen 
bedeuttung  Luther  ii,  436,  21  Weim.;  nym  für  dich  das 
griechische  testament  und  halts  gegen  deudsche  spräche, 
•o  wirstu  finden,  .  .  .  das  dort  offt  artickel  stehen,  da 
sie  ym  gegen  deudschen  {in  der  deutschen  entsprechung) 
nicht  stehen  müssen  26,  359,  25/.;  die  präposition  in  steht 
mit  dem  dativ  und  accusativ;  in  der  indirekten  rede 
steht  das  verb  im  conjunctiv  u.  ähnl.  {das  letzte  beispiel 
i  deutlich  von  7  ausgehend),    ungewöhnlich  vom  vorkommen, 


Vorhandensein  eines  Wortes:  so  sage  mir  doch,  was  heisst 
denn  eigentlich  ein  greck?  .  .  .  das  wort  steht  gar  nicht 
im  deutschen,   und  in  Schwaben  hab'  ichs   nie  gehört 
Klinger  1,  113  {falsch,  spieler  1,  6). 
y)  vom  inhalt  der  bücher  u.  s.  w.: 

viel  gute  lehren  stehn  in  diesem  buche 

Göthe  I  4,  290  Weim. 

—  endlich  schreiben  sie  mir  keine  solchen  verschen 
mehr,  als  in  ihrem  letzten  briefe  stehen  Gellert  4.  233; 
und  hat  alle  lob  und  danklieder  gesungen,  wo  im  alten 
gesangbuch  stehn  Ludwig  2,  348.  —  titel  von  dichtungen : 
unter  dem  jähr  1747  führt  er  {Gottsched)  die  theatrali- 
schen werke  desselben  {J.  E.  Schlegels)  an,  und  sagt: 
'hier  stehen  1.  Canut,  2.  der  geheimniszvolle  .  .  .'  Lessing 
6,  40  {litt,  briefe  l,  16).  auch  die  sache  selbst,  von  der  ge- 
handelt vÄrd,  tritt  als  subject  ein  {vgl.  unter  a,  y):  in 
diesem  bände  steht  die  ganze  Weltgeschichte,  stehen 
die  thaten  der  alten  Römer  und  dergl.,  vgl.  Koenig  ged. 
87  unter  e,  S);  ich  kann  die  meisten  dieser  phänomene 
im  zusammenhange  erst  später  erklären ;  hier  stehe  nur 
eins  Herder  5,  10  Stiphan.  ähnlich:  item  dedit  50  mark, 
die  sten  in  unsern  scholtbuche  Marienb.  treszlerb.  2,  2 
Joachim,  {vom  j.  1399); 

die  kreid  hat  er  (d.  wirt)  schon  in  der  handt: 
fänff  masz  wein  stehn  an  der  wandt 

Mangold  marcktchiff  A  4'». 

so  dann  in  der  häufigen  Beendung  etwas  steht  im  kalender: 

so  lange  dieser  tag  in  dem  kalender  steht 

Günther  nachlebe  (1742)  «.  71 ; 

S)  diese  ausdehnung  des  gebrauchs  wird  durch  hinzu- 
fügung  eines  part.  verdeutlicht:  so  stand  doch  auf  kei- 
ner einzigen  {münzsorte)  der  werth  angegeben  Gaudy 
*.  werke  2,  38.  dabei  tcird  die  Vorstellung  des  geschriebenen 
zuweilen  ganz  aufgegeben:  steht  nicht  in  den  Worten: 
•Alektryo  bringt  dir  glücke  selbst  um  undank!'  ganz 
deutlich  ausgesprochen,  dasz  der  bahn  selbst  für  Un- 
dank seinem  herrn  glück  bringen  werde?  Brentano 
5.  58.  noch  entschiedener  ist  in  folgender  stelle  das  part. 
der  hauptbegriff:  von  den  vier  ecken  der  weit  wähen 
die  vier  gewaltigste  wind,  .  .  .  welche  inn  disen  zwen 
reimen  stehn  begriffen  Sebiz  feldb.  6. 

e)  von  hier  aus  bildet  sich  eine  gebrauchsweise  m,it  per- 
sönlichem subject. 

tt)  namen  von  personen  stehen  irgendwo,  ein  special- 
fall  von  d,  a;  so  schon  ahd.:  äbe  dero  lebenton  brißf- 
puoche  uuerden  sie  gescaben  dar  si6  uuänent  iro  nämen 
stän  föne  guöten  fr^hten  Notker  2,  271,  19  Piper  {ps.  68, 
29);  alle,  deren  namen  auf  diesem  blatt  stehen  Schiller 
3, 99  {Fiesko  3, 6).  dafür  wird  dann  die  person  selbst  als  subj. 
gesetzt,  zutceilen  mit  verdeutlichendem  zusatz:  item  235  m. 
gemeyne  hern  .  .  .  monchen  armen  luten  herren  noch 
uswysunge  der  selben  zedel,  do  iclicher  bey  namen 
steet  Marienburger  treszlerb.  s.  436,  38  Joachim  {zum  j. 
1407).  sonst:  ich  fürchte  gegen  einen  oder  den  andern 
{freiheitskämpfer)  unbillig  zu  seyn.  und  doch  können 
sie  nicht  alle  hier  stehen  Th.  Abbt  l,  176.  so  sehr  häufig 
in  bestimnUen  Verbindungen  mit  besonderem  sinn:  'unser 
herr  professor  steht  im  conversationslexicon!'  schrieen 
die  kinder  Freytag  handschr.  l,  156  (1,  6).  —  auf  der 
liste  stehen,  'im  Verzeichnisse  verzeichnet  sein'  Campe; 
so:  Wilhelm  .  .  .  stieg  bei  der  fabrik  ab,  deren  Unter- 
nehmer auch  als  Schuldner  auf  seiner  liste  stand  Göthe 
18,  137  {W.  Meister  2,  3).  in  anderm  sinne:  der  broder  hat 
unter  der  trappe  eine  tänzerin,  mit  der  er  schön  thut, 
...  in  der  stadt  noch  einige  trauen,  denen  er  aufwartet, 
und  nun  steh'  ich  {Philine)  auch  auf  der  liste  19,  81 
(4,  14).  für  das  erstere  sonst:  in  eines  seinem  buch, 
schuldbuch  etc.  stehen,  stare,  restare  nel  libro  dt  uno, 
essergli  debitore  Kram  er  dict.  2,  928'»; 

die  halbe  armee  steht  in  meinem  buch 

Schiller  18,  48  {Walieiut.  lag.  11); 

steht  der  Parnasz  in  der  feuerkasse?  Tieck  5,  303  {verk. 
weit  1). 

ß)  feste  und  sprichwörtliche  redeweisen ,  die  tum  theil 
auch  andre  subjecte  zulassen. 

ad)  im  kalender  stehen,  i'on  heiligen,  s.  rollwagenb. 
73,  23  unter  I,  B,  i,f,  y.  da  würdest  mehr  teufel  auf  der 
erde  herumfahren  sehen,  als  Schutzheilige  im  kalender 


1695 


STEHEN  (II,  D,  12,  e-g) 


STEHEN  (II.  D,  12,  gr-lS,  o) 


1696 


stehen  Klinger  3,  I4l  (Fauste  hb.  3,  7).  —  vo7i  ttatnen: 
Halbaus!  .  .  .  den  namen  habe  ich  mein  lebtag  noch 
nicht  gehört,  ich  wette  der  steht  nicht  in  dem  kalender 
Grimm  tnärchen  nr.  2. 

bb)  der  attributive  ztisatz  wie  er  (sie,  es)  im  buche 
steht,  hat  den  sinn  de3  mustergültigen,  idealen,  vorzüg- 
lichen: ein  arbeiter  sei  er  wie  er  im  buche  stehe,  fleiszig 
und  strebsam  Polenz  Grabenhäger  l,  126;  es  ist  der  kai- 
ser  wie  er  im  buche  steht!  Th.  Mann  königl.  hoheit  18. 

cc)  specieUer  im  schwarzen  buch  stehen,  in  verruf 
sein,  vgl.  schwarz  II,  l,  e,  th.  9,  2318:  der  Liegnitzer 
schulrat  paszt  auf,  und  da  steht  man  im  schwarzen 
buch,  man  weisz  nicht  wie  Fontane  6,  26  {quitt  4).  — 
andres  mehr  vereinzelt,  so  im  marterbuche  (eig.  im  passio- 
nale),  vgl.  das.,  th.  6,  1680: 

du  bist  wol  lobens  wert,  dasz  du  die  jungen  knaben 
80  fromm  und  heilig  machst  nach  deinen  lehrers  gaben, 
denn  wenn  sie  nur  ein  jähr  in  deine  schule  gehn, 
so  mögen  sie  schon  wol  im  marterbuche  stehn 

Grob  dichter,  versuchg.  g.  35. 

dd)  im  gegentlieiligen  sinne  häufig  (bei  einem)  gut  an- 
geschrieben stehen:  steht  ihr  herrn  da  nicht  wohl  an- 
geschrieben? GÖTHE  8,  36  (Götz  V.  Berl.  l);  er  gestand 
mir  .  .  .,  dasz  er  nicht  am  besten  bei  seinem  oncle  an- 
geschrieben stehe,  und  es  wohl  auch  verdient  haben 
möge  Schiller  i,  280,  wenn  ihr  denn  nun  am  hofe 
recht  gut  angeschrieben  steht,  so  gedenkt  hübsch  mei- 
ner TiECK  5,  580  {Däumchen  3,  6).  auch  hoch  angeschrie- 
ben, s.  Jung-Stilling  1,  36  unter  I,  B,  3,  d. 

ee)  bei  einem  in  oder  an  der  kreide  stehen,  sein  Schuld- 
ner sein,  vgl.  kreide  II,  2,  a — d,  th.  5,  2140:  er  liefe  sonst 
gefahr,  dasz  ihn  ein  kaufmann  anpackte,  bey  dem  er 
noch  von  alters  her  an  der  kreide  stünde  Bode  Mon- 
taigne 2,  216;  war's  etwa  einer  von  den  Lübischen  stadt- 
junkern,  bei  denen  du  in  der  kreide  stehst?  Storm  4,  285. 
dafür  dann  auch  unbildlich  in  eines  schuld  stehen,  vgl. 
schuld  II,  3,  a,  th.  9,  1878. 

y)  ähnliche  redeiceisen  mit  sächlichem,  subj.  seien  hier 
angeschlossen. 

aa)  die  eisengieszerei  bei  Remscheid  stand  im  jähre 
1847  mit  174  604  rthlr.  zu  buch  ...  es  ist  .  .  .  vergebens 
versucht  worden,  die  ruinen  und  grundstücke  für  den 
preis,  den  man  sie  werthgeschätzt  hatte,  zu  veräuszern 
BiSMARCK  polit.  reden  1,  349  Kohl. 

bb)  auf  der  tagesordnung  stehen :  sie  sehen  nun,  dasz 
der  kämpf  um  die  kunst  im  reichstag  nicht  nur  dann 
auf  der  tagesordnung  steht,  wenn  gerade  über  sezessio- 
nistische  maier  debattiert  wird  Naumann  ausstellungsbr. 
151.  freier:  da  ging  es  in  der  hofküche  ganz  anders  her; 
da  standen  ohrfeigen  mit  auf  der  tagesordnung  Ed.  Ge- 
nast tageb.  53  {dafür  üblicher:  waren  an  der  t.,  vgl. 
tagesordnung,  th.  11,  70/.). 

f)  weiterhin  von  malerischer  oder  zeichnerischer  dar- 
Stellung;  bisweilen  mit  verdeutlichendem  zusatz  gemalt 
stehen:  nu  steit  hernauch  geschriben  und  gemalt,  wie 
er  gen  Costentz  für  Richental  Constanzer  concil  s.  25, 
var.;  ein  wirthshaus,  daran  ein  schild  hing,  auf  wel- 
chem ein  schwartzes  pferd  gemahlet  stunde  Simpl.  sehr. 
8,  887,  27  Kurz  {vögeln.  1,  15).  ohne  solchen:  item  1  m.  2 
Bcot  vor  12  silberynne  schildichin,  do  des  meisters  wo- 
pen  ynne  steet  Marienburger  treszlerb.  307,  10  Joachim 
{zum  j.  1404);  so  auch  steht  des  bahnen  bild  auf  dem 
deckel  des  ABC-buches,  die  schüler  zu  mahnen,  dasz 
sie  früh  aufstehen  sollen  Brentano  5,  88.  Zeichnung, 
eoLorierung  und  schrift  sind  vereinigt  auf  landkarten: 
ein  widderfell .  . .,  darauf  der  abrisz  des  mittelländischen 
meeres,  seiner  kuppen  und  winde  gestanden  Lohen- 
STEIN  Armin.  1,  127'';  Homers  zauberinsei  .  .  .  gehört 
auf  die  Charte  der  Wanderungen  seines  beiden  so  noth- 
wendig,  als  sie  damals  auf  der  weltcharte  stand  Hbr- 
DEH  22,  14«.  dazu:  er  ist  ein  angesehener  prinz,  weit 
her,  sein  land  steht  gar  nicht  einmal  auf  meiner  land- 
karte  Tieck  6,  198  igttt.  kater  \,  %.  vgl.  die  volkMthilml. 
redeweiae:  das  liegt  hinter  der  landkarte). 

g)  »&n*t  von  alUrUi  arten  bildlicher  wiedergäbe,  vgl. 
e,  S:  {tüeher)  darinn  die  historien  desz  alten  tostament« 
f»r  wanderbarlich  gewUrckt  ständen  Stumpf  Sdwytur 
cAron.  tso*;  als  er  ihr  das  erste  geschirr  gebracht,  so 
von    krystall   war,    auf   welchem   gegraben  atunde  ein 


Cupido,  der  auf  seinem  köcher  über  die  see  führe  An- 
ton Ulrich  v.  Braunschvv.  Octavia  i,  723.  von  pla- 
stiscJien  darstellungen ,  z.  b.  schnitzwerk:  jüngst  begehrte 
sie  {Tirza)  von  Abel  eine  opferschale,  die  er  ihr  schnit- 
zen sollte  .  .  .  auf  jeder  seite  gegen  über  sollte  ein 
Cherub  stehen  mit  doppelten  flügeln,  nach  Adams  ab- 
bildung;  sonne  und  mond  sollten  darauf  stehen  maler 
Müller  l,  ll.  auch  von  zufälligen  abdrücken:  er  gab 
jhm  mit  der  geisel  so  ein  feuchts  umb  die  bein,  dasz 
die  knöpff  darinnen  stunden  {abgedrückt  icaren)  Oarg. 
s.  312  neudr.;  hier  standen  die  füszchen  stärker  abge- 
drückt, neben  dem  levkojenbeet  Seidel  2  {vorstadt- 
gesch.),  15. 

Ä)  bildliche  gebrauclisweisen. 

a)  liäufig  etwas  steht  auf  eines  stirn  geschrieben. 
zunächst  eigentlich:  wie  die  schrifTt  weiters  sagt,  an 
irer  {der  groszen  hure)  stirnen  stehet  ir  nam  geschriben, 
nämlich,  mysterium,  die  grosse  Babylon  Sleidanus 
reden  61  Böhmer  {nach  offenb.  17,  5).  von  da  aus  über- 
tragen: an  der  stirne  eines  jeden  Christen  stehet  ge- 
schrieben: in  der  weit  habt  ihr  angst,  Job.  16,  20.  Sper- 
ling Nicodemus  giuierens  1,  1122.  freier:  etwas  von  der 
eigenheit  stand  Michel  Denier  auf  die  kurze,  starke  stirn 
geschrieben  Zahn  die  da  kommen  u.  gehen  37.  ohne  ge- 
schrieben: 

mein  sin  steht  an  der  stirn,  ich  habe  nichts  gelemet, 
das  wol  von  weitem  steht  und  nur  alleine  fernet 

Fleming  203,  222  Lappenberg  {dajür  186,  40: 
das  grosz  von  weitem  sieht) ; 

wo  zwang  und  Verwünschung  unsrer  peinlichen  läge  auf 
unsrer  stirne  gemalt  stehen  Knigge  umgang  mit  men- 
sehen  (1796)  1,  18; 

Verzweiflung  stand  auf  ihren  stirnen 

Pfeffel  poet.  vers.  3,  207. 

*.  weiter  Pfeffel  pros.  vers.  i,  195  unter  1,  B,  3,  /,  y,  bb. 

ß)  in  derselben  weise  wird  auch  sonst  der  gesichtsaux- 
druck  als  eine  zu  lesende  schrift  aufgefaszt:  ihr  sage  or 
nichts,  aber  es  stehe  ihm  im  gesiebt  geschrieben  Hesse 
Gertrud  264;  alle  meine  freunde  .  .  .  lasse  ich  in  ge- 
danken  vorübergehn,  aber  auf  kein  einziges  gesiebt 
steht  der  name  verräther  Tieck  8,  117  {Abd.  2,  5);  vor- 
würfe? hier  stehen  sie  auf  meiner  blassen  wange,  in 
meinen  eingefallenen  äugen  Kotzebue  s.  dramat.  w.  2,  95 
{menschenh.  u.  reue  5,  9).  vom  blick  der  äugen:  dann 
traf  mich  ein  blick,  in  dem  mit  riesenbuchstaben  ge- 
schrieben stand:  'habe  ich  das  um  dich  verdient?'  Seidel 
Leber.  Hühnchen  115; 

ich  meint",  es  müszt'  in  meinen  äugen  stehn, 
auf  meinen  wangen  mUszt'  man's  brennen  sehn, 
zu  lesen  wär's  auf  meinem  stummen  mund  .  .  .  : 
dein  ist  mein  herz,  und  soll  es  ewig  bleiben! 

W.  MCllkr  ged.  10; 

Y)  anderes:  als  ein  fluch  wird  dieser  name  in  der  go 
schichte  {wie  in  einem  buche)  stehen;  in  mein  herz  hat 
er  ihn  selbst  mit  blutigen  zügen  gegraben  Klinger  4,  23 
{Raphael  de  Aqu.  1,  3) ; 

du  kanst  nicht  das  opffer  der  hertzen  verschmähen, 
weil  deine  selbst  eigene  namen  drin  stehen 
Neukirch  6et  Hofkmannswaldau  auterle*.  ged.  l,90i; 

sie  können  kein  sehr  glücklicher  mensch  sein,  das  steht 
in  ihrer  musik    Hesse  Gertrud  136. 

rf)  etwas  steht  in  den  sternen  geschrieben,  als  schick- 
salsbeschltisz,  vgl.  B,  4,  d,  y,  sp.  1533:  'was  in  den  sternen 
geschrieben  steht,  musz  geschehen".  —  'weil  es  nämlich 
gottes  (inger  geschrieben  hat',  setzte  Anna  .  .  .  hinzu. 
frauenz.  almanach  s.  1817,  738  (L.  M.  FoUQUK  ritter  Tog- 
genb.).     dafür  auch  geradesu: 

denn  im  verhinKoisz  stand's  nachrieben: 
er  soll  nodi  besser  sein  zerrieben 

ROckkrt  1,  49. 

t)  eine  Verschiebung,  wie  sie  unter  B,  10  behandelt  i»t, 
liegt  vor  in  ausdruekateeisen  wie:  hast  dich  so  in  der 
leuto  mäuler  gebracht:  alle  Zeitungen  stehen  von  dir 
voll     TlKCK  11.  24«. 

18)  stehen  von  geld-  und  achuldverhältnisaen. 

a)  geld  steht  als  darUhen  oder  aitek  alt  anvertrautes 
gut  oder  sonst  als  auMieAeiute  fordtrung.  so  im  allge- 
metfien  erst  in  neuerer  trit. 


1697 


STEHEN  (II,  D,  13,  a~b. 


STEHEN  ai  D,  13,  b-c) 


1698 


a)  ganz  absolut:  sonst  bitte  ich  um  den  stehenden 
lohn  Ton  vier  jähren  (lohn,  der  nicht  ausgezahlt,  sondern 
'stehen  geblieben',  aufgelaufen  ist)  Iffland  dram.  icerke 
10  (1800)  2,  101  (reise  nach  d.  stadt  i,  3).  geld  steht  bei 
dem  Schuldner:  ich  dachte  nicht  einmal  daran,  meine 
bey  der  kröne  stehenden  gelder  zu  fordern  Gellert  i, 
310.  mit  angäbe  der  bestimmung:  geld  steht  auf  Zinsen; 
geld  auf  Zinsen   stehen  haben    Adelung  umst.  lehrgeb. 

2,  408.  so  schon  in  älterer  spräche,  mit  andern  präp.: 
wann  ee,  dasz  si  (die  v.  Bern)  Burgdorff  koufftind,  warend 
si  ob  60000  gülden  schuldig  .  .  .  das  alles  an  schwerem 
zinsz  stund,  wann  si  lo  gülden  vom  hundert  ze  zinsz 
geben  müsztind  Tschudi  ehren.  Helfet,  l,  511».  —  ähn- 
lich von  einem  hause,  in  bezitg  auf  den  miethzins :  ob  ein 
erber  man  oder  frawe  .  .  .  ein  hus  habent  .  .  .,  das  sol 
man  niht  anders  verstiuren  dann  als  ez  ze  zins  gestan- 
den ist  (zins  gebracht  hat),  wer  ez  aber  nicht  ze  zinse 
gestanden,  so  sol  er  ez  verstiuren  als  tiur  er  siehe  bi 
sinem  eide  versiht  daz  ez  zinses  gelten  mochte  d.  städte- 
chr.  i,  137,  29  Augsb.  (urk.  n.  1368),  vgl.  141,  anm.  1.  —  spe- 
cieller:  geld  steht  zur  hypothek,  zur  ersten  hypothek 
M.  s.  IC.,  s.  Sanders  (2,  b).  (dafür  auch  steht  eingetra- 
gen, zu  12  gehörig.) 

ß)  mit  adverbien:  fest  stehen  von  ausgeliehenem  geld, 
das  überhaupt  nicht  oder  nicht  vor  einem  bestimmten  ter- 
min  od.  ähnl.  gekündigt  und  erhoben  tcerden  kann:  dit 
kaptal  .  .  .  kunn  em  grad  helpen,  .  .  .  un  wenn't  nu  ok 
för  den  ogenblick  fast  stünn,  dat  müszt  doch  mit  den 
düwel  los  tau  krigen  sin  Reuter  3,  51,  28  Seelm.  (strömt. 

3,  33);  vgl.  140,  1.  sicher  stehen,  wenn  keine  gefahr  des 
Verlustes  ist:  ich  wüszte  meine  baarschaft  keinem  liebern 
freunde  zu  geben,  noch  sie  an  einen  ort  zu  legen  wo 
sie  sichrer  stünde  Göthe  35,  7  (Cellini  3,  l);  'Moses,  ehr 
geld  steiht  jo  doch  seker'.  —  'nu,  wollen  sagen,  es  steht 
sicher,  aber  ich  weisz  noch  viele  stellen,  wo's  steht 
auch  sicher   Reuter  3,  66,  13/.  Seelm.  (strömt.  3,  34). 

y)  häußg  vom  gläubiger  stehen  ha.hen:  geld  bey  jemanden 
stehen  haben  Adelung  (2,  2),  'enticeder  als  schuld  für 
etwas,  oder  als  ein  darlehn'  Campe  (l).  belege:  der  Wechsel 
ist  mit  Protest  zurück  gekommen,  ihr  correspondent  hat 
vorgewandt,  dasz  sie  nichts  mehr  bey  ihm  stehen  hätten 
J.  E.  Schlegel  2,  382;  die  175  thaler,  die  ich  für  sieben 
jähre  lohn  bey  ihnen  stehen  habe.  Lelio.  wie  meynst 
du?  die  175  thaler,  die  ich  dir  schon  schuldig  bin? 
Lessing  i,  484  (schätz  5).  so  auch:  hat  dein  vater  die 
tausend  thaler  noch  immer  in  der  apotheke  stehen? 
Hebbel  2,  22  (Mar.  Magd.  1,  4);  dort  hatte  er  sein  geld 
auf  vier  verschiedenen  banken  stehen  Liliencron  letzte 
ernte  129.  —  geld  auf  Interessen  (jetzt  geicöhnlich  auf 
Zinsen  Campe)  stehen  haben,  ein  capital  auf  grund- 
stücken  stehen  haben  Adelung  (2,  2).  (ohne  solche  be- 
Stimmungen  geld  ausstehen  haben,  s.  ausst.  3,  th.  l,  985.) 
—  geld  bei  jemand  stehen  lassen,  geld  l^leibt  stehen, 
».  E,  4,  c,  a;  3,/,  £,  bb. 

S)  ähnlich  von  einsätzen  beim  glücksspiel;  im  bilde: 
Winckelmann  hatte  gleichsam  auf  zwei  nummern  ein- 
sätze  stehen,  —  auf  seinem  padrone  .  . .  Archinto,  und 
auf  dem  Albani's  Justi   Winckelmxinn  2,  l,  222. 

b)  ebenso  auf  der  andern  seile  von  schulden,  eigentlich, 
an  12  (d,  y,  gegen  ende)  anknüpfend:  item  dedit  (d.  pfarrer 
tu  Danzig)  50  mark,  die  sten  in  unsem  scholtbuche. 
Marienb.  treszlerb.  s.2,2  Joachim  (vom  j.  1399).  (freier:) 
hei  kunn  jo  nu  doch  'ne  kleinigkeit  von  de  grote  schuld 
afdragen,  de  up  sinen  namen  bi  de  pasterlüd'  anschre- 
wen  stunn  Reuter  2,  122,  8  Seelm.  (strömt,  i,  6).  —  es 
stehet  noch  etwas,  vi  stä,  resta  ancor'  una  partitella  di 
debito.  es  stehet  diese  schuld  schon  lang,  e  un  pezzo 
ehe  questo  debito  resta  »ul  libro  senza  pagamento  Kramer 
diet.  2,  928''.  von  unbezahlten  posten  einer  rechnung:  beim 
kaufmann  stehen  noch  5  U  zucker  (angeschrieben)  u. 
ähnl.;  eis.  wortspielend  's  sten  noch  zween  liter  win! 
aU  Schuldposten  im  buch  eingetragen,  antw.  des  Schuld- 
ners: schütt  se  üs!'   Martin -Lienhart  2.  565*.    freier: 

bey  euch.   Antonio, 
steht  meine  grSszte  schuld,  an  geld  und  liebe 
(to  you  .  .  .  I  oive  the  mott). 
A.  \V .  Schlegel  Shake«p.  4,  13  (kau/m.  v.  Ven.  1, 1). 

X.2. 


stehen  haben:  wir  haben  noch  die  rechnung  von  der 
letzten  woche  beim  bäcker  stehen  u.  dergl.;  nota  dys 
nochgeschreben  ist  die  schult,  die  wir  han  steen  czu 
Danczk.  handelsrechn.  des  deutschen  ordens  22,  5  Sattler 
(vom  j.  1404) ;  ich  habe  schulden  auszen  stehen,  die  ich 
im  kurzen  bezahlen  kann.  Raimunds  Vorgänger  s.  300 
Fürst  (GhEicH  Fiesko  2,  6).  lothr.:  bi  ebber  stehn  han 
Hn  jem.  schuldbuch  stehen'  Follmann  495». 

c)  im  mhd.-mnd.  und  noch  im  altem  nhd.  sehr  gewöhn- 
lich von  Pfändern. 

a)  ein  pfand  steht:  er  sol  auch  geben  ain  pfant  un- 
verlich;  unde  swenne  daz  pfant  gestet  sehs  wochen,  so 
gehört  furbas  dekain  laugen  für  daz,  darumbe  er  ge- 
rflget  ist  Nürnberger  polizeiordn.  s.  11;  s.  auch  Knebel 
chron.  V.  Kaisheim  s.  85  unter  l,  B,  3,  e,  a.  ein  pfand 
stehen  lassen,  s.  E,  4,  c,  y. 

ß)  mhd.  ein  dinc  stät  pfandes,  als  pfand,  tat  versetzt, 
vgl.  Grimm  gramm.  i,  680.  mhd.  wb.  2,  1,  480».  2,  571  •»: 
der  von  Wilgenhausen  gewann  bischof  Wernem  wieder 
eine  bürg  an  genannt  Ur,  die  stunde  dem  bischof  pfan- 
des. Limburger  chron.  107,  29  Wgsz  (2.  anh.  9,  zum  j.  1394). 
ebenso  mnd. :  de  slote  des  stichtes  stunden  pandes  onde 
weren  vorset  den  guden  luden  Lüb.  chron.  2,  340  {zu  1471). 
in  mhd.  dichtung  in  freierem  sinne: 

unerloeset  pfandes 

staont  sin  ellenthafte;  lebn: 

das  niuose  sich  dem  töde  ergebn  (er 

konnte  et  vom  tode  nicht  einiö*en) 

Parz.  344    25. 

dafür  auch  ze  pfände,  s.  4,  e.  so  noch  nd.  waldeckisch 
im  pand(e)  stän  gepfändet  sein  Bauer-Collitz  79».  — 
«Ad.  .•  Ehrenfr.  herr  capitan-lieutenant,  wo  ist  denn  mein 
petschafTt?  Fortunatus  (heimlicJi.)  ihr.  excellenz,  es 
stehet  mit  versetzt,     graf  Ehrenfried  s.  38. 

7)  der  gläubiger  und  pfandinhaber  icird  dabei  im  dativ 
hinzugefügt,  s.  d.  städte  ehr.  4,  179,  11 — 14  unter  I,  B,  2,/, 
Tj,  CM.  so  häufig  im  mnd.,  s.  Schiller- LCbben  4,  360» 
(4):  we  hebbet  ok  gheheten  alle  unsen  mannen,  dhen 
slot  van  uns  stat,  dat  se  dhe  eme  to  losende  d6n  scullen 
Sudendorf  urkundenb.  1,  jir.  279  (vom  j.  1315);  men  die 
tolne  stunde  den  van  Lubeke  Lappenberg  brem.  ge- 
schichtsqu.  133  (Rynesberch-Schene  zu  1405),  vgl.  ».93 
und  brem.  wb.  6,  335  (bei  Schiller-LCbben  4,  359'*  wird 
stan  in  dieser  und  andern  stellen  falschlich  mit  'zustehen, 
zukommen'  erklärt),     s.  ferner  e.  ^. 

S)  daneben  begegnet  frühnhd.  in  oder  unter  den  jaden 
stehen  als  Umschreibung  für  'versetzt,  verpfändet  sein', 
s.  H.  Sachs  3,  2,  in"*  unter  I,  B,  2,/,  d,  dd;  darvore  das 
es  in  den  iudenn  stunde,  sso  loste  her  es,  ab  her  wolde, 
adder  liese  es  Purgoldt  rechtsb.  3,  92  bei  Ortlofp 
samml.  deutscher  recht-squ.  2,  116.  —  dann  auf  die  Schuldner 
übertragen  (xde  in  der  kreide  stehen,  s.  12,  e,  (i,  ee):  in 
dem  jare  .  .  .  1391  jar  do  gebot  der  romische  konigk 
Wenzselaus  zu  stuer  den  irbarn  lewten,  di  gross  yn 
den  Juden  stunden  ('d.  vornehmen,  welche  hoch  in  der 
schuld  der  Juden  standen'  gloss.),  das  alle  Juden  .  . .  alle 
phand  umbe  sust  .  .  .  musten  weder  geben  Rothe  Dür. 
chron.  740. 

e)  ein  pfand  steht  für  ein  darlehen:  stirft  aver  en 
perd  oder  ve  binnen  sattunge  (Verpfandung)  ane  jenes 
scult,  de  it  under  ime  hevet,  .  .  .  he  ne  gilt  is  nicht; 
he  hevet  aver  verloren  sin  gelt,  dar  it  ime  vor  stunt 
Saehsensp.  3,  5,  §  5.  freier,  u^für  haften,  ohne  dat.:  Mattis 
Milbanoz  off  der  iungen  stat  tenetur  30  ,4^  do  stet  syn 
erbe  vor  handelsrechn.  des  deutsehen  ordens  31,  15  Sattler 
(a.  1404);  vgl.  auch  (gisele,)  de  vor  den  vrede  stunden 
Korner  24 <*  bei  Schiller-LCbben  4,  360». 

"Q  gewöhnlich  tcird  der  betrag,  für  den  etwas  als  pfand 
dient,  im  acc.  angegeben,  was  zu  der  nächsten  bedeutunga- 
classe  hin  überleitet : 

'sage  mir  wie  vil  er  (d.  todte  ritter)  sW.' 
der  knecht  sprach :  'e;  ist  in  ze  starc. 
er  solde  dem  wirte  sibenzic  marc' 

ratertreue  320; 
kung  Sigmund  .  .  .  nam  im  (herz.  Ludw.)  die  stat  Werd 
.  .  .,  die  gar  lang  zeit  in  der  herm  von  Bairn  gewalt 
gewesen  was  und  stand  80  tausent  guldin  d.  städte 
chron.  4,  121,  21 ;  das  soll  der  schaffer  nit  hin  ausz  geben 
anders  dann  auf  silberen   pfant.   die   soll   er  dann  auf 

107 


1699 


STEHEN  (II,  D,  13.  c-U.  b) 


STEHEN  (H,  D,  U,  b-e) 


1700 


heben  und  eigentlichen  beschreiben,  wes  das  sei  oder 
was  dasselb  pfant  stee  Tücher  baumeisterb.  33,  7  Lexer, 
a.  auch  236,  35.  —  neben  dem  dativ  des  Inhabers  {s.  y): 
weret  dat  .  .  .  (mr)  se  nicht  bereden  (bezahlen)  ne  moch- 
ten binnen  desseme  selven  iare,  so  scolde  we  on  des 
staden,  dat  se  de  selven  hundert  mark  uppe  de  Asse- 
borch  rekenden,  to  deme  anderen  ghelde,  dat  on  dat 
hus  steyt  Sudendorf  urkundenb.  2,  nr.  98  {Braunschic. 
1345);  ez  ward  auch  umb  di  selben  kör  geben  herczog 
Rupprecht  .  .  .  Oppenheym  mit  alle  zugehorung  .  .  .,  daz 
waz  vor  den  von  Maincz  gestanden  G2,ooo  guld.,  dar  umb 
lost  ez  der  kayser  umb  sein  selbs  gelt  von  den  von  Maincz. 
d.  Städte  chron.  1,  34,  18  (Ulr.  Stromer  zu  1376);  s.  auch 
4,tl80,  anm.  unter  I,  B,  1,/,  y.  so  auch:  lihet  mir  ein  man 
sin  gut  uf  mine  hübe  .  .  .  und  er  hat  daj  gut  also  lange, 
unz  d&i  er  mer  geniuget,  danne  im  dag  gut  st6  Schwa- 
bensp.  140,  §  1.  ähiilich  Kulmer  recht  V,  65,  §  1 ;  swer  ouch 
ein  pfant  üf  dem  markt  verkouft  und  dag  tiurer  git  danne 
eg  im  stet  unde  sin  gülte  ist  stadtr.  v.  Meran  VII 
(zschr.  f.  d.  alterth.  G,  420). 

7])  andre  beziehungen  vereinzelt. 

aa)  ein  darlehen  steht  zu  dem  pfände  (?):  der  zol 
ward  im  wider  und  darauf  hat  man  aber  geliehen  und 
stet  zu  dem  sultheis  ampt  {'dafür  ist  d.  seh.  verpfändet) 
d.  Städte  chron.  1,  27,  22  (Ulr.  Stromer  zu  1385). 

bb)  icie  das  pfand  dem,  gläubiger,  so  steht  die  (ein)lö- 
sung  dem  Schuldner:  demnach  ist  Ölten  ...  in  der  herr- 
schafft von  Oesterreych  band  versetzt,  die  selbig  losung 
stand  dem  bischoff  von  Basel,  also  haben  es  die  von 
Basel  hernach  von  der  herschafft  erlöszt  Stumpf  Schicyt- 
zer  chron.  566». 

14)  damit  {bes.  mit  13,  c,  ^)  berührt  sich  stehen  zur  an- 
gäbe des  werthes  oder  preises  einer  sache,  icerth  sein,  kosten. 

a)  der  Ursprung  dieser  bedeutung  ist  nicht  recht  deut- 
lieh, jedenfalls  scheint  sie  nicht  nur  gemeinsamer  germ,. 
besitz,  trotz  des  fehlens  aJid.  Zeugnisse,  sondern  schon  im 
idg.  dem  verb  eigen  gexoesen  zu  sein;  vgl.  zweites  kosten 
I,  c,  th.  5,  1865.  stehn  in  diesem,  sinne  ist  mhd.-mnd.  wie 
im  älteren  nhd.  ganz  gewöhnlich;  jetzt  nur  noch  in  der 
Verbindung  zu  stehen  kommen,  s.  E,  5.  {noch  im  ungr. 
bergl.:  dos  stSt  fimf  gülden  Schröer  208''.)  —  neben 
stehen  begegnet  gestehen,  s.  das.  12,  th.  4,  l,  4211/.  das 
umschriebene  perf  wird  in  diesem  sinne  durchgehends  mit 
haben  gebildet,  s.  I,  C,  3,  d,  y,  wo  weitere  belege  beigebracht 
»ind.  —  daneben  kommt  im  mhd.  kosten  auf,  ein  lehn- 
ujort  aus  roman.  costare,  tat.  constare,  das  etymologisch 
eigentlich  mit  gestehen  identisch  ist,  s.  th.  5,  1865,  und 
dies  hat  allmählich  stehen,  gestehen  ganz  verdrängt,  beides 
verbunden:  auff  das  man  sehe,  wie  viel  es  gestanden 
und  gekostet  habe  die  erlösung  von  den  sünden  Luther 
28,  387,  11  Weim.;  ebenso  Ayrer  proc.  383,  *.  o.  a.  o.  s. 
auch  Luther  82,  uo,  32  ebenda. 

b)  der  preis  wird  im  acc.  angegeben,   bestimmte  angaben: 

me  dann  hfindert  tusent  mark 
stunt  daz  hus  bi  der  zit 
Hbinr.  V.  Neustadt  gotten  zuk.  1689  Singer; 

in  Hancke  Fromen  schiffe  12  leste  rocken  (roggen).  die 
ladunge  steet  81  ^  {preusz.  rnark)  handelsrechn.  des  deutsch. 
Ordens  78,  22  SatÜer  {v.  j.  1417);  a.  144«  wurden  gegahten 
de  8  grotcn  steenbussen  tho  Bremen:  de  stunden  in  gelde 
1817  bremer  mark  Renner,  a.  brem.  wb.  4,  998; 

und  wieviel  groschen  diesz  und  jenes  wol  gestanden? 
ScilERFl'RR  grob.  110; 

a.  ferner  Baal,  ehron.  4,  262,  27  urul  d.  städte  ehr.  14,  744, 
10  unter  I,  B,  8,  b,  /  und  d,  S;  Schwarzenbero  Gie.  122« 
unter  I,  B,  2,/,  fj,  et.  so  noch  in  neuerer  zeit:  von  1530 
bis  1600  stand  der  säum  wein  selten  geringer  mehr  als  ein 
pfund  oder  acht  und  vierzig  kreuzer,  wie  zum  bcispicl 
im  jähr  1640,  wo  er  zum  letztenmal  für  achtzehn  Schil- 
ling zu  haben  war  ...  in  den  nämlichen  zcitlttufen  stand 
der  »ack  dinkel  Im  jähr  i.'>4l  zum  letztenmal  auf  neun 
sohilling  Hebri.  8,  ÖO.  mit  allgemeinem  object:  wie  viel 
e»  geirtanden  hat,  a.  Luther  »,  888«  (12,  291,  2  Weim.) 
unter  I.  C,  8,  d,  y,  es  stehet  jetzunder  offt  ein  par  hosen 
mehr  za  machen  denn  das  tuch  Nkanukr  menachenap.  e**"; 

di«  fMiam  lob  und  rflbm,  die  du  zu  Uache  trifst,  .  .  . 

•rzebU  was  sie  stobn  HcHBRPrtR  ^röS.  192. 

d^far  kUnnen  adverbitH  (adj.  f)  eintreten,     ao  be*. : 


vttnde  ich  veile  soihe  wät, 
d&  von  der  sfile  würde  rät 
(ir  mUeste  ein  ele  vil  tiure  st&n). 

Vridanc  112,  25; 

die  woche  Bonifacii  galt  das  schock  holtz  6  neue  d  .  .  . 
die  Woche  nechst  darnach  .  .  .  stund  das  holtz  in  dem- 
selbigen  kauffe  und  noch  herter  Spittendorff  .•538 
{zum  j.  1478). 

c)  stehen  nimmt,  im  gegens.  zu  lat.  constare,  in  der 
regel  den  acc.  der  person  zu  sich,  vgl.  gestehen  12,  a  und 
Grimm  gramm.  4,  238.  {mhd.  auch  mit  dat.,  s.  mM.  wb. 
2,  2,  575*»;  nhd.  selten:  als  bette  es  ihm  kaum  einen  esel 
gekostet  und  gestanden  Neander  menschensp.  39.)  mit 
bestimmten  preisang. :  unde  swag  er  eht  in  dag  hüs  kou- 
fet,  dag  in  wol  drie  Schillinge  stöt,  dag  git  sie  küme 
umbe  zwgne  Berthold  v.  Regensb.  i,  319,  35;  Musca 
.  .  .  wie  hoch  zum  wenigsten  schlägt  er  sie  (e.  Pflege- 
tochter) an?  6ism.  sie  stehet  ihn  mehr  als  hundert  cronen 
A.  Gryphius  1,  866  {seugamme  2,  5); 

der  ander  sprach,  ich  hab  erkaufft  .  .  . 
fein  ochsen,  die  ich  nit  gebraucht,  .  .  . 
sie  stehn  mich  etlich  gülden  rot 

Ringwaldt  evang.  Xl^. 

vgl.:  hat  es  mich  nicht  geringe  mühe  und  arbeit  gestan- 
den Lobwasser,  s.  unter  I,  C,  3,  d,  y.  dafür  dringt  in 
neuerer  zeit  präpositionale  ausdrucksweise  ein:  endlich 
fragte  Eibenstein:  mein  herr!  wie  hoch  hält  er  seine 
pistolen?  ach  antwortete  dieser,  wenn  ich  alles  rechnen 
wolte,  so  stünden  sie  mir  wohl  vor  mehr  als  12  zec- 
chinen  cav.  im  irrg.  42  neudr.  allgemeine  ausdrücke: 
es  stehet  mich  viel,  magno  mihi  co7istat  Alberus  Vi»; 
denn  obs  wol  uns  nichts  hatt  gekost  und  unvordienet 
ist  geben,  hatt  es  doch  Christum  viel  gestanden,  der 
umb  desselben  willen  für  uns  ist  unter  das  gesetz  ge- 
than  Luther  lo,  l,  377,  16  Weim.;  s.  ferner  719,  20;  24,  679, 
19  und  Alsfeld,  passionssp.  7569  unter  I,  C,  3,  d,  y.  ver- 
stärkt: sie  {d.  kirche)  hat  mich  zu  viel  und  grosz  ge- 
standen Luther  br.  .5,  716.  —  bestimmter:  dat  on  grod 
gelt  stund  d.  städte  ehr.  7,  389,  13  {Magdeb.  schöppenchr. 
1450);  welches  mich  denn  viel  geld  gestanden  Schwei- 
NiCHEN  2,  238;  dise  müh  unnd  arbeit,  fleisz  und  Unkosten 
aber,  so  mich  .  .  .  nicht  ein  geringes  gestanden,  wolle 
der  freündtliche  läser  .  .  .  jhme  .  .  .  gefallen  lassen  Jon. 
Wolff  vorr.  zu  Stumpf  Schweytzer  chron.  e*».  dafür 
können  adverbien  eintreten;  so  mhd.  höhe  stän,  vgl.  8,  c.  y. 


ja  hat  diu  küniginne 
swer  ir  minne  wirbet, 


s6  vreisltchen  sit, 
da;  e;  in  höhe  stAt. 
Nib.  389.  3. 


dafür  auch  verre  und  im  entgegengesetzten  sinne  ringe. 
s.  mhd.  wb.  2,  2,  575».  frühnhd.  theuer  stehen  {auch 
schon  mhd.,  s.  b):  aber  dise  glori  und  rhöm  hatt  jn  nach- 
mals gar  thewr  gestanden  Hedion  Cominis  13»; 

da  wardt  er  schellig,  nam  ein  fewr 

und  sprach:  stttndtstu  (pferd)  mich  noch  so  thewr, 

lasz  sehen,  ob  ich  dir  den  schweisz 

ausztreiben  kan,  das  dir  werd  heisz! 

B.  Wai.dis  Etop.  4.  83.  188. 

so  attch  mhd.:  vergebene  st&n.   umsonst  tu  haben  sein. 

s.  mhd.  wb.  2,  2,  575'».  i 

d)  stehen  dann  auch  vom  kurse  der  münzen:  die  1 
Sachsen  können  zinn  herüber  verkaufen  mit  vorthoil,  i 
wenn  der  gülden  8  groschen  steht  Götiie  tageb.  4,  3is,  a:i 

(22.  aug.  1812);  der  gülden  steht  heynahe  8  gute  groschen        j 
bri^e  29,  256,  2  (l.  atig.  1814).     vgl.  dazu  8,  c,  y. 

e)  ferner  vom  /betrage  tu  leistender  tahlungen,  «yi.v  sich 
mit  9,  h   berührt;    in   älterer    spräche:    alsdann    sol    ain 
ambtman  ain  anlaid  vordem  und  ncmen,  .  .  .  nach  dem 
der  kauf  stet   und   das    guet    wert   ist    steir.  taid.  40,  88 
{at\f.  des  16.  jahrh.).     ao  in  der  älteren  rechtssprarhe  von 
gddbuaten:    ho   mut   ine    geldun    also    sin    weregclt    stnt' 
Saehaenap.  8,  S8;  jedoch  sprechin  sume  liute,  daz  er  durch 
recht   sezzioh    Schillinge    wcitin   sule;    des  n'  is  nicht, 
wände  an   sozzich   schillingin   no  stet  nohoines  mannis 
böze    Glirlitter   landr.  44,  i;  6   {i>achsrnsp.  II.  8,  a.  810    Ho 
meyer).      tceiterhin    auch:    geschihet    aber    oin    diuphoit, 
diu  minncr  ist  danne   fünf  Schillinge,    diu   st£t  zc   hut      ^ 
und  zc  harc  Schtrabenap.  HH,  §1.  —  ao  in  neuerer  aprache      | 
noch   was   steht  (gilt)  die   wette'     wir  cntdcckon       ] 


1701 


STEHEN  (II.  D.  14,  e-15,  b) 


STEHEN  (II,  D,  15,  6-«) 


1702 


ihm  alles,  und  was  steht  die  wette:  er  giebt  seine  ein- 
willigung?    Bretzner  d.  räuschgen  2,  2. 

15)  von  B,  13  aus  enhcickelt  stehen,  indem  es  die  grenzen 
der  eigentlichen  bedeutiing  überschreitet,  die  zeitliche  Vor- 
stellung des  dauerns,  ausdauerns,  die  geicöhnlicher  durch 
das  compositum  bestehen  ausgedrückt  tcird,  s.  das.  I,  6, 
th.  1,  lfi67.  bei  stehen,  das  namentlich  in  der  neueren 
Sprache  das  seltenere  und  geicähltere  wort  ist,  scheint  die 
ursprüngliche  sinnliche  bedeutung  noch  stärker  durch. 
stehen  hat  in  der  regel  Zeitangaben  neben  sich,  bes.  häufig 
sind  Verbindungen  vne  solange  oder  seit  etwas  steht. 

a)  stehen  vrni  städten,  s.  B,  13,  c — g.  ähnlich,  nur  ab- 
stracter,  wird  stehen  gern  von  reichen  gesagt:  die  lute 
beten  in  da  vur,  das  ir  lant  von  siner  heilicheit  stunde 
veter   buoch  10,  8  Palm;   er   {Mahometh)   müsz   dz   gering 

jrdin  letst  rhömisch  reich  nit  ausztilgen,  sonder  es  bis 
zum  end  stehen  .  .  .  lassen  S.  Franck  chron.  Germ. 
(1538)  /O*".  mit  synonymen  zusammengestellt:  das  das 
römisch  reich,  welchs  der  son  gottes  selber  .  .  .  be- 
stetiget,  mit  seiner  pflantze  stehen  und  bleiben  wird, 
bisz  an  den  jüngsten  tag  Mathesius  Sar.  94»  (am 
ratide:  das  soll  bisz  an  jüngsten  tag  bestehn); 

so  lange  Polen  steht,  wird  Polen  dich  verehren, 
so  lange  Sachsen  währt,  wird  auch  dein  rühm  bestehn 

KOEMG  ged.  126. 

so  auch  von  regierungen  u.  dergl.,  s.  corp.  doctr.  Christ.  850 
unter  1,  C,  3,  d,  ß;  H.  Sachs  3,  2, 157*  unter  I,  B,  2,/,  a,  cc; 

de;  bärac-ambet  hinte  stet  {'betteht  noch  heute') 

JPars.  13,  25 ; 
nn  hoirt,  wie  lange  dis  rait  (rat,  als  behörde) 
stoint  in  deser  stait 

d.  gtädte  ehr.  12,  251  (ivevertl.  312,  vgl.  319  und  324). 

■auch  der  herrscher  selbst  wird  gelegentlich  als  stibj.  ge- 
setzt: nu  dieses  kind,  so  von  David  geboren  sol  werden, 
.  .  .  das  sol  der  k6nig  seyn,  der  da  stehen  sol  und  ewig 
regieren  Luther  20,  556,  23  Weim.  —  ähnlich  ferner :  alsz- 
lang  christennliche  kirch  gestannden,  hat  dewfel  .  .  .  ein 
gefueert,  der  glawb  allain  mache  den  menschen  gerecht 
und  saelig  Berthold  v.  Chiemsee  teidsche  theol.  s.  23; 
«ein  [des]  Frajiciscus)  orden  werde  ston  bisz  an  iüngsten 
tag    Eberlin  1,  158  neudr. 

b)  häufig  von  erde  und  weit,  bes.  in  formelhaften  rede- 
weisen. 

a)  von  der  erde,  mit  deutlicherer  sinnlicher  Vorstellung 
(vgl.  B,  5,  c),  geht  von  der  bibelsprache  aus:  so  lange  die 
erden  stehet  ("psn  'O'-'rs,    eig.    'alle   tage   der  erde'),    sol 

nicht  auff  hören,  samen  und  ernd,  frost  und  hitz  i  Mos. 
«,  22;  nie,  so  lange  die  erde  steht  und  die  menschen 
bleiben,  wie  sie  sind  Arndt  sehr,  für  u.  an  s.  l.  Deutschen 
2,  130;  so  lange  die  erde  steht,  wurde  niemand  ab- 
göttischer geliebt,  als  du  Stifter  3, 181.  verstärkt:  und 
ich  bin  ein  herr  unnd  bleib  ein  herr  weyl  hymrael  und 
erden  steht    Lindner  s.  iii  Lichtenst.  {Katzip.  153). 

ß)  häufiger  und  abgeblaszter  von  der  weit,  was  wohl  auf 
«  zurückgeht,  so  in  bezug  auf  die  Vergangenheit:  sie 
zählt  zehn  ahnen  mehr,  als  nach  Sethi  Calvisii  be- 
rechnung  ...  die  weit  gestanden  Hippel  lebensl.  3,  2,  563; 
vgl.  H.  R.  Manuel  weinap.  1794  unter  I,  C,  3,  d,  ß.  von 
der  gegenwart: 

der  tac  bedutet  die  vrist 
die  wile  die  werlt  stende  ist 

Heslbr  apokal.  5158. 

von  der  zukunft:  das  die  weit  noch  ein  weil  stehen  sol 
Musculus  hosenteuffel  a.  8  neudr.:  das  mährchen  von 
Christus  ist  Ursache,  dasz  die  weit  noch  lO  m  jähre 
stehen  kann  und  niemand  recht  zu  verstand  kommt 
Göthe  briefe  9,  18,  13.  besonders  in  der  Verbindung:  so 
lang  die  weit  gestanden,  fin  ch'il  mondo  e  stato  mondo 
Kramer  dict.  2,  929'»:  alslang  oder  die  weil  die  weit 
gestanden  ist,  *.  Berthold  v.  Chiemsee  s.  271  u.  H.  v. 
Cronberg  s.  9  unter  I,  C,  3,  d,  ß.  in  neuerer  spräche 
gewöhnlich  im  präsens: 

o  that,  die  nie  die  weit,  dieweil  sie  steht,  gesehen  I 

Log  AU  1,  4,  47; 
dasz,   in  dieser  absieht,   so  lange  die  weit   steht,   noch 
nie  ein  buch   geschrieben   worden    Gerstenberg  rezen- 
sionen   s.  48.  14   neudr.     die   präsentische    Beendung    kann 
auch   auf  die  zukunfl  gehen:   so   lang  die  weit  stehet  o 


stehen  wird,  fin  che  .  .  .  il  mondo  e  (sarä)  mondo.  fin  che 
dura  [durarä)  il  mondo  Kram  er  dict.  2,  927«.  so  schon 
ahd. :  daz  si  uu^ret  unz  diu  uuerlt  stat  Notker  2,  64,  7 
Piper  {ps.  20,  5);  mnd.  de  wile  diu  werlt  stat  sächs.  welt- 
chr.  prol.  79,  *.  I,  B,  2,  c ;  nhd.  so  lange  die  weit  stehet, 
werden  eurer  majestät  nachkommen  auf  sie,  als  ihren 
quell  zurücke  sehen  Besser  schrifften  l,  104.  —  femer: 
die  Turcken  werden  auch  yhren  stosser  finden,  sol  die 
weit  lenger   stehen    Luther  19,  360,  17  Weim.; 

ja,  steht  die  weit  nach  tausend  jähren, 
so  leben  sicher  noch  husaren 

Erlach  volksl.  2,  496  (,'hutarenlied'). 

c)  in  der  älteren  spräche  auch  von  Zeiträumen,  dauern: 

swelch  ritter  da  her  in  get, 
die  wile  unz  dirre  tac  stet 

pf.  Ämit  698 ; 
hundert  jär  efte  lenger  scholde  de  dach  stän, 
er  he  mi  scholde  ein  Jawort  afgän  {abdringen) 

des  dodes  dam  329; 

das  sie  sich  ynn  keyn  weg  unterwinden  sollen,  eyn 
solchen,  weyl  dis  jubiljar  steeth,  .  .  .  eyniger  wege  zu- 
entbinden  Luther  18,  267,  13  Weim.  (bulle p.  Clemens  VH. 
V.  1525),  s.  auch  16,  171,  24  unter  l,  C,  3,  d,  a. 

rf):  sonst  in  mannigfachen  freieren  gebrauchsiceisen: 
nullum  violentum  est  diutumum,  nichts,  was  mit  gewalt 
und  unrecht  zugeht,  kan  lange  stehen  Corvinus  fons 
latin.  266;  so  mag  nichts  stehn  ohn  dasselbige,  es  musz 
haben  ein  dement    Paracelsus  opj>.  2,  9B; 

raffet  auch  der  tod  die  greisen  haare,  .  .  . 

was  kan  denn  stehen, 

oder  seiner  grossen  macht  entgehen? 

Königsb.  dichterkr.  s.  41  neudr.  (S.  Dach). 

von  ethischen  begriffen ;  so  schon  ahd.  in  der  ericeiterten 
formel:  trühtenes  forhta  ist  heilig,  unde  iämer  ze  st^te 
stände  (permanens  in  seeulum  seculi)  Notker  2,  59,  7 
Piper  (ps.  18,  10),  s.  unter  statt  II,  A,  4,  a,  sp.  961.  nhd.. 
hier  steht  und  besteht  dein  jungkfräwliche  volle  der 
gnaden    Guarinonius  grewel  der  verteilst,  dedic.  4*; 

wie  freundlich,  selig,  süsz  und  schön 
ist,  Jesu,  deine  Hebe! 
wann  diese  steht,  kan  nichts  entstehn, 
das  meinen  geist  betrübe 

P.  Gerhardt  nr.  436,  3. 

ferner:  grosse  gewalt  kan  gott  nicht  erleyden,  das  sie 
lang  stehen  solle  Agricol.\  sprichw.  (1534)  B  2»  (ö);  vgl. 
Alsfeld,  passionssp.  Uli  unter  I,  B,  2,  /,  a,  aa.  —  das  der 
rhum  der  gottlosen  stehet  nicht  lang,  und  die  freode 
des  heuchlers  weret  ein  augenblick    Hiob  20,  5; 

so  lange  menschen  sind,  soll  ihr  gedächtnisz  stehn 
Besser  schrifften  1,  258; 

denn  wie  ein  fels  im  meer,  se  steht  mein  wort ! 

CoLLiN  Coridan  107; 

ha  so  befrey'  ich  Rom,  so  steht  mein  wort        182; 

das  wort  gotts,   s.  N.  Manuel  150  unter  1,  B,  2,/,  o,  aa; 

preis  dem  mächtigen!  preis  dem  hört! 

es  steht  sein  wort : 

das  gute  sieget  hier  und  dort 

Arndt  4,  8  Meitner. 

ähnlieh  ferner:  da  Moses  gesetze  noch  stund  unnd  galt 
bey  den  Juden  Luther  19,  288,  4  Weim.;  vgl.  16,  17,  6 
(dis  gebot)  unter  I,  C,  3,  d,  a;  sein  lehr  aber  solle  nichts 
desto  weniger  stehen,  und  ewig  bleiben  Joh.  Xas  anti- 
pap.  eins  u.  hundert  l,  91»; 

ewig  steht  der  schlusz  des  Zeus 

Schiller  11,  201  (klage  der  Ceres  r.  64). 

ähnlich,  ohne  Zeitbestimmung  die  wette  steht,  gilt:  Vogel. 
schad',  dasz  ich  nicht  g'wett'  hab!  Karinski.  kann  ja 
noch  nachgeholt  werden.  —  um  20  Haschen  champagner? 
.  .  .  steht  die  wette?    Schnitzler  freiwild  s.  72. 

e)  von  zuständen  und  länger  dauernden  Vorgängen: 
dar  na  in  dem  negenhundert  und  75  jare  was  ein  hart 
Winter  und  stunt  so  lange  dat  in  sunfe  Servacius  dage 
d.  Städte  ehr.  7,  63,  21;  ebenso  68,  21;  also  hat  das  gefröste 
gestanden  bis  zu  fasznacht  deutsche  ehr.  aus  Böhmen  2,  38 
(Hüttel  chron.  aus  Trautenau) ;  a.  auch  Schweinichen 
3,  218  unter  I,  C,  3,  d,  ß.  ein  geschwinde  theurung 
Mathesius  Sar.  3».  *.  unter  I,  B,  3,  d,  ß.  dat  stervent 
hof  hir  in  de  stad  an  der  hochtit  trinitat  und  stund 
na  sunte  Michels  dage  d.  atädte  ehr.  7,  3,  5.  —  von  krieg 
u.ähnl.;   so  mnd.:    dasse   grote   twidracht    stod    wente 

107* 


1703 


STEHEN  (II,  D.  15,  e-16) 


STEHEN  (II.  D,  16-E,  2,  b) 


1704 


Mertini  deutsche  ehron.  2,  598,  27;  do  dat  orloch  hadde 
stan  dre  verdendel  iares.  do  wart  it  gesonet  Lappen - 
BERG  brem.  geschichtaqu.  126,  *.  auch  152  (im  brem.  wb. 
e,  Z3b  als  veraltet  bez.).  nhd..  a.  Luther  6,  123»  unter 
I,  C  3,  rf,  a;  so  das  irthum  (ziciat)  itzund  stunde  zwischen 
dem  rathe,  den  Innungen  und  gemeinheiten  Spitten- 
DORFF  10.    das  gegentheil: 

sie  machten  einen  vride  dö, 

der  solde  sten  zwei  jär 

livländ.  reimchr.  4601 ; 
so  würt  kein  ursach  der  .  .  .  gramschafft  sein,  ...  es 
würt  steen  und  bestendig  bleiben  gemein  eintracht 
{stabit  publica  concordia)  Hütten  l,  395,  35;  stehet  die 
allianz,  und  hat  .  .  .  zwanzigtausend  bewehrter  mann 
auf  den  beinen  .  .  .  Leibniz  deutsche  sehr,  i,  197.  —  dat 
introdikt  {interd.),  s.  d.  städte  ehr.  13,  i6,  2  unter  I,  C,  3,  c; 
das  concilium,  *.  Richental  utiter  I,  B,  2,/,  «,  dd;  er 
(d.  'zinskaujST)  ist  nicht  viel  über  hundert  jar  gestanden, 
und  hat  schon  fast  alle  fürsten,  stifft,  stedte  ...  in 
armut  .  .  .  bracht  Luther  i,  314».  —  vom  leben,  s. 
mhd.  u)b.  2,  2,  574*  (4,  *); 

die  vreude  die  mü;  ewic  stän, 

nimmer  mer  mac  sie  vergän 

livländ.  reimchr.  4521. 
ähnlich  noch,  in  deutlichem  bilde  {zu  8,  a); 

ihr  wohlseyn  müsse  lang  so  fest  wie  cedem  stehen 

d.  junge  Göthe*  1,  83. 

/)  das  subj.  wird  durch  einen  satz  oder  ein  hinweisen- 
des pronomen  ausgedrückt,  s.  mhd.  wb.  a.  a.  o.  (4,  c): 

sol  ich  der  volle  ein  jär  unmeere  sin, 
und  sol  da;  alse  lange  stan 
da;  si  mtn  niht  nimet  war 

minnes.  frühl.  157,  17  (Reinmar); 
das  stat  bis  uf  ein  zil !  {'das  musz  einmal  ein  ende  nehmen') 
Schweiz,  volksl.  1,  «.10  Tobler  {von  1443—6) ; 

ind  dat  stunde  alsus  zwei  jair  bi  buschofs  Conraitz  ziden 
bis  dat  he  starf,  ind  durde  ouch  dairnae  bi  buschofs 
Engelbrechtz  ziden  deutsche  städte  ehr.  13,  569,  9  {vgl. 
277,  5  unter  I,  C,  3,  c) ;  unde  dat  stod  so  hen  in  dat  sevede 
jar  16,  317,  4  {Braunschw.  achichtb.,  s.  305,  16  und  465,  20 
unter  I,  B,  3,  a,  ß)\  das  nechste  jar  darnach  teilet  könig 
Ferdinandus  die  aide  stat  und  newe  stadt  Präge  von 
einander,  daz  ein  jede  stat  ihres  rechtens  genissen  sollt. 
das  stehet  nach  bis  auf  den  heutigen  tag  deutsche  ehr. 
aus  Böhmen  2,  58. 

g)  ähnliche  ausdrücke  bezeichnen  den  Zeitraum,  bis 
etwas  eintritt,  so  mhd.  und  bes.  frühnhd.  {\6.  jahrh.).  die 
regel  ist  parataktisches  Satzgefüge  ohne  ausdruck  der 
beziehung: 

do  stunt  ez  unlange, 
Elsau  chom  gegangen 

DiEMBR  d.  ged.  23,  19; 

es  stnnd  nit  lang  es  kam  geflogen 

der  adler,  und  vi!  volcks  getzzogen 

C.  ScH EIDT /röWcA  heimf.  H3»; 
*.  auch  rollwagenb.  82  unter  I,  B,  3,  b,  y ;  nicht  lang  stund, 
dem  ritter  Gernier  zu  wissen  kam,  wie  dasz  etliche 
frantzösische  kauOleut  .  .  .  ankommen  weren  buch  d. 
liebe  251".  so  noch  in  der  1.  ausgäbe  von  Grimms  mär- 
chen,  a.  die  stelle  unter  I,  B,  8,  e.  &.  dafür  auch  neben- 
»ätze  mit  dasz  (nicht  mit  bis  od.  ähnl.):  daz  stand  darnach 
nit  lang,  daz  Hans  Dachs  sin  miill  mfist  abprechcn 
d.  Städte  ehr.  4,  46,  14;  als  Gernier  mit  bekümmerten 
hertzen  den  jungen  ritter  suchen  gieng,  nicht  lang  stund, 
dasz  er  Reinharten  fandt    buch  d.  liebe  246*.     so  ferner: 

ez  Rte  kurz  oder  lanc, 

Kwenne  komet  der  anevanc, 

daz  ein  dinch  geschehn  sol, 

•o  kan  ez  «ich  gevfiegen  wol     Ainune  172 ; 

bist  innen  worden  das  war  ist  das  gemein  Sprichwort, 
es  stand  kurtz  oder  lang,  so  ist  lieb  leides  ancfang 
Kbisbrsbero  irrig  teht^f  G  i*';  s.  auch  JOH.  Ebkrlin 
t.  SB  unter  I,  B,  l,/.  y. 

1«)  von  hier  aut  ergiebt  $ieh  zuweilen  ein  Übergang  in 
perftdive  aetionsart,  bemmderB,  wenn  stehen  in  dem  sinne 
'auf  einen  tag  fallen'  oder  'an  einem  tage  eintreten'  ge- 
^riuiehi  mrd;  aelten,  aber  au»  den  ver»ehieden»ten  teilen 
und  fegenden  beteugt: 

aa  sant  LnoM  tae; 

an  einem  enntac  der  etnont 

OiioKAit  reimchr.  H48M; 


zu  anderweiter  verpfachtung  .  .  .  haben  sich  bey  jüngst 
gestandenem  termino  licitationis  .  .  .  zwey  neue  pfach- 
tere  angegeben    Casaeler  zeitg.  1731,  s.  395; 

morgen  soll  die  hochzeit  stchn 
mit  der  herzallerliebsten  mein 

Arndt  6,  184  Meisner. 
ebenso: 

so  gings  jm  auch,  wie  mUnchen  geht, 
das,  wenn  sie  reysen,  regen  steht 

Fischart  dicht.  1,  178  Kur:. 

(Domin.  leben  1794;  am  rande:  wenn  münch  reisen,  so 
regnets,    oder   wil   regnen),     mit  dativ,   einem  zuato.izen: 

went  schivelben,  spat  unde  galle  .  .  . 

de  stunden  ome  {dem  p/erde)  up  dessen  dach 

Gerhard  v.  Minden  61,  108  Seelmann. 

xceniger  deutlich  ist  perfectiver  sinn  in  stellen  wie  der 
folgenden,  wo  stehen  der  geltung  als  hülfaverb  nahe 
kommt:  die  wähl  konnte  nur  zwischen  Oestreich  und 
Ruszland  stehen    BismarcK  ged.  u.  crinn-.2,  234. 

E)  einige  feste  Verbindungen  verlangen  besondere  be- 
trachtung. 

1)  solche  bildet  stehen  mit  einigen  adverbien.  davon 
ist  fest  stehen  bereits  behandelt,  s.  A,  5,  d;  B,  8,  e;  C, 
13,  a,  ß  und  bes.  D,  8,  a.  vgl.  auch  th.  3, 1568.  —  (frei  stehen, 
a.  D,  8,  g,  dazu  B,  8,  /,  a.  auch  th.  4,  l,  122.) 

2)  atärkere  aelbatändigkeit  zeigt  die  bedeutungsenttcicklung 
von  still  stehen,  dies  kann  zwar  in  dem  gewöhnlichen 
imperfectiven  sinne  ruhigen  verweilens  gesagt  werden  (zu 
A,  5,  e  bezw.  B):  als  ich  heute  morgen  durch  die  strasze 
ging,  sah  ich  meinen  freund,  wie  er  vor  einem  buch- 
laden still  stand,  solange  der  redner  sprach,  stand  der 
ganze  zug  still,  gewöhnlich  hat  jedoch  die  Verbindung 
mit  persönlichem  subj.  perfective  bedeutung  'halt  manchen, 
aufhören  zu  gehen',  eine  bedeutung  also,  die  bei  stehen 
die  aufnähme  ist,  zumal  in  neuerer  zeit  (s.  A,  12  U7id  B,  16), 
und  die  durch  still  in  keiner  weise  nahe  gelegt  tcird.  still 
stehen  ist  gleichbedeutend  mit  stehen  bleiben,  s.  3. 

o)  von  Personen,  die  bedeutung  ist  tceniger  etitschieden 
perfectiv,  wenn  es  von  solchen  gesagt  wird,  die  schon  stehen, 
und  nur  auf  die  fortdauer  dieses  zustande»  geht  (vgl. 
A,  11,  b.  e): 

die  so  getane  man  hän, 

den  gebiuf  ich,  da;  si  stille  stfln  {nicht  herankommen) 
Pf.  AmU  386  (=  stftn  403); 

ganze  beere  standen  stille, 

wenn  dein  mund  vom  frieden  sang 

Neukiroi  ged.  t.  20. 

in  den  meisten  füllen  tcird  still  stehen  von  geltenden  ge- 
sagt, um  das  aufhören  des  gehena  zu  bezeichnen:  still 
stehen,  praemere  vestigia,  subsistere,  siatere  gradum,  pedem 
Dasypodius,  710»  ulterius  pergere  Frisch  2,  326'=;  dar- 
zuoe  der  herr  tradt  und  die  todenpar  anrueert,  do  stuonden 
die  partrager  still  Berthold  v.  Chiemsee  s.  497;  mit 
trotzigem  festem  schritte  schreitet  er  ihm  entgegen,  und 
mit  bedecktem  haupte  steht  er  vor  ihm  still  Schiller 
6,  111;    als  ich  ihren  namen  rief,  stand  sie  still   Storm 

1,  79.  dieser  sinn  tcird  verdeutlicht  durch  adverbiale  zu 
Sätze  icie: 

auf  einmal  stand  sie  still  und  rief 

Pkkffkl  poet.  vert.  1,  59; 

und  also  gleich  die  zwerge 

stillstehn  und  machen  halt      Tirck  4,  197. 

verstärkt:  mit  einem  mal  stunn  hei  äwer  bomensiill 
Reuter  3,  127,  30  Seelm.  (strömt.  3,  39).   gern  im  imperativ 

beita,  beita  min  durch  gut! 

stant  eine  wilo  stille      pati.  9,  16  Köpke; 

stock,  der  du  gewesen, 
steh  doch  wieder  still  I 

GÖTHR  1,  939  (d.  tauberlthrt.). 

b)  von  allerlei  dingen,  die  »ich  fortbewegen,  vgl,  B,  16. 
der  wagen  steht  still,  auf  einmal  stand  der  zug  still 
u.  dergl.     von  schiffen,  a.  H.  Sa<:M8  8,  2,  IM»  unter  I,  M, 

2.  /,  c,  Cd 

da  zngnn  mIo  vor  arbeit  mntt, 
dsK  Hchifl'  hinzu  an  das  grstatt, 
welche«  zumal  sich  nidorliesz, 
und  still  stund  ulT  dem  hochen  griess 

Si'RBNci  Hin*  \W>  (1.4««).   - 

andere»:  vom  %ea»»er.  aufhören  tu  ßiesten  (R,  16,  b.  a): 
wirdiger  Herr  rector  heiszon  die  anderen  wosscr  stil  ston, 


I 


1705 


STEHEN  (II.  E,  2,  6-d) 


STEHEN  (II,  E,  2,  d-S,  a) 


1706 


die  an  allen  enden  in  dz  meer  lauffen,  so  will  ich  euch 
messen  Euiensp.  s.  i3  neudr.  (28); 

des  Jordans  wasszer  stille  stund 

Alsfeld.  patsionMp.  *729. 

häufiger  in  durativem  sinne:  die  quellbrannen  .  .  .  aber 
die  durch  pfitz  oder  ausz  lachen  wachssen,  oder  still 
stehn,  sint  die  ärgsten  Sebiz  feldb.  19;  nicht  weit  vom 
haase  lag  ein  grauer,  stillstehender  see  Tieck  5,  129 
{Blaub.  5,  2).  von  der  luft: 

die  heitern  lüfte  standen 
still,  wie  ein  ruhig  Weltmeer 

Dusch  verm.  werte  23. 

perfectiv  im  imp.,  bei  poetischer  anrede: 

steht  stille,  winde, 
schweig,  lispelnd  laub ! 

Tieck  nachgel.  tchr.  1,  7. 

auch  von  tceltkörpern.  in  der  regel  durativ:  die  sterne 
stehen  stille,  steUae  insistunt  Steinbach  2,  668;  die  sonne, 
ja  selbst  die  steme,  haben  gegen  die  erde  weiters  keine 
bewegung,  sondern  sie  stehen  für  uns  so  gut  als  still 
Hebel  3,  157.    so  schon: 

deist  ein  michel  wunder, 

da?  himel  ist  obe  und  under, 

unt  doch  diu  erde  stille  stät, 

s6  der  himel  umbegät  Vridanc  11.9. 

mit  poetischer  hypostasierung  auch  von  der  zeit,  s.  ÜHLAnd 
160  unter  D,  7,  a,  e,  gg  und  Hebbel  2,  49,  18  {Mar.  Magd. 
2,  5)  unter  I,  B,  3./,  y,  ee.  so  ganz  sinnlich  in  dem  frühsten 
belege:  nihil  enim  permanet  ex partibus  tetnporis  .  .  .  siniu 
t4il  nio  stillo  negestänt.  siu  rinnent  hina  sämoso  uaäzer 
NoTKER  1,  409,  1  Piper  {categ.  2,  7). 

c)  von  beicegungen,  die  keine  Ortsveränderung  bedeuten, 
in  der  regel  durativ:  die  blätter  der  bäume  standen  still 
Tieck  4,  I5i. 

a)  besonders  von  allerlei  geräthen,  maschinen,  betrieben 
u.  s.  IC.  {neben  einfachem  stehen  s.  B,  16,  c):  die  uhr  steht 
still:  die  uhr,  sand-uhr  stehet  [still]  l'horologio  .  .  .  stä 
fermo,  s'arresta  o  si  resta  Krämer  dict.  2,  928».  so  Göthe 
41,  322  {Faust  II,  5),  mit  besonderem  sinne,  läszt  auch  per- 
fective  auffassung  zu,  icie  das  danebenstehende  der  zeiger 
fällt,  ebenso  lassen  folgende  stellen  beide  auffassungen 
zu:  {votn  iceberstuhl)  dat  hürt  jo  glik  de  ganze  nahwer- 
schaft,  wenn  de  oll  stauhl  mal  still  steiht  Reuter  3,  132, 
.32  Seelm.  {strömt.  3,  39);  nu  is  dat  äwer  'ne  olle  sak,  dat 
de  möller  upwakt,  wenn  de  mahl  stillsteiht,  un  dat  de 
tauhürers  upwaken,  wenn  de  predigt  tau  en'n  is  64,  30 
{kap.  34).  —  der  betrieb,  das  werk  steht  still,  wenn  darin 
nicht  gearbeitet  icird. 

ß)  von  gliedern  und  functionen  des  menschlichen  oder 
thierischen  leibes :  welhes  äugen  so  gar  still  stende  sint 
als  die  stain,  der  ist  listig  Megenbkrg  43,  28;  diese  ent- 
fernten sich,  während  er  .  .  .  weiter  redete,  auch  die  zehn 
weiszen  Ohrmuscheln  mäuschenstille  standen  Keller 
6,  239.  von  den  lefTtzen  {lippen)  des  hosen  und  des  menschen 
{auch  auf  jenen  selbst  übertragen)  bei  Keisersberg  äosz 
im  Pfeffer  Aa  8"=,  *.  unter  I,  B,  l,  /,•  2,  /,  t],  dd  und  S,  bb. 
80  dann  auch:  das  habe  ich  wohl  gehört,  dasz  ihm  das 
maul  nie  stille  steht  Gellert  3,  288  {loos  in  d.  lott.  3,  7). 
von  der  thätigkeit  der  inneren  organe  in  der  regel  perfectiv. 
vom  herzschlag:  dasz  das  kind  {Mignon)  .  .  .  Ton  einem 
krampf  an  seinem  armen  herzen  oft  heftig  .  .  .  leide, 
dasz  dieses  erste  organ  des  lebens,  bei  unvermutheten 
gemüthsbewegungen ,  manchmal  plötzlich  stille  stehe 
Göthe  20,  156  {WiUi.  Meister  8,  2);  als  ich  das  sah,  wollte 
mir  das  herz  stillstehen  Hesse  Gertrud  172.  in  milderem 
sinne,  sich  beruhigen,  zum  normalen  schlüge  zurüekkehren : 
gott!  mein  herz  klopfte  so  ungestüm,  und  steht  noch 
nicht  still  Tieck  2,  285  {d.  abschied  i,  4).  vom  athem:  deiner 
mutter  ...  ist  es  denn  doch  wohl  zu  gönnen,  dasz  sie 
einen  sanften  tod  hat  und  sich  nicht  allzu  elend  .  .  . 
hinquälen  musz,  ehe  ihr  der  ödem  stille  steht  Raabe 
hungerpastor  ^^  114  (lO.  kap.). 

d)  daran  schlieszen  freiere  gebrauehsvxisen:  alle  andere 
sinnen,  alle  thätige  kräfte  der  seele  scheinen  stille  zu 
stehen,  und  in  einen  einzigen  blick  .  .  .  verschlungen 
zu  seyn  Wieland  i,  279  {Agath.  5,  3);  jetzt  ist  ein  wich- 
tiger augenblick  für  euch,  euer  ganzes  leben  steht  jetzt 
still,  und  alle  gestirne  machen  halt,  um...  eine  neue  epoche 


anzufangen  Tieck  9,  112.  —  so  besonders  der  verstand 
steht  ein«m  still :  dabei  stehet  mir  der  verstand  still,  'da 
vermag  ich  nicht  tceiter  zu  dejiken'  Campe;  mich  wandelt 
in  meiner  jetzigen  läge  eine  art  stupor  an  und  ich  finde 
den  trivialen  ausdruck:  der  verstand  steht  mir  still, 
trefflich  um  die  läge  meines  geistes  auszudrucken  Göthe 
briefe  10,  85,  1. 

e)  von  Personen  in  freierem  gebrauche,  mehr  oder  tueniger 
deutlich  perfectiv: 

a)  in  älterer  spräche  vereinzelt  mit  dativ;  'einem  stand 
lullten  und  rede  stellen'  {vgl.  C,  4,  e  und  7,  c) :  kümbt  der 
nicht,  der  ist  umb  das  wanndel,  ...  er  hab  dann  seinen 
beredtboten,  der  ste  meiner  frawen  still  umb  wew  si 
im  ze  reden  hat  veisth.  3,723.  anders  (=  stillhalten): 
gott  stille  stehen,  star  fermo  ä  dio  cioe  non  resistere  aUa 
siia  Santa  volontä  v.  halten  Kramer  dict.  2,  928*. 

ß)  geicöhnlich,  mit  einer  thätigkeit  aufhören:  still  stehen 
.  . .  quiescere,  requiescere, pausare  Dasypodius.  allgemein: 
er  kan  nicht  stillstehen,  egli  non  pud  star  saldo,  cioe 
egli  non  pud  riposare,  star'  in  otio,  egli  e  attiiv  Kramer 
dict.  2,  939".  so  nicht  mehr  üblich,  vom  aufhören  der  weiter- 
enticicklung:  hab'  ich  den  trieb,  immer  zu  wachsen,  und 
nie  stille  zu  stehen,  in  mein  herz  gelegt?  Klinger  3, 15 
{Fausts  leb.  1,  3);  in  der  Sprachforschung  gilt  nicht  weiter 
zu  schreiten  sondern  still  zu  stehn  fast  einem  rückschritt 
gleich  J.  Grimm,  *.  th.  1,  vorr.  XXIII.  sonst  mit  bestimmter 
beziehung:  von  einer  frau.  aufhören  zu  gebären,  s.  Luther 
24,  530, 17  unter  C,  12,  c.  mit  näherer  bestimmung  im  gen.:  zum 
ersten,  wollt  ich  verheiszen  dieser  materien  hinfurter  stille 
zu  stehen  Luther  briefe  1,  207.  getc.  mit  präp.:  man  sollte 
mit  der  gschrift  still  stan  an  herr  Niclausen,  dann  er 
nit  wüszte,  ob  minen  herren  dem  grossen  rat  darmit 
gedienet  wurde  qu.  zur  Schweiz,  gesch.  l,  178,  8:  müssen 
wir  ...  ein  Zeitlang  inn  erzehlung  der  kräuter  still  stehen 
und  ruhen  Sebiz  feldb.  60.  mit  andrer  beziehung  bei 
etwas  stille  stehen,  sich  damit  zufrieden  geben,  nicht 
u>eiter  gehen,  geicöhnlich  verneint:  im  ersten  falle  kann 
sich  der  mensch  nicht  begnügen,  bei  der  idee:  unsicht- 
bare Ursache  stille  zu  stehen  Hebel  3,  225; 

dabei  steht  man 
nicht  still,     die  tyranney  begnügt  sich  nicht, 
ihr  werk  nur  halb  zu  thun 

Schiller  12,  424  {Maria  St.  1,  6). 

f)  ebenso  mit  sächlichem  stibj.  gewöhnlich  von  thätig- 
keiten  oder  Vorgängen,  aufhören  oder  zeitweise  aussetzen: 
das  werck  etc.  hat  lang  still  gestanden,  quell'  opera 
stette,  resto,  ristette  lungo  tempo  senza  essere  continovata 
Kramer  dict.  2,  929  *>;  gleich  allem  epos,  in  nie  still 
stehendem  wachsthum,  setzte  sie  {d.  thierfabel)  ringe  an 
J.  Grihh  Reinhart  fuchs  s.  VI; 

christencreutz  hat  seine  masse 
und  musz  endlich  stille  stehn 

P.  Gerhardt  416,  11. 

vereinzelt  auch:  in  demselben  zustande  oder  Stadium  rer- 
harren,  vom  kämpfe  {=  stehen  B,  15,  g) : 

der  tumei  al  stille  stet 
Parz.  386,  28  (vgl.  d.  anm.  v.  Martin). 

überhaupt,  beharren,  bleiben  {icie  D,  15),  s.  spiel  v.  d.  10 
jungfr.  294  unter  I,  B,  2,  /,  a,  aa  {sp.  1410). 

3)  sonst  geht  stehen  mit  andern  verben  feste  Verbin- 
dungen ein,  die  einen  begriff  bilden,  so  zunächst  stehen 
bleiben,  das  im  allgemeinen  mit  still  stehen  gleich- 
bedeutend, nur  noch  entschiedener  perfectiv  ist.  beides 
combiniert:  da  er  oft  geruffen  wurde,  sähe  er  hin,  und 
blieb  stille  stehen,  saepius  appeUatus  adspexit  ae  reatitit 
Steinbach  2,  668. 

a)  im  allgemeinen  ist  zu  bemerken: 

a)  anstatt  des  inf  kommt  in  älterer  spräche  zuweilen 
das  part.  vor:  und  wird  dennoch  das  haus  stehend 
bleiben  Luther  28,  3i3,  9  Weim.;  halte-machen.  heiszet 
im  krieg  sich  nach  dem  ruck-zug  wieder  setzen,  stehend 
bleiben,  und  sich  zur  gegenwehr  fertig  halten  Belemnon 
cur.  bauernlex.  (1728)  85.    so  auch  mhd.: 

als  der  wagen  stende  bleib 

pa»t.  66,  22  Köpke; 
doch  daneben  atuh  schon  der  inf: 

do  beleip  der  gr&ve  eine  8t4n 

IfefdAt  (IV)  1610. 


1707 


STEHEN  (II.  E,  3,  a-b) 


STEHEN  (II,  E,  3,  b—c) 


1708 


in  hesa.  Urkunden  dea  H.jahrh.  neben  einander:  der  zun 
sal  bliben  steynde  Baur  hesa.  urk.  l,  542  {vom  j.  1334) 
und:  und  soUent  die  steyn  steen  und  blyben  steyn 
nr.  62*  (vom  j.  1356),  a.  ap.  1416/.  mnd.  stände  bliven,  a. 
ScHiLLER-LÜBBEN  4,  360».  —  merkwürdig  ist  die  in  glos- 
aaren  begegnende  aufgelöate  Verbindung ;  siatere  .  .  .  ston 
o.  bliben,  staen  vel  blyven  {gemma  gemmar.,  Cöln  1507) 
DiKF.  gloss.  538". 

ß)  ostfries.  daneben  staan  holden,  wohl  auf  Vermischung 
mit  stand  halten  beruhend,  s.  Stürenburg  258»'.  ten 
DoORNKAAT  KooLMAN  3,  299''  (ik  kun'  h&st  gfin  stän 
holden,  so  weide  dat).  sonst  nd.  auch  bestahn  blieven, 
entsprechend  älterem  nhd.  bestehn  bleiben  («.  bestehen  5, 
th.  1,  1667):  äwer  as  hei't  in't  og'  faten  ded,  blew  hei 
starr  bestahn    Reuter  3,  128,  24  Seelm.  {strömt.  3,  39). 

b)  V071  persotten,  im  eigentlichen  sinne. 

a)  von  stehenden,  in  diesem  zustande  verharren,  nicht 
fortgehen:  warum  bleiben  wir  stehen  und  gehen  nicht 
fort,  cur  hie  astamus,  quin  abimusf  Steinbach  2,  668; 
in  dem  (er)  den  rauhen  koczen  von  im  warlT;  in  einem 
seyden  grünen  wammes  vor  in  sten  beleybe  Arigo 
decam.  214,  28  Keller  {in  una  giubba  di  zendado  verde  ri- 
mase  3,  7);  hertzog  Ganasch  blieb  zum  hinterhalt  unter 
einem  hügel  stehen  Lohenstein  Arinin.  1,37'';  'so  steig' 
doch  ein!'  aber  Friedrich  blieb  neben  den  pferden  stehen 
Ebner-Eschenbach  4,  62.  mit  verstärkenden  ztisätzen, 
die  eine  starre,  unbetcegliche  haltung  ausdrücken  {vgl.  A, 
5,  e.f);  das  er  sten  beleybe  als  ein  stock  Arigo  decam. 
140,  3  Keller  {im,  or.  nur:  che  appena  sapeva  die  far  si 
dovesae  2,  8);  der  küster  aber  blieb  unbeweglich  stehen 
Grimm  märcJien  a.  13  {nr.  4);  der  Schneider  blieb  auf- 
gerichtet stehen,  bis  er  sie  nicht  mehr  sah  .  .  .  dann 
wischte  er  eilig  .  .  .  um  die  ecke  ...  er  blieb  erst  eine 
weile  regungslos  stehen,  damit  herzschlag  und  atem 
ihren  ruhigen  schritt  wieder  finden  konnten  Ludwig 
2,  314.  poet.  vereinzelt  einem  feinde  stehen  bleiben,  tvie 
aonat  stehen  allein  (C,  4,  c),  nicht  weichen: 

hoch  schon  auf  den  Pyrenäen 

sucht  er  (der  David:  Wellington)  seiner  sohlender  stein, 

und  kein  riese  bleibt  ihm  stehen  Brentano  2,  37. 

entschiedener  durativ  m,it  angaben  der  dauer,  vgl.  oben 
Ludwig  2,  S14;  ao  militärisch  von  längerem  aufenthalt: 
bestellet  einen  seiner  cameraden,  welcher  ihn  an  statt 
des  corporals  .  .  .  auf  ein  3  meilen  von  der  stadt  ge- 
legenes dorf  commandiren  musz,  um  daselbst  etliche 
tage  als  salva  guarde  stehen  zu  bleiben  cav.  im  irrg.  439. 
ao  auch:  der  general  von  Zieten  wird,  bis  auf  ewr.  königl. 
majestät  weitere  ordre,  annoch  hier  stehen  bleiben,  weil 
man  zuverläszig  weis,  dasz  die  feindliche  armee  noch 
bey  Prustava  stehet  Lessing  18,  379  Lachm.-  Muncker 
{Tauentzien  an  Fr.  d.  gr.  19.  jul.  1761). 

ß)  getcöhnlich  perfectiv.  halt  macJien:  aubaiatere,  an 
einem  ort  stehen  bleiben,  stutzen.  Corvinus  fona  lat. 
«09;  'nicht  weitergehen,  auf  deraelben  atelle  bleiben'  Campe; 
und  da  sie  kamen  an  den  bach  Besor,  blieben  etliche 
stehen  l  Sam.  80,  9;  hier  ist  das  räthsel,  rief  sie,  als 
sie  das  kind  zur  thüre  herein  zog.  es  blieb  am  eingange 
stehen,  eben  als  wenn  es  gleich  wieder  hinaus  schlüpfen 
wollte  Göthe  18,  153  {Wilh.  Meiater  2,  4);  wenn  er  mit 
dem  doctor  discurrirt,  sind  beide  manchmal  so  laut, 
dasz  die  leute  auf  der  strasze  stehen  bleiben  Freytag 
4, 19  {handachr.  1,  l).  beaondera  ala  auadruck  dea  erataunena 
oder  erachreekena : 

ich  bin,  als  ich  dia  bild  zum  erstenmabl  ersah, 
weil  es  so  iholicb  ist,  verwundernd  stebn  geblieben 

KoBMO  ged.  60 ; 

die  tboren  echeuten  sich,  als  sie  einander  sahn, 
der  schrecken  ist  gleich  grosz,  sie  (^leiben  beyde  stehen 
LicHTWKK  A»op.  Sab.  i.  67  (2,  6). 

mit  veraiärkenden  adverbien  (vgl.  a):  indem  sich  Daniis 
amwendet,  bleibt  sie  starr  vor  ihm  stehen  Lkssino  l, 
tW  (d.  junge  gd.  8,  14) ;  auf  einmal  erschallte  der  ganze 
berg,  .  .  .  dasz  Agathon,  von  entsetzen  und  erstaunung 
gefetselt,  und  wie  eine  bildsäule  stehen  blieb  Wif.i.and 
Agath.  l,  9  (l,  t).  ao  auch:  auf  halbem  wegc  blieb  sie 
wie  angewurzelt  itahen  Storh  l,  n.  diese  ^lerbindung 
auch  in  freiertm  ainn«  »Ar  gttcOhnlieh.  im  bilde:  dasz 
nicht«  d«i  DHUifel  des  genies  «o  sehr  auszer  zweifel 


setzt,  als  wenn  man  vor  einem  ziele,  das  man  kühn 
zu  erreichen  beschlosz,  auf  halbem  wege  stehn  bleibt 
Gerstenberg  rezena.  78,  23.  der  perfective  sinn  wird 
unterstrichen  durch  adverbiale  Zusätze  ivie:  etliche  zeich- 
nen ein  strich  (linien)  ab,  welchen,  so  bald  sie  berühret 
haben,  bleiben  sie  flugs  stehen  {consiatunt  protinus) 
Comenius  sprachench.  947;  wann  einer  . . .  sich  gestossen. 
oder  blötzlich  stehn  blieben,  .  .  .  das  bedeute  .  . .  unglück- 
hafftige  und  feindtselige  reisen  Nigrinus  von  Zauberern 
s.  136. 

y)  zuweilen  ist  stehen  bleiben  nicht  im  gegensatz  zum 
gehen,  sondern  zu  andern  körperhaltungen  gemeint  {vgl. 
A,  3  und  10).  zum  fallen:  da  kam  eine  unsichtbare  band 
und  gab  dem  einen  eine  ohrfeige,  dasz  er  mühe  hatte, 
stehen  zu  bleiben  mährleinbuch  (1799)  196.  ähnlich:  alles 
legte  sich  platt  hin.  nur  wir  Offiziere  blieben  aufrecht 
stehen  Liliencron  6, 191.  zum  aitzen  oder  aich  aeizen:  wir 
setzten  uns  nebst  dem  grand  trösorier  .  .  .,  während  ein 
offizier  an  der  thür  stehen  blieb   Moltke  gea.  achr.  l,  139. 

c)  daran  achlieszen  freiere  gebratichsiceisen. 

0.)  vom  außiören  der  fortschreitenden  enttcickelung :  du 
wirst  nie  stehen  bleiben,  du  wirst  ewig  fortfahren  deine 
seele  zu  bilden  Bettina  frühlingskr.  (1844)  10.  auf  einer 
stufe  {vgl.  C,  2,  /,  a) :  ohne  sonderbare  umstände  und 
Verhältnisse  wäre  ich  auf  dieser  stufe  stehen  geblieben, 
und  ich  kam  nur  auf  einem  sonderbaren  wege  weiter 
Göthe  19,  315  (TT.  Meister  6);  je  bezauberter  dieses  an- 
schauen ist,  .  .  .  desto  länger  bleibt  sie  {d.  seele)  in  den 
grenzen  dieses  ersten  grades  der  liebe  stehen  Wieland 
1,  279  {Agath.  5,  3); 

ein  mann,  wie  du,  bleibt  da 
nicht  stehen,  wo  der  zufall  der  geburth 
ihn  hingeworfen        Lessing  2.  274  {Nathan  3,  5). 

s.  auch  stehengeblieben.  —  der  verf.  der  kritik  blieb 
unten  auf  dem  reflectirpunct  stehen    Herder  22,  4. 

ß)  sonst  mit  deutlichem  bilde:  auf  halbem  wege  stehen 
bleiben,  s.  Gerstenberg  unter  b,  ß;  auch  den  univer- 
sellsten vollendetsten  werken  der  isolirten  poesie  und 
Philosophie  scheint  die  letzte  synthese  zu  fehlen;  dicht 
am  ziel  der  harmonie  bleiben  sie  unvollendet  stehen 
Athenäum  t,  2,  146  (Fr.  Schlegel);  er  ist  unmittelbar 
am  rande  des  beweises  stehen  geblieben  Herder  5,  3H. 
—  die  praktiker  müssen  aber  bey  solchen  hochgelehrten 
Streitigkeiten  .  .  .  mit  unbewegtem  köpfe  in  der  mitte 
stehen  bleiben  Tu  i baut  üb.  d.  noticendigk.  e.  allg.  bürgert 
rechts  422. 

y)  sehr  getcöhnlich  bei  etwas  stehen  bleiben:  ich  bo 
gann  als  lehrer  bei  allerlei,  welchem  ich  kaum  halb 
gewachsen  war,  blieb  endlich  bei  geschichtlichen  vor 
lesungen  stehen  Arndt  l,  75  Rösch;  wenn  man  aber 
allein  bey  diesen  Vorstellungen  des  niedrigen  Standes 
stehen  bliebe,  so  würde  man  die  grosze  mannichfaltif; 
keit,  deren  das  theater  fähig  ist,  verlieren  J.  E.  Schi.eoei. 
3,  279;  wäre  es  ihnen  {d.  Cölner  dominieanern)  gelungen 
{ein  inquisitionagericht  gegen  die  Juden  einzurichten),  sie 
würden  nicht  bei  den  Juden  stehen  geblieben  sein! 
Ranke  a.  icerke  l,  160.  so  bea.  in  btjug  auf  geapräche, 
rede,  achriftatellerische  daratellung  u.  dergl.;  bei  einetn 
gegenatande  ver%ceilen:  ich  will  vors  erste  bey  einer  klei 
nigkeit  stehen  bleiben  Lessino  6,18  {lit.  br.  1,9);  es  L-^t 
nothwendig,  dasz  wir  einen  augenblick  bei  den  jugend 
Jahren  Luthers  stehen  bleiben  Ranke  aämtl.  \cerke  i. 
195.  mit  ihm  achluaz  machen,  aodaaz  er  der  lettte  bleiht 
{wie  zu  anfang):  und  bei  diesem  {d.  hexenbanner)  wollen 
wir  auch  stehen  bleiben,  damit  meine  rede  ihre  geduiil 
nicht  noch  länger  miszbrauche  H.  Mayr  päckchrn  sai.  .v 
72.  dabei  abbrechen:  wir  bliebon  bey  den  droy  morgtMi 
Segen  stehen  Geli.krt  8,  156  {hetachw.  1,  4);  ao  sehr  //» 
xcöhnlich:  aber  dasz  ich  dir  weiter  sage  —  wo  bin  ich 
stehen  geblieben?  Schiller  a,  88  {räuber  2,  s).  'aucli 
wird  stehen  bleiben  im  gemeinen  leben  für  nicht  weit»> 
fortkönnen  gebraucht,  mitten  in  seiner  rede,  predigt  et( 
blieb  er  stehen'  Cami'E.  dufür  gewöhnt,  stecken  bleiben 
*.  "stecken  17,  c.  y,  ap.  1841/ 

ö)  im  älteren  nhd.  tuireilen  mit  andern  präpo». :  si  recte 
unquam  praedioaretur  paasio.  so  wurde  man  nicht  lang 
über  der  hiitorien  sthen  bleiben  Luther  27,  lOA.  is 
Weim.  vgl.  5- 


1709 


STEHEN  (II,  E,  3.  c-e) 


STEHEN  (H,  E,  3,  e-f; 


1710 


f)  im  älteren  nhd.  auch  in  andern  bedeutungen,  ein- 
fachem bleiben  nahekommend,  absolut,  bestehen  {vgl.  D, 
15  und  unten  f):  er  verlesset  sich  aufT  sein  haus,  und 
wird  doch  nicht  bestehen,  er  wird  sich  dran  halten,  aber 
doch  nicht  stehen  bleiben  (tar. .-  bestendig  seyn)  Hiob 
8,  15  {im  orig.  ist  hierzu  das  haus  subj.,  vgl.  unten  f,  a); 
aber  sie  wird  nicht  bleiben  bey  der  macht  des  arms, 
dazu  jr  same  auch  nicht  stehen  bleiben  Daniel  ii,  6 
{urtext  verderbt),    ähnlich  noch: 

die  fremden  eroberer  kommen  und  gehen, 
wir  gehorchen,  aber  wir  bleiben  stehen 

Schiller  14,  25  {braut  v.  Mess.  1,  3,  254). 

C)  mit  näheren  bestimm.ungen ,  in  einem  zustande  ver- 
harren: ires  vettern  Frescho  czüchtige  straff  nicht  ver- 
,  nam  .  .  .,  also  in  irer  grobheyt  sten  beleyb  und  noch 
I  ist  Arigo  decam.  397,  32  Keller  {e  cosi  nella  sua  grossezza 
ai  rimase  6,  8) ;  auch  mit  prädicatsnomen  {=  bleiben) : 
I  so  beleybe  ich  sten  ein  Jude  als  ich  pin  30,  20  {io  mi 
•      rimarro  giiideo   1,  2). 

T])  von  menschen  auf  ihre  werke  u.  ähnl.  übertragen: 
!  diese  genealogien  bleiben  mehrenteils,  nach  der  gleich- 
i  mäszigen  gewohnheit  der  Irrländer,  nur  bey  der  arche 
des  Noah  stehen  Zimmermann  v.  d.  nationalstolze  (1758) 
26;  doch  nicht  bei  poesie  allein  blieb  diese  bildung  {zur 
humanität)  stehen;  trotz  alles  harten  und  drückenden 
zeigt  sie  sich  auch  in  der  römischen  geschichte  Herder 
17, 149  {human,  br.  30) ;  {der  character  der  bauart,)  welcher 
in  allen  städten  .  .  .  vom  fortschreiten  oder  stehenbleiben 
oft  viel  einleuchtendere  zeichen  giebt,  als  man  sich  ge- 
wöhnlich vorstellet  Nicolai  reise  durch  Deutschi.  2,  590; 
ihr  {Amalias)  roman  bleibt  durch  die  drei  ersten  akte 
immer  auf  eben  derselben  stelle  stehen  Schiller  2,  365; 
sein  {des  Deutschen  tcb.)  eigentlicher  werth  wird  einmal 
erst  später  durchdringen,  selbst  wenn  es  auf  dem  rümpf 
stehen  bliebe  J.  Grimm  brief  vom  18.  febr.  1863,  s.  anz. 
f.  d.  alterth.  16,  262. 

d)  von  allerlei  dingen,  aufhören  zu  gehen,  stehen 
bleiben  ist  hier  ganz  gleichtcerthig  mit  still  stehen  in  per- 
fectivem  sinne,  s.  2,  b:  auf  einmal  blieb  die  uhr  stehen 
oder  stand  still,  dagegen  im  allgemeinen  nicht  durativ; 
hierfür  müszte  das  perf.  eintreten:  die  uhr  steht  (still) 
=  ist  stehen  geblieben,  der  wagen  blieb  stehen,  s. 
pass.  66,  22  unter  a,  tt.  so  ganz  geicöhnlich  vom.  schiff,  ver- 
stärkt: {da)  sties  sich  das  schiff  an,  und  das  forder  teil 
bleib  feste  stehen  unbeweglich  (r/  fisv  ngiÖQa  iQelaaaa 
efifivsv  dadXfVTog)  ap. gesch.  27,  41.  von  flüssigkeite n : 
das  Wasser  bleibt  daselbst  stehen,  V  acqua  resta,  cova, 
ai  ferma,  si  stagna  lä    Kramer  dict.  2,  929»; 

es  rauschet  das  wasser 
und  bleibet  nicht  stehn 

GÖTHE  5,  20  Weim. 

so  auch:  wann  disz  öle  durch  eyn  leinin  tuch  durch- 
seygest,  so  laufTt  das  wasser  durch,  das  öle  pleibt  aber 
im  seygtuch  stehen  {bleibt  zurück)  Sebiz  feldb.  442;  ihr 
blick  richtete  sich  .  .  .  empor,  und  die  letzte  thräne  für 
dieszmal  blieb  ihr  in  dem  blauen  äuge  stehen  Hebel 
3,  13.  von  Weltkörpern;  vom.  monde,  s.  Spee  trutzn. 
84,  sp.  1415;  den  stern  der  weisen  nennt  er  {Hesz)  .  .  .  ein 
meteor;  es  ist  ihm  .  .  .  um  einen  ausdruck  zu  thun,  der 
.  .  .  das  wegzeigende  voranziehen  und  stehenbleiben  über 
einem  hause  .  .  .  eher  denkbar  macht  D.  F.  Strausz 
leben  Jesu*  1,  10.  selten  in  freierem  gebrauche:  das  übel 
bleibt  nicht  stehen,  wo  mans  hinsetzt,  il  male  non  resta, 
non  stä  dove  si  pone    Kramer  dict.  2,  929». 

e)  in  bezug  auf  betcegungen  an  demselben  ort. 

a)  vom  Umlauf  eines  rades:  rota  orbis  sei  des  rades 
kreisung,  rotatio;  die  blieb  stehn  dem  winde,  der  sie 
bisher  umtrieb,  und  nun  vor  Orfeus  gesange  ruhete 
Voss  antisymb.  2,  84.  bes.  die  uhr  bleibt  stehen  Ade- 
luno (l):  so  beklagte  jemand  eine  hausuhr,  wenn  sie 
einmal  in  der  kälte  stehen  blieb  Lichtenberg  i,  121. 
gonst  von  mxischinen  u.  Werkzeugen :  wer  in  diesem  monat 
nicht  schon  alles  gefässe  zu  der  bevorstehenden  Wein- 
lese parat  hat,  der  hat  die  höchste  zeit,  .  .  .  absonder- 
lich seine  presse  zu  untersuchen,  dasz  sie  nicht  mitten 
unter  der  arbeit  stehen  bleibet  allgem.  haushaltlex. 
\  (1749)   1,  3«. 


ß)  von  den  gliedern  und  Organen  des  menschlichen  leibes: 

die  zunge  bleibt  mir  stehn, 
mir  starren  alle  glieder 

Königsb.  dichterhr.  g.  113  neudr.; 

sie  konnte  nicht  mehr  warten,  weil  ihr  das  herz  stehen 
geblieben  war  Stifter  sämtl.  werke  2,  58;  dasz  ich 
meinem  beleidiger  die  klinge  unterlieff,  ihn  ...  an  meine 
brüst  drückte,  dasz  ihm  augenblicklich  der  athem  stehen 
blieb,  und  er  als  ein  wasch-lappen  zu  boden  fiel  Felsenb. 
2,  366.  dafür:  als  er  sich  aufrichtete,  strammte  ihm  die 
ungewohnte  last,  und  die  luft  blieb  ihm  stehen  Enking 
fam.  P.  C.  Behm  256.  so  auch  der  verstand  bleibt  einem 
stehen,  vgl.  2,  d;  mundartl.  de  verstand  bleift  em  stßn, 
'das  versteht  er  gar  nicht'    luxemb.  wb.  426». 

f)  dnneben  hat  stehen  bleiben  eine  andre  gebrauehs- 
xceise,  die  nicht  mit  still  stehen  parallel  geht  und  sich 
aus  der  allgemeinen  bedeutung  von  stehen  ergiebt,  im  zu- 
stande des  Stehens  verbleiben,  nicht  fallen  oder  vergehen. 
vgl.  B,  13. 

a)  so  zunäcfist  von  dingen,  die  im  eigentlichen  sinne 
stehen;  von  pflanzen,  bäumen,  bauten  u.  dgl.  {im  bilde:) 
man  musz  nicht  nur  das  aufgeschossene  unkraut  aus- 
jäten, sondern  auch  nach  dem  kleinen  sehn,  damit  nichts 
zur  saat  stehn  bleibe    Tieck  5,  375  {verk.  weit  4,  l); 

die  er  (d.  tag)  erzeugt,  die  kinder,  die  maienblümlein  sehn 
nach  ihm  —  wenn  er  gesunken,   so  bleiben  sie  noch  stehn! 
Z,  Werner  Cunegunde  181 ; 

von  diesem  {bergwald)  zog  sich  ein  stehengebliebener  säum 
von  eichbäumen  einen  höheren  grat  entlang  Keller  3, 
35.  die  gottlosen  werden  umbgestörtzt  .  .  .,  aber  das  haus 
der  gerechten  bleibt  stehen  spr.  Sal.  12,  7;  zur  rechten 
steht  ein  halbrunder  porticus,  wie  die  stehen  gebliebene 
tribune  eines  untergegangenen  baues  Jüsti  Winckelmann 
2,  1,  308.  dazu  im  bilde:  sie  {Stralsund)  war  ...  bis  zum 
untergange  des  heiligen  römisch-deutschen  reichs  als  eine 
ehrwürdige  ruine  der  Vergangenheit  .  .  .  stehen  geblieben 
Arndt  l,  55  Rösch,  vgl.  auch:  du  hast  die  erde  zugerichtet, 
und  sie  bleibt  stehen  {var.:  sie  steht)   ps.  119,  90. 

ß)  sonst  von  concreten  dingen,  indem  die  Vorstellung 
des  bleibens  überkriegt;  zurück,  übrig  bleiben,  als  rest:  der 
einzige  Caspische  see  ist  als  ein  rest  des  alten  Weltmeers 
am  fusz  des  Caucasus  stehen  geblieben  Herder  13,  38 
{ideen  l,  6);  {eisenvitriol)  findet  sich  vorzüglich  in  alten 
grubenbauen  wo  luft-  und  wasserzutritt  die  Zersetzung 
der  kiese  begünstigt,  die  stehen  gebliebenen  erzen  oder 
dem  gesteine  eingemengt  sind  Oken  allg.  naturgesch.  l, 
302;  der  beleidigte  schosz  Bammen  den  rechten  ohrzipfel 
samt  dem  kleinen  goldenen  ohrring  weg  ...  er  liesz 
sich  nun  einen  neuen  ring  durch  die  stehengebliebene 
ohrhälfte  ziehen  Font.\ne  l,  179  {vor  d.  stürm  20).  so 
auch:  als  nun  {bei  der  Verlosung)  meist  alles  vergriffen 
wäre,  bliebe  das  herrlichste  stük  noch  stehen  Ant. 
Ulr.  V.  Braunschweig  Octavia  2,  559.  ungeicöhnlich  mit 
dat.  der  peraon  {=  bleiben) : 

geht  dirs  wiedrig,  lasz  es  gehn, 
gott  unnd  himrael  bleibt  dir  stehn 

P.  Gerhardt  395,  15. 

y)  freier,  bestehen  bleiben:  sein  werk  bleibt  stehen  und 
wird  stehn  bleiben,  wenn  es  auch  nur  auf  zwei,  drei 
ideen  und  gründen  .  .  .  beruhte    Herder  1.5,  46; 

die  Schweitzer,  reitzten  mich  gewafTnet  in  das  feld. 
ich  fiel :    doch  wird  mein  rühm  vor  Sempach  stehen  bleiben 
Birken  ogüänd.  lorbeerhayn  t.  136  {Leopold  III.); 

aber  der  rat  des  herrn  bleibet  stehen  spr.  Sal.  19,  21; 
ja  bey  Mahometh,  sprach  der  soldan  jr  solt  es  haben, 
dabey  blieb  der  beschlusz  also  stehen  buch  d.  liebe  lo»; 
was  nun  aber  hiedurch  im  einzelnen  auch  geändert 
werden  mochte,  so  blieb  doch  die  hauptsache  stehen: 
die  ausführung  des  Wormser  edictes  ward  abgelehnt 
Ranke  sämtl.  tcerke  2,  42. 

d)  besonders  in  bezug  auf  schriftliche  darsfellungen 
{vgl.  D,  12),  ein  abschnitt,  ein  ausdruck,  ein  fehler  bleibt 
stehen,  teird  nicht  getilgt  oder  geändert:  Moliere  als  naiver 
dichter  durfte  es  allenfalls  auf  den  ausspruch  seiner 
magd  ankommen  lassen,  was  in  seinen  comödien  stehen 
bleiben  und  wegfallen  sollte  Schiller  io.  453,  anm.; 
zwei  damen  aber,  denen  ich  den  brief  vorlas,  sagten, 
das  dürfe  durchaus  nicht  stehen  bleiben    Immermann 


1711 


STEHEN  (II,  E,  3.  /•-4.  ä^ 


STEHEN  (II.  E,  4,  a-b) 


1712 


Münchh.  1, 50  icorresp.  mit  d.  buchb.  III);  die  fehler,  welche 
mir  durch  eingekommene  urtheile  bekannt  geworden 
sind,  habe  ich  ...  zu  verbessern  gesucht,  ...  die  andern, 
die  ich  nicht  einsah,  .  .  .  sind  freilich  stehen  geblieben 
Stifter  l,  6;  in  seltenen  fällen  bleibt  dieser  mit  der 
idee  des  buches  auf  öinen  schlag  entsprungene  titel 
stehen    Riehl  d.  deutsche  arb.  s.  4. 

f)  von  geldsacheu,  vgl.  D,  13. 

aa)  von  pf ändern:  so  auch  die  angeklagten  hab  .  .  . 
atzung  halb  oder  sunst,  on  mercklichen  schaden,  .  .  . 
inn  gericht  nit  stehn  bleiben  kont,  welcher  theyl  dann 
.  .  .  sicherheyt  thüt,  die  selben  habe  .  .  .  wider  inn  das 
gericht  zu  stellen  .  .  .  Carolina  c.  2lo. 

bh)  geld  bleibt  stehen  al^  schuld,  bes.  bei  kaufen  von 
grundstücken  und  häusern:  auf  das  haus  wurden  lOOOO  m. 
angezahlt,  der  rest  der  kaufsumme  blieb  als  (auf)  erste 
hypothek  stehen  u.  dergl.;  der  rest  bleibt  noch  stehen, 
il  resto,  iL  ritnanente  resta  sul  libro  Kramer  dict.  2,  929»; 
wir  haben  hofTnung,  ein  groszes  gut  ...  zu  erkaufen, 
wir  wenden  das  geld,  das  wir  aus  dem  väterlichen  hause 
lösen,  dazu  an;  ein  theil  wird  geborgt,  und  ein  theil 
kann  stehen  bleiben    Göthe  19,  147  {Wilh.  Meister  5,  2). 

cc)  eine  rechnung  {oder  sonst  eine  schuld)  bleibt  stehen, 
unbezahlt:  nur  in  der  schenkstube  brannte  noch  ein 
trübselig  nachtlicht,  bei  dem  der  wanderer  dem  wirthe 
seine  wochenrechnung  auszahlte,  die  dem  vertrage  nach 
nie  auf  den  sonntag  stehen  bleiben  durfte  Stifter  2,  24; 

weil  itzt  in  Hafis  kasse  doch  das  geld 
nicht  eben  alizuhäuiig  ist:  so  sind 
die  posten  stehn  geblieben 

Lessing  2,  235  (Nathan  2,  2). 

5)  mit  adverbialen  oder  prädicativen  bestimmungeit. 

zum  teil  solcheti,  die  den  begriff  des  Stehens  verstärken : 
twei  lütte  dirnings  .  .  .  füllten  den  fuchten  sand  in  en 
por  lütte  schillingspött  un  stülpten  sei  um  un  lachten 
un  freuten  sick,  wenn  de  klump  heil  stahn  blew  Reuter 
2,  34,  14  Seelm.  {strömt,  i,  2) ;  wan  nur  das  gemeine  wesen 
in  gutem  wolstande  aufrecht  stehen  bliebe  Chemnitz 
schiced.  krieg  2,  61»;  es  {Adelungs  icörterb.)  wird  auch  in 
Zukunft  noch  lange  zeit  aufrecht  stehn  bleiben  J.  Grimm, 
a.  th.  1,  vorr.  XXIV;  von  untersuchenden  büchern,  die 
gleich  auf  den  ersten  wurf  so  gut  seien,  dasz  sie  unver- 
rückt stehn  bleiben  dürfen,  wohnt  mir  keine  Vorstellung 
bei  deutsche  gramm.  l",  *.  XI.  in  andern  fällen  wird 
diese  bestimmung  zum,  hauptbegriff,  der  eine  besondere  art 
des  Stehens  bezeichnet:  die  citronenbäume  .  .  .  werden 
nun  nach  und  nach  mit  decken  von  röhr  zugedeckt,  .  .  . 
die  pomeranzen  bäume  aber  bleiben  frey  stehn  Göthe 
briefe  8,  91 ;  die  beobachtungen  blieben  einzeln  wie  sie 
gemacht  wurden  stehen  werke  II,  8,  8  Weivi.  oder  es 
überwiegt  die  Vorstellung  des  bleibens: 

der  mahler  pflegt  sein  licht  mit  schatten  zu  erhöben ; 
in  Bchwartzen  Schriften  bleibt  die  tugond  helle  stehen 
LoHEN.STEiN  Armin.  I,d3^. 

4)  als  eine  art  eausativbildung  zu  stehen  und  stehen 
bleiben  dient  stehen  lassen;  so  schon  ahd.  lä^an  stän 
{bei  Otfrid,  *.  unten  b,  x),  mhd.  lägen  stän,  nd.  stän 
laten.  stehen  lassen,  lasciar  atare  Kramer  dict.  2,  929». 
doch  hat  dabei  lassen  mehr  oder  vxniger  deutlich  den  sinn 
des  zulaaaena,  nicht  des  bewirkena.  in  diesem  letzteren  ist 
nur  möglich  zum  stehen  bringen,  a.  unten  6  {niederrhein. 
auch:  stoppen  vel  doen  staen  gemma  gemmar.,  Cliln  1507, 
a.  DiEF.  gloaa.  588"  unter  'aistere').  —  die  eintheilung  musz 
aieh  hier  nach  den  objeeten  richten,  die  ja  die  aubjecte  tu 
stehen  »ind. 

a)  mit  peraönlichem  object. 

a)  ao  eigentlich:  ist  es  auch  permittirt,  eine  schild wache 
ein  geschlagenes  jähr  lang  stehen  zu  lassen  auf  dem 
n&mlichen  fleck  und  nicht  abzulösen?  Hkiiel  s,  18; 
Liael.  .  .  .  siehl  der  vatcr  steht  ja  hier  .  .  .  Antraacheek. 
komm,  Usel,  lass'  den  narren  stehen  puppenkom.  6,  58 
Engel;  so  Usz  ihn  stehen,  bis  er  von  Kclbst  geht!  Hrhbbl 
8,  tSS*  {Affnet  B*m.  4,  t).  der  begriff  de»  Stehens  iat  atärker 
auageprägt  und  die  Verbindung  toter,  «wnn  nähere  beaiim- 
mungen  hinnOrdtn.  bea.  ortabeaümmungen,  vgl.  Fischart 
EuUnap.  64a  und  Schmkltzl  Samuel  u.  8avl  818  unter 
I.  B,  t,f,  a.  jrp.  1415  und  1409;  Laertes  begleitete  sogleich 
Minen  neuen  bekannten  zu  Philinens  thUre,  wo  er  ihn 


einen  augenblick  stehen  liesz,  um  in  einem  benachbarten 
laden  zuckerwerk  zu  holen  Göthe  18,  145  {Wilh.  Meister 
2,4);  ihr  habt  mich  an  eurer  schwelle  stehen  lassen 
und  kaum  eines  blicks  gewürdigt  Klinger  3,  71  {Fausts 
leb.  2,  2).  mit  zeitbestimmungeri ,  vgl.  oben  Hebel  3,  18 
und  Göthe  18,  it5;  einen  lang  stehen  lassen,  lasciar  star' 
uno  ä  bada  Kramer  dict.  2,  929».  —  mit  modalen  bestim- 
mungen:  die  zeit  hat  .  .  .  alles  edle  aus  unsern  jähren 
hinweg  genommen,  nur  mich  unglücklichen  hat  sie  ein- 
sam stehen  lassen  Tieck  8,  33;  der  herr  bruder  major 
kommt  morgen  aus  Amerika;  fischt  dem  jungen  herrn 
sein  mädchen  weg  und  läszt  ihn  mit  einer  langen  nase 
stehen    Bretzner  d.  räuschgen  2,  2. 

ß)  die  getcöhnliche  bedeutung  von  einen  stehen  lassen 
ist:  von  einem  fortgehen,  ohne  sich  weiter  um  ihn  zu 
kümmern,  ihn  verlassen,  so  schon  in  den  meisten  der  ange- 
führten belege  {bes.  den  ersten  und  Klinger  3,  71  unter  cc): 
ferner:  da  gieng  der  burger  meister  von  in  .  .  .  und  liesz 
sie  beid  also  ston.  da  Ulenspiegel  das  sähe  da  lieff  er  .  .  . 
hinweg  und  liesz  den  becker  ston  Eulensp.  20.  hist.;  einen 
freund,  den  sie  vor  kurzem  mit  einer  beleidigenden  Un- 
aufmerksamkeit stehen  liesz,  sucht  sie  wieder  auf,  und 
lächelt  ihn  an  Rabener  6,  64;  aber  du  bist  ein  kalter, 
nördlicher  teufel,  der  mich  .  .  .  mit  meiner  innigen  liebe 
verächtlich  stehn  läszt  und  vorübergeht!  Tieck  7,  58.  {im 
poetisclien  bilde:) 

das  glücke  flieht 
und  läszt  euren  Pyrrhus  stehen 

B.  Neukirch  ged.  s.  10. 
viit  andrer  nuance: 

die  Schergen  sie  lassen  den  wUrdigen  stehn 

(rühren  ihn  nicht  an)     Göthe  3,  5  ('ballade'). 

Y)  zuweilen  freier,  mit  verblassen  der  sinnlicfien  Vor- 
stellung, verlassen,  im  sticke  lassen:  ein  fromer  man 
wird  bfirge  für  seinen  nehesten,  aber  ein  unverschemp- 
ter,  lesst  seinen  bürgen  stehen  {xaxaktl<pei  avxöv).  Je.i. 
Syr.  29,  19  (14).  —  anders  nuanciert,  bestehen  lassen  {vgl. 
unten  b,  X):  er  {Voltaire)  hätte  wahrscheinlich  die  groszen 
der  erde  gern  stehen  gelassen,  wenn  es  ihm  nur  geliin 
gen  wäre,  alle  groszen  an  geist  zu  vertilgen  K.  L.  v. 
Haller  restaur.  der  staatswiss.  1,  114. 

(J)  auch  in  bezug  auf  thiere,  s.  mhd.  wb.  2,  2,  569  *": 

der  hirte  läszt  die  heerde  stehn, 

läuft  zu  .  .  .  Stoppe  Pam.  3; 

Lucidor's  pferd  hab'  ich  etwas  unvernünftig  angegriffen, 
es  hat  ein  eisen  verloren,  und  ich  muszte  es  stehen 
lassen  Güthe  21,  155  {wanderj.  l,  9);  die  mediations- Ver- 
fassung .  .  .  verhinderte  meinen  vater  nicht,  die  külu', 
die  er  weidete,  eines  morgens  stehen  zu  lassen  und  nac  li 
der  Stadt  zu  gehen,  um  ein  gutes  handwerk  zu  erlern«  n 
Keller  i,  14. 

b)  mit  sächlichem,  concretem  object.  etwas  stehen  lassi n 
lasciar  stare   una   cosa    Kramer  dict.  2,929»;    dimitto, 
manum  non  admovere    Steinbach  2,  668;  'ea  im  atau  '• 
der  ruhe  lassen'    Adelung  (i);  'es  in  ruhe  Uiaaen,  nicht 
bewegen,  auch  wol,  nicht  in  die  hand  neftmen,  nidtt  ■' 
rühren'  Campe  (l). 

a)  die  causative  bedeutung  und  zugleich  der  begriff  des 
Stehens  sind  am  deuUicfisten  ausgeprägt,  tcenn  Zeitangaben 
hinzutreten ;  veranlassen,  dasz  etwas  eine  Zeitlang  irgend- 
wo steht,  *.  Mynsinuer  87  unter  I,  B,2,/,  «,  dd.  ao 
von  einer  leicfie,  s.  d.  atädie  ehr.  8,  485,  24,  oben  sp.  1411; 
man  in  einen  ganczen  tage  must  also  sten  lassen  da 
mit  in  daz  volckc  unbegraben  scchcn  (/tonnte)  Arioo 
decam.  2H,  9  Keller  {convenne  ehe  tutto  il  giorno  coai  /< 
tenuto  1,  1). 

ß)  ao  apeciell  von  flüaaigkeiten,  auch  ohne  auadrUcklich« 
angäbe  der  datier,  in  der  reget  mit  der  mrinung,  dasi  aie 
nicht  bewegt  Oiler  einer  erschütterutig  ausgesetxt  ioerdent 
einen  flüssigen  körper  umrühren  und  stehen  lassen  ÄDK* 
LUNO  (0;  aus  dem  wein  wird  unmittelbar  der  Weinessig 
und  Weingeist  .  .  .  bereitet,  jener  durch  stehenlassen  an 
der  frcyen  luft  Ükkn  alldem.  naturgeacJ».  M,  8.  18«8. 

y)  mit  adverbialen  oder  prädicativen  bestimmungm  tu 
stehen,  bea.  leer  stehen  lassen,  a.  Skim/.  frldb.  i:i2!  und 
Wickram  roUwagenb.  24,  lo  unter  I,  H,  i,f,  a,  hb  und  oe. 
hier  iat  die  beatimmung  durchaua  der  haupthegriff.  ebenM 
in  den  fügenden,  aonat  gona  andere  gearteten  stellen:  als« 


1   da 

foeetm 

lichJm 


STEHEN  (II,  E,  4  b) 


STEHEN  (U,  E.  i  6) 


1714 


gy  Tirillen  segelen  up  de  Elve,  so  sole  gy  dat  Werk  (d. 
insel  Neuwerk)  van  jw  laten  stan  sudost  toH  saden  {A= 
laten  liggen  B)  seebuch  XI,  6;  so  sole  gy  dat  Lonriff  an 
backbort  laten  stan  10. 

(J)  einen  gegenständ  stehen  lassen,  nicht  von  der  stelle 
bexcegen,  gewöhnlich  so.  dasz  man  von  ihm  fortgeht,  so 
zunächst  von  transportmitteln :  den  karren  stehen  lassen, 
s.  Fischart  Eulensp.  3237,  sp.  1415.  auch  in  freierem 
sinne,  sprichwörtlich:  (präsid.)  ich  bin  es  auch  müde, 
ich  lasse  den  karren  stehen  Schiller  3,  431  (Jutb.  u.  l. 
3,  2);  pferd  und  wagen  stehen  lassen,  s.  K.  Stolle  unter 
I,  C,  2,  U,  a.  anderes:  er  fand  auch  endlich  einen  klei- 
nen, alten,  verwitterten  kahn,  den  die  fischer  hier  hatten 
stehen  lassen  Tieck  4,  3S2  {Magelone  ll); 

ntm  da  da  dein  geschätz  mit  abgehaa'nen 
gesträngen  lassest  stehn  in  eis  and  moore 

RCcKERT  1, 19  (geham.  $on.  25). 

f)  «o  dann  allgemein  alles  stehen  lassen,  verlassen,  im 
stich  lassen,  davon  fortgehen,  sich  nicht  darum  kümmern: 
alles  stehen  lassen,  und  sich  eines  annehmen,  omnia 
postponere,  et  alictii  operam  dare:  omnes  aliqiM  posteriores 
dueere  Dentzler  273'»; 

ach  sacht  doch  den, 
lasst  alles  stehn, 
die  jhr  dz  heil  begehret 
G.  Weissel  hei  Fischbr-TCmpel  Urchenl.  3, 10 ». 

geieöhfdidi  in  der  ertceiterten  formel:  alles  ligen  und 
stehen  lassen,  lasciar  stare  ö  in  abbandono  ogni  cosa. 
ich  will  alles  ligen  und  stehen  lassen,  und  etc.  .  .  .  je 
quitteray  tout  etc.  Kraher  dict.  2,  929».  mundarü,  z.  b. 
lothr.:  alles  leije  un  stehn  losse  Follmann  495».  die 
belege  geben  durchgängig  die  umgekehrte  reihenfolge:  wenn 
er  (gott)  auch  ein  mal  yhm  allein  wil  gedienet  haben 
sollen  wir  alles  stehen  und  ligen  lassen  Luther  28,  23 
17  Weim.;  vgl.  Mathesiüs  bei  Wander  i,  794,  28;  ich  . . 
liesz  nun  alles  in  meiner  wirthschaft  stehen  und  liegen, 
und  schickte  mich  an,  die  deinige  zu  be wundem  Thüm 
MEL  reise  6,  180;  will  die  regierung  mich  in  Heidelberg 
anstellen,  so  ist  es  keine  frage,  dasz  ich  alles  stehen 
und  liegen  lasse  und  komme  Dahlmann  an  Grervinus 
18.  febr.  1840,  s.  briefw.  zw.  J.  u.  W.  Grimm,  D.  u.  G.  2, 
186.  gelegentlich  auch:  dasz  ich  meine  älteren  sachen 
fertig  arbeite,  dient  mir  erstaunend  .  .  .  hätte  ich  die 
alten  sachen  stehen  und  liegen  laszen,  ich  würde  nie- 
inais  soweit  gekommen  seyn  Göthe  br.  8,  242  (li.  aug. 
87  .  —  ähnlich  in  Basel  alles  sto  und  go  lo  wie's  mag 
'sich  um  nichts  bekümmern'  Seiler  279»;  eis.  er  het  «dies 
ste(n)  un  henke  lo  neben  alles   8te(n)  un  lije  le   Mar- 

TIN-LiENHART  2,  564''. 

^  völlig  durchgedrungen  ist  die  bedeutung  'verlassen', 
teenn  objecte  hinzutreten,  die  gar  nicht  fortbewegt  werden 
können:  einen  ort,  ein  land  stehen  lassen;  nur  in  der 
älteren  spräche: 

die  bare  sie  mQsten  lä;en  st^n^ 
man  bieg  sie  alle  dar  fi;  gen 

Uvland.  reimchr.  6859 ; 
efire  last  war  fleissig  za  besehen 
die  weit  und  ihre  leüt'.  ihr  liesset  Teutschland  stehen! 
ihr  stieget  Alpen  auf!  Rist  neuer  t.  Pam.  136; 

wir  Hessen  Liefland  stehn,  gott  weiss,  mit  was  vor  herzen 
und  übergaben  uns  dem  wolgeb&hnten  merzen 

Fleming  1, 187  Lappenb.  {poet.  teäld.  4,  53,  87). 
M  auch: 

ihr  habt  die  weit  zurücke, 
und  alles  was  sie  ist.  die  erde  laszt  ihr  stehn, 
und  kdnnt  mit  sicherm  fusz  itzt  auff  den  wolcken  gehn 

Fleming  130. 
äJinlieh  in  neuerer  zeit  {doch  wohl  mehr  nach  art  von  6 
empfunden): 

nicht  mehr  drängt  sich  das  vieh  in  den  stallen,  der  landmann 
liszt  den  heerd  stehn   Herder  26,  227  {Horaz  od.  I,  *,  8: 
ac  neque  iam  stabulis  gaudet  pecus  aut  arator  igni).   auch, 
nicht  wieder  zu  eticas  hingehen,  s.  Alsfeld  passionsp.  1346, 
oben  sp.  l4io. 

Tj)  einen  {tragbaren)  gegenständ  nicht  mitnehmen,  zurück- 
lassen: da  lies  das  weib  jren  krug  stehen  {d<pijx£v  oiv 
xriv  vÖQlav) ,  und  gieng  hin  in  die  stad  Joh.  4,  28.  ihn 
vergessen:  zu  dem  allergrösten  Unglücke  noch  hatte  er 
zn  Stockholm  im  wirthshause  den  compasz  auf  den 
tische  stehen  lassen  und  vergessen  Schelmuffsky  {vMat. 
X.  8. 


ausg.)  s.  48  neudr.  (l,  4).  vnder  vnllen  zurücklassen  {wo- 
bei die  vorstdlung  des  Stehens  gesehwunden  ist): 

tsengrtn  zocken  geriet. 

das  is  wolde  smelzen  niet. 

den  {eingefrorenen)  zagel  maoster  läjen  stän 

Beinh.  flieh»  771. 
hinterlassen,  als  erbe: 

mich  (d.  ichretbüsch)  erbaute  zuerst  ein  denker  .  . . 
liesz  dem  freunde  mich  stehn ,   der  mich  nnn  emsig  b«nizt 

Göthe  4, 119  Weim. 

d)  einen  gegenständ  nicht  nehmen,  nicht  ergreifen  (oltne 
den  begriff  des  fortgehens).  besonders  speisen  u.  a.  stehen 
lassen,  nicht  genieszen,  verschmähen:  ein  band  sol  die 
Suppen  stehen  lassen,  die  er  doch  sich  zu  erhalten,  et- 
licher massen  liebet,  und  laufFt  dem  wild  nach  Hars- 
DÖRFFER  frauenz.  gesprechsp.  6,  211;  unsre  gesellschaft. 
die  einmal  partei  für  den  jungen  mann  genommen,  war 
so  besorgt  um  ihn,  dasz  sie  das  essen  stehen  liesz 
Arnim  8,  412  {£räf.  Dolores  4,  15); 

kein  bessern  wein  ich  hab, 
wem  er  nit  schmeckt,  der  lasz  jn  stehn 

SCHEIDT  grob.  1962,  vgl.  2504  oben  sp.  1412. 

mit  verstärkendem  zusatz:  {ifoor)  lies  den  wein,  den  er 
sich  hatte  reichen  lassen  unberührt  stehen  Schiller 
2,  87  (raub.  2,  3).  übertragen,  sprichwörtlich:  wilt  du  aber 
bey  Christo  sein,  so  ergib  dich,  das,  wenn  du  alle  gute 
werck  thöst,  den  Ion  entpfahest,  das  man  dich  verfolge, 
wer  das  nicht  essen  mag,  der  lasz  es  stehen  Luther 
34,  1,  84,  9  Weim.  —  m,undarÜich,  eis. :  'er  losst  nix  ste(n), 
nichts  übrig  vom  vorgesetzten  essen'  M.\rtin-Lienhart 
2,564'»;  berlin.:  'det  essen  wirst  du  nich  s.  lassen,  das 
tcird  dir  schmecken'  Brendicke  178». 

/)  zuweilen  weniger  eigentlich,  sieh  teovon  abwenden, 
sich  nicht  um  etwas  kümmern: 

wir  ia;en  alle  bluomen  stin 
und  kapfen  an  da^  werde  wtp 

WaLTHBR  V.  D.  VOGBLWBIDE  46, 19 ; 

nan  lasz  ich  sthen  den  külen  wein, 
dein  {der  Venu»)  diener  wil  ich  fürbasz  sein 

H.  Sachs  /artn.  tp.  1,  ».  17  neudr. ; 

so  geh  den  rechten  weg;  lasz  alle  bflcher  stehen 

B.  Neukirch  ged.  143 ; 
der  iung  .  .  .  alle  andre  gesechne  ding  vergasz  und  steen 
liesz  ÄRIGO  decam.  244,  3  Keller  {non  euratosi  .  .  .  d'altra 
cosa  4,  eird.);  s.  auch  H.  R.  M.\nuel  weinsp.  1987,  oben  sp. 
1408.  ähnlich  auf  geistiges  angewandt:  weil  .  .  .  der 
Schüler  nichts  unsicheres  überliefert  haben  will,  so  darf 
der  lehrer  kein  problem  stehen  lassen  und  sich  etwa 
in  einiger  entfemung  da  herumbewegen  Göthe  22,  253. 
x)  in  andrer  tceise  kommt  der  begriff  des  Stehens  sur 
geltung,  wenn  stehen  lassen  in  bezug  ai^f  pflanzen  gesagt 
wird,  sie  nicht  abpflücken,  abschneiden  u. ».  tv.;  so  schon  ahäj 

then  öbilon  (2>auin)  sie  brennent,  .  .  . 
then  güalon  äfur  ana  nuan    läzent  sie  mit  fridu  stan 

Otfrid  2,  23,  18; 

warum  hast  du  die  zwölf  weiszen  blumen  nicht  stehen 
liissen?  Griuu  märchen  s.  40  {nr.  9);  Gockel  .  .  .  risx 
wieder  ein  birkenreis  ab;  Gackeleia  gefiel  das  gar  nicht, 
und  sie  sagte: 

'vatar,  bitte,  bitte  schOn, 

lasz  das  birkenreis  doch  stehn  .  . .' 

Brentano  6, 168. 

X)  von  bauwerken;  mauern,  wände  u.  ähnl.  stehen 
lassen,  nicht  umstürzen:  die  fliegen  scharren  fast  mit 
yhren  fittichen  unnd  scherfTen  yhm  schnabell,  thum 
doch  nicht  mehr,  denn  beschmeyssen  die  wand,  lassenn 
sie  aber  wol  stehen  Luther  lO,  l,  403, 14  Weim. ;  auch  keine 
mauer  von  seinem  pallaste  will  der  sultan  stehen  las- 
sen Tieck  8, 123.  in  ähnlicher  weise  als  sprichwörtliche 
redeweise:  ein  hauifen  Türeken  aber  zogen  durch  Lom- 
bardey  mit  grosser  macht,  und  Hessen  keinen  stein  auff 
dem  andern  stehen  buch  der  liebe  il  <*.  —  gebäude,  städte 
u.  s.  w.,  nicht  zerstören:  Kai  erklärte,  dasz  er  .  .  .  den 
alten  vornehmen  kästen  ganz  so  stehen  lassen  wolle, 
wie  er  da  stünde  Lilienchon  6,  262;  Cordirius  . .  .  leget 
die  statt  Hierusalem  sampt  der  mauren  auff  einen  hauffeu, 
liesz  allein  den  thum  Davids,  den  tempel  des  herren, 
und  das  h.  grab  .  . .  steen  S.  Franck  chron.  der  Teut- 
schen  (1589)  149 1».  —  so  auch: 

lOB 


1715 


STEHEN  ai  E.  4,  b-d) 


STEHEN  (LI,  E,  i,  e) 


1716 


mnezt  mir  meine  erde 

doch  lassen  stehn, 

und  meine  hOtte,  die  da  nicht  gebant, 

nnd  meinen  herd 

GöTHB  verke  2,  79  (,Prometheut). 

ahtdieh  in  dem  sprieJiwort:  wer  ein  ding  nicht  bessern 
kan  der  las  das  böse  stehen  Luther  »prichw.  477. 

v)  den  hart  stehen  lassen,  nicht  wegrasieren:  längs 
den  obren  .  .  .  liesz  er  einen  kurzen  backenbart  stehen 
Enkino  Matth.  Tedebus  210;  'lasz  dir  en  bort  stehn, 
David',  hab'  ich  gesagt,  'die  szaiten  sind  dernach'  Reu- 
ter 8,  75,  26  Seelm.  {strömt.  8,  35).  danach  dann  scherz- 
haft: einer  kunn  seihn,  dat  hei  all  anfang,  sick  en  lüt- 
ten buk  stahn  tau  laten  8,  36,  86  (i,  8). 

c)  in  bezog  auf  geldsachen,  vgl.  D,  18  und  E,  3,  /,  f. 
a)  geld   stehen   lassen  als  darlehn  oder  andre  schuld: 

ich  habe  meinen  lohn  ganzer  sieben  jähr  bey  ihnen 
stehen  lassen  Lessing  l,  480  {schätz  4);  sei  latcn  ehr  geld 
also  in't  gaud  stahn  Reuter  3,  225,  6  Seelm,.  {strömt.  8,  45); 
ich  besitze  .  .  .  einiges  vermögen  .  .  .  ich  lasse  es  stehen, 
wo  es  steht  .  .  .  ich  will  es  erst  in  ansprach  nehmen, 
wenn  diese  bände  lahm  .  .  .  sind    Gutzkow  ritter  v.  g. 

4,  804;  ich  .  .  .  habe  das  geld  da  im  konto  stehen  lassen 
M.  DiERS  Jos.  Koppen  46.  so  auch  {mit  bemerkenswerther 
Unterscheidung  von  liegen  und  stehen):  seit  Jahrzehnten 
lag  sein  geld  auf  den  banken  in  Hamburg,  und  da  er 
die  Zinsen  stets  stehen  liesz,  so  waren  sie  zins  auf  zins 
gestiegen  Liliencron  letzte  ernte  129. 

ß)  eine  rechnung  stehen  lassen,  nicht  bezahlen:  sie 
sollen  alles  erst  morgen  bezahlen,  oder  sie  können  es 
auch  stehen  lassen,  bis  auf  die  messe  J.  E.  Schlegel 
8,  563  {d.  pracht  zu  Landh.  3,  3).  bis  zu  einer  summe  an- 
wachsen lassen:  war  aber,  ob  ainem  abt  abgieng  an 
ainem  mair,  das  soll  im  aine  gemaind  erfüllen,  doch 
dasz  er  die  rechnung  nit  lenger  lasse  steen,  dann  auf 
10  pfund  Pfenning  tirol.  weisÜi.  2,  104,  22.  mundartl.  eis.  eps 
ste(n)  lo,  schuldig  bleiben  Martin-Lienh.  2,  564*'.  hierzu 
vielleicht  die  ungewöhnliche  atisdruckstoeise :  wir  sagen 
auch  von  ehrnreichen  leuten,  er  laszt  jhm  nicht  umb 
sonst  thun,  er  laszt  nicht  zu  jm  stehn.  dienst  umb  gelt 
Egenolpf  sprichw.  (l570)  53*". 

y)  pfänder  stehen  lassen,  nicht  einlösen,  s.  Keisbrs- 
BERG  bilgersch.  31  ">  oben  sp.  1411. 

d)  auf  utisinnliches  angewandt,  bestehen,  bleiben  lassen, 
a)  in  bestand  und  geltung  lassen  {vgl.  D,  15): 

dat  hei  de  stat  leis  geroin  (in  ruhe  liesze) .  . . 
imde  de  soine  leisse  stain, 
as  buschof  Albreicht  si  hedde  gesprochen 
G.  Hagen  boich  v.  Colnc  3182  (d.  Städte  ehr.  12, 113). 

SO  besonders  bei  Luther  in  bezug  auf  die  leJire  und  'das 
wort:  ihr  solt  und  müsset  und  werdet  des  Luthers  lere 
lassen  stehen  und  bleiben,  wenn  ewer  gleich  zehen  weit 
aoffeinander  weren  23,  36,  80  Weim. ;  beiderlei  gestalt  des 
abendmahls  müsset  ir  stehen  lassen,  oder  in  abgrund 
der  höllen  fahren  44.  272  Erl.; 

das  wort  sie  sollen  lassen  stahn 

Luther  Ueder  26,  4  Klippgen. 
in  neuerer  sprach»  selten:  Karl  sah  es  zwar  wohl  ein, 
dasz  man  Wirkungen  ohne  Ursachen  verlangt,  wenn  man 
Sitten  stehen  läszt,  und  Sachen  gebietet,  die  nicht  mit 
diesen  übereinstimmen  M.  J.  Schmidt  gesch.  der  Deut- 
schen 1,  vorr.  ».  6. 

ß)  in  betug  avf  »tkrifüiehe  darstellung:  stücke  eines 
ganzen,  ausdrücke,  fehler  stehen  lassen,  nicht  streichen 
oder  ändern  (als  causativ  zua.f.Ö):  ferner  hatte  Wilhelm 
in  seinem  atttcke  die  beiden  rollen  von  Rosenkranz  und 
Güldenstem  stehen  lassen    Göthe  19,  167  {Wilh.  Meister 

5,  5);  bei  der  aossonderung  des  druckwUrdigcn  bin  ich 
von  der  rUcksicbt  aasgegangen,  nur  solches  stehen  zu 
lassen,  was  . , .  das  bild  Scbubarts  ...  zu  vervollständigen 
dienen  konnte  D.  F.  Strausz  Schubarts  leben  l,  ».  X;  Wohl- 
laut in  der  spräche  besteht ...  in  der  auswahl  der  Wörter; 
nur  der  reiche  kann  zehn  anwichtige  ausdrücke  stehen 
lassen,  und  mit  dem  elften  bezaubern  Lbnz  4,  848  Blei; 
man  merkt  hier  {im  'Veautnus')  keine  spur  von  eile,  die 
ihn  {OpiU)  sonst  nicht  selten  .  .  .  zum  stehenlassen 
ni«U«r  verse  .  .  .  verleiteten  deutsche»  mu».  s,  898.  —  die 
rechnnncMiblecer  lassen  oft  mit  gutem  bedacht  fehler 
st«h«B  HippKL,  IsbmH.  1,  10. 


e)  währetid  in  diesen  fallen  das  stehen  lassen  die  Wirkung 
hat,  dasz  das  davon  betroffene  object  unverändert  fortbesteht, 
wird  in  andern  fällen  das  object  dadurch  in  seiner  existent 
aufgehoben,  diese  gleichsam  negative  bedeutung  geht  theils 
von  stehen  B,  15  öezw.  E,  3  (stehen  bleiben),  d — e,  theils 
von  der  bedeutungsgruppe  b,  6 — t  aus. 

a)  eine  tbätigkcit  stehen  lassen  sistieren,  einstellen, 
aufgeben,  damit  aufhören,  davon  ablassen,  so  besonders 
in  der  älteren  spräche,  s.  nitid.  wb.  2,  2,  573  "^  (3),  t.  b.: 

vrouwe  la  din  truren  stan 
MoNE  schauip.  des  miUelalt.  1,  232  {d.  spiegei616). 

mnd.  s.  unten,  so  noch  im  M.jahrh.:  wanne  Hinke  laut 
dat  velle  kueren  {plaudern)  stahn,  un  reckene  us  wat 
vanner  suyveren  stat  vohr  nd.  bauernkom.  s.  83  {Slenner- 
Hincke  I66I).  —  nM. :  alle  (7  Jungfrauen)  pet  {gebet)  und 
pater  {-noster)  steen  Hessen,  an  hüben  zu  reden  .  .  . 
Arigo  decam.  9,  13  Keller  {lasciato  stare  il  dir  de'  pater- 
nostri);  wer  nit  gewesen  daz  er  fürpasz  begert  zö  wis- 
sen er  het  das  peicht  hören  sten  lassen  und  were  dar- 
von  gangen  431,  IS  {avrehbe  la  confessione  abbandonata 
7,  5),  s.  auch  476,  8  (8,  3)  u.  495,  20  (8,  7) ;  die  pfaffen  Hessen 
die  vigili  ston,  und  Helfen  zu  der  thür  usz  Eulensp.  *.  lU 
neudr.  (94.  hist.); 

dnimb  bitt  ich,  so  es  sache  wer, 
das  euch  zu  bleibn  brecht  kein  gefer, 
wollt  dises  wandern  laszen  stehn 

Rebhun  Su».  1,  8,  V.  289. 

besonders  dem  nihd.  (mnd.)  eigen  ist  die  rede  lägen  stän, 
nicht  mehr  davon  reden;  so,  um  abzubrechen  oder  tu  einem 
andern  gegenstände  überzugehen: 

wir  Iftjen  dise  rede  stän, 
man  sal  ein  ander  heben  an 

livländ.  reimehr.  10387 ; 

dar  mede  lat  ik  de  rede  stan 

d.  Städte  ehr.  7,  6,  80. 

mit  andrer  nuance  im  imper.,  um  eine  rede  zurüeksuioeisen 
auch  warnend  oder  drohend: 

do  daz  vemam  Rüben,    er  bat  si  die  rede  lazzen  sten. 
er  sprach  'nie  ne  slahen  in  .  . .'     Wiener  genes.  64,  80; 

herre,  la  die  rede  stan 
Heinr.  V.  Neustadt  ÄpoU.  8931  Singer. 

vgl.  Alsf.  passionssp.  4202  und  Gengenbach  17,  sp.  1409  «. 
1412.  nüid.  liüufig  im.  imper.  absolut  \6Ji!C)  st&n,  halt  ein/ 
s.  mJid.  wb.  a.  a.  0.,  z.  b. : 

lä  stän,  lä  stän!  wa;  tuost  du,  sailic  wfp? 

minnes.frühl.  194,  26  (Rbinmar). 

mit  zorne  sprach  der  beiden       'lät  st&n  and  werfet  niht' 

OHnit  284,  1. 

auch  noch  nhd.:  arrestez  vous,  hört  auff:  last  das  stehen; 
sagt  gemeinigHch  das  keusche  frawenzimmer,  wann  man 
sich  gar  zu  gemein  gegen  sie  erzeigen  will  Dhubz  le  vraij 
guidon  (1646)  100  ^ 

ß)  in  den  angeführten  fäUen  handelt  es  sieh  im  all- 
gemeinen um  das  abbreclien  einer  schon  begönnerten  thätig- 
keit;  daneben  toird  jedoch  stehen  lassen  auch  für  'unter- 
lassen, etxoas  nicht  tliun'  gesagt,  vgl.  Hagen  boich  v.  Colne 
3728  und  Dach   Aennchen  v.  Tharau  str.  11  ai^f  «p.  1410; 

mit  vollen  er  {der  zornige)  giltet  .  . . 
daz  Beule  wir  von  uns  k£ren 
durch  willen  unser  vil  üben  htrren 
der  uns  daz  pilde  hat  vor  getan, 
daz  wir  di  räche  lazen  stan 

DiBMBR  d.  ged.  61,  88; 

wont  wat  80  one  bevelden, 

moste  na  orer  vjv«n  ghan 

eddor  oren  dantz  taten  stan 
d.  itädU  ehr.  16,  196  (Brannschw.  scMchitp.  89S8); 

ein  frawe  .  .  .,  der  namcn  wir  ze  nennen  sten  lassen 
dann  sie  noch  pey  leben  ist  Arigo  decam.  176,  18  Kellr'- 
{il  eui  nome  .  .  .  non  intetulo  di  palesare  8,  S);  das  i^t 
die  klag,  dasz  sie  {d.  bischöfe)  das  vornembste  teil  jhres 
bischofriichon  ampts  gar  stehen  und  unterwegen  lassen 
eorp.  doctr.  ehrist.  {Lpt.  I660)  870  {repet.  Augsb.  eoi^f.)'.  thne 
es  also,  dasz  es  gethan  heist,  machs  recht  oder  lasz 
gar  stehen  Corvinus  fons  latin.  (1A46)  86.  {dt^/'ür  auch 
anstehen  lassen,  s.  anstehen  0,  th.  1,  481.) 

y)  auch  tint  hinbliek  ai^f  die  tukunft,  stehen  lassen 
bis,  at^fsthiAen,  vertagen: 

sie  sprach  'mtn  her  Sigmnnt,    ir  snlt  sg  I&mr  stin 
uns  sg  sich  bsg  fOegt'  J*A.  974, 1. 


1717 


STEHEN  (II.  E,  i.  e-ö,  a) 


STEHEN  CU,  E.  5.  a-c) 


1718 


so  ferner:  en  vrolden  de  canonike  one  des  ghelük  nicht 
wedder  don  .  .  .,  so  wolden  se  dat  stan  laten  uppe  desse 
,  tiid  d.  Städte  ehr.  16,  34,  33  {Braunschw. pfaffenb.  c.  12);  {ich 
'  vnü)  fasten  und  peten  pisz  in  daz  alter  sten  lassen  Arigo 
decam.  159,  26  (Je  perdonanze  et  i  diffiuni  serbarmi  a  far 
qtiando  saro  vecchia  2,  lO);  lenger  lassen  stan,  s.  pf.  v. 
Kalenb.  1395,  oben  sp.  1*09. 

Ö)  an  das  mhd.  die  rede  st6n  läjen  schlieszt  sich,  indem 
der  gegenständ  des  redens  als  object  eintritt,  die  bedeutung 
'fcovon  schweigen,  nicht  iceiter  davon  sprechen,  es  auf  sich 
bertihen,  dahingestdlt  sein  lassen';  mit  bestimmtem  »u6- 
stantiv.  obj.: 

dia  Sifrides  wunden    läjen  -nrir  nu  st€n 

Nib.XZ6i,X\ 

kein  mann  hat  in  jm  den  samen,  .  .  .  deszgleichen  dz 
ander  viech.  aber  vrir  lassen  hie  dz  viech  stehn,  und 
tractieren  allein  Ton  gebärung  der  menschen  Par.\^celscs 
1,  120  G;  so  jhr  des  himmels  arth  nicht  wissen,  so  lassen 
den  himmel  stehn,  und  last  jhn  in  seiner  wirckung  rüwen 
2i3  C,  s.  atuJh  Morgant  24,  35  unter  I,  B,  2,  /,  a,  dd.  mit 
pronominalem  obj.:  die  frawen  gemeiniglichen  wanckel- 
mütig  .  .  .  sein  das  man  durch  vil  natürlicher  recht  be- 
weisen mScht  wann  es  not  thet  das  ich  iczund  sten 
lasse  Arigo  decam.  143,  16  Keller  (Je  qiudi  .  .  ,  intendo 
di  lasciare  stare  2,  9).  mit  inhalissatz:  was  dir  das  als 
bedeütten  sey,  das  lasz  ich  von  kürtz  wegen  steen, 
unnd  empfilch  es  dir  selb  zu  betrachten  Keisersberg 
granatapfel  G2».  so  noch  in  icestnd.  mundarten:  ostfries. 
staan  laten  'ßg.  aufsicli  bemhen  lassen'  St0renbüro258'»; 
tcestf.  litt  stan  'geschweige'  Woeste  253».  —  erveeiterte 
formein:  unberürt,  in  seinem  wert,  an  seim  orthe  ston 
lassen,  s.  Boltz  Teren^  S*'»,  S.  MCnster  cosmogr.  139  u. 
GiLHüSiDS  gramm.  57  unter  I,  B,  2,  /,  a,  bb  (sp.  I4ll/.). 
so  ferner  nd.: 

so  we  dar  is  nnschuldich  nnde  dem  it  nicht  an  en  geit, 
de  wert  hlr  nicht  gestrafet,  de  late  it  stän,  alse  it  steit 
(kümmere  tich  nicht  darum) 
des  dode*  dam  1558; 

dat  wil  ik  dar  laten  bi  staen! 
Daniel  v.  Soest  s.  155  Jostes  (bicht  1337). 

s)  im  frühnhd.  auch  zuiceilen  nicht  in  bezug  auf  das 
reden  über  eticas,  sondern  auf  das  praktische  verhalten: 
all  gütt  leren  lassen  ston,  sich  nicht  darum  kümmern, 
nicht  befolgen,  s.  Murner  schdmenz.  19,  sp.  1413.  ähnlich: 
lasz  du  leser  den  zanck  (der  fachleute)  stehn,  urtheU 
und  hesz,  glaube  deim  praeceptori  nichts,  es  werde  dann 
bewiesen  Paracelsus  i,  371  B.  etwas  aus  dem  spiel 
lassen:  aber  den  christlichen  namen  .  .  .,  den  laszt 
stehen  und  macht  den  nicht  zum  schanddeckel ,  ewrs 
.  .  .  unehristlichen  fumehmens  Luther  18,  314, 13  Weim. 
tn  erieeiterter  formel:  als  das  bapstum  liesse  ich  auch 
warlich  gehen  und  stehen  als  ein  gottes  werck,  aber 
weil  die  schrifft  dawidder  ist,  halt  ichs  wol  für  ein 
werck  .  .  .  des  zorns  26,  168,  8. 

ö)  ein  incohativ  zu  stehen  ist  zu  stellen  kommen, 
das  allerdings  am  häufigsten  in  einer  speciellen  bedeutung 
gebraucht  wird,  s.  e.  dem  mhd.  noch  fremd,  dagegen  schon 
belegt  in  einem  nd.  drucke  des  15.  jahrh.  (Lübeck  1489) : 

wo  ik  wedder  up  de  vote  qnam  to  stän, 
d&r  en  wet  ik  nicht  ein  wort  van 

des  dode»  dam  1369. 
sonst  beginnen  die  belege  gegen  ende  des  iß.  jahrh.  (L.  Ergker 
1580,  ThüRNEYSSER  s.  b,  d),  ohne  dasz  ein  bestimmtes  ur- 
Sprungsgebiet  zu  erkennen  ist.  von  wörterbücJicm  hat  es 
zuerst  Kramer  aufgenommen:  zu  stehen  kommen,  venire 
ä  Stare  etc.  929».    vgl.  kommen  II,  6,  th.  5,  1638/. 

d)  eigentlich,  mit  persönl.  subjeet. 

a)  gewöhnlich  mit  Ortsangaben,  die  auf  die  frage  wo- 
hin f  antworten:  da  es  aber  nun  endlich  zeit  war,  ab- 
schied zu  nehmen,  drehete  sich  das  fräul.  von  G*  so  lange 
herum,  bis  sie  neben  Eibenstein  zu  stehen  kam  cav.  im 
irrg.  s.  374  neudr. ;  durch  eine  besondere  gunst  kam  ich 
ins  sancktuarium  zu  stehn  Götue  br.  8,  118  (on  Ch.  v. 
Stein  6.  Jan.  87).  dazu:  er  gieng  zu  seinem  regiment  ab, 
welches  nachmals  an  die  grenze  von  Holland  zu  stehen 
kam  Gellert  4,  283.  doch  auch:  bei  jemand  zu  stehen 
kommen,  'neben  ihm  seiive  stelle  finden'  Campe  (l);  jetzt 
kehrt  sich  Lene,   zurällig  war  ich   hinter  ihr  zu  stehen 


gekonunen,  zu  mir  am   Hebbel.  8,  169;    an  das  bild  der 
gerechtigkeit,  in  dem  hause  eines  Wucherers  .  .  . 

gerechtigkeit k  wie  kömmst  da  hier  zn  stehen! 

LE5SIXG  1,  5  (finnged.  23). 

ß)  aus  einer  andern  körperhaltung  in  die  stehende  über- 
gehen, so  bes.  auf  die  füsze  zu  stehen  kommen  (vgl. 
A,  2,  a),  *.  oben  des  dodes  danz  1369;  dieses  verursachte 
den  ritter,  dasz  er  .  .  .  aus  dem  sattel  sprang,  und  .  .  . 
auff  die  füsse  zu  stehen  kam  Lohenstein  Armin,  l,  47''; 
weil,  wie  bekannt,  menschen  von  gesundem  Ingenium 
.  .  .  bei  diesem  groszen  unglücklichen  falle  nothwendig 
wie  die  katzen  auf  die  belne  zu  stehen  gekommen  sein 
müssen  Brentano  5,  356.  auch  bildlich  auf  einen  guten 
füsz  mit  jemand  zu  stehen  kommen  (vgl.  C,  2,  o,  f ) : 
wenn  er  überhaupt  mit  dem  oheime  auf  einen  bessern 
fusz  zu  stehen  käme,  als  er  jetzt  stand  Stifter  werke 
3,  349.  ähnlich:  nimm  notiz  von  dir  selbst,  damit  du  ge- 
wahr werdest,  wie  du  zu  deines  gleichen  und  der  weit 
zu  stehen  kommst   Göthe  23,  252  (aus  Makariens  areh.). 

b)  von  dingen,  a)  eigentlich,  mit  Ortsangaben ;  obgleich 
das  bild  in  eine  decke  zu  stehen  kommt,  so  wünscht 
man  doch  keine  Verkürzungen  Göthb  briefe  15,  256,  14; 
es  kommt  mir  zu  zelten .  .  .  vor,  als  ob  das  menschen- 
geschlecht  das  chaos  selbst  verpfuscht  habe,  und  mit 
dem  ordnen  zu  voreilig  gewesen  sei,  weshalb  denn  auch 
nichts  an  seinen  gehörigen  platz  zu  stehen  kommen 
könne  Bonaventura  nachtwaehen  48,  24  Michel,  mit 
adverbien:  dergestalt,  dasz  allweg  die  hartflüssigen  ertz 
proben  zu  hinderst  in  ofen,  unnd  die  weichflüssigen 
vorn  an  zustehen  kommen  L.  Ergker  ertzt  u.  bergk- 
wercks  arten  (1580)  17»;  dasz  die  gestirn  .  .  .  sich  erheben, 
und  also  recht  oben  über  den  planeten  zustehen  komen 
ThüRNEYSSER  magna  alchymia  (l583)  12.  mit  richiungsan- 
gaben  (vgl.  B,  8,  e/rf):  so  wie  sich  der  faden  wieder  hinaus 
windet,  kommt  die  sonne  immer  schiefer  gegen  uns  zu 
stehen,  und  die  tage  werden  kürzer  Hebel  3,  160;  seine 
äugen  kamen  Immer  schiefer  zu  stehen  Ludwig  2,  21. 
von  bücJiern:  das  register  aber  kömmt  an  das  ende  des 
ganzen  werks  zu  stehen  Lessing  1,  39,  anm.;  ich  wünschte 
dasz  .  .  .  auf  die  letzte  seite  dasjenige  zu  stehen  käme 
was  beyliegendes  couvert  enthält  Göthe  briefe  28,  1. 

/?)  freiere  gebrauchsweisen:  diesem  nach  käme  eine 
kleine  wohlthat,  die  ich  reiche,  in  der  moralischen 
rangordnung  sehr  tief  xmter  das  jahrlange  komplett  der 
Bartholomäusnacht  zu  stehen  Schiller  4,  301 ;  das 
theater  kam  in  ein  lächerüches  licht  zu  stehn  Tieck 
15, 176;  solche  ungeheure  Wahrzeichen  stehn  am  betrach- 
tungshimmel,  dasz  alles  was  geschehen  soll  zum  heil 
des  Staats,  aufs  politische  Sündenregister  zu  stehn  kommt 
Bettina  dies  buch  geh.  d.  könig  1,  67. 

c)  am  Mufigsien  jedoch  findet  sich  zu  stehen  kommen 
in  der  bedeutung  'kosten',  also  gleichbedeutend  mit  stehen 
(s.  D,  14),  das  es  in  diesem  sinne  allmählich  verdrängt 
und  ersetzt  hat.  dabei  ist  die  incohative  bedeutung  auf- 
gegeben, es  ist  zu  beachten,  dasz  auch  kommen  allein 
diese  bedeutung  hat,  s.  das.  II,  36,  a,  th.  5,  1678.  —  diese 
gebrauchsweise  ist  seit  der  1.  hälfte  des  17.  jh.  bezeugt 
(S.  Dach  1642,  *.  unten  ß.  ee);  etwas  früher  begegnet  da- 
für: aber  jhre  leichtfertigkeit  soll  jhr  theuer  genugsam  zu 
stehen  vorkommen  sehausp.  der  engl,  komöd.  299,  28  Creize- 
nach  (unzeit.  vortc.  4,  4,  aus  d.  'liebeskampff"  1630).  von  den 
Wörterbüchern  hat  sie  zuerst  Krämer  (1702)  aufgenommen. 

a)  absolut:  'zu  stehen  kommen,  deutet  in  der  vertrau- 
lichen Sprechart  auf  den  preis,  um  welchen  man  eine 
Sache  hat'  Adelung  (2,  4).  bestimmte  Preisangaben  gew. 
mit  der  präp.  auf:  damals  das  pfund  toback  auf  32  gr. 
zu  stehen  kam.  Leipz.  aventurier  l.  43 ;  die  kleinste 
assignate  kommt  auf  50  livres  zu  stehen  Daulmann 
gesch.  d.  franz.  revol.  341.  selten  ohne  präp.:  nach  einem 
Überschlag  .  .  .  würde  das  ganze  etwa  58  rh.,  ohngefähr 
8  Carolin  zu  stehen  kommen  Göthe  briefe  86,  305.  da- 
neben sehr  gewöhnlich  theuer  zu  stehen  kommen,  doch 
meist  in  freierem  sinne  (vgl.  D,  14,  c) ; 

wie  theuer  kam  der  friedensschlosz 
auf  beyden  theilen  uns  zu  stehen  1 

d.  neuetie  an»  d.  anmvihtg.  gelehrs.  3,  28. 

nd.  dheier  zu  stehen  kommen,  'schwere  folgen  zu  tragen 
liaben'  Brendicelb  178V 

108* 


1719 


STEHEN  (II,  E,  5,  c-d) 


STEHEN  (II,  E,  6,  d— 1,  e) 


1720 


ß)  im  gegensata  tu  einfachem  stehen  nimmt  diese  Ver- 
bindung in  der  regel  den  dat.  der  person  zu  sich:  das 
kleid  kommt  ihm  hoch  za  stehen;  diese  ohr  kommt 
mir  nicht  hoch  za  stehen;  für:  das  kleid  kostet  ihm 
viel .  .  .  Gottsched  beobacht.  S79;  das  gut  kommt  mir 
{nicht  mich)  hoch,  thener,  nicht  hoch,  nicht  theaer  zu 
stehen  Adelung  (s,  *). 

aa)  in  eigentlichem  sinne:  {Venedig,')  do  ohngefehr 
4€0.  brücken  .  .  .  gezählet  werden,  unter  welchen  die 
Tomehmsto  und  schönste  der  repoblic  auf  sooooo  da- 
oaten  zu  stehen  kommt  cav.  im  irrg.  186 ;  hast  du  wirk- 
Koh  einen  hund,  der  dir  an  die  siebenzig  minen  zu 
stehen  kömmt?  A.  G.  Meiszner  Alcib,  l,  139.  mit  ad- 
verbien;  so  besonders:  0  wie  theuer  ist  es  mir  zu  stehen 
gekommen  ptics  me  a  costado  tan  caro  Croneok  sehr. 
(1765)  1,  431;  Blücher  .  .  .  bot  mir  an,  ihn  {nach  London) 
zu  begleiten  .  . .  aber  meine  läge  erlaubte  mir  nicht,  es 
anzunehmen,  da  schon  mein  .  .  .  aufenthalt  in  Paris  mir 
sehr  theuer  zu  stehen  gekommen  war  Steffens  was  ich 
erlebte  8,  151. 

bb)  so  in  freierem  gebrauch:  wenn  ich  nunmehr  weisz, 
wer  Marwood  ist,  so  kömmt  mir  diese  kenntnisz  theuer 
genug  zu  stehen,  sie  kostet  mir  mein  vermögen,  meine 
ehre,  mein  glück  Lbssino  2,  S9  {Sara  Sampson  2,  7); 
von  unbarmherzigen  streichen  flosz  mein  blut,  ...  so 
hoch  kam  mir  der  eigensinn  zu  stehen,  von  dir  geliebt 
zu  seyn  Schiller  5,  2,  8  {dorn  Karl,  i,  2),  vgl.  6li,  25; 
mein  herr  hofrat  —  wenn  man  ihnen  auch  ein  jawort 
geben  sollte,  so  musz  es  ihnen  doch  höher  zu  stehen 
kommen    Ifpland  d.  hagest.  3,  2; 

dir  musz,  (wie  thener  kdmmt  uns  diese  schlaoht  zn  stehen!) 
der  beste  mann,  und  mir  der  beste  freund,  entgehen 

Gottsched  deutscks  «cAau5.  5, 60 
{L.  k.V.  G.Panthea  5,2); 

er  hatte  die  bSse  gewohnheit,  die  manchem  jungen  herm 
schon  thener  zu  stehen  kam 

WiBLAND  4,  110  (d.  neu«  Am.  6,  4). 

oe)  auch  mit  persönl.  subj.;  eigentlich: 

was  kein  von  höllenschmerz  crpresstes  angstgeschrey 
dem  mitleid  abgewann,  gewannen  vier  guineen 
der  babsucht  ab.  —  so  hoch  kam  Libu  (e.  negersdave) 
ihm  zu  stehen 

Falk  satiren  1,  31. 

da  er  .  .  .  den  jungen  in  dem  masze  lieb  gewonnen, 
als  er  ihm  teuer  zu  stehen  gekommen  war,  so  adop- 
«erie  er  ihn  Kleist  s,  360,  24  E.  Schmidt  {d.  findling). 
so  in  dem  ältesten  belege: 

mein  gott,  was  kam  ich  dir  zu  stehnl 
KönigO).  diehterkr.  $.  147  neudr.  (=■  S.  Dach  170  Österl.). 

y)  daneben  begegnet  der  aee,  bes.  in  der  älteren  zeit: 
wie  hoch  komt  euch  dieses  hausz  zu  stehen?  quanto  . . . 
vi  viene  ä  stare  {costare)  questa  easaf  es  komt  mich 
hoch  zu  stehen,  egli  mi  viene  ä  costare  assai  Kram  er 
dict.  2,  929»,  magno  pretio  acquisivi  Stein bach  2,  668; 
dieses  {buch)  ist  aus  Rom  verschrieben  worden,  und 
kömmt  mich  ein  iedweder  bogen  auf  einen  halben 
reichsthaler  zu  stehen  C.  Weise  erznarren  (1678)  48, 
vgl.  382; 

was  kam  m  mich  zu  stehnl  wai  eitern  und  verwandten! 
ich  ward  der  zungen  spill  .  . . 

Ä.  Grvphiub  (1663)  296  (Garden.  8,  21). 

d«eh  zuteeiUn  auch  bei  neueren  autoren:  Winkelmanns 
sehrifllen  sind  mich  allein  auf  13  fl.  zu  stehen  ge- 
kommen, aber  ihre  gute  entschädigt  den  preisz  Schu- 
bart bri^e  1, 141  Strausz;  wenn  ich  alles  rechne,  marmor 
and  eisen,  .  ,  .  dazu  das  arbeitslohn,  so  kömmt  er  mich 
iber  drey hundert  scudi  zu  stehen  Göthb  36,  278  {Cellini 
S,  10;  neben  gewöhnl.  dat.,  s.  t.  b.  85,  27  und  81,  819);  mich 
ist  seine  kiugheit  hoch  zu  stehen  gekommen    Ebner- 

EsCHBNBACH    8,  277. 

(f)  zu  stehen  kommen  verlangt  stets  eine  ergänzung; 
dadurch  unterscheidet  e»  sieh  von  dem  seltneren  zum 
stehen  kommen,  das  stehen  alt  selbständiges  voUverb 
enthält,  so  gdegenüieh  von  personen,  gleichbedeutend  mit 
aaf  die  fttsze  zu  stehen  kommen  («.  o,  ß).  sonstt  das 
tefeoht  war  zum  stehen  gekommen  Lilibncron  krisgs- 
nov.^  tl8,  vgl.  B,  Ift,  g.  —  im  nd.  wird  die  arOheUos« 
fH^t^imf  M»  iimtm  «hwm  fibrmutht:  de  sohäne  solle  te 
stin«  kOmm,  ^srtdUet  ««ntoi  Sciiamiiach  so?^. 


6)  ein  eausativ  zu  diesem  zu  stehen  kommen  ist  dU  Ver- 
bindung zum  stehen  bringen,  die  morphologisch  zu  dem  stU>st. 
inf.  zu  stellen  wäre  {s.  unten  stehen,  n.),  ihrer  gebrauch«- 
weise  nach  jedoch  hier  anzureihen  ist.  sie  gehört  der  nhd. 
Schriftsprache  an:  die  belege  reichen  nicht  über  1770  zurück 
{zuerst  bei  Nicolai  und  Hippel),   mundartlich  nd.,  s.  d. 

a)  mit  persönl.  obj.,  fliehende  zum  haltmachen  veran- 
lassen: Decius,  ganz  erfreut,  dasz  er  sie  {d.  Oothen) 
endlich  zum  stehen  gebracht,  setzt  in  sie  M.  J.  SchuidT'. 
gesch.  der  Deutschen  1,  104;  den  fliehenden  feind  verfolgte 
er,  und  seine  eigenen  leute  brachte  er,  wo  sie  wichen, 
zum  stehn    Schiller  9,  207. 

b)  in  bezug  auf  dinge,  vom  hemmen  einer  betoegung: 
seine  band  irrte  nach  der  patronentasche ,  als  habe  er 
die  absieht,  den  rasenden  zug  zum  stehen  zu  bringen 
Hauptmann  bahnwärter  Thiel  35.  im  bilde:  diese  diplo- 
matische Wendung  der  sache  brachte  auf  einmal  meinen 
thränenstrom  zum  stehen  Raabk  sperlingsgasse  46;  ein 
gefecht  zum  stehen  bringen,  vgl.  B,  15,  g.  —  ungeioöhfi- 
lieh  ist  die  verwendtmg  in  dem  ältesten  belege:  ein  starker 
Strichregen  .  .  .,  welcher  den  sand,  mit  dem  die  natur 
in  diesen  gegenden  so  freygebig  gewesen  ist,  zum  stehen 
gebracht  .  .  .  hatte  Nicolai   Seb.  Nothanker  (1773)  2,  23. 

c)  eine  eigenthümliehe  freiere  gebrauchsweise  {von  a  aus- 
geJiendf)  zeigen  die  belege  aus  Hippel:  noch  eine  anek- 
dote  schwebt  mir  in  gedanken  über:  ich  hab  mein 
sach;  allein  ich  kann  sie  nicht  zum  stehen  bringen 
lebensl.  3,  1,  380;  so  sehr  man  sich  auch  mühe  gab,  die 
eigentliche  Ursache  zu  ergründen,  ...  so  war  dennoch 
dieses  geheimnisz  nicht  zum  stehen  zu  bringen  kreuz- 
u.  querzüge  l,  21  (=  werke  8,  15). 

d)  nd.  mundarÜ.  im  holstein.:  tom  staan  bringen 
'bei'm  spiel  einen  stich  machen ,  sich  fest  zueignen  durch 
coupiren'    Schütze  4,  180. 

STEHEN,  n.,  substantivierter  inf.  des  vorigen:  das 
stehen,  statio.  status  Dentzler  273'»  {vgl.  zur  form 
stehen  I,  C,  2,  k,  sp.  I46i). 

l)  von  personen: 

a)  bes.  in  der  älteren  spräche  begegnen  Wendungen,  uo 
stehen  als  object  zu  verben  tritt,  wie: 

in  mac  hie  stSns  erlangen  Parz.  218,  30 ; 

mer  enhon  hye  keyn  lenger  stani 

Aluf.  pastiontsp.  801 ; 

dodi  auch  noch:  der  .  .  .  wind  ins  gesiebt  ist  nicht  das 
schlimmste  ...  es  ist  aber  fast  als  um  nicht  das  stehen 
zu  behalten!  Raabs  unruh.  gaste  188.  {so  auch  rul.  det 
stand  behäJen  Schambach  207'»,  s.  stehen,  v.,  I,  C,  2,  k,  S, 
sp.  1461.)  —  im  gen. :  vom  grewel  desz  Stehens  nach  dem 
essen    Guarinonius  grewel  der  veritjüst.  1238. 

b)  sehr  gewöhnlich:  das  stehen  fällt  mir  nunmehr  be 
schwerlich,  lo  stare  in  piedi  .  .  .  mi  travaglia,  .  ,  .  «»i 
riesce  penoso  Kramer  dict.  8,  i2l^;  das  stehen  wird  mir 
gar  zu  sauer  Gellert  3,  279  {loos  in  d.  lott.  3,  3);  vgl. 
Lessinq  1,  463  {freyg.  6,  8);    Knigge  umg.  mit  menschen 

1>  19;  auch  das  stehn 

wird  Ihnen  sauer 
Schiller  5,  2,  324  (dorn  Karl.  4, 1); 

das  stehn  ermüdet  mich  Lessino  l,  820  (j'uden  lo);  stehen 
macht  müde  beine  Wander  4,  794,  15;  doch,  wenn  dich's 
stehen  hart  ankommt,  dafür  ist  ein  sessel  gut  Anzbn- 
oruber'  5,  65;  ich,  der  ich  in  meinem  alter  das  stehen 
nie  lange  aushalten  kann  Steffens  was  ich  erlebte  lO,  888; 

nach  schwerem  tage  feuchte  nacht 
blutsauer  ihm  das  stehen  macht 

Droste-HOlshopp  t,  161. 

c)  mit  adjectiven  (vgl.  stehen,  v.,  II,  A.  5).  spri^w. : 
ein  gut  stehen  ist  halbe  arbeit  Petri  Ooo  e»  (8,  888); 
ein  mfi,8ziges  ausw&rtsstellen  der  fUsze  macht  das  stehen 
sicherer  Sömmerino  v.  baue  des  menschl.  kOrpers  8,  118; 
aber  die  essenz  davon  .  .  .  kann  mich  gelegentlich  aus 
dem  aufrechten  stehen  hinwerfen  Hokmannsthal  Chri- 
stinas tteimreise  74.  —  das  lange  stehen  im  wasser  und  die 
.  .  .  angst  hatten  ihre  folgen  Char.  Bischopp  Ämalie 
Dietrich  806;  sie  war  .  .  .  müde  vom  vielen  stehen 
0.  Enkino  fam.  P.  C.  Behm  68.  —  von  marionetten:  der 
schwebende  und  doch  schwere  gang,  das  schwankende 
stehen  der  hängenden  flguren  W.  v.  Scuolb  gedanken 
zum  drama  n.f.  147. 


1721  STEHEN  (1,  rf—/'— 2—4)  —  STEHENBLEIBEN    STEHENBLEIBEN  -  STEHEND  (1,  o—c)   1722 


d)  mit  gehen  verbunden  (vgl.  stehen,  v.,  U,  A,  ll):  es 
sind  eytel  gottis  werck,  alles  was  wir  sind,  gehen,  ste- 
ken,  leben  .  .  .  Agricola  spriehw.  (153*)  A  5*; 

man  stimmet  überein,  so  gar  im  stehn  und  gehen 
Heraus  ged.  u.  imüir.  228. 

stehen  und  sitzen :  herr,  dir  ist  mein  stehen  und  mein 
sitzen  bekandt!  Kramer  dict.  2,  927'»;  man  hat  eben  so 
Tiel  vom  sitzen,  als  Tom  stehen  ebenda,  vgl.  Lehmann 
2,  806,  116. 

^  sehr  gewöhnlich  im  stehen,  dem  pari,  gleichwerihig : 
im  stehen  essen,  stantem  edere  Steinbach  2,  672;  Les- 
sing 8,  120,  s.  stehen,  v.,  II,  A,3,  d  (sp.  1477);  ich  schreibe 
meine  briefe  mehrentheils  im  stehen  und  auf  der  band 
Moser  verm.  sehr.  2,  181;  wir  können  es  im  stehen 
abthun  Klinger  3,  95  (Fausts  leb.  2,  7); 

er  war  im  stehen  eingeschlafen 

Hebbel  2,  204  (Her.  v.  Mar.  1, 1). 

müaingsch:  das  släft  in't  stehent,  das  släft  in't  gehent ' 
Rbotbr  2,  158,  10  Seelmann  ißtromt.  I,  8). 

/)  natürlich  auch  von  thieren,  a.  Sebiz  82  unter  ste- 
hen ,  V.,  II ,  A ,  9,  a  (sp.  1497) :  im  stehen  .  .  .  trägt  er 
(4.  aeeregenpfeifer)  den  leib  ganz  wagerecht  Naumann 
naturgeseh.  d.  vögel  7,  217. 

2)  von  gegenständen:  ein  knacken  und  dehnen  ging 
zuweilen  durch  die  alten  möbel,  als  reckten  sie  die 
von  langem  stehen  versteiften  glieder  Seidel  2,  21  (vor- 
siadtgesch.  113).  —  von  flüssigJceiten :  das  erdöl  ...  ist 
anfangs,  beim  schöpfen,  dünnwässerig ,  sie  (die  masse) 
condensirt  sich  b«im  stehen  Ritter  erdkunde  5,  202; 
nur  im  nw  .  ,  .  war  etwas  wasser  ...  zu  gewinnen, 
das  aber  nach  tagelangem  stehen  brakisch  wurde  12, 
447;  durch  das  stehen  der  milch  bilden  sie  (die  milch- 
kügdehen)  ...  die  rahmkügelchen  Sömmering  vom  baue 
dea  menschl.  körpera  5,  546. 

3)  zum  stehen  bringen,  a.  stehen,  v.,  II,  E,  6. 

4)  in  besonderer  Verwendung  begegnet  die  Verbindung 
em  gütlich  stehen  häufig  im  15.  und  vereinzelt  schon 
vm  U.jahrh..  vgl.  Lexer  handicb.  2,  1136:  he  .  .  .  machte 
einen  tag  unde  ein  gutlich  sten  (treugaa  fecit)  biz  uff 
sente  Mertinstag  KÖDiz  47,  10,  vgl.  d.  anm. ;  darauf  . . . 
der  römisch  .  .  .  künig  und  .  .  .  marggraff  Fridrich  zu 
Branburck  ein  gütleich  stehen  und  einen  tag  machten 
zwischen  unszers  herm  burggraff  Johannszen  genaden 
und  unszer  deutsche  chron.  aus  Böhmen  3,  255  (Egerer 
urk.  um  1417) ;  darin  im  marcgraf  Fridrich  nicht  reden 
solle  .  .  .  und  in  demselben  gutlichen  steen  tag  warten 
Frager  urk.  von  1461  bei  Diefenbach-WOlcker  864.  in 
diesen  stellen  unrd  die  für  die  älteste  gesicherte  bedeu- 
tung  'Waffenstillstand'  anzunehmen  sein ;  in  der  folgen- 
dem scheint  es  dagegen  den  sinn  eines  Vertrages,  einer 
güüiehen  einigung  zu  haben:  ob  wir  pfenner  noch  was 
bedrengnis  litten,  und  was  vorblieben  were,  das  ein 
solches  uffgenommen  und  in  ein  guttlich  stehen  ge- 
bracht werde  Spittendorff  s.  190  (zum'j.  1476).  dazu 
femer:  da  mochte  graflf  Waldemar  etzliche  rede  gehabt 
haben  der  gebrechen  .  .  .  und  gerne  gesehen,  das  die 
■ff  ein  stehen  kommen  weren  185. 

STEHENBLEIBEN,  n.,  aubatantiv.  inf..  vgl.  stehen 
II,  E,8. 

l)  von  Personen,  eigentlich:  zum  theil  sich  .  .  .  nieder- 
lassend, zum  theil  ...  im  stehenbleiben  an  ihre  wafTen 
gelehnt  Fouque  altsächs.  bildersaal  3,  48;  militärisch, 
mit  Ortsbestimmungen :  Torstensohn,  . . .  dem  das  stehen- 
bleiben anter  freiem  himmel  bei  der  rauhen  witte- 
rang beschwerlich  Gel,  beschlosz  anzugreifen  Hebbel 
9,  204,  3.  —  haltmachen  im  gehen:  darum  versuchte  er's, 
mich  durch  rufen  zum  stehenbleiben  zu  verleiten  8,248; 
ein  mann  .  .  .,  an  dem  dir  .  .  .  ein  plötzliches  stehen- 
bleiben .  .  .  auffällt  250;  dann  führte  sie  den  besuch 
■nter  fortwährendem  stehenbleiben  . . .  nach  dem  ersten 
Stockwerk  hinauf  W.  v.  Polenz  Grabenhäger  l,6l;  (tröA- 
renddem)  eilten  .  .  berittene  Offiziere  auf  die  flüchtigen, 
hieben  scharf  auf  sie  ein  und  zwangen  sie  zum  stehen- 
bleiben Fr.  Mein  ecke  generalf.  v.  Bogen  1,  327.  — freier: 
an  Lessing  ist  man  das  stehenbleiben  auf  halbem  wege 
sonst  nicht  gewohnt  F.  H.  Jacobi  vcerke  4,  2,  86. 


2)  von  dingen:  das  immerwährende  stehenbleiben  einer 
in  der  natur  schnell  vorübergehenden  bewegung  in  ei- 
nem bilde  peinigt  zuletzt  das  äuge  Stifter  a.  werke 
14,  170;  miszbildungen ,  wo  durch  stehenbleiben  (hem- 
mung)  der  entwicklung  auf  einer  früheren  stufe  ein- 
zelne theüe  des  fötus  formen  darstellen,  welche  .  .  . 
einer  früheren  entwicklungsstufe  entsprechen  Sömme- 
ring vom  baue  des  menschl.  körpera  8,  1,  447.  —  anders 
(a.  stehen  II,  E,  3,/):  das  stehenbleiben  ihrer  mauern 
(bei  den  vom  vulkan  verschütteten  häusem)  .  .  .  beweist, 
dasz  .  .  .  senkrecht  von  oben  herabstürzende  massen 
den  unglücksort  plötzlich  vernichteten  Ritter  erd- 
kunde 10,  512. 

STEHENBLEIBEND,  adj..  vgl.  stehen  11,  E,  3. 

i)  von  personen:  die  ganze  reihe  folgt  ihnen  (den 
enomotarchen),  bis  sie  sich  vor  dem  allein  stehenblei- 
benden und  sich  nur  umwendenden  uragos  aufgestellt 
hat  K.  0.  MÜLLER  die  Darier  2,  245.  freier:  durch  diesen 
widerstand  erwarben  sie  sich  das  ansehen  von  stehen- 
bleibenden, ja  feinden  des  fortschrittes  Keller  5,  309. 
bestehen,  übrig  bleibend:  als  im  jähr  1806  die  deutsche 
reichsconstitution  aufgelös't  ward,  so  verloren  viele  me- 
diatisirte  das  münzrecht,  und  die  stehen  bleibenden 
souverains  muszten  ihre  Stempel  verändern  Göthe  briefe 
36,  53. 

2)  von  dingen:  die  frucht  eine  von  dem  stehenblei- 
benden griffet  zugespitzte  kapsei  Schlechtendal ^ora 
v.  Deutschi. ^  19,  169;  es  läszt  wenigstens  als  habe  sein 
stehenbleibendes  lächeln  einigen  bezug  aaf  die  rede 
seines  nachbars  Lichtenberg  erkl.  der  Hogarth.  kttp- 
ferst.  1,  99. 

STEHEND,  adj.,  stans;  part.  zu  stehen,  v.,  s.  das. 
(zur  form  I,  C,  2,  /,  sp.  1461,  U7id  die  daselbst  angezogenen 
stellen). 

l)  von  menschen,  eigentlich:  stehendt,  se  tenant  debout 
HuLSiüS  307'';  stehend, particip.  stehends,  adv.  stando, 
in  piedi  Kramer  dict.  2,  929»;  stans,  erectua  Steinbach 

2,  672. 

o)  gern  als  prädicative  bestimmung  zu  verben:  stehend 
etwas  thun,  far  qualche  cosa  (stando)  in  piedi.  stehend 
beten,  stehend  essen,  trincken,  schreiben  Kramer  dict. 

2,  929»,  etwas  stehend  oder  im  stehen  thun  Campe  (i), 
Schweiz,  nebes  stentna  thue  Tobler  408»,  vgl.  stehen, 
V.,  1,  e:  er  (Vespasian)  starb  .  .  .  gehalten  stehend,  dann 
er  sprach  es  gepürt  einem  keyser  stehend  ausz  disem 
leben  züscheiden  S.  Franck  chron.  der  Teuischen  (1539) 
24»;  Felis  verzehrte  sein  frühstück  stehend,  im  saal 
umher  wandelnd  Göthe  21,  176  (icanderj.  i,  lo);  der  Che- 
valier Wyndham  .  .  .  hat  sich  lassen  vom  Pompeo  Bat- 
toni  stehend  malen  JüSti  Winckelmann  2,  i,  329.  ste- 
hend schlaffen,  cantherino  more  somniare  CORViNüS/on« 
lat.  115'»;  die  elephanten,  sagt  man,  schlafen  stehend 
Kramer  dict.  2,  929'';  im  solcher  schlaffe  in  daz  haubt 
kam  das  er  stend  entschlieffe  (che  stando  ancora  in  pie 
s'addormento)  Arigo  decam.  220,  17  Keller  (3,  8).  mit  wei- 
teren bestimmungen:  und  so  ir  bet:  nichten  wölt  wer- 
den als  die  trugener  die  do  liebhabent  stend  zebetten 
in  den  Synagogen  erste  deutsche  bibel  l ,  22 ,  62  Kurrel- 
meyer;  ich  .  .  sang  stehend  im  ströme  aus  vollem 
herzen  zum  schöpfer  aller  dinge  empor  maler  Müller 
1,  80;  er  ...  wollt  geradstehend  in  den  sack  einschrei- 
ten Grimm  märchen  547  (nr.  146). 

b)  seltner  in  attributiver  fügung.  substantiviert:  als 
die  speisen  des  ersten  ganges  verzehrt  waren,  standen 
wir  alle  auf,  und  nicht  eher  kam  der  stehende  in  den 
Sessel,  als  bis  .  .  .  jeder  einen  vollen  becher  wein  .  .  . 
austrank  Freytag  17,  167.  der  stehende,  beiname  von 
Johann-Adolph  Zigeser  in  der  fruchtbringenden  gesellach., 
s.  Neumark  neuaproaa.  palmb.  a.  401  (679,  vgl.  Goedeke' 

3,  13). 

c)  mit  Verschiebung  der  bexiehung  auf  abstracto  über- 
tragen: dasz  der  stehende  stand  des  Borghesischen  fech- 
ters  sich  mit  den  worten  des  Nepos  eben  so  wohl  zu- 
sammen räumen  lasse,  als  der  kniende  des  miles  Veles 
Lessino  8,  111  (antiqu.  br.  37);  ich  führe  nicht  ein  sit- 
zendes sondern  stehendes  leben  J.  v.  Müller  a.  werke 
6,  33.  ao  auch:  von  seinem  mühseligen,  stehenden  und 


1723 


STEHEND  (1.  c-d) 


STEHEND  (1,  d—e-2-'ä,  a-e) 


1724 


l&huenden  begrebnusz  Fischart  2,  ii,  7  Haufen  (Eu- 
Un^p.,  abred;  EuUnspiegel  taird  stehend  begraben,  s. 
cap  98).  von  einer  auppe,  die  im  stehen  verzehrt  toirdi?): 
wa  het  der  kimpffer  Milo  ein  lebendigen  ochsen  auff  | 
den  achseln  getragen,  .  .  .  wann  er  nit  auch  ein  solchen  ' 
stier  zu  einer  stehenden  schneidersuppen  het  mögen 
vermagen?  Oarg.  a.  57  neudr.  {vgl.  stehsuppe). 

d)  besondere  beachtung  heiscJit  die  Verbindung  stehen- 
der fusz. 

«)  pes  porrectus.  est  justa  pedis  mensura,  ein  stehen- 
der fus«  CoRviNUS  fons  lat.  483''.  sonst  nicht  bekannt. 
—  auf  stehenden  fusz  setzen,  s.  unten  5,  c.  ß. 

f)  sonst  tji  dein  sehr  gewöhnlichen  adverbialen  genitiv 
stehenden  fuszes,  sofort,  dem  lat.  staute  pede  entspre- 
chend, der  auch  in  alterthümlicher  und  mundartlicher 
Sprechweise  als  enÜehnung  vorkommt,  s.  stantepe(de), 
»p.  842.  die  Übersetzung  ist  zuerst  im  i7.jahrh.  bezeugt: 
wiewol  nun  der  h.  reichs  cantzler  hierauff  alsbald  ste- 
hendes fusses  .  .  .  repliciret  Chemnitz  schtced.  kneg  2 
(1653),  15'';  in  ■Wörterbüchern:  stehendes  fuszes,  subito, 
in  continenti,  e  vestigio,  ex  tempore,  extemplo  Stieler 
2130,  stando  in  piedi.  lat.  stante  pede  Kramer  dict.  2, 
929'';  stehendes  fuszes  etwas  thun,  sogleich,  auf  der  stelle 
Campe  (l).  eticas  früher  findet  sich  dafür:  so  baldt  das 
recht  verbannet  {die  gerichtssitzung  feierlich  eröffnet) 
ist,  und  die  zwo  partheien  .  .  .  sollen  dem  schulthissen 
von  stehendem  fcisz,  jede  partey  eine  marcel  aufflegen 
dasz  seindt  zween  batzen  Reutter  v.  Speir  hriegs- 
ordn.  (1594)  s.  38,  13.     ähnlich  scho7i  mhd.: 

ob  ir  die  ganzen  wärheit 

mir  nicht  an  stender  stete  enseit 

Heinr.  V,  Freiberg  Tristan  6142. 

auch  in  mundarten  eingedrungen:  lothr.,  st6nsfo(u)s  Foll- 
mann  .V)2»,  ebenso  luxemb.  üb.  427;  in  Köln  stphns  fosz 
Honig 2  i76*;  nd.  ostfries.  staande  foots,  staan'  foots 
Störenbürg  258''.  —  vgl.  im  aU-gem.  Adelung  um- 
ständl.  lehrgeb.  2,424.  Sanders  wb.  deutscher  synony- 
men 678. 

y)  die  ältesten  belege  (s.  obeii)  bieten  die  form  stehen- 
des fuszes,  die  noch  bis  ins  iQ.jahrh.  hinein  vorkommt 
{so  bei  Campe),  sie  herrscht  bei  Wieland,  gilt  bei 
Schiller  neben  dem  heute  allein  üblichen  stehenden 
fuszes.  docli  ist  auch  dieses  scJion  im  17.  nachzuweisen: 
wofern  er  nicht  dem  geldgeitz  desz  podesta  heimfallen 
wolte,  solte  er  stehenden  fusses  nach  dem  rectore 
magnißco  gehen  Happel  akad.  roman  (1690)  299. 

d')  belege:  ich  glaube,  ich  hätte  stehenden  fuszes  einen 
andern  zug  pferde  gekauft,  wenn  ich  sie  gleich  hätte 
haben  können  J.  E.  Schlegel  3,  552  {pracht  zu  Landh. 
2,  9) ;  auch  baute  der  schlaue  Timokrates  .  .  .  stehendes 
fusses  auf  diese  anläge  ein  kleines  projekt  Wieland 
2,  344  {Agath.  10,  4) ; 

es  war 
an  einem  morgen,  wo  er  stehnden  fuszes 
vier  bluturtheile  unt43rechrieb 

Schiller  6,  2, 167  {Don  Karl.  1,  2). 

t)  zutoeiUn  ist  die  ursprüngliche  bedeutung  noch  deut- 
lich: unweit  davon  zeichnete  ein  mann,  stehenden 
fuszes,  etwas  in  seine  schreibtafel  ein  Börne  ges. 
tchriften  (1829)  5,62;  dasz  er  nahrung  zu  sich  nahm, 
musz  wohl  vorausgesetzt  werden  .  .  .  vielleicht  im  gehen 
aus  der  tasche,  oder  stehenden  fuszes  beim  nachbar 
kellermeister  L.  v.  FHANgois  d.  letzte  Reckenburgerin  "70 ; 

wir  wOrbon  unsre  botschafl  lieber  erst. 

Uaz  ujia  das  iteh'nden  fuszes  hier  vollbringen 

FouQUä  alUdch».  büdersaal  1, 142. 

0  ihr  völliges  verblasztsein  zeigt  besonders  die  seJir 
liätifige  Verbindung  mit  gehen:  'stehendes  fuszes  hin- 
gehen, im  gemeinen  leben,  den  augenblick,  auf  der  stelle' 
Adeluno  (Oi  vgl.  Happel  unter  y;  er  ging  also  ste- 
henden fuszes  zu  ihm  hin  Juno  Stillino  aämmü.  sehr. 
1,  tl8;  ein  kurioser  mann  .  .  .  macht  blosz  deswegen, 
um  das  ding  (die  hallbarkeit  der  siiefet)  zu  erproben, 
■tebendes  fuszes  einen  tpaziorgang  nach  Syrukus  Tikck 
6.  61S:  ich  mache  mich  Jetzt  stehenden  fuszes  auf  Hol- 
TEI  ert.  sehr.  16,  140; 


nach  Uri  fahr'  ich  slehnden  fnszes  gleich 

Schiller  14,  287  {Teü  1,  2), 
«.  auch  12,  229  (WaUenst.  iod  1,  7). 

so  freier:  das  wurmte  meinen  bruder  und  er  ging  ste- 
henden fuszes  unter  die  drachen  E.  T.  A.  Hofpmann 
1,  191  Grisebach  {d.  gold.  topf  3). 

>?)  die  eigentliche  bedeutung  wirkt  darin  nach,  dasz 
stehenden  fuszes  nur  mit  persönlichem  subject  gebraucht 
wird,  oder  auf  personen  bezogen,  vyie:  da  ...  er  nicht 
einmal  zu  jenem  berühmten  lorberzweige  seine  Zu- 
flucht nehmen  kann,  der  auch  ungelehrte  hirten,  wenn 
sie  nur  an  ihm  riechen,  stehendes  fuszes  zu  poeten 
macht  Wieland  Luk.  6,  136. 

e)  feste  Verbindungen  mit  verben  finden  sich  in  Wörter- 
büchern des  17.  jahrh.:  sisto  .  .  .  stare  faeio,  stehend 
machen,  auffhalten  Corvinus /ons  lat.  608";  stator,  ein 
häscher,  qui  stare  facit,  der  einen  wol  kan  stehend 
machen  ebenda;  stehend  o  stehen  machen,  rizzare. 
Kramer  dict.  2,  929";  stehend  werden,  rizzarsi.  arri: 
zarsi,  ebenda. 

2)  stehend  von  gegenständen,  zum  unterschiede  von 
liegend:  eifrig  sammelte  man  reliquien  .  .  .  alle  ver- 
wahrt in  ganzen  stehenden  figuren  Ranke  s.  werke  i, 
163;  ein  groszer,  weicher,  stehender  schrein,  in  dem 
kleider  .  .  .  aufbewahrt  wurden  Stifter  sämmü.  u-erke 
5,  1,  91;  stehender  kragen  {vgl.  unten  Stehkragen):  jeder 
Schauspieler  sah  nun,  wie  er  bald  in  heim  und  har- 
nisch,  jede  Schauspielerin,  wie  sie  mit  einem  groszen 
stehenden  kragen  ihre  deutschheit  vor  dem  publice 
produciren  werde  Göthe  18,  198  {Wilh.  Meister  2,  lo). 
mit  näJierer  bestimmung  frei  stehend  {vgl.  stehen  II,  B, 
8,/,  atich  zusammengeschrieben,  s.  th.  4,  l,  122):  Schiller 
baute  .  .  .  ein  kleines  bauschen,  wo  zu  einem  einzi- 
gen Zimmer  im  ersten  stock  eine  frei  stehende  treppe 
führte  briefe  28,  34. 

8)  stehend  bes.  häufig  in  festen,  zumeist  tedmischen 
gebrauchsiceisen.  zunächst  im  sinne  der  aufrechten,  ver- 
ticalen  läge,  als  gegensatz  zu  liegend;  vgl.  stehen  II, 
B,  13. 

a)  stehende  säule  Jacobsson  4,  870",  kaum  üblich, 
weil  pleonastisch. 

b)  häufig  von  gewachsen,  stehendes  körn,  das  lu-vh 
auf  dem  halme  steht,  noch  nicht  gemäht  oder  geschnitten 
ist,  vgl.  stehen  II,  B,  12  o  und  13,  a,  *p.  1552/.;  nnd 
zündet  also  an  die  mandel,  sampt  dem  stehenden  körn 
richter  15,  5.  —  in  der  forstsprache  stehendes  holz  'sind 
alle  jene  bäume,  stangen  u.  s.  w.,  welche  noch  in  der  erde 
wurzeln,  im  gegensatze  von  liegendem  holze,  worunttr 
das  gefällte  verstanden  wird'  Behlen  6,  684;  vgl.  Ade- 
lung (l),  Jacobsson  4,  270";  dazu  auch:  'stehender  ort 
heiszt  der  ilieil  eines  haubaren  holzbestandes,  welcher  nodt 
nicht  a7igehauen  ist.  oder  vor  welchem  die  hauung  auf- 
gehört hat'  Beulen  5,  683.  femer:  das  stehendroden 
der  waldbäume  war  vor  1885  wenig  bekannt  ...  im 
Frankfurter  stadtwalde  rodete  man  schon  um  I800  da--^ 
holz  stehend  {also  im  gegensatz  zu  dem  gewöhnlidieu 
ausroden  der  stumpfe)  Bernhardt  gesch.  des  waldeigen- 
ihums  3,  188.  —  stehcndt,  auffrecht  fünfOngcrkraut, 
quinquefolium  frugiferum  erectum  Henisch  1101,53; 
bryum  mucronulatum  stehendes  knotenmoos  F.  C.  Diet- 
rich lex.  der  gärtnerei  2,  836. 

c)  im  bergbau:  stehender  gang,  ist  wenn  er  gerade 
in  die  teuffc  fält  Junghans  gräublein  erU  (l68())  £••; 
ein  stehender  gang  ist,  der  dem  compass  und  streiche« 
nach,  die  stunde  von  12.  bisz  8.  führet .  .  .  dem  fallen 
nach,  ist  ein  stehender  gang,  der  entweder  gerade  nie 
der,  oder  bey  80.  grad  nach  dem  circul  bogen  nUlot 
Herttwio  bergbuch^  (1784),  86»».  '«m  gegeMotae  «ines 
donlegen,  flachen  und  schwebenden  ganges*  Aoblomc 
(1),  vgl.  M1NEROPIIILU8  bergviereks-Ux.eai,  JACOBSSON 
4,  270»  {JUou  droit),  Veith  814  und  4öU:  durch  diese 
ganze  masse  nun  schneiden  stehende,  seigere  gänge 
durch  (sie  sprechen  dass  es  klingt  wie  stehniche),  mei- 
stens sehr  Bobmal  Göthe  6I,  109;  stehende  gilnge  oder 
flütze  ScHEUCHENSTUEL  838;  seigere  oder  stehende,  stän- 
dige marksobeide  'eine  durch  eine  vertikale  etun»  gebil- 
dete markscheide  (ftceier)  fubm  einander  liegtndm  gruben- 


1725 


STEHEND  (3,  e—g,  4,  o) 


STEHEND  (4  a) 


1726 


fdder'  Veith  33*;  stehender  stock,  auch  gangstock  'dn 
8^r  mächtiger  gang  von  einer  verhäiinismäszig  geringen 
auadütnung  in  streichen'  {gegensatz:  liegender  stock)  464. 

d)  von  allerlei  maschinen  oder  mascJiinentheilen  {vgl. 
Stbnzel  401»):  stehender  oder  senkrechter  bohrer  Ja- 
COBSSON  4,  270;  SO  ist  für  die  gröszten  zy linder  das 
bohren  in  aufrechter  Stellung  —  also  mittelst  einer 
vertikalen  oder  stehenden  bohrmaschine  —  unbedingt 
vorzuziehen  Prechtl  teehnol.  encyelop.  21,  601.  stehen- 
der haspel,  'wenn  dessen  reelle  senkrecht  stehet^  Jacobs- 
SON  4,  270».  stehender  stuhl  vom  dachstuhl  270'».  ste- 
hende abrückwelle  der  miiller  7,  431».  stehendes  oder 
aufrechtes  steigerad  in  den  groszen  atubenuhren  i,  274». 
stehender  stiefel  'toenn  der  stiefel  in  einem  druck-  oder 
pumpenwerk  senkrecht  steht'  296'».  stehendes  Vorgelege 
in  der  mühlenbaukunst,  'wenn  eine  welle  perpendikulär 
steht'  7,  431».  im  bergwesen:  stehende  Zwillinge  an 
einem  feldgestänge,  die  beiden  aufrecht  stehenden  höher, 
worin  das  feldgestänge  befestigt  ist  und  sich  bewegt  Ja- 
COB8SON  4,  278».  Campe.  bei  der  älteren  artillerie:  'ste- 
hende mörser  werden  bey  der  artillerie  die  mörser  ge- 
nennet, deren  zapfen,  womit  sie  sonst  auf  den  laffeten 
liegen,  nicht  in  der  mitte,  sondern  am  boden,  wie  bey 
den  Hock-  und  französischen  mörsem  sind'  Egoers  kriegs- 
lex.  2,  986,  vgl.  Chomel  8,  1594;  Jacobsson  4,  270»;  ste- 
hende bolzen  beim  geschütz,  chevilles,  im  gegensatz  zu 
den  liegenden,  botdons  Hoyer  wb.  der  artillerie,  suppl.  80. 
in  der  wd>erei  stehender  {vertikaler)  scheer-  oder  schweif- 
rahmen, zum  unterschiede  vom  horizontalen,  s.  Prechtl 
teehnol.  encyelop.  20,  189;  stehende  spule,  s.  24,  412;  bei 
den  strumpficirkem  stehende  platinen  'dünne  eisen- 
bleche,  die  unbeweglich  in  der  plc^nenbahn  befestigt  sind, 
itn  gegensatz  zu  den  fallenden'  Jacobsson  3,  262  •>,  *. 
auch  Prechtl  technolog.  encyelop.  18,  183.  im  Seewesen: 
'stehend,  in  Verbindung  mit  cylinder,  kessel,  welle  u. 
dergl.  bezeichnung  dafür,  dasz  diese  maschinentheile  eine 
senkrechte  läge  haben'  Stenzel  401»;  'im  schiffbaue  sind 
stehende  knie  solche,  deren  einer  arm  lothrecht  also  ge- 
rade stehend  angeordnet  ist',  stechknie  {s.  dieses,  sp.  1279) 
Campe  (l),  vgl.  Bobrik404»;  'die  beiden  senkrechten  leihe 
{taue  zum  einfassen  des  segeis)  heiszen  die  stehenden 
leike'  464». 

e)  mit  anderer  nuance  beim  feldgestänge  {im  bergw.) : 
'unrd  das  obere  ende  der  schwinge  bewegt  und  ist  das 
andere  unterstützt,  so  heiszt  die  schxcinge  eine  stehende 
und  das  feldgestänge  eines  mit  stehenden  schwingen; 
ist  aber  das  obere  ende  unterstützt  und  das  untere  be- 
wegt, so  heiszt  die  schwinge  eine  hängende'  Prechtl 
teehnol.  encyelop.  5,  597,  vgl.  596. 

f)  von  der  handschrift,  im  gegensatz  zu  einer  schrä- 
gen, 'liegenden'  schrift:  die  titel  der  gedieh te  waren 
fractur,  die  verse  selbst  von  einer  stehenden  sächsi- 
schen handschrift  Göthe  25,  132  {dicht,  u.  wahrh.  7). 
{in  anderem  sinne  4,  d.)  • 

g)  stehende  eigen  s.  4,  e. 

*)  in  anderen  fallen  bezeichnet  stehend  das,  was  am 
ort  verharrt,  im  gegensatz  zu  dem,  tcas  sich  bewegt  oder 
beweglich  ist;  vgl.  stehen  II,  B,  15.  so  freier:  wie  der 
alte  ewige  ausbau  des  blättchens  und  dessen  käfers 
eine  stehende  Vorsehung  ist:  so  ist  die  geschichte  bei- 
der wesen  und  der  Völker  eine  wandelnde  JJ  Paul  33 
{dämmerungen),  20. 

o)  sehr  gewöhnlich  stehendes  wasser  twi  gegensatz  zu 
flieszendem:  locus  . . .  staende  wasser  Diefenbach  gloss. 
316»;  tiagnum  .  .  .  ein  staende,  stand  wasser  {Cöln  1507 
u.  Straszb.  1513),  stant  wasser  550'*;  stehendt  wasser, 
u.  eaue  croupie,  ou  dormant,  qui  ne  court  pas,  ains  est 
morte  Hulsius  SO?*»;  aqua  reses,  stagnans  CORViNUS 
fons  lat.  58»;  ein  stehendes,  stillstehendes  wasser,  ste- 
hender sumpf,  pfui,  acqua  stante,  stagnante,  marazzo, 
stanzio,  acqua  morta  Kramer  dict.  2,  929'';  mundartlich 
im  nd.  bezeugt:  stän  wäter  Schambach  32i»,  stand  water 
TEN  Doornkaat-Koolman  3,  300».  die  belege  reichen 
ins  ii.  jahrh.  hinauf:  swaz  danne  steunder  wazzer  ist, 
di  suUen  di  obgenanten  unser  pflrger  von  Newnburch 
marchthalb  angehören  {vorher:  swaz  durchrunzigcr  waz- 
zer ist)   urkundenbuch  v.  Kloetemeuhurg  nr.  317   {urk. 


herz.  AUyrechts  II  v.  Ost.,  i.  märz  13*5).  in  einem  see 
oder  stehendem  wasser  wohneten  drey  fisch  Kirchhof 
%cendunmut  1,  111  Österl.  (i,  86);  durch  die  gewalt  des 
talismanns  vertrocknete  der  ström,  und  es  olieb  nichts 
übrig,  als  ein  faules  stehendes  wasser  Rabener  5,  88; 
man  weisz  sehr  gut,  dasz  der  friede,  wie  das  stehende 
wasser,  solches  Ungeziefer  hervorbringt  Göthe  briefe 
19,  518;  die  Tschuja  flieszt  hier  sehr  träge  .  .  .  der  ab- 
flusz  ist  zuweilen  gar  nicht  bemerkbar,  er  gleicht  ste- 
hendem wasser  Ritter  erdkunde  2,  P53.  sprichw.:  ste- 
hend wasser  wird  bald  stinkend  Gottsched  555*; 

gebrauchter  pflog  blinkt, 
stehend  wasser  stinkt 

LüPKES  teemannttpr.  t.  130. 

daher  im  vergleich:  ohne  diese  ubungen  würde  .  .  .  die 
Jugend  wie  stehendes  wasser  faul  und  stinckend  wer- 
den Loh«nstein  Armin.  2,  517»;  sonst  im  bilde:  schwär- 
merisches herz !  du  treibst  mit  deinen  fieberhaften  schla- 
gen freilich  dein  blut  zu  reiszend  um  .  .  .;  aber  dein 
fehler  ist  doch  schöner,  als  wenn  du  mit  phlegmati- 
schem getriebe  aus  dem  stehenden  wasser  des  blutes 
bloszen  fett-schlamm  anlegtest  I  J.  Paul  2,  152  {unsichtb. 
löge  2,  33).  im  {verschieden  gebildeten)  plural:  es  zeigt 
sich  nämlich  der  monoculus  apus  manchmal  ...  in 
stehenden  wassern  der  Jenaischen  gegend  Göthe  32.  7 
{tag-  u.  jahresh.  1807);  professores  sind  stehende  wasser, 
die  faul  werden  Hippel  lebensl.  l,  199;  es  war  in  der 
nacht  so  kalt  gewesen,  dasz  sich  die  stehenden  wasser 
mit  einer  eisdecke  überzogen  hatten  Stifter  *.  werke 
2,  245 ;  sie  {die  flüsse)  traten  noch  an  vielen  orten  über 
und  machten  stehende  gewässer  Kant  l,  201  Berl.  ak.; 

die  stehenden  gewässer 

sind  immer  noch  viel  besser, 

als  jener  bergstrom  wild     Arnim  22,  2<ö. 

bestimmtere  ausdrücke,  stehender  see,  teich  u.  ahnl.,  eig. 
pleonastisch:  auff  den  abend  zu  einem  dorff  Columna, 
an  einer  stehenden  see  liegend  Oleariüs  reisebesehr. 
15»  (1,4);  wo  die  herrlichste  paläste  gestanden,  dawa- 
ren .  .  .  stehende  seen  zu  schauen  Anton  Ulrich  v. 
Braunschweig  Octavia  1,  758;  man  findet  diesen  fisch 
in  flieszenden  wassern  eher  .  .,  als  in  stehenden  teichen 
und  seen  Goch  hausen  notabilia  venatoris  (I74i)  348; 
wenn  man  die  sehr  lange  . . .  strecken  betrachtet,  die  die 
flüsse  auf  dem  festen  lande  durchlaufen,  ohne  dasz  sie 
stehende  pfützen  oder  seen  unterwegens  machen  Kant 
1,  461  Berl.  ak.;  flieszende  bäche  und  stehende  graben 
Paülsen  aus  m.  leben  54; 

stehnde  sümpfe  werden  fani, 
lüfl'  auch,  die  sich  nicht  bewegen 
Fleming  1, 81  Lappenb.  {poet.  walder  3,  6,  208) ; 

den  hölzernen  becher, 
ans  der  stehenden  lache  gefüllt 

Klopstock  Mcm.  16,  281 ; 
im  vergleich: 

80  tha'  es  noth,  die  dämme  zn  dnrchstecben, 
die  uns,  wie  einen  steh'nden  see  vom  meer, 
von  allen  übrigen  (völkem)  noch  immer  trennten 

Hebbel  2,  237  {Her.  «.  Älar.  2. 1). 

bildlich:  es  {Ruszland)  ward  ein  stehendes  meer  der 
verschiedensten  Völker  Herder  23,  448.  besonders  gern 
stehender  sumpf  als  vergleich  oder  bild:  er  vergiszt  den 
niedrigen  kummer,  der  ihm  .  .  das  herz  drückte,  wenn 
er  den  ström  der  zeit  stockend,  und  sich  in  einen  ste- 
henden sumpf  gesenkt  glaubte  17,  5  {human,  br.  l,  1); 
die  frische  lebendige  quelle  stockt,  und  es  wird  alles 
zum  todten  stehenden  sumpfe  BCrger  briefe  i,  886 
{nr.  220) ;  ihr  leben  rückt  nur  unmerklich  fort,  und  wird 
ans  einem  reiszenden  ströme,  den  die  ersten  leiden- 
schaften  der  Jugend  gebildet  hatten,  zu  einem  stehen- 
den  sumpf  A.  W.  Schlegel   üb.  dramat.  kumt^  1,  Sl; 

es  giebt  so  leate.  deren  angesicht 
sich  Oberzieht  (tpäter:  gerinnt  und  starrt  4, 163) 
gleich  einem  steh'nden  sumpf 

(whofc  ritages 
do  Cream  and  mantle,  Uke  a  standing  pond) 

Shake*p.  4, 12  {kav/m.  v.  Ken.  1, 1). 

stehende  hauptfänge  'zum  aufhalten  des  sägeblochholzes, 
sowie  der  trümme   und  des  scheiterholzes   beim  ßöszen' 


1727 


STEHEND  (4,  a—f) 


STEHEND  (4,  f-i-b,  a) 


1728 


Behlen  6,  681.  —  tn  anderem  sinne,  doch  mit  der  gleichen 
grundbedentung:  stehend  oder  stillstehend  wasser  'der 
augenblick  der  Mchaten  fluth  oder  der  niedrigsten  ebbe, 
uo  das  \oasser  zehn  bis  fünfzehn  minufen  lang  still  steht' 
BOBRIK   669. 

b)  »onst,  vereinuU,  von  mannigfachen  anderen  dingen: 

o  wohl  uns,  dasz  dem  gebrause 
der  flut  wir  glücklich  entdiehn, 
nnd  aus  dem  schwebenden  hause 
in  stehende  wohnun^ren  ziehnl 

Platen  166  «>  {Math.  V.  Valois  2); 

an  dem  himmei  streckten  sich  weisze,  stehende  wölken 
hin  Stifter  *.  tcerke  2,  302.  noch  seltener  prädicativ: 
dasz  wir  am  ende  eine  festigkeit  des  blickes  erhalten, 
der  die  ungewissen,  flatternden  gestalten  fest  und  ste- 
hend werden  läszt  Tieck  6,  850.  so  wohl  auch:  alles 
so  herbststill,  so  stehend  um  ihn  J.  Paul  lO  (fle*p.  *), 
150, 

c)  auch  in  diesem  sinne  in  technischer  spräche,  ste- 
hende brücke  {im  gegensaie  zur  tugbrüclce),  pons  immo- 
bilis,  pont  dormant  Chomel  8,  1594:  es  genügt,  dasz  die 
Übergänge  zerstört  werden  können,  und  das  ist  bei  ste- 
henden brücken  jedesmal  der  fall,  wenn  sie  zur  Spren- 
gung eingerichtet  werden  Moltke  ges.  Schriften  7,  32. 
nd.  (fistfries.)  gaand  wark,  getriebe  in  einer  maschine, 
s.  b.  einer  uhr,  mühle;  im  gegensatz  dazu  staand  wark, 
das  gehäuft,  die  unbeweglichen  theile  Stürenburg  64*. 
bes.  im  Seewesen:  stehendes  tauwerk  'auf  den  schiffen, 
icelehes  fest  angeschlagen  ist,  im  gegensatze  des  laufen- 
den' Adelung  (i),  vgl.  Jacobsson  4,  272»;  der  stehende 
part  oder  Stander  eines  taues  'das  feste  und  unbeweg- 
lich stehende  ende  eines  laufenden  tautoerks'  Campe  (l), 
Hbinsius  4,  767*,  stehender  oder  fester  part,  standing 
part,  dormant  Bobrik  522'»;  zusammenfassend  stehendes 
gut  'die  starken  taue,  .  .  durch  tcelclie  die  mästen  und 
Stengen,  das  bugspriet,  der  klüverbaum  u.  s.  w.  befesti- 
gung  erhalten',  s.  Ki.UGE  seemunnsspr.  839,  Goedel  469. 
—  hierher  auch:  item  ein  nache,  der  ein  stende  rudil 
{stange  zum  aufstören  der  J,sche,  s.  zweites  rudel  l,  th.6, 
1885)  hat,  {giebt  als  zoll)  i  col.  Böhmer  urkundenb.  v. 
Frankf.  l,  505  (rowi.  j.  1329)? 

d)  mit  stehenden  Schriften  drucken  'mit  Schriften, 
welche  nach  dem  abdruck  nicht  abgelegt  xoerden,  sondern 
gesetzt  bleiben  und  bei  seite  gesetzt  werden,  bis  man  sie 
wieder  braucht'  Campe  (l)  {wofür  jetzt  stereotypierung 
der  platte  üblich  ist) :  die  fülle,  schärfe  und  feinheit  der 
worthülfen,  so  als  vorlinge,  inlinge  und  endlinge  ge- 
braucht werden  und  wie  stehende  Schriften  der  Wort- 
bildung anzusehen  sind,  geben  den  schlüssel  zu  dem 
unendlichen  Sprachschatz  Jahn  werke  2,  11  Euler.  auch 
{bildlieh):  vorzüglich  aber  ist  das  buch  Ruth  darüber 
ein  kommentar  mit  stehenden  lettem  Arndt  werke  l, 
241  Rösch  {vgl.  3,/.);  das  schild  des  Gianbengian,  .  .  . 
die  feen  im  lande  Ginistan:  d&s  alles  sind  gleichsam 
stehende  typen  der  poesie,  die  dort  noch  vom  ersten 
gasze  sich  erhalten  haben  Görres  bei  Arnim  tröstein- 
aamk.  s.  121  Pfaff. 

e)  in  der  alten  rechtssprache  Norddeutschlands  stehende 
eigen,  erbe,  von  gebäuden,  im  gegensatz  zur  varnden 
habe,  doch  auch  zum  ligcnden  grünt:  hat  der  man  adir 
vrouwe  ir  angestorben  erbe  unde  gut  bynnen  iar  undc 
tage  nicht  gefurdert,  daz  ist  en  unschedelichen,  is  en 
sey  denne  stehende  eygen  und  legende  grünt  Magdeb. 
fragen  i,  6,  4  {a.  87>;  her  .  .  .  sal  das  erbe  vorgewissen 
mit  stendem  eygen  i,  7,  4  (*.  95);  olaget .  .  .  eyn  burgor 
uir  den  andirn  uff  gut,  steende  erbe  adir  vamde  habe 
a,  >,  Sa  (*.  IM),  $  auch  unter  I,  B,  >,  g,  a  {ap.  1429)  und 
Kulmer  recht  *,  18  unter  1,  B,  >,/,  ß  (ap.  1417).  nd.:  men 
maoh  den  frowen  wol  stände  eigen  edder  liggende  grünt 
to  OCMBe  lyve  {lebenaunterhalt)  gevcn  qu.  bei  HouBTER 
Sadtaenap.  i,  t,  864,  vgl.  Schiller  Lübben  4,  869*.  ao 
noch  im  brem.  wb.  4,  09S:  staande  arve,  'erbeigenthüm- 
lieke  gebäude ,  in   entgegenatellung  der  liegenden  gründe'. 

f)  tn  neuerer  zeit  ala  auadruck  der  volkawirthaehafla- 
lehrt  stehendet  kapital  (fettea,  anlagekapital),  im  gegen- 
aatz  zu  dem  umlaufenden  (flUssigen,  betriebt-)  kapital, 
ala  geaamtheit  der  prodtJctitmamittel,  die  eine  wiederholte 


Verwendung  zulassen,  s.  handwb.  der  staaisrcissenseh.^  5, 
780  ••:  nicht  ganz  so  frei  und  unbeschränkt  wie  seine 
{des  käufers)  herrschaft  über  den  arbeitsstoff  ist  die- 
jenige über  die  arbeitsmittel  und  -Instrumente,  das  so- 
genannte stehende  kapital  (der  gebräuchlichen  natio- 
nalökonomischen nomenklatur)  Doren  Florentiner  wol 
lentitchindustrie  451. 

g)  mit  anderer  nuance,  vom  festen  aggregatzustand  im 
gegensatz  zum  flüssigen  {vgl.  stehen  II,  B,  17) : 

hier  wird  auf  strenger  glut  geschiedner  zieger  dicke, 
und  dort  gerinnt  die  milch  und  wird  ein  stehend  61 

Haller  ged.  30  Hirzel  {die  Alpen  244). 

A)  stehender  wind  'fester  tcind,  welcher  schon  meJirere 
tage  einerlei  richtung  gehabt  hat  und  von  welcfiem  zu 
vermuthen  ist,  dasz  er  diese  richtung  noch  einige  zeit  be- 
halten wird'  Campe  (i),  settled  wind,  it.  vento  stante  Bo- 
brik 661'',  vgl.  Stenzel  401*:  wie  die  Dantzker  ver 
namen  das  die  brücke  schier  fertig  war,  .  .  .  haben  sie 
.  .  .  ein  boyert  .  .  .  mit  vollem  segel  durch  stehenden 
wind,  auff  die  brücken  lauffen  lassen  Hennenberger 
preusz.  landtaffel  102;  wallonisches  frischen  .  .  .  erfor- 
dert ein  kleines,  heiszes  und  trockenes  frischfeuer,  ei- 
nen stehenden'  wind  und  lebhaftes  gebläse  Lampadius 
handwb.  d.  hüttenk.  (1817)  215.  —  ähnlich  vom  blick: 
gang  und  Stellung  waren  unverändert,  .  .  .  aber  der  blick 
war  oft  zu  flatternd,  oft  zu  stehend  J.  Paul  8,  208 
{Hesperus  24). 

i)  von  handlungen,  die  keinen  fortschritt  machen,  vgl. 
stehen  II,  B,  15,  /,  sp.  1558 :  ob  schon  beyde  vorwürfe  . . 
der  eigentlichen  mahlerey  gleich  fähig  sind;  so  findet 
sich  doch  dieser  wesentliche  unterschied  unter  ihnen, 
dasz  jener  eine  sichtbare  fortschreitende  handlung  ist 
.  .  .  ,  dieser  hingegen  eine  sichtbare  stehende  handlung. 
deren  verschiedene  theile  sich  neben  einander  im  räume 
entwickeln  Lessing  6,  463  {Laok.  XV).  bes.  vom  kämpf, 
der  noch  unentschieden  ist  {vgl.  stehen  II,  B,  15,  g) :  Blücher 
liesz  demnach  das  noch  stehende  gefecht  abbrechen 
Varnhagen  von  Ense  biogr.  denkm.  8,  267;  im  groszeii 
war  auf  dem  rechten  flügel  das  gefecht  ein  stehendes 
geworden  Moltke  ges.  achriften  3,  42.  ähnlich  achon 
mnd.:  strydden  se  do  eynen  starken  standen  stryd  Kok- 
ner  bei  Sghiller-Löbben  4,  Sog**. 

6)  die  letzte  gruppe  zeigt  den  Übergang  in  den  begriff 
der  zeitdatier,  der  bei  stehend  am  häiifigaten  begegnet. 

a)  so  am  reinsten  in  Verbindung  mit  zustandsbezeich 
nungen  in  Wendungen  wie  in  stehender  ehe,  so  langt 
die  ehe  besteht,  zumeist  im  älteren  nhd.:  in  ansehung 
das  .  .  .  des  mannes  unnd  der  frawcn  gütter  in  stehen- 
der ehe  gemein  sein  verordn.  des  Hadelerschen  landi- 
gerichts  (1584)  D  4*  (2,  3);  wasz  dar  zu  ihro  Id.  von  unsz 
vor  oder  in  stehender  ehe  .  .  .  geschenckt  were  Son- 
derburger urk.  V.  1634  bei  Diefenbach-Wülcker  863; 
was  mann  und  weih  in  stehender  ehe  erwerben,  dai> 
sollen  sie  mit  einander  theilen  Schuppius  610;  a.  fer 
ner  Simpl.  achr.  3,  38,  20  Kurz  {Courage  7);  bey  ein- 
gehung  der  ehe,  wurden  der  frau  gewisse  guter  .  .  .  aus- 
gesezt,  welche  dazu  dienen  sollten  ihr  nach  getrennter 
ehe  eine  wittwenversorgung  zu  verschaffen,  deren  besiz 
sie  daher  auch  während  stehender  ehe  nicht  erhielt 
Eichhorn  deutsche  Staats-  u.  rechtsgesch.^  (>82i)  i,  186. 
von  rechtsverhältnissen:  welche  wir  uns,  weil  doctor 
Mariinus  seinem  erbieten  nach  unüberwunden  in  ste- 
hender appellation,  nicht  versehen  qu.  bei  Luther  l, 
134 *>;  auff  klage  und  gegcnantwort  ...  ist  einhclliglich 
im  stehenden  standtrecht  erkent  worden  Reuttkr  v. 
Speir  kriegaordn.  (1594)  70;  femer:  in  stehenden  rechten 
72.  anderes:  nicniandt  der  in  stehender  acht,  wider 
die  ttadt  gethan  rubeklagon  zuhaben  d.  atädtechr.  K, 
86,  22  {Magdeb.  1560);  ebenao  83,  13:  vor  dieser  zeit  .  .  . 
hatten  die  thumbpfaffen  .  .  .  ein  ausschreiben  wider  die 
■ladt  Magdb.  ausgeben  lassen  und  solchs  in  stehender 
unser  belagerangk  68,  so;  in  solcher  meiner  stehenden 
krankheit  ward  auch  mein  sölinlcin  Hanns  George  krank 
Schwkiniciikn  8,  184;  der  sitz  des  landesälteiten  ist 
unter  dem  grenzadel,  mit  ihm  trägt  er  die  last  and 
erntet  er  die  ertrage  dieses  stehenden  kriegs  Nitzsch 
deutsche  atudien  tu. 


1729 


STEHEND  (5,  b-c) 


STEHEND  (5,  c-e) 


1730 


6)  et»!  eigetiihütiilicher  ausdrtick  ist  die  stehenden 
jähre,  eigentlich  tooM,  ico  das  icachstJium  zum  steheti  ge- 
kommen ist,  daun  scherzhaft  umgedeutet:  wer  hat  Ihnen 
denn  gesagt,  mein  herr,  dasz  ich  damals  acht  und 
zwanzig  jähre  alt  war?  um  diese  zeit  sind  die  frauen- 
zimmer  in  ihren  stehenden  jähren  ^tro  ihr  alter  gleich- 
sam einen  stillstand  macht'  Adelung  i) ,  und  ich  war 
seit  fünf  jähren  beständig  drey  und  zwanzig  jähre  alt 
gewesen  Raben  er  3,  174;  Emerentia,  die  seit  dem  ein- 
tritte  in  die  stehenden  jähre  so  sehr  an  fülle  zunahm, 
wie  die   mittel   abnahmen    Immermann   Münchh.  1,69 

(1,  *)• 

c)  so  besonders  stehendes  beer,  das  nidit  nur  für 
den  vorliegaideii  krieg  ausgehoben  oder  angetcorben  tcird, 
sondern  auch  im  frieden  bestehen  bleibt,  u.  ähnl.  diese 
ungemein  häufige  Verwendung  ist  in  den  tcörterbüchern 
{bis  Campe,  Hkinsius  einsdil.)  noch  nicht  beachtet,  in 
der  litteratur  seit  Haller,  Moser,  Kant,  Wieland. 

c)  zunäcJist:  die  nöthige  beschützung  eines  so  weit- 
läufigen reiches  erforderte  nicht  weniger  als  ein  stehen- 
des beer  von  zweymahl  hundert  tausend  mann  Wie- 
land 7,  295  (d.  gold.  Spiegel  2,  12) ;  der  Staat  geht  unter 
der  wache  stehender  beere  maschinenmäszig  seinen 
gang  Moser  Hb.  d.  deutsdie  »pr.  u.  litt.  (lv8l)  *.  9; 
stehende  beere  litt  England  nicht  Herder  28,  156;  der 
landsturm  und  die  landwehr  .  .  .  haben  manche  Jahr- 
hunderte bestanden,  bis  die  groszen  stehenden  beere 
mehr  und  mehr  eingeführt  wurden  E.  M.  Arndt  sehr, 
f.  u.  an  s.  l.  Deutschen  i,  291;  militärpolitik.  mit  be- 
sonderer beziehung  auf  die  Widerstandskraft  der  Schweiz 
und  den  kämpf  eines  milizbeeres  gegen  stehende  heere 
Varnhagen  V.  Ense  tageb.  12,  308;  durch  die  einfüh- 
rung  eines  stehendes  heeres  bat  der  adel  die  wafFen 
aus  der  band  gelegt  Moltke  ges.  Schriften  i,  iil;  sal- 
bungsvolle flugschriften  erörterten  schon  die  frage :  'sind 
stehende  heere  in  friedenszeiten  nötbig?'  Treitschke 
d.  gesch.  1,  153;  dafür  eröffnete  das  system  des  stehen- 
den heeres  .  .  .  auch  den  unbedeutendsten  fürsten  die 
möglichkeit  kriegerischer  .  .  Unternehmungen  Nitzsch 
deutsche  Studien  lOl.  übertragen:  die  mönche  wurden 
das  stehende  heer,  das  die  geistliche  macht  der  grosz- 
lamas  stützte  Ritter  erdkunde  4,  282;  dasz  die  zoll- 
linien  im  Innern  aufhören,  durch  welche  jede  provinz 
zu  einem  Staate  für  sich  wird,  von  einem  stehenden 
heere  von  Zöllnern  umstellt  Dahlmann  franz.  revol. 
39;  trotz  des  stehenden  heeres  von  gensdarmen  Heb- 
bel 9,  423.  —  dafür:  doch  sehe  ich  lieber  als  eine  ste- 
hende armee,  das  volk  selbst  in  waffen  Chamisso  5, 
224  {an  Foiique  7.  Jan.  1809);  die  mönche  und  geistlichen, 
vorzüglich  die  Jesuiten,  die  in  jedem  lande  eine  art  von 
stehender  armee  des  pabsts  abgaben,  wurden  au:;  dem 
venetianischen  gebiete  verbannt  Schiller  4,  115;  die 
stehenden  kriegsheere  M.  J.  Schmidt  gesch.  der  Deut- 
schen 4,  527;  er  selbst  befehdete,  wen  er  befehden 
konnte,  und  halte  dazu  die  erste  stehende  kriegsmacht 
in  Europa,  ein  unzählbares  beer  von  mönchen  und 
geistlichen  in  allen  ländern  Herder  u,  543;  er  (rf.  könig) 
meinte  durch  die  herstellung  des  friedens  die  Ursachen, 
aus  denen  man  sich  den  druck  einer  so  starken  ste- 
henden macht  gefallen  lasse,  hinwegzuräumen  Ranke 
vxrke  16,  319;  da  bat  er  {Nicolatis  v.  Kus)  .  .  .  die  an- 
sieht: um  friede  und  recht  ernstlich  handhaben  .  .  . 
zu  können,  müsse  man  eine  stehende  truppe  halten 
1,  70;  die  stehenden  truppen  sind  bis  auf  zwei  drittel 
entlassen  worden  Gutzkow  ges.  werke  5,  195  {Blasedoxo 
u.  s.S.  1,  17);  veraltet:  das  innere  des  reiches  beschwere 
weder  mit  schanzen,  noch  mit  stehenden  Völkern  Hal- 
ler  Usong  .'584. 

ß)  sonst  militärisch:  da  die  Römer  keine  stehende 
flotte  hatten,  war  das  einzige  mittel  dem  seeraub  wirk 
sam  zu  steuern  die  besetzung  der  küsten  Mommsen 
röm.  gesch.^  2,  133,  anm.  —  der  östliche  theil  des  Atta- 
lidenreiches  ward  den  clientelkönigen  überwiesen,  um 
die  Römer  von  dem  grenz^chutz  und  damit  von  der 
nothwendigkeit  einer  stehenden  besatzung  in  Asien  zu 
befreien  55.  —  ungewöhnlicher  von  den  einzelnen  Soldaten: 
die  persischen   könige   hatten  eine   legion,  welche  die 

X   s. 


unsterbliche  hiesz  .  .  .  sie  .  .  .  scheinen  ihren  namen 
wahrscheinlich  davon  zu  haben,  weil  sie  stehende  Sol- 
daten waren,  die  auch  zu  friedenszeiten  dienste  thun 
muszten  Schiller  9,  210.  so  ferner:  nach  heftigen  .  .  . 
gefechten  {ward)  dieser  theil  des  gebirges  {der  Alpen) 
gezwungen  den  Massalioten  fortan  stehende  geisein  zu 
geben  Mommsen  röm.  gesch.  2,  160.  —  auf  den  dienst 
übertragen :  als  sodann  in  folge  der  besetzung  Spaniens 
der  dienst  anfing  stehend  zu  werden  107.  so  dann 
auch :  da  die  fortrückende  cultur  der  Staaten  .  .  .  durch 
immer  .  .  .  vermehrte,  auf  stehendem  fusz  und  in  dis- 
ciplin  erhaltene  .  .  .  heere  immer  höhere  kosten  ver- 
ursachen musz  Kant  8,  311  {üb.  d.  gemeinspr.  usw.  HI); 
Karl  V.  scheint  der  erste  gewesen  zu  sein,  der  die  ar- 
tilleristen  in  ordentliche  kompagnien  formirte,  und  sie 
auf  einen  stehenden  fusz  sezte  Hoter  allg.  tcb.  der 
artillerie  1,  25. 

y)  sonst  von  allerlei  coUegien  und  körperschaften :  dasz 
die  allgemeinen  stände  durch  einen  stehenden  aus- 
scbirez  ersetzt  wurden  Schlosser  weltgesch.  14,  281;  ein 
stehendes  gericht  sollte  eingerichtet  werden,  nach  dem 
muster  des  Parlaments  zu  Paris  Ranke  werke  1,  71;  es 
ist  auffallend,  welch  ungemeine  Wirkungen  die  erricb- 
tung  einer  stehenden  nuntiatur  .  .  .  nach  sich  zog  38, 
103;  die  meisten  prozesse  .  .  .  wurden  .  .  .  von  theils 
stehenden,  theils  ausserordentlichen  commissionen  ent- 
schieden Mommsen  röm.  gesch.  2,  111.  dann  auch  rori 
einzelpersoneji :  ein  collegium  von  drei  männern,  die  als 
ordentliche  und  stehende  beamte  der  gemeinde  ange- 
sehen und  jährlich  von  der  Volksversammlung  gewählt 
wurden  86;  auch  Frankreich  hat  seine  stehenden  kunst- 
rezensenten,  die  nach  alten  vorgefaszten  regeln  jedes 
neue  werk  bekritteln  Heine  4,  •;2  Elfter,  abstract:  in 
den  Pandekten  kommt  dieser  name  {defensores)  .  .  .  für 
solche  Personen  vor,  welche  einzelne  vorübergehende 
städtische  geschäfte  besorgen,  nicht  als  stehendes  amt 
S.wiGNY  gesch.  d.  röm.  rechts  1,  64.  von  andern  bezie- 
hungen:  in  zukunft  müssen  Sie  sich  also  diese  guten 
leutchen  auf  dem  alten  Steinwege  denken  und  Marie 
Scheffer  als  stehendes  familienglied  Droste-Hülshoff 
br.  an  L.  Schi'tc:king  s.  14€. 

d)  diese  bedetitung  verbindet  sich  mit  der  räumlichen 
des  dauernden  venceilens  an  einem  orte  {s.  stehen  H,  C,  lO) 
in  der  anwendung  auf  schauspielergesellschaften:  eine 
stehende  truppe  im  gegensatz  sowohl  zu  den  Wander- 
truppen, die  von  ort  zu  ort  ziehen  und  in  jedem  nur 
kurze  zeit  spielen,  wie  zu  liebhabergeselUchaften,  die  sieh 
für  einzelne  aufführungen  zusammenfinden:  dasz  die 
beste  truppe  in  Italien  .  .  .  nicht  mit  der  schlechtesten 
von  den  stehenden  theatergesellschaften  in  Deutschland 
verglichen  werden  kann  Archenholz  England  u.  Ita- 
lien 2,  17.  so  gewöhnlieh  stehende  bühne,  stehendes 
theater  (jcobei  zugleich  an  das  gebäude  gedacht  werden 
kann):  die  stadt  hat  ihre  stehende  bühne,  'tcelche  sich 
immer  daselbst  befindet,  eine  bleibende'  Campe  (l);  als 
die  Abderiten  beschlossen  hatten,  ein  stehendes  theat-»r 
zu  haben  Wieland  '9,  262  (Abderit.  3,  2);  was  kann  eine 
gute  stehende  Schaubühne  eigentlich  wirken?  Schil- 
ler 3,  509  (iiberschr.) ;  eine  gute  stehende  bühne  522; 
{xcortspielend :)  die  Chinesen  hingegen  haben  ihr  stehen- 
des naiional-theater;  vermuthlich  in  jeder  hinsieht 
stehend :  ich  zweifle  nicht,  dasz  sie  in  der  .  .  .  beob- 
achtung  unbedeutender  convenienzen  die  correctesten 
Europäer  weit  hinter  sich  lassen  A.  W.  Schlegel  dra- 
mat.  kunst-  1,  38;  weil  von  einem  stehenden  theater  in 
den  damaligen  Schweizerstädten  nicht  die  rede  war, 
so  entschlossen  sie  sich  .  .  .  kurz  und  spielten  selbst 
komödie  Keller  1,  25;  es  war  das  ganz  im  geiste  der 
scheinheiligen  politik  dieser  zeit,  dass  man  .  .  .  die  er- 
b&uung  eines  stehenden  thcaters  verhinderte  Mommsen 
röm.  gesch.  2,  442.  —  ähnlich  xceiterhin:  auch  dürfte  zu 
erwägen  sein,  dasz  zeitweise  kunstausstellungen  .  .  . 
nicht  stehende  knnstsammlungen  sind  Stifter  s.  werke 
14,  145. 

e)  sonst  von  den  mannigfaclisten  aöstracten.  dauernd. 
80  vereinzelt  schon  früh:  die  .iiij.  ausslegung,  sagt  von 
steenden   und    von    fliessenden    bindernussen    die    den 

109 


1731 


STEHEND  (5.  e-i) 


STEHEND  (5,  i-k)  —  STEHENDIG    1732 


menschen  tänd  verbleiben  das  er  die  frucht  nit  cnt- 
pfaht  Tauler  sermoti.  (i508)  reg.  8<';  denselben  mit 
disem  briflein  zu  behelligen,  (reibet  mich  di  immer- 
stehende Schuldigkeit,  damit  ich  seiner  gunst  dank- 
nehmig  verhaftet  bleibe  Butschky  hochd.  kam.  s.  34; 
bei  solch  einer  stehenden  kriegsverfassung  muszte  es 
den  Deutschen  nothwendig  an  manchen  andern  tugen- 
den  fehlen  Herder  U,  273  {idem  16,  3,  3);  jeder  gelehrte 
müsse  im  besitze  dieser  {der  Vernunft-)  Wissenschaft 
seyn:  sey  es  auch  nur  darum,  um  jedesmal  den  gegen- 
wärtigen stehenden  zustand  des  ganzen  Wissenschaft 
liehen  wesens  zu  erkennen  Fichte  grundz.  des  gegenw. 
Zeitalters  233;  ob  das  vorgetragene  auf  das  handeln  sich 
beziehe  .  .  .,  oder  ob  auf  eine  stehende,  und  ruhende 
beschaffenheit  der  dinge  260;  wenn  man  seine  stehenden 
diplomatischen  beziehungen  .  .  .  danach  {nach  Sympa- 
thie XI.  antip.)  zuschneiden  will,  so  hört  man  m.  e. 
auf,  politik  zu  treiben  Bismarck  ged.  u.  erivn.  l,  157 
{br.  vom  2.  mai  1857) ;  die  räuberwirthschaft  war  daselbst 
.  .  .  ein  stehendes  übel  Mommsen  röm.  gesch.  2,  78; 
zwar  war  diese  amtsverlängerung  jetzt  stehend  gewor- 
den 357.  so  auch:  griechische  hofmeister  und  lehrer 
der  Philosophie  .  .  .  wurden  jetzt  stehend  {eine  dauernde 
einrichtung)  in  den  palästen  Roms  425. 

f)  ecnoeter  und  sinnlicher:  die  läufer  {beim  singen) 
glückten  ihr  nie  ganz,  aber  desto  mehr  die  stehenden, 
und  schwellenden  töne  Schubakt  ästhetik  der  tonk.  156; 
das  feine  sardonische  lächeln,  das  bei  August  eben  so 
stehend  und  bleibend  gewesen  sein  musz,  als  man  es 
immer  auf  den  lippen  Bonapartes  sieht  Reighardt  bei 
Campe;  das  stehende  lächeln  um  das  runde  naschen 
versicherte   unaufhörlich  .  .  .  Ludwig  2,  307. 

g)  in  Philosoph,  spräche:  das  bewusztsein  seiner  selbst 
...  ist  .  .  jederzeit  wandelbar,  es  kann  kein  stehendes 
oder  bleibendes  selbst  in  diesem  flusse  innrer  erschei- 
nungcn  geben  Kant  *,  8i  Berl.  ak.  {kr.  der  r.  vern.^  107); 
das  stehende  und  bleibende  ich  (der  reinen  appercep- 
tion)  macht  das  correlatum  aller  unserer  Vorstellungen 
aus  91  (123).  ganz  allgemein  im  substantivierten  neu- 
trum:  das  stehende  in  der  zeit,  dessen  zugleichseyn 
mit  dem  wechselnden  den  begriff  der  Veränderung  her- 
vorbringt 3,  25  {kr.  der  r.  vem.'^  s.  XLl);  unendlich  ist 
nur  die  empirie;  sowohl  die  des  stehenden,  der  natur, 
in  der  physik;  als  die  des  flieszenden,  der  zeit-er 
scheinangen  des  menschengeschlechts ,  in  der  ge- 
schichte  Fichte  grundz.  des  gegenw.  Zeitalters  231. 
hier  scheint  zumeist  die  eigentliche  bedeutung  (4)  deutlich 
durch. 

h)  stehende  einnahmen,  regelmäszige,  im  gegensatz  zu 
(uiszerordentlichen,  einmaligen  oder  gelegentlichen,  wech- 
selnden :  'stehende  hebungen  eines  gutes,  gewisse  ein- 
künfte,  im  gegensatze  der  ungewissen'  Adelung  (l),  zu 
bestimmten  Zeiten  eingehende  Campe  ;  durch  diese  {dienst- 
leute)  fielen  dem  könige,  der  bisher  von  seinem  erb- 
gute, einem  freiwilligen  geschenke  seines  volks  und  von 
der  beu(e  gelebt  .  .  .  halte,  beträchtliche  stehende  ein- 
künfte  zu  Eichhorn  deutsche  ataats-  u.  rechtsgescJt.^  l, 
93.  ßxitm,  der  stehende  gehult,  das  gewisse  einkommen 
KiNUEHMNO  reinigk.  der  d.  spr.  (1795)  268;  von  den  drei- 
hundert dukaten  stehenden  gehaltes  sind  wir  bis  auf 
hundertundfünfzig  einig  geworden  Lenz  i ,  332  Blei 
{ho/m.  1,  8).  (stehender  lohn  in,  ander m  sinne  s.  ste- 
hen II,  D,  13,  c,  «,  sp.  1697.)  wie  der  groszc  kurfürst 
.  .  .  seine  kröne  stützte  auf  die  beiden  säulcn  monarchi- 
scher vollgowalt,  den  miles  perpetuus  und  die  stehende 
Steuer  Treitsciikk  d.  gesch.  i,  85;  von  stehenden  ge- 
schenken  der  gemeiiidebUrger  an  den  könig  wird  nichts 
berichtet  Mommsen  röm.  gesell,  1,  71.  dagegen  stehender 
fonds,  bleibender  {wie  e,  f);  bildlidi:  es  ist  gut,  dasz  der 
gemeine  mann  seine  spräche  behalte,  damit  ein  ste- 
hender fond  bleibe,  der  die  zu  grosze  wandclbarkoit 
lebender  sprachen  aufstütze,  und  ihr  einheimisches 
geprige  daaerhaft  erhalte  br.  Hb.  merkwUrdigk.  der  litt. 
».  tat,  11  neudr. 

t)  »ontt  im  rinne  den  regelmüszig  oder  häufig  wieder- 
kehrenden, stehende  rede,  rodensaK  u.  ähnl.:  die  ste- 
hende  formel    zur   lösong  all'  dieser  anergrUndlichen 


fragen  blieb  immer  der  ausruf:  ihn  bin  ich  los  .  .  . 
Holtei  erzähl,  sehr.  3,  109;  'benebelt  heraufgekommen 
und  benebelt  hinuntergegangen!'  ist  ein  stehender  witz 
{im  Brocke  ab  u  che)  Keine  3,  68  Elster;  einer  jener  ge- 
machten i'.nwissenheitsfragen,  wie  sie  in  diesem  {dem  4.) 
cvangelium  stehend  sind  D.  F.  Strausz  leb.  Jesu  i, 
287;  die  stehende  rede  derselben  {der  nassauischen 
unterfhanen)  war  :  'schütze  Se  uns  vor  dem  fürste  und 
sei'  jagdknechte'  Bismarck  ged.  u.  erinn.  2,  72;  auf 
die  stehende  frage  erfolgte  die  stehende  antwort:  'ich 
weisz  es  noch  nicht  genau'  Ebner-Eschenbach  2,  40; 
als  der  freund  schlagfertig  entgegnete:  'ausnahmen  be- 
stätigen die  regel',  sprach  er  gereizt:  'siehende  redens- 
art'  8,  llt.  —  und  so  werd  ich  fortfahren,  Ihr  Interesse 
zum  stehenden  artikel  meiner  hefte  zu  machen  Goethe 
briefe  37,  279  {an  Boisseree  13.  dec.  23),  vgl.  s.  9,  eben- 
so TiECK  15,  294;  auch  wäre  zu  wünschen  dasz  kein 
christlicher  regent  es  duldete  .  .  .,  dasz  sein  und  der 
seinigen  persönliches  Wohlergehen  ...  zu  einem  ste- 
henden sonntäglichen  gebetsartikel  gemacht  würde 
Schleiermachek  sämtl.  werke  I  5,  117.  so  auch:  auch 
die  stehenden  Veröffentlichungen  der  akademischen  ar- 
beiten sind  .  .  .  nicht  übertlüssig  Mommsen  reden  u. 
aufs.  43.  —  wo  aber  die  arbeit  an  eine  gewis.se  schule 
gebunden  ist,  da  wird  sie  sich  auch  in  stehenden  for- 
men .  .  .  dieser  schule  bewegen  und  nur  sehr  langsam 
...  zu  neuen  gebilden  vorschreiten  Riehl  d.  deutsche 
arb.  37;  der  stehende  zuschnitt  aller  Ouvertüren  .  .  . 
ging  auf  eine  .  .  .  einleitung  im  langsamen  tempo  .  .  . 
R.  Wagner  ges.  sehr.  5,  113.  —  diese  geistlose  vetter- 
schaft von  stehenden  rollen  {auf  maskenbällen),  die 
läufer,  die  fleischer,  die  mohren,  die  altvordern  .  .  . 
J.  Paul  22,101  {Titan  2,50);  dasz  man  vielleicht  in 
den  mimen  und  atellanen  den  ersten  keim  der  com- 
media  dell'  arle,  der  improvisirten  posse  mit  stehenden 
maskcn,  zu  suchen  hat  A.  W.  Schlegel  üb.  dram. 
kunst-  2,  9;  eine  von  den  stehenden  italienischen  mas- 
ken  Bonaventura  nachticachen  38,  31  Michel;  dasz  ich 
den  herren  theaterdichtcrn  .  .  .  erlauben  will,  meinen 
namen  Tieck  zu  einem  stehenden,  wiederkehrenden 
Charakter  zu  machen  Tieck  nacld.  2,  87;  ich  {d.  teufet) 
war  bei  diesen  leuten  eine  stehende  figur,  die,  wenn 
auch  etwas  anders  aufgeputzt,  doch  immer  wieder  die 
hörner  hcrausstreckte  Hai.  ff  2,  i,i04  Bobert.:  immer  noch 
waren  es  in  diesen  stücken  die  stehenden  figuren  des 
dummen  und  des  pfiffigen  dieners,  des  guten  alten,  des 
weisen  mannes,  die  das  publicum  ergötzten  Mommsen 
röm.  gesch.  2,  441;  s.  auch  L.  v.  Franqois  d.  letzte 
Beckenburgerin  26.  —  diese  sitte  war  in  Ulm  so  ste- 
hend geworden  Hauff  1,  25  Bobertag;  bereits  war 
es  zur  stehenden  gewohnheit  Noltens  geworden  Mö- 
RIKE  3,28;  Verwandtenmord  {war  bei  den  Achümeniden) 
so  häufig,  dasz,  nach  dem  ausdruck  des  Justinus,  valer- 
und  brudermord  in  diesem  geschlechto  zum  stehenden 
brauch  geworden  war  Döllinuer  ukad.  vortr.  1,  3. 
bei  Schilderung  deutsclier  gastmähler  erwähnt  der  be- 
richterstatler  {Tacitus)  gerade  nicht  die  stehende  fest- 
freude  der  Deutschen,  den  vertrag  des  sängers  Freypag 
17,  31 ;  im  schlösse  wurde  nicht  bescheert,  das  dienst- 
personal  erhielt  sein  ausbedungenes  geldgeschenk  und 
ein  stehendes  festgericht  L.  v.  Franqois  d.  letzte 
lieckenb.  337.  —  so  geräth  man  in  einen  Widerspruch 
des  Staatsrechts  mit  den  rcalitUten  des  menschliohcn 
lebens,  der  praktisch  zu  stehenden  frictionen  und 
schliesziich  zu  explosionen  führt  Bismarck  ged.  u.  er- 
i7in.  2,  69.  —  von  personen:  die  bei  herrn  Kngol  vor- 
mittags stehende  gaste  waren  Arndi'  sehr.  f.  u.  an 
a.   l.  Deutschen  4,  380. 

k)  medizinisch:  stehende  fleber.  stalionariae  ftbrta 
Nemnich  Uj-.  nosolog.  polygl.  17"  {daaa.  wie  anhalten- 
des Qeber,  febria  continua,  im  gegensalt  zum  Wechsel 
fleber,  fcbris  intcrmitiensf). 

STIiHEiN'DKi,  adj.,  vereinzelte  Weiterbildung  tu  »te 
hend:  so  haben  die  von  Arnaw  auch  daselbst  stehen- 
dig {nicht  hticnJ)  geschworen  Hüitkl  chron.  v.  TVau- 
tenau  IM  Hehles,  {tu  1657),  vc^l.  Jellinkk  mhd.  wb.  Bki. 
«.  ferner  stchnig. 


1733 


STEHENDLINGS  —  STEHET 


STEHET  -  STEHL 


1734 


STEHEND LINGS ,  adv..-  der  pfaa  leget  seine  eier 
nicht  sitzlings,  sondern  stehendlings  (stehendes,  im 
stehen)  Schottel  373.  —  ebenso  stehends,  stehicht 
et  stehhaft.     sfabilis,   stando,   restitando   Stieler  2130. 

STEHENGEBLIEBEN,  adj..  pari,  zu  stehen  bleiben, 
s.  stehen  II,  E,  3,  sp.  ilQ&ff.  zu  c  {«) :  ich  bin  erstaunt 
über  die  menge  der  Zeitungen,  die  in  schlechtem  geiste 
geschrieben  werden,  von  stehengebliebenen  .  .  .  litte- 
raten  V.\rnhagen  v.  Ense  ta^eb.  5,  131 ;  diese  einfache 
form  bietet  uns  nun  die  natur  entweder  vorübergehend 
im  fötus,  oder  stehen  geblieben,  selbstständig  geworden, 
in  den  niederen  wirbelthieren  dar  Büchner  icerke  294 
Framos.  so  im  substantivierten  neutr.:  hier  {in  Austra- 
lien), wo  alles  einzelne  wie  verhallende  stimmen  aus 
früherer,  reicherer  zeit  herüberschallt,  wir  aber  keines- 
wegs den  eindruck  erhalten,  als  hätten  wir  es  mit 
halbentwickeltem,  stehengebliebenem  zu  thun  Ratzel 
völkerk.  2,  86.  zu  e,  a  {im  bilde):  meine  Cousine  hat 
mich  aufgezogen,  und  siehe  da,  die  stehngebliebne 
uhr  geht  noch;  denn  ich  machte  .  .  .  nach  allen  for- 
men die  honneurs  Immermann  6,  75  Hempel  {epig.  II, 
4,  13).  zu  f:  diese  stehengebliebenen  reste  einer  früher 
so  gewaltigen  entwicklung  (städte)  Nitzsch  deutsche 
Studien  lOö. 

STEHENLASSEN,  n.,  subst.  in/.,  s.  stehen  II,  E,  4, 
sp.fiiiff.  zu  a:  der  stolze  kaufmann,  der  hier  das 
stehenlassen  (pass.,  dasz  man  ihn  stehen  liesz.  fort- 
ging) äuszerst  unhöflich  fand  J.  Paul  20 — 23,  146  Hem- 
pel {flegelj.  24).  2m  b:  stroh,  spreu  u.  dergl.  wei-den 
durch  .  .  .  zudecken  und  stehenlassen  .  .  .  chemisch 
verändert  Sprengel  chetnie  für  landic.  i,  i.w;  was  bei 
dem  nichtweiterführen,  bei  dem  stehenlassen  der  an- 
stälten,  wie  sie  nun  einmal  waren,  herausgekommen 
ist  MOMMSEN  reden  «.  aufs.  218.  absolut,  abwarten: 
diesz  ist  eben  für  manche  Ichrer  das  schwerste  die 
rechte  zeit  zu  wählen  —  wo  sie  entweder  einen  klugen 
angriff  wagen  —  oder  das  stehenlassen  beobachten  all- 
gem.  deutsche  bibl.  ilO,  359. 

STEHENSSATT,  adj.:  gegen  drei  uhr  nachts,  als  die 
gesellschaft  fort  war,  .  .  .  senkte  der  stehenssatte  ge- 
wissensratU  seinen  rümpf  endlich  in  den  .  .  .  sorgen- 
stuhl J.  Paul  i,  82  {Hesp.  5). 

STEHER,  m.  stator  Stieler  2130,  qui  stat  Steinbach 
2,  G72,  'einer  der  stehet'  Campe,  tcenig  üblich.  (Frisch 
2,  326'  kennt  es  npr  in  den  Zusammensetzungen  vor-  %tnd 
widerateher.) 

1)  eigentlich  als  nomen  agentis  zu  stehen:  steher, 
statore  {in  piedi).  ich  bin  ein  übler  steher  Kr.\mer 
dict.  2,  929".  von  thiereii  {ungetcöhnlich) :  die  ncstflüchter 
halten  sich  immer  auf  der  erde  .  .  .,  gehen  schrittweise 
...  sie  sind  die  schreiter,  im  schlafe  steher  Oken  na- 
turgesch.  7,  16.  häufiger  bei  RCckert  in  besonderen  Ver- 
bindungen : 

sie  (d.  bolichaJT)  .  .  .  macht  euch,  staubgebfickte  knier, 
zu  Stehern  unter  waff*  und  auf  trophäe. 

poet.  icerke  1,23  (^eharn.  gon.  34); 

es  ziehn  mit  ihm  zwei  männer; 

Amru  Ben  Barrak,  der  sicher  im  kämpf, 

und  Scbanferi,  der  renner 

6,  39  {Teabbaia  Scherran); 

laut  rief  Rostem  :  'der  held  bin  ich, 
der  feste  steher  im  feld  bin  ich!' 

Firdon  1,  390,  vgl.  424. 

dazu:  steheriun,  die,  foemina  stans,  consistena  Stie- 
ler 2130. 

2)  besonderlteiten.     a)  bezeichnung  einer  tanzform: 

Schleifer,  dreher, 
hopser,  steher, 
welche  Schikanen 
auf  walzerbahnen 
ie  man  ersann, 
Kann  dieser  mann. 
BiBRBALM  nevbiit.  irrg.  der  hebe  103. 

6)  steir.  {in  Aussee)  ^gematterte  süule,  auf  der  die  Salz- 
pfanne ruht'  Unger-Khull  5T2». 

STEHET,/.,  vereinzelte  frühnhd.  »chreibueise für  statte 
(jbezw.  State,  stete  mit  langem  voc,  a.  statte  l,  b — d, 
sp.  iOmf.) .  viell.  in  volksetymol.  deutung  als  verbalabstr. 


?M  stehen:  jhre  diener  aber,  als  sie  die  jemmerliche 
that  angesehen,  haben  sich  als  bald  jr  dreye  .  .  .  mit 
dergleichen  ausgezückten  schwerten  off  der  stehet,  da 
sie  jhnen  zu  stehen  befohlen,  auch  entleibat  Barth 
ueibersp.  (1565)  h  8*. 

STEHEWURZEL,  /..  s.  stehwurzel. 

STEHFEST,  m.,  in  Ostfriesl..  nd.  stafast  'ein  fest- 
stehender stämmiger  barsche'  HoFFM.\NN  v.  Fallers- 
LEBEN  t«  Wagners  arch.  l,  276,  vgl.  ten  Doornkaat- 
KOOLMAN   3,  294*^. 

STEHFIX,  m.,  in  der  gaunerspraehe  für  knabe,  hand- 
tcerksbursche,  vgl.  stift.  Ave-Lallemant  4,  610  (t«nfer 
stabein). 

STEHHAFT,  adj.,  vgl.  oben  stehends  Stieler  2130. 

STEHHANSEL,  m.,  xcol  gleichbedeutend  mit  stehauf  (l), 
stehmännchen,  vgl.  das.:  er  giebt  ihr  so  ein  dingeichen, 
das  sie  'stehhansel'  nennen  Rosegger  sehr.  II  5,163. 

STEHHAÜS,  n.  bei  den  rceiszgerbem  ein  hölzerner 
kästen,  tconn  sie  stehen,  tcenn  sie  auf  dem  streichbaum 
die  getcässerten  feile  mit  dem  streicheisen  ausstreichen, 
um  sich  gegen  das  bespritzticerden  mit  der  ausgestriche- 
nen jaucJie  zu  schützen.  Jacobsson  4,  272*.  Campe. 
Prechtl  technolog.  encyclop.  9,  3(H. 

STEHHÖHE,  /.;  auf  dem  sogenannten  tankdeck  ste- 
hend, hat  man  dann  in  den  auszentanks  noch  etwa 
stehhöhe  bis  zur  oberen  deckshaut  P.  König  fahrt  der 
Deutschland  66. 

STEHICHT,  adj..  s.  oben  stehends.     Stieler  2130. 

STEHIG,  adj.,  als  gleichbedeutend  mit  stetig  bei  Kra- 
mer dict.  2,  929",  vgl.  stätig,  sp.  725 #. 

STEHKÄSE,  m..  in  Wien  'eine  kleine  porÜon  nach 
dem  essen  servierten  küses.  obeliskartig  geschnitten' 
SCHRAMK.\   1C4. 

STEHKASTEN,  »j.:  weih  .  .  .  versperrt  sie  {die  gegen 
stände)  hastig  ....  im  stehkasten  Schönherr  d 
ueibsteufel  24;  der  Unterwaldner  hat  gar  zwoa  hart 
holzene    stehkästn   zuegschlagn  kriegt  frau  Suitner  39 

STEHKNECHT,  m.  ein  auf  kreuzförmigem  fusze  ste 
hender  viereckiger  stock,  mit  einem  verstellbaren  klotze 
seitrcärts,  gebraucht,  um  holzstücke  von  bedeutender  länge 
beim  hobeln  an  dem  einen  ende  zu  unterstützen,  auch 
knecht  (7,  th.  6,  1396),  bankknecht,  a.  Prechtl  tech- 
nolog. encyclop.  7,481.     Karmarsch-Heeren  3  4,348. 

STEHKORB,  m.;  dazu  das  deminutiv:  um  12  uhr  frau 
von  Grosz.  ich  übergab  ihr  .  .  .  ein  stehkörbchen 
Goethe  tageb.  12,  141,  3  (17.  okt.  1829). 

STEHKORN,  n.,  handschrißl.  lesuyig  in  Luthers 
bibelübers.,  richter  15,  5:  und-  lies  sie  unter  (die  garben 
geatnchen.  darüber:)  das  körn  der  Philister  und  zündet 
also  an  die  mandel  (auch  das  stehekorn  gestr.,  darüber:) 
sampt  dem  stehende  körn  bibel  i,  *.  15  Weim.  ausg. 

STEHKRAGEN,  m.  in  die  höhe  steltender  kragen,  zum 
unterschiede  von  dem  liegenden  klappkragen  Campe  : 
jetzt,  wo  alle  damen  nach  der  mode  in  turmhohen 
Stehkragen  herumlaufen  Hartleben  ausgeic.  tcerke  2, 
51;  er  trägt  seinen  schwai-zen  sonntagsanzug,  bunten 
shlips  und  Stehkragen  mit  umgeklappten  spitzen 
G.  HiRSCHFELU  die  mütter  s.  59;  der  hemdeinsatz  aber, 
der  an  dem  hohen  und  scharf  zurückgeschlagenen  Steh- 
kragen durch  eine  breite,  schwarze  schleife  abgeschlos- 
sen wurde  Th.  Mann  d.  kl.  herr  Friedemann  (1898)  163; 
einem  \*-ulstnacken,  der  den  gestickten  Stehkragen  sei- 
nes fracks  überquoll  königl.  hoheit  18.  übertragen:  von 
denen  {veilchen)  banden  die  mütter  der  armen  kinder 
einige  dutzend  an  einen  kleinen  stab,  legten  ihnen  ein 
efeublatt  als  Stehkragen  um  und  boten  die  sträusz- 
chen  .  .  .  aus  Ebner-Eschenbach  meine  kinderj.  275. 
dazu:  aus  solchen  ehemaligen  'kavalieren'  setzt  sich 
dann  diejenige  klasse  zusammen,  die  man  mit  'Steh- 
kragenproletariern' bezeichnet  neue  Eamb.  zeit, 
vom  13.  juli  1912,  beil.  'd.  reich  der  frau'. 

STEHKRIPPE,  /.;  er  stieg  ab,  holte  eine  der  steh 
krippen  heran,  die  beschneit  an  dem  hofzaun  entlang 
standen,  und  schüttete  den  pferden  ihren  hafer  ein 
Fontane  i,  7  {vor  d.  stürm  l,  i). 

STEHL,  «t.,  diebstahl,  in  Aachen,  a.  MOller-Weitz 
235.    sonst  nicht  bekannt. 

109» 


1735 


STEHLADE  -  STEHLEN  (I,  1) 


STEHLEN  (I.  1-3,  a) 


1736 


STEHLADE,  /.,  a7n  mechanischen  Webstuhl,  unten  ge- 
lagert und  uvi  eine  unterhalb  der  kette  handliche  laden- 
achse  schwingend,  im  gegensatz  zur  hänglade  Karmausch- 
Heeren'  lO,  518. 

STEHLAGER,  n.,  eine  art  des  lagera  zur  unterstiUzung 
von  sich  drehenden  oder  schxcingenden  zapfen  Karmarsch- 
Heeren  3  lo,  232. 

STEHLAMPE,  /..  heiceglidie  lampe  mit  fusz,  die  auf 
den  tisch  u.  s.  ir.  gestellt  wird,  zum  unterschied  von  der 
Wandlampe  utid  der  Hängelampe,  zumeist  von  petroleum-, 
Öllampen  u.  ähnl.:  dort  lag  sie  und  lächelte  mir  des 
abends  unter  der  gelbverschleierten  Stehlampe  Is.  Kurz 
lebensßuten  222;  als  hängelampe  war  sie  ganz  schön 
aber  zu  dunkel,  als  Stehlampe  genügte  sie  zur  not 
Naumann  sonnenfahrten  17;  eine  nagelneue  kleine  Steh- 
lampe ward  .  .  .  mit  öl  gefüllt  und  angezündet  Hesse 
diesseits  216.  gaslampe,  die  durch  einen  gummischlauch 
mit  der  gasleitung  verbunden  ist.  mit  einem  am  stativ 
festsitzenden  oder  daran  verscJiiebbaren  brenner  Kar- 
marsch-Heeren  3 10,  479.  v^i.  standlampe,  ap.  776,  tmd 
stehleuchter. 

STEHLBAR,  adj.,  was  gestohlen  werden  kann. 

STEHLBRIEF,  m..  freibrief  für  stehlen  oder  rauben, 
kaperbrief  der  Seeräuber:  darna  sint  se  {seeräuber)  hir 
vor  gerichte  gebrocht,  se  hebben  sik  up  ore  stelbrevo 
beropen  Lappen berg  Hamburg,  chron.  a.  84;  vollends 
in  den  wüsten  kriegen  zur  zeit  der  kalmarischen  Union 
hatten  die  streitenden  mächte  des  nordens  das  alte  Un- 
wesen der  Seeräuber  ermuthigt  durch  ihre  stehlbriefe 
Treitschke  histor.  u.  polit.  aufs.  2,  40. 

STEHLBRUDER,  m.:  ich  wurde  .. .  von  meinen  stehl- 
brüdem  ersucht,  ihre  gesellschaft  unterweilen  vermehren 
zu  helffen  Jan  Perus  205. 

STEHLDIEB,  m.,  tautologische  Zusammensetzung  der 
Volkssprache,  bes.  in  der  kindcrsprache  und  scherzrede, 
so  niederrheinisch  stQldef  hausdieb  MÜNCH  gr.  der  rip.- 
frank,  mundart  s.  134,  in  Aaclien  stehldeif  Müller-Weitz 
235  {in  Coblenzer  kinderapr.  dafür  stehlerdief  Wege- 
ler  73)  und  bes.  nd.  stöldeif,  bes.  als  Schimpfwort  Sciiam- 
BACH  209»,  8ti(e)ldef  Bauer-Collitz  93»,  westf.  stcldail 
WOESTE  253*'  (kinderspr.),  berlin.  stehldieb,  nur  im  scherz- 
oller  stehldieb!  Meyer ^  118''.  nur  vereinzelt  in  der  litt, 
bei  norddeutschen  autoren:  'ich  habe  noch  ein  blaues 
haarband,  schätzchen,  wer  hat  mir  das  wohl  gegeben?' 
"gegeben?  ja  wer!  das  möchte  ich  wissen,  du  stehl- 
diebl"  'warst  du  mir  sehr  böse,  als  ich  dir's  fortnahm? 
Ilse  Frapan  Hamburger  nov.  31;  ohne  hund  hätte  er 
den  zigeuner,  der  mit  sechs  stchldiebcn  die  gegend  un- 
sicher machte,  nicht  . . .  aufgespürt  Lüns  d.wehrwolf  96. 
dazu : 

Wageniin,  dem  dieb  der  felder, 
Paimosaid,  dem  ährenstehldicbl 

Freilicrath*  6,  109  {Lonaf.  Uiaw.  13). 

STEHLEITER,/.,  frei  stehende  leiter.  trittleiter:  ein 
bandfeger  lag  da,  daneben  eine  kurze  stehleiter  Fon- 
tane 1, 9;  dann  aber  muszten  sfehleitern  aushelfen, 
am  .  .  .  oben  an  der  spitze  des  baumes  einen  weih- 
nachtsengel  anzubringen  6,  252  {quitt  29). 

STEHLEN,  verb..  furari. 

I)  verwaiultsdiaft  und  form. 

l)  stehlen  ist  ein  gemeingerm..  in  allen  germ.  sprachen 
lebendig  gebliebenes  verb:  got.  stilan;  ultn.  stela,  ebenso 
netmorw.,  schtced.  stjäla,  dän.  stjajle;  ags.  stelan,  mittel- 
engl.  8tele(n),  engl,  steal;  afrs.  slela;  ahd.  and.  stelan, 
mnd.  mnl.  stelcn,  mhd.  stein,  vgl.  Gri.mm  grumm.  l-, 
1028.  in  der  bildung  des  verbalabstructums  gelten  dagegen 
die  sprachen  auseinander:  altn.  stuldr,  dän.  styld,  schwed. 
Htöld ;  mittelengl.  8ta!t>e,  neuengl.  stealth ;  daneben  ags. 
statu,  mittel-  und  neuengl.  stalo;  a».  stulina;  ahd.  slfila, 
fortlebend  in  der  Zusammensetzung  mhd.  diupst&Io,  /., 
ntid.  diebstahl,  m,.  holt,  dicfstal,  *.  th.  8,  10»7/.  {weitere 
ableilungen  bei  Grimm  gramm,  8,  89.)  zur  bezeichnung 
des  thaters  dient  wiederum  gemeingerm,  ein  wort  aus 
anderem  »tamme:  dich,  s.  th.  i,  lOBbff.  —  neben  stilan 
hat  nur  dat  got.  noch  ein  anderes  idg.  wort  gleicher  be 
deutung  bewahrt:  hlifan,  das  mit  gr.  xXi7ttcl^'.  altlat. 
ciepcre,   aUpreust.    auUipta    verstohlen   urverwandt  ist, 


s.  Uhlenbeck2  so*»,  vgl.  J.  Grimm  rechtsalterth.  635/. 
(*  8,  194). 

8)  ZU  urgerm.  *stelan  stellt  sich  am  näeJisten  lat.  stel- 
lio  'ränkevolle  person'  Walde  593/.,  und  stläta  697,  das 
eine  art  raubschiff  bezeichnet  und  mit  alfir.  slat  (*8tlatto), 
raub,  zusammengehört,  vgl.  Stokes-Bezzenberger  814. 
so  ToRP  germ.  spracheinh.  (FiCK  *  3),  480;  Feist  etymol- 
wb.  251'';  Franck  etymol.  if6.2  663*.  unsicherer  ist.  ob 
sich  altir.  tela,  teola  dieb  dazu  stellen  läszt  (Kern  bei 
Uhlenbeck  140'»),  das  mit  ir.  tall  'diebstahl'.  tallaim 
(*taln5)  'ich  nehme  weg'  auf  einer  kelt,  wurzel  *le\- 
jiehmeti  beruht,  die  sich  am  ehesten  mit  lat.  tollere,  gr. 
xtxXäyai,  got.  {)ulan  zusammenstellen  läszt,  s.  Stokes- 
Bezzenberger  130;  FalkTorp  1170.  —  groszer  beliebt- 
heit  erfreut  sich  eine  andere  ableitung,  die  in  stelan  eine 
Umbildung  aus  *steran  sieht,  unter  einxcirkung  von  helan, 
mit  dem  es  seit  alter  zeit  gern  formelhaft  verbunden  icird, 
und  es  mit  gr.  aTEQelr,  axegicxtiv  berauben,  pass.  aii- 
Q£a&cci  gleichsetzt,  so  Ostiiof  bei  Paul-Braune  beitr. 
18,460/.,  desgl.  Delbrück  zeitschr.  f.  d.  phil.  1,142. 
{schon  CuRTius,  *.  Skeat  594».)  danacJi  ztceifehid  Kluge 
6377'';  WEIGAND5  2,  969/.;  KlugeLüTZ  199».  indessen 
paszt  diese  gleichung  nicht  7\ur  lautlich,  sondern  auch 
der  bedeutung  nach  weniger  gut  als  jene,  da  bei  ihr  der 
für  stehlen  so  nesentliche  begriff  des  heimlichen  durch- 
aus fehlt;  vgl.  Prellwitz  2433.  noch  geringere  leahr- 
schein lichkeit  haben  andere  ableilungen  und  Zusammen- 
stellungen {zu  tollere  t«.  s.  %c.,  ablautende  doublette  tu 
{)ulan  Grienberoer  got.  vortk.  199/.,-  aus  sdel,  zu  d'6- 
Xoi,  lat.  dolus,  altn.  tal  u.  s.  w.  SiEus  in  Kuhns  zeit- 
schr. 37,  307;  erweiterung  aus  ""stäi-,  vgl.  skr.  täyü  dieb 
Persson;  zu  gr.  axü.Xtiy  Skeat  594»,  vgl.  Weigan» 
3  2,  845  unter  stuhl),  s.  Falk-Torp  1555. 

8)  stelan  ist  ein  starkes  verb  der  4.  ablautsreilte:  got. 
nur  im  präs.  belegt;  altn.  stela  —  stal  —  st^^lom  —  stolenn, 
s.  Noreen  gramm.^%i%i;  ags.  stelan  —  stsel  —  st&lon  — 
Stolen  Sievers  gramm.^%ZW;  altfries.  stela  mit  ab- 
weichend gebildetem  jyart.  estelin,  stelin,  -en  Richthofen 
1047»  {die  formen  der  neufries.  mundarten  verzeichnet 
Siebs  in  Y*kvl%  grundr.- i,  \Z\bf.)\    alts.  stelan,   stilu 

—  stal  —  stälun  —  gistolan  Gallee  gramm.''^%  394,  Vor- 
studien zu  e.  altnd.  wb.  308.  499;  mnd.  stclen  —  stal  — 
stglen  —  (gc)stolen  A.  Lasch  gramm.  §  428;  Schiller- 
Lübben  4,881''  {:i.  sing.  präs.  stelet,  stell  Sachsensp.  2, 
28,3.  89,  1;  Reinke  de  vos  lOl);  ahd.  stelan,  stilu  —  stal 

—  stälum  —  gistolan  Braune  ahd.  gr.  §  340,  vgl.  Graff 
4,  668  (ih  stillo,  Stile,  daneben  stfilön?  clepo,  furor);  mhd. 
stein,  ich  stil  —  stal  —  stälen  —  gestoln  Wein  hold 
mhd.  gr.-  355;  Lexer  hdwb.  2,  1178.  auch  im  nhd.  ist 
die  alte  starke  flexion  im  allgemeinen  unverändert  er- 
halten, sowohl  was  den  ablaut  als  was  den  vokahcechsel 
innerhalb  des  präs.  betrifft:  ich  stehle,  du  stichltt.  er 
stiehlt,  wir  stehlen,  im))er.  stiehl  —  ich  stahl,  wir  stahlen 

—  gestohlen,  so  z.  b.  bei  Gottsched 6  840.  {ein  gam  i-er- 
einzelter  fall  schwacher  flexion  bei  GUARINONIUS,  1610, 
s.  unten  II,  2,  m,  C.)  dodi  fehlt  es  im  einzelnen  nicht  an 
abtceichungen. 

d)  der  inf  stehlen,  rtW«»"  stclen :  sybent  gepot  ist,  du 
soldest  nit  sielen  Berthold  v.  Chiemsee  s.  863  Reith- 
meier.  dafür  wird  bis  ins  17.  jahrh.  bei  oberdeutschen, 
bes.  alemann,  autoren  gern  stfilcn  gezchrieben: 

wir  wellen  soichs  erfaren  bos 
ob  sie  doch  ^tfllcn  wend  otwaä 

Gbngbnbach  «.  40,  49; 

die  grindige  kind  hassen  nur  das  strälcn, 
und  die  bund  hassen  nnr,  die  gern  st&Icn 

FisciiART  3,  70,  4  Uuuffen  (poJagr.  Iroflb.  11  6»); 

die  Sarracencn  .  .  .  tliaten  mit  rauben  und  stAlon  grossou 
schaden  Stumpf  Schweizer  chron.  »6»;  damit  den  losoi» 
leuthcn  kein  ursach  zu  st&len  geben  wordt  Agricoia 
bergwerckb.,  verd.  v.  liech  (J62l)  78.  so  auch  bei  Maali:r 
883''.  {dagegen  unterscheidet  Gottsched"  142  ausdriirk- 
lieh  stehlen  und  stMion.  ebenso  Braun  orthoqr.grnmn. 
wb.  846».  Apin  609  hat  slachlcn  in  beiden  bedeutunqen. 
anders  bezeichnet  Hiilkiub  (1616)  86»»  den  unterschied 
von  stclen,  entwenden  und  stehlen,  stahl  an  etwas 
thun.)    datutlbe  gilt  natürlich  von  den  formen  de»  plur. 


1737 


STEHLEN  (I.  3,  a—e) 


STEHLEN  (I.  3.  e—g—4,  a) 


1738 


ind.  und  des  conj.  präs.,  z.  b.:  es  gehört  auch  vil  zu 
eym  frommen  man,  .  .  .  das  er  .  .  .  nicht  sauffe,  liege, 
trüge,  stüle  Fischart  3,  248,  6  Hauffen  (ehezucMb.  k  8»}. 

b)  für  die  1.  sing,  bieten  oberd.  quellen  des  16.  jahrh. 
noch,  dem  mhd.  und  der  mundart  entsprechend,  ich  stil(e) : 
sihet  mans,  so  spUe  ichs,  sihet  mans  nit,  so  stile 
ichs  S.  Franck  sprichw.  2,85''; 

gantz  schnell  ich  dir  din  liben  styl  (:zyl) 

Schweiz,  gchau^p.  1,47   (d.  reiche  mann 
w.  arme  Las.  1529,  f.  820); 

Stil  ich,  so  wirts  mir  auch  nit  gschenckt 

H.  R.  Manuel  weinsp.  431; 

{ich)  peltl  und  stiel  ain  wenig  darzu 

H.  Sachs  faetn.  ep.  77,  69. 

c)  durchgängig  herrscht  die  i-form  in  der  2.  3.  »ing. 
utid  im  imp.  {über  die  Schreibung  u.s.tc.  s.  unter  4.)  hier 
begegnet  schwache  bildung  ganz  vereinzelt,  so  in  der 
3.  sing.,  viell.  nur  als  schreib-  oder  druckfehler -.  obs 
ein  dieb  stelet  Luther  26,  161,  25  Weim.  ebenso  verein- 
zelt stellt  eine  2.  sing,  mit  e:  stellst  B.  Waldis  Esopus 
3,85,13.  sicherer,  doch  auch  selten,  im  imp.:  stele  ein- 
mal, imd  bleib  dein  lebenlang  ein  dieb  Lehmann  3,  320, 
111 ;  stele  viel,  gib  wenig,  so  kommst  du  davon  112; 
stehle  dich  hinan  zu  ihm  mährleinbuch  (1799)  34. 

d)  innerJialb  des  prät.  ist  der  alte,  nur  quantitative 
ablaut  stal — stälen  durch  die  tondehnung  von  selbst  fort- 
gefallen, {alem.  mit  der  regelm.  entxcicklung  des  ä  zu 
au  —  und  abweichender  endung  — :  stalent  sy  NiCL. 
V.  Wyle  transl.  275,  7  Keller.)  doch  dringt  daneben, 
icie  bei  andern  verben  dieser  ablautsreihe,  vom  pari,  her, 
und  in  diesem  falle  wohl  durch  die  scheinbare  analogie 
zu  befehlen  begünstigt,  ein  o  ein,  hat  sich  jedoch  »icht 
durchzusetzen  vermocht,  es  eignet  zunäcJist  dem  plur. 
und  erscheint  so  in  Luthers  bibelübers.  neben  dem 
sing,  stal:  saget,  seine  jünger  kamen  des  nachts,  und 
stolen  jn  Matth.  28,  13,  vgl.  unten  ß.  nach  dem  plur. 
richtet  sich  die  2.  sing.;  so  gibt  Clajus  gramm.  105,  19 
Weidling:  ich  stal,  du  stolest.  entsprechend  Schottel 
598  als  norm:  ich  stahl,  du  stehlest,  er  stahl,  wir 
stöhlen,  doch  dringt  das  o  infolge  der  geicöhnlichen 
ausgleichung  auch  sonst  in  den  »ing.  ein,  so  bei  Stie- 
ler 2164:  ich  stal,  et  stol.  nach  Adelung:  'ich  stahl 
(im  gevieinen  leben  ich  stohl)' ;  danach  Campe.  —  weitere 
belege : 

a)  im  sing.:  es  stöhle  unsere  herr  gotts  schuster  das 
leder  Schuppius  sehr.  530; 

(Kunze)  bestohl  den  nachbar  Heinze 
Claudius  bei  Sauer  Göttinger  dichterb.  3,  262, 16 

('noch  e.  tciegenl.  bei  mondsch.'  nacJi  dem  ersten  druck 
V.  1770  ;tn  den  werken  1,  173  dafür  bestahl;  vorher,  z.  9, 
ttuch  in  diesem  text:  kam  her  und  stahl). 

^)  im  pl.  vereinzelt  schon  mhd.:  stölin  (=  verholin) 
Nie.  V.  Jeroschin  20613; .  «Ad.  wenn  feie  den  kelch 
Widder  einbunden,  stolen  sie  die  patena  Luther  38, 
213  Weim.;  die  kinder  von  Israel,  die  den  Aegiptern 
stolen  yhren  vordienten  lohn  an  d.  christl.  adel  a.  48 
neudr.  {vgl.  oben  Matth.  28,  13). 

e)  ernsthaftere  concurrenz  macht  itn  conj.  präs.  da» 
ö  dem  alten  ä;  hier  gelten  in  der  neuerai  zeit  beide  for- 
men neben  einander. 

a)  zunächst  stäle:  so  ctwer  aus  fürsichtikait  ainem 
unsynigen  sein  schwert  stäle  Berthold  v.  Chiemsee 
363 ;  und  so  wieder  bei  neueren  autoren :  so  schrei'  ich  als 
wenn  man  mir  einen  thaler  stähle  Göthe  36,  47; 
Radlof  .  .  .  glaubte  aber  auch,  man  stähle  ihm  seine 
ideen  Hoffmanx  v.  Fallersleben  leben  i,  226. 

ß)  daneben  st  öle  schon  bei  Luther  {und  stüle,  *./, 
ß):  es  were  allis  treglicher,  wen  sie  das  gut  allein  uns 
alszo  abstolen  an  den  christl.  adel  s.  20  neudr.  es  gilt 
.selbstverständlich,  wo  schon  der  ind.  o  aufweist,  so  ich 
stöhle  bei  Schottel  598  und  (ich  stöle)  Stieler  2164, 
während  Steinbacii  2,  718  ich  stähle  angiebt.  Ade- 
lung: 'ich  stähle  {im  gemeinen  leben  stöhle)',  ebenso 
Campe.  {bei  Braun  orthogr.  gramm.  wb.  245*»  7iur: 
ich  stähle.)     häi^figer  im    18.  jahrh.    bezeugt:    wer   halb 


so  viel  heimlich  stöhle,  .  .  .  der  müszte  ohne  barmher- 
zigkeit  an  den  galgen  Kretschmann   werke  5,  208; 

wenn  aber  einst  durch  seine  schöne  seele 
ein  jxinger  mann  dein  herz  dir  stöhle 

GOEKIKGK  3,  172; 


stöhl'  er  selbst  mir  im  gebege, 
traon,  er  würde  selbst  geschnürt! 


Voss  5,  32 ; 


s.  auch  TiEDGE  werke  7,  28. 

/)  i'f»  alem.  des  15. — 16.  jahrh.  begegnen  auch  die  {in 
der  3.  ablautsreihe  ursprünglicheren)  formen  mit  u 
bezw.  ü.  im  pl.  ind.:  {am  10.  sept.  1445)  komend  die 
von  Obren  Sibental  .  .  .  was  den  wart,  stuletz  als 
{stahlen  sie  alles)  Basler  chron.  i,  263,  12;  wie  das  land- 
volck  ...  die  hirten  .  .  .  uberfulen,  weil  sie  jnen  die 
krapffen  stulen  Garg.  s.  315  neudr.  im  conj.:  da  du 
einem  seinen  lümbden  {leumund)  stilest,  .  .  .,  so 
schedigstu  in  mer,  weder  stillest  ym  {als  stöhlest  du 
ihm)  gelt  Keisersberg  siinden  des  munds  28*;  wenn 
dir  einer  etwas  stul,  und  du  jm  das  woltest  noch 
lossen,  so  stül  er  dir  morn  noch  meer  postiü  2,  63 ;  mit 
entrttndung : 

lyesz  yederman  syn  hnnd  jm  hxiäz 
das  nit  eyn  dieb  stiel  ettwas  dar  nsz 

Brant  narreiifch.  44,  16. 

hier  findet  sieh  n  {=  ü)  atich  bei  Luther  ^nebeti  o  =  ö, 
s.  e,  ß):  wie  ein  knecht  seinem  boszwilligen  hern,  sei- 
nen vordienten  lohn  stule  an  d.  christl.  adel  s.  48  ndr. 

g)  im  part.perf.  gilt  die  o-form  ohne  ausiceichungen. 

4)  weitere  abweichungen  betreffen  die  quantitüt  des  vo- 
cals  der  tonsilbe,  die  vocale  der  nebensilben  und  die 
Schreibung. 

a)  der  vocal  der  Stammsilbe  ist  im  nhd.  infolge  der 
tondehnung  überall  lang;  doch  bleibt  die  länge  im  früh- 
nhd.  meist  unbezeichnet.  insbesondere  ist  dasjiehnungsh 
dem  16.  jahrh.  im  ganzen  fremd  und  setzt  sich  erst  im 
laufe  des  17.  durdi.    im  einzelnen  ist  zu  bemerken  : 

«)  deg  inf  lautet  im  le.  jahrh.  stelen,  daneben  oberd. 
st&len  {s.  3,  o),  stets  ohne  h.  reo  die  l.  sing,  einsilbig 
erscheint,  begegnet  zuiceilen  Verdopplung  des  e:  peculor 
.  .  .,  ich  steel  von  der  gemeyn,  adder  kirchen  gut 
Alberus  dict.  (1540)  6»; 

ich  glaub,  du  meinst,  dasz  ich  mein  meel 
nur  in  dem  kot  aufflesz  und  steel 
Fischabt  2,  113  Haufen  (Eulen^p.  2579,  —  conj.?). 

ganz  vereinzelt  im  inf:  surreptio,  das  steelen  Alberus 
dict.  (1540)  7*.  doch  begegnet  gegen  ende  des  16.  jahrh. 
auch  schon  zuiceilen  die  Schreibung  stehlen  Xylander 
Polyb.  (1574)  844  (VI,  33,  2);  volksb.  lom  d.  Faust  s.  85 
netidr. ; 

wie  sol  ich  nun  auff  mein  zusa^ 

das  rosz  zwegen  brin^n?  sol  ichs  stehln, 

so  gehört  mir  ein  strick  ant  kchln 

Hans  Sachs  17,  85, 16  K.-G. 

(jn  der  handschr.:  stein,  s.  fastn.  sp.  58,  127).  sie  trird 
im  laufe  des  17.  jahrh.  imtner  häufiger  und  erlangt  gegen 
die  mitte  des  jahrh.  das  iibergeicicht.  von  dem  Wörter- 
büchern haben  Corvinus  (i660)  und  Schottel  (1663) 
stehlen,  dann  jedoch  Stieler  (i69i)  und  Kramer  {noch 
in  der  ausg.  v.  17241)  xcieder  stelen.  in  der  litieratur 
ist  stelen  {und  bes.  gestolen)  bis  gegen  ende  des  l~.  jahrh. 
üblich:  das  siebende  gebot  lautet,  du  solt  nit  stelen 
Sandrub  hist.  u.  poet.  kurtzweil  s.  24  neudr.;  {den 
seckeV)  den  sie  jn  in  der  nacht  gestoleo  hat  engl,  co- 
med.  u.  traged.  (l624)  J  4»;  ferner  Albertinus  hirn- 
schleiffer  (1664)  70;  sein  geld  möchte  gestolen  werden 
Weise  ertA.  iii; 

ioh  red  es  unverholen, 
dasz  ich  mein  lebenlang  noch  kein  mal  erz  gestolen 
J.  Grob  dichter,  vereuchg.  (1678)  f.  73  (II,  71); 

der  rurst  musz  lassen  Ambren  holen, 
weil  ihr  blosz  rühm  ihros  hertz  gestolen 

LoHBNSTBlM  Ibrah.  fuU.  (1680)  3,  538. 

ja,  vereinzelt  noch:  ich  habe  ...  ihr  untcrweilen  einen 
kusz  gestolen  IIölty  a.  226  Hahn  {br.  vom  24.  nov.  1774). 
vgl.  ferner  b.  —  frühere  belege  für  stehlen  ustc:  ob 
nicht   zeuge  {Jacob)  .  .  .   seinem  brudcr  dem  £sau  den 


1739 


STEHLEN  (I,  4,  a) 


STEHLEN  (I,  4.  a-c) 


1740 


segen  betrieglicher  weisz  gestohlen  hab?  Ayrer  Äwtor. 
proc.  juris  (1600)  155 ;  es  ist  ein  feines  handwerck  umb 
das  stehlen,  wenn  es  wol  geräht  Harsdörffer  fratienz. 
gesprechsp.  2,  827;  zu  stehlen  und  zu  rauben  Mosche- 
ROSCU  ge3.  1,  82; 

weil  eie  der  todt  uns  bat  gestohlen 

gricch.  dramcn  1,  144  Dähnh. 
(Spangenbeug  Eur.  AlcesL,  1604,  v.  2557); 

fertig  zum  stehlen  und  rauben  2, 190. 

beides  in  derselben  quelle  neben  einander: 

zweymal  umbringten  sie  sein  {die  schlaiiaen  Laocoons) 

kculn, 
mit  giOl  das  leben  jhm  zu  stehln 

Spreng  Aeneis  (1610)  27^  (2,218/.); 

{Älecto)  sich  in  Amatae  zimmer  stal     139*  (7,  843); 

{Idovicncus)  sich  heimclich  von  danncn  stahl 

lUas  178 1>  (13,615); 

wie  du  begerest,  das  beschehen  soll  werden  dem,  der 
dir  gestolen  hat,  also  beschicht  jhm  Paracelsus  (1616) 
1,  20  A;  aber  dasz  der  dieb  zuher  lauffen  miisz  an  die 
Stadt  seines  stehlens  ebenda; 

und  hellest  nun  davor,  dasz  stelen,  rauben,  fressen,  .  .  . 
nicht  Eauer  sehenswehit  und  lauter  kurtzweil  sey 

Rachel  sat.  ged.  (i66-i)  66  ncudr.  (5,  46); 

ist  dasz  nicht  seines  thuns,  so  kan  er  leder  stehlen 

122  (8,  449;  so  überwiegend); 

femer  gestohlen  Grimm elshausen  8,  336,  21  Keller  (^vö- 
geln. 1,  2);  neben  gestolen  856,  27  (1,  4);  stehlen  Schup- 
Pius  sehr.  71;  neben  gestolen  816. 

ß)  weniger  einfach  liegt  die  suche  in  den  i- formen 
des  praes.  (2,  3.  sing.,  imp.),  wo  ztcei  dehntingszeichen  zur 
Verfügung  stehen  und  gebraucht  tcerden,  sowohl  einzeln 
tcie  verbunden,     vgl.  tmten  c. 

aa)  die  einfaclie  Schreibung  er  stilt,  die  die  Quantität 
unentschieden  läszt,  hält  sich  auffallend  lange  durch  das 
ganze  17.  jahrh.:  darumb  jederman  so  tollgirig  zabelt  und 
grabelt,  .  .  .  wfilt  und  stilt  Garg.  s.  20  neudr^-  wann 
einer  widerumb  stilt  Albertinus  zeitkürtzer  {i603)  146; 
ebenso  Paracelsus  1,  143B;  wer  gern  Icugt  der  stilt 
gern  Moscherosch  itisomn.  ciira  par.  (1643)  s.  81  neudr. 
{daneben  stehlen  52,  stehlet  76); 

Simplex  erzehlt,  wie  der  teuffei  dem  pfaffen 
seinen  speck  stilt  und  macht  ihm  viel  zu  schaffen 
GaiMMELSiiAUSEN  1,  35C  KcllcT  {8im.pl.- 1,  2,  31); 

eyner  spilt,  der  ander  stilt 
MORHOF  unterr.  v.  d.  tcutschen  epr.  (1682)  1,  854. 

so  auch  bei  Kramer  dict.  (1724)  2,  952»:  er  stilt  gern. 

bb)  die  Schreibung  mit  ie  beginnt  früh  {viel  früher 
als  stehlen,  stihlt;  und  hält  sich  bis  tn  die  klassische  zeit: 

glich  wie  gesuntheit  ist  vast  liep 
ufid  stielt  sich  ab  doch  wie  ein  diep 

Brant  narrenech.  6,  84; 

alszo  stiel  auch  dem  bapst  dein  ehlich  weyb  und  kindt 
Luther  an  d.  christl.  adel  s.  48  neudr;  sacnlegus.  ein 
gots  dieb,  der  ausz  der  kirchen  stielt,  der  gott  sein  ehr 
stielt  Alberus  dict.  (1540)  s»»  {neben  ich  steel,  du  stilest 
ebenda);  feruei-  Schoch   com.  v.  stud.  leb.  (1657)   Xö»; 

wer  stielt  uns  unser  gutV    er  läszt  es  uns  entwenden. 
GonsciiEi)  tdiaub.  4, 188  ((JcisroRP  Avreliu«  1,  i;; 

der  kleine  schalk  .  .  .  stielt  leis'  hinweg 
der  nymphe  scharfen  bogen 

Herder  25,  659  {handachr.  von  1771—8). 

ee)  stiblt  ä<  nicht  vor  dem  17.  jafirh.  nachzutceisen 
und  bleibt  bis  1800  tn  Übung: 

man  siebet  nimmer  dich  in  solcher  wollust  leben, 
die  oneer  leben  «chw&cht,  und  stihlt  die  wcrlbo  zeit 

Oiirz  1, 11 ; 

ich  stehle,  du  stihlst,  er  stihlt  Sciiottel698;  stihl,  dasz 
niemand  sieht  Adraiiam  a  St.  Clara  Judas  i,  4S«; 
ein  mancher  dieb  stihlt  ochsen,  und  kiUie,  aber  stihl 
bey  der  nacht,  dasz  niemand  sieht  itbenda ;  das  ist  dir 
ein  korriB  kcries,  ...  wo  als  {imvier)  einer  dem  andern 
die  knüpfe  von  den  hosen  stihlt  Sciiii.leh  2,  78  (raub. 
t,  »):  wer  gern  lügt,  ttihlt  gern  Scmkllhorn  »prichw. 
(t7«7)  111. 


dd)  die  heutige  doppelbezeichnung  der  vocaüänge 
stiehlt  ist  erst  in  der  ziceiten  hälfte  des  17.  jahrh.  zu 
belegen:  die  trockene  Wahrheit  .  .  .  stiehlt  .  .  sich 
nur  mit  noth  zuweilen  durch  die  fenster  in  fürstliche 
zimmer  Lohenstein  Armin.  2,  160»; 

was  nützt  poeterey?  sie  stiehlt  die  zeit  zu  sehr 

Log  AU  einnged.  1,  10,30. 

{von  den  uörterbüchern  hat  sie  zuerst  Steinbach  1734.) 
etwas  früher  iwi  imper.:  stiehl  viel,  gib  wenig,  so  kompst 
darum  Lehmann  ßorileg.  (1662)  2,571,112  {yieben  er 
stihlet,  s.  unten  c,  y);  stiehl  was  du  kanst  Ettner 
viediz.  maulaffe  (1719)  640.  so  gibt  auch  Schottel  691 : 
stiehl  furare  {das  er  von  still,  redde  quietum,  item  pla- 
cidus,  und  voji  stiel,  majiubrium,  unterscheidet)  neben 
er  stihlt,  s.  oben. 

y)  für  das  praet.  stal  —  stahl,  pari,  gestolen  —  ge- 
stohlen gilt  dasselbe  icie  für  stelen  —  stehlen,  vgl.  die 
belege  unter  a. 

b)  daneben  finden  sich  jedoch  nicht  ganz  selten,  im 
15.  und  bes.  im  16.  jahrh.,  vereinzelt  darüber  hinaus,  zu- 
meist, doch  nicht  ausschlieszlich,  in  oberdeutschen  quellen 
Schreibungen  mit  11  in  allen  formen,  die  auf  erhaltttng 
der  alten  kürze  hinzuweisen  scheinen. 

«)  inf.  stellen:  do  (1417)  kamen  Egiptenleut  («t^eu- 
ner)  .  .  .  und  betten  brief,  wer  in  nit  ir  almflsen  gab, 
dem  mochten  sy  stellen,  und  stallen  gar  vast  d.  städte- 
chron.  4,  119,  8/.  {Augsb.);  das  wir  nymmcr  mere  wollen 
.  .  .  stellen  Schii.tberger  reiseb.  14,  17  Langmantel; 
wann  du  mehr  wilt  ain  visch  stellen,  so  leg  ain  len- 
gern mantel  an,  oder  still  ain  kürzern  visch!  Zimm. 
chron.  1,  409, 15  Baruck.^;  weil  ihm  allgemach  das  stellen 
verginge  Anton  Ulr.  v.  Braunschweig  Octavia  (1677) 
8,  247  (*.  unten  II,  5,  /*); 

he  sij  reuber  ader  diep, 

ire  {er)  konde  gestellen  ader  gemorden 

.[l.y'ild.  pas»ion$tp.  866; 

mein  glück  mein  gutt  mein  leib  .  .  . 
das  soll  mir  stellen  kein  dieb 
Tu.  Hock  seh.  blumcnf.  (ICOI)  s.  16  neudr.  (8,6). 

imper.  pl.  stellts  koan  woatzn  nit  f«  e.  bair.  quelle  v. 
1701  {d.  prinz.  v.  Arkadien  2,  l),  s.  Bayerns  mundarlen 
1,  839,  40,  vgl.  S.  359. 

ß)  er  stillt:  {der papst)  rawbt  und  stillt  unrecht  gut 
Luther  10, 1,  68I,  12  Weim.  {kirchenpost.  1522);  stillt  ihm 
der  teufel  die  färben  Abraham  a  St.  Clara  Judas  1 
(1686),  8.  (er  stillet,  s.  c,  £,■  2.  *.  du  stellst,  s.  B.  Waldis 
ufiter  3,  c.)  imper.  still,  Zimm.  ehr.  l,  409,  15,  s.  oben  u. , 
s.  auch  689,  12. 

y)  praet.  ob  ainer  cltwo  in  der  ganzen  gegcud  veder- 
spil  abtrueg,  stall  oder  verderbet  steir.  taid.  67,29 
(16.  jahrh.) ;  iim  des  kam  der  fuchs  und  stall  die  geisz 
Qarg.  s.  403  neudr.  —  pl.  stallen  s.  d.  städte  ehr.  4. 
119,  9  unter  tc;  die  stallen  im  nachts  .  .  .  das  hailtumb 
Zimm.  chron.  2,  452,  2  Barock-, 

d)  part.:  der  hell  der  zunft  bey  400  fl.  gestollen  und 
abtragen  d.  städte  ehr.  4,  13,  31  {Augsb.,  zu  1513) ;  das 
sacrament  ward  .  .  .  ausz  dem  sacramentgeheus  ge- 
stollen 15,  211,  22  (Wiomann  ehr.  V.  liegensb.,  zu  1543); 
der  ain  sack  mit  flaisch,  brott  und  anderm  gestoUcn 
gehapt  Zimm.  chron.  i,  409,  22  Barack^;  mit  abgestoUener 
stimme   Garg.  s.  313  neudr.; 

du  hast  dem  pfarrcr  sein  rosz  gestollen 

pjarrcr  v.  Kalenb.  1889  (f6«i*o  20M); 

mier  Ist  mein  herr  verloren  (rar..-  verholen) 
und  aus  dum  grab  gcstollen 

ulld.  pafsiimsfj).  au*  Tirol  £24  Wackern. 

c)  auffällig  lange  {bis  ende  des  17.  jahrh..  in  veraen 
gelegentlich  bis  ende  des  18.  jahrh.)  hält  sieh  dtr  vocal 
der  nebcnailbe  in  der  2.  und  S  sing.  ind.  praes.  auch 
in  diesem  falle  finden  sich  alle  schreibtreisen,  die  unter 
a  und  b  für  die  einsilbige  form  aufgeführt  sind. 

a)  wer  ist  nu  discr  diop  der  da  stilet?  Taulkr  »er- 
monea  (,1508)  71*,  ein  heilig  gefesz  der  ku-rhen  wirt  .  .  . 
vorunhcyliget,  .  .  .  wan  man  es  stilet  und  rawbeth  Lu- 
THEi«  2,  87,  S6  Weim.,  infervertis  mihi  lucrum,  du  stilest 
mir  mein  gewinn  Alberus  dict.t*';  der  nulT  der  banck 


1741 


STEHLEN  :i,  i,  e-e) 


STEHLEN  a.  4,  e— n,  1,  a—h) 


1742 


schlaffet,  und  der  daranflf  slilet,  .  .  .  unnd  der  daraoff 
Stelen  laszt,  sind  gleich  schuldig  Garg.  s.  330  neudr.; 
Davo,  ein  teuffei  der  marcken  auszgräbet  und  felder 
stilet  MosGHEROSCH  Phüand.  i,  660;  wer  einmahl  stilet, 
der  bleibet  ein  dieb  Beinicke  fuchs  (1650)  99; 

man  ranbt  und  stilet  mit  der  hend 

H.  Sachs  l,  301«. 

,i)  das  er  gott  sein  eere  und  herligkeit  dieplich  stielet 
Karlstadt  bei  Luther  18,  188,  32  Weim.;  (er)  stielet,  /u- 
ratur  (zu  unterscheiden  van  stillet,  placat,  sedat)  Bellin 
hochd.  rechtschr.  (i667)  135;  sintemahl  du  .  .  .  andern  das 
ihrige  stielest  Simplic.  sehr,  i,  272,  2  Ktirz  (galgenm.  3) ; 
sie  {die  schminkung)  stielet  dem  altar  (l.  alter?)  die 
jähre,  wenn  sie  ein  fünfzig- jähriges  weib  als  eine 
Ewantzig-jährige  dirne  aufstellt  Lohenstein  Armin. 
•2,  92*;  und  80  noch: 

wenn  die  mandel  du  mir  etieleEt  .  .  . 

Herder  27,  83  {Terptichorc  1,  1795,  «.  170). 

Y)  dasz  ist  ein  verschlagener  dieb,  welcher  einem 
andern  dieb  sein  entfrembdes  und  gestohlenes  gut  wi- 
dejumb  stihlet  Lehmann  ßorileg.  (i662)  4,72,4;  m 
Wechsel  mit  der  kürzeren  form:  dann  ein  buhler,  stihlet 
er  nicht  mit  seinem  willen  die  ehr  einer  jungfrawen? 
ein  vorsprech  stihlet  er  nicht  eim  andern  sein  gut  ab? 
.  .  .  ein  gauckler,  stihlt  er  nicht  einem  anderen  sein 
gelt  ...  ab?  ...  die  liebe  stihlet  ja  mit  den  äugen  .  .  . 
MoscHEROSCH  gesichte  l,  32. 

6)  einen,  der  mit  gewalt  oder  list  eines  andern  man- 
nes  guth  stichlet  Olearius  pers.  l/aumg.  7,  li; 

es  stiehlet  geld  und  gut, 
das  endlich  doch  verfleucht,  den  meisten  ihren  muth 
Treuer  deutscher  Däd.  (1675)  1,  637; 

o  freund!  was  nüzt  ein  fleisz  der  uns  die  ruhe  stiehlet? 
Dusch  verm.  werke  (1754)  455. 

f)  unter  dessen  kömpt  einer,  unnd  stillet  jhm  die 
kleider  Frey  gartenges.  (i556)  24». 

d)  zuweilen  tcird  auch,  icie  bei  allen  starken  verben, 
den  endungslosen  formen  im  frühnhd.  ein  unberechtigtes 
-e  angehängt. 

«)  imp.  Stile  ganz  vereinzelt  im  mhd.:  hastu  derkant 
die  gebot:  .  .  .  nit  stile  erste  deutsche  bibel  l,  159,  28 
(Marc.  10,  19).  —  das  etwas  häujigere  stele,  stehle  ist 
anders  zu  beurteilen,  s.  3,  c. 

ß)  nicht  ganz  selten  im  sing.  prät.  stale,  stähle  wah- 
rend des  16. — 17.  jahrh.:  so  viel  das  ander  hertz  betrifft, 
das  .  .  .  wider  den  willen  desz,  so  e.  may.  solches  stale, 
e.  may.  verloren  Amadis  i,  32  Keller;  wwin  einer  un- 
weiszlich  stähle  Lehmann  4,  74,  39;  und  stähle  er  sich 
in  der  Antonia  palast  Anton  Ulrich  v.  Braunschw. 
Octavia  2,  924; 

Lsts  recht,  dasz  man  die  müntz  an  müntze  wieder  zahle, 
stiehlt  den  ein  rabe  recht,  der  wie  ein  rabe  stähle 

LoGAU  135  Eitner  (1,  6,  92); 


Harpax  stähle,  was  ihm  käme 


145  (1,  7,37). 


(er  stöhle,  a.  3,  d,  «.) 

e)  demnach  ergibt  die  conjugation  von  stehlen  im  nhd. 
folgendes  bild.  zunäclist  die  hauptformen  bei  einigen 
hauptautoren  und  Wörterbüchern.  Luther:  stelen  —  du 
stilest,  er  stilet,  pl.  stelen,  cojij.  stele,  imp.  stiel  — 
prät.  stal,  pl.  stolen  —  gestolen.  H.  Sachs:  stelen  — 
ich  stiel,  er  stilt  —  stal,  stalen  —  gestoln,  s.  Shumway 
*.  97.  —  Clajus  gramm.  105,  18 — 20  Weinling:  ich  stele, 
du  stilst,  er  stilt,  wir  stelen  —  ich  stal,  du  stolest  — 
ich  habe  gestolen.  Schoitel  598:  stehlen  —  ich  stehle, 
du  stihlst,  er  stihlt  —  ich  stahl,  du  stöhlest,  er  stahl, 
wir  stöhlen,  conj.  ich  stöhle  —  gestohlen.  Stieler  2164: 
stelen  —  ich  stele,  du  stilst,  er  stilt,  wir  stelen  —  ich 
stal  et  stol,  ich  stöle  —  gestolen.  Steinbach  2,718: 
stehlen  —  ich  stehle,  du  stiehlst,  er  stiehlt  —  ich  stahl, 
ich  stähle  —  gestohlen,  bei  der  folgenden  übersieht  der 
hauptformen  stelle  ich  die  normal/orm  des  16.  jaJirh.  und 
die  heutige  vorati. 

«)  inf  stelen,  stehlen,  daneben  im  16.  jahrh.  (pherd.) 
st&Ien,  s.  3,  a;  stellen,  *.  4,  b,  «.  danach  der  pl.  ind.  und 
der  conj.  präs. 


ß)  ich  ste(h)le;  daneben  im  16.  jahrh.  ich  steel,  *.  ♦, 
a,  «  und  oberd.  ich  stil(e),  s.  3,  b. 

Y)  S.  sing,  er  stil(e)t,  stiehlt,  im  einzelnen  s.  i,  a,  ß: 
er  stilt  aa,  stielt  bb,  stihlt  ce,  stiehlt  dd;  er  stillt  4,  *,  ß; 
ferner  4,  c:  er  stilet  n,  stielet  ß,  stihlet  ;',  stiehlet  d", 
stillet  £ ;  er  stelet  (?X  s.  3,  c.  (2.  sing,  du  stilest  4,  c,  «, 
stielest  ß,  sUehlest  d",  du  stellst  3,  c.) 

(f)  imp.  stiel  (Luther),  s.  ♦,  a,  ß,  bb,  stiehl,  daneben 
stele,  stehle,  s.  3,  c  (stile  4,  d,  «)• 

e)  prät.  sing,  (ich,  er)  stal,  stahl;  stol,  stohl,  *.  3,  d 
utid  «;  stall  4,  b,  y;  stale,  stähle  4,  d,  ß,  stöhle  3,  d,  a. 
(2.  sing,  du  stöhlest,  s.  3,  d.) 

0  plur.  stalen,  stahlen;  stallen,  *.  4,  ö,  y;  stolen,  *. 
3,  d  und  ß  (Luther);  früh-alem.  stulen(t),  s.  3,/,  «. 

»J  conj.  ich  stäle,  stähle,  *.  3,  e,  a;  stöle,  stöhle  ß; 
frühnhd.  stüle  (stule),  stiel,  s.  3, /,  ß. 

&)  pari.  peif.  gestolen,  gestohlen;  gestollen  *.  4,  b,  if. 

II.  bedeutung  und  gebrauch. 

l)  stehlen  bedeutet:  fremdes  eigenthum  auf  unrecht- 
mäszige  und  heimliche  iceise  nehmen. 

a)  glosseil  und  leankalische  erklärungen :  anclare  .  .  . 
stelen,  stein  ader  usz  scheppen  Diefenbach  gloss.  33"; 
clepere  hd.  stein,  stelen,  heimlich  stelen,  nd.  stellen  126«; 
expoliari  samein,  .  .  .  stelen  (^Nürnb.  1482)  218'=;  furari 
hd.  7id.  stelen,  hd.  stein,  dieberei  pflegen  {voc.  Straszb. 
1515)  252  =  ;  legere  .  .  .  hd.  stelen  (voc.  theut.  Xümb.  1482), 
stein  322=;  manticulari  (ahd.)  stilo,  stein,  bedriegen  . .  . 
entpfremden  reZ  entfuren  durch  dieberey  348*;  subtra- 
here  .  .  .  nemen  .  .  .  hd.  stelen  562^;  surripere  569*;  stip- 
ptitare  heymlich  stein  5'?8''.  —  stelen,  furari,  furtum 
facere,  subducere,  subtrahere,  convasare,  surripere  Dasy- 
PODiüS  433»;  furor,  suffuror,  furtum  facio,  lego,  sub- 
lego,  stippilo  p.  p.  e.  c.  involo,  subvolo,  suhduco,  sub- 
traho,  surripio,  depo  e.  c.  ich  steel,  entwende,  entfür, 
wusch  ausz  Alberus  dict.  (1540)  6^;  cUpo  .  .  .  germ. 
stalen,  rauben  Calepinus  viii  ling.  (1584)  234»;  com- 
pilo  .  .  .  germ.  stelen,  rauben  262»;  convaso  .  .  .  signi- 
ficat  furto  omnia  colligo,  .  .  .  germ.  zusammen  raspen, 
oder  lesen  mit  stalen  301»;  depeculor  .  .  .  germ.  stalen, 
rauben  363»;  ei-olo  .  .  .  germ.  rauben,  stalen,  mit  krum- 
men henden  ein  ding  angreyffen  455»,  vgl.  547'';  stelen, 
entwenden  desrobber.  destourner,  embler,  corfiner,  chifrer, 
gasconner.  etc.  HuLSius  (1616)  369»;  plumer  la  pouUe, 
courir  -la  i)oulle,  stehlen  und  rauben,  .  .  .  gallinis  plu- 
mas  detrahere,  gallinas  et  alia  praedari  Duez  nomencl. 
(1652)  233;  m<inticulari,  beutel  abschneiden,  stehlen  Cor- 
viNUS  fons  lat.  386 ••;  surripere,  heimlich  entziehen, 
stehlen  531'';  contreciare,  item  est,  mit  sich  trecken,  oder 
ziehen,  mit  heissen  gehen,  stehlen  688»;  stelen, /Mrart, 
rnpere,  eripere,  auferre,  harpagare,  furtum  facere,  ewpi- 
lare  Stieler  2164;  stehlen,  jemanden  heimlich  etwas 
enticenden'  Braun  orthogr.-grumm.  wb.  (1793)  245''. 

b)  als  milderer  ausdruck  für  stehlen  dient  jetzt  bes. 
entwenden,  s.  das.  3,  th.  3,  653  und  oben  Quistorp  unter 
I,  4,  a,  ß,  bb.  ferner:  der  mann  hats  gestohlen,  hat  einen 
Juden  erschlagen,  und  es  ihm  abgenommen  mährleiti- 
buch  (1799)  132;  da  sah  er  .  .  .  eine  alte  häszliche  frau, 
die  .  .  .  zwei  schleier  heimlich  bei  seile  that;  dafür 
nachher:  das  ich  bei  der  wasche  zwei  schleier  stehlen 
sah  Grium  märchen  s.  141  (nr.  33).  in  familiärer  und 
niederer  rede  sehr  verbreitet  mausen,  s.  das.  5,  th.  6,  1827/". 
vgl.  J.  Grimm  kl.  sehr.  2,  435,  das  in  einzelnen  mund- 
arten  stehlen  geradezu  verdrängt,  s.  Jecht  107»  (Mans- 
feld),  Dellit  140  (KleinscJtmalkalden).  so  als  leichterer 
fall  unterschieden:  'ne  grosze  familie  hat  die  frau,  aber 
stehlen  .  .  .  ne.  a  bissei  mausen,  jal  G.  Hauptmann 
d.  biberpelz  76.  sehr  gewöhnlich  auch  stibitzen,  s.  das. 
femer  ausführen,  ausspannen,  grapschen,  gripscn  (ünger- 
KiiULL  steir.  306'',  vgl  unter  krips  2,  b,  a,  th.  5,  2329), 
klauen  (2,  th.  5, 1033),  klemmen  (i,  b,  th.  5,  1139,  vgl.  Maür- 
MANN  Mühlheim  an  d.  Ruhr  %  40),  mottkern  (üanneil 
140»,  neben  mQs'n,  müskern  142»),  stenzen,  strenzen, 
striezen  (s.  das.).  für  Leipzig  bemerkt  Aluhecht  216": 
'stehlen  ist  an  sich,  als  zu  vornehm,  wenig  gebräuchlicJi; 
dafür  mehr  denn  ein  dutzend  andere  Wörter,  die  unter 
kazen  zusammengestellt  sind',  vgl.  145»  (hier,  auszet  den 
angeführten :  kapern,  krallen,  mitgehen  heiszen,  ripsen. 


1743 


STEHLEN  (II,  1,  b-d) 


STEHLEN  (11.  1.  d—e—2) 


1744 


scbieszen,  strafen;  weitere  verzeichnet  Müller- Frau- 
REUTH  2,558").  littetaturbelege  für  solche  euphemismen : 
ich  nenne  es  so  ererbet,  andere  leut  nennen  es  aber 
gestolen  adiausp.  d.  engl,  komöd.  233,  *  Creizennch  {tra- 
gikotn.  4,  s);  was  sie  {die  diebe)  erbeuteten  (denn  man 
nennets  jetzt  nicht  mehr  gestolen)  B.  Hertzoü  d.  schilt- 
vache  D  s;  müller:  ich  glaub'  gar,  bua,  du  hast  auch 
mit  gestohlen!  Hans  Wurst:  warum  nit  gar,  gestohlen? 
ich  hab's  nur  z'sammklaubtl  piippenkom.  5,  70  Engel, 
soicie  unter  d.  im  rotxcelschen  dafür  ganfen  {aus  hebr. 
335),  *.  ih.i.l,  1219;  so  schon  in  dem  hd.  liber  vaga- 
forum  (i5lo):  genffen  stellen,  s.  Kluge  rotwelscli  i,  53,  69, 
vgl.  Luther  26,  662  Weim.  beliebte  Umschreibungen 
sind  krumme  oder  lange  finger  machen,  *.  finger  3,  th.  8, 
1652.    älter: 

du  findest  vil  in  Diebolts  thon, 

das  beiszt  man  an  etlichen  enden  gestolen 

faHii.  sp.  8tiG,  35. 

tceniger  deßnitionen  des  Kortbegriffes  als  erweiteriide  aus- 
deutungen  des  sinnes  sind  die  erklärungen  des  siebenten 
gebotes  in  den  kaiechi»men,  z.  b.:  wie  stilt  man  denn? 
antwort.  wenn  man  wuchert,  falsche  masz  gibt,  falsche 
gewicht  braucht,  bösz  vor  guttes  gibt,  vordinlthen 
lohn  vorhelt,  -odder  vorleucket.  die  do  geytzig  seyn, 
das  sein  diebe  für  got.  und  thut  nichts  anders  als  st«le 
ers  seynem  bruder  ausz  dem  beute!  älteste  katechismen 
8.  26/.   neudr.  {von  1527). 

c)  stehlen  ist  die  thütigkeit  des  diebes,  vgl.  dieb,  th.  2, 
1085^.;  der  dieb  hat  gestohlen,  für  furtum  fecit  Stein- 
dach 2,  718; 

der  diep  getSrste  niht  stein, 
künder  nit  luuken  unde  beln 

Vridano  40,  25; 


als  ein  diep 
der  verholne  stelen  vert 


Heidin  iv,  1175; 


he  rovet,  he  stelet  alze  eyn  deff 

Reinke  de  ro»  101; 

wen  du  siehst  stelen  einen  dieb, 

so  lauffst  mit  jm  H.  Sachs  18,  210,  6; 

stilets  jm  aber  ein  dieb  2  Mose  22,  12;  ain  nachtdieb 
gieng  ains  mals  in  ain  hus  ze  stelen  Steinhöwel  Äsop 
8.  113  Österley;  man  lert  otTt  einen  stelen,  unnd  macht 
underweilen  dieb  S.  Franck  S2)richu:  2,  xg**;  die  poeten 
halten  den  Mercurium  für  einen  dieb.  und  der  dieben 
gott,  dann  sie  ihn  angebetet,  wann  sie  haben  stehlen 
wollen  Lehmann  *,  75,  4i;  da  diese  diebe  keine  bände 
ausmachen,  sondern  ein  jeder  für  sich  stiehlt  Ar- 
CHENHOLZ  England  u.  Hai.  i,  121;  der  staat  bezahlt 
die  amtleut,  dasz  sie  einen  dieb  richten,  wann  er  ge- 
stohlen hat;  da  musz  ihnen  daran  gelegen  sein,  dasz 
die  dieb  recht  stählen,  wenn  ich  die  sach  zu  machen 
hätt,  da  kragen  sie  nix,  wenn  ein  dieb  stiehlt,  allein 
aber  für  jeden  dieb.  der  nicht  stiehlt,  einen  louisdor 
Ludwig  2,  70;  bin  i  a  diebin?  hab'  i  g'stohl'n?  Eb- 
ner-Eschenbach  4,  844;  wie  können  Sic  eine  feder  auf 
den  hut  stecken,  die  Sie  gestohlen  haben,  wie  eine  ge- 
meine ladendiebin?  G.  Keller  4,  59.  so  in  einigen  be- 
kannten bibelslellen :  es  ist  einem  diebe  nicht  so  grosso 
schmach,  ob  er  stilet,  .  .  .  weil  jn  hungert  spr.  Sal.  6, 
30;  jr  soll  euch  nicht  schelze  samlcn  auff  erden,  .  .  . 
da  die  diebe  nach  graben  und  stelen  Mattlt.  6,  10:  ein 
dieb  kompt  nicht,  denn  das  er  stele,  wflrgc,  und  umb- 
bringe  Joh,  10, 10,  so  schon  ahd.,  a.  Tat.  133,  lo,  vgl.  Hart- 
MUTH  V  Cho.vbeug  *.  81  Kück.  s.  uuch  fastn.  sp.  866,  84 
unier  b.  dazu  noch:  er  {d.  teuffei)  ist  ein  dieb,  der  stei- 
gen kan,  aber  nicht  stehlen  Aüramam  a  S.  Clara  etweu 
für  alle  2.  i»5;  vgl.  auch:  stal  im  daz  duplichc  Frei- 
berger  »tadtr.  xtx  §  10.     sprichtc: 

■ebt,  diep  elal  diebe 

WalTIIKH  V.  U.  VOOBLWBIDB  106,  85. 

für  dieb  auch  Spitzbube,  allgemeiner  schelm:  was  die 
«chclme  nicht  stehlen,  das  verderben  die  narren  Urostf.- 
HOLfillOff   2,  8V7. 

d)  ttlehlen  achlieatt  den  begriff  de»  heimlichen  als 
vetenUichet  merkmol  ein;  vgl.;  die  sich  mit  einander 
beliehen   and   ir  den   sohorben   heimlich  namen  und 


stalen  Montan us  U.ißBolte  {tcegk.  c.  S7) ;  ausdrüeklirh 
hinzugefügt:  stelen  heymlich,  su-blegere  Dasypodius 
433*;  heimlich  stelen,  »tiffurari  Stieler  2164;  heimlich 
hausrath  stehlen,  clanculum  suppellectilem  compilare 
Steinbach  2,  718; 


ich  trfiwe  oucb  uns  die  barken 


wol  verholne  stein 

Ortna  291,1. 


durch  das  nichtuissen  des  bcsiizers  unterscheidet  sich  steh- 
len von  rauben:  einem  andern  das  seinige  heimlich,  das 
ist,  wieder  sein  wissen  und  willen  wegnehmen,  heisset 
stehlen :  einem  hingegen  das  seinige  öfTentlich,  das  ist, 
mit  seinem  wissen,  aber  wieder  seinen  willen,  nehmen, 
heisset  rauben  Wolfe  von  der  menschen  thun  u.  lassen 
608;  vgl.:  {sie)  roubeten  im  daz  abe  mit  gewalt  oder 
stalen  im  daz  abe  dupliche  Freiherger  atadtr.  xxi  §  l; 

sy  nemen  nichtz  verholen, 
wann  rauben  ist  nit  gestolen 

Cl.  HÄT/LERIN  II,  74,  «8 
{'von  der  echarpffen  rentier  orden'). 

doch  werden  beide  tcörter  seJtr  gern  verbunden  ohne  ge- 
nauere Unterscheidung  {vgl.  Calepinus  und  DuEZ  un- 
ter a);  denn  die  strassenräubcr,  diebe,  beutelschneider 
und  räuber,  rauben  und  stehlen;  die  Seeräuber  beuten 
CoMENius  janua  485; 

dag  solich  stein  und  roubcn 
geschijche  mit  sfnem  willen 

Ottokar  rcimchr.  85041; 

wann  ains  {ein  ronz)  raubt,  stal  ich 

Oswald  v.  Wolkenstein  64, 11  ."^chatz; 

es  sey  im  gerafibt  oder  gstoln 

H.  Sachs  scincänke  1, 187, 116; 

der  .  .  .  iunker  reit  mit  Ulenspiegel  .  .  .  und  halff  rou- 
ben,  stelen,  und  nemen  Eulensp.  10;  {Hippokrates)  liesz 
seyu  volck  von  erst  dieplich  aulT  sie  reysen,  und  heym- 
lich rauben  und  stelen  Carbach  Liv.  132»;  ain  kirchen- 
dieb,  so  in  ain  kirchen  einbrechen,  wann  er  stilt  und 
raubt  Job.  Nas  antipap.  eins  u.  hurid.  1,  207*;  wo  das 
goldne  Zeitalter  floriret,  ...  wo  niemand  geraubt  noch 
gestohlen  maler  Müller  i,282;  ähnlich: 

itzt  haben  wir  wieder  gewonnen, 

was  euere  räubershand 

mit  stehlen  und  plündern  genommen 

Ditfurth  hiütor.  volksl.  de»  pr.  heere«  2 
{schlackt  bei  F'ehrbelUn  1G75). 

vgl.  uucli:  WO  die  leute  mehr  aus  muthwillen  zugreifen 
als  aus  der  absieht  zu  stehlen,  oder  kürtzer,  mehr  neu- 
gierige als  räoberisehe  finger  haben  Lichtenberg  bri^e 

1,  00. 

e)  sonst  mit  synonymen  und  Umschreibungen  zusam- 
mengestellt {vgl.  a):  stehlen  und  nehmen:  wann  die  tu- 
genden  mögen  nit  genuinen,  nit  gestolen  .  .  .  werden 
Albpecht  V.  Eybe  eheb.  35,  29  Herrmann;  wenn  er  dir 
schon  .  .  .  das  deine  stilt  und  nimmct  Pape  bettel  u. 
garteteufel  E  7»;  hcww  ick  iiwerall  meindag'  stahlen  un 
namen?  Reuter  2,377,26  Seelmann  {vgl.  t.  31;  ström- 
tid  2,  25).  ferner  die  leute  stelen  auch,  und  enthalten 
sich  nicht  von  frembdem  gut  Barth  tceiberspiegel  (1565) 
0  4";  {sie)  stehlen  und  vertragen  mächtig  gerne  das 
geld  Aitinger  jagd-  u.  tceidbüchl.  (1681)  104:  fingen  sie 
an  zu  stehlen  und  alles  auf  die  scite  zu  bringen,  was 
ihnen  in  die  bände  fiel  Förster  sämtl.  sehr,  l,  185,  s. 
auch  6,  390;  hatten  sie  nicht  ein  schönes  recht  für  sich, 
erkauft,  oder  gestohlen,  oder  erschlichen,  gleich  viel 
.  .  .V  Alexis  Roland  r.  Berlin  i,  1S2;  das  lumpenge- 
sindel  will  doch  nur  stehlen  und  seilabtrciben?  Pocci 
lust.  komiidienbüchl.  79.  vgl.  auch:  es  ist  schimpflich, 
eine  börso  zu  leeren  —  es  ist  frech,  eine  million  zu 
veruntreuen,  aber  es  ist  namenlos  gros  eine  kröne  zu 
stehlen  Schiller  8,84  {Fieako  3,8);  parodiert  bei  Gleich 
Fieako  l,  la  {Raimunds  Vorgänger  a.  38«  I<\irat). 

8)  germ.  "siclan  scheint  zuuäcfutt  auf  abaolulen  gebrauch 
heachränkt,  während  in  transitiver  JUgung  die  coinjH,.-.if,i 
(•bi-  und  uestgerm.  •fursteinn)  .vfe/tcn,  vgL  Dblhhück 
svnkretiamua  a.  9« f.  {dabei  ist  abgmihtn  von  dem  re 
flexivma  gebrauche,  der  ebenfalla  gamain§9rm.  int,  a.  mh- 
(«n  7.)  »0  üt  got.  sUlan  nur  abaolut  belegt  (Matth.  6,  so; 


1745 


STEHLEN  (II,  2,  a-e) 


STEHLEN  (H,  2,  c-h) 


1746 


Joh.  10,  10,  vgl.  1,  b).  auch  im  altdeutschen  acheint  die- 
selbe  beschränkung  zu  gelten,  so  ist  in  der  Tatianübers. 
stelan  nur  einmal  absolut  gebraucht  (133,  lO),  nebeti  tran- 
sitivem furstelan;  ebenso  bei  Otfrid  (iv,  27,  ♦,  neben  fir- 
stelan),  während  im  Heliand  nur  farstelan  vorkommt, 
besonders  deutlich  in  der  beiehtformel:  ik  stal,  ik  far- 
stolan  fehoda  sächs.  beichte  (Wadstein  17,  6),  ebenso 
Lorscher  beichte  16,  brückst.  9.  in  den  andern  germ. 
sprachen  ist  allerdings  früh  transitive  fügung  üblich  ge- 
%corden,  und  zicar  icird  altn.  stela  mit  ace.  der  person 
und  dativ  (altschtced.  gen.)  der  suche  verbunden,  berauben 
(nü  er  madr  stolinn  fe  sinu),  s.  Cleasby-Vigfcsson 
591 '>,  wie  ags.  bestelan,  daher  von  Delbrück  wohl  mit 
recht  auf  *bistelan  zurückgeführt;  vgl.  bestehlen,  th.  1, 
1672,  tco  diese  rection  üblich  geblieben  ist.  dagegen  ags. 
stelan,  neben  dem  übericiegenden  absoluten  gebrauche,  mit 
dat.  der  person  und  acc.  der  sache,  s.  Bosworth  Toller 
915'',  wie  ahd.  as.  furstelan.  auch  im  deutschen  ist  diese 
rection  herrschend,  indem  das  einfache  verb  an  die  stelle 
des  eompositums  getreten  und  dies  immer  mehr  verdrängt 
hat.  (vgl.  die  genesis  stellen  unter  3,  c.  verstehlen  gegen 
1600  in  transitivetn  gebrauche  erloschen,  s.  th.  12,  l,  1701/.) 
doch  ist  die  absolute  gebrauchsiceise  immer  sehr  häufig 
geblieben. 

a)  wo  ich  zu  arm  würde,  mScht  ich  stelen  Sprüche 
Sal.  30,  9;  herr,  was  wolt  jhr  mit  diesen  schlüsseln 
thun,  wolt  jhr  stelen?  buch  d.  liebe  103*;  so  lange  er 
befahl,  diente  —  und  stahl  man  Herder  23,  +51 ;  Prä- 
sident, alles  ist  gewonnen,  sobald  wir  ihm  das  mäd- 
chen  verdächtig  machen,  hofmarschall.  dasz  sie  stehle, 
meynen  Sie?  Schiller  3,  «i  {kab.  u.  l.  3,2);  liebe 
Lehne,  du  hast  doch  nicht  gestohlen?  Arnim  i,  241; 
mecklenburg.  Volksglaube:  wen  dat  in  de  twölften  glückt, 
tau  stehlen,  denn  glückt't  dat  ganze  jor  hendörch 
Bartsch  sagen  2,  249,  286. 

b)  das  siebente  gebot  lautet:  du  solt  nicht  stelen  2  Mos. 
20,  15,  s.  ferner  5  Mos.  5,  19;  Matth.  19,  18;  Marc.  10,  19; 
Luc.  18,  20;  Rom.  13,  9.  das  siebende  geboth.  du  salt 
nicht  stelen.  fremde  guther  zw  sich  tzihen  ist  ein 
frucht  des  geytzes  und  begirde  .  .  .  Luther  i,  251,  u 
{erkl.  der  zehn  geböte  1518),  s.  auch  G,  270,  26  und  Ber- 
thold V.  CUIEMSEE  s.  363; 

du  solt  nicht  stelen!  so  spricht  got 

H.  Sachs  1, 72, 15  KeUer,- 

dann  du  weist,  das  gott  selber  spricht, 
du  solt  deim  nechsten  stelen  nicht 
B.  Krüger  Ciawerts  werckl.  hUi.  a.  31  neudr. 

dazu  femer:  du  predigest,  man  solle  nicht  stelen,  und 
du  stilest  Eöm.  2,21;  wer  gestolen  hat,  der  stele  nicht 
mehr  Ej/h.  i,  28. 

c)  mit  mcdiilen  bestimmungen :  die  Lacedämonier  ha- 
ben den  diebstahl  für  eine  sonderliche  tugend  gehalten: 
darumb  ihre  kinder  einen  sonderlichen  lehrmeister  ge- 
habt, der  sie  listiglichen  stehlen  gelehret:  und  wann 
einer  unweiszlich  stähle,  ward  er  darum  geschlagen, 
nicht  von  wegen  desz  diebstahls,  dasz  er  imrecht  ge- 
than,  sondern  dasz  ers  nicht  recht,  auch  zu  rechter 
zeit,  und  gelegenem  ort  gestohlen  Lehmann  4,  74/.,  38; 
in  Sparta  besangen  sie  den  dieb,  je  kunstfertiger  er 
zu  stehlen  verstand  Bonaventura  nachticachen  61,  27 
Michel;  vgl.  Lmmermann  l,  76  Hempel  {Münchh.  l,  6); 
bist  du  der  junge,  der  so  gut  stehlen  kann?  Ilse  Fra- 
PAN  bescheidene  liebesgesch.  77.  in  freierem  sinne  (vgl. 
unten  4):  nein!  der  kerl  ist  ein  spitzbube.  ...  er 
stiehlt,  aber  .  .  .  mit  juristischer  Schlauheit  Lichten- 
berg erklärung  der  Hog.  k.  3,  29;  diese  verschafften  dem 
dienstfertigen  manne  .  .  .  eine  lieferung  für  die  armee 
des  griechischen  kaysers.  er  stahl  aber  dabey  auf  eine 
80  grobe  art,  dass  er  bald  flüchtig  werden  musste 
Klinger  3,  85  (Fausts  leben  2,  5).  —  sah  er  nur  einen 
ausweg  vor  sich  —  ...  den  auswcg  honett  zu  stehlen 
...  er  wurde  Wilddieb  Schiller  *,  63  (gilt  nicht  für 
unehrenhaß,  weil  kein  einzelner  dadurdi  geschädigt  tcird). 
—  die  Hackfeldin  hat  blos  ihre  Schwestern  gemiethet, 
um  nicht  verrat hen  zu  werden  und  in  Sicherheit  zu 
stehlen  Lichtenbero  bri^e  2,  4; 

-X.  2. 


im  dunkeln  stahl 
CS  sieb  80  leicht 

Pfeffel  poei.  vers.  9,  29. 

d)  mit  Ortsangabe:  überdem,  wer  mochte  stehlen  in 
einem  leeren  hause!  Alexis  Roland  v.  Berlin  i,  428 
(16.  kap.).  geicöhnlicher  mit  aus,  von :  (malefizhandel  ist ;) 
XVII.,  wer  geweicht  kirchen  pricht,  darausz  stilt  Kne- 
bel chron.  v.  Kaisheim  s.  477  Hüttner;  dasz  er  es  wage 
in  ihren  garten  zu  kommen  und  darausz  zu  stehlen 
Grimm  märchen  (1812)  l,  39  (Rapunzel),  femer:  von  dem 
statt  schätz  stelen  pecuZari,  rfepecu^H  Dasypodius  433*; 
ausz  dem  gemeinen  seckel  stälen  avertere  pecuniam 
publicum  Maaler  383*';  ausz  der  täschen  stälen  .  .  . 
mantieulari  383'. 

e)  so  auch  von  einem  oder  geicöhnlicher  einem,  sehr 
selten  ohne  object:  er  hat  nit  die  ee  gebrochen,  niemandt 
gestolen  (var.:  dz  seync  gest.)  Luther  10,  3,  178,5 
Weim.;  das  er  da  her  kommen  w61te  uns  zusteelen 
Fortunatus  s.  60  neudr.  (vorher:  der  uns  vor  das  unser 
gestolen  hat  *.  58); 

du  solt  eym  andern  stelen  nicht 

Luther  gcMl.  lieder  s.  38  Klippgen  (12,  5}. 

ungewöhnlich  reflexiv:  wer  ym  selbir  stylt  und  tzyget 
(zyet,  zeiht)  des  eynen  andirn  Kulm,  recht  5,  35; 

im  selber  stelen,  übel  schweren,  .  .  . 

die  schehnen  solt  man  billich  schwemmen! 

Murner  narrenl>e*chw.  16,  71. 

freier  bezogen:  darfft  dw  gotte  sihelen,  so  darff  er  dich 
off  das  hellische  radt  holen  Luther  34,  i,  335,  21  Weim. 

—  für  einen: 

wo  find'  ich  eine,  wie  ich  eine  hatte, 

die  für  mich  stahl,  bis  sie  in 's  zuchthaus  mnszte! 

•  Hebbel  2,  92  (irauersp.  in  Sic.  3). 

—  ungetcöhnlich  anfeinen,  auf  seinen  namen:  man  nante 
ihn  wegen  seiner  grünen  kleidung  den  Jäger,  derhalben 
ich  auch  eins  machen  liesz,  und  stal  auff  ihn  in  sei- 
nen und  unsern  eignen  quartiren  .  .  .  ich  aber  mausete 
noch  immerfort  in  seinem  namen  Simpl.  s.  353  neudr. 
(*,  2l). 

/)  mit  ziceckangaben .-  auf  diese  art  könnte  jeder  lie- 
derliche bursche  zur  befriedigung  seiner  ausschweifungen 
stehlen  Iffland  theatr.  werke  l,  196  (verbrechen  aus  ehrs. 
3,  ii);  dasz  man  eher  behufs  der  pflege  eines  fremden 
stehlen,  als  ihn  abweisen  dürfe  Raumer  gesch.  d.  Hoheu- 
staufen  1,  366. 

</)  besondere  subjecle.  am  ehesten  stehlen  arme  (vgl. 
spr.  Sal.  so,  9  unter  a):  der  armo  chit.  uuanda  ih 
nicht  nehäbeta  be  diu  stal  ih  Notker  2,  2SS,  15  Piper 
(ps.  72,  9\  —  von  dienstboten:  ein  weih  oder  knecht 
die  gern  jrem  mann  und  herrn  stelen  S.  Fr.\nck 
sprichw.  2,  19»;  was  stahlen  doch  alle  diese  domestiken 
BiSMARCK  'briefe  an  s.  braut  s.  48.  —  früher  besonders 
den  Soldaten  nachgesagt :  Fuchsmundi  (zu  s.  braut),  und 
ich  (liebe  dich)  so  sehr,  als  ein  hungeriger  soldat  das 
stehlen  Stranitzky  oUapatrida  s.  235,  2  neudr.;  nach 
einiger  anderer  soldaten-art,  auf  merode,  oder  besser  zu 
,  sagen,  stehlen  zu  gehen,  war  seiner  noblen  ambition  zu- 
wider cavalier  im  irrg.  s.  463  neudr.;  ferner  Stephanie 
d.  j.  Itistsp.  (1771)  51  (rf.  icerber  3,  5).  —  auch  als  eigen- 
thümlichkeit  gexcisser  Völker:  die  züginer  (sigeuner),  ein 
.  .  .  volck,  das  sonderlich  gern  stilt  See.  ^k;NSTER  cos- 
mogr.  300;  er  müszte,  sagte  er  (Carl  T'),  die  Deutschen 
trinken  lassen,  und  die  Spanier  stehlen  K.\st.ner  verm. 
sehr.  2,  130.  sprichtc:  ärger  stehlen  als  ein  Böhme 
Wander  4,  802,  120:  meinem  knecht,  (welcher  ärger 
stelen  kontc  als  ein  Böhme)  Simplic.  s.  392  ndr.  (5,  6). 

7j)  auch  von  iJiieren:  wie  der  himniel  den  wolff  zu 
stelen  reitzt  und  zu  rauben,  also  auch  den  menschen, 
der  der  wolff  ist  Pailacelsus  opera  2,  328  a.  —  spricJi- 
nörtlidi,  bes.  von  vögeln  genommen:  sie  enim  de  Iu>mine 
furace  dicunt,  er  stielet  wie  ein  rabe  B.  Fauer  thes. 
erudit.  schal.  (1587)  517»;  er  stiehlt  wie  ein  rabe,  est  mit- 
vinis  ungulis  Steinbach  2,  718;  ich  weisz  doch  etliche, 
die  mitt  aller  ihrer  gottesfufcht  stehlen,  wie  die  raben 
Elisab.  Charlotte  3,  656  (i8.  oet.  17I5);  s.  auch  Logau 
I,  6,  92  unter  I,  4,  d,  ß,   vgl.  Eiselein  517;    Wander  4» 

110 


1747 


STEHLEN  (II,  2,  h-l) 


STEHLEN  CII,  2.  l~m) 


1748 


803,  ISO  {mit  erkl.)  und  rabe  S,  th.  8,  6.  häufig  i^  mund- 
arten:  tirol.  Schöpf  705;  bes.  nd.  Danneil  SOS*",     ten 

DOORNKAAT-KOOLM.   8,  308''.     WOESTE   263''.     LeIHENER 

116''.  Frommann  5,  163,  154  {inärk.).  er  stilt  wie  eine 
atxel  (elster),  egli  rubba  al  pari  .  .  .  d'una  pica  Kram  er 
dict.  1,  87";  er  bliehlt  wie  eine  dole  Kirchhofer  schwei- 
zer, sprxchxo.  (182+)  278;  nd.  he  stillt  as  een  rook  {rabe)  nd. 
korrespondenzbl.  17,  s*".  i^  {atts  Richey  216.  Schütze 
3,  805)  ».  femer  3,  e. 
i)  häufig  im  in  f.: 

ich  glaub,  wir  m&ssn  erst  lernen  stelcn 

H.  Sachs  Jastn.  sp.  27, 11  (yed.  6, 339»); 

Stelen  gan,  s.  Gerhard  v,  Minden  20,  l  unter  l,  b;  furo- 
euer  .  .  .  mitt  lust  zu  st&len  Calepinus  vm  ling.  (1584) 
5*7»;  es  würde  eine  neue  art  von  gefährlichen  Spitz- 
buben geben,  wenn  man  einmal  anfangen  wolte  die 
rechte  zu  studiren  um  zu  stehlen  Lichtenberg  apho- 
rismen  3,  *.  157,  16.  —  »tibstanüviert :  stelen  ist  verpoten 
Berthold  v.  Chiemsee  im  reg.;  in  meiner  {des  todes) 
theologia  ist  das  stehlen  erlaubt  Abraham  a  S.  Clara 
mercks  Wien  s.  89;  das  stehlen  musz  seyne  schooszsünde 
seyn  Gkrstenberg  rezensionen  63,  88  Fischer; 

er 
hat  seine  Schwester,  welche  ihm 
sein  vieles  stehlen  vorwarf,  eigenhändig 
erwürsrt  Grabbe  1,  173  Grisebach 

{herz.  Theod.  v.  Qothl.  4,  2). 

im  gen.:  furtificus  .  .  .  das  da  stälens  gewohnt  ist  Cale- 
pinus VIII.  ling.  (1684)  647»'; 

ein  nachbaur  scliem  des  stelens  sich 

H.  Sachs  6, 158 <>. 

mit  Präpositionen:  sie  enthalden  sich  nicht  weytter  vom 
stelen  den  umb  forcht  des  galgens  Luthär  34,  i,  138, 18 
Weim.;  auf  beute,  auf  das  stehlen  ausgehen  Adeluno 
um^t.  lehrgeh.  2,  163;  würdest  du  dich  offenbaren,  so 
würde  man  glauben,  du  seyest  desz  ertödten  gesell  im 
stehlen  .  .  .  gewesen  Grimmelshausen  8,426,15  Keller 
vögeln,  i,  12).  besonders  sich  mit  stehlen  ernähren,  vom 
stehlen  leben  u.  ähnl.:  mit  stelen  sich  begohn,  vecticu- 
lariam  vitam  agere  Dasypodius  433»;  die  bauern  müssen 
vom  stehlen  leben,  wenn  sie  nicht  verhungert  . .  .  um- 
fallen sollen  Federer  Sisto  e  Sesto  56;  ebenso  MÖLLNER 
schuld  3,  3  V.  n39. 

A)  nicht  häufig  im  part.:  da  es  schon  dazumal  steh- 
lende bücherfreunde  gab  G.  Keller  6,  187;  wie  all- 
raunen zu  bekommen,  und  wie  diese  dienstbar  geld  und 
was  ein  weltliches  herz  sonst  begehre  mit  stehlender 
untrüglicher  listigkeit  zuführten  Arnim  l,  23. 

V)  stehlen  mit  andern  thätigkeitsteörtem  zusammen- 
gestellt, mit  Verben  von  ähnlicher  hedeutung :  jr  solt  nicht 
stelen,  noch  liegen,  noch  fclschlich  handeln  einer  mit 
dem  andern  3  Mos.  19,  li;  daruinb  jederman  so  tollgirig 
zabelt  und  grabelt,  .  .  .  kriegt  und  betrögt,  wfilt  und 
stilt  Oarg.  s.  20  neudr.;  ich  hatte  .  .  .  noch  bey  2500 
reichsthaler  baar  gelt  so  ich  beydes  mit  schachern  und 
stelen  zusammen  gebracht  Grimmelshausen  4,  660,  9 
Keller  {vögeln.  2,  21);  wo  man  .  .  .  nicht  mehr  zu  ar- 
beiten lust  hat,  hingegen  an  gelde  mangel  leidet;  so 
leget  man  sich  auf  stehlen  und  betrügen  Wolff  von 
d.  menschen  ihun  u.  lassen  s.  M»\  des  stehlens  und 
des  untcrschleifs  {xcar)  kein  ende  Götue  20,  68  {Wilh. 
Meister  7,  6) ; 

das  mancher  stälen  ouch  vers&cht, 
liegen,  triegen,  Echelmencrwärb 

II.  }{.  Manukl  VKintp.  8179. 

vgl.  dazu  aucJi: 

borgen  ist 
viel  beuer  nicht  als  betteln:  sowie  leihen, 
auf  Wucher  leihen,  nicht  viel  besser  ist, 
aJs  stehlen  Leh.sino  8,  858  (Nathan  8,  9); 

haben  und  nichts  geben,  ist  in  manchen  fällen  schlech- 
ter als  stehlen  RhnkhEhchenbach  i,  9.  —  mit  andern 
verbrechen:  der  dicp  kann  nit:  newer  das  er  stel  und 
erschlage  und  vorlür  erste  deutsche  bibel  l,  878,  lO  {.Toh. 
10,  10,  vgl.  unter  1,  b);  gottcslettem ,  liegen,  morden, 
steten,  und  ehebrechen,  hat  aber  band  genomen  Hosea 


4,  8;  wer  aus  gewinnsucht  raubt,  stiehlt,  mordet,  fälscht, 
.  .  .  der  ist  als  held  eines  ernsten  dramas  völlig  un- 
brauchbar Freytag  techn.  des  dramas  69; 

mort,  not  zogen  oder  stelen 
mag  sich  nicht  vor  im  verhelen 

Heinr.  V.  Neustadt  Apollon.  4687  Singer; 

und  hont  gestolen  und  gebrandt, 
geroupt,  cemordet  mit  der  hant  .  .  . 

MuRNEB  baden/.  11,  29  («.  12"  Martin); 

stehlen,  morden,  huren,  balgen 
heiszt  bey  uns  nur  die  zeit  zerstreun 

Schiller  2, 153  {räuber  4,  5). 

neben  andern  ertcerbateeisen:  es  gibt  nur  vier  arten,  sein 
geld  auf  eine  menschliche  weise  zu  verdienen,  es  fin- 
den, in  der  lotterie  gewinnen,  erben  oder  in  gottes  na- 
men  stehlen  Büchner  116  Franzos.  bes.  mit  betteln 
verbunden  oder  ihm  entgegengesetzt:  kanstu  nit  so  vil 
stelens,  das  du  betlen  gehest?  Frey  gartenges.  17,  39 
Bolte  {cap.  9);  ich  .  .  .  bin  ein  bedienter,  der  —  wenn 
das  schlimmste  zum  schlimmen  kömmt,  —  für  seinen 
herrn  betteln  und  stehlen  kann  Lessino  l,  621  {Minna 
V.  Barnh.  l,  8) ;  er  {der  'erzpoet')  könne  nicht  den  acker 
bauen,  schäme  sich  zu  betteln  und  wolle  nicht  stehlen 
Scherer  ^e«cA.  der  d.  litt.  76,  s.  auch  Müllner  schuld 
8,  3  unter  i.  ihr  arbeitet  und  sie  thun  nichts,  ergo 
ihr  habt's  erworben  und  sie  haben's  gestohlen  Büchner 
18  Franzos  {Danton'a  tod  i);  Schnaps.  .  . .  dasz  ich  diese 
kleider  .  .  .  von  einem  armen  teufel  geerbt  habe,  edel- 
mann,  geerbt?  er  pflegt  sonst  zu  stehlen  Göthe  14,  304 
{bürgergen.  14).  eis.  8r  het  s  nit  gstole,  er  het  s  g(e)- 
erbt  'sagt  man  von  kindem,  die  dieselben  schlechten 
eigenschqften  besitzen  loie  die  eitern'  Martin-Lienhart 
2,  691". 

m)  zahlreich  sind  Sprichwörter  und  aprichwörtlicite 
redensarten. 

et)  wer  einmal  stilt,  der  musz  sein  lebenlang  ein  dieb 
seyn  Petri  Fff.  s*",  oder  ist  allezeit  ein  dieb  Dentzler 
274»,  heiszt  allzeit  dieb  Eiselein  ii7,  ist  immer  ein 
dieb  SiHROCK  9847,  s.  auch  Henisch  696,  35.  846,  3, 
Wille  sittenl.  118,  Wanuer  4,  800,  83/.  und  Meinieke 
fuchs  s.  99  unter  I,  4,  c,  «;  bes.  im  nd.  s.  Dähnert 
460'';  TEN  Doornkaat-Koolman  3,  308'»;  Bauer-Col- 
LITZ  99»;  Firmenich  3,  128,  14.  stiehl  einmal  und  blieb 
dein  lebtag  ein  dieb  Simrock  9848.  hängt  wol  zusam- 
men mit  dem  glauben  an  den  angeborenen  unüberwind- 
lichen hang: 

so  wenig  last  der  hund  sein  bellen, 
so  wenig  last  der  dieb  sein  stehlen. 

Lehmann  4,  78,  8. 

{erweitert  bei  Wille  sittenl.  32.)  vgl.:  es  ist  ein  grosser 
und  fürnehmer  herr  gewesen,  welchem  gleichsam  dasz 
stelen  angeboren  gewesen,  wann  er  einen  köstlichen 
edelgestein,  oder  sonsten  was  kostbarlich  gesehen,  seine 
bände  kaum  habe  davon  enthalten  können  4,  78,  15. 
—  so  weiter:  welcher  am  kleinen  anfahet  stehlen,  der 
treibt's  am  grösseren  Dentzler  874»,  a.  aueh  Kirch- 
hofer schweizer  sprichw.  s.  145  (der  treibt  ['s]  ins  grosze 
Simrock  9K52a);  man  kann  bey  einer  glufe  stöhlen 
lernen  s.  144. 

ß)  andrerseits  kommt's  auf  die  gelegenheit  an;  so  schon 
mhd.: 

diu  State  16rt  den  diep  stein, 

swenne  er  vindet  da;  guot 

unbewart  und  unbehuot 

hHdin  IV,  n«; 

occasio  facit  furem.  slat  und  stund  machen  den  dieb 
stelen  {folgt  auf  die  unter  I,  8,  b  angesogene  redetceise). 

5.  Fhanck  sprilchw.  2.  a'»'',  vgl.  Lehmann  8,  890,  107. 
gelegenheit  macht  stuhlen  Rachel  sat.  ged.  ».  US  n*u- 
dr.  (8,  197).  {gewöhnlich:  gelegenheit  macht  diebe,  «. 
gelegenheit  4,/,  th.  4,  l,  894«/.) 

y)  (/"'■  cognoacit  furem  .  .  .  )  es  ist  bAsz  stelen  wo 
der  wirf  ein  dieb  ist  S.  Francs  i,  87''  und  «,  M». 
Prtki  Aa  4».  Henisch  oni,  41.  Lehmann  4,  70,  M. 
SriKLBR  8164  {hosjfs  ubi  für  est,  durum  est  suldtieere 
quidquam);  vgl.  auch  Stein hach  8,  718;  wo  der  wirth  ein 
dieb  ist,  ist  nicht  gut  stehlen  {'schlaue  leule  sind  schwer 


.1749 


STEHLEN  (II.  2,  w) 


STEHLEN  (II,  2,  m—n-3.  a—b) 


1750 


zu  hintergehen')  Schellhorn  sprichur.  (l797)  s.  I4l;  es 
ist  schwer  stehlen  .  .  .  Simrock  98W.  danach:  weil 
sie  augenscheinlich  sparen,  dasz  jnen  daselbs,  da  der 
wirt  ein  dieb  ist,  nicht  wird  zu  stelen  seyn  Garg.  s.  4 
neudr.  vgl.  auch  Yridang  47,  5.  —  es  ist  bösz  stehlen 
wo  nichts  ist  Dbntzler  274*.  Kirchhofer  schiceüer. 
gprichw.  s.  145. 

d)  stehlen  gefn  mit  lügen  in  Verbindung  gebracht:  wer 
gern  leugt,  der  stilt  gern  S.  Franck  l,  75'',  genau  ao  bei 
MoscHEROSCH,  s.  unter  l,  i ,&,  ß ,  aa;  wer  lügt,  der 
stiehlt  teutsche  sprichtc.  (1790)  s.  119.  280;  eis.  Martin- 
LiENHART  2,  591  *>,  lothr.  FoLLMANN  495*.  erweitert:  wer 
gern  stiehlt,  der  leugt  auch  gern;  wer  gern  leugt,  der 
stiehlt  auch  gern  Zixkgref  4,  352  bei  Wander  4,  801,  47; 

wer  lügt,  der  stiehlt,  wer  stiehlt,  der  lügt, 
das  ist  ein  sprüchwort,  das  nicht  trügt 

Kirchhofer  Schweiz,  sprichu-.  162, 

ebenso  Frischbier  preusz.  sprichw.  l,  252,  3607.  an- 
ders ausgedrückt:  stelen  und  liegen  ist  gern  bey  ein- 
ander: dann  die  lügen  ist  die  erste  Staffel  zum  galgen 
Lehmann  3,  320,  nur  der  erste  satz  bei  Wille  sittenl. 
113  und  Simrock  9855.  (auch:  ein  junger  lügner,  ein 
alt«r  dieb  Schellhorn  sprichu:  s.  iii.)  —  stilt  eine, 
so  thut  sie  auch  wider  ehr  Petri   Tt  2*. 

f)  mit  dem  stehlen  gilt  gleich  beihilfe  zum  diebstahl: 
stelen  und  sakauflieben  ist  eins  wie  das  andere  Eise- 
lein 577.  Simrock  9840;  wer  die  leiter  hält  ist  eben 
so  gut,  als  welcher  stiehlt  Hippel  über  d.  ehe  (1774) 
äJ6.  bes.  aber  das  hehlen,  vgl.  das.  2,  a  und  hehler,  th. 
4,  2,  787,  soieie  unter  stehldr; 

stelen  und  dazu  schweigen  still, 

gilt  beides  gleich  viel  Petri  Tt  l'». 

so  schon  mhd. :  wan  der  da  verhilt  der  ist  ein  dieb  als 
wol  als  jener  der  da  stilt  Berthold  v.  Regensburg 
t,  217,  17; 

swä  ein  diep  den  andern  hilt, 
dane  weij  ich  weder  me  stilt. 

Vridanc  46,  24,  vgl.  25/. 
sogar: 

noch  schuldiger  ist  jener  der  da  hilt, 
denn  jener  der  mit  sorgen  stilt 

Hugo  v.  Trimberg  renner  3968. 

zitr  begriindung:  es  ist  ein  gemein  Sprichwort,  wenn 
der  dieb  nicht  wüszt  mit  dem  diebstal  wohin,  so  blib 
offt  stelen  vermitten  Seb.  Franck  chron.  (i63i)  218», 
s.  auch  Kirchhofer  schtreizer.  sprüchv.  s.  144.  vgl. 
3.  Grimm  rechtsalter  th.  636. 

Q  mit  beiug  auf  die  alte  strafe  des  diebsiahls:  stelen 
ist  beym  hengen  verboten  Petri  Tt  i  b;  stelen  sagt 
man  im  gemeinen  Sprichwort,  ist  bey  hencken  ver- 
botten  Sanurub  hist.  u.  poet.  kurtziceil  s.  24  yxeudr.; 
wer  zum  stelen  ist  gebohren,  der  ist  auch  zum  hencken 
erkoren  Lehmann  4,  73,  16,  vgl.  Wille  sittenl.  114,  ist 
zum  hängen  auserkoren  Simrock  9846;  bistu  geborn 
zum  stehlen,  so  bistu  geboren  zum  hengen  Schottel 
1118*;  wer  sich  stelens  tröstet,  der  tröste  sich  auch 
desz  galgen  Petri  Kkk  l»,  ebenso  Henisch  1338,  12; 
vgl.  Schottel  1130»,  Simrock 9844,  Schellhorn «pWcÄt/r. 
a.  144.  mit  gestohlen,  mit  gehängt  Wander  4,  798,  38. 
vgl.  auch :  leser.  wann  ist  dann  gut  stelen  ?   doctor.   drey 

lag  darvor  als  gut  hencken  ist das  stelen  geht 

wol  offt  stricklich,  oder  sag  ich  glücklich,  das  hencken 
aber  noch  glücklicher  Guarinonius  gretcel  der  Ver- 
wüstung 1006.  icestfiU.  wai  besoapen  stelt,  mot  nöch- 
tem  hangen  Firmenich  i,  363.  34.  wer  kühnlich  stilt, 
der  denckt  an  kein  hengen  Petri  Eee  8». 

wer  stehlen  will  und  nicht  hangen, 

geh  nach  Bremen  und  lasze  sich  fangen. 

•Simrock  1285, 
oder: 

der  lasz  sich  zu  Schaffhausen  fangen  8832. 

beim  diebstahl  hört  die  bruderliebe  auf.  daher:  stilt 
mein  bruder,  so  hengt  ein  dieb  Henisch  695,  lO  oder 
60  hängt  der  dieb  Gottsched  656«;  jetzt  mit  geänder- 
ter konstruktion :  hängt  den  diebl  Frischbier  j>reM«. 
sprichw  s.  1.  252,  8606,  auch  nd.  s.  Firmenich  8, 12«,  16. 


Wobste  254*.  —  allgemeineres :  stelen  ist  ein  gut  hand- 
werck,  aber  es  lohnt  übel  Petri  Li*>  {auch  Wille 
sittenl.  114);  wer  stilt  und  raubt,  der  fuhrt  die  braut, 
was  gewint  er  aber  für  ein  end?  KkkS*".  Henisch 
487,  62;  um  das  stelen  ist  es  ein  besonder  ding:  es 
kostet  oft  mer,  als  es  einbringt  Eiselein  220. 

r,)  beszer  stelen,  dann  anzeigen  odtr  zeugen  Eise- 
lein 577  (aus  Lehmann  und  Eisenhart).  Simrock 
9841/.,  letzteres  tcol  entstellung  aus  es  ist  besser  stehlen 
als  zeihen  12011,  von  Wander  4,  797,  17  aus  dem  alten 
rechtsgrundsatz  erklärt,  das  den  klüger  selbst  die  strafe 
des  Verbrechens  traf,  trenn  ihm  der  bexceis  nicht  gelang, 
anderes: 

wer  stilt,  der  sorgt,  man  erfars. 

Jastn.  «p.  526,  9. 

n)  auf  dem  absoluten  gebrauche  beruht  atich  die  fiigung 
mit  dem  (doppelten)  acc.  des  affekts: 

dem  kranken  landvogt  Greif,  der  sich  zum  Crösus  stahl, 
begann  der  tod  schon  zung  und  band  zu  lähmen. 

Pfeffel  poet.  vers.  9,  62. 
so  freier  gebraucht: 

wer  meinen  rühm  berupft,  stiehlt  zwar  sich  selbst 

nicht  reich ; 
mich  aber  stiehlt  er  arm 

Hagedorn  poet.  werke  1,  79. 

3)  am,  häufigsten  ist  im  nhd.  die  transitive  fügung  mit 
dem  sachobject  im  acc. 

a)  gelt  stelen,  avertere  ab  aliquo  pecuniam  Stieler 
2164;  bestimmtere  angaben:  was  stilstu?  thaler,  thaler 
unter  allerlei  spiele7i  aufgeführt  Garg.  s.  262''  neudr.; 
diser  war  ein  hanpt-dieb,  denn  zehen  tausend  pfundt 
zu  stehlen  ist  eine  ehrliche  zahl  in  einer  unehrlichen 
sach  Abraham  a  St.  Clara  Judas  (1686)  l,  324.  gold, 
Silber:  wie  selten  wir  denn  aus  deines  herrn  hause  ge- 
stolen  haben  silber  oder  gold?     i  Mose  44,  8; 

gut:  Bwer  ein  kleine  diube  tuot, 

der  stsele  euch  lihte  ein  grceger  guot 

VRID.A.NC  47,  23  : 

du  solt  nicht  stelen  frembdes  gut 
G.  Werner  6«    Fischer-TCmpel  kirchenl.  3,32»; 

du  sollt  nicht  stelen  gellt  noch  gut 
Luther  geigtl.  lieder  s.  37  KUppgen  (11,  8); 

rechte  reichtumh  kann  kein  dieb  stelen,  kein  schab 
verzeren,  noch  kein  rost  fressen  S.  Franck  sprüehw. 
1,  117  *>.  —  mit  dativ  der  person:  einem  geld  stehlen. 
alicui  pecuniam  fiirari  Steinb.\ch  2,  718;  (freier:)  das 
glück  .  .  ist  .  .  .  eine  spitzbübinn:  es  stiehlt  dort  dem 
verdienten  manne  geld  und  gut,  um  es  dem  unver- 
dienten zuzuwenden  Hippel  kreuz-  u.  querz.  1,66;  so 
sollst  du  eine  million  zur  belohnung  haben,  ich  will 
sie  einem  könige  mit  gefahr  meines  lebens  stehlen 
Schiller  2,  172  (räuber  4,  5). 

b)  sonst  mit  den  mannigfachsten  objecten:  er  stiehlt- 
einen  silbernen  becher,  poetdum  aurettm  subripit  Stein 
bach  2,  718; 

nüjse  nieman  stelen  mac, 
em  liabe  ze  ieglicher  einen  sac 

Vridanc  47,  16; 

ein  diep  stal  das  (p/erde-)  geschirr  als  sant 

foftn.  gp.  665,  34; 

wann  dann  ainer  dem  andern  ain  sattel,  ain  süegleder 
oder  sölich  ander  ding  stal  Ulrich  v.  Richental 
Const.  conc.  112;  Ambrogiolo  .  .  .  sich  mit  den  kleineten 
die  er  der  erbem  frawen  gestolen  bette  wider  gen  Parisi 
füget  Arigo  decam.  s.  14«,  17  Keller;  wenn  sie  von  der 
uhr  reden,  so  haben  sie  gewisz  die  tobacksdose  zu 
stehlen  im  sinne  Lessino  i,  309  (d.  Juden  2);  indem 
hatt'  ich  das  unglük,  dasz  mir  mein  einziges  kleid  .  .  . 
gestohlen  wurde  Schübart  leben  u  ges.  2,  4;  die  mei- 
sten seiner  compositionen  wurden  ihm  gestohlen  äst/ie- 
tik  der  lonk.  141;  Fiesko  ...  wo  ist  mein  orden?  mohr. 
herr  ich  hab  ihn  gestohlen  und  versezt  ScHiLLfti  3,  51 
(Fiesko  2,  4);  zudem  war  der  Jude,  der  das  loos  ge 
stöhlen,  auf  ein  jähr  zum  karren  vernrtheilt  Hbonbr 
ges.  sehr.  6,  8; 

den  Scherben  sie  jr  heimlich  stalen 

H.  Sachs  1,  162«; 

ItO» 


1751  STEHLEN  (II.  3.  b-d) 

wie,  wenn  wir  heindt  zn  nacht  all  zwecn 

hflifl'en  einander  zu  den  Sachen 

und  Stelen  jm  sein  Schweinen  bachen? 

fastn.  fp.  «,38; 

die  Thorhcit  fand  einmal  das  Glttcke  schlummernd  liegen, 

und  stahl  ihr  .  .  . 

so  fOllhom,  als  gewand  Cronbgk  tchr.  B,  1-13; 

und  die  armen  schuhe  sind  gestohlen. 

Herder  25,  458  {volksl.  2,  2, 30); 

holz,  körn,  fruchte  stehlen:  svc  nachtes  gehouwen  gras 
oder  gehouwen  holt  stelet,  dat  sal  man  richten  mit  der 
weden  Sachsensp.  2,  28,  3;  könnt'  ich  nur  holz  stehlen 
oder  'nen  vrald  anzünden!  Grabbe  l,  280  Orisebach 
{scherz,  saure  i,  2).  auch  ihre  klugheit  werde  ich  rüh- 
men: dasz  Sie  Ihren  kühen  selbst  das  heu  stehlen 
Petrasch  sümtl.  lustap.  l,  37  {tief sinn  2,  3);  sve  nachtes 
kom  stell,  de  schalt  des  galgen  SacJisensp.  2,  S'J,  l; 

leise  vermut'  ich, 
wer  mir  jüngst  vom  Speicher  den  maltcr  rocken  gestohlen 
Voss  ged.  2,  29  {id.  3,  55) ; 

wer  .  .  .  die  fruchte  bei  nächtlicher  weile  stiehlt,  der 
xersündigt  sich  gegen  die  götter  Jiierixg  geist  des  röm. 
recht.8  1,  868;  im  garten  stehlen  sie  mir  den  salat 
MÖRIKE  1,  246.  —  speise,  nahrung  stehlen:  gleichwol 
wurde  ich  von  dieser  begebenheit  so  gotts-dächtig,  dasz 
ich  dem  wirth  denselben  abend  weder  zu  essen  oder 
zu  trincken  stahl  Grimmelshausen  3,  429,  32  Keller 
{vögeln,  l,  13); 

ich  .  .  .  sag,  das  jr 
das  fleisch  jetzt  habt  gestolen  mir. 

B.  Waldis  Edop  1,  4«,  14. 

so  auch: 

kleines  vGlkchen,  Wichtelmännchen, 
stehlen  unser  brot  und  speck 

Heine  1,  155  Elgter  (f>erg-id.  3). 

diehsttM  dieser  art  gilt  für  das  volkaempfinden  als  leich- 
teres vergehen: 

er  acht,  dasz  nit  wer  gstolen  fast, 
wann  man  nit  stcl  golt  und  damnst, 
dann  (die?)  ein  solches  ncmmen  hin 
Stelen,  dasz  jn  zum  pracht  nur  dien, 
aber  im  hunger  stelen  brot, 
das  dient  fflrwar  zur  leibes  not. 

Fischart  2,  51  Havffen  {Eulennp.  647—52). 

anders  natürlich  in  füllen  wie:  die  kirchen  dich  (also 
nenne  ich  sie,  dan  sie  stelen  under  gotz  dienstlichem 
schyn  den  armen  unnd  predigem  yre  narun.g)  Eberlin 
V.  GCnzburg  1,  179  Enders;  unser  vater  der  papst  .  .  . 
unser  täglich  brod  stielst  uns  armen  leuten  Opel-Cohn 
*.  32  {'das  päpstisehe  vater  unsa'  v.  1620).  —  wieder 
anders  {vgl.  2,  n) :  wenn  der  dich  gleich  alles  thut,  was 
der  ehrliche  arbciter,  und  im  schweisze  seines  ange- 
sichtes  sein  brod  stiehlt  {sicli  durch  stehlen  seine  nah- 
rttng  verschafft)  Riehl  deutsche  arbeit  s.  6. 

c)  als  besonders  schwer  galt  das  stehlen  geweihter  ge- 
genstände aus  kirchen  und  heiligthümern :  sacrilegi  die 
heiligu  dink  stelent  Diekenbach  nov.  gloss.  323 *>;  zö 
latin  stet  sacrilegus  dz  ist  einer  der  heiige  ding  stilet 
Terent.  deutsch  (1499)  49»  'flösse  zu:  den  groszten 
schalck);  Pleminius  {hätte)  der  Locrenser  heiligthümcr 
stehlen  .  .  .  lassen  Lohen.stein  Armin,  l,  26».  so: 
und  Rahel  stal  jres  vatcrs  götzen  l.  Mos.  81,  19;  war- 
amb  bastu  mir  meine  götter  gestolen?  80; 


STEHLEN  (II,  3,  rf-/ 


1752 


Rachel  sin  tohter 


(neben: 


Blal  imc  siniu  abgotcr. 

MVener  genen.  40,  29 


umbe  waz  er  iroe  ave  verttalo 
sine  hftsgot«?  43/., 


wo  die  MilUtätter  hsclir.  61,  21  Diemer  das  einfache  stiele 
haC).  —  typische  beschuldigung  im  späteren  mittelalier: 
desselben  jars  (1837)  ward  in  der  statt  DeckcndorfT  .  .  . 
dM  hochw&rdig  sacranicnt  .  .  .  von  etlichen  Juden,  die 
CS  geskelen,  .  .  .  vilfaltiglich  gestochen  Tsciiuoi  chron. 
Helvet.  1,  84<J». 

d)  Uiiere  stohlon,  besonders:  vioho  stelen,  pceora  obi- 
gere STtr.t.KR  «164,  von  besonderer  brdeutung  im  alter- 
lUum,  vgl.  i.  GniMM  rechtsalterth.  6S6  (*«.  196/.).  wenn 
jemand  einen  ochsen  oder  scbaf  stilet,  und  schlachts 


oder  verkeufits  2.  Mos.  22,  l ;  es  sols  mir  keiner  bald 
vorthun  mit  höner  und  gfinsz  stelen  Garg.  s.  362  neudr.; 
einer  stilt  ein  ross,  sitzt  darauff  und  schawt  gen 
hiinmel,  ob  er  werde  gehenckt  werden  Guahinonius 
gretcel  der  vericüstung  35;  das  weib,  das  vor  9  jähren 
die  kuh  stahl  Kotzebue  d.  deutschen  kleinst,  i,  t3; 
dasz  myn  beer  van  Streef  dich,  du  einziges  exemplar 
{des  'bockaffen'),  mir  abläszt,  ist  nicht  "tu  denken ;  .  .  . 
folglich  musz  ich  dich  stehlen  lassen  Immbrmann  2, 
103  Hempel  {Münchh.  3,9);  die  schäfer  stehlen  ihren 
herren  die  schafe,  die  der  wolf  zerrissen  haben  musz 
RiEHL  deutsche  urb.  127; 

mainstu,  ich  solt  dir  dein  han  stelen? 

H.  Sachs  fattn.  tp.  21,  25; 

doch  kommt  der  schelmfranzos  zurück, 
der  uns  die  besten  hühncr  stahl 

HöCTv  39  Halm. 

von  thieren,  die  niemandes  ei^entlium  sind:  gütiger  warst 
du,  als  mein  bruder  zwcy  vögelchen  aus  dem  neste 
stahl  Sal.  Gessner  (1778)  2,  7.  —  sprichwörtlich:  der  ein 
kalb  stilt,  stilt  ein  küw.  tauruni  tollit,  qui  vitulum 
tulerit  Egenolf  sprichw.  (l570)  89^.  dafür  im  reg.:  stilt 
einer  ein  kalb,  so  stilt  er  auch  ein  kü,  ähnlich  Schell- 
HORN  sprichic.  s.  144.  timgekehrt:  wann  sie  allda  {die 
Soldaten  bei  den  bauern)  ein  kuhe  stehlen,  so  nemmen 
sie  das  kalb  für  eine  zugab  Abraham  a  St.  Clara 
reimb  dich  (1693)  2,S9.  ferner:  es  stiehlt  mancher  einen 
ochsen  und  gibt  die  kaldaunen  den  armen  Wander  4, 
718,  25  {vgl.  unten  l). 

e)  stehlen  mit  thieren  als  sühject  besonders,  doch  keines 
wegs  ausschlieszlich ,  in  der  fabel  oder  mit  dichterischer 
vermetischlichung  {vgl.  l,h):  was  {von  deiner  herde)  die 
thier  zurissen,  bracht  ich  dir  nicht,  ich  must  es  be- 
zalen,  ...  es  werc  mir  des  tages  oder  des  nachts  ge- 
stolen 1.  Mose  31,  39;  nun  die  hund  schlaffen,  hat  der 
wolff  gut  schaaf  stehlen  Harsdürffer  frauenz.  ge 
spreclisp.  2,  288;  als  der  wolf  gestern  dein  lamm  stahl 
MALER  Müller  l,  71;  ich  habe  jetzt  einen  kleinen 
Fix;  race:  Wachtelhund,  .  .  .  stiehlt  nachts  meine  pan- 
toffeln  und  trägt  sie  in  seinen  heukorb,  um  den  köpf 
darauf  zu  legen  A.  v.  Droste-Hülshoff  an  L.  Schücking 
s.  272;  der  pudel  stiehlt  sich  .  .  .  eine  groschenwurst 
Hebbel  8,  252,  28;  stiehlt  mir  der  hochbeinige  Ägypter 
{storch)  schon "  wieder  meine  kurzen  erbsenstangenl 
Storm  1,  26; 

sie  (die  kühner)  hacken  die  kömer 

eilig  auf,  und  beisscn  voll  neid  auf  sperling' 

und  tauben, 

welche  sich  unter  sie  mischen,  und  ihre  nahning 

sich  stehlen 
Zaciiariae  ])oet.  srftr.  4,  28; 

der  fuchs  bellt  nicht,  wenn  er  das  lamm 

will  stöhlen 
WmA-e^ip.  2,211  (Ileinr.  VI,  2.  th.,  3. 1); 

bienc  musz  mir  essen  holen, 
frage  nicht,  wo  sie's  gestohlen 

RCCKKRT  3,  31. 

sprichw.:  Christoph,  was  ist's  mit  dir?  du  bist  seit 
einiger  zeit  wie  ausgewechselt,  hängst  den  köpf,  gehst 
herum,  als  wenn  dir  die  hühner  *s  brot  gestohlen  hät((>n 
Bäuerle  kom.  theatei-  l,  2,  6  {Leopold.tiag  i,  3). 

/)  menschen  stehlen  im  eigentlichen  sinne,  solang'' 
menschen  noch  eigenthum,  sklavrn,  sein  konnten:  men- 
schen stelen,  plagium  committere  Stiei.kr  2164;  wer 
einen  menschen  stilet  und  verkcufTt,  .  .  .  der  sol  des 
tods  sterben  2.  Mose  21,  16  {danach  Alberu.s  dici.  6"), 
dafür:  wenn  jemand  funden  wird,  der  aus  seinen  bnV 
dern  eine  seele  stilet  .  .  . ,  und  versetzt  oder  verkeulTt 
sie,  solcher  dich  sol  sterben  6.  Mo.te  24,  7;  ich  bin  aus 
dem  lande  der  Ebrocr  heimlich  gestolen  t.  Mose  AQ,  15; 
die  Elminischcn  ncgcr  .  .  .  stehlen  gleichfalls  Assiantrn, 
und  zwar  unter  dem  vorwand,  es  kämen  Seeteufel  ans 
land  so  die   menschen   wegschleppten   Hrruer  16,  143; 

vlo  ist  geraubtl    coRtohlen  von  korsarenl 
ScniLLKR  14,  73  (braut  v.  iteu.  8,  0,  r.  1575). 

eine  leise  abtceichung  von  den  bisherigen  Verwendungen 
liegt  insofern   vor,   als  in  der  regel   die  metischen  erst 


1753 


STEHLEN  (II,  3,  f-k) 


STEHLEN  (II,  3,  k—I) 


1754 


durch  den  diebsfahl  oder  raub  eigenthum  tcerden.  am 
häufigsten  werden  kinder  gestohlen,  nicht  immer  zum 
zweck  des  Sklavenhandels:  dasz  ...  er  dieser  ist,  wel- 
chen der  riesz,  als  er  zwey  oder  dritthalb  jar  alt -be- 
wegt, gestolen  Amadis  l,  s.  121  Keller;  du  sollst  nicht 
eher  dieses  geschöpf  (Jlignon)  weder  sehen  noch  be- 
rühren, bis  du  vor  gericht  rechenschaft  gibst,  wo  du 
es  gestohlen  hast  Göthe  18,  161  (Wilh.  Meister  2,  4);  die 
reiter  stehlen  ja  die  kinder  vrie  die  raben  Alexis  ruhe 
ist  d.  erste  bürgerpfl.  i,  150  (ll.  kap.).  in  netterer  zeit  bes. 
zigeunern  nachgesagt:  was  ist  denn  das  mit  des  pfar- 
rers  tochter  von  Bollenbach,  die  die  zigeuner  gestohlen 
und  ihre  weiber  nachher  umgebracht  haben  sollen 
MALER  Müller  l,  29i;  sie  {die  'Tarters')  stehlen  kleine 
kinder  Loewenberg  aus  zwei  quellen  (l914)  89.  vgl. 
-Martin -LiENH.\RT  2,  591*.  (gestohlene  kinder  in  an- 
iJerm  sinne,  unrechtmäszig  und  heimlicJt,  'im  heiszen 
diebstalU  der  natur'  erzeugte,  vgl.  5,  e;  dann  es  gibt  ge- 
stolene  kind,  liffkindecken ,  eilwerck  .  .  .  6arg.  s.  91 
yieudr.).  —  anderes  s.  unter  4,  b.  —  scherzhaft:  so  wirstu 
nit  gstolen  randbem.  zu: 

würst  auch  vor  dieben  sieher  sein 

SCHEIDT  Grob.  3902.- 

fürchte  nichts,  geliebte  seele, 
übersicher  bist  du  hier; 
furchte  nicht,  dasz  man  uns  stehle, 
ich  verriegle  schon  die  thür 

Heine  2,  23  Elster. 

g)  ein  besonderer  fall  ist  auch  land  stehlen  (durch 
verrücken  der  grenze),  insofern  hier  das  gestohlene  ob- 
ject  nicht  fortgenommen,  von  der  stelle  bewegt  werden 
kann;  doch  trifft  der  begriff  der  tciderrechtlichen ,  heim- 
lichen aneignung  genau  zu: 

er  pflügte  seinem  nachbar  ab, 
und  stahl  ihm  vieles  land 

HöLTY  187  Halm. 

vgl.:  im  gestohlenen  boden  als  flurbez.  in  der  Schweiz, 
s.  BucK  oberd.  flumamenb.  269. 

h)  allgemeine  ausdrücke:  was  er  gestohlen,  sagt  er, 
er  habs  gekaufft  Corvinus  fons  lat.  255'>;  ich  gestolen 
hab  meinem  nechsten  das  zeytlich  und  das  geistlich 
manuale  curatorum  (1516)  VI*";  szo  dein  feynd  dein  be- 
darff,  und  du  yhm  nit  hilffest,  szo  du  magist,  szo  ists 
gleich  szo  vil,  du  bettest  yhm  das  seyne  gestolen  Lu- 
ther 6,  273,  5  Weim.;  ich  sehe  dich  für  einen  mann 
an,  der  mir  wenigstens  einige  tausend  thaler  leihen 
könnte,  wenn  er  mir  so  viel  leihen  wollte,  als  er  mir 
gestohlen  hat  Les.sing  i,4«2  {schätz  5);  alles  hat  er 
mir  gestohlen,  und  ich  bin  ganz  arm!  Immermann  5, 
128  Hempel  {epig.  I,  2,  ll); 

wenn  er  was  stiehlt,  indesz  das  stück  gespielt  wird, 
und  schlüpfet  durch,  so  zahl'  ich  für  den  diebstahl 

A.  W.  Schlegel  Shake^.  3,  214  {.Hamlet  3,  2); 

gewinn  ist  segen,  wenn  man  ihn  nicht  stiehlt 

4,  28  {kaufm.  v.   Vcn.  1,  3). 

i)  zutceilen  stellt  ein  partitiver  ausdruck  als  object; 
80  in  der  altem  spräche  der  gen.:  dazu  haben  sie  des 
verbanten  genomen  und  gestolen /o«.  7,  li.  sonst  aus- 
drücke mit  von : 

die  raben  fliehen  nach  den  wSlffen 
nicht  darumb,  dasz  sie  jhnen  helffen, 
sonder  das,  wann  die  wSlff  was  feilen, 
dasz  sie  auch  darvon  Stelen  wollen 

Fischart  dicht,  l,  «G  Kurz  {nachtrab  914); 

denn  füret  Anchises  stahl  von  ihrer  art, 
und  führte,  heimlich  vor  Laomedon, 
die  Stuten  vor 

Bürger  161  »>  (//.  6, 325  =  ö,  868 : 
TiJ;  •/"*•;>  ixlifj  t  uia;  ätdodr  My/lor^;). 

k)  ZU  dem  directen  obj.  im  acc.  tritt  das  personen- 
object  im  dativ,  tcie  in  sehr  vielen  der  angezogeneti  be- 
lege, dafür  können  auch  Ortsbestimmungen  eintreten,  etwas 
woher  stehlen:  and  die  pfaffen  stclen  das  gold  und 
Silber  von  den  göfzen  Baruch  6,  9;  als  aber  Lysimachus 
.  .  viel  aus  dem  tempel  gestolen  hatte  2.  Macc.  4,  39; 
noch  minder  mag  man  zelen  was  von  den  kl6steren, 
styfften,   pfarren,   pfründen  .  .  .  ausz  teütscher  nation 


gestolen  und  geroubt  wirt  Eberlin  v.  Günzburg  l,  8 
Enders;  dann  es  geschieht  offt.  das  die  schelmen  auch 
ketten  unnd  andere  ding  ab  den  wägen  stelen  Schu- 
mann nachtbüchl.  232,  8  Bolte;  einen  dieb,  welcher  einen 
silbern  becher  ausz  dem  gemeinen  kästen  gestohlen 
hatte  Lehmann  4,  74,  32;  er  hatte  das  feuer  vom  him- 
mel  gestohlen  und  es  den  menschen  mitgetheilt  Rabe- 
NER  5,  36;  ich  will  dich  nicht  umsonst  aus  meines 
bruders  doctorkästchen  gestohlen  haben,  heilsames  gifti 
GüTHE  8,  197  {Egmont  i};  wer  nur  eine  ruhe  vom  acker 
stiehlt,  dasz  ichs  erfahre  läszt  seinen  köpf  hier  Schil- 
ler 2,  155  {räuber  4,  5); 

(im  bilde):  kauff. 

und  kann's  nicht  anders  seyn,  so  stiehl.  .  .  . 
für  mich  ein  lorbeerblatt  vom  grabe 
des  frommen,  heiligen  Virgil! 

Gleim  brie/ic.  2,  296  [an  Heime  nov.  1781); 

ein  hanswurst  von  könig,  , 

ein  bentelschneider  von  gewalt  und  reich, 
der  weg  vom  sims  die  reiche  kröne  stahl, 
und  in  die  taschc  steckte 

Shakeep.  6,  150  (Hanü.  3,  3). 

übertragen:  ein  mann,  wie  du,  der  aus  der  geheimen 
vorrathskammer  der  natur  den  sechsten  sinn  zu  stehlen 
wuszte  Klinger  2,  405  {Damokles  3).  —  neben  dem  daL 
derperson:  ein  ander  rühmte  sich,  wie  er  seinem  vor 
munde  die  wurste  von  zwey  Schweinen  aus  dem  schor- 
steine  gestohlen  polit.  maulaffe  (1679)  32;  sie  stahl  ihm 
immer  seine  brillantnadel  aus  dem  jabot,  wenn  er  zu 
uns  kam  Storm  l,  245.  so  besonders  in  gewissen  festen, 
sprichwörtlichen    redeiceisen:    dasz    ein     solcher    nach- 

trucker durch  den  nachfruck  sich  befleisse,  seinem 

neben  menschen,  vornemlich  aber  dem  ersten  Ver- 
leger das  brot  diebischer  weis  vorm  maul  hinweg  zu 
stehlen  Grimmelshausen  4,  504,  9  Keller  {vögeln.  2. 
privil.');  hei  stöhl  de  annern  mähren  den  hawer  vör't 
mul  weg  Reuter  2,  335,  13  Seelm.  {sttomtid  2,  2l);  die 
jungen  .  .  .  stahlen  ihren  eitern  die  äpfel  vor  der  nase 
weg  Immermann  i,  76  Hempel  {Münchh.  i,  6);  sprichw. 
in  Königsberg :  er  stiehlt  der  schlänge  die  eier  unter 
dem  zagel  fort  Frischeier  sprichw.  2,  173,  2558. 

t)  Sprichwörter  «.  ähnl.:  stiehl  dir  was,  so  hast  du 
was,  und  (aber)  lasz  jedem  das  seine!  Frischbier 
sprichw.  2,  174,  2559,  Wander  4,  799,  61.  65  {in  nd.  sprach 
form  s.  brem.  wb.  4,  1023.  Firmenich  i,  70,  7.  326,  46. 
3,  187,  71).  ähnlich:  stiehl  was  du  kanst,  und  lasz  einen 
jeden  das  seinige:  ein  jeder  musz  sehen  wie  er  fort 
kommt  Ettner  medi:.  maulaffe&iO.  —  stil  vil,  gib  wenig, 
so  kompst  darvon  S.  Franck  sprüchtc.  i,  33",  ebenso 
Lehmann  2,  571,  112,  s.  l,  i,  a,  ß,  dd.  Simrock  9853; 
wer  viel  stilt,  und  ein  wenig  schenckt,  der  kreucht 
durch,  wenn  die  gesetze  gleich  noch  so  eng  gestrickt 
weren  Petri  Kkk  6^  ebenso  Wander  4,  802,  in  au.9 
Mathesius  j>o*<.  217*».  —  hastu  was  gestolen,  das  bring 
mir,  wirstu  drumb  gehengt,  das  hab  dir  Petri  Rrr7''. 
—  man  musz  nicht  das  leder  stehlen,  und  die  schuh  um 
gottes  willen  geben,  {'das  »pricltwort  bezieht  sich  auf 
die  legende  vom  h.  Cri.spin,  der  dus  leder  gestohlen,  um 
armen  leiden  schuhe  daraus  zu  verfertigen.')  teutsclte 
sprichw.  (1710)  *.  121,  284;  mein  schwager  will  also,  wie 
's  Sprichwort  sagt,  den  reichen  leuten  das  leder  stehlen, 
um  den  armen  die  schuh  daraus  machen  zu  lassen  v* 
Raimunds  Vorgänger  s.  22  Fürst  (B.Iuerle  d.  bürget- 
in  Wien  i,  ll).  —  man  stilt  auch  etwa  einer  atzein 
ein  ey  S.  Franck  2,  166'';  man  stiehlt  auch  wohl  der 
elster  ein  ei  Simrock  2038,  vgl.  2037  und  Frischbier 
unter  k.  —  absurda:  furari  littoris  harenas.  den  sand 
am  gestadt  Stelen,  isis  ist,  er  kann  nit  ungestolen  sein, 
er  mäszt  ehe  sand  am  meer  oder  jm  selbs  etwas  ste- 
len S.  Franck  l,  4».  —  sprichwörtlich  wohl  auch: 

wer  etwas  stehlen  will,  der  musz  auf  sokken  gehen. 
Rachel  sal.  gcd.  7,  462,  tgl.  Steinbach  2,  718. 

eine  sehr  gewöhnliche  redevxise  ist  jetzt  woher  nehmen 
und  nicht  stehlen?  um  auszudrücken,  dasz  man  etwas 
nicht  zu  beschaffen  weisz,  z.  b.:  da  hat  es  gute  weile, 
bis  der  ein  beer  sammelt!  wo  das  geld  hernehmen,  und 
nicht  stehlen?  Hauff  i,  283  Bobertag  {Lichtenat.  II,  ii), 
s.  femer  n. 


1755 


STEHLEN  (\l  3.  ♦»— «) 


STEHLEN  (U,  3,  n-o-4.  a) 


1756 


tw)  häufig  im  pari.  per/. :  gestolen,  furtivua  Dastpod. 
♦S**;  kleine  flicklappen,  die  von  selbst  vom  tisch  herab 
fallen,  sind  nicht  gestohlen  Grimm  vUirchen  s.  140  {nr. 
35);  geschenkt  und  wieder  genommen,  ist  gestohlen 
Kirchhofer  schweizer,  aprichw.  s.  14*;  wenn  er  anf  den 
einfall  kommt,  von  einem  bauer  eine  führe  holz  zu 
kaufen,  die  vielleicht  doch  nur  gestohlen  ist  Freytao 
verlor,  handschr.  l,  21.  bes.  attributiv:  furtum  dieberey, 
.  .  .  gestolen  gud  Diefenbach  gloss.  ass"  (voc.  aax.lat. 
V.  1425);  gestolen  guht,  res  furtivae  Stieler  2164;  da 
sie  (d.  ziege)  jr  man  Tobias  höret  blecken,  sprach 
er,  sehet  zu  das  nicht  gestolen  sey,  .  .  .  denn  uns  ge- 
bort nicht  zu  essen  vom  gestolen  gut  To6.  2,2i;  es 
war  aber  keiner  da,  der  ihn  (den  kittet)  wolt  kauffen. 
dann  welcher  wuszt,  das  er  gestolen  wäre,  der  dacht: 
'es  ist  kein  glück  in  gestolnem  gilt'.  Schumann  nacht- 
biichl.  s.  231,  82  Bolte  {nr.  83);  da  sich  einer  über  sein 
std^d  .  .  .  auff.  .  .  .  ubelgewonnen  und  gestolens  gelt 
schmücket  Mathesius  Sar.  49»';  welch  man  .  .  .  gero- 
bittir  adir  gestolner  habe  wissintlichen  eyn  phönt  ge- 
wichte .  .  .  kofte  Freiberger  stadtr.  zus.  3,  §  4;  wie  wir 
unterwegs  nüsse  heruntergeschlagen,  feuer  gemacht  und 
gestohlene  kartofTeln  gebraten  G.  Keller  l,  86; 

se  houwen  en  . .  .  und  pans  toreten 
van  em  dat  gestolen  want 

Gerhard  v.  Minden  120, 17  Leitzmann ; 

w&cher,  roub,  gestolen  gut  oder  von  falschem  spil 
N.  Manuel  «.  113  Bächtold  {ablaszkr.  32). 

so  spriehu::  gestolen  wasser  sind  sflsz  S.Franck  sprüchw. 
8,  36*;  gestolen  wasser  ist  wein  179*  (gestohlen  wasser 
ist  malvasier  Lüpke  seemannsspr.  180,  128).  gestolen  brot 
schmeckt  wol  ebenda  {darüber:  'furtivus  victus  semper 
dulcedine  praestut'),  oder  schmeckt  süsz  Wiixe  sittenl. 
ns; 

nichts  schmeckt  so  schön,  als  das  gestohlne  brodt 

Hagedorn  2,  273  (Adelh.  u.  Henr.  1), 

ebenso  {nur  so  süsz)  Ramler  fabelt.  1,  87;  ferner:  weil 
die  gestolen  biszlein  auch  wol  schmecken  schausp.  der 
engl,  komöd.  200,  82  Creizenach  {tragikom.  1,3);  gestohlen 
(verbotene)  frucht  schmeckt  süsz  Kirgiihofer  schweizer. 
gpriehw.  (1824)  *.  144; 

eestohlne  butter-milch  schmeckt  noch  einmahl  so  frisch 

Günther  973. 

«0  denn  auch:  dann  kam  Wassow,  dem  um  diese  zeit 
eine  fasse  tee  bei  uns  immer  'wie  gestohlen'  schmeckt 
Storm  briefe  in  d.  heimat  s.  129.  —  gestolen  katzen 
mausen  gern  S.  Franck  2,  179".  vgl.:  gestohlene,  ge- 
bettelte und  gefundene  Sachen  haben  darum  im  Volks- 
glauben besondere  kraft,  die  rechtlich  erarbeiteten  nicht 
einwohnt  gestohlene  katzen  mausen  am  besten,  ge- 
stohlene .  .  .  dinge  wirken  heilkräftig  in  den  kuren 
durch  Sympathie,  .  .  .  selbst  ein  diebsQnger,  vom  galgen 
gestohlen,  wirkt  noch  wunder  aller  art  Riehl  d.  deut- 
aehe  arbeit  s.  157.  andrerseits  doch  auch:  bey  gestohlenen 
dingen,  will  nichts  gelingen  Arraham  a  S.Clara  Judas 
(1686)  1,  824/.,  vgl.  oben  SCHÜMANN.  —  substantitnsch : 
ein  hausvater  versicherte  ihr  geradezu,  bei  ihm  sei 
nichts  gestohlenes  zu  finden  Polenz  der  Orabenhäger 
1,  98.     ».  auch  Zimm.  chron.  1,  409,  22  unter  I,  4,  b,  &. 

n)  eine  häufige  redeiceise,  um  auszudrücken,  dasz  je- 
mand einem  gleichgültig  ist,  dasz  man  auf  ihn  keinen 
uxrth  legt,  ist:  der  kann  mir  gestohlen  werden  oder 
bleiben,  in  vollständigerer  ausdrucks%ceise :  na,  du  könn- 
test mir  auch  gestohlen  werden  —  ich  holte  dich  nicht 
wieder!  L.  Stahklokk  Sirene  98  TAesegang;  nur  der  graf 
ist  so  bocksteif  gewesen,  dasz  ich  mir  gedacht  habe: 
da  kannst  mir  gestohlen  werden,  ich  lass'  dich  nicht 
austrommeln  Ebner-Escuenrach  4,  888;  seltener  acli- 
vijtch  ausgedrückt:  wer  sie  {die  schuster)  gar  ihres  oft 
wunderbaren  äuszercn  wegen  .  .  .  verachtet,  den  möge 
man  mir  stehlen ;  ich  werde  keine  belohnung  um  seine 
Wiedererlangung  aussetzen  Raahe  hungerpaator  l,  16 
(l.  kap.).  gewöhnlich  nur  er  kann  mir  gestohlen  werden 
FniRciiniKR  preusi.  sprichw.  1,  252,  8606;  wenn  die  übrige 
familie  dem  herm  sehn  nur  einigermaazen  glich,  dann 
konnten  sie  ihm  erst  recht  gestoblon  bleiben  Polenz 


d.  Grabenhäger  1,  151;  auch  specieller.  nicht  sowohl,  um 
Verachtung  für  den  menschen  selbst  als  für  etxcas,  das 
er  sagt  oder  thut,  auszudrücken .-  die  herren  könnten  ihm 
gestohlen  werden,  er  habe  ihnen  mehr  verstand  zuge- 
traut 2,  199;  Sepherl.  nein,  das  (fctnrf)  haben  wir  noch 
nicht,  aber  die  rauher  haben  wir,  die  's  g'stohlen  haben. 
Tatelhuber  {schroff),  mit  der  nachricht  kannst  du  mir 
g'stohlen  werden  Nestroy  ges.  werke  2,  204  id.  Verhäng- 
nis e.  faschingsn.  8,  9).  so  sehr  verbreitet  in  hd.  mund- 
arten:,  in  Basel  de  chausch-mer  g'stole  warte!  es  wird 
nichts  daraus  Seiler  276'',  ähnl.  eis.,  s.  Martin-Lien- 
hart  2,  591;  lothr.  Follmann  495»;  bair.  der  (die,  das) 
soll  mir  gestohlen  werden,  ich  lege  keinen  icert  auf  ihn, 
will  Jiichts  von  ihm  tvissen  Schmeller2  2,  749;  tirol.. 
s.  Schöpf  705;  unterfränk.  du  söst  mer  g'stouln  war  als 
scherzhafte  verioünscJiung  Ruckert  174;  ebenso  henne- 
berg.  Spiesz  241  {abwehr,  Verneinung);  luxemb.  wb.  422"; 
mansf.  Jecht  107*;  obers.,  s.  Albrecht  aie»";  Müller- 
Fraureuth  2,  667''.  seltener  mit  sächlichem  subj.;  so 
trieriach: 

da  Echnapps  och  ka'  m'r  gestohlen  genn 

Firmerich  1,  534*. 

0)  iti  ähnlicher  weise  bes.  im  frühnhd.  oft  ich  habe 
es  nicht  gestohlen,  habe  es  mit  mühe  oder  kosten  encor- 
ben  und  lege  daher  toerth  darauf,  während  {nach  dieser 
auffassung)  gestohlene  Sachen,  weil  leicht  gewonnen,  auch 
tcieder  leicht  verschleudert  werden:  hab  ichs  doch  nicht 
gestolen  I  Etering  3,  l; 

ich  gleub  du  meinst  ich  habs  gestolen  ebd.  60; 

daher  dann  dieses  Sprichwort  kam, 

wann  ein  kauffer  einem  seine  wahr 

niederschlegt  und  verkleinert  gar; 

meinstu  ich  habs  gestoln  on  laub  {erlavbfns) 

oder  sey  kSnigs  Porsense  raub 

der  den  Römern  das  vih  genommen, 

ich  habs  auch  nicht  umbsonst  bekommen 

Pbtri  316; 

vgl.:  ich  habe  mein  gelt  nicht  gestolen,  pecunia  mihi 
mea  ine7nta  non  est.  dicitur  proverbial.  contra  nundi- 
natores  nimio  pretio  merces  suas  aestimantes  Stieler 
2164.    so  auch: 

er  (d.  Pfarrer)  maint,  wir  hal)en  das  gelt  eestollen. 
darumb  wir  es  (d.  meszgewand)  nit  haben  kaufTt, 
das  er  darin  spacieren  lauilt 

Pfarrer  von  Kalenb.  2046. 

nd.  {holst.)  he  meent  wol  dat  ikt  staalen  heff  'krämer- 
schimpf, wenn  zu  wenig  für  die  tcaare  geboten  wird' 
Schütze  4,  191.  sonst  in  neuerer  spräche  gern  in  betug 
auf  die  eignen  glieder:  ich  habe  meine  nase  a.  s.  w. 
nicht  gestohlen,  'bitte  daher,  sie  glimpflich  zu  behandeln'. 
'ich  habe  meine  beine  nicht  gestohlen,  sagt  ein  pack 
träger,  um  anzudeuten,  dasz  er  den  gang  nicht  für  zu 
geringe  bezaKlung  thun  kann'  Albrecht  216'';  ob  die 
frau  hofräthin  nicht  jeden  tag  etwas  liegen  l&szti  als 
ob  man  seine  beine  gestohlen  hätte!  Benedix  särü. 
verwandten  86  (l,  12).  ähnlich:  hast  du  deinen  athem 
gestohlen,  —  dasz  du  blasest  in  todle  kohlen  ROckert 
11,  238  (1.  makame).  so  denn  auch:  ich  stehle  meine  zeit 
nicht  Bi)CHNER  180  Franzos  {Wozzek). 

4)  mannigfache  erweiterungen  sind  oft  nur  durch  eine 
leise  nuance  von  den  behandelten  unterschieden. 

a)  fremdes  eigenthum  sich  aneignen  auf  eine  tveniger 
directe  iceise,  die  vielleicht  strafrechtlich  nicht  fassbar  ist, 
aber  von  dem  sittlichen  gefühl  als  unrecht  empfunden 
wird,  durch  betrug,  ausnuttung  der  Unwissenheit  u.  ahiU.t 
weil  er  das  meiste  von  seinem  vermögen  »einen  ge- 
schwistern  bey  der  theilung  gestohlen  habe  Lichten- 
BERO  nachl.  61,  20;  dreiszig  millionen  stiehlt  jährlich 
der  Staat  aus  den  beuteln  der  tagelöhncr  Hürnk  li,  164; 
da  stehln  se  {d.  fabrikanten)  uns  halt  a  lotitcn  bissen 
brot  G.  Hauptmann  d.  weber  s.  88  {vgl.  oben  8,6  zu  ende); 

dj  ontlirh  kunat  der  alchamai 
ist  Stelen,  liegen,  triegcrei 

SCIIWART/ENHBRO  OtC.    ISO«; 

die  feder  ist,  wie  er,  zum  etehlen  akgcricht, 
waa  kaum  ein  blatt  bedarf,  geht  hier  auf  sieben  nicht 
NRDKiRni  gcd.  §.  121  ('der  geixigr  advokat'). 

vgl.  >,  l.  —  MtM  buondtre  nuanct  trgibt  »ich,  wenn  man 


11  öl 


STEHLEN  (II,  4,  a-d) 


STEHLEN  (U,  4,  d-g-o,  a) 


1758 


sich  selbst  etwas  stiehlt  (vgl.  2,  e),  entzieht  und  zugleich 
erspart: 

er  {Harpax)  aber  darf,  aus  geitz,  dieselben  {arsneimiUel) 

nicht  geniessen. 
er  s<Aont  den  stärck-tranck  oft,  wenn  er  am  besten  labt; 
stiehlt  sich  die  pulver  selbst  und  steckt  sie  unters  kissen, 
wo  er  mit  diebscher  fanst  das  gold  von  pillen  schabt 

Camtz  ged.  s.  86. 

b)  menschen   stehlen,   s.  3,/,-   ganz  im  aimte  toji  a: 

das  ist  ja  keine  offen  ehrliche 
konskription,  das  ist  betrug,  herr  richter, 
gestohlen  ist  dem  land'  die  schöne  iugend, 
am  pfeffer  und  muskaten  einzuhandeln 
Kleist  1,  437  E.  Schmidt  {zerbr.  krug,  var.  181). 

ferner  frauen  stehlen,  entführen :  es  wäre  mir  recht  an- 
genehm, weih  und  kind  zu  haben,  aber  ein  weib  vom 
rater  oder  von  sich  selbst  begehren,  langweilt  mich, 
und  das  stehlen  ist  verboten  Brentano  5,  323;  tcenn 
>«  sich  um  entführung  eines  ehetceibes  handelt,  kaum 
von  eigentlichem  stehlen  unterschieden: 

Paris  wardt  auch  dammb  erstochen, 
da  er  die  schön  Helena  stal 

H.  Sachs /a«<n.  «p.  1,281; 

der  Piso,  .  .  .  dem  er  {Caligula)  jüngst 
die  gatttn  stahl 

Halm  3,  lOO  Schlogser  {/echter  v.  .Kar.  2). 

90  auek:  Cajus  stiehlt  einen  grünen,  Slender  einen 
weissen  jungen,  und  Fenton  die  braut  briefe  über  merkw. 
der  litt.  s.  148,  30  neudr.  in  milderem  sinne,  als  hoch- 
reits€pa»2:  die  gesamte  ledige  mannschaft  hatte  nämlich 
nach  alter  sitte  die  hochzeiterin  gestohlen,  sie  hielten 
4as  Bärbele  in  einen  groszen  kreis  geschlossen,  und 
Kasper,  der  hochzeiter,  muszte  es  .  .  .  loskaufen  Auer- 
bach dorfgesch.  1,  79.  —  ungewöhnlich  von  thieren:  bey 
den  tauben  ist  auch  die  art,  dasz  sie  einander  mit  son- 
derer zugeselliing  liebkosen,  eine  die  andern  verführen, 
Stelen,  und  jrer  gemeinlich  mehr  heimkomen,  denn  ausz- 
geflogen  sind  Heyden  Plin.  465  (lO,  37,  §  109).  — 

dann  als  gott  Jupiter  verholen 
dem  k6nig  Troi  hett  gestolen 
sein  söhn  den  Ganymodem  werth 

Spreng  liiag  37»  (5,  265/.). 

dichterisch  auch  von  regeltnäsziger  Werbung  und  heirat, 
mit  dem  tinne.  dasz  der  freier  tcegen  umcürdigkeit  kein 
recht  auf  das  mädchen  hat:  veraltete,  reiche  .  . .  libertins 
haben  zu  viel  kenntnisz,  Sättigung  und  freiheit,  um  sich 
andere  wesen  zu  stehlen  als  die  herrlichsten;  die  min- 
der voUkommnen  fallen  blos  liebhabern  anheim  J.  Paul 
M  {Titan  2),  177.  —  ähnlich  milder: 

du  aber  hoch  im  glücke 

stolzierender  rival, 

der  mir  durch  list  und  tücke 

Neärens  liebe  stahl  Blumauee  ged.  56. 

c)  dem  teafel  war  darum  zu  thun,  eine  solche  seele 
dem  himmel  zu  stehlen  Klinger  3,  168.  uneigentlicher 
von  menschen:  (Länffer  zu  Lise.)  du  hast  eine  seele 
dem  himmel  gestohlen  (mich  vom  trachten  nach  dem 
himmel  abgelenkt)  Lenz  l,  410  Blei  {hofm.  5,  10).  —  ähn- 
lich als  Umschreibung  für  morden: 

(er,  der  könig)  weisz  nicht,  dasz  er  ein  leben  hat  gestohlen 
aus  dieeer  weit 

Schiller  5,  2,  416  (don  Karlos  5,  4). 

d)  auch  in  anderm  sinne  einem  einen  menschen  steh- 
len entreiszen.  entziehen,  nicht  um  ihn  für  sich  zu  haben, 
sondern  um  ihn  vor  dessen  grimm  zu  schützen  u.  ähnl.: 
aber  Joseba  .  .  .  nam  Joas  den  son  Ahasja,  und  stal 
jn  aus  des  königs  kindern  die  getödtet  wurden,  . . .  und 
sie  verborgen  jn  für  Athalia,  das  er  nicht  getödtet  ward 
a  kön.  11,  2;  vgl.  SPERLING  Nicod.  quaerens  l,  225; 

den  muUeimörder  stahlst  du  ans,  und  bist  ein  gottl 
Drovsen  Äüch.^  127 
(tÖ¥  fitjtnai.ijlar  J'  titxi.nf,ai  Eutn.  153). 

doch  auch,  um  ihn  dessen  liebe  zu  entreiszen :  da  kamen 
alle  menner  Israel  zum  könige,  und  sprachen  zu  jm, 
waromb  haben  dich  unsere  bröder  die  menner  Juda 
gestolen,  und  haben  den  könig  .  .  .  über  den  Jordan 
gefürt?  B  Sam.  19,  41 ;   es  ist  bös  leben ....  wenn's   so 


weit  gekommen,  dasz  sie  dem  söhn  den  vater  durch 
bosheit  stehlenl  Klinger  Otto  12,  8  neudr.  (l,  3);  du 
hast  mir  meinen  söhn  aus  den  armen  gestolen  Schil- 
ler 3,  73  {räuber  2,  2); 

wenn  dich  weLber  mir  gestohlen,  werden  sie  so  lang 
dich  fesseln  .  .  . 
Platen  1,  142  {gas.  51)  ; 

sie  stahlen  {entfremdeten)  mir  mein  kind  I 

Halm  2,  26  Schlosser  {Grisddi*  2, 1). 

c)  der  begriff  des  sichaneignens  füllt  auch  fort.  Kenn 
gesagt  wird,  dasz  die  jünger  den  leichnam  Christi  steh- 
len, heimlich  fortschaffen:  au£f  das  nicht  seine  jünger 
komen,  und  stelen  {xi.iilnx)aiy)  jn,  und  sagen  zum 
volck,  er  ist  aufferstanden  von  den  todten  Matth.  27,  64, 
vgl.  28,  13; 

Jesus  iunger  stelen 
den  lihnamen  vil  übte 

evangel.  Nikod.  2066, 
«.  Piper  gcisU.  dichtung  2, 199. 

dagegen  ist  die  absieht  des  sichaneignens  iti  folgendem 
falle  vorhanden,  der  doch  nicht  als  eigentlicher  diebstahl 
gelten  kann: 

als  Karlos  mit  der  königin  und  mir 

beim  spielen  sasz,   und  mit  bewundemswerther 

geschiklichkeit  mir  diesen  handschuh  stsihl 

Schiller  5, 1, 117  (dorn  Karlos  2,  9). 

/)  einem  etwas  stehlen,  was  er  ga,r  nicht  hat,  aber 
VHis  ihm  zukäme,  oder  was  er  erhalten  würde: 

die  jre  übrig  hab  wenden,' 

an  unnfitzn  dingen  vorschwenden. 

Stelen  was  eim  armen  gebort 

Musculus  hosen  tenffel  s.  4  neudr. ; 

habt  dank! 
ich  ward'  es  ännem  stehlen;  nehme  nichts 

Lessing  2,  819  {Nathan  i,  7,  546). 

ähnlich,  vom  anneJimen  einer  gäbe,  die  der  gebet  in  einer 
plötzlichen  aufwallung  gibt:  das  fräulein.  .  .  .  nun,  so 
nimm  doch  —  Franciska.  ich  stehle  es  Ihnen,  fräulein; 
Sie  sind  trunken  l,  535  {Minna  v.  B.  2,  3).  —  ungewöhn- 
lich für  'machen,  dasz  einer  etwas  nicht  erhält,  worauf 
er  anspruch  hat':  Opitz  hat  ihm  das  {eiserne)  kreuz  ge- 
stohlen {indem  er  als  vorgesetzter  dagegen  war;  dafür 
nachher:  Opitz  .  .  .  wuszt'  es  so  zu  drehen,  dasz  Lehnert 
leer  ausging  und  das  nachsehen  hatte)  Fontane  6,  22 
{guitt  3). 

g)  zuweilen  verblaszt  sowohl  der  begriff  des  heimlichen 
toie  des  iciderrechtlicJien ,  so  dasz  stehlen  der  bedeutung 
des  bloszen  nehmens  nahe  kommt;  besonders  in  poetischer 
spracJie: 

ach  ihr  bienlein,  .  .  . 

nur  von  Jesu  le&lzen  stehlet; 

dann(en)  klaubet  honig  ausz 

Spee  trxUznachL  (1649)  «.  101 
(«.  74  Balke;  18,  35). 

{im  bilde:) 

die  Unzucht  ist  ein  feur,  aus  Phlegethon  gestohlen 
Rachel  sat.  ged.  7,  348; 

heil,  heil  dem  weih,  das  seine  zierde 
nicht  fremden  zonen  stiehlt 

Pfeffel  poet.  vers.  1,  5; 

die  kleinen  bienen  stehlen 

noch  dufl'gen  blumen  ihre  sOszigkeit 

Tieck  nachgel.  sehr.  1,  168. 

auch  in  geicöhnlicher  rede  geläufig  sind  ausdrücke  wie; 
daher  kommt  also  .  .  .  das  viele  unkraut,  .  .  .  das  der 
.  .  .  saat  räum  und  nahrung  stiehlt  Hebel  2,  21,  29  Be- 
haghel;  er  darf  nicht  stehen,  wo  er  steht,  der  dürre 
faule  bäum,  er  stiehlt  ja  licht  und  luft  dem  jungen 
leben  Hölderlin  2,  5i  Köstlin; 

das  himmelische  liecht  mit  seinen  klaren  strahlen, 
die  alle  feuchtigkeit  dem  luft  und  erdreich  stahlen 

VVeckh erlin  2,  376  Fischer. 

ö)  fräere  gebrauchsweisen  ergeben  sich  besoixdera,  tceiM^ 
immaterielle  dinge  als  objecte  mit  stehlen  verbunden 
werden. 

a)  stehlen  achlieszt  eiiie  doppelte  beziehung  ein:  etwas 
'auf  heimliche,  listige,  unerlaubte  weise)  sich  verschaffen 


1759 


STEHLEN  (II,  5,  a-c) 


STEHLEN  (II,  ö,  c—c) 


1760 


und  tugleieli  einem  andern  nehmen,  in  diesen  freieren 
ver^cendtmgen  ist  jedoch  n  ur  selten  diese  doppelte  bezogen- 
heil  deutlich  vorhanden;  so  in  folgenden  stellen,  die  dem 
eigentlichen  gebrauche  sehr  nahe  stehen:  es  ging  eine  zeit 
darüber  {über  das  hatis)  hin,  wo  bitterer  schmerz  über 
gestohlnes  glück,  wilde  wünsche  seine  bewohncr  ent- 
zweiten  Ludwig  l,  1*6; 

60  inusz  ich  auf 
mich  selbst  verzieht  jetzt  leisten,  mir  von  einem 
belrfigcr  meinen  namen  stehlen  lassen? 

Kleist  Amphitr.  1,2,  251; 

das  wuszt'  er,  abzuringen  sey  ein  sieg 
den  Römern  nie;  gestohlen  riiüss'  er  werden, 
gestohlen  hat  er  ihn!  hier  siegte  nicht 
die  kraft,  hier  siegten  list  und  hinterhalt 

CoLLiN  Jiegului  s.  35  (1,  8). 

nautisch:  die  scgel  stehlen  einander  den  wind  Bobhik 
661  >>. 

*)  sehr  deutlich  und  bestimmt  wird  der  begriff  des 
stehlens  empfunden  in  der  antcendung  auf  litterarischen 
diebstahl,  unerlaubte  entlehnung.  plaqiat,  auch  milder 
für  entleJinuiig,  Übernahme  überhaupt:  was  das  für  ein 
tugent  sey,  einem  andern  sein  böch  lestcrn  und  sehen- 
den, darnach  das  selbige  sielen,  und  unter  eigenem 
namen  dennoch  ausz  lassen  gehen  Luther  so,  2,  685 
Weim.;  das  merckt  man  aber  wol,  das  sie  aus  meinem 
dolmetschen  und  teutsch,  lernen  teulsch  reden  und 
schreiben,  und  stelen  mir  also  meine  spräche  633;  wenn 
ja  einer  neben  uns  etwas  nachschreibt,  so  spicken  wir 
von  ihm,  stehlen,  was  er  selbst  vielleicht  uilffeutlich 
hörte  Lichtenberg  2,  80;  'woher  mag  nur  das  fa:mosc 
motiv  {eines  bildes)  sein?'  .  .  .  "dort  vorn,"  erwiderte 
ein  anderer,  .  .  .  "dort  hängt  das  motiv  noch  einmal, 
offenbar  von  einem  neuling  .  .  .!"  'dann  hat  er's  dem 
gestohlen,  der  spitzbube!'  Keller  3,  38;  das  stück  ist 
nicht  einmal  ganz  von  dir.  du  hast  .  .  .  eine  ganze 
scene  aus  der  macht  der  fmsternisz  von  Tolstoi  ge- 
stohlen Ebner-Eschenbach  8,  121:  von  sprachlicher  ent- 
lehnung: ein  deul scher  poet  bleibt  also  bey  seiner  reinen 
rauttersprache,  und  behänget  seine  gedichte  mit  keinen 
gestohlnen  lumpen  der  ausländer  Gottsched  crit.  dichtk. 
(1742)  833. 

c)  fällt  selten  in  den  meisten  der  soeben  aufgeführten 
beispiele  die  auffassung,  dasz  einem  andern  eticas  ge- 
nommen rcird,  fort,  so  noch  entschiedener  in  ähnlichen 
füllen. 

(()  von  iiuilerei.  Zeichnung  tt.  ühnl.:  in  der  idec,  die 
Raphael  ...  in  sich  trug,  und  zu  der  er  nur  bei- 
trage aus  gegenständen  um  sich  her  stal  Herder  15, 
43;  jemandes  züge  stehlen:  oder  hast  du  diese  .  .  . 
misch>ing  von  zijgen  irgend  einem  Bilerolfskinde  pe 
stöhlen,  als  es  schlief?  Fouque  allsächs.  bilders.  4, 
804;  so  besonders  vergleichaueise  in  der  redeicendung : 
Conti.  .  .  .  hier  haben  wir  seine  tochtcr  —  der  prinz.  bey 
pott!  wie  aus  dem  Spiegel  gestohlen!  Lessing  2,  119 
{Emil.  Gal.  1,  4);  ähnlich  E.  Th.  A.  Hoffmann  10,  l.S8 
Grisebach  {hat.  Murr  1,2);  ebenso  in  bezttg  auf  lilie 
rarische  darslelluug:  das  lluchen,  die  squire's  und  der 
gleichen  sind  im  Eiclding  wie  aus  dem  leben  gestohlen 
Fr.  Schlegel  im  Athenäum  8,  126.  stehlen  dann  auch 
ohne  ueilerft  Zusatz  geradezu  für  abzeichnen:  ich  .  .  . 
wollte  flugs  das  kindliche  stämmchen  mit  zwei  paral- 
lelen linien  auf  mein  papicr  stehlen  G.  Keller  i,  2ü3; 
mit  umgekehrter  beziehung,  selir  ttngenijhnlich : 

du  xtalilät  dun  abdruck  iliroj'  |)haiitu.sio 
{'thou  fiuM  .  . .  »tol'n  !•'■  II  of  her  /antaty') 

mit  flechten  deine»  li.'<  >  tand,  .  . . 

entwuiidteitt  meiner  t<>  n  it  list 

A.  W.  ^-um.LoEi.  Shakttp.  1,  179 
(lommernachlitr.  1,1; 

sinn:  du  hast  dein  Inld  auf  unerlaubte  tceite  ihrer  phan- 
taste  eingeprägt). 

ß)  in  undirm  sinne  jemandes  züge  stehlen,  anneJitne»; 
eigentlich,  in  alten  sagen,  indem  man  sich  in  ihn  ver- 
wandelt : 

und  niQsten  nicht  nie  (d.  guttcr)  «clber  iiucli,  güliebt«, 
Ampbitryon  sein,  und  i^itie  eilge  ■Icblen, 
wenn  dein«  m«!«  sie  «mpranKen  aoll? 

Kl.Ul^*T  Amphitr.  8  6,  U«>. 


sonst  freier,  vom  gesichtsausdruck : 

nun,  ihr  keimet  ja 
so  eine  art  von  blick!  —  es  ist  mir  immer 
als  hält'  er  aus  der  Stephanus-capelle 
dem  heil 'gen  ihn  gestohlen 

(Z.  Werner)  fühne  de«  thales  1,  92; 

geh  zum  teufel  mit  deiner  blassen  leidensmicne,  die 
du  der  mutter  des  hcilands  gestohlen  hast!  Hebbel  2, 
37,  18  {Mar.  Magd.  2,  t).  so  auch  von  der  stimme:  die 
Schwester  des  Jünglings,  die  ihre  stimme  vom  himmel 
gestohlen  hatte,  sang  wechselsweise  mit  ihrem  bruder 
BoDE  Tristram  Schandi  7,  14«  (44.  kap.);  'stiehl  meine 
stimme  nicht'  sagte  Karl  zornig  {lasz  deine  stimme  nicht 
tae  meine  klingen)  J.  Paul   Titan  4,  81.    fetner: 

ein  zartes  herz  l&szt  sich  von  viitem  nicht  l)erehlen, 
die  tygem  niuth  und  sinn  und  ihre  färben  stehlen 

GoTrscHED  deutscJie  schaub.  1,  54. 

so  tceiter: 

der  teufel  prunkt  im  scharlachkleid  des  fUrsten; 
die  lüge  stiehlt  der  Wahrheit  weisz  gewand 

Rauj'ACH  dram.  xc.  ernster  g.  3,  100  (Genor.  4,8). 

d)  der  gehobenen  spräche  gehören  tcendu)ige7i  tcie  einem 
etwas  von  den  lippen,  vom  gcsicht  stehlen,  ablesen :  wenn 
.  .  .  alles  sich  voll  crwartung  um  seinen  {des  prinse») 
Spieltisch  herum  drängte,  suchten  seine  äugen  Bion- 
dello,  um  ihm  die  neuigkeit,  die  er  etwa  mitbrächte, 
von  dem  angesicht  zu  stehlen  Schiller  4,  328; 

du  solltest  diese  töne  nicht  erkennen, 
die  du  so  oft,  noch  ch'  sie  laut  geworden, 
mit  blicken  schon  mir  von  der  lippe  stahlst? 

Kleist  Amphitr.  3, 11,  2220. 

{in  anderem  sinne  unter  f.)  so  tceiter:'  ich  will  döni 
leben  noch  die  letzten  blicke  aus  seinen  hübschen 
äugen  stehlen  Büchner  84  Franzos  {Danton  3); 

wand  ir  ietweder  stal 
dem  andern  Ü3  den  ougen 
sines  herzen  tougen 

Ottokar  rcimchr.  85480; 

{ich)  kann  nur  .  .  .  den  schweiss  von  seiner  stirne  wi- 
schen, die  geheimen  wünsche  aus  seinen  äugen  steh- 
len Klinger  2,  196  {Med.  in  Kor.  8);  Baldcr  erröthete 
.  .  .  bei  dieser  frage,  die  ihm  seinen  geheimsten  wünsch 
aus  dem  herzen  stahl  Heysk  kinder  der  icelt  1,  28;  der 
gedanke  ist  mir  wie  aus  der  seele  gestohlen,  ich  hält' 
es  vollkommen  so  gemacht  J.  G.  Jacobi  4,  177.  so 
auch: 

behoicho  neubegierig  die  heimliche  natur, 
und  stiehl  ihr  ihr  geheimnisz,  und  folg  ihr  auf  der  spur 
Dusch  vtrm.  werke  £47. 

eine  ähnliche  nuance  {entreiszen,  entlocken,  zum  Vorschein 
bringen)  auch  in  folgender  Verbindung: 

so  wird  der  ton,  der  oft  mir  thriinen  stahl, 

so  SÜ8Z  euch  klingen  .  .  .  Goekinuk  2, 147; 

manche  nannt'  ich  freuden thriinen, 
die  vielleicht  geheimes  sehnen 
dem  getäuschten  äuge  stahl 

Stolbbro  1,  283. 

e)  küsse  stehlen,  sicli  nehtnen,  streng  genommen  ohne 
vonvissen  und  wollen  des  anderti  theils,  doch  häujig  in 
leichtcrem  sinne  {une  das  noch  häufigere  rauben),  tu- 
meist  in  poetischer  spräche:  HöLTY  »20,  *.  unter  I,  4,  o,  a; 

indem  er  kUsso  gab,  und  küsse  stxdil,  .  . . 

v.  KOmo  ged.  M; 

denn  da  ichs  einst  gewagt, 
und  dir  auch  ungefragt 
mit  groszcr  list  einmal 
ein  halbes  nittulchen  stahl 

(lorrrtciiKU  gid   ;  '- 

sonst,  ein  leicht  cestuhliics  mbulcheu, 

o  wie  hat  es  mich  entzückt!       (iöTHK  1    1  >. 

knsse,  die  man  stiehlt  im  dunkeln 
und  im  dunkeln  wiedergibt  .  .  . 

Hbink  1,  2lß  t:ltter  {neuer  fHM.  W). 

in  uriterer  Übertragung:  wonniglich  ist  der  kusz,  den 
der  zephyr  der  rose  stiehlt  Hipfkl  Icbensl.  3,  8,  Vi; 

der  west,  der  ihr  so  oft,  von  lieb'  erbitxt, 

muDcli  sUvxes  kOoxchcn  stahl        IIöLTV  47  Halm. 


1761 


STEHLEN  (II,  5,  e—h) 


STEHLEN  (11.  5,  h-t) 


1762 


so  dann  laeiter:  dasz  er  nichts  hielt  auff  die  heim- 
döckische,  gestolene,  nachtdiebische  kitzelfreud,  da  sich 
einer  inn  dachmarter  und  gespenst  verstellen  musz 
Garg.  s.  91  neudr.  {auch  die  so  erzeugten  kinder  werden 
gleich  daraw/ gestolene  Mnd  genannt,  s.  unier  3,/).  vgl. 
ferner  unter  h.  —  ähnlieh,  ungeicöhnlicher : 

moszt  du  nicht  jeden  blick  von  seinen  an^en  stehlen  ?  .  .  . 

du  .  .  .  mnszt  dich  glücklich  halten, 
wenn  er  nur  freundlich  sieht 

GÖTHE  7,  5  (Jaune  des  verl.  1). 

Binders  unser  äuge  stehlen:  der  Grieche  (Homer),  der 
mit  seiner  poetischen  Schilderung  von  pracht  und 
Schönheit  der  Juno,  mit  seiner  schönen  allegori- 
schen dichtung  vom  gürtel  der  Yenus,  unser  äuge 
stiehlt  («0  schildert,  dasz  wir  zu  sehen  glauben)  Her- 
der 3,  309. 

/)  sonst  in  mannigfadien  Verbindungen,  in  dem  sinne 
'sieh  etwas  (listig  und  betrügerisch)  zuwenden,  verschaffen', 
ohne  dasz  es  dadurch  einem  andern  genammen  vrird.  da- 
her selten  mit  dativ;  mit  andrer  wendung:  alles,  .  .  . 
was  von  Prometheus  fackel  sich  wäxme  stiehlt  maler  | 
Müller  2,  3ö;  er  wird  mit  jenem  blick,  dem  ausdruck  j  ühnl.  mhd.  minne  stein 
alles  männlich  guten,  .  .  .  das  zärtliche  wort :  mein 
sohnl  von  Ihren  lippen  stehlen  (Ihnen  abdringen,  an- 
ders als  unter  d)  Klinger  i,  76  (d.  falsche  spieler  i,  i). 
7nit  Possessivpronomen  jemandes  vertrauen  stehlen,  er- 
schleichen u.  ähnl.: 


Andromache  die  darff  den  Hector  frej  beklagen, 

die  alte  Hecuha  den  Priamus:  nur  ich 

führ'  unvermerckt  das  leid  ujnb  Paris  gantz  für  mich, 

musz  stehlen  meine  klag 

Opitz  1,  240  (Trojan.  1101  =  Seneca  908/.: 
'solus  occulte  Paris  lugendue  Helenae  esC). 

absolut:  deshalben  muste  der  musicant  Terpnus  des 
abends  ...  in  meine  kammer  kommen,  alwo  Xero  die 
mnsic  von  ihm  erlernte :  das  dann  ganz  heimlich  bliebe 
.  .  .  endlich  aber  hatte  er  deren  (meiner  versehtciegenh.) 
.  .  .  nicht  mehr  von  nohten,  weil  ihm  allgemach  das 
stellen  verginge,  und  er  nun  öffentlich  die  Schauplätze 
mit  seinem  gesang  erfüllte  Anto.x  Ulr.  v.  Braunschw. 
Octavia  3,  2i7.     so  sclwn  mhd.: 

dri  löse  blicke  soltu  stein : 

zwar  mit  dem  ersten  soltu  spehen  .  .  . 

Frackjilob  2Ö9,  i. 

bes.  gern  in  erotischer  hinsieht,  vgl.  oben  e.-  absolut,  von 
unerlaubten  Zärtlichkeiten  .- 

wenn  wir  et  wann  rosen  brechen, 
und  in  busen  stehlen  gehn 

Günther  241. 


o  I  eben  dies  verdoppelt  das  vergehn 
des  mannes,  der  .  .  . 

durch  den  anschein  sich  verdient  gemacht  zu  haben 
erst  dein  vertrauen  stiehlt  .  .  . 

Wieland  10,  337  (schach  Lolo) ; 

wirst  du  dein  herz  nur  dem  gewähren, 
der  deine  achtung  nicht  durch  ranke  stahl 

GOEKINGK  3, 171. 

mit  concretevi  olject,  ergreifen:  ich  nahm,  oder  vielmehr 
ich  stahl  ihre  bände,  und  bedekte  sie  mit  küssen  and 
thränen  Pfeffel  pros.  vers.  9,  75. 

g)  so  häufig,  ohne  dasz  überhaupt  die  beziehung  auf 
jemand,  dem  etwas  gestohlen  tvird,  gedacht  wird,-  etwas 
mit  list  oder  zu  unrecht  gewinnen,  meist  mit  empJiase: 
und  wie  viel  hundert  nieynestu  sind  ejTiwoner  zu 
Wienn,  die  das  wort  gottis  nur  heymlieh  stelen  müs- 
sen? Luther  15,  isO,  30;  seine  absieht  war,  den  krieg 
nicht  mit  offenbarer  gewalt  sondern  mit  list  zu  führen, 
und  wo  möglich  den  sieg  nur  zu  stehlen  Schiller  9, 
193 ;  da  (in  meiner  Jugend)  glaubt'  ich,  mein  leben  zu 
stehlen,  wenn  ich's  mir  nicht  täglich  neu  erkämpfte 
Hebbel  l,  56,  28  (Judith  5) ; 

wer  heimlich  juttes  wirckt,  sein  °eld  ausztheilt  verholen, 
der  hat  dasz  himmelreich  gar  meisterlich  gestohlen 

ScHEFFLER  cherub.  wandersm.  g.  121  neudr 
(5, 105;  übenchr. :  den  himmel  kan  man  stehlen); 

kommt  die  ihr  unverschämt  der  k&nstler  namen  stehlet 
(euch  ohne  recht  anmaszef) 

PiETscH  »Chr.  288; 

doch  in  Venedig  gibt's  für  unser  einen 
verbot  nur  und  befehle  und  kein  recht; 
wir  mässen's  stehlen,  wenn  wir'a  haben  wollen, 
erschleichen  müssen  wir's  .... 

Halm  S,  49  Schlosser  (ctrbot  u.  be/ehl  3,  10). 

auch  in  folgenden  ganz  ähnlichen  stellen  wird  eine  solche 
beziehung.  obwolU  denkbar,  doch  kaum  empfunden:  Karl 
Busch  .  .  .  könnten  Sie  Ihr  wort  brechen,  vater?  Busch. 
ihr  habt's  durch  betrug  erschlichen,  habt's  gestohlen 
Bretzner  d.  räusehgen  i,  3; 

ist  glaube  nicht  der  götter  freie  gäbe, 
die  ihr  nicht  stehlen,  nur  erbeten  könnt? 

Z.  Werner  3f.  Luther  1,  3,  791. 

s.  auch  COLLIN  unter  a.  (mit  dativ.  docJi  nicht  der  be- 
raubten person,  s.  Luther  unter  I,  4,  a,  ^,  bb.) 

;*)  dann  auch  auf  thätigkeitsbegriffe  angewandt,  heim- 
lich, 'verstohlen'  etwas  thun:  eine  rohe  zahlreiche  menge, 
.  .  .  genöthigt  ihre  andacht  zu  stehlen,  ein  allgemein 
geheiligtes  menschenrecht,  gleich  einem  werke  der  fin- 
stemisz  zu  VMheimlichen  Schiller  7,  238; 

X.  2.  % 


wan  künde  oach  ich  nu  minne  stein! 

Pars.  8,  24,  ebenso  643, 1; 

ohne  object:  Walther  v.  d.  Vogelw.  iii,  35,  wo  man 
allerdings  das  obj.  küssen  aus  dem  folgenden  ergänzen 
kann;  von  heimlicher  minne  überluiupt: 

swä  zwen  gevangen  diebe 
ze  einander  tragent  liebe, 
die  mügen  mit  einander  stein, 
wollens  ej  mit  einander  heln 

heidin  IV,  1331. 

auch  sonst  mhd.  in  dem  sinne  'etwas  heimlith  halten', 
gleichbedeutend  mit  dem  stehenden  reimwort  heln: 

diu  half  in  äne  untriuwe  stein, 
ir  vronwen  kumber  heln 

Hartman.x  v.  Aub  Greg.  666; 

s.  ferner  Ulrich  v.  Liechtenstein  224,  18  und  Hsinr. 
V.  Freiberg  Tristan  3910. 

i)  in  andern  füllen  dagegen  meint  stehlen :  einem  etwas 
fortnehmen.  macJien,  dasz  er  es  nicht  mehr  hat,  ohne 
dasz  der  stehlende  es  dadurch  bekommt,  u)  so  gewöhn- 
lich einem  etwas  stehlen:  ich  musste  als  ein  fremder 
mein  väterlich  haus  leuten  überlassen,  die  jede  gele- 
genheit  nutzten,  mir  Ihre  liebe  und  so^e  zu  stehlen 
Klinger  i,  163  (falsche  spieler  4,  6);  du  hast  mir  den 
glauben  gestohlen,  der  mir  frieden  gab  Schiller  4,  35; 
ihr  habt  mir  meine  kraft  gestohlen  G.  Hirschfeld  d. 
mütter  s.  19: 


so  auch: 


ihr  wolt  meinen  kummer  mir  stehlen 

Helne  1,  31  EMer  (Ueder  3); 


der  gottes  mutter  ehr  und  jun^frauschafft  abspricht 
ihm  seine  gottheit  stielt  ' 

LoHENSTEix  himmel-schliusel  s.  24,  499; 

ein  braver  barsch  .  .  .  bleibst  du  deswegen  doch  (we7in 
du  auch  durdis  examen  gefallen  bist),  das  können  dir 
die  examinatoren  nicht  stehlen  Spitteler  Gustav  22. 
mit  sächlichem  subject :  seine  schnöde  lust  stiehlt  einem 
rechtschaffenen  mann  den  süssen  trost,  den  er  gewohnt 
war,  in  den  armen  einer  zärtlichen  gattin  zu  finden 
Wieland  8,  71  Berl.  (Araspes  u.  Panthea  4);  haimlich 
und  stillschwigend  stilt  dir  daz  alter  die  blümen  diner 
Jugend  Griseldis  s.  IX  ScJtröder,- 

seit  dreizehn  jähren  den  schlaf 
racblose  schmach  mir  stahl 
Droöte-HClshoff  1,  258  (J.  grc^f  v.  Thal  1). 

reflexiv  gewendet: 

er  wünscht  dir  alle  ruhe, 
die  du  dir  selber  stiehlst 

Brentano  2.  507. 

einem  die  geUgenheit  nehmen,  etwas  zu  machen: 

wie  gern  hält  ich  dein  fest  verehrt, 
erhöhter  Loosz,  und  dich  besungen:  .  .  . 
nur  mir  verbarg  den  schönen  tag 

111 


1763  STEHLEN  (II,  5,  t-i) 

das  sonst  geschwätzige  gerücbte, 
nnd  stahl  mir,  wenn  ichs  sagen  mag, 
ein  treues  lob-  imd  wunschgedichte 

Gottsched  ged.  101. 

ß)  mit  unterdrücktem  dativ ;  so  scJion:  der  teufel  .  .  . 
wird  ir  viel  stflrtzen,  die  da  itzt  meinen,  sie  haben  das 
eTangelium,  die  heubtpredigt,  er,  der  sathan  wil  diese 
predigt  stelen  Luther  16,  127,  37  Weim.;  es  waren 
schmerzen,  die  zu  boden  schlagen  und  die  kraft  stah- 
len, zwischen  leben  und  tod  za  wSJilen  Beer-Hof- 
MANN   d.  tod  Georgs  117; 

würden,  die  den  frieden  stehlen, 
schwächen  him  und  herz  nnd  mnth 

Becker  Mildh.  liederb.  s.  66. 

vgl.  auch:  der  landadel  ging  schon  unbequem  frisirt  in 
die  wirthstuben  herab  und  kränkte  sich  über  das  ge- 
stohlene schönste  weiter  zur  birkhahn-falz  {dasz  ihm 
das  schöne  weiter,  tco  er  birkhühne  hätte  jagen  können, 
durch  die  huldigung,  wobei  er  zugegen  sein  mttszte,  ge- 
raubt wurde)  J.  Paul  22  {Titan  2),  96. 

y)  mit  präpositionalen  bestimmungen:  wer  schläft  da 
um  mich  her  so  ruhig?  ich  will  ihm  den  schlaf  von 
den  äugen  stehlen  Kmnger  l,  54  {ztcillinge  3,  l).  ohne 
dativ:  und  wer  war  der  ruchlose,  dessen  freche  band 
es  gewagt,  die  rose  aus  dem  kränz  meines  lebens  zu 
stehlen?  Hebbel  8,  7,  32; 

in  dem  papier  ist  ein  feindsel'ger  inhalt, 
es  stiehlt  die  färbe  von  Bassanio's  wangen 
A.  W.  Schlegel  Skakesp.  i,  90  {kav/m.  v.  Ven.  3,  2). 

&)  auch  der  dativ  kann  ein  unpersönlicJier  ausdruck 
»ein.  einem  gegenstände  eine  eigenschaft  stehlen  u. 
ähnl.:  also  seynd  die  (iiachdrucJcer)  dreyfache  diebe, 
indem  sie  dem  nächsten  den  geniesz  seiner  mühe  und 
arbeit,  dem  käufer  seinen  pfennig,  und  dem  erfundenen 
werck  seine  gute  stehlen  Birken  d.  vermehrte  Donau- 
strand vor-erinn.  4»>;  ich  bitte,  stehlen  Sie  Ihrem  wüchse 
die  Schlankheit  .  .  .  Klinger  1,  218  (El/ride  2,  l); 

so  stiehlt  der  miszbranch  doch  der  Wahrheit  keinen  wehrt. 

GCnther  382. 

k)  90  besonders  in  gewissen  Verbindungen. 

a)  im  iß.jahrh.  häufig:  eim  sein  lob  und  eer  st&len, 
seiner  eer  berauben,  depeculari  laudem  alicuius  Fri- 
8IUS  391*: 

west  es  dein  herre,  wir  müsten  sterben, 
wann  du  jm  hetst  sein  ere  gestolenl 

Gl.  Hätzlerin  2,  7C,  81 ; 

er  ist  ein  dieb  ! 
min  eer,  die  mir  was  werd  und  lieb, 
die  bat  er  mir  (kein  andrer)  gstolen 

H.  R.  Manuel  welnsp.  2938. 

so  aucJi:  hat  er  Ihnen  nicht  gestohlen  Ihren  ehrlichen 
namen  Ueuter  3,  67,  83  Seelm.  (strömt.  8,  34).  — 

so  besonders:  dann  solliche  verblendte  menschen  er- 
kennen nit,  das  sie  gotte  sein  ehere  stelen,  dem  allein 
die  rachung  zflgehöret  Luther  15,732,32  Weim.;  da 
er  {Carlstad)  wolt  dem  bapst  schuld  geben,  das  er 
gottes  ehre  dieblich  stele,  der  warheyt  widderspreche 
18,  190,  28; 

die  scbifer  und  die  bawern  han 
ein  gott  erwelet,  der  biesz  Pan, 
demselben  war  das  vieh  befoln, 
das  heist  gott  sein  ehr  gestoln 

Äi.uKRus  fat>.  28, 10. 

«0  noch:  weil  er  (Satan)  gottes  diener  gewesen,  ...  so 
beinflhet  er  sich,  jhme  dergestalt  die  ehre  zu  stehlen 
Butschky  Vathmoa  (l677)  #.  195.  in  vollerem  sinne 
(wie  a) :  damit  er  (d.  papst)  dem  herm  Christo  seine 
ehr  und  rhum  gcstolen,  auff  sich  gewendet  und  sich 
MlUt  zum  gott  gemacht  KrOobr  aktiou  v.  d.  at\f.  u. 
ende  d.  weit  A  4*. 

If)  einem  da«  leben  stehlen:  zfllefst  verm&hclt  er 
im  Agrippinam,  ...  die  stal  jm  zö  Menlz  mit  gifit  das 
leben  S.  Franck  ehron.  Oerm.  (ifiss)  iS^; 

wann  muwr  Ukg  tiot  aatff«siU 
nad  UM  d«r  tod  4m  Üben  stllt 

Kbiirbin  ktrthenL  14t  (U.jahrh): 


dafür: 


STEHLEN  (II,  5,  k-t)  1764 

meuchlings,  um  ein  paar  zechinen, 
einem  wicht  das  leben  stehlen 

ZscHOKKB  AbeUino  s.  9  ücd.  (1,  1). 


ich  will  nicht  wissen,  wer  aus  «einem  busen 
den  funken  des  Prometheus  stahl 

Kleist  Pentha.  24,  2923. 

y)  concreter  ausgedrückt  dem  vaterlande  seinen  arm 
stehlen,  entziehen: 

du,  der  das  herz  gehabt,  trotz  deines  volks  befehlen, 
dem  lande  deinen  arm,  der  ihm  gehört,  zu  stehlen ! 
J.  E.  Schlegel  1,  305  {Herrmann  4,  4, 133i); 

du  kannst  .  .  .  alle  diese  grossebeaute,  und  diesen  ver- 
dammten marly,  welcher  dem  gemeinen  besten  jetzt 
hundert  tausend  bände  stiehlt,  mit  einer  schicklichem 
kleidung  vertauschen  Moser  patr.  phant.  l,  8. 

(T)  einem  einen  anbiick,  eine  aussieht  stehlen,  hier 
naturgemäsz  mit  sächlichem  subj.:  die  besitzer  dieses 
unnützen  gebäudes  fliehen  es  .  .  .  und  mir  und  andern 
stiehlt  es  die  schöne  aussieht  auf  das  freye  feld  Thüm- 
mel  reise  2,  119.     so  dann  auch: 

nur  einen  blick  noch!  —  ahl  die  hecke, 
die  mir  ihn  stiehlt  {geinen  anbiick  entzieht,  ihn  verbirgt^ 
LessInq  2,  244  (Sathan  2,  4). 

ungewöhnlich  mit  persönl.  subj.:  er  (Albano)  hörte  nur 
.  ,  .  das  todesurtheil,  dasz  die  geduldige  seele,  der  er 
die  Schöpfung  gestohlen  (den  anbiick  der  seh.  geraubt, 
die  durch  seine  schuld  blind  geworden  war),  noch  immer 
eingemauert  sei  .  .  .  J.  Paul  23  (Titan  3),  136. 

l)  besondere  beachtung  verlangen  einige  sehr  gewöhn- 
liche Verbindungen,  die  beiden  hauptbedeiäungsklasset' 
angehören,  so  zunächst  die  zeit  stelen,  tempus  arripere. 
otium  sibi  redimere,  aucupari,  et  captare  tempora,  in- 
sidiari  tempori  Stieler  2164. 

«)  zunächst  sich  die  zeit  nehmen:  ihr  müszt  doch  die 
zeit  stehlen;  oder  wo  ihr  sie  sonst  hernehmt  J.  K. 
Schlegel  2,  55  (d.  geschafft,  miiszigg.  1,  1):  in  der  rege! 
mit  angäbe  eines  ztceckes,  wozu  man  sie  verwendet,  mit 
dem  hinter gedanken,  dasz  man  sie  eigentlich  zu  anderm 
gebrauchen  sollte:  doch  weyl  solchs  von  myr  begerd  ist, 
hab  ich  myr  so  viel  zeyt  gestolen,  meynen  geyst  sampt 
ewrem  mit  eym  geysthchen  .  .  .  gesange  zu  erwecken 
Luther  15,  360,  14  Weim.,-  verachtet  ja  nicht  das  gebett. 
werdet  sein  nicht  mflde,  nemmet  und  stehlet  zeit  darzu. 
wo  jhr  könnet  Moscherosch  insomnis  cura  par.  s.  7>^ 
neudr.;  beulte  stehle  ich,  so  zu  sagen,  eine  stundt. 
umb  zu  schreiben  Elisab.  Charlotte  2,  I68  (7.  aurj. 
1699);  ich  habe  wochenlang  nicht  dazu  kommen  können 
('eine  kleine  poetische  arbeit  niederzuschreiben')  und  mir 
zuletzt  ...  die  zeit  im  eigentlichen  sinn  dazu  stehlen 
müssen  Storm  briefe  i.  d.  heimat  s.  180.  mit  andrer 
nuance: 

und  da  er  endlich  den  augenblick  stahl 
sie  ganz  von  ferne  an  ihr  versprechen 
zu  mahnen 

Wieland  21, 119  {liebe  um  l.  7,  241). 

so  auch  im  part.  perf. :  so  wie  ich  dasselbe  (buch)  .  .  . 
nur  in  krankheit  oder  gestohlner  und  erpreszter  zeit 
schreiben  konnte  Zimmermann   üb.   d.  einsamk.  (17> 

1,  S.  XIII. 

ß)  mit  dem  gewöhnt,  dativ  des  indirecten  objeets,  seiner 
arbeit  zeit  stehlen,  entziehen:  ich  würde  die  zeit  mei- 
nem amte  stehlen,  um  sie  meiner  bildung  zu  widmen 
Kleist  ö,  15t,  20  K.  Schmidt  (br.  vom  13.  nov.  I800);  ich 
musz  meiner  arbeit  einmal  einen  halben  tag  stehlt! 
um  dir  rechenschafl  zu  geben  von  meinem  leben  ^- 
4  (1.  mai  1802). 

y)  einem  zeit,  eine  stunde  stehlen,  von  lästigen  be- 
suchen u.  ähnl.,  ganz  den  unier  i — k  behandelten  ge- 
brauchsweisen  zugehörig:  ich  hin  solchem  geschwetz  aus 
der  massen  feind  denn  sie  liiiidorn  viel  guls  und  stelen 
eym  die  zeit  Luther  83,  164,  17  Weim.;  während  eines 
so  kurzen  aufenthalls  sich  boy  gelehrten  aufzudringen, 
dabcy  kömmt  nicht  viel  mehr  heraus,  als  dasz  man 
ihnen  ein  paar  kostbare  stunden  stiehlt  Knigor  roman 
m.  lebens  1,  U,  14;  du  hast  mir  eine  kostbare  ttunde 
gestohlen,   lie  werde  dir  an   deinem  la|>on  abgezogen 


1765 


STEHLEN  (U,  5.  l—m) 


STEHLEN  (U.  5,  m) 


1766 


Schiller  2,  »5  (räuber  i,  3);  a.  auch  Bettina  v.  Armih 
Brentanos  frühlingskr.  s.  349;  so  auch: 

(merke,)  wie  diesem,  dessen  fleisz  minnten  hat  zu  zehlen, 
der  kommt  den  guten  tag  zn  bieten  and  zn  stehlen; 

Heraus  ged.  u.  l.  inschr.  s.  251. 

passivisch:  er  hätte  allzuviel  zusprechens  und  uber- 
laufifens  von  den  leaten,  vrordurch  ihm  die  köstlichste 
zeit  unter  den  bänden  gestohlen  und  vergeblich  durch- 
gebracht würde  Olearius  pers.  rosenth.  41  *>  (2,  3i).  — 
in  anderm  sinne:  hier  muszte  ich  es  erleben,  .  .  .  ,  wie 
der  mangel  an  geschick,  der  eitern  wie  der  lehrer, 
seine  eigenthümlichen  fähigkeiten  zu  entdecken,  ihm 
schöne  jähre  der  entwickelung  stahl  H.  Steffens  tcas 
ich  erlebte  l,  203.  —  tciedei-  anders  nuanciert  bei  säch- 
lichem, subject,  aufbrauchen: 

wercke  stehlen  uns  die  zeit, 

fälle  die  vermögligkeit, 

sorgen  stehlen  uns  das  leben     Logau  1,  7,46; 

sag'  mir,  was  ist  der  arbeit  ziel  und  preis, 
der  peinlichen,  die  mir  die  jugend  sta!hl 

Schiller  12,  8S  {Picc.  1.  4). 

J)  eine  sehr  gewöhnliche  redeiceise  ist  dem  lieben  gott 
den  tag,  die  tage  stehlen,  als  Umschreibung  des  müszig- 
gangs:  aber  jetzt,  jetzt  wissen  die  faullenzer,  der  herr 
kommt  im  thau  gewisz  nicht;  .  .  .  auch  nicht  vor  5  uhr 
des  abends:  und  so  stehlen  sie  dem  lieben  gott  den 
tag,  und  ihrem  berrn  das  brod  Moser  patr.  phant. 
1,  267;  wenn  ich  {Schulmeister  Wenzeslaus)  davon  über- 
zeugt bin,  dasz  ich  .  .  .  meine  untergebenen  nichts 
lehren  kann,  und  also  müszig  bei  ihnen  gehe  imd  sie 
uiüszig  gehen  lasse  und  dem  lieben  gott  ihren  tag 
stehlen  Lenz  i,  43  Tieck  (hofm.  3,4);  sie  (Tä.  StM-m 
u.  Müllenhoff)  stahlen  dem  lieben  gott  die  zeit,  lagen 
in  den  dörfern  umher  und  hörten  am  liebsten  solche 
alte  geschichten  Frenssen  Jörn  JJhl  30.  mundarÜ., 
lothr.  unser  herrgott  d'zitt  stehle  Follmann  425*;  nd. 
godd  den  dag  stelen  Dähnert  460'». 

»0  einem  das  herz,  die  sinne  stehlen  u.  ähnl.: 
«)  der  ausdruck  einem  das  herz  stehlen  begegnet  scJton 
in  der  bibelübers.:  also  stal  Jacob  dem  Laban  zu  Syrien 
das  hertz,  da  mit,  das  er  jm  nicht  ansaget,  das  er 
flöhe  1.  Mose  31,  20  {ebenso  in  der  Züriclier  bibel  v.  1530^; 
was  hastu  gethan,  das  du  mein  hertz  gestolen  hast,  und 
hast  meine  töchter  entfüret?  26;  auff  die  weise  thet 
Absalom  dem  gantzen  Israel,  wenn  sie  kamen  für  ge- 
richt  zum  konige,  und  stal  also  das  hertz  der  menner 
Israel  2.  Sam.  15,  6.  der  ausdruck  ist  an  beiden  stellen 
eine  genatte  nachbildung  des  hebr.  tlPTX  r.S,  steht  jedoch 
in  verschiedenem  sinne,  l.  Mose  31  liegt  eine  hebräische 
besonderheit  vor,  wobei  herz  für  'sinn,  verstand'  steht, 
die  tcendung  also  'täuschen,  betrügen'  {xkinrety  yöoy) 
bedeutet,  vgl.:  hertz  stelen  ist  ebreisch  gered  soviel  als 
etwas  thun  hinder  eins  andern  wissen',  bedeut  aber, 
das  die  gleubigen  den  rechten  kern  gottes  wort  fassen, 
des  die  werck  heiligen  nymer  gewar  werden  Luther 
24,  548,  33  {anm.  zu  1.  Mos.  31,  20).  {ähnlich:  dich,  der 
sich  durch  feinheit  des  Verstandes  . . .  vor  allen  in  Rhodos 
unterscheidet  —  der  du  in  Unterhandlungen  den  geist  der 
menschen  stiehlst . .  .  Klinger  2,402,  DamoklesS.)  2.  Sam. 
15,  6  dagegen  hat  herz  die  bedeutung  'neigung,  liebe'  (so 
bestrickte  Absalom  die  herzen  der  Israeliten  Kautzsch). 
ntir  dies  entspricht  dem  allgemeinen  Sprachgebrauch,  vgl. 
atccli  herz  B,  I,  4,  k  und  herzensdieb,  th.  4,  2,  1216  u. 
1234.  so  tn  deutlicher  anlehnung  an  diese  bibelstelle: 
dardorch  sie  dann  jhr  gegenlieb  erwucheren,  unnd 
nach  biblischer  sprach  zureden,  jhnen  das  hertz  stelen, 
unnd  das  lauff  mir  nach  geben  Garg.  s.  108  neudr.  in- 
dessen geht  es  doch  nicht  an,  die  redeiceise,  die  gewöhn- 
lich in  erotischer  besiehung  verstanden  wird,  allein  dar- 
aus herzuleiten,  da  sie  im  Hede  schon  vor  Luther  nach- 
zuiceisen  ist: 

ä  ('«Mt»  /roui')  ist  ein  heimlich  dieb :  .  .  . 
81  etilt  das  hertz  mim  übe 

Hugo  v.  Montfort  38,  33; 
mein  hertz  hat  sy  gestolen 

Gl.  Hätzlbsin  I,  43,  56, 
a.  attch  106,  29. 


ß)  sehr  gexcöhnlich  in  der  spräche  der  dicMung  seit 
dem  n.jahrh.;  zumeist  von  der  {oder  dem)  geliebten  ge- 
sagt: 

weil  da  mir  mein  hertz  (mein  hertz)  schon 

längst  gestolen 
Weckherlin  2,  383  Fisdier; 

du  hast,  dir  unbewoszt,  das  hertze  mir  gestohlen 
(mihi  cor  rapttitU) 
Hofmannswaldaü  bei  Steinbach  2,  718 

{der  uxitere  belege  giebt); 

disz  musz  der  schätz  o  göttin  seyn, 
der  Atalantens  hertz  soll  stehlen 

LoHENSTEts  Armin.  2,  1432*'; 

das  fränlein  Echo  sah  einmal 

den  ahnherm  der  Narcissen, 

der  manches  jimgfemherzchen  stahl 

HöLTY  «.  5  Halm; 

du  liebesdiebin !    was?   du  kamst  bey  nacht, 
stahlst  meines  liebsten  herz? 

A.  W.  Schlegel  Shake«p.  l,  241 
{gommemacAtstr.  3,  2), 

a.  audi  i,  13*  {kaufm.  v.  Ten.  5,  i);  {im  bilde:)  von  einer 
fremden  buhlerin  wird  ihm  in  jugendlichem  zauber  auf 
lebenslang  sein  herz  gestohlen  Herder  is,  159;  beym 
tanz  der  nymphe  Galatea,  wo  er  als  einer  der  flink- 
sten Jünglinge  mir  mein  herze  stahl  maler  Müller 
i  1,  154.  mit  Zusatz,  nur  gleichnisiceise  gesagt:  und  wäh- 
rend sie  lieblich  spricht  und  lieblich  lächelt,  und  mit 
doppelter  süszigkeit  die  sinnen  berauscht,  stielt  sie 
ihnen  gleichsam  das  herz  aus  dem  busen  Heinse  8,  298 
Schüddekopf.     mit  abstractem  ausdruck  ala  atUtj.: 

liebster,  deine  worte  stehlen 
aus  dem  busen  mir  das  herz 
•  RCCKBRT  1,  380. 

so  auch,  mit  einer  auffrischung  der  eigentlichen  bedeu- 
tung : 

beehren  Sie  mit  sanftem  tritt 

die  blumigen  gemacher, 

und  bringen  Ihren  iunker  mit, 

versehn  mit  bog'  imd  köcher! 

auch  herm  Merkur!  der  weisz  den  pfiff; 

wenn  Sie's  ihm  nur  befehlen, 

wird  er  durch  einen  meistergriff 

des  fräuleins  herz  mir  stehlen. 

J.  M.  Miller  ged.  s.  100  ('an  die  Venus'). 

doch  werden  dieselben  Wendungen  auch  in  andrer  ala 
erotischer  beziehung  gebraucht:  denn  es  ist  keine  grössere 
Zauberkunst  sich  beliebt  zu  machen,  und  andern  das 
hertz  zu  stehlen,  als  wohlthat  und  leutseligkeit  Lohen- 
stein Armin.  1,87**;  noch  etwas,  das  dem  Elngländer 
das  herz  stahl!  alles  ist  (ün  Staate  Friedrichs  d.  gr.) 
gleich  weit  vom  throne  Hippel  lebensläufe  3,  l,  M8; 

ja,  ich  kenn'  ihn, 
den  blick,  mit  dem  er  sich  die  herzen  stiehlt! 

(Z.  Werner)  söhne  des  thala  1,  92 

{anschlieszend  an  die  unier  5,  c.  ß  ausgezogene  stelle),  da- 
für bescheidner,  ungewöhnlich:  da  ich  nicht  mit  meinem 
nameu  zu  dir  kommen  durfte,  hab'  ich  mir  ein  stück 
deines  herzens  gestohlen  Freytag  2,  76  {brautf.  4,  2). 

y)  während  diese  Wendung  der  ersten  hauptklasse  dieser 
gebrauchsweise  zuzurechnen  ist.  insofern  der  stehlende  ja 
das  herz,  d.  h.  die  neigung  der  metischen,  nun  besitzt, 
fallen  in  die  zweite  äJmliche,  denselben  sinn  umschreibende 
Verbindungen,  wie  einem  die  sinne  stehlen,  solche  be- 
gegnen schon  in  mhd.  dichtung,  wobei  gewöhnlich  die  per- 
sonißcierte  Minne  als  subject  steht: 

und  stilt  ei  mir  gedanke  alsam  ein  diep 
Reinmar  V.  ZwETER  30,  6  (vgl.  d.  anm.  v.  Robtub)  ; 

si  sprach:  'ich,  Minne,  kan  stein  .  . ., 
swaz  in  dem  herzen  wirt  geleit 
witz  und  guoter  sinne' 

Ottokar  retnchr.  18S66; 

vgl.  attch  Wolfram  Tit.  66,  4.  —  dann  wieder  sehr  ge- 
wöhnlich im  n.jahrh.: 

ihr  diebgen,  die  ihr  uns  die  treuen  sinnen  stehlet 
Rachel  sat.  ged.  t.  139  neudr.  (10, 13); 

▼on  lieb  ist  ihr  gestohlen, 
von  lieb  all  sinn,  and  witz 

Spee  trutm.  (1649)  <.  58,  lö; 

in»    " 


1767  STEHLEN  (LI,  5,  »«-«—6,  7) 

nachdem  der  schwanen  aumn  straal, 
die  tracht  und  anmuht  der  Dorinden 
mir  meiner  sinnen  rüder  stahl 

(Stielkr)  iiehamgchte  Vcnut  24  neudr.  (7,  2). 

dafür  sogar: 

wo  ist  die  lieblich  art,  die  mir  mein  hertz  kan 

brechen, 
und  mich  selbst  stelen  mir? 

KiRCHNBR  bei  ZiNKGREF  avtcrl.  gtd. 
s.  27  nctidr.  (23,  5,  6); 

vergebt  mir,  wann  ich  sag 
zur  antwort,  auf  die  frag, 
wer  mich  mir  hat  gestohlen? 
ich  sag  es  unverholen  : 
o  göttinn  meiner  lieb, 
ihr  selber  seit  der  dieb 
S.  V.  Birken  Oftländ.  lorbeerh.  s.  86; 

so  auch:  du  stiehlst  mich  ganz  mit  deinen  holden  Wor- 
ten I  Klinger  theater  3,  228  (rf.  dencisck  4,  9).  ähn- 
liches auch  in  neuerer  dichiung:  wie  sie  mich  dann 
beim  schlusz  anlächelte,  und  mir  boshaft  alles,  ruhe, 
freude,  leben  stahl  Tieck  2,  285  {d.  abschied  1,4);  in 
Verbindung  mit  herz :  Gisella  kann  nicht  mhen;  ihr  habt 
der  fürstin  hera  und  ruh  gestohlen  Klinoer  Ofio  46, 
23  neudr.  (2.  8";  so: 

sie  stahl  des  gärtncrs  herz  und  sinn 
LiCHTWKR  üsop.  fabeln  43  (l,  23:  die  tulipane); 

sonst  in  anderer  als  erotisdier  bezieJiung: 

der  dämon  (der  diebiuvg)  nimmt  dein  herz, 
stiehlt  dir  die  seele, 

er  fQllt  allein  dein  ganzes  denken  aus 

Ebner-Escuenbach  1, 197; 

iceiterhin,  mit  andrer  nuance:  o  dasz  wir  einen  bösen 
feind  (d.  wein)  in  den  niund  nehmen,  dami^  er  unser 
gehirn  stehle  {to  steal  au-ay  tJieir  brains)i  Shakesp.  8, 
218  {Othello  2,  3) ; 

es  stiehlet  geld  und  gut, 
das  endlich  doch  verflencht,  den  meisten 

ihren  muht, 
und  heist  die  furchtsam  seyn 

Treuer  deutscher  Dädalus  1,  637. 

n)  technische  besonderlieiten. 

a)  ungewöhnlicJi  ist  gestohlenes  tempo  als  musikaus- 
druck,  übers,  von  tempo  rabato  (freie  behandlung  des 
tempos  an  leidenschaftlichen  stellen,  wobei  einzelne  töne 
über  die  Zeitdauer  der  note  hinaus  gehalten,  andre  ver- 
kürzt tcerden):  einem  rechtschaffenen  virtuosen  darf  er 
{der  geschickte  'accompagnist')  gewisz  nicht  nachgeben: 
denn  er  würde  ihm  sonst  sein  tempo  rubato  verderben, 
wa«  aber  das  gestohlene  tempo  ist,  kann  mehr  gezeigt 
als  beschrieben  werden  0.  Jahn   W.  A.  Mozart  l,  18. 

ß)  in  Estland  bedeutet  stehlen  'so  nähen,  dasz  von 
zwei  zusammengenäliten  stücken  das  eine  nicht  so  weit 
reicJit,  vrie  das  andere'  Sallmann  85*. 

e)  zuweilen  entwickelt  sich  bei  stehlen  der  begriff  der 
ortabewegung ;  verbunden  mit  der  gewöhnlichen  bedeutung: 
sd  stil  ich  dag  golt  nnder  minen  mantel  deutsche 
mystiker  1,  278,  35.  so  schrieb  Lutheu  Hiob  21,  18  zu- 
erst: sie  werden  seyn  wie  stro  für  dem  winde,  und  wie 
sprew  die  das  ungewitter  stilet,  ati-ich  dann  das  letzte 
wort  und  setzte  dafür:  wegfuret,  *.  bibel  1,421  Weim. 
{Berl.  hschr.  1623/4).     vgl.  auch: 

und  seufzet  stahl,  und  kreiselt' 

er  (d.  zephyr)  hin  zu  ihrem  (der  rose)  ehr 

BiXMAUKR  ged.  58. 

in  folgender  »teile  ist  der  begriff  des  heimlichen  weg- 
nehmen» sogar  ins  gegentheil  verkehrt,  doch  nur  als  ver- 
einleite  neulildung  des  parallelismus  wegen: 

(<ier  golt  der  liebe)  stielt  leia'  hinweg 

der  nympbe  scharfeu  bogen 

und  stielt  ihr  seinen  bin         IIbkuer  25,  660. 

7)  von  solchen  fallen  scheint  die  reflexive  gebrauch»- 
wei»e  aich  davon  stehlen,  »icJi  heimlich  davonadileicJien, 
•ich  wohin  itehlcn  u.».w.  auazugelien.  indessen  i»t  sie 
nicht  nur  ungemein  häufig,  während  au»druckswei»en 
t»ie  die  hrhandelten  ntir  ganz  vereinzelt  begegnen,  »on- 
ätm  «te  i»t  auc/t  alt  und  kommt  aucJi  in  andern  germ. 
»praehen  vor.    «o  «.  b.  altn.  ttelask   at  überfallen,  ate- 


STEHLEN  (7,  a-b) 


1768 


lask  fri  Cleasbt-Vigfussox  591'',  norw.  stela  seg  til, 
av  Aasen  749",  dän.  stjaele  sig  bort,  ind  v.s.tc.  auch 
engl,  to  steal  oneself  away,  into  u.  ühnl.,  doch  hier 
häufiger  neutral  to  steal  sicJi  heimlich  wohinbegehen,  to 
steal  into  the  house  at  dusk,  fo  steal  ahead.  away,  ofT, 
to  steal  in  upon  beschleichen  u.  s.  n:.  und  so  schon 
miitelengl.:  Marie  .  .  .  stal  a  wei  fiam  hire  cunne,  s. 
StratmannBradley  676*.  im  altdeutschen  unbezeugf, 
dagegen  mhd.  sehr  gewöhvlicJi,  s.  Lexer  hwb.  2,  1173. 
(in  den  irörterbüchern  zu  Nib.  und  Iw.  nur  in  dieser 
Verwendung.)  auch  mnd.:  unde  (der  cardinal)  stal  sik 
hemeliken  utc  deme  lande  Korner  bei  Schiller-Lüb- 
ben  4,  881 ''.  (im  nd.  auch  vntndartlicli :  sik  af,  weg 
Stelen  bi-em.  wb.  i,  1013;  hS  steld  sük  weg  ten  Doorn- 
KAAT-KOOLM.  3,  308''.)  m^n  hat  daher  in  dieser  me- 
dialen gebrau chsiceise,  trotz  mangelnder  bezeugung  für 
einzelne  sprachen  und  ältere  .«prachstufcn ,  eine  selbstän- 
dige, schon  im  urgerm.  ausgebildete  entwickhing  aus  der 
grundbedeutung   der   heimlichen  fortbewegung   tu  sehen. 

a)  zicischen  dieser  und  der  gewöhnlichen  bedeutung  von 
stehlen  vermitteln  Wendungen  ide  sich  einem  stehlen, 
entziehen : 

wann  schenkt  der  himniel  mir  die  stunden  noch  einmal, 
da  ich,  bey  dir  zu  seyn,  mich  andern  freunden  stahl? 
GisEKE  poet.  werke  «.  51. 

so  schon  mhd.: 

swer  sich  der  werlde  wolle  stein  .  .  ., 
der  neme  sich  geistliches  lebens  an 

Hugo  v.  Trimberg  renner  2999. 

SO  auch  tvortsjnelend : 

nein,  heimlich  fort :  nicht  strafbar  ist  der  dieb, 
der  selbst  sich  stiehlt,  wo  keine  gnad'  ihm  blieb 

Shakefp.  9.  304  (Mach.  2,  2;. 

b)  zunächst  eigentlich  von  personen. 

«)  am  häufigsten  mit  ablativischen  ausdrücken,  mit  ad- 
verbien;  mhd.  dan: 

er  stal  sich  swJgende  dan  Jw.  3227. 

später  von  dannen : 

von  dannen  stalent  si  sich  nachts 

gehweis,  volksl.  2,  7  (histor.  licd  von  1368} ; 

zoch  er  (Idomencus)  in  stille  ab  zumal, 
sich  heimelich  von  dannen  stahl 

Spreng  lUa*  178''; 

wenn  die  griifin  nahte,  stahlen  sie  sich  scheu  von  dan- 
nen Storm  2,  272.  am  häufigsten  sich  davon  stehlen : 
der  dir  vor  grosz  titel  züschrib  .  .  . ,  geht  ehe  ein  an- 
der gassen  ein,  ehe  er  dir  einn  guten  morgen  geb,  unml 
stelen  sich  also  binden  fein  gmach  davon  wie  die  jüu 
ger  von  unserem  hergot  S.  Franck  sprüchw.  2,  38*; 

aber,  wenn  zulozt  sich  miluscbenstill . . . 
unser  bräuUgam  davon  gestohlen 

GöCKiNGK  3,62; 

Warw.  mich  wunderts,  wie  der  könig  uns  entkam. 
York,  da  wir  die  nord'sche  reiterey  verfolgten, 

stahl  er  davon  sich  (he  «Uly  stole  atvay),  und  veriit-.; 
sein  volk 
A.  W.  Schlegel  Shakesp.  8, 187  (Heinr.  VI.,  3.  Iheil  1, 1). 

(hin)weg,  fort  (vgl.  th.  4,  I,  84  und  4,  II,  1541) : 

der  .  .  .  hete  sich  vor  enwec  gestoln  Iw.  6886; 

sie  verlassen;  sich  heimlich  von  ihr  hinweg  stehU'ii 
.  .  .  WiELANi)  Agatlion  2,  60 ; 

dieser  ist  mir  der  freund,  der  mit  mir  strebenden»  waiulelt. 
l&d't  er  zum  sitzen  mich  ein,  »tehl'  ich  für  heule  mich  weg 
GöTiiE  1,401  (vier  jahrtts.  68); 

ich  stahl  mich  heimlich  fort  au«  Alys  echlosx 

Heine  2,  257  EMer. 

hinaus: 

wann  bUU'  und  nacht  verliebten  raub  verhehlen, 
dann  wollen  wir  zum  thor  hinaus  uns  stehlen 
A.  W,  SciiLEUEL  .Shakerp.  1,  187  (tommemachtttr.  X,  1). 

auch:  ganz  in  der  stille  stiehlt  sich  ...  ein  einxelnor 
bei  Seite  Dahlmann  franz.  rev.  6. 

fl)  mit  Präpositionen;  aus:  do  ...  ist  der  gotts- 
fftrchüg  valter  in  die  Engclburg  geschlupfft,  damooh 
sich  darusz  gestolen  ond  also  .  .  .  sich  usz  dem  staub 


\ 


1769 


STEHLEN  (11,  7,  h) 


STEHLEN  cn,  7,  b-c) 


1170 


gehaben  ülr.  v.  Hltten  5,  369  Böcking;  früh  drey 
uhr  stahl  ich  mich  aus  Carlsbad,  weil  man  mich  sonst 
nicht  fortgelassen  hätte  Göthe  27,  5  (aus  dem  Carlsbad 
weg  tageb.  i,  147);  bald  darauf  stahl  ich  mich  aus  der 
thür  und  umschlich ,  leise  und  behutsam,  mein  haus 
Hebbel  8,  193,  30; 

Unfalo  der  ungetrew  man 

aus  dem  schaff  sich  heimlichen  stal 

Teuerd.  43,  65; 

ja  —  wer  auch  nur  eine  seele 

sein  nennt  auf  dem  erdenmnd ! 

und  wer's  nie  gekonnt,  der  stehle 

weinend  sich  aus  diesem  band !    Schiller  i,  1 ; 

und  aus  der  freude  kreis  mnsz  ich  mich  stehlen 

13,  284  U^ngjr.  v.  Orl.  i,  1). 

—  von: 

er  stal  sich  von  den  frouwen        j\7ö.  G63,  1  C; 

von  meim  vatter  hab  ich  mich  gstoln. 
meint  jhr  und  das  er  es  underlasz, 
mir  nicht  nach  forsch  auff  alle  strasz? 

AvRER  2204,  2  Keller  (.Sidea  4); 

der  eine  nach  dem  andern  stahl 
sich  leise  von  dem  kampfplatz 

Herder  27,  296 ; 

in  solcher  nacht 
stahl  Jessica  sich  von  dem  reichen  Juden 
(did  Jessica  steal  from  the  wealthy  jew) 

Shakerp.  4,225  (kav/m.  v.  Ven.  5,1); 

stahlst  du  dich  neulich  von  der  jagd  .  .  .? 

Grillparzer*  5,11  (fl<M</r.); 

mit  der  selben  rede  stal  her  sych  do  von  dem  czoUe 
Behrend  Magdeb.  fragen  s.2i3;  ich  hab  mich  yeczund 
von  im  stelen  müssen  (io  mi  son  teste  .  .  .  scantonata 
da  lut)  Arigo  decam.  499,  19  Keller  (8,  7),  *.  auch  481,  8; 
also  nam  des  blinden  fürer  die  hosen  und  schüch  .  .  . 
and  stal  sich  haimlich  von  dem  plinden  leg.  vom  hl. 
Ulrich  67;  er  ging  durch  die  Goldacher  und  Seldwyler 
.  .  .  hindurch  wie  ein  toter ,  der  sich  gespenstisch  von 
einem  Jahrmarkt  stiehlt  G.  Keller  5,  44.  —  nicht 
selten  vergleich  mit  einem  diebe,  an  die  gewöhnliche  be- 
deutung  erinnernd  (vgl.  1,6),  so  Paracelsus  1,143B 
unter  I,  4,  a,  ß,  aa;  man  kann  den  hungerleider  noch 
im  grabe  pfänden  .  .  . ;  denn  der  sarg  ist  nicht  bezahlt, 
er  hat  sich  aus  der  weit  gestohlen,  wie  ein  dieb  aus 
dem  gefängnisz  Hebbel  8,  192,  14; 


der  sich  von  uns  stal  als 


ain  dieb 
fastn.  sp.  420,  25. 


y)  sich  wohin  stehlen;  mit  adverbien: 

nach  disem  heile 

stal  er  sich  wider  in  Erec  2514; 

mit  sime  leun  stal  er  sich  dar  Itcein  7806; 

wisset  jhr,  wie  er  sich  rein  (t'n  den  himmel)  gestolen? 
Hayneccius  Hans  Pfriem  1080  (2,  6); 

man  sah,  dasz  in  des  dunkeis  hag 
feldein  sich  mancher  reiter  stahl    • 

Dhoste-HOlshoff  2, 159; 

welch  ein  elend  erblickt'  ich!  und  tief,  wie  unter  der  erde, 
war  es  verborgen  gewesen,  und  stahl  sich,  als  wäre  es  Sünde 
gegen  die  glücklichen  brüder,  auch  jetzt  noch  zögernd  und 

ängstlich 
....  hervor  aus  den  löchern  I 

Hebbel  8,  293  (jnutier  u.  Und  2,  463). 

sich  in  ein  haus  stehlen;  dieweyl  so  hett  sich  der  cal- 
facter  wider  in  die  schul  gestolen  Schumann  nacht- 
bilchl.  2i\,  8  Bolte  (2,  nr.  43);  wiewol  er  nun  öffentlich 
sich  nichts  mehr  merken  liesze,  so  lohete  doch  heim- 
lich sein  liebesfeuer,  und  stähle  er  sich  in  der  Antonia 
palast,  wann  er  nur  konte  Anton  Ulrich  v.  Braun- 
SCHW.  Octavia  2,924;  Fritz  .  .  .  stahl  sich  ziemlich  ver- 
schämt in  das  haus  G.  Keller  4,  i&9;  wenn  er  .  ,  . 
den  braunen  allein  zum  hof  traben  liesz  und  sich 
selber  durchs  seitenpförtchen  in  den  garten  stahl  Vie- 
BiG  d.  schlafende  heer  20; 

ich  will  mich  sachtchen  in  mein  bettchen  stehlen 

GöTUE  11,  341  (ua«  wir  bringen,  fort».  6); 

ich  wollt'  ihm  nahn,  er  aber  nahm  es  wahr, 
und  stahl  sich  tiefer  in  des  waldes  dickicht 
{and  stole  into  the  covert  of  the  wood) 
A.  W.  Schlegel  Shakesp.  l,  14  {Romeo  1,  l). 


so  dann  iceitei-:  durch  die  hoheit  und  zahl  meiner  wün- 
sche werd  ich  mich  in  der  geister  gewühl  stehlen 
Schiller  2,  393:  gestohlen  hab'  ich  mich  in  die  weit, 
ein  bastard  bin  ich,  ungerufen  nur  gekommen!  Gutz- 
kow ritter  v.  geiste  9,  476.  —  nach:  von  B.  aus  habe 
ich  hoffnung  mich  nach  Reinfeld  zu  stehlen  und  mein 
Schicksal  endlich  zu  entscheiden  Bismarck  br.  an  s. 
braut  u.  gattin  8.  506  (30.  aug.  62}.     zu: 

den  gottesacker  will  ich  mir 
zum  liebsten  ort  erwählen, 
und  manchen  abend  mich  von  hier 
zu  Hannchens  grabe  stehlen 

Eschenburg  beispielsamml.  5, 113 

(Miller  'klaget,  e.  bauern'.  dafür  in  dessen  'gedichten' 
s.  35: 

und  jeden  abend  mich  zu  dir, 

du  liebes  Hannchen!  stehlen). 

mit  andrer  nuance  mhd.: 

swer  güetlich  grüeget  einen  man, 
dem  er  guotes  niht  engan, 
der  stilt  sich  hin  zer  helle 

Vridanc  131, 19. 
met«<  zu  einem: 

denn  er  bellte  mir  einst  mein  mädchen  an,  da  sie  sich 

heimlich 
zu  mir  stahl  Göthe  1,285; 

als  man  der  heimath  näher  kam ,  stahl  sich  auch  man- 
cher treue  mann  zu  den  seinigen  hinweg  Treitschke 
deutsche  gesch.  l,  248.  ähnlieh  frühnhd.:  ainer  under 
dem  dritten  hauffen,  stal  sich  für  jn  {kam  heimlich  zu 
ihm)  S.  Franck  chron.  Germ.  117*. 

d")  mit  andern  präpos.:  sich  durch  die  Soldaten  Ste- 
len, clam  penetrare  exercitum  Stieler  2164;  und  hatte 
sych  myt  logenhafftiger  rede  gestolen  durch  dy  czölle 
Behrend  Magdeb.  fragen  s.  243;  gleich  flüchtigen  die- 
ben,  müszten  sie  sich  durch  wachsame  und  erbitterte 
feinde  stehlen  Schiller  8,  12«; 

und  als  ich  nun  .  .  . 
mich  stehlen  wollte  durch  des  volks  gewühl 

Geibel  5,  7; 

Bodmer  stahl  sich  über  die  alpen  Herder  18,  164; 

nun  sah  er  in  den  mondenstrahlen,  .  .  . 
wie  sich  u  m '  s  eck  zwei  männer  stahlen 

Len.ku  530  Barthel  {Savonar.). 

e)  so  in  freierem  gebrauche :  der  gnome  sah  wol,  dasz 
bei  dem  sorgfältigsten  bestreben,  durch  tausend  kleine 
gefälligkeiten  sich  in  der  schönen  Emma  herz  zu  steh- 
len, ihr  keine  liebe  abzugewinnen  war  MusÄus  volk»m. 

1,  14  Hempel  {leg.  v.  Bübez.  l) ;  erzähl  es  ihm  wie  du 
dich  in  ihr  herz   stahlst  Schiller  3,  412  [kab.  u.  liebe 

2,  5) ;  so  was  von  dieberei  ist  allerdings  dabei,  sich  in 
das  geheimnisz  eines  andern  zu  stehlen  Arnim  2,  107; 
drittens  aber  .  .  .  setzt  er  sich  herab,  wenn  er  sich  .  .  . 
in  eine  familie  stiehlt  oder  hineinlocken  läszt,  welche 
ihn  wie  einen  eindringling  betrachtet  Holtei  erzähl, 
sehr.  5,  54; 

denken  Sie  nicht  etwa, 
dasz  ich  durch  lügenkünste,  ^leisznerische 
gefälligkeit  in  seine  gimst  mich  stahl 

Schiller  12,  81  {PUcol.  1, 3). 

femer:  eine  metaphysick  und  theorie  der  künste  .  .  ., 
die  vielleicht  an  Verwegenheit,  sich  in  die  tiefen  zu 
stehlen,  ihres  gleichen  noch  nicht  gehabt  hat  Lichten- 
berg aphorismen  3,  53,  35. 

c)  ueniger  eigentlich  von  dingen,  die  sich  in  unerwarteter, 
ungewollter  oder  durch  hindemisse  erseJiicerfer  tceise  be- 
wegen, a)  von  gliedern  des  menschlichen  leibes:  langsam 
sucht  sich  eine  band  zu  ihr  zu  stehlen  A.  Croissant- 
RuST  arche  Noah  378.  —  vereinzelt  von  allerlei  gegen- 
ständen, als  poetische  Umschreibung  des  passivs:  ein 
kleines  Clavichord  wuszte  sich  unbewuszt  ins  haus 
{Händeis)  zu  stehlen  {wurde  heimlich  Jiereingeschaffi) 
und  nahm  oben  unter  dem  dache  platz  Chrysander 
Händel  1, 16;  oder  als  bezeichnung  einer  eigenen  bexcegtmg, 
mit  einer  art  personification : 

nun,  so  schneide  dir 
mit  deinem  degen  eine  locke  ab,  , 

da  stiehlt  sich  eine  unter'm  beim  hervor 

Hebbel  4,  288  {Nib.  III,  4,  9). 


1771 


STEHLEN  (II.  7,  c) 


STEHLEN  (II,  7,  c)  —  STEHLER    1772 


wieder  anders  nuanciert  von  einem  wege: 

nebenan  stiehlt  ein  gäszchen  zum  Bteinbruch  sich 

Freiligratii*  3,  218. 

ß)  gern  von  ßüssigkeiten : 

mir  vrars,  als  führte  mich  in  einem  öden  thal 
der  Echwcrmuth  kalte  band  in  eine  hSIe, 
aus  deren  schoose  sich  ein  heitreu  quellchen  stahl 
Pfeffel  poet.  vers.  6, 160; 

fort,  fort!  und  echnell  gereinigt,  wo  des  blutes  spur 
vom  leichnaon  sich  vielleicht  hinab  zum  boden  stahl! 
GöTHE  46,  44  (Evrip.  Pliacihon  156); 

so  simiend  war'  entschlummert  ich  znmal, 
wenn  nicht  der  thau  sich  durch  den  mantel  stahl 

Droste-Hülshoff  2, 111  {des  arztes  verm.); 

bevor  die  flut  sich  wieder  näher  stiehlt 

LiLiENCRON  12, 102  {Poggjr.  19). 

besonders  von  thränen'-  Yorick  hörte  sich  diese  traurige 
prophetische  rede  fast  niemals  vorsagen,  oder  es  stahl 
sich  eine  thräne  aus  seinem  äuge  Bode  Tristram. 
Schandi  1,  70  ;  einzelne  thränen  stahlen  sich  aus  den 
schönen  äugen,  indem  sie  sich  bemühte,  ihn  freund- 
lich und  lächelnd  anzusehen  Hauff  8,  2,  221  Bobertag 
(Jud  Süsz  4). 

j')  häufig  von  licJii strahlen  u.  ähnl.:  wenn  .  .  .  die 
hohe  sonne  an  der  Oberfläche  der  undurchdringlichen 
linstemisz  meines  waldes  ruht,  und  nur  einzelne  strah- 
len sich  in  das  innere  heiligthum  stehlen  Götue  16,  8; 
(t«i  bilde:)  wie  gebrochen  und  magisch  stahl  sich  der 
Sonnenschein  der  äuszern  weit  in  den  heiligen  dunkeln 
irrhain  der  innern  J.  Paul  21  (Titan  l),  56;  einzelne 
Streiflichter  stahlen  sich  durch  ritzen  und  astlöcher 
Bettina  Goethes  briefw.  2,  199;  auf  dunklem  waldpfad, 
wo  sich  das  mondlicht  durch  die  blätter  stahl  Storm 
1,  309; 

wie  lieblich,  wann  dein  {des  ahendrotlis)  rother  schein 

....   sich  durch  das  holunderdach 

in  meine  laube  stiehlt  Salis  ged.  40; 

sanft  stahl  der  mond  sich  durch  den  blauen  flieder 

Kind  ged.  2,294; 

die  Sonnenstrahlen  stehlen  sich 
behende  durch  blätter  und  ranken 

\V.  Müller  267  Uatfldd,  s.  auch  ».  344; 

ich  schreite  in  die  nacht  hinaus, 
entgegen  jenem  Schimmer, 
der  aus  dem  forstverlornen  haus 
sich  stiehlt  mit  schwachem  flimmer 

Heüuel  C,  204; 


«0  ai*eh: 


feiner: 


sonnstrahl  schlau 

und  Ostwind  lau 

stehlen  sich  in's  barem  beide 

RCCKERT  2,  38; 

bis  die  süsze  dämmerunge 

sich  in  das  gemütbe  stahl        Tieck  1, 113. 


es  fleucht  hinweg 
mir  die  färbe,  die  sich  luis'  in  die  wangen  stahl 

Herder  26,233  {Nor.  od.  1, 13,  5/.). 

d)  äuszerungen  von  gemüthsbewegungen ;  seufzer  steh- 
len sich  aus  dem  busen,  worte  von  den  iippen  u.  iüml.: 
ein  tiefer  seufzer,  der  sich  aus  Nettcns  busen  stahl 
Bode  Tliomas  Jones  6,  82;  ein  leiser  seufzer  .  .,  stahl 
sich  über  ihre  sUssen  Iippen  Klincer  l,  207  (Elfride  1,  8); 

und  von  der  lippe  stiehlt  sich  höhn  und  scherz 
mod.  dichterdtaraktere  (1885)  99  (IIerm.  ConraüI); 

•0  ferner:  ein  schmerzlicher  zug  stahl  sich  um  ihren 
niund,  aber  er  verschwand  wieder  Storm  2,  829.  von 
blicken,  mit  ungeicohnlicliem  ausdruch: 

wenn  augcn  eich  in  augcn  stehlen 

ÜCIIILLBR  8, 166. 

0  at^f  geistiges  angeteendet:  liebreichere  eracheinungcn, 
—  sanftere  regungen  stahlen  sich  unvermerkt  in  seinen 
Schlummer  Bode  Tristram  Schandi  0,  146;  isz  wurzeln 
und  trink  pfUzcnwasscr;  es  kommen  doch  stunden,  wo 
sich  miulchcngcstaltcn  in  deine  fantasic  stehlen  Sciiu- 
BART  leOen  u.  gesinn.  «,  8J0;  gcdankcn,  wünsche,  .  .  . 
die   scheu   Tor   des    lagcs    licht   sich  verkrochen,  .  .  . 


stehlen  sich  in  das  stille  haus  des  traumes  G.  Büchner 
s.  tcerke  83  Franzos  {Dantons  tod  l).  —  durch  ihre 
groszen  offenen  äugen  stahl  sich  Abrokomas  Schön- 
heit unvermerkt  tief  in  ihr  herz  Bürger  252»;  nur 
dasz  bei  Romeo  die  liebe  durch  das  äuge  sich  in  das 
herz  stahl  Bauernfeld  ges.  sehr.  2,  38  (d.  letzte  abeti- 
teuer  2,  8); 

stielt  mitleid  sich  zuerst  ins  herz, 

die  hebe  stielt  eich  nach       Herubr  25,  603; 

wie  aus  unmerklich  gesprungenen  gefässen  langsam  das 
Wasser  sich  verliert,  ...  so  stahl  sich,  ohne  dass  sie 
es  wussten,  aus  denen,  die  Georg  liebten,  der  reine 
schmerz  um  ihn  Beer-Hoffmann  d.  tod  Georgs  182.  — 
je  mehr  aber  die  theurgien  aufkamen,  und  leider  sich 
auch  ins  christenthum  stahlen   Herder  20,  55; 

im  kleinen  stUbchen  .  .  . 

sitzt  sie  und  stickt,  den  holden  blick  gesenket, 

dasz  sich  in's  reine  werk  kein  fehler  stehle 

Brentano  2,  481  {'Mariens  bOd'). 

STEHLEN  wird  in  der  altern  spräche  nicht  selten  für 
stählen  gesdiriehen,  vgl.  das. 

STEHLER,  m.,  einer  der  stiehlt,  mhd.  steler  Lexer 
hdwb.  2,  1171:  anclator  .  .  .  steler,  diep,  lecker  Diefen- 
bach  gloss.  84*  (voc.  theut.  Nürnberg  1482);  dieb,  steler, 
für,  lavernio,  latro  Henisch  690,  12;  stcler,  der,  für, 
expilator,  praedo  Stieler  2164;  vgl.:  steler  autem  sive 
Stehler  .  .  ,  est  für  et  praedo  2117  (unter  stäler);  rub- 
batore,  ladro  Kramer  dict.  2,952**;  Stehler  (der,  i.e.  dieb), 
furator  Steinbach  2,  719.  —  stehler  ist  eine  junge  bil- 
düng  für  dieb  {vgl.  stehlen  I,  l  und  II,  l,  b),  gebildet 
als  reimwort  zu  hehler,  mit  dem,  es  in  der  regel  formel- 
haft verbunden  ist,  vgl.  dieses,  th.  4,  II,  787,  mhd.  heisere 
Lexer  hdwb.  i,  1228,  und  J.  Grimm  rechisalferth.*  i,  47. 
'Stehler,  der,  kömmt  nur  noch  in  dem,  Sprichworte  vor: 
der  hehler  ist  wie  der  stehlcr;  sonst  sagt  man  dieb  da- 
für' Braun  orthogr.-gramm.  wb.  (1793)  245*";  cicTWo  Ade- 
lung. —  stehler  kommt  zuerst  im  mhd.  auf,  es  begegnet 
bes.  in  gewissen  sprichwörtliclien  redeweisen:  der  hehler 
ist  so  galt,  als  der  stehler  Butschky  fafhmos  s.  198; 
ebenso  Schuppius  sehr.  224;  der  häler  ist  so  gut,  als 
der  steler,  utrique  fures  sunt,  ei  qui  recipit,  et  qui 
furatur  Stieler  2164,  ebenso  Kramer  dict.  2,  952^; 
Steinbach  2,  719;  Adelung;  luxemb.  wb.  422'»;  hinter 
jenem  ist  der  diebstahl  gefunden  worden  und  du  hast, 
den  diebstahl  gethan  zu  haben,  selbst  bekant.  der  häler 
ist  so  gut,  als  der  stehler  Grimmelshausen  4,  sae,  -.' 
Keller  {Joseph  15);  auch  dän.  bseleren  er  saa  god,  som 
stjseleren,  *.  Molbech^  2,  1006.  es  ist  eben  der  heler 
wie  der  steler  S.  Franck  sprüchic.  i,  70»;  der  h&ler  ist 
wie  der  stAler,  in  einer  straff  und  sünd,  der  räther  alä 
der  th&ter  Guarinonius  grewel  der  verw.  226;  s.  ferner 
L.  Sandrub  hist.  u.  poet.  kurizw.  s.  84  neudr.;  der  hebler 
ist  wie  der  stehler,  ein  dieb  so  gut  als  der  ander  Leu- 
mann 4,  72,  5;  stehler,  ist  um  des  reimens  willen  im 
Sprichwort:  der  hehler  ist  wie 'der  stehler,  für  et  qui 
furtum  tegit  eodem  supplicio  digni  sunt  Frisch  2,828*. 
so  sclion  mhd.: 

beler  sind  steller  das  ist  war 

Lassbbro  liederg.  l,  485,  78; 

lantzwinger  und  heller 
sint  als  boesz  als  die  steler 

da  teufeU  nett  18851  Barock; 

in  dreigliedriger  fortnd:  da  heists,  der  h&ler  und  der 
stehler,  und  der  den  sack  auffhobt,  ist  ein  dieb  wie  der 
ander  Uannhauer  catech.  milch  i,  286;  stcler,  beler  und 
befelhor  sind  drei  diebe  Eiselein  577;  Wandkr  «,  803. 
femer:  der  hehler  ist  fauler  als  der  stehler.  der  hohler 
und  der  stehler  sind  ein  gumpisch  Kirchhopkr  ack\ceix. 
spriUhw.  s.  144;  dann  stiller  und  hfilor'tTbgehn  gleich« 
fÄlcr  Uarg.  s.  43i  neudr.;  daher  der  rechtsgrundsiUs : 

schuldig  Ut  der  solbig  h&ler 
widerkerung  gleich  ditm  stelor 

äCIIWAU/.KMIBRC   (Yc.    110^; 

und  wenn  beerilTen  wirdt  der  heler, 
muaz  biUich  Langen  mit  dorn  slolcr 

U.  ^VALU1^4  Etopu»  1,  00,  SO. 


1773 


STEHLER  -  STEHLEREI 


STEHLEREI  -  STEHLUNG 


1774 


zur  begründting:  wann  kein  hehler  were,  so  were  auch 
kein  stehler,  darumb  seind  sie  gleicher  straff  würdig  Leh- 
mann *,  73,  21;  8.  auch  Ettner  mediz.  maulaffe  273; 
wo  kein  hehler  ist,  da  ist  kein  stehler  Gueintz  deut- 
sche rechtschr.  s.  80;  wäre  der  hehler  nicht,  wäre  der 
stehler  nicht  'weil  der  dieb,  ohne  unterschleif  bey  andern 
zu  finden,  sein  untcesen  nicht  icohl  treiben  kann'  ScHELL- 
HORN  sprichw.  s.  41; 


denn  ohne  hehler  würden  wohl 

der  Stehler  wenig  seyn        Gobkingk  2,  26. 


daher: 


andrerseits: 


der  hehler 
macht  den  stehler 


Wille  »itienl.  113. 


der  heier  wil  tmschuldic  sin, 
s6  den  steler  twinget  pin 

HcGO  V.  Trimbkrg  renner  3970. 

dann  auch  auszerhalb  solcher  fwmeln: 

(quintus  denwn  dicit  .  .  .) 

rauber  und  spiler,  .  .  . 

heier  und  steler,  ... 

die  pring  ich  all  mit  mier  herein 

Erlauer  spiele  4, 100; 

einen  mSrder,  einen  stehler 
einen  Wäscher,  einen  höler  .  .  . 
hat  in  dem  man  zn  erkennen, 
den  man  kan  versoffen  nennen 

LoGAU  1, 10, 11; 

wage  der  gewandte  stehler 
bündnisz  mit  dem  pfiffigen  hehler 

GöTHE  4,289  Weim.; 

wie  weistu,  ob  sie  nicht  vertraute  gesellen  werden,  und 
einander  woU  verstehen:  einer  nemlich  ein  stehler,  und 
der  ander  ein  hehler  Olearius  pers.  baumg.  4*  (l,  5); 
wäre  auf  solche  weise  der  gute  name  geschützter  Juden 
in  Sicherheit  gesetzt  und  würde  darinn  durch  strenge 
gesetze  gegen  verlocker  und  betrüger,  gegen  hehler  und 
stehler,  gegen  zins-,  trödel-  und  betteljuden  erhalten 
Herder  24,  71 ;  wenn  (im  Pendschab)  ein  diebstahl  ge- 
schieht, so  hat  der  zemindar,  in  dessen  gebiet  er  ge- 
schieht, ihn  zu  ersetzen;  denn  man  setzt  voraus,  dasz 
er  der  hehler  des  Stehlers  ist  Ritter  erdkunde^  7,  181, 
äJmlich  auch  14,  924;  glauben  Sie  mir,  die  mutter  würde 
jetzt  ruhig  die  hehlerin  abgeben,  wenn  sie  den  stehler 
aus  dem  inquisitoriat  wieder  zurück  hätte  Gutzkow 
ges.  tcerke  2,  204  (d.  emporblick  5) ;  so  arbeitet  der  kund- 
schafter  dem  dieb,  der  hehler  dem  stehler  selbstst&ndig 
in  die  bände  Riehl  d.  deutsche  arb.  247;  wohin  mit  der 
weit,  wenn  die  stehler  und  hehler  frei  herumlaufen! 
Rosegoer  III  8,  240.  —  selten  dagegen  stehler  ohne 
hehler:  wo  der  mond  in  solche  beGnsterung  geht,  da 
mehren  sich  rauber,  steler  und  dergleichen,  die  des 
andern  gut  ohn  arbeit  begeren  Paracelsus  opera  2, 
648  A ;  Benedict,  die  alberne  sünde  eines  schulknaben, 
der  voller  freuden  über  ein  gefundenes  Vogelnest,  es 
seinem  cameraden  zeigt,  und  dieser  stiehlt's  ihm  weg. 
d.  Pedro,  willst  du  denn  das  zutrauen  zur  sunde  machen? 
die  sünde  ist  beym  stehler  {the  transgression  ia  in  the 
stealer)  Shakesp.  3,  280  {viel  lärm  2,  j) ;  mecklenb.  kinder- 
reim: 

wih  (weihe)  wih  wäderhex, 

de  stähler  kricht  in  'n  laben  nicks 

WossiDLO  voUuüberl.  2, 1146. 

in  andrer  reimbindung  in  Davos,  wo  man  dem  klappern 
der  mühlräder  verse  unterlegt,  die  anfangen: 

miillar,  mahlar,  roggastahlar 

BüHLBR  4,118''.  —  (pleonast.  stehlerdieb,  *.  unter 
Stehldieb.) 

STEHLEREI,  /.,  seltene  abstractbildung  tu  stehlen: 
steinng,  die,  et  das  stelen,  it.  die  stelerey,  rapaeita», 
furacitas,  direptio,  compilatio  Stiel  er  21Gö; 

und  wie  dir  sey  gen  got  misslangen 
an  eeprnch  und  mit  stelerey 

RosENPLlJT  d.  beicM,  s.  fattn.  tp.  1100; 

wovon  wimmelt  denn  der  polizeibericbt?  lauter  stecherei, 
stehlerei,  strikerei,  trunksucbt,  arbeitsscheu  Ilse  Fra- 
PAN  vom  exoig  neuen  228.  —  von  diebstahl  (Jth.  2,  1077/".) 


unterscheidet  sich  stehlerei  durch  den  iterativen  sinn; 
doch  auch  im  plur.,  von  den  einzelnen  fällen,  den  feh- 
lenden pl.  von  diebstahl  ersetzend:  der  könig  hatt  .  .  . 
gelt  gelehnt,  wo  zu  die  minister  praff  geholffen,  den 
wo  der  könig  einen  heller  gezogen,  da  haben  sie  .  .  . 
pistollen  bekommen,  undt  durch  ihr  schelmereyen  undt 
stehlereyen,  den  könig  undt  königreich  arm  .  . .  gemacht 
Elisab.  Charlotte  i,  250  (17.  oct.  1717). 
STEHLERHAFT,  adj.,  s.  stehlerisch. 
STEHLERIN,  /.,  foemina  rapax,  milvinis ,  vel  aqui- 
Unis  unguibus  foemina  Stieler  2164:  dau  schlechtes 
mensch,  dau  stehlerin,  dau  —  Gl.  Viebig  kinder  der 
Eifel  127  (am  Totenmaar). 

STEHLERISCH,  adj.:  steierisch,  et  steücht,  adj.  et 
adv.  furtivus,  furtificus,  et  furtim,  diciiur  etiam  steler- 
haft,  et  stelhaft,  furax.  rapax,  et  furaciter.  steierisches 
gesinde,  praedonum  caterva,  manipulus  furtim  Stieler 
2165;  stelisch,  steierisch,  stelhaft,  adj.:  furace.  rubbace, 
dato,  soggetto,  inclinato  al  rubbare.  v.  diebisch  Kramer 
dict.  2,  952*>;  danach  Campe;  'besser:  diebisch'  HeinsiüS 
4,  768*». 

STEHLEÜCHTER,  m.,  zum  uvf erschied  von  wand-  und 
hängeleuchter,  vgl.  Stehlampe,  und  standleuchter,  *p.  778. 
im  Seewesen  eine  elektrische  lampe,  die  durch  eine  beweg' 
liehe  leitung  mit  dem  netz  verbunden  ist  und  zur  beleuch- 
iung  von  kajüten  und  tischen  dient   Stenzel  401». 

STEHLGOTT,  m.:  die  sonne  (Apollo)  .  .  .  nebst  ihrer 
kammerfrau,  der  Venus,  und  dem  kammerdiener  Mer- 
kur —  dem  kauf-  und  stehlgott  —  beherrschen  die  weib- 
liche weit  J.  Paul  5  (grönl.  proc.  i),  97. 

STEHLHAFT,  adj.,  s.  stehlerisch;  seltene  bildung:  er 
hat  stelhafte  (steierische)  klauen,  egli  ha  le  unghie  un- 
cinate,  fatti  ä  uncino.  stelhaftes,  steierisches  gesinde 
etc.  famiglia  etc.  furace,  ladro,  ladronesca.  v.  diebes-  etc. 
Kramer  dict.  2,  gss''.  —  mW.  stelehaft  ünmal  in  pas- 
sivem sinne  (gestohlen?)  bei  Wolfram  Tit.  95,  4. 

STEHLICHT,  adj.,  s.  stehlerisch :  stelichte  diebsklanen. 
manus  rapaces,  furaces  ungulae  Stieler  2165.  dafür 
femer.  ebenfalls  selten  und  veraltet,  stelig,  diebisch 
furax  Dastpodius  433»;  furax  diebisch,  stelig  Schöp- 
fer synon.  (I550)  h  4**;  diebisch,  stälig,  zö  st&len  ge- 
neigt, stälens  geartet  Frisius  595'»;  furax  Maalsr 
883"  (also  nur  im  16.  jahrh.  bezeugt)  und  st  eh  lisch: 
furax,  diebisch,  stelisch  Apherdianus  meth.  dise. 
(1601)  223;  stelisch,  diebisch,  furace.  inclinato  ä  rubbare 
HoLSiüS  (1657)  238'»;  Kramer  dict.  2,  952'»,  *.  unter 
stehlerisch. 

STERLINGS,  adv.,  in  der  Oberlausitz,  verstohlener 
weise,  hinter  jemandes  rücken :  einem  stehlings  etwas 
nehmen,  so  dasz  er  es  nicht  merkt  Anton  13,  7,  ähnlidi 
eimbr.  stolenge,  'furtivamente .  oecultaTnente'  eimbr.  wb. 
174». 

STEHLISCH,  adj..  s.  stehlerisch  und  stehlicht 
STEHLKÜNST,  /..  arte  di  rubbare.  mariuoleria  Kra- 
mer dict.  2,  952'':  nachdem  ich  von  diesem  gutthätigen 
weib  abschied  genommen,  urtheilte  ich,  die  stehlkanst 
möchte  wol  unter  die  freye  künste  mit  gerechnet  wer- 
den Jan  Perus  198. 

STEHLSACK,  m..  sacco  da  rubbare  Kramer  dict.  S,. 
952". 

STEHLSUCHT,  /..  furacitas  Steinbach  2,  767,  die- 
bische &xi,  furacitets  Frisch  2,328*:  Stehlsucht  ist  ihnen 
(den  Kirgisen)  allen  eigen;  und  der  pferdediebstahl  . .  . 
ist  ihnen  höchst  verführerisch  Ritter  erdkunde^  2,  778; 
andere  ('za/inschnübler')  entfernen  sich  auf  hohe  thürme 
oder  felsen,  gleichsam  als  wenn  sie  wegen  ihrer  stehl- 
und  raubsucht  kein  gutes  gewissen  hätten,  es  sind  die 
grasmücken  Oken  7,  15.  auch  bezeichnung  einer  krank- 
haften anläge,  kleptomanie. 

STEHLUNG,  /.,  ungewöhnliche  bildung;  vgl.  stehlerei 
Stieler  2166;  stelung,  /.,  rubbamento,  involamento,  rub- 
beria  Kramer  dict.  8,952'';  stehlung  furatio  Steinbach 
8, 719 :  stehlung  der  menschen  (geübt  von  wassermenschen) 
Prätorius  Anthropodemus  Pluton.  (I666)  2,  103;  was  be- 
trifft die  raabung  oder  stehlung  allerhand  guter  Blocket- 
berge»  verrichtrtng  (1668)  I48, 


1775 


STEHMANN  -  STEHPULT 


STEHPULT  -  STEHÜHB 


1776 


STEHMANN,  m..  in  der  apricitwörtl.  redetceiae:  Steh- 
m&nn  hat  Sitzmanns  händel  nicht  zu  schlichten  Wan- 
der 4,804.  sonst  begegnet  nur  das  demin.  stehmänn- 
chen,  n.,  in  demselben  sinne  vrie  stehauf,  s.  das.  (l), 
«p.  is94/.;Campe;  Heinsius  4,768'»;  in  I>ti>rty  Albrecht 
216  •>.  auch  bei  Pansner  schimpf xoörterh.  (l8S9)  66**,  vgl. 
unter  stehauf  l,  b.  auf  menschen  übertragen  auch  österr.: 
und  weil  er  nie  gefallen  und  nimmer  auf  dem  boden 
ist  gelegen,  so  haben  sie  ihn  das  stehmandel  ge- 
heiszen  Rosegger  Schriften  lO,  103. 

STEHMASCHINE,  /. ;  viele  eitern  erziehen  die  kinder 
nur  für  die  eitern,  nämlich  zu  schönen  stehmaschinen, 
zu  seelen-weckern,  welche  man  so  lange  nicht  auf  das 
rollen  und  tönen  stellet,  als  man  rahe  begehrt  J.  Paul 
36  {Levaixa  l),  SS. 

STEHMESSEH,  n.:  mann  in  höchster  wat  .  .  .  zieht 
ein  Stehmesser  aus  der  hintertasche  Schönherr  weibs- 
tevfel  65. 

STEHMUT,  m..-  naeh  Tacitus  aber  bezeugt  Schnellig- 
keit furcht,  zauderang  steh-mutb  und  halt  J.  Paul  ss 
{dämuneruiigen  f.  D.),  29  {mit  der  anm.:  'veloeitas  juxia 
formidinem.  cunetfiiio  propior  constantiae  est'  {Germ,, 
c.  80]) ,  s.  auch  zeitschr.  f.  d.  worif.  lO,  83.  vgl.  stand- 
mut,  sp.  779. 

STEHNEN,  verb.,  vereinzelt  als  nebenförm  zu  stöhnen, 
vgl.  das..  s.  femer  stenen. 

STEHNIG,  adj.,  begegnet  vereinzelt  im  sinne  von  stehend, 
wie  eine  adjectivitche  Weiterbildung,  vgl.  stehendig:  in- 
maszen  nicht  allein  itzund  und  diese  stunde  ein  sol- 
cher steinharter  hirscb  .  .  .  stehet  und  wer  weisz  wie 
lange  gestanden!  sondern  auch  angeregter  rittermäszi- 
ger  knappe  zusampt  seinen  knappen-rappen  auf  stehniger 
st&te  stehend  worden  Fleming  647,  16  Lappenberg  {die 
müUerinstimme  ll).  als  ausdruek  des  bergwesens,  vgl. 
stehend  8,  c  und  stehngen  bei  Jacobsson  7,  431  •.  nd. 
(südJiannov.)  m,it  abweichender  bedeutung:  st&nig  hoch- 
ragend, hochstämmig,  von  bäumen  Schambach  208*; 
thür.  als  sdenening,  Sdiniy  Hertel  sprachsch.  234.  — 
ebenda  auch  ein  adv.  stehning  im  stehen,  so  mansfeld. 
stinink,  erfurt.  stinöng  Jecht  108'»,  eichafeld.  stenink 
Hentrich  16.  —  dafür  vereinzelt  in  der  altem  spräche: 
der  keyser  masz  stebnlingen  sterben  {stantem  mori 
oportere)  Polychorius  Sueton  (1536)  82''  bei  Gombert 
5,  20;  vgl.  ständling,  *p.  778.  —  stehnung,/.,  «.  stehung. 

STEHPARTERRE,  n.,  parterre  im  theater  mit  steh- 
plätten: die  beifallsspenden  gingen  vom  steh  •  parterre 
aas,  in  welchem  gebildete  theaterfreunde  aller  stände 
sich  zu  versammeln  pflegten  Holtei  erzähl,  sehr.  37, 
215;  1765  wurde  (in  Hamburg)  die  oper  abgebrochen  und 
an  der  gleichen  stelle  rasch  ein  .  .  .  Schauspielhaus  mit 
zwei  rängen  und  einem  stehparlerre  .  .  .  errichtet  £. 
Schmidt  Lessing*  1,666.  —  stehpause,  /..-  manchmal 
treffen  wir  uns  auch  auf  der  landstrasze,  wo  sie  immer 
gern  eine  stehpause  macht  und  plaudert  A.  Croissant- 
RuST  arche  Noah  5;  so  wanderten  wir  selbander  durch 
die  nächtigen  straszen  Münchens  der  Ibsenschen  he- 
Kausung  zu  mit  vielen  stehpausen  Lothar  U.  Ibsen 
1S9.  —  Stehplatz,  m..  platz  ohne  Sitzgelegenheit  für 
Zuschauer  im  theater,  bei  festen  u.  ähnl.  Weigand^  2, 
806:  der  bOrsaal  .  .  .  war  unverändert  derselbe  geblie- 
ben .  .  .  dazu  war  er  gedrängt  voll,  die  Sitzplätze  ge- 
preszt  und  die  Stehplätze  geengt  Jahn  uierke  9,  2W  Euler; 
er  hatte  aber  doch  nur  einen  Stehplatz  gewinnen  können 
Immermann  i8,  185  Hempel;  ich  tröstete  mich  mit  der 
neuen  einrichtung,  welche  ich  durchgesetzt  hatte:  es 
gibt  keine  stehplltze  Laube  ausgew.  icerke  l,  81  (d.  Wie- 
ner stadik.  4); 

eio  r&ModM  nlicbtar  schwillt  im  kreia« 

und  pflanzt  sich  bis  znm  letzten  ttehplmlx  fort 

LII.IENCRON  11,897  {Pogg/r.  11). 

STEHPULT,  n.  'ein  pult,  an  welchem  man  steheiul  ar- 
beitet, lieset  oder  schreibet'  Campe:  dorthin  habe  ich  drey 
Stehpulte  bestellt  worauf  die  folianten  . . .  ausgelegt  wer- 
den können  üOthk  bri^e  80,  190,  18  (18.  april  1818);  wel- 
eh«  (reude  war  et,  als  Vosz  in  ein  Stehpult  seine  pa- 
piM»  einräumte!  Ernbstinb  Voss  frei  Sau  kr  GOtiinger 
diekterb.  i,  s.  clx;  «r  konnte  an  dem  Stehpulte  stehen, 


das  so  eingerichtet  war,  dasz  man  es  höher  und  nie- 
driger schrauben  konnte,  damit  er  sich,  wenn  er  genug 
gestanden  war,  auch  davor  niedersetzen  könnte  Stifter 
ausgew.  tcerke  4,  8  Fürst  {d.  xcaldsteig  is);  ehe  sie  sich 
dessen  versah,  stand  sie  an  dem  Stehpulte  and  schrieb 
ihren  brief  G.  Keller  7,  70. 

STEHPUNKT,  m.,  s.  Zelter  an  Göthe  7.  man  1817 
{briefw.  2,  898).  heute  sagt  man:  die  sache  ist  auf  dem 
Stehpunkt  angelangt. 

STEHR,  m.,  Schafbock,  s.  ster. 

STEHR,  /..  *.  stör. 

STEHRAHMEN,  m.,  bilderrahmen  zum  aufstellen:  sie 
.  .  .  nahm  nun  ein  kleines  bild  in  blankem  stehrahmen 
von  der  .  .  .  kommode  Frenssen  Kl. H.Baas  670.  auch 
im  dem.:  Wanda  .  .  .  war  an  ihren  Schreibtisch  getre- 
ten; dort  standen  einige  Photographien  in  stehrähm- 
chen  WiLBRANDT  feuerblumen*  121.  —  steh  ringen, 
n.,  ringkampf  im  stehefn :  der  rung  darf  beim  liegeringen 
nicht  zu  lange  dauern,  beim  stehringen  kann  er  länger 
sein  Jahn  tcerke  2,  84  Euler.  —  stehruder,  n..-  Mar- 
tin .  .  ,  der  im  hinterteil  stand  .  .  .  und  die  stehruder 
kreuzte  Zahn  Lukas  Hochstraszer  76.  —  stehsalat, 
»1.,  süddeutsche  bezeichnung  für  selleriesalat.  —  steb- 
schoppen,  m.,  vgl.  stehseidel.  ganz  gewöhnliches  wort, 
auch  übertragen:  'noch  einen  stehschoppen  (stehseidel) 
trinken'  in  eile  einen  genusz  mitn^men  Wander  4,  80t. 

—  stehschwung,  m.,  als  turnausdruck:  am  reck 
wurden  folgende  hauptUbungen  erfunden:  die  bauch- 
feige  vor-  und  rückwärts,  der  stehschwung  und  der 
unterschwung  Jahn  2,  *.  VII  Euler.  —  stehseidel,  n. 
'glas  bier,  das  man  schnell  im  stellen  leert'  Albrecht 
217».  MOller-Fraureüth  2,  658»,  attch  bei  Gombert 
8,  2  (1878)  erwäfint:  singend  waren  sie  (ausflügler)  an- 
gekommen, sijigeud  fuhren  sie  nach  einem  hastigen 
'stehseidel'  weiter  G.  Falke  aus  dem  durclischnitt  41. 
in  der  Umgangssprache  ganz  geläufig.  —  stehsitz,  m. 
scherzhafte  bildung:  während  dieses  Selbstgesprächs  war 
er  langsam  herabgestiegen  und  hatte  seinen  'stehsitz' 
am  prcllstein  des  hausthores  wieder  eingenommen. 
.  .  .  von  welchem  er,  halb  sitzend,  halb  stehend,  den 
marktplatz  .  .  .  nachdenklich  betrachtete  Holtei  erzähl 
scJir.  24,  11.  berl.  für  Stehplatz  Meyek6  118''.  —  steh- 
spiegel,  m.,  Spiegel,  der  in  einem  gesteh  aufgestellt  ist, 
zum  unterschied  vom  hängenden  Wandspiegel  u.  s.  u:: 
auf  der  seite  rechts  ein  fortepiano,  links  ein  stehspiegel 
DeiniiauüSTu:in  dram.  werke  1,  6  {liebe  und  liebelei  1,  i, 
bühnenanw.);  er  liesz  einen  groszen  stehspiegel  in  das- 
selbe {toohnzimpier)  tragen  und  betrachtete  seine  gestalt 
Stifter  ausgew.  werke  4,  10  tHirst  {waldsteig  16);  diese 
.  .  .  trat  noch  an  einen  groszen  stehspiegel  heran  und 
liesz  .  ,  .  einen  grünseidenen  Vorhang  über  den  trumeau 
herabrollen  Fontane  l,  221  {vor  d.  stürm  ib);  auch  2, 
28;  2,  114;  5,  808;  wenn  sie  sich  vor  den  alten  steh- 
spiegel stellte,  .  .  .  besah  sie  sich  zuletzt  immer  im  pro- 
fil  nachlasz  4.  —  stehspind.  n..-  man  erzählt,  er  {John 
Clinton)  habe  ein  groszes  stehspind  in  einem  hausflur 
gemiethet  und  sich  in  dieser  behausung  ein  nachtlagei 
zareoht  gemacht  H.  Marooraff  bücher  u.  menschen 
(1887)  10.  —  stehstätig,  adj.,  s.  stätig  6  zu  ende.  sp.  98«. 

—  stehstoffel,  m.,  in  der  Göttinger  gegend,  nd.  StA- 
Stoffel  'eine  fingierte  person,  die  sich  nicht  von  der  stelle 
bewegt',  tantlustige  mädchen.  die  keinen  tänter  bekom 
men  haben,  antnoorten  auf  die  frage  med  wKne  he8t«n 
'danzet?  —  med  St&stoffel  un  Wandhans.  Schambach 
t06;  Hoffmann  v.  Fallerslbben  in  Waonbrs  arckiv 
876,  vgl.  nd.  korrespondembl.  18,69.  —  stehstuhl,  •».. 
worin  kinder  stehen  lernen  {T).  Vogtland.  idYaidül  Gbrbb-i 
§  116  A,  8;  195, 1.  —  stchsuppe, /..-  no  heut  früh  bat  ■' 
mir  ohne  'grUsz  gott'  und  'gut'n  moring'  mein'  ttoh- 
supp'  nur  so  zug'schob'n  Anzengruber  '6,  I6<  (ürreufW- 
schreiber  8,  8).  vgl.  stehend  1,  e  ru  ende. 

STEHUHR, /.,  v^^  Standuhr,  »p.  788:  im  hausflur,  ux 
dem  eine  stehuhr  laut  und  langsam  tickte  M.  Dieh.s 
Jos.  Kippen  i;  eine  kleine  blanke  stehuhr  aus  glaa 
und  messing  Hbssb  Rouhalde  960. 


i 


0 


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BWE^NG  DEFT 


JÜ'N  1 


i960 


PF 

3625 

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Bd.  10 

Abt.2 

T.l 


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