T
DEUTSCHES
WÖRTERBUCH
ZEHNTER BAND
n. ABTEILUNG I.TEIL
II
DEUTSCHES
WÖRTERBUCH
VON
JACOB GRIMM UND WILHELM GRIMM
ZEHNTER BAND
n. ABTEILUNG I.TEIL
S FRECHER— STEHUHR
Bearbeitet von M. Heyne, Br. Crome, H. Meyer, H. Seedorf
LEIPZIG
VERLAG VON S. HIRZEL
1919
« ♦
:S V.
a
f(
^1
Mhz
LIBRARY
722S54 .
UNIVERSITY OF TORONTO
SPRECHER
SPRECHER
SPRECHER, m. dir da fpricht, im Hnielnen falle oder getrerbs-
ninssig. eine ältere, gleichbedeutende bildurtg in ags. spreca rat-
geber. Bosworth-Toller <i04' (jettt engl. Speaker), altfries. in
forspreka (tereimelt forspreker). Richthofen 753', alid. sprehho
(eono sprehho, legum lator, dazu bisprehho, furisprehho, ziii-
sprehho bifarius). LJraff G, 389; doch übertriegt hier schon die
später im deutschen alleinherrschende ableilung sprebhari, -ere,
Sprechare locutor, ecclesiastes, cnncionator (dazu kasprehhari.
bisprecliare. fersprechare). ebenda; mhd. sprechaere. sprechen
Le^er Aaniirft. 2, 1 1 1 1 , mnd. spieker Schiller -l.fBBE!« 4, 344',
ehevfn mnl. hoU. aus lebenden mundarten selten bezeugt: bair.
Sprech» , demin. spn'chrf'] Sch«. 2,699; ostfrits. sprekcr, spräker
fEN DooRKkAAT KtiuLMAS 3, 2SS'. rj/. Weigasd 2, 775. Sprecher
ist nicht übermäszig häufig und begegnet meist in specielleren
bedeulungen; ausierdem in Zusammensetzungen (nach Adelgng
käme es für sich allein nur in der bedeutung 4, 6 vor).
1) der im einseinen falle spricht: Sprecher, der, et sprecherinn,
die, mos, et foemina loquens. Stieleb 2100; dicens Stei^bach
2,639; zum sechsten wird gesagt {Marc. 14,22): 'und spricht.'
:iuf diesen Sprecher sott du sehen, liehe seele, und hören
auf sein wort, und glauben, was er saget. Möller erkl. der
erang. (1729) 30'.t'; der Sprecher brachte nicht etwa g.inze
reihen neuer töne Tor, ... sondern die ausdrücke kareen im
fluss der rede einzeln vor. ... aller äugen und ehren sind
auf den redner geridilet. Fichte 8, 317; Ingo sah finster auf
den Sprecher. Frettag ahnen 1,29; plötzlich hielt der Sprecher,
der in eine sanfte erregung geraten war, wi« erschreckt ione.
Keller 5, 56;
nichts ist verdrieszlicher, als einen Sprecher hören,
der selbst nicht recht weisz. was er spricht I
Glbim 5.343;
jedem Sprecher fehlt die spräche,
fehlt dem hörenden das olir.
Grillparzer* 6, l:<4 (der träum ein leben 1).
2) der viel, gern, häußg oder gut, fliesiend spricht; mit ad-
jecttren. so besonders ein grosser Sprecher, un grand' oratore.
Kraher diel, i, 878';
du weisst. mein schätz, ich bin kein grosser Sprecher.
WiELAN» 4, 184 [Am. 8, 19).
sprichwörtlich: grosse Sprecher sind nicht immer grosse tbüter.
Wander 4, 743, 2. ferner:
wen ärgpris nicht, wenn nur gestimmt auf eitle pracht,
mit Schulgelehrsamkeit, die keine wärme macht,
80 ktihne sprechen oft in hohem sinne prange«.
WiTHor bW Ki?iDiRLi!«6 427;
jene menschen sind toll, so sagt ihr tod heftigen Sprechern,
die wir in Frankreich laut hören auf siraszen und markt.
GöTHi I, 3t>4 (epigr. 57);
ihr seid mir ancli der rechte Sprecher
und wohl ein unerfahrner Schacher. Tiici 1, IOC.
vgl. bair. 'mensch, der gerne das grosze wort führt', Schm. 2, 699.
3) der berufs- oder getrerbsmdsiig spricht; so im spätem mittel-
alter und noch nhd. beseichnung des sptelmanns, der gedichte,
eigene oder fremde, vorträgt, recitiert, rgl. Spruchsprecher und
mhd. nb. 2, 2. b3Z' f. Leser handirb. 2, im. Wachermagel gesch.
der d. //«.'■' 1, 149. 2, 4t. Sch». 2, 699^. Schmiht bist. wb. der eis.
mundart 334*. Kehrein 1,384 C^deklamator, gelegenheitsdichter',
veraltet). Gödeke Gengenbach s. 557, anm. K. Eülisc Studien über
Heinr. Kaufringer (l9'>o) s. 102 /f. 120 /f..' ganeo . . . hd. sprechen;
lietsprecher. Dief. gloss. 257' ; histrio . . . sprecher vel herolt. 279*;
spr'icher, ;ils der ein geschieht oder gedieht spricht, pro~
nuntiotor. Maaler 381*; unter diesem sprecher wird verstanden,
ein reim-sprecher, s. oben reim- oder spruch-sprecher. wie
noch bey den handwerken in Nürnberg bey den hochzeiten
und andern zusammenkünfTten ein solcher noch sogenanter
spruch-sprecher ist, der mit seinen albern reimen den gasten
aufwartet. Frisch 2, 3(i6'; von den sechs Sprechern, di uff
meislersrhaft lichten in lanigravin Hermans hofe. Könir9, 6;
ilem einem sprecher. des von Rosenberg knecht, geheii
1 scbnckch gnoschen. quelle vom j. 13»9 bei Eulimc a.a.O. s. 120;
en {kaiser Heinrich III.) traib von seinen hoff die Sprecher,
geyper. und alle spilllcwt, und gab sein gut mildiglichen den
armen lewlen. Gregor Hagen bei I'ez script. rer. i4'/»(r. 1,1060,
tgl. Wackerwagel a.a.O. 1,149,17; so dasz dawaren fünfte-
halp hondert farender lüde, so spellude, pifer, dromper,
spredier unde farender scholer. Limb, chron. 93, 29 U'i/sj (f.2t»0);
unde alle spillewip sprecher seiiger unde germden die liess
her weissen uss seyrae houfe. Rotbe dür. chron. 265 (vgl. Germ.
X. 2.
5, 244); in dissenn louften was so balde in der sfad ErfFiirlhe
ein fromder persofant, ein sprecher, der maclitess balde ein
getichte vonn den berurlen geschiebten und mit namenn das
die vonn Erffurthe Wassinburg gewunnen hatten (i45i). zeitschr.
f. d. alterth. 8,470; nun nym herfür die ersten, die allain gutes
von dem herren sprerihent das ihund ctwann die heroldt unnd
die Sprecher, dieselben leüt, als die konien für ainen grossen
herren, so fahend sy an und machen aynen sprucli damit
sy den herren loben, sy sagent von dem grossen adel seines
Slams u. s. r. Keisersberg pred. (1510)32'; es kam ein sprechen,
ein abenthüren einmal uf des ammeistens stuben und woll
da essen. evjngeL (1517) 4S' {vgl. Frisch 2,306'); gauckler.
Sprecher und Springer . . . sein gern bei den forsten. ufT den
Stuben, da sie ir abenthür treiben. brOs. i, 40' 6« Cb. Schmidt
htst. vb. der eis. mundart 334'; kumpt ein pfififer, ein sprecher.
ein gauckler, ein foglen du fnagest yn nfll, du gib[s]t im das
en begenet. narrenfch. (152) 130'; also thönt ettwan die walhen
oder die spnechen, die sagen da hen sprüch und neimen, die
anden gemacht haben, die sie nit verstond. 155*; unns ist
zumermalen angelanngt, wie gemaine unnser landschaEfl aller
slennd, durch die singer, pfeiffer, lautenschlaher, geyger,
Sprecher, schalksznarrnn und annder spilleüt und hofirer, in
jren hettsern, auch in den herbergen vilfelligklich unnd täg-
lich uberlaufifenn (werden), landpot in Obern «. Sidern Bairn
(1516) 15'; und begab sich uff ein mal. das ein sprechen ein
göt gesel benachtet, uud kam an das kloster in dem winter,
und begcrt herbcrg. Pauli schimpf u. ernst s. 51 Osterley (e. 6«);
und es kam uff ein zeit ein abenthürer oder ein sprecher
über des keisers Vespasianus tisch, da er mit dem fürsten
asz, und macht ein Spruch also, das er alle die berfiret in
seinen reimen und spnüchen die da mit dem keisen Vespasiano
zfl tisch Sassen, und einem ieglichen hennen sagt en etwas,
als dan semliche spnecher wol künnen. 128 (c. 189); es was
ein statt die het einem sprecher ein rock geben von inen
färb. 241 (c. 396); eins mals begab sich zuo Straszburg anff
des ammeysters stuben, die weil mann noch lange tisch
braucht, das ein sprecher kam. und den bengel mit seinen
Sprüchen lang übt. 411 (1533, nr. .mj9); am ersten, da eriAlexander
Severus) ins regiment trat, schuef er ab dem kaiserlichen hof
all schalknarren und suppenfresser, ... alle freihaiter. alle
Sprecher. Avemiü cÄron. l, 912, 18; nachdem unser under-
tanen ain zait her mit den vergebenen, unnotdurfftigen per-
sonen, als Sprechern, gemeinen singern, und hofierem, leyrern,
unnd andern undüchtigen saytenspielern ... beschwaert worden
sein. Tyroler landsordn. (1603?) 7,6 6« Scherz-Oberlin i.>42,
vgl. Schöpf 692; als nun Fortunafus bey andern herren zu
tisch sasz, kamen manchenley spnecher und spilleüt fün den
hennen tisch kuntzweil zu machen, auff dasz sie geld ver-
dieneten. Fortun. D%';
dar nach sach man für gän
zw£ne wol singende man,
iwene guote sprechtere.
Laurin 1047 Miillenh. (sing«re 1033 Holz);
'nacht enkain spilman han?'
der tOfel sprach mit lachendem mund :
'so varend si all in minen slund . . .
Sprecher und och göugler
sind mir allsamend nit unmcr.
lies leufeix nett 11978;
Sprecher, scheller und varend lüt
siekend recht in aiiir hüu i;(340:
herolden. sprecher, partzifand.
die sirofTten ettwami öfTlich schand
und hatten dar durch ereo vil.
Braut nnrimsch. 63,55;
aiifT ein abent ein sprecher kam
der im kloster auch herberg na'ro. H. Sachs 2,4.125';
da kam ein sprecher. der wolt sprechen
den gsellen ein spruch allensand
der trug ein lotterholiz in der hand. 4. 3, 58*;
vil mehr sol das ein sprecher thon
der umb sein gsprech nimpt seinen lohn
und wil bey den leuieii hofliren
der sol sein sprüch fein höl'lich zieren
mit Spot und höhn gar niemanii stechen
sonder er sol den leuten sprechen
geistlich und auch weltlich hisiori
und was dienet zu gottes glori
lu lehr dem aller uud der jiigendt
loben uud preisen gute tugeodt
und all Unzucht und iaster lebenden. 69*;
1
SPRECHER
SPRECHEREI — SPRECHKLASSE
iw Straspurg nrar ein »preclier. . . .
keiner war im sunsi gleich
mit spreclien oder «Ingen.
22, 416 r.öiie. vgl. ged. 5. 384*.
in neuerer leit rereinteü dichterisch in freierem sinne:
sinil die gisie vcrsammlei: so ISsri die liarfe sich hören,
situ iler richier, fo iiiit redner und Sprecher Tor ihn.
Griechenland ist lirisnmmen : cl» singen dichter.
llEaPKii ilt. LS!» Siiiihan ('iliif innere Olympia');
wer in iinserm guten Oentschland »precher will und dichter
sein. Gbibrl 1, 2I&.
retüotr.r: wenn ein •»ünger oder Sprecher sicli neiszig den
mund und die zühne verinitieist . . . wassiTS reinigt, . . . und
die zunge lleiszig im sprechen übt. Zelter an Gi<the l, 93.
4) auch son^t steht Sprecher metst in emem prdgnnntfren und
offieifUeren sinne, theih lur beieichnung eines dauernden nmtes,
theüs in beiug auf einen einzelnen fall.
a) der für eine gesamlheit das «ort führt {so jetzt am gewöhn-
lichsten): die esel beklagten sich bey dein Zeus ... mein
geschiipf, antworlele Zens ihrem Sprecher. Lessing 1, 146
^fah. 2, 10); hier erinnere ich mich an den Sprecher des schwe-
dischen banrenstandes, als Christina abdankte: 'bleibt doch
im karren, gute frau'. J. t. MClier U, t!0»;
kommt! dnhey bleibt'»! schlagt nlle einl
Piccolomini soll unser .«precher seyn.
.Schiller fi, 50 (U'()//(>niteiiis lager II);
billig wird mit einem becher
dieser waclsre mann beschenkt:
weil er, als des lamles Sprecher,
klaren wrjn hat eingeschenkt.
Ubland ged. I, 400 ScIimiiH-llaitmann (inschr, ouf
i(em nöhlingrr ehrenbecher fiir Mb. Schiitl)-
(iherhnvpt, der eine rerh/tndlung führt: auch ich habe einen
boten zutnRatiz/u senden in geschäflen des Frankenkönigs. ...
du aber wirst der Sprecher sein um den loskauf. Kreytac
thnen I, 319.
b) früher aU technischer ausdruck für den Präsidenten des
enißischen unlerhiuses: Sprecher, oratenr. ein zeitiings-wort
aas dem englischen staats-rccht. wenn ein neues parlament
beruffen worden, erscheint der ki.nig mit gewühnlicheni ge-
präng in dem nberhause, laszt das Unterhaus berzurulTeo, und
gibt ihm hefehl, einen Speaker, oder Sprecher, zu wählen. . . .
das aml des Sprechers bestehet darin. Hasz er das directoriiim
in der Versammlung führet, den Vortrag thul, erlaubnisz zu
reden gibt, die stimmen einnimmt, und im numen des hauses
das wort führet. JARionsm 74l'; Sprecher (der) dicens, orator
curia« regni britannici. Steikraci 2, 63t); 5. auch Frisch 2,306*.
Adklokc.
e) ähnlich vereinjelt in neuerer zeit für ein amt in vereinen.
beim Schützenfest: denn plötzlich stellte sirli die Wahrheit
heraus, dasz zu einer fabne ein Sprecher gehöre, wenn man
mit derselben aufziehen wolle. Killer 6,307. ebenso vom Vor-
sitzenden der frankfurter 'turngemeinde' , und wol auch in andern
lumrereinen.
d) der ror gerickl für einen spricht, veraltet, s. Brünner
d. reckttgesch. IfWJ; freier: wie kann man also wohl sichrer
hierbey gehen, als dasz man Jeden von diesen (heilen höret . .?
zum guten glücke finde ich, so wohl hier als da, zwey Sprecher,
an deren geschicklicbkeit es waiirhaftig nicht liegt, wenn sie
nicht beyde recht haben. Lessing 4, lll. fürtpreeher:
sie hat die kindlein dort als ihre Sprecher.
Tue» l,l«-2.
e) in der iUem spräche auch für den riehter oder schiedz-
monn, vgl. sprechen tt,o, atbüer : dariimb haben wir beyder-
«eit erkoren ... zu einen schiedmann und Sprecher. . . . und
ick gib dem obgen. schiedmann des zusprechen und zu
«ckeiden «ollen gewalt. t/rlr. ton I3.s» bei Haltaus n09;
ibunt alles Tcrspolten. und verlachen,
•eiad aadier und »precher in eignen sachen.
FlscMtar ilidii. 2 377 hui t (•!. i/rl. il. verk. 1782).
f) fkr ein omt <in altgerman. fiirüenhöfen: iler Sprecher trat
krran« und lud ihn mit feierlichem griisz vor den lierreiisitz.
FaHTTAC ahnen I, 18; der fürst stand «nr dem hetrenhaiise
und empflng dort die edlen und die freien haiieni, welche ...
•« feAffnelcn Ibor foo Hildebrand, dem tprerlier, begrüszt
»itrileii. U.
%) ßr i*% ttMr: lUar, starl oder «precher, ist ein be-
hannler *agrl, welcher zur ahendszeit, nachdem er seinen
gr<ang vollbracht, tcbwarmweitz in das gemhre fallet. ÜRerK
wMrti. )4ttT tU^.
6) sonst in freier Übertragung: triff nicht allein contorn und
färbe; sey auch vorzüglich genau bey äugen und mund: denn
sie sind die lautesten Sprecher der seele. Kretscbxamn 5,369;
man inusz die dinge im ganzen und groszen anschauen und
anzuschauen geben, und die phantnsie musz der Sprecher
sein. Li'OwiG 5, 464.
SPHEtJHEHEI, f dicendi ars Steinhach 2.640 {als erschlossenes
stammteort), 'das sprechen, wie auch etwas gesprochenes, in an-
sehung der art und weise und in verächtlirhem sinne'. Campe:
er . . . suchte den sak seiner rede kunst hervor. ... ich war
diser sprecherey (der complimente des schnfers) fast überdrüssig.
J. SCHwiGER Cynthia (IWiO) B 3*.
SPHECHERilEWICHT, n. die dem redner eigne gewichtigkeit,
würde, vgl. Campe:
doch siehe! da stehet ein winziger wicht,
ein Zwerglein so zierlich mit nmpelen-licht,
mit redner-gebärden und sprechcrgewichi.
GöTHE I, tn«.
SPRECHERIN, f. quae dicit. Steinbach 2, 64o, vgl. Stieieb
unter Sprecher i. so zunächst: eben wollte ein giftiges worl
den lippen der Sprecherin entgleiten. Heiib 4, 4«*0 Elfter; und
nun begann die Sprecherin in ihrer angenommenen rolle die
neue läge mit den heilsten färben auszumalen. Möriek erz. 331;
bleibt, ihr geheimniszvolleii Sprecherinnen,
und sagt nur mulii ! Schiller 13, {^ (Mach, t, 5).
freiwerberin : der arme schelm hat nicht herz zu einer liebcs-
erklärung gehabt, und sie zu seiner sprecherinn auserkohren.
Hamburg, theoter l (1778), 4, 61. freier: die neuere tragüdie,
wenn sie gleich ihren bogen nicht so scharf spannen und
ihre käule so rasch schwingen kann, als die alte, hat dennoch
mit ihr einerlei endzweck. sie spricht zum innersten gc-
fühl . . . des menschen. . . . beide sind Sprecherinnen vor dem
erhabensten richterstuhl unsres geschlechts, vor der humanitat
selbst. Herder t7, 184 Suphan (human, br. 37); naiur! du bist
die sprecherinn gottes. den. bei Lavater handhibl. 1790, 4, 73
und Campe.
SPRECHERSCHAFT, f.: es ist das auflodernde feuer einer
jungen spülte, die sich die sprecherschaft und dann noch
etwas anderes erringen will. Jahn 2, 7Sl Euler.
SPRECHFENSTER, n. l) mnd. sprekevenster für sprach-
fenster (in <r/östern), s. dieses, sp. 2749, Schilleh-LCbbbn 4,344*.
2) modus quis pugnandi ghdio: das spreihfenster dasz ist
auch ein hut, dar in du wol sicher sten magst, und die hut
dasz ist der lang ort, der edelst u. die pest were am swert.
quellt bei ScnERZ-OBERLiN 1543; ein ander stand lieist auch
dasz sprechvenster, wen du mit dem zu vechten schier zu
ym komben bist, so setz din lincken fusz vor, und hall ym
den ort lanck ausz den armen gegen dem gesiebt oder der
prust, ee wan du ym an dasz swert pindest «. s. w. ebenda.
SPRECHFREIHEIT, f.: zweitens freu' ich mich, dasz ich
hier gelegenheit habe, die deutsche nazion auf die zensur-
und sprechfreiheit aufmerksam zu machen, die sie allgemein
genieszet, wenn sie im bette ist und im schlafe spricht.
J. Paul palingen. 2, 24.
SPRECHFÜSZ, m..- ich stehe mit ihm auf dem sprecbfusz,
d. h. wir sprechen mit einander, wenn wir uns treffen; dazu:
auf meiner snnntagsreise nach Leipzig war ich mit ihm
(Joseephy) . . . ins gespräch geralhen, dadurch waren wir auf
den sogenannten grüsz- und begegnungs-sprech-fusz ge-
kommen, und sehr bald hatte sich daraus ein verlrauler Um-
gang entwickelt. Hoi.tei 40;(i/ire 4 (l*«44), 229.
SPRECHfiELD, n. expensae in senUnttam scabinorum: dass
hinfüro alle solche gemeine handel er.<tlich vor den grad-
geriihten durch die verordneten beysitzere sollen versprochen
unnd geörtterl werden aldo soll jeder tbeil von einer jedenn
clageii oder sacbenn nicht mehr denn 4 gl. zum sprech-gelde
SU erlegenn schuldigk «ein, welches geldt halb, als 4 gl. denn
Schoppen unnd die andern 4 gl. dem schöppen- ader gerichts-
schreiber gebühren unndt ziistendigk sein sollen. fürstL sächs.
grad-gericlils ordn. zu Weisenfels von 1520 ft«t Haltaos 1709
[wechselt uetterhin mH urthel-geld).
SPRECHKLASSE, f.: auszerdem habe ich die alte tust
wieder bekommen eine sprerbrlasse zu etabliren, wozu ich
mir fürs erste ein paar junge lalenle pbilologisciier und llien-
logischer cunfessionen heranrufen werde, Ziiter un lioethe
5,45.") (10, moi tssn). freier: sind diese {die schtiflstelUr) be-
kehrt, so wird die kleine s-stürinerei auch bald die lesenden
•prechklassen ergreifen. J. Paul dopiirtw. 49.
5 SPRECHLICH — SPRECHSTÜCK
SPRECHLICH, adj., als' simplex nur in der altem spräche
rereimelt, vgl. Lexee handvb. 2,1112 und SritLKB 2101 {simplex
in usu vix est, sed compos.).
1) adivisch, teer sprechen kann.
a) beredt, gesprächig: /uijuajf .. . sprechlich, sprekelick. Dibf.
gloss. 33c'. sprecheliche traft, beredsamkeit:
von diire iuncvrowen,
ilie uns uberhoweu
hat mit spreclielicher krafl. pass. 6TS, 21 Knpke.
datu: desertUudo sprechlichkait. DiEF.nor.jJosi.13S'; ich
sag das er (Christus) die lugeiit der redgeb und sprechlicheit
Tolkouimenlich . . . erzöget bat. kEisEasBEBc passion 22' bei
Cb. SchüiDT bist. u'b. der eis. mundait 334'. vgl. auch: facundia
sprecbkeit Dief. gluss. 222'. — hierher wol auch: affalim
(i. abunde, facunde) hd. sprecLlich, sprecbeliclien, sprelich,
nd. sprefcelick, emsiglicb, gered. 15'; sprechleich nov. gL lO'.
b) aduUus . . . sprecbiicb tel mjndich. Ditr. gloss. 15*.
2) passivisch, was ausgesprochen werden kann: effabilis sprecb-
Jich. ... sprekelicb. Dikf. gloss. t'ib', j. aur/i Dikf.-WCickeb S69.
SPRECHLUST, f., vgl. spraihlusi, sp. 2771: Sprech- und
börlusl hielt uns naunter. — bis dermond ging unter. HCcsert
(ibs2) 11,240 (3. Hiafr.); man räumte durch bestimmte fragen
die sprechiust der alten. W. Alexis Isegrimm 99.
SPRECH.MAMEW, f.: bei tisch vollends wunderte er sich
insgeheim über den unbefangenen guten ton, die abweseubeit
aller schlechten sprccbmanier verbockter kreise mit ihren
trivialwitzen und Zweideutigkeiten. Kelieb 8,350.
SPRECHMAN.NSCHAFT, /".; wenn ein anderer dichter etwa
einen einzelnen deklamator als seinen proklainalor anwitbt,
so stellt der theaterdichter . . . mehr als ein dutzend oder
eine ganze sprechmannschaft von deklamatoren auf einmal
bin, die noch dazu nicht blos Sprecher, sondern auch thäter
des Wortes sind. J. Paul kl. büclierschau 2, 59.
SPRECHMIMSTER, m.; minister ohne portefeuille, so-
f!enannte sprecbminister, werden die gesetzenlwürfe vor den
kammern verteidigen. Flatbe in der allgein. weltgesch. (Grote)
12, 1C3.
SPRECHORGAN, n., vgL spracborgao, sp. 2774: die ersten
werte vernimmt der Säugling an der mutterbrust von der
weichen und sanften mutterstimme ihm entgegen gesprochen,
und sie schmiegen sich fest in sein reines gedächtnis. be\or
er noch der eignen Sprechorgane mächtig geworden ist.
i. Gbiüm kl. sehr. 1,278; sie (die Schauspielerin) besasz ... die
wohlklingende fülle eines umfassenden, kräftigen und dennoch
zum herzen dringenden sprecborgans. Holtei to jalire 5,194.
SPRECHSAAL, nt. saal, der für gesellige Unterhaltung oder
für besprecliungen bestimmt ist, vgl. sprachsaal, sp. 27:S; in
klösleru, parlatorium, s. Oite kunst-archäol.^ \,\\a; übeitragen:
der kleinstaatlicbe liberalismus . . . und der rationalismus . . .
fanden da (in Paulus' tritschr. Sop/ironiton) selbander ihren
sprecbsaal. Tbeitscbke d. gesch. 2, 97.
SPKECHSAM, adj.: fabundus sprekesam Dief. nov. gloss. 164*
(lat.-nd. wb. ton 1417).
SPRECHSANG, in. recitalivitcher gesang, als neubtldung bei
Campe, nicht üblich geworden.
SPRECHSILBE, /..• in Nürnberg, wo der meistersänger,
der auf dem singsiuhle sein singen mit reden unterbrach,
nach der zahl der sprech-sylben abgestraft wurde. J. Pacl
vorsch. der ästh. i, 203.
SPRECHSITTE, ^; am geburtslage des groszen goldlisches
(su heisze nach orientalischer sprecbsitte der kaiser von
kleincbina). Ihmerman.n .V«nr/i/i. 2, 29 (3, 5).
SPRECHSPRACHE, f., tgl. spräche 8, d, «p. 2739: unser
deutsch ist aus einer lebendigen spreclisprache eine balbtodte
büchersprache geworden. HanEuRAitb aufsätu 9ö.
SPRECHSTIU.ME, f.: bei den aliendmusiken sang sie einen
volltönenden alt, der uuch als sprccbstimme alle fibern eines
musikalischen herzens in freudige Stimmung setzte. G. Pabtbev
jugenderiiinerungen (1S7I) 2,40%.
SPRECHSTHOM, «!..• wird bei einem telegrafensysteme der
electriscLe ström in der art verwendet, dass er in bestimmten
iiiter\allen in die Imie gebracht wird, uui hier die einzelnen
Signale zu erzeugen, heisst diese anordnung eine Schaltung
auf arbeits- oder sprechstrom (rourant en travail — tcnrking-
courrent). Kaiiiiabscb-IIeeren^ 3, 197.
SPRECHSTÜCK, n.; die spräche ist ein hauptmittel für
Shakespeare, seine stücke im tone zu uniersclieiden. ...
Hamlet ist mehr sprechend als handelnd, seine witze, die
SPRECHSTUNDE — SPRECHWEIT 6
beredte durs'.ellung seiner Situation, sind sein bandeln, so
ist da« ganze ein sprechstück geworden. Lldwig 6, 133.
SPRECHSTUNDE, f. l) stunde, wo einer xu sprechen ist,
besonders bei är:ten, anwälten u. s. w. für geschäftliche coiuiU-
tationen erst im 19. jahrh. aufgekommen. Weigand* 2, 775.
2) Unterrichtsstunde in conversation : ich nehme indesz eine
Sprechstunde bei deiner frau. Stübh 2, 3l6
SPRECHSUCHT, f. sucht xu sprechen. Campe.
SPRECHSUCHTIG, adj.: ich hüpfte mehr als ich ging
meinem sprechsüchtigen begleiter zu. TatMiiEL reise 7, 32ä;
auch nahm er den fürsten nur für die uiaske seiner sprech-
süchligen Schwester. J. Pall bei Campe.
SPRECHTAKT, m. gruppt von silben, die unter einem accent
stehen, eine rhythmische einheit bilden, s. i. b. Sievebs in Paols
grundr.* 1, 2S7. 307.
SPRECHTEMPO, n. tempo, zeitmasz, geschwindigkeitsgrad
der rede.
SPRECHTON, m., vgl. sprachton, sp. 2783: Shakespeares
tragische poesie ist eine weit der stärksten kontraste in
situatianen, Charakteren, gefühlen, sprechtOnen Lldwig 5, 121.
SPRECHÜBUNG, f. übuug im sfirechen, besonders in einer
fremden spräche.
SPRECHUNG, f., sehr seltne bildung: ahd. in nähsprechunga
inlatio Graff6, 3^6, mhd. sprechunge narratio, in M. v. Beheims
evangelienb. von 1343. Leser handwb. 2, 1113; nhd. sprecbung, f.
dicimento, peroramento etc. Kbameb dict. 2, S79'; sprechung, die,
et das sprechen, loquela. Stielee2I0I; dictio, sententia Steik-
BACH 2, Ü40 {als erschlossenes Stammwort); die sprechung des
Segens, besonders in Zusammensetzungen wie be-, freisprechung;
auch für sprecberei. Campe, wenig üblich, in der litteratur be-
sonders bei Klopstock belegt:
die gewisseiibafte Jeklamazion.
rürcbte die (reue sprecbung, die ganz, was du, dichter, ihr
gäbest,
bildet dem obre, wie du, steiget, und sinket, wie du.
bore sie, lerne von ihr, warum kein itousseau lloraz ist,
und, was Friedricli auch sagt, keiu Yoliäre Virgil.
reichen dir diese Tremdeu nicht zu; nun so Trage der treuen
sprechung kenner. es giebt deutscher exempolcbeo auch.
Klopstock 7, 340 lepigr. 39);
tiuguug des liedes du übertriffst auch die schönere sprecbung.
35.' f59):
oder wo sonst unsere spräche zu eigenlhümlicber sprecbung
ausartete. Voss bei Campe.
SPRECHVERS, m. gesprochener, recitativisch vorgetragener vers,
im gegensatze tum gesangters, s. Sievebs allgerm. metrik s. 22
und reg.
SPRECH VERSUCH, m.: von zeit zu zeit brach sie über
irgend einen sinnlosen kinderspasz oder einen komischen
sprech\ersuch ihres pfleglings in ein wildes jubeliacben aus.
Ricarüa Hucb vita snmn. breve 1,271.
SPRECH VOGEL, m. vogel. der sprechen kann, wie staare,
elstern, papageien, vgl. sprechen 11. 1, c. Köcel gesch. der d. litt.
1. 2, 359. SS3.
SPRECHWALZE, f. i. Padl fiegetj. 4, 31, s. unter spielwelle,
sp. 2425.
SPRECHWEICHE. /..- dieselbe sprech-weiche bei denk-härte.
J. Pall Levana 2, 114.
SPRECHWEISE, f. weise zu sprechen, vgl. sprachweise und
sprecbart, sp. 2789. 2797: er gedachte nun den dialekt zu
studieren und ihn beim unterrichte als grundlage der denk-
und Sprechweise zu benützen. Auebkacb dorfgesch. 2, 113; un-
vermeidlich ist die Sprechweise im 'Ingo',, dem am weitesten
abliegenden Stoffe, am fremdartigsten. Freitag l.247(erinn.363);
in ihrer matten Sprechweise überscbülteie sie mich mit Zärt-
lichkeiten. Stdrm 1,153; da war er wie er sich ausdrückte,
Saul auf dem wege nach Damaskus, denn an biblischer
Sprechweise und Spruchanwendung fand er groszes behagen.
ANZENGnL'BEB'3, 369; Christian seinerseits pflegte seinen neuen
verwandten mit gekrauster nase zu beuiiachlen und am
nächsten tage sein benehmen und seine Sprechweise ein-
gehend nachznahuien. Tb. M\t<J( Buddenbrooks 2,74. auch von
einzelnen, festgepragtcn , idiomatischen redewendungen [so be-
sonders früher): der reichste und belleste komische spracb-
born ... ist unser schätz von gemein-allgemeinen sprccbweisen.
J. Paul vorsch. der ästh. l, 220.
SPRECH WEIT, adj. adv. so weil entfernt, dusz man mit
einander sprechen kann (ungewöhnlich):
nun sin<1 wir sprechweil nah, und dann, und <lonn.
wie sonderbar verkürzt sich unsre eile. Lilikmcio"! 8, 78.
1*
SPRECHWEITE — SPRECH ELMEURER
SPRECKELN — SPREEKOSAKE
8
SPHECHWEITE, f.: Jukundiis »einerseits verliiell sich kühl
in dieser sui he und liebte, so wenig als möglich in der
Sprech weile de* geisi liehen lu weilen. Keilei 5, 292; die
fremden v\aren auf »prechweite heran gekommen.
SPKECHWERK, «. kennt Campe für mundwerk: 'gutes sprech-
werk haben, gtlaufig, schnell sprechen können.'
SPHECHWERhZElIG. n., vgl. Spruchwerkzeug (sp. 2790) und
«prechurgau: die spräche ... ist ein unvermerktes, unbe-
wusztes geheimnisz, welches sich in der Jugend einpflanzt
und unsere sprecliwerUzeuge für die eigenthiimlichen vater-
ländischen tüüe, liiegungen, Wendungen, härten oder weichen
bestimmt. J. (iRimm gramm. l*. 5. i\.
SI'HECHZEUG, n., für sprechwerk(zeug): o lieber Vult, so
sei nur diesz mahl desto gezähmter und stiller und bandige
dein sprechzeug und gesiebt blusz bis morgen nachts. J. Faul
hei Ca HPK.
SPRECHZIMMER, «. zimmer, wo einer lu sprechen ist, be-
sonders geschäftl'fli; }elst üblicher ah sprachzimmer {vgl. das.,
sp. 2791); Sprechzimmer eines arztes u. ähnl. — in klöstern:
als er aber das kloster der Dominikanerinnen betrat und im
Sprechzimmer stand, um seine frau tante, di<' äbtissin, nach
dem jungen weihe zu tragen. Kkllkr 7,258; nachdem er ge-
gessen hatte, sprach er ein dankgebet ... und liesz sich
dann . . in das Sprechzimmer des klosters führen. L. Hbsbkiel
Nürnbeiger fand 2, 39.
SPHECKE, f. niacula. vgl. das folgende, wo auch das wort-
geschichtliche narhiusehen ist: ist es sach, das eyn mor sin
hAt verwandten mag, oder ein pantherthier sine sprecken der
büt? Judas Sasarei M; dann sie sonderliche thier darzu aus-
erlesen, welchen sie die haut abstreifen und unterscheiden
sie darnach mit allerlei sprecken. Micylius Tacitus Ua'; ein
gespreckelter dracli, dessen schweif voller sprackeu allein
drey eilen lang war. quelle bet Sciim.* 2, 7uu.
SPRECKEL, m. n.? macula; gebräuchlicher als das vorige.
vielleicht eine alle nasallose nebenform lu Sprenkel (s.d.). dazu
sUllt sich Island, sprekia, schwed. sprilkla. vgl. Kluge etym. wb.'^
auch verhält sich ags. specca, neuengl. speck, speckle zu utiferer
form wte ags. spaeca», neuengl. to speak su ahd. sprehhan,
nhd. sprechen (vgl. oben), spreckcbel, lenligo Ditr. 324*; noch
in heutiger tnundart spregkeln, sommersprussen. cimbr. wb. 235*;
spregg'l Lexkr kämt. wb. ül (vgl. unten): der eibaii, der in
lodia Wechsel, der ist sprinkelubt oder spreckelloht mit
weisen und mit swarzen spreckeln oder sprinkeln. Meckn-
■im«; 321,12; zunicb baijt lazürstain ... der ist himelvar,
wan er ist p\i mit goltvarben sprekeln. 46(>, 1; liiser weltlich
lew oder weltlich mensch würt erkant in etlichen sprecklen
und masen die er an sich hat Keisersuerg brOsaml. \, 5i'
bei SciiNibT d>. wb. 334'; suuderlicli hat auch die mägdmilch
grosse kraft, die eitrigen und lliessenden schaden, auch die
Sprue kein genant, zu \ertreihen. ÜRtANUER practicirbuch
(I&37I 42; der {der arm des gvistesi war mit langen spitzen am
ellenbiigen und durchauss . . . mit ploe und biiietfarb und
gelen spreckln aisu «ermischt, das ich vim dem edelman selhs
gebort, das er all sein lag eilender und greuslicher anblirk nie
gesehen bab. Zimm. chron.* 3, 7, 2>; wer merl oder spregcheln
uoder den äugen hat. quelle bei Scbh.^ 2, 700; auch in dir
nebenform sprickel: das untertbeil ist rötlicht oder auch
weisziicbt und gehen die »prickeln oder flecken Qberzwerg.
faleonaria { I<>I7) 33; vgl. dazu die bemeikung unter sprickel, m. 3.
Spregg'l in karntischtr mundart name eines gefleckten, gesprenkelten
tckafes. Ltxci 237.
SPRECKKLEIDECilSE, f. gesprenkeUe, gefleckte eidechst.
f. unten sprickeieiderbse, f.
SPRECkEI.EI.CGEL, m. beteuhnung einer tagfalterarl, papiUo
amtihra. KüChitz encycl. l(il,6»u.
SPRfcCkELHEIT, f.: spreklbajl, lentige. vor. von 1419 bei
Sota.* 2, 7uu. l)iKr. 924'
SPHECkELLERCHE, /. betrichnung einer besonderen art der
•Celenbf. "lauda mirina {vgl. theil \(>, l,ii), eines merrfisches,
mit ruckiirht auf ihre gefleckte haut: spreckellercb, exocortus
eritlatui. (fkiRER-EoHKR fiichbuih ('. Campe schreibt dafür
• |*rc|ellrrc be. *gL unten sprrgi-ln, »erb.
SPRECKELMEl RER, m. eine tee/ischart mit flecken auf den
teksipfen: nn »preg elmeurcr, tcarui raiius. Ijkknkr-Furir
flscUueh ''; spregelmeurrr, labrus uaruu Campe, {rgl. dazu
unlen »prrgeln, terb.) su tprerkel ittbiläet wu das vorhergehende.
(JK»t«-KuRt« flukbuch hat uu regutet tiuh dementspiechend
spreckelutewer.
SPRECKELN, verb. == sprenkeln (s. d.). über die herkunft
vgl. oben spreckel. hauptsächlich tn süd,teutscheu munJarlen
noch lebendig: spreckeln, punktieren, gefleckt machen. Scbmio
Schwab, wb. 504; spregk'ln ScHüpr 692; spregkeln. sfirenkeln
ScHM.'-' 2, 700. vgl. Seiler Basier mundart 275'. cimbr. wb. 23o'.
in älterer spräche spreckeln, sprikeln, sprenkeln, scretiare,
scritiare, variare. Kramer dict. 2 (1702), ssb*. pari, gespreckelt.
scretiato, scritiato, variato, sparso. macchiatu, distinto di vaiii
iolori. ebenda; gespreckelt, gespreckelet Scbh.* 2, 7ou; ge-
spreck'll SiBöiF (iiri; g'spregkelt cimbr. «»6.235'; g'spiiggled,
scheckig, gefleckt, bunt. Seili r basler mundart 275'. daneben
kommt seilen vor sprecken {entifrechend sprenken, verb., s. unten).
ScHüi'K Olli. part. g'spreckl ebenda.
1) sprenkeln, fleckig, bunt machen: aber diese entferbung
{der haare) krümmet sich mit gesprecklet werden nit anders
dann ein nater. VVinsu>ü arzneibuch 4u; gespreckelte federn,
penne scretiate. varie. Krameii dict. 2 (1702), sSs"; e' g'spregklle
larve, ein gesicht volter Sommersprossen. Scbm.* 2, 700. ebenso
g'spreck'ltes gesiebt. ScnöPK «92. vgl. auch sprecke sp. 3.
2) sprühen, funken spritzen, vom (euer: wenn die Hamm im
angezündeten liecbt still brennet ohn alles spiassen und
sprecklen, so ist die lutt geneigt zu trockuem weiter. Coler
calend. 12s, vgl. dazu die ganz parallele Wendung: so das
feiler bleich wird und sprasset und spritzet. 132 und unlen
spritzen, veib.
3) in einer betjrtjfsweiterentwicklung auch abändern, verändern,
tgl. oben die von Kiiaheh gegebene erkldrung spreckeln, rartar;.
hierher leol: ich bekenn, das alle professiones ein angeborne
art von artzney an jhn haben, doch in keiner andren gestalt,
sundern wie sie den alten wcibern anhangen; einer durch-
lisst, der ander höret, und wie das bandtwerck ist, damit
sie nmbgebend, also nmsz es gesprecklet werden. I'akacelsis
chir. Schriften (itils) 265'.
SPRECKENRAUPE, f. bezeichnung mehrerer raupenaiten, deren
feil mit kleinen andersfarbigen punkten gezeichnet ist. Nem.mch.
gebildet zu sprecke, f. {s. oben) statt zu dem hiiuflger verwandten
spreikel. vgl. oben spreckelllügel, S|ireckellerche u. s. w.
SPRECKLKi, adj. mit spreckeln {s.o.) versehen, ahd. sprebhi-
lohl , maculosus CiHArro, 3^*1. mhd. spreckelelit, spreckeloht.
uhd. sprecklicbt, spreckelicht, scretiato, sciitiato, variato, sparso,
macchiato, distinto di varii colori. Krämer dict. 2 (I7U2I. SSb';
spreklicht {als in der alemann. mundart noch gangbar verzeichnet],
varius, guttatus, versicolor. Kriscb 2, 307'. in heutiger mundart
spreckelicht Vilhar 394 {für Hessen ah 'allgemein üblich' auf-
geführt, ebenda); spreckelig Autenhiltu 135. häufiger daneben
die form sprickelicht Vilmar 394. Ukrtel 232. Klkemasn 21*.
JECHr 1U6'; s|)rickelig Autenrietb 135, zu dem schon mhd. ein
sprickelicht zu belegen ist. spri^gelig StiiLEn Hasler mundart 275'
führt hinüber zu einem schon früh verzeichnetin sprigelobt:
(fon Labans schafen:) diu aber sprigelobt werden, da^ ist
grün und gel, unde maiieger lai varwe diu »i'^en min. Ijriks-
HAUER predigten 1,10; unde swa< schäle waren wi; niide swarz
diu waren lierren Labans; sweliii aber waren sprigelot unde
grün unde gel, diu waren herren Jacobs. 2,61. austerhalb
des weslgermanischen vgl. noch allnord. sprcklüttr. der eiban
der in India wechset, der ist spnnkeloht oder spreckelloht
mit weisen und mit swarzen spreckeln oder sprinkeln. .Meüe.n-
BBRG 321,11; grawe, schwartze, weisse und spreckelechte
müiicb. Zell bei Schmiut eis. wb. yn\ vgl. noch:
die liant die miiu: er mir liie lAn,
dA der spreckeleliiu vogel oben nie stäi.
NmuiitiT 210 Haupt,
wo der sprinze {s. unten sprinz , m. u. s. w.) oder jagdfalke
gemeint ut. scherzhaft wurde ein am landgnifUchen hofe zu
Itotenburg befindlicher herr von Hahn wegen seines mit grau unter-
mischten haares sur Unterscheidung der spricküchte bahn ge-
nannt. Vilmar 391.
SPREÜENKNOTE.N, m.: ich uuichle wissen wie die endten
die spredenknolen duich die enge kehle fiebracbt hatten.
colica 229.
SPREEKAHN, m. bezeichnung eines kahnet, der besonders auf
der Spree gebräuchlich ist: kann es etwas anziehenderes geben,
als su ein blick über den c|nai, die brücken . . . und die ebr-
lichen, alten Spreekübne, die jetzt so schläfrig in der inittags-
sonne liegen , wie ich mir di« gruszen satten krokudile am
iNilufer denke. llittsK kinder der weit 1,59.
SI'REKkOSAKE, m. srhershaftt bezeichnung der Herhnrr, mit
btstehuuj auf tkit russischen neigungtn: im jabie 5u wurde
SPREESCHIFFER — SPREHE
SPREI — SPREISZE
10
ich von unsern gegnern verrätheriscber hinneigung zu Ostreich
angelilugt, und man nannte uns die Wienerin Berlin; später
fund man, dasz wir nach juchten rochen, und nannte uns
Spreekosaken. Bismarc« erinnerungen 1, 171.
SPREtSCHIFFEH, m. schiffer auf einem Spreekahn (i. oben):
man sah es dem niedrigen zimmer freilich nicht mehr an,
dasz es einmal betrunkene Spreeschifler beherbergt hatte.
Hev>e kinder d<r weit 1,6-2.
SPRtGEI.LEBCHE, f., s. oben spreckellerche.
SPREGELMELHER, wi.. t. oben «preckelmeurer.
SPREGELN, verb., eine mhd. spraejen naher stellende nehtn-
form von spreckeln: der staar uder rinderstaar, so auch
sprehe genennt wirdt, der ist vast so grosz als ein amsel,
gespregeld, und jedermann bekannt. HEt^szLiN vogelbtuh 22&'.
ij/. auch unter sprecklig.
SPREHDROSSEL. f. eine drosselart, die durch ihr geßecktei
gefieder an die spreiie erinnert, auch einsame drossel genannt,
turdus solitarius. Aoelcsg.
SPREHE, f. beieichnung von sturnus vulgaris neben staar, m.
(s. dies unten), die nhd. gewöhnliche form findet sich zuerst eben als
sprehe in einer quelle von l3St bet Schmidt eis. wb. 334'; sprehe,
sturnus DiEK. 55>>'; der staar oder rinderstaar, so auch sprehe
genennt wirdt. Het^sziiN vogelbuch Tlii' ; sprehe Neiisicb 2, 1392;
sprahe, sprebe ScBM.- -2,695; sprehe Vilmar 394 (o/s das staar, m.
fast vollständig neben steh ausschlieszendewort ver zeichnet); sprehe
Fbiscbbier 3ä5*. vgl.:
wf Uli wir iiüusz ziehen auf den acker,
l'ahii lerclien, wacbteln oder spreliu:
krieg zum wengsten elu oder znen.
Waldis tso/icc 2. 71, 17.
daneben besonders auf niederdeutschem gebiet die Schreibung spree:
spree, sturnus Dief. r>5*'; spree, sturnus, ein staar Frisch
2,307'; spree, staar SchTtze 4, 175; spree {neben spreie, spreje
und sprene) Schahbacb 2u6'. vgL sprea, sturnus Steinheter-
SiEvERS ahd. glossen 4, 2o9, 24.
von etlichen hauen und einer «pree.
Waldis /-.sh/ims 3, 25 {überschr.) ;
da «pi-acli die spree : 'nun wil ich mich
nicbi mehr bekümmern'. 3, 28, 11 ;
der hänlling pfeift aus einer becke, der Stieglitz zwitschert aus
den büschea,
die spreen und stahren irurgeln dort. Brockks 7, äS;
wie, am ufer der stolzen Elbe,
der spreen schwarze welke
vom gesträuch aufiönt! Klopstock 7,203.
einsilbig als spre Vilmab 394. Schiller-Lluben 4, 314*. Dahneii.
2U5*. Bauer-Cüllitz 9->'. vgl. auch oben den beleg Bürih. Waidis
3, 2S. U. als sprei Mi 85'; vgl. Schaübach 2o6'. hierher noch
altitiederd. sprä. vgl. Weicand'* 2,775. Graff 6,36'? und auch
westerw. sprob r«(*ric. id. '239; ostpreusi. sproh Frischbier 2,355'.
rieben den oben aufgewiesenen formen findet sich auch noch ein
siny. spren, gewöhnlich masculinen geschlechtes, vielleicht ver-
anlasite der durch das scharenweise auftreten des vogels gebräuch-
licher gewordene plural ein verblassen der alten singularform und
beförderte die neue, die dann nach analogie von staar. m. zumeis't
das masculine geschlecht annahm, vgl. norh dazu Heppe 2b3'.
spren, m. Jurdck. wörterbuchquelle bei Scbiller-L? bben 4, 344';
en spraen, sturnus Üief. 55S'; spreen {masc.) brem. wb. i,9'.3.
DÄHNERT454'; sprin {fem.) Vilnar 394. unentschieden dem ge-
schlecht nach stiren Nemnich 2, l;i92 und spriig'n üanseil 2u5';
spreen korrespondenibl. des Vereins für nd. Sprachforschung iß, s4;
die Meckelnburger nennen ihn {den staar) spreen. Coler Aaus-
tucA 479; neben sprehe. spree, f. (vgl. oben):
es bet ein bürger etlich ban
zusainen in ein korb geihan.
dazu kaullt er jm noch ein spren
und thet sie zu denselben zwen.
Waldis /. .., ii< 3. 28.
vielleicht ist aber die ableitung der singularform spreen aus dem
plural nicht notwendig, denn es scheint eine form sprene, f.
schon von allers her daneben vorhanden gewesen lu sein: sprene, f.
sturnus Schottel 1419. Scbambacb 20o'. einen Singular spreine
setzen wol die spreinen bei Comkrius 152 rorous. sprjne,
sturnus Lief. 55S*; sprinne .Nemkicb 2, 1392. etymologische Ver-
wandtschaft besteht zu mhd. spraejen, sprühen, spritzen, sprengen,
vgl, sprühen, sprühen Hertkl'231; spreen, spregen, san/i regnen
Fkischbikr 355', vgl. Schm.* 2, 695. das mit weiszen tüpfeichen
gesprenkelte gefieder da vogels veranlaszte die Wortbildung, vgl.
noch holl. gpreeuw MihC 311*; spreeuwe, sturnus Kii.ian 6-22'.
altes lehnwort ist altfranz. esjirohon, wallon. sprew {dir holl.
form entsprechend) Üiez* 575.
SPREI , f. auf niederdeutschem gebiete eine zum staute aus-
gebreitete wollene tisch- oder bettdecke; wort und sache kamen
uns aus Holland zu: niederl. sprei, paradedecke Mieg 311*, zu
spreiden in fin^r weiteren zusammenziehung gebildet; sprei {für
das Rheinland bezeugt) Weicand* 2, 776; sprai Woeste '251'.
vgl. spreiie, spreitdecke, spreitlaken.
SPREIDEL, ffl. Span, splitter. s. unten spreil.
SPREIDICHT, n. kleines buschholi. spraidich als flurnnme
bei Pfister 2S2. ahd. spreidabi, spreidachi Graff 6, 393. vgl.
J. Grimm ^ranitn. 2, 312 und Sciim.'-' 2, 701.
SPREIL, fli. kläner holzspan, Sjlttter. dasselbe wie oben speil
{th, 10, 1, 20S4). vgl. auch speidel {Ih. lO, l, -2ü73). wol zusammen-
gezogen aus spreidel: r^{. spreidel, lignum ßssum Wächter 1569.
ScHM.^2,702; spreidel, 6r«nns;7an Birlisc ER 409*. im besonderen
tum auseinandersperren dienendes hölzchen. zeitschr. f. hd. mund-
arten l, 62. nicht unmöglich aber ist auch, dasz es zu mhd.
spri^en. unten behandeltem nhd. spreiszeo gehört {wie speil sich zu
mhd. splijen, nhd. spleiszen stellt), s. theil lO, l,-20S4 und Edw.
Schröder zeitschr. f. d. alterth. 42,61. allgemein: hatte das Un-
glück, sich einen spreil in den fusz zu reiszen. quelle bei
Uücer-Khuli. 5'2s*. als sperrholi: spreil in Göllingen-Gruben-
hagcn; der wolf zerheiszet netz und seil und zannet an dem
eingelegten spreil. Cbr.Lehhann historischer schauplali der natür-
lichen merkwürdigkeiten in dem meisznischen Obererzgebirge 566
{zeitschr. f. hd. mundart 1, 62).
SPREILEN, verb. zu dem vorigen, bair. spraln Sciim.' 2, 702.
1) splittern, ebenda.
2) auss]annen. spreizen, ebenda.
SPREISZE, SPREISZE.N, m. astula. mhd. sprije lu mhd.
spnjen, nhd. spreiszen, findere (s, unten), daneben eine starke
form spreisz, in älterem lautstandc sprisz, wol späte analogie zu
spalt. vgl. die begriffliche Verwandtschaft unter 4 {theil 10,1, ls5«):
in sinera oug sehe ich ein «prisz.
soll ich mir lugen selbs mit llisz,
ein balken füiid ich in dem min.
Murner iinirfiibi'-.ihw. 57, 9 Gödeke;
ich söl den wisboura vor usziebn
US minem oug, eb dass ich sech,
dass dich ein spriss in diu eng stech.
Mamel 354, 2010 B,1clitolJ.
nom. plur. sprisze: es seind doch die sprisse in äugen auch
so grosz, dasz fürwar schwer davon zu redin ist. dann nit
vergebens hat Christus gesagt von den sprissen in äugen.
Pabacelsüs (1590) 196. noch heute hessisch vereinzelt spriesz
Vii.MAR 394; schwäbisch- augsburgisch sprisz, kleiner span zum
feuern benutzt. Bibli.nger 409*, neben spreisz ebenda. Scbmio
schwib. wb. 504: und die peyn für ain täglich sünd ist als ain
spreisz oder halm. Keiskrsberg schiff der pen. is*. gewöhnlich
aber ist die form spreisze, spieiszen; mit älterem vocalstande
sprisze: ein stupiTel oder sprieszen von einem sirohalm, ägel,
festuea. Golii ononiast. 37S. noch heute aargauisch sprisse.
HuNzikER 248. in jüngerer form: oder etwas darein (in die
wunde) geschossen ;ils ein pfeil oder dorn oder spreisseii
wäre. Braunschweig Chirurgie (1498) 27*; was sichstu aber den
spreijssen in deines brCiders aug, und wirst nit gewar des
baicken in deinem aug (.Vjtt/(. 7, 3). Züricher btbel (I53l) 2, 19'/;
halt, ich wil dir den spreyssen aus deinem aug ziehen, ebenda;
zeuch am ersten den baicken aus deinem aug, darnach be-
sieh wie du den spreissen aus deines brüders aug ziehest.
ebenda; von stund an zobe ich unden ausz seinem fusz einen
groszen stefflen oder spreissen. Kircbbof wendunm. '203*; so
ist gewisz ein ledige spreissen darinn, der noch nicht gar
ledig ist worden, aber doch bald herlür wil, und derselbige
mag wol eyn blutadern nach darbey haben, die er auch ver-
seert so er geregt wirdt. WCrtz practica der wundartzney 24.
im plural: du meynst gar sicher tragen disen stah, dich zu
halten und zA sturen, so bricht er dir in der hant, das dir
dye spryssen in den henden gestecken. Keisersberg (il^rr-
schaft '25'; zweifelhaft, ob nicht zu spriesze, f. (s. unten): man
soll ihn {den hafer) aber fein dünne säen, dann \\ann er zu
dick gesäet wird, so hindert eines das ander, dasz er vor
dem andern nit wachsen kan, und bleibei stecken . . . und be-
kommt kleine sprissen. Coler hausbuch l, 151*. in d«r form
spreissen : item wer sich zä vil stüret autT ein ror, der stat
sorglich , wenn das ror bricbet , und gond im die spreissen
in den leib. Keisersberc der hellisck low a '' ; nach Vollendung
derselben {der drei tage) löset sie im das band auf, da hell die
zwybel nicht allein die spreissen. Sondern das ganlz aug ver-
derbet und auszgezogon. Kircbbof tcfndunm. 1,147; diese tbier
11
SPREISZEL
SPHEISZELHEERE — SPREISZEKKUPFER 1 2
»ollen Dil wenig krafft haben wider das giffi der scorpionen:
item geknutscht auffKclflgt sollen pfeil. dorn, spiti, spreissen . . .
ausr angehorner anziehender kraffl heransziiehen. Ges!ier-
KoiEii fisehbueh u;'; e« bleibt der reinste sand, in welchem
das gold stecket twiscben den rauhen spreiszen. HKNKLiug
äUiiographia I (i704),32l. tveifelhaß, oft nicht tu vnten spieiie,/^.
gekOng, bf zeichnen spreiszen in der spräche der wagner kleine
klütie, teelche durch sperren eine ollnhihltche krümmung der
wagenhölier bewirken. Jacobsson 4, 23»', vgl. spreisz. das spreisx-
holx am uagen. Scbm* 2, 706, mit neben form s\tre{i<i, die schon
auf «nr beetnflussung durch die gruppe spreizen, verb. {s. unten)
kintceist; sprausz BiRi iKCf r 408*. auch das hei dieser der tech-
nischen spräche eigenthiimltihen hedeutung^fdrbuug sich findende
femintne geschlecht {bei Campe die spreisze und Hirlincüh a.a.O.)
geht wol auf rechnung von spreize, f. (s. unten).
SPREISZEL, tn., tcie das vorhergehende zu spreiszen. verb.
geiiörig. mhd. sprtjei.
II span, siiUtler {vgl. das vorige): spreissel, hobelspün,
ziminerspan, assula, schidinm. Cobvinus 72'; spreissel, m.
scheggia Krämer dtct. 2 (17021. !»se\ assula, schtdium Wächter
1569. spreiszel in der Augsburger bäckersprache die späne zum
vor- oder feuerlicht am eingange des ufens. Biiii.inger 4(»9'. vgl.
ScH«.* 2, 7(ki; spreissel. ÄoJisp/jn IIncer-Kholl 528*. Spiess 23S.
Hertel 232; «preiszl Neubaükr 92'; oft in tautologischer Ver-
bindung spanspreissel. Scbm.* 2, 706 {vgl. ein entsprechendes
spansplitter theil lO, l, löl8). daneben tn älterem vocalstande
sprissel,^ für Thüringen belegt durch eine handschriftliche mit-
theilung Hoffman.ns v. Fallersleben; Schwab, sprissel Schmid
schväh. üb. 504; bair. sich einen sprissel einziehen, einen splitler
einiiehen. Schm.*2.70«. vgl. auch unter 2. selten mit anderm ge-
selilecht: der, die spreissel, sunt assulae et schidia. Stihler 2096;
spreissl, n. Schöpf 693 ; ob aber weren etliche kleine spreisselen
oder slücklen desgleichen ron dein gebein von not gebürt
sich die bübslich und siibtilich aus zenemen. Kraunsciiweig
Chirurgie (1498) 33'; und schusz mich vorn auf den krebs dasz
der pfeil zu apreisseln gieng. Götz v, Uermchingen 65; des
kleinen spreiszels oder gemülbs in irs nechsten aug uiilgen
sie nit vergessen. Luther auslegung des vater unser 30; ich
hab nicht einen spreissel boltz im hause, io non kö uno
sttcco di legno in casa. Kramer dict. 2 (1702), 886'; die spreissel
aufleseo, zusammenraffen, cogtiere, corre, racorre qua e lä le
sehegqie. ebenda; kaufte Augustin holz, stellten sich die kinder
in die reihe und handlangien einander die spreisseln. quelle
bei Stb«.* 2, 706. vgl. Scbhpf693;
sciion minchet eifrers scharfes glaubensschwert
ward mir tum kiizel, eh's zu spreisseln ging!
tUupTHANN vrmunkene glock« 130.
in der form spreussel: schicffer auszuziehen: ... magst es
tbun, ehe dann es schwieret, und wann es gleich schwirret,
«teinwurtzel mit scbmeer gestossen, und an das schadhafte
ort geleget, ziehet den spreussel heraus. Huhberc 3,1,244'.
sehr itUen und ungewöhnlich als sprcizel: aber herr obwohl
ihr to lleissig speere zerstecht, dasz die spreizet durch das
ganze land (liegen, so habt ihr doch andere sewohnheiten,
welche ich lieber verehre. Fbettac lo, lüü. in der sehilfbau-
iprache sind ipreisel gans dünne brcttchen. Hohhik 653*. in sprich-
wörtlicher Wendung: in einem anerbieten , vorgange u. s. w. einen
•preitsel linden, itiitiig werden, sich turüt k:iehen, entsprechend
ein haar in etwas finden (r;(. (Aeii 4, 2, I9I, wol zurückgehend
auf eine wendung wie in der suppe, der tubertititm speise einen
tpreiizel finden: ar bat 'n spreissl d'inn g'fiinna. Huckkrt 173.
2) holt tum auteinondertperren ein^i iiegemtandes, wie sperr-
boli 3 (theü 10,1,2186): spreissel, spdnchen tum ausiinnnder-
tpannen des geflügelt beim braten. Schm.' 2, 70«. vgl. Wtir.nw*
2,*76. dte tprotten. querholter einer leiter. Frisch 2,307*(f. unt^n).
HOrii I, 167. Scaa.* 2, 7ue. Schöpf 693. Liier 238. die sitt-
ttangen in einem rogelhaui. IIüfir 3,167; tiabchen, aus denen
du fogelbauer gefertigt werden. Lehr 238. auch die schienen,
wekhe tur hetlung einet arm- vder brinbrurhs angewandt werden.
ebenda, in der jigertj'Taihe kleine stecken, die in die hiihner-
garne eingebunden »erden, um >ie am erdboden bi fatioen tu
können. KtHtCill 27H. auch hier {vgl. oben unter I) diineben die
9ork0mmenden formen ■pri««el: tpreitsel, iprisael, gradut live
iaeulmt in tcaln lignea. Frisci 1,307*; da inust ihm dann ein
ftrtoer um geb<>riire Irilern, die die rechte höhe und stUrcke
babeo und vno zUhen guten hdllt, mit wolverkeilleo und \er-
•klMiICO «pri<«ela versehen find, umgehen. Honbirc I,44i*.
itmehtm Mfur sprOsarl: laiier«prü<<>rl, gradut «coiohi FRitn
-•,ä07'; sprässl Lexkh k')rnt.nh.Ti%; spriissel hEHRF.iN27«, formen,
die in die etymologische entwirklung der gruppe spreizen , i'erft.
(s. unten) hineingehören und für unser wort den rerdacht weit-
gehendster becinllussung von ebendorther rege machen.
SPItEISZELBEKKE, f. in Haiem beieichnung von vaceinium
vitis idaea. Scbm.^2, 7U6. sonst lieidelbeere ((hei/ 4, 3, 803), auch
Preiselbeere (theil ;, 2093) genannt.
SPREISZELN. verb. zu dem vorhergehenden, ahd. sprijalön
Ghaff 6 402.
1) transitiv.
a) lindere (vyl. spreiszel l): spreisseln (neben spreiszen),
sminiiziare in stecchi, scheggiare. Krämer dict. 2 (I70i), sse*.
part. gespreisselt, scheggioto. ebenda, spreisseln, spalten, splittern.
ScHM.* 2, 706. Schöpf 693. holtz spreisseln o zerspreisseln,
scheggiare delle legnn, farle in scheggie o scheggiarelle. Kraner
dict. 2 (i:02), 886".
b) schidio extendere, enlsfirechend spreiszel 2: spreisseln.
geflügel zum braten mittelst eines Stäbchens auseinandei spannen.
Schöpf 693. Schm." 2, 706.
2) intransitiv.
a) in splittern gehen, zersplittert werden: spreiszelen, assuJartm
fommmui. Stieler 2096.
b) spreiszeln in Franken ein ausdruck für ^galoppieren'. Scbm.*
2,706. vgl. spreiszen 2. wol anstatt spreizein. spreizen: ich
bin ein Jäger, — und du bist ein ir.iger. — «ir geben
zusammen keine scbwüger. — lenke du links deine fette
Stute — ich schwenke rechls mein rosz, das woblgemutlie. —
da spreiszelte er, dasz es funken siob. HfcKERT 11,394.
SPKEISZELUNG, f. handlung, inrgang des spreiszelns:
spreiszelung, quassatio, ruptio, omnisque actus discerpendi, per-
tundendi et interfrangendi. Stiei.br 2(i96.
SPREISZEN, »ert., nAd. spri7,an Graff6, 400. mAd. spri^en.
s. auch oben spreisze, »n., spreiszel, m. und spreiszeln und vgl.
schwel, spratta, spratta, trennen, spalten, ursprünglich starkes
verbum: als ein gescöi da^ ouge ceswe
sprei{ ü; imi verre. .Xnnnlifd 834 Rdilüiei;
heute nicht mehr eigentlich lebendig.
1) <r(iri.«itit'; findere, spreiszen, comminuere. Stieier 209«;
spreissen {neben spreiszeln), sminuiiare in stecchi, scheggiare.
Kranbr dict. 2 (1702), 886*. part. gesprcisset Stiki.er a. a. o.;
scheggiato Kramer a.a.O.; wiewol das gebein selten zerknitscbt
wird, es wirt ee gespreisset und gerissen. Rrauhschweig
Chirurgie (1498) 27*.
2) reflexiv {von einer gebärenden): und wann sie zu der ge-
hurt arbeitet, darf sie sich nicht so stark gleich auf einen
druck spreissen, sondern die natur allgemach machen lassen.
Maoriceau ron den zufallen und krankheiten der schwangeren
weiber und kindbettei innen, deutsch Nürnberg 1687, 462.
3) intransitiv absplittern: die giinkel ist rauch und spreissel,
wa sie sy angreift, so sticht sy sy in die hcnd. Keisersrerg
Spinnerin c 7*. in der bergwerk^prarhe von dem ausscheiden eines
metalles durch schmelzen: das ist sehr gemein, das weisssilber
aus gediegen glaserz spreisset. Matresius Sairpta (1587) is',
ieo( ursprünglich statt sich spreiszen: hierher wol auch die Zu-
sammensetzung aiisspreiszen : und so die gedigen Silber schier
rein und fein im natürlichen feuer werden, spreissen sie oft
aus wie kleine bekelin und machen wut.'clierling die in
einander kreiiseln, als wenn das pier aulm potlich gieret.
Matresids Sarepta 30*. vgl. auch das vollständig entsprechende
spleiszen 4,6, theil 10,1,2654. ein von Schmid schwäb. irb. .S04
verzeichnetes intransitives sprei«zen , hurtig retten, galoppieren
{vgl. spreiszeln 2, b) gehört wol zu spreizen.
SPHEISZEM.ICIIT, n. licht, das durch einen spreiszen {t.oben)
erzeugt wird, dann auch der lichterteugende spreis/en selbst,
hieiher wol: anstatt der leuchler lilszt er grusze rtiben auf
den tisch stellen, in welche man die kerzeo stecket, aber
sonst brennet er das ganze jabr nur spreilten lichter,
des Jucundi Irbentbeschnibuug 132. vgl. die Schreibung spreize
Freitag io, HK) {der bileg oben) und wegen des begriffs notk
spanliclt {thetl lo, l, |8.s9).
SPREISZKR, m. tctstor, fttsor, tertor. Sriii «h 2096.
SPREISZEHIN, /.; spreiszerinn, foemma effringrnt, per-
fringens, comminuens, cnnquassans. Stklkr 2096.
SPREISZEHKUPFER, n. tn der bergwerktsprorhe ein im
spleiszofen (t. theil lo, l, 2655) vollttdndig gereinigtet kupfer. legt
narbmnlt dieselben koboltkönig oder kupITerstein wideninib
40 centen aulT einen spleiszofen und spielst davon herab
io 31 oder 34 reuten liebeler oder ipreisserkupfer. Krciki
13
SPREISZFEDKR — SPREITE
SPREITEL — SPREITEN (i, 1. 2;
14
bergkwfrck^arten 105'. vgl. auch oben spreiszen, veib. 3 uvd
«pleiszen. rerb. 4. b, theil 10, l, 2654.
SPREISZFEDER, f., s. unten spreizfeder.
SPREISZHAKEN, m., zu üben spreisze, m., in der köhler-
sprache bezeichnnng einer langen slange , welche dient die fusz-
fchette aus dem meiler herauszuziehen und die gebrannten kohlen
INS ihm hinausiustoszen. Jacobsson 4, 234*.
SPREISZGESCHIRR, n. ein gerät der hebomme. vgl. unter
spreiszen 2: und im fall, wann man einen solclien ri?z ver-
wahrloset, die lefzen darvon mit einer narben verballt wären,
so müste man ... die narbe mit guten scbeerlein oder dem
spreiszgeschirr wieder öffnen, wie man tliut bey einer hasen-
scharten oder bey gespaltenen lefzen. Mauriceau hebammen-
buch {deutsch) 463.
SPREISZIG, adj. l) voll spreiszen : spreiszicht, ru^tuf. quassus,
quassatus, effractus. Stielkr 2096. mit älterem vocalstande:
bin atisgeschut (laider!) wie wasser gissi^ :
al mein gebnin hat sich zertrennet sprissie.
Meli.«sus iisnliiiru 22, 13 neudr.
in der bergwerkssprache entsprechend spreiszen, verb. 3: damit
der eigennützige und gewinnsüchtige ,=chmied diejenigen siürk
und Sachen, so ein gutes und zähes eisen erfordern, nicht
aus dem groben und sprissigen schmiede und mache. Hohberg
3,1,73.
2) spreiszig ^ spreizig, j. unten.
SPREISZIGKEIT, f. = spreizigkeit, f., s. unten.
SPREISZLER, tn. .• spreiszeler, scissor, ftssor, sector. Stieler
2096. vgl. oben spreiszer. m.
SPREISZLEIN. n., demin. zu spreisze, spreiszel: sie hawen
eynen dicken palmenbaum umb, und kliberen den ian kleyne
spreiszlin. H. Staden qlll; machen darnach eyn gesteile von
truckenem holtz , legen die spreisziein darauff. 36. über-
tragen scherzhafte beieichnung eines langen hageren menschen.
ScHM.'* 2, 706.
SPREISZLIG, adj., wie oben spreiszig: spreiszelicht, ruptus.
quassus, quassatus, effractus. Stieler 2096; spreisselicht {da-
neben ein spreusseiicht), scheggioso , scaglioso. Kramer dirt.
2 (1702), 886'.
SPREISZüNG, f., dasselbe wie oben spreiszelung. Stikler.
s. die erklärung d'irt.
SPHEIT, n., s. unten spriel.
SPREITBEIiMG, adj. mit ausetnandergespretzten beinen : {«■)
stieg verdrossen, den but im nacken, die hiind' in den hosen-
taschen, spreitbeinig den weg hinan. Axzk.ngrüber 1,46.
SPREITDEChE, f. decke zum fiberbreiten. Campe (entsprechend
noch spretdecken tes Doornkaat Koolsias 3, 2S7'), haui4säch-
lich auf nicderd. gebiete, holl. spreideken, paradedecke, über bett
oder tisch gebreitet; niederd. spreideke brem. wb. 4, 964; da-
neben spredeken teh Doorsraat Koolmai» 3, 287', spreedekke
StCre."»bl"rg 265', spreeileke brem. wb. 4,964, spreedeek Schütze
holst, id. 4, 175. schon afr. huuerso een man dulgen wirt buppa
dera sprideka. in den gesetzen der Westergoer bei RicnrnoFEN
469, 8. über das cutturgeschichtliche vgl. oben sprei, f.
SPREITE, f., zu spreiten, verb. unten. 1) ein ausgebreitetes.
a) ein ausgebreiteter häufe flachs, hanf, getreide u. s. w.:
spreiti Stalder 2, 3S7. Hunziker 248; ich lag am schatten im
baumgarten, da sah ich ol)cn aus dem bülzchen ... einen
knaben und zwei mädchen hervorspringen, mitten durch jungen
klee über eine spreiti flachs weg. Gotthelf l, hj3; der meister-
frau lächle ununterbrochen das herz im leibe, wenn die körbe
mit kirschen kamen, flachs tind werch in schönen spreitenen
vor ihr sich aus<iehnien. Uli der knecht lib ; vgl. ene spredde
flas, hemp. DXhnert 454*. beim dreschen eine spreite körn:
anfangs wenn die dreschdegel auf die volle spreite fallen,
da gehl's langsam und man liörts nur wenig. Auerbach dorf-
gesch. 4, 53; {auch als masz:) er mühte noch den acker bis
zu ende; nur noch eine spreite siand. 4, tS9. spreide, zum
trocknen ausgebreitetes gras. Bauer-Collitz 98'. auch ene spredde
lüg. zum bleichen auf dem rasen ausgebrette wasche. Däbnert 454'.
b) entsprechend oben sprei, f. und spreildccke, f. eine decke,
welche zur zier über einen gegenständ gebreitet wird, lischdecke,
bettdecke: sehen sie's nicht . . . das belt ist ja aufgemacht,
die spreite abgenommen; das musz die paclilersfrau, schon
ehe wir kamen, getban haben. L. SchCch^g tn der garten-
laube 1871, 58'. auf oberd. gebiet ist zu vergleichen anspreiti, f.
leinwandbezug für ein bett. Stalder 2, 3^7. gewöhnlich in einer
kürzeren form, die in ihrer beschränkung auf mrhein. und nd.
gebiet wol unter dem einßusz von sprei (5. oben) steht: spreii
HioiG 149'; spreed, /. Gangler 427; spred ten Doorriaat
KooLMA> 5, 287"; spreet StCrknblrg 253'. vgl. engl. s^xt^A'^bett-
decke' Tbieme 553'. neutrales geschlecht wird für das wort ver-
zeichnet bei te» Door.nraat Koolsan 3,287".
2) dann auch der ort, wo flachs, hanf u. s. w. ausgebreitet
wird: sprätle Schmio schwäb. wb. :-)0i; der flachs liegt auf der
spreite. Campe, vgl. brem. wb. 4,964; was sagte der hopfen,
liegend auf der spreite? quelle bei Frischbier 2. 35')".
SPREITEL, m. span, splüter zum auseinandersperren, zu
spreiten, verb.; in oberdeutschen mundarten dasselbe wie oben
spreiszel, m. Schmio schwäb. wb. 504. Schm.' 2, 707.
SPREITELN, verb. zum vorigen. 1) entsprechend oben spreiszeln
1, 6. mittelst Splitter auseinandersperren. Schm.^ 2, 707.
2) dasselbe iri« spreiten: blatter, heu spreitcln. Hertel 232.
SPREITEN, verb. sternere, spargere. wol bewirkungsworl tu
primären mhd. spriten , spriden , sich ausbreiten , in einer Zu-
sammensetzung :
behangen mit speriacben dar,
die meisterliche warn gebriten,
wol geworcht und uiiderspriten
mit siden unii mit golde.
IIkimrich V. Frkiberg Tristan 884 Dechstein.
ahd. spreitan, spreiten Graffi, 394; mhd. spreiten; niederd.
spreden (spresen) Friscbbier 2,356", vgl. liefländ. idiot. 223;
spreden, spredden Dähnert 454"; spreden, spreden te5 Doorn-
EAAT KooLMAN 3, 287*; spredeu brem. üb. 4, 964. StCrenblrg
255*. ScBi^TZE holst, idiot. 4, 175; sprceden Gangler 427. da-
neben die form spreiden : clevisch spreyden quelle von 1475 bei
Wbiga!id*2,776; spreide Hör«:Gl49'; spreiden Baüer-Collitz98'.
StCresbürc 255', vgl. Dähmert 454". mit vertust des dentals [vgl.
o6en sprei, ^): sprayen Sebiz /ieWft. 503; spreien Scha»ibacb206";
sprein Dahreil 205"; spraien Woestb 25l'; spreien brem. wb.
4,964; neben spreen ebenda. SchCtze holst, idiot. 4,175 und
sprien Woestf. 25i'. als oberdeutsch mjg noch erwähnt werden
spräta {und spräta) Tobler 38o'. vgl. spreien {neben spreiten,
vgl. auch oben) Frischbikr 2,356". pari. nd. gespreit Hümg 149';
gespreedt Gangler 427: espret Bauer-Collitz 98"; oberd. ge-
spräat Tobler 3So'. der niederdeutschen gruppe vgl. sich noch
holl. spreyden, spargere, sternere, tendere. Kilian 2,622'; spreiden
Mieg31i"; ags. spraedan SsfAT584*; neuengl. to spread. junges
lehnwort aus dem nd. dän. sprede Helms 3!'8*, schwed. sprida.
einen etymoloijischen Zusammenhang mit breit mittelst eines got. '
*usbraidjan herstellen, wie Kldge etym. wb.^ 372' will, ist kaum
statthaft.
I. triinsiliv. l) spreiten, sternere Dasypodrs; sternere, con-
spergere .Maaler 3^2"; spreiten, hin und herweiffen oder strewen,
espardre, jeder cä et la. Hclsils (1616) 3ii4'; spreyten, aus-
spreyten , stendere , di<tendere, spahdere qua e la. (1618)236";
spreiten spargere hin und wieder streuen. Schottel 1419,
spargere Stieler 226, spargere, alhrgare, slargare, tendere, disten-
dere, stendere. Krämer die/. 2 (17021, 886'. häufig in weiter ver-
deutlichender wendung: von eynander spreyten, diffundere. dis-
pergere. Dastpodius; von einanderen spreiten, diffundere.
Maaler 382"; vgl.: mit dera baareisen werden die voneinander
gespreite abstehende, hin und her hängende haarlocken ge-
kräuset. Comenids 586; hin und wider spreyten, diuulgare.
DASTrODIÜS.
2) mit object.
a) besonders alterthümlich in landwirtschaftlicher spräche: den
flachs spreiten, den hanf spreiten, ihn, wenn er aus der röste
kommt, auf dem anger zum trocknen ausbreiten, vgl. Stalder
2, 3>7. ScHAMDACB 206". Baüer-Collitz 98*. Dawneil 205* : (üe
frauen) muszten hanf jäten, den samen ausklopfen, spreiten
und im weiher einweichen. Auerbach dorfgesch. 2. 242; vgl.:
wann den gerössten flachs ausz dem wasser gezogen hast,
sultu jn über wellen oder häutTlin . . leuen und mit prettern
und grossen steinen beschweren, darnacii wiederum sprayen
und auffiecht an die sonn stellen, das er desto besser dürr
werde umi austrockne. Sebiz feldbiu 503. abweichend hiervon
erklärt Schm.' 2, 707 har spraett'n, flachs zum rüsten ausbreiten,
vgl. spreite l,o. entsprechend gras, heu spreiten, es zum trocknen
auseinandrrstreuen : heu sprei'n Dankeil 205*; wenn auch die
wiesen gemehet, sollen die schulthcyssen der herrn das gras
spreiden, wo auch ein widtfrau wehre, die keinen man helle,
die soll spreiden hellTen. weisth. 2,19« (r. ;. 1549). hierher auch:
as der (pfeffer) ouch ruf is, soe . . . snijdt man ien af ind
spreii die druven in die heisze sonne. Harff pilgerf. 146,29.
weiterhin auch den mist, dünger spreiten, ihn zur düngung auf
dem felde ausstreuen: mist sproata schwäbische quelle von 1633
15
SPREITEN (I, 2)
SPREITEN (1,2)
16
tu FaoMMAifNB xeittrhr. 4,87; mest spräta Tobler 3So'. vgl
Staldbr 5, 387. lufTbtr gehört «ol die das ohject auslassende
trendimg: lo wiid na ene drifl spreiden, die tifhlrift in tkrer
breite beengen. Därnert 464', tcol durch slreuen des mistes und
damit durch das unter den pflüg genommene iind. schon mit
ßhlbarer localer beiiehung:
man spreil die berliii für ilie schwein
iin<l wüilTt daü heiligthiimb liir die hiind.
aus roscn mir bcreiict Fischaht i, 369 Kurt;
(jar weich die lioperstalt,
auch lügen hnnlig spreitet.
SpRB Irulmncht, 45 Ifalke;
t^: diu krippe was bereitet,
das böune drin ge5preitei.
LiapRKCHT T. Recküsrurg, $. Francisken
Ichrii 3119.
deutlich ist solche beziehung in der wendung gras, paimcn auf
den weg, in die slraszen spreiten (lum festlichen schmuck):
den Summer aber, wen es lieisz was, lagend wier uff dem
kilchhor. trügen grasz zamen, das man in summer in den lierren
gaszen für die hüser am sainsziag spreittet. Thom. Platter 22;
bo.<ianna singt man ihm, es spreitet mancher jfide
die palmen auT den weg.
Ff.RMi:<G 19,141 iMi'pcttberij.
tgL: mit tliin-ern tepchen !>idin
wart der estrich beleit
und rösen vil ilar iif gespreit.
Hki!^r. V. Frkihkrg Tiitlan 2.'>26.
b) von tnchtirtigen gegenständen, nur selten ohne weitere locale
liesltmmung, so: licht ansteken uiide utdon unde spreydeii dnt
baldrken to der deciitnisse, also dat »onlik is in der kerken.
tjuelle bet Schili.er-Iäbhen 4,342'. gewöhnlich ist dieses fehlen
noch in Wendungen wie: einem ein frisch und gut bett spreiten,
sltndere cioe fare, preparare, acconciare un letto fresco e buono
<id un-». Kraner diel. 2 (1702), SS6'; vgL hall, het bed spreiden,
das bett mucken. Miir, 311"; so wurden nahe der feiierstälte
zwei lagerstätten gespreitet. IIalsuath pater Maternus 296;
sollen schön^ekränzte madchen
dir ein roscnlager spreiten? Ovkrbrck f/i?({. 130,
CM in den sinn l. a übergreift; passivisch gewendet:
da was ein bethlein «eis gr>preit,
da f:icngen wir ligen rasten.
\mlinixri lirtlrih. 153, 20.
gern dafür lutammenfetzungen wie anspreiten: lebe du bis
morgen und spreite itzt ein bett an, für mich und dich.
WiELAKD 6« Lessimg 6, 33; rgl. ein entsprechendes oberd. subst.
anspreile, f. oben unter spreite l,ft; aussprcilcn:
die bunten leppich spreitet aus
und herrlich ibut erscheinen!
Spbe tiuliniuht. 118 Tinlke.
gewöhnlich jedoch mit einer weiteren localen bestimmung. kleider,
tOcher in den weg, auf den weg spreiten als zeichen der freude
{vgL auch oben \,a): da haben sie im alle miteinander re-
»erentz erbotien. etlich spreiteten ire kleider in den we^ zö
eren got dem herren. Kbisersherg evangelirn 5'; dem sij dar
spreitent in den weg ire kleider, da$ der esei sanft daruf
gieng, dem zfigend sij sein kleider aus und wurfTend das losz
um sie. der seeUn paroditi 1!»H*; (Wolf Wolflam) hat sich herr-
lich und mehr als seinem stände gemesz. mit seinem weihe
geballen, also das er auch in seinem brauttage englische
laken auf die ga<:se spreiiete, und darauf zur kirche gieng.
MiCRÄiics alles Pommern 3,420. den mantel u. ä. auf die erde
spreiten, um darauf xu ruhen: wenn ich dann nicht in der
kammer allein bleiben wollte, muszie sie eine schürze auf
den boden tpreiien, ««orauf sie mich nackt setzlc Rraker
der artne mann im Torkenburg 12; vgl.: als er seinen mantel
auf die erden gespreitet, zorh er den gatil darauf und spiach
zu mi: nu hall da* pferd beym zügel und sich zii, das es
mit keinem fAsz vom mantel trelte. Kircbhh» wendunm. l,3S5.
•r spreitt »ein mantel in das gras
er bat sie dati lie xö im sa«z.
ÜHLAMD vottsl. 74 AlO;
mein «Iterhesle kappen
die kofi mich fiinr/ig pTund
• prall ich nie zu iler erilen
«enlorben mächt sie werden. IM, 4;
mit einer leichten Unterdrückung dieser bestimmuug:
•ia girr.Ken ein wenig ftirder
wol auf ein grünen plan -.
'■prell |r eur kappirin nidrr.
•a Wirt wol be*ier wider.
lind spllt mit mir im grun
poUter umher »preiien: (da waren) poUin uinnpr cespreilel —
and tbronae»*el breitet. HOirrrt it, 40ii. eine decke über
einen gegenständ spreiten, häufig zum schmuck {vgl. oben sprei, f.,
spreite, f. I, b und spreitdecke, /.): einen leppich auf (über) den
tisch spreiten, tendere, stendere un tapHe suUa tavola. Krämer
rfirt. 2 (1702), SS6'; gieng darumb bey irer beydor körn, das in
zweypn häufen geleilt ... lag, spreitet, auf dasz er in der
nacht nit irr griffe, seinen manlel über seines gesellen häufen.
KiRCBHOF wendunm. 1, 34fi; ich gieng zu Pisa in ire kirchen und
sähe einen beschornen narren . . . vor einem stainhauffen stehn,
darüber waren tüchcr gespreil. h' KKy gartenges.\\,2i Rolte; zwei
lange breiter waren in der Stuben neben einander auf hölzerne
bocke gelegt, anstatt des tisches; Margrethe hatte ihre feinsten
tisclitücher drüber gespreitet. Stillings leben 1,28; sie spreitete
eine biütenweisze serviette über den sophatisch und setzte
alles dort zurecht. Storm 10(l877), 47; (bei einem götlerbild:)
mahne unsre multer, dasz sie stracks . . .
. . . ölTne den verschlusz des heiligihums
und spreit ein resigewnnd, so ihrem sinn
das herrlichste, das gröszte dünkt im schrein...
der blonden göttin übern schoosz. IIörcrr 170*;
Theano spreitete
das festgewand der götiin über'n schooai,
und betete zur tochter Zeus, 172'.
vgl. mhd. die spaltende wendung:
wan uns ist über den Tülen mist
der pTeller hie gespreitet, der arme Heinrich 731.
faiiggarne, netze spreiten, 5t> lum fange aufstellen, auslegen:
eyn narr ist wer wil Iahen sparen
und für jr ougen spreil das garn.
Braut iinrreiisch. 39,2;
auf ein zeit kamen zwen fisclier mit iren garnen und spreiten
sie in das wasser. der alten weisen exempel (Fran/i/. 1565) 42';
ich will aiiT mich machen im kleinen kahne. will wieder
spreiten, es ist so gut als neu, das netz in der runden
fclsenbucht. Stolrkrg 3, 2^5.
selten spreiten vom enlfillen und ausbreiten von briefschaflen :
er Offnet die sclintulle, nimmt ein packet briefe heraus, die
er alle über die tafel spreilet. Schii i.er Fiesko 2, 18. hierher
gehört noch die s]>richwörlliche wendung den manUl nach dem
winde spreiten, es verstehen, die jeweiligen Verhältnisse für sich
auszunutzen ; den herrschenden meinungen sich anschliesxen, leicht
mit dem scheine des wankelmütigen:
man schicke sich in ort und zeit,
den mantel nach dem winde spreit!
iRVERRAItn 13, 181.
c) von theilen des menschlichen oder thierischen körpers {häufig
anstatt spreizen, s. unten): die flügel spreiten, spargere le ale.
KRAMiiR dict. 2 (1702),886'; mit gespreiteten flügeln, ali sparse.
ebenda; zwo lurteltauben keusch,
die spreiten, heben, senken
die llngel ohn geräusch. Seil truttnachl. 158 Batkc;
auch im bilde:
il.'iromrung will die flügel spreiten,
schaurig rüluen sich die bäume. EicHinDORrr 1,237;
dafür auch ausspreilen:
(fee lAhetle) stiesz am platz den zarten fusx auf,
wie der rudrer smszt vorn Innd ah,
hob sich in die lüric, spreitet'
aus die lliigol. Immkrma>n 12, 75:
(wie zum schütze:) dann die cherubim spreylelend die flügel
aus an dem ort da die laden stund, und bedacktend die
laden und ire Stangen von oben iiiir. Züricher btbel (t531)
lA'ön. S, 7; {nicht in solcher Zusammensetzung:) und die {die
heiligen engel) dar zA ior vetcchen über uns sprailenl und
uns deckent, da,7 uns kain arbait nieuimerme an gewege.
Griesbabkr predigten 2,126;
sie {'lif iimnreltrn) lassen virh schon nieder
und spreiten ihr gelieder
auf zarte blunn'lein. Fr. Müllir 2,37:).
die (inger spreiten, sie ausstrecken, sie fdcherförmni ausrecken,
als geste des hohnes und spottes: F.duard ... setzlf den daumen
an die nase, spreiiete die linger und plürrle die zunge gegen
den allen. Pichler allerlei gesch. aus Tirol 1,58. auch sonst:
sie spreitete alle zehn linder über ein buntes halbseidenes
halsluch, das sie über den vollen nackrn geschlungen trug.
Anzbncrurbr' 3. 60; dann spreitet er {'fer schattend die klopfen-
den (Inger wie zu einem schwur. 4-'*, 172;
willst du den ring daran ('im liiujci) denn nicht lasatn gleiten?
das amlre drauf warum so einpekicmmt
haltst du die band? du folUt die linger spreiten.
neCRRRT 3. 187.
dem entsprechend auch die bände spreiten, trenn die gesamt
heil der fincier in frage kommt: und Saloino tratt für den allar
17
SPREITEN (1,2. II, 1.2)
SPREITEN (II. 3. 4) — SPREIZE
18
desi herrn gegen der gantzen gemeynd Israels und spreytet
seine hend ausz gen himmel und sprach. Züricher bibel (1531)
1 kön. 8. 22 (LcTHBR : breitet); die arrae spreiten, sie ausstreckend
ausbreiten; mit gespreiteten armen, coUe braeäa. Kramer diet.
2 (1702), 8S6'. häufig mit «eiterer bestimmung: die arrae über
die erde spreiten, spargere le braccia per terra, ebenda; sie
versuchte sich aufzurichten, aber ohnmächtig stürzte sie auf
ihr angesiebt, beide arme der länge nach auf den boden ge-
spreitet. Schiller 3,569. als flehende gebärde:
dein böte liegt im kerker von Turin.
siehst du, wie er nach dir die arme spreitet,
und hast du keinen Schilling mehr Tür ihn?
Ubla!<d ge<i. 449.
diese form inbrünstigen gebetes ßhrt luletit lu Wendungen tri«
den leib spreiten, sich auf die erde werfen und mit seinen glied-
masien die form des kreuies nachahmen: zem andern mal so
soltu got da mit ere bieten, daj du dinen lip «olt spennen
und spraiten in sinem dienst nnd in sinem namen. Grieshaber
fr edigUn i, i33; dann auch gespreitet ligen, giaeer sparso,
disteso. Kraker dict. 2 (1705), 886*;
der jämmerlich lag gspreitet
in flnsternis
nnd todes bisx.
lierterhuch lies 16. jahrh. 239. 44 GOdeke-Tittmann.
d) eine kerze spreitet ihr licht, gewöhnlich mit weiterer be-
stimmung: eyne keerse spreit oer licht arer alle menschen,
de dar bi syn. quelle bei Schilleb-L(?bbei» 4,342'; vgl. auch das
bild: (die grosie menge der rornamen) wird in einer eignen
samlung einmal ungeahntes licht auf alle theile und zeiten
unserer spräche spreiten. J. Grinii vorrede lum deutschen Wörter-
buch XIX,
e) selten in mehr unsinnlichen Wendungen, entsprechend 2, a:
(Wilhelm Farell hat) Ton Murten an, item von Nenenstat an,
am Leber bis gan Genf das heilsame evangelium mit harter
müe gespreitet. Ahsbelm ßern^r eÄron. 6, 24, 24 ;
was tobte di rede me gespreit.
Brdn V. Scbokricck 1309.
entsprechend 2, a oder i,b:
all kuDst der beiigen ist gespreit
in den weg der fürsicbtikeyu
Brint nartensch. 42, 4.
evtsprecheni 2, c. vgl. Wendungen wie die flflgel Aber einen
spreiten: der keiser hat die gnade sin
▼il gar von mir geleitet
und über mich gespreitet. Otte mit dem harte 460.
f) eine eigenartige objectserweiterung findet in den folgenden
passivischen Wendungen statt: do zogete das her aber für Stros-
burg wider Hetzgerowe zfi nnd rantent durch den Kalggiessen,
der was tot allenthalben mit f&sysen gespreitet, d. städte-
chron. 9, 688,6; nicht weit vom ufer war ein wirtbsbaus, Stilling
mit seinen cameraden gieng da hinein, und in die stube,
welche Toller Stroh gespreitet war. Stillikgs Wen 3,173. vgl.:
dir zuo was der esterich
mit guoten teppechen gespreit. Eree 8600;
da meinde er dai Täixelin
das ini> dem gwande was gespreit. Gregorius 827;
der selbe pfilsere
... ist nach wisheite
mit swibogen gespreitet. Flore u,Blanscheflur ^Ul.
tu solchem gArauche führen troi fügungen wie die folgenden:
sie tbut davor (ror dem sonnenstrahle) ihr haupt hinweg,
verbirgt es in der blätter grünen,
die spreiten ihm ein schirmend dach.
Iaa»«Ann 13,20 Hempel;
von tbrinen genetzt weigert die laute den klang,
und es zittert die band, die arme spreiten Umarmung
aus. Arndt ged. 88.
11. reflexiv, l) entsprechend eben 1, 2, o. (; christeDliche liebe
spraitet sich anff alle menschen. Keisersbbrc siben schaiden 7;
die selben öden, falschen zungen
von BabiloDia .«indt entsprungen
und handt sich also wevt gespreit,
das sj uns Deutschen hie dAndt leyt.
MoRiiii scbelmemunft vorr. 55;
dyser keyser soll mit flysx
füren ein wopen rot und wysz
welches sieb spreiten wirt so weit
als ye keins keisers lange zeyt.
GiNGiNiACH Nollhart 386.
2) entsprechend oben 1, 2, b :
schüestt, felsen, ener steinern thor,
schnee, spreite dich als decke vor.
iHiERaANif 1, 2, 37 Koch.
X.3.
3) entsprechend oben 1, 2, e:
auf grüner haid und matten
bei krausem lorberbaum
ich spreitet mich in schatten,
sank ab in süszen träum.
Sfkr truimnchl. 34 Balke;
von einer pflanzenwuriel: die wnrtzen spreitend sich minder
weyter ausz, dicker in einanderen, angustius distunduntur radices.
Maaler 382'.
4) anstatt sich spreizen (s. dies un(en):
je mehr das glücke sich mit seinen gaben spreitet,
je mehr wird nachmals dann durch Unglück umbgekehrt.
Opitz 3, 288.
SPREITGARN, n. fanggarn der fischer lum ausspreiten.
vgl. spreiten, rerb. l.1,b. daneben auch spreizgarn (s. unten):
ein spreitgarn der fischeren, ererrieultim rete est piscatorium.
Calepinos 513'; spreitgarn, ein in Bayern verbotenes fischergarn.
Frisch 2,30^', vgL Schm.' 2,707; spreitgarn, das dicke garn.
ebenda.
SPREITHOLZ, n. hoU «im auseinanderspreiten eines gegen-
ständes: die rippen dienen als spreithölzer für die falle.
Breb« iüustr. thierleben 2,801.
SPREITLAKEN, n. ein weiszes überlaken, das zur tier Ober
die gewöhnliche bunte bettdecke gelegt wird: spreelaken SchCtzb
holst, idiot. 4, 175. vgl. entsprechend oben sprei, f., spreite, f. 1, b
und spreitdecke, f.
SPREITLING, «., niederd. spretling; als solches in der gauner-
spraehe bezeichnung der bettdecke, der deckmatratze , des ober-
bettes. Ate-Lallekast 4, 610. rgk zeilschr. für deutsehe wortf.
2, 199' und das vorhergehende spreitlaken, n.
SPREITSEGEL, n., s. unten sprietsegel.
SPREITTLCH, n. in Ostpreuszen ein grosies viereckiges wollenes
tuch ton grüner färbe, früher ein bequemer Überwurf für die
frauen auf einem Spaziergange, besonders aber ein kkidungs-
stück der mägde. Frischbie» 2, 356' bringt spretnch mit niederd.
spreen ^leicht regnen zusammen, also eigentlich 'regentuch', doch
wahrscheinlicher gehört es su der oben reichlich aufgewiesenen
bedeulungsgruppe sprei, f., spreite,/'. l,b, spreitdecke, f., spreit-
laken, n. u. 5. w,, wofür auch die ebendort belegte form spreit-
tuch spricht, vgl. die sprichwörtliche redensart: es geschieht,
wenn die katze ein spreittuch trägt, von etwas unmöglichem,
gewöhnlich aber die niederdeutsche form: wenns arg kommt
gehen die katzen mit spretüchern herum. Frischbier cLa.o.;
da fast die halbe Stadt in einem spreetuch geht,
kein wunder, wenn es auch in meinen versen steht.
Lacsoh erster versuch in gedickten, ebenda.
SPREITüNG, f.: spreitung, spargimento, aUargamento, disten-
dimento. Kraiei diet. 2 (1702), 886'. älter in der Zusammensetzung
ausspreytung, dispersio. Dastpodids. wol in der bedeutung ^lager-
stätte' [vgl. oben spreiten, verb. 1,2,6):
was not war von Speisebereitungen,
von kleidung auch und spreitungen,
leitdecken und wänden und rossen dazu
beschaffte Piran in einem nu.
Röciirt Firdosi 2, 193;
kleidung ist dünne, spreitung ist roh
ach und die minne? ... in heu und auf stroh.
ScBirrit gaudeamiu 52.
SPREITWEIZEN, m. eine weizenart, die mehrere ähren auf
einem halme trägt, tritieum compositum. Nehnich 2, t4S9. auch
wunderweizen genannt.
SPREIZBAL'M, m. starker bäum, balken zum stützen. vgL
spreize und spreizstange: spreitzbaam, 6arra a suffolcire, pun-
tello. Krämer dict. 2 (1702), 887*. bei den bierbrauem ein starkes
holz zum anspreizen des stelü>odens im gärboltich. Jacobsson 4, 234*.
SPREIZROGEN, m. in der baukunst ein das mauerwerk zu-
gleich stützender bogen: spreuzbogen Schb.* 2, 708.
SPREIZE, f., o/id. spriuza GiArrO, 401; mhd. spriuze. zur
wortgeschirhte vgl. spreizen, verb.
1) slrebeholz, Strebepfeiler, Stützbalken: sprütze, spnitz; sprQcze,
sprys, spris, pretentaeulum, sustentaculum. Dief. 458'; spreize,
sui(en(dcuium , statumen. Stieler 2096; spreitze, stanga, barra
o suffolcire; puntello. Krämer dict. 2 (1702), 887'. heute mund-
artlich noch spreuzen, f. stütze. Scbm.* 2,708. tn Ostpreuszen
die spr^sie {daneben sprese) einer brücke, eines baufälligen
hauses. Friscbbiik 2, 366'; eine spr^sze untersetzen, ebenda,
entsprechend in der bergwerkssprache spreize etn balken, der
hereinstürzen wollendes gestein äützL Vbith 455.
2) ohne hevorhebung des begriffes des stützenden.
a) spreszen tn Ostpreuszen die auseinandergespreizten arm*
der deicksel und des langbaumts beim wagen. Frisch 2, 356'; m
19
SPREIZEL — SPREIZEN (1.1.2)
SPREIZEN (I, 2. 11,1)
20
ier hergrerkisfiraehe xr« krtiiTveis gffUUte höher zum versfirren
rinn gffährdflfn ftrrrke. rgl. spreizen, rerh. dazu. Vuth 455:
finden dieselben {die fahrhniier) eine arbeit (eine arbeitsstelU)
mit schlagenden weltern angefüllt, so verschlagen sie die-
selben mit spreizen, quelle ebenda.
b) mehr in der bedevtung ran spreisze, s/ion, splitter (j. diet):
spreize in der bergirerksaprarhe ein pflock, an dem bei rermessunp«»»
die sfhnüre befestigt Verden. Vf.ith 455; lass dir zwo spreutzen
«chlagen. schraube daranf deine scbnnr nnd henge deinen
gnibenrompas» an die schnür, quelle ebenda.
SPBEIZEL, m. 1) gegenständ zxtm avseinanderfpreiten, die
tjtrotse an der leiter; über die fchrribung rgl. die uorlgefcliiclite
ron spreizen, verb. und spreissel (sprissel), gradus sive barulus
in $rola lignea. Fniscn 2, 307*, das aber ebensoirol zu sprris/.el,
Span, Splitter (». oben) gehören kann, siehe auch »prössel und
spnlsscl.
2) trie unten spreizer, m. rin mensch mit gespreiztem vesen:
dOs is a relta spreizll ein dummstolzer mensch ; sfrcM^ze], langer,
magerer mensch. Scn«.' 2, 706. (iher hedevtungsvermischungen
xfrisrhen unterm vort und »preiszel, spon, Splitter vgl. das letztere
oben.
SPREIZELEI, f. gespreiztes wesen eines menschen: spreizeley,
fastus, supercilium grande, tumor mentis, superbia ventosa.
Stieler 2;ti. rgl. spreizen, rer6.
SPREIZELN, r?r^. 1) ein wenig auseinanderspreizen. Campe.
7) entsprechend dem vorigen spreizelen. pompam agere, magni-
fice et fluctuatim incedere, wie die, denen alle gaszen zu en^ie
werden wollen. Stieles 226. ganz trie spreizen, verb. rgl. auch
unten spreizler, m.
SPREIZEN, verb. fuleire, suffulcire. ahd. sprinzan Gbaff
6, 400. mhd. spriuzcn zu ahd. spriuza, mhd. sprinz, spriuze,
nhd. spreize, f. (s. oben) gebildet, also 'mit einem slrebehnlhen ver-
sehen, stützen, das wieder zu unten sprieszen, i^rfc. mittelst ysuf-
fixet gebildet ist. in älterer form noch spryssen, fulcirc Dief. 250',
daneben jünger spreiiszen Steinrach 2,643: ich habe gespreuszt.
eb'nda, noch heule bair. spreuszen {neben spreuzcn) Schm.* 2, 'OS
und spreiszen: spreissen, fulcire Dief. 25o', dem heutiges ost-
preusz. spn'szen {auch sprfsen) entspricht. FsiscnniER 2, 356.
neben der Umwandlung des früheren iu entsprechenden stamm-
voeals eu in ei ist auch die eines früheren inlautenden j in z,
ungetrisz wann, erfolgt: spreizen für älteres spreiszen verhält
sich wie beizen, heizen, reizen zu älterem beiszeii, lioiszen,
reiszen, weize zu weisze. auf dem wege zum heuligen schrift-
deulschen lautäande noch schwankend ist Stiei.er 209ii: spreiszen
alto dialecto eliam dicitur spreizen; vgL auch knAHER unten 1, 1;
spreiszen neben spreizen Schmid scliwäb. wb. 504. sonst auch
in den oberd. mundarten spreizen: schbraiz'n. Casteili 231;
gpreilzen idiot. austriac. 117. Schöpf 693. üncer-Khüll 528';
spreiz'n HCcel 153'. ein pari, gesprissen bei VVecriierlin (s. den
beleg unter II, 3) und Scbm.* 2, 706.
I. transitiv. 1) einen gegenständ mit einer stütze versehen:
spreitzen, spreissen, sprcutzen, puntellare. appuntellare, folcire,
toffokire, soppoggiare. Kbamer diel. 2 (1702), >sr/; gespreilzet,
jmntelUito, folcilo, toffolcilo, it. disteso, it. resisteso. bS7'; eine
mauer spreizen. Sch«.* 2, 708; einen baiini spreizen, einen mit
früehtt* überladenen bäum durch ein Stangengerüst slMzen. ebenda,
rgl. Lexei kdrnL üb. 237. SceiiPF 693; die bamer werden ge-
spreizt, damit kein att abbricht, quelle bei Mareta 58*. im berg-
bau baiifüiligc gSoge spreizen, sie durch Strebebalken gegen
hertinstiirzen ton gestein schlitzen. Veith 456. gern wnd auch
daftr unterspreizen gebraucht: ein haus unterspreizen, es
$ti4un. tgl. Mareta 59*. vgL:
kisin in der mitt, sin dicken shz,
keyff, niod vtrbelbt, schön undersprentit.
Oswald t. WoLitsniiri 89, 3, 2.
}) der dem gebrauch ton 1, 1 mehr nebensächlich innewohnende
begrilf des emporreckent , ausitreckent entwickelt sieh zu selb-
ttandtger bedevtung und nähert sich so dem gebrauch von
spreiten, rerb. etwas {wit durch eine daiwitrhengeselzte sj>reize)
tuiitrecken, autrinonderbreHen , aufsperren u. t. w. vgl.: ein
|iMer, «ine tkflre MfopraitMn. Hofer s, ig«: ein geschlachtetes
lurib aOMinaiKlcrtfrtiMR , indem spreizen in die bouchhohle
kkuJmgnminft werden, Csipi; die fOste auseinander spreitzen.
AmcoM, dth auch ohne soleht susdtu (f. unt4r a).
«) VMI »utärtektn, tmseintndtrsptrren u. s.m. der gUeder des
mtmidkhAt» «Ut (hieritelm Urjms: die fOsie spreitzen, weil
9*n*inandtr$tlm»t BAnia S, IftS; gewöhnlicher die beine spreizen :
die gespreislN kelM aollen ihn {den gentui) entweder im fort-
schreiten begriffen, oder in derjenigen Stellung zeigen, die
der kiirper natürlicher weise nimmt, wenn er den einen arm
mit nachdrnck zurück schleidern will. Lersinc ?<, 23t; viele
hören ihn {den geist) seufzen nnd jammern, norii andere haben
ihn gesehen sitzend auf einem baumstock, die langen spindel-
dürren beine über den weg gespreizt. Leoprechting aus dem
Lerhrain 127; vgl.: er wickelte sich auf die einladung hin
wollüstig in die ganze decke oder spreizte die beine weit
auseinander, legte sich quer über das bett und schlug in
harmloser lust purzelbäume darin. Keller 4,223 und oben 1,2
einl. die finger spreizen; mit gespreizten ungern: er inasz
die hohe schiidelstirn mit den gespreizten lingern. Sohnret
im grünen klee. im wriszen schnee 130. entsprechend bei Ihieren
die lliigel .spreizen: bey dem fusze (der eftrenp/'orfe) sprenszte
ein phönix die flügel und drehete den gestirnten thierkreysz
mit einem fiisze herum. l.,onEresTEiN y4rmin. 1,355*; der phiinix
(log mit melodischem geräusch zu ihren füszen, spreizte seine
(ittichc vor ihr ans, auf die sie sich setzte, und schwebte mit
ihr über den thron. Novalis 2, 203;
der köniRsvogel (rfer adlrr)
spreizt seine ew'gen schwingen, wetzt den sclinabel,
als war' sein gotl vergnügt. Slinkp.tpeaiv Cymbrline 5,4;
ein blitx! — ein krach! — die stille luft erzittert, ...
ein wasserdrache, der den raub gen-ittert.
so naht es pfeilschnell mit gespreiztem flfigel.
Keller 9, 25 ;
(bildlich.) die gleichsam nunmehr gefesselten Dacier, Pannonier
und Dalmatier waren so ungewohnt auser der freyheit als ein
fisch ausser wssser zu leben; daher spreiszten sie abermals
ihre federn und schärften ihre schein wider die römischen
landvögte. Lohenstein Armin. 2, 75'. vgL dazu unten II, 3, b
sp. 22.
6) mit geringer bedeutungsfärbung auch die äugen spreizen,
sie weil aufrciszen, grosze auijen machen. Höfer 3, 165; die äugen
waren weit aufgesprissen. quelle bei Scbm.^ 2, 1W>. ebenso den
mund spreizen (von einem überraschten, erstaunten menschen):
den mund er spreutzt
und macht ain kreutz.
OsWALn V. WoLKBflSTRlT» 1, 3, 12;
hierher auch das bild: und dieweil dann {im frühling) das frech
crdreich seinen rächen wider der sonnen gegenschein wird
aulTreissen und von dem warmen regen geschwängert spreissen.
Fischart jrossm. (A/o.strr 8, 564); vgl.: gaben ihme durch auf-
gesprissenen mund einen schwedischen trunk. quelle bei Sch«.'
2,70»;; sie haben ihme sinen . . . mumi mit einem holz auf-
gesprissen. quelle des 17. jahrh. bei Schöpf 693.
c) auch vom ganzen körper, mit gewalt ausrecken, auf die folter
spannen, vgl. auch den entsprechenden gebrauch von spreiten, rerfc.
I, 2, c (sp.l'i): und darmit Ihor sUmd niy armen unschuldigen
man schwerlich tho pine gestalt und inyne ledeniathe gesprizet
und nlh ein geretten und darnach myn lilf mit water up-
gevullct. quelle von 1,532 bei Scbillbr-LOrben 4,347* (gesprizet
für gesprüzel).
d) selten wird spreizen in dem sinne von spreiten, rer(. I, 2, b
gebraucht:
da legten ihre stecken
die Wandrer aus den h&nden.
und spreizten weiche decken. Frrilicratr 1, 122;
vgl.: (ein hiium,) der sn ein helles lauhdach wölttnnd spreizte,
als ob vom himmelsaug' er jeilcii striihl
in grünen spiegeln aurtiirangeii gei/te. ItücKssT 3, 166.
e) in der spräche des bergbaus eine strecke spreizen , sie
wegen gefälirlichkeit durch kreuzweise gestellte hölzer ahs]vrren.
Veith 4.">6, dafür auch gern verspreizen. 538.
II. reflexiv. 1) im eigentlichen sinne.
a) entsprechend I, 1 sich mit einer spreize versehen, sich spirizen-
arlig ausrechen: sich spreizen, sich stemmen. Mareta 58'; sich
gegen die wand stemmen. Campe, häufiger mit localem zusalze:
ist man den lang zu tisch gesessen,
das du vol bl«i mit trincken, essen,
so leg (lieh aiilT mit beydn clbogen . ..
und sprcitz dich binden an die wend.
II. Sachs 17, 419. 4 Keller aiHtes
dafür auch sich anspreizen (Iheil 1,470): darauf er sich an
zw» wiirzlen, so aus dem felsen giengen, eingehengt, mit
den knien angesprissen und in anruerfung gottes drey stund
daran gehungen, quelle bei Sciia.' 2, 706. mit weiterem instru-
mentalen zu satte : sich mit den füszen an die wand spreitzen
i) anspreitzen, poggiarsi eontro con i ftiedi. appuntar' i piedt al
muro. lat, ubniti pedtbus. met. reiistere. Kramkr di<-<. 2(I7(i2),ss6';
sich mit den fOsten an die wand spreitzen. Adilui«c. hierher
21
SPREIZEN (11,2.3)
SPREIZEN (II. 3)
22
gehört noch: ruckt und spreizt sich auf Leid' eilbög'n. quelle
bei Maiieta 5o'. weiterhin auch: sich eiriäpieu/en, die arme in
die hupen stemmen. Schm.* 2, lOS. vgl. die transitive Wendung:
die liände in die seilen spreizen, sich in positur stellen, vgl.
Mareta ü»'.
b) sich ausstrecken, ausbreiten, entsprechend 1,2, a:
die sleifeu reiierii spreizteu sich
aus allen ihren lallen;
sein llügel rauschte lürchterltcb
und risz ins erdreicli spalten.
Hamler (iibellese 2, 431.
mehr entsprechend 1, 2, d; seine biätler seyn wie binszen oder
röhr, spreiszen sich ausz also, dasz sie biszweilen in der
länge eine, in der breite ein halbe eleu erreichen. Tabebnae-
MONT. 1175 K; alantwurtz ist gut im anfang des hornungs zu
pQantzen; man solls aber trei schuh weit von einander setzen,
dann es macht grose breite plettir und die wurtzel spreuszt
sich weit von einander. Sehu feldbau 20S.
2) in vergleichenden Wendungen, die schon hinüberführen zu
dem gebrauch unter 3: sich spreuzen wie der haspel im sack.
ScHM.^ 2, 7o8;
er sprüsst sich wie ein katz im wetschger (,manlehack),
nablet wie ein liolzboiscbger (liolzhuuer).
S. Manuel 212 liäcklold;
in einer personification vom lichtdocht:
wie in der kerze wildOattei'ndem leuchten
der klumpen sieb widerlich spreizend quält;
liistern leckt er die lippeu die l'uucbteu.
Immkkhann 1, 2, 79 Koch.
3) Übertragen.
a) das sich in die höhe recken wie ein Strebebalken, die hdnde
in die hüflen stemmen und die beiiie spreizend auseinander-
setzen büden das charakteristische benehmen des prahlers, yrosz-
thtuis und geldprotien und veranlasiten die folgenden Über-
tragungen, dasi die rein sinnlich wahrnehmbare erscheinung dem
gebrauch zu gründe Hegt, mögen die folgenden belege zeigen:
sobald du zu einem ämptlein kommest, dich sehen lassen,
dich herfür thun, dich spreulzen: die wort und den gang
nach dem grilT und schlag richten: dich nicht zu gemein
machen. I'uiia.nüer 1, .015; das macht unser volk ijesetzt, be-
scheiden und stille, wahrend hier jeder sich spreizt, die arme
schlenkert und die giieder wirft. Hauskath pater Maternus 50;
daher sich spreizen, grosz thun, vornehm thun (als besonders in
Baiern gebräuchiUii). ("ampe, vgl. Lexeh 237; sich spreitzen,
grusithuerisch auftreten. SceöfF 093. Lnger-Khcll 52»*, vgl.
ktEi.N 2, lt>4 und dte wendung ich spreusze mich aus. me ex-
tendo. Steinuach 2, tj44; der kerl spreuszt sich, homunculus
arroganter incedit. b43; nun fort du schelin, wie spreutzt du
dich! ScuMELZL David u. Goliath (1545) 13'; dann kunipt ein
manu mit aim gesprenkelten fätzen an ain staiige gemacht, —
der spraitzt sich wie der teufel, ich mein er spraizt sich,
mein Lindel (Leonhard) wie spraizt er sich. kiKCUuoK wendunm.
(I(iu2) 145:
UuuH Will spreist sich und spricht:
ich wil mein taler haben kurtz,
es sai; der pl'air gleycb, was er wöl.
U. Sachs 14, 3U2, 19 keller-Gölie ;
der gotlosz mit gekrümbtem mund,
mit spötlich autTgerunipTier uusen,
sich spreissend, iiittet auir den grund,
gaulz irutzig, uuwürsch, aull^eblaseu.
Wkckukrun (1648) 35;
dann dehnt sich ihr busea aus, dann liebäugeln ihre blicke:
wie ein scliuues aiadcheu thul, das sich vor dem Spiegel spreizet.
Götz tjfd. 2, 73;
die tugend ist ganz, wie ein andrer Staat.
in den der eitle mensch sich spreizend bullt.
Hkbbkl (lb:4li 1, 117.
substantivisch: on alleyn in dem sich spreisseu was wider gott
ist, das nimpt sich allweg selbs ausz, da sollen die knechl
Jhr freiheyt behalten, sich darwider setzen, doch dasz ein
gäter eifer darbei sei! Pelrarcha trostbücher 116*. auch von
abstractem: gallouirte Dichtigkeit die ... sich spreizt. Heysk
4,243; nicht ins gewiibl der raiischemlen redouten,
wo ttuzerwiz sich wuuderberrlich spreiszt.
ScuiLLBR 1, 234, 4;
ich. der ich ehedem, an Jugend wärmer,
herunterstieg in spröde Wirklichkeiten,
und mit dem Unverstand begann zu turnen,
lief sielzeubal't gespreizt sich auf cothnrnen.
I'latrn 321*;
wenn hier Iheim aller) die rechte minue l'ehlt,
soll sich die hochzeit dennoch «preizeu
in fesilichkeiteu auserwählt.
iMHüHMANt« 13, IbU llempel.
mit angäbe der Ursache: sich spreitzen mit etwas, aggrandirsi,
farsi gründe, pompeggiare, braiare . . . sparnazsare . . . con qualche
cosa. Kramer dict. 2 (17ü2), sSG'; er spreitzet sich gewaltig mit
seinem etc. egli pompeggia etc. fä, mena tanta puiza, fa tanto
strepito. a>>'t' ; sich mit etwas spreizen, grosz machen, sich dessen
rühmen, sich damit brüsten, äüelokg; alle übernatürlichen
Wissenschaften spreizen sich mit der poesie. Bude Montaigne
deutsch 3 (1793), 5ül;
so sich vor mir mit allen reizen spreizend,
versuchten eil'erud sie an mir ihr bestes,
wettbuhleriscb um mein gelalleu geizend.
KücKERT yeä. 1 (1S40), 158.
auch sonst in entsprechenden Wendungen:
wan es zeit, pllegest du die. so sich spörreud spreissen,
und sehen überzwerch in jhreni pracht und trutz,
schnell in das grab zu schmeisseu. Wkckukrlin (lt54S)U7;
da sah man sie, die sich in gold mit pracht zuvor
gesprissen, sich uu mehr mit rew und layd bedöcken. 71;
gedeuckend, dasz unlängst ich (glickreich) mich gesprisseu,
und dasz hingegen mich dein ratvc Taust nu mehr
erhaben, mit mehr macht uud spot zu grund geschmissen. 2U7;
wol redt mau auch von eiuer — e — gewissen —
die sich als Iran uun spreiszt. Schiller 1, 354, 38;
und wenn sie sich auch noch so spreizen in ihren gold-
gestickten Qipsen, mit tressen, händern und federn, schon
aus dem knarren ihrer stiefeln höre ich heraus, wo sie her
sind. Alexis Isegrimm 242.
b) sich sperren, uideistand leisten, sich zieren u. s. w., mit rück-
sicht auf dds durch ausemanderstellen und gegen den boJeu
stemmen der beine charakterisierte gebühren eines widerwilligen,
vgl. den mehr sinnlichen gebrauch:
er steigt vom Froutin ab, als jenes sich so spreusset,
(Froniino dieses rosz des edleu ritters heiszet)
uud steiget uaulT aulT das, das so wol Uiegen kan.
D. V. D. Werder Ariusls rasender liolanU 4, 46, 1;
der vogel fleugt umbher, und macht wol hundert runden,
mit seinen klaweu jbn ins antlitz zu verwunden,
und gegen Rabican sich Qadderud also spreust,
dasz er gehorsam nicht mehr haud und sporen leist. 8, S, 7;
es ((/(>.': käulein) läszt sich auch nicht heiszeu,
gar schnell sich widersetzt.
tliut brüsten sich und spreitzen,
bleibt immer uuverletzL
des knaüen wunäerhorn 2, 536 Boxberger;
er (der iieier) hat sie lang gereizet
durch seinen Qbermutb,
bis dasz sie sich gespreizcl,
zu webreu seiner wuth. Rüceert geJ. (1841) 161.
hieraus ergeben sich weiter verschiedene bedeutungsfarbungen:
sich spreitzen, steh weigern, steh wehren, sich zieren, das frauen-
zimiuer spreizet sich utlt, nur desto besser das, was es ver-
langet, zu erhalten. Hädlbin (1711) &3u'; das frauenzimmer
spreitzet sich gemeiniglich, da es ihm nicht ums hertze ist.
ebenda; sich spreizen, sich widersetzen. Campe, ganz wie sich
sperren, verb. 1[. B, 2, 6, /?, theil 10, 1, 2lb0 {doch nur in all-
Idylicher rede gebräuchlich. Adblong); sich weigern etwas zu thun,
slutzifi sein. Lexer kamt. wb. 237; sich turückhaüend benehmen.
Uhger-Kbüll 5-2»'. HCgbl 153', vgl. Klbhi 2, 164; spröde Ihun,
sich zieren. Castelli 231; sich spreitzen von einem gaste, der
sich zum essen allzusehr nötigen läszt. Uüfer 3,165; die sich
aber im einzelnen nicht genau sondern lassen: Thomas stehet
und spreutzt sich, sein hertz streubt sich, will hey seinem
gott zeiien zeugen nicht glauben: ir sagt mir vil, so hör ich
viel. MatuesiIjS hislor. tun Jesu Christo 2, Sl';
was sie thut, musz er im lan glallen;
spreitzt er sich, so ligt im nachmals
ir Ireundschallt mit neid oh dem hals.
H. Sachs 10, 527, 4 heller-Gölte;
vgl.: dd kom der kunic gekruenet
unde vorderie da^ kriuze.
ob sich der biscboll iht spriuze? Uttoear 9637.
auch die sache, die arbeit spreuzt sich (spreuzt sich ein),
kostet anstrengung, will nicht von statten. Scbh.' 2, 70S. mehr
in der bedeutung '^sich zieren, spröde Ihun : ja, ich werd' nacher
so dumm sein, uud werd' mich spreizen, wann mir der herr
vetter drei zwanziger anträgt, quelle bei Mareta 59*;
du berzenleukende gutlinn!
heilte briug' ich nur bluhnien.
weil noch das miidchen sich spreitet;
aber machst du es freiindlicb, ,. .
so weih ich dir die geliebte
des arkadischen guties [die flehte). Götz grd. 3, 50.
mit einer weiteren bestimmung der zeit, des maszes: er hat sich
lang gesproilzel, egli ha fatto lunga resistenza, egli ripugnv,
2*
23
SPREIZEN (II, 3. III)
SPREIZENBART — SPREIZSTANGE
24
rtsisleUe, c<mtrasto un ptito. Kiamer dict. 2(1702), 887'; er wird
sich nicbt lange spreitzen. ädblonc; die braut hat sich eine
weile gespreilzet, bis sie das jawort hören liesz. Höfkb 3,165;
geh, ipreitz di not lang, idiot. Ausliiac. 117, vgl. HOcel 153';
wolautr, das bad ist schon geheiuti
«BS billTi es, dass ir euch lang spreitxt?
H. Sacus 21. », )6 Keller-Gölte;
er wird sich nicht viel spreitzen, egli non fara gia gran re-
tislenia. ktAHEB did. 2 (1702), 887*. mit anyabe des gegenständes,
uider den man sich spreiil: sich wider jemand spreitzen,
spreissen, spreutzen, resiitere, ripugnare, conlrastare, far re-
sxslenia, far lesta ad uno . . . intestarsi, ostmarsi, arborarsi contro
alcuno. ebenda; sich wider jemand spreitzen. Adelung; so
sich gegen einen ceuturio gesprissen. Fkunsperger 3, 28S';
herzog Wilhelm Vischarl von Apulieu spreust sich wider die
Schlangenart, bienenk. 138' randbemerkung ;
ob er sich gleich vrolt gen uns spreussen
mit samt den audern plairciiknechteu,
nii laug wird weru ir gegeiirechieu.
U. Sachs 21, 5, 18 heller-GöUe;
(neben sperren, verb.:)
icb wolt mir ee in die lungen beissen,
das ich mich wider sie wuli ipreisseu,
uud wolt mich gegen ineu speireu.
MuR.NKK lulh. narr 810 Kurt.
das SU gründe liegende bild wird deutlich durch eine fügung wie:
aber sowahr ich lebe, sie spreitzte sieb gegen mich, wie eine
katze im sack. Jucundi lebensbesclireibung 15 {vgl. auch oben 11, 2).
abgeschwächter, in dem sinne von 's/c/t sträuben': da sich nun
diese auch dagegen gespreusset (die leichen der eitern zu kochen
und 2u verzehren), als vor einer sacbe, davor sie einen abscheu
hätten, erwiese üarius, dasz des poeten i'induri meinung wahr
sey, dasz nebmiich der brauch und gewuhnbeit über alle
dinge herrsche. WibOEHAHN poet. gefangensch. 1,45: darwider
(den abbruch der vorstädle von llreslau) sieb aber die katholische
geistlicbkeil belTtigsl spreuszte. Steinbkrger tageb. bei Gbün-
UAGEN Friedrich der grosie u. die Breslauer U9, anm. 3;
mir scheiuet wiedernnih die siiu,
das glück thut sich nit gen mir sprewseu.
li. Sachs 14,95, 18 heller-Götte.
auch sich vor einem dinge spreizen: icb spreiz' mich vor
ein'n dukaten auch nüt. quelle bei Markta 59';
ich sprach, leg mir vor klerlich ausz
warunib du auir eym esel rryist?
er sprach, das ich mich ailmal spreist
vor aller arbeyt grob uud schwer,
als ohs mir schaud und schedlich wer.
H. Sachs 1 (1558), 331".
III. auf das refiexivum geht auch ein nur sclieinbarer tnfranst-
liver gebrauch turiick. entsprechend oben II, 3, a: sprt-utzen,
maguifice et ßuctuatim incedere, einberprangeii, sieb ausbreiten
und alieutlialben mit den kleideru austussen. Scuuttei. 1419;
spreizen, tumere, superbire, efferri, subnixum ambulare, magnum
tpirare. Stieler 209«; spreuzeud, gruszthuend Scuh.' 7(i»; auch
machet die närrische muda tracbt und das possirliche vor-
stellen und spreissen ebensowenig einen wackeren und
tapffereu mann oder Soldaten, als der absurde und lächer-
liche einsidler-habil einen grossen heiligen. Sim/^I. l (1C85), 70;
liud einhi^iinische, gehohrne llohmeu,
von de« Terschkas karabinieren, . . .
unter allen die schlimmsten just,
■preilzen, werfen sich in die brüst.
Schiller Wallviiateinii lager 1,1;
liehen i>< nur) ein armer komodiant, der spreitt und knirscht
•ein «lündcheD auf der biihn', und dauu nicht wehr
vernommen wird. HUakesiieare Uacbelh 5, 5.
tnttprechend oben 11,3,6.' spreitzen, widerstreben Scbmiu uhwdb.
&Ü4; ,jj ^oiiun gen, i^ rreiheit reisseo,
wider oberkeiten tpreisieu.
MuRNRR lulh, narr 2453 Kurt;
aber da half jetzt kein spreitzen und kein bitten, der herr
guuteraeur wollte absolut die schranneu weg haben. Stkin-
üKRCiB lagebuch bet GkCnbacen Fnedrick der grosse und die
brtslauer IWI. auch dte folgenden adjecltvisch gewordenen parli-
cifun gehen wol auf den reflexiven gebrauch lurück: gespreitzt
' grostthutrnck , aufgeblasen, geziert', g'spreitt, stetf, geziert.
Mamüta U*. Scaopr M3; getpreuit Scan.* 2,708; gicbbraizt,
f«Mnf, aufgeblasen. Castklli IM; ein gespreizter kerl. Huikb
S, IM: eine gespreizt« almkub, btteuhnung eines koffitUgen
miiektns. liacBB-kauLi. (>>'. gewöknUeh aber gespreizte worte,
|Mpreizle reden, d. h. mit fioskeln überladene, lang aiitgedthnte
U.S.W. : eine gespreizte manier, hoc/itrabende ar(. vy{. Harbta59*;
dieses gespreizte, hochtrabende, pomphafte wesen, dieser
furcirte teutonismus ist in diesen lebensäuszerungen . . . um
nichts lächerlicher als die ganze romantische richtung und
zeit überhaupt. Gebvinus litleraturgesch. b,6S0; der angebende
witwer begleitete sie bis auf die strasze, und es fand ein
gespreizter und ansehnlicher abschied statt. Keller 5, 137.
adverb: icb rede nicbt so gespreizt, ich rede nicht in hoch-
mütigem tone, vgl. Mareta 59*; gespreitzt tuoo, grott thun.
Lexer 237. vgl. noch:
und das duckt sich uoch scheinheilig
oder bläht sich, stolz gespreiiet. Hbinb 1,222 Eltttr.
SPHEIZENBART, m.; spi eitzenbart, praAiAans Ungkr-Kbull
628*. vgl. spreizer 2 und spreizler.
SPHEiZER, m. zu spreizen, verb. das wortgeschichtltche vgl.
ebenda.
1, a) einer der spreisen setzt: spreitzer, puntellalore Kramer
diä. 2(1702), 887*.
b) wie spreize, f. (s. oben) der Strebebalken, Stützpfeiler: der
spreuzer Scbm.^ 2, 708.
2) einer der sich spreizt: spreizer, superbus Stielbb 2096; was
geht hier vor ein spreizer, quis hie ansalus ambulat? subnixis
alis se infert? ebenda; spreitzer, pompeggiatore, pavoneggialuie.
Krämer dtc<. 2 (1702), 887'; spreizer, pra/iier, ;rosi(/iuer. Mareta 5»';
spreitzer Schmid schwdb. wb. 504. Schiipf (trol. idtot. 693. Unger-
Kbull528'; spreitzar Leier Aiärnt.ivfc. 237; spreuzer Scbh.' 2, 7u3;
die Voilsherger bueben sein rechti spreitzer,
bam suusiea koa geld als kupferkreutzer.
quflif bei Unckr-Khull &28*;
geh nur hin zum groass'n küuig,
frag wo ist der herr Jesu C.lirist,
er woass grad wie du so wenig,
weil er nur a' spreitzer ist.
kann, hirtenited bet Wkinhold weihnaclUsUeder 416.
SPUEIZEKEI, f. entsprechend spreizer 2, geziertes, qrosz-
thuerisches wesen. Mareta 58', ziereret HCckl 153'; bahnt d'
narren nüt a prahln, a grossi spreizerei, quelle bei Mabbta 59*.
SPliEIZFEDER, f.: spreizfeder in einer grOszeren uhr eine
gabelförmige stählerne feder, welche das sperrrad gegen die walze
preszt. Jacobssun 4,234*; auch eine feder, welche den windfang
auf seiner welle in der nchtigen Stellung hält, indem sif auf den
windfang aufgenietet sich in eine kerbe der welle preszt. 234*.
SPREIZGARN, n., dasselbe wu oben spreitgarn, n. (s.d.):
spreitzgam, everriculum Stiblbr 6U; spreitzgarn, everrioAo
Krämer dic(. 2(1702), 887*. spreitgarn gegenüber spreitzgarn ais
das gewöhnlichere hingestellt von Fbiscb 2, 307*.
SPREIZIG, adj. mit gespreiztem wesen. vgl. spreizen, verb. und
spreizer 2: spreizicbt, inßatus, superbus, ansatus. Stieleh 209<>;
o weh! ein heller gansehauf! . . .
watschelt eine vor die fronte, schwer und trag,
vertritt dem fegerlein den weg.
die siebt wie ein bauergweib fett und geizig
bautsiafl'elueidig, dumm und sprrizi^'.
H. Ikuaz 1, 103.
von einem litlerarischen product (vgl. spreizen, verb. III): das
gedieht ist etwas spreizig gegen eine balliidenfurni, wie sie
wohl aus den vielen nuten ersehn werden; doch wird es
wohl sich singen lassen. Zeltkb an Ijoethe am 12. junt lsu9
{briefw. 1, 362).
SPREIZIGKEIT, ^. 1) möglichkeit, eignsckaft des sich aus-
einanäerspreizens , des anspreiuns u. s. w. vql. spreizen, verb.
\l,l,a.b: spreissigkeit, vis elasliea. Wacbtbr 1570. st/r
sclireibung vgl. dte wortgeschichte von spreizen, vab. und tum
begrifflichen spreizfeder, f.
2) gespreiites wesen, entsprechend oben spreizig, adj.
SPREiZLER, m. einer, der spreizelt (s. oben spreizein, ver5.):
apreizeler, syrma trahens, grandi supercilii> lucerlos hbians,
fMivonino ambitu se circumspectans et admirans. Stieler 226.
SPREIZLING, m. .' spieizlinge, ausscheiduni/en aus geschmol-
zenem Silber nach der erkaltung. Jacobssun 4, 234*. übet na«
mögliche Zugehörigkeit su spreiszen, spreiszeln, tvr6. s. dort. —
doch vgl. die form spratzliug o6en.
SPREIZRING, m.: spreilzringe, bei den schmieden zwei ringe,
welche auf du radnabe bis naJie an die Speichen getrieben werden.
Jacovssoi« 4, 294'.
SPREIZSPRUNG, «i. 6«i den turnern ein spruni auf dtr stelle,
6et dem die beme in der luft gespreizt werden.
SPREIZSTANGE, f. slange zum stutsen eines gegenständes,
tgl. oben spreize! 1 und spreizbulkcu, m.: spreilziUngc, Oanga
a iulfolcire, puntello. Kbaber dic<. 2 (1702), 8»;*.
25
SPREIZSTELLUNG — SPRENGE
SPRENGEISEN — SPRENGEL
26
SPREIZSTELLÜNG, f. bei den turnern eine grundstellung mit
gespreiikn beinen. spreizstellung! entsprechendes ausfuhrungs-
commando.
SPREIZÜNG, f. 1) herrichtung einer spreite, s. oben spreize, f.:
spreitzung, puntellamento Kraher did. 2 (l702), sä7'.
2) übertragen entsprechend spreizen, verb.
a) prahlerisches, hochmütiges wesen: spieizung, fastus, inso-
kntid. Stielkr 20&(i; spreitzung, pompeggiamento Krameb dict.
2(1702), ss7'. vgl. spreizen, teri. II, 3, a unii spreizer, m. 2.
b) sich sperrendes, widerstrebendes benehtnen: spreitzung, reni-
tenza, ripugnanta, eontrasto. Krameb a. a. o. vgl. spreiten, verb.
II, 3, b.
SPKENG, /., s. unten sprenge, f.
SPRENGAKÜEIT, f. di* im bergwerksbetriebe mittelst sprengen
ausgeübte arbeit. Karmarscb-Heeren^ 1,384. Scheücbenstu8l229.
Veits 456. auch die sprengarbeit im Steinbruch; einen schiff-
baren flusz durch sprengarbeiten vom eise befreien; die spreng-
arbeiten mit erfolg fortsetzen; der arbeiler fand bei spreng-
arbeiten seinen tod. vgl. sprengen, verb. l, 3.
SPßE.NGBAND, n. zur hersteilung eines sprengioerkes dienendes
band (vgl. unten sprengwerk, n. 3): ''/VzoUig starkes lichtenes
holz zu hängsäuleu und gprengbänder. quelle von 1827 i«i Uhgbr-
Kholl 5-28*.
SPKENGBAR, adj. sich sprengen lassend, quelle bei Campe.
s« sprengen, verb. 1, 3.
SPRENGBARKEIT, f., iwn vorigen, ebenda: die sprengbar-
keit eines gesteines.
SPHENGBECHER, m. ein becherartiges gefäst, welches zum
besprengen der blumen im garten dient, zu sprengen, verb. I, 2, a.
vgl. auch unten sprengfasz, n., sprengkrug, m.: sprengbecber,
subfusorium Frisch 2, 308'. übertragen auch bezeichnung einer
Tührenschneckenart: sprengbeeber, serpula penis. Nesjmch 2,1287,
sonst auch entsprechend gieszkanne genannt.
SPRENGBLOCK, m. in der spräche der belagerungskunst ein
auf rädern ruhender blockartiger balken, der in einer höhlung
pulver oder handgranalen birgt; dte enttündung erfolgt durch
leitfeuer. Jacobsson 4,347*, sonst auch Sturmbalken, sturmblock,
sturmwalze (s. unten) genannt, im vergleiche: so flog der gött-
liche gedanke in mir auf, allemal, während der douuer auf
seiner heerpauke fürchterlich wirbelte, an die kammerthüre
wie ein sprengbluck mit dem ganzen leibe anzurennen und
sie etwan eiuzustoszen. J. Pacl kom. anh. zum TUan 2,70.
SPRE.NGBOCK, m. eine jochartige hülzverbindung, welche einen
balken zu tragen hat. Karmabsch-Heeren^ 1,676. ähnliche be-
stimmung hat auch der bängebock. vgl. auch oben sprengband, n.
SPRENGBOHRLOCH, n. bei sprer.garbeiten das für die auf-
nähme des Sprengstoffes gebohrte loch: der durchmesser der
Sprengbohrlocher ist bei einniänuischem bohreu nicht leicht
unter ^j* zoll, quelle bei Veitii 45ö.
SPRENGBOLD, m. nach raufbuld, zankbold u. $. te. gefundene
Verdeutschung für anarchist. köln. zeitung von 1894. vgl. teitschr.
für den deutschen Unterricht 15, 266.
SPKENGBOLZEN, m. im tunnelbau bezeichnung der zum ab-
spreizen der Joche dienenden höher. KarmaRscb-Heeren^ 9,733.
SPRENGBUSCHEL, m. büstltel zum sprengen von flüssigkeit.
Campe, wie unten sprengi^uast, m. und Sprengwedel, m.
SPRENGDRAHTGITTER, n. bezeichnung eines kleinmaschigen
drahtgitlers, welches zum gleiehmäszigen besprengen eines papieres
mit färbe dient. KARMABSCii-HeEr.KN^ 2,172.
SPRENGE, f. 1) entsprechend sprengen, verb. l, 2.
a) flüssigkeit, welche zur besprengung verwandt wird (wie
sprengWBsser:) uos aquam lustralem ereximus et dedimus
potestatem extinguendi mortem weihewasser und spreng.
LiiTHEi 25, 470, 14 Weim. ausg. ein hinzugesetzter genitiv fültrt
hinüber zu der bedeutung ^handlung, Vorgang des besprengens' ,
doch bleibt tunächst noch das ältere concretum deutlich:
die warme sprenge
des regen« schwellet
das laub, gehellet
vom Sonnenschein. Voss 5 (1802), 22ö;
denn mir gebot allvater. zur priesteriii an dem orakel
seiner natur sie zu weibn. die holdanredeade JungTrau,
dasz sie die hlumen ertrischte mit taglicher sprenge des
nektars. Utas, «eUie un 6lolbenj 44;
suletit vvrblaszt:
jetzt nach heiliger spreng' eutlasst mich In Iriedeu, und lebt
wohl! üiiyttte 13, 39;
auch beschwur er mir selbst, bei beiliger spreng' in der
wohuuug,
schon sei niedergezogen das schilT, und rüderer fertig,
um mich heimiuseudeu zum lieben laude der Täter. 14, 331.
b) gerät zum sprengen: sprenge, clepsydra, harpagium. Stieler
2097; sprenge, afßatoio innaffiatoio, rigatoio. Krameb dict.
2 (1702), 887'; sprenge, gieszkanne KrCmtz «ncj/cl. 161, 693. vgl.
unten sprengkanne, sprengkrug, sprengfasz und oben spreng-
beeber. auch gegenständ, welcher eine flüssigkeit sprengt, mit
gröszerer selbsitliätigkeit : sprenge, die quelle. Scbröer 207*. wie
unten spring, ni.
2) sprenge 'ein kurzer, doch sehr jälier abschusz an einer strasze,
der gewöhnlich mit einer knüttelbrücke festgemacht ist.' Stalder
2, 3s7, also ein ort, wo der unvorsichtige wandrer in den ab, rund
gesprengt werden kann: die sprengi, jäher abhang. Honzikeb 248.
hierher die wendung: er st£t auf der spreng, er steht auf der
kippe. ScHM.' 2, 7U2. auch die sprenge eines tisches, der rand:
stell das glas nicht gerad auf die spreng! ebenda, vgl.
sprengen, verb. 1, 1, b.
3) sprenge, klammer, fusieisen für Verbrecher. Schmid schwäb.
wb. 5U4. Wei.nbolu schles. wb. 93*. die bedeutungsentwicklung des
Wortes tU nicht deutlich, vielleicht stand sie unter etnflusz von
unten Sprenkel, m. [s. dies): junge starke schukeler und land-
recken soll man in die sprengen schlagen und den pflästerer
in seine arbeit schicken, ulmische lerordn. von 1614 bei Scbmid
schwäb. wb. 482 ;
ich liesz ihm eisin spreng ansvbmiedea
darzu ein halszband wie eim rüden.
Fhisculin H'emielgard V, 1.
neben der den gefangenen an den klotz schmiedenden fessel:
man lasse klammern dann und sprengen leriig machen
und spann ihn, sperrt er sich, bej so bewantiten sacbeu,
mit fesseln an das klotz. A. Gaipuius 1 (1698), 268;
'^''^^ *»'••■ lass keinen der ihn liebt
eindringen auf die bürg: ihn auch heisz feste schlieszen;
mit ketten au den arm, mit sprengen an den füszeu. 44.
SPRENGEISEN, n. eisen, welches dazu dient, ein glasgefäst
an einer bestimmten stelle zu zersprengen, im besonderen den hals
eines solchen gefdszes abzusprengen. jACObssoN 7,414*. vgl. auch
sprangeisen, n., theil 10, 1,2793.
SPRENGEL, m. l) gerät zum sprengen des wassers, im be-
sonderen des geweihten aassers, vgl. unten sprengen, verb. I, 2, a:
Sprengel, sprengil, aspersorium Dikf. 54'; sprengel, spersorium
546'; spreanel, aspersorium Schm.* 2,702; sprengel, aspwyiüum,
quo aquae luslraiis guttis aspergunt praesentes in templo. Frisch
•1,30b'; Sprengel, weibwasserquaste ScBüPF 693. vgl. auch unten
Sprengquast, m. und Sprengwedel, m. geeignet, weihungen der
verschiedensten ort zu bewirken, im besonderen aber böse geister
zu vertreiben, gehört er su den hauptsächlichsten cultusgeiäten
der katholischen kirche: dann er {der pfaffe) kam mit seiner
küchin processiunsweis daher, welche zwey wacbstiechier
und einen weyhwasserkessel am arm trug; er selbsten aber
war mit dem chorrock bewaffnet sampt den Stollen und hatte
den Sprengel in der einen und ein buch in der andern band.
Simpl. 1, 361, "27 KeUer; da nam der gesell einen reibtopff toI
butter, setzte jhn ans fewer und lies sie heis werden, gos
sie in einen messingskessel, und zuch eine weisze badkappen
au und nam ein rottes windelbandt um den hals wie ein
stot und einen kleinen sprengel in die handt. Hennebercer
preusz. landtafel 483; der uian wurff das bette vom weibe ujd
findet sie nackend ligen und hell sie mit einer band fest
und mit dem sprengel in die siedende butter dunckte, und
besprenget sie sagende: asperges me domine. ebenda; (be-
schreibung eines leichenzuges :) voraus gebt der bar mit weih-
kessel und sprengel, dann der wolf mit einem kreuz, der
hase mit der kerze, hierauf folgt die bahre mit dem todiea
fuchs. J.Grimm Reinhart fuchs ccwiii;
uim bin den sprengel, den er treit,
den crietem und das buute kleid.
B. Walbis i>db$il. reyctt 1, 16:
schon in mhd. zeit erscheint es als typisches gerät des katho-
lischen getstUchen: sie taten
in we, die gotes prelaten:
vor die sprenget starcke knien
sie furteo. Ludwi(fs kreutfaltrt 7238.
in einer vergleichung mit rücksicht auf seine beschaff enheit :
ich gleich sie eiuem enget,
die herzallerliebste mein:
ir härleiii kraus als ein sprengel,
ir mnndlein rot als rubin. (: rubeiu 6«ryr. ISneuär.).
tiedert)uch 1», 17 Cödeke-Tiltmann.
2) dann auch der amlsbezirk eines geutUehen, eigentlich der
bezirk, welcher von seinem sprengel (f. unter 1) geweiht war und
noch dauernd unter der weihenden Wirkung desselben stand. e$
27
SPRENGEL
i$t 4tr bette beweis für du ursprüngliche btdeutung des geratet
im cuUmt der alten kiiche, dasi solche bedeutungsübertragung sich
m4 dem worte verbinden konnte, diese sevunddre beJeutung ist
besonders alt auf nieäcrdeutscJiem gebiete, vgl. auch du bedeutungs-
tntieicklung von kirchs|iifl, n., theil i,%'i3: bischup Itodulf de
LaJde iu vuller b«siiliage de stede unde siute des stichtes
{von Utrecht) unde den tullea und tyos ... inen biscbup Sweder
{der vom papst bestätigt war) badde allenen den sprenge! unde
Mr«t de papbeit reulea koode. Litbecker chruii. bei Sciiilleb-
LCnkfcN 4. S44'; vau deiue watere Ceyna an . . . wente to Sles-
wick alle laud horedea iu deu Sprengel to Aldenburgh, wente
in deuie lande nocb neue stiebte efte biscbupduiue weren.
koHNKa !>t>' ebenda, doch auch schon Lurata scheint diese be-
deutung tu kennen: darum bat der bapst Cbhslus reicb gar
verwüstet, su weit sein Sprengel reicbet. 16, l&l,^! Weim. ausg.,
«M beide bedeutungen möglich sind.
a) Sprengel, districtus kircbspieU Schottbl 1419; sprenget,
dtstriäus paroecia aUasHrcb8pie\,dioecesis. SriELKR209b; sprengel,
dulrictus, praectpue ecclesiasticus. WACHTtt 1570; im besonderen
aufsichtsbesirk etnes bischofs: sprengel, kircbsprengel, districtus
ecclestastuus episcopi alicujus. der bezirk wie weit eines biscbuCTs
gerecbligkeit und aufsicbt gebt. Frisch 2,308*; su scbeinet
mir die meinuDg, dasz Curl mit der seit die biscbüflicben
Sprengel angeordnet habe, wahrscbeinlicher. Müskr osnabr.
gesch. 1, 231 anm. er ist abgabepflichtig, wie die Zusammenstellung
mit zebntllur leigt: die Urkunde, wurin die gränzen der biscbüf-
licben zehntOur oder des sprengeis beschrieben gewesen seyn
sollen, ist nicht niebr vorbanden. 281. seine grenzen: wo die
natur nicht durch Qüsze oder uuf andre art selbst grunzen
setzte, schienen die bischoflieben sprengel dergleichen nicht
zu empfangen, sondern sich auf eine uiannzahl zu schlieszen.
1.233; überhaupt scbeinet unser sprengel die Emse und die
Hunte, deren lauf sich doch oft verändert, zu seiner grüuz-
linie gehabt zu hüben. 1, 280. beyde pübste suchten sich einen
anhang zu machen, auf seilen des letztern stand die übrige
geistiicbkeit des rOmiscben sprengeis und der adel der sladt.
ScBlLLKR 9, 243;
(1er fromine kirclieuvoct — er selber,
desz sprengel überall, wo liülfe notb,
•r kam herbei iu seines lieireii diensi,
su streuen aussaat cliristliclier gesitiung.
Grillparzih* 7, 99;
der seeleobirt gebort in seinen sprengel. 8, 36;
und ist eu'r sprengel hier im lager? Neustadt,
Neustadt und Wien, dort leuchte euer Hebt, ebenda.
dann auch der pfarrbeiirk der leutpriester, wie kircbspiel. vgl.
auch oben Stiülilr 10.iH: diese erzpriesler hielten sehr auf
ihre gewalt gegen die bischofe, wie sie denn auch ihre eignen
Sprengel hatten. Moser otnabr. gesch. i, 2Si ; ihre (der priester)
uufauglicheii missioosdislricte lieszen sich leicht in pfurr-
spreugel verwandeln, die mit der zeit in kleinere vertbeilet
sind, ebenda.
b) weiterhin auch beteichnung der weltlichen obrigkeilen unter-
itelUen beiirke. für den weg dut^r begrijfserweilerung vgl. : vor-
nehmlich aber halten bischofe, herzöge, pfalzgrafen und andre
kaiserliche represenlauten iu den provinzien die iu ihren
spreogeln gelegne vogteyeu an sich gebracht. Müskr in den
buttern von deuluher arl und kun.4 118 neudr.; unser haus lag
im churpHllziscben sprengel, und wir hatten uns einer neuen,
obgleich erfreulichen einquartierung zu erfreuen. Göthe 24,287
(dagegen: über die grunzen der verschiedeneo chiirfürstlicben
bezirke war man nicht einig. 293); noch heule gericblsspreugel,
heurk eines amts- und laude sgerulites, vgl. theil i, l, 'Milb.
e) in weilerer leraUgemetnerung: und diese perfectibilität
oder corruptibiliiat, die weiter nichts ist, als erstere in ent-
gegengesetzter richtung wirkend, isl es eben, was den menschen
■Mckt, und was ihn vuo dem spieogel der physiognoroik auf
ewig ausscblieszeo wird. Licbtknrero vrrm. icAr. 4, 27.
I) dasselbe »i« unten Sprenkel, m. voiii-lfalle. Kkbkkin weid-
wsaunsspr. 176: sprengel, ein gebogener dünner ast oder schusz
eines Strauchs zum Vogelfang , vtrga flexa ad capiendas avts.
Ftisca 1, JOfc; er Idtr liebhaber) bUngt jetzt schon den sprengel
■IU. daroacb kommen auch die beerchen: darnach hals
«OfdckM iMt U Bascitcu: ts dreiU sich und nattert noch
•bl WVÜekm kM«m, und esdlich, und endlich... Wkiszk
iom. 9pem l , 43
4) vol ait^ ff und der dhnltehkeit mit sprengel 1, sprenget
teutfhnung ton brainea rapa oteiftra. auch wttterhsn rObsspreugel
ftuannt, an der btrgttiasse. l'siTtSL-JksSKR (kl.
SPRENGELKASSE — SPRENGEN (L 1) 28
Sl'llENGKLK.\S.SE, f. kasse eines geistlichen sprengeis
{s. sprengel 1.2): die kasse mag nun die liischüfliche oder
die geistliche kasse oder auch die gottcs und kirchenkasse
geheiszea haben; genug es war die wahre Stifts- oder sprengel-
kasse. Moser patr. phant. 3,9i.
Sl'HENCiELKÖit.NLLIiN, n., wie unten springkorn, n. beieich-
nung von catapucia, heule ttthymalus lathyiis. I^ritzel-Jessen 4Uü:
spreiigelkOrnli, eatapucia. voc. opt. 43,08.
SI'HE.NGELLEUTE, p/ur., in Göttingen-Grubenhagen sfteügel-
iQe, die bewuhner eines kirchspiels.
SIMtENCELSYNOüE, f. die von den pastoren eines kirch-
sprengels besuchte sijnode. Sailm&nn 84\ vgl. sprengel 2, a.
Sl'UENÜ ELIA LIFE, f. mittelst weihsprengel (s. oben sprengel 1)
vorgenommene taufe einer grOsieren menschenmenge , im gegen-
sati XU der taufe des eintelnen, den die hand des priesters allein
besprengt: vor vil jaren haben sie vil kinder geborn. ... die
{Margarethe, grdfin von Holland) hat unib die jar nach Christi
gepurt gezelt 1313 in einer kindtbet dicibundertsechzig und
vier kinder geporen, alle in mentschlicher und voikoinner
gestalt, sein auch lebendig zum sprengeltuuf, wie maus buist,
kommen. Ztmm. c/iron.' 4, 4, 11, wo zweifelhaft bleibt, ob nicht
sprengel taufen , n. gemeint ist.
SPRENGEN, verb., causativbildung zu springen; ahd. sprcngan
Graff 6, 399; mhd. sprengen, zu belegen noch als ags. sprengun
ItoswoRTH-ToLLER 9U5'; ai(;iord. spi'eugja Fritzner 3, 499* {dän,
spränge, schwed. sprünga). über weitere Verwandtschaft auszerhalb
des germanischen vgl. die wortgeschicIiU von springen, verb. nhd.
schreibt man noch ich spränge, spargo, conspergo, dtrumpo und ich
hübe gesprüngt Steinbacq 2,645, doch gewöhnlich dafür sprengen.
I. transitiv, l) sprengen, bewirken, dasz etwas springt, mit
beziehung auf lebende wesen als ubject: sprengen, inuclicn dasz
etwas springt, faire saillir ou sauter. far sallare qualche cosu.
HuLsius (101(3)304'; sprengen, suKure, faire sailler. Scuottel 1419;
sprengen, facere saltre. Stieler 2106.
a) reitthiere als object: ein pferd sprengen, faire sauler «n
cheval. HuLSius (lolG) 304'; ein pferd sprengen, far correre il
suo cavallo. Krahkh dict. 2 (t70'2),8!>8'. vgl.: sprengen, ein pferd
schnell laufen iiiuchün, equum ad cursum tncitare. Frisch 2, .iU8'.
die durch auslassung des objects hervorgerufene, jedoch nur
scheinbare intransitive Verwendung vgl. unter 111. im mhd. i>t die
hervorhebuny des objectes noch ganz gewöhnlich, vgl.:
er sprancte dar durch liebe der ma:re liult guot.
. , , huäruit 472, 2,
tn der handschr. jedoch:
er sprungkie daj rosz durch liebe;
diu sper sie under sluogeu, dö sprengten sie diu res.
,. ... . Wotfdittricli DV209;
diu res si dö sprancten, '
vil ritterlich si sancleu
diu sper über Schildes rant. Walhi-ran 1009;
diu twerge sprangten auch ir bök
und siiessens iiiiler sam die Ktök.
iUiNR. V. W'lTTKNWSlLIII Mlll/ &2', 17.
ebenso vereinzelt auch noch im nhd. bis auf unsere zeit: gynner
der bruchl das pferd, er ritet es, er sprengt es und schlecht
es und thül im wee, aber diser Ibüt im iiül, aber er ver-
achtet es und danckt gott, das er im krallt bat geben, dasz
er gon ma^. Keiskusuhüc bilijeischaft \U'; das ross isl schon
vor dem mann, der dencket nicht, dann wie ers reitlen,
sprengen und zu seim lust nutzen wull. Franck sprichw.
2(lJ4i),7l', danach Fischaht ehetuclitb. kl'; ileni, ein beugst
zu sprengen und musterhalliig zu reiten hett er {der abt)
keinen ineister. kiHCiiuoF wenduum. 1, 490 Usterley; do war
ainer under des bischofs diener, der hett uin Hucken gaul
und wolt auch vorm frawenziniiner tehen lassen, was er
konle. der sprangt und domlct im vorholT das pferdt nach
vortbeil. Zimtn. chron. l'',ho\,lb: schon stand ich auf dem
Scheideweg, wollt eben mein pierd über die grenzen sprengen,
mit Verwünschung diesen bodeu auf ewig vorlassen. Ki.iNbKn
1,83; er verstand aber das zaubern und zumal so halt' er
ein röszlein, das konnte wohl reiten und traben, iliiinit setzte
er in hohen Sprüngen Über felsen und risse und spieii);te es
über den llusz Wieseol, ohne das wasset zu rühren, brüder
Grimm sagen I3U;
Ich selbst, bowafTnal mit gascbost,
bettelse mein «rabiich reit. . . .
und als Ich »«inen lorn eninannnet,
rasch auf dtn dracben spreng irirs lot.
ScHiLi.ia 11, 277;
ibm brannte dns haupl von räch' und luul,
•r ipr^iiftte duf ruiroii In dii< lliii.
htkkSRT tirdosi l, b3;
9 SPRENGEN (I, 1)
er löste vom halfter das ringelpeflecht
und legt' es vor sich auf dein saitel lurecht,
sprengte das rosz, und getön erklang. "2, 505;
auch rriter mit äuszerem object verbunden: (er) sprenget das
pferdt ein höflichen sprang vor dem keiser, grüsset jn dc-
mütiglich. Fierrabrns G4.
b) mit besiehung auf personen als object.
a) einen sprengen, ihn eilends wohin schicken, fortschicken.
Hertel 232; dahei ist gleichgültig, ob von reitern oder fuszgängern
die rede ist: einen jungen hin und her sprengen, itrabalzare
«n ragazzo, facerlo trottare, galoppare. posteggiar, in volta, e correre
qua e la. Kraiieb dicL 2(1702), 8?S*; sie hat die arme magd
bin und her gesprengt, ella fece trottare la porera fante qua e la.
ebenda; Radirobanes hat jhm, ... mich mit bnszhafftiger that
zu entführen fflrgesetzet, unnd den vater sampt mir unter
der beschönung. als ob er etliche auffzüge an dem ufer halten
wolle, dahin gesprenget. Opitz Barclajus teutsch 1,480; ich will
sie nicht eher herübersprengen als nöthig ist, denn es ist
noch nicht einmal wahrscheinlich, dasz wir mittwoch spielen.
GöTBE an Schiller 512*; Gonzalo. ich will einen nach Sarossa
sprengen. Camiüe. all eure leute und pferde sind mit Se-
bastianen. 57, 193; aber ich werde den Lormeuil nicht von
Toulon nach Paris gesprengt haben, dasz er als ein jung-
gesell zurückkehren soll. Schiller der neffe als onkel 3, 9;
besteilt ein gutes abendessen, sprengt einen burschen für
doppeltes trinkgeld nach der Stadt, um uns champagner zu
Terschaffen. Iumbrsiash Münchh. 3, 194; die Maitiene aufs fehl
hinaus sprenge. Seii.fr Basier mtindart 275'. oft mit deutlicher
Charakterisierung des nutzlosen: einen sprengen, ihn unnötig
wohin schicken, vgl. ebenda; einen sprengen, ihn in den april
schicken, zum besten haben. Hdszirer 24S; daßr oucA; in abrille
spränge. Seiler Basler mundart 275'; die pferde wollte ich
ifg. gern schicken, eines aber war mir auf der vergebenen
reisen nach Kressen, dahin ifg. mich und andere gesprenget,
gestorben, die andern zwei wären nicht des fullers werth.
ScHWEiNicHES denktcürdigkeiten 150 Oslerley; auch meiden die
gerichtsleut, daz man kainen gesessen gerichtsman ausz dem
geliebt vordem und sprengen oder in vergeben zerung und
unkost laiten soll, österr. weisth. 1,206, 17; es sollen auch dorf-
maister, fünfer und die saltner gwalt haben, und nit albegen
ain ganze gemain umb ain schlechte sach von irer arbait
zusamen sprengen, tirol. weisth. 2,328,22; er ist ein schurk. ...
dasz er uns so unnütz ins schiosz sprengt, und nicht einmal
mitkommt, wie er es doch versprochen. Pkstalozzi Lienh. und
Gertrud 1,204; herr untervogt, es murreten da etliche, dasi
ihr sie also ins schiosz gesprengt, nnd da noch wider euer
versprechen allein gelassen. 205; also hält ich wohl können
daheim bleiben, und klagte, dasz ihn die vögtin so eilfertig
über den berg gesprengt, und dann noch her einem so
schlechten wetter. 3,56; einem so unfreundlichen und uner-
warteten bescheide fügten sie noch allerlei spüttereien hinzu,
und lachten sich untereinander aus, dasz sie durch diesen
irrtbum in den regen gesprengt worden. Göthe 18,253; der
kardinal von Lothringen ... war so fein, den könig zu bitten,
sich im rath einzufinden . . . der könig fragte darauf den
kardinal von Lothringen, ob er keinen andern grund gehabt,
ihn in den rath zu sprengen, als diesen? Scbiller (1834) 1129*;
ich bin nur deshalb fortgesprengt worden, um geschwätz über
seinen besuch zu hören. Freitag 6, I76. vielleicht schon zu der
Verwendung unter 1, 1, 6, i; ßhrl folgendes: dadurch [durch diese
Versäumnis des angesetzten gerichts) ihre gegenparteien vergcbent-
lich umb die weeg ge.sprengl und in mehrern uncosten ein-
gcfierl werden, österr. weisth. l, 105. 20, wo umb die weg wol
den gegenständ der Schädigung ausdrückt.
ß) in die höhe springen machen: ein kindt sprengen, danser
un enfant. far ballare un bambino. Hülsii;s (1616) 304'; einen
hoch auf sprengen, bewirken, dasz er vor entrüstung von seinem
sitze aufspringt oder in dir höhe fährt: manchmal am nach-
mittag sei noch kein belt gemacht und abends um neun uhr
wisse man noch nicht, was man zu nacht essen wolle, es
bStle sie hoch auf gesprengt, als sie das gesehen. Uli der
knccht 375.
v) heraus springen machen: dein toben hat ihn aus dem
bett gesprengt. Göthe 11,174; bildlich: einen sprengen, einem
durch ranke sein amt nehmen. HoNziiEi 248, eigenllich, bewirken,
dasz er aus seinem amte heraussprengt, doch bleibt eine heeinflussung
von 1,3 her zweifelhaft, vgl. unter springen, verb. Wendungen
wie einen springen lassen, ihn beseitigen, aufgeben u. s. w.
SPRENGEN (I. l)
30
S) einen ins gePängnis sprengen, ihm zu einer gefängni^straf«
verhelfen, dementsprechend mit unsinnlicherer Utraler beziehun§
einen ins ungifick sprengen anstatt des gewöhnlicheren einen ins
Unglück stürzen: wenn er einmal sein elend vergessen wolle
und sich Instig machen, so käme alles auf ihn los nnd
suche ihn zn unterdrücken, wer ihn ins nnglück sprengen
könne, der thue es. LH der knecht 28. einen in mühe und
Unkosten sprengen: will auch schier ein jeder so etwa ein
handl vor gericht hat seinen fürgesezten richter für parteiisch
halten, vor ime nit antwort geben und dadurch seinen gegen-
tail in mühe und uncosten sprengen, österr. weisth, 6.503,41.
Wendungen wie einen in einen handel sprengen liegen wol m
folgenden zu gründe: indessen wenn ich dir gut zu rate bin,
so lasz dich nicht ein; man will dich bineinsprengen, nnd die
andern wollen sich hinter dir draus machen. VU der knecht 75.
*) als strafe für einen betrügerischen bäcker: einen becken
sprengen, ihn zur strafe ins wasser werfen. Schji.' 3, 702. einen
ins feuer sprengen, ihn ins fever werfen und verbrennen lassen:
die lieb printzes von Wallis schreibt mir, dasz sie den Bullin-
bruck mitt einer figur von einer non milt einem kindt in
seinen armen dorch einen teüffel haben in feüer gesprengt.
Elisabeth Chariotte 3, 672 Edland. auch sonst: Stini fluchte,
dasz er es habe ins (»nwi-)Ioch sprengen helfen. Uli der
knecht 120.
t) allgemein einen rn tode sprengen, ihn ron einem erhöhten
punkte herabstürzen, dasz er zerscheül: sie fürten in bisz zn
dem grot des hergs. uff daj sie jn überal zn tod sprengten
oder stürtzten. KEisERSBERGpo5ti7J«2,58; das hausz und schiosz,
da denn der grafF vom Forst innen gesessen war, den da Goffroy
zu todt sprenget, buch der liebe 284*. anders ist wol aufzu-
fassen: dann die wittib, deren keysers Trajans son das kind
zu tod hat gesprengt, wolt dem keyser den rechtspmch dar-
über zu geben nicht so lang sparen, bisz er auss seim vor-
habenden zug wieder kam. Garg. 226', wo das aus sprengen
1, 1, a abgeleitete sprengen MI, auf dem rosz daher jagen, wol tu
gründe liegt, vql. auch noch unier \, l, c.
Tj) einen um ein ding sprengen, ihn darum bringen, betrügen.
REHREI5 nassau. volksspr. 2,51; was will er machen? steckt
dem in den klauen ganz und gar, musz zu allem jetzt ja
sagen, am end ist aber doch meine Schwägerin allein drum
[um die hinterlegte geUsumme) gcsprengl. Fr. Mf lleb 1, 275.
wol zu erklären aus !, I, 6, a, wo die nebenbedeutung des zum
narren habens (vgl, dort Wendungen wie in den april sprengen)
sich zu der des betrügens weiter entwickelte, den Übergang ver-
anschaulicht der letzte beleg unter 1, 1, b, a.
c) scheuchen, aufscheuchen, verjagen, verfolgen; wol ursprünglich
Jäger- und fischerausdruck: indessen wurde der Kolilwald von
den immer zunehmenden geiszen übertrieben, die rosse die
man auf den fettern graszplätzen weiden liesz, bisweilen von
den geiszbuben verfolgt oder gesprengt, der arme mann im
Tockenburg 33;
vom nahen lärm erapor gescheuchi,
feld ein und aus, berg ab und an
gesprengt, verfolgt, doch unerreiehl,
ereilt das wild des angers plan. Bdrcer 70\
bildH^ Mick von personen: hast da nicht diesen edlen ver-
wundet; seine liebste, seine braut aus den armen ihres vaters
gesprengt, der ihr diesen schritt nie verzeihen wird? Götbk
57,211. von einem verfolgten pascher: als ich wie ein halb
zu tode gesprengter niederfiel. Fbldbb reich und arm 293
{vgl. olien zu tode sprengen unter I, i,ft, ^, von dem dieses su
unterscheiden ist), ins garn sprengen: das ist recht wüst, und
ich will von der ganzen sache nichts mehr hören; ich lasse
mich nicht so hinein sprengen, wie man die fische ins garn
sprengt. Uli der knecht 398. auch als bildliche wendung: dich
so bethören zu lassen! siehst du nicht, dasz das ein eintältig
angelegter plan ist, um dich ins garn zu sprengen? Götbi 10, S2.
d) die Stute sprengen, die kuh sprengen wird von Hengsten
und stieren gesagt, wenn sie vor dem eigentlichen Sprung* das
weibliche thier sunichst aufscheuchen und verfolgen; dann auch
ganx wie springen, verb. {s. unten) btieichnung des begattungs-
vorgangs selbst. vgL KEnRsm volksspr. in iVotMU 1,385: unnd
ist eben als sünd, als wenn ein stier die gantze herd sprengt
und tragend macht, dann wie der farr kein wehrend oder
verbietend gesatz hat darwidcr er sündiget, also auch goll.
S. Frahck chronica (1531) 442'. ganz entsprechend beteiehnet
sprengen in der ueidmannssprache jenen Vorgang, ^wenn der
hirteh das thier, welches er beschlagen will, mit dem geweihe einige
31
SPRENGEN (1. 1- 2)
SPRENGEN (1,2)
32
f«i( getrieben hat *nd et dann flüchtig macht, um xvm betchlag
aufzufüllen.' Traih I, 285.
e) auch ron anderen eonireten gegentländen wird sprengen
in dem unter I, 1 aufgewiesenen finne gesagt, heraus springen
machen: sie Iheten mit jren schwerdlern das fetir aiisr heim
nnd schulen sprengen. Fierrabnn Bf>; zu kilt {zum närhtlirhen
hesHch der geliebten) läuft man nicht in den iiolzbndpn {holz-
schuhen), und wann sprengt man mehr srhuhnägel aus, des
lages oder des nachts, wo man keinen stein «iehl, kein loch,
keinen graben. Uli der knerht 47. hinunter springen machen:
demnach zog er sin schwert usz und schluog ein rjlter damit
nflr sin heim, da; er inn unlz ufT die zenn zerspielt, demnach
ein andren, also daj er im den kopff uff die erden sprangt.
Haimonskinder 231,24. «n einem dem oben unter c aufgeiciesenen
gebrauche ähnlichem sinne: diesem gleich erhandelten unsere
Jünglinge eines der auf den Irödel gesprengten kirchenbilder
um den geringsten preis. Göthk 43,396. hierher noch der hand-
verksausdruck: der Zimmermann sprengt die schnür, trenn das
tu lersdgende holi krumm ist und der den schnitt vorteichnende
tehnurschlag der krümmung entsprechend geworfen wird. Jacobssoh
4, 2>4', wo eigentlich der sinn des versprengens lu gründe liegt.
f) selten wird sprengen bildlich auf abstractes bezogen {ent-
sprechend I, l,a):
Hafls insbesondre schafTet ärgernisse,
Mirza sprengt den geist i'ns Ungewisse,
saget, was man thun und lassen müsse. Göthk 5, 33.
entsprechend 1,1,6." eine rede unter die leute sprängen, ser-
mones spargere. Steinbach 2,645.
2) sprengen, spargere Maaler 382'; sprengen, aspergere
ScBOTTEL 1419; strewen, sprengen, spargere Cobvinds 619";
sprengen, spargere Stiei.er 2096. Wächter 1517. part. gesprengt
(besprengt), sparsus, aspersus. Hemsch 1568,38.
a) flüssigkeilen mehr terstäubend spritzen: sprengen, gieszen,
arrouser, asperger, addacquare. Hülsids (1616)304'; sprengen,
fundere, madidare, madefacere. Stiei.er 2096. gewöhnlich mit
angäbe des objectes {über seine seltener vorkommende auslassung
vgU unter III, 2, sp. 40): wasser sprengen, wegen des staubs, ehe
man auskehret, spargere aquam et vertere. Frisch 2, 308*. mit
weiterer localer angäbe: die hirten Tersuochent, welbiu schaf
geleben mügen über den winter, und sprengent eiskalteg
wayer auf ir aller «ter;, welhej dann dag wasjer vast top
im srhütt, äaz, ist stark. Megenbbrg 154,19; das sebzehend
ist, da; der frawen milich dick ist und zseh, als6 der si
sprengt auf ein glas, sft at^nt die tropfen dar auf als die
arwai; und fliejent niht. 41,8; ein Schneider der nimt da;
mul Toll wasser, er trinckt es aber nit, . . . und da; wasser
speutzet und sprengt er uff das tfich. Kbisersrerg emeis 24';
und nach der Ordnung
setzten sich alle gereiht auf stattliche sessel und throne.
diesen auch iprengetan wasser die herold' über die bände.
■J . , ^ j . j . . . Oilussee 1, 146;
vpi.. ein fiur, dai Arst enttundet wirt,
da; ist zehant zergenget.
swer drüTe ein Intzel sprenget
Ton waiier, ti erlischet wo), troj. krieg 22120.
geweihtes wasaer aprengen als bedeutsame cuUushandlung, nicht
nur bei den beiden, sondern auch in der christlichen kirche.
tgl. PrANNRNScBHiD dos weihwosser im heidnischen u. christlichen
ruUut {Hannover 1869). die durch wasser bewirkte rein kürper-
hche reinigung des menschen wird symbolisch umgedeutet für
entsprechende unsinnliehe Vorgänge in seinem innern. vqI. die
substantivische wendung: do baten wir pfenner und die ge-
kornen, das der rath uff morgen sonnlagk nach dem sprengen
den rath und meitter besenden woide. Spittendorff denk-
würdtgkeilen 3&8, »o die reinigende Wirkung des kirchganges
symbnhuh dadurch ausgedrückt wird, dasz der priester auf die
gemetnde beim verlassen der kirche wasser sjirengt. vgl. t'FANKEn-
soiHiD 177^. und 185. weiterhin hat sich der Wirkungskreis dieser
heihgen handlung mannigfach erweitert, wie besonders der beleg
hei KaeRLin t. lirRzauRC und bei Hosecger zeigt, vgl. auch oben
•prengel, m. l und unten Weihwasser, n.: denn ich wil euch
aus deo beiden holen, und euch aus allen landen versainlen . . .
und wil rein waaser über euch sprengen, daa jr rein werdet
toD alle ewr uoreinigkeit. Hesek. u, 25; also sollu aber mit
joen thun, das du si« reinigest, du solt sündwasser auff sie
aprengen, and aolien alle Jre bare rein abscheren. 4 Afoi. 8, 7;
wtao «her jemand jrgend einen todten menschen anrürel,
m4 liMs nicki entsündigen woll, der verunreiniget dir wonunge
dea lK>rrn, und aolrhe «eele snl ausgerottet werden aus Israel,
danimb das aprengwasser nicht über jn gespreiigel ist. t», tS;
ich glaub wol, der teuffei erwecke etwan ain ungewitter unnd
lasse davon ab, so man glocken leOt unnd weychwasser
sprengt. Jon. Ererlin t. GCkziujrg 2,9 nrudr. ; das gesiebt
gegen morgen gerichtet, stellte sich der magier jezt auf den
teppich, sprengte Weihwasser nach allen Tier weltgegenden,
und neigte sich dreimal gegen die bibel. Schiller 1, 215; ich
wusztp wohl, er hatte norli den haussegen zu beten; ...
auch sprengte er Weihwasser an thür und fenster, um somit
zum schütze des eigenthums alles gethan zu haben, was ein
guter Christ zu thun vermag. Rosegcbr waldheimat 3,16; vgU als
jedoch nicht ganz entsprechend:
die trophen die nider Ounen.
di im entwunc der ^warte,
die Iniiren die siechen harte,
wurden die di mit gesprenget.
Servatiim 737 Haupt.
ganz entsprechend im hebräischen cultus das blut des opferthieres
sprengen, vgl.: sich und mit dem {blute) sprengende so wart
da; Volk von Israel von aller ieren Sünden gesüberet und ge-
lainet. (Jrieshaber predigten i, U9 ; und stunden in jrer Ord-
nung wie siclis gebürt, nach dem gesetz Mose des maus
gottes. und die priester sprengeten das blut von der band
der Leviten, denn jr waren viel in der gemeine, die sich
nicht geheiliget hatten. 2 ehron. 30, 16; und {der kuehen) sol
des priesters sein, der das blut des danckopffers sprenget.
3Afo5. 7, 14; mit deutlicher angäbe der örtlichkeit: wan da («n
levitico) lesen wir, da; der bischof in da; tabernacel gie und
in dem der böche blflt ze sieben malon sprancte. Griesbaber
predigten 2, l\h ; das blnt auf den altar sprengen: Mose nam
die helffte des blufs, und thels in ein becken, die ander
helfft .sprenget er auff den allar. 2Afoj. 24, 6; da schlachten
sie die rinder, und die priester namen das blut und sprengeten
es auff den altar, und schlachten die widder und sprengeten
das blut auff den altar; und schlachten die lemmer, und
sprengeten das blut auf den altar. 2 chron. 19, 22; und lies das
blut der danckopffer, die er opffert, auff den altar sprengen.
2Äön. 16, 13; dis sollen die silten des nitars sein, des tages
da er gemacht ist, das man hrandopffer drauff lege, und das
blut drauff sprenge. Hesek. 43, IS; auch in weiterer Verdeut-
lichung des sprengen zu gründe liegenden begriffes das blut auf
dem altar umher sprengen: und die priester, Aarons söne,
sollen das blut auff dem altar umb her sprengen. 3 Mos. 3,2.
auch als altgermanische sitte gedacht:
dreimal heulten sie, sprengten sie blut,
schlugen dreymal auT ein nohngelach.
Klopstoci 2, 147.
ebenfalls als weihende handlung öl sprengen: darnach sol er
des ülcs aus dem log nemcn, und in seine lincke band giessen,
und mit seinem rechten finger in das iS\e tuncken, das in
seiner lincken band ist, und sprengen mit seinem flnger das
öle sieben mal für dem herrn. 3 Mos. 14, 16. wein auf etwas
sprängen, vino aliquid conspergere. Steinbacb 2, 645; besonders
von der libation des weines bei den Griechen:
trat in die mitte des hoTs und betete, sprengte den wein dann,
schauend gen himmei empor. Vo.«s llias 16,232;
das objecl in einen partitiven genitiv eingeschlossen:
als sie des tranl<i nun gesprengt und nach herzenswuntcha
getrunlien. Uiiytxee 3, 312 .
und er Tand der Phaialten erhabene fürsten und plleger,
sprengend des tranks aus dem becher dem spähenden Argos-
würcer,
dem sie zuletzt noch sprengten, des scnlars und der ruha
gedenkend. 7, 137:
und nachdem er gesprengt des berzerlVeuenden weinet,
trank er und reichte den becher zurück dem vAlkergehielar.
IS. 15t .
viel auch sprengt' er das weins ans goldnem becher und flehte.
Hin.« 23. 196;
und ein solches trankopfer ist auch in der folgenden wendung
den göllern opfer sprengen gemeint:
und dazu noch
schenk' ich ein schönes gefAsz, damit du den ewigen göttern
opfer sprengst und meiner an jeglichem tage gedenkest.
Odytee 4, 5S1.
in bezug auf eint zauberwirkende ftiissigkeil:
Clrce sprenci ihr Krausei eeaiisch, und die sin« des glftas.
(hid 2. SM.
in stark poetischer Übertreibung thr.lnen sprengen:
der helle lae wird mir zur nacht,
Ja dasz ich heiKzn Imiien
jetzt aprengen musz mit »ehiien,
ach scheiden das hatln Kemarht!
KliT f'ninaiiH« 413.
33
SPRENGEN (1,2)
SPRENGEN (I, 2)
34
b) selten, und eigentlich nur der älteren spräche grliufig. mit
beiiehung auf trockene gegenstände als object. auf da» haupt
erde sprengen als teichen der trauer: und hüben auff jre
stimme, und weineten, und ein jglicher zureis sein kleid, und
sprengeten erden auff jr heubt gen himel. Hiob2,l2; erde
sprengen, erd^lücke werfen {gegen einen feind): aber Simei
gieng und fluchet gegen im durch die höh des berges von
der selten und warf die stein gegen im und sprenget die erde.
bibel ron 1483. 150" (2 Sam. 16,13) (tgl.: mittens iapides ad-
versum eum, lerramque spargens. vvlgata). die deutliche xu-
gehörigkeit lu dieser bedeutungsgruppe leigt folgende dem in-
iransiliten gebrauch sich nähernde itelle: aber Simei gieng an
des berges selten neben jm her, und flucht und warff mit
steinen zu jm, und sprenget mit erdenklössen. 2Sam. 16, 13.
ofenrusz sprengen: da sprach der herr zu Mose und Aaron,
nemet ewre feusle toI russ aus dem ofen, und Mose sprenge
jn gegen himei für Pharao. 7Mos.9,S; und sie namen russ
aus dem ofen, und tratten für Pharao, und Mose sprenget
jn gen himei: da füren auff böse schwartze blättern, beide
an menschen und an rieh. 10. ebenso asche sprengen:
die ascüen si aämen,
für den chunich chömen,
si (praocten si si xe stunt
vor in allen in den luTi.
exüdus 142, 25 Diemer;
wenne man den schern {maulvurß prennet ze pulter und
sprenget in mit aim weijen ains ais auf des siechen antlütz,
da; ist guot für den aujsetzel. Megesberg 160,29, hier in naher
berührung mit dem gebrauche unter a; denn »o der ochsen
und bocke blut, und die aschen Ton der kue gesprenget
heiliget die unreinen, zu der leiblichen unreinigkeit, wie viel
mehr wird das blut Christi . . . unser gewissen reinigen ton
den todten wercken. Hebr. 9,14; noch heute in Eisleben asche
sprengen beim eintreten von glatteis. saitz auf etwas sprengen,
sale superspergtre quid. Frisch 2,308"; saitz auf etwas ipriingen,
aliquid sale inspergere. Steinbach 2,645; er sprängt über das
fleisch saitz, camem sale superspergit. ebenda; substantivisch
mit obscönem beisinn:
die ('/i'' jiiiiqfrnu) wil ich nii also laszen rerderben,
Sünder Ich wiU mit salzsprengen wol bewarn.
fattn. sp. 641, 9 Keller.
in diehteriseher spräche perlen sprengen:
all perlen und safran sprengten sie,
all muskus mit weine mengten sie,
muskus und wein von den mahnen flosz,
und goldstücke trat mit dem liuTe das rosi.
RüciBRT Fivilosi 1,80.
noch die in heutiger mundart lebende vendung: somen inn e
g'länd spränge, ihn ganz dünn aussäen. Seiler Baskr mund-
art 275'.
c) mit einem Wechsel des objeets. den Übergang zeigt der
folgende gebrauch {vgl. auch unten 111,2): mit wasser sprengen,
tpargere, spruztare, sbro/fare, spargolare con acqua. Krämer dict.
1 (1702), 887'; und der auch, der mit dem sprengwasser ge-
sprenget hat, sol seine kleider waschen, i Mos. 19.21; und
{der firiester) sol seinen finger in das blut tuncken und damit
sieben mal sprengen für dem herrn , für dem furhang im
heiligen. 3 Mos. 4, 6; und Muse nam das salböle, und salbet
die wonung, und alles was drinnen war, und weihet es, und
sprenget damit sieben mal auff den altar, und salbet den
aiiar. 8,10; der (der priester) sol die erste {turteltaube) zum
aQndopffer machen, und jr den kupff abkneipen hinder dem
gcnick, und nicht abbrechen, und sprenge mit dem blut des
sündopffers an die seile des altars. 5, 9. gewöhnlicher dafür
besprengen (j. theil 1, 1642). mit deutlicher angäbe des erweiterten
objerts, im übrigen noch m naher berührung mit dem vorher-
gehenden: da nam Mose das blut und sprenget das volck
damit und sprach, sehet, das ist blut des bundes, den der
herr mit euch macht. 2 Mos. 24,8; damit aber das gras nicht
dürr werde, so sprengen sie es, wann es nicht regenwetter
wil sein, mit wasser. FRunsPERccR kriegsbuch 3fHi';
man sol nemen gut Oächsin tiicli
mit klein Oächsin garren strengen
und die mit weichwasser sprengen
und dieses loch {in der holte) mit zudammen.
ii'ineji6uc/i 129, 1278 Bobertag;
aber des malils sei wieder gedacht, und die bände mit wasser
sprenge man uns. Voss Üdynnee 4,214;
spracb's: und Asphaiion sprengte die händ' itit allen mit
wasser. 216:
etwas mit thränen sprengen, aliquid lacrymü spargere. Stein-
■Aca 2,645; mit nektar sprengen:
X, 2.
aber dieweil das geschick ihm wehrt ein so kühnes TerUngen
(itfii loten wieder aufzuweeken),
sprengt «r den leib und den ort mit balsaraduftendem nektar.
Voss Ueid 1, 223;
passirisch gewandt: und dar nach so nam er den bock und
die kalbellon, mit der blöl daj tabernacel . . . wa; gesprenget.
Grieshaber predigten 2, 119; das brunnenwasser ward rott wie
bluol und flosz so vast, das der gantz platz darvon gesprängt
was. Morgant der riese 295,21 Bachmann;
rings auch troffen die kräuter gesprengt mit blutigen tropfen;
und es erhub das gestein, so scbiens, dumpfbrüllende laute.
» j- IUI- t j ^0** ^"'' 2,350;
vgl. die btldbche Verwendung:
gleich wie ein reilTes obst mit süsz und säur vermenget,
so ist des menschen lust mit bitierkeit gesprenget.
Kacbkl siil, ged. 19.
zuletzt auch ohne diesen instrumentalen xusatz: so nam er des
blütes und sprangete mit sinem ringer daj propitiatorium gegen
der sunnon üfgange ze süben mälon, und sprangte den esterich
och ze süben mälon. Grieshaber predigten 2, 119; leinwad
sprengen, irrigare linteum crudum. Stielbr 2096; das gelQche
auf der bleiche sprengen, spargere, bagnare, sbruffare, rigare
ü bucato 0 le tele per hiancarle. Krämer dict. 2(1702), 887'; den
boden sprengen zum auskehren, spargere, sbruffare il suolo di
aequa prima di spanarlo. 887'; den garten sprengen, affiare,
adacquare, rigare, irrigare il giardino, lepiante, 8S7'; {zur kühlung :)
•doch wer mein haus am hellen mittag sprengt?' — 'du dankst
ihm, dasz die glut dich weniger sengt.' ROciert 11,427;
auch an weine gebrachs, die brennenden opfer zu sprengen.
Voss Odyssee 12, 362.
vgl. noch das fleisch (mit saitz) sprengen, spargere la earne di
sale cioe salarla kggiermente. Kramer dict. 2(l702),887'. passivisch
gewandt: gesprenget, irrijotH», ungesprenget, non rigutus, siccus,
aridus. Stiei.er 2U96: gesprengt fleisch, cames saU aspersae,
salsugine, muria condilae. Hemsch 15&b, 39; gesprengt fleisch,
carne sparsa leggiermente con sale. Kramer dict. 2 (17C2), 887*.
vgl. auch einsprengen theil 3, 304.
d) einen gegenständ sprengen mit dem beisinn des anders-
farbigen, anstatt des gewöhnlicheren sprenkeln, rerb. l (s. unten):
ein buch sprengen, in der spräche des buchbinders den schnitt
eines buches mit gespritzten färben verzieren. Jacobssox 4,234';
sie sinkt, blut färbt ihr flächsernes haar und sprengt wie frühe
mayröschen ihr blasz gewand. Fr. MCller l, 190;
wann die kühlen fruchte reifen,
die nicht hat die glut versengt,
bat der herbst mit kalten reifen
auch die blätter fahl gesprengt.
REcKKRT yed. (1841) 242;
gewöhnlicher in passirischer Wendung: da| weij ist gevar »am
ob sein pleter gesprengt sein mit melb, aber daj swarz ist
praun und hat der sprinkel niht. Mecehbeig 409,3; wan si
(die Ölbäume) habent daj merer tail neur zwai plälel und
sint weij und gesprängt mit ainer gelben varb. 335,15;
swa; si wcte solden haben,
da; was side unt golt gemenget
mit porten gesprenget. Servaliut 468 Haupt;
bIQmen, gras, loub, rösen,
von ferre man ir farw erkennen künde,
hie grüen, wi{. röt, blä, gel und swarz gemenget:
mit solcher temperte
was wald, beide, anger, ouwe und feld gesprenget.
Hapahai V. La*ir 56;
vgl.: si (die goldtropfen) stuonden hie, dort unde di
nicb wünsche drin gesprenget;
sus bete sich gemenget
luo bläwer siden rdtej golt. troj. krieq 7471.
das pari, in mehr adjectivischen functionen: gesprengt, ge-
scheckicht, von vielerley färben, rerstfoior, varü coloris. Henisch
1568,46; das gesprengt werck, kleine gezierden an guldinen
und silbernen geschirren, so man darvon oder daran zu thun
mag, als bildle, blümle, spengle, emblemata. 41;
und was fehlte dem scbinken, der gänsebrust und dem bering?
was dem gebratenen lamm, und dem külilenden röthlich'
kopfsalat? Voss 1, 15 (Ltit>el); gesprengten
(rill kleinef kind) haschte Schmetterlinge,
die um die rosen buhlten,
und strich die goldnen stäubeben
von den gesprengten Hügeln.
E. V. Kleist ged. 1 (1760), 38 ;
in prädicativer Stellung: dar nebend was ein schönne zält uff
geschlagen von grüenem und brunnem sattio, mit gold ge<
sprängt. Morgant der riese 305,21 Bachmann;
da stuont ein hövesclier zobel vor,
der miit als In diu mäje sneit, .. .
gesprenget, swarz unde grä. Tristan 10931 ;
35
SPRENGEN (1, 2. 3)
SPRENGEN (I. 3)
36
hier roggen, der Relhlich über die scheitel
wallet«; dort bucbwelzen mit blumen eesprengt.
Voss U4, 42 Sauer.
hierher vol audi folgendet: da wider (gegen den schmerx in den
gliedern) ist in (den elephanten) gesunt, da; 8i trinkent kalt
wa;^er und ej;en gras mit bunig gesprängi. Mecenberc 136, 16;
darczu gehurt auch getntlen wein mit hunig gesprengt, kuchen-
meisterey c 6 {die ausg. von 1530 hat hesprengl), wo jedoch lu-
gehörigkeü i« I, 2, e iweifelhafl bleibt.
e) in der miiUer spräche das wasser sprengen, durch künsUieh
hergesteUlen fall seine kraft mehren: wenn man Wassermühlen
haben will auf den Aussen mit unterscblöchtigem wasser und
solches langsam laufft, so musz man einen dämm oder wahr
schlagen, dos wasser zu sprengen, dasz es schneller gewalt
thuet. Becher hausviter 26.
3) sprengen, rumpere, frangere; einen gegenständ sprengen,
bevirken, dasi er auseinander springt, lumeist mit starkem bei-
sinn des lerstörenden.
a) in einem «eiteren bedeutungskreise.
a) ein band, eine fessel sprengen, durch starkes auseinander-
dehnen sie lerreissen: die saitcn auf einem musikinslrumente
sprengen, durch alliu heftiges spannen. KrOmtz encycl. 161, 695;
und bald fühlte sie, wie es {das in einen packen eingeschnürte)
TOD innen iieraus sich dehnte und die immer schwächer
werdenden bände zu sprengen strebte. Storm 1,192;
Hebe sprenct die kett entzwey,
bricht durcli ttalil und stein.
A. Grtphius 1 (1698), 162;
die möven bringen künde von Kreia's heim'schen Strand,
er hört die möven, schüttelt und sprengt sein sklavenband.
Chamisso 3, 337.
in poetischer spräche, die fessein des eises sprengen, vom personi-
fiaert gedachten flust gesagt (vgl. unten unter S das eis sprengen):
in dieser düstern, bangen teil,
wo bochanschwellend, donnernd der geschicliie ström
die starren langgeliegten eisesTesseln sprengt. 3,365;
tgl.: (l'B sonne sprenget des winters bände,
XU rieselndem wasser wird das eisz.
, ,.,j HorriANN T. FiLi.EasiMRK ged,' 133;
roUttändig au btld:
auf! sprenge dieses Schlummers bände,
der deinen geist gefesselt hält. GoTTsa 1 (I7S7), 223.
ß) die ader sprengen, beim aderlasz: so sie {die schafe) das
feber haben, so spränge man jnen die ader am knoden oder
zwischen den zweyen hörnen an füien oder man lasz jnen
blut ausz den oren. Sebiz feldbau 141;
wiltu dann lustig sein ein woch,
spreng die ader, aufT beyrisrh doch:
nemlich hindern Umhang gelegen,
dasx dir kein lulTt nicht gang entgegen. Garg. 4S'.
eine flecbse sprengen:
und der rauhe stein zerschmetterte diesem die pfanne {an
der hiiftp),
sprengte die beiden flechsen darüber, und schrammt' ilim die
haut ab. Uörcir 224' lllim 5, 307).
/) eine thOr, ein thor sprengen u. d., sie gewaltsam Offnen:
wenn ein kühner geist, voller vertrauen auf eigene stärke, in
den tempel des geschmücks durch einen neuen eingang dringet,
so sind hundert nachahmende geister hinter ihm her, ... doch
umsonst; mit eben der starke, mit welcher er das thur ge-
sprengt, ichUgt er es hinter sich zu. Lessikc 3,209; die ihüre
geht nicht auf; das fehlte noch, so sollen doch alle elftausend
Jungfrauen den nichtswürdigen Schlüssel; ... ich musz die
ibQre sprengen. Geibbl 7,119. mit angäbe des werkteuges: in
rasendem ritte durch das schlafende land und die linstere
fübnwarme nacht brausend, seien sie im morgengrauen wie
gespenster vor Ricillicrg aufgetaucht, haben das thor mit axt-
bieben gesprengt. C. F. Meye* Jenatteh 93. dafür auch ein-
sprengen (i. lAnl 3,304): ich gehe zurück, sprenge die Ihüren
ein. ScBiLi er 2,Vli {rduber 3.2 schausp.). hierher auch mehr
oder weniger bildliche leendungen wie ^räber sprengen, ent-
sprechend den Vorstellungen über die vorginge am jüngsten tagt:
ich kaon graber sprengen und todte auferstehen heissen. 290;
hier In freier erde haben mrinen Uib sie eingesenkt:
gib, mein geti, dssi frti lie bleibe, bl> mein leib *l« wieder
sprengt! W. Mebiss vd. 2. 119.
den kerker sprengen: diea blutige (schwert) bringst du meiner
braut, ihr kerker ist gesprengt. Sciiukr Ftesko h, i,
S) der Strom sprengt dt» eit im frükjahr : endlich sprengte
aack der ström die nsdecke und ergosz seine flut herrsch-
instii Abtr das juoge grUn der wiesen. FaaTTAC 0, 195. rgl.
nudt ttn unter a: ein deich wird ruo zu starkem eis- und
wasserg.nng gesprengt. Jscobsson 7,414*; das feuer sprüngi
die mauern, incendium muros interrumpit. Stei!<vacb 2,645.
hieihtr auch: der nicht ausgegorene wein sprengt sein fasz;
(im bilde:) die thorheit musz wenigstens einmal im Jahre aus-
gähren, damit sie das fasc nicht sprenge. Moser patr. phant.
4,33; vgl.: es nahe keiner seiner kammer.
wenn er sich ungeduldig drongt
und jedes band und jede klammer
mit jugendlichen krähen sprengt.
Notalis 2, 136 {teeiulied) Ueistner,
f) das küchlein sprengt die schale des eies; vgU die folgende
bildliche Verwendung: er brütet schon eine geraume zeit dar-
über {über dieser entschliestung), und der heutige Vorgang hat
nur die schale gesprengt, die über kurz oder lang doch hätte
brechen müssen. Wieland 20, 118 {Abderiten i, l\). die puppe
des schmetlerlinges sprengt ihre hülle; mit beiug auf den
schöneren neubau eines Schauspielhauses als bild gebraucht:
gesprengt ist jene raupenhülle, neu belebt
erscheinen wir in dieses weiten tempclü räum.
GÖTHE 11, 303.
^) bildlich das herz sprengen, einen tätlichen schmers erregen:
nein, lieber im dunkel seufzen, still verschwiegen, als von
deiner muse an's helle tagesiicht geführt, beschämt, bekränzt;
das sprengt mir das herz. Bbttine brieft 1,222. anders gewandt:
wie der sonne strahl im lenze gleich der goldnen heldenlanze
eines flusses panier sprengt und die wogen wärmt mit glänze :
also sprengt dein augenstrahl mrines lierzens starre rinde.
W, MÖLLIR ged. l (1868), 155.
h) im besonderen geht sprengen, verb. auf die xerstörung eines
gegenständes, einer ganzen anläge u. s, w. durch anwendung irgend
eines Sprengstoffes wie pulver, dynaniit u. a.: sprengen, pulvere,
pyrio evertere. Wächter 1570.
a) mit instrumentaler angäbe: einen felsen mit pulver sprengen,
spejiare una rocca con polvere di eannone. Kramrr dict. 2(1702), 888*;
ein thor mit einer petarde sprengen, chiantare, far saltare,
spexiare una porta con una petarda; petardart una porta. ebenda;
ein bund stroh aufzuheben, musz man keine maschinen in
bewegung setzen; was ich mit dem fusze umstoszen kann,
musz ich nicht mit einer mine sprengen wollen. Lessing 7,358.
die Sprengladung als subject:
der Städte thore gehen auf, von selbst,
nicht die petarde braucht sie mehr zu sprengen.
SCUILLIR l'ucol. 1, 4.
ß) mit einer richtungsangahe: eine festung, einen Ihurm, ein
schiff in die luft sprengen, mandare in aria una fortexxa, un
torrione, un vascello. Kra««r rfirt. 2 (1702), 888'; der feuerfunke,
der in ein pulveimagazin fällt, einen thurm in die luft sprengt
und hundert häuser verschüttet, bat darum doch nur ein
einziges körncben gezündet. Schiller 4, 298; ihr seid ge-
schickter, tyrannen zu verfluchen, als sie in die luft lu
sprengen. Fietko 2,18;
der Türk mit feurigen kugeln schosz, ...
er grub wohl unter dem boden durch:
he, in die luTt wollt er sie {dif stadt Siulit-Weistenburt)
sprengen, tcunderhoni 2, 0 lio.thei-ger.
Moor, ladet alle gewehre! es fehlt doch an pulver nicht?
Schweizer springt auf. pulver genug, die erde gegen den mond
zu sprengen. Schiller 2, 99 (rdufrer 2, 3 schausp.).
•/) heule gewöhnlicher ohne diese angäbe: einen lurm sprengen,
ictu turrim discludere. Stieler 210«; eine vestung, einen thurm,
ein schiff sprengen, far saltare una fortezza, un lorrwne, un
vascello. Kramer dict. 2(l702),888'; einen felsen springen, rupem
dirumpert. Steinbacr 2, 645; gestein sprengen beim tunnelbau.
Karmarsch- Heeren' 9,719; im berguerk Jacobsson 4.234*,
ScHKiicHENSTCBL 229; wie...sich begeben, dass vielmahl un-
nötiger weise geschossen und an den Ortheren eine wand
gesprenget wird, der wol mit gezeu abbruch geschehen können.
köln. hergoriln. von 1669 bei Yiith 456; kohlenge winnung ... sie
erfolgt durch hereinreissen oder sprengen des über dem
schräm anstehenden kohls. quellt bei Veitb 456.
was für gewulbe .'•ind zu sprengen.
In welrlien kliirien, welchen gingen
musz alcli der schatzbewuszla drangen
zur narhbarschaft der unterwell. (iAtri 41,20.
eine brücke iprmpen, als Wortspiel mit der heJeutung unter
1,2, e.° indem tr{MoUke) elasti-^cben schiiltes den salon meiner
fraii vcriiesz, wandte er sich an der thüie noch einmal am
und richtete in ernsthaftem tone die frage an mich: 'wissen
sie dasz die Sachsen die Dresdner brücke gesprengt hnbeoT'
auf meinen auidruck des erslaunens und bedatierns erwiderte
er: 'aber mit wasser, wegen staub.' Bisa a rcb r-inn/ruiiym 2,92.
37
SPRENGEN (I, 3)
SPRENGEN (1,3.4. 11,1.2.111)
38
6} selten in heutiger tprache das die Sprengung bewirkendt als
object: eine bombe sprengen, far crepare una pompa. Krämer
dict. 2 (1702), 8S8'; gewöltnlicher noch eine mine sprengen; in
bildlicher Verwendung: weliren sie sich so gut sie künnen. —
ich lasz alle minen sprengen. Schiller kabale u. liebe 3,3;
passivisch gewandt:
und wenn nach manchen fehlgesprengten minen
ihr eignet blut, von wilder lust geglüht,
die stolze tugetid deiner schönen
luletzi an deiner brüst verrietb? 1, 249.
ganz anders aufzufassen sind natürlich Wendungen wie: der feuer-
mörsel ist gesprenget, mortarium pulvere pyrio displosum est.
Stieler 2106; ein stück durch Überladung sprengen, far crepare
un peixo di cannone per haverlo sorcaricato. Kh&mer dict.
2 (l';02), 88S*.
f) auf b beruhender übertragener, bez. bildlicher gebrauch.
a) eine Spielbank sprengen, wenn ein glücklicher Spieler durch
stäteii gewinn zuletU eine weitere bankhaüung unmöglich macht:
dann erschallt auf einmal ein ruf grünzenloser bewunderung:
j die bank sey gesprengt! es geschah dieszmal in ruth und
schwarz, der vorsichtige gewinner setzte sich alsbald in eine
postihaise, seinen unerwartet erworbenen schätz bei nahen
freunden und verwandten in Sicherheit zu bringen, Güthe
31, 105; ich selbst werde auf den abend alles berichtigt haben,
und noch überdiesz, wenn das glück will, die bank im pbarao
sprengen. Schiller Fiesko 3, ä, wo die Wendungen die bank im
pharao, in rot und schwarz sprengen ganz entsprechen: einen
gegenständ in einer mine sprengen {vgl. den beleg unten unter y).
ß) die spielende person als object: könnten wir mit dem grafen
Balluzzo, dem groszniüthigsten spieler, in einer hübschen ge-
sellscbaft moitie machen, so wär's ein leichtes, den marquis
zu sprengen, man müszte aber eine summe wagen. Klinger
1, 121; vgl.: die baronin. ohne witz! wenn ich bitten darf.
V. Trümmer, mein witz hat bankerott gemacht, und sie sind's,
die ihn gesprengt hat. Gottkr 3(1802), 296.
v) den Zusammenhang des gebrauchten bildes mit b machen
die folgenden Wendungen deutlieh: und nun, da sie ihre miene,
mich zu sprengen, so wohl angelegt hätten, sollten sie durch
ein einziges wort künnen bewogen werden, sie nicht springen
zu lassen? Lkssing 1. 42ä; Franz Moor, ein heuchlerischer,
heimtückischer Schleicher — entlarvt, und gesprengt in seinen
eigenen minen. Schiller räuber {ankündigung); dieser Selicour
ist in die luft gesprengt! in die luft, sag ich. — rein ver-
loren! — in seinem ehrgeitz soll ihn der vater, in seiner liebe
der söhn aus dem sattel heben, der parasit 1,2; in kurzem
trat auch wirklich ein ganz vertrackter zufall ein, völlig d;izu
gemacht, mich mit einem schlag in die lüfte zu sprengen.
MüRUK 2, 89.
S) eine Verfassung, einen vertrag, eine freundschaft u. d'.
■prengen {mit grüszerer deutlichkeit des bildes): um die be-
schwerden {der jetzigen Verfassung) aus dem gründe zu heben,
musz das ganze zusammengeflickte gebaude in die lutt ge-
sprengt, und ein ganz neues dafür aufgeführt werden. Moser
patr. phant. 3,317; es ist eine gemeine einwendung sogenannter
gefühlvoller herzen, dasz dergleichen {mehr kaufmännische) Ver-
handlungen die liebe sehr sperren oder gar sprengen. J. Paul
Titan 2, 174; sobald aber die preuszisch-östreichische freund-
schaft gesprengt worden wäre, würde auch damals das ein-
greifen des europäischen seniorenconvents in der dänischen
frage unter englischer führung erfolgt sein. Bisharck erinne-
runyen 2,335; dasz wir aber das preuszische Zollgebiet mit
ausnähme von Ermeland, Westpreussen und Posen nicht zer-
reiszen, ... nicht den Zollverein der Convention wegen sprengen
können, liegt auf der band, reden 3,76; die pression der
" dämpfe im Innern musz ziemlich hoch gespannt sein, sonst
ist es gar nicht verständlich, wie das Öffentliche leben bei
uns von lappalien ... so aufgeregt werden konnte, und im
auslande wird man nicht begreifen, wie die huldigungsfrage
das cabinet sprengen konnte, erinnerungen t, 243 ; wenn irgendwo
in der nachbar.scliaft es galt, gewaltsam ein widerstehendes
regiment zu sprengen, eine schwache mehrheit einzuschüchtern,
... so zog jedesmal . . . von Seldwyla ein trupp bewaffneter
leute aus. Keller 4, 187.
Ie) in der hndsknechtsprache eine sprengen, ein modell
»prengen, ein mädchen verführen. Hörn soldatenspr. 129: und
hierbei rottiereu sich 3, 4, 5, 6 oder mehr zusammen, da
freyet einer dem andern, so sie nun in einer gesellscbaft
mDÜ rotte also eine oder zwei gesprenget (dann das ist solcher
idioma, ein modell sprengen, auf rotwelsch). WALLHicsEi»
defens. patr. 163, ebenda anm. vgl. auch eine haartruhe {vulva)
sprengen, ebenda.
^ studentisch: einen mit sechs, sieben u. s. f. ganzen in
die luft sprengen, wenn einem von vielen auf einmal je ein
ganzes glas zugetrunken wird, «ol weil das bescheidthun ihn be-
trunken machen soll.
d) mit einem finalen object. eine spalte sprengen: wetter-
stürme sind über ihn {den felsblock mit dem daraufstehenden
kreuzbilde) hingezogen und haben die rinde gelöst von dem
bolze, sie sind dem kreuzbilde nicht weiter gefährlich worden,
aber die milden Sonnentage haben spalten gesprengt an den
balken. Rosegger waldschulmeister 181. eine bahn (wie durch
felsen hin) sprengen: seitdem Schriften gedruckt und aller
enden geieson werden, sind Wörterbücher entsprungen und
der Sprachwissenschaft ganz neue bahnen gesprengt worden.
J. Grimm vorrede zum deutschen Wörterbuch x.
e) einen gegenständ durch sprengen bearbeiten: sie {die sägen-
schliger) wissen ein stück feuerstein durch wenige geschickte
schlage zuerst in längliche Splitter zu thellen und dann den
rand eines Splitters so zu sprengen, dasz seine zacken un-
gefähr den dienst der zahne einer metallenen sägenkiinge
verrichten können. Vischer auch einer i, 143; einen balken
sprengen, ihn mit absieht krumm sdqen. brem. wb. 973; wol ent-
wickelt aus der wendung einen faden sprengen {oben unter i,e).
4) sich entwickelnd aus 1 und 3 zugleich, etwas sprengen,
bewirken, dasz eine als einheit zusammengefaßte nelheit wieder
auseinander springt, läuft u. s.w.: gesprengt suchen die reiter
schütz hinter den cohorten. Fbevtag 17,97;
ihm wurde nur wohl, wenn von feinden bedrängt,
er Schilde lerklüliet und reiben gesprengt,
wenn schreckenverhüllt
die alles austilgende schlacbt Ihn umbrülit.
Leutuold ged.* 315;
in der Jägersprache: ein rudel wild sprengen, um das zur jagd
bestimmte thier davon zu sondern. Behlen 5, 661 ; eine kette
hühner sprengen, sie durch schüsse auseinander treiben, dasz
die thiere zerstreut wieder anfallen, hierher auch wol: ich ward
daher zuerst genötbiget, bis zu der epoche des mit herzog
Heinrich dem löwen gesprengten groszherzogthums Sachsen
zurückzugehen. Moser osnabr. gesck. 1, i.vi, wozu zu vergleichen:
dat got wil Verheugen
den heiden daj sie sprengen
bediu Hute unde laut. Servutiiif: 1016 Haupt.
gern wird dafür auseinander sprengen gebraucht: in der be-
stimmten nacht nämlich, indem das vulk, der ausgelassensten
freude preisgegeben, jauchzend in den straszen der Stadt
umherschwärinte, — ward der häufen auf einmal vor schrecken
auseinander gesprengt. Wacienroder herzenserg, 148; 'warum
bist denn jetzt anders?' 'weil du jetzt alles wieder auseinander
sprengst, weil du in feiudschaft davon gehen willst.' Adkruach
dorfgesch. 2,220;
wir haben's heft noch in der band,
lassen wir uns auseiitamler sprengen,
werden sie uns den brotkorb höher hängen.
ScuiLLB« Wallensliiiis Inger lt.
U. reflexiv. \) entsprechend l,\,b,£. sich wohinein sprengen,
sich irgendwoliinein stürzen: durch disse bullen, ynn wilcher er
die schaff Christi alszo weidet, das sie yhr sund, sich selb und
gottis gericht nil erkennen, . . . szondernn mit auffgesetzten
hornerun der huffart gegen got lauffen und ynn abgrund der
hellen sich sprengen sollen. Luther 7,439, 13 Weim. ausg.; ich
hab deren gewehrt und erbalten, die sich selbs hat wollen
ins feuer sprengen. Bolz Terentius (1544) lo'; dann auf solche
weise haben unsere voreitern vor alten zelten etliche Cananeer,
die dem schwerd Josuä entronnen und sich aus desperation in
den See gesprenget, in Americam geführet. Simpl. 2,67,19 Kurt;
sie (■lif monlwiitiii) hat sich in den brunnen gesprengt,
er bat sieb in der scheuer gehängt.
wuiiäerlwrn 2, 81 Boxberger;
von einem, der sich zum fenster hinausstürzt, sich zu tode
sprengen, entsprechend l,i,b,^: wie der gratf, sein vetter,
in solcher flucht umb das leben kam und sich selbst zu todt
sprengt, buch der liebe 2S0'.
2) entsprechend 1,4: das volk hat sich gesprengt, wenn ein«
aufgescheuchte kette hühner zerstreut uieder einfdUt. Kihrei.i
weidmannsspr. 278.
iH. intransitiv, doch ist dieser gebrauch nur ein scheinbarer,
durch die fortlassung des als selbstverständlich scheinenden objectes
in den transUwen Wendungen hervorgerufenn:
■6*
39
SPRENGEN (lll, 1)
SPRENGEN (111,1.2)
40
l) enttprechend 1, 1, a.
a) den Übergang von dem transUtven gebraucht z« dem t'n-
transiliten machen die folgenden Wendungen deutlich: mit dem
pferde sprengen, incitare curtum tqui, calcafibus quadrupedem
agtlare. Stieler 21U6; mit einem pferde »prengen. kRiMki
di(t. 2(1702), 8ss'; er kam gesprengt mit seinem gaul, venut
correndo a tutta briglia, a speruni ballutü ebenda; xu pfetde,
auf dem pferde sprengen:
ellentharie sprengeo
müeiet ir i'orse alsu«
Ober Li gweii prelljikg. /'art. 6Ü2, 4;
•in linab auf schnellem roit
■preogi auf der liaisrin scblosi.
toundei /torii t, S5 Boxbenjer.
wgl.! durcb ungebabnte bergesengen,
wo rechts und links der abgrund gfihnl,
dort bab' ich oft daiiinxusprengen
auf wildem renner mich gesehnt.
SiaACHwjix iiei(. 78 WeinAoM.
6) dann mil vollständiger Auslassung des objecta, weUhtt ge-
sprengt wird, ein schon mhd. gebrauch:
doe »pcancie be vor sinre sliaren.
VgLDKKi Erteil 7312;
do sprancie der kOuec Erec
vil sire lachende üf den wec. Eiec 8028;
mil dem zQgel er hancie,
er biu unde sprancte
und lie hin g&n punieren. Trist. 91S6;
er Torbt, der vremde wancie,
der im doch engegen sprancte. Lantelft 2910;
si sprengten beide in den bach. 5150;
er sprancte vor in an den wie. 7597;
der beiden was ein teil md
doch sprankten die getouften 6.
Mai u.Btaßor 114,36;
do dij her in maniger rote
sprengeta in Vrancriche. iiassional 94, 59 höiike.
man so! die burc büwen unde berästen, die wtle e; noch
vride ist, ... und sol sich vor wäfenen, i da; die vlnde zuo
sprengen, mystiher 1,316,11 Pfeiffer; Cjrus unde de sine voi-
geden ere na unde braken ere scare, do sprengeden hiuder
in de twe läge. d. chron. 277,24. ziü letst in dem dritten
(r^nen) sprengten sye inn solchen krefften zu sanieQ, su
trifft üaimy den H&pert mit einem solchen harten stich, das
er sich von stund an seines satteis scheinen must. Galmy hl*;
millea unter das volck sprengen, scaoüarsi a cavallo fra'l popvlo.
kaAiiER dict. 2(1702), 8$b'; er sprengte über die gassen, als
wüie er rasend, egli scorseggiava ä cavallo per It slrade da for-
itnnato. ebenda, in neuerer spräche ein den transitiven durchaus
übet wiegender gebrauch; gleich schnell, eilig reiten: Angtlo. da
kam ja der alte Galutti so gunz allein in die Stadt gesprengt,
«a» will der? Pirro. nichts will er: ein bloszer Spazierritt.
Lbssinc 2, 131; der alte aiutmann kam auf die nacbricht
herein gesprengt. GOtbk ig, 191; es ist ein aiifruhr. sprengt
unter sie. nenn meinen uainen. Schiller Fiako 2, 4; jetzt
tunt die losung, die reitcrey sprengt gegen den feind und
das fuszvulk ist in anmurscb gegen die grüben. 8,288; viele
lausend husaren, draguner und jfiger sprengen um die anhühe
und hallen die luftlOcher besetzt. 2,97 (räuber 2, 3 ir/iauzp.);
da sprengte ein reitertrupp aus dem tbor und trieb die auf
der heiszen strasze ziehenden inassen auseinander. CK. Mevk*
iürg Jenatsch 274; fremdes gesindel wurde oft auf den land-
»Iraszen gesehen, troinpeter sprengten mit icblimmen nach-
richtcn nach den Städten. Freitag 20, Iü7 ; sogleich bestieg
er sein rosz und sprengte zu dem zeit des Attila. 17, läl;
die reitcr sprengten in den bufraum der bürg, an allen thüren
drängten aich bewaffnete iiiiinuer. 8,116; schon war das fusz
de* kunigt gasattell, da sprengte ein böte in den buf. 9, 136;
•io reisiger luano sprengte den Wanderern entgegen und
wirbelte schon von weitem grUszend seinen speer in der
lufu 158; da aprengie au» dem fiustern walde, der hinter
dem bultring ragte, eine scbaur leiter dem burgwall zu. 167;
boten der durileule rannten in den hof, reisige manner
•prengteo ab und zu. 188; gmgen die brandenliurgisrben
draguoer ... gegen den feind vor, sprengten durch dessen erste
liuie hindurch. Hiontia d. gestk. i,%2T;
acht nur oli »ar dar juogan knaben,
41a über da* pnatler do »prengrn.
dao »oltu uicbl lu «ii naclihengeti.
f.inr. .p. 104, Ii Ktller/
fort sprengt der knab bergan,
liesz in der kais'rin band
das hörn, so wellbekannt, wunderhorn t,il Boxbeigeri
der Junge bald, bedeckt mit seinem scfaild,
sprengt unter sie (die feinde).
WiiLAND 22, 58 (Oberon 3, 4);
mit eingelegter lanze sprengt
der alte gegen ihn. SroLaa*« 1,72;
nun kommen sia {die liebenden) zum schlosi gesprengt,
io himmelswonn' entzückt. 71 ;
wie die glöcklein klingen, die reiger ziahn,
viel ritter sprengen durchs liaidegriin.
StaicHWitz gvd. 106 Wciiihuld;
den Speer gesenkt, die zügal verh&ngt,
das haupt auf die fanst gebogen,
so kommt er durch die schranken gesprengt. 203;
da hob er die mald in saiiel vorn
und sprengte von dannen wie wetterzorn, 105.
freier, von einem centauren {vgL c):
von Chiron könntest du°* erfragen;
der sprengt herum in dieser geisternacht,
wenn er dir steht, so hast du'* weit geliracbt.
Goiaa 41, 122;
hierher wol auch die folgende uendung: wenn der geist nur
antwortet, so treffe ers zumal fein, aber wo er sprenget, da
ist er feindselig. Lltbeh 3, 4i>l'; vgL den ^eist ins ungewisse
sprengen unter 1, 1, f.
c) dieser intransitive gebrauch Hess insofern eine erweilerung tu,
als nun auch von dem reitthiere als subject sprengen für das
eigentlich hier in betracht kommende springen gesagt werden konnte:
und hinab in das meer mit wagen und trosz !
doch voinen sprengte des todes rosz,
und als in die gasse ritt mann für mann,
aufbrülhen die wogen und schlössen sich dann
hoch über ihr altes belle.
Stsachwitz yed, 272 Weinhold;
vgU: es war ein jenisch pferd, es llog mehr, als es lief.
ihm war kein berg zu hoch, kein graben war zu tief,
es sprengt ihn mutliig durch.
ZicHAaiÄ 1 (1722), 6 (der renommisl 1):
sweifelhaft bleiben in bezug auf das (psychologische) subject (ob reiter
oder reitlhier) die beiden folgenden steLen: sie hielten an und
suchten, endlich fanden sie die bufspur zweier rosse, welcher
sie folgten, bis Ingram eine stelle traf, wo der boden weicher
wurde, 'in gestrecktem lauf sind die thiere gesprengt, wer von
der achaar kann gefahren sein wie der wind'. Freitag 8,290;
wild stampfte der hengst und tanzte keck,
zum graben sprengt' er herum.
Strachwitz (led. 102 WeinltoUl,
2) entsprechend oben I, 2 sprengen, spargere.
a) das object scheint aus dner vorhergehenden coordinierten
Wendung noch heraus und seine ergänzung iwingt sich dah'ilb
noch auf: denn sollu jn (den widder) schlachten, und seines
bluts nemen, und auff den altar sprengen rings rumb. 2 Mos.
29, 16; und soi des bluts vom farren nemen, und mit seinem
tinger gegen dem gnudensttiel sprengen fornen an, sieben uial
sol er also für dem gnadenstuci mit seinem tinger vom blut
sprengen. 3 Mos. 16,14; und Eleasar der priesler sol jrs [der kuh)
bluts mit seinem iinger nemen, und stracks gegen die hülteü
des stiflls sieben mal sprengen. 4 Mos. 19,4; und Muse nam
des Salböles, und des bluts auff dem altar, und sprenget anff
Aaron und seine kleider. sAfoz. 8, sü; und sie schlachteten
das passah, und die priester uaiiien von jren henden uu4
sprengeteu. 2 chron. 35, 11.
b) diese irinnerung an das object i4 in höherm masse gt-
ichwunden:
wir stehn und sprengen dir (''«m tfetsl der quelle), und daukeu
an freilieit und uaiur, und schwenken
den laiilibekrnnzten hui! Vuss 4,233;
aber nachdtin du «esprengt und gaflebl hast, wia der ga-
hrvuch itl,
dann gieb diesem den becher des herzerlreuenden weines.
dasz er Kpreng'; auch dieser, vcrmtith' ich ja, werde die ^uiior
gern aullehn. Odysire 3, 4.°i. 17.
im garten sprengen, iirigare herbus in hortis. Stikler 2(i9';
im garten sprengen, afßare, innaffiare, adaci^uare, rigare,
trrigare tl giardino. Kramkr diel. 2 (17ii2), 887 ; im garten
sprengen, trtuniie herbas conspergere flanttts et (lures. Krim.b
2.308'; ein anderer lief mit wasser und xprengwcdel umher
und sprengte, dasz e» kühl sei. BatniAHo 5, I05; hieiher
auch dte unf>eisonliche wendutig: et hat nur gesprengt, noN
pluil, sed modo roravit, ttrram paucis guttu mudefecit. Faisci
2,30*1*: es li:il drnusien nur ein wonig gesprengt. ;Ji»ria minu-
ttltm deslilUittl, terra piuvM fnui tmbuta est. SiikLka 2096; es
41
SPRENGER — SPRENGGRÄBER
sprengt ein wenig draussen , spruitare cioe piotere, piovignare
un poco in tempo di seccaggine e dt poliere: egli spruiza un poco.
Kbamer d»V<. 2 (1702), 8S7'. auch in folgender art:
bis zur ermattung
kehn" ich das heu auf der wies', und ein regenschauer ver-
trieb mii'h.
sonderbar, wie es dort platzregneie; doch ron der brücke
bis zu dem dorf hat kaum ein einziger tropTen gesprenget.
Voss 2, 239 (kirschenpflücktiin 30).
<;) mit denn leuchter sprengen, d. h. funken fliegen lassen
und feuersgefahr verursachen:
als werdet ihr die weil vertreiben,
für Tielem Unfall sieber bleiben,
und bey euch hao der engel ?iel
mehr, als wol bey dem karienspiel,
darein sieb gern der teufTel mengt,
und mit dem ieucbter umb sich sprengt.
RiNGWALOT lauter marheil 88.
SPRENGER, m. l) entsprechend sprengen I, t.
a) Sprenger, eques caballum tnsiliens, tt. in gyros torquens et
concitans. Stieleb 2107; Sprenger, eorritore ä catallo ä tutta
brigUa. Kbameb dirt. 2 (i:02), 8Sä'.
b) entsprechend dem gebrauche von sprengen (tgl. sprengen, t;«r6.
111, l,e) gleich springen, z. b. in Wendungen wie das pferd sprengt
dahin ist sprenger auch eint baeichnung des pferdes: sprenger,
tquus saltalor. Stikleb 2107. sprenger, der Springer im Schach-
spiel. VVoESTE 252*. vgl. auch sprenger, saltator. Dief. 509*.
ganz entsprechend ist
c) sprenger, die Heuschrecke, besonders auf niederdeutschem
gebiete: heusreciie vel hupper vel sprenger, locusla. Dief. 335';
sprenger brem. wb. 4,974; sprenger, gryllus Nemnich. auch
susammengesetit: koelsprenger, loeusta OiEr. 335*. vgl. auch
unten sprengsei.
d) sprenger, ein stück wUd, das bei der jagd von seinem rudel
durch tersprengung abkommt. Jacobsso.i 4,235. die sprenger
eines rudels birscbe, sauen; die sprenger einer kette reb-
bübner. dann überhaupt jedes aus dem lager aufgejagte und
flüchtig gemachte stück wtld. handschriftl. mitthetlung r. Hoffma.i»
T. FALLtRSLEBEN. Vgl. daiu oben den gebrauch unter b.
i) entsprechend sprengen, verb. 1,2: sprenger, mas irrigans,
irrorans. Stieieh 2097.
3) entsprechend sprengen, verb. 1,3: sprenger, muros etturres
suffodiens et quassans. Stieleb 2107; der spränger, qui rumpil.
Stei.ibach 2,645. in der lusammensetiung: minensprenger, cuni-
eulo ignem applicans. Stieleb 2107; vgl. theil 6, sp. 2237.
4) wie oben sprenge, f. 3, ein strafwerkteug für Verbrecher:
•n einer eisernen stange sind vier schellen angebracht, von denen
die beiden äusseren zum fesseln dtr hände, die beiden inneren
zum schlieszen der füsze dienen. Jacobsson 4, 235*. vgl. auch
unten Springer, m.
SPHENGERSAMMET, SPUENGERSAM.MT, m. sammt, dessen
grundfarbe andersfarbig gesprenkelt ist: sprengersamiiiet mit
güldenen oder silbern grund. nach einer Rostotker kleider-
ordnung von 1591 bei Frisch 2, 44'.
SPRENG FASZ, n. subfusorium, womit mau das garten werk
besprengt oder begieszU Fbiscii 2,308*. vgl. oben sprenge, f. \,b,
tp.16, sprengbecber, m. und unten sprengkanne, f., spreng-
krug, m.
SPREiNGFENSTER, n., s. unten sprenkfensler, n.
SPRENGGABEL, f. in der spräche der Schlosser bezeichnung
eines gabelartigen Werkzeuges, das zum herstellen kunstvolleren
gitterwerkes dient. Jacobsson 4, -234'. vgl. unten sprengwerk, n.
SPRENGGANG, m. mine zum in die luft sprengen. hiSüERLiwe
reinigkeit der deutschen spräche 139. vgl. unten sprenggraben.
SPRENGGEFÄSZ, n. gefäsz zum wassersprengen: borstwisch
und sprenggefäsz, die Vorarbeiter neuer gaste, trieben ihn in
sein Zimmer zurück. J. Paul flegelj. 3,134. vgl. oben sprenge, f.
1, b, sp. 26 und sprengfasz, n.
SPRENGGESCHIRR, n., uHe das vorhergehende: spreng-
geschirr, n. afßatoio, innafßatuio, rigatoio. Kbamer dict. 2 (1702), &S7*.
SPRENGGESCHOSZ, n. ein hohlgeschosz, das mit sprengsto/f
gefüllt nach der abfiuerung zerplatzt, vgl. sprenggranale, f.
SPRENGGRABEN, m. , von Ki.ndeblihc vorgeschlagene Ver-
deutschung von mine,/. (i. theil 6,223h), von Campe :u gunsten
»tm Sprenggrube, f. (i. unten) bekämpft, von dem es sich aber
begrifflich durchaus unterscheidet: minireu, ausholen, unter-
graben, sprenggraben machen. Kihdeblinc reinigk. der deutschen
spräche '^99. vgl. oben sprenggang, m.
SPRENGGR.\BER, m. zu dem vorigen: sprenggrübt-r, mineur
Ki!itEBii."n; rdnigl:. der deutnhen fprarhe 139.
SPRENGGRANATE — SPRENGKRÜG 42
SPRENGGRANATE, f.:
sorgt darum, dasi man vertheile
zur Tollbringung eurer thateo
ans gesindel giftge pfeile,
brandraketen, sprenggranaten. Eiibt ged. TU.
SPRENGGRAS, n. bezeichnung einer sehr gefährlichen gräserart,
deren genusz das zerbersten des viehes bewirkt: sprenggras, carex
acuta Nemnicb. sonst auch berstgras, n. (<A<iI 1, 1628) oder
platzgras, n. (theil 7, 1924) genannt.
SPRENGGRL'BE, f. grübe, wekhe ßr eine sprengarbeit mit
Sprengstoff angefüllt wird. Caiipe, ron sprenggraben, m. (s. oben)
unterschieden.
SPRENGGCRT, m., vgl. oben sprengband, n.: 4 sprenggurten
48 kr. quelle von 17S2 bä üj^cer-Khill 52S'.
SPRENGHACKE, f. hacke, um einen gegenständ auseinander
zu sprengen, weiterhin ein besonders groszes beil der zimmeikute.
Unger-Khlll 52S'.
SPRENGJAGE.N, n. eine wilden sehweinen gegenüber angewandte
jagdart: die thiere werden mit viel lärm aus dem lager gesprengt
{vgl. oben sprenger, m, l, d) und ton hunden gehetzt. Eccebs
kriegslex. 2, 1348.
SPRENGIG, SPRENGICHT.ad;. l) entprechend sprengen, t<r».
1, 1 : sprengicbt, insiliens Stieleb 2107.
2) entsprechend sprengen, rerft. I, 2. neben den Zusammen-
setzungen ansprengicbt i^nd besprengicbt: sprengicbt, dispersus,
conspersiis, diffusuf. 2t. 97.
3) entsprechend sprengen, rerfr. I, 3: sprengicbt, erumpens,
quassans, quatiens, labefactans, dissiliens, disrumpens. 2107;
sprengicbte minen, cuniculi subterranei dirumpentes, ebenda.
SPRENGINSEL, f., plur. sprenginseln, von Jab.h gegebene
Verdeutschung für die im dgeischen meere liegenden Sporaden.
im vergleiche: denn in unserer ursprache schwimmen die ur-
wörter nicht wie sprenginseln, sie strecken sich aus wie eine
feste. icerA« 2, lOöO Euler.
SPRENGKANNE, f. kanne zum besprengen der blumen, giesi-
kanne. Jacobsso:« 4, 235*. Ai elcsc. L'.nger-Khcll 52s'. vgl. oben
sprenge, /. 1, fr, sprengbecker, m., sprengfasz, n. und unten
sprengkrug, m.
SPRENtiKASTEN, m. ein mit allerlei Sprengstoff angefüllter
kästen, sie werden besonders in der Seeschlacht verwandt, wo
man sie auf dem verdeck aufstellt, um sie im notfall, wenn das
schiff von den feinden gestürmt wird, als vertheidigungsmittel
in brand zu stecken und in die luft zu sprengen, während sich
die eigene mannschaft unter dem verdeck verbirgt. Jacobssü5
7,414*. KbC.'^itz «nc^i. 161,697. r^I. auch unt^n springkasten,m.
SPRENGKESSEL, m. im cultus der katholischen kirche ein
kessel, zur aufnähme von Weihwasser bestimmt, welches mittelst
Sprengwedel ausgesprengt wird, um einen gegenständ tu weihen :
Sprengkessel, aspersorium üiek. 54'; ein sprengkessel, ama,
amula, cas luslrale. Cokmnus 42*; sprengkessel, «aio, it. pila
da acqua tenedetia o santa. Krameb diVf. 2 (1702), 8^7*; sprei:g-
kessel, weihbrunnkessel U.nger-Kucll 52S'; und denn so fragt
mein gnediger herr der biscbof ernstlich, ... ob die ampel
vor dem hülzin gützen brennen und ob der sprengkessel
waszer behebe und wie vil glockensei! seind. Scbade sat. u.
pasqu. 3,181,32; dieselbig weidige muttwillige lose bursse bat
albie zue Magdeburgk zum thume auch in ander kircben und
klöstern die sprengkessel umbgewurffen, vulgemachte töpffe,
todte kalzen und alte federn und kalck darin geworffen.
d. städteehron. 27,191,17 (z. ;'. 1524); auch von bedeutender schwere
und grösze: djweile sie den sprengekessel nicht umb-
werffen konden, haben sie yne vol unQots gelragen. 201, 34
(:u demselben jähre).
SPRENGKETTE, f., das demin. sprengkettlein bezeichnet
bei den webern die kette, »eiche den sprengprügel {s. unten) in
Umdrehung setzt. Scbm.' 2, 702.
SPRENGKISTE, /. , dasselbe wie oben sprengkasten, m.
BuBBIK 653*.
SPRENGKNÜTTEL, m. an einem wagen wol das holt, weMtet^
in Umdrehung versetzt, das Spannseil straff zieht {vgL unten die
entsprechende bildung sprengprQgel, m.): ain sprengknüttel zu
aineiu alten wagen 1 kr. macherlohn. quelle von 1602 bei üncEB-
KbL'LL 528'.
SPRENGKRÜG, in. krug zum wassersprengen, dasselbe wie
oben sprengkanne, f. yieszkanne nach Aoelcng; dafür spricht
auch: sprengkrtig im garten, rl^piydra, /larpayium. Stielkb2097:
sprengkrug, tuii/usorium, womit man das gartenwerk besprengt
und begiesxt. Frisch 2,308*; sprengkrug setzt auch gleich spreng*
43
SPRENGKRUKE — SPRENGQUAST
SPRENGREGEN — SPRENGUNG
44
kanne Urckb-Khuil S2S'. diese begriffliche gleichheit ist zweifel-
haft in sprengkrug, afßatoio, innafßatoio, rigatoio, sbruffatoio.
Krämer diet. i (1702), SS;';
min noch die blumen auT den estrich. — dock.
wie liegt nur das geruilie rings am boden?
der tprengkrng und der wedel, hast und binden.
saumsel'ge dienerinnen dieses liauses,
euch stand es zu. Gkillpaizer* K, 4.
SPHEiNfikKUKE, f. groszer krug zum wassersprengen. vgl. das
vorige, garten- sive sprengkruge, trua, aquiminale, alias giesz-
knig, harpagium. Stieler 1043.
SPRENGKUGEL, f kugeln, welche mit piilver, schlagen und
handgranaten gefüllt sind, im belagrungskampfe benutzt, um die
arbeiten in den laufgiäben u. s, if. zu hindern. JAConssoN 4, 23j'.
EcGEHS krie>jslex. 2,959: sprengkiigel, pelarda Krämer dict.
2 (1702), S8s'; die handgranaten, so in diese sprengkugein ein-
gesetzet, können vorbero mit zwlilicb oder dünnen flitz über-
zogen und in pech gelaufft werden, damit sie sich in wäbrenden
führen nicht so leicht loszmachen und an einander stoszen
oder reihen können. Fleming teutscher soldat C29'.
SPRENGLAUS (?), f. : ilein so »ertreibt er {der gebrannte tpein)
die sprennglos und die posten oder posleltcn und auch den
krampff, wer sich damit salbet. ȟrUmh. knchb. 15. jahrh. in
HAL'fTs it-itschr. 9,36S. vgl. als ähnliche bildung oben sprenger, m.
\,b und unten sprengling i.
SPRE.NGl.AUT, in. in der phonetik: 'der verschlusz wird durch
einen plötzUchen, auf den moment der versehlnszlösung konzen-
trierten luftstosz geradezu gesprengt; das platzgeräusch hat da-
durch einen scharf abgestossenen Charakter.' E. SiETBfts im grund-
risz der german. philologie* 1, 29S.
SPRKNGLIG, adj. das gewöhnlkhere sprenklig (s. unten) an
sprengen angeglichen: sprenglicht, guttatus, maculosus, versi-
color. Fmsca 2, 308* ; punt: halb schwarlz und weisz, spreng-
licht. LuTBER 14,417,26 Wetm. aus;.; dann es schreibet Lobelius.
dasz seine blatter jederzeit mit dreyerley färben gezieret seyen
mit sprenglechte tüpOTIein. Tabehnaemunt. SISE; die blumen
(der eschenuurz) haben eine schüne rote pur|)urliraune färb und
weisz, sprenglicbt mit Uderlein durchzogen. lt59H; bleib'
beim weiszen schaaf. lasz dem wakker die sprenglichten und
dem amtinann die schwarzen, es sind viele feile von bocken
spreoglicbt und schwarz, bleib wie dein vater beim weiszen
ehrlichen schaaf. Hippel iverJrc 2, 391. in der Zusammensetzung
• preoglichtgrau, mustellinus Stikleh guö.
SPRENGLING, «i. l) wie oben unter spronger, m. l,c, die
heusihrecke RrrK thierbuch (1545) 319 {zeitschr. für deutsche Wort-
forschung 4, 203').
2) iprengling, schnell und hoch aufgeschossener sprosz eines
baumes. Scbm.' 2,703; in der spräche von Wien, vgl. zeitschr.
für deutsche Wortforschung 5, 274*.
9) in der Zusammensetzung einsprengling in derbergwerkssprache
bezeichnung eines tninerals, das in ein anderes eingesprengt ist.
SPKENG.MAST, f. im gegensatt zur vollen mast (oder auch
ganzen mast) und der halben mnst (s. thtil ii, Uli) bezeichnet
fprcnginast nur eine ganz geringe ernte, wenn nävilich die eichein
und bucheckern nur ganz vereinzelt unter den bäumen liegen:
sprengmast, glandium parva eopia in quercelis. Fbiscb 2,30s*;
sprankmast Uautieht 453\ die sehweine weiden nur auf kurze
teü oder überhaupt nicht in dte sprenginasl getrieben. Beblen 5,6iii.
SPKENfiMliHLE, f. als 'hausmühle' erklärt, markturdnung tun
1M18 bei Uncer-Kbull hlft'.
SPRE.NGNACHE.N, m. grOsterer nachen tum übersetzen oder
iibersprengen ron pferden, wagen u. s. w. Kebrkin Volkssprache
in Nassau 1, Ss4.
SPRENGÜL, n., ein noch jungi-s wort; bezeichnung von nitro-
glyeertn, erst 1847 erfunden. Karmauscb-Heeren' 3.334. vgl.
•prengpulver, n., sprengfloff, m.
SPREN(;PATRONK, /: huUe aus papier oder metall zur auf -
netkme einer Sprengladung. Karmarsch-IIekren^ (i, 578.
SI'RENGPLNSKL, m. bet den buchbiudrrn bezeichnung eines
harstenpinsels, mit dem der schnitt eines buches verschiedenfarbig
gesprengt wnd. Jacorisud 4, 2S5* ; die maurer sprengm mit dem
iprrnipinte! »atser auf die steine, bevor sie in das mauerwerk
eingriettl werden. AuiLtinc.
sPHKNGPHÜGEL, m. Mt, mit dem die leinwand auf dem
Webstuhl straff getpannt wird. Sciim.' 2, 702. vgl. oben spreng-
kttlr, f. und all mltirrrehend iprengknütlel, m.
SPHKNGPÜLNKIt , n. In-iondert grobkörniges pulver, weichet
tum syrrngen von gestetn dient. ScnKtCHKiiiTtKL 22V.
ikPHtNGQl'AST, m., Jasulbe mie uut<n »pieogwedel. V.kurt.
SPRENGREGEN, m. regen, bei dem die tropfen nur vereinzelt
und weit von einander fallen: sprengregen, imber DiBr. 287";
eyn sprengeren (so!), imber. ebenda; sprengregen brem. wb.
nachtr. Z33; sprankregen Däbnert 453'.
SPUENGRING, m. rin;, welcher heist gemacht den hals eines
gefässes absprengt. Jacobsson 7, 414*. das gerat wird auch das
sprengeisen (s. oben) genannt.
SPRENGROT, adj. suppurpureus , versicolor, maculij rubtit
aspersus sive intertinctus. Sri ei. er IC25.
SPRENGSAt^K, m. mit Sprengstoffen gefüllter sack: einen
sprengsnck mit der lunte anzünden.
SPRENGSCHUSZ, m. beim tunnelbau bezeichnung der gestein
forträumenden Sprengungen im gegensatt zu den einbruchs-
scliüssen. Karmarscu-Heeren' 9,727.
SI'RENGSEIDE, f. nome einer gattung besonders feiner seide.
alte quelle bei Ungeb-Kbull 528*. vgl. oben sprengsammet, m.
SPRENGSEf.., m. l) entsprechend sprenger l,c bezeichnung
der heuschrecke: sprengsei, locusta in der mark Brandenburg.
Fbisch 2, 308*; sprengsei in Ostpreuszen. Fhiscbuier 2,356*; in
der Schreibung sprenksei, gryllus. Nem.'^icb. als demin.:
in des ackers gansedisteln,
in der Vogelmilch am rain,
in den feldkamilleu nistein
kafer, grill und spiengselnin
Schmidt v. Wernkuchrn qed. 175.
übertragen als bezeichnung einer tänzerin: freilich, ... wo die
täiizt-rinnen als leichtfertige sprengsei verrufen sind, die als
nixen ins wasser gehen und gelegenheit zu gunst gewahren,
da mögen den tanzhelden wohl böse träume urogaukeln.
Jahn 2, S37 Euler.
2) sprcngsel, dasselbe wie sprenkcl, m. (s. unten), ein fang-
gerät: sprengsei 'ruthe zum Vogelfang'. Reinwald heniieb. idiot.
2,120, auch bei Campe; sprenks'l Dakneil 207'; wenn aber
die Stallbuben ihre schlingen und sprengsei im strob auf-
stellen, da bleibt auch mancher (sperling) hüngen. Armm ges.
werke H,\9i; auch in einer fast tautologischen zusamuienselzung
dohnensprengsel (vgl. dobne theil 2,\2io): an den vordersten
stammen waren einige dohnensprengsel mit ihren lotlien eber-
eschenbüschelchen sichtbar. Fontane vor dem s/urm 2 (IS7's), 35.
in bildlicher wendung: wie es ihm gelungen sei, in seinem
garten, vermittelst einem feinen spiengsel eineu ätherischen,
sehr gebildeten geist zu fangen. Tieck norellenkranz 4, 34.
SPRENGSTOFF, m. stoff, welcher zum in die luft sprengen
dienlich ist.
SPRENGSTÜCK, n. 1) eine in einer hülle befindliche Spreng-
ladung, uhlche dazu dient, befestigungswerke in die luft zu sprengen.
Campe.
2) abgesprengtes stück: sprengstück einer granate; ein spreng-
slQck verletzte einen arbeiter (im Steinbruche), übertragen,
von versprengten theilen eines Volkes: nur ein sprengstück von
ihnen (den Ostgoten) entwich mit dem kleinen königssohne
Widerich an den Dnjester. Giiote allgem. ueltgeseh. 4, 4, 100,
wo ((6fr, wie der folgende beleg deutlicher zeigt, wol weniger an das
bild einer zersprengten gesteinsmasse, als vielmehr an die rerhält-
hiise eines auseinandergesprengten rudels hirsche u. s, w. gedacht
werden musz; dnsz sich verschiedene male sprengstücke vom
huuptstanimc gelöst haben. I74. vgl. sprengen, verb. 1,4, sp. 3S.
Sl'RENGTAG, m. kirchliches fest, an welchem Weihwasser ge-
sprengt wird. vgl. sprengen, verb. I, 2, o.' sprengelagc, dies,
quibus aspersione aquae lustralisin ecclesia utuntur. Friscb 2, 3u8';
ein virarius soll an solchen lagen den pfarrern gegenwärtig
sein, auf die sprengetage zu sprengen, ebenda.
SPRENGTENNE, f., nach Jacorsson 4, 424' begrtffUch dasselie
wie sprengkugel (s. oben).
SPltENGTONNE, f. im ernstfeuerwerke beseichnung einer tonne,
welche mit schlagen und granaten gefüllt ist und tur abwehr
unter eine stürmende srhaar geworfen wird. Jacorsson 4, 918*.
auch slurnifusz, n. (5. un(;n) genannt.
SPRE.NGTOI'F, m. topf, aus welchem man wasser sprengt.
Campe, vgl. oben sprengbecber, m., sprengfaiz, n., spreug-
kanne, f, sprengkrug, m.
SPREMiTRICHTER, m. trichterförmigrs, einem giestkannen-
kopf ähnliches gefdsz, dessen hoden fem durchlöchert ist. dadurch,
dasz man die obere gröttere Öffnung entweder offen listt oder
mit dem daumen vertrhlieszl, kann man einen gröberen oder
feineren Staubregen verursachen, der besonders tur Wässerung
ausgesäirn samrns dient. Jacübison 4,235*. ocon, lex. 2738.
SI'RENtiUNG, f. handlung, rorgaug des sprengens.
1) enttpiechend »preiigen, verb. I, 1: Sprengung, irriyiifio,
i
45
SPR ENGVORGANG — SPRENGWEDEL
SPRENG WERK — SPRENKEL
46
roratio. Stielbr 2097; Sprengung, spargimento, spruizamento,
innaffiamento. Krimer diel. 2 (1702), S&7'; die sprängung, $paTsio.
Steirbacb 2,645; die Sprengung des gartens; Sprengung in
den straszen; so war es genchehn, und vergebens
dürstete wiederverwandlung der wünsch.
niederTerwandlung in sie, die sie war vor der Sprengung des
bluie»,
und der lache des bohn$. Klopstock 2, 14$.
2) entsprechend sprengen, r^rft. 1,3: Sprengung, ruptio, qunsfus,
eontusio, convulsio, fractura. Stieler 2107; Sprengung der inauren,
eoncvssio, concussura, concufsus et libe(aclio muri, ebenda;
Sprengung, attione dt far sallare <] crepare. Krämer diel.
2 (1702) , 888' ; Sprengung eines feisens, einer brücke, bey
dieser (der bloszen znmalmung des diamants in pulver) ist
weder ein feliciler nocli infeliciter zu denken; wohl aber bey
einer solchen Sprengung des diamants, die eine gewisse art
TOD splittern gewahren soll. Lkssing 8, 90. bildlich gewendet:
die Sprengung ihrer fractiun ist nach meinem unterthänigsten
dafürhalten eine wesentliche aufgäbe der erhaltenden poliiik.
BisMARCK erinnerungen 1,370; wir haben diesen somraer erreicht,
wonach wir zwölf jähre lang Tergebens strebten, die Sprengung
der Bregenzer coaliiion. 2,5.
SPRE.NGVOKGANG, m. Vorgang bei sprengarbeiten. Karmarsci-
Hkere>' 9. 727.
SI'KENGWAGE, /. bei einem nagen das auf einem eisernen
zapfen ruhende tcagerechte holi, an welchem die schicengel hängen.
Jacobsso5 4, 133'. schon Adelung vermutete Zusammenhang mit
der Wendung holz sprengen, es in krummer linie sägen, weil
die sprengwage gewöhnlich gebogen sei: die sprengwage an
einer kutsche, volee de carosse. Eggers kriegslex. 2, 1262.
fld. sprenkwaclit, der festsitzende Schwengel eines kleinen wagens.
korrespondensbl. des Vereins f. nd. sprachf. 18, 42. in weiterer zu-
tammensetzung : sprengwagtocke, Z". der eiserne zapfen, auf
welchem die sprengwage ruht. Lkcer-Kbcll 528', dafür auch
sprengwagkloben, ni. ebenda.
SPRENGWAGEN, m. uagen mit starker Sperrkette, er dient
zur holzbeförderung bergabwärts. Cnger-Kblll 528'.
SPHENGWASSER, n. geweihtes wasser zum sprengen: spreng-
wasser, aspersorium Dief. 54'. (mit einem aschenzusatz:) und
ein reiner man sol die asschen von der kue auffraffen, und
sie schütten ausser dem lager an eine reine stete, das sie
da selbs verwaret werde, für die gemeine der kinder Israel,
zum Sprengwasser, denn es ist ein sündopffer. i Mos. 19. 9.
doch vgl. sprengen, veib. I, 2, b. wenn aber jemand irgend
einen todten menschen anröret, und sich nicht entsündigen
wolt, der verunreiniget die wonunge des berrn, und solche
seele sol ausgerottet werden aus Israel, darumb das das
Sprengwasser nicht über jn gesprenget ist. 13; denn er hat
das heiligthum des herrn verunreiniget, und ist mit spreng-
wasser nicht besprenget, darumb ist er unreine. 20; und der
auch, der mit dem sprengwasser gesprenget hat, sol seine
kleider waschen. 21; und wer das sprengwasser anrüret, der
sol unrein sein bis an den abend, ebenda; alles was das feuer
leidet, soll jr durchs feuer lassen gehen, und reinigen, das
mit dem sprengwasser entsündiget werde. 31, 23; welches
holii ieiehenholz) ... die drujden aber alleine zu Verbrennung
der opffer und die zweige zum sprengwasser . . . brauchen.
LoBK?(STEi5 4rmin. 1,970;
der eitis tags gieng io tempel dar
der göttii) Fortune fürwar, . . .
als im eiiigang de$ tempeU geschwind
der götzn plafT mit sprengwasser gusz,
zu rernigen, . . .
sprach: warum geust mit wasier mich,
als wolst mich rtynigeu warlich?
H. Sachs 15, 534, 28 Keller-GOtte.
SPRENGWEDEL, m. wedel zum sprengen des Weihwassers,
wie oben Sprengel, m. l: Sprengewedel, aspersorium Dief. 54*;
sprenguadel, Sprengwedel, aspersorium. ebenda, spersorium 546';
sprängwadel, aspergillum Dastpouios; sprengwadel, darmit man
Wasser an etwas sprengt, un guespillon. Hulsios (1616) 3U4';
Sprengwedel, aspergolo (1618) 236"; Sprengwedel, aspersoiio,
tpargoU), aspergolo, spergolo. Kbambr did. 2 (1702), 887'; Spreng-
wedel, aspergillum Faisca 2,308*. die in älterer spräche vor-
kommende form sprengwadel (s. oben) noch heute in steirischer
mundart belegt. Umcer-Kbcll 528":
iie jagen uns mit muukenwideln,
wie d' pfatren das gspänst mit sprengwädeln.
FiscuART 3, 20, (>64 Kurt;
Georg trägt eyn weykessel mit wasser und Sprengwedel, auch
ein rauchfasz mit weyrach. Ayrer dianun 1761,33 Keller; es
hat sich auch ein heft oder griff von erz von einem Spreng-
wedel gefunden. Wirckelmask 2,207; der Sprengwedel, mit
Weihwasser getränkt, der unter den bösen geistern sonst auf-
räumte wie die fliegenklappe unter den Stubenfliegen, ver-
mochte lange zeit nichts gegen die hartnäckigkeit der ge-
spenstischen amazoncn. .McsÄcs volksm. 4,114 Hempel; mehrere
kleine Jungen läuteten am glockensirang aus leibeskräften.
ein anderer lief mit wasser und Sprengwedel umher und
sprengte, dasz es kühl sei. Brentano 5, 205, «ro gleichwol ge-
weihtes wasser gemeint sein wird, dagegen zum sprengen nicht
eigentlich geweihten irassers dienend: aus dem kruge schüttete
sie mit einem Sprengwedel wohlrüchendes wasser. aus dem
korbe blumen aus. Lobehsteii» Armin, i, 1406'. zum sprengen
von blul gebraucht: man sammelte (beim opfern) das blnt in
gefäsze, und mit Sprengwedeln wurden das estrich und die
wände mit bhit bestrichen, imgleichen die menschen damit
besprängl, Dahlma:»?» dän. gesch. 2,94; in einem unsinnlichen
vergleiche: unsere (der prediger) zungen müssen seyn wie ein
Sprengwedel, so in dem blute Christi eingetuncket ist, dasz
wir damit die hertzen unserer zuhörer besprengen. Spbrlixg
■Sicodemus quaerens 1 (1718), 41. «nen ansatz zu jener unter
Sprengel 2 (s. oben) aufgewiesenen bedeutungsübertrogung butet
der folgende beleg: also haben sie bald nach der apostelzeit
geschwermet und dreierley concilia eingesetzel und geordnet,
1. gemeine oder general, 2. provincial, 3. und bisthumblich,
das ist, dasz in einem jeglichen bisthumb, soweit sein spreng-
weddel reicht, gehalten solt werden. Lütbe« liicÄr. (1568)364'.
Sprengwedel o*JCön bezeichnung des membrum virile in der sol-
datensprache. Hob.i soldatenspr. 129 anm. vgl.: dann hat der
münch sichern zugang mit seinem sprengwadel in das nonnen-
kloster. Schilürnbcbt harmonia in fortaütiis 3, 15 bei Hörn s.i.
SPRENGWERK, n. 1) entsprechend sprengen, verb. 1,1.
Vorrichtung zum wassersprengen: spreng-, spritzwerck, aquilitiae.
Stieler 2558.
2) entsprechend sprengen, verb. 1,3, b: sprengwerck, macchina,
slromenli da fare schiantare; eome sone petarde. Krämer dict.
2 (1702), 888*.
3) sprengwerk in der zimmermannssprache das syttem von
strebebändern, welches lange balken verbindet und stützt, im gegen-
satz zum hängewerk ((Aei/ 4,2,454). Jacobssob 4,23«>*. Karmarscb-
Hbere;i^ 2,93; sprengwerk einer brücke, ebenda, daiuspreng-
werksbrücke,/". brücke die von einem spreng werk jrtrajrn
wird. 105; sprengwerkdach, n. «n mittelst sprengwerk ge-
stütztes dach. 469.
4) 6« den schlossern bezeichnet spreogwerk ein gitterwerk,
dessen felder mittelst sprenggabel (s. oben) mit mannigfach ge-
bogenen venierungen ausgefüllt sind, Jacoussos 4, 235': was
auch zu der Sicherheit gehöret . . . wie auch sprengwerck,
gitter vor fenster (vgl. unlen sprenkfenster, n.), und eisern
gatterthüren, ohnerachtet diese von groben starcken eisen
gemachet werden. Vignola civilbaukunst übers, von Stürm 200.
SPRENGWIRKUNG, f die Wirkung eines einfachen bleigeschosses
in dem getroffenen körper; die einschuszwunde ist nur klein, da-
gegen die ausschuszwunde sehr grosz; mit bezug auf das mit
einem stahlmantel versehene militärgeschosz : das eine geschosr
war durch die hinge gegangen, das andere unter der Wirbel-
säule hindurch, von einer Sprengwirkung war nichts zu be-
merken. Götzen durch Afrika 55.
SPRENGWISCH, m. in der handwerkssprache der bäcker ein
an einer stange befestigter Strohwisch, welcher dient, das brod mä
wasser zu besprengen. Jacobssün 4, 236'.
SPRE.NGZEUG, n. l) in der bergwerkssprache das zu spreng-
arbeiten notwendige gerät. Veith 58S. Schelcbenstcel 230.
2) im steierischen bezeichnung einer gewissen gattung von ge-
spinsten oder spitzen. ü.>ger-Kbüll 62S'.
SPRENKE, f.? 1) dasselbe wie Sprenkel (I): fleck oder
sprenken in der haut. Dan. t. Czepeü Coridon.
2) entsprechend sprenken, ci-rft. 2: die sprenken, plur. c/atÄri,
tirgulae ligneae aut ferreae, quibus fenestrae rel fores muniuntur.
Stieler 2097.
SPRENKEL, m. macula. unterschieden vom folgenden, mhd.
Sprenkel (die nasallose nebenform spreckel, m. s. oben sp.l):
sprenckel, Untigo Dief. 324*; sprenckel nach forme der linsen.
ebenda; sprenkel ScBoriEt 1419; sprenkel, ansprank, flecken,
lenligo, liehen, mentagra. Stieler 2ü'j8; sumrsprenklii, im Ost-
lichen Erzgebirge bezeichnung der Sommersprossen. Göpfert in
der zeitschr. f. hochd. mundarten 1, 62; ausgesprochen niedtrd.
de blauen spreukela, bläulich oder gar sehwartticii scheinender
47
SPRKNKEL
SPRENKELBKIN — SPRENKRLKOPF
48
auitfhlag. brem. tcb. 973 naehtr. Dcinocritus sagt, die seel sey
ein ingepflantzler geisl Athonis, das ist den sprencklen in
der sonn. S. Frarck chron. h'; flecken oder sprenkein uff der
but. Brdnscbwic distiUieTbuch SO' bei Si.bmidt eis. wb. 33t'; neben
•prinkel (s. den beleg unten): der Krotendorrer marmor siebet
wie kieselstein mit spiegellicliten sprenckein. M. Chr. Lebmann
histor. Schauplatz 4&7 (zeitsehr. f. hochd. mundarten 1,62). da-
neben findet sich eine heute nicht mehr gewöhnliche form sprinkel :
sprinckel, lentigo Dief. S'24*; sprinckej, sprinckil, kntigo, lenti-
cula. Dibf.-WClcker S60; sprinkel im antlitz, anjtllale. ebenda;
•prinkel, lenligines, macule subrufe ... in facie. Trochüs 0 l';
der eiban, der in India wecbset, der ist sprinkeluht oder
tpreckelioht mit vrcijcn und mit swarzen spreckeln oder
sprinkeln. Mkcenbekc 321, 12; das wei; ist gevar sam ob sein
pleter gesprengt sein mit melb, aber das swarz ist prann und
hat der sprinkel nibt. 409,4; so man ein ei bratet, so nini
das wasier, das aus dem ei schnitzt, wo man das hinstreicbt,
da tergehen die sprinkel. (^iÄbelkboter anneibuch i,9\; neben
Sprenkel (s. den beleg oben), der {peli des luchses) viel weisze
sprinckel und flecken bat. M. Cbr. Lebmank historischer Schau-
platz 563 (zeitsehr. f. hochd. mundarten t,62). ganz vereinzelt findet
tieh als weitere nebenform sprunkel (5. unten), die annähme eines
lusammenhanges zwischen sprenkel und sprengen, verb. bei.
springen, verb. ist nicht als unwahrscheinlich abzulehnen: sprenkel
'rt'n angesprungener, dann auf der haut entsprungener fleck' mit
hinveis auf den beleg bei Megenberg 409,4 {s. oben). Weigand^
2, 778; doch vgl. Kluge etym. wb.^ 372'. rgl. auch hoU. sprenkel,
der feuerfunke. Mieg 310* und im übrigen spreckel, n. u. s. w. {oben
tp.'i). als deminutiv erseheint sprenklein, n.; manig spren-
kelin in dem marmer ist gewesen. Keisersrbrc drei Marien 57*
bei ScBMiD fl5. tcft. 334' ; klein früsch, so über ruck grawfarb,
am baucb goldfarbig sprcnckJin haben. Sebiz landbau (1.SS0)5;
in einer an sprengen, rerü. angeglichenen Schreibung: spreng-
leyn under den äugen, lenttgo. Dief. 324*.
SPKENkEL, m. 1) decipula avium.' sprenckel, vogelstrick,
laqs d'oyuau. Hulsius (I6I6) 304' ; sprenkel, laqueus, vogelstrick.
Scbottel 1419; sprenkel (neben sprinkel, t. u.), /a^ucu«, pediea,
tendiculum, lendicula. Stielbr 2107; sprenkel (neben sprinkel),
calappio, trappola, trabocchetto da pigliar uccelli. Kraugk dict.
2 (1702), SSS*; Sprenkel und schlingen. Leipziger avanturier 1, 51 ;
sprenkel Hertbl 232. Salzunger mundart 44; sprenkel brem.
wb. 073. die ausschlieszlich zum Vogelfang benutzte falle besteht
aus einer schwanken gerle, welche umgebogen und durch eine
doppelte schnür in der biegung gehalten wird, zwischen die beiden
schnüre wird dann ein schnellhölzchen geklemmt, welches die lock-
speite trägt, der steh darauf stürzende vogel tritt das hölzchen
heraus und fängt sich mit den füsien zwischen den beiden fdden.
tgl. öcon. lex. 27S3; mit schneisze (s. schneisze 2, theil 9, 12S5)
begrifflich dasselbe. Eccbbs 2,959, auch schnellerschleife (vgl.
lAcü 9, 1303) genannt. Beblbn 5,661; vgl. noch Hevnb d. haus-
oUert. 2,247: sprenkel, pedtca, so aufscblecht und sich die
TOgel mit den fassen fangen. Scbottei. 1419. das wort ist wol
erst in verhäUnismdszig später zeit aus dem niederd. in das nhd.
gedrungen, rgl. die allgemeinere bedeutung von holt. Sprenkel
alt tau und teilschlinge. Mieg 311'. die in der älteren spräche sich
noch vereinzelt findende form sprinkel zeigt noch deutlieh nähere
betiehung tu ahd. springa, pedtca. Graff 6, 397 (vgl. auch engl.
springe, vogelschlinge): sprynckel, druw, strich, decipula, laqueus.
wörterbuchquelle bei Scbiller-LOdrem 4,346*, r^l. Wbicand^ 2,777;
iilTslag, sprinkel, aucipula Uikf. 59'; sprinckel, decipula I6s';
sprinckel (neben sprenckel in der ausgäbe von 1616, s. oben),
vÖgel zu fangen, trappola, trobocco da pigliar ucrelli. Hülsius
(1618)236*; sprinckel oder aufTschlag, da sieb die vügel mit
den füssen fangen, pedtca. Cürvinus 464'; sprinkel neben
Sprenkel bei Stibler uM<f Khaber (s.oben); im winter liengen
wir Tdgel mit sprinckeln und stricken. .Sim;i<. 1,39,16 Kurz
{die ausgäbe von 1669 hat sprinke, 1. unten, die folgenden je-
doch sprinckel, r;'. W'EiCANb* 2, 777). ein Zusammenhang mit
springen, verb. ist wahrscheinlich, wobei das k auf einfluss eines
ytuffixes zurückgeführt werden kann. rgl. Klocb etym. wb. in
itetem falle wäre Urverwandtschaft mtt Itttauisch springti ^würgen',
sprangüt 'würgend' abzuweisen, zumal der sprenkel im gegen-
tott sur dobne (1. Ihetl 2, l22o) das gefangene Ihier ntchl zu
lode murgt. rgL auch unten iprinke. eine selten vorkommende
•R Sprengel angeglichene form 1. Sprengel, m. 3, ip. 27. dte
nhi. gewuhnltche und heute aus$chUes:lich gebräuchliche form iä
Sprenkel: sprenkel aufstellen, tendicvlis insidias aribut parare.
SriBtta 3107; sprenkel aufslellen, ttnäer ealappti. Krabsr did.
2 (1702), 8S8'; ich Stelle allenthalben sprenckel auf, dasz sich
was fangen soll, causenmacher 19. dafür auch einfach sprenkel
stellen: so haben sie ein halbschock sprenkel auf ihren vogel-
herd gestellt, polit. Stockfisch vorrede; da war ich denn, wenn
ich gefragt wurde, nicht gegenwärtig, sondern mit meinen
gedanken auf dem thurme bei den Sperlingen, oder im busche
bei den sprenkeln, die ich gestellt hatte. Seumb 11(1827), 33;
wie ist doch im walde gut wohnen!
wie mancherlei l'reude, juchhe !
bald stell' ich mir sprenkel und dohnen,
hald jag' ich den hirsch und das reh.
llorrHANN V. Fallrrslirbh ged. 310.
.'dlener dafür sprenkel setzen, metlre de laqs pour prendre des
oyaeaux. Huisios (1616)304*; sprenkel richten, tender calappii.
Krämer dict. 2 (1702), 888'. allgemein mit sprenckein fangen,
prendre avec des laqs. Hulsius a.a.O.; vögel mit dem sprenkel
fangen, pigliar' uccelli al calappio. Krambr a. a. 0.;
der
ist nur ein schlechter TogeUteller, welcher
mit einem sprenkel denkt den Tang zu machen,
all überall siell' ich dem glück die schlingen.
iMMRRRANfl I, 1,268 KoCh,
dafür auch in sprenkeln fangen: (der Vogelsteller) fanget sie
in sprenckel oder dohnen. Comemus 428; sich im sprenkel
fangen, in laqueos se induere. Stieler 2107; bald sahen sie
ihn auch in einem busche zwei Schnepfen, die sich in einem
Sprenkel gefangen hatten, in seinen ranzen stecken. Brentano
5 ^S *
' ' 80 wie ich dir den hänDing fange,
bringt er es (da-i rotr band) dir an seinem hals zurück . ..
doch sind die sprenkel auch noch heute leer. HitaEL 6, 69;
fängst nicht den vogel und verlierst den sprenkel? — der
köder ist hin und fort der lacbs. KCckbrt 11, 266. mehr
bildlich, auch als fanggerät für menschen dienend: dann bin ich
auch der mann nicht, der sich sprenkel stellen lüszt — oder
im bandel prellen läszt. 320. von dem strick am gulgen:
wofern ein solcher schlimer held
nicht in des seylers sprencklen feit.
ttiNfiWALDT lauter warlteit S14.
demin. sprenkelcben, n.;
n-o ein härchen deines bauptes
unterm kämmen niederfiel,
nimmts ein Amor auf vom boden,
macht ein schlingclien draus zum spiel.
vom rubin des munds ein lächeln
dient an rother beeren statt,
und ein sprenkelchen ist fertig,
wie mich eins gefangen hat. Rdcksrt ged. I,t89.
2) tvol nach seiner ähnlichkeit mit dem vorigen heistt der brüst'
knochen der gans sprenkel: an gedachtem brustknocben oder
sprenckel, wie ihn auch etliche nennen. Hubberg 3,1,79*.
3) Sprenkel, ein stück holz zum atiseinandersperren. brem. wb.
973; n sprenkel in de mund steken. tbr Doornkaat Koolman
3,288'; 'n sprenkel tüsken de döre un de dörram selten, dat
de döre apen stAn blift. ebenda; ein Sperrholz, welches zwischen
zwei zusammendrückende wände gesetzt wird. Jacobsson 4, 236*.
nach TEN UooRNRAAT KoOLHAN 0. 0. 0 ouch bezcichnung eines
klemmholzes: 'n sprenkel up de nüse (up de sterl) selten.
4) sprenkel, sitzstäbchen an einem staarenkasten. PnsTBB
naehtr. 282.
SPKENKELBEIN, n. 1) bein, krummgebogen wie ein sprenkel
(vgL sprenkeln II, l). Campe.
2) auch beieichnung der jterson, welche mit to beschaffenen
beinen ausgestattet ist. ebenda.
SPRENKFXBEINIG, adj. zu dem vorigen.
SPHENKELUOHNE, /L bunt gesprenkelte höhne, phaseolut vul-
garis. Pritzel-Jessen271'; sprenkelbnnen,;)Aaifoiui Mattniolus-
Cahmerarius kräulerbuch 3\H; sonst auch türkische buhne genannt.
SPHENKELBÖBS, m. entsprechend spienkel, m. macula, be-
zcichnung einer art gefleckter börse, perca punctatus. Campe.
SPHENKELFANG, m. Vogelfang miUelst sprenkeis (i. oben
Sprenkel, m. decipula avium): der sprenckelfang ist lu aus-
gaiig des augusti und im anfang des Septembers am besten,
öcon. {r.r. 2783; sprenkelfang Eglers 2,059.
SPBENKELFISCH, m. eine mit flecken versehene goldfischurt,
conjjihaena equiselis. Nrmnk.B l, 1254.
SI•nE^KELGESI'E^ST, n. ein« käferart, dessen griin'- /Htgel
mtt weissen pünktchen besprengt sind, mantts irrorata. KrCniti
encycl. 161, 703.
SPItKNKELHEIT, f.: sprinckelbeit, lenHgo Diar. S14*. »#L
oben spreckelheil, /. (sp. 7).
SPKENKELküPF, m. entspretkend sprenkel, m. mtcula.
49
SPRENKELKRUMM — SPRENKELN
SPRENKELNERITE — SPRENKLICH
50
1) gefleckter köpf eines stücket rindvieh : schbringelkobb Cbe-
CELius oberhess. tcb. 2,801.
2) dann auch beieichnung des thieres selba. ebendi.
SPRENKELKRüMM, adj. krumm, gebogen rie ein sprenkel
{zu Sprenkel, m. decipuli ai-ium): ein neger zeigte mir sein
ccwehr vor, welches ein gorilla sprenkelkrumm gebogen halte.
Breii» illustr. thierleben 1, 15.
SPRENKELMEIL, n. macula, lentigo. vgl. meil, n. theil 6, 1906:
wenn diu sternslang ertrenket wirl in wein und dar inne er-
stirbt, der nein benirat dem antlütz seineu sprinkelmail, ob
man ej da mit wescliet. Megenberg 280,32. vgl. tu sprinkel
r'ben unter sprenkel, m. macula.
SPRENKELN, rerb. 1) zu sprenkel, macula: sprenckeln,
biindtmachen, piecoter, macchiare, maculare. Hoi.sics (1616)304';
sprenkeln, bundmacben, variare. Schottel 1419; sprenkelen,
instar chhthrorum variare, variis coloribus pingere.discoloribus signis
n'Aare. Stiei.er 2097; sprenkeln, ... ifrrfjarf, scritiare, variare.
Kramer diel. 2 (1702), &8S'; mit allerhand färben sprenkeln,
retiare, variare, spargere, taccare, macchiare, distinguere di ogni
-irte di colori. ebenda; sprenkeln, mit tropfen besprengen.
l!AH."»ERT 454', mit verschiedenen färben besprengen, brem. wb. 973;
sprenkeln (daneben sprinkeln, vgl. dazu oben unter sprenkel, m.
m'icula) , färbe mit einer steifen quaste auf einen gegenständ
r^rengen. TEN DooR^KAAT Koolman 3, 2>&'. part. gesprenkelt,
rretiato, scritiato, rariato , sparso, macchiato, distinto di varii
■'lori. Kramer rfirt. 2 (1702), 8S8'; g'sprankit Schöpf 693. dann
jmpt ein mann mit aim gesprenkelten fätzen an ain Stangen
gemacht, darinne halt aine benne mit zwaien köpfen (der
deutsche reichsadler) genähet. Kiüchhof wendunm. (1602) 145.
::fsprenkeltes blatt; gesprenkelter apfel, mit andersfarbigen
ecken gezeichnet:
gieb Amalien dort den gesprenkelten GraTensteiner,
welchen sie liebt. Voss 1,122;
auch gern mit angäbe der färbe gelb, grau, roth, weisz ge-
prenkelt: roth und weisz gesprenkelte mohnäcker waren wie
ranzende stücke eines zerschnittenen prachttcppichs da-
zvischen gesäet. Hebbel 9 (1891), 248;
dort sind ragende bäume gepflanzt mit laubigen wipreln,
... voll grüner oliven und roth gesprenkelter äpfel.
Voss Odyssee 7. 116.
doch xumeist ohne solche bestimmte angäbe: ich sah im geiste
die mehreren tausende der von mir gesprenkelten fahnen-
stecken gleich einem unabsehbaren zäune aufgestellt und mich
als den feldbauptmann der hölzernen armee mitten vor der-
selben stehend. Kellers, S2; rote schäfchenhimmel, gewitter-
stürme und andere gesprenkelte naturerscheinungen. 4,216;
Ungstreifige, dunkel und hellgrün
wallende korngefilde, mit farbigen blumen gesprenkelt.
Voss 1. 21 (Lime I, 127);
brachte mama den stattlichen bräutigamsschUrrock,
fein von kattun, kleerötbJicb, mit farbigen blumen gesprenkelt.
213 (3, 873);
dort steht müsziges volk um den hölzernen pulcinell . . .
hier Wahrsager mit ihrer gesprenkelten Schlangenbrut.
die färbe als subject:
zwischen dem greis' und dem Jünglinge schwebt' ihm das alter;
jugendlich blühte die kraft, es sprenlielte siiber die schlafen
{voriabnnt tempora cnni). Voss Ovids metamorph. 52,261.
seltener intransüiver gebrauch: die trauben beginnen zu spren-
kelen, uvae variare incipiunt. Stielkr 2097.
2) sprenkeln, «in klemmholi auf oder xtcischen etu^as setzen:
dat swin is sprenkeld, ist mit einem klemmholz auf der nase
versehen. TEN Door.niaat Koolman 3, 28S'; dann auch 'n osse
sprenkeln, dem geschlachteten thiere ein Sperrholz luischen die
beine oder rippen stecken, ebenda; sprenkeln, ein seil durch einen
hindurehgesteckten knebel herumdrehen und dadurch fest anziehen.
Pfister nachtr. 282; so wird die säge gesprenkelt, ebenda, dann
auch ein beliebtes mittel der tortur: ihm (tur peinigung) ein
knödigt seyl umb den kopIT gebunden, und mit einem holtz
gesprenkelt, quelle bei Crecelics oberhess. wb. 2,801; Hans
Fuchs dem Jüngeren zu Kaulstosz ein seil umb den kopff ge-
macht, gesprcnckelt, die ßnger zusammengebunden, ebenda;
danck gott, dasz wir keine krieger mehr haben, dasz der
teufel die galgenvögel nach der reihe geholt hat ... sie
sprenckelten uns jo, wars möglich, und schuriegelten uns,
dasz es eine sönde und eine schände war. ScBoca stadenten-
leben D l".
3) wie unten sprenken, verb. 2: sprenkelen, canceUare, gra-
ticchiare, aggraticchtare. lat. clathrare. Krambr dict. 1 (rü2), 888*.
X. 2.
SPREiNKELNERITE, f. nerite oder krammetsvogel, in sprenkeln
zu fangen (vgL sprenkel, m. decipula avium). KrCnitz encycL
161, 703.
SPRENKELROSE. ,''. im trestfälischen als name einer gefleckten
kuh, d. i. gesprenkelte Rose. Woestk 252'. über rose als kuh-
name s. theil S, il77 (unter 6, 6).
SPRENKELRUTE, f., dasselbe wie sprenkel, m. decipula
avium, als sprenkel dienende rute: wenn sie (die vügel) da
zur träncke kommen, werden sie mit den sprenkelruthen ge-
fangen. Coleb (1680) 615".
SPRENKELSTOCK, m. entsprechend sprenkel (H), 3 und
sprenkeln, rerft. 2. stock zum auseinandersperren, ten Doornraat
KOOLMAN 3,288'.
SPRENKELUNG, f. entsprechend sprenkel, m. macula und
sprenkeln, terb. 1 : sprenkelung. scretiamenlo, scretiatura. Kramer
dict. 2 (1702), 8S8'; der pelz ist tiefgrau, auszen aber schwärzlich
mit gelber sprenkelung. Rrehh thierl. 2, 12.
SPRENKELVOGEL, m. rogel, der im sprenkel gefangen «erden
kann. plur. sprenckelvögel Ocon. lex. 2783.
SPRENKEN, rer6. 1) wie sprenkeln, verb. 1. etwas bunt
färben: und ich will ihm noch schenken
ein starlien hirtensiecli.
mit färben ihn will sprenken,
gebrennt mit feuer und speck.
Spie tiuiznachl. 160 Bnlke.
2) wie sprenkeln, verb. 3, in einer sprenkeln, verb. 2 und
sprenkel (II), 3 nahestehenden bedeutung sprenken mit einem gitter
versehen: sprenken, gesprenket, clathrare, cancelhrse fenestras,
et alia loca clathris et cancelli^ munire. Stieler 2097; vgl. auch
unten versprenken. sprenken, canceUare, graticchiare , aggra-
ticchiare. Krämer dfct. 2 (1702), 888'; ein fenster sprenken o ver-
sprenken, canceUare una ftnestra. ebenda; ein gesprenket fenster,
ßnestra eancellata, graticchiata, fatta a eancelü. ebenda.
SPRENKER, m. zu sprenken, verb. 2: sprenker, mos clathrans,
cancellans, reticulans. Stielkb 2097. j. auch unten versprenker, m.
dazu
SPRENKERIN, f.: sprenkerinn, femina elathrans, canceUans,
reticulans. Stieler 2097.
SPRENKFENSTER, n. fensler mit einem gitter: sprenkfenster,
ßnestra cancellata, graticchiata, fatta a eaneeUi. Kkamek dict.
2 (1702), 888'.
SPRENKIG, adj. entsprechend oben sprenke, /. 2, vgL sprenken,
rerb, 2. mit einem gitter versehen: sprenkicht, clathratus, can-
cellatus, clathris et cancellis septus. Stieler 20!i7.
SPRENKLICH, SPRENKLIG, adj. entsprechend sprenke, f.,
Sprenkel, m. macula mit sprenken, sprenki'ln versehen: sprengk-
lecht, mustelinus color. DiEF.-Wt^LCüER 860; sprencklich, flecket,
bund ..., das mancherley färben hat, varium, versicolor, macu-
losum, maculis conspersum. Hesisch 558, 26; sprenckelicht, mit
färben durchsprengt, bundt, picote, maculato, di diuerse varie
macchie. Hdlsils (1616) :i04'; sprenklicht Schottel 1419; sprenke-
licht, versicolor, variegatus. Stieler 2097; sprenklicht, scretiato,
scritiato, variato, sparso, macchiato, distnito di varii coloru Kramer
dict. 2 (1702), 888'. und sonderte des tages die sprenckliche
und bundte bocke, und alle fleckete und bunte ziegen. 1 Mos.
30, 34; also empfiengen die herde über den stehen, und
brachten sprenckliche, fleckete und bundte. 39; wenn er aber
sprach, die sprenckliche sollen dein lohn sein, so trug die
gantze herd sprenckliche. 31,8; und sihe. die bocke Sprüngen
auff die sprenckliche, (leckete und bunte herde. 10, vgl. 12.
daneben >ra«c/i/LcTHER sprincklicht (s.den beleg unten): sprenck-
lecht eidex, sterneidex, stellio. Hetden Plinius 170; stöberte die
flöhe daraus (aus der hose), welche ihn, wie man an seiner
sprencklichten haut wol sähe, schröcklich tribulirt hatten.
Simpl. 1, 267, 24 Kurz; sprenkelichte hüner, gallinae mvUicolores.
Stieler 2097; nd. sprenklig tüg. sprenklig band. Dähnert 454";
eine form gespreuklecht: (die canonici gehen) in einem grawen,
weissen oder gesprenklechten belli. Zell fcei Schmidt etj.icft. 334'.
so wie diQ vögel sich in schaaren sammeln
um den sprenkliebten vogel, ihn mit lautem
feldgesclirei und hitze des feindes ohn° erbarmen verfolgen.
Stolbbrg 4, 79.
daneben eine jetzt ausgestorbene form sprinkiig (vgl.auch oben
sprinkeln unter sprenkeln): sprincklecb, lentiginosut Rief. nov.
gloss. 23l'; der eiban, der in India wachset, der ist sprinkeluht
oder spreckclloht mit weisen und mit swarzen spreckeln oder
"^jirinkeln. Megenberg 3'Jl, 11 ; mein erbe ist wie der sprincklicht
^ogel, umb welchen sich die vogel sumlen. Jerem. 12,9; die
bei Luther sonst häufigere form sprencklich s. oben, die nalur
51
SPRENKUNG — SPRENZEN
SPRENZERLING — SPREU
52
des parden oder paniert bier reimet sich wol mit derart der
(iriechen, denn $ie (die j»inther} sind (princklicb, geben von
sieb guten geruch. Melarcbtbon der prophet Daniel, deutsch von
Joi«A8 (lW6)bl; spriukelecht worin, iUllio. Dief.-WOlckbb 8«0;
dasx der leib gar ottergilbicht und sprincklicht worden.
M. Cbb. Lebüank historischer Schauplatz 622 [seiltchr. f. hochd.
mundarten 1,62). vgl. im übrigen noch oben unter spreoglig, odj.
{sp. 43).
SPKENKUNG, f. handlung des sprenkens, zustand des gesprenkl
setns, vgl. sprenken, verb. 2; sprenkung, dasselbe wie sprenk-
werk. Stiblkb 209T.
SI'RENkWEKK, n. xu sprenken, verb. 2: sprenkwerk, n.,
clathro, tirgulae ligneae aut ferreae, quibus fenestrae tel fores
muniuntur. Stibler 2097; sprenkwerck, canceUi, ferriate, grate,
opere eanceUate. Kb&mer diel. 2 (1703), S88*. v^ auch oben
sprengwerk, n. 4 {sp. 46).
SPRENZ, m. im hessischen. 1) wie unten sprenzel, m., das-
selbe wie Sprenkel, m. decipula avium. Vilmak 394.
2) sprienz, lang aufgeschossene person, dann auch ein empfind-
luher mensch. Vilmar-I'fister ergänzungsh. 37.
SPRE.NZE, f. 1) mundartlich dasselbe wie sprenke, giesskanne.
Adtinrietm 135, dann auch übertragen auf eine dirne: spiienza
TOBLBB 3S1'.
2) sprinze. wie oben sprenz I gleich sprenkel, decipula avium.
VIUIAR394; sprenz'n, f. Rccbert unterfränk. mundart lU.
SPRENZEL, m. l) wie oben sprenkel, m.
0) sprenzel, rute zum Vogelfang. RtiwwALD 2, 120. Spiess
henn^. idioL 239, vgl. Hektel Salzunger mundart 44.
b) sprenzel, Sperrholz, knebel, entsprechend sprenkel, m. (11) 3.
». den beleg unter sprünzel, m. 2, fr, theil 10, 1,2794.
2) sprenzel, sprosse an der leiter. Hunziker 248; spränzel
Seileb Basler mundart 275\
3) eint hagere, aufgeschossene person. Seileb n. a. o. vgl. oben
sprenz, m. 2 und sprcnze, f. l.
SPRENZELBCCHSE, f. sprüzbiichse, spritze. Woeste 252".
SPRENZELN, verb., zu sprenzel gebildet, gleichbedeutend mit
dem folgenden {s. dort).
1) sprenzein, mit wasser spritzen. Woeste 352*; auch vom
funkenspnVienden docht einer lampe: wenn dann das öl zu ende
ging in der lampe, der docht sprenzelte, stellte Käthi das rad
wiederum bei seite. Gottheif Kuthi kap. 13.
2) aufputzen, schmücken, zieren, wol eigentlich mit wolriechenden
wassern besprengen: dis ist aber alles nur ein schmuck vor den
eusserlicben menschen, welcher je sehrer er gesprenzelt ist,
je hesslicber ist und stinket der innerliche mensch. Barth
weiberspiegel T5*; die nicht allein ihr haupt nicht verhüllen,
sondern auch ihre haare sprenzein, das sie durch die fliegen-
netze glänzen. V l\
3) spränzeln, mit grosien, gravitätischen schritten einher-
stolzieren. Stalder 2, 3S6.
SPREiNZEN, verb., wol ursprünglich sprengezen, als intensiv
zu sprengen, verb. {s. oben) gebildet, doch wol auch unter ana-
logischem einfiusz von spritzen, verb. heule nur in mundarten
noch lebendes wort.
I) sprenzen, spritzen, mit wasser besprengen: sprentzen,
spargere Dief. 541*; sprentzen, sipare Dastpodios; sprengen,
sprentzen, giessen, artouser, addacquare. (liiLsius (1616)304*;
harpagium gieszkräg, damit mun die gärten sprentzt. nomencU
von ib29 bei Scbm.* 2,704; den buden sprengen o sprentzen
zum auskebreo. Kbaiikr dic(. 2(ro2),8S8'; sprenzen, sprenzgen,
küchengewdchse, blumen, leinwand auf der bletche begieszen. Scumid
Schwab, wb. UM ; Kprenzen, den boden anfeuchten. Scbrüeh 307*;
i^rtDitn,begieiun. Eifler muudail in Frümiiakns iei(tc/ir. 6, 19.
selten hat sprenzen «inc andere bcdeutung (sprenzen, einen eilig
forlichieken, vgl. Hübtkl i/irac/iscA. 232, entsprechend sprengen,
verb. 1,1), ein die annähme eines analogiewirkenden einflusses
von spritzen, verb. stärkender umstand: es i»l nit gät sprentzen
in den bimel, wan ek velt her wider ab. meistkb Inculu
goldenes spiel 75,35 ScJnOder; vom wichwasser. was das für
tugeoden und gaislliche rrart, nämlich da es in aineiu «uten
glauben und (urtalz uf aio grab werde gexprenzet. Zimm. chron*
3,410, >4: da» hertz de« maullliier» gederrt und mit wein ge-
tpreozt ... macht unl>lrhafi. (ieszNKB-FoRKB thtcrb.bi'; den
weicbbrunnen an tirh sprentzen mit zweien Ungern. J. Pauii
icnii. und wer es situ an »ich sprentzt. ebenda; der barb-
•teltz dantz und alzeln «cbwkniz das bausz nit sprenl/i.
FiacaABT grMtm.iA; dieweil man •!■• wasser zu darren sommrr
Miteo brauchet, die farleo damit tu spreolzen, so soll niiin
nicht jedes dazu nemmen. Sebiz feldb.li; dise stuck zusammen
gemischt sol man ein wenig sprentzen mit wasser. Seuter
rosiarznei l!<3; auch von trocknem (vgl. oben sprengen, verb. I, 2, b
sp. 33) : min kiinc iiocli eins erloub vor mir
das ich den boden vor glenüts
vor dir mit diser eschen «prentz. Daniel (lälft) V.
2) das besprengen mit öl und wolriechenden wassern konnte
leicht XU der neuen bedeutung hinüberführen: schmücken, zieren,
aufputzen, vgl.: die ansprentzen mit wohlriechender salb,
myro6r«f/iarü. üastpodius.
di»e malerien er hat
gesprenxet in sö lichte wit
Him*. V. Fbeibbrg Tristan 34;
(re/I. .) der künic und die kiinigin
die helen sich so schöne
gespreniet under cröne. 2536;
wie schöne sie hei
sich üi ger^gctieret,
l^espreiizet und gszieret
in ir bestej gewant! 4478.
gewöhnlich m Zusammensetzungen aufsprenzen (theil 1, 743) und
aussprenzen (theil i, 979).
SpRENZERLIiNG, ni., dasselbe wie unten Sprint, m.;
eyn falken, biowräsz, sprentzerling
und was man mit dem habich ling,
die iiandt so wol bereiten küniien.
Mcrnrr gäuchmatl 1606 Uhl.
SPRENZLERIN, f., zu sprenzein, verb. 2, vgl. auch sprenzen,
verb. 2. bezeichnung einer putzsüchtigen Weibsperson, sprienzleri,
eine kokette weU)sperson, die gern auf männer liebesjagd macht.
ToBiBBäSl'; on etlichen landen ist dies der Jungfrauen hof-
zucbt, früh haben die sprenzlerin gnug zu sprenzlen und zu
scbmingen, dann gehet es zur kirchen, das man sich da
umsehe und sehen lasse. Barth weiberspiegel K 1". zu einer
bildung sprenzlieren, verb.:
was soll mir halt ein sprenzlirerin?
fasln, sp. 72, 2 keller.
ein enttpreehendes masc. findet sieh mhd.:
mich verdringent aber geiler s|)renzelcre viere
von der wolgclänen diu mich singens niht eriit.
Nbiobart 5S, 3 lliiniii.
vgl. noch 54, 27 und 84, 12.
SPRENZLING, ni. eine kleine fischart: sprentzling und mai-
ling fangen. Hobberg l, 117*. vgl. sprazling, m. theil 10, 1, 2797.
SPRENZi.INGFANG, m. fang der sprenzlinge (s. das toiige):
der sprentzling- und mailingfang, welches kleinere und mittlere
äschsorten sind, soll allein ddn landleuten vor Calharinae
erlaubet, sonst aber gäntzlich verhotten seyn. Hobbbrg 2, 4(>S*.
SPREU, f. acus palea. l) /or//i und geschickte des worles.
a) ursprünglich ist spreu auf Ober- und Mitteldeutschland be-
schränkt (das niederdeutsche braucht an seiner stelle kaff, n.,
s.<Aeti 5, 20): sprew, palea Dief. 406'; sprew ader feyl, quis-
quilia. 480'; sprew, kaff, palea. Hekisch 7S6, 3; sprew, korn-
hülse, Stroh, paglta. Hulsids (1618) 236' (daneben sprewer,
s. unten); sprew, kafft rocan( Saxones, palea. Corvinds lo*;
sprew, palea Scbottel 1419; spreu, palea, acus. Stiei.br 226.
ahd. mhd. spriu neutralen geschlechts: thiu spriu bibrennit in
fuire unaricskenlemo (paleas autem comburet igni inextinguibüi).
Tatian 13, 24 Sievers;
si wegen iuwer boieschai't
liht unde ringe alsain ein spriu. troj. Itrieg 18357.
die vorherrschend* Verwendung des Wortes in colterlivem sinne
veranlasste die umdeulung des plurals mü neutralem geschlecht
in einen Singular femininen geschlechts , das im nhd. dann das
allein herrschende bleibt (vgl. entsprechende übergangurschetnungen
bei fihre. J. Grimm gramm. i, 563, beere, f., s. theil t, 1243), und
zuerst in der form mhd. spriuwe, md. sprAwe, nhd. spreiiwe
hervortritt: sprewe, spruwe, acus. Dief. tl'; das si« heissen
der gottlosen raht, der sünder weg, der spOlter sitz, und
gott nichts von jhnen wiesen will, auch eitel sprewe sind,
die der wind verweht. Lutbbb a, soo*;
vre und reiche mit untreuwe
und vorn wel; und binden spreuwt. >rnner ISII6.
du rollectire bedeutung hat nur wentge autnahmen neben sich,
so bezeichnet spreu selten die etnselne getradehulse: wer nicht
in der liebr bleibt, der bleibt in gott nicht, noch gott in jm,
sondert und schelet sich selbs aus als ein unnOtte untüchtige
httlsen oder spre«. Luthkb •, 4>'; auch tu neuerer spräche:
wenn eben ihr virlleicbt denket, dasz ich am ersten zur
männlichen tbttligkeit aufgefordert werde, nur eine spreu in
bauche des windes getragen über die »üste. Ibamisso &, lu5
53
SPREU
SPREU
54
ishaU) auch nur stlten im plural {wenn auch die gleickheit der
■ <rm sichere beobachtung unmöglich macht): schmelzeD die spreu
in spreuersack oder ist meinem kanieraden etwas passiert?
Hebel 3,8; als sie aber halbsteif nach hause gekommen waren
iinii die spreu aus dem sacke ausleeren wollten, da schosz
-twas ganz anders als spreu heraus, ebenda, als tereinselnder
lural Kurde ahd. spriuwir, spruwir, spruir Geaff 6, 869, mhd.
-priuwer, spriur, nhd. spreuer veritendet, eine form, die in
' erdeutschland noch heute geltung hat: Hans Joggi solle in
le mühle und fragen, wann man spreuer haben könne; er I
oUte lieber nicht allemal auf Bern fahren, und der müUer \
. ibe seine eigenen spreuer ihm selber und nicht andern leuten. !
(ii)TTBELF LH der knecht 15; wirke nie mit trugscblüssen und
kleinlichen spitifindigkeiten, mit denen man nur die spreuer
bewegt; den kern des volkes rührst du nur mit der vollen
wncht der «ahrheit um. Kelle« 6, 320. Aüzlchg belegt diesen
plural ßr Mtisien und Oberdeutschland, will ihn aber in der
scJiriftsprache nicht gelten lasten, bei Norddeutschen findet er
steh selten: m,p wohl zur erbaltung wgr es mir,
als ich an der brutlwehr lag, auf spreuern hingestreckt.
Voss Ansio})ltan>-/! J (1821), 8.
das bedürfnis dieser tereinielung war aber so gross, dast spreuer
auch als Singular aufgefasst wurde und als solcher vielleicht nach
analogie ton hafer, m. (hafer mit s\freu oder häcksel vermischt
gewöhnltches pferdefutter, vgl. auch die entsprechende gesehlechts-
angltichung bei häcksel theil 4, 2, 108) maseulines geschlecht an-
nahm: spruwer, palea Dief. 406"; spreiwer, acus ll'; spreyor,
palea 406*; sprewer, acer, acus, palea. Dajypodiüs; »preuwer
Frisics 623' bei Weicakd* 2, "79; der spreuwer, palea, acus,
aceris. Maaleb 382* {daneben 382' sprüwer oder kleyen, acus,
aceris, mit mhd. vocalstand und wol als plural vom Singular unter-
uhieden); sprewer, kornhülse, f<<iille, paglia. HcLsas (l6t6)304';
der spreuer Krämer teutsch-ital. wb. (1678) 996' bei Weigasd*
2,779; item wa vi! usi einem closter angalgen lauffen und
apostatieren, da soll man sich vermessen, das es hart be-
schlossen ist und gerefonniert und das der sprüwer Ton einem
kernen laufft. Keisebsberc narrenschifjf 6b' ; das ist der recht
gauch, der oben schwimmet, als der schäum in dem hallen
und der spreuwer in der wannen. 119'; sie {die münche) haben
uff gericht bruderschafften, patrocinia, sonder hailigen dienst,
... sitzen die somen pferdt, die mest schwyn in klösteru,
stifften U.S.W, und füllen sich vom kern, lassen den andern
den sprewer. Ebeklin v. GC'Hzblrg 1,179 neudr.; ich vermische
mit sprewer, ocero. Dasypodius; teyme der mit sprewer ge-
mischet ist, aceratum lutum. ebenda; leym oder lätl, der mit
sprewer gemischt ist, paleatum lutum. ebenda; was möchte es
dir schaden, so du es {das verleumden) fürüber lessest fahren
und nichts anders weder einen spreuer hieltest? är>dt Thomas
V. Kempis, detUsch (lö70) 279; selten noch mit neutralem geschlecht:
ir meslsüw, was bedarf man üwer?
Tait us! man geh ücb nit ein :>prüwer!
.- ,u„fi. Maniel 46, 376 Bdcktold,
iwetfelnaft :
die arbeit ist, by gott, umb sust,
das üch eier wannen gelnst.
«e kein sprfiwer falt do neben.
MtRNBi narrenbeschw. 226 neudr.
plural sprüwern, spreu wern, spreuern: alse sprüwern und
strou wider edelmc weissen. Tacler predigten bei Scbhidt
eb. irb. 335*; item es leit ein huCfen fesser da oder dinckel,
darumb etlich sprüwern darvon gond, darumb achtest du
nicht den buffen das es sprüwer sei. Keisersberg narrensch. 66';
der pawr verwilliget dem verheissen, und nam die sprüwern
und stro, bedecket den fuchs mit der gabelen. Steiruöwel
bei W'ackerracel leseb. 1*, 10«U; aber mit den äugen und
winckung zeigte er an das er under den sprüwern verborgen
lag. 1061; ist sach, dasz die meinung sich mit dem evangelio
clerlich verglichet, so gib im glauben; ist das nit, to iosz
für oren |on als sprüern die im wind fliegen. Scbadb sat. u.
pasqu. 3,24,11; was \erglichnus sind die spreuern zum weizen?
spricht der herr. 23,2a. (sprugern, plur., s. unten);
so got das giiot vom bösen treibt,
»pruwern von dem korone want
und die scliatr von den geissen bandl.
MutülR bailtnfalirt 12,20 Martin.
ditses matculine geschlecht von spreuer hat dann auch vereinten
auf spreu einßusi gewonnen: das ist denn der zorn und die
frucht ihres drewens, sprew ists, den der wind verweht.
LotbilI 5, &I'; ich las die besten Schriften der kunstrichter
mit vergnügen und nutze, hatte aber nicht stärke genug, sie
zu wannen, und den bäuQgen spreu von der reinen frucbt
zu sondern. Scblbarts leben 1,92;
warum tragen wir den leid,
ob der mensch gleich musz verderben,
i.«! doch alles fleisch nur heu;
gott spricht selber: du musi sterben,
ja verslieben wie der spreu. Rist PormiMu« 141;
gleichwie der leichte sprew verfleugt.
lob und äanck abc {Frankf. 1664) 68.
vgl. schon mhd.:
ir sult den spriuw
hie scheiden von dem kerne. nu<<R. v. Meissbm 132, 8.
wie denn auch andererseits selten spreuer unter dem einflust von
spreu als femininum erscheint: spreu, spreuer, f. pula, pagUa,
loppa vigliuoli. Krämer dict. 2 (1702), 888', vgl. auch Wbigand*
2,779; dann wie in der grille krottestischer geystloser mül
zur römischen frucht steht, so will die spreier allzeit oben
schweben. Fiscbart bienenk. 35'. formen mit mundartlicher
färbung: sie fecit Judaeis Hierusalem abstulit Jacobum,
Petrum, Paulum et alios Chiisiianos. ibi eytei hülsen sprey,
ideo Stack ers an. Lutber 28, iu2, 18 Weim. ausg. spreier. f.,
s. kurs vorher den beleg aus Fiscbabt bienenk. Zo ; plur. spreier:
wann die spreier abgemahlen, soll der müllner ain viertl khorn
nehmen, quelle bei ^cnu.* 2, 69b. vgl. auch unten spreien, pJwr.
als mitteldeutsch ist noch hervorzuheben eine form sprü, palea.
Dief. 406'; spru, spruw, quisquilia. 480'; spru, acus Dief.-
WClcser 860; daneben spruwe, sprühe, sprue, paJ^a. Dief. 406',
spruwe, acus u'; wetterauisch noch heute sprau. W'eicand* 2, '"9;
alsus hete er die spru verlorn
und behielt dat edele körn, passionat 454,7 Köpke;
plur. spruwer: das körnlein das nit under den pflege! kumpt,
das bleibet in den sprüwern iigen und fressen es die meusz.
Keisersberg etn<if 62*; dann auch entsprechend sprau, sprauwer:
man gibt den pferden erwärmende speisen: als da in Sonder-
heit sind sprauwer oder häuw mit niter gemischt. Uffenbach
neues rossb. 2,133. vgl. schon ahd. den plur. sprfiir (neben spriur).
Graff 6,369: spruuir, quisquilia, frumenti purgamenta. Stein-
meyer-Sievers ahd. gl. 3, 307, 1 ; cheva vel spruir. siliqua specih
frugis vel leguminis. 308,40; sprüer, quisquilia, frumenti purgalio.
312, 65. vtreinselt ist das w durch spirantisches velares g ersettt:
sprugern, acus, appluda. Dief.-WClcker 860; sprugern, acus
Dief. not. gloss. 7'; auch ein allein stehender nd. beleg sprugge
{ßrstenthum Lippe). Fbommanns leitschr. e, 484. mit utnlaut:
b ^ die sprüger und die klien zö fürende, quelle von 1424 bei
ScBMiDT eis. wb. 335". vgl. aargauisch spreujer Hcxziser 248.
alt drmin. ist wol aufiufatsen: aber das meel ist gar wol ge-
beutlet worden durch so vill heiliger veiler kommen wie wol
das alles nicht geholffen bette wa nicht durch wirckung des
heiligen geistes, das also gereinigt und geheiliget wer worden,
also das kein sprewel oder by der erbsünd noch Christum
den herren noch sein werde mftter bereit halt. Keisersberg
schiff des heils 10'; spreuel, plur. Schh.* 2, 695. bemerkenswert ist
auch ein seltener plural schwacher ßexion spreuen : spreien, plur.
die granen der ähre. Gangler 427;
und kumpsi dann heim und bringest ir die spreuen
und meinst, sie sulle die vrei^zen keuen.
foitn. sp. 852, 28 Keller;
{vgl. noch sprewden, palea Dief. nov. gloss. 276*, in der heutigen
mundart Steiermarks spreuden [neben spreuer] plur. ünger-
Kbcll 528'.) wahrscheinlich gehört hierher: mir wart nie so wol
also mir itzunt ist, wan der weize wirt nicht behalden, her
werde ser üj geslagen üj den sprüwen. mysttker 1,85,14 Pfeiffer,
wo jedoch auch die möglichkeit bleibt, die form als dat. zu dem
im ahd. belegbaren plur. thiu spriu (5. oben) aufzufassen.
b) etymologisch verwandt ist spreu mit mhd. sprsejen, «prewen,
■prewen. mkd.wb.i*,i2i' 'stieben, stäuben, sprühen' , ndi.sproeien
FiANCR 946; weiterhin auch mit spratzeln, verb. {s. oben), unten
spröde und sprühen; vgl. auch das verb. spreuen unten, wie
den sprau, mundfaule, strahlen faule.
2) in eigentlicher bedeutung.
a) die bei dem worfeln des getreides abstiebenden hülsen, tgl.
Hetnk d. hausaltert. i,60. in feinerer Unterscheidung uird bis-
weilen mit spreu nur der abfall von speit bezeichnet, zum unter-
schiede von kaff theil 5, 20 und sied , dem abfall der übrigen
getreide, vgl. Frisch 2,308"; vielleicht gab der besonders reiche
hülsenabfaU des speltes tu dieser begriffseinengung anlast, vgl. oben
speit th. 10, 1, 2139 und die etymologie von spelze {th. 10, 1, 2141);
gewöhnlieh aber findet betiehung auf alle getreidearten statt ivgi.
auch oben \.a): der sprödigkeil wegen gab die gerste nebst
der birsc die ft-inste und dem staube ähnlichste spreu. Voss
55
SPREU
SPREU
56
Virgilsländl.ged.2,\M. verschiedene arten sprea: weitxengpreu,
tüttceje I oleae, Stei.nüacb 2,637. Adelokc; rockenspreu ebenda;
gerstcnspreu, i.Üi. 4,1,3740; baferspreii, haberspreu, j.t/i.4,2,87;
kirsenspreii Adblong; erbsenspreu ebenda; bohnenspreu, acus
fabaginum. Stiirbacb 2,637; vgl. bonenbalg, bonenhaut, hülsen,
sprew, fabago, purgatnentum, lunica fabarum. Henisch 452, 31 ;
bunfspreu Aubldnc; leinspreu ebenda; das körn von der spreii
reinigen; den weitzen von spreu reinigen, abscheiden, mondare,
tefarnre il formento dalla paglia, spularlo, svigliarlo. Krämer dict.
2 (i7U2), S68'; auch die apreu absondern, acus rertiovere. Stein-
ü4CB'2, 637; die spreu v^annen, ttatt des häußgeren das körn
wannen, es mit der kornschwinge reinigen (s. unten wannen, verb.),
schon ahd.: (ventilatio), diu diu tpriuuuer binawanoot. Notkbr
ps. 24, 21. vgl. :
bette ich ein wan so wolt ich swingen
die spräen äs dem koren. Muskatolut 83, US.
anders der wind verweht die spreu: nachdem durch wind oder
worfeln die spreu, nemlich das zermalmte kurze strob samt
den acheln und hülsen, sich gesondert hatte, ward das reine
getreide roll körben in die scheuren oder Speicher gebracht.
Voss Virgilt ländL ged. 2, 101 ;
wann von dem gedroschenen körne die tenu' aurdröhnt, und
dem worQer
schou die nichtige spreu im steigeuden weste verweiiei. 2, 475 ;
doch nie der wind hintraget die spreu durch heilige tennen
Uliler der worfeler scliwung, wann die geihgelockte Demeter
sondert die Trucht und die spreu im haucli andringender winde,
fern dann bäuTt das weisze gestöber sich. Uins 5, 499. 5Ul.
spreu ist im allgemeinen wertlos: diese spreuer werden vor die
müh! bingeschüttet, da sie der wind verstreuet, oder sie
werden wann sie zu häutig liegen bleiben angezündet, da sie
nach und nach wegglimnien ohne flammen, und wann ea
gleich regnet, hält sich das feuer doch in den bälglein.
Frisch 2, 308', vgl. auch unten das darauf sich gründende biblische
bild. als brennstoff verwandt: des erster ist er mit nassen
seQlern, und nachmals mit einer kettin an disen pfal gstrickt
und darnach mit hultz, und nit mit klainem, sonder mit
grossem umb seine brüst umbiegt, und darzwischen spreuwer
gworffeu. NicLAS v. Wevl bei Wackernacel leseb. t, 1049, 11.
alt futter der thiere: den pferden spreu und häcksel unter
den hafer mengen; vgl. spreu untermengen, paleam immiscere.
Steinhach 2,637. die rusz so die erden arbeiten, werden mit
spreuer geweidet; die pferd, so müssig geben, werden mit
haber gcmesL Schuppics 712. sonstige Verwendung : also spannten
sie den rappen an den rennschlitten und legten einen sack
voll spreu darauf, um weicher zu sitzen. Hebel 3,7;
wohl schlier ich auf der spreu im stall,
uuu hab icii eiu beit von seiden Tein,
GciBiL iiiicliiiisi 36.
Deben ihio {dem maicnmann) gingen zwei andere knaben,
einen mit spreu und eiern gefüllten korb an den henkeln
tragend. Aijeruacu doifgesch. 1,87; denn hüutig waren betrug
und falsche Würfel: manche würfii hatten zwei fünien oder
Sechsen, manche zwei es oder daus, andere waren mit queck-
silber und blei gefüllt, mit zerschnittenen haaren, schwamm,
spreu und kohlen. Fheviag 20,68. spreu wird tum tpvU und
hokn einer person auf die hausschweüe gestreut:
geant auii* eier, wie mer's wella,
tust streue mer tpreuer auf dia schwelle.
wu sie nun keine eier erhielten, vollführten sie ihre drohung
und streuten mit Jubel und lachen eine handvoll spreu auf
die schwelle. Auerhacb dorfgesch. 1,87. auch den gefallenen
wHdchen wird spreu ror die Ihür gestreut: spreujer zetteln,
ndmkch einer braut in der nacht vor dem hochzettsfeste^ um damit
amuieigen, ne braucite sie nächstens tu einem wiegensack. Seiler
Basier mundart 275' (vgl. unter häckerling theil 4,;, 106); auch
der weg tum lirbhaber wird mit spreu kenntlich gemacht. liiR-
LincKR volktUiitmUches aus Schwaben 2, 95. vgl. tu dem brauche
noth SoBNREt rosmarin u. häikeiltng, berlin 1809. seltener ge-
tchieht tt dem abgewiesenen freier, der achullbeisz erhielt eine
abschlägige antwurt sein antrag war aber im flecken bekannt
gewurden; die juugen bumchen, die dem strengen mann gern
eineo streich »piciteu, streuten ihm des nachts spreu von
•eioein bause bis tu dem bause Melchiors. Auerbacb dorfgesch.
1,U. »Ugemetner, nur tur kenntUchmacJiung eines weget: 'wolan',
apracb die fraw, 'ich tibe wul, das sie dir nach deinem leben
•Iclieo und oicbt rht liabeo werden, biss sie dich umbringen,
daruiiib ao gab yetz bieo und iiim sprewer und strew die
abrniLilt vor dii bifo, wif du mit dem srgiiirl gt-tbon IüdI,
so kanstu wider heim kummen.' Mohtanus tcliwankbücher 261,29
Balte; n&n gieng das gi'it Gretlin mit seinem holte den sprewern
nach, biss er wider heim kam. 262, 5.
b) seltener allgemein in kleine stücke ter schnitte nes stroh: die
bauren in den dörfern haben ire hüuser, mit stro deckt,
müssen abdecken und das stro dem (ich schneiden, damit
es etwas z& essen hab. man hat i sack spreuer um 3 s.
geben, d. stddtechron. 26, 30, 9.
c) ohne eigentliche erweiterung des hegiiß'es heisten auch in der
Sprache der botanik bei einigen lusammengesetsten biUten die auf
dem fruchtboden stehenden und die eintelnen blumen scheidenden
spreuartigen blättchen: spreu, palea Nkmnich 2,S36. Bbhlem 5,66t.
3) tti sprichwörtlichen redewendungen. mit beiiehiing auf seine
leichte brennbarkeit {vgl. oben 2, a) feuer mit spreu loschen
wollen von einem, der vergebliches, thörichles sich tum xiele settt:
geleicli, als ob man leschen thu
ein gross, gewaltig brennent Tewer
mit holtz, stro, stuppel oder sprewer:
so wird das Tewer nur gwältiger,
stercker, grausamer und viil'aliiger.
H. Sachs Ib, 442, 24 Kellet-Gölte.
gewöhnlich aber mit hervorhebung des unbedeutenden, wertlosen,
unnützen im gegensati zu dem wertvollen körne: spreu für kurn
verkaufen: boret dis, die jr . . . sprecht, wenn wil denn der
newmond ein ende haben, das wir getreide verkeuffen, und
der sabbath, das wir körn veil haben mügen ... aiiffdas wir
die armen umb geld . . . unter uns bringen, und sprew (ur
körn verkeuffen. Arnos 8, 6, vgl. Grbtter erkl. der epistel Pauli
an die Römer (1566) 773; sprewer vor kern verkaufen. I.bb-
«ann 105; beweisen jhm (dem pfuri er) alle untrew,
geben fürs meszliorn staub und sprew.
HoLLONius sumnium viiae huin. 781 neudr.
apreu fOr körn mahlen, vermählen: dasz man aber solches
{den ausdruck der spräche) für das hauptwerck halten und den
Sachen selbsten vorziehen wolte, hiese den esel von binden
aufge/äumet, spreuer für körn gemahlen. Hohpler vorrede 3,3\
allgemeiner einem nur die spreu gönnen, ihn schlecht abspeisen,
stiefmütterlich behandeln:
ir sond neraen den kernen
und gend den pfafTen die spriwer gerne.
des leufils neti 13464 Barack.
den kern nicht der spreu wegen fortwerfen : {er) meint darbey,
das von wegen desz Schmutzes die alte real nicht hinzuwerffen
seyen, noch die kern von wegen der sprewer. Garg. 8. vgl.:
aber das wolt ich, das wir spreuwer nit lieber betten dann
der edlen keren. Luther 7, 250, 1 Weim. ausg. von einem, der
wählerisch im essen ist, mit beiiehung auf die Verwendung von
spreu als schlechteres viehfutter: er iszt, wie wenn er spreu
auf dem teller hätte; obgleich alles so gut war, aszen der
bauer und seine tochtcr doch als ob ihnen das essen zuwider
sei; sie gabelten auf dem teller herum, als ob sie spreuer
in demselben hätten. Gottbelf 1,21. zugleich in die rein bild-
liche Verwendung hinübergehend: ßerthar aber rief in den häufen
der bleibenden: 'nicht durch einen wurf fällt auf der tennc
der spreu aus dem walzen, noch manchen sehe ich, den der
wind über den zäun wegblasen mag.' Fbeytag 8, 2ü1.
4) im vergleich, tum ausdruck der häufigkeit:
zu Rom band ir ein betuudren gott,
dem gebend ir gelt glich wie spiüwer.
Manuil 71. 1068 Bdchtolä;
so wölt ich gewinnen was ich wil
der pt'enning als der spreur. Unland volksl.* 603;
ich daclite xu linden gold wie spreu
und Ireilieit weit und breit,
nuu hab ich gefunden nichts alt reu?
GsiBKL iiiichlass 26.
2umm( aber, um für einen gegenständ den begriff des unbrauch-
baren, unnütilichen, weitlvsen tu bestimmen, vgl. oben unter 2, a
und 3: hier griffen ... noch zwei mitarbeiler verschiediier arl
und befähiguiig ein und strebten in aller hast eiu Wörterbuch
anzuschwellen, das der gelebrsaiiikeit entraten konnte, da alle
etymuldgien als unnütze spreu verworfen wurden. J. Guimm
vorrede tum deutschen Wörterbuch xxiv ;
•climurltbild. mctull und pin gclelirt papier
lül nichts aU <>pteu und l«iclil«r !<taub vor mir.
,, . . , A. (iaTPHius 1 (IttiM). M.
feld wie apreu verschwenden:
die bfirger thet er helTiitf stawren
verachwsudel das gelt gielrh den iprewran.
II. Sacm- 16. M)h, i:t helln-GHu,
mit betitkung auf Wendungen wu spteu unter das gute koru
iiii»cbeii: au mischte er wubrbeil und iirthum, wie Kprcucr
57
SPREU
SPREU
58
um! guten »aamen, ihm selbst unkanntlich, durcheinander.
Pestalozzi Lienh. u. Gertrud 1, 168. im besonderen wird gern
der vergleich mit der vor dem vehen des vindes verstiebenden
spreu angewandt: wie die sprew, die von der tennen rerwebd
wild, und wie der rauch von der fewrmeur. Hosea 13,3. tgl.:
ich hal.e dich zum scharffen newen dreschwagen gemacht, ...
das du soit berge zudreschen und zumalmen, und die hügel
wie sprew machen, du soll sie zurstrewen, das sie der wind
wegfüre, und der wirbel verwebe. Jes. 41,15. im vergleiche
fnit geld, gut u. s.w.: da wurden mit einander zumalmet, das
eisen, Ihon, ertz, silber und gold, und wurden wie sprew
auff der sommeriennen, und der wind verwebt sie, das man
sie nirgend mehr finden kundte. Daniel 2,35;
darausz da musx ich nemen ab,
dasi ich ubei gewunneo hab
mein gelt, wei'u übel hinweck gehl . ..
dann was einer unrecht gewind,
das versteübt wie spreuer im wind.
At«k» 2828, 8 Keller;
was ein bettler sich träumt, ein kalter miszbraucht,
war wie schlechte, fliegende spreu bei meiner
rrille zu achten! Stolbsrs 2, (>8.
auch personen werden ihr verglichen, ein für die unten aufge-
wiesenen Übertragungen und bildlichen Verwendungen bedeutungs-
oller gebrauch: und die menge, die dich zustiewen, werden so
ei sein, als ein dummer staub, und die menge der tyrannen,
vvie eine webende sprew. Jes.1'),b; sie (die gotilosen) v;erdea
sein wie stoppeln für dem winde, und wie sprew, die der
Sturmwind wegfürel. Hiob 21, 18; der ist wie ein bäum, ge-
[tlantzet an den wasserbecLen, der seine frucht bringet zu
seiner zeit ... und was er macht, das geret wol. aber so
sind die gottlosen nicht, sondern wie sprew, die der wind
verstrewet. ps. l, 4; sie müssen werden wie sprew für dem
winde, und der engel des henn slosse sie weg. 35,5; sainlet
euch und kompt her, jr feindseliges volck, ehe denn das urteil
ausgehe, das jr, wie sprew bey tage, dabinfaret Zephanja 2,1;
windträger (falsche propheten), die ihren bauch mit wind an-
gefüllet, vergeblich in wind reden und mit ihren Weissagungen
dabinfabren wie spreuer. J.Pbätobids anthropod. plutonic. 1,22";
sie holTen üho Lestand, ohn grund sie sich erfrewen,
dan die wind bin und her wie sprewer sie zuströwen.
Wkciherlin (1648) 2;
die Sünde wird mich armes kind
biurüliren noch gleich wie der wind
die spreuer last verstieben.
Rist neuu Uiml. lieder (16öl) 6;
aber wen die sünd erfreuet,
mit dem gehts viel anders zu:
er wird wie die spreu zerstreuet
von dem wind im schnellen nu.
P. Gbiuakot 44, 27 Gödeke.
linnlieker gefasU: nachdem der herr kaplan den letzten reb-
stock mit dem wadel aus dem weihwasserkessel bespritzt hat,
fliegt die ganze prozession wie spreu auseinander, der küster
nimmt Tabue, weihkessel und wadel, stola und cburhemd, alles
unter dem urm, und trägt's eilends davon. Betti^ib briefel,23\.
auch abitracles wird verglichen, vgl. den beleg aus Schade sat.
u. pasqu. 3,24, 11 unter l,a: sie die ächte tugend des weisem
wanket ihm nicht, . . . ihm ist sie ein mächtiger harnisch gegen-
trozend den donnern des himmels, ein gewaltiger schirm wenn
zu trümmern geben die bimmel, wenn die scbeintugend, wie
Tor dem winde spreu binwegOattert. Schilleb i,67; (in eigeti-
artiger weiterführung des Vergleichs:) sie geberden sich, als ob sie
die vettern des kriegsgottes wären und betrachten aller anderen
Schicksal wie spreu, die sie vor sich herblaseu. Fbevtag 8, 65;
o Kyklope. Kyklopel wie ist der verstand dir verflogen.
datz du wie schlechte spreu streuest die lieb' in den wind.
HiJCKSiT (l$4t) 265.
tnü hexieliung auf die beseUigung der spreu durch verbrennen:
alle sQnder wird der künfltig tag wie spreuwer verbrennen.
Heiszner Jerusal. 1, \-6' ; vgl. auch unten die bildliche Verwen-
dung, mit rücksicht auf die eigenschaft des bernsttins spreu
antuiiehen: unnd das desz maus feslleibigkeit die weibliche
blödmütigkeit, wie der augstein die sprewer an sich ziehe,
(j'orj. ttö'; nieszwurtz zeicht die wuchtein, der agstein die
»preyer, ... der magnet das eysen. 250*. vgl. agstein theil 1, 190
und augstein (/i«ill,bl6. bemerkenswert noch:
der Zunge Zauberkunst, die den achisameu geist.
wie leichte spreu ein Nil, dem ström nach lolgsam reiszt.
.X ■ . , ... , , Lessinc 1, 192.
») tn oudltcher Verwendung.
a) von moralisch oder physisch angekränkelten oder minder-
wertigen menschen, entsprechend dem unier 4 aufgewiesenen,
haujtsächlich in biblischer spräche beliebten vergleiche, icoxu noch
als für diese Weiterentwicklung von Wichtigkeit gestellt werden mag:
aber sie sind unter uns wie sprew unter dem körn, wenn
es zum treffen gehet, so sibet man, wer sie sind, und wo
sie hingehören, denn da ist nichts, denn stultz, eigen dQnckel,
neid, Verachtung, und der teufel seibs. Lcther 6, 49*. das
alter des gebrauchs betreffend vgL:
er soitz doch iemer häo vor iu,
er ist das körn, ir sit diu sprü.
Waltukr 18, 8, handechr, C,
anstatt des Vergleiches in A:
er sollz doch iemer hän vor iu,
also der weitie vor der spriu.
! die beim jüngsten gericht sur ewigen pein verurteilten: er hat
seine worffschauffeln in der band, er wird seine tenne fegen,
und den weitzen in seine schewnen sanilen, aber die sprew
wird er verbrennen mit ewigem fewr. Matth. 3, 12; vgl. auch
Luc. 3,17; die christlich kircb, die ist ein schür,
etlicbs wolleil, etlichs tür,
sprüwer, klien, fesen, kern,
am jüngsten tag so ist die ern,
so will das gott aissamen wannen,
Ml'rmr nai renbeschw. 175, 60.
mit betiehung darauf: von denen wülfen hat got der herr
durch die propheten obgestimpt geklagt, wie du gehört hast,
dasz sie ir eigen treum lernen, den spriiern predigen. Scbade
sat. u. pasqu. 3,25,15; noch ähnlich, nur anders gewendet: der
Verlust trift nur die paleas levis fidei; nur die leichte christ-
, liehe spreu, die bey jedem windstosze der bezweiflung von
I den schweren kürnern sich absondert und auffliegt, von
I dieser, sagt Tertullian, mag doch verfliegen soviel als will!
I avolent quantum volenti — aber nicht so unsre heutigen
j kirchenlehrer. auch von der christlichen spreu soll kein
hölschen verloren gehen! lieber wollen sie die körner selbst
nicht lüften und umwerfen lassen. Lessisg lo, ISl. dann auch
allgemeiner, im gegensats ium kern {vgl. kern 13,6, theil .^eoi):
die spreu ist von uns weggeflogen, ein kernvoik ists. Freytas
ahnen 5, 9o; vgl. den beleg bei Keller 6,320 oben unter l,a,
sowie den beleg bei Fbettag 8,201 unter 3;
jedoch ein löwenmuth ich bab,
und vorn sollt ihr mich sehen:
der kern springt vor, die spreu bleibt hinten.
wunitertioin 1,275 Uoxherger;
auch ohne hervorhebung dieses gegensaties: in dem nun, als
es nacht was worden, viel noch ein zai hungeriger sprüren
über die muren uss zu den iwn, die inen sagten, es wäre
getan mit irem herzogen, ässbelm ßerner cAron. 2, 298, 5;
Vaterland! ja du muszt siegen,
aller weit an ehren gleich:
lasz die spreu von daunen fliegen.
nur durch arbeit wirst du reich! Kkllir 9, 266.
b) dann auth von einielnen eigenschaflen des menschen, von
seinen schwächen, fehlem und mangeln: denn diese (letbes-
übungen) sind dem menschlichen kürper was das schwingen
dem weitzen ist; alle acheln und spreuer fliegen davon, und
das reine körn drängt sich dicht in einen hauffen zusammen.
WiELAJtD Lucian 4,345; Claudine ist nun in der arbeit, wird,
so zu sagen ganz neu ausgeführt, nnd die alte spreu meiner
existenz herausgeschwungen. GOtbe 29,142. ton der untäehtig-
keit eines ehemannes:
und kumpst vor mitternacht nimmer in das haus
und sleicbest zu den wiukelsecken naschen, . . .
und kumst dann heim und bringest ir die spreuen
und meinst, sie sulle die vreiszen keuen.
fasln, s; . 852, 28 Keller.
vgL auch 771,8 oben unter l, a.
e) von eitlen und nichtigen gedanken, worten und werken:
denn was ist keiser, bapst, könige, fürsten und alle weit
gegen gott? ... sie gehen mit stro schwanger, und werden
sprew geberen. Lutbbr 5, 5|"; der hauch pausst jnen grewiich,
als wollen sie berge geberen, das die schwulst schrecklich ist
anzusehen, und ist doch eitel stro und gut fewrwerck, und
wens geboren ist und wol ausgericht, so ists sprew. ebenda;
die rechten Christen aber werden selig, dann sie halten jr
eigne gerecbtigkeit jrer guten werck für sprewr, kol und
unflat und trachten allein darnach, wie sie die gerecbtigkeit
Christi durch den glauben erlangen mögen. Gbettbb erkl. der
epistel Pauli an die Römer (1566) GIS;
ein köpf, der von oaiur mehr spreu als grütxe führt,
und keinen edlen trieb zur wahren Weisheit spürt,
vergaflt sich, wie ein kiad, an larheo, glasi und schaleo.
GÜKTUK« &ld;
59
SPREUARTIG — SPREIIEN
SPREllER ALTER — SPREUERSPITZE
60
mit verdeutlichendem adjectiv:
deine worte, sind es keine leere spreu? Platin 293*.
mit erklärendem tusatte im genitiv: wQrlT den kropIT von dir,
den du Tol gessen liest der gersten kurner und sprüweren
der weit, und alles das dar in begrifTen ist, das ist, wQrlT
vun dir din weltliches gemOt. Keisfashebc bilgersch. 10'.
d) ton den mangeln eines kunUwerkes: Wilhelm wollte gar
Bicht hören, wenn jener {Serlo) von der absonderung der spreu
von dem weizen sprach, es ist nicht spreu und weizen durch-
einander, rief dieser, es ist ein stamm, äste, zweige, blütter,
knuspen, blQtbea und fruchte. Güthe 19, 15S. von den einem
uisienschafllichen problem noch anhaftenden irrthümern:
wo unsre seel' im körper sey?
und nie sie denkt? das mögt' ich selbst wohl wissen.
nur hat von tausend liindernissen,
ein Leibnil selbst und Newton, kaum die spreu
binweggeblasen. Göckinok 1, 172.
6) als bildlicher ausdruck der grösiten nichtachtung eines dinges:
denn es musz mit solchen gewissen glauben und vertrawcn
gebandelt werden, das wir nicht alleyn die urteyl der gantzen
well als strcw und sprew achten. Luther 8, 4S3, 13 Wcim. ausg.;
es (Jas nlhck) mag mit höchster tyranney
sich trotzig wider mich aulTblehen.
sein wüten ist mir wind und sprey.
S. DiCH im Köni(]sberger dichterkreis 04 neiiily.;
er ist kein söhn der freiheit! das Vaterland
ist spreu dem Teigeu. Stolbkdg 1,21;
was dir noch neu ist,
wird dich auch reizen;
was mir schon spreu ist.
ist dir noch neizen. Rijcekrt ofd. (1841) 317.
hierher auch die im mhd. beliebte Verstärkung der negation niht
uuib ein spriu:
nü wolte ich achten umb ein spriu
nicht M iuwer clalTen. Iroj. krit^g 12706.
tgl. J. GiiMM pramm. 3, 729 und oben das entsprechende nicht
ein kaf (kaff theil 6, 2o).
SI'KEUARTIG, adj. in der art von spreu, der spreu ähnlich.
in der botanik eine spreuartige wurzcl, eine u>uriel, welche mit
kleinen häutigen schuppen besetzt ist: spreuartig, paleaceus Nehnicb
2,830. ftbertragen: die reisebeschreibungen des Orients, deren
wir, obgleich fr«ylicb nur über die spreuartigsten reste, \iele
vortreffliche haben. Mattbisson 2,20. daiu spreuartig-
keit, f. Campe.
SI'KLL'BALEK, m. in Königsberg ein bauer, der in der stadt
spreu kauft, oft mit übler nebenbedeulung, indem von ihm anstatt
Spreu betrügerischerteeist gelreide eingesackt wird. Frischbier 2,35C'.
SI'KELHEHALTER, m., allgemeiner als spreukasten, spieu-
korb, dxvpoSoxtj. Pape griech.-deulsches wb.^ t,il[)*.
SPHEiHLATTCHEN, n., wie oben spreu 2, c, in der spräche
der bolanik tereinselnde beieichnung der bei xusammengesctUen
blumen die einielnen bluten trennenden bodenständigen blättchen,
paleae. Nemricb 2, 836. 0KEN2, 41.
SPHEUULLME, f. beieichnung einer ausländischen pßanie,
die unstrm hahnenkamme nahe verwandt ist, sich aber durch
das Vorhandensein von spreublattchen {s. das vorhergehende) von
ihm unttrscheidet , achyranihes. Nemnicb 1,40. vgl. das ent-
sprechende holt, kafbluem. ebenda.
SPREUBODEN, m. hausboden, auf welchem die spreu auf-
gehoben wird, palearium, colum. Corvinus 437', palearium Stiblei
nachsch. 29*.
SPREt'HORSTE, f. in der spräche der botanik ein spreu-
blattchen (t. oben), ähnlich einem haare oder einer börste, /imbiilla.
b»LEii 6,661.
SPBEUEL, «., t. oben spreu l,a, sp. 64.
SPREUEN, verb. spargere, dispergere, tu spreu gebildet,
mhd. ipr&uwen, «preuwen mhd. wh. 2, 2, &5l\ vgl. auch mhd.
tprcjen, verb. 621*: sprewe in {den ßsch) mit guten edelen
wurtzen . . . und tlupfe io daniie mit eime messer. quelle bei
Diir.-WOiCBiR 86u; stunden zwo halbe kugeln daran gaoz rot,
kleiner daane die rechte sonne, die fewer und blitz vun sieb
■preuetrn als tcbiisxe man. Nicrinui papist. inquisition 668;
tl$ aussprruco {vgl. Iheil 1,979): der under uns gezalt was ein
afotlei Krisli, der b&l besagten den acker von dem l&ne der
Mtheit, und irbaiigen zurei; her inittrne und alles sin ge-
demia ist &2l*spreweU mystiker t,\n,i. entsprechend der form
•prei (t. ohtn unter spreu 1, a) auch sprcien :
Jr frsuwUiD
»prail on w»ft twcig und lilUralsln.
litTüBa llnchanaHs Jephlet [Slraitb. 1609) S f.
die küele winde weient,
die under ougen spreient
den wijen und den kalten sne,
dsi tuot den unberalen we. I^artina 4t, 34.
vgl. neben ausspreuen noch bespreuen, zerspreuen.
SPHEUERALTER, n. mit beziehung auf spreu 5, 6 (jp. 58)
beieichnung des kraftlosen, schwächlichen, untüchtigen alters: man
soll jhm igott) nicht die sprewer opffern wie Cain, sondern
das schaffscbmalz wie Abel, darumb schilt s. Augustin aulT
die jungen bachen, die ihre plQsl der Jugend in aller uppig-
keyl dem teuffei opffern und das verdorret machtlosz sprewer-
aller unserm herrn gott. Garg. 273'.
SPREUERBROD, n. schlechtes brod, in das spreu mit ein-
gebacken: sprewerbrodt, grob hauszbrodt, poin pailleux, pane
pien di paglie. Hulsius (I61fi) 304*.
SPREUEKliÜLSE, f. eine mehr tautologische bildung, vielleicht
aber zur hervorhebung des vereinzelnden beisinnes: der stollz, ao
gotte und menschen ein greuel , wird auch zersteuben wie
spreuer in dem winde, weil er leichte und keine glitte fruchl
ist, dessen scbwehres körn gleichsam aus demul zur erden
füllet, da hingegen die spreuerhülsen emporscbweben will.
BuTSCHKY Pathmos 974.
SPREUERIG, adj. anstatt spreuicbt (s. unten): sprewerig, voll
sprewer, acerosus. Dastpodiüs; sprewerig oder sprewericht,
voll sprewer, plein de paille. Hulsius (1616) »04*; vgl.: das körn
ist gantz sprewerig, ce bled est plein de peille. ebenda; spreuericht
(neben si)\emchl), paglioso,puloso,loppolo. kRAMERdic<.2(i;02).8S9'.
SPRELERKAMMER, f., dasselbe wie unten spreukammer:
sprewrkamer, palearium. voc. von 1482 bei Dief. 406*. vgl. zur
bildung spreu 1, a.
SPREüERKASTEN, m., dasselbe wie unten spreukasten: ein
steig 0. sprewrkaslen, paleare vel palearium. Dief. nov. gl. 276';
eyn spre werkaste, paleatium. Dasypodius; der spreuwerkast,
palearium. Maaler 3S2', daneben noch der sprüwerkast, palea-
rium. 3S2'; (nfbfn spreukasten) spreuerkaslen, paüaio. Krambr
dict. 2 (1702), 689'. vgl. zur bildung spreu 1, a.
SPREU ERNTE, f. ernte, die nur spreu giebt, als bezeichnung
einer schlechten ernte, dxüp/uws, d//tjTÖs. Pape griech.-deut>ches
wb.^ 1,420*.
SPREL'ERSACK, m., dasselbe wie unten spreusack, sack, mit
spreu gefüllt, als sitz oder ruhelager. vgl. Heyne hausallert. 2, 61.
vilid. spriuwersac. spreuersack {neben spreusack), sacco, saecone
empita di pula, pagliariccio, pulariccio. Krämer dict. 2 (1702), 889*.
zur Wortbildung vgl. spreu l, a: es holen sie {die spreuer) die
armen leute weg und füllen sie in sacke, worauf sie schlaffen,
welche spreuersäcke davon heissen. Frisch 2,308*; noch heute
in süddeutschen mundarten: spreuersak Seiler Basier mundart
275*; spreujersak Hunziibr 24$. als aber die frau ihn fragte,
wo hast du denn das leintuch, und lag auf dem bloszcn
spreuersack, da gingen dem Dieler erst die äugen auf. Hebel
2, 143; schmelzen die spreu im spreuersack, oder ist meinem
kamcraden etwas passiert. 3, 8. zur füllung dieses als bett-
einlage dienenden sprouersackes wird einem gefallenen mädchen
spreu vor die thür getragen, um zum spott anzudeuten, dasz es
bald die wiege zurüslen müsse. Seiler a. a, o. vgl. für das zu-
grunde liegende thatsächlicht auch unten unter spreuersückleiii. im
vergleich: sey stob hin, sam ein spreuwersnk,
bis dat sey zu üertschiii kam.
WiTTKNWBILIl »»HO 17. 32.
als schelte der bauern:
und ob ir tading nicht enkiek,
so lissen wir di« spreuwersek
vechtens werden ubervol,
ob es euch gevellet wul. 47', 17.
demin. spreuersflcklein: Anneli verliesz den dienst, richtete
sich in dem kleinen hüuschen ein, machte seine kirider zu-
recht, bereitete einen korb, füllte ihn mit einem spreuer-
säcklein — das kleine deckbett lieh ihr die wittwe — und
erwartete so getrost, was der herr Ober sie verhiingen werde.
(ioTTHKLF 1, 229.
SPRELERSPEICHER, m., datulbe wie <*en spreuboden:
sprüwerspycher, palearium Maal» 381*. sttr bildung vgl.
spreu 1,(1.
SPREUERSPITZE, f. sjntze einer einzelnen getreidehülse, über-
tragen, wol entsprechend spreu 6 nur in weitner Verstärkung von
etwas ganz unbedeutendem: es ist kein zweiffel, dasz es um
einen hofmanii, welchem sein fürst sehr gewogen nicht eine
grosze berrlichkeil sei: aber das anslussen an die geringste
•preuerspilze machet dasz er auf einen beu^jehündleiii sterben
lOU». A. Grtpiioi I ( low), 407. als i^ersetzung vn dtt htrut
61
SPREUFARN — SPREUSACK
SPREUSCHUPPE — SPRICHWORT
62
Arclinus: tarnen lo incampiar in un ßlo di paglia lo fa morire
sopra un fascio di ßeno.
SPREUFARN, »n. beteichnung einer farnkrautarl, deren friicht-
häufchen mit einer borstenähnlichen spreu (vgl. auch oben spreu 2, c,
spreublättchen, n. und spreuboiste, /". sp. 59) bedeckt sind,
notochlaena. Oken 3,323.
SPREUFERKEL, n. ferktl, das nur mit spreu gefüttert wird,
ako nicht gemästet werden soll, es wird zum faseischwein
(s. theil 3, 1339) grosi gefüttert, nd. sprifarkel Frischbieb 2, 356*.
übertiagen in der redensart: he ös dem Ifiwe goltke sin spri-
farkel. ebenda.
SPREÜFRUCHT, f. entsprechend »preu 5,c von eitlem menschen-
werk: ich lebe und ir soll auch leben und darnach zusehen,
wie er (gott) mit irem strobaucli und sprewfrucht umbgehen
wird am tage seines grossen fewrs. Lutheb ö, bl', wozu die
belege aus dem sprachgebrauche Lcthebs unter spreu 5, c zu
vergleichen sind.
SPREUFUTTER, n. futter, das nur aus spreu besteht. Campe.
vgl. oben die entsprechenden bildungen spreuernte und spreufrucbt
SPREUHäFT, adj. mit spreu behaftet, selten statt spreuig,
spreuicht {s. unten): palearis, acerosus Steinbach 2,637.
SPREUHAREN, m. in einem rechnungsbucbe bei Ungeb-Kbdll
$leir. wortseh. 52S'.
SPREUHÄUFEN, m. dyiputd. Pape griech.- deutsches »6.*
1,420*. in mehr scherzhafter Übertragung, entsprechend spreu 5, c. d,
von einem häufen briefe: ich hatte schon bey einer stunde
meinen spreubaufen hin- und hergeworfelt, ehe ich das seltne
weitzenkürnchen, das mir dabey schon oft über die finger
geschlflpft war, bemerkte, ich blätterte und blätterte alle
briefe vorbey, die nicht von der königin waren, und von
denen ich doch jetzt die meisten in ihren staub zurückwerfe,
da sie schlechterdings des durcbsiebens nicht werth scheinen.
THi?»i!iEL rei<e 8, 160.
SPREUHÜLSE, f., dasselbe wie oben spreuerhülse.
SPREUICHT, adj. wie spreu beschaffen, voll spreu {vgL auch oben
spreuerig): spreuicht, ac«ra/us Stieler nacAscA. 29"; spreuicht
[neben spreuericht), paglioso, puloso, lopposo, mislo di pula o non
mondato bene da efla. Kbauer dict. 2 (1702), 8S9'; spreuicht,
aeerosus Steinbacu 2,637; spreuicht brod, pane paglioso. Kbamer
a. a. 0. eine Weiterbildung spreuecbtig hat Tabernaemont.:
ein sprewecbüger samen. krävterh. (i58S) 65S. vgl. dazu i. Grimm
gramm. 2, 3S3.
SPREUKAMMER, f. kammer, in der die spreu aufbewahrt wird,
vgl. auch oben spreuerkammer, f.: sprewkammer, paleare; locus
ubi pake in horteo (l. horreo) repununtur. Biet. 406'; sprey-
kammer, horreum aceris, palearium. Stieler 921 (vgl. zu letzterem
spreu \,a).
SPREUKASTEN, m. truhenartiger karten lum außeuahren der
spreu oder des häcksels. vgl. auch oben spreuerkasten, m.:
Spreukasten, paliaio Krameh dict. 2 (l7o2), SS9*.
SPREUKORB, m. corbis bajulatoria. Stieler 1014; ein aus
ungeschälten Weidenruten roh geflochtener groszer korb mit zwei
handhaben, er dient, die spreu von dem spreuboden herunter-
luholen. vgl. Heyne hansaltert. 2, 61: sprewe- und dragkörbe
in den hoff machen laszen. Hichelsen A/attiz^r Ao^44. viund-
arllich: spreikorb Kleemamn 21'. Jecht 106"; sbreikorb Hertel
sprachsch. 232; sbreiskorb ebenda. Salzunger wb. 44; sbraugorb
Hebtel sprachsch. 232; sprökorf Schambacb 207*. zur bezeich-
nung guten appetits: ich fress alle stären, ä janzen spreikorb
»uU kräppeln. Jecht 106*.
SPRELLAGE, f., s. uuien sprietlage.
SPREULOS, adj. übertragen entspieehend spreu 5,6;
zu ihm die herzensliebe
gab mir die sichtung ein: doch, allen ungleich,
schuf euch der blmmel spreulos.
Shakespeare Cymbeline 1, 7,
SPREURAUM, m. wol als bezeichnung des theiles der ttnne,
auf dem sich beim getreideworfeln die spreu ansammelt, als freie
Übersetzung von d^v^utd. Ilias 5, 502:
wie der wind die spreu auf heiliger tenne zerwehet,
wahrend die männer worfeln, zur zeit, da die goldne Demeter
unter dem hauch des windes die spreu absooaeri vom körne;
weisziich bestaubt erscheint der spreiiraum. Börgei 227*.
SPRELREGEN, m. ein ganz feiner regen. Campe; wol anstatt
•t>rübregen (s. unten), vgl. spräen, verb. tftWi 10, 1, 2792 «nd
•preheln, terb. theil 10, l, 2797.
SI'REUSACK, m. sack, mit spreu gefüllt; wie oben spreuer-
sack: spreusack (neben spreuersack), tacco, saccone empüo di
puln pagliariccio, puloriecio. Kramer diet. 2(1702), 8i>9'. als mensch-
liches lager (vgl. auch oben spreuersack): in ihrem sprüwe-
sack fanden sich viele hundert gülden solch entwendeten
geldes. Leoprecbting aus dem Lechrain 112; die ofenbank ist
eine hölzerne bank mit kopfgestell, letzteres faullenzer ge-
nannt, auf eiuer seile des ofens; bat sie noch einen sprüwe-
sack und federkissen. heiszt sie gautschen. 220.
SPREUSCHUPPE, f. in der spräche der botanik bezeichnung
der spreuartigen Schüppchen, welche in der nähe der knospen sich
befinden, ramentum. Rehlen 5,267. vgl. oben btldungen wie
spreublättchen, n., spreuborste, f.
SPREUSTAUB, ni. staubartige spreu; jene feinste spreu, welche
mittelst kornfege von dem getraide abgesondert wird. Adelung.
SPREUSTEIN, m. bezeichnung eines minerals, dessen einzelne
haarförmigen theilchen ähnlich der spreu an einer ähre gelagert
sind, acerosus lapis. Nemnich 1,30; als bezeichnung des natrolith.
Karmarsch-Heeben' 6,314. vgl. die entsprechende holl. bildung
kafsteen. Nemnich a. a. o. und die auf derselben vergleichung
beruhende benennung ährenstein. Jacobsson 5, 27*.
SPREUTENNE, f übertragen: es ist ein abgeschmackter
Wahn unsres lustrums, dasz die bibel eine spreutenne kahler
moralen und trockner akroame seyn müsse; weder die natur,
noch sie selbst hat den wabn genehmigt. Herder 8, 543 Suphan.
SPREUWERK, n. übertragen entsprechend spreu 5, e(sp. 5S):
hiemit stosset dieser vers die losen faulen rechte der menschen,
als der klöster und stiffte mit jren spinweb und sprewwerck,
das ist mit jren regeln und Statuten. Luther 5, 210*.
SPRICHWORT, n., proverbium, adagium, sententia. J. Gbimh
gramm. 2, 679 dachte an einen engsten Zusammenhang mit
sprechen, verb. und glaubte Sprichwort entstellt aus sprechwort,
andere, wie s. b. WACKEBWACtL in Hacpts xeilsehr. 8,378 und
Weigahd* 2,779 wiesen auf das nur aller dir -s ganz vereinzelt
vorkommende spriche {so Windberger psaJm«» 113, 22) hin und
faszten Sprichwort als eine tautologische Zusammensetzung also,
^ein wort, das viel gesprochen wird' (besser noch als die erkldrung
'gesprochenes wort'. Kluge etym. wb.^ 373'), eine ansieht, die vieles
für sich hat. vgl. noch nd. sprik brem. wb, 4,972: he het kien
sprik, ei- spricht kein wort, ebenda, in der älteren spräche
herrscht ausschlieszlich die form Sprichwort: mhd. Sprichwort,
frühnhd. webart vel Sprichwort, proverbium. Dief. 46>i' ; sprich-,
spriechwort, proverbium. ebenda; spräche, bey sprach, Sprich-
wort, preambulum. 451*; eyn schmitzwort, Sprichwort, dic<eri«m.
Dasvpoüiüs. (entsprechend nd. bi- vel sprecwor, proverbium.
Dief. 4üS'. auch die dem verb. sprechen angeglichene form geht
wol auf niederd. Ursprung zurück: sprechwort, proverbium. ebenda,
in heutiger mundart sprekwort. Danneil 205*; sprekwörd ten
DooRNSAAT Koolman 3, 28S* ; clev. spreckwoirt Weigand* 2,779;
dagegen sprikkwoord Dähnebt 454*.) schon früh empfand man
in dem ersten compositionsgliede einen Zusammenhang mit spruch
und schrieb entsprechend sprüchwort: sprüchworl, proverbium,
dictum verbum adagium. Maaleb 382*, proverbium Stieler 2579,
proverbio, adagio, detto proverbiale o proverbioso. Kbambr diet.
2 (1702), SSI*, ja vereinzelt erscheint sogar sprüchwort: man
spricht ion einem gemeinenn sprüchwort: lasz den wyssen
faren und sag im nüt. Morgant der riese 289, 25. vielleicht ver-
anlaszte die reichliehe Verwendung des Sprichwortes im recht
(häufig wurde die eigentliche rechtsentscheidung in ihm nieder-
gelegt, vgl.: wan du zu recht stellest, so mustu einen mann
iieyschen allzeytt, so gybt dir der vogt einen, darnach heische
noch einen zur besserung, so gybt er dir einen zur besserung.
wan derselben menner uffgestanden, so sage inen, worauff
deyne sache stehet, und wan du kanst eyn Sprichwort an-
hengen, so thu es, dan nach sprichwortten pOegen die bauren
gerne zu sprechen, handschr. quelle bei Haltads 17lu) diese volks-
elymologische umdeutung des Wortes (vgL unten spruch, m. [in der
rechtssprache] , Spruchbrief, m. , spruchsprecher, m. u. s. v.);
so versucht Haltaus selbst diese form aufzustellen: sprucbwOrter,
adagia, sententiae notae et celebres . . . facilius animo haerent et vel
morum vel juris sunt regula. . . . nimirum quod proverbio dicitur
id etiam jure fieri putatur. a. a. o. auch Campk sucht sprüch-
wort noch zu vertheidigen. daneben ist aber die form Sprichwort
von einem theile der lexicographen als die allein berechtigte immer
wieder verzeichnet worden, neben den schon oben angeführten
älteren belegen vgl. noch Sprichwort, un proverbe, mot. HuLSius
(1016)304*; Sprichwort, proverbio, motto. (1618)236*; Sprich-
wörter, proverbia Cohbnius 753; ein Sprichwort, adagtum.
CoRvi.Nus 28*; Sprichwort, proverbium Fbisch 308* und auch heule
noch ist es die mit recht gebräuchliche form, in der declination
steht der plur. Sprichwörter als der gewöhnliche nebe't dem seltneren
63
SPRICHWORT
SPRICHWORT
64
die sprich woric (so bei Göthb, s. den beUg unten unter 2, über
du damit verbundene bedeutungsverschiedenheit vgl. unten wort, n.).
1) in allgemeinerer bedeutung von jeder festgepragten Wendung,
redensart v. s. r. , vor allem ohne Hervorhebung des lehrhaften
moments, das geradezu fehlen kann.
a) geßiigeltes »ort, das sich weithin verbreitet: dagegen aber
schreiet gottes volck, die Juden Messestu diesen los, so bislu
des keisers freund nicht.* das mag ein gemein Sprichwort
sein. LoTHER 18, 367,2S Weim. ausg.; und des herrn wort ge-
schach lu mir, und sprach: 'du nienschenkind, was habt jr
für ein Sprichwort im lande Israel? und sprecht, weil sichs
so lange terieucht, so wird nu fort nichls aus der Weissagung.'
Hesek, 11,22; was treibt jr unter euch im lande Israel dis
Sprichwort und sprecht? die veler haben heerlinge gessen,
aber den kindern sind die zeene davon stunipfl" worden. 18, 2;
so war als ich lebe spricht der herr herr, solch Sprichwort sol
nicht mehr unter euch gehen in Israel. 3; da jn aber sahen
alle, die jn rorhin gekand halten, das er mit den prophelen
weissagetet, sprachen sie alle unternander, was ist dem son
Kis geschehen? ist Saul auch unter den propheten? ... da
her ist das Sprichwort komen: ist Siiul auch unter den pro-
pheten? 1 Sam. 10, 12; 'stecke dein schwerd in die scheide' ...
CS sol ein Sprichwort sein wider alles, so man one befelh zu
thun sich unterstehet wenn ein priesler sich unterstehet zu
predigen, da er weder beruff noch befelh hat, da heissts:
stecke dein schwerd in die scheide. Ldthe« 28, 253, 10 Weim.
ausg.; so wirstu ein solch Sprichwort füren wider den könig
zu Babel und sagen, wie ists mit dem treiber so gar aus,
und der zins hat ein ende? Jes. 14,4; etliche, die das ablas
untücht erkenneten, und doch dem sündeler zu Rom nicht
thürsten widerstreiten, haben ein Sprichwort gehabt und ge-
sagt, das ablas sey ein göttlich betriegen. Luther 1,420'; denn
es wurde zu einem Sprichwort in Griechenland, demjenigen,
dem man das ärgste an den hals wünschen wollte, einen
prozesz in Abdera zu wünschen. Wieland 19,209 [Abderiten 2,4).
mit etnem tum schein lehrhaften inhalt: si wis in mundo esse,
lern das Sprichwort: Barrabas sol los werden. Ldtber 28,329,1
Weim. ausg.
fr) bei einer einulnen person als angewöhnte redensart: von
denen, so sich unwissend eigene Sprichwörter angewehnen,
und was sich deszwegen oft für lächerliche schick zutragen.
SimpJ. 1104 Keller; eine histori von einen baucrn, der ebenmöszig
ein dergleichen Sprichwort an sich gehabt. 1105, 51; zu unsern
Zeilen braucht ein fürst gar höflich des fuchs Sprichworts
zum hann, da man von grossem friede schneiden wolle, es
mag wol ein landfried angestellel seyn, er ist aber noch nicht
jedermann verkündiget. Scbdppids 832;
viel lausend und mehr spricbwörter kau man hören;
man inusz sich aber nicht im minsten daran kehren,
greifTt man sie etwan an: 'er mag sich nicht so grün,
(sagt sie) sonst möchten ihn die xeugen zu sich liehn'.
und viel Sprichwörter mehr. Racubl sat. gfd. 118,
dethalb: voll sprüchwörler, prorerfrioso. Kraiier dtc(.2(1702),88l'.
vgl. noch: h6 het dal so to 'n sprekw6rd. ten Doorniaat
KooLüAH 8,288*. nicht ausgeschlossen ist, dasi sich mehr oder
weniger die bedeutung von Sprichwort 2 in solchen Wendungen
einstellen kann. vgU: wie ain alter erlicher man zu Mösskirch,
genannt Conrad! Burger, ain sprüchwort het: user hast macht
man bafensail, was ain karger erspart, wurt aim geuder zu
tail. Zimm. chron.* 2, 545, 11 ; mit der lust gehts bey mir wie
der fraw von Rotzenbaussen Sprichwort: esz geht klein her,
wie der wolff sprach, so (er) schnacken frasz. Ei.isabbtb
CiARLOTTE 3,644 Holland.
e) in einer Verstärkung des begriffet ^eigentümliche redensart'
ertcJieinl es vereinuU als 'Wahlspruch', so: eine fromme Jungfrau
pflegte lag und nacht in ihrem kämmerlein zu bellen, und
diente die Obrige zeit den armen, diese hatte ein Sprichwort,
tagend in allen begebenheilen zu gotl: mein will, dein will.
dein will, mein will. Harsdörffer mordgesch. 'ii.
d) auch tonst von Wendungen in fester prdgung : er bat gell
in ein welzitein vernebel, den hat im ein hund hin. er sucht
das fenshörnlin. die letzten ■prichwOrter braucht man auch
wider die etwas luchen und irr gehen, aber ein anders för-
weodea. Francr tprtehw. l, 4'; sie sab alle bedeutung der
nusz in gettall und Wirkung, ja bis io die sprichworte von
dieaer frucht: kopfnüsxe gebeo, eine nutz mit einem zu
knacken haben u. t.w. Brkiitaiio 4, SM; die frau wurde geizig
über die maizto. ein ipricbworl giDg beim volk, tie tinge
der benoe Umt ei. M.nu^ erulhlungen 32;
butterbrot bedeutet ein paar kramsvögel und drosseln,
etwa mit apfelmus; nach dem Sprichwort nuisz es dabei sein.
Voss 1, 124 (/.m'sc A, 45).
doch die Übergänge von hier tu der engeren bedeutung unter 2
ttnd nicht immer genau zu bestimmen, vgl. i. b.: auf einen
groben klotz gebort ein grober keil; dies Sprichwort ist für
die naturlehre gemaclit, denn sie soll ja hier durch den ver-
stand gespalten werden. NovAtis 3,72 Meiszner.
e) bisweilen in der bedeutung von 'gleichnis'. alt mittel
evangelischer Verkündigung: solchs hal> ich tu euch durch
Sprichwort geredt, es kompt aber die zeit, das ich nicht
mehr durch Sprichwort mit euch reden werde, sondern euch
frey heraus verkündigen von meinem vater. Joh. 16,25, vgl.
haec in proverbiit loeutus sum vobi^. vulg.; ich bin vom vater
ausgegangen und komen in die well ... sprechen lu ihm seine
jünger, sihe nun redestu frey heraus, und sagest kein Sprich-
wort (et proverbium nullum dicis). 29.
ß gern in Wendungen wie ein Sprichwort machen, die nur
hier möglich sind und ein untei scheidendes merkmal gegenüber
der Verwendung unter 2 abgeben: gleich als wenn ich in deudscher
spräche aus dem wort 'galgen' oder 'am galgen hangen' wolle
ein Sprichwort machen und spreche: meine erbeit, armut,
schände, kranckheit thut mir wol so wehe, als helle ich am
galgen oder am creulze gehangen, da würde aus der marter
ein Sprichwort und hiesse galgen oder creutz eines jglichen
unfal und unglück , übel und leiden. Luther 28, 384, 20. 24
Weim. ausg.; ytzt ists genug soviel davon, das die christliche
gemeyne der art ist, das sie nicht eytel heiligen hat, davon
ich offt gesagt habe, und were gut, das man ein Sprichwort
daraus machte, denen zu antworten, so sich an unser
schwacheit ergern, imd sagte: hat doch der käste Noah beyde
unreine und reine ihier haben müssen. 21, 177,5; doch habens
illiche besonnen und aus eigener erfarung inne worden, das
sie ein fein edel Sprichwort drauff gemacht haben und gesagt,
früe auffstehen und früe freien, das sol niemand gerewen.
2,172'; denn sie zu Rom kein gut exempel, sondern eitel
ergernis sehen, und wie sie selbs ein Sprichwort gemacht
haben, je nehcr Rom, je erger Christen. l,30l'; seltener dafür
ein Sprichwort erdichten: der teufel hat solchs auffbracht,
und solche verfluchte Sprichwort erlicblet: es mus einmal
genarret sein, wers nicht thut in der jugent, der ihuts im
aller. 2, 172', wo der nebensinn des trügerischen, lügenhaften ge-
weckt werden soll.
g) von einem (oder auf einen) ein Sprichwort machen, ihn int
gerede bringen, tumeist mit weiterem beisinn des spöttischen,
höhnenden: was gilts aber? dieselbigen alle werden einen
Spruch von jm machen und eine sage und Sprichwort, und
werden sagen: weh dem, der sein gut mehret mit frembden
gut, wie lange wirds weren? Habakuk 3,6;
die, denen weder du, noch deine warheit kund ohn allen grund
ein beyspii)!, ein Sprichwort und bossen von uns machen.
WüCKaiRLiN (l(j48) 164.
vgl. noch: so viel der streit fehrlicher ist und sawrer wird,
je lieblicher und frölicher der sieg und die ausbeute isl, . . .
da ist spott und Sprichwort von den feinden und ist dat land
freuden vol. Luther 3,176';
wir tugen uichti baidniscber örter
als nur für yres hons Sprichwörter.
Mklissus /<5ii/m 44, im
(dafür in der prosa: dfl hast uns gemacht z&m beispiel Anter
den haiden).
h) dann geradesu 'abschreckendes beispiel, exempel' u. i. w.
häufig in Verbindung mit entsprechenden ausdrücken zum Sprich-
wort setzen, geben; er hat mich zum Sprichwort unter den
Icuten gesetzt und mus ein wunder unter jnen sein (potuit
me quasi in proverbium vulgi). Hiob 17,6; und dis haus, das
ich meinem namcn gehfiliget habe, werde ich von meinem
angesicht werfl'en, und werde es zum sprichworl geben und
zur fabel unter allen völckern (et tradam tarn in f>arabolam et |
in exemplum. ruiyata). 2 cAron. 7,11. don» liucA zu einem sprich- '
Wort werden: und Israhcl wird zu einem Sprichwort und zu
einer spollrede allem volk. bibel von 14S3, i kOn. u, 7; und wil
mein angesicht wider den seidigen setzen, das tie »ollen wüst
und zum zeichen und »prichwort werden, und wil sie aus
iiieiiiiMn volck rotten [et fuciam eum in exemplum et in pro-
verbium). Uetek. 14, H; ich wil jnen unglück zufügen, und in
keinem kuuigreich hwfi erden bleiben lassen, das tie tollen l
zu schänden werden, zum tprichwort, zur fabel und zum
fluch an allen orlen, dahin ich tie verttotien werde. Urem.
65
SPRICHWORT
SPRICHWORT
66
24. 9; da er . . . nun mehr mit spott und bon iedermans in
seinen alten tagen betteln muszte, sprach er die leut also
omb ein almiisen an: gebt umb gotteswillen einem armen,
verdorbnen kauffniann. der sieb und die zeit verrechnet hat.
ward darmit mennigklichs Sprichwort und lecherey. Kirchhof
wendunm. 1, 267 Osterley; zu einem sprüchwort werden, andar'
in proterbio {abire in prorerbium). Kbaher dict. 2 (1702), 88l'; er
ist (andern) lum Sprichwort geworden, cessit in proterbium.
Wabde« 4,746; wenn ich ihn {den Malvolio) nicht so foppe,
dasz er zum Sprichwort und zuni allgemeinen gelächter wird,
so glaubt nur dasz ich nicht gescheidt genug bin, um grade
im bette zu liegen. Shakespeare 4. 27 {der heihge dreikönigs-
abend 2, 3). selten dafür auch: in ein gemein sprüchwort
kommen sein, in proveibium usque celebrari. Maaler 3S2°. in
der Wendung ein Sprichwort sein: und Israel wird ein Sprich-
wort und fabel sein unter allen vülckern (eritque Israel in pro-
rerbium et in fabulam cunctis populis). l kün. 9, 7 ; und wirst
ein schewsal, und ein Sprichwort und spot sein unter allen
völckern, da dich der herr hingetrieben hat (et eris perditus
in proverbium ac fabulam). 5 Mos. 2S, 37 (auf diesen fast aus-
sehliesilieh biblischen gebrauch geht uol zurück: nun bin ich das
Sprichwort der weit, das gelächter der thoren. der spott des
Volkes. TiECK 3,9. vgl. auch oben unter zum Sprichwort werden
den beleg); solt einer doch lieber ein schinder sein den ein
grosser reicher pfaff, der yedermans gecze und Sprichwort sein
muste. LcTHER 19,275,6 Weim. ausg.; das den Juden sol so
wol gehen, das alle beiden ... sagen: 'gott gebe, das dies
so wol gehe als den Juden' und also ein gut seliges Sprich-
wort von yhn aus kome, gleich wie zu vor, da sie verstüret
worden, sie ein böse exempel und Sprichwort waren. 23,603,6.7.
t) ohne diesen tadelnden beisinn ein gegenständ wird zum
Sprichwort, tcird leutekundig, kommt als berühmt, vorbildlich
«. s, «. in der menschen mund: ihr gemahl war offizier von
der garde: sein feiner wuchs zeichnete ihn unter dem corps
aus, und das feuer, das seine äugen hatten, war bej meinen
Schwestern ein Sprichwort. Chr. L. Hekne Antonie (eriähL des
\S.jahrh. 24, 2S);
sie schworen sich den todesbund,
und ihrer beide Hebe wart im land umher
zum Sprichwort. Wiblasd 18, 33 (Geron der adliche);
vgl.: das ist ein Sprichwort worden, hoc proverbii locum obtinet.
Frisch 2, 30S'.
2) in verengerter bedeutung eine formelhafte Wendung in gleichnis-
artiger form, die ohne ausgesprochenen lehrhaften ton doch lehr-
hafte Wirkung ertielt: Sprichwörter, schöne, weise herrliche
clugreden und hoffsprüch, darinnen der alten und nach-
komuienen aller nationen unnd sprachen grüste vernunfft und
kliigheyt. Fianck sprichw. (1641) titel; bey den alten ist und
heyszt Sprichwort ein kurtze weise kl&gred, die summ eines
gantzen handeis, gesatz odder langen sententz als der kern
in ein engs sprüclilin und verborgen griflin gefaszt, da mehr
etwa anders verstanden dann geredt wirt. vorrede 4'; und ist
bei allen nntionen und zungen die gröszt weiszheyt aller
weisen in solich hoffred und abgekürtzte Sprichwörter ... als
in einen verschlossen kästen alle irrdische und ewige weiszheyt
eingelegt, ebenda; tu form und inhalt vgl.: aber die rechten
natürlichen Sprichwörter sind abkürtzt und seltzain gefunden,
mit einer figur und tropo in ein summ begriffen, ebenda; das
echte volksinässige Sprichwort enthält keine absichtliche lehre,
es ist nicht der ertrag einsamer betrachtung, sondern in ihm
bricht eine längst empfundene wabibeit blitzartig hervor und
findet den höheren ausdruck von selbst. \V. Grimm kl. sehr.
4,22; diese erhebung des gedankens in eine reinere luft sichert
dem Sprichwort innern gehalt, weite Verbreitung und gellung
durch Jahrhunderte, ebenda; die natur des Sprichworts ver-
langt stätigkeit der form, ohne welche es sich selbst aufgeben
würde. 2,464; hierher auch das Sprichwort: jedes Sprichwort
musz einen zipfel haben, wo maus anfaszt. Wanuer 4, 746.
es begreift eine hauptsächliche gattung der rolk.<:poesie : denn da
Sprüchworte und denkreime vom volke ausgehn, welches, weil
es gehorchen musz, doch wenigstens gern reden mag, die
oberen dagegen durch die that sich zu entschädigen wissen.
GüTHB 26,323; allein es sind (Freidanks sprüche) nicht aus-
spräche individueller betrachtung, sondern die ausfüllung des
Werkes besteht grossentheils aus den dem ganzen volke zu-
gehörigen Sprichwörtern, die frisch und lebendig, frei und
geistreich, häutig mit anmuth und zieriicbkeit ausgedrückt
werden. W.Grimm Ai. sehr. 3, 451; vgl: Sprichwörter sind die
X. 2
Weisheit auf der gassc. Wasder 4,746. besonders reichlich hei
uns Deutschen ausgebildet, ohne anderen nationen jedoch zu fehlen:
wenn der Deutsche einen gedanken aussprethen wollte, so
erfand er ihn in ein bild gehüllt, die für alle zeit geltende
Wahrheit drückte er aus wie einen Vorgang, den er aus der
Vergangenheit berichtete; wenn er eine lebenserfahrung in
Worte fassen wollte, erschien sie als Sprichwort. Frevtag
17,296; wie jede grosze empündung des Deutschen darnach
ringt, sich im bilde darzustellen, und wie lehre und grundsatz
ihm in form eines Sprichworts erscheinen, so ist auch alle
bedeutsame that an vorgeschriebene worte, geberde, sinnbild-
liche handlungen gebunden. 413: schon weise sprichworte,
kluge lebensregeln übten besonderen einflusz auf das leben
dessen, der sie gebrauchte; man konnte sie kaufen und wieder
an andere abgeben. 20, 73. über sein alter (vgl. auch unter 2, b):
bei uns zeigt sich das Sprichwort schon in frühster zeit, aber
ich glaube, dasz es erst bei freierer beweglichkeit des geistes
zur eigentlichen ausbildung gelangte. W. Grimm kl. sehr. 4, 22.
seinen reichthum betreffend: alle Sprichwörter aufzuschreiben ist
so wenig möglich als die sterne zu zählen oder die see aus-
zuschöpfen. Simroci deutsche rolksb. 5, rorr. 4.
a) mit einer weiteren aus dem vorhergehenden entspringenden
bestimmung. ein gemeines, allgemein bekannntes Sprichwort:
eyn gemeyn Sprichwort, adagium, proverbium. Dastpodids; es
ist ein gemein sprüchwort, tritum in sermone proverbium,
Maaler 382'; ein gemeines, allgemeines sprüchwort, proverbio
commune. Krämer die/. 2 (1702), 881* ; man spricht in einem
gemeinen spruchwortt, man solle einem berüefften fyend nüt
zevyl vertruwen. Morgant der riese 306, tS; diser antwurt lachten
Eumicus und alle gesellen und merckten das er seine schuld
mit gleicher müntz wolle bezalen, nach gemeinem Sprich-
wort: ein gevatterschaft über den zäun, die ander herwider.
VVacrernagel lesebuch 1, 1059, 3; vgU: das sprüchwort, gemeine
sag, proverbium, dictum, verbum, adagium. .Maaler 3S2'; dafür
auch : das bei unsern deutschen dichtem des mittelallers
gangbare Sprichwort. J. Grimm kl. sehr. 5, 139.
ein altes Sprichwort: ein oldt sprickwordt. fastn. sp. Uli
Keller; gleychs zu gleyche, nach dem alten sprüchwort, gsellet
sich gern, par pari gaudet. Maaler 382'; es ist ein alt Sprich-
wort, hungern und harren macht ungedultig. Corvinds 28';
nach dem allen Sprichwort, veteri proverbio. Frisch 2,308';
grosze tyranney, wüst, wildt und seltzam row leben der
obern hat das alte Sprichwort selbst erweckt, das da sagt,
ein fürst sey so seltzam im hiramel, als wildpreth in eins
armen manns küchen. KtRCEBor wendunm. \ , %h Osterley ; hoirt
eins myne gue kerspelslue, 't is eyn ault spreckwaurt, men
mot winkup hebbeii, al scholmen braut bidden un verkaupen
de korsten. niederd. bauernkomödien 44 Jellinghaut;
man werdit houbtsiech
vil dicke von bosir geselschaTt,
dit ist ein aldis Sprichwort.
riilerspiegel 134 Barltdi;
ist ein altes Sprichwort,
als ir dicke baut gehört,
schade der hei gerne spot. Martina 63,89;
waoD uns ein altes Sprichwort seit:
der müssiggaiig vil unrats gelt.
(I. Sachs 21, 142,28 Keller-Gdttei
sogar: jr wiszt ein uralt Sprichwort ist,
so näher Rom, so böser Christ.
Wicksam »it reitend pilger 82'.
beide bestimmungen neben einander: ein alts und gemeins sprüch-
wort, bey den alten fast im brauch und Übung, contritum
vetuslate proverbium. Maaler 382*.
ein wahres Sprichwort : dag sprüchwort Ist wol war, das
sagt, das niemniand bösser ist dann ein pur, wenn er rych
wirl. Morgant der riese 212, 11 ; es ist jnen widerfaren das wäre
Sprichwort, der hund frisset wider was er gespeiet hat. i Petr.
2,22; denn war ist das Sprichwort, gedanckcn sind zollfrey.
Luther 2, 198'; denn war ist das Sprichwort, was hundert jar
unrecht gewesen ist, ward nie kein stunde recht. 2, 150'; das
ja das Sprichwort war bliebe, grosse diebe beugen die kleinen
diebe. 2,490*; weil auch ein wahrsagendes Sprichwort kinder
mit einer gewiszen reihe von lesern als brüder paart, die
ich aus Wohlstand oder furcht des höllischen feuers nicht
namhaft machen kann. Hamann 2,491; vgl.: es ist auch under
allen leeren, nienschenurteylen und sententzen nicht warers
noch gewissers dan die Sprichwörter, welche die erfarung
gelert, auch die natur und vernunfft in aller menschen hertz
67
SPRICHWORT
SPRICHWORT
68
und mund geschriben und gelegt hat. FtAiiCK tpriehw. l(l54l),4'
v«nede, und das sprichworl:
•prichwort,
wahr wort. Sihrock 9779.
aueh tonst in entsprechenden uendungen : ich beflnde das «prich-
wort warbafflig, das verzweifeln macht das mehrer teil roOnch
und pfaffen. Lutbbr i, 3tS';
(lö wart diu w&rhelt wol schin
des Sprichwortes, dat du gibt,
dai schulde ligen und rülen nibu
GoTira. T. Straszbdrs Tristan 5M1 ;
er könnt ihn nur ein jähr behalten und sah noch zu rechter
zeit die Wahrheit des Sprichworts ein: wer will, dasi es ihm
ling, schau selber zu seinem ding. Brärrr der arme mann
im Tockrnburg IS, denn ein Sprichwort trügt nicht, der himmei
fällt nicht, bochmulh währt nicht. Wander 4,746;
kein Sprichwort lügt,
•ein sinn nur trügt, ebenda;
das Sprichwort selten thut betrügen
der Tiel schwAtxet, thiil viel lüeen.
quelle hri Wai«>kr ♦, 744.
() seine xugeköngkeit (als litterarische galtung) lur pofsit eines
Volkes wird durch entsprechenden jusatt hervorgehoben, am deut-
lichsten in dem titel einer entsprechenden Sammlung wie: syben-
huodert und fiinfflzig teutscher Sprichwörter, verneüwerl und
gebessert. Joban Agricola, Hagenau Ihit. hierher jedoch auch:
sihe da wie der weise könig in der heiligen scbrilTt so hart
und hefitig verbeut, für andere bürge zu werden, auch
stimmet mit jm das deudscbe Sprichwort , bürgen sol man
würgen. Luther 2,483'; aber, wie das teulsche Sprichwort
sagt : 'gleich und gleich geselt sich gern' sprach der tenffel
zum kollenbrenner. EiisABttH Cbari.otte 3, 557 //olland; frey-
lich rousz man hir gedult haben, undt wie das teutsche
Sprichwort sagt: gedult überwindt butteimilch. 358, denn wir
Deutschen haben viel grobe Sprichwörter, aber gute meinungen.
SiiEoct9'S0; wir haben viel grobe Sprichwörter, aber gute
meinung. Wakder 4, 746. auch als eigenthum anderer Völker
heseichnet. bulländisches Sprichwort: wann er sein gebet ge-
tban hatte, und keine assislentz von andern sähe, pflage dieses
holländische Sprichwort zu brauchen : laet loopen. Schdppids
612; weUcbes Sprichwort: französisches Sprichwort: es ist
auch ein welsch Sprichwort: wirstu melonen zu viel fressea,
so wirstu auch bald die kernen müssen essen, dann in hitzigen
fiebern braucht man die milch von den zerstossenen kernen
zur speisz oder tranck. Taberi«aemo!«t. 859C; man kan vom
kOnig Görgen sagen, wie das frantzösische sprichwordt: 'il
eograisse de mal avoir'. Ei.isabgtb Cbarlotte 3, 677 Holland;
9gl.: die Italiüner pOegen in dem sprüchworte zu sagen, das
die frohmen und schönen weiber der äugen paradeis, die
bösen und ungestallen eine hölle des gemüttes, beyderley
aber ein fegefeuer des beuleis zu seyn pflegen. Botscbky
Pathmos 129.
c) Sprichwort als subject in verbalen Wendungen: wie das
•prüchworl sagt, eome dice proverbio. Krahei dict. 2(1702>, 88l';
wie das Sprichwort sagt: 'mit eszich fengt man keine mucken'.
ELitARETB Cbarlotte 3, 43 f/oliantf ; und das sprichworl sagt:
bohre das bret, wo es am dünnsten ist. Lbssinc 7,208; notb
bricht eisen, wie das sprOchwort sagt. Schiller 3, &42;
ick weet wol wat dat sprickwort secbt,
wol iynem prester unrecht techt . . .
ok UDwaer secht sjorn advocat,
de bringt sik lülTst lu noth und schad.
HoLLONioi tomiiium vitae humanae 069;
tchon mhd.: diu berxelAse blintheit
von der ein Sprichwort dl seit:
diu blintheit der minnen
diu blendet 0(e und innen,
sie blendet ou^en unrie sin.
GoTTri. V. STRAstauR» Tristan 17744;
ioA W itr reiehthum entsprechender Wendungen grösser, vfL:
■Is ein warlicbez Sprichwort gibt:
'diu niBDegsB mToae sinnet.
diu Ist manegem uDgemlnnal'. 18046;
•Is dai all« sprlcbwon sprlcbet: sweo der woir riebet,
iar Ist «rrocbeo als4 wol, dat nanj niht TOrbat rechen sol.
•In dinc »il dicke ergit, *'*'* "*•'
das diu sprichworl iprechenlt
swat dl« llui« ab f«bracb«ot
•l«aw«DDC mit üoreht.
dai •• mit luat wiri gespabl. kröne 30249 Scholl.
mit hervorhebung des in ihm beruhenden lehrhaften: kein böses
bleibt ungestraffet, wie auch das sprichworl leret, wo mensch
nicht straffet, da straffet gott. Lutber 1, 4to';
das ah sprichworl gut kundschalTl git:
mit schweigen verredt man sich niu
H. Sachs 21, 115, 13 Keller-Gitte.
in intransitiven Wendungen: wie das sprQchwort laut, come dice
le proverbio. Kramer diel. 2 (1702), 881*; aber die hohe not
zwinget mich, das ich gans, wie das sprichworl laut, unter
den schwanen scbnatlern musz. Luther 1,57';
wie denn lautet das alt Sprichwort:
ein lantzkiiecht und ain taistes schwein,
die Solen alle leit toI sein.
H. Sacis fabeln 1, 385 Gölte;
vgl. die substantiiisehe fügung: da; der alten rechten teutschen
componisten liedlin, so schier (wann ichs sagen dürift, nach
laut des Sprichworts) noch an besten sein, sampt Iren meistern
. . . vergessen. G. Forster liedlein torr. i (neudr. 3). lu er-
wähnen sind noch: es gehl ein sprichworl unter uns. Wander
4,746; es gehet hie das sprichworl, wer des fewers haben
wil, mus den rauch auch leiden. Luther 2,169'; r;L.' das
gmein sprichworl . . . das allenthalben ynn der well gehet.
16, 522, 9 Weim. ausg. dafür auch: und ist unter jnen ein sprich-
worl: keusche pfaffen sind dem bischoff nicht zutreglich. 2,137';
in den schulen ist ein altes sprichworl. Schuppius 753; ohne
solchen localen jitsatz: darumb ist ein Sprichwort, welchs wol
werd were mit gold zu schreiben, das da sagt, widerschlagen
macht hadder. Luther 2, 361*. mit rücksicht auf eine beschrankte
anwendbarkeit: alle sprichwörlter treffen nicht allezeit ein.
Elisabeth Cbabi.otte 3, 677 Holland; 'sie schielen', lachte der
alte, 'das sprichworl gilt, je gröszer ein könig, um so wilder
die flöhe in der Schlafdecke, die er dem zugewanderten gast
breitet.' Frettag 8, 118; sein Sprichwort: 'allerlei gemenschel'
kommt in glorreiche anwcndung. Gutzkow n((er vom ;m(c9,223;
doch dünkt mich, paszt das sprüchwort hier:
vom pferde sich auf einen esel setzen.
GöKiiiGK 1, 125;
die Spruch Wörter treffen ein, i proverbi non fallano. Krämer
dtc(. 2(l'02),88l'. mit rücksicht auf seine entstehung und herkunfl:
davon ist das sprichworl, ex hee proverbium ; unde proverbium
natum. Friscb 2,308'; wenn gott durch mittel der creaturn
wirckt, so sihet man öffentlich, wo gewalt oder schweche
sey, daher das sprichworl kompt, gott hiifft dem sterckesten.
Luther 1,493'; und sihest doch, das dem ungerechten nach
allem seinen mutwillen gehet, das ein sprichworl hieraus
geflossen ist, je gröszer scbalck, je besser glück. 529'; wie
von der well ein Sprichwort ist worden, das man sagt, die
well ist untrew vol. 2,338'; wovon das sprichworl entstanden.
Fleming teutscher jdger 107'.
d) sprichworl als weitest gefasites object in verbalen Wendungen.
ein sprichworl führen, haben: da ich jung war, füret man
in der schulen ejn sprichworl 'non minus est negligere scho-
larem quam corrumpere virginem'. Luther 15,33,9 Weim. ausg.;
diu lute hant ein sprichworl:
an dem ende wirt uekort.
nie der mensche hat gelebt. Martina 23*, 37;
ein Sprichwort sagen:
disz Sprichwort man zu den thut sagen,
die gar ein schweres creutz thun tragen
und immerdar gedencken dran,
aich auch nicht wollen trösten lau,
den sol man dieses sprichworl sagen:
sie sollens aus dem sinne schlagen. EvRaiNc 1, 142;
daßr aueh in einem Sprichwort sprechen, sagen: man spricht
inn einem gemeinen sprüchwort, es werd niemmer kein
guothet verloren. Morgont der riese 97, 33, vgl. aueh noch 267, 27;
als gesagt wirt in eim allen sprichworl: von den unmillen
geel aus die unmilligkeit. 1 Sam. 24, 14, b^el von 1483, IS8',
vgl. dasu oben 2, a; wie man im Sprichwort sagt, ut in pro-
verbio est. Frisch 2,908'; vgl. noch:
als man dicke beeret sprechen
in ir sprichworlen die wisen. kröne 14825.
ungewöhnlicher dafür: wie man sagt nach dem alten Sprich-
wort, von gottlosen kompt untugent. 2Sam. 14, 14; passivisch
gewandt: darumb wirt es gesagt zu eiro Sprichwort: der blind
und der iam werden nit eingeen in den tempel. &, 8, bibel
von U83. dagegen bei Luther: daher spricht man, las keinen
blinden und lamen ins haus koinen hierher noch: mit sprilch-
wOrlern reden, parlar per proverbi. kRAMia dtct. 2 (1702), 881*;
sihe, alle die, so tprichnort pflegen zu übm, werden von
dir dis Sprichwort sagen: die tocbter ist wie die mutier.
69 SPRICHWÖRTCHEN — SPRICHWÖRTERSPIEL
Hesek. 16,44. von einem ein spricbworl sagen (vgl. oben l, g.h):
zu meiner reit sagte man dasz Sprichwort, so ihr cittiert.
von der geisz, ahnstatt des esels. Elisabeth Cbailottb 3,484
llcll'ind; tgl.: einen mit sprQchwürlern durchziehen, pro-
lerbiare uno. Kbaner diel. 2 (1702), SSl'.
ein Sprichwort boren, vernehmen :
ein alt Sprichwort häo ich Ternomen,
das manchem zu der tur ist komen.
livl. yeimchion. 6099;
wenoe ich habe ein ait Sprichwort
gar diciie und oTte gehört,
das man die treue lobet allermeist
die man nach dem tode leist.
o^teispiel des Ib. jalirh. hei Wackbii!1ag«l 1,1023;
dasz sprichwordt habe ich mein tag nicht gehört, dasz man
sagt, man stosze einem das maul auff den tisch, wenn man
einem zu gast ladt. Elisabeth Charlotte 3, 39 i/oUand. über
ein Sprichwort lachen, älter eines Sprichwortes lachen:
ich faab des Sprichworts dicif gelacht,
das keyn kreg eya dullen macht.
Mdrns* schelmemunft vorr. 75. Frankf. druck.
ein Sprichwort merken, einem sprichw orte nachdenken u.a.:
und merck die allen Sprichwort, die on allen zweifei die
erfarung geleret hat und gewis sind: 'des herrn äuge macht
das pferd fett'. Lltheb 2, 203'; ich hab , . . an das sprigwort
gedacht, wie mon pfleckt zu sagen: 'ich sterb wol, ehe du
zu mir kemst'. B, Pacmgartneb briefe 14 Steinhausen; und mus
eben dem alten sprigwort nachdencken: aus den äugen, aus
dem sinn. 141; tgl.: es kompt mir das Sprichwort der welt-
weisen in gedächtnus. Schuppils 727. sich nach dem Sprich-
wort richten u.d.: rieht dich nach den Sprichwörtern der
weisen. S. Frarck sprichw. 1541 (njo</o aus Jesus Sirach); die
vernünftigen geben sich auf die Sprichwörter, ebenda; kürtz-
lich, hie mus man sich halten des Sprichworts, wer nicht
kan durch die finger sehen, der kan nicht regirn. Lother
2, 402"; ich mus das Sprichwort erfüllen, was die weit zu
schaffen hat, da mus ein müncb bey sein. 1, 2^S'.
e) in merkwürdiger Überführung ins concreU: und wer wäre
nicht gern (in der alten heimat) geblieben, wenn er nur ein
stück brot und jenes unentbehrliche 'sanfte ruhekissen' des
alten Sprichworts sich hätte erhalten können. Storm 1, 174.
/) ein Sprichwort verkörpern: sie schien mit ihrer weisen
und maszvollen band, am herde stehend, täglich das sprüch-
wort zu verkörpern: der mensch iszt, um zu leben, und lebt
nicht, um zu essen! Keller 1,42.
g) Sprichwörter spielen, ein Sprichwort aufführen, die zu-
grunde liegende lebensieeisheit zum gegenstände einer schauspiel-
handlung machen. Campe, vgl. das franz. proverbe tn ent-
sprechender anuendung und unten sprichwörterspiel, n.
SPUICHWÖRTCHEN, n., demin. zum vorhergehenden: ich
würde mich gewundert haben, wenn du nicht ein sprich-
wOrtchen in dein gespräch eingemischt hättest, Tieck don
QuixUe 2,216.
SPRICHWÖRTERFREL'ND, m. freund von sprichtcürtern :
unser sprücbwörterfreund wird wohl sagen . . . Gottsched
bei Reicbel kl. Gottsched-wb. 55.
SPRICHWÖRTERN, t'«r6. mit leichtem ironischen btigescbmack:
hier haben wir ein besseres sprüchwort: achte dich zuerst
selbst, und deine feinde werden sich nicht an dich wagen,
übrigens, capitain, sind wir in einem freyen lande und sie
mögen Sprichwörtern wie sie wollen. K. Postl der legilime und
der republicaner 3,45.
SPRICHWÖRTERSAMMLtiNG, f. Sammlung von Sprichwörtern.
»Isbueh: glücklicherweise kam ihm aber am folgenden abend
ein ganz anderes buch, nämlich eine deutsche sprichwürler-
•ammlung in die band. Acerbacb dorfgesch. 2, I2l.
SPRICH VVÖRTERSCH ATZ, m., vie oben sprichwörtersamm-
luog, f., doch mit hervorhebung des wertvollen: die kunst und
gewöbnung, alten schlichten kernigen worten und Wendungen,
auf die man nicht besonders mehr achtet, die aber den dingen
auf den grund gehen (unser sprichwörlerscbatz ist voll davon),
wieder auf den grund sehen zu können. Hildbrrand d. sprach-
unterr. 97.
SPRICHWÖRTERSPIEL, n. mimische darsteUung eines spnch-
mortes, vgl. auch oben ein Sprichwort spielen (Sprichwort 2, g,
sp. 69): ich habe leben und weben hineingebracht, die carten-
spiele abgeschaft, sprüchwOiterspiel eingeführt, sogar mit
d. Buchholz ein gesellschaftliches theater eingerichtet. Gramer
an Bürger am 6. nov. 1774 (Bürgers trieft 1,215 Strodtmann).
SPRICHWÖRTERWEISHEIT — SPRICH 70
SPRICH WÖRTERWEISHEIT, f. Weisheit, die in Sprichwörtern
niedergelegt ist: 'es ist der fremde klang, der unser ohr ge-
fangen nimmt.' — 'gewisz; aber es ist, über denselben hinaus,
doch scblieszlich ein anderes noch, was diesen altdänischen
namen ihren eigentümlichen zauber leiht, es spricht sich
nämlich in ihnen jene der spricbwörterweisheit der Völker
verwandte begabung aus, menschen, erscheinungen, ja ganze
epochen in einem einzigen beiwort zu charakterisieren.'
FoHTARE vor dem stürm 3. 143.
SPRICHWÖRTISCH, adj. das zum Sprichwort gehört, pro-
verbialis. Dasypodios. vgl. unten sprichwörtlich, adj.
SPRICHWÖRTLICH, adj. nach art, in der form eines Sprich-
worts: sprichwörtlich, «fi£m Sprichwort ähnlich. Adelung; sprich-
wörtliche redensarten. ebenda, als gegensatz zum Sprichwort,
dem grössere Stetigkeit der form eigen ist: wir begnügen uns an
der sprichwörtlichen redensart und am figürlichen ausdruck,
schaffen deren noch jeden tag neue, wie andere nationen
oder Städte ihre modewitze haben, und es ist vielleicht be-
zeichnend, dasz wir jene redensarten oft mit dem sprichworte
selbst verwechseln. Gervirus bei W. Grimm kl. sehr. 2,465.
sprichwörtliche Wendungen; sprichwörtliche wetterprophe-
zeiungen, bauernregeln, die auf den künftigen ausfall des wetlers
aus gewissen anzeichen vorher schlieszen (neben bauernregel):
verschiedene bauernregeln und sprüchwörtliche wetterprophe-
zeyungen, welche diesz jähr eingetroffen seyn sollten, ver-
zeichnete ich ins taschenbuch, und als man theilnahme be-
merkte, besann man sich auf mehrere, die denn auch hier
ihren platz finden mögen, weil sie auf landesart und auf die
wichtigsten angelegenheiten der bewohnei hindeuten, Güthe
43, 278. sprichwörtlich reden, einen gedanken, einen einwand
durch ein Sprichwort zum ausdruck bringen: das ist sprich-
wörtlich geredel; sprichwörtlich heiszen, sprichwörtlich sein,
entsprechend oben Sprichwort, n.; die zeit der Barmekiden heiszl
daher sprüchwürtlicb: eine zeit lucales, lebendiges wesens
und Wirkens, von der man, wenn sie vorüber ist, nur hoffen
kann, dasz sie erst nach geraumen jähren an fremden orten
unter ähnlichen umständen vielleicht wieder aufquellen werde.
GöTHE 6,40; es giebt im waffenleben ... gewisse, eben des-
halb factisch wiederkehrende streiche, weil sie sprüchwürtlicb
sind. Keller nachL 38. sprichwörtliche duiumbeit u. s. w.:
nachdem die eingeborenen sich mit der sprichwörtlichen Saum-
seligkeit der Orientalen eingefunden hatten. Hassert reise durch
Montenegro 107.
SPRICHWÖRTLICHKEIT, f zu dem vorigen, ab ausdruck
der poesie: es äuszert sich . . . dieses (das rein anschauen des
äussern und innern) symbolisch,... durch rede, uranfänglich,
tropisch, als poesie des genies, als sprichwörtlicbkeit des
menscbenverstandes. Gothe 22, 239. die sprichwörtlichkeit
eines dinges, sofern es gegenständ eines Sprichwortes, einer sprich-
wörtlichen redensart ist.
SPItICHWORTSWEISE, adv. nacharl und «eise eines Sprich-
wortes, eine erst nhd. bildung: sprichwortsweise, proverbialis
Frisch 2,308'; die rein substantiiische grundlage noch deutlich:
item 'wer auf dem felde ist' etc. sind alle auff sprichworts-
weise geredt. Lctheb 15,747,32 Weim.ausg.; da würde aus
der marter ein Sprichwort und biesse galgen oder creutz
eines jglichen unful und Unglück ... also lesst sichs auch
ansehen, das Christus auff Sprichworts weise geredt habe.
28,384,20; dann gewöhnlicher: dis ist sprichwortsweise gered.
23,556,39; und wie man in unserer sprach sprüchwortsweisz
saget. Fischabt ehezuchtb. A''; wie man von den mörfarien
spricbworlsweisz sagt, dasz man daselbs wol beten lerne,
also ist es auch in der ebehaltung beschuffen. Js'; mit der
zeit bricht man rosen, pQegt man sprichwortsweise zu sagen.
Sperli.ng Nicodemus quaerens 1 (l'ilQ), it2; dabero auch die
Italiäner sprichwortsweise sagen sollen: alles Unglück ist gut
und noch wohl zu tragen, wenn man nur noch brod darbey
zu essen hat 301 ; dabero auch sprichwortsweise ein schreck-
licher hunger Saguntina fames genennel wird. 304.
SPRICK, n. dürres reisigholz, nebenform xu sprock (s. unten),
wie dieses hauptsächlich auf niederd. Sprachgebiet beschränkt,
vgl. Schiller-LCkbem 4, 345'; LCbben 371'; Strodtmann 226;
TEN DoORNIAAT KOOLHAN 3,289'; WoESTE 252'; SCHAMRACB2U6';
Fromhanns zeitschr. 2,43,28. im besonderen wird damit der wind-
fall im walde bezeichnet, gewöhnlich ist die colltetive bedeutung:
ein häufchen knisterdürres tannen- und bucbensprick, des
Schwefelholzes gewärtig, liegt schon seit gestern abend auf
der feuerstelle des breiten lebinsteinherdes. Sobnret im grünen
71
SPRICKBEERE — SPRIEGEL
SPRIEGELN
72
klte, im weisten sclinee bu nur uUm leigt sich deshalb ein plural,
lumeist im susammenhang mit einem vereinielt auflretenden masc.
gesclilechl : »inik, »i., die sprikeo, plur. Sibahbacb 20»'; vgl.:
Diu wuir bi eneni holte wa*,
dar kleiie sprickeii de duve las,
dar se woMe uesieti mede.
Gkihard V. Minden 96,2 Seelmaiin;
eflu mi nu seggen woldeit,
nai du mit den sprickeo soldeit,
de du liir lest al den dach. 8.
als plur. des neutr. spricker FaoiiiiANNt leilschr. 2, 136. vgl.
hüll, sprik HiEC Ml', ags. sprec, neuengL !>prig Buswortb-
TuLLEH 903', aün. sprek Fbitznhr 3,499*. etymologische veruandl-
schaft besteht tielleicht tu Ut. spiagii ^prasseln, vgl. auch unten
sprock, subst. trahrscheinlicJier aber xu lit. gproginü 'sprteszen,
wozu Ju vgl. holL spiik, engl, sprig mit der von ihnen erhaltenen
bedtutung spross, sprüsiling, schöszüng, die wir dann als die ur-
spränglichrre aniusprechen hätten.
SI'HlCKBbtKE, f., »te das folgende beteichnung ton rhamnus
frangula. L. Pritzkl-Jkssen 33o'.
SIMtlCKE, f., vie oben sprecke bezeichnung von rhamnus
frant/ula. als gattungsname der xanthoxyleen bei Oken 3, 1276,
anstatt sprecke, mit ritcksicht auf die gesprenkelten blätter.
Sl'HICkEL, m. l) verdorrter zweig, auf niederdeutsches gebiet
beschränkt, gegenüber dem oben angeführten mehr collectivischen
sprick hat es hauptsächlich vertinzelnde bedeutung: nd. sprikel
Bauek-Collitz 9&', sprickel Scbiller-Lühben 4,345'. StCeen-
buac 25ö'. daneben vorkommendes ncutr. geschlecht verzeichnen
Caiipe und Bauer-Collitz a. a. o.
21 in übertragener bedeutung von einem kleinen schwächlichen
kinde. Bauek-Cullitz %'.
3) als nebenform von spreckel (s. oben) = spreDkel ver-
ieiehnet ton Cabpe.
SPHICKELEIDECHSE, f., anstatt spreckeleidechse , zu
spreckel, m. macula sp.l: spickeleidex, stellio ükntzlek 1,745'.
Sl'HICKELHOLZ, n., dasselbe wie oben sprick, mit deutlicherer
hervorhebung der colUcttven bedeutung. für Mecklenburg und
Pommern belegt. Fritzkl-Jessen 33o'.
SPKICKELMONAT, m. nach Cabpe in Oberhessen beteichnung
des februar statt der gewöhnlicheren form spQrkel, spürkelmonat
(i. unten).
SI'HIChELN, verb., s. oben spreckeln.
SPBICkEK, m., wie oben sprickel bezeichnung von rhamnus
frangula. .N'emmcb. gewöhnlich dafür fauibauiii, m. ((A«ii3, 1373).
vgl. auch spargeibaum, m. {theil 10, 1, 1936).
SPKICKISCH, adj. auf niederdeutschem Sprachgebiet von einem
dünnen hageren menschen {vgl. oben sprickel 2), d. i. dünn wie
«n sprick. vql. nd. sprikksk StCrekburg 255'.
SPBICKLEI.N, n., demin. xu sprick, n. (s. oben), vgl. Scbillbr-
LObbeh 4, 345'.
SPBICKLKJ, adj., s. oben sprecklig sp. 8.
SPKICKVN tP.h, n., den culUctiven begriff von sprick, fi. ver-
deutlichende bildung, wie oben sprickeUiolz. Schambacb 2U6'.
SPItliiUEL, m., s. unten spriltel.
SPHIÜDELN, verb., $. unten sprilteln, verb.
SPBIEljEL, ffl. arcus. ein wort noch unbekannter bexiehung:
Spriegel, arcus Stieler 227; Ugnum teuue et ßexibtle. Krisch
2, S(Jt>'. AüELUNC. Ganclbr 427. daneben älter belegt eine form
sprQgel: {holz hauen) zA wideu, buscn, phelen und zu
»prögelo. quelle von 1363 bei Schmidt eis. wb. 3X0'; der spriigfl,
die wagendecke, lywpanum. GoLii onomasl. i5S2, 55; sprtigei
Coleb iiausb. (t. die belege unten), quelle von 1652 bei Vilmar 394;
sprügel ScaoTTKL 1420, arcus Steinbach 2,644. spricgei und
sprügel nd>eneinander : apriegel, sprügel llui.sius (1016)305*;
Spriegel, sprügel, arco i legno pieyato in arco ü mezo cerehio per
far tenda. Kramei did. 2 (1702), 8S9*; ry<. VVeiüanu^ 2,779. rin;
form sprügel Schh.' 2,702; sprügel (Sordhuusen) Bkcb xxi;
»prejel JicuT 106*; iprigel Hertel sprachsch. 232; vgL unten den
beleg bei Ettner. die von Kebrein Volkssprache Nassaus l,3t>5
belegte form spriel {neben spriehel) läszt immerhin du möglichkeit
xu, etnen zusammenhany mit oben spreil (sprti), m. anxune/inirn,
riellncht als Weiterentwicklung oder auch anyleichuni) an Worte
WM bQgel, m. über den begrifflichen Zusammenhang mit der
$ifpe spreil, m. vgl. die erkldruny: sprügel, gespaltene weiden
(NÜt lüsciaUbe, Mclthe Ober die liolzwende genttgeit werden,
hü» 4its« mit Irbin sollea übertugen werden. Brusenius
tetkn^ogit 2, 123. auch sonst ist du hmtellung der sprirgel
dtstch auteinamdetreuxen von hulistdben, rulen, stecken hdu/iy be-
xenjfL auch t* der weiteren bedeutungsentwtcklung beider wOrtti
kommt entsprediendes vor: Spriegel, das Sperrholz, welches die
hinterbiine und den bauch eines geschlachteten thieres auseinander
spreizt. Ganclbr 427. vgl. dazu oben spreil, m. sp. 10.
1| dünnt krummgebogene schiene aus eschen-, hasel- oder
weideuhnlz, über die ein sehutzlnken ausgespannt wird, als be-
slandtheil eines wagenverdeckes: ein wage mit sprügeln, arcuatus
currus. Scbuttel 1420. besonders bei einer kutsche: wageo-
spriegel , kutschenspriegel , areo da cocchio. Krämer dict.
2 ( 1702), 8S9'. vgl. Scbambacb 207*. Lenz 67*; die cbaise war
leer, der knabe stieg hinein, mit einigen geschickten hand-
griOfen warf er die spriegel zurück, und so war, io einem du,
das niedlichste gebäude zur lustigsten spazierfnbrt vor den
äugen aller anwesenden bereitet. Gütbk 21, 165.
weil noch kein handwerksinaiiu zu der vpidammten tracbt
die sprügel und den räum hat hoch genug gemacht.
Ck-iiti 121;
auch aus eisen gefertigt, um grössere last tragen xu können: man
stelle sieb die decke des kulscbkaslens vur: auf jeder ecke
war an der seite ein eiserner spriegel angebracht, welcher in
seiner höchsten Wölbung nicht hüber war als etwa 6 bis 7 zoll
. . . auf dieser decke saszen drei persunen mit dem gesiebte
auch dem kutschersitze und drei persunen mit dem gesiebte
nach der hintersten schoszkette. Baiiuht leben 3,313. am ver-
deck eines kahnes, nachens: iiaclienspriegel, arco da barca. Kramer
dict. 2 (17(i2), 8b9*. als be^tandtheil des himmels einer kinderwiege:
die wiegenspriegel, arcus cunis aptati. Stieler 227; wiegen-
spriegel, arco da cuna. Krämer dict. 2 (1702), S&9*; spriegel über
die wiege ist ein von holtz absonderlich geschnitztes gestelle
mit zwey gelencken versehen, welches man dem kinde zum
haupte in die wiege stecket, damit man ein tucb doch sunder
Verhinderung und beschwernisz über sein gesichtlein bey dem
schlalT breiten kann. Amarantbes 1s91 ; auch sul man das kind
oben am heubte, sonderlich wenn es leit, mit einem sprügel
und scbwartzen tuche verbeugen und verwaren. BARTiscBau^rn-
dienst (1583) 17; weszvvegen ich allezeit, wo es seyn kau, einen
spregel oder bugeu über die halbe wiege von obenher machen
lasse, und darüber ein tucb hänge, damit das kind das liebt
nicht frey sehe uud die äugen wenden dörffe. Ettner uncor-
sichtige hebamme S15. vgl. noch: da:sz eine katze einem kleinen
kinde unter dem spriegel und tucb die hirnschale aufgebissen.
M. Chr. Lebman historischer Schauplatz 667; vgl. zeitschr. f. hochd.
mundarten 1, 62. auch von dem trauergerüst, welches, mit einem
tuche bedeckt, über grobem errichtet wird, dem sog. blinden sarg:
an theils urten pflegt man uf die gräber das leichtuch über
einem sprügel über die ludtenbabr zu ziehen, quelle von 1652
bei Vilmar 394: spregel auch das gerippe eines korbes. Hertkl 232.
mit einer erweiterung des begriffes auch das deckende tuch selbst:
bei den Schiffern das über die schiene gespannte tuch, welches
gegen sonne und regen schützt. Kebiiein Volkssprache im herzogt.
Nassau 1,385; do siehn eich unnerm spriehel erseht sein fraa.
ebenda, vgl. auch: sprogeln, eine ort markibuden zu Nordhausen,
unterschieden von tentoria. quelle bei Becb xxi.
2) das zum fangen von thieren dienende sehneUholz: spnigel,
eine art schnellbugen, dasselbe wie oben sprenkcl, m. Scbn.* 2,7ut;
spn'jcl, Sprenkel Jecbt 106*. wo er (der hase) seinen gang
bat, da mache ein sprügel oder etliche neben einander in die
erde und machen schlöffen oder schleufen danin, die etwan so
buch bangen, als der hals mit dem köpf ist, wann er gehet.
Cui.EK hauib, 577*. vgl. auch unten springel, m.
3) mit einer Verallgemeinerung iiberliaupt: sprOgel, prügel,
knüttel, starker stock. Spikss 'J39; slab, leiste Lenz 67*, 8pr<'^gel
sogar als stützen der Obstbäume {wie oben spreize, f.). Hertel
sprachsch. 232. in der spräche des bergbaus spriegel *die kurzen
und dicken stücken holz, womit die ritzen zwH'Chen den pfählen
verstopft werden'. Jacoiisson 4, 236*. am nächsten steht noch der
bedeutung unter I : spriegel , dünne biegsame spfine an die
wunde oder an die ziiiiiiierdeckeii lu schlagen, dieselbe mit
gyps zu bedecken. Frisch 2. 308*.
SPHIEGEI.N, verb. zu dem vorigen, mit Spriegeln versehen:
Spriegeln, arcuare Stieler 227; gespriegelt, arcuatus. ebenda;
Spriegeln, sprügeln, arcare, voltare con tali Irgni piegatt m
arco. Kramir dirf. 2 (1702), 889*; getprogeltc buden auf dem
markte xu Nordhausrn. rtchttquelle bei Becb xxi; vgL oben
spricgei 1: einen wagen Npriegelii. Aiikldmc. aufgrund der
lÄen unter spriegel 1 aufgewiesenen begriffui Weiterung auch su-
spriegeln, mi< einem über sprügel gespannten tuch* etwas ver-
decken: spriegele die wiege zu! Stikirr 227. entspechend
spiiegel 3: Spriegeln, ii^nii lenuibui partetem vestire et gyps^
73
SPRIEGELTUCH — SPRIESZEN
SPRIESZEN
74
tegire. FaiscH 2, 309", dementsprechend ein zimmer Spriegeln.
Adelcsg; daßr gern verspriegein (i. unten).
SPRIEGELTÜCH, n. tuch, tcelches über die spriegel gespannt
wird, qudle bei Campe; spriegeltuch, bogetUuch über der wiege.
ScHMiD Schwab, «b. 504.
SPRIEGELWAGEN, m.; spriegelwagen Frisch 2, 30S*; ein
wagen, mit Spriegeln versehen. Campe.
SPRIEGELZAUN, m. taun mittelst Spriegeln hergeitellt : die
zaunpfähle werden mit etwa daumensdicken stecken durchflochten.
Jacobssox 4,237*. nach handschriftlicher mittheüung besteht der
spiegelzaun in Sachsen aus swei eilen langen haselstöcken, welche
tn die erde gesteckt und oben mit weiden oder stroh an einer
langen stange befestigt weiden.
SPRIEGLIG, adj. mit Spriegeln versehen: spriegelichl, arcuatu>
Stieles 227; ein spriegeiichter wagen, currus arcuatus. ebenda.
vgl. oben spriegelwagen, m.
SPRIESZE, f., vgl. mhd. spriej unter 1. 1) germen, wie
sprosse, f.: man soll ihn {den hafer) aber fein dünne säen,
dann wann er zu dick gesäet wird, so hindert eines das
ander, dasz er vor dem andern nit wachsen kan und bleibet
stecken und bekommt kleine sprissen. Coleb (IGSO) 1, 151*.
uo/ in einer angleichung an spreisze als ältere nebenform von
spreize, f. {über den wirklichen etymologischen Zusammenhang
vgl. sprieszen, verb.): dein weyb wirt sein eben als ein wein-
stock, der fruchtbar ist, doheim in deinem hansz, und deine
kinder wie die junge spreissen werden urab deinen tisch her-
lauCfen. Lctiier 9, 585, 10 iVeim. ausg. im mhd. das im nhd.
verloren gegangene masc. allgemeiner 'hertorschiesunder straW:
lies wajgers sprieg. Fbace.ilob 406, 12;
du gibst geperlt in spiegelsprie;. 155, 13.
2) ßeekchen auf der haut. vgl. das entsprechende sprosse, f.
und Sommersprosse, f. </i«l 10, 1, 1557 : eynem weyb in Sicilien,
Himera, ireüraete, wie sie im himel were, und sehe eyn
grossen starcken man bleych, geel geslalt, und mit vil sprissen
under den äugen. Acbicola sprichw. 023; sprisse, leiehdorn
Hü.NZIKER 24S.
3) spriesze, fulcrum, fulcimentum, wie oben spreize, mit dem
es ursprünglich identiiih ist, später aber an spriesze, f. germen,
sprieszen, verb. angeglichen, die lautliche ähniichkeit iwischen der
älteren nebenform von spreize als spreusze und spreuszen, verb.,
älter neben sprieszen, rerb. gab wd zu dieser analogischen an-
gleichung den anlasz. doch vgl. auch das folgende sprieszel, tn.
und sprieszen, verb. 2, b. einen bau mit sprieszen stützen,
spriesze, in Ostpreussen eine stange, welche den sack oder wenter
im Wasser befestigt. Frischbieb 2, 356*, wo aber auch die mög-
Hchkeit eines Zusammenhanges mit spreisze, f. assula besteht,
doch vgl. noch spriesze, sprosse einer leiter. spriesze, sprosse,
lacke am geweih. Kehreix weidmannsspr. 278.
SPRIESZEL, m. , dasselbe wie spriesze, f. S. wol aus einer
angleuhung von sprüssel (j. dies unten) an sprieszen, verb. ger-
minare hervorgegangen, doch rgl. oben die bemerkungen unter
spriesze 3. spnss'l neben sprüss'l Leier kämt. wb. 23S. im
hoehd. nur selten gebräuchlich. Adelung, als neutr. verzeichnet
von Castelli 232. sprieszel, sprosse an der leiter. Höfeb 3, 167;
sprissel HCcel 153'. Kehbein nassauische vrAkssprache l, 385;
gpriaszeln, pJur. Heanzei und sprisseln, plur. {Preszburg) Fro«-
1IA5SS i«/sc/ir. 6, 331. schbriss'l, hüpfstange im Vogelkäfig.
Castblli 232. in der Zusammensetzung eissprieszel am hirseh-
geweih die zacken über den augensprossen. koELCSQ. s.obenth.i,3S\.
entsprechend spriesze, f. 2: spriszl tn der Zusammensetzung
«ummaspriszl, Sommersprosse. Necbauer Egerländer mundart 92'.
SPRIESZELBEERE, f., wie oben spreiszelbeere {sp. 12).
SPRIESZELN, verb., dasselbe wie sprieszen, verb.: sprieszelen,
fcsprieszelet, germinascere , puUululascere et pullescere; dicttur
quoque spreuszJeu. Stieler Hrni. auch in der Zusammen-
setzung aufsprieszien, adoleuere, gemmas agere, folia emittere.
ebenda.
SPRIESZELSTUHL, m., wol anstaU spreiszelstubl, stuhl,
dessen polsterung mit spreiszeln angefüllt ist: sprisselsluhl quelle
ton 1773 6h L!«gbr-Khcll 529*. vgl. oben unter spriesze, f. 3.
SPRIESZEN, verb., mhd. spriei;en, ahd. nicht belegt, als
*gpriojan anzusetzen, starker ftexion: ich sprosz Stielbr 2098.
Steinbacb 2,643; ich sprösze Stieler 2098; part. gesprosien
^nda. Steinbach 2,643; imp. spriesz. in älterer spräche findet
Mck im prds. eine nebenform ich spreusze, du spreuszest
Stibler 2098, spreuszst Steinbach 2,613; er spreuszet Stieleb
«•0. 0., spreuszt Steinbacb a.a.o. von Apelunc als oberd.
noch belegt, vgL: die beste zeit haberu zu säen ist, wenn
das birkene laub heraus spreust und die ecker fein rauchen.
Coleb hausb. (i640) 183. selten in schwacher fleiion: über die
hügel der toten bat sich moos gesponnen und gestrüpp, vögei
und wind haben Samenkorn hingetragen und busch und bäume
sind lustig aufgesprieszt. Scheffel Ekkeh.lil; üppige pflanzen
mit groszen blättern sprieszten auf. 230; vgl. auch die stelle
RtcsBRT 11, 322 unter 1, c. hauptsächlich nur der unter 2, 6 auf-
gewiesenen Verwendung eigenthümlich. Adelung bemerkt noch,
sprieszen , verb. gehöre gegenüber sprossen hauptsächlich der
poetischen spräche an. innerhalb des westgerman. gehört wol hierher
mittelniederd. spretcn, parU gesproten Scbillbr-Lübben 4,354*;
ags. spreötan Bosworth-Toller 905'. vgl. noch aün. spretta.
springen und sprossen, aus dem präsensstamm unseres Wortes
ist mittelst pn-suffixes wol gebildet ahd. spriuzan, vielleicht auch
erst durch Vermittlung eines nomens wie mhd. spring, springe
(s. oien spreize, /'.), m/id. spriu^en, nAi. spreizen (i. oien). den
laut des prät. zeigt die abüitung sprossen, verb. zu vergleichen
ist noch unten spritzen, rerb., eine factitivbüdung tu unserm worle.
1) infrans, spriessen, germinare Schottel 1419, germinare,
surculari, frondescere Stieler 2098, germinare, progerminare,
puUulare Krämer dic<. 2 (l 702), 889". Frisch 2,309", germinare,
fruticari, oriri, nasci, pronasei Wächter 1571.
im walde sprieszt und grünt ei
last JuDglräuÜch iustbekloiumen. Ubine 1, 201 E<«/e>-.
a) im eigentlichen sinne von blumen, laub und gräsern: gott
musz die wurzel sein aus dem ein bäum soll sprieszen
der nicht durch macht der zeit . . . wird umbgerissen. Opitz
Grottus' ica/irA«/ 299 : wenn die knospen springen und junges
grün aus der erde sprieszt, dann schaue empor zur frühlings-
sonne und lausche, ob du den sang der wilden schwane
hörst. Freytag 8,111; er weisz wohl, was es zu bedeuten
hat, dasz das mistelreis nicht auf der erde sprieszt, sondern
hoch oben aus dem baumstamme. 17,209; die frühlingssonne
beschien den estrich {des gartensaales) und durch die offenen
flügelthüren drang der duft der sprieszenden blälter und
knospen. Storm 1,46;
mein bestes nacbtigallenkor
soll ihr (äer Flora) erwacben laut begrüszeu,
und blumea immer ueu hervor
aus jedem ihrer tritte sprieszen. Wiklai>d 9, 179;
blumeu sehet rubig sprieszen. Gütuk 41,27;
er ist hingegangen,
wo kein schnee mehr ist,
wo mit mays die felder prangen,
der von selber sprieszt. Schiller 11,2.^;
am zäune sprieszt, durchwärmt von rrüblingsglui,
das junge gras.
ScHBlDT T. \VEi;<KicBEH ütm. ßr 1802 y. 23;
will ruhen hier an bacbes rand,
wo duftige blümiein sprieszen. Uhla!«d ged, 57;
du, reizender als Ceres tochter, Kora,
die jeden lenz als neue blume sprieszt.
RöcKiRT ged. (1841) 307;
wenn das kern anTängt zu spriessea,
fängt der kappes an lu scbhesteo.
nassanische bauernregel nach bnnJsdirifll.
miitheilung von Wsican»;
kling kinaus bis an das haus,
wo die blumen sprieszen,
wenn du eine rose schaust,
sag, ich tasz sie grüszen. HutiE 1, 208 Elster;
und wie sie (die nachtinntl) sang, sprosz überall
grüngras, viele, apfelblüt. 207.
substantivisch gewandt: hier, näher dem herzen der groszeo
mutier, wo unter dem sprieszen und wachsen schon vernehm-
licher ihre pulse klopfen, hier musz ich es aussprechen, das
Zauberwort. IiiiithH.vNN 2,2,78 Koch;
sonst wüszt' ich niemand just zu grüszen,
vielleicht die schlimme Lorelei
und deiner reben l'reudig sprieszen. Keller 9, 163.
zu dem übertragenen gebrauch unter 1, c führt die folgende bild-
liche Verwendung :
dasz die natur auf allen stufen
des lebens blumeu sprieszen beisxt,
die der zufriedne pilger pDücket. Götter 1, 460;
und alle blumeu sind ein heller neid,
weil rosen nur auf ihrer wanee sprieszen.
RÜCEERT ged. (1841) 307:
im grünen, im grünen, im grünen,
wo uus're wiegen sprossen,
wir selber aulgeschossen.
HorriA.-<N T. Fallresleben ged.* 306,
der erst aus einem samen sprieszen mitssende bäum, aus dem
dann künftig eine wteg« gefertigt wird, spielt in erlosungssagen
eine graste rolle.
75
SPRIESZEN
SPRIESZHAFT — SPRIET
76
h) an eintn ursprünglich weiteren gehrauch des ivortes (vgl. oben
unUr sprieste. f. I, mhd. wajjerss priej, spiegelsprie?) erinnert
noth: komm in der freundschaft himmeNglanz und helle,
empfinde dicli in treuer guten mitte,
da sprie>(e dir des lebens heit're quelle.
, , . . /, fiöTiii 22.9i;
üfL: sin ros al von swijte llo^,
da{ blut im durch dhe siten sprot-
Braiinsclia. reimcliron. 3311 ;
primeln. tulpen und nariissen,
Sterne. Iielche hundertTarbiß
sah ich durch einander spneszen. Küllir 9. 85,
fon jenem traumhaften gefiimmer, das bei nächtlichem slernen-
gUnt vor dem mensdiUchen äuge spielt.
c) übertragen; von dem entstehen einer folgeerscheinung :
(«n den nchlaf:)
o lasi auch meine äugen sich jeizl schlieszen,
des süsxen hild mir ans dem lierzen sprieszen.
... .._ TiicK 1,304;
blutige versübnuDg sprieszet
aus der beil'gen nunden mahl! ßaii«T*iio 3,90;
zerstöre nicht dein eignes jugendleben,
aus dem die liebe, tief gewurzelt, sprieszt!
Plätm 167»;
und wenn dann Clelia. die traute,
ans renster tritt mit holdem grüszen,
so will in mir die hofTnung sprieszen.
UULAND gfil. 298;
de wäre ruwt de spretet ute der ]eue godes. quelle bei
Scoiii.gr-LCbbbn 4,345'; auch ohne örtliche angäbe: die lieblich-
keit der nachtgespräclie sprieszle, — bis dasz der morgen
nieste. RfctERT 11.3-22;
wie dir blicli und kusz auch sprieszen.
willst du dich nach mord hinscliiien. Tieck 1, 369.
mit erneuter bildlichkeit :
auT ihren (der gntiin meinrs söhnen) pl'aden soll die freude
sprieszen,
und jede blume die das leben schraückt!
ScHiLLKR 14, 67 (braut v. Heus. 2, 6);
verrSther wachsen hier zu land wie unkraut —
je mehr man sie vertilpt. je arger sprieszen
sie aus dem boden. Grabbi 2. 339;
sie {die freiheii) hat gar eine reiche saat
verborgen in der erde schosz:
sie forscht, ob die und jene that
nicht schon in grüne halme sprosz. Kbller 9, CO.
auch von Verwandtschaft, abkunft u. s. w.: syne voerfudern weren
gesprotten van den Ürunswickeschen. quelle bei Sciiii.ier-
LCbben 4,348'; utb dessem ersten stnte van arbeide syn ge-
gprotea noch dre State, vorrede zu Reinke de vos 4 I'rien; de
drydde stad, de uth deme State derarbeyder is ghesproteo, ...
dat synt de Torsten unde beren der weit. 5.
2) transitiv.
a) hiniiherleilet eine aus 1, a erweiterte gebrauchsweise: durch
das offene fenster weht der primelduft aus dem garten, und
drauszen unter dem sprieszenden syringenbaume stellt plötz-
üch meine muse. Storm 3, 133; das frühste spiel des sommers
ist der ball in der dorfstrasze oder dem sprieszenden anger.
FaiTTAe 18,48;
er ruft herab: ei werde 1
und Segen schwellt die erde,
der fruchtbaum und der acker sprieszt.
Voss 4, 68 (lisdilied).
dann auch mit object als deutliches ^spriesien machen':
seine rechte verwandelt den saft des schiires in zucker,
bebet deo dattelkern aprleszend zur palme empor.
Herdrr 1,1, 196, 2 Kürschner;
aber arobroiia iprosz der Simois jenen (den göUerrossen) zur
weide. Voss llias 6, 777;
hier aber den giprelgeschmückten, . . .
strume herniedergieszenden,
baumwuchs zum himmel sprieszenden, . . .
den konig der berge seh' ich ragen. RCcekrt 12,50;
{doit, Srnjirl,)
w« die blumen inlch urawirrten,
die dein leoz zum himmel aprieazi. perf. (1841) 298.
») »Utk hMkth:
und sein« attdte sprieizen Tolk,
wie kraut die erde dringt
aus ibreio achoos hervor. Hbbdu 8, 638 Sufthan.
t) sprieizeD tu der spracht der bauhandwerker ein bau-
fdUtges haus ausen; rol aiti iprOisen, fulnre, ältere form von
•prriieo,r^t. an aprie«zen, germinare angeglichen, vgl. sprysen,
fmlnrt Oir.r. 150* und oben f|ircizcn, verb., auch die bemerkungen
misttr (priette t. dast diese anglrichung nicht auf gewerbliche
tfr*du h«»ehrämkt ist, uigt der folgende beleg: er (der grnss-
prakttr) «pritit »icb, «r bllbt aicb, er icbnarrct und tcbnarcbet
mit der red, bläszt rund, misset die wort nach der eblen aus,
in seinem gang gleicbte er offt mehr einem Spanier als
Teutschen. Simpl. 1. 406 Keller, wo deutlich sich spreizen ge-
meint ist. eine erinnerung an spreizen, verb. ist auch die diesem
gebrauche ausschlieszlich eigene schwache flexion: ich spriesze,
er sprieszete, sprieszte; gesprieszet, gesprieszt.WBic*HD*2,780;
das haus musz gesprieszt werden.
SPRIESZHAFT, adj. propr. rireseens, pullulans, fruticans,
metaphor. utilis, salutaris, commodus. Stielkr 2099. dasselbe wie
unten sprieszlicb.
SPHIESZLEIN, n., demin. tu spriesze, f.: sprieszlein, sur-
culus. Stiei.er 2099; hergrautenblätter mit den jungen spriesz-
lein von den lorhiiumen gesiossen. Tabernaemont. 40'G.
SPiUESZLICH.od;., vgl. oben sprieszhaft: sprieslich Schottel
1419; sprieszlicb, vireseens, pullulans, fruticans, metaphor. utilis,
salutaris, commodus. Stiei.er 2099. gewöhnlich statt dessen er-
sprieszlich, adj. s. oben theil 3, 989.
SPRIESZLICHKEIT, f. zum vorigen: utiUtas, commodum,
emolumentum, operae pretium, compendium. Stibler 2u99. an-
statt des gewöhnlichen ersprieszIichLeil, f. oben t/ieiJ 3. 989.
SPRIESZLING, m. yermen. vgl. oben spriesze, f. und unten
sprüszüng, m.: spriesziing, stirps arboris Stieler nachsch. 29';
seine {des süszhohes) wurtzel fladert hin und her, gibt viel
langer spriesziing, auszwendig scbwartzlechtig oder bullz-
färbig, innwendig aber gelb. Tabebnaemont. 916H ; dies tbun
auch die jungen spriesziing oder geschosz von holder. MinnEnEn
kriegsartzney (1634)205; nim eychene spriesziing oder rinde,
schabe die äuszerste rinde davon, so viel als etwan ein liand-
voil, und lass es mit essig und ein wenig alaun halb einsieden.
CoLBR (1680)2,136'; sie sind wie ein alter bäum, welcher
immer noch junge spriesziinge hat, ob er gleich ehester
tage vollends verdorren wird. Sperlij(C Piirodemus quaerens
2 (1719), 653; spriesziing, malieolus J. Grimm oben theü 4,1611
unter fexel, m.
SPRIESZLING, f. germinatio, fruticatio. Stibler 2098. daneben
erspricszung, f., hervorsprieszung, f. ebenda.
SPRIET, ri. ein ursprünglich dem niederdeutschen angehöriges
wort. ud. spriet entspricht ags. spre6t, stange, schaß, vgl.
Bosworth-ToI-ler 905' {neuengl. spril Skeat ;>84*), das von
ags. spreötan, germinare abgeleitet ist. vgl. i. Grimm gramm. 2, 21 ;
so knüpft enge Verwandtschaft das wort an nhd. sprieszen (s. oben)
und mhd. sprieg, ni. {mhd. wb. •.•,2,552') ist seine genaue ent-
sprechung. vgl. auch nachher unter i und 2 die nebenform spr6t
rn mnd. spreten, sprieszen. Sciiii LER-LfnBKS 4, 315*. inwieweit
aber spriet nähere beziehungen zu dem von sprieszen abgeleiteten
spreizen, verb. {s. oben sp. 19) hat, ist zweifelhaft; verwandtschaß
wird vermutet mit spiesz, ni. 1 {theil 10, t, 243T). vgl. J. Gbimm
gramtn. 3, 443. Weicand'' 2,780.
1) ffi der seemannssprache spriet, die vom mast ausgehende
Stange, welche das {sfr\el)segel ausspannt. Bobrik 653*. Gödbl455.
H?PKES seemannsspr. 52: spryet of dat rick, dair dat seyie of
segel anbenght. wörterbuchquelle bei Schili.er-LObbbn 4,345';
spriet, antenna seu lignum transversum in malo, seegelsiange.
ScitoTTEi. 1419; spriet, antenna dell' albero della nave. Kramer
dict. 2(1702),889'; »egel- ö mastspriet ebenda {vgl. segelspriet, n.
theil 10,1,97); spriet, antenna Frisch 2,309'; vgl.: spriet van
den mast, antenna, lignum transversum in malo. Kiman 2, 623.
die Stange wächst gleichsam wie ein schöszling aus dem mast-
bäume hervor, daneben ßnden sich formen wit spreel, spret:
13 IL pro duobus anchoris ... pro uno provest, pro haken et
spreetb. Hamburger kdmmereirechnung bei Scbili.er-LCrbbn 4,345';
pro sprele. rechnung von 1387, ebenda; und secbt tnghenn wider,
dat J. H. dat spreetb loszgelatenn, sin scbip umme geswengeth.
brem. Urkunde von 1564, ebenda; spret, antenna {neben spriet).
Frisch 2, 3o!i'; sprett (neben spriet). Robrik 653'. au^ das
ebenda verzeichnste spretit geht wol die bei A. GRTPaiua sich
findende entstelluhg spreu zurück:
wie olTt liab ich den wind, und nord und sud verkennet I
wie BChadhafn Itt spreu, mast, ateur, rüder, achwerdi und kiel.
2 (1698), 323.
die form «preit terueiehnet Jacomsoii 4,334*.
2) mit einer unter dem einflusz von spreizen, verb. (i. ein{.)
stehtndrn begri/fsfdrbung spriet, bäum, stange, stab, der gabelig
gewachten u. s. ». tst: barkeiispreet, der gabelförmige stiel einer
harke, brem. wb. 4,965; barkensprlt FinsciiniiiR 2,35*'; beim
leiterwagen ist spriet ein starkes in form einer gabel auseinander-
gehendes holz, welches den vorder- und hinterwagen zusammen-
hält. Jacuiissun 4,237'; aprcel UABNaai 454*. sonst atuk schere
77
SPRIETBAUM — SPRING
SPRING ADER — SPRINGAUF
78
(j. theil 8, 256S) genannt, übertragen auf tlieile des menschlichen
körpers: spriet tuschen de beenen, feminum partes tuperiores.
intervallum inter femina. Kilian 6*^3'.
3) spriet, bezeichnung eines jagdspieszes: spriet, venabulum
ScHOTTEL 1419; vgl.: spriet, venabulum, pedum, agolum, baculus
pastoralis, bidens, cuspis. KiLun 2, 623' und schon ags. eoforspreöt.
Beowulf i43S.
SPRIETBAUM, m., dasselbe wie spriet 1. vgl: sprietbooni,
antenna Kaun 2, 623*.
SPRIETBLOCK, m. in der seemannssprache beieichnung eines
wüt mehreren löchern versehenen hulzes, welches eine anzahl laue
susammenfasit. sonst auch spinnenkopf (theil 10,1,2534) genannt,
BoBRiK 119: durch einen sprietblock fährt auch der dxrk einer
gaffel (raa). ebenda, vgl.holl. sprietblok Mieg 311^ spruitbluk 311*.
SPRIETHOLZ, n., dasselbe wie sprietblock, m. Campe.
SPRIETLAGE, f. kleine sich gabelnde weidenhölzer werden m
die Uferböschung gesteckt, um sie gegen den stromandrang wider-
standsfähiger zu machen, als spreutlage. Karmabsch-Heeren^
10,263; an spreu, palea angeglichen: spreulage Jacobsson ■;, 414*.
vgl. spriet, n. 2.
SPRIETLÄGEL, n. die lägel (kurzen taue), welche das segel
«n dem bulienspriet festhalten. Bobrik 653*.
SPRIETMAST, m. als neutr.: und hebben (die EanseaUn) dat
engelske Tolk vn dat spretrnast und takel gehangen und so
erworget. Hamburg, chron. bei Scbiller-LCbbk» 4, 345*, wo wol
das bugspriet des schiffes gemeint ist.
SPRIETSEGEL, n. groszes viereckiges segel, welches von dem
spriet in der diagonale ausgespannt wird. Bobrik 629*. Jacobssor
7,414*. all spreitseegel Frisch 2, 30'*. /loli. sprietzeil Miec 3ll\
neuengl. spritsail Tbiehe 554*; schwed. spritsegel, ddn. spritseji.
SPRIETSTAKEN, m.: spreetstaken, eine schifferstange, welche
mit einem zweizackigen eisen beschlagen ist. brem. wb. 4, 965.
vgL oben spriet, n. 2.
SPRIETTAU, n. bezeithnung der taue, wdeht in einem spriet-
block oder sprietholz zusammenlaufen. Bobrik 653*. auch kurze
taue, welche an den wanlen befestigt sind und die marspüUinge
festhalten; s. auch das folgende, hall, spriettouw Mieg 311'.
SPRIET WURST, f. in der seemannssprache scherzhafte be-
ieichnung einer art kurier taue. Bobrik 653*. vgl. das vorhergehende.
SPRIND, m. n., auf niederdeutschem gebiet dasselbe wie unten
I spring, m., sprind, quelle. Frischbier 2,356', waldqueUe. Elbingsche
mundart 3S. der Sprint in dem amte Friedrichsberg . . . führet
swar kein stark mineralisches, aber doch schweisztreibendes
klares wasser ... noch beträchtlicher ist der sprint bei Kiauten.
Bock bei Frischbier 2, 356'. daneben eine unten spring noch
näherstehende form springd. ebenda.
SPRI.ND, n. landschaftliche bezeichnung eines gerätes zum apfeU
pßücken. Campe: da lob ich mir ein sprindt zu suchen und
dec apfel herabzuholen, ehe er natürlichen todes so alt und
schwach stirbt, dasz er inwendig faul ... ist. Hippel 4, 14S.
SPRINDIG, adj. quellig, quellreich, zum vorigen. Frischbieb
2,357*; sprindiger boden, nasser, feuchter boden. ebenda, da-
neben auch springdig. ebenda.
SPRIND WASSER, n. queUwasser, hartes »asser lum trinken.
Fkischbier 2, 357*.
SPRING, m. l) aus der erde springender Wasserstrahl, quelle.
ein hauptsächlich auf niederdeutschem gebiet lebendiges wort: spring,
quelle Fruchbier 2,356*. Woeste 252*. Scbahbach 206*. Kebrein
nassauische Volkssprache l, 385. in Hessen als ßurbezeichnungen
käußg, sonst aber in der Volkssprache nicht mehr lebendig. Pfister
nachtrage zu Vilmars tdiot. 2S2. Crecelics oberhess. wb. 801.
Adelckg bezeichnet spring als ^ein nur in den gemeinen sprech-
arten übliches wort.' daiuben ist im niederdeutschen eine Ver-
härtung 2U k eingetreten: sprink (neben spring) Frischbier 2,356*.
Däbhert 454*, für Hinterpommem bezeugt im korrespondenzblatl
des ver. für niederd. sprachf. 13, 86. neutrales geschlecht ver-
zeichnet WüESTE 252* und neben dem masc. Frischbier 2, 356*.
9gL ahd. urspring, fons, caput fluvii. Graff 6,397; mhd.:
»6 Tfiicb, si> guot, denn ob der sprinc kerne üj siiiea yalten.
Fradknlob 72, 11;
den worden ist zeim pfuole
der kl&re sprinc. 343,9;
da{ was et aller wunder sprioe. 236, S.
«s. spring in aba-spring Heliand 3919; ndl. gprinck, springb,
springende water, aqua saliens, fons saliens, fons vivus. Kiliar
2,6-23*; neuengl. spring, vgl. auch oben sprind, m. quelle, welche
das Wasser mit einiger yewalt herauswirft, in niederdeutschen
und mttteldeutschen gegenden häufig als flurbezeichnung. PrisrER
nachtrage zu Vilvars hess. idiot. 2<2. Crecelius oberhess. wb. $oi.
in der landschaft Göttingen- Grubenhagen Spring name einer quelle
bei Weende, bei Gladebeck, ebenso in der Zusammensetzung Maria-
spring bei Borenden, vgl. Scham b ach 2ij6*. als alter locativ ist wol
das springe in Ruhmspringe, Lamspringe u. s. w. aufzufassen.
H. Meter Sprachgrenze der Harzlande (1892) s. 12; vgl.: he ward
gekoren to den 7 springen an deme januario des 8. dages.
d. c/iron, 2, 273, 4; SO sollen auch sustent in den Stadtgraben
riele guter springk sein (Magdeburg), d. städtechron. 27, 188,32;
wü böse sümpf oder spring wären, sollen brücken gemacht
werden. Jülichsche polizeiordn. bei fuscB 2,309*; he scheppede
alle creature ane arbeit, recht also dat wuler fletet uth deme
spiinge sunder arbeit, quelle bei Scbiller-LCbbe.i 4,346*; dat
se mögen graren maken unde dyke unde springe upsuverea.
ebenda; um wenigstens meinen durst zu löschen, kroch ich
zu einer quelle ... ich ahnete, dasz es mit diesem wasser
eine eigene bewandtnisz haben müsse, denn gewalt und klar-
heit wohnten in ihm so nahe beieinander, dasz es kein ge-
wöhnlicher spring sein konnte. iMMEBMAN.f A/ünrAA. 2, 67; da
ist denn eines tages der kleine spring an der höhe losgezogen
mit gepolter, und gosz so viel wasser ia einer stunde als in
Jahren nicht, dasz der boden weichte. Alexis hosen des herrn
von Bredow 107;
du wärest Tast von glut und Oammen auffgeQogen,
wo du der Anger braiid zu kühlen bingesetit,
und was du, aus der rorm, für einen spring geschätzt.
HoFFMAKNSWALDAU verin. yeiS. 1(1697), 175.
plural springe: der Hermon hat wie alle kalkgebirge die
eigenbeit, die quellwasser in spalten su sammeln und dann
am gebirgsfusze als starke springe heraustreten zu lassen.
Stade geschichte des volkes Israel 1, 102. als das aus einem spring
(lieszende wasser, quellwasser, hartes zum trinken geeignetes wasser:
und ob sie (die gänse) wol drejerley getränck als sprinck,
born und bach haben, gänse logia (1690)26; von einem alten
köhler habe ich die distinction ihres geträncks offtmals ge-
höret: der meister träncke spring, die knechte born und die
jungen wasser, wird aber aus einem quelle geschüpfet. Dübel
3,64 ; ein porzellanerDer mannOscii
blies aus der Schnecke den spring von krystall, der gewölbt
in des beckens
Spiegel sich gosz. Voss 2 (1802), 218.
spring, in dem sinne von Springflut, f. 1 (i. unten), bei voll- und
neumond wird gesagt es ist spring, wir haben spring, vgl. ostfr.:
d'r sitt gen spring in 't water, 't is dode ti. teh Doorrkaat
Koolman 3, 289*; dr£ dage na nemdn kan man noch marken,
dat d'r noch spring in 't water sitt. ebenda und holl. spring,
springßut Mieg 311\ dann auch fast gleichbedeutend mit spring-
zeit, f. Bobrik 653'. Jacobssor 7, 414*.
2) selten von in die höhe springenden thieren: sprink, heu-
schrecke in kohlsprink, kolspring, locusta. Dief. 509"; sprink,
locusta Ratzebübg die forstinsecten^ 3 (1839), 260. bezeichnung
einer ßschart: gleicherweise in Holland gar kleine üschlein,
springk genandt, aus dem gescht des meeres werden. Horscbt
geheimnisse der natur 2e3*. sprink als ochsenname im kärnt-
nischen. Leier 238. vgl Fromm anrs zeitschr. 4, 160, wol weil
er die kühe bespringt.
3) in der seemannssprache bezeichnet spring
a) die erhebung der decke eines schiffes von der mitte nach
dem vorder- und hintertheiL Bobrik 653*. Rarmarsch-Heeren'
7, 599.
6) eine trosse (starkes tau), welche durch eine achterpforte zu
dem ankertau des vor anker liegenden schiffes hingezogen wird,
wodurch das schiff quer gelegt wird: mit einem spring auf dem
tau ankern. Bobrik 39*.
SPRINGAüER, f. eine aus der erde hervorspringende Wasser-
ader: springader, vera, fönte, d* acqua viva e sorgiva sagliente.
Kramer dict. 2 (1702), 890*.
SPRINGANKER, m. ein kleinerer anker, welcher bei schwerem
Sturme ausgeworfen wird, um den gröszeren anker lichten su
können und dessen tau nicht zu früh kappen zu müssen, ebenso
werden die sprinjianker benutzt, um einem kriegsschiffe bei der
bescitieszung einer festung oder eines feindlichen schiffes die rechte
läge zu geben. Bobrik 16*. vgL auch spring, n. 3,6 und unten
springtau, n.
SPRINGASSEL, f. eine springende asselnart. Oken 6, 600.
SPRINGAUF, m. n. imperativische bildung. l) tn einigen
gegenden, besonders in Schlesien name von convallaria majalis.
Nemnicb 1, 1202. Pritzkl-Jessen 107. sonst auch maiblume
(s. thetl 6, 1471) genannt: springauf, m. maiglöckchen Weir-
79
SPRINGBACH — SPRINGBÖSE
SPRINGBRUNNEN
80
HOLD »3*; neutraUs geschlecht r er zeichnet Kdeivko: die mil ihn»
{dem frühling) an färbe und gerucb kämpfende maienblume
oder springauf. Lobenstbiw i4rmin. 1, ISIS;
unten der springaur, des frülilinges lier,
stöMet »ein" artige glökklein heifür.
ScHBarrBR gpn. 112;
lur teil, alt der springauf aufsprang
und der ichwingauf sang und »ich aufschwang.
twurJilotcB leben und lieihcn 18"i9 «. bl
bei FaOHH. 4, 186;
hupfe doch wie ich empor,
rief der springauf aus dem moor
einem Teilchen lustig tu.
Gbishkib geil. 1,271 ebenda;
springauf trinltt und m&rxbecher
himmelsibau und sonnengluth,
und du alter enxecher,
du »erlierest jetzt den muih?
HorriANfi V. Fallirslkbbn ged.' 2b»;
wir lassen knospen unser herx
dem springauf gleich im hage. 266.
in treuerer zusammensettung springaufblümlein, m.:
wolgemtitt und springaufblümlein aulT dem mundhollxsafri
sich mühn. Schkrffkh inl. 536.
1) spriogauf auf niederdeutschem gebiet als benennung der
tchneUkäfer: springup, elateridae. korrespondenzbl. des ver. für
ntederd. sprachf. 1, 50.
3) springauf am tiiederrhein benennung einer tanzweise in
sechsachteUakt. Mobtanus Volksfeste 60".
SPRIMGBACH, m.: hohe springbäche strahlen aus den
quellen. E. T. A. Hofkmann 7,2C8.
SPRINGBALL, m. fangball der kinder, welcher beim auffallen
auf die erde in die höhe springt: springball Cokeriüs 941;
spring- oder »erfball, pila lusoria. Stieier 87; springball,
palla da balzo cioe da giuoco. Krämer d(C(. 2 (1702), 890'.
SPRINGBECKEN, ti. becken eines Springbrunnens, in welches
sich der Wasserstrahl ergiesit. Jacobsson 4, 237*.
SPRINGBEUTLER, «i. springendes beuteUhier: die riesen
dieser gattung sind die kängurus, springbeiilier oder beutei-
basen. Breiii illustr. thierlebtn 2, 42.
SPRINGBOCK, m. 1) bezeichnung einer in Afrika lebenden
antihpenart, welche bevorstehende stürme durch hohe luftsprünge
anuigl. antilope pygarga. Neu nicb 1,351; antilope euchore, mar-
supialis. Oben 7, 1373; sonst auch springende gazelle, luft-
springergazelle genannt. NtuwicH a. a. o. in einer verall-
gtmeinerung ron einem bock aus dem gemsengeschlecht überhaupt:
der strengen Diana, der freundin der jagden,
lasset uns folgen ins wilde gehöiz,
wo die Wälder am dunkelsten nacliten
und den springbock stürzen vom Tels.
Schiller braut v. Stets. 1, 7,
WO vielleicht an den Steinbock zu denken ist. demin. spring-
böckcben, von einem zahmen jungen Ziegenbock: dann rief
er: ringlöckchen, — springböckchen — mit dem klingglöck-
chen I RCciERT 11, 519, hier alt anrede für einen lustig springen-
den jungen.
•l) springbock, wie oben springauf, m. 2. eine benennung der
Schnellkäfer, elater. Dannbil 207'.
3) gerät zum springen, als turngerät in gestalt eine$ bockes:
'stemme dich von auszen gegen die tbar, Eggo', begann der
abt nach rückwärts gewandt, 'damit der (zur strafe eingesperrte)
scholasticus saliarius nicht auf den einfall komme, uns selbst
als spriogbücke zu gebrauchen oder gar in unserm eigenen
keller eiozuscblieszen.' Fieytag 9,72.
4) ein in die höhe schnellendet kinderspielzeuy, aus dem brust-
bein einer ganz oder eines huhnes gefertigt. Dann eil 207'.
SPRINGBORN, m., auf niederdeutschem gebiet dasselbe wie
Springbrunnen, ni. (i. das folgende), vgl. auch oben spring, m. i:
ntederrh. spriogborn, tcatebra Dicr.-WCLCBER 860; springborn,
spno|burre Scbamhach 206'; doch auch oberhestitch springborn.
CsBcKLios 2, Mtl. in der siede dar eyn bejt sprinckborn ys.
ftteUcftfi ScBtLiKt-LfBBB!« 4, 346'; de hilge here sunte Gunter
Uck dar inne begraven, de ein lanlgrcve to Hessen hadde
fCWMMi und sik dar in dat closter als ein converse hudde
gtfatM, dar he ein springborn gode af gebeden und mit
slner eigeaen band gemurel badde. d. ttOdtechron. 7, M8, 32;
olcbl des tprlngborns holdes gesftusel
reist« sein ohr. Cirkir Tunitia» b, 144.
SPEINGBÖSE, adj. dermatten bOte, dass man seinem gegntr
im iat feäekt tprinfen möeMte, FaoaaANiit zeiltehr. S, 141. vgl.
tmdt «Mira iu enUfndnade sprioggifiig, »dj.
SPRINGBRUNNEN, m. allgemein brunnen, aus dem das wasstr
mit einiger gewalt hervorspringt dasselbe wie oben spring, m. 1,
springborn, m. und unten springquell, m. springbrunn schreibt
Kbamer (5. unten), als Überschrift Brqckes 2,132. Mercb 6rt«^i(<. 1,
vorr. 40 und Scblegbl Shakespeare Julius Cäsar 2, 2 (s. die be-
lege unten), springbrunn Danneil 207'. in der Schreibung
Sprüngbrunnen: (Adelmund) fübrete mich in den garten, da
wihr zu einem überaus schönen lust- und sprQngbrunnen
gelangten. Zesen adriat. Rosemund 42 n«udr. überhaupt 'queUe' :
ausz den verborgenen wässern (wässerigten sumpffen) quillen
die Springbrunnen, daher die bäche flieszen. Cohbnids 65.
vgl. Dankeil 207'. dann im besonderen bezeichnet es alt Ver-
deutschung von franz. fontaine kunstvollere anlagen, welche das
wasser in strahlen emporwerfen: springbrunn, springbrunne,
fontana. Kraheb dict. 2 (1702), 890'; springbrunne, aqua e
tubuHs arte hydraulica saliens. Frisch 2,309'; vgl.: wenn wir
einer fontaine den namen eines Springbrunnens beylegen; so
sagt man uns: dieses sey eine pure caprice. Gottsched bei
Reicbel 55. es versteht sich aber, dasz Reicbard die fenster
um den Springbrunnen, weither an der milternäclitiichen seile
des kreutzganges {im kloster Hirschau) war, nicht milgezählet
hat. dieser lag in einem besondern erker, welcher eigentlich
zu dem kreutzgange nicht gehörte. Lessing 9.249; markiplatz,
worauf ein Springbrunnen steht, oben drauf Kneliius, und
unten um den brunnen seine trabanten. Fr. M(!li.er 2,103;
an den tagen, da sie (frau Hinkel) hieran (an der herstellung
der kleinen vügel) auf den verfallenen stufen des trocknen
Springbrunnens sitzend arbeitete. Brentano 5, 4s; ein garten
voll hoher flatternder Springbrunnen, welche vor der sonne
glanzlrunken ihre bogen durcheinander warfen. J. Paul Titan
5,60; in der mitte stand ein springbrunn, der alles befruchtete,
rund um den garten wuchs ein weinstock. Brentano 8,404;
(blühende granaten), die neben dem Springbrunnen leuchteten,
in dessen bassin sich die goldßschcben funkelnd bewegten.
TiECK 19,201; unzählige Springbrunnen plätscherten mit ver-
goldeten kugeln spielend, einförmig in der groszen einsainkeit.
EicHENDORFF 3, 124; man glaubte sich entrückt in eine italie-
nische mondnacbt mit stillen cypressenalleen, schimmernd
weiszen statuen und träumerisch plätschernden Springbrunnen.
Heine 6, 451 ; mitten in dem saale drängte ein groszer Spring-
brunnen seine Wassersäule fast bis zur decke der kuppel
empor; seine wogen, in tausend blinkende sterne zerbrochen,
weckten in das silberbecken zurückfallend die süszesten
cymbeltöne. Ludwig 2, 465; eine spacke heringstonne, die ein
mal den Springbrunnen, auf fünf minuten, gespeist bat. nat.-
zeitung 14,136 s. 2';
der Springbrunnen und der hieb.
der springbrunn sah den bach in tiefen ufern schleichen.
'so schnell?' rief er ihm spöttisch nach.
Mbrce briefu). 1, vorr. 40;
der springbrunn rief mit stolzen mienen:
'. . . betrachte mich in meinem stand«,
mich, reist der fremde, zu besehn.' ebenda;
(das vöijlein) lästt betrogen dann es (dos bldltlein) fallen
auf des springbrunns marmorrand,
und er spielt mit süszem lallen
mit dem süszen frühlingstand. Brentano 3, 354.
im vergleiche: sein mund glich einem vollen Springbrunnen,
so gosz er hervor. Hrinse Ardinghello 1,381;
sie {C'ilpurnia) träumte diese nacht, sie sah' mein bildnisi,
das wie ein springbrunn klares blut vergosx
aus hundert röhren. Shakespeare Juliii.i Cdsar 2,2;
wie Springbrunnen blasen sie (di<> wutc) strahlen empor,
und sclinauben wie Orgelpfeifen, ScHKrrsL gnudeamus 144.
übertragen (als Sinnbild der freude): alle prangenden Spring-
brunnen der freude waren plölilicb niedergefallen, die lüfte
verödet und das wasser rourineltc in den tiefen. J. Paul Titan
5, VI. wie sehn ich mich, naiur, nach dir,
dich treu und lieh zu fühlen!
«in lustger springbrunn, wirst du mir
aus tausend röhren spielen. Götrb 2, 191,
demtn. springbrttnnlein, n.; an dem orte, da golt Mosi
iui feurigen buscbe erschienen, hätte kayser Juslinianus auih
eine tapclle, und bey derselben einen lustgnrten gebauet,;
benebcD einem springbrflnnlein. Sperling fiicodemus quaerent ;
2 (1719), 135. springbrQnnchen, n.: dort ao dem alten
springbrUoncben wasche dich, bade dir deine fflsze, ruhe ein
bischen aus. Rrkntanu 5,34. weitere compontion: spring-
brunne nbecken, n. , dasselbe wie oben springhecken, n.
Cahpi.
^\
SPRINGßÜCHSE — SPRINGEN
SPRINGEN
82
SPRINGBCCHSE. f.: 60 sprinkhiichsen. anzager für künde
der deuUchen toruxl 1S57 ip. 24".
, SPRLNGBCGEL, m. in die höhe schlagender iügel, als theil
eines fangntites für vögel: der vogeler... überzihet die durch
lockrögel herzugelockte ... vögelein entweder mit dem kloben
(rogelnetze, springbSgeln), oder hält sie an mit der leimnithen.
COÜEML'S 42S.
SPRING DOCKE, f. infolge federkraft in die höhe hupfende
ftippe: springdocke, hamboccia saltante, salterina. Rbaxer dict.
2 (1702), S90'.
SPRINGE, ,'., s. oben sprenge.
SPRINGEL, m. l) dasselbe wie oben sprinkel unter sprenkei, m.
äeäpula avium, vgl. die neben form sprenge!, m. und Kehkei?«
weidmannsspr. 27S: springel, calapjio, trappola, trabocchetto da
fiigliar' uccelli. Kramer (fiel. 2 (1702), 894' ; springet, tendicula.
quelle bei Frisci 2,30$'.
2) ein turngerät für springübungen. Kehrein tceidmannstpr. 278.
3) als beslandtheil eines tcagens:
von den Alpen kam der witz lastenweise hergeTahren,
achs und springel knarreten von den zentnerschweren waaren.
ScuöRAicH Gnissel (1755) 24.
4) wol als deminutivum aufzufassen.
a) springet, n. im steirischen benennung der gartenbalsamine,
balsamina impatiens. Uncer-Khüll 52S\
b) springile, kärntischer liegenname. Lexer 23S.
SPRINGELBLLME, f. benennung von galium verum. Pritzel-
Jerskn 160^, sonst auch Sternkraut genannt.
SPRINGELN, terb. häußg und wiederholt springen, saltellare,
iaUicchiare. Krämer 2 (17U2), 890*.
SPRINtiELTWIETE, f. Hamburger strasunname. sie springt
ton der Stein- in die ISiederstrasu hinab. ScbCtze holst idiot. 4. 175.
SPRINGEN, verb. salire. mhd. springen, ahd. springan,
as. springan (ndl. springen), ags. springan, got. spriggan nicht
helegt, altn. springa, schwed. springa, dän. springe, urverwandt
ist vielleicht gr. a7iiQ%ea&(u 'eilen, anepx*'*^^ 'hastig', lehn-
Kort aus dem germanischen ist itaL springare ^mit den füsien
zappeln . altfrans, espringuer, springend tanzen, picavdisch vor
freude springen. Diez^ 304. unser wort gehört zur starken con-
jugation. die fleiionsweise des wortes in der älteren spräche ge-
wöhnlich ich springe, ich sprang, du sprungest, er sprang, wir
Sprüngen, gesprungen, dann trttt neben sprang, tgl.: Gnffroy
spränge aber gegen den riesen und zuckte so gar einen
Stareken schlag mit seinem guten schwerdt. buch der liebe 278',
unter dem einflusse ton du sprungest, sie Sprüngen auch ich
Sprung, er sprung: schlenkerte gleich Paulus die otter, welche
ihm nach erlittenen Schiffbruche in der insu! .Melite an die
kand sprung, ohne schaden ton sich. Sperling ^icodemus
quaerens 2 (1719), 832;
zuband das männlein herausz sprung,
schön, zart, gerad, gesund und jung.
H. Sachs 4, 3, 70*;
tgl.: du lieTest was man laufen kann;
du sprungest in die Stadt! Glei* 4, 11;
«rten sprang noch verzeichnet: ich sprang et sprung. dn
sprangest et sprungest, er sprang et sprung. wir Sprüngen.
Stieler 2104: ich sprung, ich sprang. SiEnBACH 644; du
sprangest Gleim 4, 11 (unter i, d, S); er sprung Schiller I, 179
{unter l,a, S). noch heute mundartlich: Hdkzikbr 24«. Lexer 238.
ScBAMBACH 206*. WoESTE 252*. in der heutigen Schriftsprache
iit dagegen die entgegengesetzte angleichung durchgedrungen : ich
sprang, du sprangest, er sprang, sie sprangen, ein schwaches
part. ich bin gesprungt Zircerle lusern. wb. 52'; ich bin ge-
sprungt ftmfcr. wb. 206'. vgl. im übrigen unten nhd. sprung, m.
1) springen von der hüpfenden bewegung meist lebender wesen
gesagt,
a) einer ursprünglicheren bedeutung noch nahe stehend im be-
sonderen von einem plötzlichen in die höhe fahren, zumeist mit
einer entsprechenden b estimmun g , sehr häufig al« ausdruck des
Schreckens, der freude: in die höhe springen, exilire, esvUare.
Stieler 2I0.S; in die hübe springen, saltar' in allo n in aria.
Krämer di.i. 2 (1702), s*«»'; die gestalt erseufzete, sah auf,
sprang in die höhe, und lag zu ihren ffiszen. Chr. L. Heyne
tti den erzählern des i%. jahrh. 22: er sprang in die höhe und
rief: 'was kreuzmillionenhagel ist denn das? bin ich confus
oder nicht?' Keller 5,128; daßrauch: springe hoch mädchen!
eine freudenpost. Schiller Fiesko 1, 12. anders gewendet: wie?
nicht in die luft springst du, da dir die glocke zur freiheit
läutet? räuber 4, 13 trauersp.; gebt acht, wie hurtig er auf die
beine springt? rUüelt ihn. he du! es gibt einen tat er zu er-
X. 2.
morden. 5, l si-hausp. vgl. : wer von uns sah ohne beben zu. . . .
als aufgeschrückt aus träumen der ewigkeit, von den Schreck-
nissen des nahen gerichts umgeben, Franz Ton Moor aus dem
Schlummer sprang. Schriften 3, 515. häufig in entsprechender Zu-
sammensetzung, so aufspringen (s. (h. 1,743): also balde stunden
seine (des lahmen) Schenkel und knöchel feste, sprang auff,
kund gehen und stehen und gieng mit inen in den teropel,
wandelte und sprang und lebete gott. apostelgesch. 3, S: wie
Ton einer wespe gestochen, sprangen die gesellen auf und
stellten sich auf die beine. Keller 4,257; (der bursch) sprang
auf wie ein geschreckter hirsch und rasete davon. RoSEceER
1,324; (emporspringen, vgl. tAe»/3, 440:)
sie sprang empor, sie schrie so laut,
wie noch kein herz geschrieen. Stosm 8, 209.
b) dann auch wiederholt eine hüpfende bewegung machen, fast
ausschlieszlich als zeichen der freude: springen, hüpffen, sauUer,
sailltr. Hdlsics (1616) 304'; springen, hüpffen, salire. Corvinus
56l'; springend kommen, venire saltando, sallellando o saltelloni.
Krämer dict. 2 (1702). S90*; vgU: ich spring ejn wenig, ich
hupff auff, subsilio. subsulto. Dastpodiüs; da ist die stimme
meins freunds, sihe, er kompt und hüpffet auff den bergen,
und springet auff den bügeln, hohelied 2,8;
voll trunkener entszückimg,
sprang er auT einem bein. Höltt 11;
doch manchmal in der wasser stürz
sind wir (ilir hiöif mit riim nie einschliestenden kiesel)
gewaltig gesprungen. Kellkr 10, 103;
und will euch drum doch nicht vergessen,
dasx ihr nicbts könnt als springen und Tressen.
Storm 8, 290;
besonderes kennseichen der kinderlust: die andere das vorwitzigste
tollste kiad, springend. Jauchzend, übermütbig alles drunter
und drüberkehrend und wieder sanft und treuherzig zum
entzücken. Rosegger 1.356;
das mädchen mit den hellen autren.
die wollte keines liebste sein;
sie sprang und liesz die Zöpfe fliegen,
die freier schauten hinterdrein. Storm 8, 290.
a) mit angäbe des erregenden gefühls: von fröuden springen,
wenn es einem übel gadt, unnd trawren, wenn es einem wol
gadt, insultare malis, rebusque aegrescere Inetis. Maaler 382*;
für freuden springen, saltare. salteüare (tripudiare) di gida.
Kramer did. 2 (1702), 889'; springen vor freuden, laetitia ex-
sultare. Frisch 2,309'; vor freuden springen, laetitia exsultare.
Steinbach 2, 645; er springt vor freuden, laetitia effertur. ebenda;
hette ich doch nymermebr gegleubet, das es also soll komen,
also das du für freuden springest und müssest bekennen,
du seyest nicht allein erhöret, sondern wunderlich erhöret.
Luther 25,638,24 W'eim. ausg.;
diu Diemuot dan vor fröuden springet,
diu Gedult vii lüte singet.
I.4MPRECRT V. RkGE5SBUR6 lOCkUr t. SjfOM lfl€3;
die weit nur Jesum singe
und immerdar
das ganze jähr
vor ihm in freuden springe.
Spei Irultnncki. 14, 200 Bitte;
alsdann mit bester zier geschmückt,
noch basz in freuden springet,
dem Schöpfer feiret unverzuckt
und Jubel grosz vollbringet. 140,82;
mitten nun auf diesem plaan
in der güldnen himmelsbahn
höret man ein solches singen. . . .
■las man mag für freuden springen.
Rist l'iiinnsz '72;
(auch:) das bertz springt mir vor fröuden, saht mihi cor.
Maaler 382*. mehr zu \,a sich stellend : wir sprechen in ge-
meinem leben: für freuden mit dem köpfe wider die decke
springen. Lessi.ig 3,408. mit nur adverbialer angäbe:
nun freut euch liebe Christen g'raein,
und laszt uns frölilich springen.
LiTHER im liunnov. gesangb. 263, 1;
frölich soll mein herze springen
dieser zeit, da vor freud
alle enget singen. I>. Gibhardt 57, 1 Gödeke.
substantivisch gewendet:
so kommet vor sein angesiebt
mit jauchzenvollem springen
bezahlet die gelobte pfliclit
und laszt uns fröhlich singen,
J. J. ScHÖTZ im hannor. ijexanqh. 449. 9.
ß) ohne weiteren zusatz springen überhaupt bcseichnung für
[leudvoUes hüpfen, als Übergang zum folgenden: jetzt stehen
6
83
SPRINGEN
SPRINGEN
84
die kinder auf, drängen sich an sie und den vatcr, und die
Gertrud, und sagen: wir bekommen jetzt eine hochzeit! und
springen und lachen. Peitalozzi I.ienh. u. Gertrud %{l'M),&l;
ir schult nimer also jenierlich hucken,
und scliült nu lauTm und springen
und frölich sein und auch singen.
/Vjsfn. s): 603, 20 Keller;
uns geziemt vor allen dingen,
mit der jngend leichten schwingen
zwanglos durch die well zu springen.
floFFMAnn V. Fali.irsi.erin qril^ MO.
auch übertragen {vgl. oben unter a): sollte ddo nicht ein herz
springen und vor freude zerdieszen wenn es zur arbeit ginge?
Li]THER gr. katechismus 64 Bertheau; mein geist springet, jauclizel
und frolocket in dem hcrrn, mio sjurito salta. sallella, esulta,
giubila, briUa e festrggia nel signore. Krämer dkt. a {1702), 889';
so erhehet sich der ^eist
Ton des liehtes volleist,
als ob er wolle springen.
i.AipaiiciiT V. RKGE!»SBDa6 tochler t. Syon 2581.
v) in einer lusammenslellung mit singen, verh. schon mehr alt
taktmanige tantbeteegung gekennieichnet: und war jederman
frölich, iungen und sprnngen, beide jung und alt. Judith 15,16;
Harlequin bringt den Scaramonche unter verschiednen ge-
stalten herein und dieser empfängt also, unter springen und
singen, einzig und allein, was Pantalon unter eine grosze
anzabi von personen auszulbeilen glaubt. Lkssing 4,440;
darumb wel ich springen
und ein gut lilgen singen. 41s/. ;Mssion»«;). 1794;
davon ich allzeit fröjich sey,
zu springen, singen jmer frey
das rechte susaninne schon.
LUTHE« hei Wacker!<agel kirchenl. 3, 23';
springen und singen soll die Jugend,
die alten warten aller tugend.
Petri hpi Wanper 4, 747;
»Inget, springet,
jubilieret, triumphieret,
dankt dem herren.
grosz ist der könig der ehren.
nnch Phil. Nicolai im haniiov. gesangh. 292,0;
alles «inget,
alles springet.
was nur lallen kann. IIoltt 17b;
ich kann nicht singen und springen,
ich liege krank im gras. Heine 1,205 Elster:
tgl. noch: wolauf, meine herze, sing und spring
und habe guten mut. I'. Gerhardt 119, 49 Gödeke,
S) in tautologtscher lusammenstellung mit tanzen und ähnliehen
terben: ich tantze oder springe embsig, salto. Dastpodios;
springen und dantzen, desultare. Maai.br 3S2*; tantzen und
springen, daniare {ballare) e saltare, tripudiare. Kramer dict.
2(1702), 8>t9'; wir haben getantzt und gesprungen, habbiamo
baUato e taltato. ebenda; tanzen und springen, saltare. Frisch
2,309'; und da die lade des herrn in die stad David kuin,
kucket Michal die tocbter Sauls durchs fenster, und sähe
den könig David springen und tanizen für dem beim. 2 .San».
«,18; z6 weybenacht begehn sy {die Franken) die kindtlieyt
Christi also, sy setzen ein wiegen aufl' den altar, dareyn
ein gschnilzt kind gelegt, disz wiegen die stall kind ein grosse
menge, springen und dantzen umbs kind in einem ring.
S. Franc» wtitb. io'; item sy (die fränkischen burtchen) flerhten
ein alt Wagenrad voller strow, trugens uff einen hohen, gaben
berg, haben darauff, so sy für kälte bleiben mögen, den
gaiitzcn lag ein gAlen inöt mit vilerlei kurtzweil, singen,
springen, dantzen. .M" (vgl. datu auch unter y);
•0 bewine dich, tochter, liobelichl
du talt um danczen und springen.
Alhlet'ter pattionstp. 928;
und wil gar tUi dar inne (im dienu Her jitwifrauen)
beleihen, . . .
far hubschlich tagen und rrolicli singen,
mit den junkTrauen tanzen und springen.
fattn. ^/l. 521, 13 Keller;
schlah auf. last uns tanzen und springen. 522,0;
jetzt kau er tanzen und springen;
zuvor koni er nicht ein liedlein singen.
Surnlienjer trhrriiiertpiel ton 165«
in Bayern* mumlnrien 2, 41 ,
wir fuhrea ein engliiche« laben.
sind dennoch ranz lualig daroebrn,
wir lanz«>n und springen
nnd hupfrn und slngrn.
>ic. Stuaa tili it. IlttDBaRAH» maleriali^n
tum »ullulieä $, 61 ;
hüpfen und springen: (hierher wol:)
nun laszt mich hüpTen,
nun laszt mich springen,
zu allen lüften
hinaiil zu dringen. Göthe 41,2:^:
da er noch in unsern reyhen liüpfte,
da er noch in unsern armen sprung.
und sein herz an unsre herzen kniipfte, —
0 der scheidenden erinnerung! Schiller t, 179;
treten und springen:
si traten iinde sprnngen
nach ires herzen rate
vor der kemenate. jiassional 293, 22 Kipke;
springen und schwingen: manchen sah ich springen und
schwingen auf weichem rasen, der hoher spriinge in der
feldschlacht vergiszl. Frettag 8, 34.
e) auch springen aUein als beteichnung eines mehr oder weniger
kunstmdssigen tantens: in dem reicbsabschiede von 1577 wird
den weibsleuten das springen verboten, und jezt läszt man
sie so viel springen, wie sie wollen. Müser patr. phant. 1,357;
Tör'n Schilling springen, scherzhafte beieichnung für tanzen.
DXhnert 454'; diese weine glitschen herrlich, unsre tänzerinnen
springen a merveille. Schiller Fiesko 1,5; der alte faszte die
band der Jungfrau, sprang wie ein jüngling und schwenkte
sie rüstig über den rasen. Frevtag 8,88; dir aber sage ich, wer
im tanze den Römern gefallen will, musz nackt springen. 70;
so hört doch einmal zum (su) springen auf, ihr tollen saker-
menler! es gebt alle an, wenn ein solches ungiflck geschieht!
BOSEGGER 1, 359;
euch tbut zum tanz verpnaren :
vor ihm nur frisch und freudig springt,
nun flechtet ihm den reihen.
Spee iruitnnchl. 139,69 Butte;
mit mir auch sollen überall
die bäum und siauden springen;
heck, laub und gras,
wanns merken das,
mit raütsens auch zum reihen. 13, 184;
da sitzen zwey, die alte mit der jungen,
die haben schon was rechts gesprungen.
GöTHB 12. 215;
nackt, ein genius ohne OGgel, faunenariig ohne thierheit
springt er auf dem fetten boden. 41.229;
hört ihr kindeslieder singen,
gleich ist's euer eigner scherz;
seht ihr mich im tacte springen,
hüpft euch elterlich das herz. 231 ;
es kamen in sein grünes haus
viel leichtbeschwingte gaste:
sie sprangen frei und hielten schmaus
und sangen auf das hatte. Ubland gei. 61;
tuftj((in(ti^5c/i gewendet:
wie lange sich daj springen zoch,
gnuc ir (der tämer) von dem tanze vioch
wand in die arbeit was zu groj.
pussioiiiil 293, 20 Köpke;
es quam ze jungest ouch also,
dai einer hi im nicht enbleib,
idocli er do sin springen treib,
als in der tuvel betwaiic,
der mit im zwene tage spranc,
do viel er nider und was tot. 38,40.
ich (ilrr reichlhum) hab luslgärten. rosenstAck, . . ,
all freüd und die du magst genennen,
mit ilulriiieren, stechen nnd rennen,
mit singen, springen und höheren,
mit tantzen. jagen und pArrschieren.
H. Sachs /nsln. «>). 1, 27, 191 ßn/ir.
vgl. datu auch oben unter y und f;
reicht eine geige mir zur band.
't wird geben gleich «in andres klingen
und in der schenk' ein andres springen 1
Lrnau 2, 121 Koch.
5) auch mit einer weiteren angäbe des objects. den reigen
springen: uf ain zeit du erscheinen im in der nacht drei
beser gaist in der gestalt wie moren, die sähe er bei im hin
und wider gegen seim betl danzen und den raien springen
und hört sie singen ganz lieblich. Zimm. r/irnn.* l, 114, 36;
ich wil auch tanzen iimb den hin
und wil den ersten reian springen.
f.iUn. «;>. 5M, 19 A'eUer;
einen sprung (tantsprung) tpriogen:
Ich w«l thun, was ich sail
und tpringen aber einen sprung.
Altfelilrr f>nuioni$p. 1R0<;
du hllfeti dancien und singen:
ich wel mit <ler •pringrii
manchen frolichen sprungk. 1787;
s5 SPRINGEN
.■en tanz spiiugen:
wie's Tölklein in Jer stube
die tollsten länze springt. Le."<au 2, 122 Koch;
dafür auch die melodü eingesetU. die weise springeu anstaU
nach der weise springen: spiel den reigen sänger. ... den
Ja heut des königs mägde gelehrt, damit auch wir geschickt
die weise springen auf der haide. Freitag 8,62;
wai man In pfeyfft, dar thon sy springeu.
T. Sti««e» comedta 11.
..Itener auch in präpositionaUr ßguixg. im reigen springen: die
-linitter banden dem groszen gütt des voikes die letzte garbe \
uat frommen zuruf und brachten im reigen springend den j
abrenkranz zur halle des fürsten. Kreytag 8, 6S. anden ist
uüJ die folgende Wendung an den reigen springeu aufzufassen,
wo vielmehr das sich anschicken zum tanze sum ausdruck kommen
soll: Liliis des teufeis gruszmutter springet auch an den reyen,
fastn. sp. 902, 6 Keller; ebenso:
Scolastica sprang au den tanz.
Co>»*D Dasgkiotzhii« nambuocli M;
Uinrick Royper. Bartolt Langlians
weren ghesprungheii an den daus.
Bniunschw. schicitlspiel 1219 in d. Hädtechr. 16, 141.
c) springen, vermittelst eines Sprunges ein hindernis übem-inden,
'.ich durch einen sprung schnell und plötzlich von der stelle be-
wegen: springen, einen sprung thön, dare saltum, salire, saltare,
ialtitare. Haaler 382*.
a) aus dem bette springen, saltare, seagliarsi, balzarsi, sbalzare
gtü, trarsi dal letto. Kramer dict. 2 (1702),S89"; Eckarth sprang
aus dem bette, wündschet dem general einen fröliclien morgen.
Ettner unvorsichtige hebamme 10;
si (Kriemitilde) spranc Ton «in«!!» beue, di st ruowende lac.
Sib. 683, 4 Lachmann;
sorgende wacter (Albrich) der Nibelunge man,
er spi acli : "wol üf, ir beide, ir sult ze Sifride gin*.
si Sprüngen von den betten und wären nl bereit. 472, 1;
(Hanne) schläft ruhig ein. und springt aus ihrem bette,
sobald die sonn' ins fensier blickt. Hölii 180, 15 Halm;
mit verdrusz nun sprang ich vom lager,
kleidete mich, und sabe die funkelnden stern' aus dem leiister.
Voss 1, 109;
TOD dem persischen plübl in dem purpurgezelt
sprang säbelumgürtet der herr der weit.
SiBACHwiTZ geä. 215 Weinhold.
zugleich unier etnflusx von 1, a stehend mit dem beisinn des vor
erregung in die höhe fahrens. von dem stuhl springen: da
wandelt gott dem könige sein herlz zur giile, und im ward
bange für sie (die ohnmächtige) und sprang von seinem stuel
und umbfieng sie mit seinen armen, stücke in Esther 4,8;
der küoic von liebe von dem sedel spranc.
üib. 712, 1 Lachmann;
aus dem sessel sprang er, der krachend brach.
Strachwiti (jed. 89 Weinhold.
tieh schon mehr dem gebrauche unter \,d nähernd: und schnell
wie ein raubthier sprang er von den stufen und stiesz die
waffe dem häuptlinge der Thüringe durch paozer und brüst.
FiBYTAG 8,205; vgl.:
dö spranc von einer stiegen Giselber ze tal.
.\»'). 564, 2 Laclimann;
wie balde geiu Im Uagene von der stiegen s*pranc!
Nibelunges swert daz guote vil lüte üf Dietrich erklanc.
2-285. 3.
TOD einem wageu springen: aber der herr erschrecket den
Sissera sampt allen seinen wagen und ganlzem beer, für der
scherffe des schwerls Barak, das Sissera von seinem wagen
sprang und floh zu fiissen. richter 4, 15. dafür auch aus dem
wagen springen: ror der apotheke befahl er, aus dem wagen
springend, die thüre offen zu lassen, und sobald er gelaufen
komme, (liegend mit ihm abzurennen. J. Paul Kalienbergers
badereise 1, 5'J. entsprechend
ß) von einem bäum, einer mauer springen u.s.w., gern
dafür herabspringen ((A<ii 4, 2, 1013): meine mama ist noch
reizend, noch jung. Katbi! ich glaub, sie kOnnt noch heute
10D der mauer springen. Sturm 4,213;
aus der scliwankeu kroue {der flehte) springet
boheu Sprungs die amazoue,
springt die schöne reiterpolin,
die getanzt auf der Schabracke
mancbesmaL Killsi 10,221.
aus dem fenster springeu, sallar fuori dalla finestra. Khamem
diit. 2(l';02),8t»»';
SPRINGEN
86
wir v\öln mit dir heim geliu all drey,
das du nicht etwan thust ein scbadeo,
oder springst ausz zum kammerladen,
oder falst etwan in ein biunnen.
H. Sachs 14, 302, 27 Keller-Götte.
mit weiterer richtungsangabe : zu dieser zeit belagert Simon die
stad Gaza ...und stürmet die stad und erobert einen ihurm
und dieselbigen so auff den thurn kamen, Sprüngen in die
stad. 1 Ifacc. 13, 44; durch eine grosze lücke der hofmauer,
welche die nachtgesellen gebrochen, sprangen sie ins freie.
Frettag s, 167.
y) in eine Öffnung, einen behälter, eine flüssige oder feurige
masse u. s. w. springen: und als jener noch kaum den zügel in
der band hatte, war Hauke schon in die kluft gesprungen und
hielt das kleine winselnde thier in seinem arm. Storm 7, 243;
iiern dafür hineinspiingen (I/iei« 4, 2, 1424): ist es wahr, dasz
Julie ins grab hinein sprang, als sie den leichnam verscharren
wollten. Fa. MCller 3, 2S9; ins wasser, ins feuer springen,
saltare, seagliarsi, lanciarsi neW acqua, nel fuoco. Kramer diä.
2(no2), 8*9'; vom schiff ins wasser springen, projicere se e
navi in aquam. Frisch 2,309'; ins wasser springen, projicere
se in flumen. Steisbach 2,645; ins meer springen, dejicere se
in mare. ebenda; da sprang Jonathas und sein volck in Jordan
und kamen über das wasser, und Bacchidis »oick war nicht
so küne, das sie sich ins wasser begeben betten, l .Wacc. 9, 48;
ich sag euch, wenn man aus dem glühenden ofen ins eis-
wasser springt, kann man den abfal! nicht so stark fühlen
als ich, da ich am andern ufer war. Schiller räuber 2, 3
schausp.; dann wolle er mit seinem schlichten, hölzernen
Instrumente vor ihren äugen ins meer springen. Novalis 2, 35
Meissner; vgl.: da sprang der sänger mit heitrer Stirn in den
dunklen abgrund hin, sein wunderthätiges Werkzeug im arm.
ebenda; nun aber macht die execution den armen heros so
wüthend, dasz er mit der kraft der Verzweiflung sich los-
reiszt und trotz dem stürm in's wasser springt. Viscber auch
einer 1,49;
der Franke in die wellen springt.
Strachwitz yeri. 282 Weinkold.
häufin als that eines lebensüberdrüssigen: ich will in den flusz
springen, vater, und im hinuntersinken gott den allmächtigen
um erbarmen bitten. Schiller kab. u. liebe 5, l.
3) in den wagen springen: er sprang schnell noch in den
wa|en. entsprechend: ins schiff springen, saltar' in barca.
Krämer dict. 2 (i 702), 889';
Rolf Dnring sprang ins boot zur stund
und ruderte über den Oeresund.
Stracuwitz ged. 2äl Weinhold,
e) bei der landung: aufs laud springen, desilire in terram.
Stein BACH 2. 645. s. auch den beleg unten aus Krämer, als
mittel seemännischer fahrtbestimmung : unde men sal se (die
felsen) laten liggen an sturbort, unde mot dar so na segelen,
dat dar eyn man uppe spryngen mach, seebuch 7,7; item de
wil segelen . . ., de mot vaste by den Motton segelen, gelyk
dat dar eyn man uppspnngen mach. 9,51; vgl. noch die ent-
sprechende'«endung auf die erde springen: der wildschüli blieb
noch eine weile kauern auf dem steinvorsprung, endlich erhob
er sich, sprang auf die erde, lauerte und lief davon. Rosegger
1,109. daneben aber ans land springen: ans (aufs) land springen
(aus dem schiffe), saltar' in terra (dalla barca). Krambr dict.
2(1702), SS9'; ans land springen, desilirein terram. Frisch 2,309';
bald sah er, wie drüben bei einer schroffen, dunklen stelle ...
das boot sich beilegte und eine untersetzte gestalt daraus
ans land sprang. Storm7, 21S; ein gebrauch, der sich koI unter
dem ein/luss von ans ufer springen entwickelt hat: Ingo aber
I sprang durch das eisige wasser ans ufer. Fbettag 8, t02; er
' glaubte einen augenblick im unsichern mondlichte eine grosze
gestalt mit gezogenem degen auf dem vordertheile des um-
zingelten nachens zu erblicken, sie schien ans ufer springen
zu wollen. C. F. Meter Jürg Jenatsch 152.
^ auf einen gegenständ springen mit dem beisinn in die höhe,
in der commandosprache der seeleute: spring auf den bugspriet!
spring auf die ree! vgl. Eggkrs 2,961; um besser sehen tu
können: ^j,, tQnec von Amelunge spranc üf ein banc.
iVi6. 1918, 3 Lacitmann.
auch auf personen, sich vom folgenden unterscheidend, in der
teklackt auf den gefallenen Vordermann springen:
lücken reiszt die streitende kaitätscbe,
auf vormanns rümpfe springt der hinterniuan,
ScuiLLiR 1,232 {viiiianti' vonnaoas rümpf);
6*
87
SPRINGEN
SPRINGEN
88
foL: da flel der riese, das war ilim lu grob!
und auf ihn sprang Kolf Ufiiing.
STRikCHwiTZ iieil. 25} Weinhold.
auf einen spriugcn. Kramer dict. 2 ( I7ü2), S89'.
17) davon unterschieden beim angrifT auf seinen gegner
springen: an einen oder auff einen springen, consilire, assul-
tare. Maaler 382*. ittmeist mil angäbe eines bestimmten kürper-
theiles: mit dem anlaufT sy z& ruck anfallen, oder binden auff den
rugken springen, assultare tergis pugnantium. ebenda; vgl.: icb
machte den fürsten Gortschakow lebbafie vorwürfe und sagte,
es sei kein freundscbaftlicbes »erbalten, wenn man einem ver-
trauenden und nichts ahnenden freunde plötzlich und binter-
rOrks auf die schulter springe, um dort eine circusvorstellung
auf seine kosten in scene zu setzen. Risharck erinnerungtn
2, 174. der wolf sprang ihm an den hals, il lupo segli uuvenio
alla gola. Kramer dict. 2 (I7u2), SS9'; einem auf den leib (hals)
springen. 889'; einem auf den hals springen, insilire alicujus
tergo. Stbinbach 2, 645; he springt vor de best, geht einem zu
leibe, auch übertragen im kartenspiel gebräuchlich. SchPtzk 4, 177;
da hättet ihr über sehen sollen, sie wür' mir bald ins gesiebt
gesprungen, seitdem schaut sie mich immer scheel an. Picbi kr
alleilii geschichten aus Tirol^ 1,15, eine ursprünglich der katie
eigrnthiiniliche kampfesweise, vgl. auch oben springböse, adj. sp. 79
und unten springgiflig, adj.
&) im besonderen wird noch springen vom reiter gesagt, n'enn
er sein pferd besteigt, bet. verläsit: aufs pferd springen, saltar'
in tella, seagliarsi, auventarsi a cavallo. Kramer dict. 2(1702), SS9';
aufs pferd springen, in equum tnsilire. Frisch 2, 309*; aufs
pferd springen, insilire in equum. Steinbacb 2, 645; dann band
er ihr ein porlrüt um den hals, drückte sie an seinen busen ...
sagte: 'lebe wohl!', sprang auf sein pferd und jagte davon.
Chr. L. Heyne in den erxäklem des 18. jahrh. 24; er drückte sie
nocii einmal an sich, sprang auf das rosz und trabte dem
walde zu. FnEYTAC s, 378; einen augenblick beugte er sich
über den liegenden, dann packte er die wurfkeule des Sorben,
sprang auf ein lediges pferd, welches zur seile angepflöckt
stand und warf sich wieder in das getümmel. 382;
da sprang ich auf mein schnelles rosz,
auTs rosz der phantasie.
Strachwiti iied. 103 Weinholtl.
dafür auch in den saltel springen; dann sprang er in den
satlel und ritt, ohne sich nach den leuten umzusehen, davon.
Storm 7,234;
wie wollt icb in den sattel springen
da, wo die zeit mit blute tauft!
Stracuwitz ged, 83 Weinhold.
der fremde legte die hand auf den Widerrist des pferdes und
sprang wuchtig in den sitz, der führer nickte zufrieden.
Fbettac 8, 7. ebenso: behend vom rosz springen, desilire ad
pedes. Maaier 382'; vom pferd springen, saltare, sbaliare da
cavallo. Krämer dict. 2(17021.889'; vom pferde springen, desilire
ex equo. Frisch 2, 309'; ringferlige oder ungesattelte pferd, ab
welchen man leicbllich spiinget, equi desultorii. Dastpodius;
da sprang ich von meinem wallach. Storh 7,223; er sprang
fröhlich vom pferde. Frbttac 6,98; der fremde sprang vom
pferde und neigte sich der Jungfrau von ferne. 8,8; ersah,
wie diese {die künigin) nach fassung rang und dasz Sintram
vom rosse gesprungen war. 178; wir aber ersuchten sie, zuerst
zum essen zu bleiben, sie sprangen von den pferden, tafelten
mit uns und wiesen uns am nächsten tage den weg. 17,148;
sie springen von den pferden, sie ziehen stolze reihn,
die langen spiesze siarren : wohlanfl wer wagt sich drein?
Umland ni-il. '.Mi'i.
dafür auch aus dem sattel springen: der reiter sprang aus
dem saltel. springen auch beim pfrrdewechsel gewöhnlich: ab
einem müden und abgcritlnen rosz auff ein frisch und wol-
ger&weis springen oder sitzen, consilire in equum recentem.
Maalbi 982'; von einem müden pferde wieder auf ein frisches
springeo, (raniiuUare in recentem equum ex fesso. STBinnACB
2, Mt; fürnemlich war er wol geübt, von eim pferd auff
dM andere grschwind zu springen. Garg. 17C'; vgl, noch die
uhertkafte redentart: vom gOckel zum esel springen, von eim
ungiBck in das ander fallen, de caUaria in carhonarium.
Maalbr sn*.
d) springen, einen Sprung thun mit dem beisinn des besonders
getchukluhen : springen, taltare, far' vn salto. iluisius (1018)236*.
a) springen alt korperhche iibung: mit springen sich üben,
$tkemdo M exerare. Maaibr 382*; wie icb dann oft und dick
von einem tbewren nun gehört, das er unter allen kurtz-
weUen . . . kein gAtlicber, ehrlicher und schönere wisi, dünn
die edel music, ursach, das all andre kurtzweil, als spielen,
fechten, springen ... da bin gericht, das yeder vermeint dem
andern vor zu sein, oder anzugewinnen. G. Forster liedlein
vorr. neudr. s. 4; rang, liff und sprang, sprang, lief! und rang.
Garg. 178*; dise tanzten, dise lungeu.
dise liefen, dise Sprüngen,
dise schütten zuo dem zil. I-Mein 68;
vgl.: dti half dem schermraeister, daj er wite spranc
alsam ein Ubart wilde. Kudiun 361, 1 Martin.
als altgermanisehes spiel tn Verbindung mit dem steinwurf: sie
schleuderten den schweren felsstein und sprangen ihm nach.
Frbvtac 8,26; wenn die holieute beim steinwurf sprangen,
dann zogen die Vandalen ihre mienen kraus. 87; vgl.:
den stein huop vil höhe diu edel maget guot.
si swanc in krefticiicbe verre von der haot:
dö spranc si nach dem würfe, dat täte erklang ir gewant.
JVi/;. 435, 4 iMchinann;
den stein warf sie verre, dar nlch si witan spranc. 3°i6, 1 ;
den stein sol er werfen und springen dar nich. 404,1;
Sifrit was küene kreftic unde ianc:
den stein warf er verrer, dar zuo er witer spranc. 437, 2.
im besonderen Ober ein rusz springen: es freut sie, wenn ihre
fürsten über sechs rosse weg springen. Frbvtag 17,94; die
knaben des dorfes begannen den kämpf, damit auch sie das
lob der krieger erwarben, sie rannten nach dem ziel, sprangen
über ein rosz und schoszen mit dem rohrpfeil nach der stange.
8,26. als leistung der gaukler {substantivisch gewendet): kunst-
springen, gauckelspringen, far salli artisti, giuocolare di salti
artißciosi e maestrevoli. Krämer dict. 2 (1702), 889*. item er {der
Seiltänzer) gieng auch und lantzet auf scharpfen schermesser,
tantzet und sprung auch bintersicb und fürsieb. d. städtechron.
11, 700, 30 {Nürnberg z. j. I50u); item er sprung auch mit zwaien
keten die zwen füsz zweier spann weit geslossen bintersicb.
701, 1; item er {der Seiltänzer) leget sich auch an den rücken
auf daz sail und kniet mit paiden knien auf dem sail und
auf den knien tantzt und sprung. 5. hierher noch: durch die
reiffe springen, saltare per i cerclii. Krämer dict. 2(1702), 889*;
das kind, die kunstreiterin springt durch den reif.
j3) durch einen solchen geschicklichen sprung ein hindernis über-
winden, unterschieden von dem gebrauche oben unter b: über
einen graben springen, saltare, francare, un fosso 0 una fossa.
Kramkr dict. 2 (1702), 889'; über einen graben springen, fossam
transilire, saltu trajicere. Frisch 2, 309^ in eim zulauff sprang
er über ein graben. Garg. 178';
(wer) mit ainem hirsen in die weit wil springen
über tiefe graben und dingen.
imamfl hei Krllir ntte tchwänke *. 12;
wie das närrische mädchen sich anstellt! ist denn der kaliii
nicht
grosz und breit? sei ruhig, mein tuchterchen, oder ich wiege,
sonst so keck und verwegen, wanns gilt in die bäume zu
klettern,
über die graben zu springen, und hoch in der luft sich zu
schaukeln. Voss I, 70:
die kinder sprangen miteinander von fels zu fels. Ober stock
und stein, über bach und quelle. Götme 21, 40; im anfange
waren beine und gelenke erstaunt über die starken zu-
muthiingen, zuletzt sprang icb frisch über stock und stein.
Freytac an S. Uirzel 217 (v. 16. ;uni 1876); mit beflügelleiu
schritt eilten die männer thalab, sie sprangen in weilem
scinvunge von stein zu stein, von bauin zu bäum, vorauf
der junge Wächter ... ges. werke 8,6; fiy/. noch: Waser drückte
seinen filz tiefer in die stirn, schnallte sein ränzcben fester,
und sprang, am jetzt steil werdenden abhänge die weiten
Windungen des sauinpfudes kürzend, eilig abwürts. C.F. Meybh
Jürg Jenatsch 24. anders gedacht: denn mit dir kau ich kiiegs-
volck zuschmeisseii und mit meinem gott über die mauren
springen. 2 Sam. 22,30; wie aber Jubst über ihn wegspringen
wollte, erwischte ihn der Bayer am rockschosz und zug sich
daran in die buhe. Kki.lkr 4, 263; pl6tzlich begannen sie (die
dunAlen nebelgestalten) wie narren unheimlich auf und nb zu
springen, die groszen über die kleinen und die kleinen gegen
die gruszen. Stürm 7, 159; noch einmal sah er sie mit treuen
äugen an, dann brach er mit mfichtigen satz aus der liiür,
sprang über die glühenden bulzkloben vor der treppe und
schleuderte seinen speer. Frbytac 8,304; die jungen burschen
springen über das johannisfeuer (eine verblasUe heidnische cuU-
handlung). t'^t. HuEiNSSRRc-DCaiNCsrBLn das festliche jahr^ "üi;
die jungen sprangen hie und da durch die naiiiiiien und
jodelten lustig herum. L. Ricbtkr (fl6s(6io^ap)n>* ioh; er «prang
wie ein kuabe über die bucbsbaunibrete. FaKUAce, 90. ab-
S9
SPRINGEN
SPRINGEN
90
geschwächter und mehr in dem sinne des gebrauches unter b:
aucb wil ich zur selbigen zeit die heimsuchen, so über die
schwelle springen, die irer lierrn haus füllen mit rauben und
tilgen. Zephanja 1,9. vgl.: hast du vergessen, dasz ich die
schwelle bin, worüber du springen oder den hals brechen
iiiust? ScHiLLBB kab. u. liebe 2,6.
v) hierher gehören noch einige sprichtcörtliche redemarten. einer,
der immer mit seinem beispiele vorangehen mus2, sagt ron sich:
ich musz immer übers bänkel springen. Wei."«hold 93'; mancher
springt über einen besen und fallt über einen hundedreck.
"^IXBOCK 97S3, d. h. ihm gelingt oft das grösxere, Kährend das
leinere sich ihm versagt, als Umschreibung für das vermögen,
etwas tüchtiges leisten zu können: wer wohl springen kann, dem
liiingt kein kränz zu hoch. Wasder 4, 747; wer gut springen
i.ann, baut sein nest hoch, ebenda; wer gur springt, dem
-elingt, sagte der floh, und kam vom fusz ans knie, ebenda.
denn niemand kann wn*B»^pringen als sein springstock lang
ist. SiJiROCK 9781; hätte mancher einen stab. so könnte er
auch hinüber spiingen. 97S2, und wer hoch (weit) springen
will, musz einen guten anlauf nehmen. Wanher 4,747; wer
weit springen will, musz rückwärts gehen, ebenda, deshalb:
besser gesprungen, denn beltellieder gesungen. 946. hierher
gehören wol auch Wendungen wie: die alte kann noch tüchtig
springen, rüstig schaffen wie eine junge, vgl. Spiess 239. von
ttner schwangeren: sie wird nicht mehr weit springen, sie wird
nächstens niederkommen, ebenda: ich kann nicht weit springen,
h'jbe keine bedeutenden mittel zu meiner Verfügung, vgl. auch
unten sprung, m.: man ist mir jelzunder 500 m. ft schuldig,
kan also nicht weit springen, wie ihr woil secht undt leicht
glauben könt. Elisabeth Charlotte 3, 694 Holland.
S) über den eigenen schatten springen können:
die poeten.
über ihren schauen springen
kan dem leicbsten nicht gelingen,
tichtern aber kans gelingen,
über ihren tod zu spriugen. Logau 3, 134, 88.
e) tweifelhaft, ob hierher gehörig, bleibt die Wendung: der
tod springt mir übers grab, im munde eines, der vom frost-
schauer geschüttelt wird:
den kräfigen leib durehiuckt dir oft
frostschauer rasch und unverhoffi,
dem solchen sinn der volksmunJ gab:
es sprang der tod dir übers grab.
A. Giij.i qes. werke 4, ISO,
«0 der frostschauer, von der phantasie des kranken gesteigert zum
todesschauer, die Vorahnung baldigen todes veranlasst, der tod
aber thut auf der künftigen ruhestätte des bald gestorbenen einen
freudensprung, weiht sie förmlich ein und nimmt von ihr besitz
für den kranken, der ihm bald zugehören wird, dieses durch den
sprung symbolisch in besitz nehmen findet wol seine bestätigung
durch die folgenden Wendungen:
min lieijet allej da?, swaj himel und erde treit,
got selbe ouch in min erbe spranc,
er wolt sich miner forme wern,
unt nimt vür guot noch hiute, da; er wart min scbaz.
FiiL'ESLOB jpi-Bch 427, 6 ;
»ie (die Caritas) fuor in den himel hin
einen wunderlichen wec:
Sne Stic und äne stec
sie darin mit gewalte spranc. '
Lahprkcbt V. RiG«.NSBC»c 441, 3077 WeinholJ,
wo die gewaltthat doch nicht rechtlidien symbols entbehrt, vgl. noch:
und sol ...in solo Christo fidere quem non vidit, das heist
aus allen seinem tretten und springen in Christum, Luther
27, 122, 2S Weim. ausg.; es wirt der geist des herrn in dich
springen. S. Francs de vanitate 124'.
e) in anderer begriff serweiterung springen, ein verstärktes laufen,
eilen, rennen, eine in den mundarten weitverbreitete Verwendung,
ohne dasz überhaupt noch ein unterschied des grades den übrigen
Wörtern gegenüber gefühlt wird. Tobler 3>1'. Staldbb 2, 3S>7.
HcnziKEB 24s ; laufen kommt daneben überhaupt nicht vor. Lexbr
kämt. wb. 23S; das gleiche beuugt Reinwalü henneb. idiot. 2,120.
Weinhold 93'. ich meine, er ist gesprungen, als er den
Schergen erblicket. Kbaher dict. 2(1702), 890'; auf der land-
strasze sprangen zwei Sänftenträger in kurzem gallop zwischen
deo tragestangen ihres ledernen Würfels dahin. J. Paul Hetp.
I i^fi .
' • erst hub ich mich an zu dringen,
wol durch den klee her springen,
mein holTnung die war gros, bergreiheii 3,3 nemtr.;
schau wie sie (die knulien) purzeln, wie sie springen.
und jeder will der erste sein. Stob» »,249:
mit adverbialer bestimmung: ich will ge-chwind springen und
ihms sagen, io correro, volaro presto a dirglielo. Krämer dict.
2 (1702), 890'; spring geschwind und komm bald wieder, corri
presto, eorri spacciatamente e ritorna subito, ebenda, hierher auch
die redensart:
wenn es mit dem springen nicht will gebn,
musz man sich zum kriechen verstehn.
Wahder 4. 747.
a) in einer Zusammenstellung mit laufen, verb.: geh den
augenblick, lauf, spring, sieh, wo der pastor bleibt, heisz ihn
eilen. Schiller rduber b,ischausp.; (von einem wettlauf:) sollen
wir wirklich laufen und springen? Keller 4, -257; und wie die
{Zöpfe) flogen, wenn sie lief und sprang! Storm 4,211; vgl:
i bi-nem gsprunga n'ond glauffa, ich habe mich möglichst an-
gestrengt, ihm zu gefallen. Tobleb 381".
ß) anstatt sprengen, verb. I, l, 6, a sp. 29: einen springen
laszen, machen, ihn eilig wohin schicken, einen springen machen,
far' uno saltare cioe correre. Krämer diel. 2(1702), 890"; ich will
ihn schon springen machen, io lo färb saUare. ebenda; lasz
den jungen geschwind dabin springen, fa saUarti presto tl
ragazzo. ebenda.
■/) gesprungen kommen, eilig gelaufen kommen: der knecht
kommt gesprungen, servus citntim venit. Stei.nbach 2, 646; Ich
fragte nach dem ältesten, und sie hatte mir kaum gesagt,
dasz er sich auf der wiese mit einem paar gänsen berumjage,
als er gesprungen kam, und dem zweylen eine haselgerte
mitbrachte. Göthe 16, 20; eilig kamen bediente mit lichtem
auf die treppe des hauptgebäudes gesprungen. 18,253; ich
sah ihn bald genug über die gasse gesprungen kommen.
ThCmmel reise 5, 15;
da kommt eiusmals gesprungen sein jüngster edelknab!
Ubla.nd ged. 359;
was rauscht, was raschelt durch den busch? ...
mein liebchen kommt gesprungen, husch!
und herzt mich fast zu tod. 24.
S) mit angäbe des zieles: in einen ort S|)ringen, saltu locum
quendam petere. Frisch 2,309'; ich will nur einmal in den
stall springen, (um nachzusehen, was dort vorgeht). Spiess 239;
{vom Selbstmord:) an einen ort vorausspringen, den ich nicht
länger missen kann — ist denn das sünde? Schilleb kab. u.
liebe 5,1; die Vandalen sprangen an die thore, von da die
stufen hinab einer nach dem andern, wie der alte sie rief.
Fbkttag 8,203;
hab anfang' zu springen
nach Wetlahem in stall.
Wbi>hold weihnachtsspiele 93;
'der mutter sag icb's!' ruft das tolle kind
und springt lur thür. Storm S, 301.
vgl.: wir seynd tapfer gesprungen, dasz wir das thor erreichet
haben, habbiamo saUato cioe corso spacciatamente per gtungere
la porta. Kbaheb dict. 2 (1702), 89(i'. auch personen als richtungs-
angabe: Fiesko ! Fiesko! Andreas ist zurück, halb Genua
springt dem Andreas zu. Schiller Fiesko 5, n, d. h. läuft ihm
entgegen ;
nur eine faszte sich und sprang zum Aescuiap,
der durch ein krälTt'ges saltz die schlaffsucht ilüchiig machte,
und den gerührten gott soweit zu rechte brachte,
dasz er mit welcker band ein lebenszeichen gab.
GCNTHKB (1735; 512;
schau ich hin, da springt ein knabe von der frauen schosz
zum manne,
von dem vater xu der mutter. Görat 41,228;
so schon mhd,:
niuwan ein, Kälogröanl,
der spranc engegen ir (der köniijin) zehaot,
er neic ir unde enpfienc sL /tr<>iii 106;
Hagene zühtecliche ze den boten spranc
unt enpfie si minnecliche. Sih. 1376, 3 Lachmann.
in ein hausz springen, sich zu retten, saUare, sbalxare in una
casa per salvarsi. Krameb dirt. 2 (1702), 89o'; und wann werd'
ich in dein haus springen oder schleichen? gott verhüte letztes!
J. Paul Eatzenbergers badereise 1,48; wenn der Soldatentrupp in
dorf oder landstadt einrückte, sprangen die Soldaten wie teufel
in die einzelnen bäuser, die gröszte düogerstätte lockte am
meisten, denn doil war der gröszte Wohlstand. Freitag 20,98;
da sprang durch die erschrocknen freier
ein toller knabe in das baus. Storm 8,291.
die knaben sprangen hinter den wagen und hemmten den rück-
Inuf durch steine, und doch zerrten die zugthiere machtlos.
Fbeytac 8, 156; da als der alle unter die bäume sprang,
dröhnte der machtige steintrog, abwärts aus seinem lager
gev\orfen. 197; er sprang in den weg vor den häufen. 199.
91
SPRINGEN
hierher auch noch: da das die apostel Barnabas und l'aulus
höreten, zurissen sie jre kieider und spruugen unter das volck,
scbiien und sprachen: jr nienner, was niacbet Jr da? apostel-
gesch. 14, 14.
f) dem vorigen entsfn-echend mit einer angäbe des woher in der
bedeutung ^forteilen, eilig herauslaufen : ein jüger sprang aus
einem gebüsch und legte auf den hund an. Cor. L. Heyne in
den erzählern des IS. jahrh. 20; da sprangen fünf bis sechs be-
diente aus dem hinierbait, und entwanden mir den degen.
ScuiLLEB rduber 3, 2 schausp. ;
das mädcheD erschrickt, sie ruTi uach liilTe,
der bursche, der feurige, springt aus dem schüfe.
LiNAU 2, 121 Kürschner;
wie rehte tobelichea er iti dem hluote spraiic.
A«/'. 19S7, 1 l.tniimann.
belegen unter dl entsprechend auch von personen: er gehorchte und
sprang von ihr. Freytag 1,48. auch von fluchtartiger entfemung:
aus dem kioster springen, saltare cioe scappare, fuggire dal
cliiostro. Krämer dicJ. 2 (1702), 890*; aus dem kioster springen,
abjicere cucullutn. STtiNUACH 2,645;
derlialb sie [die niönchr) ausz den klöstero springen,
sind unleidlich solclis uugemachs,
fliehen das creutz. H. Sachs 17,330 Keller-Cönr;
vgL: mach izt nur, dasz du fortkommst, und ungesehen!
spring durch die bintertbüre in den bof, von da über die
gartenmauer. Schiller räuber 2,1 schausp.;
also der stritemüede üi dem iiüse spranc,
wa{ iteuiwer swerte ü( sime helme erklanc.
At/>. 1877, 1 Liickmann.
nur in dem sinne von schnell herabkommen:
er (Ctiiistus) tarn menschen unverdrossen
sprang' von seinem gülden saal.
Spee Irulznaclii. 18t, 22 Balke.
schnell hervorkommen, hervorlau feti :
unser herre got was ein brudgam :
usz einer kammer sail hie springen.
Alsfeläfi- piissionssp. 4973.
an den luken der dorfhüuser wurden frauenküpfe sichtbar,
aus jeder thür sprang eine schaar blauäugiger kinder. Freytag
8,11; und dasz aus dieser neuen thür
bald fromme kindlein springen lür.
Uhland tjeit. 62 (zinimermannssprticli).
P springen von einem, der sich eilig und schnell und deshalb
mutvoll in die schlacht, dann überhaupt in eine gefahr begiebt:
ins feld springen , saltar' in campo. met. correr' alla guerra,
lt. presentarsi al duello. Krämer dict. 2 (1702), 890"; es war auch
dem manne nur verhültniszmäszig seltenes Ihun, mit ge-
sträubtem haare brummend wie ein bär in die feinde zu
springen. Fbeytac 17,89;
von dem rosenpfühl
in das Speergewühl
ein jeder gepanzert springe.
SiiACHwiTz (jfid. 71 Weinhold;
vgl.: er ilwein) het sin (i/>'5 töwm) wol enborn
und lie'{ ouch äne gröjen zorn,
da{ er in sine helfe spranc. Iwriu lAOX
'zürne nicht' antwortete Ingo, 'wenn ich diesmal in die gefahr
springe wie ein fahrender recke und nicht herumgehe wie
ein seszbafter mann..' Freytag 8, li&;
die ihr schon vom taumelkelch berauschet
in die arme des Verderbens springt.
kommt zurüke Jünglinge und lauschet
was der weisziieit ernste leyer singt. Schiller l,lt)7.
fj) auch sonst von eiligen bewegungen im kämpfe: Ingo fuhr
empor; wie damals in der balle strahlte sein untlitz vor Freude,
wahrend die andern iniinner zu einem häufen sprangen und
uacb den watlen griffen. Frbytag8,80; da strauchelte Theodulf
unter schwerem schlage und wieder sprang Ingo nach ihm. 102;
du «prungen zuo den vinden de« luargri'iven man.
Nih, 2146, 1 l.iirhmiinii.
die ludfeinde sprangen gegeneinander, schildlos in helinkuppe
und panzerbemd mit geschwungenem scbwert. Frettac 8,102;
dein hulTart halt ich in ein ichantz
und tli&n midi kurtz besinnen
erwiich ich dich In dem mejrland
dapITer wend (/. wernd; «vir zAsamen ipriiigen.
Gknoe.'<«acu 17, IUI Oöitekf;
hierher wol auch: Ton einander tpriogen, di$iiUre. Stkihsacb
7, US.
9') mit einer finalen besttmmung: nach etwas springen, saltare
t*oe ipiccar' un salto per aUignere, yiungere, cofliert u acchiappare
tiuakhe cota. Krämer dir(.2(l7ü2),8b9'; ao ein icbwerdt spriügen,
(unlirt in ferium Maalkh 382*;
SPRINGEN 92
Junker Casper zu der siuben eintrat,
der Liudenschmid von herzen ser erschrack . . .
der Lindenschmid der war ein freier reuiersman,
wie bald er zu der klingen sprang.
_ I , , . . UULAND vulksl* 272 ;
vgl. einen eilig wohin senden:
si bieten halde springen, di man Ir geweffen vant.
Nib. 2105, 1 iMchmann;
Albreht der furste junge
hie; halde springen,
die hantveste bringen. Ottokar reimchron. 36136.
hierher auch:
mit drabtnen peitschen sprangen die Tartaren,
dem lästigen die sohlen zu beflügeln.
Strachwitz iieil. 290 Weinhold.
f) springen von thieren gesagt.
u) als benehmen eines halsstarrigen und dem menschen nitht
gehorchenden (zug- oder reit)lhieres : als aber der knecht sich jetzt
auf seinen (des schimmeis) rücken schwingen wollte, sprang er
mit einem jähen satz zur seile und stand dann wieder unbeweg-
lich. Storm 7, 224. dann überhaupt eine dem hintenausschlagen
nebengeordnete begleiterscheinung: ja aller massen, wie ihr an
eim esel secht, wann jnen die junonische roszpräinen stecken,
hin und wider on weisz und weg lauffen, ... obn unlerlasz
wie ein veitsdäntzer springen und bindenausz schlagen.
Garg.2'ot'; vgl.: (leichtfertige geister) ... katze\n sich selbs mit
feinen gedancken, das sie gleich lecken und springen. Luther
23, 485, 13 Weim. ausg.
ß) als eigenschaft des katiengeschlechtes {vgl. oben l,c): sie
{die tiger) können sehr hoch springen. Fleming der teutsche
Jäger S5"; springen, tn der Jägersprache von dem ein thier be-
schleichenden und im sprumj anfallenden luchse. Jacobsson 4,237';
die katz springt auf den herd, la galta salta sul focolare.
KiiAMER dict. 2(1702), S89'; und kroch ich, wenn's mir kalt
wurde, in mein bell — es dauerte nicht lang, so sprang er
{der kater) zu mir und legte sich auf meine frierenden beine,
und wir schliefen so warm mitsammen. Storm 7, 164.
y) in ähnlicher bedeutung auch von pferden und künden gesagt:
das pferd springt, kan springen, quel cavallo saUa, fa salti, e
saltatore. Kramer dirt. 2 (1702), 889*;
ich gibe dir zuo der wiete
einen hengest der ist drcete
und der wol springe ziune und graben.
meier llclmbrecht 237 Keinti
und über graben, schanz' und wall
hin sprang er {der heiKist) wild und toll.
Strachwitz ged. 102 Weinhold,
der hund springt, canis satit. Stei.nbach 2,645; da ließ" der
hund vorbin, ... und wedelt mit seinem scbwantz, sprang
und stellet sich frölich. Tob. li,9; der hund springt auf die
banck, «/ cane salta sulla panca. Krämer dict. 2 (1702), 889*;
denn es {das hündlein von breiten) sprang nicht nur für aller-
hand beliebte hohe und niedere Standespersonen und für
allerhand schone Jungfern seiner zeit durch den reif. ßiiENTA.'«o
4,418; dann aber übergehend in die bedeutung ^schnell laufen,
rennen {entsprechend obenl,d): unterdesz hatte der Wächter
für sich eins von den rossen eingefangen, welche in besonderem
gehege sprangen. Fbettag 8,9; nimm die spitze, Wolf, und
lasz die rosse springen, frisch bläst die nacbtiuft. 152;
der Dachen übern spiegel scliosz
als wie ein springend Perserrosz.
Strachwitz y.rf. 282 Weinhold.
plötzlich springt er {der hundj in's dorf zurück und sucht den
kameradeu {seines kerrn). Hebel 2,167;
sonst war es kirchenstiil in alle weite,
kein vogel hörbar; nur an meiner seile
sprang schnaufend ah und zu des oheims hund.
Stoim 8, 228.
d) von dem hüpfenden laufen der kdlber und Idmmer: das
springen der külher, vitulamen. Frisch 2, S09';
so frisch die saugend lammerleiii
noch nie zun hrüiten sprangen,
Spee truunachi. 14», 30 Batke; i
f:lRich deine «cliitriela mancher ton 1
n blauen felden iprungen. 130, 44;
die welsieii Ittmmer springen
im welchen grünen klee. Heine I, 205 Eltirr.
vgl.: behaglich schien mir's oft, im Sonnenschein über den
Ihälern zu sitzen, wenn die bucklein in unserm bofe gegen-
einander sprangen. Friitag s, 18G.
/) die genise springt in dem sinne von l, c:
auf klippen. wo den pfad die fnnhi vertchlingi,
wohin verzweifelnd nur dl* geniio npringi.
I.BNAU 2, M kmfchner.
I
',5 3
SPRINGEN
SPRINGEN
94
^) ton den wilden thieren des tcoldes: ist aber er (der fuchi)
linrt gevangen. s6 slift er sich töten, ung man in aug der
drawhen gezeuclit. s6 springet er sein sträz. Megenberg 164,11;
wo etwa ein wind hauchet. . . . oder das wasser mit vollem
';uiff rauschet, oder die steine mit starckem poltern fielen,
der die springenden Ihier, die sie nicht sehen konnten,
elfen, ... so erschreckt es sie und machte sie verzagt.
' "ish. Sal. 17,19; das wild, welches im Sonnenlicht springt,
liegt mein herr mit seinen knaben wohl allein, bei der wolfs-
gd in der nacht will ich ihm nicht fehlen. Frettag 8, 122;
er hase springt aus dem lager; der hase springt durch den
lisch; ich nim mir ein ebenbild
bey mancliem tierlein wild.
das springt auf grüner beide,
got btiüi im sein gefildl Uhlajid volkfl. 213,4;
in schatlenreichen wäldern
war braunes wild, das brüllend sprang.
Uz 213 Smer;
kein beszre lust in dieser zeit,
als durch den wald zu driugeu,
wo drossel singt und habicht schreit,
wo hirsch' und rehe springen. Uhlahd ged. 32.
deutlich sich an 1, c knüpfend: der hirsch springet über den
zeug, il eervo salta le tele, le tende. Krämer dict. 2 (1702), SS9'.
in der tceidmannssprache vom fliehenden hasen: der hase springet
ubers zeug, oder wege und graben. Döbel 1, 3l'. Jacobsso?!
4, 237'. BehleN 5,661.
»7) selten vom hüpfen der vögel:
(truiznachtiqall') von bäum zun bäumen springet,
durchstreichet berg und thal,
in feld und wäldern singet
weisz keiner noten zahl. Spkb tiuiznacht. Z,iZ Balke.
d') vom hüpfen der früsche. (mit beziehung auf die sage von
iler schuangerschaft des kaiser ?iero:) in der that hat die wut,
=ich die attribute des andern geschlechts anzueignen, immer
etwas Neronisches; möge jedesmal die kröte in den sumpf
springen. Keller 7.90;
me seth de ützen u|> den stöl —
se sprynget wedder in den p6l.
unde so ein yderman is.
socht he syn selschop, dat is wys.
Hraunsehw. scIiicIiUpiel 2171 in den
d. städtcchron. 16, 171 ;
die kröte springt aus dem kieselstein.
ein hin bat ihn zerschlagen. Killh 10, 103.
t) von der sich aus dem wasser schnellenden bewegung der
fische: der flsch springt, il pesce saüa, cioe palpita. Krämer
die«. 2(1702), S90';
(im friiliting:)
da die Togel lieder singen.
da die fische spränge springen. Logau 1, 151,50;
die üsche springen, und das Wasserhuhn
taucht unter, ein gewitter ist im anzug.
zu dir. zu dir Scbiller 14, 273 (TeH 1. 1);
ruft mensch und thier!
der Togel dir singt,
das fischlein dir springt. Brk:itai«o 5, 177;
auch sonst von meerungeheuern : du bist gleich wie ein lewe
anter den beiden, und wie ein meerdrach, und springest in
deinen strömen, und trübest das wasser mit deinen füssen.
Hesek. 32, 2.
x) die heuschrecke springt, dc//ieriÄr«6enefinHnjensprenger,ni.
I,e.<p. 4!, sprengsei, m. 1 sp. 44, Springer, m. {s. unten).
}.) springende thiere, ein in die höhe schnellendes spielzevg
in der gestall von hunden, katien , mausen, hasen, fröschen.
JiCOBSSON 7, 414*.
fi) im besonderen wird springen von der begatlung des «eiblichen
tiekes durch das männliche gesagt {vgl. auch oben bespringen, rerb, 1
Iheil 1, 1643): springen, faszlen, als wenn der springhengst auff
die stöten springt, salire dicuntur animalia bruta. Maaler 382';
springen, porro de admissione equi ad equam dicitur. Stieles 2105 ;
springen, bespriugen, als das meiste vieh, wann es sich ter-
mehren will, coire. Frisch 2,309'. denn wenn die zeit des
laufTs kam, hub ich meine äugen auff, und sähe im träum.
und sihe, die bocke Sprüngen auf die sprenckliche, lleckete
und bundte herde. l Mos. 31, 10; er {der engel gottes) aber
sprach, heb auff deine äugen, und sihe, die bocke springen
auff die sprenckliche, lleckete und bundte herde. 12; der
Hengst springt auf die stute, lo Stallone salta, sale cioe copre la
nalla. Kramer rficf. 2 (1702), 8S9'; der stier, hengst springt die
i<ue, die stueten. Scbii,* 2,703, hier deutlieh anstatt hesfr'xngen.
dann auch Wendungen wie: einen hengst, bock springen lassen,
far saure, U. nmmettere, dare lo Stallone alia giumenta, tl beceo
I aUa capra. Kramer dict. 2 (1702), 889'; die bßcke haben ge-
! Sprüngen, eapri coiverunt cum capellis. Stieler 2105; der hengst
hat gesprungen, lo Stallone ha salite. Kramer dict. 2(1702), S90';
de numi {luchtstier) springt, bespringt die kuh. Hcnzuer 248.
substantivisch gewendet: das springen der thiere der zucht
halber, coitus. Frisch 2,309*; von der brunsticit des wildes:
und wenn es in dem springen steht,
so scheuchst weder hecken noch dornen.
Atiibraser liederb. 119, 11.
zweifelhaft, ob hierher gehörig: item welcher springete rosz hat
oder durchgeents vich, das soll er seinen nachparn an schaden
halten, tätten sie aber schaden, soll es der entgelten, dessen
das vich ist. österr. weisth. I, 21, 6, wo aber immerhin beschälende
rosse gemeint sein mögen.
v) springen der thiere im vergleich, zur Charakterisierung von
menschlicher tanzbewegung : spilt wie der walfisch mit den
tonnen, sprang wie die meerkälber. Garg. 178'; wie kalber
springen, vituliri. Frisch 2, 309'; er springt wie ein kalb auf
der wiese. Wander 4,747;
so hab ich aber pfennig mer
oder ain neuen rock.
TOD freuden spring ich als ain pock.
, . . , . - . , /■"«<«. sp. 498. 11 Keller;
{so ist wol auch aufzufassen:)
mein wohl gestimmtes spiel, das manchen held besungen,
steht kaum noch diesem an, der nach dem bocke springt.
Gü.NTHKR (1735) all;
da {beiyn pflügen) sing ich jjir die arbeit leicht
und spring und tanze wie ein hirsch. Höltt 39.
in dem sinne von springen, verb. i, c: auff die füsze springen
wie eine katze, soltar' in piedi come la gatta. Kramer dict.
2 (1702), 889"; als heuschrecken springen, suftsi/tr«. Frisch 2,309'.
xur Charakterisierung schnellen laufens: er springt wie ein hirsch,
egli salta, corre come un cerbio. Kramer die«. 2 (1702), 890* ; er
mag springa wie n'en has, er ist ein sehr guter Idufer. Toblbr 381*.
g) von leblosen concreten.
a) ein rundlicher körper springt ton einer erhöhung: 'vil köpff.
»il sinn', sprach ein fürmann, der warff einen wagen mit
krauts köpff umb; da sprang einer hie aus, der ander dort
aus. MoRTANCs Schwankbücher 345 Bolte. infolge irgend einer
anderen kraftwirkung veranlaszte hüpfende bewegung eines gegen-
ständes: der ball springt, la palla balza. Kramer die/. 2(1 702), S90';
der ball höret auf zu springen, la palla muore. ebenda; vgl:
springende docke, bamboceia saUante, saltarina. 890'; das spiel
des lebens sah mich heiter an vom grünen tisch, wenn stark
pointirt wurde, und die kugel für die bank sprang. Immermahh
Münchh. 1, 121. in einem Springbrunnen:
hier hüpfen, springen, steigen, fallen
viel kleine kugeln, die so rein,
dasz auch die reinsten bergcrystallen
nicht rein bey ihrem schimmei- seyn. Brocees 2,111;
weisze blasen seh ich springen,
wohl die massen sind im Qusz. Schill» 11,306;
er drischt sein stroh noch weiter,
im lust'gen klipp und klapp,
und als die körner springen,
da folgt ihm mann für mann. Hebbel 7, 63.
sieh! selbst der tisch springt von dem erschütterten boden
in die höh! Lessing 4, 279; es ist aber den ästhetischen kunst-
griffen, womit ein autor die erwartung seiner leser so auszer-
ordentlich anspannt, ganz gemäsz, dasz ich's nicht eher er-
öffne, was von Jenner in der springenden sanfte sasz. J. Paul
Hesp. 1, 178. das rad springt aus dem geleisc; vgl. in weiterer
Übertragung: wie es denn dem notwendigen, springt es aus
dem alten geleise, in solch einer dorfgemeinde einmal so geht.
Sohnrey im grünen klee, im weiszen schnee 132. in einer art
personifitierung von der sonne:
und abend ist's, mit wildem satze sprang
die sonne plötzlich in den Untergang.
am himmel rollt herein ein schwarz gewitter.
I.e:iau 2, 182 Attrjtc/iner.
ron einem mehr plötzlichen Wechsel des windes in der seemanns-
sprache: der wind sprung gen norden. Egcers 2,961; vgl. der
wind springt um. springende ffämmchen als meteorologische
erscheinung einer springenden geisz verglichen und darnach ge-
nannt: ej gcschiht auch oft, daj der vaijt dunst zesträwet
ist in vil stuck, die doch nähent pei einander swebent in dem
luft, und springt denne diu flamm von ainem an daj ander
wol snell, reht als der mit ainem prinnenden scbaub füer
Ober vil kerzen und die snell nAch ainander entzQnte. .Mege."*-
BERG 77,35; so dunkt uns denne, daj ain flamm spring in
dem lüfte sam ain gaij. darumb hai^t da; feur diu springend
95
SPRINGEN
SPRINGEN
96
gai|. 7S,S. 4. anders ift aufzufassen: das feuer spirogel, il
fuoco cripo, crepola. Krameb dict. 2 (1102), 890'; es sprüht funken,
vgl-: daj iiur spranc von Stile, sam cj wate der wind.
Sil', 430, 4 Lnchmatiu.
der wein springt im glasz, ü vino saltella, brilla, grilla nel
bitthiere. Kramer diel, 2 (1702), 890', wenn er stark moussiert:
wo in der schale springt der wein,
wo kluge seilen spielen rein,
wo süsse küsse Tallen drein.
da kan man hertilicb lustig seyn. Lookv 3, '6, 5.
anstatt sich sträuben ton den haaren: Verrina. das ist der ort
fiourgognino, der schrüklicbste, den du auffinden konnl<;si.
vater, wenn das, was du hier Tornebroen willst, dem orte
gleichsieht, vater, so werden meine haarspizen aufwärts
springen. Schillfb Fiesko 3, 1. eine hrückc springt ülier den
tlusz, das thal: den steilsten, Zickzack über felsen springenden
stieg erklommen wir mit hundert und aber bunderten, lang-
sam. GüTHE 43. 260.
ß) im vergleiche: springen wie ein ball, saltare, baliare.
Kramer diel. 2 ( l ■;02), S89' ;
und so liüpft er auf die masse dieses Telsens, von der kanic
lu dem andern und umher so wie ein liall geschlagen springt.
GöTHK 41, 229.
h) im schaehspiel haben einige figuren das recht zu springen,
d. h. beim weilergehen einige feldtr in bestimmter Ordnung zu
überschlagen:
sd sich der erat (drr kdnig) der reis enspart
und noch üf eigem velde stät, . . .
80 mac er springen in die wit
für den rilter zer tenken sit.
Beringen acliachgetl, 9766 ;
er (der knnig) mac ouch Tür sich in die riht
wol springen, aber fürbat niht
dann an die dritten zilen. 9797;
substarUiviseh gewendet:
die allen al des riches wal
durcbvarent mit ir springen. 10330.
vgl, auch unten Springer, m. 3 sp. 105.
i) eine person, ein ding springt, wird vernichtet, dementsprechend
auch eine person, ein ding springen lassen.
a) lu gründe liegt wol dem später stark verblaszten gebrauche
die Wendung einen über die klinge springen lassen, ihm das
leben nehmen, vgl, auch oben theil 5, 1173. eine noch ganz eigent-
liche Wendung, wie zur leibesitbung: über blosse degen springen,
saltare su per le spade nude. Krämer dict. 2(1702), 889' hat wol
lu dieser als ein wilder soldatenscherz aufzufassenden Übertragung
anlasz gegeben, dasz du (Luther) die irrenden menschen (auf-
ständischen bauern) also schumplierest und über die kalten
klingen (wie du benkerisch darvon redest) springen kansl
loszen. IcKELSAMER dag etl. brüder a2'; Canut, kunig von Däne-
mark, hat sich der Stadt Winchester, durch vcrriitherey eines
eiowobners, bemächtigt, und befiehlt alles über die klinge
springen zu lassen. Lessirg 4, 327 ; als rein moralisches ab-
urtkeilen gefaszt: aber diese neuern, sagte Selim, die sie hier
80 vracker über die klinge springen lassen, sind doch bey
weitem so verächtlich nicht, als sie vorgeben. 7,377. die
Wendung durch die klingen springen, cervices securi subjicere.
SaiüMKLEDKR, Itesie fast eine dem spieszrutenlaufen ähnliche
exeeution vermuten, wenn nicht hier gleichsam an ein hindurch-
tpringen des hinzurichtenden durch die klinge des richtbeilrs ge-
dacht wird, die oben vertretene auffassung findet bestätigung
durch Wendungen wie: der köpf wird ihm über die klinge
springen mässen. Rädlein &16'; daneben schon in rerblassung:
also treden de pertiebroder äff unde leten de vestingh ghan
unde gingen unde nuckeden unde drawcden unde spreken
opeobar: 'i»T scbullen noch itliken de koppe umme springen'.
hraunsehw. sehicktbuch s. j. 1446 (d. stddtechron. 16,343, 10);
Hocker, ich schaue nicht wie sie mit nacbdruck sey zu zwingen.
I'eier. tu zwingen? last zwey. drey der frechsten köpITe springen.
A. (ilTPBlus 1 (1698), 289;
*#!•' 44 sluoc dai kint Ortlieben Ilagen der helt guot,
d«t im gein der hende anme swerte vlöz da{ bliioi
nnt der kbniglnae ds^ houpt »pranc in die scIiAj.
.Mh. 189H. 3 l.iichmnnu.
ß) in toüständiger verbUutung dann er mu»z springen, er ist
aufzugeben, er mutz sterben u.s.w.: er wird springen müssen,
egli doura saltare ctor andare, spar^iar lerreno. Krämer dict.
J (I7OT), •*)*. von einem, der im sterben siegt:
der Ist lobenswerih, der, wenn er nun miisz springen,
41*1, was Ihn zwingen wll, kan mit zu hnden dringen.
A. UaTraiiii l (iei»8), 65.
;) allgemein ^verloren gehen, drnufgehen: es wird sein hausz
wol springen müssen, possessio ejus absque dubio perditum ibit.
Stieler 2105; meine bibliolhek wird springen; ich behalte von
öoou stück nichts, als was ich zu meinen vorhabenden arbeiten
unumgänglich brauche. LESSI^c 12, 17«*; besonders gern vom gelde
gesagt: mein gelt musz springen, pecunia profundenda est.
Stieier 2105; das geldlein wird springen, ü danaruccio sen
andera a spasso. Krameb die/. 2 (1702), 890", s. auch unten, ein
ding springen lassen, es aufgeben, draufgehen lassen, sich des-
selben verlustig machen: eine gab mir ihren ring vom finger,
um ihn zum andenken zu tragen; da hält ich nun bald in
der Verwirrung ein groszes versehen begangen, und ihr nichts
wiedergegeben, der graf Nivello raunte mir ins ohr, dasz es
meine ulir scyn müsle. lasz sie springen! dacht' ich. Stürz
2,411; einen daler springen laten. DXhnert 454"; geld springen
lassen, gegen seine gewohnheit viel geld ausgeben, um sieh zu
zeigen, Spiess 239; ein paar ochsen wollt' ich springen lassen,
wenn ich den Michel kunnt loskriegen. Rosecceb 1,43.
S) in erneuter bildlichkeit, an a sich ansehlieszend einen über
die Zunge springen lassen, abfällig, absprechend über ihn urtheilen:
Plato: er bat sieb .. . unterfangen dich zu lästern, und uns
alle . . . Philosophie: wie? ihr könnt euch so erhitzen, wenn euch
jemand über die zunge springen last? Wieland Lueüin 1, 413;
nimm dich meiner freundschalTt (piopinqnitas) an
und verzeih den lästerzungen,
über die ich olTl gesprungen. Gönther f/crf. (1735)76:
ähnlich: diese (die narren) aber offt tadeln, beraffeln, und über
den zäun ihrer närrischen vernunfft springen lassen, was sie
niemalen gewust oder verstanden, ja auch was nicht einmal
tadelnswerth ist. Simpl. ],*»» Keller; als entsprechend noch :a
vergleichen einen von der kanzel springen lassen, ihn in der
predigt gehörig durchnehmen:
ihr solt auch nicht ausz hoher räch
all neue m,ihr und eigne sach
leichtrertig: auf die cantzel hringn
und leute lan herunder springn
auf dasz man euch nicht werde gram.
I'HILANDER V. SlTTEMWALp 1, 445.
dagegen ohne den beisinn des tadelns und absprcchens: er springt
von der kanzel, wird proklamiert, vgl. Woeste 252'.
k) in mancherlei bildlicher Verwendung,
n) über einen satz, eine gedankenschwierigkeit u. s. w. nicht
springen können, nicht darüber hinwegkommen, sich nicht darüber
hinweg setzen können: sie werden nicht über den spruch springen
heretici 'Juda sol'. Luther 20,567,3 U«m. ausg,; lieberlas sie
gehen, sie werden mir nicht über den spruch springen: 'Juda
wird geholffen werden'. 24; über die text können sie nicht
springen. 27,173,4. vgl,: las sehen, ob der Luther über das
stücklin springen werde, ich meyne, er sey gefangen. 3,143*;
nu sie (die natur) ... gotls zorn und straffe fulet, helt sie
nicht anders von gott denn als von eym zornigen tyrannen,
kan sich nicht über solchen zorn schwingen odder über solch
fulen springen. 19,223,15 Weim. ausg.; die vernunfft hat sich
jrer (der werke) nicht können erwehren, niemand hat können
drüber springen. 28, 675, ."13; eyn solch urteyl bette ybm keyn
b.ipst, keyn Jurist noch keyn buch geben mügen, sondern es
ist ausz freyer vernunfft über aller bflcher recht gesprungen
so feyn, das es yderman billichen musz. lt,2!<0, I4. hierher
gehören wol auch die beiden folgenden stellen: nu sibe mir auch
nicht allzu genaw zu, wie ich wil so scbwermerissch springen
und iladdern. 23, 112, 15; wol in dem sinne h'ergebUch versuchen,
darüber hinwegzukommen, es zu verstehen : wenn sie nu Iietlrn
wollen oder können antworten, solten sie uns haben hc-
stendiglich beweiset, wie gott keine weise v\üszte noch vcr-
inücbt, das Christus im himel und zugleich sein leib im
abendmal were, da liegt der knote, da springen sie die guten
gesellen. 3,454'. vql. dazu oben theü 5,1605.
ß) mit einem einspruch in eine rede springen: aber in
seinen reiszeiiden rcdestrom war mit keiner gegenrcde zu
springen. J. Paul kämet 3,214.
y) springen, in einer ernihlung etwas überschlagen: wir springen i
aber auch und berichten, daiz es dieser hub zwanzig jähre
spbter etwas genauer nahm. Kosiccer 1,297.
<^) von einem punkt zum andern springen: neine seele
springt von Vorsatz zu vorsatz; der geist der räche lAszl sich
schwarz über mich nieder, und umfoszt mein herz. Kiincrr
1, 13; sein argwöhn sprang Ton eiaein auf den andern, und
es schien mir iininer, als wenn er nur den rechten mann
nicht nennen wolllr. 9, Sil; laszl mich den h.nsz mit ihm ins
07
SPRINGEN
SPRINGEN
98
grab legen, dasz er nicht ton ihm auf euch springe. 1,343;
«labei wird es ein vorlheil für enlwicklung. wenn dem leser,
zumal dem deutschen, ein tapferes springen von ähniichkeilen
zu ähnlichkeiten über iramer breitere graben angesunnen wird.
J. Paul grönländische prouist l, rorr. 10. häuf.g mit dem beiiinn
des flüchtigtn, ungeordneten u. s. w.: Ton einer red zu der
andern springen oder fallen, assilire aliquod genus orationis.
Maalkr 382"; von einer materi ohne Ternunffl zur andern
springen, saltare di palo in frasca, scappare dal proposito.
hRAiiEB did. 2 (1702), 8S9'; sein anhaltender nnerniüdlicher
fleisz ging so weit, dasz er die ganze ansehnliche sammlung
nach allen ihren nummern durchzeichnete, indessen wir kinder
Tom einen köpf zum andern sprangen, und uns nur die aus-
wählten, die uns gefielen. Gütbe 24,184;
und Ordnung herrschte nicht im reiche der nauir,
die niemals flüchiig springt, und siulTenweise nur
auf ihrer güldnen leiter steiget. L'x 139 Sauer.
im part.: vor Überraschung verhörte er, was der vogel noch
pfiff; im ganzen schien's ein sehr unregelmäsziges springendes
dnrcheinanderpfeifen der verschiedensten vogelvveisen. J. Paul
Mien Fibtls 43; bei der unruhig springenden und alle zeit
begehrlichen polilik des groszen vater*. Prltz preusi. gesch.
2,292; alle die Voraussetzungen, die einer so springenden, im
gründe inkonsequenten poIitik Österreich gegenüber zum ziele
Tcrholfen hätten. 3, 285.
c) in einer an l, h, S sich anschlieszenden yebrauchsweise ein
wort über die zunge springen lassen u. ä. häufig mit dem
ieisinn des unbedachten: dasz sie {die jungen leute) nicht sollen
umb die tische herunibstehen, wenn irgend ein rauthwilliger
hochzeit-ga<it ein schlipffrii b wort liesse über die zunge
»pringen. Weise erxn. 159 neudr.; springt einem ein nasen-
weises wort über's maul — buinbs! habens fürst und nialresz
und Präsident, und du hast das siedende donnerweiter am
halse. ScHiLLEB kab. u. liebe 1,2;
da versetzte sogleich der apotheker bedächtig,
dem schon lange das wort von der lippe zu springen bereit
war. GöiH« 40, 2S1.
hierher auch: lieber die schönsten zühne nicht gezeigt, als alle
aogenblicke das herz darüber springen lassen! Lessing l, 526.
auch ohne solche deutlichkeil des bildes: Steffen liesz heute ein
terdächlig wort springen, das uns all' in unruh und schrecken
gesetzt. Fr. MüLLEB 3,290; andere, minder gefährliche und
minder nützliche bonmots liesz ich in menge springen, würde
aber kein einziges hier der reiseweit anbieten. J. Paul aus
des teufeis papieren 1, 27.
u) ein gegenständ springt in die äugen, tritt hervor, wird
deutlich, erkennbar, hebt sich von seiner Umgebung ab u. s. ir.,
10 ton einer anzeige in der zeitung: als am sonnabenünach-
mittage unsere guten bürger ihr frisches wochenblättchen aus-
einander falteten, sprang ihnen in breiten lettern die anzeige
io die äugen: 'morgen Sonntagabend sieben uhr auf dem
rathhaussaale marionettenlheater des mechanikers Joseph
Tendier hicselbst.' Storm 4, 91; dann auch: ich versäumte
nicht die allerliebsten motive hervorzuheben, die aus diesen
wOrdigen kleinen gebilden dem äuge entgegen sprangen.
GOtbb 30,241; rgl. :
nur allzu wahr ist was die sclimähsucht spricht;
und wollt ich läiignen, spränge nicht .
aus euern äugen mir die wahrheil ins gesiebt?
WiELA?<D 5, 251 {dir vcrkl. Amor 4, '1).
meHerhin auch: die fehler springen in die äugen. Lessinc 7,30b;
wenn nun auf diese weise schon eine grosze und würdige
mannichfaltigkeit in die äugen springt. Gütbe 44, 115; sie
{die leser) können sich unmöglich die zeit nehmen, einer
•teile, deren sinn ihnen nicht beym ersten anblick in die
äugen springt, ein wenig nachzudenken. Wikland 8,225
{Danischmend 27); (von einem lügengewerbe , eomplott u. s. w.:)
ich dächte doch, das gewebe eines ineisters sollte künstlicher
•ein, als dem flüchtigen anfänger so gerade zu in die äugen
in springen. Schiller Fiesko i,&; bei uns musz man edel-
mann sein oder viel geld haben, um im Staate ein mann zu
werden ... zwei Verdienste, deren gültigkeit jedem vernünftigen
•ogleich in die äugen springt. i'iEVME mein leben H; doch die
magerkeit eines gothischen oder selbst althochdeutschen
giossars gegen das mittelhochdeutsche springt ins äuge.
^ J. Grimm vorrede zum deutschen urörterb. l, s. iv; mit neuer bild-
lichkeit: in der Sphäre der poesie ist alles entschiedener —
jede funktion ist höher lebendig und springt farbiger in die
äugen. Novalis 3,54 Mtiszner. als gleichbedeutend ein gegen-
X. 2.
stand springt zu gesiebte: er übergab mir ... die ihm fiber-
reichten beweise mit dem zusatze — mit dem zusatze, ob
nicht hier und dort mehr zu nehmen — und da und dort
weniger zu geben sey ... nehmen und geben springt gar zu
sehr zu gesiebte. Klinceb 9, 217. vgl. auch oben den beleg bei
WiELARD 5, 251.
T]) der springende punkt, dem lat. punctum salieus ent-
sprechend (eigentlich den blutßerken im eiweisz bezeichnend, der
nach Aristoteles hist. animal. 6, 3 das herz des werdenden vogels
anzeigt und wie ein lebewesen hfipft und springt. Aldovrandi
ornil/ioJ. [1610] XIV, 1), der punkt, welcher besonders in einer
Verhandlung u. s. w. hervortritt, um den sich das ganze dreht:
der dualismus, dem . . . die . . . gegnerschaft Oeslerreichs und
Brandenburg-Preuszens in Deutschland entwickelt hatte, wurde
nun vollends zu dem springenden punkte in der geslaltung
der deutschen dinge. Pbijtz preusz. gesch. 3,62; der springende
punkt einer Verhandlung, eines gespräches, einer anklage.
&) entsprechend oben 1, d. mit beziehung auf die frühreife
eines Jünglings: Karlos selbst war in meiner gunst gefallen,
vielleicht aus keinem andern gründe, als weil ich ihm in
Jahren zu weil voraus gesprungen war, und aus der entgegen-
gesetzten Ursache hatte marquis Posa seinen platz einge-
nommen. Schii.leb 6,35. von einem grrücht: kurz nach dem
unheimlichen auftritt am frühen morgen war die neuigkeit
von der wunderbaren erfindung. deren erzeugnisse Arthur
mitgebracht, wie ein lauffeuer durch die hüllen gesprungen.
Vislher auch einer l, 172. mit dem beisinn des frohlockenden:
ha, Fernando! da du zu mir tratst, imd mein herz dir ent-
gegen sprang, fühltest du nicht da? verirauen auf deine treue,
deine gute? Göthe 10, 1S3; vgl.: denn die weil sie (die mutier
gotles) mit frolichem springenden geyst hie sich rumet und
got lobet, er bah sie angesehen, ob sie wol nidrig und nichts
geweszen sey, musz man glewben, das sie arm, vorachte, ge-
ringe ellcrn gehabt. Luther 7,548,31 Weim. ausg.
2) springen, von flüssigkeit gesagt.
a) schnell, eilig von einem orte herabßieszen. hierher wol: das
Wasser springt, aqua salit. Steisbach 2,645. in eilender (lucbl
schmolzen die schneemassen und wasser sprangen von allen
abhängen, lachend, redend und singend mit tausend zungen.
Keller 5, 164;
da (im icalile) rauschten bäume, spraugen
vom fels die häciie drein,
und tausend stimmen klangen
verwirrend aus und ein. EicHcnootrr 1, 339.
auek von thrdnen:
mir zähr von augeii «prangen.
Spke tiutznachl. 148,20 Balke;
heisze thränen sprangen durch die lider,
die des vaiers hand — nicht zugedrficlii!
Freiligratu 3, 77.
lang herabwallendes haar wird pieszendem wasser verglichen:
IUI was der vrouwen här so laue,
daj e{ ir üT diu hüfTel spranc.
r/PI cerkerte wirt 330 Lamb-I.
b) mU dem beisinn des in die höhe spritzens: eine Wasser-
kunst springen lassen, far giuocare le acque d'urtificio. Kramer
die/. 2(1702), i>90'; von einer Springflut: dal water springt, got
wel wo bog. TEN DooRKKAAT KooLMAM 3,28»'; von dem gischt
einet Springbrunnens:
es (ein reines weis:) iiüpTt, es springt, es sprülzt, es scheint
zu leben. Grockks 2 (1739), 113,
der Champagner springt, den champagner springen lassen:
wenn die glut des tag« versengend drückt
und uns kaum ein iropren wasser erquickt,
kaoDtt du champagner springen lassen.
KöRKiR 1,78.
ton dem aus einer wunde spritzenden blut: das blut sprang aus
den ädern, il sangue sali, spicäo dalle rene. Kbameb dict.
2(1702), 89o'; das blut (des harpunierten walmsses) sprang in häsz-
licben stralen. Petermanns mitti^eilungen, ergänzungsh.lG,i2;
si (hünhill) druhte »ine (Sifii'lrf) heiide, da^ ü{ den naglen
spranc
daj bluot von ir kreTte: da^ was dem lielde leii.
Stb, 623,2 Lachmann;
dö der herre SiTrit ob dem brunnen Iranc,
er (llagenr) schöj in durch da^ criuze, dafvon der wunden
spranr
das hluot von dem herzen vaste an Hagneii wät. 1)22,2;
ji sihe ich durh die helme von swerten springen dat bluoi.
192:J, 4;
7
99
SPRINGEN
SPRINGEN
100
ich saeh die Rrimmigen din kinl Talien
und es an ein gruslich crucz slahen
mit neu, die worn siomp und langk,
dasi das blut durch bende und Tun sprangli.
AUfelder passionnsp. 5995.
rem menschlichtn tarnen: es sprechen auch elleich, sei da;
des mannes sdm springe auj seim rechten gezeugiein in die
rehtea seilen der niuoter, sü werd ain knäblein dar au; ...;
spring aber der sAm au; dem lenken gezeugiein des mannes
in die rehten seilen der muoter, sd werde dar au; ain män-
leich weih oder ain mSnnine. Mecenbebg 39, 31. 33. vgl.: ein
fein keüiels schafTeuteriein (vuha), wann man mil dem kleinen
fioger dran schneiet, so springl das wasser herausz. Lindbkrr
Katiipori 117 Lichltnstein.
c) im besonderen springen von quellen gesagt, springend, spru-
delnd hertnrqueUen: springen, quellen, tliessen, sourdre, sorgere.
Hdlsius (1616) 304'; da springl ein brunn, la sale, sorge, spiccia
una fontana. Krambb dirt. 2(t70'i),890'; der bronne springel ausz
einem bäum, e'esle fonlaine a sa source en un arbre. Hdlsius
(1616) 304'; selbiges wasscr springl aus einem felsen, queW
scqua sale spiccia, sorge de una rocea. Krämer dict. 2 (1702), 890';
weisz der durstige und kümmerts ihn, ob die quelle, die ihn
tränkl, aus dem bauche eines berges springl, der mil gifl
angefüllt ist. Klikcer 3,279;
schau, die reinen brünnlein springen.
Spei tniituaclit. 74, 25 Baike;
jeizt ölTnet sich der erden sclioosz.
die brünnlein fröhlich springen. b7, 62;
so lange die quelle springt und rinnt,
.-0 lange bleiben wir gieichgesinul. Göthb 1,217;
wer weis'i mich nach Elysen hin!
möeht gern die brunnen springen sehn.
Schiller 1, 256;
ti'äg ziehn die quellen, die so kühle sprangen,
von trüber schwüle liegt die weit iimTangen.
EiciiEMDORFF 1, 343;
die Waldung glühte, silbern sprang der born,
und wie das mährclien scholl das wundcrhorn.
Frkilicratu 3, 18;
in pnrtieipialer Wendung: springender brunnen, sorgiva di fontana.
Krämer dict. 2(l702), 880'; springend wasser, acqua sagliente.
ebenda; z& letst kam er ... in Aquilaniam an ein waldigen
berg, daselbst fand er springend brunnen, spitzig schrofcn,
wösl und unwegsam erdtrich. Franck chronira 460';
da Ascbanes mit seinen Sachsen
aus den llartzTelsen ist gewachsen,
war mitten in dem grünen wald
ein springends brünlein süesz und kalt,
das an dem Faickenstein hehr llosz.
RoLLR^BACKK frotchm, C6';
so eing das schwarze weih in das haus,
in den hoT zur springenden quelle-;
sie wusch sich hcl'tig die äugen aus. Göthb t,21ß.
ungewöhnlicher auch von dem in einem see seinen Ursprung
habenden ßusse: nit ferr von der statt, da der Jordan ausz
dem galileischen inöhr springl. Franck weltbuch 170*.
d) bildlich gewendet: weil ich aus der traurigen einförmig-
keit meines bisherigen lebens einmal herausgehe und herum-
schaue, ob nicht irgend anderswo eine quelle des genusses
für mich springt. Scdiller i,2>si; er {der reiche fürst) Llszt
die quellen seines landes in stolzen bögen gen himmel
springen, oder das mark seiner unterthanen in einem feuer-
werk binpufTeo. kab. u. liebe 2,1; ihr nerven- und lebensgeist
sind die lodernden feuerquellen der liehe, die aus den ver-
wandten herzen ineinander springen. J.Paul Hesp. t, 112;
hier in diesem busen
•nringt eine quelle, rrisclicr, Teuriger,
alt in den trüben, lumpHgcn behäliorn,
die Philipps gold erst odnen musz.
Sciiillkr ilun Kaito* 2, 2.
t) terblasster, mil der weiteren bedeutungsentwicklung lu enl-
ijrringen, entttehen, seinen ursfrung in eliciis nehmen, haben.
9gl. das tu dieser bedeutung führende bild: es ist mir leid, bc-
■onderi da die quelle davon (ton den sünden und lästern),
nach gotl und meinem scbwaher Noab, in ihrem eignen ver-
dorbenen herzen springen toll. Klimcer 0, 93. springen, ent-
ttehen, teinen anfung nehmen, sourdre, prendre commtncement,
tenir a tstre. HtLsiut (1616) 304'; die genade itl getprungen
von der warn gennden, die bCite gekundiget wart unter lieben
Trouweo tente Merien, von dem heiligen engele tente Gabriele.
SciniiRACi oUd.pitd. I,S3I,28 anm.; die Trojaner erf&ren zu
ipat der (^riccbeo ratb mil dem boltiin pferd, darautz jr ver-
derbung sprang. Ka*i«ci tprtthm. 1 (t&4t), 109'; nun wittan
weiter, dasz die kranckheiten , so jetz in der gantzen weit
gemein seind, im anfang der well je eine der andern nach
gesprungen ist. Paracelsus opera l (tui6), 90C; ein solcher ge-
danke, sprecht selber! konnte nur aus einem verschmizten,
politischen köpfe springen. Schiller räuber 1, 6 trauersp.;
sprang dein denken aus deiner Innern kraft, ohne dasz das
äuszere, Qber das du nicht gebieten kannst, das seinige hinzu-
that. Klinger 5,376; grasse, finstre gedanken sprangen aus
diesen betracbtungen, gleich den gespenstern aus der zer-
rütteten Phantasie des üebcrnden. 4,202; der dichter, auch ich
habe gewisse stünde nicht sonderlich geschont, der Weltmann.
recht gut, wenn es aus wahrer, klarer absieht springt. 9,289;
ich bitte sie, wie können sie ein flüchtiges wort, das aus
der Sache sprang, so deuten? 270; dieses jetzt so ziemlich
allgemeine anerkennen {der souverainitdl desvolkes) sprang denn
doch aus Küusseaus satz. 11, 192.
3) springen ron pßansen gesagt.
a) die knospe springt, sehlieszt sieh auf, mehr in der be-
deutung von springen 5: eine solche hohenzeit stand sonnen-
warm über Griechenland nach dem siege über Xer.\es: in ihr
sprangen alle alten bluten auf und alle jungen fruchte reiften.
l.Vkvi politische faslenfredigtenlli; wenn die knospen springen
und junges grün aus der erde sprieszt, dann schaue empor
zur frühlingssonne und lausche, ob du den sang der wilden
schwane hörst. Freytag S, Itl; eine weinlaube, deren blasses
frühlingsgrün sich eben aus den springenden knospen ent-
wickelte. C.F. Mkver Jürg Jenatsch 184; {substantivisch gewendet:)
einen laut, so leise wie das springen einer knospe, verwehte
der wind von den jungen lippen in die leere luft. Storm 4,225;
ihr bluroen, da ihr doch nicht wollet springen,
bis auch die lieim' in meiner brüst entsprangen.
RociERT ged. i, 242;
im wunderschönen mouat mai,
als alle knospen sprangen,
da ist in meinem nerzen
die liebe aufgegangen. IIrihi 1, 66 Elster;
die rosen in deinem garten
sprangen im Sonnenlicht;
sie können kaum erwarten,
dasz deine band sie bricht. Storm 8,216;
der frühling zog prophetisch über land,
die lerchen jauchzten und die knospen sprangen. 23T;
vgl, mhd.: hoeri er vogel singen,
silit er bluomen springen,
elliu dinc trcestent in.
Lampricut v. Rrcinsburg lochler v. Synn 3811
WeiiihuU.
b) mehr an 2, b. e sich anschlieszend im sinne ton sprieszen, verb.,
sprossen: p^ ^j^ im schönen monat mal,
die blumen sind aus der erde gesprungen.
, . , Himi 1,213 Elster;
auch im vergleiche:
es wiegt die nacht mit himmelweiten schwingen
sich auf der südsee blauen wassergärten,
daraus zurück wie silberlilien springen
die Sterne, die in tiefer llnt verklärten.
Keller 9, 25;
und im bilde: den nehsten sul wir niht ein unser ki^nden
und die unser sippe sint vursten, sAnder ein igelichen menschen
der unser ebinchristen ist, wanc wir sin alle in sime namen
ein und sin alle von einer wfirziln gesprängen, das ist von
Adames rippe in dise wrrit cüuien. ScBiiNDACH altd. pred.
I, 279,3; hierher wol auch: hinter uns das majesliitische Venedig
mit hundert aus dem wasser springenden thürincn und mästen,
alles disz gab uns das herrlichste Schauspiel von der weit.
Schiller 4,206.
4) springen ron dem mehr plötzlich sich unter fremdem ein-
flusse beseitigenden verschlusse irgend eines behältnisscs , einer
kammer, eines kastens u. s. w.
a) vom zurückspringen eines riegeis u. s. r. vgl. losspringeo
theil 6,1172:
krack! to ipringen alle riegel,
und der schwarten kanimer Oügel
öfuen ilch. Gotter I, 52:
'hall nun sind wir an der tchwalle!'
rief der Druischo. siiesz ans scblosi:
rasioliid sprang die feder lot. Stoliirs 1,160;
die liebe, sie kam mil ihm
und es sprang das achloss und der riegel sprang.
und et ward licht in dem tchooti der alten ntclit.
2, 2JI>i
Ihürpfotten bebten, riegel springen,
tonn ktml ihr selber nicht licreln. Götii 41, 96;
die schelle klingt, der riegel springt:
hertlD mein kleeblalt vitro 1 FRiiLitaATa 3,200;
I 101
SPRINGEN
SPRINGER
102
komm, Muberblnme, Tor der die scblösser springen, rielleicht
bedarf ich deiner. Ludwig 3, 11'.
b) dann auch von der rtTSchlieszenden thür u. i. te. selbst,
dafür auch aufspringen theil \, 743:
es ist noch um ein eisern thor,
so wird die pTorte sprincen müssen.
GcNTHi« (1735) 124;
bin leb derselbe denn nicht mehr, dem hier
sonst alle thüre sprangen? wie ist alles
Terwandelt um mich her — wie fremd — .
ScuiLLiR don Harlos 4, 22;
was rumort denn drin im kästen?
fcerch. es kracht, es springt der deckel, wie emporgesprengte
lasten! Platr!i 217;
im behaglichen zimmer
beim sturragebraus
saszen und schwatzten die alten noch immer,
nicht hörend, wie drunten die saalthör sprang.
cli ähnhch vgl.:
das eis von allen strömen springt,
bäcblein auf bächlein jauchzend klingt.
LuDwie 1, 103.
5) springen mit beisinn des auseinander, ähnlich der bedeutung
ton zerspringen, verb. (i. unten).
a) springen, einen riss bekommen (vgl. auch unten sprung, m.):
springen, zerspringen, als ein glas in der hilzc, dissilire. Fbisch
2, 309'; das stück, der hafen ist gesprungen, ilpeiio(di canone),
la pentola e crepata, sehiantata. K bah eb (itf/. 2(1702), S90'; ein
gesprungener Lafen, f>ignata, pentola crepata. ebenda; das holtz
springet, le legna erepano. 89o'; das glas, das eis, der leim;
das salz springet, il vetro crepa, ü ghiacci crepa, la eolla, il
sale crepa. ebenda; die kästen (kastanien) springen im feuer,
la eastagne erepano nel fuoco. ebenda; seine nachkommen heizten
dann immer die grosze stube, dasz der ofen springen wollte.
I'icBLEi allerlei geschichten aus Tirol^ 1,10;
und als das trinkglas gellend springt,
springt das gewölb' mit jähem knall.
Ublako gpd. 355;
hSsilicb genug, wie er ist, noch fratzen zu schneiden, und
welche!
dicht Tor dem iplegel! es springt — himraeU mit nächstem
das glas. Mörike ged, Mb.
auch von der menschlichen haut infolge hitxewirkung:
wo der finger sich mit Weyrauch unrein macht,
wil ich den augenblick, wo brand und flamme kracht,
die rechte scharren ein! und wenn die haut wird springen
und schrumpffen in die gluih , will ich toII Ireuden singen.
LoGiU 1 (179S), 505;
nein das zarte lippchen ist gesprungen,
weil nun über reif und frost die winde
spitz und scharf und lieblos mir begegnen.
ÜÖTUK 2,96;
du stehst am berd in (lammen und rauch,
dasz die feiuen binde dir sprangen. Sturm 8, 19<).
b) schon mehr in dem sinne ron *in stücke zerspringen: ich reite
spornstreichs durch Genua, halte sie {die zetlel) so, so werden
die steine hinter mir springen, und die hunde zettermordio
heulen. Schilleb Fiesko 3,5; die Wurfspeere und das gestählte
röhr der pfeiie fliegen unaufhörlich, im gewühl schlägt messet
an messer, die panzer springen von den heiszen schwert-
hieben. Fbettäc 17, 9S;
welch ein tönen! welch ein schauer!
treppe schwankt, es bebt die mauer; .'. .
springt das estricb. und von oben
rieselt kalk und schutt verschoben. Götbb 41,04.
dieser sinn ist deutHrh bei springen, vom zerplatzen eines Spreng-
geschosses gesagt: die schlimmste (granate) sprang zum glück
nicht. BiSMARCB briefe an seine braut nr. 471 ;
gott! kameraden! seht
hinter uns, wie die kartetsche springt.
SCBILLIR 1,232.
die thore spalten sich, die gitter springen, die mauer stürzt
von ihren bänden ein. Güthe 8, 277. hierher noch einige mehr
oder weniger bildliche Verwendungen:
so denken wir an den jüngsten tag
und hören posaunen scliallcu, *
die gräber springen vom donnerschlag.
Uhlidd ged. 69.
rot« theilen des menschliehen körpers: oh Behrisch, ich dachte
mein köpf spränge mir für wuht. Göthe brief vom 10. nov. 1767
Weim. ausg. 4, 1, 137;
hier war dem armen bauernjungen
vor angst bey nah das herz gesprungen.
LtssiN« 1, 106;
mir springt im schmerze
der wuth mein herze. Götbi 11,21;
einziger gedanken du.
der diesen busen bis zum springen schwellt,
reif in des Schweigens schatten. Lcowie 3, 327.
e) von bandartigem gesagt, in ein oder mehrere stücke gewaltsam
auseinander gehen, zerreissen: es war ein knall, als ob dem
himmelfasz ein raif gesprungen wäre. Schilleb rduber 2, 3
schausp.; und jetzt . . . ist's nit anders gewest. als war in einer
uhr die feder gesprungen. Roseggeb 1, I63. vgl. den büdliehen
gebrauch: unheilbar
auf ewig sprangen zwischen mir und ihm
die demanistarken bände der natur.
Schill» don Kariös 1,2.
nicht gant entsprechend: kein philosoph hört sich lieber, als
ich mich höre, und springt meine ader einmal, so möcht' ich
mich lieber erdrosseln lassen als schweigen. Klixceb 6, 14.
d) häufig geradezu mit dem tusatze in stücke:
von Torfs verwegne faust nimmt einen schweren stein,
und zielt mit diesem fels nach einer lampe schein . , .
sogleich da durch den stein die lamp' in stücken springt,
singt man ein siegeslied. wie man in Jena singt.
ZACUtiiÄ poel. tciirifteu 1 (1772), IS:
'die tteinwand', spricht er, 'springt in stück,
die hohe säule musz zu fall.' ÜULtND ved. 356.
e) in die luft springen mit dem beisinn des auseinanderplatiens :
das schiff mit seinen siebenzig fässern pulver bekam feuer,
sprang in die luft, und in einem augenblick... waren ganze
lange gassen voll häuser mit allem, was darin wohnte und
lebte, serschmettert. Hebel 2,55;
die reisen Sprüngen in die luft,
auch öffnet sich der gräber gruft
und das darinnen lebte. P. Gkrhirdt 3S, 292 Güddie.
ohne den besonderen Zusatz in die luft: die mine springet, la
mina salta, il fornella giuoca. Kbameb dict. 2 (1702), 890*; seine
dicken pauspacken strotzen ihm vom winde; seine lange nase
stürmt, seine äugen werfen feuerkugeln ... seine stimme
donnert; wohin er tritt, da springt eine mine. Müseb werke 7,94.
ohne den beisinn des zerplatzens:
bald springt ein knopff, bald reissen nihte,
bald bleckt die zeb, bald platzt der schuh.
Gci^TBBi (1735) 1050.
f) springen lassen, machen in dem sinne von oben sprengen,
rerb.i: eine mine springen lassen o machen, dar fuoco alla
mina, farla giuocare. Kbaheb diet. 2 (1702), 890"; eine mine
springen lassen, ineendere pulrerem pyrinm latenten et evertere
omnia, quae supra illam locum sunt. Frisch 2,309'; neben
sprengen: und nun, da sie ihre mine, mich zu sprengen, so
wohl angelegt hätten, sollten sie durch ein einziges wort
können bewogen werden, sie nicht springen zulassen? Lessinc
1, 425. eine ader springen lassen, far spicciare cioe aprire una
rena. Rbaheb dicfc 2 (1702), 890'; endlich präludiert er weisz der
himmel was für ein ding ohne melodie und mensur, stürmt
gleich so hitzig in sein Instrument hinein, dasz er auf den
ersten schlag drey saiten springen macht. Wieland luctan 6,44.
6) rrräftnun^ niu5: noch die seltsame redensart finden: springen
zu einem stein, in einen stein verwandelt werden. Seat.* 2. :03;
ursprünglich wol gesagt von swergen und anderen dem licltt-
zauber ausgesetzten mythischen wesen, die der überraschend herein-
brechende tag in stein verwandelt, auch sonst:
so will mein narr noch nit auffsthon;
nit wunder wer, das ich allein
vor zoren sprung zu einem »lein.
Tl. Sachs 14. 171, 19 Keller-GMte;
ja, meyn liebs weyb. bei meinen trewen.
niehi wunder wer. als ich vermein,
das einr vor sorg sprüng zu eim stein. 290,3-1.
wol 'in ihn hineinsfiringen', rgU dän.: han sprang saa vildt i
bjergel om, og blev til flintesten sorte. danske viser 1,223.
und als entsprechend auch fliegen gebraucht: saa flöj han bort
i roden flint. 185. »y/. J. Gbihh mytii.' 519. oder ist gemeint,
dasz sie während ihrer sprungartigen flucht plötilich zu stein
verwandelt werden?
SPRl.NGER, m. zu springen, verb. l) ron pertonen, einer,
der springt, sprünge macht, entsprechend springen, verb. 1:
Springer, saltator Dur. 509'; Springer, saltator SniLBa 2106;
Springer, lalienj, saltator. Steinbach 2, 646.
o) einer, der kunstvolle und ansehnliche sprünge zu tkun vev
mag. ohne jedoch diese kunst als eine gewerbsmässige auszuüben:
wohlan, ... hast du uns deine gewohnheit gezeigt, so ver-
such' es auch mit unserm brauch, führt den Springern die
rosse heran. FBEtTAC8,28; zuerst wurden zwei rosse neben
einander gestellt, köpf an köpf und schweif an schweif, die
7*
103
SPRINGER
SPRINGER
104
Springer traten zurQck und schwangen sich mit kurzem an-
lauf hinüber, ebenda; für ehrenwerther als ein Springer gilt
bei uns der mann, der seine nnrben vorn am leibe trägt. 34;
entsprechend in der Utrnersprache , vgl.: solche {Wörter) wie:
springen, Springer, springe! — fechten, fechter, fechte!, hieb-
fechtel, stoszferhte! — sind schon durch ihre ableitung ver-
■tandüch und gerechtfertigt. Jahn 2S IS Eukr;
dem aiißesicht der muntern Brillen
stelli «ich mit kühn und sclineilen scliriiten
ein unbekannter Springer dar,
es überrascht, o wie verwegen !
■ein umschtTung über blosze degen
die vor verwundrung stumme scliaar. Lichtwer 154;
der Springer steigt auT das gerOste.
man wünscht, als ob er springen müszle,
ihm glück zu der gewissen gruTt. 155;
Springer im germanischen heere (mit besiehung auf Tacitus Germ. 0
und Caesar bell. gall. l, 48): was gehörte aber nicht dazu,
um solche Springer, die sich mit ofnen äugen in den todi
stürzten, zu bilden? wie muszten die sehnen und muskeln
dieser kerle tod kindesbeinen an gewöhnt und gestärket seyn.
MüSEB patr. phant. i,\i; diese Springer waren aber auch nur
in der ersten linie, und die edelsten Jünglinge der nation. 15;
rol mit besiehung auf diese kampfessitte auch sonst von kämpfern:
da rief der alte mit heiserer stimme: 'wo säumt der vortänzer?
die Springer harren.' Fbevtag 8, 204, wo sugleich der kämpf als
ein kultustans im dienste des gottes aufgefasst tdrd, vgl. unter 1, b.
auch als fester beiname, so Ludwig der Springer, landgraf von
Thüringen: einige legenden von der heiligen Elisabeth, dem
sagenhaften sprung Ludwigs des Springers. Freytac verm.
aufs. 1,373. in sprichwörtlicher Verwendung: die hohen Springer
brechen den hals, t piu alti sallatori si ßaccano il collo. Kraner
dict, 2(1702), 8üO'; junger Springer, alter steltzer, giovane salta-
tore, vecchio sappalore. ebenda; junger Springer, alter stelzer.
SiMRoct 97S5. vgl. auch: jene {die in eins fortlaufenden Schriften)
erfordern einen gesetzten, immer gleichen schritt; dieser ver-
langt mit unter sprünge: und selten ist ein hoher Springer,
ein guter ebner tänzer. Lbssing lO, I75. bildlich gewendet: wie
schwer steigt sich's hinauf die gedankenhöhen und hinab die
tiefen, wenn immer ein gedanke sich auf den andern türmt
und plötzlich kollernd wegrolU. es bedarf da eines festen
Steigers und kecken Springers. Auerbacb 3,240;
es sitzt keine kröne so fest, so hoch,
der mutliige Springer erreicht sie doch.
ScHiLLBR II, 213;
entsprechend: Springer, ein offisier, der im avancemenl tehon
ältere kameraden überspringt. Horr soldatenspr. S4.
b) Springer im Äcuttuj.' surlnger, d. h. junge minner schwingen
sieh mit ihren mädchen über das Sonnwendfeuer hinweg, um sich
und die gelieble im kommenden jähre vor unheil su schützen.
vgl, Reinskerc-DCrincsfeid das festliche jahr^ 234; den {vom
Johannesfeuer) ungesengien Springer kommt diesz Jahr kein
fieber an. LEOpREcerifiG aus dem Lechrain 183; Springer, theil-
nehmer an der springprozession xu Echternach: bezahlte Springer
und die schar der Wallfahrer springen unter den klängen einer
bekannten melodie jedesmal einige schritte vor und dann wieder
etwas surück, so dasx sie fast drei stunden brauchen, um die nur
wenig entfernte pfarrkirche su erreichen, vgl. hessische blätter für
Volkskunde 2, 138.
e) Springer, als ihre kunst gewerbsmäszig betreibende leute, be-
teiehnung einer klasse der fahrenden: Springer, bassator Dief. G9';
Springer, 5c/itronotnon. voc. opt. i-2,3T; Springer, ludio, ludius,
sallator. Maaleb 382'; dantzer, liintzer, hupffcr, springet-, sal-
tator. IIehiscb 647, 62; gauckler, Springer, der sich schwinget,
der vi! seltzame possen mit den hUnden treibt, oder den
inoriskenlantz tantzet, Ventilator, chironomus et qui saltationem
gestUulaloriam gestat. 1373,36; pürczlär, gauckliir und Springer.
i]uelU bei Scb«.* 2, 7u3; Springer, der seltzame sprünge thut,
faiteur de saubre saulta, cht salta su la corda. iluLsius (1616) 304';
Springer, gesttculator , eirculator, petaurisla, Stiei.kb 2107; ein
bQosilichfr »pringer, kunstspringer, luftspringer, saltarino,
buUarino, maestro saltatore. Krambii dtct. 2 (17ü2), 890'; Springer,
... der sich mit seinen springen ums geld sehen lliszt, ein
lulTlspringer, petaunsta, diveriii soUibus vibrans corpus in aere.
¥»t*CM 2, S09*: vgl. auch kunstspringer, m. Iheil 5,372'« und
luftspringer, m. thetl 6,1203; un<ier bischof seind gastfrei,
dann sie haben vil bofg«indt, nemlii-h Springer, ringer, fechter,
iutenscblaber, tromeler und des leichtfertigen Volks nur gar
ril. SfBADB sat. u. patqu. 3, Iso, 15; wer sich ober geo yderman
mit hübschen wurtcn und künolen «il erzeigen, der wird ge-
hasset gleicher weys als geschieht mit den fecbtcrn, spiingern,
hoffierern und andern behenden Icutcn. Albr. v. Eybe ob einem
manne sey su nemen ein eelichs weyb »der nit 85'; eine grosze
gesellschaft Seiltänzer, s[iringer und gaukier, die einen starken
mann bei sich hatten, waren mit weih und kindern eingezogen.
GüTBE 18,141. (t'on ballettänzern:) das ballet, von elender er-
lindung, ward im einzelnen ausgepfiffen, einige treffliche
Springer und springetinnen jedoch ... wurden weidlich be-
klatscht. 27,115;
swer di schrift versten kan eben
der vindet knnk Oavides liarpTen clunk
und wie nianic Springer vor im tprank
in gutes dinste, so er got lobte, renner 5872:
vgl. dazu oben unter b. im besonderen von Seiltänzern: Springer,
der aufT einem sayl springet, joueur de soupplesses. Hulsius
(1616) 304'; dem Springer, so auff dem sayi geet ist begönnt
bis sonnlag schul zu hallen. {Nürnberg i. j. l5Ub), d. stddtechron.
II, 700, anm. 3; dah\üler (hinter den planken) muszten sich die
schaulustigen halten, dasz innerhalb der ganze räum frei
bleibe für die fastnachtsspiele, sowie auch für die freiiiden
tänzer und Springer, welche ihr groszes seil ganz in der mitte
querüber vom rathhaus aufgespannt hatten. .MOrikb eriähl. 231;
nachdem der ganze mummenscbanz . . . langsam herum-
gekommen . . . war, . . . bestiegen die Springer und tänzer das
seil. 237; nun aber zum beschlusz der gauklerkünste erschien
im bergmannshabit, mit einer halben larve vor'm gesiebt, ein
neuer Springer, ein kleiner stumpiger knorp; ... alsbald be-
schritt er das seil ohne Stange. 239. als allgemeinere bezeich-
nung: 'Springers nennt der geringe mann im allgemeinen die
Seiltänzer, positurenmacher , pferdekünstler in den buden und
kleinen spektakeln.' ScnfrzE holst, idiot. 4, 178.
d) auf die bedeutung Springer ^gaukier' u. s. w. geht teol die
Verwendung in der gaunersprache zurück: Springer, bezeichnung
eines gauners, auch in der susammensetiung Scheinspringer, m.
dieb, der bei tag stiehlt. Ave-Laixemant 2,121.
e) Springer, ein soweit herangewachsenes kind, dasz es auf die
gasse laufen kann. Cbecelius oberhess. u'6. 2, 802.
2) von thieren.
a) vom pferde. Springer, in Sprüngen dahinsetzendes rosz:
Springer, equus admissarius et sternax, assuUim ingrediens, saltum
in sublime cogens. Stibi.br 2105; Springer, saltatore, saltaiino,
it. cavallo tale. Kraheb dict. 2 (1702), S9u'; einen muligen Springer
tummeln, maneijgiare un fiero (cavallo) saltatore. ebenda;
nenne die namen (der jiferde), o muse. der wil>le Centaurus,
ein spriniter,
leicht auf zierlichen Schenkeln, er wiehert der grätlnn ent<
gegen. Zachariä 307 ilHiaelou 2,42);
es (logen die rosse
eilend einher (über die meercsßäihi), und ohne zu netzen die
ehernen achsen;
zu den schilTen brachten ihn bald die flücbiigen Springer.
Stolbsrg vi, 5;
(com Pegasys:) galoppiren auf dem Springer,
reiten ihn zur trank,
nennen sich gar hohe sängor. Schiller 1,245.
im besonderen: Springer, auf der reitschul ein pferd, das luOt-
springe thun kan, equus sussultor, worauf die so recht reiten
wollen, sich im gewicht halten lernen. Friscb 2,309'; Springer
bcisset ein pferd, das nach erfordern ordentliche sprünge
macht, welche in balotaden, croiipaden, und capriolcn unter-
schieden werden, öcon. lex. 27S5. vgl. Jacuusson 4,237. Eccebs
2,961; Springer, equus sucrussor. .Stelniiacr 2,646.
b) auch sonst von sprungtüchtigen thieren gebraucht: dann rief
er den hasen und sptach: 'geh hin, lieber Springer, und hol
tnir von detn hrot, das der könig ist.' brüJer Grimm kinder-
und hausmärclien 60;
jüngst sah' Ich einen rroscli, wie wir spsisiren giengeii,
durch das betliau'ie gras In grOsier eile springen:
iliu kindcr waren gleich schnell hinter ihm darein,
den feuchten Springer zu erhaschen. IIroceek I, 123;
von einem leopardeu:
liehe, welch ein »prnng! — der (priiiger hat de* loten arm
erlasii. I'Beilicrath I, 155.
r) als feste benennuny:
a) verschiedene fische heissen Springer, tor ollem der delpliin,
delphinus delphis. ^EMfllcB 1, 13s"j, und der Ihunfisch, scomber
thynnus. 2, 1259; auch der bUufelchen (eine salmenart) im vierten
yihre, während er im dritten gangtistli, m. (s. Ihril 4, l, t, 12471
genannt ririi. 1212, nach S< iimid Schwab, »b. 174 heisst dte blau-
f eiche Springer im dritten jähre; Springer auch btietchnung wu
ftjualius leucitcut vulgaris, einer fischail, welche sehr hoch aus
105
SPRLNGER
SPRLNGEREI — SPRINGERIN
106
dem tcatser springen kann. Siebold 203. tonst auch basel, m.
oder bäsling, m. genannt {vgl. theil 4, 2, 546).
ß) Springer, bezeichnung einer meertskrabbenart, welche luft-
sprünge macht, cancer locusta. NE^inicu 1, TU9, ebenso auch des
klfiren flolikrebses (j. theil 3, 1SI5), canctr pulex. 803.
v) Springer als benennung einer eidechsenart, lacerta agilis.
Nemsich 2,291.
S) Springer, die heuschrecke; springar cimbr. tcb. 235'; ». auch
oben Sprenger, m., sprengsel, in., unten springhabn, m. u. s. v.
e) Springer, dasselbe wie unten springspinne, f. aranea.
Nemmcb.
J) Springer, eine sich fortschnelknde made, die sich in faulen
gegenständen findet, tek Doobneaat Koolman 3, 290*. rgL unten
spiingmade, f.
d) Springer, ein halbwürhsiges tfhwein, das so weit ist, äasz
es lut weide gelrieben werden kann. vgl. Cbecclics oberhess, wb.
2, 802.
3) Springer, über fck springende figur im Schachspiel: Springer
im Schachspiel, sallaliir latruncularius. Stielib 2105; springen
im Schachspiel. Kbaheü dir/. 2 (noi), 890'; springen, im schacli-
spiei, latruneulus transsiliens. Fbisch 2, 3oä'; der Springer im
schache. zwey knabep wollten scbach ziehen, weil ihnen
ein Springer fehlte, so marhten sie einen üherdüssigen bauer,
4iircli ein merkzeichen, dazu, ey, riefen die anderen springen,
woher, herr Schritt vor Schrill? Lessing 1,141;
Siltah. nimm diesen zug zurück.
. . . der Springer
wird unbedeckt. 2, 2U<> (Aui/mn 2, 1};
Saladin, aus dieser klemme seli'
ich wob), ist ohue busze nicht zu kommen.
mags! nimm den Springer nur. ebemla;
Siltah, ich geh vorbey.
Saladin. _ du schenkst mir nicbis. dir liegt
an diesem platze mehr, als au dem Springer, ebenda;
Siitalt. nicht ganz (matt); du ziehst den Springer noch
dazwischen, rhemia.
4) in niederdeutschen gegenden Springer anstatt spring, in.
bexeichnung einer qtuUe. Woestk 252".
5) Springer, eine fessel, welche ani gehen nicht hindert. tgL :
»prmger... fuszeisen, weiche an einer kette beide füsse fesseln,
dasz sie nur einen kleinen schritt thun künnen und keinen
Sprung, compedes. Fbiscb 2, 309', doch bleibt das eigentliche
namengebende moment dunkel, vgl. oben sprenge, f.; Springer,
compedes, pedicar. würterbuchquelle bei Schm.* 2, 703; Springer,
eine eiserne Stange mit vier schellen, ebenda; Springer, fuszeisen
AvE-L.\LLEiiA»T4,6l0. i;KGEB-hHDLL52S'. scbieget sic in fessel
uod Springer. Matbesils fastenpred. 4:'; Springer anlegen, in
nolhslall stoszen, das fulter abbrechen, hellTen zur zucht.
Lebhanr 148:
ball scbliesset sie all in die springet
und legt sie gTangen in die zwjnger!
darinnen sie stets mü.-sen wachen
und jhn Tertrieben werd das lachen.
Atbbb 1059, 1 Keller.
•tockmeister führt Torello an einem Springer ein. 1S25, 16;
kommen Dives und Rebellus, seind gar übel angelegt und
gebn an einem Springer. 7s2, 3; wenn man aber unnötige krieg
anfehet, und hell sich za böser geselschafft, .^. da hawet
man gemeinigklich mit versen hinder sich, oder da einer nicht
gar die zincken auffkei t, niusz er lernen auff den knien, oder
im Springer und ketten tantzen. Mathesius Sarepta 22*; der
teuffei unterlasse keins wegs nicht, seine gefangen Zauberer
und unholden inn der baftung zu besuchen, mit jhnen zu
sprachen und jbiien zu rhalen, nichts zu vermelden, ja welchs
mehr ist, jhnen die fessel und Springer Ton bänden und
füssen zu bringen. Fiscbabt Bodin 173'; aber das heit ich
Dicht verstehen können, wie disz zngienge, dasz der salhan
einen zauberer oder einer heiin die eisenhand, fessel und
springersoll können ledig machen, ebenda; der marklschreiber
lu Essing hat s tag den Springer tragen müssen (1645). handsehr.
quelle bei Scbm.* 2, 703 ;
auch niCTelt (tchmeru) mich hart der Springer.
Atrbb 7vi, 33 Keller.
«) Springer in der kUidermode des 16. und 17. jahrh. ein in
das kleid eingenähter bügd, welcher dazu dient, es in rundlicher
Wölbung vom kurper abstehend zu machen, jedoch ohne die über-
treibende Wirkung der Sfäteren reifrücke und crinuUnen zu er-
tielen: ein langer, umbschweilTender rock, ein Springer, cytUis,
reslis longa et sp'ttiosa foeminis. Cobvinls 154" ; bogenrock, cyclas,
alias ein Springer, veslis foeminea: dtcitur Hiam schlepprock.
Stieler 1573; vgi.: birbei will ein radt die ungeheure, nevve
eingeschiekene perdontzen . . . edder van figenkurven, starren-
den stricken, tonnenbenden edder andern hultenen edder
stieven bogein gemakede und utbgespannene Springer, im-
gliken die scbleprucke . . . ganz ernstlich vorbaden bebben.
Stralsunder kliderordn. von 1570 bei Schiller -LCiisg."i 4,346';
die schürtzen lang und breit,
sind köstlich ausgeneidt,
einen Springer darunder
•ulT das sie scheinen weit,
seiden schnüren an die töpIT,
damit binden sie sich um die köpff.
newe Zeitungen 1600 bei Aoria!« mittheilungen 371.
wir wollen auch hiermit die an diesem ort unlängst eingefurte
Springer, desgleichen die kleinen runden . . . paretlein . . . ver-
boten haben. Erfurter stadtordn. .N3'; denen so auf freiers-
füssen gehen, dienets also, wenn sie die tust, ein weib zu
nemen ankörnt, dasz sie nicht allein darnach sehen, welche
einen hübschen köpf und schöne glatte stirn hat, und in
einem weiten grossen Springer daher gehet schwenzen, wie
ein pfawe. Rotb aller christl. hausmittter abc B 5; mit mutzen,
baretten, krösen, menteln, schauben, rücken, beizen, springero
und dergleichen neuen mustern. H5;
auch last uns alle sein fein still,
und braueben gar kein seiienspiell,
und auch abicIialTen alle däntz,
die jungTrawen tragen keine kranu,
darzu die springen und die krausn.
auch bunte rock und grosse pausu.
FoBCHHKiM clagtchriffl 1592;
ich schalTi mir springen, giildne hauba,
gezogne borten, marderscliaiibn
und seidne jopeii schön bescbnürt,
obs meinem stand wol nicht gehört.
RiscwALDT fivu« Eckarl J3*;
ja mau braucht springen und berduntzo,
und gros gekröse wie die piuntzn,
die jetzt mit sündiicben geberda
so ungeschickt getragen werdn,
das sie den jun^'frawn und ge^elln
ihr maul und angesicht ver^telln. lauti-r warheit 96.
7) Springer, ein gerät zum fischfang. nach Fbommaüss zeitichr.
7, US «erden dadurch die renken in die liefe gejagt, wo sie den
schweren seewalUrn und hechten zur beute faüen: dieweil solch
tischen mit Jen rollen und Springer dem see grosz nacbthaillig.
z. j. 1520, bei SCHM.' 2, 703; Springer, eine art üschernetze.
Fnisca 2, 309*.
8) Springer, das im ehemaligen Nürnberger rugsamt befind-
liche, alle handwerksordnungen enthaltende, über 30 pfund schwere
buch. ScBM.' 2, 703, es war wol angekettet und wurde sowol des-
halb, wie auch wegen seiner schwere scherzhaft vielleicht mit
Springer, pedica verglichen. Scbmelleb vermutet, die bezeichnung
vergleiche steh dem renner als benennung eines regisiers tum
aufsuchen irgend eines punktes, vyl. 2, 111.
9) Springer tn der bedeutung von spriing, m. ?.• als Lucae
am 1. capitel die alte Elisabeth die stimme des grusses der
jungfräulichen niiitten .Mariae hönete, bupffet mit frewden das
kind in jhnem leibe, üben und widen den gewöhnlichen lauff
den natur, dasz der noch nicht reden kondte und sehen,
einen zeugen: und der noch nicht gehen kundte, einen
Springer geben, und den Mesiam der weit mit hoher reverentz
empfahen muste. Mbyfabt das hinml. Jerusalem 2 (lb30) 99,
oder ist hier gemeint 'einen Springer abgeben' ? heiszt im folgenden
einem einen springen geben Hhm den laufpasz geben' oder muss
oben an springen 5 bei der erklärung angeknüpft werden 1 das
ist bei den stolzen weltjunkein lauter beiszendes salz, lauter
widerwärtiger senf, lauter unangenehmer Sauerteig, darum
gpben sie dem evangelio und der ev. frümigkeit einen springen.
Herbebgeb evangelische herzpostille 1611.
SI'KINGEKEI, f. hüpfen, springen, im ladrlnde* sinne. CAarK:
mach nicht solche spningerei!
SPRl.NGERIG, adj. gentiyt zu springen. tgL Fiomhaniis
zeitichr. 2, 461.
SFRi.NüERIN, f. entsprechend springen, «.1. l) ein tanzendes
mddchen, tanzeide frau, meist mit dem beitinn des gewerbs-
mdsiigen: Springerin, bassatrix DiEr. 69'; Springerin, springeren,
saltatrix 509*; Springerin, ludia .Maaleb 382'; die verrugte
Springerin Herodias, quell' infame zallatrice di Herodiade. Krämer
dict. 2 (1702), 890';
des {der falschheit des Hmidet) der liab« sant iobannes entgah.
der zu der bobtit sin leben
verlos, da sin haubi wart gegeben
einer spriiigeriune ze miete, lennei 5743;
107
SPRINGKRISCH — SPRINGFEDER
SPRINGFEDRIG — SPRINGFLUT
108
er (Salomo) hete ouch springerinne und singerinne nnd onder
habischer liute vil, da; e; äne m!iie was. Uertbold t. Recens-
BOiG t, 176, 14 Pfeiffer; nit bis emsig mit der Springerin noch
hör sie. das du vielleicht icbt verderbest in irer Wirkung.
Jesus Sirach 9, 4, bibel von I4$3, vgl. cum saltatrice ne assiduus sis.
tulgata; Llther hat singerin. das ballet, von elender er-
fmdung, ward im ganzen ausgepfiffen, einige treffliebe Springer
und gpriogerinnen jedocb, welche letztere sich es zur pflicht
rechneten die Zuschauer mit jedem schönen theil ihres körpers
bekannt zu machen, wurden weidlich beklatscht. Götbe 27,115.
das mit ihrem burschen über die segnende glut des johannisfeuers
springende midchen: die ungesengte Springerin wird für dieses
jähr nicht angebrannt {nicht schwanger). Leoprechtinc aus dem
I^ehrain '.SS.
2) Springerin bestiehnung einer wilden kub, »eiche häufig über
die einfriedigung ihres Weideplatzes hinwegspringt: springen
TOBLEK 38t'.
3) alt name der weide: salix baijt ain weid und ist als vil
gesprochen als ain Springerin, dar umb, da; der paum snell
auf springt und wecbst. Mecenrerc 347,8.
4) in der taschenspit-lerkunst die kleine chinesische Springerin,
eine mechanisciu puppe, welche eine kleine treppe hinunter hüpß
und sich zuletit auf einem kleinen stuhle niederläsit. KrI^.nitz
eney cl. 162, 59.
SPRINGERISCH, adj., «ie oben springerig, adj. geneigt, auf-
gelegt su springen: 's isch mer nit springerisch, bin nicht tum
springen aufgelegt. Seiler Basler mundart i'b*; alle gebrechen
musten in ihren äugen eine tugend seyn, also dasr sie einen
hoffbriigen Spanier anders nicht als ehrbar, einen unver-
schämten Welschen freundlich, einen leichtsinnigen Franlzosen
behertzl, einen springerischen Engelländer huriig und einen
versoffenen Deutschen lustig und vertraulich zu nennen pflegten.
Opitz 2.258.
SPRINGERLEIN, SPRINGERL, n., demin. zu Springer, m..-
springerle, saltolricuh. Maaler 382'.
1) springerle name des hasen. springerle in Schwaben ein
weihnaehtsgebäck in thierform. Meier schwäb. sag. 462.
2) springerl, ei» AWner sü«icoss*r/{5c/i,pftoxtnu»laet'W. U.nger-
Khüll 529', sonst auch pfrille genannt [s. theil 7, 1795).
3) springerl, der aus der frurhlkapsel hercorspringende same,
so von linum usitatissimum crepitans. Unger-Kboll 529*. vgL unten
springllachs, m.
4) in Süd Ostdeutschland springerl ein fläschchen kohlensaures
»aster.
5) springerl , dasselbe wie springhauslein (i. unter spring-
bans, 11.).
• SPRINGERSCHE, f., auf niederdeutschem gebiete dasselbe wie
oben Springerin, ^; springersche, saltatrix Diek. 509'.
SPRINGERWEG, m., bei Polgöns in den kirchenakUn von 1569.
Crecei ics oberhess. wb. 2, 802. vielleicht der weg, den eine spring-
frocession geht.
SPRINGEUPHORRIE, f. euphorbia lathyris. KrBhitz eneycl.
162,67. vgl. Springkraut, n.
SPRINGFADEN, m. aus glas gezogene fäden, welche durch
plitzliche abkühlung in wasser so spröde werden , dasz sie beim
zerbrechen in f-inen staub zerspringen. JicOBSSox 4,237'. vgl.
auch unten springglas, n.
SPRINGFALLE, y.: springfallen, mflusz zu fangen, calopio
ia pigliar' i sorzi. Hulsius (1618) 236'.
SPRINGFEDER, f. elastische feder, welche dem druck naeh-
giebt und darauf wieder zunuksrhnellt. J&cobsson 4, 237\ vgl.
auch unten Sprungfeder,/^..' springfedern einer matratze; spring-
feder in einem sofa, einem polsterstuhl; Kalzenberger aber
üesz auf ihn {den provisor) durch den druck einer springfeder
sein gemsenhorn, woran noch die vnrstecklocke des vor-
gesetzten hing, abfahren und schosz damit die ganze linke
hraslwarze de» provisors zusammen. J. Paoi. Katzenbergers bade-
rniel, 69. im rerglrich: wenn man den menschlichen geisl
mit einer springfeder vergleichen dürfte, so möcht' ich wohl
sagen, dasz die gute königliche boheit seinem witze zu viel
geboten h.-it, und da«z nunniehro die elasticitst darunter ge-
litten. TiecR 10,10. bildlifh von personen: und v»ie vollkommen
mnsi diejenige slastimascbine seyn, wo «ir als die geringsten
springfedrrn derselben eine so Rchmeicbelh;ifte nnfiiierk'<um-
keil verdient haben! nnit: ich ineyne die springfedern in
allen ehren. Miisis pttr, phant. 9, r>l ; von einer körperlich ge-
wandten fierson sa/t man sie bat springfedern in den gliedern,
grlenken u.a.: und di«M {die mnllei) war die kciIc des
hauses, und diese seele wohnte in einem anmutigen kraftigen
körper, der in jedem gelenke eine springfeder zu halten schien.
GoTTHELF 1,131. unsinnlich von geistigen kräfen: so haben
wir vielleicht Ursache, die gescbäftigkeit der eigenliebe, uns
gegen uns selbst zu entschuldigen, für eine von den nötbig-
sien springfedern unsrer seele ... anzusehen. Wieland 2, 226
[Agathon 9,4); mit brziehung auf diese stelle: Danae hätte mehr
als eine sterbliche seyn müssen, um aurh gegen die unmerk-
lichen drücke dieser ersten springfeder der menschlichen
natur immer auf der hut zu seyn. 3, 2<j3 (13, 7). Hamlet hat
gefallen von der obersten gallerie bis zur dame von 16 ahnen,
deren herz wenig springfedern des gefallens mehr hat. Rojb
an Bürger am 3. jan. 1777 {im briefu: des letzteren 2.4 Slrudtmann).
überhaupt von einem bewirkenden, anlasz gebenden moment {vgL
ouch unten triebfeder, ^): aber in der that, wer von ihr {der
moralischen freiheit) gründlich reden wollte, der niQszte ganz
(las innere wescn und die erste springfeder aller tbäti^keit
erkennen. GOtbe 33,103; ach das liebenswürdige Unglück! . ..
aber — besehen sie es von allen seilen! lassen sie keinen
Schieber, keine springfeder entgehen. IrriANt) der mann von
wori 5, t ; diesen (widerstand) möglich zu machen, hat es zweier
stärker wirkender springfedern bedurft: der erneuerung des
preussischen Staats und der geistig-sittlichen Wiedergeburt des
deutschen volks. Flatbe bei Grotb allgem. weltgesch. lO, 415.
auch von veranlassenden ranken, planen u. s. w.: er weisz Wurm,
wie sehr sich mein ansehen auf den einflusz der lady stützt —
wie überhaupt meine mächtigsten springfedern in die walltingen
des fürsten liineinspielen. Scbiiler .3,375 {kab. u. liebe \,h).
in neuer bildlichkeit: Napoleon suchte daher, soweit es die
Politik im stände ist, neben der springfeder der ehre, welche
nach Montesquieu die der monarchien ist, . . . noch die der
religion zu stählen und zu spannen. J. Paul ddmmerungen 139.
fl/5 groteske bezeichnung der muskeln des gesiebtes: aber der
regierende bürgermeistcr Kuhnold winkte mit der band, der
hoffiskal und der buchbändler spannten alle spring- und
schlagfedern an ihren gesiebten wie an fallen wieder an ood
jener las fort, obwol mit erzwungenem ernste. flegelj.\,6
{vgl. dazu oben).
SPRINGFEDRIG, adj. zum vorigen, eine springfeder habend,
mit einer springfeder versehen. Campe, ton einem lebhaften
mädchen {vgl. unter springfeder den beleg Gotthblf 1, 131): sei
nur deine ankunft auch so {fröhlich), du springfedriges wesen.
J. Paul Katzenbergers badereise 1, II.
SPRINGFEUER, n. in Steiermark bezeichnung des sonnen-
wend- oder Johannisfeuers, weil die jungen burschen mit ihren
liebsten hindurchspringen, ^n rest alter cultushandlung. vgl. Unger-
Kbüil 529".
SPRINGFINGER, m. ßnger, welcher Sprungkraft hat: auf-
merksam will ich darauf machen, dasz so alte sagen {wie die
vom mondgolte und vom mann im monde) sich pünktlich so-
gleich als wahre erweisen, vor einem augenzeugen . ., welcher
durch ein zufälliges selbermagnetisieren auf springfingern eben
in den roond sich versetzt, und dann alles ansieht. J.Paul
herbstblumine 3,231.
SPRINGFISCH, m. fisek, der tick durch einen zprung aus dem
wasser emporschnellt, im besonderen bezeichnung einer fliegenden
fischart, erocoetus exsUiens. Nemnicb 1, 1555.
SPRINGFLACHS, m. eine art flachs, dessen reife Samenkapseln ■
in der tonne mit einem knisternden laut von selbst aufspringen. I
Nehnich. sonst auch klanglein, ni. {s. theil b, 9i9) genannt. *
SPRINGFLAGE, f ein stück ackerland. das infolge von darauf
befindlichen quellen {vgL oben spring, m.) sumpfig und feucht ist.
Jacobsson 7, 414'. sonst auch wassergallen {s. unten) genannt,
vgl. auch galle, f. (II) unter 1,c,ß (</ini 4, 1, 1, 1188). j
SPRINGFLUT, f. 1) an der meeresküste eine zur zeit des
neu- oder voUmondes eintretende grosse flut. im gegensalz zur
nippflut ((AnJ 7, 852). ÜOBRii 654'. G0okl456: die schwächsten
fluten, die man nippfluten nennt, sind mit den inondsvierteln,
sowie die Springfluten mit dem neu- und Vollmonde verbunden.
Rraniies vorles. über astronomie (1827) 1, 22«. die springdut
dauert drei tage vor und anderthalb tage nach dem n*u- bes.
Vollmonde. Rohhik 6.'>4'. Springflut, fluctus aestuarius; aestus
maris pleno luna concilati. Frisch 2, 90<.t'; nd. ipringfloot {neben
sprengfloot) brem. wb. 974; springflöd trn DooRNtAAT Koolhan
3, 290'. vgl. hoU. sprinckvioed, fluctus aestuarius, aeUus mari-
timut major, aetlus mans plena luna conitali. kiiun 2, i>23'.
wenn sich dazu (tu dem die wassermatten in den kaual treibenden
weftwtnde) nurji eine springlluth gesellt, donn steigen die
109
SPRINGFRAU — SPRINGFLSZIG
wilden wasser oft lu einer hölie und furcht barkeit, die einera
das herz erbeben machen. Allmkbs marschenbuch Zi; stand
eine springOulh bevor, so konnte man sicher sein, er (Hauke)
lag trotz Sturm und welter weit draussen am deiche mutter-
seelen allein; und wenn die möven gackerten, wenn die wasser
gegen den deich tobten und beim zurückrollen ganze fetzen
von der grasdecke mit ins meer hinabrissen, dann hätte man
Haukes zorniges lachen hören können. Storm ', 157;
der Wässer griuim. o herr, nimpt vollen laulT,
die ipriogflut sieigl mit grossem brausen aufT.
Opitz psulmen 178:
'wahrlich, veiier, es schäumt und schwemmt,
es brülU um der klippe xiBken;" —
'ruhig, mein junge, die springDui kömmt,
iasi sie steigen, sie wird schon sinken'. —
DcosTl-HtJLSUOtr 1,248;
nag die ehrliche deutsebe see
vom schleim der molluske sich röthea,
springllut brausen, zischen die bö
und die Wasserhose trompeten,
drunten, drunten ist's klar und licht,
wie droben die wellen gebahren, 249,
5) Überhaupi ^springende flut' in einer erst verhdltnismäszig
ipdten Verallgemeinerung : sie {die scheune, bez. ihr dach) formte
kleine tosende sturzbäche, rieselnde wasserfäden, gurgelnde
Springfluten und stellenweise fröhliche Sprühregen. Anzen-
GRCBER 5,51. wie oben Springbrunnen, m. {sp. SO) äne Ver-
deutschung ron franz. fontaine:
aus den urneii aber stieg die springQut
rein empor, wie eine schlanke lilje. Platen 336';
am mittag lubt' ich dann auf weichen purpurdeekeu
im luftigen gemach, wo im marmorneD hecken
der springüut rauschen nie verstummt.
Geibel 1i 115.
ton dem zu köpf steigenden blute: \a Fritzens bleiches antlitz
schosz eine springfluth junges, purpurnes blut. H.Hucb Haduwig
im kreuigang 60.
3) im vergleiche: lange zeit bleiben die eigentlichen grund-
empündungen eines kreises von tagestäuschungen überhüllt;
endlich aber drängen sie sich doch wie springQutben unwider-
stehlich an die Oberfläche. Immermam» Münchh. i.ss.
4) auch bildlich: mitten in einem ergreifenden auftritt oder
kapitel, aus dessen anfange der leser vor acht tagen sprang,
und zu dessen eude er nach acht tagen wiederkommen will,
so dasz während dieses Zwischenraums die ganze springfluth
des dichters rn ihm verlaufen ist. J, Paul kl. bücherschau 2,'i;
80 gibt es tribunen hier unten, die, wenn die ebbe beginnt,
wenn die revolutionären Springfluten sich wieder verlaufen,
diese erscheinung den intriguen der Jesuiten zuschreiben.
IIeike 6,421. Wirklichkeit und bild zugleich:
auch solche springfluth hört zum leben!
sie jagt es auT, sie frischt es an,
sie hütet es vor dumpfem stocken —
drum ohne bangen in den kahn,
und gib dem stürme deine locken. Freiligratu 3, Sl.
SPRINGFEIAÜ, f. nach dem Volksglauben der Mark eine über-
irdische frau, welche in einem besonders klaren quell wohnt, sie
ist den menschen wolgesinnt: nd. springfrü. Kou« märkische
forschungen 1 (1841), 135. gebildet zu oben spring, m. l {sp. 77).
SPRINGFRUCHT, f. in der botanik bezeichnung der fächer-
förmig aufspringenden frucht des euphorbium. Bebler 5, 6G1.
tgL auch oben springeuphorbie, f.
SPRINGFUSZ, m. l) allgemetn: springfüsse, Jal/a<orii ped«.
Nkhhicb. die springfüsze des springhasen {s. unten spring-
bas«, m.), der heuschrecke und anderer hüpfender insecten, im
gegentali zum lauffusz (theil 6, 330). auch von den füszen des
menschen: eh' icbs gut erkläre, warum der gerichthaiter, der
former der vokazion, diese so dumm aufsetzte: wollen wir
zwei, ich und der leser ... uns bei Fixleins freudigen spring-
fQszeo aufhallen. J. Paul Quintus Firlein 156; auch büdhch:
jetzt durch die geistigen springfüsze, durch das leichtere ver-
binden aller ideen ... musz die weit zuletzt mit kühnen
bildern aufhören, so wie sie damit anfing, torschult der
itlhetik 2, i:9.
2) springfusz, benennung ton seiurus vulgaris. Nemmcb 2,1249
(soml gewöhnlich eichhorn, eichbörnchen, n. [s. Iheil 3.81] ge-
nannt), eben weil das thierchen es zur virtuosen meisterschaft im
gebrauch dieses gliedes (s. unler 1) gebracht hat.
SPRLNGFCSZIG, adj.:
springfüsiig floh nach süden die gazella,
eo sie der wiuier zwang in bäreol'elle.
LiLiincRON S, 122 (ausgew. ged, 26).
SPRINGGARDINE — SPRINGHAÜS 110
SPRINGGARDINE, f. auf ein bleehrohr gewickeite gardine,
welche mittelst einer feder selir.ell auseinander gewickelt werden
kann, sie dient zum schütz gegen die sonne. Jacobsso.-« 7, 414*.
SPRINGGAL'CHBLU-ME, f., wie unten springkresse, f., be-
zeichnung von cardamine impaliens. KrCmtz encycl. 162,63. über
den anUisz zur Wortbildung vgl. oben springeuphorbie, f., spring-
flachs, m., Springfrucht, f. und unten springgurke, f. u. s. w.
SPRINGGIFTIG, adj. auszerordenllich giftig i zornig, erbost,
eigentlich so zornig, dasz man seinem gegner am liebsten ins
gesicht springen möchte: springgiftig Scb«.* 2,703. L'.ngeb-Kbcll
529*; springgifti Frommasks i«lsc/ir. 3, 188, 33, vgL auch oben
springböse, adj. sp. 79.
SPRINGGINKERL, n. üwger-Khcll 529', wie das folgende.
SPRINGGINKES, m. bezeichnung eines jungen leichtfüszigen
menschen. Schm.* 2, 703. vgl. unten Springinsfeld.
SPRINGGLAS, n. gläserner tropfen, der nicht im kühlofen
allmählich abgekühlt, sondern im kalten wasser sehr plötzlich ge-
härtet wird, er ist duszerst spröde und zerspringt zu feinem
staub, sowie man von dem fadenähnlichen schwänze nur ein ganz
kleines Stückchen abbricht. Jacobsso» 4, 233". 7,414'. sie werden
sonst auch vexierglüser genannt, vgl. auch oben springfaden, m.:
springglas, lachrymae ritreae. Frisch 2,309*. büdlich: belei-
digungen der ehre, der liebe, des mitleidens machten den
physikus nie warm und er behielt seinen Überzug aus glattets
an; aber Störungen seiner kuren erhitzten ihn bis zum zer-
springen; und so sind wir alle springgläser, die den hammer
vertragen und nicht eher in tausend splitter zerfahren als bis
man die kleine spitze abbricht. J. Pacl Titan 1, 198.
SPRINGGRABEN, m. graben für springübungen. Jahr 2, 1, 18
Euler. vgl. Kbühitz encyci. 162,63.
SPRINGGRÜBE, /., begrifflich dasselbe wie das vorhergehende.
Jahs 2, 1, 18 Euler. heute in der turnersprache kaum noch ge-
bräuchlich.
SPRINGGRÜND, m,, dasselbe wie unten Ursprung, der erste
theil der Zusammensetzung birgt ohne zweifei spring, m. 1 fons:
wo kan men idt gude wercke beten, so de sprinckgrunt böse
und unreyne is. quelle bei Scbiller-LCbbes 4,346*.
SPRINGGURKE, f. benennung einer wilden gurkenart, deren
reife frucht bei der leisesten berührung zerspringt und zugl6ch den
samen umherstreut, momcrdica elaterium. Oke!<3, S25. Pbitzel-
Jesse!« 239: springgnrke, cucumis sylvestris oder asininus. Frisch
2,309*; auch als garlenpflanze. öcon. /ej;. 2786. sie wird sonst auch
eselsgurke, f. theil 3, 1152 und spritzgurke, f. (s. unten) genannt.
SPRINGHAFER, m. eine haferabgabe, welche von dem herrn
der besprungenen stute an den besitzer des hengstes gleich nach
der begaltung zu leisten ist, diese leistung wiederholt sich noch
einmal, wenn die stute auch trächtig geworden ist. brem. wb. 974.
Adelühg. s. auch unten sprunghafer, m.
SPRINGHAFT, adj. saltatorius, exsiliens, exsaltans, saltu pernici
corpus tollens. Stiei.br 2106; springbaftes pferd, equus se al-
toUens, gressus glomerans. ebenda.
SPRINGHAHN, m. i) hahn, welelier die henne triU. Cakpk.
2) hauptsächlich in niederdeutschen gegenden eine benennung
der heuschrecke. vgl. oben Sprenger, tn. l,c{jp.41), sprengsei, m. 1
(sp. 44), Springer, m. 2, c, S (sp. 104) u. s. w. ; sprinkhane, bruchus.
alte wörterbuehquelle bei Schiller-LCbbe» 4, 34ü'; sprinchahne,
lecusta Dief.-WClceer 860; sprinckhaen, /ocusta Kiliax 2, 623';
springbahn, gryllus Neükich 2, 80; springhabn, locusta Ratze-
burg die forstinsekten 3,260. demin. sprin ckhaenken, n.
attelabus Kilias 2, 623*.
3) spring bähnchen, n. eine blattkdferart , chrysomela.
zweifarbiges Springhähnchen, chrysomela bicolor. KrISritz encycl.
162, 64.
SPRINGHAI, tn. ; sprinckhaye. galeus glaucus. piscis ineredibili
agilitate quatuor cubilorum aUiludine e mari exiliens, ne praedae
ac lanienae pateat. Kilian 2, 623'. vgl. oben springtlscb, m.
SPRINGHANS, m. munter springender Hans als bezeichnung
eines fröhlichen, lebhaften knabens. Campe, demin. sprin g-
hänschen, n., nd. sprinkhänsken brem. wb. i,9H.
SPRINGHASE, m. benennung einer art von erdmäusen mü
hasendhnUcheni köpf, die Vorderbeine sind sehr kurz, dagegen
die hinterbeine ungewöhnlich lang, so dasz sie sich nur springend
fortbewegen kann, mui jaculus. Nemricb 2, 653, vgl. Oken 7, 796.
vgl. auch unten Springmaus, f. und springratte, /. springhase
auch bezeichnung einer kleinen näuseart, die im flugsande lebt,
mus sagitta. Nem.iich 2, 65$.
SPRINGHAUS, n. eine käfigartige vogelfalle, vgl. oben spring-
falle, f., springhaus, n. FRoaMAnns zettschr. 7,105:
1 1 1 SPRINGHENGST — SPRINGINSFELD
wellichem ('fem ruhen) waren wol kekandt
in den wilden und aulT dem land
der Togler list, darmit sie neiigen
die Waldvögel, die iinikiubringen
mit garen, springlieusern und kloben.
H. Sachi 17, 454, 7 KcUer-Götzf.
iemn. • p ri n g hS u 9 1 ei D , n.: tpringliauszlein, decipula. tevttck-
lat. »K 8. nach FaoiiiiAiins xeiltehr. 7, 105 dient da$ spring*
häuilein nur dazu, dit Sperlinge von dem futler fermubalten,
und nicht daxu, den fremden togel xu fangen, doch rgU dagegen
oben und: im fröbjahr da geh i bei zeilen mit 'o »pringhäusl
aufsi in wald. ebenda, nach Uncer-Kbull S29* ist springhäusel
überhaupt Uhierfalle.
SPRINGHENGST, m. besehäler. rgl. springen, rerk. U f> ."
(ip. 93): springbengst, ein bengst, den man zA den gurren oder
»lutea \aizt, admissarius equus. MaalebSSS'; springbengst, e(;uuf
ädmissarius. SriBLSa 7(2; springbengst, Stallone ^ ammassario,
eavallo da rasxa. Krämer dict 2(1702), 890*; springbängst, fguui
ädmissarius. Frisch 2,309*; der >pringbcn);$t sol nichts, äd-
missarius iners in venerem. Maaler 3S2'; springen, faszien,
als wenn der springbengst auff die stäten springt, salire dt-
cuntur animalia bruta. ebenda; wann der springbengst das
mutterpferd ersieht, so binnewibelet er. Garg. "\
SPKINGHEKD, m. rogelherd, welcher mit springwänden (s. unten
springwand, /.) umstellt isL der fang geschieht mittelst lockvogels.
Jacobsso!« 7, 41&*.
SPRINGHOCKEN, n. in der lurnersprache : während des
Sprunges wird der körper in hockstellung gebracht, d. h. die Ober-
schenkel an den leib herangesogen. Krünitz encycl. 162, 4S.
SPKINGHOHN, n. benennung einer blasensehneckenart, bulla
terebellitm. Ncmnicb 7,719.
SPHINGIG, adj. 1) entsprechend springen, verb. 1: springicbt,
saltatorius, exsüiens, exsaltans, saltu pernici corpus toUens.
Stibler 2106; springichte bocke, capri salienles. ebenda.
2) apT\ng\i, quellreich, quellig. Danneil 207*. Frischbier 2,357*;
rgL springen, verb. 2 5p. 98 und spring, m. l sp. 77, springiger
bod^D, springiger acker. nd. sprinkig (vgl. auch oben sprink
unter spring, n>.), sprinkige steile. Friscbbier a. a. o.
S) entsprechend springen, r«rfr. 5 <p. 101: springig, brüchig,
steif, hart, von der seide gesagt. Seiler Basier mundort 275*.
SPRINGINSFELD, m. imperativisehe bildung. ursprünglich
rot name eines landsknechtes : 'eile in das feld, d.h. in den
krieg.'' u. ä. rgl. auch die entsprechenden bildungen renninsland,
hüpfinsholz m. s. w. J. Grimm ^ramm. 2, 962, daher sein vor-
kommen als eigenname in der älteren zeit zu erklären: Spring-
iat-feld, der ein abgefäumier ertzvogel war und kein latein
verstünde. Simpi. 362, 10 £eU«r , als buchtitel: der seltzame
Springinsfeld, das ist kurtzweiiige, iusterweckende und recht
lächerliche lebensbeschrcibung eines weiland frischen, wul-
«ersücbten und tapffern Soldaten, nunmebro aber ausgemergel-
ten, abgelebten, doch dabey recht verschlagnen landstürtzers
und bettlers . . . von Pbilarcho Grosso von Tromerheim.
(Grihmblshaosen) 1670. vyLGötiEKEfrundr. 9,252. ausderlands-
kneehlssprache auch in das handwerkerceremoniell eingedrungen:
Hansz Springinsfeld als schleifname eines böttchergesellens. brüder
Giihii altd. Wälder \,\(A. vgl.: wo steckst du dann, bebe!
aus dem tomister heraus, du lustiger Hans Springinsfeld! was
situ du da, wie ein kalendermacher, der auf re^'en und wind
•ludirt? Fr. Müllbh 1, 30<J. Springinsfeld als name des teufeis.
J. Gbimh my(Aoi.* 2, SS8; dementsprechend mag auch in dem
vorhergehenden beleg sehr wol an den eigennamen eines lustigen
kobolds gedacht werden, für das alter der Wortbildung vgl. noch
nd. ein springe ynt vell. Grtse wedewen ipegel, Rostock 1596 L2
bei ScBiLLER-Lt'BBEK 4, S15*. ndl. XU belegen als spring-in't-veld.
grundr. der germ. philol. 1,909. wie sehr die Zusammenstellung
als einheilUches ganze gefühlt wird, zeigt die fleiion des letzten
composttionsgliedeu- Junge unerfabrne Springinsfelde werden
durch dergleichen blicke freilich leicht aus reih' und glied
gelirachU HirrEL werke (,136; eine heilige familie auf einer
waldhobe, wo ... die mutler über einige munteie kleine
springinsfelder wache hielt. J. Paul kom. anhänge zum Tttan
2, «2; diese jungen Springinsfelds haben andere gedanken als
wir, fragen sie nur ihre friulein töcbter. Alexis Isegiimm ISO.
in dieser schon in den ebenaufgf fahrten gebrauchsterisen hervor-
scheinenden reralljemetnerung bezeichnet das worl einen lusttgen,
fröhlichen jungen menschen, etnen leichlfusz, doch nicht immrr
mit wsorohuhem bnstnn:
ich «iU ralt der aoprobi hinObcr lu dem ipringlntreld.
KoTiBBva ifrcMMl. »fiele i, 243.
SPRINGINSFELDISCH — SPIUNGK ASTEN 112
es wird von personen beiderlei geschUchts gebraucht, von knaben
und jungen männern:
er war ein rechter springinsCeld
im ersten bunten kleide,
und ward daher der jungen weit
und auch der mubmen t'rcude. liARrooRii 3.112;
herr Gries. der seneschall,
ist euch bekannt.
so war kein Springinsfeld
im ganzen land:
auch hieitx er überall
ier mädcliRnheld. Wirland I<<, 305;
ich war wohl recht ein Springinsfeld
in meinen jüngliiigstagen,
und that nichts lieber auf der weit,
als reiten, fischen, jagen. Börcrr 30';
da lieg' ich nun und träume,
ich junger Springinsfeld. Frrilicratu 2, 318;
sieh nur! ein paar artige knaben sitzen auf dein bocke, der
eine springt herunter, die kutsche fährt langsam, er kommt
aufs haus zu. das ist ein Springinsfeld! da ist er schon.
GöTBB 11,278; sie bat gut sagen, weil sie alle mit unserem
Vater vergleicht, der freilich ein ausbund ist, dem nicht jeder
das Wasser reicht! und doch ist er vielleicht nicht minder
ein kleiner Springinsfeld gewesen. Keller 8, lt2; wenn ihr
nur nicht schon ein springin.'sfeld, ein junger, im köpf steckt.
RosEccBR 1,427. hierher wol auch: stöbert mein Springinsfeld
{der major?) erst noch dieses kapitel aus — heb da! geht
ihm ein licht auf, wie meinem Rodney, wenn er die Witterung
eines Franzosen kriegt. Scbilii-r kab. u. liebe 1,1. im öster-
reichischen bezeichnet Springinsfeld ein^n stutzer. idiot. Austr. 108.
auch von jungen mädchen gesagt:
denn ihre (der mäilcheii) rasche pliantasie
hfipft. blindlings, unter tausend schlingen
herum, und eh wir's uns versehn, . . .
ist's um den Springinsfeld geschehn. Gökinck 1,139;
du warst immer so ein springinsTeld; als ein kleines kind
schon, bald toll, bald nachdenklich. Göthe 8,194; Allg'cier
that ihr (seiner slieftochter) nicht weh, er liesz sie gewähren
und liebte seine eigene tochter, den Springinsfeld, die Klein-
Lilly, desto mehr. Mosen 7 (1863), 167. ohne weitere angäbe des
geschlechts überhaupt von kindern s. oben den beleg bei J. Paul
kom. anhänge zum Titan 2, 62,
SPRINGINSFELDISCH, adj, zu dem vorigen, in einem buch-
titel: das wunderbarliche Vogelnest der springinsfeldiscben
leyrerin . . . nützlich und kurtzweiiig zu lesen ausgefertigt
durch Michael Recbulin von SehmsdortT. (Grimnelsbacsbn) 1672.
vgl. Gödeke 3, 252.
SPRINGINSGELD, tn., ganz entsprechend oben Springinsfeld, m.
gebildet, wol als bezeichnung eines, der sein geld vergeudet: ein
springe ynt velt, ein springe ynt gell. (iRtsE wedewen spegel
(1596) L2 6« ScHiLLER-LConEN 4,315*. doch vgl. das folgende,
wonach es vielmehr einen bezeichnen würde, der plötzlich reich wird,
SPHINGINSGLT, m., wie das vorige gebildet und wol von
ähnlicher bedeutung: ein «princk ynt gut. Gryse wedewen spegel
(I59ti) L2 bei Scbiiler-LCbrkn 4,345*; dagegen spring in't good
von einem, der plötzlich reich wird, i. b, durch grosse erbschaft.
brem. üb. 4, 974.
SPRINGKÄFER, m. bezeichnung einer kdferart, der auf dem
rücken liegend wieder auf die fiisze springen kann, elater. üeri.en
5,661. NtMNicH. sonst auch Schnellkäfer,«. ((/i<ü 9, 1307) ge-
nannt, vgl. auch oben unter Springer, m. 2, c sp. 104. itbertragen,
von einer tanzschülerin : wir hatten zeit, da er (der tanzmeister)
von h — 6 uhr auf neue springkäfer lauerte, die aber heute alle
im komOdicnbause saszen. J.Paul Katxeubergers baderiisei,l\9.
SPRINGKAMMEH, f. kammer, hOhlung eines berges oder felsen,
in der sich die quelle eines flusses oder baches befindet, viil. oben
spring, m. t fons sp.V. in einer fast kühlen grutte, nnsz
welcher nicht allein dieses wasser siimptlich gedussen kam,
sondern auch andere sirOme durch verborgene gilnge und
ädern der feilen hinausz diungen. dies ist, sagte sie (die
quellnymphe) , die springkamnier der flüsse, darvun so virl
felder befeuchtet, so viel flecken und stAdte versorget werden.
Opitz 2.260.
SPRINGKARPFEN, m. bezeichnung einer karpfenart: »pring-
karpf, eyprinus ciriosus. Sirruld 61.
SPRINGh ASTEN, m. kosten mit Sprengstoff, welcher in die
erde vergraben wird, um darüberhineilende feinde in die luft zu
sprengen. Jacubsson 4,23s*: springkasten, arra pyrobolana in
terra iefossa, Faiica 3^ 300*. rf(. o6eii ipreogkiiten, m. (sp. 43)
113
SI'RINGKATZt;— SPRINGKRAUT
SPRIMiKREBS — SPRliNGLICHT
111
und unten springkistc, f. deniin.: (auf den schiffen) spring-
käs 1 1 e i n , dem feind mit feuerwerck zu scharfen. Fbisch o. a. o.
SPÜI.NGKATZE, f., in der landuhafl Gotlingen-Grubenhagcn
springkalte I) spitltische beuichnung des springenden löwen im
hessischen Kippen. Schaübach 206'; 2) mit rüeksicht darauf auch
benennung des hessischen guten groschen. ebenda, sonst auch
klumpscliwanz, m. (klumpswans) genannt. 104*.
SPRINGKEHN, m, im steirischen der aus der frucht heraus-
springmde samenkem: l) ton euphorbia lathyris. Ukgei-Kbui L 529'.
vgl. auch unten sprinkorn, n. 2) ron iinum usilalissimum cre-
fttans. ebenda, tgl. oben springerl, n. 3 sp. 107. 3) ron n'finuj
communis, ebenda.
SPRlNGhlSTE, f., teie oben der »pringkasten hergestellt, jedoch
ausschlifsiiich auf den schiffen tertrendet. tgl. dazu oben spreng-
kiste, f. (sp. 42). Jacofsso!» T, 414*. Eggebs 1, S70. Bobbu 653'.
SPKINGKLAri'E, f., bei Cknn für springTenlii, n. (s. unten).
SPKINGKLINGE, f. besonders eingerichtete klinge einrs dokhes
'der einer Stangenwaffe, ton den beiden seilen des blattes können
durch den druck auf eine feder zvei theile abgespreizt Verden,
'der iveck der springklingen war, die Kunde lu erweitern, nach
rollfiihrtem stosz wurde auf die feder gedrückt und die klinge in
geöffnetem zustande rasch aus der vunde gezogen,' Bübeim waffen-
lunde 301, vgl. SSO.
SPKINGKNOCHEN, m. in der anatomit bezeichnung des os
naiiculare, sonst auch scbiffbein, n. {Iheil 9,62) genannt. S'eümch.
nach Campe auch dasselbe wie sprungknocben, m. {s. unten).
SPRINGKOLBE.N, m. ein wie der springfaden {s. oben) und
das springglas {s. oben) hergestellter glaskolben, der bei einer nur
',eringen beschädigung in staub zerspringt. Jacobssoh 4, 23S. nach
AüELUsc auch Bologneser flascbe genannt.
SPRINGKORN, n. l) benennvng der frucht von euphorbia
ilnthyru. Neulich; tilhymalus lathyris PßiTZkL-JESSES 405. in der
apotheke unter cataputia minor bex. major geführt, s. unten Spring-
kraut, n. springkörner haben den namen, dieweil der same,
wenn er zeitig ist, selbst auszspringt. Mattbiolcs-Camebaries
423B; creutzbluro, grosz springkörner, wunderbaum, cafapufia
major. Dastpodics; springkörner, treybkörner . . . ^J/Ai/^w,
amygdalites. Maaler 382*; springkorn Wibscnc; springkörner,
cataputia ofßcinis rel cataputia minor. Coivi;«cs 130'; spring-
körner, eatapuccia Kbamer rfid. 2 (1702), 890*; springkörner, der
saamen des Springkrauts, grana eataputiae minoris. Frisch 2.309'.
tgl. sprinckkoren, kthyris, cataputia minor et fdperitis sili-
quastrum. hiLiA> 2,623' und dän. schwed. springkorn Nemmch
1, 1»45. kürbisz: springkorn vel wilde korvcs, cc4oquintida. roc.
Engelhus bei Sciiilleb-LCbbeh 4, 346*. springkorn als bezeich-
nuiig der frucht ron euphorbia lathyris noch in Ostpreuszen.
Fbiscbbier 2,357*. als armeimittel: springkörner 10 oder 12 zer-
stossen und mit weyn eingetruncken, fahren beyderseits ausz,
das ist, durch speyen und stulgänge, treiben phlegma, die
gallen, das nasser ausz. Matthiolcs-Caüerarils 423B. tgl.:
wultu spyen unde gba(n) mede lo gtole, so etb sprinkkorn.
gothaisches arzneibuch 40", 23 Regel s. 35. vgl. noch oben sprengel-
körnlein, n. sp. 7f<.
21 bezeichnung der pßanzengattung impatiens oder noli me
längere. Neu sich 2,223.
SPRINGKRAFT, f., dasielbe wie unten sprungkraft, f.: die
Springkraft der ziegen. hannov. magazin von li»44 s. 336. als
Verdeutschung von elasticität: elasticität (springkrafi) ist das
tennögen einer materie, ihre durch eine andere bewegende
kraft veränderte grösze oder gestalt bei nachlassung derselben
wiederum anzunehmen. Kart &, 522.
SPRINGKR.\FTIG, odj. zu dem torigen. Campe, dazu weiterhin
auch spri ngkräftigkeit, f. ebenda.
SPRI.NGKRALT, n. m der botanik. 1) euphorbia lathyris.
seine frucht heiszt springkorn, n. (j. oben springkorn 1). vgl. auch
unten springwurz, f. als die ältere bezeichnung dieser pßanze:
spriogkrut Bbunscbvvic destillierbuch 117' bei Schmidt elsäss.
vfr. 335*; Springkraut, lathyris Matthiolcs-Caherabics 423B ;
Springkraut, lathyris Wibsurg; Springkraut, wild balsamkraut,
hirscbmölten. ScBWERsrELi siirpium et fossilium Silesiae cata-
logus. V,; Springkraut, lathyris Dentzleb 1,3^2'; Springkraut
ConEKicsreffts/er; Springkraut ... iatiri Kbameb did. 2 (1702), 890';
Springkraut, lathyris, cataputia minor, tithymolum, weil seine
saamkürnerherausspriogen. Fris(h2,309'; Springkraut, «ufiftorfrio
lalftyrü.NEMNiCB 1,1545; Springkraut. JtJhytnaJu« Jar/iyris. Pritzel-
Jesser 405. vgl. hoU. sprinckkruyd . . . lathyris. Kilian 2, 623*.
ton seiner natur : Springkraut ist warm im drillen grad, und
feuclil im ersten. Matthiolus-Cauebabius 423*.
X. 2.
2) impatiens oder noli me längere. Neu .sich 2, 223. auch seine
zur zeit der reife herausspringende frucht heiszt springkorn
(j. oben springkorn 2): springkriU, impatiens noli längere, quelle
bei Schmidt elsäss. wb. 335*. vgl. Piitzel-Jesses 190.
3) in weiterer Zusammensetzung springkrautsaraen, m.,
dasselbe wie oben springkorn, n.: springkrautsamen G. Fkakcus
ßora francica 72.
SPRLNGKREBS, m. ein aus dem wasser sich in die luß
schnellender krebs, dcmin. springkrcbslein, m.: springkrebszlio
Ges.neb-Foker ßschb. 127*; ein andere figur des springkrebsz-
]ins in Italia gemablei. 12^'.
SPRINGKRESSE, f. benennung einer kressenart, deren zeitiger
samen bei der geringsten berührung herautschnelit , cardamine
impatiens. NfiiiniCH 1, 868.
SPRINGKUGEL, f. 1) die springkuglen, das ist, bleykuglen
so die habend die auff dem seyl gond, das sy sich im gewicht
mögind enthalten und kein misztriit Ihün, halieras. .Maaleb 3S2';
Springkugel, halter Dief.-WClcier s60; eine bleyerne spring-
kugel, das gewichte, so die in bänden füren, so auff dem
seil geben, halter. Curh^ls 562*; springkugeln, welche die
Seiltänzer vor diesem in den bänden gehabt an statt der
Stangen, halteres. Frisch 2,309. vgl. die später an ihre stelle
getretene springitange, f. unten.
2) in der landschaft Göttingen- Grubenhagen {so in Eiinbeck)
sind springkugeln kleine gebrannte thonkü gelchen , mit welchen
die knaben zur frühlingszeit spirlen und die sie sieh gegenseitig
abzugewinnen suchen, vgl. knippen, verb. 1, b theil 5, 1436 und
schusser, f?». theil o, 2076.
SPRINGKLKUMER, f., wie oben springgurke (jp. HO) be-
nennung von momordica elaterium. Pritzel-Jessem 239. über den
anlasz zur Wortbildung vgl. springkraul, f., springkresse, f. u. s. w.
SPRI.NGKUNST. f. kunst des springens: springkunst, arte di
spiecare salti maestri e giuocolareschi. Kraheb dtc(. 2(1702), S90';
selbst in der springekunst, die an die stelle der tanz-
kunst getreten ist, sind sie nicht reich. Reicbbabdt bei Campe.
im besonderen ron der kunst, sich durch einen sprung auf ein
{dahinrennendes) pferd zu schwingen: springekunst, ars equos
insultandi teque circacircum ephippium gyrandi. Stieleb 1011;
oflcirer und reuler sollen billicb in rosssprunge geübet seyn ; . . .
ein solches exercitium, welches nicht allein geschwinde und
gerade leute macht, sondern auch in noblen sehr dienlich; . ..
massen den thebaniscben kriegesfürsten Epaminondas die
springkunst, darinnen er sehr erfahren war, oftmals aus grosser
gefohr leibes und lebens gerettet. Butscbkt Patimios 96.
SPRINGht'NSTLER, m. zum vorigen und gleich .«pringer f, c
(sp. 103): aber wie, wenn eben Holland der bajazzo Deutsch-
lands wäre, und letztes erst der rechte springkünsller? macht
denn der bajazzo nicht alle luftkünste des Springers recht
ungelenk und langsam vor, damit der nachkommende künstler
nachher durch den abstich desto herrlicher glänze? J. Paul
dämmeiungen 42.
SPRINGKÜRBISZ, m., wie oben springgurke, f. und spring-
kukumer, f. bezeichnung von momordica elaterium L. KbCmtz
encycl. 162,67: springkiirbs, eucumer asininus, cucumer sylvestris,
cucumer aguinus, eucumer erralicus. \\ ibsukg. gewöhnlieh esels-
gurke theil3,lihi oder eselskörbis (/(rtl3, 1154 genannt.
SPRLNGL.\CHS, m. ein* benennung des gewöhnlichen lachses
salmo salar, weil er über kleine Wasserfälle hinweg springt.
KbChitz encycL 162, 27.
SPRINGLADE, f. an der orgel eine vindlade, deren tentil
durch das rcgister aufgesprengt wird. Jacobssoh 4, 24S*: spring-
laden sind windladen in den Orgelwerken gewesen . . . canaüs
venli in organo pneumatico. Fbiscb 2, 3o9'. vgl. oben schleif-
lade, f. {theil 9, 6i'b) und springklappe, f. »p. 113.
SPRINGLAUS, f., s. oben sprenglaus, f. sp. 43.
SPRINGLEBENDIG, adj. von einem sehr gesunden gesagt:
springlefendig, ausgezeichnet munter. ^E^ Doobnkaat Koolman
3,290*, eigentlich so gesund und munter, dasx man tor freude
und körperlichem wolbefinden hüpfen und tanzen möchte, vgl.
springen, verb. l, 0. b sp. si. S2
SPRI.NGLEIN, m. in Würtemberg benennung von Iinum wi-
tatissimum crepitans. Pbitzel- Jessen 217, auch klanglein, m.
genaniiL Karmaksch-Heiber^ 3, 507. vgl. oben springflachs, m.
sp. 10s.
SPRINGLEIN, n., z, unten sprünglein, n.
SPRINGl.ICHT, n. als feuergefährlich verboten: drittens,
werden jedermäniglich die spSnn und springieichter, auch das
tobackraucben in den häusern bei dem holtwerch, auf den
8
115
SPRINGLING— SPRINGQUELL
SPRINGQUELLE — SPRINGRAUPE
116
thennen, stallen und dillen und dergleichen orten bei 6 ihaller
und weiterer straff eingeholten, tirol. «eisth. von 1730, öiterr.
»fisrt. 3, 361, 10 ; tcol ein offenes, nicht von glas ii. dergl. ein-
geschlossenes lichl, das ungehinderl funken sprühen kann. vgl. das
entsprechendt mit dem leuchter um sich sprengen unter
sprengen, rerb. III, 2, c sp. 41. zu dem verbot vgl. oben span
A, 1, 6, theil 10, t, 1863.
SPKLNGLING , m. saltarello Kramer dtc(. 2 (1702), S90': ein
Junger springling, un saltarello di ragazzetto cioe Itggiero e
snello. ebenda.
SPHINGLINGS, adv., s. unUn sprünglings.
SPIU.NGLÜKE, f. auf dem schiffe eine kleinere luke. Bobbu479';
nach Campe so benannt, weil durch sie eine person unter deck
sttigen oder springen kann, ohne dasz die grössere luke geöffnet
zu «erden braucht.
SI'RINGMADE, f. eine sich fortsehnellend bewegende madenart:
sprangmoid, m. Gancler 427. vgl. Springer, m. 2, c, ^ sp. 105.
SPHINGMAL, n. beim ballspiel ein durch einfachen oder wieder-
hollen Sprung festgesetztes mal, von dem ausgelaufen uird. Campe:
springmabl im ballenspiel. Ricret2S4; springmaal: ballspiel.
ScbCtze holst, idiot. 4, 177.
Sl'RINGMANN, m. in der landschaft Güttingen-Grubenhagen
anwohner eines Springs, einer quelle {s. oben spring, m. 1 5p. 77).
dann auch zum festen eigennamen geworden.
SPIU.NGMÄNNLEliN, n. aus einem stück hoUundermark ge-
fertigt und mit einem stück eisen oder blei beschwert, ein kinder-
spielzeug: springmannl Unger-Khüll 52'j'.
SPRINGMAUS, f. benennuiig von mus sagitta. Nemnicii 2,658.
sie hat sehr lange hinterbeine und nur kurze Vorderbeine, so das:
sie sieh nur mehr hüpfend und springend fortbewegen kann,
tgl. Okkk 7, 785. vgl. auch oben springbase, m. 5p. lio und unten
springralte, f. übertragen auf tanzlustige mädrhen: 'dann kam
sie heran', fuhr die multer fort, 'machte sich an mich und
hatte keine ruhe, als die armen musikanten laut wurden, bis
ihre knaben ihre tanzkunst zeigen durften, was unsern beiden
spriagmäusea da, versteht sich, gunz genehm war!' Keller
8, 100.
SPRINGMONTAG, m. bezeichnet in norddeutschen gegenden
den als haupltng in eine jahrmarlitszeit fallenden montag, an dem
tanzvergnügungen abgehnUen werden: springemaondag SciiiJTZE
holst, idiot. 3,69. vgl. springen, verb. 1, b, y. S. f. g sp. 83. 84.
SPRINGMÜCKE, f. benennung einer kleinen grauen mücke,
welche einen mehr tn absätzen scbieszenden flug hat, so dasz sie
Sprünge zu machen scheint. Popowitsch 551.
SPRINGMCHLE, f. mühle, die sich in der nähe einer stark
strömenden quelle {s. oben spring, m. 1 sp. 77) befindet, eine Spring-
mühle bei Grone in der nähe von Göltingen, vgl; Schambach 2(i6'.
SPRINGNACHEN, m. Kebrein nassauische volksspr. 1, 3S3.
s. oben sprengnachen, m. sp. 43.
SPRINGNETZ, n., vielleicht dasselbe wie oben Springer, m. 7
5p. 106: sprincknet, pantheron, vulgo rete saltabnndum. Kilian
2, 623'.
SPRINGOCHSE, m. zuchtochse, bulle, bos domesticus. Nehnich
1, 646. vgl. springen, terb. 1, f, n sp. 93.
SPRINGPFERD, n. 1) wie oben Springer 2,a sp. 104. «n pferd,
das tüchtig springen kann, kunslmäszige Sprünge versteht: Spring-
pferd, eauus desultorius. Stiklkr 1441; Springpferd, cavaÜo
taltatore o saltarino. Kraher dict. 2 (t70>), 890\
2) der Zuchthengst, wie oben springhongst, m. sp. 111: Spring-
pferde etiam dteuntur die hengste equi admissarii. Stibler 1441;
rgl. sprinckpecrd, equus admissarius, emissnrius. Kilian 2, 623'.
3) Springpferd, turngerät, an dem sprimjübungen vorgenommen
werden. Euler bei Jahm 2, 1, 18 inm.
SI'RI.NGPILZ, ni. eine an waldbäumen vorkommende pils-
gatlung: springpiU. perichaena Rehie.n 5.603.
SPRINGPROZESSION, f. die an dieser prozession thcil-
nehmenden Wallfahrer bewegen sich nur in Sprüngen vorwärts,
häufig dazwischen vorkommende rücksprünge hindern das von der
stelle kommen sehr und lassen selbst ein sehr nahes ziel erst nach
terh'iUnismäszig langer lett erreichen, berültmt ist die apring-
prozestion von Ecbternach.
SPRINtiQLELL, m. ^oni saliens. häufiger als das folgende
springquelle, f. das wort biaucht nicht blosie lautolugische Zu-
sammensetzung ton spring, m. {s. oben) und (|iiell, m. (5. th. 7. 2 13<<)
tu sein, sondern mag eher in seinem ersten gliede auf springen, rerb.
zurückgehen, also 'hervorspringender quell', gebildet rnlfprechtnd
springha^e, m.. ipringniaus, ^., Springpferd, n. l u.s.w.: spring-
quell, fons taUeni STiEtii 1403; springquell Caipb.
1) im eigentlichen sinne: wie er hereintrat, ward er einen
mächtigen strahl gewahr, der wie aus einem springquell bis
an die decke des gcwülbes stieg und oben in unzählige
funken zerstäubte, die sich unten in einem groszen becken
sammelti'n. Novalis 2, 7 Meiszner; rechts im rorgrunde ein
veieinielt stehender fels, an dessen nach vorn gekehrter seile
ein springquell. Grillparzir^ 7, 134. sehr häufig mehr oder
weniger in der bedeutung von Springbrunnen, m. 5p. SO, als
Verdeutschung von franz. fontaine: ein mächtiger springquell
stieg zwischen den vielen fackeln mit zahllosen lichtem hinauf
in die dunkelheit der tönenden wipfcl und bekleidete mit
melodischem plätschern die mannichfaliigen gesänge. 55; dort
(bei Cassel) ist die ritlerburg, und dort weiter rechts das
chinesische dorf, dort der springquell, der dreimal im jähre
springt. Cbamisso 5,104; zu füszen lag das klostcr mit all
seinen gebäuden und ringmauern; hier sprang der wohl-
bekannte springquell im hofe. Scheffel Ekkeh. 65;
mein ohr umtönt ein harmonieennujz,
der springquell Tallt mit angeneiimem rauschen.
ScaiLLKR 11,200;
ein gewiisser liört er endlich rauschen,
und gelangt an einen prächtigen springquell,
der mit silberklaren lluten über
blanke marmorstalTelii niedertanzte. Platin 336';
schweigen rings; im garten der villa plaudert
nur der springquell. Leutuold grd. 84;
als springequcll:
solchem sieg zum elirenbogen
wölbt aus Silbersäulen hell.
von dcmantenstauh umllogen,
sich des gartens sprlngequell. A. Grön 90''.' 174.
im plural mit dem folgenden springqucUe, f. zusammenfallend:
in milchtigcn springqnellen stieg der brennende sprit aus den
groszen weinlagern auf und nieder. Treitschre d. gesch. 5,178;
springquellen hochanrrauschend lustig stiegen
krystallnen snulcn gleicli so funkelhell,
als könnte niemals ihre diith verslegen.
Mose?« 2 (18fi3), 20.
die mannigfalligkeit und Zierlichkeit der gestalten und die
lebhuftigkcit der lichter und färben gewährten dus herrlichste
Schauspiel, dessen pracht durch einen springquell in der mitte
des gartens, der zu eis erstarrt war, vollemlrl wurde, Novalis
•2, 165 Meiszner. das aus einer quelle geschupfte nasser: er
schöpfte das taufwasser aus dem din^e selbst, konnte man
sagen; oder sein taufwasser war springquell und nicht (lusz-
oder gar tcichwasser. Hippel kreuz- u. querzüge l,'.i.").
2) im vergleich: die natur, die, wie ein schäumender spring-
quell, emporgedrungen war in allen pflanzen und bäumen,
stand jetzt schon da vor meinem verdüsterten sinne. Hölderlin
2,47. hierher auch: 0 Goethe, hätte der springquell eine seele,
er könnte sich nicht erwarlungsvoller an's licht drängen, um
wieder empor zu steigen, als ich mit ahnender gewiszheit
mich diesem neuen leben entgegen dränge, das mir durch
dich gegeben ist. Bbttine 1, 193; zur Charakterisierung des
distichons:
im hexameter steigt des springcpiells silberne säule,
im pentamctcr draul' fällt sie melodisch herah.
Schiller U. ISö.
3) bildlich (vgl. oben spring, wi. 1 5p. 77): kann er [der mensch)
den springguell seiner handiungen und zustände nicht in sicli
... linden? Stbausz glaubensl. 2, 7:>;
es schöpTe. Treund, der bildende künstler auch
anschauungcn aus dem lebendigen rpringquell der gasfinge.
Puten 133».
SPRINGQIJELLE, f., dasselbe wie das vorhergehende, doch
seltener als dieses und neben ihm heute kaum noch gebräuchlich:
spring({uelle, veno, fönte, fonlana, scuturigine d'acqua viva e
sorgiva sagliente. Kraher d>r(. 2(1702), S'.io'; springquelle, sca-
turigo KniscR 2,309*; springquelte AnFLUNC. bildlich: EpSnetiis
bat pllrgen zu sagen, dasz ein lügner eine springquelle alle*
Unheils sey. Reinicke fuchs {Rostiick 16:>n) is3.
SPRINGRATTE, f., wie oben springhase, m. tp. 110 (1. <J.)
benennung von mus jaculiis. Campe.
SPRINGRATZE, f., dasselbe wie das vorhergehende. Nembicm
2, 653.
SPRINGRAIJPE, f. 'der ... hopfen muss der kUinen ...
springraupe eine sehr angenehme speise sein. . . . man braucht
nur eine hopfenstornje tu schütteln, so fallen sie in mengt her-
unter und springen auf dem boden eine zeit lang herum, mi«
aut dem wasser geworfene fische,' Oskn 5, 1250.
117
SPRINGREICH — SPRINGSCHLOSZ
SPRINGSCHNALLE — SPRINGSTANGE 1 1 8
SPRINGREICH, adj. eine seltene bildung, reich, tüchtig im
springen: nach reitersbrauch ich reite
mein röszlein in das leid, . . .
werrs 'rum auf alle seilen.
mit spornstreicb mach icb's springreich.
icunderhurn 1, 470 Boxberger.
SPRINGREIF, m. reif, von hindern und gauklern für ihre
Springkünste gebraucht: tanz- sive springreif, circulus praesligia-
torum. Stieler 158ü. vgl. unter springen l, d sp. 87 durch den
reif springen.
SPRINGREISE, f.: sprinckreyse , eruptio, excursio. Kili&n
2, 623'.
SPRINGREITER, m.; die springrenter warend bering unnd
geübt reuter in kriegen furtend zwei pfärd und sprungend
schnall ab einem auf das ander, desuUores. Maaleb 3S2';
Springreiter, eques desultorius. Stieleb 1600; vgl. sprinckruyter,
reysigher, desultor. Kilian 2,623'.
SFRINGRIEMEN, m. beim gesattelten pferde der vom bauchgurt
zwischen den Vorderbeinen des thieres hindurch zum zäum laufende
breite riemen. s. auch unten Sprungriemen, m.:
doch dir, mein flammend tiiier, ist sie (ilie cäxiii) ein felsenrisz
des Sinai — zerhrecbt, springriemen und gebiszl —
du jagst hinan, da klafft die ritze. Freilicrath 1,S7.
SPRINGROCK, m.: Unterrock, den ein frauenzimmer beym
aufstehen zuerst über «irfift, und gleichsam in denselben
hineinspringet. Richky284; springrok SchCtze holst. idiot.i,\'n.
SPRLNGROHH, n. Campe, s. das folgende.
SPRI.NGRÜHRE, f. l) ein das wasser aus ei7iem brunnen
leitendes röhr: wir verwunderten uns daher, als er auf eine
der vielen springröhren losrilt, den pfropf (des fasses) eröffnete
und wasser einlaufen liesz. Göthe 2S, 15);
anfügend den drei'n springröhren die lechzenden lippen.
Baggssen büi Campe.
2) springröhre im err]dfeueru'erke eine mit Zündstoffen gefüllte
blechröhre, welche in das Zündloch eines geschützes gesetzt wird
und zur abfeuerung der ladung dient. Jacobsson 7,227*. sonst
auch brandröhre, f. oder schlagröhre, f. {Iheil 9,423).
SPRINGROSZ, n., vgl. oben springpferd l {sp. 115):
(er) verherrlichte die feste der gölter
mit stattlichen riudopfern
und Wettstreits fünftägigem kämpf,
auf pferden, mäulern und springrossen.
der jaittj,- Göihe 2, 14.
SPRINGRUTE, f. bezeichnung einer rute für den fuchsfang,
die zur erde gebogen wird, und durch eine Vorrichtung wieder
emporschnellt, wodurch sich ein sie berührender fuchs erdrosselt;
vgl. jACOBSSo.t 7, 414'. vgl. die ähnliche herstellung des sprenkeis,
s. Sprenkel, m. decipula avium sp. 47.
SPRiNGS.\.ME, m., wie oben springkorn, n. der samenkern
des Springkrautes (s. oben sp. 113).
1) springsanien, die frucht von tithymalus lathyiis. Pbitzel-
Jessen 405. vgl. oben springkorn, n. i.
2) spriogsamen, die frucht von impatiens nolitangere. Nehnich.
Springsamen Wigand catalogus herbarum in Borussia nascenlium
(1583)71. in weiterer Zusammensetzung springsamenkrau t,n.,
dasselbe wie oben Springkraut, n. s/i. 113. Adelung, springsamen-
kraut, Springkraut, waldwolfsmüch. Lösel-Gottsched (1703) 23.
SPRLNGSÄL'LE, f. in die höhe springende Wassersäule, vgl.
oben Springbrunnen, m. sp. 80, springQut, f. 2 sp. 109: {mikro-
skopische thi.rchen), welche auf einem baumblatt eine uuub-
sebbare grüne wiese finden, denen die durch die pflanzenzellen
dringende feuchtigkeit als ein beer von gewaltigen katarakten
und Springsäulen vorkommt. Keller nachlasz 40.
SPRINGSCHEIÜE, f. benennung des den fusztritt des webe-
sluhls mit dem webekamm verbindenden holzes. ostfr. spring-
scbede, springsche ten Doornkaat Koolmas 3,290*.
SPRiNGSCHlFF, n. eine benennung der mit bombenmörsern
ausgerüsteten kriegsschiffe, sonst auch bombardiergalliote genannt.
BoBRiK 653*. nach Campe gründet sich diese bezeichnung auf
den umstand, dasz das schiff während des schieszens in eine
springende bewegung versetzt wird.
SPHINGSCIILI.NKE, f. bezeichnung einer besonderen art der
uhhnken, einer algenfamilie, eonfervaceae (s. scblinke 6, o, th. 9
ip. 744), deren zeitige samenkörnchen die rundlichen fäden durch-
brechen und frei herumschwimmen. Okex 3, 199.
SPRINGSCHLOSZ, n. schlosz, das von selbst zuspringt: sprang-
■cbloss, plur. sprangschlüszer Gancler 427; sprincksloete, so
angenagelt werden in laden, kisten, Schoppen, quelle bti
Schiller-LCdbe!* 4, 34ü'.
SPRINGSCHNALLE, f., dasselbe wie oben springrute, f.
Jacobsson 7,414'.
SPRINGSCHNÜR, f. 1) in der turnersprache eine schnür,
über welche hinweggesprungen wird. s. auch unten sprung-
schnur, f.
2) eine thierfalle. vgl. oben sprenkel, m., springbügel, m.,
springfalle, f., springhaus, n., springrute, f., springschnalle, f.
u. s. w. hier wol eine mit einer glocke versehene schlinge, die in
den busch auf den Wechsel gehängt wird:
herr Thedel war ganz unerschrocken,
die Springschnur gab und auch die klocken
dem Schreiber sein, zu dem er sprach:
'stell du die garn all fein gemach!'
icititderhorn 2, 167 Boxberger.
SPRINGSCHRECKE, f. bei Oken ö, 1513 allgemeine benennung
der zunft der heuschrecken und grillen, vgl. oben sprenger \,c
sp. 41, sprengsei, m., Springer, m., .springhahn, m. u. s. w.
SPRINGSCHüH, m. wol eine leichtere, bequeme schuhart, im
gegensatz zu den schwereren reitstiefeln. eigentlich schuhe, in
denen man tanzen und springen kann: es waren vier kerls bey-
sammen, welche eynander mit starrenden feurigen äugen und
erblasztem gesiebt, die zahne auf einander beissend ansahen;
zogen die wämster ab, warffen sie beyseits, auch die hüte,
stunden allda allein in scblaffhosen und springschuhen, und
hatte jeder ein langes scharffes rapier in der faust. Philander
1,597; hierauf nimmt bezug Reinicke fuchs {Rostock 1650) 293.
SPRINGSCHWANZ, m. l) schwänz gewisser kdferarten, den
sie benutzen, um sich fortzuschnellen, cauda saltatoria. Nemnich
2, 1215.
2) dann auch benennung eines thieres, das mit einem solchen
schwänze ausgerüstet ist, so s. b. eines pflanzen flohs, podura.
Nemmch 2, 1020. mehrere arten Springschwänze. Rehlen 5,063.
SPRINGSEL, m. locusta Fbisch 2,309'. s. oben sprengsei, ni. l
sp. 44.
SPRINGSO.NETT, n. sonett, in dem der gleiche reim mehrfach
nach mehreren Zeilen sich wiederholt: sobald er die andere seile
gedachter linden entrindet, schrieb er zu eröffnung seiner
gedancken folgendes springsonuet. Schoch krieg- u. friedens-
schäferey 12.
SPRINGSPIEL, fi.; dagegen entzog sie sich den üblen lauf-,
spring- und lärrasplelen, welche später {nach dem essen) beliebt
wurden, und nahm mich unverhohlen abermals in anspruch.
Keller 7,100. vgL: springens- oder ringensspiel, Jtidu» palM<raf.
llASYPODIÜS.
SPRINGSPINNE, f. benennung von salticus scenieus. Oken
5,679: springspinne erhascht ihre beute mit springen, aranea
saltibus muscas captans. Frisch 2, 302'; springspinne, quae
saliendo praedani capit. 309*. die springspinne schleicht sich wie
eine katze an ihre beute heran und stürzt sich in einem Sprunge
auf sie. Oken 5, 679.
SPRLNGSTAB, m. stab. der dazu dient, sich über ein hindernis
hinwegzuschwingen, ähnlich unten springstock, m. bildlich von
der fähvjkeit, irgend welche Schwierigkeiten u. s. w. zu überwinden:
aus dem gesellschaftlichen gewQhl, unter dem seine innern
flugel erlagen, könnt' er nur durch einen springstab von
auszen in die höhle. J.Paul unsichtb. löge 2,121; ich nahm
mich des gekränkten abwesenden mannes an und sagte, so
viel ich aus seinem munde wisse, so heb' er sich gerade
auf den schwungbrelern, und an den springstäben und Steig-
eisen der krillk mehr als mit den oberdügeln seiner psycbe
auf. Quintus Fixlein 12; vermittelst dieses springstabes schiesz'
ich mich über den vierten tbeil fast gänzlich hinweg, aus des
teufeis papieren 2, 56; noch kein volk machte mit solcher
schönen leicbtigkcit in so wenigen ostermessen, gleichsam
auf zwei springstäben, den weg durch drei philosophische
Systeme {die von Kant, Fichte, Schelling). ddmmerungen 40; aber
ich (lebe alle meine tagwähler und künden, die bisher am
Springstabe des Zeigefingers über die Schalttage weggesetzt
sind, ernsthaft an. Uesp. 3,173; vgl.: wir brauchen in diesem
leben keinen springstab, sundern eine balancierstangc, keine
stelzen, . . . nur krücken. litlerarischer nachlasz 2, 180.
SPRINGSTANGE, f. l) eine an den beiden enden mit blei
ausgegossene stange, welche die setltdnier tragen, um das gteich-
gewiclit auf dem seile nicht zu verlieren. Jacobsson 4, 24>>';
springstange, halter Frisch 2,309*. Aueldnc. vgl. dazu oben
Springkugel 1 sp. 114.
2) dasselbe wie oben springstab, m. und unten springstock, m.:
der auTseber w.ir so entzückt von dieser neuen lebensaus-
119
SPRINGST APEL — Sl'lUNliSTOCK
SPRIKGSTHAHL — Sl'UliNGVVASSEIl 1 20
sieht, dasz er mit einer springslange über den kaoal setzte
und unsern freund mit tiirünen umarmte. Arnim 15,312. hierhtr
wol auch dit bildliche Verwendung: zu dem begriffe des nichts
griangl man anders nicht als an der springslange des seins.
ViscHEB auch einer 2,221.
SI'HINGSTAPEL, m. loeusta, grißlut. auf nieder den tseliem
gebiete lebendiges mort: sprinkstapel (für Osnabrück). br«m. wb. 974 ;
Springstapel, loeusta, eine in Preusun gewöhnliche bezeichnung.
Hatzeburc forstinsekten 3,260; springslapel, gryllus NBMnica.
SPHINGSTATT, f. palatstra: springstat, gymnicus (sc. locus).
Dier.-WCicKER H60.
SPKINGSTECKEN. im. stecken mit pfriemenartiger sjpUxt, mit
hülfe dessen man geldndesehu-ierigkeilen überwindet, von den
fusisoldaten während der niederländischen befreiungskriege be-
nutzt, um über die in Holland befindlichen zahlreichen kanäle
hinwegzuspingen. Üoebeim 329; springstecken, der alpenstock.
L'nceb-Khull 529*. vgL oben springstab, m., springslange, f. 2
und unten springstück, m.
SPRINGSTEIN, m. *um die Verbindung zwischen den Häusern,
die einander gegenüberliegen, zu erleichtern, mtrden quer über
die Strasse einzelne steine gelegt, auf denen man freilich nicht
ohne springen trockenen fuszes hinäberkam. in einigen Städten
(z. b. Dortmund) waren die hauseigenthümer verpflichtet, spriog-
steine zu legen.' handschriftliche mittheilung von lloFruAiiN
V. pALLERSr EBEN.
SPRINGSTIER, «n., dasseUe wie oben springochse, m. sp. US:
so man geschluchte külber begehrt zu haben, so soll man
den springstier oder Steiger zween monat zuvor, ehe man
jhn steigen lasset, mit gersten fütern und wol ausmästen,
so werden die kälber geschiachl. Tabernaemoht. G25F.
SPRINGSTOCK, m. l) stock, mit den man über irgendwelche
hindernisse hinwegspringt.
a) in der norddeutschen marsch: springstöcke . . . lange
Stangen mit einem klotz am äuszersten ende. Weserzeitung 1853,
nr. 3033; mit hülfe eines solchen springstockes schwingt sich
der marschbewohner in aller gemächlichkeit über die graben
... und geht quer über die fennen. ebenda; springstock, contus
hiLiAN 2,623'; springstock, contus ad transiliendas minores fossas,
über die kleinen grüben zu springen. Frisch 2,309'; vgl. auch
oben springstab, m., springstange, f. 2 und springstecken, m.
sonst auch klumpstock, m. z. b. an der Elbe genannt, vgl. auch:
da nun die felder {in Dietmarschen) durch sehr breite abzugs-
grüben geschieden sind, so bediente er sich, um die ent-
fernungen abzukürzen, eines springstocks, . . . dasz er noch
im siebziegsten Jahre mit einem solchen sogenannten kluv-
slaaken über einen zehn fusz breiten graben sprang. Niebuhr
kl. sehr. 1,65; halten wir uns etwas verspätet, so trafen wir
ihn wohl schon auf unserem wege drauszen auf den fennen,
seinen unzertrennlichen begleiter, den springstock, auf der
Schulter; und während Anne Lene auf dem fuszbrett um die
hecken ging, lehrte er mich nach landesweise über die graben
zu 'setzen'. Storm 1,69; den verteitigern tut sie (die flut)
nichts an; sie verstehen ihre springstücke zu gebrauchen.
LiLiENCRON zehn novellen 118.
6) Springstöcke ... sind lange mit eisen beschuhete stücke
in form eines piquenschaftes, mit welchen man über bliche
und graben zu setzen pllegt. Egcers 2, 962. vgl. auch oben
springslecken, m.
c) wol ganz allgemein wie oben springstab, m. oder doch
zweifelliaft ob zu a oder b gehörig, als Sprichwort: niemand
kann weiter springen, als sein springstock langt. Sihroci 9781.
bildlich: dieser (der Franzose) bewegt sich mehr mit dem
Bpringstock des Scharfsinnes. J. Paul litterar. nachlasz 4, 51.
2) aus 1,6 lirA entwickelnd auch als eine wafft der häscher:
eine halbe picke, ein springstock, esponlon hastae species.
UuEZ (« rruy (^uiion (1657)99: springstock, brandistocco, spunto,
meza piea. Kramer dtct. 2 (1702), S90': springstock der weit lauf
1,229. vgl. zetlschr. f. deutsche Wortforschung 1,49; Cardenio. ich
werde lustig nur vor liebchens haus, da brennt noch so ein
schön' laternchea (er schlägt's ein). I'amphilio. zum teufel,
eben schlug ein springstuck mir an's bein. die häschtr. ihr
berren platz, wer hat hier eingrscbingen die laterneri? Arnim
Halle u. Jerusalem iji. doch auch hier noch alt mittel schnellerer
forlbewegung gebraucht, vgl.:
docti sie [ilir Jenenter ^luitentr») verrolKi im fliehen, gleicli
rliieiii wrtirr>iral,
der sprinctiock, uml ein heer von liriiniKKlitckieii Hangen,
dl« liinter ilta«D her auf (laiuo pntiier »iiriingen.
/acharia renuminiU b, 725.
Cani-e vermutH, der springstock sei den davoneilenden und
fliehenden von den häschern zwischen die beine geworfen, um sie
zu fall zu bringen.
SPRINGSTRAHL, m. der in die höhe springende Wasserstrahl
eines Springbrunnens: das plütschern des springslrahles . . .,
der drunten im garten unter den zweigen des alten watlnosz-
baumes tänzelnd emporstieg... Tb. Mann Tristan 1:1.
SPRINGSTROM, m., dasselbe wie oben springHut, f. \: dal
de mahn de ebbe und floht regeret, und de vorloping des
getides verorsaket, ys jetzunder by ein jeder, und in sunder-
beit by den seefahrenden genoch bekandl. ... dat eienehr
de mahn füll, olTt nie ys, dat alszdenn de tluthen hoger, und
de ebben syder fallen, weickes by uns ein sprinckslrom ge-
nohmet werd. beschriving van der kunst der Seefahrt, Lübeck 1673,
s. 56 bei GüDBL seemannsspr. ih6, vgl. sprinckstroom, flucius
oestuaiius, aestus maritimus major, aestus tnaris plena luna con-
citati. K1LIAN 2,623'.
SPRINGSTROPP, in. in der seemannssprache bezeichnung einer
art kurur taue, welche mit dem oberen ende um die raa gelegt
werden, während ihr unteres ende die paarden oder pferde der
raa hält. Bobrik 654*.
SPRINGSTüMPE, »1.; und sol der weihet das boltz schirmen,
und darzu lugen, und weicher darin hullz haue, der das nicht
thun soll, den sol er pfenden, von einem eichenen Stumpen
um 10 Schilling pfenning, um einen täninen Stumpen um
5 Schilling pfenning, und um einen springstunipen um 3 Schil-
ling Pfenning. (Wellhausen im Thurgau.) J.Grimm ueisth. l,25i.
SPRINGTANZ, m. tanz, der hauiisächlich springende oder
hüpfende bewegung fordert, quelle bei Ca)ii>k. springtanz (vgl.
altfranz. espringale, espringerie) als bezeichnung des mittelalter-
lichen reien, im gegensatz zu dem umgehenden tanze. Weinuold
d. frauen 2, 159. 162.
SPRINGTAU, n. in der seemannsspraehe heiszen springtaue
die taue, welche zwei nebeneinanderliegende schiffe untereinander
verbinden, sie fahren gewöhnlich kreuzweise von dem rorderthetl
des einen nach dem hinterlheil des andern. Bobru 654*.
SPRINGTHALER, m., 5. unten sprungthaler, m.
SPRINGTHIERCHEN. n., demin. xu s p r i n g t h i e r oü bezeich-
nung der ziege: nun ist diese ziege — Amalthea ein so kurzes
ding, gegen eine lange kuh gehalten, die in keinen kurzen vieh-
slall hineingeht, dasz von jeher arme, die von Viehzucht lebten,
ihren viehstand eben auf dieses lüppische springtbiercheii
eingezogen . . . haben. J. Paul leben Ftbels 189; alt bezeichnung
des flohes: in das eine feld (det wajypens) liesze ich einen
fuchs mahlen, . . . der durch einen llusz schwimmt und aus
seinem maule ein stück holz fallen iäszt, worauf sich die
langbeinigen springthierchen aus seinem pelze gerettet haben.
Wbuer sagen der vorxeit 1, 195.
SPRINGTROSZ, f. in der seemannsspraehe dasselbe wie oben
springtau, n.; die springlrosse wurden abgehauen, vgl. national-
teitung 12, 177.
SPRINGUNG, f. heute ungewöhnliche bildung: eyn tantzuog,
hupfTung, springung auf! der erden, Iripudium. Dastpodius;
springung, saltatio, saltut, saliatus, sallura. Stiele» 2105;
springung, saltamento Kramer diel. 2 ( 1702), 890*. schon früh
vom tanze der Herodias:
davon der zorn chiineges und «cerfe rewe
der tpringur>ge (sattutwnif) gäbe vercliodfie.
KEURKiri kirchcn- umt reti>jiose liedcr 85, 2.
SPRINGVENTIL, n. renlil an einer springlade (t. oben).
Jacobssün 4,24b'. ADBtUNG; >. auch oben die von Cahi-e ge-
gebene weitere Verdeutschung springklap|>«, f. sp. 113.
SPRINtiVERS, m., plur. springversc, versi saltellandi ö sdiue-
cioli. Krämer dict. 2 (17u2), 890'. vgl. auch üben springsunett, n.
SPRINGWAL, m. eine wal/ischart. nach quelle bei Campe
dasselbe wie unten spritzwal, m.: springwaal, orca (animal).
Uief.-WClchkr 860; der springwaal, ein galtung eines waal-
tischs in dem meer, hat aulT deiu rugken ein holen breiten
spitz, orca. Maaler 383'; sprinckwal, orca, piscis. Kiuky 2,6.'3'.
SPRINGWAND, f. benennung ton zum Vogelfang dienenden
garnwdnden, welche so auf it stellt werden, dasz sie bei der ge-
ringsten beiührung umfallen und ubaspnngen und so den hmein-
grlockten vogel fange». Jacursson 7, 414*. vgl. auch oben spring-
herd, tn.
SPRIMiWANZE, f. benennung einer tfringenäe» wantenart,
eimex saltatonut. Nkmnicm.
SPRINGWASSEH, n. l) aus etnem spring (t. oWutpring.M. i
sp. 77) geschöpftet watier: spriugwasier, ar^Ma torgiia, soglicnte,
121
SPRINGWEIN — SI'RINGWORT
SPRINGWLRM — SPRINGWURZEL
122
dcqua Viva di fonlana. hBAHEB die». 2 (1702), SOO'; spriugwasser
AnELcsG; nd. springwäter, queüwasser, brunnenwasser. Schaji-
UACH 2U6'; springwaol'r, quellvatter Damneil 207'; weil wir
aber gottes reines wort nicht geachtet haben, noch das frische
kalte springwasser getrunken, so sind wir Yon den hellen
bornen zu den pfulzen gerathen, und daraus warm, faul,
stinkend wasser gesoffen. Lctheb tischr. 1,53; wer grosse hitze
und sieihen im haupte hat, der nehme ein frisch ey, so des
tages gelegt isr, und so viel springwasser, als in die eyer-
schale gehen mag, rühre es zusammen, und trincke es auff
dreymal in einer stunde ausz. Coleb (i6S0)2, 78";
auch kuurit ich nit giiug sehen mir
desz neuen scliönen messen briiuuen,
den sie neulich gebaut jetzunneu,
der so vil schöns springwassers geit.
Atrk« 522. 2 fieller;
doppelsinnig: darf ich springwasser zur abwascbung brauchen?
— nicht einen finger kannst du drein ohne Verunreinigung
tauchen. RCckebt 11,423, wo auf die bedeulung des tcortes in
Wendungen wie ein springwasser machen, sein ausser abschlagen,
angesf^ieU uird, die sich zu dem gebrauche unter 2 stellt, vgl. die
anmerkung ebenda.
2) mit gewalt emporgetriebenes teasser, entsprechend oben Spring-
brunnen, m. sp. SO, Springflut, f. 2 sp. 109 und springquell, m. 1
sp. 116: eyn sprinkwater, scatebra. Dief.-WClcker S60; spring-
waszer, jca/e6ra, aqua scaturiens, caduca, regurgitans. Stieleb
2445; springwasser Adelung; auf den wiesen des Lonthals,
von Urspring bis Breitingen herunter, . . . entstehen nach
nassen milden wintern periodische quellen, hier springwasser
genannt, die auf der thaltlacbe hervorsprudeln. Birlinceb
lolkstliümliches aus Schwaben 1, 142; ich könnte hier ein ganzes
register von verstopften und an anderen orten ausgebrochenen
quellen, von recht hoch aus der erde herausgeschossenem
springwasser und dergleichen aus der gesihicbte anderer erd-
beben anführen. Kant 9, 4ü; sie rangen und wanden die
schneeweiszen bände, flehten die Najaden vergebens um er-
barmung an und liefen ängstlich am marmornen gestade hin
und wieder, indesz das springwasser recht geflissentlich sie
mit einem platzregea nach dem andern übergosz. Mesäus
volksm. 1, 9.
SPRINGWEI.N, m. stark emporschäumender ttein: springwein,
lifium exiliens. Stieler 2478.
SPRINGWEISE, adr., vgl. auch uii/en sprungweise: springs-
weisz, sailim. Dasypodil's; springweisz, mit springen, ensaultant,
saltando. Hllsils (1616)304*; spiingweisi bat er ein bein ge-
brochen, il ha rompu une jambe en saultanl. ebenda.
SPRINGWEITE, /., springweite eines geschoszes, umkreis,
in dem das plattende geschosx seine stücke streut: da eben eine
itombe niedergefallen war, so beorderte ein auszer ihrer
springweite stehender schöner patrizier mit einem muthe, der
nichts fürchtet, seine leute, mit ähnlichem hinzulaufen und
wasser darauf zu schütten. J. Pall Piepomukkirche 121.
SPRINGWELLE, f. in die höhe springende welle, vgl. oben
Springflut, f., springstrom, »n., springwasser, n. 2. neben fon-
taine: wie die kugel zum ersten mal auf das bewegliche
element aufschlug, entsprang eine starke sich viele fusz in die
hübe bäumende springwelle; diese war noch nicht zusammen-
gestürzt als schon eine zweyte in die hübe getrieben wurde. ...
denn es folgte schusz auf schusz, immer wieder neue mächtige
fontainen. Göthe 30,297.
SPRINGWERK, n. uasserkunst, vgl. Springbrunnen, m. sp. SO,
Springflut, f. 2: im august vorigen Jahrs erhob sich hier noch
ein prächtiger gartensaal; terrassen, springwerke machten
diesen unmittelbar am Rhein liegenden lusturl höchst ver-
gnüglich. Götbe 30,326; bildlich: die leidenschaften, das Welt-
meer aller groszen lugenden und bandlungen und lasier sind
aus einer lebendigen quelle ein elendes springwerk der kunst
geworden. Herder 6, 103 Suplian. nach KrI^nitz encycl. 162, 84
spiingwerk als beieichnung der feuersprilzen.
SPRINGWIÜDER, m. der die schafe besfn'ingende bock, spring-
wider, emissarius aries. Maaler 382*. vgL oben springhengst, m.
$p. Hl, Springpferd, n. 2 sp. 115, springochse, ni. sp. 115, spring-
lUer, m. sp. ii9, springhabn, m. i sp. ito.
SPRINGWORT, n. saubertüchliges icorl, Zauberspruch, welcher
ein verschlossenes gemach u. s. w. öffnet: wie er, also reich be-
laden, wieder hinauswollte, sprach sie: 'aber vergisz das beste
Dicht!' er meinte nicht anders, als das wären die schätze
und glaubte sich gar wohl versorgt zu haben, aber es war
das spriugwort. brüder Grimm sagen 9, wo es für die öffnende
Springwurzel (s. unten) gebraucht u-ird, eine ganz seltsame Ver-
wendung, wozu in den altdeutschen Wäldern 2,95 bemerkt wird:
'dw Springwurzel ist gleichsam leiblich das Zauberwort, das man
ausspicht, um alles verschlossene zu ö/fnen'; doch möchte man
gleichwol lieber an tin auf dem nd. springwort (s. unten unter
springwurz, f.) beruhendes miszverständnis denken.
SPRINGWLRM, m. l) benennung eines sich in die höhe
schnellenden eingeweideuurms, ascaris. Nemsich 1,493, insbesondere
von ascaris vermicularis. 496. sonst auch madenwurm, m.
(theil 6, 142S) oder spulwurm, m. i;enanut. vgl. auch oben
springmade, f. sp. 115.
2) bezeichnung des wurmes der pferde. Nemsich.
3) auf niederdeutschem gebiete auch ein name der heuschrecke:
de springkwornie hadden 6 vuete unde 2 tenen, de harder
weren wan vlintsteyn. se badden viogele lick vledermusen
und van veiheyd vorstoreden se de lurht und vordusterden
so sere, dat men in den.e middagbe de sunnen nicht seen
konde. quelle bei Schiller-Lcbben 4,347". rgl. oben sprenger, m.
1, c sp. 41, sprengsei, m. 5p. 44, Springer, wi. 2, c, •/ sp. loö,
springhahn, »n. 2 sp. lio.
4) in weiterer Zusammensetzung s pringwurm Wickler, f?j.
bezeichnung einer den Weinreben schädlichen schmetterUngsart.
Kabmarsch-Heerer^ 10,373.
SPRINGWLRZ, f. 1) wie oben Springkraut, n. t sp. 113 be-
nennung von euphorbia lathyris. schon ahd. sprincwurz Grakf
1,1051; sprinchwrz, sprinchwurcz, sprincwurz, sprencwurz,
lactaridia. Steismeyer-Sievebs a/id. gioss. 3, lo4, 32 ; sprinchwrze,
actureda Dief. 11*; springwurtz, springeworz, catapucia. 106';
sprincworcze, coJofj/n(/rii. 133'; springwurz, /o/Zii/ris. 320'; spring-
wurz, scaniom'a. 516*; springwurz, /JtimuWux. Iiortus sanitatis. 395;
springwurtz, lathyris. Dasypodics; grosz springwurtz, tilhymalus,
lactuca marina et herba lactaria. ebenda; springwurtz, lathyris.
amygdalites. Maaler 382'; springwurz, lathyris. Stieleb 2586.
nd. sprinkwort, lathyris. quelle bei Schiller-LCbbes 4, a4i';
sprinckwort, scammonia. ebenda; sprincwort, catapucia. Dibf.
106'; sprincwort, coloci/nlhis. 133'.
2) u-ie Springwurzel, f. 2 als zauberkräftige, schätze zugänglich
machende würzet:
nun zu keller niedersteiget
Apo, wo an reuchiem ort
springwurz, die jed' schlosz erweichet,
ruhet, dasz sie uicht verdorrt. liRK>TA!«o 3,404;
und die springwurz hält der meisler
an des gürteis beilig schlosz. 406;
der Specht umQog sein nest mit bangen schwingen,
das Zvrratka, meine kluge l'rau. versiopH,
er sollte ihr die starke springwurz bringen,
vor der die schtösser all, au die sie klopft,
und alle Siegel, alle felsen springen,
schnell flog gen morgen er und kehrte wieder,
erscblosz sein nest, und ätzte seine brut.
und warf zum Teuer dann die springwurz nieder.
6. 82.
vgl. auch die oben unter springwort, n. ausgesprochene Vermutung,
übertragen: [die alten namen) bewahren in ihren urlauten den
Schlüssel zum Sprachschatz, sie sind die springwurz von des
urworttums horte. Jaus 2, 595 Euler.
SPRINGWLRZEL, f. l) in der botanik.
a) wie oben springwurz, f. 1 benennung von euphorbia lathyris.
Nemsicb 1, 1545: sprincwurtzel. scamonia Üief. 516*. vgL auch
oben Springkraut, n. und seine frucht, das spriugkorn 5p. 113.
b) benennung von dictamnus albus. Pbitzel-Jessen 134. sonst
auch Spechtwurzel genanrit (s. theil 10, 1, 20.10) und vom Volks-
glauben wol als identisch gedacht mit springwurzel 2.
2) eine geheimnisrolle würzet von zauberischer Wirkung, welche
schätusuchrr brauchen, um verschlossene und versteckte schätze
sich zugänglich zu machen, vgl. i. Grimm myll,oL* 812 und
naclitr. 289, 50u-ic Meveb mythvL 92. HO. 283: von einigen ge-
lehrten raäonern, die von der moipe oder springwurtzel ge-
schrieben haben, werden dem gemeinen voicke viele aber-
gläubische Sachen in den kupf gesetzet, sie sagen, man
niüste. wenn man einen vergrabenen schätz heben wolle,
die Springwurzel haben, womit man auch sogar eiserne thüren
oder andere behältnisse. worinnen derselbe verbürgen wäre,
nur durch bluszes anrühren, eröflnen könne. Döbel 4,6*.
über ihre erwerbüng: die springwurzel erliält man dadurch,
dasz man einem grünspecht (elster oder Wiedehopf) sein nest
mit einem holz zukeilt; der vogel, wie er das bemerkt, fliegt
alsbald fort und weisz die wunderbare wurzel zu flnden, dif
ein mensch noch immer vergeblich gesucht hat. er bringt
sie im scbnabel und will sein nest damit wieder utTneu; denn
123
SPRINGZEIT — SPRINKE
SPRINKEL — SPRINZE
124
balt er sie vor den liolzkeil, so springt er heraus, wie vom
stärksten schlage getrieben, brüder Grimh d. sagen 9. zuvor hat
man ein rotes tuch unter den bäum gelegt, auf das der specht
nach vollbrachter arbeit die springwurzcl fallen Idsit. vgl. betr.
das alter dieses aberglaubens den berieht des Plinibs hist. natur.
10, 1$ über den ein wunderkraut suchenden specht. vgl. auch obvn
unter specht 3, theil 10,1,2027: in Schweden soll die spring-
wurzei häufig wachsen und dem pferd, das darüber schreitet,
die hufcisen absprengen. aUd. wdlder ^,9h; über ihren gebrauch
und ihre Wirksamkeit: öffne die verschlossene thür milteist der
wohlbekannten spring» urtzel, welche bei dir zu tragen du
nicht vergessen darfst; sonst ist all dein thun verloren und
du endest nichts mit Werkzeug und breciieisen. MusÄus tioU:5m.
2,104; sei unverzagt, ob die thür gleich mit groszem krachen
und geprassel auffährt wie der knall einer donnerbüchse; es
geschieht dir kein leid, und die kraft kommt aus der spring-
wurzel. ebenda; vor Zeiten hütete ein schäfersmann friedlich
auf dem Köterberg, da stand, als er sich einmal umwendete,
ein prüchtigcs königsfraulein vor ihm und sprach: 'nimm die
spriogvvurzcl und folge mir nach.' brüder Grimm d. sagen 9;
eine solche springwurzel l>esasz der hirt. Hetz nun seine
thiere herumtreiben und folgte dem fräulein. sie führte ihn
hei einer höhle in den berg hinein, kamen sie zu einer thüre
oder einem verschlossenen gang, so muszle er seine wurzel
vorhalten und alsbald sprang sie krachend auf. ebenda, dasz
der gebrauch der springwurzel durch Zauberspruch wirksam unter-
stützt werde, berichtet Döbel 4, 6". vgl. auch oben springwort, n.
beim verlassen dir schätzebergenden höhle darf man sie nicht
vergessen: in der eile hatte der scheue Schatzsucher die köst-
liche springwurzel, die er beim einraffen des goldes aus der
band gelegt, mit sich herauszunehmen vergessen, wodurch
ihm der zweite transporl unmöglich gemacht wurde MusÄcs
volksm. 2,12«. vgl. noch springwurzel, ehe eines mann« 314 f.
nd. bekannt als springwortel. Woeste 252". im bildlichen ver-
gleiche: Fahland, wie seine ganze diebesbando, hält das abend-
roth und ganze haine blos aU spriogwurzeln an das weibliche
herz, damit dieses vorlejieschlosz der person aufspringe.
J. Paul kom. anhänge zum Titan 2,26. vgl. noch: ich wcisz
kein anderes, als viel geld zu haben, da kann man eingehen,
wo man will, das ist der wahre huuplschlüssel , die wahre
springewurzel, bei deren berübrung die thüren aufgehen.
Aküih 1,23.
SPKINGZtlT, f. 1) die zeit um neu- und vollmond, in
welcher die springdut herrscht; sie dauert vier und einen halben
tag. boBRU 651*. vgl. auch oben unter Springflut, f. 1 sp. lOS:
nd. sprengtide. sprengtie. brem. wb. 5,61; spiingtied, irenn zur
zeit der monddvderung das wasser steigt und fahrbar wird. SciiC i ze
holst idiot. 4, 25S; springtide, springt! tkn üoor>kaat Koulman
3, 2'Jo'. die zeit der nippflut heiszt entsprechend lote zeit :
ddJe lien un springtien stän sük legen afer. 2»9\
2) springzeit des viehes; die zeit, in welcher man springhengste,
tpringochsen u. s. w. zur begattung zuläszl: springzeit des viehes,
admissura. Stieler 2612; springzeit Adelung.
SPRINGZEUG, n. nach KrC.mtz encj/d. 162, 84 die gesamt-
heit der tum springen verwendeten turngeräte.
SPHl.NGZIKADL, f. eine besondere qaltung der zikadenfamilie,
die dem frosch ähnlich sich hüpfend forlbewegt. KrIjnitz encycl.
Iü2, 80. vgl. oben die entsprechenden beuennungen der heuschrecke:
Sprenger, m. \,c sp. 41, sprengsei, m. 1 sp. 4t, Springer, m. 2, c,^
$p. lOö, springhahn, m. 1 sp. 110 u. s. w.
SPKINK, m. auf niederdeutschem gebiete benennuny der heu-
whrecke: sprink, gryllus Nemnich. t. oben spring, m. 2 sp. 7S.
SPRINKE, m.? wie das vorige auf niederdeutschem gebiete
benennuny der heuschrecke: sprjnke, brutus {l. bruchus). würler-
buchquelle bei ScwiiL^t-Ltuutn 4,346*; sin {des schnees) nederval
if alse en i^prinke, de sek nedcr gheuet. ebenda, auch in
kulsprinke, kottprincke, lucusta. Die». 3J&'; bausprinke brem.
»b. 4, 071. schon as. sprinco Heyne kleinere niederd. denkm. hl>',
w>( recht ton Krkmki korrespondenzbl. des ver. für niederd. tprach-
forsck,lo,i\i liegen IIultbausens (pringu (frctir. 10,578) vertheidigt.
rgl, auch oben tprankr, f Itheil 10,1,2793).
SPRINKE, f, dasselbe wie oben Sprenkel, m. decipula avium
</). 17: im Winter liengen wir vögeln mit sprincken und stricken.
SimpL I, 78, 15 Keller {nur in der ausg'ibe von 1669, die folgenden
haben «princkel, i. oben unter Sprenkel, m. sp. 47). vgL auch
die schon frühe bildliche Verwendung: nie werd denn in der
minne tprinkca gefangen und ergripfet. minneburg 30' bei
LttKi mM. wb. 3, lllü.
SPHINKEL, m., s. oben unter Sprenkel, m. macuk «p. 46
und Sprenkel, ni. decipula avium sp. 47.
SPHINKEN, i'er6., wie oben sprenken, verb.2 sp. 50: sprincken,
eancellare, graticchiare , aggraticchiare. lat. clathrare. Krämer
diel. 2(1702),8S&*.
SPHINZ, m. falco nisus. nach verbreiteter anschauung nur
eine benennung des männlichen sperbers, doch vgl.unten sprinze,^..'
spryncz,n»us Dief. 3Sl'; sprintz,{inuncuiuj DisTPOnius; sprintz,
urcWio Hdi.sius (161S) 236'; sprinz, falco nisus. 'muscetus'. quelle
bei ScHM.* 2,705; sprintz, avis Scbottel 142ü; sprinz, nomen
avis est, muscdum vocant. alias moszett. Stikler 2107; sprintz,
uccelletto piccolo che caccia alle mosche, lat, muscetum. Kramer
diel. 2 (1702), &95'; sprintz, acciiiler minor mas. Frisch 2,310';
dieser vogel so von allers nisus genannt worden, wird von
Teutschen sperber, das mannlin aber sprintz oder sprintzel
gcheissen. Gesner-Fdrer Ihierb. 1,143'; der sprintz hat gälechte
bein. ebenda; sperber, sprinz, in einem sonst lateinischen briefe.
Luther brie/« 2, 263; den namen sperber führet eigentlich das
Weibchen, denn das männchen, so etwas kleiner ist, heissrt
man sprinz oder sprcnzgen. Heppb jagdlust 3,19;
icii bring dir liopch, bloTiiesz iinnd lulcken,
sperwer, sclirayrliii, snrintz, kmzen und ilen
de mit so inag:>tu dien wol kunzwylen.
.,,.,. .. ijed. tum haturat CIV;
ir wirie dö diu meit •* '
von ireii locken seit,
wie die wa'ren gcsialt
da enkegen er ir vor zalt,
w!i{ sin sprinz hiur liet gevangen. Ottokar 179S9,
vgl. dazu \V. Grijim AJ. scAr. 1,397. zweifelhaft, ob hierher oder
zu sprinze, f. gehörig: er stellet oder hänget sich also gegen
den wind als wenn er angebunden wäre und man nicht siebet,
dasz er seine Hügel reget, wie die sprinlzen bisweilen thun.
falconaria von 1617 s. 45. das wort stellt sich zu sprenzen, verb.
sprenkeln sp. 51, tntf rücksicht auf das gesprenkelte gefieder des
Vogels, vgl. auch das folgende wort.
SPRIiSZ, m. 1) macula, zu oben sprenzen, verb. sprenkeln
sp. bi gehörig: sprinz, kleiner fleck. Sciim.* 2, 705; sprintz, be-
sondirs fleck auf der haut, Sommersprosse. Uncer-Kuuli. 52^';
auch vom farbenschmelz der blumen:
neu und alt
band sich gesuesset,
gruesset
sei ir sprintz imd spraiitx.
Oswald v. \Volke!(stki.n 33, 2, 21.
vgl. auch oben spranz, m. 1 {theil 10,1,2791). demin. sprinz-
lein, n. ; die drei hennen sind also gestall als die hieigen
hennen in der grösz und beten einen hals und köpf als die
pfaben, und helen vedern die beten weisse sprintzlein einer
linsen f rait und ains einer linsen von dem andern, d. städte-
c/iron. II, 692, t3; die sprintzlein an dem alllicz. quelle bei
ScBH.^ 2, 70Ö. hierher auch wol sprinczel unter den äugen,
lentigo. quelle ebenda.
2) sprinz ein wol bunt schillernder stein : eingefaszl von glatten
sprinzcn, war er {der garlen) rcgelmäszig in beele abgeteilt.
PiCBLER allerlei gesch. aus Tirol 1,26, oder ist an weisigeschälte
weidenholzbügel zu denken, welche um die beele herumgesteckl
werden? dann gehörte das wort eher zum folgenden sprinze,/". M
bügel zum Vogelfang. 9
SPRINZE, f., wie oben spriuke 2, dasselbe wie Sprenkel, m.
decipula avium sp. 47: sprinze, f bügel zum Vogelfang. Vilmar 39(;
sprinze («cliprinz), sprenkel Crecelius oberhess. wb. 1, !i>02 , an
die sprinz gehen, sich bethören lassen, insbesondere von mddchen
gebraucht, ebenda;
wir sind gar zu langsam gezogen,
uns i>l warlicli der vogel entpflogen
dem wir die sprinlzen betten gstell.
II. Sacus 3. 2, 98\
vgl. auch unten sprinzel, m. und oben sprenx, m. l sp. 51.
SPRINZE. f. der weibliche sperber: sprinze, nisula Dief. 3Sl*;
sprinize Lncer-Kbuil 52s'. der einen sperwer oder eine
sprinzen oder ander vogel, die man nf der bnnt treit, still
oder siebet, der sul einen als guten wider geben und einen
schillinc darzu. Schwabensp.isi,3. als sprcnzc:
die ^prenie, die ■preiiiu.
die Kol> aiisi sclitiiie kreuze. Uhlaüd I'oUa/.* 31.
doch tgl. oben sprinz, m. falco nkut, ebendort auch dit wort-
erkldiung.
SPRIN/E, f. 1) macula: sprinz'n, llbipriox'n, tommer-
tprossen. Lex er kdrnt. wb. 238. sprinze dann auch namr einer
scheckigen kuh. IIintner 212; auch von kindein mit einer von
blut durchlaufenen haut, ebenda.
120
SPRINZEL — SPRITTEL
SPRITTELX — SrUlTZE
126
2) sprinze (schprinz) Spottname eint% langen, hageren väbs-
'i.'i«. Crecelids oberliess. »b. 7,%0i.
SPRINZEL, m. l) tcie oben sprenkel , m. decipula arium sp. 47
und oben sprinze, /.; sprintzel, machinula irretiendis ariculis
cotnparata. Schottbl 1420; sprintzfl, deeipulum Cobtisds 121';
sprinzel, laqueus, ptdica, tendieu'Mtn, tendicvla. Stieler 2107.
als fem.: eine sprintzel, meisekasten, IransMno. Cobtiscs 68S*;
fadea der an der sprintzel oder dalinen von einander gesperrel
wird, ebenda, noch heute sprinzel in der Satzunger gegend.
Hebtil sprachseh. 232.
2) auch als eine art ßscherneti: das geerfisclien, sprinzl und
sengrcisrhen legen ist durchausz bei straff des gricht rer-
bolten. üslerr. iceisth. 6, 208, 32. vgU auch oben Springer, m. 7
sp. 106.
SPRINZEL, m. i) faleo nisus, wie oben sprinz, ni.; der
sprintzel, tnuscetus Maaler jS2'; sprinzel, falco nisus Nei.hich.
j. die rorterkldrung unter sprinz, m. einem pawrn urab
3 sprintzl 12 dn. rechn. v. 1392 bei Schm.' 2, toö; rgl. auch den
beleg aus Ges:«bb-Fober thierb. 1,143'; diese beede sind einerley
art der raubröeel, aber zweierley geschlechts, die sperber
sind das weiblein, und die sprintzel so etwas kleiner das mäan-
lein. Hobberc 2, 66S'. als neutr. vol demin. zu oben sprinz, m.:
darnach reit künic Prinzel
als ein snelle; sprinzel.
lliiM«. T. Neustadt Apollon. 1145t.
2) sprintzel, dasselbe «ie oben sprenzling, m. tp. 52. Gxgei-
Kmcll 52S'.
SPRINZELN, verb.: sprinczeln, nictari, blintzlen, kleine
äuglein machen, mit den äugen unkeusche lossung und minen
geben. Screbz-Orerli!« 1511; sprienzl'n, liebäugeln, mit einem
mädchen schäkern. Leieb kämt, vb. 23S.
SPRINZEN, rerb. l) maculare. adj. gewordenes pari, sprinzet,
mit Sommersprossen versehen. Schöpf 693; sprinzit, gefleckt,
scheckig {von kühen). Hist.neb 212. rgl, auch oben sprenzen, verb.
sp. 51.
2) entsprechend sprenzen, terb, 2 sp. 52. sprinzen, schmücken^
sseren, aufputzen:
mr wellen klaider und har
dar zu sprinzen und spranzen
und wellen mit Treuden tanzen.
fasln, f}). 448, 23 Kpller.
SPRINZGARN, n. koI ein fischneti tcie sprinzel, m. (1)2:
1 sprinzgarn per 2 Q. inventar. von I7u6 bei Ungeb-Kboll 52y'.
SPRINZLING, m. falco nisus, wie oben sprinz, m., sprinzel,«».;
sprinzling, percus, fringillarius, wörterbuchquelle ton 1618 bei
ScB>.*2, 705; sprintz oder sprintzling, museetus. Cobtircs 120*.
SPRlS'ZSPERRER, m. tautologischezusammenutzung: sprintz-
sperber, terzaletlo di falcone. Kraseb rfirf. 2 (1702), S95*.
SPRINZWLRZ, f., wie oben springwurz, f. 1. benennung von
euphorbia lathyris: sprinzwurz, üctarica, sprinula. toc. von 1482
hei Fbisch 2, 3lo'; sprinlzwurz, lathyris Dief. 320'.
SPRIT, ffl., mit langem oder kurtem i, zusammengezogen aus
Spiritus {rgl. dies theil 10, 1, 2555), rolksmässig, besonders in ?ioTd-
deutschland, gleich diesem als allgemeine beuichnung des u-ein-
geisls, {äthyl)alkohols , spiritus rini: de spriet is em in kopp
steegen, er ist betrunken, ScbCtze 4, 177, aber auch, so in tech-
nischer spräche, als besonderer name für starken Spiritus.
KAKaARScn-HEEREN^ 8, 38S, fuselfreien und hochgradigen recti-
pcierten spiritus 1, 7&I und ßr starkeri tssig, der mit wiederholtem
nuotz ron alkohol bereitet wird. 3, 299, essigsprit 8, 3b8.
SPRITFABRIK, f.: 'das ist die spritfabrik", sagte Erich;
'ich habe sie erst vor zwei jähren angelegt ...' Storm samil,
werke l (1899). 26.
SPRITFLAMME,/..' silberschalen, die ... ihre blaszblauen
sprilflammen in zwei leise zitternden Säulen aufsteigen lieszen.
FoRTANE vor dem stürm 4, 110.
SPRITHÄNDLER, m.: der mann der gazelle {einer so be-
zeichneten frau) war ein groszer sprithändler. Keller 7,93.
SPRITLAMPE, f. Spirituslampe, nd. spriellamp. ScbCtze 4,177.
SPRITLER, ffl.; die spritler oder spaltnägel (on der lafette).
Fboüspebcer kriegsb, (1596) 2, 15*. rgl. sprittel.
SPRIT-MASCHLNE, f.: und nun zQnd dir die spritmaschine
an und koch dir deinen kaffee. Stobm sämtL werke 4 (1899), 210.
SPRITTEL, in. n. in oberd. {bair.) mundarten sprosse an einer
Ititer, Stäbchen in rinem rogelbauer, holzspan, schiene zur heilung
«JIM beinbruchs. Lkxbr kämt. wb. 235* {als n.). Hi;«T!«eb Defer-
egger dialekt 211 {als m.): nim V oder VI sprittel {sie um ein
gebrochenes kein tu binden), quelle bei ScH».' 2, 707. etymo-
logisch SU spreiten gehörig, nebenform lu spreitel (i. dies oben).
mit dem sinnverwandten sprossel, mundartlich sprüssel, sprissel,
nd. sprultel kann et aus lautlichen gründen nicht unmittelbar zu-
sammengestellt werden.
SPRITTELN, verb., den fusz, den arm, ihn mit schienen ver-
sehen. lii>T.iEB Deferegger dialekt 211. vgL das vorige und
spreitein oben.
SPRITZ, ffl. zu spritzen, soviel auf änmal spritzt, durch
spritzen entstandener fleck {vgl sprutz, m. und spritzet, m.
unten): so lange sie {eine mit einem theil der wand, woran sie
sitzt, blau übermalte wanze) im blauen ging, war sie kaum
von der wand zu unterscheiden, als sie aber aus dem be-
strichenen bereich hinaus trat und die letzten Tertinzelten
spritze hinter sich hatte, wandelte das gute himmelblaue
thierchen weitbin siebtbar seine bahn durch die dunkleren
bezirke. Keller 4(lS99), 243.
SPRITZ.\RßEIT, f. arbeit des spritxens, im Salzbergbau ein
verfahren, wobei gegen die wegzugewinnende gebirgsmasse wauer-
strahlen gerichtet werden, die die im wasser lösluhen theile der-
silben außösen und dadurch das niederfallen der übrigen tkeüe
als schlämm veranlassen. Veitb bergab. 455. vgL spiitzwerk.
SPRITZB.\D, n. bad, wobei der körper nur mit wasser bespritzt,
wie von einem regen benetzt wird, douche. CkMPE{als neubüdung):
in den früheren Zeiten war das bad der Wiedergeburt, nicht
wie jetzt ein sprützbad, sondern ein plongierbad. j. Pacl
holxschnitte 11, 177.
SPRITZRAGGER, «.; jetzt wandelte ich dort {am nord-
ostsee-kanal) auf dem rerdickten schlämm der apritzbaggrr.
TiMU Krüger die wohnung des glucks (1^97) 26.
SPRITZBECHER, ffl., Schweiz, {in Basel) sprützbächer, kleine
spritze für den fuszboden. Sbiler 276", die vor dem kehren be-
nutzt wird. vgl. spritzhafen.
SPRITZBEWL'RF, m., was spritzwurL
SPRITZBIERLEIN, komischer eigenname im Vrfaust, wtl im-
perativisch aufzufassen:
dann Tordersamst mit dem logie
wüsst icb euch wohl nichts bessers hie,
als geht zu Trau Sprizbierlein morgen;
weis Studiosos zu versorgeu. 29ö.
SPRITZBRETT, n. über einem rade angebrachtes brett an
einem wagen, das den anspritzenden straszenkol auffangen soll,
rgl. spritzleder.
SPRITZBOCHSE, f. büchse zum spritzen. Campb, handsprilze
der Wundärzte. KrCxitz encycl. 162 (1835), 1S7, kleine spritze von
ausgehöhltem holunder, womit die kinder zu spielen pflegen.
Adelc.'vg. Campe, sprützbüsse Spiess 239, so auch nd. sprütt-
büss Da5!<eil 207' und sprütz(el)büsse Bacer-Collitz 97 , mit
obscöner Übertragung cunnus, schbrizbixn Castelli 232, wol von
hier aus zu persönlicher anwendung auf weibliche personen ent-
wickelt, so studentisch ßr mädchen. Klcge studentenspr. 127'
{bezeugt aus den jähren 17S7 u. 1846). rgl. zeitschr. f. d. wort-
forseh. 2, 293. auch sonst als verächtluhe oder scherzhafte schelte
für eine weibliche person. Berrd 291, als scherzhafte bezeichnung
kleiner, auch schon erwachsener mädchen. KrCwitz encycl.
162 (1835), 187, junger weibUcher personen. ScH«.' 2, 708, mit
anlehnung an mundartliches sprützen, spritzen, steif aufgerichtet
sein {s. unten spritzen) sprützbQchsen, steif einherstolzierendes
midchen. ebenda, spritzbüchs Scbmid 504 und mit aufnähme
eines anderen begriffs aus der gewöhnlichen bedeutung des zu-
gehörigen verbs behendes mädchen. ebenda {rgl. spritze 1, c, a),
daneben mit selbständiger entwicklung im anschlusx an Wendungen
wie gift, geifer spritzen für eine person mit argem mundwerk.
RcctEBT unterfränk. mundart 174 und ßr einen jähzornigen.
Urceb-Kblll steir. worlsch. S.V. vgl. noch nd. spritsbüks, dn
Schimpfwort. Däbnert 454'.
SPRITZBL'CKEL, f. der sprilskrug {vgl. dies), dit gietzkanne.
Scbm.* 1,207.
SPRITZE, f. zu spritzen. 1) womit man spritzt, Vorrichtung,
gerät zum spritzen, spruzze, clebsedra {für clepsydra). Stbi^heteb-
SiE«ERS a/id. ${. 3, 639, 49 {\i.jahrh.), sprQtze (Hclblirg, rfuner),
sprutze (TocBEB), spritze ( 15. ;a/irA.) Leier m/id. Aandrfr. 2, 1122,
sprulze, sprücze, sprutz, sprotze, spritze, spritz, lixale. Dief. 33i',
ein sprützen, sprQtz, lii{i)ale. nur. gl. 23»', im älteren nhd. meist
mit ü, sprützen oder rören (die), siphon. .Maaleb S82', sprütze
oder strütze. damit man wasser sprützet, une syringue. Hclsius
(1616) 305', sprütze, siphunculus Becbics bergwerkb. (1620) register,
sprütze CoiiE!<i(:s spraehenth. übers, v. DucEmos (1657) teutsch.
index, sipho Scbottbl 1120, spritze, sprütze, f. sckizzafoio,
siringa. Kbahbb dtutsch-itaU dict. 3(t702),896', sprütze, die, plur.
127
SI'RITZK
SPRITZE
128
sprützen, quibusiiam spritze, fipho. Steinbacb 2, r>4s, auch hei
Gütbe: hirr ist ein anschlag zu einer sprüzzr. br. 5,117 Weim.
ausg. (vom 25. apr. 1787. an frau von Sttiu) tieben der form mil i:
2j. {Jupitfr = Karl August) d. den tag mil seinen feuersprizcn
pp zugehracbt halte, tageb. 1,120 (22. ;uni 1780), beute in der
Schriftsprache ungewöhnlich. Weicand* 2, 781, mundartlich uoch
sprötze. SciiRüER mundarten d. ungr. berglandes 207*, spriitze
Lexer kämt. vb. 238, spiötza Tobier apprni. sprachsch. SSl',
sprö'z MCli.er-Weitz Aachener mundarl 232, spreuz Hüsic
Kölner mundart 119', daneben, spriilze mehr und mehr zurück-
drängend, spritze, sipho, siphunculus. Dastpodius {vgl. sipho e>n
bninDenrör, spriilze. lat.-drulsch. thfil), cannone da gittar' acqua
(I da far aristeii. Huisius (16l'>) 1,230', sipho, diabetes Stielei
20S4, spritze {ouch spriilze). Kramer. Stei:<bach (s. oben), tiphon
Wächter 1572, sipho Kbisch 2,31o'. Adelung. Cahpe, auch mund-
atilich spriizen. ScHörr tir. idint. 693, spriz'n HCcEt Wiener
dial. 154*, spritze Kurecut Leipz. mundarl 215*, ^brizen Hf.rtel
Ikür. sprachsch. 232, ^breze Salxunger üb. 41, nd. als lehnuort aus
dem hd. sprilze. Däbnert 454*, spriitse, sprüls ter üuornkaat
Koolüan 3, 29l', »iprüts* Bauer -CoLLiTz 08". aber auch schon
mnd. sprutte. LCnüEN mnd.wb.Zli' und eiüsprechend nnd. sprQlt.
ScbCtze 4, 17>>'. Danneil 20i'. Mi 85'. vgl. schwed. sprula,
d4n. sproile.
a) meist als bezeichnung von geraten, spritze, syrinx, seringue,
'nn verkzeug, bestehet aus einer röhre, in welche ein stöszel geheb
eingesetzet, und dadurch das nasser in die ferne gleich als ge-
schossen icird.' Jablonski lex. (1721) 742*, '«n Werkzeug, wodurch
man einen ßtissigen körper spritzen, d. i. durch den druck in
einem langen strahle an einen entfernten ort bringen kann'.
Adelung: mit einer spritze spritzen, schizzare cotta siringa.
Kramer dentsch-üaL dict, 2(1702), 895', eine spritze füllen, laden:
dasz aber nun, der brautfiibrer an der spitze, die jungen
bursche ihre spritzen in der Jauchengrube luden, war mir
noch merkwürdiger. Ludwig 2(1891), 517.
a) am bekanntesten als feuerlOschgerät , feuerspritze, siphon
incendiarius. Stieler 2084, brandspritze, feuerspritze Kramer
d«<bffc-i<aJ. die'/. 2 (1702), 895', ebenso bloszes spritze: auch do-
zumall als palt zu iedem vierteil {dtr stadl) zwen vierteil-
meister gesetzt und gegeben wurden, und darnach verlassen
ir iedem funfizelien liderein eimer und zwue grosz messein
sprutzen zu geben, also wo fewer pei oder in iren vierteilen
aiisz kerne, das si dann solicbe einier und sprutzen zu dem
fewer pringen nnd senden sollen damit rettung zu thun.
TccBER baumci4erb. 132,31; vierteilmeister am Milchmarckt
sein Mertein Hoitzscbuer und Endres Tucher, der icder hat
in seinem haus funflzehcn liderein eimer und zwu grosz
sprutzen in einem liderein sack. 133,33; Artton Kresz uber-
antbort mir adi 31 Inio das pücblen des lirtelmaislersampt
roitsampl 3 messen sprüczen und 25 lidren aimern. Ant. TucBtR
hamhaltungtb. 175, 8; es war beym brande keine sprütze ver-
banden, nullus in publica sipho ad compescenda incendta erat,
Steinuacb 2, i>48; wenn ... ein solches einzelnes entfernles
Strohdach brennt: so wird die sprütze aus dem dorfc, wenn
sie auch auf rädern steht, viel zu spät kommen. Muser patr.
phant. 3(1778), 100; gesetzt nun auch, sprutzen, lettern und zuber
dienten blos im dorfe, und auf ebenen pflaster. 162; wer warf
das leuer ein? ... gleich eilt mit sprüzen und eimern.
Schiller Fiesko 5, 9; vor uns sahen wir in der entfernung
das (lammende haus, den rotben gegenschein am himmel,
die fernen blitze, der donner rollte noch dumpf, wir hörten
das gerassei der sprutzen. Arnim Hollins liebrieben 60 Minor;
es hoben und streckten rasch die spritzen ihre arme, und
io hohem bogen stürzten wasserwogen auf die däcber nieder.
GoTTBELF 1,184 {vgl. ScBiLLER 11,311 unter spritzen);
well gloclMDSturm ! trompeteii«tosz! nml spritzen rätseln durch
die ga««eii. Drostr 2, 23 ScIiUckini).
redemarttn: ht «oppt «• en sprütt, er tauft ttark. ScbCtzk
4, 178. besoiTen wie eine spritze, tehwer betrunken {so roll von
fliutigkett wie eine tfrritzt). Albrkcbt2I5*. vgl. nd. S|irüttendiiun,
roU und toll, betrunken. Schütze 4, 178. («in mann) bei der
spritze »ein, nne rolle spielen, etwas zu bedeuten haben ; an die
feuertprüun wurde nicht jeder gestellt. Alrrkcbt 'Wo', et iis
rncr «UD der sprüli, ein tüehtiger mann {tiebenb.-iäclu,), Kroh-
MAHRS zetUehr. &, 32, 17, d<^s is a mh bei der spiütz'n {koburg.).
iHf 17, tbendtt alt euch am Rhein üblich rerteirknet, entsprechend
Mi. datt ist ^0 von de sprlllt, «n tüchtiger kerl. Danneil 207',
in hetug auf rfutige btreittcliaft und thittgkeit an enitcheidendei
itelle: die «iebeo nUnner waren uicliu weniger als unbetrtlcbt-
üch; in allen Volksversammlungen, Vereinigungen und der-
gleichen halfen sie einen festen kern bilden, waren unermüdlich
iiei der spritze nnd lag und nacht bereit, für die parici gänge
und gescbüfte zu thun, welche man keinen bezahlien leulen,
sondern nur ganz zuverlässigen anvertrauen konnte. Kbller
0 (1899), 209. bei der spritze bleiben, in der not ausharren:
jetz drickc-se sich erbei: wehrn-se vorhin bei der spritz ge-
bliwwe. Strekk des burschen heinikehr 106. Sprichwörter : wann
OS brennt, darf man der sprizen. Eiseiein 575, wenn es
brennt, vermisst man die spritzen. Sihrdck 462,9789. die
sprizen kommen, wann das haus abgebrannt i<t. Eisblein 575.
SiMROcK 402,9788.
ß) in ärztlicher, hygitnischfr Verwendung, clistierspritze,
srhizzatoio da ciisteo o lavamento, servitiale. Kramer deutuh'it.
rfii/. 2(1702), 895', gemächlspritze, siringa a spruzzare nel con-
dvtto del membro virile, ebenda, halsspritze, siringa da gar-
garizzare. ebenda, wundspritze, siringa a ferüe. ebenda, die
spritzen der wundürzte. Aoelu.nc, sprütze, canone da far
erUteri. Hulsius (loio) 305*: die spritzen, wenn sie die klistier
losdrükten wercn den pisiolen zu vergleichen. Heinirke fuchs
(1650) 35<j; ein Sultan zitiert vor seinem arzt, der fürsten und
knechte unter die nämliche sprüze zu demütigen weis. Sturz
1, 204.
y) oh kfichengerät, mehlspritze, sipho farinarius, quibus spirae
crocatae, sive scribitae striatae, die Spritzküchlein, efflantur.
Stieler 2084, küchleinspritze, schizxatoio da bozzolaio. Kramer
deulsch-ital. dict. 2(l702),&yi', nudeUpriize, schizzatoio da vermi-
cellini o fidelini. ebenda, l>utterspiil/.e, schizzatoio da butiro
fresco. ebenda, 'spritze, ist ein von blech hol getriebenes oder
von holtz gedrehetes iiisirumevt, so die koche in ihren kfichen
nölhig haben, als da ist, spritze zu Spritzkuchen, spritze zu
Würsten, v. d. g.' Amarantbes (171.")) 1S92, die spritzen der
köchc zu sprilzkuihen. Akelunc: gebackene Spritzkuchen,
machet den teig gleich als bey vorhergehenden schnee-ballcn,
ab, bringet solchen in die darzu verfertigten spritzen, die
forne einen stern haben nuisz. Aharambes (1715) 635.
S) mundartlich auch im sinne von gieszkanne, so appenz.
sprötza. ToBLER 381", in Aachen sprü'z MCller-Weitz 232, in
Köln spreuz Hümg 149', düring. aiisgusi an einer gieszkanne.
Hertel thür. sprachsch. 232.
*) scherzhaft von einer puderquaUe: er lic^z diese spritze
des farbenpulvers des kupfes kalt da liegen. J.Faul Hesp. i,9l.
^) in der Soldatensprache scherzhafte bezeichnung des gewehrs.
HuRN 05.
t]) ähnlidi basl. sprüze, b^isro/ir (als kindertpielzeug). Seii.er376*.
b) früher bezeugt von einem körpertheil, dem die fihigkeit zu
sjiritzeit eigen ifl:
si tuonil, als diu sclirezveüer tä(.
die vorn bat ein rreuiitllch autlüiz.
Ir zaget ist aber der gilt ein spiülz. m.ncr 4114.
hierher gehört anscheinend auch die folgende stelle, wo Jas woit
wol für cunnus steht:
ir (einer reichrn witwe) gl öj guol wol lüegen kau
tia; sie nimt ein junger mun.
I'iir ir alte runzeii
git sie im silberpiinzeu:
lue knn er wol nützen
und reut ir üf die spiüizeii. IIelbling 6. 104.
c) im ansehlusz an a oder b entwickelte besondere bedeulungen.
a) die unter b erwähnte anwendung liegt gewisi dem gebrauch
von weiblichen personen zu gründe:
seit ich von einer jungen cprüixeii
mich also sehenden und sclimehrn la.<iien?
Atr» 3258,24 Keller;
ach ihr jungen spritzen, lasset es bey den alten löchern
bleiben, und lasset die neuen ungcbobrt. Weise erzn. 19; neuär. ;
eine junge spritze, puella intlar siphiinculi. Stieikr 20S4; sie
ist eine junge spritze, ella e una fregalina, fregaruola, lateitetta,
tdrucciola. Krämer deutsch -ital. dict. 2 (1702), 895'. studentisch
noch dienstspritze, dienstmädchen , ohne allen üblen nebensinn,
so in Gvitingen. mundartlich in Wien spriz'n, tchimpfname auf
eine alte buhlerin. Hügel 15t', bair. sprutzen, junges, aufge-
schossenes niädchen, mit anlehnung an dort ühUches sprutzen,
sprossen. Senn. ' 2, 708, ebenso hess. sprieze, wii< anlehnung an
•prieszen. i'risTEii 282, sehwäb. spritzen, behendes, daher stol-
tierendet mäichen, mit anlehnung an tchwdh, spritzen, auf- u
gericlitet einhergeiien. ScnMin :>04, im un;r. bergland sprflizri |
ttolte, lilppnche dirne. Scbrhkr 2U7' {vgl. sprize, stols tinhergehendt
dirne. EuLDA bei Campe, aii landschaftlich beteichnet).
129
SPRITZEIMER — SPRITZEN
SPRITZEN (I, 1)
130
ß) ichveii. heisxt die brustvurzel, angeliea silvestris spritie
{Bern, Glarus), sprotza {St. Gallen). Pbitzel- Jesseü 30\ »ol
iceil von kindern aus ihren Stengeln wie pfeifen, so auch spritten
oder blasrohre gemacht Verden, vgl. oben a, ij und spritzen-
kraut.
;.') in der Zoologie bezeichnung einer zum geschlecht der schiff-
kutteln gehörenden Schnecke, nautilus siphunculus. Campe, vielUicht
wegen des durch die leeren hinteren theile des gehäuses gehenden
röhrenförmigen fortsalzes derartiger thiere, der sipho heiszl.
S) sprützen, kücblein in der pfannen gebacken, pizza,
schiacciuta frila nella padella. Hdlsics (1618) 1, 236', eine arl
kucben, alOs sprützkucben, spira, placenta per siphonem Irans-
missa {vox non ubique usitata). Stei5bacb 2, 648. ebenso ndl.
Sprits, f., lehnwort aus dem hd.
2) in der Studentensprache ein fuhrverk, das zu einem ausßug
gemietet ist, und der ausßug selbst, in der letzteren bedeutung
auch veiter verbreitet. Pacl ab. 430*, so in Leipzig, luslpartie,
ausßug. besonders zu wagen. Alurecht 215', in Altenburg, land-
yaitie. Hertel thür. sprachsch. 232. sie kann sieh auch unmittelbar
aus dem rerb entwickelt haben: das, ein spritzen, und trsl im
anschlusz daran ist vielleicht die concrete bedeutung erwachsen.
3) rom spritzen herrührender ßeck.
SPHITZEIMER, m.: spritzaraper, grosses wassergefdsz , das
zum löschgeräle gehört. Usger-Khcll steir. wortsch. 528' {doch
wol: das zum iprilzen dient), vgl. spiitzeneimer. in Wien spriz-
amper, gieszkanne. HCgel 153'. tgl. sprilifasz. -kaane, -krug.
SPKITZELIG, adj. zu spritzein, spritzelnd. Campe {als niedrig
bezeichnet): die licbter brennen so spritzelig. ebenda.
SPKITZELLICHT, n. lieht, das spritzelt, U<ht von unrei»em,
schlechtem talg. Campe {als niedrig bezeichneth
SPRITZELN, rer6., Weiterbildung zum folgenden, ein wenig
spritzen. Campe, spritzelen, spruzzolare, sprizzolare. Kbamer
deutsch-ital. dict.'l {\'M),%9b'. in persönlicher anwendung, vom
ausspritzen des speicheis: ja, du buren-sohn, spracb sie, und
fubr ibro mit der band über das gesiebte; Eckartb und
Serapion hätten vor lachen vergehen mügen, als hierauf Rente
mit dem maule spritzelte, und sagte, du alte wetterkaze, wo
geyer bastu die hündc gehabt, dasz sie so fett und saJtzigt
seyn. Ett:(er unw. doct. 335; beim reden spritzeln, den speiehel
um sich spritzen. Campe, auch ohne solche verdeutlichenden Zu-
sätze, sprützelen, spuere (r. 1587). Dief. 518*:
ich gprützle, scbelt uad (lieb, wo so ein unding (ein geiziger)
sitzt,
mit grössrem scbauder fort, als wo ein dracbe blitzt.
GÖKTB» 483;
verbessre das stammleo, verbeisz und vermische
das bublrisciie spritzelu. das geiie gezische. 929.
Sprichwörtlich: denn, erstlich ist es eine tuhrbeit, sich mit
grossen berren in stieit einzulassen, und wer in die hübe
spritzelt, dem fällt der speiehel auf den kopff. Bctscukt
Pathm. 621. anders: spritzen, spritzeln im stulgang, tpruzzare,
sprazzolare, squaccherare andando di corpo. Kramer deulsch-itaL
dict. 2(l702),s95*. in unitersönlichem gebrauch: ein licht spritzelt,
r«nn rom brennenden dachte kleine funken abspringen, z. b. in
folge von nässe. Campb. con leichtem regen: es spritzet, spritzelt
ein wenig draussen, egli tpruizcia, piovigna uu poco. Kiameb
a. a. 0.
SPRITZEN, rerb. in strahl und tropfen gewaltsam springen
machen oder springen. Weicaüd* 2, '81, mhd. sprützen Lexeb
mhd. handwb. 2,1122, ebenso im früheren nhd. häufig. Maalbb 3h2*.
Hdlsics (1616) 305*. Comemus sprachenth. (i65T) leutsch. index.
Corvi>cs fons lat. 1 (l660),629'. ScBOTTBL 1420. Kramer deutsch-
tloi. <fic<. 2 (i:02l, 895* {mbeii spritzen). STEi.iBAcn 2, 649, auch
bei Schiller Fiesko l, lO {s. unten II, t, a). Schriften 11, 311 ne5«n
spritzen, rauher schausp. 4,3 (s. unten II, l,fr), vereinst U noch bei
jüngeren Schriftstellern:
wenn weinmond ist, so mfisit ibr wissen,
da giebt es trauben, most und wein,
und weil die armen beeren müssen,
so sprützen sie in« Tasz hioein.
NoviLis 1,220 Mei*tner;
tinlta wurden darunter gestützt,
schwarzes napblha darauT gesprützt.
KccKiRT Firaoti 3. 182;
mundartlich bis heute, Schweiz. Stalder 2, 3S7, sprüze Homzker
249. Seiler 276*, sprütza, sprötza Tobler 381", bair.-österr. in
äüerer spräche ohne umlaut sprulzen. Schm.* 2, 708 {rgL auch:
luare, wallen vel sprulzen [anfang des 16. jahrk.]. Dief. 334'),
und so in einzelnen gegenden bis heute. Lbxbr kämt. »b. 238.
X. 2.
HiüTiiBB Deferegger dial. 212, doch auch sprützen rimbr. wb. 263*
und spritzen (f. unten), mfränk, sprutze, sprüze {Aachen)
MCller Weitz 232, spreuze {Köln) Homc 149. in der Schrift-
sprache wird sprützen zurückgedrängt durch das schon im älteren
nhd. erscheinende spritzen. Hcisius (161s) 1,236'. Stieler 2083.
Kbamer 2,8)5* {neben sprützen, j. oben). Wächter 1572. Frisch
2, 3I0'. Adblo:<g. Campe, das auch in heuligen mundarlen be-
gegnet, so bair.-öslerr. Sciim.* 2, 70S. Schopf 693, spriz'n HEgkl
153', rheinfränk. spritsa Le5z 67*, düring. neben schriezen
(s. dies oben theil 9, 1736) und stritzen, striezen. Hertel thür,
sprachsch. 232. nd. als lehnworl aus dem hd. spritzen. Dähhert
454", sprütsen ten Doormiaat Koolia:< 3,292*, sprüts'n Bader-
Collitz 98', aber auch sprutlen 6r«n. wb. 4,976, sprütten Mi 85*.
Da.niibil 207*, m besonderem sinne götting. sprütjen, spuere.
Scham BACH 207*, ndL als lehnwort aus dem hd. spritsen, wol
vom nd. in die nordischen sprachen gedrungen, dän. sprutte,
schwed. norm, spruta, eine westgermanische bildung, wie engl,
sprit, spritzen, keimen zeigt, dessen zweite bedeutung den weg
der bedeutungsentwicklung weist und es als unmittelbare fort-
setsung von ags. spryttan, sprossen treiben, sprossen, keimen.
BoswoRTB- Toller 9ü6' erscheinen läszt. demnach ist das bei
ScHM.* 2, 70S aus älterer spräche bezeugte sprützen, sprossen auch
hierher zu ziehen, spritzen, als dessen grundform *sprul-jaD
anzusetzen ist, fügt sicli also dymologiseh zu sprieszea. Wbigand^
2, 781, wo hingewiesen wird auf mhd, sprie? im sinne von quell
bei Fracbnlob. vgl. sprieszeo, spriesz. vielleicht ist das jüngere
spratzen verwandt, s. dies oben, tu bair. sprützen, steif machen,
ragen machen, steif aufgerichtet sein {in diesem sinne auch
sprützen). Schm.'2, 708. schwib. spritzen, steif aufgerichtet einher-
geJien. Schmid 504 (sprizen Fllda bei Campe, als landschaßlich
bezeichnet) vgL spreizen oben.
I. gewaltsam springen machen und durch solches thun treffen,
so seltener, doch schon früh bezeugt:
wastarman, den steinpock sprütz.
Oswald v. \Volkb5STEII< 17, 1, 32,
im syntaktischen gebrauch Wörtern wie werfen, sprengen gleich.
1) gewöhnlich von flüssigem, in strahl und tropfen.
a) aus einer Öffnung.
a) des körpers: , ^ ,,• .. ,.
am Witwe als höflich brunzet
durch ainer oadel ör da; triitz das ej ieroent hör.
vogt Hansen sprulzt si in diu äugen.
PriirrER ad, übungsb, IM, 111;
spritzen, spritzeln im stulgang, spruzzare, sprazzolare, squacche-
rare andando di corpo. Kramer deutsch-itaL dict. 2 (1702), 895*;
wall- und andere grosse fische, welche das wasser durch
eine, ihnen hiezu von der natur gegebene röhre empor
spritzen, ebenda; wasser aus dem munde spritzen, ebenda.
Adeloxc; vgl.:
•ie (ein Urachennrlitjes ungeheuer) sprütiet (aift) aus dem
munde. Hei!<ricb v. Nidstaot Äiiolt. 9030:
in gleichem sinne: der alle begann wieder auf- und abzugehen
und spritzte dabei die schwarze tabaksjaucbe von sich. Storm
sämtl. r«rA» 7 (li>99), 166; vgl.: sie werden ussgespritzt von
gott {apoc. 3,16). Keisersbebg ev. 87' bei Schuht eis. wk. 335*;
mit angäbe der richlung wohin:
ee er die spisz dfit abhfn schlucken
d&t er eyn stich jnn becher gucken
und macht eyn suppeo mit dem wyn
dar mit scbw'encki er die backen syn,
oder sprytzt es eym andern licht
iiins drinkgeschir'r oder angesiebt.
Braut narmnsclt. 110*, 95 Zamcke;
da schosz die schlänge mit grimmigem zi«chen,
spritzte geiTer auT ihn und iogstlich «prang er zur seile.
üöTBi 40, 157;
im piioe.* auf die edelsten gemütber
spritzet sie {nieUertrdchtiijkrit) zuerst Ihr gift.
lIiaDta Cid 31 (cert 2063);
er . . . blickte starr auf den deipbin {die figur eines solchen),
der wasser in das becken spritzte. Schiller 4,339; ohne object:
auff disz sprOtzeie sie drey mal in Jbre schosz. Opitz 2 (1690), 281 ;
mit anderer adverbialer besiimmung: einer spritzt beim sprechen ;
auch ohne Zusätze der art sprützen, spuo. CoRvms fons latinit.
1 (1660), 629*, exspuere Schottel 1420. Stiklbr 2083, ich sprütze,
spuo Stbikbacb 2.649: wan einer vil spritzete oder roubset
und kengel in der nasen hat und sie hinein siipfel. Keisers-
BERG evang. (i.M7) 22*. heute in der Schriftsprache ohne zusälu
nicht im allgemeinen sinne von speien, aber noch mundartlich so,
in Aachen spmtse, master aus dem munde spritzen. MOllm-
9
131
SPRITZEN (1,1)
SPRITZEN (I, 1—5. II, 1)
132
Wbitz 233, göUing, sprütjen, spvtre Scham racb 20:'. auch be-
logen auf Öffnungen, die durch Verwundung oder krankheil ent-
stehen: eh" er üiei herz hier, da^ getreu ihn liebt.
auT eines tiiches winli, der kugel preis giebt,
eh' sieh, eh' öfTiiet er die eigne brüst sicli,
und sprützt sein blut selbst tropTenweis in staub.
il. V. Kliist /irim «. Homburg 3, t ;
freier: da, da sprizt es (das laster) den eitrichten fressenden
schäum aus stirn und wanden und mund, und der ganzen
fläche des leibes zum scheuszlichen aussaz hervor. Schiller
rduber schausp. 1,3; passivisch:
des irart da b! dem eniiel
von liluote naj ietweder spor,
das in die lüTte wart enbor
den orsen üi gesprützei.
Konrad v. Würzbirg lioj, krieg 34511;
von einer oder, ohne objecl, im bilde:
der regen ist kaum neg, so folgt ein wolcken-bruch,
die adcr tröpTelt noch und niusz \on neuem sprützen,
die wunden, welche mir zeit und verhängnisz ritzen,
bekommen statt des bands ein frisches leichen-tucli.
GiSuTIIKR CI2.
ß) aus einer anderen Öffnung, meist eines geröts zum spritzen,
einer spritze: mit einer liandspritze nuf jemand (sc wasser)
spritzen. Campe, mit einer spritze auf, in etwas spritzen,
freier: jemand, jemand nasz spritzen, auch ohne bezeichnuvg
des geräts, wasser spritzen, per siphonem aquam emittere.
Steinbacb 2, Ö49, spritzen mit wasser, giUnr acqua con ilcannune.
HuLsitis (I61&) 1,2o(i' und ohne zusaU sprützen, aquam in ollum
spargere e siphone. Scbottel 1420, spritzen, aquam per nphonem
in altum spargere. Stieler 2083, spritzen, sprützen, schizzare,
sfdcciare colla siringa, siiingare. Krämer 2 (1702), 805', ich
sprQtze, siphone aquam spargo. SiEiNRACn 2, 619, spritzen,
siphone aquam spargere, per siphonem aquam emittere. FmscH
2, 31o', und so bis heute allgemein, zum löschen von feuer, eines
brandes: ins feuer, in den brand hineinspritzen. Kramer
deutsch-ital. dict. 2 (1702), 895*, in das feuer spritzen. Adelung;
alles spritzen half nichts, das feuer konnte niciit dadurch
gedümpft werden. Campe, zu ärztlichen zwecken: einem in den
hals spritzen (gurgelwasser) Kramer cfeu/sf/i-j7.(/if/.2(l702),S95'.
Aüelüng; die Wundärzte spritzen in den hals, wenn er näm-
lich geschwollen, wund ist. Campe; in die nase spritzen.
ebenda; jemanden in die wunde, in den schaden spritzen.
KrCnitz enrj/f/. 162, 139 ; rom spritzen in den mastdarm: man
spritzte den kranken täglich, aber ohne errolg. Campe, bei
Pferden in betrügerischer absieht: wann ein rosz ritzig ist, und
du will jhms vertreiben am tag daran du es verkauflfen will,
80 niinb quecksilher, tüds mit einem nüchtern spuichel oder
scharpffem essich, und nimb leinül, mach es zusamen, spritz
jhms in die naszlucber, so verstehet es jbm ein lag oder
zwen. SBt;TER rosznrzn. 43. vgl.: etwareyn sprützen. inspergere.
Maaler 382'. im Salzbergwerk, wasser-ftruhlen gegen eine wegiu-
gewinnende gebirgsmasse richten, die die im wasser löslichen theile
derselben auflösen und den zusammenfall der übrigen als schlämm
veranlassen. YEiin bergwb. ih6. anders: die diiite aus der feder
spritzen. Campe; unpersönlich: die feder spritzet, wenn sie
einen langen schnabel bat, und kleine trOpfchen dintc fahren
läszt und um sich her verbreitet, ebenda; in eben diesem
»inne griff ich weit lieber zu dem bleisiift, welcher williger
die Züge hergab: denn es war mir einigemal begegnet, dasz
das schnarren und spritzen der feder mich aus meinem nacht-
wandlerischen dichten aufweckte, mich zerstreute und ein
kleines produkt in der geburt erstickte. CürnE 4^, 15.
y) der begriff des yewaltsamen, heftigen tritt bisweilen zurück:
sprützen, wasser oder dergleichen salTt gieszen, arrouser d'aue,
ou d'autre liqueur. HoLSius (1C16) 305'; irAtreiz. plueme sprüze,
begieszen. Seiler 27C'; ähnlitk, unpersönlich, der un(;r II, i er-
wähnten anwendung naht:
alldä pflegt er (Jnux) zu scliwlizen
in rotem kelterhaus;
allda die brOnnlein {-c. wasser) tpritzeu
mit •ann und lindem saus.
Spii tiuitimihl. 37.111 Balkei
er (90(0 gleszet aus die btclilein schnank.
er macht die briinnleia spritzrn. 141, HO.
b) mit der band, den lingcrn spritzen, meiH schleudernd,
Mtl $öckHehem objecl:
die njmiiiirn sclierizen um den sand,
lind iprutzan mit geübter band
«iel bogen iiatirr lu>lbarkeilfn. Göntuiir I3Ü;
$0 tMeickt auch, mit au^lastung der adverbialen bestimmung und
$utr4t mnti dal. der ptrion: eiaein, lo in obnmacbti eiv«as
ins gesiebt spritzen, als rosencssig :c. Krämer deutsch- itaL
dict. 2 (1702), 895';
komm ich zu einem klaren wasserbach, . . .
ich spritz mir's ins gesiebt und iliu mich waschen.
»underhorn 2, 193 Boxberger;
mit auslassung des sächlichen objecls:
man schreyt ihm (riitem nnsclieiiicnd loten) in die obren,
man kneipt ihn in das kinn. man spritzt ihm ins gesiebt.
ItAMLKR fitltellese 2,534:
mit acc. der betroffenen person und instrumentalem tusatz: ob
sie auch noch wüszten, wie sie als kleine buhen am brunnen
im Zeisig einen andern mit wasser gespritzt haben, weil er
zu seiner mutter nicht mama sagte. Keller s, loo. mit den
füszen spritzen, beim gehen, laufen auf nassem wege, auch ohne
solchen zusatz: {der amtmann) muszte in den pantoffeln zwischen
den pferden im koth mitlaufen, und spritzte die rosse nicht
sehr, aber die rosse ihn. Hebel 2, tut ; im anschlusz an den
hier zuletzt erscheinenden gebrauch von pferden auch freier von
einem reiter: hier kommt einer zu pferde (im regen) und
schnaubt und stampft und spritzt vorbei, dasz die weiber
aufschreien, und die männer fluchen. Lodwig 2, 15, oder auf
andre art theile einer fufsigkeit emporspringen machen: jemanden
den koth in das gesiebt spritzen. Adelung; koth an die kleidcr
spritzen. Campe; unpersönlich:
ein gräbchen ward binabgeriizt
, . wo jetzt das rüder emsig spritzt. Cöthi 41, 30.>;
freier :
er [der wein, alt tjolt fiefastl) sprützt in ungezählten straiileii
sein innres leben in die weit. Novalis 2,137 ileistner.
eiyenarlig mit instrmentalem zusatz und acc. des betroffenen
gegenständes, hyperbolisch:
er (der 'wiiiilvoot') miscliet mer mit mcr,
und machet wasser-berg' aus vielen wällen her,
die auch mit nassem sand die himels-liechler spritzen.
KOMPLER 71.
2) funken, flammen spritzen, nit< unpersönlichem subject:
SO wie der Ätna dort zu aller zeit erhitzt
die flammen von sich stöst, die l'uncken von sich spritzt.
. , -I II I- I'lCANDER 1, 111;
spritze funken, Säbelklinge,
werde meinen bammerscnlagen
hart geschmeidig, scharf, du degen,
dasz dich froh der reiter schwinge I
Leüau I, .181 Koch.
frei: hal was spritzen deine viugen funken? Klinger theatcr
4, 191 ; mit einem blick, der flamiueu spritzet.
Pkefkel poel. veis. 3,91,
»n gleichem sinne ohne objeet:
wie die nadeln spritzen,
und wie die äste knattern: Uroste 1 (1879), t09.
3) ton festen gegenstünden, in bezug auf ein stieben kleinster
theile:
du (ein yferd) wirst nicht mehr mit mir die luft durchsausen,
den sand von deinen fersenbusclieln spritzend.
^TRACUWITZ (1891J 2S9.
auch anders, wie schieszen, mit instrumentaler bezeichnung dessen,
was geschossin wird:
nun, so wöll wir vor allen sacheii
ins läger und schinchtordnuiig machen,
in llü^el stellen die bogenschützen,
die mit pl'eiln unter die feiiidt spriitzen.
II. Sachs U, 279, 24 hilirr.
irie slosien: spritz' zu, eisgrauer vuter (Appius Claudius)'.
Schiller Fiesko 2, 11.
4) ähnlich in freierer anwendung. von einem wort, das hcraus-
gestoszen wird:
er spritzet ab ein kräftigs worl
von lindgcrührier zungen.
Spee liuimachl. 130, 41 Ualkf.
von rasch hingeworfenen, flüchtigen bemerkungen: einen aulor
recht zu ediieu, da/u gehört mehr, als . . . ein paar nülelgen
dran zu spritzen. Heiske leben 84. wienerisch als aurdruck beim
tarockspiel: den dreier spriz' i', sage ihm contra, was doppelt
gut. llfcEL 153'. vgl. sprengen in ähnlichem gebrauch.
5) gcsprützt (si//'tn. u( adj.) fp.arsus. Steinbacb 2, tili): mitten
in dieser kröne (des frauensehuhs, der blume) sitzt der guldne
pokal, ein hübschgelbes schühlein, inwendig rot gespritzt.
Uraker 191 Reclam.
II. gewaltsam springen, l) von flüssigem, in ttrahl und tropfen.
a) aus einer Öffnung.
a) des körptrs: das blut spritzte au« den ädern. Krämer
dcutsch-ttal. dtcl, 2 (nü2), bUj'. Auelukc; vgl. (im bilde): al«
wenn allei gifl nur aua einer und eben der krote aprAzle.
133
SPRITZEN (II, 1. 2)
ScsiLLE» Fiesko 1,10; mit beuichnung der richtung wohin: das
blut sprilzle aus den adern in die höhe. Qhpe; nur mit einem
lusatx der letUeren art: das blut ist mir in das gesichl, auf
die kleider gespritzt. Adelung;
was zog er aus der tascben?
ein messer, war scbarT und spitz;
er stacb's seiner lieben durcbs herze,
das rothe blut gegen ibn spritzt.
wunderhom 1, 316 Boxberger;
vgl auch: dieser Vorwurf, von dessen gifte, wie ich bewiesen
habe, ein groszer tbeil auf mich zurücke spritzt. Lessirg
10,232; mit einem lusatz anderer art:
er sah bey mehr als fünfzig küben
um aus den eutern milch zu ziehen,
beschäfTt'ge melkerinnen sitzen,
er sah die fette milch in strengen stralen spritzen.
dasz muld' und eimer schäumt. Biockis 1 (1739), 149.
ohne lusali:
drauf kniet' er nieder, und — mit einem streich — ...
sab ich blut spritzen, sab den rümpf hinfallen,
und bocb in benkers band das tbeure haupt.
ScBiLLii Tur. 1, 1.
ß) aut einer Öffnung anderer art: das wasser spritzet aus der
rören, aqua saUt ex siphunculo. Wächter 15T3, sprilzl aus der
röhre. Adellhg; der wein spritzt aus dem fasse, wenn man
dasselbe schüttelt und den spund öffnet. KBCRiTzencj/c/. 162, 13S;
durch der bände lange kette
um die wette
fliegt der eimer, hoch im bogen
sprützen quellen, wasserwogen. Scbilleb 11,311.
h) schon früh in allgemeinerer anwendung bezeugt: (im bilde)
ich (goU) bab sie gekeltert in meinem zorn, und zutretten in
meinem grira, daher ist jr Tcrmügen auff meine kleider ge-
■prützt, und ich hab alle mein gewand besuddelt. Jes. 63, 3;
zuckt damit den stecken .... und traff im streich sein un-
schuldigs krüglin dasz es zu scberben zerfuhr, und jhro der
honig ins angesicht haar und hart flosz und sprilzl. Gaig.22b*;
das spritzen des kobts, lo spruzzo, sprazzo del fango. kiiAXEB
deutsck-ital. diel. 2{\;02),i,Qb': mit welchem geräusche er («n
ni einen fiusx geworfever leichnam) das wasser zertheilet, das
hoch in die iuft spritzet. Lessing 7, ISO; war mirs nicht als
wenn mir ein kobel eiskalt wasser übern naken sprizte.
Scbilleb räuber schaufp. 4,3: ich steige kaum aus dem wagen,
so werden die bengste scheu, stampfen und schlagen aus,
dasz mir ... der gassenkoth über und über an die beinkleider
eprüzl. kab. u. liebe 1,6: wir hurten die büchscn knallen, sahen
ihr gehirn auf das pflaster sprüzen. 2, 2; wie wenn man
wasser aus der ganzen breite des mundes ausspeyt oder es
aus einem gefSsz an d:e erde fnl'en lüszt, dasz es von ein-
ander spritzt. Orer 7,1071; aber der deich, wie er gegen
wärlig lag, war vor dem rand der «ehle zurückgetreten; das
«asser spritzte auf den weg, als das mädcben daran vorüber
eilte. Stobm sämti. verke 4, 224 ;
war' leb nur ein dorn der hecke,
welche schlau ihr röckeben ritzt!
nur ein tröpfcben Ton dem drecke.
der an ihre wad« spritzt! IIöltt 206, 12 llnlm;
die fluten spritzen und schäumen
von meinem ruderschlag. W. MEllib ^erf. (i86S) 2, 15.
•»«in tm hüttenbaue kalte Iuft oder feuehtigkeit 'lu dem ge-
tthmolzenen metalle kommt, so stehet es auf und spritzet um
rieb herum'. Adelc.ng; geschmolzenes Silber spritzt oder
spratzt {tgl. spratzen oben), wenn es beim erkalten den auf-
genommenen Sauerstoff unter geräusch vieder entläszt, das durch
das durchbrechen der x.th. erstariten Oberfläche entsteht. Kabhabscb-
HtEBER^ 8, aS9. 259. nach c überleitend:
blitzend
liebn die sterue auf am bimmelsrand,
spiiizeod
senkt der thau sich auf das dnrst'ge land.
tgll,a,y. IJ....L 7 (1891), 27.
e) ton leichtem regen : es spritzet, spritzelt ein wenig draussen,
<yb' spruzzola, fiorigna un poco. Kbamer deutsch -itoL diel.
J (1702), 895"; noch österr. es fangt zum spriz'n an, zu regnen.
HCciL 153'; schueit. schauern (vom regen), sprützen. Staldeb
2, S87, sprözza, sprütza. Tobleb SSI*.
2) ron flammen, funken:
ein solcher (rin layferrr, hcsländigei) achtet nichts . . .
wann gleich der Atnna lest viel tausend flammen sprützen.
Bist iiorl. lufig. E6';
unter der ntrvigten faust sprützen die funken des Stahls.
ScuiLLta 11,87.
SPRITZEN (II, 3—5) — SPRITZENKRAUT 134
bildlich: nun so werde dann der ungctheilte fluch über mich
ausgegoszen, und dasz kein blitz bey zu sprütze. Leisewitz
Jul. V. Tarenl 107 (act 4, 6) neudr.
3) tön festen körf^rn: der heyd traf Uengnolden uff sin schilt,
also das sin sper zuo stucken sprutzt. Morgant d. riese 39, 13
Bachmann; die zwen rytter rillend hindersich und kämmend
gegen ein andren mit semlicher stercky, daj ire sper zuo
stucken sprutztend. 62,22; do sy (Anthea, die tochler des sultons)
uff dem platz was, nam sy ir sper und ersehnt die; darnach
zerrant sy die im erlricb, also daj die stuck inn lufft sprutztend,
so hoch daj man die gsicht darab verlor. 17t, 37; auch muss
man sich, wann ein solcher thurn durch geschütz gefeilet,
vor dem sprützen der stein, auch vor dem fallen der baicken,
alles Schadens besorgen. Fborspebgeb kriegsb. l, I3l'; nocA
schu-eiz. ron harten körpern, springen, zerspringen, sprützen
.Staldeb 2, 3SS, sprözza, sprütza Tobleb 381". tgl.: bach.
nach der lehre der berren neologisten thut nun ein bach
das, was man sonst vom sande sagte, jener stäubet, und
dieser sprützet Schöraich neol. vb. 38 Küster, rereinzelt ton
den äugen vie springen: denn zorn eim krancken menschen
vorab, keine frölicbe färb in seinem angesicht geberen thut,
sonder ein bleiche tödtüche färb mit zusammen gebissenem
mund, mit wider und für spritzenden äugen, und zitterndem
leib, buch d. liebe 234*.
4) ron scharen, auseinander stieben: er (ein reiter) rauschte
schnell dicht hinter der hühner-kette von pilgern, die scheu
auseinander spritzte. J. Pacl flegelj. 1,93; tn der spräche des
heeres: eine geschlossene abteilung musz auf das kommando
'schwärmen!' auseinander spritzen, in tertcandter anwendung
studentisch einen ausflug machen, reiten oder fahren, Klcge
studentenspr. 127'.
5) ein sprützendes gelächter, trol eigentlich: das mit einem
geräusch terbunden ist, une es beim spritzen entsteht: und sich
wunder-grosse poeien-meister lassen dOncken, wann sie irgend
einem kitziichen leser ein sprützendes gelächter und seinen
gewichtlichen beifall mögen abjagen. Brandt bericht r. leben
Taubmanns 31. in vervandttr anwendung freier: eine weise
tmelodie), einfältig und kindlich und sprützcnd von fröhlich-
keit über nnd über, ein frischer busenstrausz mit flatterband
dem mädel angesteckt, so muszte es sein. Hübiie erz. 361.
SPßlTZENBOCK.fn. hölieriwr bock, tcoiüber man den ledernen
schlnuch einer spritze legt, damit er nicht auf der erde fort-
geschleift und zerrissen wird, schlauchbock. KbC.mtz encycl. 162,l.'t9.
SPRlTZENßOHRER, m. bei den rot- und stück^iiesurn der
bohrer, womit die über den kern gegossene messingene spritzen-
rühre ausgebi^hret wird. Jacobssoh 4, 238*.
SPRITZENBUCHE, f. in Baiern soldatisch ßr suppe. Hobr 86
(ifO«ni{ sie uol als dünn, wässerig bezeichnet werdin soll).
SPRITZENDECREL, m. epistomium. Stieler 2S4. tgl. das
folgende.
SPRITZENDRÜCKER, m.: spritzendeckel, Spritzendrucker,
nionico, schizzo dnüa siringa. kBAMEB(feu<tc/i-t/<iI.<f(r(.2(l702),895'.
SPRITZENEI.MER, m. zu einer feuerspritie gehöriger eimer.
vgl. spritzeimer.
SPRITZENGEBACKENES, n., s. spritzgebackenes.
SPRITZENGERÄT, n. alles, was zu einer feuerspritte gthört,
sprilzengeräth KrCritz encycl. 162, 139.
SPRITZENHAUS, n. haus zum aufbewahren ron s\iritzen,
feuerspritzen. Adellrg. Jacobssor 4, 238*, in Waldeck sprüts'n-
h°üs Baceb-Collitz 9S': eine halbe stunde von dort lag das
alte spritzenhäuschen, dieses kleine gebäude war unter
den Streitigkeiten zneier bauerschaften darüber, welche das-
selbe zu erhalten habe, verfallen; und darauf hatten sich die
beiden bauerschaflen neue Spritzenhäuser erbauen müssen.
Imkebharr 4, 7S {Münchh. ',11) Boxberger. bildlich: Journale
nun sind die Spritzenhäuser des neides. J. Padl grönlind.
proz. 1, 5*.
SPRITZENHOLZ, n.; sprützenholtz, bei Prätorius unier den
gesträuchen Preuszens. Fbiscbbieb 2, 357'. tgl. spritze 1, c, ß
und spritzenkraut.
SPRITZEN KASTEN, nj. wasstrkasUn einer spritze, feuerspritze.
KbCritz encvd. i62. MO.
SPRITZEN KO.M.MISSION, /". kommission,' die die aufächt über
die spritzen einer gemeinde, eines Stadtbezirks führt. KbChitz
rncycl. 162. 142.
SPRITZENKRAl'T, n..- schweis.'$ sprQzechrutI, Vd/Jany<'üia,
aus deren hohen stengelgliedern die knaben blttsrokrcmaeheß»
Seilbb 276*. tgl. spritzenholz. ", '. .
9*
1 35 SPRITZENKÜCIILEIN — SPRITZER
SPRlTZENhCCHLElN, n., 5. spritiküchlein.
SPHITZENKUMM, m., dasselbe u-it spritzenkasten. KrCniiz
eneycL tG2, 140. vgl. kiimm, »1. oben (/i«il 5, 25SS.
SPRiTZENLELTE, plur. leute, die eine feuerspritze hand-
haben, Mienen. KrCmtz eneycl. \^i, U2. vgl. spritzeninann:
welch aufsehen machte mein goldstüifrock unter den schwarzen
sprQtzenleuten, ein spaszvogel unter ihnen brachte die sage
in Umlauf, der teufel habe ihnen beygestanden, als ein kammer-
herr gekleidet, darum sey das feuer so schnell gelöscht worden.
Arnim HoUint Hebel. 67 Minor; auch die gebratenen (bei einer
feuersbrunst verbrannten) sprilzenleute und litzenbrüder {packer.
aufseher beim Warenverkehr), die einige tage später aus Ham-
burg ankamen, muszten nicht geringeres erstaunen im lande
Piutos erregen. Heine 6, 337 Elster; die dächer wurden {beim
brande des Opernhauses in Berlin) sogleich mit militär und
Spritzenleuten besetzt. Moltke6, 80; sie marschirte zwischen
den beiden spritzen hindurch ... dann ... sagte sie zu den
Spritzenleuten: 'de Huhen-Ziesarschen kOnnen nu wedder to
buus foohren'. Fontane vor dem stürm 3, 131.
SPHITZE.N.MACHEK, m. der gewerbsmäsxig spritzen verfertiyt.
Cahpe. KbC.mtz encycL 162, 143.
SPRITZE.NMAN.N, m. einer von der bedienungsmannschaß einer
feuerspritze. vgl. sprilzenleute und das folgende.
SPRITZENMANNSCHAFT, f. bedienungsmannschaft einer
feuersprttze : die rals und bezirksgewitternaclitwachen sowie
die spritzenmannschaften waren schon seit stunden beisammen.
Ludwig 1 (l$9i). 360.
SPRITZENMEISTER, m. aufseher über 0/fentliehe feuerspritzen
und ihren gebrauch. Adelung. KrFnitz encycl. 162, 143: kühne
rohrfOhrer drangen ein zwischen den brand und die zu schir-
menden gebäude; die Spritzenmeister reihten die verworrene
menge; durch ihre hünde Oog der eimer. Gottheit I,1S4.
redensart: saufen wie ein Spritzenmeister. Hostel thnr.
sprachsch. 232. bei seinem amt ist ausser gewöhnlicher durst be-
greiflieh, vgl. aber auch saufen, besoffen wie eine spritze unter
spritze t,a, o.
SPRITZENPROBE, f. Untersuchung von spritzen auf ihre
brauchbarkeit, KrCnitz encycl. 162, 143.
SPRITZENPROBIERUNG, f., dasselbe wie das vorige, spritxcn-
probirung. Krünitz encycl. 162, 143, veraltet.
SPRITZENROHR, n. das röhr einer feuerspritze, aus dem der
Wasserstrahl herausspritxt. Campe.
SPKITZENSCHLANGE, f., dasselbe wie das folgende. KrCnitz
encycl. 162, 144. vgl. schlänge 9, i oben theil 9, 450.
SPRITZENSCHLAUCH, m. der lange lederne schlauch einer
feuerspritze, wodurch das wasser getrieben wird. KrCnitz encycl.
162,144: ich füllte, wie die Danaiden, ganze ladungen wasser
in meine gefäsze, dehnte meine gedärme wie sprüzenschlüuche
aus, ohne dasz darum meine kräfte sich mehrten. Sturz 1,192;
eine dampfmaschine treibt durch Spritzenschläuche luft hinein
(in eine taucherglocke). Moltke 6,241.
SPRITZENWACHE, f. feuerwaehe bei einer spritze, im spritzen-
hause. KrCnitz encycL 162, 145.
SPRITZER, m. der spritzt, l) in persönlicher auwendung.
a) Spritzer, spritzerinn, mas, foemina irrorans. Stieler 2084,
Spritzer, spritzeler, sprQtzeler, spruziatore, it. squaceheralore,
Ü. sputacchiatore conlinuo, Kramcr deutsch-ital. dict. 2 (l702), 895',
*person, welche spritzet, spritzen macht.' Cami-k, bei einer feuers-
brunst: ^y liuerien! die itadt wird brennen,
schrie mann und kiiid,
weil iprOzer. die nicht «priizen können,
>ni löfchen tind! iilmanacli d. d. mnsen o. 1780 215.
h) mit bildlicher auffassung des verbalbegriffs Schweiz, sprützer
(sprötier Tobler 381*), perstßn jäh auffahrenden und empfind-
lichen Wesens. SiALUER 2, 388, en junga sprOtzcr, junger vor-
witziger kerL Torler 381", spritzer, hochfahrender mensch: was
denkt der verdammte spritzer, der ichloszschreilier, dasz er
mir den tilel niciit giebt, wie er mir gehtirt. Pestalozzi
1 (1819), 75 düring. sprutzer, flotter bursche. Hertel thür.
$praehsch. 232.
2) in unpersönltcker anwendung.
a) gerät zum spritzen, giesun, sprOtzer, hesprOlzkruf;, har-
poffium, eUpsydra, ras foraminosum, quo hortorum herbae et
pulrilli iniguhtur. ilRNiscR 310,35, in Basel sprUzer, kleine tprilse
für den fuszboden, Siuer 276* {vgl. sprilzbecber), im Ueferegger
dialtet sprutzer girszkanne. IIintneii 212.
h) leichter vorubergehmder {das lamt bespritzender) regen.
WnCAND* 2, 781 (rgl. spritzen II, l,r), mundartlich weit ver-
SPRITZERIN — SPRITZGURKE
136
hieltet, so Schweiz, sprüzer Seiler 27c', eis. spritzer Frommanns
xeitschr. 3,485, bair.-östcrr. spritzer, sprützer. Schm.* 2, 708,
Spritzer Schöpf 694. IICgel154'. Uncer-Huull 528', our/i sprutzer
Lexer kämt. üb. 238'. Hintner 212, ebenso md. sprützer Spiesz
239, spritzer Hertel thür. sprachsch. 232: es wird nur ein
tüchtiger spritzer, wir können derweil beim Hochmair unter-
stehen. PicBLER allerlei gesch. aus Tirol (t897) 1,21, ebenso als
deminutiv sprützerli, n. Seiler 276*, spritzerle (eis.) Frohmanns
zeitschr. ifibH, sprutzerle Hintner 212:
's tröpriei scbo, ne sprützerli chunnt, driiT regnets gar tölli.
IIebkl 1, 155.
vgl. auch schtreiz. sprutzerle, leicht regnen. Seiler 276*.
c) Osterr. beimischiing des Sodawassers zum wein. HIjcel 154',
mit sauer- oder Sodawasser gemischter wein. Urcer-Kboll sleir.
worlsch. 52s'.
d) angespritzter fleck. Weigand* 2,781. HCcel 154", in bair.-
österr. deminutiv form: wie wir'm bauer vom hof af der weiten
bald unsern ersten b'such g'macht hah'n, da war ich in mein'
sunntagsstaat, kein siüuberl, kein faltcrl, kein spritzerl von
köpf bis zun fusz. Anzemcruber 2,234. freier:
und nächtens . . .
erblicken lieT wir unter uns die sonne,
ein schwaches lleckclien nur, und um dies lleckcheu
kreist, die wir nicIit entdecken hier, die erde,
ein Spritzer jenes kleinen Sterns, der sonne.
ÜKTLRV V. Lilikncron 8, 20.").
e) landschaßlich einen spritzer haben , von ungewöhnlicher
geistiger beschaffenheil: ein seltsamer mensch! sagte der löwen-
wirth vor sich hin, als Lenz die stube verlassen, aber so
ist's, alle inusikanten haben einen spritzer. Auerbach edel-
weisz 158.
3) name eines Springkäfers, elater tputator. KrOnitz encycl.
162, 145.
SPRITZERIN, f.: spritzerinn, foemina irrorans. Stibleb 20S4.
SPRITZETE, f: Schweiz, sprützelen (die) pluvia tenuis.
Maalbr 382*, die sprülzete, regenschauer. Stalder 2,388, die
sprötzeta, sprützeta, in gleichem sinne. Tobler Sisl', in Basel
d' sprQzede, das aus dem sprüzbücher, sprüzer, einer kleinen
spritze für den fuszboden (vgl. sprilzbecber, spritzer 2, o) ge-
spritzte wasser. Seiler 276*. zur büdung vgL Weinhold alem.
gramm. § 247, 5. 209 oben.
SPRITZFAHRT, f. studentisch kleine ausfahrt zum vergnügen,
vgl. spiitze 2 und spritzen II, 4.
SPRITZFASZ, n. gieszkanne. Jacobsson 2,92*. vgl. spritz-
kanne, spritzkrug.
SPRITZFISCH, m. ein kleiner am Strand und an den ßusz-
mündungen von Java beobachteter fisch, der dadurch insekten
fängt, dasz er sie mit einigen wassertropfen aus seinem röhren-
förmigen Schnabel von den ufrrpßanicn herunter.<ipritzt, chaetodon
rostralus. Adeiung. Nemnicu 1, 990. Oren6, 2i5.
SPRITZGEBACKENES, substantimch gebrauchtes part., in
älterer spräche sprützengeliackens, n. torteaux, pizsa, schiacciata.
HuLSius (1616)305*, sprützc gebackeus Rädlein (I7I1) 832* bei
Weigand^ 2, 781, mundartlich erhaUen (s. un(£n), in neuerer Aas
spritzgebnckene, backwerk, dessen dünner teig durch eine eigens
dazu verfertigte spritze in heiszes schmalz getrieben wird, wodurch
es eine dünne und krause gestalt bekommt. Campe. Wbiüanü*
2, 781, anders düring. spritzgehacki-nes, gebäck mit obenauf ge-
sprilstem lucker. Hertel thür. sprachsch. 232. in IJnterfranken
u-ird spritzageback'ns als abweisende antwort auf die neugierige
frage gesagt , was es zu essen gehe. Ruckert 174. vgl. köln.
spreuzegebäcks, in gemeiner redeueise: starkes abführen. Honig
149'. die ältere form beruht unmittelbar auf spritze, f. {vgl. dies
1, a, '/); die jüngere scheint an spritzen angelehnt zu sein.
s. auch spritzkuclien.
SPRITZGESCHIRR, n. o sprötzgcschirr, vaso da spruzsare,
it. innaffiatoio, adacquntoio. Kramer deutsch-it. dict. 2 (1702), S95'.
SPRITZGLAS, n. glas damit tu spritzen. Campe, mit be-
rufung auf Krämer: spritzgbsziein, sbruffatoio da barbiere,
deutsch-ital. diel. 2 (1702), 895*. vgl. bruffaloio, sbruffatoio, ein
enges sprilzglttslein, wie die b.irbicrer zum rosenwnssrr
brauchen, ital.-deutsch. üb. (169S) 146'.
SPRITZGCRKE, f. die e>eUgiirke, tpringgurke, dit frucht von
momordica elaterium und die pflanze selbst, öron. irx. (i'41) 27s.'>.
Adelung. Nkmnich. 0«en regislir. Pritzkl-Jessen 23»' (*ii* . .
springt mit einem platzen von ihrem Stengel von selbst, oder auf
das geringste anrühren, läart einen safft von sich, und spntst
den taamen umher.' Oeon. lex, a. a. o. vgL Nrmnicb 2, 590.
OlEN 3,8.'5).
137 SPRITZ HAFEN— SPRITZKÜCHEN
SPRITZKÜCHLEIN — SPRITZLOCH 138
SPRITZHAFEN, m.: Schweiz, sprützbafe", trichterförmiges
gefäsz mit einer kleinen Öffnung zum bespritzen der dielen tor dem
kehren, schueiz. idiot. 2 (iSSö), 1017 (vgl sprilzbecber, spritzen 2, o) :
en huel wie en sprützbafe", ein spitzer, ebenda.
SPRITZHAFT, adj., sprilzicbt, et spritzlich, guttatus et gutta-
tim, distillans, et ad modum distiUantis, sive difßuenUs aquae.
Stiei er 20M.
SPRITZHAHL, -HAEHL, adj.: bair. sprützhal, sprizbäl,
schroff und glatt. ScHn.* 2,708. vgl. bair. sprützen, steif auf-
gerichtet sein unter spritzen cor I und hahl, häbl, adj. oben
JA«/ 4, 2, 15S , auch steir. spritzheil, orf;'. spiegelglatt. Uhger-
Kbull steir. Kortsch. 52S'.
SPRITZHERB, adj.: spritzharb, 1) sehr gesalzen, sehr herbe,
2) sehr zornig, sehr böse. üngbr-Khlll steir. tcortsch. 52S'.
SPRITZICHT, adj., s. das folgende.
SPRITZIG, adj. zu spritzen. Stieikb bietet spritzicht, spritz-
haft, et spritzlicb, adj. et adv. guttatus, et guttatim, disttllans.
et ad modum distiUantis, sive diffluentis aquae. 2084, Kr.\«er
spritzicht, spritzlicht, adv. spruzzolamente, o spruzzolo: spritzicht
bezahlen, pagare a spruzzolo, pagare ä piscia-porco eioe a poco
a poco {allmählich, tropfenweise'), deutsch-ital. dict. 2 (17u2), 895*.
heute ist spritzicht verschwunden, das dem sinne nach nicht dem
bildungsprincip der adjectiva auf -hl entspricht {fast nur von Sub-
stantiven. WiLMANNS gramm. 2, § 353, 3). wir können spritzig in
der bedeutung *zum spritzen neigend, leicht spritzend' gebrauchen:
eine spritzige feder. technisch ein spritziger wein, der ein wenig
moussiert. Schweiz, heiszt sprützig was leicht springt, sich weder
biegen noch schneiden läszt {vgl. spritzen II, 3). es wird auch
auf Personen übertragen im sinne von jäh auffahrend, empfindlich.
Stalder 2,388, ähnlich in Liv- und Esthland spritzig, patzig.
HüPEL 224: anfangs habe er sich sprützig und hochfahrend
angelassen und sich sonst verkehrt benommen. Keller 8, 293.
SPRITZKANNE, f. kanne zum spritzen. Campe, gieszkanne
Adelcsg. Jacobsso5 2, 92". Unger-Khcll steir. uortsch. 52S'.
vgl. spritzfasr, spritzkrug: die gärtner brauciien forderist der
Spengler oder klampfferer ihr arbeit, benanntlich die spritz-
kannen, mit denen sie die jungen pflantzen benetzen, und folg-
sam zum wachsen beförderen. Abraham a S. Clara 1 (1699), 290.
oberdeutsche nebenform spritzkandel, f.: wann der faule und
saumselige gärtner nicht öffter die spritz-kandel in die band
nimbt, und den matten pflantzen einigen trunck spendiret,
80 folgt nichts änderst, als dero gäntzlich verderben, ebenda.
in Tirol ist spritzkandl eine scherzhafte bezeichnung des gärtners.
ScBüPF 693. studentisch gilt sprilzkanne heule für eine grosie
holzkanne voll Lichlenhainer bier.
SPRITZKOPF, m. seüter, brause einer spritzkanne. Umcer-
Khcll steir. wortsch. 52'5'.
SPRITZKRAPFEN, m. in Osterreich eine gewisse art backwerk.
Klein provwb. 2, 164, eine mehlspeise, wobei der teig mittelst einer
spritze geformt wird. Castelli 232. vgl. Spritzkuchen.
SPRITZKRUG, m. krug zum spritzen. Campe, gieszkanne
Jacobssos 2,92'. Uxgeb-Khcll steir. wortsch. h^*. vgl. spritz-
kanne, spritzfasz:
da trat er mit dem spritzkrug hin,
zu hfilTe der armen kränklerina.
ÜLCHAUEt bei Campe.
SPRITZKUCHEN, m. plaeenta per siphonem tran'Smissa, spritz-
kugen. GoLii onomast. 342 bei Frisch 2, 3I0', spira, ein ge-
krünimeter kuchen, ein pretzel, ein sprützkuchen, ein kringel.
CoRvi.NLS fons /a/ini;. 1 (1660), 625', stribilita, ein gedreheter
kuchen, sprützkuch, streublein. 6S4*, panis strepticins, ein
sprützkuch. 722', Spritzkuchen, placentae tortiles, panis streplicius.
Stieler 90S, sprQtzkuihen, plaeenta tortiüs per siphonem facta.
Steinbacb 1, S92, Spritzkuchen, ein gebackenes, wozu der teig
durch eine besonders verfertigte spritze in das heisze sehmalz
{oder heisze butter. KrCnitz encycl. 102 [lS3ä], 146) getrieben wird.
öcon. {^x. (1744) 2786. ADELUNG. Jacobssojc 7,415*. Campe {vgl.
spritze l,a,y), anders schprilzkouchen, kuchen mit obenauf ge-
spritztem Zucker. Liesenberg Stieger mundart 202, Spritzkuchen
ebenso. Hebtel thür. sprachsch. 232. vgl. das folgende und spritz-
gebackenes oben: gebackene Spritzkuchen (mit einer spritze
sehneckenartig geformt, in schmalz gebacken), \MkKAnrt\Es{l'!lb)G2'o;
Peter (mit einem korbe gebückens) ... holla! ihr leutchen!
kauft ihr beute nichts? ... makronen, krafttürtchen, zucker-
hrezein, »Spritzkuchen: nichts? Lessikg 2. 393; man hörte sie
kaffee mahlen, zucker zerstuszen und dazwischen laut mit
der magd reden, die, einen Spritzkuchen an einer langen
gäbe! emporhaltend, nicht aus dem staunen über das ereignis
herauskam. Keller 8, 155; gieb dem Irompeter vom frischen . .
Spritzkuchen. Arsim schaub. 2, 292; im vergleich: das linke Ohr-
läppchen des Julian ist ein biszcbeu in sich gewickelt, etwa
wie ein stücklein Spritzkuchen, ganz appetitlich! Keller 8, 101.
in derbem scherz de merda: Spritzkuchen (die hinner dem zäune
stehen), engl, komöd. \,%',^. dazu Spritzkuchenteig, m.:
diese repräsentanten von blälterteig hätten allen verfassungs-
Hiäszigen nutzen gebracht, bis der nachfolger gekommen wäre
und sie aufgegessen hätte, weil er willens sei, neue von spritz-
kuchenteig backen zu lassen. Immermarn 2,30 (A/üncAA. 3, 5)
Boxberger, und das folgende.
SPRITZKÜCHLEIN, n. , dem. zum vorigen, spira crocata,
scribilita striata. Stieler 2084, bozzalato siringato b spruzzato.
Kramer deutsch-ital. dict. 2(1702), 895*, daneben sprützenkücblein,
ein gebacken streublein, scribilita. Dentzler 1, 690*, spritzen-
küchlein Kramer a.a.O., eine heute veraltete form. vgl. spritzen-
gebackenes neben spritzgebackenes unter dem letzteren.
SPRITZKÜKüMER, f., dasselbe wie spritzgurke. Nemsich 2, 590.
SPRITZLEDER, n. leder an einem wagen zur abhaltung des
anspritzenden kols. Adeluhg. Jacobsso.i 4, 238*. Schöpf 693.
HCgei. 153*, ebenso an einem Schlitten: Berndt hatte das spritz-
leder schon zurückgeschlagen, sprang herab und stand recht-
zeitig genug zur seile, um Kathinka die band zu reichen und
ihr beim aussteigen aus dem schütten behülflich sein zu
können. Fo.ntase vor dem stürm 2,19*. frei: 'monsieur Her-
wegh', sagt Mörike einmal, 'scheint doch einen ganz erstaun-
lichen wert auf das prädikat 'eines lebendigen' zu legen,
"jetzt will ich kugeln aus den lettern gieszen" — wenn wir
dergleichen künftig von ihm lesen, so werden wir uns den
helden unwillkürlich immer unter dem spritzleder denken.'
Euphorion 1 (1894), 132.
SPRITZLEIN, n. 1) deminutiv zu spritze, ein spritzlein,
als die wund-ärzte haben, siphunculus. Frisch 2, 31o', siringhetta,
schizzetto, heimliches spritzlein, schizzetto segreto. KhAMER deutsch-
ital. dict. 2 (1702), 895*, sprützlein, siphunculus. Steir bach 2, 648,
petite syringue, canoncino per gittare acqua, o far seuiciale.
HcLSius (1610) 305*, siphunculus, eyn kleyns rörlin der brunnen,
sprützlin. Dasypodics dict. lat.-germ., vgl. sprOtzle (das), siphun-
culus, sprützle oder trächterle, dardurch man komlich die
artzneyen in die oren mag giessen oder sprützen, orieularius
clyster. Maaler 382*.
2) deminutiv zu spritz, m., kleiner angespritzter fleck.
SPRITZLER, m. der spritzelt, besonders der beim sprechen
den Speichel um sich spritzelt. .Moerbeer bei Campe, Spritzer,
spritzeler, sprützeler, spruzzatore, it. squaccheratore, it. spulacchia-
tore continuo. Kram er deutsch-ital. dict. 1 (l702), 895*.
SPitITZLICH, adj., spritzicht, spritzbaft, guttatus, et guttatim,
distillans, et ad modum distiUantis, sive difßuentis aquae. Stieler
2084. mischfijrm: (spritzieht), sprilzlicht, adv. spruzzolamente,
a sprtiszolo. Kramer deutsch-ital. dict. 2 {\'02),S%*. vgl. spritzig.
SPRITZLICHT, adv., s. das vorige.
SPRITZLING, m. der, was spritzt oder gespritzt wird, ist.
1) in persönlicher anwendung, schweizerisch.
a) mit übertragener auffassung des verbalbegriffs sprülzling,
person jähauffahrenden wesens. Stalder 2,388, sprötzlig, ebenso.
Tobler 381*. ähnlich, von einem unstäten, fahrigen, oberfläch-
lichen: die schwäche des pfarrers, der sich bey seinem re-
ligionsunterricbt durch sein {eines knaben) gutes gedächtnisz,
mit dem er leicht auswendig sagte, was er inwendig nicht
fühlte, blenden und abhalten liesz, liefer und kraftvoller gegen
das keimende venlerben dieses jungen sprülzlings (Wind-
beutel) einzuwirken. Pestalozzi 2(1819), 351. rj/. spritzer l,ft.
6) aarg. sprüzlig, kleiner kerL Hurziker 240. vielleicht eigent-
lich: schösziing oder: der so klein ist wie ein angespritzter fleck.
2) als name von Viieren.
a) eine molluskengattung, tethys. Adelurc. Neumch 2,1438,
mit zwei Öffnungen oben am körper; *faszt man sie an, so ziehen
sie sich zusammen und spritzen das «asser durch beide löcher
aus'. Oeen 5, 500.
b) eine forelienart, trutta edentula 4. kl. Campe, vielleicht
wegen ihrer tupfen.
3) von Sachen.
a) sprüzgebackenes C\mpe.
6) spritzleder UhgerKblll sieir. uortsch. 52n', weil es gespritzt,
d. h. bespritzt wird.
SPRITZLOCH. n. loch zum spritzen, am körper von thieren:
die Spritzlöcher liegen bei dem erwachsenen thiere etwa
10 fusz von dem schnauzende entfernt. Breh<i Ihierl. 2, 868.
139
SPRITZMITTEL — SPUlTZWERK
Sl'lllTZWURF — SPROCK
140
SPIUTZMITTEL, n. arxneimiltel, das eingespritit wird, klyslier,
als neubildniig bei Campe, nicht durchgedrungen.
SPUIT/NLUEL, f. eine arl runder feiner nudeln, wozu der
teig aus einer spritte gelrieben wird. Canpe. ädblünc. vgU Spritz-
kuchen.
SPHITZPINSEL, m. pinsel zum ansprilien flüssiger färbe oder
von Wasser. KrCmtz encyrl. 102 (lfe35), 150.
SPRITZQUAST, m. groszer spritzpinsel. KbOnitz enetjeU
162 (lS3ö). 150.
SPRITZHEGEN, ni., sprengregen, pioggia di poea dnrata che
non fa che spruziare un poco ü suolo, acquicella. Kramer deutsch-
ital. dict. 2 (1702), 895', feiner regen Campe {als landschaftlich
beieichnel), Schweiz, sprüzrege Hunziker 249.
SPHITZUEGNEN, verb. tum vorigen, piovignare. Krämer
deutsch-ital. diel. 2 (1702), 895'.
SPRITZROHR, n. röhr, woraus gespritzt wird, an einer feuer-
spiitze. KrCmtz encycL 162 (1835), 151.
SPRITZHÖH HE, /". röhre, woraus gespritzt wird. Caiipb, can-
none, condotto da spruzzare. Krämer deutsch-it. dict. 2 (1702), 895':
die spritzröhren am köpfe der walßscbe. Campe. NEHNicn 2,5C9.
SPIUTZSCHLANGE, f. eine Schlangenart, die ihr gift den
menschen entgegen spritzen soll, die speischlange. Campe.
SPRITZTASCHE, f.: eile eile fiere comme un pet, sie ist eine
stolze spritztäscbe. Duez franz. u. teutsche sprüchwörter (1679) 66.
vgl. spritzbücbse.
SPRITZTOUR, f. studentisch kleiner aus/lug. Kujce Studenten-
sprache \l'\ vgl. spritzen 11, 4.
SPRITZUNG, f. das spritzen, adspersio, adspersus, roralio,
ipseque conspergendi actus, distillatio. Stielbr 20S4, spruzzamento,
spruzzolamento , spruzzo, spruzzolo. Krämer deutsch-ital. dict.
2 (1702). 895*.
SPRITZVORRICHTUNG, f.: die einfachste Spritzvorrichtung
ist die gewöhnliche handspritze ohne ventile. Karmahscb-
Heeren' 5,631.
SPRITZWAL, m. spritzender wal, walßsch, der das wasser
besonders hoch spritzt, spritzwali, physeter. Adelung, physeler
maxinius Krüritz encycl. 162 (1835), 151 und balaena physalus
Nennicb 1,572: in dem indianischen mecr gibt es die aller
meiste grusle thier, unter welchen die wall oder braunßscbe
vier äcker lenge, und die sprützwell zweybundert eilen bogen
lang sind. Heydeh Plin. (1565) 304'; von dem sprützwall, phy-
salus seu physeler . . . dieweil nun dieser (wölfisch) etwas be-
sonderer gestalt, viel grosser roren und lücber hat, durch
welche er wasser berausz sprülzt, dann die andern, wird
er zu rechtem unterscheid sprützwall genennet, von den
Lateinern physeler, vom wasser auCfblasen oder sprützen.
Gesner fischb. übers, v. Forer (1598) lOO'; es vermeint der
scribent disesz buchs, dasz der sprützwall, physeter und
pristes, nicht zweyerley fisch seyen, sonder dasz mit solchem
namen nur ein fisch bedeutet werde. lOl". im bilde: nichts
aber schadet discm hauszscbiQlin also sehr, dann dasz schreck-
lich grosz mörwunder, der sprützwall (sonst der pricster
genant) dasz ist der uberflusz und die wollust. dann gleich
wie derselb wallfisch ausz seinen zweien rören aufif dem kopIT
80 lang hauffenweisz wasser inn dasz schiff sprützt und gieset,
bisz ers erseufft; also uberschwempt auch der wollust teufel
ausz den roren der geylheit unnd desz muthwillens die hausz-
haliung . . . bisz er es zu fall pringet. Fiscbart ehes. (1597) J 2*.
SPRITZWASSEH, n. wasser zum spritzen, so zum löschen
eines brandes: wird nun vor dein gebrauche das Stäbchen bc
herausgezogen und der extincieur eiwas geneigt, so kippt
die Qascbe um und ergiesst ihren Inhalt in das spritzwasser.
Karharscb-Heeren' 6,643, in ärztlicher Verwendung: ein gut
grün sprOtzwasser. Gocleh haus- u. feld-apothec (1067) 7'.
SPRITZWEUEL, m. wedel zum spritzen, bespritzen, Spreng-
wedel. Moebbeek bei Campe, daneben in älterer s^nache sprütz-
wadel (der) aspergillum. Maaler 382'. Calbphi diel. (1579) 135',
sprilzwadej, aspergillum, penieulus luttralis. Doet le vray
guidon 1657.
SPHITZWERK, n. l) vorriehtunq zum spritzen, sprilzwerck, n.,
tpritzzeug, m. marhina, ordegno, ingegno da siiruzzare, v. spritze.
KiAHEi deutsch-ital. dict. 2 (1702), 89 j', im Salzbergbau bezeich-
nung der Vorrichtung zur spriltarbeit {rgl. dies oben). Vbith 456.
2) iraf gespritzt wird, ist, so von wolriechendem wasser zum
spritzen, sprengen: et »ind etliche, wclclie ülicr den 45. ps.
Davids V. 0. geschrieben, und dafür halten, dasz er (Sulomo)
besondere ehrliche wcibsperionen und Jungfrauen in seinem
comitat gebobt, welche, wano «r ausxgefabren, mit ihren
köstlichen wolricchenden salben und balsamwasser, und davon
zubereilelem rauch- und sprilzwerck, die ürter, da Salomo
fürüber passirt, bespritzt und begossen haben. Scbuppius 108.
vielleicht gehört hierher sprilzwerk et sprengwerk , aquilitiae.
Stieler 2558. frei von baulichen Verzierungen, im reimspiel:
welche kirchel welche wunder der architekto-natürlichkeit,
der ungeheure grosze gotliische säulenwald mit unzähligen
schnitz-, spitz-, glitz-, blitz-, ritz-, kritz- und spritzwerk . . .
Obertraf das unerhörte. Brentano 6, 195.
SPRITZ WURF, m. im bauhandwerk spritzend hergestellter putz
an mauerwerk, rauhputz, bewurf, anwurf. Karmarsch-Heere«'
1, 169, auch spritzliewurf, namentlich rauher mörtelputz mit einer
Schicht dünnen kalkmOrtels, der kieselsteinchen enthält und eine
körnige ober/lache bildet. 10, 1 16.
SPHITZWURM, m. spritzender wurm. Campe, name von thieren,
nach Oken 5, 5S1 die gattung holothuria, seewürmer, die das
wasser, das sie einziehen, mit groszer gewalt wieder ausstoszen,
nach Nennicb 2, 1307 und Campe die gattung sipuneulus, die bei
Oken 5, 579 als heberwurm bezeichnet und zu derselben zunft
gerechnet wird.
SPRITZZEUG, s. spritzwerk 1.
SPRIZE, s. spritze.
SPRIZEN, s. spritzen.
SPROCK, subst. 1) mnd. sprock, n. dürres, leicht zerbrech-
liches reisig, leseholz. ScniLi.ER-LfJBBEN 4,347", ebenso nnd. sprokk,
trockene reiser. DXbnert 454', sprok, kleines dürres holz, holz-
reiser. Scni?TZE 4, 17>, sfvock, abgestorbene baumreiser. Danneil
207', trockenes, gebrochenes holz. Wobste 252', n. und m. lese-
holz, dürre äste. Friscubier 2,357', daneben sprük SchCtzb
4, 178, auch ind.: sarmenta .i. ligna vitis, sprok vel wynranken.
voc. Vrat. msc. (nach Hoffmann v. Fallersleijen). vgl. mhd. wb.
2,2,521*. DiEF. nov. gl. 327' und oberd.: sprocken, plur. die
kleinen abfalle beim kleinhacken der fichtensweige etc. zu streu.
Schöpf 693. f/6fr etymologische beziehungen s. das verwandle
sprick olien. vgl. auch die folgenden und sprücke, f. unten:
ligna dicta vulgo, ut mos est, stock unde sprock. quelle von 1316
bei Scbiller-LGbben 4,347;
an wuir an cuem holte was,
dar klene sproli en duve las,
dar se wulüe nesteii mede.
Gerhard v. Minden 88, 2 Leiltmann.
redensart: he kann nig veel sprük sIeepen, er kann nicht viel
aushalten, sich auPtalsen lassen. ScbCtze 4,178. vereinzelt in
der neueren Schriftsprache erscheinend:
da hiniit ein alter Jude
in weiszeni hart durcli's dorf,
der krocli aus seiner bude
um etwas sprock und lorf. Hebbel 7 (IS9t), 62.
auch zur bezeichnung schlechter wäre, des ausschusses einer wäre,
so in Ost- und Westpreuszen: die wäre ist lauter sprock.
Friscbbier 2,357*. vgl. sprockwnie unten.
2) mecklenb. sprock, libellenlarre, in einem rohrhalm verborgen.
Mi 85*, aus Hinterpommern bezeugt in der pluralform sprocken.
korrespondenzbl. d. Vereins f. nd. sprachf. 15,63, nach Oken be-
zeichnung der larven von Wassermotten, frühlings- oder maifliegen,
die sich ein bewegliches futteral aus allerlei dingen , besonders
grashalmen und holzsplittern bauen: im deutschen nennt man
sie kärder, sprocke, auch hüisenwürmer, im französischen
charr^es. 5, 1459, auch sprott, sproekaas, sprockwurro, s. diese
unten, es ist wol dasselbe worl wie 1 oder eine eng verwandte
bildung.
3) pomm. sprokk, eine art kleiner geräucherter fische, Sardellen,
auch sprott (5. dies unten). Däbnert 454*. auch das könnte zu l
gehören, vermitteln würde der begriff der klrinheit. vgl. auch
sprock, adj. frugilis unten.
SPROCK, adj. spröde. Krämer deutsch-ital. dict. 2 (yioi), wo
es als nebenform dazu erscheint (sprock, sprüt <• spröd), spröde,
zerbrechlich. Adelung, als nd. bezeichnet, auf nd. Sprachgebiet
auch reichlich bezeugt, sprok, spröde, zerbrechlich, brem. wb.
4,975, sprokk, spröde, zerbrechlich wie alles holz. DXbnert 454*,
sprock, spröde, leicht zerbrechlich. Darkeil 207*. Woestk 252",
spröde, brüchig, mürbe. Friscbbier 3,357', sprok, xerbrechlicJi,
spröde, brüchig, ten DoornkaaT Koolmai« 3, 29o', spröde, ganz l
ausgedörrt, vom boden, futter, leder u. dhnl. Scbamracb 2ii(>', Ij
auch md., besonders rheinfrdnkisch, hessisch und mittelfrdnkisdi, ^
sprock. SCBHIDT 22'J. KeHRüIN 1,385. AUTENRIETB I3.°i. MClLBR-
Wbitz 232. PnsTKR 2S2 Klein 2, 164 (Jülich- Berg]. Honig 149',
daneben spruck Kebrein 1,385. Cbbcblius 2,802. KiKii 2,164
(Kobknt), ebenso niederfränkisch, mnd/. tprock, fragilis Kilian,
141
SPROCKAAS — SPUÜCKVORTHEIL
SPROCKWARE — SPRÖDE
142
daneben sporck ebenda, sporc Fbasci elym. woordenb. 947. vgl.
sprock, subst.: sprockes, sprütes {sprüdes) eisen etc., ferro etc.
ingralo cioe scaglioso, agro, crudo, fragile. Krames deutsch-iial.
dict. 2 (1702), 896"; bisweilen auch in der neueren schrißsprache
erscheinend: A^g^ bracht' alles Susanna,
pfelTerkuchen dabei und prefferniiss' auf dem teller,
süsz UQd sprock und gewürzt, für unvermutete gäsie.
Voss 1 (1802), 197 (Luwtf 3, 726),
daiu die anmerkung: spruck, sprüde, zerbrechlich. 227;
beträufelt an bäum und zäun
ein baisam das sprocke holz?
Stkfa;« Geobge (um* Irinnen) in den bläitein für
die kuiiil. auslese aus ilen jähren 1892 — 1S98
•. 38.
SPROCKAAS, n. die larve der frülilings fliege, wassermotie,
phryganea bei den ftschern, von denen sie als köder gebraucht
wird. N'ENMcn 2,954. vgl, sprock, subsl. 2.
SPROCKEL, subst., was spiock 1, mnd. sprockel, n. dürres,
leicht zerbrechliches reisig, leseholz, Schiller-LCbbe.n 4, 317* (aus
den belegen ist das geschkcht nicht zu erkennen), nnd. bezeugt
als n. Baüer-Collitz 9S' und m. Woeste 2ö2', auch hd. land-
schaftlich. PaiTZEi- Jessen 64ö', besonders md. sprockel, hisla.
üief. 279' (Cöln, V. 1507), hess. nass. als f. Kebbein 1,385.
Pfisteb282; mndl. sprockel, hi^a Dief. 279", cremium {auch:
caries), Kiua5, nnd/. sprokkel, *7i. reis. vgl. sporkel, m. name
des monats februar theil 10, 1,26:8 und sprickel, m. oben sp. 71.
SPRÖCKELERBSE, f. in Ost- und Westpreuszen bezeichnung
der grauen erbsen. Frisciibieb 1,427" (bezeugt aus der zweiten
kälfle des 18. jahrh.). vgl. das vorige.
SPROCRELN, verb. 1) nass. {in Heidesheim) die sprockeln
auflesen. Kebbein l, 3S5, ebenso ndl. sprokkelen, holz sammeln,
nach J. Gbihm gesch. d. d. spr. 91 geldrisch, vgl. sprockel und
sprocken l.
2) nd. sprokkeln, sprökkeln, spröde, brüchig, rissig werden.
TE.N DooBnuAAT KooLHAK 3, 29u'. Vgl. sprock, adj. oben und
sprocken 2.
SPRÖCKELWEtDE, /l, was sprockweide. Neiinich, sprückel-
weide, spruckelweide, salix viminalis (Schlesien). Piitzel-
Jessen 355'.
SPROCKEN, verb. 1) in den folgenden stellen im sinne von
(holz) abschneiden, abbrechen oder von (holz) sammeln, vgl.
sprockeln 1 und sprock, subst. l: item wer da bolz sprockel
in dem gemeinen dorffgiaben, der halt verprocheo der gemein
ein pfund hailer. weislh. 1,800 (rheinfränk., gegend von Al:ei,
um 1500); item welcher holz sprockel oder abhauet ist ein
gülden. 802 (dieselbe quelle).
2) sprocken, spröten e spröden, scagliarsi, inscabbirsi,
innagrirsi, incrudirsi, sich sprocken, sprock, spröt werden,
idem. Kbameb deutsch-ital. dict. 2 (1702), S9o': das eisen sprockel
sich, quel ferro si scaglia. ebenda, vgl. sprockeln 2.
SPRÖCKER, m. der faulbaum, rhamnus frangula , 'wegen
seines sprocken (s. oben sprock, adj.) hohes. Campe, spröckern
Nemsich, sprocker Pbitzel-Jesses 330*. vgl. spricker oben sp. 71.
SPROCKHEISTER, m. in Ost- und Weslpreuszen die strauch-
elsler, der graue Würger, lanius excubitor. Friscbbier 2, 357*.
wo/ zu sprock, subst. l gehörig, der vogel spieszt seine beute
auf dornige zweige, er heiszt in denselben gegenden auch kaddig-
heisler, zu kaddig, wachholder. Friscufieb l,324*t vgl. mnd.:
hezere, sprock, atis. quelle bei Schilleb-LCbben 6, 26'/.
SPROCKHEIT, f. zu sprock, adj. Campe, vgl. sprockigkeit
unten.
SPROCKHOLZ, n. in Ost- und Westpreuszen dünnes astholz,
im gegensalz zu lagerholz, auch die ausgebaggerten holzrestchen
und borkenstückchen, welche die nach bernstein schöpfenden bagger
mit zu tage fördern. Fbiscbbieb 2, 357", für dürres holz wol
auch in anderen gegenden Sorddeutschlands und in Mitteldeutsch-
land begegnend, vgl. sprock, adj. oben.
SPR(JCKIGkEIT, f., sprüligkeil 0 sprödigkeil, scagliosita,
agrezza, scabbrosita, crudezza, it. magrezza. Kramer deutsch-ital,
dict. 2 (1702), 896". vgl. sprockheit oben, ndl. sprockig, sprüde,
tprnckigheit, sprödigkeit.
SPROCKSEL, n. hess. gebroclienes leseholz. Pfister 2S2. vgL
sprockel, subst. oben.
SPROCK VORTIl EIL, m.; nd. sprokvordeel, der vortheil, den
ein uhntp flieh liger von einem stücke landes hat, dasz er davon
bis 24 hocken zu seinem brotkorn vor gezogenem zehnten nehmen
kann, auch hungerbokken. brem. wb. i,^'ib, vielleicht bezieht
sich das wort eigentlich auf die hulme, die nach dem garben-
binden noch auf dem felde liegen bleiben, vgl, sprock, subst.
SPROCKWARE, f. dürre zweige, die der wind abgeschlagen
hat, abfall beim holzkauen, reehtsalterth. 507. Kebbein 1,385 (als
dem älteren nhd. angehörig bezeichnet).
SPROCKWEIDE,^. eine weidenart, mnd. sprokwyde (j.ttn(«n),
nnd. sprokwiden, in Bremen brookniden, eine ort weiden, die
beim biegen leicht urbrechen. brem. wb. 4, 975, icoJ darnach von
AbELL'NG als nd. angeführt, in der Altmark sprockwid, bruch-
weide. Danseil 207', auch in .Mecklenburg für die bruchweide,
Salix fragilis. Pritzel- Jessen 355', in hd, form sprockweide.
quelle von 1770 ebenda. Adelcng (obgleich er es als nd. be-
zeichnet, s. oben), sprockweide, sprockweide, saUx fragilis,
Nemnicb 2, 1200, nach dem regisler auch ßr die korbweide, salix
t'tminaüs. vgl. sprock, adj. oben: wil se baden, so bade se
mjt sprokwjden, myt poppelen unde myt roden byvote.
mnd. Gothaer arzneib. 49", 30; nym heyden, negenkrafteswortelen,
sprokwyden, sede dyt an eneme kethele unde bade darmede
(gegen die Wassersucht), 62", 26. vgl. auch: des Verden dages
make eyn bat van poppelen, sprok unde heyde. 61', 4.
SPROCKWERK, n.; nd. sprokkwark, frocAenerriser. Dähnert
454'. vgl. sprock, sufis*.
SPROCKWLRM, m. in Ost- und Westpreuszen die larce der
rautenfleckigen köcher Jungfer, phryganea rhomboides (rhombica),
die in einem gehduse von holzstäckchen wohnt. Friscbbieb 2, 357'.
rgl. sprockaas, sprock, subst. 2.
SPRÖDE, adj. brüchig, ungeschmeidig, ahd. und mhd. nicht be-
zeugt, zuerst im 15. jahrh. als sprod. fastn. sp. 47, 14 Keller (s. unten
1, b, ß), im 16. jahrh. als spröde, adr. queüe von 1523 bei Dief.-
WÜLCKER S60 (s. unten \,b, a), spred (zugeen) Sgbade sat. u. pasqu.
2,70,9 (v. 1524, s. unten 2), spröde (zugehen) Lutbeb 23,601, 1
Weim. ausg. (s. unten 2), spröden, dat. sing. 8, 38* (s. unten 2),
sprod, 10 mehrfach bei H. Sacbs (s. unten 2), spröt Aybeb 833, 22
Kelter (s, unten i,b,ß), bei lexicographen des n. jahrh. sprod.
Hemscb 627, 14. ScBOTTEL 1420. SiiELER 2107, Vereinzelt aus der
zweiten hdlfte des 17. jh. belegt als spret(e). Jan Perus (s. unten l,o),
spriede Lobenstei.'« Hyae. 23 (s. unten 3), in Kramebs deutsch-
ital. dict. 2 (1702), 8U6" spröt e sprüd, auch Lei Fbiscb 2, 310'
spröd, gelegentlich so in der Schriftsprache noch später. Ose« 1, 103
(i. unten 1, a), auch noch spröte. Jacobssok 4, 23S' (s. unten 1, a),
meist in der Schriftsprache des 18. und 19. jahrh. sprüde. Stein-
BACQ 2, 643. AoELtKC. Campe. Weiganu^ 4, 782. mundartlich
häufig in kürzerer form, so Schweiz, spröd. Hunzuer 249, spröd
Seiler 275', ebenso bair. spröd Schm.' 2, 701, auch im ungi-
tischen bergland und henneb. spröd. Scbröeb 207*. Rel^wald
2, 161, in Handschuhsheim spreet Lexz 67', göttingisch »proie
Scbambach 206'. oJs secunddre nebenform oder eng verwandle
bildung kann angesehen werden frühnhd. sprö, spröh, rauh.'
urens ventus, eyn spröer wind, spröer oder scharpffer wind.
Dasipodius lat,-germ. (in der ausgäbe von 1537 spröh), bair.
sproe, spröer, fehkrhaft-trocken, rauh, dürr, hager, spärlich.
SciiH.^ 2,695, ostfränk. spröh in spröbtrucka, trocken bis zur
sprödigkeit. Sabtorios 116, rheinfränk. (Handschuhsheim) spree
Lekz 67', norddür. (Stiege a. H.) scbprae, trocken, leicht brechend.
LiESE.'«BEBG 202. in gleichet anwendung begegnet mengl, spre[)e,
nfläm. sprooi, früher nndl. spru. Klcge etym. wb.* 336", wahr-
scJieinlich urverwandte bildungen, während schwed. spröd, dän.
spred wol aus dem deutschen entlehnt sind, sprüde ist vielleicht
mit spreu, sprühen etymologisch verwandL Kli;cb a. a. o. vgl.
diese und beitrage z. gesch. d. d. spr. u. lit. 11,280 (Bbemeb).
1) die gewöhnliche bedeutung des worts ist: nicht schmiegsam,
nicht geschmeidig, als ursprünglicher sinn darf der vermuteten
etymologischen beziehung gemäss angesehen werden: nicht zu
biegen, zu bilden, vielmehr bei solchen versuchen zerspringend.
a) in eigentlicher anwendung, seit aller zeit bergmännisch, von
erzen, metallen, mineralen, aeris Vitium in argenti fodinis,
Mathesius bei Fbiscb 2, 310', cupffer, hart, sprüd, das nur
zum giessen dienlich, aes calJarium: quod diligentius tarnen
exeoctum, etiam fit ductile. Hehiscb 627, I4, spröd, unartig, un-
rein, rauh, spröder schwefel im bergwerke. Scuuttel 1420,
sulphur impurus, vividum quideni, sed non exeoctum. Stieleh 2lu7,
solfo crudo Kbameb deutsch-ital. dict. 2 (1702), 896', sprödes eisen,
ferrum crudum, rüde, et friabtle. Stieleb 2107, sprockes, sprötes
eisen, ferro ingrato, cioe scaglioso, agro, crudo, fragile. Kramer
2, 896', sprödes eisen, ferrum quod malleum non fert, quod
non extenuari polest, fragile. Fhiscb 2, 31o', das ungeschmeidige
eisen, welches sich schwer verarbeäen läszt, rouverain. Eggers
kriegslex. 2(1757), 962, das sich nicht dehnen läszt, sondern eher
bricht. Adelung (daher auch spröde kohlen, auf den eisen-
hdmmern, weicht das eisen spröde machen solkn. ebenda), sprödes
143
SI'RüDK
SPRÖDE
144
erizt, aes, quod tnalleum non fert. Steinhacb 2, 643, spiüdes
silberglas, ein braunes, etwas licht fallendes, tchlackenhoßes
silbereri, spröde, doch leicht su schmelzen, schlackenerz. Jacobsson
3, 60'', sprödes glaserz, ein silberen, das im bruche glänzend,
körnig und gleichsam kraus ist, roschgewdchs. 7,415*: ein mineral
ist 1) sprüd, wenn bey dem versuche, kleine theile von dem-
selben mit einer stahlspitze, einer feile oder einem messer
loszutrennen . die trennung sich nach mehreren richtungen
fortsetzt, wodurch die theile ihren Zusammenhang verlieren,
mit geräusch abspringen und als feines pulver oder kleine
Splitter umherfliegen. Oken 1,103; in substantivisdier neutraler
cnieendung: j^,^, gesellen, frisch!
prült mir das gemisch,
ob (las »pröde mit dem weichen
.<ich vereint zum guten zeichen. Schillkr II, 30S.
von einem ehernen Standbild:
(liinipr drölint. wenn kaum der morgen grauet,
4ias spröde erz von niächi'gen sirelcheo;
doch nimmer will's im gründe weichen.
Kind ged. 1 (1817). 99.
auch sonst von metallenen gegenständen: wie oft habe ich mit
spröder fedcr grob geschrieben, wo ich freundlich, und mit
zu weicher schlaff, und breiig, wo ich mannhaft entschieden
schreiben wollte! Vischeb auch einer 2(1900), 308; im bilde:
wird ihres Karls freiwillige ergebung
nicht siiszer sein als die erpreszte l'rohn
gebändijiter va^allen, die geheim
in ihres eides spröde ketten heissen?
ScuiLLKR änin liarlos 2, 3.
und so in allgemeiner anwendung, spröde, spröte, unbiegsam,
bröcklicht, zerbrechlich, was sich nicht breit drücken oder schlagen
läszt, sondern sich wie mehl und staub zermalmet. Jacobsson
4,248': der starre körper ist spröde, wenn seine theile nicht
können an einander verschoben werden , ohne zu reissen.
Kant 8,518; das unzureichende Werkzeug, Jas ihm den kämpf
mit dein spröden stein erschwerte. Yiscbeb auc/i einer i(i900), 141;
in der botanischen terminulogie spröde, fragilis, was leicht ab-
bricht, wie die triebe an der bruchweide (vgl. sprockweide oben).
Behlen 5,664; auch sonst: sprödes holz, das leicht bricht.
AuEiDRc; vgl. weiter:
wie auf dem rauhen (larz, wenn durch den hohen wald
die wilde kuppel bellt, das laute hüfthorn schallt,
mit wildgesiräubtem haar ein aufgebrachter hauer
den dickverwachsnen hain, wo er in schwarzen schauer
bemooster eichen lag, mit festem zahn zcrsltickt.
und den behnrzien leib aus spröden huschen rückt.
Zacuariä 1, 77 (lenomm, 4, 292);
wie wenn die löwiiin . . .
mit langsam trägem schritt sich durch den sand bewegt,
das dürre scharfe laub mit schweren klauen drücket.
so manchen spröden husch mit breiter brüst zerstücket!
91 (5. 176);
ein spröder hart, dessen haare hart sind und beim rasieren leicht
abspringen: wer {als barbier) mit leichtigkcit, bequemlichkeit
und gewandtbeit der flnger einzuseifen, den sprödesten hart
zahm zu machen versteht. Göthe 15.59; Schweiz, spröd ton
der seide, leicht reiszend, weil nicht elastisch. Seiler 275'; gölling.
sproie mmentlich vom garn. Scbamiiacb °20u'; {auch in der Schrift-
sprache kann spröde so gebraucht werden); gnomisch:
Libutna. wie ist's mit jenem mann? IMiromita. er ist von stahl.
lAbussa. es brach wolil auch ein schwerl schon im gefecht.
was spröde, ist zerbrechlich.
Grillparzbr 7 (1887), 188.
im anschluts daran wie trocken, rissig, vom erdboden: das grab
war sprüd und trocken wie eine feldfurche am hellen suminer-
tng. SoBNiKY im grünen klee 148, to auch von anderem im
gegensatz zu feuchter geschmeidigkeit : spröt brod, pane secco,
semolato o semoloso, trocken. Kramer deulsch-il. dict. 2 (170*2), 800',
sprödes brot. AuEirtic, ähnlich: ich war von langem fasten,
oder meiner gewöhnlichen speise , welche unterweilen ein
Bpreter kSse, oder harte eyer, die daselbst aberflOssig sind, . .
krafftlotz und schwach worden. Jan Perus 286. sehr gewöhnlich
von der haut: spröde baut, scabra cutis. Wacbtir 1573. Fmsca
3, 3lü'. AoBLDNC, namentlich von den tippen: rauher wind macht
die lippen tpröd, ex venti asperiUile areseunt labra. rriisci 3, Slu';
jetzt aber tlemt es um. die sorgen wegztiwischen,
die tpr6Jen lippen narli dem kampfitaub onzufrischcn
mit weialbau. ÜCcrmt 12 (1682), -i'20
und von den bänden.
b) bilältfh, uneigentltch.
a) in unprrtünlifhen Verbindungen, die sich unmittelbar an a
anuhluuen {vgL SciiLLk« dorn karlos 2, S unler a).
es srhopfe. freund, der bildende künstler auch
anschauuiigen aus dem lebendigen springqucll der gesänge:
er lerne die anmut hervorlocken trotz
des sprödesten stolTs, das bedeutende stets von dem wüst
abscheidend. Platkn l'i'i*;
doch da die zeit betrübter wird und ärmer,
so möcht' Ich lliehn in fabellinfte Zeilen:
ich, der ich ehedem, an Jugend wärmer,
binunterstieg in spröde Wirklichkeiten. 321*;
die Weltgeschichte sucht aus spröden stofTen
ein reines bild der menschlirit zu gestalten,
vor dem. die jetzt sich schrankenlos entfallen,
die Individuen vergeh'n. die schroffen.
Hebbel 7(1891), 1*9;
adverbial: so ging er sehr fehl, dasz er den menschen ein
paar läge vor dem schriftsteiler abgesondert voraus schickte
{bei der ersten bekannlscha/t mit einer dame nicht sagte, dasz
er der von ihr verehrte Schriftsteller sei); denn jener verhärtete
sich in Theoda's plianlasie und liesz sich spröde nicht mit
diesem verarbeiten und verquicken, indesz umgekehrt, bei
einer gleit hzeitigen ungetheilten Vorführung beider, das schrift-
slellerische sogleich das menschliche mit glimmer durch-
drungen hatte. J. Paui. Katzenb. 1,26. freier, nach 1 überleitend:
CS lest sich die handlung noch spröde an. quelle von 1523 bei
Dief.-VVülcker 860.
ß) auf gesinnung und deren äuszerung bezogen, mangcl an
freund lieh keit, nachgiebigkeil , empfänglichkeit bezeichnend, von
personen: warumb mich oft auf das narrenort
mein weih hat gesetzt, die hur, die sprod,
die alzcit mich bat gebalten schnöd.
fasln, s/). 47, 14 Keller;
über ein weil sagt er zu jhm :
domine Kichartc, was macht jhr hie?
da hett wir euch gesucht noch nie.
was macht jhr hie in der einödl?
er schweigt, der könig sagt:
ach, wie ist er so dürr und spröt!
Atrkr 833, 22 Keller;
im gcgentbeil wird auch der sprödeste mit bewunderung und
freude wahrnehmen, wie übeiall ein sich gleichbleibender
gehalt, in entsprechender reiner form, und angemessenein,
richtigem und zierlichem ausdruck sich darstellt. Götbb 45, 239;
stärker im ungarischen bergland schpröda knecht, schlechter,
roher bursche. Schhöer 207". vom wesen, von der denkungsart
und dem, was darauf deutet: überdis nahm er ein sehr sprödes
wesen an, und beobachtete gegen alle und jede ein so rauhes
bezeigen, d;isz niemand mehr mit ihm umgehen konnte.
Heilman Thuc. 148; eine spröde antwort. At)ELUNc; Oietegen
aber hielt sie nach seinen jugendlich spröden begrifTcn für
ein bös gewordenes wesen, das nicht recht thun könne.
Keller 5 (1899), 232;
und weim mein eifer sein gesiebt mit etwas spröden mieneii
rührte. Göntukh bei Stbinbacu '2,643;
lasz ihn thun sie, jene that,
bittend dann nach lohn sich wenden:
man gibt gold mit spiöden hunden,
und er geht, wie er gcuaht
Grillparzbr 6 (1887), 153.
adverbial, B|iröde Ihun: die pliysikotheulogen haben also gnr
nicht Ursache, gegen die transscendentalc beweisart so spröde
zu thun, und auf sie mit dem eigendünkel hellsehender nattir-
kenner, als auf das Spinnengewebe finsterer grübler, herab-
zusehen. Kant 2,482; so spröde oder geringscbützeud auch
diejenigen thun, die eine Wissenschaft nicht nach ihrer natiir,
sondern allein aus ihren zufälligen Wirkungen zu beuri heilen
wissen. 632. stärker, wie grob, roh, landschaftlich: ein buiier
aber, der in der mitten (eines zugfs) ging, ein enterischer
scIirolle, der floderte fuchtig auf und schrie spröd: ja gseiig
dirs der teufel! Leuprechtinc aus dem Lechrain 91. in nrueier
zeit namentlich unempfänglichkeit für liebeswerbungen bezeichnend,
'im engsten verslande ist es von dem andern geschlechle am
üblichsten, wenn es die Itebkosungen des männlichen mit kaU>inn
oder un gefälligkeit aufnimmt'. Auelunc, wobei man mit KRfniTZ
encijcl. 162 (1835), 156 natürliche sprödigkeit und unnatUrliche ('eine
ausstudirte kokelterie'. 153) unterscheiden kann: sterben? und
um eines spröden niUdrhens willen? Uz 3l3, l Sauer; eine
spröde schöne. Adelung; ich freue mich daiz meine lochler
äugen bat, sie ist sonst spröder wie das eisen in dem fnisl.
AkNiH tckaub. t, 136; die spröde schöne ist von eigenliobe oder
von eigendünkel belhörl. Krünitz «nryc/. 163 (|83&), 153; m<
(rine junge frau) ist nicht spröde — und ist nicht blöde.
HCCBBnr 11 (ls82), 405;
du kennst, versetzt Tiren. die spröde Sylvia,
die schOchlern vor mir floh, to oft sie mich sonst sah.
Gbllbrt 1 (1776), lUS;
145
SPRÖDE
SPRÖDE
146
nie hat <n dieser brüst, die dir entgegen wallt,
ein gott noch sterblicher gelegen . . .
ihr bitten fand mich taub, ihr feuer spröd und kalt.
Wi»ti5D n,2S (liir. 1,32);
dann versenk ich dein bild, spröde gebieterin,
in den silbernen schhiramerquell! Höltt 115,7 Halm;
(hört,) spröde damen mit der kalten tugend,
blonde schönen mit dem leichten mut!
SCHILLIR 1, 1S6;
substantivisch eine spröde. Campe: dieses sind ausgemachte
Wahrheiten, wogegen eine person tod feiner eriiehung nicht
anstossen kann, ohne für eine offenbare närrin, oder, wenn
man es fein sagen will, für eine spröde gehallen zu werden,
N^ eiche aus noth den kleinen mund macht Möseb patr. phant.
3(1778), 8; die kleine spröde flieht mich! Weisze kom. op.
1 (1771), 115; (die dame) machte so viele umstände, dass der
herr prokurator, welcher sich wenig auf die kunsl verstand
spröden zahm zu machen, die geduid zehnmahl verloren hätte,
wenn er durch keine stärkere gewalt als die bejahrten an-
nehmlichkeiten seiner grausamen zurückgebalten worden wäre.
WiELAND 11, 107 {Sylr. V. Ros. 2, l); die spröde (Überschrift einet
gedichts). Götbb 1, 2t; kunst die spröden zu fangen (Überschrift).
1, 37,21 Weim. ausg.; eine solche spröde, die es aus Charakter,
aus natarlicberneigung ist, ist weit achtungswürdiger als jene,
die blosz ein blendwerk damit treibt, blosz zum scheine die
spröde spielt, um die jungen männer nach gefallen zu foltern.
KBt:i»iTZ encycl. 162 (lS35), 156;
ich komme gleich von dieser kleinen spröden.
Gelle»! 1 (1775), t08;
ich seh es gar xu wohl, die spröde liebt mich nicht.
3 (1775). 352;
der Jüngling schmachte nicht umsonst um wein und kusz
und sterbe keiner spröden wegen! Uz 311,33 Sauei';
0 göttinn, (fieng er an,) was nützet mir dies (tatiber-)h*nA
bny einer spröden stolz? bey einem widerstand,
der unbegreiflich ist? ZacbaiiI 1, 188 (ren*. 4,64);
wie süsz! wie süsz
ist für die liebe flnsternisz!
fie schaffet muth den blöden,
besänftiget die spröden,
und macht die stummen reden.
Weisze kom. op. 1 (1771), 124;
wer sollte dieser spröden,
mit dieser Vestalinnenmiene, mit diesem abschreckenden
blick.
was menschliches anzusinnen sich nur im träum entblöden?
WiELiWD 5, 74 (n. Atnart. 14, 20);
Astarte sucht' und fand in ihrem herzen
und seinem geist, in seinem Unterricht,
oft auch in leichten muntern scherzen
ersatz für — etwas, das (zum mindsten, wenn die pOicht
es beiligt) spröden selbst nicht allzu gern entbehren.
bah an! halt an! du spröde! 10,285 (A'om*. 530);
halt an und höre mich! Scbillee 1,352;
heraus, heraus du kleine spröde
heraus zum traualtar. Kotzebce dramat. sp. 2, 303;
gebe gott ihm gutes glück
gegen eine spröde,
die mich selber jüngst zurück
hat gewiesen schnöde. Rüceert (1841) 361.
die spröde spielen: madame Gertrude spielte vor den angen
der weit die fromme spröde; aber insgeheim war sie die
gefällige, feurige freundina eines gewissen Bernard. Lessing
1,46; die Sorgfalt des Stallmeisters nahm mehr zu als ab,
Qnd da die ofQciere auch stark auf sie (Phüine) Eindrangen,
Dod sie sich in einem so reichlichen demente befand, fiel es
ihr ein, auch einmal die spröde zu spielen. Göthe 18,279;
die rolle der spröden spielen: will sie die rolle der spröden
fortspielen? Hacff 7,228. mit Possessivpronomen, die spröde
§eUebte eines, die gegen einen spröde ist {nicht nur in der an-
rede): an seine spröde. Göthe Überschrift eines gedichts;
er bat, er gab sich alle müh :
doch seine spröde hört ihn nie. Gellbet 1(1775), 52.
$eltneT vom männlichen geschlecht: er fühlte recht innig, dasz
er sie lieben konnte, aber ihm graute vor den folgen; daher
fuhr er fort, jeden gedanken an sie zu widerstehen, doch
war er immer ins geheim zärtlich gegen sie; es war ihm
■oroöglich, spröde zu seyn. Stilli:«c 2(i806), S5; Pbiline
lauerte in der Unordnung dieser lebensart dem spröden beiden
aaf, für den sein guter genius sorge tragen möge. Götbe 19,16;
in dieser leit lebt' ein<!t auf Latmos höb'n
ein junger hirt, wie Ganymedes schön,
schön wie Narciss. doch nicht so spröde.
Wi(la:<d 10, 136 {Diune m. Endfm. 20).
prddicatit mit dativ der person:
noch iizi verfhr ich Chloris:
mir aber ist sie spröde. Hacedobr 3, 61;
X. 2.
ähnlieh: i*t ci" mädgen deinen küssen
gar zu spröde, trotz dem may? Göcei:<ge 2(1781), 48;
(im biide:) sie (i/es dichlers muse) wollte zwischen dir und mir
die dritte
nicht seyn. drum blieb sie spröde meiner bitte.
Stolbbec 2, 281;
«I» für und aec. der person:
denn Thoms nur findet vor Röschens äugen gnade,
nur Thoms, der, spröde für sie, an Miekens kette zieht.
Wielahd 5. 163 (H. Amari. 18, 8);
mit gegen und aec. der person: (im bilde:) die gegenwart ist
eine grosze göttin und selten spröde gegen den, der sie mit
einem gewissen heitren muthe behandelt. W. v. HuaBOLOT
ges. sehr. 5, 276. so auch oft ton der gesinnung und dem , rat
darauf deutet: endlich erinnerte er sich, dass die dame sich
jederzeit durch eine sehr spröde tugend und einen erklärten
hang für die metafysik unterschieden hatte. Wiela.sd 3, lio
(Agath. 12,5); er machte seine erste liebeserklärung mit ge-
schenken, die vielleicht manche spröde und stolze lugend in
versochung hätten führen können. 12, 132 (Sylr. r. Ros. 5, 1$);
«ine (scliäfe'in) ward in spröder blässe
und in strenger bäuslichkeit
hüterinn der feueresse
und die Vesta jener zeit. Hacedobn 3, 78;
ihr unempflndlich herz, ihr spröder eigensinn,
das sind die fehler, freund, die mich an ihr betrüben.
GELLtRT 3 (1776), 346;
und, kurz, man bringt (nicht ohne viel gespötte
und acbselzuckerey des hofes und der Stadt)
sie, die den ruf der sprödsten kälte hat,
bey hohem wohl — mit Zwillingen zu bette.
WiELA^D 18, 140 (Perv. 1);
also batte auch sie sogar dem verlobten noch vieles
abgeschlagen, was selbst die sprödeste sitte gestattet
und die sorglichste mutler nicht rügt. Hebbel 8(tS9l), 220.
adverbial: sie behandelt ihren liebhaber ungemein spröde.
Campe ; die bewerber um ihre band wies sie spröde ab. ebenda;
spröde thun. ebenda; indem wir eilend weiter schritten,
gingen wir um einige spannen entfernt neben einander her;
ich hielt mich spröde zurück, während mein obr keinen ton
ihres festen und doch leichten Schrittes verlor und begierig
das leise rauschen ihres kleides vernahm. Relleb 1(1899). 410;
fangen sie an, herr! und seien sie witzig und vorlaut, und
ich (eine dame) werde mich zieren und spröde thuni 7,25;
in bildern: wenn Fortuna spröde thut,
lasz' ich sie in ruh. Eicbehdobff 1 (18S4), 254;
was zagt ihr, traf und blöde?
was schön ist, wird doch dein!
die weit thut nur so spröde
und will erobert sein. 457.
in gleicher art dichterisch auch von unpersönlichem, das perunten
verglichen oder persönlich gedacht wird:
spröde sondert sich ab, was kaum noch liebend sich mischte,
und das gleiche nur ist's, was an das gleiche sich reybt.
stände seh ich gebildet, der päppeln stolze geschlechter
zieho in geordnetem pomp vornehm und prächtig daher.
0 wunder, wer hat das vollbracht? Schille» 11,85;
der knospen spröde hülle,
wer brach sie auf in einer nacht
xu solcher liehesfülle? W. Mi:LLE« ged. (t868) 1,87;
der spröden rosenknospe gleich erscheinst du mir, april.
die. wie auch luft und licnt sie kost, sich noch nicht öffnen
will. 2, 139.
2) unmittelbar an den unter 1, a erwähnten gebrauch schlieszt
sich die frühnhd. anvendung im sinne von elend, kümnurUch,
dürftig, gering, von einem lande, rielleicht noch wie dürr, un-
fruchtbar: die haben so lange gestritten wider den Mahmel,
bis er ist aus dem spröden mördeminckel Arabia komen,
und bey vier hundert deudscher meile wegs laod gewonnen.
Ll'Tbkb 8,38*, i^on nahrung und gevinn, oft bei H. Sacbs:
Oeischpenck und marckt war ler und öd,
die narung mager, dürr und spröd. 7,417,11 Keller;
derhalben wil ich (ilie ffldmau!() wider heint
hinausz atiff meinen acker öd.
ist gleich mein narung ring und spröd,
so hab ich aber doch darneben
ein frölich, frey und sicher leben. 9, 146, 7;
stund auff, als es ward heller tag,
und war gar leichnam hart gelegen
von seines spröden nachtmal* wegen,
das im heimlich gar hoch verschmacht. 525, t;
alta, die wirdtschafft wil werdii sprödt,
unser hausi ist von gesien ödt,
wir müssn schier essen mit der katxen. 14,290,22.
da ist weder gut, lust noch freud,
weder bey viech oder bey ieut;
allein eilend und armut ist
hie, spröde nahruog, kot und mist. 17, 378, 18;
10
147
SPRÖDE — SPRÖDETHUN
SPRÖDEWEIDE — SPRÖDIGKEITSSÜNDE 148
wir seind etwas vil jar und tag
gewohnt in einer insel öd,
da unser nabrung war gar spröd. 20, 103, 29;
ich (ein krämer) hab heut närrisch kaufTleut {käufri) ghabt,
hab nit gar TünfT batzen erschnapt.
wer die losung all tag so spröt,
so wiird mein liram bald leer und öd. 21,48;
es ist heut spröd der handel mein [rines jüdischen artlet);
es komt niemand zu mir herein,
der mir einen brunnen xu-trag. 66,12;
als {iilUi') was erber war allein,
das log Tost alles zw mir (finfm wui) ins hauai.
das trug mir gar wol brodt ins hausx.
iettt ist es gar spröd uberausx. 80,9:
die thierlein flolien darvon wurt der walt gar öd
derhalb sein narung in die leng ward schmal und spröd.
meUlerl. f. 23, ii> . 160.
adverbial: in Arenbergischer refier wirt es sprcd zfl geen:
wir werden vil fasUag haben, dann die lagreis seind gar weit.
Schade sat. u. pasqu. i,lo, 9; es dünckt euch unmüglicb, was
icb itzt veriieisse, weil ewer so wenig ist und so spröde
zugehet. Luther 23,601,1 Weim. ausg. vgl. ftair. sproe, sproRr,
spärUch. ScH».' 2, 695.
3) in ältfrer spräche auch wie hager, schieächlich, gleichfalls
im anschlusx an 1: ein spröder mensch, un huomo scarno,
scarmo, mogro, smilzo, it. deboluccio. v. mager, hager. Kramer
deutsch -ital. dict. 2 (1702), S96', noch später landschaftlich ^ so
henncb. sprod. Reinwald 2, 161. vgl. vereinzeltes spriede, ge-
brechlich :
denn ist der spriede leib (des menschen) gleich nur von thon'
entsprungen,
so sieht man doch: das gott aus dieseu schlacken gläntzt.
LoHENSTEIN hyaciiitlieii 23
und bair. sproe, sprcer, hager. Schm.' 2,695.
4) ebenso im anschlust an 1: ein spröder wind, un vento apro,
freddo; rovaio. ».rauh. Krämer deutsch-ital. dict. i{\nyi),H^',
von Adelung als nur in einigen gegenden üblich bezeichnet, auch
heute in der Schriftsprache nicht üblich, in ißeicher bedeutung
erscheint bei Dasypodiüs spröer wind, s. das formale, ob hier
eine erweiterte anaendung im sinne von rauh oder eine Wendung
des Worts zu factitiver bedeutung {^spröde machend) vorliegt
{cgL spröde kohlen urUer 1, a), Idszt sich nicht entscheiden.
5) dte maier gebrauchen spröde von färben, die für den an-
bUck unangenehm sind. Jacorsson 4, 23S. vgl. 1,6.
SPRÖDE, f. das spröde sein, selten {vgl. sprödigkeit), nach
1, ft, /3: ich (ein mann) beharrle bei meiner spröde -^ und
wies den schnöden von mir schnöde. RCckert 11 (1S82), 339;
wo die spröde musz pausiren,
wenn die lust ein solo singt,
wenn die äuglein pizzikiren,
bis der lieb ein saiie springt.
wiimicrhorn 2, 322 Boxberger.
vgl. sprau, f. oben theil 10, 1, 2797.
SPRÖDELWEIDE, f. die bruchweide, salix fragilis. Nkmnich
2, 1200. vgL spröckelweide und sprüdeweide.
SPRÖDEN, verb. zu spröde, adj. 1) intransitiv, spröden,
gesprödet, asperarsi, friabilem esse, teri, frangi. Stibleb 2107,
sprocken, spröten e spröden, scngliarsi, inscabbrirsi, innagrirsi,
incrudirsi. Kramer deutsch -ital. dict. i (\'0'i),f'96': die wunde
sprödet, Ja ferita {piaga) incrudisce. ebenda.
2) reflexiv: das eisen sprödet sich, ferrum ob impuritatem
suam friatur. Stiei.br 2107; kleyenbrot sprödet sich durch und
durch, panis furfureus non cohaeret, sed facile dilabilur. ebenda,
vgl. bair. sprcnen (spr^'n, sprörn), trocken machen, durch das
gefühl der trockenheil afficieren: da l.ihak sprit mi'. Schm.' 2,695.
SPRÖDERZ, n. strahliger bUiglanx. Jacobssoi« 4,23h'. vgl.
■pröde, adj. \,a und sprotterz.
SPRÖDESEHEN, n. {vgl. spröde, adj. \,b,/3):
du halt nur zuTiel obr dafür zu lieben,
wo höhn mit gram erkauTt wird, sprndesehn
mit herzensaeurzern, ein moment der Ititt
mit zwanzig wachen, milden, langen iiichten.
Shakesprarc die hi-vlvu Veroiioer 1,1.
SPR(»DETHUN, «. versMUe sprödigkeit. Campb (17/. spröde
i,b,ß):
•in kurzer Unterrock zeigt Ihr gedrechselt bein,
und auch Ihr sprödeibun Döizt buhlerii kühnhelt ein.
Uz :106, 92 Siiuei ;
004 wenn Ich (ein mditchen) ihn durch sprödigkeit beiriihie,
•0 wotite, glaubet mir, mein herz kein wort davon.
WiiLtND 22, 109 {Oh. S,22);
wall Ihr jugendlich iprödethiin der jOnglinjc
•rnoihari nahm, nml vom kut« erblAdet ablieM.
Vota 3(IM2).M.
SPRÖDEWEIDE, f. salir fragilis und viminalis. Nennicb.
vgl. sprockweide und sprödelweide.
SPRÖDGLASERZ, n. ein reiches silbererx, das neiben dem
Silber schwefel und anlimon oder arsen enthält, prismatischer
melanglanz. Oken 1,421, mrlanglanz, schwarzgiltigeri, Stephanit.
Karmarsch- Heeren^ S, 3S9, auch sprödglanzerz, n. Oken
regisier. vgl. spieszglanz neben spieszglas, antimon.
SPRÖDHEIT, f., selten für sprödigkeit, nach spröde, adj.
l,b,ß: als er nun sah meine {eines mannes) sprödhcit —
und erfuhr meine schnödheif. Rjjckert 11 (1882), 403; uns
(mdnn*r) verdrosz seine unerklärte sprödbeit — und tadeins-
werthe schnödheil. 502.
SPRÖDIG, adj., Weiterbildung zu spröde, adj., idem quod
spröde, sed adverbial, magis in usu est, aspere, asperiier. dicitur
etiam sprödiclit, sprödichter teig, massa furfurosa. Stieler 2107,
bei Steinrach 2, 643 nur der ableitung {des folgenden) wegen
angeführt.
SPRÖDIGKEIT, f. das spröde sein, asperitas, ruditas, fria-
bilitas. Stieler 2107, sprockigkeit, sprötigkeit 0 sprödigkeit,
scagliosita, agrezza, scabbrosita, crudezza, it. magrezza. Kramer
deutsch-ital. dict. 2 {1102),»%', sprödigkeit, friabilttas. Steinrach
2, 643, asperitas, aspreda, scabrilies, ariditas, friabilitas. Frisch
2,310'. Adeluhg.
1) nach i,a ^eine eigenschaft trockner körper , nach welcher
sie sich leicht zermalmen und eher zu mehl machen, als sich
ausdehnen lassen . Jacobsson 4, 238' und allgemeiner wie un-
geschmeidigkeit in sinnlicher bedeutung: sprödigkeit des Stahls,
friabilitas chalybis. Stieier 2107; sprödigkeit der erden, fria-
bilitas terrae, ebenda; sprödigkeit des guszeisens. Jacobssor
4,238'; sprödigkeit eines holzes. Campe; die sprödigkeit der
färben besteht in ihrer wenigeren zerreiblichkeit und niiscbung
mit öl oder sonst einem flüssigen kürper. KReniTZ encycl.
162 (1835), 157; sprödigkeit der haut.
2) nach 1,6, meist in beziehung auf personen, starre xurück-
haltung bezeichnend: in Jonien merkt man den erweichenden
einflusz des warmen asiatischen himmels, so wie man hin-
gegen in der frühesten dorischen masse die geheimniszvolle
sprödigkeit und strenge der iigyptischen goltheiten gewahr
wird. Novalis 3, 49 Meiszner; in all ihrem {einer geistlichen
Schwester) leiden keine feigheit , in all ihrem klagen kein
winseln, kein verletzen, ohne sprodigkcii voll zucht, ohne
wegwerfen voll hingäbe, ohne anklammern voll anhüngiich-
keit. Brentano 9,284; doch er wandte sich blöd^ — und
Ihat, als sei der magcn ihm öde, — dasz schier seine sprödig-
keit mich verdrosz, — und ob seiner schnödheit das blatt
mir schosz. RPckert 11 (18^2), 3I6; besonders gegenüber hebes-
werbungen, namentlich von weiblichen personen. Campe: der ge-
sprächige Italiener kam endlich auch auf die weiber /u
sprechen, er klagte über die unsittliche sprödigkeit der
Deutschen. Brentano 5,297; und wie es der weit lauf ist,
wurde sie von der sprödigkeit verlassen, die sie soeben noch
vor der thüre aufrecht gehalten, und sie litt es, als Erwin
ihr mehr schüchtern als unternehmend band und wange
strei( holte. Keller 7,68;
die schöne, die ihn oft im wachen
durch ihre sprödigkeit betrübt,
musz Timons glück vollkommen machen;
denn träumend sieht er sich geliebt. Gillirt I (1775), 7t ;
ich zweiHe nicht, die schöne hat ihn lieb;
und ihre sprödigkeit ist ein verstelltes wesen.
um nur von ihm mehr brieTe noch zu lesen. 78;
wenn gleich Ihr äuge zürnt, .«0 zürnt es dennoch schon,
und i^elbst die sprödigkeit kann ihren reiz erliöhn. 3, 347;
die sprödigkeit der schönen
Ist nur ein dämm der einen regensirom
zurüfkepreszt, uud ungestümer prallen
die fluten an. Schiller 1,325;
von einem manne:
beweise nicht durch sprödigkeit und höhn,
das* deinem reitz die höcliste zierde fehle!
WiaiAnn 17.28 (Mr. 1,31).
auch plurolisch von einzelnen duturungen spröden weten$. Adelung,
doch so heute nicht üblich.
?) nach 3 maijreiza. KRAHBt deutteh'ital. dict. 2 (1701), SOO*.
vgl. oben.
SPRÖIUGKKITSSONDE, f., nach sprödigkeit 2: »eyn sie
mitleidig gn.ldige frau, nehmen sie das reuige paar zu gnaden
an! — und wenn sies auch nur thillen, um einen theil ihrer
sprOdigkcilssanden wieder gut zu machen. Uottbr i, 415.
149
SPRÖDIGLICH — SPROOTHOLZ
SPRÖSEN — SPROSSE
150
SPRÖDIGLICH, adv. {vgl. sprödig und sprödlich): sie (eine
Statue der Venus) hat ein grübeben im kinn . . . und nur haib-
erüfnete, oder zugehaltene äugen, die das innere nicht er-
lieniien lassen wollen, sprödiglich. Heinsk Ardingh. 2 (1787), 276.
SPRÖDLICH, adv. zu spröde (vgl. das vorige), nach l, b, ß:
etwas sprödlich neben den übrigen stimmen verhielt sich
iriilessen der herzog. Mürikk Nollen i,liO.
SPRÖDSINN, m., nach spröde i,b,ß: sie erwartete einen
pi inzen oder grafen, der ihren reizen huldigen würde, und alle
minder hocbgebornen paladins, welche ihr den hof machten,
wies sie mit kaltem sprödsinn zurück. McsÄcs volksm. i,\l6
Hempel.
SPRÖGEL, subst., nebenform zu spriegel (5. dies oben sp. 7t),
6« den bienenzüchtern bezeichnung der qutrhölter in strohernen
bienenkörben, auch von gespaltenen hasel- oder Weidenruten, womit
die bänder xu solchen körben umwunden werden. 0 verbeck
bienenicb. 78.
SPROH, SPROHL, subst., s. sprehe.
SPROREiNKKELZ, n.; in der Lausitz, in Pommern und in
anderen gegenden bestand ehedem die sitte, dasz an der stelle,
wo man einen ermordeten oder verunglückten gefunden hatte,
jeder vorübergehende einen baumzweig niederlegte und dazu ein
gebet sprach, sodasz dadurch mit der zeit ein gröszerer reisig-
haufen entstand, die reiser hat man wol ursprünglich kreuzweise
gelegt und diesen kreuzen den namen sprokeokreuze gegeben.
zeitschr. f. d. d. unterr. 15, 733, im Münsterlande sprokenkrüs,
spukkreux. man deutet es so, dasz ein erschlagener an der statte
seines todes umgeht, es wird dort ein einfaches kreuz errichtet,
ohne dasz darauf zweige gelegt werden. 17, 527. wahrscheinlich
ist es eine Zusammensetzung mit sprock, subst. 1. vgL Sahr
a. a. 0. 15, 733, so dasz besser sprockenkreuz zu schreiben wäre,
ursprünglich bezeichnet es wol ein kreuz von sprachen oder ein
kreuz, bei dem sprocken niedergelegt werden.
SPROLL, m. Schwab, der gemeine karpfen {cyprinus carpio)
im zweiten jähre. Scbhid 504. vgl. schwdb. prolle, dicker mensch,
piollig, dick. 100, österr. brollad, wolbeleibt, fett. Castelli 9«,
ndl. prol, f. brei, prollig, dick, zähe.
SPROLLEN , verb. aufschneiden, lügen, in älterer spräche.
ScHM.* 2, 702, vgl.: denn er (ein prediger) maint, so im iemant
(2. niemant) in der kirchen wider spricht, so stand sein sach
wol. wann er aber im Weinbaus, auf dem blatz oder im bad
darbei war, so hörte er göt sprolien. Schade sat. u. pasqu.
2,146,3, wozu der Herausgeber bemerkt: '« mujz Hwa so viel
wie unser rdsonnieren heiszen' 335, während Schmidt eis. wb. 335"
hier sprolien als acc. (doch wol plur.) eines subst. sprolle,
spöttische rede faszt. das vorkommen eines derartigen subst. wird
durch das folgende wort bewiesen, sprolien heiszt eigentlich wol
laut reden, dann aufdringlich, unverschämt reden und ähnliches,
vgl. prollen, pröilen oben theil 7,2164, broUen, bröllen </i«J2,396,
uüzu sich weiter prahl, m., prahlen, verb. und prall, m.,
prallen, verb. {s. diese), auch sprall, m. risz Fulda 6« Campe
zu fügen scheint, so dasz sieh eine basis mit der bedeutung
^geräusch' annehmen liesze.
SPROLLENMACHER, m. lügner, aufschneider. Schmid schwäb.
üb. 504. vgl. das vorige.
SPROLWEIDE, ^ Salix fragilis. Nemnich. PaiTZEL-JessEn 355'
{Sachsen), auch salix viminalis, eigentlich wol die^erstere, die
auch sproekweide, bruchweide, knackweide, krachweide heiszt, wegen
der brüehigkeit der zweige, vgl. Nehnich 2, 1200. sprulweide
bedeutet wahrscheinlich dasselbe wie diese bezeichnungen. vgl.
sprolien schlusz.
SPRONZEL, f. kleiner fleck, sprosse, z, b. im gesteht, bei
• AMi'ii als landschaftlich verzeichnet, mit berufung auf Krämer,
5|jiüniiel, sprünlzel, it. sprote, sprute, f. [da spritzen 0 sprossen]
lentigtne, broffa, broffola, brozza. v. sommerflecken, dessen
deutsch-ilal. dict. 2 (1702), 896*, mfränk. spronzeln, sommer flecken
m gesiebt und an den händen (Jülich-Berg). Klein 2,164, spronzel,
Sommersprosse (Koln). Hökig 149': voller sprontzeln , broffuto,
hroffoluto, lentiginoso, pleno di brojfole. Krämer a. a. 0. vgl.
spreuzen und spräazel 3 oben.
SPRONZELIG, adj. zum vorigen, spronzeln habend, sprossig,
bei Campe, als landschaftlich verzeichnet, mit berufung n«^ Krämer,
sprontzelicht, spröntzelichl, sprüticht, sprulicht, ad;, lentiginoso,
broffoluto. dessen d*uJsc/i-i/aJ. dir/. 2 (1702), 896', kölnisch spron-
zelig, sommersprossig Hö.tic 150*: ein sprontzelicbles gesicht,
tiio bru/foluto di lentigini. Kramer a.a.o.
SPROOTHOLZ, n.: in einem von ziemlich schlechten, von
spruothülz aufgeführlCD gebäuden umgebenen gehöfte hielten
wir still. Unterhaltungen am häusl. herd (IS55) bd. 3, 13 («n einer in
Schlesien spielenden erzählung). vgl. sprod als nebenform zu spröde,
adj. und nd. sprote, sprate als entsprechung des hd. sprosse.
SPRÖSEN, verb.:
(loch das stehet auch nicht fein, wenn man pTünder einzulösen,
und die Jungfern wollen sich so erschrecklich drüber sprösen,
wenn das spiel ein spanisch creutze, oder sonst was anbefielt,
lieber gar davon geblieben, als verdrieszlich mit gespielt.
PiCANOEt 1, 441.
vgl. sprusen unten.
SPROSSE, m. f., SPROSZ, m. zu sprieszen, mit verschiedenen
bedeutungen, die in der heutigen Schriftsprache in sofern nach
form und geschlecht getrennt sind, als im sinne von querholz
und ron hautfleck hier nur das f. sprosse gilt, im sinne von
schöszling meistens, nicht ausschlieszlich . sprosz (sprosse), m.
gebraucht wird, nur ßr sprosse, hautfle-k, das vielleicht aus
dem nd. übernommen ist, läszt sich ein älterer gebrauch als m.
nicht mit sicherheil erweisen, im sinne ron querholz an der leitet,
in der bis zum 15. jahrh. allein belegten bedeutung ist ahd. {als
einzige form) und mhd. ein schwaches m. (sprojgo, sproj^e) be-
zeugt, in der bedeutung schöszling, die doch wol als Voraussetzung
für jene zu gelten hat, ist «n schwaches m. erst von frühnhd.
zeit an belegt, neben dem etwa gleichzeitig im selben sinne, dann
auch in der bedeutung ^querholz' ein starkes m., wol eine jüngere
bildung, auftiitt. im ersteren sinne ist dies heute bei singu-
larischem gebrauch häufiger als das schwache m., das so im
eigentlichen gebrauch überhaupt nicht mehr üblich ist, während
der früher ziemlich gebräuchliche starke plural heute seltner ist
als der schwache, später als das m. kommt, vielleicht unter ein-
flusz der schwachen pluralform, für beide bedeutungen das f.
auf, das im sinne ron querholz {so schon mhd. renner 20281,
s. unten 2) das m. völlig zurückgedrängt hat, anscheinend wesent-
lich unterstützt durch Gottscheds scharfe Scheidung zwischen
sprosz, reis und sprosse, /'. querholz an einer leiter (vgl. unten
1 und 2). frühnhd., mundartlich auch heute begegnen nebenformen
mit u (s. unten 1 und 2), mundartlich auch formen mit affrikata
statt der spirans (s. unten l und 2). vgl. mnd. sprate , leiter-
sprosse. Schiller -Lübbes 4,347', sprote, sprute, fleck, sprösz-
ling. 348, nnd. sprate, sprote, sprute, oft f., spröstling, durchweg
mit diesem genus als leitersprosse und hautfleck (s. unten 2 und 3) ;
mndl. Sporte, nndl. sport, f. (mit melathesis?), leitersprosse.
Francs e/ym. wb. 943, mndl. sproete, nndl. sproet, f. Sommer-
sprosse 946 neben mnld. sprute, nndL spruit, f. schöszling
(vgl. engl, sprout) 947; ags. sprota, m. schöszling, pflock Bos-
woRTH-ToLLER 906* neben sprot, n. schöszling. ebenda, mit anderer
ablautsstufe mengl. sprute, nengl. sprout, schösiUng; anord.
sproti, m. schöszling, stock Cleasbt-Vigfcsson 584', schwed.
sprote, m. breiter span, die sprosse neben sprate, dünner stock,
die sprosse; auch spriesze oben.
1) sprosze, sprosse, sprosz, sprusze, sprusz, zurev/u5.
DiEF. 568', eyn sproj, sprosz, sprusz aller vel allerley kreuter,
thyrsus. 585', sprosz, zweig, germen. Dasypodiüs, sprosz,
zweig, m. sourgeon, scion, bouton, germe. Hclsios (1616) 304*,
sprosz (druck fehler?, aber auch sprössung), zweig, germogUo,
germe, rampollo, seme de gli alberi. (1618) 1,236*, sprosz, m.
germen. Schottel 1420, sprosz, der (plural belegt als sproszen
und sprosze), germen, surculus, turio, auch sprosze, die, sur-
culus. Stieler 2098, sprosse, sprossen, plur. germe, surculo,
rampollo, propagine, butto, getto, broccolo {als m. belegt). Kramer
deutsch-ital. diet. 2 (1702), 896', sprosz (der, plur. sprosze,
sprosze) und sproszen (der, pjur. sprossen) germen, surculus.
Steinbach 2, 644, spross, surculus, germen. Wächter 1573,
sprosz, sprosse, germen, surculu.^. Frisch 2,309*, sprosi,
germen, ein hervorschieszendes reis. Gottsched sprachk. 142,
der sprosse, des sprossen, pJur. die sprossen, oder die sprosse,
filur. die sprossen, ein junger hervor sprossender theil oder zweig
eines gewächses. Adelung, der sprosz, sprosse, flectiert sprossen,
oder die sprosse, was sproszt, in die höhe wächst. Campe, der
sprosz (o A;urz), gen. sprusses, plur. sprosse, gekürzt aus der
sprosse, flectiert sprossen, pflansenlrieb , nachkomme eines ge-
schleelites. Wbiga;<d^ 2, 782, heute meist im sing, stark, im plur.
schwach, in uneigentlicher anwendung [vgl. b) oft auch im sing,
schwach, mundarllieh, so in Slrirge a. //. , auch schprusz, m.,
schprusze, f Liesenbkrg 202, bair. auch sprusz Scbm.* 2, 706,
cimbr. sproz cimbr. wb. 235*, mnd. sprute, sprote, sprosz,
spröszling. Scbiller-LCbren 4, 3is', nnd. spiate, germen, sur-
culus. brem. wb. 4,976, spraten , spröszlinge, besonders com
braunen kohl im frühjakr, Schützb 4, 175, ebenso sprulen
Däbnert 454*. Dam NEIL 207*, sprute, f. Wueste 252', sprute,
10*
151
SPROSSE
SPROSSE
152
spröl, sing, tew DüoBiikAAT Kooi.han 3, 29o', 8pr°üt*n , plur.
Bauer - CoLLiTz 9S', sprö(e, f., plur. spr6ten. Scham bacb 20ti\
a) in eigentlicher anwendung , als sprosse , m. , noni. sing. :
neuer sprosse, germe nuovo, nuovo rampollo, soreolo novello.
Krameh deutsch-it. diel. 2(1702), 896*; in der pluralform sprossen
(sproszen): sproszen bringen, surculos ferre, progtuerart.
Stikler 209S; junge sprossen, rampolli teneri, sorcoli novelli.
Krämer deulseh-ital. diel. 2 (1702), 896'; kohl- o kohlsprossen,
werschingsprossen, broccoli di cavoli, di verti. ebenda; etliche
sprossen abschneiden, gertnina quaedam abscindere. Stein bach
2,644; die sprossen steigen über den bäum, surcüli tram-
seendunt arborem. ebenda; junge sprossen, koLlsprossen.
AoELDNc; die sprossen der bäume. Cahpk; der rosenstrauch
treibt sprossen oder sprösziinge, wenn er neue thcile aus
•einen wurzeln treibt. KrCmtz encyd. 162 (i83i>), 167;
die saat im aurgeschossen
und reizt der scliniuer band,
die blättervollen sprossen
beschatten berg und land. Hagedorn 3, 70;
•r {Zi^iltyi) flattert um sprossen und garben. 98;
das vögelcbeu springt
auf sprossen, und singt:
der lenz ist erschienen! Voss 4(1802), 114;
laubige sprossen des baums, von blinkendem golde gerötbet,
spielten um goldene äste, die friicht aus golde beschattend,
Ovids veiw. 1,238;
indem er (der lein) täglich neue sprossen
vom winterschlafe zieht empor. Lenau 2, 162 Koch.
(vgl: wolde ghan enes morghens in eren kolghardea unde
lesen wal sproten. quelle bei Schilleb-LCbbeh 4, 348*;) in der
gleichen form als nom. sing., völlig veraltet:
er (Ji-sus) ist herfür geschossen,
§leich wie am Libanon ein ungekiümter sprossen,
er mit der wurtzel recht bisz in den abgrund reicht,
und einen gipfel hat, der sich dem hiramel gleicht-
Fleming 92;
tn der form sprosz: surculus, germen novellum, ein junger
sprosz, so weit es ein jähr treibt. Corvinus fons latinit.
1 (1660), 652'; junger sprosz, germen tenellum. Stieler 2098;
in flug eilend zum hohen ziel,
das mit beiligem sprosz bardeu umschatteten,
hin zum höheren ziele,
das der himmlischen palm' umweht,
sang die zürnende (Deutschlands muse) mir.
Klopstock 1, 109;
den cicaden nicht ungleich, die in der waldung
titzend auT laubigem sprosz, hellschwirrende stimmen er-
gieszen. Voss ll. 3, 152;
aber Amalia brach von der Sinarose des fensters
einen belaubeten sprosz, der zwei halb ofTeue blQmlein
trug mit knospen umber, und Tügl an den busen der braut ihn.
ged. 1(1825), HO.
tntf absichtlicher gesuchtheit des ausdrueks: gelüstet dich nach
dem sprosz des grases, weshalb beiszest du nicht in gras?
Ihuebhann 2,84 {ilünclih. 3,9) boxbergtr; im plural (vgl. sprösse
Opitz ps. 80,6 uii(«n):
und die mütter brachten den knaben sprosse der palme.
Klopstock 6,66 (Mm. 17, 268);
neben ihr spielte,
streute blumen ihr in den weg der knabe Nephtboa,
junge blumen, und sprosse mit halbgebildetem laube.
/,^„. . „ : 190 (««•««. 19,511).
jreur . einen Herminoon,
der unter den tausendjährigen
eichen einst wandelte,
unter deren alterndem sprosi ich wandle. 1, 241 ;
l'eniheuii indeis von der steile der felshöhn schauete alles,
iB einbeimischen sprosse versteckt, dem alteuden mastjrx.
Voss Theokr. id. 20, 11.
tprusse itidlich alt f. (vgl. lisRDKt i. phil. u. gesch. 3, 17 und
öfter unten) :
dufte sprüht die junge sprosse fernehin. TLiTiN 7U*.
•prusse, f. in der botanik als technischer auidruck ein kriechender,
aus der wursel entspringender Uiel, voraus eine neue pflanse
entsteht, stolo. Campe, sprosse (sprussc), sprosz in vergleichen
(cgi. KiEHiNC 32 o6«n): as junge sprossen der oliveuboeuie,
sicut noteüat otivarum. köln. quelle des li. jalirh. in Krummanns
teiischr. 2, 45S'; wie ein jungt-r sprosz steigt es (Rum) hervor
■US dem uralten bobleo stamme der ehemals erhabnen uti-
geheuren eiche. Hbinse Ardingk. i (1787), 6;
to wtcbsl der wiofel der freybeii hoch, und sie währt,
wU dl« eich', und ihres Sprosses sprösxliugl Klopstock 9,232;
und wie des frühlingi tsrte sproasea.
M wuchs io Ihm «in iDorer »inn. Novalis I,S24 Neistner.
in aufgeführten bildern : darumli vue des fewrs flsnitiie slroh
verzt-ret, und die lube stoppeln hin uiuipt, uisu hiiJ jre
wurtzel verfaulen, und jre sprossen auffaren wie staub, denn
sie verachten das gesetz des herrn Zebaoth, und lestern die
rede des heiligen in Israel. J«. 5, 24; (ton der regierung eines
weisen fürsten:) der jungen sprosse kommt er zu hülfe, und
niininl sie in schütz gegen das unterdrückende unkraut.
HERnER X. phil u. gesch. 3, 17;
den bergen kundl' er {der weinslock, bildlich für das jüdische
Viilk) schatten reichen,
die sprösse hohen cedern gleichen,
die äste hiengen überher
vom rothen bisz zum grossen meer. Opitz pn. 80,6;
seyd stoltz, auch ihr saht, dichter, wo durch die irr'
ein steiler pfad ging, ohne die frischuug {dip <iii Erkennung
durch Fni'diich il. i/r.), wuchs
im hain' (der deitisclien dichlunq) es fort, und neue sprosse
sauselten, rauschten von frühlingslüfien. Klopstock 2, 29;
klimmen wir nie hinauf su der höh (der lebftisanschuuung),
wo nur wenig
wahres, hier sprosz, da beichatter, dem orkan steht,
und wollin du dem dichtverwachsnen
wald' ohne blul nicht entrinnst? 72;
(tu Chrisluf, in betuq auf tnrnschen :) pflege der zarltn
biegsamen sprosse, dasz sie zu jeder fruchtbarkeit reifen,
welche du in sie legtest. 4,242 (.Mk»«. 10,884);
wähnst du (brudei), sie dufte, diese rose (mddchenliebe), stärker
als das rankengewebe, das, mit tausend
armen, uns, und kräuselnden sprossen, fester
stets uns umschlinget? Stolbsrg 1,242;
gnomiseh: ists io dem spätjahr unsers lebens zeit,
neu auszusäen? neu verdienst zu pflanzen?
der dürre stamm treibt keine sprossen mehr.
Schiller l'icc. 2, 7 viniiiiiU- {i:jl. sehr. 12,126).
sprosz eigenartig in verbale bedeutung umschlagend, wie sie eine
derartige form an sich sehr wol haben kann:
darum erbub höher er (der bäum, im bilde fiir den könig der
Assyrcv) sich, wie die andern
bäum' im geflid ! und es ward ihm zu der äste
vollem sprosz und der zweige wassers,
sie zu verbreiten, genug! Klopstock 6, 245 (Hess. 20, 334).
b) in freiem bildlicher anwendung : je vielfacher die innere
Organisation des gescböpfs zur feinern lebenswürme ward,
desto mehr sehen wir, wird dasselbe fähig, lebendige zu
empfangen und zu gebähten, abermals eine sprosse desselben
groszen lebensbaumes durch alle gattungen der geschöpfe.
Herder ideen z. phil d. gesch. 80, 26 (3,1) £ü/infniann; die
edelsten Verbindungen bienieden werden von niedrigen trieben,
wie die schilTarth des lebens von widrigen winden gestört
und der schöpfer, barmherzig-strenge, hat beide Verwirrungen
in einander geordnet, um eine durch die andre zu zühmeu
und die sprosse der Unsterblichkeit mehr durch rauhe winde
als durch schmeichelnde weste in uns zu erziehen. 187, 23 (5, 6) ;
unmöglich würe die ausschlieszung aller solcher (würter),
die im l)oden unsrer sjtrache lüngst wurzcl gefuszt und aus
ihr neue sprossen getrieben haben. J. Ghimm vorr. i. d. wb.
(oben theil l) xxvii;
hier (in diesem leben) treibt der geist die ersten sprossen,
was hier gekeimt, das reilfet dort. Drollinckr 23;
verdirbt bey stillem reiz, vom laster, das er flieht,
kein unbemerkter sprosz ihm sein dort grosz gemuth?
/.EftNiTZ 84. rgl. Scuönaicu ni-ul. ivb. 337, 36 Konter;
viel zweig' und sprossn haben die lugenden: . .
viel zweig' und sprosse hat auch die böse iliai.
Klopstock 7, 16;
er erstach mir meinen vater, . . .
Ihn. der ehre deines reiches
ersten sprosz, in deiner kröne
ihn, den ersten edelstelu. HKRoia 28,409 Suphan;
und dieses leben sollt ihr billig kennen,
das land wohl kennen, dem es angehört,
'das immerdar in seiner flureii mitie
den deutschen biedersiuu, die eigne sitle.
der edlen freiheit iungsieu sprosi genährt'.
GutuK II,
331;
vgl auch ehren- & tugciulsprosze (plur.), soboles virtutis et
honoris. Stiller '2098. tur beieiehnung einer rethe von einander
abslammendei- oder blutsverwandter menfchtn, etnem getchleciU
(vom Verhältnis tu einer grösseren gemeinschaft aus): da Karl
der grosze der gipfel dieser um ganz tumpa verdienten sprosze
ist, so möge sein bild uns statt aller dastehn. Herder ideen
s, phxl. d. gesch. 745, u (18,3) Kuhnemann; beide (würden des
königs- und proiihelcnlliumrs) verlieh er (goU) als erbschafl
meiner vUter und ahnen, unserin sprosz auf kind und kindes-
kind. ÜiKTERici streit swischen mensch u. thier (1858) 24. ihnltek: 1
es (das jüdische volk) war das einziggeliebte Volk gotles, schon f
in seinen vorfahren erwählt: kein segen kuiiiint auf irgend
eine neue sprusse desselben, wu uicht zugleich ein lluch auf
153
SPROSSE
SPROSSE
154
üie benacbbarteD stamme, sollten es auch brüder und nahe
verwandte seyn, fiele. Herdeb z. rel. u. Iheol. 2,4. oft von
einzelnen personen, tn ^anuhung Uirer abstammung von den altern
und vorfahren'. Campe, tgl. nachsprosz, nepos. Stieleb 2098.
gern wird dabei das geschücbt, die familie als stamm bezeichnet
[L-gl. stamm, Stammbaum unten):
öde trauren um die sprosse (p'ttr.)
seines edlen beldeusianimes
Remlings aninutbsTolle thale
und das alternde Kastell. Stolbkrg 1, 00;
Aifir .... wer wars? wer hat mein einzig kind gerettet?
Ainenaide . . der letzte sprosz des hoben ritterstammes,
der gröszte sterbliche, der mich nun auch,
wie jedermann, verkennt! es ist Tancred!
GöTHE 7, 309;
init vergötternder Inbrunst schaute das weissagende -äuge des
blühenden kindes (Christi) auf die tage der Zukunft, nach
«einen geliebten, den sprossen seines götterstamms, unbe-
kümmert über seiner tage irdisches Schicksal. Novalis i, 96
Meisiner. man sagt aber auch sprosz, sprosse eines geschlecbts,
bauses, einer familie u. dgl: von jeher hielt es die familie
so, dasz die neuen sprossen in dem wohnsitze des senioris
familiae intabulirt wurden. Hippel S (1828), lOS; auf diese weise
war die genesis sämmtlicher gräflich Blankenspeerscher und
Schneider Morgensteruscher sprossen abgehandelt worden.
Hauff 2,827 {sktzzen, letztes stück) Reclam; sie {die Heruler)
senden aus Ulyrien, wo sie damals siedeln, eine gesandtschaft
nach Skandinavien zu dem königlichen stamm ihres volkes,
um von dort einen sprosz ihres erlauchten geschlecbts zu
holen. Freytag 17 (1S97|, 77; zur zeit, wo meine erinnerung
beginnt, war nur der staatshof noch im eigentbum der familie
(weiblicher familienglieder) , . . der letzte männliche sprosse war
als fünfzehnjähriger knabe auf eine gewaltsame weise ums
leben gekommen. Stör« sämtl. werke l (i899), 58;
denn mein vater verliesz mich, einen weisen in seinem
bause; die mutter zog, zwiefach an sorge, mich auf,
aber sie hat mir nicht die hochzeitfackel getragen,
sab vom fröhlichen sprosi keine belohnende Irucbt.
Hbroer :. seil. lit. u. k. 10, 35 ;
ein sprosse des gefährlichen geschlecbts,
Tancred, ist übrig. Göth» 7,242;
wenn um würdige männer und züchtige mütter und schöne
sprossen der edlen sie (die glockeu) ballten.
Cludids bei Caipk;
im alter fallen seb'n die tbeuern sprossen,
sich kinderlos: ein trauriges geschick!
CoLLiN bei demselben;
ihm versetzt der jüngste sprosz des Abbas. Platen 323*;
ein kreuz auf hohem felsen blickt nieder in das land
und zeigt den ort, wo bebend einst tlabsburgs sprosse stand.
AwAST. GaÖJi der letzte riltei* 103;
ich {könig Alpher) musz gesandte schicken und friede heischen
und band
und musz den eignen sprossen als geisel stellen zur stund.
ScHEfFKL tMeh. (1886) 393.
iknlieh: mein vater . ..
erkor zur zweiten eh' ein niedrig weih,
das. neidisch auf des ersten bettes sprossen
und überall Vorwurf sehend, weil sie selbst
sich Vorwurf zu verdienen war bewuszt,
den xorn des vater* reizte gegen mich.
Gkillpaize* 4 (18S7), 19.
sprossen wie: iindtr, ohne deutliche beziehung auf abstammung,
mehr auf das lebensalter deutend:
holde kioder, zarte sprossen,
bleibet in dem vorhof stehn. Göthe 14, 191.
sprosse, f. von einer «eiblichen person, in bezug auf ihre ab-
üammung: im grabe noch kehrte sich der selige uronkel um,
wenn er davon hörte, ein schustersuhn habe seine leibliche
sprosse zur redoute geführt. Klamer ScBaiDTÜrom.dicAtun^^nSOS;
ohne solche bexiehung, wol auf jugendliches alter gehend:
denn ich klage dich (Helivdora) schwer — o schwerbetrübel,
iudesz du,
süsse scliatiengestall, unter den todten nun wohnst,
mir entrissen, wo bist du, schöne sprosse? wer bat mir
deine blume geraubt? acb, der entstellende staub.
Hkidei 26, 31, 12 Suphaii.
sprussen. m. als technischer ausdruck in der Zoologie: ein ander-
lUül theilt sich ihr (niederer Ihiere) leib in sprossen wie bei
pllanzen. und jeder sprussen wird ein ganzes tbier. Okkn 4,314.
1) ahd. sprojjo, gradus (scalae) Graff 6,402, tnAd. spro; je, m. ^.
letlersprosse Lexsr mhd. handwb. 2, 1120, sproj, m. schwach
ScBuNBACu ad. pred. i, 288, 4 (f. unten), nhd. sprosz vel sprüssel,
rts OiEF. 268' (t. 1482), sprosz, Staffel in einer leyter, in.
gressüs, escheüon. Scbottel 1420, sprosze, die, idemquod sprosz,
surcvlus, sed praeterea nolat gressum, et gradum scala« gesta-
toriae, climacter etiam dictus. Stibleb 2098, sprosse, it. sprosset,
sprüssel, sprossen, plur. pivolo, pirolo, pirvölo, pirlo della scala;
scalino. Kraiibr devlsch-ital. dict. 2 (1702), 896', sproszen (der,
plur. sprossen) an einer leiter, gradus scalarum. Steirbach
2,644, die sprosse, ein ^uerAoiz an einer leiter. Gottscheu
sprachk. 142, diejenigen stecken in den leitern und wagenleitem,
welche besonders in den erstem stall der staffeln dienen. Aoelcng,
rundes oder plattes querholi in der leiter. Caüpe, Stäbchen als
Staffel in einer leiter. Weigahd^ 2, 782, in der heutigen Schrift-
sprache auch nur sprosse, f., aber noch mundartlich der sprosse,
so in Handschuhsheim. Lenz 67*, nass. meiitens. Kebbein 1, 3S6,
oberhess. der sprosz neben die sprosse. Cbecelics 2, 802, mit
affricata statt der spirans appenx. sprotza, m., plur. sprOtza,
sprosse an der leiter, der krippe. Tobler 28i', auch mit anderem
stammvocal sprussen, acc. sing. m. Lctheb 3, 3b' (s. unten),
mundartlich scbprusze, f., so in Stiege a. H. Liesehberi; 202;
mnd. sprote (bezeugt sprate), gewöhnlich trame. Schiller-LCbbe.n
4,347', nnd. sprote, f. Woeste 252': l engl, von einer leiter
zu sprossen, quelle des \h. jahrh. bei bi£T.-\\'tLcini»&60; (einer)
band jn also hart an einen sprussen an seinen hals, das jm
maul und nase blutte. Ldther 3,35'; der dieb am galgen, da
jhm der hencker sagt: noch ein sprossen. Fischabt groszm. 69;
weite und enge sproszen, transtersaria laxa et arcta, larga et
angusta. Stieles 2098; den sprossen zerschneiden, gradum
incidere. Steinbacb 2,644; einen sprossen heraus nehmen,
gradum tollere, ebenda; die sprossen sind nicht gut befestiget,
radii male haerent. ebenda;
ist etwas in stücken,
so ist sein (des buttern) erstes werck, es wiederum zu flicken,
verkeilet alles wobl, liebt neue sprossen ein (an der boden-
uder an der wayenleiler),
dasz alles bej der saat im stände möge seyn.
PiCANOER 1,417;
des klostergartens mauren waren leicht
auf hoher leiter sprossen überstiegen.
Schiller braut v. Mess. 1603;
bildlich: an demo fucftin spro2;<eu. Noteer bei Graff6, 402;
dirre leitersprojjin sint v&mfzebne, wane mit vunfzebn estiu
der minne sol man cumen zu himele. der erste sprojje ist
die gedult ... an disen sprojjen setze wir die vöje, ob wir
durch got lieden ungemach als er durch uns leit. der ander
sproj ist die gute die uns genujit den engelin. ScBönaAca
ad. pred. i, 288, 1. 4; ir stSnt an dem ersten sprojjin der leiterin.
quelle bei Leier mhd. handwb. 2, 10; nu hab ich gesucht und
funden etwa bey drey und zwaintzig sprossen und f&szstapffen
dardurch der herr ist aufgestigen, als durch ain laiter in sein
hailigs leiden. Keisersberg schiff der pen. 'i' ; der erst spross
ist. anoemung der traurigkait, wölcher nachvolgen will Christo
dem herrn in seinem balligen leiden, der setz sein füsz auf
disen ersten sprossen auf die traurigkait und forcht. 74'; ich
aniwurt, wir dörfften wol einer leiteren sollen wir änderst
im (Christus) nach steigen, und an dj ort kumen da er bin
gefaren ist. was seint aber die sprossen (sprichst du) daran
wir uff mügen steigen. . . . der ander sprosz ist . . . brauchen
die werck der barmbertzigkeit. Sünden des munds 86'; der sich
in der poeterey etliche sprossen höher verstiegen hatte. Weise
kl, leute 287; nun begreife ich sehr wobl, wie uns der dichter
aus einer jeden leidenscbaft zu der ihr entgegenstehenden,
zu ihrem völligen widerspiele, ohne unangenehme gewaltsam-
keit bringen kann; er thut es Uüch und nach, gemach und
gemach; er steiget die ganze leiter von sprosse zu sprosse,
entweder hinauf oder hinab, ohne irgendwo den geringsten
Sprung zu thun. Lessirg 7, 121; Wielands plaisanterie über
den bunkel ist so gerecht als lustig, und Nikolai mag sie
auch wobl gegen ihn verschuldet haben. 12, 522; wir sind,
m. h., oder wollen wenigstens seyn, die erste sprosse auf
der leyter der frei handelnden selbständigen geschöpfe. Lenz
2, 204; die Stufenleiter (der sprachentwicklunq) setze ich fol-
genderiiiaszen an. die erste sprosse und aller grund ist das
verbuni und von da wird zum participiuiu, dann zum ad-
jectivuin und subslantivum fortgestiegen , hernach zu den
Partikeln und auf oberster sprosse zu den fleiionen. J. Gbimii
kL sehr. 1.311; sie büffle, ihn einst als druiden zu sehen, und
da stieg ihre pbantasie von sprosse zu sprosse; wir würden
sagen: pfarrer, diakonus, Superintendent, praelal. Viscber
auch einer i (VMO),lbO; er iiiöcbt no en sprotza böcher, noch
eine stufe höher (von einem rangsächltgen beamten). Tobler 381*;
155
SPROSSE
SPROSSEL — SPROSSEN
156
swer dise leiteren stigea sol,
der bedarr ze örsten woi,
sol er vollen nilit herab,
dat er wol gebihtct hab,
und an die ärsien sproßte» trete
mit vasien, an die andern mit gebet«.
rpiiner 20231 ;
wolan! et Ist vollbracht, wir steigen durch den Tall
und aus der kercker grulTt in den besternten saal,
weil leichen itzt zu golt zu sprossen mir gedeyen.
A. Gryphius 1 (1698), 536;
Ordnung herrscht« nicht (würd)' nicht hrriittlieii)
im reiche der natur,
die niemals nüclitig springt, und stufTenweise nur
auf ihrer güMnen leiter steiget,
wo sich der mensch auf mittlem sprossen zeiget.
Uz 139 (^Tltfodicei-), 108 Sauer;
auT der erde stehet die leiter der Weisheit, und reichet
ao den himmel; wir sehn wenige sprossen von ihr.
Stolbirg 1, 408;
du, dein äuge stralt so heiter,
wie wenns neu erl'nnd!
eine spross« stiegst du weiter?
sag' uns, wo der kenntnis leiter
dir im nebel schwand ! Voss 4 (1802), 253;
Daviil. hier ist kein frevel : meiner dame herz
mucht' ich ersteigen auf der töne leiter.
Ahsnion. o trauet eurer leiter nicht zu sehr!
es krachen, brechen alle sprossen.
UHL4ND (1864) 164.
auch unmittelbar mit dem genetiv eines abstrartums verbunden:
er drang in die dicke flnsterniss, bestieg die morschen un-
sichern sprossen der Vernunft. Klinger 4,271; sie schwebte
noch auf der iezten sprosse des gebeths — sie hatte die
erde noch nicht berühret. Schiller 4,319; jede sprosse der
endlichen erkenntnisz wird durch lehre und allmälicbkeit er-
stiegen. J.Paul Lev. 1,60;
und mit also schwankem gang,
mit so ärmlich halbem inutbe
wolltest du der beri'schart sprossen,
du den steilen weg zum gi'oszen,
du erklimmen macht und rang?
Grillparzkr 6(1887), 215.
sprosse in einer raufe. Jacobsson 4, 23b', iirippp. sprosse in
einem fensterrahmen , querholz, dünnes holzstnck zwischen den
Scheiben. Aüelükg. Jacobsson 4, 23S'. sprosse in einem vogel-
katig, querholz, querstange, auf die der vogel hüpft: das rotli-
kehlchen, mit leisem gezirp, hüpfte aus dem ring auf die
sprossen und wieder von den sprossen in den ring. Fontane
vur dem stürm 1, 85. auch sonst wie querholz. weidmännisch
sprossen, kleine Stäbchen zum aufstellen der rehgarne. Kehr ein
weidmannsspr. 279. vgl. weiter nd. sprute, sprftt, slange an der
kappe einer mühk von holländischer bauart, womit dieselbe ge-
dreht und nach dem uinde gestellt wird, tkn Do.ornkaat Koolman
3,290".
S) weidmännisch sprossen, die zwei untersten enden an einer
hirsehstange. Heppk wohlred. jäger (1763) 283". Kehkein weid-
mannsspr. 279, die enden oder zinken am hirschgeweih. Egcrbs
kriegslex.i{r.bl),962. Jacousson 4,23S\ Nemnicb 1,969. Beblen
5, 664 liesie sich wol unmittelbar an 1 anschlieszen, scheint aber
eher tu 2 zu gehören {gleichsam: querstänglein) , wofür auch
spricht, dasz es heute gewöhnlich als f. gebraucht wird: er fühlte
sich alle augenblicke an die slirne; da er aber weder geweih
noch sprossen merkte, schlich er sich wieder zurück, um
hinter den myrienhecken der ankleidung seiner schönen
nympfe zuzusehen. Wielanü 12, 221 (Sylv. v. Ros. 0,2).
4) im sinne von hautfleck, sommerfltck begegnet mnd. sprole,
sprute {schon im Guthaer arineibuch spruten, plur.). Schiller-
LObbbk 4, 348*, nnd. sprute Dähnert 454*, f. Woestk 252",
mndl. sprocie, f., nndi sproet, /*., ebenso bei Schottel:
•proete laubllekken, lentigu, maculae subrufae in facie. 1420,
bei Stieler.' sprote (o ist hier wol miszverständlich gesetzt für
ndl. nd. oeaau), & sprute, die, lentigo, maculae subrufae in
facie. 2107, bti Krämer: sprole, sprute, f. lentigine, bro/fa,
bruffola, brozza, deutsch-itul. dict. 2 {l'M). swi\ diesen also an-
uhemend nur in nd. ndl. lautstande bekannt, aber im 17. jahrh.
auch hd. sprussen, lenltculae. Corvinuh fons latinit. I (lOUu), 3.'>7':
ein anders {mtUel), wider die sprussen oder sprenokeln im
angesicbU roLUR Oconom. 2(1080), t23\ nach (iomhert zeitschr.
f. ä. wwlforuhung \, UO schon in einer schlesischen quelU von 1579
f onmersprossto , ebenso soramersprossen (die, plur.) vari,
maculae faciei, lentigo. SrEiNRArH 2, eit (zu sprossen [der,
pJur. sprutienl germen, sureulus gf4rllt), sing, totnmersprotie.
Adeloiic {unter sprosse, m. eruähnt, aber unter Honimersprosse
alt f. verzeichnet) , heute durchtreg f. vgl. sommertprutie oben
sp. 1557. auszerhalb dieser Zusammensetzung ist sprosse in solcher
itnwendung, die aus dem nd. tu stammen seheint, heute nicht
üblich.
SPROSSEL, SPRÜSSEL, subst., mit dem vorigen eng verwandt,
mbd. sprügjel, stock, leitersprosse. Lexer m/ii. /landiofr. 2, 1122,
vgl. ahd. sprujil, repagulum (holz zum zusperren?). Graff 6,401.
auch nhd. begegnet sprüssel, daneben mit angleichung an sprosse,
sprosz: sprossel, sprüssel. das wort lebt heute hd. nur in
mundarten. entsprechungen bieten das nd. und in der bedeutung
'Sommersprosse' das ndl. das geschleckt wechselt, vgl. sprieszel,
sprissel oben.
1) 6air. sprüszel, m. sprüszling Schm.* 2,706, ebenso nd. spralel
brem. wb. 4, 97G, sprötel, f. Scbambacb 206'. übertragen: ado-
lescens ein Jüngling, junger aufgeschossener mensch, sprüssel
ungefähr von 12 jähren bis auf das 21. Heupoldius dict. (1620) 14;
den Jüngling heist sie (ilii- lorli) einen sprüssel.
H. Sachs 17,235, 13 ketlei-Cilte.
2) sprosz vel sprüssel, ^raduj. Uief. 268", sprüssel an einer
laytern, scalare. 515*, sprossel, trames. 592*, sprüssel, sprüssel,
trames. nov. gl. 37o', sprossel an einer leiter. Corvinus fons
latinit. (1660) register, sproszel, transversaria. Stibler 2098,
sprosse, it. sprossel, sprüssel, sprossen, plur. pirolo, pirolo^
pirvolo, pirlo della scala; scalino. Krameb deutsch - ital. dict.
2 (1702), 896', sprüssel, leitersprosse. Jacobsson 4, 249, bei Wei-
GAND^ 2, 783 auch mit dieser bedeutung in der form sprüssel, m.
als bair. verzeichnet, hess. sprüszel, m. sprosse der leiter. Pfister 282,
nass. sprossel, sprüssel, sprissel, m. , ebenso. Kebrein 1,385,
kämt, spruss"!, spriss'l, so und ähnlich. Lexer kämt. wb. 238,
vgl. ferner sprissel unter sprieszel oben sp. 73, spreiszel 2 oben
sp. 11 und leitersprüssel, m. oben theil 6, 736: von einem hundert
leittersprüssel zu fewerleittern {werden den ximmerleuten gegeben)
zwelf Pfenning, von der slat holtz. Tucber baumeisterb. 116, 12;
darzn [zum reinigen eines brunnens) lelie ich im ein reitleinne von
sechunddreissig klofter lanck und ein leiltern von sechtzeben
sprusseln. 195, 21 ; Bernh. fragt, welchs die zwey holcz sint,
darin die sprüssel oder stalTel geflocht sin an einer leiter.
quelle bei Scbebz-Obbrlin 1546; Fritz Dolle steigt ein sprüssel
oder zwen {auf der galgenleiler) hinaull. Ayber 2845,23 Keller,
in bildern:
die gern schier komen dar {ins himmelreich),
nemt einer kurzen leitern war,
die hat drei spru{{el und euch zwdn
leiterboume. rfiniier 20211;
ain zwyfacb layter vor dir schyeb
von goites und des nächsten Iveb . . .
steyg kägklich. täglich für und für.
mach tügent sprüssel, stargk dj mäng (eine qroste mfnge).
ScRWAITZKNBERe 153'.
von einem intervall in der musik: secund , ist in musica ein
auff- oder absteigung eines sprüssels, alsz vom ut ins re.
Heupolüius dict. (I62ü) 344. im allgemeineren sinne von stock
oder von stütze:
er liiugt den rücke, swenn er sich habet
durch euBus fif über die scbü{{el.
der im setzt ein sprü^el undern drO(ial,
da{ er üf gerillt sxio
doch die wile und dai er xtt,
der hat niht übel in gohandell.
KoNRAO v. IIaslad jünijliMg 569.
weidmännisch sprüssel, spreiszel, spuhle, 'die kleinen stecken,
welche in die hühner- und Steckgarne eingebunden sind, um die
garne stecken zu können'. Hbppe wohlred. jäger 2ii3'.
3) weidmännisch sprüssel, prüssel, eissprüssel, eissprissel,
die enden des hirschgeweihs, die sich unmittelbar über den augen-
sprossen befinden. Nbmnich 1,969. vgl. eisspriesxel, m. oben
theil 3,381.
4) mrhein. (in Aachen) sprossel, f. Sommersprosse. MOiler-
Wkitz 2;i2. ebenso ndl. spructel, f.; mnd. sprotele, sprutele.
ScMiLi er-LObbbn 4,348", spruetele, sprolel, clev. sproittel,
cesia, nevus. DiEr.-WCLCKKR 860, sprotlel, lentigo. Apbkrdiani
(j/rociniuni (I58<)) 4U, mit nd. lautstande in einem hd. lest: es
vertreibt die linsenlleckeii, sprutleii genannt und andere maseii
des nngcsichts. Tabkrnaemont. (I5s^)742. i^l. spriiszliclit unten.
SPROSSKLN, verb. tum vortgen l oder ireilerhüdung lum
folgenden, bildlich: solches musz mit der Jugent aiifTstehen
und einwachsen: wie wachst es dann in den allen pulribus
ein? die verwachsen seindt und kommen daher, und die zeit
ist bin, haben nicht grhiühet, bnben nicht gesproszlet, haben
nicht auszgeschoszU Paracelsus opera l (leis), 22äC.
SPROSSEN, verb. zu spniSHe, «prosz oder unmtttelbar tn
•prietzen gebildet, erst nhd. beseugl, berfür sprossen, germiHtrtt i
157
SPROSSEN
SPROSSEN
158
vernare, pubere. pubescere, metaph. puUulare. Dastpooids deutsch-
lat. Ihetl, germtno, ich sprosz herfür, egermino ^- progermmo,
ich wachs, oder sprosz weiter heraus, lat. - deutscher theil,
sprossen, härfür sprossen, vil kleiner schössen und esten
geben, dick in einandern von einer wurtzen auff härfür
sprossen, fruttcare. Maaler 3S2', sprossen, herfür spreussen,
auszschlagen, germer, bourgeonner. Hclsiüs (I616j 304*, fruti-
cescere Scbotiel 1420, sproszen, gesproszet, id. quod sprieszen,
excrescere, in herbam pubescere, germen emiltere. Stieler 2098,
sprossen, germmare, germogliare, butlare, puUulare, il. broccolare.
V. sprieszen, it. auszschlagen. Krämer deutsrh-it. diit. 2 (1702), S06',
ich sprosse, ich habe gesprosset, puUulo, puUulasco. germino,
progermino. Stkinbach 2,644, sprossen, mit seyn in gleichem
sinne u-ie sprieszen, 'aber mehr in der dichteri chen Schreibart',
mit haben im sinne von sprossen treiben. Adelüsg (das von ihm
angeführte part. gesprossen, das üblicher sein soll als gesprosset,
gehört natürlich 2u sprieszen). Campe, entstehend hervorwachsen,
sprosz sein und sprossen treiben. Weigasd* 2, 782, mundartlich
schprussen, emporspriesten. Liesenberg Stieger mundart 202.
vgl. mnd. spruten, sprieszen in schwacher flexion. die neben der
starken begegnet. Schiller -LCbben 4, 34S', nnd. [neben stark
fiectierendem spruten. brem. teb. 4,976. Woeste 252". ten Doorn-
lAAT KooLMAN 3,291*, s. oben sprieszen) spröten, sprossen.
Schambach 206*. Bader -Collitz 98", mit schwacher flexion,
Sprotten, sprossen, brem. wb. 4,976, in besonderem sinne ver-
teichnet bei Danneil 207* (s. unten 4).
1) entstehend, als sprosz, in sprossen hervorkommen, wachsen
(mit sein. Adelung).
a) von pflanzen: das gstüd sprosset von der 9rd auszbin,
arbusta saliunt e terra. Maaler 382*; aus dem alten stocke
sprossen, ex trunco veteri puUulare. Steinbacb 2,644; es sproszt
aus einem neuen reben , ex novo palmite puUulascit. ebenda ;
die büitze sprossen aus der erde, fungi ex terra progerminant.
rtendo; keime, blumen, pflanzen, welche aus der erde hervor
sprossen. Adelung; eine lilie sproszte zwischen beiden aus
dem boden. Götbe 21, IS; lustig schien die sonne über das
helle grün und das sprossende laub. Fbettag 8,158;
wenn itzt die äugen (lics ireinstocks) sprossen.
Albinos Salomons gaitenlied C";
ein blümchen sprosze, wann wir gestorben sind,
aus jedem rasen, welchen ihr fusz betrat.
Höltt 99, 13 Halm ;
alles musz sieb, wo sie wandelt, heitern!
blumen sprossen und der wesl erwacht. 159 (nr. 91), 6;
gott sah herab; es schmolz das eis;
seht, unsre ähren sprossen. Stolberg 2,7;
einigen gräbern
schattete schon der gepflanzte bäum, es sproszte das gräschen
auf dem lockern buden der andern. 3, 303;
ein blumenglöckchen
vom boden hervor
war früh gesprosset
im lieblichen flor. Göthe 1,28;
nicht ferne lag ein halb versunkner stein,
wo kräuter, reich an tugend, sproszten,
in jedem mai drei hohe liiien schoszten. Kind i, 156;
still in die gruft
musz es ('/ns körn) sich senken,
eh es zum lichte die spitze kann lenken,
sprossen und reifen in himmlischer luft.
RÜCKUT (1841)^216:
am säume (Jes sees) bins' und weide heimlich (lüstern,
und sanftgewiegte wasserbluraen sprossen.
LiNAO 2, 147 Auch;
wenn ich satt am sonnentrank
mich im sfid getrunncn habe,
eine lilie weisz und schlank
sprosset dann aus meinem grabe. Isoldb Koix 9e(/.S78.
eigenartig:
auch Daphne Oohe, zu keusch! den jungen Apoll,
und stand, und fühlte nicht mehr, und sprosste zum bäum.
Rahler (1772) 20.
Klopstoci gebraucht sprossen gern von zweigen, laub als sieges-
preis, wobei es sich zum theil um ausgeführte büder handeü:
dann hebt mein geist sich, dürstet nach ewigkeil,
niclit jener kurzen, die auf der erde bleibt;
nach palmen ringt er, die im himmel
für der unsterblichen rechte sprossen. ),8S;
trunken lieben sie sich {der i/enius und die kunsl , /kt-
-"»i/id>i7)! neben den glücklichen
sprosset der künftige kränz. 2,58;
doch wenn du aller streite verwünschter bist,
die hohe todeslanze nicht nehmen magst:
so Ilieli! der lluclil sproszt sonst kein lorber;
aber nach dieser, wirst du gekrönei! 155;
da, da ist kein tempel des ruhms, da sprosset kein lorber,
eures hauptes kröne zu werden. 6, 154 {Sie»'. 18, 818J.
ebenso:
hoch aus den wölken strahlet das ziel des geweiheten köchers,
jedem siegenden pfeil sproszet die palme des lohns.
Stolberc 2,328;
des dichters lorbeer sproszt auf steiler höh'. 5,77;
ähnltch: die myrihe sproszt im tritte
der wöliirahrt leicht hervor,
doch lim des elends hütte
scbieszt Unkraut nur empor.
Novalis 1.231 .Weis:»«).
vom harte, meist beginnenden bartwuchs bezeichnend: das gold-
gelbe haar bewegt sich um das gesiebt (Jasons), und die feine
wolle sproszt um die wange. Göthe 3n, 39; der schmucke
uod wohlgebildele jünglmg, über dessen lippen schon der
erste flaum sproszte. C. F. Meyer no». 2. 178;
da sproszt' ihm {Max Piccolomini) kaum der erste fiaum um's
kinn. Schillbr Hcc. 1, 1;
jugendlich sprosste der bart. Voss Oeiils verw. 52, 189;
um der lippe feinen säum,
wie am rand der quelle,
sproszt ein weicher frülilingsllaum
a«is der jugend welle. Rdckert (1841) 360.
von Sommer flecken:
Blondine... ein wort, mein herr ! ihr seht ein klar gesiebt,
jedoch so ist's im leidigen somraer nicht!
da sprossen hundert bräunlich rothe Oecken.
die zum verdrusz die weisze haut bedecken.
GöTUE 41, 78.
auch sonst gelegentlich in uni^ersönlieher stnnUcher anwendung
von dem, was gleich pflanzen, pflanzentrieben wächst oder hervor-
kommt, rein dichterisch vom aufgehenden monde: auf dem berg
sproszte der mond wie eine geschlossene lilicnglocke heraus.
J. Paul Fixl. 30; blasz visionär:
sah er vielleicht allein nicht vorher, was vor aller
aug in der fern unverhüllt lag, der erobrung
jammcrerndte? nicht hundertfältig
sprossen gcbein aus gebein? Klopstock 2,75.
b) von Personen, zur bezeichnung körperUchen wachsthums und
jugendlicher enticickluny überhaupt, meist mit Verdeutlichung des
unmittelbaren anschlusses an den gebrauch von pflanzen durch
einen vergleich oder sonstige zusammensteUung damit:
nie empfand ich sie einst, sprossend ich selbst,
jene maye! Klopstock 2, 168 ;
frühlingsbirke, du stehst hier über dem grabe der Schwester
herbstlich einsam, und streust blätter und thränen darauf,
deiner unschuldigen brüst will ichs vertrauen : sie sproszte
dir gleich, leise vom hauch himmlischer lüfte bewegt,
ach und vermochte nicht zu bestehn dem stürme des winters.
Herder 29. t'26 Siiiihan;
denn er gedeiht und sproszt empor,
wie auf der wies" ein schlankes röhr;
und lebt und webt, der gottheit voll.
an kraft und Schönheit ein Apoll. Hörgei 51»;
sproszt ihr (d-imm) wie des frühlings junge triebe,
ahmt die wange seiner rosen glut.
soll das herz auch ahmen seine liebe,
wie das herz des Irühlings mild und gut.
Lbnad I, 417, 1 A'ocA.
vom körper selbst, ohne solche Zusammenstellung, auf die frühste
kindheit gehend:
auch die seelen, die zarten, nur sprossenden leibern entflohen,
sammelten sich um den seraph herum, sie Qohen noch sprachlos,
mit der kindheit xärtiichem weinen.
Klopstoci 3, 45 {Mesf. 1. 670).
vgl. ScHö>AiCH neol. wb. 257, 34 Röster, abstammung bezeichnend
(vijL die schöne oben theil 4,2,120) unter hervorsprossen an-
gefahrte stelle GüTBE 32,41), in wunderlichem bilde:
was aus dem zepter sproszt. das soll kein knecht entführen.
klarer: Hoffbanmswaldau hti Stkimbach 2,644.
welcher der siebente sproszt« vom stamm des alternden Belus.
.,.,,, . . Voss bei Campe
«na frei m folgender art:
aus ehlichem beiseyn sproszte dann Herraione. Göthe 41. 194.
c) in freierer unpersönlicherer anwendung. bei Klopstock
heiszt es mit bezug auf das fruhlingsjunge grün:
die luft ist heiter, mein vater,
und verschönt in dem weiten geQlde den sprossenden frühling.
5, 9S (Mrss. 11. 1177).
ICO sprossen kaum, wie Campe wiU, im sinne von sprieszen
machen aufzufassen ist (vgl. unten 2). so auch: so vergiszt
sie (die natur). dasz sie einen frübling voll blölhenherrlicb-
keil hat sprossen lassen. Vischer auch einer l (1900), 90;
159
SPROSSEN
wo dir hieben und zwanzig lenze sproszten.
rieben und zwanzig winier dich umschloszten,
sieben und zwanzig mal der herbsi dein haupt umnog.
KOSKGARTKN fhllflS. 1, 146.
tn der folgenden stelle tind die Jugendjahre des menschen gemeint:
tief in der Oberwinder scbaor . . .
stand ein jüngiing. die todesbiässe der sprossenden jähre,
und die geduld, in der blOibe sich langsam sterben zu sehen,
war mit anderer schöne belohnt, als jene, die vormals
den noch sterblichen schmückte.
Klopstoc« 6, tl8 (MrFs. 18. 263).
•n sonstiger bildlicher anwendung, mit engerem oder loserem an-
schluti an den gebrauch von pßamen: die freundschaft sprosset,
näürt sich und wächst blos durch den genusz, weil sie geistig
ist Rode Montaigne 2,11; wohin nur ein saamenkorn des
Vergnügens fiel, sprossen schon tausend keime des jamniers.
Scbii,li;r 2,353; die persönliche tapferkeit, die den beiden
auszeichnet, ist die base, auf der sein ganzes wesen ruht,
der grund und boden, aus dem es bervorsproszt. GOthe 48, 177;
als ich war in Hagraljemame, — sproszte mir des übel-
befindeng same. Rücrrrt 11 (iS82), 529;
wenig Treuden
sprosxen auf den ufern des leben«!
ilÖLTT 112, 15 Halm;
die blumen der gesundheit sprossen
auf ihrem schonen angesiclit. Böncsa 26';
sage {lirudei ), sproszte dir je,
keimte mir je ein gedank',
dessen hülle nicht du
hobest, nicht ich? Stolbkrg 1,221;
diese lügend,
ich fürchte sehr, ich kenne sie — wie wenig
reicht sie empor zu jenem ideale
das aus der seele mütterlichem boden
in stolzer schöner grazie empfangen
freiwillig sproszt und ohne gärtners hilfe
verschwenderische blüthen treibt.
Sdhiller dorn Karlot 3, 2;
es sproszten dir Tiel schöne blüthen der geselligkeit.
HöiDERLiN (1813) 109;
lange todt und tiefverschlossen,
grüsxt mein herz die schöne weit,
seine zweige blüh'n und sprossen,
neu TOD lebenskraft geschwellt. I. 147 hösllin.
blauer: all unsere tbätigkeit, all unser vergnügen spruszt aus
der geselligkeit. Schiller 1,32; rühm, der ihm sogar aus
diesem rückzug sproszte. Hauff 11, 140.
2) rein adivisch , sprossen ansetzen , treiben (mit baben.
Adeld!<c): die bäume sprossen schön, gli alberi buttano. Kramer
deutsch-üal. diel. 2 (1702), 896\ Aoeldng; der kohl sprosset
wieder, il eavolo broccola, ributta. Krämer a. a. 0. Adelung;
briunlich sprosst die eiche
am umgrünten teicbe. Voss 4(1802), 165;
emphatisch:
(du, Fr. Stotberg)
trinkst aus jeder blum' im thal,
aus jeder knosp' am sprossenden haupte des hains,
heiligen uektar des gesangs!
ScHÖNBORN liei Stolbrrg 1, 196.
tn freier bildlicher anwendung: so scheine hingegen Johann
Bunkels erhabene Sonderbarkeit die frucht eines genies und
einer einbildungskraft zu seyn, die durch romantisches wesen
und religiösen eifer wie in einem (reibhause erhitzt und zum
Rprossen getrieben worden. Wieland suppl 5,284;
den schmuck der zweige habt ihr abgehauen,
da steh' ich, ein entlaubter stamm! doch innen
im marke lebt die schalTende gewalt,
die sprossend eine weit aus sich geboren.
ScuiLLKR WalU-nsIrins tod 3, 13.
auch transitiv, sprossend entstehen lassen, hervorbringen, von
pflanzen:
sieb der veraltete stumpf, Im siedenden kessei gequirlet,
phnt voll Saftes zuerst, und es wibrt nicht lange, so sprosst er
laub, und piözlich erscbeini er umhängt mit vollen oliven.
im bilde: ^'*" '^'"''" "''""• 32, 2S0,
•US Deutschlands sümpfen ringt sich eine xwote Tiber,
und ihren sprosst der lorbeer des Apoli!
i. b. MicHiiLis (1780) 177,
und HO» der trde: es sprosse die erde allerlei sprossen.
MiRDiLSSoaN I Mos. 1,11 {bei Luther: lasse aufgeben); goll
sprach: »protie die erde zartes jungfräuliches kraul. Hrrurr
6,14t Suphan;
and tum Okeanos sank des Helios leuchtende fackel.
tiebead die dunkel« nacbt auf die nabrungsprossende erde.
Voss II. 8, 4M ;
v6lUf ein mear von biui ward die Dur,
tfi* arde schien tulpen zu sprossen nur,
KtiCKIRT l'irdosi 1, 118.
SPROSSI'NBIKR — SPROSStNGEWINDE 160
auch in andern Verbindungen:
die waag" in ihren bänden
spiosscte rosen,
sproszte lilien. ükrdrr 27, 121 üuphan;
freier: ihr knospen sproszt der mühe süsse» streben. 25, 519.
3) als lechniscber ausdruck in der naturwissenschaft im sinne
von 1 und 2: sprossende blumen, 'wenn aus einer blume eine
andere hervor wächst'. Adelung; prolifer, sprossend, hervor-
Ircihend. - poji/fr ftos, 'wenn eine blume in einer anderen
blume enthalten ist, uie sich dergleichen misgestalten bey gefiilUen
blumen zu zeigen pflegen', auch von Stengeln, wurzeln, gliedern
der koraUen. Nemnich 2. 1065, sprossender stamm, prolifer,
'der nur aus dem mittelpunkte des gipfeis äste treibt'. .Iacobsson
7. 41.V; vgl. weiter: besciiauen wir das wachslhum {einer pflanze)
näher, so sehen wir, dasz, indem die pflanze «ich von knoten
zu knoten, von blatt zu blatt fortsetzt, indem sie sproszt,
gleichfalls eine fortpüanzung geschehe, die sich von der fort-
pflanzung durch blüthe und frucht, welche auf einmal ge-
schieht, darin unterscheidet, dasz sie successiv ist, dasz
sie sich in einer folge einzelner entwickhingen zeigt diese
sprossende, nach und nach sich äuszernde kraft ist mit jener,
welche auf einmal eine grosze fortpflanzung entwickelt, auf
das genaueste verwandt. Götbe 58,76; eine pflanze welche
sproszt, dehnt sich mehr oder weniger aus, sie entwickelt
einen stiel oder Stengel. 77; auch auf thiere bezogen: diese
forlpllanzung ist wieder, wie die einzelne reproduction doppelt;
1) entweder geschieht sie ohne besonders dazu eingerichtete
Organe, und dann heiszt sie sprossen, so wächst plötzlich
aus einer rinde einer pflanze eine knospe hervor. . . . bey
vielen niederen thieren kommt dasselbe vor. Oken 4, 296;
wir haben also hier sogleich viererley entstehungsarten, durch
ursprüngliche bildung, durch eyer, durch sprossen {oder plur.
zu sprosse) und durch theilung. 314.
4) nd. {in der Altmark) sprott'n, den wetzen xurüekschneiden,
wenn er im frühjahr zu üppig wächst. Dähnert 207', ;«n ge-
brauch, der zweifellos unmittelbar an das nomen anknüpft {die
sprossen abschneiden, vgl. kOpfen, den köpf abschneiden u. ähnl.).
SPKOSSENBIEH, n. von ftchtensprossen bereitetes bier. Berlbn
5, 664, bei Campe als nordamerikanisches bier von den sprossen
der Sprossenfichte {s. dies) verzeichnet, nach Skeat 5S5* seit langer
zeit in Deutschland, so in der gegend von Danzig, bekannt, woher
wort und suche von den Engländern übernommen sein soll, deren
spruce-beer (mit anlehnung an Spruce für Pruce, Preusien, im
älteren englischen? doch heiszt auch die sprossenfichte spruce und
spruce-fir) schon 1706 bezeugt ist. auffällig bleibt dabei das fehlen
älterer Zeugnisse für das deutsche wort, das zudem in der gegend
von Danzig nd. lautstand gehabt haben müszte. bei Höfer 3, IRS
ist es als sprucebier verzeichnet, also in einer form, die deutlich
englischen Ursprung zeigt.
SPROSSENBILDING, f: auch hängt offenbar die spn.ssen-
bildung (6« niederen thieren) mit der eyerbildung zusammen.
OkEN 4,314.
SPROSSENBOHRER, tn. bezeichnung einer kAferarl, die
sprossen, bluten- und laubknospen von Obstbäumen und strduchern
anbohrt, um ihre eier hineinzulegen, der blaue Sprossenbohrer,
rhynchites alliariae, conieus. Ösen 5, 1658.
SPROSSEiNDHEIECK, n.: auf dem turmdach, unmittelbar
unter der wetterstange, befand sich der hau eines in kühnen
linien emporstrebenden gerüsles, das in dem oben zusammen-
laufenden Sprossendreieck die turmstange überragte. Timm
Kru(;eii schuld? 119.
SPROSSENFAHRT, f. bergmännisch die gewöhnliche fahrt, tum
ein- und ausfahren angebrachte leiler in einem schacht. Veith 16s.
SPROSSENFENSTER, n. fenster mit sprossen. Jacobsson 4,':4!r.
SPROSSENFICHTE, f eine art schöner fichten in Nordamerika,
aus deren jungen sprossen das sprossenbier {s. dies) gebraut wird,
die nordamerikanische flehte, auch sprucelichte (engL spruce-tir),
pinus canadiensis. Nehnicr 2,977. (^ampr, die schwarzftchtf.
fiinus nigra. Oken 3,361.
SPROSSENGEWEBE, n., bildlich: wenn wir aber n.ihn
sehn, so zeigt sich {bei der betrachtung der quellen des kind'
mords), dasz es nicht Verwirrung in den keimen des üb<-l-.
«undcrn in dem sprossengewebe Ihres wachsthuini ist. Pfsta
Lozzt 8 (1822), 16.
SPHOSSENGEWINDE, n.;
ihr unsterbilchoD, gebt
mir sprossengewind*
tum angeblnde
dem neugebornen kinde! Stolbir« 2,330.
t61
SPROSSENKOHL— SPROSSER
SPROSSIG — SPROSZLING
162
SPROSSE.NKOHL, m. II der ipargelkold, bmssica bolritis
lofa, brasska nsparagoides crispa, an dessen stengelende ein
.ochel von sprossen hervorspriesst, die man wie blumenkohl :u-
heieitet. Campe, ^eiimch.
:) rf«- rosenkohL brassica oleraeea gemmascens. Piitiel-
Jessei» 65'.
3) die sprosfen der im frühjahr wieder ausschlagenden Strünke
des braunen kohls als gericht. in yorddeutscfüand, nd. spraten-
kooi &r«n. tt'6. 4. 97R. SchCtze 4. 1'5, spriitenkohl Strodtmami
IT.. DÄiisERT 454', sprAt'nköl Danseil 20:', sprotenkäl Sciiah-
BAcn :!06', sproltküol brem. «b. 4, !i76.
SPROSSENKREL'Z, n. von sprossen gebildetes kreuz in einem
fer.^ter.
SPROSSENLEITER, ^ leiter mit sprossen : endlich gelanges
der adminislration den ort zu schlieszcn . ja zu vennauern,
s 1 dasz eine ganze zeit lang diejenigen die das abendnialil
(Leonardo da Vincis) sehen wollten, auf einer Sprossenleiter
von der auszerhalb zugänglichen kanzel herabsteigen muszten,
von wo sonst der Vorleser die speisenden erbaute. Götiie
39, lOS; bildlich: jede sprosse der endlichen erkenntnisz wird
durch lehre und alimälichkeit erstiegen, aber das unendliche,
welches selber die enden jener Sprossenleiter trägt, kann nur
auf einmal angescbauet werden, statt zugezählt; nur auf
üügeln, nicht auf stufen kommt man dahin. J Padi. lev. 1,61.
SI'ROSSENRAD, n. bezeichnung einer im bergbau üblichen
art der horizontalen hebel, von menschen getrieben {franz. roue
avec des menoltes, engl, wheel wilh handles). Karmabsch-Heeren^
i, 2S1.
SPROSSENSCHARE, f. eine art der schaben, motten, die auf
^•-nssen von bäumen lebt, phalaena tinea ramella. Adelung.
> ;mnich, tinea turionella {in ftchtensprossen). Oken 5,1196.
SPROSSENSCH LINKE, f. eine algengatlung mit seitwärts an-
schwellenden und sprossenden gliedern, oedogonium, prolifera,
die blasige sprossenschlinke, conferva vesicata. Ojbn 3, 202.
tgl. schlinke 6, o oben theil 9, 744.
SPROSSENSTAMM, ni. sprossen treibender stamm, im bilde:
baut um den liauin! behaut die äste,
streifet das iaab und verstreut die rrüchle!
dasz ihier und vogel fliehe mit angstgescbrei!
doch schont der wurzel, schonet des «prossenstaturaes.
Stolbkrc 4, 97.
SPROSSENWAND, f. von den aus stöben gebildeten uänden
etnet Vogelbauers:
und weisz das arme finklein
in seinen Sprossenwänden
bescheid in Jedem winklein
dann geht es an ein blenden. Le^au neue ged. 230.
SPROSSENWEISE, adv.: ich hörte deutlich, wie es sprossen-
weise an der leiter emporklomm. Stobm sämtl. werke 2 (1899), 17.
SPROSSENWERK, n. .• das doppelte sprossen- und masz-
werk der groszen thurmfenster (des Frankfurter doms) . . . (soll)
in kfinstlerischer Vollendung ausgeführt . . . werden. Didaskalia
15. Jon. 1873.
SPROSSER, m. 1) die grösiere naclitigall. frauenzimmerlex.
bei ScHDLTz alUagsl. 140. öconom. lex. (1744) 2787. Adelung.
Jacorsson 7, 41ä'. NENiftcB 2, bl3. Oker 7,39, mit der folgenden
%d>enform: es ist zwar noch eine art (dernachtigall^), welche
Ton einigen sprossen genennet wird. Döbel jäger-pract. l, 63'
{ebenso im register), vgL weiter spruszvogel unten, nach Cahpb
tm nd. für das männchen der nachtigall gebräuchlicli , ebenso
und gleich sproszvogel für die nachtigall schUchthin auch hd.
{$. die belege), bei Weigand* 2, 782 wird vermutet, 'der name
wol, weil er in sprossen lebt?' (vgl.: 'jw liebt gebüsch'. Okek
7,39). vielleicht ist der name zu erklären: der sprossen hat
{vgl. unten 2) und aufzufassen nach sprosse 4, hautßeck {wegen
der flecken im gefieder, 'brüst hellgrau mtt dunkelgrauen flecken'.
Oken 7, 39). auch dte müglichkeit einer unmittelbaren Zugehörig-
keit zum verbum sprossen {wegen der lauten, schwellenden töne?)
bleibt zu erwägen:
was? rier der sprosser {variier: eine nachtigall), triumest du,
er labet sich an diesem kraute? I.icbtwer (1828) 112;
der sprosser hüpft von zweig auf zweig,
und jubiliert dir vor.
Thobsbn im GöUiufier musenalm. a. 1771, .<. 21
Heillich;
es Oötet der zärtliche spro^ser. Clddids bei Cahpb;
liebesiöneo, schmachtend gezogen,
lauscht des sprosser« glückselige braut.
Lbnad ged. (IH65) 453;
1.2.
wie kommt des winters eis zum raaienleste,
wo laut der frübliiig jubeh im erwachen,
wo jugendlich der erde waiigen lachen,
des sprossers lied ertönt aus jedem neste?
Stracbwitz CSgi) 149,
wie mag dein geist im staub vergilbter schrilten ruhn,
wenn dringend dich zu bessrem thun
des sprossers brünst'ge schlage locken?
Gkibel 3 (ISS8), 33.
bildlich: sie sind verstummt, ach! oder sind gestorben!
kein adler mehr in deutseben dichterhainen !
schwan, lerclie, sprosser — hin sind ihre tage!
Freiligiath 2 (1886). 240.
2) kirsch mit sprossendem geweih, sprossen(vgl. sprosse, sproszS):
den grimmigen keuler
wiiszi' er zu finden im hallenden Porst, die fährte des sprossers
zu erkunden im dickicht des waldes.
KOSKGARTEN iwps. 1 (1798), 258.
SPR0S8IG, adj., daneben früher sprossicht. vgl. auch sprössig.
CoMENiüS sprachenlhür übers, v. Dücemiüs (1657) teutscher index.
l) äprossTcht, germinans, pullulascens. Steinbacb 2,644.
vgl. sprossen l und 2, sprosse, sprosz l.
i) nich sprosse 2 in Verbindungen wie eine sechs-, sieben-
sprossige leiten
3) im sinne von sprosse 4 spruszick, nd. spruetich vel vieckich,
sprulich vel vlackich, nevosus. Dief. 379', sproetich, lenticulosus.
nov. gl. 23l', auch in dem unmittelbar zu Sommersprosse ge-
hörigen sommersprossig. Adeldng {vgl. oben theil 10,1,1558),
sommersprossicht, lentiginosus, cymosus. Steihbach 2, 644.
SPROSZBEERE, f.: im ungarischen Berglande sprosrpern,
preiszelbeeren. Schröer 19"', wahrscheinlich gleichen Ursprungs wie
preis(z)elbeere, s. dies oben theil 7, 2093.
SPRÖSZCHEN, n., deminutiv zu sprosse, sprusz. Adbldng,
nach 1 :
komm, knabe, wähle! — sieb, ein spröszcbeu iorbeer,
und eine lilie; du wählest recht! Herder 28,392 Suiihan.
SPROSZFORM, /^; die endungen der lateinischen adjective
sind von zweierley art: eine Stammform oder (und eine) sprosz-
form. G. F. Grotefend lat. gramm. (1823) 1,76.
SPROSZGEWACHS, n. sprossendes, sprossen treibendes ge-
wächs. Moerbeek bei Campe.
SPRÖSZLELN, n., deminutiv zu sprosse, sprosz, in älterer
spräche auch ohne umlaut, sproszlein, malleolus. Heniscb 10S9,46,
junges sproszlein. Cobemus sprachenlhür übers, v. Docemios
(1657) teutscher index, sproszlein, buttareUo, rampollino, sorcolino.
Kramer deutseh-ital. dict. 2 (1702), 896'. Adelung (als oberd. be-
leichnet). im sinne von sprosse, sprosz 1, von impfreisern:
letzt weil die schösse klein,
bricht er was wild ist ab, impfft gute sproszlein ein.
Opiii 1 (1690), 154.
vgl. sprosserlo, (plur.) sprossenkohl. Hügel 154', sprussel,
sprüssel oben.
SPRÖSZLICHT, adj.: sproeszlecht, lentiginosus Dief. 324',
niederrhein. sproteücb, nevosus 3:9*. vgl. sprösse!, sprüssel 4.
SPRÖSZLING, m. Weiterbildung zu sprosse, sprosz mit der
vielleicht älteren nebenform sprüszling (vgl. scbüsziing neben
schöszling. Davis zeüschr. f. d. wurtforsch. 4,163): sprüszling,
adolescens, quelle von 147u bei ScH«.* 2,706; sprüszling, was
vom stamm ausspreust, stirpes arborum. Corvikos fons latinit.
l (1660), 633';
gebt, lernt: dasz gottes geist in menschen sey gestiegen,
dasz, der für menschen war, Im menschen möge liegen,
dasz der, dem tausend jähr sind als ein gesing tag,
ein sprüszling der natur, ein mensch, ein kind seyn mag.
LouinsTEl!« himmel-scIUüssel 18;
noch mundartlich, so hair. sprüszling. Scbm.' 2, 706. früher be-
zeugt ist eine form mit o {s. unten l). unumgelavlele formen
halten sich bis ins mittlere nhd, sprösziing ist vom anfange des
17. jahrh. an belegt, s. unten 1. vgl. mnd. sproetling. Schiuer-
LCbben 4,348*.
1) nach sprosse, sprosz i, sproseling, surculus. quelle von
1420 bei Weicard' 2,782 (vgL Leier mhd. handwb. 2, ll2o,
sprösziing quelle von 1480 bei Weicahd a. a. o., wol m gleichem
sinne), sprösziing, ein zweig. Hdlsius (1616)304', sprosling
{mit verweis auf Opitz ps, 80, i. unten). Schottel 372', zweig-
lein, lour^eon, sprösling. 1420, sprösziing, germoglio, sorcolo
noteUo. Krämer deutsch-ttaL dict. 2 (1702), 896', germen, surculus,
stirps, stolo. Stbirbacb 2,644, hervor gesprossenes junges ge-
«dchs, keim oder zweig, besonders von jungen zweigen oder
schössen der bäume. Adbluhg.
a) eigentlich: die sprösziinge ab schneiden, germina ofticin-
liere. Steinbach 2, 644; hier faulen stamme zu tausenden über
11
163
SPRÖSZLING
einander, und junge spröszlinge keimen in unzahl auf halb-
vermoderlen vorfahren. Göthb 25,330;
zarte lauben sali ich dich entblältern,
junge spröszlinge zerschraettern,
und in abgrund sank das blüthenreiche thal.
J. G. Jacoii 3, -238;
mit genetiv des Ursprungs: jeder kommende frübiing der die
spröszlinge der pflanzen aus dem schoose der erde treibt,
gibt mir erlöuternng über das bange räzel des lodes, und
widerlegt meine ängstliche besorgnisz eines ewigen schlafs.
Schiller 4,42; an persönlichen gebrauch (s. unten) anklingend:
siehe, schon streckt der sprösziing der ceder den grünenden
arm aus,
und die weiche slaude des balsams. KlopstockS,* (.Urs«. 1,65);
anders: es tranken die haine, die blumen und grSschen,
jedes nach seinem maasze, vom lelienirunkneren menschen
bis zum gräschen im Ihal und bebenden sprosling des berges.
Stolbkro I, 203.
in tergleichen: dyne kindere solen syn as de jungen sproet-
linge der oiyhome. quelle bei Schiller -LObben 4,348' (nach
pt. 128, 3, bei LuTBER : wie olezweige, eine bibelsteUe, die auch
dem folgenden belege tu gründe liegt);
sei ((» tochter) ihm (dem galten) ein fruchtbarer weinstock
um sein haus; die kinder um eueren tisch wie des Ölbaums
spröszlinge! Voss 1 (1802), 152 (/.i;is,> 3,301);
wie eines spröszlings sorgsam im quelienthal
vor frommer menschen hülle die Dryas pflegt,
so pflegen dein, o zartes knäblein!
sorgsam die Musen, Apollon sorgsam.
Stolberg 4, 276.
in ausgeführten bildern, vom jüdischen volke:
goli Zebaoth, nun wende wieder,
ach! schaw ans deinem himmel nieder:
sieh' anfl*. nim diesen stock in acht,
den sprösziing lasz nicht unbedacht
den du gepfrofl"!. Opitz //s. 80, 8;
von einzelnen menschen:
dort (in deremqkeit) find' ich, was mein heri sieb sucht,
und hier nicht finden kann;
du nimmst den sprösziing an,
pflanzest weiter ihn auf himmelsauen.
sey's Veilchen im thal,
oder ceder gottes:
alle, alle blühen wir
in gottes reiche. Hkrdir t.sch.iil.u.kunst 3,115:
hier irrte der fröhliche knabe,
unter des frühlings blüthcn, und blühte selber mit schöner
frucbtverheiszender blume, eh' ihn der enge! des todes
leise pflückte; er schneidet nicht nur vom bäume des lebens
reife frucht, oft trift die hippe den knospenden sprösziing.
Stolbirg 1, 378;
wie pflegte sie mit flammeneifer
des zarten s])röszlings, bis er reifer.
ein stolzer wuchs, zum himmel scliosz.
Schiller 3, 165.
b) in fesler Übertragung erscheint schon im 1 5. jahrh. sprüsz-
ling für adolescens (vgl. oben), ebenso sprösziing, ein halb-
wachsender knab oder inägdlein, un garfon, ßlette. Hulsius
(1616) 305", giovanetto tenerello ed inesperto. Kramer deutsch-ital.
dict. 1 (1702). 896'. in neuerer spräche meist auf abstammung
gehend, wobei wol die familie als stamm bezeichnet wird: die
einzigen noch überigen spröszlinge des INicolaischen Stammes.
GöCKi.NGi leben Nicolais 31 ; die Cherusker erbaten sich einen
römisch erzogenen landsinann von Rom, weil er der letzte
sprösziing aus dem erlauchten stamm Ärinin's war. Freytac
17 (1897), 77; aber auch freier: Dämonassa (die schöne Spinnerin
in der Parnassischen grutte) war der letzte sprössling eines
edelo geschiecbts, welches vun sehr allen zelten her nahe
bey Delfi am fuss des l'arnassus begütert war. Wieland 38, 116
(Hexameron, üafnidion); es gehe schon lange die sage von
sprOszIiogen der Huhenstaufen, die in einem unzugänglichen
schlösse der zeit warteten, den kaiserthron zu eistreiten.
AtRiM kronenw. 1,251; als einziger sprösziing des jütlündischen
köoigshauses. DiBLM*fiN ddn. gesch. l,50; das aint ihrer priurin
»ar wSbreDd langer kriegsjahre unbesetzt geblieben und sie
sehnten sich darnach, dasz es endlich wieder würdig be-
kleidet und geehrt werde Ton einem bei gott und menschen
angesehenen spröszlinge einer gioxzen familie. C. K. Mkykr
hnatsch (tbOl) 180;
die nun fuhrt« zum kämpf Elepbenor, iprotzling d«< Ares,
vom CbaUodoD ericiigi, heerlürtt der erhabnen Ahaiiier.
Voss //. 2. 640 ;
dti ja weit! Ich ganz gewltg,
du eben Jeui von dum ichilde si
dass di«a«t. was au «Deo jeui von dum iciillde (ingti,
niemals du vergisscil, du ein sprössling solches muun*.
.t/Mlu/anr« 3. <H*.
SPRÖSZLINGSZWEIG — SPROTT 1 64
mü abhangigem gen. anderer ait:
es wohnte diesem in der nähe
ein sprösziing eigcnnüizger ehe.
„,._ . , , Hagedorn 2(1771), 66.
ohne derartigen lusati :
wie bin ich so reich, wie war ich so arm!
nun wieg' ich der spröszlinge zwei im ai m.
Chimisso I, 212 Knch.
hoffnungstoller sprösziing: du kannst dir nichts anmasz-
lichercs, »erwegeneres, hohnsprechenderes, impertinenteres
denken als den russischen nationalgeist, nicht den des volks,
sondern der hoffnungsvollen spröszlinge der gtoszen familien,
die die nächste anwartschaft auf ämter im civil und bei der
armee haben. Seume 2, 103 Hempel. auch heute gern spottend:
da hat er ja einen recht hoffnungsvollen sprösziing; er sollte
seinem hoffnungsvollen sprösziing mal eine gehörige tracht
prügel verabfolgen.
c) auch in anderer art von personen, auf den Ursprung ihres
amtes gehend: indem ja die geistlichen kurfürsten allen andern
vorangingen und als spröszlinge der hierarchie einen unan-
gefochtenen ehrwürdigen räum behaupteten. Güthe 48, 70.
ebenso in unpersönlicher bildlicher Verwendung in bezug auf ab-
stammung, Ursprung: denn nie würde es den priestern und
andern meistern jener täuschenden künste gelungen seyn,
diesen neuen sprössling des aberglaubens (die magie) zu einem'
80 üppigen und fruchtreichen bäume zu ziehen, wenn nicht
sein keim sich aus der menschlichen natur selbst entwickelt
hätte. Wielakd 32, 206 (;4jo//iodäm. 4,2); als das {römüche)
reich in der westhäifte zu tode krankte, trieb der abgehauene
stamm neue spröszlinge aus der lateinischen wurzel, die in
einem vierfachen bücherwesen blühen. Jahn i, 199 Euler;
blasser: wenn nicht gnr die bürgerliche gesellschaft nur ein
sprösziing der freymaurerey ist. Lessing 10, 298.
2) nach sprosse, sprosz 2 sprösziing, ein holtz in der leyter,
darauff man tritt, Staffel, m., un eschellon. Hdlsiüs (I616) 305'
(an der stelle steht sprüling, aber es geht vorher sprösziing, es
folgt Spruch, so dasz zweifellos ein druckfehler anzunehmen ist).
3) besondere gebrauchsarten.
a) bezeichnung eines jungen hirsches, sprössling, eerbialto d'un
anno, lat. subulo. Kraheh rfeufccA-i/a^ dic<. 2 (1702), 896*. vgl. l,
sprosse, sprosz 3 und sprosser 2.
b) spraziinge, spräzlinge, spreiszlinge, spröszlinge, 'die
mdnnchen oder herfürsproszungen, welche aus dem abgetriebenen
Silber, wenn die duszere fläche erkaltet, in die höhe treten.
Jacobsson 4, 234', in diesem sinne wol von sprossen, verb. aus
entwickelt.
SPRÖSZLINGSZWEIG, m.:
Elim bedeckt' ihn mit spröszling^zweigen des schattenden Öl-
baums. Klopstock 3, 130 (Mess. 3, 365).
SPROSZTANNE, f eine baumart in Neuseeland, aus deren
blättern ein antiscorbutischer thee bereitet wird. Cannabich geo-
graphie (1825) 133. vgl. sprossenfichte.
SPROSSÜNG, f. das sprossen, germinatio. Dastpodiüs, das
auszscbiessen, germinatio, egerminatio, germinalus. Maaler 382*,
in veralteter Schreibung sproszung, et das sproszen, germinatio,
fruticatio. Stieler 2008, vereinzelt sprössung, germinatione.
H0L8ID8 (1618) 1,236', auch in eoncreter bedeutung möglich, bild-
lich von Chrütus: das ist der weingart unnd pDantzung des
berrn, Esai. III , Mattli. XXI . der gerecht und ein sprossung
der gerechtigkeit. Zach. IX . Esai. II . Hier.II. III. Franc« kriegb.
d. friedes 212.
SPROSZVOGEL, m. die grössere nachtigall. Campe, spross- i
vogel, mit gleicher erkldrung. Nemnich 2. 613, sproszvogel, die |
nachtigall. IIeppb wohlred. jägerm'. vgl. sprosser 1. "
SPHÖTE, subsl., s. sprosse 4.
SPROTT, m., dasselbe wie sprock, subst. 2, sproekwurni,
'ftei den fischern einiger gegenden, besonders Niederdeutschlauds'
Adeldnc, sprot iNrhnicb 2,954, wol ein nd. wort, das uu.«
sprock unter anlehnung an nd. sproten, sprossen tntwickelt
sein kann. vyL die folgenden.
SPROTT, m. in Ost- und Westpreusien Überfracht, welche
auf schiffen durch betrüqerische mittel (1. 6. anndssen der ladung)
erzielt wird. Ffriscrhier 2,357', wol nd., vielleicht: uns aus
der ladumi als besonderer gewinn sprosU. vgl. das vorige.
SPROTT, m., SPROTTE, f ein kleiner henngsarliger fisch, der
geräuchert wird, in der form sprott aus einer quelle von 1716
bezeugt 6ri Weicand* 2, 783, ebenso sprott, 'eine art Sardellen
oder anschovis, so geräuchert und aus Engelland tu uns ge-
bracht werden. JASLu.Mski ifx. (17:1) 74J'. ocun. lex. (\;ii) 2787.
165
SPROTTERZ — SPRUCH (1, 1)
SPRUCH (I, 1)
166
Jacobsson 4,249'. sprot, 'eine art kleiner heringe, so man ge-
räuchert iu uns bringt, eine art sardeUen'. Fbisch 2, 310*, nd.
rot, apua infumata, sarda, brem. wb. 4, 975, sprott, ^eine art
r kleinsten und von geschmack feinsten bUckUnge'. SchCtze 4, ITS,
.ledivisch : eine tonne sprott. quelk von 1716 bei Weigand* 2, 7S3,
Kieler sprott, in Kiel zubereitet. Schütze 4, 17S:
ilraul' kauTt' ich etwas kalte kost,
und Kieler sprott und kuchen.
M. CtiODics 5, 168 (Urions reite),
in Kiel, dem deutschen haufUorte der Zubereitung, heute nd. und
hd. nur als m. üblich, es heiszt in ankündigungen nur frischer
sprott, neuer sprott u. s. f. auch sonst nd. m. Feed. Richtebs
tn der teitschr. f. d. wort forsch. 5, 277. m dem ältesten vorliegenden
deutschen beleg ist die schwache pluralform sprotlen beieugt:
Sprotten eine tonne 12. gülden. Coleb hausb. (1640) 187 {ausg.
i . I6s0 1, 133*). der Verfasser war pfarrer zu Parchim in Mecklen-
burg, auch diese form kann natürlich zu einem m. gehören, die
1774 erschienene Übersetzung von Li.ns^s systema naturae von prof.
MClleb in Erlangen bietet die sprotte, clupea sprattus. s. Richters
d. a. 0., ebenso Adelung. CiMPE. Weigamd^ 2,783. Richters ver-
mutet a. a. 0., dasz dies fem. eine erßndung MCllkrs sei. Ose»
nennt den fisch spratt, m. 6, 371. so heiszt er neuenglisch, während
das mittelengl. als Leieichnung eines kleinen ßsches sprott bietet,
ebenso ags. sprott, m. Boswobth-Toller 906". ist also der name
von England übernommen, worauf die oben erwähnte bemerkung
Jablonskis deutet, so mutz die entlehnung erfolgt sein, als
sprott im englischen noch die herrschende form war. auch das
ndl. kennt das wort, sardijn, sprot, plasken, sarda. quelle
von 1577 6« DiEF. 512', sprot, apua infumata vel harengae
soboles, sive halecis puUus. Kilia.n, heute sprot, f. auch von
HoUand kann et übernommen sein, doch reichen hier die Zeug-
nisse lange nicht so weit zurück wie in England, möglich ist ferner,
dasz es zum allen gemeinsamen sprachgule des nd., ndl. und ags.
ijehört, also auch im nd. hohes alter hat, wobei freilich das fehlen
alter belege auffällig bleibt, übrigens hängt die bezeichnung wol tty-
mAogisch mit sprieszen zusammen und bezeichnet vielleicht eigent-
lich junge fische, junge heringe u. dgl. vgl sprosse, sprosz oben.
SFROTTERZ, n. strahliger bleiglanz. Jacobssok 4, 249", plum-
bum rnineralisatum striatum. Nemsicm. vgl. spröderz oben sp. 147.
SPHOTTHEHING. m., dasselbe wie spiott, sprotte als fisch-
name, clupea sprattus. KrCnitz encycl. 162 (1835), 160.
SPROTTHUF, m. eine fiieszende geschwulst über der kröne des
pferdehufs. Jacohsson 7, 415". vielleicht mit sprüde zusammen-
hängend.
SPROTZEN, verb., mit ö, tirol. stier mit weitgeöffneten äugen
dreinsehen, glotzen, den sprözer haben, stier dreinschauen.
Schöpf 694. vgl. brotzen oben theil 2,407 und protzen theil 7, 2177.
SPUÖTZER, SPRÖTZERN, tubtt. l) sprötzern, die hecken-
kirsehe, Lonicera xylosteum. Glbditsch (1737 — 1789) bei Pritzel-
Jessen 220*. sprotzern, spözern iNemnich 2,444, bei Campe
als f. verzeichnet, auch sprutzern MCüchhausen hautvater 5. bd.
(1770) bei Pbitzel-Jessen 220*.
2) sprözer, der faulbaum, rhamnut frangula. Gleditsch
ä. a. 0. 33u*, sprötzerholz iNehnicb 2,1146, sprutzern, m. quelie
von 181S bei Fbischbier 2, 357*.
vielleicht hängt das uort mit spritzen zusammen, die beeren
eider sträucher führen ab. *
SPRÖWELN, rerft., ». sprebeln oben (AetJ 10, 1, 2'27.
SPRUCH, m. eigentlich das sprechen, einmaliges sprechen, ge-
wöhnlich: was {auf einmal) gesprochen wird, ist, meist prägnant,
mhd. Spruch, i-bildung, daher mit umgelautetem plural. im
Ueren md. begegnen unumgelautete pluralformen. Elisabeth 57
. unten U, 2, a). quelle von 1504 (Marburg) bet Dief.-WClcibb 860
.unten 1,2). einmal ist ein umgelauteter sing, beieugt: ein
-prücli wie einer clagt sein ellendt. fastn. tp. 1432 Keller.
eine md. nebenform sproch Braunschw. reimchron. 8489 Wetland
[s. unten 11, 2, a) lebt mundartlich forL Gangler luxemb. um-
gangsspr. i-i&. vgl. mnd. sprok(e), m. Scbilleb-LCbben 4, 347*,
und. sprüke(e), m. ten Doobnkaat Koolhan 3,290*, sprQak
Woeste 252', sprük Baüer-Cüllitz 98'.
I. verbaler sinn ist zum theil noch erkennbar bei der Ver-
wendung des wortt in der rechlssprache. vgl. sprechen II, 11.
1) entscheidung, urlheil, in verbalem sinn und das urtheil nach
form und inh.lt bezeichnend, auch ohne rücksirht darauf, ob es
zuerst wirklich gesprochen oder in anderer art bekannt gegeben
ist, Spruch eines ricbters, decretum, placUum, dogma, tudicit
^enlentia. Maaleb 382*, Spruch oder aussprucb des ricbters,
'enlenita judicis. Frisch 2,310*. Aüelc.ng, aibitrorum lel judicit
ordinarii pronuntiatio. Haltaus 1709, nach Frensdobff hist. auf-
sätze dem andenken an Georg Weitz gewidmet (ib^) 455 in älterer
spräche weniger ^sententia' als ^arbitiium', Schiedsspruch, vgl,
richterspruch, Schiedsspruch, urtbeiisspruch: die sacbe steht
auf dem spruche, negotium in Judicium est adduclum, sub iudice
lis est, causa sententiam judicis postulat. Stieler 2104, auf
den (?) Spruch. Adelung, die sacbe kommt zum spruche:
wenn es wird zum spruche kommen, quando sententia ferelur.
Steinbacb 2, 638. die gerichtlichen Terbundlungen liegen zum
spruche vor. Campe, eine sacbe zum spruche bringen. Adelung,
zum Spruche einrichten, vorbereiten, einleiten. Campe, in einer
sacbe geschieht ein spruch: es sind in dieser sacbe schon
drey spruche geschehen. Adelung, einen spruch sprechen:
die richter sprechen einen spruch, judiees sententiim pro-
nuntiant. Steinbacii 2, 63S; (im bilde:)
ich ger mit recht des lecbteo,
und bit darumbe fragen.
ob sich mit iriuwen siechten
zwei lieb gesamcat liabt^a suuiler bägeu.
darumbe hat diu Stete ir spruch gesprocheu.
ÜADiNAR y. Labir jagä 521, 5.
einen spruch tubn, sententiam ferre, judicio decernere. Stieler
2104, thun Steinbacb 2,638. Adelung, aucA als Schiedsrichter.
Frisch 2, 310*: nach des Spruches sage, den der marggraf von
Prandenburg getan bste. quelle im mhd. wb. 2,2,539'; seinen
gütlichen oder rechtlichen endlichen spruch tun. quelle des
\5. jahrh. bei Haltaüs1709; sover sie sich aber mit einander
nit künden vergleichen, so sold der bropst alweg gewalt haben
ain Spruch daruniben zu tbun. steir. taid. 273,8; der zusalz,
so beid teil also gesetzt band, bat darumb einbeliigkiich ein
spruch getan nach innbalt eines sprucb-briefs, darüber geben.
Tsciiuoi 2,217'; 's gricht bet e spruch to. Hu.izueb 24'.i;
hier that er (der zwinyhen- in der Schieeiz) manchen feilen spruch,
liesz btiit und tbränen rinnen. Stolberg 1, 100;
von ganzem herzen bitt' ich das gericbi,
den spruch zu tbun. Shakespeare kaufm. 4, 1.
einen spruch machen, frei:
hernach mach' einen spruch, ob ich zu tadein sey.
lloFrHA!(!<swALDAU bei Stbi:<bacb 2, 638.
fällen, in freierer anwendung:
virat der doktor (nrzt) hochgelehrt,
der diesen spruch tbät Tällen! Schillir 1,257.
verfassen: rerfassi den spruch! A. Gbtphius 1 (1698), 33, 334.
einem spruche genug tun, ihn erfüllen: dem spruch genug zu
tun, den danne der statte werglüte, zwischen ine . . . gethan
haben, quelle von 1427 bei Scherz-Obeblin 1545. einen spruch
halten, frei: ir was auch der spruch (Tristans in einem streite
der Isolde mit Brangäne) ringe, und den willig zehaiten, wann
sie gedaucht z& Widerlegung nichts ziivil. Tristrant u. Isolde
63, 10 Pfaff. sich einem spruche widersetzen: wollen sie sich
der selben spruch wider setzen, d. städtechron. 10,254, 19 (.Vürn-
berg, r. 1460). aus dem spruch gen, dem sehiedsrichUrlehen
Spruche nicht nachkommen, quelle von 1459 6et Schm.^ 2, 700.
den Spruch (des ratbes) um stoszen, sententiam {:^enalus) labe-
facere. Stei.nbacii 2,638. andere belege: so begehre er umb
sollicben frevel das recht und eines redlichen spruchs. quelle
von 1516 bei Haltacs 1709; wie die urtbailen, auch giietig
spruch und vertrag in compromiss und andern handlungen
geschöpft und publiciert werden sollen, tird. weisth. 4,637,34;
ob die penn geviel aber nicht, so soll doch die läding und
diser spruch alzeit bei kraft und bei macht bleiben, als oben
geschriben sieet. 169, 43 (18. jahrh.); wenn der weitenbau
auseinander fällt, und der spruch des gericbts aucii die bände
des bluts, auch der liebe zerschneidet, bleibt dieses fünf-
fache beldenblatt ganz! Schiller Fiesko 2, 18; mein vater, des
königs oberster käminerer, wurde bezichtigt, in verräl'rischem
vernehmen mit Frankreich zu stehen, durch einen spruch
der Parlamente verdammt und enthauptet, kab. u. liebe 2.3;
wenn ein ochs, der es nicht durfte, ihm auf den acker trat,
so konnte er zwanzig oder dreyszig gülden daran wagen,
um einen spruch zu erbalten, dasz der nachbar, dem der
ochs entronnen war, ihm >o viel balzen für den schaden
sciiuldig wurde, als ihn der spruch gülden kostete. Pestalozzi
Lien/i. u. Certr. 1 (1790), 321; der mann, der dir den Planta
erschlug, ist dir von recbtswegen verfallen, er stellt sich dir
und erwartet hier deinen spruch. C. F. Mbybr Jenalseh 14^
ouch mand er an den spruch
die vier, den et enpbolhen was,
als man ou der abschriri las,
als diu handveste stiioiit.
däniii man si versuoot. Ünon* 10777 SeemtUer;
167
SPRUCH (I. 1. 2)
SPRUCH (1, 2)
1«8
und also: Tulir der lichier fort, wenn ibr
nicht meinen ratli. statt meines spiuclies, wollt:
gellt nur! I.essing 2, 280;
kek nahen izt die todte sich
luiu höllischen monarcben —
der Trau I'luiouin in die küch
ein lapperdan i^tiickfucli) — macht gute sprüch
und fromme Arisiarchen. Schill«« I,1i7;
brfider — einen sanften spruch
aus des todtenrichters munde! 4, ö;
(Palamedes) der, boshaft angeklagt, weil er den krieg mlsratheo,
sein leben durcli der Griechen Spruch verlor, ö, 350;
aber euch wünsch' ich zum letzten
milden spruch des ewgen richters.
Uhland (I8C4) 2'ö.
sprach, wahrspruch der geschworenen. vyU auch feblspruch.
freier: als sie aber durch die siedle zogen, uberantworlelen
sie jnen zu halten den spruch, welcher von den aposteln
und eltesten zu Jerusalem beschlossen war. apostelnesch. 16,4;
ein feyerlicher spruch der nation entsetzt den tirannen des
thrones. Schii i.En 7,11; in der fnlgenden stelle handelt es sich
um eine von Saturn gefällte enlscheidung eines streits zwischen
göttem, wodurch das geschieh des menschen bestimmt wird:
des Schicksals spruch ist erfüllet
und mensch heiszt dieses geschöpf.
ÜEKOBR 2M, 76 Suphan.
aber auch sonst mit abhängigem gen. eines abstractums: den man
nie nennt, ohne dasz eben die lippen, welche einst nie er-
müdeten ihn lobzupreisen, den spruch des hasses und der Ver-
werfung ober ihn aussprechen. Kunceh 8. 4. auch vom urtheil
i-ines einzelnen in einer strittigen sache, das nicht die endgültige
entscheidunu darstellt, so verblassend: dar nach kdmen sie {die
meister) wider ze rebter zit und brahte ir ieglicher wider sinen
spruch, der nim ich iezuo zwei oder dr'ie. d. myst, 2,266,11;
viel nachdenken erheischt das gesuch,
und einzuholen ist mancher spruch.
HöcKERT Firdiisi 2, 52.
mit 2 vermittelt die folgende stelle, wo das wort jedenfalls die
rechtssphäre berührt :
uns irret einer bände diet:
der uns die furder tKte,
80 möble ein wol gezogener man
ze hove haben die stat.
die läjent sin ze spruche niet, Walthrr 103, 22.
2) rechtliche klage, forderung, das fordern und sein inhaU,
was einer als rechtlich ihm zukommend bezeichnet, bezeichnen
kann, Sprüche etiam sunt praetentiones, et actiones. Stieler 2103,
spruch pro ansprucb, compellatio iudicialis, actio. Haltaus 1709,
ton Adelung als oberd. angeführt, vgl. Sihm.^ 2, 7U0, aus der
schriflsfn-ache durch ansprucb völlig verdrängt: um solch sprüch
bot sich der vorgenanler herr von Heidecl; zu recht und
wurden leg doran geniacbt. d. städtechron. 2, 123, lo {Nürnberg,
M.jahrh.); so mag doch derselbigcn stück jede parthei ge-
brauchen zu kreftigung anderer irer sprfich. 235,9; und da-
selbst spruch, antwort, rede, Widerrede und nachrede auch
urthcile ergangen seyn. quelle von 1456 bei IIaltaus 1709; und
waren eitel unredlich sprüch. d. städtechron. 22, 220, 1 {Augs-
burg, V. 1469); der kaiser soll das heiratguet noch schuldig
sein: da brachen si in ainen spruch ab ainein zäun und
wollen dasselbig an des gefangen kUnigs stat haben. Atentinus
chron. 2, Sos, 32 l.exer; aber ausserhalhen erslgemelter cohe-
renzeo bclangeiil der gmain ier sprüch unvergrilTen und un-
beoumroen. tird. weisth. 4,75,31 (e. 1.89); was Sprüche sind,
die grund und boden, erb und eigen antreffen, die sollen
berechtet werden in den gericbten, darinn solch grund und
boden liegen, (juelle bei Scbm.* 2,700;
•In vorvar, herr Hudolf,
bit (iiiem spruche frumt
Doch klne« uistunis
«ö vil iiiht erztugt,
dö er mit iina iirliiigt
und um winde bekrenken,
ÜTTOKAii 56151 Sermüller.
Spruch tu einem (atlributit): darumben herzog Steffan von
l^ndshuel schrieb xu Münichcn ein lundschaft aus . . . von
der ieuf und spruch wegen zu den iierzogen von Osterreich
vuD des pirgs wegen. Atkrtihus ehron. 2, 511, 32 Lexer. spruch
an etwas {dat.): iteiii herczog Albrecbl ist gericht mit den
von Kotweil nnih den brant und spruch an dem slosz lluhem-
berg d. städtechron. 2, 237, 6 (^urllberg, 15. jahrh.). (einen)
Spruch, Sprüche baheo zu einem : da marggrufT Albrecbt sähe
und raercki, da; im sein wille nit ergen wolt, da klagt er,
wie er sprOcb zu den von Ntirmbcrg hct. 124,26; am aftcr-
mäiitag vor Bartholomei laublen zvveii brüeder von Freyberg
und nanien den von Köln, Franckfurl und andern sietten
am Hein wol 13 wägen gfils . . . und betten gantz kain spruch
zfl in. 22,115,4 {Augsburg, v. 1455); ob auch derselb Maitits
zw dem yelzgemellen Hofnian spruch zu haben vennainet.
urk. Max. 94; spruch zu sein gnaden haben, quelle des IG. jahrh.
bei Dief.-WClcker 860; freier: si unus debet loo, ego looOO,
ergi» etiam debeo me coram hominibus halten für einen
sunder, quia ein itzlicher bat ein spruch zu mir und ich
wider zu im. Lutiieb 19,517,9 Weim. ausg.; mit näherer sach-
licher bestimmung: Sprüche zu einem haben um etwas, quelle
von IU2 bei Sf.HH.* 2,700; ob er sich nit einlassen (wollte),
äol man ime ainen rechlag verkünden, desgleichen dem gegen-
tail, der spruch zu im hat um erbar sacheii. salzb. taid. 67,2;
auch ergänzt durch gen. der sache mit folgendem halben, urk.
Max. 156, s. unten, spruch, spruche haben zu etwas: ist aber
das ein perkman in wein, getiaid und ander gut greift darzu
ein andrer spruch hell, steir. taid. 412,5; allen erben, geltern
und gläubigem menigelicb. so sprücb darzae zu haben ver-
mainen. tirol. weisth. 4,667,39; und sein spruch, so er zu jm
{dem schlösse) zu haben vermeint, urk. Max. 39; die guter, da
zu sie Spruche zu haben vermeynt. quelle von 1504 {Marburg)
bn DiKF. -WüLCSER 860. gegen einen {frühnhd. einem): im
16. jar keiser Karoli reigirung kam derselb Karel gein Nürem-
berg und hielt da in dervasten einen grossen hove, in welchem
bove die spruche und zwitrecbt, so burggrafT Kriderich gein
der sUt Nürenberg . . . hett, . . . gütlich hin gelegt und ausz-
gesprochen und des yedem leyle von den fursten brieffe ge-
geben wurden, d. städtechron. A,2Hh,2i {Nürnberg, ib. jahrh.);
vgl. auch den unten angeführten beleg von 1514 bei Waitavs 1709. wo
zu und gegen in Verbindung mit haben neben einander erscheinen.
sich Sprüche zu einem vornehmen: {Albrecht v. Brandenburg)
nam im fast vil sprüch zu im für. d. städtechron. 2, 123, 8
{Nürnberg, ib. jahrh.); wann die sprüch, die im marggraf
Albrecht zu dem von Heideck für nam, waren nichtz wert.
124,6; vgl. weiter ll,7t>3, 5 unten, statt zu erscheint hier auch
an, das ebenso in andern Verbindungen möglich ist. Bad. chron.
6,374,12, s. unten. Sprüche zu etwas gerichtlich vornehmen :
so yemand zu den erkauften gütern ainiche forderung oder
sprOcb gerichtlich fürnemen wurde. A'ürnft. re/'orina/ioB (1564)92*.
Spruch zu einem setzen, ihn anfordern, klagen. Avb.ntin bei
ScHM.* 2,700; Sprüche wider einen: wo iemants wider den
andern sprich ze sözen vermaint, der soll es vor der geord-
neten oberband thuen und alda rechts erwarten, salzb. taid.
184,4 {l'i. jahrh.). spräche suchen zu einem: wo aber nit
(einer nicht auf frischer that eryri/fen ist) und ist hernach über
kurz oder lang wider darein komen, hat in die oberkait nit
mer anlangen dürfen, sonder der zu im sprich gesuecbt bat
in vor seinem gerichlsherrn zuLobenau fürnemen müssen. 84, is
(um 1660). seinen spruch, seine Sprüche suchen vor einem
(richter): das der klüger . . . soll . . . sein spruch weiter suecben
vor der urbar herrschaft. tirol. weisth. 2, 376, 19 (16. jahrh..); das
der klager den antworter unib sullicb klag müessig machen
soll bei dem frembden gericht . . . und sein sprüch suecben vor
dem urbar-ambt-man und gericht. salzb. taid. 1,22 (11. jahrh.).
seine (zwietiacht und) spruche rechtlich austragen: daj wir
beider teile unser zwilracht und spruche vor seiner küniglich
majestat rechtlich mit einander ausztragen . . . sollen, d. städte-
chron. 2, 134, 30 (Nürnberg, i:>. jahrh.) ; ähnlkh 3, 285, 28, s. o**n ;
auch: und ob wir spruch und vorderung zu einander gewonnen,
sollen die auszgetragen werden, urk. Max. 89. seine Sprüche
ruhen, anstehn lassen: daj wir dem mergenanten fürslcii,
inarggrflIT Albrecbtcn umb sulcbe seine furgelegte und gemelte
Sprüche und anvurderunge, also an uns getan, vor dem
allerdurchlaurhtigsten fursten und herrn bern Friderichen,
römischen künige :c. iiiiserni gnedigislen herru rechtens und
billichs ausztrags phlegen und unsere spruche ... zu dem
male ruwen und ansleen laszen. 2, 134,20 (Nürnberg, ib. jahrh.).
seinen spruch, seine Sprüche fallen lassen : zum ersten sol
beitzüg Ludwig alle sein sprücb gein marggraf Albrechten
fallen lassen und süllen ab sein. 22, l&o, 5 {Augsburg, von I45'.i);
all unser sprüch mUessen wir fallen lassen. 221, ig (i<on iioe);
will alsdan der rlager seinen vermainlen sprücb gegen ihme
nicht fahlen lassen, tahb. taid. IS4. 12 (17. ;oÄr/i.). ähnlieh: so
Süllen wir oder die . . . lecbtiosz sein und den »prucb ver-
lühren haben, quelle von I8»8 in Haltsus l7o9: dasi sieb der
lierizog aller sprürh verzig, di« er z6 dem Regel bell. d. stiutlt'
fkron. 2b, 23ii,2l> [Augsburg, t. \i,:i.): wcliubei aber über doi
^
169
SPRUCH (1,2.3)
SPRUCH (11,1.2)
170
\erpott . . . Ihet, der ist in dei- Lerrschafl schwären straff
and dem andern all seine sprQcb abzulegen schuldig, steir.
taid. 4S5, 16 {vgl: wer dasz öberfüer, der ist in der herrschaft
schwören straf und dem andern alle seine sprüch »erfüllen.
J4, 26) ; sich der weiblichen sprQcb begeben, klausel in kon-
trakten. Schm.* 2, TOO.
mit sinnverwandten ausdrücken terbunden, Sprüche und forde-
rungen. Stieleb 2103, anforderungen: in derselben gegen-
berlickeit nu der vorgenante fürst, marggraff Albrecbt, seiner
Sprüche und anvorderunge etwe manige und sünderlich unter
andern in melduoge des genanten hern von Haideck bandeis
dargelegt und lauten hat laszen. d. städtechron. 2, 134, 6 (.Vürn-
berg, 15. jahrh.); nachdem und ir {Albrtcht v. Brandenburg) euch
Sprüche und anvorderung gen dem edelen berrn Conraten berrn
zfi Heideck, uns und unserm commawn fiirgenonien. 515,6;
das ich {oder) nyeniant von meiner wegen solcher stuck halben
keynerley spruch noch anforderung zu gemeyner stat, dem
erbern rat noch sundern personen weder gutlich noch recht-
lich dorynnen furnemen ... sollen noch wollen. 11, '63, 5
(Nürnberg, r. 146S); von solds, Schadens und ander spruch
und vordrang wegen, was er der zu uns gehabt, urk. Max. 53;
umb sein gerechtigkeit, spruch und vorderung, so er zu dem
könig zu haben vermeine. S<j; aber er der zwayer slüsser
halben sprucb und forderung zu uns zu haben vermaint. 15U;
ob binfüro jemand . . . spruch, klag oder forderung zu und
gegen den rath der Stadt Wormbs . . . haben oder zu haben
Tenneinen und fürnehmen würde, quelle ton 1514 bei Haltaüs
1709; was sich gesagter Argentischen Sachen halb gegen ynen,
iren hab und gütern zutragen, von dessen wegen, an ein stat
Basel, noch gmein eidgenossen, ir aller lüt, hab und guter,
niemerme rechen, weder sprucb noch vorderung furnemen,
ze haben noch ze hruchen, inn noch usserthalb rechten,
in kein wys. ßasJ. f/iro«. 6, 374, 12 (r. 1540); wann einer zum
andern sprüch und fürderung zu haben vermeinet. Ayrer
proe. 2,2; wer auf unser grund und güeter icht vermaint erb,
berrngnad und paurecbt, leibgeding, freistüft oder andere
gerechtigkeit, sprich und anforderung ze haben, salzb. taid.
5,24; da . . . von wegen entwendterjunkfrauschaft forderung
oder sprich firfohlen (vorfallen). \38,12 {l'i. jahrh.). mit recht:
ond solle nachzumahlen, wie gemelt, nit allain dem tail, so
Tor inserierter massen geschädigt worden, sonder auch auf
erfordernden fal der gsainbten nachtperschaft ire sprich und
recht zu ersueeben vorbehalten sein. tiroL tceisth. i, 2S2, 8
(e. 1674); doch sollen . . . ihre sprich und recht genzlich vor-
behalten sein. 2,172,4; bey verlierung ihrer sprüch und
Wittiben rechten, quelle bei Schebz-Oiieblin 1545. mit schaden:
wurde er von dem würlh beclagt umb aufgetragene zech, su
bt er dem pfleger und seinem richter verfallen umb das
wandl, dem wirtb umb sein sprucb und schaden, salib. taid.
19, 6 (f. 1625); so muesz der vatter oder herr für in tättigen
nmb das wandl und umb die sprich und schaden antworten.
23, 34 (f. 1625); wo man dan sunderlichen sich deren annemben,
dem belaidigten die sprüch und schaden darzue bevorstehen
solle zu ersueeben. steir. taid. 490, U. mit adjedivischen zusdtien,
heurathlicbe sprüch, praetensiones ex padis dotalibus obienientes.
Scberz-Oberlin 1545, beiratliche, \^ eibliche, wittibliche sprflch,
forderungen in betreff des heiratgutes, des uitwenau'itrags u. s. f.
ScBH.'2, 700: es kunnte dann das weih, wie recht ist, in
jar und tag genugsam beweisen, dasz sie solcher bandlung
halber ihr heyraihliche sprüch verlieren müszten. quelle bei
Scberz-Obeblin 1545, persönliche sprüch, forderungen, welche
üuf die person und nicht auf geld und gut gehen, ein ausdruck,
der jedoch im 7. artikel der (bair.) erklärten lindifreilieit, wo er
auf die prälaten und adelichen bezogen ist, laut der vorrede
t. 1616 gleichsam per [trivilegium in letiterem sinne genommen
wtrden musite. Scbm.^ 2, 700.
3) in der rechttsprache wurzelt auch einsprach, ebenso vielleicht
Widerspruch, das hier der unter 2 erwähnten bedeutung von spruch
tntsprechend die antwort des beklagten bezeichnet, der verbale
iharakter dieser beiden Zusammensetzungen ist noch heute deutlick
erkennbar, man sagt einspruch {oder einspräche), Widerspruch
erheben wie ansprucb erheben, es erfolgt einspruch, Wider-
spruch, hter hat kein plural statt, den einspruch überhaupt
nicht kennt, der bei Widerspruch eintreten kann, wenn einzelnes
femeint ist, was 'str/i widerspricht', s. dies unten, auch ver-
spruih hat als verpflichtendes übereinkommen bezieliung zur reehtt-
Sfiraehe und seigt durchaus verbalen Charakter, abseits scheint von
■ uianimensilzuugeii mit verbalem Charakter nur Zuspruch sv
stehen, und doch vermittelt der geistliche Zuspruch, der einem
deUnquenten zu theil wird, auch hier die beziehung zur rechts-
pßege.
H. sonst wird spruch durchweg von gesprochenem, in warten
ausgedrücktem gebraucht.
1) in allgemeinem sinne, an den gebrauch in der rechts-
sprache erinnern Wendungen gleich den folgenden:
er kom zuo der spräche an einem morgen Truc.
lützel guoter sprCiche redet er dar zuo. Sib. 1440, 2:
deutlich von einem geschlossenen ausspruch {vgL unten 2, ß:
'nun her mit dem glücke von Edenhall!'
der schenk vernimmt ungern den spruch.
UuLAND (1S64) 354.
auf die ältere spräche beschränkt bleibt der allgemeine gebrauch
von gesprochenen warten:
ir jähet min ze kebseu : da; sult ir läjen sehen.
mic.ist von iwren sprücheu, da; witiet, leide geschehen.
Sib. 789, 4 ;
'man so! so vroweii ziebeo', sprach SiTrit der degen,
'daj si üppec spiüche lä^eii uader wegen'. 805, "2;
dö wiseie man die sclicenen vrider in den sal.
gemelicher sprüclie wart da nibt verdeit. 1612, 3;
wie liikke ich mich der törheit underwiade,
swanue ich vor ir stän, luni] spräche ein wunder vinde,
unt muo{ doch von ir uogesprochen gän.
miiiiirs. 1, 126* Hagen;
dö manic guoter sprucb geschach.
die in schimpfe eines gein dem andern sprach.
Lonenijr. 1014 :
die (fraufn) mit süejen Sprüchen rieh
künden schön enprähen den künic lobellcb. 1664;
man hörte da sprnche wilde
von der garzünea croie. kiune 804;
ein arairali hie; Cardes,
der lialf die scliar in leiten
und ür den strit bereiten
mit werken und mit Sprüchen. 32693;
er sprach ir sint böser Sprüche rieh
und schelten min hern teglicb. /iedtrs. 2, 525. 773;
were er {gott) ungesprochen, daj selbe were ein spruch. d. myst.
2,130,16; die strojje bedutet den hochniut und die deinen
vedere subtiles inquisiliones, die swinden vragen und die
listigen spruche. Schönbacu ad. pred. 1, '26, 35; und Hiob für
fort und hub an seine sprüche, und sprach. Hiob 27, 1. zur
betonung der geschlossenheit : voller sprucb, periodus. Dastpodius.
deutlich ßr ein einzelnes wort:
swenn ich dan ü; erkirne
die selben Sprüche (:ive und Eva) beide,
und iuli ir uuderscheide
gemerke wider unde vür.
Koniao v. Wüizbobs goläii. schm. 411.
ßr eine grammalische form: also setz wir oft den spruch
der gegen würtichait für den spruch der künftichait. MEüKneEBu
60, 31.
2) meist aber prägnant, von gesprochenem, in warten aus-
gedrückten, was wie der spruch des richters feierlich vorgetragen
wird, was feste form hat, was durch form oder (und) inhalt
allgemeineres interesse beansprucht.
a) in bezug auf dichtung. vgl. sprechen U, 12.
a) mhd. von dichterischen uorten, zunächst gewisz von solchen,
die gesprochen, nicht gesungen werden, so wol in folgenden stellen,
wo es stc/t um epische nicht strophische darsttllung handelt:
aü beeret den Sprüchen (üiurlirfeit: uu beeret da;
mere [ward li-.. 6] mit sprächen, hs, a),
wie die diebe Krücheu
für ^erihte mit ir bürden
da SI erhangen würden. Helmbrechl 1651;
dise materien er (Gollfrieä w Strattbunj) hit
gespreuzet in so lichte wät,
da; ich zwivele dar an,
ob ich indert vindeii kan
in mines sinnes gebuge
rede, die wol siiude lüge
bi disen sprächen guldin. HiitiiticH t. F*iiib*6 29:
ob ich iuch uu wolle pTrengeu
und dise rede lengen
von adelichen spruchen als ich kau. kröne '2'2231 :
bette koninc .Alexander
bi bevoren uuie llarius
zo striie gbelialdeu sii^,
men soll it noch mit sprocheo recken.
Braunscliw. reiwchiuii, 84b9 Weüand;
ob ich et dan nii ebene
uach reble vollebreugeo
jocb ir lob ersprengeii
mit sprachen, als ich dede,
ob ich die vollcist hede. Eliiabeth 57.
171
SPRUCH (11,2)
SPRUCH (H, 2)
172
Sprüche mit würten zusammengenannt :
mit josi wolt in empiiälien
der junge Thöseiis zeliant,
den ich naii worten in genant
und mit Sprüchen hän d& vor.
Konrad v. Würzburg troj, krieg 36095,
sprflcbe und reime unter schieden:
snrtich und rinie beider
bin ich ungewallic. Ih'infr. v. liiaunschir. 12750.
vielleicht in bezug auf slrophitche daraellung, aber mit sprechen
susammengestellt:
nieman sol das rechen
ob ich höiie sprnche hftn.
wä von »ol der sprechen
der nie liöhen muot gewan?
ich hin höcli gemüeie. minneii. frtihl. 146, 36.
Sprüche dem sänge gegen über g eftellt :
ich lion mit Sprüchen und mit sänge
gewirden wol, die mir sini hell'ebxre.
miiines. 3, 104* Hagen.
vereinult in neuerer spräche ähnlich: eine magische gewall üben
die Sprüche des dichlers aus. Novalis 2,31 Meisxner.
ß) mit betonung der geschlosseuheit gilt spruch in älterer spräche
für ein zum hersagen, {vor)lesen, nicht zum singen bestimmtes
gedieht, vgl. W. Wackebnagei. in Haupts zeitschr. 8, 508. spruch
dem lied gegenübergestellt: dises sagt von den Wienern und
stet das man es lesen mag als ainen spruch, oder singen als
ain liet. Beheim buch v.d. Wienern, Überschrift, dem gesang:
meine gedieht, spruch und gesang,
die ich hei dicht vor jaren lang.
H. Sachs 2, 243, 89 TiUmnnn.
denselben sinn hat das wort augenscheinlich in stellen gleich den
folgenden: nun volgt hernach ain spruch vom burger im
harrnäsch. Kelleb ad. erz. 197,1; ain gar schöner spiuch von
aim, der soll ain doctor weiden, wie er sein geltl verthetl.
:m, 1; ain spruch von ainem chrancz. 643,1; ain schöner
spruch von aiin thunibrobst von Wirzpurk und aim maier.
fastn. sp. 11:9 Keller; ain schöner spruch von ainem ediinan mit
der wolfsgrueben. 1183; ein spruch vom pfennig. 1336; ein guter
abenteurlicher spruch. 1349; ain hübscher spruch von ainem
paurn gar kurzweilig zu lesen, nachlese 307 ; ain spruch der sagtt
von ainem edelman der hell ain frawen die bull ain pfaffen. 308;
ein spruch von ainer frawen und ir m;igd wie sy milainander
kriegenn. 322; ein fast abenteurischer spruch von einem kaulT-
man von Sirasspurg der gen Rom zcoch. {von FuLZ,, druck
vom ende des \b. jahrh.). Hadpts z«7sc/) r. 8, 517; ain spruch
volgt hernach, zaigt an von wannen die äffen kommen {von
demselben, handschr. v. 1524—26). 537; spruch von ainem ritier
mit den nussen (von Uosemilüt, handschr, des 15 jahrh.). 9,168;
demnach hab ich . . . alieriey handschriflen. alte freihait, über-
gab, briefe. chronica, rüef, reimen, sprücli, lieder, abenteuer,
gesang, pelpüecher . . . durchlesen und abgeschriben. Aventinos
ckron. 1,6,32 Lexer; ain gereümpter spruch, genant der kummer
trost. ScBWABTZENüEBG 148*; ein neu wer spruch, wie die geysl-
licheil und etlich haudtwercker über den Luther clagen.
H. Sachs 23,505,1 Keller-Götze; herr Jobannes Wernher hat ain
deutschen spruch gemacht von ainer abenteurlicben iiaudlung,
die im in seiner jugendt mit ainer scheneu frawen ist begegnet.
Zimm. cAron.* 1,5S6, 21; disen spruch hat er herzog Eber-
harten von Würtenberg zugeschrieben, ... und facht der spruch
an wie hernach volgi. 33; in disem capitel werden vermeldet
zwen Spruch, in reimen verfasst, die grave Gottfridt Wernher
in seiner jugendt am würtenbergischen hoff gemacht hat.
4,213,7; er hat ain gaistlichen sprach gemacht, darin er ge-
ruehe alle moralia so weislichen angezogen, das» sich dess
die eitern dozumal hoch haben verwundert, 14; neben disem
gaistlichen, moralisierten spruch hat discr graff auch in seiner
jugendt ain weltlichen, kurzwilligen spruch gemacht. 215,42;
ein Schoner spruch von den vier und zwantzig buchstaben
{von W. Wkbeii). teiltchr. f. d. phil. 16, 177;
der bertz spruch (diu hertmdie Konsad* v. WOiibubo).
. . . hieran so mOgea pild
riUer unde fraweo
■D disem spruch {im uiitjiiinl : mvie) schuwen.
IIÄTZLKRIN 2, »r. 23;
frO da munil ich fro aulT und giaiig
uad macht ausi dem gatprecli ein apruch.
ii. Sachn 2 (1570). 2, U'i
nachdem Tant ich darinnen frei
(•lalllch und welillcli mancherlei
■•apracb und aprücb vom lob der tugeou
ituhiunij^ii 2. 246, 171 Tiltmiun;
•lo apruch du um henpi «eben thii !
' ATBiB 791.20 heller.
ähnlich: Petrus nach dissem spruch (den einleitungsvcrsen
des ^proclamatorz' , die ein ganzes bilden) stat uff für den
salvator und spricht. More schausp. des mittelalt. 2, 161, 253.
noch heute heiizt volksmäsiig ein kurzes gedieht, das hergesagt
wird, besonders bei feierlichem anlasz, spruch. Honzikeb 249.
SCBM.* 2, 700.
/) aber spruch geht mhd. auch in allgemeinerer art auf
dichterische worte, so wenn singen in offenbarer beziehung auf
Sprüche gebraucht wird:
hie vor, i\ö man so rehte minneclichen warp,
dö wären mine Sprüche Iröiden riebe:
Sit daj diu minnecliche minne also verdarp,
Sit sanc ich ouch ein teil nnminnecliche.
Walther 43, 13
mit deutlicher betonung der geschlossenbeit erscheinen spruch
und lied in iileichem oder ähnlichem sinne: wann er {der dichter
oder Sänger von tanzliedern) . . . inuss uff sine sele nemen und
ewicliclien pin liden für die sunde, die uss den lidern oder
spruchen gent, ussgenommen riiwe und buss. ad. bl. 1, 53.
vgl. auch: einem ein spruch machen oder dichten, componere
Carmen alicui. Maaler 382*.
S) bisweilen bezieht es sich in mhd. stellen auf poetische worte
oder gedicbte, gesprochene und gesungene, von besonders bedeut-
samem, zumal von lehrhaftem inhalt (vgl. unten dundf), mit
Zusätzen: wä sprüche sam die rösen dar,
wn sinnic satz, wa vündic sin?
Heinrich v. Friibbro 4;
diu swachen gcbemelichen wort
von liünstelösen tören
baj hellent in ir ören.
dann edele sprüche tugentsam.
ohne solche : '^°''"*" "■ Wöbzbubo troj. krieg 151 j
mine sprüche sint niht beladen
mit lügen sünde schände schaden. Fbbidank 129, 17;
swÄ meister Ernest wirt vertriben
i unt der gemalten zühte pärät meister ist beliben,
I da vindent mine sprüche vil selten stillen rAm noch berndet
i grünt. Rkinbar v. Zwetbr 156,3 Itöihe.
e) spruch als bezeichnung einer besonderen gatlung von mhd.
j gedichten: solche töne oder Strophen {von denen jede ein ganzes
1 bildet, aber mehrere im selben tone gedichtet sind, während jedes
lieJ seinen eigenen ton hat) möchte tnan sprüche nennen,
; ein ausdiuck, der bei Walther mehrmals vorkommt, und nicht
wohl auf anderes bezogen werden kann, ihr Inhalt ist ge-
wöhnlich politisch oder geistlich, dasz sie gesungen worden,
ist allerdings wahrscheinlich, auch sind sie dem gesetz der
dreilheiligkeit fast immer unterworfen; vielleicht wurden sie
aber mehr recilativ oder parlando vorgetragen, so dasz sie
wohl als Sprüche bezeichnet werden konnten. Simrock in
ged. Walthers v. d. Vogelweide übers, v. K. Simrock u. erläutert
V. K. Simrock u. W. Wackernagel 1 (1833), 175. vgl. W. Wacker-
nacel gesch. d. d. litt.^ i, 301. 304. ;i27. Koberstein grundrisz''
1, 214. 215. ScHEBER deutsche Studien i9ff. die sachliche Unter-
scheidung mag berechligt sein, es ist aber nicht dafür der beweis
erbracht, dasz das worl spruch im mhd. in diesem technischen sinne
gebräuchlich war. im mhd. wb. 2, 2, 539' und bei W. Wacier-
NAGEL gesch. d. d. litt.^ l, 304 anm. wird diese bezeihnung als
von Simrock herrührend angeführt, vgl. auszer den oben ange-
führten stellen minnes. 3,101* und Waltiier 48,13 noch:
her VVicman, ist da; ere,
da; man die meister irren sol
so meisterlicher sprüciie? 18, :i.
b) von formelhaften Wortverbindungen allgemein , die bei be-
stimmten anlassen gesprochen, feierlieh vorgetragen werden.
a) von Zauber-, segens-, fluchformeln, die poetische und /-ro-
saische form haben können:
Hl sprach »ö vrevelichiu wort
von zoiil>erliclien »achen,
dat der walt erkracheii
begunde von ir Sprüchen
und sicli ze witen brnchan
vil harter vlliiie dA tercloup.
Konra» V. WüazauB« IroJ.kritf 10539;
durch iliren spruch verseilt sie berge,
macht stein aus volk, aus riesen iwerge.
l.icHTWia (1828) 79 (3, I);
»auu die hexe . . . den spruch
des laubVers, düclie mummelnd, schuldigte.
Stolbkbo 5, 65;
*i« {die Germanen) hatten heilkraftige sprüche gegen krankbeil,
gegen den bohrenden wurm im linger und lahn und gegen
zerbrochene glieder, sprüche, deren wurto noch jetzt ebenso
io unaereiii vulke klingen, wie sie iu deu Veda der Inder
173
SPRUCH (11,2)
SPRUCH (H, 2)
174
.erzeichnet sind: es soll gefügt sein glied zu glied, bein zu
heia und blut zu blut Frkytag 17(1897), 54; gute Sprüche,
deren kraft er (der Germane) oft empfunden, sind durcL
wandernde götter den weisen der vorzeit offenbart. 210; er
{der Germane) suchte heilkraul zu frommem spruch, und er
fand die zauberkräftige pQanze nicht mehr. 213. von einem
gebet mit fester form:
wobi! nun kann der gusz beginnen,
schön gezacket ist der bruch.
doch, bevor wir's lassen rinnen.
betet einen l'rommen spruch! Scuillek It, 310.
ß) formelhafte Sprüche bei anderen feierlichen anlassen : die
braut steht unter der hausthüre; circa 50 schritt von der
thüre steht der bräutigam mit dem brautfOhrer und noch
einem kameraden und thut einen spruch, welchen die braut
erwidert. Birlihger volksth. a. Schwaben '2, 39i; der hochzeit-
lader, mit bändern und strausz geschmückt, ladet unter her-
sagen eines Spruches zur bochzeit. 394; Sprüche der hand-
werker: vom deutschen handwerksieben in brauch spruch
und lied. Schade im »eim. ;a/ir6. 4, 241; und ganz in prosa,
gleichfalls dichterisch beseelter, so jedoch, dass nur stellen-
weis sich ein schmückender gleichlaut und etwa am schluss
eines ganzen in längerer folge reime sich darunter mischen,
sind die Sprüche der bandwerksgesellen, der schmiede, der
bütticher u. s. w. abgefasst, die rede, wenn ein lehrling geselle
wird oder ein gesell auf der Wanderschaft das handwerk
grüsst. W. Wacreenägel gesch. d. d. litt.* 2, 43. der spruch,
den der Zimmermann {polier) spricht, wenn ein haus gerichtet
wird, gipfelt in einem Segenswunsch, freier, in archaisierender
nrache: steh, waldganger, und singe den spruch, der dich
n meinem eisen löst! {yieb die losung). Freytag 8 (1897), 1.
;) ebenso von dem, was nur einmal bei bestimmtem anlasz
feierlich, entscheidend ausgesprochen wird, soweit es kurz und
nach form, inhalt bedeutsam ist. von Weissagungen u. ähnlich:
da hub er (Bileam) an seinen spruch, und sprach. 4 Mos. 23,7;
als elfe {weise frauen) ihre Sprüche eben gethan hatten. Gbimji
märchen 196 {Domröschen); da wirft der held (Hagen) um den
spruch {der Wasserfrauen) unwahr zu machen, den einen während
der überfahrt in die Qutb. Freytag 17 (1897), 205;
es gebt ein alter spruch :
des reiches adler werJe ruh erst finden
im nest des löwen. Grillrarzer 5(1887j, 38.
gottes Spruch, oracula dei. Dasypodics. Maaler 382*. vgl.:
dartimb, das ein hoher geist bey im {Daniel) funden ward,
dazu verstand und klugheit trewme zu deuten, tunckel Sprüche
zo erraten und verborgen Sachen zu offenbaren. Dan. 5, 12.
AR Spruch als anspräche beim zutrinken kann formelhaft sein
tder sich freier entfalten, in einem Segenswunsch gipfelnd berührt
er sich wieder mit b,a. vgl. trinkspruch: Jürg kostete den
wein und reichte ihn mit dem spruche: 'auf dein wohl,
Locretia, und auf das deines vaters!' dem schweigenden
kinde. C. F. Meyer Jenatsch {iW)\) 19. freier, von einer vorbe-
reiteten feierlichen rede, wol mit leichtem spott: Wilhelm, obgleich
seinem gefühl nach die {seine geplante) pathetische rede zu
dem natürlichen empfang nicht recht passen wollte, nahm
sich doch zusammen, ging auf die schwelle los und wollte
seinen spruch beginnen. Gotbb 20, 8. volksmäszig auch allge-
wiein von jedem redestück, so bair. Schm.* 2, 700. soldatisch in
ebd. gegenden: sprach reiszen, machen, das grosze wart führen.
UoBN soldatenspr. 82.
d) häufig kurzer prägnanter, eine lehre, mahnung, Wahrheit
enthaltender satz, der oft ausgesprochen wird oder es verdient.
xuerst bezeugt von solchen in poetischer form. vgl. oben a, S.
alter spruch:
min vorderunge ist üt in (kfmig Otto) kleiner danoe ein bdne;
ein si so vil, obe er der alten sprücbe wsre Trö.
Waltüik 2«, 27;
der alte spruch der ist wir:
swer guoten boten sendet,
sinen viumen er endet. Iwein 6064;
die alten sprücbe sagent uns daj: swes bröt man eijen wil,
des liet sol man oucb singen gerne, und spilo mit vli^e, swes
er spil. miiines, 2, 153* Huijcu;
dogedeuk des uralten spruchs, dasz ein bruder dem andern
wie die band der band helfe, übernahmen wir... das dur-
gereichte geschäft. J. Grimm vorrede oben theil 1, ii. mit anderen
lusdtzen: kurtzer spruch, der eyn verborgene lehr begreifft
oder anzeygt, symbolum. Dasypodius, herrlicher spruch, gnoma.
ÜAALEii 382', denkwürdiger spruch, gnoma. Stieler 2lo3; ein
weiser Spruch, dictum sapiens. Steimbach 2, 63.% u. ähnlich: von
mancherley feinen Sprüchen. Kibcbhof wendunm. l,42i Oslerley;
der Teutscben scharpfsinnige kluge spruch. titel eines 1626 zuerst
erschienenen buchs von Ziscgref; ein gedieht musz ganz uner-
schöpflich seyn wie ein mensch und ein guter spruch. Novalis
3, 31 Meiszner; frauen, mit ihrem gesunden mutterwitz und
im gedächtnis gute Sprüche bewahrend, tragen oft wahre
begierde ihr unverdorbnes Sprachgefühl zu üben. J. Grimm
vorrede oben theil l, xiii;
man musz sehn, dasz mans klug anfang,
wenn recht sol gehen seinen gang
ein solcher kluger spruch würd' allen bringen frommen.
. . . ,. , Reiiiicke fuchs (16.50) 235:
sprichwörtlich:
weise Sprüche, gute lehren
soll man thun und nicht hlosi hören. Simrock 462,9790.
ohne Zusätze spruch (der) leerspruch, gulde wortl, sententia,
eßalum, verbum, proverbium, adagium, paroemia, dictum. Maaler
382*, sentenza, proterbio, motto. Hdlsiüs (1618) 1,236', didum,
proverbium. Scbottel 1420, axioma, gnoma, eanon, proverbium.
Stielek 2103, von ädelukg als 'in der anständigen schreüiart'
veraUet, nur noch 'jm gemeinen leben' üblich bezeichnet, auszer
in Zusammensetzungen, aber noch heute durchaus üblich. rgU
Weigand'* 2, 783: der ander (der sieben weisen) ist Chile von
der kriechischen stat Lacedaemon. sein spruch: 'erkenn dich
selbs, lern dich selbs erkennen wol'. Aye.ntiscs 1,305, l3Lexer;
denn hie ist der spruch war, dieser seel, der ander schneit.
Joft. 4, 39; wo also ein mensch halt grosse erkantnusz der
nature der unvernunfftigen thieren, bedarff man dysen spruch
nit bevveren lang und vil. Eberliü v. GCsibcrg 2, 5 neudr.;
das wirt in deutschen landen auch gebreuchlich gewesen sein,
wie diser spruch meldet. Agricola ( 1534) 540; derbalben der
Spruch des allererfarnesten kaisers Maximiliani 'halt massl'
wol in achtung zu haben. Zimm. cAron.* 2, 198, 38; leben und
leben lassen, war sein spruch. Güthe aufger. l,-; spruch
des Confucius. Schiller 11, 14. 304; diesen hellen scharfen
geist {Lessing) lenkte seine vorliebe für fabel und spruch
nur zu wenigen altdeutschen dichtem zweiten oder dritten
rangs. J. Grimm vorrede oben theil 1, v;
ein spruch was bi den alten:
geselleschart, diu bösheit kan,
von der wirt houbetsiech ein man.
Fbaue^lob spr. 271, 16;
ein meister hei^it Boecius,
der ist schöner kunste vol.
der sprichit einen spruch alsus. rUler.'pieget 1507;
nemant is edüel noch gut, men got alleine,
hirumme merket recht dessen sproke algemeine:
de de werlt eddel holt unde hoch geboren,
merke, wat hebben se vor den anderen minschen tovoren?
des doites danz 1616;
suum cuique! berr Ovid!
laszt andre mit dem spruche scherzen,
schön ist's doch, wenn in unserm herzen
ein trieb, ihn zu erfüllen, glühu Gökligs 1, 125;
sein spruch war: leben und leben lassen.
Schiller Waltensleins lager 6.
vgl. denkspruch, Sinnspruch, Wahlspruch, wappensprucb
{zum letzteren: das Sinnbild war ein vogel mit dem spruch:
hiernachstrebte ich lang! Krämer deutsch-ital. diet. 2[i'02],ssi*).
die Sprüche Salomonis: und er (Salomo) redet drey lausend
Sprüche. lkön.i,32; dis sind die spruch Salomo des königes
Israel, Davids son. zu lernen Weisheit und zucht, verstand, klug-
heit, gerechligkeit, recht und schlecht. spr.SaL),l; der selb
prediger war nicht allein weise, sondern leret auch das volck
gute lere und forschet und stellet viel sprücbe. pred, Sal. 12, 9;
und {du Salotno) hast alles mit Sprüchen und leren erfüllet.
Syr. 47, 17 ;
als spricht der wise Salomön
einen järoerlichen spruch.
der ist gebeijen: 'ach und uchl
dar zuo mi : we und och !
da{ uicman ist üf erden doch,
da{ er si vor töde vrü' hl. (ico'g 1079;
bochweiser Salomon! dein apruch,
'dasz unter tausenden kein gutes weib zu floden',
gehört — gerad" heraus — zu deinen zungensündeii.
Lkssikc I, 9.
auch sonst in der bibel, schon vor Lcther: als wie der lam
hat schöne scbinbein umsunst, also unzymiich ist der spruch
in dem mund der toren. bibel v. 1483 304 {spr, Sa/. 26, 7); ein
spruch in eins narren mund, ist wie ein dornzweig, der in
eins truncken band sticht, ip*. Soi. 26, 9: dieselbigeu alle
werden einen spruch von jm machen, und eine sage und
Sprichwort und werden sagen: weh dem, der sein gut mehret
175 SPRlCHANWtNDlIiN«; — SPRUCHBAND
mit freinbdciii gut, wie lange wirds weren? //u&n/tuft 3, 6 ;
höre gern gottes wort, und mercke die gute spritche der Weis-
heit. %r. 6, 35; verachte niclit, was die weisen reden, sondern
richte dich nach jicn Sprüchen. 8,9; er mus die geistiiciien
Sprüche lernen, und in den liefTen reden sich üben. 30,3;
diesen sprucb saget Jhesus zu jnen, sie vernanien aber nicht,
was es war, das er zu jnen saget. JoA. 10. 6. redensarl: hä
smitt dermed um sik as Sirach med den sprUaken. Woeste 252*.
rgl.: vom pressen stehen auch viel schöner sprüche in der
h. schriiTt, die man bey pressung des weins bebertzigen und
l'i'dcncken soll. Coleb öron. 1 (16S0), 273'. sprflche aus der
bibel: das allerfürnebmste (löblichste) sol seyn, den lehr-
kindern die Sprüche aus der bibel eintröpfflen. Combmds
iibers. V, Docemios (1657) 733.
oUgemdner von stellen der heiligen schrift biblische sprüche,
äicta biblica, loca i. scriplurae. Stikler 2103, ein sprucb aus
I). schrift, schriftspruch, un detlo, passo, passaggio, luogo della
sagra scrittura. kRAMER dcutsch-ital. dict. 2 (1702), SSI', ein
sprucb der h. schrift, dictum s. scrijturae. Frisch 2, 3Io\ in
Luthers bibel selbst allgemein von älteren aussprüclien heiliger
mdnner, stellen bibliicher bücher : auff das erfüllet würde der
Spruch des propheten Isaia, den er saget, berr, wer gleubet
unserm predigen und wem ist der arm des herrn offenbaret?
Job. 12, 3S; das erfüllet werde der sprucb in jrem geselze
geschrieben, sie hassen mich on ur^^ache. 15, 25; indessen
wundert es mich doch bisweilen, wie mein vater und der
|ifarrer von diesem oder jenem sprucb in der bibel, von
diesem oder jenem bücbli denke. Brauer 38 Reclam. meist
bleibt aber der gebrauch eingeschränkt auf bedeutsame stellen,
die inhaltlich abgeschlossen sind.
e) im anschlusz daran bezeichnet sprucb auch ohne verdeut-
lichenden iusati stellen der heiligen schrift. mit starker einschrän-
kung: daher heiszen auch die stellen de.sselben {heiligen buches),
die einen glaubenspunct darlegen sollen, schlecblhin sprüche.
Kant 6, 278. allgemeiner: si papa fürt den sprucb: nonne
legisti 'nun potestis portare modo' (Joh. 16, 12). Luther 20, 52, 9
Weim. ausg. über einen sprucb (der hl. schrift) hüpfen, springen,
bei Luther' wer will über diesen sprucb hüpfen? an den
Christi, adel d. nat. 50; sie werden mir nicht über den spruch
springen : 'Juda wird geholffen werden'. 20, 567, 2 Weim. ausg.
schöne sprüche anziehen, lernen, sprechen, bei passi {della
scrittura). Krame« deutschital. dict. 2 (1702), S8l'; sprüche üii-
führen, auswendig lernen, hersagen. Campe, einen spruch
beten. Stieler 2103. Kramer a. a. o. berührt sich mit b, a:
biüzweilen bin ich krank,
da lieg ich auT der bank
und bete meine sprüclie. Fuchsmundi 57;
ähnlich: halb todi vor schrecken, reckt Sibylle
zuerst das olir,
dann, tieT aus Ihres bettes hülle
die nas' hervor,
und kreuzigt sich, und murmelt sprüche.
(iOTTKR 1, 156.
f) überhaupt kune geschlossene Wortverbindung, bchaiiptung,
sali mit etgenaiiigem inhalt, besonders soweit sie auf allgemeine
beachtung anspruch machen: also spricht da; puocli ze lutein
und etlich ander spruch der alten maister, die mir zweifelhaflig
sini. Mecenbbrc 27,2; spruch oder meinung darvon wir reden
und handien wollend. Maaier 382'; selzuuier spruch, para-
doxum. STitLER 2103; in neuerer zeit besondert von solchen, die
auch äutterlich für sich stehen und unmittelbar auf viele wirken:
an den wanden standen alberne sprüche.
SPHUCHANVVEiNÜLNG, f.: da «ar er wie er sich aus-
drückte, Saul auf dem wege nach Damaskus, denn an biblischer
Sprechweise und Spruchanwendung fand er groszes behagen.
Anze.hcrddeb 3 (1S97), 369.
SI'HCCHaKT, f., von arten sprichwörtlicher, stehender Wen-
dungen: an keiner dieser spruch-arten fehlt es den Ueutschen;
sie sind, wu nicht gemüblde hie und da herrschender sitten,
so gewi»z Überbleibsel alter ruher zeit. IIebder 24,388 Suphan;
weil ich fast ausscblicszlicb mit studierenden und angehenden
gelehrten umging und als ein geselliger huspitunt ihre sprucb-
und lebeiiKarten teilte. Kbller 3(1899), 5U. vgl. sprechart.
SPUI'CHÜANI), n. band worauf ein Spruch sttht: die in-
schrilten bildlicher darsteliungcn stehen in der gotischen
Periode gewObolicb auf schmalen, anfangs einfachen, spUler
nalli-raden bandartigen streifen (spruchb.1ndern). Otts handb,
der kirehl. kunitorchaologte l (I88S), 448; man unterscheidet
Ctbrigens diese kurtrn (va;ip«n-)»prüi:be, welche besser scblacbt-
SPRUCHBK ÄMTER — SPRUCHlUCHTrNfi 176
ruf (im französischen 'cri') genannt werden und gewöhnlich
über dem wappen angebracht sind ..., von den eigentlichen
devisen, mit denen das um den schild geschlungene unter dem
Schilde llailernde 'spruchband' . . . beschrieben ist. Gritzneb
handb. d. herald, ierminol. (18".iO) 186.
SPRUCHBEAMTEH, m. beamter mit richterlichen funrtionen,
richter, der beamter ist. Hadher Ilohenstaufen^ 3, 364 {die stelle
s. unter spruchgewall).
SI'HLCHBEHUHÜE, f. behörde, die richterliche spriiehe, ur-
thetle, eutscheidnngen fällt, vgl. Frensdorff hisU aufsätze dem
andenken «n Georg Waitz gewidmet {i^m) 455.
SI'HUCHBHIEF, m. schriftlich ausgefertigte {schiedsrichterliche
entscheidung, schriftlicher vertrag, in älterer spräche. Lexer mhd.
handwb. 2, 1121 {mit belegen von 13SS, 1391 u. s. f.), bei Campe
als veraltet angeführt: noch der spruchbricfe lut und sage.
quelle von 1419 bei Scherz-Orerlin 1545; item houptvall, gwandt-
väll und bclstatt stath altes ganz in dem spruchbricwc. weisth.
1,275 {Thurgau. v. 1432); als unnser gncdiger berr inarggrauf
Albrecht von Branndenburg iC. der spenn halb, die von Augs-
purg und die von Argon anireffent, ain berichtnus nach lut
der Spruchbrief darüber begriffen, der datum Intuffsamstag
vor Reminiscere in der vaslen anno LIX, gemacht, rf. städte-
chron. 5,420,7 {Augsburg, v. 1459); und ob der liandl aisu ge-
than wäre daruniben beiralbrief, verzieht, übergab, spruchbrief
oder ander bekantnus ausgiengen oder sonst in taidingsweis
vor der herschaft gemacht wurde. s/«r. (atd. 227, 11 (r. 1494);
so darnach sollen si ir ieder zu ihren lechen ain ros haben
auf dem mos nach Inhalt aines spruchbriefs, damit sie ihr
hei einfielen, salzb. <a(d. 282, 14 (r. 1497, spätere ab schrift); der
Zusatz, 80 beid teil also gesetzt band, hat darumb einhelligklich
ein spruch gethan nach innhalt eines spruch-briefs, darüber-
geben. Tschüdi 2,217' {anscheinend nach einer älteren quelle):
sie haben darüber ihren uszspruch gethan, darumbe auch
ein sonderbarer spruchbrief uffgericht würdt. quelle ron I610
bei Scherz- Oberlin 1545. verbunden erscheinen: sprucb- und
Vertragsbrief, tirol. weisth. l, 199, anm. (r. 1547). blinder spruch-
brief, ungültiger: item das auch markgraf Albrcchl bestell
herauszzegeben die plinten spruchbrief, die fert zu Nurmberg
geben sint zwischen dem pfaltzgrafen eins und dem bischof
von Maintz, hertzog Ludwig von Veldentz und dem von Wirten-
berg, ir iedem als ein sunder partei, aim ander tail. d. städte-
chron. 10,254,15 {Nürnberg, v. U6O).
SPRUCHBRÜCHIG, adj. vertragsbrüchig, in älterer spräche
{vgl. das vorige): also rittend die hotten in Appenzell für ein
gantze landsgemeind, do wollend die landleut nit spruch-
brüchig seyn. Stumpf Schweiz, chron. 2,35*.
SPRUCI^BUCH, n. buch, das sprüche enthält, daneben frühnhd.
sprüchbuch, nd. sprökbook Hichet 284, sprökebook Strodt-
MANN 380'.
1) nach sprucb 11,2,0,^, frühnhd. sprüchbuch, das gedidäe
enthält, die zum sprechen, nicht zum singen bestimmt sind:
(ic/i) wurt gar ein fleisziger (lurchsücher
der meistergsang-hüciier zu-mal,
der warn seclitzehne an der zai;
aber der sprüclihücher der was
sibenzehne, die ich durclilasz;
das aclitzehend wart angefangen.
(1. Sachs 21, 340, 5 K»lUr-G6lte;
die achtzehen sprüchbücher numb
ich auch her in die hende mein. 341,33.
2) nach Spruch II, 2, d spruchbuch, 0 bQchlein, n. libro,
libretto disentenze. Krämer deutsch-ital. dict. 2(1702), bSi', spruch-
buch, gnomolugia, liber sententiarum. Fiusch 2, 3Iü', das denk-
sprüche, lehrspritche, sitlensprüche enthält. Campe, von AdelunSb
mit unrecht als fast ganz veraltet bezeichnet: ein neues Sprüchen
buch von Frida Schanz, daheim 3i, 126. I
3) nach spruch II, 2, e, das sprüche aus der bibel enthält.
Adelung oder das bibetsprüche nachweist, concordant. Campk.
SPRUCHDEUTER, m. spiegatore, inteiprete di oracoli o detti
otcuri ed ambiguu Kram er deutsch-üaL dict, 2 (1702), S8t\
SPRUCHDICHTEH, m., nach spruch II,2,a,/9; Hans Sachs
als sprucbdichter, nach c: Waltlier von der Vogelweidc als
sprucbdicbter, to in wissenschaftlicher spräche, allgemein nach 4,
gnomendtchter Lenz bei Campe: Rückert als sprucbdicbter,
daneben frühnhd. sprucbdicbter, in allgemeinerem sinne sprück*
dichter, \erszmacber, rersificator, potta, tatu. Maalbb 3M*.
igU spruch II, 2, a, y.
SPRl CHDICUTI NG, f den gtbraucMarten des vorigen ent-
sprechend: die spruchdichlung des iians Sachs, Walthers von J
177
SPRÜCHE — SPRUCHFORM
dpr Vogel weide; auszer Rückert gibt es wohl kaum einen \
ren poeten, der die spruciidichtung mit so spielender j
i.iigkeit und anmut bebandelt, wie Frida Scbanz. daheim
Sl, ii6.
SPBÜCHE, ^. XU sprechen: in der Aachener mundart sfrUch, f.,
er. xpruch oder kleines gedieht. MCller-Weitz 232, wo nd. spröke,
r. ; . sprciik, f. verglichen werden.
^rHÜCHEL, «., deminulir lu spriicb. eigentlich oberd. {vgl.:
ein feins unnd eerlicbs sprüchle, ser.tenti la. Maaler 3S2' und
sprüciilein unten), von Caupe als niedrig, aber nicht rerwerßich
verzeichnet, rolksmäszig, launig besonders in den Verbindungen
sein sprQcbel beten, herbeten, sagen, auf-, hersagen, vgl.
Spruch n, 2,6. c. e:
bleib da. präRlein, furcht dich nit,
sag dein sprücliel und tbeil's uns mit.
Schiller Wullensteiii lager 8;
und kam' ihm {drm schäfei) xu nacht auch wag seilsames Tor,
er betet sein sprüchel und legt sich auTs ohr.
MöaiKi itea. t9;
als die reihe des erzählens an mich kam und mein herkömm-
liches spräche!: 'Toul, Jungfrau von Orleans, Vaucouleurs
und Domremy' diesmal in deutscher spraclie Ton mir auf-
gesagt worden war, fragte der kleine nach meinem namen.
Fortank kriegsgefangen^ 105. ähnlich: unten auf dem boden
habe ich ew. holieit mein spröchel von damalt aufgeschrieben.
Fbeytag handschr. 2, 153.
SPRCCHELCHE.N, n. als Verkleinerung des vorigen bei Caiipe
rerzeichnet, eine art doppelter deminulivbüdung, die des besseren
klangs vegen statt der form mit einfachen -chen üblich ist {vgl.
bii. Iielchen, sächelcben), meist nach spruch II, d oder^ traulicl:
oder mit leichtem spott: dasz er seine gescbickLgkeit zu markte
bringe, und sich mit anderer gelehrten gute nicht bereichere,
oder seine sachen mit nichts als sprQcheigen, die er aus
denen alten und neuen scribenten zusammen gesucht, aus-
sclimücke. Tmomasiüs von nacliahmung der Franzosen 9, 15 Sauer;
ich will ihnen die devise verdeutschen, sie heiszt: für die
' tugend! können sie etwas tiockeners und frosligers träumen,
als dieses sprüchelcben ist? Gellert 3 (177?»), 275; wenn
mein vater zugegen wäre, so würde er gewisz sagen: manus
manum lavat. hast du ihm die alberne gewohnbeit nicht
angemerkt, dasz er bey aller geiegenheit ein lateinisches
sprüchelcben mit einflickt? Lessing 1,215; ein grosser ver-
piand; ein in der familie vom vater auf den söhn geerbtes
sprüchelcben so zu erweitern. 6,157; weil er glaubte, alle
' schöne sprücheichen mQszten in den werken dieses dichters
stehen. 355; primus sapientae gradus est, falsa intelligere;
(wo dieses sprüchelcben steht, will mir nicht gleich bey-
fallen). 7, 317;
I Haii.oi trat wie rasend aiiT, und sang in wilder ode,
mii einem rauhen ton ein sprücbeichen vom lode.
ein Flaccus sang, in rauher ode, ^^ '■^^'^' '^ Sauer;
ein Trostlg sprüchelgen vom tode. 390,47;
das unliebsame sprüchelcben ('unn ex Uli f ultima' auf einer
uhy)l mein pater fand,
die alte hexe fange nachgerade an
lu sticheln, und das war verdrieszlich. MöaiKt g^il. 244.
SPRÜCHEN, verb. tu spruch, schireizetisch. 1) nach spruch 1, 1
da« gerichtliche entscheidung treffen, ein urtheil fallen, durch ein
wrtheil erklären, mit prädicativem lusati frei, auch in^tusammen-
tetiung mit be-: endlich kommen die ergänzten akten ein
zum besprücben und endlich, wenn sie nicht verloren gehen,
vs erden sie wirklich besprüchet, nun sprächet man ... den
kerl frei. Gottbelf sehuldenb. 81.
21 bezeichnet es die fertigkeit, schön und passend zu red«n,
WTSügUch stellen aus büchtrn lu dedimieren. Stai uer 2, 3^7.
ffL Spruch 11, 2, c.
SlHtUCHFÄHlG, adj. fähig, befugt einen rechtssprueh lu thun,
€9ntpetent. CkUft: ein sprucbfiihi^er richter. ebenda, datu
• prucbfäbigkeit, f. ebenda.
SlMtüCHKEUTIG, adj. so reit gediehen, dast ein richterlicher
ipucA, ein urtheil g<-fällt Verden kann. Campe: die sacbe liegt
»prurbferlig. ebenda, vgl. spruchreif.
SFKÜCIIKEST, adj. fest, sicher in bibelsprüchen. vgl. bibel-
ÜMt: trotzdem sie auf dem ainte hochdeutsch erzogen, und
im kiinfirmandenunterrichl bei piistor Länmierhirl viel spruch-
fesler gewesen war als ihre kleine freundiu. Fontane ror
dem Sturm 4, 3 t.
SPRÜCHKORM, f., nach spruch II. 2, a, e in vissenschaftltcker
^ache: ein mittelbochdeulsches gedieht in Sfiruchfurui, nach
%d, allgemein: eine lehre in siirucbform geben.
X. 2.
SPRUCHGEDICHT — SPRÜCHMACHER 178
SPRUCHGEDICHT, n., den gebrauchsarten ton spruchdichter
entsprechend: die bedeutendsten und berühnileäten spruch-
und Sittengedichte fallen erst in das dreizehnte Jahrhundert.
kuBERSTEiN ^rundr. d. gesch. d. d. nationallit.^ 1, 245; dichtungen
von Hans Sachs, zweiter theil. spruchgedichte. herausgegeben
von Julius Tittmann. tUtl eines 1870 tu 1., 1885 in 2. aufl. er-
scliieiiencn buches.
SPRUCH GELD, n., vas Sprechgeld. Scberz-Oueblin 1545.
Campe {als veraltet bezeichnet), mit berufung auf Haltads, der
aber nur sprechgeld zu bieten scheint.
SRRUCHGESANG, m. gesang, dessen text aus einem bibel-
spruche, aus bibelsprüchen besteht, Verdeutschung von molette
bei CiMPE.
SPRUCHGEWÄLT, f. gewalt, befugnis reckt zu sprechen : die
den niederen gericbten, und die den höheren gerichten über
die niederen ertheilte spruchgewalt, die Wichtigkeit der sprucb-
beamten selbst neben und über den lehnsricbtern u. s. \v., war
ein wichtiges heraustreten aus dem nMnen und abgeschlossenen
lehnswesen. Racmer Hohenstav fen* 3, ißi.
SPRÜCHLEHRE, f. dMrina o didaltica per detti o sentenze.
Kramer deutsch -ital. dict. 2 (1702). Si.l'.
SPRCCHLEI.N, n., deminutiv zu spruch (rj/. sprüchel, sprüchel-
cben). Campe, bei Lutdeb sprücblin {s. unten), mhd. sprücbelin
Le.xlr mhd. handub. 2, li2i, nach spruch 11, 2, a:
der kond nii jn dem sinne sin
80 mangei' hande sprüchelin (yeiliuckt: sprüchalin)
vinden nach getihlen. /ierfer«. 1 , 537, 3t,
nhd. meist nach 2, d, Sprüchlein, sentenliola. Stieler 2103.
Stei\bach 2, 6>8. sententiuli, dictum breve. Frisch 2, 310': so
brachte er das alte Sprüchlein, mit groszen herren sey kirscb-
essen nicht gut, auf die bahn. Götbe 26. 323;
einmal für allemal gih das wahre Sprüchlein der allen:
wer nicht vorwärts gehl, der kommt zurücke 1 so bleibt es.
40.261.
von einer bibelstelle: ich wollt aber den verblendten leutten
gar trewlich radten, das sie sich fursehen für eyneni kleyn-
kleynen sprücblin. der {das m. erkläit sich wol durch einflusz von
spruch) ym lu6. psalm steht. Ldtber 11,270,10 }yeim. ausgäbe,
von einem gebet:
mit meinem rosenkranz und frommen sprücbleiu
nehm ichs allein auf mit dem goltseibeiuns.
LoDWie 3 (1891), 216.
ron einem zaubersjiruck :
zwei hat ein Sprüchlein fest gebannt;
zu kohle müssen sie brennen. .Möiike ged.lO.
SPRUCH LEUTE, plur. arbitri ad pronuntiandum in causa
electi. Haltacs 1710. mhd. spruchliute Lexeb mhd. handwb.
2, 1121, daneben sprüchleute. tgl. spruchmann: wiewol die
sprucbleut überein wareut kuuien. so vordereten sy doch
zuo yn den obmau Joseph und legeten ym für die spiücb.
quelle bei Scberz-Oberlin 1545; darauf hat ie ain tail aus der
gegenpartei zu spruch- und tSdingsleulen erwölt de jenen,
so im gefSllig und der sachen tnugenlich angesehen gwe«en.
tiroL weisth, 4, 80, 9 (r. 1536); also ward der krieg verriebt,
und uff sprucblüt gesetzt. Tschldi 1,587"; rechtliche oder
gütliche schid oder sprucblcuie. quelle bei Haltads 1710.
SPRÜCHLICH, adj. einem Spruche ähnlich, nach art eines
Spruches, Verdeutschung ron aphoristisch. Trapp frei Caupb.
SPRUCHLOB, n. lob in einem sprurhe. Campe, mit folg-ndtm
beleg: wie natürlich diese {erftndung) in solch sprucblub zu
verfassen, erlinder und erßudung zu verewigen. Herder.
SPRUCHLOTTERIE, /..■ einige böliische gottesgelebrleo
haben dergleichen biblische sprucblotterieen angesleliel. GoTT-
scBED bei Reicbel kl. Gottsched-vb. 55.
SPRUCHLOS, ad}., wie sprachlos 5, s. dies oben theil 10, 1, 2770
{vgl. spruch 1,2): wer es aber sach, das sie in der zeit der
gewerscbafit etc. anspruchig wurde, es wer von geistlichen
oder werentlichen, so wollen wir etc. das vertrelteu und
spruchlos machen, on allen iren schaden, quelle von 1501
bei Haltaus 1710.
SPRCCH.MACHER, in., frUhnhd. nach spruch 11,2,0 poeta,
sprüchmacherin, poetria, Maaler 3S2', in neuerer zeit badisch
nach II, r, der das grosse wort führt: kolossale sprOchmucher.
bad. quelle vom ende des 19. jahrh. bei Hohn soldatenspr. 82. der
biUung liegt vielleicht der plur. Sprüche zu gründe, doch kann
dir Umlaut au-fi durch nachwirkung des alten stammhußen i
vim Spruch {stamm: spruchi) entstanden sein. vgl. frühnkd.
sprücbdicbter für spruchdichter, sprüchleute ßr sprüchleute.
12
179
SPRUCH3I ANN — SPRUCHREICH
SPRUCHREIF— SPRUCHSTELLE
180
SPRÜCHMANN, m. 1) nach spruch I, t, in äUerer spräche
spnichmann, arbiter. Dief. nop. gl. Sl' (r. anfang des lö jahrh.),
sprucbman quelle von 14T4 bei Lexbb mhd. handirb. 2, 1121,
ton Adelcnc und Campe als veraltet angefühlt, für den plural isl
auch sprucbleutc fü>!iih, s. dies: die bnisscn gutlich sprucii-
menner, und im latein arl)iiratoiTs, oder ainicaics coinpusiiures.
bair. hndr. v. 1518 tit. I4, ort. 3 bei ümtaus 1710; wir die
hejde underbändler und wissentlicbe spruchmänner. queUe
von 1557 ebenda.
2) nach II, 2, 0, /3, frühnhd. Verfasser von gedichten, die ge-
sprochen Verden, vgl. spnicbspreclier:
icti bin mil iirlaub ein sprucliman,
der gut spruclireümen machen kan,
Atrb* 791, 14 heller.
3) nach II, d der in Sprüchen spricht, häußg Sprüche anführt.
Caiipe.
SPKÜCHMÄSZIG, adj. dem, einem spruche gemäsi, nach art
eines Spruches, apophthegmalisch. Campe.
SPRUCHMEISTEH, m., wie spruchsprechcr 1: teulscher
Spruchmeister nennt sich der Spruchsprecher W. Weber in Nürn-
berg (I6ü2 — 1661) auf einem neujahrswunschc i658. seitschr. f.
d. pl.il. 16, IS3.
SI'RCCHMS, subst. frühnhd. das gut sagen, bürgschaß, vgl.
sprechen II, ll,/i oben theil in, i, 2835: sie bunt acblbiindert
malter kornes den Mejn lierüff gefürt, dafür sie üch ilan sprüch-
nisz geton han. quelle von I45i (Mainz) bei Dief.-WCi.cker S6(i;
liegern wir von Qcb, die unsern soiicher sprücbnisz ledig zu
sagen, ebenda; ir wollent uwern geleylskneclit gunsilicb tun
bescheiden, die unsern der obgemelten spiüchenisz und
geleitsgeld . . . ledig zu sagen, quelle von 1473 ebenda.
SPRUCHPOESIE, f., was Spruchdichtung.
SPl\\JCW\iEÜlGEl{,m. predicatore senlenlioso.KtikUEti deutsch-
ttal. dtct. 2 (170-2), S8l'. vgl. spruch I!, 2, e.
SPRUCHREDE, f. l) nach spruch II, 2, rf sermone sententioso,
oratione colma di sentense. Krämer deutsch-ital. dict. 2 (i702), »-81',
rede in Sprüchen, besonders in bibelsprüchen. Campb: so sagt
die scbrift, ergänzte der fürst endlich die spruchrede. Benzel-
Sternad bei demselben, ähnlich:
weislich wort Terkuinlcii wird mein ni'ind,
kl&gen verstand einbilden mein haertzlund:
ich wiel mein ör zö meiner sprfichrSd keren,
fint sinreich ding harpTend euch deutlich Irren.
Mklissus ;><. 49, 1;
wie Sprichwort: sprucbrede, adagium, paramia. Stiei.er 1541.
2) wol in al gemeinerem sinne, von gehobener spräche: in den
ältesten zeiten war die spruclircdc kurz, erhaben, kräftig,
wie wir's aus den segensprücben der allväter, den reden Hiobs
lind den orakelsprQchen Bileams wabrnebuien. Herder z. rel.
«. theoL 2, 107.
3) periodo compito, senso inliero. Kramer deutsch -ilnl. dict.
2 (17U2), S8l', so uol in der folgenden stelle von sprachlichen
Perioden, vgl. spruch II, 1 am ende: aldicweil die teulschc
spräche eine solche pracht, würde, bewe^ligkeit und iieliliciie
art an sich hat, dasz sie mit alU'U anderen sprachen, nicht
allein was die zier, sondrrn auch die beweglicbc ordnuiig,
und kräftige einslQsse der würier und die aussweilTende,
bald sonst und so abfliessende arten der sprucbreden be-
langend ist, einen t;egensland wagen könne. Scbuttel 17.
SPRLCHREGISTER, n. register über sprüehe, besonders über
biOelsprüche, concordani. Campb.
SPRUCHREICH, adj. ricco di sentenie, sententioso. Krämer
ieutsch-ital. dict. 2 {\'()2),8S\', sentntwsus Frisch 2,31»', reich
an Sprüchen, sinnreichen , lehrreichen kurzen Sätzen. ADELtRc,
von der Sprech- oder schretbart. von gesprochenem und ge-
schriebenem: Dun ist zwar der Tacitus dcszwegen zu loben,
dasz er, nicht nur eine kurtze, einsthafTte, und spruchreiche
redens-art führet; sondern uiicli \iel sonderhahre stals-sachen,
in sich begreilTet. Butscrkt Pathm. 30; ein npruchreicher Stylus.
sententioso. Krämer a. a. o.; die gar zu erhabene Schreibart
der sprucbreicben trnuerspiele. (JoirscfED bei Rkicmel kl.Cott-
sehed-wb. 56; Rrato sagt deui armen jOiigling im träume noch
mehr derglei< hen sprucbreiche sacben. VViei.and bei Sauer
ausg. der pott. werke von Uz einl. s. xlviii; und nun ward aus
diesen ingredienzirn Abbis «til; kurz und sprucbreicb, wie der
Römer {Tacitus), munter und blrmlcnd, wie ein Voltaire, kolorirt
und lanniKcb, wie ein Britte. Hehkkh 2, 27» Suphan. in anderer
unpern'm'Hher anwrndung: diese, in unseren sprurbieiiben
uod Ibatlecren teilen »ebr gemriii gewordene moAime ricbicl
nun, wenn sie etwas moralisches (lugend- oder rechtsplliclit)
belriffl, den gröszien schaden an Kawt 5, 367. persönlich:
bat einer (spricht der sprucbreiche Seneca) es um einen
verdienet, dasz er ihn schimpfet und spottet, so leidet ers
billig. Reinicke fuchs (1050)83; {Tacitus) der, so wie ich ihn
kenne, nicht bilder- sondern spnichreich isl. Herder 2,276
Suphan. nach spruch 11,2.6; wenn der slrobfidelversler und
der liänkelsänger den dichter bilden soll, so wird der sprucb-
reiche hoclizeiibitler und der kränz aufsleckende zinuncr-
gesell auch bald den deutschen redner unterrichten, un-
genannter bei Sturz 1,118.
SPRl'CHREIK, adj, reif zum gerichtlichen spruche, zum urthcil,
zur entscheidung : die sache ist noch nicht spruchreif, so auch
in freierer anwendung. vgl. spruchfertig.
SPRUCHREIM, m. l) reim, der gesprochen, nicht gesungen
wird, in allerer spräche {vgl. spruch 11,2, a,/}):
ich hin mil tirlaub ein sprucliman.
der gut spruclireümen machen kan.
Atrsr 791, 15 Keller.
2) spruchreim, rima senteiitiosa, sentenia ridoita in rima.
Kramf.r deutsch-ital. rfic/. 2 (|7(>2), sst', gereimter denkspruch
u. ähnl. Campe (vgl. spruch II, 2, d): das wollle er nicht löugnen,
hatte aber schnell einen anderen spruchreim zur band , der
uns in Verlegenheit setzen soliie. Götue iG, 323.
SPRUCHSAM.MLUNG, f. Sammlung von sprächen, gesammelte
spräche.
SPRUCHSCHREIBART, f. aphoristische Schreibart. Trapp bei
Campe, vgl. sprüchlich.
SPRUCHSPRECHEN, n., nach spru. b II, 2, c: er {der küster)
hat mir wie ein wahrer ceremonienuieister der zinspflicht das
ganze ritual ausgelegt und sich bei dem empfangen, ver-
wahren und spruchsprechen mit solcher würde und kliigbeil
benommen, dasz ich ihn jedem minister, welcher eine ver-
wickelte aiigelegenheit sein.?s hofes zu schlichten bat, als
muster empfehlen mochte. Inmehmann 1,187 {Münchh. 2,9)
Hempd. vijl. das folgende.
SPRUCHSPRECHER, m. l) nach spruch Il,2,ft der gediclite
spricht, niclit singt, namentlich bcrufsmäsziger Improvisator ge-
sprochener gedichte bei fami'.ienfesten , unter dieser bezeichnung
aus älterer nhd. zeit für Nürnberg bezeugt. Hoi.stbih zeitschr,
f. d. phil. 16, U>bff., nach Frisch 2. lOj' ein ^reimen-sprecher auf
den hochleiten der handwerkslcute' in Sürnberg, nach ScH»i.'2,7(iO
dort noch zu seiner zeit nicht ganz verschollen, nach Hoffhann
V. FALi.KRsrEREN auch mndL sproocspreker. horae belgicae 6, 20:i,
in neuerer wissenschaftlicher spräche allgemein von derartigen
gelegenheitsdichtern älterer zeit. vgl. Sprecher 3 oben sp. l : der
tcutscben poeterey liebhaber, spruclisprecber und buiger in
Nürnberg nennt sich \V. Weber, ein snkher reimet (I6ü2 — 16«i),
auf einem neujahrswunschc 1639. xeitschr. f. d. phtl. 16,183; dieses
bildniss und kurtzen lebens-laulT W ilhelm Webers, gewesenen
gekrönten poeten und spruchsprecbers in .Nürnberg, verehret
die liinterlassene wittwe, einer ebrlOlilichen bürgerschafl
und bandwerckern, zu einem glückseeligen ... neuen Jahr.
MÜCLXII. 185; anders freilich sah die kreuzfahrten an, wer
selbst unter die zahlreichen begehrlichen gehörte, die für sich
vor! bei! hoETten, wie berolde und spielleute, Spruchsprecher
und Sänger. Freytac 18 (1897), 224; in der mitte des 15. ja br*
bunderts werden sie (die fahrenden) auf dem reicbstage lu
Frankfurt bereits durch kaiserliche Verordnung als vagabundea
bedniut, zumal die sänger und spruclisprecber, weil sie geisir
lieben und weltlichen stand verächtlich anlasten. 455.
2) nach spruch 2, d poeta che prononcia versi e rime sen-
tentiose, it. Sputa- sentenze. Krahkr deutsch-ital. did. i (I7U2I, 8si'.
Krämer icar Sprachlehrer in Siirnberg. er kennt das wort also
wol aus dem unter l erwähnten gibrauch und deutet es in dieser
weise um, i
3) nach H, c von einem, der einen trinkspruek auAringt: sif !
erfuhr aber erst beim nacbliausegebro, \«er der sprucbsprecber
gewesen war. Huffnann v. Fallbrsirrrn fn«i/i leben t, iw,
wol auch mit anMnung an I.
SPRUCHSTKLLE, f. stelle einer schrift, die einen spruch ent-
hält oder darstellt, schnflstelle als spruch: »enn freilich eint
kleine nähere anzeige der spriicbslellr, worüber er (Hamann)
commentirt, vieles entr:ktli>elu, aber auch verrathen würde.
Herper s. lit. 11. kunst 1, 125; der mistbrauch einer beknnnieo
spturlisielle, wodurch man noch tu dieser frist das incon-
!<e(|uetile ladierlirh zu machen sucht: gleich wie der li>we
ein gri umiges tbicr ist, also sulleo wir auch iu einem beiligea
ISl
SPRUCIIT AFEL — SPRUDEL
SPRUDELEI — SPRUDELN
182
leben wandeln; schreibt sah aus dieser familie her. Hippel '
8 (1S2S), 3.
SPHUCHTAFEL, f., von der merktafel oder gesetiestafel der
meistersingtr: alle bekränzt, ging die gute scbar derselben
(der meislersinger in änem maskenzuge) daher mit ihrer spruch-
tafei. Keller •!, 17S.
SPRLCHVERS, «., pluraliseh von sprüeheu in versform: aoch
besusz sie einige der hübschen gescbicbten ton Christoph
Schmid und dessen kleine erzahlungen mit den artigen spruch-
>e!5en am ende. Keilek 4,232.
SI'HLCHVERWA.NDT, adj., in älterer spräche, lur gerichts-
barkeit einer obrigkeit gehörig, auch sprücb-, spricbverwandt.
rgl. sprach 1, 1 und su den formen sprüchmacber {hier darf
mit Sicherheit nachicirkung des stammhaften i ton spruch an-
genommen werden): darmit e. f. g. Ihömcapitel, auch andere
Ire sprücbverwandten stifft und ciöster alibie, desgleichen wir,
unsere burger und inwoner, ain anzali jar, ob wir uns deren
Tergleicben, bei ainander leidenlicher gestalt, frid ich und
ruwig bleiben, wunen und hinkomeu möchten, d. städtechron.
23.346,11 [Augsburg, v. 1533); zum 6. wiri solicbeD iren pre-
digen gemesz das naclitmal des berrn [in] e. f. g. sprich-
»erwanten sliflften, clOstern und an andern orten alhie nit
nach auffsatzung Cristi. unsers seligmachers, in beiderlei,
sunder allein in aincrlei gestalt ... gehalten. 349 2; zum 7.
wirt in e. f. g. sprucbTcrwandten stiffteu und clöstern die
bapstlich mesz geballen. 9.
SPRLCHWEISE, adv. als ein tpruch, in, mit einem Spruche,
in Sprüchen. Caxpe. vgl. das folgende.
SPRUCHWEISE, adj. «eise an Sprüchen, substantivisch spruch-
weyser, ethologus. Stieler 2ö69, spruchweiser, savio che non
dice 0 proferisce che sentense e detti sevlenliosi. Kbamer deutsch-
it'jl. dict. 2 (17U2), <Sl'. dies wort oder das vorige in secundärer
adjectivischer anvendung kann in der folgenden stelle vorliegen:
von der Stadtschule her und aus dem konfirmationsunier-
ridite hatte sie die äbung ununterbrochen beibehalteu, auf-
satze und geistliche memorierungen und allerhand spruch-
weise Schemata zu schreiben. Kell» 4, -:32.
SPRL'CHWEISER, m., was Spruchregister. C»iip«.
SPRLCH WEISHEIT, /. weisheil, die steh in sjirüehen duszert.
vgl. spruih weise, adj.: und die reiche, schöne sprucbweisbeit
des mitielalters ron Freidank bis zu den Sprichwörtern des
Volkes, beruht sie nicht auf demselben bedürfnisz, gemein-
same Ordnung und gütige formel zu finden, welcher sich das
innere leben des einzelnen unterordnet? FiirtAC 17 (1897), 17;
mit si<üttisehem beisinne: mit jenen entlegenen erdwinkeln, wo,
abgesondert von jeder lüftung, Yielhundertjährige dummbeit
währte und gärte, derselbe schale spasz und stumpfe ernst,
dieselbe sprucbweisbeit, unangenehme derbe geradbeit und
hinterhältige »erschmilztheit wie bei den vorvordern bestand,
dürfte es bald anders bestellt sein, .\nzengbubeb 3,20«.
SPRCCHWOHT, n., s. Sprichwort.
SPRLCHZEICHEN, n.; der historien Schreiber Paulus Jovius
erzählet in seineu italiänischen gespräcben Ton den spruch-
zeicben oder citeln. anm. weish. lustg. 212.
SPRLCK, adj., s. sprock.
SPRÜCKE, f. 'auf dem lande einiger gegenden, x. b. im amte
Sekkeuditx, unförmliche grasflecke, welche ein jeder nachbar von
einem gemeindestücke zu seinem anthetle eingeräumt bekömmt,
mit den haufMücken nicht zusammen hangen, aber doch mehren-
theils durch einen graben abgesondert sind'. .\dei.l:<c. nach thm
mit sprock, adj. Is. dus oben) lutammenhdngend (durch tlieüung
entitandenes stiick).
SPRLCKE.NKÜHL, m. der rosenkohl, brassica oleracea gern-
mnscens (gärten). Pritzel-J essen 6ö', wol aus md. spiuttenkobt
enL4elU. vgl. oben sprossenkobl.
SPRL'DEL, m. zu sprudeln. 1) das syrudeln: mit sl:irkein
•^udel kömmt das wasser unter den felseu hervor. Campe.
2) meist: sprudelndes wasser, quell. Campe:
iwaozig eileteii hin zu des Telsborns dunkelem iprudel (ini
xoij»-»^»' ufXdt-vSpoi). Vo«s Oii. 20, 15S);
riDgsher oprerten wir den unslerblichen dort um den sprudel
(mpi xptjrtjr)
•uf den peweihien altären Tollkommene lesiliekatüiiilien
unter des aborns erüa, wo eutspraug das blinkende wasser.
n. 2, 3üö;
docti seit Hans ror dem jähre, das Test der Luise tu Teiern,
beiinlich den spruJel getieft und roll höherem ru$en umbordet,
neoot ihn born der Luise das liaus und die freunde de* liause*.
geUidttK 1 (li»:6), 21 {Lui^e, si>äiere fauung 1,3(5);
er setzt sich stets zur stelle, wo aus dem felsenspalt
am beiszesten und Tollsten der edle sprudel wallt.
Chlasd (1864) 3ö8;
mit genetivischem lusatz, im bilde:
wir hämmern an den Telsen. bis hell der stein erklingt,
und an das licht der sprudel lebend'gen wassers springt.
CuAHisso 3 (1836), in.
t» einigen bädern, z. (. in Karlsbad, heisit eine sprudelnde be-
sonders warme quelle der sprudel. Campe (vgl. Uhlano 358 oben):
froh am schönen Teste solTt in Carlsbad sejn! ...
lust'ger ist der sprudel heut schon aufgewacht.
GöTUK 47, 112;
da {in Kaitthait} hat der schmerz den sprudel abgekühlt,
seil er nicht mehr die holden lippeo rühlt,
Too deren kusz er höher brausend schäumte.
,. , . , W. Möllb» ged. l (1837). 308;
die alte schale, ... > «
die mir an Carlsbads waldumrauschtea sprudel einst
die Treundin schenkte. Gkibsl 8,29;
der sprudel {in Karlshad). Überschrift eines gedichts. Körneb
1, 119 Fischer; im« vergleich: wenn der ström der zeit einen
autor, wie der Karlsbader sprudel, ganz übersintert und ver-
steinert hat. J. Paul jubeisen. 66. auch vom wasser aus solcher
quelle: Karlsbader sprudel trinken, bildlich: er stürzte alle-
zeit den ordenkelcb und willkommen des warmen sprudeis
einer neuen freundschaft so unmüszig hinein, wie ein gast
in Karlsbad den seinen. Hesp. 2,49; der Oucborkao {das fluchen)
sollte ihn etwas stärken, hatt' er geholTt. aber der alte heisze,
sonst eisenhaltige sprudel überlegte ihn diesz mal blos mit
einem maltguld nachglänzender zeit, und er sank kränker
ins enge haus zurück, leben Ftbels 52;
wohlgewiziget auch, schöpTi er des nrories kraft
aus des heimischen spracligenius frischestem
und urlauierem sprudel,
von fremdartiger ader rein. Voss 3(1802), 199;
tränktest du mich nun mit deiner liebe — sprudel.
BÖRGia 64* {Uebeserkläruiig nach corjetchriebenen
endreimen);
du bist die nympbe, die in purpurschalen
den wirndertraok bewahrt fiir meine quälen.
0 lasz ihn bald aus deinem herzen springen
und Toll zu seiner süszen münduii!; dringen!
den becher werf ich weg; mit lueinfii lippen
will icD des sprudeis erste perle uippeu-
W. MÖLLRR >ie'i. 1(1837), 311.
SPRL'DELEI, f. das sprudeln und gesprudeltes, in überlragener
anwendung: nun habe ich einmal die Russiniscben sprude-
leien so gehört wie ich's mir wünschte. Zelter an Güthe
im briefw. beider 3, 193.
SPRL'ÜELHÖHLE, f.:
sanft bauch' aus deiner sprudelhöhle.
o geist {i^iiier qurllt-)'. und still werd' unsre seele,
wie deine Hut, und rein! Voss 4 (1802), 2oO.
SPRLDELKOPF, m. sprudelnder, leicht aufbrausender kupf,
mensch. Cakpe, brausekopf: mir wurden viel sprudelköpfe zu
tbeil, welche fast den ebrennamen eines genie's zum Spitz-
namen herabgebracht hätten. Götbe 31,40; in Ulm schläft
noch niemand als dieser sprudelkopf, den man zur abküblung
heute nacht recht hart gebellet bat. Hauff 4. S5 Hempd
{Lichteiift. 1, tl): um so angenehmer war es ihm, dasz der
sprudelkopf sich für beute jeden besuch verbeten halte. Aiexm
Isegrimmili; eine thurheit mit der andern gut machen? so
unüberlegt im nachgeben sein, wie icbs im übelnehmen war?
alter sprudelkopf. Loowie 3,41 (erbförster -l, l).
SPRUDELN, verb. als qufU oder einem quell gleich aufwallen,
hervorbrechen, herausströmen, in der Schriftsprache erst seit dem
18. jahrh. begegnend, lexicographisch xuerst von Aoklcnc ler-
xeichnet, wol avs älterem mundarllichem gebrauch übernommen,
vgl. appenz. sprodla. Tobler 3^1*, /uj-em6. sprudelen {in be-
sonderem sinne, s. unten 1, f) Gangleb 428, nd. spruddeln
Däbnert 454' und das folgemie. das tcort scheint eng verwandt
XU sein mit prudeln (s. dies oben Iheil '<, 21M), wie schnn Aüelung
vermutet auch sein hxnweu auf sprühen verdient heute noch
beachtung.
1) intransitiv.
a) VON flüssigkeHen, »ft mit örtlichen xusätzen, ton kochenden :
ihr gleicht dem siedenden wasser das von zu vieler liitze
aufsprudelt. Akelorc; kochendes wasser sprudelt im tti|ife;
diese (Aue alühende stohlkolbe) taucht er: siedend sprudelt
sein pemiscb, und schäumt, und strudelt
Im pokal! im pokal! Voss veil. 4(1825), 76.
und ton quellenden, quellenartig wallenden allgemein, so vom
wasser: wie schon sind die quellen, wenn sie aus klippeo
sprudeln, und dann durch blumige Hieseu sich schlängelo.
t83
SPRUDELN
SPRUDELN
184
AoELONf.; so sah ich denn ton oben hinab seinem (des was'ers)
slflrzen, seinem sprudlen, seinem ruhigen lauf zu. Bkttinb
tageb. 6U ;
heisz noch sprudelt der quell. Stolbkrc 1.413;
der quellen »prudeln, »o die {rründe decken,
der wBsserscIilaiigen plätschern töiil allein,
kaum liorbiir dir, durch duostig-gchwere luft.
„ ^. , ,.,, V. Webm Teil 123;
dasz alle« himmels ruile
aus liaumperäuscli, an» üprudeln saiifier quellen,
und des atlmacht'gen liiliiiiisz
aus stein und feU und aus des baclies wellen
entgegen wir mit lieliesathem quillt. Tikck 1,366:
und ich klomm in dem finsteren wald empor,
wo wilder die berge sich heben;
da brauiite roll macht aus dem felsenihor
lautwugend ein spi ii.lcinder ström herTor.
E. SciiULZ» 3, 109:
in rerglfichen : dies {die erste äusieiuvg künstlenscher begnbvng)
ist wie das erste sprudeln einer i(!eiuen, munlern quelle,
welche nachher zum mächtigen und bewunderten slrohine
wird. VVackknrodkr herzensergieszungen 63; kurze sätze nehmen
{im monologe Hamlets) immer anlauf zu einem lungeren, als
wenn das ühermasz von atem, das die lunge unfähig innchte,
erst hinweggesloszen werden müszie, oder wie wenn etwas
eine röhre verstopft hat, das gestaute wasser erst heftiger
und in slOsien gesprudelt kommt, ehe der gleichmäszigere
flusz sich niedei herstellen kann. Lunwic 5,133;
denn es quillet heller
nicht Tom Parnasz die ew'ge quelle spiiideind
von reis zu Tels in's goldne llial hinab,
wie (reude mir vom herzen wallend llioszi.
und wie ein selig meer mich rings umlängt.
GöTHK 9, 54;
wie sprudeln von quellen schlug's an sein ohr.
ScHEFFRL iiiiiideaiiitis IC5.
im anseJilvsz daran freier: sanfte entziickungen sprudeln aus
jeder quelle. Gesznür bei Auelünc; und ganz uhsinnlich:
aus eben diesem schöprerflusz,
woraus wir menschen sprudeln,
quillt giHterkral't und genius. Schiller 1,'26S.
ebenso mit grammatisch unbestimmtem subject:
und horch! da sprudelt es «ilberhell
ganz nahe, wie rieselndes rauseben. 11,287.
vom wein, der aus dem f<isse quillt oder im glase schäumt: man
zeigt seine pokale; allein es sprudelt Champagner darin.
Hjppkl 8 (lb28), 235; efttfnjo;
bei: 'hoch dem kaiserl' spiudelt's in den kellern.
Götue4I,66;
freier: freude sprudelt In pokalen. Schiller 4, 4.
vom blut, das aus ädern, wunden spritzt, quilU: soll ich bin-
gehn. und diesem abgciichlcien Schäferhund die gurgel zu-
sammen schnüren, dasz ihm der rotlie saft aus allen schweis-
lücbern sprudelt? räuber sehausp. 2,3; (tni bilde:)
du sahst mein blut aus tausend wunden sprudeln.
Heini I, 61 I-Mii-;
das unruhig, stürmisch in den ädern piesit, eigentlich und freier:
er risz sich mit so vieler Schonung als seine Verzweiflung
zuliesz, von den gegenständen seines Jammers los und jagte
sein sprudelndes b!ul nach Auenllial zu Wuz — in meine
Stube. J. Paul unsichtb. löge 3,29; denn dies Nürnberger burg-
giafciiblut, das allfs besser wissen will, alles besser ein-
richten, klilger sein, froinuier, es sprudelt und spukt in einem,
wie in dem andern. Alexis hosen^^;i; tgl.:
manchen bat ins elend fie (Venuk) gestrudelt,
eingcirillert mit sirenensang,
dem im herzen warme kralt gesprudelt.
Schiller t, 190.
von hervorquellenden thränen: heisze, heis/e Ibrilnnn siedeten
in Annelis herzen und s|irudelten in reichen slruinen über
ihre wangen. Gotthelf gelJ u. geist (18!i5i 60.
b) vom geräusch hervorquellender ftüssigkeit:
er sah die fette milch in strängen Straten spritzen,
dasi miild' und eimcr schäumt. iiic*t sprudelnde gctön
. . . klang recht angenehm und schon.
llsocEE« I (1739). i.M).
«•m $pralieln eines lichts: es (ein lieht) senkte sich — sprudelte
nnd «erlosch, ehe ich nach einem andern rufen konnte.
TbChiiei. reite h {\'H), l!>\ ; in diesem scheuen angenblirke
•prudelte mein abgebrnnntes liclil, verlosch, und alle Schreck-
nisse der narbt «lOr/t'-n Ober mich zusaumien. 7 (IMX)), 42u.
ton rasch, hastig, unruhig strümender rede: wie nun die reden
ipriidelli-n. HrckEiT 11 (1882), 255; nachdem iler andeie seine
•prudelnde, Waaer anklar gebliebene rede \ollendet halte.
C. F. Meter JenaUeh (t»0l) 33; auch in folgender art: zornige
werte sprudelten aus seinem munde hervor.
c) von lebhafter, unruhiger, sich stürmisch und wechselnd
duszernder innerer art, inneren Stimmungen und ihren äuszerungen
seihst ollgemein: da war ein herziger lieber jungt, voll narr-
heit und sprudlender phantasie. Klinger t/ieai^r 3, 116; sie
hielten ihn (einen Vortrag) für eine von den sprudelnden auf-
wallungen einer noch ungelüuterten lügend, welche gern auf
schöne ausschweifungen zu verfallen pflegt. Wibland i, 353
{Agathon 10.51; indesz wollen wir, ich und ieser, nicht par
zu strenge über irgend einen stil, i. b. über einen sprudelnden,
ja nicht einmal über einen trocknen herfahren. J. Paui. grön-
idnd. proz. 1. ix; der nichts weniger als arglose Zürcher fiagte
sich, ob diese herzlichkeil acht sei. ja, sie sprudelte voll und
natürlich. C.K.Meyer Jenatsch^* \1H; mit einem sprudelnden
witz derbilder und gegenslitze. Huf-iEisEN 6« Kellk« nafAJ.88;
sprudelnde heiterkeil; mit unbestimmtem subject:
ach, es gibt kerls genug, bei deiisn's immer sprudelt.
GöTHK 7, 44.
auch von anderem, was solcher art, solchen Stimmungen entspricht:
aber wie im menschlichen leben mitten in das leid die freude
tritt, mitten in die freude das leid, so spiudell oft in den
tiefsten ernst hinein das lächerliche (es handelt sich um ein
Idclierliches vorkommttis von unbea'sichtigter komik), und um-
gekehrt Gotthelf 4 (iS'Js), 75.
d) sprudelnde fülle, sprudelnde hast, eile, gesteigert: dai
erste worl jedes absatzes stellte einen hemmenden pfropfen
dar, der erst durch ein gewaltsames rütteln aller f;esichls-
muskeln zum springen gebracht werden muszte. dann aber
schäumten die andern ihm in desto sprudelnderer eile nach.
Ludwig 2 (1891), 47.
e) auch von dem, woraus etwas quillt, worin etwas wallt, so
von gefäszen: dass es hiihere freuden giebt, als die von den
lippen der mädchen und ans sprudelnden gläsern winken.
Wikland suppl. 3, 163 {Sympathien 6); gnomiseh:
wessen das geTäsz ist gelullt,
davon es sprudelt und nlicrquillt.
Schiller Ualtenaieins lager 8.
die flüssigkeit kann dabei durch von mit dat. bezeichnet werden, frei:
so ging es denn zur bilde Loi-sets; —
wie sprudelte, ein übervoll geTasz,
vom schäum des volks der luli'ge kästen 1
rRKILICRATH I (1886), 129.
»on kOrpertheilen: ^g^gj ^^ ^gi„ ncbwäUfi) auch völlig
wie ein sprudelnder steiss, der die wische verhöhnet.
Voss AiUtoph. 1, 359 (wcve/i 616);
mitleidig trat sie auf mich zu und schlcsz
die ader, die am stärksten sprudelte,
mir mit der band. Hebiel I (1891), 156;
(er) fühlte mich zu einem hause, dessen euter sprudelten, —
und dessen lüpfe brudelten. RCcsert 11 (1882), 502; freier, in
bezug auf rasches reden:
wie sprudelt ihm die bocbgelabrie kehle!
Lenau 1, 20 Ixuch.
ganz unsinnlich sprudelnder köpf, in dem es sprudelt. Campe.
vgl. Sprudelkopf.
f) im anschluss daran von lebeuesen wie geräuscJivM spucken,
prusten, fauchen. Adei.ünc, so von kalten:
denn als sie kaum darein (in eint ntt»t) den ersten bisz gotlian,
so schnaubt und sprudelt sie, als wenn sie gras gefre.-'Si'ii.
LESSirta I, 129;
da sprühte die sehne des bogens, so wie das sprudeln dar
katien. Baumann Nimrod 518 (i'<;(. Scuöraich
veot. Wh, 386, 36 Kastei);
endlich tantzien alle katzen,
poltern, lärmen, dasz es kracht,
zischen, beulen, sprudeln, kratzen,
bis der herr im haus erwacht. Lichtwer SS.
ebenso von menschen:
voll begierde bist er tu:
llaiiscben, o was aprudilst du. Weiszr In-i AoRLUNe;
10 oder vielleicht auf das abschütteln von wasser gehend: er («ii«r
der aus dem wasser gezogen ist) sagte das gleichsam im lorn,
ganz durchweicht, sprudelnd und triefend, Gütuk 31, 2<.i8.
»prndelen, beim sprechen den Speichel «m sieh her spritzen,
GAKr.i.tR lex. d. lusemb. inngnngsspr. 4'2s mW instrumentalem
zuialx: tauchte er den kopl in die schule und sprudelte mit
dem wasser umher. Stoin twei nov. 179; ähnlich, in über-
tragener anwendung:
der du von glft und galle recht fesprudeli
uud uns verllucbt zum tlefsien hollenpruble.
UüLARD (1864) I3I(.
185
SPRUDELN
SPRUDELN — SPRÜHEN
186
fgl^; ausgezischt unü ausgedudelt
jeden witzkompan,
der nur geckt und neckt und sprudelt,
mit gefleischtem zahn! Voss 4 0802), SO.
hast, übersiüriung beim sprechen bezeichnend, von einem Stotterer:
(lies stottern seiner stimme,
dies sprudeln wenn er spricht ist sein's.
Shafinspeare Cymb. 4, 2.
auch allgemeiner auf reichlich ßiesunde worte als äusxerung
erregter, lebhafter stimmujig gehend, also mit betonung des inhalts:
kann man sein amt nicht rerwalten, ohne grob zu werden?
wie sollte der herr gericbtsverwalter gesprudelt haben, wenn
er in den zeiten geboren vNäre, wo die hexenprocesse noch
mode waren I Rabenkr (1';64) 1,33; aber der weiter sehende
Fiiistus fand nicht für dienlich, seinen herrn in dieser leicht-
sinnigen laune fortspriideln zu lassen. Wiela!«d 2, 344 {Agathon
10,4); Vosz gibt künftig die fortsetzung des göttingischen
almanachs zu Wandsbeck verrauthlich heraus: Dietrich, der,
so sehr als er kann, deszwegen wider mich sprudelt, setzt
den seinigen fort. ßoiE in den briefen an Merck (1835) 57; mit
ähnlichen ausdrücken verbunden:
oder wüthet, schäumt
und sprudelt er im tragischen kothurn?
WiKLA^D llüimeiis brii'fr 1,76:
auch mit adverbialen zusätien: einer sprudelt von witz u. ähiiU
ebenso von anderer hastiger, lebhafter ätiszerung innerer erregung:
aber der apotheker war denuaszen im kochen und sprudeln,
dasz er, als der balgtreter seinen köpf unteriiielt, um dessen
antwort einzuholen, seine band in eine kugel anschieszen
und sie wie einen glockenhammer auf die pfeilnaht des unter-
gehaltenen hauptes fallen iiesz. J. Paul Hesp. 3, 15. nach
Adelü!«g ^im gemeinen leben': sich zu etwas ungeberdig stellen.
2) trmsitiv.
a) unpersönlich: ein brunnen sprudelt wasser; im vergleich;
sie igesäiiije) stehen dort (in Enijtand) beisammen so dicht im
engen räum,
all ob an's land gesprudelt sie hätte des meeres schäum.
RÖCKERT 12 (18S2), 315.
bildlich: der deklamator fordert an sein gehirn bilder und
starke gedanken — da es nun zu wässerigt dazu war, sie
aufzufassen, — so sprudelt es ihm mit luft gefüllte blasen
in die feder. Klikgeb 11, lb8.
b) persönlich:
er sprudelte von den lippen schäum
und ritt in des treflens vordem räum.
RccKERT Finlosi 2,549;
tn bildern: sie kommen in die quetsche und beide partheyen
sprudeln ihr gift auf sie. Wbisze lustsp. i (l'iSZ), iZ; wer...
mir, um mich zu hänseln, wasser in meinen wein mischt,
darf sich nicht wundern, wenn ich, ohne lange daran zu
schlucken, den unreinen trank ihm in das fratzengesicht
sprudele. TniSmiEL reise 10 (1805), 260. im anuhlusz daran:
sielie das Tolk. da mit einmahl sprudelt es lachen, der greise
bäullein sprudelte mit. Somnenbkrg hfii Campi.
worte sprudeln, hervor sprudeln, hastig, rasch sprechen, rein
äuszerlich und mit hindeututig auf lebhafte xnnere Stimmung,
deren aiisflusz sie sind, dann auch von rasch geschriebenen Worten,
unüberlegten schriftlichen dusxerungen u. ähni: sie . . . sprudeln
iter käizer um sich (schimpfen so). Kabener 4,230; ohne
h uiich nur auf einen einzigen tudel einzulassen, eilert
und sprudelt er {Gottsched) da etwas her, woraus kein mensch
klug werden kann. Lessing 6, !8i; ich habe schon in meinem
woribriefe gebeichtet, und mit dem gegenwärtigen ist alles
so rein und klar zwischen uns, als es, wie gott weisz, in
meinem herzin war, da ich den vorigen brief dahin sprudelte.
llipcEL 14(1839). 340; Sentenzen sprudelt er von sich. Kotzebüe
kleinstadt. 1,5; dann ling er an zu sprudeln witz — und zu
~; lühen blitz um blitz. KCckebt 11 (1882). 438;
die schleuderten stäbe und schrieen 'bailob!'
die sprudelten wiize wie schlössen.
ÜKosTS-HÜLsuorr l, 224 S(hiicking.
nit anfnhrung directer rede : was, sprudelteer, soll das heiszen?
^»PE; der alte summier, dem die saclie das herz durch-
- hnit', S|iriideltc wie eine flasclie, von welcher der pfropfen
ahgedcgen ist: ifoltjt directe rede). IiiNEBHAtfi« 4,25 {Munchh.:,!)
Hempel; der weber aber, der von alledem nichts merkte,
hustete und sprudelte unterdessen: ja, so stark wie die
weibsleut sind, und so klug wie die weibsleut sind! Luonic
2(lS9t), 19; der gast aber, indem er den iöfifel in die gute
suppe tauchte, rief und sprudelte über dicke lippen hinaus:
'es ist eine freude zu leben!' Kellbb 3(1899), 195; blind!
blind! blind! o ... polizei und schwarzer staar! sprudelte
der Schreiber. Raabe die leute aus dem walde 2,210.
SPKÜDEL.X, verb. bair.-österr. stark aufrühren, außrausen
machen, quirlen. Schm.' 2,701. Höker 3, 168. Castelii232, auch
sprütfln Lexer kämt, ab, 23S' und sprud'ln HCgel 154", in
engster beziehung stehend zum vorigen, wol eine causativbildung
dazu.
SPRUDELQUELLE, f. sprudelnde quelle. Campe, vom Karls-
bader Sprudel: er sah eine weisze gestalt in der halle, die
sich abwechselnd beugte und sich dann wieder erhob: der
Sänger dankte ihr mit anstand — es war die sprudelquelle
in eigner person. Arsj« 2,321, auch sprudelquell, m.
SPHUDELHÖHRE, f. von den ädern:
am Ursprung bin ich hier vom beil'gen quelle,
der lebensl'risch durch tausend sprudclröhren
vom mitteipunkt verschickt die edle ivetle.
RccKKBT 3(1882), 129.
SPRUDELSäLZ. »I..* Karlsbader sprudelsalz, aus Karlsbader
Sprudel gewonnen, vgl. sprudel 2 sp. 1S2 oben.
SPRUDELSCHALE, f. von der natürlirhen unterirdischen Um-
hüllung des sprudeis in Karlsbad: und wie sie einander die
band gaben, krachte es in der tiefe des Tüpelllusses. Mie
sprudelschaule ist geborsten!' riefen viele leute und liefen
hinab, in das innere der natur zu schauen. Arxim 2,329.
SPRUDELSEIFE, f.: Karlsbader sprudelseife, mit sprudel-
salz oder dql. bereitet, vgl. sprudelsalz.
SPKUDELSTELN, m. im sprudel eines bades, z. b. in Karlsbad,
sich ansetzender steiniger körper. Campe, im rhombischen Systeme
kry<tallisierende mudijicalion des kohlensauren kalks, aragontt.
Kabmabsch-Heere.n' 1, 179.
SPUUDELSUPPE, f. mit Karlsbader sprudel bereitet: Halbgott
kostete 'pfui, was ist das?' — 'sprudelsuppe, wie ew. durch-
laucht alle abend befohlen haben'. Abmm 2,322.
SPRUDELVVASSER, n. sprudelndes wasser und wasser aus
einem sprudel, z. b. in Karlsbad. Campe.
SPUUDELZELTCHE.N, n.: Karlsbader sprudelzeltchcn, mü
sprudelsalz bereuet, vgl. sprudelsalz und zeltcben, zucker~
plätichen u. dgl. unten.
SPRÜHEN, verb. mundartlich garstig machen, beschmutzen.
dmbr. u'b. 235', vielleicht mit sprudeln verwandt.
SPRCDERN, verb. mundaitlich sieden, wallen. Zingeble
lusern. wb. 52*. eng verwandt mit sprudeln.
SPRUDLER, m. 1) zu sprudeln, wallen, quellen, der sprudelt,
uneigentlich der leicht außraust. Campe, sprudeler. d(r beim
sprechen den speichel spritzelt, der schnell und unverständlich
redet. Gasgler Luxemburger umgangsspr. 428, eigenartig, in bezuy
auf geologische theorieen: ohne künig zu seyn, verhalte ich mich
im stillen eben so gegen jene slrudler, sprudier und quetscher,
indem ich der natur in ihrem groszen thun einfachere und
grandiosere mittel zutraue. Götbe an Zelter 686 (ö, ;)05).
2) zu sprudeln (neben sprudeln, s. dies), aufwallen machen,
österr. quirl HOgel 154*. CASTtLU 232.
SPRÜGEL, m., s. spriegeL
SPRÜllAUGE, n. sprühendes, feuriges äuge. Campb.
SI'RÜHBäRT, m. henneberg. hinJernis, etwas, wij einem bei
einem unternehmen in die quere kommt. Reikwald 1, 155, ein
merkwürdiges wort. falls kein miszverständnis lorliegt, musz man
wol das bild eines feuer sprühenden oder speichel spritzenden
bärtigen mundes heranziehen.
SPRÜHE, f. das sprühen oder was sprüht (intr.): mit der
sprühe fähet man sie (meisen) bald vierzehen tag nach Jacobi
oder um Laurentii bisz auOT .Michaelis, wenn der «ogei sehr
ziehet ... da stellet man nur mit der sprühe (denn also beist
mans) wenn sie geflogen kommen aber das elscnholtz, so
wirff nur einen but in die buhe, und sprühe mit dem munde,
so fallen sie Qugs unter sich, und dencken, es ist ein sperber,
darnach kriechen sie auGT den zweigen immer wieder auf-
wärts, und wollen sehen wo der sperber blieben, und kommen
in die leimspindlein. Coleb ücoriom. l (I6S0), 618*.
SPRÜHEN, verb. tropfen, funken, kleinste thetlchen um sieh
verbreiten, stieben, zuerst bei Ldtbeb erscheinend, der Spruen, inf.,
spruet, sprQet. 3. pers. sing, praes. bittet (s. unten l,u), noch im
18. jahrh. spruble, praet. Eschen bl'rc über Shakespeare ü33
(s. unten 2), damals auch noch sprüen geschrieben. Fbiscu 2, 3Iü*.
Lessikg 10,3 {s. unten 1,6), daneben sprühen Scbaliek theolog.
' heroldt (1601)422 (i. unten 2). Steihkaco 2,CI4. Fkisch 2. 3 ig*.
1 ADELU^c. Campb und so sp^er durchweg, dem ndU sproeien
187
SPRÜHEN
SPRÜHEN
188
entiprechend. Fianci eiym. woordenb. 946, wahrtcheinUrh etymo-
logisch verwandt mit spräen, sprühen, s. dies oben thril Ki, l, 2:92.
als mundartliche nebenfortn verzeichnet Kdeiükq spreuen, tgl. dies
oben sp. ä9. s, weiter die unter sprülicr erwähnten düringtschen
formen.
1) intransitiv,
a) von lebeicesen: die katie sprüht, felis ringit. Steikbach
2, Ci4. sprühen wie eine katze, pfucbzen, salivam spargendo
se defendere. Fbiscb >, 316*, in solcher anwendung heute der
Schriftsprache fremd, die aucli deu augenscheinlich daraus ent-
wickelten frühnhd. gebrauch von personen im sinne von wüten,
toben, lästern nicht mehr kennt: das sie iulTt hiilicn niügen das
•vangeliuni auszurulTen, das ist, über den Luther zu leslern,
mordschreien, und spruen. Lctbek i, 549*; sollen wir darumb
Christus bencker und uiorder sein, wie der rottengeist spriiel?
S, 51*; ey wie brüllet, tobet, wiitel, und sprüti er {der po pst),
recht uls einer, der mit \iel tausent teufein besessen sey, in
seinen decrelen. 8,221": da warflf sich auff der grosi rum-
redticber hellt {Eck), spruet unnd schnawbt, als hett er mich
schon gefangen. 7,7,18 Weim. ausg.; und ein solch arm creatur
(Emser) seynen golt schOplTer szo erschrecklich, grewiich an-
speyet und sprüet, das auch entsetzlich ist davun zu hören
unnd reden. 66s, 8; sihe, wie . . . «-r {der papxt) sprüet und
fluchet 16,97,24; wenn der herr Christus den teufel aus-
treibet, so scheniiiet er, sprüet umb sich. 16; der teufTel
schlelTt nicht, iondern sprüet noch ynier dar. 23,282,8; damit
der bapst jtzt sprüet und die leiite würget, eben damit wird
er unler);ehen. 2S, 2r>7, 21; da spruet und wuttel etc. du wil
er {der teufet) nicht eraus. 29,80,9. später von personen nur
im anschluss an b oder c bildlich: bist nur du beim minister, so
hab' ich geist genug und sprühe ordentlich. J. Paul //csp. 2,61;
*B^' wie ich (prinirs^in Schnrcflöckchen) brenne, wie Ich glühe,
keine seel« glaubt es je,
wenn ich gleich von namnien sprühe,
beisz' ich doch der kalte schnee. Arndt (1860) 351.
h) in sonstiger anwendung nach Adelung mci^t 'ftnen flüssigen
oder aus kleinen Iheilen bestehenden festen körper mit einiger
heßigkeit um sich verbreiten', auch heute noch so durchaus üblich,
gemöhnlich mit der Vorstellung eines begleitenden geräusches ver-
bunden, vorwiegend auf ßiissigkeiten oder feuer und auf die ab-
lösung gleichartiger thcilchen gehend: sprüen, dtsjicere et dissipare
proxima quaeque, wie puher das angezündet; wie glüeiid erz
wann was nasses im giessen dazu kummt. Frisch 2, 31u';
hast du di« welle gesehen, die über das ufer einher scIiltigV
tiehe die zweyte. «le kommt! rollet sich sprühend schon aus!
GöTHi 1,384;
seit der liiigel sich geschlossen,
und der sclieiierliaiit'ea sprühte.
KovALis 1, 168 HeiKtner;
da wir heut das fest begehen,
dem tausend rreiulenreuer sprähn
und, wo sie nicht von liergen wehen,
doch tier in allen herzen glühn. Uuland (1864)84;
fühlst du, wie die winde kosen?
hörst du, wie die quelle sprüht? Platbn 10*;
auch mÜ instrumentalem zusnli: schon an den Voralpen blieben
sie {die wölken) biingen, tobend und wild, und sprühten mit
gewaltigen wassergüssen um sich. Gotibki.f 4 (is9s), i^*. in
beiug auf and(rsu'tige Iheile: in der dunkeln schmiede neben
dem sprühenden heerde. Kaabe nach dem grosien kriege *:>.
der gebrauch von der sonne, wie ihn die folgenden stellen zeigen:
wenn die sonne ein $|)rüheudes feuer sein soll. Hebei. 3, 150;
und Itnger wirr-t du {'•••nnr) nicht am liiminel iiprülien,
alt ich (rosr) im kränz des rrulilingü werile blülien.
llÜCIKiT grs. iiril. I, lÜS
leitet über lu der allgemeineren beiirhung auf lichtstruhlen: tlie
sonne sab erst {-im morgen) unter den triumpbthoren herein —
alle »een sprühten in einem breiten feuer. J. I'aül Titan i,bi,;
und ist ihr nur der ditier lieh,
der In die äugen «prühl. RSckeit (1841) 400;
iaii<eii4i edelxtelne
ipruhn In meinem scharht, 1 (1S82), 408;
ein hober berg. tom morgen angeglülil.
der hell und Iroh licrauT im oden «prnlit.
Lcntu 2. 94 Huch,
mit verinnerlichung des begriffs von den äugen, sofern sie innerrs
feuer rerroten, dis durch stärkeres funkeln, glänsen auch sir.nlich
wahrnehmbar wird. Camik: ihre an^en sprühten voll schel-
mischen feuert. FaKRitk!« undirüftn h2; er erging sich mit
sprühenden augeo in gru<zi n, über.«cliwenglirh«n bildein. J>'tin
LM 310. dann gani unstnnlich vom iiitmclilicheu tnnern, geist,
gemüt, heri selbst, lebhaßeste äusterunq bexeichnend: aber warum
wollen einige Ton ihnen mir nicht glauben? dasz dieser
feurige geist Dicht immer sprüete und luderte, sondern unter
ruhiger asche auch wieder nabrung an sich zog. Lessimg lo, 3;
die gemöter sprühten und loderten nun wie harzige tannen.
RosECGER llöllbart I3u; aber besser ein sprühendes herz, denn
ein kaltes und sprödes, sünderi/l. 14I. vgl. weiter den unter 1
am ende erwähnten gebrauch von personen.
c) auf solche art verbrettel werden, nach Adblunc seltner,
heute ganz gewöhnlich, meist con tropfen, kleinsten wassertheilen
und funken, die zum theil sehr nahe beiiehung zu b lassen
einige der belege deutlich erkennen: sie sind wie sanfter ncbel,
der steigend vom see aufs thul sprüht, (iutbe 16,172; mit
dem stahl i\n einen stein schhigen, dasz die Tunken sprühen.
('ampe; feuerquiilm scheint aus den schnaubenden nüstern zu
sprühen. Vischkr auc/i m«r 1 (i900), 238; die funken sprühten
von den Schwertern. Freitag 8 (1S9T), 33; es (ein felsstück)
brach durch den waid und splitterte den stein, bis es in den
gieszbacb schlug, dasz der gischt buch gegen den hiniuiel
sprühte. 164; willkommen, Wilfriede, rief der rilter aus und
zog sie tiefer in die halle, denn der regen sprühte über die
schwelle. L. Hesekiel Nürnberger land 2,137;
die funken sprühn aus halb verbrannten Tackeln.
Wii^zi hei Adblo!«6;
aber der hausknecht
fing die sprühenden funken des stals in schwammigen zunder.
, , , -,. Voss 1 (1*02), 36;
wenn der funke sprüht,
wenn die asclie glüht,
eilen wir den alten göttern xu. Götub 1,250;
der Tunke sprüht, die bälge blasen,
als galt es, Telsen zu verglasen. Schillir 11,250;
aus schäum hist, Venus, du hervorgegangen,
der auf des meeres lichter welle sprühet.
W. V. Humboldt 7,478;
wie aus Trühlingshiromcln reiner
regen sprüht. Rückkiit t (IS82), 474;
im bilde: sprühn einmal verdächt'gn Tunken
aus den rosen — sorpe nie!
diese weit glaubt nicht uu llaramen
und sie nimmt's Tür poesie. Heine 1, 218 El>ter,
mit unbestimmtem subject:
witi's blitzt und platzt, in Tunken sprüht 1
GöTHE 41,52:
es sprühet, regnet sehr fein. Campe: ehgestern wie ich nachts
den Kritz hinausleuchte, fängts an zu sprühn, just wie jetzL
Ludwig 3(l89l), 472. freier von sonnenhitte, tonnenlicht:
als sonnenTeuer .«prülite
und lieisz der sommer glühte, Brentano 2, 268;
der adler strebt Ins grenzenlose,
sein äuge trinkt sich voll von sprühiidem gold«.
.MöRiEE geit. 17U.
auf blicke bezogen, die inneres feuer verraten:
auT des riiters wange glühte
xorn und liebe: Teuer sprühte
aus den äugen wild umher. Stolbebg 1,57;
kaum Tiihlt das thier ('/er Pfjasuis) des meisters sichre hand,
so knirscht es in des zügels band,
und steigt, und blitze sprühn aus den beseelten blicken.
Schiller 11, 22;
auch mit einem abstractum als subject:
verderben sprülit aus seinem blick.
Ppeffbl f"'t Cahpb;
lauber sprüh'n aus iliren blicken.
TiEOCE liri demselben;
iu aller äugen sprühte die tust,
der todesschluclit sich zu weihen. Körner I, 189;
über der beule standen die münncr gegen einander und
heis/er hns/. sprühte aus ihren uugen. Frkttag s (1897), »9;
ähnlich: Lucia errölhete vor fieude und blickte mit seliger
beuunderiing in Jürg's übermnthiges angesicht, aus dem eine
wilde freude sprühte, C. F. Meyer Jury ./^«ad. /i (I9(il) 75. das
berührt aich wieder eng mit b, ebenso der allgemeinere gebrauch
von einem abstractum:
sprüh', sprülie, edler torn t
Aindt i»i iiiHfeniilm. it. 1S&9 24.
iprObender witt, lebhafter. Caupb; ähnlich: doch waren sie
schweigend entsrhlossrn, ihn nach der sprühenden rede mit
ihrem blule zu retten, J. I'all //«p. 4, ü«. zweifellos hierher
gehörig: die gedanken sprnlicn ihm herTor, wie unter dein
hnm schlag die funken. ItANtit werke l,i\0; »»den gebrauch
vom regen angelehnt:
tum lohn des altu in des IcbeiM tagen
gtübteH ttrahleiiiuhiii vom liiimuel sitrühet.
W. v. IltakuLvr :i. S!)«.
189
SPRÜHEN
SPRCHER — SPRUNG
190
d) von derartiger bewegung und derartigem geräusch selbst,
auf wisser und (euer bezogen, im jMft. präs.: viel freundliche!-
a!s wenn ein Milcan sich aufthiil und sein sprühendes getös
lanze gegeoden mit Untergang bedroht, zeigte sicli diese er-
«cheinung. Göthe22,1T5; herrlicher war das farhenspie! {dei
Rheinfalls) in dem augenhiick der sinkenden sonne, aher auch
alle bewegung schien schneller, wilder und sprühender zu
werden. 4:«, 161. in übertragener anvendung sich mit b und a
berührend: wie er t Walkt), den bleistifl in der haiid, mit
sprühender lebendigk^it und anschauliciifceit den handwerkern
a:i ort und stelle wei^^ungen erteilt, daheim 31, lo'.
2) transitiv, in engem anschlutx an 1, b, bei Adelcbg nicht
danm gesondert, *in kleinen Iheilen {mit heftigktit) umher ver-
breiten'. Caiipe. auch hier meist in bezug auf flüssiges oder feuer:
Solcher schrecklichen, grewiiclien. und abschewiichen orter
unnd berge, hats in der weit hin und her mehr, die da stets
brennen, und fewerfuncken und flaniinen, von sich sprühen,
und werffen. DA;«iEf. Schallek theolog. heroldt (J604) 422; die
wölken sprühen regen. Campe;
man sah die kohlen noch ilie rothen Tunken sprühen.
Zacha*iä iiri Adk.imc;
(im bilde:) eh' die wölke platzt und bliixe sprühet (sein unmut
Hch äwtierl). VVikla!<d 18 194 (Per». 3);
an 1. (1 rührend:
hoih bäumte sich, wild schnob der rapp'
und sprühte Teuerrunken. Böiger Iö';
denn wie ein kriegesfürst im lande der Araben,
so lassest du (Jri sunnenqiili) einher die muth'gen rosse traben,
i!ie ilarkerndes gestrabl aus ihren nüstern sprühn.
FaKiLiGtiTB 2 (IS86). 121;
£..t und galle sprühen, als wünsch:
ich {<•»« tdrjlei') war Tor diesem falle dem Jäger schon nie grün,
jetzt bätt' ich girt und galle gar mögen auf ihn sprühn.
He-cKK«T (1S4I) 213,
auch rein bildlich, freier m besug auf Sonnenhitze:
und wo der mittag flammen sprüht-
Uz Ihi Adbldnc;
sab die groszgeaugte sonne
glänz und gold und gluien sprüh'o.
KoSEeAlTKN bei CaipB;
90U den »ugen eines gespensts, ganz sinnlich:
die tieTen hohlen äugen sprühn
ein düsierrothes Teuer.
und glühn. wie schwereillammen glühn,
durch ihren weiszen Schleier. HöLir 34, 74 Halm;
aher auch ron äugen, blicken, die inneres feuer verraten: das
jugendliche feuer seiner äugen sprühte funken des basses und
strafte die silberfarbe seines kurz geschorenen haares lügen.
C. K. Mete« Jürg Jenatsch (1901) 275; hyperbolisch:
blitze gottes sprühte dein ilUiciinis) blick!
SrOLBiae 2, 305;
äh-.lich: jetxl ward ihre wange bleich; und gleich darauf
- ihte sie feuer, wie die lüfte blitze, von sich. Eschenblbg
. ' Shakespeare 533;
e« ist
der beim, der sie so kriegerisch beseelt,
iebi eure locbter an. ihr äuge blitzt,
nnd glübtnd feuer sprühen ihre wangen!
ScHlLLiR JHiigfr. iirol. 3;
fom menschUcheu inneren selbst in bezug auf teint äusxerung
tu den äugen:
und gab' es keine kerzen,
man Tande sich auch drein;
es sprühn ja unsre herzen
d«n «cbönsten augenschein.
HOPFIANII T. FALLiaSLIBM Ofit.* 273.
m bezug aufreden und handeln: sein lebhaftes naturell sprühte
funken des witzes. STaLi>c leben 4,58; freilich brach die
jugendliche tbalkraft der Tölker oft sturmgewaltiger herTor
als heutzutage und ihr genie spruheie bald im nord bald im
Süd helle blitze. Hiehl deutsche arbeit 65. dies« anwendung
des Worts erweitert sich aber auch durch die Verknüpfung mit
anderen objecten. so erscheint ei bezogen auf einen staubföimigen
körper: im herl.sle sieht man fliegen, die »ich innerhalb des
xiuimers an die fensler anklammern, daselbst unbeweglich
»erweilen, erstarren und nach und nach einen weiszen staub
ton sich sprühen. Götiie 58, I7ü; dichterisch auf gerüche:
düTie iprübt die junge sprosse Ternehin. I>lati:i 70*;
auf tone: ja drang aus dem nächsten geltüscbe
hinter mir nachiigalbchlag herrlich auf einmal bervor,
irotr «ie honig durch das gezweig und sprühte wie Teuer
zackige töne. >loaiKB 1 (t8i>»), 140;
auf geistige bethätigun;:
noch im wollustreichen mai des lehens,
wo die Seele sonst eiitschlfisse sprüht,
Tühl' ich in der wärme mirines sirebens.
wie mein lebenselemeni rerglübt. Plate^ 8':
so auch allgemeiner gebräuchlich: gedanken, wilze sprühen.
SPHLHLK, m. der sprüht, dür. shriwer, Sprühregen, auch
sbrcwer(chen). HEfiTEL t'iür. sprachsch. 232.
SrKUHFEüER, n. sprühendes feuer. Campe; hier (auf dem
Molo ton Seipel) sah ich . . . den Toilmond in seiner ganzen
herrlichkeit neben dem sprühfeuer des Tulcans. Göthe 28, 277.
SPHÜHGLANZ, m.:
{.komHcii) die ihr mit dunsi'gen schweifen
wer weisz wie weit, könnt greifen
und, weiten noch im reifen.
vom eignen sprühglanz blinku RöcKBtT 7 (18S2), 260.
SPRÜHHAAR, «. pon feinen losen, aus der masse der übrigen
gleichsam heraussprühenden haaren eines mädchens: ihre blonden
Zöpfe flogen in toller Unordnung um ihr liebliches gesiebt,
lockige sprühhaare fielen wie ein goldner schein auf ihre
feinen brauen. Marie v. OiFtus der Schmetterling, deutsche
dichtung lu, 6a\
SPRÜHKEGEL, m.: in demselben augenblicke brannte er
mehrere sprühkegel an, die er aus puWer und rergossenem
wein in der stille geknelet hatte. Brestaso 4,242. vgl. sprüh-
teufel.
SPRÜHPüMPE, f. in der amerikanischen landwirtschaft zur
tötung von inseklen gebraucht: besitzt man eine auf rädern
ruhende sprühpnuipe. wie solche heutzutage für diesen zweck
in so groszer Vollkommenheit hergestellt werden, so gebührt
der bespritzung ohne zweifei der »orzug tor der bestäubung
mit dem trockenen puker. haus- u. bauern freund (Milwaukee)
10. apiil 1896.
SPRÜHREGE.N, m. /Inner regen. Campe oder kurzer regen-
sehauer: zu diesen heiligen gedanken Teranlassete unsern
lieben hn. m. Schmeltzern. wie ich glaubte, der kleine sprOh-
ond so genannte Sonnenregen. Fehenb. 4,23; schon dämmerte
der tag und mit demselben strich ein Sprühregen daher.
GöTHE 30,68; der Sprühregen schlug uns heftiger ins gesiebt.
ebenda; eine feuchtigkeit .., die von einem Sprühregen herzu-
rühren schien. 58, 179; der alte hulunderbusch hat Ton dem
leisen Sprühregen ein hochzeilkleid an, weit prächtiger als der
role kirchenfrack des meisters Schramm. Lcdwic 2!lS91), 297;
unter solch einem frischen Sprühregen (rorAer; 'lustige regen,
die in hast befruchtend herniederstärxen') schritt Florian auf
die Ortschaft zu. Anzengbdber 2, 2I0; sie (eine scheune) formte
kleine, tosende slurzbäche, rieselnde wasserfaden. gurgelnde
Springfluten und stellenweise fröhliche Sprühregen. 5, 51 ; n
der form sprüheregen:
ihr lenzgeruch wallt mir entgegen,
süsz, wie bei stiller abendlull.
nach einem milden spriiheregen,
der mosclius-hyaciotbe dufl. Böa«ii 26*;
frei, von einem Wegen' ieichttr pfeile:
erst achtet' er ein spiel der tropfen sprüheregen.
den er abschüttelte. Rcckert 12 (18^2), 155.
dazu sprühregenflitter, m.;
ich beuge mich lauschend am ihurme ber (der am ufer
ilrt lloiiriisees ttehl),
sprühregenflitter fährt in die höh',
ba, meine locke ist feucht uml schwer!
was treibst du denn, unruhiger sce?
OiosTE-IICLsaorr I, 130 Schirking.
SPRCHTELFEL. m. kleiner feuerwerkskörper, hdufchen an-
gefeuchteten schieszi'Ukers, das zur belitstigung angezündet wird,
in Leipzig. Albrecbt 215* und anderswo: denn noch (um 1700)
war es ein festfergnügen der landleute, mit pul>>r zu spielen
und unglückliche fremde durch sprühieufel und kleine raketen,
die man ihnen vor die füsze oder an die perrücke warf,
zu belästigen. Freitag ges. werke 20 (i89S), 439. übertragen:
(rem modernen französischen dramn:) Sprühteufel, die explo-
dierend erstaunen und Überraschung erregen, aber nichts
hinterlassen als dampf. Lchwig 5,351; glücklieber weise waren
es nur sprühieufel. als worte Bi<hari ks ü^er die fortsehritts-
portri r.ach Bcsca tagebuchbliitler mitgetheül im Weichsbote» vnm
30. märz 1809 nr. 77.
SPRING, m. salttts, tu springen gehörig, mhd. sprunc,
gen. Sprunges Lexbr mhd. handwb. 2, li2i, ahd. sprung, als
l-stamm im plural mit umlavt, der ahJ. noch fehlt. (JRAFf 6. 398,
gelegentlich auch mhd. und selbst frühnhd. fastn. sp. 426,8 (i. unten
191
SPRUNG
SPRUNG
192
1, 0, ß), in ältfrer spräche im jdural vol mit i slntl mit il ge-
schrieben. P. GerhaR!' 2 '.2, 13 Gödeke {s. \, o, e). Simpl. 4, 206, U
Kurx {s.t,a,S). Wieüemann gefangensch. ;u/i öS (s. 1, o, «).
Plesse 1,60 {i. unten 1,0, x), in beutigen md. mnndnrlen auch
sprong. MfLi.E8-\VtiTZ Aachener mundart 232, spronk Schmidt
vefteTW. idiot. 229, spränk Spiesz henneb. idiot. 239; mnd. spnink
Scbili.es-LCbbbn 4, 348', nnd. Sprung Scbambacii 2u6', sprung,
»prunk, plur. Sprünge DXnNEitT 454*. ScnfTZE 4, 178, sprung,
plur. Sprüngen ten Doornkaat Koolman 3, 290\ mndl. nndl.
sprong. vgl. schwed. sprSng, n. sprung, Schweiz, sprunggen, m.
holssplUter, glasscherbe. Staloer 2, 387.
1) nach springen 1.
a) verbal.
a) von persunen in eigentlicher anwcndung:
sie t»t nAch vröuden einen sprunc,
der manne» herze tiete vrö,
embor über ir Amis hö. kröne 237IS;
man seil noch von dem Sprunge,
den Ei zuo der stresier tPt
an dai waiier in da; terret (.<c/ii/f).
Ottoka« 4724 Seemüller;
der win. der mich da mächet junc,
dem wil icli springen einen sprunc. wrinschwelg U2 ;
der min uuine verit al in sprungrn an den bergon. Wiliirah
35,1 Seemüller; ich bab gefelel, ich will den sprung ver-
befsern. Gam. 23o'; dem sprung (über einen graben) halt ich
leib und leben zu danken. Scan ler Täuber schausp. 1,2; der
gesetzlose sprung der frcnde wird zum tanz. sfAri/Zen lO, 3S0;
da uard es mir fast leichl und rrüblicb zu muthe. und hätte
ich wohl mögen einen sprung Ihun. Brentano 4,5; diese
(eine frau) Ibat einen sprung (vor Verwunderung). Keiler 4,131;
nun hielten sie sich gegenseitig fest und drehten sich langsam
zum thore hinein, nur zuweilen einen sprung Tersucbend,
um einer dem andern zu entkommen. 2t>3; wo ein breites
rinnsal den gang hinderte, wiederholte er den sprung nach
rückwärts, um seinem gefährten muth zu machen. Freitag 8,6.
beim tonten:
ich will zu den pauren keren
und will si neue sprunge leren.
faftn. »p. 426, 8 Keller;
mit spröngen ligstu in allen ob. 585,20;
die weiszen Schleier llaltern,
die schwarzen slolen wehn,
die kerzenllämmclien flattera,
wie sie im sprung sich drehn. Uhland (I8A4) 401;
wenn die alte mutter mit am tantze umbhero schrolt, und
schüttet die alten runlzeln ab, unnd musz alle Sprünge sorge
haben, sie Terzettelt einen zaan. Mathesios katechismus ti6;
denn die musick ist gleichsam die secle des tantzes, welche
alle springe regieret. Wiedkmann gefangensch. juli 68; die
sonst im trauerspiel so ernsten Franzosen, denen Noterre
die tragischen Horazier Corneilie's als einen pantomimischen
tanz gegeben; folglich in Sprüngen. J. Paul Katienb. 2(52), 60;
(sie) begannen aufs neue (beim schwerttam) im kreise gegen
einander zu springen, jetzt .«^prünge und schwertscblöge schnell
wie der blitz. FrettagS, 33; die mädchen des hofes klagen,
dasz unsere spriinge ihnen die knöcbel renken. 87; es par
sprOng tue, ein tdnichen machen. IIunzirer oarg. tvb. 249; sprung
^beim tonten, wenn man sich mäszig in die freie luft erhebt,
mit beiden beinen zugleich oder nur mit einem bein (caprioles,
entreehats)'. Jacobssor 7,415'; die sieben sprung, eine ort tanzes,
der sich ubwechielnd im 'Ja und */< takl bew(',t, bair. Senn.' 2,703,
auch kölnisch. 704; sprung auch geradezu für tont. Krameii
deutseh-üal. diet. I (1702). 891* ; vielleicht mit versteckter anspielung
""' ^' aliz ob Ich (fin nlln) iuiig
gericht zum sprung
künt den weibluiii honcrcn.
FORSTlR '. lirill. 1,34 nrvdr.;
Casca, ist an jähren alt, ist am nlllen ober jung:
weigert keinem keinen kutz, sclieut nimmer keinen sprung,
LocAU 2.213, 14;
((• ncher einen sprung mit einer ibun, bnllnre eon uno, met.
viare caruolmrnte con essa. Krämer deutsch-itul. diel. 3 (1702), sno*.
hei körperlichen Übungen, kunststdcken : nehmen sie einen lufl-
springer. ton den wenigsten »prüngen kann er seinen srbüleiu
den «eigentlichen inerbnnisnius zeigen. I.rssinc 12,00; sterben
ist etwai mehr alt barlequin« s|irung. Scbillk* rduber schau-
sjiiel 2,3; als Tlicodulf in niAi biigem schwunge den trbwrrsicn
•tein geworfen und den weid-tien sprung gelhan. Fkk.ytac
HjM; der fremde neigte das iiaupl ein wenig und thal den-
selben sprung (Über rosse) so sieber, dasz das feld vom hrifall
wiedrrhallte. 29; das fest wurde gefeiert durch weltlauf der
rosse, durch weltkampf der münnner in sprung, gerwurf,
Steinwurf und steinstoszen, den alten turnspieleu der Indo-
germanen. 17,85. sprung durch das johannisfeuer : ich sprang
freudig die erste durch das feuer, und risz, wie ülilicb, im
sprung eins der rüslein ab, welche an rotben woUfaden von
dein groszen grünen kränz über jedem der feut-r niederhingen.
Brentano 4, 13i; eigenartig: komm führe mich in mein bleicli-
zelt, sonst stehe ich dir für nichts gut, denn mir ist, als
stecke mir noch ein sprung in den füszen. 132. im kämpf:
sie (die alten Deutschen) rückten dem gegner dicht auf den
leib, schmelterlen schwere wurfw;i(Ten auf seinen scliild und
fuhren in mächtigem sprunge nach, das schwert in die feind-
liche brüst slüszend. Freytag 17, 52. als kommando im heutigen
deutschen heere beim infanterieangriff: sprung! auf, marsch,
marsch! und dementsprechend: wir wollen noch zwei, drei
Sprünge machen und dann zum stürm vorgeben; nicht zu
lange sprunge machen, es handelt sich dabei um ein rasches
laufen über kleinere gelän dcstr ecken , das jedesmal durch plött-
liches hinkauern oder hinlegen beendet wird, sprunge 6ftm laufen
in sonstiger anwendung: der knabe flog wie ein junger hirsch
in groszen Sprüngen dem herrenhofe zu. Fheytag 8,11. sprung
mundurUich wie schnelllauf. Hunziker 249. bisweilen vom reiter,
vgl. ß.
ß) in gleicher ort von thieren, so von pferden:
sin marb gienc in sprungen. Ilolnnddied 372, 33;
diu doch von sprungen niht belibn,
ir ors mit sporen si bdde tribn
uiera walap in die rabbin. I'ari. 37,21;
minem gedanken wart nie bat
danne so ich z'orse gesa; . . .
und mich da; ors von sprunge truoc. Cyeg.Hn;
ei saj der milie liöcligemuot
öl' ein ros snel iindc guol:
da{ fuor in sprungen durch di .<tat.
LiciiTKMfTiiN 172,3;
hei lumpcngesindel, gieb mir platz,
hinüber, mein rosz, hinaus;
hei, Schenkeldruck und sprung und satz,
ade, philisterliaus! Strachwitz 1U3:
Sprünge der pferde auf der reitschul. Kraher deutsch -itaL
dic{. 2 (1702), 891'; er ... sucht den abgrund, in welchem er
bey der scblacht sein leben verloren, mit sammt seinem
pferde, wenn es noch einen einzigen sprung gethan hätte.
Lessing 2, .S20; die königin lachte und trieb ihr rosz \\ied<'r
in wilden sprungen umher. Freytag 8,136; ähnlich: hier liiilie
er sein thier (maulthier) so heftig gestachelt, dasz es in ei-
schreckten aprüngen vorwärts setzte. C. F. Meter Jenatsch
(1900) 58. von hier aus bildlich:
tumbiu Werlt, ziucb dinen zoum, wart umbe, sich,
wilt du li'in louTen dinen muoi. sin sprunc der vcllet dich.
Waltuir 37, 25.
bisweilen auf den reiter übertragen. Abraham a S.Clara 2(I6<>»), 4.'>,
5. /.. von anderen thieren: das gewild nimpt ein sprung über
den scbweynspiesz ausz, fera saltu fertur super rrnnhula.
Maaler 382'; hasen, welche sich von den nachlaufenden bunden
zu retten, selzame sprunge thun Frisch 2,311'; es (das hünd'
lein) . . . that auch für allerhand alte wcibcr, was unsere nett-
modischen hundfstutzcr nicht gern thun, seinen wohlgemeinten
toleranten sprung (durch den reif). Brentano 4, 418; der lauf
besteht nur aus einer reihe von paszarligen Sprüngen. IIrku«
Ihierl. 2,19; in jähem sprunge fährt das ungethüm auf Arthur
los. Visi.nER auch einer 1,237; darauf trat auch der fürst mil
Ingo heraus und freute sich an den lustigen Sprüngen d s
alTen. Freytac 8, r.9;
seine (den liasen) litt ist sonderbar, dosi von spOr- und ander«
hundan
deren nasen ihm fatal, seine spur nicht sej gePiinden.
macht er liin und wieder sprOnge, eh' er sich ins lager legi,
(laocKii 9 (1750). -252:
(ein riehhörnchen) das aprOngfl macht wie Pauialon.
Novalis 1, 1^3 Uritmer,
ueidmAnniieh der lux ihut weile Sprünge. Döhbl jägrr-prarU
1,3»'; Sprünge thun, rom luchs, sitze machen um seinen rauh
zu fangen. ksRaeiN weidmanntspr. 279. vom leojiarden heiiit et!
der lApart \H ein rnellei ticr,
n»l er niht begrlfen fcliier
niBC mit wiien rprOngen drin.
n&ch dem Ul er sin loufcn sin. renner 19224 1
I
193
SPRUNG
SPRUNG
194
Christus wird darum mit dem leoparden vtrgliehen:
du, reine creatiure (.Maria),
gebore uns den ril zarten
erweiten lebarten,
des drivalteciicber sprunc
da{ wilde tier, alt unde iunc,
mac ergäben, so man gibt.
swai er mit drin springen nibt
geTähet, des tuot er sieb abe:
da von ich in gelichet babe
zuo dinem snellen kinde. goldne sclimiede 750.
in eintm anderen vergleiche: scbneller als der sprung des liirsches
und flug des falken eilt der zorn dieses weibes. Fbkytag 8. 174.
btidlich: Lirt der Marvinge, wann erwartest du den sprung
{der wvlßn, d. h, den angriff der königin) gegen deine liürden? 183.
von vögeln, in freierem gebrauch:
de badde rangen twei duren junge,
dar se to ereme ersten Sprunge
üt ereme neste viegen wolden. Heinke de voi 3544.
auch von fustlosen thieren, so von fischen:
(im früUling) da die fische spränge springen. Logau 1, 101,50;
ihren tiefen entschlüpTten die fische, Yom laurenden reiber
oft erspäht, ihr zappelnder sprung Terbreiiete kreise.
Stoliibg 1, 380.
vgl. bocksprung. Kraher det/(5c/i-jta/. dic<. 2 (1702), 891', pferd-,
roszsprung. 89i', hasen-, hirsch-, katzen-. karpfensprung. 891'
und den unter u erwähnten besonderen gebrauch.
•/) rein sinnlich weiter von gegenständen, die durch eine kraft
getrieben sich hüpfend fortbewegen: sprung des bailens im ballen-
spiei, baho che fa la balla, quando si giuoca. Hdlsids (1618)236';
Sprünge des bailens, des Steins auf der erden. Kbaner deutsch-
ital. diet. 2 (1702), 891*; wo wir knaben uns übten, die meisten
Sprünge der flachen steine im wasser herTorzubringen. Göthe
Ib, 111; das felshaupt löste sich und sank in Sprüngen hinab
Ton der höhe in das thal. immer wilder die sätze und scbneller
der sprung. Freytac 8, KU. von würfeln, bildlich: setzen wir
darum unser leben auf den sprung eines würfeis? Schiller
räuber trauersp. 4, 13. auch von gegenständen, die sich ruckweise
hin und her bewegen: der kapellmeister . . . drehte seinen
schlanken körper. bald beifällig, bald ärgerlich winkend, von
einem Instrument zum andern, wobei sein züpfchen hinter
seinem rücken die lustigsten spränge machte. Hern. Klrz 2, 14ä;
im bilde: da gehet sein gauckelsack in Sprüngen. Ldther 3,463'.
S) iur beteichnung der bewegung von Schachfiguren, besonders
über mehrere f eider des Schachbretts weg:
diu küiiigin nach ir Ersten van
dar nach haltet ir sunderart,
sA sol si solicb sprünge län
und niur von veld zu velde gän.
Hkimr. v. Beringb!« schachged, 10128;
wiixet euch, daj der alten rart
bliht alleweg in einer art,
als er zem ersten Sprunge gäi. 102&8;
wann da ihn (einen holender) aber nur einmal ohne aufmerk-
samkeil liesest, so gehet dirs wie einem angebenden Schach-
spieler, der wunder meinet, was er könne, wann er das erste
spiel die stein, ihre art, gäng und spring hat kennen lernen.
Stmpl. 4, 20«, 14 Kurs.
f) verblassend in der anwendung vom herzen, die gewiss ur-
tprünglieh rein sinnlich sein starkes schlagen bezeichnet:
lieb wenn mir da; bail beschicbi,
dat dich in fröden und min gesiebt,
so stat min hertz in Sprüngen ho
und kan dann nit wan wesen fro. lieders. i,a,a;
mein berze gebt in springen
und kann nicht traurig sein,
ist voller freud und singen,
sieht lauter Sonnenschein.
I>. GiauAROT 232, 113 GBdeke.
anscheinend mit umdeutung in eine fortbewegung:
swenn e{ (äa$ Itpit) diu oiigen sante dar,
seht, so brähtens im diu mcre,
da{ ei fuor in Sprüngen gar. Walther 99,19;
herze, dirsi ze gäch.
volgest du den oiigen nich
das ein scbcene wip ersehen,
so verst in den Sprüngen brehen
unde gedenkest 'heya, het ich disen goldes grif.
Neiouart 100, 34.
dann auch: min sin was hoch in springen. miitnes.2,H' Hagen,
5) für den gang, rhythmus von versen: doch musi man in
trochaischen versen ... zu Zeiten nachsehen und die aussprach
etwas glimpflicher lenken nach dem sprung derselben versen.
Speb trutznackt, uit Balke.
rf) in allgemeirur bildlicher anwendung sonst meist zur be-
teichnung eines jähen Übergangs mit auslassung von zuischen-
stufen: das ist ein grosser sprung, von eines grossen königes
saal und hofe in ein hirten haus komen. Luther 16,37,15
Weim. ausg.; so redet ein Franzose! und welcher sprung
von dem Franzosen auf den Deutschen. Lessiug 6,214; in
zwey besondern, von einander gänzlich abgesetzten (musik-)
stücken musz der sprung, z. e. aus dem ruhigen in das
stürmische, aus dem zärtlichen in das grausame, notwendig
sehr merklich seyn, und alle das beleidigende haben, was
in der natur jeder plötzliche Übergang aus einem äuszersten
in das andere, aus der finsternisz in das licht, aus der
kälte in die hitze, zu haben pQegt 7, 121; das hat der
nehmliche mann geschrieben? wie soll die nach weit .. .
einen so plötzlichen sprung von weisz auf schwarz sich er-
klären? 10,1-29; dasz sie [die Syrakusaner) den Athenern auch
an lebhaftigkeit, feuer, wankelmulh. leicbtsinn, und raschen
Sprüngen von einem äussersten zum andern, den vorzog
streitig machen könnten. VVieiand 33, 354; was für ein un-
ermeszlicher sprung von der oberfläcbe des leibes zum innera
der seelel Lichtenuerg 4,9; hätten wir einen sinn, die innere
beschaffenheit der kürper zu erkennen, so wäre jener sprung
noch immer gewagt, ebenda; der sprung vom schiffsraeister
zum lieutenant oder capitain ist äuszerst schwer und selten. 147;
poesie, die uns älteste geschichte in fabelhaften bildern über-
liefert, nach und nach sodann ins klare hervortritt und...
ohne sprung die Vergangenheit an die gegeowart heranführt.
GÖTIIE6, 45; noch einige neue steinerne aber ganz schlichte
häuser finden sich auch; das übrige ist alles von altem schlag,
doch wird sich das gasthaus der sonne durch einen sprung
(in der bauart), wenn es fertig ist, auszeichnen. 48,72 {vgl.: dasz
der neuerbaute gasthof auf einmal über alle stufen der archi-
tektur wegsprang. 74); aliein zuletzt, da er auf die Newtonische
lehre übergehen will, geschieht es durch einen sprung. wie
denn ja die lehre selbst durch einen sprung in die physik
gekommen. 54,141; nie, nie wärt ihr gestorben! es war ein
sprung gewesen, wie man von einem gedanken auf einen
andern und schönem hüpft. Schiller räuber schausp. 2,2; von
dem vergoldeten säum der berge können wir uns nicht ohne
einen sprung auf die blühende und duftende wiese versetzen;
und dieser sprung wird dadurch noch fühlbarer, dass wir
auch einen andern sinn ins spiel setzen müssen. Schriften io,248;
plötzlich lief der Engländer zu den Spielern und forderte —
die Sprünge und läufer seiner ideen in musik gesetzt zu
sehen — von ihnen das beste adagio. J. Paül Hesp. 3,233;
dass, ohne gewaltsamen sprung, eigenschafien des mensch-
lichen gemüths auf das thier, und thierische äusserungen auf
den menschen übertragen werden dürfen. J. Grimii Reinh. fuchs
vorrede ii; ihre vor dem schreckbild scheuende einbiidungs-
kraft erging sich in den abenteuerlichsten Sprüngen. C. F. Meter
Jenatsch 84; nach einer kurzen, in Sprüngen geführten Unter-
haltung. Fontane vor dem stürm 4, 115; der glaube wagt diesen
kühnen sprung. Smend alUest. religionsgesch. 453;
verzeih den sprung von dieser frage
auf etat grille, die mir Just durchs köpfcbeo fliegt.
GoTTia 1, 289;
der sprung vom könig bis zur erdenscholle
IM ein leichter kleiderwechsel nur. ScuiLLEt 1, 181;
von der bettlerhütte,
bis zu dem tron ist für den glücklichen,
der sie gesehen bat, der sprung nicht schwer.
dorn Karton 1, 5:
lasz
die wilden sprünge, komm zur sachel GaAiaa 2, 2M.
Sprung im ({oj^A«n) schlieszen, beweisen: ein sprang (saltus)
im scblieszen oder beweisen ist die Verbindung einer prä-
misse mit der conciusion, so dasz die andere prämisse aus-
gelassen wird, ein solcher sprung ist rechtmäszig (legitimus),
wenn jeder die fehlende prämisse leicht hinzudenken kann;
unrechtmäszig (illegitimus) aber, wenn die Subsumtion nicht
klar ist. Kant 1,471;
so viel überseh ich auch, dasz wir etwas recht zu wissen.
und von grund aus zu verstebn, keine sprünge machen müssen.
GSl^THER 8ö9.
vgL gedankensprung und frans, saut in solcher anwendung.
Singer seitschr. f. d. Wortforschung 3,234'. man sagt die natur
thut, macht keinen sprung {entsprechend dem vielleicht dlteren
lat. natura non facti saUus. Linni philosophia botanica 77): die
natur tut keinen sprung. Cbristian Wolff bei Paul Piur
Studien x. sprachL Würdigung Ch. Wolffs (1903) 58. Adbl(}Iig; die
IS
195
SPRUNG
SPRUNG
196
natur Dimmt den kürzesten weg (lex parsimoniae); sie thut
gleichwohl keinen sprung, weder in der folge ihrer rerAnde-
rungen, noch der zusummenstellung specifisch Yerschiedener
formen (lex continui in natura). Kant 7,21;
deun die naiur tliut keinen sprung. Brockc» I (1730), 355;
xwar machte die natur auch diessmal keinen sprung.
WriLAND IH. 175 {l'eiv. 3,34);
vgl.: in der natur der seele gibt's keinen sprung. Hbhder
i. reL u. tlieoL lb,i2; nichts in der natur geht sprungweise,
und so ist auch aus dein zustünde der barbarischen uiytho-
logie zur ersten heitern philosophic kein sprung gewesen.
derselbe bei Campe; die weltregierung handelt überall so im
groszen, dasz sie sogar das langsame gesetz der stUtigkeit
durch wunder des Sprungs unterbricht; z. b. durch december
voll winterlilüten und Sommermonate mit scbnee. J. I'aoi.
berbftblum. 3, 29. als technischer avsdruck in der musik für alle
intervalle, die mehr als eine Sekunde von einander entfernt sind.
AüBLUNG. Sprung wie laune, übermütiger, unüberlegter streich,
mit anschlusi an den sinnliehen gebrauch von thiertn:
(rin junt)er herr) ist zornig, doch nicht lange;
od scherzhart, selten klug; voll sprünge, wie sein gaul.
lUcEDORN 1, 120.
landschaftlich allgemein in solcher anwendung, so in Cöln. Honig
150*. ähnlich, Sprünge wie ausfluchte: dieser wollte sein gewöhn-
liches kopfweh, jener die kolik haben, der könig aber kannte
wohl ihre entschuldigungen und sprünge. W. v. Wolzogen
denkwürdigkeiten a. d. leb. d. marsch. Vieilleville bei Schiller 1097.
in anderer bildlicher Verwendung: das leben, besonders das
sittliche, bat flug, dann sprung, dann schritt, endlich stand.
J. Paul Lev. 1, 26.
<?•) mit adjectivischen lusätxen, groszer, weiter sprung, saltus
ingcns, immensus. Stiblbr 2105 u. ähnlich: kein grössern graben
noch gruben wird man finden, als die höll ist, massen
selliige etliche teutsche meil brait und tieH soll seyn, braucht
demnach ein zimblichen sprung, wann jemand über solchen
abgrund sicher zu kommen Terlangt. ARitABAM a S.Clara Judas
2 (lb89), 45; einen hohen sprung thun, spiccare un salto sublime,
un salto in aria. Khamer deutsch-ital. dict. 2 (l'02), S90'; sein
{des luchses, subjectiver gen.) fang geschieht, wie gedacht, mit
beschleichen und weiten Sprüngen. Döbhi. jöy^r-prac/. 1, 33';
er selbst ordnete die pferde anders . . . und wagte den mäch-
tigen sprung. Freytag 8,29; manchen sah ich springen und
schwingen auf weichem rasen, der hoher sprünge in der feld-
schlacht vergiszt. 34; der waldriese {ein auerochse) arbeitete
sich empor bis zum bochwald, in weiten sprängen folgte
ihm speerlos Ingo, sein messer schwingend. 9S; unerträglich
wurde endlich den feinden an der steile zu haften, in gruszen
Sprüngen flohen sie zurück. 197; wenn man es {ein pferd) . . .
in langen Sprüngen laufen lassen kann. Moltkb 6,270;
«wie witer sprünge er pllsege für des sales want,
doch ergälit in vor der stiege der alte llildebrant.
iedoch in diser leide ^•''' ^'^^t • ;
tet der vrisclie degeu junc
zu dieiiste tsdieu einen sprunc
•ö lind aUö witen,
dat bi keinen ziien
nieman so witen sprunc gesacb.
lliiKii. V. Frriiirc 5532;
dA die zwdne küene man
luo dem strfte Sprüngen,
ir halsberge erklungen,
ir tprutige wären wite. I^urin 1576;
der hohen sprung scholiu nicht sparn.
faUn. (t;j. 5S5, 10 Keller;
deine groszen hunde, die holen mich (ein mddchm) nicht, . . .
•ie wissen meine holie weite »prünge noch nicht.
wundcrh. t, 77 Hoxberger;
meine weiten sprung, die waren ungemetsen. 143;
schon setzt er {Ufr töwe) an zu weitem sprung. Kind 4,20;
sprichwörtlich: der ein grossen sprung wil thun, gehet zuror
hinder sich. Ecenolf spricbw.m'; wer einen groszen sprung
tbun will, gehl erst rückwärts. Sihrock 462,9786. vgU auch
grosze, weite sprünge machen unter x. mit angäbe einer be-
stimmten enlfernuny bei weit: ist es {das wtld) ihnen {den luchsen)
nun nahe genung; so springen sie in der furie drauf zu,
kOonea wohl iO bis 12 schritte weite sprünge tbun. Döuel
jdger-praä. 1, M*. andere Verbindungen: geschwinder sprung,
rokni. ahruptus taltus. Stiki kr 2to&, rascher, schneller sprung,
tpriekwürtlich : schnelle sprünge geralhen selten. Sibooci
Wl, 9717. ähnlich :
ein uberellier ipninf tritt nieisiens Übel luT.
Sropri (ir< STBlNiAca 2, 646.
geßhrllcher sprang, «otto pericoloso, salto mortale. Kraher
d*u/jc/»-i<oJ. d»e<. 2 (1702), 890*. Adelung, haisbrechender, kühner
Sprung: durch einen baisbrechenden sprung sich in die Stadt
machen. Steindach 2,646; Nero (ein hund) fuhr in kühnem
Sprunge aus dem hause. Frbttag 6, 9S. hübscher, gerader
Sprung, in älterer spracht: wan ein kind gefallen ist und im
Tal geletzt, weint und hült, so spricht die amm: o wie ist
das so ein hübscher, so ein gerader, redlicher sprung ge-
wesen. Keisersberc an bischof Mhrecht Xf)'. fröhlicher sprung,
heim tarn: du hilTest danczen und singen:
ich wel mit der springen
manchen rrolicheii sprungk.
Al$f. patsiomsy. 1787 Grein;
freier: hätte der frosl des alters, oder der bleierne gram
den frölichen sprung deiner (/f6enj-)gcister gestellt. Scbii.le»
Fi«Ao 3, 1. eigenartig stählerner sprung: als, aus dem seiten-
gäszchen rasch herauslenkend, ein hagerer caTalier an ihm
vorüberschosz und mit einem stählernen sprung auf der
brücke stand. C F. Meyer Jenatsch loi. wunderlich« sprünge,
assultus varii. Stielbr 2105, wunderliche, seltsame sprünge,
salti, met.attioni, imprese etc. strane, stravaganli. Kramer deutsch-
ital. dict. 2 (1702), 891": allerley seltsame sprünge machen.
Adelung, krumme sprünge, von thieren:
dai prert sich üTleinte,
als ei der ubele vicnt twanc.
manigen krummen sprunc et ipranc.
passional 209, 66 Kdpke;
im bette kommt ein Hoeb
und hupft mir gar zu hoch
und macht so krumme sprünge. Fuchsmundi 58.
auch bildlich, krumme sprünge, krummsprünge, corvette, corbette,
salti torti e traversi, it. attegiamenti, posture, gambate, scambietti,
met. truffarie, busbaccherie , inganni, malitie. Krämer deutsch-
ital. dict. 2 (1702), 891*. vgl. einem viel krumme sprünge machen
unter x.
i) mit adverbialen xusätien: mit in und acc: item 2 guldln
darumb ze springen ainen sprung in die wUe. quelle bei Lexer
mhd. handwb. 2,1121; der sprung in die weite und höhe ist
aus den beiden abgehandelten arten zusammengesetzt. Jahn
2, 1, 34 Euler; der sprung in den Rhein schied mich von
meinen mannen. Freytac 8, 72; damals erschien mir der
letzte sprung in die schar der feinde als das beste glück. 1S6;
in freier gebrauchten Wendungen: Simplicius thut den ersten
Sprung in die weit, mit schlechtem glück. Simpl. l, 114 Keller;
würden wir mit unserm beitritt nichts anders wie einen
Sprung ins finstre thun. Bisharck an Gerlach 208; das bedeuiet
für uns einen sprung ins dunkle, mit anderen Zusätzen:
Sprung von einem zum anderen, insultura. Dasypodius {vielleicht
bildlich nemeint, vgU rj); ein sprung vor sich und hinter sich.
Kramer deutsch-it. dict. 3 (1702), S90'; einen sprung zum fenstcr
hinaus wagen, ebenda, hinunter wagen. Adilonc; erst wenn
der reigen sich mit dem tief herabgebrannten balken geendigt,
beginnt der eigentliche sprung über das (;o/ianiit5-)feuer, all-
zeit paarweise. Leoprecbting aus d«m LecArain 183: meint der
fremde mit dem sprung über die rosse sich hineinzuschwingen
in den erbhof meines herrn. Frkttag 8,76; dann trieb er
sein rosz zum sprünge durch das hoftbor. 108; sprung von
der stelle, als turnerische Übung;
die letzte wnbl steht auch dem schwächsten ofTen,
eil) sprung von dieser brücke macht mich frei.
_ , 11- ScHiLLRR Teil 1, 2;
mincliei' seine quäl zu kurzen
zog den sprung zur tieTe vor,
wo zerschellt iii J.-ihen stürzen
bald sich sein gebein verlor.
ScHsriiL gnudeamui 150.
x) als object in häufigeren verbalen Verbindungen, einen
Sprung springen:
sin ors vil Itleiner Sprunge spranc.
I.ICHTINSTIIN 208, 33;
ich wel thun, was ich sali
und springen aber «inen sprung ((unten).
Muf. ;>(i««ionM/i. 1808 Grein/
vgl. auch LocAU 1,151,50 (von fischen, t. ß)\ mit adverbialem
tusals: Ik sprank dar ni mannigen spriink.
lirinke <le vos 6236;
in Verbindung mit treten, auf tarnen gehend:
do begunde er sprinKcn unde treten
managen sprunc sellsvnen. »eiitschwel'j 236.
auch sonst mhd. als object bei treten, in gleichem sinne:
dt w(lrd Im manec vrischer trunc,
und trvl euch rainegen vrltchen sprunc.
lllLBLIKO 5, 73.
197
SPRUNG
SPRUNG
198
«b objtd bei nehmen:
Gringuljet (ein jifnil) nam bexit«
sinen sprunc so wite
dat Gawin tallen gar TermeiU Van. 611, 14;
diu Areatiure ime des giht,
da^ er ror dem degen junc
nam manegen snellen sprunc. kröne 1U93;
dn(en) sprung nehmen, rom vild. Maaler 3S2' (u ß) und
«ocA ichvceii. e »prung n6, einen sprung thun. Hcäzuer W9,
i» der Schriftsprache nicht mehr üblich {vgl. jedoch einen aolauf
aebmen), bildlich:
dö was al sin rreude ouch blint,
die Too im e nam witen sprunc.
passionat 254, 87 Kfipke.
dnen spruog thun. Krahbb deulseh-ital. dict. i (t 701), 890*.
FtilOl 2,310*. AdE(.D>C:
sebt an mine siten junc,
diu tuot manigen geilen iprunc.
minnes. 2, 118' Ilagen;
tadlieh: die natur thut (macht) keinen spruog. r^i. tj;
mit adverbialen Zusätzen, angäbe der richtung vohin: bisz
er (der hast) ins lager einen sprung thut. Fleming t. jäger
1 (1719), 104'; da sah er an der offenen thüre . . . eine grusze
lauernde katze, die auch sogleich einen heftigen sprung herein
that. BBEKTano 5,37;
und hui ! tbat er binab (der stier tum meeresufer),
kein weilcben zu verlieren,
den sprung mit allen vieren. BcicEa 22';
freier einen sprung thun an einen ort, una scorsa in o versa
«n luogo. Kranei deutsch-üal. diä. 2 (17u2), S9l': ich hahe nur
einen sprung nach Paris gethan, und musz schon heute abend
wieder — nach meiner garnison zurückreisen. Schiller neffe
ab onkel 1, 6; mit angäbe der richtung woher, bildlich: das wäre
ja kein vollkommener gewalt, wan man ... sich nicht eiwas
mehr erlustiren und frölich machen, und nicht je zumablen
einen sprung ausz den schrancken thun dörffte. Pbilander
1,584; mit doppelter rirhtungsangabe, bildlieh:
ül dem leben in den tot
tet vil maneger einen sprunc.
SraiCKia Daniel 6170 bei Lixia
mild. handwK 2, 1121;
es ist ein sicher gewisser sprung zu thun von diesem leben
ynn ilienes. Lcther 19, 161, 12 H«ni, aujy.; plötzlich tbat er
einen sprung, aus dem mütterlichen romane und aus allen
rührungen in seinen eigenen. J. Paul leben Fibels 62. mit be-
zeichnenden beiwürtern (vgl. &), bildlich: einen grossen sprung
thun, un impresa pericolosissima. Krämer deutseh-itaU dict.
2 (1702), S9i'; he hett enen goden sprung daan, er ist von
einem niederen amte xu einem hohen gestiegen. Däb.nert 454';
pluraltsch, negativ: er kaa keine grosze Sprünge tuhn, parum
virium habet, praestabit, efficiet. Stibler 2105; keine grosse
(iiuhe) Sprünge thun können, esser debole, poiero etc. Krämer
deutsch-ttal. dict. 2 (1702), 890*. heule hier und auch sonst lieber
mit machen verbunden: mit ihren bekannten, denen sie mit
ihren höflichkeiten so zusetzen, dasz sie ihren antheil an der
allgemeinen Unterhaltung gar nicht nehmen können, sondern
nur immer, zum vergnügen der geselischaft. Sprünge und
männerchen machen müssen. Lessirg 7,417; ich sah etwas
ganz allerliebstes, nämlich ein kleiner harlekio kroch aus
eiuem ei und machte die zierlichsten Sprünge. Brentano
(, 15; mit angäbe der richtung: (der Hallore) machte den sprung
auf Männike's Schienbeine herunter. J.Paul Kalienb. 2,4;
freier: machen s' an sprung zu mir, kommen sie auf einen
augenblick tu mir. ÜCqei. Wiemr dial. 154'; btldltch einen sprung
machen, in seiner laußahn piölsUch ein stitek vortiärts kommen,
einen sprung. sprimge machen, in seinem gedankengange, u. ähnU
tgl. f], sprung machen, etwas gegen die Ordnung, erwartung
vornehmen. Schm." 2,704, chtcanen. ausßüchte machen. Schmidt
westerw. idiot. 229. auch sonst tolksmäaig: wir {leilobte] hätten
einander lange genommen, wenn mein Tater nicht solche
•prünge machte (der junge mann ist ihm nicht reich genug).
Weisze tom. op. 3 (1777), 1"; mit dativ der person jemanden
?iele Sprünge machen, thm viel xu schaffen machen. Adelung,
uelbei die Vorstellung eines störrischen thiers xu gründe liegen
kann oder der gedanke, dasz die durch den datirischen zusati b«-
teiehnete person viel springen, laufen musz. Borchardt-Wustmas»
449,1123, auch nd.: de makel mi vele Sprünge, er will sich
nicht bequemen. Däbüert 454', hier wol im ersteren sinne auf-
tufassen , ebenso: er macht mir viel krumme sprQnge, omni
re me lacessit, acerrime oppugnat me. Stieier 2105. Krambi
deUsch-ttal. dict. 2 (i:02), 891* {vgl. &), dagegen mol im letx-
teren: einem sprQnge machen und pfähle stecken bey jemand,
ihm hindernisse bereiten, ihn verleumden. Scbm.' 2, 704. negativ
kein sprung maache, mit seinem einkommen nicht weit kommen,
nicht ausreichen. Hönic Kölner mundart 150*, gewöhnlich mit
attributiven susälun: mach' ned viel sprung, sonst kannst
bf dein gehn. HtcBL Wiener diaL 154', mit adjectiven, sinnlicher
anwendung nahe: Selbitz ,. . das hätte dir übel gerathen können.
Georg, so denk' ich auch hinten drein, ein reitersmann der das
voraus denkt, wird keine weiten Sprünge machen. Götbe 8,69;
er macht keine groszen sprung mehr, lebt nicht mehr lange
(Pfalz). Kleih prozinzial-wb. 2, 164. ScoMmr westerw. idioL 229;
blasser: eine besatzung, meint er, die dem bürger auf dem
nacken lastet, verbiete ihm durch ihre schwere, grosze Sprünge
tu machen. Götbe 8,227; keine groszen Sprünge machen
können, nichts wichtiges aus mangel an hülfskräften unternehmen
können. Adellrg, keinen groszen aufwand machen können.
Spiesz henneb. idiot. 239, so allgemein üblich; mit näherer in-
strumentaler be.^immung: da mein geld vorratb auf die neige
gieng, dasz (ich) also keine grosse springe mehr damit machen,
noch mich etwa anderwerts logiren und leben konte. Plesse\,60.
ebenso keine weiten Sprünge machen, aus mangel an mittein
nichts grosses unternehmen können. Borchardt-Wöstha.'»!« sprich-
wörtliche redensarten 450, 1123. vgl. Schweiz.: er macht keni
grosse Sprung, kommt nicht vorwärts. Hd?izikbr 249, brin0 es xu
nichts. Seiler 2:5'; nd. he hed sin högste (grötste) sprungen
mäkt. TE.1 DooRNKAAT KooLMAN 3, 290'. Sprünge schneiden,
in älterer spräche: solche Sprünge (bocksprünge, capriolen)
schneiden oder machen, spiceare eapriole, fare scambiettt, seam-
biettare colU gambe. Kramer deutich-tt. dicL 2 (1702), 891'. sprung
als object bei wagen, einen sprung 6 den sprung wagen o thun,
fare un salto o il saUo met. un impresa perigliosa, it. una
frappata pieni di rischio. 890': mich dünkt, du hast wohl schon
früher weite sprünge auf blutiger baide gewagt. FrettagS, 6;
bildlich: darum wünsche der vater, dasz Brandolf sich ent-
schlieszen könnte, den sprung zu wagen (das wagnis xu unter-
nehmen, zu heiraten). Keiler 7,163;
mit riesenmui bätt' ich den sprung (oon der belilerhüite tum
throne) gewagt,
mit riesenkraft vollendet. SciiiLLca dom kariös 1, 5.
l) in adverbialen füqungen. im sprung, subsultim. Maaler 3S2':
im Sprunge durchbrach er die wachen des Römers. Fbettac
8,40; er ist im sprung g'si, mitten im lauf. Hunziker aarg.
wb. 249; freier im sprung, »n der eile, ebenda, bildlich: das sind
aber dinge, die man nicht im sprunge machen kann, wenig-
stens nirht ohne grosze stösze. Bismarck ged. u. erinn. 1,131;
tn anderem sinne:
bald jr ein bund scbeisst aulT das grab,
oimbt er von jr seel wegn eiu junge,
mit der er lebt rrölicb im sprunge.
H. S*CBS 2(1591), 4,71';
in Sprunge, in älterer spracJie:
uiider im gie in sprunge
sin ors, dat was bebende, kröne 7445;
er (Hekior) ihe üf einem orse dar,
da; was unmä;en snel erkani;
et schein oocb swerzer. denne ein brant
und gienc in sprunge aam ein tier (wildes ihiei).
Konrab ▼. WJSaiacae i><v. Itrieg ^793;
zusammengezogen ensprunge:
er reit ein ravit daj was rAt,
dat e>e ensprunge schöne. Wigalois 394;
dat ors, da er üf reit,
et was wert maneger marc,
scbsne snel unde »larc.
e{ gieng ensprunge saro ein tier. Eracl. 4731.
vgl. in sprungsweys, sallim. Maalbr 382*. in einem (betont)
Sprunge: dasz einer, nahmeos Hormyrins, seinem pferdt
etliche wort in das ohr geredt, gleich darauff die sporn an-
gesetzt, und in einem sprung von dem geschlosz VVissegrad,
bisz aber den grossen flusz Moldau hinüber gelangt. Abraham
A S. Clara Judas 2 (I6&9), 45;
Hann, immer noch von ihrer treu
im herzen überzeugt, liuft breoneod, wie ein icbier
•Dlhusiasi,
In einem spruDg bis zum palast.
WiRLAüD 18. 291 (Hann. u. Gülp. 187);
bildlich: was dir bej jahran lang mit grosser müh gelang,
dasselbe glükket ibm vielleicht io einem «prung.
Racmal 50 neudr.
im ersten sprang:
da er stund in vollem streit.
ia dem Reink" im ersten sprung,
bald zwo junge tauben fung. /I'M. fuchs (1650) 23S.
13*
199
SPRUNG
SPRUNG
^00
vgl.: was der pardel (das pantertbier) im dritten Sprung nicht
erwisctiet (erliascbet) das lasset er fahren (geben). Comenius
ipraehenth. vbert. v. Docenius (1657) 195. in sprängen:
den beleden vil jungin
giengen die ros in spriingin. Hother 2642;
ime ginc dat marc in Sprüngen
ba{ dan eime jungin. 4964;
mhi. xusammengetogen enspruDgeo:
Erec nihi beiten wolde,
wan er gröjcr liste wiell.
den zouDi er zuo ime hielt
und lie sin ros ensprungen varn. Lantelot 30S9;
mit attributiven 2usätzen:
man gicbt was nlt erspringa
der leobart in sprOngen dryn
ufT sines robes gewin
das setzt er ufT und lat davon.
lieileif, 2, -.iO», 91 Laazberg;
wfr . . . fest glaubte, das Christus sein bruder were, der würde
{vor freude) in eitel Sprüngen daher gehen. Luther 28, 458, 32
Weim. ausg.; wenn man . . . bedechte . . , das , . . golt ym hymel
sey, der solchs haben wil.., kund man ynn eitel Sprüngen
binlauffen und solch geringe werck ... lieber thuen, denn
kein andere. 29,567,37; in vollen Sprüngen dahineilen, in
allerer spracht auch entsprechend singuhrisch: im ToUea Sprunge
laufen. Steinkach 2, 646;
er (der hirtch} lief im vollen sprung.
Hein, fuchs (1650) 332:
bildlich: wie sicher sind wir doch, als wann wir friede betten I
wir gehii in vollem sprung und unser heil an ketten.
LoGAD 3, 164, 56.
iD Sprung, accusativisch:
er sperrt ihm {einem pfenle) den gaiim auf und setzt' Ihn in
sprung. RöcKBHT Finlosi 1, 286.
tgl. frühnhd. in, an die sprüng(e) bringen, in die sprQng kommen
unten, für in mit dat. erscheint mhd. hier auch an mit dat.:
dat ros an raanegen spriingen spranc.
Bertuold V. HoLLi Craiie 1479.
mit Sprunge, mhd.:
der stein was gevallen 7weir klafter dan:
den wurf brach mit sprunge diu maget wol getin.
^lfc. 436, 2.
mit einem sprung, a »alto, di saito o in un salto. Khambr
deutsch-itaL dict. 1 (1702), 891*:
über deine gartenbecken
sprang' ich, hops! mit einem sprung*
GöcEtHCK lieder zm. lieb. M.
frei, vielleicht mit an$pielung auf fi:
mit tausend schritten macht's die Trau;
doch, wie sie auch sich eilen kann,
mit äinem sprunge macht's der manu. Götuk 12,208.
in technischer spräche mit einem sprunge weben, eine art zu
weben, wobei man einen schaff zuerst und den andern zu-
gehörigen kurz darauf in die höhe sprivgen Idszt. Jacobsson 4, 239'.
mit Sprüngen, subsuUim. Maaieii 382':
ti {das rosz) gienc mit Sprüngen sunder twäl
under im vor siner schar, \Mlteli. 368,26;
mit grossen (weiten) Sprüngen, a gran salti. Krahf.r deutsch-
ital. ilict. 2(1702), 891*; auch so mit voll verbunden (vgl. obm
in Tüllen Sprüngen), mit vollen Sprüngen, assuUim ingrediens,
cum tripudio. SriKLHR 2l0ö, freier: erwecke midi vom sclikilT
der Sünden, und regiere mich durch deinen heiligen geist, dasz
ich mit freuden komme, und mit vollen Sprüngen zu deinem
abendinabi eingebe. MAtiTin Müller erkl. d. evang. (\'i29} hl6\
frühnhd. zu 8prung(e), mhd. le sprunge, 1*1« im sprunge, in
sprängen: her Wigalois der küeiie man
lie hin ros ze sprucige gAn
engegen der meide wolgetin. Wiguloit 2465;
im bilde: denn sie wollen auch nicht ia die belle zu jrem
Verderb draben, sondern zu sprung hioein rennen. Mathssius
Sar. 11', entsprechend:
g&hes zeime sprunge
ipranc er ü( den esterlch. Flore 5833.
mhd. ze Sprunge itio, zum sprunge bereit stehn, kauern, sein,
ron einem thier:
{iin löiDP, im uinpi'i-n) het sirh (\I diu beln gesroogen,
rchi ssm «r «tuende ze sprunge. kione 10555;
freier, von personen:
ich sitn dicke le ipriiofe als ich welle dar
so sl mir s<) luoie vor gestAt. r;iinne<. fruhl, 117,30;
re%n bildlich, mit anderem adverbialen susalt:
dem glicht der biderbe edele junge,
der »Ul üf guoten dienst z« Sprunge. jUnvling 334;
auch vuo; erscheint als subject:
es (das glück) widemet sich in keiner staf , (m «ttt der vuo
, , *e Sprunge. Frauenlob sm: 119, 19.
mnd. begegnet:
se {die Jungfrau) stunt up eren ersten sprunk {uar reif für den
einlritl in die weit, stand in der erttrn Jugendblüte),
mnd. ged. 1, 3 bei Scuillir-I.Gbbbn 4, 318.
nhd. auf dem sprung stehen, stare sul salto 0 su i salti cioe
in procinto, pronto, fülle scocco. Kramer deut.tcb-ital. dict.
2 (1702), 890', er steht auf dem sprunge, in procinctu est.
Sieinbach 2,646, auf den (so!) sprung stehen, in procinctu
esse abeundi sive fuga evadendi; in praecipitio esse, parum abefse
a casu, periculo. Frisch 2,311*, auf dem Sprunge stehen, im
begriffe stehen. Adelong. vgl. Spibsz henneb. idiot. 1Z9, nach
Frisch a.a.o. von thieren, besonders hasen, hergenommen, die
vor menschen fliehen, und in der that anscheinend zunächft
nähe des entfliehens, Weggehens, verschwinden) bezeichnend: gott
gäbe den edlen frieden wieder, den er genommen halte;
allein, man sehe ob er nicht auch schon bey diesen jeuigen
Zeiten uns bereits zimlicb wieder den rucken kehret, und
auff dem sprung stehet? Simpl. l (IG86), 1,4, s. 17;
sie {freier) stehen aulT den sprung
und treten immer ab, weil immer andre kommen.
Flk«ing 666;
noch landschaftlich so ohne zusats, sinnlich: A. wollen sie schon
furtgehen? B. ja, ich stehe schon lange auf dem Sprunge;
unsinnlich: du stehst aufn sprung, auf dem punkt entlassen zu
werden. HC^gbl Wiener dial. 154". in allgemeinerem sinne, bercit-
schaft XU einer handlung bezeichnend: jeder hielt sein instrument
bereit ohne zu spielen; . . . mit antheil bemerkte man, wie sie
gleichsam auf dem sprunge standen. Göthb 22, 157; in Stettin
sind katholisch geworden: Burchard , ... Seydl ... mehrere
candidateo der theologie sollen in Berlin auf dem sprunge
stehen, Brentano 9, 36. durch einen mit und angeknüpften
zweiten verbalen ausdrurk ergänzt, der ursprünglichen bedeutung
nahe: weil sie, ohne das, stür
:, aer urspntngltcnen oeaeulung j
indlich aufm sprunge stehen 1
Itcn muslen. Cbehnitz schued, *
und zum aufbruch sich fertig baltcr
krieg 4, 1, 45'. in neuerer zeit meifl durch einen inf. mit zu
ergänzt: auf dem sprung sieben zu fallen. Khameb deulsch-
ital. diä. 2 (1702), 891* {heute kaum noch so, sondern in der regel
nur, wo wirkliches handeln gemeint ist); auf dein sprung stehen,
etwas ZU thun , star' in procinto di far qualche cosa. ebenda,
auf weggehen, abreisen bezogen: ich . . . stehe auf dem sprunge,
auch von hier weiter zu geben. Lessinc 12,428; demuogeachtet
stand ich zcither immer auf dem sprung, die reise nach
Hamburg anzutreten. Eva Künic bei demselben 13, 45i ; so eben,
I. B.(ote), steh ich auf dem sprunge nach Ascbersleben . . ,
abzureisen. Bürger br. I, 259 (vom 2. deeember 1775) S<rodtmann;
ähnlich: einigen das leben zu fristen, die auf dein sprunge
standen, durch ihre grausamkeit, in die elysischen felder ver-
trieben zu werden. Göthb 14,28. allgemeiner: dass ich einigemal
auf dem sprunge gestanden habe mich zu verlieben, br. 2, 137, 14
{vom 31. deeember 1773, an Bettij Jacobi) Weim. ausg.; man hat ia
erfahrung gebracht, dasz sie auf dem sprung stünden, sich mit
diesem berrn zu schlagen. Schii ler neffe als onkel 3,2. seltener
ergänzt durch für mit aer.: der für das beste der leidenden
menschheit immer auf dem sprunge stehende leibchirurg und
aderlaszsi hnepper rief die seele der . . . Eilegia durch eine . . .
blutenlassung wieder aus der Innern tirfe ihres herrlichen
gemütbs auf ihr edles antlitz zurück. Brentano 6, 146. mit
neutralem subject: alles steht auf dem sprung. Lebmann 196;
dat steid up de sprung. te> Uoornkaat Koolman 3,290*. ent-
sprechend auch auf dem sprung sitzen, bereitschaß zum fort-
gehen bezeichnend, ohne zusats: nu würe es ja ein ungleich»,
düs sie ihm möchten urlaub gehen, wenn sie wollten, und
er also immerdar iiiu>te unstüt und auf dem sprung sitzen.
Luther br. 5,62; ich sitze bis elf auf dem sprunge. Moitkb
6, 197; ebenso nd. be siti upp den Sprung, er sitzt zum auf-
spiiugen und weggehen bereit. ScmOt/b 4, 178. auf dem sprung
sein: der kranke, der gantmUszige is arm sprung, absprung.
ScBM.' 3,704; mtt inf und zu: die krieg^lrul aber, die in
Nanse lagen, waren schon aulTm sprung mit bertzng Carol
sprach zu halten, sich zu ergeben. Kincntior wendunni. ^,^i
Osterley; ich Mar eben auf dem sprung, mich beym magisirat
anzugeben, dasz die kanaille mir meinen namen so verhunzen
toll. Schiller rduber schausp. 2,3; aber zugleich hinterbringen
mir meine Spionen, dasz der obersrlienk von Buk auf dem
Sprunge sei, um die lady zu werben, knb, u. liebe 3,2; it h
will voo morgeo tn immer auf dem sprung icyn, abzureisen.
201
SPRUNG
SPRUNG
202
derselbe an Götke 515. bei unpersönlichem suijeet, mit anUhnung
an 3, a; jjs verlebte jähr wird jung.
die gelehrten Tögel singen:
wald und feld ist auCT den sprung (wili blühen),
Flswiüc 377.
einen auf einen sprang besuchen, auf einen sprang za einem
kommen, eilig, auf kurie zeit, dafür auch mü einfachem arc:
vielieicht, wenns nicht zu spät wird, komm ich auf dem
riickweg noch einen sprang herein. Ludwig 3 (i890), 470. anders
auf einen {betont) sprung vie: mit einem Sprunge:
(ic/i) sprang" aUbald
Ober deine gartenhecken,
wir' am baus° auf einen sprang.
GöciiüGK tieder zw. lieb. 55.
auf mit acc. erscheint heute auch durchweg i» einer besonderen
gruppe bildlich gebrauchter Wendungen, die t. Ih. einßusi der
unter b, ß erwähnten bedeutung leigen. frühnhd. begegnen einige
entfprechende Verbindungen mit anderen präpositionen. einen in,
an die sprOnge bringen, in bewegung bringen, antreiben, deutlich
an das antreiben des rdtpferds ank'iüpfend: tch was lassen
sich die leut mit des gemeinen pöfeis gescbrey spören {mit
Sporen antreiben) unnd inn die Sprünge bringen. MiTBESins
hist. V. Jes. Chr. 1 (1569), So';
xwöifT dariich gülden schenck ich dir
das wir jn an die spriing bringen.
H. Sachs 3 {t5«l), 2, 66';
wie, wenn ir euch gegn im erzeiget,
samb werd ir im in lieb geneiget,
ob ir den alten brecht int sprung,
i»% im durch den list miszgelüng . . .?
12, 249, 10 Keller-Götze;
srUer einen auf die Sprünge bringen, metter' uno su i salti,
met. farlo fare o parlare rio che si ruole. Kbameb deutsch-üaL
dict. 1 (I7u2), S9l', ansam fare faciendi rel conandi aliquid.
Frisch 2, 31i*: drumb brachte er den wirlh besser auf die
Sprünge, und erfuhr... die person. Weise erzn. 60 neudr.;
daher ich ihn bitten müsse, Torsicbtig zu sejn und nicht
zum nachtheil des publicunis und der Schriftsteller einen
(iummkopf, der das geld dazu hätte, auf die spriinge zu
bringen. Göckisgi an Bürger 26. juli 1776 bei Strodtxam« br.
ton und an Bürger 1,332; in singularischer antcendung veraltet,
einen auf den sprang bringen, alicui ad aliquid ansam dare.
Steiübach 2, 646, ebenso mit einem attributiven zusati:
ich selbst nam in der brunst mein laster nicht in acht
bifz mich mein eigen sinn auf neue sprünge bracht.
A. GiTPHics (t69S) 1, 194,68.
einem auf die Sprünge helfen. Gottsched sprachk. 545*. je-
manden auf die sprünge helfen, ihm die nötigen kunstyri/fe,
i\e art und veise des Verfahrens angeben. Adelcsg, ihm den
leitfaden an die hand geben, ihn [beim erzählen cte.) auf den rechten
• f; bringen, quelle von 1795 bei Klcge studentenspr. 127*, mit
'ibutirem zusatt: wen mir dasz wieder fährt {dasz ich
Uchtes deutsch schreibe), bitte ich euch, liebe Louise, corrigirt
mich und helfft mir wider auf die rechte sprung! den so
mag ich nicht reden. Elisabeth Charlotte 3, 124 Holland.
frühnhd. in die sprüng(e) kommen, in zug: es wil etwan einer,
damit er nit unhöflich geacbt werd, den hohen und adels
Personen wilfaren, damit kompt er in die sprung. Wiciraii
kumt zu tr. vorred; das man gleich alle teilet und platten
vor euch bat müssen wegräumen, unnd daraach wann man
inn die sprung kommen, die mutwilligste gescbirr herfür ge-
sucliet. Garg. 19*. später auch bei kommen in bildlicher an-
wendung mit auf und acc. verbunden:
tritt vor, der du mich nilljt ob solcher that besprechen!
wer ists mit dem ich ie auf solche sprünge kam?
A. GRTPaius (1698) 1, 447. 185;
er ist auf närrische sprünge kommen, ad rona et toties irrisa
reiolutus est. Steiübacb 2, ö46. früher häufig, heute unüblich
auf voiige sprünge kommen, ad ingenium venire. Steinbacb
2.646, auf seine alle sprünge kommen, ad ingenium redire.
■■ nscii 2,3ir, wieder auf seine allen sprünge kommen, auf seine
'ige art und weise zu handeln. Adelung: doch bin ich nicht
:,va wieder auf meine allen sprünge gekommen? Lessing t2,65;
ebenso nd. he küinmt up de olle sprünge, er wird so wieder,
itie er gewesen iit. DÄnnERT 454*. das könnte an b, ß angeschlossen
werden, ebenso auf die Sprünge eines andern kommen, rotiones
»lieujus detegere, vesligia certa jam videre. Krisch 2, 31t*, einem
•nf (hinter) die sprünge kommen, scopire le gambate ete. eioe
gl'inganni, le furberie, le menate, le pratiche di uno. Krame*
deutsch-itaL diet. 2 (1702), S91*, jemanden auf die sprünge oder
hinler die sprünge kommen, hinter seine schliche kommen, seine
ranke, kunstgrijfe entdecken. Adeldüg: Termag man denn einem
taschenspieler so leicht auf die sprOnge zu kommen, Ton
dem wir doch wissen, dasz er uns zum besten hat? Göthb
15,133; und sie soll lieber sehn, wie sie ihre sach könnt
▼erdankeln (verstecken), als dasz sie den leaten selber auf
ihre sprung hilft kommen. Ludwig 2 (1850), 176; auf eine innere
eigenschaß einer person bezogen: überliesz es meiner inteiligenz,
seiner gioszmut gleichsam auf die sprünge zu kommen. Gaddi
erz. 44. anders luiemb.: e' geet op de' spröngen, ist heiratS'
lustig. Gangler 428. Sprungs wie im srrunge: lie rannten
Sprungs. Hedio Com. 23; in n*uerfr spräche noek so in Ver-
bindung mit einem adj.:
aus der schwanken kröne (eines bäum«) spr'°**'
hohen sprungs die amaione. Kbller 10, 22l.
ft) in besonderem tinne handlung des befruchtens bei thieren.
Adilü5G, zumal groszen, so hengsten: den beugst zum sprung
lassen, lasciar saUre lo Stallone, amnetterlo al salto, alla monta.
Kbameb deutsch-ital. did. % {l-,02), S90'. AdelcüG; dasz er {der
hengst) seine sprünge thue. öeon. lex. 24*.
b) in anderer anwendung.
a) als bezeichnung einer entfemung, entwickelt von Wen-
dungen wie:
wan drler spränge lanc
Sih. 879, 3.
der lewe lief nich dem schule
dann es ist noch ein guter sprung bin, un gran Camino, buon
pezzo di strada. Kbaher deutsch-ilal. dict. 2 (1702), 891*; es ist
nur ein sprung bis dahin, eine kurze entfernung. Adeldäc.
heute gewöhnlieh das ist nur ein katzensprnng. vgL dies oben
theil 5, 301.
ß) spur, fährte, Wechsel eines wildes: so legt man auch die
teller-eisen auf den sprung (der marder). Döbel jäger-praet.
2, 156*; vgl. die fohlenden bildlichen Wendungen: müssen der-
halben noch zur zeit unserer Seligkeit mit furcht und zittern
warnemen, und uns alle stund und augenblick fallens und
Straucheins besorgen, dasz uns etwa der teuffei ausz den
Sprüngen unsers glaubens, und zu fall bringe. Schaller thtoL
herold (1604) 370;
nun steht's mit meinem Faust am rechten sprünge {gehl es
nadi vunsch mit ihm). Lüiau 2. 118 Koch;
auch einem anf die sprünge kommen «nd ähnliche Verbindungen
un'-' a, X. hasensprnng. die fährte eines flüchtigen hasen, auch
eile merkzeiehen, das in qestaü einer hasenfährte in einen bäum
gehauen wird. Heppb wolred. jäger 159*.
y) Sprünge werden des hasen füsse genennet FLEaine
/. Jäger 1 (1749), 110. öfon. lex. (1744) 2, 787. Eggebs kriegslex.
2(1757), 962, Sprünge, weidm. die hinterläufe der hasen. Caiipk.
Beblen 5,664. Kebreik iretdmanns5pr. 279:
seine (des hasen) lange hinterbein'.
welche man sonst sprünge nennt. Brockes 9 (t7äO), 251.
vgl.: der hasz hat läuff und nicht füsz. der basz hat zwen
Sprung. Sebiz feldbau (1579) 568; auch hasensprung 3 oben
theil 4, 2, 542-
8) Sprung, a^agalus. quelle von 1677 bei Htrtl kunstw. d.
anat. 145, 'fin bein unten am fusse, talus, astrogatus'. Stei.nbach
2, 6)6, 'ein bein des vorderfuszes an dem menschlichen und
thinischen körper, welches ... das springen erleichtert und be-
fördert, talus, astragalus, hasensprung.' Adblorg, hasen-sprung,
astragalus leporis. Friscb 2,311', 'das krumme beinlein in des
hasen hintern läußen.' Heppe wolred. jäger 159*, auch nd. hasen-
sprung, knothen am hinterlaufe des hasen. teü Doormia&t
kooLMAM 3,290*: die so genannten hasen-sprünge {osso picculo,
wie die Italiäner sie nennen,) waren im letzten gelancke.
Fleming t. jäger l (l 719), 136*. rgl. hasensprung 2 oben th. 4, 2. 542.
f) weidmännisch auch als bezeichnung mehrerer familienweise
vereinigter rehe. Behlkk 5,664. Kehrein 1, 3S6 {wol: die zu-
sammen laufen): ebenso wird der rehstand gerühmt im Sellings-
loh und in der llojaerweide sind sprünge Ton 6 — 8 slück
gesehen worden, hannov. tagesnachr. 1899 nr. 109.
s|) Stange im Vogelbauer {worauf der tcgel springt): der bauer
{der nachtigall) musz lang sein und sie musz inwendig drei
Sprünge haben. Coleb hausb. (I640) 477.
t]) sprung, sprang, die bei der sprungfisekerei (s. i.) gebrauchte
angel. Adelung.
c) verbal und concret in bezi<hung auf pMsUche, starke ver-
dnderung der riihtung bei sich erstreckendem, so bergmännisch das
203
SPRUNG
aitdsen eines ß6$ut oder gange$ von seiner richtung. J&cobssor
4. 239', Verwerfung, hebung oder Senkung einer verworfenen lager-
stätte jenseits des durchsetzenden ganges oder der kluft, durch
welche die Verwerfung bewirkt wird. Veith bergwb. 456: spning
ins hangende, liegende, *5:; in Sprüngen liegen, ebenda; mit
anUhnunf an 4,6; man nennt derartige Veränderungen {der
gebirgsmassen) daher auch Terschicbungen, auch yerwerfungen,
and die spalten, welche mit solchen Verschiebungen im cuusal-
nexus stehen, rücken, klüfte, «prünge, gänge. Oibn 1,570;
wol von hier aus bildlich: da die gedichte der alten, und wilden
Völker so sehr aus unmittelbarer gegcnwart, aus unmittel-
barer begeisterung der sinne, und der einbildungskraTt ent-
stehen, und doch so viel würfe, so viel Sprünge haben.
Herder S, ISS Suphan. in der baukunU heisü sprung ein den
krant der säule bedeckender theil, satllie de la co niche. nautiach
ist Sprung, spring der außauf, die erhöhung des vorder- und
hinterschi/fs im vergleich zum mittelschi/f, so dasx dies der niedrigste
theil des schiffs ist, die erhebung des decks nach vorn und hinten
lu. GöiiEL seemaunsspr. 455. ähnlich Schweiz, sprung, jäher
Hügel. Spreng bei Seiler 276*. vielleicht gehört hierher auch
Sprung als bezeichnung der vordersten oder kürzesten seile eines
stagsegels, die gegen den mast befestigt ist. Bobrik naut. wb. 634'.
2) nach springen 2.
o) verbal, vom pulsieren des bluts: ich habs immer gelesen,
dasz unser wesen nichts ist als sprung des gebiüts, und mit
dem lezten blutstropfen zerrinnt auch geist und gedanke.
Schiller räuber schausp. 5,1; nicht der sprung des blutes
macht das leben aus. iMMERHANif .1, 79 [Münchh. 5,9) Boxberger.
von kochendem wasser: dat water kaakt in vullen Sprüngen.
SchCtie 4, 178 {eigentlich wol das aufsteigen und zerplatzen der
blasen bezeichnend), vom quellen:
auch lobet gott, ihr brünnlein klar,
ihr bächlein krumm gebogen,
in sietem sprung das ganze jähr,
in stetem gang erzogeo.
Sp» M u(«iiac/ir. 120, 203 BoUte.
0) queUe:
dai wauer niender ist so guot, aö da e{ üi von Sprunge g&t.
minncs. 2, 230' Ilagen;
de sprunk, hoven der hugen molleno. weisth. 3,94 {Westfalen);
sprung, quelle desz bronnen, la source d'une fontaine. Hulsius
(1616) 305*; nachdem wir erst unsre Weinflaschen an den
frischesten platz gestellt, gerade wo der sprung hervorstrudelte.
Heinsi Ardingh. 1 (1787), 102; in der heutigen Schriftsprache nicht
üblich, doch noch landschaßlich. so rheinfränk. mfränk. sprung,
sprong, quelle. Fbobmanns zeitschr. 3,272, 14. MCller-Weitz 232
(Aachen). Hömc 150* {Coln), gülting. seltener neben spring {vgl.
dies oben). Scbambach 2u6'. bair. der Reg6nsprung, Ursprung
des rtgenßusses). Schm.' 2, 704. bildlich:
ir (iiuier (räum) schin durchliuhtet elliu lant:
di von ist mir vil unbekant
ir schines sprunc, ir schines ort, Licbtinstein 1, 19;
die {eine art der liebe) nimpt von drein sacheii üprung.
ViNTLKR b/um. d. ((/<;. 521.
vgl. Ursprung unten.
c) mhd. von Sprunge varn als ausdruck für den eiutriU des
jungen menschen in das volle leben und für beginnen, anheben
scheint an diese Verwendung anzuknüpfen, vgl. minnes. 2, 23ü'
Hagen oben unter b:
»6 petftn« rcte
wecLent s^r die Tursten junge,
iö si varent von «prunge,
ür urliugei gier. Ottoiar 23037 Seemüller;
ich bin ein riiter junge
und var dar von Sprunge
und «ol mich noch rreuden taten. 03196;
entsprechend auch:
min herxe alrArst von «prunge vert
und ist reht als ein vogel vil.
Konrad v. Würzbur« troj. krieg 14526;
slo acbllt alrtrtl von iprunge vert in ntner niu«ven riiier-
«cherie. jfing. lit. 2053, 2 ;
Ton iprunge alrtrit verl din nam:
den loltu machen bekennellch. Hielricht fluclil 3338.
eb»n$$ von iprunge gio:
si gibt et (4 von tpruaga
und sl «fo aoagange. r. d. übL mtib$ 19) Haupt,
voD Sprunge vliegen:
iö ir lop von iprunge vlouc,
gar aller lügend« ni«D im jach.
miniu*. 1, 206' Hagtn,
SPRUNGBEIN— SPRUNGGELD 204
vgL auch: also lebt wir her von sprunge
mit freude um wünneclichem spil,
des hete wir zailen ziten vil. warnung 3042.
3) nach springen 3.
a) das sprieszen oder blühen, im bilde:
ei welch ein vin;ilc, zirisic bach
die bluomen min durcliriuhtet, dai si st&nt nftcb wunsclie in
..,.,., Sprunge. Faaurnlob />. t, 12, 24;
rein btldltch:
die (Agalhr) was schöne unde jiinc
und bet wo! ir vollen sprunc
in der tugend« richeit. pasxional 176, 8 Köpke.
b) im anschlusz daran local, mnd.: een spronc . . . etiam {est)
locus Silvester ubi arbores saliunt in altum crescendo plus quam
in aliis Incis. Schillkr-LCbhen 4, 348*.
4) nach springen 6.
a) verbal, dat zerspringen:
war der saite sprung
eine antwort auT die frage,
die ich eben grausen füllt
die brüst! Möllrir scliuld l, \.
b) durch zerspringen entstandener risz, schianta, crepalura,
Krämer deutsch - ital. dict. 2 {l'M), $90% ebenso später allgemein
üblich. Adelung, auch mundartlich Hokziier Aarg. wb. 219.
SciminT westerw.idiot. 229. Hünig köln. mundart 150*: das glas,
der krug hat einen sprung. Krahbr 2,891*; das glas hat einen
sprung. Adelung; Sprünge bekommen. Caupb; mein bisheriges
loch {logis) liegt dicht nebeB der wand mit dem sprunge.
Immermann 2,115 (;Vüric/iA. 3, 10) Boxberger; Alt Sprünge und
wandrisse hier herum müszten mich sehr täuschen, oder es
gelingt mir, einen theil des mauerwerks auf mich und euch
zu stürzen. 3,149 {Münchh. 6,7); vasen ...welche sprunge
und risse bekommen haben. Moltre6, 100; mei' fenster had
an Sprung. HCgel Wiener dial. 154';
freilich zeigst du (eine schale) manchen sprung.
Giibel 8. 29;
in technischer spräche ein brueh im holze, der quer hineingeht.
Jacobsson 4,239'. auch bildlich: herzen und glocken hekommen
so leicht Sprünge bei starkem bewegen. J. Paol Katienb. 2,66.
Sprung bei den webern die gespaltene Öffnung der kette oder det
aufziigs zu einem stück zeug, das gewebt werden soll, fach, gelete.
Jacobsson 1, 63o'.
5) in Aschaffenburg der reps. Scbm.' 2, 704.
SPKUNGBEIN, n. latus, astragalus. Nbhnici. Oibr 4,37.
vgl. Sprung i.b, o.
SPHUiNGBElZE, /. .• sprungheize auf reiher 'wird vorgenommen,
indem man in die gegend zieht, wo sich reiher aufhalten, und,
nachdetn sie aufsteigen, den falken steigen läsil'. B edlen 5,661.
vgl. reiherbeize oben theil 8, 660.
SPRUNGBEREIT, ad).: sprungbereit kauerte die kalze ia
der ecke.
SPRUNGBEWEGUNG, A.- sie besitzen jede begabung, welche
zu einer raschen und gewandten kletter- oder sprungbewegung
erforderlich ist. Breii« thierl. 1,36.
SPRUNGBRETT, n. brett zum absprung beim springen mit
anlauf als turnübung.
SPRUiNGFÄHIG, adj., nach sprung l,a, //.' 300 stück sprun|-
fuhiges rindvieh und dazu nur 3 bullen.
SPRUNGFEDER, f., wie springfeder, ». dies oben sp. 107:
übrigens war es eigentlich gar kein pferd, sondern nur eio
auf Sprungfedern ruhender, schön ausgenähter sattel mit einem
vierbeinigen holzgestell darunter. Storm sdmt/.irrrAy 3(1899), i80>
SPRUNGFERTIG, adj. tum sprunge fertig, bereit. CkUPtt',
der vornehme Jüngling setzte sich ans erste beste lischcheo, ,
ohne durch den sprungfertigen rotbrock {einen bedienten) etwat 1
zu fordern. J.Paul flegelj. 1,155; das sprungfertige volk der
gemsen. Bbrlbpscb Alpen 170. dazu aprungfert igk eit, f,]
Campe.
SPRUNGFISCHEREI, f. das angeln von fischen, die de» köderi
mit einem sprunge zu erhaschen suchen. Jacobsson 4, 239'. 9g^\
»prung 1, b, t).
SPRUNGFLUT, f., dasselbe wie Springflut (i. dies oben tp. 10«lkj
Campe, sprungfluth, im sinne von Springflut 1. Jacomsson 4,239*«|
SPRUSGGANG, m. ^wenn jemand bestellet wird, im seh»
einen gewissen weg oder ßügel tu reiten, dasz er nachsehe,
er Wölfe oder dergleichen spure', spurrttt. Jacobsson 7, 23'i'.
SPRUNGGELU, n. gebühr für das bespnngen der stute dur^lj
den hingst. Wkicand^ 3,783. Baobr-Culiitz waUetk. wb.
vgl. iprung I, a, ft.
1
205
SPRUNGGELENK — SPRUNGRING
SPRUNGRÖHRE — SPRUNGZEIT
206
SPRUNGGELENK, n. gelenk in den beinen, dm zum springen
itotwendig ist. Caüpb, das hinterknie des pferdes. Neulich.
Sprunggelenk eines hundes: weiszt du nicht, dasz nach einem
Vierteljahr solchen qualdienstes der belle band struppiert
ist. lahm im kreuz und Sprunggelenk? Vischer auch einer
1 (1900), 39.
SPRUNGGEOBT, pari.:
dieser (hügel) wird Baiieia geoannt tod sterblichen männern,
•wigen heisit er das mal der sprunggeübten (noXtaxdod'uolo)
Myrine. //. 2^ 814.
SPRUNGHAFEB, »., wie springbafer {s. dies oben sp. lio).
Adblürc.
SPHLNGHäFT, adj. in Sprüngen geschehend, sich vollziehend:
sprunghafte bewegungen; gewühnlich biUlich: der bändner iiesz
dieses kecke und sprunghafte geplauder schweigend über
sich ergeben. C. F. Meter Jenatsch (1901) 133; sprunghafte ent-
wicklung. vgl. springhaft oben sp. lio.
SPRÜNGHÖHE, f. l) nach sprung 1, a, a: ein wort ma»
das andere erklären, jedes ist ein Schlüssel zur sprach-
kanimer. das erste beste ist der reigenführer zur ganzen
Wörterfolge, wie bei der angäbe der Sprunghöhen: knöchel-
hoch, wadenboch, kniehoch. Jah» -2, l, i: Euler. vgl. sprungtiefe.
2) nach Sprung 1, c die niveaudiffereni zwischen zwei gegen
änander verschobenen thnlen einer gebirgsmasse. Mbvers kon-
tersationslex. 17 (1S97), 292*.
SPHUNGKISTE, f., dasselbe wie springkiste {s. dies oben sp. 113).
JiCOBSSO!« 4, 249'.
SPRUNGKLLFT, f. die verwerfungsspalte zwischen ztcei gegen
einander verschobenen gesleinsmassen. Meters konversationslex.
17 (1S97), 292". vgl. sprung 1, c.
SPRUNGKR.MJT, n., in oberdeutsdser deminutiv form: das
sprungkräute! oder das krüutel, so roter bühnerdarm heiszt,
in einen neuen häferl samt einem schubfleck gesotten, ist
gnt, um eine entwichene person zur rückkehr zu zwingen.
quelle ton 1695 bei Urcir-Khcll steir. wortsch. 520*. vgl. Spring-
kraut oben sp. 113.
SPRÜNGLEIN, n. , deminutiv zu sprung, saltello, saüuccio,
salioUno. Kraher (/<i'(5(/i-i(ai. du;}. 2 (1702), 891', mit i statt ü:
wiltu, so lasz die hirschlein klein
in Wäldern thun ein springlein Tein.
MiTFART liimml. Jens. (1630) 1, 122.
tjfL.' ein sprüngel vür die tür sprinc. Helbliüg 1, 1001;
n■^ch springen 3 spröngele, plur. kohlsprossen. Mt5LtER-\VEiTz
Aichener mundart 232.
SPRCNGLICH, adj. et adv. idem quidem est quod springicht,
sed minus usitatum. Stieler 2106. vgl. ursprünglich.
SPRC.NGLINGS, adv. in, mit einem Sprunge, vereintelt:
und Ojeeg, das Oscherwiesel,
sprünglingt folgt' ihm durch die Öffnung!
FiBiUGKATH 6(1S86), 129 (Longfellom
song of HiawalUa 16).
SPRUNGLUSTIG, adj.: gelangt endlich das geschöpf auf
die Oberfläche {der erde), so ist es hupf- und sprunglustig.
GöTBE 55, 320.
SPRÜNGMASZIG, adv. nach art eines sprungs, bildlich: eine
Toranstait für diejenigen, welche den Übergang Ton der schule
zur bocbschule minder sprungmäszig machen wollen. Campe
reise von Hamburg bis in die Schweiz in seinen kinder- u. jugend-
tehriften l%30 bd. 18, $. 23.
SPRL'.NGREIM, m.: welches insonderheit in acht musz
genommen werden, nemlicb in den sprung-reim oder rersen
in teutscher sprach, die sonsten trocbaische vers bei den
gelehrten genannt werden. Spee trutz-nacht. ui Balke. vgl.
tfnui 1, a, ?.
SPKU.NGRIEMEN, m. l) ein breiter vom bauchgurt zwischen
den Vorderschenkeln hmdurch bis zum zäum gehender riemen am
pferdrgefcltirr, der das schnellen mtt dem köpfe verhindern soll,
icon. lex. (17441 2787. Adei.chc, sprungricm, camorra, camorrone.
Kramer deulsch-itaL dict. 2 ino:), 89l' {camarro, camarrone, ein
sprungriem eines pferds. ital.-d. wb. [!69S] 164').
2) bezeichnung von riemen, die unten an den hosenbeinen be-
festigt sind und unter den stiefeln lusammengekndpft werden.
kaÜNiTz encycL 162 (1835), 179, steg an der hose, nd. sprung-
reim Ml 85': der fremde ... ordnete sein hemd, zog an srinen
pantalons, an denen er die gelösten Sprungriemen wieder
befestigte. Gutzsow rilter r. getst 1 (1850). 23.
SPRLNGRING, m., an einer tabakspfeife : ein doppeltes
4lbernes kettchen mit einem sprungringe diente statt der
II
schnür und hielt das kurze röhr mit der lingen, Tielgelenken,
krummen mundspitze. Aderbacb dorfgesch. l, 29.
SPRCNGRÖHRE, f., wie springröhre 2 (oben tp. 117). KhCj^itz
encycl. 162 (1835), 180.
\ SPRUNGRÜCKEN, m. bei den buchbindern ein von sich ver-
j jungenden dünnen pappstreifen geklebter buchrücken, der, selbst
I unbtegsam, dem buche grosze elasticitdt beim aufmachen verleiht.
Bbockhads konversationslex. 3 (1892), 651*.
SPRUNGSCHRITT, m. schritt, der mitUlst eines tprungs aus-
geführt wird: er stand da bis zum bauche in dem ziemlich
trüben wasser, ... und sah . . . den beiden entgegen, die,
sicher ihrer beute, mit langen, schäumenden sprungschritten
daher kamen. Thomas .Man5 Buddenbrooks 2, 342.
SPRUNGSTIER, m., was springsiier, s. dies oben ip. 119.
SPRUNGTHALER, m., nd. sprunktaler, '«n< abgift der ne«
angehenden eheleute im amte Lüchow, welche sie des morgens
nach der hochzeit dem am/man» sowol als pastoren ihres orts,
und zwar einem jeden einen rthlr. geben', brem. wb. 4, 975.
vgl. sprung l, a, u.
SPRUNGTIEFE, f., beim tiefsprung: zur Übung darf man
{beim turnen) die sprungtiefe Ton 2 leibeshöhen nicht über-
schreiten. Jah5 2, 1, 34 Euler. vgL Sprunghöhe 1.
SPRUNGTUCH, n. zur rettung von menschen bei einer fetters-
brunst: ein verzweifeltes mittel ist das herabspringen auf das
Sprungtuch. ... es wird Ton mehreren feuerwehrleuten am
rande oder an eingenähten ösen gefaszt und in richtiger weite
unter dem herabspringenden aufgespannt KARiAnscn-HEEBKii'
5, 650.
SPRUNGVERÄNDERUNG, f., beim turnen: sprungTcrände-
rungen: 1. in die weite... 2. in die höhe... 3. in die
tiefe Jahn 2, 1, 35 Euler.
SPRUNGWEISE, 1) eigentlich adv., Vorstufe: in sprungweysi,
mit Sprüngen, saltim, saUuatim, assuUim, exvltim. Maaler 3S2*,
dann sprungsweis, sa//ua(im. Cobtibüs ^ons /a/int*. 1 (|tj60), 562*,
sprnngweis, adv. per salto, a salti. Kramer deutsch-itaL dicL
2 (1702), 891*, sprungweise, adr. durch einen sprung, mit einem
Sprunge. Campe: alsdann ging's hadri, hudri, mit den Pan-
duren die weinberge hinunter, sprungweise über eine mauer
nach der andern herab, in die ebene. Bsäker 110 Reclam;
drang nun die Infanterie über die schutzlose ebene sprung-
weise gegen den gedeckt siehenden feind vor. Moltkb 3. 25i.
bildlich: nichts aber in der natur geht sprungweise. Herder
bei Campe; wie unerträglich ein solcher zustand sey, entging
seinem {Voltaires) hohem geiste, seiner zarten reizbarkeit nicht;
er machte sich manchmal sprung- und stoszweise luft. Götbe
26,60; eben so war ein gewisser theoretisch praktischer sinn
in mir aufgegangen, dasz ich Ton den dingen, mehr wie sie
seyn sollten als wie sie waren, rechenschaft geben konnte,
ohne eigentlichen philosophischen zusammenbang, aber sprung-
weise treffend. 165; was ich {über Wieland) mehr aus einer
fast vierzig jähre geprüften neigung, als aus rednerischer
Überlegung, keineswegs in gehöriger Terbindung, sondern Tiel-
mehr in kurzen salzen, ja sprungweise vortrage. 32,237; in
ihm {dem mittel^ande) offenbart sich immer neu der wahre
rühm, die macht und herrlichkeit der nation, die es ja nur
ist durch ihre sitte, durch den bort ihres gedankens und
ihrer kunst, und dann durch den sprungweise herTortretenden
heldeiimuth, wenn die dinge einmal wieder an den ab-
schüssigen rand des Verderbens getrieben worden sind.
Ihmermamn 1, 190 {Vünchh. 2, 10) Boxberger; dasz ich aber aus
dem stalle und der gewehrkammer in das Torzimmer gelangte
und mich zuletzt auf die schwelle der königlichen schlaf-
kammer wie ein rüde betten durfte, das geschah nicht sprung-
weise, sondern allmllig Ton schritt to schritte. C. F. Mbtbr
der heilige (1901) 47.
2) in adjectivischer anwendung: sprungweises Torgehen beim
infanterieangriff, tti der spräche des heeres. bildlich: über eine
sprungweise conversation kam man nicht hinaus. Funtare
vor dem stürm 2, 41.
SPRUNGWEITE, f.: sitze Ton zwanzig, ja dreiszig fusz
Sprungweite sind ihnen spasz. Breih illuslr. thierU 1, 7. t« der
form sprungsweite: wie des tigers äugen auf den raub ge-
richtet sind, dem er, bis tur sprungsweile, entgegen kriecht.
V. Weser sagen 4. 503.
SPRUNGWELLE, f. in eine flustmündung eindringende ßut-
welle des meeref. Meters konversationslex. 16 (1897), 277*.
SPRUNGZEIT, f., wie springzeit 2 {oben sp. 123). vgl.
Sprung 1, a, /f.* leider roOsse er anzeigen, dasz Felix ...
207 SPRUNGZCGEL — SPRÜTZELKERN
die registerrabning aber die belegten stuten sehr Tcrnach-
laszige. Abkih is, 276.
SPRUNGZÜGKL, m. eine besondere art von lügel. Meters
konrersotionslex. 17 (l^S'). '"/VJ zäumung.
SPRL'NKEL, subst. 1) sprunckel, lenligo Dikf. 324*. vgl
Sprenkel, m. macula oben sp. 46, ansprung, austchlag theil 1, 472
und mhd. tprunkelebt, gefleckt, mhd. vb. 2, 2, 548".
2) oberhesfisch iprunkel , m. nasser galliger baden , ijenauer
eine beständig durch waster, das aus felsiijem unttr()runde quillt,
nasse stelle im acker. Ffisteb 2.ergdntungsh. 37. tgl. Sprung 2,6,
springen 2, e.
S) mhd. sprOnkelin, kleiner halm: ein blettelln, ein kleine
grassprankeltn. Tadlei bei Schmidt eis. vb. iib'. vgl. sprung 3,a,
springen 3.
SPRUNZE, f. tirolisch die Öffnung, mündung des kornsacks.
Schöpf 694. vgl. sprnnz, fissura. gramm.2,i{6, spranz 2 und
spranzen 2 oben theil 10, 1, 2794.
SPRÜNZEL, ffl. appenieUitch ein hOliernis gitt*ru)erk, womit
im Sommer die thürö/fnung des schweinettalls gesperrt wird.
TOBLER SSI".
SPRUNZELN, verb. mundartlich wallen, queUen, sieden,
cimbr. wb. 235', wol mil springen etymologisch verwandt.
SPRUSEN, verb. sternutare. Dief. 552", vielleicht verwandt mit
prusten und ähnlichen bildungen. vgl. spröseo oben »p. 160.
SPRLSSE, SPRliSZ, s. sprosse, sprosz.
SPRCSSEL, s. sprossel.
SPRÜSSIG, adj.: allein dasz er (antimon) ein grober Mer-
curius ist, und ein spriissiger, ausz Ursachen, dasz er
nicht kommt von der reinen arth desz Mercurij. Paracelsus
2 (1616), Ol C. vgl. sprissig unter spreiszig 1 oben sp. 18.
SPRUTE, SPRUTTE, t. sprosse.
SPRÜTKE, subst. ap feikern , birnenkern. Nehricb, darnach
bei Campe als f. verteichnet, eigentlich nd. Strodtmanh idiol.
Osnabr. 227. vgl. sprützelkern.
SPRUTTE, subst. bczeichnung einer gatlung der kracken
{schneckenartiger wasserthiere) bei Oben, die sprutten oderdinten-
schnecken, sepia. 3,583. vielleicht ist es die nd. form für sprosse
{vgl. das vorige), die thiere sind gefleckt.
SPRUTTEL, f., u sprosse!.
SPRITZ, m. tu spritzen, landschaftlich, vgl spritz ofcen sp.Ui.
1) soviel auf einmal spritst, gespritit wird, aus einem munde,
einer gieszkanne. Staldeh Schweiz, idiot. 2, 388, aus einem gefdsi.
Siii.ER Basler mundart 276", gehörige quantität wasser, um tu
spritzen, giesten, aufsufüUen. Sartorios mundart von Würiburg
1,117, wassersprutz: denn bei dem, der die feslordnung hat
gemacht — ... nicht macht rein vom brunnen Semsen {einem
heiligen brunnen in Mekka) ein wassersprutz — den, der ver-
senkt ist in sQndenschmutz. RCckert 11 (1882), 416.
2) vom regen, mit abhängigem gen.:
aber als der erste sprutz
sich ergosi der wolkenscbleuse,
bargt ihr euch und eiiern puti
unter'm reeenscbirmgeliäuse.
Kdckbrt 2 (18S2), 456.
auch ohne tusati wie^ regenschauer. Stalder 2, 388. Hertel
Saliunger wb. 44 {mit ü). vgl. Spritzer 2, b oben sp. 135.
3) eine kleine menge bier. Spiesz henneb. idiot. 174, wein?
Rockert unterfrdnk. mundart 174, ein kleiner abschiedstrunk, den
der Steher noch vor dem nachhausegehn verlangt, in Meiningen
{mä Q). Spiess 239.
4) angespritzter fleck, kotspritier an den kleidern bei schmutzigem
wdter, Schweiz. Seiler 276*. Honzibei Aargauer wb. 249. vgU
Spritzer 2, d oben sp. 136.
5) kleiner ausflug. Hcnzibea 249, auch studentisch. Kluck
studentenspr. 127* {beltgt aus dem jähre 1846). vgl. spritzen 4,
schlusz oben sp. 134.
6) einen spruz haben, nicht reckt bei trost sein, in Nürnberg.
ScB«.* 2, 708, im köpf haben, geistig nicht normal, huffärtig
sei*. Rocbert unterfränk. mundart 174, sbrüiz, anflug von trriinn.
Hertel Salzunger wb. 44. tgl. spritzer 2, c oben sp. 136.
1) bopf und sprutz, neuangeworbener soldal, in äU«rer tol-
dotiuher spracht. seHschr. f. d. Wortforschung 1, 361.
SPRÜTZELKERN, m. Schweiz, grana pomi. Maaler 382',
obstkern, schmen. idwt. S (iv.i5), 468, sprflzclcherne, fruchtkem
eines apfels, einer birne. iluNSiBEi Aarg. wb. 2\9 u. ähnl.: der
sprOlzeikernen oder samen von Weinbeeren, quelle von I503
im uhweii. idiot. 1(1895), 468; citronensamen oder «prützei-
kernen. sprülzelkernen »on quittrn quelle von UM ebenda;
uond dasi ich dieae aach mit einem bejspil «ergleicbe, ao
SPRUTZEN — SPUCKEN
208
hat mancher Ton seinem bäum geessen, welchen er ausz einem
sprQtzelkern gesetzt unnd auch zweiget hatte, ja ich hab
selber geesten von der frucht in sechs juhren hernach, so Ton
sprützelkern gesetzt worden. VVCrtz pract. d. »undarxn. (I6i2),
anhang 480. spratzelkernli, in scherzhafter Übertragung vom
diamantkörnchen der glaser. quelle im Schweiz, idiot. 3(i895), 468.
auch sprötzelcherna, -cbernli Tobler appenz. sprachsch. 381',
sprütze"-, sprützerkern Schweiz, idiot. 3 (1895), 468, mit nased
sprünziikerna Tobler 38i', sprünzelkern Schweiz, id. 3 (1895), 46$,
mit Spirans statt der affricata und langem vocal sprüs(s)el-,
sprüsligkern. ebenda, die letzten formen fügen sich etymologisch
zu spriezen, trenn man die länge des ü als secunddr betrachtet,
der sprQsselkern erscheint darnach als Vermittler und träger *det
im jungen bäum neu sprossenden pflanzenkbens' . Schweiz, idiot.
3 (1895). 468. sprützelkern und die ähnlichen formen können an
sprützen, alt und mundartlich für spritzen («. dies oben sp. 129),
angelehnt sein, weil man solche kerne im scherz zu schnellen
pflegt. Tobler 381*. auffällig bleibt freilich, dasz sprützelkern
zuerst belegt ist. es musi daher auch eint um;ekehrte enluick-
lung, spätere angleichung an sprieszen und endlich ein unmittel-
barer Zusammenhang dieser form mit sprieszen oder einer ab-
leitung mit dem gleichen sinn als möglich bezeichnet werden.
zu den nasalierten formen vgl. sprunzein oben.
SPRUTZEN, SPRÜTZEN, s. spritzen, vgl noch nürnberg.
gesprutzt sein, nicht recht bti trost sein. Scbm.* 2, 708 und dazu
sprutz 6.
SPÜCHT, m., ». spuk 1.
SPUCK, m., s. spuk.
SPUCKRECKEN, n. becken, darein auszuspucken. Jacobsson
4, 249*.
SPUCKE, f. Speichel, sputum. landschaftlicht, vorzugsweise
den östlichen gegenden Mitteldeutschlands angehörige bildung zu
spucken {s.d.), wie dieses verbum der oberdeutschen Volkssprache
unbekannt; seit dem 18. jahrh. verbreiteter, doch bis heute nur
der derben norddeutschen rede angehörig, während das verbum
spucken in die allgemeine Schriftsprache übergegangen ist. Fbisci
führt das subst. zuerst auf: die iNiederdeutschen . . . sagen annoch
spucken, sputre, haben auch davon das dcrivatum die spucke,
Sputum. 2,311*; bei Adelung und Campe spucke wort des ge-
meinen lebens, besonders Niederdeutschlands ; das hat mein söhn
mit etwas spucke gemalt. (KCgklcen) Jugenderinnerungen einn
alten mannes 371 ; wir poliren Nine {eines hundes) sein grab
mit spucke. Storh 3,199;
mit geduld und spuck«
fängt man eine mucke, sprichworl.
SPUCKEN, verb. spuert. 1) das wort gehört zu dem vtrbum
speien und seinem kreise {thtil 10, 1, 2ü74 /f.) und fuszt auf der
mitteldeutschen form sp6gen, die sich neben spüwen für spiuwen,
splwen ergeben hat, und die auch als sp6hen, spöchen auftritt:
spucre 8p6gen, spAchen Dief. 548'; spucken trwtist sich als
intensivbildung davon, wie zucken von ziehen, oder schmücken
von smiegen, ags. smdgen, vgl. bd. 9, 1069. 1117. überliefert
wird es zuerst bei Rädlein (l'll) als spucken, spejtn,sputare,
crachti: 832", mit der bemerkung: wie man hier (in Leipzig)
nicht gerne speyen oder schneutzen, oder rotz sagen will,
sondern haben will, man sage spucken, scbnnupen. vorredt 6*;
dann von Steinbacb: ich spucke, ich habe gespuckt, spuo. 2,649,
der es aber als wort der gemeinen rede, in Schriften nicht an'
wtndbar, kennzeichnet; während es Aoelubc der vertraulichen
tprechart in Ober- und Niedersachsen zuweist, zu seiner zeit greift
spucken schon über ein weiteres gebiet und wird allgemeines uort
der Schriftsprache, das sich an stelle von speien in der bedeutung
^Speichel auswerfen' festzusetzen beginnt {vgl. theil lu, l,'207(i un(en).
2) spucken ohne nebenstnn, von der entleeruni) des sptiehels^
intransitiv: er spuckt, er musz immer spucken;
aber die jungTrau
eilte, Tom sitz auTstebend, und mühte sicti hu«i«nd am Teuer,
dasi sie des Tatort pTeir aniümleie, welrlie dem greife
schon in der liertigrii red' erloschen war; reichte sie ieixt iha
brennend, und spuckte tIcI, und maclii'ein krauses gefichtcheo»
Voss 1, 63 (l.iusf 1. 427):
in Verbindung mit anderen ausbrüehen aus dem munde: gleich
der luflrithre alles fremdartige mit unangenehmen husten uai
fipuckcn ausstoszen. J.Paul llesp. l, vorrede vi;
wie er rAu^perl und wie «r «piirki
das habt ibr ilim glürkllch ab|eKucki.
ScHiLLsa li. 2:i (tVa<(rnil«<ii« Itger 6)i
mit örtlichen Zusätzen: auf die erde spucken Adelung; an den
buden, «0 die waud tpuckcn; er spuckte ins tinimer; all
209
SPUCKEN — SPÜCKN APF
SPÜDEN — SPUK
210
anzekhen der trunkenheit: er kann nicht mehr Ober den bart
spucken. Licbtenbebc 3, '5.
3) in die bände spucken, um sie für eine schwere Ihätigkeit
gefügig zu machen {vgl. in die bände speien lA«i 10, 1, 2077),
auch zeichen des gaüstetseins zur arbeit: der burscb spuckte
in die fäusle und nachdem er den ersten sensenschwung
gethan, sagie er. Akzekgbcbeb 5, lU; auch der weber konnte
vor Ungeduld nicht mehr sitzen und spuckte schon in die
bände (um einen festgefahrenen wagen losmachen zu helfen).
Lldwig 2,23;
(Pervonte) schreitet draur zum werk, spuckt in die bände,
kriecht im gesträuch herum und bringt so ziemlich bald
sein bündel dürres bolz zusammeu. Wielano 18, 132.
auch sich in die bände spucken: hut und jacke hatte er von
sich gelegt, in die bände hatte er sich gespuckt, den spaten an-
gefaszt und zu graben begonnen. Roseggeb weltgifl (liW3> *. 274.
41 spuciien, sinnbildiich , zeichen der Verachtung, gering-
schätzung, v^/. einen anspucken, vor einem ausspucken; einem
oder einen ins gesiebt spucken; frei: er las immer wieder
in dem buche and sagte, ein satz spucke dem andern ins
gesiebt. Jensse!» Jörn Uhl (1902) s. 138; das ist das merk-
würdige .. . da*z die beiden edelsten dinge, die es auf der
ganzen weit giebt, diese beiden stolzen und edlen königinnen,
nämüch treue und liebe, sich zankten, und sich vor wut ins
gesiebt spuckten. 499; auf den köpf, den scheitel spucken;
die beiden hielten ein groszes gelage, mich aber bestimmten
sie zu jämmerlichem tode, weil sie mein geschorenes haupt
salien, und die teufel spuckten mir auf den scheitel. Frettag
ahnen 1,306; als roher spasz eines höhern gegen einen niedern:
erzählte . . . Ton dem besuch des czaren Peter, welcher den
pagen zum scherz auf die frissur gespuckt hatte. 5, 2S0; auf
einen, etwas spucken: man spuckt auf einen kleinen schelm,
aber man kann einem groszen Terbrecher eine art achtung
nicht rerweigern. Göthe 36, 9S; das erste produkt, welches
in einer zeitung gedruckt wurde, war ein jesuitenlied, dem
es aber schlecht erging; denn eine konservative nachbarin,
die in unserer stube sasz, als das blati . . . gebracht wurde,
spuckte beim vorlesen der gräulichen verse darauf und lief
davon. Keilbb nachlasi 19; als derbe redensart, um Verachtung
auszudrücken : ich spucke auf den kerl, auf die ganze sache.
einem auf den zopf spucken, ihn grob oder herrisch anlassen;
'der forcht sich nit, der spuckt dem feinde auf den hut',
fiel mirs ein. als ich dem braven Sergeanten . . . auf das beisz-
gesicht sab. D. v. Liliencbon zehn ausgewählte novellen 5. 3U;
auch einem in die suppe, in die scbüssel spucken, um Uim
rur einer sache ekel, abscheu beizubringen; als abergläubische
Handlung: augenblicklich lief sie aus dem hause, spuckte wie
ein bauer auf die schwelle desselben, und lief, wie sie war, ...
aus der siadt. Killeb werke 7,54; sie verstanden auch schäd-
liche einwirkung überirdischer gewalten durch beschwörung
zu bannen, sie spuckten das schädliche ab oder wiesen ihm
die zunge. Fbeytac bilder l,bi.
5) spucken, transitiv, mit ace. des durch spucken entfernten:
Adam schüttelte den köpf und spuckte das abgebissene auf
die erde. Müsbb patr, phanl. 3,m; er spuckte lauter rosen-
svrup, er piszte lauter pomeranzenblüthwasser, und seine
windeln enthielten die kösthchsten sachen von der well.
Wieland 12, 175; in erweiterter fügung, reflexiv:
zu tode mfiszt' ich mich vor gift und galle «packen.
GoTTiB 3,138;
frei: geld spucken mflssen, gezwungen hergeben, auch nur
spucken: der alte will nicht mehr spucken. Laube 5, SO; nach-
dem man goldene funken gespuckt bat, wie eine rakete
(goldstücke). Fbbttag verl, handsehr. 2. 142; der ofen spuckt
hitze. auch mit verstandenem objed: der ofen spuckt.
SPUCKEN, s. spuken.
SPL'CKEK, m. der da spuckt. Campb; als geschütznam« :
einzelne (der stücke) trugen namen: die laus, der freszsack,
broder des donners, . . . der spucker. D. v. Liliencron zehn
ausgewählte novellen s. 112. mundartlich aber auch spuker der
tpeichel. Kbaher idiotismen des Btstritzer dialects 1. 126.
' SPüChlG. adj. mit spucke benetzt, besudelt. Campe.
SPL'CKKASTEiN, m. kastenförmiger behält^ zur aufnähme des
r ^gespuckten. Jacuussor 4,249'; dim. spuckkästchen. J. Pacl
■n. anhang z. Titan 2, 10.
r SPL'CKiNAPF, m. napf, ausgespucktes aufzunehmen. Jacobsso.n
4,149': gieb mir den spucknapf. H. Heine 2, 194 [mit komischer
außösung der Zusammensetzung : ich ... reiche ihr auf verlangen
X. 2.
den napf des spuckes. 195); mit beziehung auf das spucken vor
ekel: kQszte sie ihn nicht auf die glühenden lippen, sondern
auf die glühende stirne, so dasz sein gesiebt tiefer binab-
reichte... signor Barlolo! rief ich, erlauben sie mir, dasz
auch ich mich des spucknapfes bediene. 19C; eine gar grosze.
weitlauftige dame, ein rotbes quadratmeilengesicbt mit grübchen
in den wangen, die wie spucknäpfe für liebesgötter aussahen.
3, 12; von menschen sieb als spucknapf bergeben, als ekle
ablagerungsslätte: er (Wittgenstein) machte sich dem könig an-
entbehrlich als ^spucknapf seiner üblen laune'. Protz preusx.
gesch. 4,S3; (zeüungsblätter) welche die deputation, die dem
deutschen kaiser entgegenkam, in ihrer rohen weise damit
beleidigten, dasz sie huETten, der kaiser würde sie als spuck-
napf benutzen. Bismarci reden 6,111 Böhm.
SPl DEN, s. sputen.
SPUGMS, n. trugbild, trug (für spuknis, t. d. und vgl. ge-
spuknis theü 4, i, illO f.), bei Lqtbeb: da jn die jünger sahen
aufT dem meer gehen, erschracken sie und sprachen, es ist
eyn spugnisz. Matth, 14, 26 in der septemberausgabe von 1522
{später in gespenst geändert, wie auch der Basler nachdruck
erklärt: spugnisz, gespenscht, vgl. Frohm. 6, 44': ^dvraofta
griech. text); das sie (kOnige und fürsten) glewben, es were
Widder got, szo man ybn (den romanisten) nit gehorchte in
allen solchen schalkhaffligen, listigen spugnissen. urrie 6, 407, 3
Weim. ausg.; sihe, solch scbewchter und spugnis ist allis,
was der bapst ynn der weit macht. 8, 170, 29; also ist Salomon
gewis gewesen, das sein trawm von gott war, nicht ein
spugnis. 15, 6:o, 29; sah grewliche gesiebter und spugnisz.
Uschr.22\'; lianac/i &ct Matbesius mit umlaut: er (Christus) sei
nur ein spügnusz oder gespenst gewesen, hist. Christi i, IS*.
SPUK, m. gespenst; gespensterhaftes, toUes treiben.
I. geschichtliches und formelles. 1) das eigentliche Verbreitungs-
gebiet des u-ortes im miltelalter ist Niederdeutschland und die
Siederlande (vgl. J. Gbihm mythd. 762), wo es mit vocalen er-
scheint, die auf verschiedenen Ursprung zurückgehen: mnd. spök,
spuk, spoek Scoii.leb-Lübben 4, 335'; striges eyn spoyk Dief.
nov. gloss. 351*; myt dem kleynen spouke. d.stddtechr. 16,204,3277
{Braunschweig); dazu in den neueren mundarten spook gespenst
RiCBET 2S3. brem. wb. 4,960; spükels gespenst Uähnebt 452*;
spook, spök ScbGtze 4, 173. Danneil 204'; spoikeding gespenst
Scbambacu 205'; ostfries. spök ten Doobnkaat Koolhan 3,2^2';
mnl. spoocke, spoocksel, spectrum, larva, phantasma Kilian
(als sicambrisch, d. i. in Geldern, Jüüeh und Clere gebräuchlich,
friesisch und holländisch bezeichnet); ins scandinavische Sprach-
gebiet reichend, wo dän. speg, spasz, scherz, seJtwed. spöke
gespenst, spuk, norweg. spjok gespenst dazu gehören, ins mittel-
deutsche: sp6k für spuk in Leipzig. Albrecbt 214'; auch ver-
einzelt ins hochdeutsche , wo die wortform kurzvocaUsch auftritt;
ein allein stehendes gespüc bei Bertbold v. Regensbleg: alle
die an zouberle geloubent und an wärsagen und an wär-
sagerinne und an lüppelerinne, an naiufrouwen und an so
getan gespüc und an pilwij. 2, 70, 32, das in zwei handschriften
durch gespot ersetzt wird, kehrt, nur mit diphthong für ein-
fachen vocal, als gespeuck im haus Simpl. 4,70 Kurz, wieder;
mit hochdeutschem consonantenstande gewährt ferner spuch
speärum, phantasma (als neutrum) Scbottbl 1420, und spuch
neben spuk Stieleb 3093, trozu sich ein oberpfälzisches spuchen
spuken Scbm. 2*. 655 stelU; und dazu tritt eine mascuUne Weiter-
bildung spucht, die gemeinschaftlich nieder- und hochdeutsch ist
und die eigentliche bedeulung des Wortes beleuchten hilft: spucht,
was kleines und schmächtiges unter menschen und Ihieren, een
spucht vam jungen, ein kleiner unansehnlicher bube. Richet 284;
spugt, he is man een spugt, er ist nichts als haut und bein,
er ist nur klein und schwach, mit der nebenform spigt brem. wb.
4,977; Sfugl, eine schwache magere person. Uäb^rrt ibi'; ähnlich
spucbt ScbOtzb 4,178; spucht, hagerer, dünner, geisterhafter
mensch. StGie^ibkbc 3.S6*; spucht, spugt, schwaches, schmächtiges
und hageres, völlig abgezehrtes, fleischloses wesen, gerippe, geist.
TEN DooBNKAAT KooLMAN 3.292*; spucht, uhmöchtigeT mensch
Woeste252'u. j. ».; auf dem bairischen walde der plur. spuchlen,
trugbilder, täusehungen, pßffige einfalle, vorwände, ausfluchte,
mit spucblel, weib das nicht mehr schwanger wird. Schm. 2*, «5«;
rheinfränkisch spricbten, scherze, späsze Fbomm. 6,277,9.279.
das schwanken in den vocalverhältnissen {vgL darüber auch Jahr-
buch des Vereins für niederd. Sprachforschung IS, 142) hindert,
einen genauen etymologischen einblick zu gewinnen; dagegen scheint
es sicher, dasz von den bedeutungen des Wortes die persünUehe
die älteste ist, weil sie mit grosser übernrutimmung in den nuderd.
211
SPUK
SPUK
212
mundarten auftritt, und xwar nicht im sinne der unheimlichen,
grauenhaften erscheinung, sondern eher mit niedrigkomischem
beitinn; daher Übertragung auf wesen von geiinger erscheinung:
do eschede Isegrim van er (iler meerknttc) to eten;
he spruk: langet her, edder ik helpe ju sokeo;
it helpet mi bat van dessen spoken {iliren kindern).
lleinke de voi 6052;
mundartlich een iQttk spook kleiner hagerer mensch, een recht
spook van'rdeerD, ein kkines mädchen. Ricbei 283. vgl. ScbCtze
4, nS; 'l is man 'd spöük, ein sehr hagerer, geisterhafter mensch.
Stürerberg 254*; vgl. datu düringisch scbpuuk, häszliche gestalt
Herwig idiotismen aus Thüiingen 1892 s. 29". könnte man er-
weisen, dasi niederd. spilik der alte name für die aus lumpen
gefertigte Schreckgestalt gewesen sei, die die heidnischen Sachsen
fertigten (de simulacris de pannis faclis. indiculus superstit.
et paganiar. 27) und die sie, um die bösen geister lu schrecken,
unter lärm und gelöse durch ihre flur trugen (de siinulacro,
quod per campos portant. ebenda 28), so würde sich der Über-
gang der persönlichen bedeutung zu der des lärmens, getümmcls
und spaszes natürlich ergeben und ein weiter cuUurhistorischer
hinteryrund gewonnen sein.
2) ir^nn auch das worl mit seinem verbum spuken seit Schottel
in den Wörterbüchern der nhd. Schriftsprache aufgeführt wird, so
erlangt es doch erst lebendige einführung in dieselbe seit dem
18. jahrh. unter dem tiefgreifenden einßuss des niederdeutschen
durch Schriftsteller entsprechender heimat. noch Steinbacb führt
spuck für gespenst, spectrum, phantasma als niedrig mundartlich
auf 2, 649 und Frisch 2. 31 1' kennt spuk spectrum nur als nieder-
deutsches woii. wenn in der Schreibung des 18. und thetlweise
noch des 19. jahrh. spuk mit spuck, spuken mit spucken
wechselt, so will das nicht schwankende ausspräche anzeigen,
das ck ist schreiberzug der zeit für einfaches k wie in eckel,
mackel für ekel, makel u. a., für die ebenso durchgängiye länge
des stammvocals fest steht.
3) einen plural entwickelt das «ort im persönlichen sinne,
mnd. spoke Reinke de vos 6052 (vgl. die stelle oben unter l);
mundartlich nnd. mit umlaut spok, spuk, gespenst, plur. spuke
WüESTE 251*; in der Schriftsprache hat sich der plural, den
Adeiünc und CiHPE als ungebräuchlich bezeichnen, erst bei
neueren als spuke ergeben, immerhin selten, aber nicht nur,
wenn spuk persönlich steht (ll> 1)> sondern auch wenn es spuk-
haftes treiben bezeichnet (s. II, 2).
II. bedeutung. i) spuk, gespenst, geisterhaftes wesen; als
collectivum: irrwiscbe ... und sonst noch allerhand inländischen
und auslandischen spuk in gestalt der kleinen chinesischen
wackeiköpfe. Klopstocr 12,328; gewöhnlich aber als einzel-
bezeichnung : A. wie machte es der mann, dasz er den spuk
wieder wegbrachte? J. er pfiff auf dem finger, dasz es
schmeilerle, da war der geist weg. 383; er gestand, was er
bisher ausgetrieben hätte, möchte wol der rechte teufel nicht
gewesen sein, sondern ein geringerer spuk. Arnih 2,388;
wenn sie trunken im schlafe lagen, stieg er wie ein spuk
über sie hin, schnitt so viel köpfe ab als er vermochte, und
trug sie nach Trier. Freytac fciW^r 1,175; trieb hier ein spuk
sein wesen? Heise noeWkn 4 (1885) s. 94;
weil du einmal nicht rastest,
bU du des Spukes nameo vernimmst.
KLorsTOCK 2, 133;
bioaua, du apuk (qfUt Bübetahl), hinaus aus ihr (der well),
wenos dir gefällig ist;
wo nicht, so daure krieg mit dir,
bis du bezwungen bistl Gliib 7, 199;
der spuk des todtengribers {gespenst in todtengribers gesttU)
grub, was nachher geschah,
um mitternachl zwei grülle,
wie lleioz der küsier sah. IIöltt 13 Halm;
vorige neiijabrsaacbt, da es zwölf schlug, wankte sie (ein
mitdchen) rücklings.
eine deck' um den köpf, hellweisz wie ein spuk, aus der haus-
thür. Voss 2, 112 {iäyti. •. 133);
auf spring ich vom llammenlager,
und durclis nirrende gemach
stürz Ich fort, der spuk mir nach. tiiiLLrtiZRR 3,43;
und wllls mit Worten nicht gelingen
d«n spuk zu treiben aus dem haus:
ei nun. wir rdhren gute klingen,
kalt eisan treibt den teufel aus. GiiatL nacht. 163;
ich bin
kein gespenst, leb bin kein npuk:
laben kocbt In meinen ädern. 11. IIiini 18,77;
hier im walde
»cbiu 4icb nicht, hier baust kein böser spuk !
Ltiswio I, 06;
auch trugbild einet gegenständes: ist dai ein dolch da vor mir,
der griff gegen meine band? her, dasz ich dich packe! wie?
nicht? und doch seh ich dich immer! verdammter spuk!
bist du denn nicht für die faust, was du fürs äuge bist?
BOrgeb 294" {Macbeth 2, 5, fatal vision Shakesp.). im plural
{vgl. oben 1,3): diese weiszen und schwarzen flauen gelten
bei kennern als die allerechtesten spuke, gerade weil ihnen
das fehlt, was dem laien die hauptsache dünkt: eine ge-
schichte. Fontane vor dem stürm 2,72; in Grönland . . . sahen
die Grönländer, die wohl hundert spuke haben, ihre ge-
spenster ruhig weiter. 161.
2) gebahren solcher geister, mit dem beisinne des unheimlichen,
tollen oder wilden treibens: ein nachtwächter sorgt unter andern
dafür, dasz die, welche durch eine spitze oder scharfe feder
im Zweikampf erlegt sind, und nun als gespcnster umgehen,
des Spukes nicht zu viel machen. Klopsioci 12,49; er meinte
auf erden nichts grüszlicberes, keinen iirgeren spuk in miiter-
nächtlicher einbildungskraft gesehen zu haben. Arhih kronenw.
1,164; um von den als geisterbanner und exorcisten bewährten
Vätern (kapuziner) allerlei mittelchen einzuhandeln gegen krank-
heit von menschen und vieh und gegen teuflischen spuk.
C. F. Meyer Jenatsch 83; eine minute später war die erscheinung
verschwunden, selbstverständlich schlug jetzt, zur Vollendung
des Spukes, auch noch die erste stunde nach milternacbt
an einer entfernten turmnbr. Keller 7, 198;
nun ist die weit von solchem spuk {iifistererscheinunnen) so voll
dasz niemand weisz wie er ihn meiden soll. Göthi 41, 314;
mir selber war vor deren {der kobolde) ipuk nicht bange.
RücKiRT 165;
der zwergenspuk war um mich her zerstoben. 166;
wobi durch die verbängten fenster wirft
die sonne neugierige bücke,
doch wie sie gewahrt den alten spuk,
prallt sie erschrocken zurücke. H. Hei:ir 18,42;
mit hinüberschwanken in die persönliclie bedeiäung (1), isn eollec-
tiven Singular:
grabentstiegner spuk der nacht,
müssen büszend wir nunmehre
irre gehn in diesen mauern. 59;
im plural: die götter sind uns stumm, die wunder der heiligen
fragwürdig, die spuke der kobolde und geister verdächtig ge-
worden. Arzenghdber 4, 30.
3) verblassung des begriffs in vtrschiedentn ahstufungen und
Übergängen.
a) mit noch deutlichem bezug auf die bedeutung 2: Hamlet
und seine monologen blieben gespenster, die durch alle jungen
gemüther ihren spuk trieben. Götbe 26,218; der nüchlliche
spuk war nur ein verspiel gewesen eines gröszeren Schreckens,
der sie jetzt erwartete. Keller 4, 23S; Jocbel zog das seil
an, und der spuk verschwand endlich {das treiben dreier als
teufet verkleideter landstreicher). 7, 172; um dem sflndbaften
spuk ein ende zu machen. 345; hätte er nicht geschlafen,
so hätte ihn die Griechin durch einen spuck scheu geinachl,
so war ihr plan. Scheffel Ekkehard (i>>8S) 354; im ausruf,
kennxeichnung eines unbegreiflichen Vorgangs: während der zeit
lief das hier aus dem fasz immer zu, ... und als die
kanne voll und tonst kein plutz da »ar, so lief es in den
keller und hörte nicht eher auf, als bis des ganze fasz leer
war. Catherliescben sah schon auf der treppe das Unglück,
spuck! rief es, was fängst du jetzt an, dasz et der Frieder
nicht merkt? Grimm kmder- u. hausm. 273 (nr. 59).
6) dieser bezug (o) hat sich verloren, spuk steht nur wi»
unfug, aufsehen, Verwirrung; schon mnd.:
mit rückende dref ha mannigen spok.
GtauARD V. Mif<DiN 65,30 Letitinawi;
nhd.: j« du einfältiger tropff, was machest du uns vor einen
spuck unter den leuten? caustnmacher 114; mein vater emplieng
ihn sehr ficundlich. um keinen spuck in die hochzeit, welch«
morgen vor sich gehen solle, zu machen, t'clsenb. 3, 159; um
ohne spuk und aufsehen sie im ruhigen besitz ihres reicb-
Ibums zu erhalten. Mütius 1,49 Hemi^l {Hnbezahl IV); und
doch halten die jungen fakirn mit ihren lingaint . . . einen
verdammten apuk unter euch anrichten können. Wieiand 8, 2&7jl
{Danitchmend 31); drei fakirn und ein kalender . . . riclitrteoi|
binnen jabr und tag einen solchen apuk unter dem guteO
einfaltigen vOlkchen an, datz icht nicht langer mit nnseliea
konnte. 351 {cap. 42); er bat eine vogelhecke darunter lunfer
dem hüte), die möchten her^urllirgen und einen »erteufellea
tpuk tuacbeo; denn et tind lauter lote vOgel. Gotbk 25, S62;
213
SPUKBEDÜRFNIS — SPUKBILD
SPUKDING— SPUKEN
214
als zur weit die tochter kam,
o dasz ich nicht gleich ihr das leben nahm!
ich nahms ihr nicht, folgte nicht meinem ahn;
nun hat sie mir diesen spuk gethan.
RccEERT Firdmi 1, 179.
c) in andern fallen hat sich die bedeutung des lebhaflen, lauten,
lirmenden treibens ergeben: spuk etiam quemvis tumuUum, con-
fusionem et turbam, ilem quicquid horridum aspedu est. denotft.
es ist ein greulicher spuk, foedum est spertaculutn. Stieler 2094;
einen eutseizlichen spuk machen. Adeldsg; das war ein spuk.
ebenda; in der Altmark maok nich so Täöl spok, mache nickt
M viel lärm. Danreil 204^
fanz abgegchlossen von des lichtes strahl (bricht die perle)
aont ich den spuk nicht drauszen vor dem bause.
. . . , , RCCIKRT 151 ;
der iracbter auf den zinnen
treibi gar gewaitgen spuk.
siebt gar wohl gaste kommen?
er sclireit: guck, guck, kukuk: Giillfiizir 1,60;
oder des vernunftlosen, leeren gebahrens: der alte spuk mit den
Hohenstaufen und iüren Termeintiichen anbängero. Abkih
krönen». 1, 218;
der Togel sieht io grosier ruh
dem spuk von seinem bäume tu;
sagt nicht ein wort, bis mantel, kragen
und warams und wange. bart und haar
sich Hans zerfetzt hat ganz und gar.
V\"i«la;«d 18, 379;
eU toller spuk charakterisiert: immer wieder störte er (rt«Jk)
den lesero ihren glauben durch willkürliche einfalle und un-
mögliche erfindungen oder gar durch den schlechthin un-
poetiscben spuk des tollhauses. Treitscbke d. gesch. 3,695;
lasz nur den tollen spuk der zeit rorüber flirren !
ergötzen kann er dich, er kann dich nicht verwirren.
RCcKBiT userke 4. 140 bölime;
was während eines mondes kurzer dauer
von tollem spuk und schrecklichem geschehen,
merkwürdgem wagnis und rucliloser (hat
die zeiuing brachte. Kkllii 10. 148;
landschaßliih niederdeutsch auch in die bedeutung der winkel-
te, hindernisse übergegangen: einem vielen spuk machen.
Adblcnc, nach: maak man nig veel spooks, mache nur nicht
fiele krumme spränge, brem. u-b. 4, 961.
d) auf grund komischen beisinnes der bedeutung 2 ergeben sirh
tmdere antcendungen ; so der einer eigenartigen belhätigung der
§edanken- und gefühkweU, gebaliren als ^närrischer kert:
bab immer meinen spuk für mich,
und ist mir wohl dabeyl
kalmäusre bald, bald wälz' ich mich!
bald ^ins ^efrohnt. bald frey!
b. ScBiiDT im Leipz. almanach der deutschen
muten 1779, s. 251 ;
ifferei, neckerei: mit einem seinen spnk treiben; aber indem
■ie so vermutben und wir uns so stellen: so haben die
•eblauen Tögel in der Stadt ihren spuk mit uns. Möseb palr.
fikant. 4, 169; besonders hatte Fortunato sich diesen abend
mehrere mal verkleidet und trieb fortwährend seltsam wechselnd
■innreichen spuk. Eicbendobff 3^133;
nun gebt der rechte spuck erst an.
PFKFriL poet. tert. 1, 69;
besonders von ertdhltem oder son^ berichteten abenteuern, spasx:
lasz dir den spuk erzählen. Lenz 1,175; etwas viel bessers
giebts: ein informator zu werden in Auenthal .'. . und den
ganzen spuk drucken zu lassen. J. Paci. unsichtb. löge 1,103;
die ganze geschiebte werde wohl ein leer gerede sein, ein
•pok. wie ihn mSgde oft anstellen. J. Gottbei.f Uli der knecht Z0\ ;
viel lächerlichen spuk ... erzählen. Keller 1,73;
ein giengen zum saale die püppchen schmuck,
traten zuoa mond und erzählten den spuk.
RccKiRT Fiideti 1,159;
$dbsi tu den tinn eine$ unerquicklichen Vorgangs, einer Idstigen,
ärtxkenden sache umgeschlagen:
Z, zwar sagt mein gewissen,
dasz Ich beut auf krummen wegen bin.
W, ach. Jariraril bei ihren küssen
schlägst du den spuk dir bald aus dem sinn.
KöR!<iR nachlwichter 8. auftr.;
ei wir ein spuck, wenn mirs mit diesen Türken Teblte.
K6CKIRT 12. 216.
SPÜKBEDÜKFiMS, n.: mädchen in den spinnstuben . . .
>j'il spuk- und gespensterbedürfnis. t ürtaiie vordemsturm 1,94.
SPLKBILD, n., bild, welches einen spuk darstellt, erscheinung
gespensterhafter wesen: dort am walde ■ . . hören wir schon die
klosterglocken wieder, da müssen die spukbilder weichen.
Aleiis hosen des herrn v. Bredow 112.
SPCRDING, SPCKEDING, n. gespenstiges, spukendes vesen
(vgl. ding 9. d. theil -2. sp. Ilf>3); niederdeutscher volksausdruck,
spoikeding. in Lij^pe- Detmold spökeding. Schajjbach 2'i5'; 'du
siehst ja aus, als hättest du ein gespenst gesehen!' wie so'n
spukding war er {ein mann} auch anzusehen, sties?. Jochen
heraus. L. Hbsekiel Nürnberger tand 2,226; und eure Regen-
trude ist ein spukeding, ein hirngespinst, ein gurnichts.
Stor>« 2, 220.
SPUKEN, verb. als spuk umgehen; spuk treiben.
1) das verbum schliesit sich in beiug auf ursprüngliches Ver-
breitungsgebiet und erweiterung desselben in der neueren Utteratur-
spraehe dem zu gründe liegenden subst. spuk {sp. 210) eng an;
tu frühest ist es bezeugt mnd. und mnl.: spoken, spoicken
Schillbr-LCbbes 4,336*, von wo es sowol ins scandinacische als ins
hochdeutsche Sprachgebiet reicht, und dänisch als spoge, umgehen
wie geister, auch spasien, scherzen, schwed. spöka spu'en, um-
gehen, mundartlich hochdeutsch mit regelrechtem eonsonanten-
stande in der Oberpfalz als spucben , es spncht {geht um)
ScH«. 2', 65.1 auftritt; Schottel 1420 bietet spüchen. Stieler 2094
spuken und spuchen. allgemein in die Schriftsprache aufgenommen
wird das wort erst nach der mitte des 18. jahrh, in der form
spuken mit niederdeutschem consonantenstande, während nieder-
deutsche umgelautete nebenformen sich nicht einbürgern, von
letzteren erscheint das an mnd. sp6k angelehnte spuken ver-
änzelt ton Schriftstellern niederdeutscher heimat des 16. 17. jahrh.
herübergenommen: und hören sagen, wie die herren erschlagen
und es greulich auf dem schlösse spöken solte. He!(!<e!(rerger
preusz. landtafel (1595) s. 47; dieser ertrunkene mansch oder
vielmehr ein gespenst in seiner gestalt hat etliche tage her-
nach schrecklich gespöket in und neben dem schiffe in der
see. AxDERSER Orient, reisebeschreib ung herausgeg. von Olearius
(1696) 4%^ das auf die form spdk zurückgehende spuken dringt
im 18. jahrh. ziemlich häufig in die Schriftsprache, um nachher
wieder gänzlich aus ihr zu verschwinden ; bei Fbiscb einer etymo-
logischen ansieht zu lie'>e spiken geschrieben, mit ausdrücklichem
Zeugnis für die herkunft: spiken, ein nidersächsisches wort,
so mit dem lateinischen spectrum verwandt ist, wird von
gespensten gebraucht. 2,301' {neben spuken, spuken, opparere
h( Phantasma. 302*). die Schreibungen spucken und spucken
/ur spuken, spuken begegnen bis in das 19. jahrh. hinein nicht
unhäufig, soijar im reime (angeschickt : spuckt : erblickt Wibland
4,125. rucken: spucken der junge Göthe 3,'Oi, s. die belege unten),
doch beweisen sie ßr die kurze ausspräche des stammroeali so
wenig wie die uhreibung spack für spuk {tgL spuk 1, 2, oben
sp. 211).
2) die bedeutung knüpft zunächst an den persönlichen sinn von
spuk (II, 1) an, als gespenst umgehen, sein wesen treiben, es ist
begrifflich gleich mit dem süddeutschen geisten (7, s. theil 4, 1
sp. 2743) und geistern (1, ebenda 2751); tn unumgelauteter form,
auch in der Verbindung spuken gehen: ein geist in gestallt
eines alten bagern mannes spuckt im hnuse, spectrum senex
macie et squalore confectum in aedibus apparet. Steikbacb 2,649;
in einem hause, wo vierzig tausend geister spukten. Wielaüd
12,193 {Sylv. V. Rosalva i,6,\); dasz derjenige, welcher einen
gränzstein verrückt, oder einen falschen eid schwört, oder
seinem hofe etwas vergiebi, spuken gehen müsse. Miser werke
7(l79S), 333; die verstorbene frau. sagt man, spuke im bause.
Campe; aus seelenangst nickte ich unbedingte Zustimmung bei
jedem salz, womit der spukende doctor {das gespenst eines ver-
storbenen) die absurdität aller gespensterfurcht bewies. H. Heine
1,54; auch ich war schon dem büsen zauber verfallen, der
in solch einsamen gewässern spuken geht. Storii 2, 70;
schon spuckt die wetsze Trau , und wahrsagt das verderben,
und jemand aus dem scblosz musx in dem jähre sterben.
Zachiriä ued. (1761) 281;
sie schwatzten diesz und schwatzten das,
vom reuermann und ohnekopT.
vom amtraann. der im riorfe spukt,
und mit der Teuerkette klirrt,
weil er nach ansehn sprach und geld.
ilöLTT 3* Halm;
so schauderstiftend. schaudervoll
sie selbst, ihr Schemen spucken soll !
Stolbrrc 5. 271;
wenn feiater spakSD, geb er seinen gang.
GOTHI 41, SU{
was spukst du hier, du wonkendes gespenst,
Erebscher schatten, kraftlos, sinnbeiäuut?
UhL4RD ged. 915:
ich glaub, da thut noch einer spuken (Wn lotei).
KiLLiR 9. 250;
U*
215
SPUKEN
SPUKEN
216
tn wUsiger »nwendung auf nne lebendige Schreckgestalt: zwischen
hier und Oszoabrück . . . liegt ein meyerhof, in weichem eio
altes fräulein spukt, vor dreiszig jähren mag sie den reisenden
gefsbrlich gewesen sein; nun ist sie ihnen nur schrecklich.
Kabeneb 4, IM; in bildern und vergleichen: ich weisz es leider
gar wohl, dasz das stubengeipenste der gelehrten auch bei
iliueo spucket. Heiske bei Lbssing i3, 44u: wenn TerrStherey
und hofgunst unter seinen nächsten anhangern wie unwider-
stehliche gespenste spuckten , — immer war sein (Coliguys)
mulh ungetrübt. Schii.ier 9,367; (in einem Hede aus des knaben
«underhorn) spukt eigentlich nur der Halberstadter grenadier.
GuTBE 33, 198; so ganz leere norte, wie die von der decom-
position und polariialion des lichis, müssen aus der physik
hinaus wenn etwas aus ihr werden soll, doch wäre es mög-
lich, ja es ist wahrscheinlich, dasz diese gKspenstcr noch
bis in die zueyte bilfte des Jahrhunderts hinüber spuken.
50,130; ihre (der winkelpropheten) art spukt indes ab und zu
immer noch um jenen heig herum. Keller 6, 4tl; so schlimm
sind wir daran, die wir zu früh den aufreihenden beruf er-
wählten, junge witwen zu trösten, deren lote männer noch
unbegraben umherlaufen, unser lohn ist, selber vor der zeit
als tute männer zu spuken. Ludwig 4, 2S9.
die umgelautete form spuken ersclieinl hier in der Schriftsprache
früher als spuken, doch nur in quellen bis ende des IS. ;a/irA. ;
hätte geglaubt er wäre schon tudt, und fienge schon an
urobzugehen oder zu spftcken. Cbr. Weise erm. 180 Braune;
der bauer hat durchgehends den . . . aberglauben, dasz der-
jenige ewig spuken gehe, der neue pflichten auf seinen hof
nimmt. Moser patr. phant. 2, 294; (stadte wo) die einwohnen
gespenstern glichen, die in diesen verödeten gemäuern spukten.
Wieland 6, 22; die geister ihrer personen (gestalten des dramas)
spucken noch immer um mich her, und schweben mir auf
jedem blatte, das ich lesen will, Tor äugen. Ebbrt bei Lessing
13, 375; die scele ist also noch jetzt gleichsam das ge-
spenst, das in der zerbrechlichen hätte unsers körpers spUkt.
Lichtenberg 1 (litOu), 156;
ein schnrarm autoren spukte
um des Kozjtus raod. Scuillkr 1,207.
3) w dieser bedeulung auch unpersönlich und allgemein es
spukt: es spukt an dem orte, lorvae grassantur in eo loco,
oeuUs occurrunl daemonia. Stirler 2094; es gab in ganz Weins-
berg fast kein haus mehr, worin es nicht spukte; ein polter-
geist begann, so zu sagen, zur cinriclitung einer ordentlichen
wirthschaft zu gehören. iMMERMiNN Münchh. 2, [60 ; ich ver-
sichere sie, es spukt hier. Gutzkow riUer v. geisl 6,201; es
spukte wahrlich. Kelleh 7,196;
das teufelspaek es fragt nach keiner regel.
wir sind so klug und dennoch 8pul<t'8 in Tegel.
GöTUK 12,217;
dasz es allda am hellen tage spuckte. Avantür. i,B't.
4| das ruhelose umgehen und wandern eines gespenstes ist über-
tragen auf Vorstellungen, phantasiegebilde, die in den köpfen der
menschen umgehen, ihr tvesen treiben; nd. idt spöket cm im
koppe, er ist nicht richtig im köpfe, brem. wb. 4, 9t)l ; he snakket,
as wen't spuket, er fiVirt seltsame und wunderliche reden, ebenda;
luerst von Adelung auch hochdeutsch aiiff/e führt: es spuckt in
seinem köpfe, er hat erscheinungen, es ist mit seinem verstände
nicht alltu richtig; in eurem köpfe mus/. es wunderlich spuken,
ich sehe nichts. G0tbe14, 200; das bild wird ausgeführt: die
gegenwart so vieler tausend rüstigen menschen in dieser gegend
wird nur noch in den köpfen einiger alten lente spuken. 19,3;
bald spukte die halbe weit in seinem guten gedäclitnisse. 111;
er findet sich mit einem mahler zusammen, . . . wie dergleichen
viele, in der offnen uelt, mehrere noch in romanen und
draraen umherwandeln und spuken. 22,124; sie glaubten daran
(an meinen stücken) ein panier zu sehen, unter dessen vor-
schritt alles, was in der Jugend wildes und ungeschlachtes
lebl. sich wühl räum machen dürfte, und gerade dir besten
krtpfe, in denen schon vorläufig etwas ähnliches spukte,
wurden davon hingerissen. 26, 2()6; dasz seine gesinnungen . . .
in der neuern zeit als theoretische grundmaximen fortspuken.
86, 2tS; um dieses expeiiment, welches nun auch schon über
hundert jähre in der geschichte der farbenlehre spukt, Ins
tu werden. 50, M7; ich mu*z mich darauf gefaszt machen,
wie auch auf manches andere, was dir im köpfrhen und
herzen spuken mag in Helttnens briefen 1,339; mit benanntem
lubjed: ob t% wirklich noch Jesuiten ^iebtT manchmal will
es mich bedOnkeo, tla Mi ihre txistcnz nur «ine cbimäre,
als spuke nur die angst vor ihnen noch in unsern köpfen,
nachdem längst die gefahr vorüber. H. Heine 2,43; das könnte
ich vollends brauchen, wenn sie den ganzen morgen mit lesen
zubrächte und solche romanideen im köpfe trüge, wie ich schon
welche habe spuken sehen. W. Haukf 10,92 Hempel (bettlerin 31);
gott gebe, dasz solcher greuel nur in den welschen köpfen
spukt! C. F. .Meter Jenaisch Ify, das mädchen, der kindskopf,
spukte mir plötzlich durch alle meine gedanken. Tu. Stobm
ges. Schriften 10 (1877), 27; ein geist der unbotinäszigkeit spukt
in den köpfen. Fontare vor dem stürm 3,6;
noch spukt der babylonsche thtirm,
sie sind nicht zu vereinen! Götiii 2, 244;
auch in umgelauteter form während des is.jahrh.: zu der zeit
wo das physiognomische unwesen in Deutschland spukte.
LiCHTI.MlERG 2 (1801) t. IV;
das schönste bild, das je die rnntasie
der liebe mahlen half, stand ilzt vor seiner stirne —
was sag ich? füllte sein hetz, und spukt in seinem gehirne.
WlBLANn 4,87 (n. Amaä. 3, 16);
Indtssen war nun alles angeschickt,
die Schwestern tu suclieo, von denen die gute Üindonette
■och immer im kopT des brennbaren ritters spukt. 125 (6, 9); '
mädchenschalkheit ipiiekt ihr im gehirne. Gotti* 1.335.
5) Übertragung dieses spuken auch auf menschen selbst, di»
sich in unheimlicher art herumtreiben: eine alte l)ucklige Zigeu-
nerin.., die nicht ohne Ursache in dieser gegend herum
spukte. Wieland 11,227 (Syh. v. Bosalva 1,3,6); unter deri
hausthüre spukt ein kerl des ministers, und fragt nach dem
geiger. Schiller 3,408 (kab. u. liebe 2,4); nun besprachen wir^
wiederholt mit unsern guten hausleuten das manüver gegen
die nachzügler: denn schon spukte das geschmeisz hin und
wieder. Göthe 30, 119;
ein alter satyr spukte
um meine muse, die
umherzog, und hegukte
durch eine brille liistern sie. Schills* 1,350;
auch hier unpersönlich: sieh dich vor, hauptmann! es spukt!
ganze häufen böhmischer reuter schwadroniren im bolz herum.
2,97 (räuber 2,3);
potz! da liegts wie alpen schwer auT allen,
närrisch spukts nm unsern amtroann her. 1,193;
vgU auch herum spuken theil 4, 2, 5p. 1182.
6) weitere bedeutungen haben sich mundurtlich niederdeutsch
ergeben mit geringeren ausstrahlungen in die Schriftsprache ; so
nach dem subst. spuk II, 3, c (sp. 2i3) die des lauten gebahrens,
lärmens, tobens: niederd. spoiken grossen lärm machen. Scbah-
BAcn 205'; ostfries. spöken, runuiren, lärmen, toben, rasen, heftig
brausen, stürmen. TtN Ooornkaat Koolman 3,283*; spök'n gnhn
von unruhiger see. Lüpkes .««^mannjsprae/i* 1,233; rhein fränkisch
spöken, spuk machen, sich ungebärdig stellen, lärmen. Fromm.
6,280,42; spnken, lärmen, toben, sonst spöken. 5,520,5, was
sich auch Schriftdeutsch vereinzelt leiyt: als vor kurzem der
berühmte Paracelsus Gompel von seinen gegnern nicht ritler-
mäszig erlegt, sondern auf gut irokesisch so war zersiümmelt
worden, dasz er vor aller weit äugen, glied bei glicd, d;ilag:
konnten seiner gleichwohl drey nachlwäcbter nicht herr
werden, so gewaltig spukte er, und schrie immer dabey: ich
bin aber noch nicht erlegt! Klopstock 12, 30;
hött er nicht hinter seinem rucken
hören mit klappern und schellen spucken.
äer jithi/r GOTHI 3, 703;
übertragen auf seelische zustände, Wallungen im blut, wofür auch
das sinnverwandte rumoren (theil 8, tp. 1485) gebraucht wird:
nd. de wien spöket em im gOvel, der wein ist ihm tu kopfi
gestiegen, brem. wb. 4, 9i>t ;
sein li'il'srzt, ein studirter berr,
mit knotigier perüke.
srgumenilrte olui betchwer
auü Hippokral und Zeltut her.
wo'i lliro gniden »pOke. Scrillir 1,251t
urnhnherr war der »chöntten hold,
da» rpukt so hin und wieder. (iöTHi 4, 3ü3;
•o spukt mir schon durch alle gliedür
die herrliche V\'alpurgl«ii«cht. 12, 192.
die bedeutung des sinnlosen, unüberlegten gebrauches und Ver-
fahrens: mit dem vüer spöken, unvorsichtig mit dem ftuer
umgehen, mit drin gelde spöken, das geld versehwenden, brem,
wb. 4, 9i'>l; in der Altmark mit't für spöken, mit dem feuer
spielen und unvorsichtig umgehen. Dannkil 204*; holttciunch >ipOk
nig mit dem für, gehe mit dem feuer vorsichtig um. .sciii rzg
4,173; in Pcmmern: mit'n gelde spöken, sein geld mit geiäusek
217
SPUKENELLE — SPÜKGESTALT
verthun, mit'n für spöken, unvortichtig mit dem feutr umgehen
Dähnkrt 452', ist nur nitderdeutsch geblieben, eigenthümlich ist
ein unpersönltches spuken für nicht von statten gehen, hindernis
haben: jetzt galt es uns beide fortzuschaffen, aber damit
spukte es, kbentgeschicJUe eines bad. Soldaten (Heidelberg l%6i) i4;
es li;iperle und spukte selir. s. 30. — vgl. vorspuken.
SPUKENELLE, /. in der gaunersprache das gespenst, be-
sonders der gehilfe des sefelgräbers {vgl. oben theil 10,1, jp. 81),
welcher den beschworenen geisl und schatihüter macht. A»e-
Lailemamt 4. eio.
SFLKEREI, f. das gespukt, vielfältiges, anhaltendes spuken,
mnd. spökerie Schiller -LObbbh 4,336*, in umgelauteter form
uiich dem niederdeutschen spökerije (brem. »6.4,961), spökerij
(Däbnert 452') als spükerei vereinzelt seit dem 16. jahrh. auch
in der Schriftsprache auftauchend: man hört auch bei ihm (dem
heiligen meer) und um dieses wasser, Tiel fremder, seltsamer
spükerei, auch heulen und schreien, besonders bei der nacht.
Tbürneisser von wassern (1572) 372; eine vermeynie spöckerey,
rockenphilos., i. hundert (170T) 286; auch als spükerei: wie denn
andre im hanse sich auffhaltende von fielen vermerckten
spückereyen zu reden wüsten. J. PRiiORiüS anthrop. plut. 1,370;
es trägt sich so offt das und jenes so seltsam zu, dasz dessen
gedancken, der es ansiehet oder höret, nicht anders geführet
werden können, als auff leuffelische spückerey. rockenphilos.,
4. hundert (1707) s. 2SC; bei Stieler ohne umlaul in der später
üblichen form verzeichnet: spukerey, das spuken, rtsio, visus
nocturnus, apparitio phantasmatis, occursus seu occursatio umbrae,
vel simulacri noctivagi, 2094; seitdem hat man zwar in dieser
gegend oft im finstern einen kuss gehurt; aber niemals ge-
glaubt, dasz es eine spukerei der Sylika sey. Moser «erke
2. 358; es (das schlosz) stand im rufe arger spuckereien.
MöRiiE 2.21; in der bedeutung ^glauben an spuk': sie (unsere
nordischen vorfahren) muszien sich daher, besonders als die
christliche religion ihre götterlehre verdunkelte, in ihrem vor-
trage, mit einem lirben gölte, und einem bösen geiste, oder
mit ein bischen spukerey, behelfen, Moser 7,332; wie ich
ihnen einen Vorwurf über ihre thörichte spukerey machte,
riefen beide: o wir mügten um aller weit nicht die nachrede
haben, dasz wir uns etwas zugeeignet hätten was uns nicht
von rechts« egen zukäme; und so war ihre ganze spukerey
der kurze symbolische ausdruck des edelsten gefülils. 334.
SPUKFEST, adj. fest gegen spuk, geistererscheinungen: das
offen stehende scheunenthor, vom winde gerüttelt, knirschte
und stöhnte heiser über den öden hof, und so spukfest ich
mich glaulite, schien es mir dennoch zuträglich, das unheim-
liche revier zu verlassen, P, Heyse ges. werke 7 (1885) 94; spuk-
fest wie ein kind im mutterleibe, im Par. 2, 181,
SPLKFREIHEIT, /, freiheit für das spuken: in den zwöften . .
sollen kobolte, wehrwölfe, verbannte gespenster, und anderes
ongethüm. besonderer spukfreiheit genieszen, Voss 2, 335.
SPUhGEIST, m. spukender geht, gespenst: so unangenehm
für den grundherrn das gespilde seines Schlosses mit dem
nächtlichen ungeihüm war, so vortheilbaft war ihm der spuk-
geist in rücksirht der groszen Sicherheit vor dieben. McsÄus
2,75; gebannte spukgcister scharrt man häufig in ihnen
{Schluchten, welche teufelsküchen heiszen) ein. Lboprecbtiiig aus
dem Lechrain 113.
SPUKGESCHICHTE, f. geschichte von eitiem spuk: (er) ver-
meinte, die Spukgeschichte sei leeres geschwätz. McsÄus 2, 76;
jetzt erst vertrauete er die Spukgeschichte seinen gefährten,
J. Pacl bei Campe; wir müssen uns ,.. in den fall versetzen,
wo in einem hause gebildeter leute ein gespenst gesehen
worden ist, oder gar eine fortgesetzte spuk- und geister-
geschichte rumort hat. Kellkr 7,106; der sich troti seines
Luthertums einen starken glauben an spuk- und gespenster-
geschichten bewahrt hatte. Fontaub vor dem stürm t,70.
SPUKGESICHT, n. erscheinung eines spuks: (ein kind) das
aus gespensterfurcht in ein helles zimmer flicht und ins licht
•larrt, um links und rechts keine spukgesichter zu erblicken.
Heise kinder der weit 2,217.
SPUKGESPENST, n. spuk treibendes gespenst:
nicht werden larven, ungesialten,
nicht spukgetpenster her und hin
vor dir die wirren tanze halten.
laMBRiA.iN 13, 188.
JPüKGESTALT, f. spukende gestalt, gespenst: eine art
ik- oder sagengestalt, etwa wie der KObetahl. AüZENeBOUKa
3,260;
SPUKHAFT — SPUL 218
der pfarrer, der auTs tanzen schalt,
und filz und wuchrer war,
steht nun als schwarze spukgestalt
am Dächtlicben altar. IIöltt 188 Halm;
to Oiebe nur, ja stiehl dich immer fort,
ich martre dicti in tausend spukgestalten!
MöaiKB maier Hollen 1, 177.
SPUKHAFT, adj. und adv. spuk in sieh schliestend, mit tpuk
verbunden, gespenstisch, mnd. sp6kaftich spuk-, gespensterhaft
Schiller -LCrber 4, 33C'; niederd. spükhaftig. was einem §t-
spenste oder dem spuken ähnlich ist, spökhaftig uut Seen, ein
seltsames ansehen haben, spökhaftig gaan, mit magern beinen
und wankenden füsxen einher stolpern, brem. wb. 4, 961 ; spöök-
haftig, spOükachtig spukartig StCrenborg 254'; grauwelijk un
spaukachtig niederd. bauernkom. 15 Jellinghaus; noch bei Caipb
in der form spükhaftig als nur dem niederdeutschen eigen ver-
zeichnet, in der Schriftsprache des 19. jahrh. als spukhaft sehr
gebräuchlich geworden : (ich) habe noch nicht das geringst«
spukhafte weder an dem papier noch an mir bemerkt W. HAorr
7, 26 (mem. des satans 1, 4); es schien mir fast, als ob die be-
griffe treue, ehrlichkeit, Wahrheit gegenüber dem Staate ordent-
lich gespensterartig würden und spukhaft. J. Gottbelf 1, SU
Vetter (bauernspieg. 32); dasz die freunde ihn mit fragen be-
stürmten, ob er krank sei, oder auf dem wege durch den
wald ein spukhaftes abenteuer erlebt habe, Hetse im para-
diese 2, 181 ; das weisze in seinen äugen ist wie von perlmutter
oder wie das quecksilber in unserm thermometer. es sieht
ganz spukhaft und unmenschlich aus. kinder der weit 1, 129;
als der spukhafte lärm immer lauter wurde. Kblleb 6,252;
dem zweiten theile (von Göthes Faust) fehlte diese rinheit des
tones, die auch das wunderbare glaubhaft machte; er er-
schien zu ernst für ein märchenspiel, zu spukhaft für ein
drama. Treitschke d. geseh. i,4\3; das nach dem spukhaften
und schauerlichen drängende romantische bedürfnis. Fohtahi
vor dem stürm 1,20;
ein winzger herr. im pelz, von gicht ganz krumm,
noch jung, steht sprachlos da. wo kommt er her?
und »teilt noch immer spukliaTt starr und stumm.
D, V. LiLiancaot« werke 12 (1904), 166,
SPUKHAUS, n. haus worin es spukt:
ein prächtgpr bau! doch ^anz und gar
ein spukhaus eben, will mich dünken!
Frbili6«atb 3,65.
SPUKMÄRCHEN, n. märchen von spukerei: wunderanek-
dötchen und spukmärcben. Soknbnbcbc bei Campe.
SPUKNACHT, f. nacht in der es spukt: dasz ich ein narr
wäre, in dieser spuknacht weiterzuziehen. EicBERDOBrr 2, 555;
damit die spuknacht ewig mich umschlösse.
RÖCKBIT 166.
SPUKNIS, SPÜKNIS, n. spuk, gespenst, mnd. sp6kenisst
Schilleb-LGbben 4,336*; fantasma duvelich spüknisse Dief. 225*;
gespenäiges wesen: wie uberausz erschrecklich und peinlich
wirds denn sein, wenn die verdampten alle hellische geister,
der viel tausend legion sind, mit all jren gespenst, «pQck-
nisz, und wesen, allzeit für äugen sehen und haben werden.
D. Scballer theoL heruldt (i604) 439; es gehöret ja gar zu viel
beweisz darzu, wenn man eine sacbe will zu einem gespenst
oder spQcknisz machen, rockenphtlos., 4. hundert, s. 286. bei
Ldthbr in der form spugnisz, v^I. oben sp. 210.
SPUKSCHLOSZ, n. schlest in dem es spukt: als es abends
wurde, war er schon wieder oben im spukschlosz, und machte
sich ein feuer an. Becrstein murchenb. 143.
SPUKSTUNDE, f. üunde in der et zu spuken pflegt, tpuk-
stunde, auch spukzeit. Campe.
SPUL, m,, masculine nebenform »um fem. apule (<. d.), tut
dem ahd. und mhd. ins altere nhd. reichend, seit dem 18, jahrh.
tu gunsten des fem. völlig gewichen, so weit es sich nicht i»
oberdeutschen mundarten noch schwankend hält: der, auch di«
spuelen, bairisch. Schm, 2*, 606; in Appenzell der spuel, plvr.
spüel Toblbr 38i'.
t) als gerät am Webstuhl und Spinnrad, ahd. spuol und spuoU:
panut, spuolo, id est ubi /fla tolcuntur in giro. spulo theutitee.
Stbinmeyek-Sievers ahd. gloss. 2,377,20; panus spuolo, spuole,
spuel. 3,250, 39^; panus, lignum quo füa in telam portantur,
spolo. 305,40; panui spuol 327,18; panus spuolo, spät 4,118,50;
panus spulo t7S, 47, u.U.; mhd. spuol, spunle: panui spuel
Dur, 410*; pfnuia spAl, spuel, spole, spoyl 423'; Irama spule,
spule, spuol, spul 692';
219
SPULBACK — SPULE
SPULE
220
Rom dar und Sagcliincbiuog
der Lappenliauser paner truog,
dann Ich wainn dai genialei wfir
mit einem spul ein sneyderschftr. ring 5t', 36;
nkd. der sp&i, garnspfil, glomus texlorius, ßlorum congeiies.
MiALER 382';
80 eilt lieiD neber-spul, wie die gescliwinde zeit.
GÜNTBKa 610;
in der redemarl der spul läuft leer (nämlich von dem darauf
gewickelten faden), es tritt mangel ein, es fängt an am nol-
wendigen xu fehlen: dasz ime der spul leer laufien möcht.
J. Ayber 1,9;
gellt aucb ytz ab {ea fehlt euch pfiffen) zu unsern zelten,
das euch auch laulTt ein spulen 1er.
II. Sachs fnsln. «;>. 1, 11", 77 Gölte;
mir wird heint laulTn ein spulen leer. 3,61,155;
der Winter schleicht aber da her,
mir wil laulTen ain spuelen ler,
das ich mus leidn huuger und kumer. 7, 39, 77;
{die viönche) wartten lang auT tranck und speisz, ...
sahen sawer einander an ;
der spul ira bauch jn leer war galin,
ein rad abgangen war dem karren,
buDgers balb mochten nimmer harren.
fiibeln n. schwanke 2, 318, 74.
3) federfpule tum schreiben: pennula ain spuol, eyn spule,
spul, inslrumentum scriploris. Dief. 423*.
s. netteres unter spule.
SPL'LBACK, n. bei den tuchmachern ein kästen, worin sie
die spulen aufheben. Jacobsson 4, 240*. vgl. mnd. hAk,gefäsx,
behäUer, trog, mulde. .Schiller-Lübben 1, 142*.
SPÜLBAChE, f. neckische bexeichnung eines der die backe
spült, Saufbruder: diese spuelbacken waren alle tage bei
einander, d. slädtechron. 16, 453, anm. 2 {Braunschweig).
SPULBAÜM, m. euonymus europaeus. Nemmcii 4, 1550, neben
spillbaum oben Iheil lu, 1, sp, 24S1, auch in der form spülbauni,
spQllbaum.
SPÜLBECKEN, n. Wasserbecken, welches das wasser zur spülung
einer hafenstrasze liefert. Stenzel deutsches seemännisches Wörter-
buch (19U4) s. 3.)b'.
SPÜLBRENTE, f. labrum in quo lavantar vasa culinae et
mensae, spühlbrenle. Frisch 2, 31l'. vgl. brente th. 2, sp. 3~lf
SPÜLBRET, n. als theil des mühlgerinnes : lücke, die erst
bei Wassersgefahr mil einem nothdeiche, der auf dem spül-
bret aufgebaut wurde, verschlossen wurde, im spülbret
waren zu diesem ende löcher, in weiche pfähle eingesteckt
und hinter diesen dann der notbdeich aufgeführt wurde.
Opperhami hundert jähre 1, 274.
SPCLBÜTTE, f. bütte tum spülen von gefdszen. Campe.
SPÜLCHEN, n. kleine spule, das diminutiv von spule bereits
in der alten spräche häufig: panucula spuolili, spuololi, spülele
neben spol und spul. Steinmeyer-Sievers ahd. gloss. 4, liu, 3/f.;
panucula sp&lili 153,61; mhd, spuolele Dief. 4!0'; panu5, eyn
wijfelspölin, das man an eyn spQlin wicklet, und durch den
Zettel schiesset. Dasypodiüs; in der heutigen form erst der
neueren spräche avgehürig: die kleinen spühlchen mit dem
eintragsgarn. Götbe23, 64; bildlich: frau Meyenihal fing das
garn ihrer rede auch sofort ein und wickelte es behende
auf ein spülchen, welches sie der gegnerin mit dem trumpfe
zurückgab, dasz sie das übel von Seldwyla gar wohl kenne.
Kelier 5,271; wollte es ihr nicht gelingen, ein einzelnes
Verhältnis (liebesverhdltnis) abzusondern und ordentlich auf ein
spülchen zu wickeln. 7, 47.
SPÜLDIHNK, f. dirne, die die gefäsze in einer haushaltung
spült: hab ich es so gut gemeint und er miszhandell mich
wie eine spüldirn. Piculer allerlei gesch. aus Tirol i, 155. —
vgl. spülmagd.
SPULE, f. gerät beim weben und spinnen tur aufwickelung des
fadent; ein nur in den sprachen des westgermanischen gebieles
altbeuugtes wort, ahd. mhd. gewöhnlich masc. {vgl. spul tp. 218),
doch ausnahmsweise auch fem.: panut spuola Steinmeyer-
SiiTBRi 3, S'8, 4;
gät was ir wille
fr spiele und ir spille
durch die netze drlte «Igen.
Alir. V. Halrbrstadt 15, 104;
dagefen mnd. nur fem. apAle, mittelengl. sp/ile; ins dänische
und sckwediseke ah «pole dbernommen. das weibliche geichlecht tritt
in der nhd. lehriftipraehe einug hervor, ebenso in mundarlen, wo
früher das masc. herrschte: dir »fwele, spule des webers. Mi nzikkr
Aargauer wörterb. 24!t. herkunfl und ursprüngliche bedfutung des
Worts tU durchaus btslrttttn. dass ein alter technischer ausdruck
der weber vorliegt, ist wol sicher, dennoch wird die von Detter
in der Zeitschrift für deutsches alterthum 42, 58 vorgetragene ansieht,
dasz mhd. spuole, ahd. spuola auf einer vorgermanischen form
*8pndhlä beruhe und mit griech. andd'rj weberholz verwandt sei,
nicht das richtige treffen, wahrscheinlich hat das gerät, in der
ältesten gestalt ein dünnes rundes holz, von dieser seinen namen und
hängt zusammen mit dem subst. spale dünn» , langes und zu-
gespitztes holz {rgl. theil 10, t, sp. 1845 unter spal), und spale 2,
leitersprosse {ebenda), für das sich auch die form spole {theil 10, 1,
sp. 2673), düringisch selbst schpualn (Herwig idiotismen aus
Thüringen 1892 s. 11') findet; im dänischen hat spole nefc^n der
technischen bedeulung die einer sprosse der wagenleiler. ist diese
annähme richtig, und hat spule den eigentlichen sinn eines dünnen
rundholzes, so erklären sich alle sonst auseinander liegenden
bedeutungen des Wortes ungezwungen als Übertragungen von der
form des geräts her.
1) spule, gerät beim weben, zusamt dem aufgewickelten garn:
panus spöle, spule textorum. Dief. noi'. gloss. 279'; spul, f. globus
textorius, peleton de ßl. Sciiottel 1420; spule globus textorius,
item arundo eteanna glomeratoria. Stielek 2108; die spule, plur.
spulen, glomus textorius, panus. Steinbach 2, 619; vgl. weber-
spule; kunstweber ... der an der laufenden spule die fasern
noch zu erwischen und so geschickt anzuknüpfen versteht, dasz
auch nicht der kleinste knoten zurückbleibt. TbL'hmel 7, 131 ;
indessen steckte der vater die spuhlen , um zu zciteln, auf
einen mit querstähen abgetheillen rahmen. Götbe23, 5"<; der
eintrag {wird) auf kleine spuhlen gewunden, wie sie ins
Weberschiffchen passen. 63; feine musseline werden nasz
gewebt, nämlich der sirang des einschlagegarns wird in leim-
wasser getaucht, noch nasz auf die kleinen spuhlen gewunden
und sogleich verarbeitet. 64;
ich wil dir meine Schwester geben,
meine scliwester Greie, . . .
sie kan die spulen schieszen.
Venusgdrtlein «.30 i'. Waldberg;
sie sang mit melodischer stimm' in der kammer,
emsiger eiP ein gewebe mit goldener spule sich wirkend.
Oäyss. 5, 62 {^fvoe/rj xeQxtS* iSyatvev);
das edle paar, verwaist und dürftig, webte
l'ür ärmre kleider. in der band die spuhle
sang man am tage heiiger lieder viel. Kind 1,156;
dann tritt sie an den webestulil
und wirrt mit zager band die spul.
Uhland ged. 352;
in dem Webstuhl läuft gescliäftig
schnurrend hin und bor die spule, il. Heinz 18, 184.
2) nach erßndung des Spinnrades {theil 10,1, sp. 2544 f.) wird di*
spule in etwas veränderter gestalt auf dieses übertragen, das ge-
sponnene garn darauf tu wickeln: spule am rocken, rolta
Stieler 2108; spuhle, ist derjenige herumlaufende ... theil
am Spinnrade, welcher den von dem wocken herunter ge-
zogenen und zusammen gedreheten faden durch das an selbigen
beiindliche kleine eiserne rührlein auf- und annimmt, und
im herum drehen selbigen aufwindet. Amarantues frauen-
zimmer-lexicon (1715) 1892; die spule voll spinnen. Adelung;
eine spule garn. ebenda; garn auf die «pule laufen lassen.
Cami'e; das garn läuft von der spule, u'^nn es neben der
spule auf die spindel, auf welcher sie steckt, lauft, ebenda;
eine spule garn abwickeln, ebenda; nimm das Spinnrad, setze
dich an das ufer und spinn die spule voll. Grimm kinder-
u. hautm. s. 630 {nr. 181);
ja endlich haben wir erlebt die güldne jähren,
dasz auch das weiher-volk last spul und baspel fahrea
und macht ein kun.'itgedicht.
Hachrl <a/yr. geil. (.111 Ures^er (der poet 158);
«0 manches garn, so manche spule. Güntrir 169;
der knabe pflegt des ohstes schule.
da« müdchen nadel, knüit und spule. Vot« 2,06;
dann {tu himmelfohri) Ist keine schule,
dann wird rad und spule
samt dem zeichentuch verwahrt. 4, 170;
synonym mit spindel {th. 10, 1, sp. 2492): das arme müdcbea . ..
muszte so viel spinnen, dasz ihm das blut aus den Ungern
sprang, nun trug es sich zu, dasz die spule einmal gani
blutig war, da bflckte es sich damit an den brunnrn und
wollte sie abwaschen. Grimm kinder- u. kausm. s.l04(nr.U);
den zotlen »chwarzen vlicsze» «ntraurete
di* faden Klotho. I.aciieiii ilroheie
die spule seufzend, und mil hohnblick
zOckte nun Airopoa «chou den mordsiahl.
Stolibrc 2, 170;
Immar drab lob dU «pul«, doch will tle Dimmer sich riiilen.
Hüciirt 263.
221
SPULE
SPÜLE— SPULEN
222
3) bildlicher gebrauch von spule lehnt an den faden an, der
steh auf sie aufwindet oder siih von ihr abwindet; in einem
ausgeführten bilde der lebenshaltung: E. Würfel! das gebt also
noch immer so fori? S. wie der fadea eiamal gesponnen
ist^wird er geweift und Terwoben; da ist nun weiter nicliis
mehr dran zu ändern. E. ihr habt aber auch gar zu loses
garn auf eurer spule. Göthe 42, 292 (mit beiiehung auf lose 4.
(A«l6, 11&3); redensart eine ?pnle läuft leer, etwas hat keinen
gehaU, es ist nichls dabei: ihr berren, sprach der Holländer, . .
und wird mich ein glas wein da mehr ergötzen, als euer biszher
geführter und lerer perruguen-discurs. ja, sprachen wir, weil
die spublen den gantzen tag so leer laullen, halten wir
beede mit ihm, und sind gleicher meiaung. französischer
Simflicissimus 1, 127; auch in beiug auf den sich nach und nach
tollständig abwickelnden faden, von einem sich einstellenden
mangel {vgl. das mase. spul 1, sp. 219): es läuft ihm eine
spule leer, darum kömmt er zu mir, es geht ihm eine seiner
gewöhnlichen Unterhaltungen, künden u. s. k. ab, darum sucht
er sich bei mir 2u erholen. Keiswalo hennebergisches idiotikon
bei Campb; leer gelaufen sei ihrer gelehrsamkeit die spule.
RCctERT tl, 318;
wie wol ietzund vor kurzen tegeo
so ist der faulen müDnich hauffen
manaicher spulen leer gelauiren (ilire nahrung itt ge-
sctimäleri). U. Sachs 17, 330, 14 KeUer-Götte;
maacher geiit aus zu liulea,
Terthut vii geltä damit,
and laufTi ibm lebr ein spulen.
gibt er kein ruh noch fiidt. J. Atbii 2145,37 Keller;
begehrte nun der leser noch weiteres zu wissen, ... so
würde ich bekennen, dasz meine spule abgelaufen sei, bis
auf das wenige, das hier nachfolgt. Mörike eriähl. s. 219;
besonders in beziehung auf den lebensfaden , der sich von einer
spule abwindend gedacht wird: mittlerweile lebt ein jedes eben
so Tor sich hin und treibt seine spule gewohntermaszen aufs
Ungewisse fort. Möriee brief von 1S66 im Euphorion 1,134;
so hab ich durcb mein saitenspiel
die vollen spulen meiner stunden
Tergnügt bis an das nahe ziel
des letzten knötcbeus abgewunden! TaGaiKi, 4,299;
die spule ist abgelaufen, das ende ist da: vater und mutter,
deren ihr lebensfadea auch schon von der spuhle abgelaufen
war. Hebel 3,12; spule für das auf der spule laufende garn :
wann die spuhl ihres lebens würde abgerissen werden.
BoTscHKT Pathm. 7S4.
4) spule, belogen auf den kiel einer vogelfeder, besonders
den untern theil desstlben, der auch zur weberspule (vgl. unten
spulen 1), besonders aber zum schreiben dient, vgl. das masc.
spul 2, oben jp. 219 : mnd. spole, pennula Schiller-LCbbe!»
4,336'; federspule, p/umo, scapus pennae SiiELEBiiOS; gänse-
spulen, schwanenspulen Adeld^g; spuhlen, sind bey der
schreiberey die starken kiele aus den Qügeln der groszen
Tögel, als der günse und trutbüner. spuhlen, gezogene, sind
gute grosze und gleiche federkielen von alten gänsen.
J4C0BSS05 7,415'; er verfluchte die gänse, mit deren spulen
sie (die feenmärchen) geschrieben. Wieiajid 12, 12 (Sylv. von
Rosaita 5, 2); da das schreiben bei nachtlichte mir gar nicht
mehr tod der spule will. Zelter an Goihe 835;
es mangelt mir
ao der spubU nur die Teder,
nichts am bogen, als papier. Kmo \,49.
t) ipulen bei den jdgern die kleinen stecken in den hühner-
tiwt tterkgarnen, tonst auch sprieszel und spreiszel. Adelung.
6) spule nennt man an einigen orten ein weiszes brod, das
auf beiden stüen gespitzt zugeht, alt eine schiesz-spule, panis
forma radü teitorit. Krisch 2, 311 '; in Aörnfterg spuele, spuel-
N^eck, brot von feinstem mehl in form einer spuü. Scb«. 2', 66C.
7) spule, span von ßchten- und andern hoiz lu groben korb-
macher- arbeiten, ebenda.
8) spule, der quirl, im österreichischen. Cahpk.
9) spule, deutscher ausdruck für einen elektrischen kiter, der
in Windungen um eine arhse gewickelt ist, tolenoid. Setniei.
deuttchts seemännisches vörf^rfr. ( 1004) 386'. 466'.
10) spulen, spulenähnliche figuren in wappen. Siebhacber-
GrCtzurr herald, lerminologte 137.
11) ein anderes wort und zu spülen gehörig, ist wol spule
im hatlischen salzwerk, ein graben mit einer abzugsvorrichlung :
was nun an sole von den siegen gekehret wird, wie auch
wu voa regen, scbuee und andern wasser ins tbal fället.
das samlet sich in denen darzu, unter der erden gemachten,
mit eichenen holen und pfalen ausgesetzten graben und
spulen, daraus es in den Sal-strom flieszet, geleilet und ge-
gossen wird. Ho5üOBFFS beschreibung des saltzwerckt zu Halle
in Sachsen, vermehret von Dbetbacpt (1749) s. 37, mit der er-
läuterung: eine spule ist dasjenige, was bei bergwerken ein
stollea genennet wird, nur mit dem unterscheide, dasz bey
bergwerken durch den Stollen die unterirdischen wasser zu
tage aus abgefübret werden, durch die spulen aber die tage-
wasser, so aus der stadt in das ihal fallen, abgeleitet und
weggeschafft werden, damit sie denen saltz-brunnen keinen
schaden thun. t. 38.
SPÜLE, f. handlung und zustand det spülens: wasche in
der spüle haben; ort wo gespült wird, besonders eine am ufer
eines ßusses angebrachte bühne, auf welcher die Wäscherinnen
die Wäsche in dem flutte tpüUn. Campe.
SPL'LEI, n. kleines verkrüppeltet hühnerei, das die form einer
walze hat. in Düringen und dem Osterlande.
SPÜLEISEiN, n. eiserne spindtl, auf welche die spule gesteckt
wird und worauf sie sich dreht: rertibulum spuolisen voc opt.
s. 25*, 19 Wackernagel; girria spuleysen, spülysen Dief. 263*;
panulea ein spuelysen, spoeliseren 4I0'; verticulum spuoleysen
614'; panneferum spuleysen nov. gloss. 279*; spuleisen, ferrum
quod per tubulum transü, das eisen so durch den spulen geht,
worauf die fäden gespuhlt werden. Frisch 2, 31 1'.
SPULEiN, cer6. auf die spule laufen lassen, im ahd. nicht
bezeugt, mhd. spuolen, im bairischen auch spuelnen neben
spuelen. Schm. 2', 666; mnd. spulen pila voluere ad pennulam
Schiller-LCbbb.n 4, 337*; die spuren einer umgelauteten form
zeigen sich im frühen nhd.:
die spinn sieb auch nicht lang besann,
zobe ein zu einem armen man,
begundt gemächlich anzuheben
zu spinnen, haspeln, späten, weben.
B. Walois Esop 2, 31. 158.
bedeutung. l) spulen im eigentlichen sinne, als weber- und
spinnerarbeit: penulare spuelen, spuln Dief. 423'; spülen, plome-
rare, cumulare, accumulare fila Maaler 382*; spulen, glomerare
ScBOTTEL 1420- Stieler 2108. Frisch 2, 3ll'; absolvU: früh waren
die garnstränge schon trocken und man bereitete sich zu
spuhlen, nämlich das garn am rade auf rohrspulen za winden.
Göthe 23, 5S;
die gans die bat nütze vil:
die niberin spQIt über den kil,
damit sie bullen weben.
käniij r. Udenwalde III, 73, s. 60 Sehrlider;
sie haspeln unde wiQdeii
vorne unde binden,
sie spulen, weben, walken. VI, 29, s. 59;
abbretten, netzen,
und uammen setzen,
und spuolan und wollslaben.
teufets nel2 12616 anm.;
we soliden rait of urdel geven
die gespoilt baint alle ir leven? (iii<>6e)' gewesen sind),
d. ttäiilechron. 12, 61, 1399;
transitit: das garn spulen, es auf die weberspulen bringen.
Adelung; jetzt wurde die gesponnene wolle in die webstube
gebracht , zum zeddel gespult, fett gemacht und gestärkt.
Hebel 3, 85;
ich ging von schule zu schulen
bi{ daj \i (lies ich) larte spulen,
mit spule spulet ich rot und wi{,
und mancher band varwe glii.
Brüh v. ScHO!<iiBCK 2736;
vgL abspulen, aufspulen; in hier sich anschliesunden bildem:
er spublte freudig das lange seidne wickelband (ein zopfband)
von seinem köpf au ihren. J. Paul 71;. 1,90; seine paar eilen
flor um den arm spublen (als seichen der trauer). komet 2,58;
man liesz die fabrik (mätelmdsziger dramatischer stücke) zuletzt
spulen und schnurren , ohne ferner eingriffe in ihre thran-
duftigen räder zu versuchen. ImiEiiaANR Münchh. i, 28.
2) landschaplich, in Düringen (nach spule 4) gänse spulen,
iAnen die tpulfedern ausreisun; ebenso in der Wetterau. Weigand
wb. 2, 784.
3) efrenio volksmäszig spulen ron langem und gleichmdssigem
essen: er spult mit groszem appetil; er hat ein ganzes
brot hintergespult, aufgespult.
4) spulen, in älterer spräche v»n einem gleichmassig an-
haltenden sprechen, das wie «on «iiier tpuU sich abwickelt {tgL
leiern 3, tAeii 6, sf. 686) :
223
SPÜLEN
SPÜLEN
224
doch flng ich wid«r an xu sagen
und tpracli : mein höchste Zuversicht,
die TTorl sOlln alle gelten nicht
die ir gen mir habt ab gespullt.
Hans Foli, llaupli tcUfcht: 8,515, t.S3;
nu hab ich doch in liurzen jarn
bei liundert Trauen wol erpuU
und so viel wort nie darausz (/. heraiia) ge*pult,
darmit ich sie mocht han erTert {etschrecki).
fasln. </>. 320, 32;
einer, der ümb sein eeneib pult,
lind ir mit aolchen werten rürspult,
ir man sei zu schwach und zu alt. 711, 8.
6) spulen, von einttn gleichmäszigen schnurrenden tone der
tögel: eine gesellschaft wandernder tann-, kobl-, hauben-
und blaumeisen, denen sich ein halbes dutzend goldhähnchen
angeschlosteo, streicht durch den tann, ... häkelt sich
kollernd, «pulend, .,zit-zit" rufend an alle spitzen und wipfel.
TscuuDi Ihierleben der alpenwelt 86; hSuflger in allen nadel-
holzschlägen ist die brauagraue, weiszbauchige haubennieise, ..
die sich schon von weitem durch ihre spulenden, kollernden
locktöne verratb. 87.
SPÜLEN, rerb. icbwenkend reinigen, »ort det westgermanischen
tprachgcbietes: ahd. spuolen in irspuolen Notrer ps. 95, 6
(<. die stelle unten 3), mhd. spüelen, prät. spuolle, mnd.
spölen, mnl. spoelen, spuelen, diluere, eollutre, eluere, sordes
tollere. Kilian; die nächste grundlage des wortfs bildet das mnd.
subst. sp6l, Spülwasser: popisma spol darm {da man) dey schotel
inne waschet. Dibf. 447^ popisma, papisma i. squalor spuul
dar me scottelen inne heft gewasschen. not', gloss. 29S*; weitere
belüge, namentlich solche zu spule, sind ganx unklar, das
wort besagt
1) als küchen- und wirtsehaftsausdruck, mit Spülwasser hantieren,
spülend reinigeji: luvare spulen, nd. spolen Oibf. 321'; squalere,
spuelen, spulen 549'; spieen, durch ein wasser ziehen, diluere,
erwäschen, colluere, luere, eluere, proluere. Maaler 382';
absolut: ich aber dich nit anders denn in schlechter un-
nOiziger kleydung in der kflchen gesehen hab, spttlen und
holz tragen. Galmylii;
die Muszkünn wirt in noch leern
das er musz spüln, halzen und kern.
fastn. s;). 786, 21 ;
ich trag holz, pet, ker, apuel, und ihue ab haspen.
meitlerliedei- der Bert, handuchr. s. 23, nr. 89;
ich kan eim wol ein knchen Tersehen,
mit kochen, spüln und kelirn. i. Atrir Singspiele 162'.
3) mit acc, der die hausgeräte und haustheüe angibt, die
ipülend gereinigt werden:
den esterich si spuolten. kaiterchron. iWil SchrOder;
die holländischen klinker, womit der boden gepflastert war,
sahen so feucht und frisch geipQlt aus. Storh ges. sehr.
S (1884), 14; gefäsze spülen; ists aber ein ehern topff, so soll
man jn schewren, und mit wasser spQlen. sAfos. 6, 28; das
hültzen fasz sol man mit wasser spülen. 15,12; wenn die
kOchin einen hafen spielet. Lctbbr 12,591 12 Weim. ausg.; die
gleser oder anderley geschirr spälen, vatcula tluere. Maalbr 382';
scbussel spulen und wiotel waschen.
fattn. sp. 123, 21 ;
Oink mir die gläser gespOltl
Voss 1, 166 (Luise 3,423);
wische, zeuge, kleider spülen:
den (über AT ir houbl si nan,
und zogte zuo dem bacb hin dan,
und spuolt ir tuocb. Bonia edelslein 48,71;
•m roeeresufer in der abendgltil
siehst du die weiber ihre wasche spQlen.
Hlisi ged. (1880) n. 279;
aueh erweitert: ein glas rein spülen, die wasche sauber spülen;
sie spülte am wasser den säum des durchnäszten gewandes
rein. Frkttac ahnen 1, 227; «nd statt des persönlichen mit säch-
lichem ,ub)ea: „„,„ schwitzen
und Ischen spülte frisch und leicht die welle
die schönen kleider rein. Götub 57, 315.
S) von dieser engeren Verwendung aus freierer gebrauch; so in
beiug auf menschlichen leib und menschliches innere, wofür auch
reßexive fügung eintritt, sich spülen, sich rein spülen; so
dd dih Irspuülest, so bist du scAne fore imo. Notier pi. 95, 6;
die sonne uns im dunklen llszt,
im meere sich zu spülen. EicasnDORrr 1, 240;
fonil leib, mund, zihne, eingewride spülen: den mund spülen,
Ol perluere Stiblu 3107; wen die tlkD wacklia, muss man
sie nie mitt opiat noch mitt nichts reiben, aber den mundt
ofTt mit wein spülten. Elis. Cbarlutte 3, 292; mit sächlichem
subject: wasser ist zum denken gut,
spült den köpf und kühlt das blut.
W. .MÖLLlR ged. (1868) 2, 78;
in festen Verbindungen, einem die gurgel spülen, reichlich zu
Irinken geben: von diesen seinen vettern gicng er zu andern
freunden, denen er oft die gurgel gespület, und ihnen aus
nöhten gehulffcn hatte. Scbuppius 224; sich die gurgel spülen,
reichlich trinken;
da gieng es fröllch Tort, wir spülten so den Schlund,
bis dasz der liebe irunk das hertz bracht in den mund.
Rachil faiyr, ged. 87 Drescher (7, 103);
das essen in den magen spülen, im gemeinen leben für trinken,
Adelung : in erweiterter fügung: die speisen hinunter spülen;
als ich in den gasthof kam, spülte ich sie {meinen vorrat
von Witten) mit einem glas wasser hinunter. Gottbr 3, 212;
den mund, die zahne rein spülen; trink, GOtze, 's ist von
dem bittern Zerbster {hier) , das spült den magen wieder
klar. Alixis hosen des herrn v. bredow 137;
es (das wisserbeckcii) schien gemacht, die badlust zu er-
wecken,
der ritter hatte kaum die äugen hingewandt,
so llel ihm ein, sich hier ein vrenig abzukühlen,
und seinen schönen leib vom sommersiaub zu spülen.
.. , WiELAHD 17, 22 Udri» 1,18);
mit verstandenem object:
wühlendes, spülendes,
kühlendes tränkchen! Göthe II, 149;
bildlich : sie fassen hyn und her der andern sflnde auff, das
sie ybr maul damit spülen wie die sew auCT der gassen
dreck auffraffeln. Luther 16, 524, 19 Weim. ausg.
4) spülen, durch spülen entfernen: den schmutz Ton den
tellern spülen ;
die koche die da{ fleisch di suten
swa{ die von waiter und von labe
gespuolten maneger schüiiel abe,
dai wart Of in gegou^n.
K. V. WoRZBURG Alexius 688;
bildlich: ein laster ab jm spälen und verthadigen, diluere
crimen. Maaler 382';
wenn . . . der nektar ihres kusses
alle spuren des Verdrusses
aus der seeie tiefen spült. Gotter 1, 128;
die an der quelle des Lethe
becher auf becber nun schlürTen, die gichtisclien Fclimer; ■
der liebe
aus den gliedern zu spülen. Götub ged. 3, 123 Stiehike;
die mir mit ihrem leisen wehn die wehn,
so mich bezwungen aus der seele spülen.
Hockest 7h0.
5) erst in neuerer spräche uird spQlen auch von dem lebrndigen
wasser, der welle, woge, dem flusse und meere gebraucht: der
See spület schilf, schäum ans ufer. Campe; das wasser hat
holz Tom ufer gespület, ebenda; das roeer spült eine leicbe
ans land; als zuerst seine bisherige weit von ihm gerissen,
und er wie auf ein fremdes ufer gespült ward. Novalis 3, IS
Meissner; er sah mit verschränkten armen in das wasser..«
es rauschte vom dämme und spülte die erde zur tiefe. FüBTtAe
Verl, handschr. 3, 308; wo das gerOll, welches unter ihnen (den
wurzeln) lag, vom wasser fortgespüll war. ahnen \, 9; die
wogen, ... die unser ufer hohl spülen. J. Paul kam. anh.
s. Tiian 1, 18; am klaren wässerlein, welches dort »eine
rSnder zu einem breiten becken auseinander gespült hatte.
Ihmbrmanr Münchh. >, 90;
regiert
nicht eine Windsbraut oft, und rührt
in einen garstgen brey die liebe well zusammen,
tettt euch in einem huy das gröszte schlosz in flammen,
bricht d&mme durch, spült manchen schönen ort
mit jung und alten weg, reiszt uler, wilder fort?
Wieland 10, 31b (tchuch Lnlo 3S)|
da sah er ein bret von brandenden weilen
hin und her gespület zwisclien den reisen.
Stolsers 3, 290;
so scheinbar still die see, so wellenlos.
doch spült sie weiter stets den kahn hinaus.
UiLAND ged. t
das blOmchen spülen aus der hand,
der sinkenden, die wogen. Platin 3*:
.1
in bildern:
rettend spülen dirh die wellen
In des herzens stille well. KicMBRDORrr 1*, S42|
wer jeden blitz beschwor, Ihn zu zerstören,
und jndcn sirom, da.« er hinweg ihn spüle,
nit allen quälen, die sein herz empören.
Platbn 99';
225
SPÜLENBANK — SPÜLER
SPÜLFASZ — SPULH AUS
226
und wenn die ganze bölle
sich gösse über euch,
ihr spült sie, wie die welle
das Sandkorn, weg von euch.
Arndt gcä. (1840) s. 506.
6) ebenso der neueren poetischen spräche angehörig ist spülen,
wenn es nur die kreisförmigen, schwankenden betcegungen der
vellen und des bewegten wauers bezeichnen soll : der flusz spült
an die mauer, benettt in seiner vellen förmigen bewegung die
mauer Adelung ; vor einem spycher stund ein fäszclieD mit
ungelöschtem kalk, bis dorthin spülte das wasser unbemerkt.
J. GoTTHBLF 4, 16 Vdter;
und wie er erwachet in seliger lust,
da spülen die wasser ihm um die brust.
ScHlLtER 14,271 (Teil 1,1);
die fluthen spülen, die Däche saust Götiie 2,37;
seh ich einen bach sich
durch die Teider wühlen,
zwischen blumen tanzen,
über kiesel spülen. Platin 21';
mit scbluramerton das wasser
spülte drunter an den sandstrand.
Fbeiligrath dicht. 6, 176;
wo drunten wogen spühlten.
DaosTi ged, (1873) s. 328;
wenn klatschend an die binsensträuche
das grünliche gewoge spült. Strachwitz ged. 62;
übergreifend in den sinn 5 : der marschbewohner . . . der ihn
(den heimatboden) jabr aus jähr ein mit ungeheurer kraft und
ausdauer behaupten und vertbeidigen musz gegen die wilden,
ewig nagenden, ewig wühlenden und spülenden fluthen.
Allmees marschenb. 10; seine (des rohres) wurzelschlangen
packen in kurzer zeit so sehr alles erdreich, dasz dasselbe
bald den spülenden fluthen treSlich zu widerstehen vermag. 16;
selten für das transitive umspülen:
(wenn) der west das schlalTe seegel kühlet,
und matter schäum das rüder spület. Götter 1,224.
7) die eigtnthümliche bedeutung des reinen und vollständigen
ausrnubens, die bei spülen einige mal im 16. jahrh. hercortritt,
ist «ol der spräche der landsknechtt entnommen, die diese thätig-
keit unter dem bilde des schüsselspülen s faszten: kamen zwen
•olclier tropfsbeise (landsknechte) hinein und spületen mir den
balken mit wursten. Papk bettet- u. garteteufel P2'; er satzte
die kröne aufif, und macht sich zum könige in Egypten, raubt,
plündert und spület das ganize land Egypten. Luther vorrede
über den propheten Daniel, bibel 7, 374 Bindseil; nicht allein
aber spület und scbemlet der scbendlicbe Antiochus den
tempel, sondern unterdrückt auch den scbevet oder sultan.
uhriften (Jena 1558) 8, S6*; da Antiochus die stedte in Egypto
besetzt hatte, und seiner weise nach geplündert und gespüiet.
Jonas Melanchthons proph. Daniel ausgelegt (Wittenberg 1546) s. 148.
vgL unter ausspülen theil 1, sp. 981, und; er (ein verschwende-
rischer bischoß hat alle schlosz und höfe des stiflfls aus-
gespület und TersatzU Frisch 2, 311' (at<i Bratuffs chron. von
Merseburg).
SPULENBANK, f. »agerechte scherbank, worin die spulen tum
kettenscheren der seidenzeuge lieijen. Jacobsson 4, 24o'.
SPLLENMACHER, m. verfertiger von weberspulen: meesler
Klotz-George, spulenmacber. A. Grtpbids l, 719.
SPULENZIEHER, m. reiniger der spulen im salxwirk xu Balle.
Jacobsson 4, 24o'. vgl. spule 10, sp. 221.
SPLLEK, m. der die web faden auf spulen sieht: vertibulalor,
verticulator spuoler, spuler Dibf. 614'; spuler, textor, linifex,
knteo Stibler 2108 mit dem fem. spulerinn; auch halt' ich
anfangs viel mübe, genug spubler und weber zu kriegen.
«. mann im Tockenb. 212.
SPOLER, m. der ge fasse spült: spüler, spOlerinn, mos et
femna lavans, purgans, ad fonlem nttidans. Stieler 2108; bei
den Soldaten: lixa, ein koch und spüler, Wäscher under dem
troszvolck im krieg. Dastpodids; spöler, koch under den
kriegeren, lixa. ebenda; in Ttml heisst der gehilfe des sennen
■pfleler vom reinigen der mikhgescMrre. Fromii. 4,61; das fem.
•puolerin die küchin Schöpf 695. mhd. in der tusammenselsung
schOjiel-spüeler, einen der niedrigsten küchendiener bezeichnend:
du sxbest vi! gerne, da; sie (knechte und mägde) dir deste baj
dienten und dich lieber hseten danne ander Hute, unde dö des
gar wol inne würdest, da; sie den swerzesten schü^^el-spOeler
lieber hteien den du iendert bietest Er. Bertbold 1,273,25;
koehbuben, scbflsselspieler. bratspiszwender. Firchart grosi-
mutter 72; dann geradezu einen schmarotser: parasitus $chu;el-
■puler Steinneveb-Sievers u/id. ploii. 3, 42S, 50 ; und den sinn
X.2.
eines armen schluckers gewinnt auch das einfache spüler in der
sprichwörtlichen, reimenden redensart: farender schäler bleibt
ein spAler, das ist, er wirt nit reich. Sprichwörter, schöne weise
klugreden (1560) i. 63*.
SPÜLFASZ , n. fasz zum spülen der küchen- und eszgeräte,
echinus, labrum eluacrum. Steikbacb 1,413; spüblfasz, labrum
in quo {arantur vasa culinae et mensae. Frisch 2,311'; spül-
fasz, ist ein hölzernes, rundes, flaches fasz, worinnen bei
reinigung des küchengeschirres die gescheuerten teller und
schusseln aufs reinste abgespült werden. Amaranthes frauenz.-
lex. (1773) 3345 (in der ersten aufläge 1715 spielfasz und ab-
gespielet sp. 18S0); eine jungeroagd, die sieb aus neugierde
mit der hexensalbe der Gretlieschen einschmiert, und durch
den sibornstein auf dem besen zu der groszen assemblee
des Blocksberges zu fahren glaubt, . . . während sie eigentlich
im Starrkrampf in der küche hinterm spülfasz oder in der
asche auf dem herde liegt. Bbentaro ges. sehr. 4,445.
SPULFÖR.MIG, adj. u. adv. in der form einer spule.
SPCLGEFÄSZ, n. gefäsz um darin zu spülen.
SPÜLGELTE, f. gelte zum spülen: spülgelt, situla elutoria,
vas elutorium, vas lotorium, aquarium. Maaler 382'; spül- oder
aufwaschgelte, poüubrum, trua. Stieler 742; waschzuber, (rua,
alias spülgelte. 2637; spühlgelte Fbisch 2, 311'; eine stinkende
spielgelte, mägdelob 70;
ein spulgelt zimpt auch wol für war (in die kidiengerdte).
fasln. ,<p. 1216.
SPÜLGEN, rerb. gewohnheit haben, pflegen; ein im späteren
ahd. und im mhd. sehr häufig gebrauchtes wort, das nur dem
oberdeutschen angehört und erkennbare etymologische bezüje nicht
hat (die in Pauls grundrisz 1*, s. 3!»0 vorgetragene Vermutung,
dasz spulgan aus uspulgjan hervorgegangen sei und zu german.
plegan gehöre, entbehrt allzu sehr der Sicherheit), im 15. jahrh.
wird es seltener, im 16. verschwindet es aus der Schriftsprache,
solere spulgen Dief. 540*; mit dem gen.: des sie spulgent, da;
begagenet in. menniscen llent sie triegen. betrogen werdent
sie. Ndtker ps. 72, 18; der dises lütirtranches spulgit, der wirt
vil gesunt Pfeiffer anneib. 1, 26 ;
80 darr ein man wol guotes
der edelen herzen muotes
wil pflegen unde spulgen. Engelhard 277;
soihs ruomes spulgent si hie.
Laiprbcht t. RiGCNSBUtc Franz, 453;
mit folgendem infinitiv:
nebeln frum man spulget den anderen honen.
genesis in den fundgr, 2, 29, 18;
gewöhnlieh durch zu vermittelt: man spulget grossen herren bröt
ze bachenn in zwivaltigem fiure. Wacrernagel pred. 44, 114;
donoch für er gen Spire in die slat, do vor alter die romeschen
kunege spulgetent ire begrebde zu habende, d. städtechron.
8,56,6; als nu ein iglicb persone in der Stadt Mencze ge-
sessen, und die dar in kommen und ziehen werden und die
nicht sin von den alten, eins iglichen jars auch zu gewoa-
lichen schaczungen spulgen zu geben von iglichem hundert
einen gülden an golde. 17,86, 16; daselbs sollent liegen balken
und holzer, da man oCT spulget zu sitzen, weislh. 2, 175 (Hunds-
rück, von 1442); das osterlamp, da; dye Juden spulckten zn
essen an dem 14. tage desz ersten monets. Spiegel menschL
behaltnusse (\i9-2) 9'' ; in der form s])o\gei> : solich some(summe)
spolgen die recbmeister in ir inname zu schriben. d. städte-
chron. 11,301, \0; umgelautet als spulgen: als ein Jude sich
spulget zu bewaren gen dem andern. Frankfurter quelle ton 1402
bei Dief.-WClcker S6i; als man spulget ze tbuon. Kbisersrerg
irr. schaf G5'; deszhalb, so spulget man die seel zö teilen
in das ober teil das auch genant wOrt d; geinOt oder der
geist, und das under teil d; genannt wflrt die sinnlicheit. D4';
als auch dieselben mOnschen nit spOlgend z& verwilligen,
sunder miszfalt inen. B 2*.
auch in den oberdeutschen mundarten ist das wort vergessen
(Kebrein 386. Schöpf 695); nur im hennebergschen hat es sich
mit bedeutungswandel erhatten: sich spulgen, sieh pflegen, gütlich
Ihun. Seil«. 2*. C67.
SPÜLGIESZER, m. leichtes schöpfgefäsz mit stiel, um eine schiff»-
«and nach der reinigung mit ausgeschöpftem wasser abzuspülen.
SPOLGOSSE, f. gösse in der küche, über welcher man etwas
abspült. Campb.
SPULGUNG, f. gewohnheit: der nüw gebrucb, soll ich [sagen]
spulgung. Gbszlbr formulare und lütseh relhoriea (1511) l'.
SPULHALS, n. haus über einer spule des hallisehen salzwerks
(tgl. spule 10, sp. 221): wie ... das wasser in Tier dazu ge-
15
227
SPÜLHONIG— SPÜLICHT
SPÜLICHTFASZ —SPÜLLAPPEN
228
machten spalbSusern, aus den deutseben, gutjährischen and
meteritzschen, auch backenborniscfaen spulen mit baspelen
und einiern gewunden, in die über die spulen gemachten
trOge oder käbne gegussen, daraus in rennen gezapffei und
vermitteisl derselben, durch die Stadtmauer, in den Saalstrom
geOösset wird. Hondorff beschrdbung des $altiirercks zu Halle
in Sachsen, vermehret durch Dreyhaupt (1749) x. 38.
SPOLHONIG, m. melicratum, honig »elcher beim ausbrechen
{favorum exemtio) vorfällt. iNemnich 3,533,
SPÜLICHT, n. was durch spülen entfernt wird, abwasser von
gespültem küchengerät; coUeclivbildung tum verbum spülen, wie
fegicht lu fegen, kehricht tu kehren, ein ahd. *spuolahi voraus-
setzend, das sich als vielgebrauchtes wort der häuslichen spräche
mild, in verschiedene formen gespalten hat, spuolach, spüelach,
spüclecbt, gpüelet: nidor spulet, spulach Dief. 380'; popisma
spulecb 447', spueleich nov. gloss. 298";
»\ »luogen im ze spise dar
da{ spüelech iu der swine kar.
Alexiiis s, 81, 226 Matrmann;
und ßiben im danne dar
»chütielspüeld üime kar. ». 132, 1074;
und in solchen sich bis ins nhd. fortsetzt: spülich et gespülich,
eUlutief, eluvies, estque omne liquamen, et sorbitio, quibus pecora
saginantur tt opimantur. Stieler 210S vgl. auch gespülich oben
theili.}, sp. 4171; Spülwasser, spülicht, gespülicht spoelwater,
spoelsel. Krämer hoch-niederteutsches wörlerb. 201"; das spühiig,
das spfllilwasser, aqua impura ex lavatis vasis. Frisch 2, 311*;
das spQlig, oder spülicht Adelung; spüligt, vgl. nachher, neben
dem gewöhnlichen neulrnlen gesclilecht begegnet das feminine: mit
wüster spület Keisersberg, s. die sti-Ue unten; trag auch eyer
usz in der spület, wann dir der pfaff zu nahe darull sieht.
de ßde concub. 97, 26 Zarncke; vgl. eluvies, auszspületen, unflat.
Dastpodids; häufiger das masculine: der«( das spülich proluiies.
Stbinbacb 2,619;
durch hundert kleine wasserlrulien,
die wie verkühlier spüligt stehn,
lü stelzen mit den gummischuhen,
bei gott, heiszt das spazieren gehn?
A. V. Droste-IIülshoff geil. (1873) 153;
und ich, dem selbst der quell der musen jetzt,
der himmelstrank, nie scnnlRr spülicbl mundet.
P. Hkysk ged. (1NS9} 1,97.
ein plural begegnet in der alten spräche, fehlt in der neuern:
da; hüsgesind tet im vil schand
Ton maniger band, da; si dt In gu^i^en
diu spüelach, diu da ÜT in flutten.
Ale.vius s. 143, 215 Mastmnnn.
bedeutung: spüligt, spieligt, dieses ist zweyerley, dat küchen-
spüligt und branntweinspüligt. das erste ist das unreine
Wasser Ton dem abgespülten geschirre, das andere aber t)e-
steht in dem, was in der branntweinsblase, nachdem der
branntwein völlig herühergelaufen, übrig geblieben, und aus
selbiger heraus in das branntweinspüligtfasz geschüpfet wird.
Jacobsson 4,240; nur als fortzuwerfendes Spülwasser: item auszen
vor der gepretterten kucben liesz ich eine grosze gruben
graben, darein das spülach ausz der küchen lieff und versanck;
die grub was mit swarten verdeckt, sust wer das spülach
von der kucben den perck herab kumen und hrt ein groszen
Unlust gemacht. Tucher baumeisterb. 303, 9; eine (schwester)
sagt, wie sie spület ull sy gescbüt hette; die andere sprach,
wie tie offt und dick ir halszstreich zA gefügt. Keiskrsberg
bilg. fts'; du giengent sie, und schütten in mit wüster spület. 76*;
die dorffrauen . . . lieszen sich hernach nicht hindern, das
gebrauchte geschirr zu reinigen und in der küche alles an
seinen ort zu stellen, dann gössen sie das spülicht weg.
Kelle* 8,295; tubereilet, gekocht oder gewärmt alt nahrung be-
tondert für tehweine: also begert das pferd gras und Tuter,
das Schwein kleigen, spülach und mist. Keisersberg pred, tl7*;
das spObligt musz denen Schweinen etwas warm, doch nicht
CO beisz, gegeben werden, öcon. lex. %^Z9;
es (dai ichtofin) iat leicht zu unterhalten, alle* friizt ai,
früclite, kraut,
•icbeln, bOchen. ipüllcht. höhnen, wurzeln, trcber, ja was man
in der wirtachan von dem abfall lontt fait ear nicht brnuchen
kann. RaocKB« 9, 2(10;
wie BuT einem Teuerherd
«io topf voll (pfilig kocht und gabrt. TaCaasL 5. W:
auch für hunde:
die hauikofi wurda «cbmal und ichlaebt;
bald war« ein aligevcbklter knocban,
bald «pOlIrbl odrr härtet brod.
l'rarrBL im mtuenalm. von 1718 <i. t&3.
teräehüieh ßr tchlechte suppe oder andere ähnliche fiüssigkeit:
fort mit spflhiig, bring fasanen, forellen! Arnim 2, 322; es ist,
als ob man wein, hier, wasser, milch, branntwein, essig, dinte
und spülicht zusammengösse, und es eine nationalsuppe nennte,
die koche ober essen nicht mit. Ci.. Brentaho ges. sehr. 4,454;
glaubt ihr, es wird uns verdrieszen, wenn sich der gast in
den schenken plötzlich in den wirth verwandelt und uns zum
dank neuen nectar reicht? ... nur spülicht musz es nicht
sein, was ihr uns bietet. Hebbel 9, 234;
schaudernd
trank er diesen trank hinabwärti,
denn er schmeckt ihm stets wie spülicht.
Ibmirmann 12, 61;
in bildem: alle die stücke, die seitdem wie ein nie Ter-
siepender spülicht zwischen den coulissen hervorgebrodelt sind.
Afünc/iA. 1, 29; ein grimmiger verdrusz . . . über den plumpen
spasz des daseins, welcher oft spülicht und die blume des
weins zusammenmischt. 4,37; besonders die larmoyante fasel-
hanselei, lauwarmes spülicht der Sentimentalität, wird sick
bei dieser gelegenheit gellend machen. H. Heine 10,65.
SPÜLICHTFASZ, n. fast worein spülicht geschüttet wird: {auf-
waschwasser) welches man in das in der kücbe stehende
spttiiligt-fasz oder spühligl-gelte, welche letzte mit zweyen
henckeln oder handhaben versehen, zusammen zu gieszen
pflegt, öcon. lex. 2338.
SI'ÜLICHTGELTE, f. geUe zur aufnähme des spülichts: spühligt-
gelte öcon. lex. 2338, s. die steUe unter dem vorii/en; das sclieur-
fasz oder die spüliclitgelte. Amos Comeni js janua 1644 5. 128.
SPÜLICHTHAFEN, m. hafen, topf zur aufnähme des spülichts:
wo er etwan zö einer elenden herberg kumpl, do man im
etlwen ein ermliche suppen darselzt, die nach dem spület-
haffen smackt. Keiserskerg bilg. 17'; du sitzest im kor. und
best da; oug im böch, und ist da; herz dort usz am galgen,
und die ander stecket mit den henden im spülethalTen oder
in den spenen und ist mit irem bertzen by gott. 188*.
SPULIG, adj. l) spulen habend: ein-, zweispuiige spinnrSder.
2) nach spule 10, sp. 221: trüb und spulig, limosus, turbidutf.
wird von dem wasser in den salz-brunnen gesagt, wann es
etwas schleimiges, sumpfiges oder morastiges in sich hat
Frisch 2, 3n*.
SPÜLIG, adj., vgl. rad-spülig theil 8, 54.
SPULJüNGE, m. bei den Webern lehrjunge, der die spulen
richtet: spuljung, famulus qui ßla textori in cannas glomerat.
Fruch 2, 31i'.
SPÜLKAHN, m. fischerkahn aus einem stück holu gehauen.
Campe.
SPÜLKAMMER, f. kammerartige anläge, die das zur spülunf
von kandlen nötige wasser enthält.
SPÜLKANAL, tn. kanal der zur spülung des drempeU einer
schleuse dient. Stenzel deutsches seemänn. wOrterb. 395*.
SPULKASTEN, m. worüber das spuleisen geht, an welchem
die spule steckt und umgedreht wird, receplaculum sub tubulo tn
quem ßla ennglomcrantur. Frisch 2,311*.
SPÜLKELCH, m. calix elutorius, ad abluendam hostiam in
ecclesia Romana, spülilkelch. Frisch 2,311*; in der katholischen
kirche, der in einem kelche beßndliche, aber nicht consecriert'
wein, welcher dem communicanten auf verlangen gereichet wr :
das consecrierte brot damit hinunter tu spülen. Adelong; als (
dritter {knabe) ihr den spiihlkelch reichte, da bebte seine srt
vor verlangen, nach ihr aus dem kelch zu trinken. Siegu
(1778) 2, 258. X. Spülung.
SPÜLKESSEL, m. kessel in welchem geschirr gespült «f .
SPULKNECIIT, m. webergerät auf welches iwei spulen geUe
werden, um deren fäden iusantmenzudrehen ; tn Mecklenbu
spiilknechL korrespondembl. des Vereins für nd. sprackf. 17, ^
vgl. datu knecht 7, r, Vieil b, \:\w.
SPULKOHB, m. korb fnr spulen: nebe-, spinn- tiv* sp :
korb, tnlassus, talassio, qualus. Stieler 1014.
SI'ÜLKÜHEL, m. kübel zum abspülen ton gesehirr.
SPOLKUMP, m. halbrundes gefdtt tum auspülen von tass^'^.
auch spQlkumpf. Adei.unc;
auch stehet am tpülkurap
Irmliche kann und oprersetcbirr.
Vota Hörnt' ut. I, «, 117.
SPllLLADE, f. bei webem lade für die spulen; in Westfil ■■
apeoll.'ien. korrrnpondenibl. für nd. sprachf. ll,3:.
SPÜl.LAIi'E.N, m. läppen beim spulen des getehirrs gebrauc:
apUhllappe, (in(«t<m ad lavanda et ptirganda vasa eulinae. Kri'-' <
S,Sll'.
229
SPÜLMÄDCHEN — SPÜLWASSER
SPÜLWÄSSERIG — SPUND
230
SPÜLMÄDCHEN, n. küclienmädchen , das vorzugsweise ge-
schirr spüU.
SPÜLMAGD, f. anctila quae in cultna vasa latat, spühl-inagd.
Frisch 2,311*.
SPULMASCHINE, f. mascinne tum aufspulen von seidenfaden.
Jacobsson 2, 62il*.
SPCLMÜSCHEL, f. eine muschelart : seien sive dadylus mas
uagelmuscbel, roür- oder spülniuschel, männlin. Gbszneb
ßsckbuch 149".
SPÜLNAPF, m. napf tum spülen des geschirrs. Adelorg:
seiD trinken sei ain verdorbens pier,
ein spülnapr sei scia triukl'as. faiin.sp. 711, 24;
scheltwoTl für ein weib:
du kupplerin, geitiger scblunt und nasenrimpf,
du spulnapT, bebenstreit, wenteuschimpr. 256, lü.
SPÜLPFEIFE, f. bei den webern die röhrenförmige spule im
Weberschiffchen {vgl. pfeife 3, y, theil -,16U): die waflelspulen
oder spulpfeiffen gehen ins tuch, frz: les fusees ou espeulles,
it. la spola. Amos Cumünius janua (1644) s. 150.
SPÜLPüMPE, f. kleine kolbendampfpumpe, welche beständig
seewasser in einen auf überdeck aufgesleUlen spülwasserb ehälter
drückt. Stknzbl deutsches seemdnn. wörterb. 395".
SPÜLRAD, n. rad zum wickeln des garns auf die spule:
spulrad rata glomeratoria , harpedone Stieler 1500; spulrad
rhombus Steinbach 2,213; spulrad rhombus gut lubulum vertit,
so das spul-eisen mit den spulen umdreht und dieselben voil-
wickelt. Frisch 2, 311'; man bereitete sich zu spuhlen, näm-
lich das garn am rade auf rohrspulen zu winden, der alte
groszvater . . . verrichtete diese leichte arbeit, ein enkel stand
neben ihm und schien begierig das spuhlrad selbst zu hand-
haben. GüTHE 23, 58 ; mehrere stuhle waren {in der weberstube)
in bewegung, da gingen noch spinn- und spuhlräder. 64;
aus der gesindestube darauT. vom rummelnden spulrad,
rief sie, die thür halb ölTnend, Marie, die geschäTtige hausmagd,
welche gehaspeltes garn von der wind' abspulte xum weben.
Voss 2, 2'i9 {-iebtigsier geburtstag v. 104).
SPLLROHR, n. arundo calamogrostis , wiesenschüf, rohrgras.
Nemnich 1. 487.
SPÜLSCHLEüSE, f. lur Spülung einer fahrrinne benulste
schleuse. Stehzel deutsches seemänn. wörterb. 355*.
SPOLSCHCTZ, n. senkrecht bewegliche tafel zur regulierung
eines spülstroms. ebenda 395*.
SPÜLSPINDEL, f. Spindel, auf welche die spule eines spul-
rades oder eine weberspule gesteckt wird: spulspindel woran man
die pfeifen steckt wann man sie voll faden haben will, fusus
im cujus altera parte cannulae ßlis implentur. Fbisch 2, 3il'.
SPÜLSTANDE, f. stände, standgefäss zum spülen: gantze
spülstanden voll {wasser). mdgdelob (>0;
darnach iun die kucben verrüg . . .
ein spülstand, pantzerQeck dabey,
Schüssel und deller mancberlev {als hnusrat).
H. Sachs 1, 440».
SPÜLSTEIN, m. goststein in der küche zum abspülen: spül-
steio lavatrina Stieleb 2140; der ganze fuszbuden übrigens
gedielet. bis auf ein kleines eckchen am fenster um den spül-
stein, das gepflastert war. Güthe 16, 22S; ich steh nun grad
am spülstein und wasch das silber. Auehbach dorfgeich. 2, 163.
SPÜLSTHOM, m. wasserstrom der zur Spülung einer schleuse
benutzt wird.
SPÜLTHOK,n. cfrie/iluizvorrtc/Uuny einer spülschleuse. Stenzil
deutsches seemdnn. wörterb. 395".
SPÜLUNG, f. das spulen, labor conglomerandi, convoltendi et
circumvulfndi fila in globum, glomeratio. Stieleb 210».
SPÜLUNG, f. handtung des spülens: Spülung, lavatio, actus
tlulandi sice eluendi, perluendi, prduendi et purificandi. Stibler
2iuä; tgl. ab-, aus-, bespOlung. in der katholischen kirche das
itinunterspülen der empfangenen geweihten hostie durch nn«n
schluck nicht geweihten weins und der datu gebrauchte wein selbst
{vgL spülkelch): ein hroder van der prediker urdco, de gaf
den keiser gudes lichainiiie: und alse he dem keiser scholde
geven de abluden, dat is de spulinge, de vorniengede he mit
«orgift, und vurgaf om. d. stadlechron. ', IhS, 5; des van katzen-
ellenbogen capellain . . . as he der grevinnen sulde geven die
•poelung nae dem sacramente, so wolde he ir vergeven haven.
14, hZi, 4.
SPÜLWASSEH, 11. aqua rebus eluendis destinata. Stiinbacb
1, M9; gpühlwasser, aqua ex ablutis vasis rulinae impura.
Fiiscu 2,311'; spülwusser wird jbm nicht vergUnnet. Kirchhof
wendunm. 55*; waschet euch hernach mit spielwasser wieder ab.
mdgdelob 62; ein waschtrug ... in weichem sich spühlwusser
befand Tieck don Quixote 2, 2i' ; begann ein küchenjunge es
[das männchen) zu spotten und höhnen, ... mit dreck aus
der küche auf es loszuwerfen oder es mit Spülwasser zu
begieszen. Grimm sagen 1,^9 (nr. 'i5);
sie sprach: gotz bey secht an. wie gluDst
dem mau sein angesiebt vor Tewrl
ach. der im det ein deine stewr
und güsz ein Spülwasser auf! in!
H. FOLZ, Hau/ils teitschr. 8, 513, 49;
uu han ich lang nach ir geticbl,
pisz sie mir zilet an iren laden.
do ward sie mich mit spulwds.ter baden.
fastn. sp. 200, 27 ;
ich will gen in die kucben uausz
und mit Spülwasser Ja begieszen.
das über sein leib ab musz Uiesien.
H. Sachs fuHii. sp. 3. 33, 135.
dazu spfilwasserbebälter, auf dem oberdeck eines Seeschiffes
aufgestelltes cylindrisches gefäsz, das stets mit seewasser gefüllt
und unter druck gehalten wird, um zur si.ülung für aborle,
aschschütten, bäder u. dgl. zu dienen. Stenzel deutsches seemänn.
wörterb. 395".
SPÜLWÄSSERIG, adj., für spülwässericht, wie Spülwasser:
spulwasserige hufsuppen. Garg. (l59o) 81.
SPULWECK, vi. weck, gebäck in form einer spule, vgl. spule 6,
sp. 221: ijjgj jjp gfehr über den marck laulTen,
da sab er weysze spulweck Tail.
die l'acbin den koler an zum ibail,
und hin zu eynem karren sasz,
bey siben grosze spulweck asz.
H Sachs fnb. u. schwanke 1, SOO, 9 Gölte
(der koler mit den spulwecken).
SPULWINKEL, m. winket, hinterster theil einer stube, wo
gespult wird: schäm und zucht (wo anders noch einige im
hindersten spulwinckel bey jnen verborgen). Garg. i.
SPULWURM, m. spulenförmiger eingewcidewurm, mhd. spuol-
wurm: lumbricus Spulwurm, spulewurm, spoelwurm, spole-
wurm u. ä. Dief. 339'; spiilwürm, würm so iiu bauch des
nienscbens und der thieren wachsend, lumbrici, tineae rotundae.
Maaleb 3b2'; für die spüiwürme. lumbrici haissent spulwürm,
die wacbsent in dem leib. Obtolf von Baybland (i477)3o';
wann sich die schafe oder lämmer nach ustern von der neuen
weyde verunreinigen, oder sie die spuhvürme beiszen. Culer
öc. 1,435; der zehende {patient) wolte der Spulwürmer gerne
losz sein. Chr. Weise erzn. 92 Braune; wie löblich und nölhig
CS übrigens ist, den aberglauben durch kluge Verbreitung
richtiger begriffe von der natur der dinge nach und nach der-
maszen zu entkräften, dasz er, wie die Spulwürmer durch
gewisse arzneyen, zuletzt unvermerkt und ohne beschwerde . .
von den menschen abgeht. Wielard 34, 352; Scheltwort für die
fuchse unter den Studenten: andere waren da, die musten aulT-
warien, einscbencken, stirnknuppen, haarropffen auszhalten, ..
welche auffwarter von den anderen genant wurden, bachanten,
peonäl, hauszhanen, Spulwürmer, mutterkälber, Säuglinge,
quasimodo geniti. junge herren. Philander l(l64i), s. 343.
SPULWURMSTERN, m. eine art seesteme, asterias ophiura.
Nbhiiich 1,52t.
SPULZEÜG, n. gerät zum spulen: verticula ein spulzeug,
auch spulgezeug, spulgeczaw, spule-geczauwe. Dief. 614*.
SPÜLZÜBER, »I. zuber worin geseilter gespült wird : ociosilas,
müsz, müszig gon, ist ein spülzuber, ein weitsack aller ao-
fechlung. Keisersuebg narrensch. 1»9'.
SPUND, m. verschluszzapfen. i) du wort, eine einführung
italiänischer weinhdndler des mittelalters {vgl. Hetre deutsche
hausaltert. 2,365). kommt seit dem 11. — \2. jahrh. hoch- und
niederd. in einer doppelform vor: als punct, punt, pund und mit
erweichtem anlaut bunt, bunte {vgL theil 2, 529. 7, 2242), und als
spunt, spund; wovon punct, punt {ital. puoiu) auf lat. pungere,
spunt auf expungere zurückführt, ursprünglich bezeichnet es nur
die stelle, wo das fast angestochen ist, alsbald aber auch den
hölzernen zapfen, der diese anstichstelle verschlieszt ; eine be-
deutung, die die erstere mehr zurückgedrängt hat. die form
ohne anlautendes a ist noch jetzt in der Schweiz allgemein iiblirh:
punt, punten, bundeo schwetz. idiotikon 4 (I9ui), 1399; ebenso
im Elsasz bunden, bunten Martin und Lie.nhart wörterb. der
elsäsz, mundarten 2,60*; sonst untergegangen, das geschlecht det
Wortes iü ganz überwiegend männlich, das neutrum kommt aus-
nahmsweise vor: spund, n. im fasse operculum Sch<>ttei. 1420;
handsäge, womit das spund zum fasz ausgeschnitten wird.
231
SPUND
SPUNDBAJÜNETT — SPUNDEN
232
Jacobssoü 4,242'; die declinalion stark und ichwa^f piur. spunde,
Bpünde und spuaden, belege s. unten,
2) Spund, anstichü/fnunq eines fasses: orifirium spunt l. hol
DiEF. 40o'; Spund, runde, auch riei eckte Öffnung oben in der
mitte eines fasses, den flüssigen kürper dadurch in das fasi su
füllen, auch spundlucb. Adklokg; die wunden (eines fasses)
ist der spunt und die zapfealuclier, daraus flaust der wein.
Haupts zfitschr. 3,21; so saufe si oben ausz dem spunde mit
einem strohalm. Schade sat. u. pasqu. 2,26% \ü; und als der
(wein) nit laufen, bat er baiszen den «ponten üben uftbon
und dem wein luft machen. Zimm. chron. 2*, S44, 3i ;
rreund, so du trinken will, so setz doch deinen mund,
nie ein vcrnünlTtiger. recht an itesz fasses spunJ.
SciiErrLBR cherub. wandersin, s. 50 neudi.}
so erlischt der durst nach wein in dir
am ersten vor des l'asses spunde. Göciinck ged. 3, 1&8;
ich wollt, ich lag zur stunde
am Heidelberger fasz,
den offnen mund am spunde. Gkibrl 1, 164;
's Oleszt nirgend mehr ein tropTen wein
aus krug und bahn und spund.
ScHEFFBL (jaudeamus s. 86;
bildlieh: der munt, des leibes spunt. rennet 9603;
obscön: und {ich) meinet si küssen an den munt,
und dral' ir eben den iiinteren spunt. faHn, ,«/). 331,11;
da biesz ers {er sie) den ars iusz renster recken,
da woli ich wenn (wälini-u). es wer ir roter round,
und küsi sie eben unten für den spunt. 611,9.
8) hölierner verschlusz dieser Öffnung, kurzer verschluszzapfen:
obstructorium spunt, spunt in einem fasz, spunt an einem
fasz, sponte l. ponte als oben in dem fasz, spont in ein
vasz. DiEF. 390'; obstructorium i. obturatorium eyn spont, als
eyn vasz bat. nov. gloss. 26a* ; spund, operculum, oblburamen-
tutn {neben foramen, oiificium, labrum dolii), it. epistomium.
Stibler 145*2; das fasz mit dem spunde zuemachen, orißcium
dolii operculo obstruere vel contegere. ebenda; der spund, plur.
spunde et spunde, operculum doUi, epistomium, os. Steinbach
2,650; spund, obturamentum orificii superioris dolii, operculum
doliare, den spund zuschlagen, obturamento claudere dolium.
Frisch 2,312*; sül man im machen ein spunt von weisz
weidenliolcz der als lang sey, so man in oben hinein stust,
das er nicht auf den poden rur. kuchenmeislerey d4; spund,
ist der böltzerne pfrupGT, womit das loch oben in der mitte
des fasses, welches man das spund-locb nennet, und da-
durch das fasz fället, zugestopHet wird, wenn man die spunde
tu denen eszig-fäszern von weiden-holtze macht, soll der
estig desto länger gut bleiben, öcon. lex. 2339;
de tappen, bauen und spunde
dat syn der tunnen ingeseggel.
Uhl priaiiicl s. 262, nr. 362;
{der iude) das fäsziein wider zuschlug,
berafchs eint andern Juden klug,
und verpetschiri den spund der mas,
als ob conlect darinnen was.
II. Sacus -21, 2-26, 15 Keller -V.ölte;
am f&szlein brach er auff den spund. 227, 4;
den spund er mit gewalt aulTzucket,
fuud das raszieio den dritteil leer. 227, 24;
auf, brüder, lösen wir den spund
und machen frei den wein!
W. MGllkr ged. (I86Sj 2,48;
doch das antike vasura war
von thon und spitz nach unten,
und auch vom cadui ist nicht klar,
ob reif er trug und tpunteu.
ScuBFFBL gaudeamut t. 108;
ein fasz ist voll bis zum spunde, so dost die flüssigkeü bis an
den Spund reicht, vgl. spundvoll: es lagen aber in dem ge-
meinen keller der brüder zwei weinfüsser, noch voll bis zum
spunde. FkEiTAC btlder 1,279; den spund frei geben, ;e»(a<(fn,
dass da$ fasz angezapft verde:
der becher Bchiumt, der becher klirrt,
jedweder ist «ein eigner wirt,
der hautherr gab den «punden frei.
Hbdwitz Amtiianlh, abschied;
auch verschlusz, zapfen einer ftaschr, eines kruges, vgl. spunden
und «pundflasche; tn btldern: sonst wird die inUnclicrcy, beide
spund und boden mit dauben und reifTen verlieren I.ithkr
6,2.)'; er könnte ihm da lange zureden, was das nütze, wenn
man spunden in den obren habe. J. GorraRLr Hans Joggtli
(1893) t. 68.
41 spund, mannigfach in der $prache der gewerke auf tpund-
dknhchtt (nach der bedcutung 2 und 8; überttagtn.
a) an den röhren eintr Wasserleitung Öffnung und dieselbe
verschlieszender holzpfropf: zu zeitten, so der slat pflasterer
ob den rürn zue pllaslern, sullen sie geilissen sein, das sie
allweg, wo spünt in die rürn sein, das sie an dem rörn-
heintzen woll erfarn. Tücher 6aur;uM(er(. 49, 28; item so ist
ein kästen im pflaster hart bei dem stock, do das wasser
auf geet ... in demselben kästen ist ein zapf und ein spunt
in die riir. 174, t.
b) artilleristisch pfropf womit die mündung eines geschüizes
verwahrt wird, zapfen, mundzapfen.
c) im Schiffsbau holzstück als ersatz für eine aus einer planke
oder dergleichen herausgearbeitete fehlerhafte stelle. Stenzel
deutsches seemdnn. wörterb. 3'J5*.
d) bei den dreehslern kurzes rundes Stückchen holz, welches
an der spindel befestigt wird, um das zu drehende stück darauf
anzubringen.
e) an einem fischteiche auslaszzapfen : der spund an einem
teich, welchen man heraufzieht, wann man das wasser aus
dem teich lassen will, obturamentum slagni. Frisch 2, 3i-2'.
f) in der baukunst ein Schlupfloch, wodurch man bei vor-
fallenden umständen zum inner» des tchornsteint kommen kann.
Jacobsson 7,416*.
g) bergmdnnnisch im Harz eine kleine uetterblende. Veith 4.i7.
h) sonst im berghau ein stück holz in der Öffnung an der
kolbenröhre eines kunstsatzes, das herausgenommen werden kann,
um zum kolben zu gelangen.
i) bei Zimmerleuten zapfenstück eines balkens zum einstecken
in die höhlung eines andern balkens.
k) bei tischlern breit mit falz am rande.
l) beim Orgelbauer eichenes brett, womit die thüren der wind-
laden verspundet werden.
m) im Wasserbau ein aus zwei bäumen , siotscAen welche
breiter eingeschnitten werden, bestehendes werk in einem gerinne,
wenn der boden nicht im stände ist, die benötigten wasser zu ertragen,
mineral-lex. (1743) s. 534* ; das güspette und spunt an dem
scutümpfel. TucBEii baumeisterb. 201,22; ein spunt ... darauf
das wasser von dem were scheust und nimmer als sehr
spult, als es vormals getban bat. 2ol, 30.
5) ein anderes spund, umdtutuvg von spint, unausgebackene
stelle im innern eines backwerks und weiche hulzmasse zwischen
rinde und kern, vgl. spint 2 und 3, oben theil lu, 1, sp. 2519;
bei Frisch 2, 3i-2* spünd und spind, albugo ligni.
SrUNDBAJONETT, n. ein in den lauf des schieszgeuehres zu
steckendes bajonelt: nuchtheil der spundbajonette, die man
erst vom gewebre berabnchmen muszte, um mit diesem auch
schieszen zu können. Bobheih handbuch der wafjenkunde (I&90)
s. 500.
SPUNDBAND, n. hei böUOtern band oder reif, welches dat
fasz zunächst am spunde umschlieszt.
SPUNDBALM, m. iei Wassermühlen und wehren, giund- oder
fachbaum unmittelbar vor dem gerinne, im holzliandel tin baunt,
aus welchem starke spundbretter geschnitten weiden können.
SPÜNÜBIEK, n. 'an einigen orten' eine ergetzlichkeit an
bier oder geld, welche den kleibern gegeben wird, wenn sie den
boden flechten und das letzte holz einlegen und gleichsam ein-
tpündcn. Adelung.
SPUNDBl.ECH , n. blech »on geschmiedetem eisen zur ver-
selUieszung des troges in einem pochwerke. Jacoisso.*« 4, 241\
SPUNDBOHHtB, tn. lerffcro forammis opcrculorum, spuni
borer. Stielgr 213; spundbubier, terebra ad facieudum foranuu
dolii supeiius. Fuislh 2, 312*.
SPlNüBBtTT, n. starkes brett für fuszböden, das mü einem
andern zusammen gespundet wird: spundbret, so zusaininru
gefalzt wird, auf dem boden eines gemuchs, aiser, qui m
parimento cum alio conjungitur. Frisch 3,313'; auch spündebroil.
SPIINDDIELL', f., was spundbretU
SPl NDE. f. bettstelle. für sponde theil 10, t, »;i. 2678: spunde,
tponda Frisch 2, 312*; für die wandlleus. nim vom hanfslüiigcl
oben ab das kraut mit dem samcn und leg das in dein bei-
laden oder spunden, so bleiben sie nicht. II. v. BtiNsciiwiCk
apothek (i534) 1.6.
SPÜNDE, f. der sptnd, schrank. Campi. nebenform tum
fem. spinde, vgl. theil lu, 1, tp. 2491.
SPÜNBEMKSSEIt, n. messer zum einspünden. Wiiszk kom.
opern 2(177;) 1. 15, s. die stelle unter spilnden 1.
Sl'UNDEN, SPÜNDEN, rerJ»., mit einem spund verschliesun;
mkd. spunden, spUnden in verspunden, verspunden mhd. üb.
3, 3, bb4'.
233
SPÜNDER — SPUNDHEFE
SPÜNDHOBEL — SPÜNELLE
234
1) nach der eigentlichen bedeulung von spund (nr. 9, tp. 2Sl):
•karare spunden Dief. 391'; spunden op^rcu/or« Schottel 1420;
spunden obthurare, oecludere opereulo Stiklx* 1462; ein fasz
spunden Adeldng;
zwölf Ikiüge) nun fülle mir an, und spunde tie alte mit deckeln.
Odyss. 2,334;
löse den spundenden deckel. 3,392;
begrifftausehend den wein spunden, ihn im fasu durch spund
einschlieszen : wenn der wein gebrauset hat, so liissel man
ibn spunden. Adelohg; in freierem gebrauch, ohne beiug auf
den vein, verschliesxen mittelst eines xapfens oder pfropfes: mehl
in fässer spunden, ^enda; da lernte ein Jude einen armen
üscher, er solle eine consecrirte ostien in hollz spunden,
und mit an das garn hängen, so würde er viel fische fangen.
HENNEnBEBCER 431 ; Tgl. einspündeu theü 3, ZOb; im neumond
drei biutstropfen aus den drei fingern auf Laumwolle auf-
zufangen und solche in eine junge ab dem wege stehende
weide einzuspünden. ädebbach dorfgesch. i,l\&;
gefiels ihr noch nicht fromm zu seyn;
80 kriegi ich eins der gröszten fässer,
ich nahm' mein groszes spündemesser
und spundete sie ein.
Weiszi kam. opern 2 (t'"') ». 15;
einen ins gei^ngnis spunden, einspünden, im tolksmdsiigen
scherze für einsiierren.
2) spunden, spunden gemäsz der späteren Übertragung des
subitatitits in der spräche der geverke; an einem teiche wasser
absperren (spund \,e):
jetzo erreicht er die bucht am kanal des oberen teiches,
den ein hölzerner mönch (zapfen) einspüudeie, doch wenn
das wasser
schwoll aus geöCTnetem Schlund, in den see sich strudelnd
herabgosz. Voss 142,57 Sauer;
besonders aber nach spund 4, i und k, bei simmerleuten und tisch-
lern: spunden, compaginare, compingere, coassare, einen boden
spunden, coassare, compingere, contabulare, axibus sternere solum.
Stieleb 1452; ich spunde, asso, coasso, contabulo. Steixbach
2,650; spunden, in einander und an einander fügen, als tischler
oder timmerltute, coassare, conlabulare, asseres compingere. Kbisch
2,312; also bawet er das haus und volendets, und spundet
da.« haus mit cedern, beide oben und an wenden. lA-ön.6, 9;
^pündets (das haus) mit hoitz inwendig, und teffelt den boden
des hauses mit tennen breiter, v. 15; spundet er den altar
mit cedern. v. 20; das gro$ze haus aber spundet er mit
tennen holtz. 2 chron. 3,5; in Mose finde ich nichts vom
spunden oder leimen . . . aber Salomo spundet und täfelt den
tempel inwendig mit cedern und tennen brettern. Matbesics
Sar. 5:'; die decke ist getäffeil (gespundet), lacunar tabu-
Ulum. CoMEMDS janua (1664) s. 16o; frei:
ein schwaibeiipaar führte der lenz mir herbei;
sie hauten ihr nest mir über die thür . . .
sie verkleibteu gar wobt und spundeten zart
ihr kleines gemach und bezogeu's mit Daum.
Stolbkrc 2, 257;
spunden im Wasserbau, pfähle mit federn, spunden oder nuthen
n einander fügen. Jacobssor 4,242'; der salzborn zu Hall
in Sachsen ist unten mit bohlen gespundet. Fbiscb 2, 312'.
f. auf-, aus, ein-, Ter-, zu-, zusammeuspündea (-spunden).
SFÜNOER. m. der fdsser spundet, zuspundet und roll in den
keUer schafft: spünder, bierspünder, qui dolia repleta oppilat
H reurat. Fbiscb 2, 312*; vgl. auch weinspünJer:
als ich den spünder jetzt thet holen,
ders {das fa^i) mir zuspündt.
Akdrias TüiBiics kluge der lieben freu Gerste
bei Doi5AviL's om;</itifiea<r. lapiend'ae 1610 1,225;
und nam den spünder auch mit mir,
bekam umb mein geldt guttea hier, ebenda.
SPUNÜKLASCHE, f. flasche mit einem spund oder pfropfen
verschlossen (rgL spund 3 gegen ende): Jacob der heilige piigram
trug sein spundllescbleio oder ülhörniein auch mit sich, da
er . . . seinem zornigen bruder entwiche. Mathesius Sar, I9l';
wenn sie die buitermilch ausztruckten,
bald auff den abent zsammeii ruckten,
asseus mit lölTeln ausx spontflasclien (ndnische leule).
b. Waluis Esop 4. 90, 39.
SPl'NDGELD, n. abgäbe von vertapflem bier. AnsLCNC. auch
im 1&. jahrh. abgäbe von dorfbier betnt einführen in die sladt.
SPL'NDHEFE, f.: spundhefen heiszen diejenigen befeo,
so aus denen bieridssern oben zum spundloche heraus stoszen,
werden auch sunsteo oberhefen genennel. öeon. lex. 2339.
! SPUNDHOBEL, m. dolabra quM asserum juneturae fiunt, wo-
mit die herausstehenden und eintcärts gehenden theile einer fuge
! oder falze der breitet gezogen werden. Friscb 2, 312'.
' SPL'iNDHÖHE, f. höhe des Spundloches in einem fasse: dar-
nach medir die bödem und spunihohe zusammen. Ebbast
Helm im anhang zu Adam Rysens rechenbuch G ''.
SPL'.NDHOLZ, n. holz wie es von den simmerleuten zum
spunden gebrauciit wird: ein klein spunthoitz, das doch 24 sehuch
lang ist. TcciiEB baumeisterb. Tö, 5.
SPÜNDICHT, 1) adj. zum spunden, zusammenfügen geschickt,
compactilis: spündichte balken, trabes compactiles. Stieler 1452.
2) nach spund 5, sp. 232 bei bäckern, spündichtes brot; aueh
spündiges, spundiges brot, unausgebackenes, schliffiges. Schm.
2*, 678; spüodig, minus excoctus Fsiscb 2, 312'.
SPUNDKLOTZ, m. in pochwerken ein kurzer hölzerner absatz
zwischen den pochsäulen. Jacobsson 4, 242*.
SPUNDLADE, f. in orgeln eine wituikde, deren boden aus-
gemeiszelt und nachher wieder verspundet worden ist. ebenda,
tgl. spund 4, l.
SPUNDLOt'H, n. obere Öffnung eines fasset, durch das die
flüssigkeit eingegossen oder entnofflinen wird; verdeutlichende
Zusammensetzung für das einfache fremde spund, das ursprüng-
lich für sich dasselbe ausdrückt (vgl. spund t und 2, sp. 230 f.):
spiraculum spuntloch Steimie\eb-Sievers ahd. gloss. 3,156,46
(neb^n phuntloch, vgl. oben unl^r spund l); orificium eyn spont-
loch Dief. 400'; Spundloch, orj^cium, l<i<>iunt Stieleb 1102; die
sollen das fasz mit dem von uns ihnen anfertrauten sieget
an dem Spundloch versiegeln. Breslauer weinordn. rön 1631 ; ich
fund neulich eine Lrüte auf dem Spundloch sitzen. Cbb. Weise
comüd. 241 ; frische weine sprengen das fasz, wenn man ihnen
nicht das Spundloch öffnet .Moses rerm. schrifL 1 (1797) s. 112;
wenn du den zapfen aus dem Spundloch ziehst, so will ich
trinken. Platen 212';
einfüllen lä^zt genie sicli nicht mit einem trichter:
kein Spundloch bat der köpf, gebohreo wird der dichter
GOTTBk 3. 198;
(ei) führt mit anstand zu den lippen
eins der beiden oxhcft-fässer,
trinkt gelinde aus dem spundioch. laHEaEANii 12, 59;
als schelte für einen säufer: seine genossen nennen ihn m
Spundloch, ein bierfasz! Rosbggbs sünderglöckl (VA)4) t. 6; —
Spundloch, obscön für tulva HiRTikunslworteder anatomies.lil.
SPUNDNAGEL, m. nagel zum spunden von brettern: band-
nagel sice spundnagel, paxill'is. Stieleb I3.>4; spundnagel
clarus ad firmandos asseres in patimento conjunctos. Frisch 1,312';
spQnduäge! ebenda.
SPUNDPF.\HL, m. pfähl zum ausspunden der scUeusenwände
gebraucht. Jacobssos 4, 242*.
SPUNDSÄGE, f. säge womit der spund ium fasse ausgeschnitten
wird, ebenda.
SPUNDSTOCK, n., was spund 4, m, sp. m. mineral-lex.
(1743) S. 534*.
SPUNDTIEFE, f. tiefe eines fasses, wenn dasselbe durch den
spund gemessen wird, liefe in der mitte des fasses. Jacobsson
4,242'. vgl. mitteltiefe theil 6,2il2.
SPUNDUNG, SPÜNDÜNG, f. handlung des spündens und da-
durch hergestelltes: commissura, compago, incastratura, ein fuge,
spundung. Tbucbls Ob'; spflndung, obthuramentum , operi-
«nentum, opertorium, item compago et compages. Stieler 1452;
in der schiffsbaukunst spündung. spundung kerben in jeder
Seite des kiels eines holzschtffes, um pliinken hineinzußigen, auch
niederdeutsch sponung. Sterzel deutsches seemdnn. wOrterb. 39b'.
SPUNDVOLL, adj. bis an d*n spund des fasses mit ßüssigkeit
gefüllt, z. h. von Weinfässern: der von bodensatz freie most
■vird von der kelter in extra starke, sorgfältig gearbeitete,
nicht zu grosze gebinde gefallt und twar spundvoli. Fnnk-
furter Journal 1S68, nr. 297.
SPU.NDWAND, f. im schleusenbau eine aus ipundpfdhien er-
richtete wand. Iacohsson i. 242'.
SPUNDWEIIK, n. werk dessen theile in einander gespundet
sind. Campe.
SPUNDZAPFEN, m. ein wor die mündung der kanone ge-
steckter tapfen oder pfropf, damit der liuf reinlich bleibe, auch
mundpfrupf, deckelpfropf. Jacobsson 9, 1U2'. terschluszzapfen
an leichen Adeldnc.
SPUNDZIEGEL, «. plottnegeL
SPINELLE, f. ribes «ra crispu, krause stachel'^eere , für
Spinelle ((/Ktl 10, l,25V5). NEmiicu wb.
235
SPÜNNK — SPUR
SPUR
236
SPÜNNE , t' »• m«ö«r6rust, muH«-mi7cfc, ahi. spunni, mM.
spQane, lu ahd. spenen \aclart (vgl. span ufcfr, mamma theil
10,1, *p. 1871, Spänen sp. 1873) gehöriges, in der alten spräche
häufiget viorl: welleslu versuochcn, ob der sieche genesen
uiüge oder des legers sterbe, so niin eines wlbes spönne,
diu ein dechencliint ziehe, und niin des siechen harn und
mische diu zesamen. Pfeiffer arzneib. 2,&';
so saitu mit diner «puue
min ougen ot bestrichen,
darabe sol entwichen
min alte stete blindekeit. passional 03, U Köftke;
die muter mit ir selbes spune
ir kint zoch sunder amme. 393,22;
mir ist ein kus von iuwerm munde
also senlte und also süe;e . ..
und ist min mirre wünue
dan dem kinde si da{ spiiune
von siner muoter brusie. I''loie bOO;
spättr nur noch in resten , auf die mundarten zurückgezogen :
das und die spunne, spünue, auch spin mutlerbrust, mutter-
mikh. ScBii. 2*, 676; in der Eifel spinn, f. multermilch. Fbomm.
6, 19; in der spräche der jdger: spinne wird beim weiblichen
rolh- dam- elen- und rehwild das gesäuge genannt, v. ThIJncen
weidm. prad. 309 ; sie {die hirschkälber) werden (t>ön der mutter)
nicht blos vor gefabr geschützt, sondern auch bis zur nächsten
Setzzeil an der spinne geführt, t. 9. in Westfalen heiszl spund
auszer der allgemeinen bedeutung auch das euter {offenbar aus
spunne, spunn verderbt), spunder, spunner euterstück. Woeste
252'. vgl. auch gespünn tAeiJ 4, 1, 4171, gespunst, gespünst
ebenda und spinferliei theil 10, 1,2505.
SPUNST, f. handlung und erzeugnis des Spinnens, neben dem
gewöhnlichen colleäiven fem. und neutr. gespunst, theil 4, 1, 4172 :
seht hie diese liigenspunst. Fischart 1,229,3837 Kurt.
SPUNSE, f., s. spons oben theü 10, l, 2673.
SPUNSIEUEN, SPUNZIEIJEN, s. sponsieren theU XO, 1,2674.
dazu spunzwerk, unerlaubter liebesumgang : spuntzwerk . . .
ze iribende. d. städtechron. 9, 1025, 8 {Straszburg, von 1409).
SPüH, f. vestigium.
l) formelles, spur steht neben dem gemeingermanischen neutr.
spor {theil 10, 1, 2674/'.), welches den durch niedertreten oder-slossen
gebildeten eindruck des fuszes im boden bezeichnet, und mit dem das
verbum spüren (s. d.) in engster beiiehung ist. zu diesem verbum
wird das Substantiv ahd. spurunga, handlung des spürens, spüruiig
(Gbaff 6, 356) bezeugt; daneben musz es auch ein ahd. nicht
bezeugtes *spuri und *spura gegeben haben, von denen ersleres
mit spurunga (jltichsinnig war, das letztere mehr die art und
fähigkeit des spürens ausdrückte, beide bildungen sind seit dem
mhd. als spüre, spür und als spur bezeugt: die entere noch
bis ins \6.jahrh.: der jeger maclite sich mit seinen hunden
auff die spür nach holtze zu. Spangenbebc jagteufel (i56u) Ds';
besonders in festen Verbindungen, die den alten ursprünglichen
begriff der handlung des spürens bemahren, auf der spür stehn,
spür auf einen haben:
(er) hat sein spur
jetzt aufr die pöden, dan im keller.
H. FOLZ in den failn. sp. 1292;
ich wil die weil stehn aur der «pur,
ob iemandt gieng wider und für. H. Sachs 3, 2,2t ^';
liehst du nit, das hausz ist verluilet
mit den kriersleuten umb die thür,
die haben all auf dich jr spür. 4, I, 11';
beint öfTn ich dir die kammerihür,
daraulT der ritter liett sein spür. 4,2,5';
deshalb soll im krieg ein hauptman
auKeii und obren offen han
autr den feind haben gute spür. 5,306*;
du siclijt wol wie er mir zu setzt
und allzeit hat aiilT mich sein spür:
lob darlT kein tritt tbun lür die thür.
desypn fa-lH, »;'. 4, 90, 27 Götze;
(null Witt i'i/i) am ihennen stehn In die holtzkammer
und auff den plalTn haben mein spür (: thür). 06, 214;
andererseits aber hat spüre, spür schon eher sieh in den tinn
des neutrums spur verloren, vgl. vestigium fuoszspür üibf. 016*;
nü het der edel keiser Tür
■ich mit »uoch aemiichet, als üt nluwer spOr
elo edel bunt, den man n&cb wilde bengni.
iMhemjrin 5642;
«nludeln (ihoren) und muiidufTeu
mich dunkt. du riiett iif der spür (:vOr).
Viiginat 9iO, B:
Woiriiart. nü rit du bilde vür.
wir «lu ül der rehten spür. M6, 6;
leb hin cehagi^i trinm viMtnun iji-machl) und w|| Jagsn,
tfU spürt wil leb nUfflSO sageD. lieäeitaul 3, M7, •;
und so noch im 16. jahrh.: wie ein schiff auf den wusser-
wogen dahin leufft, welches man, so es furuber ist, Iteine
spür finden kan (non est vestigium invenire vulg.), noch des-
selbigen ban in der Out. oder wie ein vogei der durch
die luffl tleuget, da man seines weges keine spüre linden
kan (cu;u5 nullum invenitur argumentum itineiis vulg.). weish.
Sa{. 5, 10. 11 ;
da kam ich ("in wotf npricht) auff eins hundes spür,
der war gelaufen kurtz vor mir. B. Waldis Eso/i 4, 49, 27.
das fem. spur zeigt täne alle bedeutung der spürkraft noch
bei Licitweb:
es lebt aus Reineckens gesclilecbte ■
ein jung und eitler abkömmling, ■
der oft mit mehrerm glück als rechte '^
der schnellen bunde spur entging, s. 90 (fab. 3, 6);
der schnupfen, der mich plagt,
benimmt mir alle kral't. das wildpret auszuspüren,
deswegen könntest du mich führen;
es mangelt dir nicht an der spur. s. 123 (fnb 4, 4);
aber auch hier tritt Vermischung mit spor nach bedeutung und
form ei», indem spur dasselbe besagt wie spor: vestigium fuosz-
spure, fuoszspür Uief. 616';
auf rehter spur des hirzen vart. SncaE!«wiRT 18, 18:
und theilweise auch das neutrale geschlecht von spor annimmt:
auff dem spur, den sie gegangen. Tbubneisser magna alchymi»
(1583) vorrede 2;
wie ein frisches wind das spur der schlauen binden,
durch berge, buscb und thal mit riechen weisz zu finden.
Kacubl sat. qed. s. 19, 109 Drescher;
das neutrale geschlecht schlägt auch in das masculine um {man
denkt an synoymes tritt, s. d.): such den spur. PABACbLsas
opp. 1, 626B; mit dem plur. spüre, spür:
vertrit die alten spür! (: für).
0. V. WonEMSTRiN 44, 31 (». IM) Schatz;
endlich entsteht ein feminines die spor: uf die recht spor
kommen. Zimm. chron. l', 272, 27;
ich holT nimmer uf die spor.
daraulT ich bin gewesen. 4^,231,3.
vgl. über die mannigfalligkeit der formen auch gespor theil 4, 1,
sp. 415S/., gespur, gespür sp. 4173. das schwanken beginnt im
17. jahrh. sich zu verlieren und seit dem IS. hat das fem. spur
sich für die Schriftsprache die alleinige herrschaft erobert.
2) die bedeutung des wortes geht zunächst auf den hinter-
lassenen eindruck der fusztrilte eines wildes oder menschen, im
collecticen singular: spur, f. vestigium Schottel 1420.
o) beim wilde, als technischer ausdruck der jäger: spur be-
deutet eben das, was färtbe heisset. spur aber wird am
meisten vom geklauelen wildpret, als dem hasen, luchs, wolf,
dachs und dergleichen gesagt. Hhppe /eii/iund 113; die schweine
liaben ihre spuhr grüszer und mehr geschlossen als die säue.
HoHBEBG 2, 619; das mannlein {unter den rehen) hat eineo
stärkeren fusz ... als das weiblein, welches eine hohle
und auswärts gewandte spuhr hat. 624'; wegen seiner {de$
tigers) spuhr und gefährd hat man . . . bey uns wenig nach-
richt, auszer, dasz sie . . . der katzen art nach solche an
ballen und klauen . . . formiren sollen. Fleüinc teutschtr
Jäger 86'; {es ist notwendig, dasz ein Jäger) den fusz oder dl«
spulir eines jeden thiers, das über einen weeg hingegangen,
und die form oder gestalt eines fuszes allda mithin eingedruckt,
oder hinderlassen, zu erkennen wisse: und ist solche spuhr
gar leicht zu beobachten, wann entweder ein schnce liget,
oder die erden weich ist, oder auch wann es vorhcro eines
kleinen regen gethan, und absonderlich frühe morgcnds, eb«
noch einige menschen, oder das auszgetribne vich darüber
gewandict; als wordurch sonsten der wilden thicr spukr
verlretten wurde, adelicher seitvertreiber 4,«/.; ebenso in aU-
gemeiner spräche, besonders in festeren Verbindungen, auf d\$
spur kuinmen, geraten, auf der spur sein, ein wild auf der
spur haben; man lindet keine spure tod wilde, nullius fera»
vestigium exstat. Steinbacii 3,650; der hund laulTt der spur
nach, ranis investigat. ebenda; das wild auff der spur fangen,
feras indaganter eapere. ebenda; der spur nach das wild fangen,
indngantrr ferat eapere. Hkuebich lt24{ die hunde sind mir
auf eine falsche spur geralhen. Weiszk kom. opern 1, 107;
deine gedanken eilen gerade vorwttrts, wie der hund aot
der spur eines hiriches. Kbbitac a/in«n 1, 170;
• Udann In {den hunden) erst die waffel schäumt.
und kommen auf die «pur uncüanmt.
1-ucuABT 'jinckh. icliiff 371)
237
SPUR
SPUR
238
wo (isind) die äugen, falkenhelle,
die des renailiiers spur
zäliltea auT des grases welle,
auT dem tliau der fliir.
ScHiLLM 11, 234 (nadowess, todlenklagf);
eines wildes spur entdecken, Tcrfolgen, verlieren, eine spur
verwischen: wie der low sein spur mit dem schwantz selbst
versclilägt. Gorff. (1590) 534;
die spur (der tliiere in die höhle des löwen) Ut wol hinein geriebt,
aber keine berausz nicht sieht. 441;
mit leichten lauften streicht jetzt ein heer gedeckter hindinnen,
und hirsche. mit äsien gekrönt, durch grüne, rauschende büsche,
setzt über klülte, gewässer und robr. moräste vermissen
die spur der (liegenden last.
E. V. Klkist irerike 1, 171 Körte (früliling 273);
einem wilde, raulilhiere auf der spur jagen, seine fährt» ver-
folgend: ^e„n wir xusamraen oft dem wilde nach
durch berg und tbaler rannten, und dereinst
an brüst und faust dem hohen alinherrn gleich
mit keul und schwert dem ungeheuer so,
dem räuber auf der spur zu jagen hofften.
GöTHE 9,31 (Iphig. i, 1);
hldlich: ich habe ein ganz ander wildpret auf der spur.
Lessi!»g 1, 244 (;'. gel. 2, 3); hr. Klotz kann Staat darauf machen,
dasz ich mich so bald von seiner spur nicht will abbringen
lassen, er mag auch noch so viel Seitensprünge versuchen.
12, 20S; herr von K. ist in Hamburg, und gebt in allem ernste
darauf um, eine reiche frau dort aufzujagen, er hat auch
schon wirklich etwas auf der spur. 359.
h) spur, anxeichen der fusstritte eines menschen: wann jemand
an einen ort kam, da ich die schuhe verweciiseln lassen,
sähe es nicht anders in der spure, als wann zwo partheyen allda
zusammen kommen, auch mit einander wieder verscliwunden
wären. Simpl. i, 245 Kurz; so waren ohn das meine gänge,
wann es eine spure hatte, viel verwirrter, als in einem irrgarten,
also dasz es denjenigen die mich vermittelst der spure
hatten auskündigen oder sonst nachjagen sollen, unmüglich
gefallen wäre, mich zu kriegen und in ihr netz zu bringen. 246;
der alte .. . zeigte ihnen eine ziemlich frische menschenspur
auf dem boden. mehrere konnten sie nicht finden, und
so glaubte der alte, ohne fürchten zu müssen, auf räuber
zu stoszen, der spur nach gehen zu können. Novalis 2, 102
Meiszner; an deiner spur sehe ich, dasz du von unserm volke
bist, denn die spitze des fuszes strebt auswärts und stark
drückt der ballen. Frevtag a/in«n i, 9; der schatten ist klein
geworden, er deckt nicht mehr die spur eurer füsze. 109;
das schnobern nach der spur seines herrn hemmt die Schnellig-
keit seines (des hundes) laufes. Vischer auch einer l,U9;
eines mannes spur im sande,
die von dem linken eingang dieser laube
nach einer grotte sich verlor.
Schills« 5, 2, 283 {don Karloi 3, 8);
erst eil ich nach dem thor, das rettung uns gewährt,
und meiner trilte spur musz mir den rückweg zeigen.
6, 3S1 [lei Störung Trojat 127);
Faust, für was hältst du das thier?
W. für einen pudel, der auf seine weise
sich auf der spur des herren plagt. Göthk 12, 62;
find ich im schnee, ihr herrn euch eine spur —
was flnd ich euch fiir eine spur im schnee?
rechts fein und scharf und nett gekantet itamer,
ein ordentlicher raenschenfusz,
ond links, unförmig grobhin eingetölpelt,
ein ungeheurer klotzger pferdefusz.
H. V. KtKiST 3, 150 (ier6r. krug 11).
3) erweiterung der bedeulung vollzieht sich, wenn dieses spur
auch den hinterlassenen eindruck von anderem, als getretenem
beuichnel: spur eines wagens, Schlittens; die spur der rader
läuft im sande; bei fuhrleuten spur halten, genau in der bahn
eines vorausgegangenen wagens bleiben, auch spur fahren; halbe
spur fahren, mit den rädern auf einer seile des wagens zwischen
den beiden gleisen und mit den rädern auf der andern seile
tuszerhalb desselben fahren. Campe, rp/.aucA Wagenspur (/u 13, 474;
er {der postillion) wisse nicht wo wir wären, könne keine spur
sehen. Gücsikck an Bürger \,i6i Slrodtmann; wenn aber der
weg nur einiger maszen in Ordnung ist und durchaus kein
wagen die spur des vorhergehenden hält, so kann kein gleis
und kein einschnitt entstehen. Seühe spazierg.l,\ll; aucli in
freier anwendung:
die Weisheit, die ihn führt, hält deiner tueend spur.
Bessb« sc'iriflen (17iO) «. 37S;
bei den pferdemühlen müssen die pferde immer in einer und
ebenderselben spur bleiben. Aoeluhg;
iene gewaltigen wetterbäch« ...
hres laufes furchtbare spur
geht verrinnend im sande verloren.
Schiller 14, 25 (braut v. Ue$i. v. 250):
hatte ... die «pur verloren, die mich hierher führte. TbOhmbl
2 (1791), 78.
4) auch weniger sinnlich, der hinterlassene eindruck eines
menschen nach seinem aufenthaü, wesen, seiner erscheinung,
wirksamkeil: keine spur von einem wahrnehmen, non videre
vestigium alieujus. Steinbach 2,650; keine spur wo von sich
lassen, non relinquere vestigium sui in aliquo loco. ebenda; bis
itzt ist es unmöglich gewesen auf ihre {der verschwundenen Lait)
spur zu kommen. Wiblard 36,20 (Aristipp 4,2); ich denke ich
bin auf der spur. 8,295 {Danischmend3l); man fand nirgendwo
die geringste spur. Heinsb Ardingh. 1,157; die polizei ist einem
Verbrecher auf der spur; sie haben uns die spur abgelauert —
rings ziehen ihrer etliche tausend einen kordon um den mittlem
wald. Schiller 2,97 [räuber schausp. 2, 3); er war durch einen
sehr sonderbaren zufall den thätern jener nächtlichen misz-
handlung auf die spur gekommen. Göthb 18,314 (k/ir;a/)re 3,11);
nur kurze zeit werden das zertretene stroh und die ein-;
gegrabenen kochlöcher noch eine spur zeigen; dann wird ..
die gegenwart so vieler tausend rüstigen menschen in dieser
gegend . . . nur noch in den köpfen einiger alten leute spuken.
19,3 (4, 1); unterrichtete ihn, wie er die drei musikanten sich
merken und ihre spur verfolgen müsse. Keller 7,168; wie
er Lucretias verschwinden spät bemerkt, dann aber gleich
sich aufs pferd geworfen und die reisende mit leichtigkeit
von spur zu spur verfolgt habe. C. F. Mbter Jenatsch s. I7;
dasz man . . . dem verräther des mobilmachungsplans auf die
spur kommen wolle. Freytag ert'nn. 258;
Scheelsucht käme dann uns auf die spur. G6tx 3,7;
vom kleinsten bis zum gröszten
§ebt alles seinen gang, bringt alles auf die spur
es gröszten wesens und des besten. Glkih 7, 168;
wo erruft sie meine stimme?
wie entdeck ich ihre spur? Gottki 3,449;
schnell wäre ihre spur verloren,
sobald das mädchen abschied nahm. Scbillib 11, 197;
Titan, deine strahlen alle
sandt' ich nach der theuern spur (de* kindet). 190;
ist mir nichts von ihr geblieben,
nicht ein süsz erinnernd pfand,
dasz die fernen sich noch lieben,
keine spur der theuren band? 201;
and auf ihrem pfad begrüszte
irrend nach des kindes spur,
Ceres die verlaszne küste. 292;
eher nicht bescbliesxt er
umzukehren, bis er Heliodorens
spur gefunden und die spur des ränbers,
sollt' er jagen bis zum fernsten Indien.
Platin 333* (Abbasiden 6, 131);
du kamst, du giengst mit leiser spur,
ein flücbtger gast im erdenland.
Uulard 118 (iiuf den tnd eines kindet).
5) ferner die deutlich merkbar haftenden anzeichen von zu-
ständen, thätigkeilen , dingen: spur eines Verbrechens, eines
Schlages, einer miszhandlung; spur des allers; der lange ver-
weilende kusz auf ihren entblöszten arm, dasz noch die spur
seiner zahne im flammenrolhen fleck zurückbiieb. Schiller 3,9
(Fiesko 1, 1); bei ihrem jetzt den Siebzigern nahen ehemann
begann schon das greisenulter seine leise spur zu ziehen.
Stör« 4,297;
(die heere der sterne) zeigen von des Schöpfers macht
in der wirkenden natur.
uns die allerklärste spur. Brockbs 5,241;
den rost der weit, der leidenschafien spur,
hat längst der Ousz der lelt von ihr hinweg gewaschen.
WiBLAKD 23. 79 (Uberon 8, U);
ihn bnit
in schranken nur dis deutliche gesetx,
und der gebrauche tiefgetretne spur.
Scuillr« 12,327 (\\alitnsteint tod 4, 2);
viele tage gehen vorüber, ohne eine spur hinter sich zu lassen.
Novaiis 1,3»; Meissner;
hinter mir blieb der gärten, der hecken vertraute begleitung.
hinler mir jegliche spur measchlicher binde lurück.
Schiller 11, 90 (iiputievg. 177);
ihr alle fühlt geheimes wirken
der ewig waltenden natur,
und aus den untersten bezirken
schmiegt sich herauf lehendge spur.
GöTHB 41. I» (Faust II, I);
es kann die spur von meinen erdentagen
nicht in aonen uoiergehn. 321 (II, 6j;
239
SPUR
SPUR
240
in fetteren Verbindungen, die da sehen lasten, dati auch hier im
hinUrgrunde die Vorstellung von jagd und Verfolgung steht: auf
der spur sein, vesligia persequi, auf die spur kommen, rem
odorari, in vestigia currere. Stielkb 2109; aber was für eine
Unternehmung kann denn das sein? ... ich denke ich bin
auf der spur. Wielako 8, 295 (Z)anisc/itnenc( 37) ; auf eine neue
spur geleitet {für den bezug besserer uiarcn), Moser patr. phant.
1,11; wenn ich die spur linden sollte, wober diese wider-
sezlichkeit stammt? Schiller 3, 38i> (kab.u. liebe l,l); ein ge-
wisses gerücht, dem ich auf die spur gekommen bin. 4,347;
um diesem verdacht naher auf die spur zu kommen. Gütbb
18,315 {lehrjahre 3, 11); wie lange ich schon dieser enideckung
auf der spur war, und wie ich doch erst jetzt zur gewisziieit
kommen konnte. 20,231 (8,6); helfen sie mir auf die spur
wegen des Jungen mannes. 292 (8, to); ich suchte Jede spur
auf, die «ich von dem Charakter Hamlets in früher zeit vor
dem tode seines Taters zeigte. 19,27(4,3); doch kommt man
freilieb, nach und nach, auch in Frankreich auf die spur,
dieses stück nach seinem wahren werthc zu schätzen. SC, 192;
auch hier ist der sonderbare mann {Göthe) der naiur auf die
spur gekommen und hat ihr einen artigen kunsIgrifiT abgemerkt.
Novalis 3,40 Meiszner; [Luther hat) gemeint, dasz Jeremia . . .
hier die übrigen frommen mit sich zu^^leich einscbiiesze;
wozu aber an diesem orte wohl die spur fehlt. Hirscbbercer
bibel (1846) xu Jer. 15. 15 /f.; wie kommt man oft auch bei
denen, die fromm sein wollen und nie fehlen im hause des
berrn, so viel hüszlichem geiz, so viel uncbristlichem manimun-
dienst auf die spur. Geboi psalmen 1, 132; wenn ein günstiger
zufüll auf dieser spur zu der handschrifl leitet. Freytac verl.
handschr. 1,17; sich des gestrigen Vorfalles erinnernd, verfiel
er... endlich auf die richlige spur. Keller werke 4,l\i; ob
noch eine andere bedeutung zu gründe liege, darüber habe
ich lange vergeblich gefoi's<ht, glaube aber Jetzt auf der
richtigen spur zu sein. Viscber auch einer l, 116; ohne spur
verschwunden. C. F. Metbb Jenatsch 158;
kommst du aber auT die spur
dasz du's nicht getrofTen,
XU der wahren kunstaatur
stellt der pfad schon ofTen. Göthe 3, 126;
(f?«) blieb doch nur
vom besten wollen halb und halbe spur. 137;
da seyd ihr aur der rechten spur. 12, 94 (Faust 1);
sie gehn den flironichen auf der spur,
und glaub'n sieb nah dem schätze. 229;
den scbitzen war ich auf der spur.
41,216 (Faust 11,3);
spar haben too etwas: 'ei', sagte kopfschüttelnd der pfarrer,
'da furcht ich, er richtet mir mit seinem branntwein mehr
schaden an, als mit seinem gered !' so arg is's nit, hochwürden ;
und besonders, seit dö kramerin spur davon hat, werden die
kleinen herzstärkungen immer seltner. Arzencruber 5, 80;
vom euleo hab' ich sichre spur,
vom besxrea leider nicht. UuLAns ged. 89;
spur sehen, ergreifen:
ich sab die spur (der roheil) auf den entweihten wangen.
GaiLLPARZBR 1', 231;
wer Ist et, der den eeiit und die natur,
wie er (GOthe) ergrelri auf ungeirennter spur?
Hebbel i/fd. 7, 111;
eine spur tilgen, verwischen; Ja wohl würden wir eine zweyte
kindheit antreten, wenn wir zur tabula rasa geworden, und
nach ausgetilgter spur früherer grundsütze, die anfange einer
neuen weit wieder hervurzulocken unternahmen. G0tbk53, 163;
und keliren wir zurück,
so tiaben sie von diesem raschen eindruck
die letzte spur vertilgt. 9, I(j9 (Tasso 2, 5).
in die$en beispielen schon in die bedeutung unten 7 verlaufend.
6) tu den bedeutungen 2 bis 5 hat sich seit dem 17. jahrh.
ein verewielnder plural spuren eingefunden, der aber in technischer
spräche der jager {vgL 2, a) nicht statt hat:
und ich machte darauf ein groszcs Idrmen im dorre,
dasz leb die menschen erregte, die spuren des wolfes xu finden.
(iöTHB 40, 5U (Hein, fuclis 3, 320);
meiä, wenn 4*$ wort in freierer Verwendung (4. 5) ist : nttmlich
eines der indianischen mlldchen zog ihn unwiderstehlich
bioOber, dasz er seine ganze siegreiche Vergangenheit vergasz
und einem neuling gleich auf den spuren einer wilden umher
irrte. Kili cr stnngedicht s&9: er liesz seine äugen umher );ebcn
an den wanden und zählte alle die vertrauten spuren von
den vielen gesellen, die hier schon |ewohnt kürzere oder
ilDgera zeit ic^i« 4,244;
ich bin entdeckt. Ich bin durchschaut — wie kam
der unglückselige auT meine spuren!
ScBiLLKB 12, 518 (A/. Sluarl 4, 4);
da der herr noch kraTt verleihet,
will ich alle seine (meines (jaUvn) i>|)uren
einmal noch in Tels und fltiren
Tromm besuchen. Tiick 1,230;
drum haben die obskuren
und argen ihn gehaszt.
sie l'olgien seinen spuren,
verlieizten ihm die rast. Frbilisratb 3,46;
spuren von wunden, schidgeo; ruhmlose wunden auch birgt
das henule, die spuren der streiche, die den rücken bedrängten.
Frbvtac ahnen 1,46; unsinnlicher: ich habe ... diesen spuren
der Vorsehung oft mit tiefer ebrfurcht, obgleich mit einem
innerlichen schauer, nachgedacht. Gbllert 4, 3öo; (er wird)
viel bemerken, aber wenig ergründen; auf mancberley spuren
gerathen, über keine verfolgen. Lbssinc 11,457; finden sich
gleich auch viele solche mühlen in privathänden; so finden
sich auch so viele spuren alter zersplitterter gerichtsbarkeiten
und ämtrr, dasz man auch die mühle für einen solchen alten
Splitter ansehen kann. Möseb patr. phant. 2, 2ib;
zieh liin! und flnd auch da der vorsieht goldne spuren,
um dich besorgt, von dir verehrt. Lessing 1,92;
in der jugend ist ihm ein rroher gefährte der leichtsinn,
der die gelahr ihm verbirgt, und beilsam geschwinde die spuren
tilget des schmerzliclicn i'ibels, sobald es nur irgend vorbeizog.
Göthe iO.TiS.
7) in der bedeutung des nachgelassenen eindrucks und an-
tekhens tritt uns von vorn herein die Vorstellung des geringen,
kleinen , eben noch merkbaren entgegen , die in verschiedenen
Wendungen besonders scharf ausgeprägt ist.
a) im sing, spur, besonders in den festen verneinenden formein
keine spur, nicht die geringste spur, nicht die blasse spur:
auch in dieser ist nicht die geringste spur von der didak-
tischen klugheit. Lessing 6,254; man fand abscheulich, ...
dasz in der groszen weit keine spur von natürlichem und
herzlichem unigang zu finden sei. Göthe 19, 17; hier sasz das
Wärzchen; sie sehen keine spur mehr davon, ersähe keine
spur, aber er sah ihr ins äuge. 20, 41; es ist immer ein
hübscher burscbe, aber keine spur von mir. 29,8; feen ...
von denen keine spur mehr existiert. Novalis 1,57 Meismer;
sie ist schon wieder ganz hei besinnung, und die schwäche
abgerechnet ... ist in diesem uugeniilick wenigstens keine
spur von gefahr. Hauff 11, U (die Sängerin 2); der {Bugsinger
wald) hatte seinen namen von einer Ortschaft auf dem berg,
von welcher heutzutag die spur nicht mehr vorhanden ist
Mörike erx. 169; nirgends auch die blasse spur von ahnung
der eigentlichen Intention des tiefsinnigen dichters. Yiscbbi
auch einer 1,96; „j, menschen Schönheit nennen,
ist doch nur staub, Verwesung nur!
das schönste, was wir hier erkennen,
hat desz was dort ist. keine spiihr.
J. C. Lavater liiinäbibliothek 1790, III, 17;
da war auch keine spur von neugier und verstand,
nichts ging in seinen köpf, nicliis ging ihm von der band.
, , j . .. „. ... WiBLANO 18, 130;
sieh, deine zeit fliegt hm,
und läsxt dir keine spur
dahier von ihrem gleis. Gleih 5,332;
du hast wohl recht; ich finde nicht die spur
von einem geisi, und alles ist dressur. Göthe 12, 6S{
zuniclist der schweTel . . hier, bey diesen Griechen
ist von dergleichen kaum die spur xu riechen. 41, 154;
keine spur von donnern . . .
wahrbahig, kein gedanke!
Schiller 1,322 (Semele r. 254);
und doch
in ihrem aug' nicht eine spur der Treude.
5, 6 (dom kartot 1, 1);
ich sehe mich
wie unter fremden menschen, keine .<pur
von meinen vor'gen wünschen mehr und Treuden.
b 1 1 j «.u ■ I.. .1. 12. 134 (/'».f. 3,3);
keine spur wird übrig bleiben.
was die vtiter auch gethnn. GBiLLrABZBii 3. 9;
ungewöhnlich keine spur von der völligen abwesenheit einer müf*
Itehkeit xu handeln:
er ilutsi, was soll er ihun? sur flucht iit keine «pur.
Uacedob!« 2, ttt
auch ausitrhalb solcher formein im sinne des kleinen merkieicheni:
eb ihr «ie int erab mUszi senken,
gebet mir die locke nur,
fönnet meinem angadeuken
diete einige dunkle «pur. ROcbbbt H;
dit Wechselspiel von hlQten, rrOcIitcn. garben
war hinter mir geschwuodao tpur um «pur (knum
mrrkiiili). 301.
241
SPUR
SPÜRBAHN — SPÜRCHEN
242
b) im pJural spuren: spuren eberaaliger Schönheit; inicissen-
schaftlicher spracJie: im wasser befanden sich spuren von kallc
{eine wegen ihrer kkiiiheit nicht mehr bestimmbare menge) ; man
hat die spuren vom gifte an dero cörper wahrgenommen,
quae solent esse indicia et vestigia reneni, in ilUus mortuae corpore
fuerunt. Hederich 2124; sein kurzes aufgelaufnes haar gab
indessen seinem gesiebte, bis auf etliche spuren von kummer,
die aus seinen äugen nicht vertrieben werden konnten, ein
unerschnicknes ansehn. Gellert 4, 405 ; des zergliederers
messer findet ja keine spuren von wunde oder korrosivischen
gifl. Schiller 2,59 {räuber schausp. i, l) ; wirst du auch die
welken lippen, die bleichen wangen mit Zärtlichkeit an deine
lippen drücken? werden die spuren des alters nicht die spuren
der vorübergegangenen liebe seyn? Novalis 2,160 Meiizner;
seine frau, welche spuren von kindlichkcit zeigt. Brentano
P, -ise; spuren uraller cultur. Freytag bilder \,&1 anmerkung;
es sind spuren erhalten von noch älterer strenger volks-
sitte. 87; die färben und abzeichen der einzelnen stamme und
ihrer häuptlinge sind uns bis auf wenige spuren verloren. 136;
solch innige Verbindung zweier männer begegnet einige male
in der deutschen heldensage, spuren davon haben sich im
Tolk bis zur neuzeit erhalten. 2,1,6; Erwin küszle die er-
wachenden spuren eines neuen geistes ihr von äugen und
mund. Keller 7,86; die dame des hauses, fast jung noch,
aber die spuren vergangenen leides in dem blassen gütevollen
angesicht. Stör« ges. sehr. 6,%0;
ineinander zukender naturen
ach! nur matte spuren. Schill» 1,283;
ein blick aiiT rrühlingsnuren
söhnt stracks uns mit dem leben aus
und löscht des tiefsten kummers spuren
sogleich aus sinn und busen aus.
^ovALls 1, 195 Meistner.
S) andrerseits aber kann spur als quaniitdtsbegriff ein völliges,
reichlich merkbares bezeichnen, mit verdeutlicliendem adjectiv:
die natur
bat reichlich bracht hieher (auf die wangm dt-r jungfrnuen)
in einer Tollen spur
die gaben ihrer liunst. Logad 2, 63, 57;
es ist kein einiger hier,
dero sie nicht wohlgethan, der nicht an sich,
in haus und Feld, au gut und bei den seinen,
Ton ihrer milde reiche spuren trägt.
Gbillpakzkk 3,238.
9) spur, in dem sinne solches merkzeichens, aber nun deutlich
auf die zukunfl «eisend, und eine zu verfolyende bahn betonend:
auf einigen spuren seiner menschenphilosopbie ist augen-
I scheinlich Rousseau sein führer, Herder 2, 276 Suphan ; die
i frage wäre nun, wie schafft man auf seiner {Shakespeares)
' spur dankbare rollen? Ludwig 5,118;
und aul' der spur des Griechen und des Britien
ist er dem bessern riibine nachgescbritien.
Schiller 11, 322;
auf den anfang eines u-eges, einer entwickelung bezogen:
wenn wir mit trunknen blicken an dir hangen,
als zog ein neuer stern die erste spur.
im p{ur.; Hebbel verke 8,26;
viel böses kümt gegangen vielmal ausz guten spuren;
ausz engein werden leulTel, ausz jungTern werden huren.
LoGAU 3, 195. 22.
10) spur, aus der bedeutung des merkzeichens in die handlung
des ßiehens selbst übergegangen:
ach lasz dich nur tum bleiben,
wo du nicht anders wilit, durch meine seuTier treiben,
durch meiner thräneo flusz. ball ein die schnelle spur!
PosTlL »itlpki„ä (1724) $. 196 (7, 1271);
dann auf den geviesenen pfad, ueg bezogen, den man dauernd
verfolgt, eigentlich und bildlich:
daher auf deiner wabrheit spur
fortfahrend, hin ich, mein gewissen
rein zu behalten, sehr gedlssen. Wickhiilin lt4;
und euch hat eures Ileiszes spur
der heiralichkeiten der natur,
die jemal wfirdiglich vermehret,
geweliret bald, und ganz erkläret. 518;
er treibt philosophey, die aufT die kunst zu lügen
gibt regel und gesetz, die schicken, schmiigeu, biegen
um zu gefallen lehrt, die allen fluch und schwur
dem wasser und der lulTt beist geben in die spur.
LoGAU 3, 245;
der ehstand Ist zur zeit dem ubrwerck zu vergleichen,
das nach dem weter oft von rechter «pur wil weichen.
A u 1, 105, 40;
(rs) war keiner, der verharren
und ferner fechieo wollt': ein jeder suchte nur
die frejbeii in der fern', im fliehn de« lebens spur.
Postrl Hüickiir.l «.292 (10,602);
Z.3.
drum, liebes paar, zagt nicht! eilt auf beblümter spur
zum altar. Gotti* 1,81;
süsze, beilige natur,
lasz mich gebn auf deiner spur.
leite mich an deiner band. Stolberg 1, 113;
nachahmung der natur
— der schönen —
ich ging auch wohl auf dieser spur. Göthi 3,124;
doch furchtbar wird die bimmelskraft
wenn sie der fessel sich entrafft,
einbertritt auf der eignen spur (den weg sitk $elbst
bahnend)
die freje tocbter der natur. Schills« 11,310;
es ist nicht lange her,
da gieng ich jagen durch die wilden gründe
des Schächenthals auf menschenleerer spur.
14,341 (Teil 3,1);
als es des schäfers sein mutter erfuhr (dost der söhn
■jcf'tnijen war) . . .
da macht sie früh sich auf die ^pnr.
wunderliom l, 258 Boxberger;
ists möglich, ein geschöpf in der natur zu sein,
und stets und wiederum auf falscher spur zu sein?
I'LiTEN 84» ('jliaselen 113);
auf die spur helfen, auf den richtigen weg: unsere ehrlichen
alivordern mögen wohl nicht so unrecht gehabt haben, wenn
sie glaubten, dasz ein guter genius . . . sich damit abgebe,
einen ehrlichen kerl in Danischraends umständen auf die
spur zu helfen. Wieland 8,24.
11) spur, in technischer spräche.
a) im strasienwesen die weite eines weges in rücksicht auf das
ihn befahrende fuhrwerk, und der abstand des räderpaares eines
wai]ens von einander: durch das dorf selbst ist der weg schlecht
und enge spur, hinter demselben aber bat man, »or kurzem,
den weg bergauf dergestalt verbreitert und mit quergelegten
holzstämmen zur ableitung des wassers eingerichtet, dasz er
gar wohl verhültniszmäszig für gut gelten kann, wenigstens
leidet eine breitere spur keinen anstosz. Gütbe 5l,l07; der
bald auf-, bald absteigende weg ist schlecht und hier findet
man wieder enge spur. 108; einen wagen auf schmale, breite,
weile spur bauen; hierbey fällt mir ein. ob sie nun auch den
Wiener wagen behalten wollen? er ist ungemein bequem,
sagen sie mirs in antwort, so lasse ich ihn zur weiten spur
einrichten. E. Kö.mc bei Lessirg 13, 570; dem Wiener wagen
lasse ich weitere spur geben. 573. bei eisenbahnen abstand der
schienen des geleises: normalspur, Schmalspur; doppelspur bei
zweigeleisiger bahn.
b) vertieftes, eingedrücktes verschiedener art.
a) beim bergbau spur das durch die schieszpflöeke gebohrte
loch zur durchßhrung des Zünders; der zicischenraum zwischen
den das hundegeslänge bildenden breitern, in welchem der spur-
nagel läuft; die erste Vertiefung, welche zum zweck des abbohrens
eines sprengbohrloches in das gestein einyehauen wird. VeiTH 457.
ß) spur im hüttenwesen. was spor, theil 10, 1, 2676.
y) spur im deichbau, loch für den untersten soden der besodung.
^ spur im Schiffbau, hölzernes oder eisernes Zapfenloch, vier-
eckig oder rund, in das ein häufig ebenfalls spur genannter spur-
zapfen eingesetzt wird. Stekzel deutsches seemänn. würterb. 395*.
e) anatomisch: auf der rechten seile und gegen die mitte
befindet sich {im rechten vorhofe des heriens) ... die spur des
eirunden loches (vestigium foraminis ovalis). Mecbel anat. 3,33.
SPCRBAHN, f. bahn auf der gespürt wird: immer näher ist
ihm {dem hirseh) die hetze auf der spürbahn. D. v. LiLieKCtoN
zehn novellen 155.
SPÜUBAH, adj. was gespürt werden kann, leise merkbar:
{parlheyen die) ihr daseyn durch allerhand äuszeruDgen spürbar
machten. Wieland 29,412; insonderheit ist der einOusz der
Seele ungemein spürbar, wenn sie, wie es von recbtswegen
seyn soll, der herrschende theil be; einem menschen ist.
4. suppl.-band s. 57 {Timoklea); eine weit ... die wahre Unend-
lichkeit hat, aber nur dem verstände spürbar ist. Kant 4,288;
dieser unterschied war ... spürbar. Kellbb 1,417;
wohn, 0 du. der seele lust ('lolt),
spührbar hier in dieser brüst!
J. C. Lavatir handiibl. 1790. III. 23«.
SPURBIENE, f., was späbbiene, oben theU 10,1,1835.
SPURBREITE, f. brette zwischen dem rdderpaare eines wagens,
auch spurweile, vgl. spur ll, a.
SPÜRCHEN, n. kleine, kaum merkbare spur, in der bedeutung
von spur 7, a oben sp. 240: in der provinzialsprache würde man
{für grieeh. tvx&öv, Utas 1,354) noch treffender sagen: er ehrt
mich kein spüreben. Bürger 190*, anm.
16
243
SPÜREI — SPÜREN
SPÜREN
244
SPUREI, n.: spureyer, eyer, welche sehr schmal sind,
und denen entweder der dotter, oder das weisze, oder sonst
etwas fehlt. Nbmrich «fr.; nnder« ^orm /ür sparei, sporei, s.d.
SPLREISEN, n. krummes eisen oder messer, womit die spur
im Irribherd ausgeschnitten vird. Jacobsson 4, 243'.
SPL'HEN, verb., nehenform lu sparen (theil 10, 1, sp. 1933) und
Sporen (sp. 3677), schimmeln, schimmUchl riechen: spuren, udum
esse, situm dueere, situ eorrumpi, der keller spurt, cella haec
est uliginosa, das spuhren, mador et situs dolia corrumpit.
Frisch 2.312*; der keller spuret, wenn er durch den gtruch
verdorbene feuchtigheit verrät; als landschaftlich oberdeutsches
wort AnELURG.
SPUREN, verb. spur halten. Campe; ausdruck der fuhrleute
und Wagenbauer: der wagen spurt, geht in dem geleise schon
vorangegangener; spurweile haben: der wagen spurt normal, hat
die normale spur. vgL dasu spur 11, a.
SPÜREN, SPÜREN, verb. spur suchen und finden.
l) wort des gesamten germanischen Sprachgebietes, altn. spyrja,
schwed. spära, dän. spure; ags. spyrian, im englischen unter-
gegangen, aber schottisch als speer, speir to ask noch lebend;
ohd. spurien, spurigen, spurren, invesligare, sciscäare Graff
6,356; mhd. spüren, spürn; mnd. sporen, spören; mnl. sporen
t. speuren intestigare Kilian; das allere nhd. kennt verschiedene
nebenformen, die von der neueren spräche wieder abgestoszen sind;
speuren, vgl. oben theil 10,1,2197; unumgelautetes spuren:
vesligiare spuren, sporen Dief. 616' [vgl. auch unten unter spür-
sam); das ist die natur und art des geysles, das er sich
spuren und mercken lest. Ldtber 20,224,26 Weim. ausg.; sie
Tive, ut qiiisque spure dein iuventutem. 27,161,14; und noch
nach Adei.unc 'in einigen mundarten' spuren, wenn das wort
in der bedeutung 2 unten steht; ferner spüren: man hat auch
an im nichts können spüren, das ehr etwas sonderliches were.
Ldtber 9, 405, 30 Weim. ausg. {predigten gesammelt von Poliander);
denn goit vorlest die seinen nicht, ...
leichtlich wil er una auch hörn,
trewiich wir sein hülfle sporn.
AcKKiiMAN-VoiTH 205, 1500 Holstein;
und spiren, was aber nur wiedergäbe einet landschaftlichen aus-
tprachüe von spüren ist: welchs gleichwol wenig leut an im
haben ge^pirt. Zimm. chron. 4^, 175,31; ausspieren Lbssing 4,269,
tfl. die stelle unter spürhund ;
darum wer doppeltes gut will
anschauen, riechen, schmäcken, spiren.
Wbckiierlin 631 (Od. III, 15,4);
vgl. auch unter spürlich.
l) spüren, tm eigentlichen engen sinne, eine spur aufnehmen,
einer fährte folgen, als jägerausdruck, ahd. indagantes spurienta
Steirheter-Sievers aA(i. ^/o5j. 2, 258, 56; nhd. spüren, vestigia
videre, die fuszspur halien Friscb 2, 312*.
a) vom Jäger selbst; absolut, allgemein von seiner beschdfligung
oder seinem berufe gesagt:
swer einen Triunt wil suochen da er sin niht enhüt,
und vert le walde spüren so der *a6 zergät (.als bei-
fpirl terqeheiier urbcil). miiiiies. fiiilil. 21,14;
der Jäger iummt es (änt tu"l) vor sieb her,
spürt er im btigenhage. Gkiril 1,28;
mit priposilion, den bestimmten fall meinend, nach einem wilde
spüren, vgl. nachspüren theil 7, 132;
dem Toise wRrt do na gesporet.
Gbruaro V. MiNDiM 47, 94 See<mann;
mit aee., ein wild spüren; so vermag der jäger das thier nicht
zu spühren und gewahr zu werden, wohin oder wuher es
wechselt. Göcbhausen notabilia venatoris {IH\) s.i; in passiver
Wendung: dort (im forste von Kunersdorf) war ein wildes si hwein
gespürt, und es dauerte auch nicht lange, so hatten die treiber
es im dichten unterbolz auTgefunden. jetzt wurde eine nieute
von fünfzig hunden auf dasselbe losgelassen. Moi tki Schriften
6 (IS92), 48
b) vom Jagdhunde: tpQren, als ein bund, invesligire, indagare,
odorari. KiiscB 2, SPi'; die bunde spüren im walde, spüren
Mch dem wilde. Adelung; die bunde spüren ein wild, ebenda;
häufig in biUern und vergleichen:
lugende «pürt er t»m da{ will
•In natewiitr brar-ke.
iC. T. WeiiiUR« 3BA, 250 Uarttth;
i» tcbauet *ie {<iir Srmrti') empor xuro blick des Zeus,
4ein blutbeglergeii Jatdferthri«o gleich,
4«r Blliuiicbres wild In bufclie ipbri,
«od wedelnd auf den prall des Jäger* harrt.
Stolbirs 4, 61;
laszt mir so lange ruh, ihr unterirdschan,
die nach dem blut ihr, das von meinen tritten
hernieder treulelnd meinen pfad bezeichnet,
wie losgelassne hunde spürend hetzt.
GöTiii 9,28 diiUig. 2, I);
wie mans herz üeisiig soll abrichten,
da» es wie'n Jagdhund schnüfTelnd spürt.
TllCK kaiser Uctavian s. 373.
e) dann auch vom wilde, in reflexiver fügung, spur machen,
hinterlassen: der bär spürt sich fast gleich einem menschen,
welcher ohne schuh und strumpfe, also barfusz, gegangen;
nur dasz er die nägclklauen ruroe heraus zeiget. Hkpi-e jagd-
lust (17S3) 1,343; und in freierem sinne, ohne genauen beiug
auf die fusispur, Witterung haben: sie (Jte wilden schweiiie)
spühren den menschen von ferne, wann sie den wind von
ihm haben können. IIobbbrc 2, 62o'.
3) spüren, bildlich, in engem anschlusx an die bedeutung i, a,
in dem sinne eines feindlichen nachsteUens und suchens: ein
polizeidiener spürt umher, spürt nach einem Verbrecher; ich
habe nämlich den allen Jochem allein weiter spüren lassen,
denn vor allen dingen ist incognilo nöthig, wenn wir ihn
{den verfolgten) entdecken wollen. Immerxann Münchh. 1,170;
Viren. Ljsander wird gewisz den grimmsten feind verlieren.
Olymp, mehr ich, die dadurch frey von seinem steten spüren.
Viren, der keuschbeit wird umsonst gespüret und gestellt.
A. Grtpuius 1,219;
was hat
der kerle hier herum zu spüren,
und heiige reden zu verTüiiren?
TiicK kaiser Octavian t. 107;
auch milder, wie blosies suchen, lu ßnden verlangen: {das arme
mütlerchen) muszte den schlotternden körper zusammendrücken
in einer ecke, in den eigenen gliedern noch irgendwo nach
einem restchen wärme spürend. J. Gotthelf 4, 7; ich spürte
nach des mädchens kammer: umsonst, noch rührte sich kein
laut im ganzen hause. Mörikb erzähl. 68;
nicht geht, noch hoher rang, darnach der eitle spüret,
hat Philalethens arm die gattin zugeTühret,
die seine zeit versüszt. LicuTwia 166;
den Naia suchend, sie fuhren
durch dörfer. Städte und Düren,
spürend auf allen spuren,
um thäler und bergesspitzen. RBckkrt 12,90;
wie forschen:
si begunden alurame spurn,
mit wigheii. beide her und dar,
wie si wurden gewar
eines, der dem selben hove
vügete zu einem bischove. paff. 9, 50 KSpke;
dies hindert nicht, nach einem princip zu spüren. Kant 7,262;
sie sind hinweg und spüren durch die iusel;
denn wiszt. herr Adam ist, was man so nennt,
ein tiel'gelehrler mann, der seine wallTahrt
zugleich beiuitzt, was ihm an steinen. pHanzen ...
merkwürdiges und eignes nur begegnet,
xu sehn und im gedächtnis zu bewahren.
TiRCK kf.iser Octavian t. 160.
auch von der nase, Witterung haben, an den Jagdhund angeknü^ß
{oben 2, fr): eine spürnase, wie die ihrige, wird schon spüren,
was an ihm. Merck briefs. 2,220;
der weise Ferasis fand den angenehmen geruch
der ihm entgegen weht, von guter Vorbedeutung;
... sie folgen also der leitung
der spürenden nase. Wiiland 5, 58 (n. i4mad. 13, 28).
4) spüren, in den allgemeineren sinn des empßndens, merkens,
wahrnehmens verlaufend; die Vorstellung des folgens auf der
fährte ist ganz in den hintergrund getreten.
a) absolut: auch war er fleiszig, wie ich an allerlei spüre.
GöTHB 16, 13;
hie mit er wart geswiget »6,
dat er niht mt getorste dd
sprechen, ob ich rebte »pOr.
K. V. \MiRZRi)R8 SUsetier 39S7;
sie sind vom Itheine, wie ich spüre. Göthr 12,112.
b) mit einem acc. der ;>erion.- aber gehe ich nu slrads für
mich, so ist er (der allmächtige) nicht da, gehe ich zurück,
so spür i(h ihn nicht. //iofr23, d;
ir (furttt'i) habt dem rieh geitogen abe die ganze babo,
de* rechten bort i*t ganz ermori,
dar au Ich uch wol »pure! Mt)*KATaL6T 81,60;
varteu(ch) dich nicht xu lang
da* dich mein man nicht spüre.
bergt eihrn t. 17, 1 neiidr. ;
binler mein* vater* hof *l«hl eine Ihür . . .
da geh hinein, datz man dich nicht teh noch «pOrl
munäeihoin I. 116;
245
SPÜREN
wenn ich und du
da schickt er zu,
ihn (qotl) nicht mehr spüreo,
UDt wol zu rühren.
V. GzKaAiD 276. 61 Gödeke;
den teurel spürt da« völlichen nie.
und wenn er sie bei'm krapen hätte. Göthb 12, t08;
wo ist der kerl? wenn ich ihn spüre,
er soll mir nicht lebendig gehu! 118;
last von den dingen dich gern umwinden,
du wirst dir dadurch nicht selbst entschwinden;
Ton je mehr selten sie dich berühren.
je mehr wirst du dich selber spüren. Röckibt 323;
in erveiterUr ßgung : ich dich zu aller reit als einen waren
rechten liebhaber gespüret und erkennet hab. Galmy 94;
Bagoa3 ward gefangen: Tbeagenes und Chariclia wurden auch
gefangen, vermeineten es were unliillich ton jhm zu weichen,
dieweil sie jhn als einen freundt gespüret, buch d. liebe i[^* ;
man spürt euch blosz auf da«, was ewig heist. bedacht.
Rist Pam. 827;
da ihät er einen narren spüren
mit bocks- und affensprüng hoQreo. Götbb IS, 129;
ach da sind wir an der thüre !
bebend hält er in der band
schon den schlüssel. — wart', ich spüre
jemand gehen, Amarant!
GöcKi!«GK lieder tmeier lieb. (1779) üi.
e) mit acc. der sacke.
a) die aUe spräche hebt an spüren, als vielgebrauchtem tcorte,
mehr die schärfere bedevlung des vollkommenen erkennens, wahr-
nehmens hervor: merken, gewahr werden, spüren etwas, sentire
aliquid. Hedebich 1602;
den sumer ich spür
an den vogellinen und an manigem tiere.
minnes. 2, 261» Hagen ;
des spurte er wol die strafe,
die in dai. himelriche treit,
mit der barmherzikeit. i>as^. 63, 10 Köpke;
I sihe nicht drauff, wie Ternunfftige leute es seyn, die da etwas
anders leren, ... wo du nicht gottes wort spurest, so zweyffel
nicht daran, das es eytel finsternis sey. Lcthb« 14,30,8 Weim.
ausg.; das am bofe . . . schöne kleidung, hoffart, pracht ge-
spüret, auch geld und gut alda erlanget wird. 16,25,20; also
kanstu leichtlich an den fruchten den bawm spüren. 28,168,11;
dein ausgang und eingang mit mir im beer gefeit mir wol,
ond bab nichts arges an dir gespürt. 2 Sam. 29, 6, vgl. v. 8;
dein weg war im meer, und dein pfad in groszen wassern,
und man spüret doch deinen fus nicht, ps. "", 20; und sie
zogen Daniel aus dem graben, und man spüret keinen schaden
an jm, denn er halte seinem gott ?erlrawet. Dan. 6,28; als
wenn ein pfeil abgeschossen wird zum ziel, da die znleilele
luft bald wider zusamen feit, das man seinen flug dadurch
nicht spüren kan. weish. Sal. 5,12; an der silbermOnz und
dreissigern oder Schillingen merkten und spürten sie die ge-
rechligkait der Römer, das dieselbig all gleich an der wag.
Atenti!« 6aj/r. c/irofl. 1, 6S2, 20 Lexer ; sie {die Türken) tragen
eyn erbcr kleydung, an jren sätlen, zemen (zdum^n) wirt
keyn fürwitz und überflussz gespürt. S. Francs 9S'; ist doch
solcher fehl nicht allein bey uns ... zu spüren. Kirchbof
vendunm. 40o'; da man jre trew . . . gniigsara gespüret, discipl.
milit. S; daraus ich gottes sonderliche führung und erhaltung
zu spüren ... hätte. Scbwehicbeh 1, il ; dabei haben ifg. mein
treu gehorsam gemüte zu spüren gebabL 2,123; die vertrag,
gehrhabscbaft, kauf, Obergaben . . . sollen unverzogentlich bei
gericht angezaigt werden und nit unterschlagen, wie man
genugsamblicb spüren musz. österr. reisth. l,lOZ, 6; damit du
meine mütterliche liebe gegen dich im wercke spüren mögest.
ScHuppics 470; bis tu Lessi>c: in dem dritten (munA)satze
vermischen sich die beweglichen tonwendungen mit stolzen;
I denn die bühne eröfnet sich mit mehr als gewöhnlicher pracht;
I Seniiramis nahet sich dem ende ihrer herrlicbkeit; wie diese
hf^rrlichkeit das äuge spüren musz, soll sie auch das ohr
vernehmen. 7, 120 {dram. 27);
kein lieb ich an dir spür. /'aKn. </>. 123, 4 ;
der leg es hie dem ricbter für.
das er die warhait da pei spür. 314, 10;
freunt laszi eur zeugen auch berfür.
das man die rechten warheit bie spür. Sit, 30;
allererst man Weisheit an im spürt. 316,2;
falsch, . . ...
102,90
untruw, bschyssz würt gäiz gspuri.
ÜB AMT nairentch.
f
da «elbs do spurt man erst ir duck,
si wurfend ab die Aren brugg.
LiLiB'scBO!* hUt. tulkst. 4,66,37 (v. 1&33);
den freund spürt man in nOthen.
auch wer sein br&dar sei. 82,27 (r. 1&34);
SPÜREN 246
dem leyb. den man mit fingern zaygt.
die wesilich menschlich art nit aygt.
viel mer der seel dasselb gebürt,
der berscbuog würt im leyb gespürt.
SCBWABZBKBBBC 152*;
min sprach spürt man an inen wol (spricht der teufel),
die ist fluchens und scheltens vol. N. Makcbl 272,400;
sag was dein gscheft und handel «ey,
da« ich dein ellent spüer darpey.
H. Sacbs fayln. fp. 2. 2, 34;
ob ich den guten fuhrt wohl eigentlich kan spüren,
pOegsiu mich doch zu grund und in den sumpf zu führen.
D. T. D. Wbbdeb Aiiiist 2, 1, 5;
scbaw, jetzt dai weite feld. von so viel tausend mann
bedecket, dasz man kaum das erdreich spüren kan.
Rist poet. lusigarleu E2;
ja die stund ist schon fürbanden,
nerr, ich spühre die gefahr,
lasz mich vor der frommen scliaar
werden nimmermehr zu schänden.
himml. lieder 4 262:
in wobrten und geberden
wird (im ewioen lehen) nichts gespürel werden,
als lauter frömmigkeit. 5, 326 ;
im feuer wird das gold, obs reine sey, probirt,
und deine lieb im kreutz, wie lauter sie, gespürt.
Angelcs Silksics cltenib. waniersmann
139, 304 FMintier;
ein königlich gepräng wird um und um gespüret,
so Fridrichs frömmigkeit dem groszen vater weiht.
V. Bbssbb Schriften (1720) s. 142;
noch mit nahem bezug auf verfolgendes spüren (oben 2, a):
{geraubtem) rindvicbe und pferden wüste ich stiffeln oder
schuhe anzulegen, bisz ich sie auf eine gänge strasze brachte,
damit man sie nicht spüren konte. Simpl. l, 248 Kurz; in der
Verbindung spüren lassen, wahrnehmen, merken lassen, zeigen:
mein collega . . . konte mir hernach nicht genugsam rühmen
die sonderbare devotion, welche dieser cavallier in der belebt,
und bei empfahung desz heil, abendmahls bab spüren lassen.
ScHCPPius 255; {sie hol) dieselben als ihre andere eitern ge-
ehret und geliebet, und sonderbahre wohlgewogenheit gegen
sie bisz in den tod spüren lassen. J. B. Cabpzot leichpredigleu
(1698) 131; {da irh) aber mein billiges miszvergnügen zur zeit
nicht spühren liesz. ehe eines mannes 75; dasz keiserl.maj. selbst
ein allergnädigstes Wohlgefallen darüber spüren lieszen. 2>8;
ob einer liebe zur erkäntnisz der Wahrheit hat und insonder-
heit auch nach einer wissenscbafft begierig ist, kan man aus
dem Tergnügen abnehmen, so er von sich spüren lasset,
indem davon geredet wird. Chb. Wolff vernünft. gedanken von
der menschen thun und lassen (1733) s. 227; und noch bei Göthe:
die zurückgesetzten lieszen auf allerlei weise ihren verdrusz
spüren. 19,293 (W. Meisters lehrj. 3,9).
ß) seit dem 17. jahrh. in den anfingen, entschieden seit dem
18. jahrh. schKdcht sich {wol nicht ohne einwirkung des subst.
spur 7, 0, und besonders b, oben sp. Unf.) die bedeutung a ob xu
gunsten der eines blossen mehr oder veniger deutlichen empfindens,
gesagt von sinnestcahrnehmungen, gemütsbewegungen, körperlichen
und geistigen xuständen: ich spüre es, mihi subolet Steikb\cb
2,650; einen unangenehmen geruch spüren Adelung; gelobet
sey gott! noch spür ich den gift nicht. Scbilleb 3,503 Ikab.
u. liebe b,'); mein alter {herr) spürt auch wohl den vor^ug,
Jen mir der graf vor ihm gibt, Götbe 16,94; der Selbst-
betrug, wozu er eine fast unüberwindliche neigung spürte.
19,5: der nun auch als gevatter zu dem hause eine doppelte
neigung spürte. 24, 134; die sonne war indcsz hinler dein
Ettersberge hinabgegangen; wir spürten in dem gehölz einige
abendkühle. EcilEbbans gespräche 1,154; da sie anwandlungen
von trübsinn an mir spürte. Gotteb 3,36; je näher man Rom
kommt, desto deutlicher spürt man die folgen des päpst-
lichen Segens, die durchaus wie llucb aussehen. Siuke spaiierg.
1,113; obgleich sonst, wie die frommen klagten, von christ-
licher gesinnung wenig in ihm {dem Frankenvolke) zu spüren
war. Fbbttac btlder 1,231; man spürt das alter, wenn rings-
umher die alten bekannten und freunde verschwinden. Moltbe
Schriften 5,257; in dem linken arme trug er, als spürte er
die last nicht, seine lodte. C. F. Mkteb Jürg Jenatsch so-, lust,
schmerzen, verlangen, hunger, durst, müdigkeit spüren; auch
»llgemein es in allen gliedern spüren, es im köpfe spüren;
bey hoir Ist alles, wers nur spürt.
mit falschheit zierlich tapeziert. Losau 3,27,25;
ich sprach, kein leben man mehr «pürt,
et ist mit Ihm verloren.
Hein, fuchs {Rostock 1652) 228;
die reue, die sie spürt. Hasbdobn 2, 159:
247 SPÜREN
das ist der nerr«, wo !ch gichter «pure.
ScBiLLi« 5, 1. Ili> (ilom Karlos 2. 9);
Ich spOre was in mir von seinem geist.
12, 2-15 {Wiillenxleins toil 2, 2);
Itein athem hebt den busen mehr, doch leben
ist noch zu spüren in der warmen hand.
-u n >r. 13, 334 Ot/ny/'r. r. OW. 5, 14);
über allen gipfeln > \j ji > i.
ist ruh.
in allen wipTeln
spürest du
kaum einen hauch. Göthb 1,109;
du klagest junger Treuiid, unfreundlich sei dein haus,
und denkst dir mancherlei, dem abzuheilen .ins.
ich rate dir, hinein ein rreiindlicli weib zu riihren,
so wirst du freundlichkeit in allen ecken spüren.
RiJCKBRT wrike 2, 2iia liöhme;
es ist kein vöglein so gemein,
es spürt geheime schauer,
wenn drauszen streift der Sonnenschein
vergoldend seinen bauer. EicHR!<DORFr 1,460;
erst, wenn du külin von jedem wein getrunken,
wirst du die krall im tiefsten Innern spuren,
die jedem stürm zu stehn vermag; im lanze.
liBBBKi. ti, 318 Werner ;
verhüllender ausdruck für leichte trunkenheit: er spürt den wein.
LiCHTENBBRG 1 (tSOl), 34.
d) mit abhängigem salze; auch hin, wie bei dem vorigen (c)
ein unterschied des alleren und neueren Sprachgebrauchs, dort im
tinne des erkennens und wahrnehmens, hier mehr des empßndens.
a) in allerer spräche:
ich möhte an allen zwivel gar
an diner tugent wol hau gespurt
da; du waere von gehurt
edel gar und üj erkorn. Emidhard 1481;
dö 8US sin trüren was verkart
zu vreuden, als mau spurte,
er tet, als im geburte. ;/n.<!.s. 24,34 Kniike ;
las mich gnade für deinen äugen finden, ich spüre, das mich
der herr segnet umb deinen willen. 1 Mos. 3n, 27; unser keiner
las im feilen mit brangen, das man allenthalben spüren möge,
wo wir frölich gewesen sind, weish. Sal. 2,9; denn er war
so gar erschrocken, das er aller zitterte, daraus man leiclitlich
spüren kundte wie übel jin zu sinn war. 2 Macc. 3, 17; auch
haben wir mit jm gesand unsern hrudcr, den wir offt ge-
spüret haben in vielen stücken, das er vieissig sey. 2 Cor. 8, 22;
ja er {der satan) spüret und fület, das (wie gdltcs wort art isi)
ylie mehr mans druckt, yhe weytter es leufft und zunympt.
Luther l.s, 211, 6 Weim. ausg.; daraus e. f. g. und alle weit
spüren und greyffen soll, das diser geyst gewisz ein lügen-
haffiiger teuffei ist. 216,13; daran man spüren und mercken
künde, wie diese meyne oben geschrieben gründe und sprüche
auffgericht werden und gehen müssen. 304,26; ich sehe und
spüre, dasz das ende meines lebens nahe sei. Schcppius 490;
warum wolle ich nicht die fehler meines nächsten dulden,
znvoraus, wenn ich klärlich spühre, das das hertze iiichl
büse ist. BuTscBKY Pathmos 148; überdis sol einer, den man
in legntionen gebrauchen wil, vorhin eine und andere charge
bedient haben, daraus man spüren möge, was ferner von ihm
zu hofTen oder fürchten. 399;
ein ieder hei den werten spür.
dasz es IdiiK iiniiüchi- wuri) uuch zfi disen zelten
forsten und herrn mOcht bedeuten.
LiLiiNCRON hist. volkül, 4, 2, OH (p, 1530);
noch mynder nrlfz wir gottes macht.
dann was zi'i wissen uns gepürt,
wüii durch sein liaylge ler gespürt.
SCHWARZENIBRC 156';
•pdren lassen: da sie denn zur genüge \on sich spüren
lassen, dasz sie mit dem nahmen [Luther) auch die gemülhs-
gaben empfangen babe. J. K. Carpzov leichpredigten {,\mfi)\i\;
ilttU des abhängigen suties erweiterte accusattvfügung : damit mnns
nicht spQret etwas guls zu seyn (dati et etwas gutes sei),
wicklet sie das in liederlich lumpen, buch d. liebe \^' ;
es wer das liest,
wenn du zeitlich auszseizen thetst,
eb dein herr der |$riIT innen würd
' und dich ein falben gaul da spürt.
iiai leiibucli (/ii'nioii ron Peter l^eurn)
112. 7U3 nnhertng;
dareb flost«rnli deckst du des lande* pracht,
und glebat Ihm uro da« braune kicid der nacht;
dB »purei man alidann die thiere kriechen,
da köropt das wild eni recht hervor geschlichen.
Opitz pmlmen «. IIM (/'>. IUI, 10).
fi) in ntutrer spräche, seit dem Id. jahrk.: der zuscboiier
•pflrel liaad|reinicb, dasz ihn der dichter lielrUgU Lcssinc 3, tri;
SPURKNLOS — SPÜRER
248
wenn er spüit, dasz es ernst ist. Götbe 10,109 (Ciarigoi);
ich hoffe, die frau pfarrerin soll es an butler und eyern und
übrigem zutrauen spüren, was für eine wunde sie ihrem (ute
gegeben hat. 16,124; doch hab ich bei ganz fremdem anlasz
aus hiiigeworfnen worlen gespürt, dasz es in seiner seele
g^lirt. 57,34; leih, seele und geist setzte ich an mir aus so
vielen Fingerspitzen und fühlfaden zusammen, dasz ich es
schon spürte (die quinterne spürte es gar noch eher) wenn
unsre zwei schatten zusaminenstieszen. J. Paul Hesp. i, 53;
wie in der spräche überhaupt viele Wörter erkalten, ihrer
Wurzel vergessen oder gar sie verleugnen, eigennamen sinnlos
werden und bei manchen benennungen nicht mehr zu spüren
ist aus welchen lebendi|;en appellativen sie einst hervor-
giengen. J. Grimm R 5c/in/(;n 7, 207 ; bat er denn da (bei der
abfassung des buches) nicht spüren können, dasz auch arbeit
froh macht? Vischer auch einer l, 44; der einfache mann spürte
wol, dasz man mit den nützlichen erßndungen ... nicht
schlecht fahre. 190;
das isis ja, was den menschen zieret,
und dazu ward ihm der verstand,
dasz er im Innern herzen spüret,
was er erscliallt mit seiner hand. Schiller 11,305;
kennst du auch die grosze lehre
von der hutier und dem schmalz?
spürst du in den flngerspitzen,
wie viel pfeffer, wie viel salz? ühland <7''rf. 309;
Im Sturme spannt der adler seine schwingen —
blas zu! da spür ich, dasz ich mann!
ElCHENOORFF t, 342.
e) reflexiv, sich spüren, sich spüren lassen: sich spüren
lassen elucere Steinrach 2,650; intelligi Krisch 2,312*; sogar
der güliT-geiz spürt sich durch langes bereichern endlich auf
einem geldhaufen, wie auf einen berg gestellt, von wo aus
er in ein Kanaan langer goldllüsse blicken kann. J. Paul
nachdämmerungen s. 78;
iäszt sich ein gefreuter mit sieben mann
In einem dorfc von weitem spüren,
er ist die oluigkeit und kann
nach liisi drinn walten und kommaudiren.
Schiller 12,45 {Wiilifnsleing Intjer 11).
SPURENLOS, adj. ohne spuren: so gaben ja diese er-
f;ihrungen selbst unsrer göttin das rad unter die füsze, das
immer beweglich, spurenlos hinläuft. Herder 15,419 Suphan.
vgl. spurlos.
SPUKENSTEIN, m.: typolilhi, spurensleine, abdrücke, ah-
drucksteine, steine, worauf sich das bild eines thierkürpers
oder einer pflanze abgedruckt befindet. Nemnich 4, 1519.
SPUKER, m. der da spürt, ausspült; vestigalor spurrer
DlEF. 616'.
I) von einem menschen, der der fährte eines wildes folgt
(spüren 2, a, sp. 243):
du sprichst, o freund und führer:
'so folge mir doch nuri
ich bin ein aller spürer
und längstens auf der spur,
schon hangt mir vor den krallen
des wildes, das du jagst.
Frkilicrath iliclituiuipii 2, 172;
häufiger nach spüren 3, sp. 244, feindlicher kundschafter tini
nachsteller, sinnverwandt zu spioii :>, theil lu, 1,2553: ttaL sbirro,
insidutUir, ein spürer, ausspjiber Stieler 46; eure spürer
können nicht allenthalben sein. Fichte zur ücksend. d. denkfr. b3;
kein spürer der Kalten achtele auf meinen pfad seil sechs
nüchten und lagen. Frevtac ahnen 1,5; da nun auch die
sächsische behörde nicht allzu willig war, sich von den übel»
beleumdeten spürern aus Iterlin in dieser angeiegcnheit be-
nutzen zu lassen, erinn. 25<.i;
bOse spiiier des betragens
• ndrer, lest und leset recht!
llBROER :. liK. 5, 177 (CM 60);
nur schnelle flucht
•nitog uns seiner spürer Wachsamkeit.
Schiller 13, :t45 iTurnniiot 1, 1); '
Richard nur lebt, der hölle schwarzer ipürer.
Sliiikn./: lUthanl Hl. 4,4,
IHcliani yet livrf, /ic//'« hlack inlelttifiicer;
die truppen und führer sind all hei dir,
die weiten und tptuer siml all bei dir.
KecEERT Fii >/n<i 3,209;
offen breitet die strasi«
durch die ebne «ich aus, «loch Christian meidet sie ftngMlIch,
weil ihn neben den (pürern und streifern tu Tust und tu plerde,
die Im dieiKi des geteltes den frevel belauern und pai ken.
auch die tungen der erde, die lelecraphen, erurhrecken,
welche slldte mit stidten und Itnuer mit liindcrn verlimdeAi
ilSIBBL l>, 2->U,
249
SPCREREI — SPÜRHUND
SPÜRHUND
250
m'.lder von einem, der nur neuigkeiten aufspürt: ich wiederhole
nur, was mir Bartusch, mein alter maulwnrf und spürer,
heule früh zugetragen hat. Gutzkow riller v. gast 3,67; und,
einspielend in die folgende bedetitung i: was steht zu befehl?
die nase des spürers, oder der Stachel des Skorpions? {mohr
zu Fiesko). Schiller 3, 70 {Fiesko 2, 15).
2) spürer, nach spüren 2,b, sp. 243 von einer art Jagdhunden,
in technischer spräche auch ohne umlaut: finder, spurer, spurhund.
Ju-iBSSos 1,724; Spürhund, spürer, allgemeine beieichnung
ender Jagdhunde, wenn sie frei gehen und suchen, ädeldrg;
die trüffelD,
die ich, dem spürer zum troz, aussiöherte, tief ans dem erd-
grund. Voss 2.226 lidyll. 13, 164);
freilich I dem manne gehört ja der hund, der ferne dahinstarb !
... ein weidlicher spürer auch war er. Odyss. 17,317;
ihr lauft so auf der liste mit!
wie dachs und Windspiel alle hun te heiszen,
die eigne rasse aber unterscheitiet
den schlauen spörer, den getreuen Wächter
den Düchigen Jäger. Schiller 13,72 {Uacbeih 3,4);
rasch zum Jäger! er borgt mir sicher den eifrigsten spürer,
nud das freundliche thier ist willig zu folgen, es kennt mich.
HiBBEL 8.249.
3) spflrer nadi spüren 2, e, sp. 244, allgemein von einem thiere,
das vitlerung hat: alle thiere, welche gute spürer oder witterer
»ind, besitzen feuchte nasen. Bbebx illustr. thierleb. l, xiit.
SPCREKEI, f. das spüren, nachspüren, ausspüren, im rer-
iehtlichen sinne. Campe.
SPUKFAHREN, n. das fahren in der spur eines rorauf-
geganyenen vagens {vgl. unter spur 3 sp. 237): es ist mathe-
matisch zu beweisen, dasz die gewohnheit des spurfahrens,
xnmal der schweren wagen, die beste, festeste chaussee in
kurzer zeit durchai>s verderben niusz. Sei]mb spazierg. 1,111;
durch das niohispurfahren verändern auch die pferde be-
ständig ihre tritte. ebenda.
SPCRFäHRT, f. fahrt zum zwecke des spürens, ausspürens:
als er sich auf einmal erinnerte, dasz er bei dem abschiede
Ton dem alten Jocbem diesem ja gar nicht gesagt habe, wo
er während dessen spürfahrt verweilen wolle. Ixmebiia!«!!
Münchh. 1, 161.
SPL'RFOLGE, f. 1) folge der spur eines wildes auf der jagd:
wenn der sudwind . . . von miitag wahet, ist die zeit zä dem
jagen deszbalb ungelegener, dieweil er die spurfolg durch
•eine feucbtigkeit vernichtiget. Sebiz feldb. 575.
2) im altdeutschen recht folge auf der spur eines frisch ver-
Üien Verbrechens, vgl. Bblnner deutsche rechtsgesch. 2, iW: war
^ ein tier oder eine bewegliche sache gestohlen und innerhalb
' dreier läge entdeckt, dasz die spurfolge in ein haus führte,
8ü konnte der bestohlene sofort haussuchung anstellen.
Pfligk-Harttdüg jn Grotes allg. wellgesch. 4,630.
SPÜRGABE, f. gäbe, latent auszuspüren: (sie) mögen sich
-•eslört ihrer spürgabe . . . erfreun. Voss 4, 303.
>PL'RGANG, m. gang auf der spur des wildes, namentlich
vn frischen schnee: spurgang thun heistt die fährte suchen.
Jacobssos 7, 416'. öron. lex. 2339.
SPÜRGANG, m. gang um zu spüren: indessen wir an den
schönen abenden unsere spürgänge für die nächste Jagdzeit
f'jrisetzten und dabei die reizendsten gründe und hüben
durchstreiften. Keller 1,204.
SPÜRGEL, m. einer der vielfach wechselnden namen für die
] pflanze spergula arvensis, spargel, ackerspargel, vgl. auch spörge!
'■ Iheil 10,1,2678; auch spurgis, spurgist, spurgeist, spurrer,
rrcy, spurre Neihiich 4, 1338.
"•l'LRGESL'CH, n. das suchen nach der spur eines wildes,
und dte so gesuchte spur: gleichwie auch der mon dj spur-
' gesuch ringert. Sehiz feldb, 575; zur furschung und sächung
i der läger . . . des wilds musz der Spürhund sich länger als
im <:purgesuch säumen. 576.
SPÜRHAFTjfld;. und adr. sensibilis, cognobilis,apparens, odorus,
indjganter, nolabiliter neben spüricht und spürlich. Sueleb 2109.
SPCRHENGST, ffl.; ein hengst von geringem werth, dessen
I man sich bedient, um erst zu erfahren, ob die stute wirk-
I lieh hitzig ist, heiszt ein spürhengst, oder probierhengst.
NlHKlCB 2, 1509.
SPURHERD, m. im hütlenwerke räum, in welchem die «pur
gemaelit wird. vgl. spur \l,b, ß, oben 5p. 242.
SPURHOLZ, n. ebendaselbst dünne haselrute, mit »elcher man
^tdem die spur sii machen pflegte. Aueli^rg.
SPÜRHUND, m. hund der dem wtlde nachspürt, ahd. spuri-
hunt in der lex. bajut., vgl, Gbaf» 4,977; mhd. spürhuut;
odorisequus spurbunt, spürhunt, spyrhunt, sporhunt Dief. 393';
die nhd. jdgerspraehe braucht die form spurhund Jacossson 1,724'
neben spürbund Coleb /lausfr. 1,572' (s. die stelle unten l). die
form spierhund: wie ein spierhund, der an dem langen leit-
bande das wild ausspielt. Lessi!(G 4, 269, ist landschaftlicher
ausspräche von spüren {oben sp. 243) gemäsx.
1) Spürhund in eigentlicher bedeutung:
da nam ein alter jägere einen spürhunt.
er brähte den lierren in einer kurzer stunt
da sie vil tiere funden. Sih. 876, 1;
einen eher grölen vant der spürhnnt. 881,1;
aber die jagthund sind wiederümh mancherley, dann es sind
Spürhunde, canes sagaces vel odorisequi, vel vestigatores,
die man nur dazu brauchet, dasz sie das verborgen wild ausz-
spühren, anszkundschaften und mit ihren anschlagen melden.
Coleb hausb. (t5S0) 1,572'; er verfluchte sich, dasz er für
disputiren die Spürhunde, Wachtelhund, hünerhund, stäuber,
wasserhund ... hellen hören. Philander 1(1642), 494; endlich
erreichte das beer, von Spürhunden geleitet, zu unbeschreib-
licher freude einen flusz und die fruchtbare gegend des phry-
gischen Antiochien. Racneb gesch. der Bohenstaufen l*, 112;
er ging hinab in den hof und löste die hunde; der spürbund
und der leithund sprangen an ihm hinauf. Scheffel Ekkeh. 25;
wie grimmig Amor mir schon nier und mihi verzehret,
wie mich sein spurhund jagt und sein wind ausgehetzt,
der in die biosze brüst die scharfen zahne setzt.
A. Grtpuids 1698 2, 104.
2) in vergleichen: er {der wachsame knappe) horchte und
windete zugleich wie ein spürbund, denn ihm wehete ein
geruch an, wie der von wohlriechenden kräutern und zer-
quetschten grashalmen. McsÄos Volksmärchen 1,32; bei diesem
Worte sähe ich den von der Risch aufzucken gleich einem
spürbund bei der Witterung. Stobh 3,242.
3) übertragen auf personen und personificationen: mein bausz-
vater war desz commandanten spürbund und mein büter,
maszen ich merkte, dasz er all mein thun und lassen dem-
selben binterbracbt Simp/. 479 heiler; der arme Capriccio!
Iiat der es nun auch mit den Schweizern verdorben? noch
im jabr 1749 . . . war er der muntere spürbund, der in einer
schallenden jagd, die das büfthorn bis in die abgelegensten
dunkelnsten winkel der menschlichen kenntnisse ertönen lüszt,
das seltsamste wild aufjagt. Lessi:«c 6,267; zu mittage speiste
icii in groszer gesellschaft; und bemerkte bald ein paar Spür-
hunde, die auf mich ausgesandt waren; und führte ihre naseu
auf allerley abwege. Heinse Ardingh. l,2»i; man stellt mir
nach? ... ha! ich kenn die husche besser als ihr, und ihr
habt keine sonderlichen spOrhunde; und die besten heiszen
uns nicht. Götbe 57, 197; braucht mich wozu ihr wollt, zu
eurem spürbund, zu eurem parforcehund , zu eurem fuchs,
zu eurer schlänge, zu eurem kuppler und benkersknecht.
Scbiiler 3,31 {Ftesko i, 9) ; für diesmal musz ich sie bitten,
spOrhunde zu sein und mir hinnen drei stunden die zwanzig
tausend thaler auszuwittern. Kotzebce dramo/. sp. 2, 314; wo
nicht, so hab' ich ein paar wackere spOrhunde, und es müszte
nicht richtig zugeben, wenn ich mit ihrer bilfe nicht über
kurz oder lang unser obskures genie aus irgend einer spe-
lunke, dachstube oder dem narrenhaus selbst hervorziehen
sollte. MöRiKE ffial^r Sollen 1, 15; darauf nam der cäsar den
riesen in dienst, er ordnete ihm salische Franken zu, die in
nachtarbeit nicht ungeübt waren und sandte die häufen als
Spürbunde in den waldversteck der feinde. Frettag bilder I,t75;
ir kuplerin und merleindrager,
des dewfTels spürhunt und nachjager.
H. Sacbs fiib. 1, 197, 156 Götte;
wieder so ein spurhund. gebt nur acht,
der die jagd auf den herzog machu
ScBILLtR 12, 17 (lVo//ensJrMj laqer, 7. auflr.);
unter ihrem (ilfr mönchfrei) schwarzen rabenflügel
zischen die cabalenzungen gift,
brechen laurer frech das freundschafissiegel,
sinkt dem streiche, wen der spürbund triin.
Sil'Bl geä. 64 {eUgie auf einem feste tu Wnrsdiau);
pfui, argwobo, (pfirhuod von des teufels meute!
Grillparikb 5, 55.
das haftgenie Christoph Kaufmann nannte sich selbst einen
gottesspürhund nach reinen menschen , auf ihn beliehen sieh
GöTHES r«ri«;
Ich hab als goties spürbund frei
mein schelmenleben stets getrieben.
die gotlesspur ist nun vorbei.
und nur der buod ist übrig blieben.
geiiicJite 3, 2C8 Slrehlke.
251
SPÜRHUNDEREI — SPÜRMESSER
SPURMÜTZE — SPURWEISE
252
SPCKHüNDEREI, f.: er gestand mir, dasz ihm diese spür-
hiinderey (treiben als spion) so zur natur geworden, dasz er
nicbl me'ir davon lassen liönoe. Ulb. H egn er ;m. scAri/teu 3, 6S.
SPUKIG, adj. spur habend; in technischer spräche bei Wagen-
bauern gesagt vom abstand der räder eines wagens (vgl. spur II, a,
sp.2i2): jagdwagen, leicht, spurig (zu verkaufen). Berliner
tfitung; auszeihalb technischer spräche in bedeutendem sinne,
eine sehr sichtbare spur ziehend:
und wenn wir nocli so breit und spurig wandeln.
D. V. LiLlKNCRON «eike U (1904), 14;
vgl. datu breitspurig (theil 2, 361), das auch in übertragener be-
deulung steht: breitspuriger menscb, etwas breitspurig dar-
legen; groszspurig.
SPIJRIG, adj. von fiulnis angegangen, schimmlig, nach dem
masc. spor theil 10, 1, 2676 und dem verbiim sporen, spuren oben
sp. 243: spurig, madidus, humeclus Frisch 2,312'; spurig, sporig
J. Grimh kl. sehr. 6, 315; in der form spuricht udus, uvidus, uligi-
nosus, humorosus, humectus, humecte Stielkr 2109.
SPÜUIG, adj. lum spüren geeignet, geschickt: ein spüriger
Jäger; spürige bunde; als spürichl sensibilis, cognobilis, apparens,
odorus, indaganter, notabiliter Stieler 2109.
SPÜHJAüD, f.: papst Gregor IX, der gerade damals überall
eine spürjagd gegen die leute angeordnet halte, welche aus-
geartetes pfaffenwesen nicht mehr als chrislenlhum anerkennen
wollten. Schlosser weltgesch. ', 401.
SPURKEL, SPÜRKEL, m. name des monats februar, s. unter
gporkel theil 10, 1, 2678.
SPÜRKR.\KT, f. kraß zu spüren, auszuspüren: der fehler
war verziehen, der zu einem solchen beweis meiner spür-
kraft gelegenbeit gegeben hatte. Göthe26, 333; mit entsetzen
sah der bauer, das^ die fremden Soldaten mit einer spürkraft,
die er der Zauberei zuschrieb, aufzufinden wuszten, was er
lief in der erde versteckt halte. Frbytag bilder 3, 107 ; schon
vordem, mit der qualvollen spürkraft der cifersucht, halte
sie herausgefunden , wohin die stadlbesuche ihres gastes
zielten. Th. Storm ges. sehr. 13 (1SS2), s. 139; mit seiner untrüg-
lichen spürkraft ahnte er (Talleyrand) schon den Umschlag
des welters. Trf.itschke d. gesch. 4 (tS89), s. 15;
es schnaubt der doggen spürkraft durch die wälder.
ScHlLLKR 6, 391 (üido 24).
SPÜUKl'NST, f. kunst zu spüren, auszuspüren:
trotz eurer spürkunst war Maria Stuart
noch beute frei, wenn ich es nicht verhindert.
Schiller 12, 529 ( tf. Stuart 4, 6).
SPURKIJPFER, n., vgl. sporkupfer </ifiI 10, 1, 2679.
SPÜRLICH, adj. und adv., wie spürbar, 2U spüren, zu er-
kennen: spürlich, sensibilis, cagnobilis, apparens, odorus, inda-
ganter, notabiliter. Stieler 210.) (neben spQriclil und spürliaft);
in der schreibunij spirlich (vgl. spiren für spüren sp. 243):
damit man die hie beygesetzten zeichen wol und spirlich
darauff ersehen mögen. Thuhneisser beschreibung inßuent.
Wirkungen (1578) 69.
SPLRLOS, adj. und adv. ohne spur, spuren nicht zeigend
oder nachlassend: bis endlich alles . . . blasser und blasser
zerrinnt, und spurlos verschwindet. H. Heine l, 104 (llarzreise);
wie er . . . den pfad ihnen bezeichnet in der spurlosen wüste.
Ri^CkERT 11,487; dennoch ruthe ich nichl, dasz du den worten
des königs trauest . . . denn spurlos müchtesl du verschwinden
hinler den Steinmauern. Freytac ahnen 1,92; waghalsig sind
wir den heimkehrenden Sorben wieder nachgezogen, doch
spuHos bliebeD uns die flüchtigen auch wübreiul dem zweiten
ritl. MS; jgj„ pgj ,]gg immer bewegliche,
•purlose. Heidir il>,409 Supitan;
denn schnell und spurlos geht des mimen kunst,
die wunderbare, an dem sinn vorüber.
Scuiller 12,0 (IVa</ens(ein, })ru/ov);
spurlosleicbt:
ich bitt euch herr, schalTt nicht dies nichts tum was,
und gebt dem spurlosleicliteu erst gewicht.
„..«, _ , . LuDwie 4,333.
SPGHLIST, /. lutt X* spüren:
■•1d (lies hirtchei) glück, dlM to wie ihm die vorsieht
einsclilier,
auch unirer bunde spiirlust schlummerte. Luowio 4,126,
SPLRMtNSCH, m. nackipürender mensch: zuweilen kam
ihm vor, als wenn ferne spQrmenschen ihn in weiteo kreisen
uintcblichen. J. Paijl Titan 5, 107.
SPI'HMESSER, m. das vrrkteuq oder messer, womit die spur
im den herden der schmeltoftn ausgeschnitten wird, Jacuhisuii
4, 243*. tgl. »pur l\,b,/3.
SPURMÜTZE, f. name einer sonntäglichen frauenmiUze in
bürgerkreisen Fallerslebens. Fromm. 5, 296. wol wegen ihrer s/i/x
in die höhe gehenden form aus spieruiülze verderbt, vgl. spier
theil 10, I, 2431. in Düringen heisit eine ähnliehe kopflraeht
sperlunze, ebenda 2169.
SPüRNAGEL, m. der leitnagel an dem bergmännischen fordet'
Werkzeuge, dem hnnde; auch leitungsvorriehtung bei der Schacht-
förderung mit fördergestellen. Veith 457.
SPÜRNASE, f. spürende nase: diejenigen, die ihre feinen
Spürnasen darauf leiten , solche dinge aufzustöbern und zu
enthüllen. Bode Montaigne \,S1; inhaber einer solchen: spUr-
nase Merck biiefs. 1,220 (s. den beleg unter spüren 3); wo der
Sitterbach durch tannbewaldet enges tbal schäumt, war ein
trefflicbes plätzlein, waldabgeschieden, als wenn keine heid-
nische Spürnase den pfad jemals finden sollt'. Schkffbl
Ekkehard s. 176,
SPÜRNÄSIG, adj. und adv. mit einer spürnase versehen: spQr-
näsige bunde.
SPÜROHR, n. spürendes, forschendes ohr: tiscbmusik bringt
die menschen zur spräche, wie vögel zum gesang, Ibeils als
feuer- und Schwungrad der gefüiile, theils als ein ableiter
fremder spür-ohren. J. Paul Katzenbergers boder. 2, 49.
SPURPFERD, n. im fuhrwesen, pferd, welches in der spur
eines andern geht: das in den Stangen gehende (karrenpferd)
beiszl das Stangenpferd; das unmittelbar vor ihm hergebende,
das mittelpferd; das dritte, wenn noch ein viertes vor ihm
ist, das spurpferd. Jacorsson 6, 22l'.
SPURPLATTE, f. unterer thed der fuszlager bei stehenden
wellen einer maschine. Weisrach lehrbuch der ingenieui- und
masciünenmechanik 3,25.
SI'URRE, f. name des ackernelkengrases, holosteum umbellalum.
Nkmnich 3, 1C9. auch dasselbe was ackerspergel , vgl. unter
spürgel sp. 249.
SPURRITT, ff), spurgang (s. d.) eines Jägers zupferde: spur-
gang oder spurritt , excursus venatoris ad quaerenda vestigia
luporum in nire. Frisch 2, 312'.
SPURROLLE, f. rollenfürmige leitungsvorriehtung bei der
Schachtförderung im beigwcrk. Veith 457.
SI'ÜRSAM, adj. und adv. zu spüren geeignet: spürsam per-
sentifcens Dief.-VVOlcker hoch- und niederd. wb. 861 ; «n der
form spursam (spuren für spüren oben sp. 243): dieweil die
frosl, wann die sonn aufTgebt, sich pdegl zu änderen und
nachzulassen, da^ es auch die spur minder ruchbar oder
spursam mache Seimz feldb. 575.
SPURSCHNEE, m, schnee der die spur eines wildes zeigt:
fallt aber spuhrschnee. Fleming teutsch. jäger 1, 39ii'; tn der
form spürscbnee, nix ad investigandos lupos commoda. Fhisci
2, 312'.
SPiJRSCHWALBE, f., vgl. spierscbwalbe tt«i 10, 1, 2436.
SPÜRSINN, in. sinn, begabung und geschick tu spüren: do
bist, wie ich sehe, mit einem auszerordenllich feinen Spür-
sinn für unser geschiccht begabt. Wielano 35,33; in gebirgigen
gegenden immer zu fusze brachte er mit eifrigein Spürsinn
alles blühende zusammen. GiiTHE 58,93; rechtloser Vergewal-
tigung sah sich jeder preisgegeben, der dem Spürsinn der von
dem baszerfüllten kaniptz geleiteten Inquisitoren . . . irgend
verdiicbli^' erschien. Prutz preusz. gesch. 4, 105.
SPURSTEIN, m. l) was spurenslein, sp. 24s.
2) im hüttenbaue, unreines kupfer, das sich beim schmelzen dit
Schwarzkupfers in der spur des herdes sammelt, vgl. sporstein,
theil 10, 1, 2688.
SPURTFUIIRE, f. name des krummholibaums, pinus niontaat.
Neu NicB 4,980. der zweite thed des namens lieht für foitr%
(/lei/ 3, 1^6<.l; der erste theil ist dunkel.
SPÜRTHUM, n..' diese regie mit ihrem entwickelten spOi^
und denun/iantenllium . . . hat dem groszen Friedrieb die Zu-
neigung seiner unlertbanen geraubt. Pbilippson in der all§,
weltgesch. von Grote 0 (l»«87) 53«.
SPURUNG, f. Situs, humnr, mador, uligo. Stielrr 2to9. rp(.
das verbum spuren schimmeln oben sp. 24S und spurig sp. lil.
SRÜRUNG, f mdagatio, vesttgatio. Stielkr 2109.
SPURUNGSGANG, m. .- niuszte ich mir gestehen, dasz eil
solcher spOrungsgang ein kleinliches thun wttre. Viicnn
auch einer 2, 3.
SPUR WEISE, adv. in der ort einer tpur, ab spur: etwü
koniml spurweise vor, wird spurweise sichtbar, auch als
adj.: der spurweise Übergang. Anühesen Sprachgebrauch und
sprachriehligkeit* (issü) i. toi.
253
SPURWEITE — SPUTEN
SPUTEN
254
SPURWEITE, f. abstmd der spur bei geleisen und wagen
wad auf Eisenbahnen, viß. spur 3 und 11, a, sp. 237. 242.
SPL'UWIESEL, n. ägyptisches wiesei, khneumon, von besondrrer
ftsehicklichkeit im aufspüren der vögel. Aoei.cng.
SPCRZELN, verb. spucken, speien, neben form zu spirzeln,
Äril 10, 1, 2556, wo nachweise auch für die liier gegebene form:
und spürzel nicht ze vil aus,
wann es macht den leulen grau?. Vihilkr 921S.
I SPCRZEN, verb. spucken, speien, nebenform m spirzen,
iheil 10,1,2556, vgl. auch ausspürzen theil l, 9S1: so der mund
Toll speicheis und spürzens wird (si salivae pknum os est).
Cdsus von KhOffner (1531) s';
(iieim tabakrauchni:) iniiner schmauchea, räuchern immer,
immer schmutzig sein vom rusz,
I immer spürizen, lioixen, rotzen, dir selbst machen viel ver-
I • drusz. labacolo'ji^i (1690) ■■=. 11.
mit an: der trow achteten sie nit und spurzlen an den abgot.
hfiligenleben (1472) 109'; mit auf: oder da Christus seine tinger
in des stummen obren leget und spörizet auff des zunge.
Mathesids Sar. 127'; mit in: wie ist vergangen uy zier deines
ailerwunnsampsten antiitzs von dem unflat der unraynen
in dich spurtzenden ieffizen. herzmaner 183'; in dem bisz
und keuwet er jm selb die zungen ab, und spürtzets in des
lyrannen angesirhf. S. Fbanck chronica 9l'; wann der knabe
ein vieh mit der band, darein er gespürtzt, bestridien hat.
HoHBERG 2, 645"; mit um:
spurz nii umb dich, sey nit geTressig.
meistfrl. fol. 23, nr. 212;
mit unter: da spürzten sie im under sein antlitz und schlugen
in mit halsschiegen. tibel v. 1483 483' (3/o«ä. 26, 67); als aus-
spürzen: er begreiff die band des blinden und fürt in aus dem
weg und spurzl aus in sein äugen, ebendann' (Marcs, 23);
und wo sie ungfer mir dAet neben,
so went sie von mir ir ang>iclit,
spürzt aus, mag mich ansehen nicht.
H. Sachs fasln, yp. 5, 128, 148;
wir spürzen ofTt in dem cbor ausz,
kan mans doch kehren wider rausz. J. Atrbr 131";
bespüricn: o du adellichs antlitz meines berren Jbesu Christi,
»ol frewntlicher erwirdigkeyt, von den Juden schnodigklich
bespurtzet, unzuchtigklich geschlagen, herzmaner 197*; voll-
spürzen:
sie (ein alles leiih) kreist und feist, ächtxet und liracht,
und spfirtzet mir all ecken toI. H. Sachs I (1590), 396*.
I SPCUZICHT, n. Speichel, auswurf, zu spörzen gebildet wie
j»pülicbl oben sp. m zu spülen: spurz;ite saliva Lexer mbd.
handwb. 2,1126; und des kranken spurzech gallig oder eiterig
ist (Sputum eliam biliosum et purulentum). Celsus von KbI^ffner
(1531) lO'.
SPüT, f. fortgang, beschleunigung, eile, das ahd. fem. sp6t,
gpuot, durch welches lat. successus, provectut, celeritas, substantia
glossiert wird, dem ein aUsächsisches gleichbedeutendes spöd (sp6t
HeUand 1901 im cod. Mon.), ags. spid, engl, speed, entspricht,
und das sich als eine bildung zu ahd. mhd. spuon succedere,
bene procedere. darstellt, üt im dgentliihen mhd. untergegangen,
hat sich aber mnl. und mnd. sehr lebendig erhalten, vgl. Sciuller-
LCbben 4, 340', neben dem fem. auch als masc: Tele hende
maken licht werck, umie gude hulpe giiilTt guden spoet. Job
Veche 224, 30; und reicht von hier aus in niederrheinische quellen
hinüber (mhd. wb. 2, 2, 554'):
nu Ternempt mit wilcher spoil (eile)
dat it darzo quam. •'. s/(i<<(^(/i/ on. 12, 252, 330 (Cöln);
gelegentlich selbst in das ältere nhd., ohne jedoch eigentlich ver-
istanden zu werden, Schottei. gibt als niederdeutschet (auf ge-
lehrtem wege erkanntet) Stammwort spoet acceleratio, haste, mit
dem verbum spoejen, accelerare an 1419;
der edle priotze wol gemuih
ist kommen l'ur den grave
mit der spul. Soltau 2, 276 {lied ton 1586).
SPUTEN , verb. mit einer thätigkeit eilen , vorwärts machen,
als transitive und reflexive ableilung des vorigen Substantivs durch
^dat alte westgermanische Sprachgebiet verbreittt; ahd. spuoten:
{odumine, saivum me fac, o doniine, bene prosperare, ja du
I trübten tuo mih kehaltcnen, trübten wola gespuute mina
[fartze dir. Notie» ps. 117,25; postea acteleraverunt. darnib
ikespuoton sie sich. 15,4; alts. spödian, fördern, guten erfolg
Iverieihen: spuodda ihie mahta
ii handgewerek, hölag drohtin. (jenesis t06;
i«>i. spfdan to Speed, have suecess, succeed Bosworih-Tollkr900*.
■ während das wort im mhd. ausgestorben itt, lebt es auf nd. und
nl. boden weiter: spoeden, festinare, properare, accelerare, progredi
KiLiAS; namentlich in reflexiver fügung sik spoden in der be-
deutung 'sif/t beeilen, sich eilends fortmachen : nichts desto
min . . . leet de rat gudliken des beren bischoppes sende-
badeo aviseren und warnen, de sik in alle biiligkeit (lies
hilligkeit) van dar spodeden. Lappesberg hamburg. ehron. 343
{bericht üUr den aufstand 1483); deswegen de ducbtige Henrik
Vridag sik ser hemliken von Hamborch spodede na der Har-
borcb. 355;
de derde^ wolde nicht lenger rouwen,
spodde sich midde na der Vastenouwen.
I.ilik:ic80!» Iiist. toltisl. 3. 22, 60 (r. 150S);
und wird to, in niederdeutscher form seit dem 17. jahrh. auch in
den Wörterbüchern der neuhochdeutschen Schriftsprache angeführt:
sich mit der arbeit hasten, alias spuden, maturare, accelerare opus
Stieler 780; aber ausdrücklich aü niederd. dialectwort bezeichnet:
spuden, sputen, festinare, ist Tor alters in Oberteutscbland
bekannt gewesen ... im niderteulschen aber ist sich spuden
noch gangbar. Frisch 2,311'; auch Apellsg kennt sich spuden,
eilen, etwas mit gfschunndigkeit verrichten, alt 'nur in den ge-
meinen sprecharten, besonders Hiederdeutschlands, üblich', seit den
siebziger jähren des IS., jahrh. a''er erscheint das wort in der
litteratursprache bei Schriftstellern hoch- und niederdeutscher heimut,
gleichsam als dichterisches modewort, anfangs in der niederdeutschen
form sich spuden: der prinz wirft alle uhren zusammen,
schimpft auf ihre trägheit, dasz sie sich nicht spuden, und
die stunde so schnell bringen, als seine leidenschaft es
heischt. Klirger theater 2, 219; Luca Giordano muszte sieb
freilich spuden, um solche Häcben auszufüllen. Götbe 28, 26;
spude dich, Rronos!
fort den rasselnden trott!
der juiKjc Göthi 3, 159 (v. 1774);
Qugs ist kafian, gurt und alles umgethan;
die Wirtin spudet sich, ihn recht heraus zu kleiden.
WuLANO 22, 206 (Uh. 5, 28: /f«uit iler ersten
auiijabe müht sich viel);
Voss schreibt in hochdeutscher Umsetzung sich sputen:
hole die silberne kann', und spute dich, liebe Susanna.
1, f. 100, vgl. f. 174 imil weiiläuftiQer
eiklärung s. 223);
erst fädle ein, und spute dich
am säum; ich nähe kettenstich. 4,243;
welche form seitdem allein giblieben ift: aber sputet euch, ich
werde sehr müde. Ab.mm schaubohne 2, 2i0; es wäre gut, ich
sollte mich nun aber auch sputen. Tieck9, 277; die schönen
recherinnen sputeten sich wie flüchtige rehe, in hochgefüllten
schürzen das zusammengerechete nachtragend. J. Gotthelf
Uli der knecht •2(H; Uli sputete sich freilich ganz wunderbar,
und es schien manchmal, als ob er zwei- und dreifach sei. 205;
frisch, munter, sputet euch allerseits! Keller 5,15;
siehst du nicht, seit du (schnee) die erde hast
80 weich belegt, wie ich mich spute?
GöcEiDCK lieiler zweier lieb. 107;
kommt herbei, ihr luftgen Schwestern!
seht! ein holdes erdenkind.
sputet euch, bevor sie fliehet! Uhlaüd 308;
da spulen sich die riiter: sie wappnen sich in stahl,
sie heischen ihre rosse, sie reiten stracks zu thal. 363;
auf weiter heid stand weisze meid,
grub tief die crd' mit grahescheit . . .
die schöne meid, die sputet sich. B. lUini 15,24;
sagt, dasz wir warten hier, und spulet euch!
,. , , GKlLLPAkZ» 8, 124;
mit verdeutlichendem zutatz:
knecht Ruprecht, rief es (das Chiisikinä) alter gesell,
hebe die beine und spule dich acbnell! Storm I, 187;
\ sich bei etwas, sich mit einer arbeit sputen: wisset ihr euch
bei allen geschäflen so zu sputen? Scheffel Ekkeh. 240; warten
sie, ich hole sie (die ttrümpfe) ihnen gleich, ich habe mich
to damit gesputet, weil ich damals schon dachte, sie müszteo
fort. Uktse kinder der weit i,':&8; auch sich xu etwas sputen:
wenn er sich nicht zur hülfe sputet.
LttiAO u'i-ike f. 516 Barthel.
G. Keller braucht sich sputen gern in der verengten bedeutung
' 'str/i schleunig wohin begeben', mit Ortlichen lusätzen: ich wollte
fragen, was denn vorginge, erhielt aber keine antwort; viel-
mehr sputeten sie sieb ängstlich von hinnen. 1,168; doch
we\si ich nicht, wie es kam, dasz ich mich schleunig wieder
auf unser schiff sputete. 4,32; (der fluts) warf die last (die
auf ihm schwimmenden holzscheite) mit wilder kraft vor sich
her, als der ungeschlachte bolzknecht der guten Stadt, dasz
das holz gar eilig in deren bereich sich sputete. 6, il;
255
SPUTIG — ST
STAAR
256
sputete er sieb, was er vermochte, durch das offene thor
(des Münsters). 63;
dann thun dem schifTer die äugen weh,
er sputet sich ängstlich zu lande. 9,39;
ein heimatloser sputet sich
waldeinwarts durch den grünen plan. 52.
SPÜTIG, Sl'iJTIG, adj., Übertragung des niedeid. spödig:
spoodig, erity, fleiszig Bigmey 2t>3. ScbCtze 4, 173; spodig, fl</^,
geschicind, hurtig brem. wb. 4, <J60; niedeii. spoedigh proptrans,
festinans Kilian; ostfries. sp6dig, gut und glücklich von statten
gellend, rasch, sich schneU folgend, ohne Unterbrechung, häufig
rtn DooRNKAAT KuoLMAN 3, 2^.2', ins hochdeutsche; in der be-
deutung ^ eilig' : sputig als niederdeutsch Campe; in der bedeutung
'geschickt, geeignet': sagt sie sein nun spudig zukünlTtige dinge
zu sagen. H. Stauer (1557) s l'; zu diesen werken allen werden
in den planetenbücblin stunden angezeigt, welche darzu spQtig
und unspütig seyn sollen. Ihcalr. diabol. 229'.
SPITZE, f. spucke, speichcl. Vilnar 394. Campe als ober-
deutsch, vgl. spitze, theil 10, 1, 2596, und speuze 2197.
SFÜTZEiN, verb. spucken, speien; iteralivbildung lu speien,
aus spüwezen entstanden, vgl. (/leti 10, 1, 2075 unf^r speien 2;
mehrfache neben formen, die mit der formellen unfestigkeit des
tonmalenden grundworles zusammenhängen, vgl. speizen, spetzen,
speuzen, spitzen, auch spirzen t^nd spürzen {oben sp. 253). ein
ober- und mitteldeutsches toort, entspricht ihm niederl. spuyten,
siplwne exonerare, exspuere, spuere Kilian, und die niederdeutsche
Weiterbildung splittern, im reden den speichel ausspiitzen und wie
einen Staubregen ausstoszen, besputtern, bespritzen, besprengen
brem. wb. 4,977; westfäl. spiielern, spützen, wenig und oft speien
WoESTE 252'; da; spützen (s/^«ic/ie)a6sonderun^) Megenbebg 549
{Variante zu 4tiO, 26); legete jm die (inger in die uren , und
spützet, und rüret seine zunge. Marc. 7,33; spützet in seine
äugen. 8, 23; da er solches gesaget, spützet er aulT die erden,
und machet einen kot aus dem speichel. Joh. 9,6; wenn der
leib auch am gesundesten ist, so kan er doch nicht rein sein,
er mus auswerffcn, spützen, rotzen, und jmerdar mit seinem
uuQat sieb tragen und fegen. Lutber 8, 330'; er hatte aber
gehöret, oder im neuen koinplimeniirbuche gelesen, es wolle
sich nicht ziemen , angesichts gruszer herreu zu räuspern,
zu spützen, oder im haupte zu schaben. Siegfr. v. Lindenb.*
2,189; transitiv: es bat eine art der schlangen, die man die
speiende nennet, daher, weil sie von weitem ihren gift auf
einen menschen oder ander thier ausspeien und spützen.
SciivEB seelenschati (1684) 103; unumgelautet, in der form spützen :
nach solcher königlicher klugheit gehöret das reuchen, cor-
poral, kelcb wischen, vieleicht das niesen und spützen über
dem altar auch zur messe. Luther 2,144*. Steinhacb ver-
xeichnet ich spütze conspuo, ron^Tiuto 2,651 als nicht überall ge-
bräuchliches wort. Frisch 2, 299 bezeuyt, spützen findet man
noch, Adelung erklärt spützen als ursprünglich oberdeutsches
wort, 'welches im hochdeutschen wenig gebraucht wird, auszer
zuweilen in der edlern und anständigem Schreibart', wobei er
jedenfiills das vorkommen in der bibel im sinne hat. mund-
artlii.h lebt spützen, meist spitzen gesprochen, noch in Althessen
ak fast austchhetihch herrschende form. Vilmar 3'.)4.
SQÜADHON, f., vgl. schwadron , theil 9,2175. im anfang
des 17. jahrh. von einem reiterhaufen : squadron ((juateinio)
bezeichnet im anfang des dreiszigjührigen kricges noch deu
tcblacbthaufen der reiterei, welcher ursprünglich aus vier
compagnien zusammengesetzt war. Fueytac btlder i,i3; dann
aber auch vom fuszvolke: obgeducbte 6. corporalschalTlen
werden ... in drey squadronen oder flOgel abgetheilct: also,
dasz ein Jede squadron von zweien corporalschalTlen begriffen
seyp, darvou werden jederzeit zwecn Hügel von inuszcjuetierern,
unde eine squadron zu piquenirer gemacht. Uöckler kriegs-
tckule (1868) s. 573; auch ah mosc: erstlich führet der capitain
den eriten squadroo oder (lügel muscjuelierer . . . hernach
führet der fendrich den andern s(|uadrun piquenierer. 578.
im 18. jahrh, wird die Schreibung und anwendung des wortes ton
ScBöKAici verspoltet, vgL dessen neul. wörlerb. 338, 3. 10 hüsttr.
SKA, m. verschämte umkehrung von ars: bückt sich und
decket den hindern aulT und sprach, aspice nudatas Barbara
terra nates, sibe da du beslia, kucke mir in den sra.
LuTlEi •<,3M\
ST, inlerj. hem, eue. Stbimacii 2,661, Hm gemeinen leben
und der tertraultehen tprechart iiblich . ., wenn man damit rin
btdfutenäti ttiiltehwagen geboten wtU, um auf etwas su horchen,
tu lauern u. $. f.'. Auelurg, schon tat. bei I'lautus, TktiEHZ,
CiCBRO und anderen. Forcellini lex. 5, 616', in verschiedenen
neueren sprachen, so im ndl. und franz. spontane entstehung
solches gebrauchs dieser lautterbindung an verschiedenen orten
darf als wahrscheinlich gellen; andrerseits musz bei seinem späten
auftreten in deutschen schriftquellen (]'. jahrh.) die möglichkeit
einer enllehnung aus dem lat. oder einer neueren spräche zu-
gegeben werden. Steinbacii verzeichnet eine ausspräche mit voca-
lischem anlaut: pronuntialur \s{. 2,051, Adelung bemerkt: 'nur
ein bloszer laut, welcher ohne allen Selbstlaut ausgesprochen wird',
und dazu stimmt unsere gegenwärtige ausspräche, vgl. bst, pst
oben theil 2, ihl und 7,2201. als laut, der schweigen oder leises
sprechen und auf merksamkeit fordert: st! wahrhaftig er kömmt.
LiiSsiNC 1,263; Solbist. herr Leander — Wums/i. hat ihn der
hcnker geholt? SolbisU st! hören sie doch nur. 365; aber,
hum! ich höre Jemand kommen — ha! sagt' ichs nicht?
es ist die fce selbst. — st! VVielano 12,39 (Sylt. 5,4);
sie war es aber doch, wie? ist sie denn verschwunden?
acli ! melde ilocli ein wort! hier hin ich. wo bist du?
st! nein- ich höre niciits. Flshing 629;
£t! st! ich höre stimmen:
er stimmt, er spielet schon. Göntueh 346;
'0 nähre (nähere) dich, erwünschter tod ! . . .*
st! st! was raschelt dort, dort hinter jenem sirauche?
beglückter wanderer! dein wünsch ist schon erhört.
Lkssing 1, 125.
auch lediglich mahnend zu schweigen, leise tu sein: Chrys. ...
sehen sie, dasz nicht sowohl ich, als er auf diese heyrath
dringt? Uamis. ich? ich auf die heyrath dringen? Chrys.
st! st! st! Damis. ey was st, st? meine ehre leidet hier-
unter. 265; st! 8t I schrey sie nicht so! 371; Franziska...
alle zwanzig, herr Wachtmeister? (indem sie beide hände mü
gespreitzten fingern in die höhe hält) Werner, st! sti frauen-
zimmerchen, frauenzimmereben! 561; st! st! so halt't doch
eure mäuler, dasz das mädel singen kann. F. MCi.ler 1, 245;
st! sie wecken diese todte auf. Ihmehhann 8,42 Hempel;
'st!' zischelte sie ihm zu; 'der baron schläft noch, sie er-
wecken ihn, wenn sie im saal arbeiten.' — st!' zischelte er
nach; 'mäuschenstill sollen sie mir als inodell stehn.' 58.
besonders in solcher anwendung auch mit verbreiterter ausspräche
seht, andrerseits auch lediglich zur erregung der aufmerksam-
keit: Anton . . . und dazu meine dummheit Chrys. Ja,
die du annimmst, um ihn desto dümmer zu machen. i4n(on.
(bey Seite) st! der kennt mich. Lessing 1,232;
St. st. sie spitzt das ehr. was neues aufs tapet.
GÜNTHER 457;
heute oft gehraucht, um die aufmerksamkeit vorübergehender t«
erregen, als scheuchlaut, im anschlusz an den gebrauch alt
mahnung zu schweigen:
das Wasser war ihm (Chiislus) land. die see die must ihn tragen;
es ist ihm um ein st. so neuget Eolus.
Neptunus wildes feld Tür ihm erstummen musz. Flrmin« 5;
st! satyr weg, Sylvau! geh weit von diesem bacbe. 637.
auch heute noch so zu thieren, lieber seh oder ksch.
STAAK, STAR, m. slurnus, mhd. star, m. Lexbr mhJ. handwb.
2, 1142 (das geschlecht zeigen die unten angeführten stellen
Fraueni.ob 197,1 und Megenuerg 224, 3o), ahd. sturo, m. Haupt«
MÜsc/ir. 3, 3^0', häußger statu, f. CiRAFFö, 701; mnd. stär (be-
zeugt staer). ScBiLiER-Lt^uHEN 4,365', nnd. nicht üblich, dafür
spie(h)e, spreie, vgl. spiehe oben sp. 9; mndl. starre, sterre
kiLiAN 2, 636' (als vetus bezeichnet), nndl. dafür spreeuw;
ags. 8ta;r Buswortii-Toi.ler 909' [vgl. stearn, vogelname 914'),
engl, mundarllteh Stare, starn, allgemein dafür die Weiterbildung
starling (v^l. starl als deutsche viundai tliche form ui(rn);
anord. sturi, m. Fritzner 3, 53o', schwcd. stare, m., dan. sta>r;
ioi>/irsc/iriii/t(-/i urveruandt mit der lat. bezeichnung, mit der man
es schon früh zusammenstellte. Colkr öcon. 1 (I68ü), 625'. Friscb
2, 312' (itt einer icursri str, streuen, wegen des gesprenkelten gt-
fieders? vgl. /acbeh klm. monatsbU f. augenheilk. 12 [1874], JOS).
das geschlecht scheint schon im mhd. als männlich festzustehen,
entsprechend dem vereinzelt begegnenden ahd. staro flectiert das
wort mhd. schwach (belege un(en), und diese flexion erhält steh
bis in die heutige zeit. Adelung. Weicand* 2, 787. ein das aLI.
staro fortsetiender oder später im anschlusz an die schi.chf
ßexion neu entwickelter nom. stare, slarhe, starcn, st;irn Dihi . .>-•>',
starn Corvikus fons lutimt. l (I6U0),642'. Sciiuttel 1420, staren
Stieleii nachsch. iu' ist später aufiiegehen; vereinzelt noch:
oft «ucii mischt ein frecher kiinde
■einen pKalter drein, ein »laar«. IIrintano 3, 22.
ne6en der schwachen flexion tritt im nhd. die stärkt auf, dit
heule du regt Imaszige ut. STKi.>UAcn 2, Ij84. Auklung. Weicahd*
257 ST AAR
2. :si: keyscrs Claudii söhne, hatten ein star und nachtigall,
die konlen lateinische und griechische Wörter herschwatren.
Hammer bist, rosengarten (1654) 222. Göthe flectiert das wort
schwach 13,3. 42,322 und stark 24, S3 {s. unten l). Brentano
gebraucht in dernselben gedieht, tco die singularform staare steht,
auffälliger weise den starken flural:
und entflohn zum nahen thurme
lehrt der staar die andern staare. 3. 22.
dir «ahrscheinüch erst im nhd. eingetretene länge des stammrocals
{mhd. Star reimt auf kurzes, aber auch auf langes a) tcird oft
durch ein zweites a, seltener durch h bezeichnet, staar Dastpodids.
HoLSics (1616) 305". CoRTiNos fons lat. 1 (l660), 642". Schuttel
1420. Jablonssi Jfx. (1721)743'. Steihbach 2, 684. Frisch 2,312'.
öeon. J«. (1744) 27S9. Gottsched sprochA". Weigand'' 2, 787: von
dem slaaren. Ges5BR vogelb. übers, von Hecszlis (1582)228'.
stahr Dastpodids. Steisbach 2, 684. öcon. Ux. (i744) 2789.
Adeicxg; heute ganz unüblich: wenn man die jungen stahren
ausnimmt. Hohberg 2, 68l', vereinzelt staher Dief. 558' {tgl.
weiter die oben angeßhrte form starhe), md. {rhein.) stair ebenda,
auch staer Nemnich 2, 1392. daneben hält sich die Schreibung mit
mnfachem a, star Ai.bercs did. (1540) Z 3' bei Weigand* 2, 787.
Haaler 384'. Stieleb nachsch. 29'. Wächter 1588. Campe, sie
kann frühnhd. auch kürze des a bezeichnen, vgl. dazu die ver-
einzelte Schreibung starr, älbercs dict. (l540) R 3' bei Weigand*
i, 787. verdumpfung des stammvocals zeigen die formen staur,
8tor, storn, storm. Dief. 55S'. sie scheinen dem oberd. Sprach-
gebiet anzugehören, au für ä bieten bair. (besonders tirok) quellen
häufig, im neueren alem. begegnet storren. Staldbr 2, 401,
slor, Store Seiler 2S0', rinder-störe Hcszuer 250. auf land-
tchaftlichen gebrauch beschränkt geblieben ist die Weiterbildung
«tärl. Hkppe wolred. jäger 283' {der umlaut erklärt sich durch
ias zurückgetretene i des Suffixes), slail Ne.m!»ich_2, 1392. Campe,
iesond<rs bair.-üsterr., stärl Popowitsch 553, slä'l Sciim.* 2,7S2,
«täri Höfer 3, 271. Castelli 233. Schöpf 700, starl, starile
Lbxkr kämt. wb. 239, mit d für r staadel (österr.) Klei!» pro-
vinxial-wb. 2. 165. stadl Campe.
1) gewöhnlich für sturnus vulgaris, der genauer bezeichnet wird
ah gemeiner staar. Okes 7, 304. Behlen 3,225, wiesenstaar,
rinderstaar (weil er sich auf rinder setzt, um insekten von ihnen
abzupicken). Behlen 3, 227: von dem slarn. sturnus haizt
ain star. Plinius spricht, da; die »tarn klain vogel sein,
snell ze TÜegen, und sint swarz vogel mit weisen sprekeln.
Megenberg 224, 30; staaren oder sprauwen seyn auch sehr
wo! bekandt. Lomcercs kräuterb. Z2%D: der staar. oder rinder-
staar, so auch sprehe genennt vrirdt, der ist vast so grosz
als ein amsel, gespregelet, und yederman bekannt. Ges.ner
mgelb. übers, von Helszlin (1582)228'; von den slahren. es
ist ein bekannter vogel, von schön gläntzenden und ge-
scheckichten federn. Hohberg 2, 681 ; staar oder stahr, sprehe,
ist ein vogel in der grosse einer amsel oder drossel, hoch-
beinigt, hat eine ziemlich breite brüst, und einen nicht allzu
langen gelMicbten schnabel. öcon. lex. (1744) 2789;
meht° ich gevliegen, als ein star,
so ta?le diu liebe, des ich ger. minnef. 2, 92' Hagen;
ein wilder wolf wirt dir (flptnmar ü. Zweier) ein bunt,
ein gans ein gouch, ein trappe ein star. 241';
{im bilde:) min herze gen nicht touben,
biäclivogel, giwii, staren,
so kutule e; stKte roiiben,
ej wil ouch keines kleines rogels raren.
Hadamar V. I.AIBB jayd 528, 2;
an dpr grceje si (heuschrccken) warn
wol als die starn. Ottokar 96059;
do ich myn frawen sacb
!>o meiiterlich gebarn,
als ob sie sieben starn
weit nemen »i eynem nest. Altswbrt ankang 221, 13;
könnt' ich mich zum staare machen,
Ilög" ich über berg und wald
hin zu deinem aul'enthali.
rief an deinem fensier leise:
tliii mir auf, mein Amarant.
GÖCKIMGK lieder zweier lieh. 55 ;
im walde liesz sich erst lange nichts blicken:
als elsiern und staare. Kinn 1,238;
wie sie alle lustig sind,
flink und Troh sicii regen!
amsel, droszel. fmk und staar,
und die ganze vogelschaar
wünschet uns ein Trobes jabr,
lauter heil und segen
HoFrMAXN V. Fallbrslkbi.'i f)fd.^ 199;
X. i.
STAAR
•258
link und schwalbe, star und spatz —
wie das flirrt und flattert! —
haben bald den silberschatz
deines haupts (aboescliuittene weisie barthaare) er-
gattert. KlLLIR 10, 124.
a) die staare fliegen gern scharenweise:
itzt rauschen durch die lulTt, in ungezählten scharen,
die krammets-vögeln, drosseln, staren. Brockes 1,206:
zugleich erschien ein schwärm von staren. Hagedorn 2, 126:
daher heiszt es vergleichend:
wir wollen alle mit iu tarn
gelicher wise als die starn.
qiieUe bei Lex» mhd.haudwb.i, 1142;
ej was als ungelich,
dai sag ich äne iriegen,
als da vier tüben fliegen
gegen zeben scharn,
darin sich samnent die starn. Ottokar 48269;
Wetterregel: wenn die staaren morgens scharweysz fliegend,
so wirt morgens ein wälter kommen: fliegend sy aber gmach,
so wirt lang hernach ein wätter kommen. Gesser vogelb.
übers, von Heuszlin 2-2S'. vielleicht hängt damit auch die folgende
angäbe zusammen: die staren und schwalben {im träume ge-
sehen) bedeuten ein kriegsvoick, das im ftld liegt. Löwesilaw
traumb. deutsch nr. 265, s. 576. auf das zerstieben einer schar
von staaren geht der folgende vergleich: das gantz königliche
hausz ist zerstreuet wie stahren. Elisabeth Charlotte 3,623.
sie holten sich gern in der nähe von gewässern auf: die staaren
haltend sich an allen wässerigen orten, bächen und pfützen.
Gesser vogelb. übers, von Heoszlix 228'; schön liegt der wald
überm meer, schön der abend . . . wie die staaren schwärmen,
wie die älstern fliegen, sich spiegeln in dem wasser! F. MClleb
1,81; sie schlafen gern im rühricht, sehilf:
selbst die lauten siahre ruhn ('ibends)
auf den schwanken binsen wieder. Stolbkrc 2, 124.
sie lieben Weintrauben: in Wahrheit, {ich) hab' ihn (Bacchus)
selbst einmabl so mit kohlen an ein fasz gerissen, wie er
zwey staaren von einer traube scheucht. F. MIIller 1, 165.
sie sind Zugvögel: bald nach Michaelis kompt der stahr gar
weg. CoLER öfon. i (16S0), 626". als ihre freunde gelten krähen:
in Österreich und Ungarn (da es dieser krayen [nebelkrähen]
viel gibt) wird man meistens bey den stahren etliche krayen
finden, als ob sie ihre convoy oder salvaguardia waren.
Hohberg 2, 681*. falken stellen ihnen nach, daher die folgenden
veryletche. menlich sie gein im quamen gevarn :
rebt alse da ein valkenterz kumt under starn,
sus sie mit hurt die koverung zestörten.
... , , ... , l.ohenijr.i'l9;
der hoch gelobte biderbe man
mit hurt die vinde sus kom an.
rebt als der srairel tuot den starn,
sacb man in durch den hüO'en rarn
mit hurt reht als ein windes prüt.
Licutenstei!« 92, lt.
es heiszt: der liund scheucht den staaren. Gesner vogelb. übers,
von Heuszlis 228'.
6) der staar gilt als artiger, possierlicher, lustiger vogel : vom
stahr. dieser ist einer der artlichsten vögel, die man hier zu
lande hat. Fleming t. jag. 149"; von den staaren. unter denen
in Deutschland befindlichen vögeln ist wohl dieses der poszir-
lichste. Döbel jäger-pract. 1,58;
Stieglitz mit dem reihen kämmchen,
ammer mit dem goldenen latz
und der staar, der possierliche matz.
Stör« geil. (1852) 106;
daher vergleichend: wir sitzen lustig zusammen, wie die staare.
Frettag journaU 2,2. das erklärt sich z. th. daraus, dasz er
bei der fortbewegung auf der erde nicht hüpß, wie die meisten
vögel, sondern schreitet, was den eindruck des komisch - gravi-
tätischen macht, i. th. aus der art und dauer seines unermüd-
lichen gesang^ oder gezwitschers : in den höchsten zweigen des
ahornbaums, der an der gartenseite des hauses stand, trieben
die staare ihr wesen. Stobn ;». sc/ir. 3 (18S4), t>9;
nun ('in mai) klappern die reisenden storche;
nun schwätzet der gaukelnde staar. Hackoorn 3,97;
vergkiehend:
ach schau sie, guck sie. komm herbei
der papst und kaiser und clerisey,
haben lange mäntel und lange schwänz,
paradiren mit eichet- und lorbeerkränz,
troitiren und stäuben zu hellen scharen,
machen ein gezwatzer als wie die staren.
GöTHK i:{. X
dazu kommt seine gelehrigkeiU in der gefangenschaft Urnt er.
uenn ihm die zunge gelöst ii^l, menschen- und thieistimmen nach-
17
259
STAAR
ST AAR
260
ahmtn. Oken 7, 306: ich verston dasz die Staren so in
heüsern erhalten werdend, gar wo) singend, und aller anderer
vüglen stiram an sich nemmind. Gksneb vogelb. übers, von
IlEUäZLiN 22ü'; eines staaren listige red. Zincgref apophthegm.
(I(>3t4) 393; es hatte ein leib artzt in Sachsen ein staaren,
einen klugen vogel, der schwetzte alles nach, was er hörete.
ebenda; ich will einen staaren abrichten, der dir die namen
immer wiederholen und bitte! bitte hinzufügen soll. Götbi
42, 322; besonders holte er die jungen stanren und Wiede-
hopfen aus den hohlen bäumen, weil er gehört hatte, dasz
man diese sprechen lehren könne, und gab sich mit deren
Unterricht viele mühe. Miller Siegw. 1 (1177);
wa<r ein sitich oder ein «lar, die meliten alt
eelernet hau
aai si sprachen Minnen.
minifs. frühl. 127,23 (vgl. 132,8);
der Star ein rede wol lernen mac,
spricht: 'Dietrich, setze mir den stuoll'
FiAUiNLOB spr. 197, t
0 das, das i$t ein staar!
bey nah seit einem jähr
lehr' ich den vogel schwatzen:
so lernte keiner nicht,
er lacht, er weint, er spricht:
er mauzet wie die katzen.
Weiszk knm. op. 3 (1771), 320,
ja, einen staar scIiafT ich der nichts soll lernen
zu schreyn, als Mortimer, und geh' ihm den,
um seinen zorn stets rege zu erhalten.
Shakespeare llcinr. IV. 1, 1, 3;
ich möcht' mir ziehen einen jungen staar,
bis dasz er spräcli' die worte rein und klar, . ..
dann sang er liell durch ihre fenslersclieiben :
dein ist mein herz, und soll es ewig bleiben.
W. MÖLLER ijed. (IS6S) 1,9;
daher vergUtchend: i^g^g^ ^•^^ g^ß,, a^g ^^^ a^gen,
so richtet man euch ab, wie einen staar.
Schiller Tur. 3, 4.
andere sprichwörtliche vergleiche, die auf den staar in der ge-
f an genschaft gehen: ersteht da wie staar im gatter. Leoprechting
aus dem Lechrain 296; einem zureden, wie einem kranken star,
eindringlich, unverdrossen lureden. Albrecht Leipz. mundart 216'.
frei lebende sprechende staare im märchen: die staare besonders
schwätzten das närrischste zeug; der eine rief immer: Piiris,
Paris, und der andre: Narcisz, Narcisz, so deutlich als es
ein schulknabe nur aussprechen kann. Göthe 24, 83. auch
das geiwitscher des frei lebenden staars wird wol als schwatzen
bezeichnet, s. Hagedorn 3,97 o6en. es ist darum nicht ausiu-
mochen, ob der folgende sprichwörtliche vergleich dies oder wirkliches
sprechen des staars meint: schwätzen wie »' std 1, plauderhaft
sein. Scn«.* 2, 782.
c) ollgemein wurden staare früher gern gegessen, namentlich
in der zeit der Weinlese, wo sie am fettesten sein sollen. Jablonski
lex. (1721) 743' und junge: die jungen staare sind so delicat
zu essen, als wie eine drossel. Üobel jäger-prart. 1, 58'. heute
isit man sie nur noch in einzelnen gegenden; schon Jablonski
bemerkt a. a. o. : '/leu.' zu tage kommen sie nicht auf gute tafeln'.
dieser rückgang mag zu folgender erwdgung in bexiehung stehen:
die staaren fressen alles was ihnen vorkommt, ja sie greilTen
so gar das aas an, daher man biilich einen absehen haben
solle, selbige zu essen. Hohbkbg 3,2,372'. sie werden auch
geradezu als ^ungesunde speise' bezeichnet. Jablonski a. a. o. ältere
schreiben ihnen aber medicinische Wirkungen zu: ein staaren in
derspeisz genossen, hilfTt denen so etwas tödtiichs getruncken
habend. Gesner vogelb. übers, von Heuszlin 229'; star, starn,
heisset griechisch psarus, und lateinisch sturnus, ein be-
kannter vogel, ist gut im kalten catharr und im aussatz.
WiBsoNC arzneih. (1597) 1. reg.
d) der fang von staaren ausdrücklich erlaubt: doch hierjnnen
aussgenuinen swulben, slaren, spercken, ruchen und tauben,
die ein yeder vahen mag Nürnberger polizeiordn. 310. sie
wurden früher in grossen mengen gefangen , um als speise zu
dienen: als nun der Vogelsteller uinb sich griffe, einen staaren
nach dem andern würgte. ZiNCCRer apoiMhegm. (IC39) 394;
wann nun die slahren eingesessen {sich im röhricht nieder-
gelassen haben), und die nacht herbey kommen, werden die
Rtahren überzogen, und gewürgt. IIoubkrü 2, 082'; an andern
orten werden die slahren mit einer rcuschen oder hüiierheer
gefangen, ebenda; man kan auch einem lebendigen stabren
einen zwey elen langen faden mit leim an den schwciff
binden, und also unter ilni haiiffen iliegen lassen, so werden
•ich etliche darein verschlagen, und mit herab fallen. 08::';
•laaren bey lageizeit tu fangen, ckon. («x. (t74l) 2791; staare
j auf dem heerdc lu fangen. Döbel jäger-pract. 2,233; die jungen
staare zu fangen, verlohnet sich wohl der mühe. 233'; die
staare in der trommel, reisen und garn-sacke zu fangen. 234;
die staare auf eine andere invenlion (mit garnen) zu fangen. 235.
aus solchem gründe wurden früher auch nistkästen für staare
aufgehängt, die man heute anbringt, um ihnen schütz zu bieten
und sich an ihnen zu erfreuen: in Schlesien hey den dörflern,
werden auf die hohen dicken bäume, kleine viereckichte,
doch etwas langlicht-formirte kästlein angchenckt, offt zwanzig
dreyssig auf einem bäum, darein nun nisten die stahren,
und mit denen werden die jungen getheilt, haben also die
Icute jährlich ihr gewisses einkommcn dabey. Hohbbrg 2, 681'.
e) der staar erscheint auch als wappenthier. GrCtzner herald,
terminol. in Siebnachers wappenbuch (1890) 93.
2) als bezeichnung verwandter vögel, zur gattung sturnus ge-
höriger und anderer: der einfarbige staar, sturnus unicolor, im
Süden Kuropas, der wasserstaar, sturnus cinclus. Nemnich 2, 1392,
der indianische staar. 2, 72, indische staar, gracula religiosa.
Campe. Oken 7,306, der javanische staar, eulabes javanus. 307,
der (amerikanische) viehstaar, icterus, embcriza pecoris. 308,
der reis[z]staar, emberiza oryzivora, ictertis acripennis. 312.
STAAB, STAR, m. bezeichnung gewisser augenkrankheiten.
hd. zuerst bezeugt in Luthers bibelübersetzung als stark flec-
lierendes m. star. Tob. 6,10. 11,14 {s. unten l,e). in gleicher
Schreibung auch später. Corvinus fonslat. 1 (1660), 286*. Stieler
nachsch. V3'. Kräder deutsch -ital. dict. 2 (i7u2), 911*. Wächter
1588. Friscbi 2, 320*. Campe, daneben staar Schottel 1420.
Steiniiacii 2,684. Gottsched s/zrar/i /f. 142. Adelung. Weigand*
2, 787, nur in älterer spräche auch stahr, starr. Krämer deutsch-
ital. dict. 2 (1702), 911", also in derselben art wie das vorige,
obgleich einzelne lexirographen es durch andere Schreibung davon
zu unterscheiden suchen, meist bei späteren wie in Luthers bibel
mit starker flexion. Stieler nachsch. 29'. Kramer deutsch-ilal.
dtft. 2 (1702), 911*. Steinbach 2, 684. Frisch 2, 32o'. Adelung.
Camik. VVeigand^ 2, 787, im plural, der naturgemäsz seilen ist:
ich habe stare gesehen und auch gewirckt, die achtzohen,
zwanizig, und dreissig jar sind alt gewesen. Bartiscm augen-
dienst (1583) 64';
das tageslicht — obgleich der abend schon begann,
das blendende zu mildern — blitzte
jetzt schmerzlich ihre blliuien äugen an,
als wenn's mit nadeln ihre staare ritzte.
ÜAGCKSKN 4(1836), 206.
aber bisweilen auch in die schwache, die früher häufigere von staar,
sturnus umschlagend, acc. starn roc. ron 1618 bei Schh.' 2, 775,
stahrn quelle von 1734 bei Schöpf (iroJ. ipft. 700, Staren Pestalozzi
4 (1820), 292, starren />i«nA. t/. G^r/r. 2 (1790), 259, plur.: weiii-
rauten mit wein gestossen, und über die äugen gelegt, vertreiiiet
die anfahende stahren. Tabernaemont. (ltiü4)3y6J; im heutigen
bair. anscheinend rrgelmäszig sUr, flectiert staren. Scbm.' 2, 77.i,
mundartlich wie slaur, nturnus weitergebildet zu stärl. Schöpf tirol.
wb. 700. Lexer liärnt. wb. 239, slärile Lexer ebenda, andrerseits
mundartlich aber auch scharf unterschieden vom vorigen, so Schweiz.
Star. Seiler 277' neben stör, störe, sturnus. 2S0'. statt des a,
das in der regel wie während der nhd. zeit beim vorigen lang ist
(doch vgl. die oben angeführten Schreibungen siarr bei Kramer,
starren bei Pestalozzi), erscheint bisweile'i c, vielleicht weil man
das wort mit sierii, stellt in Zusammenhang brachte: für allerley
gebrechen der äugen, es seyen perlen, feile, contracteii oder
Stern. Coler öcon. 2 (ir>su), in'; auf dem einen äuge habe
ich einen stern, auf dem andern schiele ich. Kahener sat.
4 (1757), 36. ron anderen geimanischen sprachen bieten das mnd.
staer (adj.?) vel blint, oblalmia {Ophthalmia), quelle von Ul.'>,
slar, n. Scriilek-LObben 4, 366', das nnd. star Dähnert 455';
das mndl. slar, das nndl. staar, f.; das schwed. starr, m., das
dän. staer. en. viel früher bezeugt ist das zugehörige adj. st;iar-
hliiid {s. dies); daher musz dies subst. als ane jüngere bildung
auf grund jenes Worts gelten, weiteres s. dort.
l) staar im menschlichen äuge,
a) das wort bezeichnet ganz verschiedene krankheiten, die von
der älteren medicin unter einem gesichlspunkt betrachtet wurden.
sie hielt den staar für einen die puptlle veischliessendcn , :u
einem häutehen geronnenen flüssigkdmropfen, welcher sich aus
dem hirn in das äuge verirrte. IIthtl alt. kunstworte d.unal. Ul
der stahr in den äugen, der sich also für das löchlein mitten
im uugensleine legt, welches zu lalein uvea genannt wird.
kommt auch von den hösen nOssrn des hnupts. Coi kr öcon.
2 (lUttü), 117'. sie unterschied demgemdsz «n^ gutta opaca, uoliei
von auszen eint trübung des nuges durch die pupilU wahrnehmbar
261
STAAR
STAAR
262
ist, und eine gutta serena, wobei sich nichts derartiges zeigt. Htbtl
c. a. 0. Zacher klin. monatsbl. f. augenheilk. 12 (1874), 297. dieser
theorie entsjiricht auch die lat. bezeichnung su/fusio (oculorum).
CoBviNLs fons latinit. i (i660), 286*. Schottel 1420. Stieleb
nachsch. 29*. Kra«eb deutsch-ital. dict. 2 (1702), 911*. Steisbach
5,684. Wächter 15S8. Fbisch 2, 320' (pupillae). JABLo.^SEI lex.
(1721)743" sowie die grieeh.-lat. catarracta. Jablonski a. a. o.:
der Star oder Cataracta ist ein trübe, zehe und scbleimige
inateiia, inwendig im äuge, in der fördern feuchtigkeit, welche
albugineus genant, vor der sebe oder dem Sternen, mit namen
Uvea, vorgelegel. Bartisch augendienst (1383)43', die an den
angeführten stellen ohne weiteres der deutschen bezeichnung gleich-
gesetzt werden, während sie an andern (s. unten) deutlich als
bezeichnung der hauptform der alten gutta opaca, des grauen
oder weiszen staars erscheinen, über arten des staars bemerkt
Coleb: es ist aber mancherley stabr, und wird der unlerscbeld
genommen von den färben, dann etlicher ist scbwartz, ...
etlicher ist blau. ... etlicher ist weisz, etlicher roth. öcon.
2 (lt>80), in', vgl: so es (gemeint ist der staar) zeitig wird,
erscheinet es vorneralichen in fünfferley färben zu sehen, als
weis, graw, blaw, grün und gelbe. Babtisch 43'; auszerdem
kennt er auch den schwarzen staar, s. unten, der weisze staar
ist identisch mit dem grauen oder eine abart desselben. Jabloski
lex. (1721) 743'. Höfleb deutsches krankheitsnamenb. 670* : wie
man diesem weissen stare in der zeit begegenen und vor-
komen sol. Babtisch 47*. der graue staar, glaucoma [eine
heute anders gebrauchte beuichnung, s. unten), Cataracta. Steir-
BACH 2,684, Cataracta, suffusio ädbllkg ist eine Verdunklung
der kristalllin^e oder ihrer kapsei oder beider theile zusammen.
Campe. Höfleb deutsches krankheitsnamenb.6~a': der grawe star,
änerea Cataracta, bat auch seinen Ursprung und ursacb aus
dem leibe, und auch aui dem heubte. Bartisch 49'; erstens
bettelt einer, der von seinem grauen slaare lebt {ein blinder
straszenbeüler) . . , weit mehr vom eben so blinden glück und
PIulo zusammen, als ein anderer der sehen musz. J. Pacl
biogr. belust. l, 154. nach dem Stadium der krankheit werden
hierbei unterschieden der wachsende, reife, überreife staar.
Hüfler a.a.O., entsprechend auch der harte, weiche staar.
ebenda, nach dem eigentliihen sitz kernstaar, rindenstaar, kapsel-
»laar. ebenda, nach der besonderen färbung der federstaar, eiter-
staar oder gelbe staar (: weiter, so wird ein star befunden,
der wird genant der gelbe star, buxea Cataracta. Babtisch 54"),
milchstaar oder (milcb)weisze staar u. s. f. ebenda, eine ganz
andere krankheit ist der bei Coleb weiter erwähnte blaue staar.
Höfleb 669'. auch bezeichnet als grüner staar, «ne ^Verdunklung
4er gläsernen feuchtigkeit, glaucoma'. Campe, eine glaskOrper-
anomaüe, «c^ei der augenhintergrund grün durch die stark ver-
gröszerte pupille hervorleuchtet, glaukom. Höfleb 670': es ist
auch noch ein star, welcher von wegen seiner färbe und
materien, der grüne star, viridis Cataracta, genandt wird.
Babtisch 52'; glaukoma, wie bekannt, ist diejenige krankheit
des auges, »eiche unsere augenärzle den blauen oder grünen
staar nennen. Lessinc 6, 337. völlig von beiden verschieden ist
der auch bei Coleb angeführte schwarze staar, gutta serena.
Steimbach 2,684, 'uenn der augapfel bey einer völligen blindheit
seine natürliche färbe behält, welche art des slaares für ganz
uniteilbar gehallen wird, weil die netzhaut des auges, oder dessen
verve alsdann unbrauchbar geworden, amaurosis, gutta serena'.
Adelung, amaurosis. gutta serena, suffusio nigra. Campe, catarrhacta
nigra Höflfb krankbeitsnamenb. 670' (die pupille ist dabei ver-
gröszert, aber schwarz, daher der name. vgl. Babtisch 86'): ferner
sol man wissen, das noch eine art des stares ist, der wird
in gemein genant der schwartze star bey den gelerten &uwä-
fwais, obfuscatio, gutta serena. und ist das ein solcher star,
der da viel ein ander natur, art und eigenscbaft an ihm hat,
auch viel ein andere gestalt, form und ansehen, als die
andern alle (er ist unheilbar). Babtisch augendienst (1583) 85*;
im vergleich: du kannst deinen bul an die sonne hängen,
bruder, und ich wette, sie stehlen ihn dir herunter, als ob
das äuge der weit den schwarzen staar gehabt hätte. Sciiilleb
riuber Irauersp. 2, 7.
h) es heiszt der staar tritt ins äuge:
Antipatcr kann scherzen,
wenn der staar ms äuge triu. Lichtwe* 273;
»ol auch in älterer spräche der staar fällt vors äuge, der
unter a erwähnten theorie entsprechend, worauf der folgende ver-
^eich deutet: wenige tage darauf liel mir's wie ein staar vor
beide äugen, ich sab fast nichts und muszte die arbeit stehen
lassen. Göthe 34, 165. als gegensatz dazu, in ganz unsinnlicher
anwendung : siehe, da fällts wie der staar von meinen äugen!
Schiller räuber schausp. 1,2. vgl.: es fällt mir wie schuppen
von den äugen, den staar bekommen: (der blinde sagte, er)
wäre, nachdem sie von Africa abgereiset, in dem meer unver-
sehens erblindet, hätte nicht fortgehen können, und den staar
bebekommen. A. Gbyphids (1698) 1, 186. einen staar in äugen
haben, haver' il panno, haver' un oeehio appannalo. Kbaueb
deutsch-ital. dict. 2 (l'Q-l), Sli', den staar haben, hyperbolisch:
ich weisz nicht, ob ich den staar habe — aber ich finde
im ganzen garten keine (rose). Gotteb 3,257; bildlich:
die thorheit hat den staar. doch tappte sie voran,
es musten sie ein greisz und sieben kinder leiten.
Iris zeigt sich ohne schleier; Gditheb 493;
doch der meuscb, er hat den staar. Göthi 4, 379;
vgl. auch: diejenige, welche den stahrn nicht im gehirn haben.
queUe von 1734 bei Schöpf 700.
c) heilung des staars: unde ok is se (bathonie) ghud vor
dat Star, quelle bei Scuiller-LCbben 4,366*; die galle vom fisch
ist gut die äugen damit zu salben, das einem den star ver-
treibe. Tob. 6,10; der star gieng jm von den äugen, wie ein
heutlin von einem ey. 11,14;
berührt von seinem (Oberons) iilienstabe, klären
sich Gangolfs äugen auf, verschwunden ist der staar.
WiELASD 22, 298 (06. 6, 90).
salbe erscheint wie in den bibelstellen auch später als heilmitteU
das setzt das folgende büd voraus:
das oculisten-schild hast du necbst auszgebenckt,
als du die salbe mir vor meinen siaar gescheuckt,
des nächsten splitter soll dir deine balclien decken,
und andrer blösze dich und deine scbaar verstecken.
Gö:<TaifR 417.
über latwergen, tränke, bdhungen u. dgU als heilmittel s. Babtisch
augendienst (1583) 47 /f. einen am staar wirken (operieren),
stechen, in älterer spräche: (zahnbrecher und titeriacksleute)
nemen die leute an, und stechen sie am star auff dem markte
im winde und luETt vor jederman , lassen sie also darvon
gehen, wie ein sawe vom tröge, aber solches heisst nicht
am Star gestochen, sondern die äugen ausgestochen. Bartisch
augendienst (1583)60'; wenn du einen an einem star wircken
oder stechen solt. 6i*; einen staar wirken, operieren, in älterer
spräche, s. Bartiscb 64* oben unter dem formalen, den starn
stechen, voc. von 161S 6« Schm.* 2, 775, einem den star stecheu,
mederi pterygio. Stieler nachsch. 29*, levare ü panno dell' occhio
ad uno. Kraneb deutsch-ital. dict. 2 (1702), 911', einem den staar
siechen, acu suffusionem oculorum alicujus discutere. Steinbach
2, 684, curatio su/fusionis, paracentosis. Frisch 2, 320*, den staar
stechen, ihn (den grauen staar) niederdrücken oder herausziehen.
Aüelurg. Campe, beim grauen (weiszen, gelben) staar wurde
in älterer zeit die getrübte linse, die man für ein häutchen hielt,
vielfach mit der staarnadel [s. dies) in den glaskörper hinab-
gedrückt (vgl. Bartisch augendienst [1583] 63'), «in hygienisch
bedenkliches verfahren, während sie in neuerer seit regelmäszig
entfernt und ihre Wirkung durch eine staarbriUe (s. dies) ersetzt
wird, auch bei anderen arten des staars versuchten ältere gewisz
dasselbe: wultu dat star steken, so nym einen griffel van
sulvere, de schal vore scharp wesen ... so lose dat star in
den oghen bi der nezen ersten, quelle bei Schillek-LCbber
4,366"; wie man rechte, zeitige und reilfe stare wircken und
stechen sol. Bartisch augendienst (i5>3) 60'; wann man einem
den stahr sticht, das thut nicht sonderlich wehe. Coleb öcon.
2(1680), in', unter den beil-mitteln, die wider den weissen
staar gebrauchet werden, ist das sicherste, das man ihn
stechen lasse, d. i. mit einer goldenen nadel bebend in das
äuge fahre, und das häutlein für dem augapffel wegnehme.
Jäblo.nssi lex. (1721) 743'; freier:
da hub das alte männlein an zu sprechen:
das heisz' ich mir docli wundenbat'ge steine,
die so den grauen staar den äugen stechen! (er hat
durch den tiiiblick rineit mdclien do< gesteht wieder
bekommen). RBckut 3 (1882). 161.
zu allgemeinem bildlichen gebrauch des ausdrucks leiten gnomische
Wendungen gleich den folgenden über: es ist besser man bebalt
den Staren in äugen als dasz man mit gefahr lebens denselben
sieche. Lehmann Ol (für die kunst der alten ^oculisten höchst
bezeichnend); einem alten ist nun freilich der staar schwerer
zu stechen. Herder 1,214 Suphan; nur dann, wenn man licht
anzündet, kann man zeigen, was die nacht ist, und wenn
man den staaren sticht, was die blindheit gewesen. Pestalozzi
17*
263
STAAU
STA ABARTIG— STA ARBLIND
264
ILtrnh. B. Cn-fr. 3 (t:90), 2&9. wittig: der 4. knnte kein geld
im hause sehn, drum wolle er sich (ton einem rtisetiden arzte)
den staar stechen lassen, dasz er geld zu sehen kriegte.
Weise er:n. 92 neudr. in allgemeiner hildliclier antcenduvg:
nach der befreiung Wiens 1683 üe( das Wortspiel gegen den Türken
um: graf Slarhemberg kann dir den staar wohl steclien.
BoRCHARDT-WusTHARN sprickw. redtnsorten 452, 1129; sodann will
ich noch lOoo. und mehr ilialer daran wenden wenn es Ja
erfordert werden solte, dasz die h= = = Helena rechtsrhalTen
prostituiret, und dem tan Steen der siaar gestochen werden
möge. Felsenb. 3,213; die meisten menschen scheinen leute
zu seyn, denen vor kurzem der staar gestochen ist: das rechte
tageslicht können sie doch noch nicht venragen. Karl Lessing
in Lacimanns Lessing - ausg. 13, tiü7; soll ich dir den slaar
stechen? ich darf, ich kann nicht, thu' die äugen auf, und
sieh! Klinckr theal. 2,230; kurz der staar wurde mir mit der
sta;irnadel gestochen, und ein bischen das herzchen dabei.
J. Paol Katirnb. 2,67; man musz ihm den staren stechen.
Eiselein il"; aber wenn man und weib nur aus woilust zu-
sammengehen, wie die pferd und steinesel, die keinen ver-
stand haben, denen sticht der wcliestand bald den staar, sie
haben eine fortdauernde hölle dahier. Leoprecbtikg aus dem
Lechrain 245;
doch eh'_ du ihm den staar auT immer stichst,
so sinn ihm nach, was du dabei gewinnst,
wenn jeder nach dem nutzen seiner kunst
geschätzet wird. Stolbrrg H, 27;
seit mir den staar die n-eisheit stach. Gottkr 1,443;
stich diesen liier oder auch mir den staar!
stellt ihr das werk so hoch, wie sie?
Hebbel 3 (1891), 229.
einem den staar stechen über etwas, bildlieh: ihr konsulent,
der arotshauptmann, hat ihnen den staar über ihre umstände
gestochen. Gottkr 3,30t; wo es auf die hauptsachen für das
bauernwohl ankommt, da sind alle herren halb blind und
wollen es seyn, und wenn man ihnen hierüber den starren
stechen und keine koinplimente machen will, so ists, wie
wenn man ihnen an's herz greifen würde. Pestalozzi Lienh,
M. 6V(r. 3 (1792), 109; wahrlich es ist ein verdienst um die
inenschheit, diesen guten leuten den slaren hierüber zu
stechen, sehr. 4 (l820), 292. nicht blosz mit dativ der person:
sie hatte die leidenschaft, 'unpassende parthieen' zu hinter-
treiben und blinder liebe bei Zeilen den 'staar zu stechen'.
Gutzkow ritter v. geist 4, 60. ohne zusatz: er hell e iiiänige st;ir
g'stoche, manchen aufgeklärt, eines besseren belehrt. Seiler 277'.
den staar ausziehen, gleichfalls vom grauen staar: indem sie
{die ode) die einbildungskraft mit bildern hi.nreiszt, wie das
licht einen, dem der staar ausgezogen worden. Lichtenberg
2, 39. eigenartig :
ich (Oberon) will {durch ein wunder) den staar von Gangolfs
äugen schleifen,
und aur der Trischen tiiat soll sie sein hlicli ergreil'en.
WiELA!iD 22, 2i»8 (üfc. 6, 88).
einen vom staar heilen, bildlich:
denn die {eine adeUslotte frau) wird nur xu ürückenau {wo
ndeliche das bad vt-rlassen müsaen, wenn nie
nicht mit biirqriliche» tanten wollen)
geheilt von ihrem staar. Göckihck 3, 169.
d) staar tu freierer bildlicher anwendung mit dem gen. eines
ttbstractumt: ^^^ ^^^^^ j^^ blinden Sünden
da« band der tauben lust, der holTart stummer wahn
wird fonsl durch keinen nicht, als diesen (C/iru/uO abgethan.
FLimrie 65V;
das alter, da des erdenpilger* bahn
allmuhlicli sich zu einer höh' erhebet,
auf welcher, Ire! von seiner kindheil staar.
das äuge voll begier hinaus in's weile strebet.
wer t»be zwanzig seiner jähre Börci» 104';
fOr Ctsars rulim und Crösus geld?
ich nicht! so lange von dem siaare
des wahna, rieh rrejr mein aug' erhftit.
GöCKlNSK I (1780), Ul.
enttpreehende lusammentetiungen:
0 wunderbares all, eröffne mir die äugen,
dasi, vom gewohuhells-star berrey't,
ile beute dein« herrllchkeit
In deiner creaiur xu acbtuen taugen.
BaocKKs I (1739), 394;
ist man nicht gar xu blind
an tilelttaar. TitMi t (1706), 300.
iknlick mü einem aäj.:
«r kennt aieb selber kau«, er hei den sioluen aiaer.
RAcau. M.
e) von der älteren theorie aus, die den staar als ein häutchen
auffaszte, ist es verständlich, dasz Haller die haut so bezeichnen
kann, die das äuge des menschlichen embryos bedeckt:
mein olu verschlosz ein Teil, mein aug ein staar. 154, 101.
f) eine erweiterung des sinns bei concreler anwendung liegt
in folgender stelle vor:
und heisze tiirnnennuth entrann
dem todeslinstern staar (i-ini-s blinden),
Wkithis hei .Matthisson lyi. anthol. 9, 249.
g) besondere beachtung fordert die bisher nur bei Luther nach-
gewiesene redensart: er furcht sich für seinen eigen staren.
LuTHEiis sprichtrörlersammlung 15 Thiele, in den Schriften auch
staar, slaaren {vgl. Tbielk a. a. o. s. 41. 42): auszgenmnmen
der bapst und sein kirche, die furchten sich billich für jhren
eygen slaren yin äuge. 7, 406, -^2 Weim. ausg.; obs einmal ge-
rathen wollt, dasz die könige sich für dem geuialelen teufel,
oder ihrem eigen staar oder für des papsts forz fürchten
wollten. 26, 183 Erl.ausg.; will er golt nicht fürchten, wohlan,
so fürchte er sich für seinem eigenen slaaren im äuge. 38. 12h.
daneben begegnet: unnd geschieht dyr eben (wie mann sagt),
das du dich furchlist für deynem eygen augennstern, denn
wo du fest glewbist, der wolll sey hynder dem offen, oh
er schon nit da ist, szo ist er doch dyr da, der du nit
änderst ihust und ferist, alsz sey er da. 8, 170,26 Weim. ausg.
{vgl. Thiele a. a. o.). stern als oblique nebenform zu staar alt
krankheitsbezoichnung ist oben unter dem formalen bezeugt. Thiki e
möchte a. a. o. s. 42/f. von dieser stelle ausrehend in den Sub-
stantiv formen der andern ntbenformen zu stern, steüa vermuten,
das hier pupille bedeuten soll, aus sprachlichen gründen mus:
das als höchst fraglieh bezeichnet werden , obgleich , wie er .». 46
anführt, mundartlich {in Wittenberg heute) slarn für stern be-
gegnet, das vielleicht auch Luther braucht, s. 45 {womit noch
kein nom. dat. star, staar, kein dat. slaren, slaaren im sinne
von Stella für Luther erwiesen wird), obgleich er das bis jetzt
nicht sicher erklärte lichlstar (.<;. dies oben t'ieil 6,892) heransieht.
es kann kaum etwas anderes gemeint sein als die krankheits-
beieichnung, wonach der sinn sein musi: sich vor seiner eigenen
blindheit fürchten.
2) als bezeichnung entsprechender oder ähnlicher augenkrank-
htilen bei thieren , besonders bei pferden. öcon. lex. (i744) 27'j2,
bei denen hauptsächlich grauer und schwarzer staar außrtit.
der graue staar bei pferden heiszt auch grüner staar. Höflbr G7ü*.
abarten desselben sind der balkenslaar. 669', der marmor-
staar. 670*, der punklstaar. ebenda, weiszer staar bei pferden,
weisze hornhauttrübung. 67u'.
STAABAUTIG, adj. zu staar, slurnus: sie {die krähen) zer-
fallen in 2 abtheilungen, in die staararligen und rabenartigen.
Orek 7, 3üt.
STAABAUGE, n. l) mU dem staar behaftetit, staarblinde-
äuge, starauge Cahpb, bildlieh: ein mensch der da hin geredi.
krigt Star äugen et nihil amplius videt et incedit ut cecu<
Luther 28, 757, 2. rji. starrauge, starr sehendes, stehendes äuge,
person mit solchen äugen. Campe, das daraus entwickelt sein
kann wie wahrscheinlich starrblind aus starblind. 5. staarhlind.
2) äuge eines staars, starauge Campe oder dem eines stjart
gleich, d. h. groszes. weites, so läsit es sich in der folgendtn
!<lelle fassen, wo freilich auch die möglichkeit einer stcuudären
anlehnung eines eigentlich zu 1 gehörigen worts an staar, sturnut
möglich ist. vgl. staarhlind: der verliebte edelmann sähe mich,
als oh er mich für liebe fressen wolle, stets mit staaraugen
an. Jan Perus 148.
STAAHAUGIG, adj. staaraugen habend, slarfiugig Campr.
1) nach staaiauge l, staarbltnde äugen habend. Canpk: armer
staräugiger! was zeigten dir deine äugen? Wächter bet dem-
selben, vgl. slarrüugig, starre äugen habend, ebenda.
:) nach staarauge 2, ou^en rie ein staar habend. Caupi.
STAAKbEIÜE, /. mundartlir/i brülkasten für staare. AliskciT
Leipziger mundart 216*. rgl. heute, hölurner brtnnkorb, kokUr
kliAz in den die waldbtenen bauen oben theil i, 1750.
STAABULI^O, adj. durch den 4aar blind, bei offenen äugen
blind, ahd. ttaraplint, starabliiit Graff n, 7ul, mhd. slarbliot
Berthuld v. Kkcinsburc 1,433,15. Alt'-ukrt 36,19, s(ar(r)e-
blint 21,31, frühnhd. stnrblint, aorosia Di^r. :i9', epiphora 3ut*,
slarpiint ebenda, starnblind, cecus l(i9', »Inrcublint, aorasia 39*,
staerblindt, glaueoma 194*, storblind, reeus luu', auch tpAttr
starblind Luihkr 12,319,11 Witm.ausg. Stirler 195. nachsch.-nt'.
Krämer dfuficA-il.did. 3(1702), 911'. SrKiMiAca 1,133. Wachtrs
268!). Campe, ia/ieten staarhlind .Matuasius £<ir. 2, 84*. AoitiuNa
265
STAARBLIND
STAARBLIND
266
{mundartlich für völlig blind). Weigasd'* 2, TS", starnblind noch
tl. Sachs 20, 62, i: Weim. ausg. Atre» 2464,23 Keller, veraltet,
ebenso staarcnbliml Gäbelebover orjn«6. (1599) 1,113, starr-
' bliod als gleichbedeutend noch Tabeiraemont. (1664) 157 J. 165 C.
Kraher lUutsch-ilal. dict. 2 (iT02), 911*, später eingeschränkt auf
die bedevtung 'völlig blind'. Adblü.ig {als mundartlich bezeichnet).
Campe ('u«J bei blinden personen die äugen gani starr und ohne
»usdruck stehen), bildlich: da$s sie (dieliebe) auch ein miidchen
mit so helien Junonsaugen und eineni so itlaren verstand,
wie meine freundin, blind, stücii- und starrblind inacben
könne. Latte ich erst noch zu lernen. Wielamd 39, 269 (Ära/.
«. Hipp. 2b). auch das landschaftliche sternbliDd, völlig blind
Cahpe kann auf sta(a)rblind zurückgehen , durch vermitilung
wen starnblind. eine verstärkurig ist stockstartilind, bildlich:
so tieff haben alle geistlichen und gelerleo geschlafen und
geschnarckt, ja stuck star blind sind sie genest. Ldther
5,21';'; und wer solchs nicht sihet noch achtet, der mus ent-
weder gar stock starblind, oder gar steinhart, und erstorben
sein. 6,48'; hyperbolisch: man sagt viel, das adeler und luchse,
scharff sehen, aber sie sind stockstarblind gegen diese meisler,
welche in diesen evangelijs ersehen können, beide canones,
kleider und allerley kremerey der messen. 5,29»'. rjJ. stock-
blind unten, mnd. begegnet starblind Schiller-Lübbes 4, 36<j';
mndl. staerblent Reinaert 77, nndl. staarblind (vgl. sterreblind,
steinblind): afries. starnblind. stareblind, staerblynd, starblind
RicHTHOFEM lu44' ; oQs. stjerblind, staereblind, stareblind Bos-
woRTH-ToLLER 909', mengl. stareblind Sieat^ 592', nenjj. star-
blind, zum theil blind neben vielleicht umgebildetem mengl. stark
blynde. Skeat a.a.O., nengl. starkblind, stockblind; schiced.
ttarrblind, slaaiblind, stockblind, dän. slaerblind, vgl. auch nisl.
staiblinda, f. blindheit. Cleaset-Vicfcssos 5S9'. da die Zeug-
nisse für das adj. viel weiter zurück reichen als die für das
zugehörige subst. (vgl. dies oben), musz bei der etymoU^gisrhen
erklärung ton dem adj. ausgeganijCn werden. Babtisch erklärt
in seinem berühmten augendienst (1583) ;»ar; woher es {das
augeiileiden) aber der star genant wird, und woher jhm dis
wort slar künibt. kan ich üur zeit noch nicht wissen, denn
dieser namen also bekant und breuchlicb ist, das bürger und
bawer, gelerle und ungelerte darvon «issen. denn wenn sie
ton einem gar blinden menschen hören sagen, sehen oder
reden, wissen sie nicht anders zu sagen, als vom stur, und
sprechen , er ist oder sey starblind. 42', aber seine weiteren
ausführiingen zeigen, dasz er staar als krankheitsbezeichnuiig für
identisch mit dem vogelnamen hält: aber das dieser gebrechen
und mangel der slar genant wird, das ist kein wunder, denn
man findet mehr gebrechen, mängei und schaden der menschen,
die nach thieren und auch andern dingen genant werdon,
als diesen mangel allein, ebenda, auch neuere neigen einer
zusammen sttllung mit dem vogelnamen zu. Zacher klin. monalsbl.
f. augenheilkunde 12. 301. sie ist formal möylich, aber der sach-
liche grund einer solchen Übertragung ist bishir nicht überzeugend
dargethan worden. Zachebr a. o. o. gegebener hinweis auf die
ähiilichkeit der beim grauen staar getrübten linse mit dem ge-
ßeder des staars befriedigt nicht, tudem erweckt er bedenken
wegen der dabei vorauszusetzenden bildungsarl des adj. unbedingt
abzulehnen ist aus sprachlichen gründen die folgend^ erklärung:
^weil dieses glaucoma den so genannten stern im aug überzieht,
so scheint slar davon herzukommen. Krisch 2, y2o', die auch von
Htrtl kunstworte d. anatomie 94 geboten wird, die oben erwähnte
nebenform sternblind {vgl. auch stern für staar unter dem letz-
teren) scheint auf seeundärer angleichung an stern, slella zu
beruhen, wie starnblind, staarenblind {vgl. starn als nebenform
XU staar) durch secunddre angleichung an staar, sturnus ent-
standen sein mögen. Adelung stellt staar als krankheitsbeziich-
nung mit starr, rigidus zusammen, 'da mit dem staare behaftete
personen starr vor sich hinsehen' und verweist weiter auf ags.
starian, anord. stara, starr blicken und das gleichbedeutende
deutsche {von ihm als niedersächsisch bezeichnete) stieren, das
adj. starr begegnet allerdings erst mhd. als starre, ebenso die
nebenform sterre, aus der stier, adj. {mit stieren, stier, starr
bUeken) entwicket i>t, aber auch ahd. ist ein stammierwandtis,
dem anord. stara und dem ags. starian entsprechendes staren,
stair blicken bezeugt. Graff 6, 701. mit diesem verb darf sliar-
blind unbedenklich unmittelbar zusammengestdlt werden, gramm.
2,557. W RIGA HD* 2, 787, sodasz sich als grundbedeutung ergiebl:
mit starren äugen blind, es erscheint so als bezeichnung der form
der blindheit, bei der die äugen nicht ganz zerstört sind und die
lider geöffnet werden können, wnbei zweifelhaft bleibt, ob es etwa
zunächst auf den grauen staar als für andere besonders bemerk-
bare art dieser blindheit ging und der sinn dann erweitert wurde
oder ob es gleich einen allgemeineren sinn halte, vgl. das jüngere
staar oben und:
nuyne {iles leichnamf) ogben stau meck to stare.
visio Philiberlisi. 225 bei Schillir-Löbii!« 6, 27S\
l) in sinnlicher anwendung.
a) gewöhnliih ton personen , so wol schon in der ahd. glosse
hi/ena {hyaena) bestia euius pupille lapideae (lapides) sunt, stara-
plint des seha augono stani sint, stara plind thes aukun (thes
sehun) stein si[n]l (edho zi steine uuordato [l. uuordano]),
stara plint. Stejsheter-Sieters l, 170, I9 — 22, wo augenschein-
lich nur der relativsatz dem deutschen entspricht, man kann die
hyäne unmöglich deshalb staraplint genannt haben — ganz ab-
gesehen davon, dasz das wort zweifellos ein adj. «/ — , weü ilire
augcn nach aller ansehavung steine enthalten sollten, vgl. Zacher
in den klin. monatsbL f. augenheiVsunde 15,282. dasz dem relativ-
satz auszer der wOttlichen Übersetzung das adj. staraplint gleich-
gesetzt wird, erklärt sich aus der alten medicinischen theorie, die
den staar durch erstarren eines aus dem hirn ins äuge gedrungenen
feuchügkeitstropfens entstehen läszt. vgl. das zugehörige subtt. oben,
auf personen beziehen sich wol auch die glossen olbios oculus
{verschrieben für albioculvs), staraplinter. Steiüheyer-Sieters
3, 12, 16 {deutlich auf den grauen oder weiszen staar weisend)
und glaucoma, starablint. 2,11,6 {glaucoma wird später grüner
staar genannt), ebenso gewisz zunächst die erklärungen nhd. lexieo-
graphen «tarblind, ex suffusione rel albugine coecus. Stieler 195,
suffusione tali {oculi) laborans, coecutiens. nachsch. 29*, star- o
stairblind, chi ha il panno suW occhio o un ocehio appannato.
Krämer deutsch- ital. dict. 2 (1702), 911*. ex suffusione coecus.
SiEi^BACH 1, 133, durch den staar am äuge blind. Cahpe. wie
in diesen erklärungen geht es auch in den folgenden stellen sicher
oder wahrscheinlich auf die oder eine der als staar bezeichneten
krankheiten: rettigwnsser in die äugen gethan und getrunken
zerlest die feuchtigkeit, die da ist in cornea der äugen, davon
die menschen starnblind werden. Vogter wie man alle gebresten
und krankheiten des menschlichen leibs . . . arzneien und vertreiben
soll mit ausgeprannten wassern (1532)8; wer staarenblind ist.
Gäbei.khoter arjn^ift. (1599) 1,113; wann einer durch ein kranck-
heit starrblind worden were, so nimb fenchelwasser das mit
dem honig, wie oben gemeldt, eingesetzt worden, und zweymal
gestillirt ist, und thu jhm alle stund, tag und nacht, jedesmal
ein paar tröpfflein in ein jedes aug. Tarersaejiost. (1C64) 157J;
gemeldeter safft [des haarstrangs) mit geläutertem fenchelsafTt
zertrieben, und ein wenig des auszgetruckneten safifls lycii
darzu gethan. bringet die wider zu recht die anfahen starr-
blind zu werden, liiglich einmal oder zwey etliche tröpfflein
in die äugen geträufft. 165 C; wer staarblind ist, der nehme
tormentill und lege sie in wein, tiincke den wein ausz, und
sonst nichts anders. Coler öfon. 2 (I6SO), 1I8'; starblind seyn,
harere gli occhi appannati, esser' acciecato dal panno sul' occhio.
Krämer deut^ch-ital. dict. i {l'i)'>),9n'. staarblindes äuge an-
scheinend von völliger blindheil unterschieden: und ist daj der
mage überget, s6 geraetet der überfluj ctewenne gein dem
houbete, da; dem menschen etewenne diu 6ren rervallent,
daj er ungehoernde wirt, oder für die gesiht, daj er erblindet
oder sus boesiu ougen gewinnet, süröuge oder glaseöuge oder
starblint {sc. öuge). Bertbold v. Rece.'isbcrg l, 433, 15. staar-
blind als 'mit offnen äugen blind' erscheinend: es wird ein
solch mensch daraus, der dahin gehet als der starr blind
{lesait: starblind) wird und mit offenen äugen nichts mehr
sihet noch acht oder fület. Llther 28, 757, 8 Weim. ausg. zu
berücksichtigen ist, dasz die baujilarlen des staars, der graue,
grüne und schwarze staar nach alter medicinischer anschauung
die hauptformen der blindheil bei erhaltenen äugen darstellen,
von der augenblicklichen blendung der äugen durch glänz, sdiimnur
heiszt es:
ich sacb (auf der wand gemall) menigen (chilt und heloi,
die ich han gesehen ulT der ban,
die ich vil wol geneonen kan,
wan sie ujerwelt sint.
ich was nach worden starreblint Uesaiteii: starrblint. «tare-
... bllDl). Altswirt 21, 34:
und auch geradezu:
ich war» schauwens (vom antchauen einer bürg aus melall)
starblint. 36, 19:
das liecbt das macht uns so starnblind.
das wir des wegs rerfehlei habn. Atrrr 2464,23 Keller.
mundartlich wird staarblind nach Adeidng ßr völlig blind ge-
braucht {auch bei zerstörten äugen?), das nach Adellsc und
267 STA ARBLINDHEIT — ST AARENFLEISCH
STAARENHERD — STAARHÄHER
268
Campb in gUiehtm sinne übliche starrblind ist augenscheinUch
erst in jüngerer xeit von staarblind differeniierl , das in der
neueren Schriftsprache bei eigentlicher anwendung durchaus be-
schränkt ist auf die unmittelbare beziehung zu staar.
b) von thieren, besonders von pferden: verkoft en man deme
anderen ein pert, dar ilime gewerescap an gewerl, die sal
yme geweren an dem perde, dnt it nicht stedich ne si,
noch starbliot noch unrechtes anevanges. quelle von 1369 bei
ScBiLLER-Li)BBBN 4, 366' {auf andere mnd. Zeugnisse wird dort,
bei Fkiscb 7, i2o' und rechtsalterth.60.\ hingeu<iesen); starblindej
pferU quelle des 14. jahrh. bei Lexer mhd. handteb. 2, lt42;
starnlilindtc pferdt. quelle bei Schm.' 2, 775; ist ein pferd
starnblindt. Ai.brecbt rosiarznei (1541) l. von anderen thieren,
im thierepos:
dat bise (Her fuclis die Jungen des wolfs) besekede daer
si iaghun,
datier twe noint roeer ne saghen
ende si worden slaerblent. Itcinacri I 77 Martin;
darnach: he benieecb unde besejchede se, dar se legen,
dat der dre nj soilder en.cecen
und worden dar alT al starblynt. Iteinlie de vos 49.
vgl. auch: bi daie \>u (die etile) art stareblind.
quelle bei Bosworth-Tollbr 909*.
2) in bildlicher anwendung: da ist sie {die vernunß) star
blindt. Luther \-2,ZVj,nWeim.ausg.; irseyt übersichtig; secht
nur io die hübe aufT den grossen weltlichen bauflen, der dann
(wie vor) alle mal mit lesterlichen Sünden herein-fert. daran
werdet ir dann gar starnblindt, falt wider zu-ruck aufT cwer
zierliche gleisznerey, halt die für heylig. H. Sacds 22,67,31
Keller-Gütxe ; dasz man klärlich genugsam sehen würde, wie
starrbiind für wenig jaren alle menschen gewesen, brodkorb der
hl. röm. reliquien (1594) 8; dieweil aber die ganze weit staar-
blind ist und sitzet in ßnsternisz und schatten des todes.
Matbbsios Syrach (1586) 2,84"; wer ein übel los seyn will der
weisz immer was er will; wer was bessers will als er hat,
der ist ganz staarblind. Gütbe 17,24;
bald sie ('Uulerry und (rembde lieh') in fechl und uberwindt,
so macht sie in iholl und «tarnblind,
dasz er nit wol weisz, ^Yns er ihut.
H. Sachs 20, 62, 17 Keller-GoXte;
wie seid jhr menschen kind
so toll? so tum? und so starblind?
das jhr golt, Silber, edcigstein
euch samlet, nur zur pracht und schein . . .?
HoLLONius sommum vilne humanae 27,429 Spenqler.
STAARBLINDHEIT, f. zum vorigen, starbliniheit quelle von
1420 bei Lexbr mhd. handwb. 2,1142, starbliniheit, storblint-
beit, stamblintheit, aucti starblindikeit. starblintkcit, aorasia.
DiEF. 39*, Star- o starrblindbeit , appannamento degli occhi.
Krahkr deutsch -ital. Jict. 2 {\H)2),'Ai\ starbijndheit Campe, mit
berufung auf Krämer , wovon er mit berufung auf denselben
Starrblindheit als völlige blindheit unterscheidet: vor das sternfeil
oder Starrblindheit: niinb schellkraulsafft, dürrwurlzsafft, jedes
ij loth, jungfrawenhonig, iiij luth, vermiscbs, und Ihu darvon
des tags drey- oder vieimal, jedesmal drey oder vier triipflein
in die äugen. TABtB>'AEMüNT. (iC64) 104 J; in seiner (angeborenen)
staarblindbeit hatte er den tag von der nacht, und bei starkem
lichte, das schwarze, weisze und hellruthe von einander
unterscheiden können; ... das augc wurde geöfnel. IIehdeii
4,50 Suphan. bililich: ah und web über die undanckbarkeit
und starblindbeit, deren, die dein (gottes) wort nicht allein
nicht bOren wollen, sondern es auch niutwilliglich verachten,
verfolgen und leslern. Lutbrr 8,328'; starblindbeit der Egyplcr.
10, 346 anmerkung (randbemerkung) Weim, ausg.
STAAHIILINDIGKKIT, f., s. das vorige.
STAAHUKILLE, f. brxüe für solche, denen der staar gestochen
ist. JiiiLONSKi lex. (1721) 110*. Adei.uhc, brille, die die Wirkung
der bei der Operation des grauen staars entfernten linse ersetzt.
STAAHKNACHAT, m. ein achat, der versteinert» korallen ent-
hält und wie ttaarenfedern gesprenkelt ist, auch slaarenstein.
jAcoktioR 7,417*. Nkmkich.
STAAHENFANG, m. .* nachmals aber ist es om besten, dasz
man den staaren-faDg gantz allein in teichcn und gerobrigen
vornehme. DObbl 3,233'; staarenfang: l) auf dem vogel-
beerde ... 3) fang in der troinmel, in reuszen und im garn-
sacke. RiiLtn 6, MS. OM; da der staarenfang nicht zu den
wiebtigeren weidinAnuiscben Verrichtungen gehört. oOs.
STAAKENKEDEH, f.: ein acbat, so versteinerte korallen
enibsit, und wie slaarenfedern gesprengt ist. Jacubsson 7, 417*.
STAARKNKLEISCH. n. fleisch von ilaaren: HhatfS lobet das
«labrennciscb gar sehr. Coibb öron. l (lOso), OiO*.
STAARENHERD, m. vogelherd zum fang von staaren, stauren-
heerd Jacohsson 4,243', starenhcrd Campe: in manchen, seiir
staarenreichen gegenden veriäszt man daher zur zeit der
gnimmeternte die wiesen und errichtet auf groszen Stoppel-
feldern einen andern staarenheerd, nach art des heidelerchen-
bcerdes. Bebler 5,666.
STAARENHÜHLE, f. höhle, uorin ttaare nisten: vom gehl
und geldeswerlh ward (nach aufhebung einer räuberbande) wenig
aufgefunden, auszer durch zufall, in brnnncn, slarenhohlen,
hohlen bäumen und dergleichen. Leoprecbting aus dem Lech-
rain 142.
STAARENKASTEN, m. brütkasten für staare, mundartlich
auch der nebenform des ersten subst. mit 1 entsprechend (vgl.
staar, sturnus oben) staarelkaslen, so in Leitmeritz, wo dies wort
auch gebraucht wird für einen Schwätzer, ^der so viel schwatzt
wie die staare in ihrem kästen', korrespondenzbl. des Vereins für
nd. Sprachforschung 14,65.
STAARENKOBEL, t». , bair. dasselbe wie das vorige, vgl.
kobel, m. stall, hfitte 2 oben tbeil 5, 1539 und staarkübel: in dem
gcäste dieser bäume i^ind staarenkobel (ausgehöhlte fichteo-
stöcke) angebracht. Leopreciiting aus dem Lechrain 229.
STAARENNEST, n. n«< fon staaren, für staare. »pj. siaaren-
kasten: in der Schlesien macht man viel stahrennester, auff
die linden und andere bäume, darinnen hecken sie, in der
fasten, oder in dem frühling, dasz ihr ofTt ein mann viel
schock mit einander ausznimpt, und in den statten verkaufft.
Coler öcon. 1 (16S0), 626', in der form staarnest: was die
Schlesier vor eine lust im frühling mit den stahrnestern haben,
das hab ich im andern ort gemeldet. 026\
STAARENHEICH, adj.: Beblen 5,666 (die stelle ist unter
staarenherd angeführt).
STAARENSCHIESZEN, n. 'indem man sich anschleicht und
aus einem hinterhalle die staaren im fluge oder im sitze zu schieszen
sucht'. Behlen 5,668.
STAARENSTRICH, m.: der stahren-strich währet nicht lang
nach Michaelis, höret auch biszweilen noch vor Michaelis
auf. man hält dafür, sie ziehen weg; etliche wollen, sie
verschliefTen sich nur in die hohlen bäume und klumsea
der felsen. Hobbbrg 2, 6S2\ vgl. schnepfenstrich 1 oben
theil 9, 1315.
STAARENSTÖRER, m.: jr zuckerpapagoi, hetzenamseler,
hetzenscbwetzer, starnstörer. Garg. 1"'. die vorangehenden
Wörter machen es wahrscheinlich, dasi der erste bestandtheil der
vogelname ist. vielleicht ist der sinn: Schwätzer, der den staar
überschwatzt, ihn im schwatzen stört, es könnte auch einen be-
zeichnen, der staarennesler ausnimmt, oder einen pfuschenden
slaarstecher. vgl, slörer, pfuschender landstreicher unten.
STA AREN VOLK, n.;
erst am llusz um busch und binsen
schwärmt, zur wanderschaTt sich sammelnd,
mit gekreisch ein siarenvolk. Giibil uaclil. 149.
STAARKELL, n. der staar im äuge, älterer medicinischer An-
schauung gemäss als feil, häutchen betrachtet {vgl staar, ati^fn-
krankhiit oben), starfell Mobrbeek bei Campb, starrfell. stahrfell:
darum solcher gebrechen (des auges) von etlichen ein starfell
genant wird. RvKr chir. (1559) 36'; dann wo solches starfell
schwarz oder grau, grün oder rütiech und so du mit dem
daumen auf dem auglid reibest sichs nit ausspreitet, so ist
solches starfell nit mehr zu vertreiben, ebenda; nardensaamen
zu reinem pulver geslossen, und mit Teyelwurtzöl in die naie
gegossen, vertreibet die anfahende starrfeil. TABSRNAeMonr.
(1061) 185F; deszglcichen zu den äugen gebrauchet, machet
er (lasersaft) ein scharpiT gesiebt, und vertreib! die anfahenda
Starrfell der äugen. 210 C; und dafür sin>l die pilulae sioe
quibus esse nolo gut, und nehmten das siahrfrll weg. wann
man sie zu rechter zeit, alsz neinlich bald im aufang brauchet.
Coleb Oeon. 2 (I680), 117'. in der form starenfell: stnrenfell
(bei Pferden), welche in schwarlzcr färb doch ganlz durch-
scheinend und ciyslallisch nnzusclien. I'inter pferdschatt
(1688) 879. Fbisch führt aus älteren quellen an stiirnfell. 310*.
atcrfell, sternfeil 332' (Golii onomnsfirum). die Iftite form bietä
nach ScHM* 2,783 auch ein vncabular von 1018, ebenso: vor das
•ternfell oder tt.irrblindheit. TAiiERnABMoriT. (1004) 104 J. hier
hat augenscheinlich angleichung an stern im sinn« von pupiUe
üattgefunden.
STAARIIAIIER, m. der tannenhäher, nuszhiher, eorvut earyO'
eatactts. der ähnlich gefirbt irf wir ifer 'tnnr. IVipkwitscii 5i4.
Nbmhich I, lUi, starüeher Campk.
269
STAARHAMMEL — STAARMESTE
ST AARNADEL — STAAT
270
STAARHAMMEL, m.: unter einer heerd schafe werden ja
nicht lauter reutige und unbändige staarhäinmel oder faule
mutzen, sondern auch geduldige und willige schäflein sein.
mdgdelob 4. vgl. stähr, stär, schaßock unten.
STAARHAUT, f., dasselbe wie staarfell, im bilde: vermuth-
lich hat alsdenn diese nadel (vgl. staarnadel unten) dem äuge
di« Sehkraft gegeben, dem sie die slaarhaut wegschaffet.
Herder 5, 44 Suphan.
STAARINHAßER, m.; schielen — sagt Richter, der staar-
stecher, nicht der staarinhaber {der Verfasser, der fürchtet, den
schwarzen staar zu bekommen), in seiner wundarzneikunsl
(b. HI, s. 426.) — läuft untrüglich dem staare voraus. J. Paul
unsicbtb. löge 3, 45.
STAARKliBEL, m. brütkasten ßr staare. vgl. »laarenkobel:
nach Lenz nisten die weibchen (der eiehhürnclien) auch in
staarkiibeln, welche nahe am wald auf bäumen hängen. Brebm
Belleben 1, 72.
STAARL, subst., s. staar, sturnus.
STAARLANZETTE, f. lanzette zum stechen des augenstaars.
tgl. staarnadel: das zimmer wurde verschnttet, die staar-
lanzette vorgeholt, und das kranke äuge festgemacht. J. Paul
Hesp. 1, 18.
STAARLINSE, f. die vom (grauen) staar verdunkelte kristall-
linse des auges, starlinse Cahpe: Viktor drückte die reife
slaarlinse — diese auf die Schöpfung geworfene dampfkugel
und Wolke — in den boden des augapfels hinab. J. Paul
Besp. 1, 19.
STAARMATZ, m. der staar, sturnus, in der spräche des täg-
lichen lebens, starmatz Campe, eigentlich kosename für den staar
u-ie matz, vgl. dies oben theü 6, 1769, 6, appeilativisch :
lieber staarmatz, o bey mir
soll ein prächtig tiäuschen dir
einen siebern wohnplatz geben!
Weiszb kom. op. 3 (1771), 324;
is allgemeiner anwendung von staaren in der gefangenschafl:
frau Schnips, singt sie nicht artig, frau nachbarinn, wahrhaftig
wie eine beydelerche so schön! frau Zange, nein, lieber wie
mein staarmatz, das ist ein scharmantes thier, das kann
sagen: du hure! und du schelm! 2(t:6S), 181; ist das der
dank, dasz ich mir alle morgen ein Stündchen vom schlafe
abgebrochen habe, den staarmatz abzurichten? 3(1771), 322;
ich geh' nicht, ich geh' nicht, ich bin kein staarmatz. Auebbach
dorfgesch. 3,94; aber aus dem dahinter liegenden zimmer läszl
sich jetzt weder das pfeifen des dompfaffen, noch das ge-
krächze Don Pedros, des lahmen staarmatzes vernehmen.
Stobm sämtl. werke l (1899), 129;
vergebt mir, warf der staarmatz ein,
er {der herr nefunqener vönel) würde, wollt' er ja nichts sparen,
mit altem käse besser fahren. Lichtwer (1828) 112;
Golo. was macht die gräfm?
Katharina, einen staarmatz lehrt
sie Siegfrieds namen. Hebbel l (1S91), 96;
«M frei lebenden staaren: sieh', so liesz ich (in einer Zeichnung)
dem Bacchus den linken arm übers knie bambeln. sieh doch,
den rechten hub er so in die höh'; schlug mit einem stecken
dem einen staarmatz (er scheucht zwei staare von einer traube)
auf den köpf, dasz ihm die gestohlne beer' aus dem schnabel
fiel. F. Müller l, 165; ich könnte höchstens die elstern und
staarmälze herunter schieszen lassen, die etwa vorüber fliegen.
Hebbel 2 (1891), 49. uneigenllich ein mensch von beschrduktem
§ei$te, der andern nur nachschwatzt wie ein staar. Campe.
STAARME.NSCH, m.: mag es (ein volk, das seine eigene
spräche verlernt) dann aller weit sprachen begreifen, und über-
gelehrt bei Babels thtirmbau zum dollmetscher taugen, es ist
kein volk mehr, nur ein niengsel von staarmenschen. Jah!»
1, 30 Euler. vgl. staar, sturnus 1, b.
STAARMESSER, n. messer, das zu staaroperationen gebraucht
mrd: eine Verbesserung des Wenzelschen staarmessers. Ja-
COBSSOH 7, 417*.
STAARMESTE, f. brütkasten für staare, in Schlesien Weix-
■OLU 62' und in Sachsen Albrecbt Leipziger mundart l7o'.
»jL raeste 2 oben theil 6,2134: (der staar) hecket gerne in
hohlen bäumen und äspen, »onderiich in specht-löchern,
star-mesten und höhlen jährlich zweymal und werden öffters
ausgenommen. Fleming /eu<scAer jäff^r (1719) 149". in Schlesien
hing man früher briitkilsten für staare in die bäume um einen
theil der jungen auszunehmen und als eszware zu verkaufen.
vgL staar, sturnus l,c. darauf geht die bemerkung bei Frisch:
in Schlesien heiszt man eine art sie zu fangen eine staar-
meste. 2,312'.
STAARNADEL, f. nadel zum siechen des augenstaars, golden
Adelu.nc. Jacobsson 4, 243' oder silbern mit vergoldeter spitze:
eine jede gute und rechte starnadel, sol von gar gutem und
feinem siiber gemacht und bereitet werden, und nicht von
messing, stal oder eisen ... es sol aber die spitze vergüldet
sein. Bartisch augendienst (15S3) 65'; vgl.: das erst instru-
mentlin so auch dem haupt aber besondern gliedern des-
selbigen nemlich den äugen zugeeignet, ist dieses und wirt
ein starnadel genant. RyrF chir. (i559) 36*. im bilde: denn
Niesz schickte mir unter dem essen meinen brief an ihn
und seinen kupferstich; kurz der staar wurde mir mit der
staarnadel gestochen, und ein bischen das herzchen dabei.
J. Paul Kalzenb.2,6',. freier mit dem gen. eines abstractums:
so trifft das genie noch leichter das ziel ohne die staarnadel
der kritik. grOnldnd. proz. ^,S. daneben staarennadel, »je die
folgende Zusammensetzung zeigt: staarennadelmesser des herrn
Siegerist. dieses ist eine Verbesserung des Wenzelschen
staarmessers. Jacobssom 7, 417*.
STAAROPERATIO.N, f. chirurgisches verfahren zur heilung
des augenstaars.
STA ABSTECHEN, n. das stechen des augenstaars. vgl. staar,
augenkrankheit l, c: er [der augenarzt) sol feine gerade, subtile,
klare, gesunde arme, feuste und finger haben, auch auff
beiden feusten hurtig und fertig, linckes und rechts sein,
auff das er beide hende . . . füren und brauchen kan und mag,
und solches ist sonderlichen von nuten im starwircken, oder
im starstechen. Bartisch augendienst (i583) ll'; so werden
auch sag merfeltig abgegangner bevelch die frembten gemainen
pader und andere unerfarne ärzt, so sich des starnstechen,
stain- und pruchschneidens und hailens untersteen und ge-
brauchen, wann si nit priMlegiert oder mit patenten versehen,
zu passiern genzlich verpoten. tirol. weisth. 1,24,2" (17. jahrh.);
vom stabr-stechen. Coleb 2,117'; staar, heiszt auch eine
augen-kranckbeit, die entweder das gesiebte schwächet oder
gar nimmt, wenn es der schwartze, vor unheilbar, und wenn
es der weisse vor heilbar, sonderlich durch das staar-stechen
gebalten wird. öcon. lex. (1744) 2792.
STA ABSTECHER, m. ocularius, vulgo oculista, starstecher.
Stieler nachsch. 29*, star-, staar- o stahrenstecher, oculista,
oftalmico, operatore che so, levare il panni da gli occhi. Kram er
deutsch ilal. dict. 2 (1702), 911*, staarstecher, 'ein wundarzt, der
ein eigenes geschäft daraus macht, andern den staar zu stechen,
dergleichen personen sich doch lieber oculisten oder augendrzte
nennen lassen. Adelung, heute mit der sache in eigentlichem
sinne veraltet, vgl. das vorige: wenig zeit hernach kompt ein
artzt oder staarstecher aus der insel Senderib an, welcher
seine kunst durch viel glückliche proben berühmt gemacht
hatte, pers. rosenlh. 43* (2, 37) ; ich meines ortes rüste mich
schon darauf, dasz sie (ratten) morgen unter dem stiebe an
dem staarstecher und an dem pazienten hinaufspringen.
J. Paui. Hesp. 1, 8.
STAARSTECHZLMMER, n. von einem zimmer, worin einem
der augenstaar gestochen wird: der kaplan guckte mit einer
lächerlichen angst und quäl auf das schlafende wochenkind,
um mit ihm bei dem kleinsten schrei sogleich aus dem staar-
stecbzimmer hinauszulaufen. J. Paul Hesp. l, 18.
STAARVVEISE, adv. zu staar, sturnus: starweise, sturnatim
Stieler nachsch. 29*.
STAARVVIRKEN , n. das operieren, stechen des augenstaars,
in älterer spräche, vgl. staar, augenkrankheit l,c: solches ist
sonderlichen von nöten im starwircken, oder im starstecben.
Bartisch augendienst (1583) U* (vollständiger ist die stelle unter
staarstechen, n. gegeben).
STAAT, m. status, ornatus, respublica, mit Sicherheit seil dem
15. jahrh. nachzuweisen (vgl. unten l), Staat, Status Diek. 551*,
in gleicher Schreibung bei .Maaler 382'. Kraher deutsch-ital. dict.
2(1702), 912*. Steisbach 2, 6S6. Frisch 2, 313'. Adelung. Campk,
daneben früher stat Dief. 551". Stieler 2114. Kramer 2, 912",
Stadt Bkant narrensch. 88, 9. Keisersberg post. 2, 4*, stabt
Wecisiiebli» 95. 104. 425, noch von Jahn gefordert: Staat ist
altdeutsch, jetzt zunächst aus der niederländischen mundart,
sollte aber billig staht geschrieben werden (er leitet es von
stehen ab, s. unten). 2,699 Euler, statt Petbi 2(1605), Tt l'
(die doppelconsonanz ist hier wol als Idngezeichen zu fassen),
md. staet, stayl Dief. 551*, stait d. städtechron. 13, 4S2, 4 (Cöln,
V. 149U), oberd. stät ßosfcr cAron. 5, 478, 6, staut herzog Ernst
271
STAAT
STAAT
272
239,21 BarUeh, stot Kei^ersbf.rc (tt;. 58*, slodt Braut narr^nsch.
74,33, mit solcher vocaherdiimpfung auch md., sloot Paasch
Alteiiburger bauerndeutsch loo und nd. (s. unlen), unter nd.-vdl.
einflusx slaad Simpl. i, 152,33 Kurz, phir. staaden 81,6, mrhein.
staede, dat. d. städtechron. li.4hh,l {Cöln, r. 1499); »nnrf. stat,
State Sciiiiler-LCbben 4,366', auch stad {s.vrtten), nnd. Staat,
stät brem. trb. 4, 1006. SciifTZE 4, 181. Danneil 2Io'. Mi 85'.
TEN DooRNKAAT Kooi.MAH 3,303', staad , städ Dähkert 455".
WoESTE 252' {auch ßectiert stad-, schon in älteren quellen.
Däbnkrt 455", wol mil anlehnung an ein ursprünglich deutsches
wart); tnndl. stael{t), nnd/. Staat; engl. State; schu^ed. stat,
ddn. stat, bürgerliche gesellschafl neben stads, gepränge. zu
gründe liegt lat. Status (vgl. afrani. estat; n franz. etat; Hai.
stato). unbedingt abzulehnen ist Jahns crklärung: Staat kommt
von stehen, auf ständen waren unsere deutseben Staaten
sonst gegründet, und sie bestanden, l, 283 Euler. die be-
deutungsentiricklung des deutschen worts ist zweifellos durch das
franz. und das ndl. heeinflusit. bisweilen erscheint im deutschen
die französische form: Salomo, unter dessen regierung der
jödisrlie estat in Toller blute stund. Scriver Seelenschatz 2, '91;
CS machen zwar die bcyden von diesem liebes-wercke, welches
der Pythias an Damone, der Nisus an Euryalo, der Pyladcs
an Oreste gethan, einen grossen estat. Sperling Mmdemus
quaerens et Jesus resiwndens 2 (1719), 810 {vgl. unten 3). in
einer bestimmten gebrauchsart , für aufstellung, vergleich, betrag
der einnahmen und ausgaben hat das franz. etat das deutsche
wort völlig zurückgedrängt {vgl. unten 2). die beeinflussung
durch das ndl. wort zeigt sich in formaler beziehung an dem
deutlich auf ndl. vorbtld weisenden plur. Staaten, der im deutschen
zuerst von den holländischen generalstaaten gebraucht erscheint.
Krämer dfu/srft-»taJ. did. 2 (1702), 912". Steinbach 2, 687. Frisch
2,813", dann erst in weiterem politischem sinne. Adelung, es
ist die einzige in solcher anwendung erscheinende und beute über-
haupt die einzige allgemein bekannte pluralform, was schon für
das 17. jahrh. zu gellen scheint, der form des deutschen wurts
nach sollte man einen starken plur. erwarten, frühnhd. begegnet
er thatsdchlich, und zwar mil umlaut, also der i-declination ge-
mäsz (wie rat — rate), im sinne von stand {vgl. unten \,a, t):
zu Verachtung und straff der narbeyt, blintheyt, yrrsal und
dorheit, aller stät, und geschlecbt der menschen. Braut
narrensch. vorrede, überschr.; zu dem ersten sprich icb das
du von emeissen leren {lernen) solt, und aller meist die re-
genten in beiden stäten {im geistlichen und weltlichen stände).
Keisersrerg emeis {\h\',) 19'; darumb ist diszer stat (d<T siand
der Obrigkeit) über alle ander stet, arbeitsam, sorcklich und
schwer, seelenpar. 137*. in der bedeutung ^prunkende kleidnng'
(vgl. unten 3) zeigt das wort mundartlich einen plur. scbtäder.
Crecei.ius oberhess. wb. 2, 802. bei VVEii;ANn* 2, 788 wird für
diese bedeutung der plur. släter verworfen und statt dessen Staate
angesetzt, allgemein üblich üt diese form heute weder in dieser
noch in anderer anwendung. in Cöln gebraucht man Staat im
sinne von pracht, rang, prung, putz auch als f. Hünig 150".
1) Status, conditio. Maai.er 382', fortuna, conditio, Habitus et
varietas rerum. Stieler 2114, stato, grado, posto, ordine. Kramer
rfeu/sc/i-i/ol. dic<. 2(1702), 912', zustand, stand, von Fiii«cn 2, 313"
als veraltet, von Adelung und Campe als nur noch in einigen
oberd. gegenden üblich bezeichnet, auch heute in der Schriftsprache
unbekannt.
a) auf personen bezogen.
a) im aUtjemeinen sinne von zustand, läge: was in eme var-
iiken State des lives undc der zelen. quelle bei Schillkr-
LCtBER 4, 36«';
wie »örglich sy der narren stau
Braut narrennch. vorr. 52;
wer l^bt inn eym »örglichen stat
der hab Jen i^chad, wie es jm gat. 45,33;
du soll in gelficke« stat
dich niclit hoi'limfiiig machen.
GöDKEi-TiTTlANii Uederhiich nu* drvi \<i, jnhvli.
381,77:
auf die geiamtlieit des menschengeschleehts bezogen:
(Irr wcrlie iiAi is leider nu »0 geworden.
dal d« meiste liAp holt einen sündigen orden.
f/e« (loHeM Haut 1473 ;
den wer beschrib der weit« siadi.
der mflsi wol Ȋsen, wie es gadt.
Mtia^ta nchrlment. x. 71,37 Matlhia»;
$piUr noch in formelhaften Verbindungen : in «tat aeyn zu reisen,
t$$4r' in istuti) di vt'iggiare. Kbamkr deuttrh-il'il.dict. 2 (1702), 012';
nicht in «tat seyn aufzustehen, auszugeben, zu zahlen, ebenda;
ht is d'r to in stat, um sin h(is in hrand to stekrn. ten
DooiNKAAT KooLMAN 3,303'; ouck $0 nicht mehr in der heutigen
srhriftsprarlie.
ß) in der älteren kirchlichen spräche gern vom Verhältnis des
menschen xu gott und seinen geboten: stat der Unschuld.
Keisersrerg bei Scherz-Oberi.in 1558; der gnade: oick niotea
de zelekens in solkem State staen, dat se des werdich syn,
dat man voer en bidden moghe, dat is dat se syn in den
State der gbenade. Vechr 214, 25; auch später nd.noch: heia
in de stiit fan genade kamen, ten Doornkaat Kooi.man 3,303';
als gegensatz: in dem stat der ewigen verdamnusz. quelle bei
Scherz- Oberiin 1558; auch in den folgenden belegen vom zu-
stande der Seelen nach dem tode: wie er dem leyen noch tode
erschein und inie scite von sime State, wie gar wol . . . e»
sinre seien erging. Tacler 6ei Schmiht «J«. erfr. 337' ; sie fragte
(Iciszig nach dem statt ihrer Schwester, die erst verschieden
war. Kkisersbfrg bei Frisch 2,313".
y) damit berührt sich eheliiher Staat, ehestand: das sie sich
wider zuo elichein staut durch vennäheln verheirat. herzog
Ernst 230,^2 Bartsch; eelicber stat ist ain hörter stat. Kfiser8>
r.EBG 7 Schwerter; wann er hott do wellen zeigen das eelicber
stat ein erlicber stat ist. derselbe bei Scherz-Oberlin 1558;
vor alten zelten da wont zu Gerdaw im land zu Lünenbflrg
ein par aller leüt, die bei .1 iaren im eelichen stat bei einander
gesessen waren. Eulensp. i'.hist.; darumb so i?t eelicber stat
ein verbitleretter stat. Pauli schimpf u. ernst \Z^ Osterlej/ ; aUe
denne de vorben. Andreas seck in den eliken Stadt körtet
gevende wardl. quelle von 1525 bei Schm.ier-LCiiren 4,367";
der tufel Asmodeus hat
TÜ gnalt yetz jnn dem eelichen siat.
Braut narrensch. 52. ."^O.
entsprechend: in deme State des echtes, quelle bei Sciulle«-
LPbben 4, 367";
up dat se roi einem fmen manne geven,
dar ik in dem echten state mede mochte ieven.
(/('S iSudes ilanz 1314.
im anschlusz dcuan erscheint das «ort in Zusammensetzung mit
vortretendem ehe- im sinne von ehepaar, hausstand: item ein
ieder ehestadt durch das gantz kirspel ist schuldigh dem
pastor jarlichs zu geben drei brolteren von den dreier, hocben
festen. weislh.2,6\9 (Eifel). als ijegensatz: Hanna blieb nach
ihres mannes tod in dem statt der wittwen. Keisershrc bei
Frisch 2, 313". vgl. auch : he {könig Heinrich IL) baide ein
edel vromme ind billige vrauwe ind was Kunigundis ge-
noempt, ... ind leveden bi ein in eim jonfeilirhen stait bis
in den doit. d. städtechron. 13, 4S2. 4 (Cöln, r. 1499).
S) vom Uhensalter, zunächst wol in rücksicht auf die dadurch
bedingte Stellung in der menschlichen gesellschafl: (ein söhn)
der . . . nun iizt in niänlichem staut gewachsen was. herzo§
Ernst 229. 21 Bartsch.
e) der durch abstammung, amt. beruf bedingte stand innerholk
der menschlichen gesellschaft, Stellung, rang, amt. beruf: darna
warstii secnde ene vrouwen van bogen State, quelle bei Schiller*
LCmben 4,367*; dat de olde rad van Lubeke «edder in ert
stad linde in eren stact (|iiemen. ebenda; item umh die vier
verslegere der solen , das darzu nicht bnrger. die uns und
unszer stat Halle eythafflig weren, sundern uszwendige anne
luthe geringes stats darr.u gekorn und uffgenomen, die auck
leichllich georloubt werden. Spittkndorff 89,23 Opii; wisz, du
gar hart von dem nidern stat an den höchern ze gangen wird«
quelle von 1485 bei Schm.' 2, 792; up dat eyn yslyk leser dessM
bokes van Beynken deme vossc wol moghe viirstaen, so is
to merken, dat der mynschen state is ghedelei an veer ataU»
Reinke de vos 2. vorrede; ind as nien noch zer zil saget wanM
ein fürst verböget wirt in ein hoeger «irdicbeit, hat he dsi
wal liedreven e he darzo quaini', als he niinre van stait was,
nochlunt schrift men dat ind noempt dat as hrtle be dtt
bedreven in dem boeghen siaet. d. städlrrhron. 13, 305, 16. I*
{Cöln, r. 149;i); die geholt gottes und glübden. die yederman
noch seinem stat pilicblig ist zö halten. Kkisfrsbi i'c setUn-
pnr. 137'; du solt dich ziehen noch dem din sint ist ersaio-
lirhen, nit alle wucb ein nflwe scbub an tliAn. bilg. 5s'; ick
bin ein prediger, und inAssz tu meinem Stadt büiher habeo.
fo«<. 2, 4*; die drit frucht ist, nit bei denen wonen die In
hohen stillen seint, wen du magst dich gar kiim enihallMf
du inusl in aOnd fallen, derselbe bei Scrmiht eis. wb. 337":
icb es selber wol vieixz, das es meinem stat und ineill
■'•ff
273
STAAT
STAAT
274
ercn nit gebürt. Hurner r. d. gr. luth. narren vorr.; durch der
füren glast gsach man die krysten wol alles ertöden, so sy
fundend. das sy nieinmand sparlend, geb waj statz er were.
Morgant der riese 331,33 Bachmann; änderst thün dann seinem
glaat zimbt. Maaler383'; das erst ist, dasz du von deinem
oberherren kein ampt annehmen solt, ob du anders dich
Bonst ehrlich auszbringen magst, denn mit einem guten
gnögen hast du als gniig nach deinem stat, als ein konig
oder keiser. buch der liebe 313'; mit der zeit kam er (eiri leib-
eigener) durch glückliches geschick des himmels zu einem
ansehnlichen Staat, pers. baumg. 4, 15; ich war durch dienst-
willigkeit bey meinem herrn in solchem ansehen, dasz er
meinen Staat von slaffel zu Staffel erhühete. Jan Perus 75;
seinen stat in acht nehmen, statum et dignitaiem suam tenere
etque tueri. Stieleb 2114, osservare il suo grado, posto. ordine.
Kbameb deutsch-ital. dict. 2 (1702), 912'; dat is sinem Stade nig
to naa, das ist für ihn nicht zu geringe. Dähkert 455*;
wil ik (fiel- papsi) minen stät betrachten unde bedenken rechte,
so bin ik gewest en knecht aller knechte.
ilex dodes dam 157:
her pawes, du werest hoch geresen in State. 169;
»lle uncristen to hebben in hate.
se to vorvolgen, dat togeborei dinem (des kaisers) State. 216;
wenie jo hoger stät, jo mßr dogede därbi scholen wesen. 223;
got, de du mi {die kaiserin) hefst gesät to dessem State. 255;
alsus is hirtovoren vele gesecht van etliken stateu,
van den liogen unde siden. 1553;
dann du nit frndest erneu Stadt
inn dem es yetz nit übel gat.
Brant narremtch, 88,9;
jeder fron sich in dem kleinen Stadt,
den im got vor bescheret hat.
ders. Moretu^ bei Schiidt eh. wh, 337*;
wer erhar lebt und tugend bat.
kumt zgroszen eren und hohem stat.
FusKKLiN siicl r. streit il. Venus u. d. Pallas
325 Tillmann;
mit jbr (des königs töchterlein) wuchs ich, und hatl'
am bofe neben jhr gar einen guten staat.
Dietrich v. d. Werder Ariosl 5, 7, 4;
wol nicht wil uth der lüde ere gratie schuppen,
de moet de fedder teniiik deep in stippen,
und seilen den titel höger ein par graed,
als mitbringt dessülven person und staet.
Lacremberg Scherzlied. 3,436;
spriehicörtlich: de stät wysel den man, ipse magistratus ammum
demonstrat et iram. Tcnmciüs 261; jo hoger unde groter van
»täte, jo he otmodiger sal syn, quo maior quisque est, sit eo
submisior usque. 1128; so tcol auch:
sau de staut,
sau auk de praut. Sibrock 462, 9793'.
mit sinnverwandten ausdrücken verbunden: in wat Stade, grade
und vornemecheit, de sünd. quelle von 1436 bei Dähkert 455*;
in was wirden, states oder wesens die sein, quelle bei Le.xeb
mhd. handtcb. 2,1123; walte states efte coiidicien de sin, de
dussen unsen breyff lesen, hören edder vorekomen werd.
d. städtechron. 16.399, 3 (Braunschweig. v. 1502); hir umme is dat
recht, dat die van Bremen geistlick unde weltlick gan boven
die van Hamborch yewelick in sinen grade und state. quelle
im brem. wb. 6, 338; ir erwirdigen, ersainen, fr.umen leser,
geistlich und welllich, welcher würden oder statz ir seien.
Mlrner r. d. gr. luth. narren vorrede;
got kent alle ere namen, van wat State efte ampte se ök sint.
des dodes dam 1163.
mü Zusätzen zur (jenaueren bezeirhnung der art des Standes,
amtes, berufs: geistlicher Staat: aller geistlicher stot ist ge-
setzet uf lesen und singen, quelle des 15. jahrh. bei Scbmidt
eis. wb. 337*; du bist in einem geistlichen stot got zu dienen.
Kl isebsbebg bilg. 40'; crem geestliken Stade to hülpe, zur
ihülfe in ihrem klosterleben, quelle bei Dähnert 455*; in gleichem
HTin und ähnlich: und wer es sach, das die person die ver-
letzt wörd geistlich were, oder in pfaffischem stat. Kbisebsberg
dreieck. spieg. Cc 2* ;
we dem, der den priesterlicben stai veracht.
Jaspar V. Je:i:<ep llomulus 1723;
bestimmter: im vor geschribnen jor (1439) am 25. tag junii do
ward hopst Eugenius der vierd, der was genant Gabriel, ab-
gestosseo von bäpstlichem stat. Basler chron. 5, 478, 6. geist-
licher und weltlicher Staat einander gegenübergestellt: he sy
in welkem state, gbeistlik eder werlllik, dar he sy. d. städte-
rhron. 16,78,25 {Braunschweig, v. 1414); naedein als gemein-
X. 2.
liehen die naekomende inwoner ind besitzer einiger plaetzen,
in geistlicliem of werltüchem staede, anziehen ind willen des
beroempt sin ind vurgezogen. so wanne der eirste anbever
der wonunge desselven plaetze grois is gewest van adel of
ampt. 13,455,1 (Cüln, v. 1499);
seius Slots sich keiner mer thut hallen,
in geistlich und weltlichen stodt
das hinder für das vorder godt.
WicKHA« irr reit. pilg. S4' (68').
Staat der laien: {bischof Formosus) wart van pais Johannes gantz
afgesetzt ind untwiet ind wart degradiert zo dem staide der
leien. d. städtechron. 13,423,23 {Cöln, r. 1199). königlicher Staat:
dat beboret ök te dinem konninkliken state.
des ili-des dant 355.
fürstlik stad, die fürstliche würde. Dähnebt 455* {aus älterer
spräche); in hd. form: alszo ist nicht mynner uns {erzhischof
Johann v. Magdeburg) eygentlich vorkomen, wie wir von etlichen
under uch gröblich zu reden gesalzt sint, das auch unszerm
fürstlichen stale zu nahe ist, das dann ye gescheen. Spitte;«-
DORFF 120,7 Opel; vgl: (l364 sind die burggrafen v. Nürnberg
geforstet) also das sie als wirdige gelide des heiligen römischen
reiches fursten sein und fursten stat und recht mit muntzen,
glayten, zollen und anderen herlicheyten und freybetten haben
und geprauchen sollen und mochten, d. rfäd/^cAron. 3, 2S6, 2'5
(Nürnberg, um 1450). Staat der obrigkeit : deszgleichen ist es
mit dem stat der oberkeyt. Keisebsberg seelenpar. 137*. vom
adel: wanne, wie und wairumb der stait der edelinge up-
komen is. d. städtechron. 13,262,6 {Cöln, r. 1499). ron den
ständen im alten Rom: gelich as zo Rome waren drieriei stait,
as der ritterliche stait, der raitzlude stait und der stait der
gcmeinre bürgere. 31S, 24. vgl. weiter:
die Hessen doch den Jäger stodt
aus truwten sie nit dienen gott.
Brast narrensch. 74, 33.
Q vom ränge der engel:
mine engele in dren gerachien (scAaren)
de kunnen sik alle wol gevlien
nach orem State unde werdichelt. sündenfaU 149;
Michael bef dy bi my (noll),
ein werk wil ek bevelen dy,
dat mach dy lernen nach Jinera State. 412.
ri) prägnant, hoher stand, rang, hohe würde, angesehene
Stellung, ansehen: ein staat-süchtiger mensch ist gemeiniglich
hoffärtig, und weisz nicht, dasz ansehen und slaat zu erlangen
durch die selbst-erniedrigung geschieht, pers. baumg. 4, II; die
deinen {des königs) äugen woll gefallen, werden beschenckel
und zum Staat erhoben. 4, 13;
miner seien salicbeit hebbe ik (ein ritler) noch nicht vele ge-
sucht,
men allene stät unde werltlike ere. des dodes dant 613;
hirumme nicht en spare ik (der tod) wer adel efte joget,
nein gell, stät, wisheit el'te doget. 1604;
do de man sus hy state kam (voi/t wurde).
d. ^lädiechron. 16, 157, 1712 (Braunschweig, r. 1488);
na State stunt doch al or priis. 2.'>8, 4422 fr. 1491);
nicht sulvest rynghe (finer) na State,
roen raalken by eren late
der got öm glian unde de lüde. 254, 4906;
vielleicht noch so:
in der ruh vergnügter sinnen
steckt das höchste guth der weit:
und disz Kleinod zu gewinnen
braucht man weder Staat noch geld. Gö:«THn 213.
&) auch die gesamtheit der zu einem stände der menschlichen
gesellschaft gehörigen bezeichnend : wo in vörtiden alle State der
niinscben beter weren wan nu. des dodes danz register 3C;
niiT) den andern stat für dich die ordenszlent, so sihestu wye
gantz der zerrissen ist. Keisersberc emeis 2l'; dann also söl
jeder Staat sein sach verweiten, der pfaff mit betten, der
fürst mit schütz und schirm, der underthan mit grosser arbait:
das darmit ain stat dem andern sein müe vergilt. Ec« bei
ScilEBZ-OBBRLin I55S;
der babst. der bischof, der cardinal,
der geistlich siad gar über al
keiser, kung. Iiertzoge und grafTen
die kochent all in einem hafTea.
-Mo^t sckuusp. des mitlelalt. 2, 379,24;
ich waisz ain stät, hulf billich darzQ,
aber lieber machends den leuten unrö,
das sind docior und Juristen.
vor den kann sich niemant fristen.
LlLlEilCRON tolkil. I, 560" (Nr. 123*), 21;
18
275 STAAT
men nicht lange iok liir up buwe,
wan ik see (ter prelaten stad,
de eilyker wegen nu i» seer qiiad. Rrink^ de vn» i9lb\
wo »wack is nu de glieysilyke siad. 407t ;
wann der ley gesclioien hat {den tfhnlen i/eiiommrii hnt),
dann kompt er zA geisilichem stat:
der vril den armen man erst schinden.
MuRNER iiarrfnbescliw. 33, &9 Spanier;
wa yeiziindt de!> ndels stat
prrfinden zu verlyhen hat.
die selb den rycfien sy verkoufTen. 35, 19;
doch wollen wir Statuten schreiben,
die heimlich under unsz bleiben,
darnach der gant^ weltlich stat
t& leben und regieren hat. v. d. gr. luth. narren 1413.
h) auf unpersönliches bezogen.
n) wie stand, feste stelle oder Ordnung, in sinnlicher an-
Kerjdung: got .«tciioppe (bestimmte) dem water, dal yd schulde
hebben synen stat, dar en mach yt nicbt overgan. quelle bei
ScBrLLEB-LfRBEN 4,36«';
hy dem gode. de \6f unde gras
und alle dink geschapcn hat,
des hemels löp, der örden stät. Theophilus 557.
/9) vie zustand in allgemeinem sinne, auf personen oder un-
persönliches kann sich beliehen : es ist ein schlechter stat, res
dubia, turbida, afflicla, turbultnta et in arcto est. Stieleb 2114;
sich im guten slat befinden, trovarsi in buono, prospero stato.
Krauer deutsch-ital. diet. 2 (1702), 912'. hierher gehört sicher:
'l is dar all göd in stät, ten Doornkaat Koolman 3,303'; he
hold »tn bude! {seine Wirtschaft, sein gescbäft oder dgl.) göd
in stät. ebenda.
r) in der mitte steht Staat für den zustand eines gemein-
wesens, in bezug auf allgemeine culturelle Verhältnisse: ich will
sagen, der auctor ist werth gewesen, dasz er zu Heydeiberg
gewohnet hat. denn wer sich den Staat dieses berühmten
ortes nur in etwas bekant machet, wie er sich vom anfange
dieses seculi bisz auf den landverderblichen krieg befunden
hat, der musz bekennen, dasz sowohl die Universität, als
auch die gesamte Stadt vor vielen andern in Teutschland
dozumahl den rühm einer galanten curiosität gehaupten kunte.
Weise vorrede zu Zinkgrefs apophthegm. (IC93), besonders auf
politische Verhältnisse, einrichtung, Verfassung, umfang u. dgl.
{vgl. lat. Status civitatis, rei publicae, der Wohlstand. Cicero):
bidde wy, dat ghi vor oghen nemen den stat dis landes,
alse he vor is ghewest unde in wat maniren dat he riu vor-
andert is. quelle von 1382 bei Schiller -LiBnEN 4,366'; sprak
royt ene van deme State des rykes. quelle ebenda; damit das
beilig römisch reich bey seinem stat und herkommen unzer-
drennet und unzerlidet beleihen mocht. d. städtechron. 2,384, 14
{Nürnberg, um 1450); demjenigen, der den Staat seines landes
verstehen will. Seckewdorf fürstenstaat (1656) 3; ich wil mein
alt-gesetztes leben noch ferner dahin richten, wie ich könne
den stat meines geehrten vateilimdes, aufnehmlich befördern
belffen. Butscbky Pa(/im. 40; mancher hat noch keine fremde
lufift ieinals gerochen, weis nicht recht den stat und zu-
stand seines Vaterlandes. 500; itziger Staat des königreichs
Persien. Überschrift eines anhangs zur pers. reiscbeschr. eon
Oleariut; der landsherr soll . . . den Staat des landes nicht
verändern. GötbeS, 204 {Egm. 2, in bezug auf die Niederlande,
als ausdruck aller Urkunden);
kein fürii kan den staht der landschalTt,
und seine« voicks gemüht und aigenschalTt
•0 wol als er imaikyruf Fiifiliicli v. Iluilrn) verstehen und
bekehren. Wbckiikrlin 425:
ebenso vom zustande, der art bestimmter öffentlicher einrich-
tungen: inglcicben soll auch der «laat sowohl der kircben,
als auch des weltlichen reglinents in dem vorigen seculo
gelehrt werden, corpus constit. Brandenb.-Culmb. 1,504; huf-,
kriegs-, kaniiner-staat, die Verfassung des Hofes, des Unterhalts
der kriegsvölker , des kammeruesens. Ja*lon(ii lex. (I72l) 743'
{vgL 7), vgl.: deruberOsterreicbischen regiirung- und kainmcr-
weetens staat und canzleyen etc., knecht und jungen, quelle
fM 1609 bei Scan.* 2, 792, dichterisch:
Ibr kehret ehtiens gar Im musenheiligthum
den «in geführten itaat mit sanimt der herrschan um.
GÜKTHIR '«'1 SiEiNBAca 2, OSO.
im ontchluiz daran bisweilen wie vorichrift, norm, Urkunde über
pflichten und befugnme ron beamten. Scbn.* 2, 702. Scmmid
tchwdb. wb. 504 {bestimmung über art und Verhältnis): nach in-
halt des »tadti. quelle van 1540 bei Scbm.' 2, 791; eio«n statt
•ufricbteo, eine noim verfügen, quellt ebenda.
STAAT
276
2) nach einer besonderen richtung entwickelt sieh Staat, stand
wol unter einßusz des franz. eslat, etat tn bezug auf vermögen,
guter, geld und geldeswert {status bonorum), zunächst als be-
rechnung und aufzeichnung solcher dingt: staet inaecken van
den sterf-huyse, commentarium bonorum conscribere, vulgo m-
verUariare. Kii.ia;i; du nuist de stüt fun din guderen un dtn
»aken irst upmaken, damit wi sen, wo d'in buJel steit.
TEN Doornkaat Koolma:» 3,303', dann als anschlag, Überschlag,
rechnungsüberficht über ausgaben oder (und) einnahmen. Senn.*
2,792, wofür heute die französische form itat iiblich ist, eine
anwendung, die die grundlage bildet für Staat auf etwas machen,
auf etwas rechnen, im sinne zahlenmäsziger rechnung und freier
sich darauf verlassen, es vermuten, hoffen {franz. faire etat de),
Adelung, auch mit attributiven Zusätzen, veraltet: worauf machst
du Staat? qua spe fretus es? Steinhach 2,687; die laub- oder
unter-höllzer werden an einigen orten acker- oder morgen-
weise verkanfft, und ist solches für den eigenlhümer gantz
gut, weil er das geld von einem oder etlichen bald und auf
einem brete bezahlt kriegt, und also in der gesetzten zeit
.'taat darauf machen kan. Döbel jdger-pract. 3, AI' ; aber auf
beyfall wird er nicht viel staat machen. J. E. Schlecei. 3, 143;
ik make kenen staat darup, ich rechne oder baue nicht darauf,
brem. wb. 4, 1006; up ein is kien Staat to inaken, man darf
nicht auf ihn bauen, ebenda; man kan up sinen würden Staat
maken, man kann seinen warten trauen, ebenda; dar is neen
staad up to maken, darauf kann man sich nicht verlassen.
Dähnert 455*; auf seinen vater kiinncn sie sichern staat
machen, sich sicher verlassen. Adelung; ich hal>e lange Staat
da)auf gemacht, es lange gehofft, vermutet, ebenda; lierr Feuer-
eisen hatte mir so viel Versprechungen wegen des drucks
gemacht, dasz ich ihm ohne bedenken das manuscript an-
vertraute, zum guten glücke aber ihren namen noch ver-
schwieg, auf welchen umstand sie staat machen können.
Lessing 12,73; das ge!d dafür will ich ihnen auf ihr erstes
aviso assigniren, darauf können sie sicherern staat machen,
als wenn ich ihnen einen heytrag zu ihren briefen oder zu
ihrer Sammlung verspräche. I53; hr. Klotz kann staat darauf
machen, dasz ich mich von seiner spur nicht will abbringen
lassen, er mag auch noch so viel Seitensprünge versuchen. 208;
weil man, wenn sie {der rat) einmal gewonnen waren, mehr
Staat auf sie machen konnte, als auf das übrige volk.
WiELAND 20,87; aber auf ihn («inen begriff), als erweiteruog
unserer selbsterkenntnisz durch reine Vernunft, ... können
wir nimmermehr staat machen. Kant 2, 672; auf den elenden
tropf in purpur, an den mich der oheim der marquise empfahl,
kann wohl kein vernünftiger mann den geringsten staat
machen. TbOhmel rm; 4, 9;
denn wenn er bey den zofen sas»
im vorgcniach,
war Staat darauf zu machen,
dass Junker Gries
die weiszen zahne wies,
und zwischen ernst und lachen
von aeinen beldenihaien sprach.
W'iBLAND 18,305 Uommermdrcheii) i
mit reflexixem dativ: fangen wir nicht von erfahrung an oder
gehen wir nicht nach gesetzcn des empirischen Zusammen-
hanges der erscheinungen fort, so machen wir uns vergeblich
Staat, das dasein irgend eines dinges errathen oder erforschen
zu wollen. Kant 2,222; ich inüszte ja im köpf TeriQckt seyn,
wenn ich mir auf eine mitgäbe von ihnen staat machte,
Lenz 2, 4!). staU mit auf auch mit inhaltlicher bestimmung
anderer art, nd.: ik make staat de andere weke wedder to
huus to wescn, ich denke, dasz ich die folgende woche wieder
zu hause sein werde, brem. wb. 4, 1006.
3) aufwand, dann prägnant firoszer aufwand, geprdnge, ie
sonders in prägnanter anwendung bis heule üblich, »« ■' (
vielleicht der staudesgemäsze aufwand {vgl. l,a, f), wol beei .-.t
durch franz. estat, 6tat.
a) aufwand, lebentführung, Haushaltung und das dazu niAige
geld: die zwen dociore.'* »int noIturlTtig 300 gülden, yeglicher
150 gülden für linen stale. Batlrr chron. 5, 467.24 (r. 145»):
so man in nianchcrley weisz haltet einen zerhalTtigen :ilat
ülier sein eigen rcndt und feil, zinsz und gült, wann zei
hadtitjer slat heisriirt zerhalVligm und grossen rendt Kiiskk!»
BKRC dreieck. i\iegel Cc4'; [der herzog von Savnyen) erpüte
•ich . . . den Meylündiüchrn herzogen mit (rlichein Nial zA
versehen. Anshkih 4,104,16; daruiub ists besser, dasz eine
fraue ein kicydung und statt halte, dadurch sie guten namen
277
STAAT
STAAT
278
bekomme, denn einen, dar»on sie beleumbdet werden mag.
buch d. liebe 2S9'; darumb . . ist es ein gut ding, ein mitlen stat
zu halten, nacb weise der frommen frawen, und desz ge-
meinen Sitten desz landes darinue man ist. ebenda; scblecliten
Staat machen, modico cinlique cuUu esse. Steinbach 2, 6Sti, fübren
Fbisch 2,313"; weil ibrer guter nicht gar zu viel und ein-
träglich waren, hatte sie als wittwe ihren Staat in gantz enge
Bchranckeu gezogen, und lebte von ihren renthen also zwar
nicht prächtig, aber dennoch vergnügt und zufrieden. Plesse 3,72.
b) XU prägnanter antcendung leitet über der gebrauch von der
kaushaltung eines grossen herrn, eines fürsten: gy hebbet my
gesacbt, dat he eyn klein arm here sy, mer he hevet groter
»tad, den wy hebbet. quelle bei Schilleb-LCbbes 4,36"'; dasz
meine {eines heriogs) zwen söhn nit sogar khinder mehr sind,
gondern dasz sie nunmehr ein ordentlich«n stat baiteii müssen.
queüe von 1597 bet Scim.'' 2, 792; ob ich (ein künig) gleich so
einen Staat führe wie ihr sehet, fers, baumg. 4, 13; der gantze
königliche Staat, omnis apparatus regiae magnificentiae. Stein-
bach 2, 6S6; einen königlichen Staat führen. Adelung; welche
neue last zugleich für den unterthan, den kostbaren Staat
zu bestreiten , der einem königlichen heerführer zukam.
Schiller 6, 247;
wer dieser sacbe scbutz wird nehmen an die band, . . .
8ol iiabea sie {die loclUer des königs) zum weih', und solcbeu
Staat dabej,
wie einer solchen dam' er ebenmäsjjg sey.
DuTRiCH V. D. VVsROER Ariosl 4, 60, 7.
vom aufwand eines solchen herrn, der bei festlichem anlasi
wahrgenommen wird, besonders von seinem gefolge, der gesamt-
heil der um ihn befindlichen personen. vgl. bufstaat : her Otto
quam rayt vollen (vitleri) rutern, edelyngen unde knechten . . .
myl groten State unde glorie. quelle bei ScHiLLER-LtiBBEN 4,367*;
kertich Cristoffer quam to Lub. myt grotem State. queUe ebenda;
als ich nach diseni allem fürier gienge, kam Lucifer mit
seinem stath aufgezogen. Philander 1,644; er kam mit groszem
Staat, oder gefolg aufgezogen, quelle von 1716 bei Weigand* 2,788.
c) dasselbe gilt für Wendungen gleich den folgenden: item in
dem selben jar scbikde de stat van Colen her Diderich van
Munster, ein grosse meisler in der gutbeit, und meister Jan
van Nuwenstein, doctor in beiden rechten, zu Constans mit
berliche State und kost. d. slädtechron. 13, lü2,i (Cöln, v.U99);
einen grossen stat haben, menure grande stato cioe far gran
fompa. Krämer deutsch - ital. dict. 2 (I7i2), 912'; die frau will
auch ihren Staat fübren, und dieselbe darinnen zu handhaben,
kost gelt, ebenda; einen prächtigen Staat führen, sein haut-
wesen äusierlicU in einer ansehnlichen Verfassung halten. Jablonski
lex. (1721) 743'; einen groszen Staat bey seinem amte führen,
implissime ac magnificenlissime honores gerere. Steisbach 2, 6s6;
einen groszen Staat machen oder führen. Adelung; he förd
so'n stät, dat d'r hast (fast) gen geid legen to krigen is, um
dal to fülfören un to betalen. ten Bournkaat Koolhan 3,304*;
dal ick scboid kopoiaa syo, tui düuckt dat wehr kein raet,
ick würd tho sehr braveeru, unde löbien groteu staeu
Laurkhberc scherzged. 1, 94.
d) in allgemeiner prägnanter anwendung, pompa, lusso, splen-
iore, grandexia, sfoggia (conveniente u adequata al suo grado).
Kbameh deutsch -ital. dict. i(i:oi),9il\ stat, prachl, hoffart.
quelle von 1711 bei WEiGANn^ 2, 7S8. ostenlalio, 'luxus Apini
gloss. öO:, magnificentia Steinbach 2,6SC. Frisch 2,313*, glänzende
und kostbare hülfsmitttl im gesellschaftlichen leben, kostbare kltider,
fTichlges hausgerät u. s. f. Adelung, aufwand in geprdnge,
pTunksaehe, besonders: koatbare, prunkende kleidung. Weigand^
5,788, prunk, putt, pracht. Hertel tht'ir. sprachsch. iil. Frou-
■anns uitschr. 6,421, 10 (frdnk.-henneb.). Honig Kölner mundart
IbO* (auch als f.), ebenso nd. Woeste 252*. Dannbil 210*, auch
tehon mnd. (s. unten) vgl. schweit. g'stad, g'stat, m. luxus.
Seiler 152': unde vorleth de werk und eren stath unde her-
licheyt (ward manch), quelle bei Schiller -LObbkn 4,367*; der
•tat niusz fortgefübret werden, sollen auch die backen darüber
einfallen oder loo. creditoreu drüber verderben. Kraiier deultch-
ttal. dict. 2 (1712), »12*;
wer wolle nun den siaal so übergrosser ehren,
die wanckelbare pracht ihm wün^clien und begehren,
und suchen nicht vielmehr den siclierii miueUtandt,
der einmabi gut und bösz vernünlTiig liai erkandl?
Racuil 63;
ein abend war genug, gemüther gleicher an
obn' auserlicbeii Staat empfindlich xu verbinden.
Günturr 6S6;
was billTt euch aller Staat und prachi?
derselbe bei StknaAUi 2, 686.
von prächtiger kleidung, schmuck, der am körper getragen wird,
in neuerer zeit besonders so: haben sie sich diesen kostbaren
Staat (Ohrringe) selber geschafft, oder ist es ein präsent von
ihrem herrn liebsten? Gellert 3 (1775), 239; er (ein kutscher)
wird also auf den Sonnabend zu mittage, in vollem Staate,
und in tiefer ehrfurcht, vor ihrem hause erscheinen. 4,230;
in völligem Staate erscheinen. Adelung; seinen ganzen Staat
anlegen, ebenda; se geet in eerem staad. Oäbnert 455*; für
stallt viel geld ausgeben. Campe; ich nahm es (ein alles
mäntekiien) mit schämen von dem fenster, und legte es um
über meinen neuen staat. Brentano 4, 6; sie hatte ihnen zu
ehren einen ungewöhnlichen Staat angelegt. Keller 4,247;
dar hol sein ganzen sioot ufgelet. Paasch Altenb. bauernd. 100;
baddestu {'lie kuixprin) biirnihertich gewest ovar de armen,
got scbolde sik diner wedder erbanueu.
dal were di nu beter, waa alle din siät.
dii segge ik to allen vrowen, se sin van sidem eTlvan hogem
grät.
se hebbeii groten acht, wo se dat us den licbam mögen lircu.
des dodes danz 273;
zum ganzen putz, von fuss zu baupt,
den stierelchen aus übergüld'iem leder
bis zu dem demautknopr der hoben straussenfeder
am lurbau. mangelt nichts, der gute ritter glaubt.
ihm träume noch, wober kann solcher staat ihm kommeu?
WuLAN» 22, iOe (Uh. 5, 27j;
sie {andere mädchen) prunken wie döckleiu
in Diiterndem staat :
ich trage mein röckleia
vom eigenen rad. Voss 6(1802), 44;
denn anders nicht soll sie mich wiedersebn,
als in der grosse schmück und staat.
ScuiLLRR bntul V. )lrss. 803;
so wol auch: sie wird sie (in der ehe) durch übertriebenen
Staat, durch beständige ergötzlichkeiten und schmausereyen,
um alle das ihrige bringen. Lbssirg 1, 260 ; ihr (der gattin)
übermäsziger staat brachte mich in unzählige schulden. 845;
vgl. weiter die als sprichwörtlich verzeichnete wendung:
statt und kleid,
hilllt aber uicht zur Seligkeit. Pstri 2 (1603), Tt 1\
sich in Staat werfen, sich herausputzen, herausstaffieren. UDcel
Wiener dial. 154*: Mariane. geschwind, mach unsere Sachen
zurecbte! Männchen, ha! wir wollen uns gewisz in Staat
werfen? Weisze 3,181. dafür auch sich in Staat begeben:
das ebepaar hatte sich in staat begeben. Möruk erz. 27.
Wendungen gleich den folgenden, wo Staat im sinne von schmuck
erscheint, stehen dieser gebrauchsart nahe: kehrt er wieder bei
uns ein, dann musz das alte haus seinen besten staat an-
thun. Freytag 6,67; die zimmer mit dem prächtigen, halb
bäuerischem, halb städtischem slaaU Fbensskn Jörn Uhl 4.
zum Staat, in der folgenden stelle mit attributivem susali von
einem kleidungsstuck:
nun! geb dir auch noch die blaue mutz,
bab' sie so eben im glücksrad gewonnen,
siehst du? sie ist zum höchsten staat.
ScuiLLKR iVuUensleitu lager S,
aber auch allgemeiner: A. sind sie Jäger? B. nein, die Dinte
hängt da nur zum Staat, ebenso noch in allgemeinem sinne:
das, es ist ein Staat, ein wahrer, reiner staat, herrlich, prächtig.
Albrecht Leipt. mundart 215*. BuckERT unterfränk. mundart 174,
auch anderswo in der Umgangssprache, mit nälieren bestimmungen :
dal is jo'n stät mit de miuske. tbn Duoinsaat Kuolman 3, 3u4*;
dat is jo'n stät um dat to sen. ebenda; i is 'n sldt fan'o
hüs, 'n wicht, ebenda, die letztere art näherer bestimmung ist
im hd. ungebrduclilich. rein mundartlich: det it der staat all!
X. b. von mehl, brot, zur bezeichnung der vorzüglichen beschaffen-
hext. BuCKERT unterfränk. mundart 171; das ist all' der Staat!
ausruf der Verwunderung. Spiess henneb. tdtot. 239. allgemeinere
anwendung hall sich auch bei Staat machen, in bezug auf
kleiderprunk ist es sehr gewöhnlich. Hu^zirer Aarg. wb. 249:
Kuri schonte sie (schuhe) freilich, denn er balle sie ausgezogen
und neben sich auf den schiffskaslen gestellt, um erst in
Zürich damit staat zu machen. C. F. Meter Jenatsch 86, nicht
blosz sehweixerisch. vgl. das nd. Sprichwort: de man geld up't
flk hed, de bräkd gen stät to maken. ten Doornraat Koolman
3, 304*. mit unbestimmtem artikel: die macht am sonnlag einen
Staat. Checelius oberhess. wb. 2,802; an stat machen, aufwand
in kleidern machen, aber auch eine xierde abgeben, s. b. ein
gegenständ in einem zimmer macht an stat. Hi.tTNER Deftregger
dial. 229. den staat machen, in besonderem sinne: vielleicht
wäre es am besten, dem willen der frau muhme zu folgen
und eine gleichgültige dame ins haus zu setzen, di« den
279
STAAT
STAAT
280
Staat macht und uns kalt lüszt! Kkller7, 267. Staat machen
wie geprdnge machen allgemein: nicht eines {kein buch) thut
ein haschen nach unnütigen nur Staat macheiiüen krnutnissen
kund. 38. mit etwas: mit ihren waren, ihren kenntnissen,
ihren kindern können sie keinen Staat machen, auch: mit
dir machen wir keinen (groszen) Staat, nicht viel umstände.
Alurecht Leipx. mundait 215*. stat von etwas machen, fare
stato di qualche eosa. KRAMtR deutsch - ital. dict. 2 (1702), 912*,
stat von einer pcrson machen, fare stato (conto, stima) di
qualche persona, ebenda; Staat von etwas machen, praedicatiune
iactare. Apini gloss. 507; von etwas Staat machen, magni ali-
quid aestimare. Stei>bacb 2, CS7; groszen staut Ton etwas
machen, laude dignum aUquid ducere, magni aestimare, plurimi
facere aliquid. Krisch 2,313*, viel au/hebens daron machen, ent-
sprechend dem ital. fare gran stato (und franz. faire etat de).
Adelung. Campe, heute nicht mehr allgemein bekannt, mit un-
bestimmtem artikel: eilen dannenhero, dasz sie dieses heilige
buch bald durchlesen mögen, und davon machen sie nach-
gehends einen grossen Staat, wo sie hinkumnien, da be-
rfihmen sie sich damit, dasz sie so vielmahl die bibel durch-
gelesen hätten. SptRLisG Nicodemus quaerens et Jesus respondens
1 (1718), 40. vgl. die oben unter dem formalen angeführte stelle
2 (1719), 810, die die französische form estat zeigt, in gleichem
sinne: der ausdruck lugend, womit der Stoiker auch groszen
Staat trieb. Kart 4, 106. ähnlich: sich einen Staat woraus
machen, sich auf etwas viel zu gute thun. Crecelius oberhess.
wb. 2, 802, negativ sich keinen Staat daraus mac hen. irrgarten 65.
4) der fdur. Staaten erscheint zuert.t im unmittelbaren amchlusz
an die gleichlautende ndl. pluralform von der politischen Ver-
tretung der ehemaligen republik der vereinigten Niederlande, ihrer
gesetzgebenden Versammlung, die die fottsetiung einer unter bur-
gundisiher herrschaft eingerichteten stdndevirtretung der einzelnen
provinxen war. das Vorbild für diese Institution war die fran-
zösische, im 14. jahrh. zueist berufene Vertretung der stände (des
adek, der geistlichkeit und des bürgerstandes, tiers estat, etat),
die bis 1614 tn unregelmäszigen Zwischenräumen hauptsächlich
zur bewilligung auszerordentlicher subsidien berufen wurde, dann
erst wieder unmittelbar vor dem ausbruch der durch sie be-
stimmend beeinflu^zten revolution von 17S0, die alte franzöiischc
bezeichnung estats wurde mit der einrichtung von den Nieder-
ländern übernommen, sie knüpft unmittelbar an an estat im sinne
der gesellschaftlichen Stellung, die auch das deutsche staut in
alter spräche zeigt (vgl. oben I, a, e und staeten des lands,
ordines provinciae. Kilian). Staaten (die, pluralis). senotores
Belgii foederati. Stbinbach 2, 687, die Staaten von Holland und
W'estfriesland, die abgeordneten der vereinigten niederländischen
Provinzen. Adelung, auch (dem franz. etals generuux ent-
sprechend, ndl. staaten-generaal) die Staaten general der ver-
einigten Niederlande, die deputierten aus den sieben vereinigten
procinzen , bei denen das höchste regiment und die Verwaltung
des gemeinen wesens steht. JABioN^ki lex. 743', general-staaten
von Holland und West-Friesziand, praeponentes et celsissimi
proceres Hcllandiae et Frisiae OcciJ. Apim gloss. 245, generul-
staaten, ordines Belgii confoederati. Steinbach 2, 6S7, die general-
staaten, die abgeordneten aus den Staaten oder ständen der
provinzen zur Verwaltung der angelegenheitin der gesammten re-
publik. Adelung, sogar mit dem zusatz hcrrcn, der diesen flur.
deutlich als bezeichnung einer Versammlung von Vertretern kenn-
zeichnet (ndl. de beeren staaten-generaal der vereenigde Neder-
landen), die hochmögenden berren staten von Holland und
West-Friesziand o die berren staten general v general-stutni,
{i prepolenti signori stoti di llollanda e di Vestfrisia o gli slati
generali deUe prorincie unüe. Krämer deutsch-it. dtct. 2 (1702), t*12*,
die berren general staten, ordines Belgii foederati. Frisch 2, .'^IS',
dann auch, besonders in der Verbindung die general-staaten.
zur bezeichnung der Niederlande als eines polUisclien ganten,
vgl. general 4, c oben (Arit 4, 1, 33S1 : als erst kurtz verschirner
zeit ... die statt tmbden ... zu den unirten staden in .Nider-
land ein absprung gennmiiien. reichstagsabsch. 783 (c. 1603);
wann zu zeit obbedachter vorgehender legalion in die .Nider-
land «olche einbdiscbe unrubcn nit geNtilk-t, sondern mit
bOlff und zutbun der unirten staden bisz dabin conlmnirt
würden. 7M; da ich nach Amuterdam kam, war das wort
oder die frag, wai neu«? zwischen jederiiian so gemein,
data t$ fchieor, als warm die bochmOgende herrn sluaden
der vereinigten Niderlanden tolcbes den ibri)ten zu einer
loiung geben blllen. SmpL 4, h\. 6 A'uri. auf die zeit der
tfanitchen htrrschaß beziehen steh dte folgenden stellen: ausser
ihr (reilerei) sollte auch uoch fuszvolk angenommen werden,
wozu sich aber die Staaten bis jezt nicht verstehen wollten.
Schiller 7,94; da« die »laaten
der Niederlande seiner nur erwarten,
die spau'scliei) ketten abzuwerren. don Kartos 5, 8.
auf die ständevtrträung einzelner niederländischer provinzen be-
zogen erscheint es in den nächsten, die also das ältere Stadium
der entwicklung zeigen: jede provinz, so klein sie war, hatte
ihre stauten, ihre landstände. Götbe 8, 201 (Egm. 2); um solche
(die ausrüstung der flotte) zu beschleunigen entscblosz sich
endlich Teligny, selbst nach Middelburg zu gehen, wo die
Staaten von Seelunil versammelt waren. Schiller 9,50. general-
staaten wird auch gelegentlich von entsprechenden einrichtungen
anderer länder gebraucht, s. general oben a. a. o.
b) rwpufcJica StHOTTEL 1420. Stieibh 2114, respublica, governo,
dominio. KaAUEti deutsch-ital. dict. 2 ({10i),9\2', rigierung, regi-
mentsform und Verfassung zuischen obrigkeit und unterthanen
eines landes. Jablonski lex. 743', respublica, status publicus. Ai'iNi
gloss. 507, das genuine wesen, reich, herrschaft, res publica,
imperium, civitas. Steinbacb 2,687, modus et ratio regnandi,
imperium, regnum, ditio. Frisch 2,313*, dauernde Vereinigung
von menschen ''unter dem gemeimcha filichen bände einer rcgie-
rungsform'. Adelung, eine zu einem selbständigen organischen
ganzen erhobene gemeinschaft von menschen. Weigand* 2, 7s8,
selbständige politische gemeinschaft nach leitung, gliederung und
besitz: ein staut (civitas) ist die Vereinigung einer menge von
menschen unter rechtsgesttzen. Kant 5, 14.% in Zusammen-
hang mit 1, c stehend (auch mit 3, b?), unter romanischem (zumal
französischem) und niederländischem einflusz entwickelt, für den
letzteren ist besonders der plur. Staaten beweisend, vgl. das for-
male und 4. auch die in politischem sinne gebrauchte neu-
lateinische Verbindung ratio Status Aann unmittelbar eingewirkt
haben: und haben, aus dem luteinischen wurle Status, die
Welschen, das wort stato, die truutzosen, das wort estat;
die Niederländer, deu nahmen Staat geniachet; welche letztere
nahmen so viel seyn, als ein regiment, oder das gemeine
wesen; welches mau auch auf deutsch, hut angefangen, den
stat zu nennen. Butschey Pathmos iO (unffr ratio statäs); die
so genandte neue statisterey aber, Ichret nichts anders, als
einen icden stat, nach derjenigen richt-schnur, welche bej
dem lateinischen ratio statüs, auf deutsch der stats-nutzeu
heisset (es gehe nun recht oder unrecht zu) bey euserlichea
wohlstunde zu erhalten, ebenda, allgemein üblich tsl solche Ver-
wendung seit dem 17. jahrh,, doch scheint sie schon bei Keisersberg
irr. schaf F 3' vorzuliegen, war also wol schon damals von Frank-
reich ins Elsasz herübergedrungen (die stelle s. unter a). alt
bezeichnung gelehrten Ursprungs von eigenartig schillernder be-
deutung und vorwiegend abslractem charakter begegnet das u
gebrauchte wort in Deutschland oft einer gewissen abneigung:
die rrcilieii scheint uns bald ein jugeudrauscb,
es sinkt das vaterlund lierab zum staal,
ein lustig (lultig?) nort. das jeden uiisinn weiht,
ein leeres K6tzenl)ild, dem meiisclienmark
geopfert wird, dem Minotauros gleicli.
Stolkkrg liei Saukr Gotlitiyer liichlerbund 3, 140.
bezeichnend dafür ist auch die antwort, die ein bauer dem
pieuszischen köiiige Friedlich Wilhelm IV. gab. als dieser ihm et»
gesuch unter berufung auf den staut und dessen Ordnung ab-
schlug: ich wuszte wohl, dasz nicht mein geliebter köoig
mir entgegensieht, sondern der rucker von staat. Hoffmahn
Deutschland einst u. jetzt (1868) 299 nach Nehry citatenschatt 4G0,
zumal da diese bezeichnung sprich wo itlich geworden ist.
a) als piditisches regiment, die regierung eines gruszeu herra,
königs oder fürslen. Frisch 2, 313* ist staat im anschlutz an l
wol in stellen gleich den folgenden aufzufassen: als man auch
des gleich findet in weltlichen grsatzdcn, da etlicb sOnd
werden mit dem tod ge.HlralTt, etliche nill, wie wol sie sind
wider die gebot und Statut, wenn sie zuckent nit den schul-
digen underwurir gegen dem lieiri n und stat noch gegen dein
uecbsteu. Kkiskrsukhg irr. schuf F3*: wil doch aller euro-
päischen putentaten macht, sial, ruht und anschlage, und
den gantzen kreis des römischen reichs, in den engen kreit
seines gehirns verfassen. ItuTscuk\ l'uthmos boo. rgL fürsteo-
Alat, gubematio, regimen, dudus et ratio principit. Stiklkr 2114»
freier, von goU:
daher auch billich er. •!§ böchtier noieniai
und ewicor iiionarch, wie er will, allen telilei
(well alles under lelneni »inliil
io allsm SU btfsbleo. Wkckusslin 95;
2S1 STAAT
wer ist dan diser potentat,
wer ist der könig. dessen staht
und macht die weit nicht kan beschliessen? 104.
b) dann, in neuerer zeit gewöhnlith, mehr auf einheitlich ge-
gliederte leitung oder Verfassung als tertretung der gesamtheit
gehend oder auf die gesamtheit, wie sit in einheitlicher Verfassung
ihren politischen ausdruck findet.
a) ak allgemeiner begriff: etwas wider den slat reden,
schreiben, handeln, Tornehmen. Krämer deutseh - ilal. dict.
X (1702), 912'; des stals angelegenheit beobachten, l'interesse,
U ragione dello o di stato. ebenda; rum nachtheil des stats.
Ebenda; den Staat Tenvalten, rem publicam administrare.
Steisbach 2, 657; in der erhaltung des Staates müde wer-
den, «n conservanda re publica defatigari. ebenda; den Staat
placken, rem publicam vexare. ebenda; ein verbrechen wider
den Staat, ädelcsg; zum besten des Staates, ebenda; aliein
Frankreich hält dafür, und jeder kluger mensch wird es dafür
halten, dasz der s'.aat weniger leide, wenn fünf thaler an
einen einheimischen als drey an einen fremden bezahlet
werden. Moser patr. phant. i (1775), 32; der Staat darf dies
Ton seinen gliedern fodern. Caupk; deutsche söldnerschaaren
(Kurden) in röraischen dienst genommen und für erhaltung
des Staates Terbraucht. Freytag 17, 4»; Colonen.., welche
einen tlieil des ertrages dem grundherrn, und dem staat so
fiel Ton ihrer ernte und den gespannen abgeben muszten,
dasz auch in ruhiger zeit ihr Schicksal hoffnungsarm , in
kriegszeilen verzweifelt war. 118; nach tödtlicher erschöpfung
des Tolkes erhebt sich langsam, unbchülfiich die gerettete
»eele, schwach, krank, ihre erdenhülle, den Staat suchend.
bilder 2(1859), 4ui; man mut fol geld an de stät belaien.
TEK DoüRRKAAT KooLMAN 3,304"; beamtc dienen dem Staate,
werden vom staat angestellt, besoldet; etwas gehört dem
Staate, ist eigenthuni des Staats; der Staat fordert steuern
Tom einzelnen bürger; der staat kann einen rechtsstreit haben
mit einem einzelnen bürget;
wer aber sich dem staai zu dienen hat bestimmt,
und nach der gottheit steil' auf tugend-sialTeln klimmt,
der würkt am wohl des volks, und nicht an seinem glücke,
und ist zum heil des lauds ein Werkzeug vom geschicke.
IliLLiB (176S) 103 (.w teidorb. sitUii);
Terderhnisz untergräbt den Staat mit schneller macht.
114 (der mann nacli U. well);
es ist der Staat die ehe zwischen bürgern.
GuiLLPAgig« 8, 202 Sauer.
fgl.: an prince est le premier serriteur et le premier magistrat
de l'etat. Fbiedricb d. gboszk memoires pour servir ä l'histoire
de la maison de Brandebowg (oeurres 1, 123 Preus:), gewöhnlich
übertrogen: der fürst ist der erste diener seines Staates. iSEiiBT
citaUnschtlz 1-22, 3b4. von Staats wegen, auch gesehrieben von
Staatswegen: die ehe ist von Staatswegen oder um des Staats
willen. Hippel 5, 106. staat und kirche: staat und kirche
sind Moses und Äarou. Haxakr 7,62; Staat und kirche mögen
allenfalls ursacbe finden, sich für herrschend zu erklären ..,
aber in den Wissenschaften ist die absoluteste freiheit nOthig.
GüTBE 23,209.
/S) in engem susammenhang damit von einzelnen arten selb-
4ändiger politischer gimeintcesen, ein monarchischer Staat, ein
I freystaat. Adelung, ein kaiserstaat. Campe u. ähnl.: ich habe
i es schon bey vielen andern gelegenheiten gesehen, dasz ein
I demorratischer staat nicht im stände ist über andere zu
berrscheu. Heilmann Thuc. 352; man erklart diejenigen für
1 freye Staaten, wo die unlerthanen sowohl als der fürst von
I gesetzen abhängen. Hamann 1, 145; dasz alle glauben, der sei
j der beste staat, den man am wenigsten empGndet. Scbieier-
I MACHER mcnoi. 62 kirchmann; diese zweite periode der deutschen
i geschichte . . . unterwirft schliesziich alle stände dem staat
\ der fürsten. Frettag iS, 3; wie die neuen edelleute im 16. Jahr-
hundert dem fürstlichen staat eingefügt werden. 5;
flieh scIbt! ein freyer staat btdarr nur Trejer seelen,
wer selber dienen will, soll Treyen ntcbl bel'ehieo.
W^m Halle* (I76b) tot (<(ie ttrduib. skten);
jj^^K der beste staat.
^^H 'woran erkenn ich den besten Staat?' woran du d-e bette
^^H frau kennst; daran, mein Treund, dasx man von beiden nicht
j^^P spricht. ScHiLLH 11,46.
1^^;') ron einzelnen seWsttindigen politischen einheilen, mit geo-
graphischer oder anderer genauer beitimmung (rgl. zur entvick-
, lung von 1, c aus der staat von Spanien, Franckreich «. i. v.,
I 'tuttand, umfang, regierungsform und andere umstände solcher
! Ttieht'. Jabloriki lex. 74S') der stat des grosz-hcrtzogs von
STAAT
282
Florentz. Kramer deuUeh-ital. dict. 2 (1702), 912", der venedische
stat. ebenda, der kirchen-stat. ebenda, der französische staat.
Adelung, pluralisek die Staaten von Italien, 'die sämtliche ver-
schiedene regierungen {vgl. a), so sich in selbigem lande befinden.
Jablonski lex.'ii', die europäischen Staaten. Adelung , die
vereinigten Staaten von Amerika. Campe: damals erschölle in
gantz Europa, dasz der könig in Franckreich den staad von
Holland eygentiich bekriegen würde. Simpl. 4, 152, 33 Kurz;
die europäischen Staaten haben Ursache, die eherechte auf
alle nur mögliche weise in schütz zu nehmen. Hippel 5, 106;
um 400 regieren gewandte häuptlinge über hof, beer und staat
von Rom und Byzanz. Frettag 17, 103;
etwas ist Taul im Staate Dänemark.
Stiakespeaie Haml. 1, 4 (^omeihing is rollen
in Ihe State of Deitmark!).
cgi. auch Scriver seelensch. 2,791 unter dem formalen, wo die
franz. form estal in solcher anwendung erscheint, in Verbin-
dungen anderer art: das er [der legat) sey: ... des stats, so-
wohl dessen, zu dem er gesandt, als jenes, von welchem er
abgeordnet wird, beiderseits kündig und erfahren. BuTSCHkT
I'athmos 401; entdeckt dem gantzen stat
den fall {sturi) der tjranney.
A. Grtpuics (169S) i, U (Leo 5, 449);
fürs erste lerne der, der gross zu seyn begehret,
den iunerliclieii stand des Staates, der ihn nähret.
Haller (1768) 103 (,tlie rertloib. sitlen};
itzt sinken wir dahin, von lauger ruh erweichet,
wo Rom und jeder staat, wenn er sein ziel erreichet!
114 (iler mann nach d. well);
das lehrt uns Hiero, der einen reichen Staat
eiir jabre lang regiert, und oft gesieget bat.
Hagedorn 1, 31;
diesem esel gleicht ein staat,
der den räubern der provinzen,
zweeuen ueuverbundnen priuzen
zeitig sich ergeben hat! 2, 5U;
mit recht verhalten sich die heiren kleiner Staaten,
so wie die groszen poientaten. 126.
mit betonung der inneren eigenart bei genauer bezeichnung: der
Germane sah ohne acbtung auf die Römer, aber die idee des
römischen Staates erschien itm dorh grosz und ehrwürdig.
Freitag I7, t07.
c) bisweilen ist besonders das gebiet gemeint, das einem poli-
tischen ganzen von personen gehört, das unter einer herrsdiaft
fitht und seiner nruaUung nach sMst ein ganzes darstellt:
seinen stat ausbreiten. Kuamek deutsch ÜjL dict. 2 (lH)2),Qll';
durch den stat eines fürsten reisen, ebenda, vgl. der staat
hat an iändereyen zu geuümuien. Stel^racm 2, 687.
d) im plural auch von theikn einer poiitiiohen gesamtheit, die
eine gewisse Selbständigkeit oder HnheiUichkät besitzen, von ge-
bieten unter gleicher lierrschaft, wobei anscheinend der unter 4
erwähnte gebrauch unmittelbar nachwirkt: durch eine« Staaten
reisen. Adelung; die preuszischen Staaten, ebenda; seine Staaten
Termehren. ebenda: der könig bereiset seine Staaten. Campe;
in allen Staaten meines königs wer
ist frech genug mit giftigem verdacht
die engelgieiche lugend anzuhauchen?
Schiller liom Karlos 3,4;
bey gell! im ganzen umkreis meiner Staaten
der einzge mensch der meiner nicht bedarf! 3,8.
e) übertragen auf andere einheitlich gegliederte selbständii,e
genossensihaften, Verbindungen.
a) in bezug auf personen, ein Staat im Staate: und so werde
ich, aus dem wohlmeinenden urheber einer gesellscbaft uohl-
thätiger kosmopoliten, am ende der Stifter eines unruhigen
und gefähriichen geheimen Staats im Staate geworden seyn.
WikLAND 32,378 {Ägathodäm. 6,Z); so bildete bisher die rö-
mische kirche in den römisch- kristlichen Staaten einen Staat
im Staate. Campe, auch auszerhalb dieser Verbindung: nun
ging man {reisende Schauspieler, die eine neue einrirhtung ihrer
gesellschaft planen) sehr lebhaft zu rathe, wie man die form
des neuen Staates aurs beste einrichten wolle. Göt8e19, 23.
ß) in bezug »uf Ihiere: sie allein {die bienen) haben geniein-
heit der kinder, des Staats und des vorraths. Voss Yirplt
ländl. ged. 4,789;
der löwe bleibet allemal
monarcb des gaozen siaats. Uaserorn 3, 49:
doch nicht lange so gesessen
hau' im siaai er bei den hibern. Freilisratm 6. 139.
y) in anderer anwendung: in jedim moralischen wesen legt
sie {die natur) ein neues centrum an, einen staat im Staate.
SCBILLER 4, 290.
283
STAAT — STAATENBUND
STAATENBÜNDISCH — STAATENHAUS 284
STAAT, f. siebenb.-sdchs. Pferdeherde, gestüt. Schollbr 62.
Haltiiicb 4S'. Krämer Bistritm dial. 127. Frohmanns zeitschr.
4, 195, in ablaulsverhältnü stehend zu Stute, weibliches pferd,
mhd. ahd. stuot, Pferdeherde, gestüt Schüllkr a.a.O. in diesen
lusammenhang gehört augenscheinlich auch nd. stalle, junges
füllen. Strüdtharn id. Osnabr. 228. siebenb.-sdchs. bezeichnet
stüder den rosihirten, vgl. mhd. sluotsre, ahd. stuotAri, tnulio.
SCBOLLER a. a. 0.
STAAT-, die so beginnenden susammensetzungen sollen, soweit
formen mit Staats- daneben erscheinen, unter den letzteren an-
geführt werden.
STAATBAUSTEIN, m., nach Staat 6: o du grinzende mumie,
dachte Viktor, ein edelstein, den du (ein minister) nicht als
einen Staatbaustein Termauern kannst, ist dir weniger als ein
sandbiock. J. Padl Hesp. 2, ISS.
STÄÄTCHEN, n., i. stätchen.
STAATDRECHSLER, m., nach Staat 6: das volk ist ein
gerader stamm, aber alle spühne, in welclie ilin die staat-
drechsler Ibeiien, krümmen sich. J. Paul liomet 2, 173.
STAATEN-, die to beginnenden Zusammensetzungen folgen
meist der unter 6, seltener der unter 4 erwähnten bedeutung von
Staat, die meisten haben formen mit Staats- neben sich, deren
sinn in der regel mehr oder weniger abweicht.
STAÄTENAHNLICH, adj.: die lächerliche buntscheckigkeit
der landkarte machte einer zusammenballung der atonie zu
staatlichen oder doch slaatenühnlicheren gebilden platz, allgem.
weltgesch. (Grote) io (Fi.atbe), 320,
STAATENBAU, m.;
stand der oat in rollten kriegesnaramen,
brach in glulh ein staatenbaii zusammen.
Freilicrath 2 (1886), 263.
vgl. Staatsbau.
STAATE.NBESCHREIBUNG, f. politische geographie. Campe.
STAATENBIBEL, f., dem ndl. statenbijbel nachgebildet, die
von 1626 — 1637 im auftrage der generalstaalen verfaszte nieder-
ländische bibelübersetzung.
STAATENBILDUNG, f.: mehrere menschenalter nach dem
trojanischen kriege ereigneten sich Wanderungen hellenischer
Stämme, durch welche ein fester besitzstund gegründet und
ruhige Staatenbildung Vürbercitet wurde. Becker weltgesch.
1, 319; er (der rdigionskampf des 16. jahrh.) hat verursacht,
dasz ein groszer tbeil des deutschen volkes . . . jetzt die Hühen-
staufenzeit, ja das reichsregiment des ersten Maximilian be-
trachten darf wie eine dunkle sage, denn seine Ptaaten-
hildung, seine rechte, seine gemeindegesetze sind kaum
so alt als die der nonlamerikanischen freistaaten. Freytac
1» (1898), S.
STÄATENBRASS, m.: beisammensein - ohne zusammen-
wirkung einer walte (Oberleitung) giebl eine tote, leblose masse,
wüst und slaatenbrasz, ein gesialt- und gehaltloses unding.
Jahn 1, 4U7 Euler. vgl. bras, häufe, wüst, mengsei oben th. 2,306.
STAATENBUND, m. bund, Verbindung von Staaten zu dinem
zwecke. Campe: endlich geriethen die Römer über sie (die
Etrusker), denen sie unglücklicherweise zu nahe lagen; denen
also auch, trotz alles rühmlichen Widerstandes, weder ihre
cultur noch ihr Staatenbund ewig widerstehen mochte. Herder
id. t. philos. d. gesch. 14, 1; der nehmliche Staatenbund, welcher
streitfertig dastand, dem religionszwang seiner glieder zu
steuern, sicherte sich eben dadurch vor politischer Unter-
drückung, denn ohne diese war jener nicht müglich. Schiller
8,12; eine solche ekklesia halten die griechischen Staaten-
bünde so wohl als vereinigte Staaten. Nieuuhr rüm. gesch. 2, 34;
auch der Staatenbund ist ein organisches ganze, ein völker-
rechtliches gemeinwesen, n)il einer rechtlichen auf dem all-
gemeinen willen beruhenden Ordnung, welchem sich der
individuelle wille der gliederslaalen in den allgemeinen oder
bundes-angelegenbeiten notwendig unterordnen musz. Zacoaria
uhweiz. eidgenosuntch, 7; aber su hochherzig seine (Theodeiicht)
absiibten waren, scheiterte doch der germanische Staaten-
bund an den kühn aufstrebenden Frankenkönigen, üieserhei bt
geich. d. d. kaiserteit 1 (1881), 76; so war aus der monarchic
karU des groszen durch das neue kaisertlium vorläufig (unter
Otto I.) gleichsam ein Staatenbund geworden, in welchem dem
ostfrinkiscben kOnig die vorstandschaft zukam. 4st. staulen-
buod und bundesilaat werden seit der ersten uit des deutschen
bundei alt zchlagworte einander gegenüber gestellt. (iuMBEir in
der teittehr. f. d, Wortforschung s, I70, mit belegen (t. auch 332),
darunter du folgenden: politiich bedeutsam war au den leeren
Worten (der rede, mä der der ötltrreichitche bunJe4agsgefandte
graf Buol am 11. november 1816 die bundesversammlung eröffnete)
nur die bestimmte erklärung: 'der deutsche bund sei kein
bundesstaat, sondern ein Staatenbund'. Treitscbke 2, 147; wir
wünschen keinen schlaffen Staatenbund, sondern einen fest
vereinigten bundesstaat. Fribs vom deutschen bunde u. deutscher
Staatsverfassung (1816) ; weil Deutschland die den künftigen
bundesstaat bedingende entwickelungsstufe des bloszen Staaten-
bundes noch nicht vollständig durchlaufen hat. P. Pfizer
Vaterland (1815) 197; vor allem verlangen wir, dasz Deutschland
aus einem Staatenbund in einen bundesstaat verwandelt werde.
Friedrich Wilhelm 1Y. patent vom 18. märz 1848; (mit bezug
darauf:) ew. majestät haben sich aus der fülle der macht
und aus Überzeugung einer unvermeidlichen notwendigkeit
für einen ehrlichen, starken, deutschen bundesstaat statt dei
unehrlichen, schnUchlichen früheren Staatenbundes erklärt,
Arndt brief vom 9. märz 1819 bei .Meisneb u. Gebrdi E.M.ArndL
ein lebensbild in briefen (1898)467.
STAATENBÜNDISCH, adj. zum vorigen, in adverbialer fügung:
eine reihe der centralistischen paragraphen der vermittelunga-
acte war staatenbündisch abgeschwächt worden. Gervinoi
gesch. des 19. jahrh. l, 312.
STAATENBÜNDNLS, n.; daher es kein wunder war, wenn
einem rohen volk ein beinahe erschlafftes, einem kriegerischen
ein handelndes, einer vestvereinigten Stadt ein uneiniges
staatenbündnisz zuletzt unterliegen muszte. Herder id. i. phüot,
d. gesch. 14, 1.
STAATENFAHNE, /. fahne vereinigter Staaten, so der ver-
einigten Niederlande, der vereinigten Staaten von Nordamerika.
Campe, bezeichnung einer art der blasenschnecken in Ostindien,
wegen der ähnlichkeit in der Zeichnung, die auch prinzen flagge,
Oranienflagge heiszt, bulla physis, ndl. staatenviaggetje Neunicb
1,718. Staaten falincnnadel,/'. eine art der walzenschnecken,
voluta sanguisuga. Campe, in Ostindien häufig, ndl. staalen-
vlaggcn Nehnich 2, 1579. aucfi sie kann der ndl. bezeichnung
gemäsz staatenfahnc genannt werden, vgl. slaatenllagge.
STAATENFAMILIE, f.: die älteste unter den stolzen
nationen, welche auf den trümmern des Röinerreichs ent-
standen (die deutsche), ist jetzt in vieler beziehung das jüngste
mitglied der Staatenfamilie Europas. Frettac 19 (1S98), 3.
STAATENFLÄGGE, f., was staatenfahne. KrCnitz eneycL
164 (1836), 96.
STAATENFLICKER, m. der an Staaten flickt, ihre einrick-
tungen zu verbessern sucht (verächtlich). Campe, mit folgendem
beleg: Erdmann beschlosz den monolog mit dem weihblick
des zünftigen staatenflickers. Benzel-Sternau.
STAATENGEBILDE, n.; Sachsen, wo alles ... den baldigen
zerfall des künstlichen prcuszischen Staatengebildes erhoffte.
Prctz preusz. gesch. 4,75; die bevöikerung von Uschiroinbo
und den angrenzenden kleinen Staatengebilden nennt sich
Wassumbwa. Götzen durch Afrika 77.
STAATENGESCHICHTE, f. 'geschichte aller oder doch der
vornehmsten Staaten. Adelomg. vgl. staatsgeschichle: wie dieser
irrstem (der kämet) bald den lichtkreis der sonne, bald dessen
üuszerste grenzen berührend, nmschweift und mit seiner
scharfen esoterischen gestall auf die wunderbar einschnei-
denden Umwälzungen der staatengeschicbte deutet. Brentaho
4, 410.
STAATENGESELLSCHAFT, f: aber Europa ging ununter-
drückl und frey aus diesem fürchterlichen krieg (dent iojdhr,
krieg), in welchem es sich zum erstenmal als eine xusammeo-
bängendc Staatengesellschaft erkannt hatte. Sciimlep 8, 6; is
der Staatengesellschaft sei das recht der Intervention ebenso
unentbehrlich wie die polizei für den einzelnen Staat. PauTt
preusz. gesch. 4, 112.
STAATENGEWICHT, n..- die politlk, die es doch wahr-
haftig mit klaren dingen und bloss mit dingen von dieser
weit zu tbun hat, ist gleichwohl eben so voll leerer worie^
als die metuphyüik. man nehme nur Völkerrecht, Staaten»
gewicht U.S.W. KiiNGER 11,82. das wort ist heute nicht all-
gemein bekannt, die bedeutung ist wol: bedeutung, mjcht, einfluu
von Staaten.
STAATENGRCNDER, m.: Friedrich der grosze ist billif
genug, ZU gestchen, daic wenigen slaatengründrrii so trefflidl
vorgearbeitet worden sey, als ihm. Becier weltgesch. 10, Sil
STAATENHAUS, n..' nach der 'Verfassung des deutschen
reiches' (vom 27. märz i849) sollte da* bisherige bundcsgcbid
einen konilitutionellen bundeti«taat bilden, mit . . . einem aiil
•tauten- und volksbiius bestehenden rcichstaBe; das alaateil*
285 STA ATENKÜNDE — STAATEN VERHÄLTNIS
baos sollte zur einen hälfle aus Vertretern der regierungen,
inr andern aus abgeordneten der einzellandtage bestehen,
das Tolkshaus aus unmittelharen, geheimen Tolkswahlen her-
Torgehen. ScHBönER d. rechlsgesch. (1S94) 811.
STAATENKU.NDE, f. kunde, kenntnis von Staaten, ihrer
imveren und duszeren Verhältnisse. Adelcxg. vgl. Staatskunde.
STAATENKÜNDIG, adj. slaatenkunde besitzend, der staaten-
kondige. Campe.
STAATE.NLEBEN. n.; wer diese psychologische Wahrheit
im angc behält, der kann sich gar manches räisel im staaten-
leben erklären. Gutthelf Uli der knecht 278 Rechm. vgl.
Staatsleben.
STAATENLEHRE, f. lehre von den Staaten, buch, das su
nthält. Campe, vgl. Staatslehre.
STAATE.NLEHRER, m. der Staatenlehre vorträgt. Campe.
tgl. staatslehrer.
STAATENLEHRIG, adj. Staatenlehre betreffend. Campe. vgL
•taatslehrig.
STAATENMENSCH, m.: übrigens begehrt der mensch, be-
sonders der staaten-mensch die Veränderung und den umbau
des Staats so lange bis die ruine oder der neubau da ist;
dann flucht er aufs neue, und wünscht das allerneueste.
Dämlich das alle. J. Pacl frieden-predigt 8.
STAATENRAT, m. rat, der aus Vertretern von Staaten besteht
oder rat, der aus ^den stalten oder landständen' {vgU Staat 1)
teitelit, staatenralh. Campe. vgU Staatsrat.
STAATENRECHT, n. recht, inbegriff der rechte ton Staaten
gegeneinander. Campe, vgl. Staatsrecht: das staatenrecht wird
im deutschen nicht ganz richtig das vülkerreeht genannt.
Kaxt bei demselben; die vertheidiger der Staaten- und rölker-
reclile. Recker rceltgesch. 14,30.
STAATEN RECHTLER, m.: die Sklavenhalter waren es natur-
geroäsz, welche das recht der einzelstaaten verfochten, daher
sie Staatenrechtler, antiföderalisten, später demukralen ge-
nannt wurden, allgem. weltgeseh. (Grote) 12 (Flathe), 174. vgl.
das vorige.
STAATE.NSEELE, /. seele der Staaten, was einem Staat erst
iedeutung, leben und kraft giebt. Campe, mit folgendem beleg:
0 du hehrer schutzgeist des geselligen lebens, du staaten-
»eele — gemcinsinnl Renzkl-Stersaü.
STAATENSTAAT, m., von Deutschland ums jähr 1840 wegen
seiner staatlichen vielgetheiltheit: wir wissen auch, dasz Frank-
reich beim ausbruche des krieges den ausstosz und aushieb
kat: denn ein staatenslaat ist durch seine bundesverfassung
wohl zum schütz, doch nicht gleichmäszig zum trutz ge-
rüstet. Jahs 2,966 Euler.
STAATENSTIFTER, m.: dichter, philosophen und staaten-
itifter haben sie (die 'decke der lukunft') mit ihren träumen
beroahlt. Schiller 4, 293.
STAATENSTILLE, f., von einer zeit der ruhe, des friedens
iwischen Staaten: während der staatenstille geschrieben, wo
der eisTogel sturmsicber brütet, bevor noch die windsbraul
der freiheit und des friedens schwanenlied singt. Jah.i 2,974
Aller.
STAATENSYMPÄTHIE, f.: eben diese allgemeine staaten-
■jmpathie, welche den stosz in Böhmen dem halben Europa
BOiitlieilte {im 30 jähr, kriege), bewacht jetzt den frieden, der
diesem krieg ein ende machte. Schiller S, %
STAATEN VERBAND, tn.; der deutsche staatenrerbaad.
BiciER weligescil. 14, 304.
STAATENYERBCNDLNG,^.: ihre staatenverbündung konnte
ihnen [den Etruskem) auch wenig nutzen schaffen, da die
Rfimer sie zu trennen wusztcn und mit einzelnen Staaten
fochten. Herder id. s. philos. d. gesch. I4, 1.
STAATE.NVEREIN, m. 'verein mehrerer Staaten mit einander
tu ünem twecke oder zu dinem ganzen . Campe. r;i. staals-
verein: sollte etwa die bierarchie, diese symmetrische grund-
6gur der Staaten, das prinzip des Staatenvereins als intellek-
tuale anschauung des politischen ichs sein? Novalis 3, 361
^leuiner.
STAATENVERHÄLTNIS, n.; es ist sehr unrecht, dasz wir
anniilig scheinen, wenn wir in den höchsten Interessen des
bürgerlichen Staatenverhältnisses, arme an geist und reiche
an empirischer verruchtbeit sich unnütz und leer . . . gegen-
seitig zerdiplomatisiren sehen, da wir doch dasselbe taglich
in dem kleinsten Verhältnisse thun. Brenta.ho 8, 2u4; eine
fast allgemeine umwäliung der Staaten- und völkerverhält-
Disse. Becker weltgesch. liftöl. vgL staatsverhältnis.
STA ATENVERSAMMLüiNG — STA.\TLOS 286
STAATENVERSAMMLÜNG, f. Versammlung von Vertretern
mehrerer Staaten oder von landständen. Campe, vgl. staatenrat
und Staatsversammlung.
STAATEN VIELHEIT, f.: der mann des einheitlichen Frank-
reichs, Mirabeau beneidete Deutschland seine Staatenvielheit.
Gervixcs gesch. d. 19. jahrh. 1.314.
STAATE.NVORBILD, n.; er liebte England und sah in seinem
Volk, seiner freiheit, seiner gesetzlichkeit das einzige slaaten-
vorbild, dem nachzueifern sei. Fontane vor dem stürm 2,9.
STAATEN WANDERUNG, f.: ähnlich der zeit der Völker-
wanderungen, rüstet sich unsere zu geister- und staaten-
wanderungen. J. Paul Lev. l, 2.
STAATENZERSPLITTERLNG, f.: bei der deutschen Staaten-
zersplitterung. J. Paul bei Campe.
STAATISCH, adj. xu Staat, m. 1) nach Staat 3, landschaft-
lich, so pfälzisch im sinne von prächtig: nu, will euch ein lied
singen, das eine adliche, die einmahl eine Zeitlang bey mir
gewohnt, als gesungen, wenn sie ihr kind eingcwieget. soll
ein staatisch lied seyn; ich meines theils versteh' kein wort
davon. F. MCller 1,258, appenzell, städisch, aufgeputzt, mit
kleidern prangend, stattlich. Toeler 406*, nd. (in Oftfrieüand)
stdtisk, Staat, aufwand machend, eitel, hoffärtig, stolz, te!« Doork-
kaat Koolmar 3,304*, auf nd. Sprachgebiet ins hd. übertragen:
ein edler sclimaus bat uns geschaart,
nicht karg Doch allzu statisch. Voss 5, '257.
oft zusammengezogen zu staatsch, 50 in Leipzig im sinne von
Staat machend, geputzt. Albrecht 215*, norddär. {am Harz) uie
geputzt, prächtig. Hertel thür. sprachsch. 232, besonders auf nd.
Sprachgebiete, auch in der hd. Umgangssprache nd. gejenden,
staatsch, wohlgekleidet Schütze 4, ISl, geputzt, stattüeh Mi &ö',
kostbar oder fein angezogen Scbamrach 20S', vornehm, prächtig
(staadsch) Däbxert 455', stattiicA (staotsch) Dan.ieil 2lo', an-
sehnlich, stattlich, geputzt Friscbbier 2, 35S'. Scbemionek ,38,
Staat machend, geputzt Bernd 293, von Campe als Staat machend,
Staat liebend (^niedrig') angeführt mit folgendem beleg:
nnsers schützen zartes Hedclien.
und das siaatsche kammermädchen
tbuD am kirmes so bequem. Voss 2, 108, 85.
daneben lediglich nd. staatsk, stattlieh, prächtig, mit den besten
kleidern geputzt, brem. üb. 4, 1006, stätsk te» Düor.hsaat Kool-
MAX 3, 3u4 {vgl. oben stätisk), statsk, stattlich Bader-Collitz
waldeck. wb. 9S'. vgl. Staats-.
2) nach Staat 4, den generalstaaten der yiederlande gehörig,
sie angehend: könige seynd geringern ungern verbunden, ob
wir gleich derselben krön (Dänemark) einen noch grössern
reuter- dienst gethan, und eine doppelte hochmögende staa-
discbe macht hätten. Simfl. 4, 85, 25 Kurz; wie aber, wenn
er {der grosze kurßrst) die staatische allianz daran gab. Protz
preusz, gesch. 2, 7.
3) nach Staat 5, im gewöhnlichen sinne von staatlich, selten:
so wie man als grundzug des staatischen Zusammenhangs
eines germanischen Stammes das gefolgewesen darstellt.
ScBACMAR.f in d. Gott. geL anz. 1839 s. 345; {Friedrich der grosze)
schuf... das preuszische nationalgefühl, anch durch sein
landrecht das provinziale trachten dem staatiscben unterord-
nend. Dablmann gesch. d. franz. rev. 420.
STÄÄTLEIN, n., s. stätlein.
STAATLICH, adj. zu Staat, m., nach Staat 5, vereinzelt schon
frühnhd.: staatlicher, poüticus. toc. rer. von 1509 uvi, erst viel
später allgemein üblich, den Staat angehend. Campe, ron ihm
ausgehend, ihm gehörig: er beglückwünschte den Zürcher,
dasz dem kleinen lande aus dem erwarteten friedensschlusse
ohne zweifei eine durch feste vertrage verbürgte staatliche
Unabhängigkeit erwachsen werde. C F. Meter Jenatsch 156;
als normales prodnkt unsres staatlichen Unterrichts verliesz
ich Ostern 1832 die schule. Bismarck ged. u. erinn. i, i; meiner
preuszischen Schulung widerstrebten tumultuarische eingriffe
in die staatliche Ordnung. 2; gegen einen wird ein staatliches
verfahren eingeleitet; es giebt städtiche und staatliche schulen.
t. auch stattlich unten.
STAATLOS, adj., nach Staat 5: sich zu entscheiden, ... ob
er sein haupt unter sicherem dach bergen, oder aber ohn-
mächtig und thatlos dahinleben will, ein Deutscher beim
glase wein, im ernst des lebens ein staatloses, kraftloses,
verachtetes einzelwesen. Frkttac 15(i897), 295; wie die staat-
lusen Pfalzer sich nach einem vaterlande irgendwo in den
wölken sehnten, so freuten sich die Preuszen ihres ... glor-
reichen Staate«. Trbitscbie 5,51.
287 STAATMACHEN — STAATSACTION
STAATMACHEN, n. , nach Staat 3, d; durch slaatmaclien
bringt die frau den mann oft in schulden; in staatmacb'n
sen sa vorndrou — ober ho (haben) tbon sa nex. Buckebt
unterfiänk. mundart 174.
STAATMACIIER, m., nach »t&ati,d: aber die jungen und
die wilden und die staatmacher, die gingen nicht hin. Frenssin
Jörn Uhl (l902) 18$.
STAATS- als erstes glied in tiisammenaelzungen erscheint ge-
wöhnlich im sinne von staut, m. 3, d oder von 5. aus der
grossen neigung der Umgangssprache, etwas durch die Verwendung
ton Staats- in solcher art als vorzüglich, prächtig zu kenn-
zeichnen {nach Staat, m. 3, d), erklärt es sich, dasz Staats mund-
artlich auch als selbständiges adj. mit solcher bedeutung empfunden
wird, aber wol unter eirivirkung von staaliscb, staatscli {vgl. dies
oben), wofür die daveben auftretende bedrutung 'geputtt' spricht.
MCller-Wbitz Aachener mundart 232. Hö;«iG Kölner mundart 15u'.
WoESTi westf. mundart 252' (als bergisch verieichnet) , dasz es
hier demgemäsi auch ohne folgendes subst. und in adverbialer
anwendung auftritt. Frohmanns zeitschr. 6, 277, 20. 2, 54$, 44
(rheinfränk.) , dasz es flexion zeigt. Kerkein volksspr. u. volkss.
in Nassau 1,386. Fbommanns seitschr. 3,46,7 (rheinfränk.), auch
der Steigerung fähi^j ist, Staats, staatser, am slaatsten. Creceuds
oberhess. wb. 2, 803.
STAATSABGRÜND, m.; in dem unsittlichen Stadt-, hof-
und staatsabgrunde, der sich hier auftliat, erblickte er sogleicii
die greulichen folgen der zukunft. Biei.schowsky Göthe ],3(j9.
STAATSABSICHT, f., nach steat 5: wenn ihn nicht Staats-
absichten daran verhinderten. Gottsched bei Reichbl kl. Gott-
sched-wb. 55.
STAATSACTION, f. ^Schauspiel worin Staatsbegebenheiten dar-
gestellt werden , slaatsschauspiel'. Campe (ergämungswb. unter
action), zuerst nachgewiesen aus der zeit um 1700, wo die prinzi-
palin einer wandernden schauspielertruppe Sophie Julie Elenson
durch ihre mit (leiss choisirten Staatsaktionen und kapital
bourlesken die witwe des magisters Velthen aus Frankfurt a. M.
verdrängte. Ei.isAriEiH Mbntzel gesch. d. Schauspielkunst in Frank-
furt a. M. (1882) 144. die Elenson kündigte in mehreren Städten
merkwürdige haupt- und staatsactionen mit den arlequin und
curiosc burlesken mit ballet als nachspiel an. ebenda 130 (haupt-
aciionen im gegensatz zu den nachspielen), die von Karl Weisz
1854 unter dem titel Wiener haupt- und staatsactionen behan-
delten 15 stücke aus dem an fang des ii. jahrh. (II sind datiert
von 1724) bieten diese bezeichnung anscheinend nicht, oft be-
zeugt ist die Verbindung in den ankündigungen der trujipe von
Wallerotty aus der zeit ihres aufenthalts in Frankfurt 1741
und 1742, die E. Mentzbl o.a.o. mittheilt: Aitselhen werden
(um 10. mai 1741) aufführen eine unvergleichliche und wegen
ihrer ausnehmenden Vollkommenheiten sehenswürdige haupt-
und Staats-aktion, betilult: Mars in der tiefsten trauer, ...
das ist: der unglückseelige todes-fall des allerdurchlauch-
tigsten Caroli XU. t. 442 (das stück ist von H. Lindner [Dessau
1845, nach der Zerbsttr handschr.] und von Carl Heine (Wa/tc 1>88,
nach der Wiener handschr.] herausgegeben, es hat eine lustige
person: Arlequin ein lustiger cürassicrreuter. nur an komischen
stellen wird improvisiert); dieselben werden wiederum heute
montag (5. märz 1742) eine gewiss vortreffliche intrigante und
extra lustige haupt- und staats-aktion vorstellen, betitult: die
brichst-löbliche regierung der grossmütbigen Bianca, königin
Ton Tyro und Phoenicien . . . den bescbluss mai hct eine
modeste, nacb-comOdie. 443; eine unvergleichliche sinnreiche
haupt- und staats-action, betitult: der aus liebe entsetzlich
tyrannisirende, und endlich in seinem eigenen blut erstickende
tarlariscbe wQtericb . . . mit Hanns-Wurst einem unglück-
seeligen und zu vielerlei marler verdammten schiven, verzagten
Soldaten und von vielerley furien entsetzlich geplagten auf-
seher vor das verlieble frauenzimmer . . . statt einer nach-
comOdie aber wird eine uperctte-comiijue oder rousicaliscbrs
lu<*t-spiel aufgeführel (li. april 1741). 444; eine der galantesten,
neuen, wohl ausgearbeiteten bnupt- und stnats-actiunen, be-
titult der Probierstein unglaublicher geduld, oder: die un-
überwindliche groszmuth einer lugendliafTlen seelr, in der
getreuen und bestfindigen Griselda (köniqin von Sicilien) . . .
mit Hantz Wural einem interessirten hof-narren . . . nebst
1 bsilels wird unner arlequin auf vieles und hohes begehren
mit einer luftigen nsrb-romudie aufwarten, belilult: Arlequin
die versoffne Sybilla (81. mai 1741). 44»; eine moralische, aus
der bibel gezogene tragödie, welche eine vullkummene baupt-
uod •Uattaclioo voratellea kann, betitult: Davids vatler-
STAATSACTION
288
thränen über den unglQckseeligen Untergang Absalons...
nebst guten arien wird auch mit 2 täntzen und einer extra
lustigen nachcomüdie aufgewartet werden (3. aug. 1741). 452;
eine gewiss galante und lustige, haupt- und staals-nction,
betilult: der unsterbliche rühm eines hochgebohrnen adels.
oder: der durch die treue gestürzte und von eben dciselbea
wieder erhöhete minister . . . mit unserer lustigen person ver-
wirrten hofstreichen . . . den bescbluss aber machet ein ballet
und lustige nach-comödie (\.sept. 1741). 454; eine unvergleich-
liche, mit sinnreichen intriguen und guter lustbarkeit angefüllte
haiipt- und staats-action, betilult: der weibliche Staats-
minister . . . mit Hanss-Wurst . . . den beschlus» machet eine
lustige nach-comiidie (30. april 1742). 468. noch für den G. october
1756 kündigt Wallerotty bei einem neuen aufenthalt in Frankfurt
an: eine unvergleichliche, und mit besondern Vorstellungen dei
theatri, angefüllte sehenswürdige haupt- und staats-aktion ...
betitult: die unerschrockene kühnlieil eines beiden ... mit
Hannswurst . . . den bescbluss macht ein ballet und eine
recht lustige nach-comOdie. 487. längst hatte Gottsched seinen
kämpf gegen die rohen , meist vnn schauspielern verfaszten oder
nach ausländischen Vorbildern bearbeiteten stücke der Wander-
truppen eröffnet, in denen (auch soweit sie eine ernste haudlung
hatten) Hanswurst eine hervorragende rolle sjAelt. im 17. stück
des 1. theils seiner Zeitschrift ^die verniinfiigrn tadlerinnen' vom
25. april 1725 heiszt es: denn was königliche und fürstliche
personen anlanget, die in den sogenannten haupt- und staats-
actionen vorgestellet werden: so ist es zwar gewisz, dasz
der gezwungene glänz ihrer kleidungen, und die pracht ihrer
hofstatt, die äugen des untersten pübels sehr blendet: allein
denen, die etwas besser iirtheilen, musz dieses güuze wesea
lächerlich und ungereimt vorkommen, die harten zufalle, die
regierenden hauptern und andern Standespersonen begegnen,
können zwar in beweglichen trauerspielen zu erregung des
Schreckens und mitleidens vorgestellet werden: aber als-
dann brauchet man die narrenpossen eines harlekins nicht
dabey, die gleichwohl von schlechten comödiantcn immer ein-
gemcnget werden, durch seinen einflusz geriet mit der sachi
die bezeichnung allmählich in miszkredit. sie blieb haften aa
stucken der schauspielertruppen vor der Gottschedschen reform det
deutschen theaters und wurde sachgemäsz auf gleichartige erzeug-
nisse des 17. jahrh. ausgedehnt, gelegentlich verschoben sich aller-
dings dabei die richtigen grenzen des begriffs. die bezeichnung
galt, wie die oben angeführten belege zeigen, nicht blas für stücke
mit ernster haupthandlung oder für dramatische bearbeitungen zeit-
genössischer ereignisse, dagegen nur für solche politischen oder
verwandten Charakters (abzulehnen ist die in Robersteins grundr.*
2, 2()2 versuchte Zusammenstellung mit Staat, praeht, prunk [3, d]).
in freier anwendung verächtlich von historischer wissenschaftlichtr
darstellung :
ein kehrichtfasz und eine runipelkammer
uiul liönlisteiis eine haupt- und siaatsaciion
mit irelTlichen pragmatischen maximen,
wie sie den puppen wohl im munde ziemen !
GöTHK 12. 38.
es begegnen auch andere Verbindungen in gleicher anwendung:
eine gantz neue sinn-reiche mit einem guten mural sowohl,
als geziemenden lustbarkeitm, wie nicht weniger verschie-
denen wohlgesetzten arien, durchaus vermischte hof- liebe»-
und staats-actiun, betitult: der durchlaucbtigte gärtner. oder:
die auf den thron erhobene Weisheit und tugend. mit Hanst
Wurst ... ein nieister-slück einer leutschen-comüdie . . . den
völligen bescbluss aber macht Arle(|uin und Pantalon mit einer
extra lustigen nach-comödie. ankündigung der Wallerottyschtn
truppe vom 29. tnai 1741 bei E. Mentzil a. <i. o. 449 (vgl.: ein«
aus dem frantzösiscben übersetzte, ungemein bizarre no4
vcritable hof- und baupt-piece, betitult: les freres confondai»
\). sept. 1741. 454); unsre Staats- und helden-actionen warM
voller unsinn. Lbssinc 6, 41 ; unsere Staats- und faelden-aclionM
wimmelten davon (ron künstcleien), die in allem nach dM
spanischen muslern zugeschnitten waren. 7,28t. staatsaclioi
allein wird später noch gelegentlich in allgemeiner bedeutung itr
ron Cahpe gegebenen durchaus tutreffenden erkUlrung gcm<ist ohne
verächtlichen nebensinn gebraucht: im plane (ron Shakespear
Richard II.) nichts rafllniertes. eine reine staatsakticin. LuDWiif
:> (189t), 1<M. vgl. auch: die kalte, unfruchtbare Staatsaktion <
dem menschlichen herzen herauszuspinnrn und eben dadur
an das menschlirhe herz wieder anzuknüpfen — den mal
durch den st.nalsk lugen köpf zu verwickeln — ... das staM
bei mir. ScniUKa S, • (Fittko, vorworl}, hier scheint allerdin§t'
nvim
laai
289 STAATSADRESZBUCH — STAATSANWALT
eine unmittelbare ankhnung an den allgemeinen sinn von actioD,
handlung vorzuliegen, das Schillerlexikon von Rüdolf-Goldbeck
erklärt staatsaction im anschlusz an diese stelle als ^eine handlung
der regierung, welche wesentliche Umänderungen im Staatswesen
lur folge hat', solche anwendung ist, obgleich sie in dieser steUe
nicht klar tu tage tritt und augenscheinlich nicht der alten an-
wendung zu gründe hegt, die von action im sinne von Schauspiel
ausgeht, an sich durchaus möglich, vielleicht ist sie Voraussetzung
für die heule gebräuchliche Wendung: eine staatsaction aus etwas
machen, über eine unbedeutende sacke, besonders ein vergehen,
mit umsländlicher uichtigkeit verhandeln, man nennt allerdings
auch eine pomphaft in scene gesetzte Verhandlung eine haupt-
nnd staatsaiitioD. BtJcHMANt« (1900) 143, was wieder deutlich an
den bühnengebrauch anknüpft.
STÄATSADRESZBLCH, n., was Staatskalender. Kbüsitz
encycl. 164 (lS3ü), 99.
STAATSALMAiNACH, m., was gtaatskalender. Rbömtz encycl.
164 (IS36), 99.
STAATSALLMACHT, f.: die Wahrheit, dasz der rcchts-
bildende gemeingeist der modernen Völker sich am stärksten
in ihren staaisgesetzen bethätigt, verachtete er {Friedrich
Wilhelm IV.) als eine verirrung der Hegelianischen staalsver-
götterer; von dieser 'staatsallmacht' sollte seine christliche
monarchie sich allezeit fern halten. Treitschre 5,9.
STAATSALTERTHCMER, pluT. staalseinrichtungen alter zeiten
in zusammenfassender litterarischer darsteliung : griechische,
römische staatsaitertiiümer.
STAATSAMT, n. ^amt in einem Staate, sofern damit ein theil
der Staatsverwaltung verbunden ist'. Campk. amt im Staatsdienst:
ein reicbsgrundgesetz schlosz {in Schweden) die anbänger des
pabsttbums von allen staatsämteru aus. Schiller s, I04; die
bekleidung oberer staalsäuiter, die fiihrung eines groszen
hausbaltes lassen es nicht mehr zu, dasz ich ohne schaden
unbeweibt fortlebe. Keller 6 (1899), 240; ein staatsamt be-
kleiden und Christ sein hielt man nicht mehr für unvereinbar.
Brieger Constantin d. gr. (isso) 2S;
in ehr' und staatsamt
siebst du Trauea nur. Ivmebman 12, 33 Hempet.
STAATSANGEHÖRIG, fli;'., gewöhnlich substantivisch: schade,
dasz nicht alle Staatsangehörigen, die beamten ausgenommen,
Sträflinge sind, wie mild und vorsorglich erschienen da viele
jetzige regierungenl Auerbach dorfgesch, 2,öO.
STAATSANGEHÖRIGKEIT, f. zuni vorigen: sieht doch {in
Petersburg) der eigentliche bürger von seiner Staatsangehörig-
keit nur beschwerden und lasten, nirgends vortheile. morgen-
blalt 1S46 s. S87".
STAATSANGELEGENHEIT, f. angelegenheit des staaU, sache,
die den staat betrifft. Cahpe, ratio stalus Frisch 2,313*, stats-
angelegenheit, interesse di stato. Krämer deutsch - ital. dicL
2 (r02), nl2': hier sieht man die Ursache, warum ich bey den
Staatsaugelegenheiten den ausdrücken des herrn Vise nach-
geahmt habe. Gottsched bei Reichel kl. Gottsched-wb. 55; meiner
ansieht nach ist der amtliche theil des reichs- und staats-
aozeigers für solche Veröffentlichungen da, welche bezüglich
der reichs- und der preuszischen staats-angelegenheilen unter
Verantwortlichkeit des reichskanzlers resp. des preuszischen
Staatsministeriums erfolgen. Bismarck ged. u. eriun. 2, 19'<.
STAATSANLEIHE, f. geldanleihe, die ein staat macht, ge-
wöhnlich durch ausgäbe einer bestimmten zahl verzinslicher schuld-
schfine von gleicher höhe: vierprozentige preuszische Staats-
anleihe.
STAATSANSTALT, f.: ein ähnliches miszverhälinisz des
menschen zum menschen scheint eben so natürlich allen
iTentlichen staalsanstalten anzukleben. Hama.in 7, 60.
STAATSANSTELLUNG, f. anstelluug im Staatsdienste.
STAATS.A.NWALT, m. anwalt des Staats, beamter der staatlichen
rechtspftege, der im interesse des Staats, der öffentlichen Ordnung
straflhnten verfolgt, öffentliche klage gegen den verdächtigen er-
hebt, bei der hauptverhandlung die anklage vertritt und die voU-
zii'hung der strafe überwacht: dabei mag erwähnt werden,
dasz durch jene Verordnung zuerst in den provinzen des all-
eeincinen landreclits der Staatsanwalt eingeführt worden ist,
> defensor matrimonii und zur Verhütung von collusionen
'.'T Parteien. Bismarck ged. u. erinn. l, 8; der justizminister
graf zur Lippe hatte vielleicht von seiner thätigkeit als slaats-
»nwall die gewuhnheit beibehalten, auch das schärfste mit
lächelnder miene, mit einem höhnischen ausdrucke von Über-
legenheit zu sagen. 302.
X.2.
STAATSANWALTSCHAFT — STAATSBAU 290
STAATSANWALTSCHAFT, f. behörde, der ein Staatsanwalt
vorsteht: unsere bekanntschaft datiert aus der zeit, in der
ich als referendar der Berliner Staatsanwaltschaft, der graf
Pückler damals noch angehörte, zur beschäftigung überwiesen
worden war. Samosch provenzalische tage 18.
STAATSÄNWEISUNG, /'. staatspapier, welchem Staatsgüter xum
unterpfande dienen, assignai. Campe.
STAATSANZEIGER, m. leUung für staatliche bekannt-
machungen, officielle zeitung eines Staats: noch sind wir auf die
spärlichen nachrichten angewiesen, welche die officieilen
telegramme des preuszischen Staatsanzeigers bringen. Fbeytag
15 (1897), 301 ; dasz herr von Schleinitz an den curator des
'reichs- und staats-anzeigers' das ansinnen gestellt habe, diese
ernennung in dem amtlichen blatte zu publiciren. Bismarck
ged. u. erinn. 2, 199.
STAATSARCHIV, n. institut zur aufbewahrung staatlicher
Urkunden, für einen staat bedeutsamer Schriftstücke. Kküritz
encycl. 164 (1S36), 13".
STAATSARCHIVAR, m. leiter eines Staatsarchivs. KrC.mtz
encycl. 164 (l836), 213, archivar an einem Staatsarchiv.
STAATSARZNEIKLNDE, f. arzneikunde im dienste des staaU,
gerichtliche medizin und medizinische polizei. KRtnirz encycl.
164 (1836), 223.
STA,\TSARZT, m. von einem staatsverbesserer :
lausend kleinere mittel benützte sclion oftmals ein siaatsarzt.
So:4.ne;<bkrg liri Camps.
STAATSAÜFSEHER, m. aufseher über einen staat, über die
staatliche Ordnung, ^dergleichen bei den Griechen die ephoren
und bei den Römern die ccnsoren waren . Campe: diese staats-
aufseher bleiben nur ein jähr im amte, haben den vorsitz über
alle andern obrigkeitlichen personen, unmittelbar nach dem
epistaten, und werden vom volk als eben so viele für seine
rechte und für die öffentliche woblfabrt wachende schutz-
geister angesehen. Wielawd 33, 405.
STAATSAUSDRUCK, ni. auf das staatliche leben bezüglicher
ausdruek: gewisse starke staatsausdrücke, die wir im latei-
nischen mit ganz römischer seele fühlen, sind im deutschen
(in einer Übersetzung des Tacitus) in so matte elende Um-
schreibungen verflossen, dasz wir uns in ihnen nichts denken,
was der Römer dachte. Herder 4,327 Suphan.
STAATSÄUSGABE, f.. gewöhnlich im plur. ausgaben {an geld),
die ein staat hat. Campe: der kreisfürst... legt alsdann den
gesanimten ständen eine bereclinung der ordentlichen Staats-
ausgaben des kreises für die folgenden zehn jähre . . . vor.
\Viela>d 31. 427 {gespr, unter 4 äugen lü).
STAATSBAHN, f., was staatseisenbahn, dazu staats-
bahnbof, m.
STAATSBANK, f. wechselbank eines Staats, Un welcher die
Staatspapiere zu gelde gemacht werden können. Campe.
STAATSBANKEROTT, m. Zahlungsunfähigkeit eines Staats:
während ein dritter . . . auf einem Stückchen schiefer {die
abgelegte rechnunq des Schatzmeisters) nachrechnet und durch
die miene, womit er seitwärts nach dem Schatzmeister schielt,
den nahen staatsbankerott weissagt. Wieland 33,3l2(.4ris(. i,30).
STAATSBAU, m. l) nach staat 3, d prächtiger bau. Rdceebt
unterfränk. mundart 171.
2) nach Staat 5.
a) der staat, die einrichtung, Verfassung des Staats als bau
betrachtet: angemessener, den staatsbau in eine spitze als in
einen söller ausgebn zu lassen. Dablmak» gesch. der franz.
rev. 385; und Prcuszen selbst? ist denn sein staat>bau stark
und kräftig, abrundung in seinem gebiet, einheit in den
höchsten Interessen seiner landestlieile? Frettag 15(1897), 83;
auch die landschaft seiner (eines deutschen gutsherrn des
16. jahrh.) heimat ist keine politische einheit, der staatsbau
seines lehnsberrn ist noch ein schwaches gerüst. seine treue
und unbänglichkeit sind nur zufällig. 17, 7 ; in der form staatbau :
jedem hat gott xur liand
gegeben ein bandwerksgerithe, . . .
jeder .«oll rühren seins;
wo's noth thui, alle eins,
des Staatbaus gründliclisieu hebel,
den degen oder den säbel. Röckkrt (1841) 149.
vgl. Staatbaustein und Staatenbau oben.
b) bau, der auf kosten, im auftrage des Staats ausgeßhrt oder
{concret) errichtet wird, ist. als plur. dient Staatsbauten: wie
wichtig die staaL-ibauten ... als erwerbsquellen vieler gewerb-
trcibcnden and handarbeiter, dem gesaramtkörper sind, be-
weiien diejenigen Staaten, in weichen der landesherr oder
19
291 STA ATSBAÜKUNST — STAATSBEHÖRDE
STAATSBEITRAG — ST A ATSBÜNDLERISCH 292
die regicrung riel bauen läszt. KrCnitz «ncyci. 164 (1S3C.), 224;
bei Staatsbauten pflegt man handwcikerarbeiten im sub-
inissionswege zu vergeben, vgl. das folgende.
STAATSBAUKüNST, f. 'die öffentliche baukunst, alle havten,
die auf koilen des Staates unternommen werden'. Khiinm encycl.
104 (1836). 223.
STAATSBAUM, m. prächtiger bäum. Sbilbr BasUrmundarfin*.
vgl. Staat 3, d.
STAATSBEAMTER, m. der ein staatsamt hat. Campe, vom
Staat angestellter beamter: das gespriicli fiel unvermerkt auf
die unmüglicbkeit. dass ein Staatsbeamter in einer demokratie,
bey einer ausdauernden hcharrlichkeit auf seiner pflicbt, dem
hass und der Verfolgung, die er sich dadurch zuzöge, nicht
in kurzer zeit unterliegen sollte. Wibland 33, 122 (i4ri5(. 1,0);
in bejderiey fällen haben sie (die eparrhen in Kyrene) den
räthen und übrigen sUiatsbeamten Vorstellungen zu tbun. 404
(Arisl. 1, 43); aber diese Umwälzungen im personal der höchsten
Staatsbeamten (der minister) sind darum nicht minder ein
Unglück für ein land, das mehr als jedes andere der Stabilität
bedürftig ist. Heine 6, 36'j Elster; nicht nur die sämtlichen
Offiziere der drei kricg^scbiffe. sondern auch eine anzahl
büherer Staatsbeamten mit ihren vreibern oder töchtern, welche
die reise mitmachten, bildeten die ansehnliche, auf die lösung
des ritsels begierige Versammlung. Keller t, 229.
STAATSBEAMTI.N. f. tum vorigen: 'heiratet aber eine staats-
beamtin. Fichte n a<urrecA< 2, 221.
STAATSBEBEN, n. für eine gewaltsame staatsverdnderung,
revoliition. Hess sat. sehr, bei Kinder i.ing reinigkeit d. d. spr. 427.
STAATSBEDARF, m. bedarf eines staats an Vorräten, an
benmten u. ähnl. vgl. staalsbedürfnis.
STAATSBEDIENTER, m. der dem Staate dient, Staatsbeamter,
von Campe als ungut bezeichnet, heute vöUig veraltet: die kunigl.
schwedische staatsbedienle. Cbemnitz schwed. krieg 3, 1, 24*;
nemlichen es währe zu rühm und auffnalim der teutschen
nation und spräche dienlich, dass einige hohe pcrsohnen iiuch
Vdrnebme staatsbedienten und sonst an geist. gelehrsanikeit
und guten gaben ausbündige und bierinn wolgesinnete leute
in ein Verständnis diesfalss treten möglen. Leibniz unvorgreiß.
gedanken 115. hannov. mscr. Schmarsow ; die kaiser und ihre
slaatsbedienten kannten und liebten die Wissenschaften nicht.
Gottsched bei Reicbel kl. Gotlsched-wb. 65; wäre er ein
staatsbedienter geworden , hätte er alles in Verwirrung ge-
setzet, und tausend unglückliche gemacht. E. v. Kleist (i';7l)
2,167; dass alsdann gewiss eben diese staatsbedienten diesem
edlen regenten aus allen kräften entgegenarbeiteten. Klingbr
12, 146.
STAATSBEDIENUNG, f., vas staatsamt. Campe, veraltet:
er hatte ehemals einige Staatsbedienungen am bnfe des kaufen
bekleidet. Cbn. Lerer. Heyne Omar i. kap. (Fi^nsT deutsche
er Zähler des t«. jahrh. 31, 14).
STAATSBEDÜRFNIS, n.: dieser tauscbhandel ist forl-
dauernd im gange, und ist staatsbedürfnisz geworden. Tb(}mmel
reise 4, 560; da auch das kircbenwesen . . . (als anstatt zum
öffentlichen gottesdienste für das volk, aus welchem dieser
auch seinen Ursprung hat, es sei meinung oder Überzeugung.)
ein wahres staatsbedürfnisz wird, sich auch als untertlianen
einer höchsten unsichtbarrn macht., zu betrachten. Kant5, t61;
eingerechnet unsere Privilegien und immiinitilten . . . zahlen
die ärmeren fast durchaus fünf sechstheile der staatsbedürf-
oi«se. Seoiik 2 (182*;). 46.
STAATSBEFÖRDERUNG, f.: statsbeförderung, interesse di
stato, Kräder deul^eh-ital. dict. 2 (t7o2), 912*.
STAATSBEGEBENIIEIT, f. den stiat betreffende begebenhrit.
Campe: eine der merkwürdigsten slaatsbrgehenheiten, die das
«echszehnte Jahrhundert zum glänzendsten der weit gemacht
haben, dünkt mir die grflndung der niederländischen freibeiU
ScBILt ER 7, 7.
STAATSBEHÖRDE,^, staatliche behörde. Campe: nachhaltiger
aber wurde unser ökonomischer zustand durch die Vor-
sorge der Staatsbehörden verbessert, (irillparzek 15(lHilt7), 7S;
berreo, welche, stets kühl gegen die kircbe und kritisch gegen
die slaaisbebördrn, sich zwar wohl hüten, irgendwo an einer
praktischen thiiligkeit wirklirlien anteil zu nehmen, nichts
desto weniger aber einer radikalen, wo nicht frivolen gesinnung
bezichtigt «erden. Keller 6, li*«; man hatte ... geholTt, datz
die staaltbebörden durch die einführung der heutigen localen
■elbstTerwalliing an geichsflen und an beamlen würden ent-
bOrdet werden. Bishabcr ged. u, erinn. 1, ti.
STAATSBEITRAG, m. geldbeitrag des Staats zu einer Unter-
nehmung u. dgl.
STAATSBEMÄNTELUNG, f.: statsbemäntelung, oblentum
salutis publicae. Stieler 1228.
STAATSBERATER, m.: staatsberather, Verdeutschung von
consul bei Campe, staatsberatherschaft, -stelle, consulat. ebenda.
STAATSBESCHÄDIGER, m.: statsbeschädiger, eversor rei-
publicae. Stieler 1706.
STAATSBESCHLUSZ, m. beschlusz des Staatsrats, den staat
betreffender beschlusz. Sonnenbebg 6« Campe.
STAATSBESTE, n. das beste, wohl des Staats: unter dem
deckmantel des stats-bestens, sotto colore, mantello dell' interesse
di stalo. Kramer deutsch-itai dict. 2 (l702), 912*.
STAATSBESUCH, m. mü gepränge abgeslatteler , feierlicher,
förmlicher besuch, vgl. Staat 3,d: muszte mich denn die stolze
frau Richardinn eben heule, und zwar vormitlage, mit ihrem
Staatsbesuche quälen, und mich in ihrer neuen andrienne
nöthigen, über mein vermögen zu reden? Gellkrt 3 (1775), 387;
was hattest denn du für Staatsbesuch? Ki.inger (/ieat«r 2, 213;
um keinen augenblick mit leeren förmlichkeiten und Staats-
besuchen verschwenden zu dürfen. Becker weltgesch. 9, 504.
STAATSBETRIEB, m.: die lolterie ... wurde, bisher ver-
pachtet, in staalsbetrieli genommen. Protz preusi. gesch. 3,256;
alle haupteisenbahnen in Preuszen sind in Staatsbetrieb ge-
nommen.
STAATSBETRUG. m, am Staate rerübUr betrug: in Schlesien
und Südpreuszen war der staalsbelrug unter diesem minister
systematisch ausgebildet, bläller f. lit. Unterhaltung 1846 .«. 2;3.
STAATSBEVÖLKERUNG, f. Kochsthum der volkszahl in einem
Staate. KuCnitz encycl. 104 (is.36), 565: da in ihren werken
(dichtungen) nur immer die rede von liebe ist, unter welcher
bis jetzt noch, zum heile der weh, Jünglinge und Jungfrauen
den zeugungs-akt verstehen, so arbeiten leute für die siaats-
bevölkerung, an die man gar nicht denkt, deren man im
Staate gar nicht achtet. Klinger 11,212.
STAATSBEWEGUNG, f.: durch keine auszerordentlichen
Staatsbewegungen beschäftigt. Becker weltgesch, 11, 425.
STAATSBEWÜSZTSEIN, n.; die englierzigkeit der stände,
ihr mangel an staalsbewusztsein und pflichtgcfühl . , . verschul-
deten den tiefen fall Brandenburgs. Prutz preusz. gesch. 1,284.
STAATSBIBLIOTHEK, f. dem Staate gehörige bibliothek: die
k. k. hof- und slaalsbihliothek zu Wien.
STAATSBLUTSAUGER, m., von einem eigennützigen staaU-
mann: sie {arme Junker und amtleute) zweifelten nicht, der
grosse Staats-blutsauger kenne den Zusammenhang des aus-
saugens im grossen, mit dem aussaugen im kleinen, und
gönne um seiner selbst willen den kleinern würmern im land
ihre gewohnte nahrung auch gern. Pestalozzi Lienh. u. Gertr,
3 (1702), 276.
STAATSBILANZ, f. jährliche übersieht der einnahmen und
ausgaben des Staats nach kaufmännischen grundsätzen. KrPnitz
encycl. 164 (1836), 337.
STAATSBOTE, m. 'bothe, welcher von den obem Staatsbehörden
in Staatsangelegenheiten an einen andern staat abgesendet wird
(Courier)', slaatshoihe Campe.
STAATSBRIEF, m. im namen des Staats geschriebener brief:
wann eine botschafl, oder ein staalsbrief des kanzlers ins
Inger gelangte, welche mein könig zu unterzeichnen hatte.
C. F. Meyer d. heiliiie i(i4.
STAATSBRUCH, m. bruch der staatlichen Ordnung: {Mephi-
slopbiles) wird traun bey hier und tobak unterm pre und
contra fideler lieber consorten der höll' ein neu gesetzbuch
schmieden, wo allemahl das pdaster für jeden Staatsbruch
prubatum vorher dictirt steht. F. .MCller 2,11.
STAATSBUCH, n. buch, dos rom Staate handelt: unser«
Staatsbücher enthalten alles, was dermen.>ich zu wissen brnurbl.
Klinger 3, 40; wenn mir einer von t»r\\ (teufein), ausser deo
rechten benannter hoben personen, nur ein einzige« wort
über das recht des gesindris der menschen in einem unserer
staatsbücber zeigen kann, so will ich mich zu einer brennenden
fackel drehen lassen, und die ehre haben, auf seiner majestit
(satans) prächtiger tnfel zu leuclilen. 41.
STAATSßl ND, m. bund, den ein staut sehliettt, Canpr, auA
wol für Staatenbund, n;/. das folgende.
STAATSBLNDLERISCH, odj.: das grfühl der gemeinsam-
keit und einbeit ... zu stärken in der voraussieht, dasz die
geschirhte dahin führen werde ... die scblnlTen staatsbünd-
iarischen besiimmungen In bundessiaatliche uniruwondeln.
293 STAATSBÜRGER — STAATSBÜRGERSCHAFT
deutsche zeitung ed. Gertisds in der allgem. icdtgesch. (Grote)
11 (ISsS. Fläthe), 4s3.
STAATSBÜRGER, m. 'bürger eines Staates, ein mitglied der
gesellschaft, welche man staat nennt; besonders ein solches, welches
das Stimmrecht in der gesetzgebung für den staat hat' (nach
Kaht, vgl. unten K. 5, 146. aber auch die abweichende auffassung
in den belegen unter staatsbürgerrecht) , wahrscheinlicli in der
xek der französischen reiolulion aufgekommen, vgl. W. Feldmark
ts der zeitschr. f. d. Wortforschung 6,340: was der pflicht ihrer
glieder als Staatsbürger widerstreite. Kant rel. innerh. d. gr.
i. bl. Vernunft 113 Kirchmann; die zur gesetzgebung Tereinigten
glieder einer solchen gesellschaft (societas civilis), d. i. eines
Staats, heiszen Staatsbürger (cives). werke 5, 146; nur die fähig-
keit der stinimgebung macht die qualification zum Staatsbürger
aas. 147; übrigens, wenn eine revolution einmal gelungen
und eine neue Verfassung gegründet ist, so kann die unrecht-
mäszigkeit des beginnens und der voilführung derselben die
onterthanen von der Verbindlichkeit, der neuen Ordnung der
dinge sich, als gute Staatsbürger, zu fügen, nicht befreien. 156;
ohne alle würde kann nun wohl kein mensch im Staate sein,
denn er hat wenigstens die des Staatsbürgers; auszer wenn
er sich durch sein eigenes verbrechen darum gebracht hat,
da er dann zwar im leben erhalten, aber zum blosen Werk-
zeuge der wilikühr eines anderen, (entweder des Staats, oder
eines anderen Staatsbürgers) gemacht wird. 164; alle wahre
republik aber ist und kann nichts anderes sein, als ein re-
präsentatives System des volks, um im namen desselben,
durch alle Staatsbürger vereinigt, vermittelst ihrer abgeord-
neten (depuiirten) ihre rechte zu besorgen. 178; sollte nicht
anch diess, sobald der fall dazu eintritt, eben so gewiss als
die meinung und gesinnung der meisten Staatsbürger an-
genommen werden können, als man annehmen kann, dass
jedermann, sobald der anlass dazu da ist, zweymahl zwey
für vier erkennt? Wieland 31, 365; alle rechtshändel unter
den übrigen höhern und niedrigem Staatsbürgern gehen den
gewöhnlichen gang, der durch ein grundgesetz über die ge-
rechtigkeitspflege vorgezeichnet worden ist. 426; sie {die
kammern der landsldnde) sind so organisiert, dass kein stand,
d. i. keine der vier klassen von Staatsbürgern, ein politisches
übergev^icht über den andern hat. 427; der ackernde Staats-
bürger, welches sind die ackernden Staatsbürger im gelehrten-
fache? LicBTENBEBC 1, 312; sie (die poesie) soll das herz treffen,
weil sie aus dem herzen flosz, und nicht auf den Staats-
bürger in dem menschen, sondern auf den menschen in dem
Staatsbürger zielen. Schiiler 10,174; man ist eben so gut
Zeitbürger, als man Staatsbürger ist. 276; hieraus Qieszt nun
ferner die befugnisz jeden Staatsbürger, der ohnehin als kampf-
lustig und streitfertig angesehen werden darf, in die schlacht
tu rufen, zu fordern, zu zwingen. Göthe 6,26; wenn die
Staatsbürger mosaischen gesetzes dem hausfreund gute worte
geben, und wieder einmal schwarze baumwollene strumpfe
zum neujahr schenken, wie anno 93, so schreibt er ihnen
auf das jähr 5572 ihrer rechnung einen eigenen hausfreund.
Heijel 2, 170; wenn der Unverstand zu breit regiert, so wird
er dem ruhigsten Staatsbürger unerträglich. Isimebiiakr 3, 201
(Münchh. 6, 17) Hempel; der mensch macht ihn ( Tiberius Gracchus)
zum schlechten Staatsbürger. Lddwig 5 (ISdl), Hi; die er-
haltenden Parteien setzen sich im ganzen zusammen aus den
zufriedenen Staatsbürgern. Bishahck ged. u. erinn. 2, 160.
STAATSBÜRGERLICH, adj. einem Staatsbürger eigen, gemäsz,
ts seinem Verhältnisse begründet, citique. Campü: dieses unver-
gleichlichen mannes (Mosers) kleine aufsätze, staatsbürger-
uihen Inhalts, waren schon seit einigen jähren in den Osna-
nicker intelligenzblättern abgedruckt, und mir durch Herder
..ekannt geworden. Göthe 26, 239.
STAATSBÜRGERRECHT, n. recht eines Staatsbürgers: ol)-
gleich sich der staat gegen einen Verbrecher im zustande des
krieges befindet, so ist der Verbrecher doch immer bürger
des Staats, und er bestreitet, dasz er das staatsbürgerrecht
verloren habe. Scbmaiz 6« Krlsitz «ncyci. 164 (1S36), 6s7; der
Verbrecher behält daher unter allen umständen das staats-
bürgerrecht, selbst dann, wenn sein leben auf der blutbühne,
dem schaffiitte endigt. KnC-firz ebenda.
STAATSBÜRGERSCHAFT, f. eigenschaß, würde, verkäUnis
tines Staatsbürgers als eines solchen. Campe: die worte: patrio-
Iüsmus, Staatsbürgerschaft und dergleichen, tüdteu gewöhnlich
MS werk im ersten augenblick, weil die, vor denen man sie
Bsspricht, solche ausdrücke entweder für nichts bedeutende
STAATSBÜRGERTHUM —STAATSDIENER 294
phrasen, oder für blendendes gaukelspiel halten, worunter
der warme redner seinen geheimen, lieben freund verbergen
will. Klinger 12,163; die Zeiten finstern druckes und herber
knechtschaft in voller manneskraft hinleben, bis der tag kam,
der den standesgenossen des siebzigjährigen die freibeit brachte
und sie zur vollen Staatsbürgerschaft erhob, änze.ngbdber 4, 197.
STAATSBÜRGERTHUM, n. Inbegriff aller eigenschaflen und
aller rechte eines Staatsbürgers. Kutnnz encycl. 164 (1S36), 273,
stand der Staatsbürger : indem er die Wehrkraft seines Staates
auf den baucrnstand gründete, erhob Friedrich Wilhelm diesen
zu staatsbürgerlichem recht und staatsbürgerlicher ehre und
tbat damit einen groszen schritt vorwärts zur entwickelung
eines preuszischen staatsbürgerthums. PacTz preus». j«c/i. 2,362.
STÄATSBÜRGERZEITLNG. f. zeitung für Staatsbürger, als
name: mitgeteilt in der konstitutionellen staatsburger-zeitung,
Leipzig 1S46, 8. okt. (no. 144). Eüler Ja/ins werke 2, 9S8; jetzt
erscheint in Berlin eine staatsbürger-zeitung.
STAATSCH, adj., s. staatisch.
STAATSDAME, f. zum hofstaat gehörige tornehme gesell-
schafterin einer fürstin. Campe. Adelung, illustris aut nobilis in
g^ynaeceo regio femina vel matrona. Apihi gloss. (1728) 507, von
Jablonski lex. (l72l) 743' als neulich aufgekommenes wort be-
zeichnet, vgl. Staat 3,6: er reichte es der staatsdame und diese
reichte es der königstochter. Freitag handschr. 2, ls3. auch wol
'«'n sehr geputztes frauenzimmer . Adelung', dame, die viel, gern
Staat macht. Campe (schweiz. g'slaatsdame, die groszen aufuand
treibt. Seiler Basler mundart 277*). vgl. Staat 3,d: und dann
ist es («in mädchen) auch noch nicht einmal zum tisch des
berrn gewesen, und soll schon in die komödie und die staats-
dame machen. Lenz 1, 263; diese staatsdame aber, wie er
(Göthes vater) sie (Lilli Schönemann) im vertrauen gegen seine
gattin za nennen pflegte, wollte ihn keineswegs anmuthen.
Gütbe 48, 164; ich war nicht wenig verwundert, in der
eigenthOmlichen staatsdame die arme magd wiederzufinden.
Keller 7, 83.
STAATSDECKEL, m.; statsmantel, statsdeckel, manUUo,
coperla (ragione fiuta) di stato. Krämer deulsch-it. dict.2[l'(i2),9V2',
politischer vorwand also, veraltet: derer printzen (ßrstm), die
weiter nichts, als das gemeine beste, und ihres reiches nutzen
betrachten, werden ja noch in der weit gefunden, aber
meistens mus dieser titel sowohl, als andere stats-deckel,
zu ihrer fürgesetzten ergrösserung dienen. Bltschry Pathm. 19.
STAATSDEGEN, m. prächtiger, zum staat getragener degen.
Campe, der daneben staatdegen (ungebiäuclilieh) anführt: über
den zweiten stuhl hat er seinen violetten, mit goldenen
franzen besetzten mantel gehängt und den staatsdegen daran-
gelehnt. Mose.n s, 105; vor lauter carossen, staatsdegen, roben
und fächern, musik und allem spektakel der weit, wer sieht
denn da (im Wiener prater) noch sonst etwas? Möbiie erz. 816.
STAATSDE.MOKRAT, m. der eine demokratische Staatsver-
fassung verficht: hei was johr ut johr in ärgerlich, wil hei en
demokrat was, natürlich kein staatsdemukrat, denn de gaww't
dünn noch nich in Meckeinborg, ne, blot en städtschen.
Reuter 7 (189&), 52.
STÄATSDENKER. m. der über den staat nachdenkt: darüber
seyen alle einsichtsvolleren Staatsdenker einig, beilage zur Kass.
zntung 1847 s. 671.
STAATSDEDTSCH, n.; statsteutsch, n. tedesco di stato cioe
modeino, elegante si mä Iramescolato ed immaccaronixzato con
termini francesi ed italiani. Kraheb deutsch-ital. dict. 2 (1702), 913*,
daneben kanzeley- bof- & statteutsch, Stylus politicus, aulicus,
et forensis. Stieler 2277.
STAATSDICHTL'NG, /. ton einer unberechtigten, willkürlichen
auffassung des Staats, vgl. staatsüction: von einer solchen
Staatsdichtung, das hauswesen des regenten zur gestalt und
summe des reichs zu machen, wuszten weder Griechen noch
Römer, weder Alexander noch Augustus. Hehdeb id. z. phil.
d. gesch. 1$, 6. das wort kann natürlich auch eine dichtung be-
zeichnen, die sich mit dem Staate besehäfttgt. vgl. Staatsroman.
STAATSDIEBSTAHL, m. gegen den staat begangener dteb-
ttahl, peculatus. Wieland übers, r. Ciceros briefen l, 15.
STAATSDIKNER, m. diener des Staats. Staatsbeamter. Campe:
die familie der Barmekiden stammte daher, die so lange als
einfluszreiche staatsdiener glänzten. Götbe 6,25; ein siaats-
diener darf nun jederzeit, wenn er will, seinem fürsten auf-
kündigen, selbst wenn sein abgang der regierung unersetz-
lichen nachtbeil brächte; der fürst hingegen kann niemals
den Staatsdiener entlassen ohne gerechte Ursache oder, wenn
19*
295 STAATSDIENERSCHAFT — STAATSENGEL
STAATSENTWURF — STAATSFEIND 296
kein genügender grund da ist, ohne schadlos haltende pension.
J. Grih» iti. sc/ir. s, 424 ; die Staatsdiener wSren, die könnten
nicht abgesetzt werden, wenns ihnen nicht zu erweisen stund,
dasz sies verdient hätten. Ludwig 3 (tS9l), 84.
STAATSDIENERSCHAFT, f. die sämmtlichen staatsdiener zu-
sammengenommen. Campe.
STAATSDIENERTHÜM, n.; in der hauptsache unterzeichne
ich meine damaligen ansichlen, in bezug auf die misere unsres
staatsdienerthums noch jetzt. Bismabck br. an s. braut nr. 6.
STAATSDIENST, m. dienst im Staate und für den staal.
Cakpe: bis ich im Staatsdienste befördert werden könnte.
Grillparzer I5(I8S7), 78; in den sioatsdienst eintreten, plu-
ralisch: wichtige Staatsdienste leisten. Cahpk; in heute un-
geicöhnlicher anwendung: ich war empört und beschlosz, die
Staatsdienste zu verlassen. Grillparzkr 15 (1887), 100.
STAATSDOKUMENT, n., trat staalsurkunde. KrCmtz eneycl.
164 (1836), 326.
STAATSEHRE, f. 1) ehre, die dem Staat eigen ist: so ward
den materiellen Verlusten des gegners der schmerz verletzter
Staatsehre hinzugefügt. BtciER ueltgesch. 14, 44.
2) ehre, die der staal ertlieiU, in der form staatehre: was
überkommt aber denn sonst das gute arme voik für staat-
ebre, indesz in höhern ständen täglich alle litel höher auf-
wachsen . .7 J. Pacl nachdämmerungen 82.
STAATSEIFER, ro. eifer des Staats oder für den staat: der
Staatseifer, tilel eines 1712 erschienenen dramas von Job. Riemer,
das die geschichtt der Maria Stuart behandelt.
STAATSEIGENTHUM, n. ; darum habt ihr's dahin gebracht,
dasz die eisenbahn nicht staatseigenthum wird, damit ihr
auch ämter zu vergeben habt und auch titel. Aueruach dorf-
gesch. 2, 186.
STAATSEINHEIT, f.: der erste gründer der preuszischen
Staatseinheit war der grosze kurfürst Friedrich Wilhelm. Daml-
MANH gesch. d. franz. rev. 420; erst durch die Sachsenkaiser
wurde das deutsche reich, welches seit Ludwig, dem enkel
karl's, die Völker deutscher zunge zusammengebunden hatte,
zu einer festen Staatseinheit geschlossen. Freytag 17 (l897), 349.
STAATSEINKOM.MEN, n., was Staatseinkünfte. Campe: ihr
{Franzosen) prahlt mit der Verantwortlichkeit eurer minister,
die ungescheut und ungestraft die unverantwortlichsten dinge
begehen, das Staatseinkommen verschleudern, wie glücLsritter
abenteuern und die hauptstadt in einen groszen zwinger um-
pferchen. Jahn 2, »73 Euler.
STAATSEINKCiNFTE, plur. ^einkünfte eines Staates von dessen
gliedern'. Campe, was ein slaat an geldem einnimmt: die inter-
essen izinsen der Staatspapiere) werden wieder aus den Staats-
einkünften bezahlt, die meistens von den ürmern bestritten
werden. Sbume 2 (1S26), 47.
STAATSEINRICHTER, m.: nun haben wir zwar, unnatzer
und schädlicher weise, in vielen stücken den kreis der ge-
lehrten und volkscultur verwirrt und diese beinah bis zum
umfange jener erweitert; die alten Staatseinrichter, die mensch-
licher dachten, dachten hierinn auch klüger. Hkbdbr id. z.
phil. d. gesell. 11, 5.
STAATSEINRICHTUNG, f. l) einrichlung, Verfassung emes
Staats. Campe: indessen bewies der erfolg in wenig jähren,
dass seine (Solans) neue slaatseinrichtung mit (Einern gebrechen
behaftet war. Wikland 33,145 (Arist. 1,12); was ist bleibend
auf dieser weit? und sollte eine Staatseinrichtung bleiben
können? Götbe 8,262.
2) einzelner theil der staatlichen Ordnung: das einverständnisz
s. k. b. {des kronprinzen) mit den hcschlüssen der regierung
wird niemand, der unsre staatseinrichlungen auch nur ober-
flächlich kennt, daraus folgern, dasz s. k. h. ohne Stimmrecht,
also ohne die möglichkeil wirksamen Widerspruchs, die Ver-
handlungen des ronseils anhört. Uismarck ged. u. erinn. 1,328.
3) vom Staate getroffene einrichtung: schon ist die Versorgung
der armen eine siehende slaatseinrichtung geworden. LOckb
in der vorrede zur naehrichl vom güttingischen waitenhause 1842 i. 4.
STAATSEINZUG, m. fettlicher, prächtiger einzuy {vgl. Staat 3,<i):
bei der Deborab {im litde der Üeborah) ist alles gegenwärtige,
lebendige bandlung; bei David {im 08. ptalm) sull eine alte
helden-gr*chirhte der schmuck eines staatn-einzugs «erden,
der immer doch nur staais-einzug bleibet. Heruer sur rel. u.
theol. t, \n.
STAATSEISENBAHN, f. dem ttaale gehörige rittnbahn.
STAATSENGEL, m. sehutungel einet ttaatt. Adbluno, (tati-
engel, genio tutflare ä'uno ttalu. Kramir deuhrk - ital. dict.
5 (1702), 912', reichs- sive fürstenengel, genius imperii et prin-
cipis, alias statsengel, angelus patronus reipublicae vel principum.
Stieleb 3S1.
STAATSENTWURF, m.; der Wohlstand des landes war in
so weit gesichert, als er den Staatsentwürfen seines be-
herrscbers nothwendig war. Schiiler 7, 48.
STAATSEREIGNIS, n..- dasz Firdusi die ganzen vergangenen
Staats- und reichsercignisse, fabelhaTt oder historisch auf-
behalten, vorwegnahm. Güthe 0,70.
STAATSEHFAHREN, adj. in der staatskunst erfahren. Campe:
der staatsorfahrne herrscher. Rahleh bei demselben.
STAATSERFAHRENHEIT, f. zum vorigen: nichts war ihm
unbegreiflicher, als wenn er hörte, dasz ein mann wegen
seiner tapferkeit, wegen seiner Staatserfahrenheit, oder wegen
andrer Verdienste, die er dem valerlande erzeigt halte, in
den adelstand erhoben ward. Rabener 2,61;
der (eilt Schmeichler) lobt an Lesbien die deinuth und die
treu, . . .
an einem jungen rath, die staatserrahrenheit.
Hagedorn 1, 55.
STAATSERHALTEND, part.: die staalserhaltenden poli-
tischen Parteien.
STAATSERSCHÜTTERUNG, f. politische revolution. Kinler-
LiNG reinigkeit d. d. spr. 427: dass bey solchen staatserscbütte-
rungen die volksklassen, welche die grosze mehrheit aus-
machen, in zu heftiger gährung ... sind. Wibland 31,355
{gespr. unter 4 äugen 9); in diesen tagen der gewaltigsten
Staatserschütterungen und Staatszertrümmerungen. Mattuissur
sehr. 3, 38S.
STAATSERZIEHUNG, f. vom Staate geleitete erziehung, öffent-
liche erziehung. KrCnitz eneycl. 164 (1S36), 342: wenn ich indes«
nicht eine zu gute meinung von dem badischen landvolk
habe, was doch in vergleichung mit vielen andern wirklich
gut ist, und die schönen fruchte einer wohlthätigen staats-
erziehung nicht verläugnet. Hkbel 3,210.
STAATSESSEN, n. prächtiges, vorzügliches essen, gericht
(vp/. Staat 3, d): er konnte dieses staatscsseu nur unter seine
vorzüglichsten, das beiszt, wie bekannt, unter seine weib-
lichen gaste vertheilen. TiiChmel rme 5, 230.
STAATSEUTER, n., von staatlicher besoldung: wer sein maul
ans Staatseuter bangen könne, werde am schnellsten fetL
GoTTriEi.F bauernspiegel kap. 33.
STAATSEXAMEN, n. , was Staatsprüfung. KafniTz enrycL
161 (1836), 437: er {ein chirurg) war sich zwür bewuszt, keinerlei
Staatsexamen gemacht zu haben. Imherhann 3, 2u3 {Münehh.
6, 17) Hempel.
STAATSFABRIK, f. fabrik, die dem slaale gehört, 'deren In-
haber der regent selbst ist'. Jacobsson 7, 417*.
STAATSFACH, n. '■dasjenige fach des Wissens und der thdtig-
keit, welche den Staat zum gegenstände haben.' Campe, mit fol-
gendem beleg: sich dem staatsfuche bestimmen.
STAATSFALTE, f, von der Stirnfalte eines Staatsmanns: in
diesem augenblicke zeigte sich die senkrechte, tiefe staats-
falte wieder zwischen den feinen brauen des kanzlers.
C. F. Meyer der heilige 73.
STAATSFAMILIE,/, der staat als familie betrachtet: hier die
andacht zum allerthum, die anhänglichkeil an die geschicht-
liche Verfassung, die liebe zu den denkmalen der altvätcr
und der alten glorreichen slaatsfamilie und freude des ge-
horsam«. Novalis 3, 362 Meissner.
STAATSFEHLER, m. fehler teider die staatskunst, staatskluf-
heit. Campe: so oft er an einem der europäischen höfe einen
staatsfehler entdeckt, so soll er schuldig scyn, dieses ver-
gnügen über seine schlaue einsieht mit 2u stüvern zu lösen.
Raiiener 4,266; woraus denn in einer sladl von der gröttei
und die noch dazu über andere die hersrhaft fiirele {Athen),
eine menge staatsfcler erwuchsen. HtiLMANN Thuc. 256; ist
das inass seiner staatsfebler und $taats\erbrecben endlich
SU voll, dass man ihn enirerncii iiiuss, so zieht er sich lu-
rück wie ein Calo. Klinger ll,207; nach jenem unglückieligea
blinde war ein arger stuatsfehler nur einiger maszen wieder
gut gemacht, den man vorher h:itle vermeiden müssen. Hbin«!
Ardingb. 1,20; er {harl V.) iiiilcrgriib die griindpfeiler seiner
angeerbirn macht durch den staatsfebler, dnsz er die untci^
jochung des deutschen reichs für den erden Bcbrilt iiir
allgemeinen inonarrbie ansah. Schillk* 4,05.
STAATSFEIND, m. feind des ttaats oder eintt Staats. CampI:
sie sah licb für die freiwillig dienende des kriegenden d«*
297 STAATSFEINDLICH — STAATSFREUNDLICH
partements Ton CaWados an, folglich für eine kriegerinn gegen
den Staatsfeind, nicht für die strafparze einer obrigkeitlichen
person. J. Padl bei demselben; nur Catiiina und Manlius
worden, bei ihrer offenbaren empörung, für Staatsfeinde er-
klärt. Beciebs «rttjwch. 3 (1S61), 280; anhänger gewisser poli-
tischer Parteien werden als Staatsfeinde bezeichnet, rgl. das
folgende.
STAATSFEINDLICH, adj.: sie {die Jesuiten) waren es, be-
hauptete er dreist, die zuerst sinn und verstand in die sich
widersprechenden, menschen- und staatsfeindlichen lehren des
unvermittelten christenthums gebracht hatten. C. F. Meter
Jenaisch 132; wenn die conservative partei, anstatt mit mir zu
brechen und mich mit einer bitterkeit und einem fanatismus
zu bekämpfen, worin sie keiner staatsfeindlichen partei etwas
nachgab, der regirung des kaisers geholfen hätte, in ehr-
licher gemeinsamer arbeit die reichsgesetzgebung auszubauen,
so würde der au«bau nicht ohne tiefe spuren solcher con-
servativen mitarbeit geblieben sein. Bisharck ged. u.erinn. 2,150.
STAATSFELINGEB, m. als bezeichnung reisender quacksalber,
die noch zu anfang des 19. jaltrh., von komödianten, seiltänsern,
gauklern, äffen und künden begleitet, in equipagen einherfuhren
und, mit attestaten iind concessionen versehen, mitten in den
Städten auf offenen plätten ihr geirerbe betreiben durften, erwähnt
bei Ave-Lallemakt 2,270. Staats- hier koI im sinne von Staat 6,
«egen ihrer Zeugnisse, zu felinger vgl. nd. ve-, veilinge, feil-
bieten, verkauf, handel, wäre, die feilgeboten wird. Schili.er-
LÜBBEN 5,227*.
STAATSFICTION , f.: mithin ging seine {des königs) ge-
sammtwürde, die blos eine staatsfiction sevn sollte, auch auf
seine trabanten, diener und knechte über. Herder id. x. phil,
d. gescL 18,6; die alte staatsfiction wurde zur nackten Wahr-
heit: das ganze reich ward in die tafel, den staJl und die
koche des küniges verwandelt, ebenda.
STAATSFIEBER, n. , zu Staat 5 gehörig, in älterer spräche
statsfeber: wie nun alle dinge nur eine weile; nach der arbeit
der lohn erfolget: also wird ihme (dem 'neuen Statisten) die
larve der trügerey, doch auch abgezogen, das er im stats-
feber erkrankt; mit schand und spott nehmen mus, ein kläg-
liches ende. Bdtschkt Pathm.239; das wunderpolychrest . .,
das, wenns hübsch fleiszig genommen wird, unsere politische
nasen, über kurz oder lang, mit thronTukaturen und staats-
fiebern kizelt Schiller i, 201.
STAATSFINTE, f., was staatsiist. Ksaüeb deutseh-itat. dict.
1 (1702), 912'. Fbisch 2, 313".
STAATSFLAGGE, f. besonders grosze, nur bei feierlichen ge-
kgenheiten benutzte kriegs- oder handelsflagge. Stenzel deutsches
uemänn. würterb. (1904) 127*.
STAATSFLUCH, m. .■ die gesamte geistlichkeit des landes
aber hatte gegen den 'hochverrater und religionsfrevler'
(Alkibiades) den groszen Staatsfluch zu schleudern, allgem.
wellgesch. [Grote) 2 (Hertzberg), 265.
STAATSFLÜGEL, m.; so dasz sogar England seine staats-
flOgel, wie Degen die seiner flugmaschine, aus zusammen-
geleimten papierchen {papiergeld) macht {seine poUtische schwung-
kraß dadurch gewinnt, erhält), i. Paul dämmerungen 132.
STAATSFORM, f. form, einrichlung des Staats: die Staatsform
ist entweder autokratisch, oder aristokratisch, oder demo-
kratisch. Kant 5, 175; die Staatsformen sind nur der buch-
slabe [littera) der ursprünglichen gesetzgebung im bürgerlichen
zustande. 177.
STAATSFORST, m. forst, der eigenthum des Staats ist.
BtBLB:« 5, 668.
STAATSFRAU, f. 1) wie stautsdame : er soll mich als eine
tiaats-frau halten, c'est ä dire in modi-kleidern, in staats-
caren, in divertissement. quelle bei Schultz alltagsl. einer d.
fnu zu anfang des 18. jahrh. ls6.
2) statsfrau, statsweib, statshure, concubina, 6 cortigiana
familiarr. Kraheb deutsch-ital. dict. i (1702), 913*.
STAATSFltÄLLEIN,n. unterheiratete staatsdame, zum hofstaate
einer fürstin gehörige hofdame. Krüsitz encycl. 164 (1S36), 438;
staals-dame und staats-fräulein (dames d'honneur) bei hofe.
frauent.-lex. (1773) 3347. als bezeichnung won modedamen: was
können dann die staatsfriiulein? Jungfer: ä l'ombriren, curti-
sireo, galanisiren, galanterie massig sich aufführen, quelle bei
SciOLTZ alltagsl. einer d. frau zu anfang des 18. ;oArÄ. 186.
STAATSFBEUND, m. freund des Uaats, eines Staats. Campe.
tfU staatsfeind.
STAATSFRELNDLICH, adj., gegensats zu ttaatsfeindlich.
STAATSFÜND — STAATSGEFANGENER 298
STAATSFDND, m., was staatsiist. Krämer deutsch-ital. diet.
2 (1702), 913*.
STAATSGANG, m. ; so ergab sich's aufs sonderbarste, dasz
mancher einzelne in seinem persönlichen werth entschieden
hervortrat, der sich bisher im bürgerlichen lebens- und staats-
gange ohne bedeutung eingeordnet und eingeQochten gesehen.
GöTBK 30, 214.
STAATSGANZES, n..- das verhältnisz des kriegsheers zum
staatsganzen. Becker aeltgesch. U, bi,
STAATSGEBÄUDE, n. l) der staat aU gebäude betrachtet,
auch die zusammengesetzte, künstliche einrichtung eines Staats.
Campe: er {ein genius) kniet auf gemauertem gründe, die setz-
wage, die auf diesem zu seinen füszen ruht, erinnert uns
an das gesetz der wagerechten erbauung alles menschen-
werks und also auch des Staatsgebäudes. Bre5TAwo 4,404;
er theilte die irrtbünilicbe ansieht, dasz auf dem papiernen
gründe der theorie und des Terordnens ein dauerhaftes staats-
gebäude errichtet werden könne. Scblosseb weltgesch. 16, 425;
was bliebe von dem grundbau des Staatsgebäudes übrig, wenn
diese abneigung sich mehrte! Gutzkow ritter v. geiste 9,438.
in der form Staatgebäude: unter allen Staatgebäuden, iehr-
stühlen und tempeJn bebt die erde. J. Padl L«r. l, 3; in aus-
geführtem bilde: unsere staatgebäude sind fast ganz mörtel,
den hohen schluszstein etwa ausgenommen, dämmerungen 85.
2) dem Staate gehöriges gebäude. KRc.tiTz encycl. 164 (b36),43$:
die Verschönerung der neuen hauptstadt, worin ausser den
andern öffentlichen Staatsgebäuden, welche sie, als der sitz
der höchsten reichsversammlung, enthalten müsste, dem kOnige
in Germanien und jedem kreisfürsten ein eigener pallast von
reichs wegen erbaut und unterhalten würde. Wieland 3i, 425
{gespr. unter 4 äugen 10).
STAATSGEBIET, n. einem Staate gehöriges gebiet: er be-
günstigte einen unsinnigen verbrauch von luxuswaaren, welcher
nicht durch eine entsprechende Schaffung von neuen werlben
innerhalb des römischen Staatsgebietes ausgeglichen wurde.
Fbeytag 17, 284.
STAATSGEBILDE, n.; so lange Preuszen nicht zu einem
der deutschen nationalität annähernd entsprechenden staats-
gebilde gelangt war. Bishabck (^ed. u.erinn. l, 272; der absolu-
tismus wäre die ideale Verfassung für europäische Staats-
gebilde, wenn der könig und seine beamten Dicht menschen
blieben wie jeder andre. 2,60.
STAATSGEBRECHEN, n. gebrechen m der Verfassung oder
Verwaltung eines Staats. Campe.
STAÄTSGEBCHR, f.: statsgebür, ratio Status. Stieler 862.
STAATSGEDANKE, m.: was soll ich mit diesem politischen
don Quixote {einem privatmanne, der gern politisiert) machen?
weil er bey seiner faulheit der weit gar nichts nützt, so soll er
doch wenigstens seine staalsgedanken verzollen. Rabe.xer 4,266.
STAATSGEDICHT, n..- ein stats-gedichte, so die weise,
eines arg- witzigen wahl-fürstens, nach dem leben fürbildet,
und mit bekwehmen färben, pinselt. Bltscbit Pathm. 916.
STAATSGEFAHR, f.: wenn man es zugeben musz, dasz
freiheitsliebe bei diesem volke zur unanständigen schimpf-
sucht artet, so dulden die Brillen auch wieder, dasz man
sie, in dringenden staatsgefahren, wie negersklaven, zum
dienste preszt. Stürz l,4'2-
STAATSGEFÄHRLICH, adj.: die mittelmäszigkeit, von der
dieselben {schriften) ein strafbares zeugnisz aMegen, ist wenig-
stens nicht staatsgefibrlicb. Hetse kinder d. weit 1,167; der
provveditore Grimani, der den Bündner merkwürdiger weise
für ein wichtiges und staatsgefährliches subjekt halte, hätte ihn
gern sogleich in den kaiial versenkt. C. F. Meter Jenatseh 176;
als einen wichtigen gewinn durfte ich schon die beseitiguog
der katholischen abtbeilung und ihrer staatsgefährlichen thätig-
keit in Schlesien, Posen und Preuszen betrachten. Bismaick
ged. u. erinn. 2, 134;
euch ist jede mengchlicbe regung
unerklärlich,
euch ist jede freie bewegung
ttaalsgreräbrlich.
llorriANn v. Fallirslhbn ged.* 1&5.
STAATSGEFXHRLICHKEIT, f. zum vorigen: da lag die
staatsgefährlichkeit des triumvirats Wartenberg, Wittgenstein
und Wartensleben. Piiutz preusz. gesch. 2, 324.
STAATSGEFANGENER, m. der wegen eines Staatsverbrechens
gefangen gehalten uird. Campe, der unmittelbar vom staut, nicht
von der rechtspflege gefangen gesetzt ist: er {em offizier, der
eine königstochter liebte) sasz seit seinem zwanzigsten jähre
299 STAATSGEFÄNGNIS — STAATSGELDER
{ohne rechUspruch) als Staatsgefangener. Arnih Holtins Hebel. 92
("5 Minor) ;
nicht möglieb ist's, mit so geringer mannscliart
■olch einen staatsgefangnen (WaUenstein) zu bewaliren.
ScHiLLia Wallenileins tod 4, 6 ;
absichtlich verschleiernd von einem, der unter dem verdaelit einer
nichtpolitischen strafthat in haft genommen wird, eine der bildung
des Worts nach mögliche anwendung: als er mit allen büchern
und akten fortgebracht worden sei, habe er der frau nur
kurz ein adieu zugerufen, mit dem beifügen, er sei leider
Staatsgefangener (wie wenn er etwas höheres und feineres
ausgearbeitet hätte). Keller 8, 293.
STAATSGEFÄNGNIS, n., dem vorigen entsprechend: als
Raphaels wunde geheilt war, wurde er nach dem slaats-
gefängniss in Madrid gebracht. Klinckr 4,200; auf dem wege
nach dem Staatsgefängnisse fühlte er den athem des geistes
an seinen wangen. 7, 170; sei er galant, freund — biete er
dieser dame den arm an; sie hat lusl mein staatsgefängnisz
zu sehen. Schiller fi«ko 4,13; die fränkischen klöster, die'
sowohl unter den Merowingern, als unter den Karolingern
zu Staatsgefängnissen und vornehmen Zuchthäusern dienten.
ScBLossKR wellgesch. 5, 4li; Grimani ... warf ein paar worte
auf ein papier und bat den jungen mann den befehl in das
staatsgefängnisz zu bringen. C. F. Meyer Jenatsch 168.
STAATSGEFLECHT, n. die einrichtung des Staats als geflechl
brachtet: es ist gut und ist recht,
dasx verschiedene kräl'te
im groszen staaisgellecht
sind, jede für eigne geschäfte. Röckert (1S41) 149.
STAAASGEFOLGE, n., nach Staat 3, d [vgl. b):
bis ihn (/ioH*,-c<ui) Priapus in Ermenenville
mit in sein staatsgel'olge sclilosz.
Thümmel reise 3, 318.
STAATSGEFCGE, n., nach Staat 5 (vgl. Staatsgeflecht), ohne
umlaut: seine gehurt, sein herankommen, sein stand, seine
bcschäftigung, sein wesen, seine neigungen stehn ihm durchaus
entgegen, dasz er irgend in ein staatsgefüge eingreifen, oder
sich zu einer stelle im adreszkalender qualiüciren sollte.
GöTHE 49, 184.
STAATSGEFÜHL, n.: auszuharren wurde ihm {dem volk)
weniger durch sein Staatsgefühl ermüglicht, das immer noch
nicht allzu rege war, als durch die wachsende anhänglich-
keit an seinen ... könig. Fiiuiz preusz. gesch. 3,77; das in
den süddeutschen stauten neben dem particularistischen und
dynastischen Staatsgefühle lebendige Deutschthum hatte bis
1866 das politische bewusztsein gewisscrmaszen mit der ge-
sammtdentscben tiction unter Ostreichs leituug beschwichtigt.
BiSMARca ged. u. erinn. 2, 88.
STAATSGEGENSTAND, m.: nach Reinholds abgang ... war
mit kühnheit, ja Terwcgenheit, an seine stelle Fichte berufen
worden, der in seinen Schriften sich mit groszheit aber viel-
leicht nicht ganz gehörig über die wichtigsten sitten- und
Staatsgegenstände erklärt hatte. Göthe 31,31.
STAATSGEHEl.MNIS, n. geheimnis, das den Staat betrifft,
staatsgeheimnisz. Adelung, stuatsgeheimnüsz, secretum rationis
imperii ohcujus. Friscd 2, 313", statsgeheimnis, misterio, arcano,
secrdo di stato. Kramer deutsch-ilal. dict. 2 {lW2),9n': welche
fruchte sie {die Vereinigung der Rheinlande mit l'reuszen) trägt
und tragen wird, das ist freilich ein stautsgeheimnisz, und
ein wahres; denn kein staatsweiser kann es aussprechen.
Immeimani« 20,127 Hempel; weisz ichs, Jungfer neugier? da
frag den ehrenfesten hcrrn stadtschreiber; der sitzt im sluats-
geheimnis wie der wurm in der nusz. Ludwig 4 (l89i), 231.
in freier anwendung: {der Ihmeritbersetzer) führe uns als kund-
scbafter umher, die sich nicht um schulgeschichlen und Wort-
klaubereien, »ondern um da« ganze grosze staatsgeheimniaz
der griechiscbeo litteratur beinüben. Herder 1, 290 Suphan;
iiiQsfen wir in alle siaatsgehcimnisse der göttlichen regieruog
dringen? Engil philotoph f. d. weit (1787) 1,61.
STAATSGEHEIMSCHREIBER, m. Verdeutschung von staats-
•ecrelSr bei Campe.
STA ATS(i EIST, m. ^fiinnun;, die im slaattgamen zu tage
tritt: der im boden deutscher gesinnung festgewurzelte
preuttiücbe «taats- und «olksgeiit. Recrer weltgetch. 14, .'>4.
STAATSGELÜEK, plur. dem Staate gehörige gelder: alle staats-
gelder, welche der bof und die beaniten aus den httnden
liefzPD, wurden verbraucht, die beere in Uritunoiea, ao Rbeio
uad Dunau tu erbaUeo. KtHtTAc 17, U4.
STAATSGELEHRSAMKEIT— STAATSGESCHICHTE 300
STAATSGELEHRSAMKEIT, f. 'gelehrte kenntnisi von dem
natürlichen zustande der Staaten sowol, als auch von der geschickte
und den äuszern Verhältnissen derselben'. Camhe.
STAATSGELEHHTEH, m. derstaatsgelehrsamknt besüzt. Campe:
der staatsgelehrten witz halt er für dumme leiire.
Lohrnstkin bei demselben.
STAATSGEMACH, n. prunkgemach {vgl. Staats, d):
(:um kdfft'ciioU:)
der du mit deinem trank hoizhacker so beglückst,
als du im slaatsgemach den groszen herrn entzückst.
Zacuariä iv/iomm. 3,92;
ihm (einem kater, aber nur dem bilde änes solchen) wurde in
einer kammer, wo die kiiuler spielten, aus bauholz ein eigenes
haus mit wuhn- und Staatsgemächern aufgebaut. Storh samtl.
werke 3 (1899), 195.
STAATSGEMEINE, f.: wie es dort darauf ankommt, dasz
sich der einzelne ganz der staatsgemeine und ihrer idealen
aufgäbe bingiebt. Moser 8, 172.
STAATSGENOSSE, m. genösse in einem Staate. Campe: dort
das entzückende gefühl der freiheit, die unbedingte erwartung
mächtiger Wirkungskreise, die lust am neuen und jungen, die
zwanglose berührung mit allen staatsgenossen. Novalis 3, 361
Meiszner; welches Stamms die neuen staalsgenossen auch
waren, ihre gesammtheit machte eine gemi-inde aus. Niebubr
fön», gesch. 1 (1828), 453. vom Staatsbürger als dem stimmberech'
tigten Staatsangehörigen unterschieden: in dieser Verfassung aber
das recht der stimmgebung zu haben, d, i. Staatsbürger, nicht
blos Staatsgenosse zu sein, dazu qualificiren sich nicht alle
mit gleichem rechte. Kant 5, 147.
STAATSGEPRÄNGE, n., nach Staat 8,6 oderi: sUtsgepränge,
stalsceremonien, cerimonie di stato. Krämer deutsch-ital. dicL
2 (1702), 912'; nach Staat 3, d; 'ein gepränge zum Staat, um Staat
zu machen. Campe, der daneben staatgepränge anfuhrt. '
STAATSGERICHT, n. gericht zur entscheidung über beschul-
digungen, die gegen hohe staatsbeamle wegen ihrer amtslhätig- i
keit erhoben werden, vgl. Krünitz encyel. 164 (1836), 438. dazu
Staatsgerichtshof, m.
STAATSGESCHÄKT, n. geschäft, das den Staat betri/fL .
Adelung, gewöhnlich pluralisch, statsgeschäfte, negotia publica.
Stieler 1713, a/fari, impicci, impieghi di stato. Kramer deutsch- '
ital. dict. 2 (1702), 912': wann sie auf das weite mer der stal«-
gcschäfften gebracht. Rutschky Hathm. 088; am allermeisten |
aber ist unser mangel, wie (gedacht, bey denen worten zu
spühren, die sich auf! das sitlen-wesen, leidenschalTten des
gemüths, gemeinlichen wandet, regierungs-sachen, und aller-
hand bürgerliche lebens- und staals-gescbäCfte ziehen. Leisniz
unrorgreiß. gedanken 15 Schmarsow; kommt mir nur itzt nicht, !
wenn man staatsgeschäffte im köpfe hat. Weisze kom. op,
3 (1771), 27; wir wollen die jetzigen staatsgescbäfte ein wenig
mit einander bey einem gläschen überlegen. Lbssinc 1,266;
(iianettino Doria wird herzog. Staatsgeschäfte werden uns
keine grauen haare mehr machen. Schiller Fiesko l, 7; zwar
war ich in Staatsgeschäften ganz lai. RCckert 11 (18S2), 254; I
das masz von Selbstachtung, . . . ohne welches sich in diesen
schwierigen lagen am hofc und im lande die Staatsgeschäfte
nicht führen lassen. ItisMAncK (;fd. ». «fifin. 2, 204; indem er |
{Wtlhelm I. als regent) 'slaHlsgescIiiifte erledigte', so arbeitete
er wirklich, mit vollem ernst und voller gewissenhaftigkeiU 280; |
laszt die groszen immerhin
sich mit staatsgeschaltea plagen.
Wkiszb kom. ofi. 2 (1768). 70.
STAATSGESCHÄFTIG, adj. tum vorigen {vgl. das folgende) : |
mit diesem Vorfall hatte mein slaatsgeschäftiges treiben eia •
ende. Hkgner ges. sehr. 3,1b6.
STAATSGESCHÄFTLICH, adj. zu Staatsgeschäft {rgl. das
vorige): gar manche nainen (Weimars wurden) in literarischer,
«laalsgeschäftllcher und geselliger hinsieht hervorgehoben, und
in solchem sinne Musäus, Kirms, ücrendis und Ludecus ge-
nannU (JOtbe 48, 147.
STAATSGESCHICHTE, f., früher auch n.
t) als n. von einer dichtung, die den staat betrifft : weil der-
selbe {der autor) in die^'m slats-geschichte, die weise, eine»
argwitzigen wahl-fiirsleiis, nach dem leben fürbildet, und
mit bekwehmeii färben pinselt. Rltscbry Pathm. 017.
2) pluraltsch {ücher als f. emi'funden) im sinne von Staats-
angelegenheiten: auf meiner hociiirit wurde nicht* von slaats-
gescliicbten geredet. Storh s<tmtl. werke 2(1899), Sil.
3) geschirhte ein« einzelnen Staats oder mehrerer sViaten ol'
ganzes belrackut. Adblorc: die grenzen ihrer cpochen unter-
301 STA ATSGESELLSGHAFT — STAATSGEWISSEN STAATSGEWOHNHEIT — STAATSGRÜNDSATZ 302
scheiden sich in der ganzen Staats- und kirchengeschichte,
mit einer solchen optischen grüsze und klarheit, welche alle
Jahrhunderte welscher pseudoprophefen . . . zu ammen- und
kinderniährchen verdunkelt. Hamann ', loS; die geschichte
dieses Übergangs {von der einen art zu denken und zu handeln
zur andern) macht einen \^abren theil der Staatsgeschichte
aus. Moser patr. phant. 2, 200.
STAATSGESELLSCHAFT, f. die gefamtheit von personen, die
xum Staate verbunden sind: diese meinung der geselUchaft
wurde deshalb von dem gesetzgeber zum gesetze erhoben,
damit in einem solchen falle nicht nach der willkiihr des
richters, sondern gerade so, wie es die staatsgesellschnft
für recht hielt, entschieilcn werden sollte. KRtiitiTz encycl.
164 (ISSR), 440.
STAATSGESETZ,«, gesetz, das sich auf die Verwaltung eines
Staats und dessen öffentlichen zustand bezieht. Adelüwg, auch
vom Staate gegebenes gesetz. vgl. KrCnitz encycl. 164 (l'; 36), 440.
vgl. slaaiügrundgesetz.
STAATSGESETZGEBUNG, f.: über die persönlichen und
Tolksrechte . . . erhob er {Karl d. grosze) durch seine capitu-
larieii ... ein allgemeines reichsrecht, eine Staatsgesetzgebung
umfassendster «rt. Giesebrecht gesch. d. d. kaiserz. i', 127.
STAATS(;ESLN.NLNG, f.: es war nölhig, ... dem ganzen
Tolke ein gemeinsames arbeitsfeld zu eröffnen, auf dem sich
ein bewusztes Pneuszenthum, eine lebendige Staatsgesinnung
bethätigen konnte. Tbeit'chke 5,32.
STAATSGEWALT, f. gewalt im Staate. Campe, des Staats:
da das volk, um rechtskräftig Ober die oberste Staatsgewalt
(summum impnium) zu urtheilen, schon als unter einem all-
gemein gesetzgebenden willen vereint angesehen werden musz.
Kant 5,151; der allgemeine volkswille hat sich nämlich zu
einer gcsellschaft vereinigt, welche sich immerwährend er-
balten soll, und zu dem ende sich der inneren Staatsgewalt
nntcrworfcn, um die glieder dieser gesellschaft, die es selbst
nicht vermögen, zu erhalten. 160; dieses Oberhaupt (der sou-
verain) ist sofern nur ein, (das gesammte volk vorstellendes)
gedankending, als es noch an einer physisi hen person mangelt,
welche die höchste Staatsgewalt vorstellt, und dieser idee
Wirksamkeit auf den volkswillen verscb.ifff. 175; die höchste
Staatsgewalt ist in einer ziemlich zweckmässigen proporzion
(wie mich däucht) zwischen dem senat . . . und dem volk . . .
verliieilt. Wielahd 33, 3'.i9 {Arist. 1.43); das geld war damals
gewissermaszen eine Staatsgewalt geworden. Scblosser welt-
gesch. 4, 19; ohne vorwissen Bodmers gingen die strengsitt-
lichen zu werke und verschmähten nicht, zur geheimen an-
zeige an die Staatsgewalt zu greifen, deren druck sie doch
zu mildern gedachten. Keller 6, 172; einer wird wegen Wider-
stands gegen die Staatsgewalt verhaftet, plurolisch auch per-
sönlicher bedeutung nahekommend (vgl. das folgende): hätte ich
nie etwas anderes geschrieben, als wohei es sich darum
bandelt, ob Hans die Grete bekommt oder nicht bekommt,
ich wäre der abgott der Staatsgewalten gewesen. Gbili.parzer
15(1887). 78.
STAATSGEWALTHABER, m.: nun haben die recensenten
gemeiniglich ... die unart der Staatsgewalthaber an sich, dasz
sie sich mehr anmaszen . als ihnen von naiur- wpA Staats-
rechts wegen zukommt. BCrger 350". vgl. das vorige.
STAATSGEWAiSD, n. pmchtgewand {vgL Staat 3, i): mit
Schonung für die neuen, im kotier eingepackten staatsgewänder
war der anzug des gemahls hescheidentlich von frau Con-
stanzen (Mozart) ausgewählt. Mörike erz. 312.
STAATSGEWÄSSER. n. , von staatlichen einrichtunqen , im
bilde: solche angler in den sfaatsgewässcrn habe ich im vorigen
kapilel dargestellt: angler, die auch in der kirrhe fischen
wollen, stellt das begonnene kapitel auf. Gottheit 1, 421.
STAATSGEWEBE, n. prachtgewebe [vt^l. Staat Z,d):
dem siaatsgcweb' Arachnens musz
die kun»t der Pallas weichen,
'mein ist. so spricht die spinnerinn,
mein ist die kiinst der kiiiiste'.
IIkrdir 27. 292 Sttphan.
>TAATSGEVVIMN, m,, nach staat 3, d oder frei nach 5: ist
e« [schiiesit Vir männer euch von einander ab), um eure zeit
desto höher anzuschlagen, und keinen augenblick ohne Staats-
gewinn entkommen zu lassen; so wiszt: wer arbeit und er-
holung so in einander mischt, versteht weder zu arbeiten,
Doch sich zu erholen. Hippel .5,118.
STAATSGEWISSEN, ti.; stat^gewissen, n. eonscienza dt stato
" di statista. Kramer deutsch-ilal. did. 2 (1702), 912'.
STAATSGEWOHNHEIT, f.: statsgewonheit, institulum politi-
cum. Stibler 2496.
STAATSGLÄüBIGER, m. dem der staat, ein staat geld schuldH,
inhaber eines Staatsschuldscheins. KrTnitz encycl. 164 (1836), 447.
STAATSGLEICHGEWICHT, n.: einst traf ich ihn (Klopstock)
bei einer karte in tiefem nachsinnen an; er zog linien, masz
und theilte. — wird es wol gar ein partagetraktat? oder ein
System eines bessern Staatsgleichgewichts? Stürz 1,186.
STAATSGLIED, n.: da es aber einmal geschehen war, und
die Wissenschaften sich als ein Staatsglied im Staatskörper
fühlten, einen rang bei processionen und andern feierlich-
keiten erhielten, war bald der höhere zweck aus den äugen
verloren. Götbe 2, it, 149 Weim. ausg.; die gesellschaft die wir
genugsam kennen ist nun berechtigt dort besitz zu nehmea.
mitten in der vollkommensten bürgerlichen einrichtung, von
da sie als einfluszreiches Staatsglied ihren vortheil ersehen
und sich in die noch «nangebaute wüste fern verbreiten kann.
23, 203 ausg. letzt, hd.; er . . . wird ... die öffentliche gewalt,
ohne Unterdrückung und sogar ohne beunruhigung gut ge-
sinnter siaalsglieder wieder herstellen. Pestalozzi 3(1792), 30l.
STAATSGLl.MPF, m. politische rücksicht, in älterer spräche:
da braucht er {der satan) einen heuchlerischen staatsglimpf.
Christoph Starke Synopsis n. test. 2 (1735), 105.
STAATSGBAB, n., staatgrab, prunkgrab, Mausoleum. Mokb-
BEEK bei Campe, vgl. staat 3, d.
STAATSGRA.MMATIK, f., vielleicht nach staat 3,i; ist das
nun ein wahres, fränkisches hofdeutsch, darauf sich gewisse
gelehrte und publicisten in ihren Staatsgrammatiken soviel
zu gute thun: so weis man wahrhaftig nicht, was denn roth-
wälsch heiszen soll. Gottsched bei Rbicbel kL Gottsched-wb. 56.
STAATSGRENZE, f., nach Staat 5, c: ich hielt änderungen
der Staatsgrenzen in Süddeutschland für keinen fortschritt
zur einigung des ganzen. Bismarci ged. u. erinn. 2, 74.
STAATSGRIFF, m., was staatslist Krambr deutsch-Ual. dict.
2 (1702), 912': anno 1627. hatte ich die ehre, dasz ich mit dein
hn. Claude de Mesme abgesandten ausz Franckreich nach
Venedig, und von dar nach Rom gehen dürffte, da lernte ich
viel staatsgrieffc, welche zwischen Venedig und Spanien, in-
gleirhen zwischen Venedig und dem pabste vorgenommen
wurden. Weise erzn. 38 neudr.; unterdessen will er doch auch
nicht unterlassen einen Staatsgriff anzuwenden. Lessinc 4, 273
' was für staatsgrifT und paradoxen,
die nicht auch auf unserm botlen wachsen.
SoLTAD hei Campb.
STAATSGROLL, m. politischer groll, scherzhaft:
die waren erst nun, hund und mann,
sich lierzlich zugethan :
da kam dem hund ein Staatsgroll an —
ward toll, und bisz den mann.
Herder 25, 569 Sttphiin.
STAATSGROSZE, f. politische grüsze: aus Überschätzung
schimmernder Staats-, kriegs- und schriftstellergröszen. Becker
weltgesch. 14, 30 anm.
STAATSGRÜBLER, m. politischer grübler: dieser vorgebliche
Weltbürger hat zwar seine zweifei und anfragen ausdrücklich
nur den Staatsgrüblern zur prüfung und beantwortung ge-
widmet. Wieland 28, ;Vi3.
STAATSGRÜBLEKISCH, adj. zum vorigen: da aber einige
der ersten {zweifei) ... so beschaffen sind , dass sie ohne
alle staatsgrübleriscbe spitzflndigkeit mit blosser hülfe des
schlichten menschenverstandes gehoben werden können. Wie-
LAWn 2s, 333.
STAATSGRUND, m. politischer grund. Campe: aus solchen
Staatsgründen {sich vermählen). Lobenstein Armin. 2, 157'; die
natur ist so wenig einem blinden ungefähr oder ewigen gesetzen
unterworfen, als sich alle begebenheiten durch charactere und
st:iat<«gründe aufschlieszen lassen. Hamann 1,55; die iiüchste
lese-freiheit, welche die abhandlung den menschen überhaupt
erstreitet und zusichert, kommt also auch z. b. den böhmischen,
mährischen, ungarischen Zensoren und den staatsgrOnden
ihrer einsetzung zu gute. J. Pajl freili.-büchl. 92; auf dem
Stuhle des primas und erzbischofs von Canterbury, welchem
der eroberer weiland aus staatsgründen die anderen englischen
bislhümer völlig untergegeben hatte, sasz damals ein trotziger
Normanne. C. F. Meyer d. heilige 102.
STAATSGRL'NIXiESETZ, n. grundgesetz, grundlegendes gesetz
für den staat: eine nation, bei der glaube und Verehrung
eines gotles. ohne bild, Staatsgrundgesetz war. HerelS, 231.
STAATSGRUNDSATZ, m. grundsatz für den staat.
303 STAATSGUT — STA ATSHERRSCHER
STAATSHEXE— STAATSKALENDER 304
STAATSGUT, n. dem staatt gehöriges gut. Campe.
STÄATSHANDBLCH, n. handbuch, das die einrichlungen einet
Staats verteichnet. vgl. Staatskalender: die scutaiii seniores
haben in der notitia dignitalum rothen scliild mit gelbem
centrum. . . . leider ist aus den bildern der späten hand-
scbriften jenes staatsbandbucbs Tom jabre 400 wenig zu macben.
Freytag 17 (1S9:), 13$.
STAATSHANDEL, m. l) eosa, materia dt stato. Keamkr
deutsch-ital. dict. 2 (l'02), 013', politischer handel, politische an-
gelegenheit. Campe: es ist vergebene arbeit, dasz man jungen,
unverständigen leuten viel von politiscben Staatsbändeln aufT-
briefen will, weil sie docb mit ibrem einfältigen verstände
so weit nit langen. Weise erxn. 93 neudr.; sieb in staats-
bändel einlassen, verwickeln. Campe.
2) kaufmännischer handel, den die regierung für ihre rechnung
treibt, treiben läszl oder die handelsverhältnisse eines Staats über-
haupt. KrCnitz encycL 164 (1S36), 462.
STAATSHANDLLNG, f. l) politische handlung: keine sUats-
handlung durfte obne vorbergegangene befragung der gütter
vorgenommen werden. Becker weltgesch. 2, 3^2; solche kost-
barkeiten erwarb ein (germanischer) fürst durch gescbenke,
welche bei jeder staatsbandlung, bei besuchen, gesandt-
schaften, friedensverträgen gegeben oder empfangen wurden.
Freitag 17 (1897), 185.
2) wit staatsbandel 2. KRrniTt encycl. 164 (1836), 501.
STAATSHAUBE, f. prunkhaube. Campe, der auch staathaube
rerieichnet. vgl. Staat 3, d.
STAATSHAUPT, n.; jedoch ist nur ein an tugend eben-
bürtiger des liederfreundes aufgetreten, nämlich dessen Ur-
enkel Rüdiger, der gegen fünfzig jabre lang ratsmann und
•taatsbaupt in Zürich gewesen ist. Keller 6, 123. vgl. Staats-
oberhaupt.
STAATSHAUPTSTADT, f., von der hauplstadt eines der ver-
einigten Staaten von Nordamerika: der bric ä brac-händler,
welcher in einer staatsbauptstadt des amerikanischen weslens
für den ersten Juwelier galt, ward durch seinen clerk be-
nachrichtigt. E. v. Di>CKLAGE kurte erzählungen^ 184.
STAATSHAUSHALT, m. finanzielle führung eines Staatswesens
und der finanzielle theil des Staatswesens selbst: unter seiner
{Pillersdorffs) leitung zeigte der {österreichische) Staatshaushalt
im jabre ifcSo zum ersten male seil jahrzehenten einen über-
schusz der einnahmen gegen die ausgaben. Gkillparzer
15 (1887), 113; durt (in Englands imponierte uns in den letzten
Wochen wieder ein Staatshaushalt, der wie spielend die groszen
lasten für beer und flotte trägt. I'rüytag 15 (1897), 344.
STAATSHAUSHALTER, m. der nnen slaatsaushalt führt:
Tielleicbt würden die staatshaushälter finden, dasz manche
ihrer besorgnisse wegen des eintrags, den fremder neisz dem
einbeiuiischen bringen soll, ungegründet sind. Garve anm. zu
Cicero de off. (1783) 3, 199.
STAATSHAUSHALTSGESETZ, n.; so dasz der lamltag am
5. august mit einer thronrede eröffnet werden konnte, die
ankündigte, dasz die landesvertretung in bezug auf die ohne
ttaatshausbaltsgesetz geführte Verwaltung um nachträgliche ver-
willigung angegangen werden solle. Bismarck ged. u. erinn. 2,70.
STAATSHAUSHALTUNG, f. ßnamielle führung eines Staats-
wesens: die Städte sind in Europa gleichsam stehende heer-
lager der cultur, Werkstätten des flciszes und der anfang
einer bessern staatsbausballung geworden, ohne welche dies
fand noch jetzt eine wüste wäre. Herdkr id. z. phil. d. gesch.
2ü, 5; unsere Staatskunst ist bestimmt, in denjenigen gegen-
ständen, weiche die grOszte aufmerksamkeil in der stauts-
bausbaltung verdienen, am meisten zurück. Pestalozzi Lienh.
U. Certr. 3 (1792), 257.
STAATSHEER, n. heer im dienste eines Staats: reform des
bürgerlichpn Staats- und kriegsheers. Kliuger 9, 217.
STAATSHEIRAT, f. betrat aus Staats-, politischen gründen:
•( ist wahr, dasz die staats-beyratbcn nicht allezeit gerathen,
und ihres zwerks fehlen. Lo■e^8TKlN Armin. 2, W*.
STAATSHEHBERGE, f., nach Staat 3,d:
nun «dje, lieldetberg;!
bUl «Ine rechte sttsisherberg.
tt"»i'f>T>iorri 2, 244 fioxhergtr.
STAATSHEIIHLICHKEIT. f., nach sUat &: vielmehr kfimpfr
unsre spräche, dies geprSge der rümiscben staatsherrlicbkeit
auszudrürkrn. Hkrokr i, »2*t Suphan.
STAATSHKHItSCHKB, m. herrtrher über etnen staot, vom
regierer, ttgenten unterschieden: endlich kann weder der slaats-
herrscher, noch der regierer richten, sondern nur richler.
als magistrate einsetzen. Kant 5, 150.
STAATSHEXE, f., nach staal 3, i, als komisches Scheltwort von
einem jungen mädchen: das ist ja eine staatsbexe! Keller 6,295.
STAATSHILFE, -HÜLFE, f. bilfe durch den staat, aus Staats-
mitteln : nach staatshilfe schreien.
STAATSHIMMEL, m. cotlum stalisticum, politicum, stats-
himmcl. Stieler 840: der printz (/ürs() selbst, als das güldne
liertz und leben, eines so höflichen stuts-himmels, leuchtet
in seiner majestätischen klarheil, ohne wölken und nebel
einiger Verkleinerung und scbm;ich. Butscbkt Pathm. 730;
keine legio fulminatrix, um unsern prinimetalienen, por-
celaiiien, papiernen kirchen- und staals-bimmcl in blitz,
donner und hagel, wolkenbrüste und weinscbläuche zu ver-
wandeln. Hamann 4,274.
STAATSHOF, m. , als gehöftname in Storms noveUe: auf
dem Staatshof. sämtl. werke 1 (1899), 55/^., wol eigentlich: dem
Staate gehöriger ho f.
STAATSHOLZ, n., nach Staat 3, d: auch hat's {giebt es hier)
schöne flehten und eiclibäuin' und noch andere prächtige
bäum', die geben ein staalsholz. Auerbach dorfgesch. l, ISO.
STAATSHOSE,/'., staaüiose, prachtbose. Campe (»p/. slual 3,d).
STAATSHUBE, f.: statsbure, concubina, 6 corligiaua fami-
liäre. Krahkr deutsch-ital. dict. 2 i\^i)2), 919'. s. staatsfrau 2.
STAATSHÜT, m., slaalhut, prachthut. Campe (vgl. staal 3, d).
STAATSIN(iUISITION, f. Staatsbehörde, die verbrechen zu
ahnden hat, in der republik Venedig: wir standen noch und über-
legten, was zu thun wäre, als die thüre sich öfiiete und einige
bedienten der staatsinquisition bureintraten. Schiller 4, 203.
STAATSINQUISITOB, m. richtcr der staatsinquisition: einer
von den greisen, wahrscheinlich der oberste Staatsinquisitor,
nabelte sich dem prinzen. Scmiller 4,203; bereits 13 10 fand
(in Venedig) eine weitere Steigerung dieses scbreckenssystems
polizeilicher alimacht statt durch einsetzung des kollegiumi
der zehn staatsinquisiloren. allgem. weltgesch. (Grote) 6 (Pfldck-
Harttung), 298.
STAATSLNTERESSE, n. (vgl. staatsnutzen): eine intrigante,
auserlesene, aas der römischen historie gezogene haupt- und
staats-action, betitult: gli sponsali per l'impero, das ist: dir
aus Staats-interesse geschlossene Vermählung, oder der intri-
gante, den römischen hof, in die grüsste Verwirrung setzende
politicus. ankündigung einer anfführung der Wallerottyschen truppe
in Frankfurt a. M. vom 22. sept. 1741 bei E. Mentzkl gesch. d.
Schauspielkunst in Frankfurt a. M. (1S8J) 455; hätte nicht der
privatvortbeil, nicht das Staatsinteresse sich schnell damit
vereinigt, nie würde die stimme der theologen und des volka
so bereitwillige fürsten, nie die neue lehre so zahlreiche, sa
tapfre, so beharrliche Verfechter gefunden haben. Schiller 8,5;
um aus der polilik der persönlichen freundschaft der beiden
kaiser (des deutschen und des russischen) einen Übergang zu
der des kühlen russischen Staatsinteresses zu finden, das 1S14
und 1815 bei absteckung des französischen gebiets masz-
gcbcnd gewesen war. Bismarck ged. u. erinn. 2,231. ein staats-
interesse: mein herz wird das opfer eines elenden Staats-
Interesse. Lessinc 2, 122.
STAATSJUNGFER, f., was «taatsfräulein; sUitsjungfer,
i-irgo honoris. Stieler ö47: sie hätte sieb bey des gedachten
grafTen geinabliii vor eine staads-jungfer aufgehalten. SimpL
3,50,28 Kurz; die dainen hir im landt haben keine staadls-
jungfern mehr. Elisabeth Charlotte 3, 554 Holland. vgL:
Saliime. Serena. Cassandra. der königin Stadt Jungfrauen.
A. Grtphius 1 (1(198), 95.
STAATSKABINET, n. kabinrt (vgl. caliinet theil 2,602), tn
Staatssachen erwogen oder bearbeitet werden: man bringt die zeit
bei tische wie im staatskahinctte zu, und redet mit der vop-
sieht eines gesandten. Möskii patr. phant. 2, 240.
STAATSKALENDtB, m. 'kaUndn, worin, ausser dem hofi
und hofstaote, die sämmilichen staalsanstnlten , alle cvil- und
militairbehurden, departemrnts oder kollegien, und die dabei an-
gestellten diener namentlich verzeichnet smd'. KrOnitz enci/cL
164 (IS36), 99: io will ich durch meine erfahrung jedtn
menschen wohlmeynend warnen, (^to's lettres und i>
Tncilus nicht zu lesen, oder wenn er ja verwägen gi i
darinnr zu lesen, suglcicb zum niederschlagen deraufw:ii
palriiitiürben bitze, eine seile vom staat^kalendrr an ^^
lu lernen. Rarnkr 0, 15; sagt mir doch, nach welehrin
kulender habt ihr die fürstl. persmicn vor euren ^ril
nach dem ränge geordnet? Gockinck an Burgtr 2i>.feb>. i "
305 STäATSKANZLEI — STAATSKASSE
bfi Stbodtmass briefe ton und an Bürger 3, S; es miiszte denn
anders einer, der z. b. den Staatskalender auswendig weisz,
auch ein gelehrter zu heisien verdienen. BCrger an Heyne
S. mui 17S4 o.a. 0. 137; während Keinhard sich durch seine
besuche eine umfassende kenntnis des staaiskalenders ver-
schafTte, konnte Lorle zu hause sich noch gar nicht in das
stadtleben finden. Auerbach dorfgesch. 3,78; es war dies aller-
dings nicht das geeignetste mittel, um in einem jungen herzen
den respect vor den autoritüten des Staatskalenders grosz zu
ziehen. Stosh sämtl. verke (1S99) 3,122;
und es will sich doch nicht schicken,
dasz man so mit jeder geht,
seit papa im Staatskalender
in der dritten classe steht. S, 221.
äaiu Staat skalenderer, m. der im slaatskaUnder steht:
ihr sagt, es sei ein kämmerer,
ein schöner staatskalenderer:
doch sieht denn nicht ein jeder,
dasz er genäht aus leder? 222.
gtaatskalen dernumm er, f. nummer im staatkalender :
diese kerle — ich wette! — wischt man ihnen die staats-
kalendernumnier von der stirn, so sitzen sie da wie aus-
geblasene hülsen. 4.4ö.
STÄATSKANZLEI, f. kamlei, ^trekhe sieh mit ausfertigung
der Staatssachen beschäftiget', staatskanzelley. Adelc.ng, staats-
kanzelei Cahpe: ich besuchte in Meraghet die staatskanzlei.
BCcsERT 11 (iS82),2d4; du arbeilest ja auf eurer staatskanzlei.
C F. Mkyer Jenatsch 43; der ritter beobachtete die vorsieht,
seine briefe nicht an die staatskanzlei, sondern an Heinrich
Waser, den Privatmann, zu richten. 92; wie grosz das misz-
trauen der kaiserlichen staatskanzlei sein werde, wenn wir
plötzlich in der langjährigen gepflogenheit eine änderung ein-
treten lieszen. Bisvarck ged. u. erinn. 1,230. dazu staats-
kanzleirat, m.: die Stimmung der Böhmen erzeugte sich
übrigens nicht ohne aufheizerei, und die faden gingen so
ziemlich auf einen staatskanzlei-rath böhmischer abkunft zu-
sammen. Gbillp.\rzeb 15 (ISS7), 127, wozu «eiter staats-
kanzleirätlich, adj.: als derseibe (ein aufsatz) dem ob-
gedacliten staatskanzleiräthlicben censor in die bände kam,
erklärte er, darüber nicht aburtheilen zu können, ebenda.
STAATSKANZLEH, m. vorgesetzter der staatskanzlei. Adelisg,
der höchste reranticorlliche beamte der Staatsregierung: an die
spitze der Verwaltung trat (tSIO in Preusieit) ein kabinet von
fünf Staatsministern (für inneres, finanzen, auswärtige an-
gelcgenbeiten, krieg und Justiz), dessen haupt, der staats-
kanzlcr, als oberster rat der kröne die Oberaufsicht über die
gesamte Verwaltung zu führen hatte. Schröder d. rechtsgesch.
(1S94) S27.
STAATSKAROSSE, f. prächtiger kutschicagen , galawagen
(vgl. Staat 3, d): man kann ja nicht ewig in einerley gothiscben
staalscarosse fahren. Moser patr. phant. 3 (l"^), 2; der düng
karrn und die Staats carosse. Lichtenberg aphorismen 2,212, 657
Leitzmann; so sprach der könig und ging, und am Ihore, bis
wohin wir ihn begleiteten, stand eine küstliche Staatskarosse
für ihn bereit, die ihn nach hause brachte. Ludwig 2 (1&91), 43S;
er naiim die halbe Stadt in sold,
bedeckte sich und sein ^eTol^ mit gold,
und brüsiete sich mehr in seiner staatsqarosse,
als die daran gespannten rosse.
Gbllbrt 1 (1775), 99;
darum (bei einem ben>ühi,is) am thor (der liirclie) so manche
,.., slaatskarosse. Drosti 1, 65 Sc/iüc*inu;
.■■. bilde:
da hüpft, neumodisch angethan,
berr fope leicht daher, ersucht den wundermann (Homer),
ihm seine staatskarosz (den sonnenwagen A)iulto$) ein wenig
abzutreten.
Voss bei Sahir Göttinger dichierbunil 1, 333, 7;
mit anlehnung an Staat 5, im bilde:
Tahrt im land °ne staalskarosse;
ziebtt sie acht lainose rosse (gemeint sind die preuszi^chen pro-
rinzen). Friiligratu 3 (1SS6), 55.
STAATSKAHREN, m. , nach Staat 3,d: statskarn, pracht-
karn, bijuge, curriculum, carruca, Calli appeUant chaise.
Stibier 931. vgl. das vorige.
STAATSKASSE, f. ^jede öffentliche kasse eines Staates, be-
londers die hauptkasse eines Staates, in «eiche alle einkünfte
desselben fliesten . Campe: die alten demokratischen Athener . .,
die doch auch ein sehr freyheit liebendes und eitelstolzes
»i'lkchen waren, und sich gleichwohl die ausübung ihres
uveränitätsrechts jedesmahl mit einem baren halben kopf-
luck auf den mann aus der Staatskasse bezahlen Hessen.
X. 2.
STAATSKATECH1S51ÜS — STAATSKLUG 306
Wieland 31,422 (gespr. unter 4 äugen 10); zwischen all dem
wesen versleckten die geistlichen und Stifter ihre ländereien
und capitalien unter scheingescbäftcn, damit der präfect
sie nicht auswittere und in den groszen Schlund der Staats-
kasse werfe. IxxERMANN 20, 12b ^empfL dazu staatskassen-
führer, m. Campe, statskassen Verwalter, m. ebenda.
STAATSKATECHIS.MUS, m..- statslehr, statscatcchismus,
morale, calechismo di stato. Kkamer deutsch-ital. dict. 2(1702), 912'.
STAATSKENNTMS, f. kenntnis vom Kesen des Staats, von
den rerhältnissen eines Staats. Campe.
STAATSKERL, m. rolksmäszig stattlicher, prächtiger mensch.
Hetzel Kie der Deutsche spricht (iS96) 2!)7, stoolskarl Pasch
AUenburger bauemdeutsch loo, staatskarl Rdcsert unterfränk.
mundart 174, e stadskerli Hunzikbr Aargauer vb. 249; den
(Schnupftabak) hat mir mein Florian bracht, gelt, es ist ein
Staatskerle? so ist keiner auf zwanzig stund' wegs. Adebbacb
dorfgesch. 2, 13.
STAATSKIND, n. tum Hofstaat gehöriges kind, in älterer
spräche (vgl. staatsdame, -fräulein, -Jungfer): Bela, Zephi,
Thema, drey stalts-kinder an Elons hofe. Weise comödien-
probe 1. spiet personen; Bela, Zepbi, staats-kinder an Elons
hoffe, s. 25.
STAATSKIRCHE, f. religiöse gemeinschaft , die einen staat
umfaszt: seine kirchenpolitik . . . hat den grund gelegt zur
Staatskirche. Brieger Constantin d. gr. (ISSO) 32.
STAATSK1RCHENTL.M, n. zum vorigen: wer wollte die
Schattenseiten des staatskirchentums leugnen? Brieger Con-
stjntin d. gr. (ISSO) 33.
STAATSKIRSCHENTORTE, f., nach Staat 3,d;
den abend drauf, nach scbrittschubfahrt
mit jungfräulein von edler an,
staats-kirschentort, gemeinem hier
den abend zugebracht allhier. Götbe 56, 65.
STAATSKLEID, n. schönes, kostbares hleid, vomit man Staat
macht. Campe, festgewand, nach Campe auch staatkleid (vgL
Staat 5.d): so sasz er, im Staatskleide, frisirt, wie eine ge-
putzte leiche, am reichbesetzten tisch vor den silbernen arm-
leuchtern. Eichendorff 3,322; da drangen sie mir endlich
ihren hausarzt auf, einen don Bucciolotto, eine karikatur,
wie sie bei Goldoni vorkommen, in perücke, Staatskleid und
ellenlangen manschetten. GRiiLrARZER 15 (1SS7), 90; nun be-
gann sie aber die kostbare zeit zu verzetteln, indem sie erst
mit verstellter unentschlussenbeit ein staatskleid aussuchte und
mit niedlichem gepiauder seinen rat verlangte. Keller", 235;
er gebt ott durch die gassen
Selinden und der stadt sein staatskleid sehn zu lassen.
Zacuariä verwanttlunyen 4, 142.
STAATSKLEIDUNG, f., dem vorigen entsprechend, staat-
kleidung Campe: niemand aber ist gern beständig in einer
slaatskleidung. Moser patr. p/ian<. 2, 223; nach dem empfange
dieses briefes begab sich meine multer in ihre Staatskleidung.
Keller 1, 224.
STAATSKLUG, adj. politisch klug. Camie. vgl, auch Kbaheb
deutsch -iial. dict. 2 (1702), 912* (s. unten), von personen: sie
(eine Tacitus-übersetzung) liefert nicht die huste eines slaats-
klugen Römers, sondern die verrückte ligur eines stammelnden
Deulschlateiners. Herder 4, 32S Suphan; den mann durch den
staatsklugen köpf zu verwikeln. Scbiller 3, 6 (Fiesko vorr.).
schon früher in substantivischer anuendung bezeugt, statsmann,
stat^kIuger, slatskopf, statista, polttico. Kramer devtsch-ital. dicL
2 (1702), 912': so kan ich doch denselben staats-klugen vieler
völcker nicht gäntzlich ablegen (bedeutung absprechen), welche
künste und wissenschalTten ... am pöfel für bley, oder oft gar
giftiges spiszglasz halten. Lohenstein i4rmin. 2, 180'; nach dem
heutigen plan der weit bleibt die kunst gold zu machen also
mit recht das höchste project und höchste gut unserer staats-
klugen. Hanann 2,7; macht das kabinet und die kanzley
slaatskluge, so wären es lauter gelehrte, die in die schule
gingen. 3,61; wir geben dem physiognomen gerne zu, sich
unter die naturlehrer zu zählen, nur musz er keinen gruszern
rang unter ihnen behaupten wollen, als der prophet unter
den staatsklugen. LiCBrENRERG 4,39. vom handeln und denken:
doch deine wähl war zu staatsklug, als dasz ich sie deinem
mutterwiz zutrauen sollte. Scbillbr Fitsko i,9; Katharina (von
iledicis), durch die weisen rathschläge des kanzlers von
ilopital geleitet, erwählte den staatsklugen ausweg, sich keiner
von beyilen parteyen zum Werkzeug gegen die andre herzu-
geben, und durch ein woblgewähltes mittel zwischen beyden,
20
307
STAATSKLUGHEIT
STA ATSKLÜGLER — STAATSKRANKHEIT 308
den meister über sie zu spielen, tchriften 9,271; das ganze
stück {Schillers Maria Stuart) bat zum gehalt da^ pro und
contra, die erörterung der gründe für und gegen den lod der
Maria, sowobi die recbtücben als die staatsklugen. Lddwig
s (1891), 31». in adverbialer fügung: der krieg ward von den
Franzosen staatsklug, von den Engländern ritterlich, tapfer
und trotzend geführt. ScnLossEii weltgesell. S, Hi;
er (leuszt
von wei«beit über, wenn er bei dem thee
mit des ministers Trau den soplia tlieilt,
und im Tornehroen kreise staaisklng lehrt:
der rOrsi sei gottes bild. Stolbirg :t. 36 ;
er (K'nloi.aU kö'ig) scliliirt beraiischi in diesem himmel ein,
den sein« «klaren staaisklug um ilin pflanzen.
ScBiLLKR dorn Karlos 1,2,9;
nnd sieht er (der kaiser) uns in unsern schranken bleiben,
vielleiclit besiegt er staatsklug seinen zorn. Trll 2,2;
80 wirst du Ulfirmnmi) doch den Flambert mindestens,
den Torsi und Alarich und Siiigar,
die Torsten an des Maines uTer.
von deinem wagstück staatsklug unterrichten?
H. V. Kliist llerrmannischl, 4, S.
frei gebraucht: im groszen (/'amtW«n-)rate wurde der staats-
kluge beschlasz gefaszt, dasz, wenn bis zur kirchweihe die
Konstantinischen wirren noch nicht ausgcgeglichen wären,
Tbaddä mit Hedwig und der lebrer mit Agnes zum tanze
geben sollten. Acerbacb dorfgesch. 2,n2;
Belinde, bis hieher hast du mit deinem graTen
die mittel stets gewiiszt, die thoren zu besiraTen;
und bis hieher hat es kein goldner geck gewagt
und ein staatskluges nein zur spielparthie gesagt!
,. , . Zacuahiä sc/»nup/tuc/i 2, 8;
(ton einem furslen :)
von seines landes gold ein rauher!
beld im serail, staaisklug im kartenspiel!
GöcKiJiGK 3(1782), 252.
STAATSKLUGHEIT, f. politische klugheit, polüik. Adelung,
prudentia politica. Frisch 2, 313', statskiugheit, statswitz, pru-
dema di stato, cioe politica. Kraheii deutsch-ital. dict. 2(1702), 912*:
als derselbe (ein Jurist) von einem printz {fürsten), zu ruhte
gezogen ward; weil man, hinter einem manne, der so viel
geschrieben, keine schlechte stats-klughcit suchte. Butschiiy
Pathm. 4S9; dasz die slaats-kluglieit der meisten (fürstlichen)
beyrathen kuplerin, aber auch die verfälscherin der reinesten
liel)e, und das giftigste sclieidewasser der verknüpftesten
hertzen sey. Lobekstein ;4rm«n. 2, 156'; sintemal wir dafür
halten, dasz eben so wol das buch der natur das beste sey,
woraus man die sitten-weiszbeit und die staats-klugheit be-
greiffen könne. 750'; zumal da dieser letztere, auch an staats-
klugbeit und tapferkeit, damals seines gleichen nicht gehabt
hat. GoTTscBEO bei Heichei. kl. Gottsched -wb. 56; ihre (der
ältesten rOlker) Staatsklugheit erstreckte sich von dem göiter-
dienst bis auf die spiele, die tanzkunst und musik. Hamann
1,10; sie (die gcsellschaft und Ungleichheit der menschen) sind
keine erfindungen der Staatsklugheit, sondern entwürfe der
TorsebuDg, welche der mensch wie alle andere gesetze der
natur theils miszverstanden, tbeils gemiszbraucht hat. 13;
mit gewohnter Staatsklugheit hatte Richelieu die Verlegenheit
dieses fürsten (des kurfürsten von Trier) benutzt, Frankreichs
macht zu vergrOszern und ihm einen wichtigen alliirten an
Deutschlands grenze zu erwerben. Scbilier 8,226; die staats-
klugbeit rieth also, sie (die Juden in Egypten) scharf zu bc-
waclien, zu bescbäHtigen, und auf Verminderung ihrer anzahl
zu denken. 9, 102; das ist immer das alte ende vom immer
neuen lied, wenn die besiegte schwäche gegen die groszmuih
oder Staatsklugheit der sieger trotzen ... will. Hehel 3. 116;
sodann nehmen sie (die l'hiiister) den ^or dem Wahnsinne
Saul's nächtigen David aus staatsklugbeit auf und glauben,
er werde für sie als vaterlands-verniiher fechten, überhaupt
ist Staatsklugheit mit niederträchtigkeit verbunden ein baupt-
zug aller Philister. BaeNTANu 5, 404; der künig von Angola
fühlte sieb durch diese bolschaft nicht angenehm berührt,
suchte sich aber mit eigentümlicher staatsklugbeit aus der
•acbe XU ziehen. Kei.i ei 7, 241. von einer allegorischen dar-
ttellung: aus diesem (dem thor eines palasts) kam ein von zwey
löwen, zweyen fücbseo, und so viel schlangen gezogener, mit
vielen larten und spiegeln bebSnekter wagen, auf diesem sasz
die »taattklugheit. LoBKMTeiN Armin, i, 1400*. frei gebraucht:
wenn e» auf den gescbmack derandacbi, die im philosophischen
geist und poetischer wabrbeil besteht, und auf die staats-
klugbeit der versiflcalion ankommt; kann man wohl einen
flaubwOrJigero xeugcD aU dco uotterblicheo Voltaire an-
führen . .? (dazu die anmerkung: la seule politique dans un
poeme doit etre de faire de bons vers, sagt der berr von Voltaire
in seinem glaubensbekenntnisz über die cpopüe). Hamann 2,277.
STA ATSKLÜGLER, m. der in, über staatsanoelegenheiten
klügelt. Adelung: welch ein greuel! dasz sich Christus mit
seinem wort und gnade, nach dem gehirn der elenden staats-
klügler richten und schmiegen soll. Christoph Starke si/nopsis,
n. fest. (1735) 2, lOö; die Verfassung hat seine (des königs von
England) würde zuverläsziger gegen alle gefahren verschanzt,
scharfsinniger von den traurigsten pflichten, von dem leiden
der berscbaft befreit, als es irgend ein staatsklügler aus-
denken mag. Sturz 1,39; im vergleich: es gebt solchen sprach-
kundigen, wie den staatsklüglern, die allgemeine Terbesse-
rungen träumen. RCdiger bei Campe.
STAATSKLÜGLING, m. überkluger politiker, in freier an-
wendung: , ,,_ ,.
an einen staats-klugling . . .
klug in verwirrter aacir, in deutlicher ein thor:
80 hast du mir zwar lang' im ruszsteig nachgesetzt,
im landweg' aber da verlorst du mich zuletzt.
Wbii-<ikr 44,
mit der anmerkung: nichts ist gewisser als dasz man manche
staats-klüglinge nicht besser betrügen kan, als wenn man
ihnen die blosse warheit saget.
STAATSKMFF, m. politischer kniff. Campe: um das ganze
werk desto schneller umzutreiben, hatte man (in Schiida) den
Staatskniff gebraucht, auch unwissende leute zu lehrern an-
zusetzen, damit diese doch eine gelegenheit fänden, von denen
Sachen etwas zu lernen, über die sie Unterricht ertheilten.
TiECK 9,77.
STAATSKONTROLE, f. kontrole, aufsieht, die der staat aus-
übt: dasz die markgenossen ohne bewilligung derjenigen,
welche die staalskontrole führen, einen theil grundes steuer-
frei verkaufen können. Moser palr. phavt. 2, 105; wenn man...
die allgemeine staalskontrole zur band nimmt. 194.
STAATSKOPF,«, köpf und inhaber eines solchen (vgl. köpf 11,5,
theil 5, 1765 /f.) mit begabung für die angelegenheiten des Staates:
Richelieu, Mazarin und dergleichen hauptwilzige statsköpffe.
BüTScHKY Pathm, 708.
STAATSKÖRPER, m. der staat als körper genommen (vgl. dasu
kürper II, 5, (A«/ 5, 1838): statskürper, respublica, corpus rei-
publicae. Stiei.br 1015; die verschiedenen mascbinen, welche
man diesen tag über auf beiden seilen hatte spielen lassen,
brachten den abderitischen slaatskOrper ... in eine art von
wagerechtem schwanken. Wieland 20, 126 (Abderitcn 4, 12);
gleichgewicht von Europa! du grosze erlindung, von der kein
Zeitalter vorher wuszte! wie sich jetzt diese groszen staats-
körper, in denen ohne zweifei die mcnschheit am besten
gepflegt werden kann, an einander reiben, ohne sich zu zer-
stören. Herder lur phil. u. gesch. 3, 121; in einem so künstlich
organisierten staatsküiper, wie der deutsche ist und immer
war, muszte die band des despotismus die unüberseblichsten
Zerrüttungen anrichten. Scbillek kr. ausg. 8,164; es ist aller-
dings unzweifelhaft, dasz Luxemburg sich an irgend einen
grüszeren Staatskörper anschlieszen musz. Preuszen im bundes-
tage 1,306 (von 1853); wie alle Icbenskrüfte nach Rom, wie
nach dem herzen des Staatskörpers, sich zusammendrilngien,
so trieb dies auch wieder unat>lässig neue reiche safte allen
theilen des reiches zu. Giesebrecht gesch. der deutschen katter-
leit 1,29.
STAATSKOSTEN, plur. ko$ten welche die Verwaltung einet
Staates erfordert. Campe; kosten welche der staat trägt: etwas
auf Staatskosten anschaffen; auf Staatskosten reisen.
STAATSKRAFT, f kraft die ein staat bisitit: es georhnh
unter dem einflusz dieser ervvägungen, ... dasz ich in>.
entscblosz, jeden schachzug im iniiern danach einzurichicu,
ob der eindruck der Solidität unsrer staatskraft dadurch ge-
fördert oder geschädigt werden könnte. Bismarck ged. u. erinn.
i, 56; im vtreinielnden plur.: jetzt kann iii.in von Rii-^/ nii
sagen: es arbeitet an seiner grösze, nicht an seiner sch«t.i' i r.
und ihm ist der rühm vurbobalteo, die innern staatskrülir
ganz zu entwickeln. Klinger 11,2!>: ein regent, der auf die
entwickeliing der innern staatskrafte arbeitet, ebenda; die
glänzendsten siege, welche ... die Staatskräfte erschnpfen.
ebenda; nicht bluaz mit den staatskraften des erul<erteo
Preuszens waffiiete sich Napoleon zur furtführung des krieget.
Bkckers weltgettk. 14,28.
STAATSKRA.NhllKIT, f krankheit, an der ein staat i i '
diese blufung der examiua, deren überzahl ja acboo L> k-i
309 STAATSKREDIT — STAATSKÜNSTLER
eine preuazische Staatskrankheit war. Treitschke d. gesch.
5,236; heillose zeiten hatte man durchlebt, in siebzehn jähren
waren sieben kaiser erhoben und gestürzt, die empörungen
SU einer Staatskrankheit geworden. Pflcgs-Harttunc in Grotes
MÜgem. weltgesch. 4, 72t.
STAATSKREDIT, m. kredü, dessen ein staat geniesa.
STAATSKUH, f. kuh die einen prächtigen anblick gewährt
{tgl. Staat Z,d sp. 277): seine schafe, seine rinder, voran die
pracht- und staatskuh, die graue Lisel. Vischer auch einer 1, 148.
STAATSKULT. m. vom Staate geduldeter oder geschützter kult,
staatlich anerkannte religionsgenossenschaft: Privilegien, die die
staatskuite und ihre priestertümer längst besaszen. .M(;ller
kirchengesch. (1S92) 1, 173.
STAATSKUM.MER, m..- statskummer, cura reipubticae Stie-
le a «25.
STAATSKUNDE, f. kenntnis eines einzelnen Staates oder meh-
rerer Staaten als ganzes betrachtet. Adelung, unterschieden von
staatenkunde, oben sp.2ib; auch in practischer anwendung (wie
sonst Staatskunst, s. ct.): in der Staatskunde bewandert, vgl.
niederl. Staatskunde, staatsaissenschaft, politicd Krämer nieder-
hochd. u-b. 1. 364*.
STAATSKUNDIG, arf;. in der staalskunde erfahren: sich gleich
grosz, als menscbenfreund und als slaatskundiger inonarch zu
zeigen. Meiszseb 6«Cahpe; staatskundige Weisheit. Schlosser
veitgesch. 7, 13; sein geschicktester slaatskundigster cardinal.
Hanke päpste 1,333;
staatskuodiger und stolzer noch als er
ist berr Pbilaulos. dem des fürsten beri
im beiclitslulil offen steht. Stolberg 3,36,
in substanltver Stellung {vgl. niederl, staatkundige, politiker):
kein staatskundiger in diesem lande ist gründlicher, als er,
Ton dem zustand der finanzen ... unternebtet. Sti;rz 1,42;
{die) im verfolg der zeiten nachkoramenden gelehrten und
staatskundigen. Herder 3,404 Suphan {krit. wälder 3, i).
STAATSKUNST, f. kunst einen staat zu leiten: statskunst,
politica Stieler lOlO; das wort statskunst ist nur aus andern
sprachen von den neulingen in unsere muttersprache ein-
geschoben: und haben, aus dem lateinischen worte Status
die Welschen das wort stato, die Frantzosen das wort estat;
die Niederländer den nahmen Staat gemacbet. Butschky
Pathm. 40; stastskunst, die fertigkeit, die «ohi fahrt eines Staates
auf das vortheilhaftestt zu erhalten und zu befördern, Adelcbg;
wenn alle volker unter dem römischen joche gewissermaszen
die Völker zu seyn aufhörten, die sie waren, und also über
die ganze erde eine stautskunst, kriegskunst und Völkerrecht
eingeführt wurde. Herder zur phil. u. gesch. 3, t»2; die ver-
wickelten grundsätze eiaervollkuminenen slaatskunst. TbShuei.
reist 4, 148; wahre Staatskunst kann sich in keiner rühm-
licheren probe versuchen {als in der regierung der Siederlande),
und sieche, gekünstelte politik hat keine schlimmere zu
fürchten. Schiller At. ausg. 7, ül; ihre (der Römer) slaatskunst
heizte volk gegen volk, häuptling gegen häuptling. Frevtag
biWerl, 48; von schwachen Gotenkönigen hatte die byzan-
tinische Staatskunst gefordert, dasz das römiscLe volk bei
den circusspielen . . . zuerst dem oströmischen kaiser heil
wünschen sollte. 126; die ... gründlich erwogenen probleme
europäischer slaatskunst. C. F. Meyer Jürg Jenatsch 5S;
die unscbulü ist das schönste kieid,
der völcker lievl di« reicliste crone,
die klügste slaatskunst billigkeit. Gönthk 149:
denn diesz (unlrniclitemlt.^ qcsfiTäch) ist ohne streit
der staais-Lunst liohe schul und auch der tapl'erkeit.
I'OSIIL Willekimi (1724) t. 123 (Ituch 6,16);
der kühne riesengeist
wird uusrer staatskunsi liuien durchreisien.
Scuilles k:. aiisy. ä, 139 (dorn hartes 2,13);
dasz mein eigner sobn
mit unbedachtsam rasendem beginnen
der Slaatskunst mühevolles werk vernichtet.
12, 197 (IHcc. 5, 3).
STAATSKCNSTELEI, f. kleinliche, rdnkevoUe ttaatskunst:
fnicbibarer an hülfsmittelü, als die staalskünstelei der könige.
Stobz 1,267; so sehr er die Staatskünstelei verachtete. 2, IUI.
STAATSkC.NSTLEU , m. meister in der slaatskunst: grosze
lUatskünstler haben niemabis einige ruhe begehret, welche
aus anderer leute quahlung entsprossen, pers. baumgarten 1, 12;
ganz anders verhält es sich mit dem pädagogischen und
politischen künslier, der den menschen zugleich zu seinem
roaterial und zu seiner aufgäbe macht. . . . mit einer ganz
andern achtung, als diejenige ist, die der schöne künslier
STAATSKUTSCHE — STAATSLEIDEN 310
gegen seine materie vorgiebt, musz der staatskünstler sich
der seinigen nahen, und nicht blosz subjektiv, und für einen
täuschenden effekt in den sinnen, sondern objektiv und für
das innre wesen musz er ihrer eigentümlichkeit und Per-
sönlichkeit schonen. Schiller krit. ausg. 10, 2S3 (über die äslhet.
erziehung, 4. brief); je eingewurzelter jemand in diese mecha-
nische ansieht der gesellschaft ist, je mehr er es versteht,
diesen mechanismus zu vereinfachen, indem er alle theile der
maschine so gleich als möglich macht, und alle als gleich-
mäszigen stoff behandelt, für einen desto gröszern Staats-
künstler gilt er, mit recht in dieser unsrer zeit. Fichte reden
an die deutsche natvm (1808) s. 217.
STAATSKUTSCHE, f. currus ad pompam. Frisch 2, 313' {nach
Staat 3, d, sp. 277); als er an eine rosenrote staatskutsche
herantrat, um deren Insassen zu grüszen. Keller werke 6, 147.
STAATSLAND. n. land das dem Staate gehört.
STAATSLÄNDEKEI, f. zusammenhängendes staatsland; ge-
wöhnlich im plur.: staatsländereien pachten, bewirtschaften;
die abgäbe zu zahlen, die er für die benutzung der staats-
ländereien zu zahlen verpflichtet war. Beckers weltgesch.
(186!) 3.3.
STAATSLAST, f. last die der staat trägt; gewöhnlich im plur.:
Staatslasten, steuern der bürger für Unterhaltung des Staates,
onera publica. Campe; durch gerechte vertheilung der staats-
lasten den bürger und bauer zu erleichtern. Schlosser welt-
gesch. 16, 426.
STAATSLAUF. m. ratio Status. Stieler 1082.
STAATSLAUFBAHN, f. laußahn (s. d. Iheil 6, 312) in diensten
des Staates: alle die, welche die staatslaufbahn betraten.
Beckehs weltgesch, 3 (1S61), 393.
STAATSL.\UNE, f. laune mit der man gleichsam staat macht
(vgl. Staat 3,d, sp. 277): ein vollkommener mensch würde un-
erträglich seyn, und dieses aus sehr natürlichen Ursachen,
erstlich .. . zweitens würden wir ihm keine schwäche zeigen
wollen, und in seiner gesellschaft alle unsre kräfte anspannen,
um dieses zu verhindern, niemand aber ist gern beständig
in einer Staatskleidung, und noch weniger in einer staats-
laune. .Moser patr. phant. 2,223.
STAATSLEBEN, n. i) leben das der slaat füiirt oder wie es
innerhalb des Staates geführt wird: ein ruhiges, regelrechtes
Staatsleben bringt die menschen nur allzu leicht in das be-
queme und sichre gleis dergewohnheit. Beckers weltgesch. 14,37;
die Griechen endlich haben zuerst von allen Völkern ein
echtes und wahres staatsieben geschaden. Schlosses welt-
gesch. 1, 11)2; so fühlten sie (die alten Deutschen) auch gegen
ein Staatsleben absehen, welches die menschen wie willen-
lose wesen zusammeozwängt und den willen und die Interessen
des einzelnen schlechthin der gesammtheit zum opfer bringt.
Giesebrecht geschickte d. d. kaiserzeit 1, lü; da das staatsieben
nicht einen augenblick stille stehen kann. Bismarck red. 2,37.
2) leben, das gleiehsam zum Staate, nach auszen hin geführt
wird (igl. Staat 3, d): häusliche freuden und pHichten die
immer noch zu genieszen und auszuüben übrig bleiben, wenn
das staatsleben vorbey ist. Gabve anmerkungen zum 1. buche
von Cic. de off. (i7S3) s. 216.
STAATSLEHRE, f. lehre vom slaat, seiner einrichtung und
Verwaltung: slaalslehr, politica Frisch 2,313"; was jetzt als
neueste politische Weisheit aus Frankreich herüber kam, war
für uns im gründe nur ein anachronismus, ein frischer auf-
gusz jener durch Niebuhr und Savigny längst wissenschaft-
lich überwundenen formalistischen Staatslehre, welche das
wesen der freiheit allein in der Verfassung suchte. Tbeitscbkü
d. gesch. i. 702.
STAATSLEHHER, m. «ner der die Staatslehre lehrt, vorträgt,
auch Verfasser einer Staatslehre. Campe: gewaltsame eruberungea
vertraten also die stelle des rechts, das nachher nur durch
Verjährung, oder, wie unsre staatslehrer sagen, durch den
schweigenden kontrakt recht ward. Herder zur philos. und
geschiehte 3,213.
STAATSLEHRIG, adj. zur Staatslehre gehörend, dieselbe be-
handelnd, betreffend. Campe alt Verdeutschung von statistisch neben
slaatenlehrig, s. d.
STAATSLEIB, m. corpus reipublicae. Stielbb 1132; Ismel
nach dem tode seines staalsleibes. Klostermanr gesch. des
Volkes Israel s. 211.
STAATSLEIDEN, n. leiden, gebrechen des Staates: eine grosze
arznei gegen gewisse slaatsleideu. Brentano ges. schnfttn
4, 3'Jl.
20*
31 1 STAATSLEIHHAUS — STAATSMAGAZIN
STAATSMAGD — STA ATSMASCHINE 312
STAATSLEIHHAUS, n. ein vom Staate oder der regierung
errichtetes inslitut, wo den geldbedürfligen gegen \tfand geld ge-
liehen wird, auch staatspfandhaus. Krömtz 164,533.
STAATSLEITER, m. der einen staat leitet: eine lehranstall
für redner und Staatsleiter. Schlosser wellgesch. 2,26'; iim-
stimmung der Staatsleiter. Uhlbobn kämpf des Christentums mit
d. heident. (1899) 225.
STAATSLEITER, f. der slaat in den abftufungen seiner ein-
richtungen einer leiler verglichen: der miltelmann glaubt, die
Obermänner stehen darum auf den höheren sprossen der
stnatleiter, um besser die nachsleiger zu überschauen. J. Padl
flegelj. 4, lü5.
STAATSLEITCNG,/'..* unter Perikles staatsleitung. Schlosser
»eltgesch. 1,416; die verwickelter gewordenen geschäfte der
Staatsleitung. 4,130; traf anordnungon zur Sicherung der aristo-
kratischen Staatsleitung. Beckers irW/^e5c/).3(lS6l),23r>; collectiv-
bezeichnung der Staatsleiter: minister, welche der obersten
staatsleitung unbequem waren. Bisharck ged. u. erinn. 1,211.
STAATSLENKEH, m. lenker eines Staates, maszgebender Staats-
mann: ein erfahrener Staatslenker.
STAATSLEL'CHTER, m. prunkleuchter (vgl. Staat 3, </): in-
dessen die frau nach ihren staatsicuchtero eilte und die rosen-
roten kerzen entflammte. Keller werke 2,ihi.
STAATSLEUTE, plur. i) staatskluge leute, personen, ohne
rücksicht auf das geschlerht. Campe; stalsleule, lernen kein-
mahl aus. Bütschky Pathm., register; zu einer zeit, wo die
staatsleule noch so kindisch waren, ein langes und breites
über das volk und dessen gerechtsame zu schwatzen. Kiinckr
3,40; die Staatsleute in der Schweiz kommen mir in diesem
augenblick vor, wie bauleute, die weder über den risi des
gebäudes, noch über die materialien dazu einig werden können.
11,59; bof- und Staatsleute. 127; Staats- und geschäftsleute. 137;
vor Staats- und weltleuten. 12,163; laszt mir den Staat und
die Staatsleute weg, sagte Pbiline, ich kann mir sie nicht
anders als in perücken vorstellen. Gütiie is, 149; die unart
aller Staatleute und Staatmaschinenmeister, die menschen zu
bandhaben nur wie körper, nicht wie geister. J. PAUi.//e.«p. 4,101.
2) Staatsleute, personen, welche staat machen (vgl. Staat 3, d)
in kleidern, geraten u.s.w. Caiipe.
STAATSLEXICON, n. Wörterbuch von Staatssachen: ein ganzes
staatslexicon der Römer von namen. würden, Staatssachen,
Zeitläuften, curialien. Herder 4, 327 Svphan.
STAATSLIEBE, f. liebe zu einem Staatswesen; von staatsklug-
heit eingegebene liebe: solche seichte staalsliebe. Lobenstein
i4rnitn. 2, 157'.
STAATSLIST, f. ars simulandi. Stieler 1168; stratagema
politicum, artificium rationis Status {als gewöhnlicher ausdruck für
Staatsstreich, s.d.). Frisch 2, 313'; ein labyrinlh der verfloch-
tensten, widrigsten Staatsinteresse, persönlicher anmaaszungen
und Staatslisten. Herdeb briefe su beförderung der humanität,
10. sammig. 121.
STAATSLISTIG, adj. staatslist habend oder zeigend: es (ge-
wisse rate) sind hochgelehrte und staatsiistige leüte. Moscberosch
Christi, vermächtn. 101.
STAATSLIVEREI, f. liverei (s. d. theil 6, 1073) als zeichen einer
Staatsbedienung: der soldat ist erster luhndicner des despo-
tismus in staatsliverei. Herder 5,534 Suphan.
STAATSLOSUNG, f. losung die ein staat ausgibt: wohl des
Taterlandes, ehre der nation wird in ihr (der geschichte) das
feldgeschrei und bei trüglichen Unterhandlungen die slaats-
losung. Hbrdkr briefe zu beförd. der humanität, 10. sammig. 121.
STAATSLOTTERIE, ^. lotterie die der staat veranstaltet : dem
nichsteo briefe legte er (Gleim) einen schein zur hebung
TOD 1000 fl. in einer preuszischen Staatslotterie bei. Voss
briefe 3, 101.
STAATSLOTTO, n. lotto vom Staate veranstaltet: der glQcks-
topf, der bescheidene ahnherr der staatslottos und lotterieo.
Frettac bilder a. d. d. rergangenh. 2, 2, 827.
STAATSI.USTRARKEIT, f.: siaatslusibarkeilen, sowohl die
volkttergnügungen , ah auch die hofvergnügungen , die lustbar-
keiten des Hofes. KrOritz enrykl. 104, 535.
STAATSMACHT, f. macht die ein staat besitzt: statsmacht,
petestas reipubbeae Stiklir 1205; mag der siaat nicht «o sein,
wie er sollte, so Terkennt ihr doch alle prinzipien de« staats-
lebens, «renn ihr darauf ausgehl, die xtuattmacbt tu schmälern
und zu spalten. Alerbach dorfgesch. 2, 180.
STAATSMAGAZI.N. n. magattn, Vorratshaus, welches der staat
unterhält: (elreidegesetz, demzufoli« den ärmeren bürgern der
Stadt monatlich körn aus den Staatsmagazinen zu möglichst
niedrigem preise ... vertheilt werden sollte. Beckers wellgesch.
3 (ISGI) s. 207.
STAATSMAGD, f.: von dem früheren bestreben des Staates.,
die kirche zur staatsmagd zu machen. J. Gottbelf 1, 422.
STAATSMAHLZEIT, f. mnhlzeit auf kosten des Staates: die
vielen öffentlichen fest- und fastenessen (im allen Augsburg), der
'süsze trunk', slaatsmahlzeiten auf allgemeine kosten — alles
kam ah. Riebl culturstudien aus drei Jahrhunderten (1S59) 5. 313.
STAATSMANN, m. l) mann der Staatsangelegenheiten zu leiten
versteht oder dem solche anvertraut sind, im 17. jahrh. nach
franz. homme d'estat gebildetes wort (komme d'etat, honime
qui regit les affaires publitfues. Littrk dict. de la langue franc.
2,2036'): statsmann, politicus Stieler 1237; Staatsmann, poli-
ticus, pacis artibus clarus Frisch 2,313'; mehr mit Hervorhebung
der art, befähigung, einsieht: wer n;ich mode studieret hat,
den tituliret man einen statsmann, hat ein ansehen, und wird
befördert. Bütscrky Pathm. 39; mein vater wird noch sitzen
und die zcitung auswendig lernen, damit er morgen in
seinem kränzrhen den Staatsmann spielen kann. LEssi>r. 1,271
(j.gel.3,2)\ der tugendhafte, der patriotisch gesinnte Staats-
mann. Kl iNGER 11,207; ich hätte den Staatsmann erst hören
sollen, ob der streich auch zu seinen Charten passe? Schmier
3,504 (kab. u. liebe i,S); in der rauhen schule des kricgs er-
wachsen. ... fehlte ihm die geschmeidigkeit des Staatsmanns
und höflings, welche durch nachgeben siegt und durch Unter-
werfung gebietet. 9,300; mehr amt, Stellung und Wirksamkeit
betonend, vorzüglich in der neuern spräche: der grosze Staats-
mann der Römer (Cäsar) dämmte auf einige zeit diese einbrüche
der Germanen. Frevtac bilder a. d. d. vergangenh. 1,48; der
leitende preuszische Staatsmann. Preuszen im bundeslag 1, 21*
auch deine weiblictikeit hat ihre rechte,
der zarte punkt gehört vor dein gericlit,
nicht vor des Staatsmanns.
ScuiLLKR 12, 4S5 {M.Stuart).
plur. Staatsmänner, mit Hervorhebung des geschlechts (vgl. oben
Staatsleute): von Staatsmännern und regenten. Wieland 31. 3U;
die grosze mchrzahl der feldherren und Staatsmänner, denen
Deutschland seine befreiung verdankte, gehörte ja dem adel
an. Treitschke d. gesch. 2,107; jene exklusiven herren der
ritterscbaft sind mehr partei- als Staatsmänner. Preuszen im
bundestag 1, 302.
2) Staatsmann, mann der staat macht in kleidern, geraten
U.S.W. Campe (vgl. staat 3, d); auch in vertraulicher rede uol
von einem, mit dem man staat machen kann, prächtiger mann;
das ist ein Staatsmann! vgl. Staatsmensch.
STAATSMÄISMSCII, odj. und adv. einem staatsmanne (\) eigen
oder gemäsz: so bildete sich nun ganz natürlich der staats-
männische erfahrungssalz: dasz das beste eines klugen nii-
nisters, das beste des fürsten, und durch den fürsten, des
Staats oder des ganzen ist. Klinger 11,230; staatsmännisrbe
ihätigkeit. Dablmann gesch. d. franz. revol. 147; staatsmannischer
tact. 244; mit staatümännischer mäszigung. Treitscbkk d. y»rA.
2,104; er hatte damit begonnen, des herzogs ruhmreiche
tapferkeit und seine erhabene staatsmännische Weisheit zu
preisen. C. F. Meykr Jenatsch 'l'^^; keine einzige staatsniännische
capacitat. Bismarck (;«d. u. erinn. l, 210; auseinandersetzungea
über die staatsinännischen Verdienste. 2,311.
STAATSMANTEL, m. in zwei bedevtungen : l) nach dem
eigentlichen gebrauch von mantel und staat Z,d, mantel von
prächtiger art, mit dem man staat macht, zum Staat getragen:
Staatmantel und staatsmantel Camps.
2) nach der bildlichen Verwendung von mantel S, c (th. 6, 1609):
statsmantel, praetejtus aut velum salutis pubticae. Stielbr 1227.
STAATSMARK, f. eine zu Lübeck, Hamburg, Lüneburg und
Wismar ausgeprägte silbermünze. Jacobssok 7, 417*.
STAATSMASCHINE, f. der staat unter dem Mde einer mn^-hr-r
{vgl. maschine (A«/ 6, 1697 und seilschr. für deutsche woil'
6, 122): einen solchen tiefhiick halt' ich noch nicht in dn^ ii. : <
triebwerk der stsatsmasrhiiie gethan. physiogn.reisen {i;s») 3, \».
selbst das christentbum, sobald es als slaatsmaschirne auf
fremde Völker wirkte, drückte sie schrecklich. Hkrdcr brufe
su beförd. der humanttät. 10. stmmlg. (1797) 114; dasz wenn
der hiinger in den Kophern nicht gewirkt h.ltte, wie in nn>li m
menscbenthieren, die ganze stoatsinnschine bald gesiai '><n
haben würde. Klincrr 6,322 (von I7nj); es haben rrfii > n
gelebt, die die staatsmnschinr mit solchem gepoller, gci
gerltuicb, geklatscbe und ungestüm herum trieben, das/. .]'"''
313
STAATSMASSE— STAATSMÜTZE
STAATSNAHT —STAATSPAPIER
314
augenblick la befürchten war, sie oder die maschine niüszten
davon zerlnimmert werden. 11,4 (von iSOl); dasz unsre staats-
mascbine, wie richtig sie auch einige jähre spielen mag. noch
ehe dreyszig jähre in die weit gekommen sind, wieder ins
stocken gerathen ...werde. Wiela.nd 33,356 (Aristipps briefe
4,43): aber das muszt du doch gestehen, dasz unser staats-
ieben in einander greift wie ein uhrwerk. wenn ich hier
einen druck an der slaatsraaschine anbringe, bewegt sich eine
feder im entlegensten dorfe. Auerbach dorfgtsch. 2,140; je
tiefer ich in das getriebe der Staatsmaschine und des staats-
dienerlebens hineinschaute. 3, ;^; das räderwerk der eng-
lischen Staatsmaschine. H. Heise 6,370 Elster; die schon über-
mäszige friction uusrer staatsmnschine kann nicht noch ge-
steigert werden. Bismabck ged. u. erinn. 2,2;
der staatsmascliin' erfahrner drehen (der minister).
BoiE III Schillers Iwen 1T96, stück 12 s. 32.
dazu staatsmascbinenmeister. J. Pacl Betp. 4,101 (5. den
ieleg vnler Staatsleute).
STAATSMASSE, /. Staat als masse gedacht: so lange die
gibrung der ganzen Staatsmasse dauert. Wieiakd 31,33S (gespr.
unter Her äugen 9); am eine vermoderte Staatsmasse zu stürzen.
Fbe\tag gesammelte aufsätze 1,83.
STAATSMÄSZFG, adj. l) dem Staate und seiner art gemäsz:
staatsmäszige erwägung, staatsmäszige handlun^zen eines
ministers.
2) dem Staat (5. d. Z, d), prunk entsprechend, stattUeh, prächtig;
mundartlich üblich, so baifisch Sch«. 2*, 792; schweizerisch, in
Basel Seiler 27S'; im Koburgschen Fboiiii. 3, 176, 3; aber das
soll alles schön und der stil staatsmäszig sein. Lichtenberg
1,302; und ich sag, der hart paszt ihm staatsmäszig, ersieht
aus, wie der heilig Joseph in der kirch! Auebbach dorf-
gesch. 3. 9.
STÄATSMAXIME, f. richtschnur für den staat und dessen
Uitung: dasz er als ein nebenwerk aber die slaatsmaiimen
aller böfe sich bekannt machen wolle. Gottsched bei Heiciiel
kl. Gottsched-wh. (i9u2) s. 56.
STAATSMEER, n. der Staat einem meer verglichen: ja es
steigen auf dem stats-mere, oder in der land-scbifTart, alle
stunden und augenblikke, auch mitten auf den schönsten
wiesen, gefährliche felsen herfür, die das schiff der hoffnung,
in dem sicheren bort zu führen, nicht verstatten; sondern
offl plötzlich zertrümmern. Bctschrt Pathm. 735.
STAATSMENSCH, m. mensch, der durch sein vesen oder
iusieres Staat macht, jirächtiger mensch; in verlraulicher rede:
i*s ist ein Staatsmensch I vgl. staatskerl, Staatsmann 2.
STAATSMINISTER, m, minister eines Staates (vgl. dazu
minister t/ieii 6, 2-23S) : statsminisler, ministro di stato, ministre
d'elat. RÄDLEI^t europäischer Sprachschatz (1711) 83S"; staats-
minister, s/inc/iorij collrgii consiliariorum niembrum. Fbisch 2,313';
ich selbst bin keine stunde sicher, dasz ich nicht nach Berlin
com staatsminister Schulenburg masz. Göckirci an Bürger
2,266 Strodtmann;
und der herzog wählt ihn gnädig
sich zum ersten staatsminister. AR!fii 7,255.
dazu: Staatsministerium: als mein bruder mich sofort
zom mitglied des staatsministeriumi ernannte. WjrBELM I. bei
BisMARCK ^ed. u. rrtnn. 2. 301; staatsministe rialsitzung.
ebenda; sie sollten sich von den slaatsniinisterialsitzungen
losmachen, l, 210.
STAATSMISZBRAUCH, m. misibrauch der im namen des Staates
geüblen gewall: er {der landtcächter] bat einen staatsmiszbrauch
begangen, herr richter! Rusegceb das sünderglockel (1904) 5. I5l.
STAATSMITBLHGER, m. mäbürger einet staaUs, tlaaUgenosse.
Campb.
STAATSMITTEL, n. plur. besitz, gut, vermögen eines Staates
(«yl. mittel 12, (Afti 6, 23S9) : statsmittel, reipublicae opes, re-
wudia politica. Stieler 12S8; aus Staatsmitteln erbalten, er-
■ihrt werden.
STAATSMOKAL, f. moral in den grundsätxen, nach denen ein
ttaat gtleitet uird: Venedig erlangte den traurigen rühm, die
heimat des durch eine entartete staatsmoral legalisierten
neachelnuirdes zu werden, allgem. vellgesch. 6(lS9t), 29S Grole.
STAATSMÜTZE, f. mütie wie sie ein Staatsmann aufsetzt,
zttfleich mit dem beisinne des prunkenden: ein kerle, welchen
die natur zu einem baculaiio in der a. b. c. schule deputirl
kat, mag so politisch werden als er will, so kuckt doch die
ruihe und der stecken, gleichsam als zwey lange eselsobren
noter seiner staats-mütze hervor. Chb. Weise erzn. 148 Braune.
STäATSN.\HT, f. prunknahl, mit Sorgfalt erstellt, im gegen-
satz zur schlichten; beim Schuhmacher eine naht hinten an den
steifen stiefeln längs des Schaftes, welche nur halb durchgenäht ist,
staatsnath Jacobssoh 4, 243'; staatnaht und Staatsnaht Campe.
STäATSNATL'R, f.: so grosz war damals die kraft der
mittleren deutschen gebiete, so entschieden ihre staatsnatur
in den inneren einrichtungen ausgebildet, dasz das deutsche
Tolk sich in seiner gesammtheit nicht als ein Staat darstellen
konnte, allgem. ueltgesch. 9 (lSS9), 647 Grote.
STAATSNELIGKEIT, f. einen Staat beireffende neuigkeit, neuig-
keit von Staatsbegebenheiten, von Staatssachen. Campe.
STAÄTSNL'TZEN, m.: die so genandte neue statisterey aber,
lehret nichts anders, als einen ieden stat, nach derjenigen
richtschnur, welche bei dem lateinischen ratio statüs, auf
deutsch der stats-nutzen beisset, (es gehe nun recht oder
unrecht zu) bey euserlichen Wohlstände zu erhalten. Botschbi
Pathm. 40.
STAATSOBERHALPT, n. oberhaupl eines staaUs, ßrst, künig,
kaiser u. s. w. Campe: so kann und darf es (das volk) nicht
anders urtheilen als das gegenwärtige Staatsoberhaupt {summus
imperans) es will. Kaut 5,151; Cäsar wollte eben Staatsober-
haupt, nicht oder nicht mehr Parteiführer sein. Beckers
weltgesch. 3(l86i), s. 340. dazu: es lag in der natur der
Sache; bis wieder ein mann auftrat, der es wagte wie Gaius
Gracchus nach der staatsoberhauptschaft zu greifen,
konnten die führer nur lückenbüszer sein. Mommsbn röm. gesch,
2 (lSä5), 490.
STAATSÜRONOMIE, f. Staatshaushalt, staatsmrtschaft: ein
regent, der auf die entwickelung der Innern Staatskräfte
arbeitet, der die staatsökonomie von sich selbst anfängt, für
den tand und pracht keinen reiz haben. Klincer U. 2S; der
erhabene sterbliche {Friedrich der grosze) verstand sich, ohne
zweifei, eben so gut auf mcnscbenkunde, wie auf taktik
und staatsökonomie. Mattdisson sr/iii/it. 3, 35S. da:ustaats-
ökonom, auch von einem, der den Staatshaushalt wissenschaftlich
erforsclit und lehrt; staatsükonomisch, adj.: staatsöko-
nomische maszregeln, vortrage.
STAATSOPFER, n. ein dem Staat«, zum besten des Staates
gebrachtes opfer. Campe.
STAATSORDNER, m. ordner, einrichter eines Staatswesens:
er {Schiller) arbeitete an einem gedichte, dessen held der
mächtig hervorragende seber, gesetzgeber, heerführer und
Staatsordner der urweit war, Moses. Schiller krit. ausg. \, u.
STAATSORD.NLNG, /■. ordinatio politica, statsordnung Stieleb
1399, geregelte einrichtungen eines Staates: natürlich gegliederte
Staatsordnungen. Dahlhakn gesch. der franz. revol. 105; die
grundlagen der Staatsordnung. 352; der verein soll auch die
vortheile unserer geregelten Staatsordnung genieszen. Aderbach
doifgesch. 2, 140; kaiser, landesherren und kirche merkten,
dasz solche heidnische ansieht {sich recht zu suchen nach eigener
tcahl) jede feste Staatsordnung unmöglich mache. Freytag
bilder a. d. d. vergangenh. 2,1,274; mit dem besteben jeder
Staatsordnung sei es unverträglich, wenn ein Staatsangehöriger
für sich das recht in anspruch nehme, gesetze, welche ihm
ungerecht erscheinen, als für ihn nicht gültig zu betrachten.
Preuszen im bundestag l, 35.
STAATSORGANISMUS, m., vgl. Organismus theil 7, 1339:
nicht durch gesetze. nicht durch einen kunstreichen slaats-
organismus, nicht durch ein groszes beamtenheer beherrschte
Otto das abendland. Gieserrecbt gesch. d. d. kaiserzeit 1, 482.
STAATSPÄCHTER, m. pdchler eines Staatsgutes oder eines
Zweiges des staalseinkommens, z. b. vom posttcesen , von salz-
werken. Campe: {veidebefugnis) wofür man den staatspachtern
steuerte. Voss Yirgils Idndl. ged. 3 (1^00) s. 579.
STAATSPAPIER, n. l) gewöhnlich im plur. Staatspapiere,
papiere, Schriften, die den staat und Staatsangelegenheiten be-
treffen. Campe; als ich mich, da eben staatspapiere nach Brüssel
zu überbringen waren, zur reise erboL Gbillpabzeb 15,161;
dasz ein autor, der die neueste gescbicble üeutscblands und
Preuszens auf grund preuszischer staatspapiere schreibt, alles
mit den äugen seiner preuszischen gewährsmänner ansieht.
Pbctz preusz. gesch. 1,9.
2) vom Staat ausgegebenes mertpaiiier: die staatspapiere
steigen, fallen. Campe; nach meiner meinung ist für den staat
nichts ungerechter als eigentliche staatspapiere, so wie unsere
Staaten jetzt eingerichtet sind. Secme spazierg. 1.33; die in-
baber der »taatspapiere. ebenda; ein besitzer preuszischer
ttaatapapiere. Preuszen im bundestag 3,495;
315
STAATSPERSON — STAATSPOST
STAATSPREIS — STAATSRAT
316
bei gott! es war ein wichtiges gespräcb;
sie unierliielicn sicli den ganzen weg
von dirnen und von staatspapicren.
Friiligrath liichiungen 1, 129.
STAATSPERSON, f. person die im Staate eine bedeutende
stelle einnimmt: diejenigen erhabenen «tatspeisonen oderhocb-
bewürdete cavalliers, so sich vor der hilre ihrer gedanlien
kaum wissen zu bergen. Butscbkt l'athm. ~2\ ; siaatspersonen
verlangen in die geüellschaft eingeführt zu werden. Niebuiir
leb. 2, 4>»7.
STAATSPEHÜCKE, f. pTunkperücke {vgl. perücke theil 7, 1569
und Staat 3, d) : die staatsperrücke, 'me art grosier perrücken,
welche von den schultern tief auf den rücken hinabfallen, und
ehedem eine vonügliche tracht nicht nur der regierenden herren
und Staats-minister, sondern auch anderer vornehmen personen
tum Staate war. Adklunc; spanische paruke, staatsparuke
Jacobsson 4, 193';
aur geratlie-wol Terschreiben, andre neben tich verschmSbn,
und sieb bey dem sterbe-beite in der siaats-peruque blälin,
ist so tböricbt als gemein (con einem arzte). Günther 859;
bildlich: während der Aachener regierungspräsident graf Arnim
zwar die generelle staatsperrücke, aber doch keinen geistigen
zopf trug BisMARCK ged. u. erinn. 1, 10;
die staatsperücke der manierlichkeit
bedeckt gewöhnlich einen haubenstock
statt eines wiizigen gehirns. I'latkn 197;
träger eines solchen, bild für einen steifen, aufgeblähten menschen
vornehmer abkunft: der bräutigam, eine kalte staatsperücke
TOD widrigem gesiebte. Heinse Ardingh. 1,9».
STAATSPEST, f. pestis reipublicae, i. e. eversor et hostis salutis
publicae, statspesl Stieler 1429.
STAATSPFANDHAUS, n. ttaatsleihiiaus {s. d.). KrCnitz 164,
533. 563.
STAATSPFIFF, m., wie 8taalskni£f, als wort vertraulicher oder
niedriger Sprechart. Campe, vgl, pfiff 3, theil ',l6',il.
STAATSPFLICHT, f. pflicht des Staates gegen seine glieder
und Pflicht der glieder gegen den Staat. Campe; statsptlicbl,
juramenlum reipublicae praestilutum. Stiei.br 1447.
STAATSPFHÜ.NDE, f. pfründe (s. d. 2, theil 7, 1800), die der
Staat reicht: die staatspfründen ... im alten bestände zu lassen.
Gutzkow ritler vom geiste 1, 224.
STAATSPFUSCHEUEI, f. ardelionatus, polypragmasyne, stats-
pfuscberey Stieler 1453.
STAATSPLAN, m. plan zur einrichtung eines Staates oder
seiner Verwaltung. Campe: die kalte gescbichte rechnet unter
der regel eines angeblichen positiven rechts nach staatsplanen.
Herder briefe xu beförd. der humanität, 10. sammig. 121; einen
edleren maasstab des Verdienstes ... als den jene willkübr-
liche staatsplane enthielten, ebenda; daher erscheint die ganze
gescbichte des jüdischen vulks ... ein diamantnei, fortschrei-
tender fingerzeig auf die jobelperioden und stautsplane der
göttlichen regierung. Hamann 7,56.
STAATSPLATZ, m. prunkplatz (staat 3, d): {allegorien mit
attributen) wenn sie auf triumphbogen, oder auf Staats- und
ehrenplatzen erschienen. Herder t. schon, kt. u. kunst 17, 14:>.
t. Staatsraum.
STAATSPOLITIK, f. staatskunst, kunst, den Staat zu regieren
und ihre anwendung {vgl. dazu polilik (/iei7 7, 1979): Staats-
politik, Staatsklugheit KrCmtz encykl. 164,565; die persön-
liche, der staatsraison in der regel zuwiderlaufende pnlitik
der kaiserin Augusla fand in frau von Mübler eine bereit-
willige dienerin, und herr von Mühler, wenn auch ein ehr-
licher und einsichtiger beamter, war doch nicht fest genug
in seinen Oberzeugungen, um nicht dem bausfricden con-
cessionen auf kosten der Staatspolitik zu machen. Hismarck
ged. u. erinn. 1,302; militärische ressoripolitik .. . der ich den
entscheidenden einllusz auf die stoatspolitik und deren Zu-
kunft nicht einrtiuinen konnte. 2,3s
STAATSPOLIZEI, f. vom Staate geleitete polisei {vgl dazu
polizei 2, theü 7,1982) und deren organe, behörden und beamte:
•taatspoiizey KrCnitz eneykl. 16I, 5(j.'i. dazu: eine ernste,
• taatspolizeilich erlaubte beiterkcit belebte die gesell-
•cbafu J. MosEN (11)63) 8, 5t; dasz . . . seine {iahnt) enllassnng
jedoch dem hoben justizminislerio anzuzeigen sei, damit die
dabei etwa nötigen stautspulizeilichen maszregeln zugleich
getroffeD werden könnten. Jahn 2,109; das langwierige staals-
polizeyffescbflft (visieren dtrpAsst). Mattbissun icAri^f. 3,378.
STAATSPOST, f. vom Staate eingerichtete und verwaltete potl.
ktOMiTi tncykl 104, CI3.
STAATSPREIS, m. vom Staate gewährter preis für eine hervor-
ragende leistung: wie viel austheilung der staatpreise wirken,
sehen wir in olympischen spielen und römischen triumphen;
ganze Völker wurden beflügelt. J. Paul nachdämmerungen 79.
STAATSPROPllET, m.:
klüglicli nimmt er (der hmoq) an den jungen
sicIi zum hoT- und staaisproplieten,
dasz er ilim die kröne halte:
der nun alles weisz, was künTtig,
bringt die weit gar bald zum ende. Arnim 7, 256.
STAATSPRÜFUNG, f. i) 'die prüfung, welche der regent am
Schlüsse eines jeden Jahres über die staats-verwallungsbehörden
durch einreichung der berichte über den zustand ihrer Verwaltung
an.4elll, um daraus zu sehen, ob das volk im laufe des Jahres
glücklicher geworden sey oder nicht'. KrCnitz encykl. 104, 613.
2) prüfung behufs erlangung eines staatlichen amtes. ebenda.
STAATSPUPPE, f.: man musz also zwar den fürsten nicht
zu einer groszen staatspuppe machen. Gottsched bei Reichel
kl. Goltsched-wb. 56.
STAATSQUACKSALBER, ra. quacksalber am Staatskörper,
ungeschickter staatskünsller: die politischen kannengieszer und
staatsquacküalber unserer zeit. Bode bei Campe.
STAATSRAD, ri. rad des Staatswagens {s.d.): höchstens
diesz kann man verstehen, dasz die idylle als ein voliglück
der beschränkung, die menge der mitspieler und die gewalt der
groszen staatsräder ausschlieszc. J. Paui. vorsch. d. dslh. 2, 132.
STAATSRAISü, m. rang den ein staat unter Staaten einnimmt:
die allgemeine stimme musz über den werth des bioszea
Staatsranges und seiner zeichen ... siegen. Herder briefe zu
beförd. der humanität, 10. sammig. 119; auch wol rang, den einer
im Staate einnimmt.
STAATSRANK, m. rank eines Staatsmannes, eines staatsklugen.
Campe, vgl. rank und rank 4 und 6, theil 8, 100/'.; gewöhnlich im
plur.: daher seyn alle die stats-regeln, die man aus ihm
{Tacitus) lernen kan, nichts anders, als Unterweisung zur
tyranney und Ungerechtigkeit, auch heucheley und betrug,
und andern schlimmen statsrencken. Butscbkt Palhm. St;
slaatsränke der nachbarn. Lobenstein Armin. 2, 156'.
STAATSRAT, wi., in zwei geschiedenen bedeutungen.
1) nach rat 10 und 11, theil 8, 109/'., behörde zur beratung über
Staatsverwaltung und Staatsangelegenheiten. Adelung: geheimer
staatsralb, oberstes coUegium dieser art. ebenda; staatsralb, der
über krieg und frieden und die auswärtige sicherheil wachte.
Schiller krit. ausg. 7, 93 {yesch. des abfalls der ^Niederlande l);
jeder provinzstatthalter war zugleich ritter des vliesses und
mitglied des staatsralhs. ebenda; unterdessen herrschte Gran-
vella beynahe unumschränkt in dem staatsrath. 115; das con-
sistorium, der staatsrath des kaisers (Constantin) . in dem
vornehmlich die ersten hofbeamten . . . ihren sitz hatten.
Giesebrkcht gesch. der d. kaiserzeit 1,43; der bundesrath re-
prüsentirl die regierungsgewalt der gesammtsouveriinetät von
Deutschland, dabei etwa dem staalsrathe unter andern ter-
bältnissen entsprechend. Bismarck ged. u. erinn. 2,190; die
beratliung des staalsiaths ist heut zu tage informatorisch nicht
nur für den könig, sondern auch für die verantwortlichen
minister. 271; den Staatsrat berufen, entlassen, schlieszeu,
vertagen, dem Staatsrate Vorsitzen, Staatsrat hallen;
mau soll nicht sagen, dasz in deinem staatsrath
die leidenschart, die Selbstsucht eine stimm«
gehabt, nur die barralicrzli;keii geschwiegen.
ScuiLLiR 12, 450 (.Wuiia Stuart 2, 3);
das will im staatsrath erst erwogen sein.
IltBBKL 6, 67 {üemrlrius. 2, 9);
in scharf eollediv - persönlicher bedeutung: saal des Ibrones.
Staatsruth in erwartung des kaisers. Götbe4I,8 {Faust II, \}.
dazu: staatsratsprflsident; staatsratssi i zu ng; das
aufgeben einer geheimen staatsratstelle, obgleich letztere
mehr einbringt als das beste öffentliche tribunal. U. IIkink
4, 14 Kliter.
2) nach rat 12, theil 8, 172, einzelnes mitiilieä eines staalsr>>i^ ( 1 1 :
slatsrahl, sanetioris constlii Senator Stielkr 1517; zu fi
zeit aber erhielten alle staatsräihe, die sich unter ~
{GranvfUas) Verwaltung freiwillig verbannt hatten, von ilem
bofe befebl, sich im sennl zu Biüssel wieder einzufinden.
ScaiLLKR 11,133; das consistorium, der staatsrath des kaisers,
in dem vornehmlich ... die befeblshabcr der kaiserlichen Icih-
Iruppeii neben den slaatsrttlhen ihren sitz balteo. Gicsksricrt
gcfrh. der d. kaiserzed 1,4S; so saszen sie uun erstaunt und
ichweigcud auf ihren slUhieu gleich fuiif staatsrftten. KkLLSS
317 STAATSRÄTLICH — STAATSREGEL
werke 6,241; als titel: der staatsralh von Linde. Preuszen im
hitideslag i, 12, 13; 'in welchem falle die galtin desselben staats-
räthin benannt wird'. ADELD.fG. Campe.
STAATSUÄTLICH. adj. dem Staatsrat zugehörig, ihn betreffend:
bei der staatsräthliclien verbaadlung. Grillparzbr 13, 163.
STAATSRAUM, m. firunkraum {vgl. Staats, d): auf münzen
eodlicli, zumal unter den Römern, ward der allegoiie ein staats-
raum gegönnet; ansehnlich, aber kalt, oft anmaszend. hier
traten nun die personiticirten lugenden auf, die wir gewöhn-
lich allegorien nennen. Herder i. schön, lit. u. kunsl 17, 145.
tgl. Staatsplatz.
STAATSRECHNUNG, f. rechnung (s. d. 1, a, theil 8, 335) über
ttaatsbedürfnisse und Staatsverwaltung: auszüge aus den jahr-
lichen Voranschlägen der einnahmen und ausgaben, aus den
Staatsrechnungen. Keller irerfce S, ISS; vgl.: das staalsrech-
nungswesen begreift ... die ganze bewirthschaftung des staats-
«rmögens in sich, in so fern es hier auf die berechnung
und Verrechnung aller gegenstände ankommt, die zum staats-
vermögen gehören, und rechnungssummen abwerfen. Krümtz
encykl. 164,624 ; auf slaatsrechnung, auf rechnungsmäszige kosten
und vortheil des Staates: Turgot trug nicht auf freye ausfuhr
{des getreides) ins ausländ an, ihm genügte die hergestellte
freyheit des inneren Verkehrs und dasz die magazine auf
staaisrechnung aufhörten. Dahljia.'«:« gesch. der franz. revol. 54.
STAATSRECHT, n. das für einen staat geltende, innerhalb
seines umfangs ausgeübte recht, gesamtheit der grundsdtze, durch
die öffentliche rechte und pflichten in beiug auf einen Staat fest-
gestellt werden: slatsrecht, jus reipublicae Stieler 1552; das
deutsche Staatsrecht, jus publicum Adell^c; es geht hiermit,
wie mit der politischen idee eines Staatsrechts, sofern es
tngleich auf ein allgemeines und machthabendes Völkerrecht
bezogen werden soll. Kant 5,145; von dem gemeinen deutschen
Staatsrechte war in der anarchie des deutschen bundes wenig
mehr übrig, mit der betrachtung eines der neununddreii^zig
souveränen einzelstnaten mochte sich niemand begnügen, also
verfielen alle politischen Schriftsteller unwillkürlich in die
abstraktionen des sogenannten allgemeinen constitutionellen
Staatsrechts. Treitscbke d. gesch. 2, lOS; Aristoteles erklärt
die freundscbaft für das höchste politische gut. dies dünkt
uns neueren kaum verständlich: in unserm Staatsrecht —
nichts von freundscbaft I in unserer politik — nichts von liebe!
RtCHL aus der ecke (1890) t. 4. dazu; eine Staatsrechts-
frage zur erörterung stellen; Staatsrechtslehre; staats-
rechtslehrer; zur wahren freude unsrer staatsrechts-
liebenden Deutschen. Müjer patr. phant. 2,177; von natur-
und Staatsrechtswegen. BtjRCER 350* {s. den beleg unter
Staatsgewalthaber); Staatsrechtswissenschaft (KrOnitz
1«4, 627).
STAATSRECHTLER, m. der Staatsrecht studiert und lehrt;
mit leicht spöttelndem beisinn: als historiker und staatsrechtler
hatte er {hofrat Böhme) einen erklärten hasz gegen alles was
nach schönen Wissenschaften schmeckte. Götbe 25,49; an die
staatsrechtler. Überschrift eines gedichts bei Plates 57*.
STAATSRECHTLICH, adj. und adv. dem Staatsrechte eigen
oder gemäsi. Caiipe: engeres staatsrechtliches band. Giese-
BREcHT gesch. der d. kaiserzeit 1, 480; die staatsrechtjichen hand-
langen. C. F. Meyer Jenatsch 88; dasz für den ausfali des zu
fassenden bundesbeschlusses nicht sowohl staatsrechtliche
gründe als politische rücksichten entscheidend sein werden.
Preuszen im bundeslag 1,329; meine ernennung zum ministcr-
praesidenten behielt der künig vor, bis er mit dem fürslen von
Hohenzollern, der staatsrechtlich diese Stellung auch inne
hatte, die desfalisige correspondenz beendet haben werde.
BisHAKCK ged. u. erinn. 1,269; dasz zwischen dem gesammten
Deutschland und der habsburgischen monarchie eine staats-
rechtliche Verbindung bestand. 2,237.
STAATSREÜE, f. politische rede: statsrede, oratio de re-
publica. Stieler 1541. auch mit dem sinne des höfischen prunkes:
die hof- und Staatsreden sind nur kurze reden, die an höfen
bei gewissen feierlichkeilen gehalten werden, hierzu gehören:
giöckwunschreden aller art, antrage von gesandten oder bot-
scbaftern, einführungsreden, landlagsreden u. s. w. KrCnitz
encykl. i6i, hl, dazu staatsredekuast Beckers weltgisch.
14, 447.
ST.^ATSREDNER, m.: Cicero, der damals zuerst als staats-
redner auftrat. Beckcrs weltgesch. 3 (I86l), 265.
STAATSREGEL, f.: stalsregel, ratio Statut, canon politicus
Stieler 1577, majrime ou art ajiome poütique RioLEi.*« 836'; alle
STAATSREGENT — STAATSSACHE
318
die stats-regeln. Bctscbkt Pathm. 30 (s. den beleg unter staals-
rank); und da, sagte er, sey es am zuträglichsten für ihn,
wenn er mit den Atheniensern die herrschoft theilete, indem
ihre slaatsregeln sowol, als wirkliche kriege, seinen vortheilen
gemäszer sein. Heilsian Thucyd. 1084; jedes volk hat an der
spitze seiner geschichte einen Zeitraum, wo nicht gesetz und
Staatsregel, sondern die freie kraft des einzelnen die ent-
wickelung der öffentlichen zustände bedingt. E. Reosz ge-
schichte der heiligen Schriften alten lest. § 93.
STAATSREGENT, »n. .• ein wunderbares tragisches bild,
der Staatsregent von Schottland, wie er eigenhändig den
Schlüssel zur person der königin überliefert. Lcdwig 5, 3S9.
STAATSREGIERUNG, f. 'die oberste leitung aller Staats-
angelegenheiten, sowohl der inneren, als der äuszeren'. KrCsitz
encykl. 164,723; so gelangten denn die plebejer zu einem gebüh-
renden antheil an der Staatsregierung. Beckers weltgesch. i,z~l;
auch die dafür bestellte behörde: wenn du dich an die staats-
regierung jener landschaft wendest. Freitag verl. handschr. i,53.
STAATSREICHTÜM, m. reichtum eines Staates. Campe.
STAATSRELIGIO.N, f. 'diejenige religion, welcher sowohl der
regent, als auch der gröszte Ihdl des volks in einem Staate zu-
gethan ist'. Kri^sitz encykl. 164, 723; wo ihm {dem Griechen) der
glaube helfen mochte, war er scheinheilig und hütete sich
der neuen staatsreiigion {dem christentume) ein ärgernisz zu
geben. Freitag bilder a. d. d. tergangenh. i, 106; der Christen-
glaube wurde Staatsreligion. 217.
STAATSRETTEND, part. den Staat aus einer gefahr, vom
Untergang rettend: zur zeit der staatsrettenden reformen waren
die leitenden beamten und die Junker todfeinde gewesen.
Protz preusz. gesch. 4,173; in der staatsrettenden thätigkeit
Metternichs. 200; darin lag das demoralisierende dieser 'staats-
rettenden anarchie'. 315.
STAATSRETTER, m.
STAATSRETTLNG, f.: wenn in der europäischen politik
Wendungen eintreten, die für Oestreich- Ungarn eine anti-
deutsche politik als Staatsrettung erscheinen lassen. Bisxarck
ged. u. erinn. 2,250.
STAATSREVIER, n. bereiek de» staaUtf tlaat nach seiner
räumlichen ausdehnung:
so überraschte mich mit Ihr {der kSniqin)
der kronenträger selbst in seinem schlaf-Iosier,
und zwang mict) meinen kopT und kragen
aus seinem sctiönen Staatsrevier
durchs kammerfenster wegzutragen.
BCRGER llü* (*ö/.('ytfi w. Golkondf 659).
STAATSREVOLÜTION, f: beim ausbruch oder im fortgang
einer staatsrevoluzion. Wieland 31,321. 5. Staatsumwälzung.
STAATSRICHTER, m.: es {das staalsgericht) soll aus meh-
reren miigliedern besteben, welche den namen Staatsrichter
führen. KrOnitz encykl. 16,438.
STAATSRISZ. m. damnum reipublicae, statsrisz Stieler 1594.
STAATSROCK, m. prunkrock {vgl. Staat 3, i), bei Caipe
staatrock: meinen staatsrock her... und ein weiszes man-
schettenhemd! Schiller 3,407 {kab, u. liebe 1, i).
STAATSROMAN, m. 'ein roman, sofern dessen absieht ist,
durch eine erdichtete geschichte regierende herren und staatsminister
zu bilden'. Adelung.
STAATSRÜCKSICHT, f. rücksieht die man auf den staat nimmt:
Schmeichler stellten ihm {Antonius) vor, dasz Octavia ihm
dl ch nur aus Staatsrücksichten verbunden sei, Kleopatra aber
aus liebe für ihn alles ... preis gegeben habe. Beckers welt-
geseh. 3 (IS61), 376.
STAATSRUDER, n. leüung des Staates unter dem bilde des
Staatsschiffes {s. d.) durch dasruder: sie {Egmont, Hoorn, Oranien)
erklärten, dasz das allgemeine miszvergnügen nicht aufhören
würde, so lange dieser verbaszte prälat {Grantella) am staats-
ruder säsze. Scbiller krit. ausg. 9,9; das staatsruder, dessen
sich die herrsciiende geldaristokratie täglich mehr und mehr
bemächtigt. H. Heine 6,361 Elster; als . . . das staatsruder bei
wachsender gefahr keinen routhigen Steuermann gefunden.
C.F. Ms^ER Jenatsch hl. vgl. slaalssleuer, n.
STAATSRUHE, f.: regimenisruhe sire statsruhe, reipublicae
tranquillitas. Stieler 1635.
STAATSRUMOR, m. turbamenta reipublicae, statsrumor
Stiei er 1640.
STAATSSACHE, f. sache die den staat und dessen Verwaltung,
in älterer spräche auch den fürstenhof betrifft: die Staatssache
AbSLUNC; so bald die republik durch die frösche in gefahr
gesetzt wird, sehen sie, so wird eine Staatssache daraus, und
319 STAATSSACK — STAATSSCHÖPFUNG
STAATSSCIIREIBER— STAATSSEELE 320
da haben die priester der Latonia nichts drein zu reden.
Wieland 20,237 (Abderilen 5,5); gewöhnlicher im plural: slals-
sachen, des affaires d'elal ou des malieres politiques. Rädlein s36';
die gehcitnnisz und staat-sachen vornehmei- fürsten und herren,
dardurch sie dem gemeinen mann die äugen verkleistern und
Terschmieren. Schüppiüs 420; nun ist zwar der Tacitus Je>z-
wegen zu luben, dusz er . . . viel sonderl)ahre statssachen in
sich begreiffet von hofhaltungen, iebensarten, rathschlägen
und gcwohnheiten fürstlicher pcrsonen. Butschkt l'athm. 30;
andre hingegen deuteten es für eine grosze kübnheit, dasz
ein junger mann von etwa dreyszig Jahren . . . sich unter-
stünde, über geheimnisse der staatssnchen ... zu lesen, und
die ailergrüste hofT-politic als eine schul-wissenschaTt tractiren
wolle. Cor. Thomasius von nachahmung der Franzosen s. 15;
weder ihr noch ich mischen unsz ja in keine stadtssachen.
Elisabeth Cbablotte briefe aus den jähren 1707 bis 1715 s. 50;
von stadssachen reden, s. 599; auf welthündel und Staatssachen
verstehen sich euer ehrwüideu nicht. Wielard 20,225 {Ab-
deriteri 5,4); Staatssachen sollte der mensch, der drein ver-
setzt ist, sich ganz widmen. Gütbe briefe 5,55 (von 17S1); der
einzelne aber niusz zuvor in seinem eigenen wescn die billig
hcrrscheniien gewallen von den billig dienenden unterscheiden
lernen, ehe er von Staatssachen zu urteilen unternimmt.
Dahlharn poUtik s. 0; von höchst wichtigen sachen im allge-
meinen: ha! die assemblee (eine gesellschaft von bauerweibern)
kömmt, ich musz doch hören, was für stoatssachen sollen
abgethan werden. C. F. Weisze kom. opem 2, 121.
STAATSSACK, m,: herrn- sive statssack, fiscus, saceUus,
in quo aera publica deferuntur. Stieler 1658.
STAATSSÄCKEL, m. ßscus, Staatskasse: wenn er es {der
bund das geld) sich nicht verschafft, so wird der preusziscbe
Staatssäckel Toraussichtlich dafür einstehen sollen. Bismarck
red. 4, 1S2.
STAATSSCHABRACKE, f. prunkende, prächtige schabrackt
(s. d., tÄCTiS, 1955):
ob mancher lösung stolz und kühn,
ritt ich in schön gestickter jacke,
auf meinem Tuciis die Staatsschabracke,
froh, wie ein prinz, durch liiiuieisgrün. Kinb 1, 202.
STAATSSCHATZ, m. vorrat von mittein, besonders geld, den
der äaat besitzt: der Staatsschatz war leer. Beckers weltgesch.
3(1861), s. 293.
STAATSSCHICKSAL, n.; die auslegung sylällinischer bücher,
die den Römern das Staatsschicksal vorher verkündigt haben
sollen. Kant lo, 198.
STAATSSCHIFF, n. der staat unter dem bilde eines schiffes
(vgl. Staatsruder, Staatssteuer): ists nicht genug, dasz ein
paar fürstliche lungentlügel sich Staaten als flugliäute an-
setzen, und dasz ihr ullimen wie moussons die Völker be-
wegt: müssen noch vollens die kranken blähungen des Zufalls
dazukommen, als Wirbelwinde der armen staatschiHe? J. Palm.
ddmmerungen s. 57; umsonst verlangt er (Vemades) Verzeihung,
. . . weil er nur die trümmer des staatschilTes im Schiffbruch
lenke. Böckb Staatshaushalt der Athener \ (ihm), 2iZ; der könig,
der . . . das Staatsschiff in einen andern kurs herumgeworfen
halte. Pbltz preusz. gesch. 3,290; der kaiser Franz Joseph ist
eine ehrliche natur, aber das östreichisch-ungurische staats-
schiff ist von so eigentbümlichcr Zusammensetzung, dasz
seine Schwankungen, denen der monarch seine hallung an
bord anbequemen musz, sich kaum im voraus berechnen
lasten. Bisma«ck ged. u. erinn. 1,350;
das staaitschiir herbergt seine ratten,
die werden Tett und haben's gut.
wird leck das schifT auf Tels und walteu,
dann erst vergeht die böse brut.
llorFMiNN V. Fallcrslkibn mein leben 6, 943.
datu: politische konjunkturen, welche die umsichtigste führung
uosers staatsschiffleins erfordern. C. F.Mkyek Jenaisch 20;
die eine bSlfte des graduierten fleckens ging im werkeitag-
gescbirr, im staatscbiffziehen der arbeit, die andere
scbwamm im buceotauro der lust recht aufgeputzt dahin.
J. Paul palingeu. Ol.
STAATSSCHMLCK, ni.; die nacbwell bat von ihm (Karl
dem groiien) geerbt, was i'-r, sofern ers konnte, zu unter-
drücken oder zu besiero suchte, vatallen, slSnde und ein bar-
bariscbes geprange des franLincben staatsscbmuckes. Hkrüeii
2. phiL u. geuh. 7, 143 (idrtn zur phil. d. geteh. IH, 9).
STAATSSCnöPFUNO.A: die neudeutsche weit- und siaati-
tcbOpfuog. Bkcrirs weltgetck, 14, 443; die begonnene reorgani-
sation vor seinen (Napoleons) eingriffen zu schützen, riet er
(S<(tN), möge man sie für eine nachahmung seiner staats-
schöpfung ausgeben. Prutz preusz. gesch. 3,456.
STAATSSCHREIBEH, m. bezeichnung eines höheren Staats-
beamten: man solle zehn münner als slaatsschreiber wälen.
diese sollen einen Vorschlag von der besten einrichlung des
Stadtwesens schriftlich entwerfen. Heilhan Thucyd. 1108. in
schweizerischen kantonen führt der obersU Verwaltungsbeamte den
titel Staatsschreiber.
STAATSSCHRIFT,/, ^eine schrift, welche die gerechtsame oder
Verhältnisse eines Staates belrifjft'. Adelung; staatsscbriften, hier-
unter versteht man sowohl die altin Urkunden oder doku-
inente, diplome u. s. w., welche den Staat betreffen, und in
den Staats- und andern archiven aufbewahrt werden, als auch
eine jede Schrift, welche Staatsverhältnisse berührt. KrInitz
encykl. 164,725; in staatsscbriften, so die angelegenheiten und
rechte hoher bäupter und polentzen betreffen. Leibnitz «n-
vorgreifl. ged. s. 29 Schmarsow; ein alter offizier verzögerte
noch um eine ganze stunde den scbwerralligen Umlauf dieser
slaatsschrifl. Thümmel mse 2, 128; er (Zwingli) war die seele
des geheimen und des offenen raths, lehrer und prediger,
Staatsmann und diplomat und schrieb mit der gleichen feder
theologische abhandlungen, sittengesetze, staatsscbriften und
kriegsplane. Keller 6, 3S6; in der that hat dieses votum (ein
hannoversches Separatvotum in der holsteinschen frage) weniger
den Charakter einer Staatsschrift, als den eines publicistisrhen
libells. Preuszen im bundestag 3,399; dasz man die letzleren
(antrage) der in staatsscbriften üblichen rücksichtsvolleren
formen entkleidet. 406; die von mir gelieferte vier seilen
lange staatsschrift. Bismabck ^ei. ti. «rinn. 1,89.
STAATSSCHRIFTSTELLER, m. der Verfasser einer staaU-
schrift, publicistischer Schriftsteller. Campe; des D. Tuckers, eines
eifrigen staatsscliriftstellers. Hebdbb briefe zu befürderung der
humanität, 10. sammig. 115.
STAATSSCHUH, wi. prunkschuh (vgl. Staat 3,d): schuster,
welche vor die andern Insulaner gemeine schue von den
häuten der meerthiere und denn auch staatsschue von hirsch-
und rehleder machten. Felsenb. l, 134.
STAATSSCHULD, f. geldschuld die auf einem Staate lastet:
patent . . . durch welches der zinsfusz der Staatsschuld von
5 auf 4 piocent heraligesetzt wurde. Gbillparzeb 15, 1I3; wo
hätte der Staat die Verbindlichkeit, den reichen auf kosten
der armen ihre kapitale zu verzinsen? und das ist doch am
ende das facit jeder Staatsschuld, jede Staatsschuld ist eine
krücke, und krücken sind nur für lahme. Seche spazierg. 1,94;
gewöhnlicher im vereinzelnden plural Staatsschulden: ein groszer
fehltritt . ., sich aus der Verlegenheit wegen groszer Staats-
schulden dadurch helfen zu wollen, dasz er (der herrschet)
es dem volkc übertrug, diese last nach dessen eigenen gut-
iiefinden selbst zu übernehmen und zu verlheilen. Kant 5,178;
dasz durch die Staatsschulden die ärmeren gezwungen sind,
auszer der allen last auch noch den reichen Interessen zv
bezahlen, sie mögen wollen oder nicht. Seche spazierg. \,H;
sie legten die ganze summe der Staatsschulden vor; sie zeigten
die ganze erschöpfung aller quellen. Pestalozzi Lt>n/i. 3, 304;
maszregeln in betrelT der bisherigen Staatsschulden. Preusten
im bundestag 3,473. dazu: grosze ferligkeit der Staats-
seh u Idenina c her. Klingrb 12,54; Staatsschulden-
tilgung; Staatschuldenverwaltung; Staatsschulden»
Verzinsung; Staatsschulden wesen; staatsschuld-
brief, staatsschuldpupier KrCnitz encykl. 165,335.34t;
Staat sscb uldschei n ebenda $.360; besilzer preuszziscber
staatsschuldscheine. Preuszen im bundestag 3, S6; statt«»
Schuldverschreibung KrC.mtz 165, 3Uü.
STAATSSCHL'LDNER, m. der gegen den Staat eine gtU'
schuld hat.
STAATSSCHULE, f. von der regierung eines Staates errichtete
schuht tum unterschiede der privatschulen , welche von privaten
errichtet werden. KbCnitz encykl. 165,361; schule für dif '-•(?""•
eines Staates, bildlich: und so ward diese reise unsrrr>
lauihtigslen Friedrichs eine wahrhafte slaatsichule dri > :
Cottscbrd bei Reicbkl kl. Cottsched-wb. s. M.
STAATSSEELE, f. in der form staalseele: wenn es eiiu
bekannte klage ist, dasz die neuem Staaten mehr stnatkörper.
die alten hingegen staatscelrn sind, welche mehr mit dem
geistigen bewegten und verknUpflen durch beredsamkeit, dnirb
titlen, durch musik, nicht durch hölzerne rüderwerke df»
formalisinus. J.Paul friedenpredujt an Deutschland 1.41.
32 t STAATSSEKRETÄR— STAATSSTREICH
STAATSSEKRETÄR, fn. Campe, mit der veTdeulsehung staats-
geheiraschreiber . der geheimschreiber bei der obersten Staats-
behörde; als tüd: der Dachstebende brief des Staatssekretärs
Ton BQlow. BisMABCK ged. u. erinn. 2, 167.
STAATSSICHERHEIT, f.: Verletzung der staatssicberheit
Kam rechtslehre (r.9B) s.V.O.
STAATSSIEGEL, n. das grosze Siegel eines Staates, mit velcbem
die in der staatskamlei ausgefertigten sacken besiegelt wertfen.
Campb; (die) märtyrer Felii, Regula und Exuperantius, welche
trotz aller reforniation zur stunde noch, die häupter in den
bänden, das Zürcher Staatssiegel bilden. Kelleb «erke 6, 367.
STäATSSITTE, /:; nicht die anstandspflicbt monarchischer
Staatssitten, sondern die pflicht historischer gerecbtigkeit
thigt zu dem urtbeil, dasz nur das feste vertrauen auf
iedrich Wilhelms anverbrüchliche treue die deutschen forsten
uewegen konnte ihre Souveränität freiwillig zu beschränken.
Tieitscbre d. gesch. 4, 406.
STAATSSORGE, f. sorge um das wohl des Staates; im ter-
einielnden plural: ist dies der verschlossene kanzler mit den
kalt prüfenden bücken und den Staatssorgen, fragte ich mich
verwundert. C. F. Meyer der heilige 72; die wachsenden staats-
sorgen. 107; hier liesz er sonst die Staatssorgen vor der thür
und freute sich in züchten des lebens. Jenatsch 95.
STA.ATSSPARBGCHSE, f.: ich fühle mich ... glücklicher
in einem lande, dessen natur reicher ist, als dasz es nüthig
wäre, dem unterthan die staatssparbücbse beständig vorzu-
kalten. Hebder briefe zu beförd. der Humanität, 6. sammig. 80.
STAATSSPRACHE, f. amtliche spräche eines Staates; in der
form Staatsprache: das latein als Staat-, als altar- und als
kathedersprache (im miUehUer). J. Paul nachdämmerungen 98.
STAATSSPRCCH, m. spruch, ausspruch des Staates oder im
namen des Staates. Cahpe.
STAATSSTELLE, /". staaUamt und Staatsbehörde. Campe.
STAATSSTELLUNG, f. amtliche Stellung im Staate: eine
Staatsstellung einnehmen, bekleiden.
STAATSSTELER, f. Steuer die an den staat entrichtet «ird:
seine Staats- und gemeindesteuern bezahlen.
STAATSTEUER, n. leitung des Staates unter dem bilde des
Uaatsschiffes (s. d.) durch das Steuer: das staatssleuer ergreifen,
führen, am Staatssteuer sitzen. vgL staatsruder.
STAATSSTRASZE, /. l) Strasse auf kosten des Staates lur
Verbindung seiner hauptsächlichen orte unter einander angelegt
und unterhalten , im gegensatx su den bloszen gemeinde- und
nachbarwegen {vgl. nachbarweg theil 7,2b): Lcutershofen vrar..
ein raarktflecken au der slaatsstrasze. Auerbach dorfgesch.-2.-20b.
2) stattliche strasze, prunkstraste : das (Augsburger) bäcker-
sonfthaus steigt am Perlacbherg ganz breit und sicher aus
dem eigentlichen quartier des handwerks empor und blickt
mit der vorderen Schmalseite keck in die slaatsstrasze der
inehmen leute. Riehl culturstudien aus drei jahrh. s. 275.
STAATSSTREICH, m. l) in äUerer spräche ein staatskluger
streich: statsstreich. coup d'etat, coup de politique. Rädlein 836^;
Staatsstreich, stratagema polUicum, artißcium rationis status, vulgo
staalsfinle, staatslist. Frisch 2,313'; Staatsstreich, 'uneigenllich,
jedes gelungene unternehmen zu gunsten des Staates, besonders
gebraucht man dieses wart bei vorlheilhaften Unterhandlungen, auch
bei anleihen oder andern geldgeschäften zum nutzen'oder rortheile
des Staats'. KrChitz encykl. 165,362; (mir ist bewust) dasz die
staalsklugheit der meisten heyrathen kuplerin, aber auch die
Terfälscherin der reinesten liehe, und das giftigste scheide-
wasser der verknOpftesten hertzen sei. weil aber der himmel
nichts minder der urheber keuscher flammen, als ein beheltnis
der unausleschlicben lichter ist ; machet er insgemein durch
solche Staatsstreiche als durch eine falsche rechnung einen
strich. LoBENSTEi» Armin. 2,156*; Catharina wuszte sich da-
gegen zu bereden, dasz sie nur etwa 4. bis 6. von den er-
Dordungen der Bartholomäusnacht auf dem gewissen habe.
nnd von diesen hatte sie leicht sich zu absolviren , wenn
etwa ihr beichtvater, wie Naud^, für den ganzen frevel den
fetoen, höfischen naroen eines Staatsstreichs' erfinden oder
ahnen konnte. Schiller krit. ausg. 9,3i6;
vor diesem dacht' ich init der zeit
ein grosi und vornehm thier zu werden . . .
ich sann viel staat».<<ireich auszufübren,
TergalTte mich am Mazarin,
und grielT mit Teurigem stiidiren
nach palmen, die den klügsten blühn. Gömthei 196.
5) seit 184S besonders auf einen streich, eine Unternehmung
femendet, welche auf die Umänderung der Verfassung eines Staates
X. J.
STAATSSTUBE— ST AATSTHÜMLICH 322
absielt: der Staatsstreich Napoleons III. gegen die französische
republik (i&5i); dasz graf Rechberg das auserlesene Instru-
ment sei, um irgend welche verwegene Staatsstreiche auszu-
führen. Preuszen im bundestag 2, 173; der fragliche artikel der
kreuzzeitung scheint .. . von der Besorgnis vor einheimischen
Staatsstreichen eingegeben. 4, 261.
dasu: diejenigen katholiken, die . . . der staatsstreich-
artigen neuerung, welche die Unfehlbarkeit bedeutete, die
anerkennung verweigerten. Prutz preuzs. gesch. 4, 461 ; wenn
vorher etwas mit redensarten von octroyiren und Staats;
streicheln gerasselt ist. Bisharck ged. u. erinn. 1,260;
während er selbst {Ludteig Sapoleon) sich beQeiszigte, jeden
Staatsstreichgedanken in abrede zu stellen. Fiathe in
Grates allgem. treUgesch. 11,624; für ihren (der rerolutionären
bestrebungen) träger galt namentlich Gneisenau, dem man sogar
staatsstreichgelüste andichtete. Pbctz preusz. gesch. 4,79;
staatsstreichler, m. der einen Staatsstreich macht oder an
einem Staatsstreich theil nimmt; auch den könig beunruhigten
gelegentlich seine angeblichen staatsstreichpläne. Protz
preusz. gesch. 4,313.
STAATSSTUBE, f. prunkstube, gute stube: als sie . . . vom
dorfe hergekommen ist, hat sie in der staatsstube licht ge-
sehen. Fre."«ssex Jörn Vhl (I9ü2j s. 14.
STAATSSUCHT, f. 1) sucht nach hohem ränge und einflusz
im Staate (vgl. Staat l,a,tj oben sp. 274):
soll rachsuclit mindern grimm als Staatssucht mit sich bringen?
LouEüSTEi:! Cteopatra s. 9, 287;
die Staatssucht Tulliens kennt blut und vater «icht. .«.22,750;
man wiegt die gunst hier nicht für schwere kisten bin,
die ehrsucht theilet nie, w,is werth und huld verbunden,
die Staatssucht macht sich nicht zur unglücks-kupplerin.
Rallir geil. s. 27 (Alpen v. 128).
2) sucht Staat zu machen, staatsucht Campe.
STAATSSÜCHTIG, adj., nach Staatssucht 1: ein slaat-
sfichtiger mensch, pers. baumg. 4, U; s. die stelle unter Staat
i,a,T], sp. 274.
STAATSSYSTEM, n. 'das System oder die grundsätze, welche
ein Staat in bdreff der eigenen terhdltniese und derjenigen zu
andern stauten beobachtet'. Krc.mtz encykl. 165,362;
ihm, der weiten zwinget,
wird ehrenkranz die that, die ihm gelinget,
er schafTet gärten, städte sich und ströme,
und Staatssysteme;
und Staatssysteme, die er mit gesetzen
nach Zeiten ordnet.
Herdkr Adraslea Ili, 6 (macht de* menschen).
STAATSTEUFEL, m. 1) der slaat mit seiner Verwaltung und
einrichtung, scheltend unter dem bilde des teufeis: Staatsteufel
ratio Status Stieler 428.
2) prunkliebe (vgL Staat 3, d) unter dem gleichen bilde: vom
Staat in der kleidung vornehmlich ist die rede, wenn ein
frauenzimmer beschuldiget wird, sie sei vom Staatsteufel be-
sessen; welches eine gefährliche eitelkeit ist. frauenzimmer-
lex. (1773) 3347.
STAATSTHÄTIGKEIT, /:.- schon in Meisters wanderjahren
forderte er (Gothe) eine hochgesteigerte slaatsthätigkeit, wie
sie erst in der gegenwart sich zu entfalten anfängt. Treitschke
d. gesch. 4, 411.
STAATSTHEATER, n. Staat einem theater verglichen: wer. . auf
dem well- und Staatstheater eine gute, nützliche, vorzügliche,
eine edle und glänzende that durchsetzen will. Klinger 12, 163.
STAATSTHORHEIT, f.: in erwegung dessen (dasz man hslfe
zur rechten zeit und am rechten orte bringen soll) schreibet der
Magolino Bissaccioni: es sey die grüste staatsthorheit, einen
fallenden bäum stützen: denn, die stützen, so darunter ge-
salzt werden, verterben und verfaulen, und andere genüssen
die fruchte desselben. Bctschet Pathm. 610.
STA.KTSTHLM, n. eigenthfimliche art eines Staats: (es) wurde
mit groszem eifer dahin gewirkt, begeisterung für die be-
griffe und formen des neuen staatsthums zu erzeugen. Beckers
weltgesch. 14 (l'>41), 177; mehr aber als durch das staalsthum
wurde der nationalgeist durch die erneuerte richtung auf
ausbildung der religiösen Ideen und feststellung der kirch-
lichen formen beschäftigL 181; staat in seiner eigenViümlichen
art: das griechische staatsthnm. K. A. Me>zel religion und
Staatsidee in der vorchrisll. zeit (1872) s, 17; das staatsthum des
Aristoteles, s. 47, mit dem plural staatsthümer: die ältesten
slaatsthümer in Asien, Aegypten und Merüe. s. 12.
STAATSTHCMLICH, adj. dem staalsthum eigen oder gemäss:
staatsthümliche einrichtungeo.
21
323 STAATSTREIBER — ST AATSVERBESSERUNG STAATSVERBINDUNG— STAATSVERRICHTUNG 324
STAATSTREIBER, «i. rerdchllich für die regitrer des Staats
unter dem bilde der viehlreiber: erinnern sich die staatsireiber
ibrer vorurtbeile ia rücksicht der vuruitbeile der menscben-
tbiere. Klinger 11,261.
STAATSÜBEL, n.; leider ist dieses jetzt das allgemeine
siantsübel, wenn der wehrstand . . . mit weibern und kindera
den nährstand überwiegt, und eine menge kleiner und mittel-
mäsziger bediente sich wie das Ungeziefer anhängen. HOsbb
patr. phant. 2, 246.
STAATSUMKEHRUNG, f.: den tuilkühnen mutb, wumit
diejenigen, die bey staatsumkehrungen nichts zu verlieren
haben, bereit sind, sich zu allem gebrauchen zu lassen, was
ihnen eine Verbesserung ihres zustnndes verspricht. Wieland
29, 461 (aufsätze über die frani. revoL 19).
STAATSUMSCHAFKENÜ, part.: den staatsumscbaffenden
trSumen der Hamburger bandelsberrea. Mattbissok Schriften
», 200.
STAATSUMSCHAFFUNG, f.:
auch ich stand auT einem der hohen Telsengestade,
sctiaute helsitheilnelimend hinab
auf die empörten wogen, des donnernden ozeans berge,
alle sie spiele des Sturmes,
in die nacht hinab der staaisumschafTungl
Klopstock 2, 192 (tion n95).
STAATSUMWÄL^END, part.: ruhig und unbefangen be-
trachte der ächte beobachter die neuen staalsumwälzenden
Zeiten. Novalis 3, 354 Meismer.
STAATSUMWÄLZUNG, f. Verdeutschung des franz. revolution:
um jenen fürchterlichen anfüllen, die man Staatsumwälzungen
nennet, und die dem buche der menschenordnung ganz
fremde werden sollten, zuvorzukommen. Herder zur phil. u.
gesch. 3,23 {von 1792); dasz eine solche meinung (die öffentliche
meinung) jeder Staatsumwälzung vorgeht und gleichsam das
zeichen zum anfang derselben gicbt. Wieiand 31,322 (ton 1798);
so könnte nun der bösewicht und Verbrecher zu allen Unter-
nehmungen — ZU mord, Vergiftung, aufruhr, staatsumwäl-
zungen — gesellen und heltershelfer finden. Klinger 12, 4.
STAATSIJNRUHE, f., plur. Staatsunruhen, aufregungen des
vdks. KstlNiTz encykl. 165,376.
STAATSL'HKUNDE, f. öffentliche, von der Verwaltung des
Staates ausgestellte Urkunde: Staatsdokument, staalsurkunde
Kbünitz encykl. iu4, 326.
STAATSUBSACHE, f. politische Ursache : sind gewisse Staats-
ursachen SO wichtig, dasz sie allen andern gründen vorgehen
müssen. Garve anni. zu de. de off. 3, 224.
STAATSVERÄNDERING, f.: mit welcher menge läppischer
werke sind wir, um nicht weiter zurück zu gehen, nun seit
der groszen staalsveränderung (168&) beschweret worden!
Hacedor!» Sammlung neuer öden und lieder (1742) vorrede hl*
{Übersetzung einer stelle aus dein 16. stück der englischen zeit-
tchriß Guardian); zumal bei den itzigen groszen staatsver-
Sndcrungen, die ganz Europa in bewegung setzen. Gottsched
bei Beiciiel kl. Gottsched-wb. 56; die regierung der Stadt setzten
sie auf den fus einer cligarcbie, und diese Staatsverände-
rung blieb eine gei-aume zeit in dieser veifassung. Hkilhan
Thucyd. ■S54; ich bin ein bettler, wenn die izige Verfassung
nicht übern häufen fällt. . . . eine Staatsveränderung soll n)ir
luft machen, hofl" ich. Schiller 3,15 {Fiesko t,3); meines
Defifen räche, sein eingebildetes recht, leben so lange, als er
alhmet, sind als gültig von jedem anerkannt, der in staats-
Teränderungeo vortbeil hofft. Klincer 5, 205.
STAATSVERBANU, ni. .* ein ehrenwerther, in denselhen
■taatsverband gehöriger volkssiamin. Giillparzer 15, I2S; der
lange kämpf zwischen Rom und den Germanen ... bei dem
es sich ja von anfang an weniger um die Vernichtung des
alten Weltreichs gehandelt hatte, als um die aufnähme der
deutschen stamme in den groszen Staatsverbund der gebildeten
vOiker. Gibsebrecbt p^r/i. (f. d. üiaitfrzet/ l, 122; die auflösung
it$ alten «laatsverbandes. Freytag bilder a. d. d. vergangenh.
1,21; preuszischerseils wurde kaum recht versucht, sie (die
folnischen erverhungen) dem staalsverband« fett einzufügen.
PacTZ preusi. geseh. S, 320.
STAATSVERBESSERER, m.: war er nicht staattverbesserer,
thronerschOlterer, so Hürde er höchstens zum puliliichen
ronianeniclirriber taugen. Sturz 1,41.
STAATSVKRBESSERUNG, f. rerbeistrung des Staates in on-
ithung seiner Verfassung oder tencallung: das jetzige Zeitalter,
weit eotfernt uns diejenige form der menscbheit aufzuweisen,
welche als oothweodi|e bedingung einer moraliscbea Staats-
Verbesserung erkannt worden ist, zeigt uns vielmehr das
direkte gegentheil davon. Schiller lo, 295.
STAATSYERBINDUNG, f. die Verbindung, tn «eiche ein Staat
mit dem andern tritt, oder in welcher er mit dem andern
sieht. Campe;. Staatsverbindung, Staatsverein, der zusammentritt
mehrerer zerstreut lebenden faniilien zur gemeinschaftlichen hülfs-
leistung und zun» schütze in eine geseUschaft. Krümtz encykl.
165, 379.
STAATSVERBRECHEN, n. verbrechen gegen die wolfahrt des
Staates: slaatsfehler und Staatsverbrechen. Klinger 11,207 (t. die
stelle unter staatsfebler);
man kennt Cecils gelieimniszreiche miene,
wenn er die jagd auf staaisverbreclieu macht.
Scuillir 12, 517 (.1/. Stuart 5,3).
übertragen für besonders schweres verbrechen, besonders in iro-
nischer rede: er bat ihn in seiner kritik scharf mitgenommen,
aber das ist doch kein sluatsverbrechen!
STAATSVERBRECHER, m, der ein Staatsverbrechen begeht.
Campe; violator majestatis KRt^niTZ encykl. 165,612; ohne dasz
sich die verschwornen für verschworne und folglich für Staats-
verbrecher halten. Ki.inger 12,74.
STAATSVER DIENST, n. verdienst um den staat:
ihr (deutliche frauen) tragt noch nicht die bunten bäniler,
die man dem staatsverdiensie weiht;
euch sind noch eure hausgewänder
mehr wertli als ein beamtenkleid.
UoFFMANN v. Fallerslkrei« qed. (9. aufl.) s. 377.
STAATSVEREIN, m. KaiJNiTZ enn/W. 165,379. v^t. ofren staats-
verbindung, und Staatenverein sp. 285.
STAATSVERFASSUNG, /. Verfassung eines Staates, Ver-
deutschung von Constitution Campe: es ist unläugbar, dasz
Samuel die ersten friedlichen zeiteii der Staatsverfassung ge-
nutzt habe, wie er sie nutzen konnte, auch zum anfange der
kullur des landes am geisle. IIkrmer zur rel. u. theol. 3, ITC;
in das innere einer Staatsverfassung eindringen. Moser patr.
phant. 2,191; die nazion sey nicht schuldig, deszwegen weil
die Staatsverfassung monarchisch sey, sich despotisch be-
herrschen zu lassen. Wieland 31, 337; einführung einer neuen
Staatsverfassung und regierung. 29,367; in einer slaats>er-
fassung, die so beschaflen ist, dasz das volk durch seine
repräsentanlen . . . dem minister gesetzlich widerstehen kann.
Ka.nt 5,156; dies ist die einzig bleibende Staatsverfassung,
wo das gesetz selbstherrschend ist, und an keiner besonderen
person hängt. 17S;
und (der herzog) will gerne mit ihm (dem minister) reden
von der wahren staatsverTassung. Arnim 7, 255.
STAATSVERGEIIEN, n. Staatsverbrechen, crimen majestatis
sive perduellionis. KrCnitz encykl. 165, äSO.
STAATSVERHÄLTNIS, n. Verhältnis, in dem sich ein Staat
befindet, oder das ihn angeht: die Staats- und erbschafts-
verhältnisse, ob man sie gleich so wenig als möglich zu be-
rühren suchte, kamen doch manchmal zur spräche. GOtbe
23,138; in das weseu der Staatsverhältnisse und Verfassungen
wurden tiefere blicke als vormals gethan. Beckeks ireligesch.
14,44!); das jener zeit eigontbümliche staatsverhnltnisz, nach
welchem der wehrlose, ungerüstete und ungeübte gar nichts
war. Schlosser wfftjMcA. 6, .VJ8; staatsverhiiltnisz, das verhält-
nisz oder die Verhältnisse, woiin ein Staat mit andern Staaten
stehet, politisches verhältnisz. Campe.
STAATSVERHANÜLL'NG, f. 'eine suche, »eiche verhandeU,
abiiemacht wird, besonders zwischen einem Staate und dem
andern. Campe.
STAATSVERKEIIR, m.: mit keiner beleidigenden rede oder
langweiligen beghardenpredigt verdarb er seine sache, das ist
nicht gebräuchlich im staalsverkehr. C. F. Meitsr der heilige
s. 103.
STAATSVER.MÜGEN, n. vermögen welches ein Staat besitzt.
Campe; Zuwachs des staatsvermögens. Kant 5,16t.
STAATSVERRAT, m. verrat gegen den Staat, stine Verfassung
und leitung: staatsverrat begehen.
STAATSVEHRÄTER, m.:
diesen «taatsverrilher
oebml In Verwahrung und bewacht ihn wobll
Schiller 12. 521 {U, Stuart 4, 4).
dazu: staatsverrätherei Schlosser weltgesch. li, i6\ .
STAATSVEHItlCHTllNt;. f. Verrichtung, gesrhäft dm staot
und seine Verwaltung betreffend: rei-^en in slaalsverrichlungro.
WiBLAND Übersetzung von Uorasens ((U. (1794) l, 161.
325 STAATSVERSAMMLUNG— STAATSVISITE
STAATSVERSAMMLUNG, f. die Versammlung der mitgUeder
des Staatsrates in Staatsangelegenheiten, und die Versammlung der
stände eines Staates. Campe.
STAATSVERSCHWÖRUNG, f. Verschwörung gegen den staat:
das empfehlen zu posten und ämtern, von dessen beamten
an- und untereinander, ist eine immer dauernde, immer
wirkende Staatsverschwörung gegen eben den staat, dem sie
vorstehen. Klingbr 12, 74.
STAATSVERSORGUNG, f. Versorgung die man vom Staate
erhält: eine staatsversorgung erlangen; Versorgung die der staat
von seinem leiier empfängt:
er (der schah bei einer Staatsberatung) nickt, im Schlummer
zwar, doch dieser nick entscheidet!
sein seneschall maclit eio edikt daraus.
der staatsversorgUDg folgt ein schmaus.
\SiELA>D 9, 253 (lias leben ein träum 6).
STAATSVERSTÄNDIG, adj. staatsklug: der Staats verständige
Amilcar rieth dannenher: dasz Carthago, ehe es mit den
Itömern wieder anbinde, die Numidier . .. demüthigen und sich
in Hispanien vorgrosz machen soite. Lohknsteis i4rmin. 1,St8';
vfas soll diesi reich sich mit unglücklichen beschweren?
der himmel straft, wenn man das was er will verheeren,
mit vieler treu beschützt, ein staatsverständger mann
hält die glückseligen, nicht die elenden, an.
PosTKL Wülekind S. 129 (>. 207).
STAATSVERTRAG, m. vertrag den ein Staat schlieszt: staats-
▼erträge, Verbindlichkeiten Kelche zum zwecke des Staats ein-
gegangen werden, und die das rechtsgeseti des Staats begründen.
KbC.mtz encykl. 165,679; die Eisasser Lutheraner waren durch
Staats vertrage von alters her vor der verfolgungssucht ge-
schützt. Dablhank gesch. der franz. revol. 160; revolutionäre
zeit, während welcher den staatsverlrägen und den regierungs-
handlungen eine gültiglieil nicht zuzuschreiben gewesen wäre.
Preuszen im bundestag 1,235; in dem nebel der phraseologie,
mit welcher die bundesdiplomaten sich gegenseitig in dem
waline bestärken, als ob die bundesverträge von einer ganz
anderen bedeutung wären, als staatsverlräge überhaupt. 3, 504.
STAATSVERWALTER, m. Verwalter eines Staates, staatsver-
weser. Campe; die beste Verfassung ist die, durch welche der
Staatsverwaller zum besten regenten gemacht wird. Kant 5, I76;
wie Friedrich sich in Küstrin zum slaatsverwalter ausgebildet
hatte, so entwickelte er sich in Ruppin zum Soldaten, allgem.
wellgesch. 9, 221 Grotc.
STAATSVERWALTUNG, f. Verwaltung eines Staates, als Ihat
und beruf: stats- et regimentsverwaltung, regimen et gubernatio
reipublicae. Stiei.er 2425; diesen groszen mann (Perikles) und
-'ine Staatsverwaltung näher kennen zu lernen. Wieland 33,70
Arislipps briefe 1,1); System der Staatsverwaltung, unter das
sich alles schmiegen, in das alles passen soll. Klinger 11,207;
in einer zeit ... wo die innere Staatsverwaltung fast lediglich
in der handhabung der rechtspflege bestand. Giesebrecht
ge<,ch. d. d. kaiseri. 1, i37 : den stiat verwaltende bthurde: indessen
eine unweise Staatsverwaltung sich mit alten miszbräuchen
und Ungerechtigkeiten einer unterdrückenden verfassang . . .
vereinigte, das volk von stufe zu stufe bis zur thierischen
gefOliliosigkeit der Pescherähs herabzudrücken. WfELAfiD 31,331
(gespr. unter vier äugen 9).
STAATSVERWANDLUNG, f.: nur das Übergewicht eines
Mjlchen Charakters bey einem volke {Vereinigung von kraft und
gebundenheit) kann eine Staatsverwandlung nach moralischen
principien unschädlich machen, und auch nur ein solcher
Charakter kann ihre dauer verbürgen. Schilleb 10,281 {über
die äithet. erziehung, 4. brief).
STAATSVERVVESER, tn. verweser , Verwalter eines Staates:
ni:inn und weih, vater und söhn, freund und feind sind be-
stinunte Verhältnisse und namen; aber führer und könig, ein
eiblicher gesetzgeber und richter, ein willkürlicher gebieter
und slaatsverweser für sich und alle seine noch ungebornen —
diese begriffe wollen eine andre entwickelung, als wir ihnen
hier zu geben vermögen. Herder zur philos. u. gesch. 5, 161 ;
jeder Staatsverweser. Göthe 26,321.
STAATSVERWHIKUNG, f.: nach eioem langen Zeitraum
zerrüttender bürgerkriegc und 8taass\erwirrungen. F. A. Wolp
übers, der ersten Horaxischen sat. (1S13) s. 9.
STAATSVISITE, f. visite, besuch mit grosiem auftug und
gepränge {vgl. staat 3. d sp.illff.): die frau von Bellaston
niaclite der letzten, als sie wieder zur Stadt kam, eine feyer-
iiche slaatsvisite. Bodb Titomai Jones 6, 497 {b. is, eap. 13).
STAATSVOLK — STAATSWERT
326
STAATSVOLK, n. volk das einen Staat ausmacht, volk in
rücksichi auf politische gliederung: als naturvolk sind wirnation,
wir wuchsen auf als nation, während wir uns zum staats-
volk bildeten. Riehl deutsche arbeit 57; man konnte nicht
einmal die arbeit eines Staatsvolkes als ein ganzes fassen;
kein wunder, dasz man für das persönliche gesammtleben
der nation vollends gar kein äuge hatte. 70.
STAATSVORFALLENHEIT, A.- werdet ihr ihm {dem kaUer
Augustus) . . . bey Livias geheimsten hausgöttern die unver-
muthete staatsvorfallenheit ins ohr anvertrauen? Klopstock
8, 193 (Hermatmsschlacht, 11. sc).
STAATSVORTHEIL, m.; das deutsche kaiserhaus war durch
die zweifachen bände des bluts und des staatsvortheils an
das spanische geknüpft. Schilleb 7, 64;
Burleigh!
der denkt allein auf deinen staatsvortheil.
auch deine Weiblichkeit hat ihre rechte (Leicester tu
Elitabelh). 12, 4i5 (.W. Stuart 2, 9).
STAATSWAGEN, m. 1) Staat unter dem bilde eines wagens,
in rücksicht auf leitung und führung: zwei sorgen ausgenommen
— die erste war, ob sein Emanuel ihm bald genug schreiben
würde, damit er ihn vielleicht noch besuchen könnte, eh er
an die deichsei des hof- und Staatswagens geschirrt wäre.
J. Padl Hesp. 1,127; jedes grosze staatliche gemeinwesen, in
welchem der vorsichtige und hemmende einflusz der be-
sitzenden . . . verloren geht, wird immer in eine der entwick-
lung der ersten französischen revohition ähnliche, den staats-
wagen zerbrechende geschwindigkeit gerathen. das begehrliche
element hat das auf die dauer durchschlagende übergewicht
der grüszern masse. es ist im Interesse dieser inasse selbst
zu wünschen, dasz dieser durchschlag ohne gefährliche be-
schleunigung und ohne zerlrümmerung des Staatswagens er-
folge. ßisMABCK ged. u. erinn. 2, 60.
2) prunkwagen, zierwagen: statswagen, chiramaxium, item
currus eminens. Stiei E8 2529; namentlich prunkwagen bei offi-
ziellen aufxügen: sodann kam der erzbischof in einem Un-
geheuern, alten, vergoldeten Staatswagen mit vier stattlichen
mauleseln. Sedme spazierg. 2,3^; die verschiedenen gefolge
des reichserbmarschalls und der von den sechs weltlichen
kurfürsten abgeordneten wahlgesandten zogen sodann schritt-
weise daher, keins derselben bestand aus weniger denn
zwanzig bedienten und zwei staafswagen. Göthe 24,303; Kur-
köln und Kurtrier hatten über zwanzig staafswagen. ebenda;
Wien hatte uns zu sich eingeladen und uns seinen staats-
wagen mit vier fuchsen geschickt. Hoffma.nn t. Fallebsleben
leben 5, 99.
STAATSWAMS, m. prunkwams: der madam Jobsen staats-
wams. C. F. Weisze kom. op. 2, II2.
STAATSWAPPEN, n. wappen des Staates: (der ratsdiener)
legte ihn {den brief) mit einer oblate unter die an den lisch
befestigte siegelpresse, das kleinere Staatswappen darauf
drückend. Keller 8, 142.
STAATSWEIB, n. foemina pro ratione Status malrimonio
sociatia , statsweib Stieler 2470. heute in vertraulicher rede,
weib von prächtigem aussehen oder benehmen (vgl. staatskerl,
Staatsmann 2, Staatsmensch): das ist ein Staats weib!
STAATSWEISE, adj. weise, sieh weise zeigend in Staats-
angelegenheiten: ein slaalsweiser Campe; statsweyser, poläieut,
vulgo publicista Stieler 2569.
STAATSVVEISHEl T, f. Weisheit bei der Verwaltung eines Staates:
einfach in seiner staatsweisbeit wie in seinen sitten, erkühnt
es {das volk der fiicderländer) sich einen veralteten vertrag
aufzuweisen, und den herrn beider Indien an das naturrecbt
zu mahnen. Schiller 7, 10; die ruhig, fest und schlau ent-
wickelte staatsweisbeit der päbste. Schlosser wellgesch. 6,232;
republik von san Marco... die, einzig in Italien, mit der
staatsweisbeit und dem rechtssinne der alten Roma eine
parallele bilde. C. F. Meter Jenatseh 158.
STAATSWELT, f. well, Inbegriff der leute, die im Staate
massgebend sind: Johann Michael von Loen .. . bekannt mit
der hof- und staatsweit, und eines erneuten adels sich er-
freuend, erlangte er dadurch einen namen, dasz er in die
verschiedenen regungen, welche in kirche und staat zum Vor-
schein kamen, einzugreifen den muth hatte. Göthe 24,115.
STAATSWERT, m. wert für den staat, in staaU: die ge-
ringen unterschiede, welche des menschen staatswerth und
würde bezeichnen, sind blosz von des despoten persönlicher
gemüthsart abhängig. Götbb 6,90.
21*
327
STAATSWESEN — STAATSWORT
STAATSWUNDER — STAB (I. 1)
328
STAATSWESEN, n. eigenlhümliche art und bescha/fenheit eines
slaatsganxen : beym itzigeo statswesen könte man die ge-
rechten an fingern züblen, die in bösen gewissen verhafTten
aber mit viel lausenden. Bdtschkt Pathm.m; Verbesserung
des Staats- und kriegswesens. Beckers veligesch. 8,417; das
so beschaffene staotsganxe selbst: der materielle gewinn würde
aber allein Ostreich zufallen, welches dann an der Donau
im namen Mitteleuropas auftreten und hinter seinem kranken
Staatswesen die preuszischen tlialer und die deutschen bajo-
netle rasseln lassen würde, um seinen eigenen zwecken zu
dienen. IVeuszen im bundeitag 4, 180.
STAATSWICHTIGKEIT, f.: sein (eines /urilfn) hertz und
gemüthe dadurch {durch die jagd) . . . der gestalt zu erfrischen,
das es andern stats-wicbtigkeiten hernach desto gewachsener
sei. BuTSCHKT Pathm. S3S.
STAATSWIDIUG, adj. dem Staat und seinein bestehen zuwider
laufend: staatswidrige grundsütze. Beckers wellgescJi. 13,291.
STAATSWIRT. m. der den staat wie ein kluger hauswirt
leitet: er iKlopstock) läszt ihm {FriedTich dem grossen) nur ge-
rechtigkeit wiederfahren als glücklichem tuktikcr und als
klugem staatswirthe. Matthisson Schriften 3, 198; er {Cajus
Gracchus) entwickelte nach allen seilen hin eine ganz auszer-
ordentliche thatigkeit, als agitalor, als Verwalter, als staats-
wirlh, überall controlirend, eingreifend, überwachend und
anregend. Beciers weügesch. 3 (1861) s. 208.
STAATSWIRTSCHAFT, f. die Verwaltung der einkünfte und
ausgaben eines Staates , zum unterschiede von der privatwirlh-
scbaft. Alelünc: zu einer zeit, wo eine gänzlich zerrüttete
staatswirthschaft für die Verschwendung des hofes keine
quellen mehr aufzutreiben . . . vermag. Wielako 31,333 (gespr.
unter vier äugen 9); hierauf beruht auch das recht der staats-
wirthschaft, des ünanzwesens und der polizei. Kant 5,159;
dasz in dem gesicherten bestände der mittleren und kleinen
grundbesitzer zugleich die näl^rende und erhaltende kraft für
das ganze liege, konnte Karl nicht verbürgen bleiben, der,
wie man behauptet hat, der einzige fürst des ganzen mittel-
alters war, der tiefere blicke in die erst jetzt sich erschlieszen-
den geheimnisse der staatswirthschaft that. Gieserrecht gesch.
der d. kaiserzeit 1, 137.
STAATSWIRTSCHAFTEB, m. der staatswirtschaft treibt:
pflicht des slaatswirthschafters, cultur und kunstlleisz zu
befördern. Garvb anmerk. tu Ciceros de off. b. 3, s. 162.
STAATSWIKTSCHAFTLICH, adj. der Staatswirtschaft dienend
oder ihr gemäss: die staatswirtbschaftiiche lehre, die mil dem
namen merkantilsystem bezeichnet wird. Beckers weltgesch.
14,401; die Vollzieher des in staatswirtschaftlicher hinsiebt
gewisz sehr zweckmäszigen Unternehmens (der landesver-
messung) bieszen geonielcr. Auerbach dorfgesch. 2, 7.
STAATSWISSENSCHAFT, f. die wissenschaftliche oder aus
gründen hergeleitete erkennlnis der einrichtung und Verwaltung
eines Staates. Adelung ; dasz es im wesentlichen der staats-
wissenschaft und der Volksbildung darauf ankomme, dasz die
schlechteste bütte und der unbedeutendeste mensch in allen
wesentlichen angeiegenheilen ratb und that fmde. Pestalozzi
Lienh. u. Gerlr. 3,201; im vereinzelnden plural: staatswissen-
scbaften lehren, studieren.
STAATSWISSENSCHAFTLICH, adj.: slaatswissenschaft-
licbe erläuterungen. Scblosser weltgesch. 15,3.
STAATSWITZ, m. ratio Status. Stieler 2570; Staatswitz,
ttaatsklugheit Campe.
STAATSWITZIG, ad;.; weit- stats- und krieges-wit/ige leute
gebrauchen offt sonderliche renke, krumme striche, wenn der
gerade strich nicht trelTen wil. Butschky Pathm. 702.
STAATSWOHL, n..' über den einflusz dernaturwissenschaficn
auf das gesammte staatswobl. titel eines buches von Ghblin 1809.
STAATSWOHLFAHKT, f.: durch den mund Bismarcks er-
klSrte die regierung, sie . . . halte sich im Interesse der Staats-
Wohlfahrt verbunden, sie (die reorganisation) aufrecht zu er-
ballen. I'iurz preusz, gesch. 4, 386.
STAATSWOHLTHÄTEH, «.,• noch weniger isla begreiflich,
wie der mensch also für den siaat gemacht seyn soll, dasz
aus dessen einrichtung notbwendig seine erste wahre glück-
•eligkeit keime: denn wie viele Völker auf der erde wissen
von keinem Staate, die dennoch glücklicher sind, als mancher
gekreuziftle staatswohllbSter. Hi^roeii zur phit. u. gesth, 'o,n\.
STAATSWOBT, n. ausdruck für eine staatssathe, terme d'etat,
•tatswort RirjLBiR (17111 »M*; auch prunkwort: hochtrabende
staalsworte, rerha renlosa Frikb 2, 313*.
STAATSWUNDER, n. wunder das den staat betrifft: die kühne
Vermischung der natur- und staatswunder ist seele des liedes
(nämliih des psalmes 147). Hepder zur rel. u. Iheol. 3, 22.
STAATSWÜRDE, f. würde im Staate, würde die der staat
verleiht, die mit ihm zusammenhängt: alle jene drei gewalten
(die gesetzgebende, vollziehende und rechtsprechende) im Staate
sind würden, und als wesentliche, aus der idee eines Staats
überhaupt zur gründung desselben (Constitution) notbwendig
hervorgehende, Staatswürden. Kants, 148; (der stand der geist-
lichen) bekam ... hohe stautswürden und öffentlichen eintlusz.
Rai'mer' 1, 15; der umfang des (römischen) reiches war un-
ermeszlich, die münzen und goldenen trinkschalen, die wallen,
gesetze und Staatswürden reichten fast Ober die erde. Frbttag
bilder a. d. d. vergantjenh. 1, 107.
STAATSZEITUNG, f. eine von seilen der regierung selbst
oder unter deren gewährleistung herausgegebene politische zeitung.
KrCmtz fncyA-{. 167, 576. vgl. Staatsanzeiger.
STAATSZEUG, n. prächtiges zeug, von einer kleidung: als er
das bunte Staatszeug (pluderhosen) um hatte. Alexis hosen des
herrn v. Bredow 39.
STAATSZIMMER, n. l) zimmer in dem Staatsangelegenheiten
beraten werden: also schelten ihrer viel den Machiavelliira
olTendlich: lieben und buhlen ihm dennoch in geheim; rühmen
und ratben dasselbe in den statszimmern, was sie in gesell-
scbafion und gemeiner conversalion zum höchsten verdammen.
Butschky Pathm. 424.
2) prunkzimmer: slaalszimmer, in srhlössern und pallästen
der fürslen und anderer groszen dii'jenigen zimmer, welche sich
durch ihre reichen und prachtvollen Verzierungen aller art ...
auszeichnen und zum empfange hoher fremden u. s. w. bestimmt
sind, die prunk- und putzzimmer in den hdusern und Wohnungen
anderer Staatsbewohner sind nachbildungen dieser staatsiimmer.
KiiC.MTz encykl. 167, 570; dem valer, der in sein kaum voll-
endetes haus fremde militärische bewohner aufnelimen, ihnen
seine wohlaufgeputzten und meist verschlossenen staatsziuimcr
einräumen ... sollte. Götiie 24, 151; bald darauf verheizen
wir die stube und besahen die einrichtung des gebiiudes,
vorab den groszen, Sauberkeit und frische athmenden milch-
keller; wie Arnold bemerkte, das eigentliche Staatszimmer
unserer bauern. Stohm qes. Schriften (i884) 2, 134.
STAATSZUGEHÖBIGKEIT, f. Zugehörigkeit zu einem Staate:
von London nach dem tode des königs und der amtsnieder-
Icgung Bischofswerders zurückberufen, trat er, in dem rich-
tigen gefühl erst dadurch seine staatszugehörigkeit zu be-
weisen, zum Protestantismus über. Fontane vordem stürm 3,85;
aus Glücksladt wird gemeldet, dasz die Elbinsel Pagensand ...
an den Hamburger staat verkauft wurden sei. die insel ge-
hört zur provinz Schleswig-tlolstcin; ein Wechsel der Staats-
zugehörigkeit ist mit dem verkauf nicht verbunden, zeitung I90t.
STAATSZUSAMMENHANG, m.; (6« den Germanen steht) eine
geringe festigkeit des siaatszusaminenhangs neben dergrüszten
festigkeit im persönlichen zusanimenhang der stammgenossen.
Freytag bilder a. d. d. vergangenh. 1,94.
STAATSZWECK, m. zweck den der staat hat: eine unum-
schränkte fürslenmacbt, mit allgemein vernünftigen staats-
zwecken verbunden, ist .. thatsiichlich in allen Zeiten möglich.
Beckers weltgesch. n,T; die regierung des Staats ist zufolge
des Staatszwecks zum schütz aller rechte verpflichtet, allgrm.
an:, d. Deutschen 1845, 5.3643; indem der staat mehr als ehe-
dem sittliche aufgaben als staatszwecke verfolgte. Briecer
Constantin d. gr. (is80) 5. 28; ich bin stets der meinung ge-
wesen, dasz der transport- und correspondenzverkehr zu dem
Staatszwecke beizusteuern habe und diese beisteuer in der
porto- und frachtvergütung einzubegreifen sei. Bisnarci gtd.
u. erinn. 2, 210.
STAB, wj. baculus.
I. Verwandtschaft und form, t) «tab ist ein gemeingerma"
nisches wort, got. stafs (belegt im dat. plur. stabiiii Gal. 4,3.9.
Col. 2, Jo, mit der abgeleiteten bedeutung ^elemente', aToi%fXtt^
vgl. dazu l.{\n\uu my(Ä.^2, i. xl. HnxMutct seitschr. f. d.phil. \,\i,
GniENiiKRCiR unters, sur gol. worlkunde, Wien 1900, s. 2lu);
oltn. stafr (pl. slafar) stab, pfosten, daube, stock; buchstaben,
lehre. CLEAsnY-VicrusKON bMl'f., norw. dän. slav, schwed. staf;
ogt. stuf (pL stnfas) Bosworth- Toller 9ü7*. mitttlengl. staf
(Staues), neuengl. staflT; altfrirs. stef (äab; eid) Ricbtrufen 1046,
jeitl weitfnes. slaef, sateil. staf (pl. stt^wa), wangrr. stef,
lyti. Uti (pl. st^wr), f. TEN Doornkaat Koolman 3, 2'i4*. Sirrr
in Pauls grundr.* 1, 1350. 1384; alli. staf (stabu tm abecedar.
329
STAB (I, 2—5)
STAB (I, 6—8. II, 1)
330
nordmann., staph venabula in den Oxforder Yirgilgl, s. Waostkih |
U. alts. sprachdenkm. s. 20, 5. 111', 2, im Htliand nur b6k-,
idstaf, buocstaf auch in den allnfr. ps.), mnd. staf [pl. Steve)
ScBiLLER-LtBBEK 4, 369, ebenso mnl., hoU. staf und staaf ; ahd.
Stab, stap (plur. stabä, dativ stabon, doch auch stabin, stapen)
bacului, cylindrus, Uttera, pedum, regula, seorpio, virga. Graff
6,610^.; mhd. stap, stab, mütelfränk. staff, staf Leier handtcb.
2, 113s/'., vgl. die glossen: baculus hd. stap, stab, stayp, nd. staf.
DiEF. gloss. 65'; pedum bischoffes-, bischop-, hirtes-, hirten-
stap, -Stab, -stayb, nd. -staf, ... kruch vel staff, stab. 421*;
podium stap, stape, stab, stabe, staf, staff vel raste rel
helffe. 443'; staff i. baculus. iiov. gl. 296'.
2) mit Stab ist noch verwandt ahd. Stäben steif werden, s. unten
Stäben I. Graff 6, 613 (auch stobarön 617?). über stehen, stamm
s. das. austerhalb des germ. stellt sich am nächsten tu slab
lett. Stabs pfeiler, lit. stäbas 1. göttenbild (eigentlich säule?),
2. schlagßusz, aUpreusi. stabis stein; ferner mit ablaut: stebas
Stab, stock, pfeiler, dürres hdz, leU. stebs dürres holz, stebe
mast; mit nasal: stambas knhlslrunk. stambias stengel; aslav.
stoborü Säule; lit. stebiu's, in f. stiptis sich hoch aufrichten,
auf die lehen stellen , stebiu's , stebetis staunen , stebinu sette
in erstaunen, stabaü, inf. stabvti und stabdaü, stabiKli auf-
halten, stehen machen, diese lusammenslellungen weisen auf eine
idg. Wurzel stabh-, die auch in skr. stabhnali, stabhnöti,
stambbäyati befestigen, hemmen, med. sich stützen, und in
gr. dareufijs vorliegt, s. Fi«"* 1,145. {weitere Vertreter dieser
wund im slai: verzeichnet Zcbatt, Prager süiungsber. 1895, x?i,
s. Uf.) dann kann das allslav. stapü nur als lehnwort aus
ahd. slap aufgefasit werden {obtrol an sich das germ. b auch
aus idg. p hergeleitet werden könnte, wie es t. b. Fics' 1, 245. 820
geschieht), vgl. Ublesbeck in Padl-Braüres teitr. 26, 308, wie
später das magy. istap, s. Ldmtzer-Melich deutsche ortsn. u.
lehnw., Innsbruck 1900, J. 141. jedenfalls ist femxuhalten got.
staua {zeitschr. f. d. phtlol. 1, 141) und lal. stTpes (Fici' 3, 345,
dagegen * 1, 568 richtig mit steif tusammengestelit). vgl. noch
l. Gbimm gramm. 2,51. A. Kens zeitschr. f. vergl. Sprachforschung
1,139. J. Schmidt zur gesch. des idg. vocalismus 1, 154 /f. Kluge''
874'. UiiLESBECK* 13s'. Franc» 953. Sreat i89'. ten Dooi.NtAAT
KOOLMAN 3, -294'.
3) die form des wortes teigt im deutschen nur geringe Schwan-
kungen, durch die tondehnung mrd der vocal der ßectierlen
formen lang, auch das unflectierte stab wird auf hochdeutschem
boden wol allgemein mit langem vocal gesprochen, dagegen nord-
deutsch als stap. in der schriß wird die länge nur ganz ver-
einzelt durch doppelschreibung zum ausdruck gebracht: der fiert
den staab. weüth. 1,819, anm. (schweiz. quelle von 1597); mit
Schwert, backen, Stangen oder stücken, staab oder stainen.
üeir. taid. 259, 9 (r. ;. 1629). auch in Gritzners handb. der herald.
terminoL (Mrnberg lsS9) wird staab geschrieben, s. unten II. 11, h,
4) das geschlecht ist überall das masc. (über die nordischen
tprachen vgl. i. Grim« gramm. 3, 533, anm.), ganz vereinzelt kommt
dafür das neutr. vor: so sol ain boptmann von Fürstenburg
an slal ains heren von Chur da sin und sol daz stab in die
band nämen und sol mit der aidswerer rat ain ander ricbter
sezzen, und der selb sol an daz stab grifen, ain gemainer
ricbter ze sin, ... und die aidswerer sollen abcb an daz
Stab grifen pei dem aid. tiroL weisth. 3, 343, 20 — 24 (t. j. 1427).
jettt in einigen nd. mundarten, vgl. unten 7 {südhann. staf masc.
und neutr. Scbahbacb 207', waldeck, stuf, n. in der bedtutung
^daube' ÜACER-CoLLiTz 98").
5) ebenso findet sich hier und da eine sehwach flectierende
nebenfurm. so engl, slave in der speciellen bedeutung ^daube'
{vgL II, J, b), s. SsEAT 592, ebenso dän. stave. auch ostfries.
ßndet sich in diesem sinne stave, plur. staven neben staff, stäte
StCbknbcrg 262', staf und stafe {auch in b6kstafe) ten Doorn-
I BAAT KooLHAN 3, 294'. dagegen gilt für das nl. staaf, f. diese
i einsrkränkung nicht, vgl. Franc» 949. {vgl. luxemb. stäf, pl. -en
Gancler 429.) — im hd. begegnet stabe nur vereinzelt im
15. — IG. jahrh. und ist kaum anders tu beurtheilen als die zahl-
reichen anorganischen end-t, vgl. die glossen unter 1 {podium),
ferner: deheine unfflge ... die do geclagel were oder der
Stabe begriffen bette, d. stddtechron. 9, 945, 27 ; stabe pertica
AcnicoLA bergwerckb., avszUgung der bergkw. doch auch schon
in Heinrichs Won« {handschr. des lt. jahrh.):
Uin Stabe unt din gerte. fumigr. 2,237,2.
festgesetzt hat sich die schwache form in der susammensttzung
buchslabe {mhd. buochstap und -slabe), s. theil 2, 479 /f.
Kicct* Gl*/. — stave als fem. im Karlmemet, s. II, 5, f.
6) 'stafs im got. folgt der i-ßexion, dagegen zeigen die andern
altgerm. dialecte einen a-stamm, plur. aün. stafar, ags. stafas,
ahd. stabä, s. 1. {vgl. auch lit. stäbas gegen altf/rtusz. stabis.
in nhd. bibelglossen des 10. — X\. jahrh. findet sich stapen, stabia
als dat. pl. Graff 6, 611.) mW. finden sich im 12. jahrh. noch
umlautslose plurale:
er nam alberina staba.
fnndgr. 2,44,36 {Wiener gen., daßr später slüba,
t. unten II, 1,6);
die (fpifilleiile) bei; der belet Grimme
durch Tmelötis willen
bit deu zugeweicben (schwanken, biegsamen) sttTen
Taste recken unde slän. Rother 4297;
zfi deme sende quamen
patriarcbe unde cardinale.
unde eiir hflndert krummer stabe,
also wir da; bAch boren sagen. Trierer Silv. 620;
später seltner:
xw€n die tragent isniniu swert, die zwene wije stabe (: abe),
s. Keiohart t. Relental 239,61.
j, auch Wartburgkr. 46 (II, 2, c) und II, 6, 6. später ist der umlaut
durchgedrungen, doch zeigt sich seine seeundäre art noch darin,
dasz er nur zu einem offenen e oder ä führt, wie häufig auch aus
der Schreibung oder den reimen erhellt, tgl. Zwierzina zeitschr.
f. d. alterth. 44, 253, onm. 1. 271, anm. 286, anm. 45, 413/'. im
mnd. lautet der plural Steve, nhd. kommt stabe nur gant ver-
einzelt vor {einsiger leleg unter II, S, l). anders tu beurtheilen
ist unßectiertes stab m\t tahlen als maszangabe, s. II, l, c. 9, d.
7) die formen der lebenden mundjrten sind im ganzen gleich-
mdszig. hochd. stets mit langem (meist nach o neigendem) a,
plur. (und deminutiv) mit umlaut: so Schweiz, stäb, pl stäb
Stalder 2, 3S8. Hdnziker 249. BChler Daves 1,137. Seiler 276*,
eis. 'stäp, p/.'släp, »fifen'stÄp .Mabtin-Lienhart 2,567", scbwäb.
Stab, Stäbe Scbhd .s04; 6air. siäb, stä* Scbm. 2, 716, stäb
ScBöPF 695, st6b HiRTRBR 228, stap cimir. wb. 235*; in Hand-
schuhsheim staap Lenz 67*. mittelfränk. mit auslautendem Spi-
ranten, aber ebenfalls mit langem vocal (und anlautendem s): köln.
stäv HöNiG 150', luxemb. staf Gangler 426 (vgl oben 6). dagegen
nd. meist mit kurzem vocal: staff RiciiBi 284. SchCtze 4, 1S2.
Dannbil 208*. StCrenbürg 260* (plur. stäve, daneben stave,
5. oben 5). WoESTE 253'. Frischbier 358', staf Strodtmank 380*.
6r<m. wb. 4,978. Schambach 207* (m. und n., gen. släwes, plur.
stöswe). staf, stav Dähnebt 456', staww (plur. stäw) Mi 86*;
staf, stafe, stäf ten Doornkaat Kuolman 3,294*, stäf (plur.
Stäw) Baoeb-Collitz 98*.
8) Stab als zweiter theil ton xusammenselzungen ist sehr häufig
und findet sich schon in den alten dialecten, vgl. J. Grimm
gramm. 2,525/. so auch in dem (heroischen) eigennamen Sigi-
stab, s. zeitschr. f. d. alterth. li,3b» f. Förstemann 1^ 1331; sonst
nur Cbustaffus (?, vgl. schwed. Gustav) und mit stab als erstem
gliede das fem. Stabelindis. 1359. — composita mit stab an
erster stelle sind jetzt sehr zahlreich, s. unten, sie zeigen durchweg
den einfachen stamm stab-, nur in einer speciellen bedeutung
(II, 8, e) ist die unechte genitivische bildung fest.
II. bedeutung. stab bezeichr.et ein in die länge ausgedehntes
stück holt von geringer, in der reget gleichmäsziger dicke und
meistens von rundem querschnitt, oder auch einen andern gegen-
ständ von ähnlicher form; vgl. Luecer 7,467: stab, baculus,
bacillus, dim. virga. Dasypodids; slab (der) scipio, baculus,
virga, pedum. Maaler 383*; gerte, ruht, stab, ferula, flagrum,
pars rami. Hemsch 1522,47; stab, stecken, m. un baston.
HcLsins 305'; 6acuiu5, ... ein stab, stecke, backel. Cobvincs
fons lat. 85'; stab .. . baslone, it. verga. Kbambr dicL 2,899';
Stab baculus, scipio, stock, stecken. Frisch 2, 3i3*.
1) Unterscheidungen nach dem materiaL
a) Stäbe sind in der regel von holt: stab ... '2. tn engerer
bedeutung, ein solcher gemeiniglich kleiner in die länge aus-
gedehnter steifer körper von holz . . . hölzerne Stäbe'. Adblonc (2),
vgl.: mein voick fraget sein holtz, und sein stab sol jm
predigen. Hosea 4, 12.
b) mit genauerer angäbe der holsart: cilindros bfsklknbslbbb
(lies: hesilina staba). ahd. yio55fn 2, 527, 40 ;
der nftm ainen besxlin stab.
Laszires lietiers. 1, 303, 22&;
er Uttcob) nam alberine sixbe.
genef. 59, 33 Diemer (vgl. oben I, 6).
ryl. auch: zu stabe er einen dorn trüc.
Albricut t. Halbeestadt 6, 183,
und dornstab Voss 1,181 unter 3, d. nhd.: Jacob aber nam
Stebe von gränen papeinbawm, baseln, und castaneen. 1 Mos.
331
STAB (II, 1. 2)
STAB (II, 2)
332
30,37; auch schien er, auszer einem Stabe von weiszdorn,
der zur nutbwehr dienen konnte, . . . keine . . . wafTen . . . bey
sich zu führen. Müsäüs physiogn. reisen 2, 107; als der physio-
gnoiniscbe pilger mit seinem weiszdornen stab wieder ins haus
trat. HS; {siler,) eine Staude, deren sumen zur arzenei diene,
und wovon der landmann stäbe gegen die schlangen trage.
Voss Virgils ländl. ged. 3,267. — auch von röhr: ferula . . .
TOT 8laf. DiEF. jlüsj. 231'. Hor. pl. 17l', vgl. theil 8,113t.
c) Stäbe von metall, wegen der gleichen form so genannt,
vgl.: der schätz eines fiirsten bestand . . . aus goldbarren,
welche in die rümische form von stiiben .. . gegossen wurden.
Fbeytac 17, 185.
a) am häufigsten von eisen: stahl-stab, eisen-stab, verga di
acciaio, di ferro, ein stab stuhl. Kraneb (itc(. 2, S99', vgl. eisen-
slab, theil 3,374: XX stehe eysenn. XVI stehe eyscnn: in
summa XXXVI stehe eyssenn sind im vorrot i. urk. v. 1523 bei
Dief.-WClcker 861 ; eynnhame eyszenn: 1 c XII stehe eyszenns,
... XVI stehe eyszeuns. Tenneb. amlsreclin. v. 1533 s. ebenda;
seine gebeine sind wie eiserne stehe. Hwb 40, 13. so auch nd.
s. brem. tcb. 4, 978. STt!RENBUBG 260'. Frischbieb 2, 358'. vgl.
stabeisen l. slab tvechselt hier mit den ausdrücken Stange,
harre, vgl. Auei.ung (i). von einem kleineren eisentheil: eisen
slab der den schatten gibt an der sonnen uhr, sciatheras
gnomon. Dasypodius. gewöhnlich als ansdruck der eisenhütlen
und der sehmiede: stab, oder geschmiedetes eisen, bciszt
dasjenige, so aus dem roheisen gemaciit ist. Jacobsson 7,417',
geschmiedete eiseitslange KrIjNitz 167,583: in der schmiede er-
weicht man das eisen, indem man das feucr anbläs't und
dem Stabe seine überflüssige oahrung nimmt. Güthe 49, 103.
so wird beileisen in die breiteren schrote und die kleineren släbe
unterschieden. Jacobsso.n 1,16"'. s. ferner unten Z,a. U,g. —
Stab in diesem sinne bleibt zuweilen im plur. unverändert:
Physiognomik und menscheniiebe, ... die lassen sich nicht
in eins zusammen schmieden, wie zwey stab eisen. MusXus
physiogn. reinen 2, 123.
ß) ein Stab gold, ein stab silber etc. ranula, pennetto, verga
di oro, di argento etc. gall. iingot. Kramer dict. 2,899'; hier mit
zain wechselnd, s. Adelunc (I). golüner stab häufig in der
dichtung, besonders als attribut von mythologischen wesen, per-
sonificationen u. dhnl.:
berührt vom goldnen stabe (der parte) verschwanden sie.
Stolbekc 2, 176;
wann, friedensbotlie, der du das paradies
dem müden erdenpilger enischlieszesi. tod,
wann fiihrsi du mich mit deinem goldnen
Stabe gen liimmel, zu meiner heimaih?
HöLTT 84 Halm;
wann ihr (der liehe) goldener stab winliet, bellügell sich
jede seele mit glut. 107;
ei chunni (kommt) e schöne cbnab.
er liei e rock, wie tilberstaub,
und treil e goldiie stab. Hbbkl 1, 178.
y) bei silber besonders als bergwerksausdruck : ao. 874 fand
l'rzibik . . . einen stab Silbers aus dem felsen gewachsen.
G. Körner böhm. bergwerk 47; so überhaupt von natürlichen
metallftücken: ao. 1146 gieng ein mann ... aufm gebirgc...
herum spjizieren und fand einen langen und lichten aus der
erden herausgewachsenen stab, vermeinende, es wäre silber,
brach ihn ab und brachte denselben der herzogin Gertraud
gen Töplitz. dieselbige gab es den bergverstündigen zu pro-
bireo, welche im feuer befanden, dasz es sinn wai. 57.
di vgl. ferner Stäbchen l.
J) formen, beschuffenheilen, zustände.
a) Stab bezeichnet, ebenso wie die synonymen ausdrücke stock
und stecken, slets ein abgeschnittenes oder abgebrochenes holz-
sti'ick, das au sJem stamm einer stuude oder einem baumzweige
besteht, nicht die lebende pflanze oder einen theil einer tolclien.
vgl. indesun den bildlichen ausdruck:
dO no-m« im . . .
berhartei lebennes lüp.
dft mite er, alt ich wolle,
mir wider geben »olle
mit ioKlicher beroder gnuht
meuscDÜcber blOela frulii.
HuDOLr V. Em* Cerh. 4382.
roll dfv nile oder gerte vnteruheidet sich der itab durch die
grisure dicke und die fehlende oder geringe biegsamkeit (stab
für tute, s. Hother 4297 unter l,G), dagegen ist er weniger dick
ali der knüppel u. dhnl gewdhnlifh, doch nicht notwendig, ist
der itab trocken oder dürr:
de pawest hadd einen drögen stafT,
den stötte he an de erden:
'so de sialT nn grönen weit,
schöllen diu Sünde vorgeven werden'
do it (|uam an den drüdden dag,
de stair begünde to gröiieu;
er dat to der vesper quam,
de StafT droech lof und blomen.
Ubland volkst.^ s. 599/'. (297, Taiihauser ii,21.27);
der papst treil ein stab in seiner band,
vor dürri tut er spalten. 001 (C, 9);
der dürre stab
kann zweige treiben in des glaubens band!
Schiller 12, 5öO (M. Stuart 5, 7).
vgl. dazu 4 Mos. 17, 10 unter stecken.
b) der slab ist in der regel seiner rinde beraubt, geschult:
ein her von Junckeraidt . . . soll vurekommen geritten mit
einem gescheiten stabe in seiner band. Grimm weislh. 2, 681
{v.J. 1518);
(teufet:) die scliuch wil ich dir langen nein
an diesem langen häsziein siab,
den ich vorbin gesclielet bab,
aulT das ich sicher sey vor dir.
die alt beemtrrihrrin spricht :
warumb schelstu den stab vor mir?
der ti'uffcl tiiriclil :
wenn der stab ungeschelet wer,
so möclistii zu mir liriechen her
zwischen dem holtz und auch der rinden.
II. Sacos 9, 43 Keller.
der geschälte stab ist weisz, s. NeiiiHart v. Keuental 23», 61
unter 1,6 und unten 4,a.h. 5, d (zu ende), f, a. ß. 8, fr. f,a.
g, i9, dazu släbchen 4, a. fr. stählein 2, c. zuweilen werden
Stäbe nur theibveise entrindet: Jacob aber naiti stehe ... und
scheiet weisse streilTe daran, das an den stehen das weisse
blos ward und legt die stehe, die er geschelct iiatle, in die
trenckrinnen, für die herde, die da komen musien zu trincken,
das sie einpfangen sollen, wenn sie zu trincken kernen,
also empfiengen die herde über den sieben, und brachten
sprencklithe, fleckete und bündle (lämmer). t .Voj. 30, 37 — 39.
sonst als kinderspielzeug, geschnitzte, gesprenkelte, bunte Stäbe;
als stütze von pflanzen (s. 5, j):
wie in den ersten tagen
des verheiszenden lenzes,
das kind im garten
der gesclinitzien bunten släbe sieb freut,
unkundig des lebens,
das neben dem stabe,
gehüllet in erde,
sich keimend bewegt:
so freut sich der mensch
des nichtigen lebens,
und h»li für die pflanze
des gärtners stab. Stolbkig 2, 139.
c) Stäbe sind meistens gerade, doch giebt es auch krumme
släbe ('fr« geraden Stäben ist die axe eine gerade linie, bei
einfiich gekrünmiten Stäben eine ebene kurve.' Llecer 7, 467).
krummer, knotichter stab, incurvus et inflexus baculus, fustis
frondosus, vel nodosus. Stieleb 2109;
diu schär sie weiden da behoben:
dö quam diu vrouwe binder si mit krumben tlabeii.
Warlbiirgkr, 46, 5 Simrock.
s. ferner unten 7, a. 8, a, ß. e — rj.
d) dem querschnitt nach ist der stab meistens rund, vgl.:
orliicularis, . . . teres, also eyn stall. Dief. nor. gloss. 273*; dock
giebt es auch viereckige stäbe. knotiger stab {vgl. Stibler unter c
und GöTHE unter b,a), besondert bei dorn:
sorgsam eilt' ihn mama aus dem reisegcwaud lu entliQlleo,
nahm ilira den hut, und stellte den knotigen stab in deD
Winkel. Voss I, tm (l.ui>e 2, tI8);
und er enieili' aus der thüre. gestOti von dem knotigen dorn*
«lab. 181 (3, 5u;i|.
solche kleine unebenheilen »erden durch glätten oder polieren
weggeschafft: ,i,„ ^^^ Jüngling
eilte zur nahen birk', und schnitt von den iiaDgenden iwelglela
(cbAugeglauete siAb'. 39 (1. iün).
0) spitzer stab, slab mit einer spitze: man schneidet einen
geraden stock nb, oder man machet hierzu einen bes. ö :
Stab, der entweder unten spitzig, oder unten und oben .
geschnitten ist. DObii. 3, 5o'.
f) für besondere zwecke wird der stab innen ausgehöhlL
mhd. holet stap bhtrt^r, um vögel zu sehiesun:
durch einen boln sinp mit Ateme irlbou
•och leb vll kleiner kOgcllln;
der »In dA pllak, der viiugte pln
vll uiigewarnct mangcm vogcllln«.
minnet. i, SM* Hafen.
333
STAB (II, 2. 3)
STAB (II, 3. 4)
334
eis schwertscheide :
ein kotzen er an leite, siis in ein stab sein svrert.
Wolfdielrich A Üresd. Uandachr. 309
{BevL heldenb, 3, 159);
vgk: Stab darinn eyn schwerd terborgen ist, dolon. Dasypodids.
ähnlich: hatte man briefe durch die feinde zu befördern, so
wurden sie in ausgehöhlten Stäben, in holzschüsseln und
flaschen mit doppeltem boden fortgeschafft. Freytag bilder
2, 1, 284. vgl. Tschachtlan Berner chron. 76 unter steciieii.
g) «N Stab, der in der erde steckt, wird schwarz; 'vorwärts.!'
riefen die geestleute, und ihr kretier zog den schwarzen stab
ans dem boden. Storm 7,184. — träumt einem, wie sein
Stab faul worden. Coleb traumh. 204.
h\ ein Stab, der halb im wasser steckt, erseheint infolge der
Strahlenbrechung gebrochen: ein stab, der halb ausser dem
wasser stecl<et. und ob er gleich gerad, dennoch krumm,
und wie mit einem winckel gebroclien. anzusehen, ist ein
Sinnbild des betrugs und der heucheley. Jablonsri 744': du
siebest den zerbrochnen stab im waszer: du greifest dar-
nach, und bekommst nichts; du siebest, es war der zurück-
gespiegelte Stab selbst. Herder 4,52 Suphan.
3) der Stab als theil eines ganzen,
a) aus parallelen oder kreuzweise gesteUlen Stäben werden
zäune (slackete), gitter, rosten u. a. gemacht, guter vor gefäng-
nissen aus eisernen stäben: drunten im tiefsten gewölb meines
pallastes sollst du heulen . . . und in des hungers wut in
deines gitters eiserne stäbe die zahne schlagen. Scbillbr 3, 244
{Fiesko 2, J2 bühnenbearb.);
(Kennedy.) die hier lebendig eiogemauerl lebt, . . .
von neuen stäben sich umgiitert sieht —
Paulti. kein eisengiiier schützt »or ihrer list.
weist ich, ob diese stäbe nicbt durchreilt?
Schill«» 12, 405 (J/. Stuart I, 2).
»täbe des käfigs; ungewöhnlich dafür der coUedive sing, {im
"'"^'- kind. hast in deinem käfig
gequält mich lang' genug;
ich bab' den stab zerbrochen,
hab' wieder freien flug.
W. MBll«r ged. (186S) 1, 80.
Stäbe des fensters, vgl fenstersiab, (heil 3,lb26:
lasz mich dich (lampp) rücken hier an diese Stäbe!
Grillparzer* 6, 49 (des metres und der liebe
wellen 3).
b) Stab für daube eines fasses: stab, bey den böttchern, im
nider-teutschen stav, fasz-daube, s. daube, tabula doliaris.
Frisch 2, 313'; -im hoUhandel und bey den böllchern, besonders
Nieder-Deulschlandes , werden die faszdauben gemeiniglich stäbe
genannt, nieders. sUfif . . ; «n welchem verstände es im deutschen
im plural am üblichsten ist.' Adeldkg (l), s. auch Jacobssos
1, 400". diese bedeutung ist dem nd. eigenthümlich ; sie findet
sieh schon mnd.: vortmer quam dar claghe van den piktunnen,
thertunnen ... dat me den maket alto dicke bodeme unde
Steve, quelle von 1375 bei Schiller -LCbben 4, 30ü'. so auch
in» Karlmeinet:
des scbencken sweri Golosobele . .
wart ouch in eynen schaff gevasset,
so wal gevoget ind gemaesset,
dat en kein man umb sya leven
gemircken kuode an den steven,
off dat swert stechen ynue. Hb, 5.
hevte in nd. mundarten weit verbreitet, s. Richey 284. Strodt-
■AiiR 380*. brem. wb. 4, 978. Dähkert 456*. StCrenblrc 26ü'
{pL staven und stäve). Fbischhier 2, 358'. in der Allmark sagt
mon staff und stapp nur in diesem sinne, während für stab
stok gebraucht wird, Da.>neil 20*'. d'r mut 'n nßen staf in't
fat settd worden, dat fat falld in stafen. tes Doobsraat
KooLBAN 3,294'; 'et geit äwer staves, sagen die fischet, wenn
der wmd so entgegen ist, dasz sie mit dem boote umlegen müssen.'
Däbhert 456. mecklenb, rälsel (vom ei): en tunn harr nich
staff orer band. nd. korrespondensbl. 14, 20, 62. im nhd. als
ausdruck des holihandels und -gewerbes: piepen-holtz, der stab
5 fusz lang, 1 bis i'/a zoll dicke, 4 bis 5 zoll breit, werden
nog-weise verhandelt, auf jeden ring vier schock stäbe ge-
rechnet, und 8 Stäbe an statt des dabey befindlichen bracks
drüber gegeben. Üöbel 3,8i'. — solche stäbe unterscheiden sich
von gewohnhchen stäben dadurch, dati sü breit und zwiefach
ttkrümmt sind.
t) Stange, woran etwas befestigt ist; so aU fahnenstange : vier
•oldaten zu pfnrde ... kämpfen um eine Standarte, deren
•Üb sie alle augefaszt haben. Göihe 35, SH; darauf risz sie
! den langspeer vom fremden banner und warf betend den zer-
brochenen Stab zurück in den ström. Frbytag 8,15 {ahnen 1,3);
»ie stach mit ir snöwijen hant
ein vane vur dat paulün sin . . .
Crane mit sime stave dranc.
Beriuold t. Uolli Crane 1652.
s. ferner stäblein 2, c. ferner als stiel von allerlei geräUn, so in
nd. mundarten, besonders stiel des dreschßegels. StCbesbcrg 260*.
TEN Doorrkaat Kooljian 3, 294". nd. korrespondensbl. 17, 85
(mecklenb.). Frischbier 2, 35S'. — mhd.: harundo angelsnuor
Stab. voc. optimus s. 46" Wackernagel (40, 10).
d) mhd. auch des (frönen) kriuzes stab wie nhd. stamm,
stets im sing, (für das kreuz):
daj an des frönen criuces stab
sin tot waere unseres tödes tot.
s. Alrbrtcs Ulrichs leben $. xi, 7» Schmelter;
wan er vor da{ gemeine lett
alle der werlde sich gab
an des vronen cruces stab.
Roth ftichtungen s. 3, 65 (IUsslkr offenb, /oft.).
vgl. auch VValther unter 6, c.
e) hatnb. staff stütze für die bahre bei leichenbegängnissen,
s, stabträger 3. Richey 284. Schütze 4, 182.
4) gewöhnlich ist der stab ein für sich bestehendes stück holz,
das meist in der hand getragen wird: einen kostbaren stab in
der hand haben, bacitlum preliosum in manu tenere. Stei."«bach
2,651; was wiltu für ein pfand, das ich dir gebe? sie ant-
wortet, deinen ring, und deine schnür, und deinen stab, den
du in den henden hast, l Mos, 38, 18. — ein bündel stäbe,
besonders in der bekannten parabel: viel stäbe in einem bünd-
lein bilden vor die einigkeil, weil, so lange sie also ein-
gebunden verbleiben, sie nicht zerbrochen werden können.
Jablonsri 744'. schwäb, stäbe, stücke holz in einem reisbündel.
ScHMiD 504. sonst erscheint der stab gewöhnlich «tnxeJn und
dient zu den mannigfachsten zwecken, z. b.
a) man trägt stäbe a/5 schmuck: von der versammelten
Jugend, die mit weiszen stäben ausgezogen ist, wird dabei
mancherlei gesungen. Uhla.nd sehr. 3, 17. — besonders bei pro-
cessionen werden stäbe getragen, theils von geistlichen, theils
vonlaien, s. Stäbchen 4,6. stäblein 2, 6. stäblere, stabträger 1,
soirie Oite kirchl. kunst-archäol.^ 1,372.
b) mit dem stabe deuten, um etwas zu zeigen oder darauf
hinzuweisen, (im bilde:) der dichter wird immer im stillen
eine meinung über sein werk haben, und in vielen fällen
selbst am meisten geeignet sein, dasselbe auszulegen; wenn
er sich aber vor dem publico, deutend mit dem stabe, da-
neben stellt, so gleicht er nach meinem gefOble doch allzu-
sehr den leuten, welche die Jahrmärkte bänkelsängerisch zu
belustigen pflegen. Immerhann 17, S Hempel. um ein zeichen
zu geben: der fürst winkte mit seinem stabe, unwillig setzlea
sich die männer. Freytag 8,52 (ahnen 1,3). vgl, stäblein l,a,
c) Stäbe werfen als altgermanisches kampfspiel: nur um des
friedens willen halte ich unsere knaben gesondert, damit
nicht in der hitze des kampfes ein falsch geworfener stab
streit errege. Freitag 8,87 (ahnen 1,5). — mit Stäben werfen:
ich mach es wie die knaben, die vor nuszbäumen vorüber-
gehen, mit Stäben und steinen drein werffen, und versuchen,
ob etwas herab fallen wolle. Zihcgref apophthegm. l, S12.
(als streckenmasz, s, 9, a, stäbe werfen als loos, s. 10.)
d) Stab zum ballsclilagen im ballspiel (neben der raquette),
battoir, KrCnitz 167, 581.
e) als Steckenpferd der kinder, mhd, üf einem stabe riten
geradezu als bezeichnung der kindheit:
der ich gedienet hin mit ststekeit
Sit der siunt deich üfem stabs reit.
minne». frühl. 206, 18;
der ich mich te ainem knecht ergab,
do ich rait kintlich uff ainem «tab.
Laszbirc liedert, 2, 167, 93:
dann auch als zeichen der thorheü:
rite ein gra man uf und ab
mit deinen kinden uf einem stab, . . .
so sprechen wir: seht, wie tummen sin
der alte man bat! renner 2737:
. . . üf eime stabe geseuen,
den tören riient eteswenne.
. Rkinhai v. Zwitir 252, 8 Röthe.
in anderm stnne: ' ""*"^-
wolt ir gemachet grifen zuo,
»ö ritei ir tanfler einen siap. Port. 545, 27
vgl. das Sprichwort: wan men rit up staven, dat tasten de beine,
crura dolent, si quis baculis equUaverü utquam, Türhicios Mi;
335
STAB (11, 4. 5)
STAB (II, 5)
336
uf eiDem stab geritten, ist halb gegangen. Eiselein 576. Sihrock
sprichw. 9795; es ist docken werk auf stiiben reiten, es ist
wobl halb zu fusz gegangen. 9796. t. ferner stäblein 1, c.
f) rudicula, ein hültzerner stab oder spalel, die (liessenden
inedicamenta zu untermischen und umzurühren. Woyt gaio-
phylacium (1734) 813. tu gleichem zweck werden Stäbe von birhen
{anstatt der vergessenen lö/fel) benutzt bei Voss 1, 39, s. oben 1, d.
vgl. auch: Jonathan ... reckte seinen stab aus, den er in
seiner band bntte, und tuncket mit der spitzen in den honig-
seim, und wand seine band zu seinem munde. 1 Sam. 14, 27.
g) bei den batiern: nur den reute), den stab, der zum
säubern des pdugbrettes dient, sollten sie führen. Freytac
6iW«- 2,1,51; ungetpöhnlich ist die Verwendung sum graben:
das ist der brun, den die fürsten gegraitcn liaben, die edlen
im Toick haben jn gegraben, durch den lerer und jre stehe.
4 Mos. 21, 18 (SociN bei Kaützsch: mit dem scepter, uiil ihren
Stäben, beides natürlich synonym, also zu 8, 6).
Ii) einen platz mit Stäben abstecken u. ähnl.: dann sprangen
Berthar und Siiitrain durch das wasser . . . und steckten den
kampfplatz mit weiszen Stäben ab. Fbeytag 8,101 (a/incnl,6);
Baldbard, ein meszkundiger mann, bezeichnete den lagorraum
mit Stäben. 157 (e<jp. 9); daneben bezeichneten stäbe im boden
die stellen, wo die wobnung der mannen, der stall für rosse
und rinder und die vorratbsräume erbaut werden sollten. I6i ;
ebenso wie zur volksschiücht wurde zum Zweikampf tag und
platz vorher bestimmt, ein grund gewählt und mit Stäben
abgesteckt. 17 (bilder l), 204.
i) Stab oder stock zum abvisieren eines bäumet, s. Döbel
3, 5oV' (i'ff'- oben 2,e). — so auch bei den landmessern: stäbe
decken einander, wenn ihre Seitenflächen beim visieren in einer
ebene liegen. JAConssojf 7,417*.
6) Stab als stütze, (stab . . . sustentaculum , adminiculum.
Stielbr 2109.) am stabe gehen, in allen diesen Wendungen ist
jetzt stock üblicher.
a) man benutzt den stab, um sich darauf zu stützen: sieb
auf seinen stab lehnen, appoggiarsi , reggersi, sostentarsi sul
suo baslone. Krameii dict. 2,809'; sich an einen stab länen,
bacillö innili, in scipionem recUnare. Stieler 2109; so zunächst
im stehen und ausruhen, doch stützt man sich auch beim gehen
darauf: stab, baculus, baton. ingemein ein rundes, glattes,
dünnes holtz, so man in der band trägt, sich darauf zu
lehnen, und im gehen fortzubellTen. Jablorssi 743'; sein
langes kleid war in den gürtel gesteckt, und so ging er
freier, er stützte sich auf einen knotigen stab. Gütbb 19,34
{W. Meister 4, 4); besonders im zustande der ermüdung:
Jacob, wu sprikst du so, leve her duvel,
und wii s\iestu docli so ovel
und bückest so pinliken over dinen staf? . . .
duvel. ik bin mode gegangen!
DANitL T. Soest 123 Josles (gem. bicht 297).
s. ferner e.
b) ferner dient der stab, um sich daran aufzurichten: so
sprach Palemon, und bub sich zitternd an seinem slab auf.
GeszRER 3,61. wie auch beim springen; daher das Sprichwort:
sunder staf is quät springen, transiliisse potest nullus procul
absque bacillo. Tunnicius 1245; mit einem kurtzen stab kan
man nit weit springen. Petri Pp l'; ohne stab ist bös
weit springen. Sin rock 9797; hätte mancher einen stab, so
könnte er auch hinüber springen. 9782. {vgl. springen 1, d, y,
sp. 80).
c) am gewühnlichften wird indessen der stab beim gehen ge-
nommen, daher: an einem stab geben, eaminare col bastone
in mano per reggersi. Kramkr dict. 2,899*, vgl. Adelung (2,1);
den frieden zu nnden.
nrohln soll ich wenden
am elenden stab. Schiller 1,305.
tn tpeciellerer anwendung bei watter, sumpf, tchnee oder tonst
gefithrlifhem boden, um den weg zu prüfen: item wenn einem
scbopffen zu geriebt verkündigt, unnd dartzu geben will, unnd
kompt an wasser, darüber er gehen muss, soll er nein gehe
bitf an die knye, unnd sein stap für sich setzen. Grimm
iMtitA. S, Wl. daher der tpruch:
gab obna iiab nicht durch den aebnee
aod ohae aieuer nicht lur aea.
I.CrEEa »remnnnmijirlUh» f. 12B, 116.
bildlich: erfabruog iat der stab daran man gehen musz.
LeiMANN 205. — uriprünglieh ah ttütie gemeint, ist der stall
dann im apazierstock (i. Ikeil 10,1,2024) s« einem modischen
ipiel- und iiergerOt geworden.
d) der stab ist daher dat ständige, notwendige gerät dessen,
der einen weiteren gang, eine Wanderung unternimmt, vtfl. wander-
stab, reisestab {theil 8, 741).
a) ir lialiei bösen unde brfich,
schAbe gebunden stap in den banden.
genei'is 153, 12 Diemer;
auch sollet ir gegertet gehen . . .
ein Stab habet iu uwer hant gar siecht I
Alsfeld, piissionssp. 3272;
umb ewr lenden soll jr gegürtet sein, und ewre schuch an
e\vren füssen haben, und stehe in ewren henden, und solts
essen, als die hinweg eilen. 2 Mos. 12,11; er ist das unent-
behrlichste stück der marschausrüstung : und gebot jncn, das sie
nichts bey sich trügen aufT dem wege, denn allein einen
Stab, keine tasche, kein brot, kein geld im gürtel. Marc. 6, 8,
vgl. indessen Luf. 9, 3; und ztiweilen der einzige besitz dessen,
der arm in die fremde zieht: denn ich hatte nicht mehr weder
diesen stab, da ich über diesen Jordan gieng, und nu bin
ich zwey beere worden. 1 Mos. 32, 10; diese stelle wird gern
in freierer anwendung citiert: war dir ein armer hungriger
tropf, hatte nichts als diesen stab, da ich über den Jordan
gieng. Schiller 2,78 {räuber2,3 schausp.). ähnlich auch: wenn
du nun auch das einmal verlassen musst! das land wo du
so viel gefunden hast ... — wenn du auch das zu verlassen
gedrungen würdest mit einem slab in der band, wie du dein
Vaterland verlassen hast. Götiie briefe 3, 8S {an frau v. Stein
den 16. juti 1776).
ß) daher den stab zur band zu nehmen u. ähnl. geradezu
für: sich zum gehen anschicken oder außrechen: und [David)
nam seinen stab in seine band, i Sam. 17,40; dann richtete
sich der leidende mann malt in die höhe, griff nach hut,
tasche, slab und sagte im abgehen. Vischer auch einer 1,37;
also sol ouch ein man genesen,
den ein ungetriuwer triutet . . .
so sol er stap undr ühsen hän {'bereit sein fort tu wandern')
und sol sich niht gar an in län.
J. Grivh Keiitli. fuchs s. 330, 1069, vgL s. 374;
und weiPs nicht anders ist. so sucht er seinen stab,
nackt seinen kram von perlen und rubinen
hübsch wieder ein, und rührt sich ab. Wibland 10,230,
ich nahm den stab zu wandern. Uuland ged. (1864) 103.
/) noch typischer ist, besonders in dersprcu-he des 17. — 18. jahrh.,
die Verbindung seinen stab weiter setzen, porre il suo bastone
])iu oltre, cioe andarsene altrove, cangiar terreno. Kramer dicL
2, 899,' seinen stab weiter fortsetzen , de media recedere, dis-
cessionem facere. Stiei.er 2110, weiter gehen. Auei.unc (2.1):
gebt mir meinen lohn , so wil ich meinen stab fortsetzen,
und sehen, wo ich einen andern herrn bekomine. Schoppiüs 170;
ich sehe, dasz der teulTel durch ihn und seinen anhang mich
bey meiner gemeine wolle siinckend machen, dasz ich meinen
Stab ferner fortsetzen soll. 63«; ich aber uiuste meinen slab
weiter setzen. Chr Weise er»n. s. 39 neudr.; denn als wir
schon mit den gedancken Omgiengen, unsern stab nSbester
lagen weiter zu setzen, langte iot/tgedachler herr . . . an.
ehe eines mannes 399; in einem schlechtem wirthshaus . . . er-
schlafen wir nun den morgenden lag, vor dessen anbruch
wir schon unsern slab weiter setzen wollen. Götbe 16, 24o
auch nd. sinen staf vudder selten, brem. wb. 4,978. — da:u.
jene Achabiten salzten ihrem Seelsorger als er ihnen ihre
Untugenden vorhielt, des abends einen weissen stab mit ein
paar neuen schuhen an die baus-thür, damit er früh im aus-
treten ihre meinung verstehen möjite. Ettiher apothecker itt.
e) insbesondere ist der slab {neben hut und tasche) die typische
ausrüstung und das kennseichen des pilgrrs, Wallfahrers, rgi
pilgerstab ((Arii 7, 1852), Jacobsslab (r/ieiU, 2, 2203): den {hm
gerichteten raubritter) namcn uns {den teufein) Maria und Peler,
der böse viscbere, därch anders niht wen daz er geloufin
was tu Rome zu sime hAs mit sinem stabe. Scrömrach pred
1,110,33; die vierd eygenscliaffl eynes wisen vernünITliir!
bilgers ist, dz er hab eyncn gflten grossen starckn
an den er sich müg beben ufT das er nit in den tn
und ob er gefallen were. das er sich an dem »lab wni.i .,
züg, und ulT beb usz dem treck, und das er sich stür iilT
dem Stab so er mOd gerol werden , ufT das er nit in dem
weg gelyg, und zflm dritten das er mit dem stab ninh si« li
schlag, und sieb du mit erwere der gensz, der hund und der
wollt. Keirersbbrc bilg. Sl';
du sali IU aenie Jtcobn varln
mit dlnir •chirpen und! mit diroe aiave
unria vort lume hAllgin grav«.
Dia WILDS HAN S, III Höhn;
337
STAB (II, 5)
STAB (II, 5)
338
ir sult laschen unde stab
oemen unde vart aldar. Mai u, Beaß. 19S, 30;
der palmen mit der stave
en woulde hey neit weseo ave,
hey eo neme sy beyde in de hanu
hmimeinel 259, 46;
wie erkenn' ich dein treu-lieb
vor den andern nun?
an dem mu^chelliut und stab,
und den sandelschuhn. Shakespeare Hamlet 4,2;
der pilger xieht mit but und stab
xum heiligen grabe weit. GaiLtrABZER^ 2. IS;
bildlich von der pilgerfahrt des lebens: bin noch waller im tbal
und trag' den schweren stab, bis ich gerufen werde. Fr. MCller
3, 290. {s. auch Stäbchen 4, c.)
f) Kenn der stab hier für eine besonders weite «anderung
dient, so ist er in andern fällen das gerät und abzeichen eines,
der beständig auf der Wanderung ist, tceil er keinen festen
wohnsÜJ hat.
a) des bettlers, vgl bettelstab {theil 1,1731/.), bastone da
pUocco, tnet. la mendiiita. Kraher dic^. 2, 899", nd. bedel-staf
hrem. tcb. 4, 97S: sj wustenn wol das er {der hochmeister)
jetzundt nicht me den die myntze bette, wellenn sy sy ym
oucb benennen, so helle er gar nicbtis, so müste er einen
Stab in die bandt nemenn unnd bethelen geen von hüs zu
hüs. scriplor. rer. Pruss. 4, 165;
so luo dich niur der £ren abe
und ge betein mit dem Stabe. Tbicuner 234;
wen den dat geldeken is verteret to hope,
so moet de kale mantel bli?en im lope {ipi loren gehen),
edder schulen ock den hoet tho pande lateo,
und gähn mit einen stare längs der Straten.
LiUREHBERG scliertzged, 4, 314.
vom armen fahrenden spielmann:
lät mich an eime stabe gän
und werben umbe werdekeit ....
so bin ich doch, swie nidcr ich si, der werden ein.
WaLTUER T. 0. VOGELWEIDI 66, 31,
vgl. dazu die anm.t'onWiLMisss und Bcrdach Walther 1,275 — 281,
sowie Winsbeke 50, 5. daher an den stap kernen wie jetzt an
den bettelstab :
wie iener (jur/'sj) des sache, dirre iens clage
so lange verzihen, bi; da; sin habe
kume von dem rosse zu dem stabe. renner 84S2.
der bettler trägt einen weiszen, d. h. geschälten stab; daher als
sprichwörtliche redeweise: an den weiszen slab kommen, zum
bettler werden, mit dem weiszen stabe zum thore hinausgehen.
Wanoer 4,758,16.24, s. auch Stäbchen 4, a. stäblein 2, c.
ß) ebenso räumen verbannte und verwiesene das land einen
Stab tragend, so dasz der weisze stab das zeichen der land-
flüchligkeit ist, s. Grimm rechtsalterth. 134,2. 734. Schröder rechts-
gesch.^ 61, anm. is. Hai.taus Villf. daher erklärt es sich auch,
wenn solche, die sich auf gnade oder ungnade ergeben, kriegs-
gefar.gene, verurtheilte aufrührer u. s. ir. einen (weiszen) stab
tragen müssen. Grimm 134: 3000 bauern, die sich zu Zabern
gesammelt hatten, ward Schonung verheiszen, wenn sie mit
weiszen Stäben in der band ausziehen würden. Hotti.nger
gesch. der eidgenossen 2 (IS29), 28, 90 {zum j. 1525); an. 1576 ist
in Görlitz der process mit den bauern von Schöuborn ge-
balten, die gantze aufrührische gemeine ward ins raihs hofe . .
gefänglich verwahret. . . . hernach ward beym pfanger Paul
Bernt von Schönburn und mit ibme noch 2. andere ubel-
thüter gerichtet ... die andern aber . . . immer iwey und zwey
wurden an denen armen zusammen gebunden und in den
ring mit weissen Stäben diesen spectarul zuzusehen ge-
•tellet. . . . diese musten hernach mit weissen Stäben aufm
marckte kniende der herrschafft aufs neue schweru, boldigen
und geloben, ihr lebestage diesen weisen stab hey Verlust
leibes und lebens bey sich zu tragen, quelle bei Haltaos 1711.
0uck abgesandte, die übergäbe anbieten: weil nun also ... des
Pintenauers trotz genidt-rt worden, schickte er zween edel-
knaben ... mit weissen kleidern und Stäben ins lager, erböte
sich durch dieselben zur aufgäbe, und bäte um freyen abzug.
S.T. BirilEm sfiegel der ehren des ertih. Österreich (166S) 1154.
». auch die belege unter stäblein 2, d.
g) andrerseits tragen den stab solche, die einer stütze beim
gehen bedürfen, ohne sie niclit gehen können: am stab gehen
müssen, baculo inniti; in scipwnem reclinare. Frisch 2,313*;
an einem stabe gehen, 'licA aus alter oder Schwachheit im gehen
einet Stabes bedienen. Adelung (2, 1).
a) so besonders greise: die hohe gestalt stützte sieb auf
den Stab, aber kräftig tönte die stimme des greises. Fbettac
8,48 [ahnen 1,3);
X. 2.
der Jüngling und der greis am stabe,
ein jeder gieng beschenkt nach haus.
Schiller 11, 19S.
fgl-' Tater, alter lip und müediu lit,
diu zwei sint din mit voller habe,
du wxre & snel : ni'i gät din trit
le nähen leider bi dem stabe. \yinsbeke 59,4;
sein welker arm, der kaum den stab
noch halten kann, ergreiTt die spate
und frölicb macht er sich sein grab.
, . Pfeffil poet. vers. 2, 155.
vgl. k,y.
ß) am Stabe geben aus krankheit oder schwäche, von Krüppeln^
lahmen u, dhnl.: wenn sich menner mit einander haddern,
und einer schlegt den andern . ., das er nicht stirbt, sondern
zu bette ligt, kompt er auff, das er ausgehet an seinem
Stabe, so sol der jn schlug, unschuldig sein, i Mos. 2l,l9;
der ein eiterflus und aussatz habe, und am stabe gehe, und
durchs Schwert falle. 2 Sam. 3. 29. daher aüfries. stefgende
und stefgenza {am stabe gehend) geradezu für *lahm', stefloma
^stabkhmheii". Bichtbofen 1046*.
;') aus anderm gründe bedarf der blinde des Stabes beim gehen:
'ib bin ij', quad er, 'uui^it thaj. ther blint hiar beiolönti sas;
ili io mit stabu nöti giang uueges greirönti.
Otfrid 3.20,38;
den diep blinden Helmbreht
bräht em stap und ein knebt
heim in sines vater hüs. Helmhr. 1708.
so zugleich im sinne des bettelstabes:
denn alles hat der landvogt ihm geranbt,
nichts hat er ihm gelassen als den stab,
um nackt und blind toq thür lu thür zu wandern.
ScuiLLER 14,300 (Teil \,i).
h) mhd. daher bildlich an einem stabe gän, schwach, kraftlos
sein: werlt. du trürest al ze sere,
din lop get an einem stabe. minnef. 2, 61' Hagen.
häufiger äne stap gen, als zeichen der gesundheit und rOstigkeit.
alle rechtsformeln verlangen von dem, der über seine habe
verfügen will, das vermögen zu gehen und zu reiten oder frei
zu stehen ungehabt und ungestabt, s. Grimm rechtsalterth. 96:
zu wissen, dasz komen ist vor gericht zu Kidericb Elsa, Peter
Pales huszfrauwe inne die gemeynde strasze, ane stab, un-
gehalden und ane bilff der lüde, testam. v. 1464 bei Boohan.i
rheingauische alterth. 647; daz junffrau Anna obgen. vor yres
hoiffs port zu Hatienheym mytien in die straisze und fryben
gemeynen wegk alleyn ane stap, ane gehabt und ane mensch-
liche bülffe, von yrer eigen libes crafft gangen ist. ebenda
(r. ;. 1498); anno fünfzehnhundert ... sint erschienen Vorge-
richt Diederichs Clese, und sine huszfrauwe Katbarina mit
wole bedüchlem mode, fryem willen, und guter vernunfft,
ungehabet und ane stapp. inne die gemeyne straszen. ebenda;
so lang einer ohne stab, stange oder fuhr zu gericht und
wieder nach hause geben kann, mag er testiren. quelle bei
Job. V. MfLr.ER gesch. Schweiz, eidgenoss. 5, 1, 409, anm.; ungehabt
und ungeslabt soll nach altdeutschen rechten der mann zu
ring und ding kommen, der seinen letzten willen kund und
zu wissen ihun will. Jabs 2, 471 Euler. — scherzhaft ton frauen
nach der hochzeitsnacht:
wol üri stunt ist vester
min lip dan miner swester
dö man »i ze manne gap.
des morgens gie si äne stap
und siarp niht von der selben not. Helmbr. 1419;
ungehalten äne stap
übergön ich noch wo! witen rinc.
sperwcere 34« (Laszbirg liedert. 1, 231);
guotcn morgen er in gap
'Alise, mäht du ane stap
gen? das laje uns besehen'.
Ul*. t. Törhrim Hennew, 5313, «. Germ. 15, 357.
i) in andrer weise dienen Stäbe pflanzen zur stütz«, indem
man solche, die zu schwiich oder schwank sind, um frei stehen
zu können, an feste in die erde gesteckte Stäbe bindet, besonders
junge bäume, reben, rosenstücke und andre blumen: an starcke
Stäbe an binden, ad bacula valida dtliyare, Steinbach 2,651;
die blumen an stäbe anbinden. Campe;
gleich bagel vom stürme geschleudert xerscbltgl er (der krieg)
die nährenden halroen;
reistt Stab und rabe lu boden. E. v. Kleist 2, lO;
vgL auch Stolberc 2, 139 unter 2, b. im vergleich:
wie um ihren stab die rebe
brünstig ihre ranke strickt Borger 38*;
wie nach dem stab dl« wicke, sehn' ich mich !
Platim 7*2* (y/ia«. 19).
22
339
STAB (II, 5)
STAB (II, 5. 6)
340
bildlich {vgl. k):
denn dieses haus ('las theater in Züricli), auf alten mauern
ruhend,
es bietet dennoch keinen Testen stab,
an dem ein kunstgesctz mag dauernd ranken
und nrurzel Tassen in des Volkes leben. Keller 9, 230.
vgl. stabchen 3. stäblein 2, e.
k) Stab findet sich häufig in freierem übertragenem gebrauche
ßr ^stütze'.
a) das herauswachsen aus der eigerUlichcn bedeutung xeigen
vergleiche: ^^g freunde sind wie stftbe,
da der menschen gang sich hält,
dasz der schwache Tusz sich hebe,
wann der leib zu boden Tällt.
wehe dem, der nicht zum Trommen
solches Stabes weisz zu kommen 1 . . .
nun. herr, lasz dirs wolgeTallen,
bleib mein Treund bis in mein grab! .. .
mein getreuster stärkster siab!
F. Gerhardt nr. 95, 97^. Gödeke.
rgL auch unler i.
ß) so schon mild.:
muter der hosten Trucht,
der cranken staT, der sieben trost.
Iin-ff. 147, 65 Hahn;
hie unde dort
was er den kranken ein stab,
den er guten trost gab. fia.vi, 11, 11 höpke;
die Wanten haben einen stab
an siner hohen heilikeit. 155, S8;
ich ehre die religion, das weiszt du, ich fühle, dasz sie
manchem ermatteten stab, manchem verschmachtenden cr-
quiciiung ist. Göthb 16, 131 ; der meister soll ein stab sein
der schwachen und ein züchtiger der ungehorsamen, deshalb
soll er Stab und gerte in seiner hand führen. Freytag 18, 1S7
{bUder 2, 1, 6); ,3,,jj „„3
mit männlich edler Tassimg ihr rorangehn
und ihr ein stab se;n aul dem todesweg!
Schiller 12, 54S (,U. Stuart 5, 1).
y) besonders häufig ist die {an g, a anknüpfende) Wendung
Stab meines alters u. ähnL: er ist der stab seines aiter-
thums, e(fli e il bastone, cio'e il fostegno della sua vecchiezia.
Kbaher dict. 2,899', 5. auch Adelung (2,1);
du wäre mines älteres stap.
Holandsl. 208,4 (Stricker Karl 10560);
ji soltO, liebiu tohter min,
unser beider Tröude sin, . . .
uusers alters ein stap. der arma Heinr. 657;
Cbariclia .., welche meines alters ein stab und auffenthaltung
gewesen, darzu mein trost unnd Zuversicht, buch der liebe 198';
du aber warst durch golles gnade meines alters stab — und
wirst nach mir bleiben die bluni' auf meinem grab. Rückert
(1882) 11,546 (42, tnak.);
dich, du hochbetrübtes weib, wird sein Oioltps) trösten kräfTtig
slärcken.
er wird selbst dein stab im alter, und auch dein beschützer
seyn. Picander 1, 175;
Agnes mit den goldnen locken
war des greises trost und stab. Stolberc 1,56;
dasz er just mein söhn gewesen, . . .
meines alters letzter sian.
Grillparzer* 3, 14 (ahnfr. 1).
S) stab mit synonymen zusammengeatellt. stecken und stab
(nach pf. 23, 4, s. unten ',e, a): darumb lerne ja ein jglicher
Christ diese kunst, das er sich an diesen stecken und stab
halle. Lutrei 6,347*; lassen sie uns von den franzüsisciien
Übersetzern anfangen; sie sind ohnedem, wie ich nunmehr
wohl sehe, ihr einziger stecken und stab gewesen. Lessing
9,413. stütze und stab: bedenken sie, wie ich alle meine
schwindenden krifte zusammenrafTen muszte, um diesen ver-
zweifelodeo stütze und stab zu sein! Gutzkow ritter v. griste
3,398; seitdem bist du meine stütze und mein stab worden,
nein ein und alles in dieser weit. BRe^TANo-ELBE c/iron>Aa'9l.
ähnlich nd.: h^ is min staf un min hold, ten Dooinkaat
KooLMAR 3,29t*. mit unbildliehen ausdrücken:
6»i du ir leiter und« Ir stab
mit allen truen soldest wesen. pa^^. 328,15 Hahn;
Ich wll din itab
node din vestenunge wesen. 241,06;
4ea todieD ehr«, aei Ihr schluromer lind,
die ratb uod tiab noch den lebendVen sind.
F«BiLifl>ATa* 9, 17.
mit andern bUdern susammengettellt : al« Wahrzeichen des ge-
dachlnisses und Widerspruchs aber wird der eckstein unsres . . .
dogmatischen Systems, statt eines lebendigen brodts und
Stabes, ein stein des anstoszes und ein fels der ärgernisz.
Hamann 6, 12; ist diesz ein stab und schild für den eintritt
in die weit? Viscoer auch mer 1, 2t6 ;
wiird es nacht vor meinem schritt,
dasz ich keinen ausgang wüszte
und mit ungewissem tritt
ohne licht verzagen miiszie,
Christus ist mein stab und licht.
Iiannot. gesanqb. 332, 4.
das bild anders gewendet:
nur gedult besteht und hält
auch im lieTsteu unglücks-risse:
reicht nun sie mir stab und licht.
o! so Tällt mein glücke nicht. Güf<THBfl 91;
e) mhd. oft mit erklärendem genitiv:
tgnit,) der von valscbeme spote
dem toden und deme Juden gab
alsus der genaden stab. pasa. 20,63 Köpke;
dö gwunnen si der vröuden stap. Virg. 655, II;
so im 16. jahrh.: von dem stab der hoffnung, Keisersberg
bilg. 2l'; dann der her sprycht: 'wan ich dem menschenn
denn stab des brotts enzychenn werd, so wyrtt der mensche
umfailenn. Dreytwein Eszling. ehren. 39,21 Diehl, s. auch 90,20.
5) weniger klar ist das bild in der stelle: die verlicale ten-
denz. diese ist anzusehen wie ein geistiger stab, welcher
das daseyn begründet und solches auf lange zeit zu erhalten
fähig ist. Güthe 55, 100.
6) mit dem stabe schlagen, baculo percutere, tundere.
Stieler 2109. Frisch 2, 313*. auch hierfür gewöhnlich stock.
(vgl. Adelung 2, l.)
o) dinge, in wirtschaftlicher thäiigkeU: die wicken schlegt
man aus mit eim stabe, und den kümel mit eim stecken.
Jes. 28,27. sonst, bei zauber (vgl. 10): und Mose hub seine
hand auff, und schlug den fels mit dem stab zwey mal, da
gieng viel wassers er aus. 4 Mos. 20, 11; ich wil mit dem
Stabe, den ich in meiner hand habe, das wasser schlahen,
das in dem ström ist, und es sol in blut verwandelt werden.
2 Afos. 7, 17.
b) gewöhnlich, menschen oder auch thiere schlagen, züchtigen:
den hund mit dem stabe schlagen, baculo canem castiqare.
Steinbach 2, 6.^1; einen mit dem stabe harte strafen, scipioni
aliquem male multare. ebenda; Rother ii^l i. un(«rl, 6;
dö der vischsere
ze hove choro lirre . . .
und man in vor dem tische
nider solte strechen,
mit den staben rechen, kaiserchron. 11935;
ait ab ir ein sarjant,
so wert Ir gälOnt mit stabn. Part. 520,25;
si sluogen äT in mit ir staben.
Ulr. V. TÖRHBIM TrUttan 2254;
beidiu mit stcken und mit staben
sult ir im die hüt laben.
Reinbot v. Dorne Georg 1855;
80 ainer den andern mit ainem stab schlecht, ist peen acbt-
zehen kreizer. tiroL weisth. i,i03,b; wer seinen kneclit oder
magd schlegt mit einem stabe, das er stirbt unter seinen
henden, der sol darumb gestraflt werden. 2 Afo5. 21, 20; da
er^irimmet der zorn Bileam, und schlug die eselin mit dem
Stabe. 4 Afo5. 22,27; wann einem träumt, wie ihn der könig
mit einem stabe schlage, so wird er durch einen seinen diener
guts thun. CoLER traumb. c. 204. so auch: fürchte dich nicht
mein volck ... für Assur, er wird dich mit dem steckea
schlahen und seinen stab wider dich aufTheben. Jes. 10, 14;
so treffe dich, du lumpenhund,
des frommen Stabes meisterttreicbl
Göthe 41,40 (l'akst II. t).
c) daran schliesien sieh bildliihe rerwendungen: sondern winl
mit gerechtigkeit richten die arnun, und mit gericht .«tiMH' i
die elenden im lande, und wird mit dem stabe seines niiiiulrs
die erden schlahen, und mit dorn ödem seiner lippen den
gottlosen tOdten. Jes. 11,4; vom kreuse (zugleich eigentlich den
balken meinend, vgl. 9, d):
wan rorhlent sl den atap
der ouch die Juden vlllri?
WaLTHBR V. D. VOOELWBIPE 77, t9;
des kreuz«! stab «chltyt unsre landen
bis In da« grab. l'Atit. G^EanARDi Nr. tOI,S9 Gödekt.
$, »iseh 7, a.
d) der Stab, jedenfalls ein dicker stock, findet sich in ältrrer
teU auch als waffe, so schon in den 'altdeutschen gesprdchen':
341
STAB (II, 6. 7)
STAB (II, 7)
342
gimer min stap, fustim. 55, t. W. Grimm kl. sehr. 3,495, vgU
s. 504. ferner:
leicht her Stangen und stab!
pesser ist kempl'en, dann bals ab. fasln, sp. 509, S.
rgl. auch stäblein (einl.). ein sokher stab dient nicht nur zum
ichlagen, sondern auch lum stoszen, werfen, schiesien: wan das
bescbicht, dasz zwen mit aiaanJer kriegten, wer der ist, der
ain spiesz, oder aia messer, oder aia stab, oder ain stain
üder ain schwert »cbeusset oder wirft vun frävenleicher hant,
der ist verfallen der faerschaft fünfzig pfunt perner. tirol.
ueisth. 2, 2&8, 40 {handschr. v. 154S); wo ainer ain romor an-
facht und in denselben wöbr zuckehten, scbliegen, stieszen
oder wuerfen, esz wehre nun mit scbwert, hacken, Stangen
oder Stöcken, staab oder staiuen. steir. taid. 259, 9 (r. j. 1629). —
das tragen des Stabes daher als zeichen der waffenfdhigkeü und
mündigkeil in folgender stelle, die uns zugleich über das aussehen
eines solchen Stabes belehrt: item wenn ein zentpOichtiger man
ein son zweiffer iar alt bat unnd der selbig hat ein stap, der
unten unnd oben rincken unnd stacbel bat, der verdryt seineu
\üter zum satz. Gbimm »eisth. 3, S92, vgl. rechtsalterth. 137, 8.
e) darauf beruht die Wendung was Stab oder Stange tragen
kann bei kriegsaufgeboten, besonders solchen, die unserni land-
sturm ähnlich sind {vgl. spiesz und Stange unter spiesz 1, h,
theil 10, 1, 2440, soicie unter Stange): was stab und Stange tragen
kan ... (das ist, was stark genug dazu in den krieg ist).
Frisch 2,314'; die pauren schickten mitler zeit zue den Ober-
aügewern und Suntgewern, . . . sterckten sich auch vom Boden-
see, manten auf, wasz stab und stangen ertragen möchte.
quellen zur gesch. des bauernkr. 563 Baumann; diser (der Tartaren-
könig Congiusta) gebot, dz zu ettlichen erneuten tagen alles
was Stab und Stangen tragen raocht, züsamen kam, bald
rüstet ers mit stätter Übung zum krieg. Franck «eltb. 95*;
es versammlet sich ein grosse mennig zum streit, nicht allein
die streitbaren, sondern was stab unnd stangen tragen inocht.
buch der liebe igs';
swer Stab oder stangen truoc,
lors und ze fuoj was der genuoc. WUleh. 117, 17;
swaj Stangen oder stap getragen
da möhie vor uncrelten. inj. krieg 2354S;
nun helff was stab und stangen trag.
Utz Ccxstbiii rychstaij S37.
tUT Jagd: und gebiut, swer einen stap möge getragen,
der sol mir den birz helTeu jagen, (isieaid 2339.
XU anderm zweck:
weil ufT, frauwen und man.
was eynen stab mag gedran.
man s'al den ricbsten konig baheo.
der ander ilorol/f ISOü («. 64* Uagen-Büsdtiiig).
i. J. GtiNM reditsalterth.* 1, 410. 52. 572.
7) Stab des hirten, vgl. hirtenstab, theil 4,2, 1577: pedum . . .
kd. birtes-, hirtenstap, -stab, -slayb, nd. -staf . . . kruch vel
•taff. DitF. gloss. 421'; pedus i. clavus, hirten stab. noc. gL 285";
fodium stap, stape, stab, Stabe, staf, staff rel raste vel helffe,
hueter stab, stab vel kolben dar über sich der hueler leinet.
§loss. 443'; podium staff i. baculus; crucke . . . lenstap. nov.
fj. 296'; ayoJus . . . scbcffer-, hirten-, hueterstab, ... birten-
stecken, -kule, -kewi. gloss. 18'; hirten Hab,pedum. Dastpodics.
a) der stab dient dem hirten ursprünglich wol als waffe zur
tbwehr wilder thiere {wie der sauhirt Eumaios zu gleichem zwecke
den Speer Irägl: tihro S' ö^vv äxotra, xvx-cöv A}.xrTJ^a
tuu AvS^töv. Od. 14, 531) , daneben natürlich als stütze beim
gehen und stehen {wie 5, vgl. die glossen). zu diesem zweck ist
tt oben gekrümmt oder mit einer krücke versehen: di herte sal
och volge mit siner kulin unde mit sime krummin stabe.
Mühlh{auser} rechtsb. v. 1256, s. mhd. wb. 2, 2, 592. vgL : der
hirtenstab, pedum, agolum, der in der empfiniisamcn Schäfer-
poesie der neueren bis zum Qberdruss vorkommt, war ... ein
derber stock von olivenholz. knotigem dorn oder Wacholder,
aber mit einer krücke, das vieh an den beinen zu fassen,
onien mit einer langen eisernen pike, die ein ring von erz
oder kupfer im schafte befestigte, die Griechen nannten
iko krummstab, xalatgoxp, keule, xo^vrti, und haseospiess,
layotßokoe, weil ihn der hirt nicht nur unter die hcerden warf,
•ondern auch zur jagd brauchte. Voss Yirgils Idndl. ged. l, 275.
b) der Stab ist daher stehendes attribut des hirten in der
dieklung:
du empfange den stab. den Antigenes, da er mir ortmal
iclinieiclielie, nimmer gewaun; und er war der liebe nicht
unwerih :
iierlicb prangt er mit erz und gleichen knoten. Menalkas.
Vo«s Vtnjtl iil. i, 88;
er senckt' insz grasz die matten glieder
bej einer silber-kiahren bacb,
und warir da stab und tasche nieder.
Königsb. äichlerkr. s. 170 ufudr. ('klage emes
terlieblen schäfers").
c) so auch in der rechtsspraehe : weder in dem ochsenwald
noch in Genal sollen früher, als der ocbsler mit dem stab
hineinfährt, ochsen untergebracht werden, tirol.rrtrf/i.2,324,19;
formelliaft: auch soll man dem hirien das vich auf die treib-
gassen antworten, schwein und küe; so aber der hirt hin
war, so soll man ihm das vich antworten lir den stab. . . .
wenn das vich zu schaden etAann gieng, wann es fir den
Stab geantwortet wirdet, dieselbigeu schaden, die soll der
hirt abtragen. 4, 158, 8 — 14. nicht ganz klar ist die häufige
Wendung mit behüetem stab {unter aufsieht des hirten, — zud?):
es ist auch das des mairbofs recht, das er ain offne auffart
bat mit behietem stab htinzt {bis) auf den Pölchen. l, 56, 43;
daz von Puchlarpach hinz für Weslertal auf gein Neunperg
ein vichrüa {weideplatz) mit chlainem vich haben sullen mit
webütem stab, daz niemant scbad weschccb. 137,29; da süllen
die von Stans in dem pach wasser nemen irem vich; gieng
das ungefarlich {zufiUig) iber den pach, so sein wier dem
gotzhaus nicht schuldig darumb, findt mans al>er mit behieltein
Stab, so mag ain ieder prellat . . . phenten. 165,6; zum nein-
zübenden solle der... Inhaber des Gallwies- oder Mantl-
berger-hofs sein vich mit behietem stab von und zum stall
zu treiben schuldig sein; do er aber sollicbem zuwider
handien, und das vich auf der waid unbehüeter betreten
wurde, soll es phendt . , . werden. 244, 7, «. noch 2, 42, 21.
d) daher wird stab übertragen
a) auf den hirten (?), s. Hevse hausalterth. 2. 212 3: daz die
frawen (nennen zu Eberbach) zwen sieb sollen han zil den
Schöffen und einen stab zu den rindern und einen zu den
schwynen. weisth. 4, 266, 1 {eis. weisth. v. 1429).
/3) auf die heerde: item si saltner sollen auch auf die
vichpfantung und veltschüden guet acht und aufsechen haben,
wo si vich ic velt ersechen, auch den hirten zum driten mal
zueschreien, und [ob] si iber solliches zueschreien das vich
ausz den schaden nit weren oder treiben , migen si saltner
dasselb pfenten, den ganzen stab umb ain pfunt perner, und
was darunter, allwegen von zwei rinder ain kreizer. tirol.
weisth. 3,39,47; wer ihn weiter herauf ergreift, ist der straf
von des hirten stab l perner. 154, 10.
y) so noch jetzt in Schweiz, mundarten: ^gewisse anzahl saum-
pferde — etwa 7 bis 9 nebst einem reutet für den knecht'. Stai der
2,388 (Uri, Bünden); saumpferdetruppe, karawane ton gewöhnlich
9 saumpferden. BChler Davos l, 137.
e) oft in bildlicher anwendung, besonders in gerichtlicher Sprech-
weise, von gott oder Christo: du aber weide dein voick mit
deinem stabe, die herde deines erbteils, ... las sie zu Basao
und Gilead weiden, wie vor alters. lftcAo7, 14;
unter seinem sanTten stab
geh ich aus und ein und hab
unaussprechlich süsze weide.
Iiannot. gesam/b. 533, 2 (.«(r. 2 des Itedet: weil
so wol auch: ''='" ^**" schäflein bin).
mit_ deiner lehr und warbeit zäum und stab
mein leben zu regieren,
auff rechter bahn, lasz du, mein got, nicht ab!
WicEUiiLi!« 107 (p.i. 25, 6).
besonders sind zwei biblische Wendungen sprichwörtlich geworden,
a) und ob ich schon wandert im flüstern tal, fürchte ich
kein Unglück, denn du bist bey mir, dein stecken und stab
trösten mich. ps. 23, 4, mit bezug auf den gdraueh des hirlen-
stabes zur wegleitung und zum schütze, so schon bei Notier:
din ruöta unde din stab, dag chit, dina filld unde dina chestiga,
die habent mih ketrustet {ps. 22, 4) und in vielen kirchenliedern,
** *' dein stab, herr. und dein stecken
benimmt mir allen schrecken.
P. GuuAioT nr. 41. 27 Gödeke.
ß) der Stab als Werkzeug der Züchtigung kommt beim hirten-
Stab weniger in betracht {auszer beim rindrieh), desto mehr in
den mannigfachen von da ausgehenden übertragenen gebrauchs-
weisen, s. 8. erst von da aus wird zuweilen der htrtemtab
{im bilde) als symbol der Strafgewalt genommen {so schon in
NoTiKRS übers, von ps. 23,4, s. a, ferner:) und ich hütet der
schlachtscbafe, . . . und nani zu mir zween stehe, einen hies
ich Sanfit, den andern hies ich Weh, und hütet der schafe.
Sacharja 11, 7 {vgl. lo. 14); noch froher als über den gewinnst
22*
343
STAB (11. 8)
STAB (II, 8)
344
selbst ist mit gründe fast jeder Spieler darüber, dasz doch
dieser sogenannte betrug ohne wabre Verletzung der lugend
abläuft; hücbstens kann er für sie ein stub Sanft aber kein
Stab Wehe sein. J. Paul aus des leufels pap. i, 77.
b) vom hirtenstab aus euttcickelt sich der stab zum symbol
der herrschaft und der ricliterlichen geaalt.
a) am deutlichsten ist die herkunft vom hirtenslabe beim Stabe
der geistlichen gewall.
a) er wird auf den hl. Petrus zurückgeführt (mit bezug auf
loh. 21,15 — 17): dessen (erzbischof Theuderichs v. Trier) nacb-
folger, Egbertus, tbeilte den su berulTeneu stab des beiligen
Fetri mit ertz-biscbuff Werino von Cöln, und bracbte die eine
beiffte davon nacb Trier. Hab.n hisl. 2,129, dazu anm. dd :
allein der beilige Petrus musz wul mebr, als einen hirten-
stab gehabt haben; denn Lamberttis Tuitieusis gedencket
eines anderen Stabes Petri, der in Hom verwahret, und unter
Oltone III. zu einer gewissen geistlichen haiiüluug nacb Bene-
veuto gebracht worden;
seder bieir xo Colne «ent Peters star,
dal iieder eiide mau zo Treire gaf.
IIagkn buUh t. Colne 150.
ß) alt dessen nachfolger führt ihn der papst:
Innocencius dlier pabes,
dher xo Roine placli des siabes.
lirauiiscliw. reimcliron. 7643;
sagt mir, der höbst von Rönie, wai sei iu der krumbe stap,
den gol dem guoten Saute Peter uus zenbindeii gap?
Marnkr Xil, 20;
wau er jach da; der habest trüege unrebie den stap.
Loheiiyi: 4509;
mii miuem dienst erlangt ich liab
vom bapstlicheu g'wallt und sinem stab,
das mir keiu berr bell können geben.
HuFF Liier Heini 3105.
s. auch 2, a. stäblein 3, a.
•/) doch ist der stab im allgemeinen das attribut aller bischöfe
und Symbol der bischöflichen macht: baculus pastoralis hd. eyn
bischußs stecke, biszoQ's stab, bischuil-, bissoOT-, piscboU-,
pisof-stab, -stap, -stabt, »li. eyn biscopes staff. Die», gloss.üb*;
piscbollT-, byscboff-, hcrtürslab. nov.gl.Hi'; pedum (s. ') . . .
bischolTessta(y)b, biscbopstaf. gloss. 421*; vgl. Kni^NiTZ lü7,
5bl — 3. in der luxenib. muiidart giit stuf allein für bischofsslab,
Ganc(.er 429. dalier im Basler wappen: der Uaszler-stab, in
ihrem wappen und auf den münzen, sieht dem obcr-theil
eines bischoff-stabs gleich, die Kranzosen nennen ihn, etuy
de Crosse, ein futteral des bischoff-stabs. Fbisch 2, 313'. vgl.
slüliler b.
d\ so bei der investitur, s. Scuuöder rechtsgeseh.* 159, anm. IC.
S9\f.: in dem luou und Ujare koren de con^entesbrudere ...
ureu doinpruvest Waltharduiu to biscbope. den köre heilt
de erste keiser Hiorik ^tede, und leich om den staf. d. städte-
c/iron. 7, 214, 14; auch zum stab weihen, consecrare ad officium
vicarii episcopi: es wer dann das ers von kranckheit nit thuon
m'iclit, dann so mag er einen thuombherren . . . weyhenn
zuom Stab und entpfeihen sein stal in dem bistumb zuo thuon.
tjuelle bei ScBeBZ-OoEnii.'« 1548. neben andern inaignien genannt:
de bischop leit sik beiinliken in dem giiden donrcsdage brin);en
•iu bischupwanl und inifelen und staf. d. ttädtichron. 7, 4b, 23;
die der obrisicn öre
Untier der plialTliäii soldeu phleecn,
den da; vin):«rl unt der (tap ist gubeu
unt ander vil bexaiclienliob gewaul,
da von si biitcboi' »int ginant.
llüi.NR. V. Melk ertnn. (>2;
Nicolaus wart ul' ^'eniimeo . . .
und biu iu die Lireben bracht,
da im siab unde kion«
mit K<'<*alte sclione
öffentlichen wart hevoln. pasn. 10,47 Köiike;
bifcoph Willebalme, du dher kronu
uud db«i »isves xo Heute placli.
Uiuunitcliv. reiinclirun. 1059;
bi dar tli Stabe* unte krönen placb
xo Halt>erttai byicoph brantbago. 160H.
«) der bitthofsstab zeigt noch die charakteiisltsche form des
hirtenüabet {'i,a): die biicbolle tragen bey feyerlichen gelegen-
beiieo eineo stab, welcher oben gleichsam einen haaken wie
ein birteo-stab bat. und der bischofft-slab, pedum episcopale,
eroMst, genennet wird. jAuioHSki 743*; stab, eines biscboffs,
pedum epitcopale, ist üben krumm gebugeo, davon beiszt er
kruiiitUb. Fbiscu 2, iis', vgl. Adblumc (2, 2, e) und kruiniuslab,
lkeüi,U9l>f. vgl.:
Pitlus Qberw6nde (hochmütiger f),
tril ü; der infel werde;
diu strit, diu arc gehere
mit reine nilit kan volgen
dem edelen krumbeu stap. FaAiiB.it.OB 415,5.
für krumber stap auch:
pfairenlürsten bunt niht relite
iiid ül boubet, kruinp üf stabe. Har!<kr XIV, 50.
nur uneigentlich zu verstehen ist natürlich die anschuldigung :
eur inrel vor stahel gliixen,
eur Stab hat aiti eisene spitzen, fuytn, s;>. 643, 13.
^1 daher unter dem krummen Stabe leben, unter der herr-
schaft einet bischofs, in einem geistlichen färslenthum: solche
leute, welche von vielen Zeilen ber nicht unter einem scepler,]
sondern unter einem krummen stab gciebet haben, sind der!
freyheit gewohnet, und wollen lieber sterben, als servilisch
tractiret werden. Scbuppiüs 3&4. daher das Sprichwort: under
eim krummen stab, und underm graven ist gut wohnen, die
biscliofl' und ebt, seiud der krumme stab. Egekouf sprichw. 2l*{;
unter einem krummen stab und unter einem grafen wobneo.
Pethi Vv 5*. unter dem krummen stab(e) ist gut wohuettj
ist auch der titel zweier schrifUn von J. P. Kress (Jena 1720) u«
Brauskr (Jena 1736), vgl. Wanüer 4, 757/'.
ij) daher für bischöfe die Umschreibung:
swaj krumbe siebe üf erden ireit. kön. Tirol 13, 5.
doch wird im mhd. auch geradezu krumber stap für ^bischof*^
gesayt: dar cbömen ainlel' hundert crumber stabe.
kaisercUrun. b494 ScUiöäer (= Trierer Silv. tt2A^I
^I. 6J; '
da was manic krumber stap,
dö diu liii'ät gescbacb. Mai n. Ueafl. b', 4.
b) doch auch der stab oder das scepler {oxrJnT^or, stab^ '
s. theil 8, 1941^.) des weltlichen herrschers geht wol auf den
hirtemtab zurück, wie Homer den könig als ''hüten der Völker
(noifiiva la&v /i. 2, 243) bezeichnet, vgl.:
grausame polilik, der inenscblieit giiick zu stören
im scliuos der böll erzeugt — von wem musz ich sie höreu?
von dir, Christ! dem der goil des l'riedens seinen siab,
die neue cbrisleuschaar zu weiden übergab. Gottbr 2, 32C.
so allgemein:
da ist wol oll der pllug gelulirt von solchen bäuden,
die vormals nur gewohnt, der beiiscbalt stab zu wenden.
PuSTiL W'ilUk. 2b4 (10,34b};
ricblet deu herrschenden stab auf leben und bandeln, und
lasset
Amorn, dem liebltcben gutt, doch mit der Muse das spiel!
GüiHK 1. ;W8 (;<i/i)f,st. 39}.
dazu: der stap sol amtes wallen. Frauenlob 81, 3.
im einseinen, zunächst stab des königs: die scepter, so von
Königen geführet werden, sind slübe, so ihre macht und berr*
schaflt bedeuten. Jablunski743', vgl. i.Gfiiu )trechtsalterlh.*i,33i.
ScuRöiiER rechtsgesch.^ loi f. BnuNNtn rechtsgesch. 2, 17; es wird
bey der crouung der konige in Frankicich ihnen ein solcher
Stab in die bände gegeben, \on dem man vorgibt, er sey von
dem hörn eines einhorns gemacht, er heiszt im französischen
la main de justice. Fkiscii 2, 313\ (stab bei der krön im q neben
dem scepter s. A. Scblltz höf. Icb.'^ I,ü45.) von fürsten und
herren verschiedenen ranges, vgl. fürstenslab (Scbiller 3, b.s,
s. theil 3, SbO): die füsze des herru ruhten auf einem scheiuel,
in der band hielt er den wciszen herrenstab. Fueytac b. 12;
gebieteu mit dem siab
mocbi er läur 'niniisni') mit siner crafft
gar vil der baydenscbalTt,
alt sinem ampt wol zain. Altswbrt 229,30;
dazu: mit umi;lüliier, helszer stirne Trobnen
unter der despolen eisciisiab
ganze, grosze, sclione iiuiioneu
von der kummerwiege bis ins grab. Ski ii (/ei/.> 66.
t. auch i,g. auch alt symbol der hausviterlichen gewalt: et
soll kein valer seinen kiiulcrn sein gut übergeben odder
seineu stab aus der band, weil er yhn selbs hallen kan.
LuTBER IG, 4!ib, 24 Weim. ausg.
c) nicht nur htrrscher, sondern auch allerlei beamte fuhren
den Stab als zeichen ilirer amtsgewalt; daher herren mit stallen,
Würdenträger :
und ein gahoi gehl aus, et soll ■m nlchtleo fetl
vom kleinsten Junker an bis tu den herru mit Haben,
was ahnen bat, nach hofe »leb erheben.
WiKLAND IN. 144 (/Vrr. 1,946).
im etnzelnen: dem beflelt der bischofT das burgermcisterambt
mit dem stabe, tu iiimbt derselbe burgernieisler den sltbc.
ijuelle bei Scberz-Ubkrlia 1547; besonders bei hn/umtern lim mittel-
alter), die Laiiieriere tiagcn siebe, um damit platt su maihen:
345
STAB (II, 8)
STAB (11,8)
346
da wart von kameraire stabn
vil küme alsoliier rüm erbabu. Willeh. 142, 29;
zu hole wart gedruDgeu, swie die kamerere siebe beten.
jung. TU. 1&05.
Aenso: der vürstinne marschalkeä siap
des küueges marsclialc «ö vil ga^en gap,
da{ er die Türsten berbergt uäcb ir rebten.
Lokengi. 1671.
tisi den plalx bei tische anzutceisen:
in silier bende was ein siap.
das siizen er mit zübteu gap
dem jungeu küiiec von Taudarnas. Willeh. 263,13.
SO trägt der truchsesi einen stab, 5. A. Schcltz höf. leben 1, ITS.
415. 423: darauf kam der iruchsesz mit seinem stabe und
hinter ihm eine lunge reibe diener. Frettac 8,31 {ahnen l,'2j;
dö gienc aldä mit sime stabe
des keisers irubsaeie. Konr. t. WöaXBO«e ÜUe 72;
der heroid:
bei meinem stabe! rub gebalieu!
GöTUI 41,49 (FuusI 11, 1);
hevold. schlag' dieses toU mir aus dem Teld.
Plulus. dein stall ist wobi dazu bereit,
verleib' ibn mir auf kurze zeit. 51;
(heroid.) der scbalk erweis't sich übelferiig. . . .
gib meinen stab ibu zu verireibeu. 54.
$. auch stabiein 3, b. auch boten und abgesandte tragen stäbe,
die tt'öi auf den einfachen wanderstab (i>,d) surückgehen , aber,
indem sie etwa mit dem wappen des herrn oder andern kenn-
leichen geschmückt sind, lugleich zur beglaubigung und zur Über-
tragung der in ihnen versinnbildlichten kOnigsmacht dienen,
tgL J. Gbihii rechtsallerth,* 1, 183. Schbödeb rechti-gesch.^ i08. 457.
BaustiER rechtsgesch. 2, 19ü. A. Scbültz höf, leben'^ 1, 175:
der kaiser bevalcb ime (Gei.eJun) siuen siap.
ItülanM. 51, 21, vgl. Stiickik karl -iO^l. -2<J34.
ähnlich auch: schwebt uiclit etwa gar
ilermes voran? bliakt uicht der goldne Stab
heischend, gebietend uns wieder zurück
zu dem uuerlreulichen. grauiageiiden
. . . Hades? GöidK 41,207 (FauU 11,3).
d) insbesondere ii>t der stab das abzeichen der militärischen
Obergewalt, tgl. komiiiando-, marscbail(s)slab (theil 6, i6i1),
bdton, s. zeitschr. f. d. wurlf. 3,234': die marscbülle von Franck-
reich empfangen, zum zeichen ihrer würde, einen stab, mit
blauen sammet Überzügen, und mit güldenen lilien bestreuet,
haton de marechal, dergleichen auch anderswo fon buhen
generaien gefübret wird, der marschall-stab ist ein zeichen
dieses amts am bofe. ... ein generals- oder cummandii-stab
ist ein Sinnbild der standhaß'tigkeit, weil er sieb nicht beugen
läszt. Jablonski 743Y'-
wo Qieszt der Muhleren, der Dubenberge blut?
der Seelen ihres Staats, die mit gesetztem muib
fürs Vaterland gelebt, l'Cirs \aiei'land gestorben, ...
da vieh ein reicbtlium war, und ol't em arm gedreschi,
der sonst den siab geführt.
Uallb« i/eil.^ 95 Idie verdorh. siiten 41, vgl. Scuönaich
äs<(i. in einer nui>z 15, 14. 23 kösler) ;
oberQfineral . . .
ich weisz nichts an der Schlacht zu wenden,
begannen sie's, sie mögen's enden,
ich gebe meinen stab zurück. Guthk41,2&0 (FaKs<II,4);
vom kaiser freylich hab' ich diesen stab.
doch führ' ich jetzt ihn als des reiches Teldberr.
Schills«' l'iccul. 2, 7.
auch Karl Muor fühit als räuberhauplniann einen stab: ich büre
Ton diesem nun an auf euer bauplmann zu se\n ^— mit
schaam und grauen leg ich hier diesen blutigen stab nieder
worunter zu freveln ihr euch berechtiget Mahntet, raubet ä, 2
tekausp.
e) «on hier aus ergiebt sieh die Verwendung von stab für die
gesamtheit der höhein ofßiiere einet heeies oder heertslheils :
Stab . . . Itey den suldaten die obersten kriegsbedienten...
praefecti legiouis supremi. SrciKbACB 2,651; stab, Judicium,
regimeiits-stab, judiäum miUture. Wacbtes 1576; stab, im krieg,
heiszt der conimando-stab der feld-herrn, character impcra-
toris, Signum summae auctmitatis. stah, der general-s^tab, die
generalität, summt exercilus praefecti. der regiments-stab,
cMegium praefedorum kgionis. Fbiscb 2,313'; zu einen stabe
tu fusz und zu rusz, wie auch dra^onern, gehören der obriste,
obri>t-lieutenant,übrist-v\acbmeJsier, regiments-quartiernieister
und adjutatit, predii^er, audileur und secretarius, regimenis-
feidscheer, ieldpfeifer . . . steckenknecht. FLbiiit«G t. Soldat
(1726) 4S!>, i 12; Stab, älat mnjur, ist im kriegswesen eine Ord-
nung besonderer ofliciers eines corps, die in demselben vor
den andern distinguiret sind, der geueral-stab, reiat-majur
de l'aimee, begreift die sämtlitben generals-persouen, stabs-
officiers und andere bedienungen, die zum hauplquartiere
gehören, und sieb unmittelbar an den commandirenden general
zu halten haben, der stab eines regiments, Velat-major d'un
regiment, besiebt aus dem obristen, obrist-lieutenant, major,
regimentsquartiermeister, dem feldprediger, auditeur, regi-
meutssrhulzen, regimentsfeldscheer, regiments-tambour und
dem regiments-[irofosen. Ecgers 2,964/'., j. /erner Adelonc 2,f.
Jacobsso!« 4,243*. 7,417'. ScBM. 2,717. GoEDEi. etym. »b. der
d. seemannsspr. 457. jetzt beginnt der stab bdm bataiUon (höhere
Stäbe bei divisionen, armeecorps, armeen) und zerfällt in den
oberstab (ofßziere und personen von offizitrsrang) und unterstab
{schreiber, Ordonnanzen, büchsenmacher). — diese bedeutung ist
schon im 17. jahih. bezeugt:
iilu) hebst einen armen knecht zum hoben stab' empor.
Opitz 1, 1U6 (/<>& des kritgesg. 560);
ich bin der kämmerilug
Mehuman, — hoch im rang! — der erste nach den Stäben.
GoTTEB scitawtp. 72;
der Offizier vom stab
legt selbst im Pferdestall den herrscherblick nicht ab.
, . ,, , , McLLNER diam. werke 5,219;
{prurz t. Hoinh.)
des herrn durchlaucht habt ihr, frisch und wohlauf,
beim Truchszschen korps, in ilackelwitz, gesehn?
graf S/un eu.
ja, mein erlauchter prinz, im hof des pfarrers,
wo er befehle gab. vom stab' umringt.
11. v. Kleist 3, 61 Silimidi l/jiim r. Humb. 2, 8);
capitän Spiesz war nicht von adel und benahm sich im
dienste als ein genauer und zorniger mann, wie nach alter
suldatenregel ein hauptmann sein soll, auch beim stabe galt
er für einen tüchtigen officier. Frettag 12, 213 {ahnen 5, H, 3).
mundartlich soll nd. staf >'( diesem sinne in der Götlinger gegend
gesagt «erden (?): det staf lag in Geismer. Sciiambach 207'. —
diese bedeutung liegt aUen uneigentiichen Zusammensetzungen
{mit Stabs-) zu gründe, s. unten.
f) vor allem jedoch ist der stab zeichen und symbol der
richterlichen gewaU {mit bezug auf seine Verwendung als straf-
weikzeug, s. 6, fr, vgl. schwert II, ä. 9, Ihetl 9, 258°:!/'.): stab, ein
kenn-zeichen richterlichen ansehens. Faiscu 2,313'; t. ferner
Adelung (2, 2, c). J. Gkimm rechtsullirth. 133 — 7 (* 1, 181 — 190).
202, 7. K. V. Ajiira in Pauls grundr.^ 3, 1^8.
a) der richler sitzt mit einem stabe zu gericht, vgl. Frisch
2, 313'. J. Grimm rechlsalterlh. 134/., 3: als ich an offner schranen
in der hofmark Filiersee mit gewaltigen stab sass zu rechten,
uri. r. 1466, s. munum. boica 2,102; dass ich auf heut dato
des briefs gesessen bin an dem landrichler zu Swuben mit
gewaltigen stab zurichten. 96 {urk. v. 1475, s. auch Schm. 2,716.
Haltaus 1713): tgU: es mag auch des gottshuses meier, wenn
in bedunkt, dass es noth sye, u. gn. b. d. markgrafen vogt
und amtmann wohl anrufen, und bitten by ihm zusizen mit
sinem stab und den dinghof zu schirmen, weisth. i, 328, 2ö.
auch sonst bei gerichtlichen handlungen: dae mach der vorst-
meister ryden mit eyme wyssen gescbeilden stave in den hoff
au die naeste pende, die hey vynt, ind nemen die. 2, 773
(r. ;. 1342). — er hat, hält den stab in der band: der klag-
putt soll warten, dieweil der richten säss, und den stab in
der band hielt, monum. boica 2, 63 {urk. v. 1414), ;. ferner s. 77;
dieweil ich säsz und stab des gerichts in der band biet.
urA. r. 1475 fr« ScBM. 2, 716; margraf .\lbrecbt von Branden-
burg hofmaister, der sas am rechten und het den stab in
der band und ist im ratt gewesen, da man geurtailt hat.
s. d. slädlechron. 5,416, anm. 1 (r. ;'. 1455); lierren Wilhalmeo
von Wernnaw ritter, ... als er den ritterstuel besäsz, und
den Stab in siner band hielt, zue Stuetgarten in der cantzlye,
in der hoffgericbt stuben. urk. v. 14SS frti Haltads 1713; und
wenne ein probst richtet, so sol er den stab in der band
ban und sol dei vogt nebent im sitzen an stab. weiitit. 1,317;
und sali der lenherre ader syn amptman ader wen er das
betielt den staff in der bunt bain. 2,99, anm. 1 {r. j. 1465);
ferner hat der scbefTen den richler gefragt, ob er den stab
als ein ricbter im namen und von wegen der vier herrn in
banden bah? 106 (r. ;. 1549); weil die schran besetzt und
der richler den stab in der hent hab. <iro/. irei5<fr. l, 41, 2S;
am gerichtsztag . . . soll der richler die urtheyler beyssen nider«
sitzen, unnd er auch sitzen seinen stabe oder blosz schwert,
nach lendlichem herkommen eyns jeden orts inn den henden
haben. Ccrolina i,i; s. auch Sciiekz Oberlir 1548. dafür: das
solle alles ein obervogt, sidmal er zA geriebt sitzt, und den
Stab fürt, . . . besiglen. weisth. 1,59 (Zürich 1572); 6 sint urtel-
sprecher, der oberste oder eitesie under iuen ist richler; der
347
STAB (II, 8)
STAB (II. 8)
348
fierl den staab und silzl allein uf ein banli. 819, antn. (quelle
V. 1597); item wenn ain herr von Petersbusen oder sin ainman
zu Langslacht zu gericht sitzt uinb erb, aigen fäll, und lUss und
gelegen gut, sul ain berr oder sin aminan zu Petcrshusen
daruinb ricbten und den stab innbaben. 247. «. ferner unten t. —
in die band nehmen, vgl. Brunner rechtsgesch. 1,141, anm. 14;
sin majest. hat alsobald den gerichlsstabe von marggraven
Albrechten genomen, sieb nidergesetzt und furgenomen, selbs
zusprechen, urk. v. 1474 bei Haltaus 1713; item wann ain
richter zu gericht nidersizt und den stab in die hanndt nimpt,
so soll er dess ersten umbfrag tbun, ob ess ricbtenss zyt
sye. weisth. 1,274 (aus dem Thurgau, 1432); ich frag euch des
rechtens an auf den aid, ob es sei an weil und an zeit, . . .
das icb als richter den stab von dem fronpotcn in die hend
nem, damit nidersitz und alüa der rüm. kaiserlichen majestät . . .
ebehiifttädings recht besitz und halt, tirol. weisth. l, 12, 17
{rgl. 55,29. 2,366, 1); dasz . . . ich als ihrer hochfürstl. gnaden
besteUer landrichter am llechfeldt den stab in die band
nemmen und das gewöhnlich iand- und nachrecht ... besüzen
möge. Salzb. taid. 10, lu, $. auch ISI, 17; ehe er den stab in die
band ninibt, so soll er ainen laudman oder ainen redner
fragen, ob es nun am jhar, am tag, weil und an der zeit sei
den Stab des gerichts in die band zu nemen, richten reichen
und armen, witben und waisen, allen denen die des rechtens
begera. steir. taid. 426, la — 19;
heiT Martin von StaufTeii, edler junckher,
diss ist ietzuudt mein beger,
dass ilir solt nemen ilisen stab, . . .
soll clag und autwort dan verhören.
Endinger judensyiifl (1616) 1390 (s. 72 neudr.).
den Stab von ihm {sich) geben: wirt er aber beclagt unnd
über wunden der verlümbdung schuldig sin, so soll ein vogt
uff stan unnd dem stab von im geben unnd die hochen ge-
richt furohin mit im hanndlen lassen, weisth. i, 120 {Ober-
icinteilbur 1472); wann das geschieht, so sol er den stab von
im geben und furo nit richten. 140,2 (Wieseudangen 1473);
euch sol man wissen, das eines herren amptmun richten sol,
was fOr in kunt, es wer denn das yeman klegti umb freuni
{yewültthat), . . . su sol eines herren aniroan den stab von im
gen, und sol ein vogt richten. 151 {Einstcdeln , anfang des
tb.jahrh.); {mit dativ:) unnd sol ein apl das geding besitzen,
uncz biss das es rinem an den lip gat, so sol er denn den
Stab von im gebenn einem vogt uncz das die urteil ein end
nimpt. so sol er denn nach richten als vor. 346, l {S.Peter im
Schwanw.y Hi3 — 84), vgl. 5.350,20; nach diser Verlesung legt
der brühst den stab auf den tisch und thuet einen abtritt.
tirol. weisth. i, 98,26. — einem den stab (ülier)geben: auf den-
selben tag gab rex den stab dem edeln hern Gumprechten
grufen zu Nev\enar, ... und empfalch im daz hofl'gericht.
d. städtechioii. 3,3ü6,\9 (v. j. 1442); item der bropsl hat ouch
das recht, das er zu Embrach zu gericht sitzt, oder sinem
aman den stab belilcht. weisth. 1,113 {Embrach, Schweiz 1518);
so sol ain amtnan des dorlTs zu Langslacht ... darüber richten
und ains hern von l'etershusen ammau uGTstün, und im den
Stab geben. 247; und het der probst Qt ze klagenne, so sol
er einne gutzhus man an sin stat sezzun, und sol im den
Stab enpfelhun, und sol im klagun. 310 (Schwarzw., 1344);
beim geriebt zu F(olckclingen) setzet sich der Schultheis nider,
und so er gesessen ist, so kompl der meiger von S. Arnual
und hat einen weissen stab in siner handt, und spricht:
•chultheiss, sint ir zu gericht gesessen? antw: ja. dan sagt
der meiger: su gebt mir iirlauh, das ich uch den stab gebe. 2, n
{Völklingen 1422, vgl. i. 17); so der Voigt (;efiaigt hab, su soll
er dem grnntlierreo den stalT lihen, abe ime etwas noit were,
das er den stab auch niücht bruichen. halt darnach der «oigt
gefragt, ab er genuich getban habe? darulT der scbelFen
(eantwurt, er mein, der voigt hab myt der uberlieberung
den Stabs genoieh getban. . . . darnach hat der voigt dem
grunlbern den staff gchihen, da dergrunthcr den stafTgcbruichl,
bat er dem foigt den slafT wider gclieberl. 7U {Monlcler lii\);
alsdan trat bervur des crtzbischulTs zu Trier schollbess, als
ein hucbrichter und «chirnihrr mit einem weissen slabe, und
geboidc demselben bnOT und jargcding ban und frieden; und
fOrbsss handireicbt und gab er dem schulteseo s. Symeun«
kircben, solche jurgeding ausszuhaltlen, den slali in seine
bnndt. eoi {Spang in der Eifel Ibis); so raichet der ambtman
zu Zeilen dem probst oder seioeiii anwalt da selbs deo slab.
Urol. »tiüh. 1, 139, 2;
eil) andern den stab beTelilen wolt.
Kniliiiut'r judeiispiel 1404 (v. 73 neudr.);
weil mir der stab ist aulTerlegt, . . .
so frag ich eucli, ihr herren, frey,
ob es ietz zeit zue ricbten sey. 1406.
aus der band nemen: item die rechten halt och ain herr
von Ow, wenn es an den grossen fraeffel gat, so mag er
oder sin ampt lütt och dem amman den stab uss sir band
ncn, und mag da och umb den fraedel richten, weisth. l, 241,19
(Ermatingen, H. jahrh.; in §18 dafür: den steken); do nam
mir Ulrich Stainer den stab aus der hant und fragt die ge-
nininschaft . . . was recht wUr. tirol. weisth. 4,25,29. s. auch
Stäbchen 5.
ß) auch die gei ichlsboten , fronbuten, büttel trogen stübe,
vgl. J. Gkimm recbtsalterth.* i, 3bO : ind darna so naui der selve
her Hembolt den richterboiden ire steife, ind he und die
sclieffene gemeinlichen lachten as vort do dat hoegerichte
neder. d. städterhron. 12,280, 10 {zum j. 1372); wenn man die
unthädigen uszlühret zu gerichtene, so sollen die büttel darhei
geben mit ihren sieben bei den henkern und schüren und
schirmen vor der menge des volks. quelle vom j. 1387, s. Giumh
a. a.o.; der budell sull ussgehen, und haben ein stab und
slagein ahn die nuiuren und rufen allen den ... die in das jahr-
geiling mit recht gehörig seindt. weisth. 2, »3 {v. j. 1463) ; ob
die fronbolen das Übersechen, so müssen sy den stab ligen
lassen hüntz an der burger hulde. Münchner kramernrdn. v. 1405
bei ScHH. 2, 7lü; Jacob ... natu grüne stecklin numen halber
gescheit, ... und macht sie sprcncklecht, wie dye statbutten
sieb tragen, halber grün und wysz. KeisERSifRc bilgersch. n' ;
im Elsasz trägt der ortsdiener einen stab als zeichen seiner würde,
wenn er dem gemeinderat '^bietel'. Martin-Lienbart 2, 567*.
/) dasz auch der kläger einen stab trug, vermutete schon
GitiNM ^ramm. 4, 845, an*»., aus dem o/td. ruogstap; bestimmter
sprechen es Schröder rechtsgesch. 83, anm. 6, und Brunne« 1, 179
aus. doch füllt das fehlen der belege auf. {einer bei Brumner
a. 0. 0.) vielleicht rührle der klüger an den stab des richters,
vgl. g, ^. s. ferner slabsagen.
g) der stab findet im gerichtswesen die mannigfachste Ver-
wendung.
a) einen stab tragen, diese fälle sind zumeist schon be-
handelt, den Stab tragen richter, s. oben f, a, und gerichts-boten,
f, ß, wie überhaujit herrscher, s. b, und beamte und abgesandte, c.
der slab war auch zeichen des geleits, s. Schröter rechtsgesch.^ 577,
anm. 29. — andrerseits tragen einen (weiszen) slab landes-
verwiesene und überhaupt verurtheille oder solche, die sich auf
gnade und Ungnade ergeben, s. Grimm rechtsalterth.* 1, 185^. und
oben 5, f, ß. — slab als zeichen der mündigkeit, s. 6, d.
ß) der richter eröffnet das gericht, indem er den stab in die
band nimmt, s.f,a, in den oberhessischen dorfgerichten auch,
indem er damit auf den tisch schlägt und ihn in die höhe hält,
s. Grimm rechtsalterth. 852. dasselbe verfahren dient auch, um
die gerichtssilzung aufzuheben: letzlieh sollen die holten auss-
roffen, der berrn fry jargeding sy nu gehalten, woe ycniands
vor geriebt zu thun hab, der mage sich vorziehen, ehe der
keilner den staff auflbebe. weisth. 2, 299 {Casel an d. Mosel 1548).
ferner: nach solchem pllegt der zenner von Lieht abcrmulcn
drey mahl mit seinem Stabe an die lantze zu klopden, ruffet
wie zuvor, ... höret ihr liebe herren. Wkhnbb praä. obstr'
vat. 22>" Schiller.
y) das laden lur gerichtsversammlung durch umhersenden
eines Stabes gehört der germ. urzeit und dem norden an,
s. Schröder rechtsgesch.' 44, anm. 30; ebenso das aufgebet shm
kriege durch einen angebrannten stab (an stelle des geuöhnlicht*
heeri>feils), s. Grimm rechtsalterth. 165.
(V) vereinzelt begegnet auch die Wendung den stab setzen,
aufrichten von der eröffnung des gerichts: fulgendls h:iil Hans
Dieter ... die frage getban . ., warunib m. b. von Tholey den
bahn und slab zu setzen hab? ... nachdem furdt ahn Ibel
er ilans Dieler fragen, aus was Ursachen ein herr v. Thuley
die erste frage zu Ihnii habe? erkandt der scheOTcn, dieweil
das der berr apt erkent ist als ein gnindtherr, dess halben
das er den slah und Imlm ulTzurichlen hab, su hab er auch
die erste frage zu Ihuii. »«i$</i. 2, 02. bei den Römern wurit
bei auctionen ein slab aufge.slcrkl, vgL: hattai ^^ insigne judicH
vel auctionis iiubltcae, ... die hasla bey verkUufeii durch lici-
talion, namentlich die liscalis hasla, die io landn-cblcn tu*
weilen der herrschaftliche slab beiszt. Muco in d. Gütt. gtU
am. 1840, 1.368. — betonderhett^n : zwei slübe werden in die eri*
gttlickt btt der fties. entfuhrungsklage , t. Grimm rechtialltrlk»
349
STAB (II, 8)
STAB (II, 8)
350
440, 10. — Stab ah stellverlreter : und wäre es sach, dass die
beide gndge fürsten und Lerrn her setzen einen stab, der reden
und sprechen iiünt, dem soll man recht weisen und sprechen.
«eisth. 4, 726, t. vgl. 2, 162. antn. 2 und schaub 2, a, iheü 8, 2;95.
e) einen stab (dar-, über)reichen, s. K. v. ämira in Padls
jrundr.'' 3, 212. Scbköder rechtsgesch.^ 60, beim bürgsehapsvertrag
285 f., als 'wette {uadia), pfand 287/: Brüsker 2,366. bei der
güterabiretung s. Grimm rcchtsalterth. 133^., 1 (* 1,184/'.): diese
zurückgäbe des lebens muszte bey adelichen leben den äliten
persönlich gemacht werden, bey den bauernlehen aber ge-
schah sie vor gericht durch den stab, den der amraann aus
der band des alten besitzers nabm, und in die band des
neuen legte. Arx gesch. von St. Gallen 2, 183.
5) an den stab greifen, so von bittenden : welcher an ainess
gerichts stab grifi mit urtel, und das nit hielt und kundtiich
wurde, der ist verfallen die grossen buss mit gnad. weisth.
1,281; welche nach der hegung und nach der heiscbung
kommen, die sollen dem richter an den stab greifen, ich
frage euch, was ihres unrechtes darum sey, sintemal sie dem
richter an den stab gegriffen? es habens mich meine sluhl-
brüder gelehrt und ich spreche zu recht, wir können ihnen
die busse nicht vertheiien. 3, 5S1; das kein inwoner des dorfs
obgenant . . . seinen nachgebaur ausz dem dorfe an ein ander
gericht nit laden soll, geschee es dor über, so soll, der also
sein nachgebaur an ein auszwendig gericht geladen hat, dem
obgen. unserm junkhern und sein erben an seinen stab greifen
und den, die er also geladen hett, 6n iren schaden wider
von denselben gerichten her heim helfen. 6,65, § 13. besonders
beim schwören und geloben , s. h. auch: in ansehen, dasz er
solches bekbante mit antasten an den gerichtsstab. Wassebsch-
LEBEif rechtsqu. 2, 5. 198.
t]) mit dem Stabe berühren: darauf berührte er {der amt~
mann, bei der errichlung des Detiemer galgens im jähre 1736)
feierlich mit seinem stabe das hochgerichtszeichen, was alle
anwesenden gerichte nach thaten, die keine stäbe halten,
berührten es mit der band, weisth. 2, 320, anm. 1. — altröm.
brauch bei der freilassung, daher: stabe damit man die eygen
leuth frei lasset, vindtcta. Dastpodics.
6) ein brauch, der sich bis nahe an die gegenwart gehalten
hat, ist das brechen des Stabes bei todesurtheilen, es wird,
ursprünglich über dem haupte des verurtheilten, ein (weiszer) slab
gebrochen und ihm vor die fiisze geworfen, s. Grimm rechts-
aUerth. 135/., 5. S82. in der alten zeit als zeichen der friedlos-
legung, s. Schröder rechtsgesch.^ 77. Brcsner 2, 467, anm. 29.
GC.MHER recht u. spräche s. 16. 134/. (nach der lex salica c. 60
werden bei der entsippung vier stäbe über dem haupte des be-
treffenden gebrochen und nach den vier Windrichtungen geworfen,
tgl. Grimm rechtsalterth. 212.) den stab über einen brechen,
Tompere il bastone sopra di uno eioe dar la sentenza finale di
eondannatione o di morte. Kramer die/. 2, 899' ; stab bey einem
halsgerichte, so zerbrochen wird, baculus supplicH Signum.
Steinbacb 2, 651; in peinlichen gerichten ist ein alter brauch,
wenn das urtheil über einen missetbäter gesprochen, und er
zum lode verurtheilt ist, dasz von dem richter ein weisser
Stab über ihm zerbrochen, und hiemit das urtheil unwider-
ruffiich bestätiget worden. Jablorski 744*; vor alter» hatten die
richter einen stab als einen scepter in den bänden, er be-
deutete absonderlich den blut-bann oder das geriebt über
leben und tod. daher bricht man nach gefällten todes-urtheil
annoch einen weissen stab über die malefitz-persohnen, zum
zeichen, dasz in solcher sache kein weiters gericht werde
gehalten werden, scntentiam eriminalem conßrmare. Frisch
2,313', s. auch Haltacs 1714. Scherz-Oberlin 1547. Adeickg
{i,c). — die belege für diesen brauch reichen nicht über das
IS. jahrh. zurück: an mer enden ist ain gebrauch, das der
richter seinen gerichtz stab zerbricht, etwo so er vom ge-
richt auff steen will, ettwo so er dem nachrichter die vor-
geschriben anlwurl gibet, zu ainem zaichen, das nichts mer
dawider sei gehandelt werden. Tengler layenspiegel (1511)220*;
item wann der beklagt entlich zA peinlicher straiT geurtheylt
wirdet, soll der richter an den orten da es gewonheyt, seinen
Stabe zerbrechen, unnd den armen dem nachrichter bevelhen.
Carokna 96; nach verlesener urtheyl, sol der feldmarscbalck
sein Stab brechen, reichstäg ordn. u. absch. 640 (reutet bestallung
zu Speyer 1570); zerbricht damit (mit dem aussprechen des todes-
[ urtheils) den stab, wirfft denselhen in den wurff, sprechende:
nun belff dir gott, ich kan dir nicht ferner helffen, wird der
! anne mentcb darmit zu execulion . . . geführt. Wkhuer praet.
obserrat. 222* Schiller; wir haben den prozesz jetzt zum fünften
mahl durchgegangen und untersucht; das hohe blutgericht
bricht einstimmig den stab über des delinquenten leben, er
hat doppelt den tod verdient. Fr. MClleb 3. 364; der stab war
schon über dich gebrochen! Schiller 2, 90 (raubet 2, 3 schausp.);
weil ihr habt wie recht die sach erkennet,
auch den tod aus Mose gsetz erneuoet,
wolln wir auch das urteil drüber scbiiesxen, . . .
und den stab, wie gwönlich ist, zubrechen.
schaufp. aus dem 16. jahrh. 1, 77
(RiBBUX Sut. 4, 4, r. 325):
die rathsherrn sprechen das leben leicht ab,
sie brachen dem sechsten schon den stab.
icunderh. 1, 64 Boxberger.
sprichwörtlich: der stab ist schon gebrochen, il bastone e rotto,
la sentenza finale e fulminata. Kramer dict. 2,899*; das urtheil
ist schon gefället, der stab ist schon gebrochen. Schuppius 324,
geuöhnlich mit reim: das urteil ist gesprochen, der stab der
ist gebrochen! EisELEi.t 576. Simrock9794. rjj. nocA Stäbchen 5.
Stäblein 3, d.
t) die Wendung über jemand den stab brechen wird sehr
gewöhnlich in freierem, bildlichem sinne gesaut, einen verurtheilen,
ein hartes urtheil über ihn fällen, s. Campe. Borchardt sprichw.
redensarten^ 1124: also den stab gebrochen über onkel und
neffen! Schiller 3,94 {FieskoZ,h); (mit verdeutlichendem Zu-
satz:) nicht alle ... die in dem augenblicke, wo ich dieses
schreibe, vielleicht mit hobngelächter auf seine Schwachheit
herabsehen und im stolzen dunkel ihrer nie angefochtenen
Vernunft sich für berechtigt halten, den stab der Verdammung
über ihn zu brechen, nicht alle . . . würden diese erste probe
so männlich bestanden haben. 4,261; bei gott! ich that . . .
unrecht, dasz ich über die vielen kunstgärtner . . . den stab
brach, die sämmtiich in die fetten stachelMätter einer aloe
ihren namen . . . eingesägt hatten. J. Pacl biogr. belust. 1. 134;
so auch: wenn meine auffassung keine gnade vor ihnen findet,
so brechen sie wenigstens nicht den stab über meinen ganzen
menschen. Bismasck ged. u. erinn. 1, IS5. unbildlicher ist der
dativ anstatt der präp. über:
so brichst du, grausam, dir und mir den stab.
GöTBB 9, 354 (nni. tochter 4, 4).
dann auch über etwas den stab brechen: dafür brechen junge
hoffnungvoUe dichter und rezensenten über grauen nihm den
Stab. J. Pacl grönländ. proc, 1,59; ihr müsztet schlieszlich
über die ganze beilige kunst den stab brechen. C. F. Meter
Jürg Jenatsch 120;
was hiirts. den stab zu brechen
ob menschlicher gebrechen,
von erdenlebens schwächen
geärgert und gekränkt! Rcckirt 2, 3S4 Böhme.
mit dativ: die folge ist, dasz das publicum das vertrauen und
den glauben an den geschmack der bobnenleiier verliert, und
bei jedem neuen stücke mit einem gewissen Oppositions-
geiste ... in's theater gebt und manchem stücke den stab
bricht, welches es bei einer unbefangenen Stimmung viel
günstiger aufgenommen hätte, grenzboten 1S46, nr. 43, s. 176. —
mit unpersönlichem subject:
ich trar den mönch ob bösen werken,
wie an dem wege leicht zu merken;
der weg hat ihm den stab gebrochen.
Uhlasd geil. (1S64) 417 Oiraf liicli. Ohnefurchl 2).
h) besonders spielt der stab beim eide eine rolle, dieser wird
im mittelalter so geleistet, dasz der richter oder noch früher der
gegner dem schwörenden einen stab hinhält und dabei die eides-
formel vorspricht, dieser sie unter berührung des Stabes wort für
wort nachsagt, vgl. Grimm rechtsalterth.* 1,186/. (^ 135,4). 2,550/.
554/. Schröder rechtsgesch.* 354. Brdnner 2,427. K. v. Amira in
Pauls yrundr. 3, 2iö: do nun die egenannten mein gnedige
frauen . . . sulcb aufgäbe und verzig also willkirlich und un-
bezwungenlich gethan, und dasz vor offnem gericht bekannt,
auch mir als richter darum an den stab gerürt betten, urk.
V. 1467 bei C. F. Jonc miscell. 4 (1746), 57, s. auch den beleg
unter 1, 4, sowie stäbicin 3, e. darauf beruht die sehr gewöhnlxclie
Wendung den eid staben, s. staben II, i. dafür einen eid
stellen => einen stab stellen: den hotten einzusetzen soll
ein stah gestelt werden, und mein herr Prüm dem botten
den eidt stellen, und oben an den stab greifTen, und der vogt
unden zu. v«t$t/i. 2, 525; item einen botten zu setzen sollen
die herrn einen stab darstellen, undt mein herr von Prüm
soll den botten kiesen, undt fragen die schelTen. ob der man
gut genug sey? darnach soll mein herr zu Prüm biemil
gehen, ejd stellen undt den 8t«b oben fassen, undt der vogt
351
STAB (11. 8)
STAB (II, 8)
352
unden zu and ihnen bestedigen. 6U. dagegen bedeutet in
folgender stelle einen stab setzen 'einen eid schwih-en' (sodasz
stab geradezu in die bedeutting 'eid' übergeht, vgl. ahd.
£idstai> NOTKER ps. 115, 5) :
ich {EccUsia) wel der (ßynagoqa) seczen einen stab,
thustu dich [der] alden ee nicht ab
und gleubest an den hern Jhesum Crist,
dasz du dan gancz verlorn bist :
das bot hie selbes gesprochen.
Altfeld, pcusiomsp. 4595.
so gewöhnlich an den stab geloben, 'hiesz ehemals, mit
berührung des stabes dem richter an eides statt versprechen'.
Campe: bo einer umb ein frevell gestrafft würt, ist er ein
insSss , so soll er ann stab globenn , dem gerichtshem
inn acht tagenn nssrichtung zu thun umb die buss. tceisth.
1,111 (ö/n. V. Dachsen, Zürich, 1532); welcher nit ain an-
geseszner gerichtsman ist und ze rechten hete, es sei
clager oder antworter, ist zum rechten ain bestand oder
porgschaft ze thuen schuldig mit zwaien angesesznen
gerichtsmänern ; wo er aber die nit gehaben oder auf-
bringen mechte, solle er an den gerichtsstab angloben,
beim selbigen gericht vermög des alten herkomen und
der landschrannen gebrauchs sein sachen auszzefiern.
Sahb. taid. 35, 81 ;
ir wert nn all zu diser frist
celoben ain sicherhait an disem stab, . . .
das kainer weder schlahen wöU noch vechten.
fastn. sp. 591, 13 (,vgl. Sciim. 2, 716).
besonders vom amtseid der richter selbst: es sollen auch
in ieder gedingstat siben sitzer sein , die dann . . . bei
iren hantgeboten in aides weise dem richter am stab
loben sollen, gleich urtailer ze sein dem armen als dem
reichen, tirol. weisth. 3, 174, 35 {v. j. 1490); wo ainer ain
gewalthaber seczet, der nit ain angeseszner gerichtsmann
war, derselb soll auch mit zwaien gerichtsmännem ain
bestand thuen oder wie vorstehet an den stab angeloben.
Salzb. taid. 35, 48 (vgl. oben) ; die alten keller unnd richter
loben an den stab, den ayd, wie sie vormalen geschworen,
zu halten. Heider auszführung der reichsstadt Lindaw
(1643) s. 801. — so ferner -. und doruf hat Hans Moier, sein
weih und son vor sich und ör erbin ganze und genüg-
same vorzieht und absagunge an gerichtsstab gethan, . . .
geredt und gelobet, sächs. recessbtich v. 1494 bei Grimm
rechtsalter th. 135,4 (auch Haltaus 1713).
i) stab bezeichnet dann auch in freierer weise die richter-
liche getcalt oder die gericht^barkeit : stab, per meton. signi,
jurisdictio et potestas iudicandi tarn civilis quam eccle-
siastica. Haltaus 1714; so noch im oberdeutschen, s. Sghm.
2,717. ScHMiD 504. Stalder 2,388 (Gerichtsstand, gerichts-
aectioti).
a) 1362 hat Meinhardt versetzt die gericht sambt dem
stab und weishait zu Tramyn und Caltern. quelle bei
Schöpf 695. einen stab haben: wem ouch von ainem
amman, waibel, oder von ainem andern . . , der des gotz-
hu8 stab und zaichen hat, under ougen fürgepotten wirtt.
weisth. 1,226 (öfn. zu Tablatt, S. Gallen, 1471); vor dem
obgenannten Niclaus Altorff als dem schultheisen, der
dann das schultheisen ampt . . . mit dem stab besass. 770
(Damheim 1488) ; item der bropst oder sin amman fürendt
den stab unnd setzent die gotzhuslütt uss den vier quartten
zwölff richter zu inen. 112 (Embrach 1518); item dasz gotz-
husz Alperspach haut ouch den stab zu Hopfen, ze Nider
und Ober Tobel ouch die vogtye und oberkeit und alle
ding zerich[t]en. urk. v. 1488 bei Haltaus 1714; doch bliben
die Appenzeller bey jhren bürg und landrechten . ., also
dasz sie hinfüro nur ein gericht und stab im land haben.
Stumpf Schxoeytzer chron. 428''; zu Volckersweiller hat es
ein eigen und besonder gericht mit 6 schöfTen, . . . und
ist nuhnmehr bei 72 jaren hero der stab derendts durch
den schultheissen zu Goss. gehalten worden. Wasskrscii-
LEBEN rechiequ. 2, s» (Ofenbach iSBß); vor demselben
ordenlichen pfli^ger oder seinem richter, der dann von
unserm gn. herm von Salczburg . . . den gerichtstab hat.
Saltb. taid. la, io. dazu: so muszte der fongt, der des-
Mlb«n gerichles herre was, und des stabes, ... die erste
naht des diebes hUien. Straszb. »tat. bei Schrrx-Orkrlin
IM«. — einem den stab übertragen , zustellen u. ähnl. .
wir toltcn einem andern fursten das gericht und den stab
an nnser statt empfehlen, urk. r. 1868 bei Haltaus 1718;
welchem io abwesen des cammerriohters der stab und
richter ampt befohlen werden soll, reichstäg. absch. 427;
churf. Pf. und Speyer haben alhie zu Offenbach ein schult-
heissen, welchen Pf. ambtleuth wählen, . . . den stab von
Pf. fauth behendiget und nachmals in gemeine pflicht
genommen. Wasserschleben rechtsqu. 2, 284, 23 (1.599);
wann si die raitung aufrecht und erbar gehandlt zu sein
befinden, sollten si die beschlieszen und volgenis den
ainen dorfpürg, als der zwai jähr im ambt gewest, seines
glibs erlaszen, und derselb mag den stab ainem andern,
der es billich sein soll, zuestellen. tirol. weisth. 8, 280, 82.
ferner: es soll auch der richter damit den gerichtsstab
verloren und auch wider ere geton haben, quelle v. 1438
bei Haltaus 1715. — auch handicerksmeister erhalten in
diesem sinne stab und heiligen (reliquien), vgl. st&bler 5:
item es sollen handwerckmeister und handwercke die
von alter her jre bestetigung, auch stab und heiigen
empfangen haben , solche bestetigung , auch stab und
hilgen von unsern amptleuten in unserm hoff empfahen.
erff. conc. B l*". — auch hier wird ifi vielen fällen der stab
zunächst eigentlich verstanden sein; von den unter g be-
handelten untersclveiden sich diese Wendungen jedoch da-
durch, dasz es sich hier stets um das dauernde innehaben
und atisüben der gerichtsbarkeit handelt.
ß) ausdrücke mit stab als subj. : also verre der stab zn
Saspach zu gebietten hatt, das ist ein habende gerichte.
weisth. 1, 413, vgl. Wander 4, 757, 12. so weit als der stab
reicht, also weit gehet uns. gn. herrn gericht. weisth. 2, 201 ;
die güther . . . die anderswo gelegen, da der stab zu Gengen-
bach hinreicht, tirk. v. 1516 bei Haltaus 1715, dafür: daz
daz lantgericht get mit dem stab von dem Maukchen-
pach unz an daz Hösel. tirol. toeisth. l, 114, 12. — were
aber das der . . . deheine unfüge geton oder begangen bette
die do geclaget were oder der stabe begriffen hette. d. stüdte-
ehron. 9, 945, 27 (urk. v. 1420); wer es aber das sui nit
kement, das sui der stab ergriffen m6ht. urk. v. 1422 bei
Scherz -Oberlin 1548; item man spricht ouch zö dem
rechten, wen der stap begriffet der würt antwürten.
loeisth. 1,415 (Cappel in d. Ortenau, \b. jahrh., als »prich\r.
WaNDER 4,758,14).
/) unter einem gewissen stab stehen, als ex. gr. unter
dem hof-stab, universität-stab , burger- etc. stab, stare.
vivere sotto la giurisdittione d'un certo tribunale. Krameu
dict. 2, 899''; unter eines stabe stehen, unter dessen gerichts
barkeit. Adelung (2, 2, c): men hette nüt über sü geiir
teilet, wenne sü geistliche lüte werent, men hette nuwent
geurteilet über die leigen die under irme stabe sehssent
d. städfechron. 9, 735, anm. ; sie (die Juden) mügent ouch
von allen unsern bürgern und burgerin die under unserm
stabe sitzend, zö wucher nemmen von ieglichem pfunde
zwene pfenninge. 984,32 (ordn. v.izib); daz soll man mit
ainz gotzhus von Chur tagen oder fronpott tuon, un daz
soll under des gotzhus von Chur gericht und stab be-
rechtet werden, tirol. toeisth. 3, 340, 84 (vgl. 38; stat. v. 1427);
so soll er aber sitzen acht tag darnach und soll alle^
menniglich, der unter seinem stab ist, ungepoten da sein.
4,120,8; klagt auf die stück und guth, unter dem ting
und stab gelegen, urk. v. 1460 bei Haltaus 1714; item, das
ein ietlicher schiffer . . . soUent auch recht nemen und
geben under dem stab zu Altenstaig. iceisth. 6, 828, 11
(v. j. 1490) ; der schultheisse hat den gewalt von deme apte
von S wartzach zue gebieten allen den fleschcrn, die under
syme stabe sint gesessen. 1,429 (*. awcA 707/.) ; das ich
auff diesen heutigen tag zu recht mag sitzen , unnd . . .
recht sprechen, über alle daszjenige, so under meinen
stab kommet und vorbracht wirdt. Reuiter v. Stkii;
kriegsordn. (1594) *. 89; und würdt dasz gericht aus
dörfem Goss., Stein und Sultz mit 7 schöffen . . . In
und gehören ermelte dörffer amptlich under eimn ui'
richtszwang und stab. WASSKnscui.v.nr.n rechtsqu. •i.J'^'^:
haben sich die gemeinden im land Appenzell erst recht
zusamen gethan , und alle gemoinlich under einen stab
gericht und landtlich regiment begeben. Stumpf Schir'—'-"
ehron. *88»; so noch in neuerer leit: dasz . . . der |
zur gehörigen stunde bei den reichsgorichten anpi
und immer im gange erhalten worden sei, dasz <\<
aber nach Wetzlarischer sitte unter dem stabe des kn m
riohters seine endschaft nicht erreicht habe. Immehuann
6, M Boxberger (epig. 1, 8, 8).
.•)3
STAB (II, 8)
STAB (II, 8. 9)
354
(5) dafür auch blosz : der dem stab gesessen ist , ...
jiirisdicttoni stibditus, in quem illa exerceri potest. Scherz-
Oberlin 1548; fürter soll keinem zugelassen werden
einigen burger oder inwohner, der dem stab gesessen und
mit gebotten zum rechten zu zwingen ist, zu frönen.
tffrmzb. stat. s. ebenda, dem stabe gesessen sein noch bei
Campe. — vati den untern beamten: wann auch ein unter-
nieier oder schöff von tode abgienge , . . . der den also
er weit würde, derselbige soll dem stab gehorsam sein.
ireisth. 1, 746, 2 {Hengiceiler im Unterelsasz, 1584) ; dann soll
ieder beeidigter Schreiber dem stab gehorsam sein, tirol.
ueisfh. 2, 186, 14.
e) vor dem stabe vor gericht : so solle er sich vor diesem
Stäbe verantwurtten. urk. v. 1330 bei Schöpf 695; hofhörig
liit mügent ouch ir varend gut vor ains herrn stab . . .
vermachen, weisth. 1, 106; der sol es vertigenn vor mynnes
herren vonn Einsidlenn stab oder vor synem amptman. 171;
was unfeile fürbracht werden vorm schultheissen und
stabe, soll er straffen wie ein fautsherr. 451 ; unterthanen
die vor eines gericht und stab gehören. Jülicher rechts-
ordn. bei Frisch 2,313^; das ain ieder ... an den leslichen
feirtägen . . . wol zum lantsrechten sitzen mag und für-
nemen alles, das für den stab gehört, tirol. weisfh. 3, 174, 7.
^) ähnlich an den stab kommen, vw gericht : was pain-
schröt wunden sein, die gehörent in das lantgericht, aber
meiner frawen richter sol darumb richten und an das
recht sitzen, und nicht der lantrichter, und davon ge-
vallent meiner frawen richter zwai pfunt perner, und als
oft es von dem stab kumbt mit des richters Urlaub, als
oft sol es hin wider komen an den stab, hintz das es bericht
oder vertadingt wirf, tirol. weisfh. 1, 255, 25/. (= Grimm
Vä. 3, 726). zum stabe bringen:
ich musz mich arme frau noch selbst zum stabe bringen,
und mein sehergante seyn, dasz nie kein feind gethan.
P. Fleming 117.
ti) zum stabe gehen in anderm sinne .- wer guter habe
die nit bau haben, darunder sich ein keller zue Neustatt
mit einem knecht nit trucken behalten und stellen möge,
die sollen alle 14 tag zum stab gehen, als von alter her
kommen ist. loeisth. 6, 57, § 3 {Sendelbach in Franken 1494);
wo sie das nit thäten, so sollen sie einem keller in aller
maasz thuen als einer der im dort unbuwiglich säsze,
und zum stab und zur band gehen. § 5, s. auch 58, § 3.
59, § 10; wilche des niht theten 6n eins richters willen,
die sollen der hern an den stab gen, das bedeut also vil
als die busze. 60, § 2 {Greusenheim 1448). der sinn der
' ndung, die offenbar nur geringe Verbreitung hatte {alle
''■ge stammen aus dem amt Soten/els) , ist nicht klar,
reg. s. 366 sind die stellen unter 'Landes- und ortsver-
ueisu7ig' (dem stabe nachgehen, vgl. f>,f,ß) aufgeführt,
was offenbar unzutreffend ist.
&■) mit dem stabe, gerichtlich: all gemain wisen sollen
mit dem stab befridt werden, steir. taid. 430, 1 ; man solt
im einantwurtten der zwai erben leibgeding hie bei der
schranen mit dem stab. m^mum. boica 2,78 {urk. iM436);
vgl.: man solt dem abbt dasselb guet inantwurten, der
richter mit dem stab an der scbrann, und der ambtman
mit grünt, und mit poden. 5, 267 {urk. r. 1378). an dem
stab: also stehe ich hie, und will meinem lieben haus-
wirth solch mein haab und gut inhalt des verlesen briefs
aufgeben an dem stab. 2, 97 {urk. v. 1475); an stab: der . .
entschlüg {sprach frei) den Zwingly an stab. Anshelm
Berner chron. 5, 241, 22.
0 den stab begehren, fordern, das gericht in anspruch
nehmen: so soll der kirchher ain gericht auss seinen
lehenleuten verordnen, unnd die oberkait umb den stab
pitten, unnd so das geschieht, sollen die spenn und jrrung
vor dem lehenns gericht ausgericht werden, weisth. i, .394;
{vom klägert:) wer den stap begeret zu dem rechten, den
8öl man ime nit versagen, er lüge wie er in heisch. 415;
item man spricht zä dem rechten, das der stap des obg.
gerichts mins gn. herrn nit sol macht haben iemans zu
haben zu dem rechten affter das einer keinen pfening
kan kiesen, wer es aber, das einer abeging von todes
nöten oder uss dem lande ziehen wolt, der den stap
vordert, den söl man ime nit versagen. 416.
k) zuweilen geht stab von da aus in andre bedeutungen
über.
X. 2.
a) mit bezug auf die gerichtsgebühren, gefalle : darumb
sol er dem stabe sein recht geben das ist xxviij ^ . weisth.
1, 413; das ain pfleger ze Erenberg die pön, die er erlangt
mit dem stab vor demselben gericht, soll er mit ainem
abt ze Füssen tailen. tirol. weisth. 2, 101, 2; und hat si ain
phleger auf Erenberg auf ain jar nit mer anzevordem,
an das im mit dem stab gefeilt. 107, 14. dann auch stab
selbst für gerichtsgefälle, -kasse; stab, per m^ton. pro spor-
tulis et reditibus jtidicii et jurisdictionis. Haltaus 1715 :
auch mag min herr von Werth(eim) . . . dry geschworen
montag haben , . . . und bedarff man dess, so mag man
auch zwey affter gericht haben, . . . und solten auch zu
derselben zyt von dem stabe zehren, urk. v. 1420 s. ebenda;
ob ainer ttiat tat, darumb er fluchtig wurd, dasz man
im nachraisen müesset, ob darunder kain (rar..- ain)
zerung beschäch, die sol ain richter oder pfleger von
desselben hab nemen, ob er als vil gehaben mag, und
bat er dan als vil nicht, so sol si ain richter von dem
stab nemen. tirol. weisth. 2, 288, 15 ; und sol der richter
iiii crü. von dem stab haben und ieklicher aidswerer
ii crüz. 3, 350, 16.
ß) stab für die richter oder schaffen (?) : so soll erstlichen
das gericht mit verdingtem stab und unpartheiischen
rechtsprechern besetzt . . . werden, tirol. ioeisth. 2, 187, 12,
vgl. : auch sol einem richter, wan er mit verdingtem stab
zu recht sitzt, für sit^geld . . . iedesmahls l fl. gebühren. 19.
/) nicht selten für gerichtsbezirk, s. Sghm. 2, 717 : welcher
aber das übertretten wurde, der soll baiden kirchen in
baiden stäben ain pfunt gewicht wachs zu straff bezalen.
tirol. weisth. 1, 225, 29; vermerkt des dorfs und stab Ampans
Öffnung. 228, 31 ; so begehren beede gerichtsgemeinden
durch gnädigste einwilligung der landesfürstlichen hoch-
heit iedem stab ein eigen gerichtsinsigl zu verleichen.
2, 192, 8; Ordnung des ehehaft- oder landthätungs der finf
gerichtsstäb in Pongei. Salzb. taid. 181, 1; euch ersammen
geding der finf stab im Pongei. 182, 2.
^ 'in einigen gegenden der Schiceitz bedeutet der stab
das rathhaus mit der davon abhängigen gerichtsstätte.'
Adelung (2, 2, c).
9) stab zum messen.
a) in alter zeit dient zuweilen der wurf eines siabes als
masz einer entfernung, vgl. Grimm rechtsalterth. 60, 42/. .-
auch so sali eyn gemeyner hirte nit ferrer faren mit
synen schaffen und tziegen in dem walt, dann er mit
synem stabe gewerffen mag. weisth. 1, 499 {Dreieicher icHd-
bann v. 1338 ; daz keine scheffer ferrer mit sinen schaffen
darine {in die liege) faren sal, dann er mit sinem stabe
von dem fordersten schaffe an, das darine gangen were,
herwidder usz gewerffen mag. 4, 536, 11 {Dieburger weisth.
V. 1429, vgl. dazu Heyne hausalterth. 2,212, anm. 265).
b) zuweilen sagt man stab für den taktstock des musik-
dirigenten, dessen niederschlagen das zeitmasz, tempo eines
musikstückes angiebt: der kapellmeister hob den stab.
Hauff 7, 169 Hempd.
c) gewöhnlich wird die länge des stabes selbst als längen-
masz benutzt, doch ist das einfache stab in diesem sinne
nicht üblich, nur in Zusammensetzungen wie meterstab,
ellstab (ehlen-stab, chiamato per ordinario ehle, biacciale.
Kramer dict. l, 268», tirol. öllstöb eile Hintner 228), klafter-
stab {canna da misurare, ein maszstab, meszruthe, klaffter-
stab. Kram ER dict. ital.-tedesc. 173»). vgl. auch maszstab
{theil 6, 1750) und : stab im messen, weil einige handwerks-
leute ihr gewöhnliches maasz als einen stab gebrauchen
so etwan 3. schuh lang, und also das vierte theil von
der rute , heissen sie ihn den maszstab , bactdus geo-
metricus. Frisch 2,313''; ein Pariser etc. stab, un braccio
cioe canna, verga di Parigi 6 parigina. Kramer dict. 2,899*.
d) dagegen findet sich stab in älterer zeit und land-
schaftlich als bezeichnung einer bestimmten länge; stab
entspricht dabei ungefähr dem meter, wodurch es verdrängt
ist, doch tcird die länge im einzelnen verschieden angegeben.
stab in Italien, Fraukreich, Brabant, Hambttrg, s. Jacobs-
SON 4, 243'' ; 'in Leipzig hält der stab zioey eilen oder vier
fusz; in den ty roiischen bergioerken aber eine eUe und drey
finger.' Adelung (2,2,0). besonders findet sich stab in
Süddeutschland, wo es z. th. noch üblich ist: in der Schioeiz
'längenmasz für schnittwaaren = zwei dien oder vier fusz'.
HuNZiKER 249, bei Seiler 276» als 'altes längenmasz'. als
23
355
STAB (II, 9. 10)
STAB (IT, 10-12)
356
offizidle bezeichnung galt stab in der Schweiz nach der
masz- und geiaichtsordnung von 1868, umrde aber im gesetz
von 1884 xcieder entfernt. Lueger 7, 4€7. ebei\so im Elsasz,
a. Martin-Lienhakt 2,567». s. ferner Schm. 2,716. belege
aus der litterafur: item mee i stuck czu hernleilach
(feineres betttuch), helt 90 steh czu 31 '/a ^. facit 8 fl. 12 ß.
item mee 2 stuck czu eehalten leilach , hallten pede
91 Vi Stab czu 23 ^ 1 stab facit G fl. 7 /9. Tucher hauslmltb.
8. 74 {zum j. 1509) ; die böszwichter haben eben das mit
jhrer ehle und stab wollen auszrichten , was Moysis ge-
than. Pni LANDER 1, 391; ein stoff, wovon der stab zum
allerwenigsten einen karlin werth ist. Gotter schart^. 215;
dasz ich dem einen rezensenten einige päckchen stu-
dententaback gratis geschenkt, und der frau des andern
ein wenig taffetas de bonncs femmes darüber gemessen
und ihr einen halben stab gestreiften Batavia gegen wenige
steine bauernwolle gelassen. J. Paul fata vor Nürnb. 2, 7.
e) femer steht stab in dem xihertragenen, abstracten sinne,
der auch bei maszstab de»- gewöhnliche ist, für die norm,
das feststehende Verhältnis, wonach gemessen roird: was
gam er herbringt . ., das sond im die liniweber würken,
wie er das wil, husbraite linwaut, braite ald smal, doch
nach der statt stab und zaichen. Konstanzer ordn. v. 1423
in MONES zeitschr. 9, 185; er soll auch alle stein, die . . .
herein gefurt werden, . . . selbs eichen in dem stab, der
darzu geordent ist. Tucher baumeisterb. 35, 3; also das
sie alle stein an rechter leng, das ist drei stat schuch,
auch legers dick und prait, das ist ander halb schuch
in dem stab, den ein erber rat darzu geordent und geben
hat, prechen wollen. 80,14; dieselben stein soll denn der
stat werckmeister . . . abzellen und eichen in den stab,
der darzu gebort. 82, 20 ;
er {der tceise) kennt des ganzen bau und aller theile fugen,
er hat den wahren stab, der ihr verhältniss misst.
Wieland suppl. 1, 60 (not. der dinge 1, 574).
lO) mannigfaclie vervoendung ßndet der stab in Zauberei
und aberglauben, vgl. zauberstab. so besonders in der alt-
testamenÜichen übei-lieferung : der herr sprach zu jm {Mose),
was ist, das du in deiner band hast? er sprach, ein stab.
er sprach, wirff jn von dir auff die erden, und er warft
jn von sich , da ward er zur schlangen , und Mose floh
für jr. aber der herr sprach zu jm, strecke deine band
aus, und erhassche sie bey dem schwantz, da strecket er
aus, und hielt sie, und sie ward zum stab in seiner band.
2 Mos. 4, 2 — 4; und diesen stab nim in deine band, damit
du zeichen thun solt. . . . also nam Mpse . . . den stab
gotfes in seine band. 17.20, s. ferner 7,9 — 12.15; Mose
und Aaron thaten wie jnen der herr geboten hatte, und
hub den stab auff, und schlug ins wasser, das im ström
war, für Pharao und seinen knechten, und alles wasser
im ström war in blut verwandelt. 7,20 {vgl. 17. 19); und
Aaron recket seine band aus mit seinem stabe, und schlug
in den staub auff erden, und es worden leuse an den
menschen und an dem vieh. 8, 17; also recket Mose seinen
stab gen himel, und der herr lies donnern und hageln,
das das fewr auff die erden schos. 9, 23 ; Mose recket
seinen stab über Egyptenland, und der herr treib einen
Ostwind ins land den gantzen tag und die gantze nacht,
und des morgens füret der Ostwind die heuschrecken
her. 10, 18, vgl. noch 14, 6. 17, 9 und oben 6, o. danach :
der stabMosis, virga Mosis. Stii.ler 2109; nefuftr ig ouh
sd umbe diß virgam (glosse: stab) Moysi? in manu ejus
(in slnero hende) uuas si directa (gereht), ugjer hende
ferlftjjeniü unard si tortuosa (sitechnimph). Notker ps.
78, 11 ; der stab Mose wirdt zu einer schlangen. H. Sachs
6, 216 Keller {überachr.). — zur totenertcexkung .- er {Elisa)
sprach za Geba«i, gUrte deine lendcn, und nim meinen
stab in deine band , und . . . lege meinen stab auff des
kn&ben andlitz. 2 kön. 4, 29 ;
bode, sitze weder up din perl,
var weder r.o «enl« M.itome wert
nnde nim hei mit dir minen {Petrt) ataf
nnde do npp'avcn Matcmua graf
nnde weck« in mit mime stave :
M ul lermdich us deme grave
ntt dar htlpcn godes goin.
IIaokn botch V. Colne 106—114.
weiierti! ißiUr.) eine «taude, ... wovon der landmann
itlbe gegen die ichlangen trage. Voss VirgUa ländl. ged. 8,
9. M7 (immA PUn. 24,10); in dieaem wald gegen abend in
einem vierigen wegschied machte er {d. Fausttts) mit
einem stab etliche circkel herumb , . . . beschwüre also
den teufTel. volksb. von d. Faust s. 13 neudr. ; darauf tauchte
sie bände und stab in einen topf, dasz sie hell leuchteten,
und beschrieb unverständlich murmelnd einen feurigen
kreis. Eichendorff'' 2, 446 {dichter u. ihre ges. 10). s. auch
Stäbchen 6. — in der wahrsagerey sind vor alters unter
andern auch stäbe oder stäblein gebrauchet worden, wenn
man derselben eine gewisse anzahl mit besonderen zeichen
bemercket, durch einander in einen köcher gesteckt, oder
aus der band geworffen, und einen oder etliche wieder
ausgezogen oder aufgenommen, aus derer darauf befun-
denen zeichen die wahrsage genommen worden, welches
bey einigen morgenländischen heyden noch in Übung ist.
Jaulonski 744». {im bilde) geworfen sind die stäbe, in
welche die schicksalsfrau deine und meine zukunft ritzte.
Freytag 8, 182 {ahnen i, lo).
ll) techniscJies und besonderheiten , meist zu stab im
eigentlicJien sinne (l — 4) gehörig, {dazu st&bchen 7. stäb-
lein 4.)
a) bei den ballm/ichem: 'der stab ist ein kleines stück
holz, das 5 zoll lang, und etioas über einen halben zoll im
durchschnitte gedrecJiselt ist, und sich an jedem ende durch
eitle erhöhung in gestalt eines kopfes endigt.' Jacobsson
5, 143".
b) im holzhandel 'stäbe und triebstöcke, ein Sortiment
des mühlen- und maschinenbauholzes, xcerden l — 2fnsz lang
und 1 — 2 zoll ins geviert dick, aus zähen, dichten holzarten
gefertigt'. Behlen 5,670.
c) Schweiz, stab 'stab des tcebera, tcdcher das txtch der
breite nach spannt'. Hunziker 249.
d) tirol. stob vaterstab einer fuge. Hintner 228.
e) in der baukunst heiszen stäbe gemsse arten der glieder,
d. h. der kleinen theile, aus deren Zusammensetzung die
Verzierungen, gesimse u.s.w. entstellen, s. Jacobsson 2,117*',
und zwar heiszt stab 'ein jedes rundes glied, welches eineti
halben zirkel ausmacht, dessen durchschnitt die halbe höhe
dieses glieds ist. es ist eigentlich das grosze erhabene glied
in dem fusz und schaffgesimse. Qoldmann nennt ihn den
pfuhl und fr. Jieiszt es le tore, gros balon. er wird in den
ganzen- und viertelstab eingetheilt'. 4, 243*', s. auch Eggers
2,965. Adelung (2,2,6). besondera an säulen: die stäbe,
astragali. Stieler 1692; stab, in der tischer-arbeit , und
bey den werk-leuten als ein halb herausstehender stab
gehobelt in den Zieraten um die säulen oben am schafft,
hat die rundung eines halben zirkeis, heiszt sonsten bey
den baumeistern der ring, annulus. Frisch 2,313». s. auch
Stäbchen 7, a. stäblein 4, a. nach Lueger 7,467 'ein kleine»
bandartiges glied mit halbkreisförmigem querschnitf , da$
zwei bauteile mit einander zu verbituieti hat. die häußg.tie
form ist der astrogal, doch kommen auch getcundene und
komplizirtere fcrrmen vor', im einzelnen : stab mit schnüren
umwunden, baguette avec cordons. stab mit bändcrn und
blättern, baguette avec rubans etfeuilles. stab mit blättern
und rosen, baguette avec rubans et roses. Jacobsson 5,696\
7, 417» {nr. 25 — 27 unter den 37 arten der glieder).
f) dann auch von ebensolchen Verzierungen an kanonen:
stab, an den canonen, astragalua, oder stäblein, der
hinterstab am mundstück einer canone; ein anderer
dabey heiszt der vörder-stab. Frisch 8, 818". Adki.uno
(2, 2, b).
g) in glashütten 'ein fuaz langes und 3 toll hohes eiaen,
welches vor der scJncelle des ringes am ofen liegt, daat dti
pfeifen und h^fteiaen darauf gdegt und nach der hitse *»•
geschoben oder turück gezogen \cerden können'. JacobssoN
4, 243*».
h) in der heraldik tat staab ein auf die hälfte aeintt
natürlichen breite reduzierter pfal. Grit/.ner herald, ter-
minologie {in Siebmachkrs wapjyenb. 1«90) *. 16. vgl. stab-
balkcn.
t) stab, der {atarr werdende) penis. mhd. manstap umI
wUnschelstap (MRaENnsRo), a. Höfler krankheitanamm'
buch 670".
li) in altgerm. dialekten findet aieh stab allein auch im
ainne von buchRtab(c), vgl. theil i. Vi9ff. , und ir.
gana wie lat. littcra, auch in den freieren gebrauch
dea plur.. ao beaondera altn. stafr, a. Clkasry VioFt ss.)»
687», aga. «t«f BoswoRTH-TOLLBR 907». im deutschen ilt
357
STAB (II, 13) — STÄBCHEN
STABDEGEN— STABE
358
stab in dieser bedeutung nicht bezeugt, vgl. jedoch .- littera
des buches stab i. fwidamentum. Dief. gloss. 33i". auch
liegt sie einigen ahd. Zusammensetzungen zu gründe, ^cie
eidstab {vgl. staben II, l), ruagstab accusatio {bei Otfrid
und Tat., vgl. ags. wröhtstafas und ahd. stabsakßn für
anklagen, im decretum Tassilonis III, s. Grimm rechts-
alterth. 927. Schröder rechtsgesc7i.S3,anm. Brunner i,179.
2, 330. 3i3. ScHM. 2, 718), uuidarstab, controversia Graff 6, 612.
13) die fälle, wobei stab auf lebende uxsen angewandt
wird, sollen hier zusammengestellt icerden: stab von ein-
zelnen Personen, uiul zwar vom hirten, s. 7, d, a; vom bischof,
». 8, a, Tj; vom richter, s. 8, k, ß (Staberl *. stäblein 5, b). —
stab von einer viellieit, von der gesamtheit der höheren
affinere, s. 8, e. stab für eine Viehherde, s. 7, d, ß. y.
STABACHSE, /. die linie, icelche die schicerpunkte der
querschnitte eines stabes verbindet, s. Lueger l, 641. 7, 467.
STABBALKEN, m., in der heraldik, ein auf die hälfte
seiner geicöhnliclien breite verringerter balken, auch leiste,
s. GRiTzti ER herald, terminologie (tn Siebmachers wajTpend.
1890) *. 24. vgl. stab II, 11, h.
STABBAU, m. bezeichnung des noncegisehen kolzbatts mit
baumsfämmen .
STABBELN, verb., s. stabein 3.
STABBLEI , Tl., bei den gläsern , eine art karniesblei.
Jacobsson 7, 417*.
STABBLOCK, m. 'im schiß'sbatie, ein starkes stück holz,
ungefähr sechs fusz lang, icelches an den holzgällen, sehnten
und kühnen auf die hebung des bodens gesetzt wird, um
diesen mit den bordplanken zu verbinden' . Adelung; stab-
block oder stäbeblock , der Vorsteven eines kahnes oder
ßuszfahrzeitges. eiti eichenes krummholz, das mit dem untern
ende auf die vorderspitze des bodens festgespikert und dann
mit den planken bekleidet wird. Bobrik 655*, als stäbe-
block bei J.\COBSSON 2, 244*. vgl. KftüNiTZ 167, 590/.
STABBRECHUNG, /., vgl. stab II, 8, g, t .- celeberrimum
scriptorem commendare, hoc esset plane laudare, quem
nemo vituperet, schreibt Jos. Scaliger in der vorrede zu
seiner ausgäbe des Festus und Paulus ; ein wort, dessen
gültigkeit vom Festus der alterthumskundige eben so un-
verweigerlich anerkennt , als die stabbrechung über die
armselige und leider doch unentbehrliche epitome des
Paulus. Gersdorf repertor. 23, s. 38. noch ungewöhnlicher
ist rf/7/ür stabbruch, m. : du buchstabenausmerzer ... —
und sprachbesserer, — auf! und sprich deinen grab-
spruch — über den buchstab, der verwirkt hat den stab-
bruch — und verdiente den lebensabbruch und abspruch !
RCCKERT (1882) 11, 520 (39. mak.).
STÄBCHEN, n., deminutiv zu stab, vgl. stäblein, stäbel;
tufrühest bei Oswald v. Wolkenstein als stäbichin, in
einer Frankfurter Urkunde als stebchin und im einem
weisthum von der üntermosel aus dem j. 1446 als stäiffgen
bezeugt, s. unten und Lexer handicb. 2, 1153. stäbchen
bacillum Steinbacii 2,652; stäbchen, stäblein, bacilltcs
Frisch 2, 3i3<=.
1) stäbchen im allgemeinen : einen mit einem stäbchen
in die äugen stoszen , bacillo alicujus ocutb tundere.
Steinbach 2,652; der knabe reitet auf einem stäbchen,
puer bacillo insidet. ebenda {vgl. stab II, 4, e) ;
dieses stäbchen tanch' ich ein,
sehn wir's überglast erscheinen
wird's zum gusse zeitig seyn.
Schiller 11, 308 (ßloeke 83).
auch: im nacken sitzt ihm (dem dtfanten) zierlich-zarte frau,
mit feinem stäbchen lenkt sie ihn genau.
GÖTHE 41, 38 {Fangt II, 1).
2) Stäbchen nur in bezug auf die gestalt : auf dem käse-
markt, wo die käsehändler ihren verkehr hielten, hatte
sie beobachtet, wie diese männer mit hohlen kässtechem
aas den groszen Schweizerkäsen zum behufe des kostens
ihrer qualität runde stäbchen oder Zäpfchen herausstachen,
davon ein endchen säuberlich vorn abbrachen, kosteten,
und das Zäpfchen im übrigen wieder in das loch steckten,
dasz der käse wieder ganz war. also versah sie sich mit
einem gewöhnlichen nagel, strich um die käse herum
und erspähte die stellen, wo eine zarte kreislinie ein
solches stäbchen anzeigte. Keller 2, 235.
8) als stütze bei pflanzen {vgl. stab 5, t) : am sonntage
wandelte er, sauber angethan, zwischen den rabatten auf
und ab, putzte an den rosenbüschen oder band nelken
und levkojen an feine selbstgeschnitzte stäbchen. Storm
4, 89 ; im bilde .-
ein schwaches stäbchen ist die liebe,
das deiner Jugend rebe trägt,
das wachsend bald der bäum des lebens
mit seinen ästen selbst zerschlägt. 8, 219.
4) Stäbchen für den stab, woran man geht; doch nur
in typischen veruxndxtngen.
a) das weisze stäbchen kennzeichnet den armen, bettler,
vgl. stab b,f. a .- ^^j^j ^^^ ^^^^ ^^^ schabab
durch den unterJäger wurd, er must als ein armer ziehen
mit dem weissen stäbchen ab.
kun«t über alle kiinste (1672) 203, 30 Köhler.
b) bei processionen, vgl. stab II, 4, a -. und hatte des radis
frunde iglicher ein wisz stebchin in siner band {bei der
frohnleichnamsprocession in Frankfurt a. M. am 31. mai 1442
in anwesenheit des königs). Jantzen Franfurts reichs-
corr. 2, 46.
c) wie den pilger sein stab kennzeichnet, s. das. 5, e, so
näht er sich auch stäbchen {tcirkliche, oder nachbildungen
aus zeug?) auf seinen mantel:
ach got, war ich ain pilgerein, . . .
zwai stäbichin het ich pald genät
auff ainen höggen (rar. .• mantl), wie ich tat.
Oswald v. Wolkknsteix 26, 9 Schatz.
{die 2 stäbchen bezeicJinen vielleicht nur das kreuz, das
der pilger als abzeichen führt.)
5) der richter liat ein (weiszes) stäbchen, vgl. stab 8,/.-
vort me, so sulle der hoffman von s. Petershoff alle jair
des herbstes erscheinen und kommen, und haben ein
weiss geschellet stäiffgen in syner handt. weisth. 2,442;
daneben sah man ein weiszes stäbchen, welches vormals
bei gesetzlichen und gerichtlichen handlungen nicht leicht
fehlen durfte. Götiie 24, 35 {dicM. u. tcahrh. l). — das
stäbchen brechen, vgl. siaib 8,g,&; intransitiv:
die glocke ruft, das stäbchen bricht.
GöTHK 12, 245 (ecldusz roti Faust I).
so auch : was meinst du, was durch meine adem bebte,
als überm haupt des richters stäbchen schwebte?
Droste-Hülshoff 2, 106.
6) zauberstab, vgl. stab 10: nun soll mich zwar der
himmel vor der Unverschämtheit bewahren, sie auf eine
mühselige subscribentenjagd sprengen zu wollen, allein
es könnte ja doch seyn, dasz ihnen ganz von ungefähr
auf einem Spaziergange ein jagdbarer hirsch so nahe
aufstiesze, dasz sie nur das stäbchen zu erheben brauchten,
da meinte ich nun, sollten sie das wildpret anrühren
und rufen: halt! sie merken unstreitig, dasz ich ihnen
einen zauberstab zutraue. Bürger briefe 3,254; die amme
holte ein weiszes stäbchen aus einem hohlen baum-
stamme. ElCHENDORFF* 2, 445.
7) technisches.
a) in der baukunst heiszt so ein Ideines glied mit halb-
kreisförmigem Querschnitt, das also der hälfte eines ge-
spaltenen runden stabes gleicht, am gesim.se einer sätde;
astragale, tondin. Eggers 2,970; boquette, astragale, fusa-
role, totuiin. Jacobsson 4, 243'', vgl. stab 11, e.
b) bei den icebem 'stäbchen zum einlesen des zampels,
ztrey dünne zusammengebundene stäbchen, zunschen tcdche
die patrone gesteckt wird, damit sich dei- einleser nicht
irre, sondern mit diesen stäbchen linie vor linie nur vor-
rücken kann'. Jacobsson 4, 244".
c) umlaufende stäbchen, stäblein in der feuericerkskunst,
umlaufende stäbchen mit einem schlage, s. Krünitz
167, 591.
d) Napiersche stäbchen zum stabrechnen (». das) : {er)
schreibt einige bücher, macht Neperische stäbgen auf den
kauf. Lichtenberg nachlasz s. 17 Leitzmann.
e) jetzt sagt man stäbchen oder stäbchenbakterien zu-
weilen für baeillen, längliche bakterien.
8) vgl. stäppchen.
STABDEGEN, m. spada, stocco dentro un bastone 6 ehe
sembra bastone. Kramer dict. 2, 899«, dolon, gladius scipioni
insertus. Stieler 270, ^e»cöAiiZicAstockdegen(Ä. da».) Campe.
vgl. stab II, 2,/ und stabschwert.
STABE, m., schxcache nebenform zu stab, s. das., 1,5.
im nhd. nur in der bedeutung von buchstabe und offenbar
rückbildung nach diesem: staben (der) litera. Steinb.\ch
2, 652 {als erschlossen), als wirklieh üblich nur bei Campe
bezeugt und mit bdegen gestützt, sonst nd. für 'daube',
23*
359
STÄBEBLOCK— STABEL
STÄBEL- STÄBELMEISTER
360
*. Stab. — bair. stabe, /. jährliches frühlingafeat der Schul-
kinder. SCHM. 2, 717.
STÄBEBLOCK, m., a. stabblock.
STABEFINGER. tn., s. stabenackt.
STABEINGUSZ, m. 'tn den mihizen. eine eiserne atange
mit einer langen rundlicfien rijine, das silber darin zu
Stäben (II, 1, c) zu gieszen'. Adelung, überhaupt hei den
sUberarbeitem. Jacobsson 4, 2«V Krünitz 1G7, 592.
STABEISEN, n. l) bacilla ferrea. Agricola bergwerckb.
reg. ; ferrum quod ex officina ferraria in bactilis venditur
variae latitudinis, das stabweis geschmidet wird, damit
es die schmidte desto besser zu nageln, zu radschienen
und andern gebrauchen können. Frisch 2, 314»; zu stöben
geschmiedetes eisen, theils mit stangeneisen gleichbedeutend,
theils davon so unterschieden, dasz es eisen in kleineren und
kürzeren stüben bezeichnet. Adelung. Campe; stabeisen,
stangeneisen, reifeisen, gayneisen, harre de fer. Krünitz
167, 592 ; überhaupt, das reine, gefrischte, dehn- und hämmer-
bare eisen, im gegensatze zum. roheisen oder stahl, einerseits
in gehämmertes, geschmiedetes und gewalztes stabeisen,
andrerseits nach der form in grobeisen, materialeisen,
milbars, radreife, achsen, streckeisen u. s. w. unterschieden.
ScHEUCHENSTUEL 230, gleichbedeutend mit schweiszeisen,
schmiedeisen. ICarmarsch-Heeren^ 2, 778, vgl. 175 f. so
schon tnhd., s. Lexer handwb. 2, 11«; ein hundirt isins, . .
adir V schonbe stabisens für I. hundirt, (geben zoll) I. helbe-
ling. urk. v. 1329, *. Böhmer-Lau urkundenb. der st. Frank-
furt 2,278; ein Zentner stabeisens und löbnisch eisens.
Tucher baumeisterb. 98, 26; so hat er ie ausz einem
Zentner stabeisens, den ich umb ailf und zwelfthalb pfunt
alt ... kauft, gemacht bei vier klafter ketten. 101,24;
diese (gegossenen eisenstücke) werden auf der hammer-
hütte . . . unter dem grossen hammer zu allerhand stäben
geschmiedet, wodurch die unreinigkeit wegspringet, solch
stabeisen wird zum theil auf dem zehnt-hammer zu
dünnen und eingekärbten stäblein verschmiedet, so man
kraus-eisen nennet. Jablonski ITS*". nd. stafisen Scham-
bach 207». auch in halbhochd. form, staaf-, staf-eisen
BoBRiK 655». vgl. stab II, i, c, o. — dazu: stabeisen-
hammer, m. eisenhammer, auf dem, das rohe eisen zu
Stäben geschmiedet icird, getcöhnlich 7iur stabhammer (vgl.
das.). Campe; stabeisenwalzwerk , n. Karmarsch-
Heeren''3,50. Scheuchenstuel230; stabeisenzoll,m.
zoll auf eingeführtes oder ausgeführtes stabeisen.
2) bezeichnung gewisser eiserner gerate.
a) 'bei den Stellmachern, ein hohleisen zum drelien, womit
dieselben die stäbe und gesimse der nahe abdrehen.' Campe,
vgl. Krünitz 167, 592.
b) stabeisen, n. pallette ä feu. una palletta da fuoco.
Hu LSI US 305».
STABEL, m. n., Weiterbildung zu stab. l) stabein, subst.
plur. sind bey einer salz-pfanne gute scheid holz, so neben
der pfanne etwas in die erde gegraben werden, die soog-
bäume darauf zu legen, oder es werden kleine pfeiler
also gemaurt, als am gemäur des heerds festgemachte
stapeln . . . fulcra lignea vel lapidea. Frisch 2,313'=; ebenso
Jacobsson 4, 244». scheint nur in den salzwerken zu Halle
üblich geuxsen zu sein und ist wol nur eine nebenform zu
Stapel (vgl. das.), a. auch Adelung. Campe. Krünitz
167, 592. vgl. staheln 8.
2) xceinpfahl: die stäbel und weinpföle seyn gar ein
ntitzlich und nöthig ding in den Weinbergen, und inusz
das holtz alle jähr gepfälet werden . . . man musz auch
achtung aulT die weinmeister geben, dasz sie durchausz
keine ptäle ausz den bergen nehmen, . . . sonst brechen
sie die stäbel muthwillig entzwey. ... so lang man einen
stab brauchen kan, so lang soll man ihn brauchen, wann
er gleich nur 8. spannen lang wäre. Colkr öcon. (icso)
1,868* (7,18; in der axutg. von 1604: 8,89; 1640: 77); bald
nach der weinlesezeit, so bald der wein in den kcller ge-
bracht, soll der weinmeister die stäbel oder weinpfäle ausz
der erden ziehen. 861*. die Wörterbücher kennen da» wart nur
aus Colkr und setzen mit unrecht stäbel an: stäbel Coler
4. 18. ein weinpfahl, palu» vitia. Frisch 8, 818°, a. femer
Adeluno. (Campr unter stab.) dat ä ist pluralumlaut.
vgl. weinstabel, mhd. wlnstabele, m. Lexer handwb. a, 918.
8) tffi tüddeuUchen (aaltburg.tirol.) aaltbergbaue tat das
■tab(e)l oder bergstabel ein längenmaat — soo Wiener klttfler
oder 4 Salzburg, fusz, Veith 458, in Aussee == '/a klafter,
in Ungarn holzmasz = 220 kubikfusz. Scheuchenstuel 230,
vgl. ii. Unger-Khull 567» schreibt stäbel, n. und er-
klärt: 'l) ein altes Ausseer längenmasz gleich 4 sogen. Salz-
berg schuheri; 2) et?» alt. Oberst, masz für holz: 3 holzstäbel
waren gleich 2 holzklaftern'.
4) unklar sind einige stellen der tirol. weisfh.: das si
alle Wasser, es seien prunnen oder päch, so herab
flieszen . . , nach irer wolfart gebrauchen migen, und si
pergleit inen dem kains wenigist nit ab- oder auszkern
sollen; ... doch hierunter der hof zu Grin wegen der
drei tag, so ime, das er seine stäbl einwäschen mige,
wie von alters herkomen, noch vorbehalten. 2,64,21; wer
der wer, der ain stäbel beraubet oder ainen gemainen
wald verprannt, . . . der ist kumen umb fünfzig pfund.
216, 42 (im glossar als 'wiesgründe*' erklärt).
5) in Aaclien stäbel, m. ein gesteil mit Schubfächern.
Müller-Weitz 232.
6) stäbel scheint auch für stäbelherr, -meister vorzu-
kommen (vielleicht in anlehnung an constabel, s. th. 2, 634/.
5, 1742): (der letzte Karlsschüler gestorben.) laut einer
nachricht der Leipziger 'illustr. ztg.' vom 25. october ist
am 12. desselben monats zu Purkersdorf der reichsgraf
Karl v. Welsperg - Raitenau . . , obersterblandstabel und
küchenmeister der gefürsteten grafschaft Tyrol . . , ge-
storben. Didaskalia v. 16. nov. 1873. (das geschlecht Wels-
perg erhielt diese würde mit der grafschaft Raitenau 1571,
s. Pierek'' 19, 86*>.)
STÄBEL, m. n., s. stäbel 2 — 4 und stäblein. — thür.
l) stäbel,/. stütze, stiel, harkenstäbel rechenstiel; 2) stäbel,
stöwl dreckmatz. Hkrtel sprachsch. 232/
ST ABELERBSE, / eine art gartenerbsen , die gestäbelt
wird, vgl. stäbeln, in grosze und niedrige stabelerbsen
unterschieden, öcon. lex.^ 653. Adelung; runde stabel-
erbsen, auch Stiefel- oder stengelerbsen , pisuni hortense
majus ; eckige stabelerbsen, holländische oder maulwurf-
erbsen, pisum majus quadratum. Nemnich (unter pisum
sativum 5. 6) : im mertzen soll der kuchen-gärtner . . zucker-
erbsen, stabelerbsen, spargel-stöcke etc. verpflantzen.
Hohberg 3, 1, 369''. dazu: stabelerbsenschotten der
neuspross. palmb., 3. reg., im text s. 243, Jir. 116: stebel-
erbsen in schoten, das 'geicächs' von 6. Fh. Metisebach.
STÄBELHERR, m. vornehmer beamter, der bei den tur-
nieren anfang und ende des tumiers mit dem stabe angab,
auch stäbelmeister (s.d.), turniervogt. Adelung. Krünitz
167, 593 (die auch stäbelmeister schreiben); in scherzhaft
wortspielender Übertragung auf mensclien, die am stabe
gelien müssen (vgl. stab II, 5, g) : M. Rabelais, der . . . seine
naupenbücher mehr theils den fuszgrammigen krucken-
stupffern, stäbelherrn, pfatengrammischen kapaunen unnd
hackpretdäntzern zugeschriben. Fisch art podagr. trostb.
Gl» (1577 C2»); jhr fuszgrammige kruckenstupfer, stäbel-
herrn. Qarg. 17» (ein- u. vor ritt).
STABELLE, /, schioeiz. nebenform zu schabeile (s. daa. 1,
theil 8, 1948), achemA. Stalder i,iOb(Qlarus, Schaffhausen),
staböUa ungepolsterter stuhl auf vier beinen mit einer lehne.
ToBLER 405», staböUe Hunzikeh 249: wenn man sich ge-
wöhnt, so hocke man auf ihren stabeilen so wohl als
auf ruhbetten. Gottheli' geld u. geist (1895) l, 129.
STABELICllT, n., s. stablicht.
STÄBELMEISTER, m.. s. stäbelherr; als stebeln--- •■-
tn österr. quellen des 16. — 16. jahrh., s. Lexer /
8,1163. Schm. 2,717: mit uns. lieb, getrewen Ambr. 1
uns. stebolmaister. brief der kais. Bianca bei Scherz-
Oberlin 1563; kinig Ferdinandus hat die nachgeschribnen
herrn bei im gelmpt am hoff: . . . Endris Ungnad, stäbel-
maister. d. städtechron. m.itß.i (zum j. 1630); Hans Surg
von Surgenstain, understäblinmaister. 25; Hans von
Bailleul, stebelmaister. 294,88; her Wilhalm von Hcrhcr-
stain, underliülTmaister und Ktcbclmaistor. 29r), 4; dann
jr dchl. haben des thags grall Georg von Hclfenslain,
jren oberston hoffmaister, den landt comonthur nn <<i>r
Esch, . . . und den Trautson st&blmaister ab(!<
reiaeb. des hertoga Ferdinand v. Baffem v. 1606 6e» Fiii
aamml. 4,886;
graff Ulreich was riter und do
des kaiser fUrschneidcr, also
was graff Haug stebclmaiater.
BtuBiM buch V. d. Wienern 69, s.
361
STABELN— STABELN
STÄBEN
362
später geicöhnlich s t a b e 1 - meister, lat. architricLinitta aulae
imperaforis. Apin. 508. so auch bei Adelung , doch be-
merkt er selbst: 'in den österreichischen erbländern gibt es
noch angesehene erbbeamte unter dem nahmen erbstäbel-
meister'. {vgl. dazu stabel 6.) — im altem steir. stabel-
meister, stabvorträger bei kirchlichen umzügen. Unger-
Khull 567».
STABELN, verb., seltne bildung in verschiedenen bedeu-
tungen. meist als iceiterbildung zu staben.
1) zuiceäen einen eid stabein /«r staben, s. da». 11, 1.
Haltaus 1718 führt als beUg an das Altenstädter ueisth.
{Wetterau) v. 1485 (danach Campe und Grimm reclits-
alterth. 902) , bei Grimm iceisth. 3,454 steht indessen ge-
druckt: der eltist lehenher rittersgenoss sal ime den
cidt staben. sonst nur ein mnd. beleg • do ek dem raede
sweren scolde, do stavelde gy mek den eyd sulven. Helmut.
Aron. r. 1490 bei Schiller-LCbben 4,369'*.
2) stabein , buchstabein (buchstäbeln , theU 2, 48l) für
huehstabieren. Campe, nicht üblich.
3) zu stabel l: stabbeln, verb. die salz-pfanne auf ein
holz legen, so unten als eine gabel, und der bock heiszt,
damit man den scheb heraus brennen kan . . . fulcro
erigere caldarium. Frisch 2, 313": darumb der würcker
durch zweene träger die pfanne von den herde losz
machen . . . und hernach unterwerts auff ein holtz, unten
wie eine gabel (das die würcker einen pfannbock nennen),
legen oder stabbeln lasset. Hondorff d. saltz-xcerck zu
Halle (1670) s. 76.
4) in alem. mundarten für erstarren, steif werden, beson-
ders vor kälte, vgl. staben I. so schtceiz. stabein, g'stabeln.
Stalder 2, 388, g'stäble Hunziker 249, ebenso in Basel
Seiler 152»; eis. stable(n), stäble(n) (stäpla, stäwla)
Martin-Lienhart 2, 567, schu:äb. g'stabeln Schmid 504. —
dazu: wenn er einmal g'stabelig (steif) geworden, so
sei es ustubacket. Gotthelf geld u. geist (1895) 2, 57.
5) in der gattnersprache stabein, stappeln, stapeln 'als
bettler vagieren, mit dem bettelstab umhergehen', stabein
in der fieselsprache auch für coUectieren. Ave-Lallemant
4, 610. {vgl. stäbeln 4, a.)
STABELN, verb. l) pflanzen mit einem stabe oder Stäb-
chen stützen. Adelung. Weigand 2,788; thür. sdöwel,
ßdaweln, z. b. erbsen, bohnen, Obstbäume. Hertel sprach-
aehatz 232. so im einzelnen :
a) erbsen stäbeln, kleine stangen einstecken, woran sie
sieh hinauf ranken. Adelung. Jacobsson 4, 244», vgl.
stabelerbse : ^^g (weiden) schor kahlköpfig und ehrlos
oft der grausame gärtner, die rankende erbse zu stäbeln.
Voss 2, 199 (id. 12, 50) ;
ebenso bohnen:
drin grossköpfiger kohl, und gestäbelte bohnen und mangold.
217 (13, 88).
b) ebenso blumen stäbeln, dünne holzstöekehen daneben
stecken und sie daran binden. Campe. — dafür, mit österr.
gestaltung der deminutivbildung staberlen: tausende
von frisch gesetzten Stiefmütterchen und primeln, welche
die öffentlichen gärten zieren sollten, sind vernichtet, und
groszer schaden wurde den nelkenfeldern zugefügt, welche
noch nicht 'gestaberlt' waren, tägl. rundschau 27. oct. 1896
{berieht über ein hagelwetter in Nizza).
e) wein stäbeln, für pfählen, vgl. stabel 2, palare vitem
Frisch 2, 313«. Adelung. Jacobsson 7, 418'". icol nur t?i
der altem spräche: schneiden, räumen, stäbeln, hefTten,
und die erste hacke, das seyn 5. arbeiten, die im anfang
de« sommers bald aufTeinander geschehen müssen. Coler
fcon. (1680) 1,268" (1604: 2, 40);
drauf stäbelt er den stock an zubereiten bäumen,
xmd helltet, dasz die reb' an ihren pfählen steckt.
MüHLPFORTH hochzeitged. (1686) 90.
2) mit einem stabe berühren, so bei der lösung vom banne,
'}l. ScHM. 2, 717/.: do kam der cardinal mit vil priestern
1 einer process herauss. do must wir uns al entblossen.
' ' stehlet der cardinal meinen herm und all sein ge-
sellen , und las lang ob uns. . . . also erbat mein herr,
das sie den Frodner auch hinein Hessen, der muost
sich auch also stebelen lassen. (Tetzel) Rozmitals reise
1!€5— 7) S. 176.
3) 'bei den tischlern heiszt stäbeln, eine fläche so behobeln.
. datz es scheint, als wären auf dieselbe ?uUbrunde atäbchen
j neben einander geleimt.' Campe.
I
*) mundartliches.
a) schles. staebeln mit einem stabe gehen, stoszen. Wein-
hold 93» {vgl. stabein 5).
5) thür. sdöwel, sdewele steifmachen, lang attsstrecken,
z. b. die beine. Hertel sprachsch. 232.
STABEN, verb. in dieser lautform, fallen verben ver-
schiedener bedeutung und z. th. jedenfalls verschiedenen
Ursprungs, wenn auch aus der gleichen untrzel, zusammen,
alle flectieren schwach.
I. steif, starr sein, vgl. er- und gestaben erstarren
{theil 3, mi. 4, 1, 4174/.). daneben stabein, *. d. 4. staben
häi\gt jedenfalls mit dem subst. stab zusammen, doch ist
es nicht davon abgeleitet, sondern eine selbstständige bildung
atis der gleichen wurzel, vgl. stab I, 2. es ist auf das oberd.
Sprachgebiet beschränkt : stabSn rigere, rigescere {dazu ka-,
kistabSn di-, obrigescere, stipere; kistabSt rigidus; ar-,
irstabfin di-, obrigescere, gistapidi rigor) Graff 6, 613 : sah
si den stabenten fater dero goto in chalti unde in froste
{in algido herentem). Notker 1,837, 13 Piper {Marc. cap.2,4l).
m,hd. nur in er-, verstaben bezeugt, a. mhd. wb. 2, 2, 595'*.
s. auch Schm. 2, 718. nhd. staben, erstaben, für erstarren,
stab-steif werden. Frisch 2, 313°. jetzt noch in den ale-
mann. m,undarten: schtceiz. staben, gestaben und (g')stabeln,
dazu gestabet starr ; roh, ungehobelt; stabi tölpel. St.\lder
2, 388; stäbe starr sein, von einem leichnam, g'ßtäble er-
starren. Hunziker 249; s. ferner stabein 4. in der Schxoeiz
auch in der litteratur: seine seele war ausgefahren, ge-
stabet und kalt waren seine lieben bände. Bräker der
arme mann im Tockenb. s. 129 Seclam; wir haben sie all-
dort für todt gefunden in einem grüblein. ... sie ist ganz
gestabet gewesen. Keller l, 53.
n. andere Verwendungen, die auf eine grundform stabon
zurückweisen, scheinen von stab abgeleitet zu sein.
l) am ältesten bezeugt und am, weitesten verbreitet ist
die redeweise einen eid staben, einem schtcörenden den eid
wort für wort zum nachsprechen vorsagen, was zuf ruhest
Sache des gegners, später des richters war. Adelung ; staben,
nidersächs. staven, einen eid, praedicere jui-i.<tjurandi
verba. einen eid schwören lassen, da man die bände
dabey aufheben, und ihn den (7. dem) der ihn vorsagt
nachsprechen musz. Frisch 2, 313".
o) so altn. stafa eid Cleasby-Vigfusson 586'», auch
als Zusammensetzung eidstafa 118», vgl. Fritzner* i, 2%».
3, 512''; ags. stafian {nur in diesem sinne ziceimal belegt)
Bosworth-Toller 909''; altfries. stavia, stowia Richt-
hofen 1044''/., vgl. Siebs in Pauls grundr.'^ \, ». 1198;
mnd. staven Schiller-LObben 4, 369"/., *. atich brem. wb.
4, 979jf. DÄHNERT 458''. StOrENBURG 262». B.\UER-ColL1TZ
172 {nd. und hd. belege atis Waldecker urk. des 15. jahrh.);
mhd. staben *. mhd. wb. 1, 426''. 2, 2, 595. Lexer handwb.
2, 1126, vgl. femer Schm. 2, 717. Martin-Lienhart 2, 567».
Schöpf 696. Kehrein i, 386. nhd. im 16. jahrh. noch
lebendig, s. die belege und Jecht 106''; spätere kennen es
nur aus altem quellen, auch die idiotiken belegen es durch-
weg nur aus der alten litteratur, oder bezeichnen es als
veraltet; nur ten Doornkaat Koolman 3, 294'' führt aus
der Übenden mundart die abgeleitete bedeutung 'erhärten,
bekräftigen, versichern' c (hS stäfd dat mit sin wörd,
mid sin handslag, sin 6d, mit bewisen).
b) die erkläntng ist mit Sicherheit nicht su geben, da
bei der eidesleisttmg thatsächlich ein stab berührt tcurde.
a. stab II, 8, Ä und unten, so liegt es nahe, staben von stab
im eigentlichen sinne herzuleiten; störend ist nur, dasz die
hierbei vorausgesetzte bedeutung 'mit dem stabe an-, tu-
iceisen' {s. mhd. wb. 2, 2, 595». Weigand 8, 788/) von einigen
zweifelhaften mhd. belegen abgesehen, attszerhalb dieser
formel nicht begegnet, wie denn das tcort überhaupt nur
im altnord. in verwandten gebrauchsweisen üblich, icenn
auch nicht häufig ist (stafa einum dauda einen tum tode
verurtheilen ; stafa fyrir tcorüber verfügen, bestimmen),
kaum annehmbar ist J. Grimms erklärung. reehtsaltfrth. 902,
wonach der richter 'feierlich mit seinem stab gebährdend
die formel hersagt', andrerseits wird man die tcendung
nicht trenneyi von der bezeichnung eidstab für die eidea-
formel: altn. eidstafr Cleasby-Vigfusson il8», ags. k^sis&l
Bosworth-Toller 59», alia. ethstaf {Hei. 1508), ahd. eid-
stab (Notker pa. lll, 5). dieaea aber geht offenbar zurück
auf stab im sinne von bachBtab(e), littera. vgl. stab II, 13,
363
STÄBEN
STÄBEN
364
und meint tcol die fonnd, den traditionellen worttaut des
eidea. an dem im alten recht mit peinlicher sorg f alt fest-
gehalten wurde, und so könnte staben bedeuten 'den eid
formulieren' oder 'die eidesfonnel wort für toort lier sagen',
vgl. Scherz-Oberlin 1548. hrem. wb. 4, 979. ten Doorn-
KAAT KoOLMAN 3, 294/ {vgl. altn. eidspjall neben -stafr
Cleasby-Vigfusson 118» [auch nl. eedspel Brunner 2,427,
anm. 2] und andrerseits stafa vereinzelt auch für 'buch-
Stäben zusammensetzen' 586", «<ne schired. stafva, dän. stave
bttchstabieren bedeuten, doch trird man kaum mit Wacker-
NAGEi. gesch. der d. litt.* 1, 62, anm. 8 an schriftliche eidea
formulare denken.) — unklar ist auch die ahd. glosse:
adramire stabön Graff Diut. l, 342. Steinmeyer-Sievers
2, 26, 16, vgl. dazu J. Grimm rechtsalferth. 844 (* 2, 475).
Schröder rechtsgesch.* 287, a7im. sonst ahd. tiur bistabön
arguere, und dazu zi stabothe ad arguendum, s. Graff
e^ 6J2/. — t'^^ zum ganzen 3. Grimm rechfsalterth. 902
(^2,554/.). Schröder recÄ%e*cÄ.'' 354. Brunner 2, 427.
c) belege • so sal der richter di boten vregen : ab di vrowe
gestanden si an dem eide. ist si nicht gestanden, so sal
man ir aber anderweide den eit staben {var.: reyten).
Freib. stadtr. ».141,15 Ermisch {cap. 23,3); so sal der
richter boten senden darzu dri man unde einen butel,
der den eit stabe. 191,17 (30,4); ind sworen al dri zo den
hilgen mit upgerecten \ingere — den eit staveden en der
proift van sancti Gereonis vur den bischuf vurg. ind vele
heren van den doim ind ritteren ind knechte — dat si
mit Gerlach van dem Anker gein rede gehat enhedden.
d. städtechron. i3,»?,9 {Köln, jahrb. m 1399); und also ge-
lobeten und swor der rad die nottel {urkunde) , die her
nach geschreben folget . . . und nam die gelobe Jakob
Wachenheimer von Wormesz der stedfrunde einer, und
stabet dem rad auch den eid. 17, 176, 22 {chron. v. Mainz);
so trad de borgermester uth der Oldenstad to . . . unde
stavede one den eyd. 16, 345, 33 ; und also stabete der
canczeler den eyd und swuren die vorgeschriben vier des
rades den eyd von des rades und bürgere wegen, urk.
V. 1440 bei Janssen Frankfurts reichscorr. 2,10; sie stabeten
den eyd mit den vorgerurten underreden und ungeverlich.
Frankf. urk. v. 1442 bei Diei-.-WClcker 861;
nu swur der schuldige man,
als im der eit wart gestabet. pass. 295, 17 Köpke;
des 80I mir gestabt
vor iwer werden der eit,
das ich des immer bin bereit.
Otto KAR reimchron. 61708 ;
(»» künsÜicher emetierung)
Falk, ich werde für dich schwören;
graf, ihr könnt den eid mir staben!
Weber Dreizehenlinden #. 130.
liäufig von einem diensteid: dit is de eyd den de lant-
voghet sweret in gyghenwordicheyt der heren, der stede
unde der guden lüde: dat gy dit jar willen richten deme
armen alse deme riken . . . dissen eyt stavet Öme weme
id de heren, de stede unde de guden lüde heten. d. städte
chron. 6, 82, 16 {Braunschtc. feMeb. 1382); under den nünen
neme dye cptissen eynen meyer, und der sol es entfahen
von der eptissen, und sollent yme dye vij scheffen den
eyt staben. tceis^A. 2, 34 ; ehe man den vorgemelten eidt
doe, so heischet der steffer dem scholtessen orlouff, hende
uff de hilligen zu legen und spricht darnahe, ist iuwer
Wille das ich N. synen scheffen eydt stabe? 287; vom
rittereid : wer wel en der ritter eid nu stabin ? rUtenp. 908 ;
rex dieit. afi cprechct alle vrolicb an,
df da heysen myn man,
den eyt wil ich ucb staben.
MoNE alld. tchaiutp. 1, 2828.
(Q staben ist in dieser Verbindung gleichbedeutend mit
nemen: wilge eide ouch her Hilger van der Stessen zo
den ziden vur allen rcedcn nam und staifde. d. städte
ehron. 11,296,16, auffällig ist dafür geben:
dA ne der kunic hin
und liej im einen eit staben —
vier bivcholfc im den gäben.
ü-noKAR reimchron. 64806.
e* iat für daa aUe reehtaverfahrtn durchaus nottcendig.
da$» jemand da ist, der dem »ehwörenden den eid abnimmt.
darttuf beruhtn betheuerungaformdn der mhd. dicJUutig wie .-
■ww mir M rebt« «old« ataben
4m diim eit,
ich mim* wol, «S wcre ir leit.
Wtinne«. /rühl. 77, 1 ;
swie gerne ich des nu swflre, so wer mir liht den eit hie
nieman stabende, d. jung. Tit. 3942, 4 ;
absolut gebraxtcht:
ich swer mit beiden banden,
da; si sich niht erkanden.
ist ieman der mir stabe?
Walthbr V. D. Vogelweide 104, 22.
nur im auszergerichtlichen verfahren ist eine eidesleistung
ohne staber möglich:
Parziväl dö mit triwen fuor:
er nam dag heiltuom, drüf er swuor.
BUS stabter selbe sfnen eit. Parz. 269, S.
in demselben sitine auch:
für dise rede ich dicke swuor
manegen ungestabten eit. 498, 3.
e) die Verwendung eines stahes beim eide beweisen und
erläutern folgende stellen : item soll der scheffen ein man
kiesen, wann ehe der man gekorn ist, soll m. g. von Prümb
dem man den eydt staben, da soll m. g. h. den man mit
der rechter band holen, und der vogt mit der lincker
hand , und sollen den scheffen setzen, soll mein gn. h.
von Prümb und der vogt den hotten setzen, soll m. gn. h.
oben an den staff halden, der vogt unden an den staff
halden; m. gn. h. soll dem hotten den eydt staffen. weisth.
2,549; beruren {betreffend) den botten, die kiesonge stehe
dem herrn des sloss Denssbur {Dmsborn an der Kill)
und die eidunge eime herrn apt zu Proeme {Prüm) zu
nachfolgender wijsse zu, das ein apt zu Proeme, nach-
dem hotte gekosen vom vurss hern des sloss Denssbur
ist, neme einen wyssen stab aller underst by der erden,
und ein herre so das vurgss. sloss Denssbur uff und zu
thut oder sleusst, zu aller oberst, und darnach der jhcnig
so zum botten gekosen in der mitte, alssdan wirt jine
den eidt von vurgss. herrn apt gestaept. 566. dasz die
beziehung zu stap gefühlt wurde, beweist auch das Wortspiel :
ir rüke wart kein eit gestabt:
doch wart ein stab s6 dran gehabt,
unz das sin siusen gar verswanc. Parz. 151, 27.
{vgl. dazu stab II, 8, h.) doch scheint das geschilderte ver-
fahren im mittelalter ausnähme gewesen zu sein — beide
belege stammen aus der gegend von Prüm —; das gewöhn-
liche war jedenfalls, unter kirchlichem einflusse, die be
rührung der reliqttien beim eide, vgl. z. b. :
'herre, so lät den eit iu staben' . . .
dag heiltuom man dar truoc.
dar üfe swuor sich Tristan
Isöte zeim elfchen man.
Ulr. V. Ti'KMEiM Tristan 192 {entsprechend
Heinrich v. Frbibbro 504);
des stabte in den eit
der erzpischolf Lodomer,
dem swuoren si d6 sunderbajr
Of dem heiltum. OnOKAR reimchron. 44025.
auf das heidenthum übertragen:
in da; beth sie in {Medca den Jaton) leite,
da sie im got inne fant,
und hi; in uf legen die hant.
als er uf hette geleit,
sie stabete selbe im den eit:
'Ich swere dir Meiiea' —
Jason sprach ig alle; na —
'ich wil dich immer zu wibe han' —
dieselben wort sprach er san — ,• • •
'das swere ich bi dir, Juppite(r]' —
das selbe swur auch er u. ». w.
HERBoiir troj. krieg 966 {vgl. die anm.^
f) die letzte stelle zeigt, dasz als das \eesentlicht hrim
staben das vorsprechen empfunden wird; dem 01 ^^
die nicht seltne ztutammenstellung staben und vor-
-lesen: unde hebben mit opperechten vingeren deseu . . .
ecd gedaan die hem gestaaft unde vorgelesen worde hy
monde. quelle bei Hai.taus 1718; damit die jurai'
nicht müssen gestabt und fUrgelesen werden, qtc
SciiERZ-OiiERi.iN 154«; darnach von cynem iglioluu i.
Bunderheitt handtgclöbniss genomen und zcuhd/.ll hntt
eyn ider zcwene fynger auffrichten müssen, ist yncn (l<i
eydtt durch Kwalt von Baumbacli gpsta[b]t und vor;-. '
chron. Islehiense *. 11 {hei einer erbhuldigung 158« : nnl
wolgcdachtcr graff Hans (ieorge hat der gemein den uydt
Hclbsten gestabet und fUrgeKugt. *. 27 {desgl. iSflo); .» '""•'-
OrroKAR reitnchron. 87868 unter 1. — doch winl ;/•''
lieh auch beides unterschieden, tcvM dann staben »i
das feieilirhe anhören, tUtnetimeti der eidesleisfun;/ ;i'"'
ho IcHt one de »chriver den eydt, wen hc uthgclcsen hefTl
365
STÄBEN
STÄBEN
36(5
so stavet de olde borgermester one den eydt. Braunschic,
ordin. bei Schiller-Lübben 4, 370» (ausführlicher bei
Haltaus 1718).
g) sehr häufig im pari, gestabter eid, juramentum con
cepfum et dictatum. Haltaus 1718. Adelung: alle die
disem orden gebunden sint die suln sich hüten Tor ge-
stabten eiden. Govn.is, 191, 3 {Franciscanenegd des 13. Jh.);
und das sij ein ffestabet eid,
dasz es stede solle wesen.
Alsfeld. pasHon^sp. 2479.
geicöhnlich in Verbindung mit swem, zunächst als obj.:
und hant {ich habe) geschworn an den heyligen einen
gestabeten ayd, urfehte, und dass ich den burgern und
der statt von Strasburg umbe die getat niemer dekeinen
schaden tun soll. urk. v. 1302 bei Schöpflin Alsat. diplom.
nr. 824; her Syfrit . . . quam an offen gerihte . . . und swur
da einen gestabiten eyit mit siner stolen. Baur hess. ur-
kundenb. 2, ».99 (r. j. 1334); her Xiclas zum Nordecker
der phaffe . . . quam an offen gerichte zu Mentze für den
richtet Scherpiln . . . und swur einen gestabiten eid of
die heiigen evangelia. s. 129 (v.j. 1336); und was an disem
briefe . . . geschriben stet, das habe ich geAsdlliklichen und
unbetwüngenlich gesxsom einen gestabten eit gegen den
heiligen mit ufgehebter hant und mit gestabten werten
ze tuonde und stete ze habende, urk. v. 1348, s. Alsafia
1862, 272; in dem selben do swuor ich gotte und siner
lieben muoter mit ufgehabenen henden einen gestabeten
eit, das ich niemer keine sünde me wolte getuon.
Nicolaus v. Basel *. 153; wann ihr einer huber wird,
sol er schweren einen gestabten eid zuvorderst dem
herm abt . . . gehorsame und gewartig zu sein, tceisth.
1, 684 (unferds.);
des swer ich ein gestabten eit.
Heinr. V. Neustadt Apoüon. 3440.
dafür mit gestabten eiden:
mit gestabeten eiden ze behaltenne si dö alle swnoren.
des muoste da der besten hant ' ' '
mit gestabten eiden swern. Bit. 1875;
gelaist und geseckert in gouden trouwen, und mit op-
gerichten vingern, und mit gestaifden eden lyflich aver
den hyllgen geschwarn. Clev. urk. v. 1420 hei Haltaus 1420.
häufiger mit adverbialem gen.: dit hebbe wy stavedes edes
mit upgerichteden vingheren to den hilghen ghesworen
to holdende. urk. v. 1422 bei Scheiut mantissa docum.
8. 302; wir sollen noch wollen auch nummer keinen
t menschen zu burger zu Mencze ofnemen odir entphaen,
1 er habe dan dise vor geschreben rachtunge . . . zuvor in
I guten truwen globt und dar nach alsbalde mit liplichen
1 ofgereckten fingern eins rechten gestabten eids zu gode
i und den heiigen gesworen, stede feste und unverbroch-
I lieh zu halten, d.städtechron. 17,88,23 (v.j.usi); also h an
' wir dy obgenanten mennir geeydt und bestalt, alsz recht
ist, und han mit lyplichin fingern gestabitisz eydis uff die
. heiligen gesworen. iceisth. 3, 357 Qiess. tceisth. v. 1449). im
\ nd. icird stavedes (edes) zutceilen in stavendes entstellt,
"^''nsz es den anschein hat, als trenn staven itt intransi-
rn sinne gebraucht xräre, so auch • und we hebbet alle
-=e vorscreven stucke . . . to den hilghen gezworen mit
j upgerichteden vingern und mit stavenden eden truweliken
j to holdende. urk. v. 1388 bei Haltaus 1718. danach auch
I hd. : die . . . einkleidung in diesen orden , war also ge-
I schaffen, das der newe bruder cörperlichen stabenden
I eides schweren muste, dasz er die . . . regel, und gehorsam
I dieses heiligen ordens . . . halten wolte. Schütz chron.
\ der lande Freuszen Ib*"; so hat als dann gedachter Hans
I HoUoger für uns im gerichte mit auszgerechten blossen
leihlichen fleischlichen armen, mit auffgerichteten fingern
bendes eydes zu den heiligen geschworen. 157*; trenn
'' dagegen in nd. quellen stanedes (edes) findet, so ist
> tcol nur verlasen oder verdruckt für stauedes : dat
!• uns ghekomen syn an unse yeghenwordicheyt Herman
, Raet und Herman de meyer van OUenstede, und beholden
Tor uns to den hilghen mit uprichteden vingeren sta-
nedes edes mit willen und unbedungen, dat de vryen
und di inkomene lüde in den kerspole van Goldenstede . .
unsen heren van Munster höret, urk. v. 1387 bei Kind-
LINGER münsferische beitr. 3. ."joe; alle desse vorgescrevene
Stacke unde articule . . . hebben wy heren boi^emestere
unde raede der stede Monstere unde Osenbrugge . . . ge-
loevet . . . unde hebet de mit upgerichteden liffliken vingeren
rechtes stanedes eydes ton hilgen gesworen, stede, vast
unde unverbroken to holdene. s. 522 (tirk. v. 1393). doch
führt Haltaus 1718 aus einer Oldenburger urk. v. 1408 auch
stahndes edes an, uras diese erklärung ausschlieszt und
kaum aus stavendes zusammengezogen sein kann; hier
musz also eine wirkliche entstdlung vorliegen, darauf he-
ruhend, dasz man neben (einen eid) staben atich stellen
sagt, vgl. das. und stab II, 8, h. — ungestabter eid, s. d zu
ende. — für gestabt zuweilen aufgestabt, aufgeschrieben.
Lessing 11, 619 (beytr. zu einem deutschen gl^ss.), mit ver-
iceis auf: pgpj, wirdt der leib genommen
ihr Schwert denn mit der handt
all auffgestabte eyde
mit brieffen und eydes krafil
das jhr nimmer thut zu leyde
mir und der bruderschaffl. '
heldenb. (1560) 140». (vgl. Wolfdietr. DX, HO.
dieselbe stelle bei Frisch 2, SIS«;.)
ferner : dat loven wy Edsardt, Eppo . . , laven und schweren
wy mit upstaveden eeden in den hilligen. urk. v. 1430 hei
Ben INGA (1723) s. 273. vielleicht liegt hierbei schon der ge-
danke an die aufgerichteten finger, die fast immer als das
tcesentliche hervorgehoben werden, zu gründe; jedenfalls ist
das der fall tind ist die eigentliche bedeutung von staven
vergessen, icenn sieh in o.9tfries. quellen auch die Beendung
mit upstaveden fingeren findet, s. Schiller-Lübben
4,370^. 5,134». TEN D00RNK.\AT KOOLMAN 3,295*': dat Wy
. . . uns hebben . . . voreeniget mit leve unde mit frundt-
schap in een waer vorbundt mit upgestaveden fingeren.
urk. r. 1430 hei Beninga «.263, s. auch «.274; dat wy
hebben Imelen hoevetlinck tho Oisterhuisen . . . laven mit
banden und upstaveden vingeren, gesekert und geswom
mit dem munde ihn den hilligen. urk. v. 1431, s. Fried-
länder ostfries. urkundenb. 1, nr. 395.
h) zutceilen trden andre, verwandte ausdrücke als ohject
zu staben:
die eyds pilicht wart man stehen aufm marckt vor jung
und alt,
das new iar tet solcheins geben (I. solchs eingeben?).
Jon. Belbr lied auf die einnähme von Brauns-
berg (1520) bei Jon. Frkiberg chron. , neue pr.
prov. N. 1846, 1, 148.
unde dise vor^enante verbuntnisse, . . . das geloben wir . . .
alles stete ze habende bi den eyden die ^vir dar umb mit
ufgehobten henden und mit gestabeten worten, liplich an
den heiligen band gesworen. urk. v. 1345 hei J. Wencker
collect, jtir. puhl. (1702) 2 (von auszbtirgem), s. 63; by dem
eide, den sye darumben geschwohren band, mit gestabeten
worthen. urk. r. 1347 bei H.\ltaus 1719;
nn hört die geistliche crafl,
die dirre beiden hat gehabt,
big er die rede hat gestabt. erlösung 1933;
braeche si den eit,
lieje ir mi'ne Sicherheit
vor ir vriunden höhe staben
da; ichs immer woldo haben
liep vor allem liebe.
Neidhart v. Reuental 100, 19.
so auch fürstaben vorsagen ■ wie denn auch im bapst-
thumb vil alter leyen . . . sich des leidens Christi seligklich
an jrem ende trösteten, und sprachen jhr gebetlein, wie
es die alten beginen oder seelweiber, so der krancken
warten, pflegten für zu staben. Mathesius hist. von
M. Luther (l580) isg*.
t) im, mhd. scheint eit staben zutceilen (aus miszver-
ständnis) für 'schtcören' vorzukommen :
desn wirt iu dehein eit gestabet,
da was vil manic riter guot. Wigaioi» 902S;
wan e ich ej verbsere, . . .
ich wolte mich e l&n begraben:
des wil ich einen eit staBen. kröne 88794;
vidleicht auch •
die Unger riten zno
und enphiengen disen man (Otto v. Bayern) :
da; si im undert&n
hin Tür wolden wesen,
des wart im vor gelesen
und gestabt (rar. .gestalt) manic eit.
Ottokar reimchron. 87368.
k) andrerseits hat sieh im mnd. die redetceise enen staven
'beeidigen' (also = enem den 6t staven) herausgebildet,
z. b. : £r de nie raht tho schwert und gestavet wert ; dcQr
367
STÄBEN
STABERBSE — STABGERICHT
368
Bulve Bcbal desse twintich staven to den hilligen stavedes
edes to swerende. dithm. urk. v. 1447, s. Schiller-LObben
2) die übrigen mhd. belege weisen verschiedene, meist
vereinzelte und nicht recht deutliche gebrauchsiceisen auf.
s. mhd. wb. 8, 2, 695*. Lexeii mhd. handwb. 2, 1126 (Diemer
gen. 86, 24 -■ fundgr. 2, 61, 12).
3) auch in der neuern spi-ache begegnen nur vereinzelte
anioendungen in verschiedenem sinne.
o) mit einem stab verse}^e7^, nur im part. gestabt,
». Ö(«iZ 4, 1, 4175 (l). gestabte kerzen, vgl. stabkerze:
vil engel kertzen habten uf kantzeln und uf muren
hie die gewunden dort die geslabtcn. d. jung. TU. 389.
8. auch ungestabt unter stab II, 5, h. (westf. sik stawen
sich auf einen stab stützen. Woeste 253*», vgl. auch 4, b.)
b) (eisen) in form eines stabes bringen, s. gestabt 2.
c) mit dem stabe, schaft aufsetzen:
den Speer, fest auf den grund gestabt.
WoLFF d. landsknecht v. Cochem s. 319.
d) ds. Stäben (stÄwa) mit einem stab schlagen, prügeln.
MaRTIN-LiENHAHT 2, 567*.
c) Stäben für buchstabieren, in alterthümelnder rede
{vgl. 1, b) : ich musz mit dir recht ordentlich schulmeistern,
Wörter spellen und staben und ihren wurzeln nachgehen.
Jahn 2, 765 Euler; den schrannenmischmasch kann es
(das voUc) kaum zusammenstaben, aber nie spitzkriegen. 634
(m^rke 225).
4) andere bedeutungen liegen weiter ab und haben viel-
leicht mit stab nichts zu thun.
a) reiten, traben; bei Lexer handwb. 2,1141 unter stapfen
behandelt, mit dem es doch kaum zusamirtenhängen kann:
do begunden si staben
vor Orlous in den borg graben.
Oerm. 9, 837 {mitteld. ged., 15. jahrh.).
b) ostfries. staven unbedachtsam auf etwas losgeJien,
d'r hen (l*ngs) staven, dazu stavern holp^-ig gehen, taumeln.
Sturen BURG 262' ('ohne zweifei nebenform von stappen');
stafen 'steif u. starr sein od. werden, steif, unbeholfen,
unsicher u. tappend gehen, hinken, stolpern'; hS stäfd as
'n old mannetje; h§ is gans ferstÄfd (ferstafd) un fer-
lamd. TEN DooRNKAAT KooLMAN 3, 295», vgl. staf, sHll,
unbewegt, steif, lahm, ungelenk u. s. w. 294» und oben
staben I. — ähnlich wesffül. stawen '1. am stabe gehn,
sich stützend gehn. hä stawede daher. 2. auf stelzen gehn.
8. gehn überhaupt'. Woeste 253'', waldeck, stawen Bauer-
COLLITZ SS**.
STABENACKT, adj., auch stabel-, staben-nackt , ganz
nackt, vgl. splitternackt (theil 10, l, 2669) und stocknackt,
soioie Grimm gramm. 2,572. zeitschr. f. d. wortf. 4,317:
kommt eine Jungfrau, Katharina genannt, stabenackend
raus. ScHWEiNiCHEN 1, 30; braut und bräutigam ent-
rinnen stäb entnackend aus dem bett und kommen un-
versehrt also davon (aus der feuersbrunst). Philander
(Leiden 1647) 7, 267. jetzt noch westerwäld. stabelnackig
Scmidt 230. Keiirein 1, 387. — duTch combination mit
fingemackend (tlieil 3, 1660) entsteht: ja sie (die haut) wird
der kälte endlich so gewohnt werden, dass man mit jenem
skythischen weltweisen wol gar im winter wird stabe-
finger-nackend auf dem markte herumspatzieren. Hah n
krafft des frischen wassers (1749) 81, *. zeitschr. f. d. phil.
26, 252. (HöPLER krankheitsnamenb. 147*' leitet es von einem
nirgends bezeugten stabfinger •«= stab II, 11, i ab, sicher mit
unrecht, daneben findet sich, ebenfalls in einer scfUes. quelle,
fingerstabenackt, *. Weinhoi.d 20''.)
STABER, STÄBER, m. der Rtabt (s. das. II, l), die eides-
formet vorsagt, dictator jurisjnrandi Hai.taus 1709, nur
in der altem spräche, getcöhnlich mit umlxiut, nüid. (mitteld.)
staber, steiTer Lrxer handwb. 2, UhS, mnd. stevere, sta-
vere Sciiii.i.f.rLübkrn 4, 895V-, altfries. stavere, stavro
RiCHTiioi'KN 1046*: kumt aver die man vor den hcrren,
he biddet alreet enes vorspreken undo dar na der hilpten
und« des steveres (var.: vorstaber, yorrcdcr des eides)
dat he sin gut utUe (wieder an sieh tiehe). weigeret ime
des die herre, so hebbe he selven die hilgon unde svere
sonder stevere. 8achaen»p. lehnr. 66, § 2; ob avir der man
in sines Herrin aniwerde komit, so hoI er biten eines
vorsprechin unde der heligen ande des stebirs. Qiirlitzer
lehnr. %, 81 (6m Uomeykr 8aeh»enap. s, 2, ». 184); her sal
myt syme rechten fusse deme pferde tretyn uf synen
linken phus vorne, und sal myt syner lynken hant dem
pferde gryfen an syn recht ore, und sal geren der hey-
iigen und des steberis, und sal uf den heyigen dem pferde
obir dem houpt sweren, das das pfert do syne were.
Kulm, recht 3,130, vgl. 133 und s. 332; ab ein man deme
andern swert vor gerichte, her mag wol uf legen unde
abenemen mit des richters loube, unde nach des stabers
geheise, sächs. weichbildr. 128 Walther (var.: sieher, s. *.74);
it. Cunrad Winter v. Hattenheim had gefreget: er sulde
eyme eine Unschuld dun, und hette sinen stebir bestalt . . ;
und alse jme der stebir die band uffgelacht, und jme
vursprach, so zochte der stebir jme die band uff, und
Sachen daz fil lüde; dargein fragete sin widdersache, sint
der zyd, er . . . die band von den heiigen getan hette, ob
er jn icht irfolgt und irgangen hette? EltviUer schöpfenb.
V. j. 1373 bei BouMANN rheingauische alterth.&U; so heischet
der steffer dem scholtessen orlouff. weisth. 2, 287, *. staben
II, 1, c (weisth. V. j. 1463). — als vereinzelte neubildung :
die Scipiones (auf unser sprach die 'stäber' oder 'stäbler'),
haben die Römer herren der ganzen weit gemacht
Aventin chron. 1,464,5. — eis. staber (stäwar) schrecken,
vgl. stabern. Martin-Lienhart 2,567''.
STABERBSE, /. .- stab-erbsen, pisa guae in adminiculis
adscendunt et crescunt. Frisch 2,314», vgl. stabU,5,i.
STABERGERINNE, n. gerinne zu den staberrädern (vgl.
das.) einer müJde. Jagobsson 4, 244».
STABERL, n., s. stäblein. — staberlen, verb., s. stäbeln.
STABERN , verb. , gleichbedeutende Weiterbildung zu
staben I, nur eis. und hess. in der Zusammensetzung ver-
stabern, *. das. Martin-Lienhart 2, 567''. Pfitzer 283.
STABERRAD, n. in Wassermühlen ein unterschlächtiges
Wasserrad mit zwei feigen oder reifen, ztcisclien denen die
scfMufeln gerade ('nach dem radio des rades') eingesetzt
oder eingezapft sind; es treibt im gegensatz zum grösseren
pansterrade nur einen mühlgang; vgl. staberzeug. Eouers
2,965. Adelung. Jacobsson 7, 417''.
STABERZEUG, n., an den wasser-mühlen ein Wasser-
rad, an welchem die schaulTeln nach dem diameter des
rades innerhalb der feigen eingesetzt, und das nur einen
mühlgang treibt. Jablonski 744»; eine art mühl-räder
in groszen wassern, welche von dem wasser von unten
getrieben werden, und daher unterschlächtige räder
heissen. seine schaufeln sind zwischen den reifen ein-
gesetzt. Frisch 2, 314»; staberrad mit zubehör. Adeluno,
s. ferner öconom. lex.^ 2792 (eine mühle ist auf staberzeug
gebaut). Eggers 2, 1320. Jacobsson 4, 244».
STABEULER, m.. s. stäbler 7.
STABFEUER, n., s. stabhammer. Jacobsson 4, 244*'.
STABFÖRMIG, adj. in form eines stabes, z.b. stah
förmige träger. Lueoer 7, 467.
STABFUSZBODEN, m., auch Wiener fuszboden, schifT-
boden, fuszboden aus eichenen brettein, die unter einander
durch falz vei-bunden und an jedem ende durch nägel a»
die polsterhölzer befestigt werden. Karmarsch -Hkerkn '
8, 662, bandparkett.
STABGEFLECHT, n..-
die kapeir ans stabgeflechten
ist mit blumen reich vorzieret.
Arnim 8, 160 (kronenw. 2, 1).
STABGEMEINSCHAFT, /. das Verhältnis derer, die für
ihre schafe einen gemeinsatnen hirten haben.
STABGERICHT, n.. in f rank, und thür. queUev ■-'
stab 11,8,/.- das gantze gcricht zu Hochheim übn
und band , und den dritten pfennig an dem 8tal\'
daselbst, urk. v. 1898 bei Haltaus 1716; darinnen m. p.
herr thum probst die erbgerichte unnd über schulde tu
helffenn hat, auch durch den Ostervcldischen richter y.a
gewonUcher zeitt, schuld stab unnd ruche gerichttf fr«-
haltten wirdt. ebenda (qu. vom j. 1676). was für fi
von gerichten im eituelum damit bezeichnet wird, is'
klar, vgl. Frisch 2, 8l8^ Haltaus 1716/. Scheb/ '
LIN 1660. SCMM. 2,717. fkIcA ÄDKLUNO 'tflOr .stAl>,
eine benennung der niedern, mit keiner crinUnaljn
tion veraehenen gerichte, und in diettm vtntande /
diese* wort noch im öttingischen und andern gnj'
vor. ja in einigen gebenden Jdeieaetu «erden die fdd- utul
dorf gerichte stabgoriobte gttumnt'.
369
STABGOLD — STABHOLZ
STÄBIG — STABILITÄT
a7o
STABGOLD, n. gdd in stoben. Campe.
STABHALTER, m. judicii praeses dicitur, a bantlo,
qiiemgerit, pofestatis insigni. Haltaus 1717, vgl. stab H, 8,/
und Grimm rechtsalferth.* 2, 372; 'bey dem kaiserlichen
landgerichte in Schicaben toird derjenige, welcher des land-
richters stelle vei-tritt, aus eben der tirsache, soicoM der
stabhalter als der Statthalter genannt'. Adelung; eis.
stab(h)alter (stäwältgr, stöwältar), früher dorfbtirgermeister
im protestantischen Hanauerlande. Martin-Lienhart 1,
330*'. erst seit dem il.jahrh. belegt: Johann Kallmar, der
rechten doctor, . . . landschreiber, und der zeit verord-
neter stabhalter des freyen kaiserl. landgerichts in Ober
und Nidern Schwaben, quelle v. 1626 Ijei Haltaus 1717;
diesen scharpffen verweisz hat gedachter stattschreiber
durch lateinisch-reden , ein stabhalter aber ohnweit von
dannen einen trefflichen vortel durch latein-verschweigen
zuwegen gebracht. Shnpl. sehr, i, iiO, 29 Kurz (2, 1122
Keller; t. Michel 13); anfänglich soll iedweders gerichts
ganze gemeinde solch verliehenen gerichtsstab zu führen
.... drei taugliche mann namhaft machen und vor-
stellen, unter denen dann die oberkeit einen nach ihrer
wähl und Wohlgefallen zu einem stabhalter und richter
erkiesen . . . solle, tirol. weisfh. 2, 185, 9 (v. j. 1793) ; s. auch
192, 5; stabhalter, der zweite vorgesetzte in landgemeinden.
verschieden von Statthalter. Hebel 1,324 (tcorterkUirungen,);
'hausfreund', sagte der adjunkt, 'wenn ihr einmal vogt
werdet, stabhalter seid ihr schon, oder gar kreisrath, . . .
so müszt ihr eure untergebenen fleiszig zur baumzucht
und zur gottseligkeit anhalten. 2, 194;
herr stabhalter, edler junckher,
diss haben mir von alten her,
dass khein mörder khein freyheit hat.
Endinger Judenspiel (1616) 1572.
■mch in den Überschriften und dem personenverzeichnis tcird
der richter als stabhalter bezeichnet, vgl. auch unter stab
II, 8. /, «.) — dazu : dannenhero das grosse stath- und
stab-halter-amt, welches zuvorhin Belial dem hölli-
schen rath . . . zugesagt, . . . unbesetzt und ledig verbliben.
PiiiLANDER 1,657; diser (der subornations-)teüSel prseten-
dirte auf der weit . . . die grosse stath- und stabhalter-
amt schafft des Lucifers. 656.
STABHAMMER, m. malleus magnus, der vom wasser
getrieben, nur stäbe von eisen schmiedet, zum unter-
schied des blech-hammers. Frisch 2,314*; 'stabhammer,
stabfcuer, /ronz. la choufferie, ein hammerwerh, auf welchem
aus rauheisen, das gefrischet ist, eiserne stäbe geic'imidet
werden.' Jacobsson 4, 244", auch stabeisenhammer, vgl.
das., s. ferner Eggers 2, 966. Adelung.
STABHEFTEL, m. (?) pflock zum spannen der garne, bei
den Jägern, vgl. heftet, theil 4,2,768, und spannheftel,
fheil 10, 1, 1911: dieweil das jagen auch one das schädliche
hagen, ob man gleich keynes holtzes zu machung der
schirm, stäbhäfftel, und dergleichen bedörfftig, mit den
gamen geschehen kan. Sebiz feldb. 561.
STABHERR, m. est, qui jurisdictionem habet, et den
gerichtsstab füret. Stieler 811: dem praelaten, als dem
Stabherren des flecken. Würtemb. ordn. v. 1502 Öfei H.\lt.\us
1717; die Königsbrunnische unterthanen thun . . . dem abt
als ihrem rechten naturlichen erb- grund- lehen- stap-
und obersten halsherren . . . pflicht, treu und eid. ebenda
(r. ;. 1536). s. auch Scherz-Oberlin 1550.
STABHOBEL, m. hobel, womit geicisse Verzierungen, die
sogen, stäbe (II, 11, e) hergestellt icerden, dessen bahn rttnd
ausgehöhlt und dessen eisen entsprechend halbkreisförmig
Ht'sgeschnitten ist, s. Frisch 2, SiS*». Adelung. Jacobsson
4,244". 7,417'*. Karmarsch -Heeren' 4, 346; bei Eggers
1. 1.304 mit kehlhobel gleichgesetzt, vgl. auch KrOnitz
167, .595/. ; 5 staabhöbel 20 kr. steir. tischlerinv. v. 1735 bei
IJNr.ER-Kiiui.L 567». nd. staf-höwel 'der hobel der tischler
zn den rund erhabenen leisten'. Dähnert 466**, weatf. staf-
hüwel nd. korrespondenzbl. 11, 37.
STABHOLZ, n. i) holz zu stäben (II, S, b), breiter, woran»
■üben gemacht icerden, zunächst nd. .- staf-holt brem.
4,982. Dähnert 456'', staffholt Schütze 4, 182. Dan-
FIL208*, daher axtch hd. oft in {halb)nd. form als stafT-
holz BoBRiK 6.55, vgl. Weigand 2,789: stab-holtz, staff-
hoUz. zugerichtetes eichen-holtz, woraus die tauben zu
allerley fässem gemachet werden, mit demselben wird
i
X. 2.
an der Ost- und West-see nach Holland, Franckreich und
Spanien ein starcker handel getrieben, es ist dreyerley,
nach dem unterscheid der gefäsze, dazu es dienen soll:
pipen- oxthoft- und tonnen-stäbe. sie werden an der Elbe
nach ringen verkaufft, ein ring hält 4. schock, oder
240. stück. Jablonski 744* ; stat)-holz, ... bey den bött-
chern, lignum ad tabulas doliares. Frisch 2,314»; unter
staSF-holtz führt Döbel 3, 81 piepen-holtz , oxhöfft-holtz,
gantz fasz-holtz, halb fasz-holtz, tannen-holtz, dazu boden-
holtz und saltz-tonnen-holtz auf und fahrt fort: so wird
auch nicht nur dergleichen eichen- sondern auch büchen-
und kiefern-staff-holtz gemachet u. s. ic. s. femer öcon.
lex.^ 2797 (staff-holtz, stab-holtz, stav-holtz). Eggers 2, 966.
Adelung. Jacobsson 7,417''/. Karmarsch-Heeren'i,678.
8. 392. Behlen 5,669. KrOnITZ 167,596—8.
2) stab-holz, bey den schmelz-hütten, ein rundes holz
daran leimen gemacht, womit der stich gestopfet wird,
obturaculum foraminis in fomaee fusoria. Frisch 8, 314'.
Jacobsson 4, 244''.
STÄBIG, adj., findet sich norddeutsch zuiceilen als Um-
setzung des nd. stäwich, fest, steif, unbiegsam, beständig,
stämmig, stark, dick, solide, mnd. stevich Schiller-
LCbben 4,396*, neund. stävig Richey 284. brem. wb. i,mi.
Schütze 4, 182. Danneil209'', stävig, stevig(stefig)STÜREN-
BURG 260*. TEN DOORNK.\.\T KoOLM.\N 3,305, Stgwech
B.\UER-CoLLiTZ 98'', uxstf Osnabrück, stie^g Strodtm.\nn
380''. Woeste 255''. ebenso nl. stevig. stäbig führen Campe
und Frischbier 2,364* (n«*en stäwich) an in denselben
gebrauchsiceisen wie nd., besonders ein stäbiger kerl 'ein
starker kerl von festen gliedern'; stäbig stehen, unbeiceg-
lich. ganz vereinzelt erscheint es in der litteratur. wia«
hat stäbig von stab abgeleitet, s. Richey und brem. wb.
a. a. o. Campe, indessen ist es eher im ablaut zu steif ge-
bildet, als Weiterbildung des mnd. steve Schiller-Lübben
4, 394», vgl. TEN DOORNKA.\T KOOLMAN fl. O. 0. Und FrANCK
etym. wb. 965. — davon zu trennen ist Schweiz, stäbig starr,
unbiegsam. Tobler 405'' {zu staben I).
STABIL, adj. {mit langer und betonter 2. silbe) standfest,
bestand habend, sich gleichbleibend, unveränderlich; lehn-
icort aus lat. stäbilis, vgl. Weig.\nd 2, 789. stabiles gleich-
ge wicht besteht, \cenn ein körper bei einer Störung sich
möglichst wenig aus der nihdage entfernt und in diese
zurückzukehren strebt, so besonders wenn der Schwerpunkt
unter dem unterstützungspunkt liegt, vgl. Lueger 4, 701.
6, 19. 7, 373. stabiles fachwerk s. 4, 21. stabile träger 7, 695.
STABILIEREN, verh. festsetzen, befestigen. Campe erg.-
wb., lehnicort atts lat. stabilire: stabiliren, s. establiren.
Apin. gloss. (1728) 508. schon in einer handschr. von 1689:
ausz welichen disen Ursachen dan her benambste nach-
paren und gemainsleut . . . getrungen worden , . . . nach-
folgent neue gemains- saz- und Ordnung zu stabilieren.
tirol. iceisth. 3,383,40; in stärkerem sinne: ich komme zu
meinem zweck und stabiliere die souveränetät und setze
die kröne fest wie einen rocher de bronce. marginal
Friedr. Wilhelms I. bei Prutz preusz. gesch. 2,356. —
dazu stabilierung,/. : welche arbeitsamen handthie-
rungen . . . sich ergeben haben , gleich wie da seyn die
rechtsgelehrten, geschickte theologi, oratores, philologi,
die bücherschreiber, dieselbigen seyn gemeiniglich in
stabilir- und promovirung ihrer eignen fortunse oder glucks
weniger arglistig. Schuppius 758 {von der kunst reich zu
werden 1663).
STABILIST, m. : so hat man auch noch ein klein missal
auff die hohen und fümehmsten feste ohne die sonntage,
welches weyl. der Schichtmeister, oder, wie sie genennet
worden, der stabilisten, welche sonnabends, sonntags und
donnerstags die frühe-messen , item im gantzen advent
das rogate gesungen, allhier gewesen ist. Meltzer histor.
Schneeberg. 884 {am runde: kleines missal der Schicht-
meister oder der stabilisten, so weyl. adjuvanten gewesen).
STABILITÄT./, {mit ton auf der letzten silhe) featigkeit,
beständigkeit, unveränderliehkeit. Campe erg. \cb. Weigand
2,789 {'bereits \1^' — ?), vom lat. stabilitas, vgl. stabil.
im bauwesen die fähigkeit eines bautcerks, den von auszen
einieirkenden kräßen mit genügender Sicherheit zu wider-
stehen. Stabilität oder Steifheit eines schiffes, die kraft,
mit der ein schiff bei einem seiteriicinde seine wagereehte
läge im icasser zu betoahren strebt. BoBRiK 655»; das ver-
24
371
STABILZUCHT — STÄBLEIN
STÄBT,EIN
372
mögen, sich tnu der geneigten läge udeder aufzuricJiten.
Lukger 7, 468.
STABILZUCHT, /. hienenzucht mit unbeiceglidien woben.
STABKARNIESBLEI . n. eine at-t fensterblei. vgl. sUb-
blei. Jacobsson 2, 367». 7, 418».
STABKEHLE,/., das erhabene seitenstück zur Hohlkehle,
vgl. Stab II, ll, e. ». z. b. Jacobi Saalburg s. 215.
STABKERZE, /. heize tnit einem stab, toorati sie ge-
tragen wird, besonders bei prozessionen, vgl. staben II, 3, o.
Lexer handwb. 2, 1141 (u.jahrh.): item adi 9 augusto (1515)
das confentt czu sant Clarn vereret mit. 8 schün slab-
kerczen mit cziburgen (cibwien), iede mitt 3 heiligen, ge-
wüntten stecken. Tucher haushaltb. s. 125;
und 80 sie sich zu pet wolt legen,
80 traten alweg zwen das .spor
ir mit zweyen slabkertzen vor.
FoLZ, s. fastn. «p. 3, 1227.
STABKIRGHE, /. bezeichnung der norwegischen holz
kirchen, norto. stavkirke, «. Mo(.k in Pauls grundr.^3, 397.
STABKRAFT, /. die in der achse eine.» graden stahes
mrkende kraft, hejionders bei fachwerke» ; uurh eine grad
linig ztcischen zwei punkten wirkende kraft, die nicJU nur
von der entfermtng abhängt. Lueger 7,469.
STABKRANZ, m. . Reil's stabkranz, ein halbkreisförmiges
gebiide in jeder liemisphäre des groszen gehiiiis, s. Meckel
anat. 3, 538.
STABKRAUT, n., dasselbe wie stabwurz, vgl. das. : stab-
wnrtz, f. stab-kraut, n. abrotano. Kramer dict. 2,899«.
WeIGAND 2, 789.
STABKREUZ, »i. .- herald, staab- oder leisten-kreuz, 'kreuz
zur hälfte seiner natürlicJxen breite, also = '/'' ^*'" schild-
breite, -vermindert'. Gritzner herald, terminologie {bei Sieb-
macher tcappenb.) s. 34. vgl. stab II, 11, h.
STABKUGEL, /., itn seeu-e.ten plur. halbnd. staf-kiigeln,
uudi Stangen- oder knüppel-kugcln, zwei durch eine eiserne
Stange verbundene kugeln, s. Bobrik 430.
ST ABLACK, VI. n. eine art gummilack, auch stock-,
Stangen-, holzlack, lacca (gtimmi laccae) in baculis. Jabobs-
SON 7,418''. KnÜNITZ 167, ."598.
STABLEHEN, n., krum-stab-lehen, n. feudo ecclesiastico,
episcopale. Kramer rfi<;#. 2, 899".
STABLEIN, n., deminutiv zu stab, vgl. stäbchen, stäbel;
mhd. stebclin , steplin Lexer handwb. 2, 1153. im nhd.
begegnen zahlreiche nebenformen, so frühnhd. häufig steb-
lin, stäblin, s. unten die belege; ferner: s table (das)
virgula, bacülus. Maaler 383»;
die feind macht man ganz wehrlos, . . .
st&blen narnen sie in mr band,
das war ihr spiesz und degen.
LiLiBNCRON hM. volksl. nr. 4, «. 572 (608, 35).
atäbel: was, sagt er, soll ich hencken? das war ein
feine sach, ich hab über 16. gülden nicht gestohlen, und
soll gleichwol hencken? nein! das thue ich nicht, es
musz seyn, sagt der k&yserl. herr pannrichter, das stäbel
ist schon gebrochen. Abele ktinstl. unordn. l, 19, *. auch
unten 2, e und h,a; ohne bezeichnung des umlauts: Gre-
gorius . . . batt den aimächtigen got, wer mit dem wasser
gesprengt wcrd, das die gesund werden, mit dem nam
er einen badschwam an aiii stäbel und sprengt die liit
damit. Sciiii/rBKKüER reisen (1394—1427) «.148 Neumann
\fi. MJ; },^t ^f grosz teuffal seinen schnawal
ta braucnan mögen, unt f<ain stawal,
er hat {hätte) sie gar um törfen pUrtzlen
mit seiner >iewtuniBchen gabal.
FisciiART aarg. 84>> {dicht. 3, 8», 24 Kurz).
mit öaterr. form dei- deminutivendung staberl dünner
tpatieratock. Hüokl 154»: wenn ich nur das staberl er-
wischen könnte ! Ra i m u n D l , so {barometerm. 1,12, vgl.s.aS:
entreiszt Quecksilber den stab); vgl. unten b,b. mit der
ch-tnceiterung {vgl. Grimm gr. 8, 674/.): da hat der kaiscr
die 8 herold mit iren steblaohen und 12 trumether . . .
hie zA Augsburg laussen reitten. d. atädtechron. 88,281,11. —
aus Idtenden mundarten werden angifführt: aehxceiz. st&bll
ÜUNZlKKR S40, atebli lineal Srii.rr 278», bair. st&bl, stiÜMl
ScHM. S,7ie, Hrol. stAbl Schöph 695, stiüiile HintnerUS.
l) im, allgemeinen: baeillus . ., dim. ein stäbloin. Cor-
viwuB fönt tat. 86«; stÄblein, n. bastoncello. baatoncino.
0toeeareUa, it. baeeketta. verga. v. ruhte. Kramkk dict.
t,8W*: du •tiblein, baeillu*. virgula, Stiblbh MW.
«) ztim zeigen, deuten (stab II, 4, b): da het Ulcnspiegel
ein lang leinin tftch an die wand hingespant, da er malen
seit, . . . und zeugt mit einem weissen steblin an die
wand. Eulensp. s. 40 neudr. (27. hist).
b) doch essen sie mit zweien stäblein sehr sauber,
welciie ihnen anstatt der gabel dienen. Crassei Jajwn.
kirchengesch. (1738) 1, 9.
c) als Steckenpferd (s. stab II, 4, c):
jr herrn geht hinein auff den sal
und schaudt ein weil zu meinem kne[b]lein
das reit darinn umb, auff eim steblein.
H. Sachs 3, 1, 2:wo.
rf) von den geschälten stäben (s. 11,1,6), im bilde: als
wenig mü?cn dise menschen ein solch gewont schwartz
und blencklecht leben gclossen. wo kumpt es her, oben
her von unsern eitern, die haben ab disem blencklechten
steblin getruncken, . . . und dye uns noch kummen, werden
denn ouch also flecklecht und blencklecht, es ist mit einem
solchen gemüsthen (gemischten) leben glich wie mit Jacobs
schcfHin. Keisersberg bilg. 41".
e) für den 'splitter' des gleicJinis.^es Matth. 7,3—5: also
«o)it es in der verfluchten weit zu, das yminer das schuldig
will unschuldig sein und eines will einem ein steblein
ausz dem aug ziehen und hat selber ein neydigen, auch
faulen balcken inn seinem hertzen. Schumann nacht-
büchl. 70, 19 Bolte.
2) stäblein als stütze und beim gehen, vgl. stab II, 5.
ö) allgemein als gerät, das man in der band trägt: {ich,
der teufd Berlicki) bin einmahl einem (doctor) um mitler-
nacht erschienen, mit dem baretchen auf dem haupte
und stäblein in der band, unter der ge.stalt des llippo-
crates. Fr. Müf.LER 2, 12. {vgl.: meines äskulapischen
Stabs. J. Paui, Katzetib. 63.)
b) bei proce.'^sionen : zu den pannerlein kumen zwai stück
gelber leinbat, dar ausz warn gemacht 848 panerlein an
weissen steblein. d. städtechron. ll, 500, 9 {Nürnlterg IW.) .
c) mit einem weiszen stäblein ziehn, betteln. Eiselein 5;<;
{au^ Zincgrei'), vgl. stab 5,/, a.
d) ebenso von au.sgewieseneu, verurtheilten , solchen, dif
sich ergeben haben u.s.w., s. stab b,f,ß: den andern
bawrn wurden all ire wer und hämisch genomen, weyssi-
steblin in die band gegeben und vor nachtz aus der .«tat!
gewisen. quellen zur gesch. des bauernkr. aus Rotenbuii
a. d. Tauber {lit. ver. 139) 479 {S.juni 1525); das ein rat zu,
Biberach nach der huldigung jeden derselben gewesten
aufrierischen underthonen per 8 gülden . . . gestraft, auch
ir wer und harnasch confiscirt und zue einem fridens-
zaichen iedem ein weis steblin in die hänt geben habe. [
qu. z. gesch. d. battertikr. in Oberxchioaben {lit. ver. 129) j?. 306 ;
da gaben sie die stat aulT ins keysers band, . . . also lie«/
man sie ab ziehen unnd bass^iern mit weissen steblin,
wie gefangen kriegs leüt. Wkller die ersten Zeitungen
.V. 74(1528); also nam maus auff in gnad, liesz auch mit 1
weissen steblin bassiern alle reüter und fuszknecht. 75,
a. auch Hai.iats I7ii;
ihr handvoll nackter leutr!
ihr könnt nicht mehr entlliehn.
wenn ihr euch wollt ergeben,
80 lassen wir euch leben,
mit weiszen stäblein ziehn.
Hoffmann v. FALLBRäLKOKN ged.^ 861.
e) als stütze für pßanzeti, vgl. stab 5, t, im bilde: ja wie
ein gertner wenn er hat eine iunge schwache pflant/.c,
dieselbe an einen stekken anlehnet oder anbindet , . . .
also müssen eitern ihre zarte hauspOantzlein ihre kindor
gleichsam an stäblein binden, das ist, ihnen treUhertzige |
vermahnungon ertheileii. Reinicke fuchs 124. | ^
8) stab der lienschaft und des yerichta, vgl. at&b II, 8.
a) des papstes, a. stab 8, a, ß und 8, a .-
der bapst het ain steblin in seiner band
und das was also dürre:
alü wenig das steblin gronen mag
kuniütu zu gottes huldr.
UULAND wAkA. nr. 297 A, 20.
6) dea herolda (stab 8, e) ; vgl. oben (steblach) :
Herolden, spreoher, partziTand,
die ntrolTlen ettwann ftlTlicb sohand. . . .
eyn veder narr y«Is sprechen wil
und tragen stAbfin ruch und glatt.
Brant narrentrh 68, W.
c) des riektera (atab 8,/, a); es bot auch der kcniiig von
Arragonj 4 horgeschiokt mit weyMen itäblin, die soltM
373
STABLER
STABLER
374
I eir
von seinetwegen ju^ticy tun. quelle v. 1506 bei Schöpf 695.
reichen {s. stab 8, g, e) : demnach seie ihro ehrwürden auf
einen stuhl dazugegen mit einem küssen zugericht nieder-
gesessen und ein weiss rüthlein oder stäblein dem schult-
lieissen gereicht und auch heissen sitzen, weisth. 2, 335
{V. j. 1588).
d) das stäblein brechen, *. stab 8, g, & und oben (Abele
1,19): am andern morgen ging ich den schweren gang
zu der hinrichtung des Jägers Jürge. ich stand neben dem
bürgermeister im kreis, und sah, wie er das stäblein
brach. Brentano 4,139;
Alektryo in groszer noth,
Gallina todt, die bühnchen todt, . . .
verlangt ein ehrlich halsgericht,
wo raugraf Gockel das urtheil spricht,
und über die katze das stäblein bricht. 5, 63 ;
dem Schöffen blickt er (der tod) in's gesiebt,
der just das weisze stäblein bncht,
da sinkt's ihm aus den bänden. Geisel 1, 91.
e) an das stäblein rühren beim schwören, a. stabS, ä;
das sy an das stähl greiffen und schwem, das sy ain
götlichs und pillichs recht sprechen wollen dem armen als
dem reichen. Kaltenbäck j;an- «. bergtmdingb.i, nr. 108, 3
pantaiding v. Melh 1 197^ : die zeugen beyder parthey tretten
herfür, den Apius das steblin reycht und spricht.
hie rfiret an zu beyder seyt
zu sagen hie die gantz warheyt. H. Sachs 1, 114*>.
4) technisches, vgl. stab II, 11.
a) stäblein, sive blätlein der holkehlen, striges. Stieler
1G93; kleines, halbkreisförmig ausgebogenes glied in der bau-
kunst, fr. astragole. Jacobsson 4, 2U^, s. stab 11, e.
b) stäblein an den canonen, s. oben stab (ii, f) an den
oanonen, astragalus. Frisch 2, 313''.
c) 'stäblein, baguettes, (bleyarbeiter) durch diesen aus-
dnick verstehet derselbe die umgelegten falten, icelche sie
an jedem rande der täflein umlegen, derer sie sich zum
kirchendecken bedienen, um die löthung zu ersetzen.' Jacobs-
son 7, 418*. KrOnITZ 167, 598.
d) kleine umlaufende stäblein, umlaufende stäblein mit
einem schlag, in der feuerwerkerei arten von achwärmem,
a. Jacobsson 4, 244''.
5) besonderheiten.
a) steht als bezeichnung einer münze steht wol für
sfäbler, vgl. das. 8: item drei und virzig holden muessen
-wir im jar zu dem pantaiding. kumbt er, so geit er ain
*tebl; kumbt ir ainer nicht, so geit er ainen phening und
air. steir. taid. 321, 28 (l5. jahrh.).
b) Staberl {vgl. oben) heifzt eine ßgur der Wiener load-
posse. die A. Bäuerle aufgebracht hat, als typus des Wiener
kleinbürgers, ein parapluiemacher, der sich in ungeicohnten
lagen ungeschickt benimmt, aber »ich durch muttermtz
immer zu helfen tceisz: ein höchst närrischer kerl von
komikus spielt hier in einer posse : Staberl, nach Wiener
Volksart. . . . Staberl reiset als bedienter mit seinem
herm . . . von Wien nach Frankfurt a. M. hier entstehen
durch die geschwätzigkeit des Staberl die sonderbarsten
qui pro quo. Zelter an GöfAc 3, 221 (l. /e&r.. 1822).
STABLER, m. der einen stab trägt, führt, zuiceüen dafür
stabler; vseitere nebenform^n in der bedeutung 7.
l) als individuelle neubildung, Übersetzung des lat. namens
Scipio: der grosz hauptman Publius Cornelius Scipio, auf
unser sprach der 'stäbler'. Aventin l, 455, 18, vgl. 464, 5
unter stäber.
2i 'eine zum zeichen der ridderlichen oder befehlaJuibenden
getralt mit einem »tobe versehene peraon; in uxlchem ver-
stände dieses tcort nur noch in einigen gegenden üblieh ist.'
Akei.ung. — für staber, stäber {hier also nomen agentis
zum verb staben), qui in judicio praeit jus jurandum.
Sciikrz-Oberlin 1548, ao mnd. steveler, a. ebenda; kumpt
he aver vor dem heren, so bidde he alder erst enes vor-
spraken, unde darna der hilgen unde enes stevelers, rieht-
uteig lehnrechts 10, §10; so bidde eme sin vorsprake or-
loves . . . unde dat he mote nedder knien unde ok enes
stevelers , unde dat he mote uplecgen {die hand auf die
reliquien) unde sweren vort. 12, § 4.
8) in der altern spräche besonders im sinne von stäbei-
rr, -meister, s. das. • stäbier (wurden genant die jenige,
•o mit Stangen auf dem platz des turniers seyn, und
einen jeglichen heschützen und befriedigen müssen, wann
man bisweilen rosz und mann geworfen, der sich nicht
geben wollen, dasz der sich nicht ertödte, sondern mit dem
sattel auf die schranken gesetzet worden). Schottel 339*'.
Scherz-Oberlin 1549, vgl. auch Frisch 2,314»; hastilttdiis
sive tomeamentis inserviens. Stieler 2110; Eggers i, 1107
hat in dem von Schottel bestimmten sinne grieswärtel,
huissier de gravier, certaminis equestria arbiter, und er-
klärt stäbler für die diener dersdben. a. femer Schm. 2, 717
und Unger-Khull 567*.
4) bezeichnung einea hofamtea : stäbler, ehi porta il acetro
dueale, maiordomo. Hulsius (1618) 237*; in den belegen iat
die speeielle function nicht zu erkennen: bey unsz heist
die Charge, so der Campen hatt, stäbler; der Bettendorf
war es ahn unszerm hoff allezeit. Elisabeth Charlotte
3, 11 (17. märz 1707). — nach diesem kamen die partisanen,
Schatzmeister, stäbler, pfenningmeister, Schaffner, schösser,
rentmeister, einnemmer, burgvögt, hauszhälter, küchen-
schreiber, etc. Philander 1,305; ich bin, sprach derselbe
weiters, Alexander Magnus, ein söhn des Jupiters, ein
herr und könig aller weit, etc. hätte als ein ehrsuchender
ruhmredender vielleicht noch eine unzähliche zahl seiner
titul her erzählet, wann nicht ein stäbler jhm in die
rede gefallen, und gesagt, ad rem! 54i.
5) stabler, pl. handwerks-meister der handwerke, die
von alters her bestättigung auch stab und heyligen
empfangen haben, (das ist, dasz sie dörfen eide staben,
und andere einen eid auf die heyligen und heyligthume
thun lassen, die man ihnen aus dem gerichte dazu gab)
sollen solche bestättigung, auch stab und heyligen von
unsem amtleuten in unserm hof ferner empfahen. Frisch
2,313«/. Adelung, vgl. stabil, 8, i {zu ende).
6) ala geistliches amt; officium quoddam, quo inaervie-
i batur canonicis alicujus ecclesiae. Scherz-Oberlin 1548:
dasz die staebler der kirchen und pfafFheit gesind und
diener. a. ebenda 1548/. ,• 'catalogus offieiorum eccles. cathedr.
Argent. dum, indicat coUationes canonici habentis officium
eellerarii. diss lyhet ein keller, die zwen stebler genannt
koch, die zwen stebler genant buttel ; den stebler genant
zapfFner, das stebler ambacht genant kuiffer.' 1562/.;
wir Gosso Schilt d. dechan u. das capitel gemeinlich der
stifte zu S. Thoman zu Str. {Straszburg) tunt kunt . . .
das wir bedaht u. angesehen haut solich getruwe geneme
dienst, die uns u. unser stifte von vesten Rud. Lentzelin
zu Str. beschehen sint . . , darumb hant wir einhelleclichen
von unser u. unser stifte wegen . . . dems. Rud. geluhen
u. gesetzt das stebeler ambaht, das Joh. Satterer von
Constentze vor moles von uns u. unsse stifte gehebt hat.
1563 {urk. V. 1423). atich latinisiert stabelarius, stebelarius
{im Wechsel mit bacularius). Du Gange 7,567''. {pedellf •)
darumb sol man in zft Parysz zö einem stebler machen,
do macht in Hugo zu einem baculario {baccalaurettaf
s. Du Gange 2, 5l5'>). Brant 2, 168''. — bair. stäbler, der
bei Prozessionen den stab vorträgt. Schm. 2, 717. steir.
'Spottname für die anhänger einer tciedertäufersekte im
16. jahrh.' Unger-Khull öe?*".
7) als atabträger iat tcol auch die rottcdaehe bezeichnung
der bettlet- zu veratehen, vgl. stab 11,5,/. a, olncol hier fast
auaschlieszlich abvxichende formen begegnen, die theüweiae
auf latinisierung oder volkaetymologiacher anlehnung zu
beruhen aeheinen: von stabülern. das ander capitel ist
vonn stabülern, das sind betler die alle land usz strychen
von eim heiligen zu dem andern . . . und hond den wetter-
han und den wintfang vol zeichen hangen von allen
heiligen. . . . die selben stabüler lond nümmer mer von
dem betlen, und ire kinder von iugent uiT bisz in das
alter, liber vagatorum {ibiO) bei Kluge rottrelsch 1,38; im
voeab. 193: stabüler brodsamler, *. 55 {a. auch Weim. jahrb. i,
a. 79. lOl), in der nd. attsg. von 1510: van stabnleren. a. 60;
die zunfft desz rabenfutters librum vagatorum, . . . darinnen
aller färb beschudlerum hoch benamset sind, als breger,
stabüler, die jr krenerin und gatzen in alchen, han den
wetterhan und gevetzten windfang voll doull. Fischart
groazm. M, a. kloater S, SB3 und Kluge l, 112; 8[t]abuler
brotsamler. Agyrtas Witzenbürg. gesch. i, a:: :
also der alt stabüler erund
mustern au(T anderhalb« stund
in seinem manlel, hemb und rock.
H Sachs 17, 338, 33 Götze {ühertchr. : der
bettler schlug seinen niaiitelX
24*
375
STÄBLER
STABLERAMT— STABRECHNEN
376
a. auch HoRN aoldatenspr. 27; ericeitert: das ander capitel
sagt von stabuliern.
ein unbiblisch gschlecht sind stabulem.
sie strichen alle land uszgern
von einem helfen z& dem andern.
GENtiENBACH 347 Oödekc (bettUrord. c. 8).
weitere foi-men mit urtünut in dei- mittelsiUm .-
jeder stabyl ein hömlütten halt.
S. Brant varrewch. 63, 41 {'von betüeren');
eylBT geschlecht die neert der h&ller:
praffen, bülerin. cumasierer
thüt als vom haller zeren ;
klentner, birckschlag unnd stab ewler
müsz als der h&ller neeren.
Ji'iRG Graff lied vom hälltr 8,
». EoGEKS ww^. 8,95. Weim. Jahrb. ^,i2i. BöiiUEaltcl. liederb.
».603. Ki.vr,Krottpelschl,Si, vgl. dazu: stabflll krüppel. —
stabällen bettelslab. s. 19 {um 1490), auch bei Ave-Lai.i.f.-
WANT4, 59. jetzt geuöhnlich in der form stappler, als
Itettler umherziehe» der gauner; meist in der Zusammen-
setzung hochstappler, -stapler gauner, der atts bessei-em
stände zu sein scheint oder vorgiebt {vgl. theil 4, 2, 1633),
atteh linkstappler, der auf falsche papiere bettelt, s. AvE-
Lai.T.EMANT 4, 292/. 610. 2, 121. 246.
8) am frühesten und in der altern spräche am häufigsten
findet ai^ stebler, stäbler als hezeichnung einer Schweizer
{besonders Basler) münze, so genannt nach dem darauf
geprägten bischofsstab , s. Lexeu handicb. 2, 1153 {schon
1351, 1359 bezeugt); stäbler, eine münze in der Schweitz.
Frisch 2, 314». Scherz-Oberlin 1549. Adelung; 'stäbler,
eine ehemalige Basler Scheidemünze, deren 60 auf einen rhei-
nischen goldgulden gingen, vom, gepiö.ge eines bischofsstabes
so genannt.' Stalder 2, 388, *. feiner Martin-Lienhart
2,567'*; auch steir., 'königsgroschen des ll.jahrh.' Ungeh-
Khui.l 567 (2). belege: das man . . . nieman kein zins me
gab, denne die zinse, die man von alter . . . git, unde ane
vier phunt steblern, git man jerglichs Clären Wacht-
meisterin ze einem lipgedinge. Basler chron. 4, 18,7 {rechtsb.
zu 1362); man hat Seh zu denselben drin gerichten meng-
lich . . . ze gebietend an fünf Schilling pfenning, wer aber
das deheiner übersäs, der ist doch nit umb me zu buetzent,
denn umb dry Schilling stebler. Grimm wei<ith. i,9S {öfn.
V. Ossingen, Zürich); und sol ein yeglicher der ein hub
oder eygen band enpfahet, von der hub geben den hubern
VIII rapen . . . , und von der eygen band den hubern
II ß stebler. 4,132 (eis. tceisth. t-. 146i); item er soll auch
geben eins vogts knechten zu Ruffach j erheben zehen
Schilling stebler. 1.34 (r. j. 1543); item ez verfeit och aincm
mayger von fraveli als manig Schilling st&bler, als manig
phunt st&bler dem vogt vervclt. 277, 6 {Wiesendangen,
U.jahrh.); merck, dasz hievor von stäbler-pfenning stat,
das sind tünne silberiche pfenning gewesen, dero 60. ein
rhinischer goldguldin gultend, sind ouch antlit-pfenning
oder antlit-angster genämpt worden, habend den namen
stebler überkommen, von wegen dasz etlich bischoff die
von ersten gemüntzet, und allweg ein bischoffstab nebent
einem bischoff-angesicht daruff stampfen lassen, dannen-
har mans antlit-pfenning, oder stebler genämpt, nach-
werts habend andre müntz-stett in obern tütschen landen
afftert ouch dero pfenning gattungen mit andern geprägen
geschlagen, die habend ouch den namen die stebler be-
halten. TsGiitDi 1,459»; man soll ouch mercken, dasz
1. lib. stäbler, bedütet Baszier wärung, und tund 20. Basel
plappeK ein pfund stäbler, das was dero zit ein guldin
in gold. 555»; die neue grosse orgel allhicr in dem münsler
hat bey 600 pf. stäbler gekostet 1561. Tschamser annales zu
Thann (1724) Itei Martin -Lieniiart 2,567''. dafür auch
die. Zusammensetzungen ■ wer den andren . . . eigen oder
erb oder dhcin guot anspricht, und der denne daz mit
dem rechten nit bezUcht noch behept, . . . der ist einem
vogt verfallen lO u 9^ gengor steblermUnz ze ErgiSu.
leeisth. 5, 9S, §n (Sostril im Aargau, 1348); und {die ge
heilte frau) gab darnach einem kilchhcrrn daselbs zd einer
«wigen gab and almdscn ein pfund pfennigcn daselbs
sA Frutingen und ein hön oder aber darfUr achzechen
steblcrpfennigen. Stretlinger chron. w,2H Bächfold ; aber
Bi wollend kein ander mUntz geben dann alte milnt/,, der
Pfenning die man nampt Collmar rappcn, dera zweii ulicin
ein werachttfltpfenning (die man der zit gtäblcrpfenning
nampt, und gmeinbrUchige wenichaffl-mUntz was) gul-
tend. Tsciiuni 1,458''; aber habend wir uns underredt
und geeinbart, dasz wir die vorgenanten von Zürich und
von Lucern in der vorbenempten niüntz klein pfenning,
die man nempt stebler pfenning, schlachen sollend, und
ouch die uszgeben, nämlich derselben stebler pfenning
drysig Schilling für ein rinischen gülden, derselben stebler
pfenning sollend zwen und sechzig uff ein lot gon , und
geschroten werden, und sollend dieselben stebler pfenning
zwen teil kupfer sin, und der drit teil soll fin silber sin.
2, 154'*, dazu am rande : stebler pfen. das sind haller wie
jetz churer haller; anno dorn. 1424 vereinbareten sich die
drey stett Zürych, Schaffhausen unnd S. Gallen, umb
allerley mangels willen, ein gleychförmige müntz zu-
schlahen, nämlich stäbler, angsterpfcnning und plappart.
der stäblerpfening wurden ein pfund und sechs Schilling
für ein gülden . . . geschlagen. SitviPi' Schtoeytzer chron.il6^.
STÄBLER.\MT, n.. s. stäbler 6.
STÄBLERMÜNZE, /., -PFENNIG, m., s. stäbler 8.
STÄBLICH, adj. gerichtlich, judiciarius Hai.taus 1717:
das ich uff hüte . . . vor mich an den fryliin stuel unter
den hagedorn zcu Eldrigkusen vor das heiige heymlich
fryhe gerichte und oflintbar dyngk zcu rechter nuen zcyt
tagis eynen echten rechten stebeliclien pflichtag gelegit
hatte zwoen fryhen scheffen. quelle v. 1452, s. ebenda.
Scherz-Oberlin 1563. {sonst in buchstäbhch, s. das.
Frisch 2, 313"=.)
STABLICHT, n. licht, das an einem stabe getragen vrird,
idndlicht, fackel, vgl. stabkerze; m/irf. stavelichtScHii.i.ER-
LÜBBEN 4,369''; nhd.: und glaub, das ob drei tausent
prinnender stabliecht da gesehen wurden, und wart also
die kaiserlich majestat {Friedr. HJ. tJi Rom 1468) . . . ehr-
lich empfangen. Wihcolt v. Schaumburg 8; und verzoch
sich dennochten so lang, das man bis umb xij uhr in
die nacht bei stablichter und schauben hengen muest. 29;
darnach wurden gros köstlich banket und tenz gemacht,
dem künig und künigin der erst tanz mit einander geben, . .
auch mit den stebliechten vor und nach durch die
fürsten . . . gedient. 158; hernach liesz mich ihr vatcr, wie
dort bräuchlich, auf einem wagen in i. f. g. losamcnt führen
und mich mit stabelichtcrn begleiten. Sciiweinichen
1,157; an solchem saal waren 300 lichter und 15 grosze
stabelichter angesteckt. 2(52; allda {bei der trauuuy) musten
6 Liegnitzische und 6 Junkern stabelichter tragen. 2,306.
STABLOS, adj. ohne stab oder stütze, vgl. stab 11,5;
von pflanzen und menscJien, meist im vergleich und über-
tragen. Campe: wie stablose reben. Dya Na Sore 2, ib9;
der knabe wankt und stürzet ohne stütze :
wie Boreas, wenn er die schwingen rept,
gepfropftes reis, das stablos, nieuürschlägt.
E. V. Klkist 1, 132 {Kchns. nach ruhe);
nicht geschaffen, um stablos
durch des lebens wüste zu wallen ;
gab mir gott freunde. Schl'bart ged. (1787) 2, 362.
STABMESSER, n., vgl. stabdegen und -seh wert: dolo{n) ..
stab-, schab- vel radier-messer. Diek. gloss. 189'= {vocab.
theuton., Nürnb. 1482); gladius d4>lose reconditus Frisch
2, 314» {ebendaher, von Campe verworfen).
STABMESSUNG, /. bakulomefrie, ein verfahren zur
schnellen, ungefähren messung von höhen und entfernungen
ohne in.9trtimente, nur mit stöben (^vgl. stab II, 4, t).
STABPENUEL, n. pendel, das au.s einem stabe und einer
daran verschiebbaren linse besteht. Kahmarsch- Heeren'
6, 591.
STABRAHMEN, m. .• am 1. mal erhielt ich mein diplom
als niiiglied des Neu-Weiinarvereins. ... es ist sehr hübsch
ausgeführt in holzschnitt. ... um einen stabrahmen windet
sich oben immergrün , links eine rebe mit trauben und
rechts ein eichenzweig mit eichein. Hoki-mann v. Fai.i.krs-
LEREN mein leben 6, 128.
STABKAIIPE, /., attch stockraupe, die stabförmige, ein-
farbige, meist bräunliche raupe geieisser naehtfalter. Okkn
5, 1267. 1278.
STABKECHNEN, n. das rechnen mit hilfe des rechen-
achiebers, einer rtchenmaschine : die kirnst des stahrochncns,
Berlin 1896. — dqfür : rabdologic, st ahrechnung, rechen-
slUhe, rabdologia, raMolof/ie, vergrite.i numerafrices. eine
leichte weise, di« zwey soliwereslen Operationen in der
rechenkunst, mullipliciren und dividiren, durch die zwey
leichtesten, addiren und subtrahiren r.u verrichten, ver-
377
STABRECHT— STABSCHWERT
STABSCOURIER— STABSQUARTIER 37s
mittelst gewisser viereckiger stäblein, so in gewisse felder
abgctheilet nnd mit zahlen beschrieben sind, und zum
gebrauch nach bedürlTnisz ausgesucht, und neben einander
geleget werden, der erlinder ist Joh. Neper {Xapier) baron
von Merchiston, ein Schottländer, welcher auch den ge-
brauch der logarithmorum erfunden {icodicrch die recJien-
stäbchen entwerfet vnirden und auszer gebrauch kamen).
Jabi.onski 585', vgl. Stäbchen 7, d. Eggeks 2,621; stab-
rechenkunst, /. Campe, eine merJncürdige art des stab-
reclmens beschreibt Birlinger volksthüml. 2, nr. 219.
STABRECHT, n. das einem gutsherm oder einer gemeinde
zustehende recht, fremde schafe iceiden zu lassen. — stab-
rechtsgut, n. eigentlich freies banemgut.
STABREIM, m. gleichheit des anlauts betonter silben.
wofür auch das freindicort allitteration. besonders als
pi-inzip des altgermMnischen verses, wo die damit verseJtenen
hebungen stäbe {altn. staflr) heiszen, vgl. z. b. Sievers
altge^-m. metrik s. 36 jf. .- der sogenannte Stabreim, der in
dem anfangen mehrerer Wörter derselben zeile mit dem-
selben buchstaben besteht, und der, im alten norden
heimisch, auch noch in unsern ältesten deutschen gedich-
ten . . . sich findet, literaturbl. {zum morgenbl.) 1837, 488". —
Stabreimdichtung, -vers, auch stabreimende dichtung ti.s.w.
STABREISZER, m., im forsticesen, arbeiter, der das holz
zu stabholz reiszt oder .galtet, auch stabschläger. Adelung.
STABSARZT, m. militärarzt für bataillone u. s. w. mit
hauptmannslang; höhere stufen sind der Oberstabsarzt und
der generalstabsarzt.
STABSBEDIENTER, m.. vgl. stab IT, 8, c- endlich mnsz
auch der obriste über die stabes-bedienten gehörige auf-
sieht führen. Fleming t. soldat 163''.
STABSCHEIDE, /. hohler stab als schirert^cheide. Lexer
handicb. 2, 1141, vgl. stab 11,2,/ und stabschwert:
zwa starcke staff scheyden
dede hey machen fiere.
in de eyiie stäche schere
Durendarde syn gude swert.
Karlmeinet 134, 61.
STABSCHLAG, m. schlag mit einem stabe; altfties. stef-
slek, baculi ictus Richthofen 1046'', mnd. stafslach
SCHILLER-LÜBBEN 4, 370V-
STABSCHLAGEN, »i. • das stabschlagen ins meer (2 Mos.
14, 16,^.) ist das evangelium frey heraus stossen, predigen
und treiben in anfechtungen. Luther 16, 269, 15 Weim. ausg.
STABSCHLÄGER , m. forstarbeiter , der holz im rcalde
zu stabholz schlägt. C^mpe, vgl. stabreiszer. in halbnd.
form • noch eine viel grössere und mehr schädlichere Ver-
wüstung der eichen verursachen die staff-schläger mit
schlagung der so genannten pipen-stäbe, oder tauben
{dauben) zu heerings-tonnen und anderm gefässe. Fleming
t. Jäger 69*.
STABSCHLINGE, /. Schleuder, die zur verstärlcung des
schiciinges an einem stocke befestigt ist, s. A. Schultz höf.
leb.'- 2, 206, doch auch bezeichnung einer Schleudermaschine :
ahd. stapaslingun, tormenta, genus machinae {tormenta ad
lapide^ jactandos). Graff 6, 612. 795; mhd. stabe-, stap-
slinge Lexer handicb. 2, 114l. Schm. 2, .527: falarica...
stabsling. Dief. glo.'^.'i. 223'' (voc. theuton. 14Ä2); fustibula,
-balus . . . stabsling , poler (ebenda) , Schleuder {'est parva
machina ctim fundo et baeulo pendente'). 2»!''; au/th mittel-
engl, staffsling {bei Chaucer). Grimm gramm. 2, 523. alts.
{in den Oxforder Vergilgl.) mit ericeiterfer büdung *staf-
slengira: balistn stafslengrie Wadstein 112*, 4; falarica
stephstrengiere (^ -slengiere) HS*», 19. belege: zum ersten
8ol man laden . . . auf einen wagen s zentner {pulver),
and darza ... 200 feurkugel und stabslingen darzu , do-
mit man wirft, d. städtechron. 2, 255, 23 {ordn. zum kr.
V. 1449 — 5o); ich ward mit ainer stabschlingen geworffen
uff ain schinbain gar hart wund. G. v. Ehingen reisen
». 27 Pfeiffer;
ainer schoss und der ander warff
mit Stab slin^en und stainen scharff.
Beiieim buch r. d. Wienern 84, 14.
STABSCHRECKE, /., vgl. stabheuschrecke, heuschrecken-
art von abenteuerlicher gestalt, phasma. Oken 5, 1507.
STABSCHWERT, n. schtrert, das in einem hohlen stabe
Heckt, dolch, vgl. stab 11,2,/ und stabdegen, -messer,
■scheide; riurin der altern spräche: ahd. stapaswert /rotn^-«
Grafp 6, 612; altnfr. stafsuert framea {ps. 9, 7). gloss.
Lips. 856; mhd. stapswert Lexer handwb. 2,1141: »iea stab-
swert voc. opt. 32* Wackernagel (23,22), vgl. A.Schultz
höf. leb.^ 2, 20, anm. 8; sicca, ein stabswert, gladius abscon-
ditus in baeulo. voc. ex quo v. 1432 bei Fromm.\nn 4, 304*;
sica hd. stap-, stab-, staf-, nd. stafFswert, staib schwert.
Dief. gloss. 532'' {dafür mit unechter Zusammensetzung :
Stabes swert, sicca i. latens gladius, ein verborgens. nov.
gl. 338*) ; dolo{n) schwert scheide, swertstaeb, stabswert. 189«,
aus dem vocab. theuton. v. 1482, wonach auch Frisch 2, 314*,
*. femer Schehz-Oberlin 1550; mnd. sica, ein stafswert
{gladius bacularis). Schiller -LCbbex 4.371*; nl. staf-
sweerd. siea, dolon. Kilian; nhd. stab-schwerd, ein stech-
gewehr, welches in einem stab verborgen von mördern
geführt wurde. Frisch 2, 314*. von Campe vericorfen.
STABSCOURIER, m., zu stabH, 8, e-
da hört' ich plötzlich, vor'^en winter war's
nm faschingszeit, er dien' im beere jetzt
und sei als stabscourier mit eil'ger botschaft
hieher entsandt. Geisel 4, 66.
STABSENGEREI, /. 'das sengen von Stoffen übe;- einem
glühenden, kupfernen oder guszeisernen stabe' . Karmarsch-
Heeren^ 8, 392.
STABSFELDSCHER, m.: stabsfeldscheer eines kriegs-
schiffs, ehirurgien-major d'un vaisseau de guerre. Rogers
2, 965.
STABSFOURIER, m. metator primarius. Apin. gloss. 508;
Unteroffizier, der die einquartierung der höheren stäbe
(II, 8, e) zu besorgen hat.
STABSGESELLE, m., freie neubildung nach spiesz-
geselle(?): du gottloser staabs geselle. Bürger br. 1,305
{an Boie).
STABSHAUPTMANN, m.: die gute Fine ...wird er-
schrecken, wenn ich ihr sage, dasz ich mit meiner familie
jetzt gerade lomal so viel brauche als der vater als stabs-
hauptmann gage gehabt. Schiller btiefel, 5 {an Chr.Bein-
tvald, 7. Jan. 1803).
STABSHINWERFUNG, / .- so hat er {Mose) einen stab
in seiner band, den wirfft er weg, daraus wird eine schlänge
{2Mos.i, 3 ff'., vgl. stab II, lo) . . . das er na den stab weg-
wirfft, ist vom predigampt zu verstehen. Luther 16,90,16.27
Weim. ausg., zu letzterer stelle am rande: stabshinwerffung.
STABSHOBOIST, m. dirigent eines musikkorps bei den
infanteriereg imen tsmusiken.
STABSILBER, m. silber in stöben. Campe, vgl. stab
11, 1, e, y.
STABSINGENIEUR, m. "koherer mxir'ineoffizier. dem die
Oberleitung des betriebes der schiffsmaschinen obliegt.
STABSKAPITÄN, m.. vgl. stab 11,8,«: stabskapitän von
Thadden, als die kompagnie sich wieder sammelte, trat
an Kniehase heran. Fontane vor dem stürm i, 87.
STABSOFFIZIER, m. offizier, der zum stabe gehört,
vgl. stab II, 8, e. Adelung: stabs-officier, lat. praefecti
legionis supremi, purpurati. Apin. gloss. 508; stabs-officiers,
officiers de l'etat-major. Eggers 2, 303; hergegen Silius . . .
wiesz, wie hieriune allerdinges offtmals eine grosse nach-
sieht von den hohen staabs-officiers gestattet würde.
Plesse 1, 104. daneben, und so jetzt in der regel, mit dem
gewöhnlichen deutschen plural: er {Xaumann in seinem
Nimrod 1752) machet auch staabsofficire. Schönaich ästh.
in e. nusz 32, 3 Köster {als fremdicort getadelt), femer:
in Tirol, wo es während des letzten krieges recht wild
und blutig herging, da hatten sie eben einen baierischen
Stabsoffizier ermordet. Hebel 2, 190; sobald der minister-
präsident allein nach den abzeichen der uniform classi-
ficirt wurde, die er im felde trug, als stabsoftizier eines
cavallerie-regiments. Bismarck ged. u. erinn. 2, 96.
STABSORDONNANZ, /. zum botendienst bei den höhern
Stäben, s. das. II, 8, e.
STABSPANNUNG. / die beanspniehung der ßächen-
einheit eines querschnitts- oder sonstigen fläeJtenelements
im innern eines .Stabes. Lueger 7, 469/
STABSPRINGEIN, n. springen mit hilfe eines stabes, als
turniibung und zum überspringen von graben in marsch-
gegenden.
STABSQUARTIER, n. ort, ico der stab (II, 8, c) oder die
Stabsoffiziere ihr quartier haben. Adelung. Krünmz
167,599. dazu stabs-quartier-meister, tn. designator
iMspitiorum militiae dumm. Apin. gloss. 508.
379 STABSRITTMEISTER— STABWANDEI.
STABWERK — STABWURZ
380
STABSRITTMEISTER, wj., ly//. stabil, 8. «• icli bin die
wittwe iiires eliemaligeii stabsriltmeisters. LF.ssiNd i, 5lfi
{Minna v.B.i,6); er trat in kriegsdiensle und machte
als stabsrittmeister einst einen allerdings unwitlnsiluiii-
lich lautenden rappnrt. Immrrmann 3/(oic///i.* l, 40 (l, is).
STABSSEKRETÄR, m.. zu stabll,8,e;
wie nun? geTällt
die kleine weit
um Ellrich her,
80 put von fem,
als nah, dem tierrn
stabs-sekretär ! Göckinok 1, 307 (an Bote).
STABSTEIF, adj..- stab-steif werden hei Fhisch 2,318«
ah »ynonym zu staben I, erstarren.
STABSTEIN, m. eine art ^Versteinerungen, orthoceratites.
Okkn 5,531.
STABSTROMPETER, m., bei den f>erittenen vaffen-
gattxingen dasselbe, iras bei der infanterie stabshoboist
heiszt {vgl. das.): der inbaber des zimmers, der stabstrom-
peter, ist von der parade zurückgekommen. Jui.. Mosen
8,104. dazu: und was hättest du denn in der groszen
Stadt ? ein biseben putz und ein paar anbeter mehr, aber
was käme für dich dabei heraus? ein städtisches elend
und eine stabstrompeter- oder kassenbotenfrau. Fon-
tane vor dem stürm 2, 155.
STABSTRUPPEN, plur. trtippen zum sicherheits- und
mel^edienst bei den höhern stäben (II, 8, e) im felde; die
einzelnen abtheilungen heiszen auch stabszüge.
STABSWACHE,/, zur bedeckung der höheren stäbe (II, 8, e)
im kriege.
STABSZÜG, m., s. stabstruppen.
STABTHIERCHEN, n. eine art infusions-{aufgusz)thier-
ehen von stabförmiger gestalt, baciüaria {paradoxa). Nem-
NICH. OkEN 5, 24. KrIJNITZ 167, 599.
STABTRAGEND, adj. Campe;
Jupiter kam hieher, wie ein sterblicher, und mit dem vater
sein sfabtragender (cadnafer) söhn Merkurius, ohne gcfieder.
V08S Oi»/rf rerwandl. 37, 77 (8, 627).
STABTRAGER, m. der einen stab trägt, als symbolisches
zeiclten. Adelung, nd. stafdreger. insbesondere
1) in der römisch-katholischen kirche, der der geistlieh-
keit den stab vorträgt. Adelung, so auch nd. stavdreger
im osnahrückischen. Strodtmann 228; stab -träger, m.
porta sfocro, it. mazziere. Kramer dirt. 2, 899".
2) osnatjr. ferner 'bey den hiesigen .ichützen-compagnien
ist auch ein stavdreger, der ein oberofjicier ist. vorzeiten soll
er der general-gewaltiger gewesen seyn'. Strodtmann 228.
Adelung.
.3) im hamlntrg. staff-dreger 'die bey vornehmen leichen
mit stützen {baeulis, supeme furcatis) beyher gehen, worauf
die bahre niedergelassen wird, loenn etwa die träger ermilden'.
RiCHEY284. {bei Schütze 4, 182 dafür staffeldreger.)
STABÜBUNG, /. tumilbung mit einem {meüit eisernen)
Stabe.
STABULER, STABULIER, STABÜLL, m., s. stäbler 7.
STABUNG, /. das vorsagen der eidefformel, beeidigung,
eidesleistting : einen zur stabung lassen, berufen. Sciim.
2,718; da/Or bestabnng, theil i , taao : bestabung, oder vor-
st&bung des eides, praelectio juramenti. Frisch 2,314».
{mnd. stawinghe schon in einer tat. urk. von 1288, pomm.
urkundenb. 3, 89, *. nd. korrespondenzbl. 16, 6.) noch in
netterer zeit beim fahneneide für die nach Vorlesung des eides
von dem schwörenden tu aprerJienden wwte: der neue bai-
rische vom könige vorgeschriebene Soldateneid lautet buch-
Bt&blich: ihr sollt schwören zu gott dem allmächtigen
einen körperlichen eid, dasz ihr . . . euch nach Vorschrift
der kriegsgesetze jederzeit so benehmen wollt, wie es ehr-
liebcnden Soldaten geziemt, (stabung.) ich schwöre zu gott
dem allmächtigen, dasz ich alles dasjenige, was mir so-
eben vorgehalten worden . . , genau befolgen will, deutsche
allgem. teitg. (Leipzig) vom 17. juni 1858; hiczu {zum Itai
risrjien fiüineneide) ist die stabung : 'ich schwöre zu gott
dem allmächtigen' u. «. v>. Oiestener anteiger 18. jan. 1878.
STABWAHRSAGUNG,/., #. sUb 11. lO; Wahrsagung atts
geieorfenen (loo»)»täbeti; entdeekung verborgener dinge mit
hilft der vrOruehdrtUe. (vgl. t. b. leilschr. f. d. alterth.
STABWANDEI.. w». gerieJUsstrafe : wer briefgolt, pueszen,
tiabwandel, kanfrecht . atzimg, viHch- oder gejaidgolt
schuldig ist. tirol. tenath. 1,1O0, H, s. auch 8,878,81.
STABWERK, n. die sp^-ossen und pfo.tten eines fenster-
kreuzes; die stäbe eines gitters oder ijdänders. Lueoer 7,47ü;
von den stangen einer laube.- nun sah er durch das dünne
slabwerk in den himmel hinauf. Heyse kinder der weif 1,4.
STABWURZ, / , name der abei~raute, artemisia abro-
tanum, auch eberraute, abraute, affrusch, gartenhan, gart-
hagen, -heil, -würz, gertelkraut, kuttelkraut, kampfer-
kraut, scbloszwurz u. s. M>. Nemnich. Pritzel-Jessen.
Ehrhardt öconom. pflanzenhist. 11, 16 (l76l). Oken 3,764.
so schon ahd. stabewurz, abrotanum. Graef l, 1052; alts.
dietamnum stafuürt. Wadstein 106», 23 {Straszb. glo.'nsen);
mnd. stauenwort Schiller-Lühren 4, 370''; mhd. stab-
wurz Lexer handwb. 2,1126: af/rotanum hd. gart-, gert-,
stab-, stabe-, stAubwurtz, -wortze. Jiw.v.gloss.V^; 8cliab(e)-,
stagwurcz nov. gloss. 8*"; nim die rütun, marubium, stabe-
wurz mit gelichir mäze. arzneib. i, 10 Pfeiffer {12. jahrh.);
'bei der heiligen Hildegard (l, 106) heiszt die eberraute stag-
wurts und abrotanum, im le. jahrh. stabwurz Mwrf gerlr-
wurz.' Fircher-Benzon altd. gnrtenflora (1894) 75. vgl.
Grimm myth.* 8, 857. sehr häujig in älteren nhd. icörter-
und kräuterbüchern u. ähnl. : stabwurz abrotanum. vocab.
rerum (1509) 46; abrotanum, stabwurtz, oder scbosszwurtz,
oder gartenkraut. Gersdoref feldtb. der wundarfzney
{l&^) 100^ {vocab. herbarum). Dasypodius; von stabwurtz,
gertwurtz. Bock kreütterhuch (1539) 1, 97'»; von der stab-
wurtz sagt er {Dioscorides), abrotanum beysz absynthiuni
ponticum, also haben wir die zwen wermöt ausz Ponto,
unnd mögen dise zwey gewächs, wermAt und stabwurtz
oder gertwurtz, eyner ley krafft und würckung haben . . .
sunst nent man stabwurtz, abutonon, heraclium, cholo-
peon, tbelyphthorion, . . . und absyntbium für sich sclbs.
das wild stabwurtz, nent man bcseni kraut, nmb seiner
vilen reiszlin oder dünnen gertlin willen. 98*; stabwurtz,
abrotanum, et ahrotaniis. weyn ausz stabwurtz oder gert-
wurtz gemacht, abrotonites. Maaler 383"; stabwurtz wirdt
auch geheissen schoszwurtz , gertwurtz , affrusch , gart-
hegen, kuttelkraut, ganserkraut. . . . stabwurtz ist zweyer-
ley, wild und zam. Lonicerus kreuterb. (1577) 183B; disen
monat {sept.) sind folgende kräuter am besten : coriander, . .
stabwurtz oder gartbagen. Sebiz feldb. 59; wann einer
den geruch verloren hat, ... so mach er ein rauch von
schabab . . . desgleichen von stabwurtz oder garthageln
oder kuttelkraut. 76; stabwurtz, auff frantzösiscb gnrde
robbe genant, wächszt eher auff, wann man die jungen
schöszlin . . . setzt, dan wann man jn säyet. 247 ; abrota-
num, camphorata, stabwurtz. Frischlin nomenel. {im\) W*
{cap. 34); stabwurtz ist zweyerley, das mannte unnd wcible.
Gamerarius Matthioli kretttterb. (1590) 2a5B; es wirdt noch
ein andere stabwurtz in den gärten gezielet, die sie grosso
stabwurtz nennen. C; stabwnrti^, gertwurtz, garthaber,
schoszwurtz, heist griechisch und lateinisch abrotanum.
2.16 A; stabwurtz. in den ecmächern, oder wo solch ge-
würm ist, behalten, und noch mehr angezündet und ge-
reuchert, kan disz gewürm nicht erleiden. Wirruno
artz7ieyb. {1591) "JQOB; gertel, gertwurtz, affrusch, gartbagen,
garthan, schoszwurtz, und stabwurtz. ders. im 1. reg.-
cipresz, stabwurtz, gertwurtz, abrotonum, officin. cam
phorata, duplea: maior et minor, maior ist ein stand,
minor ist ein kraut. Heniscm 607, l; stabwurtz,/. auronne.
cipresso domestico. HuLSius 305"; die stabwurtz oder
eberoisz abrotonum. Comenius (1644) *. 86; aspltodille . . .
die stabwurtz. Duez le vray guidon (1657 und 166») 210 (200);
stabwurtz,/. stab-kraut, n. abrotano. Kramer dict. 2, 899°;
stabwurz, die, al. gartenheil. Stieler nurltsch. 29»; abro-
tanum, stabwurtz, gartheil, gartbagen. Wovr gazophyhi
rium* (1734) 4; stabwurtz, aborrautc. abrauto, affrusch,
eberraute, ebenrcisz, cbrisch, gartbagen, gartlinn, garlon-
wurtz, gertelkraut, gertwurtz, hofraute, kuttelkraut, ist
ein kraut männlichen und weiblichen geschlechts. öcon.
lex.* 8798; s. femer hortus sanitatis {Augsb. i486) rap. s.
Fhrisius {Straszb.tMi). Fethi's deCiikrckntiis(imi)ii4.
Leonh. Fuchs histor. stirpium {Ra.<tel i548) 1, s. 8. 8,1. 8, 4.
W. Turnbr a nete herball {London I55l) 6. Kyrkr lexicon
rei herb, trilingtte {Straaab. 1558) 5. DDiinNEUs {Anttcerprn
1588) 84. Seil wen KFRLT »Hrpium catal. {Ijeipzig 16001 SSM.
Krisch 8,814». Adkluno. Popowitsch 554— «. Heynai/.
antiliarh. 1, 17. KhOnitz 187, 600. die beiden gesrhlrrhter
teerden al» itabwurz-männlein und weiblein unter
381
STABZAUBER— STACHEL
STACHEL
382
sdiieden ; daneben vnrd die bezeiehnung stabwurz auch auf
das männliche geschhcht eingeetigt. so sagt zwar Handsch
newkreüterb. v. Mufthiolo (1563) 279B: stabwurtz ist zweyer-
ley, das männle und weible, überschreibt aber die ab-
hildtingen: stabwurtz, abrotanum mos. und cypressen,
abrotanum foeinina, und entsprechend das capitel • von stab-
wurtz und cypressen. 278D; ebenso Camerarius 235 A;
ferner: das weiblein von stabwurtz nennen wir cypresz,
und gartencypresz abrotonum foemina. Wirsung im reg.
(unter gertel); abrotonum . . . stabwurtz, gartham: abroto-
num mos scilicet. nam abrotonum foemina, santolina est,
cypressen. Corvinus fons lat. *'. umgekehrt tcird dann
die bezeich nung stabwurzweiblein auf eine ähnliche
kleine pflanze übertragen, das cypressenkraut, oder die garten-
cgpresse, santolina cJiaviaecyparissiiS. Nemnich. Pritzel-
Jessen {auch cypressenstabwurz , aUes aus Tabernae-
MONT.); CM^>es«w Äer6a,stabwurtz-weiblein,garten-cypresz,
wird in gärten erzogen, kommt an kräfften gantz der stab-
wurtz gleich, sonderlich aber ist sie berühmt wider den
weissen flusz. Woyt 262. mehr arten unter scheidet T.KViZK-
NAEMONT.: der stabwurtz oder gertwurtz haben wir zu
unserer zeit fünff geschlecht. 50D, nämlich: 1. stabwurtz-
männlein ebenda. 52F; 2. stabwurtz-weiblein 50G, dazti,:
das ander geschlecht der stabwurtz, welches von Diosco-
ride das weiblein genant wird, und von uns Teutschen
cypreszkraut oder garten cypresz. 51 E. 52 H; 3. wild stab-
wurtz, abrotonon cumpestre. 51 A. Kf, auch feld-stabwurtz
und besemkraut. 53 A: 4. breite stabwurtz, a,brotonum lati-
folium. 51 F. 52 A. 53 A; 5. kleine stabwurtz, abrotonum
humile. 51 G. 52 B, auch welsch stabwurtz. 53 B; zusammen-
fassend: von krafft, wirckung und eigenschafft der stab-
wurtzkräuter. 53C; stabwurtzkraut gepulvert. E. in
der fruchtbringenden geseUschaft war stabwurtz das 'ge-
wächs' des Rudolph von Babid (235), *. neuspross. palmb.
j». 257. Jietite ist stabwurz mundartlich für das österr. gebiet
bezeugt. Höfer 3,171. Unger-Khull567''. — zur erklärung
des namens bemerkt Popowitsch 554: hat den namen von
den langen schlanken gerten, die ihre stengel sind;
ähnlich Nemnich und Adelung. (Höfler krankheits-
namenb. 670" bezieht es, kaum mit recht, auf stab ü, 11, i.)
STABZAUBER, m., vgl. stab II, 10.
STABZAXGE, /., bey Verfertigung des stangen-eisens,
eine grosse schmiede zange, damit die kolben abgewärmet
und zum stab-verschmieden gebraucht werden, forceps
major in officinis ferrariis. Frisch 2, 314'. Adelung.
Jacobsson 4, 244".
STABZEHNTE, m. 'in einigen gegenden, derjenige zekente,
toelcher von wicken und andern feldfrüchten gegeben wird,
irelche man nicht in garben zu hiiulen, sondern solchen
zehenten mit einem stabe, oder einer stange, welche die
zehentruthe heiszt, abzumessen pflegt ; der stangenzehente'.
Adelung.
STABZEÜG, m. die kehlhobel, proßlhobel der bötteher zur
ausarbeitung von leistenicerk auf den böden groszer fässer.
KarMARSCH-HeEREN^ 4, 346. 8, 392.
STABZIEMER, «i. ringdrossel, turdtis torquatus.
STABZUGLADEN, m. zugjalousie. brettchenvorhang, aus
dünneti kiefernhrettchen an quergurten. "
STACHDORN, m.: closterbeer, kreuselbeer, grosselbeer,
krauszbeer oder stachdorn, auff lateinisch uva crispa,
unnd grossularis, uva spina, uva maHiui. Lonicerus
kreuterb. 58 C.
STACHEL, m. spitzes, stechendes ding; aeuleus. abUitung
zu stechen, in dieser form nur im hd. vorhanden, doch
kennen die verwandten sprachen eine ablautende bildung :
ugs. sticel, altn. stikill spitzes ende eines homs, ahd. stichil
aeuleus Graff 6, 637, vgl. stichel und Figk' 3, 343. Grimm
f/ramm. 2,27. {kaum dazu geJiören tmrd got. stikls, ahd.
stechal calix Graff 6, 637, vgl. Uhlenbeck* 140".) docli
ist Stachel auch im hd. seltr ungleichmäszig bezeugt, ahd.
findet sich ein fem. stachilla, stacchulle cuspis, fustis
acuta, sutis (== sudes), woneben einmal stachil geschrieben
wird. Graff 6, 632. mhd. nur in glo.ssaren : aeuleus . . .
stachil, Stachel Dief. gloss. ll"; einen mnd. bdeg (de
Stackellen edder de scharppen thunpäle, vgl. ahd.) ver-
zeichnet ScHii.LER-LüHBEN 4,349". dagegen ist stachel im
nhd. vom beginn des 16. jahrh. an sehr gewöhnlich, aller
Uitig» zunächst nur in mitteld., besonders ostmitteld. quellen.
daher wird stachel im Basler bibelglossar von 1583 erklärt
durch: eisene spitz an der stangen, scherpffe, und stachel
lecken: sich gegen dem spitz keren, während im Augs-
burger druck der artikel fehlt, s. Kluge von Luther bis
Lessing s. 89. doch hat sich stachel bald auch im oberd.
eingebürgert, nach atisweis der glossare, jedenfalls unter
detn einflusse von Luthers bibelübersetzung. — auch im
nhd. stehen zwei formen neben einander, die vielleicht schon
im aM. vorliegen, geicöhrtlich erscheint es als starkes masc.
der stachel, plur. die stachel: und die schneiten an den
sensen, und hawen und gabbeln und heilen waren ab-
geerbeitet, und die stachel stumpft worden. iSam. 13, 21,
ujid so immer in der bibelübersetzung, s. 4 Mos. 33, 55.
Hesek. 26, 24. offenb. 9, lO. {sonst kommt bei Luther auch
stacheln vor, s. l, c, /.) diese pluralform hält sicli bis ende
des 17. jalirh. : so viel als er worte hörete, so viel stachel
empfand er im gemüthe. Weise kl. leute s. 24. daneben
begegnet stachel als fem., und zwar in denselben quellen
icrie das masc, oft unmittelbar neben einander: kanstu jni
{dem leviathan) einen angel in die nasen legen, und mit
einer stachel jm die backen durchboren? Hiob 40, 21; tod,
wo ist deine (frühere ausg.: de^o) stachel? helle, wo ist
dein sieg? aber der stachel des todtes ist die sünde.
1 Cor. 15, 56/. , vgl. : tod , wo ist deine stachel ? . . . aber
die sunde ist des todes stachel. werke 19, 140, l Weim. ausg.
s. ferner l,d,a und noch vereinzelt bei Herder, *. l,b.
zuweilen ist bei (die) stachel nicht mit Sicherheit zu ent-
scheiden, ob der sing, oder plur. vorliegt, seit dem n.jahrh.
haben sich beide wortformen ausgeglichen zu der miscJi-
flexion: sing, der stachel, gen. des stacheis, plur. die
stacheln, «o Stieler 2156. Adelung, v^^^.Weigand 2,789. —
in mundarten verschiedentlich bezeugt, meist zur Schrift-
sprache stimTnend, daneben in besondem bedeutungen:
Schweiz, stachel, ».3, Stalder 2,889, bair. Schm. 2,722,
in Handschuhsheim Lenz 67"; eis. stachel, stitchl und
stÄchla, m., stächla,/. Martin-Lienhart 2, 571», oberhess.
aZ» /ewi. schdachiln Crecelius 803; auch ins waldeckisctie
eingedrungen als stachala, /. Bauer-Collitz 98».
bedeutung: stachel, Stimulus, centrxtm,, aeuleus. Dasy-
podius; aiguillon. stimolo, pongolo, ponzetto, poTiziearello.
HuLSius 305»; aeuleus, spiculum, stiynulus, spina. Stein-
BACH 2, 710; stachel, . . . ingemein alles, was spitzig ist.
J.\BLONSKi 744». (so auch: gipffei, stachel, punctura.
Henisch 1623, 16?)
l) natürliche gebilde bei thieren und pflanzen : aeuleus, . .
ein stachel, est apum, vesparum, erinaceorum, plantarum
etiam. Corvinus fons lat. 7».
a) ein besonderes organ gewisser inseetenarten und spinnen
zum stecJien, das sowol als xoaffe zur vertheidigung und
zum. angriff (wehrstachel) wie auch zum, anbohren der
pflanzen und einlegen der eier (legestachel , theil 6, 536,
nachstachel, theill, 134) dient: insbesondere werden stachel
genennet gewisse theile der thiere, womit sie empfind-
lich stechen, als die bienen, wespen, mucken, u. d. g.
Jablonski 744»; stachel, einiger fliegenden und kriechen-
den thiere, spiculum. einen stachel haben, als biene,
wespen, hornissen, scorpionen, infesto aculeo armatum
esse, den stachel hinein ziehen, spiculum recondere. den
stachel stecken lassen, aculeum relinquere. Frisch 2, 314";
einen stachel im bauche haben, aculeo in alvo armari.
Steinbach 2,710; aeuleus insectorum der stachel oder
angel der insecten. Nemnich.
a) die bienen haben einen spitzigen, ja giftigen stachel,
le peccJiie etc. hanno l'aculeo pungentissinw anzi velenoso.
Kramer dict. 2,899*; unter den bienen hat allein der
weiser (rex apum) keinen stachel. Corvinus fons lat. 7»;
der bienenweiser hat keinen stachel. Steinbach 8,710;
die biene läszt den stachel stecken , apis aculeum relin-
quit. ebenda; stachel. ist das äusserste Werkzeug am ein-
geweide der kleinen oder honigbiene , womit sie sich
wehret, und im suche auf der haut einen giftigen saft
durchläszt, der geschwillen macht, ein solcher stachel
ist mit wiederhacken versehen; daher es denn geschieht,
dasz die imme, wenn sie in die haut ticstochen hat, ihn
nicht wieder zurück ziehen kan, sondern mit samt einem
theil des eingeweides vcrliehren musz, welches ihr dnin
tödlich ist. Overbeck bietien-wb. 78, s. auch Oken 5, 8:5t ;
warum ich da£ schaf für meinen gröszem wohlthäte-
383
STACHEL
STACHEL
384
halte, als dich biene? das schaf schenket mir seine wolle
ohne die geringste Schwierigkeit; aber wenn du mir
deinen honig schenkest, musz ich mich noch immer vor
deinem stacbel fUrchten. Lessing l, 159 {fab. s, 14);
Bie [die immen) ziehen mit der trummel;
der Stachel weist das schwert.
wunderh. 2, 359 Boxberger.
gprichwörtlich : wer honig lecken will, musz den stachel
(der bienen) nicht scheuen. Adelung, im bilde:
habt so lieblich erst geschienen,
zöget ein, wie honigbienen,
und jetzt kehrt ihr fürchterlich
euren stachel wider mich !
Grillparzer* 3, 126 {ahnjr. 5).
/Ä) die homässen (brümsen) und wcspen haben einen
sehr spitzigen stachel, damit sie auch alle aus häuten
gemachte umbschläge durchbohren. Comenius sprachen-
thür 220; die wespen gebrauchen den stachel, acuho
utuntur vespae. Steinbacii 2,710; {ivi bilde-) die wespe,
die den stachel verloren hat, . . . kann doch weiter nichts,
als summen. Lessing 2, 58 {Sara Samps. 4, 8); er . . . glich
einer wespe, die in langsamen kreisen näher kommt und
im fluge wählt, wo sie den stachel einbohren wird. Ric.
HucH V. d. köni/fen u. d. kröne 66;
ja wie man in der brunst, in Polens fetten auen,
dem dicksten jungen stier sich nicht darf nahe trauen;
wenn durch sein schwartzes fei der wespe stachel dringt,
und ihn, durch heissen schmertz, in volles rasen bringt.
Pvra-Lange lieder s. 149 neudr.
y) zutoeilen entliält der stachel ein gift, vgl. giftstachel :
thiere, so giftige stachel haben, animulia infestis aeuleis
armata. Steinbach 2, 710; so besonders bei Skorpionen:
der scorpion hat den stächet am schwantze. ebenda; im
bilde: was steht zu befehl? die nase des spürers, oder
der stachel des Skorpions? Schiller 3,70 {Fiesko 'i,\b);
spridiwörtlich : wer den stachel nicht vertragen kann,
musz den finger in kein skorpionennest stecken. Wander
4, 759, 8. danach bei phantasiegebilden : und die hew-
schrecken sind gleich den rossen, . . . und hatten schwentze,
gleich den scorpion , und es waren stachel an jren
schwentzen. offenb. Joh. 9, 10.
8) der stachel der wespe ist eigentlich ein rüsael:
mit beyden durfte nur die kühne mücke scherzen,
die ihm (dem löieen) aus edlem hasz , mit freyheitvollem
herzen,
des scharfen Stachels spitze botb. Haueoorn 2, 23 (/ab. 1,12).
vgl. mückenstachel, theil 6, 2613.
e) wie hier, werden auch sonst fälschlich theile des fresz-
xcerkzeugs aU stachel bezeichnet: die zunge der schlangen
wird irrig vor einen stachel angesehen. Jablonski 744».
ganz unzutreffend ist der ausdruck:
doch einen stachel gab natur dem wurm,
den wilikUbr übermüthig spielend tritt.
Schiller Teil 2, 6.
b) ganz andrer art sind die stacheln an der haut-
bekleidung gewisser thiere, besonders des igels und stachel-
sehioeins, die eine Umbildung der haare sind: der igel und
das stachlichte stachel [dorn] schwein hat an statt der
haar stachelen. Comenius sprachenth. 206; ein thier voller
stacheln, animans spinis hirsuta. Steinbach 2,710; stachel,
einiger lebendiger creaturen, aculeus, als des igels, setae
pungentes, und des Stachelschweins, voller stachel, echinus
itpinis hirsutus. Fhisgh 2, 314''; 'stacheln sind walzen-
kegelförmige, starre horngebilde von ungleich gröazerem
durchmesser, als haare, und an der spitze stechend; von
den eijiheimischen säugethieren ist der igel am, oberleibe mit
stacheln bekleidet.' Behlen 6, 670, vgl. Oken 4, 332. so
auch: man lief in den garten der predigermönche, wo ein
schwein mit stacheln gezeigt wurde, damit man an ihm
gottes wunderbare Schöpfung schauen könnte. Fueytag
bilder t. \. iS»;
DOD Mtst« Mit nraumer seit
ein unfeheures thier daa ganze land in schrecken . . .
man räft, es habe drachonflügel,
nnd Uaaen wie ein ^eif und «tacbeln wie ein igel.
WiKLANü 22, 175 lob. 4, 62).
»pruhte&riUeh : die ttacheln verrathen den iget. Wanokh
4.769,4; das wird uns gelingen wie dem hunde, der ynn
die Stachel bejsset Luthkh 19, 6S7, 19 Weim.autg., vgl.
WaM'KK 6, 1466, ihm. im bilde: der studcnt musz hält
forsch sein, er musz seine stacheln horrorkehren , alle
teine borsten auf strammen. Rosbooer »ündtrgUkkd «. S8;
ihr entehretet uns, ihr deutsche weisen . . .
nektar reichetet ihr den groben mägen, und salbtet
mit ambrosiaduft lange das stopplirhte haar,
dafür speien sie euch 'aufklänmg' jetzt in das antlitz,
und das stopplichte haar sträubet zum yeel empor,
seht I gen himmel erstrecket sich schon die stacnel des ygels.
Herder 29, 662 Suphan.
ähnliche stacheln haben auch andre thiere, besonders see-
thiere, als umgebildete schuppen u. s.w.; bei fischen, s. Oken
4,341. 6,260 (». stachelbarsch); beim 'meerkalb' {seehund):
die stachelen da mit sye im mör schwynimen, brauchen
sye uff dem lande, für fflssz . . . auch soll die recht stachel
ein würckung des schlaffs an ir haben. Eppenuori'K
Plin. 108 (9, 10). ferner : aciilei ecJnnorum, die stachel der
Seeigel. Nemnich; ein meer-schneck mit stacheln, murejc.
Frisch 2, su*".
c) stacheln heiszen ferner ähnliche gehilde an pflanzen,
theils anhänge oder Umbildungen von blättern, ttieils selhst-
stündige sjn-ossen: also haben die dornen, die schalen
der castanien, u. a. m. stachel. Jablonski 744»; stachel, m.
den etwas lebloses hat, aculeus. das da sticht wann man
es angreifft, als die stachel an castanien, die spitzigen
blättlein an den bäumen, als an tannen, flehten, kien-
bäumen, it. an Wassernüssen, die dorn an stachel-beern,
Spinae. Frisch 2, 314''; 'dornen und stacheln toerden, tcenn
von spitzigen holzartigen au.swüchsen an gewüchsen die rede
ist, zicar gemeiniglich als gleichbedeutend gebraucht; allein
in der botanik unterscheidet man sie noch, und neimet
stacheln oder spinas, dergleichen auswiiclise, loelcke aus
dem holze durch die rinde hervorragen, dornen oder aculeos
aber, u^nn sie nur an der rinde befe.ttiget sind.' Adelung;
'bei bäumen und Sträuchen nennt man aus dem holze
herauswaclisende, ebenfalls holzige atiswücJise, stacheln —
aculei — welche verschieden lang und gekrümmt, i7nmer
aber kegelförmig und stechend siiid.' Beulen 5,670.
o) die stacheln der rosen, rosarum spinae. Steinbach
2, 710 {wofür doch dorn üblicher ist, obwol eigentlich mit
unrecht), vgl. Oken 2,32: der stachel ist auch angenehm,
woran man eine rose stehen sieht. Steinbach 2,710;
da sind sie (blumen)'. so bunt und so prangend, so schön, . . .
als königinn aller die rose — doch nein,
sie hat ja den stachel! Stoluerg 2, 219.
im bilde: so fleucht die lust der weit, . . .
nichts bleibt uns in der faust als die nichtswerthon äste,
der stachel, dieses creutz, die angst, die seelen peste.
A. dRYPinu.*; 1. 105.
/S) bei domsträuehern; im bilde: ein zufall reifte die
stach.eln an der hecke {die feitulseligkeit) zwischen beiden
häusern. Arnim 3 {kronenw. l), 388; vgl.: und sol fort hin
allenthalben umb das haus Israel, da jre feinde sind,
kein dorn die da stechen, noch stachel die da wehthun,
bleiben. Hesek. 28, 24.
y) bei disteln; im bilde: es sind kletten und disfeln-
köpffe, wie man sie wirfft, so keren sie die stacheln
über sich und umb sich, und mfissen stechen. Luther
3,334» (23,33,29 M'eim. ausg.); es ist die weit ein distel-
kopff, wo man denselben hinkeret, so reckt er die stachel
über sich. 6, 1.57'', vgl. Zincrgef apophthegm. l, 253; so
hielt ihn noch eine zugeknöpfte disfol auf, . . . und die
musivischen disteln auf Le Baut« diele traten vor ihm
ins leben und zeigten ihm die stacheln der Vergangenheit.
J. Paul Hesp. 3, 185; den zorn der königin will ich rühmen,
der meiner distel den stachel nahm. Freytag 8, 190
{ahnen 1, 1, c. ll).
^ desz hauwhechels seyn zweyerley geschlecht , eines
so stechender hauwhechel ist, und ononis »pinoaa ge-
nennet wird: das ander aber so ohn stacheln wächst.
Tabernaemont. 912J. vgl. d,ß ui\d stachelkraut.
t) 'bei einer abtheil uug (/ef»cAir(>'fnwi«(s(nchelschwfimme)
u^erden die spitzen, mit rcelchen die unteifläche besetzt ist,
stachel — eehini — genannt.' Beulen 6,61of.
5) 'stacheln ... an den getreidearten, trelche auch agen,
achcln, gracheln, grannen genannt trerden.' Adelung.
ij) ungewöhrtlich ist stachel für einen jungen trieb, aprnst:
ein weifzcnkilrnlein wird in die erde geworfTcn, in welcher
es auch verfaulet, dasz es endlich zu einer weisen unnd
(liossenden malericn sich verändern musz, welches aber
gomachsam sich wider zuBammen findet, und einen kleinen
stachel von sich stössel. J. M. Meykart da* himml. Jeru-
salem (1680) S, 46.
385
STACHEL
STACHEL
386
rf) vereinzelt wird stachel in auffälliger toeise auf ganze
pflanzen übertragen.
a) 1 marchbuesz Krieger Herrn zu Aldenstadt hat ein
junge stachein oder jung buciibaumlein abgeliawen unnd
scheiter drausz gemacht, im buchwaldt. tnarckbuechlein
zue Sodenbach (in der Wetferau) zum j. 1565; Christen der
Ivesseler hat ein jungen buchbaum abgehauen oder ein
stacheln im buchwaldt. ebenda zum j. 1568; Acker Heinz
hat ein buchen stacheln abgehawen im buchwaldt. ebenda
zum j. 1574; Peters Kenn Krein hat ein buchen stachelnn
abgehawen die jr ein last gegeben hat. ebenda.
ß) finstern, finstere stachel, name der hauhechd in Bern,
ononis anensis und »pinosa. Pritzel-Jessen, s. auch c, S
und stachelkraut.
2) siB.c\it\ bezeichnet ferner spitze, stechende gerätschaften
oder theile an solchen, gewöhnlich von metall: Stimulus . . .
qtio ptingimtis, ein stechet oder stachel. Corvincs fons
lat. 522»; cttspidare, spitzig machen, einen stachel vom
einschlagen. 193».
a) zum antreiben von thieren: stachel oder gart (der)
incoitivum, Stimulus, centrum, aculeus. Maaler 383»; die
ochsen mit einem stachel, treibstachel treiben, caeciar . .
i buoi coUo stimolo {ptmgolo), pungitoio, aguzzino. pun- \
tone, spuntone, fntgone. K R am E R rficf. 2, 899*=; stachel, von j
eisen gemacht, als pertica aculeata, womit man acker- |
ochsen antreibt. Frisch 2, 3U^; der pflügen -wü, spannet
die ochsen vor den pflüg, . . . alsdann treibet er und
reget sie fort mit dem stachel. Come.nics spracJienth. SdO;
1 Sam. 13, 21, s. oben; der mauleseltreiberpatron hatte mir
zum führer einen kleinen buhen mitgegeben, der sich,
sobald wir heraus waren, auf die kruppe schwang, mir
einen kleinen eisernen stachel zum sporn gab, und so
mit mir und dem maulesel über die felsen hintrabte,
diese thiere hören auf nichts als diesen stachel, der ihnen,
statt aller übrigen treibmittel, am halse applizirt wird.
Seume 2 {spazierg. i), iGö Hempel; im bilde:
denn wenn von rufhen
die narren und die schurken bluten,
so darf man hoffen, dasz die herden
am gängelbande strenger zucht,
wenn sie den stachel nun genug versucht,
doch nach imd nach geringer werden, ged. (1896) 23;
die du geheim den stachel und zügel hältst,
zu hemmen und zu fördern, o Nemesis.
Hölderlin 1, 141 KötOin.
poetisch wird der sporn als stachel bezeicJtnet:
der Stachel der ferse, der schrecken des rufs
verdoppeln den donner-galoppschlag des hnfs.
Bürger 81».
b) diese bedeutung liegt zu gründe der sprichwörtlichen
redeweise : es wird dir schweer werden wider den stachel
lecken {mit den füszen ausschlagen), apostelgesch. 9, 5,
vgl. 26, 14 {daraus Ayrer hist. proc. 664) ttnd das zweite
lecken, theil 6, 480/., die aus der bibelübersetz iing im, nhd.
weife Verbreitung gefunden liat, vgl. Egbert v. LOttich
fecunda ratis 570 mit Voigts anm. ; in wörteibüchem : es ist
schwer wider den stachel lecken, oder bösz reiben gegen
dem stachel. Henisch 463,50; wider den stachel lecken,
calcitrare, ricalcitrare contro lo stimolo. Kr.\mer dict.
2,899*; contra stimulum sive aculeum calcitrare. Stieler
2156; es last sich nicht \sieder den stachel lecken, Uit.
fortunae eedendum est. Apin. gloss. 508; in sprichicörter-
Sammlungen, s. Eiselein 576.673; wider den stachel ist
bös lecken. Simrock9798. Wander 4,739,12.15; gegen en'n
spitzen stachel is nig gaud licken. 6. Borchardt* 1125.
Büchmann *" 83. in der litteratur: sehen sie, herr pastor,
es wird mir unmöglich seyn, nicht gegen ihren stachel i
zu lacken, und die furchen, fürchte ich, die sie auf dem i
acker gottes mich mit aller gewalt wollen ziehen lassen,
werden immer krümmer und krümmer werden. Lessing
10,131; diese guten freunde haben es übel aufgenommen,
was ein recensent in der a. 1. z. vor etlichen jähren an
den Burger'schen gedichten getadelt hat; und der inn-
grimm, womit sie wider diesen stachel lecken, scheint
zu erkennen zu geben, dasz sie mit der sache jenes dichters
ihre eigene zu verfechten glauben. Sciiilleu 10, 498;
dann so gehts gwiszlich alle denen,
die sich wölln wider gott aufflenen
und widern scbarpflen stachel lecken :
den bleibt er in der lersen stecken.
B. Waldis der niide man v. Wolffenb. 419
{ßtreitged. t. 38 nevdr.) ;
X. a.
wie Paulas in der aposteln geschieht —
er wolt auch widr den stachel lecken.
LiLiENCRON hüt. volM. 4, nr. 519, 59.
e) stachel zum stechen, bohren, z. b. Hiob 40, 21, s. oben;
unbestimmt; stachel und strick sind auff dem wege des
verkereten. spi: Sal. 22, 5. poetisch von pfeilen (bildlich) :
darf ich solches wohl glauben, dasz di gräfin einen
stachchel ihrer libes-reizerischen pfeile, welche so lähb-
haft aus ihren äugen häraus-schühssen , in dein harz
ein-gesänket habe? Zesen Bosemund ».132 neudr.
d) zuweilen bezeichnet stachel nicht das ganze gerät, son-
dern nur die (eiserne) spitze daran, so bei einem stock
(vgl. stachelstock): unnd der selbig hat ein stap, der
unten unnd oben rincken unnd stachel hat. weisth. 3, 892
(r. j. 1523, s. stab II, 6, d). ungeicöhnlich sind vericendungen
icie: diejenigen, welche im rausche sterben, müssen mit
dem Musüsheer fahren, hinterfür auf einem rosse, auf
eisernem sattel von eisernen stacheln. Birlinger volka-
thüml. 1,47,1.
e) sonst ist stachel vielfach als technischer ausdruck
üblich, (meist nicht allgemein gebräuchlich.)
a) stachel, womit man einen schütten, worauf man
sitzt, forttreibt, pertica aculeata. Frisch 2, SU*»; eis. is-
stachel zum fortbewegen der kinderschlitten. Marti n-Lien-
hart 571»; vgl. stachelschhtten. atteh runde stäbe m,it
eisernen spitzen, deren man sich beim eislauf bedient. Campe.
ß) ähnlich süddeutsch stachel oder stackel {vgl. da».)
für die mit einem eisernen haken versehene starige, tcotnit
der Schiffer, fischer, fahrmann, flöszer sein boot oder flosx
fortstöszt; stachel, der schiffleuth stang, eontus. voc. f. 1618
bei ScHM. 2,725; item in Austria dantur ei VIII. denarii
pro staechil et schalten et cyrotecis (handschuhe). . . . item
securim et staechil et II. cyrotecas. monum. boica 11, 44/.
(obligatio nautarum saee.XIII). jetzt bair. stAckl, s. Schm.
a. a. 0., Schweiz, stackel, stachel, sprietstake, schalte.
Stalder 2, 389.
/) dagegen bezeichnet stachel, auch knecht, schlepp-
spiesz, Schleppstange, im bergbau 'ein am tummdbaum eines
pferdegöpds angebradiies holz mit gabeljörmiger eiserner
spitze als bremsvorrichtung'. Veith 458.
S) it. womit man etwas fest anklebendes abstöszt, als
in bergwerken. Frisch 2,314*'; 'stachel, alles was spitzig
ist, z. b. ein eisen, das 2'/» bis 3 eilen lang, 2 zoll stark,
und vom zugespitzt ist, und einen hölzernen, etica eilen
langen stiel hat, und so une die stecheisen auf schmelz-
hütten gebildet sind, sie werden bey der schmelzarbeit des
hohenofens zum abstechen gebraucht'. Jacobsson 4, 245»,
ebenso 7, 418^. Adelung.
e) in glashütten ein gerät, wobei 6 — 8 zolllange stacheln
von eisen oder starkem eisendraht an einem hölzernen stid
oder eisernen plättchen aufgesetzt und im kreise um eine
mittlere, etwas längere gruppiert sind; es dient dazu, die
perlen in das glas zu stechen, ebenda.
^ stachel an der büchse, fibula ligulae. stachel am
armbrust, uncus, fibula arcus. Stieler 2156.
17) 'ein dintefasz mit einem stachel, mit einer eisernen
spitze, diese ins holz zu stechen und dem dintefasz dadurch
einen festen stand zu geben.' Campe.
3) sehr häufig ist stachel in übertragener Verwendung
für etwas, das sticht, verletzt.
a) ausdrücke, die von einer bestimmten gebrauchsweise
ausgehen, sind schon im vorstehenden angeführt, unbe-
stimmter und allgemeiner (doch auf grund der bedeiitung l)
besonders in sprichwörtlichen redeweisen: es hat einen
stachel, aculeum habet. Steinbach 8,710; das ding hat
stacheln. Eise lein 576; ein stachel bricht den andern.
Petri Y5». Wander 4,759, 5 (bei Franck 1,87'»: ein stahel;
es ist also icol stahl gemeint, vgl. das.); wer sich mit
stacheln krawt, der krigt viel wunden. Petri Jü 8», vgl.
Wander 4, 759, 11. s. auch Lessing 1, 2 unter stachelreim.
b) an i,a (f) schlieszt an • er hat einen stachel im maule,
ipsi est telum in ore. Stein bach 2, 710. so vnrd stachel
gern von scharfen, bissigen reden gesagt : stachel, figürlich
im schimpfenden reden, facetiae acerbae, linguae maledicae
spieida, acttUi orationis. Frisch 2, SU*». i</?. Wächter 1578.
im ausgeführteren bilde:
genug, verwegener kiel, lasz gift und schweren se^n,
nnd zeug docn nun ein mahl den bittem stachel ein.
GCnthbr 6« Stbinbach 2, 710
25
387
STACHEL
STÄCHET,
388
vgl. Stachel der satire, kritik unter/, sowif stacheldichter,
•gedieht, -rede, -reim, richter, -schrift, -vevs, -wort.
c) biblisch ist de>- aiisdt'u^k stachel des todes, s. oben
1 CJor. 15, 55/.; o tod, wo ist dein stachel (stimolo). Kramer
(lict. 2, 8W'; der stachel desz todes ist die sünde: die
kralTt aber der sünde ist das gesetz. Petri B 2»; dai\ac}i
auch: der sünden solt, stachel und straffe ist der todt.
ebenda, in der litteratur: seiner {gottea) gnaden-werk ist
es , . . das er selbst den tod für uns gelitten ; unsere
Sünden auf sich genommen, und uns zugleich von dem
stachel des todes, und der gewalt des teufels, erlöset hat.
BuTSCHKY Pathmos s. 988;
Jesus Christus gottes son
an unser stat ist konien
und hat die sUnd abgcthan,
damit den tod genomen
all sein recht und sein gewalt ;
da bleibt nichts denn tods gestalt,
den Stachel hat er verloren. Luther 8, 359'';
grimmiger fodt, kom zu mir nicht,
dein stäche! von mir wende.
\V. Spangenbebg Akestis 2337 ;
0 tod, wo ist dein stachel nun?
hannov. gesangb. 114, 1.
ähnlieh: indem ich solches alles zur genüge erwogen, und
geprüfet, dasz die namen so vieler hochgepriesenen
künstlere, mit der zeit und geendetem odmen verlesclien:
habe ich besonnen und nachgedacht, wie und auf was
weise dieser tödtliche stachel zu hintertreiben wäre.
Sandraut academie l, l*".
d) von 2,a geht aus die xoendung: werdet jr aber die
einwoner des lands nicht vertreiben für ewrem angesicht,
80 werden euch die, so jr überbleiben lasst, zu dornen
werden in cwren äugen, und zu stachel in ewrn selten,
und werden euch drengen auff dem lande, da jr innen
wonet. 4 Mos. 33,55. dann auch umgekehrt : so wisset, das
der herr ewr gott, wird nicht mehr alle diese völcker
für euch vertreiben, sondern sie werden euch zum strick
und netz, und zum geissei in ewer selten werden, und
zum stachel in ewren äugen. Jos. 23, 13. dieser ausdruck
hat sich aus der bibel^prache ioeifer verbreitet: er ist ihm
ein stachel im äuge, egli gli e cotne un pungolo negli
occhi. Kra.mkr dict. 2, 900"; invisus, exosiis, infestus, de-
testabilis ei est. Stieler 2156; einem ein stachel in den
äugen seyn, wlg. ipso aspectu molestum esse. Frisch
2,314»; auch mit unpersönlichem subject: dasz aber die
Holländer daselbst die stadt Batavia inne und starck be-
setzt haben , geschiehet wider der Javaner willen , und
ist ihnen ein stachel in den äugen. Olearius beschreibung
eÜ. Orient, insuln 149»; denen anwesenden wird es ein
stachel im äuge seyn; sie [werden] es ihnen für eine Ver-
kleinerung zuzihen, das man auch nicht ihrer Verdienste,
rühmlich gedencke. Butschky Pathmos s. 639 {'abwesender
lobung'), danach ferner: er ist mir ein dorn im äuge und
seine flöte ein stachel im obre. Ricarda Hucn Lud.
ürsleu s. 319;
fasz dich, Sorel ! auch deine heft'ge freude
mScht' ihm ein stachel in die seele seyn.
Schiller 13, 255 {jungfr. v. Orl. 3, 8).
auch allgemein -
sonst war es mir ein stachel, sah ich ihn
ira Strom der tust ... so ganz gemein vergnüglich schwimmen.
Rk'arda Huch Evoe s. 1.
e) häufig sind verbale fügungen: alle scenen der Unter-
drückung, die er (Moses) ehemals mit angesehen hatte,
gehen jetzt in der erinnerung an ihm vorüber, und nichts
hinderte sie jetzt, ihren stachel tief in seine seele zu
drücken. Schim.ek 9,115;
wenn ich die hand des bruders freundlich drücke,
stosz ich den stachel tief in deine brüst?
14, 27 (braut V. Mut. 1, 3, 810);
rie bat den pI^fBO vtachel mir gesenkt
in meine brüst, sie mag zngef^en sein,
wenn ich ihn aaszieh', oder im bemllhn
ihn drticke in da* innerste dee lebensl
Okillparzbr* 6, ISl {könig Ottokar 4).
ungewöhnlteher :
ich denke nicht, dasz diese kleinen stacheln,
ihr an das berz geworfen, euch d* sehr
gM^adet haben. Lbhhinu 8, M8 (tfaUum 8, t).
M schien , ... all ob man bemUht wäre , den bruch zu
erweitem und bei mir den stacbel tiefer einzudrücken.
BiSMAitcK g«d. M. «rinn. I, IM. — einen stachel zurück
lassen, einen schmerzhaften oder unangenehmen eindruck.
Campe: aber doch soll sie Wahrheit, Verleumdung und
drohungen von mir hören, es wäre schlecht, wenn sie
in ihrem gemüthe ganz und gar keinen stachel zurück
lieszen. Lessing 2, 61 {Sara Sampson i,b); doch liesz es
einen stachel in ihm zurück. Vischek auch einer t,lG6;
ein bauerbursch, Engelmar, hat ihm {Neid/iart v. Reiiental)
das gröszte leid seines lebens bereitet, es scheint, dasz
er ihm seine geliebte Friderun, auch ein dorfkind, ab-
spenstig gemacht hat, der stachel blieb dem ritter in der
seele, solange er lebte. Freytag 18 {bilder 2,l), 54; mancher
bringt wohl auch . . . von einer so weiten reise einen
stachel im herzen mit zurück. Göthe 21, 223 (wanderj.
1, 12). — sie reiszen nur 6inen stachel aus meiner seele.
Lessing 1,540 {Minna v. B. 2,9); aber werden ihm nicht
in den neuesten komödien die gröbsten verbrechen . . .
unter so reizenden färben vorgestellt, den giftigsten hand-
lungen so der stachel genommen, dasz ein bösewicht da
steht, als ob er ganz neulich vom himmel gefallen wäre.
Lenz l, 268; dadurch schienen zwei ängstlichen hypo-
thesen , die ihrer krankheit und ihres hauskriegs , die
stacheln auszufallen. J. Paui. Titan 3,51; die zeit aber,
statt den stachel abzustumpfen, zeigte ihm stets gräsz-
licher seine that. Grillparzer* 11, 248 (' 13, 22l).
/) mit erklärendem genitiv, im ausgeführten bilde: er
wuszte dem vergnügen jenen sanften stachel wieder zu
geben, durch den man es empfindet und der so leicht
stumpf wird. St. Real, don Carlos {Eisenach 1784) bei
Schiller 4, *. xlix Boxberger {deutsche nat.litt.); eine
vergleichung , durch welche der stachel des affektes ge-
schärft wird, wie der gedanke und die ausmalung eines
glückes, das verloren ist, die empfindung des Verlustes
schärft. Ludwig 5,266;
des kusses stachel, der entzündend ritzt.
Rltkert ged. 40.
stachel , hitzige stacheln des fleisches , der geilheit etc.
stimolo, sti[mo]li cocenti, cioe pruriti della carne. libidine
d cartiali. Kramer rfjc^. 2, 899" ; der stachel des fleisches.
Eiselein 576 {als biblisch). — jener vor.'ratz, den Rhein
zu sehen, war indesz in mir beständig wach geblieben,
und damit ich nicht ferner den stachel einer unbefrie-
digten Sehnsucht in mir tragen möchte, so rieth Goethe
selber dazu , einige monate dieses sommers auf einen
besuch jener gegenden zu verwenden. Egkermann gespr.
mit Goethe 1 , 157 ; auf der andern seite freute mich sein
fester worthaltender Charakter, der sich . . . dem eindringen
der stacheln und bohrwürmer des leidens widersetzet.
J.Paul Kampaner thal H; auch der leichteste Zärtling,
der sein gewissen beinahe stets ungebraucht Iftszt, wird
wenigstens einmal den stachel der reue gefühlt haben.
Herder l, lO Suphan; ^er theuerste besitz,
was wUrd' er frommen, wenn der reue stachel
des glucks entsetzlicher bcgleiter wRre?
Platkn 238'» (treue nin treue 3);
ich kann . . . den stachel meiner zweifei nicht länger er-
tjagen. Klinger ig, 298; was unsern volksbeglücker be
trilTt, 80 macht er wenigstens ein gesiebt, an dem der
stachel des schärfsten neides stumpf wird. Heyse kinder
der todt 1,99. — vor dem schrecklichen verkriecht sich
unsre faigheit, aber eben diese faigheit überliefert uns
dorn stachel der satire. Schiller 3,518; die monarchie
und der idealste monarch . . . bedarf der kritik, an deren
stacheln er sich zurechtfindet, wenn er den weg zu ver-
lieren gefahr läuft. Bismarck ged. u. erinn. 2, 61 ;
Claiaa frUhes sterben dUiikt ihm
eine bittere kritik
ohne Worte ; deren stachel
pflanzt' er weiter ohne werte. Keller tO, 182;
drtlck' nicht des Vorwurfs st:t<-li(«l in dein herz.
Si'HiLLKR 14, »5 (braut r. Me*f. 4, 1, M8S).
g) in den ung^ührten stellen übertciegt die Vorstellung
von etwas verletzendetn , sehtnert erregendem, icobei meist
die bedeutung l »u gründe liegt {vgl. besonders Hesek. S6, 24
unter l,c, /); in andern fällen dagegen, die von 2, n ni«*
gehen, steht der begriff des ansporns im Vordergründe : das
soll mir ein stachel seyn, questo mi servirä di stiuudo cioe
di motivo d'inritamento. Kramer dict. 8,899"; rj^/. Wächter
1578; es pflegen die hohe ehrsüchtige geister, aus stachel
and antrieb seitlichen ruhmi, preiiei und ehre, keine
389 STACHELAFTER— STACHELBEERE
bemühang und fleisz zu unterlaszen. Sandrart academie
(1675) 1,1*; räche! der getretene wurm, jedes lebende
wesen fühlt ihren stachel : und ich sollte diesen stachel aus
dem empörten herzen reiszen? Klinger 1,60 («iriZZ. 3, i) ;
nur ein barbarischer geschmack braucht den stachel des
priTatinteresse, um zu der Schönheit hingelockt zu werden.
Schiller lO, 174; über dem langen hin- und herschwanken
von einem stoffe zum andern habe ich zuerst nach diesem
gegrillen und zwar aus dreyerlei gründen ... 2) bedurfte
ich eines gewissen stacheis von neuheit in der form.
hriefe 6, 414; früher waren mir anfeindungen ein willkom-
mener stachel, der mich zu frischerem handeln spornte;
jetzt lähmen sie mich. Ricarda Hlch Lud. XJraleu 2frt ;
die herzen alle dieses biedern volks
erregt' ich mit dem stachel meiner worte.
, , . SCHILLBR 14, 319 (Te?; 2, 2);
und jede pem
wird einst ein stachel
der wollust seyn. Novalis 1, 91 Meissner.
STACHELAFTER, m., bezeichnung einer icanzenart, eimex
seratus. KrCnitz 167, 605.
STACHELÄHRE, /.. name der esparsette, hedysarum
onobrychis. Nemnich. Adelung.
STACHELALOE, /. eine ort der aloe. bei der der rand,
die Oberfläche und besonders der rücketi der blätter ganz
mit stacheln besetzt ist. auch igel-aloe, aloe ferox. Nemnigh.
STACHELAMARAXTH, m. eine amaranthenart mit dornen,
amaranthus spinosus. Nemnigh.
STACHELAäIPFER,«!. rumex spijiosus. Krünitz167,605.
STACHELAUSSATZ, m., s. stachelschweinaussatz.
STACHELBARSCH, m. eine barschart mit zwei stacheln
am kiemendecliel und einem am vorderdeckel, holocentrum.
Oken 6, 260. i"^^ KrOnitz 167, 605. femer fiir stichlin^,
s. stachelbörs.
STACHELBART, m. l) stacheliger, d. h. steifer und
stechender bart; 2) ein mensch mit solcJiem barte; 3) auch
bezeichnung einer gattung der klippßsche, cliaetodon cane-
scens. C\MPE. vgl. KrOnitz 167, 605/ — dazu stachel-
bärtig, adj.: jjmjj jj^m jgp hauptmann selbst,
einäugig, stachelbärtig wie ein kater. Geibel 4, 74.
STACHELBAUGH , vi., name von fischarten, und zwar
1) einer art Seefische mit kugeljörmigem körper, stache-
ligem bauch und tner zahnen, tetrodon. Nemnigh. der
gestreifte stachelbauch, tetrodon lineatiis; der gefleckte
stachelbauch, tetrodon oceüatus. Campe. KrCnitz 167,606/.
2) in Preuszen name des gemeinen stichlings, gastero-
steiis aculeatus, so genannt wegen seine)- beiden bauch-
stacheln, auch stachlinski, stichlinski u. s. w. Frisghbier
2, 359». nd. korrespondenzbl. 8, 48. 10, 27.
STACHELBEERBUSCH, m., vgl. Stachelbeerstrauch.
Campe: dort setzt er (der Schmetterling) sich auf eine
rote bohnenblüte gleich neben dem groszen stachelbeer-
busch. Ludwig 2, 259; lustig winkend erhob herr Friedrich
den arm: ,,nun denn, alle mann hoch: 'komm röwer!'"
und eben so lustig wies seine band nach den brechend
voll beladenen stachelbeerbüschen. Storm 7, 329.
STACHELBEERE, / l) luim« der bekannten frucht und
der Staude, vorauf sie wächst, ribes grossulfiria {ribes uva
erispa. uva Spina). Nemnigh. Pritzel-Jessen. t-^^ Oken
3, 1906. KrOnitz 167, 607 — 622. daneben sind zahlreiche
andre benennungen im volksmunde üblich, so z. b. agres(t)
(Jheil 1,190), christbeere (theil 2, 620), -dorn, christophbeere,
wilde oder welsche erbsen, grosselbeere, grunzel, grusel,
klosterbeere {theil 5,1235), krausbeere {tlieil 5,2092), kräusel-
beere (Üieil 5, 2097) , kreuz(el)beere {theil 5, 2186) , spineile
{theil 10,1,2505), Stechdom, stick(el)beere, wegedorn, s. Popo-
wiTSCH 556—8. Adelung. Nemnigh. Pritzel-Jessen.
das wort findet sich zum ersten male bezeugt bei G. Neumark
der neuspross. palmb. (1668), wo stachelberen das 'geicächs'
des 1667 aufgencmimenen Alexander Haubold, marschall, f.
8. Magdeb. kammerjunker und rittmeister, mit dem kenn-
»pruch : bringt liebliche frucht ist (798). sonst erst im
18. jahrh. belegt, von den loörterbüchern hat es zuerst
Rädein (i711) 833», s. Weigand 2, 789. alter als die hochd.
ist die entsprechende nl. namensform gebucht: uva erispa . .
ger{man.) wegdom, et crutzbeer, belg. stekelbesien. M. de
LoBEL plantartim hist. {Antw. 1576) 615. der tiame bezeichnet
»unäehst die frttclä und geht auf die kleinen härchen. mit
denen sie besetzt ist {dann allerdings nicht auf alle arten
STACHELBEEREIS — STACHELBEERGURKE 390
gleich passend). Stachelbeere , uva erispa, {grossularia)
grosseille. obgleich diese beere rohe genossen, schlechte
nahrung und böse geblüt machen sollen, so pflegen sie
die koche gar doch sehr zu verthun, und entweder die
unzeitigen an junge hüner und dergleichen zu kochen . . .
oder sie schlagen sie in gewisse torten. frauenz. lex.
(1715) 1892; stachelbeer, rauchbeer, klosterbeer: grossularia
»pinosa, grosseille. die frucht eines Strauchs, welcher sehr
stachelig, im frühlinge zeitig ausschlägt, weisz blühet,
in gärten an geländer und häge gesetzet, und unter der
scheere gerad gehalten wird. . . . die frucht ist rund oder
länglich, haarig, im anfange grün und hart, wenn sie
aber zeitiget, färbt sie sich, und wird weich. ... es gibt
derselben verschiedene gattungen. die kleine, si/lvestris:
die grosse spanische, sativa, ist grösser und lieblicher als
die vorige: die braune, purpurasceus , ist an grosse der
spanischen gleich, an färben unterschieden, dieweil sie
braun oder viol-blau, die andere aber gelb oder weiszlich :
die rauchbeer, hirsuta, ist wie mit wolle überzogen.
Jablonski 744; stachel-beer, uvae Spinae crispae. Frisgh
2, SU*" ; stachel-beere . . . man hat ihrer in denen gärten
viererley gattungen, nemlich die grossen blancken, die
grossen gelben, die grünen und die rothen oder viol-
braunen, öco». icx." 2793; Stachelbeeren die. sind eszbare
beeren von der grösze der Weinbeeren, welche auf einem
niedrigen, mit sehr spizigen, und verlezenden stacheln
besezten strauche wachsen, welcher in den gärten ge-
pflanzet wird, und auch wild wächst. . . . die Schwaben,
Franken, und auch viele Sachsen nennen diese beeren
gewöhnlicher stachelbeer. Popowitsch 556;
die kirschen sind zwar etwas kleine,
doch iede frucht wächst in der still ;
und hält man sie vor stachel-beeren,
was thuts? man mag sie auch verzehren.
Günther 921.
docli tcird Stachelbeere , besonders im plur. , auch für
die ganze pflanze gesagt {vgl. stachelbeerbusch , -stände,
-Strauch) : der kloster- oder stachel-beeren staudigtes bäura-
lein ist sehr bekannt, und Aivird in den gärten zu hecken
gebraucht, hat kleine harigte blätter, wie der eppich.
Hohberg 3, 1, 406»; stachel-beer, grossel-beer, wächst wild,
wird zu lebendigen zäunen gebraucht. Woyt gazophyla-
dum (1734) 983;
die Stachelbeeren blühen frisch,
und so die renegloten.
bei Stachelbeeren lallt mir ein,
die schmecken gar zu süsze. Schiller 11, 214;
sah die heidelbeer, meenahga, . . .
und die stachelbeer, shahbomin.
Freiligrath* 6, 45 {Hiawatha 5).
in idiotiken wenig aufgeführt: thür. sdachelsbSr, dufür
altenb. stachelhänse und stachelitzchen. Hertel Sprach-
schatz 233; oberlaus., dazu die redensart Stachelbeeren {oder
spitzen) austheilen, verletzende oder höhnische worte. Anton
4, 12, dafür einem Stachelbeeren zu verschlucken geben.
Wander 4, 759, 4. in Waldeck auch ins nd. eingedrungen
als stachelbär(e) B.\uer-Collitz 98». {sonst nd. stickböre;
stick'lbär, -bäsing Danneil 211''; stekeberen und stekkas-
berten Woeste 253*. schwäb. stechbeer, plur. Schmid 508.
fehlen des Wortes bezeugt für Handschuhsheim, dafür
krüsltupeen Lenz 67''.) — die ztisammenset^zungen zeigen
gewöhnlich die Stammform stachelbeer- {so aufgeführt),
seltner Stachelbeeren-.
2) zu derselben gattung gehört die schwarze falsche
Stachelbeere oder schwarze Johannisbeere, pfafTenbeere,
ahlbeere u. s. w., ribes nigrum. {grossularia non spinosa
fructu nigra; piperella). Nemnigh.
3) ferner begegnet Stachelbeere {oder blattapfel) als name
eines immergrünen Strauches auf Jamaika und den Antillen,
mit stacheln, lanzettförmig ovalen blättern, weiszen und
sehr wolrieeJienden bluten und groszen, blaszgelben. an
genehm sätierlichen beeren, cactus pereskia. Nemnigh.
STACHELBEEREIS, n., als delicatesse: allem setzte er
die spitze durch ein arzneigläschen auf, das ersieh für seine
liebe seele im walde, fürDrotta, mit dem feinsten st ach el-
beer en-eise stopfen liesz. J.Paul leben Fibels «.58.
STACHELBEERENBÜSCH, -HOLZ, s. stachelbeer-.
STACHELBEERGURKE,/. -KÜRBIS, m. eine aus Arabien
stammende Zierpflanze mit kugelrtimlen . kirscJiengroszen,
borstig behaarten fruchten, rtictanis prophetarum.
25*
391 STACHELBEERHECKE— STACHELBLATT
STACHELBEERHECKE,/.; hier {in Jena) haben wir
den frühling nicht eben weiter vorgerückt gefunden als
in Weimar, blosz die stachelbeerhecken zeigten sich grün.
ScHiLLEn briefe a, 27 ; an den stachelbeerhecken, die
Joseph längs des lattenzaunes gezogen hatte, reiften die
ersten fruchte. M. v. Ebner-Eschenbach dorf- u. schlosz-
gesch. 18.
STACHELBEERHOLZ, n., auch: stachel-beeren-
holtz. DÖBEi, im reg.
STACHELBEERKUCHEN, m. schneektichen von Stachel-
beeren. KrOnITZ 167, 623.
STACHELBEERI^US, /. eint art blattläuae auf stächet-
beer Sträuchen, aphis t-ibis. Nemnich.
STACHELBEERMARMELADE, /. KrOnitz 167,618.
STACHELBEERMUS, n. roob grosaulariarum. Khvkviz
167, 615.
STACHELBEERPFLANZUNG,/.: der garten zieht sich
bis an den see, parkartig angelegt, mit den schönsten
Obstbäumen, erdbeerfeldem , johannis- und stachelbeer-
pflanzungen. Hoffmann v. Fai,i.f.rsi,kben mein leben e,ib6.
STACHELBEERRAUPE, /. raupe des stachelbeerspan-
ners (*. das.). Krünitz 167,623.
STACHELBEERSPANNER, m. ein nachtfalter mit ge-
tigerten ßügeln {daher auch gefleckter tiger oder harlekin),
dessen raupe den stachelsträuchern groszen schaden thut.
phalaena geometra grossulariata. Oken 5,1283. Krünitz
167,623. Behlen 5,670.
STACHELBEERSTAUDE, /..- der strauch, darauf sie
wachsen, wird stachelbeer-staude, oder Stachelbeerstrauch
genannt: derselbe ist sehr stachelig, öcononi. lex.'^ 2793;
stach- oder stech- auch stecke- creutz- rau- und riebesel-
beer-staude. Heppe icoÄired. jä^er 283'* ; unter jeder stachel-
beerstaude sasz mit lachendem angesicht ein unermüd-
lich schmausender junge. Storm 7,330. {nach Krünitz
167, 623 'eine benennung der gerade aufgewachsenen Stachel-
beersträucher ' .)
STACHELBEERSTEIN, m. eine art sibirischer granat,
grünlich bis spargelgrün, grossular. Karmarsch-Heeren^
4, 150.
STACHELBEERSTRAUCH, m. der strauch, woran die
Stachelbeeren wachsen, ribes uva crispa. Jacobsson 7, 418'',
auch stachelbeerbusch, -stände und einfach Stachelbeere
{vgl. das.): Lucretia wurde von der magisterin zu den
Stachelbeersträuchern in den kleinen hausgarten geführt,
um sich . . . ihren nachtisch selbst zu holen. C. F. Meyer
Jürg Jenatsch 19.
STACHELBEERSUPPE, /. loeinsuppe mit Stachelbeeren.
Krünitz 167, 617.
STACHELBEERSYRUP, m. syrupus grossularia. Krü-
nitz 167,615/
STACHELBEERTORTE, /.. a. Krünitz 167,619.
STACHELBEERWEIN, m. aus Stachelbeeren beseiteter
Obstwein. Krünitz 167,623/., besonders in England und
Schu>eden hergestellt. Karmarsch-Heeren'10,638: brot und
wurst giebt es bei uns auch, und eine flasche Stachelbeer-
wein, von meiner kleinen selbst gekeltert, daheim 31, 261».
STACHELBEERZAUN, m.: man konnte über die nie-
drigen stachelbeerzäune weithin auf die nachbargärten
sehen. Storm i, ai2.
STACHELBESEN, m. eine art hornkoraUe, gorgonia
muricata. Krünitz 167, 62*.
STACHELBETT, n.. im poetischen bilde:
der bat . . . ver^bens ansges&'t,
und sich ein Stachelbett aus dornen zubereitet.
Chr. Grvpiiius bei Campb.
STACHELBIENE, / die gewöhnliche arbeitsbiene, zum
unterschiede von den dröhnen, die keinen atachel haben.
Adelung. Jacobsson 4, 846*. Nemnich.
STACHELBINDE, / Voss Virgila ländl. ged. im reg.;
im text a. 688: um die milch der ziegen zu gewinnen, . . .
bindert man si« (die ticklein) am saugen durch eine binde
mit stacheln.
STACHELBIRNE. /. eine pflanze auf den Antillen und
in Südamerika mit groazen veeiazen blumen und wohl-
aehmedcenden fruchten ; eactua trianffttlaria, die dreyeckige
faokeldittel, die acht« stachelbirn. Nkmnicii.
STACHELBLATl', n..- dasz ich über die vielen Kunst
giriner no» tnchron ^tMdten d<>n nlnb brach, die Mämtnt-
STACHELBLUME—STACHELFLUNDER 399
lieh in die fetten stachelblätter einer aloe ihren namen
als in ein buch des wachsenden lebens eingesägt hatten.
J.Paul biogr. belust. l, 134. — dazu: auf dem kahlen,
sonnigen gestein wuchsen stachelblätterige eichen,
mächtige aloös. Hassert reise durch Montenegro 205.
STACHELBLUME, /.. a. stachelkraut.
STACHELBÖRS, m. gasterosteus , ein fisch gesehleeJit.
Campe, dasselbe wie stachelbarsch, vgl. daa. und stichling.
STACHELBORSTE, / .•
blutig wälzt der eber seine stachelborste.
Schiller 1, 843.
STACHELCHEN, n., aeltnes deminutiv zu stachel: ein
held ist er auch nicht, . . . vor dem kleinsten slachelchen
fährt er in die bienenkappe. J.Paul Katzenb. 1,49.
STACHELDELBER , m. eine igelähnliche mauhcurfart.
eentetes. Oken 7, 942 {vgl. delber, tlieil 2, 915).
STACHELDOLDE, /. eine yßanze, deren fnicht mit
atacheln gekrönt ist. auch igei-, ackerkleUe, echinophora.
Nemnicil
STACHELDORN, «1. 1) dichteriadi für apwH:
aber das manlbier nam sein schwert,
und schlug so grimmig auff das pferd,
stiesz es mit seinen slachel dorn, froschm. Pp 1»>.
2) bei Hohberg 3, 1, im reg.: des stacheldoms gebrauch,
HO im text {s. 407) stechdorn steht.
3) bei Krünitz 167, 624 eitie art krebse, die einen mit
dornspitzen besetzten rückenschild haben, Cancer spinifer.
STACHELDRACHE, m. eine fischart mit stacheliger
rückenfloase, ömcä petermännchen, seedrache, Schwertfisch,
trachimts draco. Nemnich.
STACHELDRAHT, m. mit stacheln besetzter draht. zu
zäunen und gehegen gebraucht, vgl. stachelzaundraht. —
stacheldrahtzaun, m.
STACHELEIDECHSE,/ eine art eiileclisen, lacerta agama.
Calpe, vgl. stachelleguan.
STACHELFEIGE, / 'die gemeine indianiaehe (oder apa-
niache) feige', cactus opuntia. Nemnich:
reich beschützt ist (der c/ariev) rings umher
mit aloe und stachelfeigen. Göthe 57, 318 (yaueikaa 1, 3).
STACHELFISCH, m. pesce aculeato. Kram er dict. 2, 900*,
begegnet als name verschiedener ßscharten:
1) der stichling, gasterosteus aculeatus. Nemnich, vgl.
Siebold süszwasserßsche s. ca. so schon im 16. jahrh.:
stachellisch alicubi in Germania, ut Rondeletitis scHbit,
pisciculus quem ipse aculeatum cognominat. aliqui pungi-
tium vocant. stichling zu Straszburg. Gesner de piaeibua
(1556) 215.
2) eine art der igelfische, der runde stachelfisch, kugel-
fisch, meerkugel, -taube, diodon hystrix. Nemnich. Krü-
nitz 167, 624.
8) 'ein kleiner fiaeh tnit drey acharfen ataeheln auf dem
riicke7i und drey auf dem bauche, welcher in den fiüsaen
und Seen wohnet; engl, stittlebag, ital. strazzarigla'.
Adelung (1), — identisch mit 2?
4) auch für stacliclroche {s. das.). Adelung (8).
5) ferner eijie art der seeigel, der mit atacheln veraehene
meer- oder seeapfel, echintis nuirintis. Adelung(2): stachel-
fisch, s. meerigel. Jablon8KI744''; echinua marinus, pomum
marinum apinis hirautum. Frisch 2, SU**.
STACHELFLATTERER, m. eine weatafrikaniache gattung
der atachelachiceine, anomalurua.
STACHELFLOH, m. eine art erdfloh oder blumenkäfer.
die wie ein floh springen kann und am hinterUibe einen
atachel luit, mordelUi actdeata. Campk.
STACHELFLOSSE, / 1) atachdige, spitzige oder mit
atacheln veraehene floaae. Campe.
8) flache mit harten, ateehenden atrahlen an den floaaen,
audi spitzüotaen, acanthopterugii piacea. Nemnich; dafür
gewöhnlieher stachelflosser, spitzflosser, m. Campk.
Oken 6, 16. Sikiiold aüatxoaaaerf 43.
STACHELFLÜGEL, m. • hierauff ein böser geist den
vordamlen bey den bänden ergriffen, ... in seinen feurigen
klauen gehalten, mit brennenden stachcl-flUglon umfasset,
und so freundlich gehalsct, dasz der elende mansch für
tod damider gesunrken. Piiilandkr l, 618.
STACHELFLUNDEH, m. eine art plat^fiache mit stacheln
am köpfe; der linke stacheUlunder, struff-, theerbuti,
pleuronectea jui.snri-. Nkmnich.
I
393 STACHELFORTSATZ — STACHELGÜRTEL
STACHELFORTSATZ, m. processua spinosus. Nemnich;
als theile eines hoLsicirbels. Oken 4,24; der dritte muskd.-
fortsatz am rücJcenmark. Meckel anat. 2, 29.
STACHELFRUCHT, /. frudd mit stachliger schale, wie
kastanien, wallnüsse. Campe.
STACHELGEDICHT, n., aU Übersetzung von satire.
Heynatz antibarh. 2, 440.
STACHELGEHARNISCHT, «rf/. .- da trommelte derottera-
brutfänger igel, der stachelgeharnischte, sich selber zu
seinem marsche den takt. Lcdwig 2, 288.
STACHELGEISZEL, /.; sie hat aus der pflicht eine
stachelgeiszel, aus der arbeit einen fluch gemacht. Ii.se
Frapan v<ym etcig neuen 302.
STACHELGEREDE, n.. vgl. stachelrede:
in gesundheitsdanz wird jeder vielmehr auf der kampfbahn
blühend dich schauen,
nicht Schwätzer des markts, nach dem heutigen brauch, der
ein witzlos stachelgerede {j^ißo/.exTQanr]i.a)
auf den gegner studirt, der wider ihn ficht in dem bettel-
hal Unkenprozesse.
F. A. Wolf Arigtoph. wölken (1811) 1. 169, v. 9%.
STACHELGEWÄCHS, n. mit stacheln versehenes gexcäclis,
wie dornen, b-rombeersträtccher u.a. Campe:
auch ein paar stierledeme schienen
trug er {Laertes) geflickt um die beine, dem ritzenden dorne
zur abwehr,
handschuh' auch an den bänden, vor stachelgewächs {ßAxwv
ivty.'). Odys^. 24,230;
am mantel zerrt dich der domstrauch . . .
mag das stachelgewächs
dich blutig reiszen. Geibel nachlatz 97.
STACHELGINSTER,/, eine futterpßame, ulex. s. Stech-
ginster.
STACHELGITTER, n. l) ein mit stacheln versehenes
gitter: wenn du durch Düsseldorf kommst, so gehe doch
ein viertelstündchen ins Carmelitessenkloster und ver-
lange mit der priorin zu sprechen. ... du wirst hinter
dem Stachelgitter, wo man tigerthiere erwartet, die de-
müthigste, erleuchtetste klosterfrau . . . erscheinen sehen.
Brentano 9, 14.
2) eine art stadidkoraüen, im indischeti meere, antipathes
eUithrata. Nemnich.
STAGHELGRAS, n. l) eine art exotischer gräser, deren
köpfchen mit stacheligen hülsen bedeckt sind, ähnlich icie
kletten. daher auch kleb-, klettengras, cenchrus. Nemnich.
Adelung.
2) das rohrartige stachelgras, eine graspflanze in Canada,
die wie röhr gestaltet ist, cinna artindinacea. Nemnich.
3) eiTie art langhaariger binsen, auch haarige binsen,
haariges kröten- oder waldgras, buschgras, juncus pilostis.
ebenda.
4) eine gattung der fingergräser, eehinoehloa, panieum.
Oken 3,397/.
STACHELGRÜN, adj.:
die stachelgrüne fichte.
Karschin tia Oöü. mtuenalm. 1771, 12.
STACHELGÜRTEL, m. gürtet mit stacheln, gerät zur
kasteiung bei büszern. Campe (auch stachelgurt) : die ein-
same Wohnung einer zelle, das härene gäwand und der
Stachelgürtel wären labsale, nach denen meine seele
schmachtet. Göthe 16, 82;,Eugenie, die nur aus versehen
fleisch und blut bekommen zu haben scheint, die eigent-
lich von marmor sein und in einer nische stehen sollte,
einen stachelgürtel in der band und die ewige lampe
neben sich. Hebbel 5, 157 Werner {die Schauspielerin i,i).
nicht selten in freierem und bildlichem gebrauche • dasz es
keine tugend, sondern nur eine wollust ist, die dornen-
krone von einer zerritzten stirne, den stachelgürtel von
wunden nerven wegzunehmen. J.Paul Hesp. 1,169; ich
mag die grausamen minuten nicht zählen, die zwei un-
glückliche liegen lieszen mit dem stachelgürtel des Jam-
mers an einen erblaszten gebunden. 4,57 ; und wenn vorher
die freude ihren erntekranz nahm und ihn für sie zum
trauring der freundschaft machte: so versuchte jetzt der
gram mit seinem stachelgürtel dasselbe. Titan 1, 181 ; kaum
war ihr Albano erschienen : so wurde der stachelgürtel
und das härenhemd des reinen ministers unverhältnisz-
mäszig rauher und stechender gemacht (»eine läge schwie
rigtr und quäUuder). 3,193; ein stachelgürtel aus säbeln
STACHELHAAR — STACHELKLAPPE 394
um den inquisiten geschlossen, lit. tutchl. 4, 190 ; ein teuf-
lisches blatt in der art ist das {litterarische) conver-
sazionsblatt, und ich halte es mir darum ganz allein, um
es wie einen stachelgürtel gegen die autorlust zu brauchen,
die mich immer noch von zeit zu zeit anwandelt. Arnim
bei Steig 3,544 {brief vom \6. jan. 1825).
STACHELHAAR, n. stachliges, steifes und stechendes
haar: das stachelhaar des Schweines, das stachelhaar
am kinne. Campe. — dazu stachelhaarig, od/, hispidus,
von der haut mancher thiere. ebenda.
STACHELHAFT, -HAFTIG, adj., begegnet ganz vereinzelt:
keiner kan glauben , wie stachelhafftig und hechelzähn-
mässig-weh einem das schrepffen auf den Schienbeinen
kitzelt. Simpl. sehr. 4, 15, 5 Kurz {vogelnest 2, l).
STACHELHAHXENFUSZ, m. eine art des hahnenfuszea.
deren gekrümmte stuubicege am samen sichtbar und so steif
ipie stacheln sind, auch acker-, feldhahnenfusz, ranuncultts
an^ensis. Nemnich.
STACHELHAI, m. eine art der haißsclie mit einer staehel
vor jeder rückenflosse, auch spornhai (theil 10, l, 2686),
squalus centri/ia Oken 6, 61, sqttalus spinax KrOnitz
167, 627.
STACHELHALSBAND, n. • als ich aber durch den thor-
weg gehen wollte, jagten vom hofe her zwei fahlgraue
bullenbeiszer mit Stachelhalsbändern gar wild gegen mich
heran. Storm 3, 219; zwei volle monate brauchte es, bevor
der Krambambuli, halb totgeprügelt, nach jedem flucht-
versuche mit dem Stachelhalsband an die kette gelegt,
endlich begriff, wohin er jetzt gehöre. M. v. Ebner-Eschen-
bach darf- u. schloszgesch. 142.
STACHELHASE, m. eine art meer- oder Seehasen, cyclo-
ptenis spinosus. Campe. Krönitz 167, 626.
STACHELHÄUTER, m. bezeichnuirg von niederen see-
thieren, mit einer ledernen oder kalkartigen haut, durch
deren löcher zuriickziehbare füsze gelten, tme seesterne,
Seeigel u. a., echinodermes. KrOnitz 167,626/.
STACHELHERZ , n. eine art herzmuschel , die knoten-
reiche herzmuschel, cardium eehinatum. Nemnich.
STACHELHEU, n. name der esparsette, hedgsarum ono-
brychis. Nemnich, vgl. stachelähre.
STACHELHIRSE, / eine art hirse mit stacheln oder
grannen. Adelung.
STACHELHUMMER,*/», langttste, eine gattttng der panzer-
krebse mit stark bestachdtem rücken, palinurus; besonders
die gemeine langttste, palinurus vulgaris.
STACHELHUND, m. eine art haißsche, der sauhund,
squalus centrina. Campe: galeus centrina . ein sauwhundt,
ein spitzhund, ein Stachelhundt, ein giffthundt. Gesner
fischbuch v. Foher (1598) 78'' (danach Diep.-WClcker 86I).
nach KrOnitz 167,627/ squalus acanthias.
STACHELICH, adj.. s. stachhg.
STACHELICHT, s. stachlicht.
STACHELIG, a. stachlig.
STACHELIGEL, m., dichterisch für igd: der feind «eht
aber seine Schwerter und rollt sich zusammen, wie neu-
lich der Stacheligel. Grabbe 3,267 Ch-isebach {Hannibal 4);
es liegt ihm (Sapoleon) dran, Tirol zu Oberwält'gen,
das, lächerlich, dem stacheligel gleich,
auf seiner groszen siegesbahn sieb kauert.
Immkrmann 17, 23 Hempel (trauenp. in Tirol 1, 4).
STACHELKÄFER, m. 1) eine käfergatfung, deren bnist-
schild und flügeldecken meistens mit stacheln besetzt sind,
auch dorn-, igelkäfer, hispa. Nemnich. Campe.
2) Stachel- oder erdflohkäfer, eine gattung käfer mit einer
nicht stechenden spitze am, hinterleib, mordella {aculeafa).
Oken 5, 1748.
3) eitle art schildkäfer, cassida spinifex. KrOnitz 167,628.
4) eine art rüsselkäfer, curculio scabriculus. ebenda.
5) stachelkäferchen, n. eine art kleinkäfer, der-
mestes muricatiis. 629.
STACHELKARPFEN, w». eine den karpfen sehr ähnliche
fiscltart im Comersee, die mit scharfen stacheln oder dornen
versehen ist, auch dornkarpfen, -fisch, ital. pigo. Adelung.
STACHELKERBEL, -KÖRBEL, m.. auch nadelkerbel,
-kraut, Venuskamm, scandix peeten veneria. KrOnitz
167,629. Pritzel-Je.ssen (in Schlesien).
STACHELKLAPPE,/, eine muschelarf, aucfi lazarus-
klappe, spondylus regius. Campe. KrCnitz 167, 629.
395 STACHELKLEISCHE — STACHELLEGUAN
STACHELKLEISCHE, /. eine art plat^ache. die de»-
kleische {pturoiuctes limanda) »ehr ähnlich ist. plettronectea
limandoides. Nemnigh. Campe.
STACHELKOHL, m. name einiger arten der ßockenblume
mit stacJieln an den kelehschuppev . Campe, vgl. stachel-
kraut 2.
STACHELKOMÖDIE,/.; dieser (dichter) ist selber..,
wenn nicht besser, wenigstens milder, als seine stachel-
komödien. J. Paul Katzenb. i, 48.
STACHELKOPF, m. i) eine art der klippßsche, auch
seereiher, ehaetodon cornutus. Nemnich.
2) filr artischocken ■ die übersendeten stachelköpfe
schmeckten fürtrefflich. Göthe an M. v. TTtW^m«- 62 (*.160,
vom 18. nov. 1822).
STACHELKORALLE, /. eine gattung koraUen, die den
hornkoraUeti ähnlich ist, aber eine rauhe und stachlige Ober-
fläche hat. antipathes. Nemnich. Oken ö, 117. — stächel-
ko fall ine, /. eine art der blasenkorallinen , sertularia
echinata. KrOnitz 167, 629.
STACHELKRABBE, f. eine art krebse, die sich gern im
achxcimmenden moose verstecken, auch oceankrabbe, cancer
pelagictts. Nemnich.
STACHELKRAGEN, m. eine art der igdfische mit langen
stacheln an köpf und hals, länglich-runder kropflisch, see-
taube, diodon holocanüius. Campe. KrOnitz 1G7, 629.
STACHELKRANZ , m. l) 'im gemeinen Üben einiger
gegenden. ein stacheliger oder mit stacheln versehener kram,
icelchen die braute am zioeyten hochzeitstage aufsetzen, um
sich damit gegen diejenigen zu wehren, icelche ihnen den
brautkranz abnehmen icoUen'. Adelung.
2) bei schalthieren 'eine sta<^helige henorbringung um die
gcham, icelche sich oft bis an dit hinterbacken erstreckt',
pubes. Campe.
STACHELKRAUT, n. l) name der hauheclid, ononis
arrensis (spinosa). Adelung. Nemnich. Pritzel-Jessen
{Thüringen); so schon im n.jahrh.: stachelkraut und
purpurbraun stachelkraut Tahernaemont. im reg. für
ononis non spinosa putpurea (im tea-t 913 C. 914 A dafür:
stalkraut, vgl. stachel l,c, S. d, ß); stachel-kraut, heckel-
kraat, heuhechel, weiberkrieg: ononis, anonis: arrete-
boeiif ... ist zweyerley , das stachelige , anonis spinma,
siebet wegen der vielen stacheln wie eine hechel aus,
und hat purpurfarbene blumen .... das ohne stacheln!
non spinosa, ist zweyerley, das wilde, hat purpur färbe
blumen, wird aber nicht gebraucht, die heuhechel ohne
Stachel mit gelbgestrcifftcn blumen wird im garten gezielet.
Jablonski 744'', s. ferner öcon. lex.^ 1161. Frisch 2,314b;
(icAJsahe, zwischen schwartz- und weisz-dorn, asp und schieben
auch brombeer, stachel-kraut und schilf. Brockes 6, 44.
2) hei Tabehnaemont. attch in anderm sinne {vgl.
stachelkohl): das vicrdte geschlecht (der 'flockblum'), wird
von wegen der stachelechtigen spitzen blätter, von den
kräutlern jacea aculeata . . . genant . . . teutsch heisset es,
stachelkraut und stechguntzel. 437 D, s. auch G.
STACHELKREBS, wi. eine sehr lebhafte krebaart in den
europäischen meeren, cancer strigosus. Nemnich.
STACHELKREUZBAND, n. das kleine hintere beckenband,
da» vom freien rande de» kreuzbeins zum Sitzbein. stachel geht,
ligametxtum spinoso sacrxim otler lig. pelvis posfictim par
tt/m. Campe, bei .MEf:KEL ana^ 2,360 : stacbclhcilipbeinband.
STACHELKRONE,/, dwnenkrone: 'aber jene dort, mit
dem strengen gesiebt, mit der stachelkrone und mit dem
«tachelgürtel und der knute in der band . . .' 'das ge-
wissen'. D. V. LiLiENCRON xehn nov. *. 152.
STACHELKUGEL, /. der kugelförmige igelfisch, vgl.
■tachelfisch 8, diodon hyatrix (orbis ecliinattis s. muricatüs).
Campe. Krünitz 167,880/.: von der stachelkugel. orbis
tehinatu» »ivt muricatu». ein andere art desz schnottolffcn
oder schnaderers, ein slachelungen, ein igelfisch. Gesner
flsrhb. V. Forkr rir,!«) 84''.
STACH ELKC.M.M EL. m. für den getcöhnlichen kümmel,
euminum. Okkn 8, 1807.
STACHELKUNST, /., von »atirxteher dieMung :
du lehreat, daas mwi zwar kein Cato dörf« bleiben,
doch such die »tacbelkuMt nicht ptr zu hoch toll ireiben.
Goi-THCiiKD ^ed.i 1, 620.
STACHELLEGUAN, m. tine art amerikaniachtr eidechten.
Ui der die tchuj/j/ett an hals und hintrrkopf in die hohr
STACHELLINIE —STACHELN
396
gerichtet und spitzig sitid. auch stacheleidechse (vgl. das.),
lacerfa agama. Nemnich. Khümiz 167,631.
STACHELLINIE, /. ein indischer se^di, auch gabier,
cottus scaber. Nemnich.
STACHELLOCH, ;i. am hinteren rande des mittleren keil
beiitßügels, foramen spinosum. Campe. Megkel anat. 8,99.
STACHELLOS, adj. ohne stacheln. Campe:
wir haben uns bestellt, im ringkampf uns zu tummeln,
nicht stachellos umher zu schwärmen wie die huninieln
RCCKERT (1882) 12, 226 (Rogtem w. Suhrab 98);
doch oben, wo die rinde nichts beföhrt,
wird stachellos das laub und unbcwehrt.
Freiligrath» 2, 64 (die ttechpalme).
STACHELMAKRELE, /. ein der makrele ähnlicher, aber
kUinerer fisch, auch stöcker, müseken, »comber trachuru».
Nemnich.
STACHELMAUL, n. eine art Stechfliege, conops actdeata.
KrÜNITZ 167, 631.
STACHELMOHN, w. eine pflanze in Mexico und auf
den Antillen, mit stachligen Samenkapseln, auch doppel-
klappe, argemone (mexicana. — papaver spinosum). Nem-
nich. Adelung. Oken 3, 1417/
STACHELMÜCKE,/., /iir»fec7imti<;A:e, conops. Oken 5, 77ö.
STACHELAIUSKEL, m.. 'so nennt man eine hautartige
bandsehne, welche von der mitte der basis eines jeden stach-
lichten fortsatzes (vgl. stachelfortsatz) der wirbelbeine aus
geht, bis an die spitze desselben hinaufsteigt, und sieh von
einem dieser fortsätze bis zumfortsatz des nächsten wirbel-
beins erstreckt'; interspinosi m^isculi, die stachelmuskeln,
les interipineux, a) des rückens, b) des halses. Nemnich;
der grosze und kleine stachelmuskel des rückens und der
des nackens. Oken 4,35; 6ei Campe awcA stachelmaus,/.
STACHELMYRTE, /. eitie art immergrüner pflanzen, der
(stechende) mäu.vedom, ruscus aculeatus.
STACHELN, verb. stimulare. denominativ zu stachel,
begegnet vereinzelt schon bei Luther (8,119''), ferner bei
RiNGWALDT und BuTSCHKY, häufig aber erst seit der
klassischen penode (Büroer, Voss, Schiller u. a. w.).
s. die belege, von den Wörterbüchern hat es zuerst HuLSius
(1618): stacheln, stimolare, instigare. 237»; ferner: stache-
len, verb. stimolare, frugare. stuzzicare, aguzzare, piccare.
pongolare, pungettare collo stitnolo etc. Kramer dict. 2, 900».
nach Adelung 'nwr im gemeinen leben einiger gegenden
üblich', was schon damals nicht mehr zutrifft, aus leitenden
mundarten nur vereinzelt bezeugt: bair. stachln antreiben
(und anstechen) , daneben mit bezug auf den stachel in
den Spazierstöcken : wo stAch&lst denn ällawÄl umma ?
ScHM. 2,726; prensz. stacheln, auch entstellt zu stachßlen,
quälen, pisacken ; aufhetzen. aufstacJtein durch reden.
Frischbier 2,359».
1) eigentlich, mit eitlem stachel stechen, nicht häufig,
besonders ein thier stacheln mit dem treibstacJiel (s. stachel
2, a): die ochsen etc. stacheln, stimolare, frugare etc. i
buoi etc. Kramer dict. 2,900»; die och.sen stacheln oder
anstacheln. Adelung; hier hatte er sein (mawi )thier so
heftig gestachelt, dasz es in erschreckten Sprüngen vor-
wärts setzte. C. F. Meyer Jenatsch 68. dann auch vom
sporn des reiters:
wenn mein sporn ihm (dem roiiz) stachelt die weichen
Lenau 2, 74 Koch (itUehka an der Marsch 8).
andere» nur verzeimelt und dichterisch:
manche nadel lileihl zerbrochen
zwischen zeue und futter sitzen,
die nachher den husen stachelt
und das herz lebendig kitzelt.
W. Müller ped. (1868) l, ißt {Amor ein aehnetder).
vgl. auch: einige tausend Engländer und Protestanten
wurden in ihren häusern verbrannt; andere nackoml mit
Schwertern und spieszen vorwärts in ströme gestachelt.
BÜI((iER 406».
2) sehr häufig iat stacheln i»i bildlicher, unsintdicher
Verwendung.
a) zunächst in dem ainne 'reiten, kränken, höhnen':
stachlich und gifftig sind die schlangen, . . . denn sie fragen
nicht darunib, das sie von uns wolten lernen, ... son-
dern starkem und stacheln uns mit solchen fragen , zu
höhn und spult nnscrs glaubeni<. Luther 8, 119*'; im aus
lande bin ich ... oft mit einem entltusiasmus aufgonom
nicii, der mich in Verlegenheit gesetzt, der mich scliani
397
STACHELN
STACHELNATTER— STACHELPANZER 398
roth gemacht, der mich manches mahl gestachelt hat,
weil ich . . . ihn für grobe persiflage gehalten habe. BCroer
briefe 4, 249. geicöhnlich indessen übervnegt die vorstdlung
des aufreibens ; in räumlicher beziehung:
anch durch des Gewässers fluten
mit der Sehnsucht feur'gen eluten
stachelt sie {die liebe) Leanders muth.
SCHILLKE 11, 339.
in der regel zu einem thun u. ähnl. stacheln: dasz sie
dadurch unersätlich , und zu vermessenen anschlagen
bemittelt und gestachelt worden. Bctschky Pafhmos s. 25;
die beiden {Prettsien) . . . saszen in kleine Völkerschaften
getheilt, ... also oft entzweit und schwer zu gemein-
samer that zu stacheln. Freytag 18, 199 {bilder 2,1,6);
so auch: das thier arbeitet, wenn ein mangel die trieb-
feder seiner thätigkeit ist, und es spielt, wenn der reich-
thum der kraft diese triebfeder ist, wenn das überflüszige
leben sich selbst zur thätigkeit stachelt. Schiller 10, 377.
ungeicöhnlicJier : sie, die sonst immer zur heiterkeit
stachelte. Gutzkow ritter vom geiste 8, 69.
b) mit unpersönlichem object, eine empfindung stacheln :
mein reichthum selbst war eine würze nur,
des habens hunger heftiger zu stacheln.
Schiller 13, 118 {Maeb. *, 6) ;
und sein helfer, jener schwarze, . . .
stachelt tückisch seine kühnheit
bis zu selbstvergeszner wuth.
Grillparzer* 6, 193 (fraum ein leb. 4);
um meine wuth zu stacheln
und sie von neuem anzufrischen, will ich
die schändliche geschichte dir erzählen !
Grabbe 1, 34 Grigebach {herzog Theodor 1, 8).
c) häufiger steld die empfindung als subject: Unwille und
neugier stachelten den jungen Zürcher. C. F. Meyer
Jenatsch s. 2S; er kam , wie gestachelt durch einen ge-
heimen groll, von neuem auf seine Vaterstadt zu sprechen.
134; von beständiger unruhe gestachelt, eilt das elende
weib aus ihrem verödeten stadtpalast auf ihr landgut.
noi'ellen 2, 74 ;
sie selbst, zur furie entstellt
vom gräszlichen entschlusz, der ihren busen schwellt,
mit bluterhitztem aug, gestachelt von verlangen.
Schiller 6, 416 {Didot tod 116);
so stachelte uns Sehnsucht nach der heimath.
Grabbb 3, 122 Grisebach {Friedr. Barb. 1, 1).
auch sonst mit unpersönlichem subject: das immerwieder-
durchnehmen der beleidigung, die bemühung, immer noch
etwas neues darin zu finden, was durch den reiz der
neuheit schärfer stachle, ist reflexion. Ludwig 5,266; auch
der lasterhafte Germane war selten ein verworfener mann,
die leidenschaft stachelte ihn, übermächtige Versuchung,
die noth seines bedrängten lebens und die ordnungslose
weit. Freytag 17 (bilder i), 20l ;
Boie, mich stachelte heut im ängstUcben träum mein gelübde.
Voss 106 Sauer {das Ständchen 1).
d) absolut: der gegensatz reizt, die ungleichartigkeit
der naturen stachelt. Gutzkow ritter vom geiste 6, 363;
wenn ich etwa darüber, dasz wir nicht zugezogen wurden,
getobt habe, so ist das nur geschehen, um zu stacheln
und hervorzuheben, wie schlecht man uns behandelt.
BiSMARCK briefw. mit Gerlach 221 (6. jan'. 1855). so im
particip: dagegen erfüllten ihn stachelnde neugier und
verhängnisvolle wut, sein Schicksal zu kennen bis zum
rande. Ric. Hucn von de^i königen 274;
und auch der hat sich wohl gebettet, . . .
der die stachelnde sucht der ehren
von sich warf und die eiUe lust.
Schiller 14, 117 {braut v. Mess. 4, 7).
adverbial, im eomparativ : dasz sie beisammen sein können,
wo er sie nicht sieht, ... das erregt ihn weit stachelnder,
als sie zu sehen. Ludwig 2, 125.
3) die ältere und landschaßliche spräche gebraucht
stacheln auch absolut in dem sinne 'einem spitze, höhnische
tcorte geben', offenbar als ablaut zu sticheln empfunden
und gern damit gepaart, vgl. das. .- auf einen stacheln etc.
V. sticheln. Kuameh djc^. 2, 900»; 'in andern gegenden
braucht man es auch figürlich für sticheln.' Adelung;
Campe kennt es nur aus letzterem, belege:
far mancher wenn er trincken sitzt, . . .
»0 nberkömpt er manche finn,
und wird ear klug in seinem sinn . . .
sitzt stachlen als ein neydisch hund.
RiNowALDT lauter rvarh. (Ifi97) 78;
• es ward auf Schöngeisterei gestichelt, auch wol gestachelt.
: Voss antisymbolik 2, 18; mit andrer loendung : dennoch . .
i stichelte und stachelte das grundböse weib ohne unter-
lasz in mein böses fleisch, dasz ich schier voraussah,
ich würde mich ihrer nicht erwehren können. Spindler
vogelhändler (1876) l, 191. folgende stelle läszt sich auch zu 2
beziehen : 'zeig's zuerst beim vater. bei mir brauchst nicht
anzufangen', stachelte Franz. Auerb.^ch dorfgesch. 4, 136.
4) das part. gestachelt femer in dem sinne 'mit einem
Stachel oder stacheln versehen', s. G.\mpe (2) und th. 4, 1, 4175.
von xcespen (Voss Arwfo/. i, 393), s. ebenda. — bildlich:
Viktor wunderte sich über die allgemeine freimüthigkeit
von einer so gestachelten schmeisz-mouche wie Mathieu
war. J. Paul Hesp. 3, 162. — 'in der pflanzenlehre heiszt
die mutze einer biichse gestachelt {mxuronaturn), wenn der
deckel ganz glatt ist, oben in der mitte aber eine borsten-
artige spitze hat.' Campe. — von anderm, bildlich: weil
das knochenwerk als floszrechen und gestachelter herisson
j die pforte versperrte. J. P.aul Katzenb. 2,10; der ganze
künftige lebens-kreuzgang seiner freundin lag gestachelt
und gedomet vor ihm. Qu. Fixlein 132.
STACHELNATTER , /. eine natternart in Südamerika
und Indien, auch rauhe natter, cduber scaber. Nemnich.
STACHELNUSZ , /. l) die schwimmende stachelnusz,
eine in stehenden, lehmigen xcassem icaehsende pflanze, mit
einer länglichen, mit vier starken stacheln besetzten frueht
von der grösze einer kleinen kastanie und von kastanien-
artigem geschmacke, auch wasser-, weiher-, teich-, see-,
spitz-, Jesuitemusz, wasserkastanie, -trüffel, trapa natans
{tribulus aquaticus). Nemnich. Pritzel-Jessen ; stachel-
nusz, /. . . . tribolo aequatico. Kramer dict. 2, 900»; wasser-
nusz, ein gewächs im wasser so nüsse mit einigen heraus-
stehenden stacheln trägt, tribulus aquaticus. Frisch 2,314*'.
Adelung, so schon im 16. jahrh. : wassernässe heyssen
auch weyhemtisse, Stachelnüsse, seenüsse, spitznüsse, denn
sie wachsen in den Wassergräben, und fischweihern. . . .
sie bringen ein schwartze frueht, . . . die hat drey stacheln
oder spitzen. Matthiolus kreuterb. verd. v. Handsch
(1563) 407D, bei C^merarius (1590) 333B, ähnlich LoNi-
CKRUS kreuterb. {i5'i7)96D; wassemüsz, weyemüsz, see-
■ nüsz, stachelnusz, heisset . . . lateinisch tribulus aquaticus,
j nux aquatica, castanea aquatica, und in den apotecken
i tribulus marinus. Wirsung artzneyb. (l597) im reg. ; stachel-
! nüsse, oder, wasser-nüsse, trilmli aquatici, chataignes d'eau,
sind dreyeckigte nüsse mit ebenso vielen spitzen und
stacheln versehen. . . . der koch brauchet die stachel-nüsse
entweder an andere essen oder bereitet sie auf folgende
art. l) stachel-nüsse zu putzen ; 2) stachelnüsse zu kochen.
frauenz.-lex. 1893; *. femer Jablonlki 305». Woyt gazo-
phylac. (1734) 959. 'öcon. lex.* 3115. Popowitsch 605. — als
'gewächs' des 1621 in die 'fruchtbringende gesell-schaß' auf-
genommenen Phil. Wilh. Bieder vrird bei Neümark neu-
spross. palmb. s. 234 (40) angegeben .- eine wassemüsz wie
sie wächst, dafür im 3. reg. : stachelnüsse.
2) auch für den Stechapfel (vgl. das.) , datura stramo-
nium. Nemnich (daraus Pritzel-Jessen): Igelkolben,
stachelnusz, stramoniae alterum genus. Camerarius
Matthiolus 377 C; stramoneum, datura Turcarum, stech-
äpffel; dieses gewächs ist zweyerley, grosz und klein,
das erste heist man stramonien, . . . das andere igel-kolben,
stachelnusz, Solanum somniferum, nux Metella. Woyt
gazophglac. 903 ; stachelnusz ... ist zweydeutig, weil einige
den Stechapfel (stramonium) auch so nennen, indem die
schale, in welcher der samen liegt, auch mit stacheln
besezt ist. Popowitsch 605 (unter wassemüsz).
3) stachelnusz , /. noce pungolata cioe castagne nella
prtma sua scorza, it. tribolo aequatico. Kramer dict. 2,900».
die bedeutung 'kastanie' oder 'waUnusz' scheint auch fol-
gender bildlichen Verwendung zu gründe tu liegen:
du bist auch nicht selten da, wo man stachel-nüsse schüttelt
{rtichelreden fiUirf). GC>thbr 853.
4) eine art der stachelschiiecken . auch das pimpeichen
von Banda, grosze gezackte maulbeere, Sonnenstrahlen,
murex hippocastanum. Nemnich, buccinum hippocasfanum
Oken 5,479.
STACHELPANZER, tn. .■ diese (kaatanien) gelangten dann
an eine fröhliche mädchenschaar , die die fruchte aus-
schalten, wobei sie scherzhafte weherufe ausstieszen,
399 STACHELPEITSCHE— STACHELRICHTER
STACHELRING - STACHELSCHNABEL 400
wenn der grüne slachelpanzer ihnen die jangen finger
Versehrte. Hausrath pater MaUrnus s. 203.
STACHELPEITSCHE./, sferza cmx pungoli. scorpione.
ii. discipUna ä speroncini 6 ä palletta armata di pungoli.
Khamek dicf. 2, 900*; Stimulus Stieler 1424; peitsche mit
einem stächet am ende oder mit mehreren riemen und
stacheln dran. Campe: die vigilie hatte er verschlafen
und sogar die frühmesse! wieder blickte er nach der
stachelpeitsche. hing sie umsonst dort? sollte er sich
nicht züchtigen für alle diese Übertretungen? Hausrath
pater Matemus s. 29.
STACHELPFRIEMEN, m. name der ginster, cytisus ger-
manicus. Pritzei.-Jessen.
STACHELPILZ, m., so nennt Oken 8,127 die hutpilze
mit stachliger samenhaut. vgl. stachelschwamm l.
STACHELPULSADER, /. die mittlere himhautpulsader.
aorta meningea media s. magna s. spinosa. Meckel anat.
3, 111.
STACHELREDE, /. stachehvorte , propositi aculeati
pungenti, satirici, piccanti. v. stichel. Krämer dict. 2,900";
oratio satyrica Stieler i&il, vgl. Campe: weil . . . mancher
durch schertz-reden , den andern sucht aufzuzihen; so
mus man . . . ihnen allen schein der stachel-reden be-
nehmen. BuTSCHKY Pathmos s. 824; doch sind die leute
mehrentheils sehr höhnisch, und voll stachel-reden gegen
einander. Plesse 3, ii6; die baronin, die sich durch die
stachelreden der gräfin bis jetzt nicht im mindesten hatte
verstimmen lassen. Hippel 8 {kreuz- u. querz. l), 35; freund
kalender, rief Danischmend ein wenig hitzig, stachelreden
sind keine gründe. Wieland 8,114 {üanischm. 18); dasz
man noch jetzt bei Weinlesen, auf der Themse und beim
ankeraufwinden das recht hat, stachelreden vorzubringen.
J. Paul biogr. belust. l, 123; gleich muszte die tochter . . .
die rechnung abschreiben, in einigen stachelreden für die
nachrechnung der frau gevatterin danken. Arnim 9,151;
auf den doctor dagegen richteten sich jetzt die stachel-
reden sämmtlicher herren. Freytag 6, 308 {verl. Mndschr.
2,5); in den nordischen heldenliedern wird überreichlich
die laune zorniger stachelreden geübt, bilden, 20S; die
beleidigungen , welche vor dem geschenk geübt waren,
wurden durch die annähme des geschenkes gänzlich ge-
tilgt, die späteren stachelreden aber kamen auf neue
rechnung. 400, onm.,- eine schmucke dirne, beliebte, tän-
zerin, will nur mit der einen partei tanzen: so kommt
es zu stachelreden. 2,1,78; und wenn er grübelnd den
beiden kindern nachschaute, so vermochte, trotz der
furcht vor dem Jähzorn ihres eheherrn, frau Benedicte
sich kleiner stachelreden nicht mehr völlig zu enthalten.
SroHM 4^ 271. — als Übersetzung von satire als dichtungsart
hat sich stachelrede nicht eingebürgert, s. Campe und
Heynatz antibarb. 2, 400.
STACHELREICH, adj.:
wer stets mit stachelreichen scherzen
auf liebe freunde schalkhaft paszt. U/. 167 Satier.
STACHELREIM, m. rimM satinca, poesia aculeata, pun-
gente. Krämer dict. 2,900»; stachel- seu spottreim, carmen
satyricum. Stieler 1514, daraus Campe: die stachelreime
oder spottverse {silli, versus satyrici) sind, darin etwa
ein laster, gestalt, gewohnheit, stand, misbrauch etc.
eines oder vieler, wird angezüpft, anzüglich abgebildet
und mit zierlichem schimpfe also vorgestellet, dasz im
letzten verse der letzte stachel sich müsse gemeiniglich
finden lassen. Schottel 984 ; der stachelreim.
Erast, der gern so neu, aU eieenthQnilich spricht,
nennt einen «tachelreim sein leidig Sinngedicht.
die reime bOr' ich wohl ; den stachel fUhl' ich nicht.
LBSi^IN'G 1, 2.
STACHELREITER, m. cavallieri di Spagna d di Friaia.
Krämer dict. 2, 900»; equus J/Visieus, erinaceus, est muni-
mentum quoddam vallorum ex pali» praepilati». Stibler
1600. »OMt nicht bekannt, vgl. stacheUchlag, wehr.
STACHELRICHTER, m. Satiriker: ich will nicht die
alten zttge wiederholen, mit welchen man den wort-
bücher- schul- und Stubengelehrten lächerlich zu machen
pflegt; denn die satyre über diese leute ist wogen ihrer
ieichtJgkeit so sehr zur mode geworden , dasz wir bey-
lUihe lieber den achulgelehrten selbst, als seinen stäche!-
tiobUr hören wollen. Hkrukh s, «» Supltan.
STACHELRING, m. : derjenige der den ball ausschlägt,
steht, die rechte mit einem hölzernen breiten stachel-
ringe bewaffnet, auf der obersten höhe. Göthe 27,66.
STACHELROCHE, m. rochenart mit einem pfeüförmigen
stachel am schwänz, auch stechroche, pfeilschwanz, raia
pastinaca. Nemnicii ; pastinaca piscis, ein stachel rochen.
CoRVlNUS fons lat. 470''; stachel roch, m. raia aculeata,
puntata, chioduta ö ä pungoli d chiodi sul dosso. Kram er
dict. 2, 900*, so auch bei Adelung als 'eine art roclien,
dessen rücken mit scharfen stacheln versehen ist' erklärt,
schon im le. jahrh. : unter den platten flachen fischen, sind
auch ettliche die keine federn haben, als die stachelroch,
(awi rande: palinaca, stachelroch, angelfisch.) Heyden
V. DiiAUN Plin.Zb2 (9,20); aber kein verfluchter sched-
licher gilTt ist im meer, als der angel an des stachclrochs
schwanlz, denn so ein grüner frischer bäum da mit ver-
wundet wirt, sol er zu stund von der wurtzlcn herausz
verdorren. 388 (9, 45); pastinaca marina, stachelroch, dorn-
roch, angelroch, gilTtroch, angelfisch, meerangel. Gesner
fischb. v. Forer 63».
STACHELROSE, /. l) eine seltnere rosenart, deren
Stengel und blattstiele voll grader und ungleicher stacheln
sind, rosa spinosissima, pimpinellifolia. Oken 3, 201«.
2) eine form der krankheit rose mit stechenden schmerzen,
in bannformeln, auch stäcke(l)-, stechrose. Höfler krank
heitsnamenh. 520».
STACHELRÜGKEN, m., begegnet als bezeichnung ver-
schiedener fhierarten.
1) ein£ überaus prächtige art seeraupen mit bürsten-
artiger bekleidung am, rücken, auch goldwurm, -maus, see-
maus, -raupe, aphrodita aculeata. Nemnich. Campe.
2) für Stachelschwein, hystrix dorsata. Krünitz 167,633.
{auch bei Henisch 734,62, s. Stachelschwein 1.)
3) eine bockkäferarf, ceram^x quadrimaculatus. Krünitz
167, 632.
STACHELSAU , /. l) eine fischart in den europäischen
meeren mit stacheln an den kietnenöffnungen , deren stich
für giftig galt, auch der groszschuppigte drachenkopf,
grosse meerskorpion, scorjyaena scrofa. Nemnicii.
2) früJicr für Stachelschwein: das meerschwein oder
stachelsauw, hystrix genandt, ist aller gestalt grösser
dann der gemeine garten igel. seine stacheln sind spannen
lang. LoNiCERUS kreuterb. 314*".
STACHELSCHANZE, /.. *. stachelwehr. Kramer dict.
2, 900».
STACHELSCHEIDE, /. l) scJieide für einen stachel; so
bei insecten die zweiklappige scheide des after stacheis, vagina
aculei. Campe; besonders bei bienen, scheide innerhalb des
bauches, worin der stacJtd verwahrt liegt. Overbeck
bienenwb. 79.
2) eine art der see- oder meerscheiden {moUusken), asddia
echinata. Nemnich.
STACHELSCHERE , /. eine krebsart, eancer cancharu».
Nemnich.
STACHELSCHERZ, m. : stachel-schertz, m. giuoco, sclterzo
satirico , bisticci motteggiamenti pungenti, piccanti, gall.
raillerie piquante, sunglante. Kramer dict. 2, 900»; asjH-
riores facetiae, molesti scommatum aculei. Stieler 1762;
auch bei Campe.
STACHELSCHILD, m. eine art meMkäfer, tenebrio muri-
catua. Krünitz 167, 632.
STACHELSCHLAG, m., equus Frisicu», erinaceus dietus,
claustrtim mililare muricibus armatum, dicuntur etiam
stachelwehren. Stielkr nacJisch. 29».
STACHELSCHLITTEN, m. ein niedriger schütten der
spielenden knahen , im wintcr auf schnee oder eisz zu
fahren, und sich fortzuschieben oder im hinabfahren an
abhtiiigigen örtern sich zu regieren, traha quae aculeata
perfica protruditur et regitur. FRISCH 8, SU*"; 'eine art
kleiner niedriger achlitten, in toelchem man »ich im trinter
auf dem eise vermittelst ticeyer mit eisernen stacheln ver-
sehener Stäbe selbst forthilß.' Adelung. Jacobsson 4, 84<)»,
vgl. stachel i,e,a: wan der jung hcrr Veitl hat solln in
d schuci gchn, und ist hindcr d' schuol gangn und hat
mit den buchmesscn dafür gschncballt, oder auffin weyer
mitcn stachel-schliodlon ccrtirt. tintenfäatl vor^-. B 8».
STACHELSCHNAUKL . m. eine vogelart mit aufwärts
gebogenem schnabel, auch vcrkehrtschnabel, reeurvirostra
401 STACHELSCHNECKE— STACHELSCHWAMM STACHELSCHWANZ - STACHELSCHWEIN 402
(avosefta). Nemnich. — nach Krünitz 167,632 name einer
art fliegen, musca scolopacea. und einer art des kuekucks,
cuculus scolopacens.
STACHELSCHNECKE, /. eine zahl- und artenreiche
gattung Schnecken, deren schale in die höhe gewunden, rauh
und uneben ist, auch felsenschnecke, murex. Nemnich;
auch in engerm sinne von einer unterabtheilung mit dornen
oder stacheln und einem langen dünnen schicanz, sjxinosi.
cauda exserta (ebenda), vgl. Adelung. Jacobsson 4, 245».
Oken 5,483: stachelschneck, certain poisson de mer ä
coqxiille. du sang duquel on souloit teindre en pourpre.
HuLSius 305''; stachelschneck, m. riccio 7narino, conchiglia
aculeata, murice, ostrega porporina. Kramer dict. 2,900*;
eine muschel in der see mit herausstehenden stacheln,
murex. Frisch 2,314''. schon im le. jahrh.: Mutianus
helt jn {den ' schiff seumer', remora) für die stachelschneck,
die ettwas breiter und volkomlicher ist, denn die purpur
schneck, hat aber nicht ein solches rundes scharpffes
gefresz, dasz sich in beide winckel hinan strecke, als das
an der purpur Schnecken gesehen wirt. Heyden v. Dhaun
P/in. (1565) 359; purpura, ein purpurschneck , ein nagel-
schneck, ein stachelschneck. Gesner^cää. v. Forer 144»;
von den Stachelschnecken, murex marmoreus. das erste
geschlecht der Stachelschnecken. 145» ; murex tiiangularis.
ein dreyeckechter stachelschneck. 145'' {bei den folgenden
arten dafür straubschneck) ; die alten haben yon diesen
Schnecken gleich so wol purpurfarb gezogen, die köst-
lichen wüllinen tücher damit gefärbt, als mit der färb
von dem purpurschnecken , doch so soll diese färb von
genandtem Stachelschnecken ein schweren heszlichen ge-
ruch haben. 146».
STACHELSCHRIFT, /. 'ein von einigen neuem für satyre
gebrauchtes vort, vxlches aber wenig begfall gefunden'.
Adelung; indessen ist es im 17. — iS. jahrh. nicht gerade
selten {vgl. Heyxatz antibarb. 2,440): es weren desselben
schrillten scripta satyrica oder stachel-schri£ften und were
der Verfasser selbst ein rechter satyrischer kopff. J. Rist
neue passionsand. (1664) vorber. e ö'' ; dasz , weil es nicht
halff die boszheit mit gutem beyspiele zu schelten, sie
ihren worten und buchstaben eine krafTt der Verbesserung
zutrauten, und durch allerhand stachel-schrifften, welche
sie des nachts an das haus des käysers, des Tiberius
anheffteten. Lohenstein Armin. 2,517»; lasz es seyn, dasz
man dir aufif das schimpfflichste nachredet, du bist
schuldig in diesem stücke etwas zu übersehen, denn du
hast mit deinen stachel-schrifften in das wespen nest ge-
störet. Thomasius kl. teutsche sehr. (l70l) s. 681 {lektion an
sich selbst) ; ich werde alsdann gelegenheit nehmen, meine
gedanken von den stachelschriften überhaupt, und in-
sonderheit von der kanzelsatyre , durch neuere exempel
zu erläutern. Rabener 2,83; allein solche scherze, wie
die meinigen über längst begrabne thorheiten, nehmen
sich am ende doch aus, wie eine stachelschrift gegen
mumien in ihren kästen. J. Paul grönl. proc. 2, 54; der
setzer . . . will mir dafür haften , dasz im gründe lauter
fatale stachelschriften darin leben und weben, die nach
den menschen beiszen und schnappen, aus des teufeis pap. i,
s. X, ähnlich palingenes. 2,4;
und spanne nicht zu hoch sonst reist mein zorn die sayten,
und greißt, verstocktes kind ! wie du (l. er?) schon ofR gethan,
dich mit der stachel-schrifTt so scharff una höhnisch an.
Günther 475;
welchen meine stachel-schriffl ohne grund zu nah getreten,
denen sey es öffentlich und von hertzen abgebeten. 865;
der satz ist, sprichst du, recht zu einer stachelschrift,
damit der leser gleich auf was zu lachen trift.
B. Nelkirch ged. 168 (3. $at.).
STACHELSCHRIFTSTELLER, m. saiinker: der igel
(Sinnbild des Stachelschriftstellers). J. Paul vorsch. der
äath. 1, 184.
STACHELSCHWALBE,/, name der rauch oder f euer-
schvcalbe, hirundo rustica {domestica). Nemnich; schon bei
Stieler nachsck. 29».
STACHELSCHWAMM , m. l) eine gattung schwämtne,
die unten mit pfriemenförmigen fasern , xcie mit stacheln,
besetzt sind, hydnum {erinaceus. echinus). Neunich, hyd-
num repandum Pritzel-Jessen «.461, «. aucA Adelung.
KnÜMTZ 167,633.
2) eine art der eigentlichen schwämme, saugschwämme,
spongia muricata. Nemnich.
X 2.
STACHELSCHWANZ, m. l) ein in einen staehel eatt-
laufender oder mit einem sfachel versehener schu^anz. Campe.
so in der heraldik: 'stachelschwanz heiszt der in eine Pfeil-
spitze ausgehende schwänz des drachen u. lindxcurms'.
Gritzner handb. der herald, terminologie {bei Siebmacher
wappenb. einl. B) 306».
2) gewöhnlich als bezeichnung von thieren (mit solchem
schwänz), und zwar
a) einer art eidechsen in Asien und Afrika, lacerta cor-
dylus. Nemnich, vgl. Krünitz 167, 633/. bei Oken 6,615
als bezeichnung einer sippschaft.
b) einer art homfische, balistes aculeatus. Nemnich.
Krünitz 167,634. — jetzt für lederfl^che, acronuridae.
c) einer art der seesteme. asteria aculeata. ebenda. — bei
Oken 5, 40 eine gattung der räderthiere. monostyla.
STACHELSCH\\^IN , n. l) eine in Afrika und Indien
einheimische, dann auch in Europa verbreitete gattung von
säugethieren , mit langen, starken, schicarz und weisz ge-
ritigelten stacheln, die es durch besondere muskeln aufrichten
und niederlassen kann ; an das schwein erinnert es höchstens
durch seine grunzende stimme, auch domschwein, stachel-
thier, hystrix {cristata). Nemnich, vgl. Oken 7,776 — 784.
obwol das thier gelegentlich im mittelalter ertcähnt unrd
{Heinrich I. von England besasz eins, s. A. Schultz höf.
leben^ 1, 452), ist das deutsche wort erst im IG. jahrh. nach-
zuweisen, vgl. Weigand 2, 789: das stachelschweyn bei
Frisius nomend. (1556) 53'', s. ebenda; hystrix Maaler 383»;
umb die gegend der statt Scasse inn Tartareien, sind der
Stachelschwein gar vil, und so man jhnen daselbs nach-
jaget, . . . spreussen und schütten {sie) alszdenn jhre beige
hefitig auff, und schiessen mit jhren stacheln beide den
menschen und hunden gar grausam unnd gewisz zu.
Heyden v. Dhaun Plin. (1565) 181 {bei der abbildung steht:
hystrix. porcus spinosus. Stachelschwein); domschwein,
Stachelschwein, stachelsaw, meerschwein, histrix, anitnal
ex marinorum genere, corpore maior et longioribus aculeis.
Henisch 734,62; porc espie Hulsius 305''; der igel und
das stachlichte staehel [dorn] schwein hat an statt der
haar stacheln. Comenius sprachenth. -TßG; hystrix Cor-
viNUS fons lat. 652»; Stachelschwein, n. riccio, porco-spino
öspinolo. Kramer rftc^ 2,900»; Äwfrür Stieler ruichsch.w^.
Frisch 2, 314'', s. femer Woyt gazophylac. 442. Adelung.
Krünitz 167,634 — 640. in nd. form: stackel-swijn, sax.
histrix. KiLi.'K.N. {sonst nl. gewöhnlich ijzer-, auch stekel-
varken, in der Btirensprache ysterfark.) — jxicht selten in
der neuem litteratur: weder das Stachelschwein noch die
fledermaus sind schön, so zweckmäszig auch ihre theile
gebildet sind. Sturz l, 223; wenn das Stachelschwein
drohen will, so treibt es den wald seiner kiele auf, man
vernimmt dabei ein rauschen, viel zu stark, als dasz es
aus dem aneinanderschlagen der vielen hornspiesze er-
klärt werden könnte, das thier vermag luft in die röhren
dieser organe zu treiben, um durch den windsbrautähn-
lichen ton den feind zu schrecken. Vischer auch einer 2,171
{dazu: stachelschweinrauschen 173); das Stachelschwein.
noch zeigt uns die natur ein thier, das einem igel ziemlich
gleich,
an[d] das nicht weniger als jener an spitzen stacheln wimder*
reich. Brockes 9, 297.
als icirtsfiausschild : an einer stange war ein groszes
Stachelschwein über der thüre herausgesteckt als schild.
'da sind wir' sagte Martino, 'wie glaubt ihr, dasz dies
vornehme gastliaus heisze?' 'zum Stachelschwein!' sagte
ich. . . . und Martino sagte : 'ihr denket so zärtlich un-
gefähr wie euer schild, das Stachelschwein'. Brentano
4,246. femer im vergleich: entsetzlicher anblick! meine
haar' sträuben sich empor, ich muss aussehen wie ein
Stachelschwein. Raimund 2,243 {alpenk. u. menschenf. 1,14);
du (dichter) magst die andern faxen machen,
ich {Muta) liefre die realen sachen,
dann wird aus unserm mein und dein
ein Instspiel, wie ein Stachelschwein.
^ „^ ^ Hebbel 1, 312 Tf'em<r (d»am. prol.).
dann auch übertragen:
'ach söhn, ach lieber söhne mein,
was bringst mir für ein Stachelschwein?' —
'es ist fürwahr kein Stachelschwein,
es ist die herzallerliebste mein.'
winderh. 1, 130 Boxberger.
8) miszbräuchlich tcird Stachelschwein auch auf den
igel angexcendet , der ähnliche stacheln hat, vgl. .- 'staehel-
26
403 STACHELSCHWEINAUSSATZ - STACHELTAUBE
STACHELTHIER -STACHES
404
Schwein ist eine benennung, welche unrichtig dem igel ge-
geben wird; da Stachelschwein doch ein ganz anders thier
ist' Heynatz antibarb. 2, 440. so bei Jablonski 314*' (igel,
Stachelschwein : erinaceus. porcepi, herisson). Woyt gazo-
phylac. 330. preusz. Stachelschwein, nd. -schwin, gemeiner
igel, erinaceus europaeiis. Frischuier 2,359».
8) eine art stachehchtiecken , auch spinnen-, distelkopf,
murex tribtdtts. Nemnich.
STACHELSCHWEINAUSSATZ, m. ßschschuppenkrank-
heit, vgl. stachelschweinmensch.
STACH ELSGHWEINFISGH, m. eine gattung der hörn-
fische. Campe.
STACHELSCHWEINHOLZ, n. aus alten kokospalmen ge
wonnenes nutzholt.
STACHELSCHWEINIG, adj. einem, Stachelschwein ähn-
lich ; bei den preuszischen holzhäyullern von holz, das stark
mit ästen besetzt ist. besonders kiefemholz. Frischbier
2, 359».
STACHELSCHWEINMENSCH, m. 'die benennung eines
icunderbaren naturspieles von menschen, icelcher in London
zu sehen war und am ganzen köiper mit harten stacheln
bedeckt loar, welclie an einander ra.'i.selten, tcenn man darüber
hinstrich'. Campe: doch mag er {der Verfasser) . . . lieber
bei elendem weiter im winter satirische dornenhecken,
und im frühjahr lieber idyllenartige blumcnparterre setzen,
so wie umgekehrt der stachelschweinmensch in London
seine stacheln blos im winter abwarf und deswegen nur
in dieser niausezeit seine frau umhalsete. J. Vwi. palin-
genes. 1, 69; da ich einst eine familie solcher stachel-
Bchweinmenschen gesehen und zum Unglück auf dem
ersten platze stand, ertappte der hornpapa meine band
und führte sie mit gewalt . . . auf seine borkenhaut mit
den Worten: 'fühl, fühl, is all natur'. Brentano 5, 410.
(solche menschen leiden an einer huxitkrankheit , der fi^ch-
schiippenkrankheit, die auch stachelschweinaussatz heiszt.)
STACHELSCHWEINSTEIN, m. 'steinartige köiper. tcelche
»ich im magen und in der gallenblase der Stachelschweine
finden (lapides hystricini)' . Campe, nach Jacobsson 4, 245»
'ein^ art von bezoar, fett und seifenhaft anzusehen und
anzugreifen, von färbe grünlidi, gelblich, oder schicärzlich-
roth', fr. bezoar de porcepic, daher bei Krünitz 167,639/.
auch stachelschweinbezoar.
STACHELSCHWEINSTIL , m. : kürzlich habe ich Val.
Rose's Anacreonteen für's centralblatt angezeigt — mit
einigen bemerkungen über Rose's Unarten und stachel-
schweinstil. Nietzsche briefe 2, 74.
STACHELSEEKÄFER, m. eine art käfermuschdn, chiton
hispidus. Campe. Krünitz 167, 640.
STACHELSENF, m. eine art des zackenkrauts in Süd-
f rankreich, deren keulenförmige schote drei oder vier mit
einem kleinen stachel, versehene sameiikörner enthält, auch
keulenschote, bunias erucago. Nemnich.
STACHELSPITZIG, adj. mucronatus, kunstwort der
botanik, 'eine krautartige börste an der spitze eines Mattes,
einscJinittes oder blattartigen gebildes'. Beulen 5,671.
STACHELSPORN, m. sporn mit stachelhals, s. Boeiikim
waffenk. TAkf. ; freiei- • es will ein gutes gesiebt dazu ge-
hören, . . . dasz man den . . . stralenreif (der als colossal
figur gedachten 'Jungfer Europa") nicht für eine zacken-
krone nehme, oder für eine dornenkrone. letzteres wRre
noch richtiger, da sie gerade 72 stachelsporen hat, welches
eben die zahl der wunden ist, die nach den katholiken
die dornenkrone ritzte. J. Padi. biogr. belust. 1,36.
STACHELSTECKEN, m. stock mit einem stächet am
untern ende ; zum, antreiben von thieren : während die treiber
mit welscher unbarmherzigkeit die abgehetzten thiere mit
Peitschenhieben oder stachclstecken bearbeiteten. Haus-
rath pater Maternus 19. atich zum fortbewegen der hand-
Schlitten auf dem eise.
STACHELSTEIN, m. : Judensteine, stachelsteine, oiiven-
steine heinen die versteinerten stacheln der seeigel. judaici
Utpide». Nemnich.
STACHELSTERN, m. eine artaeestem. auch ritter-, pferde-
itern, atteria» equestria. Nemnich.
STACHKUSTOCK , m. stock mit einem »fachet unten,
vgl. stachcUlcckcn; el»., «. Martin-Likni!AHT 2, 671*.
STAC-HELTAIIBK./. eine art der igelfische, diodm echi-
natu». Campe. KhOnitz 167, 040.
STACHELTHIER, n., für Stachelschwein, vgl. das.
Adelung, hystrix Nemnich.
STACHELUNG , /. stimolamento , struzzicamento etc.
Kramer dict. 2, 900*".
STACHELUNKE, /. (?): orbis echinatus »ive muricatu».
ein andere art desz schnottolfFen oder schnuderers, ein
stacheluugen. GEStt F.n fiscJib. v. Foher 84'' (s. auch stachel-
kugel), im reg. dafür: stacheluncken.
STACHELVERS, m., vgl. stachelgedicht, -reim. Campe.
STACHELVÖGLEIN, n., poetisch für biene: die gesunde
und ordentliche liebe ist ein süsses stachel-vögelein oder
biene, so aus den schönen blumen honig sauget. Bu tsciiky
Pathmo.1 599.
STACHELVOLL, adj. voller stacheln. Campe; eigentlich:
0 rose, königinn auf stachelvollcm holz.
Gi.EiM 5, 10.
bildlich: la-ss ruhn den stachelvoUen jambos,
womit du Föbus echwarm bestreitst.
Voss 6, 117 {schwergereimte ode).
STACHEL WALZE, /. feld- oder ackerwalze, die auf ihrer
ganzen peripher ie mit stacheln besetzt ist, bei lehmigem oder
thonigem erdreich gebraucht, das beim pflügen grosze schollen
gieht. Jacobsson 4, 582''.
STACHEL WEHR, /..- stachel-wehr, stachel-schantz , /.
parapetto, forte, steccato ä riccio cioe fatto o munito di
cavaili o cavallieri di Frisia ö pali scarpati di ferri pun-
tutt. Kram er dict. 2, 900»; s^ides praepilatae, ferratae.
Stieler 2512, vgl. nachschusz 29» unter stachelschlag;
'stachelwehr, igel, werden von einigen die frisischen odei-
spanischen reuter genannt.' Jacobsson 7,418'*.
STACHELWIRBEL, m. eine art unrbelfhierchen in stehen-
den gewässern, brachionus mucronattts. Nemnich.
STACHELWORT, n. Kram er dict. 2,900», s. stachel-
rede; stachliges, kränkendes, höhnisches oder aufreizendes
wort, vgl. Campe: zum ersten klagt d. Eck, dasz ich
Andreas Carlstadius etlich conclusiones wider ihn hab
lassen ausgehen, mit stachel- und verächtlichen worten.
Luther 6ri«/e 1,308; dergleichen stich- und stachel-wort
war auch dieses, als anno 1419 . . . ein Schweitzer von einen
Schwaben spöttlich gefraget ward. Wesen igk apid-sieben
(1702) 67;
die raths-berm schütten fluch, die richter bübereyen,
die allsten stachel-wort auf den erlöser aus.
Lohenstein geisü. gedancken 85, 1559;
verwund', o weibchen, so nicht meine brüst
mit Stachelworten! Bürger 156» {II. 3, 550);
auch sie, die alte könieinn, sieht man . . .
in stahl gekleidet durch das lager reiten,
mit gift'gen Stachelworten alle Völker
zur wuth aufregen wider ihren söhn.
Schiller 13, 181 Oung/r. v. Ort. prU. 8).
STACHELZAUN, m. zauti ott* stachel(zaun)draht. —
stachelzaundraht,m. druht oder drahtlitte mit scharfen
stacheln in kurzen abständen, beliebtes material für ein
fiiedigungen , 1874 in Europa aus Amerika eingeführt.
Karmarsch-Heeren ' 8, 392. s. auch stachcldraht.
STACHELZUNGE, /. stachlige zunge; bildlich, tunge.
die Stachelworte spricht. Campe.
STACHELZWEIG, m. : ganz bequem war der (tannen)
bäum nicht im arm mit den spitzen stachelzweigen um
die nase. Ilse Frapan in der stille (i897) 116.
STACHES , m. , eine weit verbreitete volkssprachliche
kürzung des namens Eustachius, dann auch appellativisch
gebraucht, zunüc/ist als scherzhaftes .schcltwort , für einett
dummen, närrischen oder ungeschickten menschen; in diesei-
Verwendung auch im plur. stachese, «. Weigand 9, 789.
die namensform Stachius belegt Crecei.ius 808 schon aus
einer Fuldaer urk. von 1578 ; »ie findet sich auch in gegenden.
die dei\ appellaÜven gebrauch nicht kennen, ao achwäb.
St&ches, Stachesie, a. Bayerns mundarten 1,199, und sogar
in der Altmark als Stachels DANNEii.aos», vMrend da»
nd. gebiet im allgetneinen die bildung (wie den namen über-
haupt) nicfit kennt; im Aarijau rf<i/iVr Slachcli Frummann
6,461, ateirisch Stachel utid St&chcrl UnoerKiiuli. .^07''.
für daa appellativ »cheint folgendes der älteste beleg .- stachcs,
ein poBsierlicher, ungeschickter kerl, der ein komisches
ansehen hat, und sich daboy zum narren gebrauchen
l&sst. diese benennung ist im reiche gebräuchlich. Kind-
LEBBN »tudentenlex. (i78l) I8l. »on»t für folgende land-
»duiften beteugt: »chwäb. im Biet Bihlinukr 409»; el».
405
STÄCHET — STACHLICHT
STACHLICHT
406
Martin -LiKNHART 2, öVl*" {schwacher, einfältiger mensch,
so auch im lob. zu Arnold Pfingstmontag ; als koseform
des namens dagegen Stachi, das daneben einen groben,
rücksiehtslosen menschen beseichnef); bair. Staches, Stachs
und St&chal Schm. 2,722, Hrol. Stach, Staches Schöpf 6%;
besonders aber rhein. Klein 2,166 (Jülich, Berg, Pfalz),
pfälz. unbeholfener mensch. Autenrieth 135, um Frankfurt
eiti langgeicachsener unbeholfener mensch (du bist ein rechter
Staches! da langer Staches!), nass. Staches t{.if/ Stachil
llödsinniger mensch. Kehrein 1,386, tcesterw. Staches (l.'ein
vnrklich blödsinniger mansch', 2. blas als schdtwort: dummer
junge, tölpel). Schmidt 230. Weigand 2, 789/., hess., be-
sonders oberhess. tölpel Vilmar 394, schtaches, am Vogelsb.
Schteches Grecelius 803. (Ppister 283 verzeichnet dazu
eine nd. nebenform Stäkes, ioobei vielleicht andre momente
ins spiel kommen.) in Wien dafür Stlicherl mit der bedeu-
tung 'ein alter, schon mühselig gehender mensch' HCgel I5i^;
jedenfalls auf grund einer volksetymologischen anlehnung,
vgl. staken. — eine eigenthümliche Verwendung ist aus
Waldeck bezeugt: er hat einen staches, eitlen groszen
dunkel. Bauer-Collitz 173.
STÄCHET, «., *. stacket.
STACHGARN, n. , preusz. für fischernetz. Frischbier
2. 359». vgl. staknetz.
STACHLICHT, adj. mit sfaehdn versehen, ableitung zu
Stachel, erst seit dem 16. jahrh. (Luther, H. Sachs u. a.)
bekannt, daneben stachlig, s. das. die form ohne mittel
vocal ist von anfang an die vorlterrschende ; sie steht auch
in den ältesten Wörterbüchern, die das wort aufgenommen
haben, bei Comenius, Corvinus {senticosus, rauhe, stach-
licht. 589*, vgl. unten), im teutsch-frantz.lat. diction. (1669)
321», s. Weigand 2,789. die spätem haben die form stache-
licht, adj. aculeato, agugliato, spinoso, ricciuto. Kramer
dict. 2, 900»; aculeatus, aculeo armatus, spinosus, senticosus.
Stieler 2156. so femer stachelicht, aculeatus. Nemnich
und Campe, dagegen : stachlicht {adj.) aculeatus, spinosus,
pungens. Steinbach 2,710. Frisch 2,314*. in der litte
ratur begegnet stachelicht zuweilen im 18. jahrh. (Zachariä
1, 57, irrgarten 403, Schiller 13, 369, s. unter i). zu stach-
licht scheint der sitperl. stachlichst zu gehören, s. irr-
garten 4<35 utid C. F. Meyer unter i. in älterer spräche
nebenformen mit dem vocal e in der ableittingssilbe .- stach-
lecht (Eppendorff, Tabernaemont.), stachelecht (Lom-
CERUS, Simpl.), stachlet (B. Waldis), und tceitergebildet
stachelechtig (Tabernaemont.) , s. unter 2. in Idiotiken
nirgends aufgeführt.
1) von thieren.
a) von insecfen mit einem stachel, besonders bienen -.
in einem bienenstock entspann sich einst ein streit . . ,
wer edler und unedler wäre.
o! rief die stachlichte parthey,
was braucht man lange noch zu fragen. Gellert 1,258.
5) von thieren, deren häute mit stacheln besetzt sind:
stachlichte thiere, anitnantes spinis hirsutae. Steinbach
2,710; das stachlichte dornschwein oder Stachelschwein,
hispidahy Stria:. Comenius janua (1644) 58; ein igel ist ein
stachlicht thier. Corvincs fons lat. 7»; .
schwarz wimmelten da . . .
der stachlichte röche, der klippenfisch.
Schiller 11, 224 (taucher 119).
dazu: ettliche {meerthiere haben) ein harte stachlechte
haut, als die fisch echini. Eppendorff Plin. 107 (9,9).
2) von pflanzen und pflanzentheilen : stachelichte kasten-
schale, riccio di castagna. Kramer dtcf. 2, 900»; die hage-
dornen sind sehr stachelicht. Stieler 2156; stachelichte
auswüchse. Campe; sein {der wassemusz, vgl. stachel-
nusz i) frucht ist stachelecht , hool , schwartz , und hat
drey stacheln, gleich wie drey hömer. Lonicerus kreuter-
buch 96 D ; sähe ich ein stachelecht gewächs, so erinnert
ich mich der dornen crone Christi. Simpl. 2,2ii,20 Ktirz
(6,23); an den stengeln {des mangolds) ... erscheinen
kleine gelblechte blümlein , . . . nach welchem runde
stachlechte knöpfflein erfolgen. Tabernaemont. 814E;
seine {der 'wilden eucumem") räben seyn rauch, ein wenig
stachlecht. 865 J; auff den stengeln und nebenzweyglein
gewinnet dieses gewächs {die 'fiockblum', jacea) schüpech-
tige knöpfTlein oder häubtlein, wie die obgemeldten, ausz-
genommen, dasz sie bäuchechtiger und stachelecb-
tiger seynd. 436 H; das Arierdte geschlecht, wird von wegen
der stachelechhgen spitzen blätter, von den kräutlern
jacea aculeata . . . genant. 437 D;
das die strohaimen und die aber
möchten wachssen fein schlecht daher
on die scharpffen, stachleten spitzen,
die eim in henden bleiben sitzen.
B. Waldis Esop 2, 33, 9.
3) sonst selten in eigentlichem sinne, steif und spitz icie
ein Stachel:
und die verworrenen bärt' umstrozt ein stachlichter eiszapf
(Hiria horrido). Voss Virg. landbau 3, 366.
nur einen einzigen ausdruck verstehe ich nicht {in
Chr. Weises Masaniello), ob ich gleich aus dem zusammen-
hange sehe, was er sagen will. Allegro sagt zum Bravo,
den er in sack gesteckt: mause mir keine ducaten, sonst
muszt du mir das zahlbrett lecken, wo es stachlicht ist.
(Karl) Lessing 13,480; {so) wandelte diese beweghche
vestung {die Schweizergarde Karls IX.) fort, und bildete mit
vorgestreckten piken eine stachlichte mauer, welche die
feindliche reiterei nicht durchbrechen konnte. Schiller
9, 831.
4) sehr häufig in übertragenem gebrauche; von menschen,
im ausgeführteren bilde: 'dorne' sind die gottlosen, sonder-
lich die das evangelion verfolgen, stachlicht und un-
schlachtiger art. Luther 19, 401, 18 Weim. ausg.: was mir
in dieser wildnis ersprieszen wird , . . . musz wohl eher
eine stachlichte distel, als eine weisze Galathee sein!
Keller 7, 29 {sinnged. 5);
(ich, Heinz Widerborst) bin stachlicht, gantz jglischer art,
halt allenthalben widei-part,
wann ich stich mit spitziren Worten
dückisch umb mich an allen orten.
H. Sachs /ab. 1, t. 120, 57 neudr.
femer: an zarte seelen verwöhnt kamen ihm die städti-
schen alle so stachlicht und ungeschliffen vor. J. Paul
Hesp. 4, 16; deutscher könig war jetzt der verwachsene,
herrschsüchtige und gewaltthätige Albrecht, söhn Rudolfs,
und es war bei anlasz eines aufenthaltes desselben in
Zürich, als eine gröszere zahl geistlicher und weltlicher
herren dort zusammentrafen, von denen nach der Weiter-
reise des kaisers manche noch in der befreundeten stadt
blieben, wo fast alle verbürgert waren und fröhlicher
wurden, wenn der stachlichte kronenträger, der es mit
niemandem freundlich meinte, wieder verschwand. Keller
6, 76 ; besonders mit bezug auf die art zu reden .- stachelicht
in Worten, aculeo et maledicto facetus. Stieler 2156; einen
in der gesellschaft zum stichblatt des witzes (zum besten)
zu haben, ohne doch stachhcht zu sein (spott ohne an-
züglichkeit), ... ist eine gutmüthige . . . belebung derselben.
Kant lo, 293 {anthropol. 1, 8, § 77). in der fruchtbringenden
gesellschaß war der stachlichte der gesellschaftsname des
Georg Peter von der Heyde, sein 'gewächs' der mäusedom,
s. Neumark neuspross. palmb. s. 384, 554. häufiger von
einer verletzenden oder spöttischen ausdrucksiceise : eine
stachlichte art zu reden, aculeatum dicendi genus. Stein-
bach 2,710; stachlichte Worte geben, asperioribus facetiis
aliquem perstringere. ebenda; aculeatae literae, stachlicht
und höllische brieffe, die einen beissen. Corvinus fons
lat. 7»; so stachlichte worte, die der christlichen be-
scheidenheit nicht gemäss wären. Erasmus lob der narrh.
übers. {Leipzig 1735) vorr. ; ihm {Cyrus) ward sein haupt
abgehauen, und aus befehl der königin, in einen ledern
von blut befüllten sack, gestecket, mit diesen stachligten
Schimpfworten: settige dich nun mit blut. Seinicke fuchs
{Rostock 1650) 48: denn dein jäher zorn, deine stachlichte
schreibarth . . . zeiget an, dasz dich der point d'honneur
von Jugend auff ziemlich verführet. Thomasius kl. teutsche
sehr. (1701) s. 678 {lektion an sich selbst); die sinn-gedichte
belustigen durch ihre kleinen stacheligten und scharf-
sinnigen einfalle. J. J. Breitinger crit. dichtk. s. 88.
jedoch der treue Putz (pertonif.) baut schnell es wieder auf,
und liesz in seiner wuth der schniähsucht freyen lauf.
Pandur verhöhnet ihn; doch nicht zum krieg geschaffen,
straft ihn des Putzes witz mit stacheiichten waffen.
Zachariä 57 (renomm. 3, 354).
ähnlieh: Albano habe heute fast blos stachlichte und
sperrige Wahrheiten vorgebracht, die nur erbittern, nicht
erleuchten. J. Paul Titon 2,42; dergleichen hohnische und
stachelichte fragen, irrgarten ios {in der ausg. von 173;':
26»
407
STACHLIG
ST ACIE— STACK
408
picquante fragen. 409) ; die empfindlichsten und stachlich-
sten antworten. 405 (1738: picquantesten repliquen. 411);
doch wer die stachelichten räthsel nicht
auflöszt, die seine frau ihm in der eh
aufgiebt, der ist verlesen und verlohren I
Schiller 13, 3(59 {Turandot 2, 1);
persönliche fragen sind stachlicht,
wenn man sie nicht versachlicht.
Fulda neue ged. (1900) 249.
adtneres: und o wie viele andere stachlichte empfin-
dungen . . . kletteten sich nicht an dieses belastende ge-
fühl von trennung und einsamkeit! Thümmel reise 2, 3il.
so auch (eher hierher als zu stachlig, vgl. oben): eben
durchschritt eine schlanke feine gestalt ... die halle, der
herzogliche privatsekretär Priolo, den der adjutant mit
bösen blicken begleitete, — denn er war in seiner stach-
lichsten laune. G. F. Meyer Jenatsch s. 215.
STACHLIG, adj. mit stacheln versehen, in der bedeutung
von stachlicht nicht unterschieden und wie dieses seit dem
iß.jahrh. (Luther) bezeugt, vgl. Weigand 2, 789. in der
altem spräche herrscht die Schreibung mit ch, die auf
stachellich zurückweist, so bei Luther gewöhnlich stach-
lich {seltener stachlicht, s.das.i), auch bei Mathesius
und noch bei Jagobsson und Alexis; stachelich findet
sich im 17. (Corvinus) und im 18. jahrh. {Felsenb., der
junge Göthe, s. die belege), über den Superlativ stachlichst
s. unter stachlicht, sonst hat sich in der neuern zeit die
Schreibung mit g festgesetzt, wie überhaupt bei den ad-
jectiven, deren Stammwort auf -l ausgeht, und zicar ist hier
die form mit erhaltenem mittelvocal häufiger als die syn-
eopierte. so vereinzelt schon bei Henisch (1616): dornen,
dornig, dornicht, dornächtig, stachelig, das vil dörner hat,
spineus, spinosus. 733, 40, und Opitz {s. 3). sonst erst seit
m,itte des 18. jahrh. : stachlig, spinosus, aculeatus, spinis
hirsutus, pungena. Frisch 2, 314''. Adelung Äa< stachelig
und stachlig, Campe stachelig, in den litteraturbelegen
ist stachlig bei Wieland utuI Arnim, stachelig von
Schiller an belegt.
l) von naturgegenständen.
a) von thieren, die einen stachel haben oder deren haut
mit stacheln bedeckt ist: {im bilde:) darumb sol man den
gifftigen, stachlichen schlangen auff den kopff tretten.
Luther 8, 119*". dazu: stachlich sein wie ein igel. Mathe-
sius Syrach (1586) 2, 50*.
b) von pflanzen und pflanzentheilen : {im bilde:) es sind
wol widerspenstige und stachliche dornen bey dir, und
du wonest unter den scorpion, aber du solt dich nicht
fürchten, für jren werten. Hesek. 2, 6; apina alles was
an kräutem oder Sträuchen stachelich oder dornich ist.
Corvinus fons lutin. 625»; 'stachliches blatt, spinosum,
{gärtner) heiszt dasjenige blatt, welches am runde mit
pfriemenförmigen, steifen, stechenden spitzen besetzt ist'.
Jagobsson 7,418'»; 'in der pßanzenleJi,re heiszt stachelig
{aculeatus) ein stock, wenn die Überbleibsel des laubes
stacheln daran zurücklassen; ein stengel, xcenn spitzige mit
der haut sich ablösende Verlängerungen daran befindlich
sind; ein blatt. wenn die Oberfläche desselben mit stacheln
besetzt ist; eine allgemeine blumendecke, woran die ränder
der blättchen mit kurzen steifen stacheln bedeckt sind; ein
allgemeiner fruchtboden {apiculafum), wenn er mit fleischigen
stechenden kurzen spitzen besetzt ist.' Campe; onkels baus-
chen lag stumm und tot unter den breiten kastanien, von
denen die stacheligen fruchte auf das dach prallten. Ilse
Frapan Jugendzeit 104; sie war wie ein wildes exotisches
kraut, das einsam in Schluchten wächst, mit dunkeln,
harten, stacheligen blättern. Big. Huch von d. königen u.
d. kröne 18.
c) twi körpertheiUn Übender wesen: ein aufgeworfener
mund, der so wie das kinn mit einem schwarzen stache-
Hchen baKe besetzt ist. Göthk &r^/el,21 {an Cornelie
d. 6. dee. 1766); sie {das meerweib) sagte aber, sie esse es
{da* hert) lieber roh, und bisz sogleich ein groszes slUck
ab mit ihren scharfen, stacheligen zahnen. Ric. Hucii
teuftleien 149.
d) auch von mineralien .- stachliche krystalldruse, qtiartum
eehinatum; kleinere krytlalle, die um einen andern kiirptr
$o herumritten, da** tie de.a$en gante oberfläehe bedecken
und mit ihren nach aunen gerichteten syittigen pyramidrn
ihm ein stachliges aussehen geben, stachlicher markasit,
marcasitfi actdeata. Jagobsson 7, 418''.
2) von werken der menschenhand : dichte verbacke und
stachelige pallisaden verrammelten die Zugänge zu dem
steil anlaufenden berge. Schiller 8, 274; das ganze haus
erschien ihr so stachelig, starr und finster wie die eisen-
gitter vor den fenstern. Auerbach dorfgesch. 2,202.
3) in bildlichem sinne {vgl. stachlicht 4), 'beissend. spitzig',
so besonders stachelige Worte, welche eine bittere beissende
empfindung in dem gemüthe zurück lassen' . Adelung: da
spottet der prophet des königes seer helTtig und mit
stachlichen werten. Luther 19, 421, 28 Weim. ausg.; in-
spice verba et opera eorum. nihil est quam quod sie uns
stechen , ut sanguis sequatur . . . si dant . . . stachliche
wort. 27,291,4; ihr {der satyra) vorncmstes aber ... ist,
die harte Verweisung der lasier und anmahnung zue der
fügend: welches zue vollbringen sie mit allerley stach-
ligen und spitzfindigen reden, wie mit scharffen pfeilen,
umb sich scheuszt. Opitz poeterei s. 23 neudr. {in der ausg.
von 1690 dafür: stachlichen); an dem herrentische blieb
es freilich bei einigen stachligen reden. Arnim 3, 355
{kronenw. 3, l) ; weil ich mich aber erinnerte, ihr . . . noch
andere pretieuse Sachen . . . auf die treue gegeben zu
haben, so konte doch nicht unterlassen, einen stache-
lichen gratulations-bricf an dieselbe zu schreiben , und
meine sachen wieder zurück zu verlangen. Felsenb. 2, 224.
daher auch: zwar inkommodirte ihre stachliche zunge
weniger, wo so viele stachlicht sind. W. Alexis Ise-
grimm 133. ferner: solchs sey gesagt vom stumpffen und
rauchen antwort, so man sol den halstarrigen Juden
geben, auff jre stachliche gifftige frage. Luther 8,124'';
sein witz wurde nach und nach so stachlig, dass ihm
keine biene mehr gewachsen war. Wieland 12, 175 (don
Sylvio 6,i); und David psalm 81. heisst es einen stach-
lichen oder bittern geist, wie die Juden wider Christum
hatten. Luther 6, 12''.
STACIE, /., s. Station.
STACIONIERER, m.. s. stationierer.
STACK, n. 1) im nd. ein vom festen ufer aus quer oder
schräg in flieszende gewässer hineingebauter dämm zum
schütze des ufers und zur ahleitung des wassers. buhne.
plur. Stacken. Campe. Lueoer 2, 7C5; vgl.: 'stack, stack-
werk, heiszt an einigen orten das schlengenwerk, auch ein
bollicerk. überlMupt aber auch ein jeder einbau.' Jagobsson
4, 245*. so schon mnd. stak {gen. stackes), s. Lübben mnd.
handwb. 372'', netmd. stack 'ein abgestutzter dämm, der
quer in den flusz hinein gelegt mrd, um den ström von
einem ufer abzuweisen, welches man entweder ethalten, oder
land daran gewinnen mW. Richey 285. brem. wb. 4, 986.
Schütze 4, 182. vgl. stackdeich und stackwerk, dieses
stack hängt jedenfalls mit staken, m., zusammen, vgl. das..
doch unterscheidet es sich davon durch das ck.
2) im dithmars. für stucket, 'ein gehege um den garten.
es mag aus brettern oder zäun stecken bestehen.' Richey 424.
brem. wb. 4, 986. Campe, {vgl. staken 2, 6.)
3) nicht mit Sicherheit erklärt ist ein österr. stak, das
zweimal in Mich. Beheims bttch von den Wienern vorkotnmt:
so hat er {der kaüer) in {den Wienern) verlihen schon
ainen adler van tapasion.
der stund in stak mit babten zwain. 206, 88;
da miten aufT {au/ dem fchilde) gewalgen
in stak weis ainen galgcn. 20<), 17.
vgl. ScHM. 2, 725, der ztceifelnd an stock denkt, und dieses,
die Verbindung in stack 'in aufrechtei- Stellung, gerade
aufwärts gestreckt, in die höhe gerichtet' ist auch für das
ältere ateir. bei Ungkr-Khuli. 567'' betettgt.
4) deutlich steht für stock das Ituretnb. stack, m., plur.
stäck (1. block, klott; 8. stock, stamm, block beim karten
spiele, was nach dem geben übrig bleibt; 3. einsatt beim
spiele; 4. der unverlettliehe ruh^UUi der kinder bei lat{f-
spielen). Ganglkh 488.
STACK , a4j. tcörter dieser form begegnen vereintelt in
mundarlen verschiedener grtntgebiete,
1) sehweii. stack ut\fruehtbar ; d€un* der stack, starken
hammel; tiege, die keine milch gitbt; $. auch stackeln.
Stai.drr 8,880.
8) ostfries. stakk steif, unbeweglich ; gerade, aufrecht und
unbeweglich wie eitie stake; Stack staan, stakk in de wind
409
STACK— STACKER
STACKERN — STACKET
410
upp gaan. StCrenburg 260'*, s. femer ten Doornkaat
Kooi.MAN 3, 296». ein {ost)fries. icort, s. aitfries. stok, stak
steif {im Rüstringer landr. in den Verbindungen stivande
and stak vom finger, stef and stok ton den gliedern)
RiCHTHOFEN lOöO*.
3) pretisz. Stack (bedetäungT): selbige (körper, so da neben
der durchsichtigkeit farbieht oder gefärbt fallen) wenn
sie zerstossen oder zermalmet werden, zeigen sie sich in
der Stackesten färbe weisz, so dasz die weisse färbe die
andern überwindet. Linemann deliciae calendariographicae
(Königsb. 1654) JiS» bei Frischbier 2,359''.
STACK-, vgl. stak-.
STACKBAU, m. btihnenbau, zu stack 1.
STACKDEICH, m., vgl. stack l, nd. stakk-diek, 'ein
gegen die getcalt des tcassers mit pfählen und holzwerk ver-
tcuhrter deich', brem. icb. 4, 986, in hd. form bei Campe.
vgl. stakteich.
STACKE, m.f, s. stake (l, b. c).
STACKEL, m. l) oberdeutsches wort, schifferstange, stange
der ßöszer und schiffet- mit einem eisernen haken am ende,
womit sie die fahrzeuge fortstoszen ; nebenform zu stachel,
s. das. 2, e, ß. so in den nhd. xcörterbüchem .- stackel oder
stoszstang der schiffieüten damitt sy die tieffe desz wassers
erfarend (der) conttis. Maaler 383»; stakkel, stoszstang
der schiffleute. Schottel 1420; si&\iQ\,m. pertica ö stanga
grossa e lunga di barcaruoli. v. stange. schifF-stakel, idem.
Kramer dict. 2,904»; stakel, der, contus nautarum, alias
eine stoszstange, sive schiffstakel. Stieler 2161. so auch
in lebenden mundarten: schiceiz. stackel {und stachel),
spriefstake Stalder 2, 389; bair. mit umlaut stackel
(stäckl, — t» altern quellen staechil, stachel) Schm. 2, 725,
ebenso steir. Unger-Khull 567». — im tirol. in ande)-n
bedeutungen, für die sonst z. th. stachel üblich ist: l) eiserne
spitze am gehstock; 2) stab mit solcher spitze, schifferstange;
3) eisenbeschläge am, absatz der sohle, absatz. Schöpf 696.
das bair. stäckl für den treibstecken {s. stachel 2, a) : und
Sangar, auch ain hauptman der Juden, erschlueg allain
mit aim stäckl, damit man die ochsen stupht, sechs-
hundert man. Aventin chron. 1, 166, 1.
2) dithmars. stakkel 'ein elender schlechter mensch'.
RiCHEY 424. brem. wb. 4, 985; beklagensicerter {auch in Ham-
burg-Altana): lütj' stakkel, auch adj. min stakkels fro,
meine armefrau. Sc iiütze 4, 185. entlehnt aus dän. stakkel,
vgl. stacker 2. begegnet vereinzelt sogar in der nhd. litte-
ratur: bin doch kurjos zu wissen, was der arme stackel
macht. Siegfr. v. Lindenberg* 3, *. 79 (43. kap.).
STACHELN, verb., mundartliches wort, l) eis. stackele(n),
stäkla, stökla stottern, stammeln. Martin-Lienhart 2, 580».
Ch. Schmidt hist.wb.asb*': lassen unsz hüten vor truncken-
heit, die unsz in der complex die zungen machet stacklen.
Keisersberg narrensch. 145». vgl. staggeln.
2) Schweiz, kastrieien. Stalder 2, 389.
3) tirol. kämt, schwer schreiten, fest zutreten, einher-
trotten, humpeln. Schöpf 696. Unger-Khlll 567''.
4) kämt, stäckeln 'atif seen mit Schlitten fahren in
der weise, dasz ein mann am Schlitten steht ttnd durch
gtösze auf das eis mit einem langen alpenstocka, den Schlitten
in raschem fluge vorwärts bewegt', ebenda, vgl. stackel l.
5) siebenb. stäckeln 'die feUstücke zusammennähen'.
Haltrich 91.
STACKEN, verb. l) nebenform, zu staken, a. das. (einl.
und i.c.d). 80 bei Egc.ers 2,966. öcon. lex.* 2794; neben
staken Jacobsson 4,245». Campe, besonders sagt man in
Bremen stakken in den meisten bedetttungen des hamb.
staken, brem. irb. 4, 986 (in Osnabrück stocken Strodt-
mann 380»). auch luxemb. stacken ständig wachsen, pousser
de grosses tiges, de gros tuyatix, neben stächen («. staken
1, d). Gangler 428. {ähnlich siebenb. neben einander st&ken
lind Stacken, *. staken l, d.)
2) das prät. stackte und das pari, gestackt gehören tu
stecken, s. das.
STACKER, m. l) kleber beim bauen, s. staker 1, b.
2) in nd. mundarten weit verbreitet ist stacker(t) als
bezeichnung eines schwachen, gebrechlichen, armen oder
elenden mensclien; auch als ausdruck des bedauerns. so
pommersch: helpt den stakker, wat will de stakker?
Dähnert 456"/. {'man höret das wort mehr im gxäen und
mitleidigen, als schimpflichen verstaiute') ; mecklenb. stacker
'alter, stumpfer mann' Mi 85"; in Stade de arme oder gode
stakker {arme schlucker)l brem. wb. 4, 984; ostfries. stakker
und stakkert Stürenburg 261». ten Doornkaat Kool-
MAN 3, 297. Frommann 5, 143, 31. dithmars. dafür stackel,
s.das.2. beide formen finden sich im, nordfries., *.0utzen341.
auch holl. stakker 'armer stümper'. zuiceilen aus dem nd.
in die nhd. Schriftsprache eingedrungen: jetzt wird man's
erst merken, was man an ihr gehabt hat, und wir alten
stacker am meisten. P. Heyse stiftsdame 4. — das wort
geht auf das altnord. stafkarl alter hinfälliger mann {der
am Stabe gehen musz, vgl. stah II, 5, gr) , bettler Gleasby^-
Vigflsson 586'', zurück, wofür allerdings das heutige dän.
stakkel sagt {neben veraltetem stavkarl, schwed. stackare,
norw. stakar, stakkar, stakall Aasen 743»). so ten Doorn-
kaat Kooi.MAN a. a. o. {zweifelnd) und Franck 953. —
im heutigen nd. zuweilen volksetymologisch als staker (l, c)
verstanden, s. brem. wb. 4, 985 {'es taird eigentlich ein müh-
seliger arbeiter . . . seyn sollen'). StOrenblrg 261», und
zuiceilen daher auch stak er gesprochen: 'in Hamburg nennt
mayi einen, der sichs bei der arbeit sauer icerdeji läszt,
einen staker, und in Stade gebraucht man es tcie schlucker.
der arme staker'. Campe, ebenso für das preusz. bezeugt
{'alter, gebrechlicher mann"). Frischbier 2, 360''. dazu das
hamburg. fem. eene brave stakersche 'ein frauenzimmer,
das im hatis wesen rechtschaffen hand anleget'. Richey 286.
3) stacker oder stackmaschine , strohelevator , eine Vor-
richtung, um das von der dreschmaschine ausgedroschene
Stroh fortzuschaffen und zu feimen aufzuschichten, vgl.
staken, m. 7, c.
STACKERN, verb. l) bei Luther als synonymer aus-
druck mit stacheln verbunden, vgl. das. (3,o) und stakem (l),
stochern : denn sie fragen nicht darumb, das sie von uns
wolten lernen, und die warheit wissen, sondern stackem
und stacheln uns mit solchen fragen, zu höhn und spot
unsers glaubens, als den wir nicht beweisen können.
8,119''; darumb stackern sie uns also, mit jren gifftigen,
lesterlichen Stachelworten. 120*.
2) auch jetzt als nebenform zu stakern, vgl. da». (2).
preusz. stakern und stackem ohne unterschied neben ein-
ander. Frischbier 2,360''. mecklenb. stackern 'schwer, steif
einherschreiten' . Mi 85". mi diesem sinne zuiceilen in der
neuern litteratur: Wendel kam, in einen endlosen kaiser-
mantel gewickelt, über den freien platz herangestackert,
daheim 31, 232" {' waldmoder' , roman des Nordfriesen F. J.\-
cobsen); er verliesz das haus, stackerte die strasze
hinauf und brummte allerlei vor sich hin. S74».
STACKET, STAKET, n. laüenzaun.
l) Verbreitung und form.
a) das wort ist eine roman. ableitung aus dem roman.
stacca, das aus dem deutschen staken entlehnt ist. nicht
ganz so deutlich ist, aus icelcher spräche das wort ins
deutsche gekommen ist. am. nächsten liegt es, an ital.
stacchetta zu denken, doch spricht dagegen das fehlen des
Wortes im oberdeutschen ; und so tcird man es von altfranz.
estachet(t)e, -kete, -quete Godefroid 3,587 herleiten müssen,
obwol dies in der bedeutung xceniger genau stimmt {seil zur
einhegnng des tumierplatzes ; pfähl, ziel), r^i. Wächter 1579.
Adelung. Kinderi.ing 225. Weigand 2, 790. Kluge*375».
b) stacket scheint sich vom Niederrhein aus verbreitet
zu haben, es findet sich zuerst in G. van der Schuerens
Teuthonista {Köln 1477, clevische mundart): staeckette,
palata, vallum; stackette of hamey, fescennina. 254 (373»
Verdam), auch: gelent, staecket. 108 (115»); hamey off
staecket. 115 (l39"). heute holl. staket, n., oder staketsei, n.,
staketting, /., r^i. Franck 953: staecket. t'«Z staecketsel.
sepimentum, septum, vallum. palatio, pedatio, s^pes palata:
sudetum, erebrisurus. Kilian. wind, stacket, sticket in
Oldenb. urk. von 1544 und 1567. Schiller-Löbben 4,349"/.
älter sind die hochd. belege, zuerst als die stekat, stekate
in Frankf. urk. von 1501 und 1502, *. Dief.-Wülcker 861,
was eigentlich als besonderes wort zu rechnen ist. (steckade
auch bei Stieleh, s.2,a.) deutlich liegt stacket vor in
der Magdeb. historia des 'möllenvogtes' Seb. Langh.\N3
(1524, abschr. v. 1601): der radt der Altenstadt hat itzt neu-
lich über alle andere angefangene gebew zwene newe
stakeht im Stadtgraben bey S. Ulrichs thore, eins unden
am walle im graben und das ander recht oben uff dem
walle angefangen, d. städteehron. 27, 191, 2. tceitere belege
411
STACKET
STACKET
412
mis dem 16. jahrh. s. unten, in den loörterbüchem aeit
CoXlENIUS (1657).
c) die Schreibung schwankt ztoisehen ck und k; erstere,
die der ausspräche besser entspricht, herrscht in den altern
belegen durchaus, staket {crebrisurum, sepimentum ligneum)
Muerst bei Sghottf.l 1420, fernei- bei Ludwig, Wächter,
Frisch und in den neuesten ivörterbiichern ; beiden neben
einander haben Stieler und C.wipe, alle andern siacket.
in dei- litteratur frommt staket erst im i9. jahrh. vor. diese
Schreibung soll vielleicht die betonung der ersten silbe {die
immer kurz ist) verhüten, oder auch den Zusammenhang
mit staken herstellen.
d) weitere achicankungen der form finden sich selten,
a) verdumpfung des a zu o im, hess., s. Vi i. mar 401;
so schon im 16. jahrh. bei Hans Staden , s. unten 2, b.
{vgl. stocket?) — sticket in der Oldenb. urk. v. l.54i.
ß) in neuerer zeit begegnet zuiceilen scheinbare verschielmng
des k zu ch: stachete neben stackete bei Moerbeek
(1768)320«, ». Weigand 2, 790; stächet, ein, ein gegitter.
Kindi.eben Studenten lex. {Halle 1781) 181 ; auch bei Jacobs-
SON 7, 418**. jetzt mundartlich in Salzungen sdachßde, /.,
aucli preusz. stachst 7ieben stakßt, s. unten g.
e) das geschlecht ist, der herkunft gomäsz, zunäch.9t das
fem. so in den ältesten belegen, doch ist bald und überall
das neutr. herrschend geworden, wol unter einfixi^z des
synonymen gitter (gatter). so schon bei Hans Staden (1557),
auch CoMENius sprachenth. giebt das stacket im reg. in-
dessen kommt das fem. hie ttnd da immer noch vor: die
stackete im neuen teutsch -frantz. - tat. dict. (1669) 321» und
bei Rädlein (l7ll) 833», stachete, stackete bei Moerbeek
(1768) 320°, s. Weigand 2, 790 ; stackete (die, plur. stacketen)
vacerra. Steinbach 2, 6.52; stakete bei Wächter 1579 und
Frisch 2, 316*; in der litteratur:
80 wandelt er gemach am wiesensaum
und ordnet sinnend — er bemerkt es kaum —
an der staketC; wo sie niederschwanken,
des wilden wemes fessellose ranken.
Isolde Kurz ged."^ 141.
htute als fem. in Satzungen, s. g, und in TAv- und Esth-
land (stakete, auch stankete). Hüpel 226.
f) als plur. wird dagegen auch zum neutr. die form
stacketen festgehalten, so in der altem spräche durchaus
{ganz vereinzelt scheint bei Langiians stakelit als plur. zu
gelten, s. b), in der litteratur noch bei Schiller, J. Paul,
Brentano, und in der Volkssprache noch heute, nur
Adelung setzt stackete an. in diesen formen {urie im
fem. stackete) ist die länge des e ziceifellos, sie wird auch
für den sing, staket ausdrücklich bezeichnet bei Campe
erg.-wb. (staket oder stacki't), soioie bei VIlmar 401 und
Frischbier 2, seo'', vgl. die Schreibung stakeht bei Lang-
hans unter b. dagegen wird im nd. allgemein kurzes e
{im Wechsel mit i) gespi-ochen (stacketten schon in der
Oldenb. urk. v. 1567), und so auch im, hd. auf norddeutschem,
boden. der plur. dazu, der nicht sehr üblich ist, lautet
entweder stacketen oder es vyird stackets, stackette ge-
bildet. — mit der pluralbildung hängt es ztisammen, dasz
die altem Zusammensetzungen durchgängig staketen- auf-
weisen, während jetzt solche mit staket- gebildet weiden,
$. unten.
g) mundartlich ist das wort besonders im nd. üblich
ai* stakett Strodtmann 380*. Stürenburg 261», sfakkett
Dähnert 457». TEN DooRNKAAT KooLMAN 3, 297», da-
neben 8ta(c)kitt RicnEY 287. Schütze 4, 184 {so auch um
Goslar), auch noch weiter entstellt zu kastett, kastitt.
Dan NEIL 208». auszerdem nur in den nördlicheren mitteld.
mundarten: Aes«. stocket Vi lmar 401, i7i Salzungen sd&ch&de
(-aede). Hbrtel Salzunger wb. 44. aprachseh. 288, in der
provinx Sachten stacket Bruns SB**, tn Preuszen stakCt,
•tacbet, n. Frisciibier 2, MO** (tn den ostseeprotnnzen
». HuPEL uuter e). Popowitsch 822 kennt stacket {neben
■tackenzaun) aU aächs. benennung für lattenzaun. {fehlt
in Handaehuhtheim Lrnz 67».)
t) bedeutttng.
a) allgemeine definitionen: crebrisurum, ein siacket, da
immer ein pfal an dem andern steht. Cokvinus fons
tat. 662*; staket, n. tteccata, it. palistata, jmlifirrata, palan
eata. Khamkh dict. t,90^; staket, das, crebrisurum, sepi
mentum ligneum, it. »udet praepilutae aut ferratae, alias
itcckaden, et pallisaden, vaeerrae. .Stiklkh >l6l; daneben
stacket, das, vacerra, roborarium, sttdes praepilatae^
nachnch. Sil*.
b) in der altem zeit ah eine befestigung oder verschanzung
zum ztoeck kriegerischer vertheidigung oder belagerting , aus
dicken pfählen {gewöhnlich mit eisernen köpfen) bestehend;
vgl. ScHUEREN unter l,b, Stieler unter 2, a: sepimenttim
militare, ein stacket von pfälen. Couvinus fons lat. 589'';
Valium, ein wall oder pollwerck, propr. von pfälen, ein
stacket. 704''; mit staketen verschantzen, fortificare di
palizzate 6 palificcate, palancate; palancare. Kramer dict.
2,904»; stacketen, lat. sudes praeferratac seu praepilatae,
s. pallisaden. Apin. gloss. 508; 'in der befestigungskunst,
eine reifte palisaden, mit welcher ei7i offener räum vor dem
zugange verwahret wird.' Adelung. Jacobsson 4, 24.5».
Krünitz 167, 641. so in den belegen des 16. jahrh. {vgl.
Langhans untei- i,b): auch sein sie {die wilden eingeborneyi
in Brasilien) geneygt festungen uinh jre hiilten zumachen,
die ist so: sie machen eyn stocket unib die hülten her ausz
palmen beumen, die spalten sie von eynander. das stocket
ist wol anderthalb klafTter hoch, machens dick das keyn
pfeil hindurch mag kommen, ... und umb das stocket
her machen sie noch eyn ander stocket, von grossen
hohen reydeln, aber sie setzen die reydel nicht hart bei
eynander, nur das eyn mensch nicht kan hindurch
kriechen, und es haben etliche den gebrauch , das sie
die köpffe derer so sie gessen haben, ufT die stocketen
stecken, vor den eingang der hütten. Hans Staden hist.
^i. beschr. eyner landt.9chafft der wilden {Marb. 1557) p 3»/. ;
also gehets wenn gott mit in kriegs/.rethen sitzt, und im
anzug ist, und im födersten glied stehet, und ein gute
sach, als ein feste Wagenburg oder stacket umb das beer
geschlagen ist. Mathesius Sar. 22''; hiemit sag ich hat
unser gott die liebe obrigkeit schmücken, unnd gleich als
mit eim stacket umbschrencken wollen. 47''; es geschähe
von dem ordensvolck grosse kegenwehr, sie fielen offters
aus, und scharmützelten mit den Preussen, zerrissen und
verbranten jnen die polwerck, stacketen und plockheuser.
Schütz beschr. der lande Preussen (1599) 29''; die stadt
{Murten) beschantzt und beschosz er {herzog Karl v. Bur-
gund) hefftig und feindlich, so auch das schlosz, so aber in
der stadt und am see auff einem felsen gelegen, dasz sie,
weil sie der mauien merertheils entblöKzt, wider mit
stacketen und schlechten zäunen, alles mit mist, erden und
holtzwellen hinderschütten, auszgcfüUet. Kirch hop wend
unm. 3, 51 Österley (4, 45) ; in neuerer litteratur ganz ver-
einzelt- zwischen beyden staketen blieb noch ein räum von
mehr als sechshundert schritten auszufüllen. Schiller
9, 51 {belag. Antwerpens); über die schiffe hinweg wurden
grosze mastbäume gelegt, welche . . , mit planken überdeckt,
eine ordentliche strasze bildeten, auch, wie die staketen,
mit einem geländer eingefaszt waren, diese Schiffsbrücke,
davon beyde staketen nur eine fortsetzung ausmachten,
hatte, mit diesen zusammen genommen, eine länge von
zweytausend vierhundert schritten, ebenda, zur erklärung
der Sache und der bezeichnung vgl. • so wurde von beyden
entgegenstehenden ufern aus ein gerüste in den ström
hinein gebaut, wozu man die mäste von den gröszten
schiffen gebrauchte. . . . dieses gebälke, welches fest und
sicher auf dem gründe des wassers ruhte . . , war mit
planken bedeckt, welche eine bequeme strasze formier-
ten. . .. diese estacadc, wie man sie nannte, lief von
beyden entgegenstehenden ufern ... in den ström hinein. 43.
{auf diese vertoendung ist wol stack von eii\ftttsz geiresen,
s. das. 1.) — vgl. unten f.
c) später dient das stacket nur der eit\friedigung, um-
liegung und absperrung eines raumes oder vlatzes. so icol
schon in den belegen des 17. jahrh., die niclit besonder»
deutlich siiul: sobald <las eher {tceizetu'ihre) sich gespitzet,
müssen die stachlichten spcltzen, wie stacketen sich in
die runde umbher machen, damit die körnlein von dem
raub der vogel geschützet bleiben. J. M. Mryi'art das
himml. Jerus. (l68o) 2, 47 ;
•chlieszüch ist auch diose pfort
mit talTelworck umbKebon,
gleich den fliegein eiii joder ort
hat sein stacket daneben.
TuoM. SciiRÖBR fried-ehren4hron (IßSO) E «••
{am rande; stacket amb desz friedes elireiipfort). s. auch
Ulkarius unter e.
413 STACKETCHEN — STACKETENWERK
d) jetzt als zäun um höfe und gärten-, 'stacket, vrird ein
von latten zusammengesetztes gatter genennet, tvelches man
einen hof oder ajidern abgesonderten räum damit zu schliessen
daselbst anleget' öcon. iecr.' 279i; 'stacket, palis, ist eine
verzäumung eines gartens, hofes, oder andern pUitzes, mit
gerade aufgehenden nicht gar starken liölzem, die oft ober-
xcärts mit zierlichen köpfen versehen, mit Ölfarbe angestrichen
sind, und ztciscfien sich eineii räum von 2 bis 3 zoll zum
durchsehen lassen.' Eggers 2,967, lattenzaun Jacobsson
7,419», vgl. 2, 562'>, soicie Adelung. Krünitz 167,641. es
besteht in der regel aus schmalen gesägten latten, die auf
qtierlatten angenagelt sind, so durchxceg im nd., s. besonders
KICHEY287. DÄHNERTiiT». StÖKENBURG 261». TEX DOORN-
K.\.'VT KooLMAN 3, 297» (= stakcnwark). vgl. auch staken-
zaun. belege: hat denn irgend ein paradies so weite und
niedrige stacketen — so dasz jeder vorbeigehende hinein-
sehen kann — als ihres {der liebenden)? J.Paul Tito» 3,29;
es liefen immer ein paar prächtige pfauen im hofe herum,
die wir oft halbe stunden lang durch die stacketen be-
guckten. Mörike ges. erz. 92; einer groszen mauer wegen,
die das gärtlein von den zwei übrigen selten umgab,
konnten die diebe dann nicht so leicht entkommen, wenn
einige . . . die gartenthüre und das biszchen staket zwischen
haus und scheune besetzt hielten. Ludwig 2, 506; auf den
schmalen steinhof, der durch ein stacket von dem garten
getrennt war. Storm 2, 167 ; nun ist da ein stacket frei
geworden, vor dem die schönsten Unkräuter üppig auf-
gewuchert sind. P. Heyse kinder der weit 1,115;
(ich) kenne das gärtchen vom mit dem spitzen stacket, und
die laube
schräg mit latten benagelt. Schmidt v. Werneuchen ged. 8 ;
so war mein garten auch in der ganzen gerend berühmt, und
jeder reisende stand und sah durch die rothen stacketen.
GÖTHE 40, 262 (Herrn, u. Bor. 3).
im bilde: so standen meine hoffnungen, als nun am Vor-
abend ihrer erfüllung mich ein alter diener des hauses,
hcrr Schwab, der buchhalter, an dessen Originalitätsstake-
ten alle reben, geisblatt- und bohnenlauben unserer phan-
tasie hinangerankt waren, enttäuschte. Brentano 5, 11.
e) durchgehends ist ein staket von holz {vgl. Schottel
unter i, c = Stieler 2, a), specieller: roborurium ein
stacket von eichenen pfälen. Corvinus/otis lat. 550». das
gilt soicol von dem früheren bollwerk wie von dem heutigen
lattenzaun. ganz vereinzelt auf ein metallenes gitter an-
geicandt: durch diese gieng man zu einem mit langen
silbern gitterwerck abgesonderten gemach. ... es war . . .
zu hinterst . . . abermahl mit einem dicken stacket, dessen
tralgen {stäbe) von klaren golde rund gedrehet, unter-
schieden. . . . die thür am güldenen stacket war ver-
schlossen. Olearics reisebeschr. 245*".
f) geicöhnlich bezeichnet stacket das ganze pfähl- oder
lattenteerk, doch kommt es zuiceilen auch für das einzelne
glied vor; pfähl: stakete, stipes in terram deßxus.'W .^.chter
1579; Stakete,/, ein teutsches wort mit italiänscher endung,
ein stück von einem bäum, so man mit dem untem theil
in die erde gräbt, und den ober-theil zuspitzt, dient
meistens zum bevestigen der wälle, und andere werke
zu besetzen, stipes cuspidatus. Frisch 2, 316». in Liv- und
Estland pfähl, latte. Hupel 226. in Preuszen bedeutet
stakst l) einen gewachsenen oder geschnitzten zaunstab ;
8) einen zäun aus lattenstäben, wofür gewöhnlich staketen-
zaun. Fhischbikr 2, 360''. {umgekehrt ostfries. stake auch
für stacket, *. stake 3, b; dithm. stack, s. das. 2.)
STACKETCHEN, n..- ich will ihren Taddeo Gaddi für
echt erklären, wenn der kleine meister es nur ein jähr
aushalten kann, ohne seine stacketchen und vorder-
gründchen hinzuklecksen. P. Heyse kinder der weit 2, 79.
STACKETENFLICKER , m. ein alter, unvermögender
mann. Kindleuen Studenten lex. {ilSi) m; jetzt matis-
feldiseh Jeght loe*", haml). en oolen stakittenflikker für
'einen mann dem man nicht viel zutraut, und der sich
fleischlicher liebesirerke viel berühmt'. Schütze 4, 185.
STACKETEXTHCR,/.: mit dem ersten viertelschlage
von ein und sieben uhr klinkte er die staketenthüre
wieder hinter sich zu. Ludwig 1,378.
STACKETENWERK, n.. sive pfalwerk, sudea praepilatae.
Stieler 2558; stake[t]en-werck , n. idem {icie staket).
Krämer dict. 2, 904»; locus palis crassioribus munitus.
Frisch 2, sie».
STACKETENZAUN— STACKWERK 414
STACKETENZAUN, »n. sepespalata. Frisch 2,316», latten-
zaun Karmarsch-Heeren' ii, 153, preusz. staköten- und
stachetenzaun Frischbier 2, seo*»: darm ging sie langsam
an das pförtchen des stacketenzaunes und lehnte sich
mit halbem leibe in den dunkeln garten hinaus. Storm
2,170; eine wahrhaft kunstvolle, dreifache befestigungs-
linie: erst eine dicke, lebende hecke . . . endlich ein dritter,
hoher staketenzaun, hinter dem die hütten lagen, graf
V. Götzen durch Afrika (1895) 111.
STACKETPFORTE,/. pforte in eiiiem stacket. auch pforte
aus lattenwerk in einem zäune andrer art: hier wurde die
nördliche häuserreihe von einem grünen weiszdornzaune
und dieser wiederum durch eine breite stacketpforte unter-
brochen. Storm 7, 285; während drunten vor der stacket-
pforte sich zusammendrängte, was die kleine gasse an . .
lustiger Jugend aufzubieten hatte. 328.
STÄCKHAMEN, m. ein ßscherneiz, ein flacher sack von
netzwerk mit tceiter mündung, die von einem länglich runden
bügel eingefaszt ist; quer über diesen wird eine lange, starke
Stange befestigt, womit das netz vom ufer eines grabens
aus nach dem andern ufer geschoben und zu/nick gezogen
wird; auch struckhamen, seile. Jacobsson 7, 419».
STACKHOLZ, n., s. stakholz.
STACKKNECHT, m„ im deichhau, auch meisterknecht,
gehilfe und Vertreter des stackmeisters. Jacobsson 7, 419».
STACKKUNST. /. 'ist eine Wissenschaft, lodche lehret,
wie man den abbruch eines, an einem ström oder flusz be-
legenen ufers nicht allein hemmen, sondern den ström auch
davon abweisen, und selbigem einen andern lauf geben
könne.' Jacobsson 7, 419».
STÄCKLEIN, n. alchemistischer apparat:
den grossen bschissz der alchemy
die macht das sylber.^golt, uff gan
das vor ist jnn aas stäcklin gtan.
Bränt narrenich. 102, 52
{'uwrden so vielleicht die zum destillieren benutzten gefasze
der Chemiker genannt, tcegen der langen schmalen, stock-
artigen halse?' Zarncke).
STACKLER, m. stammler. vgl. staggler: stackler, der
ein ungleitige und stacklende zunge hat, itiexplanatae
linguae homo. Maaler 383»; so eis. stackler, stackli Martin-
Lienhart 2,580».
STACKLÜNG, /. titubantia oris. Maaler 383»; zu
stackein l.
STACKMEISTER, m., im deichbau, der die buschlagen
legt. J.*.cobsson 7,419»; nd. stack-meister baumeister in
deichen und dämmen. Richey' 285 {danach C\mpe). brem.
tcb. 4, 986. (stakmeister) Schütze 4, 183.
STACKNETZ, n., s. staknetz.
STACKPFAHL, m., benennung von allerlei pfählen von
6 bis 6 fusz länge, wie sie beim, stackbau gebraucht icerden.
Jacobsson 7, 419».
STACKS, m., in mitteldeutschen mundarten. auch staks,
volksthümliche Weiterbildung zu staken, s. das. 5; ursprüng-
lich wol für lange, magere menschen, so in Salzungen
sdäks 'langer kerl' Hertel 44, preusz. staks für hagere
Personen. Frischbier 2, 360»; dann thür. (in Winterstein^
stiicks steifer mensch. Hertel sprachsch. 233, in Meiningen
dummer mensch {scheltname). Spiess 240. — preusz. staks
auch für stich: staks geben, stechen; plur. stakse die
feinen gräten der fische, namentlich der kaulbarsche; auch
kleine fische selbst. Frischbier 2, 361».
STACKSEN, verb. i) preusz. atoszen, nieder-, zureeht-
atoszen. Fhischbier 2, 359^
2) vgl. staggeln.
STACKWERK, n. .- 'stackwerke, {tcasserbau) sind nichts
anders, als starkgefütterte zäune, die man nach der geraden
und krum,men linie des ufers zu dem ende vorzieht, damit
das aufschlagende wasser das vorhandene tcenige ufer nicht
gar wegspühle'. Jacobsson 4,246», nd. stakk-wark ein zäun,
den jnan unten am fusz eines deiches zieht, sonst vorläge.
brem. wb. i, 986 {bei Campe auch stakwerk), vgl. stack 1:
der mensch greift mit starkem arm in die fluth. ... er
legt schiengen, stackwerke und deiche an. Allmers
marschenbuch^ 10; eins der hauptmittel zur gewinnung
neuen landes, wie zur erhaltung des älteren, sind die . . .
schiengen, in einigen gegenden auch stackwerke oder
buhnen genannt. ... es sind werke aus faschinenbUndeln,
415
ST ACTEN— ST AD
ST AD — STADEL
416
die hoch aufeinander gelegt sind, über ihnen laufen der
länge nach, um sie zu befestigen, gedrehte 6 — 8 zoll dicke
stränge von zähen weidenruthen; diese aber werden
durch lange pfähle ... so darauf gepreszt, dasz das ganze
ein starker wall wird, der oft weit in den ström hinein-
ragt. 18; seeuferbau durch stackwerke. 468. (davon ver-
schieden ist stakwerk, s. das.)
STACTEN, /, myrrhenharz . aus mitteüat. stacten, das
auf gr. OTa^Ttj zurückgeht. Weigand 2, 7'JO; stacten ... ist
ain zäher, der fleuget von dem mirrenpaum. Mkoenheho
374, 25; stacten im voc. theut. (14«2) ee8», s. Weioano a.a.O.;
nim zu dir specerey, baisam, stacten, galben und reinen
Weyrauch. 2 Mos. 30, 34; stacte, myrrhensaft. Kindek-
LINO 207.
STAD, STAT, adj. und adv., still, leise, im oberdeutschen
sich nur vereinzelt findeud, stad Ungeu-Khull !i67''; dafür
a-.uh gestad, leise, sachte, stille, ruhig. 2»1* (vgl. gestät
theil 4, 2, 4203); st&t, stad Schöpf 70; druckt sie die äuglan
zue und w6rt ganz stät. ebenda,; ich hab' d' fensterriegel
schön stad z'ruckg'schob'n und a band breit 'n flügel
aufg'macht. Anzengkurer'4, 84; durchs dorf an die felder
vorbei hat er sich noch eins 'pfiffen, wie er aber auf
die verrufene waldwiesen zukommt, da is er ganz stad
word'n. 5, 108; hübsch stad bin ich gegangen. Roseggeh
tcaldschulmeister 290 ; auch in tceiterer Zusammensetzung :
mäuslstät Schöpf 701.
STAD. STADE, STADEN, m. und n.. litus, ripa. porttis.
heute nur auf das oberdeutsche beschränktes wort, im gegen-
satz zu dem dazu gehörigen gestade , ri. {theil 4, 1, 417.5),
icel<ihes allgemeiner der schriftspraehe angehört, in älterer
spräche hat das wort weiteren geltungskreis : vgl. got. sta[)s
(dat. sta{)a zxceinml belegt); ahd. stat, stad Gh äff 6, 643,
as. stad, ags. städ. daneben ein schwachflectiertes ahd. stado
(mJtd. Stade), vgl. auch noch ahd. merstedi Ghaff 6, 644.
mit dem dazugehörigen verb. stedian, gastedian, landen,
zur geschichte des wortes mag das unter gestade (4, l, 4175)
gesagte verglichen werden, über die Verwendung des wortes
in Ortsnamen vgl. Ostenstadon, Tiufstadun, Buocstadon.
FÖRSTEMANN ortsTUimen 1382, icelche wol als locat. lüur.
aufzufassen sind. vgl. auch das in Hannover gelegene Stade,
älter Statho, Stadun. ebenda, als compositionsglied in lango-
bardischen Personennamen vgl. Brückner spräche d. Lango-
barden (quellen u. forschungen 75) 307*.
l) stad, Stadt, litus Dief. 334»; stad neben staden, zu-
gleich mit beschränkender definition: stad, ripa Alberus,
daneben ein staden, ripa acta, aegialus ufFer der andern
Wasser (twi gegensatz zu den ufern des meeres, denn vorher
geht littus dy uffer des meers). ebenda, vgl. auch der stad
(neben der staden), in einigen städten, wo flüsse durch-
flieszen, gebraucht man es noch von dem eingefaszten
ufer, wo die schiffe stehen oder anlanden können. Frisch
2, 314*'. freilich ist damit nicht gesagt, dasz diese beschrän-
kung des wortes als benennung der ßuszufer mit ausschlusz
der ufer des meeres nur eine allgemeine sei. stad, staden
vertritt thatsächlich in Oberdeutschland viel weitgeliender das
md. ndd. ufer, n. vgl. unten die belege, stille wasser fressen
das stad. quelle bei Schm.'' 2, 732;
Riln dO in da? stad entphienc,
da; schif näco in undergienc. quelle ebenda;
dat. : ein alt vater sach in dem geiste drie munche stan
uf des meres stade. der veter buoch 14, 16 Falm;
Stfrit dö balde ein schalten eewan,
von Stade er schieben vaste began.
üib. 8C8, 2 Lachmann ;
anderthalp des Rlnes sach man mit managen schäm
den kOnec mit stnen gasten zuo dem staute vam. 538, 2;
Wate der vil kOene von dem stade spranc
in eine gälte. Küdrün 460, 1 Martin.
in verkürzter form: von stad g6n, vam. quelle von 1899
bei ScHM.'s, 788; nan ersachent sy der künigin kyel an
dem statt stan. deutsche volksbiieher 1S1,1 Bachmann Singer;
und da es tag ward, da sach man vil galcnun an dem
stat ligcn. 188,18; und fand man onsaglich vil guocz am
stat liggcn. 80;
dajin wir hant weder synn noch lyst
das wir usz schwymmcn zA dem stad (: sym schad).
Brant nnrrrtmrh. lOfl, 114 Zameke.
in der form staden: staden an dem WAHser, litus. Dikf.
Mi*, vgl. auch oben Aluühus und Khisch. und 6r danne
si zu lande quAmen dö was der licham Oj und funden
in üffe dcme staden, und brach ein grog loch durch
den für des staden und des meris. deutsche mystiker
1,71,36,37 Pfeiffer; dö si mit den schiffen zu stijen an
den staden. 223, 29 ; so es (das crocodil) satt ist, liget es an
dem staden und lande zu schlafen. Stein höwel J5r*opu«
164*; und ward funden am staden todt ligen. 161»; wart
er zornig und stund uff dem staden des wassers und warf
den gebundenen esel in den bach. 142»; die do gont an
eime sorglichen staden, wcnne sü sich üt stiessent, so
möhtent sü wol in das wasser fallen. Nicolaus v. Basel
bei Schmidt elsäss. wb. 3.36»; als nön der herr im schifTlin
gesessen ist, und die schar hatt vor im gehaben uff dem
staden ston, do hatt er angefangen mit inen zö reden
in byspel und glichnflsser. Keisersherg postille 32»;
schneckenhäuszlin, so daselbst hin und wider am staden
lagen, btich der liebe 179*; (neben ufer:) denn wann er (der
Nil) nicht auszlauft, so ist er seinem staden und ufer
allwege gleich, also reichlich ist sein brunn des Ursprungs.
190*>; ich weisz, an welchem staden ein moszschall uff
geläsen ist worden. Gengenhach 175, 3li Gödeke; und wie
er an dem Stockweyer abhien geht, so sieht er ein groszen
hechten an dem staden halten. Frey gartengeseU. Schaft
31, 10 Bolte; so richtet er sich uff, sucht sein hembd am
staden. 17 ; da sähe er, das er gar nahe am staden was.
136,24; wann er (der flusz) entweder in seinem fürt oder
staden gehet, oder nur ein wenig über das ufer steiget.
NiGRiN. AnttwacAiaveM (1624) 147» ; sie richten am staden des
Rheins drei bretter auf. Hessel Silesiographia l (1704), 321;
der dunkle bau . . schlosz mit seinen dunkeln mauern wie
eine bürg den langen staden ab. Hausrath pater Muternus
85; die mittagssonne lag heisz auf dem breiten staden. 158;
wir faren unib mit grossem schad
und künnent doch nit treflen wol
den staden do man lenden sol.
Brant narremch. 108, 12 Zamcke;
am morgen ging syn Ueh harusz
und fandt in {Leander) dodt am staden dusz.
Murner gäuchmatt 2708 Uhl,
pluralformen: uff beiden stadin des Mcynes. quelle des
14. jahrh. bei DiEF.-WüiXKEu 861; es wachst wie das
vorige (kraut) bey dem meer an den staden und sand-
echtigen orten. TAitERNAEMONT.299H; dieses kraut wächst
. . . hin und wider an den staden des Neckars. 321 A; feste
borde und boUwerke kräftigen sein (des flusses) fortströ-
men, schaffen der vorflut räum und zieren mit häuser-
reichen und menschenbewallten staden. Jahn 2, 565 Euler;
da stiez man von den staden. Suchknwirt 8,152.
staden als bezeichnung eines am ßuszufer gelegenen stadt-
theiles in Basel (Seiler Basl. mundart216*), Zürich, Sfrasz-
bürg, vgl. Goedel seemannsspr. 457. am Staden noch in
Straszburg gebräuchlich. GöTHV.ephemerides21neudr., schon
früh für Straszburg bezetigt: der brant in Sempaches hüsern
am staden. deutsche städtechron. 9,7^3, ib; in Sempaches
hus am staden bi sant Niclaus kirche. 24; es (das tcasser)
ging ouch in die böser am staden und do umb. 866,30;
doch auch in den mitteldeutschen orten, so in Eschteege,
wo der auf dem. ufergelände der Werra befindliche stadt-
theil der Staden heiszt. Vilmah 394.
2) im, Sprichwort : den staden pflügen, ettcas vergebliches,
nutzloses unternehmen, ebenso: am staden zu acker gehen:
wer einer frawen wil hüetten, der godt am staden ze
acker. Keisersuerg narrensch. 72".
3) in bildlicher vencendung : darumb soltu . . dich des
erfreuwen, das die merfart dines lebens kummen ist zd
dem staden dines todes. bilgerschaft 72*' ; deshalb auch in
der ttisammensetzu ng ruhcsliidcn: also wenn du ... nun
kommen bist an den ruw staden dines alters. 71»; dich
zeucht wol der sfnden der cwikait, aber der staden der
irdischait und flnischliohait haltet dich vil stärcker, also
dttz, du nit kanst weichen, schiff der penitens loS**.
STADEL, »n. vorratsraum für die verschiedenartigsten
dinge, zumeist alter für getreide und Hehfutter. das wort
ist heute eigentlich nur in Oberdeutschland lebendig; die
Wortsippe jedoch ist gemeingerm. vgl. ahd. stadal (iRAKI»
6,668 (mhd. stadcl); ags. stadol, stadel; an. sti^ull Fritz-
neu* 8,598; letzteres im besonderen in der hedeutung 'stall'
und 'melkplats'. so wird denn stadcl, tu stehen, i«r6. ge-
hörig, wol ursprünglich allgemein 'Standort' bedeutet habe».
417
STADEL
STADEL
418
vgl. Heyne deutsche hausaltert. 1,43 und unten die ähn-
liche etymologie von stall m., sowie das zu tat. stare ge-
hörige stabulum. zum geschlecht des wortes bemerkt Ade-
lung, dasz weibliches geschleckt des tcortes gangbarer sei
als das männliche, eine durch nichts zu erweisende behaup-
tung. stadel, horreum Dief. 280''; ceUa ein stadel Trochus
0 4''; scheuer, stadel, horreum. Frischlin nomencl.2eö;
der stadel, tugurium, nubilar, suffugium, it. horreum,,
horreolum. Stieler 2114; stadel, stalla (mä non per bestiame)
cioefondaco, magazeno, ripositorio, granaio ä terra. Kram er
rftc/. 2(1702), 900''; stadel, /iorrewni Frisch 2, 314"=; stadel,
pro Scheune, horreum Steinbach 2,652; stadel Adelung.
in oberdeutschen dialectwörterbüdiem tcird das wort reichlich
verzeichnet: stadel Tobler 405''; stad'l, scheune Lexer
kämt. wb. 23S; stadel Schöpf 696; stadel Schmit» schicäb.
wb. 505. Stalder 2, 389. ZiNGERLE 52''. ScHM. cimbr. wb.
235''; stadl Hügel 154''; schdädl Castelli 232. der plural
lautet stadel, stedel, vgl. Weigand* 2, 790: die (die vögel)
ensSgent nit, die ensnident niht und samenont niht in
die stedel. Grieshaber jwerft^feni, 105; es was also haisz,
das das lieb getraid Margarethe alles in stedln ward.
deutsche sfädtechron. 15, 161, 25 ; (aus einer grenzbeschreibung .)
hinab auf Lungawer feit zwischen vier städl. österr.weisth.
6, 451, 24, vgl. 452, 17; schlechte behausung, städl und stall.
500,45; in den städeln. Hohberg 2, 52''; andere fielen in
der jungen herren dorf Frauenbrei tungen , verbrennten
darinnen das schenkhaus und zwen stadel, desgleichen
auch einen stadel auf dem hof Bussa. Glaser in Span-
genberg henneb. chron. 163; wir kommen zunächst durch
eine doppelreihe von städeln und wissen nun schon,
Luckenbach gehört zu jenen Städtchen, in deren thätig-
keit sich ackerbau und gewerbe t«ilt. Ludwig 2,28; an
den äuszersten städeln. ebenda, den plural stadel hat unten
Freytag unter 3.
1) besondere arten: ein stadel, der mit einem feuerherd
versehen ist, also wohnztcecken dient: von einem herthaws,
daj ein stuben hat, oder von eim geherten stadel von
idleichem anderthalb guld., und von eim haws oder stadel,
die niht gehertt sein, von idleichem ein guld. deutsche
sfädtechron. l, 29, 19. 22. doch im, allgemeinen treffen wol
erklärungen zu vie .- sie hatten {xcährend des geicitters) ihre
Zuflucht in einem stadel, wie sie hier {in der Schweiz) die
unbewohnten schuppen nennen, genommen. Hegner ges.
Schriften 2, 101.
2) eoUective bezeichnungen vne haus und stadel:
ich main, der krieg fei dein auch nicht,
so man dir nempt ros, tu und hennen,
duet haus un stadel dir abrennen.
H. Sachs fcutn. np. 2, 31, 164 Götze;
und helt sich rümretig und prächtig
und kan das prenck beyn lewten wol,
samb hab sie hausz and stadel vol.
fabdn 1, 24 Götze.
im plural häuser und stedel : in der zeit branten unser
feint unserr armen leut heuser und stedel ab allent-
halben, deutsche städtechron. 2,200,20; also brenten die
unsern vor Lauff etlich heuser und stedel ab. 216, 15; (ein
Wetter schauer), das erschlug das trait gar vast und warff
heusser und stadel damider. 4, 114, 22; er (der stürm) warf
heuser und stadel emider. 117, 1; ain sölicher grosser wind,
das er etlich heusser und stadel nider warff. 313,27; (ein
groszer tcind) warf an vil enden paum, heuser und stedel
umb. 10, 340, 13; ein wind, der viel gebäuw, heusser, stedel
. . . einwarff. Franck chronica 210''; leben oder zinszkauff
auff Weinberg, gerten, ecker, wisen, weide, vischwasser,
heuser, stedel oder wie solche ligende guter genant
werden. H. Sachs 22, 57, 27 Keller-Götze, als entsprechend
ist wol zu vergleichen hof und stadel, wo aber wol bei
stadel mehr an den in der feldmark allein liegenden
schuppen zu denken ist; höfe und stadel: dann dag sie . .
etlich hoff und stedel unter wegen abprenten. deutsche
städtechron. 2, 226, 12; (einem) sein weib, kinder, hausgeräth,
viech und thier, hoff und stadel helfen nach besstem ver-
mögen bewahren. Minderer kriegsartznei (1634) 24. anders:
zu zweifeln schien man nicht an deinem adel,
schien nicht zu ahnden oder nicht zu ahnen,
dasz du gekommen seist von htird' und stadel.
RCcKBRT ged. (1839) 2, 91.
8) tautologische Zusammenstellungen sind scheuer und
stadel, stall und stadel u. ä.: (/uazsoldaten) brenten dag
X. 2.
haus ab zu dem Atzelperg und wag umb daj haus was,
stedel und ander scheurn. deutsche städtechron. 2, i9S, 3;
umweit der Stadtmauern stehn scheuem und stadel. Frey-
tag 18, 122. in deutlicherer tautologie : dein stedel oder
scheurn sein gesegent und dein andere ding, bibel von
1483 96*; und den weissen samlent in mein scheuren oder
stadel. Keirersberg evangelia 32*; mit den nachpuren
rieht man stadel oder schüren uff. S. Fr.^nck sprichxcörter
2,131*; Fridericus herzog in Österreich hat gar oft in der
scheur oder stadel gedroschen. Abr. a S. Cl.\ra 1, 95.
stall oder stadel : sintemahl wahr, dasz er (Jesus) ... zu
Bethlehem im wirthshausz in einem stall oder stadel ist
gebom worden. Ayrer processus 533.
4) fruchte, getreide, futter in den stadel thun, bringen
u. s. w. : er fürbet den tenne und sammet den waitzen in
sinen stadel. quelle um 1400 bei Sc hm.* 2, 732; in dem dorff
Stantz zä Underwalden da wolt ein bawr im hewmonat
auff ein sonnen scheinenden tag sein hewe trucken
machen und in den stadel thfin. Frey gartenges. 53, 12
Balte, vgl.: wenn die stadel sich gefüllt haben. Rosegger
waldheimat l, 324; hierher die bauemregel: liechte metten,
finstre stadel; finstre metten, liechte stadel. Schm.' 2,732,
d. h. tcenn die christnacht hell und klar ist, giebt es im
kommenden jähr eine gute ernte, wol allgemeiner 'vmrats-
raum überhaupt: (der reiche mann im evangelium,) der
sinen stadel witete, dag er deste m6r möhte bevähen
guotes und €ren und irdisches gemaches, deutsche mystiker
1, 314, 33 Pfeiffer; dein mann aber hat bewiesen seinen
adel — und es trifft nicht ihn, sondern die zeit der tadel, —
dasz ohne einfuhr ist sein stadel. Rückert (1882) 11,513;
deshalb einen mann nach seinem stadel abschätzen, d. h.
nach seinem wirklichen werte: ich habe versucht meine
schwinge — und geprobt meine klinge — und geprüft
die menschlichen dinge, — habe schätzen lernen den
mann nach seinem stadel, — nicht nach seinem adel.
548. sonstige belege: (der bubenvater) bette ein panier ausz
gereckt in einem stadel bei der Weydenmüel. deutsche
städtechron. 2, 315, l ; wisz dasz ich das haupt mit sampt
den füssen des bilgrams in den sack gelegt hab, das ander
theil hab ich in den stadel vergraben, buch d. liebe 302»;
nimb heindt vergut in meinem stadel,
an hew und stro hab keinen zadel,
da grab dich ein und hab dein rw.
H. Sachs 14, 113, 27 Kener-Götze;
(toOT) mich legen in den stadel nider. 114, 30;
thust ir (der magd) auch daheim stets nEichlauSen
in deinen stadel auff das hew. 17, 158, 7 ;
der edelman schwur im {dem battem) bey gott,
er wolt sein stadl im zünden an:
drauff setzen im ein roten han. 372, 32;
gleich dem hund, der im stadel sasz
und doch das hew selbert nit frasz,
hüet sein und lies nymant darzwe. 404, 32;
Heintz, führ mich, dasz ich nit umfall,
und hilff mir hindern stadel ball! 21, 73, 14;
setz dich heint zöberst auS dein stadel
mit deinem sack. 216, 14,
d. h. auf das dach des sfadels. vgl. auch 216, 31. 217, 9. 25.
218, 1 , faule hum und iung starck buben . . .
nemen im stadel die ayr ausz.
Ayrer dramen 2949, 18 Keller;
wir stehen gleich auf nadeln,
das hertze bebet uns als etwas in den stadein
die Zitterbilder thun. Scherfker ged. 602.
5) stadel im bergwerksbetrieb ein viereckig ummauerter
räum, in tcelchem die metalle geröstet, d. h. durch glühen
zur weiteren Verarbeitung vorbereitet werden. Jacobsson
4,245''. Scheuchenstueli97. Karmarsch-Heeren' 3, 4.
6) stadel bei dett, salzsiedern 'vier haspler am Salzbrunnen,
ziceen und zween gegeneinander über, oder auch zwey zober,
deren auf jeder seite des troges oder kahns einer vollgezapft
wird, die man dann mit einander fortträgt. Jacobsson
4,246*.
7) stadel in der seltenen bedeuttmg 'hospitium': der Sama-
riter fürt in in sin stadel, und gab die zwen pfenning
dem stadelmaister. quelle bei Schm.'^ 2,132; vgl. ^oi hatte
den menschen dar zu geschafen, ob er sin geböte be
halden bette, . . daj er den tode nimmer dorfte gevorchten
und immer mer wer gesunt und in eime stadele und daj
er solde gebruchen der gesellescbaft der heiligen engele
27
419
STADELBAUER— STADELPUDEL
STADELREITER - STADT
420
ScnÖNBACH (dtdeutsche predigten 1,53,15. iiber die mög-
lichkeit dieser bedeufunffsentipicklung vgl. oben unter l.
STADELBAUER, m. wol ein bauer, der nur einen stadel
besitzt oder in einem stadel wohnt, vgl. oben stadel. m.
unter 1. stadlbauer Pktri 53".
STADELBIRNE, /. kleine, runde, schmackliafte bimenart.
Kol so genannt, weü sie sieh lange im stadel aufbewahren
lüszt, ohne faul zu werden, im appenzeUischen stadelb^ra
TOULER ■«)5^
STADELBRITSCHER , m. in Nürnberg ein mann, der
die dreschfenue atts lehm ebnet, Schm.* 2, 7.S3.
STADELFIRST, m. dachfirst des stadels: wenn die
peyerin auf den stadelvierst steigt und ain ay in ein
schlair oder stauchen nimbt, und von ir wirfTt, alss weite
sy nu dasselbig ay geworffen hat, mag die henn von irem
hoff gehen. J. Grimm weisth. 3.683;
{der den teu/el beschwörende bauer)
thet also bey des mones glitzen
oben auff den stadelvirst sitzen.
H. Sachs 21, 217, 2 Keller-Götze.
STADELGARTEN, m. ein bei oder hinter dem stadel ge-
legener garten: der lehrjunge muszte mit seiner arbeit
vor den stadel hinaus, er (der Fritz) selber riegelte das
thor hinter ihm zu, die offne thür in den stadelgarten
gab ihm licht genug. Ludwig 2, 119.
STADELGESANG, m. gesang der vögel auf der tenne des
stadels. insbesondere des Sperlings, der deshalb auch stadel-
trilling (». unten) heiszt:
bey aller Sperling stadelgsanp,
wellichs den bawem machet bang.
H. Sachs 21, 283, 31 KeUer-Oötze.
STADELHAHN, m. im steirischen bezeichnung eines bei
beendigung des dreschens festlich zubereiteten hahnes. Unger-
Khull 568*.
STADELHENNE, /. l) eine im, stadel sichfutter suchende
henne: hawshun vel hane vel stadelhenne, altüis. Dief.26''.
2) stadelhenne, im steirischen entsprecfiend oben stadel-
hahn, m. Unger-Kiiull 568».
STADELHO^^, m. l) stabtdum dominicum. eine art von
frohnhof, tcohl so getumnt nach dem stadel, loelcher die ab-
gaben der hörigen aufnimmt, entsprechend der zehntscheuer
in niederdeutschen gegenden. in curtibus stabtdariis, quas
vtdgo stadelhof dicimus. quelle bei Schm.* 2,732; des bi-
schoves stadelhof, dominicum stabtdum. quelle bei Schmidt
dsäss. wb. 336» ; der stadelhof des Straszburger domcapitels
in einer Urkunde voti 1253 erwähnt, ebenda; das erste das
ist, dass sie (die äbtissin) soll han twinge und bann, und
das höret in iren stadelhoff, und ist der stadelhoff fry,
und hat von königen und keysser die fryheit. J. Grimm
teeisth. 1,726, wo wohl an eine umfänglichere anläge zu
denken ist; dieselbe matt hat ouch das recht, dass man
das houe soll führen in den stadelhoff und soll myn froue
funff ochsen in dem stadelhoff han. 732; und deme, so
wer den stadelhof bette, suUen unse herren iren boden
lehinen. 5,329; so sol man sine ros stallen in dem stadel-
hove (in dominico stabulo). Gaupp stadtrecJite 1,71; vur
den stadelshof. J. Grimm toeisth. 6, 666, 13.
2) im steirischen stadelhof (neben stalhof ) allgemein ein-
gefriedeter platz um einen stadel oder eine scheune, liaus-
hof, vorhof Unoer-Khull 568».
STADELHUHN, n.,v^j!. öden stadelhenne 2 : umb pßngsten
(ffiebt er) junfie stadelhüner. Matuf.rivs fu>chzeitspred.(H^.
STADELLEHEN, n.: ibidem queri debet unum stadel-
lehen. mon. boiea 36, 1, 174 (tirbar um 1280).
STADELLEINER, m. für stadellehner, m. als schelte
eines faulen bauemkneehtes , der sich träge an den stadel
leimt, als eigenname Stadelleincr fastnachtsspiele 588, 25
Keller, Stadeleiner 22, vgl. dazu leinen, lehnen, verb.,
theil 6,70».
STADELMEISTER, m. Vorsteher einer herberge, oben zu
•tadel, m. unter 7 : do zAch er (der barmherzige Samariter)
fi; zwen phenninge und gab die dem stadelmcister. Ghies-
HAHRH predigten 1, 95, 9. auch den beleg unter atadel, m. 7.
STADELN, verb. ein gebäude au» baumatämmen auf-
richten. Stai.iikm 2, 8H9.
STADELI'UDEL, m. tu Vorehdorf in Oberösterreieh toird
•tadlpudl ein als pudel gedachtes geapenst genannt, welche»
in dem eingefahrenen geträde »ich ver»teekt halten »oll.
ILuiMUAiUiT mythUog. fortehunffen 106.
STADELREITER, /. im steirischen benennung einer be-
sonderen art grober getreidesiebe. Unger-Khull 568», ».
auch unten winkelreiter, /. und oben reiter, /. (th. 8, 780).
STADELROBAT, STADELROBOT,/, im stadel zu leistende
frohnarbeit. über robat s. theil 8, 1087, i'gl. auch oben stadel-
hof, m. 1 : ist ihme die handrobath bisz auf die stadl-
robath und 6 tag troschen nachgesehen, qtielle bei Unger-
Khuli, 568».
STADELSCHROT, m.(?) /. sUdelschratt, fem., getreide-
kaste7i, der auszer dem hofe gelegen ist und auf vier holz-
sfämmen oder pfählen erhöht steht. Unger-Khull 668». (au»
einer grenzbeschreibung): bisz zu des oberen Taudingers
stadlschratt. von der stadlschratt abwehrts in des Rogkh-
müliners lagken. österr. weisth. 6,334, 16. 17, vgl. auch 337,17.
zum zweiten compositionsgliede s. unter schrot 8, a, th. 0, 1779.
STADELSTATT, /. stelle, wo ein stadel gestanden hat;
stelle für einen stadel. Unger-Khull 568».
STADELTENNE, /. dreschtenne in einem stadel, vgl.
Jacobsson 4, 245'' ;
ich musz doch hinausz gehn, auff glaubn,
dasz sie nicht auf mein stadeltennen
mir stein gäns, enden und hennen.
Ayrer dramen 2950, 29 Keller.
als masc. : item so geet die röre doselbst von dem ablosz-
kasten unden durch den stadeldennen. Tucher bau-
meisterb. 180.
STADELTHOR, n. thor des stadels, grosz genug, um
einen mit frucht hoch beladenen tcagen dtircfiztdassen .- da
fällt ihr ein offnes stadelthor auf, vor dem eine schnitz-
bank steht. Ludwig 2,29;
der bahn führt seine hennen
am stadelthor spazieren,
kein körnlein von der tennen
läszt er sich da verlieren. Rückert (1882) 3, 84;
so was er so brait und so lank,
daz er kom mit gezwanck
kam durch ein stadeltor.
Laszberg liedersaal 2, 473, 29.
in redensarten, vergleichen und bildem: es ist schon gut,
wenn sich einer einmal in der einsamkeit auf sich selber
besinnt, aber er darf kein stadeltor zwischen sich tun
und die weit. Ludwig gedanken 62, d. h. sich abschlieszen,
zugleich mit dem beisinn des furchtsamen, äng.itlichen ; du
bist so dumm, das du dich bückst, wie d'gäns, die hucket
se, wenn sie beim stadeltor hineingen. Birlinger schwäb.-
augsb. wb. 409»; etwas anschauen, wie die kue ein neus
stadeltor, d.h. in dummer Verminderung. Schm.* 2,733;
ein maul wie ein stadeltor. ebenda, dann auch ein gewissen
wie ein stadelthor. ebenda, in seltsamer veincendung : einem
mit dem stadeltor winken, wie das geioöhnlichere einem
mit dem zaunpfahle winken, als eine Steigerung hierzu
gedacht: einem mit dem holzschlegel deuten und mit dem
stadeltor winken, einem eine suche recht begreiflich machen,
ebenda; es lacht eh ein stadelthor dann er. Franck
sprichw. 1, 29», von etwas unmöglichem.
STADELTHORWEIT, adj. so weit wie ein stadelthor.
städlthorweid Hügel 154'', ». die vergleiche oboi unter
stadelthor.
STADELTRILLING,m. benennung des Sperlings. Stalder
2, 389, vgl. die bemerkungen obeiv unter stadclgesang.
STADEMEISTER, wi., ufermeister. Monk zettecAr. 4, 78.
STADEMIETE, /., miete für benutzung des uferplatze*.
MoNK zeitschr. 11,259.
STADESAND, m. stattesande, sandt des gestats. »aburra.
Dief.-WOi.cker 861.
STADLER, m. knecht, der im stadel für Ordnung aorgt,
den hetiboden in Ordnung hält. HöI'ER 8,171. Scnöi'i' 696.
S<:iiM.'2, 733; aufsehet iifter den stmtel UN<!KRKni;i.i. .V>H»;
der bischof setzet in denselben hof einen man, dem man
sprichet der stadeler. quelle l>ei S<;hmidt eh('u.9. wb. .H36»;
stadier J. Grimm tceisth. l, 726; ein killwart, ein zinsz-
meister, ein stadier 4, 100.
STADRECHT, n. 1) recht der benutsung de» uferplaizes.
Ungkr-Kiiuli. 568*. s) dafür nt entrichtende abgäbe, ebenda.
STADT, /. urbs, oppidum.
l. formelles, uritjtrünglich identisch mit mhd.tXsA, nhd.
statt, /". locus paratiis, s. unten, danriten inhd. stete, nhd.
statte, /. (*. unten), die srhrribung «tadt erkannte »chon
AdbLUNO al» ein lediglich orthographisches unter»dt»idung»-
mittel gegenüber »UVL locu» paratu». die bedeutungeeniwid^
I
421
STADT (I. II. 1)
STADT (II, 1. 2)
422
lung unseres vxtrtes wurde wol nicht wenig durch die häu-
fige nebeneinanderstellung von bürg und si&di gefordert : wir
gebietten und wollen, das alle, die in dieser frieheit sint
oder sin soUent, sint schuldig zu bebuden und zu bewaren
unser bürg und stat zu Sarbrucken. \ceisth. 2, 2. vgl. im
ülrrigen die belege unter II, l. auch ist der streit der beiden
in frage kommenden icorte erst sehr spät entschieden:
ci diu, da; dia stat desti heror diuhte,
vrandi si ein so wise herdnom irliuhte,
nnte diu sin dugint desti pertir weri,
da; her einir so herin steoi plegi.
Annolied 118, 115. 118 Rödiger;
wie man die hörte clagen,
s6 daj man des wuofes wart in der stat geware.
die edelen bargaere körnen gahende dare.
Nib. 977, 3 Lachmann ;
daneben ■ dö wart man des wnofes in der stede gewar. Iig. C.
swer dirre stete reht hat, der sol geben ze sante Martins
naht ahte heller, und sol daj jar alles fri sin zolles halp.
{aussage über Öringen von l2o3). J. Gkimm iceisth. 3, 6(n ; wil
der voit herbergen in die stat, daj sol er tun swelchen
enden er wil an der stete schaden. 609. noch Luther: so
wil ich mit dieser stet und seinen einwonem umbgehen,
das die stad werden sol, gleich wie Thopheth. Jerem. 19, 12;
wer dich angehöret in der stad, den füre aus dieser stet,
denn wir werden diese stet verderben, l Mos. 19, 12 ; trie
denn auch noch im ndl. beideformen neben einander: stad,
stede, urbs, oppidum, civitas. Ki Li an 2, 625*. zu bemerken,
dasz Eichstett, Höchstett (Höchst) alte locative sind. Eieh-
stetti u. s. w., die noch die erinnerung an einen ursprüng-
lich weiteren gebrauch des icortes bewahren (vgl. -stetten).
die schreibitng stadt hat sich erst spät durchgesetzt, doch er-
scheint sie sclion im anfing des 16. jh., so stadt Alberus
{fab. 19, 4. 9, 12 u. ö., «.80 Braune) ; stadt bei Roth ober-
moschler Urkunden von 1507 u. 1533. Schm.'' 2, 79i; daneben
aber noch bis in das ende des Xl.jahrh. hineindauemdes
schicanken: stad, stat, civitas. Dief. 125'; stat, stayd, opi-
dum. sg?*"; stad, staid, stat, urbs. 630*; wiler oder klein
stat, opidum. nov. gloss. 2^2*; statt, urbs, polis, oppidum,
civitas. MAALER385*; statt,/, inlle. cittä. HuLSius (1616)306*»;
cittä, terra (1618) 238''; stat, urbs. locus. Schottel 480*;
dann aber seit Stieler die stadt, die städte, urbs. ci-
vitas, oppidum. 2112. niederdeutsch ist eigentlich stede in
geltung gewesen, s. die belege unten, schon andd.: sis mi
an got bescirmere in an stede fastero (in locum munitum).
ps. 70,3 bei Heyne kl. altniederd. denkm. 33. doch scheint
die vom nhd. bevorzugte form schon früh einflusz geübt zu
haben, muszte sich aber in der declination angleichung an
das in den Urkunden oft daneben stehende nhd. der rat,
nd. rad gefallen laszen: tho des rades unde der meynen
Stades nut. Lüb. quelle bei Schiller-LCbben 4, 368''; wyn-
mestere der stades . . der stades voghede . . der stades
hantvestene . . . der stades annboste. ebenda; borgher-
meystere, scheppene unde raet der stades to Dursten, quelle
ebenda; eine angleichung . die zuletzt auch das geschlecht
von nd. stad beeinßuszt zu haben scheint: so welle man
coren wert in then rad, the scal tughen (kaufen) en perd
to thes Stades behove . . . sterft et, thad ne scal the stad
nicht gelden. brem. qtielle von 1303 ebenda-; in des stades
camere ebenda; des stades muren ebenda; des stades wal.
Oldenb. urk. von 1552 ebenda; des stades kelder. münster.
quelle ebenda; des stades knecht ebenda.
II. bedeutung. i) begriff der stadt. ganz allgemein, wenn
auch nur rein äuszerlich, ist der eines durch mauern,
thürme, thore u. s. w. befestigten ortes. stadt, ein meistens
ummaurter ort, urbs, oppidum. Frisch 2,314"=; deshalb:
eine stadt schleiffen, zum dorff machen, demolire, atter-
••are, rädere, it. smantellare, sfasciare, smurare etc. una
citta. Kramer dict. 2 (1702), 900<=, denn flecken und dörfer
entbehren solcher bedeutenden befestigungen : alle diese stedte
waren fest mit hohen maurenthoren und rigeln, on an-
dere seer viel flecken on mauren. 5 Mos, 3, 5, vgl. aber
doch dagegen: die städte und flecken umbgeben die mawren,
thämme, wälle, palewerck. Comenius 613. deshalb die
nebeneinanderstell ung von stadt und flecken: gott hat die
menschen erschaffen zur weltlichen gemeinschaft und
gesellschaft, . . . dasz sie ... statt und flecken bawen
«ollen. Gretter erklär, d. ep. Pauli a. d. Eömer (1566) 8.
bei Luther scheint überhaupt die bedeutung von stadt als
loetis munitita noch nicht so axissehlieszlieh festzustellen:
was für stedte sind darinnen sie wonen, ob sie in ge-
zelten oder festungen wonen. 4 Mos. 13, 20, irenn hier ge-
zelte und festungen als erklärende synonyme von stadt
gedacht sind, doch im allgemeinen steht die erklärung von
Stadt nicht mehr allein als locus peratus, sondern auch
als locus muris ac turribus munitus durchaus fest, des-
halb die vergleichung mit kastell : kleine stat, castel, opi-
dum. Dief. 397''; dasz aber castel hier mit recht der kleinen
stadt verglichen icird, zeigt: wan swie Jerusalem vor w6re
gewesen ain hailigiu und ain künechlichiu stat. do sprach
er ze ainer rehter fersmghde sie were ain kastei und wolle
si dez tagez niht haijen ain stat, wan dag er si bieg ein
kastei. Grishaber predigten 2, 128, iw kastei als kleinerer
begriff icegicerfend gegenüber stadt gebrattcht wird, schon
sehr alt ist die nebeneinanderstellung von stadt und bürg,
zugleich ein urkttndlicJies zeugnisz für das alter der be-
deutungsenticicldung von stat, locus paratu» zu locus mu-
nittis: ce Keine was her gewihet bischof.
des sal diu stat iemir loben got,
dag in der scönistir bürge,
diu in Diutischemi lande ie wurde,
rihtere was der vnunigisti man.
Annolied 117, 110 Rödiger;
auch noch später:
swa; sie vunden, das muost al des tödes wesen,
doch bleip vil Volkes bi steten und euch bi bürgen.
... , , , „ Lohengrin 2620 SückerL
auch stad neben feste, /. :
wem enpfehlt ir iuwer lant,
die stat und euch die veste ? Virgincd 11, 8 Zupitsa.
die den begriff stadt aber erst vollständig ausfüllende er-
klärung findet sich bei Dasypodius: statt, das sein eygen
stattrecht hat, municipium; also die stadt ein mit beson-
deren rechten der Selbstverwaltung und Jurisdiction begabter
ort, wobei die befestigung eticas selbstverständliches, aber
mehr oder tceniger nebensächliches ausmacht.
2) die behandlung des eigennamens neben der begriffs-
bestimmung stadt ist eine verschiedene, besonders alter-
thümlich und heute so gut tcie ausgestorben ist die Ver-
bindung des nachgestellten eigentuimens mit stadt durch
die Präposition zu : (Friedrich von Haustein) der ein haubt-
man was der stede zu Limpurg. Limbtirgtr chron. 52, 21 ;
daz von dem starken wuofe palas unde sal
and diu stat ze Wormje ze beiden siten lüte erschal.
J\7&. 966, 4 Lachmann;
in der stat ze Pajjouwe sa; ein bischof. 1236, 1 ;
da ze der stat ze Wiene bereit man in die wät.
1102,3;
e der edel Rüede^er ze Bechlären reit
Ü3 der stat ze Wiene. 1104, 2 ;
in der stat ze Augspurg. J. Grimm weisth. 6,293; cheine
man, der da zins, erbe oder hauser in unser stat zu
Prag hat. Prager stadtreeht 67, 109 Bössler. jünger nur
noch in mehr alterthümlicher sprechiceise : und die übrigen
flohen gen Aphek in die stad . . . und Benhadad floch
auch in die stad von einer kamer in die ander, i kön.
20, 30 ; (er) ritt ohn aufenthalt , bis er in die stadt zu
Wien kam. brüder Grimm deutsche sagen 505, wie wir auch
heute noch in einer art nachgeahmten chronikenstyls sagen
können: so geschehen in der stadt zu (Jöttingen. hettte
die Stadt Berlin t«. ä. schon die statt Rom, urbs Roma.
Dasypodius; die stadt Rom, die stadt Paris, la cittä di
Roma, la cittä di Parigi. Kramer dict. 2 (1702), DOO*". stadt
in appositioneller fügung dem eigennamen folgend:
allenthalben schallen ze Wormg in der stat
hörte man; gesinde. Nib. 743, 1 Lachmann ;
ZU Kades in der stad. 4 Mos. 20, 16; also ward Rehabeam
der könig bekrefftiget in Jerusalem . . und regierete sieben-
zehn jar zu Jerusalem, in der stad, die der herr erwelet
hatte, d. chron. 12, 13 ; zu Freisingen in der stat. Zimm.
ehron'i, 135, 29;
dö riten si von Tolne ze Wiene zno der stat.
Ifib. 1301, 2 Lachmann:
dö si ze Bechlären körnen in die stat. 1105, 1 ;
denn, o seht den alten knaben,
unterwegs kam er nach Schwaiben,
kam nach Stuttgart in die stadt. Freiugrath 4, 25 ;
zween Leipziger oder die beyde von Leipzig ausz der stadt
seynd, duo Lipsienses. Corvinus l55^ daneben auch: der
hirss nam die flacht geen Horb der stat. Zimm. chron.*
4, 142, S.
27»
423
STADT (II, 3)
STADT (11,3)
424
3) in verbalen Wendungen.
a) mit heziehung auf die stadtgründung : und du men-
schenkind, nim einen ziegel, den lege für dich, und ent-
wirfT drauff die stad Jerusalem. Hesek. 4, l ; und er {Kain)
bawete eine stad, die nennet er nach seines sons namen
Hanoch. i Mos. i, 17 ; wolauff, lasst uns eine stad und
thurn bawen, des spitze bis an den himel reiche. 11,4;
da für der herr emider, das er sehe die stad und thurn,
die die menschenkinder baweten. 5; also zerstrewet sie
der herr von dannen in alle lender, das sie musten auff-
hören die stad zu bawen. 8; wir wollen nur schafhürten
hie bawen für unser vieh, und stedte für unser kinder.
4 Mos. 32, 16; eine stadt bauen, poneie urhem, conde^e, aedi-
ßcare. Stieler 2112; eine stadt erbauen, urbem condere.
Steinuach 2, 653;
gott hat diese stadt (Nürnberg) gleich selber auferbauet.
Rist 14ö, 101 Gödeke-Götze;
kompt gen Hesbon, das man die stad Sihon bawe und
auffrichte. 4 Mos. 21, 27 ; verflucht sey der man für dem
herrn, der diese stad Jeriho auffrichtet und bawen. Jos.
6,26; ein neuwe statt bau wen, navam urbem condere.
Maaler 385»; eine neue statt bauen, stifften, aufbauen,
pflautzen, fondare, edißcare, piantare una citta. Kramkr
dict. 2(1702), 900''; jr gott, denn er hat jnen eine stad zu-
bereit Ebräer 11, 16 ; denn er wartet auff eine stad , die
einen grund hat, welcher bawmeister und schepffer gott
ist 11,10; eine stadt gründen; Romulus hat die stadt
Rom gegründet, vgl. auch:
heiige Ordnung, segenreiche
himmelstochter, die das gleiche
frey und leicht und freudig bindet,
die der städte bau gegründet.
Schiller 11, 315 (jglocke 310).
b) ein statt mit mauren umbgäben, einer statt mauren
machen, cingere urbem muris. Maaler 385»; stadt be-
festigen, urbem m^>enibus. muris ac vallis sepire, operibus
cingere, munitionibus firmare. Stieler 2112; passivisch
geioendet .- die stedte {der söhne Enaks) seien gros und bis
an den himel vermauret 5Jlfo». 1,28; vgl.: grosse stedte,
vermauret bis in den himel. 9, l.
c) mit besonderer beziehung auf menschliches weilen und
liehen, ohne dasz jedoch unser wort begrifflich die reine
räumlichkeit verläszt, im gegensatz zu unten : in der stadt
wonen, urbem incolere, tenere se in oppido. Stieler 2112;
in einer stadt wohnen, Itabitare, stare in (esser' habitante di)
una citta. Kramer dict. 2 (i702), 900"; in der stadt wohnen.
Adelung; und Lot (wonet) in den stedten der selben
gegend und setzt seine hütten gen Sodom. l Mos. 13, 12 ;
also nam Israel alle diese stedte, und wonete in allen
stedten der Amoriter. i Mos. 21,25; die kinder Israel die
in den stedten Juda woneten. l kön. 12, 17. entsprechend :
und da . . . die kinder Israel nun in jren stedten waren.
Esra 3, 1 ; die beiden, die du hast her gebracht und die
stedte Samaria da mit besetzt, wissen nichts von der
weise gottes. 2 kön. 17,26; und ob jr euch in ewre stedte
versamlet, wil ich doch die pestilentz unter euch senden.
3 Mos. 26, 25; aus der stadt seyn, id est in der stadt won-
haftig seyn, easere della, cioi habitante della citta. Kramer
dict. 2 (1702), goo"» ; aus der stadt seyn , essere della citta,
cioi esaer' andato in viaggio. ebenda, in die stadt ziehen,
%im künßig dort zu wohnen; in die statt ziehen, correpere
intra murum. Maaler 385»; in eine stadt ziehen, urbi se
committere, deligere oppidum, in quo quis vivat. Stieler
2112; in die stadt ziehen. Aoeluno; vgl.: last uns in die
feste stedte ziehen und dasclbs auff hüllTe harren. Jerem.
8, 14; entsprechend: aus der stadt ziehen, cii-itatem mutare,
relinqttere. ab urbe discedere. Stieler 2112; sich in die
Stadt ziehen, in eine stadt ziehen, andar' ä stare ad Itabi-
tare in una citta. Krameh dict. 8 (1702), 900". hiervon zu
untertchnden : darnach zoch Jacob gegen Salem, zu der
■lad des Sichern, , . . und machet sein lager für der stad.
1 Moa. SS, 18; und der da fleucht zu der stedte eine, sei
■tehen aussen für der stad Uior und für den cltistcn der
■lad seine sache ansagen, so sollen sie jn zu sich in die
stad nemen und jm räum geben, das er bey jnen wone.
Joaua 80, 4. in einem lob dea landlebena :
woodaraeliMf mann, welcher der ttadt «ntfloh I
HÖLTV ged. IIK Halm;
mit einem dolch bftwalTnet, Uoti
•r aus der eladt. IV ;
j die stadt verlassen, urbetn relinquere. Steinbach 2,653;
\ die stadt räumen müssen, doi'er si>ucciare la citta, haveme
un bando secreto. Kramer dict. )i {1102), 900°; einen nicht
i in die stadt lassen, urbe aliquem prohibere. Steinbach
2,653. in die stadt gehen, um etwas zu besorgen; in die
stadt gehen, andar' in dtta, it. tiscire, salire di casa
Kramer dict. 2 (1702), goo";
du liefest was man laufen kann;
I du sprungest in die stadt. Gleim 4, 11.
; in die stadt reiten:
j der held von Falkenberg war eben rat zu schlagen
1 geritten in die stadt. Ribi' 138, 02 Gödeke-Götze.
I ganz allgemein:
in die stat sich huoben man magt unt wtp.
! ' 2iib. 91,3, 3 Zamcke;
j wenn dein fus zur stad eintrit, wird das kind sterben.
; 1 kön. 14, 12; ich näherte mich der stadt, worin das vater-
I haus lag, auf merkwürdigen wegen. Keller 3, 103. in die
] Stadt kommen: wenn wir gleich gedechten in die stad
I zu komen, so ist thewrung in der stad, und müsten doch
I daselbs sterben. 2/cöJi. 7, 4; sie {ineine frau) wird näch-
stens zu mir in die stadt kommen. Weisze kom. opern
3, 369 ; wieder in die stadt kommen , in urbem redire.
Steinbach 2,653; auch:
die der winter geiszelt in ihrem leide,
o sie war schön, eh' zur stadt sie kam:
war des dorfes rühmen, der eltcni freude.
Fheiligratu 3, 216.
durch die stadt gehen, spatzieren, die stadt besehen,
passex/giare, spasseggiarsi per una citta per vederla, mirarla
ä bell' agio. Kramer dict. 2 (1702), 900"; um die stadt
herumspatzieren, girare una citta per di fuori, attomiarla
spasseggiando. ebenda; dasz ein häufen auswanderer die
Stadt durchschwärnit habe, denen das kind wohl angehöre.
Keller 3, 177; ich . . . fand in der wohnst übe den benach-
barten müUer vor, welcher mit einem leichten fuhrwerke
meiner harrte, um mich mit nach der stadt zu nehmen.
1, 262; wer aus der stadt in die landschaft reist, der ündet
auch dort geringe spuren von Wohlstand. Freytag 13, 246.
einen in der ganzen stadt suchen: als der bediente...
verkündigte , der gouverneur lasse mich in der ganzen
Stadt suchen. Göthe 28, 215. in der stadt geschäfte haben,
besorgungen machen u. ä. .- freyüch, wer hätte aber an-
fangs gedacht, dasz mich meine geschäfte so lange in
der stadt fesseln würden? Weisze kom. opern 3, 370; ich ..
wurde mit manchen geschaffen betraut, welche in der
Stadt zu besorgen waren. Keller l, 360. gegenstände aus
der Stadt beziehen: die damen des neuen pfarrers . . .
waren stolz, unzugänglich und bezogen iiiren putz fertig
aus der stadt. 207. gegenstände {zum verkaufe oder sonst
wie) in die stadt führen, bringen u.a.: kalck, den sie
{die buuern) zu der stat füren. Tuch er bau7neisterb. 93, l;
man gibt von einem summer kalcks herein zu füren in
die stat ... 92, 24; aus der stadt führen, menare, condurre
fuori, esporture della citta. Krämer dict. 2 (l702), 900"; sainle
alle speise der guten jare , die komen werden das sie
getreide auffschütten in Pharao kornheuser zum vorrat
in den stedten. l Mos. 41,35. hierher auch: laug ins haus
zu schaffen und sie inn der statt zu verkauffen. Sediz
feldbau 63; wenn der kaufmann in fremder stadt ver-
kaufte, so suchte er am liebsten waare gegen waare oder
baares gcld umzusetzen. Freytao 18, 235. hie*her auch
Wendungen «'ic; dies {das verschttnnden der K-inder) hatte
ein kindermädchen gesehen , welches . . . darnach um-
kehrte und das gerücht in die stadt brachte, briider
Grimm deutsche sagen 245. mit riicksicht auf die in den
Städten dargebotenen mittel der bUdung und deagenussea:
ich . . . erfuhr, dasz in dem hause eine kunstausstoUung
stattlinde, welche durch die studio zirkuliere. Keller
1, 264; er ging alle abende in einen lesczirkol unserer
Stadt, las dort die franzilsischon und englischen blätter.
2,52. in der stadt speisen, pran.iare, cenare in cittä eioi
da conriato. fuor di caaa »ua. Kuamkr dict. 2 (1709). 900«;
vgl.: die kochkunst jener zeit ijodich am besten in den
groR7.cn sl&dten, die gcschlcchter hatten zu den heimischen
gcrichten fremde eingeführt Frey tag ih, 140.
d) icendungen mit besiehung auf die besondere bedetitun§
der befestigten atadt in der kriegfilhrung : die stadt bietet
soliutx gegen feindlichen Überfall u.a. w.; in jenen lu^on,
425
STADT (U, 3)
STADT ai. 3)
426
wo das feindliche heer noch einmal in das land fluthete,
bestand der senior darauf, sein liebes kind vor der ge-
fahr in einer stadt zu bewahren. Freytao 13, 235; deshalb:
eine stadt befestigen, besetzen, fortificare. piesidiare una
cittä. Kramer dict. 2 (I7ö2), 900«; eine stadt mit mann-
schaft besetzen, oppidum militum praesidio firmare. Stein-
bach 2, 653 ; und er legte kriegsvolck in alle feste stedte
Juda. 2 chron. 17, 2. eine stadt belagern, bestürmen, an-
greifen, berennen: die statt ist belageret, cingitur urbs
obsidione. Maaler 385»; stadt belägern, ad urbem castra
ponere, obsidione cingere. Stieler 2112; eine stadt belägern,
asaediare una cittä {piazza), porvi assedio. Kram er dict.
2 (1702), 900=; sie aber belagerten die stad, bis das ein
eselskopff acht silberlinge und ein vierteil dauhenmist fünf!
silberlinge galt. 2 Aö?». 6, 25; nimm eine eiserne pfanne,
die las eine eiserne maur sein zwischen dir und der stad,
und richte dein angesicht gegen sie, und belegere sie.
Hesek. 4, 3; aber Antiochus zog jm nach gen Dora . . . und
belagert die stad zu land und zu wasser, das niemand
aus oder ein kund. 1 Macc. 15,14; also ward die stad be-
lagert bis ins eilfte jar. 2A:ön. 52, 2. ein statt anfallen,
angryffen, anrennen, adoriri civitatem. M.valer385»; stadt
bestürmen, scalis admotis urbem oppugnare. Stieler 2112;
Stadt beschieszen, oppidi moenia tormentis quafere, globis
arietare, verberare tormentis. ebenda; vor eine stadt kommen,
sich vor eine stadt lagern, eine stadt berennen, angreiften,
beschieszen, bestürmen, aushungern, mit bomben äng-
stigen, ihr hart zusetzen, assediare una citta, accamparvisi
dinanzi (sotto), investirlo:, attaccarla, assalirla, batterla ö
cannonarla darle l'assalfo, affamarla, stringerla, ango-
sciarla con bombe e fuochi. Kram E R rficf. 2 (1702), 900«; so
mach dich früe auff und überfalle die stad. richter 9,53;
darumb beschlossen sie, das sie morgens als bald die-
selbige festen stedte überziehen und stürmen wollen.
1 Macc. 5, 27 ; ein gröszerer anschlag war es , wenn man
ein befestigtes haus oder eine stadt des feindes berennen
wollte. Freytag 18, 292 ; einen ausfall aus der stadt machen,
den feind zurückzuuerfen. hierher auch die folgenden acti-
vischen \cie reflexivischen Wendungen : aber die kinder Israel
sprachen, last uns fliehen, das wir sie von der stad reissen
auff die Strassen, richter 20, 32 ; da füren die kinder Ben
Jamin er aus, dem volck entgegen und rissen sich von
der stad. 31; und sie jagten auch Josua nach und rissen
sich von der stad eraus, das nicht ein man uberbleib in
Ai und Bethel, der nicht ausgezogen were Israel nachzu-
jeigen, und Hessen die stad offen stehen, das sie Israel
nachjagten. Josua S, n. ueiter: diese stad wird nicht in
die hende des königs von Assyrien gegeben werden. 2 kön.
18, 30; und wil dich und dise stad erretten von dem könige
zu Assyrien und dise stad beschirmen. 20, 6. eine stadt
mit grosser gewalt stürmen, oppidum summa vi oppugnare.
Steinbach 2,653; und Judas . . . stürmet die stad Bosor,
ehe sie sichs versahen, und erobert sie und lies alle
mansbildfc erstechen, und plündert und verbrand die stad.
1 Macc. 5, 28 ; da brach man in die stad und alle kriegs-
menner flohen. 2i-ön.25,4; eine stadt zur Übergabe zwingen,
urbem ad deditionen^ redigere. Steinbach 2, 653; eine stadt
verrathen, tradire la cittä. Kramer dict. 2 (1/02), 900<=; eine
stadt verrathen, urbem prodere. Steinbach 2, 653; stadt
übergeben, urbem, deditione tradere. Stiei.er 2112; die
Stadt Übergeben, aufgeben, rendere la cittä a' nemici.
Kram ER dict. 2 (1702), 900«; da that man jm (dem könige
vo*^ Egypten) alle stedte auff und zogen jm entgegen und
empGengen jn herrlich, l Macc. il, 2. eine stadt mit list,
verrähterey bekommen, einbekommen, forprendere una
piazza per stratagema di, o per tradimento, intelligenza.
Kramer dict. 2 (1702), 900«. sich einer stadt bemächtigen,
urbe potiri. Stieler 2112; eine stadt einnehmen, erobern,
gewinnen, bekommen, sich einer stadt bemächtigen, be-
meistern, prendere, forprendeie , conquistare una cittä;
impadronirsi d'una cittä (piazza). Kramer dic<.2(l702),900«;
eine stadt erobern, urbem capere. Steinbach 2,653; wenn
du für einer stad lange zeit ligen must, wieder die du
streitest sie zu erobern. sMos. 20, IS; und die mauren
(von Jericlio) fielen umb und das volck ersteig die stad,
ein jglicher stracks für sich, also gewonnen sie die stad.
Josua 6, 80. eine stadt plündern , ausrauben u. ä. : auch
füret er aus der stad seer viel raubs. l chron. 21,2; sie
beranbeten alle stedte, denn es war viel ranbs drinnen.
2 chron. 14, 14; da kamen die söne Jacob über die er-
schlagene und plünderten die stad. l Mos. 34, 27. das
letzte Schicksal der eingenommenen stadt erhellen Wendungen
■wie: stadt umkehren, verwüsten, delere, evertere, extin-
guere urbem. Stieler 2112; eine stadt umkehren, ver-
wüsten, verbrennen, einäschern, verheeren, plündern,
preisgeben, desolare, distruggeie , abbrucciare, incenerire.
devastare, predare, dar' in preda una citta. Kramer dict.
2 (1702), 900«; die stedte hastu umbkeret, jr gedechtnis ist
umbkomen sampt jnen. ps. 9,7; sihe, ich habe auch in
diesem stück dich angesehen, das ich die stad nicht
umbkere. i Mos. 19, 21 ; und keret die stedte umb , die
gantze gegend und alle einwohner der stedte. 25; denn
da gott die stedte in der gegend verderbt, gedachte er an
Abraham, und geleitet Lot aus den stedten, die er umb-
keret. 19,29; und wil ewre stedte wüste machen, und
ewrs heiligthums kirchen einreissen. 3 JlTo*. 26, 31 ; weh,
weh , die grosse stad , . . . denn in einer stunde ist sie
verwüstet, offenb. 18, 19; und die stedte, so wol bewonet
sind, sollen verwüstet und das land öde werden. Hesek.
12,20; vgl.: ein f romer man kan einer stad aufhelffen,
aber wenn der gottlosen gleich viel ist, wird sie doch
durch sie verwüstet. Jes. Sir. 16, 5. da streit Abi Melech
: wider die stad denselben gantzen tag und gewan sie, und
i erwürget das volck, das drinnen war, und zubrach die
j stad und seet saltz drauff. richter 9, 45; er {der herr)
I wird auch die Moabiter in ewre hende geben, das jr
I schlahen werdet alle feste stedte und alle ausserwelte
! stedte. 2 kön. 3, 19; r^^.- darumb sol das schwert über jre
; stedte komen, und sol jre rigel auffreiben und fressen.
j Hoseai\,&; das er gen Kegila kome, die stad zu ver-
I terben. i Sam. 23, 10; woltestu denn die gantze stad ver-
I derben? l Mos. 18, 28; {im vergleiche-) was aber noch übrig
j ist, von der tochter Zion, ist wie ein heuslin im Wein-
berge, wie eine nachthütte im kürbisgarten, wie eine ver-
herte stad. Jes. 7,8; euch aber wil ich unter die beiden
' strewen, und das schwert ausziehen hinder euch her, das
eur land sol wüste sein und ewre stedte verstöret. 3 Mos.
26, 33; aber sie kamen hin ein und schlugen Moab, die
stedte zubrochen sie. 2 kön. z, 2h; sihe so wil ich euch
hin wegnemen und euch sampt der stad . . . von meinem
angesicht weg werffen. Jerem. 23, 39; also wird mit einem
stürm verworffen die grosse stad Babylon und nicht mehr
erfunden werden, o^eni. 18, 21; sie ist gefallen, Babylon,
die grosse stad. 14, 8; denn du machest die stad zum
steinhauffen, die feste stad, das sie auff eim hauffen ligt,
der frembden pallast, das nicht mehr eine stad sey, und
nimer mehr gebawet werde. Jes. 25, 2. eine stadt schleiffen,
urbem exscindere. Steinbach 2,653; weil aber die stad
verschlossen war, zoch er ab, in der meinung, das er
bald widerkomen und die stad schleiffen wolt. 2 Macc. 12,1;
wird er sich aber in eine stad versamlen, so sol das gantz
Israel stricke an dieselbige stad werffen und sie in den
bach reissen, das man nicht ein kieselin dran finde.
2 Sam. 17, 13; wenn jr aber die stad eingenomen habt, so
steckt sie an mit fewr. Josua 8,8; und verbranten mit
fewr alle ire stedte jrer wonung und alle bürge. 4 Mos.
31,10; aber die stad verbranten sie mit fewr. Jos. 6, 24;
du wirst jre feste stedte mit fewr verbrennen. 2 kön. 8, 12;
das er dein land verwüste und deine stedte ausbrenne,
das niemand drinne wone. Jerem. 4, 7 ; natürlich entsteht
\ feuersnot atich sonst wol für eine stadt: da fieng an sich
zurheben von der stad ein rauch stracks über sich, . . ,
und sihe, da gieng die stad gantz auff gen himel. richter
20,40; die stadt ist durch einen brandt sehr übel zu ge-
richtet, cii^itas i7icendio corrupta et vastata est. Steinbach
2,653; die kerle flogen wie pfeile, steckten die stadt an
drey und dreysig eken zumal in brand. Schiller 2, 91
{räuber 2,3 achausp.);
web' denen, die dem ewigblinden
des lichtes nimmelsfackel leihn!
sie leuchtet nicht, sie kann nur zünden
und äschert städt' und länder ein.
. , ^. . , , 11. 318 ialocke 388).
tn substantivischer icendung:
möge nie der tag erscheinen, . . .
wo der bimmel . . .
TOD der dörfer, von der st&dte
wiiUttm brjuiJe schrecklich strahlt. 316 (339);
427
STADT (11. 3-6)
STADT (II, 6)
428
vgl. : aufsteht mit des Verbrechens wuth und des elends die
inenscbheit
und in der asche der stadt sacht die verlorne natur.
89 {Spaziergang 171).
eitel Wüstung ist in der stad blieben und die thore stehen
öde. Jes. 24,12; eine stadt wieder bauen, wieder auf-
richten, riedißcare, ristorare, rifabricare una cittä. Khamer
dict. 2(1702), 900<=; sie werden die verwüsten stedte, so für
und für zerstöret gelegen sind, vernewen. Jes. 61, 4. wo
der herr nicht die stad behütet, so wachet der wechter
umb sonst, ps. 127, l.
e) das alfer der sfadfgründujig als Zeitabschnitt der Ver-
gangenheit: so lang die stadt stehet, dalla fondatione dellu
cittä. Kramer dict. 2 (1702), 90i»; Zeitrechnungen der städte
waren in Italien gewöhnlich. Niebuhr röm. gesch. 1,227.
bei ihr begann z. b. die Jahreszählung in Rom: von er-
bauung der stadt, dalla fondatione della cittä. Kram er
dict. 8(1702), 901»; die aera von gründung der stadt. Nie-
buhr röm. gesch. 1, 275.
4) icendungen wie von stadt zn stadt, von einer stadt
zur andern u. ä.: von statt zu statt, oppidatim. muni-
ripatim. Dasypooius; und so springts von haus zu haus,
von stadt zu stadt, von reich zu reich und zuletzt von
welttheil zu welttheil. Göthe 49,26; die zeit sei längst
vorbei, da die kunst mit dem handwerk verbunden ge-
wesen und der scholare von stadt zu stadt habe wan-
dern können wie jeder andere handwerksgesell. Keller
2, 99. i-gl. schon mittelnieder d. : toch he van steden to steden.
quelle bei Schiller-Lübbfn 4, 368''. von einer statt zu
der andern, opidatim. Corvinus 449'>; und die leuffer
giengen von einer stad zur andern im lande Ephraim
und Manasse. 2 chron. 30, 10; von einer stadt zur anderen
ziehen. Freytag 18, 127;
ich wil gern mit dir wandern
von einer stadt zur andern,
bis wir gen Paris komen.
fagtn. sp. 908, 29 Keller.
durch alle statt, oppidatim. Dasypodius.
5) Stadt als ztceites glied in Zusammensetzungen.
a) als bezeichnungen einzelner theile der stadt; altstadt,
a. theil l,21i; neustadt theil 7,687; Oberstadt theil 7,1102;
Unterstadt, vorstadt, auszenstadt, innenstadt.
b) als zusammengesetzte bezeichnung einer ganzen stadt,
gewählt nach den verschiedenartigsten merkmalen: grosz-
stadt; kleinstadt; Weltstadt; grenzstadt; bergstadt, s. theil
1, 1518; meerstadt ^ÄciZ 6, 1860 ; Seestadt ^/leiHo, 1,71; küsten-
stadt ^Ä«Z 5, 2880; hafenstadt <A«Z 4, 2, 126; wasserstadt;
geburtsstadt theil 4, 1, 1, 1910; Vaterstadt theil 12, 38; pflanz-
stadt theil 7, 1721 ; mutterstadt theil 6, 2828. ackerstadt (gerne
deminut. ackerstädtchen, n.), deren bevölkerung von acketbau
lebt; gewerbestadt; fabrikstadt; handelsstadt <Aei7 4,2,383;
kaufstadt theil 5, Si6, vgl. auch hansestadt tJieil 4, 2, 4€5;
Universitätsstadt ; kornstadt, kornreiche stadt, theil 5, 1831 ;
wagenstedte, plur. 2 chron. 8,6; vgl: also bauet Salomo
. . . alle stedte der kornheuser die Salomo hatte , und
alle stedte der wagen und die stedte der reuter und wo
zu er lust hatte zu bawen zu Jerusalem, in Libanon und
im gantzen lande seiner herrschafft. i kön. 9, 19; peststadt
theil 7, 1567 ; kaiserstadt, königsstadt theil 5,45. 1715 ; fürsten-
stadt theil 4, 1, 880 ; residenzstadt theil 8, 819 ; pfalzstadt tlieil
7, 1603 ; hauptstadt th. 4, 2, 681 ; provinzstadt, provinzialstadt
theil 7, 2179; wahlstadt theil 13, 589: reichsstadt theil 8, 610;
freistadt theil i, 1,122; bundesstadt C/t€i7 2,520; kreisstadt
theil 5, 2160; marktstadt theil 6, 1656; landstadt theil 6, 142.
6) mit toeiterer adjecHviacJier bestimmung; nach ihrer Zu-
gehörigkeit zu einer nation gewühlter zusatz: deutsche, fran-
zösische, italiänische stadt u.s.w.: keine in der ebene
gelegene deutsche stadt. Riehl culturstudien 263. sonst
mit den verschiedenartigsten Zusätzen : so sprechen die vier
floszgötter am Augustusbrunnen in der that auch für
unsere zeit eine tiefe Wahrheit aus: die Wahrheit, dasz
Aagsburg die natürlichste und notwendigste stndt auf
weit und breit für alle epoche sei. Rikhl culturstnd. 265;
dies (da* freundliehgetinntsein des LeeJutromes) ist wie-
demm ein natürliches Privilegium der natürlichen und
gewordenen stadt. wertvoller vielleicht als alle die vielen
kaiserlichen Privilegien. 86«; äuszere stadt; innere stadt
(vgl. 5, a); in einem altertümlichen teile der inneren
■ladt, auf einem kleinen seitenplutze stand ein schmales
haus von geschwärztem backstein erbaut. Keller 2, 170;
herrliche alte stadt, antiqua urbs. Maaler 385»; uralte
Stadt, urbs vetustate famaque conditorum inclyta. Stieler
2112; eine alte, uralte stadt, cittä antica, antichis.nma.
Kramer dtc^ 2 (i702), 900». (als Zusammensetzung altsl&dt,
neustadt im bestimmten sinne eines stadttheils , vgl. oben
5, a) : gen Prag, in die alten grossen stat odir in dy newe.
Prager stadtrecht 70, 117 Rössler; an einer binnenmauer,
welche die alte stadt von einem neueren theile scheidet.
Freytao 18, 121.
als knabe stieg ich in die hallen
verlaszner bürgen oft hinan;
durch alte städte thät ich wallen
und sah die hohen mUnster an.
Uhland ged. 223.
eine mächtige, grosse, berühmte stadt, urbs amplissima,
ornatissima. Jlorentissima, opulentissima. CORVINUS 786»;
grosze, fürnehme stadt, urbs maxima, clarissima, celebris,
nobilissima. Stieler 2112; eine grosse, vornehme, viel-
bewanderte, wolbewohnte, volckreiche stadt, cittä grande,
famosa, celebratu, nominata, illustre molto frequentata,
popolata. Kramer rfic^ 2(1702), 900»; dis {Messen) ist eine
grosse stad. 1 Mos. 10, 12; grosse und feine stedte, die du
nicht gebawet hast. 6 Mos. 6,10; weh, weh, die grosse
stad Babylon, die starcke stad. offenb. IS, 10; (der engeV)
füret mich hin im geist auff einen grossen und hohen
berg und zeiget mir die grosse stad, das heilige Jerusalem.
21, 10; in der groszen stadt kann man sich verstecken
wie in dem Winzelwalde; jene hat ihre schatten, ihre
geheimniszvolle lust und schauer, wie dieser. Haare d.
leute aus d. lealde 1, 161 ;
man schuof in {den fremden) herberge in der wUen stat ze-
hant. Nib. 1116, 4 Lachmann.
es war eine kleine, ärmliche stadt. Freytag verl. liandschr.
1,43; als wir durch das thor ritten, fanden wir die kleine
stadt, welche nur einen mäszig groszen platz bildete, schon
ganz belebt. Keller l, 3C9. feste stadt, urbs fortissima,
munitissima. Stieler 2112; eine feste, wolgebaute, schöne,
wolgelegene, nahrhafte, reiche etc. stadt, una cittä (piazza)
ben' intesa, bella, ben situata, alfna (buona) abbondunte.
ricca etc. Kramer dict. 2 (1702), 901»; eine feste, offene stadt.
Adelung; er bawet auch obern und nidern Bethhoron. das
feste stedte waren mit mauern, thüren und rigeln. 2 chron.
8,5; wir haben eine feste stad, mauren und wehre sind
heil. Jes. 26, l ; on das starck volck drinnen wonet, und
seer grosse und feste stedte sind, i Mos. 13,29; es (das
böse maul) zubricht feste stedte und zerstöret fürsten-
thüme. Jes. Sir. 28, 11; so macht Juda viel fester stedte,
aber ich wil fewr in seine stedte schicken, welchs sol
seine heuser verzehren. Hos. 8, 14; (Sanherib) zog in Juda
und lagert sich für die festen stedte und gedacht sie zu
sich zu reissen. 2 c/t»on. 32, l ; denn die feste stad niusz
einsam werden , die schöne heuser Verstössen und ver-
lassen werden, wie eine wüste. Je». 27, 10; nim du die
knechte deines herrn und jage jm nach, das er nicht
etwa für sich feste stedte Gnde und entrinne aus unsern
äugen. 2 Sam. 20, 6; denn ich will dich . . zur festen stad,
zur eisern seule, zur ehernen mauren machen. Jerem.
1, 18. eyn gemawrte statt, urbs. Dasypodius; unser kinder
sollen in den verschlossen stedtcn bleiben. 4 Mos. ,32, 17 ;
da baweten die kinder Gad . . . verschlossen stedte und
schafhürten. 32, 36; auch waren wohlverwahrte stiidte,
wenn sie nicht durch verrath oder innere Zwietracht ge-
öffnet wurden, in Wahrheit für die angriffsmittel joner
zeit (14. u. ib.jahrh.) zu stark befestigt. Freytao ih, 285.
die Stärkeste stadt im lande, ciiitas longe firmissima to-
tius provinciae. Steinracii 2,653. volkreiche stadt, urbs
copiosa et incolis frequens, homin ibtisque affluens. St l K i . k 1 :
2112; von allen einwohnern der volkreichen stndt. Raaiu
d. leute aus d. lealde 161. in einer wolpolicicrtcn statt
(■■ atadt mit guter polizei), da stille ruhe und sanftis
wesen wohnen soll. Hemer ordnutig von 1686 im schirrt:
idiot. i,\iM. eine mächtige , herrliche stadt, cittä rnilr,
magnißca , su/ierba. Kramkr rfir^ 2 (1708), tWO»; ein paar
ansehnliche städte. Kki.i.kr 1,878. schöne stadt, urbs orxo-
tissima.Jloieiitissima. Stiki.kr 2J12; die schönste stadt in
Deutschland. Hikiil culturatudim 861. eine vortreffliche
stadt, egregia urbs. Stein räch 8, 663; die berühmte stndl
der armen ((/i> Frugrrri in Augsburg). Rieiii. culhtr
4
429
STADT (II, 6. 7)
STADT (II. 7. 8)
430
Studien 276; die örtliche nothwendigkeit der weltberühmten
Stadt. 261. denn Gibeon war eine grosse stad, wie eine
königliche stad. Jostta 10,2; was sol dein knecht in der
königlichen stad bey dir wonen. i Slam. 27,5; auch der
böhmische majestätsbrief sprach nur von den ständen
und von den königlichen städten, deren magistrate sich
gleiche rechte mit den ständen zu erringen gewuszt hatten.
Schiller 8, 67.
zn Weinsberg, der gepriesnen Stadt,
die von dem wein den namen hat.
Uhland ged. 319.
wüste Stadt, urbs infrequejis. deserta, incttlta. Stieler 2112 ;
eine wüste stadt , davon kaum mehr ein anzeigen vor-
handen, una cittä distrutta, rouinata, di cui appena ci
sono piü vestigii, nideri, rdiquie, rovina. Khamer dict.
2 (1702), 900* ; er wird aber wonen in verstöreten stedten,
da keine heuser sind, sondern auff einem hauffen ligen.
Hioh 15, 28; ich bin gleich wie ein rohrdomel in der
wüsten, ich bin gleich wie ein küt^lin in den verstöreten
stedten. ps. 102, 7 ; die lehre stad ist zubrochen, alle heuser
sind zugeschlossen, das niemand hin ein gehet. Jes. 24, lO;
wenn er zu deinen thoren einziehen vcirA, wie man pfleget
in eine zurissen stad ein zu ziehen. Hesek. 26,10; denn
sie (die glocken) läuten noch in versunkener stadt, tief
unter der erde oder im wasser. Freytag 18, 129.
7) mit besonderer befonung des baulichen xcesens und des
aussehens einer stadt: von auszen sieht die stadt aus wie
der prächtige steinpalast eines riesenkönigs. Freytag
18,123; nachdem ich den hausherrn .. mit einer Verbeu-
gung gegrüszt, setzte ich mich neben ihn, entschuldigte
mein auszenbleiben mit der weitläuftigkeit der stadt. Göthe
28, 216; wie mag er gleich die braut erkunden
im labyrinth der groszen stadt. Uhland ged. 242.
und die stad liegt Arierecket und jre lenge ist so gros als
die breite, offenb. 21,16; die lenge und die breite und die
höhe der stad sind gleich, ebenda; die mauern, thore,
thürme, umfriedigungen einer stadt: wer i^ sach, dag he
{der neue bürger) die burgerschaft in deg jares zit ufgebe
in argem willen, so solden die bürgen behaft sin vor zwei
phunt phenge, und die solde man wenden an der stad
muren. iceisfh. 5, 246; und die maur der stad hatte zwelfF
gründe, offenb. 21, 14; darnach bawet er (Manasse) die
eussersten mauren an der stad David . . . und machet
sie seer hoch. 2 chron. 33, 14; und kamen und belegten jn
zu Abel und Bethmaacha und schütten eine schut umb
die stad und traten an die maure und alles volck das
mit Joab war stürmet und wolt die mauren niderwerffen.
2 Sam. 20, 15 ; ländlich sind auch die Umfriedungen der
Stadt, sogar bei kirchhöfen oft holzzäune. Freytag 18, 128;
im anfange blieben die trüben sorglosen gedanken bei
jedem ausmarsche innerhalb der alten mauern der stadt
eingeschlossen zurück. R.\abe zum icüden viann 25. die
thore der stadt; vor den thoren der stadt; zur lincken,
wenn man zum thor der stad gehet. 2 k'ön. 23, 8 ; und sie
giengen mit einander hinaus . . . durch das lager und
giengen umbher durch das tal, das sie heimlich ans thor
der stad kamen. Judith 13, 11 ; zu den thoren eingehen in
die stad. offenb. 22, 14 ; eine bewegung .... welche den
thoren der stadt zustrebte. Freytag 6, 41 ;
war das thor der stadt nun auch eröShet,
und es regte sich der ganze plunder
des bewegten marktes durch einander.
GÖTHB 2, 103.
da kamen sie nun . . . unter der stad thor und redten
mit den bürgern der stad. i Mos. 34, 20 ; und sie gehorchten
dem Hemor und Sichern seinem son, alle die zu seiner
stad thor aus und eingiengen. 24; so solt jr sie alle beide
zu der stad thor ausfüren und solt sie beide steinigen.
5 Mos. 22, 24. und Gaal trat für die thür {an das pfortchen)
an der stad thor. richter 9, 35 ; Abi Melech aber und die
hauffen die bey im waren, überfielen sie und tratten an
die thür der stad thor. 44. hierher wol auch .- da er kam
an die thur der stad. l kön. 17, lO; die thürme der stadt:
aber was sunst der thürn umb die stat sein, darausz man
zins gibt {denn sie sind bewohnt). Tucher baumeisterb.
103,23; diese («ia««r)thürme, quadratisch oder rund, von
ungleicher höhe und dicke, sind bei einer reichen stadt
mit schiefer oder ziegeln gedeckt. Freytag 18, 121. doch
können die thürme der kirchen mit einbegriffen sein: die
thürme der stadt sind weithin sichtbar; von diesem
berge aus sieht man die thürme der stadt ; auf den hohen
thürmen der stadt wachten die thürmer. Freytag 18, 287.
die straszen und gassen der stadt sind winklig; in den
straszen der stadt herrscht reges leben; die reinlichkeit
und Ordnung in den straszen dieser zerstörten stadt.
Göthe 28, 217; sehr unähnlich moderner bauweise sind
die straszen der stadt, sie ziehen sich in der mehrzahl
enge gewunden dahin. Freytag 18, 125 ; die hauptstraszen
der stadt sind hier und da gepflastert, längs der häuser
besondere steinwege. 123; und jre leichnam werden ligen
auff der gassen der grossen stad. offenb. 11, 8; in den gassen
der Stadt traben die kühe, ein schäfer führt mit seinem
hunde die Schafherde auf die nahen höhen. Freytag
18,123; auf den platzen der stadt; darnach auch: auf den
straszen und platzen der stadt ; auf den platzen der stadt
standen bei laufenden brunnen schöpftröge von stein und
metall. Freytag 18, 125; wurde auf einem platze der stadt
ein fest gefeiert, ein stechen oder Schauspiel, dann wurde
der platz mit stroh belegt. 124. in den fluszarmen, welche
durch die stadt führen, hat das vieh seine schwemmen. 123.
die häuser der stadt: hier beginnen die ersten häuser der
stadt; bis hierher reichen die häuser der stadt; das thal
ist durchschritten . . . hier ragen die nächsten häuser der
Stadt. Freyt.\g verl. handschr. 1,ö; soweit die deutsche
spräche reicht, sind in den städten nicht viele häuser,
in welchen seine {Schillers) werke nicht stehen. Keller
3,43; umb zins, er sey ewig oder nicht, auf heusem oder
auff hoffsteten, di in unser stat zu Prag gelegen sint. Prager
stadtrecht 67, 109 Bössler. hierher auch : bis zu ihrem Un-
glück hatten die templer ein haus in der stadt, jetzt noch
die Johanniter und der deutsche orden, auch den Bene-
dictinem gehört ein freihaus. Freytag 18, 127. oß mit
entsprecfiendem zusatze .- im sichersten und festesten hause
der stadt. Riehl culturstudien 277. {die alte linde vor dem
rathaus) ist dem bürger eine erinnerung an eine zeit,
wo seine stadt noch nicht war und wo die Waldvögel in
den zweigen sangen. Freytag 18, 128 ; hier {in Augsbrtrg)
war nicht nur die gesammte stadt eine weit für sich,
sondern jedes quartier, jede strasze verkörpert wiederum
eine besondere phase des Volkslebens. Riehl cultursttt-
dien 271.
8) die stadt als theil der umgebenden landschaft. vgl.
dazu auch oben unter 7: im angesichte der groszartigen
landschaft, welche die stadt umgiebt. Keller 1,263; die
geographische läge der stadt. Riehl culturstudien 265; die
stadt liegt am meere, eivitas conjuncta est oceano. Stein-
bach 2, 653 ;
ein stat bi Tuonouwe Itt in Osterlant -.
diu ist geheimen Tulnä. Nih. 1281, 1 Lachmann.
stadt oder schlosz auff einem berg oder felsz, acropolis.
CoRviNüS 155''; die stadt liegt in einer ebene, oppidum
in planitie positum est. Steinbach 2, 653. an einem berg,
der lag gegen dem morgen der stad Bethel. l Mos. 12, 8;
die herrliche aussieht . . . der hinter der stadt aufstei-
genden berge. Göthe 28, 226; aber zwischen ihm {dem rau-
benden buschreiter) und der stadt steht auf einer anhöhe
der rabenstein. Freytag 18, 121. das feld vor iren stedten
sol man nicht verkeuffen. 3 Mos. 25, 34 ; was für speise
auff dem felde einer iglichen stad umbher wuchs, das
theten sie hinein, l Mos. 41, 48 ; und sol den lebendigen
vogel lassen hin aus für die stad ins frey feld fliegen.
3 Mos. 14, 53; ein acker oder gut vor der stadt gelegen, ager
suburbanus. Corvinl's 756»; eyn meyerhoff nahe bei der
statt, suburbanum. D.vsypodius; eyn dorff nahe bei der
statt gelegen, suburbana, plur. ebenda; alle dörffer, die
umb diese stedte liegen. Jostta 19,8; lasset alle arme und
dürftige sammeln in einer scheune vor der stadt, ich will
sie speisen, brüder Grimm d. sagen 242; in einem alten
frauenklösterlein vor der Stadt. Keller 1,265; auch auszer-
halb {der mauern) hatte die stadt feste häuser . . . und
gemiethete bürgen. Freytag 18,288. ein gehölz, eine stunde
von der stadt entfernt. Keller l, 84. da Hess er die kamel
sich lagern, aussen für der stad bey einem wasserbrun.
1 Mos. 24, 11 ; der leute töchter in dieser stad werden
eraus komen wasser zu schepffen. 13; da aber Holofernes
umbher zeucht, merckt er, das ausserhalb der stad gegen
mittag ein brun war, welcher durch rören in die stad
431
STADT (11,9-12)
STADT (11, 13)
432
geleitet war. Judith 7, G. die mistkauten in und auRzer
der statt haben die bürger zu gebrauchen, wie vor alters
und jedermann bewust. J. Grimm tceisfh. 6,488; das haus
Eol man inwendig rings rumb schaben, und sollen den
abgeschabenen leimen hin aus für die stad an einen un-
reinen ort schütten. 3 Mos. 14, 41 ; hin aus füren für die
stad an einen unreinen ort, 46.
9) die Stadt als landschaftsbild (vgl. mich oben 7 und 8):
die stadt sihet nimmer aus wie vor diesem, la cittä ha
cangiat^) faccia. Kram er rfjc^ 2(1702), 901»; Augsburg ist
eine stadt, die von auszen keine ansieht bietet. Riehi,
etdhtrstudien 261; ein landschaftsmaler? das heiszt, merk-
würdige Städte, gebirge und weltgegenden abbilden. Kel-
ler 1, 214;
prangend verkündigen ihn (den herrtcher) von fem die be-
leuchteten kuppeln,
ans dem feleigten kern hebt sich die thilrmende stadt.
Schiller 11, 85 {»pazierg. 69);
hinter der landwehr zeigt sich die stadt, die morgensonne
glänzt von hoher kuppcl der stadtkirche, von dem riesigen
holzgerüst des neuen doms, an welchem gerade gebaut
wird, und von vielen groszen und kleinen thürmen der
ßtadt. Frevtag 18, 121 ; Sonnenschein lag auf der stadt und
dem ganzen lande. Kellers, 78; über die stadt und weit
über alles land war die weisze (scÄnee-)decke gebreitet.
Raabe d. leute aus d. icalde 2, 245 ; der dichte nebel eines
dunkeln vorwintermorgens lag schwer über der stadt. 204;
der himmel wopt in purpurnem gewtihle,
rückwärts die stadt in goldnem rauch.
MöRiKE ged. 137 ;
{in einer art vo7i personißcieiting :)
er, er (der lüetling) warf die verlass'ne, die arme
unter die fOsze der dampfenden stadt.
Freiligrath 3, 217 ;
in den dunkeln, sternleeren nachlhimmel, in welchen das
röthliche leuchten der groszen stadt hinaufschlug, blickte
er. Raabe d. leute aus d. icalde 73.
10) stadt mit nebengeordnetem entsprechenden begriffe in
einer coUediven Verwendung ; in stadt und dorf, in stadt und
land, d. h. überall im lande, in stadt und dorf bekannt
sein; zeitung für stadt und land; während sich in dem
pfarrhause ein stiller kämpf vorbereitete, fuhr drauszen
in Stadt und land der frühlingssturm durch die seelen. Frey-
tag 13, 197 ; in den kirchen von stadt und land. 215. in
ähnlichen Zusammenstellungen : jre schale, rinder, esel und
was in der stad und auff dem felde war. l Mos. 24, 28 ;
(die alten geschlechter,) die auf diese zeit sind in wesen
gesein in der stat und auch mechtig auf dem laut und in
schloszen. d. städtechron. 3,95,17; so geht es im triumph
von der stadt aufs land, und von da wieder in die stadt.
Bbttine 214;
sing' in stadt und feld das liedchen,
das im Salamanker thal
jeden abend ich gesungen. Uhlanü ged. 282.
11) die landleute nennen überhaupt die nächstbenachbarte
Stadt kurzweg die stadt. wir wollen in die stadt. wann
gehst du einmal zur stadt? ich habe in der stadt zu thun.
Stadt ohne zusatz des namens sagen die inwohner des
herum liegenden landes. Frisch 2,314"; in Aj^peiizell stadt,
die Stadt St. Gallen. Tohler 405''. stadt und land, gegen-
tätüiche begriffe. Hetzel irie der Deutsche spricht 297, vgl.
datu ufUtr land 6, b, theil 6, 93, schon mhd. :
sin mobten nibt geherbergen alle in der etat:
die nibt geste wä^n, Rttedigcr die bat
da; si herberge ntemen in da; lant.
ytb. 1308, 1 Lachmann.
12) stadt im vergleiche: ein man der seinen geist
rücht halten kan, ist wie eine offene stad on mauren.
»prtiehe StUomon. 25,28; das gut des reichen ist jm eine
feste stad, und wie eine hohe maure umb jn her. 18, 11 ;
ein verletzt bruder helt herter denn eine feste stad, und
zanck hclt herter, denn rigel am pallast. 19; zu der zeit
werden die sledte jrer stercke sein , wie ein verlassen
a<t and zweig . . . und werden wüste sein. Jes. 17,9;
alle deine feste siedle sind wie fcigenhcwme mit reifTcn
feigen, wenn man sie schüttelt, das sie dem ins maul
fallen, der sie essen wil. Nahum n.ii; die stad aber
Bol nicht ewr topIT sein, noch jr das fleisch drinnen.
Heaek. 11,11; diese leale haben unselige gedancken und
•chedliohe rat«chlege in dieser stat, denn sie sprechen,
es ist nicht so nahe, lasst uns nur heuser bawen, sie
ist der topfT, so sind wir das fleisch, s. in sprichwört-
lichen redensarten : er sieht die stadt vor bäusern nicht.
SiMROCK 9802; es ist eine stadt wie sieben häuser im
dorf. 9803''; die stadt ist den feinden eine brille, haec urbs
est claustrum hostium. Steinbagh 2, 653. verkürzt tcol
aus der loendung: die stadt ist dem feinde eine brille vor
der nase, urbs est claustrum hostium, urbs est imposita
cervicibtis hostium. 1,195.
13) begriffsenoeiferung ist eingetreten, wenn stadt auch
kurzweg als bezeichnung der gesamtheit der sfadteinwohner
vencendet tcird.
a) noch auf dem. wege zu dieser bedeutungsenttcicklung
liegen Wendungen wie die einwohner dieser stadt, die leute
aus dieser stadt u. s. w., wo noch ganz die früher auf
getviesene bedeutung in geltung ist. vgl. auch noch: die
leute der stad Sodom. l Mos. 19,4; alle leute derselbigen
stad. 5 ilfo*. 21, 21; und sie faren daher und werden das
land auffressen mit allem das drinnen ist, die stad sampt
allen die drinnen wonen. Jerem. 8, 16; da sie aber dieselbe
(die bundeslade) umbber trugen, ward durch die band des
herrn ein seer gros rumor in der stad und schlug die
leute in der stad, beide klein und gros, l Sam. 5,9; ver-
bauten alles was in der stad war mit der scherffe des
Schwerts. Josua G, 21 ; und die leuf e in der stad sprachen
zu jm. 2 kön. 23,17; aber die in der stad verliessen sich
auff jre feste mauren und grossen Vorrat von speise. 2 Macc.
12, 14; auch ist besaget von der meisten menge der stat.
weisth. 3,363 {d. h. von der mehrzahl der stadteinwohner);
die Stadt hat tapfere und getreue leute zu einwohnern,
dves fortissimi fidelissimique oppidum colunt. Steinbach
2, 653; die stadt ist von den einwohnern verlassen worden,
urbs a suis destituta est. ebenda; aber die einwohner
der Stadt haben sich damals verlaufen. Freytag 6, 151.
vgl. auch bestimmungen %cie: ein statt mit leuten wol-
besetzt, voickrych, tirbs celebris et copiosa, popxdosa,
arcta urbs civibus, frequens populis urbs. Maaler 385»;
volkreiche stat. Sciiottel 412''; eine sehr grosze und
volckreiche stadt, oppidum longe maanmum et copiosissi
mum. Steinbach 2,653; die stadt ist von groszen an-
sehen, und enthält vieles volck, civitas magna auctori-
täte atque hominum, multitudine praestat. ebenda; eine
menschenreiche stadt. Freytag 18, 121.
b) toichtiger für diese bedeutung sentwicklung icar aber
der umstand, dasz die stadt im mittelalter die einzige
politische gemeinde mit Selbstverwaltung war, im gegensati
zum dorfe. vgl. v. Amira in Pauls gnmdr. 3, 125 und
Schröoer' G12 tcnd die dort angegebene litteratttr, so dasz
ein in seinem inneren gesfaltungsreichthum ganz einzig-
artiges gemeinioesen mit der stadt entstand, vgl. auch oben
unter II, 1 die deßnition von stadt. hier mögen noch fol-
gende belege vei-glichen uerde7i (für die entstehung der stadt
aus dem dorfe): ein statt in freyheit setzen, ahstrahere
civitatem a servitio. Maaler 385»; der vurgenante grebe
Gerhart zu Ditze, der machte eine stat zu Camberg in
sime lande, want ej vur ein dorf was. Limburger chron.
44, 8 Wi/.9s; unde darnach nit lange . . , da machte he (Kuno
V. Falkenstein) ein stat zu Nidernbrechen, want ej vur
ein dorf was, unde horte in di herschaft gen Mulsperg.
67,4; wir behalten uns und unsern erben sture und bete
zu thun in diesen zweyen steden, die wir gefriehet han.
J. Grimm weisth. 2, 7; Duitz, dat vurmails ein slos ind stat
is gewest, und noch huide des dachs eine friheit is mit
den vunf dorpern. 3,4; item da man sclireip isoo unde
65 jar da wart Kirpurg in der graschaf zu Ditze begrirfen
zu einer stat. Limhurger chron. 43, 20 Wgss. hervorhrbung
dieser besonderen rechf.i.sfcllung der stadt: dit is unser
herligkeit ind der stede freiheit ind des marts recht.
J.fiRiMM u-eisth. 6,680; man sali da dingen uinb unser
herren herligkeit ind der stadt freiheit ind des marts
recht, ebenda; dat unser herren herligkeit, der stcde frei-
licit ind des marts rechte also gelegen ist. 68I ; unser
statt freyheitten sollen unnserm herren dem abbl noch
dem gottähauHZ khein schade sein an jhren rechten. 4, I9t ;
alte Statuten und gerechtigkeiten der statt Wangen, ft, 464;
vgl. auch: item vor alten Zeilen hail ein dorf bey der
badsluben inn die stat gangen, von demselben dorf an
biss zu Sindorf gingk und gclh noch die anwan der stat.
433
STADT (U, 13)
STADT (II, 13)
434
3, 524, tco verschiedenes recht in den verschiedenen theilen
der Stadt gilt, die eine hälfte der stadt hat schon stadt-
recht, die andere gilt noch als dorf. ähnlich tcol: tzum
ersten han besaget uff den eyd die burgmannen, die
scheffln, die burger gemeinlich in der stat tzu Lutem-
bach, dasz der von Eysenbach nicht zu richten hat in
der stat tzu Luternbach, also die graben umbfangen han.
3,361; grundherrliche rechte in einer stadt: sit die vor-
genante stat zä Selse, Ut ufFe de^ vorgenannten closters
eigen zu Selse, und die bürgere von Selse von rechte
huldent einme abbete von Selse. 1,759; ein apt hat auch
ze Lucerron in der stat sin hofstatzins. 4,367; die Juden,
die muntz, die muhlen half, die gruysz, die portzen zolle,
ind viehetolle binnen der statt, ind an dem Ryne . . . sint
nnsz herren von Cölne ind syns gestichts. 2,747; es hat
auch mein g. fraw abtissin die gerechtigkeit, das ein
jeder, so huobguether in dörfferen und flecken und auch
in der stadt in handt hat und todt verscheiden ist, das
alsdan seine erben noch so vil zu vahl von jeder huob
geben sollen, als vil zinss er bey seinen lebtagen geben
hatt. 4, 79 ; die von Zvringenberg aber haben die besich-
tigting {der aiche, masz und gewicht) und straffen in ihrer
statt vor sich selbst gehabt. 1,479; so haben die vor-
gemelten herm einen freyen hoff zu Ruffach ynn der statt
gelegen neben der pfarrkirchen. 4,133; weiters hatt die
fr. abtissin auff dem landt ausserthalb dem gotshauss
fünff amptleüth, als nämlich einen meiger in Obernthall,
zwen banvrarth in der stadtt, einen meiger zu Senten
und einen zu Gewenheim. 4,78; das ain her von Co-
stentz unnser gnediger herr haben sol stock und galgen
yn den zwing und bennen, als zu der statt Nuwkilch
hörend, und sol umb das plut richten, l, 291. aber auch
freiheit der Stadtbewohner vor ihnen (vgl. stadtluft): item,
welcher arm mann ein hus hat inn der dörfflin einem,
die inn das gericht gehörent, gelust ihn, er mags abbrechen,
unnd inn ein anders füehren . . . gelangt in , er mags
füehren iim die statt, da soll es denn inne beliben. 1,383;
diu stat Oringowe stet also, swer drin var, dag er haben
sol schirm an libe und an gute von dem voite und dem
schultheigen. 3,607 (aussage über Öringen von 1253);
ettlich (knechte) sind och so cluoger sinnen,
das si ir herren tuond endtrinnen
und werdend burger in stetten.
des tevfels netz 12347 Barock;
item wäre es sach, dasz ein wüster fleck oder hofstatt
in der statt ungebawet lege, käme dann ein nachtbar oder
frembder, der dieselbigen bauen wolt, solches soll man
im günnen. tceisth. 6,iö; item auch ist ze wissen, wenn
ainer in die stat zeucht und begert burger ze weren,
bedünket dann die burger, das er in füg zu ainem burger
und ratlich sei, so mugent in die burger wol aufnemen,
doch das er vor ainem richter und vor dem burgern schwer.
Ural, weisth. 4, 351, 41; so ainer in die statt kombt und
sich darin ziecht und der statt freiheit und gerechtigkeit
brauchen und gemessen welle, derselb soU burgerrecht
bestehen und sich mit dem richter und bürgern vertragen.
605, 31. 32. doch nicht schrankenlos: mag der probst die
gotshuslüt nemen und mag mit inen ... in die statt einer
varen und mügent da die gotshuslüt mit des probstes
urloub , wissen und willen burger werden, weisth. 5, 67 ;
wer ouch, das ieman in dehein statt käme und da burger
wurd, der des gotshusz eigen ist, daz sol dem gotshus an
allen sinen rechten unschedlich sin. 5, 69. auch freizügig-
keit aus der stadt bestand: item es magk auch ein iglich
burger von der stadt Meyningen ziehen, wann oder welche
zeidt er wil. 3, 600 ; die burger von L(uzem) haut ouch
das recht, swenne ir keiner von der stat ziehen und vam
wil, das den nieman dar an irren sol, und die herschaft
sol im geleite geben sinem lib und sinem gute unz an
sin gewarsami. 4, 367. au« der stadt verwiesen werden
ist wie des landes verwiesen werden eine bedeutende strafe .-
eim die statt verbieten, ejicere aliquem e civitate. Maaler
385»; die stadt reumen, civitate ejici, earpelli, exterminari,
fugere ex urbe. Stieler 2112; einen aus der stadt jagen,
schaffen, verbannen, peitschen, jemandem die (der) stadt
verweisen, einem die stadt verbieten, cacciare, scaceiare,
bandire. sferzare uno daUa cittä. Kramek dict. 2 (1702), 900«;
darnach so schol er (der einen bürger auf dem rathause
X. 2.
handgreiflich hdeidigte) auf die stat zwainzik schok zu
pu5ge geben, oder er sei vier jar aus der stat bei zwainzik
meilen von der stat. Prager stadtrecht bi, 87 Eössler; der
(gegen die handelsgesetze der stadt verstoszende) leidet di
pusse, das er sizen sol einen langen tag auf dem pranger
und sol sein jar und tag aus der stat, und ym kein ampt
nymmermer kumen. 72,117. entsprechend: eim wider in
die statt helffen, compotem urbis facere. Maaler 385».
diese so mit besonderen freiheitsrechten ausgestatteten ein-
vohner der stadt heiszen aber nicht städter, sondern bürger,
noch eine erinnentng an die Zeiten ältester stadtenttcicklung
(vgl. oben II, l): burger in stat, civis. Dief. 125»; burger, der
in einer stat wonet, opidanus. 397»; wer bürger zu s. Goar
seie ? alle die einwohner der stat s. Goar und Biebernheimb
und alle, die in der markt wohnen, die mit gutem wissen
und willen der obrigkeit und des rats angenommen und
eingezogen seind. tceisth. 6, 489; item darnach sol ain herr
von Brichsen uns ainen richter setzen mit rat der burger,
der selbig richter sol burger und erlich gesessen sein in
der stat. tirol. tceisth. i,3i9, 3; item, binnen der freyheit
sollen zwen städt sein, nemblich ein burgkmaimsstadt
und ein burgerstadt, und esz solle niemants binnen der
freyheit wonen, er habe der zweier städt einen. 2, 560;
item die zwen städt sollen haben zwen richter, nemblich
die burgleut einen burgkmans richter und die burger einen
burger richter. ebenda;
dö da; den bürgeren von der stat wart geseit
da; da kaeme Kriemhilt, des forsten swester kint,
diu wart wol enphangen von den koufliuten sint.
yib. 1238, 2 Lachmann;
SO soltu die bürger der selben stad schlahen mit des
Schwerts scherffe. 5 Mos. 13, 15 ; nun begab es sich , das
ein burger in der stadt was, ein grobschmied, genant
Eychardt. Spittendorff denktcürdigkeiten 2ßn ; sein (des
grafen) schultheisz oder vogt sasz den schöppen der stadt
vor, welche das recht fanden über bürger und in bändeln
des marktes. Freytag 18, 118; die bürger, welche in ihrer
stadt den schild trugen. 194, d. h. zu den patriziem ge
hörten ; so strenge schied sich die stadt des bischofs von
der stadt der bürger. Riehl cultursttidien 271; ttnd noch
eitle tiefere begründung des bürgerrechtes : item wer nicht
teglich mit der stat leidet ubel und gut in allen sachen,
loEung und ander beswerung, der ist nicht burger und
hat kein burgerrecht. Prager stadtrecht 93, 135 Eössler; wil
er aber purger sein, so sol er mit der stat leiden als ein
ander purger. 70, 116.
c) Stadt und die in ihr wohnenden bürger in stärker
hervorgehobener gleichstdlung : statt, burgerschafft, civitas.
Maaler 385'>; die bürgerschaft, vulgo die stadt id est die
bürger in der stadt, civitas. Corvinus 155''; die rehte der
stad und der burger zu Ortenberg. tceisth. 5, 2iS; item in
diser zit stunt Limpurg die stat unde di burger in gar
groszen eren unde selicheit von luden unde von richtome,
want alle gassen unde alen (tcinkel) waren vol lüde unde
gudes. Limburger ehr on. 2r;, 15; aber die, die under euch
seint, die euch reitzent und hetzent, die auflauf machent,
die zusamenschweren anrichtent, das alles wider ruwe
der burger ist und wider Sicherheit der stat, die werden
von solicher missethat mit dem tod nit ledig, d. städte-
chron. 3, 140, 8; so las deme die stedte Juda und die bürger
zu Jerusalem hingehen und zu den göttern schreien.
Jerem. 11,12. vgl. auch: und richtet der rat ir geswom
gerichte, und sezzent ouch in der stat, was dien burgerren
ze nuze und ae eren komen mag. toeisth. 4,367. deshalb:
d) die Stadt, die gemeine stadt, la cittä, la republica,
il commune, ilpublico. Kramer dict. 2 (1702), 900»; gemaine
statt, stadtgemeinde, res publica. ScHM.* 2,794; sich um
die gemeine stadt wol verdient machen, farsi. rendersi
ben meritevole del commune, della republica. Kramer dict.
2 (1702), 900»; mit der ganzen gemeine der grosem stat zu
Präge. Prager stadtrecht 45, 64 Eössler; wegen des rats und
der ganzen gemeynde der stat Landaw. tceisth. 1, 769;
schultheisz, burgermeister , gericht und ganze gemeind
der statt Altenstaig. 6, 321 ; einem erbergen rate und ge-
meiner stat. Tuch er baumeisterb. 36.
e) ein statt regieren, administrare civitatem. Maaler 3%»;
ritterbürtige der stadt und kaufleute sind eng verschwägert,
ihre blutsfreunde sind in anderen städten mächtig, sie
28
435
STADT (11. 13)
STADT (II, 13)
436
regieren die städte im frieden, führen häufig die bürger-
lichen heerhaufen im kriege. Fkeytao 18, 116; anders ge-
irendet: alle und igliche regemente der stede Andernach
das der rait gesalzt hette und noch setzen wird, iceisfh.
2,630; eine bürgerschaft, so fest gegliedert, in dem Selbst-
gefühl des Wohlstandes und physischer Überlegenheit,
konnte auf die länge nicht ertragen von der regierung
der Stadt ausgeschlossen zu sein. Fr eytag 18, 118 ; auch
das regiment der stadt war in diesen stunden (der abend-
ruhe) gegenständ einer beurtheilung, die nicht immer
wohlgeneigt blieb. 143; vgl.: auch für ihr eigenes regi-
ment baut die stadt gerade jetzt ein schönes rathhaus,
zierlich und schmuckvoll, darin einen saal für die groszen
feste der stadt und ansehnlicher bürger. 128.
/) Stadt kurziceg die stadtvericalhmg in ihren gesamten
t-erztceigungen : zu dem andern male wisen wir der stede
Andernach zu kornmaisse, habernmaisse, mellemaisse,
vllauchmaisse und alle fruchtmaisse, die zu dem echtel
gehorent. weisth. 2, 630; wenn auch ein abbt gesetzet würdt,
der soll des ersten der statt und dem thalle schwören. ♦, 191 ;
vgl.: wir der rath, die gemeinde der statt und des thalls.
ebenda; item sie sagen, dasz ein herr von Würzburg der
statt das umbgeld daselbst geben habe, die statt damit
zu bevestigen und bessern. 6, 45; {der theilnehmer an lieim-
lichetn rat) der breche . . . auch dem rat und der statt
ihre freiheiten und policeien. 651 ; das (die icahl eines
capitelherren) sol das capitel tun mit rat der von Klausen
mit sambt andern steten und gotshausleutcn. tirol. iceisifh.
4,348,20; (der sich widersetzende) ist dem gericht verfallen
zwai phunt perner und der stat zwai phunt perner. .352, 13;
das bild des Schutzheiligen, mit . . . einem opferstock, in
welchen der bürger, stolz auf seine stattliche brücke,
freiwillig einlegt, damit der stadt die erhaltung der brücke
leichter werde. Frf.ytag 18, 122; damals (im ausgehenden
mittdalter) begannen die kleiderordnungen der städte und
landesherren, die erst mit der französischen revolution auf-
hörten. 139; ritterschaft und städte von Geldern schrieben
eine auszerordentliche steuer für das lösegeld aus. 217;
er (der ritterliche lehnsmann) wuszte etwas von ungeheuren
forderungen, die einer seiner vorfahren an die stadt ge-
habt haben sollte. 303; denn wegen des durchziehenden
französischen Volkes hatte die stadt auch für den tag
eine thorwache bestellt. 13,183; es kam vor, dasz eine
gröszere stadt die münze in einer kleineren erworben
hatte. 18, 2.38; das silbergeld der verschiedenen landschaften
und städte. 238; und da dieser kaiser (Sigismund) neben
andern gnaden der stadt auch das recht des thofzolles
verbriefte. Riehl culturstudien 266. färben der stadt, des
Stadtregiments: die seiden umbheng auf baiden altarn
mit der stat färb, rot, grien und weis gemachet, dessen
die thümbherrn und vicarien toll werden wollen und
vermainten, die von Augspurg wollen züvil gerechtigkuit
in ir kirchen suchen, d. städtechron. 23, 132", 4. banner der
stadt: wenn man zu Dornstetten stürm löttct, so sollcnt
denn die armmen lütt uss denn vorgenannten dörffern by
dem aide ziehen zu der statt baner, wenn sye gemanct,
oder wie sie dess innen werdent ; wer aber nit zue dem
baner khommen möcht, der sollte zue der statt ziehen.
xceisth. 1,382 (vgl. unten atich stadtbanner); amtbuch,
rathsbuch der stadt: wiewol derselb schafTer alle jar zu
dem newen ratfc ob der stat amptbuch gehorsam thut,
alsdann sein eid im newen eitbuch folio 25 auszweist.
Tücher baumeiaterb. 82; alle jar zu dem newen rafe ob
der stat amptbuch . . . gehorsam thun, als derselbe (der rat)
ir eide im amptbuch folio ... zu erkennen gibt. 34; und
wenn er (der kau/mann) credit (in fremder stadt) gab,
forderte er eine Sicherheit in amtlich beglaubigter Ur-
kunde, indem er das geschäft in das rathsbuch der sladt
eintragen liesz. Freytao 18, 235; auch kurz der sladl buch
(vgl. auch unten stadtbuch): item wer ein ding an-
■pricht in der stat puch, pringet er die ansprach nicht
ein in jar und tag, als das ding ist gesprochen, so sol
man die ansprach auflun (nicht lierUcksichtigen). Prager
atadtreekt 98, 186; auff der statt hoch schreyben, referre in
commentario». Maai.rk ssö*"; guter so auff der statt bäch
geschriben und verzeichnet sind, /undi fnihlici» eommen-
tarii» eontignoH. ebenda; in der stat buch am Tierden
plat TucuKR baumtüttrb. 96, l«. der stadt siege! («. auch
stadtsiegel): item der pfafTen brieff sal man sigelcn mit
der stat sigel. Prager stadtrecht 92, 134 Rössler; neben der
Stadt buch und der stadt brief (r^^ unten stadt brieQ:
sunderlichcn so meinen und wollen wir, das nieman wie
der genant ist mit dem gewelbe darinn unser stat insigel,
buch , brief und frihait beschlossen sint nichtes ze tun
noch ze schaffen sullcn haben in dhein weis. d. städte-
chron. 4, 137, 13. der Stadt baumeister u. ähnl.: darnach zu
sant Niclastag soll der stat paumeister zu im vordem
und besenden der stat werckleut den maurern und Zimmer-
mann. Ti;nnER baumeisterb. 34; der stat paumeister soll
inen (den Steinmetzen) leihen, wenn sie mauren oder löcher
prcchen, zwispitzen und steinexle oder stecheisen, auch
setzeisen und hauer und kellen, alles von der stat zeug. W;
der pflastermeister und sein gesellen . . . suUen der stat
paumeister geloben und ir trew geben, das sie das zu-
kunftig jare an der stat arbeit beleihen. 48; so soll der-
selb ler jung geloben der stat paumeister und der stat
werckmeister dreu jar, die nechsten, pei und an der stat
arbeit zu bleiben. 37; es schol auch ein ycleich man, er
sey burger oder gast, kein kaufmanschaft aus der stat
füren, er hab denn ein zeich von der stat pholger. Prager
studtrecht 72, 117 Rössler; es schol auch kein gast kein
kaufmanschaft nicht vorkauffen bei der eilen , noch pei
der wage, nur was der stat wegar und messer hinwegt
und mist. ebenda; dem paumeister hilflich zu sein wie
er sein bedarf zu der stat nottorft, auch der stat arbeitler
und pferde anschicken zu arbeitten nach eins paumeisters
Unterrichtung. Tucher baumeisterb. 32; zuo Basel haben
wir ein völcklin, die nent man die fryetzknaben, das sind
von stat verordnete sccktrager, die die frücht der obri-
keit ulT die kästen tragen, iceisth. l, 819 anm.; was schafe,
zuber, schuffen , stutzen und anders bei den maurrern
zulechset oder die raifFe abspringen, das er soliche schafe
und gefcsze dann auf hebe und zu der stat puttner trag
und bestell, das die wider gepunden werden. Tuciiek
baumeisterb. 41 ; der stat pflasterer (plur). 49; auch sol
der schafFer das zimmerholtz, das der stat wallhawer zu
der stat pewen herein antwort, eigentlichen mercken. 33;
wir sprachen zuweilen so lange und so laut durch die
stille der nacht, dasz die scharwächter der stadt uns zur
Schonung der schlafenden bürger vermahnten. Keller
2, 174 ; vgl. :
der Wächter, der die stadt bewacht,
ging seinen gang in jener nacht. Uhland ged. 319.
entsprechend dann auch: geloben .., das er (der schaffer)
das zukunftig jare bei und ob der stat pewen beleiben
und der stat nutz und fromen getrewlich furdern und
schaden bewaren wolle. Tucher baumeisterb. Z2,2i\ alle
stein, die von dem Rcuhel perck zu der stat pewen komcn
und herein gcfurt werden. 35; bescliriben geben, wie vil
aller arbeitter an der stat arbeit dieselben wochen sein. 28;
es soll auch ein jeder tagloner der an der stat arbeit ist
sein aigne schauffel haben. 44; wenn er (der röhrenmeister)
arbeit, es sei am schönprunnen oder an ander arbeit der
stat nottorft. 47.
g) hierher nocli: ein mann bey der stadt, ein angesehener,
zu wichtigen geschiiften brauchbarer nutnn, der gleichsam
die .itiltze der stadt ist. Adeluno; tcelehe formet auch ins
schcrzJuifte schillern kann : ein mann bei der stadt , ein
angesehener mann, meist in scherzhaftem gef/rattche. e ma"
bei de' stad. Schm.' 2,794; vgl.: die herren von der stadt,
mitglieder des magistrats. d' herrn vo' de' stad. ebenda.
h) (vgl. unten städfebund und städtebündnis:) sie (rfi«
Hansa) ist eine Verbindung vieler städte zu gemeinsamem
handel in der fremde, nicht zur verthcidigiing, sondern
zur eroberung. Freytaci 18,238; durch sie [die kauf lettte)
werden die grossen bündnisse der fränkischen, schwäbi-
schen, rheinischen städte, der Hansa möglich. 116; diese
blute des norddeutschen handeis war aus dem freien
bund einzelner städte erwachsen. 275; aber auch dieser
verband (von achtpurgfno.isen) suchte zuerst Vorrecht und
verbriefte gunst und wuszte seine stadt oder einen bund
von Städten zu bestimmen, dasz sie seine handelsvorthcilo
vertraten. 23S; vgl.: die norddeutschen städte suchten in
dieser zeit der königslosigkoit sich selbst zu helfen, sie
zogen die bände alter handelsgenossenschafl enger, in
denen allmählich die Hansa zasammenwucha. 9S.
437
STADT (II, 13)
STADT (II. 13) — STADTABENTEUER 43g
t) nicht nur mit hetonung des vericaltungsgetriebes. »an-
dern zugleich einen iibericiegenden (heil der stadteinicohner
bezeichnend: statt mit krieg beleydigen, quatere oppida hello.
Dasypodius; ein statt in grosz angst und not bringen,
inferre calamitatem eivitati. Maaler 385"; einer statt
dienst und gütthat beweysen, in civitatem studio et bene
ficia conferre. ebenda; ein statt mit dienst unnd gütthat
verbinden, civitas officiis eonjuncta. ebenda; di {herren von
Eeifenberg) waren figende der stede Ldmpurg zu der zit.
Limburg, chron. 52,23; auch vieng man ain von Riethain
zu werd, der was der stat veind. d. städtechron. i, 323, 2i;
das die stad auffrhürisch und schedlich ist den konigen
von landen. Es7-a i, 15; die kirche und die rathstube, das
zeughausz, die Schatzkammer, die kornhäuser, Speicher
sind der stadt stärcke. Comenius 62-2; zu den geschenken
der Stadt an vornehme gönner gehörten . . . auch pfeffer,
zimmt, nägelein, muskatnusz. Freytag 18, 140; mehr als
ein mal hatte er der stadt abgesagt, hatte bürger gefangen
und in seinen thurm gelegt, bauern der stadt erschlagen
und verstümmelt. 135; {der freigegebene gefangene muszte
sehicören.) dasz er der stadt und ihren heifern nicht hasz
und räche nachtragen werde. 292; jeder ansehnlichen stadt
war vortheilhaft ihren erzeugnissen dadurch guten absatz
zu verschaffen, dasz sie dieselben von sicheren leuten
prüfen und bezeichnen liesz. 235; und so schlechthin in
die bedeutung der gesamtheit einer Stadtbevölkerung ver-
laufend: die statt wird sich an jn keeren oder hencken,
wirdt alle hoffnung zu jm haben, convertet se civitas in
cum. Maaler 385*; die stadt hat viel ausgestanden, urbs
multis casibus defuncta est. Steinbach 2,653; er . . . gab
sich für einen rattenfänger aus, indem er versprach,
gegen ein gewisses geld die stadt von allen mausen und
ratten zu befreien, briider Grimm, deutsche sagen 245;
begeht die stadt frohe w^einlese, dann rücken bewaffnete
in das feld, damit die schwärmenden städter vor einem
Überfall sicher sind. Freytag 18, 123; es war wochenmarkt
in der fastnacht, das lustigste frühlingsfest der stadt. 11, 5;
eine der gröszten sorgen wurde bei dauernder fehde die
Verpflegung der stadt, weil die wirksamste Schädigung war
zufuhren aufzuhalten. 18,289; aber die stadt sorgte noch
durch andere vögel dafür, dasz die frau vom lande hei-
misch wurde, verl. handschr. 1,220; denn städte und Völker
wie der einzelne suchen die Ursache ihres miszgeschickes
immer lieber auszer sich als in sich. Riehl cultur-
Studien 267; so tcerden Wendungen möglich, wie die ganze
Stadt weisz es. Adelung; die ganze stadt spricht davon ;
er ist im gerede der ganzen stadt u. ä.; aber von einem
kargen filcze redet die gantze stadt übel und man saget
recht daran. Jes. Sir. 32,29; wenn deine tochter nicht
schamhafftig ist, so halt sie hart, das sie dich nicht
deinen feinden zum spot mache und die gantze stad von
dir sage. 12, 11 ; eine stad frewet sich, wens den gerechten
wolgehet, und wenn die gottlosen umbkomen, wird man
fro. spr. Salojn. 11, 10; ein statt von forcht und schräcken
gantz erstaunet, urbs lymphata horroribus, pavida urbs.
Maaler 885"; der tambour der bürgerschützen trommelt
durch die straszen und ladet zum feste,, aber die stadt
ist dies mal nicht bereitwillig sich zu freun. Freytag
13,169; da die ersten {russischen reiter) mit ihren langen
härten, auf kleinen struppigen pferden zum ringe ritten,
gerieth die stadt vor freude auszer sich. 2li ; die allge-
meine Stimmung der stadt war gegen den Türken. 247.
mit \ceiterer Verstärkung des persönlichen elementes in dem
begriffe stadt: und da der man in die stad kam, sagt ers
an, und die gantze stad schrey. 1 Sam. 4,13; heule
thor, schrey stad, gantz Philisterland ist feige. Jes. 15,31;
und welche leute nicht stürben die wurden geschlagen
an heimlichen orten, das das geschrey der stad auff gen
himel gieng. l Sam. 5,12; und die stad Susan jauchzete
und war frölich. Esther 8, 15; und da sie zu Betlehem an-
kamen, reget sich die gantze stad über jnen, und sprach,
ist das die Naemi? Euth 1,19; dann sogar von sich be-
wegenden Volksmassen: des quam der vurgenante Cone
von Falkenstein von des vurgenanten stiftes wegen mit
filtern und knechten und zoch mit der glocken usz mit
der ganzen stat zu Limpurg. Limburg. cÄro». 50, 1; der
{herr v. Falkenstein) zog usz mit der stat zu Limpurg
unde gewan Aldendorf. 51,18; und es kam die furcht gottes
aber die stedte die umb sie her lagen, das sie den sönen
Jacob nicht nachjageten. iJfos. 35, 8; und zogen zwo,
drey stedte zu einer stad, das sie wasser trincken mochten.
Arnos 4, 8 ; alle stedte werden für dem geschrey der reuter
und schützen fliehen und in die dicken walde lauffen
und in die felsen kriechen. Je/ew. 4, 29; denn der ver-
störer wird über alle stedte, komen das nicht eine stad
entrinnen wird. 48,8; die ganze stad zog dem spektakel
nach, reuter und fuszgänger durch einander und wagen,
der lerm und galgenpsalm jolten weit. Schiller 2, 91
{räuber 2, 3 schausp.). mit entsprechendem adjectectivischen
ztisatze: herrliche und ryche stat, lauta civitas. Maaler
385"; eine unglückliche stadt, urbs infelix. Steinbach 2,
653; die betrübte stad vermag sich nicht zu trösten, denn
es wird das Unglück vom herrn komen. Micha 1,12; du
wärest vol gedönes , eine stad vol volcks , eine fröliche
stad. Jes. 22,2; ist das ewre fröliche stad, die sich jres
alters rhümet ? 23, 7 ; der herr Zebaoth hats also gedacht,
auff das er schwechte alle pracht der lustigen stad. 9;
ich hörte, wie . . . die nachtruhe der kreatur eintrat,
während das geräusch in der fröhlichen stadt herüber
summte. Keller 3,62;
hart am säum einer rührigen stadt
steht ein viereckt gebäude, massig und grau.
Freiligrath 3, 218.
es sey kund dem könige, das die Juden, die von dir zu
uns herauff komen sind gen Jerusalem, in die auffrhürige
und böse stad, bawen dieselbige, und machen jre mauern
und füren sie aus dem gründe. Esra 4, 12 ; 0 der mörde-
rischen stad, die ein solcher topff ist, da das angebrante
drinnen klebt und nicht abgehen wil. Hesek. 2i,e; da
menschenkind , wiltu nicht straffen die mördische stad,
und jr anzeigen alle jre grewel? 22,2.
k) personification der stadt als frau, Jungfrau: wie gehet
das zu, das die frome stad zur hurn worden ist? sie war
vol rechts, gerechtigkeit wonet drinnen, nu aber mörder.
Jes.\,2i; vgl.: alle die für über gehen, klappen mit
henden, pfeiffen dich an, und schütteln den kopff über der
tochter Jerusalem, ist das die stad, von der man sagt, sie
sey die allerschöneste, der sich das gantze land frewet?
klagel. 2, 15; die grosse stad, die bekleidet war mit seiden
und purpur und scharlacken und übergüldet war mit gold
und edelgestein und perlen. o^enÄ. 18, 10; insbesondere in
der Soldatensprache um eine stadt werben, sie belagern,
über die nichtdeutsche herkunft aller dieser Wendungen vgl.
R. Köhler kl. sehr. 3, 37i. Soltau hist. volksl. l, 509 anm.
2, 93. 372. Lilge {LtVe), du aUerschönste stadt,
du bist so schön und glatt,
schaue meine liebesflammen,
ich liebe dich vor allen damen,
mein herzallerliebster schätz.
lied auf die belagerung der gtadt Litte durch
prinz Eugen 1708 bei R. Köhler kl. sehr. 3, 389.
von der eroberung Magdeburgs :
er {Tilly) und sein Pappenheim, die thaten sich bemühen,
der guten stadt ihr heil und leben zu entziehen,
und das so grausamlicb, dasz sie den heiszen mut
zu kühlen wünscheten im jungfreulichen blut.
Rist 137, 30 Gödeke-Götze ;
damals brach an die stund' und das betrübte licht,
die dir, o schönste stadt, dein lieblichs angesicht
so sehr verwüstet hat. 138, 56 ;
o, weh der guten stadt,
die schon so manche not und angst erlitten hat. 145, 127.
vielleicht gehören hier auch icendungen her wie die folgende :
ich will der stadt keine schände machen, herr vater.
Freytag 11,42, wo die stadt etica als mutter gedacht ist, vgl. :
gleich mutterarmen schlieszet
die Stadt der pforte (lügel auf,
ihr himmlischer gesang be^rrüszet
den söhn nach tapfrem pilcrerlauf.
Lhland ged. 211.
anderer ort sind personificationen itrie die folgenden : aber
die Stadt, wie riesenhaft und toblustig sie sich gegen Ilse
geberdete , war im gründe ein freundliches ungetüm.
Freytag verl. handschr. 1,220; da möchte man wohl Belle-
rophon sein, um dieses ungeheuer von aufschwellender
Stadt, dieses chimärische unthier von mörtel, ziegel, elend
and essenqualm niederzureiten in den schmutz, aus dem
es entstanden ist. Raabe die leute aus dem walde 169.
STADTABENTEUER, n. stadtgeschehnisz. in der stadt
erlebtes abenteuer : {die aller obetsten behih-den.) welche nach
28»
439
STADT ACHT— STADT ARBEIT
STADTARCHIV — STADTBAHN
440
einer höhern ansieht die hof- und stadtabenteuer als
gleichgültig vorübergehend, sogar manchmal als unter-
haltend betrachteten. Göthe 31, 129.
STADTACHT, /. von der atadt für ihr gebiet ausge
»prochene acht. Campe.
STADTACKER, m., stadtäcker plur. im besitze der Stadt,
bez. ihrer bürger befindliche äcker : der berüchtigte bettler-
palast in der Länggasz bei Bern samt seinen verschlos-
senen behältern, aus welchen genialisch teurer mist für
die stadtäcker gezogen . . . wird. Gotthelf l, vorr. 11 Vetter.
STADTADEL, m., stadtadel, patriciaiua. Stieler 20;
nobiltä dttadina o patritia. Kram er dict. 2 (1702), 901**, no-
bilitas urbana. Frisch 315V Adelung, {zxoei klassen von
adligen in jener zeit:) sie wurden damals kurzweg als
stadtadel und landadel bezeichnet und drückten ihre
gegenseitige abneigung in den sehr gebräuchlichen schmäh-
worten pfeffersäcke und krippenreiter aus. Freytaü 20, 305.
STADTADELICH, adj. zum voi-igen. der stadtadlige,
angehöriger des stadtadels. Campe.
STADTAICHE, /., s. unten stadteiche.
STADTAMT, n. l) über die stadt gesetztes und in der
atadt b^ndliches landesherrliches amt: die selben puezz
sind des statrichters o. swer meins herrn von F. statampt
inn hat, denne um den tod nicht, österr. weisth. 6,4*5 anm.
dazu stadtamtmann, m. der die befugnisse des stadt-
aintes ausübende landesherrliche beamte: {Hans v. Nem-
mingen,) des heiligen reichs stadtamman zu Nördlingen.
weisth. 6, 268 ; it. 4 ^ , 8 seh. umb 8 kannten wein unnd
zetragen, geschannckt dem pfarrer und dem stattamann
von Ulm {quelle voji 1490). d. etädtechron. 25, 349 ; und sollen
die achter, so alda von jren Widersachern betreten, recht
vor dem stattaman und gericht, wie sich gepürt, nemen
und geben. Zimm. chron.^ 1, 241, 6.
2) ein von der bürgerschaft für die Verwaltung der stadt
gesetztes öffentliches amt: er bekleidet ein höheres stadt-
amt; der verstorbene hat mehrere stadtämter inne gehabt.
STADT ANGELEGENHEIT,/. .- am heutigen abend jedoch
wollte das gewohnte gespräch , worin man sieh sonst
über Stadt- und landesangelegenheiten erging, noch immer
nicht in rechten flusz kommen. Storm 14, 4.
STADTANLAGE, /. bauliche anläge eirier stadt mit rück-
aicht auf ihre befestigung und auastattung mit öffentlichen
straszen und gebäuden, so redet man beaondera von mittel-
alterlicher stadtanlage:
in Iran und Turan zur wundersage
ward unter edlen die stadtanlage :
an jedem platz ein Kuppeldach ,
das mit dem gipfel die wölken brach.
RÜCKERT Firdosi 2, 106.
STADTANLEIHE, /. von der stadt gemachte geldanleihe.
STADTANWALT, m. in einigen süddeutschen städten ein
luther städtischer beamter von ähnlicher bedeutung wie der
stadtschultheisz oder stadtvogt {s. unten): stadtanwald,
pretore, podesta, prefetto, govematore della cittä. Kram er
dict. 2 (1702), 902». stadtanwalt, hatipt des inneren Stadt-
rates, z. b. in Straszburg. Adelung.
STADTAPOTHEKE, / mit besonderer erlaubnis der
atadtbehörde errichtete apotheke, dann auch allgemein ivi
geyensatz zur landapothekc: nachdem er nämlich alle
büchsen der stadtapotheke ausgeprobt, und alle federn
der doktoren zehn meilen in der runde umsonst in be-
wegung gesetzt hatte. Schmidt kom. dichtungen 140; da
hielt ein mann von einem entlegenen hof eines tages
mit einem wagen und zwei stieren vor der stadtapotheke
still, lud Borgsam eine grosze tannene stubenthUre ab
und trug sie hinein. Hebel 2, 9«.
STADTAPOTHEKER, m. inhaber einer stadtapotheke.
Kramkr dict. 2 (1702), 902''.
STADTARBEIT, /. l) im auftrage der stadt auszufüh-
rende arbeit, vgl. • so soll der selb Icr jung geloben der stat
paumeister und der stat Werkmeister dreu jar . . . pei und
an der itat arbeit zu beleihen. Tücher baumeisterb. 86.
teol mit betithung auf die faat apriehtoOrÜiche trügheit
und lättigkeit der ttadtarbeiter beteichnet itAdtarbecht ein
Heines, unbedeutende» werk, ouvrage de ville. Ganoi.er 489.
S) in der tpraeke der tuckerbäeker betieiehnung eszbarer
eonäUorwart im gegmuats tu der aus nur künaÜichen ver-
witnmgm hmtAendm bofarbeit (*. theU 4, 2, 1059). Jacobb-
«OM 4, M6^.
STADTARCHIV, n. : schon der patriotische kulturhisto-
riker Augsburgs, Paul von Stetten, nannte das durch-
suchen des Stadtarchivs {wegen seiner liederlichen auf
betcahrung) eine 'nicht blos mühsame, sondern' auch
ekelhafte arbeit'. W. H. Riehl cultursiudien 315.
STADTÄRGERNIS, n. ärgemis, welches man der stadt
giebt. von dem die ganze stadt spricht: sie hatten in der
letzten herberge von Padua . . . von dem geschwätzigen
schenkwirth das grosze stadtunglück und das gröszere
stadtärgernisz , den Untergang der hochzeitsbarke ... er-
fahren. C. F. Meyer novellen 2, 48.
STADTARM, adj., in substantivisclier Stellung der, die
stadtarme, plur. die stadtarmen, die auf kosten der stadt
unterhaltenen armen: die milden gestifte . . . mach' ich so,
dasz ich für drei tausend hiesige stadtarmen jeder stände
ebenso viele leichte gülden aussetze. J. Paul ^^reil;'. 1, 5.
hierzu das stadtarmenhaus, öffentliches gebäude, in
dem solche arme untergebracht werden.
STADTARREST, m. in der Studentensprache bezeichnung
eines vom Universitätsrektor gegen einen Studenten erlasse
nen veibotes, ohne erlaubnis die stadt zu verlassen. J. Meier
hallische studentenspr . 106; den schriftlichen erlasz meines
haus- und stadtarrests und aller schaden und Unkosten.
Thümmel rewe 5, 295.
STADTART, /., stadtart im gegensatz zur bauernart: auf
statart, urbanatim. Schottel 412''.
STADTARZT, m. von dem rat der stadt bestellter und
besoldeter arzt, der m,it geitissen öffentlichen funktionen
ausgestattet ist. vgl. dazu Gengler stadtrechtsalterthümer
319: was gemeine personen sind auff sold und lohn ge-
dingt, als ein stadartzt, staddiener, soldener. Luther
Weim. ausg. 23, 344, 10. stattartzet der furnemst doctor in
der artzney, archiatrus. Maaler 385''; stattartzt, le mede-
ein d'une ville, il medico d'uTia cittä. HuLSlus (1616)307';
st&diar zt, physicus. Stieler 51; stadtartzt, incdtco, yi*tco,
it. chirurgico ordinario della cittä, it. saliarato dal publica.
Kramer dict. 2 (1702), 901 •*; stadtarzt, medicus urbis.
Frisch 315"; vgl. auch unten stadtphysieus, m.
STADTAUSRUFER, m. von der stadt angestellter mann,
welcher amtliche und private bekanntmachungen durch aus-
rufung auf den straszen zur allgemeinen kenntnis bringt:
als ich um elf . . . aus dem schulhofe trat, kam eben der
dicke stadtausrufer die strasze herauf, er schlug mit dem
Schlüssel an sein blankes messingbecken und rief mit
seiner bierstimme: 'der mechanikus und puppenspieler
aus der residenzstadt München ist gestern hier ange-
kommen . . .' Storm 4, 48;
euch wundert, dasz Quirls Wochenblatt
heut um ein heft gewonnen hat
und hörtet doch den stadtausrufer sagen,
dasz brod und rindfleiscb aufgeschlagen.
SCHU.I.KR 1, 312.
STADTAUSSCHUSZ, m. ein aus dem Stadtrat gewählter
und aus dem stadtsyndicus und mehreren Senatoren be-
stehender ausschusz, mit befugnis. eilige verwaltungsmasz-
nahmen zu treffen. Hannoversche Zeitungen 1905.
STADTBACll, m. die stadt durchflieszender bach. ein
durch die stadt mittelst graben geleitetes waaaer. stadtbach
in Giessen. nach Jiandschriftlicher mittheilung Weigands.
bei diesem adergeflecht von mehr als einem dutzend stadt-
bächen, dem eigentlichen heils- und lehenswasser des Augs-
burger groszgewerbcs. B.\¥.\i\. ctdturstxidien i&i; der junge
cantor, der mir stunden gegeben, hatte nach einem jähr
aus unglücklicher liebe zu mir, den versuch gemacht, sich
im stadtbach zu ertränken. Heysk Ari;irffr der ireZM, 197;
die Kät/enburg will grosz.stadt werden . . .
am stadtbach wird em quui erbauet
und einen boulevard man schauet
vom untern bis zum obeni thor. Kbllkr 10, 27.
STADTBÄCKER, m.: stadt bccker, fomaio della cittä.
Krämer dict. 8 (1708). 902«.
STADTBAD. n. öffentlicfiea bad, auf kosten der stadt
unterhalten: der gebrauch des freilich weit wirksameren
sladtbades {zu Teplits) ward Seumc ganz untersagt. Ci.o-
Dius ergäiuung tu 8eum»: mein leiten 99. stadtbade-
haus, n. haus, in dem »ich von der stadt angelegtes und
unterhaltenes wasaerbad bandet.
STADTBAHN,/ eisenbahn. welche den verkehr innethalb
einer grossen stiiiU rrtmittflt. dazu »tadt halmhof , «i.
441
STADTBALL— STADTBEFREIÜNG
STADTBEGEBENHEIT— STADTBEUTEL 442
STADTBALL , m. auf kosten der Stadt etwa auf dem
rathause veranstalte fes tanzvergnügefi : ich versprach ihm
in der angst sechs neue menuetts mit doppeltem trio
für den stadtball. E. T. A. Hoffmann 1,225.
STADTBANK, /. von der stadt aufgeschlagene öffentliche
veikaufsbank (vgl. oben bank 4, theil l, 1109): auf ständen,
tischen, in krambuden und den stadtbänken sind die
waaren (am markttage) ausgelegt. Freytag 18, 129.
STADTBANN, m. städtischer gerichtshezirk: stadtbann,
territorium civitatis. Frisch 2, 315»; kein wunder, dasz
bei solcher Originalität der läge die alten Augsburger
meinten, ihr stadtbann müsze mindestens schon gleich
nach der sündiluth zu einer bedeutenden siedelung er-
sehen worden seyn. Riehl culturstudien 270.
STADTBANNER, n. das dem städtischen kriegsvolk vorauf
getragene banner; banner in den färben der stadt oder mit
dem Stadtwappen geschmückt: der Sebald Pfintzing was
burgemeister , der gab dem Peter Volckamer das stat-
paner in sein hant vor dem rothaus, und sie waren auszen
zwei monat (zumj.U2i). d. städtech ran. 2,9,9; als nun
die volksgunst dem flüchtigen staatshaupte sich schnell
wieder zuwendet und dasselbe feierlich mit dem stadt-
banner aus seinem Schlupfwinkel als vorsorglicher vater
heim geholt wird. Keller 6, 125.
STADTBARBIERER, m., älter für stadtbarbier:
cimgico della cittä. Kramer dict. 2 (l702), 902''.
STADTBASE, /. in Basel bezeiehnung einer klatschsüch-
tigen person, die alle neuigkeiten der stadt sogleich tceisz.
stadtbäsi, schweizerisches idiot. i, 1650.
STADTBASTEI,/, stadtpasteyen, ^i«r. rampari, ri-
pari, bastioni, fortificationi d'una cittä. Kramer dict.
2 (1702), 902«, vgl. auch unten stadtschanze, stadtwall.
STADTBATZE, m., bair. der st&dbatz'n im munde der
landleute eine verächtliche bezeiehnung einer person aus der
Stadt. ScHM.* 2, 794, entsprechend batze theil l, 1160.
STADTBAU, wi. l) die gesamte von der stadt ange-
ordnete öffentliche bauthätigkeit , zu deren besorgung im
besonderen das stadtbauamt eingerichtet ist. dazu ferner
stadtbau herr, m. ratsherr. der das städtische bauwesen
unter sich hat. edile, prefetto delle fabriche di cittä. Kram er
(fic^. 2(1702), 901''; stadtbauhof, m. hof, wo die städti-
schen baugerätschaften aufbewahrt werden; stadtbau-
m eist er, m. architetto del publico. Kramer a.a.O.; so gibt
der statpaumeister dem schaffer alle wochen, es sei veier-
tag oder wercktag, für sein solde vier pfunt alt. Tücher
baumeisterb. 33; darnach sich einer (ein zimmergeselle)
pessert oder an neme, so mocht im ein stat paumeister
den lone pessern. 38. stadtbaurat.m. titel eines höheren
städtischen baubeamten.
2) stadtbau, ein einzelnes öffentliches gebäude selbst, so
stadtbau ein städtisches tcirtshaus. s. oben theil 1, 1163 unter
bau, m. 10.
STADTBAUER, m. sta.dlba.ner, nistietis civictis. Stieler
104; tcol ein in einem stadtdorf (s. unten) wohnender bauer:
ein stadtbauer wickelte aus seinem tuch eine ungeheure
runde wurst. Freytag ahnen 6, 277.
STADTBEAMTE, m. beamtet- im dienste der stadt. Campe:
oft wurde einlasz nicht begehrt oder versagt, dann gaben
sie (die absagenden boten eines feindlichen Jierrn) den brief
am thore in die band des stadtbeamten. Freytag 18, 290.
im vergleich: von den tauben, welche nach altem her-
kommen vom rath gehalten werden und dreist wie stadt-
beamte zwischen wagen und menschen umherlaufen. 6,i9l.
dazu Stadtbeamtenschaft, /.
STADTBEDIENTE, m., vne unten stadtdiener oder stadt-
knecht in der eigenschaft eines von der stadt angestellten
häschers : nur hier kann ich mich nicht mit denen verteufTel-
ten stadtbedienten vertragen. Holberg i, 5; ich sähe auch
schon, dasz diese stadtbediente schlimme leute sind, ebenda.
STADTBEFEHLSHABER, m. befthlshaher der städtisclten
kriegsmacht, dann auch der vom landesherrn in die stadt
gelegten besatzung, für das halb fremde stadtcomman-
dant. Campe.
STADTBEFESTIGUNG, /. du gesamtheit der eine stadt
»ehützenden mauern, graben, thore und thürme.
STADTBEFREIUNG, /. begabung einer stadt mit stadt-
recht. Stadtberechtigung und -befreyung, jtts civitatis, jus
municipule. Frisch 2, 31ö*.
STADTBEGEBENHEIT, /. ; die geseUschaft war schon
im begriff auseinander zu gehen, als ihre Unterhaltung
noch einige augenblicke bei einer stadtbegebenheit ver-
weilte, die das publikum sehr zu beschäftigen schien.
Mörike erzählungen 282.
STADTBEHERRSCHEND, adj. .- zur nacht Bonaparte von
seinem streifzuge zurück, am morgen batterieen auf dem
stadtbeherrschenden gebirgsrücken Mocatam. Mosen 7,367.
STADTBEHÖRDE, /. • er werde sich sofort nach einem
andern unterkommen für ihn umsehen, sich nöthigen-
falls an die stadtbehörden wenden. Strausz lebensfiih-
rungen 2,93; diese (iS'e5aÄ^ia/i.9)gilden waffenfreudiger bürger
werden von der stadtbehörde eifrig gefördert. Fret-
TAG 19, 299.
STADTBEKANNT, adj. jedermann bekannt, in aUer
munde: er stellte also die sache mit der Ev als ganz
fertig dar und zugleich als völlig stadtbekannt. Ludwig
2,285; die gewiszheit . . ., dasz sein Unglückshandel jetzt
bereits stadtbekannt sein müsse ; denn nicht nur tiatte
freund Wighart jedenfalls gestern seinen abendgang durch
ein paar kaffeehäuser gemacht und die neuigkeit mit allem
anteil verkündet, ... Keller 8,54; er glaubte, sein Un-
glück sei stadtbekannt. 5, 131 ; habe bei deiner mama über
die stadtbekannte, drollige letzte hecke gesehen, Veiten.
Raabe akten des vogelsangs 167; der commandierende
general des dort stationierten armeecorps, Ahmed Pascha,
lebte mit Midhat in stadtbekannter feindschaft. Sachau
reise in Syrien und Mesop. 13.
STADTBERECHTIGUNG, /.. bei Frisch 2, 315« die atu-
stattung eitles ortes mit stadtrecht, vgl. oben stadtbefreiung.
STADTBERG, m. berg in oder bei einer stadt. als eigen-
name (im dat. loc.): daher begnügte sich der könig da-
mit , eine missionsanstalt ... zu Eresburg an der Dimel,
dem heutigen Stadtberge, anzulegen. Moser Osnabrücker
gesch. 1, 271.
STADTBERING, m., wie stadtbereich, Stadtbezirk, Stadt-
gebiet, doch nur auf die innerhalb der Stadtmauer liegende
Stadt sich beziehend: eine lange zeile neuer tagelöhner-
häuschen, welche seit einigen jähren über den alten
stadtbering hinausgewachsen sind. W. H. Riehl toander-
btich 231.
STADTBESATZUNG, /. die in einer stadt liegende mili-
tärische besatzung: gtiarnigione. presidio, soldatesca d'una
cittä 0 piazza. Kramer dict. 2 (1702), 901«.
STADTBESCHIRMER, m.:
(der färtt,) welcher Nischada bewacht,
CTOsz von glänz und grosz von macht ; . . .
feindesburgen kampferstürmer,
landbefrieaer, stadtbeschirmer.
RÜCKERT (1882) 12, 63.
STADTBESEN, m., ursprünglicJi wol entsprechend besen 3
(theil 1, 1615) weibliche person,, xcelche stadtneiiigkeiten ver-
breitet, vgl. oben stadtbase. stadtbesen stadtklütsdierin.
Schmidt schwäb. wb. 505. dann überhaupt 'person, die
alle Stadtneuigkeiten wie m.it einem besen zusammenkehrt.'
Stalder 2,389; schtceiz. id. 4,1670. nach Klein 2, 166 dann
auch Schimpfname für mannsleute: wie ein sogenannter
stadtbesen seine nase in alles stecken, gttelle im aehviäser.
id. 4, 1670.
STADTBESSERER, m.: statbesserer, vicarius. Diep.617«.
STADTBESTE, n. das allgemeine beste der stadt .- des one
(dem rat, den gildemeistern und hauptleuten) de andere
gemeyne truweliken byval deden wes se reden vor dat
stadtbeste, d. städtechron. 16, 336, 3.
STADTBESUCH, m. l) besuch, aufsiichung einer stadt:
dieser stadtbesuch sollte nicht lange dauern, aber die
abreise verzögerte sich. Göthe 26, 37; schon vordem, mit
der qualvollen spürkraft der eifersucht, hatte sie heraas-
empfunden, wohin die stadtbesuche ihres gastes zielten.
Storm 13 (1882), 139.
2) aus der stadt (auf das land) kommender besuch, d. h.
besuchende: wir hatten heute stadtbesuch.
STADTBEUTEL, m.. wU stadtseckel, s. das. .- stadtbeutel,
borsa cioe erario, peculio della cittä o del commune.
Kramer dict. 2 (1702),902». mit entsprechendem zusatz: ge-
meiner stadtbeutel, aerarium publicum. Stielkr 141; so
solle alsdann dem Scharfrichter von einer jeden persohn
für seine belohnung, da es von des entleibten hab und
gut genohaten werden mag 8 fl., sonsten aber, so es der
443 STADTBEVÖLKERUNG— STADTBIR
STADTBLASER— STADTBRAUCH
444
stadtbeutel zu entgelten hat, ♦ fl. bezahlt . . . werden.
quelle von 1800. Biiu.iNGF.n volkstJiüml. aus Schwaben 2, 241.
STADTBEVÖLKERUNG,/.; es war also natürlich, dasz
er (der kaufmann) mit dem übrigen aristokratischen teile
der Stadtbevölkerung eng verwuchs. Freytao 18, 115; die
mittlere und niedere classe jeder Stadtbevölkerung, morgen-
blatt von 1846 a. 886; ein bruchtheil hiesiger Stadtbevölke-
rung. Raade die leufe atis dem walde 3, 63.
STAÜTBEVOLLMÄCHTIGTE, m. ein von einer stadt mit
vollmachten ausgestatteter gesandter, abgeordneter. Camtk.
STADTBEWOHNER, m.: nun ... freuten sich diener
und Stadtbewohner und überhaupt fast alle leute, nur
Bertalda nicht. Fouque 8, 71 (Undine lo); denn dadurch
{durch das stattit der templer U7id Marianer) waren —
dem Statut nach — nicht die freien Stadtbewohner, wohl
aber die meisten dienstmannen und ihre söhne ausge-
schlossen. Fkeytaci 18, 42. vgl. auch unten stadtwohner
und a. den beleg unter Stadtbezirk.
STADTBEZIÜK, m. l) wie stadtbereich, sladlbering,
Stadtgebiet : setzet eure vorhut dahin,
wo die Wölfe nistend hecken I
sey der sklave Stadtbewohner;
Stadtbezirk ist unsern braven
wüster felsen klippenspalte. Götiie 3, 221.
2) als theilbezirk der eigentlichen atadt, häufig abgegrenzt
für verwaltungszicecke : im oberen Stadtbezirke it. ä., auch
der äuszere Stadtbezirk, von den atadttheilen, icelclie auszer-
halb der mauer und icälle liegen, im gegenaatz zum, inneren
Stadtbezirk, das häusergebiet innerhalb der icälle.
STADTBEZWINGER, m.:
was sagt der theure prinz {Heinrich v. Oranien) , der grosze
Stadtbezwinger. Rist 135 Gödeke.
STADTBIBLIOTHEK, /. auf kosten der atadt nnterhaltene
öffentliche bibliothek: das . . . geschenk eines schönen trink-
homes, das jetzt die stadtbibliothek bewahrt. Kei.leu
9,209; 'da klebt viel schweisz daran', sagte er und hob
die rolle auf. 'ein plätzchen in unsrer neu gegründeten
stadtbibliothek wird sich schon für dich finden, werk
eines dunkeln daseins.' C. F. Meyek Jilrg Jenatsch 164.
STADTBIBLIOTHEKAR, m. vorateher einer stadtbibliothek.
STADTBIER, n. cereviaia patria. Stieler 146, birra che
si cuoce in citta. Khameu dict. 2 (1702), goi*", cerevisia, quae
in urbe coquitur. Frisch 2,315'. nach Adelung ein bier,
loelcJiea in der stadt gebraut tvird, im, gegensatz zum land-
oder dorfbiere: der rath miethete fuhrleute unter dem ver-
wände, dasz sie stadtbier fortschaffen sollten. Freytag
verm. Schriften 2, 9 Elster.
STADTBILD, n. von einem ausblick geuwnnenes büd einer
attidt: indem gerade der Gustav-Adolfverein die freund-
liche kirche, einen schmuck des modernen Stadtbildes,
für Freising bauen half. Riehl wanderbuch 248; die süd-
französische landschaft, sowie das Stadtbild von Toulouse
bald im Schimmer des mondenlichtes , bald im hellen
glänze der provenzalischen sonne. Samosch provenz. tage
146; sie standen einen augenblick und blickten auf das
lichtdurchstickte Stadtbild unter ihnen. Frapan arbeit 241.
STADTBILDUNG,/, bildung. toelche der in den städten
ipohnenden cultur verdankt tmrd : gegen die treibende Un-
ruhe und die frivolität der stadtbildung beschwört der
kaiser als höhere gewalt den sinn der millionen herauf,
welche in der stiile geleitet werden, oft ohne zu wissen,
durch wen. Freytao 15, 346.
STADTBIR, STADTBIRNE,/, benennung des teappen-
bilde» der atadt Atigabxirg, ioahracheinlich ur.fjtrünglich die
frucht de* tirbdbatune» (pinua cembra) dar. ttel lernt, vgl.
d. tiädteehron. S, 38 anm. 4. Sigmund Meistkrlin chronik
der reiehaatadt Nürnberg von 1488 tcill das wort ableiten
von lat pyra: als er {Druaua) wider gen Mentz kam, do
starb er an der pestilentz, und wart auf sein grab ge-
macht ein pir, das ist ein form als ein scheitcrhauf von
gepachen zusamen geschmelzten stainen, als man das
noch Htehl auszerhalb der stat Mcintz. und das ist heut
der von Augspurg schilt, die es aus unwiszenheit ein
statpim nennen: pir ist als vil als feur, wann es hat
Koliclien form. d. atiUllechron. 8, 38, 10. ala maac. behandelt:
am Jakola-rthor {tu Auyalmrg) ist das kaiserbild, ein
alter »tadtpyr und ein Römerstein zur schau eingemauert.
RiKiiL ntlturatudien ms. faat tautologiach neben wnppi-n:
in dem hellen die zechpfleger Conrat Herwartt und EglufT
Bissinger ainen neuen zcchkasten in die kirchen gemacht,
darein man die kelch und ander altargezierd behielt,
und die statpir und wappen darein gemacht, d. atädte-
chron. 23, 132 anm. 4. auch sonst häufig als Sinnbild
atadtiicher gewalt und gerechtsatnkeit in Augaburger quellen
erwähnt: an sant Veitztag ward er {der neue gottesacker)
geweicht mit grossen eren und ward die statt bier daran
gesetzt. 23,66 aiun.i; ain stain statper, die macht man
aussen an die kirchmaur, und ain gefierten stain und
altu geschrifft darauff. 4, 33l, 12. münzenartige tnettUl-
stückchen, welche als theilhahermnrken dienen, sind mit
diesem bilde gezeichnet: und hat nemantz kain brot geben,
dann disen, die angeschriben sind gewessen und zaichen
haben gehept, wie die raifTpfennig, mit der statpiren be-
zeichnet. 23, 247, 15. von der eif er. nichtigen geistlichkeit ein
solelies städtische macht versinnbildlichendes wappenzeiclien
zerstört: {die domherren) habend aber in dem capitul losz
geworfen, wer die statpir auff dem fronhof umbstossen
soll, die inen auch wee in äugen gethon hat. also ist
das losz auff doctor Neithart, doctor Meiler unnd doctor
Mendel gefallen, welche zänacht mit iren knechten die
statpir auf dem Fronhof mit eisen stangen gar umb-
stiessen, dann sie altershalben sonst wol umbzöstossen
was. 23, 132 anm. 4. wol eine nicht weniger absichtliche be-
Schädigung: auch ward die statpir an ainem stechen umb-
gestochen auff dem fronhoff, die wolt der vicari nimmer
auffrichten lan, da richts die stat mit gewalt auff. 4, 323, 15.
die bezeichnung stadtpir nach der anmerkung zum letzten
belege noch Jieute in Aug.9burg gebräuchlich.
STADTBLÄSER, m.. dasselbe wie unten stadtpfeifer, t. b.
in Göttingen, sie hatten vom thurm zu blasen.
STADTBLASSE,/, die charakteristische blasse färbe eines
echten Stadtkindes: der hatte alle stadtblässe längst ab-
gelegt und war ein brauner pauspackiger bauernjodel
geworden. Rosegger tceltgift 263.
STADTBODEN, m. l) der der atadt ala eigenthum ge
hörende grund und boden • der magistat von Berlin sollte . .
ein paar solcher wohntürme auf stadtboden zur probe an-
legen. Naumannbuch 65. dann audi 2) allgemein boden,
auf welchem die atadt ateht.
STADTBOTE , m. der die botendienste für die Stadtver-
waltung besorgt: stadt- oder rahtsbote, nuncius imblicua
civitatis. Stieler 182; stadtbote, messaggiere pttblico.
Kramer dict. 2 {1102), SOl^ ; stadbode, viator, stator- nun
cius urbicus. Kilian 025*; 6 f( peden poten, ambt- und
statpoten, die sullen die steur auch helfen einpringen.
tirol. weisth. i.ili, 3; {Jacob) nam grüne stecklin numen
halber gescheit, das ein teyl rynd und das ander teil nit,
zwiglen von jungen wilden böumlin, und macht sie
sprencklecht, wie dye statbotten steh tragen, iialber grün
und wysz. Keiser.sberg bilgerach. 41'*; die glocken seind
der pfaffen bittet und stattpotten. Franck weltbuch 133*';
der viertelmeister und stadtbote von Wien. Heiiei.2, 269;
als Vertreter des lieutigen briefträgers: ich wandelte im
garten auf und ab und sah dabei bisweilen in die Zei-
tung, welche der stadtbote mir soeben durch den zäun
gereicht hatte. Storm 5, 71.
STADTBRAND, m. brand, feuei-sbrtinat, die den grUateren
theil einer stadt einäschert: die stadt schrcibcrei ... ver-
sicherte aber der Wahrheit gemäsz, dasz durch zwei stadt-
brände sowie durch Unordnung in früherer zeit jede alte
nachricht verloren sei. Freytai; 6, 149.
STADTBRAUCH, m. l) die rechtlichen geicohnheiten der
Stadt: sfadtbrauch, .'<tatutum civitatis. Sc.iiottkl 42o''. Wh
ent.tjrrechendes dorfbrauch ebenda verzeichnet ; stadll)rauch,
statuta civitatis. Sti eleu 221. ähnlich noch: fremde ge-
sellen, welche mit kaufinannsgut niclit nach stadtbrauch,
sondern nach waldesreclit handelten. Frkytao 18, 186.
hieiher auch icol: die niRdchen besorgten ihre einkaufe
und setzten sich endlich mit Victor auf die bank, welche
als ein Überrest alten staütbrauches vor dem hause stand.
18,881, wo die auf dem fnarktjtlatze ttehende gerichtabank
gemeint »cheint.
%) aitten und getcohnheiien der atadtbeicohner (im gegen
aatz fi< ilenen der hindlente): stadtbrnuch, usanza. coatume
della cittä. Kramkii </iW. 8 (i7oa), öül*"; das ist so sfadt-
brauch. Cami'k; schulnieisicrs Nasi sollt' doch den sladl-
brauoh auf dem lande sein lassen, sie licsze sich gerne
445
STADTBRAUEREI — STADTBUCH
STADTBUCHEREI— STADTBULLE
446
gefallen, dasz er sie aus respekt 'ihr' und 'frau mutter'
nenne, aber mit einer dummen bauerndirn' brauch' er
keine umstände zu machen, zu der soll er 'du' sagen,
wie früher. Anzengkuber 3, 24ö.
STADTBRAUEREI, /. eine der stadt gehörige bierbratterei.
so die 1415 gegründete stadtbrauerei ztt Eimheck am SoUinge.
STADTBRIEF, m. l) dasselbe xde stadturkunde: und
auch nymand sol man cheinen statbrief geben, es sey
ubir haus oder zins, es sey denne jar und tag vergangen.
Prager stadtrecht 66,107 Rössler; were auch sache, das
einen waysen, der sein jar nicht zu enhette, sein erb,
haus, zins vorkauft wurde, gelautmert, statbrieffe darüber
geben und nach der stat recht bewaret. 75, 119. auch ein-
fache gerichtliche axiff orderung -. und ist da^, dag derseib
man, deg dag erb ist, in einer andern stat ist gesessen,
so schol man im den statprief senden und schol im einen
geraumen tag beschaiden, da er czu chome und enem
antwurte, der auf in von dej erbej wegen czu chlagen
hat. Brünner stadtrecht 392, 192 Rössler.
2) im modernen briefverkehr ein von der stadtpost inner-
halb des Stadtgebietes zu bestellender brief dazu städt-
briefträger.OT.twi gegensatz zum landbriefträger. s. th.6, 99.
STADTBROT, n. brot. welches in der stadt gebacken trird.
vom landbrot durch gröszere feinheit sich unterscJieidend.
mit entsprechendem znsatze: das weisze stadtbrot, das bis-
lang in ihrem hause gegolten, hatte sie auch abgeschafft
und bezog alle acht tage ein billigeres rauhes brot.
Keller 3, 31. stattbrot als randbemerkung {als sHchtcort
auch im register aufgeführt) bei Sebiz feldbau 63 zu : sie
{die meierin) soll mit dem brot also umbgehn, das man
es nicht mutwillig verschwänden könne, ohne dasz sich
die eigentliche heziehiing erkennen liesze.
STADTBRUXNEN, m. : auf dem markte plätscherte der
alte stadtbrunnen, als wenn er gar nichts wüszte. Bren-
tano 5, 147.
STADTBUBE, m. l) tm gegensatz zum fand- oder dorf-
buben ein bube, knabe aus der stadt: stattbueb {gegensatz
burenbueb, landbueb) Schweiz, idiot. i, 943. für geschickter
als die dorfknaben ati.sgegeben: was macht euer Schul-
meister mit euch? saget ihm nur, wenn es so fortgehe,
so werdet ihr vollends wie stadtbuben, und könnet alle
band werker, und alles lernen wie sie. Pestalozzi Lienh.
u. Gertr. 2, 362. über ihre geringere körperstärke vgl. die
Übertragung unter 3.
2) entsprechend oben bube, m. 5 {theil 2, 469) ein schur-
kischer mensdi aus dei- stadt: als die recht zeit verging,
da samelten sich die schnöden wicht und lieffen in ire
heuser, den sie den tot geaignet hetten, und ersuchten
die keller, gewelb, haimlich winkel, stell und alles das
da was, mit Iren statbuben. d. städtechron. 3,141,26.
3) stattbueb in Solothitm benennting einer kleinen, arg
I stechenden bremsenart. Schweiz, idiot. 4, 943, angeblich so be-
nannt nach ihrer schmächtigen gestalt. vgl. die vencen-
dung unter 1.
STADTBUCH, n. öffentliches buch, welches neben der stadt
recht und sonstigen gerechtsamen, auch andere eintragungen
rechtlichen Charakters oder sonst allgemeineren interesses
enthält: statbuch, liber statutorum civitatis. Schottel478»;
sindthücheT, libri statiiforum civitatis. Stieler 256; stadt-
bach, tabidae publicae, worein alle acta publica gezeichnet
werden, zum ewigen beweisz, liber p%Micxts civitatis.
Frisch 2, 315»; stadtbuch Adelung; niederl. stadboek,
tabulae publicae Kilian 625*; es wird daselbst {auf dem
rathause) der bürger namenbuch und offene stadtbücher
{tabulae publicae) bewahret. Comenius 650. seinen inhalt
betreffend: die recht, die er zu dem wald hat, die do
geschriben stend in irm stat buch, und die do geschriben
ist bei burggraf Friederichs zeiten vor siebenzig jaren.
weisth. 6, 97 ; {helfen beim brückenbati.) wie dann solches
die alten statt büecher ausweisen und also bisher© ge-
halten ist worden, tirol. weisth. 4, 374, 26 ; dessen {einen
beitrag zum brückenbau zu leisten) sich aber ernantes ge-
richt verwaigeret, weilen in dem stattbuech von sech-
zechenden tag monats decembris anno aintausent sechs-
handert vier nachvolgendes vorgesechen. li ; schuldig ze
versprechen an aides stat, arm und reich ze halten und
ze beleihen lassen bei allen unsern freihaiten und guten
gewonhaiten nach unsers brief und statpuchs Inhalt. 420, 5;
nach ausweisung unser freihält, nach lautung unser brief
und unsers statpuchs und nach allem herchomen unser
alten guten gewonhait. 421,27; und wir uns etlich zeit
sölchs pachen entslagen und nach laut des statpuechs
nit haben wollen pachen, darauf uns sölchs pachen ver-
potten gewesen ist. 494,30; alsdann des alles ein abrede
gescheen ist . . , als im statbuch steet an dem hundert-
sten und sechtzigsten plat. Tcciier baumeisterb. 227, 28;
wer das {abwässer in den Fischbach geleitet zu haben und
noch zu leiten) überfür, der must geben alle tag ein pfunt
haller, als in dem statbuch steet folio hundert und sechtzig.
231,20; von etlichen gesetzen der gepewe halben im stat-
buch begriffen. 280,11. auch eine art hgpothekari.9cher ein -
tragungen aufnehmend: so habe ich ym 50 fl. ins stadt-
buch verwilligen müssen, wen er mir dan sovil gelihenn
hat, das dye summe auff 90 fl. komen ist, so habe ich
ym abermals dermaszenn loo fl. ins stadtbuch vorwilligen
müszen. quelle des iG.jahrh. im Weim. ges. arch. bei Dief.-
WÜLCKER 861. selten rein annalistische atifzeichntmgen
enthaltend: stadtbücher {neben stadtgeschichte) croniche,
annali d'una cittä. Krämer dict. 2 (1702), 901*', tcozu die
bei Dentzler 1, 392*' sich findende erklärung: leucoma tafel
darinn der richteren namen geschrieben, stadtbuch, den
Übergang bilden mag. vgl. auch unten die belege bei Aventin
und Luther, es heiszt in das stadtbuch etwas eintragen,
einschreiben: und Plinius sagt, es sei in das statpuech
zue Rom geschriben worden, das pei den zwaien bürger-
maistern zu Rom, Licinio Crasso und Cajo Cassio Lon-
gino, ain maidlein ein kneblein worden sei. Aventin
chron. 167,8; wir haben auch in unser öffentlich stadbuch
schreiben lassen, was sie {die boten der Juden) geworben
haben; also, der Juden boten . . . sind zu uns komen, zu
vernewen die freundtschafft zwischen dea Juden und uns.
und wir haben beschlossen, das man diese boten ehrlich
empfahen solt, und jre rede in unser stadbuch schreiben
lassen , zu ewiger gedechtnis. i Macc. 14, 22. 23 ; nur der
Stadtschreiber Seifried wollte seine Verachtung nicht
bergen, als er am ende halblaut frug, ob er den Vorfall
unter der rubrica gaunerei oder gewaltthat gegen den rath
in das stadtbuch eintragen sollte. Freytag ii, 55. als
tceniger zuverlässige aufbejcahrung von zu überlieferndem
einen zettel in das stadtbuch legen : und darumb daj ej
fürbaj also stet belibe, haben wir dis zedel in unser
statpüch heijjen geleit. d. städtechron. 4, 159, 32. das stadt
buch verlesen, damit die darin enthaltenen rechtssatzungen
in aller gedächtnis bleiben : auf denselben tag {Petri stuhl-
feier oder sonntag invocavit) die ganz gmain, reich und
armb, so darzue gehören und burgerrecht haben ... bei
gueter weil und zeit erscheinen und vor dero das stat-
puech verlesen werden, tirol. weisth. 3,10,1; statbuch zu
lesen in st. Seboltspfarr: am suntag jubilate. statbuch
zu lesen in st. Lorentzn pfarr: am suntag cantate. d. städte-
chron. 11,815, 39. 816, 1. dem stadtbuch nachleben, den darin
ausgesprochenen und niedergelegten rechtsbestimmungen folge
leisten • {damals) hat das gericht Liszen zur neuen pruggen
alle dillen von neuem beigeschaffen und also lediglich
dem stattbuech nach gelebet, tirol. xceisth. 4, 374, 31,
STADTBUCHEREI, /., neuer aufgekommen für stadt-
bibliothek, /. {s. oben).
STADTBÜCHSE, /. öffenÜiche hasse der stadt: {der,
welcher burgerrecht in einer stadt encerben will,) soll zu
ihm nemben burger zu ainem tisch, und soll in die statt-
pixen geben ain ungerischen gülden, tirol. weisth. 4,605,35.
STADTBULLE, m. l) der von der stadt für die gemeinde-
kuhherde gehaltene bulle, vgl. das entsprechende dorfbulle, m.
theil 2, 1279. *. auch unten stadtfarre, m., stadtochse, m.
und stadtstier, m.: stadtbulle, taurus citncus. Stieler 133;
stadtbull, toro publica o del commune. Kramer dict.
2 (1702), 902«; stadtbulle, der btdle, tcelchen die stadt oder
gemeinheit der stadt für ihre kühe, die stadtkühe, hält.
Campe; vgl. niederd. : wil hei en demokrat was, . . . indem
dat hei sick dat vörlöpig tau sine lewensupgaw' makt
hadd, den dicknäsigen bäcker an"n mark, den de bur-
meister so gruglich begünstigen ded, de stadbullen ut de
fingern tau riten. Reuter 7, 52.
2) übertragen: sed hyperbolice lascivUnmdus, procax et
qui viginibus in civitate insidiatur, stadtbull dici solet.
Stieler 13S; stadtbull, mtt. arä-puttaniere generale.
447
STADTBURG— STÄDTCHEN
STÄDTCHEN
448
Kramer rfi«*. 2 (i702), 902«; stadbull, ein sehimpf name für
einen, der an einem orte viele liebeshäjidel hat. Däiinert 465'».
STADTBURG, /. bürg, tcelche zum schütze einei- stadt
gehallt ist; die stadt überragende biirg: niinen, die ich für
die reste einer stadtburg oder citadelle halte. Sachau
reise in Syrien n. Mesop. 186. hurgartiges, besonders festes
haus in der stadt: mit seiner thurmartigen bekrönung
und den hohen zinnen erscheint es {das Imhoßsche haus)
als eine bürg, an die stadtburgen der groszen geschlechter
Italiens erinnernd. Riehi. culturstudien 275; auf einem
kleinen von vier stadtburgen gebildeten platz. G. F. Meyer
7WV. 2,23; hinter der stadtburg der Vicedomini dehnte sich
vormals ein geräumiger bezirk bis an den fusz der festen
und breiten Stadtmauer aus. 46;
w&r ich, pott, der hömer ledij;
bei dem vatcr in der stadt bürg.
Chami.sso Fortunatu» 56 Kogftnann.
dazu Stadtburgfriede, m. tu einer Urkunde, tvel^-he das
gebiet, in dem der stadtburgfriede herrseht, feststellt:
also ist zur abschneidung und abhclfung alles gegen-
wärtigen und künftigen stritts . . . zu einem beständigen
stadtburgfried aus besondern gnaden folgende burgfried-
auszeichnung verwilliget und vermirket worden, österr.
iceisfh. 6, 2*9, 34. dann auch das so festgelegte gebiet selbst:
dahingegen gehet der stadtburgfried fort in den graben
bis an den zäun hinauf erstreckent. 48.
STADTBÜRGER, m. ein das bürgerrecht, die freiheiten
und gerechtsame einer stadt genieszender : stattbürger, citta-
dino HüLSius (1618)238». schxceiz. als stadtburger: es
war mir, als ob sie mit diesem gewaltsmann mir drohten
und seinem gewaltshaufen den auserlesenen stadtburgern
zu B. GoTTiiELF 1,418 Vetter, nhd. stadtburger: Walt fand
nichts dabei unbegreifliches, als dasz er im stände sein
sollte, die wichtigsten dinge zu bestätigen, da er kaum be-
griff, wie er einst einen ehemann oder stadtburger abgeben
könnte statt einen leeren Jüngling. J. PAVi.ßegelj. 2,12; ein
Schüler, der söhn eines fanatischen stadtbürgers. Keller
1,162; aber alle politischen Verbindungen des mittelalters
zeigen genau dieselben Widersprüche: . . vasallen und stadt-
burger, welche durch schwur ihrem herrn oder ihrer stadt
und gleichzeitig ihren feinden verpflichtet sind. Freytag
18, 242; denn der stadtburger des 13. Jahrhunderts, der von
seinen eitern her als freier mann bekannt war . . ,, sorgte
selbst dafür, dasz er vom ritterschild nicht ausgeschlossen
wurde. 14; dagegen hob sich die Stellung der stadtburger;
hinter den mauern bewiesen sie zuweilen einen muth,
der auch den Germanen achtung einflöszte. 17, 118; bandet
und verkehr hoben sich schnell , die stadtburger ge-
diehen. 121 ; nicht nur aus den römischen städten Italiens
und Frankreichs, auch aus alten pflanzstädten der Hellenen
kam in die neuen werkstuben der deutschen stadtburger
erfmdung des handwerks, der bildenden kunst und Wissen-
schaft. 463; so zeigen auch die reichen stadtburger ein
modisches und zuweilen fremdländisches wesen. 18,237;
(Caj. Gracchus) machte ... die bisher meist von der aristo-
kratie beeinfluszten stadtburger zu seinen anhängem.
Becker M«i<^e.yc/i.* 3,207. rfaru stadtbürgerrechte,|ji;wr.
rechte eine» Stadtbürgers; stadtbürgerschaft,/. gesamt-
heit der stadtburger: den eingang schützten sechs helle-
bardierer aus der stadtbürgerschaft. Mörike erzähl. 232.
STADTBÜTfEL, m. büttel, höscher im dienste der stadt,
t. unten stadtdiener und stadtknecht: item den fusz-
knechten ir yedem ein cleit, als man einem statbutel
pflicbt zugeben als zwilch. d. städtechron. 10,414,24; unnd
ab es sich begebe und mechte, das man leulte alhie zu
Laer in gefengknisse hett, und die wolt verderben ader
sonst gtralTenn und schedigen, so sal der stadtbuttol unnd
zentbuttel einer dem andern helffen, was sich da zu thun
gebart, als lang bisz der züchtiger den gerichtet umb
welcherley sache da« were. uieiath. 8,688; es sal auch ein
zentbuttel einem stadtbütUl uff iglichen marckt und
kirbcrey beholffcn sein stAtgelt zu sameln, und was sich
zu tbun gehurt, ebenda, in Nürnberg nach dem amtbuch
«Ol» IM« «statpütel. d. städtechron. U, 619, i.
STÄDTCHEiN, n.. demin. lu stadt, /.. vgl. auch unten
•tIdUein. nuntiat ohne jenen mehr »pUttischen beisinn
von kleinsUdt theübap. llSt. in rein niederd. form: he
(markgraf Friedrich von Brandenburg) wan ok de Loke-
nitz und dat stedeken to dem Ban und lach bi 6 weken
in dem lande unbekümmert, d. städtechron. 7,ti2, 2; im
älteren niederl. entsprechend: Oldenborgh, een stedeken
tusschen Brügge en Oostende. Joan van de Sande de
tcaeckende leenw der Nederlanden (l65l)%; heute stadje. MiEO
313», steedje Sl***. niederrhein. • in älterer spräche steitgen,
steitgin: Karlle reit da van danne
mit menchem sfollzen manne
zo eynem steytgen zo,
dat heysche Legymedo. Karlmeinet JS."}, 85;
der keyser bleiff in dem steytgin
mit alle den luden sin. 45.
daneben steetgen: Moran (Meran) is ein klein fijn steetgen,
licht in eime scheinen dalle. U\nv pilgerf s, 6. vgl.: ein
stättgen mit einer mawer das hülffe gibt, oppidum.
CoRviNUS 449''; sondern ich bringe sie {die geisz) aus
dem stätegen unten im thal, welches ich eben gegen
dem herrn nicht nennen darff. Simplicissinms 2, 36, 11
Kurz; anstatt mir wieder so kalt zu antworten wie
ich gefragt habe, würde man . . . [mich] den atheist xar
i^o'/i}7- im städlgen heiszen. Lichtenberg aphorismen
1, 131, 21 Leitzmann. heute gewöhnliche Schreibung .- Städt-
chen, entspr. mhd. stetichin in einer Orlamünder Urkunde
von 1344 bei Lexer mhd. rob. 2,1185; noch stedichin, op-
pidum. DiEFENBACH 397*'; dann: Städtchen, eittä 6 terra
murata si mä picciola; borge, castello. Kram er dict.
2(1702)902'', Städtchen, oppidulum. Steinbach 2,655; denn
unsere Volkslieder {im gegensatz zu den älteren rechten
Volksliedern) sind oft voll von einer mythologie, die nie-
mand im Städtchen kennt, als der narr, der das Volkslied
gemacht hat. Lichtenberg verm. sehr. 1,303; sie {die
räuber) hielten kriegsrat, glaubten die gegend um dai
Städtchen Zofingen am sichersten, indem man dort am
wenigsten sie suche. Gotthelf Kurt v. Koppigen 34; der
gröszte theil {der Zuschauer und Schauspieler) wogte wie
eine Völkerwanderung nach dem städtchen. Keller 1,874;
die freunde traten an das fenster und schauten von der
höhe . . . auf das städtchen im thale und auf die baum-
reihe dahinter. Fheytag6, 65; im übrigen lebte das
Städtchen geschichtslos fort und der stadtschreiber be-
theuerte, man wisse hier nichts von der alten zeit und
kümmere sich gar nicht darum. 149; das städtchen liegt
im thalgrund, und die höhen ringsum sind ödes heide-
land. RiEHL nov. 1,14; noch lange war und blieb im freien
alles für mich gegenwart, und erst nach und nach wurde
drinnen im städtchen alles zukunft, sorgenvolle, angst-
volle, nebelige zukunft. Raabe zum wilden mann 25;
die heil'gen drei könige aus Morgenland,
sie trugen in jedem städtchen:
wo geht der weg nach Bethlehem
ihr neben buhen und niädchen?
Hbinb 1, 112 Elster;
auf den bergen die bürgen,
im thale die Saale,
die mädchen im städtchen,
einst alles wie heut' !
tttidentenlied von L. Drbvbs.
hierher auch das sprichicort:
andere städtchen,
andere mädchen. Simbock 9801»,
häufig so oder ähnlich in volks- und studententoeisen wieder-
erscheinend : andre städtchen kommen freilich,
andre mädchen zu gesiebt.
ach wohl sind es andre mädchen,
doch die eine ist es nicht.
attuienieiUicd von Ulr. v. Sciiuppknbacu
(nun leb wohl du kleine g<u*e);
andre stAdtchen, andre mädchen,
ich da mitton drin so stumm
andre mädchen. andre städtchen,
o wie gerne kenrt ich um. ebetida.
als keunzeichnung des für den tcanderr^den burachen be-
stehenden Wechsels aller Verhältnisse, mit loeiterem Musatie:
die Inndschaft sah durchweg au« wie andere deut«che
landscliafton, der ort durchweg wi« andere arme städtchen.
Freytau 6, 42. dem zierlichsten und reinsten städtchen
von der weit, das mit himmclblauseidenem himmol unter-
legt ist, mit silbernen wellen garnirt und mit blühenden
fcldern von hiazynlhen und tausendsohönchen gestickt.
Beitink 814.
in ein freundlich ttidtchen tret' ich ein,
in den slraasen liegt roter abendschein.
MöUKB fftd. 186.
449 STADTCHRONIK— STADTDIETERICH
STADTDING — STÄDTEBEWOHNER 450
zum unterschied und im gegensatz von stadt:
in der mitte von zwei herzoglichen hof-residenzen. . . .
liegt, gleichweit von beiden, ein Städtchen zwischen den städten,
das ursach nicht hat, neidisch auf eine zu sein.
RfcKERT (1882) 12, 343;
denn wenn irgend was hohes, bedeutendes nimmt von der einen
staJt zur andern den weg , musz es das Städtchen hindurch,
und wenn irgend was schönes und festliches soll in der einen
oder der andern gescheh'n , hört es das Städtchen denn auch
und kann geh'n zu der stadt. ebenda;
doch eigentümlich im Städtchen
sind Vorzüge daheim, welche nicht geh'n zu der stadt.
preisen will ich hier nicht die behaglichkeit oder die stille
oder die freiere Infi, oder den freieren sinn ;
• sondern die fluren umher, die fruchtbaren, die es umgeben,
sind der eigenste schätz, den es besitzt und benutzt. 344;
aucfi sonst neben stadt:
wenn er {der tambourmajor) mit trommelwirbelschall
einzog in städten und Städtchen. Heine 1. 305 Elfter.
übertragen auf die darin lebende bevölkening : das ganze
Städtchen, ihr gnaden, kommt angezogen im sonntags-
Echmuck, und mit klingendem spiel, und hält unten vor
dem schlosz. Schiller 6, 293 {menschenfeind 5); so gewann
das Städtchen doch wieder das ansehen einer einzigen
familie. Keller 374;
(der zur thedogie neigende) wandle die wege des heils,
vom hofmeister beginnend, durch dorfliche predigerämter,
bis Superintendent irgend ein Städtchen ihn grüszt.
RÜCKERT (1882) 12, 343.
dazu gebildet städtchenleute, plur. einwohner eines
Städtchens, harmloser als das deshalb nicht ganz synonyme
kieinstädter, theil 5 sjp. 1131: dr. Sievers kann sich gar
nicht zufrieden geben über das gebahren der sonst gewisz
ganz ruhigen städtchenleute, während ich mich freue,
dasz es überhaupt noch menschen giebt, die der be-
geisterung fähig sind. Hoffmann von Fallersleben
leben 3, 382.
STADTCHRONIK,/, chronik, welche die Schicksale eirxer
Stadt erzählt, dann auch chronik, wdche die Zeitgeschichte vom
Standpunkte einer bestimmten stadt erzählt: imd doch nahm
er heute noch die stadtchronik von Flachsenfingen zur
band, um mitten unter den Schüssen, pestilenzen, hungers-
nöthen, kometen mit langen schärpen und dem rauschen
aller höllenflüsse des dreissigjährigen kriegs mit einem
obre nach der gesindestube hinzuhören. J. Paul ^intus
Fixlein 188.
STADTDAME, /. dame (vgl. dazu dame 3, fheil 2, 702) in
der stadt .- nach einem kurzen umgange mit personen von
stände wirst du (ein landimidchen) gewisz alle stadtdamen
übertreffen. Weisze kom. opem 3, 251.
STADTDECKER, m. der in der stadt befindliche, von der
Stadt besonders verpflichtete dachdecker: maister Hainrich
statdecker. Tucher haushaltungsb. 153.
STADTDIENER, m. stadtbeamter. welcher boten- und
häscherdienste leistet, vgl. oben stadtbote, stattbüttel und
«nfe« stadtknecht : statdiener Schottel 480''; rahts- oder
Stadtdiener, apparitor, lictor, stator. Stieler 314; stadt-
diener, fante, it. birro (sbirro) publico. Kramer dict.
2 (1702), goi"" ; Stadtdiener, polizeidiener. Bauer-Collitz 173,
vgl. ndl. staddinaer, apparitor, stator, minister civitatis,
minister magistratus, lictor. Kili.\n 625»; was gemeine
personen sind, auff seid und lohn gedingt, als ein stad-
artzt, staddiener, soldener. Luther 23, 344, 10 Weim. ausg.;
und da es tag ward, sandten die heubtleute staddiener
und sprachen, las die menschen gehen, apostelgesch. 16,35;
die staddiener verkündigten diese worte (der gefangenen)
den haubtleuten. 38; sie sahn ihn (ihren bruder) im streit
mit dem rothnasigen stadtdiener, der keine rutschschlitten
auf dem abschüssigen markte dulden wollte. Storm 1,224;
in den letzten monaten hatte ich den stadtdiener oft und
öfter in die schreibstube (meines vaters) gehen sehen. 2, 12.
STADTDIENST, m. l) städtischer dienst, sfädisches amt:
im Stadtdienste stehen ; er hat den Staatsdienst verlassen
und ist in den stadtdienst getreten.
2) dien.9t eines landmädchens bei einer stadtJierrschaft :
(sie) freute sich dann auch wie er mit thränen, und das
Susannli liessen sie noch heute gehen in seinen stadt-
dienst, wie es wollte. Pestalozzi Lienh. u. Gertr. l, 126.
STADTDIETERICH , m. dieterich, welcher das stadtthor
öffnet, vgl. oben dieterich, theil 2, sp. 1145: der ausfall
war trefflich gewählt, denn die diebesferaner wollten eben
X. 2.
einen einfall thun durchs obere thor, und so sich die
Stadtschlüssel oder stadtdietriche selber schmieden.
J. Paul Nepomukkirche 135.
STADTDING, n., entsprechend ding 13, theil Vt, *p. 1165,
von der dazu befugten stadt angesetztes gericM: statding
Schottel 521''; als die gerichtsstütte, irelche sich zumeist
anf dem markte der stadt befindet: knechte der gheist-
liken scholen ere recht soken legen de borgere to deme
statdinghe (in placito civitatis), quelle bei Schiller-
LObben 4, 368''.
STADTDIREKTOR, m. der oberste vertcaUungsbeamte der
stadt an stelle des alten bürge- oder bürgermeisters, nach
einführttng der städteordnungen seit anfang des 19. jahrh. :
dort (in der tceinstube) fanden sie die vornehmen der stadt
an drei runden tischen versammelt, an dem einen die
Offiziere der gamison, bei ihnen den adügen stadtdirektor
und mehre herren vom landadel. Freytag 13,9; der
stadtdirektor klagte über die arbeitslast (beim attsbruch
des krieges). 35. stadtdirektor auch heute noch vereinzelt
als benennung des Stadtoberhauptes vorkommend, so in
Hannover.
STADTDOCTOR, m., volJcsmäszig gesprochen stadt-
docter allgemein arzt mit stadtktindschaft im gegensatz zum
landdocter, keine beamtete persönlichkeit trie oben stadtarzt.
STADTDORF, n. dorf, tcelches im Stadtgebiet liegt, in
älterer zeit eigenthum der stadt ist und ihrem gerichte
untersteht, wegen ihres xcertes als einnahmequelle für den
stadtseckel waren stadtdörfer sehr häufig als unveräuszer-
lich erklärt, vgl. Gengler stadtrechtsalterth. 298. 300.
STADTDÜRCHRÜFEND, adj.-.
(Kassandra) stieg auf Pergamos höh' und schauete ferne den
vater,
wie er im sessel stand, und den stadtdurchrufenden herold.
Voss Iliai 24, 701.
STÄDTEARM, adj. von einem land, das arm an städten
ist: im städtearmen lande blieb Freising eine so rein
geistliche stadt. Riehl tran<fer6. 276.
STÄDTEAUSSCHUSZ, m. ein aus mehreren städten ge
xcählter vencaltungsausschusz. städteausschusz im gegen-
satz zum landesausschusz. Campe.
STÄDTEBÄNDIGER, m., ähnlich tcie unten städtebe-
zwinger: g^j kehr' ich von der zehenjähr'gen mühe
des wohlvollbrachten krieges wieder heim,
der Städtebändiger, der sinnbezwinger !
GÖTHE 57, 314.
STÄDTEBAXK, /. auf den Regensburger reichstagen die
bank, auf welcher die gesandten der reichsstädte sitzen, städte-
bank, scamnum civitatrtm. Stieler 93; die städtische
bank 0 städtebank, la panca cioe il seggio per li diputati
delle citta imperiali in una dieta generale deU' imperio.
Kramer dict. 2(i702),902''; städtebank Campe, setzet mich
vielleicht (wie ich nicht wünsche) die städtebank zur
rede, warum ich gerade dieser stadt das schnupftuch,
nämlich die wähl meines absteigequartiers , vergönnen
wolle. J. Vhiji. palingenesien 2,9; und da ich ohnehin nach
der capitulatio perpetua mit dem leser (bei der bekannt-
lich die fürsten- und städtebank ins grasz beiszet) jetzt
einen Schalttag machen musz. Hesperus 3, 173.
STÄDTEBAU,«!, erbauung der städte, Siedlung in städten:
weiterhin findest du Städtebau,
da kannst du dich laben in stadt und au.
RCcKERT Pirdoei 2, 99.
STÄDTEBAUER, m. schelte für einen, der doch, trotz
aller städtischen bildung, ein bäurisches tcesen an sieh hat,
zu unterscheiden von stadtbauer, *. oben, das ohne solchen
beisinn ein rein rechtliches Verhältnis bezeichnet: noch besser
aber, wenn man die band auf einen der 'pfäffersäcke'
legen konnte, einen der gehaszten 'vermauerten Städte-
bauern'. Philippson in Grotes allg. tceltgesch. 7(l888),7,7.
STÄDTEBESCHCTZER , m. einer, der den städten be-
sonderen schütz angedeihen läszt. Campe.
STÄDTEBEWOHNER, m.. im gegensatz zu den land-
bewohnem die bewohner der stadt, der städte: ein tugend-
hafter freund des landlebens und ein gar bösartiger städte-
bewohner figurieren löblich gegen einander. Göthe 49,160;
das leben unter den städtebewohnern musz also sehr
ansteckend , und ihre laster , worüber gott zürnt , den
menschen sehr natürlich seyn. Klixger6, 93; herr, dein
zom ist gerecht, hart und grausam ist der städtebewobner!
29
451 STÄDTEBEZWINGER— STADTEICHE
STADTEIGENTHUM — STÄDTELEUTE 452
129; Städtebewohner, welche landbau treiben. Hugo iiatttr-
recht (1819) 165, anm. 1 ; unbeirrt von allem treiben der
übrigen weit lebte bisher der landmann noch in der alten
weise als wirklicher bauer ruhig und abgeschlossen von
jeglichem umgang mit den städtebewohnern seine tage
dahin. Leoprechting aus dem Lechrain i9i; auch war
diese küche (de« landpfarrers) nicht der schwächste an-
ziehungspunkt für die genäschigen städtebewohner. Kel-
ler 1,17; spöttisch: wo sich zwei städtebewohner träfen,
wäre der grusz hörbar: 'dichter?' 'dichter!' oder 'künst-
ler?' 'künstler!' 2,267.
STÄDTEBEZWINGER, m.. dasselbe wie städteeroberer;
dazu städ tebezwingerin, /. :
städtebezwingerin, du Verschwiegenheit! fUrstin der Völker!
theure göttin, die mich sicher durch's leben gefnhrt . . .
GÖTIIE 1, 291.
STÄDTEBILDER , plur. ansichten verschiedener städfe,
X. b. rheinische städtebilder. übertragen auch von biichern,
tcelche städfe u. s. w. sc}tüdei~n.
STÄDTEBUCH, n. neben getPöhnlicherem stadtbuch, s. oben :
man fing auch an, allerhand Chroniken, geschieht- und
Städtebücher zu schreiben. Gottsched bei Reichel kl.
Gottsched-wb. 56.
STÄDTEBÜND, m. ein von mehreren stüdten geschlos-
senes bündnis: jede politische kraftentwicklung erscheint
in form eines bündnisses, ritterbünde, städtebünde, die
Hansa. Freytag 17, 15; es war (das 15. jahrh.) ein Jahr-
hundert der fehden und einer rücksichtslosen Selbstsucht,
und wieder des freien Zusammenschlusses zu praktischen
zwecken, überall städtebünde und ritterbünde. 18,2; auch
die binnendeutschen städtebünde waren kein schwaches
werk. 19,296; das goldene Mainz stand an der spitze des
rheinischen städtebundes. W. H. Rieiil icanderh. 221 ; der
patron eines kanaanitischen städtebundes. Smenü alt
testatnentl. religionsgesch. 118.
STÄDTEBÜRGER, m., leie oben stadtbürger, 7n.; die
ehre des handwerks stieg, als es aus den bänden der
unfreien in die bände freier, also mit höherer rechts-
fähigkeit ausgerüsteter städtebürger überging. W. H. Riehl
deutsche arbeit 2+.
STÄDTECHRONIK,/., wie oben stadtchronik : in den
Städtechroniken des mittelalters.
STADTEDELLEUTE , plur.. vgl. das folgende: auch
diese stadtelleute schätzten den ganz neu geadelten keines-
wegs für ihres gleichen. Freytaü 20, 311.
STADTEDELMANN, m.. vne oben stadtadlige.
STÄDTEEINWOHNER, m., vyie stadteinwohner(s. unten):
frembden ausswendigen gesten, die hie nyt burger oder
stette in woner seind, . . . weyn geben. Nürnberger poli
zeiordn. 240.
STÄDTEFEIND, wi. .- im gegcnsatz zu dem vatcr er-
schien ihnen Johann als städtefeind. Prutz preusz.
gesch. 1, 1+4.
STÄDTEFEINDLICH, adj.: hinter den Pommernher-
zogen erhob sich die Hansa, um die städtefeindlichen
HohenzoUern zu demütigen. Prui z preusz. gesch. l, 166.
STÄDTEFREUND , m. .- im gegensatz zu seinen Vor-
gängern hat man Joachim I. wohl als städtefreund be-
zeichnet: mit unrecht, wenn Städtefreundschaft sich
äuszert in begünstigung der bürgerlichen Selbstregierung.
Prutz preusz. gesch. i, 180.
STÄDTEFREUNDSCHAFT./. Vnmz preusz. gesch. l.lso
{vgl. den vorhergehenden art.).
STÄDTEGRÜNDER, m.: dasz er (der deutschorden)
städtegrUnder, Schützer und theilnehmer an dem grosz-
handel der nordmeerc wurde , das gab ihm die beste
kraft. Freytau 18, 183; in Livland blieb der bischof landes-
herr und eifriger städtegründer. 200; sie (der kaufmann
und seine diener) sind vorzugsweise die städtegründer. 237.
STÄDTEGRÜNDUNG, /. zum vorhergehenden, die zeit
der groszen städtegrUndungen des mittelalters.
STÄDTEHEILIGE, m., vgl. unten stadtheilige: es mag
aber wol glaub und gutte wcrck an die euserlichon spcisz-
heiligen, kicyderheiligcn, zeitheiligen, stetheiligen bleiben.
LtJTiiKR 7,802, 11 Weim. ausg.
STADTEICHK. /. die von der atadt geübte aufsieht über
matt und gewicht, stadteiche, misura, cimento liel publiro.
Krameh dict. > (170S), 901«. datu stadteiobamt, n. utut
Stadteichmeister, m., letzterer der Vorsteher der stadt-
eiche oder des stadteichamtes.
STADTEIGENTHUM, 71. der stadtgemeinde gehöriges eigen-
thum. dazu stadteigenthumsdorf, «..- alle leibeigen-
schaften in königlichen, adligen als Stadteigentumsdörfern.
Prutz preusz. gesch. 3,216.
STADTEINKÜNFTE, phcr. (entsprechend Staatseinkünfte)
die einnahmen der stadt.
STADTEINRICHTUNG. /. l) 'die einrichtung eines ge-
meinen Wesens unter dem natnen stadt'. Campe.
2) Stadteinrichtungen, plur. zum allgemeinen besten von
der Stadt getroffene icohlfahrtseinrichtungen u. *. tr.
STADTEINTHEILUNG, /. .- die stadteinteilung in gassen
und platzen setzt sich in der bucht sehr regelrecht fort.
E. V. Dingklage kurze erzähl.^ 197.
STADTEINWOHNER, m.. der stadteinwohner Versamm-
lung. Sonnenberg bei Campe.
STÄDTEKENNTNIS, /. .- gefängnisse und verhörslokale
. . . lagen hier , wie an allen anderen orten , die ich zu
passiren hatte, immer am entgegengesetzten ende der
stadt, so dasz ich das spieszruthenlaufen durch eine feind-
lich gesinnte bevölkerung gründlich kennen lernte: ich
erweiterte auf diese weise zwar meine städtckenntnisz,
aber ich hätte auf diesen Wissenszuwachs gern verzieht
geleistet. Fontane kriegsgefangen^ 29.
STÄDTEKRAFT, /. die in den städten wohnende poli-
tische oder sonstige kraft und stärke: entwicklung der deut-
schen Städtekraft. Freytag 17, 217; durch die zunftgenossen
und Hansen erblühte die deutsche städtekraft. 18, 182; in
gesicherter herrschaft wuchs die städtekraft, Thorn,
Elbing, Danzig und einige kleinere bildeten eine partci
in der Hansa. 214; kaiser oder fürsten, fürstenmacht oder
ritterschaft, landherren oder städtekraft. 284.
STÄDTEKRIEG, m. tinter den städten ausgebrochener
krieg, getoöhnlicher aber: zwischen den städten einerseits
ujid den fürsten oder rittern andererseits geführter krieg,
also krieg gegen die städte: anno 1448 fieng sich ein newer
stettkrieg an, zwischen marggraf Albrecht und den von
Nürnberg, darein schlügen sich vil fürsten und hcrrn, land
und leut, sfett und flecken, der adel stand dem adel und
die stett den stetten bey. Franck chronica 250*; (ritter)
sitz und wonung ... ist im in dem stötkrieg in der
vöcht zerrissen worden und genommen. Zimm. chron.*
1,397,10; auf mir, dem jedes schreiben eine anstrengung
kostete, ruhte das mühsame geschäft während des städte-
kricges. Arnim 3, 161 (kronenw. 2, 1).
STÄDTEKRONE, /. die in Stadtwappen bistceilen sich
findende, in der form der mauerkrone (tfieil 6,1777) ähnelnde
heraldische kröne.
STÄDTEL, «., demin. zu stadt. vgl. auch oben Städtchen
und unten sfädtlein: es wird im ganzen städtel schwer-
lich jemand sein, es (das polnische) zu dolmetschen. Hebel
2,176; es wäre unter diesen umständen fast am besten,
wenn ihr gerade durchpassirtet, ohne euch aufzuhalten,
das städtel ist ja nicht grosz. ebenda, auch städtele:
sie stiefle, sie waidle, sie fülle den bauch
und springe wie d' schelme zum städtele 'naus.
dreikönujslied im wunderhom 2, 331 Boxbergcr;
und do mer sin kumme übers städtele 'naus, ebenda;
miisz i denn, nnisz 1 denn /.um stÄdIcle naus
uml du mein schätz bleibst hier. Mittler ro/M. 697*.
STÄDTELAND, n. land mit vielen städten: die schwäche
bestand bei ihnen (den Goten) wie bei allen Germanen
im belagerungskricge, und da war ein Verhängnis, dasz
Italien von jeher ein städteland gewesen, v. Pflugk-
Harttung tn Grotes nllgem. weltgeach. 4,4,866.
STÄDTELEBEN. .«..•
o I litttt' ich nicht, verfuhrt von treuer neigung,
dem Vaterland /u nutzen, mich zurück
zu dieser wildnisz freches städtolchcns,
zu (lici^oiii wUHt verfeinerter verbrechen,
zu diesem pfuhl der selbstigkcit gewendet!
GÖTHB 9, 877.
STADTELEND, n. ^>on städtischer eiviliaation gros*-
gezogenes elend, besonders bei uns in grossstadtelend ge-
bräuchlich.
STÄDTKLEUTE. plur.. rfrt.».vr/Ae tri> t4n«m stadtloiitc.
neben bUrger, aber wol als irrifrrrr, allgemeinerer begriff:
doch das ir donoch an der flucht pci hundert ersohlagca
453
STÄDTELOSE — STADTER
würden . . . und pei 300 purger und stetleut gefangen.
d. stüdtechron. 10, 267, IG.
STÄDTELÖSE, /, ziceifelhaft ob nicht zu statte, aber wol
eine art stadtsteuer {daneben auch stadtlöse, s. unten): wir
sprechent ouch ze recht by den eyden, dz wir dem
probst und dem gotzhuss von Ölemberg hant gehört er-
teilen den vierdenteil kwinges und bannes und die stette-
lösen zu Sennheim, tceisth. i, 118.
STÄDTEMAUER, /., ^col nur als plur. geläufig, dasselbe
irie unten Stadtmauer: am sonntag exaudi (1725) hat das
bundisch kriegsvolk Weinsperg eingenomen, . . . die stett-
mawrn zum tail umb und nider geworfen, quellen zur
gesch. des bauernkneges (litt, verein 139) i24.
STÄDTEMEISTER, m.. dasselbe tcie unten stadtmeister :
ein hoher stadtbeamter , neben dem bürgermeister oder
auch ganz an des letzteren stelle, stättmeister {neben stadt
meister), maestro cioe console, governatore della cittä mas-
sime ä Argentina. Kramer dict. 2 (l702), 901'; stadtmeister,
eine hohe obrigkeitliche person in Straszburg, praetor.
Frisch 2,315*; stadtmeister, ehemals der oberste im rat
der reichsstadt Hall. Schmid schicäb. wb. 505; auch in
Crinünd bezeichnung einer der höchsten ratspersonen . ebenda.
%cie mehrere bürgermeister vorhanden sein können, finden
auch sie sich bisiceilen in der mehrzahl in einer stadt: dar-
nach so sol der rat gemeinlich viere erbere unversprochen
biderbe mann zu viere stetmeistern der vorgenanten
stett Straszburg kiesen, d. stüdtechron. 9, 944, 31. neben dem
bürgermeister und dem ränge nach ihm vorgeordnet: wir
stetmaister, bürgermaister unnd rath der stat Wormbs.
Wormser urk. von I5i2 bei Dief. -WClcker 861. vergleichs-
iceise nebeneinander genannt: herren, die dem gemeinen
mann und statten wie bei uns die stättmeister oder
bürgermeister vorsein, straffen die übelthäter gleich wol.
Fr.\nck tceltbuch 230*. vgl. noch • zu dem jungen Sicken
der des moles stettemeister waz. d. stüdtechron. 6, 122, 17 ;
dem ersamen und weisen herren Conraden Wickram,
stettmeister zu Colmar. Paracelsus Chirurg. Schriften
(1618) 376 A.
STÄDTEMÜTTER, /. von Mekka gesagt, mit beziehung
auf seine kultu.sbedetttung für die mttselmänner: als ich
dort nun lagerte zu Ramie — ... fand ich daselbst trupp
um trupp, die rüsteten gepäck und futter — zur fahrt
nach der städtemutter. Rückert (1882) ii, ii3.
STÄDTEN AMEN, plur. als grammatisch - sprachlicher
eollectivbegriff : die deutschen städtenamen.
STADTENDE, n. ; mit einem offenen herzen für seine
Vaterstadt und alle reputirlichen leute in derselben,
mochten sie in den groszen giebelhäusern am markte oder
in den kathen an den stadtenden wohnen. Storm 7,283.
STÄDTEORDNUNG, /. erlassene Ordnung für die innere
vertcaltung der stüdte seit dem anfang des 19. jahrh. : 'mit
dieser städteordnung kommen allerlei ideen auf, fuhr
der einnehmer fort, 'nicht nur die groszen, auch die kinder
sollen auf neue weise gedrillt werden.' Freytag 13, 148.
STÄDTEPROSPEKT, m. .• man kennt jene wunderlichen
Städteprospekte in büchem des seclizehnten und sieben-
zehnten Jahrhunderts, auf welchen wir fast nur festungs-
werke, kirchen, klöster, rath- und zunfthäuser . . . hoch auf-
ragend erblicken. Riehl wanderb. IGI.
STÄDTEPUNKT, m. ■ Passau würde durch seine handels-
wichtige festungslage auch dann einer der nothwendigsten
Städtepunkte Oberdeutschlands gewesen seyn, wenn nie-
mals ein bischof dort gesessen hätte. Riehi, icanderb.22r2.
STÄDTER, m. stadteinicohner. in älterer spräche steter,
urbanus. Dief. 630*, vgl.:
also die steter ero;Iich
liden not idweder sit. Lvdwig$ hrevzf. 5025;
dhes de stetere gar verdro;.
Braunfchw. reimchron. 8267.
nd. steder: hir hebben de stedere aldus to gesecht.
quelU von 1381 bei Schillek-LCbben 4,374*'. ndl. städer
M I SS*", nhd. Städter trird in ß-üherer zeit iciederholt nur be-
schränkte geltung zugesprochen, so erscheint es bei Frisch
2, 315* nur besonders gerne in den Zusammensetzungen die
altstädter, eives veteris urbis, und die vor-städter, *t«6-
urbicarii; LesS'KG bemerkt zu dem vorkommen des icortes
bei LoGAU (». den beleg unten): städter für einwohner in
den Btädten; ist noch in gemeinen reden gebräuchlich.
STÄDTERAT— STÄDTEREINIGUNG 454
5, 344; auch bei Adelung: 'am häufigsten in der ver-
traulichen spräche Ober- und Xiedersachsens' . allgemein:
die ländliche familie, der ich befreundet war, hatte ver-
wandte häuser in der stadt . . . die jungen städter waren
öfters in Sesenheim. Göthe 26,34; dann rückten be-
waffnete in das feld, damit die {zur iceinlese) schwärmen-
den städter vor einem Überfall sicher sind. Freytag 18,123;
Stadtbürger: nur an geschützten stellen, auf berg und
fels, haben sich in den alten mauern verzweifelte städter
behauptet. 17, 1I8; weist mir den kram, den eure städter
heut auslegen. 11, 9 ; die höfe {der Hansa) und die schuster
übten harten zwang gegen die norwegischen städter aus.
18, 255 ; er konnte erwarten, den trotz der bürger zu ver-
ringern und bei einem vertrage bessere bedingungen
durchzusetzen, als die städter vor der fehde bewilligen
wollten. 299; denn nicht nur der eigennutz stachelte
gegen die städter, ebenso sehr ein bitterer tiefer groll. 303.
städter im gegensatz zum landbeicohner : und am ende
des 15. jahrhunders schildert das gedieht eines städters
eine tanzscene im dorfe , ähnlichen brauch wie in den
Zeiten Neidharts, nur wilder und roher. 73; wenn schon
Städtern und andern stubenmenschen das wetter als an-
knüpfungspunkt ihrer gespräche dienen musz, so ist das
noch viel mehr bei den bauern der fall. Felder Sonder-
linge 1 (1867), s. 2; vgl. auch oben städter Göthe 26,34;
uraltes landrolk, eure hütten
versctiont der städter stolz nnd neid.
Hagedorn 8, 55 ;
im hesonderen gebraucJi des tcortes mit beziehung auf die
in der stadt herrschende gröszere civilisation: er {Christd)
könnte alle augenblicke für einen städter passiren, wenn
er einen vornehmen rock anhätte. Weisze kam. opem
3,29; wer weisz, ob es nicht dem seltenern verkehr mit
diesem groszen genius {der natur) zum theil zuzuschreiben
ist, das der karakter der städter sich so gerne zum klein-
lichen wendet, verkrüppelt und welkt. Schiller 10,224;
in den wäldem waren nirgend glatte pfade für die zeug-
stiefeln der städter gebahnt. Freytag 6,42;
der krieger art und werck biszher war rauben, stehlen :
der stäter art und werck, erkauften und verholen.
Logau 1, 51, 5;
städter hassen stöhrer heffli?, die im lande rumher streiffen;
ob wohl derer mehr bey städten , die ans handwerck itmen
greiffen. 2, 214, 15 (übergchrifl ehebrecher) ;
der Städter, der den gast auf purpnr hinfesetzet,
und alles sucht und wählt, was tellerlecker ätzet.
Hagkdorx 1, 26;
wandle auf den kirehhof, wo der städter
unter marmor schlummert. Hölty ged. 53 Halm;
sein bestrohetes dach . . .
winket ihm {dem Umdmann) süszre rast
als dem städter der goldsaal. 113.
STÄDTERAT, m., vgl. auch unten städtetag: städterath,
collegium civitatum imperialium. Frisch 2, 315*.
STADTERRE, m. mit gröszeren Vorrechten ausgestatteter,
schöffenbarer stadteinicohner: und wären die northeimi-
schen stadterben diejenigen, deren vorfahren in dem dorfe
oder flecken Northeim vor erbauung der stadt gewohnt
hätten, quelle bei Grote gesch. von Northeim 178 ; vor alters
sey jeder, welcher eine viertel huefe eigenes land in der
northeimischen feldmark gehabt, zu einem stadterben
admittiret. es wären deren seit ihren gedenken immer
zwölfe gewesen, ebenda.
STÄDTERECHNER, m., in Ulm der stfittrechner ein
beamter, icelcher über die öffentlichen einnahmen und aus-
gaben der stadt zu wachen hat. Schmid schicäb. wb. 505.
STÄDTERECHT, n., anstatt stadtrecht (*. d.): stette-
recht, bergrecht, lantrecht, urk. vom j. 1379 im geschiehts-
freund 7. 188.
STÄDTEREI, /. städtisches tcesen, besonders in tadelndem
sinne in kleinstädterei {s. theil 5, ll3l).
STÄDTEREICH, adj.: {der umstand,) dasz das Rhein-,
Main- und Donauland seit alter zeit städtisch und städte-
reich war, weltoffen, im Weltverkehr sich bildend. W. H.
Riehl vxtnderbuch 251; auch dieser gau stand unter'm
krummstabe, allein er liegt am weltoffenen, städtereichen
Rhein. 276.
STÄDTEREINIGUNG,/ gesamtheit der maszregeln, tcelche
für die entfernung der abfallstoffe der stadt und die rei-
nigung ihrer straszen und platze getroffen icerden.
20*
455 STADTERHALTER — STÄDTE VERFASSUNG
STÄDTEVERWÜSTEND — STADTFAHNE 456
STADTERHALTER, m..- stadterhalter , servator urbis.
SriEI.KR 745.
STÄDTERIN, /. , entsprechend oben Städter, eine ein-
Kohnerin der stadt: da die frau pastorin durch regel-
mäszige Sendungen aus hof und küche dafür sorgte, dasz
die einquartierung der Städterin nicht beschwerlich wurde.
Freytag 13, 235. im ansgeaproclwneren gegensatz zu einem
landmädchen :
keiner stfidterin reiz, weder ein blaues aug,
noch ein kuszlicher mund, soll mich aus deinem arm
zu den hallen des ianzes
locken. Hölty ged. 76 Halm;
vgl. : sein bestrohetes dach, wo sich das tauben volk
sonnt und spielet und hU|jft, winket ihm sUszere rast, . . .
als der polster der Städterin. 113;
die Städterin droht
euch dirnen den krieg. Göthb 1, 33.
STÄDTERISCH, adj. in der tceise eines Städters -. es galt,
den gewohnten bergschritt zu mäszigen, so städterisch
als möglich aufzutreten und doch recht schnell nach
hause zu kommen. Felder Sonderlinge l, 2.
STÄDTERLUFT, /., seltener als stadtluft («. d.). und
wol meJir m,it tadelndem beisinn: (der dichtgeist,) der in
der lauen hof- und städterluft erstickt. J. Paul 19 (l84l), 286.
STÄDTERVOLK, n. volk der städter, in vxgwerfendem
sinne im gegensatz zum landvolk:
von der unedlen bahn des städtervolkes entfernt,
hat ihr bescheidener wünsch ausschweifung nie gelernt.
Gotter 1, 140.
STADTERWEITERUNG, /. infolge von bevölkerutigs-
tutoaehs bewirkte bauliche ericeiterung der stadt mit hervor-
hebung der dabei beobachteten planmäszigkeit. auch von
der einziehung von vororten in den Stadtbezirk.
STADTERZIEHUNG, /. erziehung eines jungen manschen
innerhalb des bildungskreises eijxer stadt (wobei gegensätz-
lich an die geringeren büdungsmittel des platten landes
gedacht wird) : Odoardo. (es icar nicht) die noth wendigkeit,
unserer tochter eine anständige erziehung zu geben, was
dich bewog, hier in der stadt mit ihr zu bleiben. ...
gut, dasz es mit dieser stadterziehung so abgelaufen.
Lessing 2, 133; unter uns, Karoline I — das sah ich
kommen (dasz dich auf dem lande bald langeweile plagen
würde) — und darum war mir die stadterziehung nur
halb recht. Götter 3, 139.
STÄDTESCHLEIFER, m. der die mauern der stadte
schleift. Campe.
STÄDTESCHLEIFERIN, /. zu dem vorigen:
(aöttinnen,) die über krieg
und Schlacht der erdensöhnc walten, wie
Athene und die städteschleiferinn
Bellona thun. Bürger 172».
STÄDTESCHREIBER, m.. wie stadtschreiber (s. d.): stete-
schreiber, archigrammateus. Schehz-Ouerlin 1570; her
Claus den stetschriber. quelle ebenda.
STÄDTESTEUER, /. stetver, welche die reichsstädte zu
entrichten hatten: städtesteuer, ce7J.su« civitatum imperia-
lium, coUecta^ annuae civitatum imperialium. Frisch
2, 315»; ßtetsteuer quelle von 1392 bei Schm.* 2,798.
STÄDTETAG, m. heute eine Zusammenkunft freiioillig
zusammengeschlossener städte, um gemeinsame interesstn
tu verfolgen : hannoverscher städtetag. ähnlich früfier die
Zusammenkunft der reichsstädte: städtetäge, conventus
civium imperialium. Frisch 2,316».
STÄDTETHUM, n..- doch sonst einer alten stadtfamilie
angehörend, vereinigle er in seiner person und in seinem
hauswesen allen stolz, kastengeist und lustbarkeit eines
warmgesessenen städtetumes. Keller 1,15; (öffentliches
leben,) welches wenigstens im sechzehnten und sieb-
zehnten Jahrhundert noch immer von dem nachklang
der politischen Selbständigkeit des mittelalterlichen städte-
thumes erfüllt war. Riehl culturattidien 294.
STÄDTEVKRBINDUNG. /. band. Verbindung politischer
ort twi»chen mehreren gtädten: gerade dort, wo die alte
Hansa so groszartige stildteTerbindungen begründet hatte.
Frkytac! Ifilder t,i,tstn.
STÄDTEV ERFASSUNG,/.; (ein volk.) dessen sitte, recht,
idcalixinuH und lebensgcwohnheilcn sich fast ausschliesz-
lieh im verband freier landgcnicinden entwickelt haben,
und deren Schicksal wird, einen kämpf um das leben mit
anders gebildeten rultiirv<"ilkcrn auszufcchtcn, bei denen
die Städteverfassung den landbau verdorben hat Frey-
tag 17, 60.
STÄDTEVERWllSTEND, adj. (vgl. das folgende):
werd' ich's künftig seyn,
daa träum- und schreckbild jener städteverwüstenden?
GöTHE 41, 193;
auch nennt das gerücht ja sie selbst, die der schar
als fUrstin gebeut und in kämpf und gefahr
sie führt und entflammt,
dem stäUteverwUstenden Ares entstammt.
Leutholu qed.*' 284.
STÄDTEVERWÜSTER,m. Übersetzung von TtroXtnop&oS:
allein der städteverwüster Odysseus
trat mit dem zeptcr nun auf. Bürger 198» (llias 2, 278).
ganz entspi-echend :
da erhub sich der städteverwüster Odysseus,
haltend den königsstab. Voss iZüw 2, 278.
vgl. auch noch .-
schnell auch erhub sich der held, der städteverwüster Odys-
seus. Odyssee 8, 3;
sag ihm: der städteverwüster Odysseus hat mich geblendet.
9,504.
STÄDTEVERWÜSTERIN, /. zu dem vorigen :
(die göttin,)
welche von denen nicht war, so da walten männlicher kriege,
wie Enyo, die städteverwüsterinn, oder Athene.
Bürger 224''.
STÄDTEVERZEICHNIS, n., in ^cissenschaftlicher spracJie
z. b. das Städteverzeichnis bei Ptolemaeus und sonst.
STÄDTEVOLK, n. das in den stüdten wohnende volk,
im gegensatz zum landvolk, den landbewohnern in ihrer
gesatntheit :
von der unedlen bahn des städtevolks entfernt
hat ihr (der landleute) bescheidner wünsch ausschweifung
nie gelernt.
Gotter im Göttinger nmsenalm. von 1771
«. 62, 75 neudr.,
wozu oben unter städtervolk eine andere lesart zu vergleichen
ist. unser wort beruht vielleicht auf falsclier verhoch-
deutschung von nd. stedevolk, was gleich stadtvolk ist.
vgl. kölnisch:
wa sich stedevolk getruweliche
hell zo samen, dat wirt eren riche^
unde wa it van ein sich leist scheiden,
it ruwet sich na arm unde riche an beiden.
d. städtechron. 12, 54, 1132.
STÄDTEWESEN, n. gesamtheit des innerhalb des cultur-
kreises der stadt sich abspielenden lebena :
das fürsten- und das städtewesen
durchschlängelte sein (de« Reucldin) lebenslauf.
GÖTIIB 4, 366.
mehr eingeschränkt auf Verfassung %tnd Verwaltung : städte-
wesen des mittelalters , so als titel eines buches von
K. D. Hüllmann. Bonn 1826—28; bekannte dinge, die sich
in dem gesammten deutschen städtewesen der zopfzeit
wiederholen. W. H. Riehl culturstudien 312; eine studie
zur vergleichenden kenntnisz des deutschen städtewesens.
wanderbuch 223.
STÄDTEZERTRÜMMERER, m.: (ich) bin froh, dasz
sultan Pub kein völkerwürger und städtezertrümmerer
gewesen ist. Klinger 6, 78;
es ordnete sie {die edlen) der söhn des Oileus,
welchen Rhene, das kebsweib, dem städtezertrümmerer ge-
boren. Stolbbho 11, 80;
diesen (Medon) gebar einst Hhena dem st&dtezertrUmmrer
Oileus. Bürger 203>>.
STADTFAHNE,/, l) vcrilhim civitatis, s. auch oben
Stadtbanner: sie fniden dieselbe (die Madonna) auf einer
abbildung der alten Stras/burger stadtfahne in Königs-
hofen's Straszburger chronik. Brentano h, 187; ich habe
das alte originalbild der Straszburger stadtfahne, die Maria,
die in Königshofen abgebildet ist, auf goldgrund, lebeiis-
grosze huiztafel, in der bibliotheksrumpelkammer ent-
deckt. 9, 85.
2) an die ältere allgemeinere bedeutung 'tuch' »ich an
lehneiul (a. fahno l theil 8, 1241) stadtfahne, aus der stadt
bezogenes tuch, gewandstück u. s. w. hier mit spöttischem
beisinn, neben stiultklcid, n. (s. unten): als aber Vefole
sagte : dass die stadlkleider doch nichts seien, und dasz
ein einziges bauernkleid mehr wert sei und auch mehr
koste als sechs solcher stadtfahnon. AtKRiiAcn darf
gesch. 1,59.
457 STADTFÄHNRICH— STADTFLASCHNER
STADTFLAPP — STADTFREMD
458
STADTFÄHNRICH, m. der die stadtfahne trägt: stadt-
fändrich, vexUlarius civictis. Stieler 400; stadtfändi-ich,
alfiere, gon/aloniere del commune. Kramer dict. 2 (l70l), 901*'.
STADTFAMILIE, /. in der stadt angesessene famüie:
wer das leben der vornehmen stadtfamilien in diesem und
den nächsten Jahrhunderten mustert, der bemerkt mit
Verwunderung, wie schnell — verhältniszmäszig — die
namen der familien in einer stadt sich ändern. Freytag
18,119; doch sonst einer alten stadtfarailie angehörend
vereinigte er in seiner person und in seinem hauswesen
allen stolz , kastengeist und lustbarkeit eines warm-
gesessenen städtetumes. Keller i, lö.
STADTFARBE , /. . plur. stadtfarben , die heraldischen
färben eines stadthanners : alles schön gemalt, in den
Stadt- und landesfarben, mit wappen und figuren verziert.
Freytag büder 2,2,30T, in feierlichem zuge marschirten
die festgeber hinaus, voran die pritschmeister, dahinter
die zieler, ebenfalls in neuen kleidem und den stadt-
farben. 314; einige kinder in den stadtfarben, welche ge-
schenke tragen. Keller 5, 190.
STADTFARR, STADTFARRE, m., dasselbe icie oben stadt-
bulle, m. (s. dort), in vergleichen mit beziehung auf seine
reichliche nahrung :
thnt mich mein samlen basz erfrewen,
denn dich dein an wem und auszstrewen.
du streunest umb wie ein statfarr.
H. Sachs fagtn. sp. 1, 91, 289 Götze.
häufiger mit beziehung auf seine geschlechtlichen gelüste in
Beendungen tcie: herumlaufen wie ein stadtfarre, d. h. in
gesteigerter hrunst:
erst wundert mich nit sein phantasey,
das also stetigs sewfzt der narr
und lawft stet umb wie ain stat farr. 5, 147, 320 ;
etwan regt dich die eyfersucht.
so lauffst du umb wie ein statfarr. 1, 61, 226.
dann auch in einer diesem vergleiche entsprechenden Über-
tragung : die klöster , darynn man die stattfarren und
bscheler vom reychen almäsen aushelt, für denen keynem
frummen man seyn weyb oder tochter sicher ist. Luther
15, 134, 25 Weim. ausg. ; als schelte von ähnlicher bedeutung
wd: want man sach da vellin
unde schrötin in den sant
di brüdre mit vrechir hant
di weligen stat varrin. Nie. v. Jbboschin 21048.
t» weiterem vergleiche:
Füruit:. auch must mit schwegel und drometten
zu nacht herumbher gehn hofiem.
der treue Eckhart.
im regen, wind und sehne erfriem
gleich wie ein rechter stadtfarr. H. Sachs 2, 2, 49«.
STADTFEIND, »i. • stadtfeind, hostis intestinus. Stieler
462 ; vor solchen wundern vergaszen der reisige stadtfeind,
der bürger und der mönch ihren groll. Freytag 18, 143.
STADTFELD , n. feld oder fliir der stadt gehörig : das
junge geschlecht, welches jetzt vor den häusem mit
bohnen spielt und den papierdrachen auf die stadtfelder
trägt. Freytag 13, 240; dazu stadtfeldmark, /. die ge-
aamtheit dieser stadtfelder: in ähnlicher weise hat man
gefordert: ... die Römer hätten besser ihte herrschaft
auf die stadtfeldmark beschränkt. Raumer gesch. der
Hohenstaufen l, xiv.
STADTFEST, n., im gegensatz zum dorffest (». theil 2, 1280).
allgemeiner: das städtische königsschieszen , das einzige
dürftige stadtfest, welches den deutschen bürgern des
18. Jahrhunderts geblieben ist. Freytag bilder 2, 2, 339.
STADTFESTE,/., bei Campe als verdetitschung von cita-
delle; das xcort begegnet schon mhd.:
da mitten in der stad veste starc
erhaben ist ein gröjer sarc.
Heinb. V. Neustadt ApoUoniiu 1097,
wt jedoch u)ol gam allgemein an eine befestigte stadt zu
denken ist; vgl. stadtvesten {plur.) moenia Kilian 2,625'*
STADTFESTUNG, /. Campe, t-^^. das vorige.
STADTFINK, STADTFINKE, m. schelte für einen stadt
beicohner. Hetzel «n« der Deutsche spricht 297.
STAÜTFLASCHNER, m. in der stadt wohnender kUmpner,
a. eben flaschner theil 2, 17-28, auch als titel eines klempner-
meisters: Grübel, bürger und stadtflaschner zu Nürn-
berg, register zu Göthes icerken; dementsprechend wird er
83, 178 ein klempnermeister genannt.
STADTFLAPP, m. schelte für einen Stadtbewohner im
munde des landbewohners, hängt wol zusammen mit flappe,/".
OS hians (». theil 3, 1724). im luxemburgiscJien stiaedtsflapp
Gangler 432;
d' Gredchen de lab
danzt maun stiedsflap. vollsreim ebenda.
STADTFLECKEN, m.. wol ähnlich tcie oben markt-
flecken {s. theil G, 1652) , ßecken mit einer art von sfadt-
gerechtigkeit , ivobei besonders eben an das marktrecht zu
denken ist: den ganz elenden erbärmlichen zustand des
Stadtfleckens Ilmenau, qudle im Weimarer archiv voti 1603
bei Dief.-Wllcker 861.
STADTFLUR, /. zur stadt gehörige fddmark, im gegen-
satz zur dorfflur (s. theil 2, 1280). Adelun'G, vgl. auch oben
stadtfeld: denn auch in den groszen reichstädten treibt
der bürger landbau auf wiesen, weiden, äckem, Wein-
bergen der stadtflur. Freytag 18, 122; anrecht . . . auf vier
morgen landes in der stadtflur. 183; wie die blinden beiden,
die gott zur knechtschaft verdammt hat, tragen sie ihre
bilder um die stadtflur, damit sie regen schaffen oder
die mause vertreiben. Hausrath pate)- Matemus 110. dazu
stadtflurschütz, m. von der stadt angestellter Wächter
der feld mark.
STADTFORST, m. der stadt gehöriger forst: der stadt-
säckel war immer gar ansehnlich gefüllt durch die ein-
nähme aus . . . dem ertrag des stadtforstes, des zolls, . . .
Hesekiei. Nürnberger tand 1,125; wir gingen durch ein
vernachlässigtes lustwäldchen, dessen schmale holperige
wege sich an einem hügel im stadtforste verloren. Keller
7,309; und der forstmeister sandte ihn schon etwa allein
hinaus, . . . die stadtforste zu überwachen. 5, 206. vgl. auch
unten stadtwald.
STADTFORSTER, m. forstbeamter der stadt, s. das vorige.
STADTFRACK, m. schelte für einen Spaziergänger aus
der Stadt im munde des landmannes.
STADTFRAGE, /. frage icie sie in der stadt geÜian
werden mag: Friederike: haben sie mich noch so lieb,
wie sonst? . . . Oberförster: das war eine rechte — stadt-
frage — die! Iffland2, 31.
STADTFRATZE,/. spoU- oder schdtwortfür einen städter.
vgl. auch oben stadtQapp, m.
STADTFRAU , /. frau aus der stadt; weniger fein als
oben stadtdame: die stadtfrauen tragen sich so. Campe;
(nicht versäumen,) von der seile auf die stadtfrauen zu
blicken, welche wohlgeziert und wohlgebunden, die leder-
tasche an der seite, von einer magd mit gefülltem korbe
begleitet, den einkauf heimtragen. Freytag 18,137. hierher
auch die weitere Zusammensetzung stadt fr aubase, /.,
in Franken stadtfraubas", spöttisch von männern und
weibern gebraucht, welche die stadtneuigkeiten und lügen
von haus zu haus tragen. Frommann 3, 353 und stadt-
frauenzimmer, n., in älterer spräche {vgl. dazu frauen-
zimmer 4 theil 3, 86). stadtfrauenzimmer {icol plur.), donne,
matrone cittadine o cittadinesche. Kramer dict. 2 (1702), goa*».
STADTFRÄULEIN, n..- fräulein aus der stadt: viele
landmädchen sind um ein gut theil anders, wie die stadt-
fräulein. Rosegger waldschulmeister 82; die stadtfräulein
haben es zumeist nicht ungern, wenn ihre liebhaber recht
schön weisz und zart und schlank sind, ebenda.
STADTFREIHEIT, /. gesamtheit der einer stadt verliehe-
nen gerechtsame, deshalb gewöhnlich im sing, die statt-
freyheit, civitas, civitatis jus. Maaler SSS*"; stadtfreyheit,
libertä it. franchigia publica del publica. Kram er dict.
2 (1702), goi*» ; Stadtfreiheit Campe: auf sonderbar ernst-
liche abgangne fürstliche mandat und bevelch und nach
inhalt der stattfreihait. tirol. weisth. l,2r3,il; seine (rf«
zinsbauem) kinder ziehen in die stadt, mehren das gut
im schütz der stadtfreiheit. Freytag 18, 48. in tcendungen
icie: einen der stattfreyheit berauben, adimere civitatem
alicui. Maaler 385'', ihn aus der stadt tceisen, sein bürger-
recht aufheben, der plur. ist ungeicöhnlich : Gemarke ist
ein ansehnlicher marktflecken von 380 häosem mit stadt-
freiheiten. Göthe 56, 170.
STADTFREMD, adj. stadtfremd, forastiero che non eo-
nosce, ni e consciuto da nissuno in cittä. Kram er dict,
2 (1702), 901'' ; stadtfremd Campe; als sttbst.: ein stadt-
fremder; im andenken an den geopferten teufelsbe-
Bchwörer, auf den als einen stadtfremden es die unholde
459 STADTFREUND— STADTGÄRTCHEN
STADTGARTNER— STADTGELD
460
doch wohl nicht von anfang an abgesehen haben konnten.
Ric. HucH teitfeleien 93.
STADTFREUND, m. l) freund des sfadtlebens. stat-
freund {im gegensatz zum landfreund). Sciiottei, 480''.
2) sfadtfreund, fautor rei publicae, cultor civitatis.
SriEi.EH 555, wobei an einen städtischen heamten zu denken
ist; so gab es in dem tmldeckiscjien Städtchen Kmbach neben
dem mngistrat und dem Stadtrat ein städtisches colhgium,
die Stadt freunde, die lebenslänglich getcäJdt, über geldbetcilli-
gungen beschhisz faszten tind die städtischen rechnungen ab-
nahmen; überhaupt die bedeutenderen stadtgeschäfte scheinen
ihnen zugewiesen zu sein. Bauer-Coi.litz 173.
3) stadtfreund, in der stadt looknendtr freund, besonders
eines auf dem l<inde icohtienden: {der g rund) seiner liebe
zum einsamen landleben, die vielleicht dem gröszten theil
seiner stadtfreunde eben so wenig ;ils seinem villicus
einleuchten wollte. Wielanu Horazens episteln l (l80l), 211.
STADTFRIEDE, m. von der stadt ausgesprochenem- friede :
wenn du, wie erst dein gelübde, jetzt dein verlöbnisz
brichst, brichst du sitte, pflicht, ehre und den stadtfrieden.
C. F. Meyer novellen 2, llO. dann auch das gebiet, in
iPeUhetn der sladtfriede, das stadtrecht gilt, Stadtgebiet:
swa; in dem statfrid aigens leit, da sol man vor dem
statrihter umb taidingen. Gengi.er stadtrechtsälterth. 221.
STADTFROHXBOTE , m. frohnbofe {s. oben frohnbote,
theil 4, 1,233) im dienste der stadt: item es sol ain stat-
fronpot bei der uren und patzeiden messen getreulich
und imgeverleich bei dem aid, den er gesworn hat, dem
armen als dem reichen, tirol. weisth. i, 425, 9.
STADTFUHRE, /. fuhrwerk aus der stadt. auch stadt-
f Uhrwerk, n.
STADTFUSZGÄNGEL, m. fuszsoldat im dienste der stadt.
vgl. oben fuszgängel {theil 4, 1, 1020) : item am suntag
nach Lucia da mustreten sich die von Nürmberg pei
sant Johanns auf des Stareken wisen: eitel statfussgengel,
püchsen, helmparten, langspiesser und siben karrn
püchsen, pei vier tausent. {zum jähre U^^.) d. städtechron.
11, 611, 10.
STADTGALGEN, m. carnificina urbica, locus supplicii
civitatis alicujtis. Stieler 604; auf einer anhöhe der
rabenstein, und schwarze vögel fliegen dort um formlose
bündel an dem hohen stadtgalgen. Freytag 18, 121.
STADTGANG, m. gang nach der stadt, z. b. um eine be-
aorgung zu machen: Karl sasz indessen, um seinen stadt-
gang glaublich zu machen, eine halbe stunde vom vogel-
heerde in einem kruge und vertrank einen theil des
lohnes. Immermann Miinchhausen 3, 134.
STADTGÄNGER, m. l) entsprechend dem vorigen: er
ist ein rechter stadtgänger, er geht oft zur stadt.
2) ein bürger, welcher oft in der stadt spazieren zu gehen
pflegt: da er aber kein fleisziger stadtgänger war, so ver-
mochte er die häuser schon nicht mehr herauszufinden.
Keller 8, 242.
STADTGÄNSEFUSZ , m. benennung von chenopodium
urbieum, weil er auf den straszen und gössen der stadt
icächst. Campe.
STADTGARDE,/, militärische besatzung der stadt: denn
auch bei der stadtgarde unterschied man eine katholische
und protestantische lieutenantsstclle. W. H. Riemlcu^^o-
Studien 319; dazu der stadtgardesoldat, »oldat zur
stadtgarde gehörig: oben auf die wallarlig breite Stadt-
mauer baute man nämlich seit dem ende des sechzehn-
ten Jahrhunderts eine lange linie kleiner wohnhäuschen für
die stadt^ardesoldaten, damals iandknechte' genannt. 273.
STAÜTGARDIST, wi., daasellje teie stadtgardesoldat : die
Stadtgardisten zu pferde, die meist zur ruhe gesetzte
dragoner sind. J. Paul 19,13.
STADTCiARNISON. /. militärische besatzung der stadt:
siadtgamison , milifes stationarii, praesidia urbana, sta-
tiva. Stiklkh 8412; stadtüuarnison, guamigione, presidio,
nldatesca d'una rittd d piazza. Khameii dict. 2 (1702), »Ol".
STAI)T(iARTEN. m. die vor den thoren der stadt gelegenen
gärten. teeUhe den einzelnen bürgern gehören: in den stadl-
girten sah man sonntäglich geputzte leute sitzen, dann
auch ein Itealimmte« landmasz. so in Westfalen «tadsgiireii.
WoEHr K 2.'i2'' (zu der Wortbildung vgl. brem. wb. nachtr. 833").
STAÜT(iÄHTCHEN, n.. drmi'n tum vorigen: das stadt
girtoben lag mit symmetrisch angelegten wegen und heoten
bunt und reinlich in der nachmittagssonne. Th. Mann
Buddenbrooks l, 126.
STADTGÄRTNER, m. ein von der stadt besoldeter gärtner.
welcher für die städtischen gartenanlagen zu sorgen hat.
so z. b. in Oöttingen.
STADTGASSE, /. eine gasse der stadt. Campe: also
giengent die zwen groszmütigen fürsten und ritter allainc
wider in die schönen stat und nach dem als si mit
gröszerm vlisz denn vor durchschaweten die gelegenhait
der statgassen. herzog Ernst {rolksb.) 258, 25 Bartsch.
STADTGEBÄU,«., vgl. das folgende, stadtgebäudgebäudc,
fabriche publiche d'una cittä. Kramer dtc^. 8 (1708), 901*. tu
gebäu, *. theil i, l, 1652.
STADTGEBÄUDE, n., gleich dem vorigen, stadtgebeude,
aedißcia publica. Spieler lOl; s. auch den beleg unter
stadtgcbäu.
STADTGEBIET, n. hoheitsgebiet der stadt und ihrer ver-
xoaltung: Stadtgebiet Campe: auf seinem büfTelhorne zeigte
er {der Wächter) mit allgemein bekannten zeichen an, wenn
sich noth und sorge . . . dem Stadtgebiete näherten. Arnim
1, 12 {kronenw. einl.); er besasz wäldcr, wiesen und mülilen
nicht nur im Stadtgebiet, auch jenseit der brücke in Polen.
FuEYTAG 11, .33; der schifferwies ihr eine steinsäule auf
der höhe: 'dort ist die grenze des Stadtgebietes'. 170;
ich danke euch, hochgebietender herr, dasz ihr gegen
den brauch des rathes nicht verschmäht, die fahrt im
Stadtgebiet auf einem fremden schiff zu machen. 310;
von hier aus führte seitwärts ein fuszsteig nach dem
höhenzuge, der nach dieser richtung hin das Stadtgebiet
begrenzte. Storm 2(i884), 200; nur auf dem mäszigen
räume des Augsburger Stadtgebiets war gleichzeitig eine
solche Sammlung und zerspaltung des wasserlaufs mög-
lich. yN . H. B.\v.\\\. culturstudien 204; auf der hydrogra-
phischen karte des Stadtgebiets. 205.
STADTGEBIETER, m.:
da gab der stadtgebieter ihm hohen sitz im schlosz,
und stand ihm aufzuwarten selbst unterm dienertrosz.
Rltkert Firdosi 3, 339.
STADTGEBRAUCH, m., dasselbe xcie oben stadtbrauch.
im sinne von gesetzlicher bestimmung : statgebrauch, sta-
tutum civitatis. Schoitel 420*'; wer sie {die Satzungen)
aber halten wil, der halte sie, wie ich ein ander stad-
gehrauch, da ich wone. Jonas bei Llther 6, 140'>. heute
ist eigentlich nur noch der plur. stadtgebräuche {im gegen-
satz zu dorf-, landgebräuchen) in ericeitertem sinne ge-
bräuchlich.
STADTGEDRÄNGE, n. menschengedränge in der stadt:
entzünde strahl des hinimcls dich im leeren
und triff der kühnen thUrme sichres hnupt I
zertrümmr', entzünde sie und geiszie weit
im stadlgcdräng, der flamme wuth umher!
ÜÖTHB 9, 311.
STADTGEFÄNGNIS, n. gefängnis in einem öffentlichen
gebäude der Stadt. Campe: der verwundete sah den hilf-
reichen dankend an, erhob sich nach einer weile schwei-
gend und wurde auf befehl des stadtdirektors vorläufig
in das stadtgefängnisz geführt. Freytag 13, 11.
STADTGEGEND, /. • und es {das töehterclien) war ein
prächtiger kleiner balg, die ganze stadtgegend kannte sie,
seit sie die ersten rothen schuhe trug. Freytag 6, 27.
STADTGEHEIMSCHREIBER, m., bei Campe als weitere
Verdeutschung für stadtsekretär.
STADTGEISTLICHE, m. geistlicher, der ein predigtamt
in der stadt bekleidet, im gegensatt tum landgeistlichen.
Campe.
STADTGEKLATSCH, n..-
Max. ich wcisz, ich weiszl in Gr&z vorm bäckerladeii
hast du gestanden, eisern, stunden lang
bis sich die holde mehlvcrwnndlerin
am fenster, günstig, eine Venus, /.eigle.
Leopold, ein stadtgeKlatMch.
Uojc. CS kiatvchte, wie von kfissen.
und niemand wuszt' es, als die ganse stadt.
Ohm.li-arzkr* H, 40.
STADTGELI), n., dasselfte wie unten stadmOnzc: stadt-
gcld, moneta rorrente del commune 6 publica. Khameii
dict. 2 (1702), 901". nach Campk «iifA ein der stadt gehören
des gel d vermögen , eine l)rdeutung. der die tceitrre tti.vam
meusrtzung stad f geldkammcr. /. 'Schatzkammer der
Stadt' enlHprechm würde: vgl. 8tadgheldknnier, nerorium.
461 STADTGEMEINDE— STADTGERECHTIGKEIT STADTGERECHTSA.ME— STADTGESANDTE 462
KiLiAN 2,625». doch in diesem falle lieber als plur. ver-
icendet: die stadtgelder, gesamfheit des stadtveitnögens mit
einschlusz aller einnahmen : ihr (der geschlechter) regiment
wurde als hart und parteisüchtig verklagt und ihre Ver-
wendung der stadtgelder als höchst gewissenlos. Frey-
tag 18, 118.
STADTGEMEINDE, /. gesamte bürgerschaß einer stadt:
bürger- oder stadtgemeinde, civitas, popttlus cum plebe.
Stieler 882; stadtgemeine ö gemeinde, commune della cittä,
repuUica. Kramer dict. 2 (1702), 901''; im gegensafz zur land-
itnd dorfgemcinde. Campe: aus den genossenschaften,
welche damals die gliederung der stadtgemeinde dar-
stellten, sind die Innungen, stuben und zünfte des mittel-
alters hervorgegangen. Freytag 17, 119; und noch machte
die stadtgemeinde den anzug fremder arbeiter leicht.
18,117; und nichts war {in den polnischen städten) von
dem zu finden, was sonst einer deutschen stadtgemeinde
ziemt, dasz sie ihre bürger tüchtig, wohlhabend und stark
mache. 167. mehr oder weniger der aus ihr herauswach-
sende vericaltungskörper : so wurden auch (durch die all-
gemeine münzverschlechteiting) gewissenhafte stadtgemein-
den gezwungen, allmählich schlechter an schrot und körn
zu prägen. 238; die stadtgemeinden pflegten jeden, der
beim stürm das beste that als erster, zweiter und dritter,
durch ein ansehnliches geschenk zu belohnen. 296. kirch-
liche gemeinde in der stadt: alle seine bet rächt ungen, be-
wegungsgründe und gleichnisse waren vom landleben und
vom akerbau hergenommen, und paszten auf keine stadt-
gemeinde. Miller Siegirart 3,182.
STADTGEXOSSE, m., welcher die rechte tmd freiheiten der
Stadt mit genieszt, mitbiirger. stadtgenosz, concivis. Stie-
ler 1353; vgl. stadghenoot, ^opwZörw, civis. Kilian 2,625»:
finden wir nun, bei näherer ansieht, eitern- und kinder-
liebe, innige Verbindung der flur- und stadtgenossen, somit
auch das allgemeine patriotische gefühl auf den boden
gegründet. Göthe 23, 118; so nahm seinerseits der forst-
meister öfter, als zu lebzeiten seiner frau geschehen, den
weg in die trinkstuben seiner stadtgenossen. Keller5,219;
'elückselig sei der tag,
der tag, da Nürenberg dich (Gustav Adolf) fröhlich schauen
mag!'
so rief das freie volk. ja vielen stadtgenossen
ist drauf ein zährenbach die wangen abgeflossen.
Rist 1«, 45 Gödeie-Götze.
STADTGERÄUSCH, n. geräusch, von dem gesamten leben
der Stadt erregt : durch die offne gartenthür höre ich nur
blätter, spatzen ..., fernes stadtgeräusch. Bismarck frrie/e
an seine braut 3i6. mit dem beisin n des unrtihevoUen :
empfangt mich, Auren!, heilige wälder nehmt
dem stadtgeräusch entronnen den wandrer auf,
der hier in euren schatten ruhe
sucht und erquickung. Herder 27, 397 Redlich;
jener liebet den hof, liebet das stadtgeräusch,
und französischen modewitz . . .
mich entzücket der wald, mich der entblahte bäum.
Hölty 110 Halm;
hierher auch das stadtgeräusch fliehen, die einsamkeit
suchen; fem vom stadtgeräusch leben, in der stille leben,
». auch unten stadtlärm. .
STADTGERECHTIGKEIT, /.. eigenÜich die gesamtheit der
aus dem der stadt verliehenen recht sich ergebende}* an-
sprüche. gerechtsoTne u. s. w., dann in dem siime von stadt-
recht selbst gebraucht: Stadtgerechtigkeit, dritte it. jus,
ragione della eitUi. Krämer dict. 2(l702),902; auch Adelung
belegt es in einer stadtrecht ähnlichen bedeutung. die
Stattgerechtigkeit, Statuten und löbliche gewohnheiten
▼estiglich halten, den schaden und nachtail wenten. steir.
taid. 6,458,37; die stadtgerechtigkeit an sich selbsten und
ins gemein ist schon in dem angeregten freyheitsbrielT
darmit bemercket, dasz darinnen ein Stadtgericht ge-
ordnet, die wähl bestätiget und die begnadigung mit wetten
und buszen ertheilet worden. Meltzer historia Schnee-
bergensis 274. dann auch die einzelne gerechtsame {Privi-
legium), zumeist im plur.: von besondern stadtgerechtig-
keiten. ebenda; (es) müssen noch ältere . . . stadtgerechtig-
keiten als landesfürstl. begnadungen vorkommen. 275;
die Jahrmärkte seynd hicrbey auch nicht zu vergessen,
weil sie unter die Stadtgerechtigkeiten gehören. 280. im
»ingular: ferner hat Schneeberg als eine sonderbare stadt-
gerechtigkeit, ein Privilegium de non accusando. 276; das
jus prohibendi ... ist auch als eine besondere stadt-
gerechtigkeit zu erachten. 280.
STADTGERECHTSAME, /. 'gerechtsame. deren eine stadt
genieszt.' Campe.
STADTGEREDE, n., »ci« stadtgeklatsch, stadtgeschwätz :
das stadtgerede fällt über einen her, er kommt in aller
letite mund. auch: das stadtgerede bemächtigt sich eines.
STADTGERICHT, n. ausübung einer der stadt zu-
stellenden gerichtsbarkeit durch dazu besonders getcählte
obrigkeitliche personen. statgericht {im gegensatz zttm
landgericht, hofgericht, kammergericht). Sciiottel 497»;
Stadtgericht, curia, senatus, praetorium urbis. Stieler
1557; Stadtgericht, tribunale publico di cittä, foro, giustitia
civile, Camera del commune. Kramer rficf. 2 (1702), 901*;
Stadtgericht, Judicium civitatis. Frisch 2,315»; Stadtgericht
Adelung, hat ieder {nachrichter) sein firsprecher vom
statgericht. icei9th. 1,819; für das Stadtgericht alhie zu
Massmünster fürgebieten. 4, 78; und wer darnach mit an-
derem mass geit, das nicht gemerkt ist, der ist dem
statgericht vellig 5 ft. tirol. weisth. 4, 426, 16 {in der in
den text gesetzten lesart der ist im statgericht 5 ^ ver-
fallen bezeichnet Stadtgericht wol mehr den gerichtsbezirk,
s. unten); von disem statgericht wirt in Sachen, so
sechshundert gülden nicht übertreffen, für ein erbam
rath, in denen aber so bestimmpte summa übersteigen,
an das kaiserlich kamergericht appelliert, d. städtechron.
11, 801, 13; aber die abwesenden auszlendischen mögen
einen anwalt . . . ausz unsers stattgerichts procuratorn, oder
auch einen frembden . . . durch einen schrifftlichen gewalt
. . . vollmechtigen. Frankfurter reform. 1,6 § 4; beysitzer
im Stadtgericht, assessore di tat tribunale. Kramer dict.
2 (1702), 901''; das Stadtgericht entscheidet über schulden-
i Sachen. Stolberg 6, 93; und ihre {der eitern) sichtbare
sorge bewog ihn, wenigstens eine stelle im Stadtgerichte zu
bekleiden. Keller 6, 157; als ich als assessor an unserem
heimatlichen Stadtgericht ihn wieder in Berlin aufsuchte.
Ra.\be akten des YogeLsanges 108, wo icol allgemeiner an ein
in der stadt seinen sitz habendes gericht zu denken ist.
als bezirk dieses gerichts : von erst stet unser Öffnung, das
unser statgericht gelangt und get hinauf in Hettinger
gassen unz auf den markstain ob des Künigerösleins
peunt. tirol. weisth. i., 251, 29; und ist die ober wagenlais
lantgericht und die unter wagenlais stattgericht. 34. mehr
die einzelne gerichtssitzung , eine gerichtshaltung : item wan
eyn zentgraf van der hern wegen von dem staitgericht
müste aufstehen, ader leibshalber gebrecblichkeit nit an
dem gericht geseyn mag ader kan. weisth. 3,523; an unnser
obgenanten gnedigen hem uffen gehegt Stadtgericht zu
Meyningen. 5, 98; solich statgericht würt nun gehalten
am montag, mitwoch und freitag allweg drei gantze stund
aneinander, d. städtechron. 11, 800, 18; bei einem grossen
sterben wird beschlossen, das statgericht aufzeslahen. 506
anm. 6, d. h. die gerichtssitzungen bis auf weiteres aus-
fallen zu lassen, auch der von Adelung als in der täg-
lichen rede gerne gebrauchte plur. die Stadtgerichte ist
wol besonders auf die einzelnen gerichtssitzungen zu beziehen,
die zu detn gericht gehörenden beamten, häscher t«. s. tc. ;
warümb fleuch ich nicht,
e mich ergriaff das statgericht
und mich werf in die gfencknus argk,
jag mich morgen übern pesenraarck.
H. Sachs Jattn. sp. 7, 138, 375 Göfee.
in xceiteren Zusammensetzungen: stadtgerichtsbar-
keit. /. richterliche geicalt l) über eine stadt und 2) von
einer Stadt ausgeübt, stadtgericbtbarkeit Campe, stadt-
gerichtsobrigkeit, /.; {gebieten,) dasz sich niemand
unterfange, hinterruggs der Kuefstainischen statt- und
landgerichtsobrigkeit testament, vertrag oder andere briefs-
aufrichtungen vorzunehmen, tirol. weisth. i, 44, ii ; stad t-
gerichtssiegel, n. sieget, welches vom Stadtgericht ge-
führt wird: das gewöhnliche stadtgerichtssiegel. Meltzer
historia Schneehergensis 282.
STADTGERCCHT, n. gerücht, welches die ganze stadt
erfüllt, die ganze stadt durcheilt: er leidet unter dem
Stadtgerücht.
STADTGESANDTE, m. stadtgesandter, rei publicae lega-
tus. Stieler 2010; stadtgesandter, disputato da un conv-
mune 6 republica. Kram er dict. 8 (1702), 901''.
463 STADTGESCHÄFT— STADTGESPRÄCH
STADTGESCHÄFT, n.. plur.: stadtgeschäffte , urbicae
occupatioties. Cofu'INUS 756».
STADTGESCHICHTE, /. l) dasselbe xoie oben stadt-
chronik: stadtgeschichte , res civitatis ientsprecliend rö-
mische geschichte, res Romanae). Stieler 1747; stadt-
geschichte, chroniche, annali d'una cittä. Kramer dict.
2 (1702), Wl*". man musz etwas stadtgeschichten unserer
mittelalterlichen reichsstädte in sich aufgenommen haben.
Naumann^mcä 51.
2) anekdoten, erzähluiigen, uxlche in der stadt umlatifen,
fiamdoser als oben stadtgeklatsch und unten stadtklatsch.
Stadtgeschichte. Campe; Werner scherzte nur auf seine
art, erzählte lustige stadtgeschichten und bat sich nach-
richt von freunden und bekannten aus. Götiie 19,110;
ihm wurde jede stadtgeschichte vorgetragen und er musztc
sie vermehren und mit einfallen spicken, so wurde sie
weiter in Umlauf gesetzt, dasz eine art von reibung in
der Stadt entstand. Aknim i, 71. vgl. auch stadtgeschrei,
stadtgeschwätz u. s. tc, dazu in weiterer comjwsition :
Stadtgeschichtsforscher, »n. einer, der sich um alle
familienverhältnisse der stadt kümmert: sie {die scJmcher-
Juden) sind lauter Lafontain's, voll familiengeschichten,
nie aber um solche auszutragen, sondern die stadt- und
landgeschichtforscher wollen blos pragmatisch und prak-
tisch sein. J. Paul leben Fibels 57.
STADTGESCHICHTLICH, adj. zu dem vorigen: {söge-
nannte geschichtsbilder, d. h. gelegenheitsblätfer.) worauf
merkwürdige stadtgeschichtliche vorfalle sofort zum ewigen
gedächtnisz abconterfeit wurden. W. H. Riehl cultxir-
stitdien 305.
STADTGESCHLECHTER, m. angehöriger des stadtadds;
vgl. geschlechter, m. theil 4, 1, 3912. stadtgeschlechter, pa-
tritius. Stieler 1803; stadtgeschlechter, m., patritio,
nobile patritio, cittadino nobile 6 di famiglia patritia.
Kramer dict. 2 (1702), 90l<=. vgl. auch oben stadtadel u. s. w.
{sp. 439) und unten stadtj unker.
STADTGESCHREI, n., ähnlich wie stadtgeklatsch, stadt-
klatsch, stadtlärm:
sie gehet aufF und nieder
die eine strasz hinaufT, die ander konipt sie wieder
durchsucht ein jeglichs hausz, ob was zu tadeln sey,
da macht sie denn aus nichts ein grosses stadtgeschrcy.
Rachel 9.
vgl. auch das folgende.
STADTGESCHWÄTZ, n., r^^ stadtgeklatsch, stadtgetede,
Stadtgespräch u. ä.:
spukt das neueste stadtgeschwätz
noch in euerm hirn? Rückert ged. 1,838;
kann mich denn
ein sinnlos stadtgeschwätz so ganz verwirren?
Geisel 6, 181.
STADTGESCHWORENE, m. von der bürgerschaß ge-
wählter Vertrauensmann, tcelcher an der stadtregierung
tfieilnimmt : dergleichen hat ein radt der alten stadt mit
ihren stadtgeschworen im radtschlage gehabt, d. städte-
chron. 27, 188, 25.
STADTGESELLSCHAFT, /. .- denn auf der see und auf
dem platten lande kann man immer von wind und wetter
reden , ohne den Vorwurf zu verdienen , den man stadt-
gescllschaften dabey macht. Rauener 6, 17.
STADTGESETZ, n. von der sta^ erlassenes gesetz ; stadt-
gesetz, jus municipale, statuta civitatis. Stieleh 2043,
doch in dieser stadtrecht (». d.) ähnlichen bedeutung lieber
im plural: stadtgesetze , leggi, ordinanze, statuti. leggi
atatutarie d'una rqpublica ö commune. Kramer dict.
2 (1702), 901«.
STADTGESINDE, n. die niedere beamtenscJtaß einer stadt.
statgesinde Arnstädter stadtrecht 77, 143.
STADTGESINDEL, n.. nach gesindel 2, theil 4, 1, 4114
sehleehtea volk in der atadt wohnend : pfui, über das garstige
stadtgesindcl I Weisze kam. opem 8, 64.
STADTGESPRÄCH, n., vgl. entsprechende bildungen wie
st«dtgeklat«cb, stadtgeschrei, stadtklatsch u. ä. : das der-
zeitige thema des Btadtgespiilchs kam aufs tapet. stim-
men waren lautgeworden, welche die bauf&lligkeit des
hohen kirchthurmes behaupteten, ja den ahbruch der
ganzen kirche forderten, und schon circulieKe der erste
spottreim. Storm 3, 166. auch von einer per aon, zum stadt-
geapr&che werden, in aller leute munde sein. Campk; sie
{ein ehepaar) lind schon stadtgesprUoh. Ivvf ^m. i iüs.
STADTGETÜMMEL— STADTGRABEN 464
STADTGETÜMMEL, n.. ähnlich wie oben stadtgedränge
(.vjj. 460) und unten stadtgewühl (s. d.): den kindlichen
blinden hatte sogar das fortklingende getöse des stadt-
getümmels, das seinem dorfe abgegangen war, getröstet,
J. Paul Hesperus 4, 120.
STADTGETÖSE, n., vgl. unten stadtlärm:
wenn ich abends, fem vom stadtgetöse
oben auf dem coiiseum sasz. Seume (1835) 624.
STADTGEWERBE, n. ericerbstMtigkeit der Stadtbewohner
im gegensafz zu der der landleute:
Stadtgewerbe.
wodurch wird doch ein bUrger reich ? ihr bauem , föllt das
urthel :
er schätzt ihm Selbsten seine wahr, braucht überall ein vorthel.
Logau 2, 89, 58.
STADTGEWOHNHEIT, /. l) in der stadt geltende ge
wohnheit, vgl. oben stadtbrauch (»p. 444): stadtgewonheit,
usanza, costume della cittä. Kram er dict. 2 (1702), 901''.
2) mit rechtlicher natur: stadtgewonheit, statuta civi-
tatis. Stieleu 2496. vgl. statgebrauch {sp. 460).
STADTGEWÜHL, n. das menschengetriebe in einer stadt,
mit dem beisinn des störenden, lürmenden .-
doch freilich nehm ich mich in acht,
dasz ich, vom hof- und stadtgewUhle
nicht irr' in meinem text gemacht,
stets meine roll' im stillen spiele. Gökingk 1,91;
ruhi?, wie die stille freystatt war,
wo dich deine mutter, fern vom stadtgcwühle,
unterm schütz der Zärtlichkeit, gebar.
GonER 1, 325.
vgl. entsprechende bildungen wie stadtgeräusch , stadt-
getümmel, stadtlärm u. ä.
STADTGEWÜRZ, n., übertragen, von der in der stadt
herrschenden Verfeinerung :
dem mädchen, das, von stadtgewtirze
erhitzt, aufs land nach kuhlung läuft.
Thüm.mbl reite 10, 384.
STADTGLEICH, adj. einer stadt gleichend, ähnlich:
demjenigen, der meine kinder
mir herbringt, geb' ich tausend rinder,
dazu mit fruchtreichen strecken
einen stadtgleichen flecken. Rückert (1882)12,82.
STADTGLOCKE, /..• ein paar friedlich wehmüthige
{ßlocken)sehlä.zt, welchen die andern stadtglocken den luft-
raum nicht länger streitig machten. C.F.Meyer nov. 2,115.
übertragen schelte für eineti, der stadtneuigkeiten verbleitet,
in Mitteldeiifschland.
STADTGOTTESKASTEN, m. die von der stadt verwaltete
kasse für kirchen und schulzwecke. Sallmann 84'".
STADTGRABEN, 7n. schützender graben, welcher die stadt
tnngiebt: pom^Hum . . . staetgrabe Dief. gloss. 446'* {vocab.
V.1517); t'^^DiEF.-WüLCKER86i; stattgrabe, i€5/o««M rf'u»j<
ville. le fasse d'una cittä. Iivi.sivs{i(il6)3in*; Stadtgraben,
fossatum, fossa urbis. Stiele» 688; Stadtgraben, fossa della
cittä. Kram ER dict. 2 (1702), 901«; der Stadtgraben, fossa cir-
cum moenia. Frisch 2, 315V zum achten so haben die von
Wangen iewegklich den stattgraben in banden gehapt und
denselben mit grasz und holz genossen, weisth. b, i6&, S;
item da; (^et(^e)^'ihe, da^ man da braht, dag slug man
in den statgraben, und welche frawe kam und bracht ain
pürde grass dem vibe zu essen , die lies man der küe
melken, süst keine, d. städtechron. 2, 260, 8 {vgl. Frrytao
18, 29l); {rat und geschicorene der stadt wollen beschlieszen,)
das sie ihre Stadtgraben wollen unterscheiden an sechsz
oder sieben stellen und in iglichem orthe sunderliche
iischereyen in der stadt nutz machen, auch in denselbigen
Stadtgraben fünf oder sechsz kornmölen, eine walkmöle
und eine papyermölcn durch denselbigen meister lassen
setzen oder hcncken und bawcn mit dem anhange, sie
wollen die wasser mit rädern über alle die stadt ein-
giessen lassen, so sollen auch sustent in den Stadtgraben
viele gueter springk sein, die auch darzue helfen sollen.
27, 188, 86. S8. SS ; von den tliieren im statgraben. Tuchkh
baumeisterb. 188, 14, gemeint sind hir.whe und hindinnen;
auch so ist der thier jetzunt im statgraben acht junger
und alter, die kosten ein jar zu halten eins pei zwclf
pfunden alt ungeverlich etc. 124, t ; darzu hat im {dem
thierwürter) ein paumeister vergUnt ein ort im stat-
graben . . , also das er dasselh futter darvon nirsHcn mag
zu seiner nottorft. ISS, tS; vgl. auch unten den In-leg bei
WM H 11 III culturttudienw»; vor dem Frawenthore «uss
465
STADTGRAF— STADTGUT
STADTHAFEN — STADTHAUS
466
dem gemaurten prunnen im selben statgraben . . . gegen
der thierhütten über. 183,16; ursprunck des Hyserleins ist
in dem alten statgraben. 187, 20; item ein prunn mit
zweien eimern auf dem innern statgraben an der Nadler-
gassen. 194, 20, die hezeichnung innerer Stadtgraben mit
rücksicht auf den umstand, dasz bei stärker befestigten
Städten auf beiden selten des icalles sich ein graben befand,
dasz auch obstanpflanzungen im Stadtgraben bestanden,
zeigt: als wir . . . nahe an den tiefen Proserpinens-gärten
des blühenden Stadtgrabens waren. J. Paul19, lO; auch
erker springen aus der maner vor nach dem Stadtgraben.
Freytag 18, 121. {mit beziehiing auf Augsburg :) aber die
halbverfallene Stadtmauer . . . mit der heimlichen, dunkel-
schattigen Schlucht des Stadtgrabens . . . wiegt wohl ein
dutzend der schönsten bürgen auf. W. H. Riehl eultur-
studien 282; schon seit dem sechzehnten Jahrhundert hegt
man hirsche und rehe in den oberen Stadtgräben, ebenda.
da drunten flieszt der blaue
Stadtgraben in stiller ruh' ;
ein niabe fährt im kahne,
und angelt und pfeift dazu.
Hbink 1, 96 Elster.
doch diese mehr lieblichen Schilderungen haben auch ihr
gegenstück: sonst sollen die profeyen, so in unsere Stadt-
gräben ire sesz von alters gehabt, und noch haben, noch-
mals also bleyben, doch die sesz über anderthalben schuch
über den graben, noch auch eyniger bauw darauff nicht
gestattet werden. Frankf. reform, vni, 6 § 8; vgl. Stadt-
graben, cloaca. coliiciae et receptacula purgamentorum urbis.
Stieler 688.
STADTGRAF, m. comes civitatis, vgl. Scherz 1561: e das
herzog Ernst seine worte gar vollendet, da hiesz in der
statgrave her tragen volkomenlich alles das leiplicher
narunge übervlüsziclich decken mocht von eszen und
trinken, volksbiich von herzog Ernst 273, 10 Bartsch.
STADTGRENZE,/, grenze des Stadtgebietes: innerhalb
der alten stadtgrenze von Augsburg, kaum eine stunde
Wegs Lechaufwärts entspringen gut ein dutzend kleiner
bäche inmitten der Lechniederung. W. H. Riehl ctdtur-
Studien 262; der wintersturm fegte.., als bürgermeister
und rath über die deutsche brücke der Weichsel zogen,
um an der stadtgienze den einziehenden könig von Polen
zu begrüszen. Freytag ii, 91 ; vielleicht denkt mancher:
'schade, dasz Junker Georg mit seinen knechten so weit
von der stadtgrenze steht'. 227.
STADTGRUND, m. grund und boden, der stadt gehörig
und von der stadtgrenze umschlossen : kurz daraufkam in
die Stadt eine Schreckensbotschaft, dasz fremdes raub-
gesindel sich auf stadtgrund eingenistet hatte. Freytag
11,98; in partitiver bedeutung: Burkhard und Konrad ver-
legten sie (die deutschherrensüftung) nach eroberung der
Stadt Accon auf erworbenen stadtgrund. 18, 183.
STADTGRÜNDUNG, /. gründung einer stadt, vgl. oben
Städtegründung : während . . . die gefallene eichel einen
sprosz trieb, welcher als alter urbaum bei der stadtgrün-
dung gefällt werden sollte. Freytag 17, 420.
STADTGULDEN, m. von der stadt geprägtes guldenstück,
vgl. stadtgeld (sp. 460) und stadtmünze, stadtpfennig u. ä. :
nun denn, gevatter Klockreep, habt ihr nit geschnarcht
von vier bis acht und habt ihr mir nit dann vier stadt-
gnlden abgewonnen, zum zeichen euerer vollständigen
besinnlichkeit. W. Raabe Ttalb mähr, halb mehr lio.
STADTGUT, n. l) habe und gut, den bürgern einer
Stadt gehörig: statgut, bona, quae ad civitatem pertinent.
ScHOTTEL .tOO»; und die bürger argwöhnten, dasz er (der
vxgdagerer nur eine gelegenheit erwartete, um aufs neue
nach stadtgut zu jagen. Freytag 18, 135 ; damit erhielt
er das Vorrecht, zum schütz und zur bedienung des vor-
nehmen stadtgutes {ztceier fddschlangen) einen büchsen-
meister und einige söldner zu unterhalten, ii, 113.
2) von land- und grundbesitz , der stadt gehörig: statt-
gut, civitatis bona patrimonialia et communia, quae allo-
dü>rum habent naturam. Scherz 1561; davor wier ihnen
solches alles erblich verkaufft haben, . . . mit gerichten
Oberst und niederst, dieselben furder zu stadt- und burger-
gütter zu verleihen, quelle bei Haltaus 1721; von der
andern seite ward erwidert, das stadtgut sei schon ver-
schuldet. Alexis Isegrimm 156; dagegen ist wieder dem
rathe berichtet, dasz ein bäaeriein von den stadtgütem
X. 2.
mit einem eisernen flegel gefährlich gegen euere genossen
losgeschlagen. Freytag ii, 37; diesmal hast du alle brüder
gekränkt, welche als herren auf stadtgütem sitzen. 126.
icol die einnahmen aus solchem landbesitz (vgl. oben unter l):
aber unrecht finde ich es hingegen , wenn . . . ein aus
armengütem erzogenes armes kind das empfangene zu-
rückerstatten soll, während die erwachsenen, arme und
reiche, aus dem stadtgut alle jähre einseckeln. Gott-
HELF 1, 223.
STADTHAFEN, m.: erweiterung des stadthafens von
Dortmund, rhein.-icestf. zeitung vom 11. juli 1905.
STADTHAFNER, m. in der stadt wohnender töpfermeiater:
item adi 13 settember czalt dem stathafner von mein ofen
czu pessem, darczu etlich new kachel dafür par 3 d.
Tücher haushaliungsb. 65; vgl. 113. 133; item adi 25 augusto
dem stathafner für mein 2 ofen in meiner hinttem stuben
und in meinem gartten dafür par 16 ^. 86.
STADTHAFT, /. . bei Campe iceitere Verdeutschung für
stadtarrest, gerichtliche Verfügung, nach der einer bei strafe
die Stadt nicht verlassen darf: einem stadthaft geben.
Campe; stadthaft über jemand verhängen, ebenda.
STADTHÄLFTE, /..- die grosze brücke, welche die
gröszere südliche stadthälfte mit der nördlichen verbindet.
Sachau reise in Syrien u. Mesop. 67.
STADTHALTER, m. im steirischen im solde einer stadt
stehender viehhirt. quelle von 1526 bei Unger-Khull 567''.
STADTHANDEL, m. l) handel icie er in der stadt ge
trieben unrd, im gegensatz zum handel auf dem lande.
Campe unter landhandel: dann der stadthandel beruhet
meistens auff vorthel. Logau anm. zu sinnged. 2,77,92. dazu
in weiterer zttsammensetzung stadthandelsbrauch, »t.
2) plur. stadthandel, Streitigkeiten und zwiste einer stadt
mit irgaidu-elchen nachbam u. s. w.
STADTHANDWERK, n. Krünitz eticycl. 167, 683.
STADTHASCHER, m. haschet- im dienste der stadt, s. auch
oben stadtdiener (sp. 449) und unten stadtknecht: der ge-
richtfrohn und stadthäscher zitierte jetzt den Oberseeser
adjunkt. J. Paul biogr. belust. 148.
STADTHAÜPT, n. der an der spitze der gtadtvenoaltung
stehende beamte. liefländ. idiot. 224.
STADTHAüPTMANN, m. hauptmann der in einer stadt
liegenden militärischen macht: stathauptmann Schottel
287; ein Stadthauptmann, ca^feZZanwj. Cohviüvs fons lat
130* ; siadtha.uhtma,nn, praefectus urbis, centurio oppidanus.
Stieler 1235; stadthauptmann , capitano . . . della cittä.
Kramer rftc#.2(l702),90l"'; stadthauptmann, cenfttrio ctwum.
Frisch 2, 315V Adelung. Gaudenz Scheuweger, stat-
haubtman. tirol. tceisth. 3, 53, 30; denn er (Wihcolt von
Schaumburg) trat wieder in östreichischen dienst und
dictirte als stadthauptmann in dem herzogthum Meran
um das jähr 1507 das buch. Freyt.\g 18,395; wir waren
stattlich geleitet, auch vom stadthauptmann und seinen
sbirren, tapfem leuten, ... die sich mit vollkommener rück-
sicht hüteten, in fremde bändet einzugreifen. C. F. Meyer
Jürg Jenatsch 111.
STADTHAUS, n. l) dasselbe urie oben rathaus (theil 8, 185):
das statthausz, curia municipalis. Maaler38ö''; stathaus
(neben richterhaus). Schottel 490*; Stadthaus, curia.
Stieler 800; stadthausz, casa della cittä del commune
cioe palazzo, curia. Khamer dict. 2 (1702), 901*=; Stadthaus
Frisch 2, 315*; vgl. stadhuys, basilica, curia municipalis :
curia civitatis, domtis augusta, augtistale. Kilian 2,625»
(neuniederl. stadhuis). die in Norddeutschland getcöhnliche
betonung stddthaus geht zurück auf einfaches der stadt
haus, vgl. der stat hiiis. d. atädtechron. 13, 330, 30; dagegen
die in Süddeutschland vorkommende betonung stadthaüs auf
Wendungen xoie gemeiner stadt haus: in München stadt-
haüs. Schm.' 2, 794. herbstfeier . . , bei welcher die jungen
leute sich abends im saale des Stadthauses zum tanze
zu versammeln pflegten. Storm 5 (1884), 188. vgl. .-
doch brennendes licht — ist im Stadthaus I
schlaflos, sagen sie, leuchtet es dort! Voss Theokrit 21, 36.
2) überhaupt ein in der stadt befindliches haus, troAu-
hatts u. s. w. (im gegensatz zum landhaus): man kan, deucht
mich, ein landthausz ebenso warm machen alsz ein statt-
hausz, mitt papirne fenster undt gutt feuer. Elisabeth
Charlotte 3, 421; und wenn die spätem geschlechter
einst auf eure zeit (die zeit des b^reiungskrieges) zurück-
30
467 STADTHAUSHALT— STADTHERRSCHAFT
STADTHERZ - STÄDTIGKEIT
468
schauen, werden sie, was gesund und grosz war, am
reichlichsten in den engen Stadthäusern und in den
dorfhütten finden, in denen ihr gelebt habt. Fheytag
13, 24*; jetzt zerhieben rothgesch wollene bände den dach-
stuhl, die thüren und fenster der Stadthäuser. 11,2«;
ihre gebahrungen und manieren, welche sich in der freien
luft und im wirtshause hübsch genug ausgenommen, waren
in den Stadthäusern viel zu breit und zu hart. Keli.ek 7,51.
STAÜTHAUSHALT, m. gesamtheit der ößenÜkhen ein-
nahmen und ausgaben einer stadt, dazu stadthaushal-
tung,/. ihre vertcaltung und verhäUnismäszigevertheilung,
auch Stadthaushaltungsplan, m. die vorläufige feM
Setzung dieser verhälfnismäszigen vertheilung.
STADTHEER, n.: jeder abtheilung des stadtheeres waren
Sammelplätze in den mauern bestimmt auf markten . . .
und an den thoren. Fkkytag 18, 287.
STADTHEIDE, /. heideland, der stadt gehörig. Campk.
STADTHEILIGE, m. der Schutzheilige einer stadt: der
alte schickt es {das crucifia:) euch, dasz ihr darauf schwört
bei dem manne am kreuz und bei den vier groszen stadt-
heiligen, das geheimnisz dieser kammer niemals zu ver-
raten. Fkeytao 11,163; unterdcn alten kaisern der Sachsen,
Franken, Hohenstaufen sind die groszen paläste der stadt-
heiligen mit edlen kuppeln, starken Säulenreihen und
hohem mittelschiff aufgerichtet worden. 18, 126. ». auch
oben städteheilige.
STADTHELFER, m.:
der Stadthelfer bist du in sieben gaun,
auf dessen hülfe die städte baun.
Rücke RT Firdosi 3, 19.
STADTHENNE, /., im appenzeUischen das demin. stadt-
heneli wol scherzhafte bezeichnung eines (verzärtelten) kindes
aus der stadt. Tobler 405''.
STADTHERBERGE,/..- stadtherberg, spedale del puUico
0 del commune. Kram er dict. 2 (1702), 9()2".
STADTHERR, m. l) gerichtskerr einer stadt: denn der
stadtbürger des 13. Jahrhunderts , der von seinen eitern
her als freier mann bekannt war, oder dessen vorfahren
als burgmannen unter dem stadtherrn gesessen hatten.
Freytag 18, 14; auch in alten städten waren solche (festen)
höfe erbaut, zuerst vielleicht von den stadtherren und
ihren vögten. 253; begrifflich m^hr an stadt überhaupt
rührend: grosz war unter den einwohnern der eifec für
den vortheil ihrer stadt; die mauern zu vertheidigen gegen
den drohenden feind, oder für den vortheil des stadtherrn
ins feld zu ziehen, wurde auch dem unfreien pflicht und
ehre. 17, 422.
2) allgemeiner: vornehmer herr atis der stadt, feine
städtiscJie manieren zeigend u.s.ic: seit vorgestern wurde
schon im dorfe von erbschaften gemunkelt von fremden
stadtherren. J. Pavl flegelj. l,8i; die ritter hatten frei-
lich aussieht auf reicheren fang: einen waarenzug, ein be-
ladenes schiff, einen stadtherrn. Freytag 18, 291 ; oft mit
mehr oder uxniger spöttischem beisinn • Röschen (entreiszt sie
[die hand] mit getcalf). o! ich brauche meine band selber.
die komplimente stehen mir gar nicht an, zumal von
solchen stadtherrn. ich weisz lange, dasz ihnen nicht
viel zu trauen ist. Weisze kom. opern 3,109; das schwatzen
die stadtherren uns nur so vor Campe; schon waren etliche
feine stadtherren dagewesen, Stammgäste aus der Linde.
ViLLINOER weg der schmerzen \e/&. gern im demin.: mein
lieh's stAdtherrl, mit mir muszt keine faxen machen, ein
fräulein ist wohl ein groszestier gegen mich. Anzengru her'
8,247; da sasz er nun, der . . . bauernbursch, und freute
sich über die gute aufnahm' und freute sich gleichermaszen
über den ärger, welcher dadurch dem jungen stadtherr-
lein bereitet wurde. 4,187. dazu: stadtherrcnding.n.,
f. b. von einem kUidungsstück, irie es die stadtherren tragen :
der Schneider gcrieth wirklich ein paar mal in Verlegen-
heit, denn so ein stadthcrrending war doch was anderes
als ein gewöhnliches bauernhemd. Storm 13 (ih88), 15S.
STADTHERRSCHAFT. /. l) herrschaft über eine stadt
u.a.: stadthcrschaft, magistratu», senatus. Stieler 818;
Stadtherrschaft, magistratc eittadinc, tignoria, rtggtnta
eittadina. Kramkr dic^ s (170S), 901';
ich denke nun. o micbli(er M-hacb,
des glOcka biet da fUrder untoilbalt,
4aas dn mir echenkeat iladtharrscbafl.
KOcKaRT Firdott 1, 68.
2) eine (vornehme) herrschaft aus der stadt. Campe.
vgl. oben unter stadtherr 2.
STADTHERZ, n. als bezeichnung eines tnädchens aus der
Stadt: nichts ist leichter als nach der entzauberunp durch
stadtherzen die bezauberung durch landherzen. J. Paul
Titan 3, 161.
STADTHEXENMEISTER, m. in der stadt wohnender und
berüchtigter hexenmeister : da kam der stadthexenmeister
Pineisz des weges, sah das kätzchen und stand vor ihm
still. Kei.i.er 4, 270, hier wol mit dem scherzhaften beisinne
einer von der stadt geschaffenen beamtting.
STADTHIRT, m. l) von der stadt gehaltener viehhirt.
Campe: item aber, was änger und gereuter sein, die nicht
zöchend geben, dieselben sollen offen sein den statthirtcn
auf 8. Georgen tag und nach st. Michelis tag, das man
darin bieten mag ohn irrung. tirol. weisth. 4, 607, lO; da
jagt der stadthirt die kuhheerde durchs getümmel, den
ochs voran, damit er sich platz macht. Bettine l, 232.
er besorgt auch die geschäfte des abdeckers: mer so ist
doselbst vor der stat am walde ein heuslein, dorpei und
darinnen der stathirt, der pei dem eusern Frawenthore
sitzet, sein fiech abzeucht und das fleisch darinnen auf-
henckt. Tücher baumeisterb. 270,33; die gennge Schätzung
seines gewerbes zeigt auch die Zusammenstellung : leben-
zuchtiger, stathirten und huntschlaher. 103, 22; vgl. lOö, 28.
2) nach Campe stadthirt in gehobener spräche hirt, d. i.
der beschützer einer stadt.
STADTHOF, m. in der stadt gelegener gröszerer hof:
gegen auszen aber war der stadthof durch mauer und
thor abgesperrt. Freytag 18, 253; dann auch ein hof , auf
ivelchem, von der stadt baugerät u. ä. aufbewahrt \cird:
Stadhof DÄIINERT 2, 455^
STADTHOHEIT,/, hoheit, getcalt über eine stadt. Campe.
STADTHOLZ , n. , dasselbe wie oben stadtforst (sp. 458)
tmd tmten stadtwald. Campe, vgl.: as ick noch so stah
und verluren dörch de rufen kik, tuckt min schauster
Linsener mit en handsläden vuU holt vor sine dör, wat
hei sick in den stadtholt sammelt hett. Reuter 3,200.
STADTHOPFEN, m. von der Stadtverwaltung gebauter
hopfen, z. b. Saazer stadthopfen.
STADTHOSPITAL, n., *. unten stadtspital.
STADTHÜTER, m. l) stadtwächter (so an den thoren
der Stadt zur nachtzeif): gleich wie die stadhüter des nachts
hüten, wachen und warten, ob jemand kome oder gehe.
Luther l, 41*. im Schachspiel führte eitt. bauer den namen
stadthüter:
der sibent vend, von dem ich solt
nu tihten, ob ir harren weit,
der ist ein stathUetacr genant. I
Beringen schachyed. 8130;
als suln vor vorhten sin gezamt
die stathUeter und diu gemein. 8240;
diu goteliche vorht gezimt
den stathUeta3ren. 8246;
mehrere figuren dieses namens:
80 phlit si {die könifjin) czu der linkin
vor di stathuler winkin.
mitield. schachb. in Haupts zeiUchr. 17, 360, 14.
2) dasselbe irie oben stadthirt i: item aber ist erfunden
worden, welicher der war, der sein viech, es war chue
oder sau, nicht für den statthitter trib oder treiben wolt.
österr. weisth. 6, 467, 18.
STADTJÄGER, m. ein polizeibeatnter der stadt. dazu
stadtjägerhaus, n.: schon vor dem thore kündet sich
dem Wanderer diese (konfessionelle) Scheidung an, denn
auf der Lcchseite sieht er das katholische, auf der
Wertachseite das protestantische stadtjägerhaus. W. H.
RiEiiL cttlturstudien 271.
STÄDTIGKFIIT, /. wol von der im at\fang des \9. jahrh.
geschehenen Verleihung des bürgerrechtrs an Juden, icodurch
ihre wohnbeschriinkung auf die sogenannte judengasse oder
judenstrasze aufgehoben \ourde: von den Juden und den
neuen gesetzcn ihrer städtigkeit hat dir die mutter schon
meidung gethan. Bkti ink briefw. l, iio (17. nov. 180h); ich
möchte doch sehen, wie sieh die modernen Israeliten
gegen die neue stAdligkcit gobchrden, in der man xic frei
lieh als wahre Juden und ehemalige kaiserliche kamuior
knechte traktiert, in. ai4<;A in der tuaammensettung Juden
st&dtigkoit: nun bitte ich aber noch um die judcnstädtig
469
STÄDTISCH
STADTJUDE - STADTJUNKER
470
keit (d. h. die Verfügung darüber) selbst, damit ich ja
nicht zu bitten und zu verlangen aufhöre. 128 (20. apr. 1808).
dazu städtigkeitsordnung, /.: die städtigkeits- und
Schutzordnung der Judenschaft. 129. für die erklärung
vgl. 7wch die zweite hälfte dieses hriefes, doch ist bei dem
ausschlieszliehen vorkommen des icortes bei Bettine nicht
auszumachen, ob nicht doch einfach nur miszverständlicJte
Schreibung von stätigkeit, /. {s. unten) vorliegt.
STÄDTISCH, adj. einer stadt gehörig, eigenthümlich :
stedtisch Alberus dict. mm a*»; städtisch, eivicus. urbieus,
oppidanus, ciinlis, politicus, urbanus. Stieler 2113; städ-
tisch, appartenente, proprio ä cittä, cittadano. cittadinesco,
cittadino. Kram er dict. 2 (1702), 901*"; städtisch, urbieus, ur-
banus, oppidanus. Steinbach 2,655. zunächst in der bedeu-
tung engerer Zugehörigkeit zu der stadt und ihrer vericaltung.
als eigenthum der stadt zugehörig : städtische Wohnungen,
städtische häuser, bauplätze; die städtischen Stallungen
sind bereits ganz vermiethet. Frankf. journ. 1868 nr. 20 vom
9. märz; denn er fuhr . . . auch als schiffer einer städtischen
kogge durch alle bekannten meere. Freytag 18, 245. dann
auch: städtische freiheiten; städtisches recht: städtisches
recht, jus viunicipale. Stieler 2113; städtisches recht,
dritte, ü jus, ragione della cittä. Kr am er dict. 2 (1702), 902"=;
städtische handelsbücher, acta eivica. Stieler 2113. städti-
scher dienst, im städtischen amt u. ä. : daher beamte auf
dem lande geboren und erzogen, wenn sie mit ihrer familie
zu städtischen ansehnlichen bedienungen erhoben werden,
oder auch standesmäszig sich dazu nur qualificiren.
Kant lO, 337 ; und um in schritt und tritt zu kommen,
hatten sie {die bürgerschi'dzen) einen alten unterofficier,
der jetzt in städtischem dienst lebte, zum exerciermeister
angenommen. Freytag 13, 143; auf den alten reichstagen :
die städtische bank («. oben städtebank sp. 450): die
städtische banck, la panca eioe iL seggio per li diptitati
delle cittä imperiali in una dieta generale dell imperio.
Kramer dict. 2(1702), 902^. auch von personen: städtische
beamte, die im dienst der .stadt stellen: bis 1643 bezogen
viele städtische beamte einen theil ihres gehaltes in
forellen. W. H. Riehl culturstudien 263. dann auch durch
besitz des bürgerrechtes u. s. w. zur stadt gehörig: er ist
städtischer bürger; überhaupt in der stadt wohnhaft: ich
fand ihn {den keüner) als einen sinnigen menschen, der
seine städtischen mitgenossen ziemlich zu kennen schien.
GÖTHE 30, 223. atich städtische weiber, donne, matrone
cittadine 6 cittadinesche. Kram er dict. 2 (1702), 902'', hetite
nicht ohne den beisinn des niedrigen, sclierzhaft von einer
maus: es ^ar gj^ j^^l ein städtisch maus,
die ^en^ spatziem ins feldt hinaus.
Alberus fabeln 18.
substantivisch geicandt: stetischer, burgerischer, juridico-
sus. DiEF. gloss. 312*'. in erweitertem sinne von Verhältnissen
und erscheinungen, welche der stadt und ihren bewohnern
eigenthümlich sind, als gegensatz zu dörflich, ländlich
u. ä. : stetisch , hübsch nach der stet sytten , urbanus.
Di EP. 629«; städtische Sitten, mores urbani. Stieler 2113;
städtische gewonheiten, consuetudo loci, ebenda; städtische
Sitten, städtische gebrauche, gewonheiten, costumi, usi
cittadineschi , usanze cittadinesche cioe com* non rustiche
cosi ne auco cortigianesche. Krauer dict. 2 (1702), 902*"; die
offene art sich zu erklären an . . . einem mit der städti-
schen manier unbekannten landmann. Kant 10,128; die
in städtischen manieren geübten menschen. 337 ; es wurde
also eine dreitägige hochzeit gefeiert, bei welcher die
spärlichen Überreste städtischen gebrauches, so die braut
aus ihrem hause mitbrachte, gar jämmerlich dem länd-
lichen pomp unterliegen muszten. Keller 2,72. städtische
bildung: war es denn dieser heftigen und . . . nicht durch
städtische bildung veredelten natur stark zu verargen,
wenn sie losbrach, wo heimat und leben gefährdet war.
C. F. Meyek Jürg Jenatsch 56; eine grosze anzahl von
städtischen familiennamen. Freytag 18, 194; städtische
kleidung, tracht: er {der wunderer) trug städtische tracht.
C. F. Meyer Jürg Jenatsch b; sie trug ein städtisches
schwarzes kleid bis unter das kinn zugeknöpft. Keller
2,73; städtische gebrauchsgegenstände; städtisches leben:
wer die fehden dieser wirren zeit {des 14. und 15. jahrh.)
mustert, der lindet uralte volkssitte unter jüngerer er-
findung, die durch ritterthum und städtisches gemeinde-
leben zugebracht wurde. Freytag 18, 280; im letzten Jahr-
zehnt hat man ... in dem 'Maximiliansmuseum' eine
lehrreiche Sammlung städtischer alterthümer angelegt
und mit so feinem sinne für die historische gesammt-
entwicklung der stadt geordnet, ... W. H. Riehl cultur-
studien 315. atich: durch und durch {durch das Jtohe lied)
wehet eine milde luft des lieblichsten bezirks von Ca-
naan; ländlich trauliche Verhältnisse, wein-, garten- und
gewürzbau, etwas von städtischer beschränkung, sodann
aber ein königlicher hof. . . . Göthe 6, 8. t« mehr ad
verbialem gebrauche: in demselben {dorfe) erkanten wir
das nächste hausz bey der kirche vor des pfarrers Woh-
nung, weil es auf stättisch gebauet war. Simpl. 1,234,9
Kurz; Fritz der hüb an zu lachen . . . und sagt, er {der
Schneider) solt sie {hosen und icamms) auf stettisch machen,
der Schneider, dem wol war mit dem Fritzen, fraget
'wie dann? du müst mir ein muster geben' sagt Fritz:
'auf stettisch', wie dann zu Anhawsen der brauch wäre,
und dieweil es sowol ein statt wer als Ulm und Augs-
purg. Lindener Katzipori 70 Lichtenstein, einen, eine auf
städtisch kleiden:
folg mir ! es würd dich nicht ^reihen,
er würd dich hühsch auff stättisch kleiden.
Ayrer 2715, 20 Keller.
sie geht auf städtisch, habitu oppidano incedit. Stieler
2113. auf städtisch gekleidet gehen, reden, andar vesfito,
vestire, vestirsi, parlare alla cittadina. Kramer dict.
2 (1702), 902"=. heute gewöhnlicher: sich städtisch kleiden,
städtisch gekleidet einhergehen u. ä.." die drei mädchen
des hauses, welche bisher, obgleich städtisch gekleidet,
wie die landmädchen ohne handschuhe zur kirche ge-
gangen. Keller 1, 302.
STADTJUDE, m. früher der durch besonderes privileg in
der stadt geduldete und dort ansässige Jude, so hatte Göt-
tingen im, anfange des 19. jahrh. einen stadtjuden.
STADTJUGEND, /. das junge volk der knaben und
mädchen «i der stadt: die stadtjugend ist unterrichteter
als die dorfjugend. Campe; ein solcher stand am gasthof-
fenster stiftet eine einkindschaft einer jeden drunten
spielenden stadtjugend. J. Pwl paling. 1,95; und ich
drängte mich eben durch einen häufen von käufern und
Verkäufern und vergnügter stadtjugend. Storm3,91; {auf-
m.erksam gemacht.) wie er es teilweise mit einer durch
altes herhommen übermütigen und ausgelassenen stadt-
jugend zu thun haben würde, worauf er antwortete, er
werde mit den bürschlein schon fertig zu werden wissen.
Keller 1,163. vgl. die gegensätzlichen bildungen: dorf-
jugend {theil 2, 1281) und landjugend.
STADTJÜNGE, m. ein junge aus der stadt: ich will
nicht vom pferde steigen und mich nach der armbrust
bücken, während die stadtjungen zusehen. Freytag 11, 77;
in dem sinne von gassenjunge {theil i, l, 1451) von Campe
verzeichnet.
STADTJUNGFER, /. junges mädchen aus der stadt.
(Campe): {Kroton.) wo weiland eine löbliche bürgerschaft
sich um die wette beeifert habe, die schönsten stadt-
jungfern seinem kunstverwandten, dem maier Zeuxis,
zu dem nämlichen behufe {des malens) vor die Staffelei
hinzustellen. MusÄus 2, 112 Hempel; aber was henker! —
da kömmt ja eine stadtjungfer? Weisze kom. opern 3,26.
mit spöttischem beisinn- RöscJien. eine rechte mühe, einen
stuhl zu holen! — wir sind hier keine stadtjungfern ...
pfuy! lasz' er mir doch die band los. 109.
STADTJUNGHERR , m. gleich dem folgenden • ich lasz
meinen büchern wol thu, fallt ein klitter drein so bin ich
unschuldig, wie der besport und gestiffelt stattjungherr
am zertrettenen kind, der noch nie auff kein pferd kam.
Garg. 242''.
STADTJUNKER, m. ungehöriger des stadtadels; s. auch
das vorige, stadtjuncker Comenius; stadtjunker, patri-
tius. Stielek 905; stadtjuncker, patritio, nobile patritio,
cittadino nobile 0 di famiglia patritiu. Kramer dict.
2 (1702), 901''. 1-^i. stadjoncker, patritius. Kilian 2, 625*:
also seint etlich, die seint weder von dem adel noch von
der gemein . . . die seint halb edel unnd heissen stadt-
junckeren, ia Junckern; sie wollen die anderen edlen
nit iren und dören sie auch nit dutzen. Keisersberg
narrenschiff IZX' \ gleichwol wolte gott nicht haben, dasz
30*
471
STADTJUSTIZ — STADTKANZLEI
STADTKASSE — STADTKIND
472
er {Adam) im paradiesz herumb gehen solte, wie heutiges
tages die müssige stadtjunckern und andere pflaster-
treter, sondern er solte etwas arbeiten. Schuppius 338;
ßttcA das im reg. von CoRViNUS angeführt.e stadtjuncker
aoUfe wol erklären helfen: ambulator, ein pflastertretler,
der schlinckenschlancken gehet. 40**; fürnehmer bürger-
meister und rathslxerren söhne müssen politici und stadt-
junkern werden, die dem gemeinen wesen mit der zeit die-
nen und wohl fürstehen. Cxnpzow leichpredigten (1698)155;
rechts und links saszen sieben freischöppen , die trugen
den bauernkiltel , einer die goldenen sporen, zwei das
gewand der stadtjunker. Hesekikl Nürnbei-ger fand 2, 55;
der stadjuncker den honig leckt,
die speisz jljm aber gar nicht schmeckt.
ROLLKNHAOEN /rOÄCÄOT. F?*".
vgl. atieh obeti stadtgeschlechter, m. (sp. 463) und stadt
adlige, wi. {sp. 439). in tceiterer Zusammensetzung stadt-
junkerstand, m.; der stadtjunckerstand, patricius. Co-
M ENI US sprachenth. 655.
STADTJUSTIZ,/, reehtsprechung in der stadt: dem rath
gefiel im gründe gar nicht, dasz die predigermönche durch
ein wunder die stadtjustiz hindern wollten. Freytag 11,5.").
STADTKAFFEETANTE, /. scMte für klatsdisüchtige
fraxien: und wenn die Hinzelmeierschen aufs tapet kamen,
so tranken die stadtkaffeetanten drei näpfchen mehr als
am ostersonntagnachmittage. Storm 8, 13.
STADTKALB, n. schelte für dumme, umcissende, faule
menschen, loelche der stadt zur last liegen und tceiiig
nutzen stiften: ich förcht, ich förcht es wolle zänemmen,
gott sig es geklagt, und mäsz zünemmen mit disen
statkelberen. dann sy ererbend' s nit von iren vorderen,
das sy iren müssiggang und ir prassen mögind erhal-
ten, quellen zur scJnceiz. gesch. {zum jähre 1470) 1,119,5;
sy hend nie gewandlet, sind unerfaren, nie uszkon, in
summa nüt dann stattkelber. 13; fürnemlich, das ich
mine sön werken larte und darzö hielte, uff das sy nit
stattkelber wurdint, hernach der statt und landschaft
überlegen werend, dieselben hulfend fressen, wie es der
bruch werden wil. 1.30,30; vgl. noch 118,20.
STADTKAMMER, /. stadtkammer, camera civitatis.
Stieler 921: alldieweilen die stadtkammer gar zu sehr
erarmet und aller mitl gänzlich entblöszt, als solle so-
wohl von magistrat als der ganzen bürgerschaft dahin
gedacht werden wie die stadtkammer möchte vermehret
und in stand gesetzet werden, österr. ueistfi. 6,254,43.45;
der es {das bewilligte hauholz) aber anderwärts wohin
verwenten , verkaufen oder wohlgehackter in wald zu
schaden liegen Hesse . . ., der solle den werth der ge-
meinen stadtkammer nach billichen dingen zu bezahlen
verbunden sein. 255, 8. dazu die weitere Zusammensetzung
Stadtkammerrechnung, /..- so sollen auch jährlich
die Stadtgerichts- und stadlkammerrechnungen vor einer
ganzen bürgerschaft abgelegt werden. 20.
STADTKAMMEREI, /. die beamtenschaft der stadtkam-
mer, sie verwaltet rechnungsmäszig die gesamten einnahmen
und ausgaben der stadt. dann auch dasselbe xcie stadt-
kammer {s. das vorige): er hatte ein reiches brauerbc,
ein baares kapital auf der stadtkämmerei, ein schiff auf
der Weser und einen meierhof vor der stadt. MusÄus
2,69 Hempel. nach Adeluno stadtkämmerei auch 'amt,
unlrde eines stadtkämmerers'.
STADTKÄMMERER, m. der der stadtkämmerei vor-
gesetzte beamie: stadtkämmerer, camerarius civitatis.
Stiei.er nachsch. i9*. Adeluno: so oft auch ein neuer
stadtkämmerer aufgenohmcn wird, solte der vorgehentc
alle Schriften und behörige Instrumenten dem neuen stadt-
k&mmerer zustellen, österr. uxisth. 6, 225, 23. 26; in dem
trockenen Wallgraben breiteten sich Obstbäume, und die
g&nse des stadtkämmerers weideten darunter. Frey-
TAO 18, S.
STADTKÄMMERIN. /. frau de» stadtkämmerers: 'aber
mit der stadtkämmerin haben Hoheit nicht gesprochen',
rief Golhlindc Thum, 'die arme frau hat das als Zurück-
setzung empfunden und nach dem concert geweint.'
Fbbytao 7, 212.
STADTKANZLEI,/. .• «ladtkanzelley, tabtUarium urbicum.
Stiklkr 989; wie die gleichfalls beigefügte bekannt-
tnachung der stadtkanzlei todi u. sept d. J. (1868) nach-
weist, erklärte sich die majorität der abstimmenden für
die annähme der vorläge. Poschingeu Preuszen i.B. 1,328.
vgl. auc/i unten stadtschreiber utid stadtsekretär.
STADTKASSE, /. öffentliche hasse der stadt. vgl. oben
stadtkämmerei: stadtkasse Gökingk lebexi Nicolais i03; wie
sein beispiel frucht getragen . . ., bis endlich nach jähren
ein zuschusz aus der stadtkasse beginn und Vollendung
des baues ermöglicht hatte. Ludwig l, 377; sie {die bürger)
... schätzen deinen werth, mond, genau nach den summen,
die du der stadtkasse an gaslicht ersparst. Freytag 6,6;
sie haben wegen ihres gehaltes credit, die stadtkasse legt
es aus. 13,217; der einnehmer nahm also goldwage und
Probierstein, taxirte die ringe, versprach die summe aus
der stadtcasse zu erheben ... er besorgte dieses mit hülfe
des kämmerers. ebenda; diese geschenke {an durchreisende
herren u. s. w.) waren der stadtcasse die gröszte last, und
richteten mehr als einmal die fmanzen zu gründe. 18,134;
mehr als einmal klagen bedenkliche Chronisten , dasz
ihre stadtkasse übermäszig in anspruch genommen sei.
bilder 2,2,^30; das grosze stahlschieszen su Augsburg im
jähre 1470 kostete der stadtkasse über 2200 gülden. 331.
STADTKELLER, m. öffentlicher keller, der stadt gehörig, •
besonders ein wein- oder bierkeller: rahts- oder stadtkeller,
cella curialis, publica. Stielrr 915; stadtkeller, cantine
pulliche d'un comm.une. Kramer dict. 2 (1702), 901"; der
stadtkeller, tuberna publica sub curia, cella oppidana.
Frisch 2, 315». stadtkeller, wein- oder bierkeüer, loelcher
der Stadt gehört. Adelung: vielleicht seiner gelegenheit
nach kondt er den tag {an dem die hochzeit war) nicht
da erscheinen, und gieng den andern tag, welcher bey
uns die nachhohzeit genennet wirdt, erstlich in den statt-
keller. Kirchhof icendunmtith 2\ffi;
der {der gute freund) nam mich mit sich in stadtkellr,
liesz zapffen wein und muscatellr.
HOLLONius gomnium ritae hnmanae 60, 1230 neudr.
STADTKIND, n. kind, in einer stadt geboren : Stadtkind
voc. opt. 1501 N.5''; statkind Schottel 480'»; Stadtkind,
originarius loci. Stieler 949; Stadtkind, figliuolo citta-
dino. Kramer dict. 2(1702), 90l<=; nach Adelung nur in
gewöhnlicher spräche gebräuchlich, weshalb Gottsched
tcenig fein Leibnizen un.9er {Leipzigs) berühmtes Stadtkind
gei\annt habe, in älterer spräche hat das wort starken recht
liehen beisinn: alle einwohner sind nicht befreyet {privi-
legiati sunt), sondern nur die eingeborne (Stadtkinder,
indigenae) und die, so mitbürger worden sind. Comenius
sprachenth. 619; so auch Stadtkind, civis natxis. Frisch
2, 315»; auch sein folgender tage d. Johan Scheyring und
d. Johan Holstein, beide magdeburgische Stadtkinder, von
einem part zum andern geritten, ist abor alles ohne frucht
abgegangen, d. stüdtechron. 27, 86, 14; wiewol ich e. w.
frembde und unbekand, bin ich doch verursacht euch
zu schreiben, umb ewers stadkind willen, Georgen Schnell.
Luther 6,2» {an den rat der stadt Rotenburg a. d. T.);
er ist ewr stadkind, des ir keine schand habt, gelert und
froni, mein teglicher haus- und tischgenos. ebenda; die
Beelitzer, wie man sich denken kann, bestritten's {dasz
der Schneider ein ausländischer, mit rittenecht ausgestat-
teter sei), er sei ein stadtkind gewesen und geblieben,
also in ihrem bann. Alexis Äo*cn 65; endlich kam man
überein, er sollte judizirt werden als ein stadtkind, aber
gehenkt als ein ritter und da gab er sich drein, ebenda;
noch spuren dieser bedeutung in xcendungen wie wir sind
mit einander Stadtkinder, rf. h. in derselben stadt geboren;
der wirth zum Bären, der meine heimath aus dem fremden
buch erfahren hatte, behauptete, wir beiden seien stadt
kinder mit einander. SroiiM 15, 164. einen tadelnden bei-
sinn bekam aber das tport als bezrieJinung solcher bürger'
kinder, xcelche loegen verschtrenderiacher neigungen unter
atadtvormundsshaft gestellt wurden: stadtkiiidor, prodigi,
gut neque tempus neque finea expenaarum hahent. Stiei.kr
949; vgl. stadtkind, prodigentiar condemnatus : cui tanquam
prodigo bonia interdictuin est. Kilian 8, 626»; im icendungrn
ine jemand wird zum stadtkind genmchl, unter Vormund-
schaft der stadt gesMlt [in Dnnzig). Klein 2.166. Friscm-
HiEK 2, S-W*'; 1'^/. stadkind niaecken, bonis jtrodigo inter^
dicere; prodigumdeclarare, prodigentiaecondemnare. Kilian
a. 0. heute stadtkind gewOknli^ und f<ut mu»»ehlie.t:lu h
kind. ieelehe» in der ttadt geboren iH, au» der etadt atam mt,
473 STADTKIRCHE— STADTKLEPPER
in der stadt lebt, im ge^ensatz zum dorfkind, theil 2, 12S2
(Campe), vgl. auch landkind {theil 6, 121 untet- 1): 'sie sind
ein liebes Stadtkind', sagte Ilse, 'ach die menschen sind
hier (»i der stadi) glücklich, wenn sie nur einen armen
plattmönch im garten erhalten'. Freytag 6, 231; auch von
einem landkind ein Stadtkind werden, d. h. in die stadt
ziehen und dort dauernden icohnzitz nehmen: ihr in den
Städten, und du bist ein Stadtkind geworden, Leuni, ihr
wiszt es nicht, ihr habt es nicht recht erlebt. Fontane
vor dem stuiin 1, 37 ; diese allgemeinere hedeutung auch schon
in älterer spräche zu belegen: zu weyhenacht begehn sy
die kindtheyt Christi also, sy setzen ein wiegen auff den
altar, dareyn ein geschnitzt kind gelegt, diesz wiegen die
stattkind ein grosse menge, springen und dantzen umbs
kind in einem ring. Frangk iceltbuch 50*».
STADTKIRCHE, /. kirehe in der stadt (Campe), in
gröszeren städten auch icol die hauptkirche der stadt. stat-
kirch ScHOTTEL Sie** ; folgen ma tante freuUen J. L. un-
gekley(det) in die stattkirch , dasz kompt mir frembt vor.
Elisab. Charlotte 3, 369 Holland; in der grossen stadt-
kirehen s. Maria, welches ein vortreff- und herrliches ge-
bäude ist. Ettner hebamme B16; der totengräber an der
Stadtkirche, ein stiller, ehrbarer manu. Keller 5,230;
am dritten tage ward das kind in der stadtkirche auf den
namen des dritten unter den kleinen propheten getauft.
W. H. RiEHL nov. 2, 172; im gegensatz z. b. zur domkirche: die
Mariensäule bei der stadtkirche (zu Freising), jcanderb. 243;
an der gothischen stadtkirche zu st. Georg wirkt der
mangel der Strebepfeiler dürftig und nüchtern. 250; auch
die stadtkirche bekundet innen den künstler und auszen
den handwerker. ebenda, allgemeiner: als ich den bericht
las, wie in einer stadtkirche das volk zusammenlaufe, weil
ein Marienbild dort die äugen bewegen solle. Keller 3, 68;
hinter der landwehr zeigt sich die stadt, die morgensonne
glänzt von hoher kuppel der stadtkirchen. Freytag 18,121 ;
zahlreich sind die gotteshäuser, auszer den stadtkirchen
kleinere kirchen und kapellen. 126. dazu gehörig der stadt-
kirchhof, begrälnisstätfe für die toten einer stadt, ur-
sprünglich bei der kirehe gelegen; glieder der zusammen
Setzung aber sind stadt und kirchhof («. tiieil 5, 818), nicht
stadtkirche, /. und hof, m. : elegie auf einen stadtkirch-
hof (1771). Hölty gedichte 52 Halm.
STADTKIRCHXER , m. küster an einer stadtkirche, im
gegensatz zum dorfkirchner (tt. 2,1282): stadtkirchner, oppi-
danus hierophanta. Stieler 960. s. auch unten stadtküster.
STADTKISTE,/., dasselbe wie unten stadttruhe, /., vgl.
stadtkiste, aerarium, archivum. Ki ll\n 2, 625*.
STADTKLATSCH, m. in der stadt umlaufendes gerede.
a. auch oben stadtgeschwätz : sie (J'rau Christine) verkaufte
einige überflüssige stücke ihrer aussteuer, um bar geld
zu bekommen, und das durchtriebene bauernkind wuszte
dabei die sache recht heimlich abzumachen, dasz nicht
gleich ein stadtklatsch daraas wurde. W. H. Riehl ges.
novellen i, 17.
STADTKLATSCHE,/., von Hoffmann v. Fallersleben
belegtes Scheltwort für eine klatschsüchtige person, tcelche
neuigkeiten durch die ganze stadt trägt, auch in Göttingen
gebräuchlicJi. vgl. das vorhergehende.
STADTKLÄTSCHEREI, /. (in einer scherzhaften nach-
ähmung eines börsenberichtes :) stadtklätscherei aber leider
loco unverändert, fest — jedoch beliebt. Raabe die leute
aus dem walde l, 115. vgl. dazu oben stadtklatsch, m.
STADTKLEID, n. kleid nach städtischem schnitt, vgl.
das folgende: auch das ist eine Unannehmlichkeit der
stadtkleider und bezeichnet schon das herrenwesen, dasz
man sie nicht allein anziehen kann und jemand zum
zuhafteln braucht. Auerbach dorfgesch. l,^; als aber
Vefele sagte: dasz die stadtkleider doch nichts seien,
und dasz ein einziges bauemkleid doch mehr wert sei und
auch mehr koste als sechs solcher stadtfahnen. ebenda;
». oben stadtfahne 2.
STADTKLEIDÜNG, /. kleidung. vrie sie in der stadt mode
ist: denn ihre mutter hatte eine abscbeu vor aller stadt-
kleidung und risz jedesmal, wenn sie aus der kirehe
kam, die spitzenhaube, welche sie als pfarrfraa trug,
sogleich herunter. Keller l, 207.
STADTKLEPPER , m. schelte für einen müsziggänger.
belegt th. 5,1149; wol zu klappern, kleppem, verb. 2 {th. 5,975)
STADTKLUG - STADTKNEGHT
474
gehörig, »ich in der bedeutung also oben stadtklatsche
nähernd.
STADTKLÜG, adj. wird spöttisch von einem besonders
schlauen menschen gesagt, wortspiderixeh angeglichen an
staatsklug, adj. oben sp. 306:
ein bürger voll von recht- der schlimmen Zeiten kenner,
Staats- stadts- und vorstaatsklug ; des kaisers ernster gönner :
er starb, was war sein tod? ein fetter ochsenschmaus.
Hagedorn l, 108.
STADTKNABE, m. ktiabe atts der stadt, im gegensatz
zum dorf knaben (s. theil 2, 1282), im folgenden stadtknaben
überhaupt junge leute aus der stadt, auch schon jnann-
bareren alters: der lange Henner Ingersleben, der weder
gut noch geld hat und als einlieger bei seinen spiesz-
gesellen auf dem lande haust, weigerte sich höhnisch mit
uns stadtknaben im ringelrennen zu reiten. Freytag 11,28.
STADTKNAPPE, m., nd. stadknape ein rat.^diener Däh-
NERT 4ö5'>.
STADTKNECHT, m. ein niederer polizeibeamter der stadt.
dasselbe wie oben stadtdiener, m. («p. 449): stadtknecht,
lictor. DiEF. 328*; scherge, statknecht, ^ni&X, pedellus. 420»;
statknecht, {plur.) apparitwes. 42'»; stattknecht, apparitor.
Dasypodius; ein büttel, stattknecht, viator. ebenda; der
Oberst rathsbott, der oberst gerichtsweybel , eyn herren-
knecht oder stattknecht, accensus, minister magistratus
apud Romanos, ebenda; stattknächt, weybel oder ein herren-
knächt, portner, accensus, apparitor, stator. Maaler38ö'';
statknächt, die in der statt dienend oder die man in der
statt braucht, servi, urbani, lictores. ebenda; bittel, herren-
knecht, stattknecht, . . pedellus. . . apparitor, lictor, carnij'ex.
Henisch 401, 44; stattknecht, un sergeant, un sergente,
sbirro. HüLSius(l616)307»; stattknecht, der obrigkeit diener,
trabant, biro, sbiro, zaffo. 2 (1618), eo*» ; ein stadtknecht,
ein schergant, lictor. 3. Starck lexic. lat. germ. {Goslar
1620) 103; statknecht Schottel 470*; ihre {der ratshenen)
diener sind die stadtknecht, die hauszdiener, die gericht-
fronen {apparitores, statores, accensi). Comenius 653: ein
stadtknecht, scherg, häscher, lictor. Corvixls 362*", vgl.
464*"; gerichtsknecht und stadtknecht, sateües. Stieler
994; stadtknecht, fante, birro {sbirro) publica. Kramer
dict. 2 (1702), 901''; ein stadtknecht, lictor, apparitor. Frisch
2,315»; in Mühlhattsen {Thüringen) noch stadtknecht der
polizist, Schutzmann. Hertel Thür. sprachsch. 283. vgl.
oben die bildutig städteknecht. belege: d&s {das Iierbst
ding) sol unser herre der apt dann VIII tage vor dem
obigen gerichtstage hie in der stat durch alle gaszen
laszen rufen, domit pfleget zu ryden ein stadeknecht
und eyn zoUnir. J. Grimm iceisth. i,5(&; vgl. 209, tro
stadeknecht, stedeknecht und stadtknecht nebeneinander
vorkommen, {einem bürger kann gestattet werden,) eynen
gast umb sein schult zu vorkommern, sulche kommer
also durch den friboten gescheen sal ader stadtknecht,
ab er der knecht keynen gehaben mögt, so mögt er
sulchen mit {bei) eynem torwartten verkommern. 3,598;
so magk der selbe burger sich der habe {des Schuldners)
mit eynem friboten und stadtknecht underzihen, und die
in seyn gewalt heym brengen und behalten {bis die schuld
gezahlt ist). 599; dedim. '/* ü hl- den vier statknechten
daj sie den kirchtag zu sant Lienhart beschirmen, quelle
von 1421 bei Lexer handicb. 2,1149; aber man vieng in {den
Nie. Muffel) zu mittag und behielt und bewart in die weil
pei tag und verhört in untz verr nach mittag, mit den
geschworen schützen und statknechten. d. städtechron.
10, 308, 2; item Schnappenhornlein und Putz, die stat-
kneht, giengen plosz mit püchsen, und sie giengen mitten
durch die kirchen für alle briesterschaft unz zu dem
creutz. 11,555,8; nu was der kirchner herauszen und luf
nach den statknehten, die komen gar pald {den dieb
zu fangen). 558,27; und da pant man in {den dieb) auf
einen kamerwagen und {setzt*) Putzen statkneht zu im
und schickt in gen Bamberg. 559, 5; item 1499 jar da
ward Vögelein erstochen am Rosmarck zum roten stern,
zum Wirt, am freitag vor Kungundis in der vasten, da
waren bei ainander Vögelein statkneht, auch Jörg
Wacheiter statkneht, auch der markmaister. dieselben
zwen pei in wurden auch vast verwunt 603,13; als er
{der manch Qreve Koppe) nu auf den predigslul steigen
wolle, hat Hans Rubin alder auch regierender bürge-
475
STADTKOCH— STADTKüRPER
STADTKOSTEN — STADTLAGE
476
meister . . . einen statknecht dahin geschickt und Greve
Koppe alda zu predigen verbieten lassen. 27,106,15; die
statknecht helfen dem hausknccht das zeit (des heilig
thums) überziehen. Tuen er baumeisterb. 127, 25; das erst
und höheste nennet er (JPaulus) principatum, herrschafft,
das ist der oberherr, als der keiser in seinem reich, . . .
oder auch ein bürgermeister in einer stad ; . . . das dritte,
virtutes, gewalt, die es (rf<w befohlene) treiben und aus-
richten, als der herrn und fürsten diener, meister Hans
und stadknecht in stedten. Lutiiku 6,237*; es gieng uf
ein mal ein statknecht über feit in ein dorft, und wold
schuld ynziehen von einem bauren. Pauli 63 Österley; im
folgenden icird dann das bekannte märchen vom tetifel utid
dem (ungerechten) richter von dem stadtknecht als dem
Unheil leidenden erzählt: darumb so bedörfTen gar wol die
statknecht und die schuldfögt, das sie sich segnen war
sie kumen pfand usz zö tragen oder schuld zu heischen,
wan sie offt und dick dem tülTel gegeben werden, ebenda.;
die gescJiichte in dieser form findet sich datin auch als
ntsatz {vom jähre 1532) et« Murners Ul^nspiegel in be-
ziehung zu Eulenspiegel gebracht: wie Ulenspiegel zu Perlin
ein bütel oder statknecht wart und het ein grossen lust
den bauren gelt oder pfand auszutragen. 142 Lappenberg,
ifire spitze ist aber gebogen, da Eidenspiegel sich durch die
ihm als stadtknecht zustehende geicalt atis der macht des
teufeis befreit: ich bin stÄtknecht und gebiet dir für
meinen schultheissen. 143. ich hab dem furmon, zeiger
dis briefs , die 20 r. nit erlegen derfen. er war so palt
nit im haus, so kom ein stadknecht, verbot, das gelt nit
heraus zu geben. Paumoartner briefweclisel 31 Stein-
hausen; wann man den eitern ein sträfliches kind heim
stellet, dasselbe zu züchtigen, so sollen die stadtknechte
dasselbe heimfüren, den eitern überantworten und dabei
sein, bis man es züchtiget, und wann's genug ist, lasz
aufhören. Ordnung von 1647 bei Birlinger 409''; die stadt-
knechte nicht mehr mit dem altteutschen amtsnamen
häscher zufrieden, polit. matilaffe (vorr.); ich bin nicht
näher unterrichtet, ob man es in Leipzig weisz, wer der
rädelsführer war, der vor kurzem in der messe eine
vexierpolizei mit schein -stadtknechten spielte und eine
bank aufhob. J. Paul Titan 2,26; es war ein donnerstag
und noch zur stunde, dasz gast mit gast handeln durfte,
also dasz der stadtknecht mit dem griper müszig auf
unseres nachbaren bcischlag sasz, maszen es vor der
hand keine brüchen zu erhaschen gab. Storm li (1882), 111;
bring uns drumb wein und brot wie vor
zu iuler nechst bey dem statthor
auff das du nit werst auszeespecht,
das dich ergrieffen die statknecht.
^ , , . . H. Sachs 3, 1, 2620;
mxt icegirerfendem betsinne:
er (der Jrau) erste man dat was einer van den statknechten.
Lauremherü tcherzged. 2, 702.
in scherzhafter Übertragung stadtknecht in Nürnberg be-
zeichnung einer im frühjahr sich auf bäumen zeigenden
wanzenart, vermutlich cimex apterus; sie sind rot und
schwarz gezeichnet ipte die ehemaligen Nürnberger stadt-
knechte. Hoppmann v. Fallersleben in Wagners archiv
1,876.
hierher noch die iceitere Zusammensetzung stadtknechts-
amt, stadtknechteamt, n.: stattknächtcnanit, appa-
ritio. Maai.er 385''.
STADTKOCH, m. coquua urbicus. Stiei.er; in Leipzig
früher der stadtkoch ein speiseurirt, bei dem z. b. Studenten
zu mittag asten.
STAUTKÖCHIN, /. zu dem vorigen, allgemeiner 'eine
köehin aus der stadt': er weckte darauf seine mutter leise —
die gaste sollten eben noch lange in ihren federn bleiben, —
und diese hatte die stadtköchin zu wecken, die wie mehre
hochzeilmeublen , der stadt auf wenige tage abgeliehen
war. J. Faim. (^lintut Fixlein 178.
•STAUTKOMMLSSAR, m. in einigen lealdeckscften ttädten
ein von der landrjrregierung ernannter Ijeamfer. der vor
allem richterlirhe ttefugnisae hat. BaUKR-Coi.I.ITZ 178. 174.
vgl. oben iiladtamtmann.
STAUTKÖRFKK. m. die ttadt als ein gante»: worauf
sie denn mit Zuziehung des ganzen stadtkörpers ihre ein-
lichtungcn so machten, als ob sie die Alhenienser alle
augcnblick erwarteten. Heiumann ThueydidetM.
STADTKOSTEN, plur. geldattßrand, ausgaben de»- stadt:
die übrigen wurden in die thürme gesperrt, ... im noth-
fall auf stadtkosten gefüttert. Freytag is, 292; geschütz
meister waren selten und gut bezahlt, sie reisten auf stadt-
kosten nach anderen ansehnlichen städten, um neue ein-
richtungen kennen zu lernen. 295.
STADTKRAMER, m. kaufmann aus der stadt, zumeist
m,it spöttisc/iem beisinn : (der fürst) hatte im gründe seines
herzens die empfindung, dasz die anmaszung der stadt-
krämer, welche beim kaiser klagten, büchsen gössen und
seine mitfürsten für sich zu gewinnen suchten unleid-
lich sei. Frevtag 18, 300.
STADTKRANKENHAUS, n. von der stadt unterhaltene»
krankenJiaus.
STADTKREIS, m. im, gege)isatz zum landkreis utid neben
diesem ein selb.9tündiger Verwaltungsbezirk mit dem bürger-
meister der .sitadt an der spitze.
STADTKÜCHE, /.; alle geworbenen erhielten sold, die
Verpflegung besorgten sie entweder selbst, oder sie wurde
von der stadt durch grosze stadtküchen bestritten. Frey-
tag 18, 287 ; die übrigen gefangenen wurden in die thürme
gesperrt, aus der stadtküche gespeist, wofür sie, wenn
sie es irgend vermochten, kostgeld zahlen muszten. 292;
vgl. oben stadtkoch.
STADTKUH,/.. Jei Campe bezeichnung von kühen, toelehe
den bürgern der stadt gehören und vom »tadthirten au»-
getrieben toerden.
STADTKUNDIG, adj. bekannt in der ganzen stadt. im
älteren nhd. auch mit umlaut: statkündig Sc hott ei. 476**;
stadtkündig, notorio, palese, noto, vianifesto ä tutta la
cittä. Kramer dict. 2 (i702), 90i<=; stadtkündig Adelung;
eine stadtkündige sache, una cosa notoria. Kram er a.a.O. ;
stadtkündig werden, palesarsi, sbuccinarsi, bandirsiper tutta
la cittä. ebeiula; stadtkündig worden seyn, esser diventato
notorio, esser passato hormai alle orecchie di tutti quanti.
ebenda; viele leute hatten mitleiden mit mir, da die sache
stadtkündig wurde, insel Felsenhurg 3, 149 ; dazu ist meiner
eitern vermögen stadtkündig. Gottsched bei Reichel
kl. Gottsched wb. 56; der rangstreit ist ihre (der schönen
hündin) kleinste sorge, und ich habe es mit meinen äugen
gesehen , dasz sie einem budel die oberstelle liesz , von
dem stadtkündig war, dasz sein vater ein fleischerliund
gewesen. Rahener 1,195; sie verliebte sich nun, wie es
Stadt- und landkündig ist, in einen zigeunerburschen, der
die geige spielte. Fr. Müller i, 295; er wuszte zwar von
deinem gesiebte und von der sclinellen kur meiner stadt-
kündigen erblindung nichts mehr. 3. Pav\. flegelj. 2, 136.
heute aber ausschlieszlich stadtkundig • stadtkundig, in civi
täte cognitus. Stieler 951 ; stadtkundig, omnibus in urbe
notus, pervulgatus. Frisch 2, 315». die geschichte ist so
stadtkundig, als alles übrige, was ich erzählt habe.
TiiüMMEL rei«e9,229; eine stadtkundige kokette. Schiller
Eiesko 1,1; sie können es nicht leugnen, was an den
stadtkundigen bettlern geschehen ist. Besser apostelgesch.
in bibelstunden^ 160; gar nicht zu verbergen waren die
Schicksale der frau Raschke, denn sie waren stadtkundig.
Freytag 6, 321 ; Astorre der mönch, der stadtkundig freien
müsse, habe Antiope verstohlener weise einen goldring
zugerollt. C. F. Meyer novellen 2, 88; inzwischen wurde es
stadtkundig, dasz der leibmedikus in Ungnade gefallen sei.
RiEHL gesammelte novellen 2, 144.
STADTKUNST. /., plw. stadfkünste; künste. kunst
mittelclien, wie sie in der stadt gang und gebe sind: da-
her riethe ich auch ... sie liesze diese stadtkünste hier
weg, solche dinge gehören in keinen landhaushalt. Ikp-
LAND 2,51.
STADTKÜSTER, m. küster an einer stadtkirehe. vgl. oben
da» entsprechende s\adikiTchnet: stadtküster.n/.v'
urbicae. Sri eleu 834.
STADTKUTSCHE, /. kutsche att» der atadt, iwi grgiiwi.if:
tur landkutsche (thril ß, 122). vgl. KrCnitz enrgcl. if.T, tis».
STADTLAGE,/, läge der atadt: die natürliche noth-
wendigkeit der stadtlage. W. H. Rikmi. mliur.studirn »".i.
(ort, vo eitle stadt geatauden hat.) erdhUgcl be<leoken zum
theil die stadtlage. deren umfang nicht so sicher zu er-
kennen ist wie der von Tegar. E. Sachat reise in Sgiien
u. Jdesop. loa; nach einer stunde passierten wir wieder
eine stadtlage, genannt Kssonimngu. 114.
477
STADTLÄRM— STÄDTLEIN
STÄDTLER — STADTLEUTE
478
STADTLÄRM, tn., vgl. oben entsprechende bildungen wie
stadfgeräusch (*p. 461): sie wollten nicht glaxiben, dasz
mir der stadtlärm auf ihre süsze landfreuden miszfallen
würde. Göthe bei Scholl &t; wer erst wenige tage vorher
dem stadtlärm entkommen ist, . . . der . . . sollte die ruhige
einsamkeit zu schätzen wissen. Rosf.gger sündergl. 230.
STADTLATER^^E,/.; für das licht in diesen bischöf-
lichen stadtlaternen muszten einzelne städtische gewerbe
und die geistlichen korporationen gemeinsam sorgen.
W. H. RiEHL tranderbuch 247.
STADTLÄUFERIN, /. in der stadt umherlaufendes weib :
weib des hungrigen Ibicns,
abgefäumteste stadtläuferinn.
Ramler bei Campe.
STADTLEBEN, n. leben in der stadt, im gegensatz zum
landleben (^ÄeiZ 6, 123) : stattläben, vita urbana. Maalek
385'^; das stadtleben ist nicht zu fliehen. Butschky
kanzlei 431 ; wi vil glükseliger das land- als das stadtleben
sey, lasset sich besser wirklich erfahren, als schriftlich ver-
fassen. 434; ich wollte nemlich noch dieses hinzusetzen,
dasz mir das landleben weit unschuldiger, geruhiger und
natürlicher vorgekommen als das stadtleben. Gottsched
bei Reich EL kl. Gottsched icb. 56; {allein) wenn es (das
Schäfergedicht) mehr ein erdichtetes schönes zu seinem
gegenstände hat ; wenn es das mittel zwischen dem land-
und stadtleben hält ; wenn es sich von der plumpheit und
dem ekelhaften des bauernstandes eben sowohl, als von
dem zwange und der list des stadtlebens entfernen . . musz.
Gellert 3, 436; im übrigen verstanden die Deutschen
nicht übel, sich mit dem stadtleben zu befreunden. Frey-
tag 17, 276 ; während Reinhard sich durch seine besuche
eine umfassende kenntnis des staatskalenders verschaffte,
konnte Lorle zu hause sich noch gar nicht in das stadt-
leben finden. Aierbach doifgesch. 3, 78. mehr in dem
sinne von oben städteleben (sp. 452) : die raubsucht und
fehdelust der groszen mehrzahl (der ritterbürtigen) war
mit dem neu aufblühenden stadtleben völlig unverträglich.
Frevtag 18, 300. s. auch unten stadtwesen.
STADTLEHEN, n. ein lehen, welches die stadt auszer-
halb des eigentlichen Stadtgebietes besasz. Gengler deutsche
Stadtrechtsaltertümer 308.
STÄDTLEIN, n., ufie oben Städtchen (sp. 447) demin. zu
Stadt, mhd. stetelin, stetlin: unser herre Jgsus Kristus
gieng in ein stetlin (castellum). d. mijstiker 2, 47, 11 ; noch
frühnhd. stetlin, oppidum. vocab. von 1498 bei Dief. 397'',
und diaUctisch noch heute. Münsingen, ain klain stettlin.
d. städtechron. 5, 20, 31 ; (der von Falkenstein.) der kam ge-
ritten in ain klain stetlin, haiszet Prugg. 173,9; und also
kam ir hinderhuet gar pald mit löo pfärden und gewunnen
das stetlin . . . und verpranten das stetlin wol halbs. 14. 16;
item dominica seil, quinquagesima ward Manhaim, das
stetHn, gewunen von dem margraff Albrecht. 25,327,13;
item des selben malz gewunen der von Wirttenberg Haiden-
haim, das schlosz und stetlin. 17; die stedte mit yhren
töchtern, das ist mit yhren zuhörenden flecken und kleinen
stedHn oder dörffer. Luther 23,531,16 Weim. ausg.; und
der graf het vil feintschaft, also da; er in dem stetlin
and in dem schlosz die zeit vil rütter und hoffolk bei
einander het. Mlrner Ulenspiegel 29 Lappenberg;
ein stetelin heilet Hörn,
da erreit nian ü ein teil. Ottokar rnmchr. 84768.
in der Schreibung stettlin: in ainem stettlin, haist Decken-
dorff. d. städtechron. 25, 22, 10; wie Reichenhall das stettlin
verpran bei Saltzburg. 27, 17; anno dni. 1515. a die 12 marzo
verpran Reichenhall, das stetHn. 19; auff ein zeit kamen
sy (die beiden diebe) in ein kleines stettlin, konten darin
jrer gattung nicht bekummen. Wickham roUicagenbüchl.
104, 24 Kurz; in der form stättel, stättle (s. auch oben sp. 452) :
stettel, oppidum Dief. 397»»; das stättle, tirUcula. eivita-
tida. oppidulum. Maaler 383* ; auch unumgelautet statte!,
oppidum. Dief. o.a. 0. mhd. stetel:
in einem stetel, als ich las
Tristan der hfichgemuote bieip.
Hei.nr, V. Frimerg Trittan 1585;
die wfle si da wäm gelegen,
würben si en widerstnt
umb daz stetel, da? da Itt
in denselben kreijen. Ottokar reimehr. 71887 ;
noch heute landschaftlich:
musz i denn, musz i denn zum städtele naos,
und du mein schätz bleibst hier.
Volkslied bei Mittler 697«.
encähnung mag auch noch die landschaftlich (z. b. in Augs-
burger quellen) vorkommende form städtlach finden : und
waren (bei dem erdbeben) ... auf dem land vil stattlach
und slosz verfallen, d. städtechron. 22,121,13; desgleichen
tetten sie andern stetlachen und verprantens alles. 488, l ;
die (die feinde) detten dem margraffen gar grosz schederi
und gewunen im gar vil schlösser, stätlach und märckt
ab. 25, 324, 4. die heute in der Schriftsprache geltung habende
form ist städtlein : stättlein, picciola cittä, terra murata.
Hü LSI US (1618) 238»; stätlein Schottel 364»»; städtlein
CoRviNUS; städtlein mit einer mawer. ebenda; das städt-
lein, oppidulum. Stieler 2112; städtlein, cittä 0 terra
murata si mä picciola; borgo, castello. Kram er dict.
2 (1702), 902'' ; städtlein, o/>p«/t«^um. Stein dach 2, 655. von
einem städtlein zu dem andern werden jahrmärckte und
kirchmessen gehalten. Comenius 491; ein klein städtlein,
xina terricciuola. Kramer dict. 2 (1702), 902"; ein schlechtes!
elendes städtlein, una terra, terricciuola povera etc. ebenda';
ein gutes, lustiges, leutseliges et«, städtlein, una cittadeUa
cioe cittarella (per dire cosi) buona. dilettevole. popolata etc.
ebenda; aus den engen Verhältnissen eines kleineren städt-
leins. Arnim 3,11 (kronenw.); sieh die schönen groszen
bogen, habe darauf in jungen jähren ... die chronik von
unserm städtlein geschrieben. 30; dies liebe städtlein hat
kaum eine strasze, und auch die ist nur halb gepflastert,
ich möchte hier nicht begraben sein. 364; (e» geschah.) dasz
der Scharfrichter nach dem städtlein Grave an der Maas
berufen wurde, um drei missethäter zu richten. Keller*
2, 235; ich verzichtete auf das gartenkonzert der besseren
oder besten gesellschaft des städtleins. Raabe die akten
des vogelsangs 101 ;
nach dem das stetlein ward besetzt
nach Peter und Paul auf mittwoch.
H. Sachs Karls V. ztig nach Frankreieh 1544
bei LiLiEXCRON hiit. vdkd. 4, A4»;
und abends im städtlein, da kehr' ich durstig ein:
'herr wirth, herr wirth, eine kanne blanken wein !'
Geibel 1, 49 {der mai iH gekommen).
STÄDTLER, m. stadtbetcohner . unterscheidet sich von
Städter (oben sp. 453) icoi durch etwas spöttischeti beisinn,
tirolisch ohne umlaut: statler Schöpf 701. über diese weit
über hundert fusz tiefe schlucht führt ein steg von Pitz-
ling nach Landsberg, und wird er fast viel begangen von
den städtlern wie von den Pitzlingern. Leoprechting
aus dem Lechrain 117;
die städtler laufen kreuz und quer
durch wald und berg und thal. Schiller 1, 346;
boill wöll'n d' sfadia' d' hean sein,
oft schlog'n wida' baua'n drein.
ged. in Tiroler mundart bei Schöpf 701.
STÄDTLEREI, /. kleinliches xoesen in der stadt. z. b. t»
reichsstädtlerei (theil 8, 6I1).
STADTLERISCH , adj. nach art eines städtlers. tiroL
statlerisch, städtisch, städtisch gekleidet. Schöpf 701
STÄDTLERSCHOPF, m.:
auswezen wollt er diese schart
mit manchem städtlerschopf. Schiller 1, 346.
STADTLEUTCHEN, plur.. demin. zu dem folgenden:
allein die übrigen riefen, ich müszte sie durchaus am arme
führen, da wir so feine stadtleutchen seien. Keller l, 237.
STADTLEUTE, plur. leute aus der stadt. Stadtbewohner:
Stadtleute, gente, persone di cittä ö cittadina. Kramer dict.
2 (1702), 902». Stadtleute im gegensatz zu den dorfleuten
(theü 2, 1282) und landleuten (theil 6, 123). niederd. stadlue,
die Städter Schambach 207»; ick meyne sucke kloite, as
de statine upr mutse dreget. niederd. batternkom. 40 Jelling-
haus, als sich dann auch etliche understeen, umb ires
gesuechs willen den stattleiten, so auf dem veld den
vöglen richten, ire äcker darauf zu richten vergunnen.
tirol. tceisth. 1,244,12; und eben diesem lesen habe ich
den nöthigen ehrgeiz zu danken, dasz ich mich durch die
höhnischen anmerkungen der stadUeute in meinen pflich-
ten nicht irre machen lasse. Moser patr. phant. 2,f3;
unsre stadtleute sprechen von groszen festschmäusen als
von einer fronarbeit. Arnim 3, X^i (kronenw.); die stadtleuf
sind aber doch pfiffig, sie bauen in die luft hinein, d»
479
STADTLICH— STADTLING
STADTLOTTERIE — STADTMANN
480
kostet? keinen platz, da spart man das fcld dabei. Auer-
bach dorfgesch. 3,79; {ein meierhof.) wo eine gute Wirt-
schaft für stadtleute betrieben wurde. Keluek 7,97; die
vornehmen stadtleute. Freytag 11,83; 'dann also haben's
{das versteckte Jdoatergut) andere stadtleute geholt.' 'aber
die einwohner der stadt haben sich damals verlaufen,
der ort lag jähre lang verwüstet, menschenleer, in trüm-
mern.' 6, 151; haben stadtleute gesehen, dasz die wunde
geblutet hat? 11,22; ein anderer aber hat . . . die mönche
und stadtleute in falschem glauben bestärkt, und er trägt
die Verantwortung, wenn die seelen in ihrem irrthum
verhärtet werden. 56; einzelne stadtleute, zumal bürger
aus der Neustadt, zogen sogar ihre mutzen, da der hoch-
meister auf seinem schwarzen streithengst bei ihnen
vorüberkam. 303; fahrt wohl. Thorner, und sagt euren
stadtleuten , wir hoffen bald einmal an sie zu kommen
und sie sollen ungünstige gaste in uns finden. 217; aber
während Rom zitterte und die verweichlichten stadtleute
in die schiffe stürzten , um aus Italien zu fliehen , . . .
17,43; das ist unser geschlecht, das geschlecht der mo-
dernen stadtleute, die nicht säen, nicht ernten, deren
acker die strasze ist und deren gemeindewiese die boule-
wards. NAUMANN-ftttcÄ 60;
wie sint den statleut sO frO.
H. V. Neustadt ApoUonius 16338 StroH;
stadtleute und dorfleute.
wer sind bürger? nur verzehrer.
wer sind bauem? ihr ernährer.
LoGAu bis Lessing 6, 205.
stadtleute, militärische mannscliaft der atadt: item stat-
leute uf montage noch sant Andreas tage verlassen in die
reise anczucziehen. d. städtechron. 10, 425 anm. 7. im appen-
zellischen sind stadtlüt Uute. welche den markt in 8t. QaUeti
besuchen. Tobler 405*'.
STADTLICH, STÄDTLICH, adj. der stadt gehörig, im
dienste der stadt, in der stadt wohnend u. s. w. .- stattlich,
urbanus, utbictis, politicus, civilis. Dasypodius; statt-
licher w^eise, civiliter. ebenda; stattlich, urbanus, oppi
damis. Maaler 385''. it. den statlichen wirten zu sagen,
dag sie bei iren pflichten einem borgermeister zu eröffen,
ob ye zu zeiten von iren gesten gehe rüstung, emporung
oder andere arckwonige ding fürgenomen würden, und
solichs gehaym ze halten, d. städtechron. ii,ö29,S2; denn
wenn einem das land oder ein statt verbotten würt, das
würt geschetzt oder geachtet ein stattlicher tod {m,ors
civilis). Keisersberg posHlle 2, 41»; ein stattlich und
bürgerlich laben, da einer sälten auff das land kompt
oder wandlet, vitaurbana. Maai.er 385*"; stattlicher oder
bürgerlicher mann, homo urbanae frontis, vir civilis. 385°;
die statt Erlach aber ist in der Berner regierung kommen;
aber wenn und durch was mittel, hab ich nit erfaren;
wirt diser zeit durch sie beherrschet, hat auch darbey
ir eigen stattlich policey. Stumpf Schioeitzer chronik 590^ ;
(da) durch die stötlich obrigkeit den hinterlassnen pupiln
gerhoben gesetzt und verordnet werden, österr. weisth.
1,189,1; die von stötlicher, als über der pupiln person
von ordenlicher, obrigkeit gesotzte vormunder. 7. in an-
lehnung an die bedeutung von unten stattlich: stattlich,
freundtlich, holdsälig, urbanus. Maai.er .sa)*; adv. statt-
lichen, stattlich, hofTlichen, urbane, civiliter. 385°; bürger-
lich, höflich, stattlich, civiliter, civium^ more. Henisch
583, 47.
STADTLICHKEIT, STÄDTLICHKEIT, /. zu dem. vorher-
gehenden: stattligkeyt , politeia Dasypodius. über diese
angleichung an stattlichkeit («. unten) vgl. oben unter stadt-
lich, städtlich: jene tugend.., die schon entartet, der
Kömer und der Grieche in den städten suchte und städt-
lichkcit nannte. Stoi.bero 6, 182.
STADTLINDE. /. linde vor dem thor der atadt: (die
gatHm einsammfinden) soiten . . . ufl den abend vor stadt-
lind wider zamcn kummen, so weiten wier ussert der
•tat zläger schlachen, kochen was wier den betten.
Th. PI.ATTF.R n Boot.
STADTLING, m. Hadtbevoohner . wU oben städtler sieh
durch apötlischen beiMnn von Btädt«r (*. oben) unterschei-
dend: BtJUlUinK {vor. finta di poco uao) habitante di eittä,
eiUadino. Krämer diet. 9 (1701), Ml^ vgl. hell, ■tedeling,
Hädier. wtädterin.
ob du zum schmaus' hineilst, ein geladener? ob du zur kelter
eines der städtlinge trabst? o wie eiferig schwingst du den
fusztritt. Voss Theokrü 7, 25.
STADTLOTTERIE, /. von der stadt veranstaltete lotterie,
z. b. in Frankfurt a. M.
STADTLUFT, /. im gegensatz zur landluft.
1) die Stadtluft macht bleiches gesiebt; die stadtluft
bekommt ihm nicht, dann auch die gesamten lebens-
bedingungen einer stadt: wie sie zu hause kamen und
durch die stadtluft wieder in ihr wahres element versetzt
wurden; so ward unsere {dei- landbewohnerin) wohlgemeinte
bewirthung der gegenständ ihres spottes. J. Moser patr.
phant. 2, 82.
2) im besonderen bezeichnet stadtluft in dem rechtssprich-
Worte stadtluft macht frei die gesamtheit der rechte und
freiheifen, welche die stadt im allgemeinen vor dem platten
lande auszeichnet: stadtluft ist freier als landluft; der
hörige icird durch Wanderung vom lande in die stadt mehr
oder loeniger frei von den herrenlasten. vgl. die abhandlunq
von P. SciiiJTZE, die entstehung des rechtssatzes 'stadtluft
macht frei'. Berlin 1903. *. audi oben luft, theil 6, 1239, 3, b:
luft macht eigen.
STADTLÜMMEL, m. ungezogener, frecher bursche aus
der Stadt: Elisi wollte nicht (aussteigen)...: sie hätte
bezahlt, um zu fahren, und nicht, um zu laufen, und
das sei ein grober stadtlümmel, und dem {dem kutscher)
thäte es wohl, sie hinauf zu fahren. Gotthelf Uli der
kriecht 313 Vetter.
STADTLUMP, m. schelte für einen {verkommenen) städter:
luftschlicker, nachtarbeiter grob,
kothschäufler, stadtlumpen ohn lob.
ScHEiBLES flieg. bU. 166 (v. j. 1621).
STADTLUSTBARKEIT, /. • wenn andere von stadtlust-
barkeiten sprachen, und auch sie dazu ermuntern wollten,
dann wiesz sie, wie jene Grachenmutter, auf ihre de-
scendenz: 'seht da! das sind meine lustbarkeiten! das
meine konzerte, meine balle, meine feuerwerke, meine
komödien'. Schmidt kom. dicht. 422.
STADTMACHT, /., praesidia urbis, m.ttltitudo ciinum.
Stieler 1205.
STADTMÄDCHEN, n. mMchen aus der stadt. Campe:
die Sommersprosse auf dem schönen gesiebte eines land-
mädchens ist sehr natürlich; aber dieses natürlichen un-
geachtet, wünsche ich die Sommersprosse doch lieber
weg. oder wollen sie ein gleichnisz von einem stadt-
mädchen? Lessing an Oleim, U.junivibl, xoerke 12, a5;
alles das nie gesehene, nie gehörte, das sie hier umringte,
machte einen so heftigen eindruck auf die armen stadt-
mädchen, dasz sie mich zitternd ansahen, mir um den
hals fielen und weinten. Thümmel reüvee, 128; das ist
ein ewiges nasenrümpfen und vornehmthun von dir und
der kleinen Eve drüben ... ihr wollt beide wie stadt-
mädchen sein. Fontane vor dem stürm 2, 155.
STADTMAGD, /. , vgl. das vorhergehetide ; stadtmagd
Campe: jck hebb eine stadtmaget to echte genainon,
ick fruchte dat bringet my nenen franien.
fattn. »p. 9fi5, 26 Keller.
STADTMAGISTRAT, m. bürgermeister und rat einer
atadt: denn wenn nur ein kleiner stadtmagistrat sein
quintlein gewalt aus der band geben wollt', so würd'
der ehrliche mag. Gratius unfehlbar das märtyrerthuin
des philanthropinischen enthusiasmus davontragen. Mu-
SÄUS physiogn. re.i.tcn 3,68.
STAÜTMÄJOR, m. ein festungsoffizier , icelcher das
schlieszen und öffnen dei- thore überwacht. Egoers t.46i.
STADTMALER, m.: nunmehr, da man mich, einen
tugendübenden stadlmaler Liborius, bezweckter frevelthat
anschuldigt. Ric. Hucii teufeleien 103.
STADTMAMSELL,/, fräulein aus der stadt. Matthes:
kommt denn das wundcrthier heute noch an? Anton:
was für ein wunderthior? Matthes: die stadtmamsell.
Iffi.and 2, 8;
der welken Htadtmamsel abtrtlnniff, wfthlt er endlich
ein frHiilcin «ich zur dam', halb ln'tüsch und halb Itndlicb.
,, „ ., Voss 6 (180a>, 182.
vgl. mamsell theil 6, 1520.
.STADTMANN, m. bexcohner, Mrger einer stadt; slntman.
urlßanus DiKF. 689"; stattmann, der in der statt wont oder
BÜzt, urhonus, oj>]>idnnus. Maai.f.r »V»'': staltmann, citoyen.
cittadino. Hui^ius (1616) 807'; slalmann Schottki. 888.
48 1 STADTMANNSCHAFT — STADTMAUER
STADTMAUER
482
481»; vgl. stadsman, oppidanus Kilian 2, 625»; da er sich
nun so gut anliesz, gewann ihn der forstmeister täglich
lieber und sagte , er müsse ihm gänzlich ein ehrbarer
und wehrbarer stadtmann werden. Keller 5, 206; mit
ausge»procfienem gegensatz zu einem mann votn lande: stad-
raan Schambach 207*; 'er schnapse gern vor dem essen'
versetzte Knoll zu Walts erstaunen über ein solches
postillionszeitwort von einem stadt- und hofmann. J. Paul
fiegel jähre 1, 70.
STADTMANNSCHAFT, /. müitäriaehe mannschaß der
atadt: stadtmannschaft^.^twirni^'one, presidio, soldatesca
d'ttna cittä 6 piazza. Krameh rficf. 2 (1702), 901"=; entsprechend
der bedeiitung von landsmannschaft {fheil6,iu), stadt-
mannschaft, verband, Zusammengehörigkeit von bewohnern
derselben stadt: man hat hiemit (mit dem hinabsetzen des
eigenen geschUchtes) unweiser gehandelt, als wenn man
den namen seiner stadt- oder landsmannschaft zum eckel-
namen machte. Herder ö, 117, 18 Kühnemann.
STADTMÄRCHEX, n. märchen. seltsame geschichte, die
man sich in der stadt erzählt, das weiter attsgeschmückte
Stadtgespräch (s. oben sp. 4€3) u. ä. : denn sehen sie , die
beste neuigkeit verliert, sobald sie stadtmährchen wird.
Schiller Fiesleo 3, lO; zum stadtmährchen werden, gegen-
ständ eines solchen (seltsamen) stadtgeredes werden. Campe.
STADTMÄRE, /., vgl. das vorhergehende: gassen- oder
stadtmähre, rumores adespoti, profecti ab incertis homi-
nibtis. CoRviNus fons lat. 12».
STADTMARK, /. grenze, mark der stadt: bewaffnete
reifer des nächsten landesherrn haben der karavane das
geleit bis an die stadtmark gegeben. Freyt.\g 18, 132;
auch die landwehr, wall und graben um die stadtmark,
wurden durch schranken aus bohlen verstärkt, und wo
sich eine landstrasze durchzog, mit schlagbäumen be-
setzt. 288.
STADTMARKT, m. markt, marktplatz einer stadt: stat-
markt Schottel442»; stadtmarkt Campe, hundert geräthe
und erfindungen, die wir noch heut gebrauchen, waren
auf dem stadtmarkt des 14. Jahrhunderts feil. Freytag
18,131; die (beute)xoträ.ihe werden gesondert und ver-
schlossen und auf dem stadtmarkt an den meistbieten-
den verkauft. 291.
STADTMARKUNG./. die von der stadtmark umschlossene
flur; vgl. oben stadtfeldmark (sp. 457) ; stadtmarkung, agri,
vineae et pascua ad civitatem vel oppidum aliquod spee-
tantia. Stieler 1271.
STADTMASZ, n. das in der stadt geltende masz; vgl.
oben stadteiche (sp. 45l): stadtmasz, misura del publico.
Kr.\mer dtc^ 2 (1702), 901"=; stadtmasz, in der stadt Graz
in früherer zeit gebräuchliches masz für flüssigkeiteji und
getreide. ünger-Khull 567*"; er (der tavei-ner) soll auch
haben die rechten stattmasz. steir. taidinge 266, 21.
STADTMÄSZIG, adj. nach anläge, art, sitte einer stadt,
sich stadtmäszig kleiden, 7iach der mode der stadt; Hann-
chen kömmt von ferne in einem artigen nachtkleide,
aber stadtmäszig angezogen. Weisze Ä-om. opern 3, 26; ein
stadtmäsziger flecken, flecken, der an grösze o. ä. einer
ttadt gleicht. ^
STADTMÄSZIGKEIT, /. zu dem vorigen gebildet. Campe.
STADTMAUER, /. mauer, tcelche die stadt umgiebt;
mhd. statmüre. über die bauliche anläge der Stadtmauer
vgl. Heyne d. hausalterth. \,Zi'. stattmawer, le rempart,
ü bastione. Hulsils (1616) 307»; stattmawer, il bastiohe.
(1618)238»; statmaur ScHOTTEL480'>; die stadtmawerCoME-
Nius aprachenth. ; die stattmawren, murus. Corvinu.s fons
lat. 4ll'>; Stadtmauern (plur.), moenia in speeie. Stieler
1256; stadtmaur, Stadtmauern, plur., muro, mura della
cittä. Kramer rfic<. 2(1702), 901"; stadtmaur, »noenta Frisch
»,315»; Stadtmauer Adelung; vgl. stadmueren, moenia,
muri. Kilian. auch so henkt man pretter an alle zinnen
an der statmaur ze ring umb und umb und überall an der
statmaur. d. städtechron. 5,177,17; von sechsundviertzig
gemachen . . , die auf der vesten und also gerings umb die
stat von den thümen und der innem statmeur in die
Zwinger geen allenthalben, das ein zu graben dorpei und
zu räumen. Tucher baumeisterb. 114,9; vier thüm ... an
der eusem hochen statmeur. 115,14; der berkfrit, mit-
sampt . . . der hochen statmeur. 134, 11; das eckehaus pei
der alten statmeur gegen meister Lorentzen hof über.
X 2.
137, 4; mer hat man an den hernach geschriben enden
und heusern hangent allewegen zwu lang fewerleittern
und zwen fewerhocken an stangen . . . : pei dem Thier-
gartner thore oben an der statmeur hocken und leittem.
143, 31 ; neben dem steinen gang , der auf die statmaur
und thurn an demselben end geet. 167,19. vgl. 179,32:
pei der alten statmaur, die do eins teils eingefallen ist.
187, 21; die weite aber der vorstedte . . . sol tausent eilen
ansser der stadmauren umbher haben. 4 Mos. 35,4; denn
jr haus war an der stadmaure, und sie wonet auch auff
der mauren. Josua 2,15; und wenn man das halljahrs-
horn bleset und denet, das jr die posaunen höret, so sol
das gantze voick ein gros feldgeschrey machen, so werden
der stadmauren umbfallen. 6,5; auff diesen tag (21. dez. 1529)
ist die ausser statmaur gegen der strasz bei Geginger
thor zum tail umgefallen, d. städtechron. 23,246,14; da
lief er nach einem loch, das in die statmauer geprochen.
Wilwolt v. Schaumburg 145; zwei meilen von hier nach
Schorndorf soll noch ein stück von unsrer alten Stadt-
mauer zu sehen sein. Arnim 3,30 (kronenvs.); ja, ich sage
euch, bis in kleinigkeiten macht sich eine freie stadt
kenntlich, . . . die Stadtmauern und thore sind aber vor
allem gut erhalten. 234; ein landstädtchen mit zwei
plumpen kirchthürmen und dunklen Ziegeldächern, welche
über die Stadtmauer ragten wie rücken einer rinderherde,
die sich gegen ein rudel wölfe zusammengedrängt hat.
Freytag 6,42; das haus lag unweit der Stadtmauer. 11,47;
unweit der Stadtmauer stand als Überrest einer vergange-
nen bürg ein alter viereckiger thurm. 13,250: dort regiert
der burgmanne herrisch den innungsgenossen, der neben
ihm dieselbe Stadtmauer vertheidigt. 18, 3; der buschreiter
. . . denkt begehrlich ... an die tausend herrlichen dinge,
welche die Stadtmauer seinem wünsche vorenthält. 121 ;
in Elbing waren die männer ausgezogen, da vertheidigten
die frauen ihre Stadtmauer. 2ll; in landbau und gewerbe
sah man vor lauter Stadtmauern und gaugrenzen noch
nicht die groszen grenzscheiden der nationen. \V. H. Riehl
deutsche arbeit Gö; sonst meinen fabrikanten, man agitire
für die bewahrung der alten Stadtmauern, und die sind zur
zeit ganz in Ungnade gefallen, culturstudien 268; oben auf
die wallartig breite Stadtmauer baute man nämlich seit
dem ende des 16. Jahrhunderts eine lange linie kleiner
wohnhäuschen. 273; und da die ganze lange zeile der
Zwingerhäuschen gerade die südwestseite der Stadtmauer
krönt, . . . ebenda; es veranschaulicht den mutterwitz der
altvordern, dasz sie die Soldaten auf die Stadtmauer
quartiert haben, wo dieselben mit der stadt zunächst
ihren eigenen herd vertheidigen muszten. 274; aber statt
einer kaserne setzten die alten die Idylle eines dorfes
auf die Stadtmauer, ebenda; deswegen gedeiht auch ein
ziemlich guter wein rings um die alte Stadtmauer. Keller
4, 7 ; mögen sie es so treiben , sie werden am ende ge-
schickte Schulmeister und disputierer sein, aber sicher-
lich im offenen feld keinen streit mehr bestehen und
kaum ihre Stadtmauer schirmen! 6,338; um sein gemüth
zu beruhigen, machte Waser gegen seine gewohnheit
einen raschen gang um die beschneiten Stadtmauern.
C. F. Meyer Jürg Jenafsch 96; in einem der allerwunder-
lichsten häuser an der Stadtmauer. H. Seidel icinter-
märchen'i; schon wollte Wendelin aus dem fenster springen,
durch den garten rennen, über die Stadtmauer klettern
und davon laufen in die weite weit. 18; nach herstellung
der Stadtmauer konnte Ezra die gemeinde auf sein gesetz-
bach verpflichten. Smend alttestamentl. rel.-gesch. 346;
da (in der nac/U bei mondengchein) wanderten die
meoszlein beyd
an der stadinauern, nach der seyt.
da das thor war beschlossen fest,
und krochen nnter durch zuletzt.
Rollenhagen /rotdun. G 3».
die Stadtmauer niederreiszen , schleifen , tcodurch auch
mehr oder Keniger die freiheitlichen rechte der stadt auf-
gehoben icerden ; eine stattmawer schleiffen, muntm diniere
et solo aequare. Corvinus fons lat. 411''; die stadtmauren
schleiffen, rädere, demolire, atterrare le mura, smanteUare,
ffasciare la cittä. Kramer dict. 2 (1702), 901°; (die bürger
der Stadt Windsheim beklagten sich,) wie markgraf Fridrich
in das körn und das getraid nicht sneiden wolt lassen,
sie selten vor ir statmaur nider werfen, d. städtechron.
31
483 STADTMAÜERBAU— STADTMEISTER
STADTMENGE — STADTMÜHLE
484
il, 675, 21 ; nach dem muster hellenischer städte fügen die
bauern Latiums . . . die groszen maschinen, durch welche
sie Stadtmauern fällen. Freytag 17,57; noch immer lieble
der Vandale die städto nicht, obgleich könig Genserich
alle Stadtmauern niedergerissen hatte. 125; als pars pro
toto: innerhalb der Stadtmauer, in der Stadtmauer u. a. w..
in der atadt: wer ein wonhaus verkeulTt in der stadt-
niauren, der hat ein gantz jar frist, dasselbe wider
zu lösen. 3M(w. 25, 29; die post ist angelangt, die Ver-
zeihung meines vaters ist schon innerhalb dieser stadt-
mauren. Schiller »än&wl, 2 (»cAöm*^.); in den meisten
Stadtmauern wechselten wilde aufstände und erzwungene
theilnahme der handwerksmeister am rath, gänzlicher
ausschlusz der geschlechter von der rcgierung und kurze
Zeiten einer patricischen Wiederkehr. Freytag 18, 118;
{lieben bürg:) die letzte frage bei unzähligen kämpfen,
die um bürg und Stadtmauern tobten. 28*; natürlich, sie
{die Städte) hatten am meisten zu verlieren, . . . die Stadt-
mauer umschwärmt von allen raubvögeln der land-
schaft. 297;
der bawer hett darob ein schewen
trollt sich zum thor ausz, kam heimwertz . . .
und klaget all seinen nacbbawren,
wies im wer gangen in der stattmawren.
H. Sachs 2, 4, se».
auszerhaib der statmaur bei der Juden kirchhof hat man
ain neue maur zö der stat wer im vergangen jar gehauen.
d. stüdtechron. 23, 181, 11, d. i. auszerhaib der stadt; ebenso
in und vor den Stadtmauern. W. H. Riehl culttiratudien
265, innerhalb und auszei'halb der stadt.
STADTMAUERBAU, m. bau einer Stadtmauer : man hat
letzlich dahin geschlossen, da.sz wenn man mit geld,
steinen, kalch und andrer nothdurfft geschickt wäre,
. . . dieser stadtmauerbau binnen 18 wochen, und also in
einem sommer vollführet werden könnte. Meltzer histo-
ria Schneebergensis 12; bedencken, nach welchem billich
der stadtmauerbau dem höltzernen schrancken vorzu-
ziehen war. ebenda.; eine Ursache des verhinderten stadt-
mauerbaues. 73.
STADTMAURER, in. maurermeister, welcher städtischen
bauarbeiten vorsteht, er ist unterstellt dem stadtbaumeister
{a. ap. 441) : nu über das alles so hat ein erberg rate
einem werckmeister und statmaurrer ab zu sagen und
Urlaub zu geben. Tucher baumeisterb. 36.
STADTMAUS, /., gegensätzlich zur feldmaus {theU 8, 1486) :
von einer veltroQs und einer statmüs.
von vrier armuot.
ein veltmüs eines zites sprach
vil vroelich, dO si erst ersach
ein statmüs, ir geschlechte, komeu. Boner 16, 1 ;
zur feldmaus kam einmal die stadtmaus in den wald,
in ihren dürftigen, gehöhlten aufentbalt. Haüedorn 1, 25.
STADTMEDIKUS, m.. dasselbe wie oben stadtarzt («p.440) :
stattmedicus, phyaicua Corvinus fons lat. 427'».
STADTMEISE, /. spöttische bezeichnung der Leipziger
atadtaoldaten : stadtmeese. handschr. mitth. von Hoffmann
V. Fallersleben ; stadtmesen, plur. Kluge Studenten-
sprache 107».
STATMEISTER, m. l) hoher städtischer beamUr, wol
dasselbe wie burgermeister, burgemeister (^Ä€t£ 2, 540); vgl.
oben auch städtemeister {ap. 463), besonders in Süddeutsch-
land statmaister, maister der stat {auch maister schlecht-
hin), burgermeister. Schm.' 1, 1683; ao in Straszburg: stadt-
meister, maeatro cioi conaole, governatore della cittä mas
rimi ä Argentina. Kramek dtc^. 2 (1702), goi"; diese {die
angehörigen de» ratea) ernannten einen eigenen schafTer
and wählten aus ihrer mitte drey pfleger, worunter immer
ein Stadtmeister seyn muszte. Göthk 89,363; in Augs-
burg: die stadtmeister haben dasjenige zu strafen was
in meiner herren oder der handwerkerordnung nit be-
griffen ist. Ordnung von 1647 bei Birlingkr 409*>; den stadt-
maistem boII man in ire straffen nit greiffcn, es sei denn
mit fUrkanf oder anderm unbilligem vorhaben, ebenda,
doch auch in Norddeutachland bekannt: statmeister ScilOT-
TEi. «fll**; in Magdeburg: Lenze van Hildensem, de do
■tadmester was. d. atädtechron.l,%w,%\ Möwe van Calvo,
de des jarea vor stadmester hadde wesen. V70, 18 ; vgl. :
do tprak Cone van Wellen der stad meater. 174,8.
t) ein über die bauarbeiten der atadt aufaieht führender
beamtet, dem «UdlbaumeUUr («. oben «p. 44i, eo vird
er tu Tuchers baumeisterb. wiederholt neben dem stat-
meister genannt) unterstellt, wahr sei teinlich besonders sach-
kundige tTieister der einzelnen geiperbe, d. h. der maurer,
zimmerleute u. s. w.: mcister Hanns Ruprecht maurrer,
ietzunt statmeister. Tucher baumeisterb. 35, 27; auch gibt
man dem meister Hannsen dem Dubinger, ietzunt stat-
meister, alle jare ausz der losungstuben zweintzig gülden
rheinisch zu vorausz. 38,7; {ein zijnmei-mann-) ob nu der
statmeister ein lergesellen haben wolt, des hat man bisz-
her dem zimmermeister nit günnen wollen, doch wo im
der statpaumeister eines vergönnen wolt, solt man im über
ein nit vergönnen. 17; aber nachdem und meister Hanns
Dubinger abgangcn ist, hat der stat walthawer dem stat-
meister, dem Zimmermann nichts geben. 72,6; auch sullen
die statmeister und parlierer ir gesellen und tagloncr in
acht haben, also das keiner ee abgee dann ir rechte zeit
ist. 62,28; item dem stattmaister, mawrer, zymmerlcut,
decker, pflasterer und handwerkmaisterleut. qxieUen zur
gesch. des bauernkrieges a. Botenburg a. d. Tauber 178
Baumann; dabei kam es vor, daez besonders in kleineren
Städten ein solcher stadtmeister zugleich stadtbaumeister
war: ein statmeister in Rotenburg a. d. Tauber, welcher
in Nürnberg einen brückenbau leiten soll. d. städtechron.
10, 372 anm. 3.
STADTMENGE, /. bevölkeningsmenge der stadt: ohne
dergleichen {polizei und markordnung) kein statt- oder
marktmenig nit sein noch in gueten aufnemen kan und
mag. steir. taid. 1, 139,9.
STADTMENSCH, m. mensch, der in der atadt lebt: als
ackerleute und bergbewohner, als künstlet und stadt-
menschen. Herder bei Campe, ah neutrum wol in loeg-
werfendem sinne: das stadtmensch, eine Städterin. Stai -
DER 2, 389.
ihr wuchs wird fast mit einer band
der schlanken weide gleich umspannt,
kein stadtmen-sch hab ich noch gesehn
so frisch wie Männchen und so schön.
Schubart 352, 13 Sauer.
STADTMERK WÜRDIGKEIT /. merkwürdigkeit , durch
die eine stadt sich auszeichnet: wie . . . die kunstreichen
Wasserwerke und brunnenthürme als eine rechte stadt-
merkwürdigkeit noch immer den fremden gezeigt werden.
W. H. Riehl culturstudien 203.
STADTMETZGER, m. Schlachtermeister aua der stadt;
stadtmetzger, lanius. lanio, camarius urbicus. Stiei.er
1251; stadtmetzger, macellaio della cittä. Kramer dict.
2 (1702), 902'' ; im nächsten dorf sahen wir den Arnold von
Melchthal ruhig einem stadtmetzger einen ochsen ver
kaufen. Keller 1,366.
STADTMILIZ, /. .- selbst laien waren in groszer anzahl
zugelassen {zu der synode vom 6. nov. 963), viele vom
römischen adel und die ganze römische stadtmiliz.
Giesebhecht 1*, 4€5.
STADTMIST, m. mist. welchen die bauern aua der be-
nachbarten stadt holen, um ihre felder damit tu düngen.
Campe.
STADTMÖNCH, m..- er konnte der stadtmönch von
Padua heiszen, den das volk verehrte und auf den es
stolz war. C. F. Meyer novellen 2, 17.
STADTMORAL , /. moral icie sie in der stadt gelehrt
wird; als moral der betheiligung am öffentlichen leben der
Stadt: hier {in dem buche) wollte er zeigen, wie der gut
denkende bUrgcr sich an die neue stadtordnung an
schlieszen könne, dies nehmliche hat er noch in den
letzten tagen an seinen arzt wiederholet, und bat ihn
seinen freunden zu sagen: dasz der gegenständ seines
buchs seine stadtmoral sey. Herder 17, 413 Suphan.
STADTMüTTO, n., icelchea für das leben und treiben
eitler atadt charakteristisch: ja ich möchte sie (die icorte
des knaben) als stadt motto gleich auf das thor schreiben
lassen; denn die jungen piepen, wie die alten pfeifen.
Hei NR 8, 18 ELater.
STADTMÜDE, adj. de» lebena und treibena in der atadt
müde: stadünUde mennchcn machen einen ausflug ins
freie, datu stadtmUdigkeit , /..■ er floh voll stadt-
müdigkeit in den wald, aufs land.
STADTMÜHLK, /. mühte. weUhe die atadt mit mehl ver-
aorgt, vgl. Heyne d. hauaaltert. i,309: ohne stadtniUhlen
war nicht auszukommen. KiiKv-rAo 18, 194.
485
STADTMÜNZE — STADTNAME
STADTNARR— STADTORDNUNG
486
STADTMÜNZE, /. l) von der stadt geprägte und in um
lauf gesetzte geldmünze: stadtmüntze , moneta civitatis.
Stieler 1310; stadtmüntz, moneta eorrente dd comviune
0 puUico. Kramer rftc^. 2 (1702), 901»; stadtmünz, moneta
eimtatis. Frisch 2, 315». vgl. auch oben stadtgeld (sp. 460).
2) stadtmünze, ort, baulichkeit, anstalt, wo stadtgeld ge-
prägt ioird. Campe.
STADTMUSIK, /. l) musik, tciesiein der atadt gemacht
wird; öffentliche, auf kosten der atadt veranstaltete musi-
kaliscfie darbietung.
2; coUectivisch das auf kosten der stadt unterhaltene musik-
oichester: Steinmetz war seines dienstes auf dem raths-
tharme längst enthoben und nur noch anführet der stadt-
musik. Freytag 13, 212.
STADTMCSIKANT, m. ungehöriger der stadtmusik («. stadt-
niusik 2): stadtmusikant, auloedus, auletes. Stieler 1313;
stadtmusicant, musico deUa citta. Kramer dtc#. 2(i702),902*;
vgl. auch unten stadtpfeifer: Miller, stadtmusikant, oder
wie man sie an einigen orten nennt, kunstpfeifer. Schiller
kab. u. liebe personenverzeichnis ; Miller {sich vorstellend).
stadtmusikant Miller. 2, 6; jetzt hatte die prügelpartie ihre
blüthe erreicht, mehre stadtmusikanten und der bratschist
faszten, weil sie friedlich dachten, notenpulte an und
hielten sie umgekehrt vor, um sich blos zu decken, eh'
sie sich damit rannten. J.Pxvh ßegelj. 2,82; die Bremer
stadtmusikanten. brüder Grimm kinder- u. luxusmärchen
nr. 24; aber der esel merkte, dasz kein guter wind wehte,
lief fort und machte sich auf den weg nach Bremen: dort,
meinte er, könnte er ja stadtmusikant werden, ebenda;
'weiszt du was', sprach der esel {zum, hunde), 'ich gehe
nach Bremen und werde dort stadtmusikant, geh mit
und lasz dich auch bei der musik aufnehmen, ich spiele
die laute, und du schlägst die pauken.' ebenda; {zur katze.)
geh mit uns nach Bremen , du verstehst dich doch auf
die nachtmusik, da kannst du ein stadtmusikant werden.
ebenda; Krespel walzte etwas weniges mit den meister-
frauen, setzte sich aber dann zu den stadtmusikanten,
nahm eine geige und dirigierte die tanzmusik bis zum
hohen morgen. E. T. A. Hoffmann l, 246 Schweiger.
STADTMUSIKUS, m., dasselbe wie das vorhergehende:
mit dem frühesten morgen {des neujahrstages) waren die
enkel schon daselbst {im hause des groszvaters) versammelt,
um die trommeln, hoboen und clarinetten, die posaunen
und zinken, wie sie das militär, die stadtmusici und wer
sonst alles ertönen liesz, zu vernehmen. Göthe 24,129;
im Singular auch der vorstelier der stadtkapelle : als ver-
trauter des stadtmusikus gewann er in seinem dränge,
dicht an der bühne zu sein, einen platz auf der bank
der musikanten. Freytag 13, 257; der kommenden dinge
harrend, plauderte alles mit halber stimme durcheinander;
dazu fiedelte unser stadtmusikus mit drei seiner gesellen.
Storm 4, 47.
STADTMUTTER, /. ältere dame aus der stadt: stadt-
mutter heisset an etlichen orten die älteste und vor-
nehmste matrone in der stadt. Amaranthes /rnwcn«.-^.
(1715) 1894; am nächsten morgen sasz die prinzessin unter
ihren hofdamen, der vergangene tag wurde besprochen
wie brauch ist , die prinzessin bewundert . . . und über
kleidung und haltung einiger stadtmütter erstaunen aus-
gedrückt. Fheytag 7, 212. {mutter eines stadtldndes :) eine
Stadtmutter wäre im angesichte des kletternden kindes
wahrscheinlich in Ohnmacht gefallen. Rosegger udldl.ioi.
STADTA^ACHTMEISTER, m,, welcher die heimlidien ge-
macher der atadt zu reinigen hat. vgl. Tucher baumeister-
Imch 123.
STADTNÄCKEL, m. im bairischen schelte für einen Stadt-
bewohner, zweifelhaft ob eigentlich stadtnacken und an
nickel angeglichen: a stattnäckhl Bayerns mundarten 2,173.
STADTNAHRUNG, /. gelegenheit und mittel, den lebens-
unterhalt zu gewinnen, wie sie die stadt bietet, dazu stadt-
nahrungsgeschäft, n.: denn es ist {die stadt) ein zu
desto besserer Sicherheit und bequemlichkeit eines landes
überhaupt und insonderheit der stadtnahrungsgeschäffte
verwahrter und angebauter ort. öcon. lex. 2795, wo an die
in der stadt ansässigen verschiedenen gewerbe gedacht ist.
STADTNAME, m. vorname, tcie er in der atadt gegeben
tu icerden pflegt: denn der herr hatte befohlen, dasz Ilse
das jung\ieh mit namen versehen sollte, und die mägde
freuten sich über die yomehmen stadtnamen Kalypso
und Xanthippe. Freytag 6, 374. tu unterscheiden von oben
Städtename {sp. 453).
STADTNARR, m.: es füget sich uff ein zeit, da ein
frembder nar in die selb stat kam da der nar in was. . . .
uff ein zeit gieng der stat nar für den frembden narren
anbin, und schlag in auch nach seiner gewonheit. der
frembd nar schlag den stadt narren auch nach seiner
gewonheit. der statt nar schlug den fremden narren
auch widerumb. und darnach der statnar den frembden
narren, und schlug ie einer den andern. Pauli schimpf
u. ernst 37 Österley.
STADTNASCH, STADTNASCHE, /. eigenüich naschhafte
person aus der stadt, überhaupt im munde des bauem
schelte für m.üsziggänger und sehlemmer aus der stadt:
ein bauer bildet sich ein, bürger und andere ehrliche
leuthe haben die bände im schoos ligen. dahero heissen
sie die leute in und ausser der stadt müssige leute oder
stadtnaschen gleich als ob denen bürgern gebratene tauben
ins maul flögen, und sie sonst nichts zu thun hätten,
dann dasz sie sich nur faule tage machten. Veroander
bauernatandes lasteiprob. 156;
die dritt {magd) sprach: ich bin unbekand
in die statt erst kommen vom land, . . .
will zwar bald die stattnaschen fliehen.
d.h. ich iriZi aufs dorf zurück; "' ^^^"^ *• '**'•
es müssen nur (l. mir) warlich die stadtnaschn
fluchs wider füllen meine taschn.
ich wil kein kern verkeufien ehr,
es gelt zwen toler oder mehr.
Ackermann 120, 1465 Holstein;
ein baner fährt auf seewn hin,
wie manche stadnasch lebt von ihn?
Simpl. 1, 40 Keller.
STADTNEFFE, m. aus der stadt gebürtiger treffe {eines
landbewohners) : die alte dame aber gedachte ihrem stadt-
neffen und den Schwätzern gleich übel mitzuspielen und
ihren landneffen, den Rudolf Hangl . . . zum erben einzu-
setzen. Anzengruber' 4, 186; ganz gleichzeitig mit ihm
{dem landneffen) traf in dem hause der tante auch der
stadtnefTe ein. 187.
STADTNEÜIGKEIT, /. neuigkeit, welche in der ganzen
Stadt hej-umgetragen lüird, vgl. oben stadtgeschichte {sp. 463),
stadtmäre, stadtmärchen {sp. 481) : er {der doetor Spring-
insfeld) wuszte seine künden mit artigen geschichtchen,
Stadtneuigkeiten und kleinen anekdoten wohl zu unterhal-
ten und ihre lebensgeister dadurch aufzumuntern. MusÄus
volksm,. 1, 70 Hempel; sie {die beiden freundinnen) erzähl-
ten einander unbedeutende sachen, Stadtneuigkeiten; wie
diese heirathet, wie jene krank, sehr krank ist. Göthe
16,127; {zur schenke geJien,) um sich die leute daselbst
näher anzusehen, nach bekannten auszuschauen und die
stadtneuigkeiten zu erkunden. Raabe die leute aus dem
walde 189.
STADTOBERHAUPT, n. Oberhaupt einer stadt: diesmal
machten wir auch dem stadtoberhaupte Vojvoda Cako
Petrovic unsere aufwartung. Hassert reise durch Monte-
negro 152.
STADTOBERSTE, m., dasselbe wie oben stadthaupt-
mann {»p. 466), Stadtkommandant: stattoberster, gouver-
Tietir de la viUe. gouernatore della citta. HuLSius (1616) 307»;
ein stadthauptman oder stadtobrister , casteüanus. CoR-
viNUS 130»; der stadtoberste , praefectus urbis. 243»; der
stadtoberster, praefectus urbis, praesidiariorum militum
capitaneus. Stieleb nachsch. 29».
STADTOBRIGKEIT, /. • stadtobrigkeit, magistrato citta-
dino, aignoria, reggenza della citta. Kramer dM;<.2(l702),90l'=;
Obrigkeit, 'deren gerichtsbarkeit sich über die bürger und
einwohner erstrecket'. Adelung, nehmlichen, es haben
dazumahl die gerichten, als stadtobrigkeit, ihr gegen-
bedencken {gegen den mauerbau) gemacht Meltzer histo
ria Schneebergensis 73.
STADTOGHSE, m., dasselbe wie oben stadtbulle {ap. 446)
und unten stadtstier: stadtochs, toro publico o dd commune
met. arci puttaniere generale. Kramer dict. 2 (1702), 902».
STADTOFFIZIER, m. ein xu der militärischen besatzung
der stadt gehörender offizier, ein offizier der atadtsoldaten.
Campe.
STADTORDNÜNG, /. Ordnung, nach der sich das öffent-
liche und private leben einer atadt regelt, vgl. auch oben
31»
487
STADTPALAST — STADTPFARRER
STADTPFEIFER
488
Stadtgesetz (ap. 463) und unt^i stadtrecht, eingetragen ist
die Stadtordnung häufig in das stadtbuch {»p. 445): eyn
stadordenunge ; statordenunge, j;otttta. Dief. 445»; en stat-
ordeninge,^oh7üi.44ö''; statordnung Schottel4€9»; bürger-
aive Stadtordnung, statuta cii-itatis. Stieler 1398; stadt-
ordnung, leggl, ordiname, statuti, leggi statutarie d'una
republica 6 commune. Krameh dict. 2 (1702), 902": *. den
beleg bei Herder 17, 413 Suphan oben unter stadtmoral
(*p. 484); oder er {der Wegelagerer) fand unerträglich, dasz
die Stadtordnung verbot lösegelder für gefangene auf bürger
anzuweisen. Freytag 18, 303.
STADTPALAST, m. palastartiges gebäud« in der stadt:
von beständiger unruhe gestachelt, eilt das elende weil)
aus ihrem verödeten stadtpalast auf ihr landgut und aus
diesem in die stadt zurück, in ewigem irrgange. C.F.Meyer
novellen 2, 74.
STADTPARK, m. öffentlichem-, von der stadt unterhaltener
parkartiger garten: zwischen den beiden häusern am
groszen stadtpark. Freytag 6, 23. auch als name eines
eoncertgartens, s. b. in Göttingen, dazu stadtpark Ver-
waltung, /. und stadtparkconcert, n. m,usikauffiih-
rung, welche im stadtpark veranstaltet wird.
STADTPASQUILLANT, «i..- dazu trat noch der zweite
rathmann Scharweber . . . und klagte mich als den stadt-
pasquillanten (im galgenjubel) an, als den privatinjurian-
ten des privilegirten nachdruckers loci . . . J. Paul kom.
anhang zum Titan 2, 67.
STADTPASTOR, m. pastor aus der stadt: da aber deren
(der feldprediger) keiner vorhanden, müssen sie den statt-
pastor darzu vermögen. Kihchhof milit. discipl. 147.
STÄDTPATROLLE, /. wachpatroUe. welche ihre runde
durch die stadt macht, vgl. patrolle theil 7, 1505.
STADTPATROLLANT, m.. zu dem vorigen gehörend: so
ist dein erstes, wenn du in die stadt kommst, du ziehst
bey den bettelvögten, stadtpatrollanten und zuchtknechten
kundschaft ein, wer so am fleissigsten bey ihnen ein-
spreche, ... und diese künden suchst du auf. Schiller
8, 83 (dl« räuber 2, 3 schatisp). vgl. auch oben stadtdiener
(*p. 449), Stadtknecht {sp. 474) und unten stadtpolizist.
STADTPATRON, m. patron einer stadt. dann auch ein
»chelttcort {für einen viüsziggänger): gelt, das hat dir ein
stadtpatron gesagt; so ein kerl, der den ganzen tag hinter
dem ofen hockt, mit hauts gouts und liqueurs das.blut
verbrennet und aus verschrumpftem herzen mit dem
gänsekiel die menschen quält? Ifflano 2, 64.
STADTPAUKE, /. ; da gab es denn keinen geringen
schreck, als wir in einer mondhellen nacht aus dem schlafe
gepaukt wurden, ein arrestant hatte sich nach den stadt-
pauken geschlichen, die in einem benachbarten kämnier-
chen {des rathauses) aufgehoben wurden. Voss briefe 3, 23.
vgl. unten stadttrommel.
STADTPEDELL, m., dasselbe loie oben stadtdiener {sp. 449)
und Stadtknecht (*p.474): stattpedell Scherz-Orerlin 1.561 :
herauif sol der stattpedell auf die stegen tretten — und
das geschopte urteil vorlesen, quelle ebenda.
STADTPFAHL, m. pfähl, weleher die stadtgrenze be-
zeichnet, vgl. stadpaelent. banmijle Kilian 2,625», vgl. die
erklärung für letzteres: lajris primus, miliare circum-
scriptum territorio »ive jurisdictione. 1, 32».
STADTPFANDBUCH, n. öffentliches pfandbuch der stadt:
eine schuld in das stadtpfandbuch eintragen lassen.
STADTPFARRE, /. eine pfarrstdU in der stadt. Campe,
im gegensatze zu einer dorfpfarre {theil 2, 1884) oder land-
pfarre {theil 6, 126).
STADTPFARRER, m. der inhaber einer stadtpfarre {». das
vorhergehende) im gegensats zum dorfpfarrer {theil 2, 128i)
und landpfarrer {theil 6, 126). vgl. auch unten stadtprediger:
■tadtpfarrer, sacerdca urbicus. urbanus. Stieler 1406;
ttadtpfarrer, paroco, ministro, curato ordinario della cittä.
Kramrr dict. s (1708), 901*. {sie wollte ihren »ohn nicht
Pfarrer uierden lassen) und das blos, weil hIc einmal bei
einem ttiullpfarrer gekocht habe, und das wcsen kenne,
wie cie sagte. J. Pavi. ßegelj. i,tB; ist es ein radikales
regitnent, so scharen sie sich, um es zu ärgern, um den
konservativen frOmmlichen stadtpfarrer, den sie uoc\i
gestern gehünselt, und machen ihm den hof, indem sie
sich mit verstellter begeisterung in seine kiroho drängen.
Kellbr 4, lu.
STADTPFEIFER, m. der zün/Hge musiker einei- stadt.
dasselbe wie oben stadtmusikus {sp. 485). vgl. Hildebrand
zum deutschen sprachiinterricht iii ; hochzeitpfeifer, stadt-
pfeifer, thurmpfeifer, auloedi, buccinatores , aeneatores.
Stieler 1437; stadtpfeiffer, musico della cittä. Kramer
dict. 2 (1702), 902'* ; stadlpfeiffcr, musicus civitatis publicus ;
tttbicen in turribus; tibicen et fidicen in nuptiis. Frisch
2, 315»; in Augsburg stadtpfeiiTcr 'musikanten der stadt.
besonders bei den geschlechtertön zen mitwirkend'. Birlingeh
409''; Stadtpfeifer 'heiszen die mtisici, welche vom lat und
gemeiner stadt besoldung bekommen, daher sie auch zu
gewissen stunden vmn rathhause abblasen'. Jacobsson 7,419;
stadtpfeifer, 'tonspieler, tcelche die tn de?» kirclien gewöhn-
lichen tonspiele aufführen'. Campe; {nachdem zur kennt
nis gelangt ist,) das den gesellen, die ye zu zeiten von
ainicher praw und lawtmerung {verlobung) wegen nachts
mit den stattpfeifern iren freunden hofTieren, mit sambt
denselben hofierern vor oder nach volpringung des hof-
fierens köstliche mal gegeben worden seindt. Nürnberger
polizeiordn. 75; am andern tag macht man daz freuden-
feur am mark zu Nurmbcrg: die statpfeifer stunden auf
dem mark zu unser lieben frawen auf dem gang und
musten pfeifen als lang als man alle die glocken leutet in
Nurmberg. d. städtechron. 11,547,8; darumb . . . warden
auf eines rats begeren, da es drei gen nacht schlug, hie
in allen kirchen und clostern alle glocken geleutet und
te deum laudamus gesungen, zwei freudenfewer , eines
auf der vesten und das ander am marckt, angezunt und
von den statpfeifern und trumetern, auf dem portal unser
lieben frawen capellen gestanden, gehofieret. 717,23; die
Augspurger gaben 4 fl. in die kflchin und den statt-
pfeifTern 2 fl. 25,166,3; denn ehe sie zur antwort kömmt,
so fängt der spielman an, doch botz tausend dasz ich
die herren stadtpfeiffer, oder lateinisch musicanten ge-
nant, nicht erzürne, so fängt der herr musikante seinen
tantz an. Weise erzimrren 131 neudr.; als der brautzug
in die kirche begann, und voraus von den stadtpfeifern
drommetet und schalmeiet wurde, wimmerte und er-
seufzte sie wie in der unglücksstunde. MusÄus Volks-
märchen 2,61 Hempel; ein feiger stadtpfeifer griff in die
tasche und zog mittelstücke heraus, die er als feldstücke
von ferne auf die besten köpfe warf. J. Paul flegel-
jahre 2, 81 ; bei Gockels ankunft war das volk in einem
weilen kreis unter dem bäume versammelt, auf welchem
die königlichen hofmusikanten und die Gelnhausener
stadtpfeifer einen herrlichen tanz aufspielten, nämlich
den eiertanz. Brentano 5, 141; die stadt . . . brachte ihm
{dem gesundeten burgemeister) unter begleitung der kunst-
reichen stadtpfeifer ein freudiges lebehoch. Arnims, 176
{kronenw.); hört nur, ich glaube die stadtpfeifer schlagen
sich mit den fremden liedlern, und sie haben doch alle
zu essen. 353; vielmehr hetzten manche bürger die stadt-
pfeifer, die fremden meistorsinger und die fiedler gegen-
einander, weil sie sich in ihrer tücke so grundlächer-
lich darstelHen. 855; {als ich meistersinger wurde.) da
gaben mir alle rntsherren ein groszes fest, und die stadt-
pfeifer bliesen vor meinem fenster. 360; ein ganzes eden
erschlosz sich mir aber, wenn, wie es im winter zu ge-
schehen pflegte, der stadtpfeifer mit seinen gesellen, unter-
stützt von ein paar schwächlichen dilettanten ein con-
cert gab. E. T. A. Hofkmann 1,58; der stadtpfeifer, dem
Lauretta ein: asino maledetto, an den köpf geworfen,
hatte die violine unter den arm genommen, und den hut
trotzig auf den köpf geworfen. 61 ; ich warf mich dem
stadtpfeifer in den weg, . . . ich versprach ihm in der
angst sechs neue menuetts mit doppeltem trio für den
stadtball. 62; im zuge {der schützen) schritten mehre der
vornehmsten jtmgfrauen der stadt, festlich gekleidet, von
rathsherren, stadtpfeifern und Irabanten begleitet, auf
den schützcnplatz. Frkytag 19, 838; der erste, welcher
ein angebot auf ihre {der Küngolt) gefangenhaltung tiiat,
war der stadtpfeifer, ein vertrunkener mann, der von
seiner frau hergpschickt war, um mit dem erwerbe die
zerrütteten umstände etwas zu vorbcisern. Keiier 5.2«»
'willst du zum Hfadtpfeifer?' fragte Dictcgcn die KUng<il'
kurz, und sie sagte 'neinl' nachdem sie den besudelten iiikI
rotnasigen musikus angesehen, ebenda; der stadtpfeifer.
Md eintr 1847 von W. H. Riehl geschriebenen noitlle (jrs.
489 STADTPFEIFEREI— STADTPFLICHTIG
nov. 1,3/.); er ist wohlbestellter stadtpfeifer zu Weilburg
und bläst den bürgern morgens, abends und zu mittag
ein geistlich lied, dasz sie wissen was an der zeit ist,
und an unsern herrgott gedenken mögen. 6; bleib er ein
stadtpfeifer und werde er keiner von denen, die oben
hinaus wollen, kein geiger, kein notenfresser, oder wie
man die vornehmen musikalischen lumpen sonst heiszt. 7 ;
und der stadtpfeifer muszte zurück auf seinen türm. 11 ;
die einrichtung der pfeiferstube, wie sie der stadtpfeifer
von den eitern ererbt, war gediegen und gut. 18; der
stadtpfeifer im ziegelroten staatsrock hatte dem zuge, dem
fürsten selber, den marsch geblasen. 32; kirmesz war
immer ein stolzer tag für einen stadtpfeifer. ebenda; da
erwiderte der witzige pater Placidus : 'der zum höchsten
gesetzt ist unter den musikern der stadt, der stadtpfeifer
oben auf dem schloszturm'. 43.
STADTPFEIFEREI,/, amt des stadtpfeifers : die stadt-
pfeif erei warf nur zwanzig gülden jährlich ab nebst dem
freien quartier, hundertundzwanzig fusz über dem straszen-
pflaster (d. h. auf dem schloszthurme). W. H. Riehl no-
ieWeni,l9; stadtpfeifer soll ich bleiben mein leben lang,
und es geht auch nichts über die stadtpfeiferei , wenn
ein weib auf dem türme waltet wie du! 37.
STADTPFEIFERGASSE,/, gösse, wo die stadtmusikanten
wohnen; ein stadtpfeifergäszchen z. b. in Leipzig. Hilde-
brand zum deutschen Sprachunterricht^ 111.
STADTPFEIFERIN, /. frau des stadtpfeifers: frau stadt-
pfeiferin. W. H. Riehl novellen i, 17.
STADTPFENNIG, m. von der stadt geprägte kleine münz-
Sorte, vgl. Heyne deutsche hausalterth. 1, 297. Eimbecker,
Göttinger u. s. ic. stadtpfennig.
STADTPFENNIGMEISTER, m. in valdeekischen städten
wol ein dem stadtkämmerer {oben sp. 471) in den ihm
obliegenden pflichten ähnelnder beamter. vgl. Bauer-Col-
LITZ 173.
STADTPFLASTER, n. steinpflasterung auf den straszen
der Stadt; sprichwörtlich: stadtpflaster friszt viele Schuh-
sohlen; Stadtpflaster verreiszt Schuhsohlen, dazu stadt-
pflastertreter, m. schelte für eitlen müsziggänger, der
viel auf den straszen der stadt herumläuft.
STADTPFLEGE, /. obrigkeitliche und gerichtliche Ver-
waltung der Stadt (Campe), das bürgermeisteramt. stadt-
pflege als Unterschrift von erlassen. WUdbader chron. vom
5. aug. 1899 nr. 91; in weiterer Zusammensetzung: stadt-
pflegamt, n. (neben dem magistraf): der bischof und das
Stadtpflegamt waren dafür (Jür trockenlegung des moores),
der magistrat und die mehrheit der bürgerschaft dagegen.
W.H. Riehl wanderbuch 2bl . vgl. das folgende.
STADTPFLEGER, m. hoher regierender beamter der stadt.
vgl. das vorhergehende: ambachtsherren, stattpfleger, burger-
meister, richter, ambacti, illustres viri, penes quos est
summa rerum et dominatus in coloniis, mtinicipiis, terri-
toriis. Heniscu 63,14; oberster, stattpfleger, dictateur,
dittatore. HulsiüS (1616) 307»; stadtpfleger, eine obrigkeit-
liche person, z. b. in Augsburg, civitatis curator, praefectus
urbis. Frisch 2, 315»; stadtpfleger für stadtbefehlshaber
Erbach bei Campe, vgl. auch die entsprechende bildung
landpfleger {fheil 6, 126) : doch ich folgte dem zuschauer-
trosse — bis wir gelangten zu des stadtpflegers schlösse.
RCckert 11 (1882), 355. döZM stadtpflegerbuch , »1. : die
porträts aller magistratischen häupter und pfleger der
stadt sind im 'stadtpflegerbuch' niedergelegt. W. H. Riehl
eulturstudien 304.
STADTPFUCHT, /. civilis obsequii debitum. Haltaus
1722. daniach einen in stadtpflicht nehmen, ihn den bürger-
eid leisten lassen, dann auch abgaben, leistungen an die
stadt. besonders auf niederdeutschem gebiete : vordreghen . .
dat se uns alle yarlikes stadplight dön schollen, quelle
von 1377 bei Schiller-LCbiif.n 4,369»; darto wille wy em
gheven en hus in unser stad vry van aller stadplicht.
quelle von 1398 ebenda; unde unse official unde notarien
en schullen von des huses wegen dem rade unde stad
Gottingen neyne stadplicht don, schot, wachte edder
dorhoyde. Göttinger urkundenb. 2, 303.
STADTPFLICIITIG, adj. zu dem vorhergehenden, schuldig,
der Stadt abgaben und gehorsam zu leisten: stadtpflich-
tige guter. Adelung; statplichtich zultegud. quelle bei
Schiller -LCbijen 4, 3t;9»; alle stadplichtig gud, dat wy
STADTPFORTE — STADTPOUZEI
490
{das Tdoster) in weren hebben, dat schal lik anderem
stadgude plichtich bliuen. urk. von 1406 ebenda, dazu die
stadtpflichtigkeit. Campe.
STADTPFORTE, /.. *. unten stadtthor. in älterer spräche
daneben, soxcie heute noch niederdeutsch {vgl. niederl. stads-
poort) statporte: dozwischent das sfl dise ding antrugent,
do betten so die statporten beschloszen und besetzet
mit hüte der antwerke gewofent. d. städtechron. 8, 123, 18;
einer verwart der statporten schlissel im thuren. Wigkram
rollwagenb. 167, 2 Kurz;
bewart die stattporten wol innen
and macht ench aufT die mawerzinnen ;
auff dasz wir nur die statt erhalten,
dasz sie der feind nit thu vergwalten.
H. Sachs 20, 223, 6 Kdler-QöUe.
sonst nhd. stadtpforte : es sei auch der graf ein obrister voigt
und beschirmer als weit die mark zu s. Gewahr gehet, . . .
hab auch die stadtpforten allein zu bestellen, einzuziehen,
und gericht zu halten. J.Grimm iceisth. 1,585; ... ein
freihe fare zu Liestorf jederman über zu fuhren umb sein
geld, und das zu rechter tagzeit zu schliessen und zu
entschliessen als ein statpfort. 2, 15 ; Samson, ein solcher
starcker mann, dasz er auch gantze stadtpforten aus dem
angel gehebt, und mit sich hinweg getragen. Abraham
A S. CiJ^RA Judas 3, 73;
and wenn er gleich sterbe zu Rom,
soll man mit einr processn dorten
beleiten aasz zu der stattpforten,
und fühm gen Alexandria.
H. Sachs 20, 215, 23 KeUer-GöUe.
STADTPHYSIKÜS, m. ein arzt. welcher über die gesund-
heitliehen Verhältnisse und einrichtungen der stadt wacht
und ihr durch eid verpflichtet ist. vgl. auch oben stadtarzt
(sp. 440): stadtphysicus Riv.mer polit. maulaffe c. 121; stadt-
physicus Adelung; Heinrich Kranichfeld, welcher im
bei^buch an. 1564 . . . stadtphysicus und doctor auffn Schnee-
berg genennet wird. Meltzer historia Schneebergensis 481;
ordentlicher stadtphysicus. 482; herr doctor Lajig, stadt-
physicus von Lucern. Altmann versuch einer historiscJien
und physischen beschreibung der helvetischen eisberge s. 5;
man wendete sich daher an den stadtphysikus , der aber
entschied dahin, dieser handel gehe über seinen horizont,
er gehöre ins nachtgebiet der natur, und beweise das
hereinragen einer geisterweit in die unsre. Brentano 4, 51 ;
niederd. kommt auch ein dat. stadphysikusse vor: ek mot
na'n stadphysikusse. landschaft Göttingen - Grubenhagen ;
doch ist sonst das zweite glied immer als fremdwort behandelt,
vgl.: von denen stadtphysicis. Meltzer historia Schnee-
bergensis 480 ; so will ich in diesem titul die stadtphysicos
(oder medicos ordinarios) benennen, ebenda; die unter
diesem titul gehörige stadtphysici odermedici ordinarii. 481.
STADTPHYSIKAT, n. amt des stadtphysikus (». das
vorige). KrOnitz encycZ. 167, 687.
STADTPLAN, m. l) plan, grundrisz der stadt, ihrer
straszen, platze und baulichkeiten : beim buchhändler einen
Stadtplan fordern; nach dem Stadtplan die straszen der
stadt durchwandern u. s. w.; der Stadtplan als grundrisz
der gesellschaft. W. H. Riehl eulturstudien 270; wo der
grundplan der socialen gruppen schon in den architec-
tonischen Stadtplan eingezeichnet war, da schämte sich
auch der fleiszige arme nicht, in einer eigenen armen-
stadt zu wohnen. 278.
2) besonders im plur. Stadtpläne, plane, welcJie man in
bezug auf das gedeihen u. s. w. einer stadt hegt: durch die
hoffnung eines kindes hatten sich seine Stadtpläne , die
ihn schon immer beschäftigt, über das mitlebende ge-
schlecht hinaus , über entfernte zukunft ausgedehnt.
Arnim 3,445 {kronenw.).
STADTPOET, m. mit spöttischem beisinn, dicMerUng
aus der stadt:
die Stadtpoeten stecken in die lasche
papier and bleistift und lorgnett'.
Heinb 1, 135 Elster.
STADTPOLIZEI , /. . dieweile daz ein ieglicher burger
geschworen hatte, dem rade gehorsamb zu sein, und wer
das nit dede, hat der rat uf seinen aide zu strafen in
macht der stattpolicei. J.Grimm trew/Ä. 6, 653, 33 ; auch
kommen sie {die demarcJten) zweymahl in der woche zu-
sammen, um sich über alles was zur allgemeinen stadt-
polizey gehört, es betreffe nun abstellung von miszbräuchen
491
STADTPOLIZIST— STADTRAT
STADTRÄUBER— STADTRECHT
492
oder vorschlage zu Verbesserungen, zu berathen. Wielanu
33,401; auch die stadtpolizey wirkt aus diesen grund-
sätzen : reinlichkeit der straszen war {bei den Persern)
eine religionsangclegenheit. Göthe6, 22.
STADTPOLIZIST, tn. beamtet- der st/idtpolizei. a. das
vorige.
STADTPOST, /. poat. wdche den briefverkehr innerhalb
einer stadt besorgt: ich erhielt damals den tag vor dem
niaskenfest durch die stadtpost ein anonymes billct zu-
gestellt, worin eine blaue bandschleife lag und die bitte
ausgesprochen war, diese dort auf meiner brüst zu tragen.
MosEN 7 (1863), 54; briefc von der stadtpost. Freytag 3,86;
der Studiosus empfahl sich und Ilse erhielt am nächsten
morgen durch stadtpost ein ziemliches päckchen mit einem
ehrerbietigen briefe. 6,226. dann auch stadtpost, post,
icelche mehr innerhalb der stadt gelegen ist, im gegensatz
zur bahnpost, rcelche in der nähe der eisenbahn sich befindet.
STADTPRÄFECT, m.: als der römische stadlpräfect,
welcher später pabsl Gregor I. wurde, auf dem sklaven-
markt knaben aus Angeln aufgestellt sah . . . Freytag 17,50.
STADTPRÄSIDEXT, m.. wol bürgermeister .- die com-
pagnie wird vom herrn stadtpräsidenten in die Weichsel-
miinde begleitet. Ettner unvorsicht. hebamme 275.
STADTPRAXIS, /. die in der stadt wohnende kundscJiaft
eines arztes, im gegensatz zur landpraxis.
STADTPRÄZEPTOR, m.. vgl. unten stadtschulmeister:
wir wurden bei einem stadtpräceptor Zinkhahn unter-
richtet, von dem wenig zu lernen war, auszer fleisz und
strenge aufmerksamkeit. J. Grimm hl. schnften 1, 2.
STADTPREDIGER , m. . vgl. oben stadtpastor {sp. 487)
und Stadtpfarrer (sp. 487): stadtpredigcr, aacerdos urbicus.
Stieler 1470; stadtpredigcr, paroco, ministro, curato ordi-
nario della cittä. Kram er dict. 2 (i702), 901°. den gegen-
satz landprediger s. theil 6, 126.
STADTPREDIGT, /. predigt, wie man sie in einer stadt-
kirche hört, im gegensatz z. b. zur dorfpredigt: stadtpredigt,
concic urbana. Stieler 1471.
STADTPRIESTER, m. .• stadtpriester, jpaÄ<WMr6w. Frisch
2, 315*, im gegensatz zuin landpriester {theil 6, 127).
STADTPROMENADE,/. .- so schaut man aus den fenstern
und gärtchen hinaus ins freie, auf die hochwipfeligen
bäume der stadtpromenade und der patriziergärten. W. H.
RlEHL culturstudien 273.
STADTQUARTIER, n., vgl. unten stadttheil: diese ge-
schwänzten feuermeteore muszte man denn ganz gelassen
durch die luft fahren und bald darauf ein stadtquartier
in flammen sehen. Göthe so, 31; gegen diese {bürgen)
wandte sich jetzt der angriff Mailands; die- mannschaft
von drei stadtquartieren rückte gegen die von Brianza aus.
Giesebrecht gesch. der deutschen kaiserzeit 5,281; diese
{ablösung) erfolgte durch die mannschaft der anderen drei
stadtquartiere. 282; bei dem alten Planta, der einen ver-
fallenen palast im einsamsten stadtquartiere bewohnt,
hatte eine verwaiste nichte . . . Zuflucht gefunden. C. F.
Meyer Jürg Jenatsch 137;
der pudergoU indesz mit seinem neuen kleide
war das gospräch der stadt zu aller etutzer neide.
noch eh der mittag kömmt, so flieget Fama schon
durch jedes stadtquartier, und blä.st mit hohem ton
den reichen fremdling aus. Zachariä 195 (veno. 4,824);
ein jeder kehre vor seiner thür,
und rein ist jedes stadtquartier. Göthe 3, 210 Hempel.
STADTRAT, m. l) handlung des ratlialtens zum besten
und tum wohle der stadt: Stadtrat halten.
S) das eoUegium, loelchea solche beratungen abhält: stadt-
raht, magistratua oppidanua vd civitatis. Stieler 1519;
stadtraht, aenato eittadino 6 di republica. Kramer dict.
2 (1702), 901"; stadtraht, magistratua, aenatua civium. Frisch
t, 81A*; stadtrath Adelung, vgl. stadtmagistrat («p. 480).
(ea tat featgeateUt.) das der stattrath zu Bri.xen geraume
jähr her, als oft auf dieser Rienzpruggen ainiche dillen
oder strähOlzcr von nöten gewest, ainen thail derselben
an das gericht Liszen als ainen boitrag angefordcrcl ,
dess«n sich aber emantes gericht vcrwaigeret. tirol.ioeiath.
A, 807, 4, 7; eben solcher Ursachen halber kam ich nicht
allein aaoh in den stattrath unHcrcr regimcntshcrren,
•ondf^m gesellet« mich auch sogar zu den geheimen Stands-
cin iliis und rathschlttgen groRzmäcli liger poteutaten.
Si,nj>l. achr. 4,81,81 Kurt; in Brügges liesz der stadtrath
selbst einige ihrer {der inquisitoren) diener, die sich eines
ketzers bemächtigen wollten, bei wasser und brod ins
geföngnisz setzen. Schiller 7,143; zwar hatte ein ge-
strenger stadtrath den brauch aufgegeben, ansehnlichen
fremden den Willkomm mit wein und fischen zu über-
reichen. Freytag 6,220; der stadtrath hatte bittere be-
schwerden über Unzucht, nächtlichen straszenlärm gegen
sie {die kleriker) gesammelt. 18,128; er {Constantin) um-
gab sich hier {zu ConstantinopeV) mit einem senat, der
jedoch wie der des alten Rom nur selten und in unter-
geordneten Staatsangelegenheiten zu rathe gezogen wurde
und fast allein die bedeutung eines stadtraths hatte.
GiESEDRECin- gesch. d. d. kaiserzeit 1 (I86O) *. 43;
so schlurft unendliches gesäufte
der etilen herrn den letzten tropfen aus.
der stadtrath musz sein lager auch verzapfen,
man greift zu humpen, greift zu napfcn.
GÖTHE 41, 14.
3) die einzelne dem coUegium unter 2 ungehörige person :
stadtraht, Senator urbis Stieler 1517. auszcrdem ist er
stadtrath, steht seiner bedeutenden gesegneten fabrik vor,
verwaltet jedem bedürftigen das seine, vertritt landes-
gerechtsame, ist ein freund und uneigennütziger hclfer
wie keiner. Brentano 9, 131 ; der neue stadtrath Gottlieb,
ein ansehnlicher fleischermeister. Freytag 7, 208; ei {der
prinz) hatte lange mit der tochter des stadtrath Gottlieb
gesprochen und das fräulein zu einem lachen gebracht. 211.
die Verleihung des titeis Stadtrat an magistratsmitglieder
ist für die secTis östlichen provinzen durch erlusz vom
30. wifli 1833 nur auf stüdte mit über 20000 einwolmern be-
schränkt {für stüdte mit 20000 Ws 5000 einwohnem ist der
titel ratsherr, für solclie mit weniger als 5000 einioohnem
nur der titel ratmann verleihbar).
STADTRÄUBER, m.: item darnach am eritag (i506) da
köpft man die zwen statraubcr, beten hie zu Nurmbcrg
pei naht die kandel , die piret und das gelt den Wein-
schenken vom zalpret genumen. d. siiidtechron. 11, 697, 14.
STADTRAUCH, m. rauch und qualm, der die stadt er-
füllt, über der stadt lagert: wir mochten so herrliche
tage nicht im stadtrauche verleben. Matthisson Schriften
3, 222. vgl. oben das allgemeinere stadtluft l {sp. 480).
STADTRAUM, wi. räum, welchen die stadt in ihren
mauern bietet: nicht überall faszte der stadtraum die zu-
ziehende menge, schon erhoben sich auszerhalb der ring-
mauern die hütten der Vorstädte. Freytag 11, 271.
STADTRECHNER, m., a. oben städterechner {sp. 454).
STADTRECHNUNG, /. rechnung, lodclie am sdilusz des
vertcaltungsjahres über ausgäbe und einnähme der stadt
vom kämmerer vorgelegt wird.
STADTRECHT, n. jus municipale: statrecht, politia.
DiEF. 445'; das stattrecht, jtis municipiorum , jua mtini-
cipale. Dasypodius; stattrecht oder weltlich recht, cii-jY«
jus. ebenda; das stattrecht, oppidanum jus. ebenda; das
stattrecht oder bürgerlich recht, oppidanum jus, jus cii'ile,
civium jus. MaalerSSö"; stattrecht, ^ture ciwYe. Hulsils
(1618)238»; das stadtrecht C0MENIU8; stadtrecht oder ge-
wonheit, jura civica. Corvinus löö*"; stadtrecht, der
bürger recht in einer stadt, jus civile. 838»; statreclit
ScHOTTEL 480'». 503»; stadtrecht, weltlich recht, .. . jua
eivile. Dentzler l, 369»; landrecht, stadtrecht, jW munt-
cipale. ebenda; stadtrecht, jus municipale, aive eitntatis.
Stieler 1552; städtisches recht alias stadtrecht, jW muni-
cipale. 8118; stadtrecht, diitto, il jus. ragione della cittä.
Kramer dict. 2 (1702), 902»; vgl. stadrecht, jua civile. jua
municipale, jtis praetorium. Kii.lAN.
1) stadtrecht, gesamfheif der einer stadt verliehenen frei-
heiten {vgl. oben stadtfrcilieit .<tp. 458), die eben das ursen
der atadt ausnuichen : stadtrecht, das ein ort, der vorher
nur ein flecken gewesen, erlangt, jua civitatis, jus muni
cipale. Frisch 8,815»; vgl. auch oben stadtbefreiung {»p. 44i)
und Stadtberechtigung {sp. 442): er {Subialaua) aber wolle
graben und planckcn darumb machen jhnen ru gut, er
wolte jncn stadrecht verlcyen. HENNKNBKRaRR preii.<>i.
landtafel 04; müssen wir jetzt zuweilen ertragen, dasz dor
polnische bär ein leben für sich fordert, es goschiolit
doch nur selten und nie im inuthwiliigvn bruch des .stadt-
recht*, denn er haust nicht unter uns. Frk^tao li. 18.'>.
2) rechte und frriheitru. irelrhe die stndt den bürgern
gewiütrt, t. th. »ich ergebtftd aus l: ilem die naohgebauer
493
STADTRECHT
STADTRECHTS ALTERTHUM— STADTREITER 494
haben stadtrecht, ob ein nachgebur fürte etwas für
Bruckenaw, das sein were, das solt ime unvertzollet gehen.
xoeisth. 3,889; wir verleihen in, ein rehtes statreht da selbst
(WiurmerfcZ) zu haben und des selben zu geniejen mit
mulzen, brewen, kaufen und verkaufen, quelle von 1324 in
MoNES zeitschr. 2,582; etliche aber, die, so sie (die fremden)
mit freuden hatten angenomen, und stadrecht mit ge-
messen lassen, plagten sie mit grossem schmertzen. weish.
Salom. 19, 15 ; ich hab die anzal der heuser in diser statt
fleissig lassen berechnen unnd anschlagen, seind ob andert-
halb hundert mal tausent gefunden worden, on die vor-
statt und anhang der statt, die in gleichem stattrecht
und burgerschafft seind. Franck veitbuch 230*; so lies er
(Brasidas) den mit den Atheniensem geflüchteten Toro-
näem durch einen herold bekant machen, dasz, wer lust
habe, sich wieder zu dem seinigen begeben und sein
stadtrecht ungekränkt gemessen könne. Hbilman Thu-
eydides 600;
gsel Rüedi, wen du min sin hettist
und mir in dem stuck folgen wettist,
so wetten wir unser statrecht
bruchen mit disem stalknecht.
fastn. sp. 837, 29 KeUer.
dann auch dienste und abgaben, icelche von dei\ bürgern
an die stadt zu leisten sind: der stat j erheben alle stat-
recht tun und pflegen an geschosse, an wachen . . . jenaische
Statuten 30 a. 1.
3) stadtrecht, nach welchem in der stadt recht gesprochen
wird, nach welchem das leben in der stadt sich ordnet:
stadtrecht, das eine stadt unter sich selbst gemacht, ist
soviel als marktrecht. Frisch 2, 315"; was aber anndere
personnen für zins uff vermelter gotzhüsern, Muri oder
Wettinger gütren hannd, da solle unnd möge, ein ieder
dieselben nach innhalt unnd uswysung siner brieff unnd
siglen oder nach miner herren von Zürich stattrecht in
tzüchen nach sinem gefallen, weisth. l, 60 ; dieselbin (die
neuen bürgen-) dan geloben und sweren müssen, . . . recht
zu Meyningen nach stadtrecht vor dem radt daselbst zu
geben und zu nemen. 3,600; so stet unser Öffnung und
alts herkomen, das wir haben mit Hettinger holzwaide und
gesuch von dem joch unz herab in den wag, wir nach
stattrecht, und si nach dorfsrecht, tirol. iceisth. 1,232,13;
nach ausweisung (des) stattrecht fälligen zins einziehen.
3, 22, 36; item, wenn ain richter zu dem lantzrechten sitzt,
so ist er schuldig und gepunden des nächsten freitag dar-
nach ze sitzen zu dem statrechten, als dan von alter
recht ist. 4,421,7, d.h. rechtsprechen nach stadtrecht, zu
dem gegensatze von landrecht und stadtrecht vgl. auch das
rechfsprichwort stadtrecht bricht landrecht Simrock 9803,
d. h. kann in tciden-pruch zu dem herrschenden landrechte
stehen, 'recht' ist das weltlich regiment, das landrecht,
stadrecht, darnach die bürgermeister und fürsten sollen re-
gieren in eusserlichen dingen, da es betrifft hausz, hof etc.
da gehöret recht zu, als ir Saxen den Saxenspiegel habt.
LuT}iKR 28,543,20 Weim. ausg.; über das betten sie {die
ratsherren von Jerusalem) eigen stadrecht quod divisum
in duas partes, in regimen corporale et spirituale. 29, 220, l ;
wer handelschaft trieb durfte nach lübischehi recht nicht
mitglied des rathes werden, und spuren ähnlicher Zurück-
setzung des kaufmanns finden sich in anderen alten stadt-
rechten. Freytag 18, 114; noch weiter im osten der neue
markt Breslau, erst vor kurzem nach deutschem stadt-
recht geordnet , aber bereits ein wichtiger Vorposten
deutscher cultur. 120 ;
mein lieber wirt, BOß mir an schlecht,
was ist allhie für ein stattrecht?
was ubels müssen thim die leut,
dasz man eim dise statt verbeut?
H. .Sachs 17, 377, 25 KeUer-Oötze.
einzelne stadtrechte genossen besonderes ansehen und fanden
als rechtsbilcher in andere städte eingan^: item wir haben
stattrecht, als die statt ze Innspnigg, und ob unser ainem
notturft oder ain recht ze schwer wer, so mügen wir
dingen in den rat geen Insprugg. tirol. iceisth. l,2iC, 22,
d. h. von Innsbruck neue rechfsbelehrung einholen; über
solche niederschrißen der stadtrechte vgl. Wackernagel
lifferaturgesch. 1,419 und Gaupp, deutsche stadtrechte des
niittelalters. Breslau 1851. besondere geltung hatte für den
Osten das sladtrecht von Magdeburg, vgl. Wackernagbl
1,438: ihre colonisten besiedelten die städte Kulm und
Thorn und nahmen von der mutterstadt Magdeburg ihr
stadtrecht. Freytag 18, 205.
4) gebiet, in icelchem das stadtrecht geltung hat, s. oben
stadtmark {sp. 48i) und unten weichbild: es soll kein
meister seine Werkstatt aufm dorfe oder auszerhalb des
stadtrechts haben, quelle irn Weimarer archiv voti 1695 bei
Dief.-WClcker 861.
STADTRECHTSALTERTHUM, n. geschichüiches zeugnis
aus dem gebiete der stadtverfassung. stadtrechtsalter-
thümer, plur. : deutsche stadtrecbtsaltertümer von H. G.
Gengler. Erlangen 1882.
STADTRECHTSBUCH, n., zu stadtrecht 3 gebildet: buch,
in welches das stadtrecht eingetragen ist.
STADTRECHTSFÄHIG, adj. fähig, bürget- einer stadt zu
werden, bürgerrecht zu encerben, vgl. oben stadtrecht 2:
vers ist zwar lateinisch, aber nunmehr kraft des be-
kanten gebrauchs, teutsches schlags und statrechtsfähig
geworden. Schottel 800.
STADTREDNER, m. wwthalter einer stadtgemeinde:
swenn der richter oder der statredner zuo ainem feur
chöment, an swelher gajgen dag sey, so habent sie bald
gewalt . . . daj sie ab haiggen prechen ainen first oder
mer. Münchner stadtrecht art.3Qö; unverbunden: er gevor
zuo der stat redner. art. 201 ; vgl. redner 2, theil 8, 485.
übertragen auf die römischen consulartribunen : ward also
aber ein neus regiment aufgericht in der stat Rom,
wurden jerlich erweit die 5 statredner und 2 paumaister
oder kirchenpröbst. Aventin chron. 310, 23.
STADTREGENT, m., wol dasselbe wie bürgermeister. stadt-
regent, praefectus urbis, rector reipublicae. Stieler 1574;
stadtregent, reggente, console di cittä. Kramer dicf.
2(1702), 902»; doch vgl. auch oben stadtmeister {sp. 483).
STADTREGIERUNG,/. .- stadtregirung, governo. reggenza
della cittä, it. politia, forma di governo cittadino, demo-
cratico d oligarchico. Kramer rfic^. 2(1702), 902"; jeder zunft
wird wieder durch die gröszere genossenschaft der stadt-
regierung bis ins kleinste verordnet, welche arbeit sie
schaffen darf und welche nicht; endlos sind die colli-
sionen der zunftinteressen , eifersucht und polizeiliche
Verordnungen. Freytag 17, 15.
STADTREGIMENT, n., vgl. das vorhergehende .- stattlich-
eyt, Stattregiment, politeia. Dasypodius; stattregiment,
governo, politia, reggimento d'tina republica. HuLSics
(1618)238»; Stadtregiment CoRviNUS /orw ^^. re^.; stadt-
regiment, respublica, civitas, politia, municipium,. Stie-
ler 1575 ; Stadtregiment, governo, reggenza deüa cittä. it.
politia, forma di governo cittadino, democratico o oligar-
chico. Kramer dict. 2 (1702), 902"=: der antrag hatte übrigens
eine umfassendere tragweite auf herstellung des vormärz-
lichen zustandes in Frankfurt überhaupt, und damit auf
beseitigung der zur zeit im stadtregimente herrschen-
den gothaischen partei. Poschinger Preuszen im bundes-
tag 1, 31.
STADTREIF, m. n. holzmasz der stadt Würzburg von
fünf schuh höhe und fünf schuh breite: die holzkam
sollen gerade einen Wirzb. stadtreif holz fassen, verordn.
fon 1744 bei Schm.* 2,66.
STADTREISENDE, m. kaufmännischer reisender, welcher
nur die künden in einer stadt besucht, welcher für die
kundschaft nur einer einzigen stadt angestellt ist.
STADTREISIGE, m. der kriegstüchtige mann der stadt:
sein {des königs) graf oder dienstmann führte die stadt-
reisigen. Freytag 18, 113; er {Kunz von Kaufungen) war
in der groszen Nürnberger fehde von 1449 bis 1451 neben
einem Reusz von Plauen hauptmann der stadtreisigen
von Nürnberg gewesen. 314; {erst zur nachtzeit) wurden
die pferde aufgeboten, an die wagen des Junkers geschirrt,
und von allen stadtreisigen und den männem der familie
geleitet, vermischte aufs. 2, 9 Elster.
STADTREITER, m. reiter. soldat zu pferde im dienste
der Stadt: der hagere starkknochige gesell mit schmalem
angesicht, das bleich und verbrannt und trotz der Jugend
durch hartes leben und ausschweifungcn gefurcht war,
sah auf seinem struppigen klepper gegenüber dem rund-
lichen Stadtreiter aus wie aus einem andern lande.
Freytag 11, 75; und als er {der Eppele von Geilingen) da-
rauf durch die stadtreiter weit verfolgt wurde, sprang er
495 STADTREITUNG— STADTRICHTER
STADTRICHTER AMT— STADTSCHANZE 496
vom Hohensleine mit seinem rosz in den Main und höhnte
die reiter: 'keiner von euch hat ein gutes pferd'. 18,314.
STADTREITUNG,/. im steirischen stadtrechnung : wcre
alsdann in negst verrückt stattraitung befunden, tirol.
tceisth. 3, 21, 32; vgl. reitung 2, tlteil 8, 790.
STADTREPUBLIK, / stadt als selbständige repuUik:
darunter (tm<er den spazieren gehenden) befand sich in der
that Bodmer mit seinem gefolge und besprach im gehen
den unterschied zwischen ideal und Wirklichkeit, zwischen
der republik Piatos und einer schweizerischen stadtrepu-
blik, wobei er auf alle möglichen Vorgänge zu sprechen
kam und allerhand dummheiten und Unzukömmlich-
keiten mit unverkennbaren seitenhicbcn bezeichnete.
Kei.mci; 6, 177.
STADTRESCHER, m. name eines im haufache thätigen
städtischen beamten. UngerKhull 567''.
STADTRICHTER, m.. roelcher in der stadt recht spricht •
statrichter Sghotiel 450''; der oberste stadtrichter. Co-
MENIUS; Bi&dirichier, praetor urbautis sive togatus. Stie-
i.ER 1556; stadtrichter, giitdice della cittä. Krameh dict.
2 (1702), 902»; stadtrichter, judex civium. Frisch 2, 315';
stadtrichter, xcelcher im stadtgei-ichte den vorsitz führt.
Adelung; vielleicht schon mhd. ah compositum:
der stat rihtsere von der burc ze Baljän,
durch das *r die geste s6 riebe da gewan,
mit sinen burgseren reit er da si vunden
die spa;he koufliute. Küdrün 293, 1 ;
dO sprach der stat rihtsere: 'ich so! da; wol bewam,
da; man iht tuo gewaltes . . .' Otnit 256, 3;
und wag da selber entzwischen (zwiscTien den angegebenen
grenzen) geschieht, darumbe sol der statrichter richten,
an über pfaffen ain und wag geistlicher sache ist, über
die tuemmaier und hueber nicht, eg wer, dag sie ge-
schäft triben, so süllent si dem richter geben elich
täding. tirol. iceistli. i,3Si, 2; aver gewalt und frävel und
alle Unzucht hat ain statrichter ze richten, wa dag in
dem gericht beschicht. 11; (es gehören) mer X fl einem
statrichter zu Braunegk. 474, 1 ; item es ist auch von alter
herkomben, dasz kainer . . . kainen wein in die statt
niderlege auf den fürkauf, dasz der iber drei tag liget,
er hab dann des statrichters verlaub und willen. 606,9;
von ainen ehrsamben burgermaister , stattrichter und
rath, auch gmainer burgerschaft zu Gmindt. steir. tai-
dinge 6, 458, 27 ; swer in die stat gelten sol, den sol u;iscr
sachwalt oder unser statrichter auf beschaidenhait hin in
belaiten. {zum jähre 1296) monum. Wittelsbacensiu 209,11;
wag da geschit in den gruben unde an den leitteren unde
an der hengebanc, dag sal der bercmeister richten, wag
aber da ugenwendic geschit, dag sal richten der stat-
richter. Freiberger stadtrecht 37, 3 Ermisch; wag uf dem
gebirge geteidinget wirdet vor gerichte, dag bezugit ein
man wol herin mit dem richtere unde den geswornen
luten. unde der statrichter sal si herin twingen zu rechte. 7 ;
ist aber, dag der statrichter unde di geswornen von der
stat unde ouch ander burger . . . kumen uf dag gebirge
allen enden, wo dag ist in dem lande, unde haben da
z\x schaffene, di sullen swert unde meggerc tragen ane
vare zu rechte. 10; {von der ausstoszutig eines klerikers:)
beschoren in einen kittel gekleid, ein schwartz zurschnit-
tens paret auiTgesetzt und dem stadrichter uberantwort
als einen leien. Luther 3, 418»; darnach hat in der stad-
richter genomen und gebunden wider aufl das schlos ins
gefengnis gefürt, ebenda; der stadtrichter Körner. Schil-
ler 4, 188; 'das musz morgen scharf untersucht werden',
sagte der stadtrichter freudig. J. Paul biogr. belust. l, 137;
der stadtrichter holte durch vormittägige Schanzarbeiten
zu nachmittägigen kanikularferien aus, um den adjunktus
zu genieszen. 149; der stadtrichter fing an und sagte: 'als
zeitiger und wohlbestallter gerichthalter von Obersees
verordne und befehl' er hiermit, . . .' 170; da ging der vor-
nehme stadtrichter an ihm vorbei, der ein neugieriger
und dabei ein gewaltthäiiger mann musz gewesen sein,
und der gerichtsdicner kam hinter ihm drein. Herel 8,14;
das half alles nichtit, und der stadtrichter gab dem gerichts-
diener zuletzt wirklich den befobl, diesen widerspenstigen
menschen wegzuführen. I6; (an der hauathüre.) wo sie
oüt einem freundlich gelispelten 'gute nacht!' vollsländig
die Oberhand gewann über den ftjultrichtrr. Keller 6,194.
dau tUr •tadtrichUr ein bmmtmr dies königs oder über-
haupt landesherrn tcar, machen nebeneinanderstellungen icie
Stadt- und gaurichter, stadt- und landrichter wahrschein-
lich ■ der ehrehaffte dnus. Knipschilt gau und stadtrichter
zu Medebach. ueisth. 3,76; statt- und lantrichtcr. tirol.
weisth. 1,9,11; Sebastian Pranter, statt- und lantrichter
allda an Meran. 4,22,45; nicht weniger und vorderist
würdet selbiger auch erinnert, das er dem herrn kelen-
ambtsbeamten, wie auch h. h. stat- und lantrichter, wie
von alters, die gebürende gehorsamb zu laisten. 41,43.
doch gegensätzlich zum landrichter: ist ouch, dag sich
lute werren in dem lantgerichte unde kumen des in dag
wikbilde unde slan da wunden oder wag si da tun, dag
sal der statrichter richten zu rechte. Freiberger stadt-
recht Z9,i Ermisch; ist aber, . . . dag sich der gast von
im {dem Zöllner) inprichet mit rechte, so hat der lant-
richter keine buge dran, ist, dag sie den gast herin vuren
wider ing wikbilde, wag si denne zu teidingene haben mit
einander, dag sal der statrichter richten zu rechte. 40, 13.
STADTRICHTERAMT, n. amt des stadtrichters : also ist
dermahln der durch gottes gnade noch lebende Groschupff
... als wohlverdienender ober-stadtschreiber bei seinem
stadtrichteramt und anderer berg-function ... zu benennen,
von mir ... bey seiner stadtrichter-location {ein-
setzung in das sUidtrichteramt) mit einem sonderbahren
epigrammate beehret worden. Meltzer historia Schnee
bergensis 435 (436).
STADTRINGMAUER, /. mauer, welche rings um die
Stadt läuft, vgl. oben Stadtmauer {sp. 481) : die kämpfe
und krämpfe des mittelalters waren hier {in Florenz) zu-
sammengepreszt in der stadtringmauer. Mosen (1863)8,32,
STADTRÖMER, m. Römer aus der stadt {Rom): kurz,
scharf, behend sprach und gestikulirte der stadtrömer,
der Germane begeistert, oder mit bedächtiger Sammlung.
Freytag 17,50.
STADTRÖTLING, m. eine art des rotschwänzcheiwi, mota-
cilla phoenicurus, Kelches sich innerhalb der Stadtmauer
aufhält; vgl. rötling theil s, 1313; stadtröthling Adelung.
Naumann vögel Deutschlands 3, 525.
STADTROTSCHWANZ, m., gleich dem vorigen. Nau-
MAN N Vögel 3, 525 ; gerne im deininut. stadtrotschwänz-
chen, n. ebenda.
STADTRÜCHTIG , adj. in der ganzen stadt bekannt,
übel beleumdet, berüchtigt, in älterer .spräche stadtruchtig
{vgl. ruchtig , adj. theil S, i3i3): Barrabas erat ein stad-
ruchtiger morder und ward eingesetzt per Pilatum durch
ordentliche gewalt. Luther 28,325,1 Weim.ausg.; Barrabas
war ein auffrhürer und mörder, war im aufTrhur ergrifTen
und hatte einen mord im auffrhur begangen, und solches
war nicht allein stadrüchtig, sondern auch Barrabas war
auff frischer that ergriffen und durch Pilatum als durch
ordenliche gewalt ins gefengnis gelegt. 13; widerumb aber
weil Barrabas ein stadrüchtiger aufTrhürer und mörder
ist, werden die jüden müssen begeren das ich jm sein
recht thun lasse. 22. in niederd.form stadrochtig: nach
dem dat statrochtich sy, dat ... quelle bei Schiller-
LÜUHEN 4, seg*"; unde wat dcne borde to donde, dat wolde
de rad unde de meyne stad myt one don, darumme dat de
kundcghinghe stadrochtich were. d. städtechron. 16, id.n;
also dat dat gantz statrochtig ward unde dat volk ghe-
meynliken seden. 28, 7.
STADTRUTE, /. ein städtisches längenmast. vgl. ruie
II, l,b, e, theil 8, 1.565. in Nürnberg die stadtruthe 10 bis 12
ftMZ messend. Jacobsson 7, 419; vgl. auch entsprechende
bildungen wie stadteile, stadt masz {sp. 481), stadtreif.
STADTSACHE,/, sache. uxlche die stadt angeht. Cami'k;
im plur. stadtünchen, res eivicae, eiviles. Stieler ifi.'v«;.
STADTSÄCKEL, m., s. stadtseckel.
STADTSAGE, /. sagenhafte geschichte, tnelche man sirJt
in der stadt erzählt: von diesem thurmc geht eine alte
stadtnage; eine stadlsagc berichtet.
STADTSASSE, m. Stadtbewohner: eyn stattsasz, oppida-
nus. Dasypodiur. vgl. sasse M«t/ 8, 1808.
STADTSCHADEN, m. schaden, welcher dit stadt betroffen .-
gegenwärtig wird ein stadtschadcn von .19000 mark auf
die bewohncr unigolcgt. Wörls r«',vc/ifl»i</6. Wil d Imd ' ii.
STADTSCHÄFKHKI,/. von der stadt betriebene achäferei.
STADTSCHANZE,/., vgl. oben stadtbastei (sp. 441); plur.
Stadischanzen, casteUa. Stikler 1843; stadtsohant/en,
497 STADTSCHARWACHE — STADTSCHNEIDER
rampari, npari, basti&ni, fortißcationi d'una citta. Kram er
dict. 2 (1702), 902».
STADTSCHARWACHE, /. icaeh und Sicherheitsdienst
in einer stadt, auch das verliesz für die gefangenen be-
zeichnend, vgl. oben stadtgefängnis (»p. 460).
STADTSCHARWÄCHTER, m. zur stadtscharwache {s.
das vorhergehende) gehörig: ei, sie kannten ihn bald, die
Schenkwirte und tollen gesellen und Vaganten zu Magde-
burg, die mägdelein und die stadtscharwächter. W. Raabe
lialb mähr, halb mehr 89.
STADTSCHATZ, m. schätz einer stadt. Campe.
STADTSCHEFFEL, m. scheffelmasz einer stadt. vgl. ent-
.sprechend oben stadtelle, stadtreif, stadtrute: statschefTel
Zicickaüer mühlenordn. von 1333 bei Lexek mhd. wb. 2, 1151.
STADTSCHENKE, /. mirtsliaus in der stadt: er befahl
dem stadthäscher, die westenknöpfe der biergäste in den
stadtschenken zu zählen und mit den kreidestrichen der
wirthe zu konfrontieren , um hinter die mäszigkeit der
einen sowol zu kommen als hinter die ehrlichkeit beider.
J. Paul 17, 148.
STADTSCHIRiMER, »». der die stadt beschirmt. Campe.
STADTSCHIRMERIN, /. zu dem vorigen, die stadt-
schirmerinn. Campe.
STADTSCHLÄCHTER, m., s. oben stadtmetzger {sp. 484):
ach Schwester, wenn wir doch den stadtschlächter zu
unserm blutsverwandten hätten. Arnim 7,25.
STADTSCHLINGEL, m. schlinget, unnützer bursche aus
der Stadt: während der ehrliche tagelöhner den stadt-
schlingel von oben bis unten mit der allersouveränsten
Verachtung ansieht. Gotthelf Kathi c. 9. in älterer
.spräche stadtschlüngel {vgl. schlingel theil 9, 728): und
haben die groben unadlichen luntrossen, die stadtschlüngel
und die dorffüze noch nicht soviel gelernt, das sie unter
dem gottes wort, das gepredigt wird, und der person des
Predigers kündten unterscheid machen. Luther 23, 305
Erlanger ausg.
STADTSCHLOSZ, n. {festes) schlosz bei einer stadt, s. oben
stadtburg (*p. 447) : si&äischXosz, castdlum urhis. Stieler
1842; stadtschlosz, easteUo di cittä cioe cittadina. Kramer
diet.2{ViQ2), 902»; nach Campe auch schloszartiges regierungs-
gebäude einer stadt.
STADTSCHLOSSER, m.: stadtschlosser, ehiavaio della
eittä. Kramer dict. 2 (1702), 902''.
STADTSCHLÜSSEL, m. Schlüssel zu den thoren der stadt:
Stadtschlüssel, chiave della cittä. Kramer dict. 2 (1702), 902»;
pltir. Stadtschlüssel, claves civitatis. Stieler 1844; einem
oberherrn die stadtschlüssel präsentiren, presentare le
ehiaii della cittä ad un prencipe sourano. Kramer a. a. o.;
in einiger entfemung von Sachsenhausen war ein zeit
errichtet, in welchem der ganze magistrat sich aufhielt,
um dem oberhaupte des reichs die gehörige Verehrung
zu bezeigen und die stadtschlüssel anzubieten. Göthe
24,302; ja wir hätten uns vielleicht von den fenstem
zurückgezogen , wenn wir nicht noch ... in der letzten
{kutsche) den rathsschreiber mit den stadtschlüsseln auf
rothsammtenem kissen hätten in angenschein nehmen
wollen. 306; man brachte dem sieger die stadtschlüssel
entgegen. Campe; der ausfall war trefflich gewählt, denn
die diebsferaner wollten eben einen einfall thun durchs
obere thor, und so sich die stadtschlüssel oder stadt-
dietriche selber schmieden. J. Paul 34, 135.
STADTSCHMIED, m. .- der veilnhawer was des reichen
Peter schmids sun pei sant Alartha, was der statschmid.
d. städtechron. 11, 698, 21, tco an einen aus der zunft der
achmiede besonders hervorragenden meister zu denken ist.
im gegenaatz ztim dorfschmiede: und durch den stadt-
schmied leben hundert dorf schmiede , die ihm in die
band arbeiten, und ihm die menge von waaren liefern,
welchen er die letzte feile und seinen namen giebt.
Moser patriot. phant. 1,28.
STADTSCHNACK, m., entsprechend schnack 4, b, ^.9,ii55,
im steirischen spöttische bezeichnung für einen Städter.
Unoer-Khull ae?»», v>ol mit bezug auf sein schwatzhaftes
Wesen.
STADTSCHNACKEL, m. im steirischen gleich dem vorher-
gehenden. UN<iER-KHULL öev*.
STADTSCHNEIDER, m. sartore deUa eittä. Krameb
diict. 2 (1708), 908''.
X. t.
STADTSCHÖFFE— STADTSCHREIBER, 498
STADTSCHÖFFE, m. schaffe, der dem stadtrichter {s.
sp. 496) das recht finden hilft: nach der statschepfen
urteil. Breslauer urkundenb. l, 50 {vom jähre 1280).
STADTSCHONE, /. schönes mädchen aus der stadt. im
gegensatz zur dorfschönen {theil 2, 1285). Campe.
STADTSCHORNSTEINFEGER, m.. dessen fegebezirk die
Stadt bildet, im, gegeiisatz zum landschornsteinfeger.
STADTSCHÖPFüNG, /., icie stadtgründung («p. 465):
Karlsruhe, eine fürstliche stadtschöpfung.
STADTSCHRANNE,/., entsprechend schranne4(fÄ.9,1643),
die .städtische gerichtsbank, auf welcher stadtrichter «nd
Stadtschöffen sitzen: so stet unser Öffnung umb die statt-
schrann vor des Zerrenmantels haus, und ist es schön
und regent oder sneibt nicht, so mag der stattrichter
sitzen ausserhalb des gewelbs, doch mit dem rugken an
das gewelb; ist aber, das es regent oder sneibt, so sol
und mag der richter hin in sitzen under das gewelb mit
den rugken an die heuser daselbs. tirol. iceisth. l, 232, 5.
STADTSCHREIBER, m. öffenüicher Schreiber der stadt.
welcher dem, rate beigeordnet ist. vgl. oben das seltnere
Städteschreiber {sp. 455): der oberst Schreiber, cantzler,
Stattschreiber, archigrammateus. Dasypodius; der statt-
schreyber, scriptor, pragmaticus. Maaler 385"=; statt-
schreiber, le greffier d'une ville; iL secretario d'una cittä.
HuLSius (I6I6) 307»; Stattschreiber, segretario della cittä.
(1618) 238»; der stattschreiber Comexius sprachenth.im reg.;
ein Schreiber, stattschreiber, scriba. CoRvixus/on« lat. 576;
rahtsschreiber, sive stadt Schreiber, amanuensis euriae. ma-
gister publicarum literai-um. Stiei.er 1922; stadtschreiber,
scrivano, scriba, registratore del publico. Kramer dict.
2 (1702), 902»; stadtschreiber, secretarius ciritatis. Frisch
2, 315» ; stadtschreiber, Protokollführer des rates. Adelung ;
vgl. stadschry ver , greffier, scriba, graphiarius. Kilian.
s. auch unten stadtsekretär. uji des stadtsyndikus {s. unten)
stelle: iren syndicum oder stattschreiber. Kirchhof «wnrf-
unmuth 133». mhd. statschribsere, statschribser:
ich waen an den statschribaer
der rihter gar verirret waer.
Heinr. V. Beringen schachged. 9580
Zimmermann.
Cunrat von Cham, stattschryber Zürich, weisth. 1,63; {es
ist) nach besichtigung der gmeind Rorbiss by der kilch
Öffnung durch den stattschryber von Zürich inn gschrifft
verfasset, und zesamen inn diss büchli und offnung ge-
zogen worden. 89; hilff des fümemen, wysen Gebhart
Hegners der zyt stattschriber ouch burger zu Wintherthur
unnd geschworner schriber inn einem ampt der graff-
schafTt Kyburg. 108; ich Herman Hertdegen, statte-
schriber zu Thüringkein. 4,209; Nicolaus statschreiber
daselbst {zu Bensheim). 1, 468; vor mir Johan Fuchs, notario
und dieser zeit stadtschreiber zu Buchsweiler. 752 ; Petrus
Schneider, der zeitt stattschreiber zu Münster in sanct
Gregorien thal, ausz kays. maj. gewalt ein offner gesworener
notarius. 4,234; statt dessen atich: von dem underrichter
und statschreiber, dem wir auch alle jar ain lezelten
geben. 6, 180. herr Syman Moriz, stat- und grichtschreiber.
tirol. iceisth. 3,53,29; es hat sich ouch vormals begäben,
als Oporinus und ich professores waren, und mich der
herr stadschriber, do dcputat, fraget in sinem husz . . . Th.
Platter97 ; ein ehrbar raht jren stattschreiber . . . mit sich
nam. Kirchhof (cend««»i. 133»; der stadtschreiber (welche
leuth dann zimlich kirr zu werden pflegen, wann sie gleich
keine stimme haben) fieng an, etlichen gelehrten raths-
verwandten seine meinung ohnbefragt auff lateinisch zu
vernehmen zu geben. Sirnplicissimus 1121 Keller; neulich
bekam ich einen brieff, der war unterschrieben datum
Kunratsheim durch Peter Aschern, stadtschreibem daselbst.
Grvphius Peter Squenz 19 neudr.; Michael Cardinal, ein
gelehrter mann, der aber nicht stadtschreiber blieben,
weil er balde stadtrichter worden. Meltzer historia
Schneebergensis 434; Bartholomäus Pfenner, . . . der ein ge-
lehrter Jurist und in die 43 jähr stadtschreiber und letz-
lichen zugleich rathsherr gewesen, ebenda ,- wie {er) nicht
weniger, wenn ein stadt- oder gerichts-schreiber nicht ein-
heimisch oder etwa kranck ist, dessen Verrichtung auf
sich nehmen musz. 436; Julia Peutinger, das geehrte vier-
zehnjährige kind des stadtschreibers {Conrad Peutinger).
Arnim 3, 193; er {der bOrgermeiater) empfahl die berren in
32
499 STADTSCHREIBEREI — STADTSCHUH
STADTSCHULD— STADTSCHÜTZE 500
dieser angelegenheit dem stadtschreiber. Freytag 6, 149;
der stadtschreiber neigte sich respectvoU vor seinen col
legen von der feder, ergriff ein rostiges Schlüsselbund
und öffnete das kleine gewölbe des ratiiauses, wo alte
akten in dicker staubhülle die zeit erwarteten {wo sie ein-
gestampft werden), ebenda; der stadtschreiber betheuerte,
man wisse hier nichts von der alten zeit und kümmere
»ich gar nicht darum, ebenda; kommt, bruder stadt-
schreiber, und weist mir den kram, den eure städter
heut auslegen, ii, 9; nur der stadtschreiber Seifried wollte
seine Verachtung nicht bergen, als er am ende halblaut
frug, ob er den verfall unter der rubrica gaunerei oder
gewaltthat gegen den rath in das stadtbuch eintragen
solle. 55; sogar der stadtschreiber Seifried, der wegen
seiner bösen zunge im Artushof nicht gut beleumdet war,
kam zur Unterredung. 133; es sind nicht mehr die vor-
nehmen Benedictiner , welche schreiben, sondern kleine
leute, bettelmönche, stadtschreiber und ehrliche bürger,
welche aus dem gesichtskreise ihrer mauern die welt-
ereignisse beurtheilen. 18, 93; als er bei dem stadtschreiber
ein buch über das concilium mit reichem bilderschmuck
und den wappen aller fürsten und herren sah. verm.
aufs. 2,11 Elster; Diebold Schilling II, kaplan zu Luzern,
welcher als gehülfe seines vaters, des Luzerner stadt-
schreibers, selbst zu Stanz anwesend war. 50. im vergleich :
er hat bände zart wie ein Junker und waden wie ein
stadtschreiber. Pestalozzi Z/ren/wirrfM. Geri^rud l (1790), 42.
vgl. unten stadtschreiberwade. stadtschreiber als bezeich-
nung einer sdtachfigur, s. oben den beleg aus Heinrichs
V. Bekingen schachbuch, in weiterer Zusammensetzung:
stadtschreiberamt, n. amt des stadtschreiber s. stadt-
8chreiberdeutsch,n. .- d. Mengering hat auch zu seiner
zeit darüber geklaget: man musz sich auf cantzeley- und
stadtschreiberteutsch legen und die predigten müssen mit
krausen prächtigen werten, formuln und arten zu reden
nach der weit manier und plaisir eingerichtet seyn.
Luther der beste prediger (1722) 17; stadtschreiber-
dienst, m. dienst des stadtschreibers : nachdeme aber
an. 1624 die kirchen daselbst (in Schlackenwalda) gesperret
worden, ... ist er im maj des 1628 sten jahres zu dem
damahls vacirenden stadt- und gerichts-schreiberdienst all-
hier gelanget und in demselben ein wohlverdienter mann
worden. Meltzek hisioria Schtieebergensis 434; stadt-
schreiberruh,/. spöttisch, ruhe, wie sie der stadtschreiber
pflegt, in der form städteschreiberruh {vgl. oben
st&dtesohreiber sp. 455):
bistu denn es.sens satt, und hast was uberdroschen,
die aufren wollten zwar, nichts aber in die goschen
zu kriechen mehr gelüst; die äugen falln dir zu
und wollen, wie man spricht zur städteschreiberruh.
ScHEiDT Orobianm 139.
stadtschreiberwade, /. wade, so dünn wie die eines
stadtschreibers: nur der junge Galli, der eben da sasz,
muszte über die stadtschreiberwaden lachen. Pestalozzi
Lienhard u. Gertrud (1831)1,37.
STADTSCHREIBEREI,/, amt. arbeit des stadtschreibers:
Christian Spitzner, . . . welcher vorhero 5 jähr lang bey der
stadtschreiberey als ein amanuensis gebrauchet. Mei.tzeh
historia Schneebergensis 436; auch sein amtslocal: auf der
sladtschreiberei nachfragen, als bezeichnung der person
de* stadtschreibers: die stadtschreiberei wuszte ein wenig
unter den alten papieren bescheid, begriff auch vollständig
die Wichtigkeit der mittheilungen, welche von ihr er-
wartet wurden, versicherte aber der Wahrheit gemäsz,
dasz . . . jede alte nachricht verloren sei. Frevtacj 6, 149.
STADTSCHREIBERIN, /. frau des stadtjtchreibers : ihr
kinder, sagte die stadtschreiberin , bauersgulden kosten
in der stadt nur drei batzen. {aus der Werragegend.) wie
da» vUk spricht 1838.
STADTSCHREINEK, m. marangone deüa cittä. Krämer
diet. i (1702), 902'>.
STADTSCHRIFT, /., plur. stadtschriften, Schriften und
Urkunden der stadt : stadtschriften, acritture, archivi d'una
eUtä. Kkamru diet. » (i7oa), Boi*. in alt«n stadtsohriften
findet sich . . .
STADTSCHUH, m. I) besondert feiner schuh, tcie er in
der »tadt getragen wird, im gegenjNits iu den derberen
iMUieriMcUuhen : der schoerer ist ein ausgemaohter hcrr.
er darf unser einem wohl nicht antworten; er trägt j»
spitzhosen, stadtschuhe und am sonntage manschetten.
Pestalozzi Lienh. u. Oertr. 1, 42.
2) ein in der stadt gebräuchliches U7id erlaubtes längen-
masz, vgl. oben stadtrute (*p. 496): der {der lusthäuschen)
mag yemant eins und nit mehr in seinem garten haben,
machen lassen und gebrauchen, doch nit grosser, dann
sechzehen statschue lang, sovil preyt und auch sech-
zehen statschue ho bis an das tach. Nürnberger polizei-
ordn. 922; von einer rutten, die hat dreizehen stat schucb.
Tücher baumeisterb. 51, a; also das sie alle stein an
rechter leng , das ist drei stat schuch , auch legers dick
und preit . . . prechen wollen. 80,13; so ist binden von
demselben stadel pisz auf den obgeschriben ursprting des
Wassers pei neunundzweintzig stat schuch. 163,16; niemant
soll auch kein heimlich gemach in den Vischpach leitten
noch auf zehen stat schuch auf das minst hinzu nit haben.
231,18; so soll der stat paumeister das in acht haben
und des nit gestatten zu pawen, es pleib dann acht-
zehen statschu zwischen der statmeur und solichen newen
gepeud ligend. 261,30; item der knöpf, so man auf den
gemelten turn am eritag vor Viti (1483) . . . gehaben, hat
in zirckcl an der weiten 8 statschuh 8 zoll , an der höh
2'/a zoll und 2 statschuh. d. städtechron. 11,477, 12. 13;
das {bild ApöUo») war hundertfünff stattschuch hoch.
H. Sachs 16, 199, 30 Keller-Oötze.
STADTSCHULD,/., plur. stadtschulden, welche die stadt
zu zahlen hat. Campe: stadtschulden, nomina civitatis.
Stieler 1940.
STADTSCHULE, /. l) schule in der stadt, im gegensatz
zur dorfschule. Adelung.
2) öffentliche, von der stadt unterhaltene schule: stadt-
schul, schola publica civitatis. Frisch 2, 315»; Stadtschule
Adelung, man spricht in gemeinen Stadtschulen von
in succum et sanguinem convertiren, aber man giebt,
ich wette, diese redensart offt aus ohne sie zu kennen.
Lichtenberg aphorismen l, 128 Leitzmann ; aber Berthold
setzte seinen schreiberstolz darin , ihn allein weiter zu
bringen, als die bequemen geistlichen in der Stadtschule es
mit allen Züchtigungen bei den Stadtkindern vermochten.
Anrim 3,38 {kronenic. 1,3); denn die stadt hat nicht nur
einige Stadtschulen, welche von den pfarrgeistlichen beauf-
sichtigt werden, auch eine höhere lateinische schule . . .
Freytag 18, 127; die leistungen meiner bescheidenen
armenschule . . . erwiesen sich bei der aufnahmeprüfung
so genügend, dasz ich neben den Zöglingen der guten
alten Stadtschulen vollkommen bestand. Keller 1,128;
von der Stadtschule her und aus dem konfirmationsunter-
richte hatte sie die Übung ununterbrochen beibehalten,
aufsätze und geistliche memorierungen und allerhand
spruchweise Schemata zu schreiben. 4, 282.
STADTSCHÜLER, m. schüler einer Stadtschule. Campe.
STADTSCHULLEHRER, m. lelirer einer Stadtschule.
Campe, dazu stadtschullehreramt, n. {ebenda) und
stadtschullehrerstelle,/. amt, stelle eines stadtsclttd-
lehrers. ebenda.
STADTSCHULMEISTER, m. Schulmeister in der stadt,
im gegensatz zum landscluilmeister {theü 6, 135). dazu
stadtschulmeisterei,/. amt, stelle, wohnung des stadt-
Schulmeisters.
STADTSCHULTHEISZ, m., welcher im namen des königa
recht spricht, s. auch oben stadtanwalt {sp. 489) und stadt-
richter {sp. 496): ein richtcr in der stadt, stadtvoigt, stadt-
schultheisz, praetor urbanus. Cürvinus fons lat. 238*;
si&AiscXwiMeis, praetor urbieus. Stieler 825; stadtschult-
hcisz, pretore. podestä , pr^etto, governatore delUi cittä.
Kram ER dü;<. 2 (1702), 902»; stadtschuldheisz, vorgesetzter
eines Stadtgerichtes. Adelung; stadtschultheisz dann attch
in einigen atädten bezeirJinung des bürgermeisters . so im
}Valdeekschen. Bauer Collitz 173. 174; in Würtenberg
UÜNTIIEH recht u. spräche 109 anm. 180. dasu das stadt-
schultheiszcnamt, n. amt eine» stadtsehultheisten :
stadtschuidheiszenunit. Campe.
STADTSCHUSTER, m. sartore dMa cittä. Kramer diet.
8 (1708), 908'>.
STADTSCHUTZ, m. prae^dia urbia. Stieleh 194«.
STADTSCHÜTZE, m.. slalschUlze quMe vom jähre um
im Lripz. urkundenb. l, 176.
501 STADTSCHWALBE— ST ADTSIEGEL
STADTSCHWALBE, /. acJncalbenart, tceldie in der stadt
nistet, hinindo urbica. stadt- oder fensterschwalbe. Oken
7, 94. Naumann vögel 6, 49. vgl. holt, stadzwaluw.
STADTSCHWLMMER , m. in Österreich 'ein in Stahl-
federn hangender tragen, damit in de>' stadt (spazieren) zu
fahren'. Campe, vgl. Schwimmer 3, e, theil 9, 2643.
STADTSECKEL, m., s. auch oben stadtbeutel (ßp. U2),
öffentlicher seckel der stadt: stadtseckel, aeraritis. voeab.
V. 1509 11; der stattseckel, der gemein seckel nnd schätz
einer statt, aerarütm. Maaler 385"=; stadtseckel, borsa cioe
erario, peeulio della citta 6 del commune. Kramer dict.
2 (1702), 902*. dem stattseckel rechnung gSben, ad aerarium
rationes sttas referre. Maaler a. o.; der stadtsäckel
(alt-Berlins) war immer gar ansehnlich gefüllt durch die
einnähme ans den Zinsen der kammereidörfer Stralow,
Neuhof . . . und des stadtforstes, des zolls. der niederlage,
der statte- und platzgelder, der gewerkhäuser, des buden-
und markzinges und der Schankgerechtigkeit. Hesekiel
Nürnberger tand 1, 125.
STADTSEITE, /. l) seite. auf irelcher die stadt liegt:
indem ich aber, um an den mittelpunkt zu kommen, der
die freyeste aussieht in das offene meer gewährt, an den
häusern hinschlich, die ihn von der stadtseite her ein-
schlieszen, ... ThCmmel reise 6,277; sie muszten jetzt
einen weiten um weg durch feld und wiesen machen, um
die feste des burggrafen zu erreichen, zu der niemand
von der stadtseite aus unmittelbar gelangen konnte.
Hesekiel Nürnberger tand l, 16; eine winde im wächter-
zimmer war zu doppeltem gebrauche eingerichtet, sie hob
in einem groszen eimer von der stadtseite zu bestimmten
stunden seine (des Wächters) lebensmittel empor und nahm
in demselben eimer von der landseite nach dem unerbitt-
lichen thorschlusz alle verspätete Sendungen an rath und
bürger der stadt . . . auf. Arnim 3, 12 (krotietiw.); er (der
kästen) wurde an der winde nach der stadtseite befestigt, 82.
2) dann auch die nach der stadt gelegene seite eines
gegenständes, einer örtlichkeit: die stadtseite des walles.
C\mpe (unter böschung).
3) gegend, theil einer stadt: bei diesen worten zog er
den alten Martin über die trümmer der wüsten stadtseite
fort Arnim 3,44 (kronenir).
4) übertragen stadtseite partei der stadt: die Schlösser
aber beider stadtseiten hatten pforten auf das feld, so
dasz sie sich ohne alles hindemisz nach möglichkeit
stärken und leute, so viel sie wollten, einlassen konnten.
Freytag 18, 432; hierher auch: die damen der prinzessin
begrüszten und ordneten die frauenweit durch leise winke
zu einem kreis, . . . auf der einen seite die familien des
hofes, auf der andern die stadt. die gaste fügten sich
mit behendigkeit dem zwange der mathematischen linie,
nur auf der stadtseite gab's kleine Unordnung. 7, 208.
STADTSEKRET, n. geheimsiegel der stadt: und von disser
abred ward yeder zunfft ein geschrifft geben und mit dem
statsecrett zä halten versiglet, uff zinstag den 6. tag
january anno 1529 jar. Basler chron. 6, i\b,h.
STADTSEKRETAR, m. heute getcöhnliche benennung des
Stadtschreibers (*. oben): es war damals sitie in unserer
.Stadt, dasz alle öffentlichen bekanntmachungen nicht wie
jetzt durch den prediger in der kirche, sondern aus dem
offenen fenster des rathssitzungssaales durch den stadt-
secretär verlesen wurden. Storm 2, 23; der alte stadt-
secretär mit seinem weiszgepuderten köpf erschien drüben
in dem mittelfenster. 25.
STADTSENIOR, m. titel eines ratsmitgliedes . e. b. in
icalderk.^ien städten. vgl. Bauer-Coli.itz 173.
STADTSIEDELUNG, /. städtische siedelung . sieddung
in form, nach art einer stadt: wo wir auf dem boden einer
recht uralten stadtsiedelung stehen, da werden in der regel
auch reiche trinkwasserquellen sprudeln. W. H. Riehl
culfurstudien 263.
STAIJT.'^IEGEL, n. öffentliches siegel der stadt. vgl. oben
8tadt.«ekret: stadt«iegel, Signum publicum. Dentzi.er
2.264»; B{a.dts\e^c\, sigilhim cifitatis. Stieler 20)9: stadt-
siegel, sigilla ptiblico della cittä 6 del commune. Kramek
dict. 2 (1702), 902*; di purger und purgerinne ... in unser
dtat zu Präge, di briffe haben mit dem statsigel. Prager
stadtreeht s. 97, 109 liössler; brieff mit dem statsigel dar
nber (über einen r-erkauf) geben. 75,ii9; ausser dieser umb-
STADTSITTE — STADTSÖLDNER
502
schrifft: sigiUum civitatis Schneebergensis. 1665. praesentiret
sich die gestalt oder bildung sothanen neuen stadtsiegels
uff dem kupffer-titul über der in risz gelegten bergstadt
Schneeberg. Meltzer historia Schneebergensis 281 ; so siehot
man in solchem alten stadt- oder itzigen gerichts-siegel
schlegel und eisen auff dreyen grünen bergen, darzwischen
ein plötz, und drüber eine crone. ebenda.
STADTSITTE, /. sitte. icie sie in der stadt herrscht:
Stattsitte, oder höfFlichkeit und zucht, eivilitas. Dasy-
PODius; Stattsitte, zucht, urbanitas. eivilitas. ebenda;
Stattsitte, costume, ttsanza della cittä. HcLSius (1618) 238^;
Stadtsitte Campe.
STADTSOHN, m,. söhn einer stadt, bürgersohn. vgl. oben
Stadtkind (sp. 472) : jede der metallnen stimmen (der
glocken) redete vertraulich dem stadtsohne zum herzen,
denn in jeder vernahm er den grusz eines Schutzheiligen
der Stadt und jede hatte hohe stunden seines eigenen
leben« geweiht. Freytag 11, 5.
STADTSOLDAT, m. sddat im dienste der stadt. zur
Stadtbesatzung gehörig: stadtsoldat, mil^s praesidiariu».
Stieler 2055; stadtsoldat, soldato del- presidio, presidiario
6 della gtiamigione. Kramer dict. 2 (i702), 902* ; stadtsoldat,
miles in civitatis presidio. Frisch 2, 315*; stadtsoldat, ztir
besatzung der stadt gehörig. Adelung, da man mich nun
oft mit dem Verluste von Vadutz aufzog , . . . sagte die
hausfreundin, die frau rath, mir mitleidig ins ohr: 'lasz
dich nicht irre machen, glaub du mir, dein Vadutz ist
dein und liegt auf keiner landkarte, und alle Frankfurter
stadtsoldaten und selbst die geleitsreiter mit dem Anti-
christ an der spitze können dir es nicht wegnehmen.'
Brentano 5, 14; er müsse ins Zuchthaus, und der stadt-
soldat, der ihn begleiten sollte, stand schon vor der thür,
denn es war zwanzig stunden weit. Hebel 2,255; unter-
wegs erzählte er dem stadtsoldaten, er sei auch schon
militär gewesen, ebenda; der treuherzige begleiter sagte:
'ich habs nie weiter bringen können, als zum stadt-
soldaten. eigentlich war' ich ein nagelschmied. aber die
Zeiten sind schlimm.' ebenda; 'im gegentheU', sagte der
Frieder, 'ein stadtsoldat ist respektabler als ein feldsoldat.
denn stadt ist mehr als feld, deszwegen avanzirt der feld-
soldat in seinem alter noch zum stadtsoldaten.' ebenda;
zudem, der stadtsoldat wacht für seiner mitbürger leben
und eigenthum, für eigen weih und kind. der kriegs-
soldat zieht in's feld und kämpft, er weisz nicht für wen
und für was. ebenda; 'zudem', sagte er, 'kann ein stadt-
soldat, wenn er nichts ungeschicktes begangen hat, mit
ehren sterben, wann er will, unser einer (ein feldsoldat)
musz sich schon drum totstechen lassen.' ebenda; 'darin
unterscheiden sich die feldsoldaten von den stadtsoldaten',
sagte er, 'dasz sie an einen weiten schritt gewöhnt sind
von dem marsch.' ebenda; ein alter mann mit langem
grauem Schnurrbart und einer polnischen mutze trieb
als kutscher die elenden pferde und sah wild zur seite,
als der stadtsoldat herantrat und sein 'halt, werdal' rief;
denn wegen des durchziehenden französischen Volkes hatte
die Stadt auch für den tag eine thorwache bestellt. Frey-
tag 13, 183; dort (vor dem hause des eommissionsrats) ver-
anstaltete sie (die Jugend) jeden abend unerfreuliche
Ständchen und es nützte nichts, dasz der beunruhigte die
rathsdiener und stadtsoldaten zu hilfe rief, denn die be-
henden musiker verschwanden, sobald die bewaffnete
macht sich näherte. 213; denn das neue Jerusalem sei
im anzuge, das seine eigenen stadtsoldaten mitbringe,
legionen von engein mit feurigen schwertem. Keller
6,362; gegen meck kummt keiner up! säd' de stadtsoldat
un Sprung cewer'n Strohhalm, dat em de h&re up dem
koppe süseten. (Hildesheim.) wie das volk spricht 1339;
anf seinem posten stand ein alter stadtsoldat,
ein sechzipjähreer schütz der nie verlassnen stadt.
nie hat er auf den feind die flinte losgeschossen;
sein kriegesleben war in ^öszter ruh verflossen.
Zachariä 65 (renommiH 4, Sl).
dazii stadtsoldatenstrausz, m. strausz. der mit einem
stadtsoldaten auszufechten ist:
mit edler deutscher rohheit aufgeputzt,
keck wie ein barsch im stadtsoldatenstrausz.
\V. MCllbr ged. 1, 3.
STADTSÖLDNER, «i. söldner im dienste der stadt, vgl.
das vorhergehende: denn ich vernahm das klirren eines
32*
503
STADTSPERLING - STADTSUCHT
STADTSÜNDE - STADTTHOR
504
Schwertes auf dem pflaster und dachte, es sei einer von
den Stadtsöldnern, ein wild übermütig volk, das noch von
der belagerung her ein weidlich grosz wort hatte. W. Raabe
halb mähr, halb mehr 79;
bettn uns die staltsöldner erdappet,
der rabenstein bei nacb uns gescbnappet.
H. Sachs /attn. sp. 3, 16, 31 Götze.
STADTSPERLING, m. Sperling, der in der atadt lebt,
im gegeiisatz zu einem dorfsperlinge, vgl. auch oben stadt-
rötling (sp. 496), Stadtschwalbe (jsfp. 50l); die stadtsperlinge
von Thom wiesen der jungen brut die schönen felder
und bäume, an denen sie altes herrenrecht hatten, und
zankten sich mit den dorfspatzen. Freytag 11, 71.
STADTSPITAL, STADTSPITTEL, n..- stadtspital, xeno-
dochium civitatis. Stiele» 2082; stadtspital, spedale del
pttblico o del commune. Kramer dict. 2 (1702), 902». *. auch
oben Stadtherberge (sp. 467). vgl. spitai theil 10, 1, 2556 und
spittel theil 10, l, 2561.
STADTSPRACHE, /. spräche, xcie sie in einer stadt ge-
sprochen wird, gleich stadtdialect: stadtsprach, dialetto,
lingtiaggio , accento, idioma volgare o che si parla o usa
volgarmente per la cittä. Kramer dict. 2 (l70a), 902».
STADTSTAAT, m. staat, an dessen spitze eine stadt steht,
so von Rom: vom ersten bis zum letzten tage ist das
römische reich ein Stadtstaat gewesen. Pflugk-Harttung
in Grotes allgem. iceltgesch. i,i, 222; dieses richtige er-
fassen von Italien als Stadtstaat war von groszer trag-
weite. 398.
STADTSTEUER, /. Steuer, welche die stadt ihren ein-
wohnern auferlegt, häufig im auftrage des landesherrn: stat-
steuer Schottel 48l'>; statsteuer (neften landsteuer) 482»;
s. auch oben städtesteuer (s. 455). in älterer spräche stat-
stiure: auch haben wir unser stat stiure geordent und
besetzet, das ein ieglich man und fraw, rieh und arme
wie die genant sint alles ir gut, es sie aigen, leben,
ligentz oder varntz , besuchte und unbesuchtz , . . . alles
gelich verstiuren suUen als lieb in das ist. d. stüdtechron.
4, 137, 17. stadtsteuer : die statstewer und lantstewer zu
Aychach. (zum jaÄre 1368.) monumentaWittelshacensia^ä^;
von der statsteur. item, es sullen die burger gemainik-
leich alle jar aus in ainlefe erwellen und setzen zu der
statsteur, die da bringt unser herschaft xxiiii mark und
ain mark dem statschreiber und fronpoten, die si also
inbringen, lirol. weisth. 4, 420, 8. 10; item, die statsteuer an
zulegen so] beschehen umb s. Andres tag vor weinachten,
so sol die ganze gemain zu einander chumen und iedes
vierteil besunder ausz in ein steurherren erwellen. 473, 21 ;
von der selbigen statsteur sullen xxxv mark dem ambt-
man geantwurt werden, die sol er weiter antwurten und
gehören xxvii mark einem haublman zu Braunegk. 34;
item, und so die statsteuer angelegt worden ist, alsdann
zwai steurzedl aufgericht und aine dem ambtman geant-
wurt werden, und die ander zedl ain burgermeister zu
der stat banden behalden. 493, 22; item solch statsteuer sol
alle jar vor sant Tomastag zu weihenachten gefallen. 32.
STADTSTIER, m., icie oben stadtbulle (*p. 44«), stadt-
farre («p. 467) und stadtochse {sp. iS6): stadtstier, toro
publica d del commune. Kramer dict. 2 (1702), 902», auch
in der besonders unter stadtfarre aufgexciesenen übertragenen
bedeutung als bezeichnung eines, der in der atadt viele
liebeahändel hat: arciputtaniere generale, ebenda.
STADTSTOLZ, m. stolz, tcie ihn ein bürger aeine atadt
betreffend zeigt, und allgemeiner, wie ihn ein städter einem
landbexcohner gegenüber zur schau trögt: der metzger hatte
ein gut stück stadtstolz im leibe. Gottiielp Hans Joggeli
(iMS) 4.
STADTSTRASZE, /. atraaze. wie »ie in der atadt gebaut
urird, im gegenaatt tur laxidslreMze. Karmarsch-Heerrn'
8.868.
STADTSUCHT, /. sucht, in der atadt eine hervorragende
rolle tu »pielen. vgl. ala entaprechend oben staatssucht l
(ßp.m):
4i« itadUncbt Tullicni kennt blutt und vater nicht.
LoiiENSTRiN Cleopatra (1660) 23, 750,
«MM andere leaari ». oben unter atnaUsaoht;
wu de« («bIfltM band,
WM rreiuucluüR, lannfuiut, wh statt nicht und venprvchen
4ma Michael TarknOpflt. A. OnYimTun (lfl9H) i, 74;
so bald die pest euch reitzt, und schelmen sich verbinden,
die lust zu neuer macht, und stadt-sucht leicht entzünden;
denn heist er ein tyrann. 78.
STADTSÜNDE, /. ; und noch blieb unser in stadtsünden
totester toter ohne auferstehungsregung. Hippel kreuz-
u. quer Züge 1, 83.
STADTSYMDICUS , m. Stellvertreter des biirgermeisters.
er übernimmt pflichten, icelche friUier theilwei.se dem stadt-
schreiber (sp. las) oblagen • stadtsyndicus, sindico del com-
mune. Kramer dict. 2 (1702), 902». Johann Höltzel, . . . zum
stadtsyndico verordnet. Meltzer historia Schneebergensis
435; Lus war stadtsyndicus in der rcsidenz sr. nimrodi-
schen majestät. Sciiönaicii die ganze üsthetik in einer
nusz 239,29 Köster; was ich hierüber zu einem fürsten
gesagt habe, ist so wie das, was mir hierüber ein stadt-
syndikus gesagt, zu merkwürdig, ... J.Paul Quintus
Füjclein 142 ; der stadtsyndikus — ein mann von einsichtcn
und von feurigem Patriotismus, ebenda.
STADTSYNDIKAT, n. amt des stadtsyndicus: Johann
Höltzel, der . . . (»wcÄ) Zwickau zum burgermeister und
stadtsyndieat berufTen worden. Melizer historia Schnee-
bergen.fi.'i 435.
STADTSYNODE, /. die von den stadtpredigem abgehal-
tene Synode. Sallmann 85».
STADTTAG, m., icie oben städtetag. Jablonski 746».
STADTTAMBOUR, m. tamhour im dienste der atadt:
die Parteien standen sich drohend gegenüber; der stadt-
tambour drehte bereits an seiner Spannschraube und that
einzelne schlage mit dem rechten schlägel. Keller 5,6i.
STAÜTTANZ, m. tanzfestlichkeit, welche von der stadt
auf dem rathause veranstaltet loird: und a die 12 ditto
da hett man im {dem herzog Ferdinand) ain statttanti.
d. städtechron. 25,157,2; . . . starf N. und des vordages,
was de dinxtedages in dem vastelavende, gink he noch
mede in den staddanze. hamb. quelle bei Schiller-Lübben
4,368*'. hierher wol auch, zugleich als bezeichnung einer
bestimmten tanzart: , , „ ,
da ward vollauf gesprungen
nach der, nach jener art. das trara war nicht schlecht,
der Staat- und schäfertanz ward auch geführt, wie recht.
Fleming 98, 168 Lappenberg,
STADTTEUFEL, m. teufel, loelcher von einer stadt besitz
genommen hat, entsprechend oben stadtheilige, m. (sp. 467):
viel haltens dafür, und befindet sich auch wol im werck,
das ein jeglich land seinen landteulTel, ein jegliche stadt
jren stadtteuffel, ein jeglich dorff seinen dorffteuffel . . .
hab, der sie zu sünden reitzet und plaget. M. Fribdehich
toider den saufteufel (1557) A 2».
STADTTHEIL, m. theil einer stadt: Stadtteil, vicus et
regio urbis. Stieler 2269; stadttheil Campe; in dem neuen
stadttheil liegen zwischen häusern gärten für gemüse,
obst . . . Freytao 18, 128; unter bestimmten formen und
nur in gewissen stadttheilen war (den schüUrn) zu betteln
erlaubt, bilder 2, 2, 11 ; leicht fand sie den marmorglän
zenden Stadtteil, wo die tempel und öffentlichen gebäudo
lagen und sie ihre Jugendzeit zugebracht hatte. Keller
7,344; der bischofssitz als krystallisationskern der rings-
um anschlieszenden stadttheile. W.H. Riehl t«jnrf«-6. 236;
ein socialer aufbau der stadttheile, welcher uns ver-
gönnte, die alte gliederung der bürgerschaft schon in den
quartieren und straszengruppen zu verfolgen, hat sich
nicht durchgebildet. 244; im jähre 1610 wurde nach Meichel-
beck der stadttheil, wo das Franziskanerkloster steht,
'Thaber' genannt, ebenda.
STADTTHOR, n. (ver.ichlieszbares) thor, welches den tu
gang zur stadt vermittelt: statthor, porte de ville; port»
della citta. Hu L8I US (1616) 807»; stadtthor, porta civitatis.
SriEi.ER 2293; stadtthor, porta della cittä. Kramer dict.
8(1708), 908»; das stadthor Campe; zu allen statthoren und
tUrlein, grossen und kleinen, an den inneren und eusoren
thoren. Tücher baumeisterb. 2A», IB; an den durchschlif-
fenden türlein, die durch die stadtthor geen, die selten
gcöfTent werden, und die slosz im suninier voll staub»
werden. 849,1; AbiMeloch aber und die haufTen, die bey
jni waren, überfielen sie, und trattcn an die thUr der
stadthor. richter v.H; als er \^Jestts) aber nahe an dM
stadthor kam, sihe, da trug man einen lodlen heraus,
der ein einiger son war seiner mutter. Lucaa7,i$; vor
RegenspUrg, du die Franken und Schwaben auf stattom
505
STADTTHOR
STADTTHURM — STADTTYRANN
506
über die Tanau geschifft. Wilwolt von Schaumburg i
Kellet-; dann da man überschlug, was die eilff newe
stadthor für importunitet und inconvenientzen, nemlich
mit räumen der häuser, gassen und andern dingen, zu
vemielten stadtthoren, des mercklichen unkostens ge-
schwiegen, gebären würden, gegen einander überlegt,
würde der gewinn nit grosz sein, sintemal die eilff alte
stadthor den zukommenden schon gnugsam platz geben.
Kirchhof tcendunmuth 2, 346 Österley (3, 81); und wenn er
(der lötce) die statthär offen findt, so kumpt er hin inn
und ertödt alles das, so er findt. Morgant der riese
2iS,2ö Bachmann; man soll alle stadthore sperren. Schil-
ler i^ies/to 5, 9; noch am stadtthor drehten sie (die aus-
ziehenden) um, und schrieen: 'gott mit euch, weib und
kinder!' kab. u. liebe 2,2; ebenso grünet das moos auf den
faulenden köpfen der hölzernen esel vor den stadtthoren.
J. Pavl grönUiiid. proc. l,iQ; ersetzte seinen französischen
pasz in keinen deutschen um, blosz deshalb, um unter
dem stadtthore die sämmtliche thorschreiberei dadurch in
zank und buchstabieren zu verflechten, flegelj. 1, 50; als
gott und deutsche tapferkeit unsere fürsten wieder vor das
stadtthor von Kassel geführt, da spannte das volk die
pferde aus und rief: 'Hessenblut soll sie hereinziehen,
das lebt immerdar!' brikhr Grimm vorrede zum armen
Heinrich 1815; aber als der herbst kam und die gefüllten
erntewagen durch die stadtthore fuhren . . . Freytag ll,li4;
er sprengte durch das stadtthor. 301; und er (derfriseur)
sah den beiden herren bekümmert nach, wie sich diese
zu ungewöhnlicher zeit promenirend nach dem stadtthor
bewegten. 13,7; von dieser seite sehen sie durch das
stadtthor bis auf den markt, ebenda ; es war ein finsterer
dezembertag, als der erste feindliche reifer . . . durch das
stadtthor ritt. 48; im morgengrau des nächsten tages
pochte es an das geschlossene stadtthor. als der thor-
wächter öffnete, ... 50 ; sie kam an das stadtthor, noch
war es verschlossen und sie lehnte sich einen augenblick
an die mauer, bevor sie mit dem schweren klopfer pochte.
158; da kam ein plumper bauernschlitten, mit grauer
leinwand überdeckt, von zwei abgetriebenen polnischen
gäulen gezogen, durch das stadtthor. 183; Beblow mit
einem dutzend kameraden wäre im stände, als lebendige
dornhecke das stadtthor den Franzosen zu verschliessen.
234; ein schlammiger teich vor dem stadtthore (icird) in
wiesengrund verwandelt. 24€; an dem stadtthor ist aufent-
halt und gedränge, denn jeder wagen, der den engen
durchgang passiren soll , wird von den thorhütern sorg-
lich beschaut. 18,132; war ein fehdebrief am stadtthore
abgegeben, dann war die aufregung grosz. 142; erst
als die stadtthore am abend geschlossen waren und die
späher der Wegelagerer nicht mehr auslaufen konnten,
wurden die pferde aufgeboten, vermischte aufs. 2, 9 Elster;
ähnlich wie in Köln zur selben zeit (um 1800) die schild-
wachen an den stadtthoren die einziehenden reisenden
angebettelt haben sollen. W. H. Riehl tcanderb. 255; die
pforten deines hauses und deiner stadtthore. Suend aZ^
teatamentl. rel.gesch. 286;
wie der leichenwapen
durch das stadtthor rollet! HÖLTY'j/ed. 53 flalm,-
markt und straszen
werden stiller,
um des lichts eesell'ge flamme
sammeln sich die hausbewohner,
und das stadtthor
schlieszt sich knarrend.
Schiller 11, 315 {glocke 299);
mit stärkerer beziehung auf die von den thoren geschützte
atadt: so ist glückliches einbringen einer werthvollen
ladung in die stadtthore ein ebenso freudiges ereignisz, als
die heimkehr eines Schiffes aus dem nordmeer. Freytag
18, 133. im vergleiche .- es wäre ein verzwuntzene dieme
an einem orth eines grossen ansehen, . . . die hielt enge,
ich weysz nit wie, ist kein gleychnus verbanden, denn
das statt-thor. Lindener 116 LiVAfen^^ein (Ä'a/rrp. 60); wie
viel mehr sol ein Christ sich von hertzen frewen, wenn ein
tag nach dem andern weg gehet, und das grab sich nahet,
als das stadtthor unsers rechten Vaterlands. A. Musculus
vom himel und der hellen (Frankf. a. 0. 1559) B 2»;
ein stadtthor kannst du wohl verschlicszen mit dem riegel,
doch legen kannst du nicht auf feindes mund ein sieget.
RCCKBRT (1882) 8, 256 {weith. de$ brahm. 5, 334).
STADTTHURM, m. thurm auf den mauern oder kirehen
einer Stadt, plur.: stadttürne, turres civitatis. Stieler
2365. stadtthurm Campe: 'bald", sagt' er sich, als er die
drei stadtthürme sah, an welchen das abendgold herunter-
schmob:. J. P.\ul ^^eZ/. i, 159; und in manchem stadt-
thurm trauerte ein junger gesell in der weise des rührenden
liedes, das der arme Peter Unverdorben im thurm 'Schutt
den heim' zu Neuenburg vor seiner hinrichtung gesungen
hatte. Freytag 18, 313; (nicht übersieh bringen,) an dem
heim ihres Jugendgespielen vorbei nach dem stadtthurm
des tyrannen zu sprengen. C. F. Meyer novellen 3,4«;
Matthias Kager hat, als ein ächter bürgermeister der
kunstreichen reichsstadt (Augsburg) . . . zwei stadtthürme
mit seinen (desPonzano) fresken geschmückt. W.H. Riehl
culfurstudien 293.
STADTTHÜRMER, m. der auf einem stadtthurm wohnt
und wache hält: worin (im eiertcerfen) sie von der hoch-
löblichen Gelnhausener bürgerlichen scharfschützencom-
pagnie patriotisch unterstützt wurden, nachdem der wach-
same stadtthürmer zu hilfe geblasen hatte. Brentano 5, 144.
STADTTRABANT, m., tcie oben stadtdiener (sp. 449). stadt-
knecht (»p. 474): auch die hauptgewinne des schieszens,
die groszen und kleinen becher, wurden entweder im
zuge herausgeschafft oder auf dem schieszplatz in einem
besondern pavillon unter aufsieht der stadttrabanten aus-
gestellt. Freytag 19,330; aber sie (die strolche) v^aten nicht
unbeobachtet, denn die stadttrabanten schritten in ihrem
festschmuck ernsthaft die buden entlang, damit kein
frevel den frieden des schieszplatzes störe. 343.
STADTTRACHT,/, kleidertracht der Stadtbewohner : stat-
tracht ScHOTTEL 445'». vgl. oben stadtkleidung (»p. 473).
STADTTROMMEL, /.. übertragen als schelte für eine
klatschsüchtige iceibsperson .• stadtrumm'l Hügel 15*''. vgl.
auch unten stadttrompete.
STADTTROMMLER, m. trommler im dienste der stadf.
s. oben stadttambour (sp. 504): er erzählte mir, wie er
als Stadttrommler dienste genommen, auch zwölf groschen
handgeld erhalten habe. Kerner 2 (1878\ 215.
STADTTROMPETE, /.. entsprechend oben stadttrommel,
schelte für ein schwatzhaftes weib : d' statttrumbete Seiler
Basler mundart 278».
STADTTROMPETER, m. trompeter ivi dienste der stadt.
vgl. auch oben stadtpfeifer (sp. 488); stadttrompeter, eorni-
cen oppidanus. Stieler 2340:
lang und breit war ich gesessen
überm schwarzen contrapunkt ;
auf ein haar dem stadttrompeter
gaben sie mich zum adjunct. Stürm 8, 307;
was? und auch der stadttrompeter
starb vergangne woche nur? 310;
mach den hahn zum stadttrompeter!
der kann's besser noch als ich ! ebenda;
der jung frisch stadttrompeter
bläst eben grad vom thurm ;
er bläst, dasz nun vergangen
all noth und wintersturm. 313;
's strebImachers, 's kachlers gar, un's stadttnimpeeders schwestre.
Arnold Pfingstmontag 91.
STADTTRUHE, /. truhe, in welcher städtische Urkunden
aufbewahrt icerden: und des (vom stadteigenthum) alle jar
zwo inventari-zedl machen und aine der burgermaister
behalden, und die ander in der stattruhen gelegt werden.
tirol. iceisth. 4, 492, 18, ico allerdings ztceifelhaft ist, ob ein
icirkliches compositum vorliegt.
STADTTUGEND,/..- 'ehrenbenennungen, sagt er (der
Verfasser), welche betriebsamkeit , mäszigung, liebe zur
Ordnung andeuten, die gebet dem städter. sie erinnern
ihn an lügenden , auf welche sein Wohlstand gegründet
ist. ein gewerbe, das ohne diese stadttugenden durch
blindes glück, durch träge schlauigkeit getrieben werden
könnte, ist nicht das unsrige'. Herder 17, 391 Suphan.
STADTTURNIER, n. turnier, welches von den stadt-
adligen veranstaltet wird: zu derselben zeit, in welcher
die phantastischen stadttumiere der jungen patricier in
die nützlichen schieszübungen der wehrhaften bürger
umgewandelt werden. Freytag 19, 324.
STADTTYRANN, m. tyrann, nelcher eine stadt beherrscht:
der papst, der oberste lenker der kirche, war in den
bänden eines stadttyrannen und muszte seinen unterge-
ordneten absiebten dienen. Giesebrecht i*, 373.
507 STADTÜBLICH— STADTVERSCHANZUNG
STADTÜBLICH, adj. üblich, gebräuchlich in der Stadt:
die Verschiedenheiten der metallgewichte . . , die mannig-
faltigkeit der alten namen und werthe an stadtüblichen
Verkehrsmünzen hätten hingereicht, die gröszte Ungleich-
heit hervorzubringen. FnFATAn 18,238; auch stadtübliche
gewohnheiten; solches benehmen ist nicht stadtüblich.
STADTUHR, /. maszgebliche uhr in der stadt, nach der
die einwohner sich richten. Campe: wie der regent ist, so
sind auch seine amptleute; wie der rath ist, so sind auch
die bürger {Sir. 10, 2). nach der stadtuhr richtet sich die
gantze stadt, und wo der weiser, oder bienenkönig hin
fleugt, und sich anleget, dahin folget ihm auch der gantze
schwärm. Sperling Nicodemu^ quaerens 2 (1719), 1012;
gerichtlich bei testamentsexecutoren sind die . . . kontrakte
über zu reparierende stadtuhren und dergleichen nieder-
gelegt. J. Paul flegeljdhre 2, 12;
{der) scharfsinnig in ein uhrwerk brachte,
das richtiger, als seine stadtuhr, ging.
Gotter oed. 1 (1787), 315.
im vergleiche : sie {die hausfrau) soll seyn wie eine stadt-
uhr, und sich in die zeit zu schicken, ihre zeit wohl
einzutheilen und sie wohl anzuwenden verstehen; und
nicht wie eine stadtuhr, um neuigkeiten in der ganzen
stadt herumzutragen und zu verkündigen. Hippel 5, 190.
STADTUMGANG, m. .• tri%iale englische anlagen kann
jede neugebackene stadt fürs geld haben, aber so poe-
tische und malerische wälle und mauern und thore und
Stadtumgänge . . . sind gleich dem ächten alten adel : wer
sie nicht ererbt hat, der wird sie nimmer gewinnen.
W. H. Rikhl ctdturstudien 28*.
STADTUMKRÄNZT, adj. von städten vde von einem
kränze umgeben. Campe.
STADTUNGLÜCK, n. unglück, welches die ganze stadt
betroffen hat: sie hatten in der letzten herberge vor Padua
. . . von dem geschwätzigen schenkwirth das grosze stadt-
unglück . . . den Untergang der hochzeitsbarke ... er-
fahren. C. F. Meyer noveUen 2, 4«.
STADTÜNHEIL, n., tcie das vorige, dazu der stadt-
unheilsträger: während sie und Carstens sich hierauf
beurlaubten, hatte der bürgermeister wie von geschäften
aufathmend, einen blick auf die strasze hinausgethan.
'o weh !' rief er; 'herr makler Jaspers! was mag der stadt-
unheilsträger nur wieder aufzutischen haben!' Stoum5,85;
'in Christi namen !' rief sie, 'da kommt der stadtunheils-
träger, wie der herr bürgermeister ihn nennt! was will
der von uns?' 118; die vorschlage des 'stadtunheil-
trägers' schienen dennoch nachgewirkt zu haben. 121.
STADTUNTERTHAN,m., städtischer gei-ichtsbarheit unter-
stellt, tcie oben z. b. stadtbauer (.9p. M\): die stat- und
gerichtsunterthonnen. tirol. weisth. i, 28, 22.
STADTVATER, m., plur. stadtväter, gemütliche bezeich-
nung des magistrat^coUegiums : die stadtväter haben be-
schlossen, dazu stadtväterlich, adj.:
wir, bürgermeister und senat,
wir haben folgendes mandat
stadtväteriichst an alle klassen
der treuen bUrgersebaft erlassen.
Heine 2, 207 EUter.
STADTVERBANNUNG,/., wie unten stadtverweisung.
STADTVERFASSUNG , /. Verfassung einer stadt • eine
geschichte der deutschen stadtverfassung.
STADTVERLEGUNG, /.. bei Genoler deutsche stadt-
rechtsalterthümer reg. für die 'translatio civitatis in alium
locum'.
STADTVERORDNETE , m. von der bürgerschaft durch
ieahl twr tfieilnahme an der stadtregientng verordneter
bürger. KnÜNlTZ enrgkl. ißT, "/Ot; bildung dejt freiherrn
V. Stein, vgl. preusz. jahrb. 08,491: dieser fall musz ins
tageblatt. ich verlange satisfaction vor Stadtverordneten
und rath. Freytao 6, 19.5; die bürgerschützen bildeten
Spalier, in welchem die Schulkinder mit kränzen auf
dem haupt, der magistrat und die Stadtverordneten zum
goUenhaas schritten. 18, S42; fürst Boguslav, auch Stadt-
verordneter von cinflucz in Berlin. Birmarck ged. u. erinn.
>, 1S8. dazu die ireitere Zusammensetzung stadtverord-
netenvcruamm lung. /. KrOnitz enrykl. \cn,l%\.
5?rADTVERSCH ANZUNG./. geaamtheUdwschantarbeiten,
irelehe tum »chuüe einer stadt torgenommen werden. KrO-
MTZ eneyhl. 167, 7»i. .
STADTVERTHEIDIGUNG — STADTVOGT 508
STADTVERTHEIDIGUNG,/. gesamtheit der für die ver-
theidigtmg einer stadt getroffenen masznamen. Krünitz
eneykl. 1G7, 721.
STADTVERWALTUNG, /., tri« stadtregierung {s. oben
.»p. ■494), die gesamtheit stiidtischerbehörden . Krünitz eneykl.
167,821; auf anordnung der Stadtverwaltung; eine von
der Stadtverwaltung getroffene masznahme; die Verdienste
der Stadtverwaltung u. *. w.
STADTVERWEISUNG, /. verioeisung aus der stadt. als
eine strafe für begangenes verbrechen {vgl. stadt H, 13, b
oben sp. i3S), entsprechend landesverwcisung theil5,nS:
mit androhung einjähriger stadtverweisung. Gengler
stadtrechtsalterth. 198; die Vorschriften über die stadtver-
weisung. 272; die Zeitdauer der stadtverweisung. 448.
STADTVERWESER, m. verxceser einer stadt. im beson
deren der befehlshaber der militärischen besafzung einer
Stadt. Campe:
wiszt, Lisidor, mein vater wollte schon
zum Stadtverweser mich ernennen.
Alxinger ebenda.
STADTVERWÜSTEND, adj., wie oben städteverwüstend
{sp. 456). Campe.
STADTVERWÜSTER, m., ioie oben städteverwüster
{sp. 456). Campe: o krieg, du menschenwürger, stadtver-
wüsler! ebenda.
STADTVIEH, n. das dem bürger einer stadt geliorende
vieh. Campe: fiidiA{x\Qh,oppidanornmgreges. Stieler 2370;
wer am morgen die stadt betritt, der begegnet sicher zu-
erst dem stadtvieh. denn auch in den groszen reichs-
Städten betreibt der bürger landbau auf wiesen, weiden
ackern. Freytag 18,122. dazti stadtviehhirt, m. une
oben stadthirt {sp. 468) : stadtviehhirt {viehhirt im dienste
der Stadt). J. Grimm gramm. 2,925.
STADTVIERTEL, n.. wie oben stadtquartier {sp. 49l)
Campe; s. auch oben stadttheil {sp. 504): die wohnung war,
obgleich in einem ganz neuen Stadtviertel, dennoch im
dritten stock , da unsere weitgreifende zeit gleich von
vornherein hoch baut. Auerbach dorfgejich. 3,78; gleich
darauf erklangen trommeln und pfeifen aus allen Stadt-
vierteln . . . denn die viertel trugen heut nach altem
brauch ihre fahnen vor das rathhaus, damit einer der
herren bürgermeister das fahnentuch mustere. Freytao
11,7; bei gröszeren reisen wurde ein theil der bürger-
schaft nach Stadtvierteln ausgeloost. 18, 291 ; straszen und
Stadtviertel ordnen sich zu einem bilde der gescllschafts-
verfassung. Riehl culturstudien 272; da steht neben dem
dorne das Stadtviertel der klerisei. ebenda; beim anblick
der standesmäszigen Stadtviertel Augsburgs. 279; statt
besonders benannter Stadtviertel begnügte man sich wohl
mit der gliederung in die drei pfarreien st. Georg, st. An-
dreas und st. Veit, wanderhuch 244; denn es hat sich die
durchaus ebenbürtige Verbindung mit der angesehensten
familie des Stadtviertels vollzogen. Keller 3, 41 ; so wurde
sie von einem Stadtviertel ins andere mitgeführt. 7, 270.
STADTVISITE, /. visite. besuch in der stadt: geh {sibi-
rische anthologie), du wirst in den assembleen und stadt-
visiten manchen gähnenden Schlund der langeweile aus-
füllen. Schiller i,2a3.
STADTVOGEL, m. • die stadtvögel zwitscherten vor ihren
fenstern. Freytao verl. handschr. 2, 82.
STADTVOGT, m. von dem reich oder dem landesherm
über die stadt gesetzter vogt, besonders mit richterlicher
gexcalt ausgestattet : blutrichter, blutvogt, stattvogt, reichs-
vogt, praetor, latrunculator, vulgo judex mal^ciorum.
Hen'ISch 4a'S, 23; stattvogt, le prevost de la rille, il pre-
po.iito d prefetto della citta. Hui.sius (1616) 807*; der stadt-
vogt. Comenius; ein richter in einer stadt, stadtvoigt,
praetor urbanus. Corvinus 288*; stadtvogd, censor, aedilit.
SiiELER 628; stadtvogd, pretore, poäestä, pr^etto, gover-
natore della rittä. Kiiamkr dict. 8 (1702). 908*; stadtvogt,
judex et praefectus urbis, der im namen des raths richtet.
Fhircii 8, 81&*: stadtvogt, icelcher über eine stadt tu ge-
bieten hat Adelung; stadtvogt, ein offixier, icelcher über
die politei die aufsieht fiütrt. li^Uind. idiot.SM; vgl. niedeti.
stadvoogd. », attch oben stadtanwalt («p. 489) und stadt-
Bchulthcisz: Josua des stadvogt«. tkön.U,»; aber der
kOnig Israel sprach, nemct Micha, und lasst jn bleiben
bey Amon dem itadvogt 8 ehron. 18, 86; im achzchenden
509
STADTVOGTEI — STADTWACHE
STADTWACHT — STADTWAISE
510
jar seines königreichs, da er das land und das haus ge-
reiniget hatte, sandte er . . . Maeseja den stadvogt ....
zn bessern das haus des herrn seines gottes. 34, 8; dem
fursichtigen und weyszen hem Hieronimo Mülphordt
stadvogt zu Zwyckaw meynem besondern günstigen freund
und patron . . . von der freyheyt eynisz Christenmenschen
17 neudr.; und schämten sich die edlen nur nicht von
dem stadt-Yogte in öffentlichem schauplatze geschencke
hierfür anzunehmen. Lohenstein Armin. 2, 616^ ; beim
mittagsessen erzählten die stadtvögte . . . alte geschichten
wie sie sich im kriege aus allerlei Verlegenheit hinaus-
geholfen. GÖTHE briefe an frau v. Stein 2, i69; die neu-
gierde des herrschaftlichen stadtvoigts, des herrn Brix.
Arnim 3,58 (krorienw.); dazu stadtvogtsamt, n..- neben
dem Stadtvoigtsamt. Meltzek historia Schneebergensis iSö.
STADTN'OGTEI, /. amt, unirde eines stadtvogts icie unter
dem vorigen stadtvogtsamt: stattvogthey, precoste de la
ville. il preposito o prefetto d'una cittä. Hulsics (161G) 307*;
stadtvogtey, advocatia urbis, jiiridictio civitatis. Frisch
2, 315»; weil er (Tiberius) zu Rom mit dem Fontejus Capito
zum bürgermeister erwehlet ward; ungeachtet er noch
nie die stadt-vogtey verwaltet hatte. Lohenstein Armin.
2,515''. auch das amtslocal, die tcohnung eines stadtvogts
u. dergl. : stadtvogtey, tcohnung und Verwaltungsgebiet eines
stadtvogtes. Adelung, in einigen städten ist die stadtvogtey
zugleich das stadtgefängnisz. Krünitz encykl. 168, 73.
STADTVOLK, n., vde oben städtevolk die bewohner der
Stadt, häußg im gegensatz zum landvolk, die beicohner des
platten landes; stattvolck, opidani. CorvinüS fons laiin.
üd^; statvolk Schotte L 481*; stadtvolk Kirchhof rfiscip^
milit. 29; stadtvolck, gente, persone di cittä 6 eittadina.
Kr.^mer dict. 2 (1702), 902''; vgl. auch oben stadtleute: darauf
namen die genanten des künigs diener das slosz zu Ofen
ein und vermachten die tor und der grosz graf schikt zu
dem statvolk und liesz in sagen, sich zu der were zu
schicken, d. städtechron. I0,22i, 3; das ward in von dem
statvolk gewert. 14; und wiewol si sahend des konigs
hofgesinde allenlhalbe mit sampt dem statvolcke umb
sich zuolauffen. herzog Ernst (^volksb.) 262, 7 Bartsch;
im hni thets stadtvolk auch mit hauffen
dem kläglichen geschrei zulauffen,
man, weib, kind, beede alt und jung,
den paliast zirckelrund umbrung.
Flxhs mückenkrieg f. 45 Genthe;
Glich mit verächtlichem beisinn (Campe): Dorchen, traue
sie doch dem stadtvolke nicht! C. F. Weisze kom. opern
3, 281; da kömmt nun unser iunker an,
schwatzt ihr vom stadtvolk vor,
setzt ihr von einem bessern mann
ich weisz nicht was ins ohr. 196.
man sieht, was zu thun ist, damit er (der gartei\) nicht
venvildert, und ist einmal das wilde stadtvolk herein-
gebrochen, dann ist mirs immer, als wärs mein alter
schöner garten nicht mehr. Ludwig 2, 561 ; und wer von
dem kleinen stadtvolke neugierig war, stand auf der
strasze und sah zu den erleuchteten fenstern auf. Frey-
tag 13, 5 ; nicht nur das stadtvolk von Rom starrte nach
dem geschlecht der fremden riesen (der Qermajien). 17,49;
sie {die mittelmeer Völker) werden endlich genöthigt, die
oberherrUchkeit eines stadtvolkes anzuerkennen, welches
ihnen gesetze gibt, seine beere und beamten über sie
stellt. 57 ; und wie vorsichtig die furchtsame Schmeichelei
der eingeborenen das eigene urtheil versteckte, sie merkten,
dasz sie auch dem stadtvolke so (fremd und unwissend)
erschienen. 122; über die von pechHammen erleuchteten
platze, von den wogen des stadtvolkes angefüllt. Kel-
ler 2, 192.
STADTVOLL, adj. eine Stadt voU:
Herodes aber schnaubt, hat gott und sieh vergessen,
läszt das emiordeschwert viel städtvoll kinde* fressen.
Andreas Scultetus bei Lessing 8, 280,
dazu von Lessing die anmerkung-. städtvoll ist nach
fi< rn gewöhnlichen handvoll, mundvoll, von dem dichter
macht.
.STADTVORSTEHER,m..statvorsteer, ricariu«DiEF.6l7'';
adtvorsteher, ein von der bürgerschaß gewählter beisitzer
■s magistrats. Krünitz encykl. 168,73.
STADTWACHE, /. i) Wachdienst in der stadt. die stadt-
wachen besetzen. Campe.
2) auch die diesen dienst ausübenden personen. Krünitz
encykl. 168,74: die stadtwachen ablösen. Campe; die stadt
wache liesz ihn zum thore ein. ebenda; dieser merkte den
diebstahl, ergriff ihn (den dieb) bey den haaren und hielt
ihn so fest, bis die stadtwache dazu kam. Rabener 4, 71;
das hämmern in der Werkstatt und der lärm auf den
gassen war vorüber, nur die stadtwache schritt durch
die menschenleeren gassen und der nachtwächter. Frey-
tag 18, 147.
3) stadtwache, das öffentliche icachtlocal der stadt. ao
in Göttingen: einen in die stadtwache bringen. Campe,
daneben auch einen auf die stadtwache bringen.
STADTWACHT,/., icie stadtwache l, der Wachdienst in der
stadt: also diu naht was bekomen, . . .
dö schuof man mit der ahte
über al die stat wahte. Dietrich» flvcht 6912 MarUn.
dann auch die den Wachdienst ausüienden personen selbst.
vgl. stadtwache 2 :
der haischier, die stadtwacht, der bettelvogt,
wie wenn ein prinz zieht auf die freit',
gab alles, alles uns fürstlich geleit.
EichendobffS 1, 276.
STADTWÄCHTER, m. ein toäehter der atadt. vgl. stadt-
wache 2 und stadtwacht.
STADTWACHTMEISTER, m. in kleineren festungen ein
offizier, dem im besonderen die thorschlüssel anvertraut
si)id. Eggers l, 46i. vgl. oben stadtmajor (sp. 480).
STADTWAGE,/, öffentliche wage einer stadt. vgl. Gengler
stadtrechtsaUerth. 173: stadtwage, stadera, bilancia publica.
Kramer dict. 2 (i702), 902*. item auch, was herkumbt zu
verkaufen , ... es sei eisen, stachel, waxs, leder, haut,
welcherlai das ist, käs, schmalz, unslit, ir igleich sol bei
der statwag gewegen werden, damit dem weger sein Ion
gevall davon, tirol. weisth. 4, 477, 18; wie leicht wären ihre
arme noch als wagebalken einzurichten, so dasz sie auch
als stadtwage dienen könnte. Brent.vno 5,443; sie (die
bürger) achteten wohl auf den schnellen blick, den er
(der Wegelagerer) mit seinem knechte austauschte, als er
bei den arbeitem an der stadtwage vorüberkam. Freytag
18, 135. atich das haus, in dem die stadtwage untergebracht
ist: stadtwage, domus statica. Stieler 2521; stadtwage,
doaiia, dogana cioe dove si pesa la robba con pagame i
dritti. Kramer dict. 2 (n02), 1233". 'nun, herr Jovers, es
ginge wohl! mit der stadtwage sind wir (tnaurer) jetzt
so weit; ein stücker fünfe (von den arbeüem) könnten
schon gemiszt werden.' Storm 7, 315.
STADTWAGEMEISTER, m.. der über die stadtwage die
aufsieht führt. «. awcA «nfe» stadt wäger: er (der Schneider)
war ein beliebter silhouetteur und auf heute bestellt, um
den kleinen stadtwagemeister , ein neues mitgUed, für
das buch der gesellschaft auszuschneiden. Storm 3,163;
seinem nachbar, dem stadtwagemeister. 5, 116 ; der stadt-
wjigemeister wuszte schon noch mehr, ebenda; ja, er
konnte sich nicht enthalten, seinem freunde, dem stadt
wagemeister, wiederholt die tröstliche Zuversicht auszu-
sprechen, . . . 136.
STADT WAGEN, m. zierlicher toagen. hauptsächlich für
fahrten innerhalb der stadt. C.\mpe.
STADTWÄGER, m.. tcie oben stadtwagemeister : das die
(icaren) von hinnen nicht geführt sullen werden oder
komen, es gevall dann dem statweger sein Ion, es werd
gewegen oder nicht, tirol. iceisth. 4, 477, 22.
STADTWAHRHEIT, /..- stattwarheit , testes ex urbe.
ScHERZ-ObERLIN 1561.
STADTWÄHRÜXG , /. in einer stadt geltende münz
Währung • item wer 100 guidein wert hat, der gibt 2 guidein
statwerung zu bürgerrecht. quelle 6ei Tucher baumeisterb.
279 anm.; item wer über fünfhundert guidein wert hat, der
gibt 10 guidein statwerung. ebenda ; auch .- item wer über
zweihundert untz in fünfhundert guidein wert hat, der gibt
fünf statwerung. ebenda. v^Z. omcA landwährung M. 6,149:
ein gülden rheinisch , oder ein gülden landwehrung ist
15 batzen oder eokreutjer. die stadtwährung (von Nürnberg)
aber ist 20 batzen oder 20 pfenning darauf. Frisch 2, 315».
STADTWAISE./, waise. die auf kosten der staät be-
köstigt und erzogen wird, dazu stadtwaisengericht, n.
von der stadt eingesetzte vormundschaftliche behörde: ver-
sitz im Stadtwaisengerichte, liefländ. idiot. 224 und stadt-
waisenhaus, n. .- dem jetzigen stadtswaisenhause.
511
STADTVVALD — STADTWAPPEN
STADTWARTS — STADTWESEN
512
MOSER osnabr. gesch. 2, 136. zu der bildung a. unter stadt I
sp. 421.
STADT WALD, «i. der stadt gehörender wald , vgl. oben
stadtforst: stadtwald Campe, es ist später abend in
unserm stadtwald. Freytag 6, 3; der wind fuhr durch die
bäume des parkes, man hörte ein rauschen der blätter . . ,
aber man sah nichts als einen ungeheuren schwarzen
Vorhang, der den stadtwald verhüllte. 194; {dasselbe wie
stadtpark , s. oben .) es war zu dieser stunde einsam im
stadtwald. 200; im stadtwald fiel das laub vor die füsze
der Spaziergänger. 219; jeden nachmittag, wenn das wetter
nicht gar unfreundlich war, ging zu derselben stunde Ilse
am arm des galten in den stadtwald. 226. einen Wild-
braten aus dem stadtwald. 11,121; eine äolsharfe, welche
der verfertiger am stadtwalde in abgestecktem räume
aufhing. 13,4; diese (soldatenpferde) werden morgen mit
einem wagen nach dem stadtwald fahren. 77; die aus-
sieht, welche hinter den dächern der nachbarhäuser den
stadtwald und die blauen berge wies. 123; seit der kinder-
zeit bin ich in unserm stadtwalde nur so weit gekommen,
als die gebahnten wege führen, ich möchte auch einmal
drauszen die haide sehen. 271 ; auch im stadtwald weidet
das vieh, aber das wird gerade in diesem Jahrhundert
{dem 14.) als schädlich für das holz erkannt und hier und
da verboten. 18, 123 ; und wenn gleich auf der ganzen weit
sonst nichts mein eigen war, so gehörte mir doch (in
meinen gedanketi) der ganze grosze Augsburger stadtwald.
W. H. RiEHL ges. novellen 7, 118.
STADTWALDHAUER, m. • aber nachdem und meister
Hanns Dubinger abgangen ist, hat der stat walthawer
dem statmeister nichtz geben. Ivcher baumei^ferb. 72,6.
STADTWALDUNG,/., vgl. das vorhergeJiende. Campe.
STADTWALL, m. erdtcall, welcher eine stadt schützend
umgiebt (Campe): auszerhalb der stadtwälle, auszerhalb
der Stadt; aber wahrlich es giebt auch mehr, als einen
(gelehrten) , der . . . auszer den hiesigen stadtwällen nur
wenig gekannt und genannt ist. Bürger briefe 4, 249 (an
Heyne vom 16. märz 1794); den stadtwall abtragen. Campe;
auch den stadtwall einebnen, ebenda, als promenade für
Spaziergänger: nach tische machten wir meistens einen
Spaziergang auf den stadtwall, wo man, auch wenn's
geregnet hatte, trocken gehen konnte. Voss briefe 2, b^;
zwischen den linden des stadtwalles. Freytag 18, 7 ; des
abends standen die leute jetzt in häufen auf dem stadt-
wall trotz kälte und schnee, und horchten schweigend
in die ferne. 55; am nachmittage richtete sich herr Köhler
so ein, dasz er zu einer stunde, wo Minchen von Buskow
auf dem stadtwall zu gehen pflegte , ihr begegnete. 91 ;
bis er sich entschlieszt, des nachmittags mit ihr auf dem
stadtwall spazieren zu gehen. 120; doch auch er (der ein
nehmer) sieht vom stadtwall bewundernd den Übungen
zu. 234; am nachmittage fand man beide (mädchen) auf
dem stadtwall; neben ihnen schritten der einnehmer und
der junge doctor. 235; (eiii major,) von dem Victor als
knabe einen scharfen verweis erhalten hatte, als er einst
mit seiner compagnie auf dem stadtwall die wege ver-
engte. 265.
STADTWANDEL, w. bu^ze, gerichtliche strafe, tcelche von
der Stadt verhängt wird, s. unten wandel: das stadtwandel
9 pfund haller. quelle von 1360 bei Schm.* 2, 939.
STADTWAPPEN, ». wappen der stadt: büxen, statt
Wappen, »pinther. Henisch 576,67; vgl.: bux, stadt-
wapen, »pinther, monile quod in humeris tabellarii et
cadueeatorea ferunt. Kl man. 'und davon kommen wohl
die drei hirschhörner in unserm Stadtwappen?' fragte
Martin. Arnim 3, 31 (kronenw.); (die genialten adler,) welche
an den thoren neben dem bisherigen Stadtwappen auf-
gehängt werden sollten. 470; in einem hölzernen behälier
— in Zwickau war es 1578 ein groszer weiszer schwan,
das Stadtwappen — . Freytao 19, 888; unter der hausthUre,
fiber welcher das Stadtwappen gemalt war. Rem. kr 6, 362;
gleich am Ihore das Stadtwappen borgt sein wappenbild von
der legende, in dem b&ren des h. Korbinian. W. H. RiEiii.
tommierb. M»;
dM sdiOn« stadtwappmi. das weiland (ereben
Johann Georr. welch«: d«r anders (friedefUrst) heiszt,
dem werthen üchneeberio bedeutet far eben
bvfiolaDiscbe tagend, Bertrmlnniscben yeist.
Mbltxmi httloria Behmteberventia 28t I
STADTWARTS, adv. nach der stadt gerichtet, 7mch der
Stadt ZU: stadlwärts, ad urbem Stieler 2440; stadtwärts
Campe, vgl. holl. stadwaarts. grund genug, seine schritte
stadtwärts zu beflügeln. Immermann Münchh. i, ib;
. . . doch stadtwärts führt' er den herrscher.
Voss Odyssee 17, 201.
STADTWASSER, n. aqtm oppidarui. Stiei.er 2445.
STADTWEG, m. der nach der stadt führt, so wol stadt
weg, via cotistilaris , praetoria. Stielek 2455; vgl. stadt-
weg, strada, via verso la citfä. Kramer dic^ 2 (1702), 902''.
auf dem dorfgrunde unweit des stadtweges war der galgen-
hügel. Freytag ii, 308.
STADTWEHR,/, gesumtheit der stadtbefestiguttgen. Krü-
nitz encykl. 168,96: stattwer, befestigung der stadt Strau-
bing, quelle bei Sgum.' 2, 973.
ze Tharsis velt er in da; mer
niden pf der statwer.
H. V. Neustadt ApoUonitu 1072.
stadtwehr auch die beschützung der stadt durch tcaffen-
fähige bürger. Krünitz a. o.
STADTWEIB, n.: plur. stadtweiber, donne, matrone
cittadine ö cittadinesche. Kram er dic^. 2 (1702), 902*. Jieute
in mehr wegweifendem sinne.
STADTWEICHBILD, n. Stadtgebiet:
sie zogen rings in das stadtweichbiid,
was gewesen ein dorngefild.
Rückert Pirdoti 2, 107.
STADTWEIDE, / iceide. xcelche der stadt geJiört, auf
welcher stadtvieh %oeidet (Campe): von der statwaide. tircl.
weisth. 4, 390, 27.
STADTWEIN, m. von der stadt gebauter wein . item, so
wannehe dat unser stadtwein inkommen; darachter soll
man keine fremde wein zappen. J. Grimm tceisth. 6, 683, 17.
dazu stadtweinhau5,n. öffentliches weinhaus einer stadt,
welches unter aufsieht der Stadtverwaltung steht; ebenso
Stadtweinkeller, m., z. b. die offizielle bezeichnung dea
Bremer ratshellers. stadtweinmeister, m. ; der stadt-
weinmeister hatte sich in der fröhlichkeit des herzens
an seinem ehrentage vom wein übermeistern lassen,
welcher zufall ihm auch wol an einem gemeinen werkel-
tage begegnete, und taumelte der braut in die arme.
Mlsäus volksm.2,\Ql Hempel.
STADT WEISE, /. sitte, umgavgsformen u. a. «r. der stadt:
wann so ein paur will lern statweis,
80 geet er gar auf eim holen eis,
80 mag im leicht ein fuosz entschlüpfen.
fastn. sp. 349, 12 K'ellrr.
STADTWEISHEIT, /. Weisheit, mit der die stadt ver-
waltet inrd : (die einsieht.) dasz alles öffentliche und privat-
böse unsinn und thorheit sind, dasz rechtschalfenheit
stadtweisheit und staatsklugheit ist. Herder l' ,396 Suphan.
vgl. oben ein entsprechendes staatsweisheit (ap. 826).
STADTWELT, /. das gesamte leben und treiben der stadt:
aus erfahrungcn seiner landes- und stadtweit spricht man
gemeiniglich für die Christenheit, für Europa, für weit
und nachweit. Herder 17, 28.i Suphan ; es ist ein unver-
gnügliches wesen in der stadtweit, ich ziehe aufs land.
Arnim 15, 44.
STADTWERK, n. l) gesamtheit der stadtarbeiten (vgl.
oben stadtarbeit «p. 439): stadtwerk, operae publicae. Frisch
2, 315*>; die starken bettler sollen im stadtwerk zu arbeiten
angewiesen werden. Straazb. polizeiordn. ebenda.
ä) der plur. stadtwerke die befestigttugen einer stadt.
KrOnitz encykl. 168,96.
STADTWERKMANN, m. der mit stadtarbeiten beschäftigt
ist (a. stadtwerk l) : dem wolbeschaiden maistcr Hannsen
Felber, stattwerkman zu Ulme unserm gi'iton frcwnd.
d. atädtec/iron. 5, 154 anm. 2, wo aber wol an einen höheren
beamten, ähnlich dem folgenden, *u denken tat.
STADTWERK M EISTER, m. der dem stadtwerk (a.dorf
untei- l) vorsteht, a. auch oben stadtmcistcr: nu hat man
ottwan einem statwerckmeister dem maurrcr geben ain
herberck, dorinnen einer vergebens gesessen ist. Tuciikh
baumristerb. 85, 24. vgl. auch oben stadtwerkmann.
STAÜTWESEN. n. l) öffentlichea weaen. gemeinweam
einet- atadt: statwesen, atatua civitatis. Schotiri. 441**;
statwesen 490^; stadtwesen, atatua. rtgimen eivitatia.
Stiki.kr 172: stadtw«Mn, com dsUa eittä edeUa repuUiea,
K kam tili dict. 8 (1708), Ml^. SU einem guten stattwesen
513
STADTWIESE — STADTZEICHEN
STADTZEICHNER— STAFFAGE
514
gehören bawer und burger, artzt und rechtsprecher.
Henisch 564,63; das statwesen ist alhie wol bestelt, nihil
desiderahtr in regimine civitatis. Schottel Ui^; zu Colin
und Lübeck ist der gebrauch, dasz der rath, ehe er aufs
rathhausz gehet, zuförderst in die kirche sich begiebet, und
versammlet; welches die gottseligen alten ohne zweiffei
also angeordnet, damit zu lehren, dasz alle weiszheit, so
bey rathschlägen und Verwaltung eines stadtwesens nöthig,
müsse aus der kirche mit aufs rathhausz genommen
werden durch ein andächtiges gebet. Sperling Xico-
demus quaerens 2 (1719), 1013; und dasz die schlechtesten
leute, in vergleichung gegen weit klügere, gemeiniglich am
besten mit ihrem stadtwesen zurecht kommen. Heilman
Thucydidea 353; diese {zehn männer) solten einen ver-
schlag von der besten einrichtung des stadtwesens schrift-
lich entwerfen, und solchen dem volk auf einen bestimm-
ten tag vorlegen. 1108 ; {der junge mann) unterhielt sich
mit mir von allerlei dingen, welche das innere stadtwesen,
die ämter und stellen betrafen, worin er mir ganz unter-
richtet schien. Göthe 24,280;
gestalt man dan darausz (aus der Weltgeschichte) die besten
lähren findet,
waranff stattwesen sich und reichsbeherschung gründet.
ROMPLBR V. LÖWKNHALT 113.
2) tceiter gefaszt, in dem siniie von stadtleben {sp. 477):
das stattwäsen, vita urbana. Maaler 385"; das statwesen
gefeit mir nicht mehr, non placet amplius in urbe vivere.
Schottel 441''. der mensch, di kleine weit, so zu be-
trachtung götlicher wohlthaten erschaffen, kan solche
nirgend augenscheinlicher zu gesiebte bringen, als wann
er von allen hinternissen des stadtwesens entfernet, auf
dem lande des morgens den himmeltau auf di kreuter
und blumen triften stehet {l. sihet). Butschky hd. kan-
zeüey 434.
STADTWIESE, /. der stadt als eigenthum gehörende tciese.
Campe: zum unglück der städter fiel nicht lange nachher
das Schlachtvieh auf der stadtwiese in die bände Hein-
richs. Giesebrecht 1*, 410.
STADTWIRT, m. gasticirt in der stadt, im besonderen
der in den ratsheller oder ein sonst der stadt gehörendes Wirts-
haus gesetzte tcirt: rahtswirt sive stadtwirt, caupo civitatis
publicus. Stieler 2562; stadtwirt, hoste tavemiere di cittä.
Kramer dict. 2 (1702), 902".
STADTWIRTSCHAFT, /. l) Wirtschaft, unrtshaus in der
Stadt {s. das vorhergehende). KrCnitz encgkl. 168,96.
2) stadtwirtschafft , haushaltungskunst mit rücksieht-
nahme auf stadtverhältnisse. öcon. lex.^ 2796.
3) Stadtwirtschaft, die Verwaltung der öffentlichen ein-
nahmen und ausgaben einer stadt. KrOnitz encykl. 168, 115.
entsprechendes Staatswirtschaft s. oben sp. 327.
STADTWOHNER, m.. wie oben Stadtbewohner {sp. 443),
Städtebewohner (*p. 450): eyn burger, eyn stattwohner,
civis. D.\SYPODits; eyn stattsasz, stattwohner, oppidanus.
ebenda; stattwohner, bourgeois, manans d'une ville. habi-
tatori d'una cittä. HuLSius (1616) 307».
STADTWOHNUNG, /. wohnung in der stadt. wie man
in der stadt sie haben kann. Campe: halb stadtwohnung,
halb landgut, lag in einer der Vorstädte mitten in schönen
gärten ein haus. Keller 6,216; der neue hofmusiker zog
vom türm in eine stadtwohnung und jener haussegen
zog mit ihm. W. H. Riehl ges. novellen l, 60.
STADTWUNDARZT, m. öffentlicher, von der stadt in
Pflicht genommener icundarzt. bei Campe als weitere Ver-
deutschung von stadtchirurg.
ST.ADTWÜRDE, /. würdevolles , angesehenes stadtamt:
alles wurde angewendet, um noch auszerdem eine stadt-
würde oder irgend einen titel zu erlangen. Freytag
20, 311.
STADTZEICHEN,«, l) tcahrzeichen der »tadt (Ckupe): an
dem Strand von Schonen, wo das stadtzeichen {von Thom)
über den lagerhäusern ihrer fischer befestigt war. Frey-
TAG 11, 4. statzeichen das stadtbanner. Zürch.jahrb. 69, 22.
2) das aichzeichen, die auaiceismarke der stadtobrigkeit :
die {die masze der müller und die eilen der weber) sollen
vleissig besieht werden, ob si recht geänibt und phächt
und mit dem statzaichen gemerkt sein, tirol. weisth. i,ii,i7.
in Osterreich erhielten ehedem die von der obrigkeit ge-
duldeten betüer ein stadtzeichen. Klein 2, 166.
X. 2.
STADTZEICHNER, m. von der stadt geduldeter bettler.
der zum auaiceis ein stadtzeichen (*. das vorige unter 2)
hat. Grazer quelle des 18. jahrh. bei Unger-Khull 567''.
STADTZEITUNG, /. zeitung, tcelche in der stadt erscheint
u?id hauptsächlich für eine Stadtbevölkerung gedruckt tcird.
{im gegensatz zu einer politisclien zeitung:) in den wenigen
stunden, wo er nicht schlief und nicht asz, muszte er
neben ihr auf dem kanapee sitzen und ihr politische Zei-
tungen vorlesen, von welchen sie, in ermangelung neuer
Stadtzeitungen, eine besondere liebhaberinn war. Raben er
4, 264. du wirst wohl schon darum {um den tod des müller
Florian) wissen, denn es war grosz gered' darüber und
im kreisblatt ausführlich beschrieben; wie der lehrer sagt,
auch in den groszen stadtzeitungen. Anzengruber 2', 228.
STADTZEHNTN'ER, m. einer der von zehn städten zu
einem gericht als beisitzer verordneten bürger: fragt der
schultes den stattzender, wie man es {das gerichtsding)
beginnen soll? saigt der zender, ihr sollt dass honnelgeding
bennen. J.Grimm weisth. 2,^9.
STADTZENDEL, m. im steirischen die benennung eines
iaffetartigen Stoffes. Unger-Khull 267'».
STADTZERSCHLEIFUNG, /. vollständige Schleifung der
Stadt: stadtzerschleifung {vocan{) excisionem, disperditio-
nem et ecccidium urbium. Stieler 1809.
STADTZERSTÖRUNG, /. vollständige Zerstörung einer
Stadt, vgl. das vorige.
STADTZIMMERMANN, m., wol gleich dem folgenden:
nu über das alles so hat ein erberger ratte einem werck-
meister und statzimmermann ab zu sagen und Urlaub
zu geben, wenn ein rate wil. Tccher baumeisterb. 38.
STADTZIMMERMEISTER,«!., vgl. das vorige: allein der
rat von Nürnberg löste ihn {den Georg Weber) wegen seiner
kunst und nützlichkeit aus und ernannte ihn zum stadt-
zimmermeister. Keller 2,182; sie war die tochter des
stadtzimmermeisters Kleiszner von Hall in Tirol. 6, 150.
STADTZINKENIST, m. zinkenist im dienste der stadt:
Diethelm hatte auf den abend die stadtzinkenisten zur
tanzmusik bestellt, diese menschen mit ihren trompeten
und posaunen hatten ihn so oft erschüttert, und nun
sah er, dasz es keine engel vom himmel, sondern nur
arme schlucker mit langgestrecktem und gewundenem
messingblech waren. Auerbach dorfgesch. 4, 125. vgl. auch
Stadtmusikant {sp. 485) , stadtpfeifer {sp. 488) und stadt-
trompeter {sp. 506).
STADTZINS, m., wie oben stadtsteuer (*p. 503). dazu
der stadtzinsherr, titel eines ratsherrn: des jars am
4. junii starb Berchtolt Nützel, ratherre und statzins-
herre , der ain heftig man was. d. städtechron. 10, 173, 2.
STADTZODEL, m. schelte für einen stadtbeicohner : überall
verdächtige stadtzodeln und glauben, berg und thal ge-
hört schon ihnen. Rosegger weltgift 362.
STADTZÜCHT, /. zut^t und sitte, loie sie in den mauern
der Stadt leben:
so woU wir {hauem) öfter zu euch wallen,
pisz wir die statzucht auch leren,
ob wir mechten besten mit eren.
fastn. sp. 240, 32 KeUer.
STAF und zxuiammensetzungen, s. stab-.
STAFADRIAN, m. volksthümliche bezeichnung des läuse-
samens, staphysagriae semen. Nemnich, so in Hamburg
Richey 285, offenbar entstellung des griech.-lat. immens;
stafadriankraut, -samen, delphinium staphisagria.
Pritzel-Jessen. vgl. Steinmeyer-Sievers ahd.gl.i,ha,h
urul anm. 2.
STAFEL, s. Staffel.
STAPEL, m. stütze; henneb. für stäbel, vgl. das., sp. 360,
iceiterbildung zu stab, vgl. Campe: stütze bei sinkenden
gebäuden oder mit fruchten überladenen bäumen. Reinwalü
1,155; auch eine stütze, worauf die leichenträger den sarg
beiin attsnihen niedersetzen; dazu stäfelträger, m. 156,
vgl. stabträger 3, sp. 379.
STAFETTE, STAFIEREN. s. staffette, staffieren.
STAFFAGE, /. l) in der maierei bezeichnung für die
ßguren oder gruppen von menschen oder thieren, die in einer
j landschaft zur belebung der darstellung angebracht rcerden.
zuerst gebucht von KrOnitz 167, 452. 460 (1838), aber schon
früher belegt: ich nehme mir hier die freyheit, ihnen
einige doubletten meiner Swanefelds zu überschicken. . . .
33
515
STÄFFE— STAFFEL (1, l. 2)
STAFFEL (1. 3-6)
516
die sogenannten kenner können sich über die lächerliche
Staffage herzlich satt plaudern, wir aber . . . wollen nicht
kritisiren, sondern den braven mann bedauern, der ohne
das kindlein öchslein und eselein vielleicht trefliche blätter
nicht verkauft hätte. Merck briefs. 2,48 (31. märz 1775);
indem nun ein sanftes licht . . . das ganze bild belebt,
sitzt nah am wasser im Vordergründe . . . der zeichnende
künstler selbst , und diese so oft miszbrauchte staffage
erblicken wir mit rührung hier am platze. Göthe 89, 267
{Ruysdad als dichter 2); zuletzt zeichnete er einen bauern
mit pferd und pflüg als staffage. Auerbach dofgesch. 2,66.
2) in mitteld. mundarten staffäsch die äuszere gestalt,
utattir, beim vidi; westenc. Schmidt 231. Kehrein 1,386,
uordthür. staffäschen 'kräftiges aussehen, mächtige gestalt.
meist nur vom vieh'. Kleemann 21°, sdafäschen Hertel
sprachsch. 233.
STAFFE, m. oder f.. für stapfe, s. das. :
dein söhn wird solches schawen
und künfTlig mit begier
in deine stalTen hawen,
so lebstu dreymal hier.
TSCHERNING gid. frühl. 280.
im ginne von Staffel: ,cj,o, „
furpaj denn scnalTen
auf disen dritten staffen.
MÖNCH V. Heilsbronn «. 85 (^puch der
7 grade, v. 566, vgl. 546 : der dritte giäd).
STAFFEIEN, verb. (eine nachricht toeiter verb)-eiten, vgl.
staffette?): vil weniger ist zu denken, daz sie solchs nit
gewüszt und staffeien haben helffen. WolfenbütOer urk.
r. 1545 bei Dief.-Wülgker 861.
STAFFEL, STAFFEL, m. heuschrecke, nominalbildung
zum verb stapfen, das einfache wort findet sich nur ahd. :
de locusta i. stafel. Steinmeyer-Sievers ahd. gl. 2,8,44.
Graff 6, 657, undmnd.: si&^ele, locustae; stapel, welsche
housprinck, cicada. Schiller-Lübben 4, 363*'. sonst stets
in der Zusammensetzung heustaf f el , *. das., th. 4, 2, 1294,
ahd. houuistaphel, -stavol, houstaphil, heuuistaffol, huo-
stafil, hoistaffel, hestafel (duTieben houuistapho, -staffo).
Graff 6, 657, mhd. höustaffel , -stüffel mhd. wb. 2, 2, 556''.
die belege icol durchweg aus der Schweiz, wo das wort noch
heute lebt: heustaffel (j^Zwr. -stäffel) und -stäffel.ToBLER266'',
heustüffel Hunziker 129: am ende werde man noch erd-
fiöh, käfer und heustüffel zusammenlesen müssen, lyenn
man fleisch haben wolle. Gotthelf Uli der knecht s. 7
Vetter (nach der anm. bernisch, dafür früher das ost-
achweiz. heustöffel).
STAFFEL, /. stufe, gradus.
I. venoandtschaft und form, l) das wort findet sich in
allen germ,. sprachen auszer im got., doch in so mannig-
fachen bedeutungen. dasz der eitiheitliclie Ursprung der Wort-
sippe zweifelhaft ist: altn. stopull, thurm Cleasby-Vig-
PUSSON 603» (oder für staupull = ags. sty'pel, icie hqfud
aus haufud? dann würde das wort nur icestgerm. vor-
kommen, da schwed. stapel, dän. slabel offenbar aus dem
nd. entlehnt sind) ; ags. stapol (utid stapola), m. l) pfosten,
Pfeiler, säule, 2) stufe, schicellef (nur nach Beowulf 927,
vx) jedenfalls attch 'pfeiler' oder äJmlich zu übersetzen ist)
BoswoRTH -Toller 912», engl, staple, vgl. Skeat 591'';
altfries. stapul, stapel, m. l) richtblock, 2) kröne eines
tahnes. Richihofen 1044*'; alts. stapal, m. wachsstock (in
aäulenform. — vgl. unten III, l), mnd. stapel dasselbe;
unterläge, block; aufgeschichteter häufen; veikaufs stelle,
Stapelplatz. Schiller-Lübben 4,863'', mnl. stapel, m. stütz-
pfähl, stallen; ahd. Staffel, stafol, -el und staphal, -il basia,
pa*9u»(?). Graff 6. 657/ (Staffal, Stafalon, -ulon, Staffelun,
Staphele, -in aU Ortsnamen a. FüR.STEMANNnam«n2*.*a,l380),
«lAd. Staffel ufuf stapfei. hE\Bnhu>b.i,nM. vgl. Ki.uue°874''.
i) Staffel tn der bedeutung 'stufe' gehört unverkennbar
tu dem verbum stapfen (Wächter 1678. 1588. Auelunü.
J. Grimm gramm. i, ö. Weigand 2, 791, vgl. Kluoe stamm-
bildungalehre* § H9), ebenso une stufe, vgl. diese, allerdinga
nur, uenn wir die ungewöhnliche bedeutung 'ateigen' au
gründe legen dürfen, (vgl. .- dag si iro oOgen ad apostolos
fifheve, ande siC an iro zeuuelfo graduin Steffen uuelle,
die dero bürg fundamentum sint, in dia si ze iungCHt
folesUgen auelle. Notkk« 8, &45, l»— w Piper [cant. grad.];
daraoah atephet si an den dritten graduin. U.) dagegen
Uuten sieh die amUm btdeutungen sehltclUsrditifs nicht
auf diesen verbalbegriff zurückführen, sondern uxisen auf
die Vorstellung des feststehens zurück, vielleicht liegt also
hier ein ganz anderes wwt vor, das sich am ehesten als
eine ableitung aus der wiirzel *stä- 'stehen fassen liesze.
(3. Grimm gramm. l*, 585 vergleicht zweifelnd lat. stabulum,
das indessen aus *stadhlom entstanden und mit stall ver-
wandt ist, vgl. dieses. Walde etym. wb. 592. gegen her-
leitung aus der wurzel •stebh-, vgl. stab I, 2, sp. 389, spricht
die lautstufe des auslautenden consonanten.)
3) neben staffel, das dem gemeingerm. stapul entspricht,
findet sich imhd. eine form mit inlautendem pf, das entuxder
aus formen mit ausgeworfenem mittelvocal stammt, wo
dann p durch einfiusz des unmittelbar folgenden I ver-
doppelt war, oder auf angleichung an das verb stapfen
beruht: ahd. staphal, -il, *. 1; mhd. nhd. stapfei. in neuerer
zeit ist dann das nd. stapel mit seinen besonderen be-
deutungen ins hd. eingedrungen, beide nehe.nformen. stapfei
und stapel, werden in besondern artikeln behandelt, sodasz
im folgenden nur die belege für hd. Staffel berücksichtigt
sind.
4) das wort ist in allen gernuinischen sprachen mase.
(vgl. l). im hd. kommt dagegen (in der gewöhnlichen hd.
bedcuttmg, s. II) das fem. auf, das in den mhd. belegen
schon überwiegt (der Staffel Eckhart 360, 3, vgl. unten 5).
das schwanken setzt sich fort im nhd., in der schriftspradie
wie in den mundarten. von den Wörterbüchern geben das
niasc. Maaler 383** (staffel, der, doch in den beüfpielen
auch die staffel, *. 11,2). Kramer dict. 2 (n02), 902"; das
fem. HuLSius, Schottel, Steinbach, Frisch u. a. w.
in der litteratur hält sich das masc. bis in die 2. hälfte
des 19. Jh.; es ist belegt bei Frickart (1470), Nie. v. Wylk
(1478) transl. 4€,29, Frölich Stob. (l55o) 499, Amadis (l56l)85,
Albehtinus GWman (1615) 249. 554, Withof ged. (l75l) 105,
Zimmermann TMittonatsfo^z (1768) 233, HALLER4(/red(l773) 146
undFabius (1774) 138 und Altmann (unten II, 2, h). s. unten
II, 2, a — c. h. in den oberdeutschen mundarten meist noch
heute als masc, daneben das fem. in der bedeutung der
Schriftsprache und wol von dieser beeinfluszt, a. 6. in den
abweichenden gebrauchsweisen (s. III) iat daa masc. fast
ausnahmslos erlialten.
5) damit hängen Schwankungen in de>- flexion, besonders
iti der pluralbildung zusammen, staffel ist ursprünglich
K-stamm, daher der phiral ahd. staffalä, staphile, mhd.
die Staffel, ganz vereinzelt mit umlaut die Steffel Elia. 2638
(s. II, 1, /. stevel 171 einer Schweiz, urk. von 1309, s. III, 5, a).
häufiger findet sich seit dem 14. jahrh. die staffeln (Eck-
hart 360, 2 ?, Megenberg 18, 25, d. städtechron. 9, 518, 11,
eis. urk. von 1427, *. unten), doch kommt die alte starke
form die staffel noch nhd. vor bei H. Sachs, Comenius
(janua 1644, s. 94), ja sogar bei Altmann und Winckel-
MANN (?), a. die belege, man irird hier im allgemeinen
das fem. annehmen dürfen, vgl. indessen : man muog vier
staffeln gSn, 6 man zuo eime vollekomenen gebete kumet.
der örste ist, dag man üj dem herzen werfe den mist
aller bosheit. Eckhart 860, 2 — 4 (handschr.?). — beim
fem. begegnet auch im sing, schwache Jiexion, ao Meinauer
naturl. 13, Nie. v. Basel 249, Tucher baumeiaterb. 169, 23,
Carbach Liv. 73.
6) mundartlich iat staffel t»i allgemeinen auf das ober-
deutsche gebiet beschränkt (bei Heynatz antibarb. 2, 400
überhaupt als oberd. bezeichnet, ahnlich Adelung: 'in bey-
den fällen ist es im oberdetitachen o»n gangbaraten, ausser
dasz es zuweilen von einigen in der hohem Schreibart ge-
braucht wird', und KrCnitz 167, 462). es ist geujöhnlich
masc. und zeigt häufig besondere bedeutungen, worüber
unten; wo es nur in dem gercöhnlichen sinne vorkommt,
ist dies dabei vermerkt, die formen sind: schuriz. stafel,
stoofel.f/i. Stalder 2, 389, in Davos stAfäl, stnffiU Büh-
ler 1,149. 2, 15, daneben 6t;if('l»\ /. 'ataffeV Hunziker 249,
und e&«i«o e/». Staffel, stÄil, /. Martin-Lienharts, 676"';
bair. Staffel, m. Sc hm. 8, 734, öattrr. slaffl Klein 8, 167,
Bchdäffl (der), stufe Castelli 838, st&fQ HOobl I64O; staffel,
stapfl Schöpf 69«, staffel. m.f Unoer-Khull 668*; stüffo,
st&pfe, m., demin. stÄftl, stApfl oder sl&fflle, stApdle stt^fe.
Lexer 888. auch in Handachuhaheim stafl ateintrrppe.
Lenz 67*. (oa^riea. staffel 'atiimper, invalide'. StOrkniiurü
200'' gehört natürlich nicht hierher, a. TEN Doornkaat
Koulman S, 896''.)
517
STAFFEL (U. 1)
STAFFEL (II. 1)
518
II. Staffel, shife, gradus. diese hedeuhtng ist auf das hd.
(im icesentlichen auf das oberd., s. I, 6) beschränkt, wo sie
im allgemeinen die aUeinherrschende ist. doch ist sie auch
im ahd. nur zxceifelhaft bezeugt, denn Graff 6, 658 bietet
nur 2 glossen : staffalan, passibus, daneben: basibus (basis
ist die geicöhnliche lat. entsprechung).
l) im eigentlichen sinne: gradus eyn trap an eyner söge
vel Staffel , . . . drepe vel stafel , trippel , stapfei , Staffel.
DiEF. gloss. 268*; grode o. staphel, stapff. nov. gl. iSG*';
podimen eyn stalle, stapffei, Staffel, stapel. gloss. 443*=;
Staffel, gradus. Dasypodius; Staffel (der) Maaler 383<=;
stuGel, f. un degre. Hulsius 305''; eia.Sel, f. gradus, degre.
SCHOTTEL1420; Staffel (stafel), m. staffeln, plur. [da stehen,
st<ire 0 da stappen montareper gradi] grado. tat. gradus
V. stuffe, stiege. Kramer dict. 2, 902^; stafel, die, dimacter,
gradus, gressus, scala, cui nimirum ßrmiter innitimur,
dicitur etiam die stufe. Stieler 2110 {hinter steif); vgl.
auch: gradiare stapffelmachen , stiegaufundabgeen. voc.
theut. {Nürnberg 1482) bei Dief. gloss. 268».
a) gewöhnlich 'absatz, stufe von treppen, besonders stein-
treppen'. LuECiER 7, 472: die staffeln einer stiege, stiege-
stafTel, gradino, scalino, scaglione d'una scalu. Kramer
dict. 2, 902'' ; Staffel, /. gradus, ein tritt oder stuffe an einer
treppe. Frisch 2, 215*'; 'stafeln, stuffen, marches, degres,
sind bey einer treppe, die auftritte oder absätze, uiorauf
man im, hinauf oder herabgehen, von einem auf den andern
treten, und dadurch an einen höhern oder niedrigem ort
gelangen kann, da immer eine stafel höJier, als ihre nächst
vorgehende gelegen seyn musz'. Eggers 2, 971 {folgen masz-
angaben und die französischen benennungen verschiedener
spezieller arten und formen mit erhlärung), s. ferner
Jacobsson 4, 342'» (stuffe). eis. Martin-Lienhart 2, 575''.
Staffel als theil einer stiege:
dö erj {dag Hnd Maria) sazte zer stiegen nider,
ej ensach niht hinder sich wider,
vür sich lief ej die stafTel gar,
der wären fümfzehen vür war.
Grazer Marienl. 321 {zeiUchr. f. d. alterth. 17, 542) ;
wann ich dan auf wil gen ein stiegen,
so thu ich mich auf ein Staffel schmiegen,
zu zelen die Staffel ist mir gach. fagtn. sp. 564, 9;
auff den berg Sion war kein anderer weg, denn auff der
stieg die David gebauwet, die mit viel stafflen gar hoch
war, . . . von disen stafflen schreibt Nehemia, cap. ... 12. bey
der porten desz brunnens seind sie vor jm auffgestiegen
auff den stafflen David, auff der stieg in der maur.
Reisz.ner Jerus. i, ii* ; wie sie aber auff die 3 Staffel
von der stiege kam, wurde sie ohnmachtig. Elis.^^b. Char-
lotte 3, 569. als concretes, abtrennbares stück einer treppe:
des nachts brach er {TJlenspiegel) etlich staffeln ab von
der Stegen . . . und als er {der prior) meint uff die steg
zu treffen da drat er durch hin. Till Eulensp. 89. hist.
b) mit angäbe des materials. geicöhnlich: Staffel in stein
gehawen, degres taillez enpierre. Hulsius 305*; die staffeln
der steinernen treppen werden abgerundet. Adelung;
8 steinin staffelen vor der türen uf die almende. eis.
almendb. von 1427 bei Ch. Schmidt hist. wb. 336*. Martin-
Lienhart 2,575'';
und gelangt an einen prächtigen springquell,
der mit silberklaren fluten über
blanke marmorstaffeln niedertanzte.
Platen 336*' {Ahbatt. 6).
c) solche staffeln finden sich in tnannigfachster Verwen-
dung, stufen vor einem tempel:
als aus der flut Palladio's tempel stiegen,
an deren staffeln sich die wellen schmiegen.
Platen 96» {s&neite 26. Venedig).
vor dem altar: und da sie inn den chor khamen da
knüten die drey herren uff die stafflen vor dem fron-
altar, doch der erweit ein Staffel hoher dann der dechant
und der thumprobst. Brant uxlung bischoff Wilhelms,
a. Code hist. de Sfrasb. 1, 2, 249; vgl.: du solt auch nit auff
stafflen {per gradus, Luther: auff stuffen) zä meinem
altar steygen, das nit deyn schäm auffgedeckt werde vor
jm. Züricher bibel 1531 37«= (2 Mose 20, 26). stufen eines
thrones: {Salomon liesz stellen) löwengötzen auff die staffeln
Beins königstuls. Butzer grund der neuuxrungen (l525) 0 2''
bei Ch. Schmidt hist. eis. ich. 336*. femer: do ging Esopus
vier stafeln hinauf zu dem bild. Steinhöwel Aesop
(1569; 13 {in der ausg. von Öaterley : vier stapfen s. 61, vor-
her : by dem bild, dar zuo man ain stiegen offgan muost) ;
vgl. : ob es möglich gewesen auf ein so hohes ganta glüen-
des bild bequem zu steigen . . . welche staffeln {-icürden er-
fordert), solches mit einem gantzen ochsen zu besteigen.
A. Gryphius 1, 87 {erkl. zu Leo Arm. 4, 81). vereinzeltes:
die stafflen gieng sie auff zu stund (Anna zum Bcheiterhaufen
der Dido). Murner Virgü (1543) 99.
an einem brunnen {s. auch Pl.vten unter b): der eine
{bleiröhre) geet von dem rindlein aussen im pflaster also
auf dem gewelb pisz zu der anderen staffeln an dem
schön prunnen, und unter derselben steinen staffeln geet
das Wasser aussen umb den schön prunnen kästen gerings
hinumb, alles in pleien rören. Tücher baumeisterb. 169,24/.
stufen tum, sitzen, wie in einem amphitheater :
es war ein platz daselbst, gar grosz, weit, nmd und eben,
mit vielen staffeln auch, zum sitzen, hoch umbgeben.
DiETR. V. D. Werder Ariost 19, 64, 8.
d) seltner bezeichnet Staffel die sprosse einer leitet; schon
bei Hulsius (1616), s. sprosse 2, sp.io3ff.: sprossen oder
staffeln, werden die kurzen meist abgerundeten querhöltzer
genennet, welche man zwischen zwey leiter-bäumen in
gleich weit von einander abgetheilte und gerad durch-
gebohrte löcher eintreibet u. s. w. öeonom. lex.^ 2197.
s. ferner Jacobsson 4, 238''. Adelung. Lueger 7, 472 (2).
— im bilde: die staffeln sind also diese: schrecken, mit-
leid, bewunderung. die leiter aber heiszt: mitleid; und
schrecken und bewunderung sind nichts als die ersten
sprossen, der anfang und das ende des mitleids. Les-
sing 12,49.
e) Staffel mit zahlangaben: {der pfarrer vor dem altar)
stoszt derhalben mit dem einen fusz unnd trifft den
sigristen an halsz, dasz er vier stafflen herunder fiel.
rolhcagenb. 175, 24 Kurz ; gienge ich also dem alten etliche
stafflen nach, hienauff in ein zimbliches weites gemach.
Philander 2,47;
dem Zwerglein ich nach-folget schier,
das mich fürt durch ein loch zuthal
etlich Staffel in einen sal.
H. Sachs 20, 536, 3 Götze.
80 gewöhnlieh, um die höhe einer treppe zu bezeichnen:
wol vier und zwainzig sta&el
in aines kellers grünt,
die viel ich ab mit raffel.
Oswald v. Wolkbnstein lll, 41 Schatz;
{im bilde:) also haben wir die steg siben staffelen hoch,
darauf wir mögen ein geen in das schiff. Keisersberg
schiff der penit. 16"; nach der mahlzeit verliesz er den
saal und begab sich in eine gallerie, nach welcher man
eine breite treppe von vier und zwanzig staffeln steigen
musz. Brentano 4, 482. ao auch: do ging sant Silvester
mit zweigen priestern in das loch do der drache lag,
das was 40 staffeln dief. d. atädtechron. 9,518,11 (Königs-
hofen); sograr in fällen, wo von einer wirklichen treppe
keine rede sein kann, als höhenmasz : ob wir zwar unsere
Waffen bisz an das eusserste nordhaupt, wo der angel-
stem drey und siebenzig staffeln über der erde fläche
stehet, . . . geführet. Lohenstein Armin. 2, 904*.
f) staffeln hinauf, hinab steigen:
da dise reine godes drut
gein hove von der kirchen gienc
unde die Steffel ane vienc,
da; si di wolde uf stigen. Elisab. 2688 ;
die staffelen hinauff, den berg hinab rennen. Oarg. 177*;
das huse was aber höher denne . . . die hüser gewonlich
syen; deshalb vil Staffel wären hinabzekomen. Nie las
V. Wyle translat. 51, 19 Keller. — ab einem Staffel auff
den andern steygen, gradatim descendere. Maaler 383*;
von Staffel zu Staffel, dt grado in grado v. staffelweis.
Kramer dict. 2, 902<=. sprichwörtlich : von staffeln zu staffeln
kompt man die siegen hinauff. Lehmann 379,1 bei Wander
4, 767, 1; vgl. SiMROCK 9900; wer nur über eine Staffel
kommt, kommt nie über eine stiege. 9804.
g) der plur. die staffeln für treppe :
schreit man, du sollest hinab gehn,
80 bleib du auf den staffeln stehn !
Peter Lew 1076 (Bobertag narrenb. 123).
aber auch der sing, nähert sich zuiceilen dieser bedeutung :
erhub sich der geschickte, und so eylendt von dem Capi-
tolio gehn will, thet er eynen fall von der staffeln so
hart, das er alda todt läge. Carbach Liv.iai^; vgl.: da
33*
519
STAFFEL (II. 1.2)
STAFFEL (11,2)
520
nun Setinus von dem Capitolio die staffeln eilend herab
gieng, da Hei er, und schlug sein haupt so hart auff eyn
steyne Staffel, das er do todt ligen blib. 75».
h) heute hat Staffel im süddeutschen geradezu die he-
deutung treppe angenommen, so eis. 'freitreppe, die stei-
nerne treppe vor der hauatüre' . Martin-Liknhart 2, öTö*",
in Handschuhsheim stafl steintreppe. Lenz 67''; auch dlern.-
»chwäb.: der wirth steht auf der Staffel. Hebel 2,102;
lange sasz Magdalene angekleidet auf der truhe, . . . dann
aber ging sie hinab; die treppe knarrte unter ihren
schweren tritten. sie setzte sich auf die Staffel vor dem
hause . . . dabei sasz sie ruhig auf der Staffel. Auerbach
dorfgesch. 2, 159.
t) ganz vereinzelt begegnet staffel für ein besonderes gerät
{trajbare treppe, tHttleiter 7) :
zu-hand thet der gemein mann rennen,
und brachtn Staffel, stül, tisch und banck
zum todtenfewr {für Jxd. Cäsar).
H. Sachs 20, 379, 8 Oötse.
k) Staffel, altarstaffel 'der auf dem altartisch aufsteigende
absatz zur aufsteUung von leuchtem. reliquien u. s. iv.'
Lueger 7, 472 (S). (vgl. unter III, 6).
1) vergleichsxceise : diu kel ist voller kruspeln undknoden
und hat geleich staffeln, die staffeln steigt und gßt diu
stimm auf. Megenberg 18, 25/. {vgl. unten 4).
2) sehr gewöhnlich sind freie und bildliche gebrauchs-
toeiaen.
o) ausgeführtere bilder sind schon unter 1 angeführt;
sie enthalten meist verbale fügungen, so ferner: alle staffeln
durchgehen, omnes gradus persequi. Steinbach 2,655;
einen von einer staffel hinunter stoszen, de gradu ali-
quem dejicere. ebenda; ich wil dir sagen von siben staffeln
die das meiste teil der menschen die sich zuo gotte
kerende sint [ufget], . . . und so dirre anevohende mensche
uffe dise erste staffel kummet, so beschiht es gar gerne
das er in grossen urdrutz . . . kummet u. s. w. Nie. v. Basei-
248; die sechst aigenschafft, ist die steg oder brück da-
rauff man mag eingon in das schiff, also hatt die büsz-
vertigkait auch stafflen und ainn steg darauff der mensch
dartzä mag kommen ... die erst staffel ist, not zu bflssen.
Keisersberg schiff der penit. iS^; die mittelmasz ist
allenthalb am sicheristen, . . . und obgleich jemand über
ainen klainen staffel abfalt, so mag er doch sein Unglück
dest basz bedecken. Fröi.ich Stob. i99; will man nun
die Staffel, die wir von den göttern bis zu den beiden
herabgestiegen sind, von diesen bis zu jenen wiederum
hinaufsteigen. Winckei.mann 4, HO; wenn der dichter
alle diese stafeln glücklich hinanzugehen weis, so bin
ich gewisz, der Zuschauer wird endlich geneigt seyn, die
völlige raserey des Herkules als einen ganz natürlichen
erfolg anzusehen. Lessing 4,257; indem er (der mansch)
zu seinem ruhebette, ich weisz nicht, hinauf- oder hinab-
steigt, kehrt er sich oft müde nur auf einer breiten staffel
um, und setzt sich darauf an die andern gelehnt und
sagt: 'endlich hab' ich eine ruhebank'. i.Pwi. f ata vor
Nümb. 2, 14; die karten waren bisher ein gut ange-
schnalltes flugwerk, auf dem man zuweilen am hofe zu
hohem staffeln aufflatterte, aus des teufeis pap. 1,74;
8wa^ hin zem oberislen guot
reichen sol, daj muos vUr war
Wesen Ö5 erwelt gar.
diu stiege diu dar reichen sol,
diu sol gemacht sfn harte wol . . .
die stafel suln ganz wesen,
dar zuo sol man guot steine erlesen.
die tagende mUcjen stn diu stiege.
der welsche gatt 5789;
M steige dein leben bey güldenen zeiten,
zum trosl« der nachweit viel staffeln hinauf! Günther 337 ;
wer aber sich dem Staat zu dienen hat bestimmt,
nnd nach der gottbeit stell' auf tugend-staffeln klimmt.
Hai.i.er ijcd.K loa {verd. t-ittcn 190);
da ich von conne zu sonne die güldene Icitcr hinaufstieg,
bis zum stralenden thron der gottheit, von welcher die erde
kanro die ant«rate stafTel mir schien.
Zach A RIA (1778) 8, 106 (Sagen, nacht 468).
woritpieUnd (für erklimmen)'.
rr will die hemrhafl des gmiM,
<!«■ frailich manchmal stOmpert,
doch in der kunst oft unlMjwuszt
di« bftobat« stalTel erklimpcrt.
HbIKB 2,183 Klrter (J „,.; kuu , ,.,nn).
b) Staffel zu etwas, wodurch man zu etioas gelangt oder
es erlangt: staffel oder seigel zu eeren, gradus. M.^ai.er
383'*, vgl.: von Staffel zu staffel zu eeren auffsteigen, gra-
datim assequi honores. ebenda, (anders staffel der ehren,
s. c.) von jjottis und Christi unsers herrn bfelch: das
wort nit allein hören, sunder hören und thün. und dreien
staffeln ins christenthumb, eyn sendtbriff. Joan N.mhers
titel einer Schrift i-on 1531 bei Luther 15,537 Weim. ausg.;
item, in den Worten der sacrament viel klügeln und
grübeln, one glauben, solche weise ist ein gewisse staffel
zö allerley jrrthumen. Sarcerius hirtenb. (1566) 158; und
dieses ist gleich die ander staffel zu der newen lehr ge-
wesen. Kirchhof wendunm. 1,567 Österley; die erste staffel
zur gottheit (um sie zu finden). Brockes 7, 638 (übersdir.);
dasz . . . d.Budde in seinen institutionibus theologise die
meynung von dem willkührlichen wesen für die nächste
Staffel zur gottlosigkeit ausgiebet. Chr. Woi.Fi' vemünjfC.
gedancken^ (1736) 2, 43. vgl. : dasz ich das durch ihn ge-
lernte nur als eine staffel betrachte und bereits mich
darüber hinweg zu etwas höherem berufen fühle. Keller
2,51; sprichwörtlich: heurat der alten ist die nechste
Staffel zum tod. Lehmann I6; der steht auf der ersten
staffel zum frommen mann. 115. in verbalen fügungen
(vgl. a): ^^j^ arbait, mUhdc, schwais und frost . . .
das sind die staffeln und stegraif
darauf man zum lob steiget steif.
Fischart gliirkh. »chiff 621 ;
wenn du empfindlich für den rühm nicht bist,
zu den unsterblichen die staffel zu ersteigen.
H. V. Kleist 1, 262 Schmidt {Amphitr. 2, 5);
was kann aus blut'ger that euch glUcklichtts
gedeihen? o aus blut entspringt nichts gutes I
soll sie die staffel euch zur grösze bauen?
SciULLER 12, 345 (Wailenet. tod 4, 8);
ey, bau dir ein staffl ins ewig lehn
und nimb von jm keinen gewinn!
AvRER 2825, 11 KeUer.
vgl. dazu: gleichsam auf staffeln in den himmel steigen,
gradibtis tanquam quibusdam in coelum adscendere. Stein-
BAGH 2,655; es pflegen etliche fürstcn dermassen in den
fugenden fortzuschreiten, dasz sie leichtlichen den höch-
sten Staffel bisz in himmel köndten erreichen. Aluer-
TiNUS GtismMn 249; sich einen staffel in den himmel
bauen (durch ein werk der barmherzigkeif). SciiM. 2, 734 (a);
du hast dir an staff'l in 'n himmel baut. HCoel 154*>.
c) staffel von stufen und graden innerhalb einer sache,
meist mit erklärendem genitiv.
a) so häufig: staffel der ehren, degri d'honneur. HuL-
siussos**; die höchste staffel der ehre. .\nKLUNG (l); die
höchste Staffel des ansehens betreten, sumtnum digni-
tatis gradum tenere. Steinbach 2, 655; auf eine höhere
Staffel der ehren steigen, ebenda; s. auch ehrenstaffel,
honor. fastigium honoris, ebenda (theil 3, 65). dieser . . .
ist eines tagelöhners und einfältigen mannes söhn, iet
aber durch . . . fleissiges studieren dahin kommen, dasz
er die höchste stafel der ehre mit höchstem rühm
erlanget. Sciiocii stud. leben K 4»; Dionysius . . . redet des-
halb von jenen beyden als jungen männern, weil das
säkelmcisteraint als erste staffel der ehren von solchen
bekleidet ward. Niebuhr 2, HO, anm.;
dos glUckes abentheuerlichen söhn,
der von der zeiten gunst emporgetragen,
der ehre höchste staffeln rasch erstieg.
Schiller 12, 8 OKa««m<. prol.).
so femer: nachdem sich August weit über die gesätzo
geschwungen hatte ; waren seine anverwandten nicht
mehr an alte Ordnungen und an die gemeinen staffeln
der würden gebunden. Lohenstein Artnin. 2,515*'; im
augenblicke, da sich des ruhmes glänzende staffeln hart
vor seinen äugen erhoben. C. F. Mkver Jürg Jenatach 193;
das 8 capitel beschreibet die erste staffel der hoheit,
welche Simplicius gestiegen. Simpl. 8t KeUer (iuhalt i,t).
dann auch: Staffel, (ligilriich für stuffe, höherer grad\
gratlu» altior dignitatis. Krisch 2,815*'; die staffel oder
grad des amts macht keinen frum. Hehion Euseb. 41*
». ebenda; Ignatius ging durch alle staffeln des soldaten-
standes. quelle bei UK\fiATy.antibarb.i,*40; und geradezu:
die Staffel und wirde oder ecr eines radfs horren , sena-
toriua gradus. Maaler 888''. so staffel absolut für tntrde,
raiu): und sto er nun den höchsten bluffe! <'rlitiifit wolle
521
STAFFEL (H, 2)
STAFFEL (II, 2)
522
er . . . usz einem gefallen alles regieren, quellen zur
Schiceizergesch. l, 170, 24 (Frickart Zicingherrenstr. U70);
wie ansehn und gewalt sich, mit gemeszner kraft,
durch alle staffeln theilt.
Haller ged.^VüQ (verd. tiüen 198).
ß) Staffel des glucks u. ähnl.-. dasz in dem genusse
dieser urquelle der Vollkommenheit die höchste Staffel
der glückseligkeit einzig und allein zu suchen sei. ILvnt
8,3+1 {aUg. naturgesck. 2,7); Odin that was er lehrte, und
nach seinem beyspiel suchten die Scandinavier den höch-
sten Staffel des glückes und der woUust in blut und tod.
Zimmermann nationalstolz* (1768) 233: mit mühe ... er-
reicht er einen gleichen Staffel des äussern Schimmers.
Hallf.r Fabitis u. Cato 138; wenn er die zukunft seines
lebeus auf eine ge\sisse Staffel seiner immerwehrenden
befriedigung stellen will, polit. stock/, torr. ungewöhnlich:
denn zumal setzte sich das unglück auff den ersten Staffel
jres Unfalls. Atnadis l, 35 (26 KeUer).
•/) von tilgenden, Vorzügen und den gegentheilen : die
staffeln der danckbarkeit sind : die wol- (gut-)that erken-
nen, rühmen, vergelten (verschulden). Comenius sprachen-
thür 877; wer nur noch eine geringe Staffel von menschen-
freundschaft besitzet, quelle bei Heyn.\tz antibarb. 2,440;
höchster Staffel der wahren redlichkeit. Withof ged.
(1751)105 {überseht-); glücklich ist es für die menschen,
dasz sie nicht plözhch den äussersten Staffel der bosheit
erreichen . . . und dasz sie stuffenweise zu groszen ver-
gehungen sich entblöden. Haller Alfred 146. — von dem
Lügner musz man so gleich auf den Moliere kommen,
um die französische scene auf ihrer staffel der Vollkom-
menheit zu finden. Lessing 4, 115; er {Sophokles) machte
in seiner kunst verschiedene neuerungen, wodurch er sie
allerdings zu einer höhern staffel der Vollkommenheit
erhob. 6, 284; die höchste staffel der vortrefflichkeit. KosE-
OARTEN rhaps. 1, 106, vgl. unten d. — dag sint di fünf
Staffel der minne czu den ain gaistleich mensch hie auf
erde chomen mach. Mönch v. Heii.sbronn ».17; die
ersten seindt die frommen unnd tugentsamme personen,
dieselbigen empfahen von gott zu einer belohnung jhrer
guten werck das ewige leben, nach beschaffenheit desz
gradus oder desz staffeis der lieb, mit deren sie solche
gute werck begehen. Albertinus Gtisman 554. — er ist
auf diese staffel der Weisheit nicht kommen. Steinbach
2,655; der erst staffel rechter w^shait ist, nit liebhaben,
und der ander daz du also lieb habest das es nit werd
offen. Nie. v. Wyle translat. 46, 29 Keller; damit ich mit
der theologie, als der äussersten staffel der gelahrtheit,
bescbliessen kan. Günther vorr. b i*.
fl) daran anschlieszend von den stufen, efappen einer
enticicklung: endlich kam auch in die kleine seele der
ehrgeiz, sie klomm die untern staffeln der bildung bei
fräulein Johanne heran. Freytag handschr. l, 39; während
dasz gott sein erwähltes volk durch alle staffeln einer
kindischen erziehung führte. Lessing 10, 312 {erz. des
7nenschengeschl. § 20); nothwendig demnach sind drei,
nicht blosz zwei staffeln der entwickelung menschlicher
spräche anzusetzen. J. Grimm kl. sehr, l, 283.
d) andre Verbindungen, zumeist verbale fügungen. doch
weniger bildlich, als die unter a aufgeführten: es folgt die
schluszszene (der Iphigenie) ... in drei staffeln erhebt sie
sich, auf jeder staffel wieder neu unsere seele bewegend.
BiELSCHOWSKY Goethe i, 440. wenn man die Wahrheiten
auf eine sinnliche art auseinander könnte wachsen sehen:
so würde ihr wachsthum eben dieselben staffeln beobach-
ten, die er (der metaphysiker) uns in der Überzeugung von
derselben hinauf gehen läszt. Lessing 5, 5. es haben alle
künste, wissenschafften, und was der gleichen, die höchste
Staffel und Vollkommenheit erreichet. Schuppius 778 (vgl.
Frickart unter c, a, Albertinus unter b);
schaut, wie euer grosser nähme . . .
auf der höchsten staffel prangt. Picander 1, 39.
weder das lustspiel, noch das trauerspiel, ist davon (von
neuerungen) verschont geblieben, das erstere hat man
um einige staffeln erhöhet, und das andre um einige
herabgesetzt Lessing 4, 109. — am gewissesten läszt sich
in der geschichte der Verfassung die stelle mancher fehlen-
den Staffel erkennen. Nieblhr 2, 15;
noch gibt es keine staffeln,
die unserm arm zu hoch. Freiuorath' 2, 163.
e) Staffel gilt dann auch von natürlichen Verhältnissen.
80 besonders von den altersstufen : und da alle andere
Wollüsten uns unter den bänden zuegehen, ... so be-
gleitet ims diese unsere (die der 'poeterey') durch alle
staffeln des alters. Opitz poeterei s. 57 neudr. dafür:
mein alter ist ja erst der anfang recht zu leben . . . ;
wie? überspringt disz nun die staffeln der natur?
Günther 700;
vgl. auch:
so selten nun ein mensch den Nestor überlebt,
und diesen rang erhält dem sechzig jähre weichen,
so wenig die natur auf jene staffel nebt,
auf der wir selbst die band dem nahen tode reichen. 610.
anders:
des lebens staffeln sind nichts als geburt und tod.
Haller ged.^ 25 (alpen 98).
ähnlicJi in bezug auf die enticicklung von Völkern: die ein-
wohner von Scheschian . . . füllen . . . den abgrund , der
zwischen ihrem Ursprung und der epoche ihrer geschichts-
kunde liegt, mit fabeln aus; und diese fabeln sehen
einander bey allen Völkern so ähnlich, als man es von
geschöpfen vermuthen kann, die sich auf der ersten staffel
der menschheit befinden. Wi el.a.nd 6, 36 (d.groWne *pi>^. 1,1).
/) nur frühnhd. findet sich staffel von den Verwand-
schaftsgraden: die staffelen von der gesippschafft und mog-
schafft. Zell christl. verantxc. (1523) bb 1» bei Gh. Schmidt
eis. wb. 336»; o wie köstlich gut wer es, das jederman
sein geburtsregister von staffel zu staffel und stiegenweisz
so gewisz ausz dem schiff Noe schöpffen . . . könte. Garg.
26» (s. 30 neudr.).
g) von den abstuf ungen, nuancen der färben: die schwartze
(färbe) hat die grade oder staffel unter sich: pech oder
kohlschwartz,erd3chwartz,wasserschwartz,braunschwartz
u. s. ir. CoMENius janua (1644) s. 94, 334. vgl.: indem die
hohe geistlichkeit diese unruhige färbe sich angeeignet
hat, so dürfte man wohl sagen, dasz sie auf den un-
ruhigen staffeln einer immer vordringenden Steigerung
unaufhaltsam zu dem cardinalpurpur hinaufstrebe. Göthe
52, 319 (zur farbenl. 791).
h) in bezug auf icitterungsverhäUnisse. zunächst eigent-
lich von den graden der scala am barometer oder thermo-
meter: der baromettre ist 7 staffeln höher, alsz er ge-
weszen. Elisab. Charlotte 2,483; dann auch ttnsinnlicher
von temperaturgraden .- es wird also niemand läugnen, es
gebe so wohl in der kälte als in der wärme viele ab-
sätze; von dem unterschiedlichen grad des feuers sind
alle menschen überzeuget, aber von den stafeln der kälte
haben wir insgemein keine andere begriffe als von dem
sommer in den herbst, und von dem herbst in den
Winter. Altmann beschr. der helvet. eisbergen (Zürich 1751)
73; dasz ... in einem heissen eisen viele staffel der wärme
seyn müssen, nemlich von dem grad an, da es ein wenig
roth ist, bisz auf den staffel, da es ganz weisz glühend
ist. 74. vgl. Adelung (i).
i) nihd. auch von den graden des Sonnenlaufes (thier-
kreises): dirre zodiacus ist zerteilit in zwelfiu, unde ieg-
lich zeichen ist geteilit in drijic stucke, unde ieglich
stucke heijit ein gradus , dag ist ein staffel. ... so ist
och diu sunne in der staffeln dej Zeichens dag zno dem
mande horit. Meinauer naturl. s. 13. ebenso troi; die staffel
oder grat, do die sunne ist. qudle bei Dief.-WOlcker 861.
k) nicht durchgedrungen ist auch die von nhd. gramtna-
tikern aufgebrachte Verwendung als grammatisches kunst-
wort für die vergleichungs- oder steigerungsgrade des ad-
jectivs: der staffeln der vergleichung sind drey, der
positivus als der underste staffel, der comparativus ader
mittelste staffel und der superlativus der höchste staffel.
Y)\:v.zlevray guidon (1607)8. 174; vonden vergleichungs-
staffeln (gradibus comparativus) der beywörter . . . wir
zählen also bey unsern beywörtem . . . drey vergleichungs-
staffeln: die erste staffel (positivtis gradus) ist, wenn man
der Sache eine eigenschaft schlechtweg beyleget u. s. w.
Gottsched sprachk.^ 257 (4, 2, § 2), s. ferner Heyn atz
antibarb. 2,440 und Campe (die erste staffel oder unter-
staffel, positivus gradus; die zweite staffel oder mittel-
Staffel, comparativus gradus; die dritte staffel oder ober-
staffel, superlativus gradtui); seit achtzehn Jahrhunderten
bewundern die trefflichsten männer ihn (Jesus) als den
söhn des höchsten, das ist, als den ersten, ehrwürdigsten,
erhabensten menschen, denn so redet das morgenland.
523
STAFFEL ai.3.4. III. 1.2)
STAFFEL (III, 3-6)
524
es ermangelt der vergleichungsstaffel abendländischer
sprachen, und kann die höchte Staffel der vortrciTlichkeit
daher nicht ausdrücken, ohne mit den bcgrifTen der gott-
heit ihn zusammen zu knüpfen. Kosegarten rhaps. 1,106.
8) auch eint reihe technischer ausdrücke und mundart-
licher hesonderheiten ergiebt sich aus dieser grundbedeutung .
a) im mühlenbau staffeln des gefälles 'die absätze, wo-
rüber das wasser aümählig auf die rüder flieszt'. Jacobs-
SON 4, 2*5^.
b) militärisch, bei der trtippenaufsteUting abtheUtmgen,
die sich in geicissen abständen folgen {woneben das fremd-
ioort echelon in speziellerer bedeutung) : dasz vor kaum
einer halben stunde die vordersten staffeln der am tage
vorher heranbeorderten bataillone eingetroffen seien. Fon-
tane 2, 181.
c) in der heraldik sagt man staffeln vom stufenschnitt,
vgl. staffelschnitt. Gritzne« herald, terminol. {bei Sikb-
UACHER rcappenb.) S06''.
d) im Elsasz 'ungleichmäsziger haarschnitt, bes. an den
schlafen, sog. treppen'. Martin-Lieniiaht 2, .^/ö*».
4) endlich gehört hierher wol auch Staffel für den kern,
die gaumenfalten beimpferde: staffeln 'die querfurchen im
gaumen des pferdes'. Nemnich; 'die stufenförmig ge-
furchten, gemtl. steten gaumenfalten {pfalatine) beim pferde,
der sogen. 3. kern . . .; diese staffeln sind auch beim mensch-
lichen embryon als gaumenleisten deutlich entwickelt, dritte
Staffel, I. ■= dritter kern (staffel, stuhl) . . . und 2. = die
oder daselbst'. Höfler kranklieitsnamenb. 670'»/. auf un-
genauer kenntnis beruht offenbar die erklärung bei Frisch
2,315*': der staffel, eine gewisse ader der pferde bey den
huf-schmidten , wonach Adelung 4. so belegt in quellen
des\l. — IS.jahrh., iri der Verbindung : den (dritten) staffel
stechen, vgl. dazu kern 4, c, theil5,5de, und würfelader:
darnach stich jme {dem ross) die staffel, damit jme auff
allweg hilff gethon werdt. Seuter roszartzn. (i599) .%; die
wu[r]ffel ader ist, wann man einem rosz den dritten
stapffel sticht im maul, wirdt den pferden geschlagen
wider auszdörrung oder abnemung, feuchtigkeit deshaupts,
auch wider die feyfel und husten. 59; {daneben:) so solt
du jm die dritte staffel stechen, ebenda; lasz jhm beyde
bug ädern schlagen . . . ists lange rehe gewesen, so lasz
jhm die dritte staffel auch. Coi.er Aau»z6. (1645) l, 375*;
der dritte kern oder staffel olTt gestochen. Pinter neuer
pferdeschatz (1G88) 382; die würffel-ader ist, wann man
einem rosz den dritten staffel sticht. Fleming t. jäger
205'' («. oben Seuter).
III. andre bedeutungen, die zumeist auszerhalb des hochd.
verbreitet sind, scheinen aus andern wurzeln erwachsen.
l) in vielen altgerm,. dialecten bezeichnet ein loort gleicher
lautform, einen hoch urid geradlinig aufragenden gegen-
ständ, so altn. stqpull thurm, ags. stapol pfosten, irfeiler,
sattle, 8. 1, 1. innerhalb des deutschen gehört dazu das alts.
Etapal 'waclisstock' : unum magnurn stapal cerae. quelle
bei Heyne kl. altnd. denkm. 180» (lO. — n. jahrh.); lumen
conglobatum ein wessen stapcl, sthapel vel wassen lecht,
stock von wachs gemacht. Diep. gloss. 339*" {voc.v. 1425);
Stapel nov. gl. 241*; cerotus, eyn kerse vel ein stapel. voc.
Engelh. bei Schm.lerLObben 4, 364», wo auch vxitere mnd.
belege beigebracht sind. — überhaupt bezeichnet mnd. stapel
aäule, pfähl und säulenähnliche gegenstände, s.WSfif. pfähl:
ein hoevener, die binnen sijn vier stapelen ligt. weisth.z,tm
{overysselsche urk. von 1324). vgl. nl. stapel, vetus. Flandr.
HoU. vel steel, stanghel, caulis, stipes, scapus. Kii.ian.
{ttceifelhafl ist die Zugehörigkeit der ahd. glossen , vgl. :
bans . . . staffi], stafel, stapil, -el, pheyler. Dief. gloss. 69"=.)
8) damit liesze sich vielleicht eine im bair.österr. ver-
breitete bedeutung zusammenbriiigen : 'stoUen, fusz an höl-
zernen gerlUhschaften, als bettladen, tischen, stuhlen, bän-
ken etc.' SciiM. 2, 784(*), daneben unter d) '{Wien) eine
»tolle, ein viereckig geschnittenes holt, das sich von einer
latte dadurch unterscheidet, dost letztere zwei schmale seilen
hat'; 'staffl, eine stoUe {ein viereckigtes langes holz). Oest.'
Klein 2, 167, ». aurJi Popowitscii 5C2; tirol. Sciiöim' 696;
»teir. 'viereckig zugehauener holzstamm für tischfüsze,
httUtufen und dergl.' ÜNOEn-KiiULL 668». so schon mhd.:
dia w&l diu WM k) einom schrlno versperret.
das ^f**^ ^ «inem itafTfl Of gezurret.
NsibiiAui V. Reukntai. 24, B0.
8) eine andere bedeutungsgruppe , die eingehender tmter
stapel dargestellt icird , scheint dem nd. eigenfhümlich tu
sein, nämlich unterläge, auf der etwas ruht, block {vgl,
ahd. staffal basis und altß-ies. stapul richtblock, s. 1,1?);
aufgeschichteter häufe, pyramis; platz, wo wa7-en 'aufge-
stapelt' werden, Stapelplatz, Verkaufsstelle, s. Schiller-
LiJDBEN 4, 364/. diese letztere bedeutung hat sich dann durch
den einflusz der Hansa loeit verbreitet; sie ist in die spräche
der Nordseeanwohner eingedrungei} .- schwed. stapel, dän.
stabel, e7igl. staple (Kkeat 591''), aber auch ins hd., ge-
wöhnlich mit bewahrung der nd. form, s. stapcl. in der
älteren zeit findet sich jedoch auch die verschobene form,
vgl. Lexer hwb. 2, 1140. Sghm. 2, 734 (c) giebt für Nürn-
berg die bedeutung 'unterlager für abzustellende imaren,
niederlage; niederd. stapel'. auch in den zahlreichen, hierzu
gehörigen Zusammensetzungen und ableitungen findet sieh
noch Staffel- neben stapel-, s. unten staffelbar, -geld, -ge-
rechtigkeit, -gut, -recht-, -Stadt, {bei Heynatz antibarb.
2, HO als oberdeutsch gebucht, ebenso bei Adelung 3. Campe.)
4) im 18. jahrh. findet sich staffel ferner im sinne des
heutigen Staffelei: stafel etiam apud pictores est equuleus
pictorius, plutetis, lignum tripedaneum, cui tabula, cum
pingitur, imponi seiet, alias stafeley, et das stafelet
Stieler 2110; s. ferner Adelung 2 und Staffelei, staffelet.
5) ganz eigenthiimliche bedeutungen, die sich nirgends
sonst anknüjifen lassen, bietet das schtoeizerische älterer
und neuerer zeit, s. besonders Stalder 2, 389 und künftig
den artikel im schtceiz. idiotikon.
a) 'abtheilung einer alpweide in absieht auf eine frühere
oder spätere benutzung derselben; daher ein vor- oder unter-
stafel, eine iceide, die man frühe bezieht, wie ein oberstafel
eine tveide, ivohin man das vieh erst spät {z. b. mitte heu-
monats) treibt'. Stalder unter l, daneben unter 2 'der
nächste platz um die sennhütte, als der gedüngte und fetteste
boden einer alpweide', in Davos stäfäl, m. nächilicJier Weide-
platz Bühler 1,149, und staffäl 2, 1.5. stavel, pl. stevel
im sinne einer alpenweide schon in einer Urkunde atis
Engelberg {in TJri) von 1309: und sol daz gotshus sin stevel
han ze Surennon. und von des ab als ez da bar gestevelt
hat. und sun die landlute von Ure da für abe enhein
andern stavel han, swen aber die von Ure dar wellent
varn, so sun si dar an alle geverde varn mit ir vech.
J. E. Kopp urk. zur gesch. der eidgenöss. bünde (1835) s. 110.
{die Unterscheidung von unter- und oberstafel könnte et
nahelegen, von der bedeutung II auszugehen, und darin
gleiclisam die stufen des aufsteigenden berges zu sehen, doch
spricht sonst nichts für diese erkläi-ung und die lautform
entschieden dagegen, es handelt sich teol um ein lehnwort.)
b) unter 3 giebt Stalder die bedeutung 'eine art Schoppen,
als : a. schauer für das vieh zum melken sowolU gegen regen
und kälte. ... 5. sennhütte; c. komspeicher' . für heu-
schuppen : er hoffte . . . mit dem heu nachhelfen zu können,
das er auf dem berge gemacht und im staffel gelassen
hatte, aber was fand er? schnee fast mannstief, und,
wenn er mit lebensgefahr zum staffel sich durchgearbeitet
hatte — kein heu mehrl Gotthelp 4, 11 Vetter.
6) anhangsweise sollen hier ein paar vereinzelte belege
zusammengestellt xcerden, wo die bedeutung ganz ziceifel-
luift ist: die vier {einsiedel) paten got ainmfittichlcich.
welhcr nsecher wser der srolichait daz er in daz chunt tiot.
do hortten si ein stymnL die sprach, der erst unter ewch
der vsBcht mich, der ander behalt mich, der dritt der
pint mich, der vierd fort mich hin. also hclt mich ein
ieglicher in seinem staffel. oder in seiner wonung. gesta
Romanor. s. 87 Keller (c. 26, %'ielleicht doch als 'st\{fe' tu
verstehen). — er empfing ferner als träger das dorf Frei-
halden mit dem sog. 'staffel' der eigenen leuto. . . . jener
ausdruck 'staffel', in einigen Ichenbriefen unrichtip; als
'stappel' abgeschrieben, und für eine art von 'stappel-
recht' durch rcluition erklärt, bedeutet eine gewöhnlich
auf die altar-staffel {s. II,l,A') entrichtete pcrsonalimpo-
sition von leibeigenen und hörigen, v. Kaiser wappen der
Städte (1884) \b^, anm. 18. {für Btaffclstein?:) man sol
auch daruff finden eyncn stog, eyn staffel, eyn borte und
eyn schere, xceisth. 1,588. — Ja bey den Htoinorn staffeln,
dort sitzt bapst Clemens, gesprech von e. landskn. (1546),
g. teitschr. f. d. phil. 20,167,7; vom drucker x'iellcicht im
ginne II, 1 verstanden, aber die andre fas-vuiu/ h,it l>c-i dfiii
525
STAFFELBAR— STAFFELEI
STAFFELEIBILD — STAFFELHOLZ
526
stainen StefFan. 167, 32, und noch einmal: denn ich be-
sorg bei dem stainen steiJan. 168, 15. daher sieht der
herausgeber Matthias in stafTel einen fehler für Steffel.
8. 179 (vgl. auch stoffel).
STAFFELBAR, adj., oberdeutsch für stapelbar, s. das.:
staffelbare guter, quae ad loctim portanda sunt, ubi est jus
stapitlae. Schoitel 325*; merces quae merentur reponi,
aut quae jure loci reponi et ibidem vendi debent. im cöl-
nischen heissen sie rent-güter. Frisch 2, 320», 'tcelche
bey und in einer stapelstadt niedergelegt werden müssen'.
Adelung, s. ferner Sgherz-Oberlin 1551. Campe. KrC-
t NITZ 168, i53.
[STAFFELBAÜM, m. 'der narne eines baumes in Indien
mit ausgebreiteten ästen, an welchen die blätter auf kurzen
\ stielen einander gegenüberstehen (captira)'. C.\mpe.
STAFFELBETT, n. 'bett mit holzstufe'. üxger-Khull
steir. icortsck. 568» (vgl. Staffel II, 1, Ar und III, 2).
STAFFELBIRXE , /. 'eine sorte gelbröthlieher und ge-
tüpfelter bimen, mit einer rauhen haut, und saftigem,
süszem fleische'. Campe.
STAFFELBOHRER, m., bei ünger-Khull 568» aus
einem steir. tischlerinv. von 1776 belegt, bedeutung ungewisz.
STAFFELEI, /. bei malern und hupferstechem ein höl-
zernes, dreibeiniges, schräg stehendes, verstellbares gestell
zum, aufstellen der bilder, während sie daran arbeiten;
auch von einem ährilichen gestell der bildhauer. Weiter-
bildung zu Staffel mit fremder endung, seit ausgang des
ll.jahrh. nachxceisbar ; älter ist die bildung staffelet, s. das. ;
a lieh Staffel selbst wird in diesem sinne gebraucht, s. das.
111, i. Weigand 2, 791. Kluge^ S?**». staffeley, staffelet, n.
scaletta, cavelletto, trespiede da pitiore. maler-staffeley,
idem. Kram ER dict. 2 (l702), 902*; stafel etiam apud pictores
f.^f equuleus pictorius, pluteiis, lignum tripedaneum, an
tabula, cum pingitur. imponi solet, alias stafeley, et das
«tafelet. Stieler 2110; staffeley, der mahler dreyfüsziges
pult, woran sie gemählde oder tafeln im mahlen lehnen,
und auf zwey zapfen als auf staffeln höher oder niedriger
stellen können, pulpitum tripedaneum pictorum. Frisch
2,315^; siSL^elt'^, pluteus pictorius. chevalet. ein leichtes
rahmwerck, so den mahlern dienet, das feld, so sie be-
mahlen wollen, vor sich darauf zu stellen, es kan die
Stellung, Termittelst der löcher, so lang herunter dadurch
gebohret , und darein nägel gestecket werden , nach ge-
fallen erhöhet, und geniedriget werden. Jablonski 745,
«./er-ner Adelung. Jacobsson 4,245'». Kr Onitz 168,453 — 7.
( belege: ich habe porträts gesehen, die mit rühm von der
I staffeley geradezu in den rahm wandern konnten: gleich-
wohl hielt sie der furchtsame maier noch zurück, war
alle stunden wieder über ihnen her; erhöhte dort noch
ein licht, vertiefte hier noch einen schatten, legte da noch
eine tinte drauf; und sein unbesonnener fleisz machte
aus dem guten und frischen werke seiner kunst, einen
verdorbenen staffeleybrütling. Kretschmann 5,375;
er führte ihm das beispiel der freien reichsstadt Kroton
iii Groszgriechenland an, wo weiland eine löbliche bürger-
schaft sich um die wette beeifert habe, die schönsten
Stadt Jungfern . . . dem maier Zeuxis zu dem« nämlichen
behufe {als modell) vor die Staffelei hinzustellen. MusÄus
volksm. 2,U2 Hempel; manchmal glaubte ich, ich sähe
ihn {Jan Steen) leibhaftig selber an seiner Staffelei sitzen.
Heine 4, 129 Elster {Schnabelew. ii); es dauerte nicht lange,
so sasz Gertrud vor seiner staffele! und liesz ihr blondes
köpfchen von ihm auf die leinewand bringen. Storm 2, 54;
ein gärtner mahlet hier
ohn' öl and stafeleyen,
ohn pinsel, oiin paiet leb«nd'ge echildereyen.
Brockes 1, 135 ;
dich, Zachauiä ! sah er {Lohemtein, alt maier vorgestellt)
als den (n<i<;A-)folger an,
der seine staffeley mit beyfall' erben kann.
(ScuÖNAicH) sieg de« mUchmaieht (1756) ». 80 ;
■o stand er emsig vor der Staffelei
und dachte schnell der treuseraäzten züge.
KÖR.NER 1, 200 Fischer.
jztzt auch von einem solchen gestell, insofern ea tum auf
stellen fertiger bilder oder Photographien dient. — ungewöhn-
lich für Staffage: Recha, Sitta, Daja (in Lessings Nathan),
•ind wohl eigentlich nur staffeley. Fr. Schlegel jugend-
»ehriften 2, 160, Zä Minor.
STAFFELEIBILD, n. {vgl. das folgende): sein {Correggios)
recht inneres , eigenes leben kommt zum Vorscheine in
seinen mythologischen compositionen . . . und in seinen
staffeleibildem, in der Jo, der Danae und in vielen andern,
welche er . . . auf die leinwand hingegossen hat. J. Mosen
8,24; die gliederpuppe, welche in der tracht eines roten
husaren in einem lehnstuhle sasz und ein staffeleibild zu
betrachten schien. Keller 6, 213.
STAFFELEIGEMÄLDE, n., 'staffeleygemählde , ein ge-
mählde mittlerer grösze, icelches auf der staffeley verfertiget
wird'. Adelung. Jacobsson 4, 245''; 'gemälde, welche auf
oder an der staffeley geferiiget oder gemalt werden, zuv^
unterschiede der groszen gemälde, die nicht daran oder
darauf gemalt icerden können, man rechnet zu diesen ge-
mälden alle diejenigen, welche mehr als fünf fusz in der
grösze haben; die darunter sind oder weniger haben, werden
staffeleygemälde genannt' u.s.w. KrOnitz 168,457/. be-
sonders den Wandgemälden entgegengesetzt.
STAFFELET, n., ältere nebenform zu staffele! {s. dieses)
mit Italien, endung, um die mitte des 17. jahrh. aufkommend
und schon im folgenden als veraltet bezeichnet: lignum tri-
pedanum, eui tabula qtium, pingitur, imponitur, der bock
oder esel, darauff die mahler die tafel legen, wann sie
mahlen, das staffelet, qs. stapeda. Corvinus fons tat.
(1660)499»; st&Selet pluteus Schottbl1420; Kramer ««d
Stieler s. un/er staffele! ; staffelet der mahler, lat. plu-
teus pictorum. äpin. gloss. 509; staffelet (das, quibusdam
ein bock) pluteus, lignum tripedaneum u. s. w. Steinbach
2,655; staffelet, war vor diesem soviel als staffeley, nur
mit einer andern italiänischen endung 'vonscaUtta. Frisch
(1741) 2, sia*».
STAFFELFÖRMIG, adj. : eine der öfters hervorgehobenen
eigenthümlichkeiten des Karstes, die perlenschnurartige
aneinanderreihung grösserer und kleinerer dolinen mit
staffeiförmiger Unterlagerung, ist in dem zuletzt durch-
wanderten gebiete deutlich ausgesprochen. Hassert reise
durch Montenegro 62. freier: die verschiedenen beamten
in zum theil fragwürdigen costümen erschienen staffei-
förmig, nach dem grade ihres ranges; der vornehmste
zuletzt. Fontane kriegsgefangen^ 136.
STAFFELGEBET, n. die gebete, die beim anfang der messe
der celebrierende priester und die ministranten auf der
untersten stufe des altars beten, vgl. stufengebet. Unger-
Khull 568»: trotzdem steckt man schon unter dem staffel-
gebet den schweren silbernen rosenkranz ein, als ob es
gleich aus wäre. Felder reich u. arm 336.
STAFFELGELD, n., für stapelgeld {s. das.): von staffel-
gelde. Frankf. urk. v. 1348 bei Dief.-WOlcker 861.
STAFFELGERECHTIGKEIT, /.. für Stapelgerechtigkeit.
s. das. Adelung. Campe: Staffel- o stapel-gerechtigkeit,
Staffel- ö stapel-recht, n. dritto, jus, ragione di stapola.
jus scalatico. Kram er dict. 2,902^; die stapel- «le stafel-
gerechtigkeit , alias die freye niederlage. Stieler 2135.
noch bei KrOnitz 168,458. — dafür auch staffelgerecht-
same,/., *. unter staffelrecht.
STAFFELGERICHT, n.: staffel-gerichte , Weissenburgi
in Alsatia est. ad quod fit provocatio. Judicium vertit dns.
Wencker . . . sed causam nominis non indicat. Haltaus 1726,
vgl. Scherz -Oberlin 1551/. jedenfalls als ein gericht
höherer stufe zu verstehen.
STAFFELGESANG, m.. bezw. n., staffelpsalm, m. salmo
graduale. Kramer diet.2,90^; vgl. staffelpsalm. C.\mpe.
STAFFELGIEBEL, m. hausgiebel mit stufenförmigen ein-
schnitten an den seitenkanten, auch treppengiebel.
STAFFELGUT, n. für stapelgut, s. das.: staffelgüter,
beni di stapula cioe mercantie scalatiche che devono scari-
earsi nel luogo dove si e scala di traffico. Kramer dict.
2, 902« ; stafelgüter, quae juri stapulae subjacent, und ab-
geladen werden müszen. Stieler 717; ferner aufgeführt
{als nebenform) bei Adelung. Scherz -Oberlin 1562.
Jacobsson 7, 419». Heyn atz onttÄard. 2,440. Campe. KrO-
nitz 168,458.
STAFFELHOLZ, n. hoU tu staffeln: für ein staffelholtz,
das 28 schuch lang ist, 45 pf. für ein holtz 30 schuch lang,
das kleiner dann staffelholtzel ist, 35 pf. Tucher bau-
meisterb. "13,70 f.. im glossar erklärt: 'zur unterläge für
abzustellende waaren dienend', also zu Staffel HI, 3. jetzt
steir. im sinne von Staffel 111,3, ». Ungbr-Khull 568».
527 STAFFELICHT— STAFFELPFOSTEN
STAFFELPSALM— STAFFELWEISE 528
STAFFELICHT, iidj. graduale, fatto ä scale e gradini.
Kramek rftc^ 2,902"=; stafelicht, et stuficht, climacferictis,
gradatus, et adv. gradatim. Stikleb 2110, s. auch slalTelig.
sehr selten: weyter so sind etliche stafflecht angesicht,
also zuversten das sie oben am weytesten her forn sind,
darnach ye mer undersich ye mer hindersich. A. Dürer
menschl. proportion (1528) Q S*».
STAFFELIG, adj., seltne büdting vne auch staffelicht,
vgl. daa.: staffelig, staffelicht, pergradus, gradus habens.
Frisch 2, 315''. ohne mittelvocal:
auff dem {'Zirclhcrg') betten in staines wend
jr wonun» stainböck und die eemsen
die sach ich ausz klüfTten und klemsen
auff den stafligen felsen klebern.
H. Sachs 1, 251*.
STAFFELING, m. ein hier zu Frankfurt a. d. 0. : item
Franckf ort oderisch staffeling. Garg. s. 8G neudr; als st&ffe-
ling atich im zeitvertreiber von 1668, s. 158.
STAFFELIT, n. ein mineral, hauptsächlich aus phosphor-
saurem kalk bestehend und in hohlräumen des phosphorits
von Staffel {in Nassau) gefunden. Kahmarsch -Heeren'
8, 463 ; eine varietät des phosphorits, nieriger und traubiger
Phosphorit von rfe»- Lahn. Lueger 1,892.
STAFFELKREUZ, n., für treppenkreuz, in der heraldik.
Gritzner herald, terminologie {in Siebmachers tcappen-
buch) 306»».
STAFFELLASTER, n. .- stafellaster, progreaaua in vitiis.
Stieler 1059.
STAFFELMESSUNG,/, ein meszverfahren bei der längen-
messung und beim nivellieren, s. Lueger 7, 472.
STAFFELMETHODE,/, beiderhorizontalmessung, ». Kar-
marsch-Heeren'6, 58 und vgl. das vorige.
STAFFELN, verb., vereinzelt vorkommendes denominativ
zu Staffel, vgl. auch stapfein und stapeln.
1) mit staffeln, stufen versehen. Campe, so wol nur im.
pari, gestaffelt : das schlosz . . . war modisch zugerichtet,
nur der gestaffelte giebel . . . zeigte einen altern Ursprung.
AüEHUACH neues leben (1852)1,107 {vgl. Staffelgiebel);
aber es hebt nunmehr der bürgermeister zuerst an,
dreimal spaltete sich ihm das gestaffelte kinn.
Plate.n 44».
2) ataffdxceise einrichten, schichten. Campe, doch ist
staffeln in diesem sinne eher zu Staffel III, 3 zu beziehen,
also nebenform zu stapeln, vgl. das. : staffelen, [belg. stapeln]
aufeinanderstaffeln , stapulare cioe catastare, accatastare,
stipare, ammoncellare, ammucchiare. v. schlichten, holtz,
wahren staffeln 6 aufeinander staffeln, accatastare etc.
legiw,, merci etc. gestaffelt. KRAMERdic^ 2,902". tirol. stafeln,
aufstaffeln staffeiförmig aufeinander legen. Schöpf 696. —
weniger klar ist die transitive Verwendung in folgenden
stellen: ein ander {knabe) spielte des kuntzichgen mit
decken, aus einer scena, welche von einer cattunen decke,
so er umb die gurtelstette gebunden, über sich gestaffelt
trug. Olearius pers. reisebeschr. 231"; sie {die Kebber,
pers. kaufleute) tragen nehmlich ihre leichen . . . auff den
todten-acker, und staffeln sie mit höltzem gabeln an die
maur. 295".
3) ungeicöhnlich ist intransitiver gebrauch, sich Staffel-
formig erheben, aufbauen: auf sechs rangstufen staffelte
die ganze gesellschaft {der Jesuiterorden). Jahn 2, 549 Euler
(merke 99). noch auffälliger ist eine vo7i Campe angezogene
»telU atts Kretschmah, worin er staffeln als 'hoch stehen'
erklärt:
schimmernd an Dännemarks thron
stafTelt das schrecken der feinde.
♦) in Leipzig 'ankommende fremde am, bahn hof für ein
gasthau» anlocken, pressen; der betreffende liausknecht oder
keilner ist der staffier {gedruckt in polizeiberichten des
Leipz. tageblatt», 1868)'. Ai.hrecht 815**.
STAFFELORDNUNG, /. .- dieser Zusammenhang, dieses
•ympathisiren , diese Übereinstimmung {aller dinge bei
Shaflesbxiry) ist etwas ganz anders als des dichters {Pope)
eingebildete itaffelordnung , welche man höchstens nur
für poetisch schön erkennen kann. Lessinos, SS.
STAFFELPFAD, m.: don Salvador Correa erklomm den
•chmalen strandweg und begann einen steilen staffclpfad
hinanzusteigen. Kf.i.i.p.h 7, s»2.
STAFFELI'FOSTEN . m.. »teir. für staffel III. S beaui.
tUffelboU C> <^)- Unoer KuutL M8\
STAFFELPSALM, m.. für stufenpsalm, s. das. Campe;
schon bei Kramei\, s. staffelgesang.
STAFFELRECHNUNG, /. skalische Zinsrechnung, wobei
die Zinsen je vom datum einer buchung zu dem der nächsten
besonders berechnet toerden, beim, contocorrent.
STAFFELREGHT, n., für stapelrecht, vgl. das.; jus sta-
pulae ScHOTTEhMS^, stafelrecht Stieler 1.t.'>2; 6ei Kramer
2,902' *. unter Staffelgerechtigkeit: staffelrecht, das, ins-
bes. d. staffelgcrechtsame d. stadt Mainz, titel einer schrift
von 1814 {im kat. einer Frankfurter bücheratiction vom
28. nov. 1871, *. 7, nr. 94).
STAFFELREIHE, /. staffeiförmige reihe.
STAFFELRING, m. der warzenring in getreidemühlen, ein
eiserfier ring mit zacken oder staffeln, s. Khünitz 168,458.
STAFFELSCHNITT, m. stufenförmige theilung eines
icappenschiMes in der heraldik, s. Gritzner herald, ter-
minologie {in Siebmachers wappenb.) soe", vgl. stufen-
schnitt.
STAFFELSCHWANZ, m. eine vogelgattung aus der Ord-
nung der Sperlingsvögel, malurus.
STAFFELSTADT, /.. für stapelstadt, s. das. Campe, citfä
che Im iljus di scala, scaln di traffico. Kram er dict. 2,902";
Stapel- sive stafelstadt, jus stapidae liabens. Stieler 2113.
STAFFELSTEIN, m. videtur esse locus infumis. per gradus
aliquot elevatics, quo rei nu7nellati ludibiio populi ex-
ponuntur. sigmim jurisdictionis criminalis. Haltau.s 1726,
auf grund der stelle: und sol dirre hof han zweine staffel-
steine unde einen stok, von zweigen kunigen, die heissent
beide Ludewige, weisth. l, 667 {dinghofzti Ebersheimmünster
im Obereis., v. 1320; vgl. s. 669: unde swa der abbet het
twinc unde ban, unde stoc unde stein in den dorfern,
und den Ortsnamen Staffelgruben *. 668), danach oucA
Scherz-Oberlin 1552. ähnlich: und sol dis kloster han
einen staffelstein und einen stock von zwein klingen, die
hieszen beid Ludewig, dingrodel von S. Trudbert im Breis-
gau, s. MoNES zeitschr. 21,455. und schon in dem güter-
verzeichnis des benediktinernonnenklosters Ruprechfsberg bei
Bingen v. 1200 : an drin stucken under demo stafelsteine,
s. Beyer mittelrhein. urktindenb. 2, 386 {diese stelle um
1210 — 20 geschrieben), vgl. Lexer handicb. 2, 1128. im altem
steir. 'stein, der an dem gerichtsorte stand und in den iceis-
thümern auch lasterstein {theil 6,263) genannt wird' . Unger-
Khull 568*.
STAFFELTARIF, m. eisenbahntarif für guter mit fallen-
der Skala bei zunehmender menge oder entfemung.
STAFFELWALZE, /. , im plur. ein System von walzen
mit stufenweise abnehmendem kaliber, in walziceiken, beson-
ders zur anfertigung von ßaclieisen. Karmarsch-Heeren'
8,55. 10,223.
STAFFELWAT, /. • item staffelwat und nachtseck die
sollen an keinem ort gebrucht worden, ordn. der Alurg-
ßscher zu Rastatt vom 22. aug. 1505, § 18, in MoNES teitschr.
4, 93 {bedeutungf).
STAFFELWEG, m. : zur rechten zeit sah ich den gold-
fuchs neben mir stehen, legte ihm den mantclsack auf
und begann den jähen staffelweg hinunter zu reiten, der
zur brücke führte, jede Staffel war aber ein geschliffener
bergkrystall. Keller 3, 112.
STAFFELWEISE, adj., doch im allgemeinen nur als adv.
üblich: staffel-weis, adv. per gradi, gradualnienfe. slaffel-
weis gehen, fortgehen, andare, caminare, montare di gratlo
in grado, gradeggiare. staffelweis gemacht, fatto ä scale.
scaiini, scalinato. v. staffelicht. Kra.meh dict 2,902"; stafel-
weis, gradatim Stieler 24«3, pergradus Frisch 8,815*,
nach art einer Staffel, in absätzen, atuj'enweist. Campe.
im \(i. jahrh. dafür staffeis weise: die {käse) logt und
setzt er auff einander stafelsweisz für poUwerck wie die
gcrber jrc loskäsz. Garg. ».79 neudr.; durch dise {kinder)
wird er gesegnet, . . . von diesen erben sich die guter und
künst von eim zum andern inn sein» geschlecht staffcls-
weisz, wie man einander die ziegel bisz zum tach hinauff
reichet. 98; da stellen sie jro zucht umb den tisch staffeis
weisz wie die orgelpfeiffen. 99. später nur in eigentlicher
tiuammentetMung. meist in freierem gebrauche, stufen oder
gradvmat, fioch und nach: dicwcil es . . . nicht nülglich
Ist, 7.U dem höchsten »laffel einer wiszensrhafft zu ge-
Ian|2cn, man steige dann erstlich allKomach durch die
undere und nidrigere gradon hinzu ; und volgo hierin der
529
ST AFFEN — STAFFETTE
STAF(F)HOLZ — STAFFIEREN
530
unvemünfftigen thieren ftirtrefflicher lehrmeisterin, der
natur, welche in ihrem gantzen thun dieselbe fein grad
und staffelweisz führet und abrichtet. Dhuez le vray
guidon (1657) vorr. 5*; des einen unstern kommt staffel-
weisz und allgemach und einen andern überfält das seinige
mit hauffen. Simpl. 1, 342, 20 Kurs (3, 23); gleich wie einer
nicht auff einmal gähling zum schelmen wird, sondern
gleichsam nach und nach staffelweis darzu gelangt. 4, 128, 26
(togdn. 2,16); in auseisung eines mislichen, mit schulden
beladenen hauswesens kan ihme einer, durch überige
eile . . . schaden. . . . wer sein ganzes vermögen, völlig und
auf einmahl dran strekt; der stehet in gefahr des rük-
falles. ... wer sich aber stafel weise heraus schraubet;
der nimt die angewohnheit der spahrsamkeit an sich.
BuTSCHKY Pathmos s. 344; dasz ich gewisz treten kann,
ps. 40, 3, d. i. mein königreich ungehindert fortsetzen, um
80 weiter zu dem höchsten grad meiner herrlichkeit zu ge-
langen, dann es gieng mit der erhöhung Christi staffelweisz
zu. J. D. Frisch neu klingende harpfe Davids (1719) 285;
hierauf schwang er durchs äuge seinen sinn,
jedoch nur sfaaelweise,
zuerst von seinem stand bis an die wolcken hin.
von da schwane sich des ^eists und blickes schneller lauff
bis an des mondes kreis hinauf u. s. w. Brockes 1, 112 ;
dasz wir dereinst bestimmet seyB,
nicht auf einmal, nein stafel-weise,
(denn die natur thut keinen sprung)
an der geschöpfl" unendlich-schönem beer . , .
uns immer mehr und mehr
in stiller andacht zu ergetzen. 355;
itzt flieht die wölke : der Schimmer eilt staffelweis über den
andern. E. v. Kleist 2, 9.
müitäriach {vgl. staffel II, 3, i): 'ein heer rückt staffelweise
rar, xcenn dies in kleinen hinter einander folgenden ab-
theilungen geschieht (en echdons).' C.\mpe; Murat, nach
empfangnahme der ordre, zog sofort vom linken flügel
her seine vier kavallerie corps staffelweise vor, erst
Grouchy, dann Nausouty u. s. w. Fontane vor dem stürm
3,154.
STAFFEN, m. 'bey den Uhrmachern, eine Scheibe in dem
repetier- icerke, tcelche nach der zahl der stunden zwölf ab
Sätze oder stundenstaSeln hat. welche nach einer bestimmten
abtheilung beständig tiefer hinab gehen, und das sinken
des rechen nach der anzahl der schlage jeder stunde be-
stimmen'. Adelung, s. femer Jacobsso fi i, 246*. Krünitz
168, 458. wol nur eine nebenform zu stapfe {icie staffel
neben stapfei), vgl. das. Weigand 2, 791.
STAFFEN, verb., mundartlich für stapfen? {vgl. das.):
das laien, münch und pfafTen
zu unsem weihen staffen.
Oswald v. Wolkenstein 42, 7 Schatz.
{das alte starke verb., das in ags. alts. stapan vorliegt,
vgl. Grimm gramm. 2, 9. Fick* 3, 345. Lexer handwb.
2, 1128, ist im hd. nicht nachzuweisen.)
STAFFENTRÄGER, m. verhochdeutschte form des hamb.
staff-dreger Richey 284 bezw. staffeldreger Schütze 4, 182,
*. stabträger 3 (sp. 379, vgl. staffel 111,3?): sondern ich
will von zwölfen {trägern) getragen, und von vieren bey-
hergehenden staffen- oder stützen-trägern iaegleitet sein.
(Richey) der pafriot, 2. jähr {Hamb. 1728) *. 253.
STAFFETTE, STAFETTE, /. reitender eübote. lehnicort
atis ital. staffetta = span. estafeta, franz. estafette, einem
deminutiv zu staffa Steigbügel {'eursor tabellarius, cui pedes
in stapede perpetuo sunt' Ferrari), das selbst dem deutschen
stapfe entlehnt ist, s. DiEZ* 403. Wächter 1578. Weigand
2, 791. Kluge' 374''/. nach letzterem wäre das wort schon
in Zeitungen des 30 jähr, krieges bezeugt; sonst ist es erst
ende des il.jahrh. nachweisbar, als staffeta bei Nehring
(1694) 844, 8. Weigand o. a. o. Elisab. Charlotte kennt
e» am 17. sept. 1695 noch nicht: ich bitte, sagt mir doch,
wasz ein staffet ist! den ich weisz es nicht undt habe
nie nichts davon gehört. 2, 43. staffelte [quasi stoffette,
id est. ein mit brieffen gestoffirter] staffetta [fomito di
»paed Uttere, speditioni e commissioni etc.] eine staffette
abfertigen. Kramer dic^ 2, 903»; staffette, estafete. ein
postbote, so mit briefen ausser der gewöhnlichen post-
zeit abgefertiget wird, der name ist aus dem spanischen
entlehnt, da die ordentliche post also heisset. Jablonski
745*"; stafetta, lat. eursor extraordinariiis , velox. Apin.
glosa. 509; staffette . . . bedeutet einen reitenden boten, so
X. 8.
um einer gewissen sache willen ausserordentlich geschickt
wird, nuntius extraordinarius celerrimis eqtiis ubique utens.
Frisch 2, sls**, s. auch Eggers 2, 972/. (staffetta span.).
Adelung. Kinderling 225. neben der vorherrschenden
Schreibung staffette kommt in altern qxieUen zuweilen
staffete, -a vor (Nehring, Elisas. Charlotte, Abraham
A S.Clara, Wächter, s.oben), häufiger in altern und
neuem Stafette {Jbei Stieler, Apin., Wander u. o.); diese
Schreibung ist jedenfalls durch das franz. beeinfluszt. so hat
Campe im, ergänzungswb. geradezu estafette als Stichwort
angesetzt, gebraucht daneben Stafette und schlägt als Über-
setzung sehr passend eilpostreiter vor. mundartlich kommt
das Wort nur im, äuszersten süden vor: schtceiz. staffete
eilbote, nachricht Hunziker 249, steir. Stafette Unger-
Khull 568». {fehlt in Handschuhsheim Lenz 67''.)
1) im eigentlichen sinne, vgl. oben die glossare: eine
staffette abschicken. Adelung; baron Rothschild . . . sprach
wie ein könig, . . . und er gab seine ordres und schickte
Stafetten an alle könige. Heiüe. 3, Z22 Elster ; er hat eine
staffette aus Braunschweig gekriegt. E. König bei Lessing
13, 324 (12. nov. 1771). hier ist nicht zu entscheiden, ob der böte
oder die nachricht, die er überbringt, gemeint ist. sächliche
bedeutung ist ausdrücklich bezeugt: Stafette, ist ein paket
briefe, so geschwinde weggeschicket werden musz, und
hat es dasselbe mehrenteils ein reitender böte bey sich.
Stieler zeitungs lust (1697) 511. {in heutigen mundarten
für nachricht, s. o.) Adelung versteht endlich unter staffette
'eine anstaZt, da durch einen geschwinde reitenden postilion,
welcher ausserordentlich abgeschickt icird, ein oder mehrere
briefe zur nächsten Station überbracht icerden', und nennt
diesen selbst staffetten-reiter {auch staffette); dazu
ferner: drauf schwatzt' ich viel von ungeheuem,
nicht leicht bestand'nen abenteuern,
st af fettenritt mit hom und knall. Kind 1, 217.
2) übertragen, sprichwörtlich: eine Stafette nach Speier
schicken 'icer unmäszig genossen hat und mit dem finger
den magen zur wiedergäbe mahnt'. Wander 4, 766. mit
bezug auf den mmbus Gallieus: so machen sie {die Wund-
ärzte) auch zuweilen ein jede blatter oder zitris zu einer
staffeta aus Franckreich, damit ihr beutel nur desto ge-
sünder seye. Abraham a S. Clara etwas f. alle l (1699), s. 100.
3) bezeichnung einer art sandläufer {käfer), cicindela
Virginica. Krünitz 168, 459.
STAF(F)HOLZ, n., halbnd.für stabholz, *. das. 1, sp. 369/..
daubenholz: staff-holtz, stab-holtz, stav-holtz, heisset zu-
gerichtetes eichen-holtz , woraus die dauben zu allerley
fässern gemachet werden, es ist dreyerley, nach dem
unterschied der gefässe , dazu es dienen soll : als pipen-
oxhöft- und tonnen-stäv oder stäbe. öconom. lex.^ 2797.
s. femer Adelung. Jacobsson 4, 246». Campe. Krünitz
168, 458. Weigand 2, 79i. Bobrik 655, sowie unter stabholz.
STAFFIER, m. , vereinzeltes lehnicort aus ital. staffiere
reitknecht {zu staffa Steigbügel) : es halff im ain pfaff dar-
von und sein staffier, d. städtechron. 22, 262, anm. 7 (Rem
zu7n j. 1478).
STAFFIEREN, verb. mit dem nötigen Zubehör versehen,
ausrüsten, ausschmücken, lehnwort aus altfranz. estoffer
= neufranz. 6toffer, span. estofar, vgl. Diez* 307 und
Stieler 2175. Wächter 1579. Adelung. Kinderling 149.
Weigand 2, 79i. Kluge® 24''. das wort scheint zunächst
ins nl. eingedrungen zu sein, wo es als stoffercn schon
mnl. vorkommt, vgl.: stofferen, munire, communire, in-
struere, omare. adomare, coneinnare, suppeditare. Kilian
2, 641*'. von da hat es den iceg über das mnd. genommen,
wo es im lä.jahrh. aufkommt, ebenfalls in der form stofferen,
s. Schiller-Lübben 4,424 und unten die belege; doch da-
neben auch staffeeren in den Lübecker reformations acten
(1529 — 31), «.370'>, und staf(f)eren bei Lauremberg, s. unten,
im nhd. ist staffieren seit der ersten hälfte des 16. jahrh.
{bei H. Sachs u. a.) nachzuiceisen ; von tcörterbüchern hat
es zuerst Hu LSius aufgenommen, {über hd. stoffieren *. das.)
die form bietet sonst keine abweichungen , abgesehen von
der nicht seltnen, aber bedeutungslosen Schreibung stafieren.
im part. perf. findet sieh tieben überwiegendem staffiert im 16.,
zuweilen attdi noch im VI. jahrh. {bei Dhuez, Kramer),
gestaffiert, und zwar begegnet beides bei demselben autor
(H. Sachs, Fischart) und in derselben quelle {Zimm. ehr on.)
untersdiiedslos neben einander, s. die belege. — heute ist
34
531
STAFFIEREN
STAFFIEREN
532
tUu einfache staffieren xceniger gebräuchlich t4nd icird in ge-
tcöhnlicher rede meistens durch die zusammeiusetzung aus-
staffieren ersetzt, die sich allerdings in der gebraueJia-
Sphäre nicht ganz damit deckt, s. theil 1, 98l/., dazu: aus-
stafiren, adornare, apparare. ein kleid ausstafiren, vestem
taeniolis vel lemniscis describere, variare, praesuere. Stieler
2175; ausstaffiren, exornare, mit der nöthigen zugehör und
kleidung versehen. Frisch 2, Slö*"; wenn dir auch erlaubt
würde noch zehn geschichten zu deinen fünfen zusammen-
zusuchen und sie . . . mit so viel erdichteten umständen
auszustaffieren als du lust hättest. VVieland Luc. 4, 50;
er ist einer von denen, die die natur . . . mit allen heissen
leidenschaften ausstaffirt hat. Ki.inger 3, 37; das goldne
feld ward vortrefflich ausstaffirt. GötueS*, 24;
(wir) fürchten hinter diesen launen
diesem aussuriirten schmerz . . .
leerbeit oder schlechtes herz. 1, 158.
8. femer Lessing unter 6. dafür in eigenflicJiem sinne
aucA herausstaffieren, s. theil i, 2, iOiG: Marder hoch-
zeitlich herausstaffiert. Kotzebu e dramat. sp. 2,33S;
der daus! wie thät sich freuen
das Publikum der neuen,
herausstaflierten schönen ! Overbeck verm. ged. 27.
s. auch Schaller unter 2, e. weniger gebräuchlich ist
aufstaffieren, s. th. 1,744: aufstaffiren, ornatum, super -
inducere. eine güldene borte aufstafiren. Stieler 2175;
im sinne von staffieren (4, b) :
von einem dritten eeist ward ihm der huth entführet,
den die geschickte nand französisch aulTstafTiret.
Zachariä 71 {renomm. 4, 182).
kaum üblich sind be-, ver- et durchstaffiren, idem (ac
ausst.). Stieler 2J75. — mundartlich ist staffieren heute
auch im hochd. üblich, doch gewöhnlich nur «i der Zu-
sammensetzung mit aus- tmd in der bedeutung '(mit klei-
dung) ausrüsten', was detiflich die herkunft aus der Schrift-
sprache erkennen läszt. *o«cAiret2.us-staffiere Hunziker 249.
Seiler Basler mundartzoi^, eis. stäffiere(n), us st. Martin-
Lienhart 2, 575*», in Wien ausstaffir'n Hügel 154*', ebenso
tirol. Schöpf 6%/., kämt, staffieren Unger-Khult. 5G8»,
in Handschuhsheim äustaffian Lenz 8*, köln. stafeere
HÖNIG 150*. auch die nd. mundarten zeigen schriftsprach-
lichen einflusz. stofTcren (up, uut st.) kennt nur noch das
alte brem. u>b. 4, 1041 , doch ist auch da schon staveren als
das geioöhnliche bezeichnet; so nur mit a in den nördlichen
mundarten: holst, staffeeren (malen; gegennähen). Schütze
4,182, altmärk. stafTcren, ütst. Danneil 208», mecklenb.
Staffiren, utst. Mi So*", ostfries. (üt)stafdren ten Doorn-
kaat Koolman 3, 285''. aus dem deutschen stammt ung.
stafdroz Lumtzer-Melich d. ortsn. u. lehnw. (1900) 242.
bedeutung : staffieren, rüsten, gerüst machen, pourvoir,
apprester. übel staffiert , o. mal pourveu. wol staffiert.
Hu LSI US 305''; ii&i&Ttn parare, apprester. Schottel 1420;
Staffiren, antic. e meglio stoffiren [da stoff, materia
donde si fä qualche cosa, voc. anticM e bella, mä hoggidi
fiamenga per disgratia. . . .] guamire (guernire), parare,
Omare etc. it. fornire, provedere etc. Kram er dict. 2, 002«;
staffirt, stoffirt, guarnito (gueinito), assettato, fornito, pro-
visto etc. V. versehen. 903»; stoffiren, quod tarnen fere
efferunt: staffiren, gestaffiret, exornare, parare. nonnulli
derivant ä steif, quasi sit steif et schön machen : sed est
ab hoc antiquissimo voeab. stofT, quasi sit splendorem rei
affundere variia omamentis et coloribus textilium. Stieler
2175; staffiren, lat. instrvere, ornare, instructum ornatum-
que dimittere. ApiN. gloss. 509; parare, exornare, instrueie.
Frisch 2,815''.
l) dem 16. jahrh. eigenthümlidi ist die antoendung auf
kriegerische rüstungen; vom heerführer oder herrscher, mit
heeresmacht und gefolge ausstatten: war ist es wol, das
ein fürst und herr mit reisigen knechten und fuszvolk
oder landRknechten müsze stafiert und gerüst sein. Papb
htUd u. garteteufd (1586) Us"";
auch ist dfr'i er' innif zA tfln mit iitreit«n,
Ant kryc fgrend wolttafrirt einharr reiten.
MkLISSUH P$. 4:>, ä;
ich haltf ein rrocae nottiirm sein,
tur majcvtat bc|;eb sich liincin
mit einem zimlichen kriecrfheer,
dan, wenn «ie irroilTen zu der wehr,
mu majeelat staffiret wem,
abtawao4aa dee reiche beechwem.
AvMft 488, > f eOer;
kompt Pipinus wol staffirt. 1350, 9 (vgl. v. 3/.). freier:
und mit solchem wolgeputzten hoffgesind staffirt, hat
unsere glidergöttin den grösten theil der menschen inn
jren gewalt gebracht. Fischart podagr. trostbüchl. C7''. —
von dem kriegsvolk selbst, reflexiv, sich zum kämpfe rüsten,
in Schlachtordnung stellen (?): dismal aber khamen sie
5 tag for unns zum wasser, ... zu bekriegen die Machu-
rades; stafirten sich in 2000 mann starckh. Ulr. Sghmidel
reisen 41, 6 Langmantel; ähnlich: auch so machten sie die
sclilachtordnung geviert, binden und vornen mit schützen,
auff das , wa man sie wolt angreylTen , das sie gefaszt
und gestaffiert waren. Schumann nachtbüchl. 349, 21 Balte
(2, Hr. 51,3). — vom einzelnen, rüsten, s.2,a; eine bürg
oder Stadt mit pioviant versehen, s. 8, o.
2) sonst mit persönlichem ohject, einen staffieren, ver-
schieden nuanciert.
a) an l anschlieszend , mit rüstung , xcaffen versehen,
rüsten : 17 fähnlein knechte aus der Schweiz, welche . . .
mit ihren vergoldeten rüstungen und röhren, sowohl in
wehren mit silber beschlagen, staffiret und geputzt waren.
Sciiweinichen 1,175; jtem ein jeder herr oder Juncker,
so sechs pferd oder darüber hat, soll darunder einen
knecht mit einem langen röhr gestaffirt haben, der zu rosz
damit umbgehn . . . kundt. reutterbest. zu Speyer (1570) 23;
als er nun in die tausent gerüster pferde, und über die
tausent wolgestaffierter landszknechte, beyeinander ge-
bracht. Hamelmann Oldenb. chron. (1599) 82; die unbe-
wehrten zu staffirn. Kirchhof discipl. milit. 29; zum trei-
zechenten solle mann auch jährlichen oder in zweien
Jahren ainmall die musterung mit den burgern fürnemben
und besichtigen, wie sie mit rüstungen gestaffiert sei.
steir. taid. 122, 37 (nach 1618) ;
marschalck, wer warn die drey in grün,
fcstaffiert adelich und schün,
ie sich so ritterlicher zier
heudt bey uns hielten im thurnier?
H. Sachs 13, 177, 5 KeUer-Öötze;
nun Spartacus mit frefler band
gewunn etlich statt in dem land,
darinn vil kriegsrüstung bekamen,
wurden wol gestaffirt Jillsammen. 20 355, 31.
vgl. auch die bildliehe Verwendung : da ein potentat schöne
zeugheuser und viel artelerey hat, von geschütz, hämisch,
wehr und wafTen, das macht herrn auch lustig, welche
nicht allein mit gcsetzen staffiert und gerüstet, sonder
auch mit wehr unnd wafTen sollen gezieret sein. Mathe-
sius S(ir. 2^. mit verschobener beziehung von der rüstung
selbst gesagt:
zu diesem auch gut vleisz ankehr,
das deine rüstung und gewehr
fein hurtig, reinlich, wach und frey
an allem ort stafiret sey.
Ringwai.ut l. warft. 18.
b) doch ebenso auch in bezug auf kleidung und schmuck,
was natürlich davon sich nicht streng sondern läszt: bien
pourveu d'habits mit kleidern wohl gestaffiert. Duez Ie
vray guidon (1657) *. 419 ; wie er domals mit klaidern staffirt,
do wer vil von zu schreiben. Ziwiwi. cÄro».* 3, 437, 81; in
weiterm sinne: der war ain hofman, mit feinen klaidern,
guldin kettinen , pferdten und anderm apparat staffirt.
2, 257, 4. so auch :
die falckner ritten wo! geriet
mit steubem und was sunst nodt ist,
zflm federspil wnrcns staffiert
falcken und blofUsz wol geziert.
VViCKRAM der irr reit. büg. 21».
c) 90 gewöhnlich ohne nähern tusats. activiseh, von den
schneideiii (ungetcöhnlich) :
wat nu eindrcchtiglig ein ehrbahr erbnider raeth f
van nie bestonunct licITt. und under sick beelaten,
up wat manecr ho wil dit Jahr stafTeren taten
de andern voicker all. LAtRSMiiKRO leherttged. 1,213.
gewöhnlich rtflexiv: se gamir sich verschen oder staffieren.
Du KZ Ie vray guidon (l6.%7) B. 263; ihm etwas gelt zu
schicken, sich darmit ein wenig zu stafUeren, dasz er
nicht so bettlerisch vor ihr äugen kerne. Kirciihop wenä
unm. i, *99 österley (8,225); in gleichen auch ein ehrsame
bDrgerschafTt unnd landsassen, sich jhrcn könig, fUrsten
oder Herren zugefallen, wol heraus sfnfncren und butzon,
wenn er etwa ein öfTcntlichen einzug halten wil: also
sollen auch und vielmehr wir Christen uns rüsten und
staffirn, mit allen Sachen, gegen den letzten, ehrlichen,
533
STAFFIEREN
STAFFIEREN
534
herrlichen und maiestetischen advent unsere erbherrens.
ScHAi.LER theol. heroldt (iGOi) 516. oder im pari. : er ist
stathch staffiret, pietio»issima veste ivdiitus est. Stieler
2175 ; der keyser geht ein mit dem hoflgsind und knaben,
wol staffirt. H. Sachs 20, lOl, U KelUrGötze;
da seit wol gestaffieret ir. 11, 228, 10;
mit rinren pferden, darauff reitt
sein adl und herren, wol staffiert,
in sammet xind ketten geziert. 16, 431, 4.
SO noch in bildlichem gebrauche:
was sind sie, diese korv'phä'n moderner dithyramben,
als Kotzebues im domino, staffirt in lahme jamben?
Platen 260 {verh. gabd 8).
d) tn der altem spräche auch von der natürlichen aus-
staftxtng des menscJien. im allgemeinen, in bezug auf die
k'örperlicJie Verfassung, gesundheit und stärke: man findet
menschen, die also schwach, plöd und so übel gestaffiert
sint, oder sonst ausz Zärtlichkeit, jhrer so wo! zu schonen
\»issen, das sie nimmer auff kein pferd sich zuschwingen
pflegen. Fisghart ehezuchtb. kh^;
von grad iind leibs sterk wol staffiert.
ScH.VDE sat. u. pasqu. 1, 101, 46.
in bezug auf einzelne glieder, obscön: solchs zuverhüten,
hat die h. römische kirch zwen hehammen stül ausz
porphyrstein lassen hauen: da man von unten auff zu-
grcifTen pflegt, ob der neugekoren papst auch mit allem
hauszgeraht zur kleinen nächtlichen hauszarbeit gestafßert
sei. Fischart bienenl:. 210*; es hett der Herman Boss . .
für dise herzogin gefüegt, der konte kisslingstain usser
ainer wandt brunzen, also war er underder gurtel gstaffiert.
Zimm. cÄron.* 1, 458, 22; nun undter anderm die fraw ihn
fragen ward, sie bette wol gesehen, das er zwen hett,
und ob sonst mehr leüt weren, die also wol gestaffiert
weren. Montanus 103, 30 Bolte (wegkürzer c. 39). ungewöhn-
lich von gliedei-n selbst gesagt:
die bände marmelweisz, die bräste wohl staffiert.
Rachel tat. ged. g. 88 (7, 327).
freier, von fähigkeiten : die drey frawen singen ein gsatz
in der eygen zucht weysz, wo sie aber zu dem gsang nit
gestaffiert sind, so mag Maria die reimen sprechen. Sf.b.
Wii.DT tragödien (1566) B 3*. ganz ins geistige gewendet:
tagend, herr, mit der uns gott staffiret.
A. Gryphius 1, 490 \begt. mutier 2, 24).
e) in neuerer spräche gewöhnlich allgemeiner von besitz
und geldmitteln: einen mit geld und wexelbriefen staffiren,
fornire, provedere uno di danari e di lettere di cambio.
Kramer dict. 2,903* (ebenso bei Adelung), besonders im
pari.: wol staffirt seyn mit geld etc. esser ben guarnito,
fomito di (ä) danari. ebenda, auch allein er ist wol staffirt.
nicht wol (übel) staffirt seyn. ebenda; sprichwörtlich:
wer wol staffirt an gut und geld,
denselben man für edel belt. Eyering 3, 541.
f) speciell wird staffieren von der ausstattung einer braut
m,it kleidung, wasche u. s.ic. gesagt: eine braut ausstaffieren,
mit den nötigen kleidungsstücken versehen. Adelung, (tn
diesem sinne auch magij. staf^roz Lumtzer-Melich 242.)
bei Kramer noch in anderm sinne: eine braut staffiren,
addobbiare, abbigliare, Omare una sposa. v. butzen. zieren.
dict. 2, 903* (». oben b) , doch vgl. : mit leinzeug etc. wol
staffirt seyn, esser ben fornito ä panni Uni, met. esser ben
eazzute, mernbitito. ebenda.
3) tnit sächlichem object.
o) eine Stadt, festung oder bürg mit proviant und munition
versehen: mit proviand wohl staffirt seyn. Fronsperger
von kriegsrüst. 90*^ bei FiuscH 2, 3i5'>. Adelung; wiewol
nun Reichenberg zu der zeit nichts besetzt, . . . darzu
mit ander notturft und munition nit staffirt. Zimm. chron.^
2,208,28. schiffe verproviantieren: (wir haben die) schiefT
wiederumb mit profant versehen unnd gestaffirtt. Ulr.
ScuuiitF.\.reis€ 22,22 Langmantel; so verschuff auch unnser
hauptman mit denn schieffleiten , das sie die schiel!
allennthalben staffireten , zuverpringen diesse reis. 48, 8.
b) in der altern spräche auch sonst von der Versorgung
eines raumes, beliälters u.s.w. mit dem hineingehörigen
Vorrat, zu dessen aufbewahrung er bestimmt ist: die silber-
kammer(»c/!a^7A-flmm«-)gnugsam staffirt. Kihcuhov discipl.
milif. 7; zwantzig, dreissig und mehr Schilling, nachdem
die geldkiste staffiret war. Jan Perus 98. — mit dieser
und dergleichen arzneien eine jede feldapotheken solle
staffiret sein. Minderer kriegsmedicin (Augsb. 1634) 20. —
dasz die r. kirch den binen gleich ist, welche auff allerlei
blumen sitzen, und ausz jeder disz nemmen, das jnen
nutz ist, darmit jren binenkorb mit lieblichem honig zu-
staffieren. Fisghart bienenk. bl^. auch:
ein tisch ganz wol gezieret
mit speisz und tranck staffieret.
RULICH kauffm. (1595) t. 211.
e) ein zimmer staffiren, guarnire, parare, ammobiliare
una Camera (stanza). Kramer dict. 2,903''; ein staffirtes
zimmer. ebenda; ein zimmer staffieren, 'es mit den nöthigen
meublen versehen'. Adelung, so attch nd.:
da müt de bruet dat hüs, de brö^am vor de heren
mit aller tobehör de dönse hübsch staferen.
Kösibooksbüdel (1676) 176 t>ei Lappenbebg
LauTcmb. 8. 111.
aber auch vom ausmalen eir^es zimmers:
einm jedem steit idt frie, in wat nianeer und maten
he wil syn cabinet stoffem und putzen taten:
off em de malerknecht darin afTmahlen schal
einen frantzöscben sot, edr einen danschen gal u. t. w.
Laurencberg schertzged. 3, 44.
tn folgender stelle nicht zu entscheiden :
ein bns ick köpen ward vor gottsgeldt twe ducaten,
dat sülve müst ick den prechtig stafferen laten. 1, %.
vgl. auch: es stand viel köstlicher hausrath herum an
den wänden, und diese waren sammt dem estrich, ganz
mit teppichen staffirt. Mörike erzähl. 124.
d) so früher auch von den einzelnen möbeln: einen sessel
etc. staffiren, parare una sedia etc. Kram er dict. 2, 903*;
ein bett staffiren, guarnire, parare un letto. ebenda, lectum
sternere. Stieler 2175.
4) dies leitet über zu der in neuerer zeit üblich gewor-
denen anwendung auf die Verzierung, besetzung, gamitur
von kleidungsstücken.
c) ein kleid etc. staffiren, guarnire, fregiare un vestito.
V. ausstaffiren. Krämer dict. 2, 903»; 'von kleidungsstücken ,
sie mit dem nöthigen putzwerk und andern Zubehör ver-
sehen, ein kleid staffieren, es mit tressen, borten, schleiffen
u. 8. f. ausputzen.' Adelung, daneben in anderem sinne :
'staffiren, (Schneider) wenn das oberzeug mit dem unterfutter
an ihren kanten dergestalt mit vorder- oder nebenstichen zu
sammengenähet tcird. dasz sowohl ober- als unterzeug ein-
gelegt tcird, und beydes gleich vorstehet^. Jacobsson 4, 246*,
so auch Campe erg.-wb. beide bedeutungen kennt das brem.
wb. 4,1041 (stofferen): 'bey den schneidern bedeutet es zweier-
ley : einmahl, ein kleid mit einem stoffe von anderer art
oder färbe besetzen: ferner auch, am säum der kleidei-
von gewissen, dünnen Stoffen, die leicht ausfasern, sotrol
das überzeug als das futter timschlagen, und also zusammen
fest nähen', (holst, staffeeren 'gegennähen SciiCtze 4, 182.)
b) besonders einen hut, eine haube etc. staffiren, guar-
nire, parare, assettare un cappella, una cuffia etc. Kramer
dicf. 2, 903*; staffiren, hat man ehmahls von den hüten
gebraucht, da man sonderlich die parete noch mit feinen
tuch oder seiden-zeug überzogen, davon ist an einigen
orten noch gebräuchlich hut-staffirer, qiii pileos exor-
nat, der unterfutter darein nehet, dem äussersten rand
einfäszt, den breiten rand aufstülpet, über sich hefftet,
knöpfe darauf setzet, u. d. g. Frisch 2,315*', danach
Adelung ('das futter hinein setzen, die tresse herum
nähen u. s. f) und Campe erg.-wb. ausführlich darüber
Jacobsson 2, 297*"/. die gebrauchsweise ist noch nicht veraltet,
denn noch Karmarsch-Heeren^ 4, 442 erklärt: 'schliess
lieh tcird mit wenigen suchen, die den filz nicht durch
dringen dürfen, ein stoff-futter in den hutkopf eingenäht,
das schtceissleder am innenrand befestigt, die hutkrempe
umräumt (mit band oder schnür) und das hutband äusser-
lich umgenäht, diese Operationen führen den collectivnamen
staffiren. ^^,-g teufet) namen das hütlein zugeschnitten,
sprachen: 'liebs hütlein sei zufrieden I
wir wollen dich so schon zubutzen . . .
drumb nemmen billich wir die müh,
dasz wir dich schfin staffieren hie'.
Fischart dicfä. 2, 262 Kurz (JetuiUrhiiü. 784).
(so atich magy. staf6roz die letzte arbeit an einem hüte
verrichten. Lumtzer-Melich 242. für die besetztmg der
frattenhüte mit Humen, schleifen u. a. ir. sagt man gar
nieren).
34«
535
STAFFIEREN
STAFFIERER— STAFFIERUNG
536
c) auch schuhe staffieren, sie mit band einfassen und
mit getolltem band, schleifen, rosetten und andern Zieraten
aus band besetzen. Kkünitz 158, 460.
d) vereinzdtes:
selb'gen tags ward ausgebälgt
Atta Troll und ward versteigert
seine haut, für hundert franken
bat ein kUrschner sie erstanden,
wunderschön staflierte dieser
und verbrämte sie mit scharlacb.
Heine 2, 417 EUter {A. Tr. 25).
e) mit umkehrung der beziehung: sammet auf einen
kragen staffiren, patagium holoserico instruere. Stieler
2175. (dafür sotist aufstaffieren, *. oben d. einl.)
f) in bildlichem gebrauche {wortspielend*):
als war' es schon genug, ein leeres buch zu schmieren,
und ieden mode-reim mit frantzen zu staffiren.
Günther 739.
5) jetzt ist staffieren hauptsächlich als maleiwort in
gebrauch von der ausstattung eines gemäldes, landschafts-
bildes mit ßguren; so erst seit ende des 18. jahrh. bezeugt:
'bei den maldern heiszt staffiren, alle zu der darzustellen-
den handlung erfoderlicfien ßguren anbringen, und gehörig
i-ertheilen. man hat bevölkern dafür eingeführt; so wie
auch die Franzosen ihr peupler dafür gebrauchen.' Campe
erg.wb.; ein staftirtes oder bevölkertes gemälde. jAcons-
SON 4, 246». vgl. Krünitz 168,460/. mag er die weiden
mit grasendem rindvieh staffiren , oder den engen , um
felsen sich windenden bergpfad mit beladenen saum-
pferden und maulthieren, er zeichnet alle gleich gut und
geistreich; immer am schicklichen ort, und nicht in zu
groszer fülle angebracht zieren und beleben sie diese
bilder, ohne ihre ruhige einsamkeit zu stören. Göthe
22, 138; so schön und gründuftig und einladend er der-
gleichen stellen auch colorirt, so sinnig hat er doch unter-
lassen hier mit weidenden heerden zu staffiren, denn
diese gegenden geben nur futter den gemsen. 139; die
wohlgezeichneten figuren in den eigenthümlichen landes-
trachten, womit das bild reichlich und zweckmäszig
staffirt ist. 44,179. t-grZ. staffage. — in folgender stelle für
malen schlechticeg :
nun fand er gelegenheit einmal,
zu malen eine wand im saal ;
mit emsigen zUgen er staffirt,
was öfters in der weit passirt.
GöTHK 2, 199 (kümflers fug «. recht).
so von Wandmalerei schon in der unter 3, c angezogenen
stelle aus Lauremuehg {schertzged. 3, u). auch Schütze
4, 182 kennt nd. staffeeren in der bedeutung 'malen', vgl.
femer Staffiermalerei. — anders gewendet und ganz un
gewöhnlich von der fierstellung eines körperhaften bildes:
Ralf übernahm's, um dreymahl acht zechinen
ein lebensgrosses bild der heiligen Kathrinen,
mit einem wachsgesicht. ein krönchen auf dem rand
des scheitelhaars, und scnwert und palmen in der band,
kurz, im kostum, — aus pappe, silberschaum
und knistergoid, gar stattUcu zu staffieren.
das bild war hohl. Wieland 21, 292 {Klelia 5, 410).
6) daran schlieszen freiere gebrauchsweisen, ins geistige
getcendet; eine erzählung. rede ausschmücken, auch »eine
Worte kunstreich, klug setzen:
•US konde Reynke de word stofferen.
Reinke de vo* 5651 ;
80 staffirte Reineke klug erzählung und worte.
GÖTiiE 40, 1»6 {Rein. Juch» 10).
reime staffieren, verse womit ausschmücken, s. Günther
unter 4,/./ kunstgerecht machen {t in anlehnung an das
folgende): , , , .,
da kompst und wilt poetisieren
und kanst kein reimen noch staffieren.
FisciiART dicht. 1, 174 Kurz {Domin. leben 1644).
«0 besonders in der Verbindung eine lüge staffiren,
guamire, colorire, eioi Omare, abbeUire, acconciare {dar la
eoneiaad) una bugia. ved. schmucken. Kram er (fic^ 2, 908*;
eine lüge wohl staffiren, mendacio fucum addere. Frisch
s, 815*>; mf. ene lOgen stofferen 'eine lüge erdenken, und
mit umständen ausschmücken, dost sie wahrscheinlich wird.'
(lat is ene uut«toffeerde löge, eine ausstudierte lüge. brem.
%ob. 4, 1041. vgl. stofferen de logenen. farcire, centones.
mendacia gloriosa eonsarcinare, adomare : mendaeiis fu-
rum addere concinnare mendaeia, lenoeinii» perpolire men-
dacia: afßngere: splendide mentiri. KlLlAN. sunächst mit
weiterm zusatz, wobei die grund bedeutung deutlich zu er-
kennen ist:
mit warheit wird die lüg staffiert
und mit honig das gifft geschmiert.
B. Waldis Esop 1, 79, 29;
doch das man nicht die IQgen spftr,
60 komen meine m&nch herför
und wollen bös mit bösem zieren,
ein löen mit der andern staffieren.
I<iscHART Domin. leben 2192 {dicM. 1, 188 Kurt).
dann auch absolut, wobei staffieren mehr in die bedeutung
'ausdenken, vorbringen' übergeht: über disz hat die h. kirch
zugelassen und geordnet, dasz man biszweylen wol eyn
lugen wider die ketzer staffiern mfig. bienenk. 190''. dafür
auch: was wollen sie denn also mit ihrem vorwürfe . ..
mit vorbedacht gemachter plane, lügen auszustaffiren,
die man lügen zu seyn weisz? Lessing 10,49.
7) im m,nd. bedeutet dann stofferen überhaupt 'eticas
anstiften, anzetteln, abkarten' u. ähnl. .- de boverye stofferen
kan is wolkomen, technam concinnans populo gratissi-
mus omni. Tunnicius 687;
itlike de hiir ok weren
hulpen dyt also stofferen.
d. städtechron. IG, 250 {»chichtsp. 4779).
8) andre freiere Verwendungen gehen von der geuwhnliclieti
bedeutung 'ausrüsten, zurecht machen' aus, doch ist die
genaue mtance nicht immer sicher zu erkennen: so mote
wij . . . unsen willen bereit unde bequeme maken; wi
moten unsen willen so uthreiden unde stofferen, dat he
gode to bode sta, dat is dat he bereit und untfencklick
sy der godliken gracien unde ghenade. Veghe 169,37;
staffir deinen leib so gut als du kannst. Minderer kriegs-
medicin (1634) s. 35;
vor haben wir nur welsch parlirt,
nun seind wir auch auff teutsch staffirt.
Fischart diclit. 1, 185 Kurz {Domin. leben 2092);
folgende stelle scheint einen fehler zu enthalten •
doch letzlich, wie er (papst Patil III.) hat gespftrt,
dasz es das bapstumb was staffiert,
welchs dörfTtig ist der künden heut, . . .
so hat er jn recht zu draulT geben
und zugelassen auffzunemmen
in Orden, so viel sie bekemen. 83 inachtrdb 3182).
STAFFIERER, m. guarnitore, fornitore etc. Krämer
dict. 2, 903», exornatw Stieler 2175: 'derjenige hand werker,
der irgend einen gegenständ mit der nadel etc. besetzt oder
ausputzt, ivie der hutmacher, Schneider, Schuhmacher, sattler,
riemer, tapezierer etc.' Krünitz 168,461. der specieUere sinn
vnrd durch zusammen.ietztiTigen ausgedrückt, die sich an
sta-ftiaren i anlehnen : kleiderstafficrer, s. theilb,tO»2;
besonders hutstaffierer, guarnitore dicappelli. Kramer
a. a. 0., s. ferner theil 4, 2, 1994 utid Frisch unter staf-
fieren 4, d, sowie Jacohsson 2, 298». seltneres: zimmer-,
bett- etc. staffirer, tapezziere, arazziere, addobbatore di
stanze, sale, letti etc. galt, tapissier. Kramer a. a. o.;
altarstaf firer, altarium compositor et instructor. Stie-
ler 2175. das einfache wort bez/egnet selten; in engerem
sinjie: der das alte gewand flicket ist ein altrcisz, der es
wendet erncwert oder auszputzet, und das von newen
auszstaffirte und au8zgeputz[t]e feil hat, ein grämpler, alt-
gewänder und slaffierer {mango intetpolator et concinnafor).
CoMENiL'S jant<a (1644) .W5, dafür in der sprachenth. von
1657: die es wieder auffputzen, sind stafiierer, die die
auffgeputzte sachen feil (zukauff) haben.
STAFFIERERIN, /. .• s t a f f i r e r i n n , die, foemina ador
nans, apparans, instruens, instaurans, omatrix. Stiei.er
2175; brautstaffircrinn, comtrix; et conrinnatria: ^wnsae.
ebenda; addobbatrice , abbigliatrice , acconciatrice di sjyose.
Kramer dtW. 2, 903».
STAFFIERICHT, adj.: staffiricht, et gesUffiret. adject.
et adverb. ornatus, adornatus, polittu. limatus, concinntis,
nitidus, compositus, et: ornafe. polUi, eoneinni, compositi.
Stieler 2175, sonst nicht bekannt.
STAEFIERMALER, m. handicerker. der holswetk an-
streicht und wände mit sieraten mit hilfe von schablotwn
ausmalt; anstreicher. weittbinder,dekorationsmaler. Jacobs-
80N4, 846. Caupr erg.wb. KrOnitz 168, 461/. datu Staf-
fiermalerei 'die kunst des anstreirhnxs mit färben',
». 462—689.
STAFFIERUNG, /. acconciamento, ornamrnto. Ht;i.sius
(1618) 287»; guamimento, fornimento etc. Kramkr dict.
537
STAFFSCHLÄGER— STAG
STÄG— STAGGELN
53d
2,903*; staffirung, die, et das stafiiren, exomatio, oma-
mentum. . . . statliche, prächtige staftirung, culhis magni-
ficus, ornatus regalis. concinnus. Stieler 2175. den {ein-
gang des Schlosses) fand ich in seltner Verzierung — und
wunderbarer staffirung, — von zerrissenen mänteln um-
fangen — und von bettelsäcken umhangen. Rückert
(1882) 11, 406 (24. mak.). jetzt geicöhnlich aU malericort,
vgl. staffieren 5.
STAFFSGHLÄGER , m., s. stabschläger, sp. 377: diese
Stäbe {dauben) werden von denen staffschlägern , (denn
also heissen die leute, so solche machen) aus feinen
glatt-spaltigen eichen schrot-weise abgesäget, nach der
rechten länge, breite und dicke gespalten, und, wie die
bötticher die dauben machen, geschlagen, öconom. lex.'
2797, s. femer Jacobsson 4,246*/. Krünitz 168,589/.
STAFFWATTE, /. (?) 'eine gathmg ßschnetze, mit stäben
oder Stangen ausgespannt, um dadurch in geicisser breite
gezogen zu tcerden'. Jacobsson 7, 419*; bei Krünitz 168, 590
stafiwathen geschrieben.
STÄFIG, adj.. bei Campe, *. stäbig, gp. 370.
STAFKUGEL, /. stangenkttgel , s. stabkugel, «p. 371.
Campe. Bobrik 655''.
STAG, n. starkes tau zur befestigung der moste und
Stengen nach vorne, schiffencort der Nordseeanxcohner :
altn. stag, n. (Jetzt auch isl. für ein seil zum kleider-
trocknen). Cleasby-Vigfusson 587», schon eddisch in der
kenning stagstjörnmarr/tir schiff, s. Gering vollst, wb. 973;
in gleicher form auch in den neunord. sprachen (dän.
schtced. norie.). ags. stseg nur in einer glosse. s. Bosworth-
TOLLER 907'', doch spricht die lautgesetzliche enticicklung
zu neuengl. stay , s. Skeat 593'', uol dafür, dasz es kein
lehnicort ist. vielleicht aus dem engl., sicher aus dem germun.
stammt auch das roman. vfOrt. a.ltfranz. span. port. estay,
franz. etai (falsch abgeleitet bei DiEZ^ 578). auf dem
deutschen festlande ist das wort erst in jüngerer zeit be-
kannt und scheint entlehnt: neunl. stag, fejn. und neutr.,
und staag, n., vgl. Franck 953. Boekenoogen Zaansche
volkstaal 989. Lüpkes seemannsspr. 2, 240. nd. begegnet es
zuerst in der Lüb. chron. des Hans Reckeman (1537):
do lepen twe boesmans van de unsen int focken takel
unnd houven eme dat stach (zicischen bugspriet und fock-
mast?) unnd bolynen ('bugUinen' ?) van synem bochsprede,
*. hans. geschichtsbl. 1876, *. 88, vgl. d. anm. und Schiller-
Lübben 6,270*. Lübben handicb. 872*. die heutige nd. volks
spräche kennt das icort nur in Ostfnesland als stagg.
StÜRENBURG 260'', stag TEN DOORNKAAT KOOLMAN 3,295*'/.
in der nhd. Schriftsprache taucht das wort, zunächst in der
Schreibung staag, in der ersten hälfte des 18. jahrh. auf,
vgl. Weioand 2, 791: staag, lat. rudens, quo mali invicem
I cohaerent. Apin. gloss.öffi; ebenso bei Steinbach 2,656
I {'terminus naiiticus") ; stag, etai, ist auf den schiffen ein
;• dickes tau, welches mit dem einen ende oben an dem
1 mäste, über den sahlingen angemacht ist, und mit dem
andern ende unten dergestalt angezogen wird, dasz es
die mästen von vorne zu in ihrem stände hält, so wie
sie hinterwärts durch die wände (tcanten) gehalten werden,
jeder mast und jede stenge hat ihren besondern stag,
und befinden sich auf einem dreymastigen schiffe: an
dem groszen mäste, das grosze stag, le grand etai, oder
l'eiai du grand mAt; das grosze stenge n-stag, l'etai
du grand mdt de hune; und das grosze bramstengen-
stag, l'etai du grand perroqtiet. an dem focke-maste:
das focke-stag, l'etai de misaine; das vorstengen-
stag, l'etai du mät de hune d'avant; und das vorbram-
stengen-stag, l'etai du perroquet de misaine. an dem
besansmaste: das besans- oder lauf-stag, l'etai du
mnt d'artimon; und das creuzstengen-stag, l'etai
ilii perroquet d'artimon oder de foule, an dem bogspriet:
'las blindestengen-stag oder knick-stag, l'etai du
rroquet de leaupri. das besondere stag an das stag-
.el, das man bey gutem winde und wetter aufzieht,
.rd das nebenstag, faux etai genennet. Egoers 2,973.
^ /<?^•»^er Adelung. J.\cobsson 4, 247». Krünitz 168,590/.
Bobrik 655—7. (ior.uRi. etym. wb. der seemannsspr. i'b. an-
statt des gemeingerm. neutr. (wofür nur im nl. das fem. vor-
herrschend geworden is() futben Adelung und Jacobsson
das masc. der plur. tcird geicöhnlich stage gebildet, daneben
nach nd. weise stags, s. Adellxg. Campe (ungut bei
Jacobsson : stagen). Adelung benennt im einzelnen das
grosze-, besaan- (Jacobsson : besans) und focke- (Jacobs-
son: fake-. Campe und so geic: fock-)stag. bei Campe
auszerdem ein loses stag oder borgstag zur Verstärkung
des eigentlichen stags; s. ferner schlingerstag, theil 9, 741.
weitere benennungen s. bei Krünitz und besonders bei
Bobrik o. o. o. über stag gehen wenden, s. Goedel 458:
nachher müssen wir auch über stag gehen, Kai, Frenssen
Hilligenlei 307.
STÄG, m., s. Steg.
STAGAUGE, n. der theil eines stages, der um den mast
oder die stenge liegt und ein äuge (eine schleife) bildet.
Campe. Bobrik 657''.
STAGBLOCK, m. 'im schiffbaue, die beiden blocke, wo-
von der eine an das stag selbst, der andere an den kragen
desselben gestropt ist, und durch welche die taljereepe zur
ansetz ung des stages geschoren icerden' . Campe; holl. stag-
blok. de»- grosze stagblock, o<ler groszes doodshoofd.
Bobrik 122», 30.
STAGEL, /. stütze, schweizerisches wort (vencandt mit
stag?): staaglen und stützen (die) alles darmit man ein
r&bgehäld undersetzt, pedamentttm. fulcrxim, cetnts, ad-
miniculum vitis. staaglen oder st&cken schlahen oder
stossen, mit räbstäcken wol bewaren unnd versähen,
impedare. Maaler 382"*; trapezophorum, stütz, stageln,
schrägen, fusz. Apherdiani ^yrocin. (1580) *. 61 ; stagel,
stagle, /. stütze, gabel, die waschleine aufrecht zu halten.
Stalder 2, 390; stägeir-, /. selten = stigele oben gegabelter
pfähl. HuNziKER249. — ein andres stagel, m. hirsch belegt
Stalder 2, 390 mit der Zusammensetzung stagelwand 'eine
felsenwand, wo sieh hirschen sehen lassen'.
STAGEN, verb. l) holl. stagen stützen; nach Goedel
etym. tob. 438 auch seewort (?).
2) seemännisch stagen für über stag wenden, durch den
wind wenden, gegen oder bei dem winde wenden; auch
specieller für den mo-ment der \cendung. ico das schiff gerade
gegen den icind liegt. Bobrik 734''. vgl.: als sie vor vier-
zehn tagen am kai von Hongkong entlang lümmelten,
lag die Klara auf dem ström, lang und schlank, und
die mästen wunderbar nach vom gestagt. Frenssen
Hilligenlei 144.
3) Schweiz, stagen gleichbedeutend mit staben (*. das. I,
sp. 362), starren, erstarren. Stalder 2,390.
STAGERN, verb. l) Schweiz, als iceiterbildung zu stagen,
s. das. 3, stai-r, steif sein ; dazu s t a g e r i g , adj. Stalder 2, 390.
2) tirol. sU-gern jagen, hetzen, z. b. die kühe. Hintner 230.
(in Wien stagern, 'die miethpreise erhöhen' Hügel 154*', ist
natürlich steigern.)
3) stägem, s. stegern.
STAGFOCK, /. das fock- oder vorstagsegel einer schmaeke,
kuffe, Jacht u. s. w. Campe. Bobrik 299»; so auch holl. stag-
fok, OÄ^rt'c*. stag(g)fok(k) 'das am stag befestigte focksegeV.
StÜRENBURG 260'>. TEN DOORNKAAT KoOLMAN 3,296».
STAGGARNAT, n. 'eine art talje oder klappläufer, tpelcher
an dem groszen stage über der groszen luke angebracht
wird, um nicht gar zu sehxcere lasten damit aufzuheiszen'.
Bobrik 309''. Campe.
STAGGELN, verb. stammeln, stottern, mundartliches
wort, in der Schweiz und benachbarten landschaften. Schweiz.
staggeln Stalder 390, staggle Hunziker 249, staggla
ToBLER 406», in Basel staggle Seiler 276''; eis. stack(e)le(n),
stäkla, stökla Martin -Lienhart 2,580''; tirol. stiggl
Hintner 230. die herkunft des tcortes ist nicht deutlich,
darf man holl. staggelen, tranken, straucheln, heranziehent
vgl. HÖPLER krankheitsnamenb. 671». neben staggeln finden
sich zalilreiche nebenformen, die z. th. besonders behandelt
werden, theils mit abweichendem vocal (eis. stökle, s. oben,
schtceiz. stiegla Tobler), öfter mit andrer Weiterbildung,
s. besonders statz(g)en , so schtceiz. staggsen , statzgen
Stalder 2, 390, statzga Tobler 406», eis. stockeren, stokra
Martin-Lienhart 2, 586'' und staxen Klein 2, 169, auch
Pfalz, stagse Autenrieth 136. nur eine andre schreibtceise
ist stackein, s. das. 1, sp.ioa, so auch: dasz die kinder,
so stackein . . , des aufsagens in der kirche entlassen
werden, verordn. v. 1668 bei Tobler 406». — in den Wörter-
büchern seit dem 16. jahrh. verzeichnet : stagglen oder
stammlen, lingua haesitare, balbutire. das stagglen, stamm-
lung, Itaesitantia linguae, oris titubantia, haesitatio.
539
STAGGLER— STAGTAKEL
STAGWEISE- STAHL (l, 1-3)
540
slagglende, sta'LZgende, lingua haesifantes. Maai.er 883*
{vgl. auch stammeln); staggclen, v. stammelen. Scuottei,
1420; stammlen, staggelen, et staken, balbuüre, halbuH
nare, offensarein loquendo. Stif.ler 2224; staggcln, hegayer,
itre bigxu, balbutire. neues dicf. ((?e;i/l695) a. 342; stam-
meln, stammern, staggeln, stageln, ... tartagliare, bal-
bettare u.s.w. Krameh diet. 2,905". auch bei Campe als
landschaftlich verzeichtiet. zuiceilen in der schiceiz. littera-
tur: sie staggelten und gaggelten wie wenn der rausch
durch das wort, das der Claus geredet, wieder doppelt ge-
worden wäre. Pestalozzi Licnh. u. (?«-<r. (i83l) 3,334; Sami
wollte etwas staggeln von 'nicht anfangen'. H. Nydegger
Hans der C/tüJan (1894) *. 14.
STAGGLER, »i. stttmmler, vgl. staggeln und stackler,
sp. 414: staggler, der stammlet oder an der red stoszt,
atypua, balbus. Maai.eii 383"' {daneben stacklcr 383*, a. das.,
vgl. auch Stammler); ein starnmler, staggler. Cai.epin.
(1570) 155; balbus . . . staggler. H. Junii nomencl. (1577?) bei
DiEF. glosa. ee**; stamler, staggelcr, statzger, et staker, bal-
butiens, haesitans lingua, traultis. Stieler2224; staggler,»«.
im begue, balbus. neues dict. (Gen/ 1695) s. 842. jetzt Schweiz.
staggler Stalder 2, 390. Seiler 276'', daneben staggli, »i.
ebenda. Hunziker 249, ebenso eis. stackler und stackli
Martin-Lienhart 2, 580*, tirol. staggler Hintner 280. —
Stalder 2,390 verzeichnet auch stagglig, adj. stotternd.
STAGKR.\GEN, m. 'auf den schiffen, ein schwerer strop
oder äuge, womit der untere theil des stages fest gelegt
irird; er ist oben so dick, als das stag selbst'. Campe.
BOBRIK424''; hoU. stagkraag.
STAGLATERNE, /. 'ist eine laterne, die am vorstenge-
stag gehiszt wird, hoch in der mitte zwischen beiden positions-
latemen, zum zeichen, dasz das schiff unter dampf ist'.
GoEüEL seemannsapr. 458; positionslaterne , die vor anker
liegende schiffe führen, auch ankerlaterne.
STAGNATION, /. sfiU.<itand, fifockung. Campe erg.wb..
abstracthildung zu slagnicrcn, vgl. das. (lat. stagnatio ist
nicht üblix:h.) die artigen kammermädchen der sultanin
waren schlechterdings unentbehrlich , die federn ihrer
cinbildungskraft spielen zu machen, und eine sehr nach-
iheilige stagnazion ihres herzens ... zu verhüten. VVieland
6,214 (der gold. Spiegel 1,8); auch für die befreiung der
menschenkraft aus der Stagnation ererbter zustände wurde
das aufstreben der rilter eine wichtige hilfe. Freytag
WW«-2, 1,6 (wer/re 18, 10 dafür-, aus dem stillstand); die
velleitäten des königs von Italien und des grafen Beust,
die durch unsre ersten glänzenden erfolge zurückgedrängt
waren , konnten bei der Stagnation vor Paris . . . wieder
aufleben. Bismarck ged. u. erinn. 2, 104.
STAGNIEREN, verb. still stehen, stocken; lehnwort aus
lat. stagnare, vgl. Stagnation und Weigand 2,792. zti-
nächst vom waaaer (daher gern m^it dem nebensinn des
'veraumpfens' , faul werdens u. ähnl.); im bilde: ein ab-
gespannter mensch . . . musz . . . seine verlorene Schnell-
kraft wieder herzustellen suchen, dieses erlangt er im
Umgang mit einer reizenden person, die das stagnirende
meer seiner einbildungskraft durch gespräch und anblick
in Schwung bringt. Schiller 10, 122 (über anm. u. würde).
geiDÖhnlich in freierem und loeiterem geh-attche: dasz ich
den maszstab für mein verhalten gegen fremde regirungen
nicht aus stagnirenden antipadiien, sondern nur aus der
Schädlichkeit oder nützlichkeit für Preuszen . . . entnehme.
BiBMARCK ged. u. erinn. 1, 157 — 8.
STAGNOL, n., apr. stanjöl, blattxinn; ültere achreibxing
für Stanniol, vgl. das. Adelung. Kin'derling 225. Krü-
NIT7 168, 691/. WeIOANI) 8, 792.
STAGNOTBLOCK, m. • wer hat sie (d. achiff Ooodefroo)
gesehen? nicht im hafcn, wenn ihre ricken stakig und
dürr, wie verdorrte lannen, in die luft starrten, wenn
die «tagnotblficke klirrten und rallten und die schauer-
leate in ihrem bauch rumorten. Frenssen Hiüigenlei 107.
STAGSEGEL, n. voile d'itai, welches bey gutem wetter
an dem stag aufgeflogen und gefUhret wird. Eoobrs S, 888;
stag-seegel, drcycckigie seegel, welche ohne raa an den
stags ausgespannt sind. Jagobrhon *,847», ebn^ao kv>?.\.\}nn.
Campe. KrOnitz 14«, 198/ Goedkl aeemannas]»: 461 f.
/toll, stagzeil.
STAGTAKEL, n. 'ein takel, icelchea am groaten stage
tibtr im frotten Mt« ntm au*- und einladen der guter
dienet und gewöhnlich eine talje oder vierläufer ist; auch
das ladetakel'. Campe; staglackels, palans d'itai, lieissen
diejenigen, so an dem stage befestiget sind. Eggers 2, 1075;
stagtaakel Bobrik 679''.
STAGWEISE, adv. -. das ankertau steht stagweise, 'icenn
das tau so weit eingeliolt ist, dasz es die riehttmg einea
stags hat, d. h. hei nahe perpendiktilär steht.' Bobrik 84'', 28;
schon bei Campe.
STAGWURZ, /. in dem alten drtiek von Hiloegardis
physica (Straszb. 15.33) ist wol nur druckfehler für stab-
wurz (s. sp. 380), arfemisia abrofanum, s. Pritzel-Jessen.
STAHL, m. gehärtetes eisen.
I. verwandtscliaft und form, l) stahl ist ein gemein-
germ. wort, im got. unbelegt; alfn. st&l, n. Clea8BY-Vio-
Fus.soN 589''; daraus dün. staal, schwed. stäl, n.; aga. style,
stöli, Stile, n. Boswortii -Toller 920'', mittel- und neu-
engl, stcel, vgl. Skeat 594; altfries. unbelegt (vgl. jedoch
stählen), neuwestfries. stiel (in Schiermonnikoog stial), nord-
fries. stähl (Karrliarde: ste'l), s. Richthoeen 1047''. Siebs
in Pauls grundr.^ 1,1394.1428; audi im altei-n nd. spär-
lich bezeugt: alts. *stahal, dafür stehli, chalybem Wadstein
93'', 3G, tnnd. stäl , stael Sciiiller-Lürben 4,8.5.5», wiJi^
stael, holt, staal, r^/. Frangk 950; ahd. stahal, -el, -il, stäl
Graff 6, 0.84/ (auch als personennarne und als erstes glied
von soMien, s. Förstemann l', 1359, wo Stallo jedenfalls
auszuscheiden ist, vgl. SociN mhd. namenb. a. 47, 3), mhd.
stahel und stäl Lexer handwb. 2, 1128; chalybs, gew.
calibs hd. stagcl, stahel . ., slale; hd. nd. stal, stael. Dief.
gloss.W^; stachel, stahell, stahel, staal. nov. gloss.fi6^;
calibs stahel voc. opt. 25* Wackernagel (ll,Sl).
2) auszerhalb des germ. läszt sich mit Sicherheit daa
altpreusz. stakla- in pannu-staklan (acc, erklärt mit vuer-
ysen) feuerstahl, mit dem urgerm. *stahla- identifizieren
(wobei indessen die möglichkeit der enilehnung nicht aus-
geschlos.feji ist), vgl. Nesselmann thesaurus ling. l'russ. 119.
Bernekeu d. preusz. spr. 239''. 310 (Elbinger voc. .370; deut-
lich entlehnt ist das russ. stall), weitere beziehungen sind
unsicher, doch hat die Zusammenstellung mit dem skr,
stäkati 'sich stemmen, widerstehen' und dem avest. sta/ra-
'steif einige Wahrscheinlichkeit, s. Fick' 3, 344. Schrader
reallex.deridg.altertumsk.l9hf. Waghter 1579. Weigand
2, 792. Kluge" 375*. Franck g."». Skeat 594. ten Doorn-
KAAT Koolman 3,297''. J.GniMM gramm. 2,99. Fr. A.Wood
modern language notes 13, 290, 10.
8) die normale mhd. form ist stahel, doch ist auch daa
contrahierte stäl sehr getcöhnlich, nicht nur in mitfeld.
quellen (Rolandsl. 95, 11. Pil. vorr. 6. pass. 667, 58 Köpke.
livl. reimchron. 1595, s. unten), sondern auch oberd. ao
schreibt Lachmann in den Nib. durchxceg stftl, ioährend
Bartsch daneben stahel aetzt; jenea tat einmal durch deti
reim gesicJiert:
sin {Völkern) videlboge sntdet durch den herten stftl:
er brichet fif den helmen diu lieht sclilnenden mftl.
breitere oberd. reimbelege: • '
in der inuern Indfft
da. ist einer slahte stäl {var. : slral),
daj hat von golde röliu mal
und ist ef> lierlo daj cj den stein
rehte sntdet als ein zcin, ]\'i(i. 1755;
durch stn herze ein scharpfe strftle
von golde und von hertcni stAle. kröne 10627;
da; mtn herze d& vor gectfit,
wKre e; als Moni OlivM
und dar zuo von slflle.
— das ^S dcheine twflie
niak gehaben, e; zervar
und breste in . . niuke gar.
RKiNnoT V. DuRNB Oeorp 819;
wart er (der baut», ftumibock) beslafen mit Tsen
und an aem orte über •!
mit wehaem eckol {rtafU) unde sl&l (rar. .- stäche!).
Ottokar retmchron. 811M.
(daneben stahel : gemahel 8AS99, ». unten II, f, c, S.) ao ist
wol auch tu leatn :
wes man bodarlT von crtz . . .,
man vindt ufT dem borjr wol,
d(>H7. brennt man du f>n zal
golt, RJIlier, Ysin, kupfcr, slahnl.
Uh. der hl. Maria Magd, in Monbb ana. 8,IW.
im nhd. iat die arhreihung stahel im iß jahrh. noch »eÄr
gewöhnlich, darüber hinatis kommt .♦!> nur vereinaelt noch
vor: sttthel . rhnluh^ Dasypodius; chalyha. arie» frrri
511
STAHL (1, 3-5)
STAHL (1, 5. 6. n, 1)
542
Fischart onomast. (i574) s. 31; stahel Frischlin nomencl.
(1586) 22'» (c. 13) ; stal, oder stahel, aeiea. Agricola berg-
icerek buch (aussl. der bergkwärter); stomöma . . . quod
chalybem, Siliiis, nncleum et aciem quoqtie ferri, Plin. vocat,
stahel. CoRViNUS /oft» /öf. 452'' (neben stahl 442*'). belege
atis de)- litteratur s. unten {tirol. weisth. i, 566. Teuerd. 44, 6.
H.Sachs. Lonicerus339B. Paracelsls 2, 256B: sthahel.
WiRSUNG. reichstagsabsch. l). im »pätern oberd. wird auch
häufig das h zum Spiranten verdickt, so dasz stachel
entsteht, vgl. die glossen unter 1. die belege gehören zumeist
dem 16. jahrh. an, kommen indessen auch im 15. und 17.
vor; besonders zahlreich in den österr. weisth. (stachel tirol.
iceisth. 4, 477, 17. 479, 3. 6. sfeir. taid. 369, 2, meist stachl
Salzb. taid. 331, 38. tirol. weisth. 1, 17, 25. 41, 9. 4, 477, 20.
Salzb. taid. 401, 10, neben stal 339, 27, s. ferner die plural-
formen unter h.) ferner: ein schiff.., dorinne vil kouf-
manschatz was . . . und wol 30 zentner stacheis. Basler
ehron. 4,340,9 {zum j. 1462); ach, sprach die ein, Feür wa
finden wir dich? sie sprach, in einem harten stein, da
schlahen mit einem stachel daran, so finden ir mich.
P.\ULi schimpf u. ernst n Österley ; chalybem prseparatum
oder prseparirten stachel (kannst du) zu der miltz ... ge-
brauchen. ScHüPPIUS (1663) 755;
die schenckel (des bildes), so ich (Daniel) wytter sagen,
warend von stachel, ysen g'schweizt.
RuFF Etter Heini 3651 ;
und ist so wolfeil bi üch gesin
Stachel und isen, brot und win.
(Hans Rud.) Manuel s. 303, 12 Bächtold.
Bonst ist das h verstummt und vnrd nur graphisch als
dehnungszeichen beibehalten, diese Schreibung stahl ist im
nhd. von anfang an die herrschende; daneben natürlich
stal, so bei Luther, Postel und noch bei Arndt,
s. unten, seltner ist andre längenbezeichnung : staal,
chalybs Gottsched 142, auch bei Wiedemann gefangensch.
1, 29 und Withop acad. ged. 1, 259, s. die belege, vereinzelte
Schreibweisen zuweilen in der altem spräche: item bynnen
onsen dinckstuyl, so in is in onsen zijden noch in mannes
gedencken silver, bly, yseren noch stäil gegraven. weisth.
2, 789 (vom j. 1413).
4) stahl ist in den änderte germ. sprachen (auch im nl.)
durchaus neutr. dagegen erscheint es im mhd. fast atis-
schlieazlich als masc. (icährend die ahd. und mnd. belege
das geschlecht nicht erkennen lassen), so deutlich Lampreht
Alex. V. 1260, Nib. 979, 3 und 1943, 3 (s. 3) , Pilat. vorr. 6,
Ottokar 25699, Suchenwirt 45, 64; das neutr, findet sich
noch vereinzelt, so in der unter 3 angezogenen stelle aus
Wig. (4755). vgl. J. Grimm gramm. 3, 378. auch im nhd.
bezeichnen die Wörterbücher stahl durchweg als masc, doch
begegnet das neutr. iciederholt in der litteratur des 17. jahrh. :
welche eydesleistung der griechischen nahe kommet; da
bey bündnüssen ein glüend stahl ins meer geworfTen, und
betheuert wird: es solle der bund so lange tauern, als
solch stahl nicht wieder ans licht käme. Lohenstein
Armin. (1690) 2,390*»;
mein blankes schwerd hat nie gerostet noch gerastet:
sein weitbeschreytes stahl hat herrlich übergfaistet
drey theile dieser weit, und allemahl mit sieg.»
V. Birken osil. lorbeerh. (1657)180;
den hochbegabten schmid (nämlich den Organisten Hammer-
tchmid), der nicht ein hartes stahl, . . .
nicht Silber oder gold mit einem eisern hammer
der weit zum besten schlägt. Rist Pam. (1668) 33;
er hat viel tausendmahl
durch ein geschnittnes stahl
aulT müntzen fürgestelt
den Oldenburger neld. 481 ;
und gleichwol müssen noch die allerklügste fragen :
woher doch dieser stein (der magnet) die wunderkrafl gewan,
das er ein hartes stahl so zu sich ziehen kan? 781.
h) die flexion ist die regelmäszige starke, auffällig ist
folgende stelle, icelche eine sonst nie vorkommende schwache
hildung zu enthalfen scheint: der donner, plitz und staln,
wie ir sehend, schlegt gewönlich in die grosze, hohe
gebäw und bäume. Kirchhof wendunm. 3,28 Österley (i,i9).
auch folgende stelle ist merhcürdig:
gotes muoter reine
und dar zuo sin gemahele,
du hast der tagende stabele
s6 wol gescherpfet an dem snite
daj du der natüre site
Terschriete mit der kiusche dtn.
KoNHAD V. WüazBüEQ ffoW. gcltmied« 440,
wo die metrisch notwendige form allerdings nur von einer
handschr. (v. 1350) geboten vnrd, während die andern ge-
mahel : stahel haben, vgl. W.Grimm anm., der stahele
als plur. faszt. sonst scheint der plur. in den mhd. be-
legen nicht vorzukommen, auch im nhd. ist er nicht all-
gemein üblich und begegnet nur in bestimmten Verwendungen
(von stählernen geraten), in der altern spräche von arm-
brüsten, stets mit umlaut gebildet, so bei Schaidenreiszer
als stahel und häufig in den österr. iceisth. als stächl,
*. unten II, 3, b; nur in folgender stelle scheint der umlaut
zu fehlen: (niemand soll) ainich pirschpixen, arinbrost,
stachl und dergleichen weter an die gebirg . . . bringen.
tirol. weisth. 1,17,^; dabei wird vereinzelt sogar das ch
weiter zum, verschluszlaut verhärtet: item niemand soll
unzimblich wörn, als püxen, stäckl, armprost, wurf-
pfeil, kreuzhacken, pleikugln und dergleichen tragen.
2, 368, 13 (±6. jahrh.). von den tcörterbüchern verzeichnet nur
Stieler 2117 den plural: stal, der, plur. die stale, et
stahl, promiscue enim seribitur, chalybs, stomorna, purissi-
mum et purgatissimum ferrum, ferri nucleus. sonst be-
gegnet ein plural erst wieder bei Klopstock, und zicar
ohne unüuut stähle, zumeist von Schlittschuhen, offenbar
als freie neubildung; Göthe (26, 336) dagegen sagt in dem-
selben sinne stähle, s. unten II, 3, h. in technischen gebrauchs-
tceisen auch stahlen, s. II, 3, i.
6) in den lebendeii mundarten ist stahl, wie es scheint,
überall masc. ; sonst entsprechen die formen denen der altem
spräche, im gröszten theile des oberd. ist das h, gewöhnlich
als Spirant oder verschluszlaut, erhalten: Schweiz, stahel
Hunziker 249, stahäl BOhler Davos l, 131, in Basel
staachel Seiler 276*; bair. stähhal, stägl (plur. stähhal)
Schm. 2, 744, im bair. wald stiihal, stäj'al Bayerns mund-
arten 2,258, in Iglau stä^l Frommann 5,216, österr. stagl
Klein 2, 167, stagl Hügel I5i»', schdägl Gastelli 232,
tirol.kämt. stachl Schöpf 696. Frommann 6,38,3 (Unter-
innthal). Le.\er 238 (demin. stächile), in Luserna stachel
Zingerle 52, steir. stahel Unger-Khull 568». sonst mit
ausfall des h und gedehntem vocal (in den meisten idio-
tiken nicht angegeben, doch wol überall vorhanden): eis. stäl,
Stöl Martin-Lienhart 2,588'', in Handschuhsheim staal
Lenz 67'', in Köln stohl Honig 152*. nd. staal Strodt-
mann 227 (auch staul). brem. wb. 4,986. SchCtze 4,179.
D.\HNERT455*. StCRENBURG258''. TEN DOORNKAAT KOOL-
MAN 3, 297'', in Waldeck stal Bauer-Collitz 98''.
II. bedeutung. l) stahl im eigentlichen sinne, als staff
(ohne plural): stahel (der) nucleus ferri, chalybs. Maaler
383**; stahl, m. acier. acciaio. Hulsius dict. 305''; nticleus
ferri, das beste eisen, stahel, sicut nos dicimus, kerngut.
CoRViNUS fons lat. 442'' ; stahl, m. chalybs. acier. Schottel
1420; stahl, stal, m. acciaro, acciaio. Kramer die/. 2, gos*";
stahl (der) chalybs, ferrum induratum. Steinbach 2, 656.
vgl.: stael, chalybs, stomona, nucleus ferri, acies ferri:
genus durissimi purgatissimique ferri, quo ferrum indu-
ra^r. Kl lian; stahel. heiszt griechisch cÄa^yJ», und bey
dem Polluci stomoma, lateinisch chalybs, bey dem Plinio
nucleus ferri, und acies ferri. Wirsung artzneyb. im reg.
a) definition: stahel ist auch ein eisen, ist aber sub-
tiler, unnd gleich einem distillierten eisen, liarumb ist es
auch härter, klärer und besser. Lonicerus kreuterb. 339B;
wenn es (das eisen) wol geläutert (gesäubert) und etliche
mal gehärtet ist, so wird es stahl genennet. ComeniüS
sprachenth. 98. stahl ist eisen mit '/a bis gegen a^'o kohlen-
gehalt; er liegt in dieser beziehung und in der dadurch
bedingten härte in der mitte zwischen roheisen (das loeniger
kohle enthält) und Schmiedeeisen und hat mit jenem die
leichte schmeUbarkeit, mit diesem die schmiedbarkeit gemein,
vgl. Karmarsch-Heeren^ 2, 770. eisen in stahl verwan-
deln. Adelung: wenn es nun im fliessenden wasser zum
öflternraal wol abgehertet, so wird auch stahel ausz
eisen. Mathesius Sar. /»•; so wird ausz gutem eisen ein
rechter stahel. 79''.
b) stahl ist also nur eine besondere form des eisens. jedoch
betraclitet es der gewöhnliche Sprachgebrauch icie ein be-
sonderes tnetall für sich und nennt es gern mit dem eisen
ztisammen, vgl. Ottokar unter 1,3, ferner: stahl und
eisen, eisen und stahl, ferro ed acciaio. Krämer dict.
2,903''; von ander kaufmanschaft, als hönig, wachs, leder
und bar, daran mer wagnus ist, dann an eisen und stahel.
543
STAHL ai. 1)
STAHL (H, 1)
544
iirol. ireisfh. i 566, 36; man kan stahl und eisen vertreiben,
so vertreibt man auch wol mensclien. Pethi Ppp 3*.
HENISGH 866,42; , , . ,
eot frue und spät
den nim zu billT fUr stabel und fUr eisen.
Os\vALt> V. Wolkenstein 94, 60 Schatz;
und schwöret, wenn ibr schreibt, der frau beystabl und eisen:
ibr könnet ohne sie kaum eine stunde seyn. Picandkr 1, 250.
vgl. auch unten 2, b. e.
c) so reden namenüieh ältere quellen auch von minera-
lischem, in bergtcerken gegrabenem stahl, vgl. unten stahl-
erz, 9. iceisth. 2,789 unter 1,3 zu ende; femer: die ertz
desz kupffers, zinnes, bleys, eysens, stahels, und welcherley
andere geschlechte es seyen. reichstäg absch. 7 ; stahl,
chahjba, oder, ein metall , so dem eisen am nähesten
kömmt, und von demselben allein in der härte unter-
schieden, er wird neben dem eisen aus der erde gegraben,
oder durch kunst gehärtet. Jabkonski 745'*, ebenso Zincikkn
öcon. ter.' 2797, mit der fortsetzung : am Fichtelberg, im
Vogtlande, wird ein sehr guter stahl gegraben; vgl. auch:
ihn (gotl) lobet auch das erz und stahl,
ihn Silber, gold und eisen.
Spee trutznacht. s. 113 Balke (27, 101) ;
ja lobet ihn auch jederzeit
ihr erz und glockenspeisen,
der erden reiches ingeweid,
gold, Silber, stahl und eisen. 119 (28, 188).
d) jetzt versteht man unter stahl durch kunst gehärtetes
eisen, s. Nemnich {chalybs): stahel ktimt von eisen und
Wirt hert von vil smitslegen und widerprechen, also dag
er kraft gewint über daj eisen. Meoenberc. 479,26. zur
hersteUung des Stahles giebt es verschiedene verfahren, wo-
nach zugleich die entsprechenden aorten verschieden benamit
icerden : l) die hersteUung direct aus den erzen durch renn-
arbeit, d. h. durch oxydieiendes schmelzen (rennstahl, bei
Jacobsson 4, 247* kemstahl , auch wolfsstahl , vgl. c) ist
immer mehr auszer gebrauch gekommen; 2) durch frisch-
arbeit aus roheiaen, und zwar in frischherden (herdstahl,
schmelz-, brescianstahl) oder in ßumrnenöfen durch ein
besondres puddlingsverfahren (schweisz-, puddel-, pudd-
lingstahl) oder durch einpressen von luft in geschmolzenes
roheisen (flusz-, bessemerstahl), vgl. auch hammer-, lupp-
stahl (Jheil 6, 1313) ; 3) durch ausglühen von roheisen mit
oxydierenden pulvern (glühstahl); 4) durch glühen V07i
Schmiedeeisen mit kohlenstaub in verschlossenen kästen
(cementierter stahl, cementstahl, auch brenn-, blasen-
ßtahl) ; 5) durch zusammenschmelzen von Schmiedeeisen mit
gutem roheisen (Martinstahl); ferner können aus [diesen
arten, die man als rohstahl (». theil 8, 1134) zu^ammenfaazt,
durch raffinierung weitere Stahlsorten geiconnen werden, und
zvcar durch wiederholtes zusammenschweiszen, aushämmern
oder vHÜzen. strecken oder gerben der gerb- oder rafflnier-
stahl, oder durch umschmelzen der guszstahl. näheres über
Stahlbereitung s. Zincken öcon. lex."^ 2798. Eggers 2, 973—5.
Adelung. Jacobsson 4, 248"/. 7, 420»'. 422/. KrOnitz
168,593—614. KarmarSCH - HeerEn' 3, 1— 50. 8,435—441.
SCHEUCHENSTUEL 230/.
e) femer werden Stahlsorten benannt nach dem ursprttngs
lande, toobei die unterschiede theils auf der be-tcJuiffenheit
der verwendeten eisenerze, theils auf dem darstellungs-
verfahren beruhen, in älterer zeit sind besonders fremd-
ländische arten bekannt und geschätzt:
nackende Cbalyber zollen dir stahl.
Voss VirgOt landbau 1, 58;
eoltvarwer stahel fl; Indta was die glevte gezieret mit nibfne.
jiing. Tu. 1284, 4 {vgl. Wig. 4766 unter I, 8);
ich trage, wenn ich singe,
die citber und die klinn
von Toledanischem stanl.
Geibbl 1, 19 (d. hfdalgo).
besonders auch Damascener stahl, a. theil 2,701. KrOnitz
in.6M — 6: so du eine gute Säbelklinge erwischen magst . .
Ton pit«in Damascener stahl. Fh. Müller 8, 48. — in
neuerer neu gilt der englische stahl als der l>eate. dem-
nächst der steiermarkische, von deutschem stahl der ko-
nische, Solinger u. ». w., a. Jacodsson 7, 410/. — andre arten
werden nach beigemischten metallen benannt, ao wolfram-
stahl, der dem geholt an wolfram (statt kohle) aeine härte
verdankt, {dagegen enthält silberstahl meist kein ailber,
a. theil 10, 1, 104«. einen fabdtiaften stahl mit eingesprengtem
golde kennt Wig. 4756, a. I, S.) benennung nach der form,
worin der stahl in rfen handel kommt: brockenstahl, th. 2,395,
vgl. Jacobsson 4, 2Vi*. häufiger nach den gegenständen, die
daraus verfertigt werden: federstahl (</»eii 3, 1409), feilen-,
klingen-, messer-, scharsachstahl (<ÄetZ 8, 2221), sensenstahl
{th. 9, 611). r^^ ferner edel-, eierstahl, kernstahl {th. 5, 611),
kistenstahl {theil a,sb9), specialstahl (^Aet/ 9, 2202) u.a.
zaMreiche benennungen sind besonders bei Krünitz 168,
628—32. 634 Jf. Karmarsch-Heeren* 8, 436jf. und ScHEU-
CHENSTUEL 281 zusammengestellt, ganz allgemein: guter,
feiner stahl, acciaio buono, fino. Kramer dict. 2, 903''.
/) stahl als wäre; vgl. Basler chron. 4,340,9 unrf Mantel
unter l, d, ferner : er hat auch den gürtlcrn von hinnen
. . . gürtlen genommen und ain wagen von diser stat
mit stahel. d. städtechron. 22, 143, 5 (Müligh zu 1468); item
des jars da stiegen hie die zwen saktrager, die Katzen-
peiszer gepruder, ... an vier enden ein, und nach ostern
da prachen sie eim flaschnor und eim nagler ir krem
auf . . ; darnach dem Pegnitzer peim Lankamer den kram
mit stahel. li, .546, il (Deichsler zu 1488); das sich auch
niemant ainicherlai niderlag mit eisen, stachl, traid,
güettern und anderer kaufmanswahr in disem gericht
ze haben . . . unterstehe, tirol. weisth. 1,41,9; was her-
kumbt zu verkaufen, das nicht an die palbag {'ballen-
wage') gehört, es sei eisen, stachel, waxs, leder, h&ut, . . .
ir igleich sol bei der statwag gewegen werden , . . . und
besunder die grossen puschen eisen und meiler stachl.
4, 477, 17 — 20, ebenso 497, 26 — 30 ; ein ieder gast, der kauf-
manschaft herpringt, als eisen, stachel, waxs, wein, tuech
. . ., der . . . mag das wol verkaufen in grosz, als eisen,
stachel in meiler weis. 479, 3 — 6, ebenso 498, 35 — 38; das
die kaufleut grosse swäre pant machen, als eisen und
stahel, so vor zeiten nit gewesen und iezunt von fünf-
zehen zenten hunz auf die zwanzig zenten gepunden
werden. 566,29; was kaufmannschaft iber lant gehandlet
wirdt und hie durch die statt gefiert, soll iedes fueder,
es sei stahl, eisen, irch, leder ... geben ain kreizer, es
werd gewegen oder nit. 614,47; 26 istens würdet auch
denen . . . eisenfuerleuten . . . dasz eisen und stachl ab-
füeren an sonn- und gebottencn feiertägen bei schwerer
straff inhibirt. Salzb. taid. 381, 38.
g) die charakteristische eigenschaft des stahles ist aeine
härte, vgl. unten 2,a: daj der donr allermaist schat
hertem ding sam stahel ist und vels und stain. MEciEN-
BERG 92, 24. er ist jedoch nicht nur von natur hart, aon-
dern er hat die besondere eigenthümlichkeit {abioeichend von
andern formen des eisens), dasz er viel härter wird, icenn
er in glühendem zustande rasch abgekühlt {in kaltes icaaser
eingetaucht) wird, womit zugleich andre Veränderungen ver-
bunden sind, und zwar iiehmen dabei die kohlenstoffreich-
sten arten die gröszten härtegrade an, s. Karmarscii-
Heeren' 4, 221/ man unterscheidet demnach harten und
weichen stahl: 'harter stahl, d. i. kohlenstoffreicher, hat ein
geringes .tpecifisches gewicht, grosze festigkeit, gro-tze elasti-
cität, jedoch kleine dehnung. weicher stahl, d. i. kohlen-
stoffarmer, hat ein höheres specifisches gewicht, geringere
festigkeit und elasticität, jedoch grosze dehnung.' 222. harter
stal, duri chalybis metaUum, massa chalybis dura. Stieler
2117. {über eine besonders harte stahlart a. Wig. 47.^5 tinter
I, 8.) über die verfahrungsweisen zum härten des Stahles
a. ebenda 221—8. Krünitz 168,616—8.
fl; stahele wol eehcrtet
wären si gemacnet. troj. krieg 87W.
eisen und stahl auffs allerhärtest zu machen, nim des
sands aus den quellbrunnen die in den wiesen stehen
. . . darzu schwcfel gleichviel , der klein gestossen scy.
nim den rothen stahl oder eysen, der noch nicht gear-
beitet worden, und mach daraus was du wilt, bespreng
es mit dem vermischten sand. und wann es wol erhitzt
ist in dem fouer, so lösch« aus einem wasser. darinnen
mannsharn gesotten ist u. a. w. Coler hausb. (1680) l, 716'';
stahl weich zu machen. 72«»; stahl und eisen auffs här-
teste zu machen. 728". mit stahl härten, temprar« di
acciaio. r. stähh'n. Krämer die«. 2, »»»s". mit der hart*
hängt die elaadrität tuaammen, vgl. • Alahanda »prang auf.
wie gebogener stahl, bei ihrem eintritt. Hölukhlin 2,6«
KösÜin. ferner ist stahl magnetisch, s. Rl8T Pam. 7»!
unter 1, 4.
545
STAHL (II, 1)
STAHL (11,1.2)
546
h) ztistände des siaMs : glüyiger stahel, candem chalyb».
Maaler 383*; blau angelaufener stahl, chalyba polita quite
eolorem eoeruleum in igne accepit. Frisch 2. 315";
der stahl ist schändlich angelaufen.
GÖTHB 2, 218 (kritüer).
swer si {die deutsche gprache) dicke berte,
si wrde wol zehe ;
als dem stale ir geschee,
der mit sinem gezowe
uf dem anehowe
\vrde gebouge. Püatiis vorr. 6.
t) hearbeitung des Stahles; verbale fügungen, vgl. Jacobs-
SON 7, 420*"/. : stahl Überglühen, ausschmieden. 421»; häm-
mern: dies (schicert) istdiekönigswaffe meines geschlechtes,
... ein gott hat . . . einst den stahl dazu gehämmert.
Freytag 8,141 (ahnen 1,8); auch stahl schlagen, *. Rist
Pam. 33 unter 1, 4;
wie du den stahl reckst. FreiligrathS 2, 138.
abgelöschter stahl. Sebiz im reg. {'s. 63', stimmt nicht), stahl
durchzuetzen. nim ochsengallen, nesselsafft, menschen-
ham und essig, temperirs durcheinander, dasz es werde
wie honig, streichs auff, so beist es durch stahl und
eisen. Coler hausb. (1680) l, 717». stahl feilen : thue kisel-
stein oder saltz, oder gefeylten stahl darunter. 2, 66». —
andre ausdrücke beziehen sich auf verarbeiteten stahl,
stählerne gerate (vgl. 3): stahl gerben, brunir. Jacobsson
2, 61''/.; stahl schmirgeln. 4,250»; polieren: blank von fusz
bis zum köpf in hellem polirten stahl. Fr. Müller 3, 35;
sprichwörtlich : der stahl nimmts nicht übel, wenn man ihn
polirt. Wander 4, 767, 1. stahl schärfen. Jacobsson 4, 423''
(vgl. KoNR. V. Würzburg unter 1,5); den stahl wetzen,
ferrum acuere. Steinbach 2, 656, vgl. unten 3, a, a. ß;
was Dännemark in eisen
und wol geschliffnem stal zum kriege je erfand,
soll dir behülflich seyn zu wasser und zu land'.
PosTEL Wittekind s. 65 (3, 671).
stahl anlassen, anlaufen lassen. Krünitz I68, 615/. stahl
vor dem rost zu bewahren. Jacobsson 7, 422»; des eisens
und stahels conservativum und preservativum ist nichts
bessers und nutzers als frischer ungesalzener Reinberger
speck. Paracelsus (i590) 6, 274.
k) stahl irird hauptsächlich gebraucht, um allerlei ge-
rate daraus herztistellen (die dann theiliceise selbst als
stahl bezeichnet icerden, s. 3): vom puren stahl gemacht,
gearbeitet. Kramer dict. 2, 903«; das meszer ist von gutem
stahl, lamina hujus czdtelli probe durata est. Stieler 2117;
eine schneide von stahl. Adelung; ein schild, eine
rüstung von stahl, mit stahl belegen. Campe; eine ge-
wisse art mohren . . . brauchen staal zu ihrem schmuck,
wie wir das gold. Wiedemann gefangensch. 1, 29, vgl. 7, 45;
ketten von stahl oder seide — es sind ketten. Schiller
3, »4 (Fiesko 3,5);
helme vil guote Q; stahele geslagen.
Kndr. 1107, 8 ;
sin Up der wart gebunden
in ringe starc von stahele.
Ko>RAD V. WüRZBURG Engelh. 3591 ;
.♦. atich RuFF Etter Heini 3651 unter I, 3. stahJ mit andern
metallen zusammen verwendet (kröne 10527 unter I, 3): man
trüg im (kaiser Friedrich JH.) da vor ain cron, die was
von gold, Silber und stahel, die man haiszt die Maylan-
dischen cron. d. städtechron. 22, 319, 41 ;
von st&le und euch von golde rtch er (der tchüd) was genuoc.
..... , Nib. 416,3;
vil bninjen 0?er mä;e
von stäle und von golde. livländ. reimchron. 1596.
80 auch : bei meinem hamasch ist stäche! viel.
PicHLER drama des mittelalters t. 46
(Sterzinger ottersp.);
der staal am pflüge nährt und mordet an den klingen.
WiTHOF acad. ged. 1, 259;
(im bilde:) dasz der cardinal einen hasz werfen würde auf
Rohan, das Werkzeug, dessen edler feiner stahl zerbrochen
war in seiner es miszbrauchenden band. C. F. Meyer
Jenatsch s. 270. sprichwörtlich: wenn der stahl vom messer
vernutzt ist, so schneids nicht mehr. Lehmann (834,7)
bei Wander 4, 767, 7; vgl. -. ich weisz, dasz ich nicht werde
lange leben, dazu so ist mein kopff wie ein messer, denn
(l. dem) der stahl ist gantz und gar abgewetzt, und eitel
eisen worden, das eisen schneidet nimmer, also ist auch
mein kopff. Luther tischred. zu^ (werke &\,vh Irmisch).
X. 2.
i) ferner werden feine atdhlplatten zur Vervielfältigung
von bildem, Zeichnungen u. s. 10. benutzt, in stahl stechen.
Campe, r^^ Stahlstich: diese Zeichnungen aber läszt herr
Seidel in stahl stechen , was sich durch die unzahl der
abdrücke . . . immer bezahlt, ein schönes geistliches bild-
chen der neuen zeit ist die heilige familie nach Schlott-
hauer, in stahl gestochen von Fleischmann. Rrentano
9, 250. geschnittnes stahl *. Rist Pam. 481 unter I, 4.
vgl. : eisen, stahl, kupffer, oder ander metall zu machen,
dasz man darein graben, stechen oder schneiden kan.
Coler hausb. (I6S0) 1, 728''. die ältere zeit kennt auch ätzung
in stahl .- ein schrifft oder etwas anders in stahl oder eisen
zu etzen. 717».
m) in der altem zeit icird stahl auch zu mannigfachem
medizinischen gebrauche benutzt, besonders indem er im
kalten oder glühenden ztistande in wasser gelegt wird und
dieses zum, trinken, waschen u. s. w. dient: mach dag prunn-
wagger kalt mit stahel, da mit küel dein haupt. Megen-
berg 5, 28; das wasser oder wein, darinn ein glüend eisen
oder stahel gelöschet ist, bekompt nützlich der schwacheit
desz magens, und desz miltzes, getruncken. Lonicerus
kreuteib. 339 B; stahel, den nimb klein gefeilet, wirft den
in brunnenwasser, reib jhn wol zwischen bänden, und
lasz jhn gefallen, schütte das unrein wasser darvon, und
wider reins daran, so offt gewaschen, bisz es lauter bleibt,
als dann thu den stahel in ein verglaset geschirr, geusz
essig daran, dasz er feucht, aber nit bedeckt werde, lasz
30 tag weichen, und offt umbrühren, darnach stosz jhn
klein, und reib jhn ab wie perlen. Wirsung artzneyb.
(1597) 16 B (dazu im reg. .- stahel zum gebrauch der artzney
zu bereyten); nimm frisch brunnenwasser so viel du wilt,
mach ein stück stahel glüend, unnd wirffs dareyn, bisz
er erkaltet, unnd also thu jhm drey oder vier mal, bisz
das wasser anfahet recht zu sieden, lasz erkalten, und
brauchs warzu du wilt. 35 C; *. auch Schuppius 755,
unter I, 3. (ähnliches noch in der Volksmedizin, während
sonst geicöhnlich eisensalze verwendet werden.) vgl. stahl-
bad, -wasser, -öl, -tinktur u. a.
n) über den ebenso mannigfachen gebrauch des stahls im
Volksaberglauben vgl. E. H. Meyer myth. s. 137. 209. 214. 215.
2) stahl in freierem und übertragenem gebrauche.
a) stahl wird typisch gebraucht in bezug auf seine härte
(vgl. l,g), so:
sich mocht ein stahel von dem fueje (futztriüe) clieben (wie
viel mehr mein herz /) Laber jagd 91.
die härte des Stahles wird daran gemessen, dasz er andre
dinge, z. b. steine, schneidet (märchenhaft, s. Wig. 4755
unter I, 3); daher mit urnkehrung des icirklichen Verhält-
nisses in der 'red von hübscher lug':
mit pley man wol den stahel schriet
tze weinachten in dem summer.
Suchbnwirt 45, tu.
50/15* loerden in diesem »inne auch stahl und stein gern
in allitterierender formel zusammen genannt (une sonst
stahl und eisen, 8.i.,b):
die zeit zermalmet stahl und stein.
LiCHTWER 127 (fab. 4, 7);
durch seine ^ister läszt er dort von stahl und stein
ein anersteiglich schlosz bereiten.
Nicolai verm. ged. 8, 33.
(im bilde .•) erweiche stahl und steine
auf dasz das herze weine,
das böse sich bekehre!
P. Gerhardt s. 113 Oödeke (39, 86).
(sonst stahl und stein in anderm sinne, s. unten 3,/.)
b) so stahl in vergleiclien: hart wie stahl und eisen,
vtdg. chalybe et ferro durior, durissimum. Frisch 2, 315«.
von menschen: er ist wie eisen und stahl, egli e come
ferro ed acciaio, met. robusto, forte, gagliardo, it. fatato,
ajfatato, invulnerabile per arte diabolica. Kr.\mer dict.
2,903*", induratus, perpessitius est, occalluit. Stieler 2117;
entxceder mit bezug auf rolntste Constitution, unverwüst-
liche gesundheit und körperkraft: der N. had a natur
wiar aus stagl und eis'n. Hügel 154''; da man teglich . .
könig .\rtus hoff und taffei held, und alles mit eins auff-
schlucken und aussauffen wil; unnd mit essen und
trincken zu sich einstürmet, als ob einer von stahl ge-
macht were. Dan. Schai.ler theolog. heroldt (1604) 517;
i oder ethisch gewendet, als attsdruek einer 'harten' oder festen
35
547
STAHL ai. 2)
STAHL (LI 2. 3)
548
gesinnung, zuvtrläasigkeit, ketiscfiheit u. a. : dieser republi-
kaner ist hart wie stahl! Schiller 3, 24 {Fiesko i, 7);
ja was herter ir müt,
danne stahel in der glüt,
grimmer danne da; mer.
Albrf.cht V. Halberstadt 84, 188;
bruder, da« weib ist ehren frumb
von gutem gschlecht, hat Bancbanum
den thewren mann zu eim gemahel
gerecht und standhafTtig wie stahel.
H. Sachs 4, 2,8»;
ich bin nicht mehr ewr ehlich gmahel
in keuscher zucht, ehmvest wie stahel. 1C<)
das hab ich euch nie gesagt, dasz ich unter der hiesigen
garnison meine vögel habe, auf die ich zählen kann, wie
auf eisen und stahl. Schiller 3,272 {Fiesko 3,3 hühnen-
bearb.). vgl. noch: (die halsstarrigen leute) lassen jnen
nicht sagen , wehren noch stewren , ... als betten sie
eisen und stal im halse, das niemand brechen kan, bis
der hencker mit dem rat entzwey stosse. Luther 28, 753, 11
Weim. ausg. (z. l: der ein eisern bein hat im nacken.
pred. über 5 Mos. 9). weniger klar ist die redeweise zu-
sammenhalten wie stahel und eisen. Schm.* 2, 744. —
doch xcird stahl auch in bezug auf andre eigenschaften zum
vergleich herangezogen . so toegen der glätte und des glanzes
von poliertem stahl:
himmelan sie (Famts bürg) strebt empor,
60 starr, so wohl in fugen, spiegelglatt wie stahl.
GÖTHB 4, 2.57 {Helena).
mit bezug auf den magnetischen cliaracter: ich weis nicht,
ich mus was magnetisches an mir haben, dasz dir alles
lumpen-gesindel auf gottes erdboden anzieht wie stahl und
eisen. Schiller 2, 82 (räuber 2, 3 schausp). vgl. ferner
unter 3, k. folgender vergleich scheint blosz den sinn einer
Verstärkung zu haben, ohne bestimmte beziehung:
der Petrus lügt wie stahl und band.
Arnim-Brentano wunderh. 1, 411 Boxberger
c) stahl übertragen
a) auf andre dinge wegen ihrer härte:
wenn sich die schöne jahrszeit verliert
und die erde zu stahl gefriert.
RÜCKERT Firdosi 3, 93.
von schwer verdaulichen speisen: da' käs is z. morgast
stächl, r. mitt&g eisn, z. nachts blei. Frommann 6,33,3
(TJnterinnthal).
ß) von menschen, zunächst von stahl sein in bezug auf
gesundheit und physische iciderstandskraft : he is vun st aal
nn ysen er ist sehr stark. Schütze 2, 204; v. Rasch, armer
herr von Trümmer! wenn der schreck nur keinen ein-
flusz auf ihre laune und gesundheit hat. v. Trümmer.
ach, ich bin gottlob von stahl und eisen. Gotter ged.
8, 263. {dieselbe wendung auch von der Widerstandskraft
gegen liebesreize: sie ist in der that schön . . . unser herr
pfarrer sagt, es sey sünde, wenn man so was anschaue. . .
der gute herr pfarrer ist eben auch nicht von stahl und
eisen. Wieland il, 220 = don Sylvia 3, 6.) vgl.: so sasz
er versunken, als sei etwas von dem stahl, der trotz jähre
und wunden den verwitterten körper immer wieder in
die höhe schnellte, geschmolzen. W. Alexis Isegrimm 372.
dann auch von den einzelnen gliedern:
grausamer, zu muthvoller Odysseus, nie doch erschlafft dir
nur ein gelenk; nein, wahrlich, aus stahl ward alles gebildet
(jaidtjfta ndvra TtTvxTat). Voss Odyet. 12, 280.
•o besonders von der hand. schon in ethisclie bedeutung
tibergehend: ,,-, j^^^^ höllebrand (Herodai)
dem dürren Eacus die ungeslalte band . . .
die blutverstockt« band, die band von stahl und stein
vor seinem richterstuhl zu unerschöpfter pein
mit heulen tlberreicbt. Scultbtus bei Lessing 8,280;
dort ist der Milota, ein tOcht'ger mann ;
kein köpf, doch eine Tauet von stein und stahl.
Grillpakzkr* 6, 79 (könig Ottokar 8).
durchaus ethisch gewendet vom herzen : dennoch weichen
■ie nicht Im hertzen von jrem sinn und bÄsen farnemen,
werden nicht« beweget, das sie von jrem toben abgelassen
betten, dos sind hertzen von eitel stal nnd demand.
LuTHKR 18,09,87 Weim. ausg.; herze von stAle, «. Rbin-
BOT V. Durnb %mt«r 1,8; dafür auch:
swi« vatto ich ab«r io venutM,
doch ift min herz« stah«! uibt. trt^. krisg 81986.
ähnlich sagt man auch vom menschen, dasx er stahl {nicht
von stahl) sei, in ethischem sinne, verschieden nuanciert,
{im ausgeführten bilde:)
du junger, schneid'ger, funkensprtth'nder stahl,
werde ein schwert du für dein Vaterland!
Wildenbruch Harold ». ♦;
er stahel, swa er ze «trlte quam. Parz. 4, 15 ;
da {die heü. Katharina) were an vestenunge ein stal.
pass. C67, 68 Köpke;
sei stahl und kiesel ; doch im schlösse dort
wird zärtlich mir dein herz entgegen schlagen
und widerrufen dein geharnischt wort.
Fulda talitman 27 ;
der dichter ist reiner stahl, eben so empfindlich wie ein
zerbrechlicher ginsfaden und eben so hart wie ein an-
geschmeidiger kiesel. Novalis 2, 148 Meiszner.
y) andrer art sind die folgenden Wendungen {die aller-
dings eine eigenthümlichkeit des einen autors zu sein
scheinen), wo stahl zunächst den stoff bezeichnet, tooraus
ein mensch, seinem geistigen wesen nach, besteht {icie sonst
holz, vgl. das. 1, d, theil 4, 2, 1764/.), wenn auch die zuletzt
besprochene bedeutung als nebenvorstellung hineinspielt:
der augenblick deiner bestimmung ist da, entweder ein
Philister zu werden, oder ein mann von meinem stahl,
den kein band der erde fesselt. Klinger 1,183; ha,Velasko,
ich hab' die menschen verachten lernen, und diess giebt
dem mann von unserm stahl den schwang. 2, 9.
S) selten in dichterischer spräche auf abstractes an
gewendet: o groszes wort, o fester stal!
0 hämisch sonder gleichen!
Arndt ged. 225 {vgl. 3, c).
mhd. der tugende stahel {im bilde), s. Konrad v. Wörz-
BURG unter 1,5; derselbe ausdruck dann wiederttm von
der person selbst:
da; got kunic Ruodolfen nam
einer konschaft gemahel,
der tueent und der 6ren stahel,
die saeldenrlcben frouwen Annen.
Ottokar reimchron. 86899.
3) stahl bezeichnet ferner allerlei daraus veifertigte
gerate: stahl, . . . acciaio, it. stromento fatto di esso.
Kram ER dict. 2,902^; so ganz unbestimmt in der unter
I, 4 angezogenen stelle aus Lohenstein Armin. 2, sgo».
in diesem sinne wird zu stahl auch ein plural (meistens mit
umlaut, 8. oben I, 5 und unten b. h. i) und ein deminutiv
(stählchen, *. das.) gebildet, neben der individualisierenden
gebrauchsweise steht häufig eine colleetive, die sich dann
von 1 nicht sondern läszt.
a) so besonders von schneidenden Werkzeugen, waffeti aus
stahl: 'in der höhern Schreibart ist der stahl oft ein schnei
dendes oder stechendes Werkzeug, ein schwert, messer oder
degen'. Adelung.
a) am häufigsten vom schwert, degen: Philotas . . . seinen
freund und sein schwerd musz man nicht blosz von
auszen kennen, {er zieht es . . .) Strato, ich verstehe mich
mehr auf den stahl, als auf die arbeit, glaube mir,
prinz ; der stahl ist gut. der könig hat . . . mehr als einen
heim damit gespalten. Lessing 2, 111 {Phil. 8); Amalia. . .
wie er sie umarmen will, reiszt sie ihm den degen von der
Seite . . . dieser stahl soll deine geile brüst mitten durch-
rennen. Schiller 2, 112 {räuber 3, 1 schausp.); Kalkagno
. . . hier kniet noch ein Genueser, und legt seinen furcht-
baren stahl zu den fassen der Unschuld, so gewisz möchte
Kalkagno den weg zum himmcl ausfindig machen, als
dieses sein schwerd die Strasse zu Dorias leben. 8, 40
{Fiesko l, 12); hier nimm diesen stahl, fuhr er fort, indem
er einen zweiten säbel aus seinem oberrocke hervorzog.
Grilli'arzer* 11, 246 {klost. b. Send.); ich antwortete
darauf in derselben tonart: 'ich will nicht küssen das
blanke schwert — ich will das rote Sefchen küssen!"
und da sie sich aus furcht, mich mit dem fatalen stahl
zu verletzen, nicht zur gegenwehr setzen konnte, muszte
sie es geschehen lassen. Heinr 7, 609 Elster; jetzt sprUnge
und Bohwert«chläge schnell wie der blitx, ... im wirbel
flirrte der blanke stahl. Frkytags, 88 (aAn«n 1, 1, 8);
drauf greift er mit der hand an den nschärfUn stal.
der auf d«m tisch« lag, zieht in, und wetzt dreynial.
•b di««« wort« noch TorhaJUn, Felienb. 1, 9;
sehn ihre fhinen sie, durchrannt
Toni spitzgen stahl. zuHummenfnllen,
das srhwcrdt mit blut bosch&umt.
Srhii.i.kr 0,418 (Didoi loa Ut;;
549
STAHL (II, 3)
STAHL (II, 3)
550
dahin, dahin mit schwert und fenerbrandel
sie müssen dort auch vmsem mut erfahren
nnd kosten unsem stahl und nnsre bände !
Ghamisso 2, 107 Koch {sage v. Alex.).
messer, dolch : ehedem wohl gab es einen vater, der seine
tochter von der schände zu retten , ihr den ersten den
besten stahl in das herz senkte. Lessing 2, 188 (Emil.
6al. 5, 7) ; sie erwarten vielleicht, dasz ich den stahl wider
mich selbst kehren werde? 189; er (Ätretis als priester)
. . . befühlt die dem tode geweihten , legt sie zurechte,
und ergreift den stahl. 4, 273 (vorher: das Schlachtmesser);
aber der wütrich stiesz und drückte so lange nach, bis
sich der stahl in der wunde verlohr. 274; er hält das
vom doppelten morde blutige eisen . . . und höhlt weit
von dem körper aus. der stahl drang in der brüst ein. 275 ;
als der erschrockene schwieg, griff er nach dem dolch-
messer . . . bei einer unvorsichtigen bewegung des sträu-
bens, die er gemacht, hatte der spitze stahl seinen hals
geritzt. C. F. Meyer Jenatsch 54;
was willst du mit diesem dolche? . . .
oder hast du gen dich selber
diesen bösen stahl erhoben? Brent.a.no 3, 227.
ungeioöhnlicli von einer pfeilspitze •
hoch aus der lufl, mit dem pfeil des jünglinw
in dem fittige, sinkt und bleitt trauernd am ufer stehn
der gesellige kranich. . . . doch er sinkt
noch oft. er verbirgt stahl in dem fittig.
Stolbkrg 2, 80.
meist ist die spezielle art de»- vMffe nicht erkennbar (ircnu
atuih zumeist an das schicert zu denken ist):
und von des vaters blute triefen soll
des sohnes stahl, im gräszlichen gefechte.
Schiller 12, 265 {Wdllengt. tod 2, 7).
ß) gern mit dem zusatz: einem einen kalten stahl in
den leib jagen, cacdar ad uno delV acciaio cioe uno Sti-
lette, coltello, dargli utia stilettata. Kramer rftc^. 2, 903'» ;
am kalten stahl sterben, perire gladio, ense jugulari.
Stieler 2117 ;
es reisz ein kalter stahl den heiszen ffirsatz ein.
HOFMANNSWALDAU bei StKINBACH 2, 656.
andere heiic&rter charakterisieren den stahl nach seinem
gebrauche und gehen auf die damit ausgeführte that: tödt-
licher stal, chalybs vulnificus, letifer. Stieler 2117; ein
tödtlicher stahl vergiesse sein feindseliges blut. Lessing
4,264;
dich frevelhafter stahl, den mordgier auf mich zückte.
Schiller 6, 354 {zergt. Trojas 26) ;
und ich erwart' es, dasz der räche stahl
auch schon für meine brüst geschliffen ist.
12, 236 {Wollenst, tod 1, 7).
dafür auch Zusammensetzungen wie mordstahl, s. th. 6, 2553,
opferstahl, theil 7,1308; ähnlich, auch der fangstahl des
Jägers, s. theil 3, 1316 :
mich berauscht sie, die mit jagdrohr, tmd mit fangstahl an
dem leibgurt . . .
auf der wildbahn sich einherschwang.
Voss 3, 169 {die jägerin).
y) collectivisch : fürsten, welche an ihren waffen ver-
zweifelten, suchten, nicht immer vergebens, mit gold
h&upter einer nation {der Schweizer) zu gewinnen, gegen
welche ihr stahl nichts vermocht hatte. Stolberg 6, 193.
dahe^- als Umschreibung des kriegshandwerks :
ihr, die des höchsten rath bestimmt,
der weit mit stahl und bley zu dienen!
Gü>rrHER 142, ». auch Steinbach 2, 656 ;
SO auch : und wenn sich dann und wann ein weib
zu stahl und kiel geschickt erwiesen.
ebenda (Günther);
da fand er einen held,
desz faust, vom stahl eeschwollen,
zum Schlegel sich wohl stellt . . .
nachdem der krieg geendet,
zur arbeit er sich wendet.
wunderh. 1, 289 Boxberger.
6) da auch die rüstung aus stahl besteht (*. unten c),
so ist es ein geusbhnlicher ausdruck für das kampfgetümmel
der älteren zeit: die todfeinde sprangen gegen einander,
schildlos in helmkappe und panzerhemd mit geschwunge-
nem schwert. stahl schlug an stahl. Freytao 8, 108
{ahnen l, i, 6);
aldä grifen si zen swerten sider.
ft wl daz für dar öj spranch,
dfl ein slahel wider den ander dranch.
Yorauer Alex. 1S60.
/) darauf beruht v:ol das Sprichwort: ein stahel bricht
den andern. Franck 1, 87''. Egenolff 346*. Simrock 9805;
dafür auch {zunächst als blosze lautliche Variante, s. I, 3,
dann vielleicht auch miszverstandeti) : ein stachel bricht
den andern, *. stachel 3, a, sp. 386. eine andre sprichwört-
liehe redexceise findet sieh einmal im 16. jahrh. :
wenn einer sihet ein bösen man,
den geht nicht leichtlich feindtlich an,
besorgt sich, i'a; er jn auch zwack,
und denckt, er hab auch stahl im sack. . . .
zwey messer, gleichs scharpff all beyd,
helt eins das ander in der scheyd.
B. Waldis Egop 2, 4B, 16.
5) von hier aus übertragen:
sie hat des lebens fittig mir
mit ihrer zunge scharfem stahl gelähmt!
H. V. Kleist 2, 420 Schmidt {Hermannsgckl. 5, 5) ;
vgl. auch:
denn du bist da, mit einem wort von stahl
im Zweikampf ihren ausspruch zu beweisen!
293 {Käthchen 6, 1).
b) eine speziellere bedeutung findet sich im oberd.. be
sonders im 16. jahrh. hier bezeichnet nämlich stahel, stahl
den stählernen bogen einer armbrust und dann {so gewöhn
lieh) eine solche armbrust selbst, s. Adelung. Weisz
kostümkunde 2, 766. Schm. 2, 744 {hie und da noch jetzt).
Unger-Khull steir. Wortschatz 568'', vgl. auch Jacobsson
1,251''/. und Stahlarmbrust, belege: jtem ob ainer ain
veint hat, tregt ain gespannten stahel und schüest nit,
ist nichts verfallen. Kali en back österr. pan- U7id berg-
taidingb. (Wien lS4ß) s. 505» (94,7); so weit darüber als
verr man mit ainem stachl schiessen mag. 401,10; wie
zu Aichstett etliche burger den letsten osterfeyrtag 1607
zu dem zihl mit dem stahel geschossen, sey der stahel
unversehens los gangen, quelle bei Schm. 2, 744;
herr, reit
für kurzweil birschen in den wald,
jr werdet ein stück wilpret bald
finden zu schieszen nacn eurm lust;
den stahel fürt vor euer brüst
gespannet, darauf ein geschosz.
Teuerdank 44, 6 Gödeke;
Lompas der trug den stahel and kein bolz.
liederb. aus dem 16. jahrh. s. 382, 11
{dafür bei H. Sachs fab. und schw. 3, *. 49 neudr. .•
Lfimpfis drug das armprost und het kein polcz).
speziell vom bügd: dann zugleicherweisz, wie ein boltz vom
armbrost, sein natürlichen schütz hat, also dasz jhn die
natur treibt, nach dem und der sthahel natürlich gutt und
starck gemacht ist. Paracelsus (1616) 2, 256 B. — in dieser
bedeutung häufig im plural {mit umlaut, s. I, 5) : die werber
triben kurtzweil vor dem hoff Dlyssis, etlich schössen
mit den stäheln oder pfeilen. Schaidenreisser Odyss.
72» {ai/avir^oiv ieixte. 17,168); für das zehente sol sich
auch kain underthon . . . mit stachln, pixen und andern
dergleichen Instrumenten, so dem schiessen zuegethan, in
den gehilzen oder auen . . . betreten lassen. Salzburg,
taid. 91,17; da hierüber iemants mit püxen oder stächlen
betreten wurde. 223, anm., 5; neunzechenten solle sich
meniclich allerlei wilprädt schiessens . . . genzlich ent-
halten und ... zu pürg, holz, feldem, auen und wassern
mit pixnen, armprüst, stächein, röhr und vischzeug nit
betrötten lassen. 270,32; es sol niemant unziemblich
wöhren, als pichsen, stächl, armbrost, wurfpfeil, plei-
kuglen und dergleichen tragen, tirol. weisth. i, 130, 25. »co
der umlaut fehlt, ist eher collectiver gebrauch anzunehmen :
das sich auch kainer . . . unterstehe, mit pichsen, arm-
prosst oder stal in die hölzer zu gehen, steir. taid. 339, 27 ;
in den wäldem (soll) sich kein unterthan . . . forthin mit
püxen, stachel noch andern geföch (fangzeug) ... nit
finten lassen. 369, 2 (s. auch die belege unter I, 5).
c) auch die rüstung, panzer, heim u. a. w., ist (besonders
in der ritterzeif) von stahl und wird selbst als stahl be
zeichnet, doch stets im singular, deti stoff bezeichnend oder
collectivisch, nicht vom einzelnen stück:
zwainzic tusent helde . . .
mit stale umbeslossen.
Jiotandfl. 95,11 (1655, vgl. Scherz-Oberlin 1562);
da; fiur spranc von st&Ie, sam e; wsete der wint.
A76. 430, 4 (von stahele 466, 4 Barttch,
= da? fiwer stoup üj ringen.
488, 1 Lachtnann, g. auch 194.'!, 3 unter I, 3);
35*
551
STAHL ai.3)
STAHL (11,3)
552
der (AlbricK) slaoc Anstsen
durcn stahel und durch isen.
Stricker Karl 6388 ;
und selbst die liebe, wie in stahl gerüstet,
xum todeskampf gegürtet, tritt sie auf.
Schiller 12, 154 (Piccol. 3, 9);
auch sie, die alte königinn, sieht man . . .
in stahl gekleidet durch das lager reiten.
13, 181 (Jungfr. v. Orl prol. 3) ;
stolze hassen,
mit feuerschlünden rund umpflanzt,
mit Pergament und stahl umschanzt.
Seume ged. (1826) ». 28;
wir stehn auf allen wegen,
an seh aar euch überlegen
in hämisch und in stanl.
Hoffmann v. Fallersleben ged.'^ 361.
vgl. attch:
seht hinauf wie hoch gestiegen !
und erscheint uns doch nicht klein,
wie im hämisch, wie zum sie°:en,
wie von erz und stahl der schein.
GÖTHE 41, 240 {Faust II, 3).
d) aongt für schneidende und stechende Werkzeuge nur
vereinzelt, vgl. nl. stael oft scherp van het mes, acies.
Kl LI AN. von einer schere:
soll dieses goldne haar ein stahl verletzen.
Ramler 1,92 {vgl. Adeluno);
(der alte) fiel ohne schäm und scheu vor dem Justinian
mit einem stahl das corpus juris an,
und schnitt mit einer wuth, auf die ich selber Ouche,
die glossen aus dem ganzen buche,
da hatte keine gnade statt,
die schere schnitt von blatt zu blatt. /abOlese 2, 471.
für bratspiesze, im plur.:
(die menschen) spieszen uns {lerchen) dann für den
gaumen an stähle
vor der dörrenden glut. Klopstock 2, 212.
vgl. aucfi den holsteinschen aberglauben: dat vee mut
övem staal drehen waren, 'man legt eine axt in die stall-
thüre, und treibt das vieh im herbste darüber hin zu stalle,
so wird ihm nichts angethan.' Schütze 4, 179.
e) stahl bezeichnet ferner einen pfriemenförmigen stahl-
stab {mit rundem oder abgestumpft viereckigem querschnift)
zum wetzen, schärfen von messern und andern schneide-
werkzeugen: man braucht auch den stahl zu scharff-
machung schneidender sachen, als messer, belle und
dergleichen, wenn solche stumpff worden und darange-
strichen werden. Zincken öconom. lex.'^ 2799, s. femer
Adelung. Jacobi Saalburg töd, und Wetzstahl ; mit dem
stahl eine schärfe wetzen, chalybe acuere aciem ferrei
instrum^nti. Frisch 2,315'»; nun pfleget man die messer
an stahel zu streichen unnd wetzen. Mathesius Sar. 79^.
so Schweiz, stühel Hunziker, staachel Seiler 276*; bair.
st^hhel als gewöhnliches gerät des bauern. Schm. 2, 744;
Wetzstahl des mähers Unger-Khull 568''; bei den Schuh-
machern stahl zum streichen 'ein walzenartiges stück stahl,
worauf derselbe seine kneipfe und messer streichet oder
schärfet' Jacobsson 4,250''; eis. metzgerstahl Martin-
LiENHART 2,588''. doch ist das wort wie die suche, soiool
in diesen spezielleren Verwendungen vrie als gewöhnliches
haushaltungsgerät. allgemein verbreitet.
f) stahl oder feuerstahl {theil 3, 1605) heiszt ein stahl-
atüek von toecftselnder form, dessen man sich früher zum
feuerzünden bediente, indem man damit an einen stein
(kiead, feuerstein, a. theil 3, 1605) achlug und den herau^-
apringenden funken mit einer leicht entzündbaren masse
vne Zunder auffing, s. Adeluno. Jacobsson 4, 250''. KrC-
NITZ168, 687. Jacobi Soalburg 260, eis. fürslahl Martin-
Lienuart 2, 588''; ein talch-(un8chlit-)liecht, welches an-
zuzünden, mu8z ein fewrzeug mit zunder, wie auch stahl
and schwefelsticken zur band seyn. Comenius sprachenth.
748; stal im feuerzeuge, chalyba ignitabuli, aeu igniarii.
Stiri.er 2117; der also genannte stahl als eine noth-
wendige zugehörung des feucrzeugs, so, wenn er an
einen feuerstein starck geschlagen wird, funcken von
•ich giebet, die in den zunder fallend, solchen anbrennen,
und vermittelst des daran gehaltenen schwefel-fadens
feaer erwecken. Zincken bconom. Ua-.^ 8796. belege («. auch
Pauli 17 unter 1,8):
mein stahl iat rat, und der cunder geechwefeU.
Voss >, 44 (idyü. 8, 183).
tpriehwOrtiich: ein alter stahl gibt wenig funken. Wan-
OBR 4, ;ti7, s. meist wird stahl und stein in atabreimender
formel zusammengestellt: die Wissenschaft ist wie ein
groszes feuer, das in einem volke unablässig unterhalten
werden musz, weil ihm stahl und stein unbekannt sind.
Freytag 6, 70 (handschr. 1,4); vgl.:
das kindlein vom stahl die funken gern zieht,
der fromme im steine das feuer wohl sieht.
wunderh. 1, 65 Boxberger.
spricJiwöi-Üich : wo stachel und ein fewrstein sich mit
einander schlagen, da springen funcken herausz. Petri
Nnn s*". Henisch 1288, 36;
kein fewr würd auch auff erden sein,
schlug nicht den stahl der kieselstein. frosehm. Ff 8*.
gern in vergleichen: wenn aber theorieen und Vorurteile
gegen einander geschlagen werden, wie stahl und stein,
ohne vorsieht, so nehmet arme und beine in acht, liebe
leute, denn es gibt feuer. Gotthelf 1,379 Vetter (bauer7isp.
i.ST.kap.); mit d'Espignac wäre er wie stahl und feuer-
stein an einander gerathen. W.Alexis Isegrimm 31S;
denn, wie, wenn stein und stahl einander kräfftig zwingt,
der saamen kalter gluth in lichte funcken springt,
so pflegen witz und kunst, so bald sie friedlich ringen,
disz, was verborgen liegt, an licht und luOl zu bringen.
Günther 410.
ähnlich auch in typischer Verwendung .- Segesthes, welcher
wol verstund: dasz wenn stahl und stein zusammen
kämen, feuer geschlagen würde, und also klein zuzugeben
von nöthen hatte, antwortete. Lohenstkin Armin. 2,416*;
im Wortspiel mit den unter a, S angeführten Wendungen:
Adolf. 0, Leuthold, schwarz, wie die nacht so uns um-
giebt, ist deine nachricht Leuthold: stahl auf stahl giebt
funken und licht {der schicerterkampf m/icht alles gut).
V. Weber sagen 3 (1792), 606. die ähnlichkeit des blitzes mit
einem, funken legt es nahe, auch das geteilter aus einem
zusamme)h<<chlagen von stahl und stein zu erklären, vgl. :
durchsichtig erscheint die luft so rein
und trägt im busen stahl und stein.
entzündet werden sie sich begegnen ;
da wird's metall und steine regnen. Göthb 2, 829;
so scheint auch stal geradezu für gewitter gesagt zu werden,
s. Kirchhof wendunm. 3, 28 unter I, 5. andrerseits sind
stahl ujid stein der zerstörenden geicalt des blitzes {nach
der redeweise des volkes) am meisten ausgesetzt, s. Megen-
berg unter l,g und 2, o;
lieb ist ein solch gefehrlich gitft, . . .
das sie brennet durch marck und bein,
wie der donner durch stahl und stein.
frosehm. F5*.
dichterisch begegnet stahl vereinzelt geradezu für feuer {?):
und um die verwirrte, verzerrte carrikatur zu vollenden,
muszte Prometheus den gestohlnen stahl der gottheit
einigen in die seele giessen und diese zugleich zu den
seeligsten und unseeligsten geschöpfen machen, da sie
. . . entweder gekreuzigt werden, oder sich selbst in ihrem
feuer aufbrennen müssen. Klinger theatei 3,405 {der ver-
bannte göttersohn; vielleicht ist strahl zu lesen, denn ea
geht weiter: und die, deren geist den feuerstrahl ganz
auffaszte . . .).
g) im bair.-öaterr. nentit man stahl (stahel, siahhol,
st&chl, stagl u. a. w.) den eisernen bolzen, der glühend in
die platt- oder bügeleiaen gesteckt xcird. Adeluno. Klein
2, 167. Schm.' 2, 744. Bayerns mundarten 2, 258 {bair. trald).
Hüüel 154''. Schöpf 696. Unger-Khull 568\
h) der poetischen spräche des 18. jahrh. gehört stahl für
Schlittschuh an. so im sing., einfacli den stoff bezeichnend,
schon 1744 bei Ramleii:
dann schwimmt der jUngline nicht mehr durch reissende
fluthen, dann schweift er
auf harten wassern laut jauchzend umher,
die fUsse beschuhet mit stahl. 1, 13.
beaondera ist indessen dieser gebrauch des wort«» durch
Klofstock in aufnähme gekommen:
IUI den beyden ufern eilten um nie die begleitenden,
und wogen sich leicht auf der schärfe des stahls. 1, 286;
noch sangen wir vom ersten tritte, niil dem auf den tcich lilu
zitterte, klein war ihr fusz, und liliiikond ihr «tahl.
sie hatte des Stahles band mit 8ill>crl>cri>ini-ni laubo,
and rfithlicb gesprongton fliehenden tischen (esiickt. :;:i7;
voller gefOhl des jünclinrH, weil' ich tan
auf dem rois*, und dem stahl'. 8,94 {der ftohtinn);
also muix ich auf immer, kristall der itrAme, dich nicidon?
darf nie wieder am fusz rchwinfen die flUgel dee stahliiV
M> (mkUer/rtmden).
553
STAHL
STAHL
554
Klopstock gebraucht indessen stahl auch im vtreimdn-
den pltiral, den er ohne umlaut bildet:
an des schwatzenden stahlen
naget indesz der rost. 1, 260 (d. kamin).
vereinzelt von den stählernen läu/ern des stuhlsehlittens :
viel sind der schweber nm den leichten stahl,
der auf stahlen wie von selber schlüpft,
und sie, die, in hermeline gehüllt,
auf dem eilenden stuhle runt,
und dem jtlngling horcht, der hinter ihr
den stahlen der ruhenden flügel giebt?
233 (die kungt TiaJfs).
dagegen bildet Göthe den plurdL mit umlaut {tcie die
ältere spräche, s. b und 1,5): er {Klopstock) wollte von
den hohen hohlgeschliffenen schrittschuhen nichts wissen,
sondern empfahl die niedrigen breiten flachgeschliffenen
Friesländischen stähle, als welche zum schnelllaufen die
dienlichsten seyen. 26, 336. später ist der pluraZ vjieder
erloschen, während der coüective Singular in dichterischer
spräche noch immer vorkommt:
froher (bedünkte um) im sommer das bad im blau hinwallen-
den Strome,
oder im winter der lauf auf dem beflügelten stahl.
Geibel nacM. 147.
i) 'bey den drechslem werden die dreheisen zu bein und
andern harten körpem nur stähle genannt, dagegen die
zum holze eisen heiszen. daher der schlichtstahl (th. 9, 674),
stechstahl, häkelstahl, schraubenstahl {fh. 9, 1657), polier-
stahl , gärbstahl {s. gerbstahl 2, theil 4, 1, 3592) «. s. f.'
Adelung, vgl. KrOnitz 168, 639/. ähnlich bair.: 'stähhel,
plxir. stähhel, heiszen verschiedne, besonders stechende,
icerkzeuge von eisen beym dreher und andern handicerkem.'
ScHM.* 2,744. dagegen bildet Bobrik den plur. stahlen
und setzt stahl gleich mit dem betel, d. h. Stemmeisen oder
meiszel der blockdreher, einem eisernen Werkzeug mit unten
verstahlter klinge, s. 107*/.; im einzelnen unterscheidet er
den schrotstahl {theil 9, 1796), den schlicht- oder rundstahl
{Iheil 8, 1516), den spitz- oder stechstahl {s. theil 10, 1, 2648
und unten), den ausdreh- oder halbdickstahl und den
breit- oder flachstahl {theil 2, 361. 3, 1704). 'alle diese stah-
len sind schärfer und feiner als die gewöhnlichen betel.'
9. 657"/
k) stahl dichterisch für die nadd des kompasses, vgl.
Campe:
bald am rader, und bald lothwerfend, and bald in dem ver-
schiff
sorrend ein los, bald forschend des stahls abweichen und
neigong. Baggesen 2, 349 {Oceania 4).
STAHL, m. muster, probe, l) das icort gehört zunächst
\(iem nd.nl. Sprachgebiete an: mnl. stael, holl. staal, »i.,
fvgl.: boits, scamplioen, form, stale, fatzoen, leyst, gelijc-
|nisse dair men wat na maect, forma, exemplar. Schueren
[Teuthonista 59'' Verdam; stael, staelken, monster. exemp-
tlum, specimen: exiguum, quiddam mercis quod a venditore
ttpeetandum profertur. Kilian; mnd. stale, stäl, m. {und
}n.f) ScHlLLER-LüBBEN 4, 3*4/ ; in heutigen nd. mund-
arten .- osnabr. staal , staale (3) 'eine probe zeug, so die
lakenhändler den käufem vorlegen'. Strodtm.\nn 327,
staal brem. to6. 4, 987; ostfries. staal StOrenburg 258*".
TEN DOORNKAAT KooLMAN 3,298». im nhd. 'kommt stahl,
theils als stahl , theils in schxcacher ßexion {acc. stalen)
aeit dem 16. jahrh. vor, s. unten die belege, in den Wörter-
büchern erst seit Adelung, auch für das waldeckische
hd. wird stahlen, m. 'kleiner probelappen von ellenwaren'
bezeugt. Bauer-Collitz 174. auch in den mitteldeutschen
mundarten ist das wort heute verbreitet: luxemb. stoil,
plur. stoilen, m. muster, probe {trockener wareti). Gang-
ler 435, köln. staale 'musterabschnitt von kleidern u. s. w.'
Honig 150», pfälz. stäle, staelche muster. Autenrieth 136,
nass. und oberhess. stahl Kehrbin 1,387. Crecelius 803;
auch thüringisch.
2) dieses stahl scheint entlehnt atts einem altfranz. estal,
jetzt 6tal Warenauslage, laden, tcozu auch estaler, jetzt
^taler tcaren auslegen, ausstellen, welche wortgruppe ihrer-
seits aus dem ahd. mhd. stal (». unten stall) stammt,
vgl. : stallen, staelen, merces disponere, exponere, expedire,
explicare vendendi causa. ariXXeiv. gal. estaller. Kilian
2,628*'. so schon das brem. wb. a. a. o., s. ferner Weigand
8,792. FraNCK 350. DiEZ'' 306. TEN DoORNKAAT KoOLMAN
o. u. 0. für diese herleitung spricht besonders, dasz das
teort sieh vom Niederrhein aus verbreitet und auch heute
auf die westlichen mundarten des nördlichen und mitÜern
Deutsehlands beschränkt ist. seine Verbreitung wird es der
geschäftssprache der Hansa verdanken, dasz es ins nhd.
aus dem niederd. gekommen ist, bemerkt Adelung aus-
drücklich.
3) stahl bezeichnet zunächst eine probe, ein kleines Stück-
chen oder masz einer wäre zur prüfung ihrer qualität, so
ganz im allgemeinen, s. Adelung. Kilian. Gangler 4a&.
Kehrein 1,387. im einzelnen
a) besonders von zeug, so mnd. s. Schiller-Lübben
4, 354''/, femer Strodtmann 2«7. Bauer-Collitz 174.
HÖNIG 150».
b) ostfries. auch von kom: 'n staal bookweite, hafer.
StOrenburg 258''; 30 stalen körn, 'n stäl fan dat säd.
TEN DoORNKAAT KoOLMAN 3, 298».
c) in bezttg auf weine, zunächst eine weinprobe, dann
auch bezeichnung einer weinsorte {die geicöhnlich stählchen
heiszt, s. das. 2): hat der herr rekker {rector) nichts zu
versäumen, so wil ich uns ausz meinem hause ein halb
viertelchen holen lassen, ich habe jetzt einen kö.stlichen
stahl von einem Bacheracher. pedand. schulfuchs (1673) 56.
4) im mnd. bedeutet das wort häufig das muster. nach
tcelchem der wert umlaufender münzen bestimmt xcird,
probemünze, so stale schon in niederrhein. Urkunden von
1252 und 1301, *. Schiller-Lübben 4, S54»; ebenda weitere
belege, so auch (?) :
efte ik Ok gelt hebbe vor stäl gegeben.
Clawi Bur 438.
diese bedeutung ist vielleicht auch für die ältesten hd. be-
lege anzunehmen: so sach were, das in gen. betzirck mass,
eilen, gewicht mangeln wurde, oder kein stahell nit en-
hetten, so sollen sie es zu Metloch mit recht finden,
dieweil es ir oberhoff ist. xceisth. 3, 751 {weisth. zu Rims-
bach, östl. V. Merzig, 14. nov. 1558) ; item wo man ele, ge-
wicht und mass im hochgericht von noten haben wurde,
! wie und wo man die holen soll und wer die zu geben
hab? sagen die scheffen, das sollen thun beide hoch-
gerichtshem, . . . den stalen aber soll man finden zu
Schwartzenbergh in der grossen stoben in gewart handt,
. . . wan man aber des rechten stalen schonen will, soll
man einen andern stalen machen und den beschütten,
und den rechten stalen widerumb gen Schwartzenbergh
lieveren , dae man in zur notturft finden möge , die ab-
schuttungh aber soll bei dem Brucker hem meyer ver-
halten werden. 753 {hochgericht Sehicarzenberg an d. untern
Saar, 30. mai 1560). doch könnte stahl hier auch irgend ein
masz bedeuten.
5) so wol: lindisch tuch l. stahl, drittehalb stahl,
vierdtehalb stahl, in der Erfurter vict.- u. icaaren-taxe
von 1622 {also etwas wie eile, vgl. stab 9, d, sp. 354/ .» vgL
indessen Schiller-Lübben 4, 855»).
6) in neuerer zeit wird stahl vorwiegend mit bezug auf
tuchfärberei gesagt, vgl. : staal . . . 'die probe, und das be-
iceisende merkmahl, dasz die gefärbten Stoffen und tücher
die echte färbe haben', brem. wb. 4, 987. vgl. nl. stael van
de verwe, tincture probatio. Ki lian 2, 626». so mnd. up
den stall, up enen blauwcn stail, stall varwen u. ähnl.
s. Schiller-Lübben 4, 354''/ stahl bedeutet hier jetzt
ferner
a) 'ein läppchen, welches man in die bl<iuküpe taucht,
um zu sehen, ob die brühe den gehörigen grad der blatten
färbe hervor bringt'. Adelung.
b) 'stahl der küpe, Wächter, /r. echantillon {Schönfärber),
ein Werkzeug, womit die färbe der blauküpe probirt xcird,
ob sie schon färbt, es ist eine kleine hölzerne scheibe, in
deren nUttelpunkt eine kleine hölzerne spüle steckt, in ein
loch dieser spille steckt man etwas wolle, xtnd steckt den
stahl in die küpe. so dasz die scheibe axtf der färbe
achicimmt, die xcolle aber eingetaucht ist. nach einer halben
atxtnde nimt man den stahl heraus und bringt die wolle
an die luft. ist die xcolle grün und xcird sie in der luft
hiernächst gx*t blau, so ist die küpe braxtdibar, erfolgt dieses
aber nicht, so mxtsz die küpe noch mit kalk geschärft
icerden'. Jacobsson 4, 247''. diese probe heiszt einen stahl
abziehen, ebenda {bei Adelung: abstählen, s. auch theil
1,125). dazu ferner: stahl fällt, 'das pröbchen färbt sich
in einer halben stunde nicht mehr so dunkel', ebenda; stahl
555
STAHL
STAHLADER— STAHLBAD
556
steigt, 'das daran handliche pröbchen wird dunkler'. 250».
g. auch KrOnitz 168, 592.
c) im nd. bezeichnet staal dann atich ein geatempeltes
hlei, das gefärbten tilchern als ausweis ihrer gute angehängt
icird. brem. wb. 4, 987. Adelung. Khünitz 168, 593; vgl.
nl. stael-loot, sigilltim plumbeum pannis telisve tincHs
appensutn. Kl LI an 2, 626''.
7) stahl oder zeichenstahl iresterw. hier und da für das
zeichentuch der Schulkinder, worauf sie buchstnben u. a.
gestickt oder genäht haben. Kehhein 1,387.
STAHL, /. Tn.{?) furtum, heimliche, strafbare entwen-
düng, nominalbildung zu stehlen, kommt als einfaches wort
im deutschen nur ganz t'eieinzelt vor; häufig dagegen ist
seit detn mhd. die tautologische Zusammensetzung diupstal(e),
nhd. diebstahl, s. theil 2, i037. ahd. stala: fona stalu, de
furto; in stalu;
thaj sie thaj {grab Christi) niuthekeu, mit stalu naii (den
leichnam) nirzucken,
noh inan thftr githiub§n. Otkriu 4, 36, 11;
datu das compositum meinstala furtum. Graff 6, 669.
später sind nur ganz vereinzelte belege bekannt, so in der
Marb. Stadtrechnung von 1492: l) item uff frUag nach
ascencionis domini als die zweyn umb stail gericht
sint, en gegeben eyn halbe wins, tudt '/a /? 2 ^. 2) item
uff fritag nach unsers herren lichnamstag gericht Hentz
Kesseller stol halber. Crecelius oberhess. wb. 803. man
setzt das a der ahd. mhd. formen meistens lang an, doch
beiceist das häufige ags. stalu Bcsworth-Toller 909*"/.
(*. auch gestalu üi^) deutlich kürze des a. {so richtig Wil-
MANNS d. gramm. 2, § 165, b.) die übrigen germ. sprachen
haben abweichende bildungen aus derselben imirzel: alfs.
stulina {Hei. 3272) = fries. steine. Richthofen 1047'';
altn. stuldr Cleasby-Vigfusson 699\ vgl. Brunner
rechtsgesch. 2, 637. Wächter 1579.
STAHL, m. grundlage, stütze, dies wort ist dem nd.nl.
Sprachgebiete mit dem. engl, gemeinsam,: mnd. stäl, stale
ScHiLLER-LüBBEN 4, 353/.; nl. stael, vetus.fland. vel steel,
scaptts, caulis, caudex. Ki Li an 2, 626», vgl. Franck950;
engl, stale und weiterhin stalk. Skeat 590*. s. ferner stiel
und Stollen, die Verzweigung der bedeutungen weist über-
raschende ühnlichkeit mit Staffel auf
1) die im nl. und engl, herrschende bedeutung 'stiel,
Stengel' scheint im nd. nicht vorzukommen, höchstens läszt
sich hierher zielten das h-em. staal, kiel an einer schreib-
feder. brem. wb. i, 986. s. auch Adelung («nfer i. stahl).
2) geicöhnZich bein, fusz an einem gerät, vgl. stoUen.
80 in Lippe bedde-, pott-, disk-, bank-stälen. Frommann
6, 485. speziell
a) mnd. besonders von kiaten : eyne kisten sunder stalen ;
eine grosze kiste mit 4 stalen s. Schiller-Löbben 4, 853'',
vgl. auch Woeste zschr. f. d. phil. 5, 78.
b) osnabr. staal , oder stahl ... '2 der fusz des tisches,
oder eines stuhls, andericärts stelle.' Strodtmann 227;
waldeek. 8tiil(en), m. 'bein {des tisches, auch des menschen)'
Bauer-Collitz 98». 80 schon in einem westfäl. ioeisth. .-
so sali dey gene nemen eyn dreystelingen stol . . . und
leggen op ytlichen stalen des stols drey albus, weuith. S, 38.
e) bedstalen die Ständer der bedstlc {westf.) a. nd. korre-
»pondenzbl. 17, 12.
d) uxatfäl. geicerksausdrücke : de sUilen, Ständer der
hobelbank; füsze der futterschneidelade {aus Wellenbrück,
kreis Herford), ebenda 11, 37/.
e) von hier aus übertragen osnabr. eene wunderliche,
rechte stahl 'ein hölzern frauenzimmer' . Strodtmann
SS87(4)?
8) hierher wol auch nd. stale 'sprossen in der leiter,
»pretaseV. brem. wb. 4,987, holst, staal Schütze 4, 179.
4) die heute Üblichste bedeutung liegt etwas ab, gehört
aber doch wcl mit den andern zu demselben worte, nämlich
'grund, worauf nn deich liegt', auch diekstaal und anker.
brem. teb. 4, 966, schon in alten quellen, s. Schillrr-
LObdbn a. a. o. vgl. dazu • 'in Osteratade ist staal eine
thi* ii fuan breite und 4, «, 8 fust hohe terraaae an der
aunenaeiie dea deiches, die den fuat deaaelben achütat. man
bringt sie beaondera dann an, wenn daa vorland aehr niedrig
iat. und nennt da* den deich vorstalen'. brem. wb. 8, 884,
und ditm. stU grabenkante, nord^riea. it&I erhXihung, ge
atuäe. nd. ki-f-ffii.inlf.i-Kf '. R< ilimr hrtlmtinitf kommt
noch bei dem holl. staal vor und ist auch in die nhd.
achriftspraclie eingedrungen: 'stahl, deichstahl, {wasserbau)
der belegene grund unter einem deiche, oder auch ei?i alter
grund oder anhöhe, worauf vordem ein deich gelegen hat'.
Jacobsson 4, 247», *. atich Adelung {unter l. stahl) und
Krünitz 168, 636 (deichstahl).
STAHLADER, / 'ein nur bey den schlossern üblicher
ausdruck. das eisen lutt daselbst stahladcrn, tcen?t sich
körner und stellen in demselben befinden, welcJie so hart
wie stahl sind, und weder von der feile noch von dem
bohrer angegriffen icerden'. Adelung, danach Campe.
Krünitz io8, 641.
STAHLARBEIT, /. l) abstract, arbeit, die zu der her-
stellung von stahl oder zur Verfertigung von gegenständen
aus stahl gehört; sowohl von den einzelnen arbeitsformen
wie im ztisammenfassenden singular: sollte die stahlarbeit
nicht eben so gut auf dem Harze, als in Schweden und
England gerathen? Moser patr. phant. 1,21.
2) concret, aus stahl liergestellter gegenständ, 'besonders
feine und künstlich aus stahl verfertigte sacken'. Campe,
vgl. Stahlsache, stahlware: doch diesem fehler unter-
werfen sich alle natürliche stahlarbeiten. Jacobsson 7, 420».
80 auch: die jungen sagen, es wäre der degen des Cid.
die stahlarbeit kann nicht so alt sein, wenn es auch
die form ist. W. Alexis Isegrimm 326.
STAHLARBEITER, m. 'ein handwerker, toelcher ver-
schiedene feine icahren, besonders galanterie-arbeiten {nicht
aus stahl sondern) aus eisen verfertiget, ihnen durch das
cämentiren eine stahlhärte gibt, und sie durch die täu-
schendste politur verschönert'. Adelung, ähnlich Campe;
'eiii künstler, der au.t stahl, mehrentheils aber nur aus
gehärtetem, eisen, allerlei/ blank geschliffene galanterie-
arbeiten, als: degengefäsze , schnallen, knöpfe u. dgl. ver-
fertiget'. Jacobsson 4, 247». Krünitz 168, 641. dazu:
was er durch Stahlarbeiters fleisz
auf dem laden künstlich liegen sah. Göthe 2, 218 {krittler).
doch auch im allgemeineren siiine, vgl. stahlarbeit: nach
den erfahrensten Stahlarbeitern Frankreichs soll man zu
allen feinen stahlarbeiten den engländischen stahl nehmen,
welches cementierstahl , und oft sogar guszstahl ist, zu
den groszen und starken arbeiten aber den deutschen
stahl, welches rohstahl ist. Krünitz 168, 614;
die schmiede legten die band nun an,
und als das schwere werk war eetan,
dem weltsucher sie die keule schwer
brachten leuchtend wie sonnensphär'.
der Stahlarbeiter werk ihm gefiel.
RÜCKERT Pirdoti 1, 49.
STAHLARMBRUST, /. balista chalybea. voc. v. 1618 bei
ScHM.* 2, 744, vgl. stahl H, 3, b.
STAHLART, /. • stahlarten, *. stahl H, l,d. e; fast alle
deutsche stahlarten sind grösztentheils von 10 bis 18 zoll
länge. Jacobsson 7, 419''.
STAHLARTIG, adj. die art des Stahles habend: hier
werden nun diejenigen theile abgesondert, welche nicht
stahl-, sondern eisenartig sind. Krünitz 158, 601; auch,
nach art des Stahles, dem stahl ähnlich: waren aus ge-
härtetem, stahlariigem eisen.
STAHLARZNEI,/ stärkende arznei, die stahl, d. h. eisen-
salze enthält, vgl. stahlwasser, -bad, tinktur u. a. Campe;
bildlich: stahiarzneien sind stahlrosetten und stahlketten
{galanteriegeschenke als arznei für kränkelnde fratien).
i. Paul i, 165; man erlaube mir noch einige bestandtheile
zur stahlarznei der männlichkeit anzugeben, eh' ich zum
geistigsten stUrkmiltol komme. S8, 14.
STAHLÄTZUNG, / 'das ätzen verschiedener figuren at^f
klingen und andere stahlwaaren, auch ax^f eisen'. KrOnitz
168,641, vgl. s. 641—8 und stahl II, 1, t. /.
STAHLBAD, n. ein bad in einem waaaer, das eisensaUe
enthält, als natürliches minerahrasaer. oder künstlich her-
gestellt: ein stahlbad verordnen, stahlbäder gebrauchen.
Campe;
Tertky . . . habt ihr den garttigen r.ufall da schon lang,
herr bruder? »cham ihn fort
Uolani. die Jugendsünden !
•tahlb&der hab' ich »chon gebraucht, wa« hiin'a?
Sciiii.i BR 1«, l'.'l (IHccol. 4. 6; var. au*
(Ulman* hnmUchr).
auch daa datu gebrauchte waaaer. Campe. — gern in übrr
ti-iit/rnem .wiiinr, für ullen, ii/is :iir Stärkung des leibes tuh r
557
STAHLBALSAM — STAHLBLAU
STAHLBLECH - STÄHLCHEN
558
geiatea dient: ja, armat ist das los der groszen mensch-
heitshelfer, der heilenden denker in Frankreich, aber
diese armut ist bei ihnen ... ein antrieb zu tieferer for-
schung und ein stärkendes stahlbad der geisteskräfte.
Heine 6, 418^9 Elster; das ringen mit einem streng be-
dächtigen vater, ... sei ein besseres stahlbad für die
jugendliche werdekraft, als unbewehrte mütterliche.
Keller 3, li. s. auch seelenstahlbad, theil 10, 1, 32.
STAHLBALSAM, m. balsamus Mortis, nimm gefeylten
stahl gewaschen so viel du wilt, geusz scharffen essig
darüber vier zwerch finger hoch, stelle es in warme
aschen acht tage lang, und rühre es alle tag wohl u. a. w.
COLER hatisb. 2, 66».
STAHLBAND, n. band aus stahl; mhd. stahelbant
Lexer Äifö. 2, 1128. — stahlbandmessung, /. längen-
messtmg mit dem stahlmeszband (*. d<w.). Lüeger 6, 36.
STAHLBAUM, m. eine bäum- oder strauchart, deren
holz (s. stahlholz) beinahe so hart %cie eisen ist, sattelbaum,
fagara. Campe. Krünitz 168, 6i3/.
STAHLBEARBEITÜNG, /. : stahlbearbeitung im feuer.
KrCnitz 168, 644.
STAHLBEDEKT, adj. mit stahl (einem atäfUemen panter)
bedeckt. Campe:
leg diese rüstung ab, die liebe fürchtet,
sich dieser stahlbedeckten bmst zu nanu.
Schiller 13, 288 U^ngfr. v. Orl. 4, 2).
STAHLBEPANZERT, adj.:
hunderttausend ritter folgten ..
diesem könig von Mizrayim {Äffj/pten),
stahlbepanzert, blanke Schwerter
in den schrecklichen jadayim ^händen).
Heixb 1, 476 Elster (disputoHon).
STAHLBEREITUNG, /. .- indessen wollen die neuesten
Praktiker bei der stahlbereitung doch für gut halten,
dasz man der kohle braunstein und phosphor beimische.
Krünitz 168, 611; stahlbereitung in den Stahlhütten. 644;
man vermeidet überhaupt alles , was das eisen weicher
und zur stahlbereitung ungeschickt machen kann. 646;
die stahlbereitung im feuer. 646.
STAHLBERG, m., zugleich eigenname und appellativisch :
unter allen bergwerken ist der Müsener stahlberg (im
Siegerlande) merkwürdig, welcher ein besonderer zweig
des Martinshard ist. . . . dieser sogenannte stahlberg wird
schon über vierhundert jähre gebaut, aus diesem berge
wird nun alles erz zur gewinnung des Stahls gezogen.
Krünitz 168,671.
STAHLBESCHÜPPT, adj.:
and sagt ihm, wenn die sonne morgen früh
aufs stahlbeschuppte blachfeld niederfunkelt,
wird ihm das tausendarm'ge reich der Franken
bereitet steh'n. Wildbnbruch Karolinger 83.
STAHLBEWEHRT, adj. mit einem achvxrU oder deiche
'*. stahl II, 3, a) bewehrt:
Elvire . . . zieht . . . einen dolch aus dem gürtet . . .
meine band ist stablbewehrt.
MC'LLNER schuld 4, 7, V. 2^0;
da hob herr Karl in tiefem schmerz
die stablbewebrte faust.
Strachwitz 91 Weinfwld;
dann mit der stahlbewehrten faust des'krieges
greir ich dich an. Wildenbruch Karolinger t. Iü2.
STAHLBLANK, adj.:
eine federmesserklinge,
stark und scharf und spitz und stahlblank
hält er in den bänden.
Immerman.v 12, 26 Hempel (Tvlif. 1, 5, v. 286).
STAHLBLATT, n. .- eine Vermischung von eisen und
stahl, woraus man mehrere tafeln oder bleche schmiedet
und zusammenschweiszt. . . . das eisen scheint dem stähle
seine geschmeidigkeit zu geben, und dieser theilt dem
eisen seine härte und elasticität mit ; daher soll die Voll-
kommenheit des damascirens hauptsächlich auf die kunst
ankommen, diese eisen- und stahlblätter auf die art wohl
zu vermischen. Krünitz 168, 614. ei»j« speziellere bedeu-
tung ergiebt sich aus dem folgenden worte.
STAHLBLATTMACHER, «i. 'heiszt ein profesaioniat. der
die Weberblätter mit stählernen zahnen, für die manufak-
turen der seidenen zeuge, verfertigt'. Jacobsson 7, 42l'>.
Krünitz 168,649.
STAHLBLAU, adj. l) blau icie angelaufener stahl (a. daa.
II, 1, Ä). Campe: diese (bergleute) tragen dunkle, gewöhn-
I Kch stahlblaue, weite . . . jacken. Heine S, 88 Elster (Harz-
I reise); an dem halse des (toten) geiers aber bemerkten
I sie die stahlblaue fliege, schmeiszfliege geheiszen. Immer-
mann Miinchh. 2, 88 (3, 9); kleine goldglänzende, stahlblaue
fliegen standen flügelschwirrend in der luft. Storm 1, li ;
unten die bai im sonnenglanz, darüber der stahlblaue
tropenhimmel. 272; drauszen im moorgrund fliegen zwei
stahlblaue birkhähne glucksend in die höhe. 4,120; mit
hellem, reinem feuer zitterten in der stahlblauen höhe die
tausend sterne. Ganghofer t;i der gartenlaube 1905, 693'* ;
am himmel jagten dichte stahlblaue wölken hin, das
gleiche tiefe blau hing über allen Wäldern. 713»; von nord
bis nach süd, von ost bis nach west war der Scutari-see
zu übersehen, jede bucht, jede klippe hob sich scharf
von der stahlblauen Wasserfläche ab. Hassert reise durch
Montenegro 191. dazu : sie waren es . . . kraft der gleich-
heit der rasse und des typus, dieser lichten stahlblau-
äugigen und blondhaarigen art. Th. Mann Tristan 2lyi.
in der botanischen terminologie ist stahlblau, chalybeu.9,
'ein etwas schwärzlichea , glänzendes, sehr schönes blau'.
Behlen 5,671. (nach Gritzner herald, terminol. ». soe"»
und 4 ist stahlblau = eisenfarb keine heraldische färbe) —
das substantivierte neutr. ist auch bezeichnung eines färb-
Stoffes; eine besondere Schattierung des blau, die ins grün
liehe fällt, aus Indigo oder Berlinerhlau mit schwarz oder
weiaz gemischt. Krünitz 168, 649; handdsname einer feinen
aorte von Berlinerblau. Karmarsch-Heeren^ 8, 441.
2) davon zu trennen ist mnd. stälblau 'probemäszig blau',
vgl. das zweite stahl 6 (sp. 564). Schiller-Lübben 4, 355».
STAHLBLECH, n. blech aus stahl, stahl in gestalt von
blech. Campe, vgl. Karmarsch -Heeren' 1,539; nickel-
plattirte eisen- und Stahlbleche. 6, 347. so schon mlid.
stahelblech Lexer handwb. 2, 1128 :
zwu starcke hossen trug sie an,
die kune und die freche,
waren, als ich vemumen han,
von eytel stahel pleche.
Caspar v. d. Ron Ecke 280.
STAHLBLEICH, adj. bleich wie stahl; mhd. stahelbleich
Lexer handwb. 2, 1129.
STAHLBLENDE, /. als deekung für schütten imfeatunga-
kriege.
STAHLBLITZ, wt. .- ich sah einen stahlblitz in der frühen
sonne — ach gott, es war der schwerdtblitz des richters !
Brentano 4, 205.
STAHLBLUME, /. künsÜiehe Uume von »tafU. Campe.
STAHLBRENNEN, n. 'in den Stahlhütten, die verwand
lung des geschmelzten eisens in stahl, welches durch mehr-
molliges schmiden und schmelzen geachiehet'. Adelung.
Krünitz I68, 649.
STAHLBRENNER, m. arbeiter in den atahlhütten, der
mit stahlbrennen (vgl. daa.) beschäftigt ist. Adelung.
Krünitz 168,649: gemeiniglich beflndet sich an einem
ende des ofens . . . ein loch , durch welches der stahl-
brenner einen stab herausnimmt, um zu sehen, wie weit
das cementieren vorgerückt ist. 605.
STAHLBRILLANT, m., stahldiamant, atahlatückchen mit
blankgeschliffenen facetten als Schmuckgegenstand oder als
köpf von stahlstiften mit schraubengeicinde.
STAHLBRONZE, /. l) eine besondere art von hronze,
die durch walzen kalt gestreckt ist und dadurch die festig
keit, elasticität und härte des Stahles erhalten hat. Kar-
marsch-Heeren'2, 65; besonders als geschützrohrmaterial
(kanonengut).
2) handelsname einer brokatfarbe, die durch gröbliches
vermählen von eisenglanz hergestellt xcnd besonders zum
bedrticken von Stoffen vericendet wird. 8, 441.
STAHLBRUNNEN, m. brunnen, der stahlwasser («yi.
das.) enthält. Campe.
STAHLBÜGEL, m. .- Pachaly sasz wieder auf dem
deichselbrett , alles wie drei tage vorher, nur dasz sich
auf dem hohen kummet des pferdes, in einem alten stahl-
bügel aufgehängt, ein einziges schlittenglöckchen hin- und
herbewegte. Fontane vor dem stürm 4, 263.
STÄHLCHEN, n. , deminutiv zu stahl, i) zum ersten
stahl (11,3): stählgen vor die kinder, ist ein zartes von
stahl verfertigtes Instrument, obenher etwas breitrund
zubereitet, so man den kleinen kindern an ein band an
zuhengen, und selbigen damit, wenn ihnen bey dem zahn-
559
STAHLCLARET - STAHLEISEN
STAHLEN
560
hecken das zahnileich juckt und brennt, in den mäulgen
herum Tähret, um die hitze dadurch ein wenig abzu-
kühlen. Aü.xRAurHES frauenz. lex. is^i, danach ixcoBSSOH
7,422». Krünitz 168, 650 (klnderstählchcn). A. Schultz
alltagsieben 207.
a) zum zweiten stahl, zunächst nd. staalken 'eine kleine
probe von einer vmare: ein angeschnittenes läppchen von
einem tuclie zur probe, fr. echantillon. h[oll.] staaltje'.
brem. tcb. i, 987, ostfries. st&lke und stältje TEN DooRN-
KAAT KOOLMAN 8, 298». dann auch iji hochd. (tcestmitteld.)
mundarten .- oberhess. st&hlchen (scht&lche) zunächst probe
von leinicand, tuch u. ä., dann auch van wein und für
wein überhaupt: der hot S gut schtilche. Crecelius 803
^gpeziell heiszt der wein von Bacharach stählchcn, vgl.
stahl 8, c), pfälz. staelche Autenrieth 136. — dazu
staalken-book 'ein Imch. worin die tuch- und Stoffenhändler
ihre kleine proben eingeklebet Jiaben, und zu desto be-
quemerer auswälduivg dem käufer vorzeigen', brem. wb. 4,988,
»n Ad. form stählchenbuch, n. miisterkarte, probekarte.
Campe, {verschieden davon ist mnd. stälbök, das register
des stalers, des prüfers der gefärbten tücher. Schiller-
LObben 4, Söö*".) — im, heutigen nd. hat sich daraus weiter
die bedeutung 'kleine geschichte, anekdote' entwickelt, eigent-
lich 'ein histvrchen. so man zum beispiel, oder zum beweis
von jemandes aufführung , woraus man ihn kann kennen
lern€7i, erzählet, dat is een staalken van em: diesz ist
eine probe seiner denkungs- und handlungsart' . ick will
jou man een staalken van em verteilen, daar sunt veele
staalken van siner doorheit to verteilen, brevi. wb. 4, 987/.
vgl. TEN DoORNKAAT K0OL.MAN 3, 298. (StÜRENBURG 258''
kennt staalke, staaltje nur in dem, sinne 'erdichtete er-
zählung' und will es daher von taal ableiten.)
STAHLCLARET, m. claretum clialybeatum, Mynsichti.
WOYT gazophylac.^ (l784) 212. {vgl. claret, theil 2, 628, und
klaret, tlieil b, 1000/.)
STAHLDEGEN, m. 'ein degen, dessen gefäsz von stahl
fein gearbeitet uTid scJwn geblänkt ist'. Campe.
STAHLDERB, adj., ausdrtick der mineralogie, hart und
derb wie stahl. Adelung, chalybaetis Nemnigh; 'stahl-
derb, fr. solide, (bergioerk) erz, so in groszen wänden bricht,
und wenig oder gar nicht mit fremden mineralischen körpern
vermischt ist.' Jacobsson 4, 247*'; stahlderber kobalt,
wackenkobalt , stahldichtes kobalterz. 7,421''; stahlderbe
kobaldstufen, stahlderbes glaserz, stahlderbes rothgöldenes
erz U.S. f. Adelung, vgl. stahldicht.
STAHLDIAMANT, m., s. stahlbrillant.
STAHLDICHT, adj. dicht toie stahl. Campe, chalybaetis
Nemnich; ausdruck der mineralogie, vgl. stahlderb: stahl-
dichtes kobalterz, stahldichtes spieszglaserz. Jacobsson
7, 421'».
STAHLDRAHT, m. draht von stahl, gestählter draht.
Campe; stal-drat, m. ßlo d'acciaio. Kramer dict. 2, dOS" ;
fU d'acier, steel-wire, s. Karmahsch- Heeren 2,649/..- so
trägt z. b. ein stahldraht von '/lo zoH dicke gegen 900 pfd.
ohne zu zcrreissen, während ein gleich dicker eisendraht
nicht über 460 pfd. tragen kann. Krünitz 168,620; {im
bilde:) die tiefe und Selbständigkeit der . . . forschung war
in der schrift unverkennbar, manches aber nahm sich
seltsam aus. . . . daneben waren dann wieder sätze wie
dolche aus zusammengeschweisztcm und gehämmertem
stahldraht. Auerbach dorfgesch. 3, 112;
es {die tamkappe) war ein (rewand wie von Spinnengewebe,
kaum ffihlbar dem finger, doch fest wie stahldraht.
Juruan Nibclunge 1, S6 (8. ge».).
• tahldrahtgeschUtz, n.; stahldrahtrohr, n. bei
»ehiffsgeschützen, s. Luegkr 7,211.
STAHLDURCHBOHRT, adj.:
als der beiland litt am kreuze
himmelwärts den blick gewandt,
fQhlt' er heimlich sanftes zücken
an der stahldurrbbohrten band.
M08F.N 1, 83 (der kreutKhnabel 8).
STAHLEISEN, n. ; in den Stahlhütten nimmt man zur
fabnzierung des gtahls immer dasjenige eisen, welches
unter dem namcn des Stahleisens in den handel kommt;
e« ist ein reines, mit kohlenKtofT UbcrseUtcs roheiscn,
weichet ... bei gehöriger bcarbcitung ein sehr vorzUg-
UehM itabeisen oder einen guten rohstahl giebt. Krü-
Mtn US. <M.
STÄHLEN, adj. aus stahl; ältere form für stählern,
vgl. dieses.
1) entwicklung der form.
o) die bildung ist auf das icest^erm. beschränkt : ags.
stylen, mittelengl. stelen, stilen Bosworth-Toller geo*";
altfries. stelen, stellen, neuwfr. stielen Richthofen 1047»;
mnd. stalen Schiller-Lübben 4, 8ö6» und stelen SSI*"
{beides ganz vereinzelt, der beleg für das letztere zudem
unsicher, indem stelemel auch das alts. stehli =• stahl etvt-
halten kann, während mel doch wol zu franz. maille, mhd.
meile zu stellen ist; doch kommt stelen sonst vor, s. den
beleg unter 2,a,a und die glossen): chalybeius, calipeu*
stelen. Dief. gloss. 90* (roc. v. 1425, sax.lat.); stelen coli-
bius. nov.gl. 66''; nl. staelen, van stael, chalybeus. Killan,
jetzt holl. stalen; ahd. {nd.f) stelin ex calibe Steinmeyer
aM. gl. 3, 388, 34. Graff 6, 635, mhd. stehelin, stähelin,
stahelin, stselin, mitteld. stfilin, auch stälin, stylen. Lbxbr
liundtob. 2, 1160. vgl. Weigand 2, 792.
b) im, nhd. ist stählen im 16. jahrh. noch sehr gewöhn-
lich in mannigfachen formen, indem das h bald bleibt {in
der Schreibung), bald sich zu ch verdickt, bald schtcindet,
und das i der endung theils als i erhalten, theils zu ei
diphthongiert, theils zu e geschwächt oder ganz ausgeicorfen
wird, so findet sich stähelin (Franck loeltb. 48», buch der
iie6el94°), stehelin (Braunsghweig, Friese, Murner
schelvienz.), stählin {bei Anshelm neben stächlin u. c,
ferner im buch der liebe gew., sowie bei H. Sachs 5, 212''
und Stumpf, auch im 17. jahrh. herrschend, s. unten);
stechlin(HERM.v. Sachsenheim); stehlein (/os^n.jp. 196,15),
stählein (H. Sachs 4, 2, 58»); stähelen (H. Sachs 5, 315*),
stehelen (Murner narrenbeschw.6,U, H.Sachs 1,400''. 404'"),
stählen (B. Waldis, Aventin, btich der liebe 274''), stehlen
(Tucher, Mathesius, stelhen bei Luther ist natürlich
stelen zu lesen); stäheln (Brant »uirreiwcÄ. 76, JO); stalen
{bienenk. 29», Heinr. Julius), ställn (Franck). es erschei-
nen dabei oft bei demselben autor verschiedene formen, so
bei H. Sachs stählin, -lein, stähelen und {gew.) stehelen.
vgl. besonders die belege aus Anshelm unter 2,f,y, too
auf 2 Seiten des textes neben einander vorkommen: stähKn,
stächlin, stählen und flektiert auch stähle, stachle {neben
stählinen , stächline). icie hier, geht auch sonst in den
flektierten formen das n zuweilen verloren, s. ein steheles
hembd. H. Sachs l, 400'' unter 2, b, ß. die form stähliii
begegnet noch im 17. jahrh. (Weckherlin, Simpl. sehr.),
von den Wörterbüchern fuiben nur wenige das %owt auf-
genommen: chalybeus, stahelin. Frischlin nomencl. 22''
(1586, c. 13), stählin, st&hlern, 0. d'acier. HuLSius (16I6) SOö"»;
stählin, von stahl, d'acciaio. (1618)237»; und so noch:
stählin, adj. chalybeus. Frisch 2, 315" {'vxdgo stählern').
im allgemeinen ist stählen seit dem il. jahrh. durch stählern
verdrängt; vereinzelt kommt es immer noch vor (Herder,
Arndt 366, Simrock), doch beweist das fehlen des umlauts
in andern stellen (Lehman, Arndt 206, Röckert), dasz
es sich um eine freie neubildung handelt.
c) vereinzelt hat sich stählen in mundarten erhalten
{doch tcird stählern noch seltner angeführt, sodasz für die
meisten mundarten die übliche form nicht bekannt ist):
Schweiz, stechli BüiiLERi^aroal, 131; in SfHEUGS Baseler
idiot. stächlen, stächlin, s. Seiler 276»; bair. stAhhla'
ScHM.*'' 2, 744; nd. stalen, stahlern bi-em. wb. 6, 334, ostfries.
stalen Stürenburg 86I». ten Doornkaat Koolman
3, 896».
8) gebrauch.
a) am häufigsten von waffen, besonder» mhd., und zwar
zunächst von angriffstpaffen ; vgl.: sonder er {Tubal Cain)
ist auch der erste walTcnschmid gewesen, der stehlen«
schneiden, bane, oder ort an eisen hat schweissen, wellen,
und herten können. Mathesius Sar. »». hier fehlen merk
toürdigerweise belege für das gewöhnliche st&hlene sohwert
ganz, häufig sind nur zwei verlnndungen :
a) stählener bogen, vgl. stahl 11,3,6 und fU. staelen
boghe, balista chali/bea, arcus balisiarius, areubalista,
areus brachio ehalybeo, »ive lamina instruchts: seorpius,
acorpio. Kii.ian 8,686*. ummo dysse tyt (1&86) synt erst-
mals synirore {tündröhr«) gemaket . . . , wente wor raen
nu syntbuBsen voret, plech men stelen bagen to voren.
Hamb. chron. 481 Lappenberg; deszgicichen da David Keines
bandbugens. 8. Samuel. 88, gewenel, geben es auch die
561
STAHLEN
STÄHLEN
562
lateinischen auszleger: gott treibet den stehlenen bogen
meiner band. Mathesius Sar. is*';
das reventer (Speisezimmer) ist angelogen
so lang, man mit stählen bogen
möcht schiessen. B. Waldis Esop 3, 100, 98;
ich kan so starck als khün ...
ein Stählines armbrust und bogen starck und dick
bald spannen oder brechen.
Weckheelin 69 (jps. 18, 60).
/3) stählene stange als tcaffe von riesen u. ä. {vgl. stange
2, a, 9") : wandij wären gigande
und trügen an ir bände
stahehne Stangen. Lampreht Alex. 5077 Kirnet;
ein Stangen deu was stebeltn
truoc er in der bende sin.
Hkikk. V. Neustadt Äpoilon. 19374 ;
vor in trat her ain wilder man,
ich main, er möcht von Norweg sin,
mit ainer stang, was stechlin.
HER.M. V. Sachsexheim s. 67 Martin (mörtn 634);
das er vacht mit eynr stäbeln slangen.
Brakt narremch. 76, 10;
der riesz . . . zuckt seine stählin stangen, und schlug gegen
Goffroy. buch der Zie&e274»; da zucket der starcke riesz
die stählin stangen. 274''. — ähnlich auch: Goffroy . . .
zucket da den stählen kolben von dem Sattelbogen, unnd
schlug darmit dem riesen sein stählin stangen ausz der
band, ebenda; vgl.: Goffroy . . . hatte einen stählin kolben,
den hencket er an seinen Sattelbogen. 273*;
die truogen kolben stähelin. WUleh. 895, 84.
6) noch häufiger von denvertheidigung»vsiffen, derrüstung.
a) der heim icird gern als stählener hut bezeichnet,
vgl. nl. staelen boed vel storm hoed, püeus ehalybeus.
Kilian 2,626», und stahlhut:
dnrh den stehelinen hüt
verwundeter den helt gut.
Lampreht Alex. 2740 Kimd;
setzt auf euren stehlein eisenhnt. fagtn. sp. 196, 15;
doch attch: ein mann, ein imhold, ein schelm,
mit tigerpanzer und stahlenem heim,
liegt wie ein teufel im felde breit.
/. ,.,, V RfJCKERT J^>(fo«< I, 338 ;
(im bilde:)
und gott wird sein gerechtigkeit
zum Krebs anziehen zu der zeit,
und sein strenges gericht daselbn
auffsetzen für ein stählin heim. H. Sachs 5, 212>>.
ß) vom hämisch, panzer:
(sie sahen) ein grossen erschröcklichen mann
gleich eim riesen, der war anthan
mit einem stähelen hämisch. H. Sachs 6, 316* ;
mhd. : mit stelinen brunien gut
wären die vil wo! behüt. UxHänd. reimchron. 11147;
ein uberstarckes weyb . . .
die war nmbhenget gantzer
mit eynem stehelen pantzer. H. Sachs 1, 400>>
{dafür in der auslegung der allegorie:
auch spricht man Gwonheyt frembd
ist ein steheles hembd
als ob die Gwonheyt dreng u. $. w. 400*) ;
dafür häufig:
das blAt vl6^ als ein bach
durch die steltne ringe r6t. livländ. teimehron. 8421 ;
islicher von dem anderen sluoc
da mangen stelinen rinc.
Heinr. V. Freibbrg Triiian 1806.
y) von der beinbekleidung :
ä beten nmbe ir bein vil manegen st«elin zein.
exodue 158, 16 Diemer;
heim auf dem haupt, am fusz den sporn
und spitze stählen schuh.
Herder 1, 2, 535 Meyer {graf Amum 70).
9) zusammenfassend:
der {Heinrich der löwe) legt an sein st&hlein gewand.
H. Sachs 4, 8, 58« ;
bildlieh :
wohl bedurfte der mann der festen und stalenen rüstung,
welche der knabe sich schon hart um den busen gewölbt.
,, , ,. , Arndt ged. 206;
80 auch ganz vereinzelt adverbial:
komm, seist I und zieh dich stählen an!
komm, EerzI und lasz dich eisern kleiden. 366.
«) von Pferderüstung: auch {liesz er) den spissem . . .
pferd darführen und geben, jbre kürisz mit gantzen par-
IBchen, wolbedeckt stälen glider, und verdeckt bengst, . . .
knte stählin kragen, . . . roszstimen, knopff, stälen puckel-
bantzer. Qarg. s. 816 rieudr.
X. 2.
I
Q vom Schilde ; doch thet er {der riese) schnell seinen
hämisch an . . . und brachte mit jm ein stählin schilt.
buch der liebe 274».
»7) dazu: das feld rennen in steblin pund und stehling
lieger als arten dis tumiers bei Ger. Schubart de ludis
equestribus (1725) s. 175, vgl. Boeheim waffenk. s. 559/.
c) von allerlei andern geraten: ein stähliner Spiegel,
speculum chalybeum. Frisch 2, 315" (nl. staelen spieghel
Kilian); du soll haben ain subtiligen segen (säge) mit
ainem stebelin bogen mit ab zuschneiden die bain oder
arm. Braunschweig cÄirur^ (1539) ll*» (1499: 19*»);
das vierdt frewlein inn hämisch blosz
trag ein stehelen hamer grosz. H. Sachs 1, 404*.
so stählene feder, vgl. Stahlfeder: dasz ein gewächs sey,
so die krafft habe, ein schlosz mit stählinen federn, durch
menschliche band gemacht, auffzusprengen. Simpl. sehr.
4, 185, 32 Kurz {vogdn. 2, 25). hypothetisch von einer schreib-
feder (tcobei natürlich noch nicht a» die heutige Stahlfeder
zu denken ist) : aber ich bedörfft wol stÄlene federn, oder
zu minsten ein feder ausz S. Michaelsflügel von S. Michel,
wann ich alle orden . . . wolt beschreiben, bienenk. 29».
unklar ist: für 8 stehlen taffelstain 13 /^ 10^. Tucher
haushaltb. 126 {vgl. theil 11, 23).
d) stählene thüren, mauern u. dgl. kommen wol nur
in der dichtung vor {vgl. indessen Stahlkammer):
zende an dem palas
ein stählin tür entslog^en was. Parz. 888, 10;
die biu-gmur die was stebelin
und die tum waren erin. Altswkrt 36, 10;
ntir hypothetisch gesagt .- er w6re durch eine stebelin mftre
wol gevarn. d. mystiker 1, 304, 9 (Nie. v. Straszburg).
bildlich: das sind ihre stählene mauern gewesen, darauf
sie stunden, trotzten und pochten. Luther tischred. 2, 164.
e) ein stählener berg unrd oft hypothetisch gesagt in
vergleiclien und sprichwörtlichen redensarten : rebte also ein
stehelin berg. Tauler bei Gh. Schmidt hist. eis. wb. 338'';
{der stoisclie weise Seneeas,) der sich nicht bewegen last,
weder lieb noch barmhertzigkait , mer dann ain härter
kiszling, unnd ia so gar kaines anmuts, das er wie ain
ställner berg und schrof fest stehet. Frangk morie
oicom. 24'' ; alle wände waren . . . mit metallen , ... so
hell geriebenen geschirren besetzt, dasz es schiene, als
wann ich in keiner kuchen, sondern irgends in einem
stählinen berg mich befunden hätte. Simpl. sehr. 8, 849, 11
Kurz {vögeln. 1, lo);
vor zeyten loug man durch eyn brett,
das etwa drithalb elen hett,
jetz lürt man durch ein stehelen berg,
wen schon dry leeendt uberzwerg.
JIürner narrenbescfiw. t. 25 neudr
(6, 44, noch überboten 56, 8) ;
das ich die Schelmen kennen kan
durch ein gantzen stehelin berg,'
wenn schon dry legendt Überzwerg.
schelmenz. s. 4 neudr. (B, vorr. 3,
dafür in A: durch eyn grossen steynen bei^. «.1,5).
ähnlich auch: was aber gottes on wort ist, das mus end-
lich zergehen, wenn auch alle teufel und weit, mit eisern
bergen und stelhen bewmen dran hielten. Luther 8, 318V —
anderes hypothetisch: bat nicht auch der Hercules lang
mit des königs Actors sönen Euryt und Creat deszhalben
lang zustreiten, weil sie ausz sylberen eyerschaln warn
geschloffen: so werden sie beut gewisz ausz stählinen
nebelkappen schliefen. Garg. s. 310 neudr. ; o du arm
jrdin glück, warumb bist nicht stälin? 357.
f) übertragen wird stählen getm auf menschen angeicandt.
a) eigentlich: hat dir doch der teufel verheiszen, er
wolle dir einen stähl enen leib geben, dasz du nicht leiden
solltest wie andere verdammte. Simrock volksb. 4, 115;
ein anderer bildet im in, er bet stehelin füsz, der selbig
sprang uff den steinen wie ein pferd. Laur. Phries spiegl
der artzny (1519) 50''. ähnlich in Daniels vision von dem
bilde, das die wdtreiche bedeutet; mit bezxig darauf:
Daniel . . . sagt, es {das römische reich) sei wol am ersten
eisern und stählen, aber zuelezt wär's lauter kott, laim
und hafenwerk . . . worden. Aventin chron. l, 684, 15.
ß) zunächst leiblieh, in bezug auf stärke, Widerstands-
kraft, unverletxlichkeit : denn da Job am 6. saget: ist denn
mein fleisch ehmen? geben etliche dolmetscher: ist denn
mein fleisch stehlen? oder bin ich denn so herte wie
ein stahel and eisen? Mathesius Sar. 7^^;
36
563
STÄHLEN
STÄHLEN
564
Diln houbet st mir stsclin :
dehein wäfen snide dar in.
.^ Münchner ausfahrtsegen {denkm. nr. 47, 3) 23.
[von auadaxier-)
wie meht ich herre trehtin,
weare mir daz hanpht erin,
Stalin diu zunge.
die grozen manavmge
iemer vure bringen? Diembr gtd. 888, 16.
y) in diesem sinne ist es wol zu verstehen, wenn Stehelin,
Stehellin nicht seifen als perso7ienna7ne vorkommt; lei-
spiele aus urk. v. 1200, 1259, 1308, 1318 bei Ch. Schmidt hist.
eis. wb. 338''. doch ioird dabei auch an die rüstung von
stahl (». b) und an die ethische bedeutung (J) zu denken
sein, ähnlich nennt sich im Schicabenhiege von 1499 eine
schwäbische schaar der stählene häufe : diss warend vast
erzknappen, die sich barzä mit vil röemens selbs erbutend,
hiess der st&chle huf. Anshelm Berner chron. 2, 170,8;
wie d' eidgnossen den berg und den st&chhn bufen ge-
wannen. 19; trungend do so vast uf die st&hlinen schötzen,
dass si bindersich durchs holz wichen, da ir 1500 stählin
gsellen in guter, st&hliner Ordnung stundend. 170,33 — 171, 2;
also kampftends da hart mitenander, . . . biss vom stäh-
linen bufen zwei glid nidergelegt. 4; also dass, welche
vom stäcblinen hufen nit abwegs verschussend oder im
gestrip verscbluffen , al erschlagen wurden; und ervand
sich, dass diser stähle huf so vast vom küemeileraten
was zerschmolzen, das von im nit 200 zänn mit fliehen
waren ganz bliben. und also so haftend d' Eidgnossen . . .
den steinin berg und die stähline vorhüt zur morgen-
suppen redlich gewonnen. 8—15; darzü 1500 der fröudigisten
ertzknappen ausz Etschland (genent der stählinhauff).
Stumpf Schioeytzer chron. 647"; auch der stählene bund
für den schwäbischen bund selbst: betrachtottent die sach
■nd erdachtent, das sy, mit gunst und willen keiser
Fridrichs des dritten, auch ein punde machtent, den man
nempt den stächlin pund ettlich nampttent in ouch den
iüppen punde , und ettlich den schwebschen punde , als
er ouch heiszt, vermeinittent , sich also durch solichen
punde den eydtgenossen zu geliehen. Etterlin cron. der
eydtgnoschaß (1507) 103»;
krei {krähe = Tirol), ich han mit dir gefochten
wol über die vierden stund,
an dir han ich mich gerochen
und an dinem stechlin bund.
LiLiENCRON hist. volktl. nr. 205, 22.
vgl. auch: und haben alle völcker ye und ye bekennen
müssen, dz sy meynen, die Teütschen (die man yetzund
lantzknecht nennet) seyen teüfel, oder aber stähelin.
S. Franck weltb. 48*.
S) ins seelische gewendet, so schon: Esaie 48. dein
nacken ist eisern, und deine stirn ist stehlen, denn weil
gott der Juden hertigkeit und hartneckigkeit , und ver-
ruchte oder unverschampte stirne beschreibet, hat er nit
von einer roten stirn eigentlich reden wollen, sondern
von einer trotzigen, und gestehleten stirne, die sich nicht
schemet, nicht rot wird, und weder mit gut noch bösz gar
nicht biegen oder lencken lesset. Matuesius Sar.79i^. —
besonders stählenes herz : owe herz mins, wie bist du so
stehlin, da? du nit alles von leid zerspringest. Suso bei
Wackernaoel leseb. i^ 873, 2; er müszte doch ein stähelin
hertz haben, der nicht ein freud darvon bette, buch der
liebe 194«; ich bette vor diesem gemeinet mein hertz were
stälen, das mans mit keinem metal verwunden könte.
aber diese wort, so ich jetzundt gehöret habe, haben mir
mein hertze dermassen durchgedrungen . . , das ich für
angst nicht weis, wo ich aus oder ein sol. Heinr. Julius
V. Braunschweio 129 Holland {Sus. 4, 4); die liebe macht
ein stablens hertz gelind und weich wie wachs. Lehman
S, 423. ähnlich: es ist keiner so hart, starck, stählin unnd
steinen, der durch unsere liebliche wort unnd dein gesiebt
dir nicht gehorsam were. buch der liebe 209"; ouch die
stehelin oder iscrin gemAte gezemet der gelust. Pfeiffer
altd. übun^tb. 175, 27 ;
sO muog Ich sto gar stähelin
und harter denne ein tsen. troj. krieg 21020.
g) stählen {oder eisern, g. theü 8, 876) sagt man auch von
abgaben, leiHungen u. dgl.. die dauernd unter allen um-
ttänden tntriehtet werden mileeen, »otoie von entepreehenden
einküt^ften, fetten beHänden u. ähnl. .• stählin vieh, peeora
chalj/hea, ferrea; stählino gUlt; stählino galtbrief, litterae
ferreae, reditus chalybei; auch stähline brief, litterae
moratoriae. Scherz -Oberlin 1552/.,- stählene pfründe
'praebenda, quam quis sine detractione et imminutione
percipif. 1553: aber wir haben ein vater ym himmel zu
dem wir schryen vatter unser der du bist in den himlen,
da ist unser stehelin pfründ . . , da ist kein wurm noch
schab der unsz die cleider esse. Keisersberg narren-
schiff l»T^ (gedruckt 177, richtig 179).
STÄHLEN, verb. zu stahl, hart wie stahl machen, mit
stahl versehen.
i) stählen ist eine gemeingerm. causativbildung zu stahl,
chalybs: altn. stsela Cleasry-Viofusson 602»; ags. stylan
BoswoRTH -Toller 920''; mnd.-nl. ohne umlaut stalen
ScHlLLER-LüBDEN 4,3.56» (einmal belegt, vgl. tmten 2,b),
ebenso bei KiLiAN, s. unten; mhd. stehelen, stechein, stalen,
mitteld. stölen, und stahelen, stälen Lexer liandwb. 2,1159/.
vgl. FiCK^ 3, 344. Weigand 2, 792. im nhd. finden sich neben
stählen in der altern spräche oft abiceichetide Schreibungen,
so stäheln (Amadis\,\m), stehlen (Mathesius, Wirsung
377 G. 546 B, sonst stählen), stehiln (l584), stälen (Stiele»,
Garg. 153, s. 2, d; Schwartzenberg ?, s. 3, o); oberd.
stächlen (Rüff, tirol. tceisth. 4,278), stächein, stechein
(Tucher, auch stechelen), stechlen, s. die belege (unter 2,
besonders 2, b); ganz vereinzelt sind umlaxitslose formen,
s. stahiln (1584) unter 2, b und gestahlet (lounderh) unter
3, a. — mundartlich ist stählen nur oberd. bezeugt: schiceiz.
stachle Hunziker 249, stechla Bühler Davos i, I3l. 2, 69,
in Basel stächlen Seiler 276»; bair. stäbhaln Sc um.* 2,744,
tirol. stachln, stachln Schöpf 696, sfeir. staheln Ungek-
Khull 568'', kämt stachln Lexer 238. doch auch ostfries.
stalen ten Doornkaat Koolman 3, 298».
2) stählen in eigentlicher bedeutung: stählen, stahl an
etwas thun, acerer, fournir et estouffer d'acier. Hulsius
305''; stählen cJuilybe admisto durare. Schottel 1420;
slälen, gcstälet, chalybemunire. ferrumindurare. Stieler
2117; stählen, stälen, i^. verstählen , accialare, temprare,
drtrare d'acciaio. Kramer dict. 2, 903°; 'staehlen, lat. in-
dilo chalybe ferrnm durare; adiecto chalybe duritiem ferro
indtccere. APIN. gloss. 509; ich stähle, ferrum induro, ferro
chalybis formxim induo. Steinbach 2, 656; stählen, verb.
ferrum indurare, stahlhart machen. Frisch 2, 315".
a) zunächst eisen stählen, zu stahl nuichen, härten,
vgl. die voranstehenden Übersetzungen und nl. staelen, ver-
staelen het yser, indurare ferrum chalybe. Kilian 2, 626'':
die zend tailent an ainem lebendigen eher reht sam ain
gestäheltg eisen. Megenbero 12l, 14; Clarion . . . nam eyn
starcken spiesz, mit eynem guten gestahelten eisen zft der
handt. Fierrabras F6''.
b) häufiger (eiserne) gerate stählen , stahlhart machen,
härten: ein messer, eine hacke, einen pickel etc. stählen,
accialare un coltello, una scure, un piccone etc. Kramer
dict. 2,908°; ein wol gestähltes messer etc. coltello etc.
di buona tempra [di acdaio]. ebenda; stählen, ein eisenes
Werkzeug, i^istrumento ferreo aciem chalybeam accudere.
Frisch 2, 315°; 'mit einer schneide oder spitze von stahl
verseilen; im gemeinen leben auch verstählen. eine axt,
eine hacke, ein messer stählen, ein gut gestähltes messer.'
Adeluno; 'stählen, verstählen, et» eisernes werkteug mit
stahl verbinden, oder anschiceiszen, um daran» ein achnei-
dendes Werkzeug zu machen.' Jagoosson 4, 247^, ». auch
Krünitz 168, 660. die erklärungen geben verschiedene
miancen der bedeutung (zu stahl machen, härten; mit stald
versehen), denen in der sache verschiedene verfahren ent-
sprechen; icdches im einzelnen falle gemeint ist, läatt sich
nicht entscheiden, belege: wenn nu die Hobroer jre holtz-
peil , Pflugscharen , hawen , sensen , gabeln scherpfTen,
auszschmiden oder stehlen weiten lassen, musstcn sie in
der Philister lande ziehen für die schmitte. Mathesius
Sar. 80». im einzelnen, besonder» waffen: der schätz eines
fUrsten bestand . . . aus gut gestählten und geschmück-
ten Waffen. Freytao 17 (bUder l), 186; die schneide der
Schwerter und messer wuszte man eu stählen. 68; mit
zweyon Meyländischon Sohweitzcrtölchlin , unnd wol-
gestahelten reuterböcken (dolchen, s. bock ll, theil 2, 204)
klemmet erzürn höchsten hausz liinauff. Garg. ».VAneudr.;
eben so lagen vor dir, die walTcn, stolzer Achilles,
die dir im neisssn Vesuv, der hinkende schmiedefott stählte.
ZaoharU 810 (d. phaeton S, 108) ;
565 STÄHLEN
ein bärt'ger mann, entblSszt die nerv'gen arme,
stählt Waffen dort am rusz'gen herd.
EichendORFf2 3^ 542;
was weint ihr, mädchen, warum klagt ihr, weiber,
für die der herr die Schwerter nicht gestählt?
Körner 1, 59 Fischer (ou/ru/);
gross und selten war
des Schwertes tugend, reich der goldne griff,
und reicher viel die fest gestählte klinge.
Wieland 18, 32 ^Gercm 377) ;
Pfeile, mit stählerner spitze versehen:
indesz . . . vom gespannten bogen
nun ein gestählter pfeil, der nicht betrüglich irrt,
auf dich, zu sichres thier, vom tod begleitet, schwirrt.
Uz 242 Sauer {kunst fröhl. su seyn 2, 171 ;
(im bilde!)
freylich beiszt es in dem hertzen,
dasz uns zwang und pöbel quält . . .
und das unglücK pfeile stählt. Günther 19*.
kugeln .- schosz mit lumpen, . . . mit trei unnd vier kageln,
mit toppelem lot , gestalten kugeln. 6arg. s. 284 neudr.
rüstung: und also bald reit er wider den Amadis, und
erreicht jn in dem schilt dermassen, dasz er jn durch-
stach, doch den hämisch nit, welcher gar wol gestähelt
wäre. Amadis l, 466 (222 Keller);
si sazzeten 5f ir höbet die helme wol gestalet.
exodust 160, 28 Diemer.
daher dann auch:
laszt ihn den fusz gestählt, es ist mir recht,
auf diesen nacken setzen.
Kleist 2, 76 Schmidt {Penthes. 9).
andre gerate • bicken {Spitzhacken) . . . mot he wol scherpen
oder stalen alse se ghestumpet weren. quelle bei Schiller-
LÜBBEN 4, 356*; von 3 hamem zu stehein. Frankf. urk.
des li.jahrh. bei Dief.-WClcker 861; von eyme schelle-
liamer an beyden enden zu stahiln. ebenda {vom j. 1384);
meister Johan Solczpecher von eyme bickele den wege-
mechern zu erlegin und stehiln und eynen schellehamer
erlacht und gestahilt. ebenda ; von einem pflaster schlegel
zu stechein zwelf und viertzehen pfenning. Tucher bau-
meisterb. 100, 5 ; von einem perck eisen und steinext öer
zu stechein acht und 10 pfenning. 7 ; von einem pflaster-
hamer und störchsschnabel desgleichen zu stechein acht
imd zehen pfenning. 10; von einem schellhamer zu
stechelen sechs pf. 17; der pantarbesstein ziecht das
gold, . . . das gestalet messerdie glufen. Garg. s. 397 neudr.;
für ain schraithack zu stächlen 18 kr. für ain peil zu
stächlen lo kr. tirol. weisth. 4, 278, 19/. {ordn. der hant ,
taguercher . . . att/1638). im bilde:
und wenn eurer liebeskette
festigkeit und stärke fehlt,
0 so flehet um die wette,
bis sie Jesus wieder stählt.
hannov. gesangb. 365, 2 (Zinzbndorf).
vgl. auch : bey uns hat inn einer zech kein ort am bergk-
eisen halten wollen, vom newen stahel, darumb hat man
die örter mit alten messerklingen gestehlet. Mathesiüs
Snr. 79». — stählen scheint aber auch einfach für schärfen,
netzen gesagt zu, werden (?) : so man eynen wageysen oder
segeysen tangein oder stächein sol. Scheirer dienstb. 31 bei
SCHM.2 2, 744 (a).
c) zuweilen wird stählen absolut gebraucht: was vom
eisern untern hemmem abspringet, damit stehlen die
schmide. Mathesiüs Sar. 79"; da Mose gene. 4. Tubal
Cains hammer, Schmitten ... beschreibet , gedencket er
auch des stehlens, denn . . . hat er nicht allein küpfferne
unnd eiserne geschirr gemacht, polirt, geschliffen, sonder
er ist auch der erste waffenschmid gewesen, der stehlene
schneiden, bane, oder ort an eisen hat schweissen, wellen,
und herten können. 80». daher wortspielend mit {dem
gleich gesprochenen und in der altern spräche auch oft
gleich geschriebenen) stehlen :
wer stählen will in fried',
der werd' ein messerschmied.
Wander 4, 767.
i) in der altern spräche, besonders der des 16. jahrh.,
begegnet öfter wasser, wein stählen, glühenden stahl oder
eisen darin löschen, um sie eisenhaltig zu machen {urie es
im Volke noch jetzt geschieht), vgl. Schm.^ 2, 744(6). Unger-
Khull 568'' (3). zuweilen werden auch andre metaüe dazu
verwendet, s. die belege, wasser stählen, gestähltes wasser
{vgl. Stahlwasser): ir tranck sey ein gestechlots wasser.
quelle bei Schm. o. o. o.; wenn ein jung khind die ruer
STAHLEN
566
hat, so nim ein dacaten und schechelen {l. sthechelen)
jm sein wasser und milch und stos jn ainmal oder 3
darein, und wan die ruer ab nimbt, so nim mit dem
schachelen (l. sthachelen) auch ab. ebenda; warzu der
gestelete wein und wasser diene, gehöret für die ertzte.
Mathesiüs Sar. 80»; jr tranck sol syn ein luterer dick
roter wyn, mit gestächletem wasser vermischt. Jag. ROfp
trostbüchle (1569) 116»; darnach . . . hab ich jm solches mit
gold gestäheltem wasser noch ein guten trunck zu-
trincken . . . gegeben. . . . solches wasser masz zu ettlichen
malen gestählet sein, bisz dasz es ein wenig lawwarm
würdt. Gäbelkhover artzneyb. (1595) 1, 28; zum tranck,
brauch er . . . gestählete wasser. Wirsung artsneyb. (1597)
869 C; also taugt auch gestehlets wasser mit stahel, eysen,
gold, Silber oder kiselsteinen darinngelescht. 377 C; jhr
tranck soll zimlicher starcker roter wein seyn, ein wenig
mit gestehletem wasser gemischt. 546 B, s. ferner 262 B.
379C. 38öD. 388D. wein, t'^Z. o5en Mathesiüs M;i(f stahl-
wein : man mag jren ouch solchen roten wyn stächlen mit
klarem gold, so vil malen darinnen abgelöscht. ROff trost-
büchle 116»; mit volgendem pülverlin in wyn vermischt der
gestächlet sye oder gelöscht mit reinem gold. 116^; ein
latwergen . . . die solt du der frouwen morgens nüchter yn-
geben uff ein lot, in gestächletem rotem wyn zertriben. 117'.
so wol bildlich : hie gut win Dorleans, von Montflascon, . . .
das ist gestalet. Garg. s. 153 neudr. {jetzt in Baiem scherz-
haft wein oder hier stäheln, anstäheln, indem man icasser
zugieszt. Schm. o. o. o.) milch: ob einer frouwen die da
schwanger wäre, jr zytung oder der blüm käme . ., so sol
sy ein süsse milch stächlen Ion. Rüff trostbüchle 29^ ; dasz
die frouw ein gestächlete milch bruche zä jren kochten,
als hirsz, linsy, rysz, alles darmit gekochet. 115*; so sol
sie eine süsze milch stählen lassen, und dieselbige essen
oder trincken. hebamenb. (l58l)47; nim hundskot 1 m, zer-
treibs mit wol gestählter milch. Wirsung 385C; frische
kuhmilch mit haiszen stainen gleichsam stählen. Min-
derer bei Schm. 2, 744; gerstenmeel wol in butter ge-
röschet, und mit gestählter milch zu einem breylein oder
müszlein gesotten, stopftet den flüssigen bauch. Tabernae-
MONT. 622 J. in neuerer zeit vereinzelt gestählter pnnsch,
vgl. Stahlpunsch:
fröhlich nun des stillen Wunsches,
schlürfen wir gestähltes punsches
volles mass ! Voss 6, 5.
3) häufig sind übertragene und bildliche gebraueh»weisen ;
'uneigentlich, in hohem grade stärken, festigkeit, dauer
geben'. Campe.
a) zunächst in bezug auf den leib, ihn stark, gesund,
tcideistandsfähig machen; reflexiv: schon von den frühe-
sten Jahren einer harten lebensart unterworfen, stählte
sich sein körper zu seinen künftigen kriegesthaten.
Schiller 9, 342; eines durch klösterliche strenge und
keuschheit von jugend auf gestählten leibes bedurfte es,
um die mühseligkeiten eines solchen amtes zu ertragen
{es ist von Luther die rede). Heine 4, 189 jBlsfer. unklar,
ob hierher gehörig:
von feuchten, trügken, hytz und kalt,
sen unser cörpel all gestält.
wölchs thayl darunder würt verzert,
uns krangknayt und den tod beschert.
Schwartzenbbrg die. 152«.
ähnlich mhd.:
mit wlsheit diu complexie dtn ist an dem orte gestalet.
Frauenlob 130, 12.
im einzelnen : entschlossen, das untier mindestens mit sich
zu verderben, umklammert sie, mit gliedern, gestählt von
wut und räche, den hund. Kleist 4, 167, 28 E. Schmidt,
vom arm: der seine würde im männlichen antlitz, in
seinem gestählten arme trägt. E. Müller bei Campe;
die götter täuschen nicht, das laster auszurotten,
kömmt ihr gestählter arm oft langsam, doch gewisz.
OOTTBR 2 IS *
ethisch geicendet: ich soll in seinem höhn
den arm mir stählen, dasz er schonongslos
in 's leben trifft! Geibel 7, 86.
in der altern spräche vom haupt; zunächst eigentlich, durch
{einen heim von) stahl schützen:
in was da; höbet vil wol gestalet:
manich zistiler gut daz bewart ir blüt
lötir sam ein brunne da; e; niht enrunne
von deheines swertes bane. cxod. 158, 23 Diemer.
86*
567
STÄHLEN
STAHLEN — STÄHLER
568
dann Übertragen in Segensformeln (vgl. stählen, adj. 2,/, /9):
das herz sei dir steinern,
das haupt sei gestahlet. vninderh. 1, 196 Boxberger.
90 jetzt gern :
dem Pyrmont die nerven stählt.
Ki.oPSTOCK Oden 2, 188.
b) ähnliche ioeiidtingen mit ethischem sinne, von festig-
keit oder härte des Charakters u. ä.; so schon gestehlete
stirne (= stehlen) Matiiesius Sar. 79*, s. stählen, adj.
2,/, S. besonders aber das herz stählen:
hält' er, der dich zu seinem dienst erwählet,
hält' Aesknlap nicht selbst dein herz eestäblet.
GOTTBR 1, 99 ;
sei stark (rebieterin, stähle dein herz,
mit fassung ertrage, was dich erwartet!
Schiller 14, 104 {braut v. Mcsk. 4, 8) ;
mit unpersönlichem subject: ein guter gedanke stählet des
niannes herz. Schiller 3,80 {Fiesko 2,19);
wenn fester entschlusz das herz ihm
stählet? Klopstock 2, 73;
reflexiv: es übt sich mehr und mehr das herz,
und stählt sich, dasz von tag: zu tage
mit gröszerm mut es immer neuen schmer«,
und immer neuen kummer trage. Platen 23»;
dafür auch:
selbst des lebens kämpfe stählen
fester seine feste brüst.
Schiller 11, 34 {würde der trauen 56; gewölinl.
lesart: seinen harten sinn);
nicht stählen kann das unglQck seine brüst,
es kann ihn nur zerschmettern.
Grillparzer* 9, 89 {Blanka 3).
c) unbildlicher mit abstraktem object; kräfle: dasz Un-
schuld selbst die kräfte eines armen mädchens stälen
könne; daran dachte niemand. A. G. Meiszner s. dexitsche
erzähler des 18. jahrh. 74,36 Fürst; indesz die übel, womit
uns . . . die natur . . . heimsucht, zugleich die kräfte der
seele aafbieten, steigern und stählen. Kant 7,316;
schaue dann umher nach weisen,
und nach mächtigen, die befehlen;
jene werden unterweisen.
diese that und kräfte stählen. Göthe 5, 75.
den muth: noch weisz ich nicht, was für ein gott den
muth mir stählt. Weisze bei Adeluno;
wer stählet deinen muth,
dich 80 ohn furcht zu wagen?
wunderh. 1, 289 Boxberger;
darum danck ich vor den hasz, den mir freund und iTeind
erzeiget,
denn er hat den muth gestählt. Günther 864;
auch bring' ich ihm befehle : . . .
zu stählen seiner brüder milchzerflosznen muth.
Schubaut 2, 67.
anderes: dasz sie ihm auf dem kriegspfade folgen sollte,
in der schlacht seinen cifer zu stählen. Freytag 17
(bilder l), 87 ;
dass in hOlt' und palast biedere treu und zucht
gern mit mässigkeit wohnt, und mit gestähltem fleiss.
Voss 8, 21.
ungeivöhnlicher : er (der commandant der belagerten sfadt
Ziebingen) setzte kleine preise auf tapfere träume voll
siege, . . . um durch das träumen das wachen zu stählen.
J. Paul 34, ii6.
d) gewöhnlicfi einen stählen: ich musz dich stählen,
Weichling, stahl musz das Werkzeug seyn, mit dem ich
gründen und bauen kann in die zukunft. Fn. Müller 8,68;
stähle mich mit kraft, den bogen des urtcils rüstig zu
spannen. Ki^etst 4, 128 E. Schmidt, so mundartlich, tirol.
stachln, st&chln 'flg. stark, nichtig machen'. ScnüPr696;
»chireiz. eine stachle, in einem entscldusse bestärken'. HuN-
ziKT.n 249. — reflexiv: sie . . . glichen so zwei tüchtigen
beiden, die sich ritterlich vertragen und gegenseitig
stählen, ehe sie sich befehden. Keller 4, 226;
zum unelOck batt" er auch, miK < iiipm wonig zarten
refUhl, Kapido'fl gluth mit I - vermählt,
und, um das abentcn'r recli^ u bestehen,
aof alle flUle sich mit CN'pci.. . ... , Ult.
WiBLAND U, 246 (Klelia «, 162).
«0 auch Pi^T£N 28* unter b und:
wo tuu natar befreit, wie kunst auch binde,
der feist sich sUlhlt, wenn sich das herz erweicht.
GÖTliB 2, 167.
«) gern mit unperadhliehem subject (vgl. unter h): die
kalte nacbtlnfi vii.i.Uf. nii^»! Rritink tageb. t»; die un-
glückliche liebe gegen Linda de Romeiro, die ihn später
vielleicht gcstählet hätte, öffnete so früh alle ädern seines
herzens. J. Paul 22 (Titan 2), 124; aber dieses ewige ringen
und kämpfen hat ihn (den marschbewohner) gestählt und
geweckt. Allmers marschenb. u ;
lasz ins ferne wandern uns, geliebter I
glückt es nicht, den bruder aufzufinden,
stähle doch und kräftige doch die weit uns!
Platen 823» {Abbott. 1).
im pari. präs. absolut: das freiere, politischere, that-
kräftigere reformierte wesen wirkte klärend und stählend
auf ihn ein. Prutz preusz. gesch. 1,801. dazu das part.
pass., vgl.: metaph. oecallere, occallesceie , callum ducere,
gcstälet seyn. Stieler 2117; gestählt von seiner ganzen
rechtswissenschaft rief er sich jene schöne maxime zu
seinen eignen gunsten heran. Göthe 21, 159 (tcanderj. i, 9);
mir stellte sich, sobald die gefahr grosz ward, der blin-
deste fatalismus zur band, und ich habe bemerkt, dasz
menschen, die ein durchaus gefährlich metier treiben,
sich durch denselben glauben gestählt und gestärkt fühlen.
30,125; ja, nun bin ich gefaszt und gestählt. 42,433 (Oötz
V. Berl. 5, 13 bühnenbearb.).
f) dazu kö7men weitere bestimmungen treten, stählen
zu etwas: aus solchen vcrbindHchkeiten entspringt zu-
letzt der ausdruck eines leeren behagens an einander,
in dessen phrasen sich ein Charakter leicht verliert, wenn
er nicht von zeit zu zeit zu höherer tüchtigkeit gestählt
wird. Göthe 25, 296 (dicht, u. wahrh. 10); (centauren,) ge-
waltige, wilde berg- und forstgeschöpfe, von jagd lebend,
zu allen kraftübungen sich stählend 89, 198 (Tischbeins
idyUenwu); dasz hier vielleicht der wichtigste punkt sey,
wo die deutsche Vaterlandsliebe sich zu den festesten
Vorsätzen stählen müsse. 43,339 (Bhein u. Main, Mainz);
in wechselvollem kriegerleben zum Soldaten gestählt.
Prutz preusz. gesch. 2, 126; was jenen (Friedr. I.) zu un-
bedachter hingebung an den schönen schein verführte,
stählte diesen (Fh-iedr. Wilh. I.) zu einer pflichttreue, die
im kleinsten das gröszte achtete. 342;
einst eines haushalts seel' und Oberhaupt zu seyn,
der ehrgeiz wars, der zur geduld mich stählte.
Gotter 1, 291 ;
der ritter, dem die liebe . . .
sein tapfres herz zu jeder probe stählt.
Wieland 17, 282 (IdrU 5, 51);
s. auch Platen 23» unter b. — stählen gegen: aber nicht
allein gegen diese sinnlichen eindrücke, sondern auch
gegen die anfechtungen der einbildungskraft suchte ich
mich zu stählen. Göthe 25, 253 (dicht, u. vMhrh. 9); der
mann, dessen brüst nicht gegen den hass, den spott und
die Verachtung der ungerechten gestählt ist, steht in
gefahr ihnen gleich ... zu werden. Klinger 5,65; das part.
gesteigert: er (gott) gab ihnen die gröszten schmerzen,
um sie geduldiger vielleicht entsagen zu lehren und sie
gestählter gegen eine von allen selten drohend blickende
zeit nur anf ihn blicken zu lehren. Brentano 9, 340.
seltner: man musz sich auf alles stählen; fest in sich . . .
still abwarten. J. v. Müller »rerAre 14, 434.
g) oststeir. sagt man staheln für 'in der mrtshatis-
rechnung überhalten'. Unger-Kiiull 668''.
STAHLEN, verb., ein uort, das dem altern nd. und dem
nl. eigenthümlich ist und zum ztceiten stahl gehört: mnd.
stalcn 'nacli dem urbilde prüfen und als dem enfsprecliend
beglaubigen', besonders vom tucfie in bezug aitfdiefärbung,
dann aucJi geradezu in die bedeutung 'blau färben' über-
gehend, e. ScHiLi.ER-LünnEN 4,855/. (mit belegen aus
Lübecker und Hamburger zunßroUen); 'durch ein merk-
mahl bezeugen, dasz eine toaare die probe halte und echt
sey: gestempeltes bieg an die tilcher hangen, tum beireis,
dasz sie geJiörig g^ärhct seyn.' brem. \pb. 4,987; ebenso nl.
staclon het laeckon, plumbeo sigillo munire paunum probe
tinctum. staolon oft vcrwen de wolle, su^fflcere lanam
medicamentis, inflcere. Kilian 2,026'', und noch jettt holt.
stalcn. dann auch bei Adelung (unter stahl) und Campe
verteiclinet (in der nd. umlautslo.ien form, doch achreibt
ersterer die wolle stählen).
STÄIILER, m., unüblichea thäterioort tu stuhlen.
l) von der person, die stählt, stahlsehmied : slälcr. drr,
et stiUerinn, die, mos, et foemina chalybe flrman», mt". > >.
inatruens. /•»n-.'w induran». sie aas- be- ei v^r ' . r
569
STAHLERN
STÄHLERN
570
Stieler 2117. so mhd. in beinatnen: Nicolaos dictus Staler
de Gundoltingen, ein haner dictus Stoler in Baseler quellen
von I28i und 1289, s. SociN nihd. namenb. 5&ifi. nhd. kaum
gebräuchlich. — davon verschieden ist mnd. staler prüfer
der tücher. Schiller-Lübben *, 356 {zu stahlen, vgl. das.).
2) bezeichnung eines Werkzeugs der drechsler, 'diejenigen
dreheisen, deren man sich bey dem drehen auf der hohl-
docke bedient'. Jacobsson 7, 42l'> {vgl. stahl II, 3, i).
STÄHLERN, adj. von stahl; jüngere, auf das nhd. be-
schränkte bildung für das ältere stählen, s. das., kommt
zuerst ganz vereinzelt bei Luther vor: es sind eyserne,
ja steleme hertzen, herter denn ein ambosz. 28, 240, 18
Weim. ausg. das unmittelbar daneben stehende eisern giebt
anlasz und muster der Umbildung, sonst erst wieder in
der 2. hälfte des 17. jahrh. belegt (Rist 1653, Butschky,
Fleming, Olearius). in den tcörterbüchem erscheint
stählern zuerst bei HuLSius (1616) 305'' als nebenform zu
stählin, s. stählen; femer: stälern, adj. et stälicht, adj.
et adverb. ex chalybe, quasi chalybeus, instar, et ad modum
chalybis. Stieler 2117; stählern, stählin, statin, adj.
{fatto, fabricato etc.) di aceiaio. Kramer dict. 2,903"=;
ferretis, chalybeus Steinbach 2, 656. mundartlich nur ganz
vereinzelt aufgeführt, aber sicher iceit verbreitet : eis. stä(h)-
lere(n) {in Colmar stabra) Martin -Lienhart 2, 588'",
nd. xcaldeck. stselaran Bauer-Collitz 98*".
l) im eigentlichen sinne. vo7i tcaffen: ich hatte eine
stählerne streit-kolbe {keule) anhangen, die . . . war ... so
gewichtig, dasz ich einen jeden, dem ich eins damit ver-
satzte, gar leicht tod schlug. Simpl. 2, 102, 28 Kurz (5, 2l);
und wie ist seine {des Römers) stählerne lanze zum tode
gespitzt! Klopstock 9,221 {Herm. u. die fürsten 2); so
reiche denn die blinkende rüstung auch mir! auch mir
das schwert und den stählernen speer! Bürger 278». so
mit bildlichein ausdruck:
an Salomos lager wache halten
die schwertgegurteten engelgestalten . . .
sie schützen den könig vor träumendem leide,
und zieht er finster die brauen zusammen,
da fahren sogleich die stählernen flammen,
zwölftausend Schwerter, hervor aus der scheide.
Heine 1, 421 Elster {lamentat. 10).
im bilde: hat dich nun auch geschlagen
der Schickung stälern stab, musz in gedult-ertragen
die beste lind'rung seyn. Postel Wiiiek. 116 (5, 442).
vom helm^: es mag sich schrauben
dein herr im hämisch em, er matg in stälern haoben
und Schilden seyn versteckt. 37 (2, 402) ;
kein mensch vermag zu sagen, ob er nicht
des helmes braucht, ein stählern dach fürs haupt
ist jetzo mehr werth als ein steinern haus.
Schiller 13 179 (j^npfrau v. Ort. prol.3);
nicht übel gefiel mir das neue kostüm
der reiter, das musz ich loben,
besonders die pickelhaube, den heim
mit der stählernen spitze nach oben.
Heine 2, 436 EUter (1 leutschl. 3).
von der rüstung auf den durch sie geschützte.x mensch-
lichen leib übertragen: hättest du sie an die stählerne
brüst gedrückt, du hättest ein geschlecht von königen
erzeugt. Kleist 2, 213 Schmidt {Käthchen z.i.; vwher: ihr
bilder meiner geharnischten väter). — son^t von allerlei
gerätschaffen: stählerne Werkzeuge, geräthe, waffen.
Campe; stählerne instrumentlein, stromenti, stromenfucci,
st[r]omentini di aceiaio. Krämer dict. 2, 9QS'' ; stählerner
degengriff, stählerne schnallen, stählerne tabacksbüchsen
etc. ebenda; stählerne spiegel. ebenda. Jablonski 745";
diese (leuchter) nahm sie heraus, nnd die stälemen schneuzen
mit federn. Voss 1, 126 {Luige 3, 67).
die damen {sind tn den alten schlossern gemalt) mit steifem
toupet, stählernem korsett, das ihr herz zusammen-
schnürte. . . . wenn wir die neuen werke betrachten, die
sich neben den alten erheben, so ist's, als würde uns
eine schwere perücke vom haupte genommen und das
herz befreit von stählerner fessel. Heine 3,217/ Elster
{Italien 1,2). stählerne knöpfe. Adelung. Jacobsson 7,421''
{vgl. stalilknöpfe):
rasch nun warf sie das leichte gewand von der Schalter,
fem und oliTengriln, nmglänzt von et&lemen knöpfen.
Voss 1, 138 {Luise 3, 173).
stählerne schnallen. Kramer {a.oben). Campe; eine stäh-
lerne urkette. ebenda; als er nun aber ... die uhr am
bettpfosten aufhängen wollte, hatte die stählerne kette
sich in einen goldnen ring verhäkelt, den er am kleinen
finger trug. Stürm 5, 98. zur zeit, wie Arist in Paris ge-
wesen war, hatte man eben die Spinnräder erfunden,
welche die damen mit sich in gesellschaft trugen, auf
dem schoosz setzten, und mit einem stählernen hacken
an eben derselbigen stelle befestigten, wo jetzt die uhr
zu hängen pflegt. Moser patr. phant. 1, 53; auch stählerne
haken wurden an stangen herabgelassen und den be-
lagerern in den leib geschlagen. Freytag bilder 2, i, 292.
stählerne nähenadeln, agucchie, aghi d'acdaio. Kr.ameh
dict. 2,903"; stälern drat, filo d'acdaio. ebenda; stählerner
draht , 'draht der nach art des eisendrahts . . . aus stahl
gezogen, aber nur selten zu etwas anders als saiten der
instrumenten gebraucht wird, zu gröberer arbeit wird er
etxca zu fischangeln und, wenn er dick ist, zu pfriemen ver-
braucht'. J.\.coBSSON 4, 247''; stälerne Saiten, ,^des /crreo«.
Stieler 2117. Frisch 2, 315"=, eorde d'acdaio Kramer a.a.O.
mit bildlichem ausdruck: meister Hämmerling . . . vrarde
herbeigerufen, durch die stählernen argumente seiner
beredsamkeit ihn zu vermögen, . . . sich um den hals zu
bekennen. ... da der peiniger im begriff war , ihm die
daumenstöcke anzulegen . . . MusÄus volksm. l, 24 Hempel.
2) oft übertragen : stälern . . . metaph. durus, rigidus,
saevus, erudelis. Stieler 2117.
o) im ausgeführteren bilde: betagte leute können mit
gutem rath, und Jünglinge durch die krafft ihrer arme einen
stählernen grundstein setzen. Olearius baumg. 23''(i,83);
die stählerne brücke
der hoftoung zerfällt. Günther 933.
hart, fest wie siaM, eigentlich ; aber da grollte es mächtig
vom Wasser her, als wenn viele schwere schiffe durch
die vereiste stählerne see bahn brächen. Frenssen
Hilligenld 93.
b) vom menschlichen leibe, härte, festigkdt, kraß be-
zeichnend; besonders von muskelti: mir kam es vor, als sei
plötzlich jeder muskel dieser durchsichtig zarten gestalt
stählern geworden. Marlitt heidepnnz. 171; er strahlte
föruüich von frischer, gesunder kraft und elastizität, seine
sehnen schienen stählern. E. v. Egidy Eae Bleiders 258.
c) mit bezug auf den eigenthümlichen glänz des stahls : der
abglanz fremder groszer zelten und gewaltiger menschen-
schicksale stand in seinen schönen stählernen äugen.
Frenssen Hilligenld a, vgl.: und die äugen haben auch
noch den stählernen glänz, sandgräfin 125. ähnlich auch:
kennt ihr sein Vaterland, so kennt ihr ihn.
scharf ist die luft, durchsichtig klar und stählern.
FuLD.\ neue ged. (1900) 155 {Henrik Ibsen).
d) meist ins ethisclie gewendet, so besonders stälern herz,
cor inexordbUe, inhumanum. Stieler 2117; ein stählernes
hertz, cuore d'acdaio, doe duro, crudo, inflessibUe, itieso-
rabile etc. Kramer dict. 2, 903"=, vgl. oben den beleg aus
Luther; ferner: du hast dieses mein neugemachtes lied
dermassen wol gesungen, dasz es nicht fehlen kan, es
musz das stählerne hertz meiner unvergleichlichen Rose-
mund dadurch zu wachs . . . gedrukket werden. Rist
fnedejauchtz. Teutschland (1653) 163 ; dasz ihr herz war
stählern, — rechnete ich ihr nicht zu den fehlem.
ROckert (1882) 11, 270 (7. mak.);
des flehns der liebe hätt' ich nimmer acht,
wenn stählern dein herz meines hart gemacht!
Freiligrath* 6, 203.
ähnlich : zu den waffen 1 zu den waffen I
die arme müssen sich erstraffen
und stählern alle brüste sein. Arndt ged. 159;
stählern ist die brüst,
und jedes Schmerzes pfeil entprallt unmächtig.
Chamisso 4, 194 {Faust);
ein mann, den Lavater und Knebel einen beiden nannten
und der selbst der stählernen seele Napoleons des ersten
den ruf abnötigte: 'xoilk un hommel' Bielschowsky
Goethe 1, 2; auch vom mensdten selbst: sie {Egle) lockt den
stählernen Sittenrichter in ihre arme. 83. so mit kühner
Steigerung :
nein, wir sind felsz, und stählerne [r] als stahl.
Fleming ged. 573.
e) mit abstraeten verbunden: Piet Boje . . . wurde knochig
wie ein junger Jagdhund . . . und blieb bei fester, stäh-
lerner kraft. Frenssen JBTitti^cjjZ« 149. in folgender stelle
571
STÄHLERN — STAHLFARBE
ST AHLFASZ— STAHLFEDERHALTER 572
dem sinne von 'stählend' nahekommend: ein frohmuthigeB
geschlecht stieg vor dem nächtlichen denker (Pichte)
herauf, durchädert von den zartesten familienregungen
und gefestigt von der stählernen kraft des gemeinsinns.
Auerbach nettes leben 2,8. kühn zur Charakteristik von
handlungen (elastisch wie eine Stahlfeder l) : als . . . ein
kleiner hagerer cavalier an ihm vorüberschosz und mit
einem stählernen sprung auf der brücke stand. C. F. Meyeh
Jenatsch lOl. — von einem Zeitalter, für das geivöhnliche
eisern (theil &,37o): zu den alten güldnen Zeiten, ist das
böse veracht, und das gutte h6rfürgezogen worden ; aber
zu disen st&lernen, ist der fröhme veracht Butsciiky
hochd. kanz. s. 313.
f) ganz vereinzelt in adverbialem gebraxttJte:
nihrlichkeiten, abenteuer,
leidenschaften und gebärden
waren unerschöpflicn neu
in den stählern fest verschränkten
weichen armen Rosalorens.
Keller 10, 165 {apoth. v. Cham. 1, 1).
STÄHLERN, verb.. ganz vereinzelte nebenform zu stählen ;
acheint eine besonderheit des einen autors zu sein: gott
wird di harzen unserer kinder stälern, und das hörze der
Väter mit dem ge^rey seines siges feist machen. Butsciiky
hochd. kanz. s. 826; ausser dem lande, welches uns die
erste milch gegeben, werden wir, durch die Versuchung,
gestälert; und, wieder mancherley unordentliche an-
sprünge der affecten, geharnischt. Pathmos s. 3.
STAHLERZ, 7i., stahl-stein, kern-stahl, woraus man
stahl machen kan, aes chalybeum. Frisch 2,815; 'ein
nähme, welchen man verschiedenen reinen eisenerzen beyzu-
legen pfleget, welche zum schmelzen des Stahles am be-
quemsten sind. s. auch stahlstein, besonders einem blauen
eisenerze, tcelcJies inwendig braun und auf dem bruche
fahlblau aussiehet, viel und gutes eisen enthält, und in
Steyermark pflinz oder flinz genaiint unrd. ingleichen einem
iceiszlichen oder weissen eisenerze, icelcliem der deutsclie
ataltl seine voi'züglichste gute zu daiiken hat.' Adelung;
femer stahldichter bleyglanz. Nemnich ; ferrum chalybdea-
tum, minera ferri nigra, brauner eisenkalk mit eisen in
metallischem zustande vermischt. Jacobsson 7, 421^; wie es
scheint, auch von nicht eisenhaltigen mineralien gesagt:
'stahlerz. fr. mine de cuivre solide, so nennt man zu
FaJdun in Schweden, die aus den kupfererzen ausgehaltenen
reinsten kiese, so im ersten schmelzen das kupfer fallen
lassen, vielleicht loeil sie stahlderb sind'. 4,247*'; zinnober
haltender bituminöser mergel. KAnMARSCii-HEEHEN^ 8, 441.
so scJion : umb das eysen und stahel ärz und perkwerch,
gelegen umb Vischpachau. LoRi baier. bergrecht s. 82 (berg-
freyheiten v. FiachbaclMU, 1446, § l).
STAHLERZEUGUNG,/., vgl. Karmarsgh-Heeren3 3,42.
STAHLESKRAFT, /. .- so sagt Sigurdur in Fafnis lied :
'muth ist besser als stahleskraft, wo tapfere sollen kämpfen ;
weil ich sehe den kühnen mann jedesmal erkllmpfeii, auch
mit stumpfem Schwerte, den sieg.'
morgenblaä 1840, «. 1178.
dazu stahleskräftig, adj.:
indesz die faust noch stahleskräftig
sich preszt an feder oder schwert.
Strachwitz ged.^ 68 Weinhold;
hier wol in dem sinne 'des Stahles mächtig, stark genug
um den stahl (schvxrt oder staldfeder) zu führen'.
STAHLFABRIK, /. fabrik. worin stahl Jiergestellt wird
(dafür in der regel Stahlhütte), oder, und so getoöhtdich,
iporin waren aus stahl verfertigt toerden (s. auch stahl-
warenfabrik). Krünitz 168, 651— 681. dazu: hieraus sind
die . . . geheimnissc entstanden, welche die aufmerksam-
keit der stah Fabrikanten von dem wahren gegen-
stände abgeleitet und dergleichen Unternehmungen markt-
schreierischen leuten in die bände gespielt haben, welche
oftmals die Unternehmer dergleichen fabrikcn hinter-
gingen. 604; die Bergischen stahl- und eisenfabrikanten. 669 ;
die Stahlfabrikation bat hier in neuester zeit grosze
verbesserangcn erlitten. 679.
STAHLFACETTE, /. . (da) leuchtete ihm der spiegel des
CypriADO« mit seinem bläulichen schein entgegen, die
stahlfaoetlen des rahmens blitzten ün letzten strahl der
abendsonne. Stokm 2, 270.
8TAHLFARBK, /. färbe, die der des tidhU ähnlich ist:
meist fUUt« ein stUck dunkler himmelibUlae die bresobo
der husche, das gab der Wasserfläche eine harte stahl-
farbe. Marlitt heideprinzeszchen 7. im einzehien s. stahl-
blau, stahlgrau und sogar stahlgrün. KrOnmtz 168,681.
in der neu^em heraldik gilt als stahlfarbe himmelblau,
s. Gritzner herald, terminologie a. 10; s. 4 icerden stahl-
farb (adj.), eisenfarb u.a. als unheraldische färben be-
zeichnet.
STAHLFASZ, n., nur mM. stahelvag stählernes gefäsz,
behälfer, vom heim u. a. Lexer handwb. 2,1129, *. b.:
ir prustlein waren, wisset das,
gewürcket in zwey stahel fasz,
die waren hende dicke ;
das was ir hamascb, wol berait. Ecke C 280.
mnd. stälvat 'fasz für oder voll stahl'. Lübben handwb. 873'',
richtiger wol nach Luoge , nd. korrespondenzbl. 17, 12, als
fasz, das auf si&len, Ständern, steht, aufzufassen (vgl. das
vierte stahl 2, sp. 555).
STAHLFEDER , /. stählerne feder. l) spring , sprung
feder von stahl : 'stahlfeder, fr. ressort, ein jedes dünnes
blech oder dünn gescJilagenes stück stahl, so elastisch ist,
welches wenn es mit gewalt gebogen, und losz gela-isen toird,
vermöge seiner Schnellkraft drücket, und wieder zurück
springt, und die kraft hat, dem körper dem es entgegen
gesetzt, und seiner kraft angetnessen ist, zu tpiederstehen'.
Jacobsson 4, 247'', vgl. Campe, insbesondere
a) Spiralen, kegel von starkem, in Schneckenwindungen
gebogenem stahldraht, als polsterung des sitzes bei sofas,
lehnstühlen u. s. w. Jacobsson 4, 247''/- Campe. Krünitz
168, 682 (3):
und der oberste Troram sasz hoch im elastischen lehnstuhl ;
fühlte die stalfedem nicht und den sybaritischcn polster.
Zacharia 294 (d. phaeton 1, 10);
auch in einem wagen: dergleichen erborgte empfindungen
halten indesz bey einem verständigen Jünglinge nicht
lange an, der . . . einen feldweg, wie von grünem sammt
bezogen, vor sich ... hat, und auf Stahlfedern sitzt.
TnÜMMEL re/se 10, 133.
b) bei kutschen auch starke federn, woran der wagen
kästen atif gehängt ist, damit der wagen sanfter gehe : Stahl-
federn, als schlösser-arbeit an wägen. Krünitz 67 (i792),
ai7 — 75; man solle nicht meinen, das ein wagen diese
last tragen könte. und in der that war mir beständig
angst , dasz die vier englischen Stahlfedern , in welchen
der kutschkasten hieng, die last von fünfzehn personen
nicht aushalten würden. C. F. Bahrdt leben 3, 314.
c) triebfeder in einem uhrwerk; vgl.: 'stahlfeder, eine
elastische feder, . . . womit bey allerley dingen, entweder
die beicegung gehemmt, oder aber durch deren stosz ver-
mehrt toird.' Jacobsson 4,247'', und: also hat der mann
kein geringes verdienst, der der lichtschere zuerst die
scele der taschenuhren , die Stahlfeder einverleibte, wo-
durch sie sich nun von selbst fest zuschlieszen. Lichten-
berg (1802) 4, 627.
d) SO oft bildlich: ich weisz nicht, wie die leüte mit
einer so schlaffen wackelnden spräche sich behelfen
können, da müssen lauter Stahlfedern seyn, die an ohr
und herz schnellen, dasz maus fühlt. Bürger briefe2,iiG;
ihr erquickender brief läszt mich in's innre sehen, wo
keine Stahlfeder treibt, sondern ein lebendiger geist an-
regt. GÖTUE briefe 17, 109 (= an Zelter 41); so wie ein gc
sunder mensch durchaus wenig an sich selbst denkt,
und sich auf der schwingenden Stahlfeder seiner kraft
fühlend nach herrlicheren dingen sehnt. Brentano 5, 43.T;
so lange ich ihn gekannt habe, . . . wandelte er, getragen
von den Stahlfedern seines geistes in voller gcsundheit auf
seiner bahn. W. Guimm bei Arnim l, s.\(vgl. R.M.MEvrii
Schlagworte 66); die Hciterethei aber sprang wie eine stahl
feder von ihrem schemel auf. Ludwig 8.171; forschen
ist die Stahlfeder im menschlichen wosen. Vischbr auch
einer 2, Bio.
2) in neuerer zeit getoöhnlich, achreihfeder von stahl,
vgl. Krünitz 168,688—691. Karmarscii-Hrrri;n'8,441— 8.
R. M. Mkyer aelilagtoorte a. 60/. • ich kann mit der ver-
verfluchten Stahlfeder nicht schroibenl bri^ Hkinrs vom
84. nov. 1848 bei H. HüPPER gea, aufa. (1906)167; wieviel
solcher ... Icuto umstehen das eisen, bis es zur Stahl-
feder wird, mit der ich schreibe) Naumann &ueA 94.
STAHLFEDEHHALTER,tn., zu Stahlfeder 8; pfOU. d^ßr
stflJforre stock. AuTKNniETii 186.
573 STAHLFEDERTINTE— STAHLGADEM
STAHLGANZ — STAHLGESCHOSZ
574
STAHLFEDERTINTE, /.. zu Stahlfeder 2: Link 's stahl-
federtinte, name einer üntensorte, s. Karmarsch-Heeren^
9, 487.
STAHLFEDERWAGE, /. wage mit einer stählernen feder
(Stahlfeder l, c) in Verbindung mit einer walze, die einen
Zeiger über eine kreisförmige sTcala bewegt, s. Jacobsson
7, 421''.
STAHLFEDFRZWINGE, /. 'ein kürzlich erfundenes Werk-
zeug, welches aus zicey eisernen platten, etica 8 zoll lang,
bestehet, zwischen welchen eine zerbrochene feder a7i einem
reisewagen, vermittelst zweyer angebrachten schrauben, zu-
samtnen geschroben werden, so dasz man noch viele meilen
damit fahren kayin'. Jacobsson 7,421'»/. (v^'^ Stahlfeder l,i).
STAHLFEILE, /. zum polieren des Stahls, s. Krünitz
168, 627.
STAHLFEST, adj., mhd. stahelveste Lexer Jiandwb.
2, 1192, fest durch stahl (weil von stahl oder mit stahl
umgeben), oder fest icie stahl, im, bilde:
Parthenope ragt so schön am seestrand empor,
umspannt den berauschten sinn mit stahlfestem netz.
Platen 118».
in freier Übertragung von menschen :
zeglicher mut vil t&re was dem stahel vesten.
d. j. Titurel 260 ;
7iicht recht klar ist:
und macht ein schein durch schwinde list,
hüllt sich in lose gesellschafft ein,
als werens stahelfest mit {andre le^art : ewig mit jm) seyn.
mit den ist er samb starck umbgeben,
als seys ein bund vest an im kleben.
H. Sachs 17, 482, 10 Götze.
auch : ihr entschlusz hierin war stahlfest und unwankbar.
Heinse Ardingh. 1,118. — aujfällig ist die form: das las
dir ein stalenveste maur seyn, dasz du dir nichts
böses bewust bist. Reinicke fuchs {Rostock 1650) 124 Qtaum
zum vierten stahl, sp. 555).
STAHLFEÜER , n. .- der schmelzraum oder herd musz
zu eisenschmelzungen viel gröszer seyn, als zum stahl
(im stahlherde, stahlfeuer). Krünitz 168, 597; dasz man
beim stahlfeuer die Verbrennung des kohlensauren theils
des roheisens vermeidet. 598; wenn der stahl in dem
stahlfeuer teigweich geworden ist, so wird er heraus-
genommen. 601.
STAHLFINGERHUT, m. ; eine nachbarin . . , die mich
mit ihrer ewigen batiststickerei und dem groben stahl-
fingerhut an ihrer band zur Verzweiflung bringt. Marlitt
heideprinzeszcheii 315.
STAHLFISCH , m. ein karpfenähnlicher fisch im, kaspi-
schen meere, nach seiner sfahlgraueii färbe benannt, cyprinus
bulatmai. Nemnich.
STAHLFLÄCHE,/, glatte fläche aus stahl: die schmeiche-
leyen der woUust glitten von ihm ab, wie fliegen von
einer polierten stahlfläche. ThOmmel reise 7,226; zerreibet
man den blutstein auf polirten stahlflächen mit einem
glatten hammer ganz fein. Krünitz 168, 623.
STAHLFLÜGEL , m., name eines tagfalters, papüio
lucinda. Krünitz 168, 692.
STAHLFRESSEND, arfj. .- 'stahlfressendes gestein,(Jer^u».)
ist ein festes gestein, das mit dem ^tahl nicht zu geicinnen
ist, sondern viel eisen darauf verschlagen werden; also sagt
ma7i auch: stahlfressende gänge'. Jacobsson 7,422».
STAHLFUTTER, n.; während bei den ersten geschützen
dieser art {einem neuen französischen hinterladungsfeld-
f/eschütz), deren 34 mit der Übergabe von Paris in den
deutschen besitz übergegangen sind, die seele dieser ge-
schütze nur ein theilweises stahlfutter enthielt, sind die
Franzosen jetzt bereits zur herstellung derselben aus stahl
fortgeschritten. Augsb. allgem. zeitung 1872, s. 1411'».
STAHLGADEM, m. ein öffentliches gebäude in Soest, wol
in gleichem siynie wie der Stahlhof in London, vgl. das.
und Adelung unter stahlhof: die wüllenwebere sollen
ihres ampts und keines anderen ampts mehr, auch der
gemeinheit auf dem stahlgademb gehörig, nicht ge-
brauchen. Emminghaus docum. Sttsatensia (1748) s. 276
{Soestische policeyordn. v. 16M, tit. 1,1); was einig ampt
und an die von stahlgadem gehörig. 313 {tit. 15,1); wer
nun hinführo der obgemeldten eines und zu der gemein-
heit gehörige handthierung brauchen will, der oder die-
selbe sollen also beschafTen seyn, dass sie zu ehren dieser
^adt und commun gebrauchet werden können und die
bruderschafft auf dem stahlgadem zu gewinnen angehalten
werden, s. 319 {art. addit. 3); die, so auf den stahlgadem
und in die ämpter nicht zugelassen werden, ebenda (4);
dazu: die stalgadumbs-kost soll zwar jährlich von
denen dazu erwehlten scheffen gehalten, dabey aber aller
überfluss verhütet, . . . und kein fremder mehr, als etwa
von jeden scheffen 2. gaste ... genöthiget werden, ...
das vor der stalgadumbs-kost vorigen tages eingeführte
bierkosten aber gäntzlich abgeschafft sein. s. 387 {verordn.
V. 1709, 11).
STAHLGANZ, adj. : wann aber des quecksilbers mehr,
dann des saltzes, oder des schwefeis vorhanden, gibt
das . . . ein schönen glantz und ein dicht stahelgantz ertz,
wie das Goszlarisch und Villacher bleyertz, doch helt es
wenig Silber, dann dieses ist gemein in allen bergkwercken,
das die stahelgantzen bleystieff {-stufen) am wenigsten,
diese aber, welche schwertzer und blauwlechter, schwam-
miger und leichter sind, am mehrsten silber haben.
Thurneisser alchymia (1583) 134; das bleyertz, welches
stahelgantz, wie es die bergkleut nennen, magstu nemen
(verstehe hiemit auch das zinertz, und die graupen) und
das erstlich zu einem pulver . . . stossen. von wassern
(1612) 67. sonst nicht bekannt, wol gleichbedeutend mit
stahlderb, stahldicht, s. sp. 559.
STAHLGATTUNG, /. .- diese stahlgattung {cementierstaM)
kann grösztentheils von messerschmieden . . . gebraucht
werden. Krünitz 168,613; die verschiedenen eigenschaften,
welche jeder stahlgattung eigenthümlich zukommen. 618.
STAHLGEFLOCHTEN, adj.:
erst ein freundlich sanfter druck
wie von stahlgeflochtnen banden.
Fulda neue ged. (1900) 205.
STAHLGEKLIRRE, n. das geklirre stählerner gerate,
besonders waffen, wenn sie an einander stoszen. Campe:
schnell ward ihr stahlgeklirre leise
und aller zungen stumm. Thümmel reise 10, 165;
und rings durch die stadt verbreitet
sich ein tosend stahlgeklirr;
näher, immer näher streitet
her der stimmen kampfgewirr. Brentano 3, 302.
STAHLGELIEGER , n. stählernes gelieger {der hintere
theil der parsche, d. h. der pferderüstung , bedeckung des
hintertheiles, s. Boeheim waffenkunde 215, fehlt unter ge-
lieger, s. indessen geleger i, /, theil 4, 1, 2955) : dan es raitt
der obgemelt Maximilian zu Vintzentz jm stachl geliger
so herlich ein , daz menigklich . . . davon Verwunderung
empfiengen (1510). fontes rer. Austr. l, 431 (Kirchmair
denkicürdigk. 1519 — 53).
STAHLGEPANZERT, adj.; substantiviert:
seit er die schöne Doralisz erstritten,
die, hundert stahlgepanzerten zum trotz,
er sich erfocht mit einem eichenklotz.
GiLDEMEISTKR AriOSt 23, 71.
STAHLGERÄTH, n.: stracks öffnete er die koffer und
kramte aus, ledersachen mit staUgeräten. Keller 8, 54.
STAHLGERBEN, n. das gerben (polieren, glätten, brunir)
des Stahls (s. II, i, i, sp. 545). Jacobsson 7, 422», vgl. 2, ei*".
Krünitz 168,646. — unbekannt ist der sinn des in steir.
dokumen tenbüchern begegnenden stahelgarb: 1 pfund
stahelgarb 9 kr.; 125 pf. st. l^/a kr., s. Unger-Khull 568''.
STAHLGESCHIENT, adj.:
hier ist ein arm.
von kräften strotzend, markig, stanlgeschient.
H. V. Kleist 2, 293 Schmidt (^Käthchen 5, 1).
STAHLGESCHMEIDE, n. geschmeide aus stahl, s. Campe:
wer bist du, gestalt?
dein schweben ist schön,
dein stalgeschmeid hell.
Denis m Göttinger mtuenalm. 1772, 65.
STAHLGESCHOSZ, n..-
nur auf Zerstörung sinnt er : auf riesig stahlgeschosz,
auf rascheste kugelsendnng, auf eisernen schiffskolosz I
FreiligrathS 2, 269.
früher in speziellerem sinne, vgl. stahl II, 3, b (sp. 550):
mau hat verschiedene arten von armbrustbogen, und
solche bestehen erstlich in einem stahlgeschosz oder
rüstung, zu dessen bogen der beste stahl genommen werden
musz. Eggers kriegslex.2 (nsi), 6S3; die armbrüste sind
etwas kleiner, werden aber doch anter die stahlgeschosse
gerechnet. 684.
575 STAHLGESCHÜTZ— STAHLH ALTIG
STAHLGESCHÜTZ, n.; die fabrik, aus welcher diese
Stahlgeschütze (s. unter stahlfutter) hervorgegangen sind.
Augsburger allgem. zeitung 1872, 1411^.
STAHLGETRÄNKT, adj.:
des äthcrs stahlgetränkten wein,
wie schlfirft die long' ihn lüstern ein.
KOSBGARTEN bct CAMPE.
STAHLGEWAND, n. von der stählernen rüstung; so schon
mhd. stahelgewant, ». Lexer ?Mndwb.2,il29; nhd.:
an der pforte steht sein rosz,
lehnet speer und stahlgewand.
Uhland ged. (1864) 258 (S. Georgs ritter);
hier gürt' ich die mitte mit stahlgewand.
RücKBRT Firdosi 1, 114;
der (p/ci7) traf auf Kulbad's gürtelband,
auf dais gekettete stahlgewand. 265.
STAHLGEVVERBE, n. .- andere gewerbskundige wollten
jedoch die beschränkung des stahlgewerbes gerade dem
flore des stahlhandels für zuträglich halten. Krünitz
168, 668; bei dem stahl- und eisengewerbe. 669.
STAHLGE WERKE, n. (.») 'sind diejenigen, loelche mit stahl
handeln'. Jacobsson 7,422*. danach Krünitz 168,692.
STAHLGIESZEREI, /. das verfahren, geschmolzenen stahl
in feste formen zu gieszen und so gerate aus guszstahl
herzustellen, auch die damit beschäftigte Industrie und die
einzelne werkstätte, fabnk, wo es geschieht; vgl. Karmarsch-
Heeren ^ 8, 443.
STAHLGLATT, adj.:
schon schläft gebändiget die stahlglatte salzflut.
Platen 133».
STAHLGLOCKE, /. glocke aus guszstahl.
STAHLGRANATE, /. granate Qiohlgeschosz) aus stahl,
gegen panzerungen angexoendet. Lueger 6, 452.
STAHLGRAU, adj. chalybetis. Nemnigh, 'grau toie die
färbe des rohen Stahles gewöhnlich ist' . Campe; 'stahlgraue
färbe, ist dunkler als schwärzlich grau, und der Übergang
aus der grauen in die schwarze färbe.' Jacobsson 7,422*:
ein langgliedriges, hellhaariges kind mit einem zierlichen,
etwas scharfem gesiebt und feinen, stahlgrauen äugen.
Frenssen Hiüigenlei i2n ;
nur Waser glüht den stahl noch hart,
und stahlgran ist sein langer hart I Keller 9, 249.
das neufr. auch als name eines färbstoffes. 'die mischung
geschieht aus schioarz und weisz, mit etioas blau, Berliner-
blau oder indigo.' Krünitz 168, 692.
STAHLGRUBE, /. bergwerk, worin erze zur Stahlbereitung
gewonnen xoerden {vgl. stahl H, l,c, «p. 543): die eisenberg-
werke werden in dem Siegerlande in zwei hauptgattungen,
in stahlgruben und in eisengruben getheilt Krünitz
168, 671.
STAHLGRÜN, ad;, me tunkelgrün, luridus. Stieler 709;
verde oscuro, verd' oscuro. Kram er dict. 2, 903"; als polierter
stahl, der im feur grün angelaufen, viride obscuritis.
Frisch 2,315°, ähnlich Adelung; atrovirens Nemnigh;
'sehr dunkelgrün, und etioas ins dtmkelblaue fallend.'
Campe; in Wien stäglgrähn Hügel 154*'. so müssen auch
welche zu künfftigen sang-fincken eingesetzt werden.
hierzu erwehlct man solche, die fein stahl-grün am halse
aussehen. Döbel 2, 240*'; thut man aber viel grünspan
drein (tn die gelbe lauge); so wird es stahlgrün. 264*;
stahlgrUn, auf seide, (färber) eine grüne schattirung, die
nicht in das meergrüne fällt, man zieht die erstlich durch
ein starkes bad von strichkraut, alsdenn thut man in
dasselbe bad entweder gelbholz oder roucou. . . . nach
diesem zieht man die seide hierdurch, und zuletzt durch
die blaukUpe. Jacobsson 4, 248*;
Slfitzlicb sieht er einen steg, geleitet
b«r'n bach, der durch die waldige bergschlucht
hell und stahlgrOo sich ergosz.
Platbn 840* (Abbott. 8).
davon au unterscheiden mnd. st^lgrono probemästig grün,
von buch. LCbbrn handwb. 878* {vgl. das zweite stahl).
STAHLGÜRT, m.:
auf Minen {det feindUehen rottet) «tahlgurt zückt' ich den
bäum. RöCKBRT Firdoti 1, 867.
STAHLGÜRTEL, m.. bildlieh: auch schmiegt sich nicht
der breit« fankelndo stahlgUrtel eines gewaltigen wasser-
ftromet anter ihren {der haide) basen. E. Marlitt haxd«-
friftMestchsn t. 6.
STAHLHALTIO, aäj. .• stahlhalUgei WMier u. a.
STAHLHAMMER— STAHLHÄRTUNG 576
STAHLHAMMER, m. 'in den Stahlhütten, ein hammer-
werk, das gegossene eisen durch schmiden zu reinigen und
in stahl zu verwandeln' . Adelung; 'gerbehammer, kneif-
oder stahl hammer, ein groszer hammer auf den Stahlhütten,
zum schmieden des eisens.' Jacobsson 5, 650''; der stahl-
hammer hat die gleiche einrichtung, wie der eisen-
hammer, nur dasz alles bei ihm wenigstens um ein drittel
kleiner und leichter ist, und dieses betrifft auch die
bälge, den herd, die hammerwelle, den hammer, den
ambosz, worauf das eisen gestreckt wird etc. Krünitz
168, 662.
STAHLHAND , /. mit einem stahlhandschuh bekleidete
liand: der aber weisz . . .
noch auf dem boden obenauf zu kommen,
und schlägt ihn mit der stahlhand in's gesiebt.
Gribs Bcjardo 1, 8, 61;
freier: seht her doch, ihr nach westenl
ein Volk noch auf der weit,
das trotzig mit der festen
stahlhand am aufruhr hält! Frbiugrath^ 3, 187.
STAHLHANDEL, m. Krünitz 168,698, vgl. 0,2» ff. und
stahl II, 1, f, sp. 544.
STAHLHÄNDLER, m. der mit stahl handelt: man findet
aber auch bei den stahlhändlern eine art von englischem
stähle in kleinen stangen, welcher nicht gehärtet ist.
Krünitz 168,662; ferner 'diejenigen kaufleute, welche mit
allerhand staldivaaren handeln; sie führen eigentlich den
namen der quincaillerie- und eisenhändler, weil . . . beide
handelsztoeige, der eisenioaaren- und der stahlwaarenhandel,
zusammen verbunden sind'. 692.
STAHLHANDLUNG, /., *. stahlhandel, zumeist vom
einzelnen geschäft; seltner {veraltet) zusammenfassend : die . ,
gewerkschaft der stahl- und eisenhandlung in Oesterreich
und in dem lande Steyer. Krünitz 168, 629.
STAHLHANDSCHUH, m. als theil der rüstung: Hans
Jochem reichte ihm die stahlhandschuh, die dem edlen
herrn ein weniges zu grosz waren. Alexis hosen^^ 80
(8. kap.); Eich . . . reichte allen die band, von der er den
stahlhandschuh heruntergethan. A. v. d. Elbe chron. eines
fahr. Schill.^ 175;
wohl ritt der reiter nun im schritt,
zog aus die stahlhandschuhe. FreiliorathB 1, 188.
STAHLHARNISCH, m.: der schlanke mann {Zwingli)
trug über dem langen gelehrten- oder predigerrocke einen
guten stahlhamisch. Keller 6, 404.
STAHLHART, adj. hart wie stahl. Campe {vgl. stahl
II, 1, g. 2, b). 80 schon mM. stahel-, st&lherte Lexer
handivb. 2, liZ9; zunächst von gegenständen, die wirklich
von staM und daher hart sind:
d6 kom ir gesinde und truogen dar zehant
von alrOtem golde einen Schildes rant
mit st&lhcrten spangen, michel unde breit,
dar under spilen wolde diu vil minnecltche meit.
mb. 414.
{vgl.: die helmi stältn heirti. Ännolied iii.)
Stahelhart, Stalhart als personenname schon in Lorscher
Urkunden des 8. jahrh., s. Förstemann namenb. l*, \zm.
vgl. atuih nl. stael-herd, durus instar chalybis. Kiman
2, 626*. nJid. gern in freierem gebrauche, meist von der
Sinnesart der menschen:
den titansbau (St. Peter in Rom) etOrt indesz
Wittenbergs stahlharter mOncb. Platbn 187»> ;
doch stand er {Schleiermaeher) mit seinem besonnenen
freimuth immer muthig auf dem plane, sobald er ein
heiliges gut seines volkes bedroht sah, ein stahlharter,
ganz mit sich einiger Charakter. Trritschke d. gesch.
2, 89; durch susammensteUung mit andern analogen ad
jectiven gesteigert:
ach, wer brachte dich zum grabe?
wer, so stahl und eisenhart,
Je doch dorfle brechen abe
solche« blUmlein solcher art?
Spm tnttmacht. 804 BaUte (46, 68);
Zuschlag sie wollen weich, lo bleibet doch der linn
stael-eteln- and eyeenhart.
Rachbl tat. ged, M Dretetttr (1, 188).
STAHLHÄRTE, /. härte de» »tahU; »ehr gro»u hart*
wie die des stahls. Campk.
STAHLHÄRTUNG,/, härtung des »UMe» besw. de» eisens
(etwriMr geHUe), dtmiU e» tu stahl wird, Härtung tu stahL
577
STAHLHAUBE — STAHLHüT
STAHLHÜTTE — STAHLKNOTEN
578
Campe, vgl. Jacobsson 4, 248. Karmarsch -Heeren^
4, 221 — 8. 8, 443, und stahl II, I, g, sp. 544.
STAHLHAUBE, /., altn. stälhufa Gleasby-Vigfüsson
589^, kappe von stahl bei den alten Skandinaviern, ein
tieferhinabgehender hdm, s. Weinhold altnord. leben 2i2 — 3.
Weiss kostümk. 1, 260. vgl. mhd. stehelin höbe Lexer
hayidicb. 1, 1372 und haube 1, d, fheil 4, 2, 563.
STAHLHELM, m..-
doch kampflustentflammend den Troern gebeut
Aineias, der halbgott, und grau'nvoU umdräut
die mahne den kämm
des Stahlhelms dem fürsten aus Dardanos' stamm.
Leuthold ged.* 243.
STAHLHEMD, n..- von reichem hofhalt hat mir der
vater erzählt, von mächtigem gefolge in glänzendem stahl-
hemd. Freytag 8, 16 (ahnen i, s. 22); Ingo trat mit seinen
mannen aus der haUe in grauem stahlhemd. 194 (250);
er selbst that, wie ein riese des herrn, das stahlhemd an.
17 (bilder l), 377;
auch hat er das stahlhemd angelegt,
das Gew sonst geknöpft am halse trägt.
RüCKERT Firdosi 2, 308.
STAHLHERD, m. herd für die verivandlung von roh-
ifen in stahl. Jacobsson 7, 422». Krünitz 168, 693.
STAHLHERZ, n., vgl. stahl 11, 2,c,ß, sp. 547, und
-tählen, adj. 2,f, 8:
o der stahl- und eisenhenherzen !
stahl und eisen weicher sind.
Spee irutznachi. s. 199 Balle (44, 55).
dazti stahlherzig, adj.:
(ich) weisz, er ist narr im häufen, einzeln memme :
doch diesz bestimmte böse macht ihn schmuck,
und hält ihn warm, indesz stahlherz'ge tugend
im frost erstarrt. Shakei/p. ende gut 1, 1.
STAHLHOF, m. die bekannte niederlassung , gildhalle
und factorei, der detitschen Hansa in London am linken
Themseufer etwas oberhalb der London Bridge, an der
f feile des jetzigen Cannon-streetbahnhofs; die gildhalle ist
feit 1260 urktnidlich nachweisbar, der name stahlhof seit
'■"m 15. jahrh.; die Privilegien der Hansa wurden 1578 auf
rhoben, das gnindstück erst 1853 von Lübeck, Hamburg und
Ihemen verkauft, s. Adelung, brem. wb. i, 988. Krünitz
168, 693 — 715. SCHRÖDER d. rechtsgesch.' 621. Lappenberg
urkundl. gesch. des Mnsischen stahlhofes zu London. 1851:
(der Hanseat) verkaufte in seinem Stahlhofe in London
getreide, weisze falken, hermelin, beringe und seehund-
speck aus der Ostsee gegen pfund, mark und Schillinge.
FnEYTAG 18 (bilder 2, l), 240; zu den ältesten höfen in der
fremde gehört die gildhalle des deutschen kaufmanns in
Ijondon, der berühmte Stahlhof an der Themse, (vor 1157)
von den Kölnern gegründet, dann andern städten des
reiches zu mitbesitz eingeräumt. 253. der name, der itne
ein eigenname gebraucht xcird, hat mit stahl, chalybs, nichts
zu thun (die engl. Übersetzung Steel-yard beruht also auf
miszverständnis) , sondern bezeichnet wahrscheinlich den
hof, tco tücher (ein haupthandelsariikeV) gestahlt, geprüft
und gestempelt werden, s. stahlen und das zweite stahl.
(daher die engl, bezeichnung Leadenhall.) ^so schon im
brem. wb. a. a. o., vgl. auch rd. stael-hof, locus tibi infecti
sive tincti panni sigiUantur. Kilian 2,626^. Schiller-
LÜBBEN 4, sse*"/. zieht die ableitung aus stadelhof vor.
schlieszt »ich aber 6, 270» der obigen erklärung an. Scherz-
Oberlin 1553 giebt jene (pro stadelhof, curfis dominicalis)
für ein hochd. stalhof, das er aus einer urktmde beibringt:
an und usz dem dorffe B und dem stalhofe daselbst mit
allen seinen zubehörungen, gerichten, diensten, zehenden.
danach Campe, vgl. auch stahlgadem.
STAHLHUT, m. cassis ferrea. Scherz-Gberi.in 1553,
besonders mhd. stahel-, stÄlhuot als poetische bezeichnung
des heims, s. Lexer handieb. 2,1129. nachtr. 869:
da wart manic helt gQt
gewunt durh den stälhfit.
Lampreht Alex. 8378 Kinzü;
als ein spiegel (xcar) stn st&lhnot. hrone 105S3;
ir sollen mir doch lassen
des beides stahel hfit. heldenb. 815, 41 Keller;
auch bei neuern autoren (in bezug auf die äUere zeif):
seinen köpf schützte ein eigentümlicher runder stahlhut
mit breitem rande. Kellers, 404; könig Bisino trat ein,
X. 8.
düster war sein antlitz, der vierschrötige leib gedeckt mit
einem panzerhemd, das haupt mit dem stahlhat. Freytag
8, 143 (ahneji 1, 1, 8).
STAHLHTJ'l iE, /. 'eine anstalt, tco stahl in menge aus
eisen gemacht xoird, welches in Deutschland durch mehr-
maliges schmehen ujid schmiden geschiehef. Adelung,
vgl. Jacobsson 4, 248''. Krünitz 168, 715: in einigen Stahl-
hütten schmiedet man, auszer dem schmelzen, auch das
roheisen. 659 (vgl. auch tinter Stahleisen und stahl-
hammer). — hätte zum stahlschieszen (vgl. das.): bey ende
des platzes vor dem ballhausz hebet sich die so genannte
stalhütte an, welcher vorder und hinteres gebäude uhr-
heber gleichfals hertzog Johann Casimir gewesen . . . itzt
gedachter hertzog weihete sie am ersten mit einem vogel-
schiessen . . . ein. G. P. H(onns), Sachsen-Coburg. hist. (i700)
1,229; vor anrichtuug vore[r]wehnter Stahlhütte war ein
schieszgarten vor dem Steinthor an dem Stadtgraben ge-
legen, darinnen von denen bürgern allhie mit armbrüsten
geschossen worden, ebenda; neben dieser (offiziersstube)
war ehebevor die müntz welche aber ... in die alte Stahl-
hütte versetzet worden. 227.
STÄHLIGHT, adj.: stälicht Stieler 2117, *. unter
stählern.
STÄHLIG, adj. von stahl, seltne nebenform für stählern :
stählig chalybeus Kirschii comucopiae^ (Nümb. 1723) bei
Dief. gloss.9(i^. jetzt mundartlich: schtceiz. stachlig HuN-
ziker 249, eis. stälik M.artin-Lienhart 2,588'', siebenb.
stSlich unausgebacken Haltrich 48''.
STAHLINDUSTRIE, /.
STAHLITSCH, m., s. Stieglitz. (Nemnich. Campe.)
STAHLKALK, m. zum polieren von stahlklingen: der
geschlämmte stahUcalch oder kalk, mit einem drittheile
weiszer zinnasche vermischt, giebt den stahlwaaren, nach
vorangegangenem feinschm ergein, die beste glanzpolitur,
welche noch dadurch erhöhet wird, wenn man ihn mit
starkem branntwein anfeuchtet. Krünitz 168, 623; unter
allen versuchen neuerer mischungen thut der mit schwefel
gebrannte stahlkalk die vollkommenste Wirkung. 625.
STAHLKAMMER, /. gepanzertes, fetier- und diebssichres
geicölbe in batiken u. ä.
STAHLKAPPE, /.. vgl. stahlhut: der hebn war im
10. Jahrhundert häufig eine runde stahlkappe gewesen.
Freytag 18 (bilder 2,1.), 17; in fremdartig geformter spitz zu-
gehender stahUcappe kam er geritten. Scheffel Ekkeh. 208.
STAHLKAUTSCHUKFEDER, /. eine combinierte Spiral-
feder, s. Karmarsch Heeren^ 3, 383.
STAHLKETTE, /. keHe von stahl, besonders tierkette,
uhrkette. Campe, s. J. Paul l, 165 unter stahlarznei, sp. 556.
STAHLKISTE, /. 'eigenartig hergestellte kiste zur Ver-
packung des sog. kistenstahls' . Unger-Khull steir. tcort-
schatz 568''.
STAHLKLANG, m. klang von zusammenschlagendem
stahl: nur vereinzelte krähen, aufgescheucht durch den
stahUdang der reiter, flatterten von ihren ästen. Alexis
hosen** 94.
STAHLKLEID, n. für die stählerne rüsiung. vgl. stahl-
gewand; schon spätmhd. stahelkleit Lexer handtob. 8, 1129:
so ir geteilent gare
sein gutes stahel cleit. heldenb. 315, 89 Keller;
bis sie mit stahlkleid und eisenhut
hin kamen zu einer tiefen flut.
RÜCKERT Firdon 2, 218.
STAHLKLINGE, /. .- bringt man einen tropfen Salpeter-
säure auf eine polirte eisenklinge . . . macht man eben
dieses mit einer. polirten stahlklinge . . . Krünitz 168, 619;
wie der rost auf stahlklingen die brüchigen stellen be-
zeichne. Arnim 9,287; wieder aufschnellend wie eine
stahlklinge, bog sie sich drohend über das fuhrwerk.
Ludwig 2, 34.
STAHLKNOPF, m. stählerner knöpf, an kleidungsstücken.
Campe; knöpfe von eisen, stahlknöpfe. (Stahlarbeiter)
diese knöpfe werden zwar im gemeinen leben stahlknöpfe
genannt, aber sie sind nur aus gutem schwedischen eisen
verfertiget. Jacobsson 8,488''; hellgraues röckchen mit
stahlknöpfen. Heine 4, 840 Elster (Florent. nachte l).
STAHLKNOTEN, m. 'in den Stahlhütten, ein geteisser
Zusatz, um dem stähle die gehörige härte zti geben, irelcher
aber gemeiniglich sehr geheim gehalten tcird'. Adelung,
87
579 STAHLKOBALT — STAHLMEISTER
STAHLMERGEL— STAHLRAFFINERIE 580
vgl. Jagobsson 4, 248''. Krünitz 168, 715; dichter braun-
stem. Nemnich.
STAHLKOBALT, m. eisenhaltiger smaltit Fehlino
handicb. der chemie 6, 1043.
STAHLKOFFER, in.-, messire Ivain wird seine mühe
verlieren, denn ohne diesen scbliissel kann er nicht an
den schätz, weil er {der Schlüssel) einen kleinen stahl-
koffer mit allen andern schlüsseln {der diese enthält) ver-
schlieszt. Brentano 4, 511; vgl. slahlschlüssel.
STAHLKOLBEN, m. {vgl. stählen, adj.. 2, a. ß. sp. 661):
an mir sprang {zersprang) der stahlkolben des riesen.
Schubart 2, 71 {der ew. Jude 80).
STAHLKOPF, »n., bildlich: ein junger Wildling, der hatte
einen stahlkopf und ein goldherz. Rosegger der höll-
bart s. 99.
STAHLKORN, ?i.: das körn oder der bruch des ge-
schmolzenen englischen stahls ist am härtesten ende ein
weiszes , dickes , offenes und glänzendes körn. . . . unter
der kirschfarbe ist das stahlkorn noch feiner, mehr grau.
Jacodsson 7,419''.
STAHLKRAFT, /..- da flog es wie eine stahlkraft in
Hankes arm. Storm 7,186; vgl. stahleskraft.
STAHLKRANZ, 771. : einsam stand der kunstreiche spiegel
in dem schlafgemach; und wie oft auch die frühsonne
ihre funken auf den stahlkranz des rahmens streute, das
bild der guten gräfin sasz nicht mehr darin. Storm 2, 259.
STAHLKRAUT, n. name verschiedener pflanzenarten,
vgl. stallkraut.
1) name der hanhechel, genista onotiis. Adelung, ononis
arvensis NE.\iNicn.
2) des eisenkrauts, verbena officinalis. Nemnich. Pritzel-
Jessen {Tübingen).
3) des flachskrauts, antirrhinum linaria. Nemnich {nur
im reg., s. stallkraut).
STAHLKUCHEN, m.. 'fr. pieces de l'acier, viereckigte
stücken stahl von vetschiedener dicke, so icie er von den
spanischen, piemonfesischen und französischen Stahlhütten
kommt'. Jacobsson 4,248'', rfa??acÄ Campe. Krünitz 168,715:
hierauf schmelzt man diese luppe (schrey) zum zweiten
male . . . und bringt den stahlkuchen unter den hammer,
um ihn in massein oder schienen zu zertheilen. 600; ein
solches stück rohen stahls {das beim schmelzen auf ei7i-
nwl ausgelaufen und dann erkaltet ist) nennt man . . .
stahlkuchen, stahlscheibe, etc. ein solcher stahlkuchen
wiegt an 1500 pfd. 665.
STAHLKÜGEL, /. i) ktigel von stahl. Campe.
2) kugeln aus einer masse, die man durch einmrktmg
von tceinsteinrahm {rohweinstein) auf eisenfeilspäne erhält
und die unreine weinsaures eisenoxydul- und eisenoxyd-
kali ist, zu kugeln geformter eiseniceinstein , früher zur
bereitung künstlicher stahlbäder benutzt; auch eisenkugeln,
globuli martiales, globuli tartari ferrati. s. Jagobsson
6,444''/. Krünitz 168, 715— 7. Karmarsch-Heeren' 4, 97.
8,448. Fehi.inq handwb. der chemie 6,1043.
STAHLKUR, /. .• nicht blos der heutige beifall war eine
eisen- und stahlkur für seinen muth gewesen, sondern
auch der wein. J. Paul 8, 16.
STAHLLACK, m. 'spirituoser lack, farblos oder gelb oder
blau grfärbt, zum laekiren von blanken stahlwaren, %im
anlauffarben zu imitiren'. Lueger 7,473.
STAHLLATWERGE, /. ; electuarium, martiale. stahl-
lattwerg. Woyt schatzk.* (1784) 803.
STAHLLEUCHTER, m. stählerner leuchter. Campe.
STAHLLÖTUNG, /. das zusammenlöten des stahls. Krü-
nitz 168,717.
STAHLLUPPE, /. die geschmolzene »tahlmasae, vgl.
luppe (i), theil 6, 1312, und stahlkuchen: nachher wird die
noch weiche stabllappe rund herum behämmert. Krünitz
168,600.
STAHLMAGNET, «i. eine art künetticlter magnete, a. KnO-
NITZ 168,717,
STAHLMASSEL, /.. vgl. mässel, /., theil 6, 1710.
STAHLMEISTER, m. l) 'aufseher eines hammerwerkes,
tcelehe» »fahl verarbeitet'. Diei'.-Wülcker 861 (Weim. urk.
V. i7M).
«) tu stahl n,8, 6 (*p. 560): atal- oder blchsenmaystcr.
Baumann quellen ». gesch. des bauemkriegs in Oberschw.
«.SM.
; 3) mnd. stälmester 'der die aufsieht über das stalen der
tücher hat'. ScniLLER-LÜDBEN 4, 358», vgl. stahlen.
STAHLMERGEL, m. ; 'grundmergel, stahlmergel, steel-
marle, in England, eine mergelart, die leicht in würfet
von sich selbst bricht und ziemlich dicht ist.' Jagobsson
5, 750'' ; 'eine mergelart, welche sich im fetier so verhärtet,
dasz sie am stähle feuer giebt.' Krünitz 168,718; stein-
mark, stahlmergel, carnat, {argile) lithomarge. Karmarsch-
Heeren' 8, 469.
STAHLMESZBAND, m. starkes band aus gehärtetem stahl,
zur unmittelbaren m^sung von ejitfernungen verwendet.
Lueger 6, 36.
STAHLMOTTE, /. 'eine art matten oder nachtfalter.
xcelche auf den eichbäumen einheimisch ist; plialaena noctua
qiiadra'. Adelung, pMlaena qiiadra. Nemnich.
STAHLNADEL, /. l) stählerne nadel. Campe.
2) eine art der trompeten- oder posaunenschnecke in Ost
indien, stahlnadel, nähnadel, stahlnadel mit verdoppelten
gewinden, buccinum duplicafum. Ne.mnigh. vgl. Krünitz
165, 718.
STAHLNAGEL, m. .- dieser . . . bestellte sogleich in der
Stadt den niedlichsten koffer mit rothcm safiian über
zogen, mit stahlnägeln beschlagen. Götiie 17, 152.
STAHLNATUR,/, naticr des Stahles : so nimmct das
eisen in des {l. der) herte stahelnatur und eigenschafft
an sich. Mathesius Sar. 79''. jetzt eher in dem sinne 'eine
natur toie von stahl', vgl. stahl II, 2, b, sp. 546/
STAHLOFEN, m. ofen zur herstellung des cetnent- oder
brennstahls, s. Krünitz 168, 603. 607.
STAHLÖL, n. • stahel oder eysenöl. nim zart gefeyhelten
stahel oder eysen, klein gestossen, weisz kiselstein, jedes
j. pfund, dz thue in ein glaszkolbin, brenne es im sand
am ersten mit gantz leisem fewer, so gibt es wasser,
darnach ein rotes öl, das ein geruch hat wie der baisam.
WiRSUNG artzneyb. (1597) 81lD; von dem eisen- und stahl-
öhl. COLER hausb. (1680) 2, 66*' {anders zubereitet).
STAHLPANZER, m. l) stählerner pamer. Campe, vgl.
stahl II, 3, c, sp. 550/
2) Panzerung der neuern hiegsschiffe, s. Lueger 7, 224/ 473.
STAHLPERLE,/ künstliche, aus eisenblech durch stanzen,
verStählen und schleifen {facettieren) hergestellte perle, als
schmuck. Karmarsgh-Heeren'8, 443: den seidengehäkel-
ten geldbeutel mit stahlperlen . . . herausziehend , zählte
er nach. Cl. Viebig wacht ain Ehein i68.
STAHLPLATTE, / platte aus stahl, zu schiffspanzem.
Stahlstichen u. a. vericendet : so werden sie {die grabstichel)
dadurch zum graviren auf stahlplatten brauchbar. Krü-
nitz 168, 618.
STAHLPOLITUR,/; englische stahlpolitur. Jagobsson
7,475''; was das feine stahlpoliren betrifft, so geschieht
dieses durch das reiben oder schleifen mit feinen ab-
reibenden pulvern; denn die feine stahlpolitur kann nur
auf diese weise hervorgebracht werden. Krünitz 168,621.
STAHLPROBE, STAHLPROBIERUNG,/ Krünitz 168,
718, vgl. 618/
STAHLPULVER, 7i. 'ein weiszglühend in kaltem wasser
abgelöschter und dann in einem mörser von rceiszem gusz-
eisen auf das feinste zerstoszener stahl, der als gttter er-
safz des schmirgeis dient'. Karmarsgii-Hekhen' 8, 444.
STAHLPUNSCH, m. .- rundgcsang bei stahlpiinsoh. Vos«
6,5, f^r^ gestählter punsch unter stählen, >■>''
STAHLQUELLE, / l) quelle, deren ira.f-
{meist doppeltkohlensaures eisenoxydul) enthält, ei.soisnurr
ling. Karmahscii-Heeren' 8, 443, iv;/.. stahlwasser: unter
den stahlquellen oder oisenlialtigcn wassern Englands,
sind besonders die warmen mineral- oder stnblwassor-
quellen zu Bath in Sommersetshire berühmt. Krünitz
169, 141.
8) in freierem sinne, xcoher man stahl bezieht: dasz . . .
die Bergischen stahl- und elRonfiibrikanten . . . sich immor
mehr und mehr unabhängig von dem Siegerschen staldc
und eisen machten, und sich neue stahl- und eiscnquellon
In England, Schweden und Itus/.lnnd aufsuchten. Kur
NITZ 168, 670.
STAHLHAFPINERIE. STAHLRAFFINIERHÜTTE,/ 'die
icerkatätte, in welcfier der staid wiederholt geschiceiszt {gr-
gärbf) und ausff^Ommtrt wird'. Si:nKU<:HK.NHTUKi. 23i:
diese rohstahlsUlbe werden nun In den reck- oder stahl-
581
STAHLREICH— STAHLSCHLUSSEL
STAHLSCHMELZHÜTTE — STAHLSORTE 582
raffinierhämmern von neuem geschmiedet und zu
dünnen stangen ausgereckt. Krünitz 168, G71.
STAHLREICH, adj.: der eisenstein ist stahelreich, da
macht man auch stahel drausz. Mathesius Sar. 79».
STAHLRING, m. stählerner nng. C.^.mpe. häufig mhd.
stahelrinc von den panzerringen. Lexer /««jirficj. 2, 1129:
der vesten stalrinfre
ne machten si nicht gewinne.
RdandsUed 172, 22 (4893) ;
anders: ain stahelrLng den hals erwarb.
Oswald v. Woi.kexsteix 84, 101 Schatz;
adtner nhd. : jetzt zog er aus dem stahlring einen silbernen
Schlüssel. ViscHER auch einer 2, 414.
STAHLROCHE(N), 771.. für stachelroche, sp. 400- angel-
fisch, gifftroche, stahelroche, pastinaca, piscis, sie dictus
ab aculeo seu radio venenato in cauda. Hf.nisch 1110, 27.
STAHLROSETTE, /. J. Paul l, 165, s. stahlarznei.
STAHLROT, n.. auch stahlrouge, englischrot, polierrot,
der rückstand bei heftigem glühen von eisenvitnol, haupt-
sächlich aus eisenoxyd bestellend, als anstrichfarbe ver-
wendet, eisenmennige. Karmarsch-Heeren^ 2, 760/. 8,444.
STAHLRÜSTÜNG,/.; Wilkin von Lindenberg war rasch
aufgestanden und schüttelte sich wie einer in seiner
Stahlrüstung. Alexis hosen 76.
STAHLSACHE, /. aus stnhl verfertigte sache, stahlicare.
Campe; gewöhnlich im plur.: der blaszgelbliche Levan-
tische Schleifstein ist der beste ölstein zum scharfschleifen
feiner grabstichel und barbiermesser; auch nimmt er von
gehärteten stahlsachen die feilstriche ab. Krünitz 168, 623.
STAHLSAITE, /. saite von sfahldraht. Campe, besonders
als klaviersaite, vgl. Karmarsch-Heeren^ 2, 650.
STAHLSAUERBRÜx\NEN, m. .- man theilt die stahl-
wasser ... in natronisirte , in natronisirte- salinische, in
reine, und in salinische stahlsauerbrunnen. Krünitz 169, 6.
STAHLSCHARFÜNG, /. schärfung stählei'ner vxrTczeuge.
Krünitz 168, 719.
STAHLSCHEIBE, /., vgl. Krünitz 168, 665 unter stahl-
kuchen.
STAHLSCHIENE, /. schiene von staU.
STAHLSCHIESZEN, n. exercitium sagittis arcu chalybeo
missis petendi metam, das ehmahls gewöhnliche schiessen
mit der armbrust die einen stählinen bogen hat. Frisch
2, 315^ vgl. stahl II, 3, b, sp. 550 und Scherz-Oberlix 1552/.
Adelung. Schm. 2,744. Schmid 484: das stalschisen. Garg.
s. 280 neudr., var. {in den ersten beiden ausg., 1590: mit
dem stahel zuschiesen). schüfzenfest , icobei mit solchen
stählen nacli einem ziele geschossen wird, so im altern
oberd. : anno 1586 hielt man da das grosse stahelschiessen.
Merian topogr. Bavar. (1644) 57*; sonsten war . . . noch eine
dritte gesellschafft des halben stahlschiessens , in an-
gehenden jungen schützen bestehend, welche sich in dem
Zwinger vor dem Ketschenthor mit dem schnepperlein
oder halben stahl exercirte. G. P. H(onxs) Saclisen-Coburg.
hist. (1700) 1, 229; die betrübnisz der beiden Arnstädter,
welche herzog Johann Casimir auf dem stahlschieszen
zu Koburg 1614 von seinen hauptgewinnen ausschlosz.
Freytag 19 {bilder 2, 2), 318; so waren auf dem hübschen
stahlschieszen zu Regensburg, 1586, . . . äie protestan-
tischen und katholischen orte sorglich getrennt, ebenda;
bei dem theuren stahlschieszen zu Dresden erhielt jeder
zweckschusz zur fahne eine vergoldete medaille. 335; die
zahl der schützen war bei den ältesten stahlschieszen
noch nicht grosz. in Augsburg waren 1425 nur 130 . . .
fremde schützen. Ul. vgl. -. dasz man daselbst ... ein
fürstl. gemein-schiessen mit dem stähle aufs circkel-blat
gehalten. Knauth alt-ZeUische chron. 3, 376.
STAHLSCHILD, m. n. .- der stahl- und magenschild des
atlassenen gürteis erwärmt den magen und andre intestina
sehr. J. Paul i, iGö.
STAHLSCHLOSZ , n. stählernes schlosz. Campe, aclwn
mhd. von einem stück der rüstung :
8Ö wil ich haben des beides stahelsldj (var. .- stahel schos).
Wdfdietrich D V, 15.
jetzt von thürscMössern u. ähnl.; dazu das demin.: er
steckte das geschäftliche notizbuch bei seile und zog
ein kleineres hervor mit einem stahlschlöszchen.
Keller 5, 108.
STAHLSCHLÜSSEL, m. ; diese Schlüssel aber waren
nicht so leicht zu finden, denn sie lagen in einem kleinen
ganz stählernen koffer verschlossen, und dieser war wieder
mit einem kleinen stahlschlüssel geschlossen, welchen
der graf von Foix... mit sich trug. Brentano 4,510;
vor einem dunkeln hintergrunde zwischen gemaserten
Zimmer- oder schrankthüren , in denen blanke stahl-
schlüssel steckten. Keller 3, 120; uhrschlüssel : er nahm
den verrosteten stahlschlüssel, und nachdem er langsam
aufgezogen und den perpendikel angestoszen hatte, horchte
er auf das plötzlich laut werdende ticken. Storm 2, 183.
STAHLSCHMELZHÜTTE, /..- in Westphalen werden in
den Stahlhütten ... bei jeder stahlschmelzhütte drei mann
erfordert. Krünitz 168, 664.
STAHLSGHMIED, m.: chalybs . . . stahel, vd stahel-smid
(voc. theuton. 1482). Dief. gloss. 90»; calipsor ... stahel-
schmidt. 90" ; stahlschmid, m. fabbro di stromenti, fibbie
ed altre cose di acciaio. Kr.\mer dict. 2,903«; so schreibet
Strabo das die Chalibes oder alten stahelschmide Chaldeer
gewesen sind. Mathesius Sar. 12^; hauptsächlich wurde
aber viel rohstahl oder in stäben geschmiedeter stahl
ausgeführt, und die stahlschmiede hatten vollauf zu thun.
Krünitz 168, C68.
STAHLSCHMIRGEL, m., bezw. -schmei^el 'der präpaHrte
oder geschlämmte schmergel, der zum stahlpolieren gebraucht
wird'. Krünitz 168, 719.
STAHLSCHMUCK, m. 'bijouierien Otts stahl oder durch
einsetzen in stahl vericandeltem Schmiedeeisen'. Karmarsch-
Heeren ^ 8, 444.
STAHLSCHNALLE, /. stählerne schnalle. Campe: ich
hatte mir die lackirten schuhe mit stahlschnallen und
die neue jacke erst im letzten augenblick von schuster
und Schneider herausgepocht. Storm 2, 91.
STAHLSCHNEIDER, m. 'ein künstle^-, welcher allerley
figuren geschickt in stahl zu schneiden weisz'. Adelung,
vgl. Jacobsson 7, 423». Krünitz 168, 719/ und stahl H, l, l,
sp. 546.
STAHLSCHNÜR, /.. STAHLSCHNURTRIEB, m. schrau-
benfedem aus stahldraht, anstatt der seile bei trans-
missionen verwendet, s. Karm.\rsch-Heeren^ 9, 585 jf.
STAHLSCHREI, m. 'eine unregelmäszige , durch das
frischen erzeugte stahlluppe' (vgl. das.). Karmarscii-
Heeren^ 8, 444.
STAHLSCHREIBFEDER,/., *. Stahlfeder 2. Karmarsch-
HeereN^ 8, 444.
STAHLSCHUH, m. Schlittschuh, vgl. stahl II, 3, h, »p. 552/ .-
jederman suchte nach seinen gezeichneten stahlschuhen,
begierig die reine glatte fläche ... zu beschreiten. Göthe
22, 100 (tcanderj. 2, 5) ; ich schnallte meine stahlschuhe
unter und machte einen einsamen lauf an dem ufer ent-
lang. Storm 2, 102 ;
hast du dem deutschen sänger,
d:'m edlen schlittschuhgänger (Göthe)
den stahlschuh hier gereicht? Keller 10, 54;
und unterm blanken stahlschuh knirscht das eis.
Isolde Kurz ged.^ 89.
STAHLSCHÜTZ, m. arbalestriere. Kramer dict. 2, 903«,
zu stahl II, 3, b (»p. 550), besonders bei den stahlschieszen,
vgl. das. und Schm. 2, 744. Schmid 484 (auch stählin-
schützen); von bogen- unnd stahl-schützen, und schläu-
derern. die bogen unnd armbrustmacher belangend . . . Gar-
ZONI aügem. schaicplatz (l64l) 993»; tirol. stachlschützen ;
büchsen- oder stachelschützen (quelle v. 1833). Schöpf 696;
so fanden sich 1485 in St. Gallen 208 stahl-, 485 büchsen-
schützen zusammen. Freytag 19, 341. dazu stahl-
schützengesellschaft,/ Schm. a. 0.0.; das gebäude,
wo sie sich versammeln, heiszt das stachelschützen-
haus, weil die benennungen stachelschütze und arm-
brustschütze von einerley bedeutung sind. Ochs gesch.
v. Basel 5 (I82l), 89.
STAHLSCHWERT, n.:
noch hab' ich dies gurtband nie gelöst,
vom Stahlschwert nie diese seit' entblöszt.
ROcKBRT Firdosi 1, 252.
STAHLSIEGEL, n. .- ein stahlsiegel worauf die Medusa
Strozzi kopirt. Göthe briefe 10, 54.
STAHLSOHLE, / .- schon längst hatte ich mit der glatten
stahlsohle meiner holländischen Schlittschuhe geliebäugelt.
Stürm 2, 102.
STAHLSORTE,/ : was nun die besonderen eigenschaften
der stahlarten und ihre härtung betrifft, so ist der gusz-
37«
583 STAHLSPACHTEL— STAHLSTEIN
STAHLSTICH - STAHLWARE
584
stahl der gleichartigste, härteste nnd polirbarste aller
Stahlsorten. Krönitz 168, 613.
STAHLSPACHTEL, /., vgl. spachtel, theil 10, i, 1S29.
(s. z. b. ein inserat auf dem Umschlag des 6. heßes der
garfenlaube f. 1870.)
STAHLSPAN, m., Viür. -späne 'ursprünglich die beim
hobeln von stahl erhaltenen abfülle, jetzt fabrikmäszig dar-
gestellte gröbere oder feinere späne dieses metalls, icelche
als reinigungsmittel für fuszböden dienen'. Lueger 7,473.
STAHLSPIEGEL, m. specchio di acciaio forbito (jndito).
Kramer dict. 2,903; spiegel von geschliffenem stahl, be-
sonders hohlspiegel, brennspiegel. Jacobsson 4, 250»: zu
meinen optischen versuchen . . . brauchte ich höchst nöthig
einige stahlspiegel, sowohl einen planen als zwey concave
und einen convexen. Götiie ig, 170; hatte der zeiger auf
der uhr den umlauf beendet, dann läutete hell die glocke,
ein stahlspiegel sank . . . herab und bedeckte das zirkel-
blatt. Freytac. 19, 382.
STAHLSPIEL, n., bei den Orgelbauern 'eine orgelstimme,
die an statt der glocken an stxihlstangen angeschlagen mird'.
Jacobsson 4, 250»; Instrument der militärmusiken , au.9
abgestimmten stahlstäben in einem lyraförmigen rahmen
bestehend, die mit einem hämmerchen geschlagen werden,
auch lyra, glockenspiel. dazu stahlspielwerk, ?i. t/Är-
icerk, das ei7i solches stahlspiel zum spielen bringt, zu-
sammen mit diesem, vgl. Riemann musiklex.^ 679''.
STAHLSPITZE, /. .-
einen pfeilregen schickt' er dem edlen mann.. . .
seiner befiederten stahlspitzen tanz
verfinsterte jenem der sonne glänz.
RÜCKERT Firdosi 2, 384 ;
denke, welch' ein schade,
wenn sich in diese hellen jungen äugen
stahlspitzen tauchten. Wildenbruch Karolinger iS.
STAHLSPLITTER, m., im äuge, durch einen magneten
entfernt, s. Eulenburg realencycl. der heilkunde l , ZU .
STAHLSTAB, m. ; stahel stäbe, bacilla ex ade facta.
Agricoi.a bergwerekb. {auszl. der bergkw.); eine gewöhn-
liche form, worin unverarbeiteter stahl verschickt wird:
aus der erhaltenen neuen masse formt man die so-
genannten stahlstäbe, die entweder in bürden gebunden
oder in kleine fässer gepackt, versendet werden. Krünitz
168, 671 {vgl. stahlstange). als musikalisches instrument:
dieses fest {Vollendung des thurmhaus in Schieiden in der
Eifel am 4. april) möchte wohl darum eine öffentliclic
erwähnung verdienen, weil dasselbe durch ein nach einer
ganz neuen und höchst sinnreichen art eingerichtetes
Stahlstäbegeläute verherrlicht ward, welches der ge-
meinde von einem ihrer mitglieder geschenkt worden ist.
man hat zwar schon hin und wieder stahlstäbegeläute,
aber, so viel uns bekannt ist, hat man es noch nirgendwo
zu stände gebracht, die stahlstäbe mit einer resonnanz
zu versehen, wodurch es allein möglich ist, denselben
einen wirklichen glockenton zu geben, diese aufgäbe ist
bei dem hier aufgestellten geläute . . . vollkommen gelöst
worden, dasselbe besteht ans vier nach art der Stimm-
gabeln gebogenen stäben von puszstahl u. s. w. allgem.
anzeiger der Deutschen 1841, 1326.
STÄHLSTAHL, m., für schweiszstahl.
STAHLSTANGE, /. '6 fusz lange stangen, wovon 9 stangen
in ein gebinde gebunden werden, und einen Zentner bis
115 pfunde wiegen, in tcelchen bunden der steyermärksche
stahl herausgeschickt wird'. Jacobsson 4, 250», vgl. stahl-
Stab und stangenstahl. — mhd. stahclstange, Mufig im
voUcaepoa als waffe der riesen, a. Lex er handwb. 2,1129:
swaa; man der stahelstaneen zwischen sie (^eschOg,
die zeralnoc der Remer alle mit slnen siegen grC;.
roteng. D 644.
STAHLSTECHER, m. künstler, der in stahl sticht, Stahl-
stiche macht, vgl. dieses und stahl II, 1, l, ap. 64«. Krünitz
168,721; dazu stahlstecherkunst, /. ebenda.
STAHIi5TElN, m. l) im bergbau, bezeichnung aller reinen
ei$ensteine. die zur unmittelbaren gewinnung de» ataldes am
geeignetsten »ind, «tahlerz (6ri Frisch, *. rfo*.). Ahkluno.
«) getcöhnlieh »pezieller ein name des spatoiscnstcins
(vffl. das., theil 10, i, 1967), auch spathigor eisenstcin, weiszcs
eiaenerz, (p)f\inr., ferrum oehraceum apatoau,m. minera ferri
alba. jAConsflON 7,488'". Nkmnich (ferrum. i). Campk.
ORBN 1, S5S. KARMARflCII-HKÜRKN* S, 7M. 6,640. 8,818.
Lueger 7, 416. Fehlino handicb. der chemie 6,1043. Scheu-
CHENSTUEL 231. Unger-Khum. stdr. wortsch. 568''. so wol
auch in den alten belegen (l6. jahrh.): im Voitland, und
am Fichtelberg, . . . soll lauter stahelstein brechen, darausz
man eitel oder guten kernstahel machet. Matiiesius
Sar. 79»; man grebt auch eisen unnd stahelstein aasz
streichenden gengen, flctzen und stocken. 141».
s) 'in den bergicerken zu Ooslar ist der stahlstein eine
art schiefer, welche bey der Schmelzung des galmeyes ge-
braucht wird.' Adeluno (2).
4) 'in den Stahlhütten ist es ein gutes Haraprieszigea eisen,
tcelches man erhält, wenn man das aus dem hohen ofen
gekommene rohe eisen nochmals schmelzet; vielleicht iceil
es mit steinartigen unreinigkeiten vermischt ist.' ebenda,
vgl. Jacobsson 4, 250».
STAHLSTICH, m. die kunst in stahl zu stechen, Verviel-
fältigung von bildern mittelst gravierter stahlplatten, sidero-
graphie (1820 von Charles Heath erfunden); gewöhnlich, ein
in stahl gestochenes bild, abdruck einer stahlplatte, wwin
mit dem grabstichel eine Zeichnung od. ä. eingraviert ist,
gravure sur acier. Krünitz 168, 721 — 8. Karmarscii-
Heeren^ 8, 444: zwischen den beiden fenstern stand der
umfangreiche Schreibtisch und darüber hingen alte Stahl-
stiche in hellbraunen rahmen. Tiioma Andreas Vöst 180;
das buch ist mit 4 Stahlstichen geschmückt.
STAHLSTÜCK, n..- dieses {härten) geschieht gewöhnlich
dadurch, dasz man das stahlstück glühend in gewöhn
liebes kaltes wasser taucht. Krünitz 168, 615.
STAHLTHEILCHEN, n.: wenn die stahltheilchen die
eigenschaft sich zu vereinigen, weit weniger haben, als
die eisentheilchen. Krünitz 168, 604.
STAHLTINKTÜR, /.: tinctura martis amara, bittere
stahl-tinctur. Woyt schatzk. (1734) 948; der stahl hat . . .
seinen trefflichen nutzen in der medicin, daselbst die
stahl-tinctur mehr als zu bekannt. Zincke öcon. lex.^iids;
Stahltinkturen, sind eisentinkturen {tincturae martiale.<^,
die man nur mit diesem namen belegt. Krünitz 168, 72s,
vgl. 728 — 731; tinktur für stahl (?): er hatte eine stahl-
tinktur, die jeden hämisch undurchdringlich machte,
welcher damit bestrichen wurde. Bechstein märchenb. \c>
{der Schmied v. Jüterbog).
STAHLTRÜMMER, iJ^u»-., vgl. stahlmassel: beim heizen
erhält man die massein oder stahltrümmern auf einem
herde, mit kleinen kohlen bedeckt, gemeiniglich an zwei
stunden in diesem teuer, dasz sie rothglühen. . .. beim
schienen werden die ausgeheizten stahltrümmern aus dem
häufen genommen, unter dem hammern in eine . . . schiene
zusammen und ausgeschmiedet. Krünitz 168, 645, *. auch
s. 661.
STAHLUMGLÄNZT, adj.:
seht! steigt dort, über jenes bcrges rücken,
ein haupt nicht, ein bewaffnetes, empor? . . .
die schultern auch, die arme, stahlumglänzt?
Kleist 8, 15 E. Schmidt {Penth. 31.
STAHLUMRANDUNG,/.: es war ... an einem kleineren
tisch gedeckt, dicht an dem hohen syenitkamin, zwischen
dessen blanker stahlumrandung ein leichtes feuer glimmte.
daheim 31, 83''.
STÄHLUNG, /. : Stillung, die, et das stälcn, induratio,
propr. fern, et metaph. animi. Stieler 2117; stählung,
stälung, /. duramento, tempra eon acciaio etc. Kramer
dict. 2,903"; nichts lassen zu hart sein, das nit erweicht
möge werden, nichts so weich, das nit stähelung anneme.
PaRACELSUS ^1589^ 2 21
STAHLVERGOLDÜNG , /. Vergoldung des atahla oder
atich des ei.iens, s. Krünitz 168,781 — 4.
STAHLWAFFE, /. iraffe von afahl. Campe: eine leib-
wache mit hundertjährigen guten stnhiwafTen. Keller
7, 244; im jähre 1214 verbot herzog Otto von Haiern in
seinem landfriedon den bauern, hrünne, eisenhul oder
halsbcrgo, lateinische messer oder andere stnlilwafTen in
ihrem dorfo zu tragen. Freytao in {bilder i, i), k.
STAHLWALZE, /. , z. b. zur prügung t'on mün:rn.
a. LuBciiiN v. Eiienoreutii allgem. mümhinde (loor •
STAHLWARE,/, atia stahl hergestellte oder tri
wäre. Campr: Abgänge von stnhlwanron. Krünitz 16.h, üii ;
was nun die stahlfabrikon und stahlwaarenfnbrikcn,
in bcziehung auf den hnndel mit dorn gewonnenen slahle
585
STAHLWASSER— STAHLZEIN
STAHLZ EUG — STAKEN
586
und den stahlwaaren angeht, so rivalisiren jetzt die
deutschen stahlfabriken mit den engländischen ; denn
auch in Deutschland wird jetzt sehr guter stahl fabrizirt,
und daraus die verschiedenartigsten stahlwaaren, sowohl
Werkzeuge und geräthschaften, als auch galanterie- und
modeartikel. GG6; auch in . . . Scheffield wird die stahl-
und stahlwaaren-fabrikation stark betrieben. 677;
nun ist auch ihr vater angekommen . . . aus Amerika;
er besitzt dort eine grosze stahlwaarenfabrik. Mosen
7, 427.
STAHLWASSER, n. tcasser, das eisensalze enthält, aqua
inartialis; fheils natürliches mineralicasser {vgl. stahlquelle,
-Sauerbrunnen), theils künstlich hergestellt. Adelung. Kar-
marsch-Heeren^ 10,411. KrOnitz 169, 1 — 153. Fehling
handwb. der chemie 6, 1043 (an eisencarhonat reiche Säuer-
linge, z. b. von Pyrmont, Spaa): das wyb mag sich ouch . . .
bedämpffen in volgenden krüteren mit rägenwasser oder
Stachelwasser gesotten. Jag. Rüff trostbüchle (1569) 97'';
zu dem durst hab ich jnen merteils verordnen lassen
stahelwasser mit küttinen, granatöpffel , Sant Johans
trüblin und surampfferen safft gemengt. 117*; jr tranck
sol syn stahelwasser mit dem syrupen de granatis ver-
mischt, iig*»; stahel wassers gebrauch, darinnen ein
glüender stahel abgelöscht worden ist, aqtia chalybata oder
aqua extinctionis chalybis candentis. Wirsung artzneyb.
im reg. (im text dafür gestähletes wasser, vgl. stählen, verb.
2, d). auch im plur. stahlwässer, chalybopegae. — dazu
stahlwasserbäder, balnea martiales (!). Krünitz
169, 153/. (vgl. stahlbad); stahlwasserkur, /. 154 (vgl.
stahlkur) ; stahlwasserquelle,/. 154/ (vgl. stahlquelle).
STAHLWEGKE, m. stählerner keil:
so solt der smid . . .
an wagen isen stahel leggen,
znom aller minsten dri weggen (var. : stahel weggen).
des teuf eis netz 10783.
STAHL WEG, m., vereinzelt (und iingut) für eisenbahn:
(der) beobachter, der den neuen stahlweg über die Wasser-
scheide der beiden gröszten deutschen ströme beschreitet.
Didaskalia vom 18. nov. 1873.
STAHL WEIN, m. 'ein eisenhaltiger wein, durch digestion
von einem saueren weiszwein, z. b. Bheinicein, mit dünnem
eisendraht erhalten'. Karmarsch-Heeren^8,444; 'lösuvgen
von citronsaurem eisen oder äpfelsaurem eisenextract im
Malaga-, Xeres-, edlem tveiszwein oder in Chinawein.' Eulen-
burg realencycl. der ges. heilk. 6, 28.
STAHLWEINSTEIN, m. eisenweinstein, weinsaures eisen-
oxydulkali , tartarus chalybeatus s. martialis, vgl. auch
stahlkugel 2. Campe. Krünitz 169, 155. Karmarsch-
Heeren^ 8, 444.
STAHLWERK, n. l) aus stahl verfertigtes werk; so mhd.
stahel-, stälwerc Stahlrüstung. Lexer handivb. 2, 1129/;
lorica e chalybe facta. Scherz-Oberlin 1552. nhd. stalil-
werck, n. opere fatte di acciaio. Kramer dict. 2,903"=;
'allerlei stahl und arbeiten von stahl; als sammelicort, ohne
mehrzahl.' Campe (i).
2) 'eine werkstätte, wo stahl bearbeitet wird.' Campe (3),
hüttentcerk: die Inhaber der Stahlwerke und «stahlfabriken
wurden fast alle reich. Krünitz 168, 667; Übersicht der
Siegenschen Stahlwerke. 670; wir denken an menschen
wie sie und ich , ... die keine aktien von Stahlwerken
haben und nicht stille teilhaber einer Waggonfabrik sind.
Naumann-JmcA 67.
STAHLWESEN, n. ; ferner, so verschwindet allmählig
das Stahlwesen, wenn man den stahl ohne einen zusatz
von verbrennlichem wesen öfters in gefäszen umschmilzt.
JaCOBSSON 4, 248''.
STAHLWOLLE, / 'ist ein den stahlspänen ähnliches,
ebenfalls fabrikmäszig . . . hergestelltes produkt in langen
fäden verschiedener breite . . , ursprünglich nur als abfall-
produkt der bei den webereimaschinen benutzten stahlbüitter
bekannt, und bildet ein seit kurzer zeit eingeführtes, v(yr-
zügliches Schleifmaterial für holz, färben und lackanstriche' .
LUEGER 7, 473.
STAHLZAPFEN, m. -. ein stahlzapfen wurde in die scheibe
(der drehbank) gespannt, derriemen übersetzt, und blinkend
surrte der zapfen. H. Hessf, unterm rad 265.
•STAHLZEIN, «i., s. Lexer «iM. w6. 2, 1130. Boeheim
miffenk. 128.
STAHLZEUG, n., zusammenfassend für allerlei stuhl-
waren : sechshundert neger tauschte ich ein . . .
ich hab' zum tausche branntewein,
glasperlen und stahlzeug gegeben.
Heine 2, 117 Elster {das tidavensehiff 1).
STAHLZIEHEN, n. 'nennt man das aushämm,em des roh-
stahls (kölberlstahls) unter einem kleinen, sehr schneit gehen-
den hammer (dem stahlziehhammer, ziehhammer)'.
Scheuchenstuel 231/
STAHN, verb., s. stehn.
STÄHNEN, verb. .- denckt einmahl, dasz unser nachbar
der Schreiner wol den gantzen tag auff einem eichen
höltzlein stähnen und hobeln musz, um der armen kost
willen. Cyrus v. Hamelstern Biscajino l, 234.
STAHNSTÜCK, n. bei den englischen stuhlmachern 'das
mittelste lange stück, icelches die lehne eines stuhls bildet'.
JaCOBSSON 4, 250''.
STAHR, m., wird zuweilen für staar geschrieben, in beiden
bedeutungen, s. das., sp. 256 jf. 260 jf.
STAHR, /., für ster, stör, hausarbeit der handtoerker:
wenn (denn) der kriegsleut alter brauch ist,
so sie einmal in krieg ziehen,
darnach sie all arbeit fliehen,
betteln hin und her auf der gart,
wie ein Schneider seiner stahr wart
und liegen den bawem vor der thfir.
Peter Lew 274 (Bobkrtag narrenb. g. 99).
STAHR, m. Schafbock, s. stär.
STÄHREN, verb., s. stären und stieren. — stähren bei
den ziickersiedern 'das umrühren des zuckers in den völlig
angefüllten formen'. Jacobsson 4, 250'', vgl. stören?
STÄHRKE, /., s. stärke.
STÄHRLAMM, n., s. stärlamm.
STAHT, m., ältere gelegentliche Schreibung für staat,
vgl. das., sp. 270; auch: doch hat ein jeglicher ein monat
sold, im staht, oder vom schultheisz von seinem ampt
in Sonderheit. Fronsperger kriegszb. i (1578), 4''.
STAHTTANZ, m.: der staht und schäffer-tantz. Fle-
ming 168, s. stadttanz, sp. 504.
STAIRER, m.. s. stäuber.
STAIG, m., s. steig.
STAKBALKEN, m. bodenratim, loorin stroh und heu
aufgestakt wird; preuszisch. Frischbier 2, 359''/
STAKBEIN, n. m., auch stäkel-, stäker-, steckerbein,
im preusz. l) langes und dünnes bein, trfe ein stecken;
2) Spitzname für einen langbeinigen, hageren menschen;
3) name für den storch. Frischbier 2,359''; dazu stäk-
beinig, auch stäkel-, stäker-, steckerbeinig, adj. lang- und
dünnbeinig. 360".
STAKE, 7n. f., s. staken (l, b). .
STAKEISEN, n. breeheisen: vectis ferreus ein stack
yszen. Trochus R2»; westfäl. stäkisen Woeste 252''. —
in Trier spi-ichicörtlich der sieht durch ein staken-
eisen, erspäht die verborgensten dinge. Wander 4,767.
STÄKEL , m. , s. stackel (l). — preusz. stäkel (mit
kurzem, oder langem a) tannen- oder ßchtenast, den man
als zaunstab benutzt. Frischbier 2, 360*, dazu stäkel-
zäun neben staken-, steckerzaun. ebenda.
STAKELN, verb., vgl. staken, i) 'mit einer stake oder
Stange in kleinen absäfzen stoszen.' Campe, so nd. stackein
mit einer stange etxcas in beicegung setzen, das feuer an-
schüren u. s. w. Danneil 210».
2) loaldeck. stükelen steif gehn. drauf los schreiten.
Bauer-Gollitz 98".
3) leipz. lieratisstelten, hervorragen. Alb recht 216'.
4) bei Campe auch für staggeln, s. das.
STAPtEN, m. pfähl, stange. l) Verwandtschaft und form.
a) eine icestgerm. bildung zum verb. stechen, also etwas
stechendes, hervorstechendes, ragendes bezeichnend: ags.
staca Bosworth-Toller 906''/, mittelengl. neiiengl. stake,
vgl. SKEAT589''; altfries. stake Richthofen 1044»; mnd.
stake Sciiiller-LObben 4,351''/ 6,270», mnl. stake, m. f.,
jetzt holl. staak, m. • staeck, stipes, baculus, fustis, peda-
men, pedamentum, sudes, paccillus; statumen. palus, pila,
terminurS. Kilian, vgl. Franck 949/ ob das wort auch
im nordgerm. ursprünglich vorhanden war, ist unsicher,
die seltnen isl. toörter stakka, / stumpf Cleasby-Vig-
FüSSON 587» und stjaki, m. 594» sind nicht direct zugehörig;
bei altachwed. staki, schwed. norio. stake, dän. stage aber
587
STAKEN
STAKEN
588
ist enflehnung aus dem nd. möglich, sicher ist aus dtm
gertn. entlehnt die roman. gruppe ital. stacca, span. prov.
estaca, alt/ranz, staque, estache, s. Diez* 305. vgl. Wei-
OAND 2, 792. Kluge* 375».
b) im detdschen ist stake im mitteMfer auf das nd.
Sprachgebiet beschränkt, wo indessen die belege auch erst
dem 14. — 15. jahrh. angehören. t7i 7id. glossaren .- falanga . .
pranghe vel stake {voc. sax.lat. «.1+25), staecke (Schuerf.n
Theutonista 1475). Dief. gl. 223»; stake, stanghe, pranghe.
nov. gl. iGb"^; sudes eyn thön-, tunstake. 354»; stake, tun-
sfake, tuen staek, tuyn staeck off pael (jgemma gemmar.,
Cöln iSm). gloss. SGi*»; palus ... 7id. staeck, stake. 408'';
paxillus . . . eyn staeck mit yser of cleyn paclken (gemniä). —
vereinzelt steht s tacke in der rvillkür der stadt Heiligen-
»tad< r. 1335: wer do treit eyne kiilen, eynen stacken,
eyne stangen, eyn swert u. s. w. 3, *. J. Wolf gesch. der
stadt Heil. (1800), urk. s. 5. sonst findet sieh in der M.
schriff.fprache stake seit dem 15. jahrh. dasz es aus dem
nd. entlehnt ist, beiceist der mangel der lautcerschiehung
und bestätigt das früheste auftauchen in den denkivürdig-
keifen des Hallischen ratsmeisters Spittendorff: auch
sollen sie kein feuerwerck , weder holtz , reis , stacken
noch stro keinerley nemen. 17I, 12 (Jan. 1476). mit der-
selben Schreibung bei Trochus voc. (Leipzig 1517): pertice
craticie vel sudes interstitiales dy stacken. 0 6^*. auch
später ausschlieszlich bei norddeutschen autoren bezeugt.
von den allgemeinen icörterbüchern seit Sghottel auf-
genommen; stake, m. palus, zaunstake. 1420; dabei tritt
getcöhnlich tcechsel des geschlechts ein .- stake, /. siecco, palo.
Kramer dict. 2,903"=; stake, die, ut zaunstake, palus,
fistuca, pertica, ramusfoi-tis, columen. Stieler 2161 ; stake,/.
im niedersächsischen am meisten gewöhnlich. Frisch
2, 315". ebenso bei Campe, dagegen bei Adelung : der staken.
{so auch bei Heikel, s. 2.). die meisten Zeugnisse lassen
das geschlecht nicht erkennen, ztuceilen begegnet die form
Stacke für stake, so in den ältesten hd. belegen, s. oben,
ferner bei Petri («. 6) und Jacorsson 4, 245»; auch mund-
artlich, s. c.
c) mundartlich ist stake nd. allgemein verbreitet, s. Richey
285. Strodtmann 227. brem. wb. 4, 982 {daneben stakke 985).
Schütze 4, 183. Dähnert 456''. Stürenburg 260''. ten
DoouNKAAT KooLMAN 3, 296'', staok'n Danneil 209''. das
geschlecht icird nur für die südwestlichen (südhanhov.-
westfäl.) mundarten ausdrücklich als masc. angegeben:
stake(n) Schamdach 207», staken Woeste 252'', stäk''(n)
Baler-Collitz 98». im preusz. neben einander stäke, /.
und stfi.ke(n), m. Frischbier 2, 360», dagegen in Liv- und
Estland der stake Hupel 225. (daneben sowol staake loie
Stacke. 224). — stake hat sich aber auch über die an-
grenzenden mitteld. mundarten verbreitet, als masc. stäke(n)
hess. und nordtJiür. Vilmar 394. Hertel spraclisch. 233.
Kleemann 21«. Jecht 107», in Köln stoke Honig 152»;
Verschiebung zeigt 7nir das luxemb. stach, /., plur. stächen
Ganoler 428. im süddeutschen feldt es ganz; in Hand-
schuhsheim dafür stang. Lenz 67''. {tirol, stöggn, m. stengel
beim kraut, ist jedenfalls fernzuhalten, a. Hintner 230.)
2) die ursprüngliciie bedeutung eines spitzen, hervor-
stechenden holzstückes ist noch deutlich in der Zusammen-
setzung baumstake, s. theil i,li9b. sonst bezeichnet stake
stets ein loses holzstück, und zicar ein groszeres, in die länge
ausgedehntes, von geringer oder gröszerer dicke, sodasz es
bald mit stanro, stab, stock, bald mit pfähl synonym ist:
'der staken, . . ein nur im niederdeutschen übliches icort,
einen langen stock, eine stange zu bezeichnen.' Adelung.
diese allgemeine bezeichnung herrscht besonders im mnd.,
«. SciiiLLER-LCniiF.N 4,852*: dazu:
van frimme de man nam encn staken
und slocb se ser an cre baken.
Gerhard v Minden 99,81 Lettzmann;
de dorpere van monpen dorpen
do uppe dat dir mit stcnen worpen,
mit knoppelen nnde mit staken. 71, 89 Heelmann;
icke dencke so wolde woer en btacken halen un my den
rOf^e metcn. nd. hauernkomM. «.281. »ie ist auch im nhd.
noch üblicli: auf einem anderen (floss) ist ein feuer an
gemacht, und Über dem fcuer, an einem staken befestigt,
bangt ein kochtopf. Hf.iihri. lo, 86 Werner; fürj)fahl: der
tote bflwwiobt jedoch warde ton recht gebracht . . .
daselbst wurde ihm der köpf abgehauen und auf den
staken gesetzt. Freytag 19 (fttWer 2, 2), 216. in idiotiken
wird stake mit stange, stock erkläi-t Richey 285. brem.
»pft. 4, 982. Schütze 4, 183. Danneil 209'' {'eine lange und
verhültnismäszig dünne stange"). Gangler 428, mit pfähl
Woeste 252''. Bauer-Collitz 98». Hertel sprachsch. 233.
Ki.EEMANN 21'. beides geben Dähnert 456'' {'langer stecken,
pfald, Stange"). Stürenburg 260''. ten Doornkaat Kool-
MAN3, 296^ Scham BACH 207». Frischbier 2,860» ('*fecA-en,
Stab, stange, dünner pfähl, zaunpfahl, gespaltenes holz-
scheit, pflock"). Vilmar 394 {'knüttd, prügel, stange, pfähl"),
soioie Campe, atich im osnabrückischeii gilt stake sowol
für stange, wie von dickerem holze, 2. b. sparr-staken,
sparre. Strodtmann 227. im bremiscJien steht stakke
'kleiner zugespitzter pfähl', brem. wb. 4, 985, neben gewöhn-
lichem stake 'langer stock, stang t' 982.
3) jetzt ist stake zumeist in gewissen spezielleren ge
brauchsiveisen üblich.
a) stake ... in den gärten, adininiculum, äste, pfähle,
stecken, stangen, die man zu den gewachsen steckt, dasz
sie daran in die höhe wachsen, als erbsen-staken ,
rami, virgae, baculi. Frisch 2, 315° {vgl. Hupel 22G).
bohnen-staken oder stangen, perticae ad erigendasfabas.
ebenda {vgl. luxemb. bone' stach Gangler 428). hopfen-
staken, für hopfen stangen , hat Christian Schulze in
der Gardelegischen chron. p. 138. perticae lupuli admini
cula. ebenda, vgl. Hupel 226. boonen-, lioppenstake sind
auch in nd. mundarten verbreitet, s. Richey 285. brem.
wb. 4, 982. Schütze 4, 183. Danneil 209''. {ostfries. bonen-
stake Stürenburg 260''.)
b) stake, zaun-stake, einen ort, hof oder garten ein-
zuzäunen, sudes, fustis, paocillus, stipes. Frisch 2, 315"',
vgl. zaunstaken; so schon mnd.: man mut ok wol veste-
nen enen hof mit tünen oder mit staken oder müren.
Sachsensp. 3,66, §3, vgl. Haltaus 1727; hihr-auf zoli?
er einen pfähl oder staken aus dem zäune . . . damit er
konte hinein kommen. Zesen Bosemund s. 124 neudr. ;
in norddeutschen mundarfen, s. brem. tob. 4, 982. Stüren-
burg 260''. TEN Doornkaat Koolman 3, 296''. Scham-
bach 207». zeitschr. f. d. wortf. 2, 332/. {in Quedlinburg).
Hupel 225. {ostfries. auch für stucket. Stürenburg 260'',
vgl. Stack, »., 2.)
c) stake heist man auch ein gespaltenes gerades holz,
das man zwischen die balken der wände oder decken
der gemacher, oder zwischen die riegel klemmet, und
deszwegen eine falze aushauet, dasz solche scheide
darinnen halten, welche hernach mit leimen und slroli
bewickelt und beworffen werden, schidia et ligna fissa ad
parietem ludo {l. luto) regendum. Frisch 2, 315*, vgl. Campk ;
beim lehmbau, fachwerkbau stocke, die zunschen die fach
balken eingeklemmt werden, um dem lehm halt zu geben,
vgl. Jacobsson 4, 245» ('stacken , stackholz , das holz zu
einer bleichwand oder zu einem klebicerk"). Lue*, er 7,47.)
und lehmstaken, theil 6, 546 {auch fachstaken, nd. kleeni-
stake Dähnert 234»), wandstaken, windelstaken; ostfrif.f.
wellerslake, stok Stürenburg 260'». ten Doornkaai
Koolman 3, 296''. so schon bei Trochus, s. oben 1, b. {nd.
stakken brem. wb. 4, 985.) — darauf beruht wol der aus
drtick: 80 soll das capittel und der pastor zusammendi»
jederzeit macht haben, ihn und seine erben mit einem
Schillinge wieder abzukündigen , und er Franz Niehuss
will . . . schuldig seyn, wie im fUrstenthum Lüneburg ge-
bräuchlich, seine staken abzubrechen, und dieselben an
andre örter zusetzen, oder es sollen ihme und seinoi:
erben die staken nach hilligkeit auf guter ehrlicher leutc
erkenntniss vom capittel und pastoren bezahlet werden,
auf welchen fall er und seine erben schuldig scyn sollen,
wenn ihm die staken bezahlet seyn, den nilchslen Wal-
burgis tag diesen hof zu räumen, urk, von 1584 bei Haltais
1727 {'ut conditorum quoque a eolono aedifieiorttm , antr
quam cedat, prefium a domino restituatur'). — <i'
auch: 'stacken, kleine runde pfähle :u flaakon oder s.
körben, vHtnim das geaträuchr geflochten wird.' jAr(>ii>» •>
♦, 245».
d) eiserne stangen tum fortsehielten oder fortsiosxen kl- in,,
fahneuge, bootshaken. Bonnmww», staakon, cror«. V.
2,064, stacken Jacokrhon 4,84A», in Köln stqke Höm 1
{bei Campe ruderatange.) |
589
STAKEN
STAKEN
590
e) zum schüren des feuers im ofen :
{weit) auch die zu schwank- und schwachen staken
der sonst in solchem fall so dienlich- mit nutz gebrauchten
feuer-haken,
die nahen häuser abznreissen, uns keine dienste leisten wolten.
Brockes 7, 490.
so besonders nd. in der Zusammensetzung avenstake brem.
icb. 4, 982, {neben ovenstokk) StOrenburg 260''. ten Doorn-
KAAT KOOLMAN 3, 296''.
i) itn mnd. steht stake auch für das sonst gewöhnliche
stock, schlieszblock mit zicei löchern zum einlegen der beine
eines gefangenen, auch gefängnis überhaupt. Sghiller-
LÜBBEN 4, 352. brem. icb. 6, 333/.: se . . . leten dussen Hans
Schaper gripen , unde wart gesät in der deve kelre . .
unde leten one unbarmhertigen teyn {foltern) in dem
staken, d. städtechron. 16, 378, 17 ; HoUant . . . nam se alle
gefenklick an . . . unde verde de vangen in de staken to
Kalve uppe de horch. 404, 12.
5) in mundartlicher rede tcird stake gern übertragen von
vienschen gesagt, {im mansfeldischen nur übertragen von
Pferden tmd menschen. Jecht 107'.) besonders für ein
'langes frauenzimtner', so nordthür. sdäken Hertel Sprach-
schatz 233. Kleemann 21", brem. ene lange stake vam
wive. brem. icb. i, 982. auch ostfries. und preusz. StOren-
burg 260'' (5). Frischbier 2,360"; ein langer steifer kerl.
Danneil 209''; waldeck, ein langer mensch, im plur. lange
beine. Bauer-Collitz 98*. nach ten Doornkaat Kool-
man 3, 296'' einerseits 'eine lange, hagere od. steife, stangen-
ähnliclie person' , andrerseits 'ein steifer, unbeholfener, dum-
mer mensch', vgl. Stacks und den familiennamen S>ta.ck.e.
6) redensarten, besonders in nd. mundarten: een hemp
{hemd) up'n staken {zum trocknen), een np'n knaken spott-
weise von jemand, der nur 2 hemden hat. brem. wb. 4,982;
en'n gauen stäken slän fest zuschlagen. Schambach 207»;
sonst einfach eine gröszere quantität bezeichnend: h§ fritt
'n goden staokn von einem starken esser. Danneil 210*,
rcofür hamb. he kann eenen gooden staken versetten.
RiCHEY 285/. (nicht in Osnabrück Strodtmann 380*).
geistig geicendet: en'n stäken in'n koppe hem, groszen
dunkel haben. Schambach 207*; en'n gräten stäken sinnen
stolzen, hochfahrenden sinn haben, grosz prahlen. 207''. —
unklar ist der sinn der icendung: buten dem stacken
{auszerhalb der schranken des gerichtsf) ist gut dingen.
Petri L6*. vgl. ostfries. afer de stake oder afer stak
raken vom, rechten icege abkommen, irre, verwirrt icerden,
seine besinntmg verlieren. TEN Doornkaat Koolman
3, 296'' (2). — ohne besondere hedeutung scheint Stak als
fingierter name zu stehen in einigen nd. redensarten :
dat 's 'n 6gen säk! segt Stak, vßl fidein un -wönig geld
dörvör. nu noch 6s un denn nich mier! hett oll Stak
segt, dör frigt he de Arierte frü. 't will all sin rök' hebben!
hett oll Stak segt, kinner 6r släg' un 'n oll mann sin
warm berr. (Hoefer) icie das volk spricht^ 1340—2.
7) weitere immdartliche besonderheiten.
a) ostfries. kleiner schmiedeambos mit zwei arm^n.
Stürenburg 260'', kleiner, dünner, langer, nach beiden
enden zugespitzter ambos. ten Doornkaat Koolman 3,296''.
b) zweig einer familie. ebenda. ,
c) in Westpreuszen stäke, /. berg von getreidegarben oder
von aufgeschütteten kartoffeln. Frischbier 2, 360*.
STAKEN, verb. stangen setzen, mit stangen versehen, mi
einer stange stoszen. eine ableitung zu staken, m., die im
allgemeinen auf das nd.nl. Sprachgebiet beschränkt ist,
vgl. Schiller-Lübben 4, 352''/. Frangk 953. {darüber
hinaus weist nur das altn. staka fortstoszen, straucheln.
Cleasby-Vigfusson 587*, das sich kaum damit gleichsetzen
läszt.) in der nhd. Schriftsprache ist staken seit dem
n.jahrh. bezeugt, die Wörterbücher haben es seit Schottel,
in der litteratur findet es sich ganz vereinzelt bei nord-
deutschen autoren seit dem 18. jahrh., s. unten, neben staken
kommt auch stacken vor, so bei Eggers, Zincke und
Jacobsso n, s. \,c. mundartlich ist es nd. allgemein ver-
breitet ohne abweichungen der lautform (staokn Dan Neil
MO»), aber auch ins nordthür. {als staake, sdäke) und mansf.
eingedrungen, s. Hertel sprachsch. 233. Schültze 44'».
Jecht io7», sotcie in die Leipziger Volkssprache. Albrecht
»15''. lautversehiebung zeigt nur das Ituremb. stächen Ganq-
LKR 428. auffällig ist »iebenb. 8(ch)täken Haltrich 48.
Kram er 128.
die bedeutungen aind sehr mannigfach und nicht alle
eines Ursprungs.
1) staken setzen, mit staken versehen: staken polare,
paisseler. bepfälen. Schottel 1420; staken, t^. aasstaken,
bestaken, \da stecke, jw^] steccare, cioe palificcare. palizzare.
palancare. v. pfälen etc. Kramer dict. 2, 903"=; staken,
gestaket, polare, statuminare. figere. statuere. firmare palis,
fistucare. fistucis munire. Stieler 2161; so auch mnd. mnl.
staken, vgl. : staecken, polare, pedare. statuminare, statu-
minibtis firmare, pangere. figere. stabilire. statuere, sistere.
ter minore. Kilian. da/ür stacken l) stacken oder kleine
pfähle einstecken; 2) mit stacken verseTien. Campe, niederd.
stakken brem. tvb. 2, 986. — insbesondere
a) von zäunen, dämmen u. dergl. : mnd. staken, paUis-
saden setzen, vallare {absolut, auch dat were waken, graven,
staken). Schiller-Lübben 4, 352''(l); preusz. zäune her-
stellen. Frischbier 2, 360*. vgl. staken, m. 3, b.
b) einen bau staken , palificcare una fdbrica cioe fare
una palificcota per assodarne il fondamento. Kramer
dict. 2, 903«.
c) staken, verb. parietem (l. -um) spatia inter trabes lignis
fissis implere et ludo {l. luto) vestire. aasstaken, id. polare
parietem vel laquear. Frisch 2,315'=; eine wand, eine decke
staken, eine gestakte wand. Campe; staken, stücken,
bei7n fachicerkbau , die fächer oder f eider im gebälk mit
stakhölzern, die mit strohlehm umicickelt sind, ausfüllen.
LUEGER 7, 473, auch vom ausfüllen mit strohlehm. — so
mnd. (tho stakende und tho lernende. Wismar 1538).
Schiller-Lübben 4, 352'' (2), jetzt nd. staokn Danneil 210*;
in Bremen (ene wand) stakken brem. wb. 4, 986 und so auch
hd., s. Eggers 2, 966. Zincke öeon. lex.^ 2794. Jacobsson
4, 245*. vgl. auch staken 3, c und aasstaken , theü 1, 981.
d) gewächse mit staken (3, a) zur stütze versehen .- staken,
verb. mit reisig, ästen oder s[t]ecken bestecken, als erbsen,
höhnen, a. d. g. baculis out ramis infixis erigere et erecta
teuere. Frisch 2, 315", so nd. staken 'stangen beystecken'.
de höhnen sünd noch nich gestaket. Richey 287 (4).
Strodtmann 380*. brem. wb. 4,983 (4: tn .Bremen stakken;
so honen, arften stakken 986). Schütze 4,184(4). Dan-
neil 210*. HuPEL 226 giebt nur diese bedeutung an. so
auch siebenb. schtäken {für stecken?) die Weingärten mit
pfählen versehen. Kramer 126. Haltrich 48. daneben
stacken die tceinpfähle festmachen und die schlechten durch
bessere ersetzen. 97. {dazii Itucemb. stächen, 'stengeln. ramer' *
Gangler 428, vgl. stacken 1.)
2) mit einem staken arbeiten, Jiantieren, stoszen, schieben,
stochern u. s. w. Campe, nd. Richey 286 (1, nicht in Osna-
brück Strodtmann 380*). brem. tcb. 4, 983 (1). Schütze
4,184(1). Frischbier 2, 360* (1). im einzelnen:
a) garben, heu staken Campe, 'mit einer stäkforke die
bündel vom wagen auf den boden oder umgekehrt reichen'.
auf-, abstäken Frischbier 2, 360*; so schon mnd. körn
mit der heugobel auf- oder abladen {obs.). Schiller-
Lübben 4, 352'' (3) ; mit der heugobel arbeiten. Dähnert 456''.
b) kleinere fahrzeuge in seichtem wasser mit staken (3, d)
oder stangen fortstoszen. Goedel etym. tcb. der seemannsspr.
458.- um sich durch rudern und staken zu retten (de *e
sauver ä coups d'aviron). Bode Montaigne 1, 110; im bilde:
wer weisz es nicht aus trauriger erfahrung, wie er in
manchem buche, wo solche tonnen nicht lagen, hat
rudern und staken müssen, eh er von den Sandbänken
abgekommen ist. Klopstock 12, 177 (= gelehrtenrep. 141).
c) das feuer staken schüren. Campe, vgl. staken, m. 3, e;
nd. dat füer staken, dazu tostaken, nastaken. Richey
287(3). Schütze 4, 184 (3), dat vtier, den aven staken.
brem. wb. 4, 988 (s). (in Osnabrück dafür stocken Strodt-
mann 380*.)
d) mit der stange forschen , sttchen , nach der tiefe des
wasseis oder nach etwas, das am gründe liegt: se staket
darna. dazu upstaken aufsuchen, auffinden, auftreiben:
ick weet dat book nich up to staken. Richey 286/.
Schütze 4, 184 {in Osnabrück stocken Strodtmann 380*).
vgl. brem. wb. 4, 983 (2), absolut:
ich sehe männer mit haken,
zwei sind es oder drei;
sie fischen und sie staken
nnd schütteln den köpf dabei.
KladderadnUch 4. atig. 1872, 1. beibl. 1"
{gedieht 'Spree-reinignng'),
591
STAKENG ABEL — STAKER
STAKERN — STAKIG
592
e) 90 atich für stochern, nd. stökcrn : he staket in den i
täncn. RiCHEY 287 (6, m Osnabrück stocken Strodt- j
MANN 380«), he stakt in de täne. Schütze i, 184 (6), sikk ,
in de täne staken. Dähnert 456», de täne oder in den
tänen staken, brem. tcb. i, 983 (i); die zahne staken. Campe.
/) von ähnlichen beioegungen mit der hand: he staket
achter de ohren. Richet 287. Schütze *, 184. brem. wb.
4,983 (2). flöe staken suchen und fangen, ebenda; de hund
staket de flöh. Richey 287. Schütze 4,184(5). dazu:
wen se der junfern schold de HS aflsöken,
sede 66, 'de teve verkrüpt sick twischen juwe knaken.
ick moet sehn, dat ick se dar wedder kan uth staken .
Lauremberg schcrtzped. 2, 164.
vgl. auch: saep em eyn maul (mal) slocke, aver slocke
nen heyicn kraus (keinen ganzen h-ug) tau, isser doisse (!)
im balge, wy schollent mit dem goen drunke daur wol
uth estacken. nd. bauemkomöd. s. 23.
g) al^ eine von d ausgehende freiere gebrauchsweise läszi
sich fassen das nd. na ene sake staken oder agter ene
sake her staken hinter etwas her sein, sich mühe um, etwas
geben, brem. wb. 4, 983 (2), s. auch Frischbier 2, 362*'.
h) unsicher ist die Zugehörigkeit bei der nd. bedeutung
'jagen, bannen, quasi baculo autpertica abigere'. ick will
dy staken, dir beiiie tnadien. Richey 287. Schütze 4, 184 (5).
(in Osnabrück stocken Strodtmann 380».)
3) andre bedeutungen, bei denen die beziehung zum suhst.
staken deutlich ist, begegnen im mnd., nämlich: a) mit
einem staken schlagen; b) ins gefängnis {s. staken 4) werfen.
ScHILLER-LObBEN 4,352V- (*• 5).
4) staken bezeichnet in nd. und mitteld. mundarten eine
art des gehens : meldenb. mit groszen schritten einJi€7-gehen,
rasch vorwärtsgelien. M i 86*, ebenso waldeck, lange schritte
matJien, dagegen bei Woeste einfach mit 'gehen' erklärt:
op de kammer tau gestaket. 252^; mansfdd. herumstäken
ohne eigentliche beschäftigtmg herumschlendern, Jecht 107";
t'ji Leipzig 'einherschreiten' . Albrecht 215''. auch in der
Schriftsprache: dann stopfte sie den kater wieder in das
bettbühr . . . und stakte zur thür hinaus. Storm 7,165;
'gute fahrtl' sagte er . . . und stakte davon. Frenssen
HiUigenlei 124; seitlich vor ihm stakte der alte unermüdlich
hin und her. 173. dieser gebrauch ist wol auf staken, m. 5
zu bezielien und meint den steifen, weit ausschreitenden
gang eines langbeinigen menschen.
b) weitere verwendtingen gehen dagegen nicht auf das
subst. staken zurück, wenn sie auch wurzelverwandt sind.
a) dem nl. eigenthümlich ist die bedeutung 'hemmen,
aufhören machen, einhält thun; auf hären, etwas einstellen'.
so rnnl. und hoU.: staecken het werck, opus sistere, de-
»istere ab opere, desistere operari. Kilian (s. auch oben).
sie ist auch ins ostfries. eingedrungen, s. ten Doornkaat
KooLMAN 8, 296''/' dieser gieht als nl. grundbedeutung an
'mittelst eingeschlagener pfähle aufhalten' (also zunächst
vom sperren eines wasserlaufs), dagegen stellt Franck 953
dieses staken zum adj. stack (s. d. 2).
b) mnd. sik staken vom pferde, sich etwas in den fusz
treten. Schiller-Lü eben 4, 863', ist direct zum verb stechen
gebildet.
c) ebenso wol das nordthür. staken (sdftke) hervorragen.
Hertel sprachsch. 288. Schultze 44*.
d) staken, stammeln. Stieler 2224, s. staggeln.
e) preusz. getreide, kartoffeln in staken (*. d. 7, c) bringen,
aufschichten. Frischbier 2,860*.
/) siebenbürg. schtäken bedeutet ferner 'stürzen, nieder-
sinken'. Haltrich 48*; 'fallen; sterben, vom rindvieh.^
Kramer i26.
STAKENGABEL,/., vgl. stakforke: einst erzürnte er
sich über mich ; er stand im stall , ... da erwischte er
die stakengabel und schosz die nach mir. Freytao
19 (bilder 2, 2), 205.
STAKENWERK, n..- staket, stakenwerk. Litdwio tetitsch-
engl. lex. (17J6) 182», *. Weioand «, 790. vgl. stakwerk.
STAKENZAIIN, m. sepes palata. Fribch 2,816"; ein aus
*X»ktii (fi, b) zuaammengtaettter taun. Campe. Friscuuikr
t, 160*; stackenzaan, lattemaun. Popowitsch 8tt.
JacOBSSON 7,418*'.
STAKER, m., nominalbildung zum vtirh staken, $chon
mnd. (*.!,«), be»onder$ in nd. mundarten, doch auch
»Mensek. tutteiUn mit umlaut, t. s, a. d.
1) einer der stakt.
a) der getreide mit der heugabel auf- oder ablädt, s. staken
2, a; so mnd. staker (in Wismarer urk. v. 1426 und I50l),
auch kornstaker. Schiller-Lübben 4, 358*; nettnrf. der mit
der Stange oder heugabel arbeitet, bre^n. wb. 4, 984. Dähnert
456*. Frischbier 2, 360''.
b) bauarbeiter, der die fachwerkwände und decken mit
lehmumwickelten staken (3, c) ausfüllt, kleber, klebemeister,
vgl. staken, verb. l,c. jetzt getcöhnlich si&&k er geschrieben:
am 3. märz fand eine öffentliche Versammlung der staaker
statt, welche die gründung eines fachvereins beschlosz.
dazu: staaker -arbeit,/.; so wird von behörden die aus-
fülirung der erd-, maurer- und staaker-arbeiten an einem
bau atisgeschrieben, s. zeitschr. f. d. xcortf. 5, 298. die altern
Wörterbücher geben dagegen die form stacker, s. Eggers
2, 966. ZiNCKE ÖCOn. lex.^ 2794. JaCOBSSON 7, 418*.
c) staker, Stammler Stieler 2224, s. staggeler.
d) vgl. auch stacker 2.
2) Werkzeug zum staken.
0) schUs. stacker stock, stange. Wein hold 93*.
b) nd. zum stochern : tän(e)staker Zahnstocher, brem. wb.
4, 985. dähnert 456*. Frischbier 2, 360*; vgl. staken 2, e.
c) 'bei den gelbgieszem, eine eiserne zugespitzte stange,
womit die kohlen um den tiegel beim schmelzen der metalle
gehörig gelegt und lierangestoszen werden.' Campe (2), also
zu staken 2, c. bei Krünitz 167, 641 stack er.
d) altmärk. stäökr für reute(f), stab mit eiserner spitze
zum abstreichen der erde von der pflugschaar . Danneil 210*.
STAKERN, verb., iteraüvbildung zu staken in nd. mund-
arten, auch schles., hier auch mit umlaut : stäkern, staekern
Weinhold 93", so auch mekUnb. stäkern Mi 86* (neben
stackern 85*), altmärk. stäökern Danneil 210*. daneben
stackern, s. das.
1) stochern Campe. 6rem.»c&. 4,985. Dähnert 456*. Mi 86*.
Schemionek 38, stochern mit stab oder stange. uin etioas
aufzusuchen. Weinhold 93»; vgl.:
88 (die Icinder) staekern mite durch's ganze haus
und prtillen am laut'sten : gemülle 'raus !
HoLTEi «cWe«. ged. (1858) 143,
dazu im gloss. zur l. ausg. (1830): stäkem 'mit einem stock,
auch mit dem finget nach etw. suchen', preusz. stochernd
suchen, stochernd nach einet sache langen, gleichviel ob mit
oder ohne stäken. Frischbier 2,360*; atich übertragen:
etwas zu erreichen suchen: danach hab' ich lang gest&kerl.
ebenda, wonach trachten Schemionek 88. im altmärk. ist
stäökern von staokeln (*. stakein l) u>enig verschieden, in
der reget so, dasz das xverkzeug, dessen man sich bedient,
kleiner oder kürzer und die beuregungen häufiger sind.
Danneil 210». — tra7is. brem. up stakern aufhetzen, brem.
wb. 4, 985, vgl. stackern l.
2) 'mit langen, dürren beinen, als at^ Stangen oder stelzen,
einher treten, he kumt an stakern : er kommt mit seineu
langen beinen an gestolpert.' brem. wb. 4, 985 ; danach Campe.
tneklenb. in diesem sinne stackern (s. das.) und stäkern :
hei stäkert so, er geht so steif einlier. Ml 86*.
STAKET, n. (und Zusammensetzungen), 8. stacket
STAKFORKE, /. Iieugabd, womit man heu oder kom in
die höhe reicht, vgl. staken 2,a; nd. wort Frischbier »,80o'',
stakefork Dähnert 466*, auch ins hd. übernommen .- (der
gutsherr) gab dem widerspenstigen einen schlag mit dor
reitpeitschc. hierüber aufgebracht, ging der junge mensoli
. . . dem gutsherrn mit einer stakforke zu leibe. Frank/,
journ. vom S.juli 1872, 1. beil. I*; der . . . junge mann . . .
wollte abermals mit einer stakforke bewaffnet ... /.u
seinem verhafteten vater dringen, ebenda.
STAKHOLZ, n. holz tu staken (3, c, vgl. das verb. l,c).
Campe, als slackholt schon in einer mnd. Urkunde v. 1465,
s. Schiller-Lübben 4,858*. auch im hd. ülx-rwiegt die
Schreibung staokholz: das holtz, welches auf nur be-
schriebene art zugerichtet worden, nennet man Btjick-
holtz, 80 da meist nur ein weiches, aber wohl ansgetrook-
netos holtz seyn musz. Zinckr bcon. lex.* 1794, dienso
Egüers 9, 9C6, vgl. atteh Jacoiibson 4, 846*; sein handel
mit allem, was Icute brauchen können, mit bauholr. und
stackholz und kohlen und sand . . . gebt gut. Frknsskn
Jörn Uhl ». 691.
STAKIO, a^., nd. teort, altmärk. staokig 'hoch attf-
guckonm, wm mentchm %mi g/Umten; biUUieh: unbe-
593
STAKNETZ— STALAGMIT
STALAKTIT— STALL
594
holfen'. Danneil zio«, stäkig 'wie ein pfähl, steif, un-
beholfen'. Schambach so?*», iraldeck. stäk(e)ch Bauer-
COLLITZ 99». in der hd. litteratur, gexcöhnlich von menschen :
den beschlnsz machten ein stfikig aufgeschossenes mäd-
chen und ein zehnjähriger knabe. Storm 5,92; femer:
einen zettel . . , worauf einige tacte aus einem Mozartschen
ave verum in etwas stakigen noten hingeschrieben waren.
4, 172 ; wenn ihre {des sehiffes) ricken stakig und dürr . . .
in die luft starrten. Frenssen HiUigenlei 167 {vgl. unter
stagnothblock).
STAKNETZ, n. 'netz, von gleicher einteilung und ein-
richtung icie das treibnetz, nur mit engeren maschen. . . .
die stäknetze werden wie die kaulbarschnetze vermittelst
Stangen, stäken, pricken, in gerader linie auf einer he-
stimmten stelle festgesetzt und bleiben sodann mehrere tage
stehen, bevor sie aufgezogen und gelichtet werden'. Frisch-
RiER 2, 360''/- nind. stakenet schon in einer lat. urk. v. 1309,
.<?. ScHiLLER-LÜBBEN 4,353». ausführlich beschrieben als
staaknetz , klebenetz bei Jacobsson 7, 416''/- . daneben
stacknetz, s. 419». Krönitz 167,642: das stacknetz wird
aus flachsen gam geknittet, ist etwa 20 klafter lang und
1 klafter tief, es bestehet aus drey wänden, von welchen
die beyden äuszem sehr weite maschen, fast eine spanne
im quadrat haben, die mittlere wand aber hat dichte
maschen einen halben zoll im Viereck u. s. w. Fr. S. Bock
jiaturgesch. v. Preuszen 4, 722.
STAKS, s. Stacks.
STAKTE, /., s. stacten, sp. 415. vgl. noch Schenkel
bibellex. 5, 379. Riehm handicb. des bibl. altert. 1046».
STAKTEICH , m. , für stackdeich , a. das. .- stak-teiche,
aggeres continuis trabibtis contextis in fronte muniti, see-
teiche die vomen gegen den anlauf des see-wassers mit
holzwerk verwahrt. Frisch 2, 315'.
STAKWERK , n. , zusammenfassender ausdruck für die
staken (3, c) beim lehmbau: dazwischen fanden sich brocken
von gebranntem lehm, welche von dem staakwerke der
wände und decken herrühren. Jacobi Saalburg s. 94; ob-
gleich das erdreich . . . sehr trocken ist, waren doch die
wände mit einem staakwerk zwischen holzpfosten ver-
kleidet. 116; tafel XI zeigt . . . das stücken mit rundhölzem,
d. h. die konstruktion des staakwerkes {opus eratitium). 222.
(v^^. stackwerk und stakenwerk.)
STAL, m., s. stahl. — zum zweiten stahl {sp. 553^.) sind
einige belege nachzutragen, wodurch das alter des Wortes
im hd. hinaufgerückt wird, probemünze (4): ut . . . de
moneta nostra tredecim solidi ... ad monetam Goloniensem
et de Coloniensi moneta tantumdem ad nostram ponatur
pro securitate que dicitur in vulgari stale. mon. Germ.
leg. seet.TV. ^ot. III, l, 322 {statutum de moneta v. 1282);
so han wir herren . . . ydermans beste da inne besonnen,
und sin sementlichen eyne muntzen uberkomen, von
golde thun zu slahen in eyme glichen werde, und uff einen
stalen u. mauere, recessus monetalis dectorum Ehenens.
an. 1399 bei Guden cod. diplom. anecd. (l75l) 3, 648 {wieder-
holt 1404, «.4,35). taxe (?), einkaufsgdd in eine zunft:
anno 1401 uff sante Martinus dage do ober quam das
gancz hantwercke {die schneiderzunft zu Mainz) . . . und
hant eingebracht und haut gesatz dy czunft uff yren stal,
do dy tzfinft^ uff blyben sal, myt namen vor 16 phont
heller, wer sy begert und gantz wil han, s. Mone zeitschr. \
1R. 179. normalgewicht und masz (? s. stahl 4 zu ende): \
eisen auch unserm ehrw. herrn zu eile, maiss, seyhe j
nd gewicht, und so man dere sthallen nit hett,
soll man die zu 8. Mattheis suchen, toeisth. 8, 856. —
8. femer stale.
STAL, m. /. begegnet auch als bezeiehnung eines kirchen-
geräts : der pfarrer sagt {zu Ulensp.) : ... 'so ich über dem
altar steh und ward {warte) des opfers, so stehe du dar-
neben und gib die stal zu küssen. Murner Ulensp.
». 143 Lappenberg {zus. der ausg. v. 1532) ; da gieng der
Priester wieder in die kirchen und holt ein stalen, und
gieng wider zä dem dantz, und warff dem tüffel den
•tal an den hals. Pauli schimpf u. ernst s. 234 öaterley
{nr. 383).
STALAGAllT, m. icarzcTistein. eine art tropf stein, die sich
am boden von höhlen ttnd kalkhaltigem wasser bildet; aus
gr.-lat. Stalagmites. Campe erg.-wb. Oken i,8S. Krünitz
169,157. Fehling handwb. der chemie 6,1043.
X. 2.
STALAKTIT, m., auch stalactit geschrieben, plur. Sta-
laktiten, aus gr.-lat. stalactites, tropf stein, kalksinter.
zapfenartige oder zackige gebilde von mannigfachen formen
an der decke von höhlen und gestein. die sich aus herab-
tropfendem wttsser ansetzen. Nehnich. Jacobsson 7,424'».
Campe erg.-wb. Oken 1,83. Karmarsch-Heeren' 8,444.
Fehling handwb. der chemie 6,1043. — dazu:
höhlen gibt es am meeresstrand,
gewaltge staiaktitendome.
A. V. Drostk-HOlshoff 1, 73;
Stalaktitenkalk, m. kalksinter, tropf stein. Karmarsch-
Heeren' 4, 610. 8,444; Stalaktitenzacke, m.f: nur
das heimliche düster um die wurzeln des buschwerks
vertiefte sich zur finsteren höhle, aus der einzelne zweige
wie schwarze Stalaktitenzacken in das schwimmende
teuer hineinragten. Marlitt Iteideprinzeszchem ; stalak-
titisch, adj. tropfsteinartig: stalaktitischer schwefel.
Jacobsson 7, 424'».
STALDE(N), m. steiler weg, abhang ; schweizerisches wort,
schon in Aargäuer weisth. des n,.jahrh. bezeugt, s. Lexer
handwb. 2, 1131. nachtr. 369, und in personennamen schon
in Baseler Urkunden des 13. jahrh. : Burcardus dictus ame
Stalden (1262), Heinricus dictus an dem Stalten (1275),
H. am Stalden (1293) u. ö., s. Socin mhd. namenb. 392»; dazu
auch Mehthildis dicta Stalderin (Wumn) 1279, s. 392». 661 ?
noch jetzt mundartlich stalden, m. 'steHer weg oder vielmehr
das abstraktum, tcie auch ein weg, der mit muhe oder kunst
an stellen getrieben werden musz, wo die natur ihn fast
versperrt hatte'. Stalder 2, 390; stalde im Aargau 'häufig
als lokalname für nicht sehr steile abhänge'. Hünziker 250.
jiame einer abschüssigen strasze am ostende der stadt Bern .-
wie wenn man ohne schleiftrog im galopp den Stalden
absprengen wolle. Gotthelf Uli d. knecht 312 Vetter (21. kap. ;
in der bearb. v. 1850 dafür: den berg). vgl. femer das
Schweiz, idiot.
STALE, m. .- datt die herren setzen off ordineiren soelen
einen mumber (= muntbor, vormund) off procuratoir vnr
sich, den man gemeynligen nennet stale. Wassersch-
leben d. rechtsqu. 2, 203 {mittdfränk. weisth. der schaffen
V. Maicenheim, 15. jahrh.). hängt damit zusammen der
famüienname Rudpreht Stal == Rodbertus Stale, Hubertus
Stal (junior) in niederösterr. urk. um 1180 — 1220, s. Socin
mhd. namenb. 267»? vgl. auch: Uolrich von Lutz genant
Stal bei Ulrich v. Richental Const. conc. s. 200 Buek;
Wilhelmus Remundi de Stal. 202.
STALL, m. geschlossener räum zum aufenthalt für vieh.
gemeingenn. \cort, urg. *stallaz; got. unbelegt; altn. stallr
unterläge, postament; stall; mastblock {daneben stallt altar).
CLEASBY-ViGFüßSON 587*', schtced. norw. stall, dän. stald;
ags. steall stand, platz, steile, stall. Bosworth-Toller 913''
{davon zu scheiden st«l, n. platz, stelle, läge. 907'»), neuengl.
stall, vgl. Skeat 590»; altfries. stal stehen, stand, stelle,
stall, bestand. Richthofen 1044». Siebs in Pauls grundr.^
1, 1178, jetzt wang. stäl, satl. stal. 1379. 1384. germ. *stalla-
i9t durch assimilation aus *stadla- entstanden, und stellt
sich nahe zu stadel aus *sta|)la- und tceiterhin zu der
basis *staj)- in standan, vgl. stehn. es läszt sich mit dem
gleichbedeutenden lat. stabulum aus *stadhIo- identifizieren,
s. SiEVERS indog. forschungen 4, 337/. {danach Walde lat.
etyrn. wb. 346. 592. anders erklärt bei Weigand 2, 792/.
Kluge^ 375». Fick' 3, 341. *1, 147. 568. J. Grimm gramm.
2, 41. 57/ 71. Wächter 1580. Prellwitz etym. icb. der gr.
spr.^ 432.) aus dem deutschen stall stammt die rotnan.
sippe stallo, estalo, altfranz. prov. estal stelle, aufenthalt,
neufranz. 6tal kram {s. das zweite stahl , sp. 55Sf.) , ^tau
ßeischbude, und fem. it. stalla, span. estala, altport. stala,
stM. wovon weiter it. stallone, franz. dtalon Zuchthengst.
DiEZ* 306. — stall ist im germ. masc. &-stamm, daher im
plur. altn. stallar, ags. steallas, -es, ahd. stallä. auch im
mild, ist stalle die geteöhnliche form :
{der bürger) He; machen stalle,
da; stn vie mit alle
da schold bellben naht and tac.
von d. tiben tlajceren 816.
». auch hochz. 511 unter 2,d. doch daneben:
die stelle miettens nmbe ir guol.
Ottb Eraditu 1856.
{unsicher Walther v. d. Vogelweide 25, 36.) seit dem
15. jahrh. sieht die umgdauiete form stalle, stelle fest;
38
595
STALL
STALL
596
vgl. : stäl (die) vychställ, stabula. Maai.er 383''. ungewöhn-
liche schreitv.ng : eben also ist anch verboten ohne lattern
mit einem liccht in die steill zu gehen, sfeir. taid. 163, 1*.
in bair.-tirol. qudlen kommt daneben seit dem 16. jahrh.
sporadisch ein plur. auf -er vor: ohne scheuern und
steller. Zimm. cAron.^ 2, «4, 39; in städlen, reverender
stöUem. tirol. weisfh. 3,286,37 (n.jahi-h.), s. unten %,c, ß;
das re. galtvich firtershin von ihrigen zeinen . . . abzu-
kehren und hinweck zu treiben, und zwar soliches an-
fangs auf die obern drei stöller aufzuschlagen. 2, 121, 7
(vom j. 1716) ; das nämlich niemande mit dem liecht in
die ställer oder auf die heudillen, ohne selbes in Internen
wohlverwahrt zu haben, begeben solle. 4, 531,13 (v.l782). —
sonst begegnen abiceichungen der form kaum, eine atis-
spräche mit gedehntem vocal (icie sie hetite in verschiedenen
hd. mundarten bezeugt ist) setzt für das ältere schles.
folgender reim voraus:
er wird dahin geleet in einen schlechten stall,
damit uns werden ican des bimmels schöner saal.
Opitz 3, 195 (lobges. auf d. geb. Christi 83),
vgl. dazu Wein hold dialektf. *. 26, 3 U7id 22, anm. in
einem uxstfäl. vor 1610 geschriebenen Schauspiel (Slenner-
hinke) kommt schwache fleanon vor: wen hey veyrig {feurig)
wort, bruyt {geht) hey van stunnen an mitt em luyten
{mäddien) nahm kaustallen, nd. bauernkomöd. s. 41 Jelling-
haus, beides ganz isoliert. — die formen der heutigen hd.
mundarten sind: Schweiz, stal {plur. stel) Hunziker 249,
stall (stall) ToBLER 406», in Basel stal Seiler 276'' ; eZs.'st&l
(^Zur. 'stal, seltner ' six\) Martin-Lienhart 2, 588''; lair.
stäl {plur. stall) SCHM.2 2, 745, ürol. stall (stMler, stfeUder)
Schöpf 697, stöl (stalle) Hintn er 230, stall Zingerle 52'',
kämt, stall Lexer 238, cimbr. stal cimbr. wb. 235''; in Hand-
schuhslieim stal Lenz 67, unterfränk. stohl Ruckert 176.
nettnd. durcJitceg sta.\l brem. tcb. i,9m. Schütze 4,185. Däh-
NERT457». StOrENBURG 261». TEN DOORNKAAT KOOLMAN
3, 297'» {plur. stallen). Woeste 253». Bauer -Collitz 98».
{überall masc.)
die bedeutrtng von stall war ursprünglich die ein^s all-
gemeinen Verbalsubstantivs zu stehen; doch finden sich die
meisten dieser mannigfachen gebrauchsiceisen nur in ein-
zelnen germ. mundarten, und nur vereinzelte spuren davon
kommen im nhd. vor; dagegen ist die heutige spezielle be-
deutung in allen germ. sprachen üblich.
1) abstrafst, das stehen, stillstehen, so ags. steall 'a
Standing Position', in stalle stonde stehend, s. Bosworth-
Toller 913» (1, zioeimal); altfries. einmal an stille stalle
in stillstehen. Richthofen 1644». im deutschen nur in
einigen verbalen Verbindungen, z. th. mit abgeleiteter be
detitung.
a) stall halten, halt machen, vom reiter oder fuhrmann
{mit bezug auf 3?), nur im le. jahrh. belegt: als er stall
zu halten vom gaul abgessen (abgsessen?) war. Hedio
Piatina (1546) bei Gombert erg. zu Weigand 3, l; uf dem
weg aber zwischen Füesen und Larmos do verhündert
sich der postillion und hielt stall. Zimm. chron.^ 3, 518, 39.
luxemb. stall halen, stall stoön, stand halten, stehen bleiben,
(ayirrifer, beruht wol aufholl. stal houden. Ganoler 429.
b) ahd. stal geban mit inf {mit zi oder im gen), eticas
einstellen, womit aufhören, begegnet häufig in glossen und
ztceimal bei Otfrid: stal kepan, cessare; stal kipit, cessavit;
stal gabi, deaiiaset; stal gip, absiste u.a., «. Grapp 6, 675;
ni gab si thoh abar al io thes raatTennes stal.
OTFRin 3, 11, 20;
aflr gab stal, tbaz ist naär, mSr si rinnanne tbAr
bmnno thes bluates. 14, 27.
c) hierher gehören vielleicht auch einigt redensarten in
nd. mundarten: ditm. de ko hat enen langen stall, hat
lange vor dem kalben die milch verloren, brem. wb. 6, 884.
unklar igt da$ toestf. ne hochtld oppen stall sl&n, dauen,
nicht begucken. Wof.str 2.V5».
«) in der regel bezeichnet stall den ort, wo jemand oder
ettetu Heht; in der altern «praehe nUt mannigfachen, theil-
weist nur vereintdi vorkommenden bedeutungen.
a) allgemein, heu», platt, diese bedeutung i»t beaondera
Mm ag$. steall verbreitet, vereinzelt auch bei frie». stal.
vgl. auch Wachtkr i.'rftn. im deutarhen sehr selten, so von
der Staudart der sehachfiguren !>ei Heinh. v. BbRINOKN
{um 1800):
der steine sfal und ire var. 260;
der vicrde vende üf dem spil . . .
hat vor dem kanige sinen stal. 6260.
im tiJid. ist dafür stelle eingetreten, s. das.
b) daran schlieszt sich eine freiere Verwendung ent-
sprechend dem heutigen stelle, statt, locus, vices, die sovcol
im ags. wie im ahd. und frühmhd. üblich ist, vgl. Grisim
gramm. 8,268 und Adelung (2,1): in Herodes(es) stalle,
stal, pro Herode; in minan stal, vieem; in stnan stal,
pro se; in dero stal, pro ea, s. Graff 6,675; besonders bei
NoTKER : dag sprichet der propheta in persona martyrum
(in dero marterero stal). ps. 9, 14; diön sprichet er nu zun
ex persona fidelium (in den stal dero gelobigon). 10, 1 ;
dag chit unser höubet in unseren stal. 17, 22; din hant . .
fersu&nta andere didte unde in iro stal flanzotost du si^.
43,3, 8. ferner 17,40. 78,1. 89,7. 108,1;
do er es alleg ersach, unsir herre im zu sprach
'dilzzes soll du phlegen ubir al mennisch in mtnem stal'.
genes. 8, 12 Diemcr (= /undgr. 2, 15, 42).
wenn zu der stelle: und rait der Püttrich auf ain mal
gen München in hertzog Hansen stat, des diener er auch
was. d. städtechron. 5, 48, 10 eine handschr. die lesart stall
bietet, so ist kaum an ein fortleben dieser alten bedeutung
zu denken.
e) mit beziehung auf die räumliche ausdehnung. platz,
räum für jemand:
es liegt ein hoohes land in Amphitritens armen, . . .
das land heist, wie es liegt CHohelandt'), . . .
kalt, felsicht, drukken, leer, wild, doch ohn alles wild,
kaum dreyer fischer stall. Fleming 82.
d) im mhd. bezeichnet stal zuweilen einen menschlichen
xoohnraum, so: {Elisabeth konnte zu Eisenach keine her-
berge finden,)
des muste si nu gaben
wider in ir engen stal.
Elts. 5003 (= kamere 4966. 4973);
die betten sich versloffen
in die stelle ab den wegen.
Ottokar reimchron. 62470 {nach dem
dann auch freier : Glossar -?) ;
da mite mugen die riehen alle
chomen in aie @wigen [stajlle.
hochz. 511 (Karajan gprachdenkvi. 80, 14);
der enge stal für das grab:
von Schweiz ain grosze zai
die hat der Franzos triben
in ainen engen stal.
Uhland volksl.^ «. 867 (178, 15 vom j. 1515
= LiLIENCRON hist. VOlksl. 3, S. 173).
ähnliche Wendungen gebraucht Luther für die weit: denn
wenn die weit from were, so dörfften wir keines keisers. . .
dieweil sie aber ein stall voller böser hüben ist, so mus
man gesetze und oberkeit haben. 8, 434''; das ist aber eine
grosse und schöne ehre, die got der weit zueygnet, nem-
lich das sie ein stall vol ehebrecher und ehebrecherinnen
ist. 16, 510, 28 Weim. ausg.; denn die weit ist nichts anders
denn ein stall vol böser hüben. 20,553,12. doch ist hier
vielleicht elier Übertragung von der getcöhnlichen bedext-
tung (3) aus anzunehmen, s. unten 5, e. auch fohjeixde
glossen (15. jahrh!) lassen sich nicht mit voller Sicherheit
hierherstellen: pandochium . . . gasthus sitn. stalle. Dief.
gloss.iOB"; stal oder geschoz pa7idochiHm. Dief.-Wülckkr
862. deutlich dagegen ahd. herislal, -stelli castra Grafp
6, 675 {häufig als Ortsname, s. Förstemann namenb.* 2,1*9) ;
liutstal, heriuuahta, stafiones. 676.
e) nl. stal locus in qtw res renales dvfponuntr4r. Kilian
2,628». diese bedeiifung musz alt sein, denn sie ist früh
ins lat.rom. übergegangen: mlat. estallum, mereatorum
sedea in foria et nundinis. Du Gange 8, 817», stallum
l,fm^f., Bfalla 676" {vgl. Adelung 9, l), {alffraux. estal,
<5tal, woraus wiederum das deutsche stahl entlehnt ist,
8. das., »p. 558/. {auch das netiengl. stall Imleutet krämer-
stand, laden, bude).
f) stal, retus. sedes, SfdiU: cathedra. KiLlAN a.a.O.
mlat. stallum als beteiehnung der ehorstühle in kirehen
kommt seit ende des 11. jahrh. vor. Oitk kirehl. kttnst
arehäologie* i.Wtf. Hbhzoo realenegkl.^ 10,87. stalluin.
aut Stalins, . . . pro sede uniuseuiusque monachi auf ranonir)
in choro ecelesiae. Du Ganor 7, 678» {Utrerhtcr Statuten
V. 1088); construxit slalla nova in choro. quelle bei Ai>i
LUNO («, l). SO auch mhd.: dornooh do her {der könig)
597
STALL
STALL
598
in das chor qwam und stand in seinem stalle, do standen
die herren von Behmen vor em. Palacky urlt. beitr. z.
gesch. Böhmens {Wien 1860) s. 582 (3. mal 1469). {dazu die
hei Schii.ler-LCbben 4, 353» angeführte stelle* aw^ engl.
stall in diesem sinne^
g) stall bezeichnet femer das. vxyrauf oder tcwin ettcas
steht, so altn. stallr unterläge, postament. block; mnl. stal
•lestdl. geicöhnlich findet sich indessen diese bedetdung nur
■n Zusammensetzungen, und so im detitschen ausschlieszlich.
vgl. Grimm ^ramm. 2, 526/. lOll. so besonders kerz(en)-
stall, ». fÄ«7 5, 618, ahd. chercistal, kerzistal, n. cande-
labrum Gr.\ff 6, 676, mhd. kerz(e)stal, n. Lexer handxcb.
1, 1560 (fiis ende des lö.jahrh. bezeugt), gleichbedeutend ahd.
liuht-, liehtstal Graff a. a. o. ferner mhd. bettestal
bettpfosten {Kudr. 1283,1); bistal, n. thürpfosten Lexer
handicb. 1, 285 {vgl. .- bey-stall, heist im alten vocabul. 1482.
ein aas-gehäase von steinen, m^nianum, ex ligno est pro-
sectum, soll vielleicht projectum heissen. Frisch 2,316»);
garnstall, s. theil i, l, 1372. es ist zu beachten, dasz alle
diese Zusammensetzungen, soiceit das geschlecht erkennbar
ist, neutra sind. — eine art gesteil bezeichnet auch noth-
stall , m., s. theil 7, 952/. {zur übertragenen bedeutung vgl.
noch: noht-stall, travaglio di maniscalco, met. sedia,
seggetta da donna di parto. Kramer dwrf. 2, 904»;
und solt ich nicht die weit den sünden-kercker lassen,
den noth-stall, welcher stets hat meinen leib gekränckt?
MüHLPFORTH leichenged. 199 ;
ich brenne vor begier aus dieser weit zu scheiden,
dem noth-stall aller angst. geUÜ. ged. 22.)
vxiter ab liegen andre Zusammensetzungen, von körper-
theilen: nierstall, m. n., s. tJieil 7, 83.5, vgl. Höfler krank-
heitsnamenb. 671»; mhd. hirnstal stim, schadet Lexer
handicb. 1,1304. {über das unerklärte aagstal, m. n.
albtigo. eine augenkrankheit der pferde, s. theil 1, 815/
Höfler krankheitsnamenb. 671». 919*».) in ortsau-sdrücken
bezeichnet stall abstracter den ort, die stelle, so besonders
burcstal, n. stelle einer bürg, die bürg selbst. Lexer
mhd. handicb. 1, 393, was allein von diesen Zusammen-
setzungen noch im nhd. fortlebt, s. theil 2, 544. Sanders
3,1167". dazu mundartlich bachstall , ftacÄ&eft (wAicefz.),
und rebstall, oberer Weingarten {schicäb.), s. ebenda.
h) eine auffällige abstracte Verwendung in dem sinne
'gestalt' zeigt die mhd. icendung in kriuzestal (vallen,
beten u. ä.) in kreuzesgestalt , mit ausgestreckten armen,
s. Lexer handwb. l, 1743. J. Grimm kl. sehr. 6, 209. so schon:
si bedditin ci gote in crücestal. Annolied 838.
creuzstall adverbial noch im n.jahrh., s. theil 5,2198. —
{andre ganz abliegende, abstracte bedeutungen zeigen ahd.
und mhd. Zusammensetzungen trie antarstal, intervallum.
Graff 6, 676, mhd. bogestal, troufstal, widerstal.)
3) die gewöhnliche bedeutung im deutschen ist jedoch die
f^ieziellere eines geschlossenen und gedeckten rattmes zum
' ufenthalt für vieh. und zwar ist diese einengung der be-
Indtmg gemeingerm., doch begegnet sie im altn. vergleichs-
i-eise selten {dafür auch stallhüs), ebenso altengl. (stal,
sfabulum; dsera tamra nytena steall. Bosworth -Toller
dl3^); attch im altfries. ist sie nicht die häufigste, dagegen
überwiegt sie im detitschen {und nl.) von anfang an und
ist im laufe der entwicklting alleinherrschend geworden,
vgl. zur geschichte des worts und der sache im allgemeinen
Heyne hatisaltert. 1,40 f. 95. 178/ 222. 353. 2,201/ Sch rader
reaüex. der idg. altertumsk. 796—8. Schenkel bibellex.
5, 379/ {diese einschränkttng der bedeutung tcill Singer,
kaum mit recht, auf einfiusz des lat. stabalum ztirück-
führen, zeitschr. f. d. wortf. 3, 234''.)
a) ahd. stal stabulum, catda ; plur. stallä stabula, prae-
sepia. Graff 6,674, schon im voc. S. OaUi: stabulus stal,
a. ahd. glossen 3, 1, 25 ; stabulum stal. vocab. opt. 8, 15 {s. 20''
WackernageT); stabulum stal, hd. stalle, stall, vel stalen.
Dl EP. gloss. 650»; nov. gloss. 347»; vgl. stal, stabulttm,
septum, praesepe, mandra, mansis armenti aut gregis.
vtdgo Stella. Kilian 2,628». nhd. stall, stabulum, septtim,
praesepe. Dasypodius; stall, m. estable. Hulsius SOö*»;
stall vor allerley viehe, stalla. di ogni sorte bestiame.
(1618) 237»; stabulum, ... ein stall oder viehstall. CoR-
viNUS fons lat. 634'', «. femer Schottel 1420. Stieler
2117/ Kramer rfiW. 2,904». Steinbach 2,657; stall heist
ein vermachter ort für allerley vieh, »tabulum. Frisch
2,316»; stall, stabulum. etable and vor die pferde eeurie.
ingemein ein gebäu, in welchem allerley vieh eingesperret,
und im winter aafgestellet wird. Jablonski 746''; stall,
ist ein gebäude, worein vieh gestellet wird, sowohl
darinnen das ordentliche futter, als die benöthigte ruhe
zu gemessen. Zincke öcon. lex.^ 2799, danach Jacobsson
4, 250''. daher ; man macht doch heut wol stall ausz den
kirchen, annd kirchen ausz den stallen. Oarg. s. 205 neudr.
b) über die einrichtung der stalle: solche stall sollen
zum wenigsten zehen schuch preit sein, aber über fünff-
zehen schuch nicht inn die länge haben. Sebiz feldb. 32;
die stall sollen am aller wärmsten ort desz gantzen
bawrenhofs geordenet werden, ebenda; s. femer besonders
J.\blonski 745''/. Krönitz 169,158 — 167. ein warmer stall,
da die kälte nicht eindringen kan, stabultim quod frigore
non infestatur. ein heller stall, stabtdtim qttod non eget
luminis. Frisch 2, 316»; der stall ist nicht finster. Stein-
bach 2,657; die kälte dringt nicht in den stall, ebenda;
einen stall diehlen , stabtilum roboreis axibus constrare.
ebenda; ein gepflasterter stall, stabultim lapide Stratum,
ebenda.
c) stall mit andern Substantiven verbunden.
o) haus und stall als aufenthalt für menschen und
thiere • der fürkauf (ton vieh. käse u. s. w.) bei den stallen
und heisern {soll) bei Vermeidung schwerer straff genz-
lichen verpoten und abgestölt sein, tirol. tceisth. 1,27,27;
wann ainer . . . war, der ainen wolt in seinen heuszlen . . .
angreifen, . . . wolt ime in seine stall oder heusser ein-
tringen. 176,26; es soll auch niemant . . . mit ainer kien-
faggl geen im haus oder in stäUen. 2,154,9; {neben nocA
andern gebätiden-) wann ain unvleisz {Unvorsichtigkeit mit
feuer) in den heisern, stoben, kuchen, stallen . . . befonden
wurde. 249, 5 ; über die zahlreichen häuser und stäUe des
hofes ragte hoch das dach des saals. Freytag 8, 10
{ahnen 1,1); zwischen den Wohnhäusern und den stallen
eilten geschäftig die männer. lo, 5 (3, i). vgl. .- nuo het
Taldas sich mit husz für den perg gesetzt, und hiesz im
vil stell für den perg machen, handschr. v. 1458 bei Wacker-
nagel leset). 1*, 978, 31. in demselben sinne tcerden zu-
sammengestellt: sie sind die hofbesitzer, in deren saal und
stall hofbrauch gelernt wird. Freytag 18,6;
schon acht monate legt sich der schwärm
uns in die betten und in die stalle.
Schiller 12, 14 {Wallentt. lager 1).
ß) stalle und vorrat^räume : in dem hofraum davor
standen ... die stalle und vorrathsräume. Freytag 8, 169
{Ingo c. lO); wer über die zagbrücke durch das thor-
gewölbe trat, der sah vor sich einen weiten hof von
niedrigen wohngebäuden , stäUen und vorrathsräumen
eingefaszt. 10, 3 {ahnen 3, l). so besonders: stall und stadel,
vgl. sp. ilßff. und: stall, stalla i per gli animali; ma
stadel, dinota magazzeno, fondaco. ripostorio difieni, robbe,
mercantie etc. Kramer dict. 2, 904»; {es soll nicht gestattet
icerden.) das man mit angezinten spännen in die stall,
städl oder dergleichen ort, wo hei, stro oder andere leicht-
lich brinnende sachen sein, gehe, tirol. tceisth. 1,30, 32;
zu deme wird auch . . . verbotten, in stallen und städlen
tabak zu trunken. 2, 2, 27 ; es ist strenge verbothen, . . .
mit offnem lichte oder brennenden tobackspfeifen im
stalle oder stadl herumzugehen. 239, 30 ; {dasz) auch nie-
mants kain liecht . . . weder in städlen, reverender stöllern,
noch in dort . . . tragen . . . sollen. 3, 286, 37. so tcol auch :
so solle man auch . . . mit kainem küenlicht in die fueter-
heuser oder stall geen. 4,589,36; ähnlich ferner: drittens,
werden iedermänighch die spann und springleichter, auch
das tobackrauchen in den häusem . . , auf den thennen,
stallen und dillen . . . eingebotten. 2, 861, 11; das innerhalb
dreissig jaren ob den vierzig heusere ohne scheurn und
steller alda erbawen worden. Zimm. chron.* 2,m,fS9;
wir wollen euch ten topfT erlaasen
nnt euar stall nnt scheur ermansen.
Garg. b. 51 nettdr.
doch toerden solche räume auch ttnter einem dach vereinigt,
so enthält das erzbischöfliehe kornhatis in Erfurt in seinem
untergeschosz stalle, s. Heyne hatisaltert. 1,296, anm. 272:
in dem grossen komhause seint die ackerstubbe . . . und
der ackerknecht und encken kammern, uff den ziegeln
in dem stal darin gemacht gewest, welchs fast sorglich
SS*
599
STALL
STALL
600
und vherlich wass. . . . darumb ich . . . das kornhaus mit
newen maweren . . . underfangen, und eynen kornboddem
und eynen schönen pferdestal darin gemacht habe.
MiGHELSEN Mainzer hof a. U. vgl. auch Martin -Lien-
HART 2, 588*". auch folgende stelle zeigt einen gedeckten
stal, über dem sich andre räume banden:
her Hans von Tenemark
ward aufT ain loch gedrungen
ab durch ain pün in ainen stal,
das im die oren klungen.
Oswald v. Wolkenstein 116, 61 Schatz.
umgekehrt: das kind nürret uns, dann allweil die weit
gestanden, hat man die stall nie zu oberst ins hausz
gebauet, wie so? antwort der hofmeister, ich weisz doch
wol ort, als zu Lyon, zu Bamette und Schenon, auch in
Ungarn und Sibenbürgen, da nicht allein die stall am
höchsten des hauses sind, sondern auch die keller. Qarg.
».205 neudr. (15. Cöp.). stall und keller:
schöne, wirtschaftliche dame,
haus und hof ist wohlbestellt,
wohlversorgt ist stall und keller. Heinb 2, 13 EUter.
v) die stalle bilden neben dein ackerland eine seile der
landxcirtschaft :
ich gebe jeder (tochter') dreiszig acker landes
und stall und hof una eine heerde.
Schiller 13, 173 (Jungfrau v. Orl. prol. 1).
so auch: die pfarrkinder steuerten reichlich, was feld und
stall abwarf. Keller i, 15.
d) stalle werden nach den gattungen der in ihnen unter-
gebrachten thiere unterschieden und gern durch Zusammen-
setzung näher bezeichnet.
a) allgemein : stelle für allerley vieh. 2 chron. 32, 28 ;
dann (in den zw'olfnächten) betrat die göttin unsichtbar
die häuser , ... sie berührte den schlehenstrauch und
wilden apfelbaum im garten. Freytag 17 (fttWerl), 91;
jüngferchen, geh' ihr gott ein gedeihn, . . .
glattes vieh' m die stall'. Voss 1, 170 {Luise 3, 459).
vgl. viehstall mandra Dasypodius; stalla da bestiame
Kramer dic<. 2, 904''. krankenstall für krankes vieh,
besonders rindvieh, bei ansteckenden seuchen. KrüNITZ
169,170; schlachtstall, con/ectonwin. Steinbacii 2, 657.
pfändstall, *. Martin-Lienhart 2,589».
ß) der vornehmste stall ist der für die pf erde: der walt-
hawer hat auf der Peunt ein stall, dorein er seine pfert,
wenn er hinnan ist, stellt. Tücher baumeisterb.lZ, IZ;
das jm nit zeit warde, in die stell zu lägen, wie jr
brauch ist, wasz für pferde darinen stünden, rollwagenb.
62,4 Kurz; letzlich fügten sie sich zu dem jungen Gar-
gantomänlin, fragten jn heimlich, wa die stall für die
grosse pferd weren. 6arg. s. 20i neudr. ; so konnte jedes
bäuerlein, das im stall die pferde sah, zum verr&ther
werden. Freytao 18, 312 (bilder 2, 1, 8);
so stöt in dem stalle min
den orsn ein ors gelich gevar,
diu da hoernt ans gräles schar. Parz. 474, 9 ;
er machte im dru; einen stal
und lieg da wesen sine pfert. pass. 99, 4 Köpke;
so wQschet das guldin rössel herfUr
und springet kecKlich herusz für den stal.
KoNB. Dangkrotzheim namenb. 632 ;
im stall da slen drei rosse,
sie seind des edlen Lindenschmid.
Umland volktl. nr. 139, A, 6;
noch weiter ich gesehen hab
im stalle drinnen ohn ^eferd
nach der rey brumb die schönsten pferd.
Fbebbr $chieszen zu Drexzden (1610) II 4*;
Sleich einem jungen rosse, das zuletzt
och heimkehrt zu dem stall, der es ernährt.
Kleist 1, 46 E. Schmidt {Schroffemt. 2, 1);
du kannst ihm pferd' aus meinen stallen schicken.
2, 407 (Ilermannuchl. 4, 9).
auch ohne näJtere angäbe ist bei stall ae}tr oft an einen
yferdetitaU tu denken: das iglichs in eyme hase eynen
stall mache . . , unser frande und unser geste zu ent-
halten, . . . und sollent ine geben hauw und strowc und
bette dem pherdc die naht, weisth. 8,8 (Saarbrücken 1321,
vgl. Heynb hausaltert, i, 882, anm. 57); wiszt ihr noch, was
ihr mir drunten sagtet im stall, wie ich euch auf des alten
herm seinen tchwcisfuchsen sezte. Schiller 8,144 (räufier
4, S schausp.); da muszten die Vandalen mit garben be-
packt zu ihrem stalle ziehen. Fhkytao 8, 86 (.Ingo 6); und
Elke eilte in den stall und machte dem groszknecht die
bestellung, der eben damit beschäftigt war, das über tag
gebrauchte pferdegeschirr wieder an seinen platz zu
hängen. Storm7, 172. vgl. auch:
der marschalc sine brüdere bat,
sie seiden keren in den stal.
da; lantvolk quam dar über al.
also was ein hof genant
und ist ztt RIge wol bekant,
daj er der brüdere marstal hiej.
liiiänd. reimchroji. 10231.
die Zusammensetzung marstal findet sich bereits ahd. und
hat sich für herrschaftliche stalle auch im, nhd. gehalten,
s. theil 6,1676: fürsten- sive herrenstall, etiam mar-
stall, equile principis, vel aidicum. Stiei.er 2118; mar-
i. e. mähren-stall, herrenstall, stalle [in plur.] di qualche
prencipe. königlicher, fürstlicher, gräflicher etc. stall
6 marstall. Kramer dict. 2,904»; stabulum equorum publi-
cum,. Steinbach 2,657; vgl.: 'figürlich ist der stall an
höfen ein collectivum, die sämmtlichen zum marstalle ge-
hörigen gebäude mit den darin befindlichen pferden und
den zu ihrer Wartung und aufsieht gehörigen personen'.
Adelung (unter 2,2). in mundartlicher form: darumb
findet man selten dar innen (auf Malta) schöne kost-
liche tempel, aber vil mehr wolgebutzte marckställ.
Stumpf Schioeytzer chron. 424». sonst ist jetzt das gewöhn-
liche wort pferd(e)stall, a. theil 7 , i690 f. , equile Dasy-
POüius. Stieler 2118, vgl. Zincke öcon. lex.^ 2198 jf.
seltner rossstall, s. theil 8, 1275: pferd- d rosz-stall, atullu
ä cavalli. gall. ecurie. Krämer dict. 2, 904'". tveiter unter-
schieden: stutenstall, s.das., und fohlenstall: stuten-
0 folen-stall, stalla ä poledri poltri. Kramer a. o. 0. nacli
dem gebrauch der pferde: reitstall, a. theil 8,790, über-
tragen auf die darin stehenden pferde: der hafer war
müchzend; und da er doch . . . verfüttert wurde, erkrankte
davon unser ganzer reitstall. MusÄus physiogn. reisen
(1788) 1,42; p OS t stall, s. theil l,2Qßö. — von andern reit
und zugthieren : so gelang es dem kapuziner, sein eselchen,
das er in einem benachbarten stalle untergebracht hatte,
unbemerkt zu besteigen. Meyer Jenatschi\;
mein esel sicherlich
musz klüger sevn, als ich . . .
er fand sich selbst in stall hinein. Lessing 1,60;
geh nach meinen stallen und erwähle
dort hundert maultiere und fünfzig kamele.
Heine 1, 368 Elster (Firduti 3).
esel(s)stall, tlieil s, iX6ö : esel-stall, stabzilum asinorum,
asinarium. Stieler 2118, stalla da asini ö 7nuli. Kramer
rfic^. 2,904». Krünitz 169, 170; maulthierstall 171; und
(ich der herr) wil rabbath zum cameelstal machen.
Hesek. 25, 5.
;/) für rindvieh : und werden keine rinder in den stellen
sein. Habacuc 4, 17 ; die rinder hatten nur im \\inter be-
deckte Ställe innerhalb des hofes. Voss Virgila ländl.
ged. 3 — 4, s. 579 ; die kälber wurden . . . den müttern des
morgens . . . untergelegt; des nachts lagen sie . . . in be-
sonderen stallen. 566; daneben bezeichneten stäbe im
boden die stellen , wo . . . der stall für rosse und rinder
und die vorrathsräume erbaut werden sollten. Frevtaq
8, 161 (Ingo 9) ; im stall stand Hauke Haien und steckte den
kühen . . . mit der furke heu in ihre raufen. Storm 7, 177;
it selde (der hirt-ch gesellte) sik an ene schar
ossen an enem stalle dar.
Gerhard v. Minden 88, 4 Leüsmann;
man zog ihr wackres thier,
worauf sie hergeritten, . . .
gleich in den stall von hier. BOroer 98* (Europa).
vgl. unten 4, c. dazu rinder-, seltner rindstall,
a. theil 8, 972, acJion ahd. (h)rind, rindro, rinderstal. Grafi»
6,674, rinderstall boinle. Dasyihjuius. Steindach 8,667;
ochsenstall, theil "7, ua», &t(&i7« Stif.ler 81I8, ataUada
buvi, bovilc. Kraurr dict. 8, 904^ Zincke öcon. lex.*iOSl;
kuhstall, theil 6, naa, mhd. kuostal Lexer handtob.
1, 1787, im altern nhd. meiat nüt umlaut kuhstall: die kUb-
birten rufTen das vieh aus den kühstUllcn. Comenius
aprachenth.ii3; kühe-stall, «/aZ/a da vacche; vaccile. Krämer
dtc^ a, 904»; kuhstall, bubile. bovile. Steinbacii 8, 657,
kUhe-stall Zincke öcon. lex.* ihr>aff,, und noch: wenn
man . . . durch des nachbars kUhstall in seinen Weinkeller
gehl. Fh. MOi.i.kr 1, 1O8 (Bacchidon). als kuhstall bei
Frihcii 8,816».
601
STALL
STALL
602
1
S) für schiceine .- besondern haben die bürgere in einen
eickern mit iren schwein macht bey nacht mit stellen
im walde zu ligen. weisth. 3, 532 (?, Lohr am Main 1425) ;
item es soll ain ieder, der ferklen hat, so zehenwochig
seint, für ain hirten schlagen oder in dem stall behalten.
tirol. ueisth. 2, 163, 22; es soll auch niemand keine schwein
daheim sümmem, noch haben, anders dann im stall.
I9i, 15; desgleichen sollen die rev. schwein ... im rev.
stall gehalten werden. 196,23; {John Mandeville) gerieth
in nicht geringen eifer, als er irgendwo ein ungeheuer
von faulheit antraf, das seine tage verstreichen liesz,
'ohne einziges ritterliches ebentheuer und so immerfort
faullenzte als ein schwein, das auf dem stalle gefüttert
wird, um gemästet zu werden'. Forster reise um die weit
1,225. dazu schweinstall, theil 9, 2i53, hara Dasy-
poDius, suile Steinbach 2,658, Schweinestall Frisch
2,316», s. auch ZiNCKE öcon. lex. ^2611: item dry schwein-
stelle zu den mastschweinen undermawren und plastern
lassen. Michelsen Mainzer hof s. 14. früher häufiger
sau st all, ^Äeii 8, 1936/.. mit umlaut: säustall, .s«t7e. in
einem säustall krichen. Steinbach 2, 657 ; säu- o schwein-
stall, stalla da porci; pordle, met. luogo »porco, stanza
sozza. sporca e puzzolente. Kramer dict. 2, 904». in diesem
freieren sinne oft, vgl.: saustall praeterea pro quolibet loco
coenosQ sumitur. Stieler 2118; in einem säustall wohnen,
einen säustall aus einem ort machen, frau Venus sau-
stall, pordle di Venere cioe pottacda sporca e sozza d'una
meretrice publica. Kramer dict. 2, dOi"^; wir wollen aus
Christus kirche nicht ein sewstall machen, und einen
jedem unverhört zum sacrament, wie die sew zum tröge,
lauffen lassen. Luther 6,109». vgl. noch:
mich wirst du wohl beleibt, mit glattem feil
und nmden backen finden, wenn dir einfällt, über
ein wohlgepflegtes schwein aus Epikurs
verschrienem stalle lustig dich zu machen.
Wieland Horazens br. 1, 87 (cum ridere voleg
Epicnri de grege porciim. ep. 1, 4, 16).
ahd. auch verhirstal , ara. Grafp 6, 674. (sonst hat die
ältere spräche für schicein- und schafställe einen hesondern
nusdruck. ahd. stiga Graff 6,624/.. mhd. stige Lexer
2, 1193/.)
e) Ställe für kleinvieh loerden nicht so oß genannt, weil
Schafe gern in hürden gehalten icerden: ich wil nicht von
deinem hause farren nehmen, noch bocke aus deinen
stellen, ps. 50, 9; im stalle selbst können ... die ziegen . . .
der streu entbehren. Voss Vergils ländl. ged. 3—4, s. 597;
erst verordnet mein lied, dass in weichen stallen die schafe
rupfen das kraut. 484 (landb. 3, 295).
dazu schafstall, theil 8,2047/ (schon ahd.), stalla da
pecore, pecorile. Kramer dict. 2, 904» ; ziegenstall caprile,
hoedile. Stieler 2118. Zincke öcon. Zex.^ 3355 ; dafür auch
(besonders oberd.) geiszstall, theil i, l, 280T. geyszstall,
caprile, caula. Dasypodils; geisz- 6 ziegen-stall, stalla da
capre. Kramer rftc^ 2, 904»; capi-ile Steinbach 2, 657 ;
lämmerstall, theil 6,85, a^ntZe Stein bach 2,657. Frisch
2, 316».
g) für hunde, besonders Jagdhunde: inde wynde inde
fogelhunde solent eynen stal hain myt sh»nen strowe
bestreuwet. iom<Ä. 2, 643 (Waldotf in der Elf el iiOS); vom
jagd-hunde-zwinger und stallen. Döbel l, HS»" (vgl. unten e) ;
ebenso . . . mit den hunden. in meinen stallen . . . befinden
sich zwei auserlesene koppeln. Kleist 4, 224, 5 E. Schmidt.
8. auch hundestall, theil i, 2, i930:
in dem kreuzgang, welcher leitet
nach des königs hundeställen.
Heine 1, 401 EUter (span. Atriden).
früher gewöhnlich hundsstall, theil 4,2,1940, stahxdum
cunarium, seu caninum. Stieler 1940, stalla da cani.
Kramer dict. 2, 904», s. auch Zincke öcon. lex. 1262 f.
7}) für kaninchen: darin hatte er seiner zeit einen
bretterstall gezimmert und drei jähre lang kaninchen
darin gehabt. Hesse unterm rad 20; dafür später: der
(Schulfreund) hatte ihm geholfen . . . den hasenstall zu
flicken. 21 (vgl. unten stallhase).
^) für vögel:
dein geperletes hUhncben hat schon im stalle gekakelt.
Voss 1, 106 (Luite 2, 281).
vgl. htihnerstall, theil i, 2, 1882: hüner stall, ornitho-
trophaeum. Dasypodius, cors, gallinarium Stieler 2118,
gaUinaio, gallinaro (pollaio) Kram er dict. 2,904»:
niemand ist
uns feindlich, als der marder höchstens, der
in unsre hühnerställe bricht.
Kleist 1, 48 E. Schmidt (Schroffemt. 2, 1).
fürgänse; bildlich: mir kommt alles erschrecklich vor, wie
ein treibhaus, oder vielmehr wie ein stall voll menschlicher
gänse. Herder briefe an Hamann s. 119, 11 (24. aug. 1776).
gänsestall, theil i, l, 1278, chenobosceum. ehenotrophia
Stieler 2118, cella anserum Steinbach 2, 657, vgl. Zincke
öcon. lex.- 852/. dazu maststall (kann auch zu S ge-
hören), theil 6, 1120: mösi sia,U, saginarium. Dasypodius;
gänsestall, ... alias: maststall der gänse. Stieler 2118,
stalla da ingrassare, stalla da strozzare; ingrassatoio.
saginatoio. Kramer dic#. 2, 904»; entenstall, theil3,äil,
nesotrophaeum Dasypodius, nessotrophium Stieler 2118,
anatum stabulum Steinbagh 2, 657, vgl. Krönitz 169, 168/
«) stall für einen bienenstock (?) : wer ein beisteckh (in
waidstall verhiebe oder verfalle, der verfiel fnnff pfund.
toeisth. 3, 898, 17 (rechte der zeidler v. 1398).
c) verbale ausdrucksxoeisen : einen stall dielen, pflastern,
s. b zu ende. — den stall bauen, zu machen, s. 4, c. —
die stalle machen sie rein (misten sie aus) mit der
schauffei. Comenius sprachenth.iU; vgl. stallausmisten, n.
und unten 4, d; wenn er (der knecht) sihet wasz seynem
hemn nucz ist, den stall misten, die pferdt wischen,
futternn . . . Luther 32, 69, 30 Wdm. ausg.; da soll die
meyerin fleissig darob und daran sein, das die mägd offt
zu dem stall sehen, dann nichts bekompt dem vieh also
wol, ... als wann man die stall sauber haltet und ausz-
mistet. Sebiz feldb. 96; daher räumt und reinigt man oft
die Ställe. Voss Virgils ländl. ged. 3—4, s. 637 ; so sollen
sie (die kobolde) auch für die knechte und mägde . . . alle
hausarbeit thun: die pferde striegeln, füttern, den stall
ausmisten. Heine 4, 178 Elster;
mein stall sind fein auszgbutzet.
Garg. s. 133 neudr.
die pferde stehen im stalle, equi in stabulo stant. Stein-
bach 2,657; die Juden sind im stände, zu sagen, das
pferd habe im stricke gehangen . . ; da nun das pferd
desfalls lange im stalle habe stehen müssen, so wären
ihm die füsze angelaufen. Rosenzweig 83; vgl. dazu
unten 4, e. ein pferd im stall haben, halten, havere, tenere
un cavallo in istalla, cioe ä sua posta. Kramer dict. 2, 904»:
(es vyird verboten,) ainiches vich anhaimbs in velt iber-
nachts nit auf der waid zu lassen, sondern selbes ieder-
zeit einzuthun und vleissig im stall zu behalten, tirol.
weisth. 2,170,12; sondern ain ieder (soll) schuldig sein, sein
vich in die reverender stall zu verspern. 203, 25; solches
sein vieh soll keiner mit besondern hirten hüten . . ,
sondern soll es zu den gemeinen hirten treiben oder im
stalle behalten. 3, 192, 30. — die pferde aus dem stalle führen.
Kramer d/c^. 2, 904»; als der gaul zurückkam, wollte ich
nimmer aufsitzen, und liesz ihn ganz gemach in den stall
ziehn. MusÄus physiogn. reisen 2, 77. — formelhaft sind
andre Verbindungen, die des artikels entbehren (in der
frühem spräche) : die pferde in stall führen, stellen, m^nare.
mettere i cavalli in istalla. v. einstellen. Kramer a. a. o.;
das pferd in stall ziehen, stabiilare equum. Stieler 2118;
denn da stund es umb das volck Israel, wie es umb eine
herd schaffe stehet, wenn der wolff ynn des hirten ab-
wesen unter sie komen ist : da wird das mehrer teil er-
würgt, was aber aus kompt und entleufft, das wird so yrre
und schewe, das maus gar schwerlich widder bedeuten
und zu stal bringen kan. Luther 23, 502, 25 Weim.ausg.;
bey dem füttern werden sie . . . gewöhnet, dasz, so die
suppe in die tröge gebracht ist, und die hunde im zwinger
sind, man die hunde erstlich zu stalle bringet und rufft.
Döbel 1, 119»; ist es im winter, bringt man sie (die hunde)
zu stalle, im sommer aber ist es besser, dasz sie im
zwinger frey bleiben, ebenda, so auch:
meines viehes weysz ich keyn zal;
eyns theyls zt berg, eyns theyls zu thal
thut gehn, darzu mögen sie all
inn meinen berg bingehn zft stall.
Wickram 8, 190 Bolte (Qvid 19, llOS).
selten fehlt der artikel in andern Verbindungen, s. unten.
f) zur besorgung des stalles und tcartung des viehes sind
knechte und mägde erforderlich, deren leben sich zum groszen
theile im stulle abspielt: die einfelUgen pawren und die
603
STALL
STALL
604
lueidlein ym stal wissen von dem glawben zu reden.
Luther lO, 3, 365, 3 Weim. ausg.; die liegt jetzt, einer magd
gleich, in seinen stallen, und sinkt, wenn die nacht
kömmt, ermüdet auf die streu nieder, die seinen stolzen
rossen untergeworfen wird. Kleist 2, 188 E. Schmidt
{Käthchen l,i); das mädchen sei unten, und begehre, in
meinen stallen zu übernachten. 189; {das amt) des mar-
schalks, des roszknechts, der über die stalle gesetzt ist.
Freytag 18 (bilder 2, i), 7; ich dachte, . . . der bengel hätte
euch Unheil im stall gemacht. Storm 7, 169. sie gelten
ah niedrig und ungebildet:
vom niedem dienst im stalle stieg ich auf,
durch kriegsgeschick, zu dieser würd' und höhe.
Sciiii.i.ER 1-2, 162 (Piccol. 4, #);
ich denk', ihr seid doch nicht im stall geboren?
ihr wiszt, was böflichkeit und sitte ist?
Wilden BRUCH Harold «. 28.
vgl. el-9.: der parte gehört uf de kanzel un de buhr in
de stall. Martin -LiENHART 2,588''. — ain spruch von
ainem der bult umb ain pauren maid und daz gschach
in ainem stall, fastn. sp. 1278; hernach kumpt er {der
knecht), sez sich in stal. Paumgartner briefio. s. 82; er
(ein junge) ist beslich über das lernen zu pringen , der
stal thut im vil zu leid. 108;
ach, dann hörte mich mein Fiekchen
abends an des amtmanns stall! Hölty 206 Halm.
4) besondere, typische U7id übertragene gebrauchsweisen.
o) Jesus ward in einem armen stall geboren . . . in una
povera stalla {capanna). Kram er dict. 2, 904*. besonders
kirchenlieder nehmen oft darauf bezug:
in einem snöden stalle
din bette waz ein krippe.
Heinr. V. Neustadt yottes zuk. 2086 Singer;
da ■was ain esel und ain riud
in ainem stal,
dz was des fiirsten hofgesind
für Adams val.
Wackernagel kircherd. 2, «. 699»> (902, 9);
schönstes kindlein in dem stalle.
P. Gerhardt nr 113, 29 Goedeke;
zeuch in mein herz hinein
vom stall und von der krippen.
hannov. gesangb. 26, 4.
vgl. die unterfränk. redenaart : dar war ah schont in stohl
VC Bethlehem {als 'ochse', von einem dummen Tnenschen).
RUCKERT 176.
b) sonst begegnet stall in geistlichem sprachgebrauche
besonders in icendungen, die die fürsorge gottes oder Christi
unter dem bilde eines hirten darstellen : ich wil . . . die
übrigen in Israel zu hauff bringen, ich wil sie, wie ein
herd, mit einander in einen festen stall thun. Micfia 2, 12;
und ich habe noch andere schafe, die sind nicht aus
diesem stalle. Joä. lo, IG;
damit sol er sf alle
bringen z5 dem stalle.
der stal bezeichent die Christenheit.
spec. eccleg. 148, 178.
ähnlich auch schafstall {vgl. tlieils, 2048): dannenher füren
sie (dt« bischöfe) den hirtenstab, dasz ist, das befolhen
wort gottes : dardurch sie die befohlnen schäfilein . . .
weisen zu dem ptärch oder stal Christi, darumb sie auch
pfarer oder pfärcher von dem befohlnen pferch oder
schaiTstal Christi . . . genent werden. Stumpf Schweytzer
chron. Söl*»;
er wollt' in gottes schafstall ziehen (volebat in ovüe ecdeaiae
iiürare). Günther bei Steinhacm 2, 657.
c) grosz ist die zahl sprichwörtlicher redeweisen. beson-
ders häufig begegnet die wendung: wan die kuhe gestolen
ist (die ochsen gestolen seynd) macht man den stall zu.
Krämer dict. 2, 904»; januam claudere accepto damno, den
stall zuthun, wann die kuh hiiiausz ist. Dent/.ler l, 345*.
2, S?!**; stall zu thun, wann die kuh schon hinaus, lut.
eonsilium «alubre sero exequi, Curt. Nil iuuut amissa clau-
dere septa grege. Ahin. glos». 609; den stall verschlissen,
wenn die kuh hinaus ist. er macht den stall zu, wenn
die kuh gestohlen ist. Steinoacii 2,667. Fribcii 2,816'.
in sprichieörtersammluTtgen : sera in fundo parsimonia,
den stal zfithun, so die kfiw hinausz ist. S. Franck i, 76»,
ebenso «, 47* mit dem xtmats : das heyszt nach der schlacht
streiten, zfi spat kommen pulver und blei so die stat
gewonnen oder verloren ist; mit ausführlicher erläuterung
bei Eyering l,4l4jf. ; es ist vergebens, dass man den
stall zu thut, wenn die kuh gestohlen ist. Lehmann bei
Wander 4, 7C8, 4, s. auch Eiselein 401. in der litteratur:
ir wölt erst den stall zu thün, so die kflw hinausz sein.
Schade sat. u. pasqii. 3, I4i, 22; zületst giengen den
münchen die äugen auff, fielen jrer übergab unnd ver-
kauffung in ein rew, wollen den stal züthün wie vor die
von Ulm, als die küe schon herausz war. S. Franck
chron. der Teutschen (1539) ZU^;
nu wil den stal ich machen zu,
so mir ist hin kalb und die ku.
H. Sachs 23, 7, 14 Qötze.
eis. wSnn s küej(e)l fürt is(t), wurd d(e)r stall zu gemacht
'wenn das vermögen verpraszt ist, hört das lustige leben
auf. Martin -LiENHART 2, 588''. an stelle der kuh wird
das pferd genannt: war umme slüst du den stal, als de
page is enwege? {quid stabulum claudis, sonipes dum
perditns ipse?) Tunnicius 1328; man thut den stall zu,
wenn das pferd fortgelaufen ist. Simrock 9807, t-^^
Wander 4,769,33; vergebens ist es, den stall erst zu
be.schliessen, wenn die rosse schon heraus sind. Arnim
7, 27 ; so schon .-
mich dunkt, er hab ein tumben muot,
der nach der rossen diupstäl
alrerst besliesen wil den stal. Bonbr 22,82;
wer erst beslust den stal,
so er die pferd verlurt,
der ist nit wol gesturt. Altswert 179, 6.
andre thiere: nun der wolff die gens gefressen hat, habens
den stal zu gemacht. Luther \\, 121, i Weim. ausg.; es
hilfft nicht, dass man den stall schleust, wenns vieh
herauss ist. Lehmann bei Wander 4, 767, l. unbestimmter
%ind unbildlicher: man sol den stall verwahren, ehe der
schad geschihet. Petri Oo4». Henisch 1531, 53. für den
stall schlieszen begegiien zuiveilen andre ausdrücke : ei, het
wirs also gemacht, wollen den stall pauen, quando
anseres ablati. Luther 20,120,6 Weim. ausg.; den stall
wollen bawen, wenn der wolff die schafe gefressen hat.
tischr. 427* bei Wan der 4, 769, 32; wenn man den stall
bawet, wann die schaf .gefressen sind, ist kosten und
arbeit verloren. Lehmann s. ebenda 768, 22 {vgl. ferner
8. 15. 18. 29); hierbey aber nahm mir vor, durch diesen
schaden klug zu werden, und ins künftige mein geld und
kostbarkeitcn besser zu verwahren, auch niemals wieder
einen gantz fremden menschen in meine dienste zu
nehmen, also gieng mirs, wie es der gemeine lauff mit
sich bringet, und man im sprich wort zu sagen pflcizct ;
iilsdenn bessert man den stall , wenn die pferde heraus
sind. Plesse i, 175.
d) tveitere Sprichwörter tt. ähnl. zunäclist in bezug auf
den vnrldichen stall: man gehet niemals in den stall,
man find einen groschen darin. Petri Nn 2". Henisch
1727, 20. Simrock 9809. {der sinn ist, dasz der stall gedeiht
und ertrag bringt, wenn der herr oft nach dem rechteu
sieht.) wann er recht in stall sihet , werden die kälbcr
blindt. EoENOLFi" 106». — man musz gemach vom stall
auszreiten. Pethi Oo2»; sachte von dem stall, föhrt den
ganzen dag wall. Wander 4, 708, 19 {Münsterl.). — iu
andern Wendungen hat der stall mehr typische oder bild
liehe bedeutung: miste vorher deinen stall! Eiselein 57i.
{volksm.). Simrock 980S {deinen gesperrt). Wander 4, 769, :;i:
jetzt oft mit bezug auf die antike sage von Herakles: diu
stall des Augias misten. 31. vgl. dazu: unmöglich konnte
der taubenrost von so geraumer zeit ... so schnell aus
gefegt . . . werden. . . . der stall des Augias schien dagegen
ein kinderspiol. Hippel 8 {kreuz- u. quer*, i), 91;
ehmals wollt' ich in hast ausmisten den stall dos Auireias.
Platen i:t>''
s. auch marmorstall und misten 8, theil 6, 1668. 22(.i).
men sal neine worste soken in des hundcs stal. {sunt
quaerenda canum in stabulo farcimina nunquam.) Tun-
nicius 619. — es ist vich und slal. Luther sprichw.76
(vgl. ff. 94— 96); similia cau.ta, similis ^ectus, gleiche
schwär, gleichs gewicht, gurr als gaul, viehe als stall.
Nas il pretlig (1572) s. 894»; es ist vihe als stall, dignum
patello cooperculum. Eoenüli'f 104»; wie die frauw. also
die magd. ... es ist eben vieh als stall, gurr als gaul, .^,
mann als rose, deckel wie der haf {toj>f). maul wie salat, i ,
da der esel die distel frasz. wann gleich mit gleichem |,
60J
STALL
STALL
606
leycht, und ander einer deck ligt. 105»; so stall, so viehe.
Petri Sss''; wie stall, so vieh. Simrock 9806; nd. so
stall so vaih. Woeste253*; so stall, so vaih; so lue, so
kaü. Wander 4, 768, 20 {graf seh. Mark), ausgeführter: es
ist stall wie vieh, sagt jener, fand ein floh im hindern. 3;
so mügen sie jren Heintzen weiter lassen von der sachen
schreiben, weil sie keinen bessern wissen, . . . sind auch
zwar nicht werd, das sie einen bessern haben solten, es
ist viehe und stal , sprach der teufel , und treib seiner
mutter eine fliegen in den hindern. Luther teider Sans
Worst H 3'' (s. 38 nmidr.). — es gehen viel geduldiger schafe
in einen stall. Kramer dict, 2, 90i*,- es gehn vil gut schaf
in einen engen stall. Oarg. s. 146 neudr. (8. cap); et staan
veele frame peerde in enem stall, ico eintracht ist, können
viele räum haben. Dähnert 457*. dazu auch: de kann
nig im engen stall staan, er mtisz alles kostbar und vollauf
hohen, ebenda, vgl. brem. wb. 4, 989.
e) an die letzteren xcendungen schlieszt sich eine sehr ver-
breitete redeiceise: nymer ynn einem stall stehen. Luther
sprichw. 450; nicht in einem stall stehen, nit in gleichem
joch ziehen. Egenolff sprichw. Sls"" {danach Schottel
1124''); schön unnd fromb seyn, steht selten inn einem
stall, dann man läszt das schön, spricht man, nit fromb
seyn. 341'»; sie ziehen nicht in gleichem joch. sie stehen
nicht in einem stall, so mancher kopff, so mancher
sinn. Eyerirg 3,309; oft in der litteratur in dem sinne
'nicht zu einander passen, sich nicht vertragen, uneinig,
feindlich sein': denn die zwei kommen sonst nicht mit
einander überein, stehen nicht bei einander in einem
stall, gottes gnade oder geschenke geben, und abverdienen.
Luther 15, 384 Erlanger ausg.; denn gottes ehre und unser
ehre können nicht beisammen in einem bette liegen,
also auch können gottes name und unser name nicht in
einem stall stehen mit einander. 38,230; inn diesem evan-
gelion helt Christus gegen einander die gottliche Weisheit
und der menschen Weisheit, das sie sich nicht mugen
mit einander vertragen , stehn auch nicht ynn einem
stall mit einander. 32,105,21 Weim.atisg.; dann der gross
graf von Tengen und diser herr Hanns Jacob stuenden
nit in einem stal und wolt sie graf Christof von Werden-
berg nit zusamen lasen. Zimm. chron.^ 3, 137, 31 ; die creutz-
herm zogen sich an käyser Ludewigen, der damals mit
dem bapst nicht in einem stalle stund. Schütz beschr.
der lande Freussen 68» ; wir zwei stehen nicht in einem
stall. JuL. WoLFF der raubgraf (1886)37;
myn ra&tter, herr, die müsz ich schlagen . . .
sy flächt uns offl schentlichen all;
wir stondt nit glych mit ir im stall.
MuRNER narreiibefchw. 95, 131.
den positiven ausdruck sie stehen in einem stall belegt
Wander 4, 769, 38 aus S. Franck (zeytb. 143'», nicht zu
finden), darauf beruht wol auch die tcendung: damit dass
durch die hilf des almächtigen gots und unser zütön
unser eidgnoschaft gmeinlich und einhellig in einen stal
und wesen komme, und in kfinftigen ziten grösserer unfal
und uneinikeit vermiden werden. Anshei.m 3, 473, 25.
vgl. femer stallen 3.
f) andre Wendungen begegnen gelegentlich' in ähnlich
typischem sinne: unde de gylde geven dem hertoghen
Hinricke ore seggele unde breve. ... o de dummen ossen,
do schetten se alto vel messes in den stal! d. städtechron.
16, 305, 6 (Braunschio. schichtb.) ; ich will euch das noch
in kürze berichten. ... die gäule laufen rascher, wejm
es dem stalle zugeht. C. F. Meyer d. heilige 223. — über-
tragen, im ausgeführteren bilde: den schönen lauf, den
ihr söhn gerade zum geheimenrath und gesandten an-
setzte, so auf einmal halte zu sehen, und rückwärts mit
dem thierchen in den stall I Göthe 16,108; armer tropf I
aus dieser läge reissen? . . . und auf mehr raffinirt dein
fingerhut voll gehim nicht? und damit trabt deine mähre
zu stalle? Schiller 2, 39. 230 (räuber i, 2 bezw. 1,6);
hett ich schon hundert tusent brieff
und dem rechten stetz noch lieff,
80 ist es mit eym dreck versigelt
und ist der äff im stall verrigelt.
Murner gchelmevz. 2, 32 (». 9 neudr.) ;
die (frau) ist herr im haus, gat zä kirchen und strasz
her brangen, . . . wer si nit kent, der hats für erber, so
si schon darvor vil stall durchloffen hat. Schade aat. u.
pasqu. 2, 139, 27; dasz die englische süsze aurikel mich
aber gern unter euch sieht, dem wäre schwerer zu wider-
stehn, wenn man nicht im stalle angehalftert stünde
und, da mein minister nicht hier ist, ich geradezu davon
laufen müszte. Zelter an Goethe 5,277;
so denkt nicht heut' an eure plage,
zieht eure sorgen in den stall!
Novalis 1, 222 Meitzner.
5) der gewöhnliche begriff von stall wird in verschiedener
iceise ericeitert.
a) im altn. bedeutet stallr auch krippe, s. Fritzner^
3, 519* (4) ; und so heute im engl, diese bedeutung ist viel-
leicht an 2, g 'gesteW anzuschlieszen. auch in nhd. glossen
dient stal oft zur wiedergäbe von praesepe, ja noch bei Dasy-
PODius xmd Kl LI AN xeird es damit erklärt, s. 3,a; doch
ist fraglich, ob praesepe hier nicht einfach im simie von
stabulum genommen ist.
b) stall zuweilen auf die darin befindlichen lebenden
Wesen angewendet, die thiere, im. bilde (vgl. tmten) :
(böse hinder) vergifilen sich und ander kindt:
thet man sy nit en weg geschwindt,
sy solten wol den gantzen stal
rydig machen überal.
Murner sehelmenz. 41, 15 (s. 58 neudr.).
das dienstpersonal : der stall war in bestürzung. das liebste
reitpferd des fürsten war ein weiszer Ivenacker. als der
reitknecht am morgen zu dem pferde trat, fand er ihm
auf der brüst ein groszes schwarzes herz gemalt. Freytag
7, 226 (handschr. 4, 4); der stall hat befehl, ihnen zu jeder
stunde einen wagen bereit zu halten, wenn sie . . . eine
reise in die umgegend wünschen. 234. vgl. auch marstall
unter 3,d,ß.
c) schafe werden anstatt in gedeckten stallen des sommers
tcährend der nacht oft in offnen bürden untergehacht.
diese werden im allgem^nen von den stallen unterschieden
und neben ihnen genannt; selten rcird stall in diesem sinne
gesagt oder damit gleichgesetzt, so: stall (der) pferrich,
caseale, casealis, clausum, praesepe, staJndum,, praesepium.
Maaler SSS"*; die hurten sind versetzliche stalle (pferche)
in welche die schäfflein getrieben werden, dafem der
schafTstall weit abgelegen ist. Comenius sprachenth. 412. —
ähnlich upstall 'an einigen orten eine iceide mit einer
leichten mehr offenen einzäunung, worauf gewöhnlieh pferde
getrieben werden, und daselbst auch des nachts unter der
auf sieht eines Wächters oder hüters bleiben'. KrOnitz 169,171.
d) die stalle toerden im. allgemeinen von vorratsräum^n,
wie speichern, schuppen, böden u. s. w. unterschieden, s. be-
sonders 3, c, ß. dasz stall auch für diese gesagt tcerde,
läszt sich nicht mit Sicherheit belegen; doch nähert es sich
vereinzelt einer solchen bedeutung , z. b.: sie (die kapelle)
ward als ein schuppen, ja fast wie ein stall behandelt,
brennholz, stangen , geräthschaften , tonnen und leitern,
und was man nur wollte, war übereinander geschoben.
Göthe 21, 20 (wanderj. l, 2). (doch eis. stall für heuboden,
s. Martin -Lienhart 2,588''.) deutlich liegt diese bedeu
tung dagegen vor iji einer reihe von Zusammensetzungen ;
SO: holz st all, s. theil i,2,VS\, locus ad condenda ligna
in domo. Frisch 2, 316»; in den holzstall herab! Kleist
i,iiO,ib E. Schmidt; heustall, theil i,2,l^i, r^?. KrO-
nitz 169,170; miststall, theil e,2^i(?) ; kutschenstall,
theil 5,2889, vgl. KrCnitz .57,417.
e) tcenn stall auf menschliche tcohnräume angexcandt
wird, so kann darin die alte weitere bedeutung vorliegen,
s. oben 2, d. doch icird im nhd. eher Übertragung von 3
aus anzunehmen sein, wobei dann die verächtliche färbung
sich von selbst versteht, deutlich liegt 3 zu gründe in fol-
gender bildlichen tcetidung :
der Sünder ist des thiers und aller teaffel stall.
SiLKsiü? Cherub, wandersm. 6, 27.
so wird stall in der Umgangssprache allgemein als aus-
druck der Verachtung gesagt (doch noch getcöhnlicher Zu-
sammensetzungen wie saustall) ; besonders aber findet sich
stall in einigen spezielleren bedeutungen.
d) dahin gehört vielleicht die anwendung auf die tcelt
bei Luther, s. 2,d; deutlicher die ebenfalls im, 16. jahrh.
begegnende auf die höUe: und wenn du gleich in himmcl
steigen köndtest, wolte ich dich doch wider in die helle
hinunter stürtzen, denn du bist mein, unnd gehörest auch
in diesen stall, volksb. v. Faust a. 34 neudr. vgl. dazu noch:
607
STALL
STALLAHNLICH— STALLBAUM
608
{loannes Florentius) lag einmahl an seinem fenster, unnd
Bähe wie der sewhirt die schwein in stall wolt treiben,
weil aber die nicht in denselben wolten gehen, sagt der
hirt, geht in den stall, wie die Juristen und procuratores
in die helle gehen. Zincgref apophthegm. 4, 98 (s. auch
Wander 4,786,6).
/!/) in der Stralsunder chronik up'n stall selten, ins
gejUngnis, s. Dähnert 467». so schon im mnd. des ii.jahrh.,
s. ScHiLLER-LüBBEN 4,353*': hebben ghelovet ene rechte
vengnisse in to körnende to dem Sunde up der heren
stal unde nicht qwiit to wesen, se en sin in stocken
unde in yseren. hans. U7-Jc. 2, s. 646 (vom j. 1368). später
dafür die Zusammensetzung brummstall, s. theü 2,430,
besonders 'ehemals beim inilitair das gefängnisz der Soldaten
bei den haupttcachen'. Krünitz 169, 167/.
y) jetzt in der soldatenspraclie für den verschlag des
Unteroffiziers. HoRN s. 100.
S) in der Berliner volksspracJie für die schule. Hans
Meter der rieht. Berliner^ iiS^: schtall unterrichtsanstalt
Brendicke Berliner wortsch. in^; nach dem stalle gehen.
Wander 4,769,37.
e) vgl. auch die Zusammensetzungen schäferstall
(^Ä. 8,2011 — ?) und weiberstall, haretn: zwar hätte er,
als ein musulman, sich wenigstens zwey bis drey weiber . .
zulegen mögen, ohne dass weder der imam von Mekka,
noch der grosse lama in Tibet . . . sich sehr daran ge-
ärgert hätten, denn jeder dieser würdigen herren hatte
ihrer noch viel mehr in seinem weiberstalle. Wieland
8, 23 (Danischm. 2).
STALL, m. harn der pferde bezw. der akt des harnens,
vgl. das (zweite) verb stallen, der Ursprung dieses wortes ist
unbekannt, doch darf man wol an kelt. stalto-, bret. staut,
staot FiCK* 2, 312, erinnern, die andern germ. sprachen
zeigen etwas abweichende bUdung: engl, stale (bei Pals-
GRAVE 1530), s. Skeat 589''; hoU. stalle, /. ; stalle, vetus,
lotium, urina. Kilian 2,628''; mnd. stal, m. Schiller-
LObben 4, 353*, und neutr. 6, 270». im nhd. erst von
Adelung (l. der stall) gebucht, doch schon im 16. jahrh.
bezeugt: wann ein pferdt zu vil faules blüt hat, das er-
kenne also: es reibt sich geren, ... auch der stall ist
dick und rot. Seuter roszartzn. (1.599) 59. eine handschr.
roszarzneik. des 16. jahrh. führt Schm.* 2, 746 an. noch
ältere belege zeigen kleine abweichungen. schwache flexion :
ein ros . . . das den lautem stallen hat. ebenda (vomj. i.WS,
über den sinn s. unten); als fem. bei Albrecht (1542),
a. unten, dazu das pferd ist über den stall gegangen,
ist über die zeit zum stallen hinaus auf den beineti gewesen.
Höfler kranklieitsnamenb. 671"; verhaltner stall, zurück-
gehaltner urin, anuria. 671'' : w&nn klöpffer den stall ver-
halten, so brenne bonenstroh zu pulver, und send es,
gibs dem pferde fein warm ein. Coler haush. l, 366*.
(vgl. dazu über- und verstallen und stallen 5, e.) besonders
lauterer stall (vgl. oben): für die lauter stall, nim erlin
laub und mach das zu pulver, und gibs dem pferd zu
essen. Albrecht roszarzn. (1542, auch 1638) 28; der lautter
stall ist änderst nichts, als wann das pferdt das wasser
gleicher gestalt, wie es das getruncken, wider lauter
harnet Seuter 105; den lautern stall betreffend, ist es
eine solche kranckheit, davon das wasser also lauter vom
pferd gehet, wie es eingetruncken worden, aus unver-
möglicher dauung der blatter. Hohberg 2, 209*, s. auch
ZiNCKE öcon. lex.^ 1061. Adelung. Höfler 671*; auch als
Zusammensetzung lauterstall, s. theil 6,d8S. Krünitz
M, 446/. 169, 170; nd. lutterstall (= lutter-mige). brem.
wÄ. 6, 884. dazu ferner not h stall liarnzicang , ischuria,
#. Höfler 671*; vor-fitall 671''.
STALL, m., bergmännisch für stollen, a. das. : dasz die
bergicute alle schachte an diesem berge . . . gesencket,
wie auch der stall zeiget, welchen sie zur lincken band
\n den berg getrieben. Henelii Silesiographia l, 809 (l704);
wenn man weiter bey das dorff, Hascll genannt, kommt,
findet man wiederum viel alter schachte und stalle. . . .
wie denn noch ein stall unweit der Sachsen-mUhlo on-
verfallen stehet. . . . dieser stall ist bey ßo lachtcrn, und
hat s bisz « ttrecken. Oenda. die flexion ist stark und
aehwaeh: du ert« in diesem staU ist . . . schifcr. *. Bio;
weiter teynd aalT dem hohen berge diesem stallen gleich
Aber viel alte hallen, ebenda.
STALL.iiHNLICH, adj.: die ritterschaft befehdete sich
raubend auf Unkosten der bauernschaft , welche neben
oder unter ihren bürgen in stallähnlichen hütten an
gesiedelt war. Schlosser weltgesch. 8, i^.
STALLAMPEL, /. ampel um den stall zu erlvdlen : schon
als knabe knetetest und dreh'test du das Wachsbild deines
Schutzpatrons . . . und dann . . . warffst (du) den zusammen-
gedrückten erzritter in die stallampel, dasz er doch,
wenigstens durch seine ursprünglichen bestandtheile,
nutze. Veit Weber sagen 6, 113.
STALLAMT, n. l) 'die sämmüichen, einem marstaUe vor-
gesetzten personen.' Campe, auch (ober)marstallamt, vgl.
Krünitz 169, 172/.; lassen sie sichs nicht reuen, dasz sie
unserm stallamt länger haben kredidiren müssen, als sie
wollten. MusÄus physiogn. reisen 1, 42.
2) ein amt, eine stelle an einem marstaUe. Campe.
STALLANLAGE , /. soxcol für das anlegen eines Stalles
ioie für die stalle selbst in bezug auf ihre anordnung,
bauweise u. s. w. : von stallanlagen sind die wichtigsten
die für pferde und rinder. Heyne hausaltert, l, 178.
STALLAPFEL, m. 'apfel, der von einem beim stalle
stehenden apfelbaume getragen wurde' . ünger-Khull steir.
wortsch. 568''.
STALL APOTHEKER, m. bei einem, marstalle angestellter
apotheker, der die arzneien soicol für das staUpersonal wie
für die kranken pferde zu bereiten hat. Krünitz 169, 173.
STALLATZUNG, /., für stallfütterung, vgl. das. ; als be-
Zeichnung bestimmter tceiden (in der nähe der stalle für
vieh, das zur nacht im stalle stehtt): ebenso ist auch das
mähen in den Waldungen, maissen und stallatzungen . . .
verbothen. tirol. weisth. 2, 244, 6 (handschr. v. 1818); berech-
tigte sümmerung auf der stallatzung. die viehgattungen,
welche auf der stallatzung zu sümmern berechtigt sind,
werden auf folgende beschränkt: a. die sommerkühe . . .
246,39/./ (unberechtigt sind) 1. die pferde, welche . . . die
gassen und nahe stallatzungen durch ihren genauen ab-
bisz beschädigen ... 3. alles andere galtvieh, welchem um
so mehr die stallatzungssümmerung abgesprochen
wird, weil ein gleiches hierin auch die gemeinde Strengen
zu thun sich herbeigelassen, mit welcher wir an der stall-
atzung im genauen vereine uns befinden. 247, 12. 17 — 20;
wurde in dem jähre 1804 . . . der 12. punkt mit dem be-
merken ganz einhellig aufgehoben , dasz diejenige par-
theien, welche ihr viehe während der alpenzeit auf den
stallatzungen auftreiben, sind verbunden, für dieses vieh
einen eigenen hirten aufzustellen, s. 277, anm.
STALLAUSMISTEN, n. (vgl. stall 3,e): dan hacken und
reuthen war seine disciplina militaris, . . . wie auch das
stall auszmisten seine adliche kurtzweile und turnier-
spiel. Simplic. 1, 11, 31 Kurz (l, l).
STALLBAND, n., vgl.: stal-band, capistrum. Kilian
2, 628».
STALLBANN, m. : in dem sogen. Geiszgrat ist . . . die
klauenseuche ausgebrochen, stallbann wurde verhängt.
Berner tagebl. v. 18. juli 1898. vgl. stallsperre.
STALLBAU, m.:
sein stall- und gartenbau, sein hof, und seine wacht,
war seiner boheit gleich und zeigte fUrstcnpracht.
GoTTSCHBD ged. 8, 46S.
jetzt nur für das erbauen eines stalle».
STALLBAUM, m., vgl. stellbaum. l) mhd. stalboum,
groszer u>aldbaum, a. Lexer handwb. 8, 1180. nachtr. ;i69.
J. Grimm gramm. 2, 1009. mythol. 686 (*608). teitschr. f. d.
alterth. 16, 257/ zeifschr. f. d. phil. 9, 824:
di winto hul)en sich da,
•i zevalten di ormaren stalboume.
RolandtUed 840,87;
als da einen italboum
ein grAser wint rtleret. Ottokar rttmehr. 16184;
da; manic starker etalbouni
von den winden cereig. 8S809.
8) nhd. tu stall 8, 'in den pferdeatällen, ein atarker bäum,
welcfien man zwischen den pf erden btfeatiget, damit sie
nicht tuaammrn können'. Adelung. Jacobsson 4, •60'',
vgl. Krünitz 169, 178: longurius, ein hebobaum, ein stall
bäum. COHViNiR fons latin. 871''; i-acerra, atipaa, ad quem
alligatur in atabulo equus, ein stalbanm. TO*'; pferd- oder
stallbaum, vectis, ronftis transveraarius. Stiklek lU;
barra. abarra di atalla. Kmavi '^ ''•-•' 9,904''; longuritta.
e09 STALLBEAMTER— STALLBRUDER
STALLBRUDER
610
eine dicke stange, so man zwischen zwey pferde im stall
legt, dasz sie nicht zusammen kommen können. Frisch
2,316*; ebenso nl. stal-boom, vacerra, longw-ius: stipes ad
quem aüigatur in stabulo eqtius: repagtdum. Kilian 2,628*.
3) nd. stalbom = stelböm. Lübben mnd. handtcb. 373*,
s. stellbaum.
STALLBEAMTER, m. angestellter bei einem staUamt.
Krünitz 169, 173.
STALLBEDIENTER, m. der bei einem {pferde)staUe als
kutscher, reitknecht u. s. w. angestellt ist, auch stalldiener.
Krünitz 169,173: so mögen . . . die herrschafften daraus
vernehmen, welchergestalt auf die stallbedienten, reit-
knechte und gutscher acht zu haben. Hohberg 2, 157'',
vgl. Jablonski unter Stallmeister; hierauf folgten . . .
6) acht stallbediente, deren jeder zwey schöngeputzte reit-
pferde seiner gnaden führte. Siegfr. v. Lindejib.* 2, 228;
nebenher zu beyden selten der kolonne giengen die übrigen
livree- und stallbediente seiner gnaden. 229.
STALLBEDIENÜNG, /. .- der reitknecht des prinzen . . .
hatte zugleich mit der übrigen stallbedienung ein pferd
seines prinzen besorgt, welches dieser vor kurzem ... er-
halten. Frettag 7, 226 {handsehr. *, 4).
STALLBEDÜRFNIS, n..- das unterbringen der leute
macht mir allerhand Schwierigkeit, und Hanne hat schreck-
lich viele Stallbedürfnisse, die der Russe nicht kennt.
BiSMARCK br. an s. braut nr. 302.
STALLBESCHAUER, m. ■ nam demnach einen grossen
balcken, lüde denselben den beiden stallbeschaweren auff,
unnd sprach, secht da, ich schenck euch diesen frisischen
hengst. Oarg. s. 206 nettdr.
STALLBESEN, m. 'ein besonders gut gebundener besen
mit kurzem reisig und starkem stiele, den stall axiszukehren .
Krünitz 169, 174; als stall-besem schon bei Zincke öcon.
lex.^ 277: und wenn das Marannele sagte: 'Aloys, du
bischt 6 braver bua', da schaute er nicht auf nach ihr,
sondern kehrte mit dem stallbesen so heftig, als wollte
er die Pflastersteine aus dem boden kehren. Auerbach
dorfgesch. l, 5. — in der Studentensprache für ein dieTist-
mädchen (l84l), s. Kluge studentenspi: 127'*.
STALLBESTAND, m. bestand an vieh im stalle : ihren
stallbestand und wie sie melken {milch geben), hatten sie
sich bald erzählt. Gotthelf 1,374 Vetter {bauemsp. 37).
STALLBLIND, adj. 'von pferden, blind vom langen stehen
im dunkeln stalle'. Campe, mit veneeis «m/Maaler, der
jedoch schreibt: staalblind, als ein stier der nie ausz dem
stal gelassen. 382"*. diese Schreibweise führt auf die Ver-
mutung, dasz staalblind (durch eine ort assimilationf) aus
staarblind entstanden und dann infolge volksetymologischer
deutung zu stallblind getoorden sei, vgl. staarblind, sp. 2&iff.
{besonders 1, b, sp. 267). so sclion mnl. staelblint neben
staerblint ; stael-blind.^and. sicamb. vel stock-blind, prorsus
caecus. stael-blind peerd, eqtius in oculo laesus. augstal,
germ. vitium in oculo, Gesnero didtur. nostrates, inquit,
vtdntis oculi ab actito aliquo ligno infixo den aug-stal
vocant. KiLiAN 2, 626*. vgl. Franck etym. woordenb. 951
(unfer staar). «6er dies augstal vgl. theil i, 815 f. Höfi.er
krankheitsnamenb. 671*. es enthält vielleicht einesdte neben-
form zu staar, tcorauf dann auch stallblind beruhen könnte.
{s. Forer Geszners thierb. 135''.) — 'stallblind heiszt (t?i Wies-
baden) ein mensch, der ohne erfahrung ins leben tritt, von
den stallblindcn . . .pferden übertragen.' Kehbein nachtr. 52.
STALLBOCK, m. 'bock zum bespringen f ünger-Khull
668''; vgl. das pfälzische stalbog (?) tcidder. Schm." 2, 746.
STALLBODEN, m. l) der boden eines stalles : {die mägde
sollen) morgens, wann sie gemolcken haben, gar eygen-
lich (sorgfältig) die gruben und löcher auff dem stall-
bnden auszfüllen. Sebiz feldb. 96.
'') bodenraum über einem stall, zur aufbetcahrung von
I. Stroh u. dergl.; westfäl. stallbüan, m. Wo ESTE 253*.
-^TALLBRUDER , m. genösse, kamerad; eigentlich icol
mit jemand dieselbe tcohnung hat {zu stall 2, d, also
'j'tnz vne geselle und kamerad), in demselben dienst steht.
filfn. als rechtliche einrichtung in der ableitung stall-
' i^dralag Cleasby-Vigfusson 587''. Fritzner' s, 519*,
AuiRA in Pauls grundr.^ 3, 166; auch in den neunord.
..{»rächen: norw. stall- und staalbroder {daher als xcaffen
bruder verstanden) Aasen 747*, schtced. stall-, dän. stald-
broder {in altdän, Volksliedern auch von frauen, a. zeitachr.
X. 2.
/. d. phil. 5, mf). nl. stal-broeder, stal-gheselle vd rot-
gheselle, commilit{i)o , contubemalis. Kilian 2,628* {mit
belegen inderanm.); vgl. auch: schräm, stalbroeder, birrtis.
G. V. D. Schueren teufhonista (1475, clev. mundarf) 343*
Verdam. Dief. gloss. 75». mnd. stalbroder Schiller-
Lübben 4, 355''. 6, 270*; SO auch brem. wb. 4, 989; stallbröder
'leute, die in einerley diensten stehen'. Dähnert 457». im
hd. erst im 15. jahrh. nachzuiceisen und besonders im, 16.
häufig belegt: contubemalis . . . stalbruder. Dief. gloss. 748»
{voc. theuton. Nürnb. 1482), s. auch Lexer handwb. 2, 1131.
ScHM.' 2, 746. belege: auf dem weg ward mein stalbruder
herr Achatz Frodner krank. Eozmitals reise 192; alsbald
mein herr das thet, do wolt mein stalbruder herr Achatz
Frodner und ich nit bei jnen bleiben; und namen Ur-
laub. 196; zu dem {Wütcolt) geselt sich Fridrich von
Waidenfels zu Liechtenwerg , der auch vier pfert het,
wurden stalbrüeder, zugen mit einander in die March zu
dem genannten margraven Hansen. Wütcolt v. Schatim-
burg s. 34 Keller; dieselbigen schickten etlich ir stal-
brüeder gein Rom umb den solt. Aventin cÄron.l, 1173,26;
WEIS trag ich auf der hende?
ein gleslein mit külem wein;
wem 6ol ichs aber bringen?
dem liebsten stalbmder mein. Uhland voOcsl. 217,
ähnlich wunderh. 1, 159 Boxberger; das gedieht ist über-
schrieben: der vortreffliche stallbruder. so besonders in
der anrede: da nun die kürszner das sahen, rafften sie
louffent hefftig : ir lieben guten stalbruder, kumen, kumen
{kommt) ! Etdensp. s. 87 neudr. (55. hist.) ; zuletzt ein wurzel
antwurt 'ir stalbruder, welche under euch hat itzt geredt?'
Schade sat. n. pasqu. 3, 37, 31 {ti. ö.. s. die anm. s. 240);
{beim zutrinken .) es gilt dir, lieber guter stalbruder, lieber
guter freund, lieber vetter, liebe basz. Pe^rarcÄa (i55l)l6'';
jr meine schlampampische gute schlucker, kurtzweilige
stall und tafelbrüder. Garg. s. 15 neudr.; da ruffet Keib-
kamp: holla jhr stallbruder, . . . beweiszt mir genad. 361;
ei lieber stalbruder, wo gehört ir zn haus?
lustig gespr. der teufel (1542) b 1» (Schade
sat. u. pasqu. 1, 61);
du mein lieber stalbruder {sagt etn> landsknechi tum
andern), meisterl. f. 23, nr. 208;
ach du lieber stalbruder mein, . . .
las dir das gleszlein befohlen sein.
Arim-aser liederb. 85, 1 (Uhland volksl. 218,
vgl. auch Garg. s. 138 neudr.) ;
ach mein lieber stallbruder,
nun hör mir fleissig zu.
127, 2 (Uhland 229, 8; Garg. 1. 139);
je einer zu dem andern sprach:
'frisch auff! lieber stall bruder mein,
huy unkeck: zahl mir ein mas weinl'
Fischart dicht. 2, 157 Kurz {flohes zanck 845).
stallbruder scheint besonders der spräche der landskneehte
angehört zu haben, und so ist es geradezu eine bezeichnting
dieser geworden und toird von ihnen gesagt ohne beziehting
atif den sprechenden, ähnlich tme geselle, bursche, kumpan,
zugleich mit dem nebensinn eines guten zechers {vgl. oben
Garg. s. 15) : her Wilwolt . . . sach , wie sich die gueten
gesellen das meistail cleefisch und geldrisch stalbrüeder
waren, so ritterlich werten. Wütcolt v. Schaumburg s. 102;
es wer nitt gut dz all kouflüt also weren. es müsten die
guten stalbruder sunst übel gekleidet gon. Eulensp. s. 56/.
neudr. (36. hist.); ein frenckischer göter stallbruder was
in eim solchen brauch kommen, das er meint, er mfiszt
allen tag zum wein gan und sich voUsauffen. roUtcagenb.
101, i Kurz; wo hat der jungherr sein pferd stehen? ho,
kein guncker, ein armer stallbroer. Garg. s. 68 neudr. ; so
wollen wir sie wie ehrliche stallbruder zu jhrem schaden
empfangen, dasz sie den boden küssen müssen. 407;
nun wil ichs fr51ich heben an . . .
von siben stalbrfidem die saszen
in einem offnen wirteshaus.
Uhland volksl. nr. 198, 1;
feb, magdtl mach in die stuben warml
esetz Jen tisch mit brot und wein I
ich merck, das gut stallbruder sein.
H. Sachs fastn. sp. 1, s. 116, 40 nettdr.
in lat. Übersetzung : quot fratres stallorum (sie enim nomi-
nabantur conducti) habent in civitate? Joh. Buschiüs
de reform, monast. bei Leibnitz Script, rer. Brunsw. 2, 951.
vgl. atich: underwegen uff einem grünen acker fand er
Ulenspiegel ligen, den grüszt er, und fragt in was er für
39
611
STALLBUBE — STALLDACH
STALLDECKE — STALLEN
612
ein stÄlbrüder wer. Eulensp. s. 97 neudr. (64. hist). ein-
reibe ausMufer finden sich noch in neuerer zeit, so : ach !
mein ehrlicher freund und treuer stallbruderl ich musz
vor freude fast vergehen, da ich dich wieder sehe. Hol-
berg 1, 4. theütoeise liegt auch kiutstlidie emeuerung vor :
hast du denn gar nichts gehört von den fetthammeln
jenseit am Rhein vom stallbruder Franz {sagt ein Schaf-
hirt von einem andern)? Arnim 6 {scJuiub. 2), 267 ; da kennst
du meinen guten stallbruder nicht, ebenda, die altern
nhd. tpörterbilcher verzeichnen das loort nicht, die neuem
auf grund der altem stäche: stallbruder, fratres staUo-
rum, nominabantur milites conducti ... ist eigentlich so-
viel als camerade. Frisch 2, 316*; bei Cküpe als veraltet.
Heynatz Antibarb. (1796) 2, «O/. bemerkt dazu: 'man pflegt
es wohl mitunter so zu gebrauchen, als rvenn es stahl-
bruder oder stehlbruder hiesze. Campe scheint es vom
Pferdestalle herzuleiten, wenn er sagt, es könne wohl nur
von Stallknechten gebraucht icerden; allein es tcard ehemals
von Soldaten gesagt, die eine gemeinschaftliche Schlafstelle
hatten', (im wb. giebt Campe die richtige erklärung.) im
preusz. noch im 19. jahrh. lebendig: stallbruder, genösse,
kamerad. Frischbier 2,361'» {nach Mühlino).
STALLBÜBE, w., stallbub, soubsvallet d'estable. Hulsius
.^OS*»; stallbub, roszbub, stabularius. Stieler 254; stall-
bube, stall-jung, m. ragazzo, mozzo di stalla. Kramer dict.
2, 904^ ; junger mensch, der bei den pferden im stalle dient,
Stallknecht. Campe {als veraltet, aber wieder erneuert), be-
sonders im 16. jahrh. : er get von ersten ettwenn zä eynem
stalbüben oder knecht, und spricht, lieber ich wölt gern
für den herren. Keisersbero bilg. (1512) 205*; wiltu leren
ein menschen erkennen, so nim war was cleider er an
hab, ob er gang als die höben und trag zwey örlin an dem
harret, was letz die stalbüben nünmen {nicJit mehr) er-
dencken, das tragen die ratzherren und die fürsten. sünden
des muiids 54»; was tzu gottis dienst . . . gestifft ist, musz
itzt denn stalbuffenn, maultreibernn, ja, das ichs nit
grober sag, romischenn hurn unnd buffen dienen. Luther
6, 257, 20 Weim. ausg. {von den guten werken 1520); hodie
videmus von unsern junckerleyn, qui praedicatores libenter
ad summam servitutem truderent, zw stalbüben zw
machen. 32,208,32; und (sie) sollens von solchen leiden,
die sie jtzt nicht ansehen und nicht gerne zu stallbuben
betten. 467, 21 ; dann was ir uns armen eseln aufgelegt
band, haben wir alles müszen tragen und seind biszher
von euch ringer gehalten worden dann die stallbuben.
Schade sat. u. pasqu. 3, 136, 21 {vom j. 1524) ; es begab
sich . . . junckfraw Angliana allem hofgesind . . . das new
jar gab, ... und dem wenigsten under den stalbüben,
ward ein schönes schnauptöchlin. Wickram goldf. C 2^
(cop. 6, toerke 2, 281, 5 Bolte);
auch tbut mich in dem hertzen gremen
das mir der stalbub vor acht tagen
ein altes wammes hat entragen.
H. Sachs 3, 3, 38* {fastn. sp. 8, ». 72 neudr.);
und die herrn tons nicht allein,
etwan ein stalbub darf in baszen.
Seb. Wild trag, von d. doctor mit d. esel 1, v. 111.
dann wieder in neuerer zeit: wenn aber die stallbuben
ihre schlingen und sprengsei im stroh aufstollen, da bleibt
auch mancher {sperling) hängen. Arnim 8,192;
sab ich ihn so durch unsre straszen ziehn,
da rief's in mir : dem muBzt du dienen, dem,
und wär's als stallbub.
Grillpar/br* 7, 6 {weh dem, der lügt 1).
STALLBÜRSTE, /. bürste zum reinigen der pferde.
Krünitz 169,174.
STÄLLCHEN, n., deminutiv tu stall (8), vgl. ställelein:
st&lialein, aeu, ställchen, das. Stieler 2118; {ohne ttm-
laut:) ställelein, stauchen, n. staUetta. Kramkr dict. 2,904";
jeden morgen schlich die alte zu dem ställchen und rief
'Hansel, streck deine fmger heraus'. Grimm märchen
'• " ("'■• "): da bauet mir
•in bftascbon fBr mich selbst, ein ställchen fllr die rosse.
L. H. Nicolai verm. ged. 8, 98;
and zur mbe blies der sanhirt,
jeder kroch in« niedre itflilchen.
Hbink 2, 56 Elster {Wünneb. 1).
STALLDACH, n. .- diesen {topf) nahm er dann . . . und
warf ilm Über dos slalldach. Lkophkchtinu au» dem
Leehrain *».
STALLDECKE,/, i) decke eines stalles; 2) decke, die
7nan im stalle über die pferde deckt. Campe.
STALLDIENER, m., vgl. stallbedienter. Krünitz 169, 174:
Heinrich . . . verwünschte innerlich die herzoghchen stall-
diener. Herm. Kurz 8, 128.
STALLDIENST, m. dienst in einem marstaUe, und zwar
soivol das amt, die stelle, tcie auch die zu verrichtende
arbeit. Campe:
man sagt, er sei bisweilen mit verwegenen
heiratsgeaanken umgegangen — es war damals
80 ein lachendes pumpelcnen hier, für den stalldienst.
MöRiKE ged.^ 244.
bei der cavallerie : stalldienst, von der Wartung, pflege und
behandlung des pferdes. instrucHonsbuch für den cavalle-
risten^ {Hann. 1876) *. 38 {überschr.).
STALLDIRNE, /., für stalhnagd, besonders bair.-österr. :
jener {don Quixote) hielt bettlerherbergen für kastelle,
eseltreiber für kavaliere, stalldirnen für hofdamen. Heine
8, 427 Elster; da schallte vom brunnen her ein lautes
lachen, die Traudel, die halbblöde stalldirne, sasz dort
auf dem tröge. Anzengruber^ 2, 173; es war das {futter
streuen für das geflügel) sonst jeden frühmorgen die erste
sorge der bäuerin gewesen . . , die stalldirne hat es wohl
nur heut aus erbarmen mit dem vieh übernommen. 8, 31.
STALLDUNG, m., v^ri. Stalldünger «?id -mist: am räth-
liebsten ist zwischen ihm {plaggendung) und dem stall-
dünge abzuwechseln. Schwerz anl. zum pracf. ackerbun
(1823) 1, 201.
STALLDÜNGER,»!.; schaafmist. er ist ohne anstanl
als der kräftigste aller Stalldünger zu betrachten. Schwer/.
anl. zumpract. ackerbau (1823) 1, 125. — dieser umstand ist
um so weniger zu miszkennen, als eine stalldüngung
erst nach einigen jähren .. . wiederholt werden musz. 17'.).
STALLE, /., a. stal.
STALLECKE, /. ; er {der klostermeier) hatte viel knechte
und mägde und rosz und zugvieh und gedieh wohl, denn
die kupferbraunen schlangen, die in stall und hof nisteten,
pflegte er rechtschaffen und liesz die milchschüssel in
der stallecke nie leer werden. Scheffel Ekkeh. s. 280.
STALLEICHE, /. alte eiche, unter der gerichtsversamm-
lungen gehalten werden; mnd. stalöke, so im erzstift Bremen .
actum juxta castrum Hagen prope queicum vulgaritcr
staleke nuncupatum, s. zeitschr.f. d. phil. 9,225; hier war
die berühmte stalleiche, der gerichtsplatz der Osterstader
und Bramstedter. Kobbe Bremen u. Verden 1, 78.
STALLEIMER, m. eimer, der im stalle gebraucht vnrd,
insbesondere um das icasser zum saufen für die pferde
herbeizutragen. Krünitz 169, 176/. ; der hofschulze wusch
in einem stalleimer voll wasser . . . sich bände und pe-
sicht. Immermann Münchh. 1,136 (2,1); hier ... unter
Strohhaufen, pittoresken und nicht nach alpenflora duften-
den düngerhügeln, nicht minder stark parfümirten stall-
eimern wurden sie von einer kleinen frau begrüszt.
Gutzkow ritter v. geiste 1,66.
STALLEIN, adv.:
den die säw vor h&rten nicht
wann er sie stall-ein getrieben,
der hat fUrsten jetzt vemicht. Logau 8, ». 844,
STALLEINRICHTUNG, /. Schwerz anl. zum pracf.
ackerbau (1823) 1, 167; noch kömmt die stalloinrichttni;;
dabei in betracht. gedrängt boysammen stehendes vieii
erfodert weniger streue. 184.
STÄLLKLEIN, n., vgl. ställchen (6« Stieler und
Kramer); eis. 'stalele, 'stsslola; stäUele ist besonders 'rin
kleines nebengebäude mit den räumen für das federvirh'.
MaUTIN-LiENHART 2,688''.
STALLELN, verb. nach dem stall riechen, in oberd. muiul
arten: eis. ställele(n) Martin -Lienhaht 8, 589», schtriih.
stallolen Schmiü 605, ebenso tirol. Schöpf 688.
STALLEN, verb. in einem stall unterbringen, im sdille
stehen, das wort acheint at{f das deutsche sprach (/ebiet
beschränkt, denn das vereinzelte stalla, das di' ' ■-'
annalen tu 1418 bieten (Cleasuy-Viopusson 687
ebenso tcie das schwed. stalla, dän. staldo ui,
aus dem deutschen entlehnt aein. ea findet aich
aussthliestlich in mitteldeutsciten quellen und h
im 18. jahrh. {Rother 1098), oberd. kommt es trat spule
und vereinzelt i>or {bei Hein mich v. NKUSTAnr), im m«
ist es von anfang an üblich, ebenso begegnet es im
613
STALLEN
STÄLLEN
614
(schoji mnl.T). in den lebenden mundarten scheint es all
gemein verbreitet zu sein: sehtceiz. stalla Tobler 406, in
Basel stalle Seiler 276*", bair. stallen Schm. 2, 746, tirol.
Schöpf 698, «feir. Unger-Khull568'', fcärn*. ställn Lexer
238; rhein. Kehrein l, 387, hess. Vilmar 395; preusz.
Frischbier 2, 361*. nd. stallen Strodtmann 227/. brem.
if&. 4, 989. Schütze 4, 185. Dähnert457». Mi 86*. Danneil
208*». StÜRENBüRG 261*. TEN DOORNKAAT KOOLMAN 3,298''.
Schambach 208^. Bauer -Collitz 98*. stallen berührt
sich vielfach mit stellen, vgl. das.
l) in der altem spräche hat stallen in der regel transitive
bedeidung 'rieh in einen stall tun oder im stalle halten',
im mild, tcechselt stallen mit stellen (j>rät. stalte) U7id
kann als nebenform dazu angesehen werden; mnd. Icommt
in diesem sinne nur stallen vor. vgl. omcä Weigand 2, 793.
sfrtZn<Zare M. stallen, rZ^. stellen. Dief. ^Zoss. 550*; stallen,
in den stall thun, establer, loger et mettre ä l'estable.
HuLSiuS 305''; recondere in stabtdum. Schottel 1420;
s. ferner Adelung (2, 2, 2). ebenso nl. stallen, in den stal
stellen, stabulare, in stabulo locare. Kilian 2,628''. in
neuern mundarten sowol in den österr. alpenländern leie
norddeutsch bezeugt, s. Unger-Khull 568" {ältere spräche).
Lexer 238. Frischeier 2,361*. Dähnert 457*. D.\nneil
208''. brem. trft. 4, 989. Stürenburg 261*. ten Doornkaat
KOOLMAN 3, 298» (l).
fl) gewöhnlich mit acc. des objects, zumeist von pferden :
so der bischove kumet in die stat, so sol man sine ros
stallen in dem stadelhove. Sfraszburger stadtr. {l3.jahrh.)
% 90 bei Grandidier hi^t. de l'igl. de Strasb. (1776) 2,78;
die recken stalletin ir ros
nnde geherbergetin üffe dene hof. Rother 1098;
sine ros und sine pfert
lig er zu den statin
stallin, da e hatin
dl brüdre ire pfert gestalt.
Nie. V. Jeroschin 8324/. ;
auff solches freündtlichs erbieten gieng Hugo mitt seinem
vettern Simon in sein hausz, und stalt sein pferdt, zoch
seinen hämisch unnd rüstung ab. Huge Schappler (1537) 5'';
als er nun sein herberg eingenam, unnd sein pferdt ge-
stalt, trat er auff den palast für den künig. 10'', mit zusatz:
sprach : 'stall dein rosz, du harfner stolz,
geh, stall es in den stall!
ein'm solchen harfner es nicht ziemt,
zu stall'n in königs hall'.
Herder 25, 239 Suphan (tön. E^thmer);
wir wollen die pferd' in des feindes stall stallen.
ped. schulfuchg 213.
6) atich vom unterbringen der pferde in andern räum-
ehkeiten: an deme selven jare quam de koning Gode-
frid unde Sifrid mit den Normannen . . . unde stalleden
ere perede an den kirken. deutsche chron. 2, 155, 19 (sächs.
vxltchron. 143); {markgr. Otto v. Brandenh.) vormat sik
dummeliken, hewolde des anderen dages sine perde stallen
laten in den dom to Magdeborch. d. städtechron. 7,157,5;
ouch so brauten sy {die yomuxnnen) virwar
dy stede Colne und Trire gar, *
und stalteten yr phert geyn Ache
in daz palas zu eyner räche.
Kirchberg meckienb. reimchron. 603,6;
die pferde rissen sie die stieg' hinauf,
sie in die säle stallend.
Grabbe 3, 123 GHsebach (Friedr. Barb. 1, 1).
c) im mnd. kommt stallen in diesem sinne häufig absolut,
mit auslassung des objects perde, vor, wobei sich dann die
allgemeinere bedeutung 'sich einquartieren, lagern' ergiebt,
s. Schiller-Lübben 4, 357, z. b. .- wanne se oc volk legghed
up de Kalenborch, dat en scal in use eder user borch-
manne huse nicht stallen weder usen willen. Sudendorf
urkundenb. 1, s. 233, 42 («r. 428, vomj. 1327); in demesulven
iare do stallede koningh Philippus vor Brunswic, over
de stat blef unghewunnen. Lübecker chron. l, 79. ebenso
in md. quellen:
und zogin vur di Balge hin . . .
unde stalletin davor. Jeroschin 5423;
und {die Normannen) czogin mechtig vor daz mere
tibir dy Czene {Seine) mit irme herre,
und stalleten vort vor Parys.
Kirchberg meckienb. reimchron. 608, 48;
der könig hnb sich uf dy vart,
mit heres kraft genende
durch czoch er alle dy Wende . . .
und stallete vor Havelbergk. 639, 49.
auch mfid. stellen ^cird in dieser iceise gebraucht, s. das.
daneben vereinzelt mit dem dativ:
ir rosz 7.ngen sy an das lant,
den warJ gestallet zehant.
Heinr. V. Neustadt Äpöllon. 13885 Singer.
auch noch nhd. absolut gebraucht: zihe von stundan . . .
von dannen, dz du zum aller lengsten des morgigen tags
in deins lands grentzen und boden legerst unnd stallest.
Oarg. s. 348 neudr.
d) von anderm vieh: sollen dieselbigen schwein, da si
änderst betretten, gestalt und eher nit herausz gelassen . .
werden, steir. taid. 486, 41 ; ob es sich geh , das unsers
birten vieh hinab gieng . . , das selten si weder stallen
noch taidigen. tirol. xceisth. l, 249, 15; wer ain vihe an
seinem schaden vindet . . , der sol ej stallen, und ist nicht
gepunten, auz ze geben, man setze im danne ain ander
phant. 4, 392, 35 {Brixen 1378) ; hat aver ainer vihe gestallet
und daz niemant darnach chumpt, so sol er ez zwen
tag in seinem stalle haben und sol ez danne gen lazzen.
393, 4 ; {Laban) . . . ladet jn {Eleazar) in sein hausz, und
füret jn mit sich, und stallet jm die camele. Mathesius
hochzeitpred. 26''; welcher baus-vater kauffet ihm schafe,
und bedencket nicht, wohin er sie stallen will? Martin
Möller geistr. erkl. der evangd. (1729) 280*; wo ist ein
hirt, der nicht sorget für seine schafe? für das erste,
wie er sie wasche und reinige, für das zweite, wohin er
sie stalle. 379*; doch kaum waren die kameele gestallt, —
und die sättel abgeschnallt. Rückert (1882)11,415(25. wiaÄ.);
alle die schar und ziegen sind mein : viel irren in thälem ;
viel auch decket der wald, viel sind auch in höhlen gestallet
{sfabulantiir in antris).
Voss Ovid nr. 54, 65 {metam. 13, 822).
e) selten und stets mit besonderm nebensinn wird stallen
auf menschen angeicandt: {die bürger von Magdeburg)
vengen den markgreven . . . und vorden on to Magde-
borch . . . und beholden also lange , dat me om makede
eine kisten van dicken holen: dar stallede me on in.
d. städtechron. 7, 157, 17 {mit bezug auf z. 7, s. unter b, vgl.
auch stall 5, e, ß);
denn ich bin, was ihr habt an unterthanen,
mein eigner könig sonst; und stallt mich hier
in diesen harten fels, derweil ihr mir
den rest des eilands wehrt.
Shakei>p. 4, 249 {stürm 1, 2).
2) seltner findet sich stallen in der entsprechenden in
transitiven bedeutung 'im stalle stehen, seineji auf enthalt
haben': stallen, gestallet, stabulari, sepire, et in genere
cohabitare, nutriri. Stieler 2118; stallen, stallare eioe
Stare in istalla cioe nell' albergo. Kramer dict. 2, 904'';
stabulari, in stabulo agere. Kilian 2,628''. zunächst voti
filieren: es ist auch gar gebräuchlich, dasz in einer
carawan . . . camehle, pferde und esel sich befinden, und
offt nahe bey einander stallen müssen. Olearius pers.
reisebeschr. 301». niclit recht klar ist: (l49l) do begnnde das
Wasser zu Erfforte zu wachsene . . . das feie luthe musteu
blibe jn oren husern, etliche quomen da von, dy kowe
swin unnd czegen stalleten jn ore dornczen, etliche uff
dy bodeme. K. Stolle thür. chron. s. 172 Hesse, so attch:
dasz letzlich sol der Todt verkehrt zum hammel seyn,
und stallen zwischen höll' und himmel gantz allein.
Opitz 4, 412 {H. GroUti» 6).
auf menschen übertragen :
dasz ihr sprangt ins haus, . . .
wie Pfänder euch in kisten schloszt und kästen,
bey Säuen stalltet. Shakesp. 1, 65 (tön. Joh. 5, 2).
in andern fällen, wo stallen von manschen gesagt wird im^
sinne von 'lagern', ist eher die bedeutung 1 amtinehmen
und das obj. pferde zu ergänzen, s. 1, c.
3) sehr häufig ist eine übertragene amcendung von 1 und 2
auf menschen in der formelhaften redeiceise (sich) mit einem
oder mit einander, zusammen stallen, (nicht) stallen
können, in der bedeutung 'sich vertragen', dasz teirklich
diese Übertragung vorliegt, beireist das in demselben sinne
vorkommende (nicht) in einem stall sf ehn , s. stall 4, c.
8. femer stellen und gesteilen (II, 1 und III, 4, th. 4,1, 4225/.).
c) älter ist die von 1 ausgehende reflexive ausdrucks
weise: wenn aber zween ehelente einander überdrüssig
werden, und sich mit einander gar nicht stallen und ver-
tragen können, hat man das mittel, dasz eins darvon
sich ins kloster begiebet. Olearius pers. reisebeschr. lll*;
es kam dahin, dasz disz ungleiche paar {ein alter mann
39*
615
STALLEN
STALLEN
616
und eine junge frau) , weil sie sich mit einander niclit
wohl stallen kunten, durch einen scheidebrieff von ein-
ander gesetzt wurden, rosenth. 76» (6, 2) ; der hungarische
könig Colomannus . . konte . . mit seinem bruder Almo sich
nicht stallen, weil er ihn im verdacht hatte, ob stünde
er nach der crone. Hahn hiat. (1723) 3, 134; herzog Wladis-
laus I. von Böhmen . . . konte sich mit seinem bruder . .
durchaus nicht stallen. 176; in Neapel nahm ich mein
quartier in einem andern kloster, weil ich mich mit den
spanischen Augustinern nicht stallen konnte. Winckei,-
MANN icerke (18+7) 2, 410»; mit der ritterei stallte sich die
bündlerei. Jahn 2,GG1 Euler {merke 266);
wer reich wil sein, für andern allen,
kan sich allzeit mit gott nicht stallen,
o selig ist /rMCÄm. L6»(1.2,I3);
zur jeden frist
ein ehlichs paar
dasz sich viel jähr'
in einigkeit mag stallen. Rist Mwl. lieder 8, 181 ;
der hat sich sonsten nicht mit ihr wohl können stallen.
Rachel sat. ged. 121 (jvng/em-anat.).
in den ioörterbücTiem erst spät gebucht: sie können sich
nicht mit einander stallen, ferre alter alterum von potest.
Frisch 2, 316'', vgl. Heynatz unter b. sick stallen aiich
nd.: as ick mick metten vaur {vater) nich estallen kon.
nd. bauemkomöd. s. 17 {vgl. s. 120). in den heutigen nd.
mundarfen weit verbreitet, s. Strodtmann 227/. brem. wb.
4,989(2). Schütze 4, 185. Mi 86». Danneil 208'\ Sciiam-
BACH 267''. BaUER-CoLLITZ 98».
b) in der neuem Schriftsprache gewöhnlicher intransitiv,
an 2 anschlieszend : zusammen- sive miteinander stallen,
propr. uno eodemque stabulö concludere. suh eodem tecto
mansitare, metaph. autem concordare, concordibua animis
jungi, und mente vivere. sie stallen nicht wol zusammen,
eorum animi distrahuntur , inimicitias habefit, et gerunt.
Stielek 2118; zusammen -stallen, miteinander- ö bey-
einander-stallen , stallare, vivere, stare assieme i7i buona
pace e concordia. die wölfe und die schafe werden bey-
einander stallen, sie stallen nicht wol zusammen. Christus
und Belial stallen nicht beysammen. Kramer dict. 2, 904';
s. femer Wächter 1581. Adelung (2, i). Eiselein 576.
BoRCHARDT spricJiw. redensarten^ 1126. vgl. : sich stallen,
sich mit einander stallen, anstatt sich vertragen, heiszt
besser (ohne sich) stallen, mit einander stallen. Heynatz
Antibarb. 2, 441. in der litteratur seit dem 17. jahrh. : will
nur noch sagen, dasz es mich wundert, dasz ein Holänder
sich zum Engländer hatt naturalissiren laszen ; den mich
deucht, sie stallen selten zusammen. Elisab. Charlotte
3,632 (17. sept. 1715); so wenig wolf und lamm, oder stier
nnd tieger zusammen auf die weide gehen, so wenig stallt
schwärmerey und toleranz zusammen. MusÄus physiogn.
reisen 2, 67 ; bey solchen gesinnungen können wir wohl
unmöglich lang zusammen stallen. 3, 5 ; Öscr stallt ganz
vortrefflich mit ihm; er hat eine hohe freude an dem
tollen Seefahrer. Karl August bei Merck 6ri«/«. 2, 186;
ich {der Friede) stalle nimmermehr mit Trug und Tyranney.
frieden« weheklage (1640) ;
fUchse stallen nicht mit Wolfen,
und sie sind sich wie es scheint,
von natur so spinnefeind
als die Gibellin nnd Guclphen.
LiciiTWER 105 {fab. 8, 18) ;
SO auch in hochd. mundarten: in Basel mit aim stalle.
Seiler 276''; eis. MartinLienhart 2, 689»; rheinfr.hess.
Kehrein 1,887. Vilmar 895; straszburgisch :
herr Jeh I wie däde mier so guet zuenander stalle I
Arnold pflnggtmontag 29 (1, 8).
4) in den bisherigen Verwendungen ist stallen offenbar
eine ableitung tu stall in der gewöhnlichen bedeutung
'stabulum'. andre gebrauchsweisen scheinen dugegen an die
ältere bedeutung stall l anzuknüpfen ; stallen kommt näm-
lich tuweilen auch in dem sinne 'halt machen' vor. soiceit
e» »ieh dabei um länger dauernde niederlassung und auf-
schlagen eines lagers handelt, wird die bedeutung 1 antu-
nehmen und das object die pferde tu ergänzen sein. s. l, c.
auch in andern fällen ist dasselbe objeet theils ausgedrückt :
die fler bruodern und Ir vefter Magie hioltcnd nUt, untz
da« «y zwo oder dry mll geryllend ; do stallettend sy Ire
pferl. Haimonskinder n,i\ Baehmann; theils tu ergänzen.
SO: Cum. halten! wir mU»en ein mal auch ttallen, die
ross haben auszgehenkt. bisch, ja wol, so erschnaufen
wir auch ein wenig. Schade sat. u. pasqu. 3,277,3; wir
müszen ein mal stallen. 279, 3; maister, dein ross hat
auszgehenkt. lasz uns stallen! 281,44. doch ist fraglich,
ob hier icirklich daran zu denken ist, dasz die rosse in
den stall gebracht werden sollen, und nicht einfach ein
haltenlassen gemeint ist. dagegen ist in folgender stelle
weder an rosse noch an einen stall zu denken, da vielmehr
von der landung der in einer art arche schiffenden Oimbern
die rede ist:
wi er sa tas [si] sichar schifften,
unt aufT tem Archmanberg all stallen.
Fisciiart Qarg. ». 44 nendr.
{dicht. 3, 88, 41 Kurz).
5) stallen für stellen ist auszerhalb der unter i behan-
delten specialisierung nicht nachzuweisen, wenn im altern
nhd. öfter das prät. s t a II t e = stellte oder das pari, ge-
stallt begegnet, so sind das die regelmäszigen alten bildungen
zu stellen, s. das. {nur das subst. bestallung sclieint ein
bestallen vorauszusetzen, s. th. 1, i65o/. vgl. Wächter 1581.
s. auch stallung 3—5.) das nd. stallen , staelen , merces
disponere, exponere, expedire, explicare vendendi causa.
KiLiAN 2,628'' geht zunäclist auf franz. estaler, 6taler
zurück, 8. d. zweite stahl, sp. 5ö3f. und Frisch 2,316''.
6) ganz abweichende bedeutungen finden sich endlich in
7id. mundarten:
a) gerinnen, dick und hart tcerden, une das flüssige fett
durch die kälte, brem. wb. 4, 989 (3) ; gestehen, gerinnen, von
der milch. Campe (l, i).
b) ostfries. schreiten, grosze schritte machen. Stören-
burg 261» (3, zu stall, ein groszer schritt, s. auch Frommann
4, 228); nach TEN Doornkaat Koolman 8, 298'' (3) da-
gegen: einen satz oder sprung machen, sich mit einem
schumng worüber hin setzen, springen.
7) unverständlich ist mir: der langweilige Langheinrich,
der sich einsetzte, um der sitzweit auszcr dem konterfei
seines gesichts auch eines von den ländern in die band
zu geben, die er für würdig hielt, dasz er darin stallen
liesz. J. Paul 32 {kom. anh. z. Tit. 2), 93.
STALLEN, verb. harnen, von pf erden, seltner von andern
thieren, vgl. das ztceite stall, m. stallen ist in diesem sinne
seit dem 14. jahrh. bekannt; es begegnet hd. zuerst beim
KÖNIG v. Odenwalde {um 1340), um 1400 auch mnd. {bei
Gerhard v. Minden Seelmann), s. Schiller-Lürben
4,357». ebenso nl.: stallen, seycken als eyn pert, mingere.
G. V. D. ScHUEREN teuthouista 373» Verdam; stallen, ttrt-
nam proiicere, eiicere, vel mittere. vulgo stallare, ital.
stallare. stallare, inquit Scaliger, dicuntur equi, guum ad
urinam emittendam quiescunt: quia quum recenter veniujit
in stabulum, quod stallam vocant Oermani, tunc /wc
urinam solent emittere. Kilian 2, 628''. stallen kommt auch
in den andern germ. sprachen vor: engl, stale, vgl. Skeat
589''; dän.norw. stalle (stalde), schwed. stalla. in lebenden
mundarten ist es weit verbreitet, besonders oberd. und nd.
nuin hat diese bedeutung atis den vorhergehenden abzu-
leiten gesucht, v§l. : 'die Ursache der bedeutung ist darin
zu suchen, dasz die pferde, so bald sie von der arbeit in
den stall kommen, zu liamen pflegen, oder im harnen still
stehen', irem. icJ. 4, 989, ähnlich Campe (1,2: still stehen,
um zu harnen; dann, für harnen selb.<)t) U7)d Seil M.* 2, 746.
Heyne knüpft es 'an die beobachtung, dasz die pferde dazu
stets stellen bleiben, während sie festen kot auch im laufen
auswerfen', dennoch ist diese an sich einleuchtende erklä
rung unhaltbar: l) ioird stallen in der bedeutxing 'stehen
bleiben' von pferden niemals gesagt; 2) ist diese bedeutung
überhaupt nur dürftig und unsicher bezeugt, s. oben 4 : 8) ist
intransitives stallen erst nhd. bezeugt und nicht gerade
Mujig. *. 8; *) dagegeiv ist stallen, harnen, viel früher,
gewöhnlicher und allgemeiner in gebrauch und scfteint dem
ganzen germ, Sprachgebiete anzugehören, mau trird al.to
darin une auch in dem entsprechenden subst. stall ein
besonderes icort sehen müs.seti, das mit stall 'stabulum'
nichts tu thun hat. {so schon WACUTRn 168S. tbenso
Adeluno i.)
l,o) tumeist at{f pferde eingeschränkt: stallen, selchen,
wirt von rossen goredt, urinam pryicere. Maai.rr 88i»;
stallen, wlrdt auch von den pfcrdon gesagt, wenn sie
brunlzcn. Hulsius 806*>; ttallen, dicitur de rquis min
gentibus. Scik"! i < u«n; dn« pforH \<-'^\ ^ImHiii „<;.f„,-it
617
STALLEN
STALLEN
618
I
Stieler 2118; stallen, wird von pferden gesagt, mingere.
Frisch 2,316''; stallen, heisset bey den pferden so viel,
als, den urin von sich lassen. Zincke öcon. lex.^ 2799.
Ä./erner Jacobsson 7,424''. Höfler krankheitsnamenb.ei?!^.
so auch in den meisten mundarten, s. Tobler 406. Schm.
2, 746. Schöpf 696. n^Z. Strodtmann 228. &rewi. tc&. 4, 989.
DÄHNERT 457». Ml 86*. DaNNEIL 208''. FrISCHBIER 2, 861*.
StÜRENBURG 261*. TEN DOORNKAAT KOOLMAN 3, 298''.
Bauer-Collitz 98». belege: ist es, das das pferd nit
stallen mag . . , so ist es zu besorgen, das das pferd sterb.
und der geprest geschieht dem pferd gern, so man es
an dem reitten überreitet und nit laszt stallen, so es
jm not tat. Mynsinger r. d.falken 80 Maszier; der ritter
. . . zä seinen gesellen sprach, mich deucht gut wir Hessen
die rosz stallenn unnd in eyn wierczhausz ritten die rosz
stallen Hessen, unnd alle rosz stalleten auszgenomen der
maul der im von dem künige was gegeben worden.
deeamer. 589, 1 — 3 Keller (lO, l); ungelaidigt ewere gnaden,
das ros hat gestalt, salva gratia equus tirinam fecit.
quelle vom j. 1471 bei Schm.^ 2, 746; anno dni. 1520 im
augusto da hett ainer ain rosz hie , das . . . hett kain
zagel noch hoden und auch kain füd, aber am bauch
da hett es zwai kleine dittlin, und wan es stallen wolt,
so gieng ain kurtz zegelin zwischen den zwaien düttlin
heraus , . . . den kftnd man nicht sechen , dan wan es
stallen wolt. d. stiidtechron. 25, 133, 15 — 20, s. auch 48, 8
CW. Rem 1523 — 7); wann ein pferdt nit wol stallen kan,
wie jm zu helfTen sey. etlich legen jnen geschölte zwiblen
umb die blasz. HEnnfeldb. (i556) 138''; that auch wie desz
keisers rosz, welchs im wasser stallet, gab wo vor war, . . .
seichet inn den badzuber. Oarg. s. 200 neudr. ; wann eyn
pferd nicht wol stallen kan (welches er dan mag an den
geschwollenen hoden erkennen). SEBizfeldb.iöl (am rande:
wann eyn rosz nicht seychen mag); wann eyn pferd
schwärlich und mit not stallet, das ist den kaltseych
bekommen hat. 155; lasz jhn (den gaut) führen auff ein
schafmist, oder änderst wahin, da er mög sein recht thän,
stallen und zürchen. Seuter roszartzn. 8; wann das pferd
stallen oder zürchen will, soll maus still halten. 15; und
als oft der fuhrman still hielt und die pferde liesz stallen
so hub der narr allwegen an zu pfeifen. Claus narr
(1602) 109; keyser Sigmund ritte durch ein wasser; da
stallete sein pferdt in dasselbige. fieng seiner hoff Junckern
einer an zusagen: disz pferdt hat seines herrn art: dann
es giesset wasser zu, da dessen vorhin gnug ist. Zinc-
gref apophthegm. 1,61; wann ein rosz Svaov^/ar hat
und nicht stallen oder seichen kan. Coler hausb.l,S6ö^;
die reuter lassen einem rosz, wanns nicht stallen kan,
eine feine grosse frische lausz forne in den schlauch
kriechen. 366»; weilln die Berner rosz abiruckn müessten:
so setzns ihren dunerischen kopff auff, und fangn an
wider alle rang-ordnung eher zu stallen, als die herren
Züricher gäul. tintenfäszl (i74ö) 10; aber als die Verfolger
an die stelle vor dem dornstrauch gekommen waren,
hielten sie an, und einer sagte, während die pferde stallten.
Freytag 17 {bilder i), 312;
sie vischen mit dem miste,
da siehe phert uf stallen.
KÖNIG V. Odenwald 6, 85 {vgl. Germ. 23, 311);
inn dem stach er sein merrhen an . . .
da thets ein stolprer auff der strasz
das er verschüttet das harmglasz.
der knecht erschrack ob diesem allen,
inn dem war gleich sein ^usel stallen,
halt stieg Heintz ab und fieng besunnen
inn sein glasz widerumb ein Drunnen.
H. Sachs 2,4,74«;
doch thet zu meinem glück gleich stallen
mein grawe, da fieng ich jm härm.
5, 854'' (/artn. «p. 7, 76 neudr.).
noch heute als ausdruck der cavallerie: woran erkennt
man die kolik? das pferd ist unruhig, . . . stellt sich zum
stallen, stallt aber nicht, instruction.tbuch für den cavalle-
risten^ (ATan;». 1876) s. 57. »prichicörtlich : wer hat dem
wirf geben. ... die pferd stallen gern wo es vor nasz ist.
S. Franck sprichw.2,i29*, s. auch Frisch 2,316''.
b) besondere Verbindungen: stallen machen, urinam eiere,
movere. Stieler 2118; ein pferd mit pfeiffen stallen
machen, signum dare equo quod temptis mingendi habeat.
Frisch 2,816''; die pferde etc. stallen lassen, laaeiart
Stallare. Kramer dict. 2, 904'' ; tempus mingendi dare. Frisch
2,316''. — dazu femer die Zusammensetzungen: aus-
stallen, ... vesieam penitus levare. Stieler 2118; das
pferd hat noch nicht ausgestallt, equus nondum omnem
urinam reddidit. Frisch 2,316''. verstallen, den harn
zurückhalten, s. das. überstallen 'die zeit zum harnen
übersehen, über diese zeit hinaus das pferd gehen lassen'.
Höfler krankheitsnamenb. 671, wofür auch den stall oder
das stallen übergehen, übertreten, s. unten e. nebenaus
stallen s. 2, 6 zu ende.
c) stallen steht in dieser bedeutung transitiv in der
häufigen Verbindung blut stallen, mit dem harn von sich
geben. Campe (II, i), vgl. Höfler 671»: ein ros das plut
stalt. quelle vom j. 1505 bei Schm. 2, 746; wenn ein pferdt
blut stallet. Albrecht roszarzn. (1542)24; so ein pferdt
blfit stallet, nimm honen mal u.s.w. HERR/eZd*.(i545)i39»;
so eyn pferd blut stallet, du solt jm die muterader lassen.
Sebiz feldb. 160; wann ein pferd blut stallet, so lasz jhm
3. morgen nacheinander in beyden selten die spar ädern.
CoLER hausb. 1,366* (gleich nachher: oder wann sie blut
harnen); so ein rossz blut stallet. Tabernaemont. 614 G;
blutpissen oder harnen, ist eine kranckheit des rind-
viehes. . . . wann die pferde diesen zufall haben, so
heisset man es blutstallen. Zincke öcon. lex.^ 374.
d) ähnlich lauter stallen: so ein pfärdt lauter stallet,
so sol man jm die hals äderen . . . aufschlahen. Forer
Geszners thi erb. (1583) 136^; lauter stallen oder der lautere
stall, ist eine pferde kranckheit. Zincke öcon. /ea:.* 1616.
s. femer das zweite stall und Höfler krankheitsnamenb. 671».
e) der substantivierte inf findet sich zuiceilen für das
geicöhnliche stall, m.. besonders in der Verbindung das
stallen übergehen (vgl. überstallen oben unter b und
stallung): wann das pferd das stallen übergangen hat.
CoLER hausb. 1,366»; ein pferd so das stallen übertragen,
und davon einen fehler bekommt, equus qui lotium nimis
diu continuit et stranguria crudatitr. Frisch 2,316".
2) stallen wird zuweilen auch von andern thieren gesagt.
a) besonders von den dem pferde nahestehenden zug- und
lastthieren ; nach Adelung von pferden und eseln, nach
Unger-Khull 568'' von pferden und rindern, ebenso eis.,
s. Martin-Lienhart 2, 589*; vgl.: stallen . . . [non si dice
che de' cavalli, asini, mtdi; e forse de' &t«oi.] Kram er
dict. 2, 904''. doch im allgemeinen nur: das pferd, der esel,
maulesel stallet, ebenda; der maul den der ritter reyt
der in dem stalle nicht gestallet het in dem wasser
stallet, decam. 589,8 Keller (XQ,\); also thet auch der maul
den ir mir gäbet an dem ende do er stallen solt nicht
stallet, unnd do er trincken und nicht stallen solt do
stallet er. 23/.; unter des stallet sein libysch maulthier
die blasz zuentlähren : und dasselbige so überflüssig, dasz
auff siben meilen ein flut drausz ward. Garg. s. 368 neudr.;
ik (der esel) hebbe up mins vader bein
gestallet dicke.
Gerhard v. Minden 101, 227 Sedmann.
vereinzelt von kamelen .- ihren congressum nehmen männ-
lein und fräulein nicht, wie etliche sagen, retrorsum (ob
schon im stallen sievirgam hinterwerts kehren). Olearius
pers. reisebeschr. 301».
6) stallen ist ferner in der spräche der jüger üblich.
'stallen . . . wird von vielen jägem nicht allein vom hunde,
sondern auch vom hirsch. rüdden oder wolf gesagt'. Kehrein
iveidmannsspr. 280 (axts Stahl forstlex. 1780), s. femer
Adelung (l). besonders von hirschen: die Jäger sagen
stallen auch vom hirschen, weil er sich wie die pferde
beym stallen stellt. Frisch 2,316''. schon im ib.jahrh.:
wa der hirsz auf ainem sehne gestallet hab, so seicht er
neben ausz auszer der fart recht als ain hund, so stallet
die bind eben in den herd als ain zohenn. quelle vom
j. 1437 bei Schm.* 2,746; jtem, wo der hirsch stallet, so
stallet er allweg neben ausz, ausz der fart recht als ein
hundt. das zeichen heisset hunds wolff, fuchssen. aber
was ein futt hat, das seichet eben in di« fart und in den
weg. NoE Meurer v. forstlicher oberherrligkeit (l560) 95*',
ebenso Sebiz feldb. bl3. vom icildschxcein . das schwein
stallet neben ans. Fleming t.jäger loo^.
8) ztuceilen vrird stallen in grober oder niedriger sprech
weise auf den menschen angeicendet. nd. . ick dorffte nich
ins vor de döre gähn, datck ins stallede. nd. bauem-
619
STALLER— STALLFINK
STALLFULLEN — STALLGELD
620
^omM. 9. 237. alemann. : {der reiter) sasz fein lang, doch
dasz ein hasz mit auffgereckten ohrn zwischen dem
sattel unnd dem gesäsz unangestossen wer durchgeloffen,
wann er sich in stegreiff stellt zustallen. Garg. s. 279 neudr. ;
voll lemi machends' (prassen, huren v.s.w) inn und bülen, . . .
vol blater, löcher, krebs und gallen,
das er nit brünzlen kan, noch stallen.
RuFF Euer Heini 1630.
so noch in der Schweiz. Tobler 406. sonst als eigenthütn-
lichkeit der shtdentensprache , s. Kluge m^ (1781 — 1841):
stallen, uriniren, wird eigentlich von pferden gesagt, die
Studenten brauchen es auch von menschen, und wenn
mehrere aus ihrem mittel nebeneinander die blase ihres
Überflusses entschütten, so nennen sie das general
stallung. KiNDi.EBEN stud. lex. (i78l) 181; daztt: zu den
groben Unanständigkeiten, welche um diese zeit in Gieszen
mode wurden, gehört die generalstallung. . . . jene wurde
so veranstaltet, dasz zwanzig, dreissig Studenten, nach-
dem sie in einem bierhause ihren bauch weidlich voll
hier geschlungen hatten , sich vor ein vornehmes haus,
worin frauenzimmer waren, hinstellten, und nach ordend-
lichem kommando und unter einem gepfeife, wies bei
pferden gebräuchlich ist, — sich auch viehmäszig, ich
meyne, ohne alle rücksicht auf Wohlstand — erleichterten.
Laukhard leben u. schicks. (1792) 1,217.
4) ganz vereinzelt steht die angäbe von Seiler Basler nrnnd-
art 276'' : stalle = miste, exTcremente auswerfen, vom vieh.
STALLER, m. der über den stall oder die stalle gesetzt
ist, marschall. ableitung zu stall, als bezeichnung eines
hohen amts in den altern »praclien .- altn. stallari marschall
(eines königs) Cleasby-Vigfusson 587*, ags. steallere,
stallere Bosworth -Toller gis'»; auch latinisiert stalla-
rins {neben stallere und constabularius) Du Gange 7, 577».
mnd. staller 'eine hohe obrigkeitliche würde in Holstein und
hei den Eiderfriesen' . Schiller-Lübben 4, 8,57'' {in Ur-
kunden des 15. — 16. jahrh.), dort noch iii neuerer zeit, land-
richterfür Justiz- und polizeisachen. Schijtze 4,185. d^her
auch in nhd. Wörterbüchern : staller, ist im holsteinischen
ein amts-namen eines hohen amtes. Frisch 2, 316''.
Wächter 1582 unterscheidet staller, oeconomus, und staller,
dttx belli; 8. auch Scherz-Oberlin 155*. nach Adelung
gab es in der landschaft Eiderstädt einen oberstaller als
oberste aiifsicht.9behörde in kirchlichen, politischen unä öko-
nomischen Sachen, und einen unterstaller oder staller
schlechthin als richter für das erste verfahren in Privat-
sachen; daneben bei den Friesen staller gleichbedeutend mit
Statthalter, {danach Campe.) Tönnies . . . Buchwaldt war
staller (einer der höchsten beamtentitel; auch muszten
diese zwei wintermonate den kammerherrndienst bei der
königin in Kopenhagen übernehmen). D. v. Liliencron 10
ausgew. nov. 55. dem hd. scheint das wort ursprünglich
fremd zu sein, nur das schles. kennt einen stälcr 'kriecht,
der die pferde zu füttern und zu striegeln hat; er steht
zioischen dem pferdejungen und kittscher'. Wein hold 93».
(Stein BACH 2, 658 giebt ställer [der] stabularius, und
ställerey [die] negotium stabularium als erschlossenes Sim-
plex zu marställer, -erey; er kennt also staller nicht,
vgl. marstaller, -erei, tfieil 6, 1676/.)
STALLESEL, m.; im deminutiv: nun sollte das eselein
unten zu den knechten gesetzt . . . werden, es ward aber
unwillig and sprach 'ich bin kein gemeines stall-
eselein, ich bin ein vornehmes'. Grimm mÄrcÄen *. 542
{'das eselein').
STALLEXISTENZ,/.: erst haben wir menschen die
wirklichen tiere getötet oder zu stallexistenzen erniedrigt,
nun ersetzen wir sie durch die werke unserer bände.
ti\VMAt(ti-buch s. 78,
STALLFEGER, m. expwgator stabulorum. Stieler 461,
vgl. slallpntzer.
KTALLFENSTER, n. .• die nördliche httlfte {des hauses)
mit dem groszcn schcunenthor und den halbrunden stall-
fenstern war augenscheinlich kaum vor Jahresfrist gebaut.
Storm t, 101. auch im deminutiv: das schwarze kätzchen
kam gleichfalls ganz hart am hauso hergeschlichen, . . .
esTerschwand aber schnell in dem offenen stallfenster-
eben. AuRKRACH dorfgrseh.\,\w.
STALLFINK, m.: ich halt, dasx heat manche kSnig.
forsten, bftpst und herm seien, ... die nur von eim (or-
hüter, stallfincken, eseltreiber, holtzträger, schnapphanen
und kistenfeger herkommen. Garg. s. 30 neudr.
STALLFÜLLEN, n., nd. stallfale, m. l) ein fidlen, das
im stall gehalten, nicht auf die weide getnebeti urird; über-
tragen 2) verzärteltes kind, auch ein solches, das Joegen
seiner schlechten sitten nicht unter fremde letite paszt; 3) bei
den buchhändlern, ein ladenhüter. brem. wb. 4, 989/. Campe.
STALLFÜTTERUNG, /. 'in der landxcirfhschaft, die ge-
wohnheit, das vieh im sommer in den stallen zu behalten
und daselbst zu füttern; im gegensatze des weidganges'.
Adelung , *. femer Jacobsson 7, 424''. KrOnitz 169,
177 — 234: was die gmain hinausz schuldig, es sei stall-
fietterung, steur, zehent, zins. tirol. weisfh. 3, 283, 4 {iT.jh.f,
hier also die bezahlung für die fütterung des vielis); es
mag iemand seine viehstücke nach der allgemeinen aus
fahrtszeit noch so spat erst zur herde stellen oder solche
einmal zur herde gestellte stücke auch lange vor be-
endigung der hirtschaft auf seine stallfütterung rück-
behalten. 2, 198, 21 {handschr. v. 1815) ; ich denke mir, wie
dem urstier unbegränzte räume offen standen . .; ich be-
greife , wie die allmählich[e] thicrische ausbildung den
jetzigen {stier) dem joch und der stallfütterung aneignete.
GöTHE 55, 293; jed thier, das an stallfütterung gewohnt
ist schnuppert doch nach denen frischgemähte Wiesen-
blumen. Bettine dies btich gehört dem könig 223; wenn
man sie hört, so preisen sie . . . die Vernunft, und wenn
man sie sieht, so treiben sie mathematik, logik, Statistik,
maschinenverbesserung, bürgersinn, stallfütterung u. s. w.
Heine 3,184 Elster, von vögeln: die stallfütterung der
unkastrierten sänger {der vögel im bauer). J. Paul 54 {leb.
Eibeis), 15. in neuerer zeit oft atif das geistige gebiet über-
tragen, wofür Ladendorf zeitschr. f. d. wortf. 5,121 und
histor. schlagtcb. s. 300/. belege giebt: so lange dauerte
Junker Ortliebs hauserziehung, die man geistige stall-
fütterung nennen konnte, weil er während derselben von
der auszenwelt nichts zu sehen und zu hören bekam.
Langbein 8, 193; nicht für den witz mag stallfütterung
die beste sein. J.Paul lit. nachl. 4, 229 ; jene staatswirt-
schaftliche mästungslehre , die den menschen zur stall-
fütterung eingestellt und um des gewinnes willen sein
leibliches auf kosten des geistigen herausgefüttert. Görres
(1819)4,228 {s. Ladendorf o. a. 0.); zu derselben zeit
dozierte Adam Müller die stallfütterung der Völker nach
naturphilosophischen prinzipien. Heine 4, 291 Elster; im
bilde {von Claurens romanen): köstliche stallfütterung für
schafe, die nicht auf der weide hüpfen können! Haufi'
2, 439 Reclam {controverspred.).
STALLGABEL, /. grosze gabel, forke, die im stall ge
braucht icird, besonders um, den mist aus dem stalle z"
schaffen (mistgabel); auch eine ziceizackige gabel in pferdi
stallen, um, das heu auf die raufe zti stecken. Krünii /
169,234: heu- oder stallgabel. Jacobi Saalburg H6.
STALLGASSE, /. gasse, durchgang zwischen den pferdt
ständen im Pferdestall.
STALLGATTER, n. .- clatrtis stalgatter. Dief. nov. gl. 95"
{voc. rerum v. Nie. Liebinger zu Landau 1466).
STALLGEBÄÜ, n., begegnet in Bingelheimer akfen von I6f)<>,
s. DiEF.-WüLCKER 862. jetzt noch poetisch:
dann trat er in das stailgeb&a,
wo Marke's rosse fraszen hea.
, , , ^ , . Immermann 18, llß ITcmpcl.
sonst dafür das folgende.
STALLGEBÄUDE, n. gebäude. das einen stall enthält,
der stall als gebäude; nach Krünitz 169, 234/ auch der
marstall mit den zugehörigen gebäuden. vgl. das vorige
und Karmarsch -Heeren' 8, 444: in dieser Jahreszeit
des stUcken-erzählens wurden insbesondere die gestalten
unseres heimischen Volksglaubens so lebendig in uns,
dasz wir einmal ganz deutlich den nisz Puk aus einer
dachöfTnung von meines vaters stallgcbRude herausgucken
sahen. Storm 8, 2U; der sohulzenhof . . . bestand ans
einem zicgeldachhaus, an das sich nach rückwärts zwei
lange schmale stallgebRade anlehnten, die durch eine
Scheune mit einander verbunden waren. Fontane tw
dem Sturm 1,H.
STALLGEBÜHR,/: slall-gelt. n. •tall-gebOr, / stalla
Heo, »taUaggio. Kram er dief. s, 9M^
STALLGELD, n. l) geld. das man /ttr dm gebrauch
eines frtmden siaJUe» tntridiM, bssonder» in gos^ltfen.
621
STALLGENOSSE — STALLHASE
STALLHELFERIN— STALLJUNGE
622
Adelung, so schon mhd. stalgelt Lexer handwb. 2, 1131:
do hisch der wirt nachtgelt adir stalgelt von Iren pferdin.
KÖDiz 43, 13. vgl. stallgeld, tributum stabuli, jure Argent.
olim alendo equitatui. ScherzOberlin {icol irrthümlich
für 2). nhd. stallgelt, tnerces pro stabulo. Stieler 682,
inerces pro loco in stabulo meritorio. Frisch 2, 316*, s. auch
Kramer unter stallgebühr und vgl. stallmiete, stallgeltt
in Bingelheimer akten v. 1608, s. Dief.-Wülcker 862. für
gepfändetes vieh .- dagegen ist der dorfvogt verbanden, den
pfandstallhalter für iedes gepfändete stück vieh oder ziefer
1 kr. als stallgeld zu bezahlen, tirol. tceisth. 2, 246, 14;
Avobei für iedes stück nebst 12 kr. pfandgeld auch das
stallgeld pr. i kr. dem dorfvogt ... zu bezahlen ist. 247, 40
Qtandschr. v. 1818) ; es wurde weiter unterm 2. jänner 1848
beschloszen, dasz das gepfändete vieh nebst dem pfand-
geld auch das stall- und futtergeld zu entrichten habe,
und zwar für stallgeld: für ein pferd 9 kr., für ein stück
rindvieh 8 kr. , für ein stück kleinvieh 3 kr. , und zwar
für einen tag. s. 276, anm.
2) 'von stall, bilde oder stelle (s. stall 2, besonders 2, e),
ist in Strasburg das stallgeld so viel icie der budenzins
oder auch für eine stelle auf dem jahrmarkte, das Stand-
geld' (vgl. das.). Adelung, vgl. Scherz-Oberlin unter i
und: stall zu Straszburg, wo die herren dreyer auf ein-
bringung des stall-geldes zu sehen haben, s. losung, als
zu Nürnberg. Frisch 2,316». so: dacia (quod dant mer-
catores de locis in quo vendunt) . . . stalgelt. Dief. gloss.lGö*;
locarium . . . stall- s. Standgeld. 335», vgl. stand-, statt-,
statte-, Stellgeld.
3) 'stallgeld, fr. etablage, engl, stall-money, soicohl das-
jenige geld, icelches in groszen Pferdeställen für den mist,
der als dünger an die landicirthe verkauft icird, einkommt,
tind unter die stallleute oder stalldiener vertheilt tcird, als
auch das sattelgeld und trinkgeld, icelches bei geliehenen
Pferden den stallletiten. icelche sie aus dem stalle vorführen,
gereicht wird, welches auch hei den pferdeverleihem vor-
kommt.' Krünitz 169, 235.
STALLGENOSSE, m.: nur das edle rosz des Ratiz,
durch den ruf seines alten herm und die nähe des stall-
genossen gemahnt, trug den häuptling in groszen Sprüngen
hinter Ingram her. Freytag ahnen i, 490.
STALLGERÄT, n., -GERÄTSCHAFT, /., geicöhnlich im
pliir. -gerätschaften , alles gerät, was zu einem stalle ge-
hört oder im stalle gebraucht tcird, vgl. Krünitz 169, 235/.
STALLGERUCH, m., sive xiehgernch, flatus stabtdarius.
Stieler 1531; stall-gestanck , stall-geruch , m. pttzzore,
puzza. tanfo di stalla. Kramer dict. 2, 904''; 'der geruch
in einem stalle, von dem miste und der ausdünstung des
viehes, welches darin stehet, und welcher in die kleider
zieltet, wenn man »ich. darin oft aufhält.' Campe: kann
man denn in diesem pelikan ein plätzchen finden, im
freien, ohne stallgeruch? Gvtzkov: ritter vom geiste i, 69.
im bilde: nur knaben kommen aus dem Augiasstall des
Welttreibens mit ein wenig stallgeruch davon. J. Paul
bei Campe.
STALLGESINDE, n.. mhd. stalgesinde stallgenosaenschaft
Lexer handwb. 2, 1131 : *
^Christus,) der durch uns wart ein crippenknabe
vor esel unt vor rinde :
wart, welch ein stalgesinde!
Rbinmak V. ZwETER Icich 182 Roethe
(vgl. die anm.);
(Christ) lag vor esel und vor ochsen,
Aber in so was gedochsen
das hew vor kaltem winde
demselben stallgesinde.
Regensburger ffefrurt Christi (15. jahrh.)
bei ScnM.« 2, 306,
177?. auch stall i,a. — nhd. für die gesamtheit der stall
knechte und -mägde: (der staUmeister soll) bey dem stall-
pesinde das fluchen, spielen, leichtfertigkeit , zanck,
itren und müssiggang beobachten and abstraffen. Hoii-
|erg 2, 158»;
er schickt* hinaus das stallgesinde.
Immermann 13, 116 Hempel.
STALLGESTANK, m.. ». stallgeruch (Kramer).
STALLGRAF, m., begegnet als Übersetzung von conndtable.
STALLHALFTER, /.
STALLHASE, m., bezeichnung des (zahnen) kaninchens,
esonders in mundarten: ateir. Unger-Khull 568'', unter-
fränk. stallhos Ruckert 174, henneb. stälhäse , stölhösa
Frommann 4,314. Schm.'' 2, 746. vgl. Wander 4,770.
STALLHELFERIN, /.. bezeichnung der dritten diern,
dienstmagd, wo deren mehrere sind, in Tirol. Frommann
4, 343. Schöpf 82 (unter diern').
STALLHENGST, m. hengst, der im stalle gebraucht tcird.
Zuchthengst, beschäler, vgl. : stal-hengst, equus admissarius,
eqtitis em,issarius, vtdgo stallo. Kilian 2, 628». übertragen:
so Franckreich . . : schir ward gericht zu grund
durch die königin Fridegund,
mit jrem bulen Landerich,
so umbbracht könig Cbilperich . . .
durch hetzen der alten Brunhilden,
die jren stallhengst Gonderich
sehr hoch erhub vermessenlich
weit über all landfürsten gar.
Fischart dicht. 3, 75, 9 Kurz (reveille malin 55»).
STALLHERR, m. magister stabuli. Stieler 811 ; stall-
herr, Stallmeister, lat. praefectus stabidi. Apia . gloss. 509 ;
praefecti stabtdo civitatis Arg. (Straszb.) Scherz-Oberlin
1554 (die dry stalherren in einer urk. v. 1424); 'in einigen
oberdeutschen gegenden, z. b. zu Zürch. derjenige raihsherr,
tcdcher über des rathes marstaU gesetzt ist'. Adelung, so
schon mnd. stalhere oberaufseher über den stall, ratsherr.
unter dem der marstall steht. Schiller-Lijbben 4, 356'':
dat gy . . . alle ampte setten helpen myt twen personen,
der neyn borgermester edder kemmer sy, uthbescheden
borchheren und stalheren. d.städtechr.l6,35S,W(Braunschtc.
schichtb. 1488); vgl. zur bedeutung urkundenb. der st. Braun
schireig i, 159 (cop. 44 des Ordinarius: van dene de dem
marstalle vorstan).
STALLHOF, m.. s. stahlhof.
STALLHüSTEN, «i. 'ein in tinreinen, staubigen Stallungen
atiftretender pferdehtisten' . Höfler krankheitsnamenb. 247».
STALLICHT, adj. stabtdariiis. et alid significatione mictu-
riens: metaph. unanimis, Concors, et adverb. concorditer.
amiee. ttnanimanti consensu. Stieler 2118. sonst nicht
bekannt.
STALLIER , m. 'knecht in posthättsern, der den Pferde-
stall zti besorgen hat' (Eisack). Schöpf 698.
STALLIEREN, verb. seinen untcillen laut zti erkennen
geben, schmälen, schimpfen, böses nachreden, in süddetit-
schen mundarten. schtcäb. Schmid 505; bair. ställieren
ScHM. 2,745, schon in einer hofratsordn. v. 1624: dasz die pro-
curatores die fürträg mit heftigen anzügen und stalieren
verlengern, s. ebenda; unterkämt, stilliern Lexer 238,
steir. Unger-Khull 568''; atich rhein. Kehrein 1,386.
— daneben findet sich in demselben sinne skal(l)icren,
*. th. 10, 1, 1306 (schon bei Schottel und Stalder), vgl.
auch schallieren th. 8, 2095. die schon von Schmid ver-
mutete herleitung atis dem ital. scagliare tcird daher zu-
treffend sein, (ställieren mit anlehnung an stall?)
STALLINSPEKTOR, m., scherzhaft: seh du stall inspec-
tor, lasz dir die hand beschauen. Oarg. s. 208 neudr.
(vgl. Stallbeschauer).
STALLJACKE, /., von reitknechten tmd cavalleristen im
Stalldienste getragen; übertragen: ist das nicht Jörn Uhl?
bisher war er eine stalljacke und konnte nicht bis drei
zählen. Frenssen Jörn UhliBi;
STALUAÜCHE, /.
STALLJÜNGE, m. junge, der zur besorgttng des viehs
im stalle gehalten tcird, besonders für die pferde; vgl.
stallbube. Campe, gar^on d'ecurie Krünitz 169, 236; mnd.
staljunge LObben handwb. 373''. (beim heer:) über eine
höhe, zogen naher des keysers läger viel volcks zu rosz,
fusz, wagen . . ., derhalben unsere stalljungen, deren ritt-
meister war angeregts von Schachten feldtmarschals
stalljung, Hans Han genennet, . .. haben . . . drauff ge-
hawen in den keyserischen nachzug. Kirchhof tcend-
tt nm. 2, 3S2 Österleg (3, 6i); man helt itzt fast keinen für
einen guten hoffman, Wildschützen, reisigen knecht, kriegs-
man, Stallungen, etc. der nicht mit den besprechen unnd
beschweren, der büchsen und wehren, und mit anderer
teuffeley und zauberey, wider schissen, hawen, stechen,
und dergleichen Sachen, weisz umbzugehen. Dan. Schal-
i.ER tJieol. heroldt (iG04)500; du hast gelitten dasz dein
junger herr, an statt . . . eines lobgesangs zur ehre gottes,
bey den stalljungen einen weidspruch, ein reuterliedlein
mit garstigen bossen geflickt gelernet. Philander 1,613;
die jungen unversuchten Soldaten werden unter die alten
623
STALLKERZE — STALLKNECHT
STALLKRANKHEIT— STALLLAMPE 624
wolversuchten verstecket ... die sudler , die troszbuben
und stall- (pferde) jungen {lixae, calones et eaculae) werden
(als Hausdiener) zum auffwarten angenommen. Comenius
sprachenth. 698 , Waser . . . sah den wirth . . die tobenden
hunde an die kette legen, wozu ihm der stalljunge mit
einer pechfackel leuchtete. C. F. Meyer Jenatsch 26.
STALLKERZE, /., in der älteren spräche, kerze eum ein-
stecken in den kerzenstall, letuhter, vgl. stall 2, g ; so steir.
stalkerze Unger-Khull 568'' (nl. stal-keersse Kilian
2, 628* und antn., vgl. stalllicht).
STALLKITTEL, m. leinener kittel, den die stallletite
bei der stallarbeit an- oder überziehen, um die kleider
zu schonen, franz. souquenHie. Campe. KrOnitz 169, 236:
1 zwilchener stahlkitl so kr. quelle bei Ungeii-Khull 668''.
STALLKNABE, m., für stalljunge, bube, s. Lexer
handwb. 2, 1131.
STALLKNECHT, w. knecht, der für die arbeit im stalle
gehalten xcird, besonders im Pferdestalle, valet d'icurie, der
die pferde zu tearten und den stall zu reinigen hat, ge-
icöhnlich vom reit-, fuhr-, ackerknecht u. s. w. unterschied^.
Adeluno, vgl. Krönitz 169, 236/. mhd. mnd. stal-, axjuih
Stalleknecht Lexek mhd. handwb. 2, t\Zi. {seit demU.jahrh.).
LÜBBEN handwb. 373^, vgl. nZ. stal-knecht. stabtdarius,
stabtdi custos. Kilian 2,628". nhd. Stallknecht, equiso,
stabularius Dasypodius; stallknächt (der), stabularius,
agaso. Maaler384'; Stallknecht, m. vaUet d'estable. Hul-
siijs 805''; hippocomus, ein stall- oder reutknecht, der der
pferde wartet. Corvinus /ojis tat. 236*; stabtdarius, stabtdi
custos. ein Stallknecht, Stallmeister. 634''; famiglio, gar-
zone di staUa, stalliere, stabulone. Kramer dic<. 2, 904'';
stabularius, mediastinus. Apin. gloss. 509; vgl.: ein rosz
kämmer (stallknecht, equiso) im Pferdestall, wenn er das
pferd mit einer halffter angebunden, oder mit der maul-
korbe (wenn er beissig ist) angehefftet, so butzt er es aus
mit einer zänichten Striegel (roszkam) decket es mit einer
Pferdedecken, mit dem habem ... füttert es, und reitet
es darnach zur träncke. Comenius sprachenth. 460. belege:
so ist mir nüt lustlicher . . . denne daz ich iren erden
(der 'Johanser') an mich nemme , wanne leider ich en-
wart sin nie wirdig daz ich ir stallekneht solte sin. Nie.
V. Laufen an Nie. v. Basel s. 287 Schmidt (a. I87l); un-
fleissige hirten, Wächter, pförtner, büttel, stallknecht,
feldschützen und dergleichen, tceisth. 1,488; ja wan diesze
warheyt wurd angefochtenn von den pawren, hirten, stal-
knechten, unnd geringen menschenn, wer wolt und mocht
sie nit bekennen? Luther 6,275,2 Weim. ausg.; das wir
die maultreyber, stalknecht, ja hum unnd bubenn zu
Rom mit unserm armut reych machen mussenn. 822,28;
{der Samariter,) der den halb lebendigen menschen auff
sein thier legt . . . unnd dem stalknecht befalh , sein zu
warten. 7,337,16; 'pasce oves meas'. der bapst szol des
vihes goths stallknecht seyn, sal uns das futter furlegen.
9,459,4; ein fürst sitzt etwan zöspilen mit spilbäben,
mit bürgern, ein ritter mit dem stalknecht. Pauli schimpf
und ernst s. 115 Österley (c. 146); wüssend, das die stal-
knecht truncken warend und entschlieffend, das sy der
rossen kein acht hattend. Haimonsk. 42, 30 Bachmann;
dasz heutiges tags ein lackey oder stallknecht eher den
Vergilium ... in der band hat, alsz ein paradiszgärtlein
oder anderes herrliches gebettbuch. Philander i, 872;
ja eben, {als) ob Jhr ausz einem bessern taig gebacken,
als der wüsteste stinckendeste tropfT und stallknecht auff
erden I 404; ein stalknecht hatt es {d. schreiben) im stall
vergessen. Elisas. Charlotte 8, Boo (29. jan. 1718); in letzt
gedachter belagerung von Tortona, wolte der kayscr
{Friedr. L) einen gemeinen stallknecht wegen seiner
tapfferkeit zum ritter machen. Hahn hist. 8,381; so bald
ein Btallkneoht sich fühlt, dasz er feiner denkt, als die
Viehmagd; so wird er sie mit seinem spasze aus der
bihel . . . überraschen, das ganze gesinde schrcyt vor
lachen, alle bewundem ihn bis auf den ochsenjungen . . .
der satyrische stallkncchtl Rabenkh l, 105; {beim Wett-
rennen :) nun werden die pferde nach ;<(*.loo8eter Ordnung
von gepatzten Stallknechten in die schranken hinter das
•eil geführt Götiir W, 262 {vgl. das folgende) ; wehe genug
wßrde es mir thun, wenn ich {auf d. theater) . . . meines
rftoben majettli in der strllung eine« Stallknechts mUszlc
ercwingen teben. Sciiilleh a, 7 {räuber i.vorr.); der Zu-
gang zu ihm {Btuiolph II.) war jedem ohne ausnähme
versperrt, dasz man sich in einen stallknecht verkleiden
muszte, am sich seiner person nur zu nähern. 8,26; vor
dem stall werden die Stallknechte liegen, aber sie werden
schlafen . . ., und du kannst geruhig das goldene pferd
herausführen. Grimm märchen s. 229 {nr. 57); von der rein-
heit des blutes will ich garnicht einmal sprechen : Philo-
sophen und Stallknechte haben darüber gar seltsame ge-
dankcn. Heines, 109 Elster; dasz letzterer {der deutsche
baron) wirklich nichts als ein stallknecht ist, der von
Stallknechten stammt and nach dem stalle riecht. 555;
er wäre nicht mehr dieser einzige mensch, wenn er
nerven und muskeln hätte, wie ein stallkneoht. Heyse
kinder der weit i, 109;
EO wetten (wollten) wir unser statrecht
brvchen mit disem stalknecht.
fastn. sp. 837, 29 {auch 821, 9. 839, 6);
es hiene ein stallknecht seinen zäum
gar hocn an einen tannenbaum.
Uhland volksl. nr. 151, 1;
am stallknecht will ichs heben an,
was er mir zfi laid hatt gethan.
als ich in d herberg ynkeren thet
und ihm mein rSsslin befolhen het, . . .
da thet er ihm den habem stein.
MoNTANUS tchwankb. 463, 25 Bolle
(v. untr. Wirten B &") ;
stalknechte, scherschllper, kockedrengen {küchenjungen),
de laten sick nn all mit monsörs beliengen.
Lauremberg schertzged. 8, 821 ;
so dass zugleich auf dinem nihebette
der stallknecht und die favoritin keicht.
Wieland Oberon 5, 53.
im bilde: ich bin aufseher von bücherschätzen ; und
möchte nicht gern der hund seyn, der das heu bewacht :
ob ich schon freylich auch nicht der stallknecht seyn
mag, der jedem hungrigen pferde das heu in die raaiTe
trägt. Lessing lo, 125.
STALLKRANKHEIT. /. bei hausthieren eine kranklieit,
die hauptsäclilich durch schlechte sfalZverhältnisse hervor-
gerufen wird.
STALLKRAUT, n. name verschiedener kräuter von harn-
treibender Wirkung {also zum ztceiten stallen bezio. stall),
l) gewöhnlich der hauhecJiel, ononis arvensis {anonis,
resta bovis, remora aratri). Adelung. Nemnich. Pritzel-
Jessen {liat daneben geel stallkraut oder geel hauwhechel,
ononis natrix). nach letzterem bei Cordus botanologicon
{Cöln 1534); stallkraut ononis, alias acutreUa. vd resta
bovis. Dasypodius (1537), atich bei Serranus dict. (1539)
q7''; ononis M AALER 384*; hauwhechel, stallkraut, anont«,
ononis, resta bovis. Handsgh Matthioli krätiterb. (1563)
27oC {vgl. Cammerarius 227 A); die reytter nennens auch
stallkraut, darumb das es die pferde stallen oder harnen
macht, so es gesotten, unnd den pferden eingössen wlrdt.
271 A; hauwhechel, questenkraut, r«to Jovis. ochsenbrech,
hauwhechel, futthechel, stallkraut, katzenspeer, wetz-
steinkraut, unnd steinwurtzel. griechisch diwr/e, latei-
nisch anonis, ononis, resta bovis, remora aratri, acutella.
LoNiCERUS kreuterb. (1577) 101 C; man soll auch offt
trincken {gegen den nierenstein) mit weissem wein das
pulfer von stallkraut, hawhechel oder ochssenbrech. Se-
Bizfddb. 82; ochsenbrech, hawheckel, stallkraut, ononi.».
anonis, resta bovis, dann es wurtzelt so tielT in der erden,
das mans mit hawen musz auszreuten, so dArffen seine
wurtzeln ein pflüg etwan hemmen, und also die ochssen
oder pferd jrrcn und auflhalten. Henisch 493, 44; stall-
kraut, n. btirgrunder, bugraves, herbe. HuLSlus 305''; zum
grasz werden gerechnet: ... die hewhechel oder stall-
kraut {anonis seu ononis). Comenius janua (1644) s. S6
(12, 134), auch sprachenth. (1667) 187; anoni», . . . hfithochel,
stallkraut. Corvinus /on« tat. 6a^; ononis, remora aratri.
Stieler 1083 ; ononis, eujtt» radix urinam provorat. Frisch
8,816''; vgl. Heupler botan. beitr. ts und nl. stal-kruyd,
prangh-wortel, ononis. anoni»: herba cuiua radix urinaa
provocat, et renum calculoa commintnt. Kilian 8,688''.
8) tn neuerer zeit auch für das flacht oder leinkraut, antir-
rhinum Unaria. Adeluno. Nemnich. Pritzel-Jesskn.
V. SniiLBCHTF.NDAL btschr. der in der pharmacop. Bonus.
aufgeführten gewäehae (B. 18») 1,111 {Unaria vulgaris).
STALLLAMPE, /. lamp« tum gebrattch in tUiUen. be-
sonder» pferdtttäUin; aiuA stalllaterae, -leachte, -licht
KkOnitz 109, 887.
625 STALLLATERNE — STALLMEISTER
STALLMEISTEREI— STALLMEISTERTUM 626
I
STALLLATERNE, /., s. stalllampe Krünitz 169, 237/.:
in dem augenblick treten die hirten herein, der vorderste,
der mit einer stalllateme vorangeht, guckt, indem er die
mutze abnimmt, in das stroh. Göthe«, 9; der pfarrer
sah sich daher genöthigt, trotz stürm und wetter auf-
zubrechen und der stalllateme des boten zu folgen.
MOSEN 8, 250.
STALLLEIXE,/. imbiioäk, Tcampierleine, zimschen pföhlen
gezogene leine, iroran die halftern derpferde befestigt jcerden.
STALLLEUCHTE,/., vgl. stalllampe, -laterne: (rfa) sah
ich vor dem wirthshause . . . einen angeschirrten bauer-
wagen halten; der alte hausknecht stand mit der stall-
lenchte daneben. Storm 3, 83.
STALLLEÜTE, plur. leute, die für den dienst im stall
gehalten tcerden, besonders iii einem herrschaftlichen mar-
sfall; gesamtbezeichnung fiir stalldiener, -knechte, -mägde,
-jungen M. *. w. Campe: da wo die stallleute in der ge-
wohnheit sind, ihr vieh durch striegeln und putzen rein
zu halten. Schwerz anl. zum pract. ackerbau 1, 182.
STALLLICHT, n. l) in der altern spräche soviel tcie
stallkerze, licht zum aufstecken auf einen leuchtet-; so
mnd. stallicht Schiller-Lübben 4,357''; ebenso mnl.,
vgl. KiLiAN 2,628» und anm., der stal-licht, stal-keersse
auch im sinne von dwaes-licht, irrlicht, aufführt (?).
2) jetzt gleichbedeutend mit stalllampe, -laterne, -leuchte.
s. z. b. dorfzeitung 1847, 49.
STALLLÜFT, /., vgl. Eulenburg real-encycl. der ges.
Jieilk. 10, 391 ; schneller geschieht die reinigung der stall-
luft, wenn man zugleich mit dem öffnen der röhren auch
die stallthüren öffnet. Krünitz 169, 163.
STALLMAGD,/, magd für die arbeit im stall, besonders
in kiih- und scliweinstallen: {sie tcar) unschuldig an dem
diebstahle, dessen Rousseau sie beschuldigte; . . , aber
so unschuldig konnte die gemeinste stallmagd auch seyn.
Wieland 15, 232; dir eine stallmagd, und keine Amalial
Schiller 2, 64 {räuber 2, l scJiausp.).
STALLMANN, m., nur in der älteren spräche stalman
für stabularius, s. Lexer handxcb. 2, 1131: her forte en in
den stal und gap ime sine nerunge. und des anderen
tagis brächte her zwSne pfenninge und gap dem stalmanne.
M.\TTH. v. Beheim evangd. (mitteld.. v. 1343) *. 143 {Luc.
10,35). auch mnd. Schiller-Lübben 4, 358».
STALLMEISTER, m. Vorsteher eines staUes, besonders
eines herrschaftliche:n oder fürsÜichen marstalles; m.nd.
stalmSster Lübben handwb. 313^; vgl. nl. stal-raeester,
equarius. Kilian 2,628». hd. zuerst im voc. theut. v. 1482:
stalmeister, conestabularius ee 6'', s. Lexer handwb. 2, 1131.
Weigand 2,793; Stallmeister {äitT),arehippocomus, equarius.
M-\ALER 384»; {unter den hofleuten eines monarchen werden
aufgezählt:) der hoffmeister, der marschalck (ensifer), der
truchses, der schenck, der Stallmeister {magister stabuli).
CoMENlus sprachenth. 675; equarius... ein Stallmeister.
CoRviNUS /o»iÄ ^/. 235''; stabularius, stabuli eustos, ein
Stallknecht, Stallmeister. 634*"; stall-meister, maestro di
sfalla cio^ cavallerizzo o stalinastro d'un prencipe. oberst-
stallmeister. Kramer dict. 2, 90i*>; Stallmeister, magister
stabuli, hippocomus. oberster Stallmeister^ archippocomus.
Stieler 2378; stallherr, Stallmeister, lat. praefectus sta-
buli. Apin. gloss. 509 (ober-stall-meister , summus stabuli
magister. 374); praefectus stabulariorutn. Frisch 2,316»;
s. auch Adelung. Krünitz 169, 238—240. vgl. : stall-meister,
praefectus stabuli, ecuier. eine ansehnliche mehrentheils
adeliche person, die an einem fürstlichen hofe dem mar-
stall vorgesetzet ist, über die ihm nachgesetzten stall-
bedienten die obsichtzu führen, und einen jeden zu seiner
Schuldigkeit anzuweisen, die pferde, wagen, geschirr, und
andere dahin gehörige sachen in guter bereitschafft zu
halten, über alles richtige inventaria führen zu lassen,
dieselben offt durchzugehen, die mängel zu erinnern, auf
die ordentliche wart- und fütterung der pferde, anschaffung,
Verwahrung und ordentliche ausgebung des harten und
rauhen futters acht zu haben, die stall -rechnungen zu
übersehen, und ingemein nach der vorgeschriebenen stall-
ordnung sich und die ihm untergebene genau zu achten,
unter dem Stallmeister stehen die bereuter, kutscher,
reut- wagen- und bey-knechte, und andere zugehörige be-
diente. Jablonski 746». in diesem sinne gewöhnlich; be-
lege : darnach ruoft Rengnold . . . : gnnd schnell zuo mimm
X. 8.
stalmeyster und sagend im, daz er mir Bayard bringe on
vertzug. Haimonsk. (i53i) 209, 29 Bachmann; musz demnach
nuhn nach einem andern (knecht) trachtten, lieber schicke
nach dem staUmaister, unnd frag ihne, was er zu dem,
so . . . bey ime im marstall gewest ist, rahtt. Paum-
GARTNER briefw. s. 113 (1591, vgl. d. reg.); Hermon aber
der Stallmeister über die helffanten kam seinem befehl
fleiszig nach. 3 Macc. 5,3 (1625); ob zwar des wenigsten,
und nur des vornehmsten und reichesten adels gelegenheit
ist, einen eigenen Stallmeister zu besolden. Hohberg
2,157»; Wendt ist noch alsz mein Stallmeister, so über
den gantzen stall befihlt. Elisab. Charlotte 3, 305 (1713) ;
Scaramouche , als ein vornehmer herr gekleidet, den
Harlequin als Stallmeister. Lessing 4, 418; da Lelio zu-
gleich hört, dasz dieser herr seinem Stallmeister befiehlt,
die mauleseltreiber, welche seine bagage geführt, zu be-
zahlen, der Stallmeister aber kein geld bey sich zu haben
Yorgiebt. 419; dritter brief. vom Stallmeister herm von
Rennefort aus H**. MvsÄvs phgsiogn. reisen l, 42; hierauf
folgten . . , der Stallmeister seiner gnaden zu pferde. Siegfr.
V. Lindenb.* 1 — 2, 228; in diesem tumult wurde mein
vater . . . einen Stallmeister des Briennius gewahr, der
das pferd seines herm , an . . . der purpurdecke kennt-
lich, durch das gedränge führte. Schiller 9,200 {Anna
Komn.) ; Rudolph der Harras Geszlers Stallmeister. 14, 270
{personenverz. zum Teil); meiner rolle gemäsz, welche
überdiesz einen berittenen mann verlangte, was durch
die gunst des königlichen Stallmeisters erreicht wurde.
MöRiKE erzähl, s. 292; ein alter Stallmeister, welcher
allein der unglücklichen herrin treue hielt, sattelte be-
kümmert zwei maulthiere. C. F. Meyer erzähl. 2, 126;
Stallmeister Proben, der, beim trosz der snite,
zunächst ihm folgt.
Kleist 3, 62 E. Schmidt {pr. v. Homb. 8, 8).
der Stallmeister stellt also höher als gewöhnliche stalldiener
oder knechte; daher: der stallknecht träumet sich einen
Stallmeister. Philander i,66. doch finden sich auch stall-
meister in bürgerlichen verJiältnissen : schwerer ward es
meiner mutter, auch den Stallmeister zu entfernen, einen
vierschrötigen flegel, der beständig mit irgend einem auf-
gegabelten lump im stalle lag und karten spielte. Heine
7, 485 Elster {mem.). in neuerer spräche für den inhaber
eines reitstalles und bereiter in einer reitschule. Campe:
er kannte sogar das pferd in der ferne, es gehörte dem
Stallmeister LasaUy. Gutzkow ritter vom g. l, 55. — in
freierem gebrauche: sie {die herren von X. Y. Z) waren,
auszerdem dasz sie jagdgerechte Weidmänner waren, auch
gute Stallmeister, und wunderten sich höchlich über diesen
ritt. Hippel 1,357; ziceiter {diener). mein herr wirft sich
nicht so weg. erster, erst gestern sah ich ihn des Juden
Stallmeister machen ; er stieg ab, um des Juden geschirr
in Ordnung zu bringen. Ludwig 4,81; welchen stoff {für
die xenien) bietet uns nicht . . . die Leipziger geschmacks-
herberge, Thümmel, Göschen als sein Stallmeister, u. dgl.
darl Schiller an Göthe nr. 135 (29. dee. 1795).
STALLMEISTEREI, /. praefeetura eqttili». Apin. gloss.
509; die stelle, das amt, oder die xcohiiung eines stall-
meisters. Campe : {für alles, was in das ressort des Stall-
meisters/aZZ^ .) welcher in seiner hoflTialtung überflüssiger
ist, der soll in der stallmeisterey gespäriger seyn. Schup-
Pius 739; auf die zeitung von don Quixote's ankunft lief
auch Sancho Pansa's frau herbei , die es wuszte , dasz
er mitgegangen war, um als Stallmeister zu dienen, und
wie Sancho gewahr wurde, war die erste frage, die sie
that, ... so sage mir doch, mann, was hat dir denn deine
stallmeisterei eingetragen ? Tieck don Quix.^ i, 477 (5, ii
bezw. 1, 52: que bien habeis sacado de vuestras eseuderiasf).
STALLMEISTERLICH, adj. nach art eines Stallmeisters:
wenn Stein noch zu haus ist, sagen sie ihm ich möchte
gern das neue pferdchen stallmeisterlich ansreiten. Göthe
an fr. v. Stein 1, 98 (3. mai 1777).
STALLMEISTERTUM, n. • meine thaten will ich nicht
erwähnen, denn die bleiben natürlich in den schranken
des stallmeisterthums , aber das kann ich behaupten,
dasz, wenn es bei der ritterschaft gebrauch wäre, die
thaten der Stallmeister aufzuzeichnen, meine Verrich-
tungen gewisz auch schwarz und weisz erscheinen würden.
Tieck don Quix.^ l, 153 (3, 7 bezw. 1, 21).
40
627
STALLMIETE— STALLRATZ
STALLRÄUDE - STALLSCHAUB
628
STALLMIETE, /. miete für einen stall , vgl. stallgeld ;
mhd. stalmiete s. Lexer handtcb. 2, 1131 ; stalmuett, merces.
qitae solvitur cauponi vel stdbxdario pro stdbxilo. Scherz-
Oberlin 155* (tyroler land.'tordn.); stall-miet, /. affitto
di stalla. Kramer dict. 2, 904'', vgl. Campe, belege: it. 203 Ä5
und 4 ß. den gastgeben zu stalmiet. d. städtechron. 6, 887, 8
{Axtgsb. 1442) ; wan ain gast ... in ainem haus zu herberg
leg und seine rosz auch da stalte und anderstwa zä tisch
gieng . . ., so sol er umb die stalmie und schlaffgelt geben
tag und nacht ii d. 23,81, var. zu 20; item wan ain gast
an seiner herberg isst und der rosz fültcr anderstwa
nimpt , der soll alle tag 4 creutzer geben für stalmied,
hai und stro. 297, 29 ; Ulrich Alberstorfer . . . schicket nach
dem apt von Wublingin, begeret an in, w^as man im
schuldig were von der reyter wegen, wolt er nichs nenicn.
der rentmaister . . . wölt im die stalmüt ach geben haben.
quellen zur gesch. des lauernkr. in Oberschw. s. 37; stall-
müet für die raisigen pfert, so auch mit des wierts
haber geGedert werden, auf tag und nacht P ... kr. tirol.
iceisth. 1,19, io; fietterung und stallmieth. 20,16.
STALLMIST,»»., dasselbe wie slMdünger : mit Stallmist
düngen ; eine pful-düngung ist wirksamer als eine düngung
mit Stallmist. Sciiwerz anl. zmnpract. ackerbau 1, 165. —
dazu: ich müszt sorgen, wan ich sie {die kappe) von mir
legt, dasz dise schöne stallmistjung herrn die buben,
hosenbendel drausz machten. Garg. s. Sbü neudr. (42. cap.).
STALLMUSIKBANDE,/.: die guten jungen grüsz ich
herzlich . . . auch . . . den würdigen herrn hauptmann, und
den charmanten monsieur l'abbe, . . . und die rothe stall-
niusikbande im garten. Brentano 9, 15.
STALLNAGEL, in. : wenns hengen hat {toenyi der zäun
in den weg hängt), so ist es auch pannmäszig (straffällig),
dieweilen der stallnagl die weg abthailt. tirol. weisth.
1, 214, 4.
STALLNASGHIG, adj.: pfuy ausz . . . mit den . . . gart-
leuffigen, stalinaschigen, bodenhartbretkerbigen bocken-
brecken {dirnen). Oarg. s. 90 neudr.
STALLNERZETTEL, in. Verzeichnis des für weidegdd
aufgenommenen viehs : der liehner hat die pflicht auf sich,
das liehn-vieh . . . der rod {reihe, Ordnung) nach icdem
stalle getreu und redlich anzusagen und niemand auszu-
lassen, sondern der rod nach herumfahren, wie der
stallner-zettel ausweiset, tirol. weisth. 3, 183, 23.
STALLOCHSE, m. im stalle gemästeter und zum schlachten
bestimmter ochse, mast , schlachtochse. Nemnich {bos do-
mesticus. 9); nd. stallosse, s. Schii.i.er-LObben 3, 488''
{unter risebiter) und nd. korrespondenzU. l, 48.
STALLORDNUNG, /. die für das sfallivesen, besonders
für einen fürstlichen marstall festgesetzte Ordnung. Khü-
NiTZ 169, 240/., s. auch Jablonski tmter Stallmeister.
STALLPAGHT, /.. vgl. stallmiete. Campe {als masc).
STALLPARTEI, /. • jrer fürstl. durchlaucht stallpartei.
steir. handschr. v. 1709 bei Unger-Khull 5C8''.
STALLPFERD, n. pferd. das immer im stalle gelialten
udrd, im gegensatz zum weidepferde. Krünitz 169, 241.
.ichon m,nd. stalpert und -page. Lübben handtob. 373'';
stalpage, cabaUus stabulatus. voc. Strals. bei Sciiii.leh-
Lübben 4, 358».
STALLPFORTE,/. .• aus einer geöffneten stallpforte drang
lichtschimmer; da ging es hinein, und die heisze Witterung
von raubthieren schlug mir . . . entgegen. E. v. Wiluen-
uruch nov. (1882) 258.
STALLPROBE, /. bei der milcliprüfutig. probeiceiaea au»-
melken der ktihe, um milchfüUchungen festzustellen.
STALLPUTZER, «i. • stall butzer, stall-feger, m. netta-
atalla, cura stalla. Khamer e/ic<. 2, 904''.
STALLRÄHE, /. rälie, gliederateifheit der pferde. die
atujeblich durch zu langes stehen im stalle entstanden ist.
HöFi.KR krankheitsnamenb. 400*.
STALLRATZ, m. f., ein wort des 17. jahrh.
i) für ttalljunge, -knecht: es möchte Bioh vielleicht
jemand verwundem, warumb ich doch auch ... solche
Icuthe onnd geschftfTte in meine btirsz einlasse, welche so
gar gering . ., wie dann under andern die roszfUhrer, esels-
treiber onnd stallratzon seynd. {überachr.: von pferdten,
eseln and maaleBelntreibem , Stallknechten.) Garzoni
aJlgtm. tchawpl. (l64l) 674*; dis ist die wtirokung des ver-
flochten geacbfitz««, daex nemlich ein geringer bemheuter
dem allerdapffersten beiden, nach dem er zuvor vielleicht
auch durch einen liderlichcn stallratzen ungePdhr be-
schädigt worden, das leben nehmen kan. Simpl. scJir.
8,231,4 Kurz {Springinsf. Ib); ein schmutziger stall-ratz
zerstörte ihren discurs. ... die alte . . . hiesse ihren stall-
jungen fortgehen. 294, 19 {vögeln, i, 2).
2) 'verächtliche benennung eines landedelmannes.' Frisch-
bier 2,861", mit hinweis auf folgende stelle: eos vocant
nobiles putatives , papyriacos , bullatos , vermeinte adel,
papirne adel, bullenadel, newgebackcne adel, gepfefferte
vom adel , priesteradol , halbadel , stück vom adel , vom
aass, lateinischer ritter von der feder, pfeffersack, pfeffer-
stosser, speckfinck, speckhecker, badnecker, strohiuncker,
stallratz. C. Stein Peregrinua (l. hälfte des 17. jahrh.),
s. wissensch. monatsbl. 6, 187. das woit bezeichnet also viel-
mehr einen neuen oder unechten adel, vielleicht einen zum
adel emporgestiegenen stallbedienten; ähnlich sonst für einen
höfling, Schmeichler: dasz offt bey vilen der name eines
doctors oder gelehrten die sonst annehmliche und taug-
liche person gantz verhasst machet, ob sie wol die ur-
sach Selbsten nicht wissen, dann nur weil sie von solchen
hofschrantzischen stallratzen und fuchsschwäntzem der-
gleichen gift unvermercket gesogen. Mosciierosch de
extrc. accad. (1G52) 95.
STALLRÄUDE,/, durch unreinlichkeit der Stallungen ver-
anlaszte räude bei schafen. Höfler krankheitsnamenb. 497''.
STALLRAUM, m. räum eines stalles, ron stall, stallung
kaum unterschieden, zuweilen collectivisch : einen hof mit
wagenschuppen und stallraum. Campe, doch auch im
plural: noch im herbste desselben Jahres standen das
Wohnhaus . . . und hinter demselben die scheuer mit den
stallräumen fertig da. ... der stallraum in der scheuer
wurde von zwei ponies und einer kuh bezogen. Storm
1,204; athemlos blickte ich ihr nacii, bis dasz sie in den
slallräumen verschwand. E.v.Wildenbrucii 7ioi-. (1882) 241.
in Liv- und Estland für einen Pferdestall. Hupel 226.
STALLRECHNÜNG,/., s. Jablonski unfer Stallmeister.
STALLREGIMENT, n. : weil ... es auch überhaupt ein
schlechtes stallregiment anzeigt, wenn die stalhvände mit
schmutz so überzogen sind, dasz man die grundfarbe gar
nicht erkennt. Krünitz 169, 165.
STALLREGISTER, n.: verwies er nicht schon selbst
manchen gaul dieser art in den bauhof, dessen ahnherr,
nach dem stallregisler, den kaiser bey seiner krönung
trug? TiiÜMMEL reise i,sii.
STALLRIESE,/, stall rinne{^): item der raisgejaid CA'jrf
berechtigung) oder vischwaid, so zu dem gericht Mittersil
gehört, get schattenhalben hinab für das gerichtmaricli
hinz an die stalrisen. Salzb. taid. 286, 4.
STALLRIND VIEHZUCHT,/. ateUlfütterung de» Hndvieha.
Krünitz ica, 241.
STALLROCK, m. rock, den man im »talle trägt. —
vgl. staltrock.
STALLROSZ, n. rosz, das im stalle geJialten wird, vgl.
stallvieh :
wie wenn, genährt an der krippe mit vielfachem lutter, ein
stailrosz
muthig die halfler zerreiszt. Vosp bei Campe.
STALLROT, n. bluthamen bei rindern; vgl. ünoer-
Kiiull steir. tcortsch. ööS**.
STALLSACHE, /. Sache, die ztim stalle geliört oder twi
stalle gebraucht wird: geschirr- und stallsachon, als:
kummtgeschirre . . . {sollen) gegen gleich baare bezah-
lung verkauft werden. Zeitungsannonce {Darmstadt , den
17. jatl. 1878).
STALLSALMIAK, m. 'heiszt derjenige aalmiak, der sieh
in dem aalpeter befindet, der in »täUen ertettgt tcird' (?).
JaCOBSSON 7, 424''.
STALLSÄUBERER, m.: stallsauberer, »tabulariu».
SriELRR 1680.
STALLSCHÄFEREI, /. ataUfütterung der adiaf». KrO-
NITZ 169,241.
STALLSCHAUB, m. atroh{bunS) für dm gthraueh im
atalle, alt »treu für da» vieli; auch »um verwahren der
thüren gegen die kälte im vnnter: die hlrschen und wild-
prel frassen den stallschaub vom markte. M. Chr. Leh-
mann hi»t. »chaupl. in d. Meiszn. OberErtgeb. (1699) 800,
vgl, E. GÖPPBRT, »eitachr. f. hd. mundurten l, 68.
i
629
STALLSCHREIBER— STALLUNG
STALLÜNG
630
STALLSGHREIBER, m. Schreiber an einem marstaUe
oder Stallamte. Adelung. Campe; auch stallsekretär.
KrOnitz 169, 241.
STALLSCHÜRZE, /. vjeiszleinene schürze, die ftihrleute
geicöhnlich bei der arbeit tragen. KrOnitz 169,241.
STALLSCHWELLE,/; so trete ich eines tages, da ich
sie auf der stallschwelle finde, zu ihr. Kleist 2, 190 Schmidt
{Käthchen l, l).
STALLSEKRETÄR, m., s. stallschreiber.
STALLSEÜCHE, /. 'eine seiiche, deren infektiotisstoff in
der staUung haftet und die unter uTnständen auch auf
andere stallinsassen übertragbar ist'. Höfler krankheits-
vamenb. 644». — vgl. stal-sieck peerdt, equus in stabulo
sive eqtiili assiduo se continens. Kilian 2, 628*.
STALLSPERRE,/. Sperrung eines stalles, worin sich
eine ansteckende seuche zeigt, sodasz weder das darin befind-
lirjie vieh hinaus noch fremdes hinein kann. vgl. stallbann.
STALLSTANGE,/., vgl. stallbaum (2) und standbaum (i):
stall-stange, rosz-stange, barra, sbarra da staUa. Kramer
dict. 2, 907*'
STALLSTÄTIG, adj. : stall-stetig, adj. stallio, stroppiato,
inÜrizzato, impasfoiato dallo stare in stalla piü del dovere.
ein stallstetig pferd, cavallo stallio, stallaticcio. Krämer
dict. 2, gin*" (danach Campe) ; stallstetiges pferd , eqinis
requietus. Pomey indic. tmiv. (l720) bei Dief.-Wülckek 862.
STALLSTÄüBER, m. stallspürer: nicht desz minder
zogen inn disem trab, meine schöne stallstänber (l. ausg.:
stallschauer) ab. 6arg. s. 206 neudr.
STALLSTINKIG , adj.: noch viel minder kont er ver-
däwen . . . das unmenschliche , stallstinckige stafermo
schöne fraw Geyszbergerin. Garg. s. 92 neudr.
STALLTAGE, m. rcaffenstillstand , friedensverhandlung,
vgl. stallung 8. nur in der altern spräche. Lexer handicb.
2,1132. Sghm.2 2,746. SCHÖPF 698: der baupst Johannes
machet ain stallttage zwischen dem kunig von Littania
{Litauen) und den teutschen herrn. quelle (v. 1457) bei
ScHM. a. a. o.
STALLTHÜR(E), /. {/eres) stabuli. Stieler 2294; porta
di stalla. Krämer dict. 2, 904*: des vogets knecht sei ouch
ligen vor der stallthüre, und wurde der pferde dheins
verloren zu der türen uss, so het ein eptischen nit dazu
zu antwurten. xceisth. 1, 709; der hund des ermordeten
metzgers . . . schnauft an der stallthüre , scharrt an der
hausthüre. Hebel 2, 167; auf den abend wurden die pferde
zweier ritter, welche auf die Tronkenburg kamen, in den
stall geführt, und meine an die stalltüre angebunden. \
Kleist 3, 151 E. Schmidt; der wirth . . . schlich ihm nach, 1
und da der gast die stallthüre zuriegelte, so guckte er |
durch ein astloch. Grimm märchen s. 147 {nr. 36); wenn
die stallthür aufging . . , drehte der Hansel {das pferd)
gleich den müden köpf herum. Mörike erz. 254;
durcU's thor stracks in den hof fing Rostem ohne sehen,
wie in den ofTnen stall der rinder nachts ein len,
beim ländlichen gehöft im felde, wo die hirten
an einem feiertag sich in der nacht bewirthen
und denken nicht bei saus und braus und schmaus daran,
dasz sie dem feinde nicht die stallthür zugethan.
RüCKERT (1882) 12, 194 {Rostem 67).
sprichwörtlich: die stallthür verschliessen, wenn die mähre
gestohlen ist. man musz die stallthür so grosz machen,
dasz das vieh hineinkann. Wander 4, 770. — dazu: um
zu wissen ob das vieh wirklich behext ist, . . . steckt er
vor allem ein messer in die stallthürschwellen und
legt geweihtes osterbrod auf die kling. Leoprechting
at«« dem Lechrain 28.
STALLTRACHT,/..- jeder dorfmann in Schleswig-Hol-
stein weisz, dasz jacke und hose von blauleinen die
richtige, alte stalltracht ist. Frenssen Jörn Uhl 249.
STALLUNG, /., verbalabstractum und colleetivum. zu
stallen, handlung und ort des atallens, den verschiedenen
ledeutungen des verbs entsprechend ; mhd. stallunge {wofür
zuweilen stellunge in denselben bedeutungen) Lexer handwb.
2,1181 {seit anfang des U. jahrh. bezeugf); mnd. stallinge
stallung, stall LCbben handicb. 2,373''; vgl. nl. stallinghe,
stabulatio, stabulum. Kilian 2, 628''. s. auch Weigand
2, 793 und vgl. Stellung.
J) das stallen, und zioar zunächst zu stallen l, das ein-
stellen von vieh in stalle: stallung, das stallen oder ein-
ziehen der pferd in den stall, establage de chevaux, ou
d'autres bestes. HüLSius 805*; stallung, die, et das stallen,
stabulatio. viehstallung, stabulatio pecorum. Stieler 2118;
stallamento Kramer dict. 2,904''; stabulatio Apin. gloss. 509.
Steinbach 2, 658. als reines thätigkeitsicort kommt stallung
kaum vor; doch zeigen stellen wie die folgenden noch den
Übergang in die örtliche bedeutung: esz wart auf 1200 pferd
hye stallung bestelt. quellen zur gesch. des bauemkr. in
Oberschic. 169; und hat mein gnediger herr pfaltzgraf auch
ainen edelman hinein geschickt, der solt stallung be-
stellen auf hundert pfert. 405; ich will weiter in wald
hinein reiten zu der kolhütten, villeicht sind die koler
in jhr dorff gangen , so find ich dannocht stallung für
mein pferdt und hew. Wickram goldfaden S4»; Joseph
und Maria kommen in Bethlehem an; eine zur stallung
benutzte höhle nimmt sie kümmerlich auf. Göthe 45, 193;
nun zahlen mit fleisch und gebeine
die sorglosen, fräszigen Schweine,
für pflege, für stallung und kost. Lichtwer 265.
2) gewöhnlich bezeichnet stallung indessen den räum, wo
vieh eingestellt wird und ist dann von stall nur leicht
oder gar nicht unterschieden, diese bedeutung begegnet
schon mhd. häufig seit beginn des li. jahrh. und ist nd.nl.
wie in der neuern spräche die einzig übliche: stallung,
stalle, estables, stalla. der wirth hat viel [stallung], c'est
hoste peut loger beaucoup de chevaux, il ha plusieurs
estables. HuLSius 305*; stabulum, ... eine stallung, ein
stall oder viehstall. Corvinus fons lat. 634* ; pecudes stabti-
lantur in antris, sie haben ihre stallung in holen, ebenda;
stallung, ... it. stalla commoda per mettervi, insfallarvi
le bestie da uro e da soma. stallung für die pferde. den
pferden stallung geben, stallung haben, stallung genug
da seyn. es ist keine stallung da, der wirt hat keine
stallung. nicht stallung gnug da seyn. Kramer dict. 2,904*;
der wirth hat viele Stallungen, hospes multa stabtila habet.
Steinbach 2,658; stallung, stabulum, sonderlich für
pferde, in den wirths-häusern für die fuhrleute, pro aurigis
eorumque equis. Frisch 2,316*. {neund. stallung Dähnert
457*, stallunge, stellunge Schambach 207*, 8talung[e]
Bauer -Collitz 98*.) der sing, steht gern in collectivem
sinne; belege: wer furpasz verrer pawen wolt, den sein
aigen treff an stallung, heukamer oder was das were.
Tücher baumeisterb. 281,29; all korhermheuser, da man
stallung hett, die waren alle voll. d. städtechron. 5, 57, 6
(B. Zink zu 1401); da kom es {das feuer) in seiner stallung
ausz und im verpran sein pferd. 11, 576, 6; (dasz) genanter
herr apt von Muri und sine nachkomen . . . fug macht
unnd gwalt haben, zu genanter siner drotten, ouch der
behusung dar inn der stallung daran, oder für die stallung
zu einer zimlichen schür unnd stallung dar inn . . . zimer
unnd buwholtz inn der Banegg houwen ze lassen, weisth.
1,62 {vomj. 1572); weiters solle sich niemand unterfangen,
ohne herrschaftlicher verwilligung ein hausz zu erbauen . . ,
wie nit weniger kein stadl, stallung, hütten oder einfang
zu machen, tirol. weisth. 1,50,6; es soll auch niemants
sich understeen, auszer gemainer nachperschaft erlaubnus
und verwilligung kain neue behausung, stadl noch stallung
auf zu pauen, da vormalen dan nie kain hofstat, be-
hausung, stadl oder stallung gewesen. 2, 22, 9/. {handschr.
V. 1616); saubere stallung als randangabe zu: nichts be-
kompt dem vieh also wol , ... als wann man die stall
sauber haltet. Sebiz feldb. 96; ein anderer general, liesz
die thüre einschlagen, und verwandelte den saal in
stallung. Göthe 39, 108, den ziegen gebührt gleichfals
nahrhafte kost im winter, und warme stallung. Voss
Virgils ländl. ged. 8—4, 597; stallung und scheuer ging in
lichten flammen auf. Mörike erz. 260; zurrechten sieht
man dann ein stück hofraum mit holzremise und stallung.
Ludwig 1, ui;
zum glück trug mir der kurfDrst . . . auf,
an Kottwitz, dem die stallung dort zu eng,
zum marsch hierher die ordre zu erlassen!
Kleist 3, 95 E. Schmidt {prim v. Homb. 4, 2).
deutlich in vereinzelndem sinne, wenn mit dem unbestimmten
artikel verbunden: etliche jar darnach wart er erstochen . .
in ayner stallung. quellen zur gesch. des bauemkr. in
Oberschw. 14; desgleichen vor dem undren tor prach man
ain stallung und stadel ab gegen der Rot und uf dem
andren ort gegen dem hofgarten auch ain stallung. 22;
40*
631
STALLUNG
STALLVERSCHALUNG— STALLWAND 632
und im plural, der in der neuem spräche {seit ende des
n.jahrh., vgl. oben Steinbach) sehr gebräuchlich ist: von
den pferdställen. wo viel pferde sind, müssen grosse,
weitschichtige, und wo ein gestütte ist, etliche abgetheilte
Stallungen vorhanden seyn. Hohberg 2,155»; wenn aber
die Stallungen unbedeutend waren, so fand man die keller
desto geräumiger. Göthe 80,172; keines sah aus wie der
pfarrhof, mit dem gepflegten garten nach vorne und den
groszen Stallungen nach rückwärts. Thoma Andr. Vöst 20l;
doch heim nun blockte das schmalvieh
fett aas nährendem krant in gehöfd' und Stallungen kehrend.
Vcss Theokr. 25,87.
3) stallung findet sich auch in manchen bedeutungen,
die beim verbum stallen nicht entiaickelt sind, insbesondere
bedeutet es im altern hd., besonders oberd. (14. — IG. jahrh.)
oft 'einstellung der feindseligkeiten, icaffenstillstand, friedens-
Verhandlung, friedensvertrag' , s. Lexer handwb. 2, 1131
{älteste belege vo7i 1815 und 1318). K. v. Ami ha in Pauls
grundr.^ 3, 201. Sghm.^ 2, 746. Schöpf 698. Ch. Schmidt
hist. wb. der eis. mundart. 336'*; induciae belli vel ttamdtus,
treuga. Haltaus 1727. vgl. auch stalltage, belege: ein
stall unge sol sin {zwischen bischof Johann v. Straszburg
und mehreren obereis. städten) unze zfi S. Johannes tag.
Mühlh. urk. v. 1359 bei Ch. Schmidt a. a. o.; ain fruntlich
stallung gemachet und gesatzt hant . , . die nechsten dru
ganzu jar. urk. v. 1381 bei Hai.taus 1727; weder fürwort,
sune, stallunge, setze oder friden, mit den von Straz-
burg, noch mit den jrn, nit halten noch ufnemen. ebenda
{vom j. 1391); dass sy darauf ainen friden und stallung
ufnehmen. quelle v. 1424 bei Schöpf 698; were das deheiner
von W. mit dem andern in zewürfnüss kgme oder kriegte,
wo das deheiner verneme . . , der sol stallung nemen und
es stellen untz an ein recht; were aber, das deheiner
stallung verseile und nit geben weite, der sol es buessen.
iceiÄ/A. 4, 287, 9 {Wiedikon, Zürich, 15. jahrh.); do ein frid
und ein stallung gemacht wart zwischen herren und
steten, d. städtechr. 1,287,26 {vom j. 1384); unser herr der
römisch künig het in . . . einen brieff zu gesant, darinne
er in volle macht geben hett, den krieg ab ze legen oder
ein stallung daran zu machen, des heften sie ganczen fleisz
gehabt und betten ein stallung daran gemacht, wie die sach
bestecn s61t. 2, 162, l — 4 {Nümb. 1449) ; als uns denn ewer
furstl. gn. under andern dingen schribent von der stallunge
wegen, so unser genildigoster herre der römisch etc. künig
ze Koblentz bestellet haut etc., hoffen wir, das dieselbe
stallung dise sache nit anrüre. 5, 347, 19 — 22 {schreiben des
rata v. Angab. 20. april 1416); und was der rat mit unsers
herren gnade von Mentz in stallunge kommen. 17, 223, 26,
vgl. 224, 3 {Mainzei- chron. zu 1443 ?) ; {könig Sigmund) ver-
richtet Hartman von Wangen und hern Nicolaus Zorn
von B&lach mit der statt von Strasburg, und machte da
ein stallung von phingsten untz uff sant Johans tag ze
süngichten mit der statt von Straszburg. Basler chron.
5,178,26 {Röteler chron. zu 1420); war ouch, dasz dehein
stösz oder miszhellung under uns in unserm land uff-
stnnde, ... darzu soll jederman louffcn, und frid und
Stellung nemmen. . . . und wiiri, dasz derselben deheiner
debeinem unserm landtmann frid oder stallung verseile, . . .
der soll lo. pfund pfenning dem land ze busz geben, und
soll man jne aber fürbasz wysen, dasz er frid und stallung
gebe, ... und an welchem also frid und stallung ge-
nommen wird, damit soll es an allen sinen fründen ge-
stellt and gefridet sin, und wer darüber frid oder stallung
breche, von des lib soll man richten, als von einem
offnen mörder. Trciiuiji i, 640* {urk. v. 1887). im sinne
von landfrieden{»vertrag) : ist uns in clag von wegen . . .
herren Ludwigs des eitern, herzog in Baiern, ... für-
bracht so, wie das derselb in euern küniglichen friedn
und stallung als durch den hocbgeborncn fürstcn, herren
Albrechten marggraf zu Brandenburg, mit geftlnknus be-
haft. AvENTiN chron. t, 688, 86 {bi-itfder churfüraten v. 1446).
auch fiir vertrag. fHindni»; confoederatio, foedua. SciiEiiz-
OriKHMN 16M: stallung u. verbündnusz der churf. herren
u. staedt in Schwaben, Francken u. Beyern zu Mcrgent-
hefm. ». ebenda. au$ mitzveratändnia solcher stellen und
anUhnung an stallen s atammt wU die angäbe: stallung
mttofk. tUam ut eoncordia, e<n\futulio animorum. una-
nimHas. Sm-rtrH tilg.
4) Stellung, Sistierung vor gericht: so in Bayreuth, ver-
ordmingen v. 1708 — 46; die stallung begehren, verweigern
n. a., s. ScHM.* 2, 746 {b). reßexivisch, das sichstellen; vgl. :
denselben sollen die von Landsperg . . , wan es ein aus-
lender, ohne caution zue widerstallung nit ledig
oder frey lassen. Lori Lechrain s. 354'' {burgfriede zu
Landab. l.5.'j9). Adelung verzeichnet {unter 2. stallen 2, l)
als oberd. 'stallung auf einen flüchtigen missethäter, ihm
nachsetzen, nachstellen, ihn zu erhaschen suchen'.
.5) in der altern Jägersprache; 'wenn sowohl mit dem
kleinen zeuge nach hasen. fücJisen, auch nach rehen und
Wölfen, desgleichen mit dem schweinszeuge nach sauen ge-
stellet wird, so heiszt da- eingesteckte ort oder dickigt die
stallung'. Jacobsson 4, 250''/-,' ^n mit dem kleinen zeuge
eingestellter ort im icalde. Adelung (2, l); die Stellung der
Jagdzeuge und der damit zugestellte räum. Kehrein weid-
mannsspr. 280, s. auch Behlen 5,671. so in der litteratur
des 16. und 17. jahrh. : folgends wurde alsobald das holtz
mit garn und tüchern umstellet, die stallung empor-
gerichtet, ... die wild- und Jägermeister zugegen u. s. w.
Schoch krieg- u. friedensschäfferey (lGG3) 25. im bilde:
ich {Beelzebub} aber wil auff diesen plan
hie lauschen ob ich was erschleich . . .
denn ich hab eigentlich vernommen
mir sey ein wild in stallung kommen.
Gl. S lEPiiANi geistl. action (1568) C S»» ;
da hör ich schon ein wiltpcrt singen
das wird mir in die stallung springen. C 4»> ;
Chur-Sacbsen nur allein, die war noch zu umstellen,
da meinten sie vorab grosz wildbret gnug zu fällen ;
darum so drehten sie die fäden doppelt noch,
die stallung war gemacht noch einst, als sonst, so hoch,
gefangen ! dachten sie, doch wuszten diese Jäger
von emem löwen nicht, der eben da sein läger
nächst ihrer stallung hatt'. als der die tücher sah,
die netze und das garn, die ihm denn waren nah,
lief er im zorn hinzu und schlug die stallung nider.
der Jesuiten landerfang (1632) 29—37
hei Opel-Cohn 286/.
6) selten zum zweiten stallen: stallung, ... alia signl-
ficatione egestio, et efßuvitim urinae. Stieler 2118; wann
sie {pferde) blut harnen (welches ihnen pfleget zu wider-
fahren, wann sie die stallung oder urination übergehen).
CoLER Jiausb. 1,366*. s. auch generalstallung Laukhard
1, 217 unter stallen 3 {sp. 619).
STALLVERSCHALUNG, /.: da war er in die bände
des . . . friesischen bauern gefallen, der mit unentwegtem
beharren in die Wissenschaft stiesz, wie der stier gegen
die Stallverschalung. Frenssen Jlkn Vhl 482.
STALLVERSCHLAG, m..-
die band, die kraft besasz, vor euren tbliren
euch abzuprUgeln, dasz ihr sprangt ins haus,
wie eimer in verborgne brunnen tauchtet,
in eurer stallverschläge lager krocht.
Shakesp. 1, 65 {könig Johann 6, 2).
STALLVERWANDT, adj. und substantiviert: einem
rechtsfreund ist ein solches locale {die canzley) nicht ver-
haszt wie einem stallverwandlen {sagt ein junker von
sich selbst). GÖTiiE 21, 157 {wanderj. 1,9).
STALLVIEH, n. vieh, das im stalle gehalten trird. vgl.
Stallfütterung, s. z. b. Heyne hausaltert. i,41; diese streue
läszt sich bei dem übrigen stallvieh anwenden. Schwkrz
anl. zum pract. ackerbau l, 134. schon althd. stalfihu
GnAFF 3,430: iro st&lf6ho belöta er in demo t6de (im-
menta eorum in morte conclusit). Notker ^. 77,16. *. tf»
einzelnen stailescl, füllen, -ochse, pferd, -ross.
STALLWACHE, /. bei berittenen truppen tcache zur
beaufsichtigung der pferde in den pferdc.vtäUen. Krünitz
169, 242: welche mannschaften haben die specielie Ord-
nung in den stilllen zu hallen? die slallwachen . . . wer
ist unmittolbarervorgeselzter der slallwachen? der stall-
wach-gefreite. instruclionabuch fiir den eavaUtristen'
{Hann. 1876) 88.
STALLWÄCHTER, m. als beaeichnung eine» hundta:
das jammert Mumem gar kq sehr, . . .
Sprang wie ein luchs im augcnblick,
era itallwecbtcr nulT »einen rUck.
/rourhtn. R 1» {nm rande: Mumer erlOaet
Reinrken von dorn hundc).
STALLWANI) , /. • wenn die slallwände ... mit einer
farbo angestrichen worden sollen, so geschieht es am
besten mit einer ocherurt. KhOnitz 168, 166, *. otM^ tUll-
regimenl.
633
STALLWÄRTER— STALLZEIT
STALLZEUG— STAMM (I, 1)
634
STALLWÄRTER, m. wärter in einem marstaU, nur
mnd. als stalwarder, -werder bezeugt. Schiller-LObben
4,358*; stall-werder. nidersächs. ; für stall-wärter . . . der
za Braunschweig über den marstall gesetzt war, der die
knechte hielt und beköstigte, und mit ihnen die pferde
wartete, stabuli ptiblici curator. Frisch 2, 316». belege:
der scryvere unde stalwardere Ion. d. städtechron. 6, 150, 13
(heiml. rechensch. 1406); summa de marstal des jares mit
den perden by vijc marken, alze . . . iiij wartlüde, stal-
warder. 243, 22 {zum j. 1417) ; weret ok dat me vorredene
perde vorköpen scholde, dar scheiden se {die stallherren,
vgl. das.) den stalwerderto nemen, unde laten de vorköpen.
urkundenb. d. sfadt Braunschic. 1, 159 {ordinarius art. 44).
der ausdruck scheint also auf Braunschweig beschränkt.
STALL WASSER, n. l) harn der pferde. Höfler krank-
heitsnamenb. TSS*», vgl. stall 6, stallen 5.
2) nd. stallwater, stillstehendes wasaer zioischen ebbe und
fl%it. brem. ich. 6, 334.
STALLWECHSEL, m. : weil er sich gegen einen not-
wendigen Stallwechsel gesträubt, und verlangt hat, dasz
die pferde zweier jungherrn, . . . um seiner mähren willen,
auf der freien strasze übernachten sollten! Kleist 3, 147
E. Schmidt.
STALLWEIDE, /. heimireide, weide in der nähe der dorf
flur, im gegensatz zur alpenweide: zwölften will auch
die . . . gemaind Elbmen sich . . . obligiert haben, den Klim-
berischen gemaindsleuten das re. galtvich firtershin von
ihrigen zeinen, auch haimb- und stallwaiden . . . hinweck
zu treiben, firol. weisth. 2, i2i, 5 {vomj.ine); nachgeents
seind dise schaff in der Sehen- und Holzgauer . . . auen
... zu waiden , bisz man mit ihnen denen schaffen in
die alben kann, . . . mithin, wann man die alben be-
schlagen hat, keines mehr auf der stallwaid zu gedulten.
126,29 {hatidschr. v. ins); dieweilen in disem zechenden
ain anzahl der sämber {säume)-) und ire rosz Sommerzeit
in des zechenden negst anhaimbs habenden stalwaidnen
in die lenge aufhalten und hie {l. die?) haimbwaid gleich-
samb dem gmainsmann vor der thir weckzuetzen sich
biszhero unterstanden. 257,22 {handschr. v.iGbe); die drei
ort sollen auch mit denen zu Weissenpach der stallwaid
halben ainen undergang thuen, das die, so mit dem vich
auf den Furnperg gen alb faren, hinfüron nit über den
Öllenprunen . . . treiben sollen. 3, 375, anm. 36 {ha7idschr.
V. 1590). — dazu stall weidler, m. 'bauer oder Untertan,
der das recht des heimtriebes hat, heimxceideberechtigter
Untertan.' Unger-Khull s^eir. worfecÄ. 568'' {iS.jahrh.).
STALLWERK, n., Schweiz, für das bauicerk am stall:
der bauer hatte nämlich das recht, zu allen reparaturen
aus einem obrigkeitlichen wald das holz zu nehmen ;
nun baute er in einem jähre das stubenwerk neu, im
andern das stallwerk; das hiesz dann reparieren. Gott-
HELP 1, 149 Vetter; weil er sein stallwerk neu muszte
machen lassen , wenn es nicht einfallen . . . sollte. 4, 63.
STALLWINKEL , m. : {im bilde .) im hintersten stall-
winkel wird auch wohl bei mir so einer {ein bock) an-
gebunden stehen. Storm 7, 306.
STALL WIRT, m., ahd. stalwirt stabidarius Öraff 1, 932:
leitta inan in sines staluuirtes hüs. Tat. 128, 9 {nach Luc.
10, 35, vgl. stallmann); nhd. : die besonderen bestimmungen
des entwurfes gelten nur für gastwirthe, welche gewerbs-
mäszig fremde zur beherbergung aufnehmen, . . . nicht
für stallwirthe rücksichtlich der bei ihnen eingestellten
thiere. motive zu d. entw. eines bürgert, gesetzb. 2, 584 {zu
% 626'!, vgl. die anm.
STALLWIRTSCHAFT,/ Wirtschaft, betrieb, Ordnung oder
Unordnung, die in einem stalle herrscht: da . . . ich mich
\ or den fremden kutschern, die von dieser stallwirthschaft
liörten, ... zu schämen anfing. Thümmel reise?, 253.
STALLWORT, n. wort, wie es in einem stalle üblich
', tcie es stallleiite gehrauchen .- aber diese gedrechselten
inplimente sind schlechte tünche über rohen sitten,
noch werden sie durch gemeine stallwörter und fluche
unterbrochen. Frevtac, bilden, 8.
STALLWURZ, /. für die eberraute, artemisia abrotanum.
Pritzel-Jf.ssen.
STALLZEIT, /. zeit, wo das vieh gefüttert und gemolken
werden miisz: de deanstbot'n san allsammete am feld,
und OS muasz do wer dahoam sei ! stallzeit is aa. Thoma
Andr. Vöst 340. — übertragen (?) .- wie nämlich auch in
einer epikurischen stallzeit auch der reinste autor un-
züchtig denken musz, um nur züchtig zu schreiben.
J. Paul 34, 155 (3. sphinx).
STALLZEUG, «.; 2. soll er {der Stallmeister) sich be-
fleissen, dasz an futter, heu, streu, strigeln, putz- und
stallzeuge kein abgang sey. Hohberg 2, 158».
STALPEN, verb. stampfen, schwer auftreten, ein wwt, das
den mundarten um den Rhein eigenthümlich zu sein scheint,
mhd. stalpen Lexer handwb. 2, 1131, vgl. Gh. Schmidt
hist. wb. der eis. mundart 336'>; mnl. stalpen, stampfen, vgl. :
stalpen met den voet, j^erfe 2«afere, ungula ferire. Kilian
2, 628*. jetzt icürtemb. stalpen geschäftig, mühsam einher-
schreiten. Schmid 505, oberhess. im deminutiv schdalbche,
schtelbche schwer undungeschickt auftreten. Grecelius803.
vgl. dazu stolpern, {mnd. stolpen, stagnare Lübben hand-
wb. 373* ist jedenfalls unzugehörig, vgl. dazu stalpem, be-
stalpern. Sghambach 22*. 207*.)
1) zunächst von pferden u. ähnl. :
mit den fujen ej stalpt und slug.
Malagis (umschr. aus dem nl.) bei Lexer a. a. 0.
dazu ausstalpen aus dem boden stampfen .-
so beists {die etüin) und stälpt ausz grosse steyn.
new Bileame esel b 4.
2) dann von menschen, wo es den stolpernden oder
tcankenden gang des erregten oder schxcindeligen zu, be-
zeichnen scheint: du siehst wenn ain starcker man sich
in ainn krieg rüst, der jm nahe ist, so stalpet er, er
eilt, er zittert, und ergrimt. Keisersberg schiff der
penit. 123"; ein iegelich rieh, daz in yme selbir zurdeilit
ist, daz wird zurstorit, wan sine fursten sint wordin der
diebe gesellin, dar umb hat got mittin under sie ge-
mischit eynen swindelndin geist, daz sie stalpin, an dem
mittem dage, alle (alse?) in dem finstem. übers, d. gold.
bulle {perguTnentschr. des Frankf. arch.).
STALT, /., begegnet ganz vereinzelt für gestalt (flieil
4, 1, 4178/".), vielleicht nur aus versehen: wir nemen auch
gleicher stalt an . . . die artickel der fürnembsten heubt-
puncten christlicher lehr, welche anno 1537. zu Schmal-
calden . . . gestellet sein. Lauenb. kirchenordn. (1585) 7*.
{sonst heiszt es dort: solcher gestalt u. a. in der von
Lexer handwb. 2, 1132 angezogenen stelle aus Ottokar
liest d. attsg. von Seemüller 39146: gestalt.) vgl.: das
einfache wort stallt , ist durch das davon hergeleitete
gestallt ausgedrenget worden, dasz es aber doch im ge-
brauch gewesen, sieht man noch unter andern aus dem
composito anstallt. Frisch 2, 316*.
STALTEN, verb., für gestalten, kennen nach Adelung
{unter gestalten) einige oberdeutsche gegenden im sinne von
'vorstellen': die schnür staltet eine kettenlinie.
STALTNIS, /., nd. farm für gestaltnis, vgl. daselbst,
^Äej7 4, 1, 4193; mnd. stalte-, steltenisse. Schiller-Lübben
4,358; staltnisse, forma, ymago. Dief. -Wülcker 862;
staltnis. D.\hnert 457»:
dat bilde siner {Lucijcrs) sconen staltnisse
is gewandelt in greselike dustemisse. sündenf. 573.
cachathesia {cachexia) eyn boze staltnisse; cathesis, boze
steltnisse der lede. {cathesia die. mala dispositio mem-
brorum). Dief. «or. gloss. 64» {lat-nd. wb. v. 1417), t^gl.
Höfler krankheitsnamenb. 671*.
STALTROCK,»«., in Hamburg und Lübeck, staatsmantd,
amtskleid der ratspersonen, oberalten tmd kirchenvorsteher.
RiciiEY 287. brem. wb. 4, 990. Schütze 4, 186. (Campe giebt
dafür stallrock, wol nur druckfehler.)
STALTUNG, /., ganz vereinzelt für gestallung {theil
4, 1, 4195): hernach ist er auf das haupt, herz, lungen, leber,
händ und füsz verfallen, deren staltung er wunderwürdig
zu sein gezeigt hat. Crassets Jap. kirchengesch. (1738) 1,114.
STAMM, m. caudex, stirps, trtincus.
I. geschichte der worfform, l) ahd. stam, mhd. stam,
nhd. stamm, geht zurück atif älteres stamn. erhalten in
as. stamn {belegt in der bedeutung 'steven' wiederholt im
Hd.), ags. stemn BosworthToller 914*; daneben, wol
jünger, ags. stefn ebenda, niederd. steven {als niederd.
lehmcort auch im nhd. s. unten steven), aji. stafn Ci.easby-
VlGFUSSON 586. Fritznf.r 3, 573* und stofn 'holzklotz'.
556*, wie ahd. stimna {nhd. stimme) fieben got. stibna.
weitere etymologische verwandtscliaft besteht wol zu skr.
635
STAMM (I, 2. 3. II. 1)
STAMM (II, 1)
636
sthäraan 'Standort', lit. stomö 'festigkeit', griech. ardf/voe
und ari]uinv, lat. stamen.
2) seit mhd. zeit ist ein übertritt des toortes in die
schwache declinaiion festzustellen, doch zu erwägen bleibt
immerhin dabei die möglichkeit, dasz sich hier die ältere
form, stamn mehr mundartlieh erhalten hat: (Jiarz,) das
ab dem stammen vleujt. Megenberg 163, 18;
ich clag den edeln stamen (: si kamen).
Suchenwirt 20, 184.
nhd. der stamme und der stammen u. s. w. .■ der wilde
stamme. Ghettkr erklärung der epistel Pauli an die
Römer {15G6) 342; am auswachsen müssen die junge schösse
alle zu diesem loch herausdringen und wachsen zu einem
stammen. HounERG l, 446», doch die andere form dringt
bei ihm daneben imtner durch : wann man die edlen prünner
äpfel, morschansker oder holdcräpfcl auf stamme von passa-
mäner und anderer grossen äpfel oder muscatellbimen,
auf pfundbirnen-stammen peltzet. Uß^; stammen neben
stamm verzeichnet Kramer dict. 2 (1702), 905» (s. II, 3, c, y).
auch mischformen finden sich .- zur ergrösserung und zu-
nehmen sowol des stammens als der äste. Hohberg 1,446'>;
entsprechend eines stammens und geschlächts, germanus.
Maaler 384» {vgl. II, 8, c, /?). in der heutigen spräche hat
sich diese schwache form kaum, anders als mundartlich
erhalten: der stammen {neben stamm) Schöpf 698; der
stamme {doch der plur. stamme) Hunziker 250. so er-
klärt sie sich wol auch bei Leoprechting: an dritthalb-
hundert jähre sasz hier {auf schlosz Igling) das geschlecht
der Donnerspcrg, gar ein ehrenwerther stammen, den
grundholden eine gütige herrschaft. aus dem Lechrain lll.
3) im neueren niederd. läszt sich neutrales geschlecht des
Wortes belegen: dat stam störwet ut. Schambach 207''.
II. bedeutung. l) im eigentlichen sinne.
a) stamm als der theil eines baumes, im gegensatz einer-
seits zu den ästen und zxceigen und andrerseits zu den
ipurzeln: stamm eines gewächses oder baumes, stirps,
eaudex, truncus arboris. Ma.\ler 384»; stamm desz baums
unden von der wurtzen auff bisz an die äst, crus arboi-is.
ebenda; stamm, stock, le tronc, la souche d'un arbre. Hui.-
sius (1616) 305''; stamm eines baums, tronco, troncone,
fusto del albero senza rami. (1618) 237» ; stamm , baum-
stamm, eaudex, stirps. Stieler 2119; stamm eines
feigenbaums, truncus ficulnus. ebenda; der stamm ist
mit rinde überzogen, truncus cortice obducitur. Stein-
UACH 2, CG5; an bäumen sind die stamme, äste und
blätter, in arboribus sunt trunci, rami et folia. ebenda.
vgl. noch folgende erklärungen: ein stam {stirps) wird es
{das erdgewäclis) geheissen, so fern es sich in eine spitze,
äste, ästlein undt grüne zweige oder laub auszbreitet.
CkJMENius janua (1644) 107; stamm, die natürlichste und
ordentlichste bedeutung dieses wortes ist die, dasz es
von dem dickesten theile eines baumes gesaget wird,
woran alle äste stehen. Gottsched beobachtungen 276.
in der heutigen spräche der botanik: stamm die haupt
achse baumartiger gewächse. belege: noch nemint bilde
vone zwein estin die Ojir eineme stamme gewassen sint.
Wackernagei, leseb. i*, 192, 10; wenn ein wurtzel ver-
gifft ist, so mösz von not wegen der stam und die est
verderben und nütt sollen. Keisersrero 6rosaj;i^ 2, 64'';
wie eine eiche oder linde, welche den stam haben,
ob wol ire bletter abgestossen werden. Jesaj. 6, 18 ; da.s
nicht allein die bäume so fein gerad und hoch von
stammen, sondern auch artig in die fünllsichtige Ordnung
gesetzet, a. weish. lustg. 51 ; die rinde bedeckt oder be-
kleidet alles, sowohl die äste, als auch den stamm und
die wurtzeln. Döbel 4,20»; und doch ist es die herbe
luft, die die pflanze vor zu groszer Üppigkeit schützt und
dichtes holz dem stamm verleiht und feste rinde. Lud-
wig gedankenßi; am stamm {dereiche) lief die schmale
treppe hinauf, jedes der beiden gemacher war nach unten
durch eine fullthür geschlossen. Freytag 8, 162; nun eine
honlg wabc — die Zeilen mochten mit liqueur gefüllt sein
— wie sie die wilde biene in den stamm der hohlen
eiche baut. Storm i,194; der bUndncr lud seinen gast
mit einer handbewegung zum sitzen ein auf die rings
am den stamm der uimo laufende hank. C. F. Meyer
Jürg Jenatteh 42 ; an einem leuchtenden morgen, sieben
tafe nach dar todtenfeier, sasz im schwarzen schatten
einer cedcr, den rücken an den stamm gelehnt . . ., der
mönch Astorre. novelhn 2,42; zu füszen der ulme, wo das
hölzerne trepplein über den ungefügen stamm hinauf-
kletterte. Ganghoier gotteslehen 62;
der linden gröj was der stam. Parz. 505, 9.
b) auszergevDöhnlich bezeichnet stamm auch den atengel
kleinerer pßanzengeicächse. nach Adelung ist diese begriffs
ericeiterung von stamm im, sinne von Stengel nur in der
kräuterkunde eigentlich üblich: truncus im allgemeinen
für den stamm aller pflanzen. Nemnich 1501. am nahe-
liegendsten für die hauptrebe des weinstockes gebraucht:
und es wuchs und war ein ausgebreiter weinstock, und
nidriges stammes. Hesekielll,6; doch aueh sonst : gewöhn-
lich streift sich das bald ab, wie die blätter der alpen-
rose, wenn sie vom stamm weg kommt. Felder reich
und arm 313. vgl. auch stammviole als bezeichnung von
cJieiranthus cheiri.
c) verloren Imt sich nhd. scheinbar ein in der älteren
spraclie vereinzelt vorkommender gebrauch von stamm für
zweig : dar uj {aus der arehe) di ture tube vlouk
di Noe da nicht betrouk,
die brachte in erem mimde nicht lam
von oleiboume einen grünen stam.
Brun V. Schonebeck 8899.
d) häufig der abgehauene stamm, wie er zum hausbau
u. a. vericendung findet, diesen erweiterten gebrauch ver-
mitteln Wendungen wie: der stamm des baumes, welchem
die äst abgehawen seind, das stammbloch, truncus.
Dasypodius; von einem slammen eines baums gemachet,
caudetts. Maaler 384»; die nöthige stamme zum bau
fällen (schlagen) lassen, far' tagliare, abbattere gli alberi
necessarii per la fabrica. Kramer dict. 2 (1702), 904«; ein
abgehauener stamm, eaudex, truncus. Frisch 2,316";
wellicher aber diss oder als vorsteet ybertretten würde,
der soll gestrafft werden, von ainem ieden abgeschlagnen
stamen umb fünf {u) perner. tirol. weisth. 4,287,81;
meinen galten und ernährer
hab' ich traurig jüngst verloren,
als er einen stamm geschlagen,
der ihn fallend niederschlug. Keller 10, 154.
diese hier noch deutlich gemachte beziehung des stammes
zu dem baumganzen wird dann überhaupt nicht mehr zum
ausdruck gebracht:
a) den stamm zerhauen, truncum conscindere. Stein-
bach 2,665; item wer dem andern sein holz ab.schlecht,
an Urlaub, der ist dem das holz ist als oft für ainen
stamb 5 li 60 S). verfallen, steir. u. kämt, taidinge 31, 12.
ß) mit weiterer bestimmung : ein stamm bauholz. Gott-
sched fteoöacWwn^en 2176; ich werde zu diesem baue so
oder so viel stamme holz brauchen, ebenda; fünfzig
stamme bauholz. Adelung.
y) ein gegenständ ist aus einem stamm gefertigt: dort
nahmen uns fährleute der barbaren in kähne auf, die
aus einem stamm bestehen, den sie selbst aushöhlen
und glätten. Freytag 17, 148.
S) auch sonst der mehr oder xceniger behauene stamm :
einen stamm in die erde einrammen, anstatt einen balken,
pfähl einrammen.
e) besondere anwendungen:
a) der stamm als bestandtheil von Christi kreuz, getpisM
aus den vorigen gebrauchstoeisen sich ergebend, wenn atteh
die im mittelalter ausgebildete anscJuiuung vom tuaammen-
hang des paradiesesbaum mit dem kreu* des erlösera hier
mit in ansehlag zu bringen ist: der da . . . sein arm!
auszgestreckt hat, an den stammen des heiligen kreutzesl
für uns den schantlichen lod gelitten. KEisr.RSBEnal
trostspiegel Dd 4»; das einige volkomene optTor unser»
herren und heilands Jesu Christi, welches er einmal am
stammen des creutzes gott auffpeopffert. J. Grktter «•<;
klärttng der epistel Pauli an die Römer (1.166)788; des«!
herrn Christi leib selbst, . . . wie er am stammen des '
creutzes gehangen Ist. Schallgr theologischer heroldt
(1604) 159 ; die sieben wori, welche der herr Jesus am stamm
dos heiligen creutzes ppitprochen hat. Scuuppius 44»;
du yinpt >■
011' iipt il
«ti rn n.imon ,
gh' sltinunen.
A. Ulaurkh in Wackbrnaobls kfrchenl. S,n88»j
637 STAMM (II. 1)
0 lamm gottes ncschnldig
am stamm des kreuzes geschlachtet,
all zeit erfunden geduldig,
wiewohl du wurdest verachtet. Nie. Dkcius.
3) der schandpfalil, pranger, udcher auf öffenüichem
platze aufgestellt ist: unnd was die particular mengel und
beweiszliche gebrechen sein, das mögen und sollen die
an stamm bringen und öffentlich und mit warheit rügen,
die hiezu vereidet und verordnet sein. Mathesius Sa-
repta 153*.
/) stamm als bezeichnung des ganzen iaumes, doch mit
ausschlusz der in der erde sich bergenden xcurzeln : 'so wie
man in weiterer bedeutung unter stamm oft den ganzen
bäum verstehet, so fem er um seiiies Stammes tcillen ge-
schätzet tcird.' Adelung; item wer fruchpar paum oder
stam abhaut, tir. tceisth. i, 304, 11; wer pernden stam,
paum . . . abhaut , der da fruchper were. 12 ; die dicken
Wälder auf beiden höhen sind unbenutzt, hier faulen
stamme zu tausenden übereinander, und junge sprösz-
linge keimen in unzahl auf halbvermoderten vorfahren.
GÖTHF 25, 331;
wenn der stamm zum himmel eilet,
sucht die wurzel scheu die nacht,
gleich in ihre pflege theilet
sich der Styx, des äthers macht. Schiller 11, 202;
dem entsprechend:
denn ach I der krieg verwüstet saat und reben
und kom \md most; vertilget fmcht und stamm.
Ramler 1, 42.
ddlich:) ich verstehe — die blätter fallen vom stamme
— mein herbst ist gekommen. Schiller rätiber 4, l*
(trauersp.) ;
dunkle kunst, die mich die mutter gelehrt,
die den stamm du treibst in des lebens lüfte
und die wurzeln geheimniszvoll
hinstbsenkst zu den klüflen der unterweit.
Grillparzer* 4, 46.
«11^ ein»- adjectivischen bestimmung : ein dicker, alter,
grosser, geschlachter stamm, unpie, pedale d'albero grosso,
atitico, dritto, sehietto. Kramer dict. 2 (l702), 904"; ein
grader, hoher stamm Adelung.
g) zu einer geicissen festigheit ist diese erweiterte bedeu-
tung von stamm gekommen als bezeichnung der jungen
bäv/mchen in einer baumschule, icelche durch ein aufge-
setztes reis oder eingesetztes äuge veredelt loerden : 'auch in
den baumschulen werden die jungen bäum£ gemeiniglich
stamme genannt, ohne zweifei weil man sie daselbst um
ihrer stamme tcillen erziehet'. Adelung, vgl. auch unten
stämmchen; mit der baumpflantzung geht es also zu,
dasz das geschlachte zweiglein, wenn es auff einen wilden
stammen gepfropffet wirdt, die art des wilden Stammes
nicht an sich nimpt, sondern der wilde stamme richtet
sich in die art des geschlachten und aufgepfropfften
zweigleins, und wird also der gantze bäum miteinander
geschlacht. also sind wir menschen von art und nator
her wilde stammen. Gretter erklärung der epistel Pauli
an die Römer (1566) 342; will man aber auf frembde bäume
impffen, so soll man allwegen diejenigen stamme dazu
nemmen, welche sich zum allermeysten mit der zweigen
natur vergleichen: dann die schosz sein das fümemste,
das die wilde stammen soll fruchtbar machen, unan-
gesehen das sie narung geben müssen. Sebiz 322; im
fall dir auch solches (baumwachs) mangelt, nimm heu-
blumen, und misch des erdrichs oder des grunds dar-
runter, da der gezweigte stamm stehet. 329. doch wird
der junge stamm von den schon fruchttragenden bäumen
noch unterschieden .- man pfleget auch mit stamme setzen
b&ome zu zeugen, beydes im herbst und im frühling.
''oler 1, 192'»; wir aber hier in der Marck heben an
; mme und fruchtbare bäume zu versetzen nach Michae-
.is, so bald das laub von den bäumen ist. ebenda.
h) in sprichwörtlicher Wendung: der apfel fällt nicht
weit vom stamm, d. h. art läszt nicht von art: der apfel
fällt nicht weit vom stamm, das ist, die kinder schlachten
den eitern nach, non proctd a proprio stipite poma ca-
dunt. Frisch 2, 316«; der apfel fällt nicht weit vom
stamme {nonprocul a proprio stipite poma cadunt). Stein-
bach 2, 665. Adelung, vgl. nieders. de appel feit nich
wit von'n stam. Schambach 207*';
STAMM (II, 2. 3)
638
so geht es von natur. das böcklein folgt den raonmen,
der apffel fält nicht weit gemeinlich von dem stammen,
der mutter abrisz ist die tochter insgemein:
wie jetzo Thais ist, so wird ihr kind auch seyn.
Rachel 29;
edel sind sie und brav, ihr werdet es nimmer bereuen,
wenn das wort sich bewährt, das alte, vom stamm und vom
apfel. Hebbel 8, 302 Werner.
und schon hinüberspielend in die vencendung Z,b.c:
wir machen's just wie unsre lieben alten,
und trösten uns damit, das imsre junge weit,
dem ansehn nach, nicht weit vom stamme fällt.
Wieland 5, 66 (der neue Amadis 14, 7).
anders: es sind, sagt man, entweder meistens alte (oder)
bittere stamme, auf die man neue zweige gepropft hat.
Lichtenberg aphorismen 2, 156, 181 Leitzmann.
2) in der spräche der anatomie in übertragener verwen
düng stamm bezeichnung von köpf und rümpf des mensch^
liehen körpers.
3) bildlich.
a) eine nhd. ausgestorbene bildliche Verwendung des wertes,
die mhd. in sclwnster blute erscheint, m,usz hier herange
zogen werden, tceil sie gleichsam die tourzel des gebrauches
unter 3, bff. aufdeckt, vne der stamm eines baumes als
die grundbedingung und der sichtbare träger der äste,
ziceige, blätter, bluten und fruchte des baum£S erscheint
{während sich die wurzeln im erdreich dem äuge verbergen),
80 vergleicht ihm die ältere spräche den menschen, welcher
tilgenden oder Untugenden gleich bluten und fruchten zeitigt:
sus fnor die lönes bemden vart
ein Wurzel der güete
und ein stam der diemüete. Parz. 128, 28 ;
er was des libes ein helt
and rechter züchte ein stam.
livländ. reimchron. 11668;
Sit du an helfe bist la;
dem, der ie was ein stam
der triwen, zuht und schäm. Ottokar 218S4;
eyns dags ich für gerichte kam
da ich mir eynen vnrsprech nam,
der solt des rechten sin ein stam.
MUSK.\^TBLUT 83, 51 .
auch materieller geicendet : so heiszt der eigentliche Inhaber
eines lehn- oder erbgufes, welcher für die dieses besitzes
mitgenieszenden den zins oder die erbpacht an den lehns-
herren auszahlt, der stamm: it. ein wildhube hat em-
pfangen Scheffers Kest von Niderroda ... als ein stamm
für sich und sein miterben, quelle bei IL\ltaus 1728 •
Heintz Kunssen als einem stammen oder lehndrager.
ebenda; wann deren landsiedel und erben viel waren, so
sollen sie auf begehren des lehnherrn einen stamm unter
ihnen machen, also das durch denselben aus einer band,
die zinss oder pacht jedes jahrs sammtlich und nicht
vertheilt mögen gereicht werden, quelle ebenda, hieraus
erklärt sich die gelegentliche Verwendung von Stamm als
{vor-)name von personen, zunächst adligen geschlechtes,
vgl. Crecelius oberhess. wb. 803, so neben Kraft in der
famüie Schenk v. Schweinsberg, der familienname Stamm
erklärt sich einfach wie bildungen : Balke, Stange, Stengel,
Klotz tt. ö.
b) zu unterscheiden sind davon jüngere bildliche vertcen-
dungen loie: jenem {dem realisten) fällt es nicht ein, dasz
der mensch noch zu etwas anderem da seyn könne, als
wohl und zufrieden zu leben; und dasz er nur deshalb
wurzeln schlagen soll, um seinen stamm in die höhe
zu treiben. Schiller 12, 518; ich bin ein alter stamm
und es ist zeit , dasz ich gefällt werde , auch für dich,
mein könig, habe ich zuweilen den kämpf mit edlen
feinden ersehnt, als ruhmvolles ende deiner mühen.
Frettag 8, 119 ;
den schmuck der zweige habt ihr abgehauen,
da steh' ich ein entlanoter stamm I doch innen
im marke lebt die schaffende gewalt,
die sprossend eine weit aus sich geboren.
Schiller 12, 294 {Wallensteint tod 3, 13).
c) stamm in dem sinne von geschlecht, famüie u. s. w.
auch hier ist ursprünglich, ähnlieh dem gebrauche unter
3, a, das Verhältnis eines einzelnen mannes zu seinen hindern
als das des Stammes zu seinen zxoeigen gedacht, vgl.:
wan was dein Weisheit lobs erwirbt,
mit deinem dot es als abstirbt,
weil du kain sun hast von deim stamen,
der nach dir erleucht deinen namen.
H. Sachs 6, 111, 147 QSttt.
639
STAMM (II, 3)
STAMM (II, 3)
640
und erst Atcmac/» iourden die ihm voraufgehenden gene-
rationen mit einbegriffen und das \cort erhielt so die er-
iceiterie bedeutung 'gens' : der stamme des geschlechls,
prosapia. Dasypodius; der stamm eines geschl&chts,
genus, prosapia, soboles, propago, sanguis, familia. Ma.\-
LER 38i*, die gesd.lechtsgenossen waclisen gemeinsam auf
einem stamme, auch stamm und Ursprung des geschlächfs,
stirps. ebenda, gewöhnlich aber ohne diese genitivische be-
stimmung.
a) mit einer mehr oder weniger deutlichen hervorhebung
des zu gründe liegenden büdes: es wird aber der zweige
einer von jrem (der königstochfer) stam auöTcomen, der wird
komen mit heerskralTt, und dem könige gegen mitter-
nacht in seine feste fallen, und wirds ausrichten und
siegen. Daniel 11, 7 ; vgl. : und es wird eine rute auffgehen
von dem stam Isai, und ein zweig aus seiner wurtzel
frucht bringen. Jesaja 11, 1. also ist der stamm, der ain
gehen ufgang gehabt, und schnell zugenomen, auch baldt
wider zergangen. Zimmerische cAron.^ l, 198, 5; zu dem
das ich von guetem stammen geboren unnd nit aines
geringen herkommens. spectdum vitae humanae 4 neudr. ;
die ihm oft vorschwebende, ganz nahe auswurzelung
seines groszen Stammes betrübte ihn zuweilen bis zu
thränen. Sghubart leb. und gesinn. 103; aus gutem edlem
stamm bin ich entsprossen, bin kein flndelkind, dessen
sich die altern schämten, wie mir die bösartigen knaben
der Stadt sonst nachschrieen. Arnim 3, 128 [kronenic); die
Cherusker erbaten sich einen römisch erzogenen lands-
mann von Rom, weil er der letzte spröszling aus dem
erlauchten stamme Armin's war. Freytag 17, 77;
ich preisz den hohen stammen,
von dem entsprungen ist
herr Ulrich mit dem namen,
hertzog ohn argen list.
lied von 1534 in Mones am. jahrg. 1839, sp. 189.
und sieht man Wipbert sich als einen zweig erheben
geimpft auf fruchtbar'n stamm durch kluge gärtnerhand,
die alles schädliche vorsichtig abgewandt.
PosTEL WiUekind il, 563;
fallen seh' ich zweig auf zweige,
kaum noch hält der morsche stamm;
noch ein schlag, so fällt auch dieser,
und im staube liegt die eiche. Grii.lparzer* 3, 9.
jT) stamm neben geschlecht und gleichsam durch letz-
teres erklärt: eines stammens und geschlächts, germanus.
Maaler 384»; und vermainen vil, ... er seie des stam-
mens und geschlechts der herren von Geroltzeck gewest.
Zimmerische chron.^ 1,127,16; bisz er {der Messias) ent-
lich selbs persönlich in diese weit komen, und einen
menschen von der reinen Jungfrauen Maria, so des ge-
schlechts und stammen üavids gewesen, an sich genomen.
Gretter erklärung der ep. Pauli a. d. Römer (1566) 582 ;
derselbige graff war auch desselbigen stammens und ge-
schlechts, desz vorgenannten gralTen von Potiers, und
seines schilts und heims genosz, denn er war sein rechter
obem. buch der liebe 262^; damit nun männiglichen, auch
nach meinem tode die meinigen wissen können, aus
welchen stammen und geschlechtern oder häusern meine
ankunft herfleuszet. Schweiniciien denkw. 11 Österley ;
die eines geschlechtes und Stammes (progeniei et pro-
sapiae) sind, werden freunde, verwandten und blutfreundo
genennet. Comenius (1657) 601, wo synonymer gebrauch
beider Wörter voi'liegt; vgl.: der stamm oder geschlecht,
natales. Corvinur 427*; aus eines stamm oder geschlecht
seyn, ex »tirpe alicKJus progenitum esse. Frisch 2, 817».
einmal ist es gewiss, das die geschlechter oder liniae
alle ... ein gleichförmig schilt und heim gefüert, ...
welches aber unter den allen die hauptlinia und der
recht erst zimbrisch stam gewesen, das mag . . . besten-
digclichen nit gesagt werden. Zimmerische chron.^ i, 140, 3.
doch eine verschiedene wertung beider begriffe liegt zu gründe .•
dis sind die namen der kinder Levi, in jren gcschlechtcn,
Genen, Kahath, Merari. ... die kinder Merari sind diese,
Maheli und Musi, das sind die gcschlcchto Levi in Jren
stemmen, s Mos. 6, 19. {vgl. hierzu 8, d.)
•/) stam, siechte, prosapia. Dieh. 4<I7»; magcnscbaflt,
fescblecht, stamm, eonsanguinita» , prosapia, gentilitas,
gmwt, propago. Hkniscii 19M, 66; stamm, gosohlocht, une
race. Iign4e, familU, una razza, famiglia, stirpe. HuLSius
(itU) S06^: stamm, gcschiccbt, parentado, legnagio, catata.
prosapia, razza, stirpe. genealogia. (1618) 287»; stamm,
stammen, met. stirpe, schiatta, legnaggio, casata, progenie,
famiglia. Kramer dict. 2 (1702), 905»; stamm, geschlecht,
stirps, stemma, progenies, sanguis. Frisch 2,317». von
demselben stamme geboren sein u. s. w. .- so werden auch
zwen, so von einem stammen geporn sein, nicht unter
die siben eitern herrn geweelt. d. städtechron. 11, 792, 18;
er ist von eben demselben stammen geboren, egli e nato,
usdto dalla medesima stirpe, dal meJesimo ceppo. Kramer
dict. 2 (1702), 905»; auch von eben demselbigen stamm seyn,
ejusdem sti7-pis esse. Frisch 2, 317» oder ausz einem stamm,
d'una casata, d'un legnagio. HuLSius (1618) 237»; von was
vor stamm, qua prosapia. Stieler 2119; seinen stamm
vermehren, stirpem augere. Frisch 2,317»; seinen stamm
vermehren. Adelung. Theodorich, der von ihnen {den
Amalern) abstammte, legte so groszen wert darauf, dasz
er den Euthanarich aus Spanien berief, weil er zu diesem
geschlechte {der Amaler) gehörte , um ilm mit seiner
tochter Amalasuintha zu vermählen und seinen stamm
in vollem glänze zu erhalten. W. Grimm deutsche hdden-
saget, ein stamm geht unter, erlischt, stirbt aus: der
stamm gehet under, Juiec familia expirat, ad paucos re-
dacta est. Stieler 2119; der gantze stamm ist abgestorben
(untergegangen), tutta la stirpe etc. progenie e mortu,
estinta, penta. Kramer dict. 2 (1702), 905»; der ganze stamm
ist ausgestorben. Adelung; kein stamm geht unter, aber
erst wenn feindliche stamme sich innerlich versöhnen
und verbinden, wird der friede kommen auf erden. Arnim
3, 34 {kronemc). der letzte seines Stammes : dieweil ich
auch weder vatter noch mueter, meine geschwistergeth
mir auch alle mit tod abgangen, unnd ich also ainiger
unnd der letste meines stammens verlassen, speculum
vitae humanae 5 neudr. ; er ist der letzte seines Stammes.
Adelung, er hat seinen stamm beschrieben, a descritto
la suoa genealogia. Hulsius (1618)237».
0, wie musz ich den beneiden,
der den stamm, dess' söhn er ist,
kennt, dasz er den fluch der leiden
nicht in seinem schuldbuch liest I Brentano 3, .'W7.
S) mit einem adjectivischen zusatze. alter, uralter stamm:
alter stamm, prosapia vetus. Stieler 2119; ein uralter
stammen, una stirpe, schiatta, famiglia antica. Kram er
dict. 2 (1702), 905»; daraus ich beweisen könne, möge und
solle, dasz ich aus uraltem, löblichen, adelichen stamme
geboren und herkommen bin. Schweiniciien denkw. 11
Österley ;
so denket jener Oberhäupter, . . .
der beiden fiirsten, die von einem alten stamm
entsprossen. Göthe 11, 304.
zarter stamm:
Mopsus ist von zartem stammen,
seine väter allzusammen
speyten nur am sontagslicht
auff die erde, sonsten nicht. Logau 1, 76, 8. |
hoher stamm: von hohem stamm, sumvio loco nattt». I
Dasypodius; '
wann herrlich, sprach er. ist mein nanim
mein kinder smtf von honem stamm.
H. Sach.s Sa»tn. »p. l, 81, 322 Oiitze ;
ich bin erschrocken von so hoben Stammes werth ;
(d. h. eines yottes sahn eu »ein). Götiie 46, 34; j
und nennst du mich nicht klug,
weil ich ein diener nur, ihr hoben Stamms?
meinst du, die Klugheit erbe eben fort |
vom vater auf den söhn, wie geld und gut? |
Gkillpauzkr* 6, 64. !
guter stamm: er ist von einem guten stamm, familia !
clarissima prognatus est. Stieler 2119; von einem guten !
stammen entsprossen seyn, esser' usdto, nato. disre.'to da ,
stirpe, estrattione, schiatta chiarissima, di alta conditione, i
di gran nascita. Kram er diet. a (1708), 906»;
dein wilde mag wol werden zam,
pist du von guetem stamme.
OSW. V. WOLKBNRTBIN »7, M SchoU;
nein, ao grob w&llen wira nit machen,
weil er auch einer ist vom adol,
von gutem stamm on allen tadol.
H. Sachs 8, 17, 68 <7Asf.
geringer stamm : geringes Stammes, de pttite maison, di
pieciol famiglia. Hulsius (1616) 806»; geringer stamm,
genus humiU. StiELBR 2119. aus dsr anschaulichkeif des
zu gründe liegenden bildss mAr htntustntmd, edler stamm
641
STAMM (II, 3)
STAMM (II, 3)
642
(wenn dieses auch dem Teredeiten obststamme immerhin
noch entsprechen mag): edeler stamm, familia splendida,
sti}-ps gener osa. ebenda;
'das wildpret!' schreit der bräutigam,
'der kater war von edlem stamm . . .'.
des knaben vmnderh. 1, 131 Boxberger.
doch vornehmer, adelicher stamm: vornemlich stam, genus.
DiEF. 260'>. adeliches Stammes, noble, de bonne maison,
de bonne tige. nobile di buona famiglia, schiatta. HuLSius
(1616) SOö*»; von adelichem stammen . . . entsprossen seyn,
esser' uscito, nato, disceso da stirpe, estrattione, schiatta etc.
sangue illustre, chiara, nobile, nobilissima. Kram er dict.
2 (1702), 905*; von adelichem stamme, nobili genere natus.
Steinbach 2, 665. gräflicher, fürstlicher, königlicher
(u. *. w.) stamm : ein kind von künigklichem stammen,
regiae domus proles. Maaler 384*; von künigklichem
stammen oder blüt här sein, contingere regiam propin-
quitate. ebenda, gräffliches Stammes , issu de contes.
disceso da conti. Hulsius (1616) aos*"; fürstliches Stammes,
de maison illustre, di casa illustre, ebenda; königliches
Stammes, du sang royal. del sangue reale. 306*; gräff-
licher, fürstlicher stamm, stirpe di conti, principi. Kramer
rfic^. 2 (1702), 905*; königlicher stamm, stirpe reale, ebenda;
von königlichem stamme, cognationi stirpi regiae innexus.
Steinbach 2, 665. wir zu Jerusalem und im gantzen
Juda, sampt den eltesten, und Johannes, wündschen
Aristobulo des königs Ptolemei Schulmeister, der von dem
priesterlichem stamme ist , ... glück und heil. 2 Macc.
»1, 10; das (ihren könig getötet zu haben) reut sie (die Heruler)
bitter, und sie senden aus Illyrien, wo sie damals siedeln,
eine gesandtschaft nach Skandinavien zu dem könig-
lichen stamm ihres Volkes, um von dort einen sprosz
ihres erlauchten geschlechts zu holen. Freytag 17,77;
mit dem königlichen stamme der Hasdinge. 112;
bey jr (der herzogin) ich dausz gelassen han
ein edlen knaben wolgethan,
aach von fürstlichem stam gebom.
H. Sachs fastn. sp. 1, 9, 295 Götze.
ein einfacher Verdeutschungsversuch von linie (s. linie 9,
theil 6, 1042) ist icol stamm als der männliche, weibliche
stamm, la stirpe, discendenza, linea mascolina, feminina.
Kramer dict. 2 (1702), 905*; der männliche, der weibliche
stamm. Adelung.
e) in der alteren spräche findet sich die reimende Ver-
bindung eines stammens und nam(m)ens sein, zu dem
selben geschlechte gehören : die eyns geschlechts, stammens
und nammens seind, oder eyn gleichen nammen haben,
welche vorderen allwegen frei seind gewesen, gentiles.
Dasypodius; nachdem inen gott kain leibserben ver-
liehen, auch sonst kainer mer ires namens und stamens.
Zimmerische chron.^ 1, 65, 34; herr Ludolf, freiherr von Gro-
ningen auf dem Schwarzwaldt , im Brigenthal gesessen,
der letst seins stamens und namens und denen freiherren
von Zimbern gar nahe mit sipschaft verwant. 98, 33; er
ist der letzte seines namens und stammes (stammens),
egli e V ultimo del suo titolo e della sua famiglia, casa,
casata, discendenza. Kramer dict. 2 (1702), 905».
S) in allitterierender verbindtmg stamm und stand:
es liebet schaf und hirten *
das lürtisch kindelein,
es leitet her von hirten
den stand und stammen sein.
Spee trutznacht. 145, 36 Bdlke.
rf) der stamm beruht auf einem, ihm liegt der familie
fortpßanzung ob, er ist das haupt der lebenden generation
einer familie .- seitmals der ganz stamm auf gedachtem
herrn Wömhern und sein herrn vatters brueder, herr Con-
radten, beruwen war. ZimTnerische chron.^ l, 185, 18; dar-
gegen aber widerfacht sollichs (erben) ir vetter, herr
Steffan der junger, mit anzaigung, das auf im der stam
Gundelfingen beruwen wer, desshalben er billich der recht
I erb. 214, 19, too dieses Verhältnis das recht des haupterben
begründet, vgl. auch: item, das der erstgeporne sitzen
bleib ynn des vaters liegend gut und der stam auff yhm
bleib, das die linien des geschlechts nach yhm gefuret
ward. Luther 24,440, 14 Weim. ausg.
^^^ ^) mehr verblaszt zu der bedeutung 'herkunft, abkunff
l^^ptt. «. u). : warum solt nit auch wol zu glauben sein, dasz
Petrus sein stammen und herrlichkeit stattlich zu er-
halten, den Paulum nit vil in seiner gefengnusz besucht
X. 8.
habe. Fiscuart bienenkorb 119''; und dasz ich schliesz-
lich so schlecht beklaydet auffziehe, solches geschieht
: auch nicht ohne sonderbare ursach, seytemal mein stamm
. und Interesse der gleichen klaidungen imd noch wohl
\ schlimmere erfordert. Siwipiic. 3, 198, 32 Kurz; vgl.-.
wyplichs geschlecht, freuwlicher nammen,
unser geburt und unser stammen
hat mich bewegt, brecht uflf den synn,
das ich zft erst har gestanden bynn.
Murner gäuchmaü 84, 31 Uhl;
das edle teutsche reich ist unser Vaterland,
teutsch seind wir von geburt, von stammen, hertz und hand.
Weckherlin ged. 840;
der in dem himmel wohnt
der lasse ja die gunst nicht unbelohnt.
er gebe dir für diese freundligkeit
was tiber stamm, und stand, und glück und zeit.
A. Gryphius ged. (1698) 635;
und eben dir imgleichen
mögt' es zu schlechtem rahm so stamm's ak Schönheit reichen.
PosTEL Wittekind 199.
d) wie die familie sich von eiiiem urahn als dem Stamm-
vater herleitet, wird auch ein volk oder der theü eines Volkes,
von einem manne abstammend gedacht, als ein stamm be-
zeichnet, so besonders die zwölf stamme der kinder Israel, le
dodici tribii de'figliuoli d'IsraeUe. Kramer dict. 2 (1702), 905* ;
stamm, wann die rede vom geschlecht der Juden und
den zwölff stammen der kinder Israel, tribus. Frisch
2, 317*; die zwölf stamme Israels. Gottsched beobach-
tungen 276; von dem stammen Juda, von dem stanunen
Levi U.S.W., dalla tribii di Giuda, dalla tribit di Leui.
Kramer dict. 2 (1702), 905*; der stamm Juda, tribus ludae.
Steinbach 2,665; das sind die zwelf stemme Israel alle,
und das ists das ir vater mit jnen geredet hat, da er
sie segnet, i Mos. 49, 28; einen altar . . . mit zwelff seulen
nach den zwelff stemmen Israel. 2 Mos. 24, 4; in gold
sollen sie (die edelen steine) gefasset sein in allen rigen,
und sollen nach den zwelff namen der kinder Israel
stehen, gegraben vom steinschneiter, ein jglicher seines
namens nach den zwelff stemmen, 28, 21 ; da redet Mose
mit dem volck, und sprach, rüstet unter euch leute zum
heer wider die Midianiter, das sie den herrn rechen an
den Midianitem, aus jglichem stam tausent, das jr aus
allen stemmen Israel in das beer schickt. iJtfcw. 31, 4;
das sind die fürsten der stemme Israel. 2 chron. 28, 22;
den obersten vetern der stemme der kinder Israel. 4 Mos.
32,28; nach der zal der stemme der kinder Israel. Josua
4, 5. (ein einzelner stamm :) den son Uri , des sons Hur
vom stam Juda. 2 3Ios. 31, 2; der kinder Ruhen des ersten
sons Israel, nach jrer geburt, geschlechte, jrer veter
heuser und namen, von heubt zu heubt, alles was men-
lich war, von zwenzig jaren und drüber . . . wurden ge-
zelet zum stam Rüben, sechs und vierzig tausent und
fünffhundert. 4 Jlfo*. l, 21. dafür auch: denn der stam der
kinder Ruhen des hauses jres vaters, und der stam der
kinder Gad des hauses jrs vaters . . . haben jr teU ge-
nomen. 34, 14; der stam der kinder Joseph hat recht
geredt. 36,5; also gab Mose dem stam der kinder Ruhen
nach jren geschlechtem. Josua 13, 15; der stam der kinder
Gad unter jren geschlechten. 24 (vgl. dazu unter 3, c. /S).
in verdeutlichtem bilde: und es rewete die kinder Israel
über Ben Jamin jre brüdere, und sprachen, heute ist
ein stam von Israel abgebrochen, richter 21, 6. doch die
biblische spräche ist nicht der herd dieser bedeutungs-
entioicklung, ihr Ursprung reicht toeiter zurück, vgl.:
wan her Nithart hat ein wlp,
da; niht schöners lebt von menschen stamme,
so minnikllch gestalt.
minnetänger 3, 242» v. d. Hagen.
und auf diesem älteren schon allgemeinen gebiauche berufU:
Pharo weit der Juden stammen
tilgen d&rch dj händ der ammen.
SCHWARTZENBBRG UutSCh CiCCTO 1W>.
jede nation des alterthums hatte ihre angeerbte und
eigenthümliche eintheilung in stamme, sey es durch drey,
oder vier, oder eine andere zahl. Niebuiih röin. gescJi.
1,882; die stamme waren keine kästen: aber von den
eigenthümlichen grundformen der nation, der ein neu
entstehender staat angehörte, abzuweichen, war nicht
gestattet. 333; erst kraft der Schriftsprache fühlen wir
Deutsche lebendig das band unserer herkunft und gemein-
41
643
STAMM (LI. 3. 4)
STAMMABTHEILUNG — STAMM ARTIG 644
Schaft and solchen vortheil kann kein stamm glauben
zu theuer gekauft zu haben oder um irgend einen preis
hergeben wollen. J. Grimm d. gramm. 1 a. xiv; das ver-
langen des deutschen volkes nach seiner nationalen
Wiedervereinigung ohne auflösung der geschichtlich ge-
wordenen Staaten und stamme. Hase lehrb. der kirchen-
geach. 424; hier ist allerdings die Schweiz mit ihren drei
stammen und sprachen im nachtheile. C. F. Meyer Jürg
Jenatsch 157 ; damit war das leben des Stammes noch
nicht gebrochen. Freytag 17, 46; ja, wenn der bauer im
beere zur schlacht zog, wollte er nicht leiden, dasz sein
feldherr, oder der fürst des stammes neben ihm auf dem
rosz in die schlacht zog. 17, 72 ; sie (die Sachsen und
Friesen) sind in der Völkerwanderung am wenigsten von
allen deutschen stammen zerstreut. 75. docJi auch: die
alterthümliche herbe sitte und verhängniszvoUe begabung
des deutschen stammes. 46;
Stämme wollen gegen st&mme pochen,
kann doch einer was der andere kann I
GöTHE 3,252;
zum kämpf der wagen imd gesängo,
der auf Corinthus länderenge
der Griechen stamme froh vereint. Schiller 11,240.
stamm dann auch das von einem volksstamme besiedelte
land: und er zoch durch alle stemme Israel, gen Abel
und Beth Maacha, und gantze Haberim, und sie ver-
samleten sich und folgeten jm nach. 2 /Sa?». 20, 14; und
der könig sprach zu Joab seinem feldheubtman , gehe
umb her in allen stemmen Israel, von Dan an bis gen
Ber Seba, und zele das volck, das ich wisse wie viel
sein ist. 24, 2.
c) häufig auch synonym mit zweig (». unten), so stamm
einer sprachenfamüie {s. auch oben sprachstamm theii 10, 1,
sp. 2782) : man scheidet von der deutschen spräche zu-
vorderst sowol den alten gotischen stamm aus, als den
nordischen oder scandinavischen. J. Grimm d. wörterb.
vorr. XIV ; stamme menschlichen erkenntnisvermögens .- nur
so viel scheint zur einleitung oder vorerinnerung nöthig
zu sein, dasz es zwei stamme der menschlichen erkennt-
nisz gebe, die vielleicht aus einer gemeinschaftlichen,
aber uns unbekannten würzet entspringen, nämlich Sinn-
lichkeit und verstand. Kant 2, 56.
4) in weiterer festgetcordener Übertragung stamm der
erste grundstock eines Verhältnisses, einer einrichtung, einer
Sache, der ihre dauer gleichsam verbürgt und begründet.
a) von einem festen personeniestande -. der stamm des
heeres, die im frieden vorhandene active mannschaft im
gegensatz zu den reserven. ebenso auch der stamm eines
hataillons, einer kompanie; stamm der arbeiterschaft
einer fabrik u. s. xe. : die arbeiter aus den nächsten dörfern
kamen unregelmäsziger, als wünschenswerth war: aber
der stamm hielt doch fest. Freytag soll u. haben 2, 197 ;
ebenso der stamm einer gesellschaft, eines Vereins, die
zahl der alten festen mAtglieder; der stamm der gaste
eines Wirtshauses, welche dort regdmäszige und tägliche
einkehr halten, vgl. unten Stammgast, Stammkneipe und
Stammtisch.
h) von hauathierbeständen : stamm einer Schafherde;
das gut hat einen tüchtigen stamm von kluft- und weich-
härigen schafen. Adelung; ein stamm hühner, grund
bestand eines hühnervolkes : ein stamm hühner ist zu ver-
kaufen, ein stamm bienen, welcher den winter hindurch
im stocke ernährt vrird.
c) in der Sprachwissenschaft der stamm eines wertes,
aus dem eine wortform sich bildet; was nach fortnahme
der flexionanlben von einem worte übrig bleibt : {in einem
wUrterbuche) müsten demnach aufgesuchet, und alle in
ihrem stamme oder stamniletteren gesetzet werden, die
unmangelbare zahl aller teutschen Stammwörter. Schot-
TBL IM.
d) stamm, da» kapital im gegentat* tu den tinaen,
wddie es trägt; auch haupt«tamm genannt. Adelung.
hierher wol auch stamm der geldeinsatz im spiel : da fan-
den fiob auch hier, wie tiberall, die spieler zusammen
und spielten hoch und lange, aber nicht solo oder schaf-
kopf oder skat, sondern in der regel 17 und 4 und aus-
nahmsweise dreikarte mit hohem stamm, und stand gar
oft das geld thalerweise auf dem spiel. Fischer denk-
foürdigkeiten eine» arbeiter». aso. attch di$ Wendungen
noch einen stamm kegeln, einige stamme kegeln beruhen
irol zunächst auf dem dabei von jedem kegler gemachten
geldeinsatz, eigentlich also den stamm auskegeln:
heut ist im dorf kein so armer flegel
der nicht seine etliche stamme kegelt. Tibck 2, 839.
e) ein stamm wolle, niederd.: en stam wuUe der ge
gesamte wollenertrag, den eine Schafherde bei einer schür
ergiebt. Scham bach 207'' ; daher die scherzhafte redewendung :
er trägt einen guten stamm haare auf dem köpfe, er
hat dichtes haar. vgl. dei het en gaud stam hare up'n
koppe. ebenda.
f) stamm in der bergwerkssprache wol ein haupterzgang,
von dem dann loieder die nebengänge sich abzweigen: auch
sol man niemand sein paw durch wüst und durch offen-
vert an gewinnen, nuer durch ganzen stam, da kluft an
kluft geet. Salzburger taidinge 198, 7, also nur das regel-
m^szige und geordnete bebauen der erzgänge ist gestattet,
hieraus erhellt sich aueh da.v folgende: 'nMch einigen alten
bergordnungen wird das bücJierliche eigenthum eiius gemein-
schaftlichen bergwerkes in stamme, jeder stamm aber in
kuxe abgetheilt. jetzt ist diese einthJeilung auszer Übung.'
Scheughenstuel 232; stamm, auf den bergwerken, ein
32. theil, portio fodinae colendae, das sind 4 kuxe; unH
32 stamm ist eine gantze zeche, oder 128 kuxe. Frisch
2, 317* ; unser bergvoigt soll alle die gruben , so er ver-
leiht, zu 32 stammen oder 64 halben stammen austheilen.
quelle bei Veith 458; dem grundtherrn . . . einen stamm
vor den erbstam anbiethen. quelle ebenda, d. h. den erb-
stamm durfte der eigenfhümer des bodens, auf welchem
sich das bergwerk befand, mitbauen.
g) in der spräche der anatomie stamm bezeichnung einer
hauptader im menschlichen körper, da sie mit ihren neben-
adem dem stamm und geäst eines baumes sich vergleichen
läszt: aber hie nennen wir den stamm oder wurtzel einer
jeden ädern das theyl, welches dem hertzen oder leben
am nechsten. Ryff bei Höfler deutsches krankheits-
nanienb. 672».
h) ganz verbla^zt stamm {als kurzform; s. unten stamm-
essen), das essen, welches ein gastinrt für seine Stamm-
gäste in bereitschaft hält, wol befördert durch eine äuszer-
liche Übertragung des unter 4, o angeführten gebrauche».
STAMMABTHEILUNG , /. : was aber lassen sich für
strategische, was für tactische Operationen von einer
solchen organisirten Unordnung erwarten? besonders
wenn man erfährt, dasz alle volks-, stamm- und waffen-
abtheilungen sich im gefecht vermischen und . . . durch-
einander kämpfen. Göthe 6, 200.
STAMMABZEICHEN, n. abzeichen, symbol, ioelches von
einem stamm als für ihn charakteristisch geführt rcird:
wo, Volkstrachten ausgezogen, stammabzeichen abgelegt,
schmelzen kastenunterschied' in deinen ew'gen harmonien.
RücKKRT ges. ged. 2, 4S6.
STAMMAGHSE, /. in der spräche der botanik da^enige
pflanzenorgan, ioelches ein mehr oder weniger beschränkte»
längetncachstum besitzt imd zur hervorbringung einerseits
von zweigen, stengeln, blättern, andererseits von vmrudn
geschickt ist.
STAMMAKTIE, /. bei aktiengeseUschaften , die den Pri-
oritätsaktien an rechten nachstehende aktie.
STAMMALOE, /. eiiie aloe, welche einen besonder» hohen
stamm hat und baumartig wächst, aloe arborescen». Nrm-
NICH 1, 193.
STAMMALT, adj. wol ao alt wie der »tamm {vgl. stamm
n, 8, d):
RuddlJ. die Böhmen sind ein starres volk, doch treu.
Juliue. vor allem treu stammalter Überzeugung.
GaiLi.rARZRM 8, 70.
STAMMÄLTERN, plur., a, stammoltern.
ST AM MAN WESEN, n. anweaen, tcelchea einer famüi«
schon seit alters gehört: der {der vater) hat mich auf das
stammanwescn , den bruder auf das Herbergerisohe ge-
setzt ... (er) hat in sein tcstament geschrieben, dasz mir
das alte gut, meinem bruder das Herbergerisohe gehören
soll. AnzkniiHuiier^ 4, 858.
STAMMAHTI6, adj., vgl. unten stammcsart: so natio-
nal, ja so stammiirtig iltro {der GriecJten) poesic, redc-
kunst, geschiohte und selbst ihre philosophie war, so
stehen dennoch ihre dichter ... in ewiger jugendkraft
da. Wolfs muaeum der aUerthum»%n»»enachaft lu.
645 STAMÄI AUSTRAG— STAMMBAUM
STAMMBAUMLEIN — STAMMBUCH
646
STAMM AUSTRAG, m., en^rechend austrag, th.l.sp. 1000:
der für die enUcheidung von famüienztcistigkeiten eingesetzte
Schiedsrichter, plur. stammausträge, austregae, austregae
eonventionales inter familias. Frisch 2, 317". nach Ade-
lung ist der sing, ungebräuchlich.
STAMMBAHN, /. haupteisenbahn eines landes im gegen-
satz zu den zxceigbahnen , z. b. die thüringische stamm-
bahn. amü. mitth. v. 1872.
STAMMBAUM, m., seifen daneben stammenbaum {vgl.
oben stamm 1,2): ein geschlechtregister oder stammen-
baum, ^eneaZo^ict. CoRviNUS 294*; stammenbäum Schm.^
2, 755. das gesehlechtsregister einer familie unter dem bilde
des Stammes und des geästes eines baumes vorgestellt und
zur anschauung gebracht (vgl. dmu unten stammregister,
Stammtafel) : Stammbaum, legnaggio, albero di consangui-
nitä. Kramer dict. 2 (1702), 905* ; stajnmbaum, arbor consan-
guinitatis, schema genethliacum. Stieler 114; Stammbaum,
arbor consanguinitatis, ein gemahlter bäum, dessen stamm
aus dem unten liegenden Stammvater in die höhe geht,
und an dessen ästen die ganze blutsfreundschafft stehet.
Frisch 2,317»; Stammbaum. Gottsched JeoJacÄ^MH^ren 276.
plur. Stammbäume Adelung; mein bild habe ich längst
anfertigen lassen , sowie einen Stammbaum , an dessen
Wurzel mein name steht. Keller 5, 77. älterer rechts
anschauung entspricht das bild nicht: das bild, in welchem
sich der Germane die sippe veranschaulichte, war nicht
das des Stammbaumes mit seinen Verästelungen und
Verzweigungen, sondern das des menschlichen körpers
mit seinen gliedern und gelenken, und auch uns ist da-
von übrig geblieben, dass wir lieber von Verwandtschafts-
gliederung als von Verwandtschaftsverzweigung, lieber
von gliedern als von zweigen der sippe reden , obschon
der Stammbaum bei uns eingebürgert ist. Heusler in
stitutionen 1 (1.880), s.581; ohne dasz es aber deshalb blosze
Übersetzung von arbor generationis zu sein braucht, mit
heziehung auf das zugrunde liegende bild: des sieb-
zehnten (geschlechtes) gar nicht zu gedenken, als von
welchem wir aus einem dürren Stammbaume wohl
schwerlich mehr lernen dürften, als man selbst zu
Schickards zeiten bereits aus dem Leunclavius wuszte.
Lessing 9,76; ein name, der zwar von keinem Stamm-
baume beschattet wird , den ich aber in den meinigen
vor vielen andern aufnehmen möchte , die , stiftmäszig,
ihr leben in spiel-, trink- und theegesellschalten ver-
geuden. ThOmmel rme 9, 5; denn der adel kann uns in
allem übertreffen, nur nicht in der mehrheit; vollends
da die nöthigsten Stammbäume als eckstämme ganzer
familien absterben, indesz das bürgerliche gras sich selber
frisch nachsäet. J. P.\ul 33 (dämmerungen), 89; es sind
folglich, schlosz der hauptmann, nur zwei fälle denkbar,
entweder irgend ein litterarischer ehrenräuber gibt sich
für mich aus . . . oder es treibt wirklich noch ein wasser-
ast und nebenspröszling meines Stammbaums. 52 (Katzen-
bergers badereise 2), 37 ;
soviel man nun von dir berühmte kinder sieht,
so vielmahl sieht man dich, so oSt dein stammbanm bläht,
80 offl wirst du hinfort in enckeln nengebohren.
Günther ged. 609;
Stammbäume trieb man, grosz imd dick,
in mistbeeten mit gutem glttck.
Claudius 1/2, «. 158;
doch geschätzt wird ein Stammbaum
nicht ob seinen guten fruchten,
sondern nur ob seinem alter —
drei Jahrtausend' zählt der unsrel
Hbinb 1, 462 Elster.
einen Stammbaum aufrichten, aufstellen, aufsetzen, Ver-
wandtschaft und geschlechtsfolge der angehörigen einer
familie darthun. den Stammbaum eines geschlechts auf-
richten, drizzare l'albero della stirpe ö della consangui
nitä, fame la genealogia. Kramer dict. 2 (1702), 905*. vgl.
noch : wem unter der sonne wird es einfallen, ein paar
runde Wangen nach dem Stammbaum zu fragen? Schiller
3,480 (kabale und liebe 3, 2); die ersten selten (des manu-
scriptes) beschäftigten sich unter beifügung eines sauber
ausgeführten Stammbaumes nur mit den erbverhältnissen
jenes Ostenfelder pastors. Storm 5, 69 ; der hochmüthige
reiche befriedigte sich durch leeren prank und erson-
nene Stammbäume. Freytag 17, 106; schon drei mal hab'
ich den kalender durchgesehen, will jetzt noch eine alte
Chronik durchstöbern, dort giebts so alte Stammbäume
mit ganz merkwürdigen taufnamen. Kellers, 93;
der, weil ihm die natur viel sitzefleisch gemacht, . . .
mehr bücher drückt als kennt, den kop£F voll grillen stopffet,
den Stammbaum aller weit in sein gedächtnisz pfropffet.
Günther ged. 409.
auch edle pferde, und neuerdings auch hunde, schafe,
sehweine, Jiaben ihren Stammbaum: daher haben die
mediatisierten fürsten sehr politisch gehandelt, als sie
. . . ihre Stammbäume ebenso hoch schätzten wie die
Araber die stanunbäume ihrer pferde, und zwar aus der-
selben absieht. Heine 3, lll Elster, dann auch: hier wars,
wo wir den Stammbaum der geister zum erstenmal aus-
einander rollten und Julius einen so nahen verwandten
in Raphael fand. Schiller 4, 83; wenn man die ursprüng-
lichen und primitiven begriffe hat, so lassen sich die
abgeleiteten und subalternen leicht hinzufügen und der
Stammbaum des reinen Verstandes völlig ausmalen.
Kant 2, lia.
STAMMBÄUMLEIN, n., deminutiv zum vorigen : Albano
. . . begriff blos nicht, wie Luigi nicht den deutschen
herm, diese gemiethete axt und diesen wurzelheber
seines stammbäumleins, mit einem fersenstosze weit von
sich wegschlage. J. Paul Titan 8, 93.
STAMMBAÜMMACHER, m. einer, der Stammbäume will
kürlich erfindet:
für zwei scharmante, blanke, krause,
geränderte, vollschwere Ludewig
erklärt ein stammbaummacher mich
zum fräulein von sehr gutem hause. Bürger 107».
STAAIMBEGRIFF, m.: um der letzteren (urbegriffe)
willen ist also noch zu bemerken, dasz die kategorien,
als die wahren stammbegriffe des reinen Verstandes auch
ihre eben so reine abgeleitete begriffe haben. Kant 2, 112.
STAMMBESITZUNG, /. alte besitzung, loelche einer fa
milie gehört: Starschensky trat ins mittel, bezahlte, ver-
schuldete seine eigenen guter und konnte dennoch kaum
einen geringen rest der Stammbesitzungen als pfropfreis
für die zukunft retten. Grillparzer* 11, 227.
STAMMBIENE,/, nach Nemnich eine in hohlen bäum
Stämmen wohnende bienenart, apis truncorum.
STAMMBILDÜNG, /. in der Sprachwissenschaft bildung
eines wortstammes, eines Wortes, dazu, stammbildungs-
lehre,/, lehre von den hierbei v)ir]esam.en bildungsgesetzen ;
so nominale stammbildungslehre von F. Kluge. Halle 1886.
STAMMBLATT, n. .• 'stammblätter, caulina folia, blätter,
toelclie unmittelbar, d. i. ohne zwischenkunft der ziceige,
auf dem stamme wachsen'. Nemnich 1, 921; so werden
wir zum exempel sehen, dasz ein kelch der calendel . . .
aus mehreren zusammen und über einander gewachsenen
blättern bestehe, zu welchen sich . . . zusammengezogene
stammblätter gleichsam hinzuschleichen. Göthe 58, 37.
STAMMBLOCK, m., dasselbe wie stamm 11, l,d: der
undertheyl des stams oder der stamblock des tannen
baums. a. weissh. lustg. 609; weil er wie ein stammblock
immer drauf los klotzt und glotzt, so quetscht er die
Selbständigkeit heraus. J.\hn 2, 695 Euler, ico eine ver-
Schreibung für rammblock anzunehmen nicht nötig ist.
in älterer spräche stammbloch und als neutrum erschei-
nend: das stammbloch oder unter theyl an eynem dann-
baum, sapinus. Dasypodius; der stamm des baums,
welchem die äst abgehawen seind, das stammbloch,
truncus. ebenda; dieses kraut wächst gern auf den stamm-
blöchem der abgehauwenen bäum. Tabernaemontanos
kräuterbuch 148.
STAMMBLÜTSCHE, n., toie das vorhergehende: das
stammblütsche, der underst totz einer tannen, sapinug.
Maaler 384».
STAMMBRIEF, m. Urkunde, über altei- oder adel eines
geschlechtes ausgestellt: auch stammt es (das spiel) aus
der belobten alten zeit und hat in dieser beziehung also
seinen gültigen stammbrief. Keller nachlese 114.
STAMMBRÜCH, m., stammbrüche, plur., im zahlen
wesen bräche, die 1 als Zähler haben.
STAMMBUCH, n. l) ursprünglich ein buch, in loelehea
die angehörigen einer familie, eines geschlechts eingetragen
icerden, entsprechend stamm II, 3, e. vgl. auch unten stamm-
register: Stammbuch, libro. registro deüa stirpe d pro
genie. Kramer dict. 2 (i702), 905»; da Mose das edomiter
41*
647
STAMMBUCH
Stammbuch and ge Schlechtregister verzeichnet, wird nnter
andern des königs Hadars groszschwiger erwenet, die
Mezahab geheissen. Mathesius Sarepta 19»; da Mose
Adams geschlechtregister oder Stammbuch beschreibt. 103'';
wie gott uns selber liebt, der auch ein Stammbuch hält,
in welches der so ihn für allem auff der weit
von gantzer seelen ehrt, steht oben angeschrieben.
Opitz 2, 60.
2) dann verallgemeinert ein biich, in welches sich eines
freunde und bekannte mit einem denkspi-uch eintragen, oft
mit himufiigung entsprechender Zeichnungen, n'ie z. b. des
Wappens, der gesichtszüge u. s. tc: Stammbuch, livre
d'amis. libro d'amici. HuLSius (1616), 306*; Stammbuch,
album amieortim CoRviNUS 33^ Stieler 256; Stammbuch,
registro de' nomi di amici efautori Kramer dict. 2 (1702), 905» ;
jemand in sein Stammbuch schreiben lassen , ricercnre
un amico che di proprio pugno scriva qualche suo sim-
bolo nel detto libro accompagnato di qualche dimostratione
affettuosa. ebenda, zur geschichte dieser sitte vgl. .- endlich
sind die Stammbücher durch die betteley der liederlichen
besitzer sehr verächtlich worden, dasz in einer gewissen
provintz ein königlicher befehl herausgekommen, die, so
mit Stammbüchern betteln, in den karren zu spannen.
ein theologus in Bremen hat einem solchen ungarischen
herumläuffer auf das lezte blat im Stammbuch ge-
schrieben: auch schäme ich mich zu betteln. Frisch
2, 317»; Stammbuch ist ein buch, worin abgehende gymna-
siasten und Studenten ihre gönner, lehrer und freunde
sich einschreiben lassen, um ein andenken von ihnen
zu haben, es ist aber viel missbrauch damit. Kind-
i.EBEN 181 ; über das alter der sitte vgl. jetzt Zimmermann
im braunschic, magaz. (1907) i,ljf.; um die mitte des i.e. jahrh.
scheint sie schon allgemeinere Verbreitung gefunden zu
haben, belege: concordi-buch, welches die calvinisten der
lutherischen Stammbuch nennen, der teutschen sprach
ehrenkrantz (i&u) SiO; sonderlich da ich sehe, dasz der
alte Rudolphus Goclenius in die Stammbücher schreibe
und nenne sich professorem depontanum. Schupp 817;
dahero auch der berühmte mann, herr d. Chemnitius
einer andächtigen frauen ... in ihr Stammbuch schrieb:
er halte dafür, im ewigen leben würden mehr weiber
als männer gefunden werden. Sperling Nicodemus quae-
ren* 2 (1719), 1047 ; es schriebe einer in sein stammen-
buch: semper bonos, nomenque tuum, laudesque mane-
bunt. es kratzte einer das h aus und hübe onos, grie-
chisch eszl. SUTOR Argos (1740) 315 (zu der form vgl.
stamm 1,2); als ein gewisser Teutscher von adel durch
Franckreich reisete, und seine aufwartung machte, über-
reichte er ihr {mad. Dacier) sein Stammbuch, mit dem be-
gehren, ihren namen einzuschreiben. Gottsched vernünft.
tadlerinnen 1 s. 323; es ist ein elend jämmerlich ding um
aller menschen leben! dies Sprüchlein ist mir so geläufig ge-
worden, dasz ichs in alle Stammbücher schreibe. Bürger
an Sprickmann 30. juli 1777, s. briefe 2, 103 Strodtmann; er
(Oöfhe) zeigte mir das Stammbuch der frau von Spiegel,
worin er sehr schöne verse geschrieben, es war ein platz
für ihn zwei jähre lang offen gelassen. Eckermann ge-
spräche i, 120; noch jetzt, als waere es gestern geschehen,
sehe ich sein (des groszvaters) groszes blaues äuge sin-
nend auf den vergilbten blättern seines Stammbuches
weilen. Hauff 6, 6 (phantasien im Bremer rathskeller);
stammbncb.
freund , ich soll dir auf! begehren etwas in dein Stammbuch
schreiben,
stets aoUst du in meinem einne, mich lasz stets in deinem
bleiben. Looau 3, 8, 89 ;
im fremden spräche war ihm ganz genau bekannt.
er hatte, wie man weisz von seinen vielen reisen
mehr, ais ein atammbucn, aufzuweisen.
HaoBDORN 8 (1767), 2ß9;
BcMUer. ich kann unmöglich wieder gehn,
ich musz euch noch mein atämmbuch Überreichen.
gOnn' eure gunst mir dieses zeichen! Oöthb 18, 100;
ein theures bOchlein siehst du hier,
voll pergament und weiss papier,
das wom schon an die hundert Jahr
zum Stammbuch eingeweihet war. 66, 08;
da bracht man ihm das Stammbuch dar
zum eintrag, eb' er «cheide. Schkpkbl ffaudeamut Tl.
im vergleich: schleass dein hcrtz auf, und bitte deinen
Heben berr Jesuin, daaz er als ein stuniin und wappvn-
STAMMBUCHBLATT— STAMMELN (1,1) 648
buch wolle mit seinem rosenfarben blut drein schreiben
sein heyligen namen. Minderer kriegsartznei (1634) 13.
enceiterungen : ich will zum kirchhofe gehen; es stillt
die Unruhe, in den blättern dieses grünen Stammbuches
zu lesen. Storm 3, 183;
da war der Wille, dessen gesiebt
ein Stammbuch, worin mit hieben
die akademischen feinde sich
recht leserlich eingeschrieben.
Heine 2, 479 Elfter {Devttchl. 22) ;
deutsche litteratur, du schwierigstes Stammbuch der Völker I
jeder schreibt sich hinein, wie es ihm eben gefällt.
Hebbel 7, 215 Werner.
STAMMBUCHBLATT, n. blatt eines stammbttches : sagen
sie Thomas und frau Willemer meine grüsze. wenn mir
etwas einfällt, schreibe ich's auf die stammbuchblätter —
bis jetzt fällt mir nichts dabei ein als: stamm und buch
und blatt. Brentano 9, 144. stammbuchblätter, mit Zeich-
nungen, Städteansichten u. s. w. geschmückt, waren in den
Papierhandlungen einzeln zu haben; sie wurden dann von dem
damit beschenkten in einer mappe aufbeioahrt: kein student,
der droben auf dem Weinberge am fusse von seinem
Jugendbruder abschied nimmt, und mit ihm das stamm-
buchblatt wechselt, schreibt einen vers von Isidor hin-
ein. Immermann Münchhausen 1,29.
STAMMBUCHREITER, m. spottname für einen, 'der sein
Stammbuch überall bei sich führt und durch Vorlegung
de.<i.ielben beschwerlich fällt'. Campe; obwol ich nicht als
ein junger student oder als ein stammbuchreiter sie auf-
suchte, quelle ebenda.
STAMMBUCHSAMMLUNG,/. .- herr Hechtmann schenkte
mir das büchlein und ich verehrte es später sr. kön.
hoheit dem groszherzog von Weimar, der es dann der be-
deutenden Stammbuchsammlung der Weimarer bibliothek
einverleibte. Hoffmann v. Fallersleben leben h, 183.
STAMMBUCHSTABE, m. laut, welcher zum stamm eines
Wortes gehört: alle Stammbuchstaben, die den wurzel-
Wörtern eigen sind, müssen in allen abstammenden, so
viel möglich ist, beybehalten werden. Gottsched d.«prccA-
ku7ist 71.
STAMMBUCHSTÜCKCHEN, n.: drum lieben sie den
herrlichen Schiller vorzüglich, weil sie seine sentenziöse
reflectirende diction in lauter stammbuchstückchen zer-
knicken und verschlingen können. Brentano 5, 440.
STAMMBUCHVERS, m. vers, der für ein Stammbuch
geschrieben ist oder sich zum eintragen in ein Stammbuch
eignet.
STAMMBURG, /. bürg, auf welcher die wiege eines ge-
schlechtes gestanden {vgl. stamm II, 3, c), Stammburg Campe;
0 denk an jenen berg, der hoch und schlank
sich aufschwingt aller schwäbschen berge schönster,
und auf dem königlichen gipfel kühn
der Hohenstaufen alte Stammburg trägt.
Uiiland ged. (1864) 188;
du hast, 0 freund, die Stammburg mir genannt,
den borst, aus dem die adler sich geschwungen. 189;
scherzhaft:
zu Bückeburg stieg ich ab in der stadt,
um dort zu betrachten die Stammburg,
wo mein groszvater geboren ward. Heinb 8, 470 Etrter.
STÄMMCHEN, n., deminutiv zu stamm, besonders in
der bedeutung 'junger bäum', vgl. auch oben stamm ll.i.g;
und über mir war nichts als blauer räum ;
doch als ich mich dicht an die erde schmiegte,
sah unten ich durch dünner BtUmmchen säum,
wie land und see in silberduft »ich wiegte.
Keller 9, 144.
von einer frau {entsprechend stamm II, 8, c):
als herr Gustavus der grosse gekrieget, . • .
hat der herr NeUkrantz mit frouden genonen
Agnes sein l&mchon
nusz welchem st&mchen
trefllich viel liebliche «weiglein entsproeeen.
Rl>«t PamoMu« 6«<>.
STAMMEBKU, m.. u>elc/ter tttr sucht veneemUt wird.
». u. Btammhengst, stammochse, stammrind «. #. «c.
STAMMKICHE, /. nach Jacobsson 7, 4M* daaMlb« »mV
horsrlciche theil 4, 8, 1888.
STAMMELN, verb. balbt*tirt. haeaitar«, iituhare.
I. geschichte des toorte». l) ahd. atAmmalAn, stamalAn,
stamoldn, stamelAn. Grapp«.6«o; mhd. stammelen, stamo-
len; nhd. stammeln, daneben die form stanimern (*. u.),
649
STAMMELN (I, 2. 3. II, 1. 2)
STAMMELN (II, 2-4)
650
unser wort ist gebildet zu dem aJid. stammal, häUnta, adj.,
das icol icieder eine Weiterbildung des älteren adj. got.
Stamms; altnord. stamr; ahd. stamm, stam darstellt, zu
letzterem stellt sich das ahd. zu belegende verb. stammön,
stamen, balbutire. Graff 6,679; vgl. altnord. stama, verb.
weitere etymologische vencandtschaft besteht mit nhd. stem-
men, verb. 'impedire' und stumm, adj. niutus. vgl. auch
unten die nebenform stammem, verb.
2) ahd. kommt vereinzelt ersatz des zweiten m durch b
vor: stambilon Graff 6, 680.
3) im nhd. ist häufige ältere Schreibung stammten:
stammten, titubare. Dief. 586»; icli stammle, balbutio Da-
SYPODius; stammten oder stagglen, lingua haesitare, bal-
butire, impedite loqui, titubare, vacillare lingtia. Maaler
384*; stammten, balbutire, scilinguare, barbottare, tarta-
gliare. HuLSlüS (1618) 237» (doch stammeln, begtuxyer, estre
begue. (1616)306»); stamlen Comenius (1657) 282; stammten,
balbutire, balbtitinare, offensare in loquendo. Stieler 2-224.
11. bedeiitung und gebrauch des icortes. l) begrifflich
geht es auf das anstoszen der zunge beim apredien, wo-
durch eine mehr oder weniger häufige Wiederholung von
buchstaben und silben der auszusprechenden Wörter veran-
laszt wird : icli stammle oder statzge, stosz mit der zongen,
balbutio. Dasypodius; stammlen, sich lieftig an der rede
stoszen, 5aZ&t*^o. Calepinus (1570) 155; stammeln, in der
rede anstoszen, beguayer, estre begtie, scilinguare, balbettare,
balbuttire. HulsiüS (1616) 306».
a) bistceilen wird es von stottern als das schlimmere übel
unterschieden .- es ist besser, . . . stottern (im reden an-
stoszen) als stamlen, lispelen als stiimm. Comexix'S
sprachenthür 282. auf jeden fall icird es bei ericacrisenen
Personen immer als bedeutender schaden empfunden: denn
welcher mönsch seinen nechsten kristenlichen lieb hatt,
der selb hat eben als lieb . . . einen der stamelt oder nit
gesprech ist als den der wol reden kan. Keisersbero
der .9eelen paradies 22". nach Adelung ist stammeln mehr
in gewählter spräche gebräuchlich.
b) stammeln neben stottern: ich aber gleube, Moses
habe eine schwere spräche und zungen gehabt, das er
gestammelt und gestottert habe und ein wort bis in zwey
oder dreimal geredet. Luther 16, 56, 35 Weim. ausg.; einer
der da stammelt oder stottert, balbus, qui lingua haesi-
tante loqnitur. Corvincs fons lat. So*.
c) bisweilen in der vencendung: stammelnd sprechen,
reden u. s. w. stammelend reden, parlar balbutiendo,
frastagliare etc. parlajido, parlar frastagliamente. Kramer
dict. 2(1702)906»; vgl. unten 5,6.
2) gemildert erscheint die bedeutung des wertes, wenn
es gebraucht wird:
d) von den Meinen hindern, welche ihre ersten sprach-
versuche anstellen : dannoch so werden ausz kindern auch
leut, ausz stamlenden kindem werden redner. Garg. 21
neudr. ; da das kind von zweyen jähren, so noch nicht
reden kan, lernet gehen, und fähet an zu reden und zu
stamlen (lallen). Comenius sprachenthür 230 ; als stam-
melndes kind sass ich dem vater auf dem schoos; und
wenn er ein lied auf der rohrflöte blies, ^ann horcht
ich schon aufmerksam zu, und lallt es ihm nach. Gesz-
NER3, 24; an wessen brüst lag Japhet, wenn ihn seine
mutter an der brüst einer andern mutter alles dieses
sprechen, ja stammeln, lehrte? das letztere ist nicht ge-
wöhnlich; und wir haben noch keine mutter gesehen
die ihr kind stammeln lehret. Schönaich die ganze ästhe-
tik in einer nuss 169, 10. 12 neudr. ; das kind kann noch
nicht reden, es stammelt nur. Adelung; das stammeln
des kleinen kindes ist dem vater und der mutter etwas
neues, es klingt so artig und gefällig, so oft es ein neues
"ort stammeln kann, freut man sich und lacht darüber.
M./.MANN Conrad Kiefer 40;
wer nun thSrichtes sinnes sich naht nnd der hellen Seirenen
stimm' anhört, nie wird ihn das weih und die stammelnden
kinder
als heimkehrenden künftig mit frend' umstehn und begrOszen.
Voss Odi/sfee 12, 43;
doch sie ^horchten dem trotz, dahingerafft von der künheit,
dasz des aigyptischen Volkes schönprangende äcker sie schleunig
plünderten, auch die weiber und stammelnden kinder entführten.
14,264;
und ich entsinne mich wohl, ein stammelnder knabe noch war
ich. 21,95;
die Seligkeit — da wirst sie kennen,
wenn stammelnd dich die kinder nennen,
imd herzlich dir entgegen fliehn. Schiller 3, 167
b) dem vorigen entsprechend, von dem kindlichen ver-
mögen der menschen, gedanken über gott, etcigkeit u. s. w.
in Worten ausdruck zu geben : Gregorius sprichet : wag
wir von götlichen dingen reden, dag müegen wir stame-
len , wan man muog im wort geben, mystiker 2, 90, 37
Pfeiffer; wir mügen von gote niht eigenliche sprechen,
waj wir von ime sprechen, dag müege wir stamlen. 130, 31 ;
wenn meine seele nicht mehr flehen kann, so hör ich
stammeln ! Siegicart 3, 281 ;
gott hilft, wenn Christen freudenleer
zu ihm um gnade stammeln.
Sturm im hannov. getangb. 425,6;
dem stillen stammeln der, die unsterblich ist,
und sprachlos ihr gefühl zu sagen,
nur, wenn sie weinet, nicht ganz verstummet.
Klopstock 1, 60;
jenen furchtbaren tag, den die Sionitin
jetzo stammelnd besingt,
wenn in dem tempel des ruhms die lorber alle verwelkt sind
nnd die ehre nicht schützt. 76 ;
gott aber schaut vom himmel
ihr (der Völker) freudiges gewimmel
vom aufgang bis zum nieclergang:
denn seine kinder sammeln,
und ihr vereintes stammeln
tönt ihm in tausend sprachen dank. Voss 4, 00.
auch sonst:
fi-eiheit ! athem der natur . . .
nimm ihn auf den neuen söhn !
lasz mein stammeln dir gefallen,
die du mutter bist von allen ! Grillparzer» 6, 136 ;
die lieder die ich stammelnd hören lasse,
ew'ger gefühle schwaches widerspiel.
ElCHBNDORFF* 1, 336;
du stammelst? immer stammle fort
von licht und freiheit. solch ein wort
klingt auch gestammelt schön. Ludwig 1, 99.
3) mit instrumentalem zusatz:
a) mit der zunge stammeln : er stammelt mit der zung,
OS blaesum Uli debilisque lingtia est. Stieler 2224.
b) mit der spräche stammeln:
die äugen gehen über
dem armen Priscian, wann euer strenger mund . . .
die spräche würgt und kränckt, zermaulert, krüpelt, etümmelt,
so lächerlich damit lallt, stockert, stammelt, tummelt.
LoGAU 2, 68.
ebenso mit werten stammeln, vgl. hierzu den gegensatz:
und der Jüngling, der dies kind geworden,
schlägt, von armuth hart bedrängt und rohheit,
einst ein äuge, das von starren thränen
deine steme längst nicht mehr gesehen,
auf zu dir und stammelt ohne worte:
lufl, mein vater, dasz ich nicht ersticke.
. ., . , . Hebbel 6, 288 Werner.
4) mit einem object.
a) Worte stammeln : xmd ich erhielt nicht eher, als ein
paar stunden vor seinem tode , die erlaubnisz , ihn zu
besuchen, da er kaum noch etliche worte stammeln
konnte. Gellert 4, 362; ich stammelte nur ein paar
worte zum abschied und ging. Grillparzer* ii, 281; in-
dem ich, ob dieses gräszlichen anblickes, erschrocken
zurück prallte, stammelte ich einige redensarten über
die Schwierigkeiten, eine solche frage zu lösen. Heine
3, 3\Q Elster, auch: sage ihm, dasz diese sterbenden lippen
für sein wohl die letzten gebete stammeln, quelle bei
Adelung;
neimt es denn kein frech erkühnen,
leiht uns ein geneigtes ohr,
wenn wir gern vor euch versammelten
ein empfetilend vorwort stammelten !
Uhland ned. vorw. 13.
die gesprochenen worte selbst als object: und wo die eigen-
thümer wären? — die sind heute früh morgens nach
Langenlebarn gereist. — die tochter auch? stammelte ich.
Grillparzer* ii, 294.
b) eine (fremde) spräche stammeln, sie nur unvoll-
kommen sprechen können, radebrechen: der knabe fing so
eben an etwas von der spräche seines vaters und etwas
von der spräche seiner mutter zu stammeln. Seüme 2,107;
das französische stammeln; er kann das englische nur
stammeln; neben dem stammelte sie etwas französisch.
ehe eines mannes 18.
c) mit erweitertem object : den Übergang bilden Wendungen
wie Worte des lobes, dankes, der bewunderung stammeln;
651
STAMMELN (11. 4-6)
STAMMELN (II, 7. 8) - STAMMEN
652
in diesem augenblicke, da er den mund öffnen und einige
Worte des dankes stammeln wollte, wirkte der lebhafte
eindrnck ihrer gegen wart so sonderbar auf seine schon
angegriffenen sinne. Göthe 19, iö.
wo sie (die hWier) zu deinen fOszen gern sich sammeln
und horchen deiner süszen rede zu
und lernen früh dein lob mit frenden stammeln.
Spftta im hannov. guangb. 527, 3;
lieber gott, der du alles was lebt, mit freud' imd erquickung
sättigest, höre den dank, den deine kinder dir stammeln.
Voss 1.12;
wohin daa ohr sich kehrt, da hört es seufzer stammeln.
Günther 609.
parhtiv gewendet:
und was nur am lob des höchsten stammelt,
ist in kreis' um kreise dort versammelt. Göthe 5, 246.
rf) auch entsprechend 2, b:
er, (wie stammeln wir ihn) der unaussprechliche,
er, das wesen der wesen ist ohn ursach.
Klopstock 2, 15 {beruhigung).
5) wit^ gewandeltem stibject.
a) stammelnde zunge: mit stammelender zung, con
lingtia balbettunte. Krämer dict. a (1702), 906* ; mit stamm-
lender zunge, ttnyua Äomfonfe. Frisch 2, 317''; mit stam-
melnder zunge Adelung; ein stammlende zung deutet
einen schnöden, unstäten, bald zornigen und des zorns
bald vergessen, diensthaften und schwachen menschen.
phüionx>mei B 4« ; ^-^ stammelt meine zungen
wenn ich dich (gott) preisen wil !
A. Gryphius 2 (1698), 419;
bisz die schwere zunge stammlet, . . .
Sprech' ich deinen nanmen aus. Günther 366.
b) stammelnde spräche: diu zung, die gar ze dick ist
macht lispend leut, und die ze dünn ist macht stamelnd
und verzuckend sprach. Megenberg 15, 13; vgl.: gegen
die betriebsame menge . . . , die seit geraumer zeit . . .
sich den stammelnden kinderdialekt der abendländischen
sprachen und statt herrlicher, geistreicher formung und
beugung nur partikeln und auxiliarien gleichsam stot-
ternd hatte gefallen lassen. Göthe 46, 350.
e) stammelnder ton u. s. w. .-
laut nun rief er im stammelnden ton der entzUckung: . . .
Voss 1, 148.
und mir stockte der laut, unter der band (avj dem klavier)
stammelte misgetön,
auch des mädchens gesang stammelte hold. 3, 152;
d) ehre sey dem hocherhabnen, dem ersten, dem vater der
Schöpfung I
dem unsre psalme stammeln,
obgleich der wunderbare er
unaussprechlich, und undenkbar ist.
val oben 2 b Ki.op-stock 1, 194 (das grosze halleluja).
e) ich will sie an den ersten tag erinnern ... an den
ersten tag, da auch ich sie sähe und liebte; an das
erste stammelnde, schamhafte bekenntnisz, das sie mir
zu meinen füszen von ihrer liebe ablegten. Lessing 2, 22;
da stammelts {daa Laster) in der halben verstümmelten
stimme. Schiller 2, 52 {räuber l, 3 schauap.); und zuletzt
spielten die töne nur leise wie zephyre um den wonne-
schlaftrunknen, und blos im sterbenden Innern stammcllc
noch der überselige wünsch: ach Klotilde könnt' ich dir
heute dieses stumme, glühende herz hingeben. J. Pali,
i.iOO (Hesperua 2); das mädchen wehrte sich in stam-
melndem schreck. Ganghoi'er Tnann im salz {gartenlaube
1905 a. 614*0;
kein halb stammelnder blick voll unaussprechlicher reden,
wenn er den ewigen bund sQszer umarmuneen schwört.
Klop-stock 1, 26;
nein! eo fuhr er mit stammelnder freude, mit thränendem
blick fort. 4, 225 (Metaiat 10, 618);
•ie (iUe empflndung) schweigt beredt, sie stockt, sie stammelt
sohOne,
ums st&rkre wort umsonst bsmttbt. Lbssing 1, 98.
f) aogar:
wenn m die ersten empflndangen schlägt, in den stammelnden
Jahren,
bild' ich du herz der jungen geliebten.
Ki.opHTOCK 1,82 (Salem), vgl. oben », n.
6) aubHtttUiviach :
wie nimmt ein leidenschaftlich stammeln
fwchrieben sich so seltsam ans! Oöthe 1, 11 ;
da lissz er scheidend Ihn und safte: wachse w»lil l
and rieht« deiner «rsten worta stammeln,
das slnocbetn deiner ersten tritte
eolfecm aar der schwelle deinem vater. 10, 17.
7) Übertragen auf töne ganz anderer art:
rings die hirtenflöten flehen
und der heerden glocken stammlen.
Brentano 8, 188.
8) stammeln verallgemeinert, ein ding nur unvollkommen,
mangelhaft und schlecht machen, können, verstellen u. a. vj. •
ich finde ihre gemälde und Zeichnungen doch eigentlicli
nur noch gestammelt, und es macht dieses einen so übleren
eindruck, da man sieht, es ist ein erwachsener mensch,
der vielerlei zu sagen hat und zu dessen jahrszeit ein
so unvollkommener ausdruck nicht recht kleidet. Göthk
an maier Müller 21. juni 1781 (briefe 5, 137);
blätter nach natur gestammelt,
sind sie endlich auch gesammelt,
deuten wohl auf kunst und leben. 47, 101.
aubst. : wenig erfreut das kindische stammeln mönchischer
gelehrsamkeit. Freytag 17, 102 {bilder l).
STAMMELHAFTIG, adj. atammdnd:
die Väter überschn den kindem die gebrechen,
ja werden auch wie sie was stammelhafltig sprechen.
Opitz psalmen 878.
STAMMELMAUL, n. schelte für einen atammler: stam-
melmaul, balbettatore, frastagliatore etc. tartaglione, tar-
taglio, balbo, acilinguato, bescio, troglio. Kkamer diet.
2 (1702), 906».
STAMMELSPRACHE, /.; stammelsprach , prononcia.
parlata balbufienfe, balbettanfe, halba. Kramer dict.
2 (1702), 906», vgl. stammeln 5, b.
STAMMELTERN, plur. das eiternpaar, von loelchem ein
gescJdecht abstammt: dasz er die stammeitern aller men-
schen von ihrem oberherm abtrünnig und ihm anhängig
macht. Kant religion in den grenzen derblosen vemunft 82
Kehrbach; Adam und Eva die stammältern des menschen-
geschlechtes. Campe.
STAMMELWORT, n. gestammeltes wort:
bis zum verlegenen Stammelwort:
ob nicht die sonne herrlich scheine?
Immermann 13, 28 Boxberger.
STAMMELZUNGE, /. schelte für einen stammelnden:
stammelzung, balbettatore, frastagliatore etc. tartaglione,
tartaglio, balbo, acilinguato, bescio, troglio. Kramer dict.
2 (1702), 906*. vgl. stammeln 5, a.
STAMMEN, verb., oriri, descendere, zu stamm, m. ge
bildet: stammen, herstammen, ortum esse. Schottel
1420; stammen, gestammet, ortum, prognatum, pro-
genitum esse. Stieler 2119; stammen, abstammen, her-
stammen, descendere (discendere) , originarsi, derivare.
Kramer dict. 2 (1702), 905"; dazu die bemerkung: stammen,
verb. m.ä iL semplice non S di tanto uso come Li verb.
composit. gos*»; stammen, on'W, descendere, originem trahere
oriundus, genus ducere. Frisch 2,317»; ich stamme, ich
habe gestammt, originem traho. Steindach 2, 666; stam-
men mit dem hülfsworte seyn. Adelung, mhd.:
nach im sfn neve ze kUnege wart
dö genomcn, der was ouch der selben art
von keiser Heinrich her mit burt gestammet.
Lohengrin 7623.
l) von peraonen : aus altem geschlechte stammen, aus
hohem adel stammen; {die erde ala mutter gedachi:) wir
stammen alle von der erden, originem omnea a terra
ducimua. Stieler 2119; er stammet vom königlichen
geblüt, regio aanguine natua; regia atirpe ortus. Frisch
2, 817»; von denen stammen ihre jetzigen Wähler... das
sind kolonisirte polnische Soldaten auf den brandstätten
deutscher bauernhültcn: daraus stammen ihre lands-
leute. Bismarck reden 8,147; er stammt aus der freund-
Schaft der herrin. Freytao 8, ai (ahnen l); (AeW Berthar.)
obgleich er von erlauchtem geschlecht stammte. 88; beide
flehen wir zu domselben hohen gott, die enkel zum
ahnen, denn aus dem geschlcchte der göttcr stammen
wir beide. l«o; und stammte er (der freie bat*er) von vier
freien ahnen und sasz auf drei freien hufen, so war
nach altem Sachsonrechto sein rang höher als der einet
rittcrs, in dem unfreies blut war. 18,61 (bilder »,l);
her Schwager, glaube mir, sie (<ln* nuidchen) stammt von dir
allein. Haoedorn 8, 94;
ocb, Evo er nlammet von dir auch,
der von owigkeit ist I und Hon <lio iit4«r)>li<'he Miriam
in der hOUe gebart K ' v»- "■■■Hru 5. 1816);
653 STÄMMENDE
80 trift man hier zu lande,
wohin, wer von Prometheus stammt,
jedweden das geschick verbannt,
noch trefliche Dekannte ! Schiller 1, 256.
auch: aus einem lande stammen, aus einer provinz stam-
men «. s. w. ; doch der keulenwurf bewies , dasz er (der
fremde) aus dem ostlande stammt. Freytag 8,3i{ahneni);
so entlegen wir auch stammen,
kreisend ziehen wir zusammen,
wie das chor von stemenflammen
sich um eine dreht.
GöTHE 13, 234 {maskemug russischer ncMonen).
HUB einer andern zeit stammen, in seinen gedanJcen und
fjefüMen kind einer andern zeit sein:
da scheint sie mir was höh'res zu bedeuten,
und dünkt mir's oft, sie stamm' aus andern zeiten.
Schiller 13, 175 (Jungfrau v. Orl. prol. 2).
2) im erioeiterten gebrauch von gegenständen, einrich-
timgen, sitten, gedanken u. s. w. : alle belege aber, wie es
beinnahe unnöthig zu sagen ist, drücken durch ihren
inhalt lediglich die ansieht des Schriftstellers aus, von
dem sie stammen. J. Grimm vorrede zum d. tvb. xxxviii ;
wenn er dem sänger in der halle lauscht, hört er künde,
die von den göttern stammt. Freytag 17, 210 {bilder l) ;
sie {die phüosophie) zeuget freyheit, tugend, muth ; entflammt
das herz für gott, von dem sie stammt. Gotter 1, 424 ;
der {Wallenstein) führt's kommando nicht wie ein amt,
wie eine gewalt, die vom keiser stammt I
Schiller 12, 27 {Wallensteins lager 6);
woher mag wol das wörtchen hochzeit stammen ?
nur eine kleine pausz I
sezt hohe — zeit zusammen,
so kommt hochzeit heraus. 1, 266 ;
nur freundschaft, die die geister bindet,
ist ewig wie der geist, aus dem sie stammt.
Grabbe 1, 18 Grisebach {GotU. 1, 2).
der dienst von Selinus im westlichen Sicilien stammte
ohne zweifei vom nahen Eryx und war sonach phö-
nikisch. K. v. Müller hellenische stamme 2, i06; der (hof)
stammet noch aus der katholischen zeit vom alten Got-
torpschen bischof Schondeleff. Storm 5, 29; das alte
schlosz und die kapelle, . . . die aus sehr alter zeit stammen.
MOLTKE 6, 104.
3) in älterer spräche stammen in dem sinne 'bei dem
Stamms bleiben, sich vererben, erhalten werden' : er habe aber
vilmehr auf gutte tugenden als auf gros geld und gutt
gesehen; weil jene ewig bleiben, dises hingegen sich bald
verleuret oder zu erhalten vil mich kostet; auch selten
auff den dritten erben stammet. ButschkyM. kanzelley587 ;
drey ballen schnee in warmem weine;
disz wallen, Bibo, ist zwar deine:
nicht weisz ich, wie die zwei beysammen,
auff deine kinder werden stammen. Logau 3,56,97.
4) in transitivem gebrauche:
gott schenkt zu diesem jähr das Stammhaus zu besitzen,
und stammet unsren wünsch, ihn pflantzend wohl und fest.
Schottel 977.
fltiri entsprechend auch als refl.:
fried, treu, gerechtigkeit sol bey uns wohnung bauen, . . .
die wahre gottesfurcht sich stammen tief und fest, ebenda.
STAMMENDE, n. das dickere, den wurzeln benachbarte
ende eines gefällten baumstamfnes : das stammende, pars
arboris detruncatae, quae terrae sive radici proxima fuit,
das dickere theil eines blochs. Frisch 2,316°; stammende
im gegensatz zu dem dümmeren zopfende. Adelung ; niederd.
Stameng* Bauer -Collitz 98*. wenn die stammenden
{der kiefem) der freyen luft, ohne bedeckung ausgesetzet
sind, werden sie spack, und sind von der zeit dem wurm-
frasze ausgesetzet, und dem um sich fressenden olme
(caries) dermassen unterworfen, dasz auch das schönste
holz . . . beym bau nicht angewendet werden kann. Heppe
jagdlust (1784) 3, 396. icol zur Charakterisierung eines groben
menschen ■ drob
ich auch mit ihm jetzt red sehr grob,
als einem gelehrten vom stammende ;
dessen klopf ich in beide bände.
Rost teufelsep. in der Jierl. monatschr.
1805. 13, 40.
in scherzhafter rede .- stammende bezeichnung der ßasche
im gegensatz zum glase, besonders in der Wendung aus
dem stammende trinken , gleich aus der flasche trinken.
im thür. stammende scherzhafte benennung eines unter
setzten mannes : sdamenge Hertel thiir. spracJtsch. 293.
STAMMERBE — ST AMMERUNG
654
STAMMERBE, m. erbe, toelchem die guter des gesehlechtes
zufallen. Adelung; die ganze grafschaft verwandelte sich
in einen Schauplatz der wonne, des jubeis und der feier-
lichkeiten bei der gehurt des jungen stammerben. MusÄus
volksm. 3, 14 Hempel; zur zeit als ich in den kreuzorden
aufgenommen wurde, war mein bruder Wilhelm, der
stammerbe, noch am leben. 4, 54.
STAMMERBE, n. erbe, besitz eines geschlechtes : die viel-
fältige theilung des geschlechts derer von Schnuck hatte
eine bedeutende theilung des stammerbes zur folge ge-
habt. Immermann Münchhausen l, 55.
STAMMERBOCK, m. auf niederdeutschem gebiete vor-
kommende schelte für einen stamnmlnden, stotternden:
stammerbock, stämerbock Frischbier 2, 361°, meklenburg.
stamerbuck korrespondenzbl. des Vereins f. niederd. sprachf.
9, 87^. zu stammern, verb. (s. unten) gehörig.
STAMMEREI,/, eigenschaft des stammems : stammerey,
balbuties. Stieler 2224.
STAMMERIG, adj. zu stammern, verb. (s. «.), stammsind,
.stotternd: stammerich, titubu^. Dief. 586*; stammericht,
balbettante, balbutiente , btdbuzzante etc. it. balbettando,
balbutiendo etc. Kramer dict. 2(1702), 906*. vgl. stamerech,
titubus. lexic. quelle bei Schiller-Lübben 4, 358''; sta-
merig brem. wb. 4, 991; preusz. stämerig Frischbier 2,361".
STAMMERN, verb., dasselbe wie stammeln, ein ur-
sprünglich auf niederdeutschem gebiete heimisches wort,
gebildet zu einem adj. mnd. stamer: die stamere man, of
he misse sprict, he mut sik wol erhalen. Sachsensp. i, 61, 8;
ags. stamur, stamor, stamer Bosworth Toller 910*;
stameren vei stören, balbutire. Biep. gloss. 66^; stameren,
stammeren, titubare. 586*, stammern Comeniüs sprachen-
tliür reg.; stammeren, balbutire. Schottel 1420; stam-
mern, balbutire, balbutinare, offensare in loquendo. Stieler
2224; stammern, tartagliare, balbettare, balbicttare, balbu
tire, balbuzzare, scilinguare, sdlinguettare, trogliare, frasta
gliare, balbostare. Kramer dict. 2 (1702), 905° ; stammerend,
balbettante, balbutiente, balbuzzante etc. balbettando, bal-
butiendo etc. 906*; stammeln oder stammern, impedite
loqui, balbutire. Frisch 2, sn**, doch mit bevorzugung des
ersteren: stamern, stammeln, in der rede stocken, brem.
tvb. 4, 990; stamern Schütze holst, idiot. 4, 186; 8tam«r*n
Bauer -Collitz 98»; stamern, stammern Frischbier
2, 361*. verstich einer Unterscheidung von stammeln und
stammem: 'das kind stammelt worte, ivenn es dieselben
nicht ganz ausspricht, obgleich es nicht stammert, tcelches
letztere einen fehler an den sprachorganen bezeichnet'. Hupel
liefländ. idiot. 226. thür. sdamern Hertel thür. sprachseh.
233. vgl. engl, to stammer.
de drank maket to männiger stund
bSslik spräken in den mund,
stameren an der spraken. laiendoctrinal 182.
so sollen die kirchendiener den taufT für recht halten,
ob er gleich mit völligen und gantzen Worten, von einem
der da stammert, und sonst unberedt ist, geübt wirdt,
denn unsere gebrechligkeit , und miszbreuche heben die
nützligkeit desz taufTs nicht auff. Erasmus Sarcerius
hirtenbuch (1566) 165; er stammert mit der zunge, os
blaestim Uli debilisque linguu est. Stieler 2224; nicht
vermögend, ein überlegtes wort ohne stammern in Ord-
nung herauszubringen, avantur. \,\9i; 'ich?' stammerte
der alraun, 'ist das eine dumme frage'. Arnim 1,58;
so hab ich manchesmal gehört,
französ'sch zwey deutsche narren stammem.
Wernike versuche 113.
vom murmelnden rauschen einer quelle, eines baches: Rose-
mund nahm ändlich di laute, damit si ihren lihblichen
klang mit däm stamrenden gemürmel und lihblichem ge-
räusche das Wassers vermählete. Zeskn adriat. Rose-
mund 62 neudr.; dahrinnen si . . . durch das stamrendc
geräusche eines fohrbei-flühssenden bächleins, höhchster
mahssen erlustiget warden. 121.
STAMMERER, m. einer der sta/mmert: stamerer, iitu-
bator. DiEF. gloss. 586*; stammerer, balbus, bamhalio.
Stieler 2224. vgl. preusz. stamerer. Frischbier 2,361*.
STAMMERHAI.TER, m., dasselbe wie unten Stammhalter,
columen familiae. Stieler 745; stammerhalter, conserva-
tore, mantenitoie deUa stirpe. Kramer dict. 2 (1702), 905''.
STAMMERUNG, f. : stammerung, balbuties. Stieler 2224.
655
STAMMESART— STAMMESERBE
STAMMESFREUND— STAMMESRECHT 656
STAMMESART, /. eigenthümliche art eines atammes
(entsprechend stamm II, 3, ci): wir waren beide junge
trotzige dichter; begierig nach dem umgange mit meistern,
jeder schon von einem kreise liebender, viel strebender
freunde umgeben, hefteten wir die blicke nicht lange auf
einander und die fremde stammesart war jedem am
andern fühlbar. Schwab biogr. einleit. zu W. Müllers
gedickten (1868) XXIX.
STAMMESBEGABUNG,/, eine besondere natürliche geistes-
anläge eines volkstammes.
STAMMESBEWUSZTSEIN, n. bewtisztsein der Zugehörig-
keit zu einem bestimmten volkstamme, das beuntaztsein der
besonderen art des eigenen Stammes: das recht dieses leben-
digen {des norddeutschen und süddeutschen gegensatzes),
seine erfrischende Wirkung auf die nationallitteratur, die
in allzu weit getriebener ccntralisation zu erstarren ge-
fahr läuft, hatte ich hervorgehoben. Heyse biogr. einl. zu
H. Kurz ges. werke l *. x. als politisches schlugicort um
die mitte des 19. jahrh., vgl. Laden dork schlagicörter 301:
mit diesem, damals so vielfach angerufenen 'stammes-
bewusztsein' ist es nun freilich ein eignes ding, wo gibt
es noch in Deutschland einen 'stamm', der unvermischt
und unzerrissen mit seiner 'stammeseigenthümlichkeit'
und seinem 'stammesbewusztsein' genau die politischen
grenzen eines Staates ausfülle? nirgends! Jahrbücher für
urissensch. u. kunst 1 (1854), 169. vgl. auch stammeseigen-
thümlichkeit und Stammesgefühl.
STAMMESBEZIEHUNG, /. : der könig von Preuszen sei
ein nachbar des königs von Baiern, und bei der Ver-
schiedenheit der Stammesbeziehungen werde die kritik
über die concessionen, welche Baiern mache und gemacht
habe, schärferund für die rivalitäten der deutschen stamme
empfindlicher werden. Bismarck ged. u. erinn. 2, 118.
STAMMESBRÜDER, m. ein angehöriger des gleichen
volkstammes (vgl. unten Stammesgenosse): ich betrachte
es als gewinn, mit einem Stammesbruder aus anderer
Staatsform und von jüngerem lebensalter auf du und du
zu sein. Keller 3, 244.
STAMMESDENKART,/, die eigenthümliche denkart eines
Stammes: es ist sonderbar, so alte in der lebens- und
Stammesdenkart von uns ganz verschiedne Völker nach
unsem begriffen des eigenthums rechtfertigen ... zu wollen.
Heruer 12, 128 Suphan.
STAMMESEIFERSÜCHT, /. eifersucht eines Stammes
gegenüber dem andern: ein mit so verschwindender mehr-
heit erkämpfter sieg . . . enthielt den beweis , dasz der
erwachte einheitsdrang im volke bei weitem noch nicht
stark genug sei, um den ererbten fluch der stammes-
eifersucht ... zu überwinden. Flathe in Grotes allgem.
icdtgesch. 11, 592.
STAMMESEIGENTHÜMLICHKEIT,/.: die am meisten
ausgeprägten stammeseigenthümlichkeiten , die nieder-
deutsche, plattdeutsche, sächsische sind durch dynastische
einflUsse schärfer und tiefer als die übrigen stamme ge-
schieden. Bismarck ged. u. erinn. 1,291. als politisches
Schlagwort um die mitte des 19. jahrh. vgl. Ladendori'
achlagvDÖrter s. 301. s. den beleg unter stammesbewuszt-
sein. vgl. Stammesgefühl, Stammesunterschied u. s. u\
STAMMESEHRE, /. ehrbegriff eines volkstammes: die
heirath mit einer Kananiterin werde als eine Verletzung
der stammesehrc angesehen. Heruer 11,432 Suphan; und
sie streiten für diese (die poetischen testamente ihrer vor-
fahren) als für ihr heiligstes eigenthum, als für ihre
gottes- und stammesehre. 12, 129; ihm wird auch die
kröne des geschlechts, die stammesehre der erstgeburt
▼om haupt genommen. 180;
wer hoch sein baupt über wölken bat,
soll haben tuKond und stammoeohr',
vemunR zur nOIf und gesittung zur wehr.
ROCKRRT Firdoti 8, 181.
STAMMESERBE, m. erbe de« liegenden familiengutea,
Stammhalter der famüie: (die naehricht.) das gott . . . unsere
freundliche übe muhmo mit einem jungen söhne und
stamserben begnadiget Butsciiky hd. kämet ley 61T, gar
mancher vermOgliche bauer jammert vergebens nach
einem sUmmeserben. LKOi'nKciiTiNO aus d. Leehram U6.
STAMllESERBE, n. das einer familie, einem voUcstamme
mkommmdt, migthOrend« erb«: Judas stammescrbe.
STAMMESFREÜND, m. . also von alten Zeiten an zeich-
nete sich der schmuck ihrer (der griechischen fürsten)
palläste durch kostbarkeiten ihrer Stammes- und helden-
freunde aus. Herder ideen zur philos. der gesch. der
menschheit 513 Kühnemann.
STAMMESFREUNDSCHAFT, /. freundschaftsverhältnis
zxcischen zwei volkstämmen : zuweilen wird den Wanderern
von anderen Völkern der durchzug gestattet, ja sogar
lebensunterhalt geliefert, zumal wenn alte stammesfreund-
schaft besteht. Freytag 17, lil (bilder i).
STAMMESFÜHRER, m. : es (das deutsche chtistenthum)
kann nicht blosz aus dem Wechsel von wärme und kälte,
sommer und winter, aus alten pflanzen und vergröszerten
Stammesführern bestehen. Naumann-6ucä 99.
STAMMESFÜRST, m. : wahrscheinlich liesz Moses den
ort (den brunnen) durch die stäbe der stammesfürsteu
bezeichnen, damit kein zauberstab dazu käme. Herder
12, 158 Supha7i.
STAMMESGEFÜHL, n. das gefühl der zugeliörigkeit zu
einem volkstamm^: der rath der häuptlinge, die Volks-
versammlung und die gemeinsamen heiligtbümer erhielten
nächst dem Stammesgefühl die einheit des Volkes. Frey-
TAO 17,76; von keinem religiösen motiv geleitet, sondern
vom national- und Stammesgefühl. Smend alttestamentl.
religionsgesch. 147. als politisches Schlagwort um 1850,
vgl. Laden DORF schlagicörter 301: er (der dichter Meyer)
ist ein Altbayer, wird sich auf das 'stammesgefühl' be-
rufen. Dingelstedt an Hebbel am 12. febr. 1852; das
Stammesgefühl könnte sich allerdings gegen sie erheben,
wenn herr Meyer reüssierte. Hebbels antwort vom
16. fehr. 1852 (briefe 4, 355). vgl. auch stammesbewusztsein,
stammeseigenthümlichkeit u. s. w.
STAMMESGENOSSE, m. der demselben volkstamme an
gehört, s. auch unten stammgenosse: (verpflichtet,) das
blut jedes stammesgenossen zu rächen, wo sich nur die
gelegenheit dazu bietet. Smend alttestamentl. religions-
gesch.^ 25.
STAMMESGENOSSIN,/, zum vorigen: sie schienen ihm
mehr südliche grazie in ihren bewegungen zu haben als
ihre übrigen Stammsgenossinnen. H. Kurz 2,123.
STAMMESGENOSSENSCHAFT, /. Zugehörigkeit zu dem
gleiclien volkstamme.
STAMMESGESCHICHTE, /. : mich sollte es freuen, wenn
ich ihnen einige ihrer zweifei gegen die stammesgeschichtc
dieses volks entnommen. Herder li, 422 Suphan.
STAMMESGLIEDERUNG, /. die gliederung eines volk
Stammes in sich.
STAMMESGOTT, m. der von einem volkstamm verelirte
gott: dies starke gemeingefühl, das die glieder des Stammes
verbindet, führt nun aber auch zum glauben an einen
besonderen stammesgott. Smend alttestamentl. religions-
gesch.^ 25. s. auch unten stammgott.
STAMMESGOTTHEIT,/, vgl. das vorige: die gemein-
Schaft, die hier stamm und Stammesgottheit verbindet.
Sm en d alttestamentl. religionsgesch.* 98. s. u. Stammgottheit.
STAMMESHAUPT, n. fürst u.s.ic. tcelchei- über einen
volkstamm herrscht.
STAMMESHELD, m. : der sänger griff in die saiten und
sang sein lied von dem stammcshelden, der den mensohen-
fressenden nichus im ringkanipfo tötete, oder den schätze-
hütenden drachen erschlug. Fkeytag 17, 84 (bilder i).
STAMMESHERZOG, «i.. sobald diese politik aber das
reich in die schlimmsten Verwicklungen gebracht hatte
und der kämpf im hause des königs selbst ausgebrochen
war, hatten sich auch die nachkommen der früheren
Stammesherzoge von neuem geregt. Gikseureciit l^ 436.
STAMMESKUNDE, /. l) künde, wdche in einetn stamm«
von gesdUecht tu geschlecht fortgej^flanst wird.
8) kenninis, todehe von der geschieht« eines stammst bS'
steht; germanische stammcskundo auch tks kunds, henntnisi
von der art, Wanderung und siedelting ^erm«tHMA«r «MfnuM. 1
STAMMESLITTERATUR. /.. zu" gleicher «elt, als ein|
mächtiger fürst auf die wicdorluTstellung einer Tolkl»;
und stanimcsliteratur bedaolii war. Götiik 6, SS.
STAMMESNAME, m. ; Levi wurde wieder gesohleoht
und slammcsnamc. Smenu alttestamentl. religümsgstek. Ti^l
STAMMfiSRECHT , n. l) das einem voUcstamm«
tkümliek« privat- und strofrscht: die mehrzahl desselt
657 STAMMESREIHE — STAMMESVETTER
STAMMESVORURTHEIL— STAMMFRAU 658
{des Gotenvolkes) mit dem könige erhielt Wohnsitze in
Thrakien als föderierte, d. h. sie behielten stammesrecht
und Selbstverwaltung. Pflugk-Harttung in Grotes
alldem, iceltgesch. 4, 172.
2) ein einer familie zustehendes Vorrecht:
das ist sein stammesrecht, dasz er im heergefecht
den schah vertrete, dem verwandt ist sein geschlecht.
RÜCKERT (1882) 12, 203.
STAMMESREIHE, /. stammbaumreihe ; geschlechterreüie
des stummes, der familie:
wann die warheit sonst nur wolle , künte Pseudo sie wol
freyen ;
weil sie jhm ist zugesippet gar mit keinen stammesreyen.
LoGAU 3, G, 59.
STAMMESRELIGION, /. religion eines Stammes : die
Stammesreligion der alten Araber. Smend alttestamentl.
religionsgesch.^ 25.
STAMMESSAGE, /., s. unten stammsage: stammessage,
gesetz, poesie. Herder 11, 422 Stephan.
STAMMESSCHEIDE, /. zugehen zicei volksstämm^n be-
findliche grenzscheide : {der Eennstieg,) vor zeiten der grenz-
weg zwischen Thüringen und Franken, bildete noch immer
eine scharfe stammesscheide. Treitschke 2, 397.
STAMMESSER, m. Speisekarte für Stammgäste, *. d.
STAMMESSITZ, m. wohnsitz eines stummes.
STAMMESSPRACHE, /.. entsprechend stamm II, 3, d:
kann ein gröszerer beweis seyn, als dieser? die bildung
einer ganzen reihe von Stammessprachen nach bildern,
wurzeln und in solcher denkart. Herder 11,443 Siiphaii.
STAMMESSYMPATHIE, /. Sympathie mit dem eigenen
statnm. als politisches schlagicort um die mitte des 19. jahrh.,
icie oben stammesbewusztsein, stammesgefühl u. s. tv. .- was
sind nicht allein die Stammessympathien für eine pein
für uns! Laube 1,216 Houben.
STAMMESTROTZ, m., entsprechend stamm II, 3, rf; in
Bayern war das stammesbewusztsein und der stammes-
trotz doch nicht stark genug. Pflugk-Harttung in
Grotes allgem. iceltgesch. 5, 41.
STAMMESUNTERSCHIED, m. politisches schlagicort um
die mitte des 19. Jahrh.. tvie tmten stammesverschieden-
heit: wo der sieg eingekehrt ist, daist die empfindlichkeit
für unbequeme historische erinnerungen, für unbequeme
crwähnung der Stammesunterschiede und stammeseigen-
schaften verschwunden. Laube 4,8 Houben.
STAMMESURKUNDE, /. Urkunde, Zeugnis aus der ver
gangenheit eines Stammes {vgl. stamm II, 3, c. d) : lassen
sie sich hier blosz ein pergament von stammesurkunde
vorlegen. Herder bei Campe.
STAMMESVERBINDÜNG, /..- in gröszeren stammes-
verbindungen treten die deutschen Völker meist unter
neuen namen auf. Giesebrecut detttschekaisei-zeit^ l,Si.
STAMMESVERSCHIEDENHEIT,/, als politisches Schlag-
wort um die mitte des 19. jahrh. , vgl. oben stammes-
bewusztsein, stammeseigenthümlichkeit, stammesgefühl,
Stammesunterschied: dabei zeigte sich denn auch, dasz
meine Voraussetzung, {prinz) Friedrich {das drama) sei
über den particularsinn der Stammesverschiedenheiten
hinausgewachsen, eine ganz richtige gewesen, er ist in
den verschiedenartigsten orten, wie Hamburg, wie Mainz,
wo keinerlei preuszische Vorliebe zu hause, willkommen
C'heiszen und eingebürgert worden. Laube 3, 154 Houben.
STAMMESVERWANDTE, m., icelcher vertcandtschaftliche
heziehungen zu einem stamme hat; icelcher zu dem gleichen
.stamme gehört. Campe: zwei hunde, die . . . sehr bösartige
thiere waren und sich von ihren stammesverwandten,
den Wölfen, nicht allzusehr unterschieden. Hassert reise
durch Montenegro 31. vgl. auch unten stammverwandt.
STAMMESVERWANDTSCHAFT, /. {vgl. das vorige) Zu-
gehörigkeit zu dem gleichen stamme: wir erinnerten uns
bei beobachtung dieser thatsache daran, dasz ... man
schon oft auf eine Stammesverwandtschaft zwischen ihnen
{den Wahuma) und den Gallavölkern hingewiesen hat.
Götzen durch Afrika 89.
STAMMESVETTER, m.: abgefundene töchter . ., welche
. . . nach erlöschung des mannsstammes ihrer linie durch
Kie entfernten stammsvettem von der erbschaft zwar aus-
Bschlossen worden sind, . . . Campe unter abfinden, in
er heidigen presse die Engländer mit Vorliebe die stammes-
eitern der Deutschen genannt.
X. a.
1
STAMMESVORURTHEIL, n. vorurtheü, durch die be-
sonderen Interessen des stammes {vgl. stamm II, 3, c. rf)
bedingt.
STAMMESWAFFE, /. die einem volkstamm eigenthüm-
liche waffenart: gerade die eigenthümlichen stammes-
Waffen werden nicht genannt, — begreiflich nicht die
auffällige wurfkeule der Goten, — aber auch nicht das
messer der Niederdeutschen, nicht die kurzgriffige doppel-
axt der Istävonen, altnationale waffen. Freytag 17,31.
STAMMESZUGEHÖRIGKEIT, /., entsprechend stamm
II, 3, d : ein volk fremd nach Stammeszugehörigkeit und
religion, ein volk mit anderen sitten und anderer denkungs-
art. Hassert reise durch Montenegro 1.
STAMMET, STAMET, m. eine art grobes zeug, bald von
wolle, bald leinen, wort und sache kajnen aus Italien zu
uns: ital. stametto; franz. estamet, etamet, vgl. mittel-
lat. stameta: item pro pannis conductis in Savona den.
4 pro singula libra , exclusis stametis pro quibus sol-
vuntur den. 6 pro singula libra. quelle von 1536 bei Du
Cange 7, 579"; stammet telae sive panni tenuioris genus.
Kilian; stamet, vestis subtilibus filis laneis texta. ebenda;
stameth, ein art kleiner leine wand, stametto. Kramer dict.
(1693) 1136" ; stammet, geköpertes, dickes und starkes wollen-
zeug. Schmid Schwab, wb. 506; stamet {neben stament) im,
17. jahrh. in Steiermark name eines mittelfeinen tucJies.
Unger-Khull 569*; stamet, art leinwand. Gangler 429;
wie Martin Scheller, ain kauffman zu Ulm, anfieng und
lies täch machen, die man haist stameti, wie man sie zu
Rom macht, d. städtechron. 25, 24, 2; anno dni. 1514 da was
ain kauffman zu Ulm, der hies Martin Scheller, der bracht
Walchen heraus von Rom und lies sie zu Ulm tüch machen
auff die welsch art, wie man sie zu Rom macht, die man
haist stammetti. 7 ; zu seinen hosen wurden auszgenommen
elfThundert füniT ballen und ein drittheil weissen stammet.
Garg. 173 neudr. ; die männer hatten zu stümpffen stam-
met, oder sarge, oder Scharlach 451; stamet und carisei
in einer taxordn. v. 1632 bei Bauer-Collitz 152;
das panier war von lauter flecken : . . .
von sammet, seiden und dafant,
von schamlot und wüllem gewand,
lündisch, libisch, mechlisch, stammet.
H. Sachs 21, 181, 8 Keller-Götze.
STAMMETTUCH, n.. gleich dem vorigen : für 5 ein l firtel
schwarcz stamettuch a 15 {t. Tucher haushcdtungsb. 63;
item adi 8 ottobris dem Obermair gewontschneider beczalt
für 3 firtel rott stamett tuch mir czu einem hembd untter
das wammesg . . . l H 15 ^. 126.
STAMM FAUL, adj. im stamme faul, verfault. Campe;
stammfaule eichen ebenda.
STAMMFEST, adj. fest wie ein {bäum-) stamm {in der
erde steht): 'o geliebte', gegenredete Krokus, 'lass't diesen
traurigen gedanken schwinden! was kann eurem (lebens-)
bäume für ein Unglück drohen? steht er nicht stamm-
und wurzelfest? seht seine gesunden äste, wie sie, mit
laub und fruchten belastet, sich ausbreiten'. MusÄus
volksm. 4, 77 Hempel. (t?« gegensatz zu den ästen und
zweigen:) vom Orient bis Rom wars stamm; jetzt gingen
aus dem stamme äste und zweige; keiner an sich stamm-
vest, aber ausgebreiteter, luftiger, höher. Herder 5, 528
Suphan; dann fürchte nichts für dein Deutschland; es
gleicht seinem münster-thurme, welcher vielfach durch-
brochen und zartzweigig, doch stammfest vor den zeiten
steht. J. Paul 48,265 {herbstblumine 3).
STAMMFOLGE, /. geschlechtsfolge. Campe.
STAMMFORDERUNG, /. .• sind inhaberpapiere ... auf
den namen des mündeis umschrieben oder in buchfor-
derungen umgewandelt, so bedarf der vormund auch zur
eingehung der Verpflichtung zu einer Verfügung über die
sich aus der . . . Umwandlung ergebenden stammforde-
rungen der genehmigung des vormundschaftsgcrichts.
bürgert, gesetzb. § 1820.
STAMMFORM,/, die besondere form eines baumstatnmes :
je nach ihrem Standorte ändert die edelkastanie den
physiognomischen ausdruck ihrer Stammform und he-
astung. Berlepsch aljien 112. in der Sprachwissenschaft
Stammform die tiicht ßectierte form eines wortes.
STAMMFRAU,/, frau, von icelcher ein geschlecht ab-
stammt, tcol vornehmer als stammmutter {s. u.) : ob zwar die
cimbrischen fürsten sich rühmten, dasz ihres geschlechtes
42
659 STAMMFRRMDE — STAMMGEI.ÜBDE
STAMMGENEALOGIE — STAMMGUT 660
erste stammfrau von einem baren geschwängert worden
wäre. Lohenstein Xrtmn. 1, 673*".
STAMMFREMDE, m.
STAMMFREUND, m. 'ein angestammter freund, ein Huts-
freund! . quelle bei Campe.
STAMM FRÜHSTÜCK, n. frühstüch. frühstückskarte für
Stammgäste (vgl. dort), s. auch oben stamm II, 4, ä.
STAMMFÜRST, m., vgl. auch oben stammesfürst: sie
(die Juden) regierten sich nach nomadischer art fort, der
hausvater die familie, der stammfürst die stamme, und
machten auf diese art einen staat im staat aus. Schil-
ler 9, 102.
STAMMFUSZPUNKT, «i. ; im forsttoesen einen bäum am
stammfuszpunkt messen, ihn messen, wo der stamm in
die tourzel übergeht, gegensatz ist der stammgipfelpunkt.
STAMMGAST,«!, regelmdsziger besuchereines loirtshauses,
der gleichsam zu dem stamm der gaste (s. oben stamm II, 4, a)
gehört: die wackern kämpen für licht und Wahrheit . . .
gehen unterdessen im vaterlande sehr sicher umher . . .
als Stammgäste eines klubs, wo sie sich des abends
patriotisch erquicken am rebensafte des vater Rhein und
an meerumschlungenen schleswig-holsteinschen austern.
Heine 2,352 J??5/er; (ein virtuos als stadtmusikus.) der in
seinem kaffeehause den Stammgästen erzählt und auf
seine ehre versichert, wie man ihm einst blumenbouketts
mit den schönsten kamelias zugeschleudert. 6,448; sie
(die Wirtin) ist auch eine herablassende frau, wenigstens
gegen ihre Stammgäste und deren angehörige. Ludwig2,41;
der pater kapuziner witterte den kuchen . . . und ward
nun ein Stammgast in Kullmanns hause. W. H. Riehl ^re-
schicht^n 1,60; sie (die wirtin) gestand nur ihren Stamm-
gästen das recht zu, sie zu trösten und ihr zu raten.
Anzengruber^ 4, 93 ; auch : auch die dorfleute — ein alter
mann von Stäfa, der allwöchentlich seine Spanferkel in
Zürich zu markte brachte, der honighändler, die fischer
und ein paar hühner- und eierweiber — waren Stammgäste
des geräumigen botes. C. F. Meyer Jürg Jenatsch 84.
STAMMGEBÄUDE, n. der älteste kern eines späterhin
ericeiterten gebäudes: das stammgebäude schon ist ein
haus wie ein schlosz, aber nun sind noch, in ähnlicher
form, häuser hinzugebaut worden, so dasz die vordere
fa^adc 63 fenster hat. H. v. Kleist 5, 120, 25 Schmidt.
STAMMGEBILDE, n..- es (jedes volk) hat seine national-
bildung, wie seine spräche; zwar hat der himmelsstrich
über alle bald ein gepräge, bald nur einen linden schleier
gebreitet, der aber das ursprüngliche stammgebilde der
nation nicht zerstöret. Herder ideen zur philosophie der
geschickte der menschlieit 245, 24 Kühnemann.
STAMMGEBLÜT, n. geblüt eines geschlechts:
in der tugend frauenzimmer, da ists gut die braute wehlen,
da kan etwa nicht die dritte, da kan nimmer keine fehlen.
die zuniahl sich so gewaschen durch viel tapffres etamm-
geblUte,
dasz die weit, der grosse zeuge, Selbsten zeugt von jlirer gute.
LooAu 3, 85, 48.
STAMMGEFÜHL, n. wol gefühlsausdruck eines (volk-)
Stammes: was in dem Hede von den Burgunden düster
gefilrbtes stammgefühl ist. Augsb. allg. zeit. 1871, *. 569''.
anders oben Stammesgefühl.
STAMMGEIST, m. geist eines (volk)stamme9 : (das dritte
buch,) das indessen auch diejenigen Staatseinrichtungen
und solche Verfassungen der Dorier nicht übergeht, in
denen von jenem politischen stammgeiste eben nichts
oder wenig sichtbar ist. K. 0. Müller geschichten hellen,
stumme 2, xii.
STAMMGELD, n. 1) eine denförstem zu zahlende gebühr
für die anuxisung im ganzen verkaufter stamme. Jacors-
8ON 7,424''. Adeluno; man so! geben den furstern zu
Rtamgelt von ydem wagen holz, das man verbOwen wil,
« heller, miltenb. stadlb. 22'» bei Lexkr 2, 1188. an die herr-
»rhaft zu zahlende gebühr für die erlaubnia. einen alten
waldbaum hauen zu dürfen. UnoehKiiuli. 669*.
«) bezeiehnung det au»gdiehenen capitata (vgl. stamm
H, 4, d, «p. M8) im gegensaiz tu den tinten: stammgeld
M soTiel alt das capJUl, das seine Zinsen trägt, »or».
FniSCH t, 817*.
STAMMOKLOBDE, fi.; stammgelUbd, voto gentiliOo.
KnAMRn diet. I (17M), »06^
STAMMGENEALOGIE,/, genealogie eines (volk)sfammes :
sie (Artemis) ist hier (in Arkadien) nationalgottheit, die . . .
als Kallisto selbst den stammgenealogieen eingetragen und
tochter des Lykaon . . . genannt wurde. K. 0. Möller
geschichten hellen, stamme 2, 372.
STAMMGENOSSE, m., welcher zu demselben volkstamme
gehört, a. auch oben Stammesgenosse: stammgenoss Campe;
seit der zeit, da sie (die stadt Sgrakus) von deinem stamm-
genossen Archias zum zweyten mahle gegründet wurde,
macht ein rastloses hin- und herschaukeln von Oligarchie
zu demokratie, und von demokratie zur herrschaft eines
einzigen, den summarischen Inhalt ihrer geschichte aus.
Wieland 33, 355 (Aristipps briefei); dargestellt sind (in
diesen gedickten der Araber): festeste anhänglichkeit an
stammgenossen, ebrbegierde, tapferkeit, unversöhnbare
rachelust . . . sämmtlich gränzenlos. Göthe6,10; für einen
mann, der . . . unter lauter Teutomanen lebt, die ihn nur
als einen nützlichen verbündeten, jedoch keineswegs als
einen reinen stammgenossen betrachten. Heine 4, Sil
Elster; von den neunzehn zuvor aufgezählten liedern sind
dem rühme der Amelungen, Dietrichs von Bern und
seiner stammgenossen zumeist die vierzehn erstgenannten
gewidmet. Umland *c7tri/ifen l, 32; sie waren die einge-
bornen, die 'thiuda', das volk, ihre spräche im gegen-
satz zu jeder fremden die thiudisca, volksprache, das
land ihr heim, sie erkannten einander sämmtlich als
stammgenossen, welche in vielen mundarten dieselbe
spräche redeten. Freytag 17,38 (bilder \);
denn — tretet näher her, 0 meine stammgenossen I
an meine lippen sei gefesselt euer ohrl
Freiugrath« 1,9G.
STAMMGENOSSENSCHAFT,/., vgl. das vorige : gesellig
lebten schon die alten heidengötter , in groszer stamm-
genossenschaft schwebten äsen, riesen, kleine geister ver-
bunden, gemeinsam ist das Schicksal, welches sie alle
trifft. Freytag 17, 15 (bilder l).
STAMMGESCHICHTE , /. geschichte des (volk)stammes,
der familie .- so sehr man auch eingesehen, dasz die ge-
schichte der hellenischen Verfassungen, derkunst, Wissen-
schaft, spräche, in der stammgeschichte ihre gemein-
schaftliche Wurzel und begründung habe. K.O.Müller
geschichten hellen, stämtne 2,372;
gib erst mir deine eigne stammgeschichte,
sodann will ich dir meine abkunft nennen.
RücKKRT ged. l, 161.
STAMMGESTIFT, STAMMGESTIFTE, n.: sUmmgestiffte,
fondatione gentilitia. Kram er dict. 2 (1702), gos"».
STAMMGESTÜT, n. das zur hebung der Pferdezucht ein-
gerichtete haupt- oder landesgestüt.
STAMMGIPFELPUNKT, m. in der förster.tprache der
messpu7ikt eines Stammes naJie den ästen des baumes. vgl.
oben stammfuszpunkt.
STAMMGLIED, n. glied (mitglied) eines Stammes, einer
familie, eines geschlechtes, eines Volkes : ein stammglied
wird verletzt, sogleich regt sich die masse unaufgoforderi,
räche zu nehmen am beleidiger. Götheg, 26.
STAMMGOTT, m. der von einem volkstamm besonders
verehrte gott. s. auch oben stammosgott: Lykaon, einer
der alten stammgöttcr, die über Arkadien geherrscht.
K. 0. Müller geschichten hellen, stamme 1,157; (detn dienst
des Apollo,) und zwar jetzt nicht mehr als eines dorisch-
kretischen Stammgottes, sondern im weiteren sinne als
hellenischer nationalgottheit. 2, 264. a. auch 216.
STAMMGOTTHEIT, /.. vgl. das vorige, a. auch oben
stammosgottheit.
STAMMGUT, n. erbgut einer familie, tcelchea nicht ver-
äuszert werden darf: stamgüter, bona avita Couvini'S 84*;
stammgut, fidei commissum, feudum avitum, feudum gen-
tilitium, ex linea patema acquisitum , welches boy dem
stamm bleyben musz, non ex matertta. Frisch 8, 817* ;
ist der lohenmann unndt hOfer gemahnet auff den oydt
und huld, dass sie unnss weyss machen, wan stamb-
guter zwischen gesohwestern oder onckelen gethcilt wur-
den, unnd wiedorumb zusammen kämen, wie man dass
halten solle, treisth. von Flo.isbach 1607. (J. GniMM tm»M.
8,408); die nächsten acht tage, sagte or, bleiben wir in
diesem freudenthnle boysammon — dann schwinge ich
mich mit Clarrn . . . auf das erfrischende hochgebürg
661
STAMMHAAR— STAMMHALTER
STAMMHALTIG — STAMMHAUS
662
meines stammguts. mein ahnherr, der diese romantische
bürg erbaut und mit unserm geschlechtsnamen beehrt
hat,... ThCmmel reise s, 351; in einem zwar unansehn-
lichen kleinen dörfchen, das aber . . . das stammguth eines
zu seiner zeit berühmten Schriftstellers war, und auch
seinen namen führt, Montesquieu. 10,128; die kaiser werden
doch ihre nächsten blutsfreunde, die jungem söhne, welche
bei der theilung der stammgüter knapp ausgingen, vor
allem in die eroberten lande gesetzt haben. Alexis Ise-
grimm329; unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vor-
schriften über familienßdeikommisse und lehen . . . sowie
über stammgüter. einfiihrxmgsges. z. bilrgerl. gesetzb. % 59;
was auf mich,
das wenige, von unsrem stammgut kam,
veräuszert ward es und zu pfand gesetzt,
um die apulsche heerfahrt zu bestreiten.
Umland ged. (1864) 189.
STAMMHAAR, n. dickes, grobes, garstiges haar; als be-
Zeichnung einer groben, garstigen looUe, vxlche sich schlecht
verarbeiten läszt. Jacobsson 4,251'; vgl. auch unten stamm-
locke, stammwolle.
STAMMHAARIG, adj. zu dem vorigen-, de wullen to
besehinde alse mit namen swetich, stamharich, filt unde
schorf. gött. urk. von 1432 bei Schiller -LObben 6,270»;
stammharige wolle. Campe.
STAMMHAFT, adj. l) i«e ein stamm beschaffen, icie
ein stamm stark und dick, ähnlich der bedeutung von
unten stämmig: stammhaft, robustus, validus, lacertosus,
corpulentus, habitior. Stieler 2119; siammhaÜ, artnostts,
robustus. Steinbach 2,666; stammhaft, truncum crassiim
habens (figürlich vom menschlichem leib, artuosus, robu-
sttis, procero corpore). Frisch 2,316"; stammhaft Adelung.
die stammhafte dorische säule. ebenda, mit bezug auf den
menschlichen körper: ein stammhafter kerl, homo robustus.
Stein BACH 2, 666; ein stammhafter mensch Campe; in
dem pflanzte sich, zu meinem glücke, ein stammhafter
miethkutscher vor uns hin, der mein wahres bedürfnisz
ungleich besser zu errathen schien als jener. ThOm-
mel 1, 252; die stammhafte leibesbeschaffenheit der alten,
Adelung; diese art gedichte, die wir seit jähren Volks-
lieder zu nennen pflegen, ...weil sie so etwas stäm-
miges , tüchtiges in sich haben und begreifen , dasz der
kern- und stammhafte theil der nationen dergleichen
dinge faszt, behält, sich zueignet and mitunter fortpflanzt.
Göthe 33, 202;
es ist ja stammhaft volk, es würde sich ja schämen,
wenn es die nacht nicht schläft, deswegen abzunehmen.
J. E. ScH ^ JEL 3, 530.
(eine doppelte gattung des lächerlichen :) die eine ist die
stammhafte und, so zu reden, am meisten handgreifliche,
weil sie in ein lautes gelächter ausbricht; die andere ist
feiner und bescheidener. Lessing 4, 136.
2) zum stamm gehörig: in der sprach tcissenschaß stamm-
hafte demente, vnirzel und wortbildungsstifßx.
STAMMHAFTIGKEIT,/. zu dem vorigen gebildet .• stamm-
haftigkeit Adelung; seine (des fürstensoknes) bÜTgerliche
stammhaftigkeit übernehme meine vertheidigung in dem
Zirkel seiner Innung, in den schlossern de^ grossen, die
sich zu vornehm dünken, der natur und der einbil-
dungskraft etwas schuldig zu werden. ThOmmei. reise
4,339; und der brave Stammvater setzte sich hin und
fertigte sein ewiges kanzelleyschreiben an alle die glück-
lichen aus, die durch ihn und seinen erbprinzen, für
dessen stammhaftigkeit er selbst patriotisch gesorgt hatte,
in der folge der zeit zu der ehre gelangen würden, ihr
Vaterland zu beherrschen. 380.
STAMMHAHN, m. eigentlich 'hahn, welcfter einen stamm
hühner regiert', s. oben stamm H, 4, b. im folgenden das für
eine familie charakteristische thier. wappenthier u. s. w.:
doch da krähte der schwarze Alektryo, der grosse stamm-
hahn ihres mannes, der über ihr auf einem mauerrande
sasz, in demselben augenblicke so hell und scharf. Bren-
tano 5, 21 ; kaum graute der tag, als Alektryo, der edle
Stammhahn, sich selbst ermunternd mit den flügeln in
die Seite schlug. 25. *. auch unten stammhuhn.
STAMMHALTER, m. ältester spröszling eines geschlechtes,
von dem die fortpflanzung des geschlechtes ericartet xcird;
selten dafür oben stammerhalter: Stammhalter, columen
et ultimus familiae, sive etiam stirpis pnmarius, gene-
archa. Stieler 741; Stammhalter, conservatore, manteni-
tore della stirpe. Kramer dict. 2 (1702), 905''; Stammhalter,
familiae columen, der das geschlecht wieder erbauen und
vermehren kan. Frisch 2, 317'»; Stammhalter Adelung.
du warst mein schildhalter und handreicher und bleibst
mein Stammhalter und nachfolger auf dem throne der
landstreicher. RCckert 11 (1882), 546; sah sich gleich der
graf in seinen wünschen nach einem männlichen Stamm-
halter fortwährend getäuscht, so wendete sich dafür eine
um so gröszere, eine ungetheilte liebe auf das theure,
einzige kind. Grillparzer* ii, 232; schon habe ich die
dritte frau und noch hat mir keine ein mädchen, ge-
schweige denn einen söhn und Stammhalter geschenkt.
Keller 5, 77. vgl. -. der alte Westfale war nämlich der
Stammhalter und die schluszvignette und das hogartische
Schwanzstück seines ganzen historischen bildersaals.
J. Paul l, 22 {unsichtbare löge l).
STAMMHALTIG, adj. den stamm enthaltend : ein frommer
wünsch war' es, ein bloszes Wörterbuch aller seit einigen
Jahrhunderten ergraueten Wörter zu bekommen, von
welchem wir keine ähnlichen stammhaltigen enkel haben.
J. Paul 42, leo (vorschule der ästhetik 2).
STAMMHASZ, m. liasz, der von alters zicischen zjcei fa-
müien, geschlechtern , {volk) stammen besteht: die Sehn-
sucht der durch alten stammhasz getrennten liebenden.
litter aturblatt z. morgenblatt IBiG s. 350; der alte stammhasz
zwischen Athen und Sparta. Schlosser tceZ^^^escÄ. l, 398.
STAMMHAUPT, n. haupt einer familie, eines {volk)
Stammes, s. auch oben stammeshaupt : von stammhäuptern
decimirt, taxirt von Zollbeamten, beraubt von Arabern.
Göthe 6, 211.
STAMMHAUS, n., tcelchem ein geschlecht entstammt und
dem es häufig seinen namen verdankt: Stammhaus, aedes
avitae Stieler 800; stammhausz, casa, casato cioe castello,
luogo dove nacqtie il primo che fece illustre i suoi discen
denti, e da cui portano il titolo. Kramer dict. 2 (i702), 905'*;
Stammhaus, sedes avita familiae alicujus nobilis, a qua
plentmque nomen gerit, domus natalis. Frisch 2, 317^;
Stammhaus Adelung, und ordnen wir, dasz in obge-
hörtem fall, allemal der stand, so das stammhausz be-
sitzlich jnn hat, zu erlegung desz reichs stewren mit recht
von unserm fiscal angelanget, und gegen denselben ver-
fahren werden sol. reichstagsabsch. 669; endlich traffe ich
nach meinem begehren einen an, welcher durch lang-
wierige Übung dieser kunst, nächst der erfahrung seiner
voreitern, so ausz dem stammhausz desz printzen Prigqus
herstammeten, sehr arglistig und durchtrieben gewesen,
und mich in allem, was zu der offenherzigen bettelkunst
gehörte, unterrichtete. Jan Perw« 58; ein vornehmer von
adel bist du, mensch, scilicet, dann dein stammenhausz
ist die laimbgruben, dein gnädige frau mutter ist die erd.
Abraham a S. Clara reimb dich oder ich lisz dich (i693) 167
{zu der bildung s. oben stamm I, 2, sp. 635) ; aber es ist
mir recht leydt, dasz Churpfaltz dasz arme liebe schlosz
von Heydelberg nicht wider zu recht lest machen; dasz
ist heszlich, indem es ja dasz stammhausz ist. Elisabeth
Charlotte 3,55 (25. oc^oöer 1708) ; die geistlichen kanz-
leyen verschenken so wenig, als die weltlichen, lassen sie
es {das decret) aber auch ein paar hundert pistolen kosten,
so ist das lustre, das hierdurch auf mein Stammhaus über-
geht — Gotter 3,227; das geschlecht derer von Logau,
oder Logaw, ist eines von den ältesten adlichen geschlech-
tern Schlesiens, ihr Stammhaus, Altendorf, liegt in dem
fürstenthum Schweidnitz. Lessing 5, 105; Alektryo und
Gallina, ihr stehet im begriffe wie wir, in das Stamm-
haus unsrer Voreltern einzuziehen. Breni ano 5, 31; an
einem berge in Franken quillet ein brunnen, wobei ein vor-
nehmes adliges geschlecht sein Stammhaus hat. brüder
Grimm deutsche sagen 104; wachsen jetzt auf dem Schlosz-
berg die schönsten tannen ; war daselbst das stammen-
haus der Thaininger desselben geschlechts wie die von
Schondorf, deren beider adel schon im sechzenten Jahr-
hundert mit Schild und heim erloschen ist. Lkoprech-
TING atis dem Lechrain 132;
gott schenkt zu diesem jähr das stammhausz zu besitzen.
SCHOTTEL 977;
der seeeen krön euch aus der hOhe,
damit die frucht in eurer ehe
ein stammhausz vieler väter seyl Picander 2,426;
42*
663 STAMMHÄUSEL- STAMMHERRSCHAFT
STAMMHOF — STÄMMIG
664
Oeslerreichs gewalt,
dessen stammhausz kaysergebe, bisz die letzte stimme schallt!
GÜNTHER 841 ;
und Danzig, wie bisher geschehen,
dein stamm naus stets in flor mag sehen.
Gottsched ged. 2,164;
er hat den grund zum blutigen gertiste
von seines enkeis tod gelegt ;
jetzt ist sein Stammhaus eine leere wüste,
die kaum noch seinen namen trftgt.
V. Gemmingen m Oöttinger musenalmanach
von 1772. 51 neitdr. ;
du, Ferdinand^ dem schon aus weichen haaren
der lorbeer keimt, — der du dein Stammhaus zierst.
Schubart ged. 2, 127 ;
ich waste gar wol, dasz Augspurg nicht so gar uneben
auff gewisse masse von vielen genant würde das stamm-
hausz unserer ewangelischen religion. Schupp 686; er
hatte den abendstern, auf den er heute eingeladen, in
ein treib- und Stammhaus lustiger einfalle und anspie-
lungen umgebauet. J. Pacl 23, 14 (Titan 3).
STAMMHÄÜSEL, n. deminutiv des vorigen; als scherz-
hafte bezeichnung der Stammkneipe («. u.): hof und gesell-
schaft sind ihm wie ein altgewohntes stammhäusel, wo
man seinen abend zuzubringen und seinen schoppen zu
trinken pflegt. A. v. Humboldt an Vamhagen v. Ense 135.
vgl. auch oben Stammgast.
STAMMHEITLICH , adj.: dabei (bei diesen theilungen)
gingen die ursprünglichen stammheitlichen gaue vielfach
in trümmer. H. v. Pfister chattische stamvieskunde. mit
genauer karte des stammheitlichen gebietes. Kassel 1880;
mundartliche und stammheitliche nachtrage zu A. F. C.
Vilmars idioticon von Hessen von H. v. Pfister Mar-
burg 1886. dazu stammheitichkeit, /. Alemannia
20, 274.
STAMMHELD, m., ine oben stammesheld : sie (die ger-
manischen Völkerschaften) blieben sich auch im tötlichen
hasse wohl bewuszt, dasz sie von demselben göttlichen
ahnherrn herkamen, und dasz ihre ältesten stammhelden
brüder waren. Freytao 17, 38 (bilder l).
STAMM HENGST, m. hengst. ivelcher zur zucht vertcendet
tcird. vgl. oben stammeber, unten stammochse, stamm-
rind u. a. w.
STAMMHENNE, /., wie unten stammhuhn: nun nahm
er den stammhahn von der schulter auf die rechte band
und die stammheune auf die linke. Brentano 5, 31. vgl.
auch oben stammhahn.
STAMM HERDE, /. toelche zur zucht gehalten toird. vgl.
oben Stammgestüt und unten stammschäferei.
STAMMHERR, m. vornehmer als Stammvater (s. «.):
vom Pyasto, dem stammherren liegnitzischer und brie-
gischer fürsten. Logau 1, 224, 25 ; aber in dem wichtigen
augenblicke, wo sie nicht nöthig hat vornehm zu thun,
behalte ich mir, als stammherr ihre Zurechtweisung
allein vor. Thümmel reise i, 377; als kaiser Friedrich Bar-
barossa nach Italien zog, um das trotzige Mailand vom
erdkreis zu vertilgen, da hatte sich ihm auch der stamm-
herr unser's geschlechts mit seinen schaaren ange-
schlossen. HKnnELl,335(rfiajminf \,6)Werner; (allgemeiner:)
er bildet sich den stamm von tausend jähren ein,
und er soll, wie man sagt, der dritte stammherr seyn.
Pi(;ander 1, 656.
drauf wird die tafel gedeckt, ganz oben setzt sich der stammherr
vom hochadligen haus', ein straszenräuber.
JH. Voss 77,91 Sauer;
du wirst
ganz Frankreich sammeln unter deinen sccpter,
der ahn- und stammherr groszer fürsten scyn.
ScMliXBR 13, 262 (Jungfrau v. Ort. 3, 4);
sie {die apfelbäumc) wissen es, geboren ward
ihr liebster gastfreund heute,
dem einst auf froher jugendfabrt
ihr stammherr schatten streute.
FllKIl.IGRATHi 2, 266.
STAMMHERRSCHAFT./, der eigenste, rechtsbegrilndende
(ISnder)benfz eine» dynaatengeschlechtes : als Gottfried von
Bouillon seine stammherrschaft für eine buchst unbedeu-
tende summe verpfändete. Sciii.obskh tcelfgesch. 7,27;
nach dem Untergänge der HohenHtaufen detinitiv aus
Italien vertrieben, führten die nachkommen dieser brüder
auf ihrer kleinen starnrnhorrschaft im Schwarzwald ihren
berxogatitel fort. Sciikfim i. Junijifrus 120. vgl. auch oltrn
•tammburg, •tammgut, staiiitnh(iii<<.
STAMMHOF, m. hof, von dem eine familie stammt: das
war die Sippschaft der Uhlen, die jährlich um diese zeit
zum stammhof herauf zogen. Frenssen Jörn Uhl 5.
STAMMHOLZ, »1. 1) holz des Stammes; holz, welches
ans dem stamm eines baumes gerconnen tcird: stammholtz,
leg7w di pedale, d'albero , cioe non di rami d branche.
Krämer rftr^ 2 (1702), 905''; Stammholz Adelung, aber
auch der gipfel des hügels war geebnet und längs seinem
rande ein zweiter wall aus steinen und Stammholz pc
schichtet. Freytag 8,164 (ahnen l);
flink, lebendige kohlen, Marie, aus dem ofen gescharret, . . .
heize mit kien dann wieder und torf, und buchenem Stammholz.
Voss 2, 279 (der siebzigste geburtsiag) ;
da steht dein haus, reich, wie ein edelsitz,
von schönem Stammholz ist es neu gezimmert.
Schiller 14, 282 {Teil 1, 2).
2) in der förstersprache Stammholz collectivische bezeich-
nung V071 hochwaldbe^tand m gegensatz zum buschholz:
Stammholz, gerad in die höhe gewachsene bäume, die
man zu bauholtz gebrauchen kan, im gegensatz des Schlag-
holzes welches sträuchig wächst und zum verbrennen
in den häusern in öfen und auf dem heerd gebraucht
wird, arbores erectae, ad aedißcandum cotnmodae. Frisch
2, 816*=; Stammholz 'welches zu völligen stammen oder bäu-
men erwachsen ist', oberholz (im gegensatz zum Unterholz).
Adelung, am sechsten solle kain nachper, wer der sei,
nit fueg haben , ainichcs stambholz , ciain oder gross,
auch kain laubholz oder scheuter ausser der gmain vor-
wissenhait nit verkaufen oder zu verfieren macht und
gewalt haben, firol. weisth. 2,^9,29; in bildlicher vertcen-
düng: seine (des Vereines) mitglieder haben weder titel
noch ämter, es ist ungezeichnefes Stammholz aus dem
Waidesdickicht der nation, das jetzt für einen augenblick
vor den wald heraustritt an die sonne des vaterlands-
tages, um gleich wieder zurückzutreten und mit zu
rauschen und zu brausen mit den tausend andern krönen
in der heimeligen waldnacht des Volkes. Keller 6, ;^16.
STAMMHONIG, m. in der form stammenhonig im
österreichischen bezeichnung des honigseims. Klein 2,167;
stammenhgnig (Wien) Schm.^ 2, 755.
STAMMHUHN, n., s. oben stammheune und zur hedeu-
tung vgl. stammhahn: das stammhuhn Gallina begleitete
sein (des stammhahnes Alektryo) morgenlied mit einigen
wehmütigen accorden. Brentano 5,25.
STÄMMIG, adj. icie ein (baum)stamm beschaffen, fest,
stark, gedrungen, in älterer spräche noch neben stämmig
die formen stamm icht ti7ul stämmicht: stämmig, stam-
micht, robustus, validus, lacertosiis, cotptdentus, habitior.
Stieler 2119; stämmicht, st&mm\%, cioe che ha pedale etc.
fustulo, gambuto. Kramer dict. 2 (1702), 905''; stämmiciit,
trunco praeditus. Steinbach 2, 666.
1) von der eigenscliaft eines baumes : stämmig, das zu
einem stamm aufgewachsen ist, surculus, qui in truncttm
excrevit. Frisch 2,316"; hierher gehören Zusammensetzungen
toie dickstämmig (theil 2, sp. 1083); dünnstämmig (iheil •>,
sp. 1557); hochstämmig (tlieü 4, 2, sp. 1633); kurzstämmig
(theil 6, sp. 2853). an stelle des geicöhnlicheren Stammholz
(s. oben Stammholz 2), stämmiges holz, 'irelches zu stammen
oder bäumen erwach.9en ist'. Adelung; da wo kein holz,
Unterholz und stämmiges, auf und hinter den schwellen
stund, an welchem der stosz der Emme sicli hr.Tcli.
Gotthelf 4, 61 Vetter ;
hört man nicht fernhin preisen
des Schwarzwalds stämmig holz?
Uhlanu ged. (1864) 88.
a) auc7» von bearbeiteten hölzern: ^^^ letzten
nahm er (Pari*) den stämmigen speer, der seinen btUiilLMi ge-
recht war. BOrc.br 210» {Ilia* 3, 3."W> ;
mit ihm in des lenkers weit.si-himmornder tracht
führt Theon, sein ohcini, wohlkuiutig der Schlacht,
zu angriff und wehr
die TO»se zugleich und den st&mmigen speer.
Lrutholu ged.* 874.
8) im freieren, vergleichenden gebrauche vom wuchs des
menschlichen körpers: stämmiger wuch.s, stämmige flgiir
u. ä.; sein wuchs ist grosz und stämmicht. Hkin.sk
ArdingluUo 1,810; nur von ihrem (des mädehen») stäm-
migen wuchs sprachen alle mit hcifall. Grillpar/kii*
li, 274; das aufgestülpte kinn und die gan/e stämmii^o
i feste flgur (fU* ordetuherrn). i. PauliM, 82 {'IStnn 'i'^ 1
665
STAMMKAPITAL — STAMMLAND
STAMMLATTE— STAMMLER
666
den Personen selbst: der gelassene war stämmig und stark,
der wüthende, denn zuletzt erwies er sich so, hager,
lang, schmächtig und rührig. Göthe 30,186; sie {die tochter)
war gewachsen und stämmiger geworden. 237; ein stäm-
miger mensch (in geicählterer »prechtceise dafür stamm-
haft, s. oben). Adelung; stund ein etwas stämmiger
mann beym ofen, dessen gesicht der ganzen physiogno-
mischen kunst höhn sprach. MvsÄvs physiogn.reisen 2,31 ;
Kassims frau war ein hübsches stämmichtes weih von
fünf und dreissig jähren. Wieland 8,25i {Danischmend 3l);
vierschrötige fleischer, stämmigte becker, wohlbeleibte
bierbrauer, feiste und hohläugigte Wucherer. Siegfried
von Lindenberg i,lOi; der stämmige pfarrer von st. Sul-
pice, welcher sich herzugedrängt hatte, schrotete mit
armen und schultern den alten hinauf. Tieck Cev. 1,277;
der eine von jenen beiden . . . war ein stämmiger mann
mit einem dickroten banditengesicht. Heine 3, 248 Elster;
meine geliebte landesmutter (ein ausdruck bei dem mir
leider stets eine stämmige frau vorschwebt, die kindern
butterbrot giebt) sprach sehr gnädig. Bismarck briefe an
seine braut nr. Iö6; ihm {dem groszknecht) war der träge,
aber dumme und stämmige kleinknecht von vorhin besser
nach seinem sinn gewesen. Storm 7, 172 {scliimmelreiter).
4) auch von geisfesschöpfungen: diese art gedichte, die
wir seit jähren Volkslieder zu nennen pflegen, . . . weil
sie so etwas stämmiges, tüchtiges in sich haben and be-
greifen. Göthe 33, 202.
5) in der spräche des bergbaiis, xcol von erzen, tcenn sie
als {bedeutende) ädern sich im gestein finden ; der gegen-
satz ist körnig, körnicht {s. theil 5, sp. 1826) : dieses silber,
dieses gold ist in flötzen und quarzen, stämmicht und kör-
nicht in hiesigen reichen gefilden anzutreffen. Opitz 2,264.
STAMMKAPITAL, n. grundkapital.
STAMMKARTE, /. 1) beim kartenspiel {besonders beim
l'hombre) der grundstock von karten, von welchem die spie-
lenden abnehmen. Adelung.
2) Stammkarte auch die kurze Speisekarte für Stamm-
gäste {vgl. dort).
STAMMKETTE,/, der als kette verlaufende stamm eines
gebirges, von dem sich die vorberge abziceigen : die stamm-
kette der gebirgsmasse von Norwegen. Dahlmann dän.
gesch. 2, 78.
STAMMKLAFTER, /. und n., m. in der förstersprache
ein klafter holz, icelches aus gefällten stammen besteht,
icelches nur Stammholz enthält {vgl. oben Stammholz l).
J.\COBSSON 4, 251*>. ADELUNG.
STAMMKLOTZ, m. klotz, aus der mitte eines Stammes
geschnitten. Frischbier 2, sei*»; dann auch als scherzhafte
lezeichnung eines kräftigen, kernigen mannes: das ist ein
echter stammklotz, quelle ebenda.
STAMMKNEIPE, /. tcelche von einem bestimmten gast
fast täglich besucht tcird, in welcher er zu dem stamm der
gaste gehört, vgl. oben stamm II, 4, a sp. 643 und Stamm-
gast sp. 658.
STAMMKONIG, m. der über einen volkstamm herrschende
könig. vgl. oben stammfürst: schon
der alt stamkünc Senebor. •
Wilhelm v. Ögterreich 16401 Regel.
STAMMKRANKHEIT, /. ton der gleichsam alle andern
krankheiten abstammen: es stand also in dem freien
willen Kuhlpeppers, sich zur stammkrankheit , die das
nestei und die mutterzwiehel der pathologie sein konnte,
das Podagra — bei männern, bei weibern flüsse — aus-
zuklauben oder nicht. J. Paul 8, 37 {Hesperus 2).
ST.<\ MM KRIEG , m. krieg innerhalb des Stammes: zur
zeit der grossen vöikerbewegungen und inneren stamm-
kriege. Gervinus litteraturgesch. 1,40.
STAMMLAND, n. land, in dem ein geschlecht oder volk
men Ursprung nahm: stammland tdewi ^ttod stammgut.
';herz-Oberlin 1555; Asien, dies stammland der Euro-
ler. Campe; die Veltliner sind hitzige katholiken, zu-
!-ammen mit dem papistischen drittel unserer stammlande
würden sie Bünden zu einem katholischen Staate machen.
C. F. Meyer .fürg Jenatsch 50 ; die in dem preuszischen be-
sitz befindlichen bestandteile dieses uralten stammlandes
{Thüringeji). Bismarck reden 4, 140; der slavische keil,
durch den in gestalt der Czechen die urdeutsche bevöl-
kerung der östreicliischen stammlande von den nord-
westlichen landsleuten getrennt ist. ged. u. erinn. 2, 245
{wo der plural allein gebräuchlich ist, da die österreichi-
schen stammlande eine Verbindung mehrerer länder dar-
stellen); auch: Amerika ist das stammland der akazien.
Campe.
STAMMLATTE,/, langer, dünner stamm, vgl. latte 2
{theil 6, sp. 280) : derselbige {xcdcher ohne erlaubnis im \calde
holz haut) solle volgende pfantung zu bezahlen obligiert
und verpunden sein: als von ain stamb lärch l fl., von
ainen stamb anderen holz 30 kr. , nicht minder von ain
fueder grienen prennholz 30 kr., und von ain stamblaten,
der den pfenter nicht darumben befragt, 6 kr. tirol. ueisth.
2, 95, 6.
STAMMLAüT, m. laut, zum stamm eines icortes gehörig:
in der ältesten zeit galt schärfe und präcision in an-
gäbe der stamm- wie der beugungslaute noch höher als
die leichtigkeit der ausspräche. K. 0. Möller geschickten
hellen, stamme 2, 15.
STAMMLEHEN, n. lehen, für tcelches alle männlichen
glieder eines geschlechtes erbberechtigt sirid; wie schwert-
lehen {s. theil 9, sp. 2589) , im gegensatz zum kunkellehen
{theil ö, «p. 2661), weiberlehen: stammlehn, /eudum reftw,
antiquum, gentile, domesticum, familiäre ex pacto et Pro-
videntia. Stieler 1126; stammlehen, feudo gentile, gen-
tilitio, antico. Kramer dict. 2 (1702), 905''; stammlehen,
altväterlich lehen, feudum ex pacto et Providentia quo
succeditur jure sanguinis, feudum familiäre, da die ganze
familie in ihrer Ordnung nach lehenrecht succediren kan.
Frisch 2, 317'»; stamm- oder schwertlehen, feudum mascti-
linum. ebenda, dieweil sie {die banckerte) den namen des
geschlechts jhrer vorfahren, den guten leumund, die
ehrlich ersigte wafe zeichen, gezierden, freyheiten, and
stammlehen, nit mit ehren führen und erhalten. Garg. lOl
neudr.; stamlehen, kunckellehen. 434.
STÄMMLEIN, n. kleiner stamm: ingleichen solle genz-
lichen verpoten sein, kleine stämblein oder mer in perg
oder auen oder sonst auf der gemain, so zu ziglen taug-
lich, zu maneillen oder garten oder stifflreisser, noch zu
verbrennen, abzuhauen oder abzumachen, tirol. weisth.
4. 141, 14; das {diese antwort des Franzosen) musz der rhein-
ländische hausfreund loben, und wollte gern aus seinem
eigenen wald ein paar stämmlein auch hergeben, wenns
fehlen sollte {an galgen für die spitzbuben). Hebel 2, 93.
daneben stammel, stämmel: gleichfalls solle niemand,
wer der seie, nit in perg, auen oder auf der gemain kain
stambl, so zum zigl tauglich, zur strebhacken, noch etwo
die andern paumb dergestalt stimblen, dass ihnen hier-
durch schaden gescheche, bei straff von jeden stämbl 12.
tirol. weisth. 4,141,25; 27; vgl.: stamml, stämmchen, stück
holz. Schöpf tirol. idiot. 698; auch in der redensart kein
stamml holz, haar, hart, d.i. nicht ein Stückchen, kein
härchen u. ä. ebenda; vgl. auch die Zusammensetzung
stamm elholz, stämmelholz, n. .- auch sollen die
jungen erdstämb oder groszes stämmelholz nicht abge-
hackt werden, icaldordnung v. 1675 bei ünger-Khull569».
STAMMLEITER, /. die tonleiter von c bis c, nach der
alle andern gebildet werden, die grundtonleiter. Adelung.
STAMMLER, m. einer der stammelt, dhd. stamilari,
balbus Graff 6, 680; mhd. stameler (stamelaere): stam-
miler, stammeler, stameler, stamler, balbus. Diep. ee*";
eyn stamler, statziger, der nicht bald ansprechen mag,
traulus , lat. Iiaesitans. Dasypodius; stammler oder
staggler, balbus, blaesus, lingua haesitans, traulus, ImI
Initiens, Htubans. lacillans lingua. Maaler 384»; stam-
meler, begue, balbo, scüinguato. HuLSius (1616)306»; Stamm-
ler, tartaglione, balbo, scilinguato. (I6I8) 237»; der stammler.
CoMENius sprachenthür reg . ; stamler, balbus. Schottei.
1420; si».m\eT,balbutiens,haesitanslingua,traulus. Stieler
2224; stammeler, balbettatore . frastagliatore etc. tarta-
glione, tartaglio, balbo, scilinguato, bescio, troglio. Kramer
rfjc^2(i702), 906»; ein Stammler. Frisch 2,317''; stammler,
ballutiens. baUnts. Steinbach 2, 666; stammeler neben
stammler. Adelung, vgl. stameler, balbus, balbutiens,
titubans, haesitans lingua. traulus, blae.tus. Kilian. in
umgelauteter form : stemeler, stemler, balbus. Dief. 66'*.
alhie mus dieser stammeler und armer betler {Moses)
ausrichten, das sonst vier könige nicht vermöchten zu
thun. Luther 16, 59, 32 Weim.ausg.; dasz wann Satarnus
667
STAMMLERIN — STAMMLUNG
STAMMMIETE -STAMMPERIODE
668
und Mercnrius in einem brutalischen oder thierischen
zeichen einander entgegen stehen, derjenig, so alsdann
geboren wirdt, ein stammler oder stumm werde. Fischart
Bodinus 40'>; als einer zu jhm {Friedrich LingeUheim),
der die Frantzosen lobte, dasz sie insgemein beredte leute
weren, sagte: es seyen {die Franzosen) nur schwätzer, ant-
wortete er jhm: doch ist ein schwätzer einem redner
neher, als ein stamler. Zincgref scharpf sinnige , klvge
sprüch l,30i; denn so leicht diesem {meinem vater) sonst
die rede von den lippen flosz, so hatte er doch den fehler,
bey dem buchstaben r ein wenig mit der zunge anzu-
stoszen: und darauf spielte jetzt Basilakus an, als er ihn
den Stammler nannte. Schiller 9,206;
'ich mach' es, traun, wie der lateiner —
kein tag vergeht mir ohne strich!'
so übersetzt ein trunkner stammler.
Freiligrath» 8, 197.
STAMMLERIN,/, zu dem vorigen: Stammlerin, celle qui
est begtte. balbutiente, seüinguata, balba. Hulsius (1616) 306*.
(1618) 287».
STAMMLETTER, /.. stammlettern, plur. bei Schottel,
buchstaben, reelche den stamm eines wortes ausmachen:
dabey sonder zweiffei mit lust würde abzunehmen seyn,
in welcher wunderkünstlichen artlichkeit solche stamm-
letteren aufsteigen und durch ab- und Zuwachs der wesent-
lichen und zufälligen buchstaben aufs reicheste man-
nicherley Wörter hervorgeben würden. 159.
STAMMLICH, adj. zu stamm: stammlich, originalis,
originarius, oriundus, progenitus, natus, prognatus, ortiis,
sattis. Stieler 2119. dazu abstammlich, anstammlich,
herstammlich, cognatione contingens, sanguinem de stem-
mate alicujus ducens. ebenda.
STAMMLIG, STAMMLICHT, adj.: stammlecht, balbus.
Dasypodius; stammelicht, balbus, balbutiens etc. balbe,
titubanter. Stieler 2224; stammlicht, balbus, lingua titu-
bans. Frisch 2,317''; stammlicht, balbus, lingua titubans,
lingua haesifans. Steinbach 2,666; stammlicht reden,
titubanter et ineonstantcr loqui. Stieler 2224; als adv.
stammelicht reden, parlar balbutiendo etc. frastagliare etc.
parlando, parlar frastagliamente. Kramer dict. 2(l702),906''.
STAMMLIGKEIT, /.; stammlichkeit, haesitatio verbo-
rum. linguae haesitantia. Stieler 222*.
STAMMLING, vi. 1) stämmchen, junger bäum. Unger-
Khull 569».
2) übertragen und ertoeitert, überhaupt ding, welches i'on
einem andern abstammt. Campe: stämmling eines wortes.
ebenda; das dorf hat neuerlich verschiedene stämmlinge
erhalten. Radlof 2, 147 {zeitschr. f. d. tvorfforschung 2, 199'*).
vgl. auch abstämmling {theil l, sp. 125).
STAMMLINIE,/, die hauptlinie eines geschlechfes : stamm-
lini, Linea di qualclie stirpe. lignaggio. Kram er dict.
2 (1702), 905*' ; er gehört zu der stammlinie des geschlechtes.
STAMMLISTE,/. t;t dem sinne von Stammbuch, stamm-
register, BtammroUe.
STAMM LOCKE,/., entsprechend locke 6 {theil 6, sp. 1104)
iroUenßocke, welche aus stammhaaren (*. oben) besteht,
vgl. auch unten stammwolle: stammlocken, grobe garstige
wolle, die man nicht wohl gebrauchen kan, lajia, quae
a textoribus rejicitur. Frisch 2,817»; stammlocken, gar-
stige. strihiUge wolle. jAconssoN 4, 251».
STAMMIjODE, /. baumschöazling , der aus den wurzeln
abgehauener bäume aufschieazt: stammlohde Jacobsson
4, 251''. stammloden im gegensatt tu eamenloden («. theil 8,
ftp. 1787) Nemnich.
STA MM LOS, adj. von pflanzen, wdche ohne eigentlichen
stamm oder atengel die blätter gleich aus der wurzd heraus-
srJtieszen lotsen. Campr.
STAMMLUNG, /. haesitatio, tituboHo: siammalung,
stammnlunge, balbuties. Dirp. ee*"; stamelunge, titubatio.
aae»; Rtammlung, haesitatio. oris iitubantia. Maai.kr 884»;
■Uimmlung, haesitatio iierborum. linguae harsitantia.
Stiblrr ttM; stammolung, bnlbettamenio. balbutimcnto d
baUmttamento , tartagliamento . tartaglio. Kramek dict.
«(170«), 906*; «lammlting, linguae haesitantia. Stkinmach
2. flfifl. wir flüchten zu dir (gott) vor des Bprechens «her-
flusz. — . . . wie vor dem mangel an Sammlung -- und
der f.ange •chmählicher itammlung — in erlouchtolcr
versammlang. ROcKP.nT (ib8S) 11, n4; diese kindiwchcn
stammlungen sind gleichwohl bereits bezeichnend für die
eigenart der stoffwahl und auch der Stoffbehandlung in
der folge. Dahn deutsche dichtung 11, 25».
STAMMMIETE,/., wie oben stammgeld l eine denjörstem
von den holzkäufem zu zahlende abgäbe: ouch sal ein
bredeman gebin eynem furstmeister, wan he gedinget,
sin stammemyede , myt namen eyn halp viertel wins
und jedem forster eyn zweymass. J. Grimm weisth. 8, 431.
Bildinger reichswald {Wetterau).
STAMMMOOS, n. l) moos, welches an den baum^tümmen
wäclist. Campe.
2) bezeichnung einer sehr zerbrechlichen korallenart, welche
stammartig in die höhe wäclist: stammmos, corallina fragi-
lissima. Nemnich.
STAMMMOTTE , /. eine nachtfalterart , welche sieh auf
Obstbäumen aufhält, phalaena bombyx dispar. Adeluno.
sonst auch schwammmotte {s. theil 9, sp. 2200). ebenda.
STAMMMU1TER, /.. von der ein geschlecht abstammt:
sie {Philine) ist mir die wahre Eva, die stammmutter
des weiblichen geschlechts. Göthe 18, 155; sie {Eva) fand,
dasz sie viel zu nackend sei für eine person von ihrem
stände, die stammmutter so vieler künftigen kaiser und
könige, und sie verlangte ein kleid. Heine 4, 158 Elster;
stammmutter des lüneburgischen hauses. Ranke werke
1, 228. bildlich: {die zeit,) da im samen Abrahams alle
geschlechter der erde gesegnet werden sollen, und die
Christengemeinde zu Jerusalem ist die stammmutter dieses
Segens, eine rechte Sarah, geworden. Berber die apostel-
gesch. in bibelstunden^ 180. auch: jede ähnlichkeit, jede
die stammmutter einer familie von metaphern, sammlet
ihre unähnlichen kinder um sich. J. Paul 6, 13 (grön-
länd. proz. l).
STAMMMÜTTERCHEN, n., deminut. zu dem vorigen,
als anrede einer alten frau, einer alranne:
auf diesem weg', den ich im irrtum grifT,
sfammmütterchen Cheruskaa, sag' mir an,
wo komm ich her?
Kleist 2, 418 Schmidt {Hermanmgchlacht 5, 4).
STAMMNADEL, /., s. stemmnadel : stammnadel bei den
schustern. Frisch 2, 317''.
STAMMNAME, m. name eines Stammes, einer zusammen
gehörigen gruppe, einer familie, eines Volkes : alle übrigen
Spielarten {des glucks) sind eben so viele aftergeburten,
die einzeln nirgends hinreichen, und nicht verdienen den
stammnamen zu führen, ehe sie nicht mit jenem {dem
häuslichen glück) auf das genaueste verknüpft sind.
Thümmel reise 5, 348;
nach der geburt wird gänzlich die sorg' auf die kalber eeleilet :
denen sofort merkmale, sowohl stammnamen, du einbrennst.
Voss Virgil 3j4, 477 {Georgica 3, 158).
STAMMOCHSE, m. odise. weicher zur fortpflanzung der
herde gehalten wird. Adelung, vgl. stammeber, stamm-
hengst, Stammrind, stammschwein.
STAMMOPFI^IR, n.: stammopfer, sacrißcium gentilitium.
Stieler 1393.
STAMM ORGAN, ?i. in der spräche der botanik von
gleicher bedeutung wie oben stammachse.
STAMMORT, Ji. wt, aus dem eine familie, ein geschlecht
herstammt .- AcharnÄ . . , so einer der grösten platze von
den 80 genanten attischen stamöiiern ist. Heilman Thu-
cgdides 19ä {vfje ^ArziKfjs täiv ^t^fimv HaXovfiirotr. 2,19);
so brachen sie {die Peloponnesier) von Acharnil auf, und
verhörten noch einige andere stamörter. 200 ; Lascha, ort
des verblondens, der falschen salbung, ort des tUnchens
mit losem kalk — also staminorl aller anstreicher. Uhrn-
TANO 6, 878;
als Augustus liesz befehlen, . . .
daaz man alles volk Bollt' ctlhlen,
muBKt' 7.um stammort Jeder r-iehn. 1, 878.
STAMMPAAR, »1. das eiternpaar, von dem ein geschlecht ^
seine herkutiff rechnet:
nicht« ist sQszer mehr hienieden
was dos Stammpaars fall uns lien.
KOrobr 128>) (Variante tu miimetold ttr. «, 1).
STAMM PERIODE, /., bei J. Paul der tigentliche satt
im gegensatt tu einer parcnthcso. {alt wwwc. .-) ein langer
Hchmarotzerpcriode musz sich durchaus mit dorn stamm»
Perioden grntnniati<-ch verwurzeln. 49, Sit {voraehule der.
ästhetik t).
669
STAALMPFLANZE - STAMMSAGE
STAMMSCHÄFEREI — STAMMSTECKEN 670
STAMMPFLANZE, /. pflanze, todehe einen eigentlichen
stamm besitzt und nicht die blätter sogleich aus der wurzel
hervorschieszen läszt: stammpflanzen, truncariae. Oken 3, 24.
STAMMPUBLIKUM, n., welches regelmäszig eine Veran-
staltung u.a.to. besucht, ähnlich wie Stammgast: ersicht-
lich fehlte ein groszer teil unsers Stammpublikums,
welches wir uns bereits erworben. hAVBE 7 , I2i Hotiben ;
das uns treu bleibende Stammpublikum aber war durch
die folgen des krachs um die hälfte vermindert. 133; wir
hatten auch schon ein wertvolles Stammpublikum. 144;
wir ernteten den dank unsers kleinen Stammpublikums. 161.
STAMMRAÜPE, /., nach Nemnich die larve der stamm-
motte {s. oben), phalaena dispar. nach Adelung tcol all-
gemeiner eine raupe, xcelehe ihre eier in die rindenfugen
eil} es baumstammes legt.
STAäIMRAüSCH, m.: wie Peter durch den trassierten
und derivativen rausch zusehends in grimm gerieth und
färbe bekam: so zersetzte Seraphen der stamm- oder
urrausch immer weicher. J. Paul 31, 9 (Jiomische anhänge
zum Titan l).
STAMMRECHT, n. recht, einen baumstamm im toalde
zu schlagen. Crecelius oberhess. icb. 804. auch die für
ausiibung einer solchen freiheit an den förster zu zahlende
abgäbe : die herrn sollen es (das holz zum hausbau) ihme
auch geben, darumb soll der arme mann den herrn ein
sester weins geben unndt dem förster sein stamrecht auss-
richten. J. Grimm iceisth. 2, 174 {Mengerschied 1539); so
soll er {der arme) zum förster gehen unndt soll ihme holtz
dartzu heischen, der förster soll ihme es {eine geringere
menge holz) auch geben, unndt dem förster kein stam-
recht darvon geben, ebenda, vgl. oben stammgeld l und
stammmiete.
STAMMREGISTER, n. register, tcelches sämtliche ge-
schlechtsgenossen, familienmitglieder u. s. ic. aufführt:
Stammregister, genealogia, registro della sttccessione o pro-
genie di qxtalche famiglia nobile. Kramer dict. 2 (1702), 905*;
Stammregister, genealogia. Frisch 2, 817'; stammregister
Adelung, s. auch unten Stammtafel.
dn sendest boten nach Jemsalem
im namen ihres echten hohenpriesters —
und dasz ers wirklich sei, nimm ihr gesetz
ra hilfe und der priester stammregister.
LuD\siG 3, 364 {Makkabäer 3).
auch : auszerdem finden sich auch einige modi der reinen
Sinnlichkeit darunter, die in dieses stammregister des
Verstandes gar nicht gehören. Kant 2, 112.
STAMMREICH, adj.:
ein lamges hohes glük, so wil der himmel bauen,
und unser fürst und herr rühm würdigst so! besitzen,
und die stammreiche seul hochfttrstlich gründen fest.
SCHOTTBL 977.
STAMMREIHE, /. die reihe der glieder eines geschlechtes
in ihrer alters folge. Campe.
STAMMREIM, m. reim, teelclier einem geschlecht zum
preis gemacht wird : helmsprüch, stammreimen. Garg.t9&
neudr.
STAMMRELIGION, /. .• {sich in eine zeit zurück versetzen,)
in welcher die stammreligion der Dorier noch nicht mit
andern culten vermischt, sondern in sich ge'schlossen in
orsprünglicher energie und eigenem zusammenhange be-
stand. K. 0. Möller geschichten hellen, stamme 2, 808.
». auch oben Stammesreligion.
STAMMRIND, n., wie oben stammochse, rind. welches
>■ zucht verwandt wird: stammrind, bos domesticua.
I.KMNICH.
STAMMROLLE, /. rolle, welche sämtliche heerpflichtige
zeichnet.
>T.\MMROSZ, n., von welchem das zahme, gezüchtete pferd
Uimmt: wenn wir das wirklich wilde rosz . . . das echte
ikanische oder asiatische stammrosz auffinden, hann.
"laz. 1844 S. 335*.
STAMMRÜGE, /. strafe für einen abgehauenen wald-
^tm. quelle von 1657 bei Crecelius oberhess. wb. 804.
STAMMSAGE, /. sage von der abstammung und herJcunß
r'nej> geschlechtes oder volkes: {zeigen,) wie die priester der
Insel {Samos) die stammsagen benachbarter und ver-
wandter urvölker auf ihr eiland übergetragen, und dies
gleichsam in den mittelpunkt der gesammten heiligen
«ngenwelt gesetzt haben. K. 0. Müller geschichten hellen.
stamme 1,461; diese {Darier) . . . kamen über Arges und
Epidauros nach Rhodos und Kos, wo sie ihre stammsagen
zum theil neu lokalisierten und umbildeten. 2, 422; die
altdeutsche stammsage bei den Schotten. H. Leo in zeitschr.
f. d. alterth. 2, 533 ; kein bericht eines Römers, keine hei-
mische stammsage hat eine erinnerung an den ersten
einzug {der Germanen) von osten bewahrt. Freytag 17, 37
{bilder l).
STAMMSCHÄFEREI, /. zur Züchtung einer edlen rasse
eingerichtete Schäferei: sehen wir uns dagegen unter den
thieren um! gehen wir in die stammschäfereien, in die
gestüte, ja besuchen wir nur einen tüchtigen öconomen,
der auf sein reines friesisches vieh hält. Immermann
Münchh. 3, 112. vgl. oben stammgestüt und stammherde.
STAMMSCHAFT, m. .- stammschafft, was an einer säule
zwischen dem capitäl und dem fusz ist, scapus, weil es
dem stamm eines baums gleich sieht. Frisch 2, 317''.
STAMMSCHIFF, n. in der kriegsmarine , im gegensatz
zum reserveschiff, ein schiff mit voller bemannung; zur
weiteren ausbildung von trappen bestimmt.
STAMMSCHILF, n. schilf mit eigentlichem stengd. Oken
3, 415.
STAMMSCHLOSZ , n., entsprechend oben Stammburg,
Stammhaus, stammhof u. s. w. ein scJdosz, welchem ein
adliges oder fürstliches geschlecht entstammt: Gockel war
voll ehrgefühl, er zeigte sogleich seiner frau an, dasz er
am folgenden morgen mit ihr und Gackeleia nach seinem
Stammschlosse Gockelruh aus Gelnhausen so wegziehen
werde, wie seine groszeltern hineingezogen waren. Bren-
tano 5, 24; wenn nur nicht so viel nebel dazwischen läge,
man sieht kaum das alte stammschlosz durchschimmern.
Grillparzer* 11, 223; es {das zerstörte schlosz) ist ja kein
stammschlosz, herr von Qnarbitz. Alexis Isegrimtn 313;
hier also, dieses schlosz wäre das stammschlosz der von
Astern. Mörike erzähl. 43; das stammschlosz {des längst
mediatisierten fürsten) lag aber noch in alter herrlichkeit
auf einer waldigen höhe. Heyse kinder der weit 1,193;
hat doch dieses räubervolk,
während ich am hof des königs,
mir mein stammschlosz überfallen.
Grillparzer* 8, 65.
STAMMSCHOPPEN, m. Schoppen, welchen Stammgäste
{s. dorf) am Stammtisch zu bestimmter stunde mit einander
trinken.
STAMMSCHWARM, m. in der imkersprache ein schvcarm,
welcher zur zucht dient. Overbeck 79. vgl. auch oben
Stammbiene.
STAMMSCHWEIN, n. zuchtschtcein. Campe: stamm-
schwein, porcus. Nemnich.
STAMMSILBE, /. silbe, welche den stamm eines wertes
bildet: stammsylbe Adelung; das ist doch wohl grund-
gesetz der prosodie, dasz keine Stammsilbe kurz gebraucht
werden darf. Boie an Bürger U.jan. 1790 {briefe von und
an Bürger 4, 6).
STAMMSITTE, /. sitte, einem {volk-)stamm eigenthüm-
lieh: dasz frauen in jenen Zeiten einen so bedeutenden
einfiusz haben konnten, musz aus den bekannten stamm-
Sitten der Deutschen erklärt werden. Schlosser todt
gesch. 6, 118.
STAMMSITZ, m. der ursprüngliche wohnsitz eines ge
schlechtes u. s. w. vgl. oben stammgut, Stammhaus, stamm-
hof, stammschlosz: Stammsitz Campe; der Stammsitz
einer Völkergruppe. Schlosser weltgesch. l, 47, wo gewöhn
licher oben stammessitz gebraucht wird.
er kam zu seinem Stammsitz gen Sistan ohne far,
und sagte keinem menschen, was ihm begeraet war.
RCcKERT JFHrdofi 3, 343.
auch in der form stammensitz (*. stamm I, 2): {ein
uraltes heilthum.) das seine ahnen schon von Thüringen,
wo ihr stammensitz, vor alters mit nach Ostfriesland
geführt. Leoprechting aus dem Lechrain 133.
STAMMSPRACHE,/, l) die spräche, wdche ein volk
stamm spricht; muttersprache.
2) hei Adelung spräche, von wdcher andere sprachen
ihre herkunfi ableiten.
STAMMSPROSSE, /. in der spräche der botanik bezeich-
nung der gleich aus dem stamm herat*sachieszenden sprossen.
STAMMSTECKEIN, m. abgehauenes stämmchen, wie sie zu
zaunpfahlen u. dergl. verwendet werden. Unoer-Khull569»:
671
STAMMSTÜCK— STiVÄIM VATER
STAMMVERMÄCHTNIS— STAMMVIOLE 672
in denselben wäldenn soll sich niemand unterstehen zu
schwenden noch zu reiten und kain stamstecken abzu-
maissen. Salzburger taidinge \m,ti3: item es sollen auch
hinfüron zu dem zaunholz die stambstecken, sonderlich
in den jungen schwarzwälden , nit mer geschlagen
werden. 251,6.
STAMMSTÜCK, »1. stück eines abgehauenen bauinstamvxes .-
ein rundes unbehauenes oder auch behauenes stamm-
stück von einem bäume. Campe unter klotz.
STAMMTAFEL, /. tafel, auf leelcher der Stammbaum
eines geschlechts mit allen seinen verztceigungen dargestellt
ist. Stammtafel auch in iceiterer bedetitung jeder Stamm-
baum, jedes geschlechtsregister. Adelung. Stammtafeln
mehrer gaunerfamilien in der provinz Niederhessen von
F. G. Pkeifi-eh Kassel 1828.
STAMMTHEIL, m. n. antheü eines familienmitgliedes an
einer erbschaft: so sollen die kinder an statt ires vatters
oder mutter zugelassen werden zum stammtheil, erb zu
nehmen mit rechten geschwisterden, so viel als ihr vatter
oder mutter betten moegen ziehen als mit geschwisterd,
so sie noch in leben weren. statutenbuch von 1553 bei
Scherz-Obeklin 1555.
STAMMTHIER, »i. mutterthier. von dem andere thiere
abstammen: in dem stammthiere ist dem eigenthümer
zugleich die ganze nachkommenschaft desselben mit zu
eigen gegeben. Fichte 7iaturrecht 2,50; die verschiedene
färbe, dichtheit und krausheit des haars der hunde, ihre
verschiedene grösze beweist gegen die annähme der ab-
stammung aller hunderacen von einem stammthiere
nicht, hannov. mMgaz. 1844 s. 308. dazu stammthier-
zucht, /.
STAMMTISCH, m. reservierter tisch in einem gasthaus,
an dem sich zu regehnäsziger stunde bestimmte gaste ein-
finden, dünn auch ta feirunde, kreis von stavimgästen.
icelcher sich tim, einen bestimmten tisch eines vnrtshauses
zu sammeln pflegt, vgl. oben Stammgast und Stamm-
kneipe und s. stamm II, 4, a. dazu stammtischphili-
sterium, «. • dies behagen und diese Sachlichkeit sind
alte ehrwürdige erbstücke jedes stammtischphilisteriums.
H. Hesse unterm rad 383.
STA.MMTON, m. in der musik bezeichnung der töne ohne
Vorzeichen, der grundskala.
STAMMTRÄGER, m.. loie oben lehensträger (th. 6, »p. 544),
einer, der sich im natnen seiner ganzen familie ein lehen
vom lehnsherrn übertragen läszt : stammträger, a pluribus
heredibus ad recipiendam investituram, electus, für eine
person aus der freundschafft, welche im namen des gantzen
geschlechts das lehen empfängt. Frisch 2, SlV*».
STAMMTUGEND, /. .- stammtugend, virtus avita, splen-
dor inclytus patemae virtutis. Stieler 273; stammtugend,
virtü natia, gentilitia Kramer dict. 2 (1702), Wo*"; sie {die
dichterin) sieht also ihren beiden im doppellichte der
arabischen stammtugenden. Rückert il (1882), 306.
STAMMÜBERLIEFERUNG , /. , Stammüberlieferungen,
plur. geschichtliche, sagenhafte u. s. w. Überlieferungen
eines volkstammes: Stammüberlieferungen der Völker,
welche den nordt . Deutschlands bewohnen, namentlich
der Sachsen, Westphalen und Friesen, sind beinahe ganz
verloren und wie mit einem schlage zu boden gedrückt.
BRÜDER Grimu deutsche sagen^ 2, vorr. s. 8.
STAMMÜNG, /. anstatt des getcöhnlicheren abstammung
(». theil 1, ap. 125): stammung, agnatio, cognatio, sanguinis
eonjunctio, atque idem quod stamm. Stiei.er 2119.
STAMMUNTERSCHIED, m. unterschied, durch den stnmm,
die herkunft begründet, vgl. dagegen stammesunterschied,
stammesverschiedenheit: der stammunterschied der be-
wohner. Schlosker teeltgesch. b, üiS.
STAMMVATER, m. von dem ein geaehlecht sich her-
leitet, rechnet: Stammvater, auctor generis; commwiis
»tipe». FniBcii 2,817*'; Stammvater Adeluno. sie geben
ihn für ihren Stammvater aus , originem ad illum re-
ferunt. Frihch 2, 817''; der 86. titui stellet vor die ge-
•e^eten Stammväter geehrter familicn und lobwürdiger
gescblechler. Mki.i/.f.r hisU/ria Schneebergenna 4M; da«
geschlecht derer I^obwasser, da Fabian Lobwaaser der
Stammvater ist. 466; der Stammvater ist der erste eines
ganzen gesohleohte. {^o^r\n(•^\f.u^^eohnrhtungent^z•, ja, wie
viel grosse getobleobter sind nicht schon ausgestorben,
deren Stammväter, sich, ihrer zahlreichen familien halber,
mit einer gäntzlichen Unsterblichkeit ihrer nahmen ge-
schmeichelt haben? ders. bei Reichei. kl. Gottschedicb. 56;
in dem vertrage, den das übrige menschengeschlccht
durch seinen repräsentanien, den ersten Stammvater, mit
dem bösen princip eingegangen. Kant 6,246; jeder name
faszt die ganze geschichte des Stammvaters in sich.
Herder 11,438 Suphan; ein mann, der Stammvater einer
familie seyn könnte, die vielleicht künftig — . Götiie
10,101 (Clavigo i); der drang einer Innern thätigen natur,
verbunden mit der dürftigkeit der mütterlichen gegend
lehrte unsere Stammväter kühner denken. Schiller
1, 1.55; er war der Stammvater des gräflichen hauses, und
erhielt den adel von Barbarossa, dem er wider die See-
räuber diente. 2, 130 {räuber 4, 2 sclmusp.); {Berthold,) der
nun sanft auf das grabmal des Stammvaters der Hohen-
staufen niedersank. Arnim 3,469 {kronemcächter \)\ die
notwendigkeit, selbst ein lang andauerndes geschlecht
zu stiften, dessen gefeierter Stammvater ich bin. Keller
5,77; auch: der wisent ist zwar nicht so grosz, wie der
längst ausgestorbene, damals schon äuszerst seltene
Stammvater unseres rinds, der ur, der auerochs. Visen er
auch einer i, 236.
STAMM VERMÄCHTNIS, n.familienvermächtnis: stamm-
Vermächtnis, voto, legato gentilitio, fondatione gentilitia.
Kramer dict. 2 (1702), 905*'.
STAMMVERMÖGEN, «..• 'welches als der stamm von
allem übrigen {vermögen) anzusehen ist'. Campe; eine
auszerordentliche Steuer von einem halben procent von
jedem beweglichen stammvermögen unserer unterthanen.
ösferr. Verordnung ebenda; das angesammelte vermögen
schwand von stunde zu stunde . . ., so dasz zuletzt nur
noch der grundbesitz und einiges in alten landestiteln be-
stehende stammvermögen vorhanden war. Kellers, 321.
vgl. auch oben stamm II, 4, d.
STAMMVERSCHIEDENHEIT, /. Verschiedenheit in der
art ztceier {volk)stämme, auf die besondere art eines volk-
stammes gegründet : wir sehen die neuhochdeutsche Schrift-
sprache durch das gesammte reich herrschend, alle
abzeichen früherer Stammverschiedenheit gewichen, frei-
heiten, die sich noch mittelhochdeutsche dichter genom-
men, unedel und unerlaubt. J. Grimm d. gramm. l-,
vorr. 13. vgl. oben Stammesverschiedenheit.
STAMMVERWANDT, adj. verwandt infolge zugeliörig
keit zu dem gleichen stammt: obwol nun mit dieser bc-
nennung {der deutschen spraclie) treffend alle stammvcr
wandten, auf unsere {)iuda bezüglichen und ihr angehörigen
sprachen ausgezeichnet werden können. J. Grim.m vorrede
zum d. tob. ii ; die gründung des Mamertinischen Staates
in Messana durch stammverwandte räuber. Niebuhr
röm. gesch. 3, 508; so schnell ist bei jungen Völkern der
Zuwachs durch fruchtbare ehe und durch anschlusz
stammverwandter männer. Freytao 17, 46 {bilder i); ein
anderer {theil der Hentler) hatte sich bei den stamm-
verwandten Nordgoten in Skandinavien niedergelassen. 64;
in dem refrain des liedes 'Schlesicig Holstein ineentm-
achlungen' von M. Fr. Chemnitz 1844, .io:
Schleswig-Holstein stammverwandt,
harre aus mein Vaterland.
substant.: Hebels abermalige alemannische gedichte gaben
mir den angenehmen eindruck, den wir bei annäherun;:
von stammverwandten immer empfinden. Göthe22, 73;
sie möchten (rem in unsern kreisen
als stammverwandte sich erweisen. 41, 188.
vgl. auch oben stammesverwundte, m.
STAMM VERWANDTSCHAFT,/., tu dem vorigen gebildet:
eine umfassende behandlung der sagen einzelner städte
würde für die crörterung der stammverwandtschaft des
Volks einen festem grund legen. K. 0. MOi.ler geschichten
hellen, stamme 1, 16; die erinnerung an die stammverwandt-
schaft mit den tlicssalischen Minycrn. 176.
STAM.MVIKM, »i.- stainmvieh, i>ecora ftrrea, das man
beym abzug von einem gut wieder lassen inusz in der ■
gute als man es empfangen hat. Frircii 2,817*'; slainm» j
vieh, Aas invtntarium an vieh. eisernes rieh. Adkluno. p
STAMMVIOLK. /. benrnnung von eheiranthu» eheirL
Nemnich 1,1006, auch goldlaok genannt.
673
STAMMVOLK — STAMMWURST
STAMMWURZEL— ST AMPANEI
674
STAMM VOLK, n., von dem andere Völker abstammen.
Campe : in Asien sind die stammvölker der jetzigen Völker
Europas zu suchen, ebenda ; die Verhältnisse der Bataver
lind ihres stammvolkes , der Chatten. Freytag 17, 33
{pUder l).
STÄMMWALD, m. bei 3. Paul scherzhafte begriffs-
ericeitertmg von Stammbaum {s. oben) : ich habe eine so
besondere liebhaberei für die Harnische, als meine namen-
vettem, dasz ich sogar im Leipziger reichsanzeiger mir
ihren Stammbaum und stammwald bestimmt ausbat
ohne efifekt. 26, 50 (ßegeljahre l).
STA MM WAPPEN, n. %cappen einer famüie. eines ge-
srhlechfs; älter: stammvia.pen, armi i7isegne gentilitie d'una
ffirpe illtistre. Kramer dict. 2 (1702), 905*'; stammwapen
jiocÄ Adelung; dialektisch in derform stammenwäppen
ScHM.^ 2, 755. vgl. stamm \, 2. heute stammwappen , so
.<ichon: stammwappen, insignia gentilitla, wappen so das
ganze geschlecht führt. Frisch 2, 317*; {Bündner^ die das
bergland wie die mit arvholz getäfelte stube ihres vaters
und das stammwappen über dem hausthore kannten.
C. F. Meter Jürg Jenatsch 197.
STAMMWEISE, adv. .- die Dörfer wohnten stamuiweise
auf Rhodus in den drei städten. Niebuhr röm.gesch. l, 332.
STAMMWELLE,/., stammwellen, jji«r., in der förster-
prache tcellholz. welches nicht nur aus reisigt, sondern
auch aus dünnen stämmehen besteht: stamwellen Jacobs-
so n 4, 253''.
STAMMWERT, m. wert, icelcher auf dem stamm einer
Sache ruht: für die zeit, für welche dem besitzer die
nutzungen verbleiben, sind ihm nur die aufwendungen
für solche auszerordentliche lasten zu ersetzen, die als
auf den stammwert der sache gelegt anzusehen sind.
bürgerl. gesetzb. § 995.
STAMM WESEN, n. das (besondere) tcesen des Stammes :
Aristoteles allerdings beachtet das stammwesen so wenig
als Polybius. Niebuhr röm.gesch. 1,340; Forster hat seinem
vaterlande das loos gewünscht , dasz es ihm vergönnt
sein möchte, freiheit und volksthum zu erhalten, ohne
sein stammwesen einzubuszen. Gervinus gesch. des
19. jahrh. 1,315.
STAMMWIDDER, m. icidder, zur zucht verwandt, vgl.
oben stammeber, stammhengst, stammochse, stamm-
rind «. s. w.
STAMMWOLLE,/.: grobe garstige wolle, die man nicht
wohl gebrauchen kan, l^na quae a texioribus rejicitur.
Frisch 2, 817». vgl. oben stammhaar und stammlocke.
STAMMWORT, n., von dem andere uörter abstammen:
Stammwort, radix, primitivtim. Stieler 2578; Stamm-
wort, voce, vocabulo radicale, primitivo, primigenio ö
primo; radice, tema. Kr.^mer dict. 2 (1702), 905*'. (gegen-
sätzlich:) stamm- und abgeleitete Wörter, vocabuli primi-
iivi e derivati. ebenda; Stammwort, vocabulum primi-
genium. primitivum, unde alia derivantur; radix. Frisch
2, 317''; Stammwort Adelung, der einsylbigen Stamm-
wörter allein hat Simon Stevin aus dem teutschen zu-
sammen gelesen bey die 2170. (/«• teutschen sprach ehren-
krantz 217; dabey aber viele gute uhralte teutsche Stamm-
wörter, ob dieselbe schon in Oberdeutschland nicht
bekant , sondern nur in Niederland und Niedersachsen
von alters her und annoch üblich, nicht würden können
übergangen werden. Schottel 159; diese Stammwörter
sind die grundseulen zu allen darauf erhöhten teutschen
sprachgebäuden. 1272; die echte . . . teutsche Stammwörter,
welche meist alle einsilbiges lautes sein, ebenda; ur-
sprüngliche Stammwörter. Gottsched deutsche sprach-
kunst 174; von vielen Worten war keine bestimmte be-
dcutung mehr zu geben, und ihre herleitung wurde nach
verlornen Stammwörtern auf muthmaszungen gegründet.
Winckelmann 6, 327; und dieses fomis ist denn wohl
das Stammwort, von unserm itzt üblichen fimisz oder
vernisz. Lessino g, 482; es lag im wesen seiner (des Ger-
manen) spräche, besonders kräftig den anlautenden buch-
Stäben der Stammwörter hervorzuheben. Freytag 17, 206
(bilder 1).
STAMMWÜRST, /..- denn die charcutiers dürfen alle
arten von wursten machen, nur nicht die altaugsburgi-
«chen stamm- und nationalwürste , namentlich keine
nackte rindeme wurst. W. H. Riehl culturstudien 302.
X. 2.
STAMMWÜRZEL,/. die hauptrcurzel eines baumes, welehe
gleichsam die fortsetzung des stammes in den erdboden
bildet. Campe; stammwurzel, eaulina radix. Nemnich.
vgl. auch oben pfahlwurzel theU 7, sp. 1601.
STAMMZERRISSENHEIT , /. Zerrissenheit eines volkes
in einzelne stamme: trotz der Stammzerrissenheit, trotz
aller biegsamkeit des nationalcharakters . . . trotz alledem
hängt kein volk so an seinem Vaterland als das deutsche.
Raabe chron. der sperlingsgasse 188. dann auch die Zer-
rissenheit eines volkstammes in sich.
STAMMZEUGNIS, n..- ganz richtig geht der verf. von
dem ältesten, gleichsam stammzeugnisse in dem frag-
mente des Papias aus. Lücke in den gött. gel. am. 1842,
st. 122 S. 1219.
STAMMZUCHTBUCH, n. herdbuch. in tPelehem die zur
zucht geschickten thiere verzeichnet werden.
STAAIMZ WIEBEL , /. mutterzwiebel , catdintts bulbus.
Nemnich i,92i.
STAMPANEI, STAMPENEI,/., mhd. stampenie ursprüng-
lich ein tanzliedchen. vgl. altfr. estampie, prov. estampida
eine liedergattung, gewohnlich zurfiedd gesungen, Diez* 576 ;
ital. stampita, stampia, stampite, stampie, pUir. ge-
druckte mährlein . . , gesänge so auf dem marckt herum-
getragen und gesungen werden. Kramer ital. - teutsch
i (1693) 1137», als lehnxcorte aus dem deutschen, denn die zu
sammengehörigkeit mit stampf, stampfen kann nicht zweifel-
haft sein, der takt des liedes wurde von den tanzenden
gestampft, nicht durch einfaches schreiten oder durch
springen zum ausdruck gebracht, der Vortrag des liedes,
soicie der begleitende tanz scheint zumeist einem einzelnen
obgelegen zu haben, es ist also weder an chor- noch an
Wechselgesang dabei zunächst zu denken:
onch sang er wol ze prise
schanzöne und spaehe wlse,
refloit und stampenie. Tristan 2293.
diese ursprüngliche bedeutung des \cortes hat sich nur ver-
einzelt im frühnhd. gehalten :
(Clio) sprach : o jüngling dein dienst sey,
das dien auff teutscfi poeterey
ergehst durchausz dein leben lang, . . .
dergleich auff thön und melodey,
auff fabel, schwenck und stampaney,
doch alle Unzucht auszgeschlossen.
H. Sachs 7, 205, 33 KeHer-Götze.
in einem allgemeineren sinne bezeichnet das wort 'Zeitver-
treib, scherz, tändelei', dann überhaupt 'unnützes thttn,
thörichtes zeug', diese enceiterung reicht in mhd. zeit zu-
rück und findet sogar in der geschichte der oben heran
gezogenen roman. lehnwörter entsprechttngen, vgl. Diez a.a.o.
häufig in umgelauteter form stempenei. (von werÜosen
lehren und Schriften, im gegensatz zu den heil, evangdien •)
und al andre lören, disputation und stempnien, den hei-
ligen evangelien und gschriften wie gemelt, ungemäs.
Anshelm Bemer chron. 5,23,34; so einer ist, do er das
gots wort niemer hört, nur eitel solich stempenyen, von
welichen er sich alles guts versieht, wie ists müglicb,
das er nit auch verfürt werde. Zell bei Schmidt dsäss.
wb. 336''; (in den schulen Straszburgs) soll keinem kind
gestattet werden, bücher zu lernen, darin einich stem-
peney wider unsern heiligen glauben. Schulordnung von 1534
ebenda; vgl.: denn wie kann man aus einem kinde, das
keine sprachkenntnis hat, solche stempeneien heraus-
katechetisieren. Gotthelf l, 161 Vetter;
die mick tut frowen
für aller werlde stampaney.
Osw. V. Woi.KBN8TF.lN 26, 28 Schote;
gedenk, dein herr der werd dir holt,
wenn er von dir sieht solche stampanei. 96, 48;
das sie dan fleiszig band bedacht,
Petrum zä einem feig gemacht,
uf den die kirchen buwen sei
and vfl der gleichen stempenei.
tatiren «. pafqville 2,841, 1681 Schade;
ich han gelesen ein coppey —
merkb was darin gescnriben sey —
für war es ist kein stempeney :
ein ehristenmensch das ander vil vertreiben.
Heidelberger liederhandichr . (pal. 343) 66, 3 Kopp.
in den heutigen süddeutschen mundarten hat sich die eigent-
liche bedeutung des wertes fast noch mehr verflüchtigt:
stempenei. stampenei, gatampenei, unruhiges sich beeilen;
43
675
STÄMPE - STAMPF
STAMPFBUBE — STAMPFE
676
wirre hast; saehe, die mühe tmd anstrengung verursacht.
Schöpf tirol. idwt. 706; stembeneie machen, umstände
macheti. sich weigern etwas zu thun. Schmidt elsäss.
wb. 386''; wo der Choli nitt ortli bariere will und stäm-
peneije am pflueg duet mache, quelle bei Seiler Basler
mundart 277», d. h. sich störrig benimmt, doch der Ursprung-
liehen bedeutung scheint noch nahe zu stehen: noch gab
es viel muthNvillige und schöne stampaneyen, deren ich
ungern geschweige. Mörike erzähl. 2S1, wo dann im ver
folg sich tänzer und Springer auf dem seil zeigen.
STÄMPE, /.. s. stempe.
STAMPE, /. }>dd. md. form von unten stampfe, in
Schlesien kleines trinkglas mit dickem fusz , der kräftiges
aufstampfen verträgt. Wein hold 93». Frommanns rci^ÄCÄr.
4,186. ScHM.^ 2, 759. vgl. üuch unten stamper, stamperl:
bald darauf kam ein schmuckes mädchen mit einer
groszen stampe wein zu mir. Eichendorff* 3, 82; sie
funkte ihr schnäbelchen in den wein, wobei ihre äugen
über das glas weg auf mich herüber funkelten und reichte
mir darauf die stampe hin. da trank ich das glas bis
auf den grund aus. ebenda, deminut. stämpchen, n. .-
lasst in kristallen
den rebensafit fallen,
leeret die stämpchen mit massiger ruh.
SCHERFFER gcd. 88.
STAMPER , m.. entsprechend dem vorigen, in Schlesien
ein stamper schnaps. Wein hold 93»; ebenso in Steier-
mark stamper ein kelchartiges trinkglas. Unger-Khull
.'iBS''. deminut. stamperl, n. {s. auch unten stampferl 2).
l) gläschen für brannticein. 2) löschhom für icindlichter.
ebenda.
STAMPF, m. eigentlich keulenartiges gerät zum stoszen,
stampfen. aM. stamph Graff6, 684; mhd. stampf; mnd.
stamp ScHiLLER-LüBBEN 4, 359». plur. stämpfe. Ade-
lung kennt stampf als fast nur in technischer spräche
noch lebendig, von stampf abgeleitet ist stampfen, verb.
{s. unten), von des letzteren mnd. form, stampen loieder
Stempel und stempeln (*. unten), ett/mologische Verwandt-
schaft besteht zu skr. stambh 'stemmen, stützen', stambha
'pfeiler' und griech. OTEiißot 'durch stampfen erschüttern',
innerlialb des germ. vgl. noch stumpf.
l) in der ursprünglichen bedeutung 'gerät, mit welchem
gestampft wird'.
a) stamph, stampf, ^Za. Dief. 434'*; stampf, als in einer
mtile und öltrotten, tudicula. Maaler 384»; stampf in der
stampfmühU. Schöpf 698; stampf Schm.^ 2, 760; amtsakten
durch den stampf vernichten, ebenda; stampf, stempfei.
Lexer fcämi. w6. 239; auch in Zusammensetzungen : gerste-
st&mpf, linsetstiimpf; loud'nstämpf in der walkemühle.
ebenda, und die ersten zwey reder (der papiermühle)
hetten 18 stempf; der selben stempf lieszen sie vil feiren,
daromb, dasz sie mir lützl papier wolten machen, d. städte-
chron. 1,79,9;
ich stempf do gen tag und nacht,
die haben schier die pfennin^ pracht.
in der mnl sol dein tochtcrlem
von den stempfen das gelt nemen ein.
fastn. tp. 111, 12 Keller.
obacön: (Gottfried Werner von Zimmern.) der vormeint
ihe, waverr es an ime stUende, weit er ir ain stampf
hiein ritten, damit doch die müle nimmer leer wurde.
Zimmtrische chron.* 1,468,26.
b) übertragen 'ein stampfendes bein' :
Jnng, reytz keinn alten in den kamptT
alt ochsen band einen starken stampfr.
Franck gprlchw. 2 (1541), 117».
f) begriffserweiterung 'stampfwerk, stampfmühle' : st&mpf,
alampfmiMe. Schöpf 698; stampf, stampfwerk. Bühler
Dato» 1, US; en ölstampf mit sechs stampf. Schm.*
s, 700. vgl. ttomp, Hampfmühle. Lumtzer Melich deutsehe
lehnteörter in der ungarischen spräche 248. des ersten, dag
der mülbach ausz der Oantraun mit vollem gewalt geen
sol, als er von aller her gangen ist, in der bcachaiden-
halt, dag mülen and stampf genge sein sullen. tirol.
leeitth. *,ao,9; gloicherweis soll auch hinfUron kain mtil,
scbmidten, saag, stampf oder anders, so wassorlaitung
oder wkre haben mneez, auf der getnain gsezt oder gc-
pavt werden ohne vergansUgung oder zaegoben der hrrr-
sohafl. 686, a; das papier, das wir iezo brauchen (gemacht
von alten hadern und haderlumpen, an aigen mülen und
stempfen zu mel und pulver gestosscn . . .). Aventin bair.
chron. 1,373,14. stampf bei den weiszgerbern eine vorrich
tung zum gerben der feile. Sc um.' 2, 760.
3) stampf ein vertieftes gerät, in dem ettcas gestampft wird.
a) stampf, mortarium. Frisch 2,317"; stamf, m^örser,
mortajo, pHa. Schm. cimbr. wb. 235''; stampf, mörser.
ZiNGERLE lusern. wb. 52'*. vgl.: ob du stempfest den torcn
in dem stampf, als renewen die gersten von oben mit
dem stempfei, sein torheit wirt nit abgenomen von im.
bibel 1483. 804''. dem entsprechend ist stampf in rein tech
nischer spräche ein (vertieftes) Werkzeug von eisen, um
gegenstände aus blei oder blech darin zu bilden, z. b. der
bleystampf. Jacobsson 4,252''. Adelung.
b) ein gröszeres gerät, wol von holz, zum bereiten des
schiceinefutters im ländlichen haushält: wer also ausser
dem hof von Ballschweyler an die obgcnannten geröge
(gezöge?) zühet, das mag er wol tun mit disen vier
stückhen: mit einem stampf, einem sybe, einem hehl
unnd mit einem hanen. J. Grimm weisth. 4, 49 (vomj. 1413).
vgl. : item man erkhendt auch meiner gnedigen frauwen
von jeder herttstatt ein garttenhun, und soll das hun
sein, das es von dem herdt uff den stampf gefliegen müg,
und von dem stampf uff die äsen. 29.
4) aus dem vorigen leitet sich wol die steir. bedeutung
her: stampf, ein altes getreidemasz von der grösze eine-t
vierlings. Unger-Khull 569», oder ist an die menge konies
zu denken, \celche jedesmal unter den stampf gebracht
werden kann?
b) stampf 'da^s durch stampfen hervorgebrachte'.
a) entsprechend der passiven bedeutung von Stempel
(s. ttnten), so stampf bei der münze: ein behemsch ist ein
gute müntz, ist gut silber, aber der gemeyn man kent
sye nitt. dorumb so schlecht ein statt ir zeichen doruff,
Ulm oder Augspurg. das zeichen macht jn nitt besser
Silber weder er vor was, es ist aber ein zügnüsz, das er
gut ist. er ist gestempfft, sprechent sye. und also kennet
man sye bey dem stampfF, das sye bewert unnd gerecht
seind, und sye dester lieber nympt. Keisrrsbero postHle
2,38»; bildlich: der zehend pfennig ist der mensch, der
ist gestempfft mit dem stampff und bild der gottheit. 3, 50»;
vgl. : wenn einer falsche müntz hatt, ein falschen pfennig
... so spricht man, er sol nüt, er ist nichts wert, wann
er hatt nit das bild und den stampf der warheit, sunder
der falscheit. Sünden des mundes 25''. hierher auch:
preuszische groschen auf sächsischen stampf geprägt.
LoRi münzrecht 3, 406 bei Schm.* 2,760, d. h. von der gleichen
schwei-e und mischung wie die sächsischen.
b) fuszspur. vgl. oben die active entsprechung unter 1, b.
(bildlich:) dise straf hat (bei den Wiedertäufern) kain frucht
pracht, dann ir vil haben wider in den alten stampff
getretten, sind verheilter darnach worden, dann sie vor
gewessen sind. d. städtechron. 23, 196, 9.
c) im thüringischen sd&mpf ein brei. Hertel thür.
sprachsch. 233.
STAMPFBUBE, m. burs'che. der die rinden- oder loh-
stampfe bedient. Unoer-Khull ateir. wortach. 569». *. awcA
unten stampfknechl.
STAMPFDICK, adj. in niederdeutschen gegenden 'steif,
dick, breiig' im gegensatz zu flüssig. Campe, nd. stampe-
dick brem. wb. 991.
STAMPFE, /. 1) handlung, Vorgang de» atampfena. ein
körper ist in der stampfe, xoird gestampß. Campe, auch
hirse in die stampfe schicken, um sie stampfen st« lassen,
tcird von Adelung ao aufgefa.ttt, gehört aber betaer unter
das folgende.
8) gewöhnlicher, xoie oben stampf, ein gerät tum »tampfen.
a) entsprechend stampf \,a: eine stampfe, ferrum ad
dextram et ainiatram eurvatum mI formam litterae lafinae S
et manubrium habene, ade atta comminuena id quod eon-
tudit, als kraut für das vieh, als rübcn zum einmachen,
als äpfel, woraus man most pressen will. Frisch 8, 817".
b) stampfen in den loh-, walk und papiermiihlm durch
räder gehobene und dann wieder mit tetteht herabfaUendr
Imlken, welche ao die stampf arbeit leititH. Adelung.
Jacobsson 4,858'': es waren sechs stampfen einer Walk-
mühle, die mit ihren abwechselnden schlagen jenes
l&rmen hervorbrachten. Tieck den Quürote^ t, 144 (3, 6);
677
STAMPFEISEN — STAMPFEN
STAMPFEN
678
ei, da mag das mühlenleben
wol des liedes würdig sein,
und die räder, stein' und stampfen
stimmen als begleitung ein.
W. Müller ged. 1 (1868), 9.
c) bei den Steinmetzen stampfe dasselbe wie Jungfer 8, Ar
(ßieil 4, 2, 2383).
3) in begriffservieiterung entsprechend stampf 2. im
appenzellischen stampfe das pochwerk. Tobler 406''; stampfi
Stampfmühle. Stalder 2, 391; aargauisch stampfi 'einrich-
tung zum stampfen: ein groszer balken als stöszel hängt
an einem ziceiten als feder dienenden, wagrecht unter dem
dache des bauernhauses befestigten balken, und vrird mit
der hand in beicegimg gesetzt'. Hunziker 250.
4) stampfe bei den Uhrmachern ein gerät von stahl,
welches einem hineingestoszenen silberblech die form der
uhrkapsel giebt. Jacobsson 4, 252»'. vgl. stampf 3, a.
5) als trinkglas, s. oben die form stampe.
STAMPFEISEN, n. .- stampfeisen, ein eisen, damit man
etwas klein stösset, piloit defer; pistello de ferro. HuLSiüS
(1616) 306*; stampfeisen Campe.
STAMPFEL, m., dasselbe itde stampf l,a, stampfe 2, a
und Stampfer 4 : hinten im gange lag der stampfel, das
ist ein schweres eisen, mit dem man in den boden löcher
stöszt, um die bohnenstangen einzustecken. Pichler
allerlei gesch. aus Tirol 2, 49. gewöhnlicher die umgelautete
form stampfel; s. stempfei.
STAMPFEN, verb., ahd. stamfon nur einmal (bei Notker)
belegt. Graff 6, 684; mhd. stampfen, miid. (md.) stampen
{welches für eine bedeutungsentmcklung des Wortes sich
ausschlieszlich durchzusetzen vermochte, s. unten 6), nhd.
stampfen, vgl. noch an. stappa {atis *stampa) und engl.
to stamp. lehnwörfer sind ital. stampare {auch 'bücher
drucken') und franz. ötamper. über die etymologische Ver-
wandtschaft s. stampf.
l) einen gegenständ mit einem stampf bearbeiten:
a) um ihn zu zerkleinern, stampfen, pilare Dief. 434'»;
stampffen, zerstossen, zu pulver machen, tundere. con-
f andere. Maaler 384*; stampffen, das ist, die hültschen
abstossen, als hirsz oder gersten stampffen, jsisere. ebenda;
stampffen, stossen, piler. pistare. Hulsius (1616) 306*;
stampffen, zerstossen, pistare. (i618) 237''; stampffen, tun-
dere, stossen, piler. Schottel 1421 ; mit dem stempfei
stampfen, pisüllo conterere. Stieler 2120; im mörsel
stampfen, pestare nel mortaio. Kramer dict. 2 (1702), 906'' ;
stampfen, im mörser stossen, tundere in mortario. Frisch
2,317''; stampfen, mit der mörserkeule zerreiben, terere.
ebenda; stampfen, mit füszen treten, als trauben, calcare.
ebenda; stampfen, in der mühle, contunde^-e, als gewürz,
tudiculare. ebenda; im mörser stampfen, in mortario tun-
dere, terere. Steinbach 2, 667; mit eisernen stämpeln
stampfen, ferreis pilis contundere. ebenda; stampfen 'im
oberdeutschen . . . von dem stoszen im mörser, wofür im
hochdeutschen stoszen üblicher ist'. Adelung, gersten
stampfen, hordea pinsere. Maaler 884*; die trauben
stampfen, calcare uvas. ebenda; weinbeer tretten oder
stampffen, ehe man sie auf die kälter trägt, calcare
uvas. CoRViNUS 108»; gewürtz, als pfeffer, 'imber u. s. w.
in der müle stampfen, stampare cioe pestare, infrangere
speciarie. come pepe, zenzebre etc. cella mola. Kramer dict.
2 (1702), 906»; er stampft den samen, semina pistillo con-
terit. Steinbach 2, 667; das getreide mit dem stöszel
stampfen, far pilo pinsei-e. ebenda; er stampft den hirse,
milium tudiculat. ebenda; graupen, hirse stampfen. Ade-
lung; kraut stampfen, es im stampftroge mit der kraut-
■ftampfe stoszend zerschneiden, vgl. ebenda; hal wenn ich
doch die schwarzröcke auf einmal zu pulver stampfen
und in die luft schieszen könnte. Lessing i, 423 {frei-
geists, 4); {der umstand,) dasz gerade das subject und der
provisor giftige bilsensamen in mörsern stampften. J. Paul
51 , 60 {Katzenbergers bader.).
b) um ihn zu ebnen und fest zu macJien. lehm stampfen,
erde stampfen u. s. w. pass. : über das ganze {^drd,)
eine schiebt lehm und kies . . . gestampft. Moltke 2, 292;
die decke des weiten zimmers war mit dichten fichten-
Btämmen gedeckt, auf welche erde gestampft wird. 8, 220.
c) mit finalem object .-
a) Olivenöl (samen) stampfen, stampare etc. olive per
cavarne Voglio. Krämer dict. 2 (1702), 906»; das pulver in
der büchse stampfen, calcare. stampare la carica. 906'';
futter stampfen für die schweine. pass. :
geh, Margarete !
und butter, frisch gestampft, käs auch aus Limburg,
und von der fetten pommerschen räuchergans.
Kleist 1, 398 {zerbr. krug 10) Schmidt.
ß) einen lehmboden stampfen {pgl. obeni,b). pass.:
über dem gestampften lehmboden des weiten hausflurs
stand ein gedeckter tisch mit den holzstühlen. Freytao
8, 112 {ahnen l).
d) absolut: wellicher müllner zu Burgeisz melt oder
stampft nach feirabent, ist die mult von ainem jeden
rad söchs kreizer. tirol. iceisth. 3, 64, 8.
e) in mehr rein technischer spräche:
a) 'prägen, stempeln', doch gewöhnlicher mit umlaut
stempfen (s. unten), bildlich:
lieb und gerechtigkeit die streiten vor gericht,
und eine stampt ihr bild der andern ins gesiebt.
Wernike Überschriften (1763) 119.
ß) die goldschmiede stampfen einen löffel, wenn sie
ihm mit dem stampfeisen in der löffelstampfe die nötige
Vertiefung geben. Adelung; die nadler stampfen, wenn
sie den Stecknadeln mittels Stempel in der tvippe den köpf
ansetzen, ebenda.
y) papier stampfen bei den papiermachem , das fertige
papier glätten. Jacobsson 4, 252''.
2) den als stampf gebrauchten gegenständ selbst durch
stoszen auf den boden oder sonstwie zerkleinei-n :
du lächeltest, wenn dann am pult
die stirn mir wie ein Schornstein dampfte
und ich den kiel, voll Ungeduld
ob einem reim, zu fasen stampfte. Gökingk 2, 46.
8) von menschlichen und thie^isclien wesen, 'mit den
füszen fest auf den boden treten'.
a) von menschen:
«) mit füssen stampffen, conculcare. Maaler 884» ; mit
den füssen stampfen, pedibus deculcare. Stieler 2120;
mit dem fusz auf die erde stampfen, stampare il piede
0 col pie in terra, dare dalle stampate, stampite, stampa-
nate col pii; calpestare forte. Kramer dict. 2 (1702), 906»;
mit den füssen stampfen, supplodere. Steinbach 2, 667;
häufig als zeichen seelischer erregung: man konte ihnen
ihren Unwillen an den äugen ansehen; sie stampten mit
den füszen. Olearius Kerstan, baumgarten 52»; Franz mit
den füszen stampfend . . . zornig ab. Schiller 2, 55 räuber
{schausp.) 1, 3 {scejiar. bemerk.); 'ich sage, nein!' sprach das
mädchen, in dem sie, mit einem ausdruck von Unwillen,
mit dem fusz stampfte. Kleist 3, 317 Schmidt;
da sitzt er {der könig) und starrt leblos auf den grund,
den er zuvor gestampft mit stolzen füszen.
Grillparzer* 6, 109.
ß) mit geicandeltem subject. stampfender fusz u. s. w. :
wenn er {der Schauspieler) nur die allergröbsten äusze-
rungen des zornes . . . getreu nachzumachen weisz — den
hastigen gang, den stampfenden fusz, den rauhen, bald
kreischenden bald verbissenen ton. Lessino?, 15; auch:
es zerrüttet ein fusztritt die mühseligen gebäude der
ameisen, und stampft eine kleine weit in ein schmäh-
liches grab. GÖTHE16, 76 {Werther);
ringsum scholl der grosze palast von dem stampfenden fusztritt
tanzender männer zugleich und schöngegürteter weiber.
Voss Odyssee 23, 146.
/) mit finalem object: du bist auch unter der rotte?
ich will dir das herz aus den rippen stampfen! Schiller
2, 175 {räuber 5, 1 schausp.) ;
kann ich armeen aus der erde stampfen?
wächst mir ein komfeld auf der flachen hand?
13, 196 {Jungfrau v. Orl. 1, 3),
vgl.: später, als sich die aus dem boden gestampften
armeen mit rühmlicher bravour in den tod stürzten.
Fontane krieg sgefangen^ 135.
Si) absolut: wenn wir keine maasz wissen zu halten
im zorn, sondern bey uns selbst ergrimmen, unsere ge-
berden verstellen, fluchen, schweren, rumoren, poltern,
Zähne zerbeissen, stampfen, stürmen, als ob wir halb von
sinnen wären. Sperling Nicodemus quaerens 2 (1719), 286;
er fing aufs neue zu stampfen, zu schimpfen und zu
schreien an. Göthe 19, 58 {Wilhelm Meisters lehrjahre 4, 8);
vgl. : da stampfte der bursche gar grimmig und mit einem
fluche auf den boden. Storm 5,47;
43*
679
STAMPFEN
STAMPFEN — STAMPFER
680
MephittopheltB. dein wesen strebe nieder ;
versinke stampfend, stampfend steigst du wieder.
GÖTHE 11, 77 {Faugt 2, 1).
dazu die seenarische bemerkung: Faust stampft und ver-
sinkt, ebenda.
b) von thieren. so von hnfthieren, insbesondere vom
pferde; auch hier gewöhnlich als zeichen der Ungeduld, des
mutes u. s. ir.
o) mit instrumentaler angäbe: ein herold . . . mit einem
bündel sachen, und den beiden, von Wohlsein glänzen-
den, die erde mit ihren hufen stampfenden rappen.
Kleist 3, 247 {Schmidt), der thätige körpertheil als subject:
von goldmetall blitzte die rüstung des rosses und sein
huf stampfte auf dem linnengewand , das Irmgard aus-
gebreitet hatte. Freytag 8, 177 {ahnen i).
ß) nur mit äuszerem object: es (das rosz) stampfte die
erde und knirschte die zahne, seine mahne sträubte sich
und seine nüstern schnaubten teuer. Brentano 5, 348;
löwe
fluEzpferd und greif erheben sich über die helfte des leibes
aus dem marmor hervor, und stampfen den haltenden marmor.
ßoDMER Noah 3, 209,
eine kaum zulässige dichterische freiheit, einen löwen und
sogar greifen stampfen zu lassen, ein anderes bedenken
hat ScHÖNAiCH : fluszpferd stampfet den marmor, der es
hält; und doch haben wir noch kains von marmor ge-
sehen, das sich gerühret hätte, die ganze ästhefik in einer
nusz 131 neiidr.
y) mit finalem object:
kein wunderlicher volck ist je gesehen worden, . . .
theils, wie centauren, seyn gar hurtig und geschwinde,
theils stampen eine spur im wald' als eine binde.
DiETR. VON DEM WERDER Ariosts rascnder
Roland 6, 61, 6.
9) absolut: das pferd stampfet, equus fodicat. Stieler
2120; das pferd stampfet, il cavallo zappa in terra, egli
stampa, fodica, pesta, calpesta. Kramer dict. 2 (1702), 906*;
ich nem des goszlarischen jungherrn gaul Ramel dar-
für, der kont am berg angebunden, also rammeln und
stampffen, dasz er mit den wolgescherfften hufeisennegeln
ein goldader entblöset. Garg. 20i neudr. ; ich steige kaum
aus dem wagen, so werden die hengste scheu, stampfen
und schlagen aus, dasz mir der gassenkoth über und
über an die beinkleider sprüzt. Schiller 3, 378 (kab. u.
liebe 1,6); aber lange harrte die schaar und ungeduldig
stampften die rosse, bevor das schwere thor sich knar-
rend öffnete. Freytag 8, ii6 (ahnen i); auf dem freien
räum vor der königshalle stampften die rosse. I20;
wie pferd im notstall stampften sie,
wan wir in sasen unterm knie.
FlSCiiART 2, 36 Kurz (flöhhaz 1299) ;
dort trampeln die stampenden klepper , hier klappen die tappen
der rappen. Jon. Franke ird. Hdicon 54;
sieh, ländliche muse, den anger voll finsterer rosse, sie werfen
den nacken empor, und stampfen mit freudig wiehernder stimme.
E. V. Kleist werke 2 (1771), 8 ;
das wilde streitrosz stampft und bebt
und riecht im pulverdampf
die Schlacht. Gleim 4 (1811), 98;
auf der gewässerten
aue brüllet der stier, stampft das gesättigte
rosz. Stolberg 1,6;
die rosse brausen schon und stampfen —
rückwärts sich wende der rachewagen ! 2, 123 ;
und dann erCffneten die schranken sich ;
da stampften pferde, glänzten heim und scbilde.
GÖTHE 9, 136 (Taeio ->, 1);
t'edocb von diesen rossen
;ein einziges wiehert, kein einziges stampft,
sind still, wie aus eisen gegossen.
Heine 2, 469 Elfter;
wild stampfte der bengst und tanzte keck.
Strachwitz 102 Wtinhold;
zu Kostems lager bin lief Rauihs,
scharrt« die erd' und stampfte stracks.
KßcKKRT Firdott 1, 888.
4) intrans. al» mittd oder begleiterscheinung beim gehen,
schreiten, tanzen, laufen u. ». w. an stelle von stampfend
schreiten u. ». w. .- als wann ein galgen voll gestiffelter
baaem bei nacht durch das kot ins dorff slampfTten und
postierten. Oarg. eo neudr.; seh ich solch ein sclilankes
kind, wie es . . . neben dem stampfenden papa und der
schleichenden mama daher trippelt. Lunwioa, 899; auch
lOH einem gferdti
zu fusze schreitet sie heran,
doch ihr zur seite stampft der Perser schon.
H. V. Kleist 2, 48 Schmidt {Penthetüea 4).
beim tanzen zugleich um den takt anzugeben, vgl. oben die
geschickte von stampenei : stampfen als tanzende, supplo-
dere. Frisch 2, Sl?**; über uns weg von iliren tonnen
bliesen und fledelten die musikanten; und um uns her
stampfeten und schrieen die jungen knechte und dirnen.
Storm 5, 22 ;
tanze mit uns in die rund' I . . .
stampfst zuweilen nur ein wenig,
dasz man nicht den takt verfehlt.
Uhland gt'd. (1864) 308.
6) von einer beicegung des schiffes (wol Übertragung
vonS,b) intrans.: ein schiff stampft, tvenn es um seine
Querachse heftig hin und her schwankt, niederd. jahrb. 5, 18;
auch hier die form stampen belegt. Jacobsson 7, 425»;
fallen die schiffe mit dem hindertheil hierbei tiefer ins tcasser
als mit ihrem vordertheil, so heiszt es: sie stampfen auf
das gat. ebenda; die entsprechende beicegung um die längs-
achse bezeichnet schlenkern (theil 9, sp. 638 unter 3) und
schlingern (sp. 741 unter l). das fahrzeug stampfte hinein
und setzte mit schwerem schlag durch die brausenden
wogen, u^erzeit. 1853 nr. 3033 ; das schiff hatte schwere
fahrt, stampfend und schlenkernd und ächzend arbeitete
es sich durch den tumult. Tu. Mann Tristan 239.
6) atts dem gebrauch unter 4 ergeben sich wendtingen
wie einen stampen machen oder lassen, ihn fortschicken,
wegjagen, in denen die mitteldetitsch- niederdeutsche form
utiseres Wortes ausschlieszlich gebraucht zu werden scheint:
man könne solche murmclthier nicht besser abfertigen,
dann man werff jhnen den sack für die thür, unnd lasz
sie stampen. Oarg. 227 neudr.;
ihr wollt die pfaffen all stampen machon,
dasz ihnen die rippen und lenden krachen,
darzu die köpf thun bluten.
Opel-Cohn dreifsigjähr. krieg 233, 84,
woraus sich ein neues trans. entmckelt:
denn ich bin wieder an dem ampt
so ist der heck an galgen gestampt.
Tmieb. Gart Joseph (Stratzburg 1540) E vin.
STAMPFEN, verb.. s. unten stempfen.
STAMPFER, m. einer der stampft. l) von personell:
a) der eticas stampfend bearbeitet: stampffer, stosser,
der in einem mörsel stoszt, pinsor, pistor. Maaler 384";
Stampfer, ^is^or, ein becker. Stieler 2120; Stampfer (neften
Stampfer), stampatore, pestatore, improntatore. Kramer
dict. 2 (1702), 906''; Stampfer, pistor. Steinbach 2, 667;
Stampfer, welcher in einer färberei die bereitung der farber-
röthe überwacht. Jacobsson 4, 252*.
b) der mit den füszen stampft, Stampfer et stampferinn
mas et foemina inquieti. conculcantes , pedibus protru-
dentes. Stieler 2120.
c) einer, der unzufrieden, zornig u. dergl. ist, eigentlich
der tinmutig auf den boden stampft, vgl. stampfen 3, a, a. 8:
meutmacher, schnauber, stampffer, friedbrecher. Kirch-
iioi' milit. discipl. 221.
d) entsprechend stampfen 4: Stampfer, die zu det\ hof-
f/allen nur ah tänzer eingeladenen leutnants u. s. w.
Bauer-Collitz 174.
2) bezeichnung eines pferdes mit (fehlerhaftf) stotMen-
der gangart: Stampfer, etiam dicitur equtts succtts»aior.
Stieler 2120 ; dafür auch hochstampfer (theil 4, 2, 16S3).
8) entsprechend Stampfens: Stampfer ein *cAt/f, irelches
schwer und lieftig stampft. Jacobsson 7, 426*.
4) ein Werkzeug tum stampfen, stoszen : stamper, pistel-
/«.<?. DiEP. 488''; Stampfer, pavicula, tudes, bafttariimi.
Stieler 2120; die diele ist mit dem Stampfer geschl:i;:iMi,
pavitnentum fistuca pavititm . . . est. Comenius sprai/nn
thür 5!>\; Stampfer, doch üblicher dafür stampfe alrr
stämpfcl.AnELUNO; siampfQT.siampfmesser zum zerkleinfin
der rüben. Marti n-Lien hart r/«äM. »p6. 8, 697^ in der
bergarbeitersprache Stampfer ein tcerktetig au» holz oder
eisen, toeldtes die sprengmasse in einem bohrloche feM-
stampft, ein ladestock. Veh 11 bergwb. 46«, dafür stamper.
Jacoiisson 7, 426*; allgemeiner stamper ein eisern insiru-
mont zum schicssen gehörig, qxtelle bei Vbith 468*; ent-
sprechend: stosze mit dem stamper die kugel und proz
ttufs pulver. Wai.i.uadsen des soldat tu fust abc 16.
Btan)|>r(>r in rlner i><ii>iermiihlr- (im getrolff des ralhausee,)
681
STAMPFERIN — STAMPFMACHT
wo alte acten in dicker staubhülle die zeit erwarteten,
in welcher ihr stillleben anter dem Stampfer einer Papier-
mühle enden würde. Frettag 6, 149 (verl. handschr. l).
5) Stampfer zu dick oder steif geratener brei. Marti N-
LiENHART elsäss. \cb. 2, öST**. ^gl. stampf 5, c.
STAAIPFEEIIN, /. zu dem vorigen: stampferinn, piatrix.
Steinbach 2, 667. vgl. Stieler «nfer Stampfer l, a.
STAMPFERL, n., deminut. zu Stampfer.
1) der kleine fusz eines kindes. Klein 2, 167; Vorarlberg.
stampferle B'rommanns zeifecÄr. 3, 401; »^/. Schm.^2, 760;
stampferin die kinderfiisze. Hügel 155».
2) ent^rechend oben stamper. österr. sehdampfarl (da-
nehen schdamparl) kleines trinkglas für starke getränke,
z. b. : a sehdampfarl brändwein. Castelli 232*.
STAMPFERMUHLE , /. papiermühle, tcoiin das papier
mit der schlagstampfe geglättet loird. Jacobsson 3, 610''.
s. auch schlägermiihle {tJieil 9, 415).
STAMPFE ASZ, n. eine vieieckige grübe, in vxleher tinn
gepocht wird. Jacobsson 7, 425*.
STAMPFFÜSZ, m. plumper und dicker fusz. quelle von
1792 bei ÜNGER-KhULL 569».
STAMPFGANG, m. in einer mühle der gang, in icelchem
die kämer nicht gemahlen, sondern gestampft tcerden. Jacobs-
son 4, 253». Adelung, gegensatz: mahlgang (theil e, itö6).
STAMPFGERSTE, /. gerstengraupe. Stalder 2, 391.
STAMPFGESGHIRR, n. wie stampfwerk (s. u.), z. b. in
der Papiermühle.
STAMPFHAMMER, m. bei den gürüern ein hammer.
icelcher die hohlform der knöpfe herstellt. Adelung.
STAMPFHART, m., wol imperativisehe büdung; so scherz-
hafte benennung eines fiohes:
{fiöhe.) welche der hanptman StamQiart ffiret.
Fischart 2, 42 Kurz {fiöhhaz 1533),
jhei jedoch die möglichkeit einfacher analogiebildung zu
inen wie Gerhart, Gebhart u. s. w. zu erwägen bleibt.
c. älterer spräche auch als bezeichnung eines geicalkten
tuches: man erloubt im hüsloden grä
und des viretages blä,
von einem guoten stampfhart.
Skifr. Helbling 2, 73 (seffecAr. /. d. Ott. 4, 43),
wo allerdings ein adj. stampfhart, 'unter dem stampf
hart, fest geworden, geicalkf' voraus liegen mag. vgl.
SCHM.^ 2, 769.
STAMPFHAUFEN, «i. in der papiermülde der häufen
lumpen, welcher auf einmal unter den stampf gebracht
werden kann. Jacobsson 4, 253*.
STAMPFHAÜS, n. haus, in welchem gegenstände gestampß
werden. Campe. aZ^emein^-aZ« «nfenstampfmühle: stampf-
haus das gebäude, worin die farberröthtourzeln gestampft
"i-den. Jacobsson 4, 253».
STAMPFIG, STAMPFICHT, adj. l) mit activem sinne:
stampJicht, inquietus, tumultuosus, et tumultuose. Stieler
2120; stampficht, calpestoso. cioe che calpesta, stampita
w natura. Kramer dic^. 2 (1702), 906''; stampfig, gern
■impfend. Campe; stamptichte pferde, equi calcitrosi.
TiELER a. 0., cavalli campestanti, stampitanti, fodicanti.
Kramer a. o.; stampfichter gang, progressio incitatior,
gradus plumbeus , progressus rusticus, instrepens. Stie-
ler a. o.; ein stampfichter gang, un eaminare calpestoso.
Kramer a. o.
2) mit passivem sinne : stampficht, pactilis, eompactilis.
I lELER 2120.
STAMPFKALANDER, m. eine stampf maschine , ledche
getceben, papier und leder eine gröszere dichtigkeit und
"'ätte giebt. vgl. oben stampfgeschirr und unten stampf-
crk.
STAMPFKEULE,/. mörserkeule. rostocksehe neue gemein-
nutz, aufsätze 1807 st. 23.
STAMPFKLOTZ, m., dasselbe wie ramme 1 (». theü 8,
ap. 76). Jacobsson 4, 253». Adelung.
STAMPFKNECHT, m. knecht bei einer rinden, loh- oder
fatnpfe. UjiGEK-Kav u. ateir. ioortsch. 569*. ».auch
anpfhube.
• i.vMPFLOCH, n. in einem stampfwerke loch de» tröge».
I welches die stampfkeule fällt. Campe; stampfloch, in
i'lz gehöhlt, in der Pulverfabrik. Kahmarsch-Heeren'3,322.
STAMPFMACHT, /..- die riesenmaschinen kamen ihm
lebendig vor, die hauenden rUssei, die unaufhaltbaren
STAMPFMASCHINE— STAMPFWEG 682
stampfmächte und klotze wurden von seltsamen kräflen
und geistern geregt und gehoben. J. PAVhflegeljahreS, 100.
STAMPFMASCHINE, /..- stampfmaschine , tcelche die
köpfe der nähnaddn stanzt. Karmarsch-Heeren^ 6, 215.
im vergleich: die schwere, winde, die säuren sind, so zu
reden, die stampfmaschinen durch die der stof bearbeitet
wird. Lichtenberg aphorismen l, s. 189 Leitzmann.
STAMPFMESSER, n. stampfe, welche, unten mit einem
measer veraehm. da» futter für da» vieh zerkleinert.
STAMPFMÜHLE, /. mühle, tcelche mit dem stampf
arbeitet, vne z. b. die öl-, loh-, papier-. Walkmühle, tm gegen-
satz zur mahlmühle (s. theil 6, sp. 1457), vgl. auch daa ent-
sprechende verltältni» oben unter stampfgang: stampffmüle,
stempffelhausz , pistrinum. Maalbr 384»; stampffioidhl,
moulin au quel on pile des drogues. molino da pistare
ingredienti, medicine. Hülsiüs (1616) 306»; ein backhaus
und mühlen, eine stampffmühl, pistrinum. Comenius fons
lat. 491»; stampfmüle, pistrinum. Stieler 1303; stampf-
müle, mtdino, mala da stampare, pestare e inf ratigere
speeie etc. infrantoio. Kramer dtc^. 2 (1702), 905'» ; stampf-
mühl, mala contusoria. Frisch 2, sn^; stampfmühle Ade-
lung, auff dasz sie {die fische) im lufft recht genug wacken-
steinig erhärteten , unnd wider mit laugen zu miltem,
noch mit stempfTeln unnd stampffmülen, treschem unnd
stockfischklopffern zu erweichen weren. Oarg. 81 neiulr.;
nachmals stampfeten sie es {das getreide) mit einem fall-
block oder fallstämpfel in der stampfmühlen. Comenius
janua aurea linguarum (1644) 402. im vergleich: mit froher
gierigkeit regten sich nun die kinnbacken, dasz man hätte
glauben sollen, das taktmäszige geräusch einer stampf-
mühle zu hören. Mus.\us Volksmärchen 3, 80 Hempd; im
abgelegenen räum auf einem alten groben eichenständer,
da harren sie {die akten) der stampfmühle, da harren sie
der Vernichtung und auferstehung. T. Kroger leute eigener
art 142. übertragen: weil die stampfmühl deiner zahne
{bei Skorbut des Zahnfleisches) in einem morast steht.
Minderer medie. milit. (1634)65. bUdlidi: herausgeworfen
aus dem elysium meiner seligen jugendlichen einsamkeit
in die lärmende stampfmühle der verkehrenden und ver-
kehrten weit. Renzel-Sternau bei Campe.
STAMPFPERLE, /. bezeichnung ganz kleiner perlen,
weiche nicht durchlocht tcerden, sondern in der apotheke
zu heilpulver zerstampft werden. Jacobsson 7, 129; Campe.
stampfperlen, stoszperlen. Nemnich. *. auch samenperle
{theil 8, sp. 1737).
STAMPFRAD, n. .- ain millrad, stampf- oder walchrad.
tirol. iceisth. 3, 134, 12.
STAMPFREITEN, verb. in der »eemannaapraehe von dem
schiff: heftig stampfend vor anker liegen. RoBRiK 658''.
vgl. oben stampfen 5 und Stampfer 3.
STAÄIPFSCHLÄGEL, m. : der fuszboden ist mit einem
stampfTschlägel geestricht. Comenius janua aurea lin-
guarum (1644) 551. in der spraehenthür von 1657 braucht
er dafür Stampfer.
STAMPFSEE, /. in der seemannssprache eine heftige weüe,
tcelche sich gegen das vordertheil eines schiffe» stürzt und
ilim eine stampfende beicegung giebt. Robrik 621''. vgl. dazu
stampfen 5 und Stampfer 3, soicie stampfreiten und stampf-
stoszen.
STAMPFSTEVEN, m. in der seemannssprache ein achter-
steveji. der senkrecht auf dem kiel steht. Bobrik 667''.
STAMPFSTOSZEN, verb. in der seemannssprache von
einem schiff: heftig stampfen. Bobrik 659». vgl. stampfen 5
ttnd stampfreiten.
STAMPFTROG, m., in welchem kraut u. dgl. gestampft
xcird: stampfftrog, une äuge ou semblable bois creuai.
auqttel on pile ou hache bien menu. de chouix. carote» ou
choses semblables. HuLSius (1616) 306»; stampftrog Ade-
lung; stampftrog, tcorin die rüben zerstampft werden.
LiENHART-MaRTIN 2,746''.
STAMPFÜNG, /. handlttng. Vorgang de» »tampf eyi»:
trettung, stampfTung, ealcatio. Dastpodius ; die stampffung,
calcatio. Maaler 384»; stampffung Hulsius (1616) 306»;
stampfung, conculcatio ip»eque actus conspi»»andi et eon-
stipandi, contusio. Stieler 2120; stampfung, ealeametUo,
stampamento etc. it. impronto. Kram er dict. 2 (1708), 906"*.
STAMPFWEG, m. der fu»z»teig. Schm.* 8, 760. vgl.
stampfen 4.
683
STAMPFWERK— STAND (1)
STAND (1)
684
STAMPFWERK, n. werk in einer miihle oder fabrik,
welches stampfarbeit vernichtet. Campe; dann attch eine
solche miihle oder fabrik selbst.
STAN, verb., s. stehen.
STAND, m. status, ordo, 'handlung, ort. art des Stehens'.
Heyne, verbal^ubst. zu stehen, den altem germ. sprach-
stufen fremd, in den Übenden sprachen weit verbreitet, nur
ags. scheint einmal stand (nom. pl. stondas) im sinne 'mora'
vorzukommen, *. Bosworth-TollerOIO*. {mittelengl. Bi&r\d
Cursor mundi leoi, «. Sthatmann-Bhadi.ey STS''; neuengl.
stand bei Shakesp. s. A. Schmidt Shakesp.-lex.^ 2,1111»,
vgl. Skeat 591».) im deutschen ist stand , stant seit dem
H.jahrh. belegt (ahd. stand nur als 2. tlieil von Zusammen-
setzungen Graff 6, 607), und zioar mnd. getcöhulich als
tieutr., s. Schiller Lübben 4, 362V-, mhd. stets als wmsc.
Lexer handwb. 2,1137/. ebenso hoU. stand, vgl. Franck 955.
in den neunord. sprachen : dän. stand, com.; norw. stand, n.
und f. Aasen 744»; ist. stand, n. Cleasby-Vigfusson 587'';
schwed. st&nd, fi. im deutsclien bietet die form zu xceitern
bemerkungen keitten anlasz. {die vereinzelte Schreibung
stände, s. Luther unter 6,f, ist natürlich ohne bedeutung.)
der plur. lautet mit umZaut stände, auch die mundarten.
in denen stand allgemein verbreitet ist. zeigen nur die
durchgängigen und selbstverständlichen lautschioankungen ,
S. StALDER 2,391. HuNZIKER 250. TOBLER 406^ SeILEH
277». SCHM." 2, 765. HÜGEL 155» (stand). SCHÖPF 699 (stand).
ZiNGERLE (stant). Haltrich 88 (stand). Lenz 67''. Mei-
siNGER 181». Schmidt 232. Autenrieth 136 (stann);
Müller-Weitz 233. Pfister 283. Cregelius 804(schdänd).
Liesenberg 204 (schtant). Frischbier 2, 361^. Bren-
DicKE 177'' (berl. schtand); nd. Schütze 4,186. Dähnert
457». TEN DOORNKAAT KOOLMAN 8, 300''.^ ScHAMBACH 208».
WoESTE 253». Bauer-Collitz 98'' (stant). vgl. noch
Wächter 1584. Weigand 2, 795. Kluge^ 875^
l) das stehen, handlung des Stehens.
o) im eigentlichen sinne von manschen, selten: stand, m.
sfatione, stanza, stato, sussistenza. sostegno sH i piedi.
Kramer dict. 2,929"; actus standi. Haltaus 1728. stehende,
aufrechte körperhaltung :
(er) fast mit der rechten band die brüst
und neiget sich wie er wol wüst,
nachmals credentzt er jhn (in) dem stand
dieselbe seine rechte band,
gab sie dem könig, der zuvor
sein band ihm da anboth empor.
froschm. D 2» (1, 1, 2, 289).
(art zu stehen:) sin stant was recht up myt enen oth-
modighen ghebogheden halse, nd. quelle des 15. jahrh.,
». Oerm. 12, 103. im gegensatz zu andern Positionen, beson-
ders zum gang: mit jhrem auffgeblasenen standt und
gang, als wann sie lauter TuUii waren. Garzoni allgem.
schawplatz lOS*" ;
wie ewer gang, stand, dantz, geberden,
ein paradis auf diser erden (machen).
Weckherlin 448 (8. ode 7, «. 227 Fischer).
so im bilde: das leben, besonders das sittliche, hat flug,
dann sprung, dann schritt, endlich stand. J. Paul 36, 26.
seltner den andern unbeioegten körperhaltungen, wie sitzen,
liegen, gegenübergestellt, vgl. Hamann 3,92 unter 8, i, ß.
so auch im bilde:
unsre weit ist scbläge-faal.
setzt sieb wie ein etätig gaul I
wil sie got zu stände bringen,
masz er sie mit teuer zwingen. Looali 1, 27, 91.
i) stand ist im 18. jahrh. JUiufxg als ausdruck der kunst-
hetrachtung in bezug aufplastik und maierei. Jacobsson
4, 264» verzeichnet stand des körpers als modewort. ins-
f/esondere ist es ein lieblingsausdruck Winckelmanns,
von dem es vielleicht Lessino und Herder übernommen
haben {vgl. Behoer Herder u. Winckelmann s. 60). gewöhn-
lieh mit adjectiviachem tusatt, wobei denn stand in die
bedeutung einer besondem art tu stehen, der haltung des
kOrpera im einzelnen übergeht: stand und gebohrdcn an
den alten figurcn sind wie an einem menschen, welcher
achtang erwecket und fordern kann. Winc:kki.mann 1,866;
im rabigen stände, wo ein bein das tragende ist, und
dos andere das spielende, tritt dieses nur so weit surUck,
als nKthig war, die iigur aus der senkrechten linie tu
setzen. . . . den neuem kUnstlem schien ein ruhiger stand
unbedeutend und ohne geist; sie dicken daher dun spie-
lenden fusz weiter hinaus, und um eine idealische Stellung
zu machen, setzen sie ein theil der schwere des körpers
von dem tragenden beine weg. ... wo der räum diesen
stand der beine nicht erlaubete u. *. w. 259; es giebt leiden-
schaften . . , die . . . den ganzen körper in so gewaltsame
Stellungen setzen, dasz alle die schönen Knien , die ihn
in einem ruhigem stände umschreiben, verloren gehen.
Lessing 6,384 {Laok. 1,2); woher kam den ältesten grie-
chischen bildsäulen, jener unbewegte stand, jene gerade
Stellung ohne handlung ? Herder 2, 125 Suphan (fragm. 2, 4).
sogar taufologisch : auf der einen seite erklärt er sich,
dasz die Stellung des Miles Veles gleichfalls nicht voll-
kommen der beschreibung des Nepos entspreche . . : und
auf der andern räumt er ein, dasz der stehende stand
des Borghesischen fechters sich mit den werten des Nepos
eben so wohl zusammen räumen lasse, als der kniende
des Miles Veles. Lessing 8, lll (antiqu. br. 87). in diesem
sinne gebraucht Winckelmann auch den plural: das
schönste nackende der körper zeigte sich hier in so
mannigfaltigen, wahrhaften und edlen ständen und
Stellungen, in die ein gedungenes modeil . . . nicht zu setzen
ist. Winckelmann 1,14; das gewaltsame der Stellung
flieszet aus der ersten eigenschaft {dem geztoungenen);
denn um den gesuchten starken ausdruck und die empfind-
liche andeutung zu erhalten, setzte man die figuren in
stände und handlungen, worin sich jenes am sichtbarsten
äuszern konnte. 3, 221. so dann auch in bezug auf die
Schauspielkunst: wenn in einer heftigen Situation die seele
sich auf einmal zu sammeln scheinet. . . . die glieder alle
gerathen in einen stand der ruhe, um die innere ruhe
auszudrücken. . . . mit eins tritt der fortschreitende fusz
fest auf, die arme sinken, der ganze körper zieht sich in
den wagrechten {senkrechten?) stand. Lessing 7, 17 {Hamb.
dramat. 3). vgl. noch: es {dus vnlde oder freche) hat bey
ihr {der Schauspielkunst) alle das ausdrückende, welches
ihm eigenthümlich ist, ohne das beleidigende zu haben,
das es in den bildenden künsten durch den permanenten
stand erhält. 26 (5).
c) stand bezeichnet das feststehen im gegensatz zum
wanken oder fallen .-
ach, heil und brin^ in bessern stand
das straucheln memer fUszel
F. Gerhardt s. 211, 76 Qödekt.
dabei geht es zuweilen in die bedeutung 'möglichkeit zu
stehen, ort wo Tnan fest stehen kann' Über {vgl. 4):
du hast, herr, unser flehen . . .
nun gnädig angesehen,
suchst unsrer noWnung bahn
und sichern stand zu machen.
Dach «. 626 Osterley.
gewöhnlich mit haben und adjectivischer bestimmting: einen
festen stand haben, haver' un sostegno sodo, saldo de' sttoi
piedi, it. stare saldo, fermo su i piedi. Kram er dict. 2,929";
keinen festen stand haben, non haver fondo terretw.
saldo da potei- consistere fei-mo sit i piedi; vacillare etc.
ebenda, nicht fest stehen können. Adeluno (l, l); ich habe
hier keinen guten stand, stehe hier nicht gut. ebenda (8, l).
er het e feste stand. Hunziker 250. jetzt an einem orte,
z. b. auf einem felsen einen festen, sichern, guten stand
haben.
d) vereinzelt finden sich in diesem sinne verbale fügun;/' ,1.
die gewöhnlich die unter 2 beJiandelten bedeutungen uuj
iceisen. so mnd. dat stand begripen festen fusz fassen,
bei der landung: unde de Denen begrcpen dat stand uppe
dem lande. Korner ieiScnii.LER-LüuuEN 4,dei^{rgl.i.a);
den stand halten ™ fest stehen {vgl. i,b):
wenn er (jgoU) mich auch gleich wirft ins nieer,
so will er mich nur üben
und mein gomUt in seiner gUt
tfowOhncn fost zu stehen :
halt ich den stand, weise seine band
mich wieder zu erhöhen.
F. (iKHiiAKUT «. 88, 16 Qödekt.
e) eine bedetttungsentwieklung , die »ich mUi stehenden
fuszes vergleicht, hat stand in der bair. ioendung bei stand! ^
(ba stand) 'auf der stdle, gleich'. SciiM.* t,766. (da^(9«»||
ist gleiehbedeutende» von standen an B. Waluis Etopu* lötf^
bl. 881<> ■- 4, 7, 16 drttckfrhlrr für stunden, t. dtu.) Vfl,
auch Standgericht r; ' ' rode.
685
STAND (2)
STAND (2)
686
2) stand als Verbalsubstantiv nimmt gern einen prägnan-
teren sinn an und ist dann sehr geicöhnlieh in festen
verbalen fügungen. von menschen gesagt, bedeutet es
dann ein stillstehen, stehenbleiben im, gegensatz zum fort-
gehen, fliehen ; geicöhnlieh vom vnderstand gegen feindlichen
angriff.
a) mnd. dat stand begripen auch in diesem sinne: de
van Meideborch begrepen dat stant unde krigeden mit
den gndemans dre jare. quelle bei Schili-ER-LCbben
4, 362^. da- entsprechende hd. ausdrucJc stand fassen ver-
einzelt bei nd. autoren:
wo etwan ein morast,
und wo ein enger weg, ward erstlich stand gefasst,
bis ein vollkommnes beer, das freye feld zu kiesen,
sich unterstehen dürft'. Postel tf'ittekind s. 54 (3, 304).
dafür seit dem 17. jahrh. auch posten fassen, s. posten 2,a, a,
theil 7, 2023.
b) gewöhnlich stand halten, das mnd. setzt auch hier
den artikel: dat stand holden, s. Schiller-Lübben 4,362'';
im hd. fehlt er dagegen regelmäszig (anders 1, d): stand
halten, stare saldo, durare, tener pie fermo, consistere,
teuer buono, non voltar faccia, non mutar posto. nicht
standhalten: sie halten nicht stand. Kramer dict. 2,929";
nicht stand halten, certamen detrectare; er hältt stand,
adventum altenus sustinet. Steinbach 2,669; stand, im
gegensatz der bewegung, stand halten, stare, non aufugere,
festen fnsz halten, nicht stand halten. Frisch 2, 317",
s. auch Adelung l, 2, a und fusz I, A, 5, c, a, theil 4, l, 979/.
auch mundartlich, Schweiz, stand halte Hunziker 250.
absolut: der feind behielt dadnrch immer frische leute,
und es war zu befürchten, dasz die sechstausend Würtem-
berger, wenn sie auch noch so tapfer stand halten sollten,
endlich aus ermattung würden unterliegen müssen. Hauff
1, 740 Reclam {Lichtenst. 34); die Germanen . . . springen . . .
gegen die reihen der Römer. . . . die reifer der Römer
halten stand. Freytag 17 (bilder l), 97;
so kommt denn her und greift mich an,
ich halte sicher stand, (jöckingk 2, 35 ;
niemand hielt stand, das fliehn war allgemein.
Schiller 13, 226 (Jungfrau v. OH. 2, 1);
nimm mindstens deine Veteranen mit,
die zehn manipeln. sie sind stark genug
im nothfall stand zu halten, bis Sever
mit hülfe nachkommt. Gkibel 7, 52.
mit dativ:
haltet mir nur stand,
strausz mit euresgleichen
ist mir kindertand. Chamisso 3,173 (,don Quixote);
als die Latiner aus Lavinium
nicht mehr dem stürm der feinde hielten stand.
Uhi-and ged. (1864) 379.
bildlich vom wortstreit: ich hielt ihm stand, und focht
mit ziemlicher heftigkeit. Göthe 16, 94. auch dem tode
stand halten:
unverrtickt in glied und reihe hielten wir dem tode stand.
W. MÜLLER ged. (1868) 8, 100.
t angäbe der \caffe:
als wie ein held in seiner band
geschwinde kriegespfeile trägt, %
sie aufT den starcken bogen legt:
schnellt losz und hell mit ihnen stand.
Oprrz p». 127, 4.
'jertragai • der graf Platen hat mir doch noch viel zeit
gekostet, da man mir mit prozessen drohte, und ich . . .
beständig schlagfertig mit daten und witzen standhalten
muszte. Heine 3, 208 Elster. — stand halten steht häufiger
in freierem sinne, zunächst mit bewahrung der sinnlichen
bedeutung (nicht fliehen): aus schäm muszt' ich stand
halten ; mich von ihm (dem prinzen) los zu winden, würde
die vorbeygehenden zu aufmerksam auf uns gemacht
haben. Lessing 2, 137 {Em. Gal. 2,6); ohne einer frage
stand zu halten, eilte er fort. Pichler allerlei gesch. aus
Tirol 1,108; dann auch ohne diese; einem blick, einer
frage stand halten, sie ermdem u. ähnl.: lange genug
hielt die heldin stand (hielt an sich). Schiller 3, 404
(hab. u. liebe 2, 3) ; ich selbst . . . vermochte es nicht, dem
durchbohrenden blick stand zu halten, der unter den
finstern augcnbranen blitzewerfend hervorschosz. 4,338;
sie sah ihn dabei fast düster an, aber Hauke hielt ihr
tapfer stand. Storm 7, 168;
du siehst so ernst, geliebter! deinem bilde
von marmor hiermocht ich dich wohl vergleichen;
wie dieses gibst du mir kein lebenszeichen . . .
ich suche dich, du suchst mir zu entweichen;
doch halte stand, wie dieses kunstgebilde.
GöTHB 2, 6 (ton. 4) ;
sie sah nicht auf vom werke,
tiielt keiner frage stand;
sie stickte ihren namen
schwarz in das weisze band.
W. MÜLLER ged. (1868) 1, 138.
schmerzen ertragen:
wie hält die kSnigin in ihrer marter stand?
A. Gryphius 1, 164 (Cath. r. Georg. 5, 19).
so zugleich mit der eigentlichen bedeutung: o herr Jesu,
der du vor mich am stamm desz creutzes einen unbe-
weglichen und festen standt gehalten. J. M. Meyfart
d. himnU. Jents. (l630) 2, 197. bei einem stand halten, bei
ihm bleiben, fest zu ihm halten, ihn nicht verlassen : gute
biszgen gemessen machet starck beten können, gibt gut
vertrauen und Willfährigkeit bey gott stand zu halten.
Olearius pers. rosenth. 87» (7, 20);
wer ihn den herren lieht . . ,
bey diesen hält er stand. Opitz p*. 97, 6.
in weiterer Übertragung wird stand halten dann auch mit
unpersönlichem subject gesagt in verschiedenen nuaneen:
kein ruf, kein rühm hält weiter stand ;
selbst Faustens name wird verdunkelt.
Göthe 41, 96 (Faust II, 2) ;
dasz die idylle bei näherer betrachtung stand und stich
hält , freut mich sehr, an Schiller 171 ; soll ich dir alles
gestehen Fiesko ? dasz nur mein laster meine fügend be-
wahrte . . . nur bis hieher meine grundsäze stand hielten ?
du . . . nimmst deine Zuflucht zu Julias bluL hier ver-
lassen sie mich. Schiller 3, 124 (Fiesko i, 12); diese sanft-
muth war keine larve — sie hat auch dem tod stand
gehalten. 504 (kab. u. liebe 6,7); aber auch diese muth-
maszung hielt nicht stand. C. F. Meyer Jenatsch 183. —
*. au^ch unten standhalten, -halter.
c) stand halten kommt erst im il. jahrh. auf; die spräche
des 16. jahrh. sagt dafür stand thun, xciderstand leisten (be-
sonders oberd.) : seind die von Nürnberg hinansz gefallen,
mit schlechter rüstung . . ., vermeinten auch villeicht,
der margraff wurd jnen nit stand thän noch yr erwarten.
Fran c K cÄron. (l53l)2l8*; die Franzesischen eidgnossen
hättid gern ein stand getan in der vorstat. Anshblm
.Bern«r cÄron. 4, 449, 25; da ereüt er sie, und wiewol sie
vermainten, ain vortaü zu haben, und zu der wehr sich
stallten, so kunten sie doch kein standt thuen und fluhen
gleich widerumb. Zinwn. cAron.^ i, 200, 28; damit thetten
die Gallischen föszknecht auch kein stand. Stümpff
Schweytzer chron. (1606) 96*;
diese history zeiget an,
bösz sey, dem sterckem stand zu than.
Ayrer 2223, 9 Keüer.
ungewöhnlich ist die coTvstruction :
wolt einer bringen die würm umb.
so musz er mich vor fragen drumi)
und müst mir vor ein stand auszstehn,
dasz jhm sein hochmuth würd vergehn.
ich wolt gern den holden schauen,
der mir wolt oder meiner trauen
mit streiten etwas gwinnen an. 1104, 4.
mit adjectivischer bestimmung : die Römer bekanten auch
dasz sie keyn hefftigem streit noch hertem standt nie
gethon betten. Carbach Liv. 70*; dieweil wir jetzt in
letsten nöten seyn, so ist das höchst dasz jhr starck-
mütig seyt, dann wir müssen ein hartem stand thun,
auff dasz wir frey unnd sicher leben, buch der liebe 203».
zuweilen harter stand auszerlialb dieser construction : (da-
durch tourden) alle beistender des apt Haldreichs der-
massen erbittert, das sie nit nachlassen oder weichen
wolten, bis die feind geschlagen . . . weren. theten darauf
ain ernstlichen angriff. ... als nu herzog Berchtolt den
ernst und grimmen, auch den harten stand des apts
und seines anhangs ersähe . . ., begab er sich ... in die
flucht. Zimm. ehron.^ 1, 79, 14.
d) harter stand begegnet daneben in einer bedeutung,
der dasselbe bild des kampfes zt* gründe liegt, aber mit
verschobener beziehung (im, anschlusz an 1, c); es bezeichnet
eine läge, wo man schwer stehen, widerstand leisten kann, wo
man hart bedrängt tcird. »o ganz vereinzelt in neuerer zeit:
687
STAND (2)
STAND (2)
688
bis ich dich wiederschaue
nach manchem harten stand.
Umland ged. (1864) 229 (d. j. könig 1).
so wol arich in freierer Verwendung : wenns zu solchem
liarten stände und zügen nicht körnet, so schmecket uns
gottes gnade und hülffe nicht. Luther 16, 267, 17 Weim.
ausg. (tfH lat. text: extra pericula sua gratia non est dulcis).
in neuerer zeit ganz geicöhnlich in verbalen fügungen.
ein harter, schwerer stand, stato duro e difßcile. Kramer
dict. 2,930"; icohei schwer noch häufiger als hart i>f. vgl.:
hernach heiszen die verdrüszlichen umstände, in die
jemand gerathen kann, auch ein harter, ein schwerer
stand, er wird einen schweren stand haben. Gottsched
beobachtungen (1758) 277. in der eigentlichen bedeutung vom
kämpfe seltener: weil er nun nachricht bekam: dasz
hertzog Ganasch . . . mit dem Germanicus einen harten
stand hatte, liesz er ihn . . . versichern: dasz er ihm
durch einen anfall in der Römer rücken bald lufft machen
wolte. Lohenstein Armin. 2,2*7^;
seht hin ! gewahret die bedrängnisz
um unsrer neiden felsenwand.
die nächsten höhen sind erstiegen,
und würden sie den pasz besiegen,
wir hätten einen schweren stand.
GÖTHE 41, 279 (^Fauft II, 4) ;
nnr mit dem Geszler furcht ich schweren stand,
furchtbar ist er mit reisigen umgeben,
nicht ohne blut räumt er das feld.
Schiller 14, 335 (Teil 2, 2).
meistens in übertragenem sinne, doch ioird die grundvor-
stellung noch empfunden : du wirst einen schweren stand
bekommen, 'icirst viel zu leiden, viel hindernisse zu über-
toinden bekommen', das war ein harter stand. Adelung
(2, 2, o); einen schweren stand haben. Eiselein 576; er
hat einen schweren stand, ist in miszlicher läge. Hetzel
icie der Deutsche spricht 298. belege : es wird ihnen der
härteste stand seyn, wie sie der gräfin . . . begegnen wollen,
wenn diese in einem neuen aufzuge kömmt, und sie
sich in einem unveränderten zeigen müssen. Moser patr.
phantas. 8, 7; ich hatte mit Marianen einen harten stand;
ich überredete sie, ja ich kann sagen, ich zwang sie . . . an
ihren liebhaber zu schreiben. Göthe 20,97 (W. Meister 7, 8);
Adelh. er ist zum bischoff um lebewohl zu sagen, fräu-
lein. er hat darnach noch einen schweren stand. 8, 63
{Götz V. B. 2); ich habe heute ohnehin mit ihrem oheim
einen schweren stand gehabt. 21,202 {wanderj. l.li);
wer seines herren vortheil rein bedenkt,
der hat in Rom gar einen schweren stand.
9, 126 {Tasso 1,4);
den schwersten stand hatte man bei der jungen gräfinn
(um ihre eimmüigung zu erreichen). Schiller 4, 242. das
verblassen der eigentlichen bedeutung von stand zeigt die
loendung: ich empfinde schon, dasz ich einen schweren
stand zu erdulten habe, und wer weisz, ob ich nicht
mein leben hierbey aufopfern musz. Plesse 3, 55. auch
andere synonyme adjective kommen vor : einen schlimmen
stand haben. Gottsched 546'»; grade diese (adligen), da
sie die unrettbarkeit des alten einsahen , waren dem
neuen zugewandt, und diese hatten den schlimmsten
stand. Eichendorff 19, 14 JToc/i; die Staatsbeamten, die
dem kaiser von Österreich . . . treu dienen, findest du
nicht, mein söhn, dasz sie einen gefährlichen stand
haben? Kleist 4, llO, 17 E. Schmidt (kat. der Deutschen 14);
tief und ernstlich denkende menschen haben gegen das
publicum einen bösen stand. GÖthe 22,281; ferner:
und wer sich dort sein probejahr befand,
bat in der weit gar einen eignen stand. 8, 189.
auch solche von entgegengesetzter bedeutung, einen leichten,
guten stand haben : wenn man in liebe und freundschaft
glücklich ist, dasz unser herz in der weiten weit nichts
zu suchen braucht, so hat man mit den menschen einen
guten stand, anfrau v. Stein 2, 178 (81. märz 1788).
«) an die bisher behandelten Wendungen aehlieut ntJi
ferner an zu stände bringen, «t»f» stehen, tunärhst ein
feindliche» heer tum haltmachen und zur tchlacht zwingen:
(vereinzelt mit artikfl ) endlich brachten sie unsere armee
zum stand, erhielten von ihnen (gewannen über sie) einen
blutigen sieg bey Allerheim. Sin^. sehr. 8, 847, 7 (Spring-
intf. 19); denn als sie endlich den foind aulTgesachl und
sa «tande gebracht, wagten lie mit demielben eine
Schlacht. Wiedemann gefangensch. jan. 6; aber die k&yser-
lichen Hessen es darzu nicht kommen , sondern sie er-
tappten ihn (den türkischen groszvezier) bey Sicklosz, und
da sie ihn den 12. augusti daselbst zu stände gebracht,
drangen sie dermassen auff ihn, dasz er abermahl den
kürtzcrn ziehen muste. aug. 44. auch, das eigne, in der
flucht begriffene heer zum anhalten und xciderstande be
wegen: dieser (Orassus) brachte die Römer wieder zu
stände , und die Teutschen wurden völlig in die flucht
geschlagen. Mascou 1,24; Arminius that . . . sein äusser-
stes, sie (die Teutschen) wieder zu stände zu bringen, und
die römischen schützen fiengen schon an, vor ihm zu
weichen. 94; aber Cerialis brachte die Römer wieder zu
stände, und das glück unterstützete seine tapfferkeit der-
gestalt, dasz er . . . die feinde in die flucht schlug. 131.
— jetzt wol auch einen Verbrecher zu stände bringen,
festnehmen (vgl. auch 3, f). — in abgeblaszter bedeutung,
leide zu einem zweck auftreiben, beschaffen (an 3, t ange-
lehnt f): dieser unglückliche verfall brachte den compa-
renten nicht ab, der flüchtlingin nachzusetzen, vielmehr
sprengte er in's nächste dorf, um sich zu verstärken,
er hatte mühe, wegen der feldarbeit, ein paar männor
für geld und gute worte zu stände zu bringen. Hippel
2, 302 (lebensl.). — ein unbändiges pferd zu stände bringen,
zum stillstehen: wie ein unbändiges pferd, welches man
änderst nicht zu stand bringen kan, bisz es durch streich-
len und pfeiffen in den nothstall gebracht, hernach in
allen vieren wird angefässelt und fest gehalten. Phi-
i.ander 1, 689. (in anderm sinne s. 1, a.)
f) stand thun mit dem unbestimmten artikel begegnet
im 16. jahrh. in gerichtlichem si7ine : einem einen stand
vor gericht thün, consistere cum aliquo in iudicio, con-
gredi alicui. thü mir ein stand mit der klag selbs.
Maaler 384*; antwortet der ein baur: 'fraw, sind jr
nit auch ein hür?' die fraw herwider mit scheltworten
an bauren hin: 'du laur, du schelm, darumb müszt du
mir ein stand thän; ich wil dich desse nit erlassen'.
Wickram rollwagenh. 20,4 Kurz (vgl. Wander 4,774, 64).
so auch: der (wind gottes) blaaszt wo, wie, und wann
er wil. ein yeder mäsz seinen stand darumb thän, unnd
nicht mir, sonder seinem herren rechenschafift geben.
S. Franck verbüthschiert buch (1559) 404''.
g) Jiie^-an schlieszt sich die toendung : stand des rechten,
pro Ute. controversia forensi et contentione iuris. Haltaus
1719, vgl. dazu rechtsstand, theil8,tölf., und unten 5, e.-
als seyn syndici herrn principaln zum nohtfall, und
wann die dinge zum standt des rechten kommen sollen,
jhre und gemeiner stadt frey- und gerech tigkeit ... zu
deduciren erbötig. urk. v. 1595 bei Haltaus 1729; dasz
dero vorfahren gegen bürgermeister und rath dergleichen
zubehaupten, sich iemahlsz angemasset, oder zum standt
rechtens kommen lassen, ebenda (urk. v. 1660); dass er-
meldter rath und ihre nachkommen diese gerichte ... zu
ihrem besten gemessen und gebrauchen, darbey aber schul-
dig seyn sollen, selbige, wie es gegen uns und im stände
rechtens zuverantworten, zu administriren. ebenda (urk.
V. 1673), auch bei Kamprad Leisnigker chronica (1753) 133».
Haltaus bemerkt noch: 'hodie: im stände rechtens ist
damit nicht fortzukommen, exceptio haec fragilis in con-
tentione iuris non valebif. stand, vom gericht und um-
ständen desselben, wie vor alters, ding, mahl, sache.
Frisch 2, 318» (too für drey stand tiatürlich stund tu
lesen ist); s. auch Adelung 8 (Campe 4) und gerichtsstand,
tfieü 4, 1, 8678/ die genaue bedeutung von stand ist in
diesem ausdruck nicht deutlieh; theilweise »eheint die local*
(s. unten 4) zu gründe tu liegen.
h) gütlicher, freundlicher stand in der SUertn »praeM
bedeutet 'Waffenstillstand, frieden$»tMu»t , güOieh« bd-t
legung eines streites' : stand, eettaüo, iniermittio. «tMpei»>|
sio, pro anstand, »aep« de treugi» et indueii» guerrarum,l
Haltaus 1729; in dem guUichin stant dasc wir gemaohitf
hatten, urk. v. 1887, *. ebenda und Horh geseh. Friedriek»\^
de» »treitbaren (Leiptig 1788) 676; nachdem vormals
zwischen den parteyen die das berurct ein fride andl
gütlicher standt biss uff Urbani schierstkunftig boteidinget
gemacht und dabey aussgedmoket ist das in solicher
zeit des friden ein gütlicher unverpundor lag . . . solt«
gesucht . . . worden sein. t«r*. vom 81. märt 1461, ». fonii»
689
STAND (2. 3)
STAND (3)
690
rer. Äusfr. 2,20, s. 16. so mnd., ä.Schiller-LCbben4,362''/-
(frnntlik stand in einer urk. v. 1396); dar wart to twen
tiden upgenomen gutlik stand, d. städtecliron. 7, 394, 18
{Magdeb. schöppenchron. zti li,55); to deme ersten vor-
droghen se sek eyndrechtichliken des daghes . . . do hßven
de dedingheslude an van der heren weghene van sunte
Ylien {Ägidien) , \vu den in dessem ffruntliken stände
ghedrenge unde wald glieschege. 16, 72, 1 {Braunschw.
pfaffenh. zu 1414). häiißger sind in diesem sinne die zu-
sammensetzungeti anstand (l, s. theil l, 473/. und Halt-
aus 43/. ScHiLLKR-LÜBBEN 1, lOö^f. Lexer handwb. 1, 79)
und bestand (9, *. fheil i, 1652 mtkZ Haltaus 148/ Schiller-
LÜBBEN 1, 285*. Lexer handwb. l, 224). — selten stand
allein in diesem sinne: als ihnen (den Sachsen tmter herzog
Otto) von desz keysers {Heinrichs IV.) leuten ein verdäch-
tiger stand aufT etliche monat angebotten war, antwortet
er: wir begehren entweder einen gantzen frieden, oder
gar keinen. Zincgref apophtJiegm. (i&m) \,91 , tcofür die
ansg. v. 1626 u)id v. 1639 1, 134 anstand lesen.
3) stand uird auch von dingen gesagt mit verschiedenen
bedeidungsn uancen .
a) das bestehe?!, die datier: wie eine jede handlung und
begebenheit fünf theile und gleichsam stufTen hat , den
anfang, den fortgang, den stand, die abnähme und das
ende. Winokelmann 5, 210. so in älterer spräche ver-
einzelt im stände sein, bestehen, datiern:
wie dasz der könig hett ein grosses frewdenfest
darinnen {in Bamaecus) angestelt, . . .
und dasz ein jeder aucn, er wer auch wer er were, . . .
da könte sicher stehn, und ziehen ausz und ein,
so lange dieses fest im stände würde seyn {per tutto il
tempo che la festa dura).
DiETR. V. D. Werder ArioH 16, 15, 8.
so atich von der gelttmg von münzen: alse lange dat de
penninge eine stedicheit und ein stand hedden. d. städte-
cliron. 7, 308, 23.
b) stillstand, ruhe, im gegensatz zur betcegung:
damit in vier und zwentzig stunden
. . . die gantz kugel (des himmeh) sich wend. . . .
und das ohn alle ruhe und stand
wie solchs geordnet gottes hand.
fro,9ehm. Ee 5« (2, 3, 2, 107).
c) das bestehenbleiben, erhaltung, rettung vor drohendem
untergange: die lieben heiligen . . . patten got umb stant
dieser stat. d. städtechron. 3, 148, 21. so atich mit persön-
lichem stibject:
wem ist etwas gedient mit unserm stand' und heil?
Lohenstein Cleop. 1, 337.
so ferner: der die grosse weit
hat in ihr wesen bracht, und in dem stand erhält.
A. Gryphius 1, 436 {Papin. 4, 338).
d) tcährend diese gebratichsweisen nur ganz vereinzelt
bezetigt sind, ist stand in diesem sinne allgemein üblich
tmd sehr gewöhnlich in den Verbindungen zu stände bringen
tmd kommen, die seit dem 17. jahrh. nachweisbar sind.
stand bezeichnet darin die reale existenz oder die vollen-
dtmg gegenüber der Vorbereitung oder einem blosz gedachten
oder beabsichtigten dasein, so ztmächst: eine sache zu
stände bringen, retn conficere; sie wollen den frieden zu
stände bringen, jpacem ad exitiim, perducere terttant. Stein-
bac» 2, 669 ; etwas zu stände bringen, 'es zu den gehörigen
grade der volllcommenheit brijigen, oder auch ntir fertig
machen'. Campe (l); viel anfangen und nichts zustande
bringen. Adelung (1,2,5); berl. zu schtande bringen.
Bren DICKE ni^. belege:
' disz lob' ich hier zu lande,
dasz mancher seinen wünsch so bringen kan zu stände.
P. Fleming 168;
j 80 wäre es eine sehr nützliche arbeit, wenn man diese
I knnst {die 'verntmfftkunst des wahrscheinlichen') zu stände
brächte. Ch r. Wolfe vernünfft.ged. v. gott{ll20) s. 219 (§ 402) ;
dasz der mann würcklich glaubt, es sey die theologische
f.irultät nicht allein, die dieses werck zu stände gebracht
habe. Lichtenberg nachl. 31; obgleich Hooke . . . das
' rste Spiegelteleskop, nach dem früheren Vorschlag des
■rogory, sorgfältig zu stände bringt. Göthe 54, 45; so gibt
I {Netcton) sich abermals sehr ernstliche mühe , den
gcgnem zu zeigen, wie sie sich eigentlich benehmen
müszten, um das experiment zu stände zu bringen. 57;
11 körper vom geist aus zu verderben — ha! ein original-
rkl — wer das zu stand brächte? Schiller 2,58
X.2.
{räiiber 2, i schatisp.); der mensch brachte hier etwas zu
stände , das mehr ist , als er selbst war. 3, .580 ; die an-
ziehung der elemente brachte die körperliche form der
natur zu stände. 4,50; ich stand mit stillem antheil an
der Werkstatt meines vaters und freute mich, wenn ich
ihm helfen und etwas geschickt zu stände bringen konnte.
Novalis 2, 149 Meiszner; ich habe doch schon so manchen
köpf auf der tafel zu stände gebracht, woran weder in
den umrissen noch in den lichtem und schatten etwas
falsches . . . gefunden werden mochte. Wackenroder
herzenserg, 45; ich habe schon briefe gelesen von erbosten
weibern geschrieben: kein mann . . . könnte ein solches
arsenal von nadeln mit vergifteten Widerhaken zu stände
bringen. Vischer auch einer 1, 91; dieser... brachte es
nie zu stände, so wenig wie sein eigenes, so auch nur
der allernächsten wohl und wehe bei seinem treiben zu
bedenken. Storm5, 88. in nachlässigerer redeiceise auch:
Diez und seine gute frau denken mit angst, dasz sie
wieder gehen, und er sinnt und betet, wie er eine armen-
kinder- und gesindeschule zu stände bringen und sie da-
bei festhalten könne. Brentano 9, 130. vereinzelt mit in:
hier mache das Vorspiel . . .
und bringe das haupt-werck der wollust in stand.
Günther 927.
e) in der älteren spräche mit artikel, icobei zuiceilen die
sinnliche bedeuttcng des Stehens, aufgerichtetsein^ noch deut-
lich ist: zum stände bringen, rizzare, drizzare, indirizzare.
Kramer rfic^ 2,929"=; einen bau zum stände bringen.
ebenda; zum stände bringen, pe>-ficere, absolvere. Frisch
2,318*; nachdem man gesehen hat, dasz etliche . . . per-
sonen . . . dasselbe . . . zum stände gebracht. Bodmer neue
crit. briefe (1749) 147 ;
so langt auch mancher weiser mann
ein gutes werk zwar frölich an
und bringt« doch nicht zum stände.
P. Gerhardt s. 217, 18 Gödeke.
verstärkt durch eine synonyme wetidung:
und was du denn erlesen,
das treibst du, starker held,
und bringst zum stand und wesen
was deinem rat gefällt. 185, 23.
{vgl. dazu c zu ende.) — sehr auffällig ist die fügung
mit dem plural : entzwischen Hesse ich zu gewinnung der
zeit den verlangten legitimations-brieff zu ständten richten.
Abele künstl. unordn. 1,231; ich . . . nahm Urlaub, des
erbietens . . . den aufgezeichneten letzten willen, durch
meinen Schreiber sauber abschreiben und zu ständen
richten zu lassen. 2, 328.
/) als passiv bezw. intransitiv dazu dient zu stände
kommen, 'den gehörigen grad der Vollkommenheit erlangen'.
Adelung (1, 2, a), wozu Campe (l) hinzufügt: 'und auch
fertig werden, zur vrirklichkeit kommen, vor sich gehen' ;
schtceiz. z' stand chö. Hunziker250, berl. zu schtande kom-
men. Brendicke 177''; wollte ich mich noch jetzt nur
einigermaszen weiter darüber erklären : so käme sicherlich
auch dieser brief nicht zu stände; und der soll doch zu
stände kommen. Lessing 12, 424 {an mad. König d. 10. jan.
1775); wie der bischoff sah, er rieht nichts aus . . ., kroch
er zum kreuz und war geschäftig dasz der ^vergleich zu
stände kam'. Göthe 8,6 {Götz v. B. i); als das werk
fertig war, denn es kam zu meiner eignen Verwunderung
wirklich zu stände. 24, 225 {dicht, u. icahrh. 4) ; diese un-
glückselige heirath darf nun und nimmermehr zu stand
kommen. Schiller 14,136 {neffe als onkel i,i); bis dasz
die Sache {reparatttr eines hattses) zu stände kömmt,
möchte ich wohl ausziehen. Immermann Münchh. 2, 125
(3, 10) ; auf diesem wege sind sehr schätzbare und in der
that unentbehrliche samlungen zu stände gekommen.
J. Grimm tlieil l, vorr. xxxvi ;
wir wagen,
was seit erschatTung dieser weit noch nie
zu Stande kam. Schiller 5, 1, 9 (dorn Karlos 2, 9).
g) doch .^agt man auch bei persönlichem, stibject mit
etwas zu stände kommen, ^cas mit etwas zu stände
bringen vollkommen gleichbedeutend ist: man sagt auch:
nun bin ich damit zu stände gekommen: oder endlich
habe ich diesz geschafft zu stände gebracht. Gottsched
beobachtungen (1758) 278; mit etwas zu stände kommen,
damit fertig tverden, es fertig machen, vollenden. Campe (l);
44
691
STAND (3. 4)
STAND (4)
692
nd. to stände kamen w&rmit. ten Doornkaat Koolman
3,300*; ein unternehmen, was Avirklich so schwer ist,
dasz wir uns nicht getrauen, damit zu stände zu kom-
men. BODE Thomas Jones 6, 1*6 (b. 17, kap. l); jezt wollte
er {Karl F.) in seinem kloster zwey uhren so stellen,
dasz sie nie von einander abwichen, und kam nicht
damit zu stände. Schiller 4,94; gott gebe ihm (Oörres)
die gnade mit seiner riesenarbeit, der sagengeschichte
aller Völker, ... zu stände zu kommen. Brentano 9, 187.
ohne solche bestimmung : auf diese art werden wir nie-
mabls zu stände kommen. Adelung (l, 2, b).
h) danach auch womit zu stände sein, fertig: warum
setzen sie sich nicht einstweilen in eine ecke, bis ich
mit meinem anzuge zu stände bin? ThOmmel reise 4, 257;
Wurm, unterdessen . . . werd ich hingehen, und den be-
wuszten liebesbrief aufsezen. präsident. . . . den er mir
zum durchlesen heraufbringt, sobald er zu stand seyn
wird. Schiller 3, 427 {kab. u. liebes, \); denn ehe noch
der herzog von Parma mit seiner brücke zu stände war,
arbeitete schon in den mauren Antwerpens ein ingenieur
an ihrer Zerstörung. 9, 55.
t) in neuem österreichiscJien quellen findet sich zu stände
bringen auch in dem sinne 'zur stelle, herbeischaffen' .- auf
einem aste desselben (des baum>es) sasz ein rabe und
betrachtete wohlgefällig einen . . . von der strasze auf-
gelesenen tombaknen pfeifenbeschlag ... da schlitterte
ein steinwurf an dem aste, . . . meisler dieb . . . flog auf,
während seine beute in dem straszengraben in einer
pfütze versank ; ein barhäuptiger, bloszfüsziger junge . . .
sah dem vogel nach, es war ihm offenbar ein ungeheures
vergnügen, den unredlichen finder ertappt zu haben, aber
dem 'zu stände gebrachten' gegenstände forschte er gar
nicht weiter nach. Anzengruber' 4, 202; er . . . ward in-
dessen von der behörde telegraphisch zurückbeschieden :
sein Verlust {von amerikanischen geldcertifi^aten) sei allein
dadurch zu ersetzen, dasz die certificate in natura wieder
zu stände gebracht (Österreicher deutsch , briefmarder-
Kalabschen angedenkens !) würden, didask. 21. sept. 1872.
4) stand geht dann in die örtliche bedeutung über, der
sich schon einzelne der behandelten gebrauchsiceise nähern,
und bezeichnet den ort, wo jemand oder etwas steht.
a) so zunächst ganz eigentlich und allgemein: standt,
ein ort da man stehet, oder gestanden hat: item stehen
kan. HuLSius 306»; stand, locus stabilis, statio, ein ort,
da man zu stehen befugt ist. Schottel 1421 ; locus, ubi
quis vel quid stat. Frisch 2,317"; vgl. Adelungs; stehe-
punkt Schütze 4,186; stelle Dähnert 457''; stelle, platz.
Frischbier 2, sei''; folgends wie er also' stund, macht
er ein storckenbein unnd gambade auff eim fusz, kehrt
sich zur lincken, und traff allzeit eben den vorigen stand.
Garg. s. 364 netidr. ;
ein jeder bleib auff seinem stand,
und beb empor die rechte band,
und schwer also, froschm. Ji 7».
stand eines beobachters; das bild erscheint verschieden
je nach dem stände des beschauers u. ähnl. von dem
platze der Spieler in einem Schauspiel : da gend si zu dem
swertfeger, Engimar . . . und die andern pauren peleiben
an ir stant. fastn. sp. 426, 86. — seinen stand an einem
orte haben. Campe (l), vgl. l,c; hC hed dftr sin stand.
TEN Doornkaat Koolman 8, 800». lo<;um dare, tribuere,
ein ort oder stand einräumen. Corvinus fons lat. 870».
— vom posten eines heerführera in einer schlacht: hertzog
Ganasch, welcher als ein vollkommener fcldherr nirgends
beständig blieb, sondern stets für seinen stand erwehlte,
wo die gefabr am gröstcn war. Lohen stein Armin. 2, 249'';
{sodasz) hier aber Censorinus mit drey tausend Römern
einen neuen stand über dem Sieg-strome erhielt. 860''. —
im vergleich, der bedeutung 6 sich nähernd: bisz die fol-
genden {phüoaophen) nach und nach etwas darvon onzogon,
and die rednerische weise, gleichsam als von einem hohen
•Umde, in die gemeine art und forme herab geführet
haben. Opitz v. d. d. poeterei $. lo neudr.
b) beaondert jedoch in tpeeielleren gebrauchetoeieen : alBin(\,
hierantor wird ventanden : i) der ort, wo bey dem Scheiben-
•obiessen angMtwiden wird. Heppr uxMr.jäger ass"; vgl
•obleszfUnd, theil 9, 68 und Aueluno (8); überhäuft platt.
vom wo ou» guchotten wird; a) die ttelU. weicht boi waU-
oder feldtreiben jedem schützen angeioiesen mrd; 3) 'der
platz, den ein schütze zum, anstände oder ansitze sich gewählt
u,nd eingerichtet hat'. Behlen 5, 672, ebenso Kehrfin
ireidmannsspr. 280 (3 und 4), schieszstand Hunziker 250.
Schöpf 699. belege: und darnach am montag nach aller
heiling tag (8. nov.) da namen etlich hantwerkmaistcr für
sich ein schiessen zu machen . . . und der stant was
wo und 75 schrit hinter sant Johanns über das wasscr pei
dem see . . . der zeugmaister Hanns Coler . . . liesz in den
stant mit pretern verwetten, d. städtechron. 10,257,17,22;
im stechen verlor ers nimmer, es wer dan die senn zer-
stochen, verruckt oder zerprochen . . . oder der stand war
uneben. Qarg. 285 neudr. ;
wie ich solchs von jhnen vernahm,
vor dem schiessstand ich gar bald kam,
und zeigte solches an den schiitzn,
die ich sah auEf den ständen sitzn.
Fbrber armbriistscMefmen tu Dretzden
(1610) L Ito ;
also zoh man mit dem gewin,
bis vor der schützen stände hin. 0 1».
bei der jagd: er beschlosz daher, die jagd wirklich mit-
zumachen, jedoch sobald als nur möglich sich zu ent-
fernen, und . . . den oberjägermeister ... zu ersuchen, dasz
ihm der entfernteste stand angewiesen werde. Immer
mann Münchh.\,\Q\ (2,7); {im bilde-)
was ging'st du so weit,
und zielst jetzt nicht, da du den stand genommen,
vor dir das auserles'ne wild? Shakesp. Q/mbel. 3, 4.
so wol auch: weilen ... in solcher herrschaft forstmaisler
. . . mit pirsten noch richten {naeh dem glossar 'aus
reuten' — f eher fallen, dehnen legen, s. richten B, 2, c, /?,
theil s, 81b) . . . nicht berechtiget, als solle der hieryber
betrettende . . . die pirsten und richtung genomben, zum
gehorsamb gebracht und alle findende stand und riebt-
steller aufgehöbet . . . werden, tirol. loeisth. 4, 247, 17 {hand-
sehr. V. 1766). ähnlich ganz vereinzelt: und deine vigent
die selben werdent dich umbgeben mit einem geschüft,
oder bohverck . . . oder mit einem schantzgrabenn, das
ist do einer sein stantz oder stand dorhinder hatt das
er sicher stot. Keisersberg postill 3, 69». — jetzt auch
die stelle des ablaufs beim rennen. Sanders 3, 1171" (l, cc).
c) der feste platz, den jemand in seinem dienste oder
berufe hat: dennen Wächtern die gemessen scharpfe
auflag zu thuen dasz sie die wachtstunden an dennen
ordentlichen stauten und zu rechter zeit allerzeit fleissig
auszruefen. steir. taid. 528,18 (17. jahrh.); so jetzt bei der
marine kommandeur-stand 'in das erdtoerk eines küsteri-
icerks eingelassener eiserner türm, als Standort des kom
mandeurs im gefecht und bei schieszübungen' . Zugführer
stand, s. Stenzel seemänn. tob. 39"''. — die lastträgcr, die
an verschiedenen platzen ihre privilegirten stände haben
und nur erwarten, bis sich jemand ihrer bedienen will.
Göthe 28,259; so auch: 'stand, die stelle, wo der gauner
oder bettler in kirchen, bei processionen, an festtagen, messen
und mÄrkten und im theater posto fastt und von seinen
kameraden leicht zu treffen ist, um zur etwa erforderlichen
beihülfe herbeigerufen zu loerden. stand stehen, bei solchen
gelegenheiten posto fassen, betteln'. Ave-Lai.lemant 4, 610.
vgl. standjunge.
d) der feste platz eine» Verkäufers, bude. besonder» auf
markten: einen d seinen stand haben auf dem marcki,
(krämer-stand, marckt-stand), Jiaver la sua po»ta, posto ö
.ttazzo sul mercato o la stama dove stä a vendere ordi
nariamente. Kramer dict. 8,929"; der stand eines krämers
auf dem markte. Adeluno (8); offener verk<n{ßti.<tch.
LuBOER 7, 474. auch mundartlieh weit verbreitet: 'stand,
eine bewegliehe krambude, mestbude, atteh eine kleine un
bewegliehe bude, dim. stände!. Ost. Ph. FJlls.].' Klein 2, 167;
»chwei». bewegliche krambude. Stalder 8, 891; marktbude
HUNZIKER 860; ebenso in Wien HOobl 156», tirol. krfuner-
stiind Schöpf «99, i» Rappenau 'Verkaufsbude auf dem
Jahrmarkt, der kirehweihe', Meisinobr 181', we»tertr. 'der
ort, wo der krämer auf dem markt «mn« woart feil hat,
e» »ey nun unter freyem himmei oder unter minom zelte oder
einer brttemen bude'. Schmidt S8S, he»». Crbcbliis 804.
». aucA krämerstand (th. 6, soos), kramstand (6,9016). markt-
stand {th.i, 1066). es hat auch ain riohlcr in sant Laurenzen
marck von ainem iedea stant oder hUlton und laden uu88e^
693
STAND (4)
STAND (4)
694
halben der stat alle märckt zwen kreatzer. tirol. weiath.
i, 489, 37 (u7n 1500) ; die kaaff- und tuchleute sollen ire stennd
und laden nit zu bedecken, lands&rdn. v. Tyrol (1526) hei
Schöpf 699; und hat der herr Wastel den tantzmaister
abgebn und so künstlich tantzt, dasz der stand hett mögn
einfalln. tintenfilszl A 7* ; als den andern tag in langen
reihen von kaufläden der Jahrmarkt aufging, vor allen
ständen schon die leuie, lobten und tadelten, boten ab und
boten zu. Hebel 2, 187; 'wem gehört . . . dieser rubel? ge-
hört er euch?' fragt er jeden krämer an jedem stand. 188;
so gebt dem Soldaten auch seinen imperial zurück, oder
man petschirt euch euren stand mit lattnägeln zusammen.
189; wir wollen hoffen, dasz das aufhören der markte
unter freiem himmel nur dann erfolgt, wenn die erbauer
der markthallen ganz mäszige, amtlich festgestellte preise
für die stände in ihren markthallen anzusetzen sich ver-
pflichten, neue preiisz. zeitung 1872, nr. 102, s. 2^; in einer
luftigen halle an der Ribnica haben die fleischer ihre
stände aufgeschlagen. Hassert reise durch Montenegro \i\
uff dem marckt nimpt er {der gauUer) ein standt,
syn kunst ist gemalt an lynen lachen,
den dryackers (fheriak) gibt er zu versuchen.
Murner narrenbeschw. s. 177 Spanier (56, 26);
so tcol auch:
ob yemans wolt hie zünfftig werden
durch mütwil und sein böszen berden,
das ich ym ordnen sol ein standt. geheimem.'^ vorr. 16 ;
so lange ich gedachte möhmlein (kröten) haben konte,
so bedorffte ich auch keines äffen oder anderer seltzamen
thier zum stand, die närrische leut herzuzubringen.
Simpl. 1,386,17 (4,8). im bilde: die spinne webt ihr netz,
und schlägt gleichsam wie ein krämer auf dem Jahr-
markt ihren stand auf, so sie doch nichts feil hat.
Hebel 3, 35; *. auch standbude, -gebühr, -geld, -krämer,
-zoll.
e) die eigentliche Vorstellung des Stehens hinn dabei voll-
ständig mtfgegeben werden, sodasz stand auch die feste
stelle, wo jemand sitzt, bezeichnet (s. auch Ferber unter b).
so besonders vom platz in der kirche, s. auch kirchen-
stand (i), theil 5,811 f.: seinen stand haben in der kirche
(kirchen stand), haver la sua posta, luogo, seggio in chiesa.
Kr.\mer dict. 2, 929°; der kirchen-stand, certus locus aiidi-
torii in templo quem quis habet pro se vel suis. Frisch 2, 317'= ;
der stand hat viele bedeutungen. erstüch heiszt es . . .
eine stelle in der kirche. ich habe meinen stand gegen
über der kanzel. Gottsched beobachtungen (1758) 277;
seinen stand auf dem chore haben. Adelung (3). mund-
artlich s. Schröer 207*» {Zips); westeric. 'der einem jeden
durchs loos angeiciesene platz in der kirche, kirchenstand
{nicht -sitz), denn an manchen orten sind keine sitze'.
'"'CHMIDT 232; oberhess. kirchenstuhl Crecelius 804; nd.
Schütze 4, 187 {Hamburg, Altona). Klein 2, 167 {Harz);
jjieusz. 'stand in der kirche, fester Sitzplatz in einer
kirehenbank, für den man eine jährliche miete zahlt'.
Frischbier 2, 36i**. belege: was von den stenden und ge-
stüelen in den kirchen, welche an jemands erben von der
kirchen heimfallen und zu vorleihen zustehen sollen, . . .
eingebracht wird, evang. kirchenordn. des IG.jaJirh. 1, l, 558''
Schling {Alt-l>resden 1558); desz herren doctoris Aegidii
Hnnnii sei. mutter traumete auff eine zeit wie sie in der
kirchen in ihrem stand sässe. Hammer ro5en^. (i654) 411;
fränlein Cousine hielt sich während der leichenpredigt in
einem vergitterten stände auf. Hippel 8, 87; im bilde:
nehmen diese {naturwissenschaftliche interessen) mehr über-
hand, so möchten die dichterstände im tempel des
deutschen ruhms ziemlich leer werden, und mancher, der
jetzt die ewigkeit in stolzer ruhe abwartet, sich genöthigt
sehen, wieder vor die thüre zu treten. Lichtenberg 4, 194.
vgl. auch standstuhl.
f) in älteren quellen (l4. — 15. jahrh.) auch sonst von
festen {sitz)plätzen, die einem an officidler stelle von amta
wegen zukommen: uffn donnerstagk vor Thomae (14. de-
"■mber 1475) ungefehrlich lissen die vier rathmanne vom
•Je umb tag werben, die lange zeit in ihren heusern
^^sitzen musten, so wart inen tag gegeben von ihren eydt-
nHlinossen, die von Innungen und gemeinheit sassen uff
l^^pn rathause, wiewol billich gewest were, das die viere
l^^vm tale und auch der kemmerer Peter Nawman in
l^^ken gekornen stenden gesessen helten, als die andern
■
Spittendorff 168. für das heutige sitz (3, th. 10, l, 1211 f.):
also dasz er der auszgezogen, dem auszziehenden stand
(9, b, >?), ohn mittel underworffen, nicht stimm unnd stand
in reichs versamblungen . . . hette. reichstagsabsch. 324
{Augsp. 1548). die reihenfolge der platze gibt zugleich die
rangabstufung der inhaber an, sodasz sich bei stand selbst
die neben Vorstellung des ranges bezic. Vorranges leicht ein-
stellt: in welcher herlikeit des hoffs zu Nuremberg ein
uneinikeit erstund zwischen dem bischoffen Eystet und
Wurms, dem ertzbischoff zu Meintz zustende, des stantz
und siezung halben der oberkeyt, ... als ir itlicher meinet
nach seinem ertzbischoff zu sitzen, aber Conrat, bischoff
zu Eystet hielt, wie er und sein stifft von alter her ge-
freyt weren da zu sitzen, aber Wurms neigung het vom
bischoff von Meintz. aber durch Gebbhart von Hirsperg
graff ward der erst stand dem bischoff von Eystet zu-
teylt. d. sfädtechron. 3, 273, 29—274, 4; dann auch von dem
platz beim gehen, bildlich:
'nu sint die uiht an ir stat,
die ze vordrist selten gän,
als sie wol gehoeret an . . .'
'wennes kaemen üf ir stant' «. ». w. Teichner 9;
gemeiniu wlp. da ist niht an
aehein guot, niur sünde und schant,
imd kriegent dannoch umb den stant,
dag einiu vor der andern gät. 117.
ähnlich vielleicht zu verstehen: ich halts gewis dafür, die
heilig schrifft sey im ersten stand bey uns. Luther l, 159'*.
g) stand bezeichnet nicht nur den platz des einzelnen,
sondern auch zusammenfassend den platz zum stehen für
eine menge {vgl. oben b). so noch dem Charakter des thätig-
keitswortes nahe stehend:
de du (gott) redst ein grusam sag
und warntest vil vom iüngsten tag,
wie die schaff zur rechten handt
und die geisz den lincken standt
vor gottes urteil würdent ston.
Murner narrenbeschw. 7, 20.
eoncreter von einem besonders hergerichteten {steh) platze :
se. majestät hatte mir diesen verlauf so übel genommen,
dasz er beim herabtreten von dem erhöhten stände der
fürsten mich, der ich allein auf dem freien platze davor
stand, ignorirte. Bismarck ged. u. erinn. 2, 122. in älterer
zeit besonders von schaugerüsten , tribünen bei tumieren
u. ähnl. : fori sunt etiatn tabulata, e quibus ludi spectan
tur, das gerüste oder stand, darauff man einem spiel
zusihet. CoRViNUS /on« lat. 255*; zu dem wurden schran-
ken, wie sich zum kempfn gehurt, zuegericht, zu beiden
selten stent, auf den die romisch künigin mit irem frauen-
zimmer und andern frauen und junkfrauen zu sehen, und
auf den andern der graf von Anholt mit andern vil graven
und herren darzue verordent sein solten, gemacht, alle
mit gülden tüchern und köstlichen tapecerein behangen.
Wilicoltv. Schaumburg (1507) 157 Keller; {bei dem turnier)
hett man heyser und stent gemacht, darinnen fursten
und herren, ach die frauenzymmer stunden, quellen zur
gesch. des bauernkrieges in Oberschwaben s. 166, anm. 5
(Thoman Weiszenhomer hist. 1533).
h) weiterhin bezeichnet stand auch einen aufenthaltsort.
von vorübergehender wohnung, quartier, herberge: do er
seinen knechten befalhe das sy . . . in {sich mit) stant
und herberg fürsähen also lang bis er wider zä in kam.
decam. 597, 5 Keller (10, 3) ; mit dem daz nachtmal eyn
ende het, der künig mit seiner geselschaft auf zu rosz
sasz , . . . von dann in den küniglichen stant reytt.
(516, 20 (10,6). {unklar, ob hierher gehörig: ein sclave lieff
aus gram von seinem könige weg . . . eine zeit hernach,
als der unmuth des sclaven vorbey, und er zu seinem
stände gekommen war, gieng er wieder nach seinem
alten herren. Olearius baumg. &1*> (4,15).) militärisch,
vgl. Standlager (?):
zur Steinbrfick lagen wir am stand,
hatten newiich bezwungen stet, bürgen und land.
LiLiENCRON hist. volkel. 4, nr. 615, 4.
später in geistlicher spräche, hier mit dem sinne eines
dauernden aufenthalts- oder Wohnortes:
hie ist der engel land,
der selgen seelen stand.
P. Ukkhardt 1. 144, 74 Oödeke.
44*
695
STAND (4)
STAND (4)
696
(Lessing 9, 172 toird besser in der bedetitung 6, t, /3 ver-
standen, s. das.) der begriff des dauei-nden besonders deut-
lieh ausgeprägt:
ich bin ein gast auf erden
und hab hier keinen stand. 284, 8 ;
ähnlich: sie {die Men) rufen: gestern war's an mir,
heut ist's an dir !
hier ist kein stand, kein bleiben hier.
Chr. Fr. H. Sachse begräbnUlied 'wohlavf,
wohlan zum letzten gangl' (ev.-luth. gernngh.
f. Schlesw.-HoUt. 493), »tr. 9.
{der bedetttung C nahe kommend .)
aber ewig sein gestellt
zu des herren rechter band
bleibt ein auserwählter stand.
hannov. gesangb. 308, 7.
die letzten gebrauchstceisen stehen der verbalen bedentung
noch nahe; ähnlich auch das in älterer spräche vereinzelt
begegnende stand (ge)haben , sich wo aufhalten : wo die
töchter oder Schwestern ... an demselben ort, da si ver-
heirat worden, oder andern orten nit stant gehaben
mügen, ... so soll und mag die oder dieselben zu irem
vater . . . widerumb einziehen, tirol. weisth. 4, 725, 11. —
bildlich: Deutschland, bey der alten zeit
war ein stand der redligkeit;
ist jetzt worden ein gemach,
drinnen laster, schand und schmach . . .
andre völcker abgelegt. Logau 1, 121, 18.
t) stand unrd femer in beztig aufthiere gesagt, so zunäcJist
von den abtheilungen für das einzelne stück vieh in stallen,
besonders in Pferdeställen. Lukger 7, 474: ein stand im
stalle für ein pferd etc., jyosta, stanza d'un cavallo in
istalla. Krämer rftc^ 2, 929"; ein stand im stall, wo ein
pferd stehen kan, locus in stabulo pro equo. Frisch 2, 317«,
s. auch Adeluno (3); stand ist der für einzelne pferde
oder ganze gespanne durch breiter oder bäume abge-
schiedene räum. Reuter 2, 310 {anm. zu der unter sländer-
pfosten mitgetheilten stelle), belege: item adi 11 deczeniber
(1512) in meinem stall czween stennt und mit neben-
wentten czu machen. Tue her haushaltb. 95 Loose; item
adi 13 deczembris (1516) von meinem rosztal die 3 stenntt
new czu solen, 8 taglun, dafür 80 i^. s. 139; die Venediger
solten, wie die ross gestellt wurden, die stendt der ross
mit roten und weissen stainen underschidlich pflastern.
Volksbuch V. kön. Friedrich {Augsburg 1519), s. zeitschr. für
d. alterth. 5,266; pferd-stall, ist ein gebäude, welches mit
raulTen und krippen versehen, und in gewisse stände ein-
getheilet ist, darinnen die pferde ausser ihrer arbeit be-
deckt stehen, gefüttert werden, und ruhen können. Zincke
öcotwtn. lex. ^ 2198; hui macht der rüpel äugen, wie er
den leeren stand der mähre sieht! Mörike erz. 258;
was beobachtet er {der cavallerist) beim herantreten an
ein wirklich böses oder tückisches pferd? beim betreten
oder verlassen des Standes eines solchen pferdes ruft er
ihm laut und drohend zu. instrtictionsb. für den cavalle-
risten^ {Hann. 1876) s. 48;
ich war ihm noch zulezt aus stall und stand gesprungen.
Abschatz schertz-arabschr. «. 66
('da- edle schecken').
8. auch Standbaum (1), -pfosten (2).
k) bienenstock; so in Basel. Seiler 277»; stand der
bienen, in loco debito et apto. Overbeck bienenwb. 79.
l) stand, latibrdum, gite, bey der jägerey der ort, wo
sich das wild aufhält. Jaulonski 746**, ebenso Zincke
öeon. ter.* 2800. Eooers 2,976; stand ... 2) das dicket, in
welches ein wild sich gerne stecket. Hephk icohlred.
jag. 28&^; 'der fheil einer xraldung , wo eine wildgaftung
fieh vorzugsweise gern auflUilt'. Hehlen 6, 672; 'stand /ja ^
dtu edeUcüd in einem reviere. wenn es eine längere zeit
hindurch darin angetroffen unrd'. ebenda; 'ort, wo roth ,
dam, reh- und »chuartwild und das zur hohen jagd ge
Mrige federwUd »ich oß und beständig aufhält'. K eh rein
«wtdfiumnMpr. 280 (1), i'jrMager(ll) uru/ lug, theil6,66. 1866.
w »eit dem iR.jahrh.: es soll sich auch ain icder, der
holz hawcn will, . . . dermassen verhalten, damit dorn
wilHpret an seinen stendcn und dem federwildfprel an
ircn aspen kain Verhinderung bcschche. tirol. \ceiath.
S, SHi.is {handschr. v. IA6I); crstliclicn sollen die 8 forster
denen anderlonen . . . aine puechcn zue span aaszzeigen
... an eolchen oK alwo dem gwild der stand nit ver-
derbt wlH. tteir. taid. w, 5; an aincm solchen ort der dem
gwild nit schädlich und an ihren stand nit hinderlich
ist. 23; es ist von allen wilden thieren bekannt, . . . dasz
selbige gegen abend sich aus ihrem bette, lager und
stände aufmachen, bey und nach der sonnen Untergang
aus ihrem stände heraus, und auf die freyen örter ziehen,
allwo sie ihr geässe haben, mit anbrechendem morgen
aber wieder nach ihren stand eilen. Döbels, 119»; es
hat derohalben ein fleisziger weidemann . . . der wilden
thiere und vögel stand und retirade . . . sehr nöthig zu
untersuchen. 120'>; dasz man wisse und in acht nehme, wo
der Wechsel, wandel und stand des roth- oder schwartz-
wildprets sey. 172»;
eins morgens gieng ich ausz zu pirschen
nach hasen.-hmden, reh und hirrschen, . . .
fund doch des wildes stend all lehr.
H. Sachs 1, 2861' {vom j. 1534) ;
sowie ein wild vorm männlichen leun
Hiebt und der Icu verfolgt es mit drüun;
es wählt im dickicht den engen stand.
RÜCKERT Firdofi 3, 154.
vgl. standthier, -wild. — besonders vom hirsch: stand
eines hirschen im gebüsche, locus vel latibulum cervi in
sylva. Frisch 2, 317<^; 'stand, (Jäger) der ort, ico sich die
hirsche oder auerMlme in der pninst und palzzeit oft
spühren und antreffen lassen, sie haben ihren stand allda,
saget man'. Jacousson 4,253*"; stand des hirsches, l'arrit.
l'assiette, le Mdsson du cerf le Heu oü le cerf se repose. wenn
der hirsch auf die brunft tritt, hat er keinen gewissen
stand, der hirsch hat seinen stand verändert, le cerf a
quitte son assiette. stand des schwarzwildprels, la demeure.
Wn^KKiA.Jiandh.fürjäger3,6lS; der hirsch geht in sein
standt, sucht sein rhu. M eurer v. forstl. oberherrligk.
(l56o) 87»; die gute und schwere des gehörns erfolget auch,
so sie gut aus dem winter kommen, guten stand und
geäsze gehabt. Döbel 1,6''; von des edlen hirsches wände!,
stand und Wechsel, es verändert der edle hirsch seinen
stand nach den Jahreszeiten . . . der hirsch, wie auch das
wild, hat zwar im frühlinge seinen stand noch tief und
weit im walde. 12'"; überhaupt von ihrem stände zu
melden , wo die hirsche sich einmal gewöhnen , ihren
winter- frühling- sommer- und herbst-stand zu haben, da
pflegen sie fernerhin solchen zu halten. 14» {vgl. herbst-
stand, theil i, 2, i073, sommerstand, /ÄetZ 10, 1, 1558); die-
weil ... die clends-thiere und hirsche . . . auch in groszen
brüchen ihren stand und Wechsel haben. 20''; vgl. auch
26» {von 'i7idianischen hirschen"). 3,172'';
da wir gester gesehen han
ein schön hirschen in seim stand.
Ayrer 2, 1073, 26 Keller;
der hirsch verändert seinen stand,
und springt in ein verzäuntes land.
Hagedorn 2, 30 {fab. 1, 18);
80 wie ein sichrer hirsch aus seinem stände setzet,
wenn ihn im dicken forst ein wilder pfeil verletzet.
Zacharia 70 {renomm. 4, 14.^V
m) so auch von vögeln, besonders jagdbaren {s. auclt
unter l): 'stand heiszt der aufenthaltsort des federwihlf.-'
der hohen und mitteljagd' . Behlen 5,672; twi einzelmi'.
von auerhähnen, s. Jacobsson unter l: zur faltz-zt.il
nimmt der bahn seinen stand, wo er schon ehemals
gefaltzet, gerne wieder, und zwar meistens in den re
vieren, wo rothbüchen- kiefern- und lichten-holtz stehet.
Döbel 1,44''; weidmännisch vom auerhahn und huhn zu
sprechen: der auerhahn hat seinen stand, ist der ort
seines aufenthalts. 45''; es {das uuencildpret) steht vor-
züglich gern in weitläufügen nadelhölzern, . . . doch giebt
es auch gegonden , wo es in hiubhölzerii stand hält.
WiNKELL handb. für Jäger \,'AW, von fasanrn , hier eine
art ans hrettern oder ähnlichem hergenchtetes hätischen:
die eintretende balzzoit fesselt sie schon an den für sie
gewählten stand. 872; in dem garten, oder bey den
Zwingern, werden auch zwey bis drcy kirrungen oder
stände gemacht. Döbel l, 141». — stand ... 8) wo ein raub-
geflüg sich zu abends einschwinget. Wv.vvv. icohlr jäfi^'r
288''. *. auch Kehrein weidmannssjn- . 2«o. im ein
nidi eorum {nccipitrum) dicuntur, stände. CoRVlNi
lat. 119''; reigor-stund, .tylva rt nrbores ubi anieae nun
ficant. Krisch 2, lU"«, iy//. reihersland, M. 8, 062. ». /«fier'i
slaiidbaum (8) und Standvogel.
fi) ungewöhnlich von fischen: hicrbey Ist . . . nnzu-
mercketi, dasz in koIoIioii hoch die llüche. ein icder nach
097
STAND (4)
STAND (4. 5)
698
seiner art, ihren besondern stand, und ein iedes ge-
schlechte fische ihr besonderes lager haben; also, dasz
iede sorte sich besonders zusammen retiriret. Döbel 4,100*.
so wol auch zu verstehen : und wann ain ruettn-vischer
{angler) auf ainem weg, da ain segenzug ist, vischt und
ainen visch findet oder sich meld, so" soll der segen-
vischer (segen, groszes ztignefz) ain zeit mit den zug ver-
haltn, ob aber ain ruettn vischer ain visch oder zween
auf ainem stant gfangen hete, so mag der segenvischer
unverhindert wol ziechen. tirol. ireisth. *, ii, 13 {ordn. v.
1505). vgl. standfisch.
o) stand wird weiterhin auch von dingen gesagt, doch
im eigentlichen sinne seltener, noch mehr als Verbal-
substantiv:
und als ihr aug' trüb' durch den garten irrte, . . .
gewahrte sie im schatten einer mirthe
der reinsten lilie thauumglänzten stand. Kind 1, 26.
der modalen bedeutwig (5) sich nähernd: (fehlschüsse bei der
nrtillerie entstellen: 3) wenn der stand der stücke wegen
seiner Ungleichheit den zurücklauf des Stückes verändert.
Fleming t. soldat 630\ so jetzt bei der marine geschütz-
stand: 'die feste oder bewegliche fläche, auf der das ge-
schütz aufgestellt ist'; versenkter geschütz-stand. gewehr-
stand 'gestell zur unterbnngung von handxcaffen' . Stenzel
seemänn. wb. 397. neuerdings icerden überhaupt Zusammen-
setzungen u-ie fahrradstand üblich. — für luge, Stellung
im Verhältnis zu andern dingen: also stellet sich die seele
einen theil von der weit vor, oder so viel von der weit,
als es die Stellung ihres cörpers in der weit leidet:
folgends . . . hat die seele eine krafft sich die weit vorzu-
stellen nach dem stände ihres cörpers in der weit. Chr.
WoLFF vernünfft. ged. v. gott (i7äo) s. 415 (§ 753); so lasset
sich ... die weit nach dem stände dieses cörpers in der
weit und seinen Veränderungen darinnen vorstellen. 435
(§ 785); so dörffen wir nur forschen, was der stand unseres
leibes in der weit für Veränderungen haben kan. 439
(§792); dergleichen (Veränderungen) treffen wir auch in
den Sternen an, wenigsten in ihrem stände gegen die erde
und unter einander. 292 (§ 548); unser Verfasser (Herder)
hebt damit an, die aussieht zu erweitern, um dem
menschen seine stelle unter den übrigen planetenbe-
wohnern unserer sonnenweit anzuweisen, und schlieszt
aus dem mittleren nicht unvortheilhaften stände des
weltkörpers, den er bewohnt, auf einen blos 'mittel-
mäszigen erdverstand'. Kant 4, 314.
p. a) häufiger von dem punkte einer bahn oder sJcala,
wo ein sich bewegender gegenständ in einem bestimmten
augenblicke steht, zuweilen mit annäherung an die verbale
oder modaU bedeutung. stand der sonne am himmel:
nach dem stand der sonne war es mittag. Heines, 49
Elster; bis der Sprecher an den häuptling trat und auf
den stand der sonne wies. Freytag 8,26 (ahnen \,c. 2);
endlich hat die sonne ihren höchsten stand überschritten.
Hassert reise durch Montenegro 61. stand des zeigers
an einer uhr: es ist nicht möglich, dasz der zeiger in
der uhr anders stehet, als man ihn findet. . . . man mag
ihn verlangen, auf welchem orte des stundenblates man
wil; so wird immer eine Veränderung in der art der Zu-
sammensetzung möglich seyn, daraus der verlangte stand
des zeigers . . . erfolget wäre. Chr. Woi.ff vernünfft ged
%\ gott (1720) 304 (§ 567). vgl. stand des Chronometers.
BoBRiK 659»; chronometerstand 'unterschied zioischen der
zeit, die der Chronometer angibt und der mittleren Green
wicher zeit'. Stenzel seemänn. wb. 897».
ß) von flüssigkeiten. der punkt bis zu dem sie gestiegen
sind und hina^tf reichen, höhe, niveau. stand des wassers,
vgl. Wasserstand ('die bestimmte höhe des wassers in einem
ßiisz'. Jacousson 4,612"); der höchste stand des wassers,
der niedrigste Wasserstand des flusses. Adelung (i, i).'
(tiefer, hoher) stand des barometers, des thermometers:
ich wuszte freilich nicht den rechten stand
des thermometers und des barometers
wie er sich jetzt in Anhalt-Dessau stellt.
F. Marlow FauKt (1839) 20.
dann auch übertrugen: stand der kurse, der papiere, der
aktien eines Unternehmens u. äknl.
q) technisches.
a) stand, statio, Station, in der landmesz-kunst , der
ort, wo das instrument niedergesetzt wird, aus demselben
einen gewissen punct zu nehmen, eine weite, zu welcher
man keinen zutritt hat, kan änderst nicht als aus zwey
ständen gemessen werden. Jablonski 746'', s. ferner
Eggers 2, 976. später nicht mehr bezeugt.
ß) 'stand , fr. place ou Von met separement les mhies
ou angar. (hüttenwerk) ein auf drey seilen mit brettern,
auf die art eines pferdestandes (s. oben i) , umgebogener
platz, darein auf den zechen und schmelzhüften die Sorten
der erze gestürzet icerden, damit nicht die eine init der
andern vermenget werde.' Jacobsson 4, 253*>.
5) am gewöhnlichsten bezeichnet stand die art und iceise,
nie jemand oder etwas steht, sich befindet; die concrete be
deutung des Stehens ist dabei zumeist aufgegeben und stand
iMt gewöhnlich denselben allgemeinen sinn, der noch häufiger
durch die Zusammensetzung zustand (auch durch läge,
umstände) ausgedrückt wird, stand, der zustand, status,
conditio, sors. Frisch 2, 317°; so zunächst von dingen:
stand, der zustand und umstand eines dings, situs, con-
ditio, circumstantia loci, u. d. g. 318»; 'der inbegriff der
zufälligen bestimmungen eines dinges.' Adelung (2, 2); 'un-
eigentlich, von der art und weise, wie etwas auf eine
dauernde tnehr bleibende weise ist, wodurch es sich von
zustand und läge unterscheidet, tcelche auf veränderlichere
und vergänglichere bestimmungen deuten'. Campe (2), doch
ist diese Unterscheidung nicht stichhaltig.
a) der begriff des 'stelmis' ist noch am deutlichsten, wenn
vom stände der saat u. ähnl. geredet wird: mit solchen
stellte er sich dann gern . . . vor ein Saatfeld . . . und
düftelte . . . über die Jahreshoffnungen und den stand der
feldfrüchte. Keller 4,219 (vgl.: das körn steht gut);
(er) besuchte seine hütte, sah nach dem stände seiner
Pflanzungen, die er einem bauern in pacht gegeben hatte.
E. V. Egidy Ilse Bleiders 200; so auch : der gute stand seiner
kleinen wiese und seines ersten kartoffelackers. 189; in
ungewöhnlicherer fügung : alles flache erdreich unendlich
fruchtbar, gerste und hafer von dem schönsten stände.
Göthe 28,159. — anderes mehr vereinzelt:
sehr beschäftigt mich
dort jener segel — siehst du ihn? er schwankt
gefährlich, übel ist sein stand.
Kleist 1, 119 Schmidt (^Schroffenst. 4,
stand für läge, veraltet: die Wichtigkeit dieses satzes
(vom zureichenden gründe) , darauf schon . . . Archimedes
seine lehre von der gleichwichtigkeit oder dem wage-
rechten stände der schweren cörper gegründet. Chr.
WoLFF vernünff't. ged. v. gott (1720) 13 (§ 30).
b) stand als synonyvion von zustand im physicalischen
sinne scheint der spräche Kants eigenthümlich zu sein;
für aggregatzustand: ein himmelskörper, welcher aus
seinem ersten flüssigen zustande in den stand der festig-
keit übergeht. 8,294 (allgem. naturgesch. des himm. 2,4);
gleichwie andere flüssige materien bisweilen einen festen
stand annehmen. 9,18. anderes: ein jeder körper, dessen
theile sich plötzlich in dunst verwandeln . ., sprüht teuer
von sich, brennt, weil das elementarfeuer, das vorher
im stände der zusammendrückung war, behende frei wird.
1, 48, anm. — stand meines leibes, s. 6, a.
c) in älterer spräche stand eines landes : bedencke den
stand Holland[s], und anderer confcederirten provintzen,
wie sie gewesen vor zeiten des hertzogs Albani. Schup-
Pius 710; als ich den stand und condition eures Teutsch-
lands examinire, argwohne ich, das end eines ubels werde
ein Staffel desz zukünfftigen seyn. 713;
elück zu du ödes feld ! glück zu ihr wüsten auen,
die ich, wann ich euch seh, mit thrcnen musz betauen
weil jhr nicht mehr seyd jhr; so gar hat euren stand
der freche mord-gott Mars, grundausz herum gewand !
LuGAU 1, 50, 4.
mit adjectiv: dise insel (Porto sancfo) ... hat kein porten
(hafen), aber sunst ein gütten stand, vor winden wol be-
waret. Franck tceltb. 211»»; die pfalz war in seinen (Gustav
Adolfs) bänden, und die pflichten sowohl der gerechtig-
keit als der ehre foderten ihn auf, diese den Spaniern
entrissene provinz ihrem rechtmäszigen eigenthümer in
vollkommenem stände zurück zugeben. Schiller 8, 3uo
(30 jähr, krieg, schlusz des 3. b.); ebenso: er hat mir nun
meine väterlichen guter wieder gegeben, in besserin stand
als sie waren. Heinse Ardingh. i.sio. vgl. auch:
699
STAND (5)
STAND (5. 6)
er kehrt in seine schranken
der Völker schwall im ungemesznen land . . .
erweitert grenze, th&tig innrer stand. Göthb 4, 64.
ungewöhnlicher .-
im höchsten palmenreichsten stände Roms.
Shakegp. Haml. 1, 1,
hier mit deutlicherem verbal begriff : 'als Rom am höchsten
stand'. — ähnlich, abstracter: philosoph, will du den stand
deines Jahrhunderts ehren und nutzen: das buch der
Vorgeschichte liegt vor dir! Herder 6,562 Suphan; ich
kann ihm {Herder) z. b. nicht vergeben, dasz er, zumal
bey dem damaligen stände der deutschen literatur, das
manuscript des Götz von Berlichingen , ohne Würdigung
seines guten, mit spöttelnden anmerkungen zurücksandte.
Eckermann gespr. mit Oöthe i, 166. nur diese letztere
ioendung ist auch der heutigen Sprechweise noch geläufig,
d) vereinzelt im sinne einer einrichtung, staatsform.
Staatsverfassung: von dreyerley gestalt der regiment, unnd
was es mit dem aristocratischen standt ... für beschaffen-
heit habe. Chr. Lehmann cJiron. v. Speyr (16I2) S04*D
(*, ca/>. 12); dasz sie {die Israeliten) den aristocratischen
standt und die form desz regiments, so von jhme {Mose)
eingeführt, nicht solten verendern. 305** A ; der dritte standt
ist democratia: wenn der gemein man oder die gantz
bürgerschafrt dz regiment führt. . . . gleich wie die natur
keinen über den andern erhebt, . . . also hat dieser standt
der regierung die eigenschalTt , dasz er allein auff die
gleicheit gericht ist. B— D; der monarchisch oder auch
fürstenstandt, wann einer allein herr ist, hat viel und
mancherley beschwernus. 306*6; biszweilen pflegt dieser
{der aristocratische) standt auch zur tiranney ausz zu-
schlagen. D; dieser standt oder die form der regierung
desz gemeinen manns hat nirgents statt funden, dann
in den statten, darinn die armut . . . uberhandt ge-
nommen. 307»B. regierungsstand, staatsform {th. 8, ö35
in anderm sinne): die politici ... bilden ihnen ein, es
seye keiner zu dem regiment geschickt genug, er wisse
dann wol und genau zu disputiren, ob der regierungs-
stand, da einer alleine im regiment sitzet, vorzuziehen
seye deme, wann die vornehmst- und verständige re-
gieren? ScHUPPius 534; unbestimmter: es ist ein kunst,
unterschiedliche spiel üben, wie der Jean Potage, oder
Ockes Bockes der Amsterdammer zumachen pflegte, aber
sagt mir, zu was stand des menschlichen lebens dieselbe
künsten nutzen? 708.
e) sonst sind im allgemeinen alle diese Verbindungen mit
einem subject-sgenitiv jetzt kaum noch in gebrauch; unein-
geschränkt üblich und sehr gewöhnlich sind {auszer den
fällen unter ä) nur ganz allgemeine ausdrücke ude stand
der dinge: bei diesem stände der dinge, nach dem augen-
blicklichen stände der dinge oder der sache u. s. w. ; die
critik hätte jetzt ein leichtes spiel und könnte den stand
der dinge anschaulich machen. J. Grimm vojn i. febr. 1859,
s. anz.f. d. alterth. 16,248; während jeder etwas über den
stand der dinge sagen wollte, kam Onegis heraus, wir
traten zu ihm und suchten von ihm etwas über unsere
angelegenheiten zu erfahren. Fmeytaü 17, 166 {bilden, c. 2).
ferner: der beauftragte ist verpflichtet, . . . über den stand
des geschäfts auskunft zu ertheilen. bürgerl. gesetzb. §666;
ein gesellschafter kann ... die geschäftsbücher und die
papiere der gesellschaft einsehen und sich aus ihnen eine
Übersicht über den stand des gesellschaftsvermögens an-
fertigen. 716; der ausgeschiedene kann am Schlüsse jedes
geschäftsjahrs . . . auskunft über den stand der noch
schwebenden geschäfte verlangen. 740; über den stand
der Verwaltung hat er (der mann) der frau auf verlangen
auBkunft zu ertheilen. 1874. stand bezeichnet hier durch-
aus eine momentane, vorübergehende »itttatioti oder con-
stellation. auch geradezu einen punkt odtr ein Stadium
innerhalb eines verlauf», einer entwieklung. so besonders:
•der stand des Streites, die ort und weiae. wie es mit
demtelben stehet, wie ea mit demselben beschaffen ist, wie
weU ea damit gediehen iat {atatua controveraiae).' Campe (8);
•Ich nach dem stände des processes erkundigen u. ähnl —
ahnlieh gana allgemein (?):
dir iH)ll>iit«n sey bekant,
Moat keinem gantz Terwand:
^— n an steht jetel der stand
LooAU 8, n, M {'Meni-rtgü').
700
f) am häufigsten findet sicJi stand in diesem sinne mit
attributiver bestimmung in Wendungen mit der präposition
in. meine sachen stehen in einem sehr guten standt,
mes affaires vont fort bien. HuLSlus 806»; es ist in einem'
schlechten stände, res est in arcio. Stieleh 2180; die
Sache ist in dem stände, eo in loco res est. Steinbach
2,669; die sache ist in demjenigen stände. Frisch 2,318*;
die sache ist noch im alten oder im vorigen stände, in
pristino statu, ebenda ; der könig merkte dasz viele härte
thaler fehlten, konnte aber nicht begreifen wer sie sollte
gestohlen haben, da Schlösser und riegel in gutem stand
waren. Grimm märclten\n{nr.ii>); das haus ist in gutem,
baufälligem stände u. ähnl. weniger leicht mlrde man
sagen: der gute stand des hauses, vgl. jedoch: es ist ein
gewaltiges zweistöckiges gebäude mit einem mächtigen
Schornstein und mit drei arbeiter-wohnhäusern, alles in
bestem stand und vollem betrieb. ... der wert ist uns
aber durch den vortrefflichen stand der fabrik . . . garan-
tiert. Frenssen Hilligenlei in;
also wird sie (die erde) inn kurtzen standen
bald inn leidigem stand befunden.
Oarg. g. 467 neudr.
in einem stände bleiben, unverändert, oder auch load.
auf derselben stelle: und die sole were in einem stände
stehen blieben. Spittenoorff 155; ideo hacc fides musz
nit bleiben in einem stand, sed fort ghen. Luther 15, 7i8, 2
Weim.ausg. — etwas in gutem standehalten: ein haus
im baulichen stände erhalten. Adeluno (2,2,0); es ist
der fenchel ... ein alleredelste artzeney, das blöde, kranck
und dunckel gesicht zu stärcken . . , und das gute gesiebt
in seinem natürlichen stand zu erhalten. Tabernae-
MONT. 148 H; vgl. unten und 7, a, ß. — in einen stand
kommen, wofür selten zu: deszhalb sie fürgaben, unsere
Sachen würden (wo solches nicht geschehe) zu keinem
friedlichen stand kommen. 3 Macc. 7, 4. besonders: daraus
ain solchs jämerlichs würgen im ganzen reich gevolgt,
das auch in vilen jaren hernach Teutschland in den
vorigen standt und macht nit komen hat mögen. Zimm.
chron.^ 1,75,85; das sie . . . die ganz deutsche nation in
die eusserst not gebracht, welche . . . seither in vorigen
stand nie hat kommen künden. 132,20; das das reich
und das deutsch land bald hernach in ain sollichen abfa!
kommen , . . . auch sich seithere in dem vorigen stand
nühe hat vdderum erholen künden. 133, 12; in seinen alten
stand verfallen, in pi-istimun statum recidere. Steinbach
2, 669. — in einen stand bringen , setzen : den st-\at in
bessern stand bringen, rem publicam in meliorem statum
vertere. ebenda; wieder in den alten stand bringen, in
statum antiquum restituere. ebenda; etwas wieder in den
vorigen stand setzen. Adeluno (2, 2, c). wer berechtigt
ist, von einer sache . . . eine einrichtung wegzunehmen,
hat im falle der wegnähme die sache auf seine kosten
in den vorigen stand zu setzen, bürgerl. gesetzb. § 258.
got hats alles vor dem jüngsten tage wollen wieder za
recht bringen, in seinen ersten standt, dazu es geschaffen
und geordnet ist. Luther tischt. (l57l) 3»; also das«
sichs wird ansehen lassen, als solte das reich fallen,
wird aber doch nicht fallen, sondern in seinen ersten
stand wider bracht werden. iEsdreii.iS; auf den an-
trieb des bürgermeisters . . . hatte man noch vor der an-
kunft der Spanier die vestungswerke an beydcn ufern
der Scheide in besseren stand gesetzt. Schiller 0, 40.
in der altern spräche zuweilen durch himufügung mm.
wcsen verstärkt: stand und w&sen (der) status. res. ...
das gemein regiment inn einen gewüssen stand und wÄsen
bringen, collocare aliquem reipub. statum. das rciriinenl
in einen besseren stand und wÄscn bringen, reft)riiiieren.
M AALER 884''; diesz waren die cinkünfte wovon diese
gesellen sich nährten, und die göttin, die ich trug, in
gehörigem stand und wescn erhielten. Wikland Luc. 4, «?•
{dafür in der anm.: erhielten ihre göttin in standet-
mäszigera omat).
6) in den verachiedenakn nuancierungen wird stand von
menachan geaagt. doch aind die nxeiatan diaaer g^raucha-
tMiMn in der nettem aeit uniiblich geworden.
o) tfi betug auf den leiUichen axutand, vgf,. gesundhcitl-
»l*nd, theil 4, 1, 484a und oben Taukhnabmont. tmter »./
tm Ifilde: wenn sie eiuou von alten bösartigen schädea
701
STAND (6)
STAND (6)
702
entkräfteten und zerfressenen staatskörper in den stand
der gesundheit wieder herzustellen versuchen. Wi bland
2, 304 {Agath. 10, 2). nd. im wollen stanne sin in gutem
gestindJieitszttstande , wol sein. Schambach 208*. mittel
massigen Standes sein in beziig auf körperfülle. Höfler
Jcrankheifsnamenb. 673* (mit verweis aw/KRAUTWADEL »-6171-
inent der gesundtheit, Augsb. 1531 C l). speciell anderer
stand andere umstände, schicangerschaft. 672^; eis. imen
andere(n) stand sin. Martin-Lienhart l, 48", nassauisch
im andern stand. Kehrein nachtr. 52. vgl. .- als seine
{Vefeles) Schwägerin seinen stand inne ward, steigerte sich
ihre hartherzigkeit zum empörendsten grade. Auerbach
dorfgesch. 1 , 62.
b) in bezug auf den seelischen zustand -. er schien den
stand meines herzens zu wissen. Adelung (2, 2, a); es
wird der stand der gemüter also beschaffen seyn, dasz
wenig ein so gefährliche that werden wagen. Schup-
pius 718; vgl.: da dieselben jedoch an der ausschweifung
einer religiösen idee krank lagen, und ihre aufführung . . .
äuszerst trübselig und melancholisch war; so paszte dies
zu wenig auf den, der mutter nur leider zu wohl be-
kannten gemütsstand ihrer söhne. Kleist 3, 381, 14
E. Schmidt, mit ausführendem genitiv: es werden auch
andere, wenn sie sich in den stand ordentlicher gedancken
gesetzet haben, dieses so wohl als ich erfahren. Wolff
ged. V. gott (1720) s. 194 (§ 358) ; seine dritte art über gott
zu denken ist ein stand der empflndung; mit welchem
nichts als undeutliche Vorstellungen verbunden sind, die
den namen des denkens nicht verdienen, denn überlegen
sie nur, was bey einem solchen stände in unsrer seele
vorgeht. Lessing 6, 130 (litt. br. 49); es kann wahr seyn, . . .
dasz herr Klopstock, als er seine lieder machte, in dem
stände sehr lebhafter empfindungen gewesen ist. 260; der
begeisterte stand, in welchen eine schöne seele durch die
erste liebe gesetzt wird. Wieland 7,142 (d. gold. Spiegel 2,6);
doch, in diesem dunklen stände meiner sinnen mid gedanken,
gabst du mir zu unterscheiden, was hier gut und übel sey.
Hagedorn 1, 1.
ungewöhnlich und auffällig in folgender stelle, wo es der
bedeutung von Standpunkt nahe kommt {Stellung zu etwas,
attffassungt): auf einmal treten wir durch diesen an-
gegebnen stand (die fabel ist eine moralisierte dichtung)
aus einem netz von fragen und Widersprüchen hinaus.
Herder 15, 539 Suphan.
c) weiterhin bezeichnet stand, besonders im, altern nhd.,
die ganze innere und äuszere Situation eines menschen,
ganz wie zustand oder läge: stand, stato, essere, con-
ditione etc. v. zustand. Krämer dic#. 2, 930<' ; niemand ist
mit seinem stände zufrieden , nemo sua sorte contentus.
Steinbagh 2, 669. verstärkt: stand und wäsen der men-
schen, conditio hum^na. Maaler 384''; vgl. Köster zu
Schönaich ästh. in einer nusz, s. 451, 23^. belege: in
solichem seinem stant und wesen eins tags sich begab
daz küng Carlo über land reytt in die gegent do der riter
wonet. decam. 614, 11 Keller; von dem mühseeligen und
gefährlichen stand eines regenten. Simplic. s. 121 neudr.,
über sehr, von 2, c. 11, loofür später:
Simplex erzählt das mühselige leben
eines regenten, dem er ist ergeben.
1, 150, 26 Kurz;
ZU Wasser und zu lande
hab' ich in manchem stände
viel Unglück dulden müssen. Gleim 3, 116;
du würmeben der Sekunde,
hier lerne deinen stand. Arndt ged. 482.
80 auch : welcher vil seh wetzt von der seelen standt nach
disem lebenn, der ist ain schwetzer. Eberlin v. Gönz-
BURG sehr. 2, 18 Enders;
die frommen (sollen) jhren stand auch finden wolgewünscht.
SCHOTTEL 977.
rf) 80 durch adjective näher bestimmt, in guten, glück-
seligen, gewünschten stände seyn, essere, ... in buono
stato, in istatofeliceu.s.w. Krämer dict. 2, 930°; schrecken
hat sich gegen mich gekeret, und hat verfolget wie der
wind meine herrligkeit, und wie ein lauffende wolcke
meinen glückseligen stand. Hiob 30, 15; ich halte aber den
für einen rechtschaffenen freund, der in glücklichem
stand zu mir kombt, wann ich ihn bitte, und mich in un-
glücklichem stände besuchot uncrbetten. Schuppius 233;
verleihe mir auch gnade . . , dasz ich ... in gedult im
leyden, und sonst in einem guten willen und seligen
stände beständiglich verharre. 453;
alsziang ich dir so lieb war
dasz dich meine krause haar
hielten starck allein gefangen;
kont mich meinen süssen stand
nicht mit der cron Engelland
zu vertauschen je verlangen.
Weckherlin ged. 402 (öden 1, 20, 2);
wir menschen sind ja auch bedacht
die unsrigen zu zieren;
wir gehn und sorgen tag und nacht,
wie wir sie wollen führen
in einen feinen selgen stand.
P. Gerhardt s. 101, 45 Oödeke;
0 süszer stand, o selig leben.
kircherdied v. Jon. Jos. Winckler.
ungeioöhnlicher in neuerer zeit:
sie ritten in fröhlichem trunkenem stand.
RücKERT Firdosi 1, 20i).
so auch: der onvernünfftiger thier standt, sei weit säliger,
dann der menschen. S. Frangk www. encom, A 8";
flattre, flattr' um deine quelle,
kleine sterbliche libelle,
um dein grab und mutterland.
eben in dem frohsten stände
fliegst du an des lebens rande.
Herder 29, 109 Suphan.
geruhiger stand, vita quieta, conditio otiosa. Stieler 2130:
wann ich in deiner haut steckte, so begebe ich mich in
einen geruhigen stand, darin ich mein geführtes leben
bedencken . . . könte. Simplic. sehr. 3, 190, 31 Kurz (Spring-
insf. 8). — er ist in schlechten , in betrübten stände,
egli e in povero, misero, miserabile stato. Kram er dict.
2,930"; ich kan nicht gnugsam ausz sprechen, mit was
grosser sauere und bitterkeit der geberden und Worten,
sie mir ihrem elenden stand beschrieben haben. Schup-
pius 691; bitter, bitter kommts dich an dein elender
und betrübter stand, mein mensch, biter, bitter, dasz du
keine gesunde stund hast. Abraham a S. Clara etioas f.
alle2,i07; diese (abergläubischen) allesampt sind in fehr-
lichem stände, denn sie gleuben nicht an gott. Luther
3, 329''; ich geschweige hie des gefärlichen Stands, so die
grossen herrn an der seel haben. Frangk sprichw. 3, 109'.
vgl. auch: dasz .. . auch etliche jhrer Widersacher, . . .
in bede[n]ckung desz unstetten stands menschliches lebens,
jr unselige Vertreibung mit jhnen auch beweineten. sMacc.
4, 4. ferner : ich aber wachte desto länger , dieweil ich
meinen seltzamen stand betrachtete. Simplic. 1, 208, 13
Kurz (2, 25).
e) durch einen erklärenden genitiv (eines abstractttm^s)
bestimmt: dasz er bald seines leydens stand,
auch Amors tyranney und brand
und strahlen nu anfieng zu segnen.
Weckherlin ged. 409 (öden 1, 26, 2);
s. auch stand der gesundheit , der empfindung unter a
und b, sowie die folgenden abschnitte, unpersönlich ge-
roendet: die flnsternisz des Verstandes ist der stand der
abwesenheit der zur beurtheilung unserer umstände un-
entbehrlichen Wahrheiten. Adelung (2, 2, a). der genitiv
erscheint verselbstständigt :
gott gibt alles was wir dUrffen : dasz sichs uns nu nimmer füget,
macht die wollust und begierde, deren stand sich nie vergnüget.
LOGAU 3, 59, 10;
der freundschaft edler stand prägt weisen chrfurcht ein.
Hagedorn I, 52.
für die genitivconstruction tritt auch Zusammensetzung ein,
so z. b. ruhestand , .<?. ^Äeiis, 1434; dazu: die bauren ver-
ehren uns mit entblöstem haupt, welche billich von uns
zu ehren wären, dann wir haben ihnen umb diese trinck-
geschirr, ruhstand und alle diese glückseligkeit zu dancken.
Schuppius 713.
f) verbale fügtmgen (vgl. 5,f): seinen stand verbessern,
verschlimmern (verbösern) migliorare, peggiorare la sua
conditione. Kramer dict. 2,9,30»; einen stand führen: 'ehr'
heist . . . externe ein stände füren qui in gotts wort gehe.
Luther 33,280,8 Weim. ausg.;
es will gott nicht, das eins regier,
sondern geselligen stand führ, froschm. Ee 3».
doch liegt in solchen loendungen meist die bestimmtere be-
deutxmg 8 vor, s. das. von der hben.9iveise (in materieller
beziehung) : zwar hat euer lieber vater auch einen grossen
703
STAND (6)
STAND (6)
704
stand geführt, er hatte aber dennoch gross gut und geld
dabei erspart. Ahnim 7,27. — mit präpositionen-. einen
in einen stand bringen, ponere, metfere. indurre uno in
istato (zm,/*). wieder in vorigen stand kommen, bringen,
ritortiare, rimettereinprimo, pristino stafo. Krämer rftV/.
2,930"; einen in den vorigen stand setzen, in integrum
restitxiere. Frisch 2, 318»; (Juristisch) sollten aber die
erben noch minderjährig . . . seyn , und es hätten die-
selbigen . . . sich in obiger zeit , wegen annahm der erb-
schafft, nicht erkläret, so mag denenselben auf ihr...
ansuchen, mittels einsetzung in vorigen stand, geholffen,
fort sie in ordine des temporis deliberandi in integrum
restituiret werden. Mayntzer landrecht 15, § 5; {von thieren,
im sinne von o.) es war höchst unwahrscheinlich, dasz
die pferde ...jemals wieder in den stand, wie sie aus
dem stall von Kohlhaascnbrück gekommen waren, her-
gestellt werden würden. Kleist 3, 204 Schmidt.
g) speciell bezeichnet stand zuweilen da.t alter, die hil
dungssfiife eines me7u<ichen : anfenklich hab ich geschriben,
was diser werde rittcr und her der istorien in sein kint-
lichn jaren, nachvolgent in seinem vernünftigem slant
bis zu alter geübet. Wihcolt v. Schaumbttrg s. 202 Keller;
nun in solchem seugenden (säuglings)s{&nd ist er ge-
standen bisz auff ein jar unnd zehen monat. Garg. s. 168
neudr.; wenn in den alten jähren die gröszten beispiele
moralischer momente vor uns vorübergehen, ohne unser
leben mehr aus seiner bahn zu rücken . . : so wirft im
tiefen stände der kindheit der erste . . . gegenständ der
liebe, der Ungerechtigkeit u. s. w. schatten oder licht un-
absehlich in die jähre hinein. J.Paul 36,26. vgl.:
dasz auch mein alter noch ein stand der ehre sey.
Hageiiorn 3, 25.
freier: denn deine sehnen sind im stand' der kindheit,
und haben keine kraft. Shakesp. stürm 1, 2.
h) sehr geicöhnlich ist zu allen Zeiten des nhd. die an-
uxndung von stand auf das Verhältnis zur ehe. der ledige
stand. Adeluno (2, 2, &, 2): ob er aber verheirat oder in
ledigem stand gestorben, ist unbewist. Zimm. chron.^
1,101,28; drei döchtern , deren eine er bei seinen leb-
zeiten eim freiherren von Tengen . . . vermehelt, die dritt
soll in ledigem stand abgangen sein. 197,41; ain iede . . .
manns- und Weibspersonen, si sei verheirat oder ledigs
stants. tirol. weisth. 2, 46, 23 {liandschr. v. 1616) ; sie in den
armen eines liebenswürdigen gatten zu wissen . . . und
befreyt von jeder Unbequemlichkeit, der ein lediger stand,
und besonders ihr lediger stand ausgesetzt war. Göthe
br. 1,220 (12. dec. 1769 an K. Schönkopf);
ira himmel sind nonnen und mönche betrübt. . . .
sie sind in dem ledigen stände geblieben,
im stände der sttnde, sie lernten nicht lieben.
Gleim 2, 257.
»prichwöitlich : lediger stand, find ruh im land. Petki
Mmi**; lediger stand hat allein ruh im land. Lehmann
(1642) 160, 30. gleichbedeutend : weil es einmal gelehrte
gegeben hat, die geglaubt haben, der ehelose stand sey
für einen gelehrten der schicklichste. Lessino l, 229 {der
j. gelehrte i,(i). dazu: der junger graf, Wolf, ist unver-
heurat bliben, auch im selbigen stand also gestorben.
Zimm. chron.^ 1, 176, 7. das gegentheil : ein sollicher mensch
hat ofrt basz stat in eelichem standt, dan in enthalter
reynigkeit des leybs. Eberlin v. Günzrurt. sehr. 2, 26
Enders; wann sich ein söhn oder tochter in den ehe-
lichen stand begiebt. Mayntz. landr. 7, § 6. sprichwörtlich •
so füren ettlich das Sprichwort: der ehelich stand ist
kein schleck ... es ist ein stand des creutzs, wie alle
condicion, wort und werck gots dem fleisch ein creutz
sein. S. FnAtiCK spriehic. 2, l(»^ ; der ehelich stand ist
kein schleck, noch lauter kUchlinessen. PetriNs''.
Hknircii 801, 28. später gewöhnlicher dafür die zusammen-
aeUung chestand , MetZs, 50; s. ferner hrautstand , theU
S,888; frauensland, ^A<mZ4, 1,82; der jungfernsland, jung-
gesellenstand, der wittwenstand. Apeluno (a, 8, ft, 2). so
auch in mundarten , t. b. achiceit. brutst&nd, d -stand.
HrKZiKBR SM; tirol.: sie wollen den ledigen stand ver
kehren and den ehesland &ntretten. Schöpf «99. mit
genitiv: In den stand der heiligen ehe treten. Adkluno
a.a.O.: so diensthoien, einer mit dem andern, wollen
in den heiligen stand der che treten, das soll onverhin-
dert bleiben. Wairrkl chron. loe;
wie schön ist« doch, herr Jesu Christ,
im stände, da dein segen ist,
im Stande heilger ehe!
P. Gerhardt s. 302, 3 Gödeke;
dazu wol: ich fnhre dich in einen stand
des lehens kern und marck zu fühlen.
Günther 291 {rgl. unten 7, <•) ;
diese drey nacht wollen wir beten, darnach wollen wir
uns zusamcn halten, als ehcleute. denn wir sind kinder
der heiligen, und uns gebürt nicht solchen stand an zu
fahen, wie die beiden {non possumus ita conjungi, sicut
gente.9). Tob.s,6. eine scherzhafte, volksfhihnlichsprich-
wörtliche ItezeicJinung für den ehestand ist : im stände der
geflickten hosen leben. Eiselein 323, vgl. Simrock 4956.
— vgl. auch : wenn aber der apostcl sagt : das weih wird
selig durch kinderzeu^en , so ist zu wissen , dasz das
wörtlcin üiA allhier nicht bedeute eine verdienstliche
Ursache der Seligkeit, sondern einen gewissen stand, weg
und Ordnung, dadurch gott das weibliche geschlechte in
den himmel führen will. ?i\'\'M\,\iic, Nicodemus quaerens
1 (1718), 1150; jgn, prinzen
starb eine braut in seiner jungen mutter.
schon hatten sie mit wünschen sich gewiegt,
in feurigen emplindunpen verstanden,
die ihr der neue stand verbot.
Schiller 5, 1, 183 {dorn Karlos 3, 4).
seinen stand verändern für heiraten: ich hegehre meinen
stand nicht zu endern. A. Gryphius dornrose s. 76, 25
Palm (2). — dazu Standesamt und andeie composita mit
Standes, s. unten 14, b.
i) ah festes kiinstwort ist stand in einigen Wendungen
der theologischen redewei-te üblich.
a) stände Christi: 'in der theologie icerden die aus.'or
toesentlichen Verhältnisse und Veränderungen Christi, die
zur Verrichtung seines mittleram,tes nöthig waren, stände
genannt, der stand der erniedrigung Christi, itn gegen-
satze des Standes der erhöhung'. AnELUNo (2, 2, ft, l), vgl.
/e»n€r M. Schneckenrurger, zur kirchl. christologie.
die orthodoxe lehre vom doppelten stände Christi nach
luther. u. reformirter fassung. Pforzheim 1848. Herzog
realencycl. f. protest. theol.^ 14, .595—604. Wetzer -Welte
kirchenlex.^ 11,700 — 3: in warheit hat Christus . . ., im
stand der ernidrigung, unser thorheit und kranckheit
getragen. Reiszner Jerus. 2,28*.
ß) von manschen, der stand der Unschuld, der sünde,
der gnade, der knechtschaft, der herrschenden Sicher-
heit, s. Adelung a. a. o.: stand der Unschuld, stato
d'innocenza. Kramer dict. 2, 930«; wenn ich nicht nur
mit menschen, sondern auch mit engelzungen reden
köndte aulT solche weise, wie sie in dem stände der Un-
schuld und in dem paradeisz mit unserm ersten vatter
Adam sprach gehalten. Meyi-art«/. himml. Jerusalem (l6.To)
2, 269; hat Eva den weisen Adam, der im paradisz im stand
der Unschuld mit dem ebenbild gottes . . . begabt war, ver-
führet? Soiiuppius 23; der zustand des menschen aber,
vor allem hange zum bösen, heiszt der stand der Unschuld.
Kant 6, 203 {religion innerh. d. grenzen der bl. rem. 4); eine
jede böse handlung musz ... so betrachtet werden , als
ob der mensch unmittelbar aus dem stände der Unschuld
in sie gerathen wäre. 202; mithin . . . müszten wir wieder
von dem bäum der crkenntnis essen , um in den stand
der Unschuld zurückzufallen? Kleist i,\il E. Schmidt;
ja meine freunde, es ist mir so, als wären wir sämtlich
im stände der Unschuld. Keller 4, 249. — stand der
sünde; dafür auch: wy hye abermals angetj:eigt wirt
dye durlTtikeit unsers elenden lebens, wir seyn im schult-
lande, im sündigen stände bis über dye oren. Luther ;
9, 155,21 M'eim. ausg. — stand der gnade: ein anders ist'
ohne tadel, ein anders ohne sünde seyn. und weil dieses
letztere nicht möglich ist , auch im stände der gnaden,
so musz doch jenes statt haben. Cur Starke sgnopsi*
»lot». /m^ (1787) 8, 198. ähnlich: aulT das die. so an gott
glcuhig sind worden, in eim stand guter werck funden
werden. 7\t. 8,8 (Ira tpporri^owi xakdir fpyotp Ti,>t>i'i m-
a&at); da« sie im stand guter werck sich linden 1:
— (kathol.) stand der natur und der übornatur *. W
Wklte WrrA^n7«r.' 11,718 - 5; stand der vollkomnuMiheit,
stato di perfrttione. stand der hcrrlichkeit, stato di gloria
Kramer (iie^ 8, 9S0*. — ungewöhnlich von den zttständeit
nach dem tode {vgl, c tn* endt): ob jene unzcrtrcnnte
705
STAND (6)
STAND (6. 7)
706
fortschreitung, welche beide stände, himmel und hölle,
durch unendliche stufen verbindet . . ., nicht schon ans
dem System der bessernden strafen folget? Lessing 9, 172,
tco doch eher diese bedeutung als die locale (4, h) anzu-
nehmen ist, vgl.: dasz obschon strafe und belohnung
etwas positives seyn werden . . ., dennoch ein stand von
strafen und ein stand von belohnungen zugleich relative
begriffe sind. 171.
]e) ganz ähnliche ausdrücke, zum theil deutlich an die
letzteren angeleimt, sind in hiilturgeschichtlicher betrachtung
üblich, ICO sie dann tceniger auf den einzelnen menschen
als auf die menschJieit im ganzen gehen, so besotulers
stand der natur, tcas auch der theologischen terminologie
angehört: herr Mendelssohn glaubt einen stand der natur,
welchen er der gesellschaft , wie die dogmatiker einem
stand der gnade, theils voraus, theils entgegen setzt.
Hamann 7, 20; sind femer macht und recht auch schon
im stände der natur heterogene begriffe. 22; es (das rof)
ist die härteste färbe, der stand der natur, der stand
der wilden. Hippel l, 339; hinaasgestoszen, aus der bürger-
lichen gesellschaft in den stand der natur, und in einem
schrecklichen augenblick an die rechte dieses Standes
erinnert! Schiller 7, 229;
im stände der natur, als, zu der menschen rühm,
noch keine herrschaft war, kein rang, kein eigenthum.
Hagedorn 1, 49.
s. auch naturH, B,8, 5 und natnrstand, -zustand, theil
7,435. 4€6. 471. in demselben sinne: im stände natürlicher
Unabhängigkeit. Hamann 7, 26 ; im stände der natürlichen
freyheit (den ich lieber den stand der menschlichen
thierheit nennen möchte) beleidige ich den schwächern,
dem ich die speise ...wegnehme; im stände der poli
tischen gesellschaft thue ich ihm dadurch unrecht, weil
das gesetz alle beleidigungen verbietet. Wieland 36, 59
{Aristipp 4, 4) ; die schmerzen der eifersucht haben ihn
aus dem unnatürlichen zwang seines Standes in den
ursprünglichen stand der menschheit zurückversetzt.
Schiller 6, 51 (br. über don Karlos 5). das gegentheil
heiszt stand der kultur oder stand der gesellschaft: bey
den rechthabenden wird blosz auf den stand der natur,
bey den pflichtträgern zugleich mit auf den stand der
gesellschaft rücksicht genommen. Hamann?, 23; da also,
wenn jeder sein unphilosophisches ich zum königlichen
Schiedsrichter der coUisionsfälle aufrichten will, weder
ein stand der natur noch der gesellschaft möglich ist,
vielmehr in beiden ständen die entscheidung natürlichen
oder verabredeten gesetzen . . . anheim fallen musz. 34;
ist der mensch in den stand der kultur getreten, und
hat die kunst ihre hand an ihn gelegt, so ist jene sinn-
liche harmonie in ihm aufgehoben. Schiller lo, 451;
auch: (der mensch) bildet sich einen naturstand in der
idee, . . . leyht sich in diesem idealischen stand einen
endzweck, den er in seinem wirklichen naturstand nicht
kannte, . . . und verfährt nun nicht anders, als ob er von
vorn anfienge, und den stand der Unabhängigkeit aus
heller einsieht und freiem entschlusz mit dem stand der
vertrage vertauschte. 279 (östhet. br. 3). vgl. noch :
Jahrhunderte brachten im kreislan/,
stet« umwandelnd, den stand frühester zeiten zurück.
A. W. Schlegel bei Wackernagel
Je«eö.2 2, 1303, 27.
ton den stufen der culturentioicklung im, einzelnen: während
dieses langen aufenthalts lebten sie (die Ebräer) abge-
sondert von den Egyptern, abgesondert sowohl durch den
eigenen wohnplatz ... als auch durch ihren nomadischen
stand. Schiller 9, 101; aller ackerbau (sollte) ein ende
nehmen, das volk in den stand des hirtenlebens zurück-
sinken. Smend alttestamentl. rel.-gesch. s. 214.
'} stand tcird in ähnlichem sinne auch von thieren ge-
!/(: er (der mensch) verfiel also darauf, eine gewisse
anzahl solcher thiere immer um sich zu versammeln,
er verschaffte sich eine heerde; diese muszte er aber
unter denjenigen thieren suchen, die gesellig leben, und
er muszte sie aus dem stände wilder freiheit, in den
stand der dienstbarkeit und friedlichen ruhe versetzen
d. i. er muszte sie zähmen. Schiller 9, 133; je mehr
die pferde auch im freien stände ihre Jugend hinbringen,
wie in der Ukräne , . . . desto ausdauernder . . . werden
sie zu langen ritten. Hannw. mag. 1844, 335^. — »o be-
X. a.
sonders auch 'der nymphen- oder puppenstand eines
insectes, im gegensatze des Standes seiner Vollkommen-
heit'. Adelung (2, 2, 5), vgl. puppenstand (3), tteiZ 7, 2250,
raupenstand , theil 8, 300/. und Schönaich ästh. in einer
nusz 113, 11 jf. Köster.
m) ungewöhnlich ist stand für das gegenseitige Verhält-
nis zweier personen oder dinge u. s. w. : den stand , den
beide geschlechter gegen einander haben. Herder 8, 21
Suphan (dafür gewöhnlich Stellung), vgl. oben 4, o.
l) stand hat in einigen mit der präposition in gebil-
deten Wendungen einen prägnanten sinn, indem es einen
guten oder den richtigen, normalen zustand bezeichnet.
a) von dingen.
a) im stände sein : der hahn und die henne schritten
gackernd und majestätisch über den schloszhof auf den
sehr kunstreich von stein erbauten hühnerstall zu, dessen
dach allein im schlösse bis auf einige lücken im stände
war. Brentano 5,36; nd. im stanne sin, in brauchbarem
zustande. Woeste 253»; mein zimmer ist noch nicht im
stände, 7ioch nicht zurechtgemacht, in Ordnung.
ß) etwas im stand erhalten, conservare. Frisch 2, 317";
'in dem gegenwärtigen oder auch im gehörigen stände'.
Adelung (2, 2, a); nd. wat in stand holden, ten Doorn-
KAAT KooLMAN 3, 300*; hei hi(e)t sin gut im stand(e).
Bauer-Collitz 98''. so auch schtceiz. er het's guet im
stand, er ist gut eingerichtet. Hunziker 250.
y) etwas in stand setzen, zurechtmachen, reparieren,
z. b. eine uhr: jetzt aber ist die uhr von Tripolitza schad-
los geworden und wird schwerlich jemals wieder in stand
gesetzt. Hettner griech. reiseskizzen s. 232. dafür attch in
der altem spräche: das die wähl und schweller iedes jar
drei tag die nächsten darnach gemachten grossen wahls
in stant gemacht, tirol. xceisfh. 3,124,13; vgl.: ebenfals
soll ieder neben sein behausung . . . weg , strass und
wällen in recht gebürlichen stant setzen. 20.
b) zutceilen von menschen, in bezug auf den gesund-
heitszustand ; unterharz, in schtänne sin, gut genährt, in
gutem zustande. Liesenberg 204; oberhess. nicht recht im
stände sein, sich nicht recht icol fühlen. Grecelius 804;
nd. nitt im stände sin. Woeste 253». doch sind diese
redeweisen nicht auf einzelne mundarten beschränkt, son-
dern in der Umgangssprache ganz geläufig, so ^col: ich
höre, ihr seyd leidlich zu stände. Göthe briefe 3, 16
(Merck briefs. 1,84); aargauisch ussert stands (l. auszer
stände, s. e, 2) verrückt. Hunziker 250. mehr auf das
aussehen bezogen:
(CharU.) bin ich nicht mehr im stand — ?
iferhur. das sag' ich nicht,
dein offner schaden läszt sich übersehen,
wenn's iinster ist, so bist du grau.
Kleist 1, 226 Schmidt (Ämphitr. 1, 6).
c) sehr gewöhnlich ist im stände sein mit ergänzender
bestimmung, wozu fähig oder 'in der läge' sein, die mög-
lichkeit haben {vielleicht beeinfluszt durch das franz. 6tre
en 6tat, s. Singer zeitschr. f. d. wortfortschung 3, 234*'):
im stände seyn etwas zu thun etc. , essere in istato di
far qualche cosa, cioe esservi atto, disposto, fornito etc.
er ist jetzund nicht im stände, euch zu zahlen, mit euch
zu reden. Kramer dicf. 2, 930"; er ist nicht im stände,
non is est, qui. Steinbach 2,669; im stände seyn, passe,
aptum esse. Frisch 2, 318»; 'im stände seyn, etwas zn
thun, die nöthigen kräfte, das vermögen, den icillen dazu
haben.' Adelung (2, 2, o); berlin. in schtande sind, es mög
lieh machen. Brendicke m^. (fehlt in der Rappenauer
mundart, s. Meisinger 181'.) ganz zu unrecht icird im
stände sein für können als nettes modewort gebrandmarkt,
s. Günther recht u. spräche a. 46. 281, anm. 541. die be-
stimmung tcird gewöhnlich in einem inßnitiv (mit zu) ge-
geben: wenn ich ihnen zu dienen im stände bin. Lessin«
1, 517 (Minna v. B. 1, 6); wäre Newton im stände gewesen
durch seine frau ... die Cartesianischen wirbel verbren-
nen zu lassen: so hätte er unmöglich seine principia
schreiben können. Lichtenberg vorr. zu Erxleben an-
fangsgründe der naturl.^ 23 ; und doch bin ich nicht im
stände, dir zu sagen, wie sie vollkommen ist. Göthe
16,24; kein mann ist im stände, den werth eines weibes
zu fühlen, das sich zu ehren weiszl 19, 131 (W. Meister
4,20); ich bin nicht im stände, die gemahlin des grafen
zu seyn. erzähler des IS.jahrh. 88, 16 Fürst; er war jetct
45
707
STAND (7)
STAND (7)
708
im stände, sich selber zu leben und seine Unsterblich-
keit einzukassieren. J. Paul 62 (Katzenb. 2), 70; doch keiner
meiner leute, unausgesetzt während drei tage auf kund-
schaft geschickt, war im stände, mir auch nur auf die
entfernteste weise nachricht davon zu geben. Kleist 3, 237
Schmidt; ich . . . verschlimmerte meine händel stets da-
durch, dass ich nicht imstande war, eine einzige thräne
zu vergieszen vor meinen richtern. Keller l, 36; mittelst
dieser kenntnisz bin ich im stände, ... die geschichte
der tödtung des obersten Ruinell in ihr wahres licht zu
stellen. C. F. Meyer Jenafsch 162;
wär't ihr, Schwärmer, im stände, die ideale zu fassen,
Ol 80 verehrtet ihr auch, wie sicn's gebührt, die natur.
GÖTHE 1, 399 (ijahreez. 46);
es war, ich musz bekennen, wenig Schonung
von meiner seile, wallen gegen sie
zu fuhren, die sie nicht im stände sind
mir zu erwiedem.
Schiller 6, 2, 217 {don Karlot 2, 6).
mit unpersönlichem »ubject: eine bouteille . . . grosz und
rund, die einen andern mann als ihn ärger als die
Leidensche flasche würde gerührt haben, da sie kaum
bey ihm im stand war einige Jugend streiche herauszu-
jagen, die er zuweilen am ende der mahlzeit . . . erzählte.
Lichtenberg nachl. 13; ein roman, der nicht ganz von
selbst kommt, ist nicht im stände mich einzunehmen.
GöTHE 10, 54 (Clavigo l) ; alle die Schönheiten ... in den
vielen gemählden unsers Leonardo aus einander zu setzen,
ist meine feder nicht im stände. Wackenroder herzens-
erg. 81 ; Sehnsucht . . . nach den gütern, die Deutschland
einigen und nicht trennen, die uns allein den Stempel
voller eigenheit aufzudrücken und zu wahren im stände
sind. J.Grimm s. iheil l, vorr. vii; aus ihm {dem letzten
kämpfe) kann es (das christenthum) nur, durchdrungen
von göttlicher klarheit, hervortreten und einen sieg feiern,
dem förderhin entgegenzukämpfen keine hemmende gewalt
mehr im stände sein wird. Platen (1852) 6, 64. ungewöhn-
lich mit passivem in/., aus der persönlichen activen con-
struction verschoben; so auch: endlich schickte man un-
verdächtige leute . . . und diese fanden das geschüz im
Stande gebraucht zu werden. Schiller 4, 170; ähnlich:
unterwegens erfuhr er, dasz der anschlag von Brescia
noch im stände wäre zu gelingen. 177. — weniger ge-
bräuchlich ist zu etwas im stände sein, z. b. er ist nicht
im stände zu einer lüge u. dergl. das neutr. eines pro-
twmens kann auch (Jetzt kaum noch) im acc. hinzutreten:
ich bin es nicht im stände. Adeluno (2, 2, a); s. auch
unter d.
d) im stände sein heiszt in der neuem Sprechweise nicht
nur 'die %oozu erforderlichen kräfte, mittel, kenntnisse, zeit,
gdegenheit u. s. u>. haben', sondeiii es geht auch auf die
psychologische und mx>ralische m^glichkeit, da einem, nach
seinem Charakter, etwas zuzutrauen ist; etwas fertig kriegen,
sich herausnehmen (roX/uäp). oberhess. ich bin im stand,
ich wage, unternehme ehcas. Crecelius 804; berl. die is
in 8chtand6, uns anzuzeijen, die ist vielleicht so schlecht,
bekommt es fertig. Brendicke l77^ die Juden sind im
stände za sagen, das pferd habe im stricke gehangen,
wovon man noch die wunde sehen könne. Rosenzweig 88.
in diesem sinne wird jedoch gern anstatt des infinitivs die
twanglosere form der nebenordnung angetoendet: man sage
mir nicht viel, oder ich bin im stand und schreibe ein
dickes buch betrachtungen über die geschichte der drcy
kalendcr. Wielanü 8,78 (Danisehm. 9); der kerl da ht
im stand und behauptet ich hätte seinen rock an. Grimm
märehen^'M(nr.7); er ist im stände und steckt dir das
haus über dem köpfe an u. ähnl. ; wes^. hä es im stanne
nn kUamt nitt. Woeste 2M». vgl. Matthias sprach-
leben und apraehsehäden* % 880. im aehweiz. wird sogar
unterschieden: (joargauiaeh) er ist im stand er chunt, er
wagt e» tu kommen, und er ist im stand z'ohö, er ist
vermBffend tu kommen. Hunzikbk SM, ebenso in Basel
(«r iseb woll im stand z'zale, er ist vermögend genug).
SetLBR »77*. auch er ischs w6il im stand, tat deaaen fähig,
ebenda; Märten, das beiszt man ja kappein. OOrge. er
ist allM im Stande. Oötiie U.rji (bürgergen. 7).
«) dm» gegenOmL heiatt ausser stände sein, wo daafefUen
daa artikda tbanac durchgängig ist xde bei im stände daa
aetatn: loh bin aaszer stände ihnen zu dienen, ieh bin
nicht vermögend dazu. Campe (2); Agathon war in diesem
augenblick ausser stände höflich zu seyn. Wieland i,239
(Agath. 4, 6); allein wir sehen uns noch ausser stände, die
neugierde des lesers über einen punkt zu befriedigen, wovon
Agathon selbst nicht fähig gewesen wäre rechenschaft zu
geben. 240; aber verabschieden durfte er sie (der general die
truppen) noch nicht, weil die republik auszer stände war
sie zu bezahlen. Schiller 4,138; da sie auszer stand sind,
den Phöbus in diesem jähr zu übernehmen. Kleist 5, 375, 23
Schmidt; wir sind gänzlich auszer stände, dem hoch-
muth und der wilden und unritterlichen rachsucht, womit
die dröhnen jener zeit auf die arbeitsbienen blickten,
einen andern antheil zu gönnen als den, welchen jedes
Unglück verdient. Freytag 18 (bilder 2, i), 804; die frau
hat dem manne, wenn er auszer stände ist, sich selbst
zu unterhalten, den . . . unterhalt ... zu gewähren, bürgerl.
gesetzb. % 1360. Schweiz, ussert Stands. Hunziker 250.
f) als causativ zu im stände sein dient einen in stand
setzen etwas zu thun 'ihn dazu fähig machen, ihm dazu
die nöihigen mittel verschaffen'. Campe (2): um sie dazu
in stand zu setzen, unterrichtete er sie umständlich von
allem. Kleist 3, 239 Schmidt; wie der uralte fund der
Schrift zuerst den menschen in stand setzte, den geistig-
sten gebrauch von seiner band zu machen, ihm die macht
verlieh, seine gedanken zu versenden. J. Grimm s. theil i,
vorr. X. gewöhnlicher jedoch mit dem artikel : bis dasz 1725
die königliche mildigkeit Johann des fünften von Portugal,
ihres mitschäfers, sie (die 'Arcadier") in den stand ge-
sezet, auf dem Janiculus einen anmuthigen hügel zu
kaufen. Bödme r neue crit. briefe 104; dasz ich nicht würde
ermangeln lassen, sie dereinsten glücklich zu machen,
wenn . . . ich in den stand gesetzet wäre , mich mit ihr
vermählen zu können. Flösse 3,55; sein beer betete ihn
(Wallenstein) an, und das verbrechen selbst setzte ihn in
den stand, alle folgen desselben zu verlachen ! Schiller
8, 127 (SOjähr. krieg 2) ; die bettler des achtzehnten jähr
hunderts dienen nun als gemeine und Unteroffiziers in
den wichtigsten treffen, die wir haben, das setzt sie in
den stand, auf dem schlachtacker alles zu summieren,
was . . . verloren wurde. J. Paul 17 (biogr. bdust. l), 152;
obiges etwas wird sie in den stand setzen i) die zukunft
aufs genaueste vorherzusehen. Novalis l, 67 Meiszner;
sein (des sanskrif) hohes alterthum , seine . . . formvoll-
kommenheit, setzen in den stand, ja nöthigen, von dem
engeren gesichtspunct abzuweichen, auf welchen uns die
gewohnheit der griechischen oder lateinischen (spräche) . .
gebannt hatte. J. Grimm gramm. 2, *. vi ; um sie aber in
den stand zu setzen, ein richtiges urthcil zu (allen, werde
ich etwas weiter ausholen müssen. Kleist 6, 26, 7 Schmidt;
dasz h. Adam Müller und ich, durch den capitalvor-
schusz eines kunstfreundes, in den stand gesetzt worden
sind, ein kunstjournal ... zu verlegen. 863, 14;
doch^ um dich in den stand zu setzen,
sogleich jedwedem irrtum zu besegnen.
2, 866 (2r«nn<iftn«i>r/i<. 9, 10).
g) das gegentheil heiszt tunächst gant entsprechend auszer
den stand setzen; sie wissen wohl, dasz mein lieber
mann mit meiner freygebigkeit nicht wohl zufrieden ist,
und mich durch seine gar zu groszo Sparsamkeit niis/i>r
den stand setzet, jemanden gefäUigkeit zu cr/ei,'<'it.
Gellert 8,228 (loos in der lott. l, )); doch bemerkt schon
AuELUNO, der die stelle (mit ungenauem woräant) anführt,
dazu: 'besser aaszer stand, ohne artikd', und Campe giebt
an: einen auszer stand setzen etwas zu thun, 'ihn der
mittel datu berauben, es tu thun ihm unmöglich machm'.
es wurden aber auf einmal mehr als die hlilftc der
Schauspieler, durch einen epidemischen zufail, au^hor
stand gesetzet zu agiren. Lbssinu •l,t»(IIamb. thuv,
eben so wenig geneigt Bayern preis zu geben, ah
seinen vertrag mit Schweden auszer stand gesetzt ct> zu
schützen, verwendete er (Richdieu) sich mit ganzem cifer
für die noutralität. Sciiili.rh 8,226; die ^'< '
macht, auszer stand gesetzt, in eine untcrdn:
zuarten, tritt in die bescheidenen grenzen eiii> ■ ■
zurflck. 800; die absieht der Schweden sey, dir Wcima
rische armee immer weiter vom Rhein zu entfernen ..,
bis man sie entweder gänzlich auf seine seite gebracht
oder doch auszer stand gesetzt habe, etwas eigenes zu
709
STAND (7. 8)
STAND (8)
710
unternehmen. 389; gleichwohl setzen mich die groszen
kosten, die mir der Phöbus verursacht, auszer stand, im
druck dieses werks fortzufahren. Kleist 5, 37*, 29 Schmidt.
Seifert U7id ungut durch einen abhängigen satz bestimmt:
also muszte ein mittel erfunden werden diese flotte auszer
stand zu setzen, dasz sie die stadt beschüzte. Schiller
i, 128. es findet sich auch {und so jetzt nicht ungeicöhnlich)
auszer stände setzen mit deutlichem dativ, in sichtbarer
anleJinung an auszer stände sein, indem auszer stände
irie ün begriff behandelt irird: ein kusz, den er auf diese
hand drückte, sezte das erschrockene mädchen ganz
auszer stände zu fliehn. Anton -Wall s. erzähler des
IS. jahrh. 22,12 Fürst.
8) in einem specielleren sinne geht stand auf die sociale
gliederung der bürgerlicJien gesellschaß nach der gesell-
schaftlichen rangordnung und beruf sclassen. hier geht die
abstracte bedeutung leicht in eine coUective (9) über, diese
bedeutung ist bei stand immer entschiedener vorherrschend
geicorden und ist in der regd da anzunehmen, tco der
Zusammenhang nicht auf eine andre führt, vgl. Krünitz
169, 560^. Rotteck -Welcher staatslex.^ 13, 717 — 721.
B.\CHEM staaislex.^ 2, 816 — 8. (hierzu auch die zahlreichen
composifa mit Standes- und viele mit stände-, s. unten l*.)
a) stand, wesen, status, conditio, gradus, ordo aliquando.
Dasypodius ; die stand, die stafflen der wirde in einem
Yolck, ordines. als pfaffenthümb, adel, burgerschafft.
Maaler 383'; clasz, zunfft, stand, curia, tribus. Henisch
G07, 49; standt, orden, m. un estat. Hulsius 306»; stand, m.
OTAen, Status, ordo. Schottel1421; unterschiedliche stände
der menschlichen gesellschafft, differenti gradi e stau
ddla societa humana. Kramer dict. 2,930*; stand, status,
ordo: etat, in dem Staatsrecht, gewisse Ordnung der
menschen in dem gemeinen wesen. Jablonski 746». so
auch in mundarten allgemein, z. b. aargauisch stand 'die
bürgerliche und gesellschaftliche Stellung'. Hunziker 250.
vgl. : was ist der stand ? eine eitle färbe die die menschen
erfanden haben, um leute die es nicht verdienen mit
anzustreichen. Göthe briefe l, 60 (l. oct. 1766); dann, wenn
die schranken des Unterschieds einstürzen — wenn von
uns abspringen all die verhaszte hülsen des Standes —
menschen nur menschen sind. Schiller 3, 369 {hob. u.
lidbe 1, 3).
b) stand in Verbindung mit andern Substantiven.
a) mit synonymen, im 16. jahrh. ist beliebt die feste
Verbindung stand und wesen , die fast wie ein icort be-
handelt vdrd {wie jetzt art und weise), s. unten {vgl. auch
oben 5, e. 6, c). sonst wird in der altern spräche orden,
in der neuem rang als synonym vericendet: in einer ge-
sellschaft, wo die mitglieder einander an stand und ränge
so ungleich sind. Bodmer neue crit. briefe 125; alle be-
deutenden fremden, von jedem rang und stände, be-
suchten ihn. Göthe 37,220;
underscheet der stand and orden
is den lüden man ein spot.
Lacremberg schertzged.. inj. 31.
ferner: von hohem stand und wirde fallen oder kommen,
eoneidere ex amplo statu. Maaler 384''. stand und ehre
oder stand der ehre: in einen hohen stand der ehre
kommen , in amplissimo gradu dignitatis coüocari. aus
dem höchsten stände der ehren gestoszen werden. Stein-
bach 2, 6C9.
ß) der stand eines menschen bentht theilxceise auf seiner
abkunß, und ist dann natürlich angeboren und unver-
änderlich: darbei ist sich ab der alten unserer vorfarn
infalt und frombkait nit genugsam zu verwundern, das . .
deren wenig irem stand und herkommen gemess sich
gelebt oder auch schreiben haben lassen , sonder . . . ire
herkommen und geschlechtemamen verschwigen. Zimm.
»■on.* 1, 100, 24; sie haben sich also demüetigen wellen
und benüegig sein, das gott ir herkomen und standt . , .
"sse. 101, 11.
y) andrerseits wird der stand durch beruf und amt be-
stimmt und ist insofern veränderlich und von dem eignen
willen und dem andrer menschen abhängig, vgl. Bluntschli
deutsches staatswb. 2, "Sß: standt, beruff, m. vocation. Hul-
sius 806»; stand, stato, conditione, posto, ordine, grado,
qualitä, vocatione etc. v. beruf, leben. Krämer dict. 2, 929«;
standt ist eynes ygklichen menschen beruff, handel.
wandel, and narong die er treibt. Agricola spriehw. 2ä9
(= Egenolff 161») ; als mit loblicher gewonhait herkomen
ist, das der burgermaister und rat unser stat zu Wienn
j er lieh jr stenndt und ambt zu den weichnachten auf-
sagen ; begem wir an ew . . . und wellen, das jr des gegen-
bärtigen jars die bemelten ambt und stennd nicht auf-
saget, sunder die verweset, und darinn beleibet, fontes
rer. Austr. 2, 7, 287 {urk. v. 6. dec. 1491 itn Wiener eopey-
buch); und ich wil dich von deinem stände störtzen, und
von deinem ampt wil ich dich setzen. Jes. 22, 19; es sind
in allen göttlichen ampten und stenden viel böser men-
schen, aber der stand ist und bleibt dennoch gut. Luther
5,183» {s. auch unter d); dasz ich der ihrige seyn wollte,
so bald ich ein amt hätte, einen stand. Göthe 10,54
{Clavigo l); dasz kauffleut, handtwercker , weingärtner
und ackerman ein jeder in seinem standt unnd beruff
ruhig verbleiben könne. Chr. Lehmann chron. v. Speyr
(1612) 309» B;
(ich) greiff an das werck mit frewden,
darzn mich gott hat bescheiden
in meinem beruff und stand.
Wackernagel kirchenl. 6, nr. 248, 7.
in diesem sinne: dasz er eure erziehung ganz in den
bänden eurer mutter gelassen hat und sorgfältig sich
gehütet , . . . euch zu irgend einem bestimmten stände
anzuhalten. Novalis 2,224 Meisznet: vgl. indessen: das
Söldnerwesen kommt auf, der krieg wird gewerbe (noch
nicht eigentlich stand). Vischer ästhetik 2, 267.
S) mit nicht synonymen zusammengestellt: so musz auch
essen und trincken mit imserem äusseren zustande, das
ist, mit unserem stände und vermögen zusammen stimmen.
Chr. Wolff von der meiischen tJiun u. lassen % 458, vgl.
§ 492. 510; der Umgang mit leuten von allerley stand und
alter. Lichtenberg nacMasz 6. besonders einen nach
namen und stand fragen, um zu wissen, teer und 'was'
er ist: von da aus habe ich ihn begleitet, niemals mir
aber die mühe genommen, nach seinem stände oder
namen zu fragen. Lessing 1,326 {die Juden u) ; da...
meine neugierde nach namen und stand eben auch nicht
grosz ist, so liesz ich mir's unschwer gefallen, dasz ich
auch nicht erfahren sollte, wen ich eigentlich vor mir
habe. Vischer auch einer l, 29; bolzgerad aufgerichtet . .
herrschte er die strolche an, verhörte sie wie ihr gesetz-
licher richter nach namen, herkunft, stand. 80.
c) die Zugehörigkeit des einzelnen zu einem stände wird
meist durch den genitiv ausgedrückt, der auch als prädicat
sehr gewöhnlich ist: wes Standes ist er? Schottel 1421;
die einheimische und ausländische, wes stands sie seyen.
Mayntzisch landr. 8, § 1 ; niemandts, wesz würden, standts
oder Wesens der sey. reichstagsabsch. s. 410; wofür aller-
dings in der altern spräche häufiger die ungenaue fügung:
was Standes seyd ihr? di che conditione etc. sete voif
Krau ER dict. 2, 930»;
einer sei, was Stands er sei, jung oder alte,
edel, gwaltig, reich, lieb oder wolgehalten,
sol man keines stand, person noch gwalt ansehen.
Rebhun Susanne 4, 1, v. 13;
verstärkt: das niemandts, was standts oder wesens der
seie, ... die freiherren von Zimbem oder ire underthonen
auf kain landtag beruofen . . . solle. Zimm. chron.* 1,201,30;
was Stands oder wesens die in deren gehörten dörfem
sein, tirol. tceisth. 3, 217, 13 {vom j. 1583) ;
der (tod) nimmt und frist all menschen kind . . .
fragt nit was Stands oder ehren sie sind.
Wackernagel kirchenl. 4, nr. 712, 9
(JoH. Leon).
doch auch mit präpos.: von was würden, standt oder
wesen der oder die weren. reichstagsabsch. s. 86; wir wollen
auch das kain herr, freien, grafen, ritter oder knecbt,
noch kein lantrichter, auch sunst kain richter oder auch
ander, in weihen stant er sei, in der benanten gegend
ichts frävel oder gewalt treib, steir. taid. 61,44; wir...
emphelhen auch allen unsem underthanen, in welhem
stand seu sein. 63, 37 ; war es aber ainer des adls oder
ain geistliche person, in welhem stant das war, höcher
oder nider. 65, 2. — derselbe genitiv auch in jedes, allerlei
Standes, s. g, ß; ferner, wenn mehrere in bezug auf ihren
stand verglichen werden {vgl. e): eines Standes leute, ejusdem
sortis, vd eonditionis homines. Stieler 2131; einem edel-
mann und Soldaten ziemte diesz gleichnisz wohl, der
46*
711
STAND (8)
STAND (8)
712
sich dadurch männern seines Standes gegenüber stellte
u. 8. to. GÖTiiE 26, 101 {dicht u. icahrh. 7).
d) verbale fiigungen. diese gehen in der regel von der
bedeuttmg des betttfes und amtes aus und sind zutneist
nur im altem nhd. üblich: stand anbieten, offerre con-
ditionem. Dasypodius; vgl.: stand und wiisen das einem
yeden angebotten wirt , conditio. Maaler 384''. — einen
stand wehlen, auserlesen, kiesen, eleggere, scegliere uno
atato, genere di vita. Kramer rftc*. 2, 930». einen stand
antreten: wann die hinterlassene kinder alle minder-
jährig , so soll man ... die kinder auch aus gemeiner
nahrung verpflegen lassen, so lang, bisz eines oder das
andere einen stand antritt, und es also seine erbportion
Selbsten verwalten kan. Mayntzisch landr. 5, § 4; dahin-
gegen auch die kinder bisz zu erlangter ihrer majorennität
. . . oder bisz dieselbe in geistlichen oder weltlichen stand
tretten . . . würden , behörig zu unterhalten und bey an-
trettung des Stands auszusteuren schuldig seynd. 7, § 3.
auch: einen stand erheuraten, acquistarsi ^lno stato etc.
per via di casamento. Kram er dict. 2,930*. — seinen stand
führen, menare, condurre il suo stato, posto, ordine, grado.
Kramer dict. 2,930»: wir wollen aber laider all sollich
stand füren, das wir nit arbaiten dürften, darumb seind
wir münch und pfaffen worden. Luther 10, 3, 230, 19 Weim.
ausg.; Christus hat seyn ampt und stand gefüret, damit
hatt er keyns andern stand verworffen. li, 2,58, 17; sie
nennen sich wol Christen . . , füren aber daneben eyn
solchen stand, darynn sie allen mutwillen treiben. 14,76,29;
auch : bistu ein prediger und es gehet nicht also zu, wie
du es gerne bettest, so... sprich: den stand wil ich
ausrichten , es gehe , wie es wolle , denn ich weys , das
mich gott darein geworffen hat. 27, 389, 30; sey nicht
hoffärtig, halte aber deinen stand ehrlich. Zincgref
apophthegm. 1, 121, 5;
80 hilf nur, dasz ich meinen stand
wol halt und herrlich siege.
P. Gerhardt «. 219, 84 Oödeke.
seinen stand handhaben, in acht nehmen, erhalten, ver-
theidigen, vertretten, sostentare, mantenere. conservare,
difendere il suo stato, posto, ordine, grado. gall. soütenir
son rang. Kramer dic^. 2, 930»; seinen stand vcrtädigen,
ordinis auctoritatem confirmare, sustentare statum. Stieler
2131. — seinen stand verändern, verlassen, cangiare di
stato. mutare di conditione, abbandonare il suo stato,
posto, grado. Kram er dict. 2,930»; sprichwörtlich: veränder
nicht deinen standt, du hast dann ein bessers für der
handt. Lehmann florileg. s. 14C, 96;
veränder nicht leichtlicb deinen standt,
du habet dann ein bessern vor bandt.
Zincgref apophth. 4, 863.
den stand, wäsen, und glück desz läbens verlieren, amif
tere statum vitae. sein stand und wäsen widcrumb zfi
banden nemmen, in catisam suam recidere. Maaler 884^.
des Standes entsetzet werden, de gradu moveri, ex statu
dejici. Stieler 2181; seines Standes entsetzet werden,
seinen stand verlieren , um seinen stand kommen , von
seinem stand gestosscn, von hohem stand herunter gc-
stossen werden, esser depoato, dismesso, degradato. Krämer
die/. 2, 930''. — mit Präpositionen, gewöhnlich in: sich in
einen stand begeben , asaequi gradum , adipisci ordinem,
vitae genus ingredi. sich in einen stand einkaufen, locum
pretio mercari. Stieler 2130, vgl. Kramer dict. 2, 080»;
sich widerumb in seinen stand gäben, in causam auam
recidere. Maalek 884*'; in einen stand treten, personam
aliquam tuscipere. Steinbach 9, 669; da das Monelaus
innen ward, gedachte er, das er gelegcnheit hette, das
er widemmb zu seinem alten stand {als regenf) komen
kUndte. 2 Mace. 4, 8S. — einen zu einen stand befördern,
aliquem in ordinem cooptare, locare, recipere. SriEi.F.i« 2131 ;
Jemand zu einem stände befördern , bringen , in einen
stand einsetzen, avanzare, promovtre, portare, mettere,
inttaUare, eoUccar« uno in quaUhe conditione, ponto etc.
Krämer diet. t, sso*; da« glOoke hat ihn in einen hohen
stand gesetzt Stbinbacii a, 699. — von (8)eincm stände
•ttlrzen, vgl. oben und Je». SS, 19 unter b, y; ungeicöhnlich:
etliche abitr hat er verflucht, und gcnidriget, und aus
jrem stände gestUrtzL Syrach 33, 12. — in einem stände
sein, leben, tinnlieher stehen:
lasz meinen stand, darin ich steh,
berr, deine liebe zieren.
P. Gerhardt t. 204, 127 Oödeke;
vgl,: ich zieh' in ferne lande,
zu nützen einem stände,
an den er mich bestellt. Fleming 288;
sei ^ott getreu in deinem stand,
darem er dich gesetzet, hannov. gaangb. 348,4;
gieb, dasz ich thu mit fleisz,
was mir zu tbun gebühret,
wozu mich dein befehl
in meinem stände führet. 340, 2.
in seinem stände bis ans alter bleiben. Steinbach 2,669;
nach solchem ist er widderumb gehn Watzen kirchen
komen und an dem standt der pfar nicht lenger blieben
dann bey einem halben jar. Luther 23, 453, 15 Weim. ausg.
e) Verhältnis des einzelnen zu seinem stände: er ist des
Standes wehrt, dignus est hoc munere. Stieler 2131;
sein stand erbebt ihn nicht; sein stand wird grosz durch ihn.
Cronegk 1, 325 (Olint 1, 4).
der stand gefällt mir, mihi arridet ea conditio. Stieler 2131.
einem stände feind seyn, despicere oi-dinem. ebenda, mit
seinem stand zu frieden seyn {auch im sinne 7), esser,
viver contento della conditione, Sorte. Kramer dict. 2,930»;
sprichwörtlich: , , .,
seht jbr nun heben kmd,
woher sich ewer elend find?
daher, das niemand jeder frist,
mit seinem stand zu frieden ist.
froschm. F 3" (1,1, 7);
dinen stand halt für den besten,
ist er glich nit ane bresten. Eiselbin S76.
daher: ein jeder bleib bey seinem standt,
so steht es wol im gantzen landtl
B. Waldis Ei>op 1, 13, 55;
drumb bleib ein jeder in seim standt,
und leb so, das ers sey bekandt {dasz er sich dessen
nickt zu schämen brattche). 2, 87, 16;
das jeder bleib in seinem stände,
er sey in stedten odr auff dem lande.
froschm. G "7^ (1,1,10);
der ist ein weisz glücklicher mann,
der sich in seim stand sckicken kan. F6» (1, 1, 8);
ein jeder halt sich nach seim stand,
was einer glemt das sol er bleiben U. treiben),
und ob demselben allzeit bleiben. Eyerino 2, 126.
vergleichung mehrerer in bezug auf ihren stand {vgl. rV
ihr stand ist nicht einerley, eorum non eadem est conditio.
Steinbach 2,669; wie solts in solchen regimentwol unnd
glücklich ergchen, da dapffere, verständige . . . leut, denen
die weder verstandt noch erfahrung haben ... in gleichem
standt unnd ehren gehalten werden, kein hauszvatter
würdt in seiner hauszhaltung verstatten, dasz die diener
neben jhme ... in gleichem standt seind. Chr. Lehmann
chron. v. Speyr (I6I2) 806''B; es ist unmöglich, das die
freundschafTt, ohne gleichheit der stände, erhalten werde.
BuTSCHKY Pathmos s. 419; der handelsgeist wird viel-
leicht die Ungleichheit der stände mit der zeit aufheben.
Hamann l, 16;
wann wir wären in gleichem stant,
wäre kein ncid im gantzen laut,
weil aber ungleich unser stant,
bat neid genommen uborhont.
Zincgref apophthegm. 4, 334;
Algerthen macht der sieg mir auch im stände gleich (majeslalis
meae partiripcm Jaeit).
H0FMANN8WA1.DAU hei Steindach 8, flfiH;
der it&nde gleichheit ist der liebe possenipiel. ebenda.
vgl. standesglcichhcit, -unterschied u. ». 10. von der recht
liehen Stellung: die Strafgesetze werden, da flüohtIin(;e
mit eingesessenen in einerley stand treten , grausam
werden. Moser patr. phant. 9, 61.
/) ein jeder stand ftotseine betondem rechte und pflichten,
gewohnJvkUn, erfordemi$H, lebenthaltung , annhen, theil-
ictise und hnondtra in frithertr teii auch b«»timmt$ Vor-
rechte, eigenihümliehe kUidung und abieiehen w. ». tc.
a) der stand, worinn ich lebe, hat doch auch sein
recht, und die modo ihre forderungen. Moser jwtr. phant.
8,5; ich sah manch stolzes haus .., manches der reich-
sten, das dir gern den aufwand deines stände« verschafft
haben würde. Qöthb 10,97 {Clav, i); zunftlicder, ziinft-
feste und brauche feiern scheinbar oft die ehre der arbeit,
während sie in der that vielmehr den rechten des stamloi
die ehre gehen. Rirhl d.arbeiti*]
713 STAND (8)
denn wo kein stand behelt sein ehr,
bleibt in dem reich kein freyheit mehr.
froschm. Kkifi.
vgl. : die eifersucht, in einem gepränge von kleinigkeiten
sich einander nachzuäffen oder zu übertreffen, — hierin
besteht das monopol, das jeder mit seinem stände treibt.
Hamann l, 12. s. ferner standesabzeichen, -ehre «. s. w. —
daher sprichwörtlich : andererstand, andere sitten. Wander
4,772,3; alle stende haben jhre eigen laster. Petri H7*
(= Henisch 829, 29); ferner: ein jeder stand hat seinen
teuffei unnd harten schweisz. Vs*; newer stand, new
elend. Qq2» = Hexisch 872, &i; auff ein newen stand,
folgt gemeinigklich ein new elend. 63;
ein jeder stand hat seinen frieden,
ein jeder stand auch seine last.
GeüERT 2, 172 {vgl. BCCHMANN 20 148).
daher: es ist das wahre glück an keinen stand gebunden.
Hagedorn 1, 14 {die glückseligkeit).
ß) spnchicörtlich : eyn yeder soll sich halten nach
seinem stände. Agricola sprichw. 259, ebenso Egenolff
161». Eiselein 576; wen man nach seinem standt leben
[kann], ist es billig, den zu wehlen, so einem ahm besten
gefeit. Elisab. Charlotte 3, 541; {sein vater) kleidet jhn
nach seinem stand. Garg. s. 171 neudr. (ll. c); einem jeden
nach gebür seines Standes aufwarten, tractiren etc.
Kramer dict 2, 930''; so macht oder lest machen ein pau-
meister alles glasswerck auf dem ratthaus, . . . dem leben-
zuchtiger, stathirten und huntschlaher, iedem nach seinem
stant. Tücher baumeisterb. 105, 29; widrigen falls ... die
kinder {ihren Stiefeltern) an handstreichs- oder hochzeits-
kösten mehr nicht, als was andere gute wirthschaffter
ihrem stand gemäsz, in diesen begebenheiten anzuwenden
pflegen, gut zu thuen schuldig seyn sollen. Mayntzer
landr. 7, § 6; nach der geometrischen gleichheit würdt
in solcher belohnung ein jeder seinem standt gemesz ge-
halten wie und welcher gestalt nun in der belohnung
nach eines jeden standt und dienst gleichheit würdt ge-
halten . . . Chr. Lehmann chron. v. Speyr (1612) 309''C; er
machte dasz jederman seinem stände nach die nothturfft
hatte. ScHUPPius 28;
ich meint, die geistlichen seint die frommen, . . .
hilten sich nach jhrem standt und würden.
Ayrer 1331, 7 Edler.
v) sich über seinen stand erheben u. ähnl. : zu vielem
hätte ich geschick und anlagen und getraute mir wohl,
dinge zu verrichten, wie sie das gelehrteste fräulein nicht
kann, wenn ich über meinen stand hinausgehen wollte.
Keller 4, 249; eine geselligkeit, die . . . über seinen stand
und seine mittel hinausging. Storm 5,81;
dadurch begihrig jhr was recht und gut erfassen,
und zu erhöben euch hoch über ewern stand.
Weckherlin weltl. ged. vorr. 3»
{an B. chiirf. durchl.).
anders: kein vornehmer und reicher sol sich seines
Standes erheben, sondern niedrig seyn und gern dienen.
Chr. Starke Synopsis nov. test. 3, 1408.
8) das geziemet unsrem stände, decetid ordinem nostrum.
Stein BACH 2,669; das ist unter meinem stände, sagte
der bettelmann, als er ausmisten sollte. Wander 4, 772, 5
{aprichw. aus Franken).
t) von Standes wegen u. ähnl. : ob er Stands halben
solche kleidungen tragen dörffen auf erden ? Philander
1, 499; ungeachtet er {der diskurs des Dionys) dem Aga-
thon mehr das ungezweifelte vertrauen des königlichen
redners in den beyfall, der ihm von Standes wegen zu-
kam, als die grosse seiner gaben ... zu beweisen schien.
Wieland 8,33 {Agath.n.i).
g) stände im allgemeinen.
«) und das gleiche nur ist's, was an das gleiche sich reyht.
stände seh' ich gebildet . . . Schiller 11, 85 {spazierg. 64).
unterscheid der stende ist ein zeichen der freyheyt.
froschm. Kk 4» {am rande) ; ein gespräch . , . mit einem
schönen sprach, von etlichen ständen der weit: beschrieben
durch Conrad Hasen, Straszb. 1629, a.fastn.sp. nachtr.SQS;
zwar weisz ich so gut als einer, wie nöthig der unter-
schied der stände ist. Göthei6, 96; diese zweite periode
der deutschen geschichte gliedert das gesammte volk in
wenige stände, sie gleicht in langen kämpfen die unter-
schiede innerhalb der stände aus . . . und sie unterwirft
schlieszlich alle stände dem Staat der fürsten. FRErrAO
STAND (8)
714
18,8 {bilder i,l,\il). vgl.: wie sich einst die stände in
den einzelnen Staaten, so stehen sich jetzt die Staaten
im groszen staaten-verbande gegenüber. Hebbel tageb. 2,
a. 486; die gliederung in stände ist sein {Fritz Schwarzen-
bergs) tiefes bedürfnis. Laube 8, 174 Hoitben.
ß) zusammenfassend alle stände: weil sie {die Schau-
bühne) . . . alle Situationen des lebens erschöpft, . . . weil
sie alle stände und klassen in sich vereinigt. Schiller
3, 522. *. femer unter 9, a. besonders in allen ständen:
so ist doch solcher fehl nit allein bey uns {mönch^n),
sondern in allen stenden auff erden zö spüren. Kirchhof
jcendunm. 1, 495 Österley (i, 2, 46); alles ist in allen ständen
bey uns wol formirt. auszgenommen die rent cammer
die taug nichts. Schuppiüs 27; er hatte leute in allen
ständen, die er vor andere grosse potentaten mit repu-
tation führen konte. 28;
ich bin ein Preusze! Preusze seyn,
ist seyri: ein freier mann,
der seiner freiheit sich erfreun
in allen ständen kann !
in allen ständen gilt gesetz I Gleim 4, 215.
ebenso: von der vasnacht wie si regiert under allen
stenden. fastn. sp. 1346, 265; unter allen ständen gibt's gute
kinder, die sich mit planen und aussiebten beschäftigen
dich habhaft zu werden. Göthe 10, 95 {Clav. 4); die schöne
wohlklingende endsilbe, mit welcher unsere deutsche
spräche in jedem stände, berufe und lebensgebiete die
frau bezeichnet. Keller?, 89;
lobt euren gott in jedem stand I
Cronegk 2, 168.
ferner im qualitätsgenitiv : leser jedes Standes nnd alters.
J. Grimm, a. theil i, xii;
allerley Standes laut zuziehen
auff jr weisz zu rotten und trennung.
Garg. s. 454 neudr,
dafür: auf den feldem, soweit das äuge reichte, sah man
menschen von allen ständen durcheinander liegen, fürsten
und betüer, matronen und bäuerinnen, Staatsbeamte und
tagelöhner, klosterherren and klosterfrauen. Kleist 3, 304
Schmidt, a. ferner oben f, a.
Ä) stände im besondern.
a) die älteste und durcJigängigste gliederung sondert zu-
nächst die freien von den unfreien {sTdaven. hörigen):
schon könig Theodorich hatte zu verweisen und zu strafen,
weil sie {die herzöge und grafen) frei geborene Goten in
den stand der Unfreiheit herabdrückten. Freytag 17
{bilder i), 120; die freie bewegung des bürgers war auf
einen stand der leibeignen gegründet K. v. Hase kirchen-
gesch. % 13. vgl. :
Merkur . . . von welchem stand bist du?
Sosias. von welchem stände?
von einem auf zwei füszen, wie ihr seht.
Merkur. ob herr du bist, ob diener, will ich wissen!
Kleist 1, 208 £. Schmidt {Amphitr. 1, 2).
andrerseits werden die gemeinfreien vom adel unterschieden;
in neuerer zeit redet man in diesem sinne vom bürger-
lichen stände : nun wäre weiter an die heyrath nicht zu
denken, wenn nicht Lisander selbst sich nur durch an-
falle zu dem bürgerlichen stände herablassen müssen.
in der that ist er von eben so guter geburt, als der
marquis. Lessing 7, 77 {Hamburg, dramat. 17); mir ist
mein stand, dasz ich ein unbedeutender ruhiger bürger
von Madrit bin, nie so . . . beschwerlich gewesen als jetzt,
da ich mich ... so unvermögend fühle, ihnen gegen den
falschen höfling gerechtigkeit zu schaffen! Göthe 10,59
{Clav, l); wir gehören ja nicht dem adel an, und ich
habe niemals den trieb gehabt meinen bürgerlichen stand
mit einem andern zu vertauschen, welcher in der weit
für vornehmer gilt. Frevtag 12,200 {ahnen 5,3, c. 2);
der bürger wil nit geben vil
bevor dem edlen stände.
Forster frische t liedl. 1, 3, 2.
vgl. dazu Sgh rader reallex. der idg. altertumsk. 802 — 19.
Schröder rechtagesch.^ % 9. 29. 42. 68 und das reg., some das
eddische Rigsm&l. — für den adel, im mittelalter der stand
der ritterschaft, ordo equestria. Steinbach 2, 669, icird
später, nach ausbildung des beamtenthums, geicöhnlich die
Obrigkeit oder regierung eingesetzt: vom stände hoher
Obrigkeit. Comenius sprachenth. 673; gott hat den obrig-
keitlichen standt erhöhet. Chr. Lehmann chron. v. Speyr
715
STAND (8)
STAND (8)
716
(i6ia)306»E; dasz sie zum standt der obrigkeit gelangen,
rhat und richter sein sollen. 308» A;
0 heilige dreieinigkeit,
erhalt uns unsre obrigkeit,
die deine treue vatcrnand
gesetzet selbst in diesen stand.
hannot\ gesangb. 520, 1.
bei der geioöhnlicAen dreitheilung {s. y) tcird die obrigkeit
getcöhnlich mit dem militär in den wehrstand zusammen-
gffaszt; dafür auch das schwert, s. das. 8, iheil 9, 2582:
were das schwerd nicht eyn gottlicher stand, solt er
{Joliannes der täufei) sie {die. Jcriegsknechte) heyssen ab-
tretten. Luther li,24«, 28 Weim. aiisg.
ß) durch die christliche kirche ist die Unterscheidung
des geistlichen und weltlichen Standes aufgekommen .-
lieben freundt, wie gar hat das gelt ... die leut in beiden
stenden, geistlichem und weltlichem, umbstellet und ge-
fangen? Kirchhof icendunm. 1,560 Österley (i,2, lio); ich
mag euch nicht auffhalten, ich wolte sonst gehen durch
alle stand , und wolt euch remonstriren , dasz im geist-
lichen stand selten ein capellan, ein schuhmeister, oder
ein küster sey; dasz im weltlichen stand selten ein
schreibet oder thürhüter sey . . , die nicht ihre sonderbare
rationem status haben. Schuppius 8; ohngeachtet der
aberglanbe und Unglaube . . . eine Scheidewand zwischen
dem geistlichen und weltlichen stand aufgeführt haben.
Hamann 2, 239. enceifert .- wann ich nun etwas im welt-
lichen , im geistlichen oder schulstand hab in acht ge-
nommen das nichtes daug, warum solt ich nicht davon
erinnerung thun? Schuppius 6ll. besonders der geistliche
stand , lo stato ecclesiastico. Kramkr dict. 2, 930», ordo
ecclesiastictcs. Steinbach 2, 669: in fällen, wo . . . ein kind
vor würcklich erlangter majorennität sich verheurathen,
oder in geistlichen stand tretten . . . würde. Mayntzer
landr. 7, § 4; Thomas GofF . . . schrieb, als er zu Oxford
studirete, verschiedne tragödien; wählte aber hernach. den
geistlichen stand, und schrieb predigten. Lessing 4, 326;
der landsherr soll den geistlichen stand nicht verbessern
oder mehren. Göthe 8,204 (Egm. 2); die Verordnung,
welche den geistlichen stand der ahndung der höchsten
obrigkeit unterwirft. Schiller i, 142; dieser Lorenzo war
der jüngere söhn des marchese, weszwegen er auch zu
dem geistlichen stand bestimmt war. 235; es geschieht
zuweilen, dasz junge männer von adel sich dem geist-
lichen stände widmen. Stolherg 6,212; der teufel soll
mich holen , . . . wenn ich nicht den geistlichen stand
quittire. C. F. Meyer Jürg Jenatsch 72. ähnlich schon im
alten testament: er hat jn (gott den Mose) auserkorn zum
heiligen stand. Sgrach i5,i; also sollen auch Aaron und
sein same die erben sein, das man uns Weisheit lere, . . .
anff das jr stand und herrligkeit nicht untergehe. 82.
heiliger stand attch in neuerer spräche : 'ich hoffe, er soll
werden, was sein vater nicht geworden ist, ein doctor
der gottesgelahrtheit . . .' da antwortete seine frau zu-
stimmend: 'um meinetwillen haben sie den heiligen stand
aufgegeben.' Freytag 12, 197 {ahnen 5, 2, 2. caj).). vgl.
ferner: um diese zeit geschah es, dass ich das Unglück
hatte, der oberpriesterin eine neigung einzuflösscn, welche
mit ihrem geheiligten stände und mit ihrem aller einen
gleich starken absatz machte. Wirland 2,81 {Agath. 7,4);
(paler) Domingo, wenn
auch meines stnndoR mildigkeit mir nicht
die sQsze pflicht der schotiung aulTerlegte.
SciiU.i.KK 5, I, 187 (dorn Karlen 8, 6);
im beirgen ordonabunde.
Im Stande de« geborsams wirst da frei.
CiiAMl»80 S, 41 Koch (d. malert, i).
y) »ehr geieOhnlieh werden 8 stände gezahlt, ilt/er die
äUÜte gruppierung $. a: die sächsische nation erkannte
Oberhaupt drey stände, edle, wehren und lento. M/)RKn
otnabr. gesch. i, 867. doch sind die glieder der dreiiahl ver-
»ekitden. indem die alle gliederung theils durch die unter ß
mt$g^iÜirte, theils durch die Unterscheidung von stadt-
und UmdbevUkerung gekreutt oder sonst modifiziert irird.
to ttkon im alten Rom: zu Rom aber waren dreyerloy
stände: der rathsherm stand, der rittcmtand, der ge-
meine pObelstand {aenaUyrius, equetifris, plet»-jt4s). (>imp.-
NIUS tpraehenth. «66. im tpätmitUlalter hat »ich die glie-
dmvng in adel, geiMichkeit und hürgtrihum dt»rehM»ätt
(«mM da» tumeitt hOrige. be»ond»r»r vorrtM» enibJtrtndt
bauei-nthum unberücksichtigt bleibt): nach derselben {Ord-
nung) werden sie {die menschen) überhaupt gesondert in
den geistlichen und weltlichen {stand), jener begreifTt
alle kirchen, schulen, universitseten , milde stifftungen,
klöster, und was denen zugehöret, dieser wird abermal
unterschieden, in den herren- adelichen- bürgerlichen und
bauren-stand. ingemein zählet man drey haupt-stände,
den lehr- oder geistlichen, wehr- d. i. obrigkeitlichen, und
nähr- d. i. bürgerlichen und bauren-stand. Jablonski 746»;
stand, im gemeinen wesen, der haupt-eintlieiliing nach,
die drey haupt-stände, der weltliche, geistliche und haus-
stand, tres hierarchiae. stattis politicus, ecclesiasticus et
oeconomicus. Frisch 2, 318»; dreyerley stand seind von
gott geordnet, darinnen er alle menschen begriffen und
gefaszet haben will. . . . der erste und brunenquell der
andern, ist der ehe- und hauszstand, als der eltest im
paradeisz. . . . der ander der politische und weltlich regier-
ampt. der dritte der kirchenstand, nach den dreyen per-
sonen der dreyfaltigkeit. KiRCHiiOFwcnrfuTim. 3,836 ö*fer?ey
(5,8.5); drei stände des mittelalters übten nach einander
kunstgerecht die poesie: zuerst die geistlichen, dann die
ritter, zuletzt die bürger. Riehi. d. arheitZG;
wehr- lehr- nähr-stand ; jeder stand hat sein eigen ehr in sieb ;
nim w. 1. und n. weg, lehrt der name solches dich :
nur der her-stand, der biszher andrer stände hencker war
hat bey ständen keinen stand, ist an ehr und namen baar.
Logau 2, 163, 21 ;
behüte die drei stände . . . ,
schütz kirche, obrigkeit und haus I
B. ScHMOi.cK, «. hannov. getangb. 518, 1;
gott hat drei stand erschaffen,
adel, bauemvolk und pfaffen.
SiMROCK sprichw. 9810.
tinterscheidung von bürger- und baiiemstand z. b. : so hat
er {Hans Sastrow) . . . ums jähr 1487 sich mit seinem
Junker . . . wegen seiner bauernpflicht in gute gänzlich
auseinandergesetzt . . . und ist bürgerlichen Standes ge-
worden. Freytag 19 {bilder 2, 2), 192. — ungewöhnlich ist
die vierzahl: die vier stände: der lehr-stand, nehr-stand,
regier- d ehr-stand, wehr-stand, li quattro stati e con
ditioni di essa societä: lo stato di quei ch' insegnano cioe
maestri e jrredicatori . di quei che nudriscono, cioe cou
tadini ed artigiani {mercantt), di quei [che] governano cioe
prencipi, magistrati {consiglieri) , di quei che difendono
cioe capitani e soldati. Krämer dict. 2, 930». ein alter tceit-
verbreiteter stahLstich stellt 7 stände stufenförmig vebeti
einander, s. Köhler kl. sehr. 2,61 — 6. 677.
S) besonders seit der franzosischen revolution ist es üblich
geworden, der dritte stand für das bürgerthum zu sagen,
vgl. besonders die sc.hrift des abbi E. J. Sieyfes , Qu'estce
que le Tiers-6tat (1789); anfangs meist im gegensatze zu
den beiden bevorrecJiteten ständen .- der klerus nahm an
der rechten, der adel an der linken seite des throncs
plat7. die schwarze schaar des dritten Standes lagerte
im hintergrunde des groszen prächtigen saales. Dahlmann
franz. revol. 191. doch erklärt schon Kramer dict. {i'Oi)
2, 9.30»: der dritte e der mittel-stand, il terzo stato . . . cioe
ch' i frä la plebbe e li magistrati e reggenfi. vgl. auch :
das regiment ist aristocratisch, die fürnehmsten patricii
führen das regiment, denn es sind nur 8 personen von
42 aus dem dritten stände, die übrigen 84 sind patricii.
Plesse > (1746), 656. der charaktcr des mittelstandos ist dem
iHlrgerthum noch deutlicher aufgeprägt, seit sich unter ihm.
infolge der enticicklung der indtistrie im laufe des ii.jahrh.,
ein vierter stand, die mit lebht^ftem kla»aenbeum»atsein er
füllte gruppe der industriellen lohnarbeiUr (da» 'Proletariat')
eonsdidiert hat, s. Bachkm staatslex,* 6,610 — 6: in der
emporcnt Wicklung des vierten stände.« liegt die ziikunfl.
GöiiHE, i». d. hilfe 5 (189»), nr. w, a. 8. nachdem sieh ein
theil dieser schickt in tiirlschaßlich- sozialer hinsieht be-
trächtlich gehoben hat, beginnt fnan bereits von einem
fünfton rttande «< reden, icomit man eftca die ungdemten
arbeiter od. tihnl. meint.
e) gewöhnlich w?erden indrsscn sehr i'iel mehr stände
unitriehieden, ohne bestimmte saht oder festem prinzip. und
twarwerd»n einerseit» die rangah.otufungen innerhalb dieser
haupt»tänd« al» ttinde he:rirhnet. z. b. Mm adel der
fttrsten-, grafen-, frelherren^land, beim hctr der Offiziers ,
unieroffixierssland : ich musz in diesem sKIck rühmen
den kttnig im gräflichen stand, herm grafen Anthon
717
STAND (8)
STAND (8)
718
Günther zu Oldenburg. Schüppius 31 ; es macht mir in-
deszen eine herzliche freude , zu hören , dasz Leopold
schon so früh zum officier reift, der stand, in den er
bisher gelebt hat , führt so manches unangenehme . . .
mit sich. Kleist 5, 23, lO Schmidt; in solchen augenblicken
muszte natärlich der wünsch in mir entstehen, einen
stand zu verlassen, in welchem ich von zwei durchaus ent-
gegengesetzten principien unaufhörlich gemartert wurde,
immer zweifelhaft war, ob ich als mensch oder als
officier handeln muszte. 31,32; aber auch du, Wilhelm,
lebst (flls general) nicht in einem stände, der dir rathsam
macht den bräutigam zu spielen. Freytag 12, 21 (ahnen 5,
c. 2). vgl. besonders: darunter sind viel stände, der
fürstenstand , der grafen- und freyherm-stand, der adel-
stand, der bürger- und bauren-stand. dazu kömmt noch
der geistliche stand, aus diesen allen bestehen die stände
eines landes. Gottsched beobaehtungen (1758) 277. auch
in der geistlichen Sphäre unterscheidet die katholische lehre
verschiedene kirchliche stände, nämlich den allgemeinen
christlichen, den jungfräulichen, den clericalen, den reli-
giösen oder Ordens- und den bischöflichen stand, ».Wetzer-
Welte kirchenlex.'^ 11, 708. andrerseits geht stände auf
die verschiedenen bei-ufsclassen , icodurch besonders der
bürgerstand mannigfach gegliedert wird: (in jetzt unüb-
licher fügung :) also dasz die fabel vom Scylla, zum stand
desz studirens . . . sich lobhafftig vergleichen thut. Schup-
piüs 767; Seume's einfache, klare und treuherzige spräche
mit dem landvolke bewog Göschen, . . . ilm aufzumuntern,
ein sittenbuch für den stand zu schreiben, den er so gut
kannte. ClodiüS bei Seume l,91 Hempel; welche gründe
ich für die wähl eines anderen Standes habe, braucht
nicht untersucht zu werden; denn wenn ich mich den
Avissenschaften widmen will, ist es für mich kein neuer
stand, weil ich schon, seit ich in Potsdam, mehr student
als Soldat gewesen bin. Kleist 5, 32, ioff. Schmidt; dann
will ich mir mit gottes hilfe auch wieder in einen andern
stand helfen, das diplomatische fach musz . . . zuviel
langweilige bekanntschaften herbeiführen. J. Grimm kl.
sehr. 1,21; spräche der hirten, Jäger, Vogelsteller, fischer
u. s. w. ich bin eifrig allen Wörtern der ältesten stände
des Volks nach gegangen, s. theil l, xxx; lange zeit hin-
durch hatte kein andrer stand dem anbau der deutschen
spräche stärker angehangen als die ärzte. xx.xi ; er ist ein
gelehrter . . . und dieser stand ist auch nöthig. Freytag
6, 21 (handschr. 1, l) ; stand der studirten, s. Welcker unter
ständeabtheilung. — auch ganz andre gruppen toerden zu-
weilen als stand bezeichnet; so redet man in geistlicher
»prache vom, Christenstand:
ist je mein stand kein fürstenstand.
so ist es doch ein Christenstand. Henisch 598, 22.
i) unbestimmter werden die stände durch adjeetivische
attribute bezeichnet.
a) gewöhnlicJi. unterscheidet man hohen und niedern
stand bezw. stände:
(dfr teujcl) durch suechet darnach all stent,
nider und hoch an allem ent.
H. Sachs fdb. u. echw. 1, «. 404, 109 Qötze;
des stet e3 nebi an allen enden,
in ftbern und in nidem stenden. 441,20;
doch in dem allem soll bey der oberkeit angesehen
werden, ... ob die person hohes oder niedriges standts.
reichstagsabsch. 87. seltnen bezeichnungen dafür: item so
eyner jemandt entleibt, das niemandt gesehen hat, und
will sich eyner notweer gebrauchen, der jm die kläger
nit gestehn, inn solchen feilen ist anzusehen, der gut
unnd bÄsz standt ('condieio atque vitae status' Bemus)
jeder person. Carolina art. 148;
die weit ist voller unbestand , da wechseln plötzlich angst
und freude,
m p^Mz- in klein- in mittlem stände (m quocunque hominum
ordine et statu). Günther bei Steutbach 2, 670.
ß) hoher stand: nattts honesto, summo loco, hohes
Standes. Corvinus /orw lat. 370*; von hohem, vornehmen
stände, di alta, eoapicua. illustre conditione, qualitä,
naseita etc. Kramer dt<r<. 2, 930*; in einen höhern stand
kommen, in altiorem gradum adscendere. Steinbach 2, 669
(». auch unter b. a und d); stehe nicht nach hoherm
Stande. Syrach 3, 22 ; so bald man einen siebet, der das
podagram hat, da ist keiner so hoch gebohren so hohes
Standes, der jhm nicht also bald ansz dem wege ginge.
Philander 8,463; da steigen wol gräfliche und andere
hohes Standes personen auff die cantzel und predigen.
ScHUPPiüS 14; je höher der stand ist, in dem sich einer
findet, und ist dessen nicht machtig; mit desto grösserer
gefahr stehet er andern für. Bctschky Pathmos s. 809;
die weiber der höhern stände. J. Paul 51,42;
an ihrer kleidang man erkannt,
dasz sie auch sei von hohem stand.
wunderh. 1, 109 Boxherger;
hoher stand beliebt mir nicht
wo die frömmigkeit gebricht.
Königgb. dichterkr. i. 61 neudr. ;
hätt ich aller ehren pracht,
säsz im höchsten stände,
war ich mächtig aller macht
und ein herr der lande.
F. Gebhabdt «. 245, 34 Gödeke.
ähnlieh awA: ^g, (^^^^ ^^ ^j^ Vielehe hoch
an stand, geist nnd gemüht, emidrigend verschmähen.
Wbckhbrlin 255 (pt. 107, 48).
wortspielend mit der sinnlichen bedeutung (4): ein gut
lager ist bequemer als ein hoher stand. Hamann 3,92.
spriehicörüieh : hohe stende sind gefehrlich. Petri JiS»
(= Henisch 1413, 17) ; hohen stenden setzt man zu. ebenda
(Eiselein 576); je höher stand, je starcker engel, unnd
je stoltzer teuffei. Petri Ji8»; (t«i bilde:) je höher stand,
je schwerer fall. Lehmann 2, 276, 9; dafür auch : je grösser
stand, je grösse[r] fahr. Petri Ji7* (== Henisch 977,19);
vgl. Wander 4, 773, 34 — 40. dasselbe adj. : in grossen sten-
den ist viel Unruhe und unlust. Petri Kk6» (jetzt un-
gebräuchlich). — gleichbedeutend ferner vornehmer stand,
ordinis splendor, et dignitas. Stieler 2130: sie war...
von so vornehmen stände als man es in einem lande
seyn kann, das unter Venetianischer bothmäszigkeit steht,
wo die Venetianer keinen adel gelten lassen als den
ihrigen. Schiller 4,150. auffällig: der sondere stand.
(überschr.)
wer ruhig sitzen will, der dtze nicht beym gübel.
LOGAU 3, 18, 78.
8. femer unter Standesperson.
•/) das gegentheil heiszt geicöhnlieh niederer, niedriger
stand : genädiger herr und küng mir zweifelt nicht wem
das zewissen komet das ich euch lieb hab . . . gelauben
wirt ich von synnen komen sey und meinen nidem stant
und arm gebomes wesen von dem euem nit erkenn.
deeam. 624, 26 Keller; bleib gern im nidrigen stände. Syrach
3,19; der könig war... in ein gefühl der erhabenheit
gerathen, was ihm jeden gedanken an die Verbindung
seiner tochter mit einem manne von niedrigerem stände
und dunklerer herkunft unmöglich . . . machte. Novalis
2, 20 Meiszner; doch erschrecken wirst du nicht , meine
tochter, wenn du erfährst, dasz er von niedrigem stände . .
ist. Kleist 3, 284 Schmidt; und ist besser, herrliche
tugenden haben, in dem untersten stände; als ein herr
seyn, mit einem narren-kopfe. Butschky Pathmos 8. 89.
sprichwörtlich: in kleinen unnd nidrigen stenden ist die
grosseste ruhe und fried. Petri Kkev gleichbedeutend:
gemeiner stand der beste. Ff 2»; die aber, so geringers
Stands weren, sollen sie an jhren leiben härtiglich darumb
straffen, reichstagsabsch. s. 87; wollte der himmel, ihr
stand wäre geringer, als der meinige! Lessing i, 338 (die
Juden 22); diese tugenden sind nur für den geringen stand.
Göthe 19, 19 (W. Meister 4, 2).
S) jetzt redet man gern von den gebildeten ständen.
ähnlich auch ■ bei dem emporwachsen der kinder aus den
gesitteten ständen. Göthe 24, 104 (dicht, u. icahrh. 2). —
femer: ob sie den namen blosz angenommen habe, wie
das bei frauenzimmern des arbeitenden und dienenden
Standes . . . zuweilen vorkomme? Keller 3,84.
k) nicht selten tcird stand in dem prägnanten sinne
'hoher stand' gesagt.
a) tceniger ausgeprägt im nom. .- der stand ist nicht all-
zeit bestetiget mit dem verstände: wie ein gemeiner
soldate sovil herz im leibe haben kan, als ein oberster;
also kan ein geringer pauers mann offt so klug seyn, als
ein hochgelehrter. Butschky Pathmos s. 88; dürftigkeit . .
flöszt einen nicht unedlen stolz ein, den das bewustsein
des Selbstverdienstes, gegenüber dem, was andern stand
und reichthum gewähren, aufrecht erhält. J. Grimm kl.
719
STAND (8. 9)
STAND (9)
720
sehr. 1,5. 80 ferner: für mich rang er nach namen, stand,
gutem. GÖTHE 10,69 {Clav.b); weg mit dem adel, weg
mit dem stände — gute menschen wollen wir sein. Kleist
5, 153, 28 Schmidt; ich . . . entsage dem ganzen prächtigen
bette! von adel und stand und ehre und reichthum. I5t, 33 ;
sonst verwünsche ich stand, gehurt und die ganze elende
last von vorurtheilen. 175, 24. jetzt ungebräuchlich in
fügungen wie ; erhöhe einen boszhafftigen nicht zu einem
stände. Olearius peis. baumg. 38*" (2, 25).
ß) sehr gewöhnlich von stände für vornehm : berl. eene
dame, een herr von schtande. Brendicke 177''. von
Gottsched noch als gallicismus beanstandet: eine andere
redensart, vornehme leute auszudrücken, ist, wenn man
saget: es sind leute von stände; wie die Franzosen sagen,
des gens de condition. nun mögen zwar diese reden, wie
sie wollen; allein im deutschen schickt sichs nicht, ihre
ausdrücke nachzuäflen. alle menschen sind leute von
stände; nämlich von groszem oder geringem, von er-
habenem, mittlerm oder niedrigem stände, was soll man
also dadurch verstehen? eine redensart, die gar keinen
bestimmten begriff oder verstand giebt, tauget nichts,
man musz sagen, von was für stände die leute sind: von
vornehmem, mittlerm oder geringem stände, beobachtungen
(1758) 8. *14, s. auch sprathk.^ 6t8 (8, § 18, anm. g). aber schon
zu »einer zeit aUgemein üblich {vgl. : 'ein mann von stände,
elliptisch, für: von vornehmen stände; eine redensart,
vxlche Gottsched ohne noth tadelte, weil es tausend ähn-
liche ellipsen gibt.' Adelung 2,2,5,2): leute von stände
müssen allemal mehr haben, als sie haben. Gellert
3, 274 ; der unterschied . . , der zwischen dem pöbel und
leuten von stände ist. der pöbel wird ewig der beschützer
der possenspiele bleiben, und unter leuten von stände
wird es immer gezwungne Zärtlinge geben. Lessing
4, 154; sie war arm, sie war nicht von stände. Göthe 20, 57
(Wilh. Meister 7,6); nachdem er zuvor die tochter eines
reichen banquiers allhier entjungfert, und ihren galan
einen braven jungen von stand im duell auf den tod
verwundet. Schiller 2,16 {räuber l, l achausp.); ein halb
dntzend sehr geistreicher . . . Franzosen von. stand ... be-
suchen sein haus. Brentano 9, 291 ; wenn sie in ihren
hackenschuhen zierlich über die strasze schritt, die schul-
tern gerade und das köpfchen steif, wie einem fräulein
von stände gebührte. Frevtag 12, 186 (ahnen 5,2, c. l);
er ist ein herr von stand,
und reich dabey. Wibland 21, 184 {Klelia 1, 357).
adten mit art. : zwar giebt es auch einige feine tugenden,
... als das edle mitleid gegen unglückliche vom stände.
VlbSEK patr. phantas. 3,«; die frau des hauses, die in
der familie die einer frau vom stände gebührende Stellung
einnahm, wies uns die platze ... an. Hassert reise durch
Montenegro 228. dazu auch: leute von einigem stände
werden sich immer in kalter entfernung vom gemeinen
Volke halten. Göthe 16, lo. (vgl. auch standesdame, -frau,
-person, -weih.)
y) das gegentheil ist ohne stand: hab' ich's für einen
fremden, der ohne stand, ohne namen, ohne vermögen
hieber kam, nicht weit genug gebracht? Göthe ig, 52
(Clav.\); sie ist arm, ohne stand. 99(4); ich liebe ein
mädgen , ohne stand and ohne vermögen, brirfe l, eo.
mit ß verbunden: dem pObel von and ohne stände. FIerder
8, 9t Suphan.
9) »ehon in den angezogenen »tdlen nähert sieh stand
zuweilen der concreteoUeetiven bedeutung; noch deutlicher
ist diese in andern fäUen ausgeprägt.
a) 'da et denn Mutoeilen auch den inbegriff der pflichten
und h^fugni$M Un geedlathafüiehen leben, noch häufiger
aber dU ein eoneretum und eoUeetivum. alle zu einetn ge-
tmiMn etande gehörigen pertimen bezeichnet' Adbluno
(t, t, b, t). M im »ing. : ein stand sol den andern schützen
und halten, wie ein ring in einer ketten. Pktri Y 5*.
vom adel : der mensohenreiobe stand der rittermänzigon . .
war in diesem ganzen zeitraam schlimm daran, sein
treiben, ja sein dasein galt dem bUrger, dem bauor . . .
ftlr ein anglttck. FnBYTAa is {büder s, i), soo;
magst da <!•»» keinen unterscheid,
0 todt in deinem niederhauen?
0 neini «s muss die niedrigkelt
and auch der höbe stand dela reich bestindlf bauen.
ZAuKiMinnn« I. IS.
geistlichheit: dasz der geistliche stand unterweilens auch
müsse auf der weit händel . . . achtung geben. Schup-
Pius 12; der ganze geistliche stand, welcher eine schwarze
uniform trägt, bleibt allemal sattsam gehoben, wenn der
generalsuperindent bey hofe zugelassen wird. Moser pafr.
phant. 2,70. — im pluräl: so sage mir dann, wie sich
die stände der weit in ihrem beruff halten. Simpl. 2, 71, 15
Kurz (5, 15) ; hiermit hing wesentlich auch das politische
dogma zusammen, wonach alle laster, wie etwa jetzt
den Jesuiten, dem adel, alle tugenden den niederen
ständen zugewiesen wurden. Eichendorff 24, ll Koch,
sprichwörtlich: die stende in der weit sollen sitzen bleiben
ein jeder an seinem orth, so lang gott seinen tisch decket.
Petri Rs^; mancherley stende, treiben mancberley werck.
Nn5»; besonders alle stände, wofür auch:
wenn sich recht hell ein jeder stand,
so steht es wol nmb leut and land. Ddd4*;
alle stende der werldt hcbben sick vorkert,
darümm se mit plagen groth vormehrt.
fastn. sp. 3, 1475 ;
miszhandelung aller stende ist zuo Rom Itain sUnndt.
nachl. 330;
das glUcke sprach: . . .
mir opfern all' und iede stände,
begierden, leben, wünsch und bint.
GtJNTHER bei Steinbach 2, 670 ;
im innem land des aufruhrs feuerglocke —
der bauer in wafTen — alle stände schwttrig.
Schiller 12, 80 {Piccd. 1, 2);
Deutschland wird von Stuttgart aus mit einer masse
duodezbändchen der infamsten, antikirchlichen tendenz . .
überschwemmt; alle stände lesen. Brentano 9, 164. —
stand im sing, von dem einzelnen zugehörigen, ztigleidi in
dem prägnanten sinne von 8,k:
nicht allemal hat stand verstand ;
ein niedrer, hat offt mehr erkant. Logao 3,56,92.
b) als technischer au^druck des Staatsrechts bezeichnet
stände ferner die Vertreter, abgeordneten der einzelnen stände
auf den alten, ständisch gegliederten reiclis- und landtagen .-
stände, plur. stau, ordini. s. staat. Krämer dict. 2, 930''
(vgl. unten); in einem andern sinne werden stände eines
landes, oder land-stände genennet diejenigen, so das Vor-
recht haben, mit dem landes-fürsten über die gemeinen
landes-angelegenheiten zu rathen. in Teutschland werden
sie gemeiniglich genennet, prälatcn, grafen, herren, ritter-
BchafTt und städte : in denen provintzen Franckreichs, wo
die land-stünde noch gelten, heissen sie der geistliche,
ritter- und dritte stand, dergi, noUesse, et tiers ittU.
Jablonski 746''. hierher gehören viele eusammensetzungen
mit stände-, s. unten 14, e; vgl. ferner Standesherr, -saal,
ständisch, standschaft.
a) sehr gewöhnlich von den deutschen reichstagen: die
stände des reichs (reichsstände) gli staii, ordini deW
impeno, sfati imperiali. Kramer dict. 2, 930'' ; vgl. : 'in dem
deutschen reiclte sind stände oder reichsstände im eigent-
licJisten verstände unmittelbare reichsglieder, wdehe sitz und
stimme auf den reiclistagen hergebracht ftaben, dagegen in
foeiterm verstände auch solche unmittelbart reichtglieder
diesen nahmen führen, welche nicht mit »Um und stimme
versehen sind, der nähme ist in diesem verstände in dem
deutschen Staatsrechte nicht alt, sondern erat unter dem
kaiser Friedrich IV. üblich geworden, da man arsfänglitih
nur die niedem unmittelbaren reichsglieder mit dieeem
nahmen belegte, daher denn auch noch jetzt die redenaart
vorkommt: churfUrsten, fUrsten und stände des h. r. reichs.'
Adeluno (4,8, b). seit dem le.jahrh. bezeugt: stände dc.sz
reiche sind goist- unnd weltliche chur- und fUrctcn, prse-
laten, graven, horrn, adel, see- an see- froy unnd reichs
statt, and alle, so jhr ordentliche tession im roichs rath
haben, reicheti^aobaeh. (itü) rag. d 6*; haben wir (d. kaiaer)
uns mit den genanten ontem lieben obejmen, cluirfürsten,
forsten annd andern deti reiohs ständen, nllhio ver-
namblet. •. 4» (Attgab. isoo § 40); wie man mit etlichen
ständen desz reiohs, so auff etlichen tagen, weder per-
sönlich, nooh darob bottschaffl erschienen sind, handien
soll. 60; rBmischer königlicher maycslat unnd gemeiner
stand deti reiohs aulTsatzung und ordnung, auff dem
reiohstaf ta Trier und COln, anno isis. autTgcricht. 8S; wir
churfilrsten, fUrsten, unnd andere stand desz roichs. 88;
so soll auch der Augspurgisoh, uond andere abschiede, .
721
STAND (9)
STAND (9)
722
gegen den ständen der Aogspurgischen confession . . .
snspendiert seyn. 305 («Speyer 1544) ; dieweil etliche stände
desz h. reichs, geistlichen oder weltlichen Stands . . . nun-
mehr in abgang kommen, gleichwol derselben landen,
leut und guter . . . von andern ständen besitzlich ein-
genommen worden seind, sollen auch dieselbige, als
jetzige inhaber, darvon die gebärende anlagen . . , als von
andern ständen oben statnirt, entrichten. 658 {Regens-
btirg 1576); das die römischen kaiser und könig von den
bäbsten verbannt , des remischen reichs entsetzt , auch
alle stend des reichs irer pflicht und aidt, den kaiser
gethon, von den bebsten ledig gezellt. Zimm. chron.^
1, 153, 31 ; der {kaisei- Wenzel v. Böhmen) ward . . . von denen
churfürsten aus verwilligen gemainer stende des römi-
schen reichs . . . entsetzt. 238, 11 ; von könig Hemrichen
dem vierdten in Franckreich wird geschrieben, dasz er . . .
in seiner stand versamlung also geredet. Sghuppius 19;
von dem ansehen der stände glaube ich, dasz solches
unter Ludovici regierung schon mercklich gestiegen. Hahn
hi^t. 1, 141; wegen der wähl stadt und wähl zeit verglichen
sich die stände mit einander. 2, 255 ;
wan einmahl des reichs stand . . .
widrnmb der freyheit liecht und alten rhum erlangen.
Weckubrlin ged. 684.
s. auch unter reicbsstand, iheil 8, 611.
/f) die stände des lands (lands-stände) stati provinciali.
Kramer dict. 2,930"=, vgl. landstand, theil6,itö: (Älpharbal)
übergab durch erkantnusz der stand sein land und könig-
reich. Garg. s. 430 iieudr.; die zweytausend pistolen, die
sie unsem ständen so groszmiitig vorschössen. Lessing
1,576 {Minna i, 6) ; die provinz war in gährung, und be-
gehrte mit lauter entschlossener stimme die herstellung
ihrer landstände, ihr verlangen ward ihr gewährt, die
stände wurden gewählt, und der baron . . . muszte seine
friedliche einsamkeit verlassen, um als ein Stellvertreter
des ritterstandes dem landtage beizuwohnen, bald aber
gewannen die öffentlichen angelegenheiten ein weit wich-
tigeres ansehen, um den tausendfachen beschwerden
der . . . nation abzuhelfen , berief der könig die reichs-
stände zusammen. Pfeffel pros. vera. 3, 15 ; das war bey
eröffnung eines landtags , bey dem ich ... als deputirter
meines kreises erschien, auch da zog mir die getreue
nachbildnng meines schönen Originals . . . die schmeiche-
leyen der anwesenden stände zu. ThOmmel rewe 5,188;
die Versammlung der mecklenburgischen stände im de-
cember 1814 faszte den einstimmigen beschlusz, die thaten
ihres hochberühmten landsmanns {Blücher) auf eine solche
weise {durch ein denkmaV) zu verehren. Göthe 39,297;
mir fallt jener 'donnerkeil' des Mirabeau eki, mit welchem
er den zeremonienmeister abfertigte, der nach aufhebung
der letzten monarchischen sitzung des königs am 23ten
juni, in welcher dieser den ständen auseinander zu
gehen anbefohlen hatte, in den Sitzungssaal, in welchem
die stände noch verweilten, zurückkehrte. Kleist 4, 76
E. Schmidt; dasz, gegen die, zur tilgung der national-
schuld ergriffenen maszregeln, eine . . . eindringliche Vor-
stellung, von selten der stände des Stolpischen kreises,
eingegangen ist. . . . wenn nun . . . anzunehmen wäre, dasz
auch bei dem übrigen teil der stände . . . dieser entschlusz
zur reife gelangen könnte. 226,15.25; Görres hatte im de-
cember ein auditorium von fünf bis sechs hundert , . . .
man muszte ihm einen für die stände gebauten saal
miethen. Brentano 9, 206 {vgl. ständesaal); Münchhausen
erzählte von dem fürstenthume Sprenkel, worin er einst-
mals, da man nach ständen verlangend gewesen, stände
aus blätterteig verfertiget habe, diese repräsentanten von
blätterteig hätten allen verfassungsmäszigen nutzen ge-
bracht. Immermann JtftincÄÄ. 2, 28 (3,5); im gefolge des-
selben {des lehnsherm) zieht er {der gutsherr) auch wohl
zu einem reichstage, er arbeitet eifrig unter den ständen
seiner landschaft gegen die aufläge neuer steuern. Frey-
tag 17 {bilder\),%; allgemein bekannt sind die ausgedehn-
ten rechte, welche die tiroler grundverträge den aus prä-
laten, rittern, städten und bauem bestehenden landständen
zusicherten, es hatten diese stände 1335 . . . dem könige
von Böhmen gehuldigt. (Botteck-)Wei.cker ataatalex.^
4, 429. provinzialstände , nach den 3 ständen {^rundadel,
Städte, bauem) bezw. {in Schlesien, wo ersterer in den hohen
X. 2.
adel und die ritterschaft gesondert ist) nach * ständen ge-
gliedert, setzt in Preuszen für die einzelnen provinzen
ein gesetz vom 5. juni 1823 ein, s. Stengel vertocUtungs-
reeht 2,Z\9f. — von fremden ländem:
als Tor'g^ jähr die stände Arragons
ihm huldigten.
Schiller 5, 1, 138 {dorn Karlos 8, 13);
so ist denn dieser stürmevolle reichstag
zum guten ende glücklich eingeleitet,
könig und stände scheiden wohlgesinnt.
Demetr. 1, ». 3;
ist es der wille der erlauchten stände ... 12.
/) die stände stehen dem landesherm gegenüber: land-
tag . . . ursprünglich bezeichnete dieses wort die ältere,
fast allerwärts in Deutschland geschichtlich hergebrachte
Vertretung des landes, gegenüber dem landesherren, durch
besondere stände, prälaten, ritterschaft, städte, wol auch
bauem. (Rotteck-)Welcker staatslex.^ 9, 405. sie ver-
treten die gesamtheit des volks: das volk, das hier in
seinen ständen zugegen ist. quelle s. Wackernagel leseb.
3, 2, 1033, 12. sie nehmen daher eine mittelsfellung zioischen
der regierung und den gewöhnlichen unterthanen ein und
werden von beiden unterschieden: im fall aber die gefahr
so grosz, dasz die stände und oberkeiten kein sicher
starck geleyd zusagen uimd leysten möchten, reichstags-
absch. 6iT, solchem zu begegnen, und diese stand bey
jhren hohen ober- unnd gerechtigkeiten, auch die under-
thanen bey schuldiger gebürücher gehorsamb, darzu das
h. reich bey dem seinen zu erhalten. 323 ; dieweil unsere
christliche stände und underthanen unserer krön Hnngarn
. . . durch den Ttircken . . . feindlich überfallen. 655 ; die
gewogenheit, so wol der stand, als auch gemeiner leut, . . .
könt er {kaiser Karl V.) nimmer wider zuwegen bringen.
Zincgref apophthegm. 1,98; es musz hierbei bemerkt
werden, dasz gemeinderat und ausschusz . . . sich oft ver-
halten, wie regierung und stände, soweit diese aus unab-
hängigen männem bestehen. Auerbach dcrfgesch. 3, 126.
vgl. : die bildung zweckmäszig eingerichteter stände halte
ich für eine grosze wohlthat für diese provinzen. sie
erhalten eine wohlthätige . . . Verbindung zwischen dem
unterthan und der regierung. M. Lehmann Stein l, 259.
S) doch wird stände auch in einem engern sinne ge-
nommen, indem von den 8 arten von reichs- oder landtaga-
mif gliedern, den angehörigen des hohen adels, die durch
herkunft und Stellung ohne iceiteres als solche sitz und
atimme haben, und den geioählten Vertretern der eorpora-
tiven stände vorzugsweise die eine darunter verstanden und
die andre ausdrücklich daneben genannt wird, besonders
werden bei den reichstagen die fürsten, die ja selbst landes-
herren sind, bald in die stände einbegriffen, bald davon
ausgeschlossen, so wechseln in den reichatagsabsehieden
unterschiedslos die sehr häufigen formein churfürsten,
fürsten und andere stand (desz reichs) und churfürsten,
fürsten und stände {oder gemeyne stände), so auch sonst:
welcher alsbald er inn seim reich angelendet, liesz er
alle seine fürsten unnd stand zusamen beraffen. Cfarg.
8. 429 neudr. {tcofür s. 430 nur stand, s. a); als er {Karl V.)
vom gebürg herab vor Ingolstat der Teutschen vereinigten
fürsten und stand läger . . . sähe. Zincgref apophthegm.
1, 97. ebenso adel und stände auf landtagen : der landes-
herr soll den geistlichen stand nicht verbessern oder
mehren, ohne verwilligung des adels und der stände!
Göthe 8, 204 {Egm. 2). für stände in diesem ainne ge-
nauer: so sol den abwesenden deputirten ständen, rähten
unnd bottsch äfften , hiemit macht und gewalt gegeben
seyn, darüber im namen aller stände sich zu anderreden.
reichstagsdbach. 669. — andrerseita werden aber auch die
fürsten und der adel special als stände bezeichnet im gegen-
satz zu der andern gruppe: mit raht und vergleichung
aller ständen and abgesandten erklären und ordnen wir.
reichatagsabsch. 669 {Begensp. 1576); so haben wir aaff ge-
meyner ständen, auch der räht und bottschafften gut-
achten, bey diesem abschied erholen... lassen, ebenda;
weil die stand und gesandten sich erinnern . . . ebenda ;
ausz rähtlichem bedencken und bewilligung gemeyner
ständen und abgesandten, ebenda; besihe in Hispanien
los grandes, diese sind die vomembste stände des königs,
die haben allein macht, vorm könig den hut aaff dem
haupt zutragen. Philander 2, 643; auch der böhmische
46
723
STAND (9)
STAND (9. 10)
?24
majestätsbrief sprach nur von den ständen und von den
königlichen slädten, deren magistratc sich gleiche rechte
mit den ständen zu erringen gewuszt hatten. Schilleh
8,67. ähnlich auf altrömische Verhältnisse angeicandt:
Cn. Flavius hatte der Concordia einen tempel gelobt, wenn
er die stände mit dem volke aussöhnte, (anm. .- si populo
reconcüiasset ordines. Plinius a. a. o.) unter dem volk
{popttlus) sind hier augenscheinlich die geschlechter zu
verstehen; die stände wären die plebejer und die zünftcr.
NlEBUHR 3, 372.
e) die stände ausschreiben, die stände versammeln,
zusammenfordern, convocare, commandare , radunare gli
stati. Kramer dict. 2, 930"; jetzt meist ein- oder zusammen-
berufen, das ist im allgemeinen suche des landesherrn:
warum hat der könig nicht gleich . . . seine stände zu-
sammenberufen? Kleist 5, 323, 19 Schmidt; stände, welche
die herrsclier berufen, um dem volke eine bessere Ver-
fassung zu schenken, haben noch immer mit wünschen an-
gefangen und mit forderungen geendet. K. J. Weuek bei
LiPPERHEiDE spruchwb. 819*. in der altern zeit berufen
indessen auch die stände selbst versavivilnngen ein: wie
oben vermeldet, dasz die stend desz reichs einen tag gen
Coblentz beschrieben. Kirchhof wendunm. i, 576 Österley
(1,2,117); als haben der ersten election zuwidere stende
eine gemeine reichsversamlung zu Andrezcyoma au ff desz
4. tag jenner anno (i,5)76. zu halten ausgeschrieben. Schütz
beschr. der lande Pretissen 518'. — die (hannoverschen)
stände sind sogleich vertagt worden. Varnhagen tageb.
1,103 (B.juli 1838); der kurprinz von Hessen entläszt die
stände, ebenda; weil der kurprinz regent jedes mit^lied
der stände einzeln hat verwarnen lassen, dasz die erste
erwähnung der sache sogleich die auflösung der stände
zur folge haben würde. 187; ich weisz für den könig
noch immer nur den rath, . . . die stände nach hause zu
schicken. 4,72; nach Saucken's Versicherung werden die
stände . . . lieber auseinandergehen, als schmachvoll nach-
geben. 69.
^ stände bezeichnet nicht nur die versammelten mit-
glieder dieser reichs- und landtage, sondern atich die durch
gie vertretenen landschaften , gejneinwesen und körper-
aehaßen, vgl. oben a uTid: die grosse menge Völkerschaften,
welche dermahlen unter dem nahmen der unmittelbaren
stände des deutschen reichs ... zu einem ganzen ... zu-
sammen gesetzt sind. Wieland 29, 447 (über die franz.
revol. 15). sie werden (wie oben 8, h. ß) in geistliche und
weltliche geschieden: die geistlichen stände, gli stati eccle-
siastici. die weltlichen stände, gli statt secolari. Kramer
dict. 2,930«; bischoff. ... die weltlichen stände, meine
nachbarn, haben alle einen zahn auf mich. Göthe 8, 62
(Götz V. Berl. 2). so ferner: die catholischen stände, die
protestirende stände. Kramek a. a. o.
i;) stände erscheint getoöhnlich im plural; indessen be-
gegnet auch und in demselben doppelten sinne, der sing.,
doch häufiger nur in den reichstagsabachieden, woraus ihn
wöi die neueren Wörterbücher übernommen haben • 'in dem
ttaatsraJite, ist ein stand, eine peraon, welche in den ver-
aammlungen der häupter eines landea sitz und stimme
hat; ... ein landstand, eiru peraon, welche auf den land-
tagen aitz und stimme hat, und auch nur ein stand schlecht-
hin genannt wird, auch eine ganze gemeinheit, t. b. eine
atadi, wenn sie den Landtagen durch abgeordnete bei/icohnet,
heiazt aladann ein stand oder landstand, der stand eines
reiches oder reichsstand, eine peraon oder gemeinheit, loelche
auf den reiefistagen aitt und atimme hat , und gleichfalls
nur aehlechthin ein stand genannt wird.' AiiKi.UNn (4, 8, b);
ao beaondera lange im oberd., tirol. mitglied der landea-
Vertretung, l&ndst&nd. SciiÖPi' 090; bair. landntand, brau
Mtand '(ehemala) landatändiaehea , tum bierbrauen herech
tigtes mUt/lietl'. ScHM.' >, 766. belege: so soll ein Jeder
stand sein anzahl kriogsvolck . . . aufT sein »elbsl kosten
besiellon und underhalten, und doch einem jeden nach-
gehends . . . teln gelt . . . von seiner desz standta erlegten
•nUge . . , annd wo dieselbigo darzu nicht gnugsamb, . . .
aasz andern desvelbigen kreysz ständen , erlegten and
uberblicbcnen anlag, widerumb . . . erstattet werden. reicJia
tagaabaeh. tu (.Speyer 164f); doch sei kein stand den andern
zu »einer rellgion dringen, noch dem andern seine undor-
thanen ab praoticiren. SM; wann auch ein aus/.gozogoner,
oder auszziehender stand, . . . sich so baldt in recht an-
bieten würde. 324; da einer oder mehr churfürst, fürst
oder stand . .. sein anzahl zu rosz unnd fusz, auff ob-
bestimpte zeit und mahlstatt nicht schickte . . , dasz als-
dann der Oberst . . . desselbigen kreysz, den ungehorsamen
oder säumigen stand . . . weiter ersuchen, und ermahnen
sollen. 410; dasz ... allemal der stand, so das stamm-
hausz besitzlich jnn hat, zu erlegung desz reichs stcwren . .
von unserm fiscal angelanget . . . werden sol. 669 ; so
auch (?): in einer vehd, welche die eidgnossen wider einen
hohen standt . . . führeten. Zincgref apophthegm. 2,79.
c) besonders im 16. jahrh. findet sich stand auch im sinne
des heutigen staat, respublica; offenbar als über.tefzung des
lat. Status bezw. franz. estat, aus dem ja unser staat eut
lehnt ist. (dieses loird erst im 17. jahrh. dafür üblich,
s. das. 5, sp. 280 jf., tcährend es früher mit stand in andern
bedeutungen synonym, ist.) die belege reichen vom ende des
15. bis ins n. jahrh. : wann die jungen nach volgcnt der
eitern trefTenliche tet und hant haltent ein gemeinen
stant und nutz mit tugentlichkeit und manUchkeit, darmit
er in wesen ist kumen. d. städtechron. 3, 34, 10(Meisterlin
chron. v. Nürnberg, 1488; dafür in der lat. fassung . si
posteri priorum facta sectentur eamque rem publicain
quibus parta est virtutibus tueantur. 185, 12); nach dem
(da) . . . kein gmain , stand oder markt ohn die selbe
(polizeiordnung) in guetes aufnemben nicht komen kan
steir. taid. 117, 12 (Vorau 1603); von groszen reichen: als der
theür fürst und hauptmann sach den schwären abgang
des reychs, und die grausam empörung so viler teütschcr
völcker wider den römischen stand. Stumpf (1548) t, 166'
(3, c. 54); go jgjj durch such all rieh do här
Assyrien, Meden, Persyer, . . .
Carthago, und der Römer standt
so halt es als gehan sin zyl
das r&msch ricn blibt so lang got will.
Brant narrensch. 56,88;
uff (auf dasz) sich dest basz könten bewaren
all stand der gantzen Christenheit.
Genüenbacu 78 (Nollhart 40);
wie ianjr der dUrckest (tiirkUche) stand
wurd ston und bliben yn seir kralTt. ebenda (49);
was ist doch satans reich und stand?
P. Gerhardt «. 174, 40 Oödeke
so wol auch zu verstehen:
müh, unruh. arbeit, fleysz und streit
seind oft nontwendig bey den et&nden
den krieg selbs kan ein neld allzeit
zu des lands wolfahrt woi anwenden.
Weckiierlin ged. 495 (öden 8. 82)
der freie stand, republik, abstracter: und wart der künig
lieh nam und g'walt zue Rom zue ewigen zeiten abgetan,
der frei stand und Verwaltung des g'main mans, wie in
der Schweiz, angenummen. und hat under discm freien
stant das römisch reich hoch aufgenummen. Aventin
chron. 1, 287, 7—10; die Schweitzer . . . verjagten erwürgten
überal herumb die ambtieut und richteten an ain freien
stant. 2,434,33. später noch bei Schtceiser autoren:
gewisz auch kein Stein, der Sauerteig des Standes.
Hallbr ged.w too
(d. verdarb, aitten v. 189, wofür Staates in der i.—S. aufl.,
während in v. 116 umgekehrt das unsers Stands der Iteitien
ersten auflagen durch deines Staats ersetzt und v. 117
ebenso der erbe von dem stand in d. e. seiner sladt ge
ändert ist), die Schireizer kanzleiaprache hat ülterluiupt
stand für kanton festgehalten, s. Tobler MM*': 'der stand
für der kanton ist den Ilochdrutsrhen fremde', herr Simmer,
bibliothokar des Standes Bern. Heynat/ Antibarh. 2, -«H;
die gebäude diu der stand Kern selbst aufführt sind gros
und kostbar. Göthe bri^e 4,76 (d. o. okt. 177!» an Ch. v. Stein) ;
das stKdtloin hatte seit Jahrhunderten unter der obcr-
herrachaft zweier eidgrnftRsisrbor stiindc gelebt, aber nicht
ohne seine eigene uralte verfas.sung nml freilieilen, ho-
slätigt . . . durch die verschiedenen horren , die es be-
sessen, bis es durch jene zwei stände gemeinRam erobert
wurde. Keller nucM. a.Ul. vgl. dazu ständorat; Blandes-
haupt, leben, -rcutor. (stand /lir »taflfar/o»»«, verfataung
a. 5, d).
10) einen eoneret eoUectivett »inn hat stand auch in
andern fäUen. wo et eine geaamtheit nteammen atthender
dinge beMeieknet und theilteeise mit bestand vertauscht
Hmrdtn kann, vgl. dat. s, theü l, lOU.
725
STAND (10. 11)
STAND (11-14)
726
a) von thieren: 'der viehstand, als ein collectivum, eine
anzahl zu einem gnindstüche gehörigen viehes, tcofür auch
viehstamm üblich ist. einen ansehnlichen viehstand
haben, besonders, wenn es als inventarium zu dem grund-
stücke gehöret, der rind- seh wein- und federviehstand'.
AüELUNii (i,2,a). — stand, vom tcilde, wildstand, vgl.
dieses. Behlen 5,672: hirsche und rehe belebten den
wald , und das wenige wild , welches für die tafel ge-
schossen wurde, durfte nur durch ihn selbst erlegt werden.
es war seine absieht, die stände nicht in schrecken zu
setzen. Steffens tcas ich erlebte 6, 230. so auch z. b.: will
man den fasanenstand schnell vermehren, so werden
zugleich fasaneyer angekauft. Winckell handb. f.jäger
1, 372. — diese bedeutung berührt sich mit i, i — m, vgl. das.
h) von pflanzen: der dichte stand von tannen und
buchen hemmt jede aussieht. Pichler gesch. aus Tirol 217.
c) nd. een stand bedden. 'so viel zu einem, aufgemachten
oder stehenden bette gehören.' Dähnert ^1^.
11) andre mannigfache bedeutungen begegnen mehr ver-
einzelt, besonders in mundartlicher oder technischer spräche,
ich stelle die concreten voran; sie gehen entweder auf die
griindbedeutung 'etwas, das steht', oder 'das, worauf ettcas
steht' zurück.
o) stand als bezeichnung eines gefäszes ist wol in der
regel als stände,/, zu verstehen; doch bieten neiiere mund-
arten auch das masc. so pfälz. stann, m. 'Ständer, um fruchte
einzumachen'. Autexrieth 136. siebenb. stand, m. {und
Ständchen, n.) kleines längliches holzgefäsz. Haltrich 88.
b) für pfähl, vgl. Ständer: Umzäunungen {von thier-
gärten) mit kiefernen, geschälten, in durchlöcherte, breite
steile oder stände eingelassenen hegestangen, sind . . . die
wohlfeilsten. Winckell handb. f.jäger {imb) x,6aß.
c) im .tchiffsbaue 'das spitze und gekrümmte hintertheil
des Eibkahns, so iifusz lang ist'. Jacobsson 4,253'', vgl.
BOBRIK 2G0'>.
(Z) in der Jägersprache: stände, heiszen die füsze derer
Vögel, welche keine raubthiere sind. Heppe wohlred. jäger
283'>, vgl. Kehrein weidtnannsspr. 28i; nac/i Adelung (ö)
bei auerhähnen und reihern, sonst Ständer, s. das., vgl.
auch fusz I, B, <7iei7 4, 1, 1000. {bair. standi, füaze beim
vogelwild. Schm. 2, 768.)
e) in der Schweiz eine 'bewegliche maschine, worin die
kinder gehen lernen, gängdwagen, tcofür in Scliaffhausen
standstuhl'. Stalder 2, 391. s. ständlein i, c.
f) als ausdruck der kochkunst, was gestanden, steif
geworden, geronnen ist, gallerfe, sulze, gelee: stand von
kalbsfüszen. das gelee von kalbsfüszen ist zwar viel um-
ständlicher als das von hausenblase, jedoch auch viel
billiger herzustellen. . . . der stand wird auf folgende weise
gemacht. ... dieser also bereitete stand 'kann zu wein-,
fleisch- und fischgelee dienen. H. Davidis kochb.^^ ».382;
stand von schweineschwarten oder -füszen. ebenda, vgl.
Standes und standpudding, -öl.
g) in folgender stelle ist %col eine art brei gemeint, womit
der boden des pferdestandes {s. oben 4, i) als mit einer grund-
schicht bedeckt icird, und tcorin dann das pferd steht {oder
eine art umscldag? vgl. einsatz 4, theil 3,265): so das
pferdt laufTen soll, so setz jme zu nachts darvor ein, auff
allen vieren, mit nachfolgendem einsatz. nimb foenum
graecum ein halb pfund klein gestossen, thü es inn einen
hafen, darzu semelmeel zwo gaffen, drey meszlin honig,
geüsz darauff wasser, lasz es wol sieden, das es dick
werde, mach jhme einen stand darvon, das es mit allen
vier füssen die gantze nacht darinnen stehe, bisz drey
stund vor tags , so wasch es ab mit einem wannen
wasser. Seuter roszartzn. (1599) 9.
h) das, worauf etwas steht, fundament. so stand der
glockenform bei den glockengieszem, fundament dei- glocken-
formgrube, worauf der kern der glocke gebildet wird.
Jacobsson 4, 2.54*. — mhd. scheint stant auch in der
freiem bedeutung von 'grund' vorzukommen:
ej hat niemen riehen ^ewin,
ftjn den ein richiu, gotlich min
hat durchgluot unz üf den stant. Teichnbr 57.
t) nicht ZM bestimmen ist der sinn in folgender stelle:
ich dancke euch auch , mir desz hertzogs von Weysen-
fels standt geschickt zu haben; hatt mich von hertzen
lachen machen. Elisas. Charlotte 2, 464.
k) über stand als grammatischen ausdruck für Sub-
stantiv s. Campe 3.
12) noch vereinzelterfinden sich andre abstraete gebrauchs-
weisen.
a) 'beschltisz, Vorsatz': es ward hoch . . . beklagt, dass,
unerhört, ein semliche macht Eidgnossen irer vienden
am vorteil so lang hat gewartet und nit begegnet, ja
ouch, so bald der under ougen kommen, dass si flux,
wider eidgnossische art und fürgenomnen stand .... zü-
glich abzoch. Anshelm Bemer chron. i, 163, 23.
b) in Aachen stand, anstand, schicklichkeit. Möller-
Weitz 233 {vgl. stehen). — ähnlich einmal im 16. jahrh.
der schöne stand das schöne ausseJien, schnmck, zier: die
andern {Imchstaben) seind überig, der wir wol heten ge-
raten {entbehren) mögen, wann wir nicht so genau und
fürwitzig weren gewesen und hetten nicht von des schön
Stands wegen mer gesucht. Aventin toe»-Äe l, 351, 11.
c) lusern. stant, m. schrecken, Schauder, entsetzen.
Zingerle 53* {nicht bei B.vcher, Sprachinsel Lusern).
d) dithmars. he hett eenen stand mit dem pastoren,
von leuten, die nicht zur kirche gelten. Schütze 4, 187.
13) Übersicht der constructionen und festen Verbindungen.
a) stand mit andern Substantiven gepaart, besonders
stand und wesen 5, e. 6, c. 8, b, a. d. s. ferner 8, b (stand
und rang 8, b, a; st. und herkommen ß, stand und
amt /). — fürsten und stände 9, b, S.
b) mit genitiv, s. 6, e. i. k. stand der sonne u. ä. i,p;
der dinge, des streites u.a. 5,e; des rechten 2,g; der
Unschuld, sünde 6, i; der natur 6, Ar. — stände des reichs,
lands 9, b. — was, wes Standes 8,c; allerlei Standes 8, g, ß.
c) mit adjectiven, s. besonders 6, d. 8, i. 9, a. guter stand
1, c. 2, d; fester stand 1, c. harter stand 2, c. d; schwerer,
schlimmer stand 2, d. gütlicher, freundlicher stand 2, h.
lediger, ehelicher stand 6, A; anderer stand 6,0. hoher,
niederer stand u. ähnl. 8, t. 9, a; bürgerlicher st. 8,h,a;
geistlicher, weltlicher stand 8, h, ß. 9, b, ^; der dritte,
vierte stand 8, h, S. — freier stand 9, c.
d) als object zu verben, s. besonders 6, f. 8,d. stand
haben 1, c. 3, a. i, a. c — e. h. l; stand fassen {nd. begripen)
1, d. 2, a; stand halten 1, d. 2, b. {i, m) ; thun 2, c.f (stand
stehen 4, c.) — (stand aufschlagen 4, d.) seinen stand ver-
ändern 4, l. 8, d. — die stände ausschreiben, zusammen-
berufen, auflösen u. ähnl. 9, b, f.
e) mit Präpositionen: auszer stände sein 7, e; auszer
(den) stand setzen 7,g. — in mit dativ: in allen ständen
8, g, ß. im stände sein 3, a. 7, a, «. b. c. d; im stände
(er)halten 3, c. 7, o, ß. mit attribut: in gutem u.s. w. stände
sein, stehen 5, e. in einem stände sein 8, rf; in seinem
stände bleiben 8, e. — in mit acc. : in stand bringen 1, c.
3, d ; setzen 7, a, y. f {auch mit art). in einen stand
kommen, bringen 5, e. 6, /; in einen stand treten 8, d. —
nach seinem standeleben, sich halten s,f,ß. — ohne
stand 8,k,-/. — über seinen stand S,b,y. — von stände
s, k, ß. — von Stands wegen 8,6,*. — zu stände
kommen 3,f.g; sein 3, ä; bringen 1, a. 2, e. 3, d. t, zum
stände bringen (2, e) 3, e; zu ständen richten 3, e. zu einem
stände befördern 8, d.
14) die nachstehend in groszer zahl aufgeführten zu-
sam,m£nsetzungen zerfallen in 3 gruppen.
a) eigentliclte composita m,it stand- als erstem gliede.
sie enthalten fast durchtceg die eigentliche bedeutung des
Stehens, die bei stand selbst so sehr zurücktritt, in ver-
schiedenen nxtancen, vgl. standbein, -fusz. sie bezeichnen
stehendes im gegensatz zu hängendem, liegendem, getragenem,
z. b. Standleuchter, -uhr; feststehendes im gegensatz zu be-
weglichem, leie Standbarometer und tceiterhin standlaza-
reth ; sie gehen auf längeres verweilen an einem orte, wie
Standlager, aber auch auf sofortige, kurze erledigung {loas
im stehen abgemacht wird), wie standrecht, standrede.
andre schlieszen sich an verschiedene nttaneen der örtlichen
bedeutung (4) an, so standbaum, -bude, -fisch, -gebühr,
•geld, -junge, -krämer, -pfosten, -stuhl, -thier, -vogel, -wild,
-zoll, den begriff des gestehens, d. h. gerinnens, festicerdens
von flüssigem, enthalten standöl und standpudding. —
zu stand 8 gehören nur die adjectivbildungen standgemäsz,
-gleich, -mäszig, -würdig, die i/i der altem spräche neben
den gewöhnlichen mit Standes- begegnen, {dazu oUenfMs
die kaum üblichen standname, -Ordnung.)
46*
727
STAND (14) - STANDARTE
STANDARTE
728
b) die genitiviachen Zusammensetzungen m,it Standes- ge-
hören dagegen zu stand 8 (bezio. 9, a) und sind dadurch
von der ersten gruppe deutlich geschieden, eine besondere
grtippe bilden einige, die auf den sog. 'Personenstand' gehen
und sich zunächst an stand 6, h anschlieszen, so besonders
Standesamt, femer Standesakt, -beamter, -buch, -register,
•Urkunde, auch Standesveränderung und -zeichen, zw 8, k
gehören standesdame, -frau, -weih; -person (rigl. standes-
leute); dagegen Standesherr (-mann) zu 9,h, wozu femer
das vereinzelte standessaal ; endlich zu 9, c {kanton) standes-
haupt, -leben, -reuter.
c) toejin es icichtig, auszudrücken, dost das erste com-
Positionsglied im plural zu verstellen ist, so tritt dafür
stände- ein. so ständeabtheilung , -bildung, -eifersucht,
-hadcr, -haus, -thum, -Verhältnis, wesen. (ständeabthei-
lungen begegnet geradezu als plur. zu standesabtheilung,
s. das.) — andre bildungen der art schlieszen sich speciell
an 9,b an, ico der plur. stände das geioöhnliche ist, so
Ständehaus, -kammer, -lehre, -mitglied, -platz, -saal,
-Sitzung, -tafel, -tag, -Vereinigung, -Verhandlung, -Versamm-
lung, -wähl, zu 9, c geliört ständerat.
STANDARMBRÜST, /. gröszere art der armbrust, die
mitte haltend zwischen der belagerungsmaschine und der
handarmbrust. Boeheim tcaffenk. s. 405. 407: sie {die vor-
geschobenen posten) enthielten einige mannschaft und
wenige standarmbrüste hinter den wällen von holz und
erde. Freytag 18 {bilder2, l), 219; wurde ein groszes schiff
zum krieg gerüstet, dann wurde im 13. Jahrhundert auf
back und schanze . . . ein geriist gezimmert, darauf eine
Plattform mit hölzernen zinnen für die schützen und für
eine standarmbrust oder wurfmaschine. 245. *. awc/i stand-
bogen.
STANDARTE , /. reiterfahne. l) Standarte ist entlehnt
aus dem altfranz. prov. estendart, estandart, neufranz.
6tendard, das mit dem aus germ. hard enticickelten suffixe
ard zu lat. extendere gebildet ist; dazu auch ital. sten-
dardo, span. estandarte. Diez* 307. sehr häufig begegnet
auch das mittcllat. standardum mit zahlreichen neben
formen wie standarum, stantarum, standale, -alis, -erium,
stantarius, stendardus, stindardum, s. Du Gange 7, 58oV-
Scherz-Oberlin 1555. Brinckmeier gloss. diplom. 2,573^'.
das wort ist in alle germ. sprachen eingedrungen; vgl. dän.
Standart, schwed. standar, m. {aus dem nd.); engl. Standard
ist zuerst in der ags. chronik zu 1138 nachgewiesen, s. Skeai
591». {mitteletigl. Standard Stratmann-Bradley 673'*. das
engl, wort weist besondere bedeutungen auf, die dem deutschen
fremd sind, aber sclion in mittelalterl. lat. und franz.
texten aus England begegnen, s. Du Gange 7,581 unter
standardum 2, nämlich 'normalmasz, muster' u. ühnl., und
ist mit diesen neuerdings im detitschen redpiert.) — twi
deutschen findet sich das wort seit der ersten hälfte des
IS. jahrh., und zunächst in der entstellten form stanthart,
die wol auf einer volksetymalogiscihen ausdeutung {'steh
fest', imper. f) beruht, vgl. -.
dicitur a stando standardum, quod stetic illic
militise probitas vincere sive mori.
qudU bei Du Gange 7, 580'», s. auch A. Schultz höf Uhen^
2,228, anm. 5. Seiler lehnw.2,ni, und:
Bt£t vaate alt ein stanlbart. Didr. u. Wened. 4S8.
vgl. femer J. Grimm gramm. 2, 840 und kl. sehr. 7, 86
(■" teitaehr.f. d. alterth. 1, 676). mJui. stanthart zuerst bei
Wolfram v. E-sciienuach {Willeh. 868,7), später auch in
der form slandart, -crt, ». mhd. wb. 2,2,692V Lexer handwb.
2, 11SH; mnd. zuerst im Sachsensp. in abioeichender bedeu
tung {s. unten 9, e). Sciiiller-LObben 4,868; mnl. stan-
daert, woraus hell, standaard , standerd, s. Franck9&6;
lüterall als masc. — im nhd. hat sieh, unter eii\fluat von
' i'nf, das fem. st&ndarlK {mit betonung der ztoeiten silbe)
'<rttt; die l/elege biijinnen erst im 17. jahrh. die ab
i-^:^.ny von fltand, slandan m. «. tc. steht bei i'tvw.uv.w i\Ki.
Wa<:iiter 1&84. brrm. wb. 4, 99», die richtige daneben bei
AoKLUNO, der auch die undeutsehe betonung als tirireis
für eiUldinung anführt, (als entlehnt aus dem italien.
6efraeMe(wKiNDKRLiNo 226.) #. /em«r Schm.* 2,768. Wki
OAND f. 726. Ktuoe* 876^ — tn mundorten meist in über
tragener Verwendung, s. unten: sehteeiä. lUndAii Toui.Rii
406*, tn Htmätekuhefmm stantit Lenz «7* {wenig gebrauch
lieh), unterfHtnk.iAMndui'n Huckbrti74. obertäelu. nUui
däre Albrecht 216''; ebenso nd. Strodtmann 228. brem.
»p&. 4, 999, -&r Danneii. 209*; ostfries. sia,nder,schiffsfiagge,
stammt aus dem holl. TEN Doornkaat Koolman 3, 300».
auf das deutsche wort geht wiederum, magyar. standär
zurück. Lumtzer-Melich 242.
2) bedeuttmg.
o) im mittelaltcr bezeichnet stanthart die grosze schlacht-
oder sttirmfahne, um die sich das heer sammelte; sie vnirde
zuerst dem heere vorangetragen; sputet- befestigte man sie,
damit sie besser und weiter hin sichtbar sei, an einem
holten mastbaum, utid setzte sie auf einen wagen, dies
scheinen die Italiener aufgebracht zu haben: es tmrd zuerst
bei den Mailändern zu 1038 erwähnt, ist aber schon 1129
für die Detitschen und 1138 für die Engländer bezeugt, den
Ursprung bezetigen die bezeichnungen karrotsche, -atsch,
-utsch atis ital. carroccio und lampartischer van. da
neben ist für dieses ganze genist die bezeichnung Standard,
stanthart üblich, s. A. Schultz höf leben' 2, 225jf.. beson-
ders 228 — 230. 281/. : postea tercia feria venit populus cum
carrocio quod apud nos standare dicitur. ann. Colon,
maximi 1162 (»nonuwi. Oerm. Script. 17,776,7); cum curru,
qui dicitur stanthart. ann. Woimat.i259 {script. 17,63,12);
he {der kaiser) veng eren karroze stanthart unde den
potestat. (Detmar) Lüb. chron. 1,117 {zu 1237);
sy brachten mit en dare
eynen standert gare . . .
des syt sicher ind gemeit,
dat hey was also groes,
dat en mit groesser noit
dynsen moesten zo der stunt
eycht ochsen, dat is mir kunt.
dar up stoent eyn banere.
Karlmeinet 370. 41—49 :
ind quam by den standart.
dar up stoent vele hart
der heyden bannere. 372, 24, 8. auch 478, 10.
weniger deutlich ist:
dö kom Synagün mit schar,
der punjür und der stanthart. Wüleh. 368, 7.
wenn das wort im nl. auch im siniie von 'stange, pfähl'
ti. ähnl. begegnet, so ist dabei wol Vermischung mit Ständer
im spiele, vgl. das. : phalanga, een speer of een standaert
of hamey. hör. belg. 7, 12, s. auch Diefenbach gloss. 223».
Schiller-Lübhen 4,363»; standaerd, Ständer, eolttmna,
columna arrectaria, orthostata. Kii.ian 2,629''.
b) in nJid. zeit bezeichnet Standarte diefahne der reiterei
mit kleinerem tttch und kürzerem scluifl als die des fusz
heeres, s. Eggers 2, 976. Adelung. Jacousson 4, 253''.
Boeheim waffenk. 512: fänlein, . . . vexiUum minusctUum,
qualia esse solent equitum signa militaria, die Standarten,
kornette. Stieler 399; standart, equestris militiae in-
signe, alias reuterfänlein, labarum turmae eqttestris. 2132 ;
standart, f. . . . stendardo. insegna, cometto, guidone di
cavallei-ia. Kramer dict. 2,906"; Standarte (die) labartini,
equestris militiae insigne. vexillum equestre. Stein BACii
2,882; s. auch Frisch 2,318». breni. wb. 4,999. belege: der
cornet ist ein ofticier, der die Standarten führt. ... er
musz eher das leben, als sich seine Standarten nehmen
lassen. ... in marchiren trägt ein soldate die stnndarle
oder fahne, aber der cornet musz sie selbst führen in
der musterung, oder wenn er auf die wache zieiiet, oder
in einer action. die fahnen sind viel länger und breiter
als die Standarten. Fleming t. soldat (1786) 116»; in diMii
ersten gliedc der escadron schwankte die Standarte in
den bänden eines schimcn knaben hin und wieder. Göthe
80,70; vier Soldaten zu pforde, wahrscheinlich ein paar
von jedem heere, sind mit «inander in conflict gesetzt;
sie kämpfen um eine Standarte, deren stab sie alle an-
gefasEt haben. 86, SU {carton des Leonardo da Vinci); ihre
{der kaiserlichen) ganze artillerie, ihr ganzes lager war
erobert, über hundert fahnen und standarien erbeutet,
SCHILLRR 8, 102;
wo unaro fahnen vorwArl« wuhn.
da wob auch die »tandart hinein.
da tioge roas und mannt Ki.oi>.hi... .> i, .;tn,
auch BatttfB fkhneiiretsen bot standurten.
QöTlIK 41, 274 (,FauM II. 4);
SO auch: kaiierliche feldiitandarten
wird ein relterlied erfreun I Krbiuorath* 1, 46.
e) um die atmodart« sommelt ncA (fo* regiptent, vgl.
KhOnitz 169,618; daher: sor Standarte blasen, eonar' d
729
STANDARTE
STANDARTENSCHUH
730
raeeolta. Kramer diet. 8, 906«; so im vergleich: irgend eine
lehre will er {der prophef) verkünden and, wie um eine
Standarte, durch sie und um sie die Völker versammeln.
GÖTHE 6,33. hier knüpfen freiere gebraucJistceisen an:
pflanzt die schwarz-rot-goldne fahne auf die höhe des
deutschen gedankens, macht sie zur Standarte des freien
menschtums. Heine 2, 429 Elster (vorto. zu 'Deutsehland'),
s. ferner 3, b.
d) die erbeuteten Standarten xceiden als Siegeszeichen
vertcendet: dergleichen danckbares gemüt gegen gott hat
allezeit erwiesen . . . das unverwelckte ertz-hausz von
Oesterreich , welches noch allemahl nach erhaltener
victori die eroberte standär und kriegs-fahnen in den
kirchen preiszwürdig auffzuhencken befohlen: wie dann
die Lauretanische capell in unserer hoff-kirchen zu Wienn
mit unzahlbaren dergleichen sig-zeichen pranget. Abraham
A S. CijlH.k auff auff ihr Christen (1683) 149 (65, 35 neudr.);
nehmt alles, fahnen, pauken und Standarten,
und hängt sie an der kirche pfeiler auf;
beim siegsfest morgen denk' ich sie zu brauchen!
Kleist 3, 68 Schmidt {prim v. Homb. 2,10);
die schwed'schen fahnen wehten und Standarten,
trophäenartig, von den pfeilem nieder. 72 (3, 1).
daher nl. geradezu: standaerd, seghe-teecken , tropaeum.
tiophaetim. Kilian 2, 629'».
e) in der heraldik dienen Standarten auch als helm-
zeichen; es sind kleine fähnlein von quadratischer form,
mit fransen und troddeln an schnüren, geicöhnlich an einer
tumierlanze befestigt, s. Gritzner herald, terminologie
(Siebmacher wappettb. einl. B) s. 164. — vgl. dazu: Gockel
nahm nun seine raugräfliche Standarte, die zugleich ein
hühnersteg war, als stab in die band. Brentano 5,26.
f) auch flotten haben ihre Standarten, s. A. Schultz
höf. leben^ 2, 345. 360. jetzt heiszt Standarte die flagge, die
bei antre-senheit eines souveränen fürsten oder eines mit-
gliedes eines souveränen hauses auf einem schiffe gehiszt
wird. s. Stenzei. seemänn. tcb. 397**/.
g) Standarte heiszt endlich sehr geicöhnlich die fahne,
die bei processionen und wallfahrten dem zuge voran-
getragen wird, hirehenfahne: den beisaz de anno 1607 be-
tröffent ist zu mörken, dasz die burgerschaft ohne vor-
wissen der herrschaft keinen aufzug halten derf, und so
ihnen solicher erlaubt wüert, mieszen sie dem fahn und
standärt mit gebierunter wacht ausz den stuft abhoUen
und widerumben also nachausz, dasz ist in dasz stuft
zurück, beglaiten. steir.taid. 141,13; ain ständtar geschriben
4 kr. Hartmann volksschatisp. ».405 (reehnung der Eosen-
heimer corpus-Christi-brudersch. über ein passionssp. v. 1734;
im glossar s. 598 als neutr. angesetzt mit der angäbe:
»pr. stäntär); processionen dauerten fort! ... sie (ßie
feinder) zogen mit angesang und antwort, fahnen flatterten,
Standarten schwankten, eine grosze und gröszere kerze
erhob sich zug für zug. Göthe43, 264; zuerst kamen die
kinder, deren Standarte ein liegendes lamm mit der
krenzesfahne zeigte. Hausr.\th pater Matemus s. 20;
Wallfahrer ziehen durch das thal
mit fliegenden Standarten.
Scheffel gaudeamut t. 55.
solche fahnen rcerden auch im kämpfe gebraucht: Treviso
hielt sich tapfer, die vornehmern wollten den Trissino
einlassen ; aber das volk raffte sich zusammen , ein
Bchuster . . . trug die Standarte des heiligen Markus voran,
und die Deutschen wurden zurückgeworfen. Platen 310*
{liga V. Cambrai 3).
3) freiere und übertragene gebrauehsweisen.
a) Standarte bezeichnet auch, die sich darum scharen.
t»peciell die reiterabtheilung, die eine Standarte hat und dazu
gdiört, vgl. fähnlein 2, theil i2i3: darauff musz man das
»eer samlen, und in regimentern, truppen, companeyen,
Lhnlein oder stendarden {vexxllationes), geschwader ord-
»en. Com ENI US janua (1644)697; auf antike heere über-
gen (-= vexillum): um den aufstand in Theben zu
i&mpfen, sandte Philometor vorgestern die besten söldner,
ie Standarte des Desilaus und die von ArsinoS nach
Ifiden. Ebers d. schicestem 184.
b) bildlich irird auch ein andrer gegenständ, um den
>n sich schart als um das Sinnbild einer idee oder eines
ftfühh, Standarte genannt:
sie pflanzten nüt tust die munteren bäume der freiheit, . . .
und der muntere tanz begann um die neue Standarte.
GÖTHE 40, 290 iHerm. u. Dor. 6).
weniger sinnlich:
trost is se an allen waen
der cristenheit und standert.
Br. Hansen Marieid. 2142.
andre bilder gehen von der äuszem erscheinung aus:
dieses waldes erhöhte warte,
■ dieser einöde grosze Standarte,
den könig der berge seh' ich ragen.
RüCKKRT (1882) 12, 50 {Nai 12).
c) im brem. ist standare auch 'ein seltsames kopfzeug
des frauenzimmers, welches von einer übermässigen höhe ist',
brem. wb. 4, 999. etxcas ähnliches scheint stanthart schon
im ältesten mnd. bezeichnet zu haben, denn der Sachsensp.
landr. 1, 24, § 3 nennt unter den 'klenoden', die zum gerade
der frauen gehören, auch nalden (nadeln), huven, vlecht-
snure, stanthart, natelfoder, vgl. brem. tob. a. a. o. Frisch
2,318». Scherz-Oberlin 1557. BRiKCKuniER gloss.diplom.
2, 574».
d) die neuere Volkssprache nennt eine lange hagere person
eine lange Standarte. Adelung, unterfränk. a langa oder
grassa standart'n Ruckert 174; besonders für ein sehr
groszes frauenzimmer , leipz. ene ale lange standare.
Albrecht 215'', nd. standare Strodtmann 228. brem. wb.
4,999. Danneil 209».
e) in der Jägersprache der schwänz des fuchses oder
wolfes. Adelung. Xemnich. Behlen 5, 672. Kehrein
weidmannsspr. 280. Höfler krankheitsnamenb. 673'»: die
ruthe oder standarte, ist eigentlich sein schwantz. die
blume , die spitze an der standarte. Döbel l, se* ('ireirf-
männisch von wölffen zu sprechen'); des fuchses standarte
oder ruthe ist sein schwantz. 40*'; bey dem wolf heisset
der schwänz die standarte. bey dem fuchs: die stange,
item die Standarte. Heppe leithundwö; ruthe, standarte,
stange und wedel, also verschieden wird des fuchsens
schwänz benennt, icohlred. jäger 247''.
f) standarte aU blumenname.
a) die ziceiblättrige orchis, stendeh.nirz oder kuckucks
blume, orchis bifolia. Nemnich. Campe, {orchis) Pritzel-
Jessen, preusz. standhart, siandart Frischbier 2,361'».
ß) in Sddesien für spiranthes autumnalis. Pritzel-
Jessen.
4) berührungen mit andern vDörtem.
a) appenzell, standäri halta 'kräftigen widerstand leisten,
stand halten, vor den risz stehen' Tobi.er 406'" ist offenbar
stand halten {s. stand 2, b) nachgebildet, obwol auch im
eigentlichen sinne möglieh.
b) wenn standärt für 'stange, pfähl' u. ähnl. vorkommt,
so liegt entweder volksetymologische ausdeutung {s. l) oder
Vermischung mit Ständer zu gründe, s. oben 2, a. dazu tcol
auch: standaerd, molen-asse, axis molaris. Kilian 2,629''.
c) auf volksetymologischei- anlehnung beruht auch das
mundartliche standär == gensdarm an stelle des geicöhn-
licheren schandar u. ähnl., so bair. Schm.'2, 768; preusz.
Frischbieh 2,361'». nd. korrespondenzbl. 5,49. s. auch
Albrecht 215''. (m AacÄen standarm Müller-Weitz 233.)
STAND ARTENFUTTER.\L, n., oder Überzug, futteral
von schxcarzer glanzUinwand mit messingblechspitze, das
über das fähnlein gezogen tcird, um es auf märschen u. s. w.
vor staub und schmutz zu schützen. Krönitz 169,618/.
STANDARTENJUNKER, m. ein Unteroffizier, der die Stan-
darte auf dem morsche trägt, tcie fahnenjunker {th. 3, 1242)
beim fuszvolk. Adelung; älter standart-junkers, parte-
etandarts. Eggers 1,825; es ist weltbekannt, wie viele
anhänger der Schutzpatron meines scliiffs in Berlin hat,
von Friedrich dem groszen an bis auf den geringsten stan-
dartjunker. ThCmmel reise 8,43; 'ha!' rief ein standarten-
junker von der reiterei, 'das ist doch klar'. Keller 7, 277.
STANDARTENSCHAFT, m., vgl. -stange:
seine unsichtbaren hUter
lehnten am standartenschaft
in den gold'nen wappenröcken. Kbllbr 10, 157.
STANDARTFJiSCHUH, m. scheide von starkem leder, am
rechten Steigbügel, worin das untere ende der standarte
beim tragen ruht. Adelung, vgl. fahnenschuh, *ä. 3, 1243:
standarten-schuhe , m. resta da stendardo; stendardieia.
Kram ER dict. 2,906'; auch: standärt -schuh, talonnier.
EooERS 1,825, wofteben: der standarten-schub ist an den
731 STANDARTENSTANGE— STANDBLOCK
STANDBOGEN — STÄNDCHEN
732
steigbügel-riemen desjenigen, der die Standarte fUhret,
angemacht. 826.
STANDARTENSTANGE, /. atange, wman die Standarte
befestigt ist. Jacobsson 7, 427». Krünitz 169, 619. vgl.
Standartenschaft und Standarte 2, a.
STANDARTENTRÄGER, m.. für standartenjunker. KrO-
NITZ 169, 619.
STANDARTENÜBERZUG, m.. vgl. futteral. Krünitz
169, 619.
STANDARTEN WACHE, /., vgl. fahnenwache, tlieU 3,1243.
Krünitz IC9, 619: es werden (im biwoak) von jedem regi-
ment ein rittmeister . . . zur erhaltung der polizeilichen
Ordnung commandirt , auszerdem die standarlenwache
aufgestellt, instructioushuch für den cai-allerisfeu^ {Man
nover 1876) 117.
STANDARTJUNKER, -SCHUH. *. Standarten-.
STANDBAR, adj., frühnhd. vereinzelt für standhaft:
also daz kain philosophus, dero, die wir nennent stoicos
ye gewesen ist, der so mit aiin kecken vesten und stant-
baren geiniite ainchen tode gelitten hab als diser Jeroni-
mus. NiGLAS V. Wyle translat. 229, 19.
STANDBAROMETER, m. hei der barometrischen höhen-
tnessung der am beobachftmgsptmkte verbleibende barometer
zum unterscJiiede von dem wandernden feldbarometer.
LUEGER 2, 20.
STANDBAUM , m. l) 'stand-baum , heisset eine starcke
atange, welche i7i einem Pferdestall, der mit keinen ordent-
lichen unterschiedenen ständen (4, i) versehen ist, zwischen
die pferde nach der länge gelegt, und mit dem einen ende
durch die sprissel der rauffe gesteckt unrd, davxit die 2)ferde
nicht zusamTnen kommen, und einander schmeissen mögen.'
ZJNCKE öcon. lex.^ 2800. Eogers 2, 976/. Adelung. Jacobs-
son 4,253'': die pferde schnoben, bäumten sich auf und
zerschlugen die standbäume. MusÄus volksm. i,ilii He7npel.
2) 'ein bäum, tco abends raubvögel gern aufhocken, am
tage sich häufig einschwiiigen und auch gerne übernachten.'
Bkhi.en 5,672. Kehrein weidmnnnsspr. 2S0, vgl. stand 4, 7n.
s) für rüstbaum (l, theil 8, 1.143), lantenne, bäum, der das
hauptgerüst (zum bauen) trägt. Karmarscii-Heerkn^ 7, 440.
STANDBEIN, m. beitn stehen das bein, das die last des
körpera trägt, im gegen satz zum spiclb&in (tJieil 10, l, 2321);
attadruck der plaatik.
STANDBILD, n. 'ein ateliendes axisgehauenes bild', atatue,
bildsäule. Campe; eine ohne zweifei an statua sich an
lehnende neubildung des IS, jahrh.: so weit meine äugen
mich trugen, sah ich Standbilder der heiligen auf reben-
losen nackten bergen. Thümmel »«0*6 5,457; nur ... die
bildsäulen der götter waren noch unberührt. . . . jeder
zitterte ihr (der Juno) bild zu berühren. . . . das Stand-
bild folgte, durch sich selbst bewegt, denen die es fort-
zogen. NiEBUiiR 2, .539; die Standbilder der zu Fidenä
umgebrachten abgeordneten. 648; in der hofkirche {zu
Innsbruck) stehen die ... Standbilder der fürslen und
fürstinnen aus dem hause Ostreich. ... als ich jene sta-
tuen betrachtete, traten Engländer in die kirche. Heine
8,230 Elster; wenige geschlechter später errichtet man
auch fürsten deutscher Völker, welche noch um die grenze
lagerten, eherne Standbilder in den kaiserlichen haupt-
gltÜdlen. Frevtao 17 (WW«rl), 108; 'eine büste nur?' sagte
er. 'dem mann (Hauff) hätten sie doch wohl ein ganzes
Standbild setzen können!' Storu 4, 170; das Standbild,
das die stände Mecklenburgs in Rostock ihrem BlUcher
errichteten. Trp.itrciikk d. geach. 2,st,
wie wir da knieten, rUckw&rta ich, da vom
am Standbild Hymens. Grii.lparzer* 6,88 (toeUen 8);
gk^ckenklanr, kanoncndonncrl — sieh, de« ze1t«s hOlle sank,
und enthüllt ein riexig itandbild, erzfefOMen, bell und blank I
Anaht. GrOi« ipatUrg.* (1844) 82.
»dten bildlieh : der Herausgeber hat aus den Heidelberger
Vorlesungen dei Verfassers (Rotht) ... ein möglichst voll-
ständiges edles Standbild der kirche in ihren geschicken
bis «um ausgange der reformationszeit aufgerichtet.
K. V. Hark kirchengej>rh.^^ 9 (§ 10),
STANDBLOCK, m. auf gröazeren »chiffen ein groner at^f'
rerht atehtndrr viereckiger block am fuate einet majttea mit
rollen für die hiMtaue. auch knecht, a. da*. 7, c, th. 6, ISW;
tM aind immer t oder » da. als gronzer, (besahn-) und
fockkneclit untenehUden. knecht, standbluck, roc d'inna».
sep de drisse, bloc d'isaaa. Eggers 1,1333. Adelung.
Jacobsson 4,2.53''. Bobiuk 403».
STANDBOGEN, m., vgl. standarmbrust: die befördening
von geschützen durch die wildnisz war nicht leicht, doch
nahm man bei gröszeren zUgen einige standbogen . . . mit.
Fueytag 18 (bilder 2, l), 222.
STANDBRÜCKE,/, feste, unbeicegliche brücke, im gegen-
aatze zur Zugbrücke (schlagbrücke) und hängebrücke.
STANDBÜCHSE,/.: es gelang bald geschütze von un-
geheurer grösze zu gieszen. . . . auszerdem büchsen von
dem verschiedenartigsten kaliber bis zur leichten karren-
büchse und tarrasbüchse (standbüchse), und zur haken-
und handbüchse herab. Freytag 18 (bilder 2, l), 29-1. (vgl.
Scheibenbüchse, theil 8, 2393). hierher- gewisz auch das durch
lesefehlerzu standbrachse entstellte icort bei Unger-Khull
ateir. wort.tch. 569».
STANDBUDE, /.. s. stand 4, d; dazu standbuden-
zins, m., s. Krünitz 33,549.
STANDBÜITE , /. 'eine groaze bütte zum aufbewahren
der gemoster fen trauben bis zutn keltern'. Kehrbin volkaspr.
in Kajisau l,SS7; vgl. stände.
STÄNDCHEN, n., deminutiv zu stand, l) den bedeu-
tungen des grundworts entsprechend ganz selten und ver-
einzelt, zu stand 4, (/. krambude:
und sie lindct bei der schwarzen Eve,
auf dem stüiidchen nali am Hühnerbom,
Majelone, Till und (lenoveve,
und fragmente aus dem Wunderhorn.
KiNU 1, 245 (der Jahrmarkt zu Knofelingen).
zu stand 8, deutlich als freie momentane bildung: unsere
nation kennet sich schwerlich, bald ist es religions- bald
polilische parthei, bald die unübersteigliche grenze eines
Standes oder Ständchens, was . . . den gedanken an ein theil-
nehmendes publicum . . . aufhält. Herder 17,297 Suphan.
2) gewöhnlich sagt man Ständchen in bedeutungen, die
bei dem grtmdwort flicht entwickelt sind und deren gemein-
same grundlage die Vorstellung eines stehenbleibens und
hirzen vertceilens auf der strasze oder vor einem hause ist;
vgl.: ständlein, Ständchen, n. atationcelln cioe dimora
piccola che ai fä stando in piedi, massime inpiazza. Kramer
2, 931"; 'ständichen, Ständchen (das, dimin.) atatiuncula.
SlEINHAClI 2,671.
a) 'eine kurze musik, welche man vor einem hause oder
fenster stehend bringet'. Adelung unter stand (6), vgl. auch
ständlein, ständerlein, so seit ende des 17. jahrh. bezeugt:
sländgen, et nachtständgen, atatiuncula musica. Stieler
2133; Ständchen ... 2) improprie eine nachtmusic, aym-
phonia nocturna, concentus norturntis. Steinracii 2,671;
ständgcn, ist eine nächtliche music, so ein amante seiner
geliebten durch andere machen last, oder selbst allein
vor ihrem hause in ein musicalisches Instrument, als:
laute u. d. g. eine charmante arie singet. Amarantiiks
frauenz.lex. (1715) 1894/. (Schultz alltagsl. s. 11); Ständ-
chen, ständerlein, aymphonia nocturna, da man mit nuisi-
calischen Instrumenten vor einem haus oder unter einem
fenster einer persohn zu ehren, in der nacht stehen
bleibet, und bisweilen dazu singet. Frisch 2, S18*. a.auch
Heynatz Antibarb. 2, 441 ('Campe achlugt sangständchen
oder ständchensang für serenade . . . vor"), aache und tcort
beaondera üblich bei aiudenten, vgl. Kluge atudentenspr. 127*.
zeitaclir. f. d. wortforachung 1,49, soioie Weioank 2,795.
Gombert bemerkungen 8,1. 6,20. Kluge" 875'' (tueiat l>ei
Zesen 1645, vgl. unten), a. ferner ständlein, ständer-
lein. — belege: nun ist Schclling also hicrl . . . nun kann
der tanz losgehen, mit Ständchen, fackelzng, gaslmnhlen,
ehrcnbezcigungen aller arti Varnhagkn tageh. i..l4i;
ein ständfon hat mein schätz I.isctl« irem hey nnoht,
drAm hab ich heute schon ein trolTlich stfiok erdacht,
das wil ich vor ihrer thAr
singen, dazu mAssen mir
die geigen
nicht schweigen.
Chk. Keutir Hartetiuint hochtett-tehmaHat t. 66
neudr. (10);
hast du schon annthan dein sehlafgewgndchcn 7
die schnpfung ruht im stomonnachtgewaiido.
dorn schonen haupt gelnut das Im-kcnbAndchen?
ich trage fest um s horr. die alten bände,
o so wie du die schnnsto bist im liUidi'hen,
so wOrd' ich sein der glQcklichsto Im lande,
wenn einen aueenblick mein leise« sländchnn
dein femilrr iinrr.iificIilioH/.oii wir' im stände
KOcKKHT (1883) 6, 88 («If/I. 48).
733
STANDCHEN
STÄNDCHENSINGER— STANDE
r34
,<f. auch Voss 3, 128 (idylleti 8, überschr.). ühland ged.
(1864)240 {sterbekl. 1, überschr.). freier:
das sind die wölfe, die heulen so wild . . .
sie hörten von meiner ankunft gewisz,
die bestien, und mir zur ehre
illuminierten sie den wald
und sing-en ihre chöre.
das ist ein Ständchen, ich merke es jetzt,
ich soll gefeiert werden.
Heixe 2, 465 Elfter (^Daitfchl. 12).
mit verheil: einer Jungfer ein ständlein, sive ständgen
machen, virginis ostium occentare. Stieler 2133; einem
ein Ständchen machen, nocht occentare ostium alicujits.
STEiNn.vcH 2, 671. dafür in neuerer spräche stets jemanden
ein Ständchen bringen. Adelung , vgl. S. Kleemann,
zeitschr. f. d. tcorfforschung l, 49 (belege von 1745 — 57): kurtz
darauf wurde der geheime rath Gasser zum prorector
erwehlet. seine hausbursche brachten ihm ein ständgen.
der reisende avantwier (1749) 2, 479 ; hab' mich von ihnen
geschlichen, meinem liebchen ein Ständchen zu bringen.
Fr. Müller 2,148; die piferari von Robert, die . . . jene
pfeifer aus den albanischen gebirgen vorstellen, welche
um weihnachtzeit nach Rom kommen, vor den Marien-
bildern musizieren und gleichsam der muttergottes ein
heiliges Ständchen bringen. Heine 4, 52 Elster-;
nach vierzehn jähren wollen wir
diesz Ständchen wieder bringen.
GöTHE (1840) 6, 15 (feier de« geburM.
du erbpr. Carl Friedr. 1783).
ironisch : sie geht spazieren alle nachmittage
solo und kehrt zur dämm'rungsstnnde heim,
dann woU'n wir auf sie passen hier und bringen
ein Ständchen ihr mit geigen, hinterm steg
gespielt, und rumpeltopf und vogelpfeife,
ich kenn' ein zotenliea auf leichte weiber.
das singen wir und machen sie zum märchen
von ganz Bologna.
Im.mermann 16, 382 Hempd {Card. u. Cd. 1, 1).
andre Verbindungen gelegentlich: oder wer sänge uns so
artige hirtenlieder, wie jenes, das ich neulich, o Möris,
dir abhorchte, als du in nachahmendem gebehrdenspiel ein
Ständchen an die schöne Amaryllis aufführtest? — dieses
Ständchen war eine . . . freie übersezung der dritten Idylle
Theokrits, wo ein waldsänger im character eines geishirten
singt und tanzt, als ob er vor derfelsengrotte der grausamen
Amaryllis um liebe flehte. Voss Virgils ländl. ged. 2, s. 459
,c!t id. 9, 21—5); wenn wir so alle mitten im . . . vormusi-
zieren des Ständchens säszen. J. Paul 52 (Katzenb. 2), 66
{hier also mit aufgäbe der Vorstellung, dasz ein Ständchen
stehend ausgeführt icird); dann sprang sie schnell hervor . .
und sang ihm das lustige Ständchen, das Friedrich gestern
belauscht. EiCHENDORFF22,64(r^Z.ständchensinger); einer,
der sich vor dem hause seiner geliebten mit dem freunde
prügelt, weil er kein Ständchen zusammen bringen kann,
um sie an's fenster zu locken. Hebbel tageb. 3, s. 461. im
bilde: die nachtfalter rannten mit ungeschickter galanterie
die blumen an, denen das Ständchen galt, das sie mit
schweren flügeln absummten. Ludwig 2, 288. — Ständchen
bezeichnet dann auch geradezu das mttsiksfück, das bei
solchen gelegenheiten vorgetragen wird oder dafür bestimmt
i.9t; eine bestimmte musicalische form ist dafür nicht vor-
handen, vgl. Rie.mann musiklex.^ 1081''. — attch sehr ge-
"öhnlich als übersrhriß von liedern. so z. b. Bürger SO**.
;jl. dazu: das Ständchen ist nicht das beste gedieht; mir
war am meisten an der äuszern form eines Ständchens
gelegen, die bey einem stücke, das unter dem fenster eines
geliebten mädchens geklimpert wird , das wichtigste ist.
Zelter an Göfhe i, 12. — Ständchen tcerden meistens am
abend gebracht und das \cort wird zunäclist in diesem sinne
versfanden, also gleichbedeutend mit serenade {theil 10,1,623),
s. oben die angaben der Wörterbücher, doch gieht es auch
morgenständchen, «. </i. 6, 2581, und im gegensafz dazu
icet den jene andern als abend- oder nachtständchen
bezeichnet, s. theil 1,26. 7,217. so in den ältesten Megen:
nichts desto weniger must' er sich zur lust bekwämen,
und einem abend ständichen von lauten und stimmen,
welches ihm der grafe bringen liesz, zuhören. Zesen
Ibrahim {i6ib) 1,224; weil kein man gefunden würd, dehr
sich bemühet, seiner frauen haar-band am arme zu
tragen; ... ihr ein abend ständichen zu bringen. 350.
femer fackelständchcn (WieiZ 3, 229) u.a.: genähert
habe ich mich diesem vorzüglichen manne niemals als
in einer nacht, da wir (die Straszburger Studenten) ihm
(dem Professor Schöpf lin) ein fackelständchcn brachten.
Göthe 26,47. — der plural von Ständchen ist geicöhnlich
dem sing, gleich: ich erinnere mich der zeit noch wohl,
da ich die artige zigeunerin hiess, und da sich die jungen
herren von Toledo um die ehre rauften mir Ständchen
zu bringen; ich machte, meiner treu! eine theurung in
den saiten, so viele guitarren und lauten wurden mir zu
liebe zersprengt! Wieland ii, 231 (don Sylvia l, 3, 7); man
konnte kaum etwas malerischeres sehen, als diese phan-
tastischen Studententrachten, ihre sangreichen wander-
züge in der Umgebung, die nächtlichen Ständchen unter den
fenstern imaginärer liebchen. Eichendorff 31, 35 Kocfi;
man bringt dir keine Ständchen jetzt,
du armes krankes kind ! Umland ged. 240;
sieh, dieser ist's, der deinen buhlen schlug, . . .
ein ende setzte jenem nächt'gen flüstern,
den Ständchen, dem gekos.
Grillparzbr* 8, 5 (bruderzw. 1).
doch findet sich in iceniger sorgfältiger spräche auch Ständ-
chens : die bürger brachten Ständchens. Charl. Schiller
briefvom sept. 1803 bei Düntzer Göthe u. Karl Aug. 8, 442.
(hessisch natürlich ständerchen.)
b) kurzes geplauder im stehen. Weigand 2,795, so zu-
weilen in volksthümlicher spräche, vgl. ständerling 1, -lein,
ständlein 1, 6: ein Ständchen, ständerchen machen, ein
iceilehen stehen bleiben, um mitjem. zu schicafzen. Hetzel
wie der Deutsche spricht 298; und doch blieb sie selbst,
die ihm vorleuchtete, auf jeder treppenstufe stehen und
verwickelte ihn durch ihre fragen in neues erzählen. . . .
da oben auf der stufe vor der thür . . . wurde das längste
'Ständchen' gehalten. Ludwig 2, 317.
c) vereinzelt: mache mich auch zu keinem ecksteine;
da machen alle hunde ein ständgen dran. Weise comödien-
probe (1695) 37.
d) hoU. standje bedeutet lärm, zank, vgl. Franck 955.
3) Ständchen als deminutiv zu stände, /. giebt Adelung
an, vgl. stand 11, a und ständlein, so siebenb. für ein
holzgefäsz. H.\ltrich 88.
STÄNDCHENSrXGER, ni. : er erzählte, wie er als junges
studentchen einst sich seiner haut habe wehren müssen,
als er nächtlicher weile einem unter dem hause einer
schönen plärrenden ständchensinger im vorbeigehen ein
'halt's maul!' zugerufen habe. Keller?, 224.
STÄNDDIELE, STANDELE,/. 'bei den kahnbauem. eine
dicke plxinke, tcelche an dem Steuer eines Eibkahnes die
stelle des Schaftes vertritt'. Caupe. Jacobsson 4, 254».
BoBRiK 659». vgl. stand 11, c.
STANDE, /. gröszeres holzgefäsz. steUfasz, kübel, kufe;
ableitung zu stehen, vgl. ständel, Ständer, standner.
l) so im deutschen seit alter zeit: ahd. stanta, -da, -de
(plur. stantun, -en, -in) alveus statarius, orca, cadus,
ciipeUa. Graff6,697/.; mhd. stände Lexer handicb. 2,1136;
mnd. ScHiLLER-LüBBEN 4,362»; OMCA entstellt zu stange,
vgl. das. in glossen: angaria . . . stanga, stanta, -e. Diep.
gloss. 34«; biota (auch bigota, dyota u. s. w., vas protensum
in altum) zwi6rigs vÄsslin hd. nd. stände, sthande, hd.
stand , stanne , . . . stantt vel potig. 74"= ; stände , stand.
nov. gloss. 53'' ; cubeUa . . . stände, -te, stände vat, schände,
kübel. gloss. 160''; ctipa . . . weinstande, putt, standte. 163»;
cttpella u. 8. w. stanta (ahd.). ebenda (nov. gloss. 124») ;
dyota . . . hd. win-, weinstande, -stantner, stände zu wine
o. zu biere mit zweien oren. 183»; orca . . . standen. 399";
sisireol stanta (ahd.). 538«; statuarium . . . schanck o.
standt (?). 550"=; vigeta stände, stand. 618«; s. auch Dief.-
WÜLCKER 862. Hoffmann fundgruben l, 392». Heyne
hausaltert. 2, 361, anm. 128. Brinckmeier gloss. diplom.
2, ."i/S"; biota est vas protensum in altum ein stände. Dief.
mUU.hd.böhm. wb. (v. 1470) 51». »o attch nl. stände, labrum.
alveiui stattiaritts, orca, cadus. Kilian 2,629'*, vgl. die anm.
mittelengl. stände Stratmann-Bradley 573". — nhd.
stände oder büfte, labrum solium. grosse stand, cuppa.
Dasypouius ; standen (die) wasserstanden, alveus, labrum.
orca stataria. cuppa. Maaler 384''; standt, /. bütte, une
truelle, ange. Hui.sius (1616) 306»; stände, /. ctipa, truelle.
zuber, labrum, butte. Schottel 1421 ; stände . . . mastello,
tinello, massime piü largo di sotto che di sopra ä diversi
xtai. V. schaiT. kübel. Kramer dic^ 2, 906«; stände (die.
735
STANDE
STANDE
736
plur. standen) cupa, vas aqtiarinm, qttod uno loco per
munet. aqtialis. Stkinbach 2,671; stände,/, ein hölzern
pefäsz das der böttcher von allcrley grosse verfertigt.
Frisch 2, 318'. — heule in mundarten weit verbreitet:
Schweiz, stände Hunziker 250, in Davoa standa {'ein
groszer, von hand nicht tragbarer, kilbeV). BOhler 1, IS."!,
in Basel {'faszähnl. sttllgefiisz aus dauhen, ohne füsze').
Seiler 277»; bair. a standen Klein 2, 168, stantn (slannc)
ScHM.* 2, 768, steir. stantc llNnEii-KiiULL .569»; hess. stände
{spr. stanne) 'fasz in form eines abgekürzten kegeh, in den
kücheti tiiui in kellern gebräuchlich, um ^casser oder hier
darin aufzubewahren'. ViLMAi« "D.'j, s. auch Pfistkr 283.
CRECELIIS8M (stann, siän, schdÄne 'gefilsz aus daiiben,
das unten weiter als oben, mit zwei ohren und einem decket
versehen ist und dazu dient, in küche und keller xoasser,
mehl, käse u. dgl. aufztibewahren'); nass. stann Kehr ein
1,388; ripuar. stänt, stang Mönch § 117, so in Köln und
Aachen stang HöNir.'^i73». Müller-Weitz 233; thür. mit
Umlaut stände, nordth. sd6ne Hertel sprachsch. 233,
stänne Kleemann 22»; oberlausitz. stände {gewöhnlich
Ständer) Anton 13, 6, ebenso schles. Wein hold 93», in
Posen stände Bernd 292, preitsz. Frischbier 2, 36l'>.
nd. stände Richey 287. brem. wb. i, 999/. {gewöhnlich stangc
gesprochen). Schütze 4, 187, stand(e) Baueu-Collitz 98'',
stanne Strodtmann 380''. Schamuagh 208». Woeste253»;
stanne «wd stände in Lippe. Frommann 6,485.
2) bedeutung: 'ein hölzernes gefäsz aus böttcherarbeit,
leelches gemeiniglich drey hohe aus verlängerten dauben
bestehende füsze hat, und unten etwas rceiter ist, als oben'.
Adelung, ebenso Jacobsson 4,254», s. avxih Campe und
die erklärungen unter \. — belege: item torggel, standen
und dergleichen so alles fahrend ist. iveisth. l, 291 {Wagen-
hausen im Thurgau 1491); wat rechtes se hedden in
Tudorper holtmarke? schufelen to eren mollen und bre-
dere to eren standen und bodden. 3, 92 {uvstfäZ. holting
17.1482); thom fruwen gerade gehörig: ... sind dar twey
standen, höret eine dartho, wo averst kein tapholl {zapf-
loch) vorhanden, so gehöret ein töver dartho, dar ein holt
in is. 235, 21 {gericht zur Wiszeiimühle an d. Aller 1570) ;
als wann du zwo tugen {dauben) in einer standen oder
bütten wider eben richten woltest, die gelassen haben,
eine hinausz die andere hineinwerts. Würtz loundartzn.
224. — vgl. auch standbütte, gelte.
8) die stände dient zu mannigfacliem gebrauche {tcas
jedenfalls auch Verschiedenheiten der form bedingt) und
urird danach gewöhnlich durch Zusammensetzung näher
bestimmt.
c) zur aufbeioahrungvonwasser, vgl. Wasserstande.
Adelung, besonders in küchen, um einen vorrat frischen
teassera aufzubewahren; so in den ostmitteld. idiotiken an-
gegeben, a. Hertel spraclisch. 233. Kleemann 22». Anton
18,6. Weinhold 93». Bernd 292. hess. bornstanne
ViLMAR 395; auch in Köln und Aachen stang wasserzuber
Honig' 178». MOller-Weitz 233. eis. schon im i&. jahrh.
bezeugt : {der klingler soll die küche) versorgen mit holtze
und mit wasser in die standen, quelle bei Ch. Schmidt
hiüt. wb. 887».
b) zum vjoaehen: butte, darinnen man wäscht, stand,
zuber, kUbel, badgcschirr, labrum, veu ad lavandum
aptum. Hrnisch 672,41. ao wol auch, icenn im Zürcher
tageblatt angezeigt unrd: zu verkaufen: ein altes wasch-
schiff, verschiedene gröszere und kleinere standen, ein
waschtrog mit 8 abtheiinngen und anderes mehr. a. axieh
waBchstandc.
e) tum baden, vgl. badstande, iheü 1,1075: labrum,
badstanden: zuber, standen; wa«sergc«cliirr, Dentzi.er
i,878*>, badestande Adelung, dasselbigo wasser soltu in
einem kessel . . . sieden, ... so giesz es in die standen,
darinn der krancke bedacht ist zu baden. Thurnrishkh
wm tcaaaern 106;
•r nam «in actis, cab Im (dem Umdwogl) ein schlaf,
und f 'sCgnot im das wasssrbad,
dss ST (räd tod bleib in der standen.
RUFP EU» EetM 6, V. 8444.
ftMn taufen: und darzA liesz ich ouch machen einen touf
stein, wann ouch zft den Bclbcn zitcn der touf in einer
holzinen standen oder kUbel was. Stretlinger chronik 88, sa
BäcMold.
d) zum keltern des weins: stände in der trotten, labntm.
Dasypodius; die trauben werden gewöhnlich in rück-
bottichen in den Weinbergen selbst gestoszen oder in
standen, sodann in fässer geschüttet und zur kelter oder
trotte geführt, wo die masse gewöhnlich eine zeit lang
in groszen zübern oder buttcn stehen bleibt. Oken 3, 1868.
vgl.: stand, grosse weinkuffe, masfello, tina, tinazzo, vaso
grande di legno, per il ntiovo vino. Hulsius (1618) 237''.
e) in küche und keller gefü.ize zur aufbewahrung von
allerlei speisevorräten u. ähnl.: milchstande, nd. melck-
stande Richey 287. brem. wb. 4, looo. Schütze 4,187. —
sahn -stände, worein man die milch thut dasz sie ihre
feltigkeit oben aufsetze. Frisch 2, 318». vgl. nd. room-
stande. Schütze 4, 187. — butterstande, s. theil 2,586,
nd. botterstande Richey 287. brem. wb. *, 1000. Schütze
4,187; butterstande, schmaltz-stande, mastello, tinello
da tenervi il butiro ö fresco 6 sfrutto {smalzo). Kram ER
dict. 2, 906". {vgl. unter f.) — he.<>s. käsestande, käse-
stann Kehrein l, 388, köseshtanne Pfister 283. — mehl-
stande, nd. meelstande Schütze 4,187. — für pökd-
fleisch: fleisch- ö peckelfleisch-stande, mastello
grande da tener le carni salate ö i salumi. Kram er dict.
2,900"; nd. fleesch-stande Richey 287. brem. wb. 4,1000.
Schütze 4,187. — besonders häufig sauerkrautstande,
». <ÄeiZ 8, 1872, auch einfach kraut- ö sauerkrautstande,
mustello, mastellone da tener' i cauoli capucci conditi 6
conciati. Kramer dict. 2,907»; Schweiz, chrütstanda Bühler
Davos 1,155, in Basel surchruttstande Seiler 277»; westfäl.
sültemaus-stanne Woeste 253». im klostcr {St. Blasien)
braucht man alle jähre sechszehn hohe hölzerne gcfässe,
die man standen nennt, voll Sauerkraut. H. Sander reisen
2 (1784), 345 {Alem. IG, 67). — hess. trinken stanne, 'der-
gleichen fasz im kellet; in welchem das ohnehin nicht luilt-
bare dütmbier, covent, in Hessen trinken, welrliea niemals
in fässer gefüllt wird, sich befindet'. Vilmar 395.
/) die stände dient auch zur lagcning und zum trana
port von solchen xcaren im geschäftsieben u. ähnl. und
nähert sich dabei, indem eine bestimmte consfante grösze
vorausgesetzt wird, der bedeutung eines maszes. so schon
im 15. jähr h. bei lieferungen von butter und schmalz: jtem
2 standen (pottern) den jungffrawen. probsteirechnung des
jung frauencl osters in Arnstadt v.lM^; jtem l stand (smalcz)
von der forder rechnung. jtem 4 standen 20 firtcl hure
{heiler f) gemacht. eftejirfa ,• {unter dem tifel: innomc poltern:)
7 standenn usz dem vihehoffe der prohestie difz jhar ent-
pfangen. 6 standenn jn der wuchclichcn kuchen ditz jhar
verspeist, desgl. r. 1495. — fässer mit fiüssigkeiten : essig-
sprit, 4 standen, ca. ii fusz hoch, l jähr alt, sind wegen
aufgäbe des geschäftes zu verkaufen, anz. im Franl^f.
joum. V. 30. oct. 1873, hauptbl. a. 4*'.
g) 8. ferner spülstande, oben ap. 889 und Adeluno.
Jacobsson 4,254». dazu: mee für ein kupfTeren spul-
stanntten, wigt s ü kibS). Tucher haushaltb. a. 69 Loost
{vgl. unten 4, o). ferner scheuerstande, theil 8,2628:
spülstande, feg-, scheuerstande, mastello, it. conca, lavello
da lavar' i piatti, da f regare, acxirare, rimrare le atoviglie.
Kramer dict. 2,90f7\
4) ericeiterungeti der bedeutung.
a) stände bezeichnet zunächst ein hölzernea gtfäa», wird
aber gelegentlich auch von ähnlichen gefäszen atta metall t
gesagt: item v czynen {zinnerne) standen. El.sen von HoUt'
husen inventar v. 1410 {im Fran^f. arcJiiv). a. auch kuplTcren
spulstanntton unter Z,g.
b) hie und da wird auch ein kleineres geachirr mit
Stande bezeichnet, ao steir. 'ein grostea trinkgefäaz aus holz
oder zinn tum atehen'. UN(iER Kiiri.L ww».
c) in ScJiweiier mundarten bezeichnet man ao hildlirh
eine 'unförmlich dicke und achicerfällige iceibaperaon', ao
in Davoa Bühler l, 156, »n Basel Seiler «77».
STÄNDE, /. 1) thür. für stände, s. daa. (l).
2) An Wkckiikri.in ala Übersetzung tH>n stanze, Vfß.
das.: und dan die übrige {grdichtr) (darundcr meine in
vllen sonncten oder klinpKCKilngcn und ständen be-
schriebene buhischalTl (Myrta) mich noch verliebet und
belrücbet) in de« TouincliliniclH fewcr und «sehen go-
rahten. xceltl. ged. rorr. <•; über den frühen tod der jung-
frnwen K. T. etc. stände, s. km (ufirrsrhr.); »bor meiner
Myrten tod. doppeller sechster, oder stände. 641 {dejtgl.);
737 STÄNDEABTHEILUNG— STÄNDEL
STANDELE - STANDELRECHT
738
I 6.7C
sechster, oder, stände. 644. vgl. Wackernägel gesch. der
d. litt. 2, 205, anm. 8.
3) stände 'wird der rattm genannt in dem erzhause hey
den schmehhiitten , dahin man jede post erz, welche der
Schichtmeister liefert, stürzen läszt'. Jacobsson 7, 427».
STÄ^'DEABTHEILUXG,/. abtheilung der stände (s. stand 8
und 9, ä) , vgl. auch standesabtheilung : nach allem bis-
herigen bedarf es keiner ausführung, wie unpassend . . .
manche gewöhnliche ständeabtheilungen sind, so ist es
denn auch die halbpoetische, halb dem mittelalter ent-
lehnte in wehr-, lehr- und nährstand, wer ist heute noch
unser wehrstand? . . . und wer ist der lehrstand? doch
nicht mehr allein die geistlichkeit ? will man indesz
darunter den stand der studirten . . . verstehen und unter
dem nährstande den stand der nichtstudirten , so gilt
davon alles obengesagte, namentlich aber auch die völlige
unzulässigkeit kastenmäsziger scheidung oder eine[r] be-
gründung der abtheilung der land- und reichsstandschaft
nach dieser . . . standesabtheilung. (Rotteck-)Welcker
.sfaatslex.^ 13, '}2i; s. femer unter Ständeverhältnis.
STÄNDEAÜSSCHUSZ , m. (zu stand 9, b) : die stände-
ausschüsse sind entlassen und heimgeschickt, Varnhagen
fageh. 2, 117 (l3. nov. 1842).
STANDEBEXI, adv.. u. ähnl. s. stantepede.
STÄNDEBILDÜNG, /. .- so falsch es ist, dasz sich alles
nivellire, und der Ständebildung der industriellen gesell-
schaft typische schärfe abgehe, so falsch ist es, dasz sie
kastenhaft sich zerklüfte. Bluntschli-Brater d.staatstcb.
3, 481 ; die behauptung kastenmäsziger ständebildnng in
folge des fabrikwesens. ebenda.
STÄNDEEIFERSUCHT , /. .- wir würden den späteren
rangstreit und die Ständeeifersucht zwischen clerus und
ritterschaft nicht antreffen. Gervinus nat.-lit.^ l, 91.
STÄNDEHADER, m. .- seit die Römer, nachdem sie die
furchtbare Keltennoth überwunden, und im innem die
hauptanlässe zum ständehader weggeräumt haben, mit
den kraftvollen samnitischen Völkern in krieg gerathen.
Becker iceltgesch.^ 3, 2.
STÄNDEHAUS, n. haus für die Versammlungen der
stände (9, b), z. b. in Cassd.
STANDEIGEN, n., vgl. standerbeigen: legende gründe
und stanteigen. Chemnitzer urk. v. 1458, *. Bech, Qerm.
27, 181 ; so ist yn unser mutter gewere keyn stanteigen
unde legender gründe ader ander varende habe czu erbe
gehörende vorstorben. Zeitzer copialb. s. ebenda.
STÄNDEKAMMER, /. gesamtheit, Versammlung der
stände 9, b. ein nach ständen gegliedertes parlament: der
herausgeber des literaturblattes kommt eben aus der
Ständekammer, worin er . . . redete, bei der berathung der
kammer über das moststeuergesetz. Immermann MüncJth.
1,45 (1,15); nächstens geht es an die neugestaltung der
ersten kammer, die eine art pairs- und stände- und re-
gierungskammer werden soll. Varnhagen tageb. 8, 351.
noch jetzt gelegentlich in der presse als bezeichnung der
ersten kammer.
STÄNDEKAMPF, m. kämpf in oder mit den ständen (9, 6):
die minister scheinen unsicher und ängstlich, wie sie
sich in betreff des eben erlebten Ständekampfes zu ver-
halten . . . haben. Varnhagen tageb. 4, iis.
STANDEKRAM, m., verächtlich für ständewesen: uns
ist euer ständekram, die jetzigen kammem, absolutis-
mus . . . ein und derselbe quarkl Varnhagen tageb. 8, 80.
STANDEKRAUT, n. in der Sehiceiz, mangold oder weisM-
kraut in einer stände eingemacht. Stalder 2, 391.
STÄNDEL, m. n. stehender gegenständ {nxir in speciellen
bedettfungen), t-^i. Ständer, gern stendel geschrieben, s. das.
die nachtrage, ahd. stendel {tischgerät), tomuneulum Graff
6,700; mhd. stendel Lexer 2, 1175/.
l) in der altem spräche gleichbedeutend mit stände, vgl.
, wol als deminutiv zu fassen .- biota, dyota . . . stendel.
lEF. gloss. 74«. 183» (foc. V. 14€2); 18 d. umb ein stendel
it schlehenkumpost. Mone zeitsehr. 16, 261 ('preise des
hausraths zu Landau um 1401 — 10') ; 5 /? 2 d. umb kar
und umb schnssel, umb i stendel. ebenda; fragend, ob sie
ewern lündischen rock . . . nit in das stendel mit wasser,
das vor der thüren stadt, getruckt hab! Fnzy gartenges.
108,21 Bolte (eap. 92, dafür z. 29: das bütly mit wasser);
Btändel voll senff von Obern&henhaim. Garg. s. 77 neudr.;
X. a.
es were auch nicht bösz, das man das öle wann es eyne
Zeitlang inn ständein oder fässem gestanden hat, inn
andere gefäsz üesz schütten. ... die neue ölständel
und fässer soll man allezeit fleissig und wol pichen.
Sebiz feldb. (1579) 386;
ein knmpost stendel nnd glfit pfannen.
huezral {Straszb. um 1514) c 4».
2) später als pflanzenname, vgl. das gewöhnlichere s\äXLdiG\-
wurz, -kraut; in diesem sinne masc. ständel ö stendel, m.
herba detta satirione. Kramer dict. 2,931"=; ständel, m. ein
kraut das etwan spann-hoch wächst , und wegen seines
steifFen stängels also heiszt, erecto membro virili similis,
in cujus radice bulbi sunt testicvlorum forma, graee.
orchis. Frisch 2,318»;
als du, den hut za kränzen, die lichtroth gifihende peckneUc',
und den violigen stendel mir brachst, and gelblicnen bocks-
bart. Voss 2, 302 (id. 17, 62, *. 385 mit orchis erklärC).
3) vereinzelt für Ständer (s. das. 3): sttstentaculum . . .
stendel. Dief. gloss. 569« (voc. v. 1420); (menium) pfiler,
standal. riov. gloss. 357^ (voe. v. 1466).
4) in neuem mundarten als deminutiv zu stand in ver-
schiedenem sintie, vgl. ständlein.
a) im sinne von Ständchen, vgl. das. , so steir. stände!
und standerl, n. ünger-Khull 569», in Handsehuhsheim
stentl. Lenz 67"». s. noch ständerling.
b) altaugsburg. stendel, m. (?) schieszstand : ain jeder
wurde 3 schusz an 3 stendel nach einander tun. erlasz
V. 1541 bei Birlinger 410^
c) kleine krambude (s. stand 4, d), nach Klein 2, 167 in
Österreich, Pfalz, Elsasz; besonders in Straszburg 'kleine
hölzerne bude, s. das glossar zu Arnold pfingstmontag ;
ebenso österr. schdandl, n. Castelli 233. vgl. ständelweib.
d) in Davos ständäl, »i. 'lauf stuhl auf rädchen für kleine
kinder'. Bühler 1,154, 2,55. vgl. stand 11, e.
5) bair. ständel für fusz oder bein, vgl. stand 11, d und
Ständer 5, a. 6. standl, pl. füsze beim vogelicild. Schm.*2,768.
in volksthümlicher rede attch von den beinen des mensehet^ .-
ja, im köpf hätt' er's noch, der alte Winhard, hinhalten
(zielenf) kann er auch noch richtig, aber die stand'ln
lassen halt aus und wollen den alten kerl nimmer tragen I
Th. Messerer der Schlagring, in didask. v. 22. märz 1873
{der sprechende ist in Baiern nahe der Urol. grenze).
STANTDELE, /., s. standdiele.
STÄNDELEHRE, /..■ ganz etwas anderes als die süd-
deutschen kammem sollte Preuszens künftiger reichstag
werden, nicht eine Volksrepräsentation, sondern eine Ver-
sammlung von ständen. . . . ganz und gar war der könig er-
füllt von jener alten Gentzischen ständelehre. Treitsghke
d. gesch. 5, 37.
STÄjVDELING, m.. s. ständerling l zu ende.
STÄNDELKRAÜT, n. orchis. knaben, hodenkraut, vgl.
ständelwurz und ständel 2: satiiion knabenkraut oder
stendel kraut, herbar. (Augsb. 1485) cap. 355; stÄndelkraut
(das) orchis. M aaler 383«; orcÄi* stendelkraut ; ragwurtz;
unser frawen träher. Dief. gloss. 399« (lex. triling. v. 1590);
nZ. standel-kruyd, eynos orchis. Kilian 2, 629'», vgl. Franck
955. in folgender stelle tcol obscön :
wers glück hat, mag die braut heimführen,
verführen aber nicht,
wiewohl es oft geschieht,
da dann musz lassen sich vexiren
der albre brSutigara,
der gute hahnenkam.
drum führ ein jeder seine braut
fein selbst heim, geb ihr ständelkraut,
wenn sie ihm erst ist angetraut.
rockenpha^ (1759), s. 410 (8, eap. 44).
STÄNDELN, verb.. nicht sehr verbreitete ioeiterbildung
zu standen = stehen: geständelt (verbtim derivatum, ut
gang, gängeln, hinc stand, st&ndeln, Silesii dicunt stängeln,
mutata litera d in g) praes. ich ständele, stare facto,
erigo. Stein bach 2,671. in diesem sinne sonst nicht be-
kannt, in neuem mundarten mit mehr oder weniger de
minutivem Charakter: schweit. St&ndele als demin. zu
stände = stö in der kinderspracJie Hunziker 255, in Basel-
stadt als kosetrort Seiler 277»; Itess. ständein (shtenneln)
'schwatzend stehen bleiben beim abschiede oder auf einem
Spaziergange' . in der gegend von Qieszen. Pfister 2. erg.-
heft 3«.
STAJJDELRECHT. b.. s. standrecht 2.
47
739 STÄNDELWEIB — STÄNDELWURZ
STÄNDRMITGLIED — STÄNDER
740
STÄNDELWEIB, n. Verkäuferin in eitler kleinen bude,
s. ständel 3, c, hökerin, markhceib: die elterlichen grosz-
avanturhändler kann niemand mit jenen trödlerinnen
und ständel- oder fratschlerweibern vermengen, deren
transitohandel man nicht gern nennt. J.Paul22 (rt^2),i73
(vgl. s. 172: über den grünen markt mit töchtern, überachr.).
besonders in österr. mundarten: schdandlwaib Castei.li
233, standlweib hökei-in Hügel 155*, steir. 'frau, die eine
Verkaufsbude auf dem markte hat, Verkäuferin auf dern
markte'. Unoer -Kh ULI- 569*. im Elsasz ständelsweiber.
Klein 2, 167.
STÄNDELWURZ,/., bezeichnung der pflanze orchis, bezto.
einzelner arten demselben, so genannt, weil sie nach dem
volksglattben die zeugungskraft reizt oder stärkt, s. Höfler
krankheitsnamenb. 672'', vgl. die nachtrage unter stendel-
wurz soicie ständel 2, -kraut, standwurz. altnd. (?) standel-
wort, satyrion Graff 6,700; mnd. standelwort, satireon,
und stendelwort, leporinum, satirion. Schiller LObren
4,362». 387»; mhd. stendel-, standelwurz s. Lexer handub.
2, 1176. ScHM.^ 2, 7r>8: leporina . . . standelworcz, -burcz,
■wort, scandelwort. Dief. gloss. 324"; Priapismus.. . stendel-
wort. 459»; satyrion... ständel, hd. standil-, stendel-,
sendel- vel stend-wurtz , -wortz , nd. -wort. 513" ; pfaffen-
hode , stendel wrcz . . . sathiron s[t]andel-, ragelworcz.
nov. gloss. 327''; stanita ständel worcz. gloss. 550'>; stapistus
ständel, stendel wurtz. 550"; satirion stendelwurtz. voc.
opt. 53'' Wackernagel (43, 199); standelwurcz, stendel worcz
attinat, dendar. lib. syn. Dom. 1100 (?) s. Dief.-Wülcker 862.
Pritzel-Jessen 254 giebt unter orchideae, orchis aus dem
im 15. jahrh. allgemein verbreiteten Synonyma apothecario-
ru7n mhd. stendelworz, stendwurz, mnd. standelwort an. —
nhd.: stendel-wurtz, idem (ac ständel) Kramer dict. 2,931";
in latinischer zunge testiculus vulpis oder satirion oder
leporina und von den Tütschen stendelwurz, un sin krut
mit der blumen crützblümen genannt, darumb das sin
gewechs die blumen in der crutzwoch bringen sint. ist
zwei geschlechts mennlichs und weiblichs. des menlins
Wurzel haben ist (hat) zwei wurzeln an einander hangen
wie zwei muscatnuss, von etlichen Tütschen mit erlaub
ragwurz genannt, das wiblin hat zwo wurzeln uf einander
lig, glich zweien henden, von den latinischen palma
Christi genannt und von den Tütschen stendel des wiblins
Wurzel, oder hendel wurzel genannt. Hier. Braunschweig
liber de arte destillandi (Straszb. 1500) C; stendelwurtz von
den Kryechen und Latinischen satyrion genennt, ausz
der ursach , das es die mann freydig macht unnd wol-
gerüst, zu dem kampfT den der herr Adam und Hevam
leret do sye beyneinander im garten waren, darumb cdich
andere jm den nammen geben ragwurtz, und knaben-
kraut, würt umb Franckfurt und Mentz genennt creütz-
blöm. Brunnpelsz ÄreüferJ. (1532) 88; die grösser stendel
wurtz sollen essen die mann, so geberen sye männlin,
die minder die weiblet, so geberen sye mägdlin. 39; satirion
stendelwurtz, in latein satirion, oder testiculus vulpis . . .
teut«ch stendelwärtz, oder knabenkraut. L. Phriese syno-
ntwu» (1586) 43'' ; obgenante gewechs nent man bei uns alle-
sampt MArgen drehen. ... die geschickten lamie nennen
sie stendelwurtz, knabenkraut, unnd creützblömcn, unnd
sind solche biAmen unnd wurtzcl alle sampt imm Theo-
phrasto mit dem naincn orchis, das ist, testiculus be-
zeychet. Bock kreütferb. (1539) 2, so'*; aatyrium trifolium . . ,
Germanis stendeluurtz. Lkonii. Fuchs hist. stirpium
(Paris 1543) 286 B (c. 270); die stendelwurtz nennet man
auch ragwurtz, knabenkraut, und creutzblumen, im latein
teatietUum. Handsch Matthioli kreüterbuch (1668) 867 D;
der stendelwurtz sindl vii geschlecht, an blettern und
blumen unterschieden. 868 B; auch in der litteratur des
\i,—\l. jahrh.: der Parisischen frawen apotcckcrin weisse
beyn bewegen on rag unnd Rlcndelwurtz die sinn, wann
•ie auff der leyter ein bUchscn langet. Garg. a. 114 neudr.;
(o&w9n.) j^ knabenkraut und •tlndelwurti.
•prach «ie, mir allzeit wol zuiichla|r«n.
WRrKMBRLiN 820 Cfiniitn bvhUchaßl) ;
Plmpla hat du Jungrern-rebcr : rege-krant und itendel-wurtz
kan M dimpfTm, ist zu braueben nicht zu ■parnam, nicht zu
kurU. LooAU I, 84, 84.
mit unteraeheidendem zuaata: breit atendel wurtz. teatiadua
latifoliua. Taiirhnabmomt. KVVaC; gelb stendelwurtz, testi-
culus muscarius. 1050 F; rot stendelwurtz, satyrium ery-
thronium. 1041 F (bei Pritzel-Jessen : erythronium dens
cania); orchis II. orchis diphyllaßore albo . . . creutzblum.
weis knabenkraut. stendelwurtz mit weissen blumen.
ScHWENCKFELT stirpium catäl. 148».
STÄNDEMITGLIED,«, (zu stand 9, 6): die Berliner
frommen sind jetzt etwas gedemüthigt durch den groszen
Skandal, welcher in Königsberg in einer besonders frommen
secte, worunter die vornehmsten Ständemitglieder zählen,
ausgebrochen ... ist. Brentano 9,336; die ständemit-
glieder waren gestern dem könige vorgestellt worden.
Varn HAGEN tageb. 4,64 (*. ferner 3, 35. 4, 62 und die im
reg., 15, 328* aufgeführten stellen).
STANDEN, verb., s. stehn.
STÄNDEPLATZ, m., name eines platzea, an dem das
ständehaus liegt, z. b. in Cassel.
STÄNDER, m. stehender gegenständ, altes nomen agentis
zu standen = stehn oder zu stand, vgl. auch ständner,
ständel, stände, ahd. stanter gubellus Graff 6, 698; mhd.
Stander, stender Lexer handteb. 2, 1136; mnd. Stander ujid
stender (iti verschiedener bedeufung , s. u.J. Schiller-
Lübben 4, 362». 387». auch im nhd. noch häufig ohne um-
laut, in den andern germ. sprachen erst in neuerer zeit
bekannt: nl. Stander, vgl. Franck955; engl. Stander; ebenso
dän.; schwed. standare. vgl. Weigand 2, 79.=)/. Kluge' 375''.
— in lebetiden mundarten allgemein verbreitet: bair. Ständer
Schm.2 2,768; tirol. Ständer Schöpf 699. Hintner 231
(in Lusern stondar in abtceichender bedeutung Bacher 395),
steir. stanter und Ständer (in verschiedenem sinne) Unger-
KiiULL 569», kämt, stäntar Lexer 241; in Handschulis-
heim stenB Lenz 67'', unterfränk. stanner Ruckert 175,
in Würzburg Ständer Sartorius 118, vgl- Reinwald
2, 161, pfälz. stänner Autenrieth 136, luxemb. stfenner
Gangler 432, rhein.hess. Ständer, stänner (schdenner),
duneben in der schiffersprache Stander Kehrein l, 387.
Pfister 283. Crecelius 804; thür. Ständer (sdönder)
Hertel sprachsch. 233, schtander Liesenberg 203; in
Leipzig Albrecht 215'', schles. Weinhold 93», prettst.
Frischbier 2,361''; nd. Ständer, stender brem. wb. i,9d3,
ostfries. ebenso (und in anderer bedeutung Stander, stanner)
StÜRENBURO 259*' (261*). TEN DOORNKAAT KOOLMAN 3,310»
(300»), gern assimiliert zu stänner Mi 86», a. ferner From-
MAMN 6, 479 (Lippe), nd. korrespondenzbl. 2, 29 (Nordheim
bei Qöttingen). 11,38 (loeatf.); icaldeck. 8täng(e)r Baueu-
COI.LITZ 98''.
1) als eigentliches nomen agentis, einer der steht, ganz
selten als gelegenheitsbildung. der dabei steht: da disz der
Wirt erhöret, schrei er mit lauter stimm und sprach zu
den stendern: habt ir auch je gehört, das vögel kinder
hinweg führen? der alten iceisen exempel (Frankf. 1565) ee*».
vgl. unten standert unrf hoU. engl. Stander. et>cas üblicher
in Zusammensetzungen wie auf-, ein-, erb-, still , vorständcr:
Ständer für beständer, s. bestand, (in erbständer, emphy-
teuta.) it. vorständcr für vorstehen, s. vorstand, (urk.
V. 1439 u. ö.) Frisch 2,318'' (vgl. 318" «nrf 319''); (er) nahm
sein spazierstöckchen und wandelte steif ein wenig vors
thor, wo er demütig und langweilig herumstand und
langweilige gespräche führte mit andern herum Stän-
dern, die auch nichts besseres zu thun wusr.ten. Keller
4, 818. in demselben ainne findet sich das einfarhe ständor
in neuern mundarten, ao bair. (?); icestenc. standert, m.
Schmidt 232. Kehrein 1,387, vgl. sländerling 8, e und
slUiuicrn 4. — 'der Ständer hatte Rüdiger für aristokrat
vorgeschlagen; Campe aber erinnert richtig, das* es tu un-
endlich vielen mistveratändnissen geleyenheit gehen mirde.'
Hkynatz Antibarb. 8, 441. (wol au stand 8, k; aonat nicht
brachtet.)
2) im deutsehen iat Stander, in der altern spräche durch-
weg ohne Umlaut, am frühesten ala nebrnform zu stände
bezeugt, vgl. das. und stUndner.
a) ahd. stanter guMlus (iKAFFe, A(W (gloss. S<ilomonis,
handschr. v. 1175). i///. Weigand 2.796, indessen lieat Svv.W'
MF.YKit ahfl. gl. 4,70,8: Rtnntc; mnd. stander Scnii.l.Kii-
LOluiEN 4.862»; eubella 8tan<ier DiKF. glosa. 160'' («in voc.
V. 1440 und ein nd.); biota . . . «luntKr (hd.). nov. gloaa. 68*.
im nhd. mit umlaut: Ständer (der) idetn (ac stände, als land-
achaftUrh beseirhnet). STKlNnA<;ii 2,671; Ständer, labrum,
ist SU viel als bcy andern stände. Frisch 8,318*'; a. ferner
r4i
STANDER
STANDER
742
Adelung (2). Krünitz 169. 620. vereinzelt schon im 16. jh.
belegt, s. b. diese bedetitujig herrscht jetzt in den hd. tnund-
arten, s. Popowitsch 306 (im Hohenloh.). Schm.^ 2,768
{stellfasz). Schöpf 699. Hintner 231. Unger-Khull 569»
'in diesem sinne stanter tind stantner). Lenz 67*'. Ruckert
175. Sartorius 118. Reinwald 2, I6I. Autenrieth 136
stehende tonne). Kehrein 1,387. Crecelils 804. Hertel
sprachsch. 233. Albrecht 215''. Weinhold 93».
b) im einzelnen lassen sich folgende vencendungen er
kennen.
a) groszes stehendes gefaaz, bütte, zur aufbeuahrung von
wasser, so im östlicheren Mitteldeutschland, s. Sartorics,
Reinwald (Mittelfranken), Creceliüs, Hertel, Al-
brecht, Weinhold a. a. 0. dazu: wasserständer,
aqualis, siUinus. Steinbach 2, 671. Zincke öcon. lex.-
2796. 3117. so schon in der Breslauer feuerordnung vom
j". 1630: alsz soll denen, so bey zustehender fewerszgefahr
einheimisch . . . seindt, hiemit in ernst . . . befohlen sein,
dasz sie alszbald nach erhörtem glockenschlag , den
wasserschlaiffen . . . zueylen , dieselben in den fürten,
Ständern und röhrkästen . . . füllen lassen, und dem fewer
unsäumlichen zuführen sollen, s. 18.
ß) bütte, tonne für icein, vgl. stände 2, rf; auch lapten
(leckten) sie (die mause in eiiiem keller) den wein ausz den
Standern. S. Franck »p>-ich%c. I,l08^(lö4l); (zum keltern des
tceins. :) trinkt, winzer, eure humpen leer
und fallet korb und Ständer.
Seumk ged.^ 138 (zur weinlege).
y) unirzb. tonne mm aufbetcahren von Sauerkraut, ge-
salzenem fleisch u. s. w. kraut-, fläschständer. Sarto-
ri us 118; ebenso henneb. stönner holzgefäsz zum einpökeln
des fleisches und zum einmachen des Sauerkohls. Fromm.\nn
2.46. vgl. fleischständer, theil 3,1762, und krautständer,
fheil 5, 2124, femer butterständer, theil 2,586. rahmständer,
theil 8, 69. (jetzt engl. Stander als schiffsausdruck , gefäsz
für Salzfleisch, s. Stenzel seemänn. wb. 398», 2.)
S) auf metallene gefäsze angeicandt .- baum-öl-ständer,
ist ein von verzinntem blech, oder aber gantz von zinne
verfertigtes tieffes und weites viereckigtes oder rundes
behältnisz und gefässe mit einem deckel, worinnen eine
haus-mutter ihr baum-öl in der küche oder speise-kammer
zu erhalten pfleget. Zincke ö<;o7i.?€a;.*248; nac/i Adelung (2)
dagegen das gefäsz der krämer, icorin sie baumöl zum ver-
kaufe stehen haben.
f) 'bey den papiermachem ist es ein fasz mit kaltem
alaunwasser , worin das papier alaunet wird.' Adelung.
c) hieran schlieszt sich Ständer für einen kleinen fisch-
teieh, s. auch hälter, theil i, 2, 301 : Ständer, piscina minor,
worinnen die iische zum täglichen gebraucfi stehen, den
man geschwind ablassen und fischen kan. Frisch 2,318''.
«. femer Adelung (5). Jacobsson 4, 254». in Leipzig
'groszer, viereckiger, hölzerner fischbehälter'. Albrecht 215*.
3) geicöhnlich bezeichnet Ständer jetzt einen länglichen,
aufrecht stehenden gegenständ, in der regel von holz, zu-
meist als bautheil oder theil von Werkzeugen und maschinen:
Ständer, Stander, m. . . . albero gründe e grosso da sosten-
tare una grave mola. Kramer dict. 2,907»; Ständer, etwas
aufgerichtetes, als eine säule, ein eck-stein u. d. g. Frisch
;, 318''; 'im gemeinen leben ein aufrecht stehendes stück
iiolz.' Jacobsson 4, 254». diese bedeutung geht vom nd.
aus, wo sie stets für die umgelautete form stender gilt,
s. Schili.er-LCbben 4,387». in der nhd. Schriftsprache
Tscheint sie früh, zuerst bei autoren hessi.'^chei- abkunfl
1'.. Waldis, H. W Kirchhoff). mundartlich herrscht sie
im nd. und im benachbarten hess. und thür. gebiete, a. u.
gilt auch für das dän. und schiced. wort.
d) Ständer bezeichnet zunächst einen aufrecht stehenden
Iken im bauwerk. so mnd., s. oben, die glossen erstrecken
h auch über das hd. gebiet: postis . . . stemder. Dief.
.98. 449«; stender, post, eyn hold edder eyn steyn. nov.
I». 299^ (nd.); austentactilum . . . hd. nd. stender, stender-
If. glosa.Kd^; niederfränkisch ohne umlaut : post, stijl,
nder, postis. G. v. d. Schueren teuthonista 3a3» Verdam
evisch, 1477). von den nhd. xcörterbüchem erst spät ge
bucht, vgl. oben; »pecieller: Ständer, poteau . heiszt bey
hölzernen häusern und wänden ein viereckichtes 7, 8 und
mehr zoll dickes holz , das auf den schwellen perpen-
diculair aufsteht, und oberwärta in blattstücken oder
balken eingezapfet ist. . . . die an den ecken gebraucht
werden, heissen eckständer, poteatu: corniers, und
müssen stark und gesund seyn. die mitten in der wand
zwischen den creuzbändern stehen, werden zwischen-
ständer, poteaux de remplage, und die thürpfosten,
poteaux de portes genennet. Eggers knegalex. 2, 970/.; 'ein
aufrecht stehendes stück bauholz ist in vielen fallen unter
dem nahmen des Ständers bekannt, in Nieder- Deutschland
führet ein jedes stück gerade stehendes bauholz in einem
gebäude diesen nahmen, welches in Ober-Sachsen eine säule
heisset'. Adelung (6). s. auch Jacobsson 4, 254» (8 mal).
Lueger 7, 471 ('die vertikalen stäbe von fachwerkträgem^.
Stenzel seemänn. tcb. 398''. die litteraturbdege beginnen
schon im 16. jahrh. und finden sich zumeist bei nord-
deutschen autoren .- die Ständer des hölzernen giebels waren
alle (von dem blitz) zersplittert. Lichtenberg 7, 266 ; ich
entsprang dem wurf, der war so stark, dasz die gabel in
einen eichenen Ständer der badestube so tief zu stecken
kam, dasz man sie mit gewalt herausziehen muszte.
Freytag 19 (&iZrfer 2, 2), 206 ; Ole Peters schlug mit einer
trense gegen den Ständer (des Pferdestalls), neben dem er
sich beschäftigte. Storm 7,173;
wenn dich (l>alken) die zimmerlent behawen,
zum treger oder stender machen.
B. Waldis Efop 2, 74, 15 ;
(hexe, die) sich kühe melkt durch Ständer,
dass die nachbarin blut statt milch herauszerrt.
Voss 3, 110;
Ständer, gesenkt in die erd", und fugende balken darüber,
seh' ich, und latten daran mit umwimdenem hammer genagelt.
(1825) 1, 74 (Luüe 2, 358,
dazu s. 190 die anm.: Ständer, stehendes bauholz, seule;
auch im hochdeutschen), so auch .- ich sehe an den aus
heu und korngarben gebildeten wänden empor, die um
mich her zwischen vier groszen Ständern in die höhe
ragen. Storm 1, 59. im bilde: ich will keinen pallast
bauen, sondern ein ehrbares häuslein um darinn schütz
gegen T^ind und wetter zu finden und gar nicht um zu
prahlen, man würde mir also unrecht thun, wenn man
meine wohlfeile posten und Ständer nach des berühmten
architeckten Succow regeln beurtheilen wolte. Lichten-
berg nachlasz 21 ;
preis, nymphe, dir! dein kraflquell sieget oft,
wann aoszengluth den derben Bau umlodert,
doch tröste gott den hansherm, der noch hofft,
sobald der kern in schwell' und Ständer modert!
Bürger G9*> ('an die nymphe zu Sfeinberg').
mundartlich zttnächst nd., s. brem. wb. 4, 993. TEN DoORN-
kaat Koolman 3, 310». Ml 86». Bauer-Collitz 98^ auch
Jiess. Creceliüs 804. — besondere arten sind der eck-
ständer, s. oben und theil 3, 25 (meklenb. nich den eck-
stänner mit kriegen, nicht den gröszten vortheil erringen.
Mi 86») und der thürpfosten. letzterer ist vielleicht ge-
meint in einzelnen glossen, wo postis mit Ständer wieder-
gegeben wird.
b) Ständer bezeichnet dann auch frei stehende balken,
die einen bautheil oder sonst eine last tragen; Stützbalken.
Hertel sprachsch. 233. Liesenberg Stieger mundart 203.
holzpfeHer zur Unterstützung der decke in einem gröszeren
räume : zwei fast in der mitte des schulzimmers befind-
liche Ständer, quelle bei Frischbier 2, 361''. auch für
steinerne pf eiler und Säulen (?) :
and weiter von den Ständern
des (Kölner) domes schreiten wir.
Freiligeath* 2, 171.
beim bau einer Schiffbrücke: omb scheu wens . . . willen
(der Pferde) vor dem wasser, so diese unsere brücken
über einen breyten unnd weyten flusz . . . gemacht würde,
möchte man jhm also nachgehen: dasz man von den
übergelegten holen, je die neundte holen an beyden enden
vorgehen liesz , . . . mit einem loch , darinn ein kleine
seule oder Ständer .... auffrecht gesetzet würde, darinn
oben her widerumb lehnen oder riegel gelegt . . . würden.
Kirchhoff milit. discipl. (I602) 103. im seeioesen 'teil eines
maschinengestells , der frei aufrecht steht'. Stenzel see-
männ. wb. 398''. vgl. nl. standaerd, Stander, columna,
rolumna arrectaria. orthostata. Kilian 2, 629'» und stan
darte 4, b.
e) mülen-, pressen-ständer, albero, asse da mulino, da
torehio etc. Krameh dict. 2, 907»; Ständer 'an den xcind
743
STÄNDER
STÄNDER
744
mühlen . der dicke starke bäum . auf tcdcliem die milhle
stehet und umgedrehet urird'. Campe; besondeia ostfries.
Ständer StOrenburg 259". ten Doornkaat Koolman
8, 310»; vgl. audi Standarte *, b. — s. auch ständerkran.
d) femer von frei stehenden pfählen, so von den hölzernen
Pfosten an gartenzäunen, obstgeländern u. ähnl. Adelung
(in Obersachsen). Campe, nach Jacobsson i,25i* dagegen
sehlosserausdruck für die metallenen viereckigen oder runden
Stangen, die als hauptiheile oder stützen eines gatters
dienen. — in Lippe heiszen Ständer die thotpfosten an
bauemhöfen. Frommann 6,479.
e) Ständer ... ist die aufrecht stehende rinne an einem
teiche, wodurch derselbe vermittelst der vorsetze-bretgen
angespannet und abgelassen werden kan. Zincke öcon.
lex.* 2796. ebenso Adelung (e). Jacobsson ♦, 254'', auf
mgsscJUeuse Albrecht 215*». sonst auch grundzapfen ge-
nannt: wenn nun geflschet werden soll; so wird der
grund-zapfTen, Ständer, oder wie der teich zum ablassen
eingerichtet ist, anfangs nur etwas gezogen, dasz das
wasser . . . fein gemächlich abfällt. Döbel i, lOl»; so viel-
leicht in folgender stelle gemeint (?) :
täucber die bald untergehn
bald in bunten halsen stehn
wiird ich um die Ständer suchen.
Dan. Czbpko Coridon u. Phyüis (handschr.).
f) in Leipzig ferner 'wasseipfosten in den straszen, welche,
durch einen druck geöffnet, wasser aus der toasserleitung
ausströmen lassen, s. Albrecht 215''. — an einem Spring-
brunnen: da war der neuerrichtete Springbrunnen mit
zwei groszen kufen rechts und links, in welche der doppel-
adler auf dem Ständer, weiszen wein hüben und rothen
wein drüben aus seinen zwei schnäbeln ausgieszen sollte.
GÖTHK 24,315.
g) pfähl, der die schieszscheibe trägt: Massabazanes,
welcher . . . bey dem letzten ziel aber zu der Schleuder
die lincke band brauchte, und . . . mit fleisz die Scheibe
fehlete . . ; gleichwohl aber den Ständer mit dem ge-
schleuderten steine traf. Lohenstein Armin, l, 255».
Ä) uxiteres in mundarten. luxemb. stfenner wagehälter,
porte-balance. Gangler 432.
t) oberhess. pfeilerchen am Spinnrad. Crecelius 804;
ebenso nd. stenners früher in der Oöttinger gegend für die
höher, in denen die spule ruht. nd. korrespondenzbl. 2, 29.
k) toestfäl. stänners an der futterschneidelade. nd. korre-
spondenzbl. 11, 38.
4) weiterhin bezeichnet dann Ständer allerlei selbständige
gerate, die aufrecht stehen oder dienen, um gegenstände
aufzustellen.
a) in den bienenhäusem aufrecht stehende bienenstöcke.
alvi surgentes, im gegensatze zu den lagerstöcken , auch
ständerbeute, ständerimme, ständerstock. Zincke öcon.
ter.*2796. Overbeck bienenwb.ii. Adelung4. Jacobsson
4,254». NeMNICH. FrISCHBIER 2,361*'.
b) gestell. worauf fässer liegen, bock: Stander quoque
dicuntur anterii doliis subjecti. Stieler 2132; vgl.: fasz-
s tänder, canterio. cantiero, predella. sedile da botti in
cantina. Kram er diet.i,9m^.
c) kämt. 'holzgesteUe. auf welchem die garben in ballen
g^ant werden, um sie nach hause zu tragen'. Lexer 241.
d) im österr. hüttenioesen 'massive gerüste von guszeisen.
welche durch tief liegende fundamente von starken holz-
balken oder quaderateinen Un boden befestigt, und so ein-
gerichtet sind, dasz sie die lager der walzen bei einem
Walzwerke twisctien sich aufnehmen und den walten nir
Unterstützung dienen'. Scheucuenstuel 232.
e) bücherständer /tfir -regal für Ulm angegeben bei Klein
S, 166 ; wol allgemein üblich.
f) gängelwagen für kinder: Stander, et Ständer, der,
»tatio tubalaria infantum, ettjus bentjieio firme insisfere
assueseant. Stielbk >18S; «o auch in neuem mundarten.
UrU. Ständer, 'ein bewegliche» gesteUe. in welchem die
kinder das gehen lernen'. Hintnrr SSI, Imremb. »tAnncr
Ganoler 481.
g) pult. 'Stehpult tum schreiben, mttsieieren' (nolen-
Ständer). S<:iiöpp tirol. idiot. em; betpult der Juden in der
»ynagoge. Wp.kianu s, 796. — datu:
dort ui ■«inein b«tpnltaUnder
•Übt schon der (•msindMlnfer.
\\z\s* 1, 4M EtMrr (prhuetrm .viWxii).
A) stehkorb (mit füszent): sie wies mit dem kinn auf
einen kleinen behälter, einen rohrgeflochtenen korb, einen
zierlichen kleinen Ständer, mit atlasschleifen geschmückt,
in dem die konsulin seit einiger zeit ihre handarbeit zu
bewahren pflegte. Th. Mann Buddenbrooks i,&i2.
i) liess. Ständer für leuchter. Pfister 283. Kehrein
1,387. Crecelius 804. (auch lichtständer.)
k) bei den buchdr uckern viereckige kästen, theils um die
formen von der anhangenden färbe zu reinigen (wasch
Ständer) , theils zum erkalten der pfanne und des gusses
beim stereotypieren (kühlständer) , «.Sanders 3, 1175'' (.">).
5) bezeichnung von körpertheilen. zoologisches.
a) bei den Jägern die füsze der auerhähne. Jacobsson
4, 254», so steir. Ständer Unger-Khull 569»; bei auerhahnen
und ähnlichem federtcildpret. Nemnich; nach Behlen
5,672: 'l) speciell heim auer. birk- und htiselunld. trappen,
fasanen und kraniche die beine; 2) allgemein üblicher atis
druck für die beine aller vögel. welche nicht raubvögel sind',
s. auch Kehrein weidmannsspr. 231 und stand u, d. die
gelben, schwarzgefleckten bewohner des röhrichts (röhr-
dommeln) . . . stellten die köpfe . . . steil aufrecht , dasz
der Schnabel zum himmel sah, und so standen sie nun
als unbewegte schildwachen, allerdings nur auf Einern
bein oder vielmehr 'ständer', wie der schulgerechte Jäger
sagt. Vischer auch einer l, 352; das wildpret des pauchi ist
ausgezeichnet. . . . dasselbe läszt sich nicht von dem pava
sagen, einer art kleinem truthahne. ... die Ständer und
flügel sind beinahe gar nicht zu kauen. Fr. Ger.stäcker
18 monate in Süd-Amerika 1, 327. — scherzhaft von den beinen
einer kuh: vier hängers (euter) vier stänners. Wossidlo
mecklenb. volksüberl. 1, s. 82, 165.
b) in vulgärer redeweise auch auf die beine des metischen
angewandt. Höfler krankheitsiuimenb. 672''; in der sol-
datenspr. Hörn 74; mundartlich nd.. ostfries. s6 hed 'n pär
gode stenders under 't lif. ten Doornkaat Koolman
3,310», ebenso preusz. Frischbier 2,361''.
c) dann poetisch ganz vereinzelt auch auf die 'füsze' eines
berges übertrageji .-
alle bebten die Ständer (nöSee) des reichlich quellenden Ida.
Borger 230'' (II. 20, 69).
d) penis erecttis. Höfler a. a. o. diese heute verbreitete
gebrauchsweise ist schon im 16. jahrh. nachzuweisen:
dazu wirdt mir der stender schwach :
derhalben frag nit mehr darnach.
B. Waldis E«op 2, 100. 27.
e) auch bezeichnung des sangfinken : anbey (bei der schlag-
ioand) habe ich einen geblendeten fincken, welcher gut
singet, und setze denselben nahe dahin, wo ein wilder
fincke singet, schlage die wand oder das garn dabey auf,
dasz der sang-fmcke in der mitten stehe, höret nun der
Ständer diesen im bauer singen, so sticht er nach ihm
herunter. Döbel 2, 243''; so kan sich ein ieder nach seinem
geschmacke einen solchen sang-fincken von den singenden
fincken, welche man Ständer nennet, aussuchen, ebenda,
dazu sechsständer, theil 9,2789: hierzu (tu sangfitiken)
erwehlet man solche, die fein stahl-grün am halse aus-
sehen, und hübsche rotlie brUste, auch 6 weisse federn
im schwantze haben, welche man sechsständer nennet,
dieweil es alte fincken sind, und ihren vollkommenen
gesang haben. 240''.
6) in mannigfachem gebrauche begegnet das worf. gewöhn-
lich ohne UTnlaut Stander, in der seemannssprache. (jeden-
falls t. th. au» dem engl. Stander, vgl. Stenzbl »eemänn.
wb. 898».)
a) ei»emer arm, worauf eine laieme steckt, besotuUr»
am groszen mar», latemeisen. Caaipf.. Boiirik4M^.
b) welU de» gangapill». Campe. Bobhik sö»^.
e) at{freeM »t^hende atütae au» hohlem ei»en. Goboei.
»eemann»»pr. 468.
d) 'da» fut angetchlagen« ende eine» laiifendem tmmtrkes'.
AuBLUNo (1). Jacobsson «.K«». d«r futa part mm» taue.<t.
Campb. Borhik 6n^
e) 'ein »frhende» tau, welche» in »enkreehter riehtung
hinter einem moste odmr mner »Ut%ge befestiget wird, damit
ein »egd oder auch »in Imitr daran auf- und niedetfahren
kann, der Ständer eines drehreeps, ein tau, welches dienet
ein drehrrep niedenuholett.' Ckuvk; Stander oder schnau-
stag i-inos leiters. Ständer eines drehreeps. Bobrik 6.'i»;
745 STÄNDERARTIG— STÄNDERFACHWERK
STÄNDERGERÜST— STÄNDERLING 746
'ein stellendes tau oder eine stehende kette zum tragen und
halten von lasten, z. b. drehreepstander , kohlenstander'
(feststehend, imgegensatz zu laufend). Goedel seemannsspr.
459 (2). S. auch TEN DOORNKAAT KOOLMAN 3, 300»; tüU
oder kette zum auf und niederlassen des schtoerts an einem
schiff, ebenda. StOrenburg 261*.
f) Stander in der rhein. schiffersprache der oberste theil
des mastes. Pfister 283. Kehrein 1,387.
g) eine nicht grosze flagge als Unterscheidungszeichen eines
geschwaderführers , der keinen admiralsrang hat. Campe.
BOBRIK 659», dreieckige Signalflagge. Goedel seemannsspr.
458; nicht streng von flagge geschieden, im osffries. für
Schiffsflagge, Standarte. StGrenburg 261». TEN Doorn-
KA.\T KooLMAN 3, 300*. in diesem sinne natürlich aus
Standarte entstanden, vgl. das.
7) ausdruck der heialdik : 'theilt man einen schild durch
eine linke rechte und eine schrägtheilung saune eine quer-
und eine senkrechte theilung in 8 theile, (congruente drei-
ecke), so nennt man diese theilung die ständerung, spricht
von 'geständertem schilde' und beneixnt die 8 einzelnen
theile 'Ständer', je nachdem an tcelcher stelle des Schildes
sie liegen, haben die einzelnen theile der ständerung , die
Ständer ihre besonderen beinamen und zwar: rechter und
linker ober-ständer . . . ober und unterer linker flanken-
ständer . . . rechter und linker unterständer . . . unterer
und oberer rechter flanken-ständer'. Gritzner handb. der
herald, terminologie (Siebmagher loappenb. einl. B) s. 43/.,
s. ferner s. 58.
8) in der ältein spräche: Ständer etiam est dehitum,
sive nomen stabile, pro quo aedes arraboni relictae sunt.
Stieler 2132; Ständer, in Thüringen das capital so auf
einem hause beständig stehen bleibt und verzinset wird,
sors tanquam onus simul ad emtore/n vel possessorem
novum transiens . . . sors domui velfundo inhaerens. Frisch
2,318''. so auch bei Adelung (3) und Campe.
9) zutceilen auch in der bedeutung, die geicöhnlich durcJi
ständerling ausgedrückt icird, vgl. das. und ständner: nach
dem essen helt man stender, treibt fantasei und reiszet
bossen, dann sitzen die meidlein nieder die eine hie die
ander dort, da kommen die menner und liegen ihn in
der schosz. Barth iceiberspiegel (l56ö) k l*. so kämt, stäntar
'kurzes sfeJienbleiben'. Lexer 241. s. noch ständerchen.
STÄNDERARTIG, adj : zwischen sopha und thür . . .
stand nach damaliger sitte ein ständerartiger pfeifen-
tisch. Fontane vor dem stürm 3,95.
STÄNDERAT, m. in der Schiceiz die Vertretung der ein-
zelnen stände (9, c), d.h. kantone; er besteht aus 44 ab-
geordneten (Je 2 aus einem kanton) imd bildet zusammen
mit dem nationalrat die bundesversammlung.
STÄNDERBAU, m. holzbau mit Ständern, d. h. aufrecht
gestellten tragbalken, im gegensatz zum blockbau. vgl.
H. Bergner bürgerl. kunstaltert, in Deutschland (1906) i,
s. 2:2% ff.
STÄNDERBAUM, m. l) in bergvxrken die stehende wdle
am göpel. Veith bergicb. 458.
2) in der rhein. schiffersprache ein aufrecht stehender
bäum, unbehauener balken. Kehrein nachtr. 52.
STANDERBEIGEN, n. donum aWodiaZ« immo&tZe. Haltaus
1729 : ein ledig knecht unde eyne wetwe sint vortruwit . . .
standerbeigens und farende habe . . . eyn halb standirb-
eigin zcu lipgedinge gebin solde . . . unde sie antworte
em die slossele zcu dem standerbeigin unde famde habe . . .
von des wege das die frawe das standerbeigin unde
farnde habe unvorgebin vor gerichte behaldin bot bis an
eren tod. Leipz. schöffenurk. des 15. jahrh. s. ebenda, (viel-
leicht steckt das pari, stand darint)
STÄNDERBEUTE, /., *. Ständer 4, o.
STÄNDERCHEN, n., thür.- ober sächs. für ständerling,
vgl. Ständer 9; 'stehenbleiben zum schwatzen' . Hertel thür.
»prachsch. 283 ; lausitz. 'das zusammenstehen auf der strasze,
um zu plaudern, ein ständerchen machen, s. v. a. unter-
wegs stehen bleiben, und mit einem sich unterhalten'. Anton
4, 12, ebenso in Leipzig. Alb recht 215''. schon in der
altern litteiatur: da kan dir niemand auf der gasse be-
gegnen, es musz ein ständergen gemacht werden. Chr.
Wkise körbelmacher s. 25. *. auch Ständchen 2,6.
STÄNDERFACHWERK, «. fachvxrk mit Ständern, verH
culen balken, zum unterschiede von dem (seltneren) streben-
fach werke (mit diagonalen, sodasz Systeme von gleich
schenkligen dreiecken entstehen). Lueger 4, 21. 30.
STÄNDERGERÜST, 7». bei einem tcalzxcerke, «.Ständer 4, d.
STÄNDERHOLZ, n. i) holz zu st&ndem (3,a): die Ver-
schwendung geschieht also nur in Ständer- und riegel-
holz, welches noch genug vorhanden ist, da es nur an
balken mangelt. Moser patr. phant. 3, 146.
2) auf schiffen standerholz die kleine raa, woran
der Stander (6, g) befestigt und geliiszt wird. Campe.
BoBRiK 659'' vgl. Stenzel seemänn. wb. 398''.
STÄNDERIMME,/., s. Ständer 4, o — einige pflegen
auch die leibimmen standerimmen zu nennen, doch ist
das wort stammschwärme gebräuchlicher. Overbeck
bienenwb. 79.
STÄNDERKRAN, m. kran (hebezettg), der sieh um einen
Ständer, tiimmelbaum, dreht.
STÄNDERKREUZ, n., eine form der ständerung (vgl.
das.), %cobei ein stehendes kreuz gebildet wird. Gritzner
herald, terminol. 44.
STÄNDERLAHM, adj.. von einem rebhuhn, das flügel-
lahm geschossen ist, vgl. Ständer 5, a.
STÄNDERLEIN, n. l) als deminutiv zu Ständer (2):
ständerlein tarnen, das, est dimin. ä stände, eocponiturque
labellum, cupella, cupellum, etiam ein stünzlein. Stielkr
2133. (hier ausdrücklich dem ständerling uiul Ständchen,
-lein, s. unten 2, entgegengestellt ; kaum gebräuchlich.)
2) kurzer aufenthalt, vgl. ständerling, Ständchen, ständ-
lein.
a) ständerlein (das, dimin.) symphonxa nocturna. Stein-
bach 2,671. Frisch 2,318* (*. «nfer Ständchen 2, o); als
j oberd. bei Adelung verzeichnet (unter stand 6). wie
manchen grossen monsieur hab ich allda funden, der
vor diesem mit hunderten den spiel-leuten, kupplerinnen,
und zuckerbeckern darbezahlet, damit er seinem liebsten
engelein, scilicet: ein ständerlein, einen dantz, einen
abendtrunck geben, bestellen und aufftragen mögen. Phi-
lander 1, 147; auf den abend kam ich in finsterer nacht,
klopfte fein seuberlich an, seufzte, sänge ein liedlein,
machte ihr ein ständerlein und liesz aufstreichen: ach lieb-
chen lasz mich ein. (Leiden 1647) 6, 73. (so noch österr., s. b.)
b) für das gewöhnliche ständerling: ein ständlein,
it. standerlein, einen ständerling halten mit jemand auf
der gassen, star' unpoco ä chiaccherare con uno in istrada.
Kramer dict. 2, 931". so jetzt in österr. mundarten: in
Wien standerl, 'ein rendezvous von dienstboten auf der
strasze, stiege oder unterm, hausthor; — auch ein Ständchen
vor den fenstem einer geliebten'. Hügel 155''; tirU. das
standerl 'Ständchen; stehend geführtes vertrauliches ge-
sprach'. Schöpf 699; auch pfälz. ein ständerle halten.
Klein 2, i68.
c) ungewöhnlich für das vericeilen an eitlem orte, aufent-
halt, einkehr : in Breslau wird weiter kein ständerle
gemacht, ich nehme die beine in die band und zum
städtel 'naus. Holtei eselsfresser 2, 248.
STÄNDERLING, m. i) stehenbleiben auf der strasze,
um mit jemand zu plaudern; gespräcli im stehen, vgl.
Ständchen 2, b; ständerlein 2, b; ständlein 1,6; ein ständer-
ling, ut anciUae in vicis solent einen ständerling halten,
i. e. nugas agere, confabtdari cum aliis in platea, nee
domum justo tempore redire. Stieler 2133; vulg. ständer-
ling bey einem machen, bey einem stehen bleiben zu
plaudern . . . mora garrtilarttm ancillanim. Frisch 2,318",
s. auch Kramer unter ständerlein 2, b, sotcie Scherz-
Oberlin 1556. Campe. Weigand 2,795. Wander 4,775.
zeitschr. f. d. wortf. 2, 199»'. 4, 203''. 5, 274*'. heute in aüd
deutschen mundarten verbreitet: schwäb. ständerling Schmid
507. BIRLINGER410»; ftoiV. (8*n) stdnta'lin' (macha) ScHM.*
2, 768; besonders österr. ständerling oder standerl. 'ein
ständerling machen, ist so viel als: stehen bleiben, und
mit einander schwätzen; besonders atif der strasze'. Klein
2. 168, du machst äli aug'nblik an schdandaling. Ca-
STELi.i 233. ständerling ist fast nur gebräuchlidi in der
fügung einen ständerling halten, machen, haben, die
belege in der litteratur beginnen anfang des 16. jahrh. .-
nitt machet sye (Maria, al^ sie zu Elisabeth ging) stender-
ling bey den manchen und pfaiTen, als unser jungk-
frawen th&nd, so sye ein knaben wasser holen am obents,
und ob dem brunnen ."(tond ein stund oder zwo zfl-
747 STÄNDERMASCHINE -STÄNDERN
STÄNDERPFOSTEN — STANDESAKT 748
gaffelen, ein guten geschwatz und ein messztag do uff ,
richten mitt den iungen gesellen, sonder sye gieng schnell i
für und für. Keiseksberg postill (1522) 4, s*» {vgl. auch
Frisch a.a.o): und gemanet mich derselbigen prediger,
die alles wollen sagen, was jnen einfeilet, gleich wie der
inegde, die zu marckte gehen: wenn jhnen ein andere magd
begegnet, so halten sie mit jhnen einen tasschemarckt
oder ein stenderling, begegnet jhnen denn die ander magd,
so halten sie mit der auch eine spräche. Lcther tischr.
181», s. auch G. Löscher anaUcta Lutherana (Gotha 1892)
nr. 621 ; er (der hungnge) hat nit der mftsz das er vil mit
dir Schweiz oder ein stenderling halt, bisz du vor sein
zornigen billenden bauch stillest. Franck 5pric/i?/>. l, 23'';
wie nun das ehrliche jungfrewlein zum brunnen konibt,
sihet es sich nicht lang umb, unnd helt kein stender-
ling, gewint auch niemand rede an, sondern schöpffet
jren krug voll. Mathesius hoclizeitpred. 25»; wann mans
auszschickt, so mäszt sie allemal zwen oder drey ständer-
ling haben. Schumann nachtbüchlein 324, 8 Bolte (2, nr. 50);
in deme sie (die untreuen eitern) jhren töchtern allen
jhren willen gestatten, sie aller orten bey tag bey nacht
umbrennen lassen und verwilligen, dasz sie alle hoch-
zeiten, täntz, heingärten und ständerling beywohnen, mit
jungen gesellen schwetzen, schertzen. Ai.bertinls Lu-
cifers königr. u. seelengej. 257, 15 Lüiencron; kam ich in
ein ort, anzusehen, als ob ich in einer statt uff einem
marck gienge, da sähe ich underschiedliches weibervolck
beysammen stehen, theils bey den metzgern, theils bey
den bronnen, theils sonsten ständerling halten. Philander
1, 411 ; keinen ständerling oder waschmarkt halten, magde-
to&65; macht ihr dann ständerling. 71; ein ständerling
oder schwätzmarkt aufrichten, pred. v. lG78&eiScHMELLF.R*''
2, 768; ständerling von anderthalp oder zwai stunden.
quelle von 1701 bei Birlinger 410»; er erkundigte sich
nicht weiter, obwohl er beim hinausgehen noch einen
'ständerling' mit der wirthin hatte über allerlei noth-
wendige und unverfängliche dinge. I. Frapan bittersüsz
8. 15 (als schwäi. atisdruck). dafür: wie sie denn die leüt
auszzörichtcn pflegen . . . unnd auff der gassen stände-
ling halten und schnatern wie die lieben gänsz. Lin-
okner Katzip. 166 (nr. 59; druckfehlerT).
2) 80 ferner
o) in Wien in apeciellerem sinne : 'in ständerling halt'n
nennt man das warten der liebhaber auf ihre schönen am
rendezvousorte'. Hügel 155». ähnlich im Schwarzwalde :
Franz aber lächelte ihm nur manchmal schelmisch zu,
und wenn er sie heimlich auf einen sogenannten 'ständer-
ling' vor dem hause bestellte . . , wehrte sie strenge ab.
Auerbach dorfgesch. i.n.
b) bei Ungeh-Khull ateir. wortsch. So?** m.it ' Ständchen'
erklärt. (== l?)
c) haltnuichen, rast bei einer proeession (?) : bey mannes
gedencken wurden solche processionen gebessert, . . . unnd
weil man weit zu gehen hatte, machet man lauber-
hütten, ... da ruhet monstrantz und jre träger, und man
Jiielt ein stenderling. Mathesius hist. Jesu Christi 2, 106».
d) am ständerling stehen, in atatione esse. voe. v. 1618
bei Sc HM.* 2,768.
8) daneben begegnen ganz abweichende bedeutungen, be-
»ondera bairiaeh, a. Schm.* 8,768.
o) 'gefäaz zum unteratellen , beaondera an einem an-
gezapften Her-, weinfaaz.' ScHM.
b) 'getränk, daa sich beym abzapfen in aolchetn Untersatz
geaammelt.' Schm., a. auch Ki.kin 2, 168 (hair.).
e) 'jedea durch längerea stehen in offenem geschirr ver-
rauchte oder verdorbene getränk.' Schm.
«0 'weiaze rübe von längliehter geatalt ((f. stederling).'
ebenda.
e) 'peraon. die allenthalben gerne atehen bleibt, nicht vor-
wärta kommt.' ebenda, ebenao ateir. 'faulenzer. müazig-
ganger'. Unork KnULl. Ö09*>.
4) da. jetzt nur adverbial •tänderling(8) atehend. im
ateken. a. Martin Liknhaht 8, eos"» und daa gloaaar tu
Ar- "fiffuftnont.; vgl. ständling.
MASCniNK, /. eine conatructionaform der
dui,., iir, irot/ei der eylinder auf »\Ändn geatützt ist.
Sl ,Mil li\, vrrh. i) nd. (up) Ständern 'Ständer, oder
pfnhhirik iiHfrichtrii. tjeaondera braucht man ea bey dem
deichwesen, für: einen siel übei- den liegen bleibenden
untersten boden neu her stellen, denn das hauptwerk eines
siels und einer schleuse besteht atta starken Ständern'.
brem. wb. 4, 993.
2) ausdruck der Jieraldik. einen schild quadrieren und
dann schräg viertheilen, vgl. Ständer 7 und ständerung.
3) Ständern 'sagt man. wenn einem stück federwild ein
oder beide beine abgeschossen xourden', s. Kehrein loeid
maniwspi: 281: wenn durchlaucht auf den wald gefahren
ist, sagte er, ich meine in die berge, könnte man ebenso
gut ein geständertes huhn ohne hund in einem runkelrüben-
felde suchen. Spielhagen werke 11,379. vgl. Ständer 6, a
und ständerlahm.
4) in neuern mundarten intransitiv, der bedeutung von
ständerling entsprechend .- westerw. Standern 'überall stehen
bleiben, sich auflialten, um zu plaudern'. Schmidt 232.
Kehrein 1,387. Pfister 283; tnansfeld. stännern 'baldhier.
bald dort herumstehen' . JkchtiO'»; ^pz. (herum)ständern
herumlungern, maxdaffen feil halten. Albrecht 215''.
.5) Ständern scheint auch den gang manclier vögel zu be-
zeichnen (zM Ständer 5, c) ; vgl. : kurz auf einmal war die
tante barfusz, und ehe man sich's versah, ständerte
auch sie hochgeschürzt und glückselig wie eine bach
stelze in der fluth umher. Kügklgen jugenderinn. 4».
STÄNDERPFOSTEN, m.. zu Ständer 3, a.
Johann lehnt an den stänner-post.
Reu TER 2, 310 {kein hüsiing 8).
STÄNDERSIEL, n., s. siel 3, theü 10, 1,953.
STÄNDERSTOCK, m. aufrecht stehender biei\enstock. tm
gegensatz zum lagerstock, s. auch Ständer 4, a und Ständer-
imme. Overbeck bienenwb. 79. Adelung. Jacobsson
4, 254^
STÄNDERUNG, /. theilung eines achUdea durch gradt
und schräge vierung, s. Gritzner herald, terminol. (Sieb-
MACHER wappenb. einl. B) s. 43, vgl. Ständern 2 und ständer7.
STÄNDER WAND, /. blockhaustcand mit senkreclUen
Ständern.
STÄNDERWERK, n. ist ein aus ständen) und riegeln
gemachtes zimmerwerk zu einer hölzernen wand, welche
auf den schwellen ruhet, und zusammen gehalten wird.
Eggers kriegslex. 2,971; fachwerk, s. ferner Jacobsson
4,254'». Campe, so schon mnd. stenderwerck. Schiller-
LÜBBEN 4,387»; brem. Ständer wark 'das zimmerwerk an
den wänden der hättser: tvelches den brandmauern, worin
gar kein holz ist. entgegen gesetzet wird', brem. iob. 4, 993.
STÄNDERZINS, m. usura perpettta ex nominibtts fia^.
Stieler 2652, vgl. Ständer 8.
STANDES, m., in %cesteno.-rhein.hess. mundarten, für
gallerte, geUe. auch im sinne von stampes. Schmidt 232.
Kehrein 1,387. Pfister 283. vgl. stand 11,/.
STÄNDESAAL, m. Sitzungssaal der stände (9, 6): wie
es dem guten Görres mit beinahe sechshundert zuhörorn
in einem ehemaligen ständesaal, den man um zwölf
hundert gülden gemiethet, geht, wird dir Steingasz er-
zählt haben. Brentano 9, 205; 'wie ist es doch,' sprach
man, 'dasz die geistlichkeit und der adel nicht in den
ständesaal kommen?' denn so nannte man jetzt diesen
groszen saal. Dahlmann franz. revol. 195;
ich sasz im ständesaale,
da schlief ich ein und träumt'.
Umland ged. (1864) 105 (vaterl. ged. ih).
STANDESABSTUFUNG. /., *. standesstufe.
STANDESABTHEILUNG,/.. begegnet ala aing. tu stände-
abthcilungcn, s. das.
STANDESABZEICHEN, n. ■ allein der ächte b&uer hält
den langsamen gang auch für ein besonders treu zn be-
wahrendes Standesabzeichen. Kikhl d. d. arbeit 85.
STÄNDESACHE,/., tu stand 9, b: die ständeuiche wurde
fortwährend betrieben. Vakniiaoen ta^eft. 4, 88; in der
ständesacho nichts neues. 104. im plur.: die stände-
saohen . . . tadelt er (Mettemieh) als gefährlich. 8,86; die
Ständesachen kamen cur spräche, die konstituUon, die
preszfreiheit. 180. *. femer daa reg., 15, 888».
STANDESADEL, m. adel im ainne dea Standes (8): tUnds-
adel, m. nobiltä di atato, eioi per naaeifä « atieeeamone.
der tugcnd-adel ist über den stAnds-adel. Kkamkr äict.
8,881», danach Campk.
STANDKSAKT. m KtandraamtUeher akt.
749 STANDESAMT— STANDESBESCHRÄNKUNG STANDESBESITZ -STANDESEINRICHTUNG 750
STANDESAMT, n. behörde zur bettrktmdung von ver-
änderung des 'Personenstandes' . d. h. von eheschlieszungen,
geburten und todesf allen ; in Deutschland zunächst als
französische einrichtung in den von Kapoleon occupierten
gebieten, vgl. Bachem staatslex. 4,473: gebühren und geld-
strafen , welche in gemäszheit dieses gesetzes zur er-
hebung gelangen, flieszen . . . den gemeinden zu, welche
die sächlichen kosten der Standesämter zu tragen haben.
reichsgesefz vom e. febr. igiä §70. — dazu standesamt-
lich, adj., z. b. standesamtliche eheschlieszung, standes-
amtliches attest; Standesamtsbezirk, m., vgl. Steng-
lein veriraltungsr. 2, 530: die bildung der Standesamts-
bezirke erfolgt durch die höhere Verwaltungsbehörde, die
Standesamtsbezirke können aus einer oder mehreren ge-
meinden gebildet, gröszere gemeinden in mehrere standes-
amtsbezirke getheilt werden, für jeden Standesamtsbezirk
ist ein Standesbeamter und mindestens ein Stellvertreter
zu bestellen, reichsgesetz vom e.febr. 1875, §2. 3; standes-
amtsbuch, n., vgl. standesbuch; standesamts-
gebühr, /. vgl. femer Standesbeamter.
STA^iDESÄXDERUNG, /. .- es waren Standesänderungen
nötig, um den zutritt des Stückes {Scribes 'feenhände')
zu ermöglichen; vornehme leute muszten minder vor-
nehm auftreten. Laube 5, I60 Hottben.
STANDESANGELEGENHEIT,/.; {die tributcomitien,) die
der Sache nach als Versammlungen der plebejer zu be-
rathungen über ihre Standesangelegenheiten erscheinen
muszten. Becker iceltgesch.^ 3, 6; es wird sich ewig fragen,
was denn nun gemeinsame, was blosze standesangelegen-
heit sey. Dahi.mann franz. revol. 210.
STANDESAXMASZÜNG, /.; sie ist eine erschrekliche
edle . . . von standesanmassungen, wie eine Staubwolke
herumgetrieben, hat sie keinen augenblik eine ruhige
Seele. Pestalozzi Lienh. u. Gertr. 2, 308.
STAXDESAXSPRÜCH, m. : er zerreiszt mein herz, dasz
er seinen höhern adel, seine menschlichkeit im misz-
verstand falscher standes-ansprüchen, so ganz verlohren.
Pestalozzi Lienh. u. Gertr. 1, 258.
STANDESART, /. die eigenthüniliche art eines Standes (8):
ich habe sie {die landstreicher) kennen gelernt nach ihren
Standesarten — und mich ausgezeichnet unter ihren
Standarten. RCckert (i882) 11, 549 (42. mak).
STAND ESA üSWEIS, m. erklärung oder beweisstück, wo-
durch sich jemand als einem bestimmten stände zugehörig
ausiceisf.
STANDESAÜSZEICHNUNG, /. ■ von ihrer mutter {hatte
ne) das reiche, blonde haar, welches sie freilich als
Standesauszeichnung sonntags gepudert tragen muszte.
MOSEN 7, 253.
STANDESBEAMTER, m. beamter des Standesamts, vgl.
das. und Stenglein vertcaltungsrecht 2, 530/. Bachem
staatslex.^ 4, 473; er ist durch das reiclisgesetz vom 6. febr.
1875 {'gesetz über die beurkundung des Personenstandes,
und die eheschlieszung') mit derführung der Standesregister
beaußragt: die beurkundung der geburten, heirathen und
sterbefälle erfolgt ausschlieszlich durch die vom Staate
bestellten Standesbeamten mittels eintragung in die dazu
bestimmten register. § i; die ehe wird dadurch ge-
schlossen, dasz die verlobten vor einem Standesbeamten
persönlich und bei gleichzeitiger anwesenheit erklären,
die ehe mit einander eingehen zu wollen, bürgerl. gesetzb.
% 1317, vgl. 1318—21.
STANDESBEGRIFF, m. . leiden die standesbegriffe nicht
dabei, welche sonst erheischten, dasz der adel keine
handelschaft und kein gewerbe treibe? . . . Münchhausen
versetzte, ... es marchandire heut zu tage jedermann,
graf, freiherr oder fürst, wie die geringste krämerseele,
unbeschadet der standesbegriiTe. Ihmermann Münchh.
2, .=»7 (3, 8).
STANDESBELANG, m., vgl. standcsinteresse : denn als
verständisz jener zeichen können wir doch die meinungen
derjenigen nicht gelten lassen, welche entweder an gar
keine weltordnung glauben, oder nur im stände sind,
sie vom mittelpunkte ihrer eignen, persönlichen oder
standesbelänge zu betrachten. Bunsbn d. zeichen derzeit^
{Leipzig 1856) 1. *. 6.
STANDESBESCHRÄNKUNG,/.: unter solcher standes-
beschränkung nahmen auch wir in Wien teil an dem
dreisten sozialen thema eines lustspiels. Laube 5, 162
Houben {dasselbe, toas t'orÄer Standesänderung Äei*2^, s.oben;
gleich darauf: Standeserniedrigung).
STANDESBESITZ, m. .• der adel war nicht ausschliesz-
lich im besitz der offizierstellen und der höheren staats-
ämter, aber er wurde bei diesen carrieren in so aus-
gezeichneter weise begünstigt , dasz er allerdings befugt
war, diese stellen als einen Standesbesitz zu betrachten.
Freytag 15 {ges. aufs. 1), 326.
STANDESBEWEIS, m., vgl. Standesausweis:
des zweiten schild zum hohem standsbeweise
führt ihm das jagdrosz Carls des groszen an.
Thümmel reise 10, 159.
STANDESBEWUSZTSEIN, n. • allerdings verhärtete sich
der stolz des ritters gegenüber dem bauer schnell zu
einem ausscblieszenden standesbewusztsein. Frevtag 18
{bilder 2, l), 54.
STANDESBRUDER, m.: 'herrschaften und standes-
brüder', begann er, 'der tod hat eine reiche ernte unter
uns Vicedomini gehalten'. Meyer novellen 2, 95.
STANDESBUCH, n. buch, icorin alle zu einem bezirk
gehörigen personen mit angäbe des geschlechtes, alters, der
famüienbeziehungen, confession, bildung, des berufs, Wohn-
sitzes, der Staatszugehörigkeit u. s. w. urktindlich verzeichnet
sind, Personenstandsregister, s. auch Standesregister und
standesamtsbuch. Bluntschli-Brater deutsches Staats-
wb.: die Standesbücher werden von den bürgerlichen be-
hörden geführt, deutsche grundrechte 121, s. Holtzen-
DORFF rec/ife^.^ 775; die Standesbuchführung ist
Sache des Standesbeamten.
STANDESDAME, /. .- dieser hatte ihm erstlich in dem
conclave Aphrodisio . . . eine, dem geschlechte nach, hohe
standes-dame . . . umb ein ziemliches stücke geld , zum
beyschlaff . . . bestellt. Wesenigk spiel-sieben (1702) 146.
vgl. standes-frau, -weib.
STANDESDÜNKEL, m..- das machte sie natürlich be-
liebt, bei dem jungen grafen kam noch hinzu, dasz er keine
spur von Standesdünkel zeigte. Fontane kriegsgefangen 21S.
STANDESEGOISMUS, m.: vom ritterwesen hatten sie
(die jungen eavaliere des ausgehenden 18. jahrh.) einige ver-
worrene reminiscenzen ererbt . . , vom strengen lehnsver-
bande einen kapriciösen esprit de corps, der nur selten über
den ordinärsten standes-egoismus hinausreichte. Eichen-
DORFF 7, 13 Koch.
STANDESEHE, /. 'eine dem stände, in tcelchem man lebt,
gemäsze ehe, da man keine person unter oder über seinem
stände ehelichet'. Campe; ehe, die aus standesrücksiehten
geschlossen ist, convenienzehe: vom alten minister . ., der
bei der liebe nichts unnützer fand als die liebe und dem
die heiligsten empfindungen für standesehen so brauchbar
schienen, wie für predigtämter das hebräische. J. Paul
23 {Titan 3), 16.
STANDESEHRE, /. .- amtsehre, sive standesehre, dignitas
officialis, ordinis splendor, gradus honestus. Stieler 360,
daher begreift die bürgerliche ehre I. die gemeine ehre . . ;
II. die vorzügliche bürgerliche standesehre, welche sich
auf den vorzüglichen durch einen besondern stand im
Staat begründeten werth bezieht. Feuerbach lehrb. des
peinl. rechts (I801) s. 243, § 311 ; die besondere berufs- und
standesehre, welche gewissen klassen von personen zu
kommt. Bluntschli-Brater deutsches staats-tcb. 3,227;
erst später kam es ihr zum bewusztsein, dasz es denn
doch wohl gegen die standesehre sein müsse, im dienste
einer frau gesehen zu werden, welche dritter classe fuhr.
Storm 3,150; wenn das mittelalter die ehre der arbeit
in diesem sinne der standesehre faszte , dann durfte es
auch sehr wohl von 'unehrlicher arbeit' reden. Riehl
d. d. arbeit 2* ; die arbeit des protestantischen und katho-
lischen geistlichen ist wesentlich gleichartig, aber weil
diese zu äuszeren standesehren führte, welche jener fremd
blieben, so erscheint heute noch die eine als ein des
adels würdiger beruf, die andere als nicht besonders
schicklich für den guten alten adel. 28.
STANDESEIGENSCHAFT, /. .- der meinige {küster) hat
nun zu allen diesen standescigenschaften noch den privat-
charakter der feigheit. Immermann Münchh. 1,209 (2,9).
STANDESEINRICHTÜNG,/.: festhalten an den socialen
Standeseinrichtungen and sitten. Rieul cultursttid. 303.
751 STANDESEITELKEIT — STANDESGEBÜHR
STANDESGEFÜHL— ST ANDESGEMÄSZ 752
STANDESEITELKEIT. /. Becker tceltgesch. 11, 425.
STANDESERBLICHKEIT,/.: Nordeuropa atmete wieder
frei, entlastet von dem nächtlichen alp jener klerisei, die
zwar in der form von der ägyptischen Standeserblichkeit
abgewichen war, im geiste aber dem ägyptischen priester-
systeme um so getreuer bleiben konnte. Heine B,i95 Elster.
STANDESERHÖHUNG, /. eoUMtio altioris gradus digni
tatis. Frisch 2, 318" ; erhebtmg in einen höhern stand.
Campe, von einem, der könig tcerden soll:
was für ein schlaf war' diesz
für eure Standserhöhung I Shakesp. stürm 2, 1.
insbe-tondere ertheüung des adels oder {bei adlichen) ein^r
höhern add^stufe, seit dem 15. jahrh. ein majestätsrecht
des kaisers, später der souveränen landesherren , vgl.
Bluntschli -Brater detitscJies staatstcb. B, I9i. Bachem
staatslex.^ 2,86: standts erhöhung. Zi-nconv-v apophthegm.t
im reg. (im text: einer vom adel, dem der herren stand
angetragen wurd, sagte. 328); weder der grosze galatag,
noch was bei gelegenheit so vieler Standeserhöhungen
vorfiel, noch die öffentliche tafel des kaisers und königs,
nichts konnte mich rühren. Göthe 24, 339; sie werden
gelacht haben, da sie von unserer Standeserhöhung hörten.
Schiller briefe 7, 15 (an W. v. Humboldt d. 3. märz 1803);
als mir am morgen des 21. märz 1871 ein eigenhändiges
handschreiben des kaisers die erhebung in den fürsten-
stand anzeigte, war ich entschlossen, se. majestät um
verzieht auf seine absieht zu bitten, weil diese standes-
erhöhung ... in meine ganzen lebensverhältnisse eine mir
unsympathische änderung bringe. Bismargk ged. u. erinn.
2, 148. scherzhaft: unter der thüre verbeugte sich noch
Frieder vor dem Schreiber und sagte : 'sie haben den vor-
tritt, spazieren sie voran, herr von Federkiel, graf von
Papierhausen, fürst von Tintenheim, könig von — ' der
Schreiber schritt stolz an Frieder vorüber, der aber mit
seinen Standeserhöhungen nicht eher endete . . . Auer-
bach dorfgesch. 2, 146. — dazu : standts-erhöhungs-diplo-
mata, lot. litterae imperatoris de excellenfiori dignitate
coüata. Apij^. gloss. 510; das standeserhöhungsrecht
des kaisers «. s. w.
STANDES ERNIEDRIGUNG, /. • als . . . die frau gemahlin
den ehrennamen ehegehülfin führte, stand es um diesen
iheil der haustafel wohl. . . . seitdem man aber durch
hausfräulein und hausjungfern, durch hofmei.ster und gou-
vernanten diese ehestandspflichten verwalten . . . läszt . .
ist zwar das lästige des ehestandes so ziemlich ver-
schwunden, und die frau gemahlin führen den namen
ehegenossin; indesz scheint die eheliebbaberei durch diese
standcserniedrigung nicht gewonnen zu haben. Hippel
5, 178. vgl. Standesbeschränkung.
STANDESERZIEHUNG , /. .- diese ('die alte education')
war bisher wesentlich eine partikuläre Standeserziehung
gewesen, das individuum ging in seinem bestimmten
stände . . . auf. Eichendorff 21, 14 Koch.
STANDESFRAU, /. frau von (vornehmem) stände (vgl.
stand 8, k) ; frau eines standesherm (vgl. das.). Campe.
vgl. standesdame, -wcib.
STANDESFREIHEIT, /.: rittertum, Standesfreiheit und
. . . volle menschlichkeit sind die grundeigenschaften (bei
Fritz Schwarzenberg). Laube 8,174 Houben.
STANDESGEBÜHR, /. ratio et dignifas conditionis.
Stiei-er 862; Standes- d stands-gebUr, /. dovere deüa con-
venienza aüo stato, grado e conditione di uno. einen
nach standsgcbür tractiren. Krämer (ftc^. s, 981*; stands-
gebtihr, /. deeorum statui et ordini conveniens. nach
stands-gebUhr, pro eoquod debetur ordini alicujus. Frisch
2, 318* ; 'teaa jedem nach seinem stände an vorzug gefrilhret. '
AoRLUNO (unfer standgebühr), schon im \l . jahrh. belegt :
f> jhr ungehaltene ungerechte fiirsten, ... die jhr euere
innerliche lUste und gelüste mit stands-gebtihr heschönot.
Pnii.ANDP.i< (1660) 1,678. meist in der Verbindung nach
Htand(e)Kgehühr, s.oben: lebe demnach wol, günstiger und
nach Btandcsgebühr, geehrter Icscr. v. n. GrOuen Gui-
neische reisebeaehr. (iflM) vorr.; rechts und links zu beyden
Seiten seiner gnaden saszen nach standesgebUhr der herr
prttsidcnt und die herren socii. Siegfr. v. Lindenberg* S, SSl ;
(er) habe eine glückliche nacht als ehemann xugebracht,
darauf habe ihn seine frau des andern morgens, als er
in der probe gewesen, nach standesgebUhr mit einem
hömerschmuck beehrt. Göthe 19, 90(W. Meister 4, 4) ; auch
liegt die anzeige zu Egmont bei, wozu ich nach Standes-
gebühr die titulaturen zu setzen bitte, an Schiller 158
(21. april 1796);
ich will nach standsgebflhr jedwedem willig sein.
J. V. Besser gchrißen *. 447;
in diesem jammerthal, wo wir, nach Standsgebühr
mehr oder weniger, der langen weile fröhnen.
WiEi.AND 5, 265 {der verklagte Amor 5, 38);
verliebte leute sitzen hier,
und diesen musz, nach standsgebUhr,
zur guten nacht ich was zum besten geben.
GÖTHB 12, 105.
verstärkt nach standesgebUhr und würden. Campe: allen
menschen, jedem nach Standesgebühr und würden, traut'
ich bey ihren funktionen und Verhandlungen die besten
absiebten zu. MusÄUS physiogn. reisen 3,10;
zwar hat die hölle rächen viele I viele!
nach standsgebUhr und würden schlingt sie ein.
Göthe 41, 324 {Faiut II, 5).
zuioeilen auch, ohne unterschied des sinnes, im plural:
sie ist nicht stolz, wie die nach standsgebUhren
geehrten fräulein oder fraun. Hölty 180 Halm.
STANDESGEFÜHL, n..- die Deutschen würden fester
geschmiedeten nationen zur beute fallen, wenn ihnen das
bindemitel verloren ginge, welches in dem gemeinsamen
Standesgefühl der fürsten liegt. Bismarck ged. u. ennn.
1,291; dasz sie ein bevorrechteter stand waren, der seine
genossen für besser hielt als den bürger und bauer . . ,
dies ausschlieszende standesgefühl hat die rittermäszigen
durch Jahrhunderte schwach gemacht. Freytag 18 (bilder
2, l), 300; indem sie sich auf den boden stellten, der ihnen
mit dem landesherrn gemeinsam war, durchbrachen sie
die schranken des abstrakten Standesgefühls, das, gleich-
sam heimatlos, sich nicht an eine bestimmte land-
schaft band. H. Prutz preusz. gesch. 1,152; er hatte kein
rechtes standesgefühl ... er blieb immer der arbeiterjunge.
Frenssen Hilligenlei 614.
STANDESGEHALT, m. in Baiem und andern Staaten
der theil des gehalts der Verwaltungsbeamten, der auf
lebenszeit verliehen wird und auch als pension bleibt, zum
unterschiede vom dienstgehalt: auch gehen die zwey letz-
teren vortheile (ehre und einkommen) zuweilen vor der
stelle vorher, zuweilen dauern sie auch länger, als die
stelle, wo etwa standes-gehalt und dienst-gehalt unter-
schieden wird, wovon der erstere den emeretirten, jubi-
lirten, pensionirtcn , dispensirten bleibt. Hugo encyd.
(183,5) 376.
STANDESGEIST, m.: der durch beleidigten standes-
geist gereizte stolz einer groszen Versammlung von prä-
laten und gelehrten. Becker iceltgesch. 6,41; abkunft von
einem geschlechte, welches sich seit langer zeit im be
sitze so groszer Vorzüge befunden hatte, erzeugte und
erhielt einen standesgeist . . . 12,67; die bedeutung der
priester lag nicht in ihrer persönlichkeit, sondern in ihrem
standesgeist. Smend alttestamentl. religionsgesch. 78.
STANDESGEMÄSZ, adj. dem stände, ränge jemandes
angemessen. Campe; s. auch standesmäszig : beides (rasches
gehen und arbeiten) ziemt sich für den bauer nicht, es
wäre so wenig standesgemäsz als wenn er wildpret und
fisch auf eine hochzeittafel bringen wollte. Riehi. d. d.
arbeit 26; in den äugen der voUblut-junker galten nur
die berufe des offiziers, des kammerherrn . . . und allen-
falls noch der Verwaltungsdienst für standesgemäsz.
Tkeitsciike d. gesch. 8,106; standesgemäszer unterhalt,
standesgemäsze erziehung, lebensweise u. s. w. ; sehr häitßg
adverbial: der schrecken und der zorn hierüber waren
grosz im pfarrhausc. zumal, wenn man bedachte . dasz
die junge bäucrin einst als hausfrau dort einziphcn . . .
sollte, sie, welche weder mit der gehörigen nnmut im
grase zu liegen , noch einen hason stHndosgemKsz zu
braten und aufzutragen wuszte. Kki.i.kk 1, 17; bewirthel
ihn standesgemäsz. C. F. Meyk.m Jiirg .lenatsch iss; kaum
hatte sich der herzogliclie limishalt so standesgemäsz,
wie es in dem rcpublikanisclion borglando möglich war,
in den besten gomächern der raumreichen patrizisohen
Wohnung eingerichtet. 249; ich würde mich nie anders
als standesgemäsz verheiraten. Mar litt heideprins. stw;
so mÜKtest du mir wenigstens deine «quipage leihen.
I
753 STANDESGENOSSE— STANDESHERR
um diese liebschaft standesgemäsz zu betreiben. Heyse
kinder der weit 1,110;
herr Hüon, standseemäss ein feind vom wörterstreit,
hauidhabt das \verk gleich einem abenteaer.
Wieland Oberon 6, 25 ;
wie comtessen essen, weisz ich,
denn ich übe mich gfar fleiszig.
die erzmundwischmeisterin,
comtesz Torschon de Popin,
lehrte mich, wie stets bei tische
jeder anders, ländlich, sittlich,
appe- und anappetitlich,
standsgemäsz aas maul sich wische.
Brentano 5, 132.
dazu standesgemäszheit, /.
STAXDESGENOSSE , m. der deniselben stände (8) an
geMrt: weil gerade damals von den senatorischen richtern
mehrere ganz unverantwortliche freisprechungen ihrer
standesgenossen erfolgt waren. Becker ««Z^e^cÄ.* 3, 207;
die unbefangenen landj unker besaszen eben noch hin-
reichenden humor, um sich an dem mutwillen und den
tollen luft^prüngen ihrer extremen standesgenossen zu er-
götzen. EiCHENDORFF 17, 20 Koch; als dritte classe (meiner
gegner) möchte ich meine standesgenossen im landadel
bezeichnen, die sich ärgerten, weil ich in meinem ex-
ceptionellen lebenslauf aus dem . . . begriff der traditio-
nellen landadelsgleichheit herausgewachsen war. Bis-
MARCK ged. u. erinn. 2,147; die «Itere von ihnen stellte
mich der gesellschaft , welche aus jungen arbeitsleuten
verschiedener profession zu bestehen schien, als standes-
genossen vor. Keller 3,83; nur selten, und niemals
ohne lebhaften Widerspruch der standesgenossen, ent-
schlosz sich ein adliches mädchen sich an einen bürger-
lichen mann wegzuwerfen. Treitsghke d. gesch. 2, 106.
STANDESGENCGIGKEIT,/.: Philander ist von dem
alten weltberühmten herrn Philips Böckle von Böcklinsau
in seinem handbrieflein dem adel besser beschrieben,
und seiner standsgenügigkeit nach wohl gelobet worden.
Philander (1665)2,367.
STANDESGERICHT, n. gerieht, tco ungehörige eines be-
stimmten Standes über ihre standesgenossen zu gericht sitzen.
(Grimm weisth., reg.).
STANDESGETREU, adj. : deshalb war es der allgemeine
wünsch, dasz die tochter . . . einen standesgetreuen jungen
geistlichen ins haus locken . . . möchte. Keller i, 17.
STANDESGEWISSEN, n. .- nein, rief der alte baron, was
andere sich erlauben, das ist mir unverboten ! ich habe
in solchen dingen gar kein privat- sondern nur ein
standesgewissen. Immermann Münchh. 2, 57; fast in allen
classen und ständen der gesellschaft, vorzüglich aber in
den handel und gewerb treibenden, hat man eine art
von generellem standes-gewissen erfunden, worin das indi-
viduelle der einzelnen aufathmet oder . . . erstickt. Hebbel
tageb. 3, s. 85.
STANDESGLEICH, adj., vgl. stand 8, e tmd das folgende.
STANDESGLEICHHEIT, /. gleichheit dem stände nach.
Campe; aufgehobene Standesgleichheit. Schiller 9,136.
STANDESGRUPPE,/.: es sorgte überhaupt jede hervor-
ragende Standesgruppe für die Verewigung ihrer mit-
glieder. Riehl cxdfurstud. 304; so kann der literarhisto-
riker überhaupt nach Standesgruppen die perioden der
mittelaltrigen poesie ordnen, die deutsche arbeit 26; die
meisten menschen gelangen zu dem für ihr moralisches
leben notwendigen selbst- und ehrgefühl nur durch das
gefühl der Zugehörigkeit zu einer Standesgruppe. Bachem
staatsle.T.^ 2, 817.
STANDESHAUPT, n. im sinne von 8taats(ober)haupt,
vgl. stand 9, c; es darf wohl für ausgemacht gelten, dasz
ein dictator als {latinisches) standeshaupt den bund mit
Rom schlosz. Nieburr 2, 37; der Statthalter in schweize-
rischen republiken ist der welcher das abwesende oder
sonst behinderte standeshaupt vertritt. 125, anm.; wie
denn nachher ein standeshaupt, unter dem oskischcn
namen meddix tuticus, der kampanischen republik vor-
gestanden haben könne. 3, 338.
STANDESHERR, m. herr, der zu den ständen (9, b) eines
landes gehört; bezeichnung gewisser grxippen des hohen adels.
früher {vor 1806) besonders in Österreich. Schlesien, Sachsen,
der Lausitz die besitzer gröszerer herrschaften mit gewissen
regierungsrechten, s. Adelung {freiherr, buron) und Campe
X. 2.
STANDESHINDERNIS — STANDESLEBEN 754
{freiherr, icdcher auszer seinen eigenen gütern noch andere
gutsbesitzer unter sich haf); seit 1806 die mediatisierten
fürsten und landesherren. Schröder reehfsgesch.'' 762 ;
'sodann aber gehören zu den deutschen Standesherren auch
alle diejenigen adeligen familien, welchen, obicohl sie nicht
zu den bis zum j. 1806 reic?tsständiseh gewesenen geschlech-
tern gehört hatten, aus besonderen, auf ihrer standesstdlung
zur reichszeit beruhenden, gründen durch spätere bundes-
bescMüsse die im genannten artikel der deutschen bundes-
akte enthaltenen persönlichen utid familienrechte beigelegt
worden sind. Blontsch Li -Brater deutsches staats-wb.
10, 163 {nach der anm. käme das wort in Schlesien und
der Lausitz seit dem 14. jahrh. vor) : um anschaulich zu
machen, wie es in Deutschland zu jener zeit herging,
und wie bürger und bauern damals bei weitem mehr
durch die Standesherren, fürsten und bischöfe litten, als
sie heut' zu tage noch irgendwo durch socialisten und
radikale gelitten haben. Schlosser toeltgesch. 12, 321 ;
der name 'standesherr' soll nicht mehr gebraucht werden,
wenn von ehmals reichsständischen fürsten die rede ist;
er ist für sie zu gering, den Standesherren in Schlesien ic.
wird das nicht gefallen! Varnhagen tageb. 2,93; vorher
hatte die aristokratie noch die gröszten hoffnungen, der
grosze grundbesitz, die hohen beamten, die standes-
herren , dachten noch an ein adliches oberhaus. 5, 222 ;
einige von ihnen stammten aus den gemeinen herr-
schaften . . . und sie erinnerten sich, wie sie als bauern-
kinder am wege hatten hinknieen müssen, wenn eine
kutsche mit eidgenössischen standesherren und dem weihe!
gefahren kam. Keller 6,268; selbst für das terrain, welches
die heutigen deutschen fürsten theils kaiser und reich,
theils ihren mitständen, den Standesherrn, theils ihren
eignen landständen abgewonnen haben, läszt sich kein
vollständig legitimer besitztitel nachweisen. Bismarck
ged. «. erinn. 1,176. — dazu standesherrlich, adj.:
dann finden sich in der liste mitglieder standesherrlicher
häuser, bei denen die abstammung die begabung ersetzte. 5.
früher auch, der altem bedeutung von standesherr ent-
sprechend, standesherrliche regienmg, standesherrliches ge-
richt, das standesherrlich-fürstliche amt Bentheim u. a. —
Standesherrschaft,/, herrschaft, gebiet eines si&nAfis-
herrn (in der altem bedeutung). Adelung; heute nur noch
für die gebiete der mediatisierten {nicht mehr als politischer
begriff), z. b. die Standesherrschaft Stolberg- Wernigerode.
STANDESHINDERNIS, n..- er {der bischof) setzte sich
in den stand, Fides die erbfolge zu sichern, indem er
sie von den Standeshindernissen, die wegen ihrer unregel-
mäszigen gehurt erhoben werden konnten, dispensierte.
Keller 6, 58.
STANDESINTERESSE, »..- während des Wiener con-
gresses wurde der plan einer 'adelskette' viel besprochen,
einer groszen genossenschaft, welche überall in Deutsch-
land die Standesinteressen wahren und den sinn ritter-
licher ehre wach halten sollte. Treitschke d. gesch. 2, 107.
STANDESIRRTHUM , m..- undelikatesse und standes-
irthümer adelicher leute. Pestalozzi Lienh. u. Gertr.
2, 307.
STÄNDESITZUNG,/, siteung der stände (9, b), vgl. stände-
versammlung.
STANDESKOLLEGIUM, n.: eine erhebung in den hohen
adel ist seit der auflösnng des reiches (6. augnst I8O6)
ausgeschlossen . ., weil die alten Standeskollegien, deren
konsens erforderlich wäre, bisher nicht wiederhei^estellt
sind. Bachem staatslex.^ 5, 5i6.
STANDESKRANKHEIT, /. • sein held {Göfhes im Tusso)
ist ein künstler, wie Macbeth ein soldat, beide leiden
sozusagen an einer standesk rankheit , wie man weber-
krankheiten u. s.w. hat. Ludwig 5,526.
STANDESKREIS, m.: drei stände des mittelalters üben
nach einander kunstgerecht die poesie. . . . allein nie-
mand tritt dadurch aus seinem standeskreis, dasz er ein
namhafter dichter wird. Riehl d. d. arbeit 26.
STANDESKRONE, /. rangkrone, Sammelbegriff für alle
krönen der verschiedenen adelsstufen in der heraldik.
STANDESLEBEN, n., zu stand 9. c {kanton): was willst
da mit deiner Schweiz ohne ihre alten und neuen kan
tone? ... er ist schön, der rothe schweizerische bundes-
und waffenrock, aber ein politischer schmutzfink ist, wer
48
755 STANDESLEUTE— STANDESMÄSZIG
STANDESMEINUNG— STANDESPERSON 756
nicht sein reinliches, selbstgewobenes hemd ehrbaren
Standeslebens darunter trägt. Keller nachl. 289.
STANDESLEUTE, plur.. at» gelegentliche zusamnun-
rückting: darinnen fände ich unterschiedliche tische mit
auch unterschiedlichen Standsleuten {leuten von verschie-
denem stände) besetzt, doch alle von gemeinem volck.
Simpl. sehr. 3, 364, 21 Ktirz {vögeln. 1, 12). — nd. (holst.):
'der geringe man7i pflegt sich wi standslüt zweisinnig leute
tinsers Standes oder vo7i stände zu nennen'. Schütze 4, 187.
STANDESMANN, «i. gelegentliche hüdung {vgl. standes-
herr): theils beschränkte er {graf Carl Harrach, der den
ärztlichen beruf misühte) sich auf die Schilderung seiner
praktischen thätigkeit , ärztlicher Verhältnisse , merk-
würdiger berührungen und einflüsse, die eine person der
art als Standes-, weit- und heilmann erlebt. Göthe 32, 151.
STANDESMÄSZIG, adj. dem stunde, ränge jemandes ge-
mäsz. Adelung; im is. jahrh. gern als standsmäszig ; so
auch ins dän. als standsmsessig entlehnt, die belege be-
ginnen in der ersten hälfte des 18. jahrh.: resolvirte sich
der herr vater bald seinen beyden söhnen eine standes-
mäszige equippage verfertigen zu lassen, caval. im irrg.
(1738) 2 ; ich würde lachen , wenn man die erste Samm-
lung für eine sehr unvollständige deutsche grammatik . . .
und endlich diesen dritten theil für gar keine standes-
mäszige anpreisung der Römer . . . erklärte. Herder l, 527
Suphan {fragm. 3, naclischr.); ich. aber wenn sie sich ins
lüderliche leben, ins laster stürzen? er. das ist stands-
mäszig. Göthe 36,56; mit zauberischer Verwirrung ...
trat sie dem schönen Jüngling gebückt entgegen, ...
schüchtern, nicht seiner standesmäszigen kleidung wegen,
sondern weil er ein mann war. J. Paul 22 {Titan 2), 53;
o ich unglücklicher, dasz ich in die verwünschten standes-
mäszigen redensarten gefallen bin! Brentano 5, 41; wenn
das zeug auch viel kostet, so gehört es doch einmal zu
unserm stände, und was standesmäszig ist, kostet nie
zu viel. Immermann Münchh. l, 58; nur in betreff der
tänzerinnen hatte sich anfänglich eine scheinbar unüber-
windliche Schwierigkeit herausgestellt ; die achte standes-
mäszige dame war nicht zu beschaffen gewesen. Storm
2,87; was also bei den zünften die ganze Standesgruppe
that, das übernahm hier die familie; im übrigen liegt
beidem . . . derselbe stolz eines standesmäszigen prunkes
zu gründe. Riehl culturstud. 304; soweit der schenker
nach der Vollziehung der Schenkung auszer stände ist,
seinen standesmäszigen unterhalt zu bestreiten . . , kann
er von dem beschenkten die herausgäbe des geschenkes . .
fordern, bürgerl. gesetzb. § 528; das masz des zu gewähren-
den Unterhalts bestimmt sich nach der Icbensstellung des
bedürftigen (standesraäsziger unterhalt). 1610;
gerne wünscht' ich euren tSchtem
standesmäszige eemahle.
Herder 28, 519 SupMn {Cid 66);
(ich mutz) aus vierzig reisigen an fremdem orte
ein standesmäsziges geleit mir schafTen.
Chamisso Fortunat 8 Kotzm. (2, 61).
häufig adverbial, theils in beziehung auf das aubject (standes-
mäszig leben Campe, dem eignen stände gemäsz), theils
auf das object (einen standesmäszig behandeln, erziehen
u. «. w.): wie mein seliger mann starb, hatte ich nicht
so viel, dasz ich ihn standesmäszig begraben lassen
konnte. Moser patr. phant. 2,59; ich rüste dich standes-
mäszig aus mit rosz und knecht, mit rUstung und kost-
barer kleidung. Fr. Müller 3, 88; wenn sie meine tochter
standesmäszig ernähren können, soll es mir lieb sein.
Kotzebu e dramat. np. 8, 168; die kamniergüter, von deren
ertrag damals ein künig allein standesmäszig leben konnte.
SoHLOSRER tedtgeach. 6,412; der bauer denkt, handelt,
empflndet standesmäszig und hergebrachter weise. Immkr-
MANN Münchh. »,M; als nun Ivo so standesmäszig ge-
kleidet mit seiner multer nach Horb ging. Auerbach
dorfgetch. i, 144 {Ivo 6); wie die erziehung eines knäbchens
in einem groszen hause von anfang an standesmäszig
betrieben würde. Keller 6,91; der beruf der einzelnen
zur arbeit war noch standesmäszig gebannt. Rikml
d. d. arhrit 66;
BMlMbob venchwand atandamlszig mit (tstank.
maobdorn bei AoBLUMo ;
aorciniiulU aUndcn sechs «chOne geflagolt« knaben vor ihnen,
ssbr «oisig, die fremde damo etandsmliwig tu bedienen.
WiBLANu 4 1104 {Ämad. 9, 11).
STANDESMEINUNG,/. .- dieselbe macht der geschichte,
welche überall ... an stelle der Standesmeinung eine
öffentliche meinung gesetzt habe, sie nöthige auch die
alten landstände zusammenzurücken zu einer Volksver-
tretung. Treitschke d. gesch. b,Zl.
STANDESNAME, m. : doch wird auch hier . . . herrinn
gebraucht, wenn man die gatlinn eines mannes bezeichnen
will, dessen Standes- oder ehrenname sich mit herr endigt.
Campe 2,655» {unter herr).
STANDESNEID, m.: solche bestrebungen . . . steigerten
den groll der mittelklassen. man fiel wieder zurück in
jene anschauungen des platten Standesneides, welche . . .
Friedrich Buchholz in seinen 'Untersuchungen über den
geburtsadel' verkündigt hatte. Treitschke d.gesch. 2, 107.
STAND(E)SORDNUNG, /. ratio dignitatis, ordo et series
ratione praecedentiae. Stieler 1399.
STANDESPERSON, /. person von stände, d. h. von hohem,
vornehmem stände {s. stand 8, k) : eine standsperson, unus
ex Tnagnatibus, megistan, optimas. Stieler 1427; stands-
person, /. persona di qualitä, di nascitä, di conditione.
er (sie) ist eine standsperson. eine vornehme, hohe etc.
Stands-person. Kramer dict. 2,9Zi^f.; standes-persohnen,
illustres, stimmo genere nati. Apin. gloss. 510; personae
equestris ordinis, primariae dignitatis. nobilis prosapiae.
Frisch 2, 318''; 'in engster und eigentlichster bedeutung
gehören dahin nur pAsonen von dem, höhern adel, in
weiterer aber auch solche, icelche ihnen an tcürde nahe
kommen, im weitesten verstände pflegt man, obgleich aus
einem miszbrauche, oft jede über dem bürgerstande er-
habene person mit diesem nahmen zu belegen.' Adeluno,
ähnlich Campe, auch schiced. standsperson. die iceitere
bedeutung ist die gewöhnliche und berechtigte, da standes-
person nicht ebenso abgeleitet ist wie standesherr, vgl.
dieses, die {sehr zahlreichen) belege beginnen schon im
16. jahrh., vgl. Gombert bemerk, u. erg. 3, 2; sie lassen die
allmähliche ent%cicklung des toortes deutlich verfolgen, zu-
nächst finden sich blosze zusammenschreibungen, wobei
Standes durch ein adjectivisches attribut bestimmt tcird:
aus Ursachen, das bej unserer camer zu Bresslaw nit
weniger von hoch und nieders standespersohnen ein teg-
licher zugangk. urk. v. 1559, s. script. rer. SiUs. 4, 179; da
steigen wol gräfliche und andere hohes Standes personcn
auff die cantzel und predigen. Schuppius 14; dasz nem-
lich die hochlöbliche fruchtbringende gesellschaft . . . auch
auf andern vornehmen, wiewol niedrigeres doch ehrliches
Standes Personen . . . beruhen müste. neuspross. palmenb.
8. 172; es mögen mir solches {unrecht) gethan haben ...
hohes oder niederes Standspersonen, arme oder reiche,
edelleute oder Zöllner. Juncker Harnisch (1669) 181. dann
tritt wirkliche Zusammensetzung ein und das adj. vdrd zu
person construiert, zweifelhaft: dasz sie den wahren adel
nie recht erkandt haben: dessen zeichen ist, den ge-
ringern Standspersonen mit freundlichkeit, sanfftmut und
tugend vorzuleuchten. Schuppius 400; von hohen und
niedern stands-personen , worunter fürsten , fürstliche
rähte, rechtsgelehrte, artzneiverständige , theologen und
Prediger, poeten, schuelbedicnte . . . sich befinden. Risr
Parn. (1668) vorber.hl'i*; ainen ieden gemainsinteressen-
ten oder nidern Standspersonen ... zu gepieten, dass sie
diser gemainsordnung . . . nach zu glebcn schuldig, tirol.
xceisth. 4, 130, 17 {vom j. 1688). doch unrd diese neutrale be-
deutung bald aufgegeben und der gebrauch dea toortea schon
im 17. jahrh. auf die Verbindungen hohe, vornehme standes-
person eingeschränkt, zunächst mit dem auszeichnenden
beiirort: anderen, hohen Standes personen und fürtroff-
Hchen Icutcn. Rist Parn. (1668) vorher, hb^; Gelanor wäre
mit den scinigen auch fort gereiset, allein er hörte, dasz
eine vornehme stands-person aufT den andern tag eben
In dem wirthshause abtreten wolte. Weise erzn. 112 neudr.
(19H bezw.vti); glcicliwic aber einem majestätischen kAnigo
die majeslät aus den äugen leuchtet, und wenn er unter 11
tausend personen seyn solte, würde man ihn an seiner ^
majestät erkennen können, dasz er eine hohe slandcs-
person seyn mÜRso. Sperlinu Nicodemxu quaeren» \{vi\»),*;
geistliche lieder, vor vornehme standes-personen. Pican-
DER 6,8(10 {ilbertchr.); hier hielt man es fUr unbillig, dasz
nur regcnten und hoho ntandospcrsonen in uns schrecken
und mit leiden erwecken sollten. Leshino 4, lu»; seine
757 STANDESPFLICHt— STANDESRECHT
STANDESREGISTER— STANDESUNGEMÄSZ 758
(Walletisfeitw) gewöhnliche tafel war nie unter hundert
gangen, sein haushofmeister eine vornehme Standesperson.
Schiller 8,144; meistentheils ist zwar dergleichen nur
bei groszen herrn und vornehmen Standespersonen vor-
gekommen. Immerm.\nn Mt/nc/jÄ. 4, 28 (7, 3). endlich fäUt
das attnbtd ganz fort und Standesperson allein hat den-
selben prägnanten sinn, dieser gebrauch beginnt nicht später
als die andern und ist in der neuem spräche der vor-
herrschende, wenn nicht ausschlieszliehe : welches ich hie
mit allen stands-personen , allen hof-prseceptoribus zu
einem spiegel vorstelle. Philander 1,624 {iceiter unten:
jhr fürst en , graven, herren und gewaltige); ich weisz
nicht, wer die standtspersonnen geweszen sein, so disz jähr
in die Franckforter mesz kommen wahren. Elisab. Char-
lotte 3, 176 (10. »Kit 1710} ; dergleichen exempel findet
man gar offt auf academien, da einer, der bürgerlichen
Standes ist, sich durch uberflusz einem reichen von adel,
oder auch wohl gar einer standes-person gleich zu machen
suchet. Chr. Wolff vernünfft. ged. von d. menschen thun
u. laszen (i720) 361 (§ 551) ; die gutthätigkeit vieler standes-
personen, Hamburger und hiesiger Engelländer. Hage-
dorn 1,45, anm.T; er (Thomson) hatte von einem vor-
nehmen manne in Schottland empfehlungsschreiben an
verschiedne standespersonen in London mitbekommen.
Lessing 4, 160; er gab sich alle mühe, in der feierlichen
kälte einer Standesperson davon zu sprechen, derselbe,
8. kälte 4, theil 5,88, und Eiselein 360; die anzahl der-
jenigen Standspersonen, welche der pöbel bey dieser ge-
legenheit ums leben brachte, belief sich in allen auf
zwey hundert. Heilmann Tä«c. 1049 (8, 2l); auch er be-
sorgte die angelegenheiten verschiedener standespersonen.
Göthe 24, 182 {aus m. leben 4); bei der rückkehr hatte
die frau juratin für die standespersonen den tisch mit
erfrischungen und wein besezt, und auch ich hatte die
ehre, als frau rectorin begrüszt zu werden. (Ernestine)
Voss briefe2,i9; da sie von allen fremden und ein-
heimischen standespersonen besucht wurde , . . . stellte
sie sich unbäszlich. Schiller 4, 150; als don Quixote die
leiter hinaufstieg, begrüszte ihn das ganze schiffsvolk,
wie es gebräuchlich ist, wenn eine Standesperson die
galeere betritt, mit einem dreimaligen: hussa! Tieck don
Quix.^ 2,473 (10,11); diese {zuschauer) bestanden nächst
den fürstlichen personen aus den Zöglingen der akademie
mit ihren Vorstehern und einer anzahl von fremden, ver-
muthlich verwandten der eleven. alles stand, nur die
standespersonen saszen. Herm. Kurz 2,144 {Schillers
Jteimathj.); er entfaltete einen schmalen papierstreifen,
auf dem eine reihe von namen zürcherischer standes-
personen verzeichnet stand. C. F. Meyer Jenatsch 135.
ungewöhnlich in anderm sinne, Vertreter eines Standes (?):
können wir von dieser prosopopöie etwas auf gott an-
wenden ? er ist weder eine larve noch maske ; weder eine
Standesperson, noch ein abgezeichneter Charakter. Herder
16, 498 Suphan {gott 4). jetzt sagt man scherzhaft von jemand,
der in der eisenbahn 4. classe fahrt • er ist eine standes-
person {teeil da die Sitzplätze fehlen oder — neuerdings —
nur in geringer zahl vorhanden sind und diefahrgäste —
wenigstens zum groszen theiU — stehen müssen). — s. auch
Standperson.
STAXDESPFLICHT, /. : was standespflicht war, wollten
viele zur menschenpflicht überhaupt machen. Fichte
»ittenl.aes; über Standespflichten der geistlichen *.Wetzer-
Welte kirchenlex.^ 11, 715—24.
STAXDESPRIVILEG(IUM), n.. plur. -ien, vgl. sUndes-
vorrecht.
STANDESRECHT, n. • die somme der Vorschriften über
rechte und pflichten der mitglieder {eines Standes) heiszt
standesrecht. Bachem staatslex.^ 2, 817. meist im plur.
standesrechte, ton Standesvorrechte, Privilegien %cenig
verschieden : wenn die feststellung der abstammung eines
kindes erst nach eintragung des geburtsfalles erfolgt oder
die standesrechtc durch legitimation, annähme an kindes-
statt oder in anderer weise eine Veränderung erleiden,
so ist dieser Vorgang ... zu vermerken, gesetz vom 6. febr.
1875 § 26; die standesrechte des adels. Becker tceltgesch.
12, 56; standesrechte bezic. Privilegien des clerus s. Wetzer-
Welte kirchenlex.* 10, 432—43. s. auch Varnhagen tageb.
13. 1 -.2.
STANDESREGISTER, n. register, öffenüiches buch, worin
geburten, eheschlieszungen , sterbefalle und andre Verände-
rungen des Personenstandes mit urkundlicher gewähr von
dem Standesbeamten verzeichnet icerden, auch standes-
buch, civilstandsregister. Ho ltz endor ff recÄfe^er.' 774 — 6.
Elster tcörterb. der volkstcirtsch. 2,618. handwb. der Staats
iciss.^ {Jena 1898 — 1901) 6, 981 — 91. Mischler-Ulbrich
österr. staatswörterb. 2, 702^. Stenglein vericaltungsr.
2, 529 — 38 und erg.-b. 3, 262 — 4: von jedem Standesbeamten
sind drei Standesregister unter der bezeichnung : geburts-
register, heirathsregister, Sterberegister zu führen, die
eintragungen in die Standesregister erfolgen unter fort-
laufenden nummern und ohne abkürzungen. . . . die füh-
rung der Standesregister und die darauf bezüglichen Ver-
handlungen erfolgen kosten- und stempelfrei, reichsgesetz
vom G. febr. 1875 § 12. 13. 16; dazu: die sächlichen kosten
der Standesregisterführung liegen den gemeinden ob.
Holtzendorff rechtslex.^ 776. — selten im sinne von
adelsregister.
STANDESREÜTER, m., zu stand 9, c {kanton): an einem
andern tische saszen fünf oder sechs männer, die zum
gefolge der hier anwesenden gesandtschaften gehörten,
sogenannte standesreuter und landwaibel, ein trotziges
geschlecht, das man vormahls bey allen tagsatzungen
und auftritten kennen lernen konnte, ülr. Hegner ges.
sehr. (1828) 3, 184; zugleich stürmte ein langer reifer im
rothen mantel . . . durch das thor, der standesreuter von
Schwyz, welcher der altmodischen gesandtschaftskutsche
voranritt. Keller nachl. 251.
STANDESRÜCKSICHT, /. rücksicht, die man seinem
stände oder dem stände eifies andern schuldig ist.
STANDESSAAL , m. .- keine frage dasz die hohe geist-
lichkeit, wenn auch blosz durch die sieben geistlichen
pars vertreten, sich hier {in einern oberJiause oder senat
von lebenslänglichen mitgliedem) mehr zu hause gefühlt
hätte als, wie es später kam, mit der niederen geistlich-
keit in demselben standessaale zusammengesperrt und
von ihr überstimmt. Dahlmann franz. revol. s. 144. vgl.
ständesaal.
STANDESSCHRANKE, /. • in allen klassen aber gab es . .
einzelne merkwürdige und alle standesschranken hoch
überragende Charaktere. Eichendorff 17, 30 Koch.
STANDESSELBSTSUCHT, /. • während er {Sotteck) also
in radikalen schlagworten schwelgte, verlangte er zugleich
mit naiver Standesselbstsucht die einführung der Stell-
vertretung bei seiner landwehr; ganze klassen, namentlich
die Studenten sollten befreit sein. Trkitschke deutsche
gesell. 2, 104.
STANDESSITTE, /. .- die bürgerliche geseUschaft ist aber
nichts anderes als das volk unter dem gesichtspunkt eben
jener groszen arbeitskreise und der aus dem beruf er-
wachsenden Standessitten. Riehl d. d. arbeit lO; das ge-
setz der kästen hat in seinem gefolg alle nachtheile des
berufszwanges ; der zwanglose einflusz dagegen, den die
Standessitte ausübt, ist ein vorherrschend wohlthätiger.
Bluntschli-Brater d. aiaatstcb. 2,76.
STANDESSORGE, / •
ein söhn Apolls ist ein kosmopolit,
ihn drücken keine Standes sorgen. Götter 8, 408.
STANDESSTOLZ, m. .- der trauen- und standesstolz der
gräfin war endlich ganz der rächenden natur unterlegen.
MOSEN 7, 430.
STANDESSTÜFE , /..- dasz es unter den jahrmarkts-
bildern auch Standesstufen gibt, die auf alter Überlieferung
zu beruhen scheinen, ein Stahlstich aus der druckerei
von May und Wirsing in Frankfurt a. M. stellt sieben
solcher stufen auf, drei aufsteigende, drei absteigende
und eine in der mitte liegende höchste. Goedeke Gengen-
Imch s. 593 ; vgl. : die liederstreitc zwischen ständen . . .
übergehend, verweise ich auf die Standesabstufungen der
totentänze: bapst, cardinal u.s.w. ebenda, und stand 8, h, y,
sp. 716.
STANDESTRACHT, /. traeht, die einem stände eigen ist
und ihn von andern unterscheidet {uniform). Campe {mit
vertceia auf ein Baseler wörterb. v. 1675).
STANDESUNGEMÄSZ, adj.: eine standesungemäsze ehe
eingehen. Tei.mann novellen (1884) 151. nicht sehr üblich,
daneben unstandesgemäsz, meist aber nicht standesgemäsz.
48*
759
STANDESUNGLEICHHEIT
STÄNDEVEREINIGUNG
760
STANDESUNGLEICHHEIT, /..- dasz England, bei aller
aiifrechthaltung der bürgerlichen standesungleichheit,
doch die persönliche freiheit gesichert. Hf.ink 3, 279 Elster.
STANDESUNTERSCHIED, m. : seitdem die geistlichkeit . .
aufgehört hatte, die Standesunterschiede zu vermitteln,
hatte der adel den werth seiner Vorrechte noch gesteigert.
Becker welt^esch. 12,67; das königthum hatte, ... da-
durch, dasz es die mittelalterthümlichen standesunter-
schiede nicht fallen lassen wollte, den tiersetat von sich
entternt. * 14,98; der vicomte von Beauharnais verlangte
ein Strafgesetz, welches gleichheit der strafen ohne standes-
unterschied feststelle. Dahlmann franz. revol. 251; die
nationalversammlung darf . . . keine neue standesunter-
schiede schaffen. Varnhagen to^eft. 5, 223.
STANDESURKUNDE, /. urktmde, die den Personenstand
betrifft: sobald das schiff in den inländischen hafen ein-
gelaufen ist, in welchem es seine fahrt beendet, ist das
tagebuch {des Schiffers) der für den Standesbeamten des
hafenorts zuständigen aufsichtsbehörde vorzulegen, diese
hat beglaubigte abschrift der in das tagebuch eingetragenen
Standesurkunde dem Standesbeamten, in dessen register
der fall gehört, . . . zuzustellen, gesetz vom 6. febr. 1875, § G4.
STANDESVERÄNDERUNG,/.; da aber der letztlebende
ehe-gatt zur andern ehe schreiten würde, so solle selbiges
zwar die in der ersten ehe erzielte kinder ... zu ernähren
verbunden bleiben, da hingegen aber auch solcher kinder
anerfallene elterliche erb-portion, bisz zu deren majo-
rennität oder stands-veränderung {Verheiratung, eintritt
in den geistliclien stand u. s. w.), zu geniessen haben.
Mayntzische landrecht (1755) 7, § 3; am folgenden tage nahm
er {LutJter) von seinen freunden schriftlich abschied,
schickte der Universität sein magisterdiplom zurück und
meldete auch seinen eitern seine plötzliche Standesver-
änderung {Übergang vom juristischenzum tlieolog. Studium).
Becker ireltgesch. 7, 195 bezw. * 9, 193.
STANDESVERHÄLTNIS, n..- ich gebe mit Adlerskron
noch nicht alle hofnung auf, denn die haupt einwendung
ihres mannes gegen ihn, dasz ihn sein stand ihnen glejch
setzen . . . möchte, wird sich heben lassen. . . . ich zähle
hier mehr auf die unfreiwillige deszendcnz (die von kei-
nem standesverhältnisz abhängt) als auf die freiwillige.
Schiller briefe 3, 34« {an Ch. v. Kalb d. 29. juli 1793). ge
tDöhnlich im plural: die Standesverhältnisse im ältesten
Rom. Becker tceltgesch. 2,352; mich hat die unmittel-
bare anwendung der Standesverhältnisse, wie sie im alt-
deutschen recht wahrgenommen werden, auf die spräche
eine einfache trilogie gelehrt, der freie mann steht in
der mitte u. s. u>. J.Grimm *. tkeil l, vorr. xxxii; Al.
Schulte, die Standesverhältnisse der minnesänger. Zeit-
schrift f. d. alterth. 39, 185.
STANDESVORREGHT, n.: dasz die patricier, und
. besonders der schroffere, auf seine Standesvorrechte eifer-
süchtige theil unter ihnen, das tribunat . . . mit wider-
streben ansahen. Becker weltgesch.^ 3, 8; es {das auf-
streben der ritter) war unzweifelhaft ein culturfortschritt,
aber er wurde theuer erkauft . . . durch kunstvolle aus-
bildnng der Standesvorrechte und vorurtheile. Freytao
18, 10 {in der »onderauag. der 'bilder' 2, 1, 6 dafür-, standes-
privilegien); wenn er {der bauer) auch alle tage wilderte,
8o hielte er es doch für unstandesgemäsz wildpret zur
Hochzeit aufzutischen , weil die jagd und flscherei das
standesTorrecht der vornehmen herren ist. Rikiii, d. d.
arbeit 25; der ritterliche dichter spricht es oft und klar
genug aus, dasz das dichten eigentlich ein Standesvorrecht
des adels sey. 96; während die französischen cdelleute,
erbost ober den vertust ihrer standesvorrechtc, mit dem
landesfeinde vereint gegen ihr Vaterland in den krieg
gezogen waren. Treitschke d. geseh. 8, 107.
STANDESVORSTELLUNG,/.: dagegen setzte sich in
ihr die itandesvorstellung . ., dasz sie bestimmt sei, mit
einem Hechelkramischcn fUrsten in zärlliche verh<nisse
xo treten, immer fester in ihr. Immermann Münehh.
1, » (1. 1).
STANDPi^VORTHKIL. m..- die bevorrechteten befanden
im besitz ihrer •tandcsvorthcile sich wohl. Brckkr weit
ge*eh. is, 60.
STANDK.SVORUKTHKM>. n. ein rechte« wrllkind. In
religiontvachen ganz aufgeklärt, dagegen erfüllt von
standesvorurtheilen. Varnhagen fageb. 8, 1.35; es blieb
kein zweifei mehr, Elisabeth war die schöne grälin, welche
das standesvorurtheil so unglücklich werden liesz. Mosen
7,429; sie {Ilse) vergasz ihren zorn über standesvorur-
theile . . . und blickte unverwandt auf die junge fürstin.
Kreytag 7,209 {verl. handsc.hr. i,i).
STANDES WAHL, /. : lebens- sive standeswahl, gene^is
vit(te electio. Stieler 24€8; Standes- ö stands-wahl, /.
elettione dello stato ö genere di vita. Kram er dict. 2, 931».
auch jetzt üblich {dafür häufiger berufswahl).
STANDESWAPPEN, n., -wapen 'ein wapen. toeMies
jemand vermöge seines Standes, d. i. seiner Verhältnisse in
der bürgerlichen gesellschaft führet; zum unterschiede von
einem geschlechtswapen , heurathswapen , gnadenwapen
und so ferner'. Adelung; freier: der wahn wird ein
nationalschild , ein standeswappen , eine gewerksfahne.
Herder 17, 230 Suphan {human, br. 46).
STANDES WEIB, n., vgl. standesdame, -frau und -person:
Statira, des königes Darii gemahlin, wurde ihrer zeit vor
die allerschönste gehalten, welche aber in der gehurt
starb, und so ist es auch andern hohen Standes weiborn
ergangen. Sperling Nicodemus quaerens i (1718), 1148.
STANDESWERK, n.:
wer der jähre frische stärke
leget an die slandeswerke,
stehet so in runder weit,
dasz er steht, wenn sie gleich fällt.
LoGAU «. 083 Eilner {anh. 12, 10).
STANDES WERT, m. : andere fürchten, ... der Sprach-
schatz des hochdeutschen könnte durch diese . . . aner-
kennung der mundart . . . herabgezogen werden. . . . auch
diese furcht scheint mir eitel, denn auch für den unter-
schied der ausdrücke und Wendungen nach ihrem ver-
schiedenen standeswerte, wie sie in verschiedenen schich-
ten gewissermaszen über einander lagern, bringt der
Schüler bereits ein gewisses gefühl aus seinem lebens-
kreise mit. Hildebrand sprachunterr.^ 69.
STANDESWIDRIG, adj. • es giebt ganze landstriche im
deutschen vaterlande, in welchen dem adel, ein buch zu
lesen, noch immer für standeswidrig gilt. Immermann
Münehh. 1,214 (2, 10).
STANDESWUNDE,/.: 'Louise Millcrin' . . . griff bis zum
aufzucken schmerzhaft in die wunden der gegenwart, in
Standes- und regierungs-wunden. Lvure 4, 233 Hauben.
STANDESWÜRDE, /.; gunstiger und Standeswürden
nach geehrter leser. Opitz 3,5; mit einem hops hoch in
die luft springend, schüttelte Ivo die ganze last der
{geistlichen) standeswürde von sich ab. Auerbach durf
gesch. 1, 186.
STANDESZEICHEN, n. zeichen, das den stand, rang
einer person anzeigt, insignie. Campe, in der heraldik
'weibliche Standeszeichen, zur Unterscheidung des jung-
flauen-, ehe- und icitttcenstandes umgab nuin die dornen
Schilde und zwar der jttngfratien mit rosenguirlanden .
blumenkränzen uiul dgl., die der verheiratheten frauen mit
verschlungenen schnüren {liebesseile) mit scJtiebknoten und
die der witttoen mit blosz verschlungenen schnüren ohne
knoten'. Gritzner herald, terminol. (■— Siebmachkr
wappenb. einl. B) 184.
STÄNDETAFEL, /..• er {der kurfilrst) komme nämlich
{an seinem geburtstage) um sechs uhr abends gerade zur
stunde, wo vor zeiten an der ständetafel die gesundhoit
ausgebracht worden sei..., in das gelbe commoden-
zimmer. Immkrmann Münehh. l, ih (i, is).
STÄNDETAG, m.. vgl. ständcversammlung: in wehren-
dem diesem reputatlons (sonst bey reich» collegialde-
putation-sländ- und kraisz tagen mit schnnd und schaden
gewohnlichen und vcrdamlichen) pripcedontz und ehren-
zanck. Philanukr l.SöO; als mitglicd der Inndsohaft reist
er noch zum ständotage. Frkytag 17 {fiUder J). •<>.
STÄNDETHUM, n. »onderung nach »landen, vgl. stände
wescn: die abneigung gegen die Überreste des mitlelaltcr
liehen ständethums. Brckrr tceltgesch.* u,M; nebenher
bereitet man hier die Schleichwege, um aus der kon
stitulion in da« alte ständethum zurückzukehren, Varn-
HAOEN taget. 8, SS.
STÄNDEVEREINIGUNG./.; zu gleicher zeit fühlte «ich
der dritte stand durch die Verdoppelung angcBlaohclt.
auf irgend einem \ve|{e pieicliwolil /.um ziele der stände-
761 STÄNDEVERHÄLTNIS — STANDFEST
STANDFESTE — STANDFESTIGLICH 762
Vereinigung (gemeinsamen berahing der 3 stände) zn ge-
langen. Dahlmann franz. revol. 153.
STÄNDEVERHÄLTNIS, n. : besonders auch in beziehung
auf die ständeabtheilung zeigt sieh die Verschiedenheit
der . . . Perioden und grundgesetze der gesellschaftlichen
zustände wirksam, daher finden wir so verschiedenartige
Ständeverhältnisse in den verschiedenen Staaten, die
ständeabtheilung bildet den knochen- und gliederbau der
gesellschaft. wo die gesellschaften in ihren grundprin-
cipien . . . verschieden sind, da müssen auch die stände-
verhältnisse verschieden werden. (Rotteck-)Welgker
stuatslex.^ 13, 718.
STÄNDEVERHANDLUNG, /. Verhandlung der stände
(9, b): keine kritik der bundesverfassung ist erlaubt, keine
besprechung der Ständeverhandlungen in andern bundes-
staaten. Varnhagen tageh. 2, 276.
STÄNDEVERSAMMLUNG,/. Versammlung dei- stände
(9, i) eines landes, einer provinz, landtag. Campe, dafür
auch ständetag. entsprechend dän. staenderforsamling. noch
getrennt: in seiner stand versamlung bei Schuppius 19,
s. stand 9,b. gar gerne hätte Margaretha gesehen, dasz
ihr vergönnt worden wäre, ihre Statthalterschaft von
{l. vor?) einer solennen Ständeversammlung nieder zu legen.
Schiller 7, 327 {abf. der Niederl., schlusz); die Ständever-
sammlung in Hessen. W. Grimm kl. sehr, l, 536 {überschr.);
das schreiben des hannoverschen ministeriums an die
Ständeversammlung vom 7. juli, worin des königs be-
denken und vorbehalte gegen die befugnisse der national-
versammlung ... ausgesprochen waren. Hoffm.^nn von
Fallersleben mein leben 5,35; schlieszlich beschwich-
tigte er die ängstlichen, die in jeder Ständeversammlung
den keim zu einer revolution sahen. M. Lehmann Stein
1,259; jeder abgeordnete hat das recht, in beziehung auf
die zum Wirkungskreise der Ständeversammlung gehörigen
gegenstände seine wünsche und antrage in seiner kammer
vorzubringen, bayr. verf. tit. 8, § 20, s. Bach EM Staats-
lex. 4, 493.
STÄNDEWAHL,/.: jeder wollte die Verfassung und
das Wahlrecht revidieren und die bürger zankten sich,
'ständisches prinzip !' sagten die einen , . . . 'allgemeines
Wahlrecht I' sagten die anderen. . . . noch andere schrieen :
'allgemeine ständewahl!' und vielleicht wuszten sie sogar,
was darunter zu verstehen war. Th. Mann Budden-
brooks 1, 250.
STÄNDEWESEN, n. gliederung eines volkes nach ständen
und die darauf beruhenden einrichtungen: die drohung, die
stände nicht mehr einzuberufen, zeigt unwidersprechlich,
wie dies ständewesen auf nichts beruht. Varnhagen
tageb. 2, 163; sie meinen, . . . man werde ihm (dem könig)
sein ständewesen unvermerkt in ein vollständig kon-
stitutionelles verwandeln. 4,77; eifrigst wünscht Stein
{der preuszische minister) die entwicklung des stände-
wesens. Hall. lit. zeitung 1847, 2, 134 ; hier Ist keine spur
mehr vom alten ständewesen mit dem unantastbaren
recht ihrer gesonderten existenz. Bluntschli -Brater
deuttches staatsirb. 3, 824; im Zeitalter der reformation
keimt das moderne bewusztseyn der ehre der arbeit und
zugleich beginnt das mittelaltrige ständewesen abzu-
welken. RiEHL d.d. arbeit 27; das ständewesen {der alt-
germanischen zeit) wurde durch die gegensätze der rechts-
fähigkeit und der rechtlosigkeit, der freiheit und der Unfrei-
heit bestimmt. Brunner d. rechtsgesch. l, 95 {vgl. das reg.).
STANDFÄHIGKEIT, /. stabüität, das vermögen eine»
körpers. seine Stellung zu, beluiupten.
STANDFEDERWILD, n.. vgl. Standvogel und stand-
I wild. Beulen 5,673.
STANDFEHLER, «i. 'unterschied zwischen dem beobaeh-
I teten und dem berechneten stände', z. b. des barometers.
Stenzel seemänn. wb. 397'.
STANDFEST, adj. fermo, sodo nel suo stato 6 posto,
i met. constante. fermo. Kramer rficf. 2, 931*, danach Caupe ;
V^m^besonders im ülttrn nhd. für das gewöhnlichere standhaft
IhP atich nd. , mnd. dat standvaste unbewechlyke ertryke.
' ScHiLLER-LOnBEN 4,863", neund. standfast, -fest hand-
fest, stämmig, en standfaste junge. Schambach 208*, vgl.
dän. standfast. das wort begegnet in der hd. Schriftsprache
besotiders im n. jahrh. {vgl. Gomdert bem. u. erg. 3,1),
vereinzelt indessen schon früher {teie auch später): fürst
I Gotfrid, da er das gantz her gemustert het vor Nicena,
I hat er gehapt . . . 600,000 zu fusz und 100,000 zu rosz , in
' standfestem, cristenlichem glauben sint verhart, qttellen
; zur gesell, des bauernkr. 117 Baumann (N.Thoman Weiszen
horner hist. zu 1525) ; dann was kan doch . . ainem men-
: sehen auff erden vom glück widerwertigs zästeen, des
sich nitt der gedultig standfeste kärel . . . on auffhören
: genietet hatt. Schaidenreisser Odyss. (1537) rorr. 3";
i bisz erst in dem achten jare der strenge standveste Orestes
gen Athen gezogen, sein vater gerochen. 12* (3, 306/.); dasz
unsere rechte und gebliebene Deutschen so einen überaus
treflichen muht und standfeste angebohrenheit . . . gehabt
haben. Zesen Eosenmand 165; dasz das glück, nicht, wie
sonst, auf einer wankelbaren kugel stehend, sondern auf
einem standfästen Viereck sitzend, allhier ausgebildet
worden, v. Birken ostländ. lorbeerh. 251; weil di trennung
von denen personen, welche ich so hoch als ihn ehre,
mir so smerz- und herz-empfindlich, das ich auch solche
mit standfesten gemütte zu erdulden, di swerste müh
von der weit ertragen mus. Bltschky hocJid. kanzdley 95;
der den grund seines Vorhabens und seiner mühsamen
hofnung nicht auf gott, dessen wort und die standfeste
tugend bauet. Schottel 29; ich bitte dich, dreh mich
nicht so herum, mein magen ist nicht recht standfest.
SItakesp. stürm 2, 2 ; ihre {der russischen armee bei Kuners-
dorf) stärke lag in dem standfesten fuszvolke und in
der artillerie. A. Schaefer gesch. des siebenj. krieges 2, l
(1870), s. 301. die ursprüngliche sinnliehe bedeutung 'fest-
stehend' ist zuiceilen noch bezeugt: palatium stellanimfixa-
rum, qttae stellae dicuntur sta.ndfeste steme. Stieler 472. —
adverbial: bleibet also standfest, das keiner unter allen
den meinen, dem ich liber freundschaftdinste zuerzeigen,
begirlich verharre, als einig dir. Butschky hochd. kanz.
s. 65; bleibe ich standfeste, dein treuer fr. N. N. 155; das
man bey zerschütterung und bewegung der weltlichen
dinge . . . standfest und unbeweglich beruhen und aus-
tauern soll. 682. — schon früher ist das abgeleitete ab-
stractttm bezeugt, s. das folgende.
STANDFESTE,/, beständigkeit, standhaftigkeit, vgl. stand-
fest und -festigkeit: für standveste sines riches und siner
sei haile dester unnachläszlicher gott zu bitten. Oheim
ehren, v. Reichenau (l49l) 68, 8 Barack; geicöhnlich von der
gesinnung: {als masc.f:) denn der glaube ist und sol auch
sein, ein standfest des hertzen, der nicht wancket, wackelt,
bebet, zapplet, noch zweivelt, sondern fest stehet, und
seiner sachen gewis ist. Luther 8, isg"; ich sich gern
christenliche mannheit und standfeste. Zwingli 2,245;
wiewol man sagt, das einsmals die standveste Photionis,
von des leichtvertigen Jünglings ungestümigkeyt über-
wunden worden. Plutarchus fetifecÄ (1534) 131**; der recht-
schaffene glaub wird in der h. schrifft also beschrieben,
dasz er sey eine vTioaraais eine standfest, oder gewisse Zu-
versicht, wie es h. Lutherus gegeben hat. Creidius (1652)
1, 310; objectiv geicendet: damit aber der glaub ein gewissen
grund habe , darauff er fussen , und unser hertz ein ge-
wisse standtfeste, daran sichs lehne und halte. Mathe-
sius trostschr. für e. betr. matron. (1565) Ks». später nur
Standfestigkeit.
STANDFESTIG, adj., seltne xceiterbUdung von standfest:
mussul-man : ... ist standfestig im glauben , und durch
disz wort verstehen sie alle diejenige, so die lehre Maho-
mets anhangen. Olearius pers. baumg. 79* (7, 16, anm. c).
vgl. nl. stand-vastigh. vel standaftigh, stabüis. eonstans.
Kilian 2,629".
STANDFESTIGKEIT,/.co»ston«a.i)«-»et'«-aw«<i. Stieler
472; vgl. Kram er dtci. 2, 931" unter standhaftigkeit. mnd.
stantvaslicheyt Schiller-LObben 4, 363". in der litteratur
nicht häufig; durchaus sinnlich und vielleicht als nert-
bildung erscheint es in folgendem beispiel: unsere pfähl
männer bedrängte er wenig, dasz die drei langen tafeln
eigentlich keine tafeln, sondern aus quergelegten prügeln
nicht allzu eben hergestellte flächen waren; lagen doch
bastdecken darüber gebreitet, welche das so ziemlich aus-
gliechen und den schusseln einige Standfestigkeit gönnten.
Vischer auch einer 1,866. — als ausdruck der mechanik
für Stabilität.
STANDFESTIGLICH, adj. adv.. gleichbedeutende loeiier-
hildung zu standfest(ig):
763 STANDFIEBER— STANDGELD
standtfestigklich gelaub ich das.
^fuRNER vier ketzer 1 8» (vgl. Ch. Schmidt
hist. wb. der dt. mundart 337») ;
kein besser opffer man als glaubigs hertze find, . . .
wordurch wir gantz auff ihn unwanckelmüthig bawen,
wordurch wir auff sein wort standtrestiglich vertrawen,
Opitz 4, 321 (//. Qrotiut 2).
STANDFIEBER, n. ßeber, das an einem orte beständig
herrscht.
STANDFISCH, m. von fischen, die ihren stand, atifent-
haltsort nicht verändern, pisces permanentes. Nemnich
(vgl. stand 4, n).
STANDFUSZ, m., vgl. standbein: sie hält sich zwar auf
einem fusze, allein sie drückt den andern an den Schenkel
des erstem. ... der standfusz, ... das angeschlossene
knie, alles gibt den ausdruck des stationären. Göthe44,197.
STANDGEBÜHR,/. • stand-gebühr, stand-geld, locantim.
pecttnia pro sfutione forensi. Frisch 2, 318**; ferner hei
Adelung. Jacobsson 7,427», vgl. unter Standgeld. (re>--
schieden von Standesgebühr, s. das.)
STANDGEFÄSZ, n. in apotheken. gefäsz zur aufbewah-
rting der vorrätigen arzneistoffe. Brestowski handwb. der
pliarmMcie 2, 617''. s. auch Stenzel seemänn. tob. 397''.
STANDGEHÄUSE, n. .• das unausgesetzte leise schnurren
in dem hohen hölzernen standgehäuse der alten uhr.
Marlitt heidepri/izeszchen 58.
STANDGELD, n. gebühr für einen stand (4, d) auf dem
markte, vgl. standgebühr, stall-, statte-, stellgeld: stand-
gelt, Solarium. Stieler 682; bodenrecht, . . . pectmia fo-
rensia. quae in nundinis a mercatoribus solvitur, alias
standgelt. 1549, s. auch 2651 ; postatico, cid che si paga per
la posta sul mercato. Kramer dict. 2, 931"; 'dasjenige geld,
welches jemand von seinem stände . . . auf dem markte oder
den öffentlichen gassen zur markt- oder Jahrmarktszeit be-
zahlet; die standgebühr, in einigen städten das bohlengeld,
stättegeld, im mittlem lat. estantagium.' Adelung; 'stand-
geld, marktgeld, platzgeld, stätegeld, standgebühr, boden-
zins, wird dasjenige geld genannt, so die, welche auf einem
markte eine bude oder stand bestehen und feil haben wollen.
entrichten müssen.' Jacobsson 7,427», *. auch Frisch unter
standgebühr und Gengler stadtrechtsalterth. 139. die
belege beginnen mit dem ende des 15. jahrh., s. Lexer
handwb. 2, 1138 {beleg v. 1494): nachdem . . . die gozhaus-
richter vermainten, furpasser dieselben markt zu behueten
und berueffen, inne ze haben und das stantgelt einzu-
nemen. tirol. tceisth. 4, 551, 6 (um 1500); dasz er allein oder
sein geordent bevelhaber ... zu failem kauf fürlegen und
unbeschwert ainicher meute, zöUe, standgelt noch anderer
anmutungen . . . verkaufen mügen. Aventin werke l, 47, 7
(urk. v. 1518); es sollen jährlich 2 burger verordnet werden
die das ganze jähr stant und hittengelt an st. LeopoUs
tag . . . einnemben. steir. taid. 137,9 (vom j. 1547); damit
das gewöhnliche maut- und stantgelt durch das markt-
gericht zu Weiz . . . megen eingenomben werden. 185, u
(n. jahrh.), vgl. das sachreg.; die gewöhnlichen Stand-
gelder auf den markten sollen durch vier bestellte männer
gegen einem taglohn von achtundvierzig kreuzer . . . ein-
gehoben werden, tirol. weisth. 2, 20i,35 (handschr. w. 1815);
ein erhöhtes Standgeld (in der markthalle zu Berlin) be-
wirkte eine erhöhung der marktpreisc. neue preusz. zeitung
1872, nr. 102, 2^;
weil jetzund geht ein jarmarck an
hie in der statt Constantinopl,
aoU man den zoll uns geben dopl,
desgleichen wach und dasz standtgelt.
Ayrbr 1832, 33 Keller.
mundartlich und landschaftlich t. th. mit abtoeichenden
bedeutungen: »chweiz. Standgeld Stalder 2,391; im Schweiz.
idiotikon 2, 209 wird auner der obigen bedeutung (belegt
W29, 1&60 u. «,) angegeben t) 'abgäbe vom viehauftrieb auf
die o/p' (1888) uml 8) 'geriehlsgebühr' (\eas); dazu stand-
gelter, m. 'obrigkeitliche peraon, tcelehe das Standgeld (l)
betog'. preusz. sUndgeld jährliehe miete für eitlen festen
ntxpiatt in der kirclie. Fhisciibif.h 8, bäI*. nd. waldeck.
iUntg<. Bauer •CoLLiTZ 98'', ostfrirs. standneld '«in-
ttamdtftld bei einrr Verpachtung auj mehrere jähre, baare
pa^teauHon. weldie auf die pacht de» leUten jähre» gtkünt
vmäem kann'. StOrrnburo 261% vOkrend im «wm« de»
hd. Standgeld släägeld gesagt wird. t6«>; dagigtn kmvf
STANDGELTE — STANDHAFT*
764
TEN DOORNKAAT KooLMAN 3, 300» Standgeld in beiden be-
deutungen. (vgl. auch schwed. st&ndpenningar.)
STANDGELTE, /., für stände, stdlfasz, kufe-.
der standgelten hab ich nit vergessen
dar ynnen wir kelte[r]n wollen den wyn.
hmzrat (Straszb. um 1514) c4«.
STANDGEMÄSZ, adv.. ungewöhnlich neben standes-
gemäsz, doch mit besonderer miance der bedeutung: man
wird hier wie überall finden, dasz die Wissenschaften ihren
nothwendigen, stillen oder lebhaften fortgang nehmen,
indesz es denjenigen, die sich standgemäsz (von amts-,
berufswegen) damit beschäftigen, eigentlich um besitz und
herrschaft vorzüglich zu thun ist. Götuk 45,378.
STANDGENOSSE, m., in nd. form stant(ge)note, stand-
enote, bezeichnung der schaffen oder beisitzer im ältesten
niedersächs., besonders westfäl. gerichtswesen, s. Haltaus
1729/. SCIIILLER-LÜBBEN 4, 363». BrINCKMEIER gloSS.
diplom. 2, 573'' : dair over und an wercn die frommen und
vesten man, als stantgenoten und dingpflichtigen des
gerichts . . , alle fryschöffen des richs. urk. v. 1458 bei
Haltaus 1729; mit einer gemeinen eintrachtigen folge und
fulbert der dingpflichtigen und stantgenossen des gerichts.
urk. V. 1470, s. ebenda; hyr weren mede, by, an und over
tho tuchluden und standnoten dusses gerychtes van beyden
vurg. parthen hyr tho geeyschet ... de erber her Simen van
Hoerde u. s. w. tveisth. 3, 123 (Warendorp iMi); hir weren an
und over stantgenoten des gerichts ... 121 (Herzebrok 1552).
STANDGERICHT, n. gericht, bei dem das urtheil sogleich
nach dem verhöre gefällt und unverzüglich vollstreckt wird,
als au^nahmegericht im kriege oder bei aufnihr, jetzt
militärgencht für Strafsachen der niedern gerichfsbarkeif,
r^i. standrecht. Krünitz 169,622. v. HoLTZENDORKFrec/*^«-
lex.^ 3, 776/. Bachem staatslex. 3, 1339. Stenzel seemänn.
u-h. 397^: man soll keine gericht nit halten, man habe
dan das baugeding ehe und zuvor gehalten, doch magh
man in mitler zeit not- und Standgericht halten, tceisth.
6, 649 (Andernach 1500) ; wenn nun ein stand-gericht ge-
halten wird, so pfleget der general- oder rcgiments-
auditeur . . . unter freyen himmel zutreten, und die ersten
officiere, die er nur ansichtig wird, zu sich zu nehmen.
Fleming t. soldat 503»; die veränderting der grundvor-
stellung beweist der neuere ausdruck ein Standgericht nieder-
setzen: in der that setzte er nach beendigter mahlzeit
noch vor tagesanbruch ein Standgericht nieder, welches
die Verfolgung und aburteilung der Urheber des schlosz-
brandes aussprach. Keller 7, 238.
STANDGERÜST, n. gerüst zur aufführung von um
fassungsmauern . aus stand- oder rüstbäumen be.tffhend.
auch hauptgerüst.
STANDGESANG, m.: bei der strophe (wendung) be-
wegten sich die sänger des halben reigens von der rechton
zur linken . . . und dann sang ... der ganze in der mitte
der bühne stehende reigen den epodos, den man den
Standgesang nennen könnte. Stolbero 10, 307.
STANDGLEICH, adj., vgl. standesgleich: als eine ge-
nossenschaft freier, standgleicher, — unter sich verband-
reicher handreicher — landstreicher und landschleicher.
UCckert (1882)11,519 (i2. mak.).
STANDGOTE, m., in der Srhirriz götti, ateUvertretender
taufpate, dazu das fem. standgotta. Todler 406"».
STANDGRUBE, /. grübe, die beim fällen eine» bawne»
entsteht; der erdraum, worin er gestanden hat: andere
krochen in der standgrube herum und durohsuchton das
erdreich. Keller 5,281.
STANDHAFT, adj. constan». ableitung von stand, er.st
seit anfang des te. jahrh. bezeugt: constan» . . . stanthnfft.
DiEF. gloss. 146» (voe. ex quo vor 1621); eonstatut, steyfT,
firmus. perseveran», cerhut, indubitatus. Maai.kr SKt'';
standhaft, et standhaflig, it. bestilndig, adj. et adve^b.
con»ton», ßrmu», .stalnlis, it. per»everanter , eonstanter.
Stiklbr 21tt; stand haft, standhaflig, adj. stabile, fermo,
eotlante, »odo. v. standfest, beständig. Kramer «/tc^. 2,98t»,
». ferner Strinbacii 2, 671. Frisch 2, 8I8''. Adkluno.
Wekiand 2. 79«. aeitsehr.f. d. xoortforach. 8, 284^ («cAtmi.
Standhaft Hunzikrr ».V).)
1) tunäch»t in sinnlicher bedeutung.
a) gana eigentlich, wo» »einen stand behaupM, fett »teht,
nicht utr{flUlt oder eit^/tiUt; 'dauerht^ft, geediickt, lange zu
765
STANDHAFT
STANDHAFT
766
stehen und zu dauern, besonders von gebunden; doch nur
in einigen besonders oberdeutschen gegenden. ein stand-
hafter, dauerhafter, bau'. Adelung (l). so verlangt ein
akad. commissionsbericht von 1771 ein standhaftes gewächs-
haus für den botan. garten, s. E. Baumstark die univ.
Greif sicald vor 100 t«. vor 50 jähren (1866) s. 35.
b) die bedeutungen des feststehenden und des ausdauernden
sind deutlich vereinigt in folgenden stellen: noch heute
begreife ich nicht, wie es möglich gewesen ist, ohne um-
werfen durchzukommen, oder wie selbst die standhaftesten
räder eine solche fahrt aushalten können. G. Fritsch drei
jähre in Südafrika 61; adverbial: das fuhrwerk, in dem
ich zu reisen, beschlossen hatte, war eine zweirädrige
cape-cart, standhaft gebaut und breit. 40. — nach Campe
auch: dies fasz, dies glas ist sehr standhaft, dauerhaft.
c) von lebenden tcesen tcird standhaft im allgemeinen
nicht gesagt, nur vereinzelt von dem {persönlich gedachten)
glück, im gegensatz zu der gewöhnlichen Vorstellung, die es
auf einer rollenden kugd st^tvebetid denkt, vgl. sinwel 5, a,
theil 10, 1, 1222:
und wirt das sinwell ?lick standhaSl.
Weckherlin 436 (od. 2, *, 8).
d) ausdruck des bergbaus. standhaftes oder sehr festes
gebirge, das sehicer zu durchbrechen ist und icorin die atis-
gebrochenen Öffnungen ohne Unterstützung offen bleiben
(gegensatz: brüchiges, rolliges, schwimmendes gebirge).
ScHEUCHENSTUEL 92. vgl. ständig 1, e.
2) daran schlieszen sich freiere vericendungen.
a) im bilde: ich halte gäntzlich dafür, es sey christ-
lich und wohl geredet, dasz man sich einig und alleine
auff die gerechtigkeit, welche uns von Christo geschencket
wird, als auff eine feste und standhafft sache, lehnen und
stemmen müsse. Sperling Nicodemus quaerens 2 (1719), 260.
b) im sinrie einer ununterbrochenen erstreckung, zunächst
räumlieh ■ 'im bergbaue brechen die erze standhaft , icenn
sie sich in einer beträchtlichen tceite erstrecken, und nicht
blosz in kurzen nestern oder nieren vorkommen'. Adelung (2).
c) sonst nur in zeitlichem sinne, längere zeit hindurch
gleichmäszig fortdauernd, z. b. die Witterung ist standhaft.
{nicht allgemein üblich.) auch geradezu für ewig, unver-
gänglich : dnimb weil ich ja mnsz sterben,
so wil ich mich bewerben . . .
umb ein standhaffles leben,
das Christus mir kan geben.
Königtb. dicMerkr. s. 74 neudr.
gewöhnlich mit dem nebensinn des standhaltens gegenüber
äuszem einflüssen: gut blüt gibt ein gute complexion,
ein gute complexion ein standhafft gesundheit. Nazarei
vom alten u. neuen gott (l52l) s. 62 neudr. ; so bald ich
nun selbiges {epitaph) mit standhafften färben zierlich aus-
gemahlet. Felsenb. 2, 410. — adverbial: diebstahl macht
nicht standhaft {nur vorübergehend) reich. Wander 1,595.
d) auf geistiges übertragen, von äuszerungen u. s. ic, die
{gegenüber der prüfung, erfährung, erprobung) stand halten,
fest, sicher, zuverlässig: ich gebe ihme dis zu einer anfehl-
bahren und standhaften Versicherung. Butschky hochd.
kanzelley s. 187; war ein erbe in schulden so tief ver-
sunken, dasz es sich ohne stillestand nicht retten konnte:
so machte er . . . einen standhaften anschlag vom gute
und dessen schulden. Moser pafr. phant. i, 156.
3) während alle diese gebrauchsweisen nur hie und da
begegnen und der getcöhnlichen rede mehr oder weniger
fremd sind, ist sehr gewöhnlich der gebrauch des wwtes
in sittlichem verstände: standhaft seyn ist ein sittliches
lob. ... im Unglücke musz man standhaft seyn, d. i. ge-
setzt und groszmüthig alles ertragen. Gottsched beob-
achtungen 2^S; 'am üblichsten ist es 3. tm figürlichen ver-
stände, gegen alle reitzungen zum gegentheil, besonders gegen
alle Vorstellungen des scheinguten und scheinbösen an-
haltenden xciderstand leistend, die fertigkeit dieses Wider-
standes besitzend, tmd darin gegründet.' Adelung.
! ^^ o) w»t* synonymen, vgl. oben .- s[t]andhafft und beharrig
I^Bpiff seinem fümemmen, tenax proposiH. pertinax, obsti-
W^matus. Maaler 384"; sprichwörtlich:
I^^B standthafTt und trew, trew und standthafTt,
^^^H machen ein recht trew verwandschalTt.
I^^K ZiNCGKEF apophthegm. 4, 374;
^^H$r^ Wandeh 4. 775. den untersdiied von beständig, dauer-
^^Biaft, ewig bestimmt Gottsched a.a.O., vgl. Adelung:
'beständig bezeichnet . . . eigentlich die Zeitdauer, standhaft
aber zunächst den widerstand gegen die hindernisse. ge-
schieht dieser widerstand gegen rechtmäszige hindernisse,
oder gegen Vorstellungen des wahren guten oder wahren
bösen, so heiszt es hartnäckig, halsstarrig, und in manchen
fällen widerspenstig.' doch \cird zuweilen auch in diesem
sinne standhaft gesagt, s. e. nach Adelung sagt man
dafür im nieders. standfast, s. das. (-fest).
b) zunächst von menschen; attributiv: ein standhafter
mann. Adelung; ein standhafter soldate, fortis et con-
stans miles. Steinbach 2,671; das gemüth eines weisen
standhafften menschen ist wie der Wassermühlen radt,
ob es schon umb und umb vom wasser wird getrieben,
so enderts sich doch nicht. Lehmann y?o»i7^. (i642) 103, 20.
im altern nhd. auch in der anrede:
ach standthafTt, frummer, erbar herr.
H. Sachs 3, 3, 41».
substantiviert: ein standthaffter helt fest wie ein eysener
riegel. Lehmann florileg. (i642) 102, 4. — in abgeschwächtem
sinne: ein so genügsamer standhafter theaterbesucher
wie sein vater konnte Friedrich Wilhelm {IV.) . . . nie-
mals werden. Treitschke d. gesch. 5, 221.
c) sehr gern xcird standhaft als prädicatsnomen ge-
braucht: standthafft sein, constare sibi, substare, obtinere
firmitudinem animi, constare, perstare, perseverare, per-
manere, perdurare, sibi consentire. Maaler3&4''; er ist
standhafft und beharret auff seinem fürnemmen. ebenda;
aber der knab ist so standthaft gewest, das ers dem vatter
verschwigen. Zimm. chron.^ 4, 137, 23; Arpe. ich bin nie
standhaft, um es zu seyn. andre sachen, andre ent-
schlüsse. Malwend. ich bin standhafter, als du, weil ich
da keine ändrung sehe, wo keine ist. Klopstock 9, 285
{Herrn, u. die fürsten 7); es werden die componisten
kommen und eine oper haben wollen; aber da seyn sie
gleichfalls nur standhaft und lehnen sie ab. Göthe bei
Eckermann gespr. i,x'b;
der Adelsteiner gfelt mir basz:
er dOnckt mich sein, standthafft, anfirichtig,
bescheiden, weisz, fmmb und fürsichtig.
H. Sachs 3, 3, 46'i ;
wer war so fest, so standhaft, dem der aufruhr
nicht die Vernunft verwirrte? Shakegp. stürm 1,2.
ebenso gewöhnlich standhafft bleyben, perseverare in am-
stantia. Maaler 384"; restare, rimanere costante. Kramer
dict. 2, 931*; dieser wäre sicherlich auch jetzt noch stand-
haft geblieben. G. F. Meyer Jenatsch 54;
sie liebte und blieb standhaft.
Schiller 5, 1, 162 {dorn Karlog 3, 2);
bleib standhaft und geduldig.
Shakegp. Ant. u. Cleop. 3, 6.
auch: wie bitter ists, den andern standhaft scheinen,
wenn unser herz der macht des schmerzens unterliegt!
Gronegk 1, 222 {Codrua 2, 3).
d) häufig durch die präposition in {auch bei) näher be-
stimmt: standhaft seyn in einem vorhaben, essere. stare
saldo, fermo, costante, immobile in un proposito. Kramer
dict. 2, 931" ; er ist standhaft in seinem vornehmen, stand-
haft in seinem stände bleiben. Steinbach 2,671; in
seiner entschliessung standhaft seyn. standhaft in den
schmerzen, 'tcenn man sich durch die schmerzen nicht aus
seiner gemüthsfassung bringen lasset'. Adelung;
und pleybst gedultig dyse zeyt,
standthafft In tugent, redligkeyt.
H. Sachs /attn. sp. 1, 34 neudr.;
die bestimmung ist zu ergänzen:
o gottes söhn, herr Jesu Christ,
dasz man recht könne glauben,
nicht jedermannes ding so ist,
noch standhaft zu verbleiben.
drum hilf du mir von oben her,
des wahren glaubens mich gewähr
und dasz ich drin beharre.
Hannov. gesangb. 269, 1.
e) selten nimmt standhaft einen tadelnden »inn (hart-
näckig) an, so.
der unterthanen schmerz, der freunde quäl zu sehen, . . .
diesz schrecket meinen muth, diesz ist ein wahrer schmerz:
b«y diesem standhaft seyn, verräht ein hartes herz.
Cronegk 1, 241 {Codnu 9, 8).
so dann auch attributiv, mit änderung der beziehung ein
standhafter lügner, der im lügen standhaß ist, standhaft
lügt {oder der glaubluift lügt-, vgl. 2, d): ob ich wol nicht
767 STANDHAFTE -STANDHAFTGESINNT
so ein glaubgesicherter, gewisser und standhaffter lugcner
bin, als er {Plinius) gewesen. Oarg. s. 160 neudr.
f) standhaft viird häitfig zu abstracten Substantiven
gesetzt, so zunächst, die person umschreibend: ein stand-
haftes gemüthe, animus constans. Steinbach 2,671; man
saget auch, ein standhafter muth, ein standhaftes herz,
ein standhaftes gemüth. Gottsched beobachtnngen ^S;
durch standhatrt gemüt,
und strenge band, die nicht ermüd.
Fischart glückh. schiff 39;
beholt ein standhaflt hertz
und lasz dem glück sein schertz 1
alter Spruch bei Lippkrheide spruchwb. 819".
zu bezeiehntingen von eigenschaften , tilgenden: standhafte
treu, standhafte liebe. Kramer dict. 2, 931»; der unschuldig
leidende, der allen seinen widrigen Schicksalen eine stand-
hafte geduld entfegen setzt. Dusch 6ei Adelung; seine
absieht gieng dahin, ihre standhafte tugend durch die
noth aufzureiben. Schiller 3,561;
hantfest arbeitsamkeyt
und standhafft unverdrossenheit.
Fisch ART glückh. schiff S0\
er (gotf) prüfet durch das kreuz,
wie rein der glaube sei,
wie standhaft die geduld. Hannov. gesangb. 412, 1.
zu verbalbegriffen: standhaflt fürnemmen, fixum, certum
consüium, tenax propositum, animus obfirmatus, obstinatus.
sententia, mens stabilis. Maaler 361^ ; standhafter glaube,
fede costante, forte. Kramer dic^. 2, 931»; krankhafte zu-
rälle, in ansehung deren das gemüth das vermögen be-
sitzt, des gefühls derselben durch den blosen standhaften
willen . . . meister werden zu können. Kant l,316 {macht
des gem., besclil); dasz die standhafte beflissenheit zu
einem moralischguten lebenswandel alles sei, was gott
von menschen fordert. 6, 273 {relig. 3, l, 5); ein schreiben . .
von dem standhaften ende des märtyrers Blasius Alexander.
C. F. Meyer Jenatsch 96.
g) ebenso tritt standhaft dann auch zu verben, als adverb :
er hat es standhaft vertheidiget. Steindach 2,671; was
ist es, das da macht, dasz wir uns zuweilen eines ge-
heimen kummers standhaft entschlagen können, indem
die Vorstellung, dasz wir unter dem schütz einer höchst
gütigen vorsieht stehen, uns aufrecht erhält? Lichten-
berg 1,115; denn freilich ist es leichter zu sterben, als
ein qualvolles leben standhaft zu ertragen.. Göthe 16,67;
nun und bey dieser männlichen rechte ! schwör ich euch
hier, treu und standhaft euer hauptmann zu bleiben.
Schiller 2, 48 (räuber 1, 2); frauenzimmer, die mitten im
Unglück so standhaft auf ehre hielten, und meiner Ver-
führung so beherzt widerstunden, müssen nothwendig
geschöpfe der seltensten gattung seyn. 8,567; der kurfürst
weigerte sich standhaft, . . . dem Kohlhaas das freie geleit,
das er ihm angelobt, zu brechen. Kleist 3, 216 Schmidt;
indesz . . . hatte der pater in der küche neben feuer und
rauch standhaft den augenblick erwartet, wo die thüre
in Splitter flog. C.F.Meyer Jenatsch 81; (mit andeutung
der grundbedeutung :)
drum soll mein herze standhaft stehen,
ob mancher wind des kreuzes webt.
Hannov. gesangb. 419, 4 ;
im glück
verl&szt sie mich, die angebome kraft,
die standhaft mich dem unglUck, stolz dem unrecht
begegnen lehrte. Göthe 9, 122 {Tasso 1, 8);
aber ich harret« dort standhaft {//ii'ov l/titeiov), bis die mutter
herankam. Voss Od. 11, 162;
du aber ertrage sie {die leiden) standhaft. 18, 807 ;
ich kann's nicht fassen,
nicht standhaft tragen wie ein mann, dasz sie
mir alles ... so verweigern.
Schiller 6, 2, 806 (don Karlo* >, S).
elwM standhaft behaupten, aliquid firme suatinere. Stein-
HACH t, 671 {,vgl. i,d).
STANDHAFTE, /., begegnet zuweilen im altem nhd.
{Hchweit.) al$ abtiraetttm tu standhaft {xcofilr gewöhnlich
standhaftigkcit): standhafTte (die) constantin. firmitudo
animi. Maalkk S84*>; Camillus . . . hott gern den inneren
Im capitolio bottschafTt gethon, und zt beständiger stand-
hairtc rermanet Stumpf Schweytzer ehron. 168».
STANDHAFTOESINNT. adj.:
das nahm der standbaflgeslnat*
edU OdysMos wahr.
BOrobk n»^ {rl^fiova dvftdv txtnv R. 6, 670).
STANDHAFTIG
768
STANDHAFTIG, adj., gleichbedeutende Weiterbildung zu
standhaft, une dieses seit anfang des 16. jahrh. bezeugt
{bei Keisersberg), s. Böhme, Oerm. 28, 403. sie findet sich
auch im m,nd. als stanlhafftig, stantachtig, «. Schiller-
LÜBBEN 4,363»; nl. standaftigh, standachtigh , stabilis,
constans, firmus, perseverans. Kilian 2,629'' {vgl. die be-
lege in der anm.); jetzt auch in den nord. sprachen: dän.
standhaftig, schwed. st&ndaktig. — standhafitig, unwanckel-
bar, o. coTistant, ferme, perseverant. Hulsius dict. (1616) 306»;
fixus standhafftig, fest. CoRViNUs/on^ lat. 262»; firmus, . .
standhafTtig, fest, gewisz. 265»; constans, standhafftig, be-
ständig. 636»; vgl. Kramer unter standhaft.
l) in allgem^nerer bedeutttng.
a) eigentlich und sinnlich von gebäuden, die fest stehen,
weil sie solide gebaut und gut erhalten sind : ein zerbrochen
bresthalftig buch für ein gütz , ... ein bufellig hausz
für ein stanthafTtiges. Keisersberg narrensch. (1520) 199
{richtig 190)''.
b) freier, fest{ste}iend), vom verbleiben an demselben orte:
wir seyn in dises hohe und ungestimme meer gestürzt
worden , . . . das uns bisweilen gar plözlich und unver-
sehens hoch erhebet und aufwirft, bald auch mit vil
grösserem schaden auf dem seichten sizzen läszt; und
aber stets von einem ohrte zum andern wehet und treibet:
können also nirgends keine standhaftige stelle haben.
BuTSCHKY hocM. kam. s. 699. weniger sinnlich, dauernd:
auff hebreisch heisset 'bleiben' wohnen oder in einem
Wohnung haben, damit ehr wil anzeigen, . . . das es eine
standthafftige wohnung bleibe undt Christum im hertzen
besitze. Luther 33,227,9 Weim. ausg. {zu Joh. 6,56). ähn-
lich auch: dem will ich eyn konigreich standhafftifi
machen, bibelübers. 1,26S {Weimar 1906; Ichron. IS, 11 in
der Zerbster handschr. v. 1523).
c) widerstandsfähig, unveränderlich gegenüber äuszern
einudrkungen : die heilige sprach nennet das gold zahaf,
darumb das es das reineste , lauterste , volkommeneste,
unnd im fewer das standhafftigste metall ist. Mathesiüs
Sar. 41".
d) gleicTimäszig andauernd, von der Witterung: um
pfingsten haben die bäume noch wenig ausgeschlagen,
wegen immer standhaftiger kälte. Schweinichen 3,227.
e) von einnahmen. Zahlungen, steuern u. a. w., die be-
ständig und regelmäszig zu bestimmten terminen erfolgen :
die zehen Vorsteher, sollen ... alle zinse, aufriicbungc,
einkomen und schulde, beide standhafftige und zufellige
manen, und in gemeinen kästen einbringen. Luther 2,263''
(12, 22 Weim. ausg.).
2) in der gewöhnliclien sittlichen bedeutung.
a) ein standhaftiger mensch, homo constans. Stein-
BACH 2, 671 ; über das gedacht im der schaick : es sol nit
also, es ist ein hart, starck, standthafftig volck. Nazarei
vom alten u. neuen gott (l52l) s. 10 netidr.;
das weib . . . hat Bancbanum
den thewren mann zu eim gemahel
gerecht und standhafftig wie slahel.
H. Sachs 4, 8, 8«>.
b) standhafftig gemftt, es gange wol oder übel, mens
aequa. Maaler 384''; welcher art leute berühmter Ver-
schlagenheit . . . keine frau zu klug, kein vorsalz zu steiff,
keine Intention zu fest und keine continentz zu stand-
hafftig seyn kan. Simpl. .ich r. 4,96, i8 Kurz {vögeln. i,li).
c) gern in prädicativer vencendung: das er also lugent-
roich und stanthafftig sey, das er on vermessenheit oder
lügnen Sprech. KRiSRixsnv.no trostspiegel Ee4»; seid standt-
hafftig, o ihrl die ihr keinen bleibenden platz habt; auff
einen stein, der hin und wieder gewKltzct wird, kan
nicht« grinies wachsen. Oi.eahius pera. baumg. «e^ («, l ;
hier in dem sinne: mit dem stände, toorin man lebt, m-
frieden und darin verharrend). — ao besonders standt-
hafftig bleiben, j)eraet>erer, persister, estre constant. HuL-
RIU8 dtr<. 806»; wicwol nun Hioh in soinom üherhliunton
croul7, standhafftig blieb. Schupimus iflo; kein mcnsd
crkcnt sich »eiber.., es sei dan dz er vor bewert wnl
durch leiden, sohand, un<l widcrwcrlikoiic und in di i
selben wUrt er sich lernen kincn, und wie standhnlTii
er Ist. KKiSEnsBEiui emeisno^;
standbaltig ist geblieben
mein her« in w-iderspAl. ^„_. ,
Soltau tUat. vottsl. «. 484 {WilMimMf
«. Ka»»a% 1668).
769
STANDHAFTIGKEIT
STANDHAFTIGKEIT
770
seltneres: gott der herr . . . libet di jenigen heftiger, welche
er mit allerley mühseligkeit, smerzen und gefahr heim-
suchet; nur zu dem ende, das si recht standhaftig werden
mögen. Bltschky hochd. kam. s. 663; sich standhaft er-
zeigen, constanter fortiferqne se gerere. Steinbach 2, 671. —
mit Zusatz: seyd bedachtsamb im schliessen und im be-
schlusz standhafitig, dann es ist besser auff einer reso-
lution bestehen , ob sie schon etwas mangelhafft , als
durch Wandel unnd Wechsel der opinionen nichts ausz-
richten. Lehman ßorileg. s. 102,8.
rf) adverbial: standthafftig, mit bestandt, beharrlich,
constamment, perseveramment. Hulsius 306*; standhaftig,
standhaftiglich, adv. costaniemente, fermamente. Kramer
did. 2,931'; das neuwe testament bezeugt, das die weiber
... im leiden beym herrn standhafftig hüben, jm nach
gefolgt. Reiszner Jerus. (1565)1,74''; ist es nit besser
unnd ehrlicher, streitend standhafftig erligen, als schandt-
lich leben und fliehen. Garg. s. 385 neudr.; das di, wegen
ihres ableibens bey uns habende , stetswürige Vorsorge
uns solches mit sanftigstem gemüte zuertragen, ankühnen
sol, doch nicht so standhaftig, das derer andenken und
ihres todes bedreuung nicht in di gedächtnüs kirchen
unserer herzen einverleibet seyn und bleiben solte.
BcTSCHKY hochd. kam. s. 871; er halte standhaftig aus;
er hoffe gedultiglich und beständiglich. Pathmos s. 343;
doch das allerschlimste hiebey ist dieses , dasz wir nie
standhaft bey demjenigen bleiben, was wir einmal be-
schlossen haben. Heilmann Thuc. 353(3,37);
sei gott getreu, sein liebes wort
standhaRig zu bekennen,
steh fest darauf an allem ort !
Hannov. gesangb. 348, 5.
'standhaftig bauen , das ist, wenn die getcerken recht
baulustig seyn, nach einander fort bauen und nicht müde
tcerden, zubusse zu geben.' Jacobsson 7,427*.
STANDHAFTIGKEIT, /. constantia. abstractbildung zu
standhaftig, bezw. zu standhaft, wie diese im hochd. seit
anfang des 16. jahrh. (Keisersberg) bezeugt, s. Böhme,
Germ. 28,403. vgl. auch nl. standaftigheyd , constantia,
stabilitas, firmitas, perseverantia, fortitudo animi, gravitas.
KiLiAN 2,629'' {jetzt hall, getcöhnlich standvastigheid), soicie
dän. standhaftighed, schiced. ständaktighet. das icort be-
gegnet ausschlieszlich in der ethischen bedeutung, vgl. stand-
haft 3 und standhaftig 2: standhafftigkeit , conßrmitas,
ßrmitudo animi, fortitudo, ßrmitas, perseverantia, gravitas.
Maaler 384'^; standthafftigkeit , beständigkeit , stabilite,
perseverance, fermete, constance. Hulsius dict. 306*; stand-
baftigkeit, quod etiam est beständigkeit, die, constantia,
perseverantia, ßrmitas, ßrmitudo: it. obstinatio, pervicacia.
Stieler 2132; standhaftigkeit, Standfestigkeit,/, costanza,
Stabilita, fermezza. Kr.\mer rfic*. 2, 931''; constantia, stabi-
littis, ßrmitas animi. Steinbach 2,671; vgl. auch die ein-
gehende begriß'sbestimmung bei Eggehs kyiegslex. 2, 977/. .-
standhaftigkeit, feimete, eine tugend, die bey beiden, aus
widerwärtigem glücke entsteht, sie erfordert einen un-
gemeinen muth , welcher durch die kräftigsten Vorstel-
lungen einer erhabenen Vernunft unterstützet wird . . .
die standhaftigkeit äuszert sich femer bey anhaltenden
strapatzen und fortdaurenden beschwerlichkeiten. . . . die
standhaftigkeit ist sehr unterschieden von derjenigen
gemüths-eigenschaft, welche man halsstarrigkeit, opinia-
trete und eigensinn, caprice nennet, jene begleitet jeder-
zeit die Vernunft, und gründet sich auf billige und rühm-
liche Ursachen t*. s. w. und Wetzer-Welte kirchenlex.^
11,724/ {perseverantia, die festigkeit, die »ich nicht ab-
schrecken lässt, im streben nach dem zieh zu verharren). —
belege: so halte ich doch meines teils . . . di stand-
haftigkeit . . . für eine königin, fürstin und regentin, aller
andern fugenden. Butsciiky hochd. kam. s. 774. mit
st/nonymen und ähnlichen ausdrücken : wie das wetter ist,
also bist auch, denn bistu siech, denn bistu gesund,
denn bistu frölich, denn bist du traurig, es ist kain standt-
haftigkait in dir, wenn du dich yetzund hast gesetzt
ganntz, und maynst du seyest gar stät und steiff auff dir
selber, über stund so fallest du ab und ist kain stättigkait
in dir. Keisersberg ha-tz impfeffer (1510) Dd3*; {der teufel)
verfolgte ihn {Jesus) bis zum schmählichsten tode, ohne
gleichwohl durch diese bestürmung seiner standhaftigkeit
X. 2.
und freimüthigkeit . . . etwas gegen ihn auszurichten.
Kant 6, 247 {relig. 2, 2) ; ein frisches gesiebt von der sonne
verbrannt, eine stirne von schweisze bedeckt, und eine
band von der arbeit gehärtet, sieht immer männlicher und
verspricht mehr standhaftigkeit und treue. G. F. Weisze
kom. opern 3, 331 {ärndtekranz 2, 6); das klügste und
sicherste ... ist geduld , nicht rennen und laufen . . . ,
sondern standhaftigkeit, die wege der Vorsehung . . . ruhig
abzuwarten. Hamann 7, 235; wenn ich in dem eigensinne
{eines kindes) künftige standhaftigkeit und festigkeit des
Charakters . . . erblicke. Göthe 16, 41 ; die stände hatten
die macht kennen lernen, die sie durch standhaftigkeit,
eintracht und harmonie in ihren maszregeln gewannen.
Schiller 8,37; die zeit ist ja vor der thür, wo man
! wegen der treue gegen ihn {den könig), der aufopferung und
standhaftigkeit und aller andern bürgerlichen lügenden ...
an den galgen kommen kann. Kleist 5, 435, 3 Schmidt;
darumb jhr drey vil trewe statt
billich in die fuszstapffen trett
ewerer löblichen vorfahren,
die sich einander han erfahren
in standhaffliger trewiichkeit
und trewlicher standhafftigkeit.
Fisch ART dicA<. 3, 338, 186 Kurz.
dagegen mit Unterscheidung: das ist keine standhaftigkeit,
das ist halsstarrigkeit. Hamburg, theater 1, 3, 65. mit ad-
jectivischem attribtit: man spühret an euch, gnädiger herr,
eine gewisse anzeygung der Horatianischen unerschrocke-
nen standhafftigkeit. Garzoni allgem. schatcplatz (1641) 41*.
zutceilen mit einer art personißcation , tcenn als subject
eines satzes oder angerufeti «. ähnl.: ja ich sprach das
'Julius Julius' als wenn es die standhaftigkeit spräche.
Leisewitz Jul. v. Tarent i;
standhaftigkeit geht still, und kommt vielleicht nicht weit;
jedoch sie endiget, wenn sie hat angefangen ;
gewisz, sie nimmt sich zeit,
weisz aber endlich doch zum ziele zu gelangen!
Gleim 5, 311 ;
soeben
dacht' ich noch dran, und rief den kütmen mnt,
die hohe kraft, die unbezwingliche
standhaftigkeit herbei, mir beiznstelin.
Kleist 1, 75 Schmidt {Schroffetift. 3, 1).
mit subjectsgenitiv : standhafftigkeit der gläubigen weiber.
Reiszner Jerusal. 1,74'' {umrande, vgl. standhaftig 2, rf);
standthafftigkeit eines regenten. Garzoni im reg. {s. oben);
80 freier • standhaftigkeit des alters, wenn du mein theil
nicht bist, o so stehe du mir bey, hartnäckigkeit des
Jünglings! Lessing 2,106 {Philotas 6). die ältere spräche
kann auch eine bestimmung objectiver art im gen. hinzu-
fügen: und ob es sach wer, dz dir got sein barmhertzikeit
ein zeit verzüg, und versuchen wolt stanthafftikeit deins
glaubens, so soltu nit ablassen von deinem gebet. Keisers-
berg cristenlich künigin (1514) 37» (rorr.). später mit der
präpos. in: standthafftigkeit in der religion. Zincgref
apophthegm. l, s. reg. — x-erbale fügungen: es erfordert
schon standhaftigkeit, sachen zu lesen, die man mit eben
so viel zeit . . . selbst finden könnte. Lichtenberg 3, 12;
diese thrähnen schwemmten meine ganze standhaftigkeit
weg. Leisewitz Jul. v. Tarent 6; die mutter selbst
schien, da er sich ganz konvulsivisch gebärdete, ihre
standhaftigkeit verlieren zu wollen. Kleist 3, 288 Schmidt,
mit Präpositionen: so last uns von den werken und
Übungen der fugenden, keines weges nachlassen, sondern
in aller standhaftigkeit, bis ans ende dabey verharren.
BiTSCHKY hochd. kam. s. 777; des Volkes, welches nach
jener schlacht die regierung und die führer . . . zur stand-
haftigkeit aufmunterte und seiner opferfreudigkeit ver-
sicherte. Keller 6,411. be.wndera mit standhaftigkeit,
adverbialem standhaft, -igOich) gleichbedeutend: ich will
meinen tod mit standhaftigkeit erwarten. Gellert 4,273;
mit der standhaftigkeit, mit welcher du unerschrocken
dem tode entgegen sähest. Dusch bei Adelung; ver-
stärkt: mit grosser, unvergleichlicher, verwunderlicher
standhaftigkeit. Kram er dict. 2, gsi*"; mein vater hatte . ..
den bau mit groszer standhaftigkeit durchgeführt. Göthe
25, 224 {dicht, u. icahrh. 9); {im bilde:) ein rebenhügel
beugt seinen {des ßusses) stürmischen lauf . . . und zeigt
ihm mit edler standhaftigkeit den weg, der ihn ins meer
führen wird. Kleist 5, 145, 16 Schmidt.
49
771
STANDHAFTIGLICH — STÄNDIG
STÄNDIG
772
STANDHAFTIGLICH, adv., zu standhaftig, in älterer
spräche auch mit der endung -en {eig. dat. plur. des adj.):
standhalTtigklichen, constante»-, statim, perseveranter. Maa-
t.EH 384"; standthafftiglich , constantemenfe , fermninente.
HuLSius dict. (1618) 237*'; wir müssen alle ersinnliche
marter am Christi bekäntnus und liebe willen stand-
liafTtiglich ausstehen. Kramer dict. 2, 931». litteratur-
belege fehlen, stantaf fliehen nae volgen belegt aus
einer Kölner quelle des 16. jahrh. Pfeii-kkr bei From-
mann 2, 454». vgl. das nl. standaftighlick. constanter.
perseveranter, firmiter. Kiman 2,629*".
STANDHALTEN, ».. substantivierter inf., vgl. stand 2, b :
dieses standhalten, dieses erste gelingen war unschätzbar
für die befestigung der gemüther. Dahlmann franz.
revol. 456.
STANDHALTER, m., vgl. stand 2, 6 und das vorige.-
gleich Kamus kein helmsrialter war,
ihm ähnlich kein standhalter war.
RiTKERT Firdosi 2, 470.
STANDHART, w. . s. Standarte i. als pßanzenname :
orchis V. orchis minima. . . . standhart. Mariendrehen.
ScHWENCKFEi.T stirpium cafdl. 148'' (vgl. ständelwurz).
STANDHAUER, m. eine art hirschfänger. UngerKhull
steir. wort seh. 569''.
STANDHETZER, m. agitator subsidiarius, aucciliarius.
Stieler 788 {bei der jagd); cacciatore di posta. Kramer
dict. 2, 931".
STANDHOLZ, n. .- esz wart ach ain grosser aufschlag
im holtz, wasz vormals ayner umb 10 Schilling hett
kauft, müsset er zu duser zeyt umb 15, 16, 17 Schilling
oder weyter bezalen, ursach, die reychen, die aygen für
betten, kauften allenthalben den prelaten und cdellewten
stantholtz ob, liessent das scheitten, fürten das her.
Bau mann quellen zur gesch. des bauernkr. in Ober Schwaben
195 [zu 1534).
STANDHUND, m. cane di rüascio, da ferma, da riserva,
da posta. Kramer dict. 2, 931*' {bei der jagd).
STANDHURE,/.: stand-hur, puttanaccia che lo fä in
piazza aUa sfuggita. v. gassen-hur, it. stehend. Krämer
dict. 2, gsi", danach Campe, {noch jetzt üblich für eine
straszendime.)
STÄNDIG, adj. feststehend, datternd; ableitung zu stand
bezw. standen = stehen, sie begegnet ahd. und mhd. nur
in Zusammensetzungen, s. Graff 6,609. Lexer handwb.
2, 1175. {selbstftändiger in der wendung: dor wider stendig
sin, sich widersetzen, die Lkxer nachtr. 370 aus der Heiligen-
städter Willkür V. 1335 beibringt.) im, nM. findet sich das
wort seit der 1. hälfte des \6. jahrh. (Senuer chron., s. unten),
doch zunächst meist in Verwendungen, die vom heutigen
aprachgebrauehe abiceichen. von den lexicographen hat es
zuerst HuLSius (1616) aufgenommen, doch fehlt es noch
bei Stiele«, und Steinbacii 2,671 setzt es ausdrücklich
als 'vox ratione derivationis solum annofata' an. vgl.
auch noch Frisch 2,318'': ständig, adj. steht selten allein,
aber öffter in der composition. nach Heynatz Antibarb.
2, 441 sagt man ständig {in den bedeutungen 2 und 3, c) 'in
Niedersachsen im gemeinen leben.' {in neuerer zeit ist es
in der bedeutung 2 ganz gewöhnlich.) mnd. begegnet stendich
in zahlreichen belegen, die alle aus der 1. hälfte des iß. jahrh.
stammen, s. Schiller LÖBBRN 4, 387», doch stets in der
bedeutung des hd. geständig, zugestehend {s. theil 4, 1,4198/.);
es ist also von ständig zu trennen, diigegen gehören hierlier
nl. standigh, stabüia, Kilian 2, ßSO» und schwed. ständig.
heute geheint das wort den oberd. mundarten fremd zu
sein, dagegen findet es »ich im mitteld. {fränk. thür.) und im
nifderd.: in Handsrhuhsheim 8tenic(h) Lknz ö?*", westeno.
Klännig Sr.MMiuT 23J. Kkhrkin i,3hh, luxemb. stänncg
GANdLKii VA}, oberhess. Rchdennich Crkcelii'S 804; thür,
sdanig Hkhtkl sprachsdt. 238, schlannig LiRSKNiiERO 204;
nd. atAndig brem. wb. 4, 998. Schütze 4, 180. StOrkn-
BURO SS0^, fitänd(e)ch Baurr Collitz 98>>, stännig Mi 86».
DA!f>fRii.S0B*>, stennig Strodtmann 829. Sciiamiia<:h so»''.
vgl. nwA Wkioani) 8, 79«. Kluoe* 375''.
l) in der altem spräche findet sich Htändig, obwol im
ganzen selten, in mannigfaehrr leneendung, wobei meistens
die sinnliche bedeutung des ittrhens noch deutlich ist.
rt) ganz rigrntlieh i>on menschen findH sich verrinzdt
der adverbiale dat. plur.: d« der honcker dos schwort
hat auszochen, und es der knah gesechen hat, i.st er also
banden aufT der hauptstatt hin und her gelauffcn . . .
also hat er dem knaben slendigen den köpf abgehauen.
d. städtechron. 23, 110, l (Sender Augsb. chron. v. 1.536,
zu 1505, vgl. die var. unter ständling). ständig 'im stehen'
bezeichnet hier also die aufrechte körperhaltung im gegen-
.satz zum liegen, knien u. s. xc, ohne den begi-iff der orts-
bewegung auszuschlieszen.
b) in andern fällen dagegen bezeic/met es gerade das
verweilen an demselben orte im gegensatze zum fortgehen,
so in der Verbindung ständig machen.
a) von dauerndem, fcitein wohnsitz: indesz . . . war
mein endlicher wille, dasz ich in einem jähre nicht
wieder nach Liegnitz ziehen wollte, sondern etwan ins
reich zu einem herrn reisen . . . darum denn i. f. g. auf
andere mittel gedachten, wie sie mich ständig und ver-
bindlich machen möchten, schicken derowegen nach
meinem vater und begehren, er wolle mir erlauben, dasz
ich wissentlich an i. f. g. hof ziehen möchte. Schwei-
nich en 1, 116 {zu 1575).
ß) fliehende zum, stehen bringen: mit diesem aber er-
schien ein verschimmelter . . . mensch; welcher als ein
vermeintes gespenste . . . alle anwesende verjagte, und
ob dieser zwar winckte und ruITte, sie hätten sich für
ihm als einem lebendigen menschen nichts zu befürchten,
so war doch ausser uns beyden niemand ständig zu
machen, bisz endlich könig Erich selbst hierzu kam.
Lohenstein Armin. 2, 887».
c) besonders von zugthieren, störrisch, widerspenstig,
tcofür auch stätig, -isch, vgl. das.: allein hiesz es, restitor,
ein haupt-mangel der pferde, s. stätig, stüttig. Frisch
2, SIS*" ; von ständigen pferden. wann sie im ziehen stille
stehen, und von der stelle nicht wollen ... es ist ein
böse tücke an einem pferde , wanns ständig ist , dann
wann man mit dem wagen im koth steckt, so wollen
sie alsdann nicht wieder anziehen , und soll offt eines
die andern alle ständig machen. Coler hausb. 1,382*';
sie schicken sich zusammen als wie ein alter träger
ständiger esel und ein junges frisches geiles pferd für
einen pflüg gespannet, interitn 180;
jhe edler pferd, jhe arger launen . . .
wie Olli wol ist es worden stendig,
odr ist gelauffen gar unbendig? froschm. P6»;
wie sollt' ich hoffen nur zu langen an das ziel,
da mich ein ständig pferd zurUcke tragen wil.
SCHERKKER Hugo \\l,
s. Fhowmann 4, 186 und Drechsler W. Scherffer s. 251.
s. auch ScHM.*2, 765. so noch jetzt vxstei-wäld. stännig,
s. Schmidt 231. Pfister 283. Keii rein 1, 388.
d) vereinzelt von pflanzen, feststehend:
hier eine eiche, markig, ständig,
die lichte dort, gelenk, lebendig.
Kinkel Otto der schütz 9.
e) als bergicerksausdrtick : ständiges, stehendes gebirge
'festes, in sich selbst haltbares, keiner zimmertmg oder
mauerung bedürfendes gebirge' {s. oben standhaft 1, d):
das verfahren bei der ausmauerung hängt . . . davon ab.
ob das ort, welches ausgemauert werden soll, von mehr
oder weniger ständigem oder von schwimmendem ge
birge umgeben ist. s. Veith 819 (jegensatz: lockere, un
ständige schichten, ebenda); seigere, o</«- stehende, ständige
markscheide, grenze zweier neben einander liegender gruben
f eider, die durch eine vertieale ebene gebildet ist {im gegeti
satze zu der horizontalen flachen oder schwebenden mark
scheide). 884; solche markschuften, es seyen stcndigo
oder flache, sollen getreulich gehalten werden, dasz keiner
verrückt werde, ungar. bergwerksordn. v. 1576, erlätU. 8,
§ 11 6« Tu. WaciNER corpus juris metallici {Leipzig 1791) 85«
2) in neuerer s]>rache fast nur in zeitlichem sinne, von
beständig nicht oder wenig verschieden, dauernd, nicht nur
vorübergehend.
a) tt^friütest von einnahmen, aus- und abgaben, too es dir
rrgelmäszigen zum untereehied von den geUgentUchen, zu
fälligen bezeichnet. %eo iiaMh tu dem begr^ dtr »eitlichen
fortdauer der de* ftttgtttUitn und ttehem himmkommt .-
ständig, »tfMe, aeteuri. itAndige zinss und gOlte, rente»
aaseuriu, ce qui revient de certain. Hdlhius (1616) 806* ;
ständig, -stendig, adj. stato, fisto, certo, frrmo. v. beständig,
ständige renten, ständige oinkommen haben, liaver ren
773
STÄNDIG
STÄNDIGKEIT - STANDISCH
774
dite, entrate ferme, cerfe, ßsse, annuali. Kramer dict.
2,931'=; 'ständige Spanndienste, beständige, welche das ganze
jähr zu bestimmten Zeiten fortdauern, gemessene, ständige
gefalle, beständige, im gegensatze der unständigen, d. i. zu-
fälligen oder veränderlichen'. Adelung.
b) in neuerer spräche auch sonst von dem, was bei ge-
gebenem anlasz regelmäszig tciederkehrt : diese namen
konnten wieder mit der zeit in förmliche und ständige
appellativa übergehen. J. Grimm Reinliart fuchs s. ii;
von Berthold Auerbach ist es bekannt, dasz er weit über
den eignen bedarf gedanken und einfalle verfertigte . .
das bewusztsein dieses reichthums machte ihn ver-
schwenderisch , und wenn er im gespräch mit anderen
Schriftstellern dergleichen kleine geistige nippsachen her-
vorbrachte, war es eine ständige redensart von ihm:
'wollen sie es haben? ich schenke es ihnen'. H. Seidel
.sonderbare geschickten'' 81 (herr Omnid). hier ist ständig
üblicher als beständig, aber doch schon seltener als stehend.
gleich gut sind beide tcörter in Verbindungen icie: ja, ihr
frommen beiden, unter ständigen todesgefahren habt ihr
eure Wahrheit verkündet. Auerbach neu£s leben 2,90.
c) in andern fällen bezeichnet ständig das, was gleich-
mäszig andauert, wo in der regel beständig vorgezogen
tcird; vgl. : 'in Niedersachsen sagt man im gemeinen leben :
... sie leben in ständiger feindschaft.' Heyn.\tz 2, 441.
so: ein ständiger hunger nach neuem ist eine zeitungs-
krankheit. Hippel lebensl. 1,419 bei Heynatz 2,441. —
ungeicöhnlich für beharrlich, gleichmäszig, einheitlich: der
character des beiden {Wallenstein), der meiner meinung
nach auch eine Verbesserung bedürfte, könnte gewisz mit
wenigem ständiger gemacht werden. Karl August in
einem briefe votn 31. ja«. 1799 bei Düntzer Göthe u. K. A.
2,777. — für imme)- gültig : was man auch für seltsame An-
wendungen gegen eine wesentliche Schönheit des körpers
überhaupt, gegen ewig wahre, ständige principien körper-
licher Schönheit ausgeheckt hat. Lavater fragm. 1,59.
d) ständig {nicht beständig) ist im nhd. häufig zur be-
zeichnung von menschen, die eine thätigkeit dauernd aus-
üben oder die ein für allemal tcozu ernannt sind, vgl.
Brinckmeier glossar. diplom. 2,573'': als wir aber jhnen
anzeigen wolten, dasz wir . . . willens weren . . , sie auch
in die gemeinschafft der ständigen priester auffzunehmen
{ufrö'ii^ovq räiv äti UqIiov xaraaT^aat). s Macc. 3,20; die
knappschaft besteht aus ständigen und unständigen berg-
arbeitern. ständige bergarbeiter sind diejenigen, welche
in die knappschafts-rolle eingetragen sind; unständige
hingegen diejenigen , welche nur zeitweilig und mit der
bedingung, dasz sie nach vorhergegangener kündigung
jederzeit entlassen werden können , zur bergarbeit an-
genommen werden, quelle bei Veith bergxcb. 64. — auch
die thätigkeit selbst hat dies beiicort : weil sie zu ständigem
tagelöhnern nicht viel gelegenheit und noch weniger
Stetigkeit haben, so wandern sie als handelsleute in die
Umgegend. Frenssen Jörn Uhl 39. — femer ständiges
mitglied einer körperschaft, und von solchen körperschaften
und collegien selbst, z. b. ein ständiger ausschusz. ständige
garnison in einer stadt u. a. wi. entsprechend ständige be-
festigung. {auffällig ist eine von Campe angezogene stelle,
wo ständig gerade den entgegengesetzten sinn zu haben
scheint: da die vielfältigen abänderungen der senate bei
dem kammergerichte zu manchen klagen anlasz gegeben,
so legt der Verfasser einen plan vor, nach welchem der
Senat künftig nicht blosz ständig sein [also für eine
Session] und eine gewisse bestimmte zeit beisammen
bleiben, sondern perpetuirlicher senat sein sollte.)
e) in neuerer zeit sehr geläufig als adverb , gleichbedeu-
tend mit beständig, forticährend, stets: er ist ständig nicht
zu hause. Heynatz Antibarb. 2, 441 {'in Niedersachsen'
'im gemeinen leben'); er ist ständig auf der strasze. Frisch-
bier 2, S62»; gott und alle seine heiligen engel waren auf
unsrer hochzeit, und die sind ständig beinah sichtbar
um uns, wenn wir allein sind. Hippel l, 162; der geist-
liche herr ... las dann den text aus der groszen, ständig
auf dem kanzelbrette lagernden bibel. C. F. Meyer not-.
1, 191. {in folgender stelle vielleicht eher als prädicatsadj .
zu nehmen : [der mensch] beleibt nit stendig in einem wesen.
Ai.br. v. Eybe 42*'.) so xceit verbreitet in der Volkssprache
Mittel- und Norddeutschlands, s. die idiotiken von Lknz67''
{'auf die dauer'). Crecelius 804. Hertel sprachsch. 233.
Liesenberg 204. Frischbier 2, sei*/- ^- *- Strodt-
MANN 229. brem. wb. 4,994. Schütze 4, 180. Mi 86". Stüren-
BURG 259*'. Schambach 209**; besonders in der verbin
düng stets und ständig Hertel a. a. o. Liesenberg 204.
Danneil sog*». Schambach 209''.
3) besonderheiten, besonders mundartliches.
a) in der altem spräche vereinzelt für '(«» einen) adres
siert': die mit j. k. w. eignen handenn geschribene an
mich stendige credentz {beglaubigung). Heidelberger urk.
V. 1589 bei Dief.-Wülcker 862.
b) im luxemb. bedeutet stänneg bejahrt: 6ng stänneg
frau 'eine frau, die schon bei jähren ist'. G.\ngler 429.
c) andres im nd. so begegnet stendich schon mnd.
(16. jahrh.) im sinne des hochd. geständig, s. oben und
Schiller-Lübben 4,387». ebenso im neueren nd. he will
niks ständig wesen, e»- leugnet alles, brem. wb. i,99S; he
wull nikks ständig staan. Sturen bürg 259''; s. ferner
Schütze 4,180. Mi 86». Danneil 209''.
d) dann auch im sinne von 'schuldig' {der bei jemand
noch etwas 'stehen' hat): wy sünd hier noch wat stennig.
Strodtmann 229; bet nu her to bin ik jou niks ständig.
brem. wb. 4,994; hei is mek nits stennig. Schambach 209''.
e) der bedeutung 2 näherstehend sagt man in Holstein:
ik glov et ständig, sicher, fest. Schütze 4,180.
STÄNDIGKEIT, /. certezza, statezza, fermezza. Kram er
dict. 2, 931", der es jedoch nur in Zusammensetzungen zu
kennen scheint, wie auch Steinbach 2,671. ein vereinzelter
beleg aus dem le. jah7-h. ist imverständlicli und vermutlich
fehlerhaft: wir müssens allhier zu Wittenberg auch be-
kennen, da unser land gar sandig ist, und anders nichts
denn eitel steine, denn es ist nicht ein fett, kostlich
erdtreich. darumb hat . . . einer einmal von Wittenberg
gesagt, Sendioken [?], stendigkeit, du bist ein lendigkeit
(= elendigkeit?), wenn ich dich arbeite, so bist du liecht,
wenn ich dich rige, bist du schlicht, wenn ich dich meie,
so finde ich nicht. Luther tischred. 32''. {druck fehler für
sendigkeit, zu sandig = sandig, vgl. theil 8,lieii?) sonst
ist das wort bekannt seit Göthe und seinen Zeitgenossen
(Lavater) : nach dem maasze, wie der mensch das positife
bemerkt und fest hält, — nach demselben läszt sich, wie
mich deucht, seine kraft und ständigkeit messen. Lavater
phys. fragm. 2, 5, s. 42; sonst selbst in dieser stirne, dieser
gedrängtheit von allem . . . untrügbarer ausdruck von un-
gelernter grösze; stärke; drang der menschheit; ständig-
keit; einfachheit; bestimmtheit! 30, s. 249; lieber bruder
dass du nicht willst ständigkeit kriegen, nicht kannst
kriegen ängstigt mich manchmal. . . . ich bin nun seit
einem jähr in ganz dezidirten moralisch politischen augen-
blicks Verhältnissen und mein herz ist mir so treu und
du — Göthe briefe 3,109 {an Lavater 16. sept. 1776); doch
mangelte dem ganzen treiben das innerliche gleichgewicht,
die ruhe und die ständigkeit. Frenssen Jörn Uhl 309;
sondern die weit soll vor dir stehn,
wie Albrecht Dürer sie hat gesehn,
ihr festes leben und männlichkeit,
ihre innre kraft nnd ständigkeit.
GÖTiiE 13, 127 {Hans Sachs poet. sendung);
die pfeiler sind gegründet
auf treu' und stänaigkeit.
ScHBNKENDORF ba Wackkrnagel Icseb.
2, 1505, 36.
STÄNDIGLICH, adj. adv., ganz verein zeit für ständig (2, a) :
ständiglich, rei-enant de certain a« seigneur, non^i mesure,
ou poise sans diminution par chascun an . . . er hat alle
jähr ständiglich 300 gülden renthen einfallen. Hulsius
dict. 306».
STÄNDISCH, adj. l) tu stand 9,6, 'teelehes nur von
stand, ein land oder reichsstand, aber arteh hier nur t»
den kanzellegen üblich ist, den land- oder reichsständen
gehörig, ihnen zukommend'. Adelung, vgl. Weigand 2,796;
seit Göthe bezeugt utid im 19. jahrh. in diesem sinne ganz
üblich: die ständischen gerechtsamen , gerechtsame der
stände. Adelung; die Ungarn . . . behaupteten die wahl-
freyheit ihrer kröne und foderten trotzig alle ständischen
rechte, welche von dieser wahifreyheit unzertrennlich
sind. Schiller 8, 29; sie (die .Araber) ahneten nicht, dasz
die unbedingte alleinherrschaft durch hinzufügung stän
discher rechte und formen veredelt werden könne. Räumer
49*
775
STANDISCH
STANDJUNGE — STANDLEHRE
776
gesdi. der Hohenstaufen- 1, 36. in neuerem- zeit besonders
ständische Verfassung: da tritt jetzt die ständische Ver-
fassung als eine wohlthätige bindung und Vermittlung
dazwischen {zicischen fürsten und Völker). W. Grimm kl,
sehr. 1,536 {'die Ständeversammlung in Hessen' 1815); die
versuche des königs von Preuszen, . . . eine unklare stän-
dische Verfassung einzuführen, hatten überall Widerspruch
gefunden. Lauue 9,44 Houhen; besser sei es, die stän-
dische Verfassung auf indirectem wege derjenigen in den
alten provinzen gleich zu machen. M. Lehmann Stein
1. 257; ständische Verfassung, österr. sfaafswb. 2, uaff.
ständische Vertretung, Interessenvertretung (Amika in
Pauls grundr.'- 3, 26); ständische gliederung eines gemein-
wesens: der könig . . . nennt das konstitutionelle wesen
ein verfluchtes, und schwört, wir sollen davon wieder
auf die ständische gliederung zurückkehren. Varnhaoen
to^e6. 6, 199; auch ständischer Staat: hier war der Über-
gang von dem ständischen Staate des mittelalters zu dem
obrigkeitsstaat der neueren zeit bereits im zuge. Prutz
preusz. gesch. 1,152; entscheidungskampf zwischen dem
untergehenden ständischen staat des mittelalters und dem
sich allmählich gestaltenden neuen obrigkeitsstaat. I8i;
in dem Staate Friedrichs des groszen war neben den
königlichen verwaltungs- und Justizbehörden dem stän-
dischen Clement nur ein unbedeutender theil von ein-
flusz und Wirksamkeit eingeräumt. Bluntschli-Brater
detttsches staatswb. 3, 824. liäufiger geradezu für den gen.
der stände, so besonders: der ständische ausschusz. die
ständischen Versammlungen. Campe; gestern war die er-
Öffnung der ständischen ausschüsse. Varnhagen f<igeb.
2,112; dasz die ständischen Verhandlungen nur auf den
grund der eigenen blätter jedes landes mitgetheilt werden
dürfen. 4, 74; die frischen krüfte der modernen weit hielten
ihren einzug in die verwahrloste, unter ständischem und
geistlichem drucke darniedergehaltene provinz (ScJdesieii).
Treitschke d. gesch. l, 56. in andern fällen m^hr im sinne
der durch die stände charakterisierten Verfassungsform,
i«i gegensatz einerseits zur absoliiteti monarcliie, andrerseits
zum. modertien Parlamentarismus : je mehr ich die neuen
ständischen sachen betrachte, desto unhaltbarer finde
ich sie. Varnhagen tageb. 4, 48; so trat jetzt bei der
ständischen frage auch in der Innern politik ein bemerkens-
werther unterschied zwischen den beiden männern {Stein
und Hardenberg) zu tage. M. Lehmann Stein 1,258; für
diejenigen, welche nach der rückbildung zum absolutismus
oder doch nach einer restauration im ständischen sinne
strebten, war . . . durch die parlamentarische Situation . . .
ein anknüpfungspunkt gegeben, um die preuszische Ver-
fassung zu suspendiren und zu revidiren. Bismarck ged.
u. erinn. 2,62; dazu: ich wurde zur krilik geneigt, also
'liberal' in dem sinne, in welchem man das wort damals
in kreisen von gutsbesitzern anwandte zur bezeichnung
der Unzufriedenheit mit der bürokratie, die ihrerseits in
der mchrzahl ihrer glicder liberaler als ich war, aber in
andrem sinne, l, 17. so auch substantiviert die ständischen,
anhünger der stände oder einer aolchen Verfassung: die
königlichen regen sich sehr, aber die ständischen bleiben
ihnen nichts schuldig. Varnhagen fugeb.i,ibi. — von
den ständen angestellt • vorgestern eröffnete mir der stän-
dische schauspieldircktor Liebich . . . folgendes. Rah ei.
2, 285. von den ständen unterltalten : die ständischen
landcsbibliotheken zu Cassel und Fulda; ständische land-
krankenhäuser u. «. u>. ». /erner landständisch , theil
0,142; rcichsständisch, theil s,9ll: aller Wahrschein-
lichkeit nach erfüllt die hohe reichsversammlung zu
Rcgensbiirg einen ihrer {der repuhlikaniacften Franzosen)
angelegensten wünsche, indem sie ihnen durch die be-
schlossene lebhafte theilnahme an diesem kriege den
erwünschten vorwand giebt , . . . von dem tage an , da
reichssländische hcero gegen sie agieren werden, das
ganze dcutnchc reich als einen erklärten feind behandeln
zu können. Wiklanu 29,457 {aufa. ülter die franz. revol.
0, IH). — dazu: ein, landesherrlicher und ständischer-
seit* genehmigter, verschlag. Göthk 89, 2tm.
t) gans vertinxelt in ande>-m sinne, einem beatimmfrn
»lande (8) angehörig, eigen. Cami'k: er {Dian) führte ihn
(AllHino) mit begeisterter chrfurclit in die hcilinc weit
des Homer and des Sophokle» ein, und ging mit ilmi
unter die hohem, ganz entwickelten, von einseitiger
stiindischer kultur noch unverrenkten schöngeglieder-
ten menschen dieses zwilling- Prometheus. J. Paul 21
{Titan l), 156.
STANDJÜNGE, m. 'der gauner oder bettler, der seinen
bestimmten stand geu-ählt oder zugeiciesen erhalten hat,
bettler, betteljunge an einem bestimmten platze'. Ave-Lalle-
MANT 4, 610, vgl. stand 4, c.
STANDKEHK, n. beim acheibenschieszen . im gegensatz
zum feldkehr.
STANDKERZE, /., vgl. stall-, Stangen-, stockkerze:
funale ...ßmalia stantkerczcn {i.candele). Diep. </Zos«. 2.'j2*;
rereus perticalis: darnach alle handwcrker betten ire
Standkerzen, quelle bei Sgherz-Oijerlin 1556. danach
Campe. Brinckmeier gloss. diplom. 2,bl?i,^.
STANDKLOBEN, m. bei den schmieden, fuszkloben.
Schraubstock mit bis auf den boden herubgehendem fuaze.
STANDKNECHT, ml, früher 'bez. für gexcisse bediensfete
beim städtischen hochofen iJi Vordernbe^g' . Unger-Khull
steir. wortsch. 569*".
STANDKRÄMER, m. krümer, der einen bestimmten stand
(4, rf) hat, ICO er die waren auslegt.
STANDKREIS, m.: da standen sie aber plötzlich, auf
glattem rasen am schroffen hange {eines hünengrabes),
fest, . . . schon fühlten sich beide von angst und Schwindel
versucht, die jähe tiefe und den standkreis hinabzustürzen.
(FouQUE bei) Kleist 4,234,25 E. Schmidt.
STANDLAGER, n. festes, ständiges lager für längeren
aufenthalt eitles heeres, im gegensatz zum marschlager,
s. Krünitz 51, 88; besonders von antiken Verhältnissen
{castra stativa): dieser {Archidamus) machte für seine
armee ein standlager zurechte {xa'Naae töv argaröv),
in der absieht, das land zu verwüsten. Heilmann Tliuc. 263
(2,71); den sommer darauf fielen die Peloponnesier . . .
wieder in Attika ein, errichteten daselbst ein standlager
{iyxads^öusroi), und verherefen das platte land. 312 (3, l);
{hier im plur. mit umlaut .-) jene {die Sgrakusaner) suchten
sich . . . nach ihren jederseitigen standlägern {tA otxfla
ar^arÖTifSa), die sie dermalen zu Messana und Rhegium
hatten, zu entfernen. 490 (4,25); hohe, alte mauern {bei
Albatio), welche eine art von hof einzuschlieszen scheinen,
werden für überbleibsei der kasernen gehalten, in denen
römische Soldaten gewohnet haben, vermuthlich war
hier schon zur zeit der republik ein standlager. Stoi.rekg
7,223; krankheiten würkten in einem so langwierigen
sisknd\a.?,eT {eitles belagertmgsheeres) noch mehr. Sciuli.eu
9,385; als es geschah hatte der consul T. Menenius sein
standlager ganz nahe {in der anm.: cum Jiaud procul
inde stativa habuisset. Liv.2,b2). Niehuhr 2,230; merkt
ihr dann, dasz die legionen stiller werden, so brecht auf
aus eurem standlager. Grabbe 3, 350 G^-weft^cA,- mit fast
periodischer regelmäszigkeit ward das mäiuierblut auf
deutschem gründe vergossen, weiber, kinder und herden
in die römischen standlager getrieben. Frkytao i"
{biUler l), 48.
STANDLAMPE, /., wofür getoöhnlich Stehlampe, a. das.;
z. b. Karmarsch-Heeren^ 5,265.
STANDLAUT, m., in der uxidmannaapraclie standlaut
geben, verbellen. Beulen 5,673, vgl. dazu fl, 119 {'der
achtoeiazhtind oder saufinder verbellt eine sau oder ein an-
geschossenes thier, icenn er es stellt und laut ttfird"): einer
der kleinen dachshunde schlüpfte geschäftig in den lanp(>n
Schaft eines der Wasserstiefeln, die einige schritte weiter
am bodcn lagen, mit aufstrahlendem aujje foiiite der
Jäger dem drolligen thierchon und flüsterte dem ntädclien
zu: 'schau nur den bürscherl an! glaubt man nicht, der
kleine balg war' schon einmal in einer fuchsröhre ge-
steckt? hörst, wie er 'standlaut uihl!* rief er seelenver-
gnügl. Th. Messerer in der didask.. 23. mrfri 1878; da«
war wie der standlaut zweier Jagdhunde, die ein verendetes
wild gefunden. Ganghupeh der mann im salz i, 08; da
ist's gewesen.., als täten die hund eine wildfährl an-
fallen, und im hochwald haben sie laut gegeben, bniii
helzlaut, bald wieder standlaut. ir>9.
STANDLAZAHOTII. »i. stehendes feldlazareth . hApital
stuhle, Ji.re, zum unterschiede vom beweglichen wtr'- (li.>....>.
den la/iirclh. hApital ambulant. KrOniTZ 5«,ir.r-
STA.Mil.KIlHK, /•. fiir stiitik, .». Cami-k.
777
STÄNDLEIN— STANDLEITER
STANDLER — STANDLINIE
778
STÄ^S^DLEIN, n.. deminutiv
i) zu stand, m.. vgl. Ständchen, besonders 2: ständlein
(das, dimin.) idem (ac Ständchen, statiuncula). Steinbach
2, 671. in den spätem Wörterbüchern nicht mehr aufgeführt,
s. aucJi ständerlein 2. mundartlich im oberd.. schxceiz.
ständli HuNZiKER 250, bair. stantl Schm.^ 2, 765.
a) huldigungsmiisik , s. Ständchen 2, a ; Jungfermusik,
alias ein ständlein, musice modiilatum Carmen in honorem
virginis alicujus. Stiei.er 1313; ständlein . . . notat tamen
quamvis statiunculam et restitutionem . . . einer Jungfer
ein ständlein, sive ständgen machen. 2133; musick-ständ-
lein ö ständlein, serenatu di musica data ad una dama
dinanzi alla porta della sua casa ö camera. einer Jungfer
ein ständlein, abend-ständlein halten, dar' una sere-
nata ad tina dama. niorgen-ständlein, albata, matti-
nata. Kramer dict. 2, 981'. in letzterer Zusammensetzung
schon bei Zesen : das gevögel . . . kahm hauffen-weise mit
überaus lieblichem gezwitscher herzu geflogen, gleichsam
als wollen sie die liebe Rosemund auch mit einem morgen-
ständlein begrüszen, und ihren gebuhrtstag mit fröhlichem
klänge wil-kommen heissen. Rosenmänd {Hamb. 1651) 4,
vgl. GOMBERT bem. u. erg. 3, 2. noch älter, mit druckfehler :
so dürffen wir auch nicht ein süsses stflndlein ({. ständlein)
bringen,
und in manch instrument die knaben lassen singen.
Fleming 39 (ged. v. 1635, vgl. die aufg. von
Lappbnberg ». 141, 17. 932»>).
t» mundartlicher form, s. oben, dazu : und Christen, der
ständlisänger, foderte ihm zuerst eine pfeife voll ab.
Pestalozzi i, 41 (t7i deranm. durch bänkelsänger erkläit).
b) ständlein, Ständchen, n. stationcella cioe dimora
piccola che si fä stando in piedi, massime in piazza. ein
ständlein, it. standerlein, einen standerling halten mit
Jemand auf der gassen, star' un poco ä chiaccherare con
«HO in istrada. Krameh dict. 2,931", vgl. Ständchen 2, 6.
ständerlein 2, b. standerling l : begegnet jr ein andere
magd, mit welcher sie ein ständlein gewaget, wiszbadisch
vnsenbrünnlein 51.
c) ganz vereinzelt zu besfimm.ten bedeutungen von stand.
Vorrichtung, icorin kinder stehen lernen, vgl. stand 11, e;
as der kinderen stehen anbetrifft, so hat man in ettlichen
rten ein ständtlein also genannt, darein man ein kindt
stellet, und lehret es ein weyl also stehen, es kan sich
auch darinnen hin und wider auff alle seyten umbwenden.
WüRTZ tcundarfzney {Basel 1612) 493 {am rande kinder
ständlein); dasz ein kindt länger dann ein halbe stund
in dem ständtlein stehen solle, etliche auch wol ein stund,
welches zu viel ist. dann ich selbs erfahren habe, dasz
solche kinder, wann sie so lang in den ständleinen haben
stehen müssen, endlich vor müde seindt darnider ge-
sessen und gefallen. 494; in etlichen orten halt man
stoszständtlein, darinnen die kinder nicht allein
stehen sonder auch gehen können, dieselbigen gefallen
mir viel besser, dann die vorgedachten ständlein. 495.
d) bair. standl füsze beim vogelidld, vgl. stand 11, d.
ScHM.* 2,768.
2) zu stände, /. , so oberdeutsch: st an die, alveolus,
labellum. Maaler 383«; ständlein, n. mMsteUetto. mastellino,
ÜnelUtto. sand-ständlein. Kkamer dict. 2, 907». belege in
der litteratur des le.jahrh.:
nun must auch haben in dem keller . . .
ein stendtlein und auch ctlich kandel
weinschlanch und was ghört zu dem bandet.
H. Sachs l, 440« {'der gantz haxutzraf,
ged. V. 1544) ;
80 nembt guts schieszpulfTer zwey pfund,
ein pfond schwefTels gestossen klein !
thuts znsamm in ein niders ständlein.
Ayrer 2547, 7.
noch mundartlich, Schweiz, ständeli und ständli, 'letzteres
speciell verwendet für ein kleines stellfasz in einem karren,
zum fortschaffen von jauche'. Hunziker 250; in Basel
's ständli, 'wüschedeständli kehrichtkübel , 's gülleständii
{für jauclie), 's ankeständli, dazu ständ(e)li-anke 'ge-
sottene butter minderer qualität, die in ständli versandt
tüird: Seiler 276; bair. st&ntl, dazu ständlein kfis,
oberpfülz. stäntlkäs 'quark. in sogenannten stAntln zu
kleinen käseformen erhärtet'. ScHM.* 2, 768.
STANDLEITER, /., vgl. stehleiter.
STAXDLER, m. der einen Verkaufsstand {s. stand 4, {l),
eine bude oder einen kleinen kramladen hat, besonders eine
trödelbude, in Österreich. Klein 2, 168, speciell steirisch,
s. ünger-Khull 569''; dazu das fem. standlerin In-
haberin oder Verkäuferin in einer solchen bude auf dem
markte. 569*. in anderm sinne {standesperson — ?) : er fragte
höhnisch, ob es eine ständlerin geworden sei? sonst
brauche es nicht halb so zimperlich zu thun. Gotthelf
Haus Joggeli (1893) s. 74.
STAXDLEÜCHTER , m. frei stehender leuchter, kande
laber, zum unterschied vom hänge- oder wand- (arm)
leuchter, s. z. b. Heyne hausaltert, l, 278. 379; in kirchen
auf dem altar, s. Otte kirchl. kunstarchäologie^ l, 156, 162.
Herzog - Plitt real encyklop.^ 14, 303. ähnlich in Davos
standliacht, n. Bühler 1,156.
STÄNDLICH, adj. adv., begegnet nur in icenigen ganz
vereinzelten Zeugnissen, mhd. einmal stentleich, stabilis, in
einer Übersetzung der Benedictinerregel atis dem li.jahrh.,
s. Lexer handicb. 2, 1177. nhd. als adv. {im stellen): nach
dem man auch letztlichen lang genug gesessen, gefressen
und gesoffen hat, unnd man auffgestanden ist, alsdann
fahet man erst an ständtlichs zusauffen. Albertixl'S
Gusman v. Alfarche (1615) 468, vgl. Gombert bem. u.erg. 3, 2.
(Campe bringt es für ständisch in Vorschlag.)
STÄNDLING, adv. stehend, im stehen, eine ableitung,
die dem oberd., besonders dem alemann. {eis. schwäb.) ge-
biete eigen ist. die litteratur belege gehören zumeist dem 16.,
einige der ersten hälfte des 17. jahrh. an : stätim. voc. v. 1618
bei ScHM.^ 2, 765; niendert decket man kein tisch {in
Jerusalem tcährend der belagerung 7o) , sunder alles ausz
den Öfen gezuckt, stendling gessen, kaum halb gebachen.
S. Franck chronica (l53l)39*; er {dei- Jude) soll auch nit
ständling das wasser abschlagen, uff dz jms wasser nit
auff die füsz spritz, weltb. (i542) 144»; jecz nymbt salvator
und die junger wasser, essen stendling, haben steh
in henden. Brixener passion vor est' , s. Wackernell
passionssp. aus Tirol s. 367 ; bald schwang er sich durch
die hinderste bein . . . auff des pferds rucken , stellt
seinen arsz gegen dem kopff, unnd das gesiebt gegen
dem schwantz, nam den zigel inns maul und die heng-
riemen inn beide händ, zog also ständling den sattel
wider hinauff, unnd stellt sich mit gleichen füssen
darauff. Oarg. s. 364 nettdr.; ich halt nichts von eim
der nit auff eim fusz ständling drey masz wein kan
trincken. 398; sie {die pfauen) legen jre eyer nicht sitzling,
sonder das mehrer theyl ständling. Sebiz feldb. 115. zu-
weilen mit Casusendungen: zä dem ersten hat er den
höben stendlingen gericht. d. städtechron. 23, 109, frtr. 22
(Sender chronik zu 1505, var. zu der unter ständig mit-
getfteilten stelle); dessen erschracken die bawem sehr, be-
sassen das gericht auff der stett also stendlingen, unnd
fragten umb. Schiltbürger (1598) 167 bei Bobertag Volks-
bücher 3QS, S; der {schnee) so thieff ist gewesenn, ... das
sich das gwild halt verstigen . . , das es an dem ortt,
da es gesprungen ist, gleich da hatt miesen bleiben stan,
sein leben da lasen, auch frey im sehne so thieff ge-
standen und so auffrecht, wer es hatt gesechenn, der hatt
vermein tt, es lebe noch, ist also stendlings gestorbenn.
Dreytwein Eszling. chronik 168,17 Diehl {zum j. 1556).
in folgenden stellen scheint ständling adjectivisch gebraucht
zu sein {von einem 'sfehtrtink'?): wirfft uns der wein schon
inn treck nider, gehn wir doch morgen zu jhm wider:
hieher jbr unfläter, es soll noch diesen ständlingcn
gelten. Garg. s. 148 netidr.; die füsse, die offt hingegangen
da andere gelegen, die müssen jetzt ligen da andere
stehen: das ständling wincken, das ständling trincken,
was solte es anders geben, als hincken? Piiilanuer 2, 479.
— so 7ioch in alenuinn. mundarten • scJuceiz. ständlingen,
ständlings stehenden fuszes. Stalder 2, 392; tu Basel
ständlcze, ständlige, z' oder ase g'ständlige. Seiler 277»;
scJiwäb. ständlingen, stando. Schmid 507, vgl. auch:
'e mädle von Wendlinge
schlauft {gchläfl) so leicht ständlinge,
ist se denn net so g'scheit,
dasz se 'nan ieit?
fchelmeliedle (bei E. Mbibr »chwäb. volkü.) 96.
STANDLINIE, /. 'linea stationis, wird in dem feldmesaen
die linie genennet, an deren beyden enden man enttoeder
eine höhe oder breite abmiszt, oder eine figur in grund
779
STANDLÖTROHR— STANDNER
STANDNETZ —STANDORT
780
leget'. Eggehs 2, 978; 'die linie, wo man steltet, eine gewisse
ßäche zu übersehen'. Adelung, «./<?r>ier Jacousson 4, 254'>.
Karmarsch-Heeren' 6, 59. Luegert, 474. Stenzei. see-
tnänn. tcb. sg?*». herr Benzenberg nahm seine Station am
kirchhofe zu Clausberg und herr Brandes an der andern
seit« unsers kleinen thals, nämlich zu EUershausen. diese
standlinie beträgt . . . etwa ... 27000 pariser fusz, und als
sie fanden, dasz manche Sternschnuppen hier noch eine
so geringe parallaxe gaben, dasz sie innerhalb der fehler-
grenzen ihrer methode fiel, so verlängerten sie die stand-
linie noch nach dem Dransberge hin, etwa auf 43000 pariser
fusz. Lichtenberg 8, 206; die hügel hatten meiner auf-
fassung nach einen mehrfachen zweck: erstens bezeich-
neten sie den punkt, wo das meszinstrument aufgestellt
war und die standliuien zusammenliefen oder einen
Winkel bildeten; zweitens war durch den mit pfosten
und Steinsetzung hergestellten gradseitigen klotz (Stein-
kiste) die flucht der standlinie und damit auch der
grenzzug selbst . . . festgelegt. Jacobi Saalbtirg (1897) 53
{'der pfahlgraben'). — dazu standlinien - dreieck,
'atis den beiden standlinien und dem breitenparallele bzw.
dem tneridiaue gebildetes dreieck; dient zur berechnung
des schiffsortes bei der Sumnei- inethode' . Stenzel a. a. o.
STANDLÖTROHR, n. stehendes lötrohr, lötrohr mit
Stativ. Karmarsgh-Heeren^ 5, 660.
STANDMÄSZIG, adj.. im altern nhd. für standesmäszig,
vgl. das.: standmässig, standwürdig, adj. conforme allo
stato, conditione, grado e qualitä. ein standmässig, stand-
mässige aufführung. standmässiger titul. sich stand-
mässig halten, tractiren, kleiden, aufführen. Khameu
dict. 2, 981''; da doch solche ehliche weltsamung zu
fördern, der . . , schöpfTer dem mann . . . ein standmäsige
und zugelassene mitgefärtin und gespilin an dem weib-
lichen geschlecht . . . hat gebildet. Oarg. s. 96 neudr. ;
demnach ihr . . . dero standmesziges tractament gebühren
will. Weimarer urk.v.l^i 6ei Dief.-Wülcker 862; stand-
meszige alimentation. ebenda. — dazu stand-mässig-
keit, /. conformitä etc. allo stato. Kramer a.a.O. ■
STANDMUT, m. standhaftigkeit. das wort scheint
Flschart eigenthümlich zu sein: ein unüberwindlichen
standmut. Garg. s. 20 neudr.; gleich wie ... von allen
waren tugendtbegabten leuten, die vier haupt lügenden,
fürsichtigkeit, gerechtigkeit, stärck oder standtmut, unnd
mässigkeit erfordert werden, ehezuchtb. (1597) K 4'' ; die
stärcke, standmut oder groszmütigkeit betreffend: hat man
sie bei den alten mit kriegszrüslung verwart ...: anzu-
weisen, . . . also sey es auch mit eim menschen geschaffen,
der jnnerlich mit standtmuth ist gerüstet, mit freudigem
sinn behelmet . . . wo bedarff man aber mehr solche
standthafftigkeit und freudmütigkeit, dann in der ehe? 6»/.;
also die jung new lieb bald leschet
wa sie der standtmut nicht befestet. A5*;
und will ain keck herz an mich nemmen,
durch standmut alle klainmut temmen.
flöhhaz 606 (B S*>, dicht. 2,19 Kurz);
sondern standmfit und feste band,
das macht recht fligen durch die land.
glückh. schiff 79.
STANDMOTIG, adj., im 16. und 17. jahrh. zmoeilen für
standhaft, «. Campe: von der gedult und standmütlig
beständigkeit. S. Fhanck chronica (l53l) 115''; zö dem
allen ist sich ... an disem volck nichts mehr zuver-
wundem, dann . . . ein stantmfittig steet hertz und un-
wanckelbar gmfit, das sich nit ergibt, nachlaszt, noch
verzagt, weltb. es**; bässer ists simplicianisch und gut
einfältig, doch slandmUthig und christlich glauben, und
darbey seelig sterben, als sich ... durch die rcligions-
Terändemng ... in die hülle ... zu politisiren. Simplic.
(1686) &S1 (1. 5, 80, *. 791 Keller).
STANDMÜTIÜKEIT,/. contumaria. Maaler 884"' (danach
Camhk): er (Soerates) tranck mit grosser stanlmfitigkeit
das gekocht gilTl. S. Franck r/tromca (l5Sl) 107"; Mathias
hat sich der burger standmfitigkeit, und der burger trew
gegen jrcm heim verwundert. (153») 246''.
STANDNAMK. »n. • slandnahme, tittdus honoria, appd
Uttio »tattUi et ronditioni* rtijimliftef. SllKl.KH 1826.
STANDNKB, STANDNER, m., obeid., bej,. bairischea
leort, titterariarh fterriigt im 15. — \ü. jahrh., dochnur in
Nürnberger qutilen. vgl. Lkxbh mhd. handwb. 2, lisr.
1) neb€7ifoim zu stände , stellfasz : biota . . . standner,
stantner, ... stentner, kuff, stendel, zentener. Dief.
gloss. 74°; standner, stantnär, -ner. nov. gloss. f>s!^; dyota
. . . hd. winstande, -stantner, stände zu wine o. zu biere
mit zweien oren, stantner (i. onoforus, ium). gloss. 183*;
onoforium vel -ferus stantner. nov. gloss. 150*' (voc. v. 1429,
s. auch DiEF.-WüLCKER 862); statuarium . . . stantnär. 347'';
Inota, zwiöriges vässlin, ein stantnser. voc. v. 1429 bei
ScHM.'' 2, 7Cö; byota, stentner, kuff. voc. v. 1482 bei Scherz-
OiiERUN 1568; dedim. 3 Tt und l /S hl. für zwfn new
vierteilig stantner, daran man einen alten halben eimerigen
stantner geben hat. Nürnberger stadtrechn. von 1422 bei
Lexer handwb. 2, nZG; item ein halbeimerigen stentner.
Tücher baumeisterb. 289,25 {dazu das deviinutiv: für ain
claincls] czinene[s] stenttnerlen czu eingemachten
kuttc[n] bei 5 ff schwer. iMushalib. 78);
auch wirtt nement des kellers war . . .
vil kanden stantner ein wein rad.
FoLZ meisterges. v. aUerlei hausrat str. G ;
nun nempt des keller tzeuges acht . . .
stentner dricbter Haschen kannen.
von allem hawszraih A 4* {fastn. sp. 1218).
so noch mundartlich: sieir. stantner, m. {neben staute, /.
und stanter, m.) Unger-Khuli- 569», dazu stantner-
k a n d e 1 , /. 'zinnerne kanne mit jnpe zum aufstellen '
{inventar. v. 1674) und stantnerkessel, m. 'stehender
kessel zum läutern des Schmalzes'. 569'' ; in Österr. standner,
groszes wassergefäsz. Klein 2, 168; westbühm. ^tantna(r).
Bayerns mundarten 1,410.
2) für ständerling l , stehenbleiben auf der strasze zum
plaudern. SciiM.'' 2, 768. Lexer handwb. 2, ii^:
ich sach in unter der ratbausthur
ein andre zupfen und an lachen,
mit ir ein langen stentner machen.
fastn. sp. 543, 13 {vgl. die anm. nachlebe s. 344) ;
der wunderlich mann spricht {zur frau, die zu spät vom
inarkt zurückkommt) :
sag, wievil ständner hast du sider
fehabt, und klappert hin und her
ey diser gspielen und bey der
und die leut hellTen richten ausz?
H. Sachs 4, 3, 32« {fastn. sp. G, 2 nevdr.).
STANDNETZ, n. eiti netz, mit dem zur ßutzeit ge-
fischt wird.
STÄNDNIS, n. .• statio ... stentnisse. Dief. gloss. bX",
vgl. Lexer handnb. 2, 1138. sonst nicht üblicJi {auszer in
Zusammensetzung).
STANDÖL, n. leinöl, das durch längere einwirkung der
luft dick und ßrniszähnlich geworden ist. Karmarsch-
Heeren^ 8, 445.
STANDORDNUNG, /. ordine dello stato. gaU. rang. v.
stand. Kram er dict.2,93i^.
STANDORT, m. ort. tco jemand oder etivas steht, lexi
calisch erst von Adelung gebucht, doch vereinzelt schon
im 17. jahrh. bezeugt: zu idwederem Wechsel, werden
virerley perschonen erfodert; und zwar l. des stand
ohrtes zwo; als: eine, so gelder auf Wechsel gilut
(1. remittent); di ander: so geld auf Wechsel niint
(2. trassent): 2. anderer ohrte zwo ... Butschky Jiochd.
kanz. (1659) 8. 618. seit Moser «e/tr häufig.
l) von menschen.
a) ganz eigentlich der ort, wo einer {gerade) steht: bcy
diesen Worten setzte Christian die schüssel mit den ge
setzen auf eine . . . tafel, und nahm seinen Standort auf
der untersten stufe wieder ein. {vorher: auf der unterHioii
stufe des tiirons stand Christian mit der gesetzschüssci.')
Siegfr. v. Lindenberg* 2, 281 ; Mehlhorn für seine pcrsoii
war herbeigosprungen , und stand auf dem umgeletticn
kutschenschlage fest, ... bis ihn der kutscher von
seinem Standort wegfluohlo. um den wagen aufzustellon.
J. Paul 61 {Katienb. i), 4C; Erwin sah von seinem Stand-
orte aus mit bofriodigung, wie seine fniu so gut auf-
gehoben war. Keller 7, öl. geiriihnlich der ort, von tro
aus man ettras betrarhttt, Iteobuchtrt {'der ort, vo man
»tehet, Iteaondera in rilckaicht auf ein at«* demaelbm t-of/-
brachtea geachäft , oder auch in rilckaicht auf daa ir»--
hälfniat gegen andere dinge'. Adelung, vgl. Standpunkt),
poaten eini-a Iteoharhtem u. iihnl.: der laurer Btaiid da in
HÜKZCH entzücken vrrHcliwebl . . . zum glü<k cniiannl«'
\\v\\ ti'M-h M-iiii- lii-iimMiif-krtifl nml ri^/ tlm ci-nid«« zur
781
STANDORT
STANDPAUKE— STANDPLATZ
782
rechten zeit aus der zaubervollen ekstase. er sputete
sich, seinen Standort zu verlassen. MusÄus volksm.
2, 24 Henipel; wenn sie sich diese lust noch nicht ge-
macht haben, gnädigster prinz, so empfehle ich ihnen
diesen Standort, den ausgesuchtesten vielleicht in Venedig,
diese herrliche erscheinung (den Sonnenaufgang) zu ge-
nieszen. Schiller 4,336; möchte doch Klopstock auf
dem kirchhofe zu Rommishorn, als dem Standorte, wo
der blick das Wasserbecken des Rheinstromes am herr-
schendsten umfaszt, . . . ein ähnliches naturfest gefeyert
haben, wie auf der waldigen halbinsel am Wasserbecken
der Limmat! Matthlsson erinnenmgen {Wien 1815) 3, 75;
daher macht uns das reisen so vieles vergnügen, weil
mit den immer wechselnden Standorten auch die an-
sichten der natur immer wechseln. Kleist 5, 61 Schmidt;
nach einigen kreuz- und quergängen befand ich mich an
dem rande eines wassers, das von meinem Standort aus
etwa hundert schritte lang und vielleicht halb so breit
sein mochte. Storm 1,262. — Standort eines Jägers oder
schützen, von um er auf das tcild oder na^h dem ziele
schieszt. KrOnitz 169, 624.
b) Standort leird dann auch in freierer antcendung auf
geistiges gesagt, besonders bei autoren des IS. jahrh., während
die heutige spräche dafür ausschlieszlich Standpunkt ge-
braucht, vgl. Paul 432; die Vorstellung eines ortes, von
wo aus man eticas oder die weit im ganzen betrachtet, ist
fast überall deutlich : auch die guter zu Selispuer, Euer,
Garte . . . liegen scheinbar in dieser gegend, und man
sieht es hier auf diesem Standorte durchscheinen, dasz
der graf Walbert . . . der enkel Widekinds gewesen.
MOSER osnabr. gesch. i,iiB; sich aus dem gesichtspunkte
des erzehlers in den wahren Standort einer jeden person
versetzen können . . . das ist es, was dazu {zur dramati-
sierung einer erzählnng) nöthig ist. Lessing 7, 5 {Hamb.
dram. l); so tretet zu mir her, und betrachtet, was ihr
fehler nennt , aus meinem Standorte. 221 (49) ; so fiel er
seinem bruder, aus furcht, er möchte seine poetische
rede in prosa fortsetzen, hastig in das wort, und über-
raschte mich nicht weniger durch die unerwartete leb-
haftigkeit mit welcher auch er von seinem militärischen
standtorte ab, in das feld seiner verlassenen kunst über-
ging. Thümmel reise 5,111; so wie es nun zwar über-
haupt nützlich ist, dasz der schriftsteiler seinen kunst-
richter auf den Standort führe, aus welchem er sein
werk ansah und bearbeitete. Bürger 135''; welches ist
der Standort und die entfernung, woraus der heutige
Deutsche einen deutschen Homer betrachten soll? 136" ;
auf seinem Standorte war es ihm {Vellejiis Patercitlus)
nicht gegeben, die ganze kunst als ein lebendiges . . .
anzusehen. Göthe37, 38; es würde ihnen nicht unan-
genehm gewesen sein , die geschichte meiner seele zu
lesen und den seltsamen Standort zu kennen, von dem
ich damals die weit sah. briefe2,6; wie mfinchmal, von
diesem Standorte betrachtet, sinken die gröszten gebäude
ins kleine, wie bürgershäuser vom münster gesehen. 26;
jemehr uns aber dieses schreckhafte gemählde zurück-
stöszt, desto stärker werden wir von dem bilde sanfter
hamanität angezogen, das sich in Karlos, in seines
freundes, und in der königinngestalt vor unsern äugen
verkläret, und nun , lieber freund, übersehen sie das stück
aus diesem neuen Standort noch einmal. Schiller 6,67;
wie angenehm überraschend, bey einer noch so grossen
Verschiedenheit des Standorts und bey dem weiten ab-
stand, den die Verhältnisse in der wirklichen weit nöthig
machen, ihrem vorurtheilfreyen geist auf dem felde der
Ideen in dem nemlichen resultat zu begegnen! 10, 278
(ästhet. br. 2); wer nun unter den priestern ruhiger und
bescheiden war, dachte, es komme auf ein gewisses
masz des mehr oder weniger in der Unklarheit nicht
gerade an, und verhielt sich klüglicher weise friedlich
auf dem gewonnenen Standort. Keller 5,29*. — so auch
von dichtungen: im anfange gar kein Standort und kein
gesichtspunkt , den Pindar doch seinen verworrensten
Oden so sorgfältig ... einwebt. Herder 1, 321 Suphan;
die Aesopische fabel nämlich war gleichsam die grenze
zwischen dichtung und moral . . . aus diesem Standort
musz man sie ... nie entfernen. 15,542; denn nur in
dieser hinsieht sind gedichte zu beurtheilen, ob sie einen
weiten oder engen, einen nahen oder entlegenen, einen
finsteren oder hellen, . . . erhabenen oder niedrigen Stand-
ort haben wollen. Novalis 3, 61 Meiszner.
c) zuweilen mit aufgäbe des begriffes des Stehens, auf
gehende angeicendet : in diesem letzten teile {des fest-
zuges) . . . hatten wir dreie unsern Standort gewählt, um
als verdoppelte phantasiegebilde im schattenbilde der
Vergangenheit mitzuziehen. Keller 2, 164.
d) aufenthaltsort ; besonders ort, um truppen 'stehen':
bedenket also, dasz ihr an jedem ort, wo ihr euren
Standort nehmet, so gleich eine ganze stadt vorstellet.
Heilmann Thuc. 1012 (7, 77);
Kottwitz? mit den dragonern der prinzessin?
hier in der stadt? ...
der Standort, den ich ihm bestimmt heiszt Arnstienl
Kleist 3, 103 Schmidt [pr. v. Homb. 5, 1).
2, rt) von thieren, besonders Standort des wildes, vgl.
stand 4, l.
b) als naturwissenschaftlicher ausdruck von pflanzen .-
Standort heiszt bei einem gewächse die stelle, wo es ein-
gewurzelt ist. jedes gewächs hat seinen naturgemäsz
eigenthümlichen Standort, und erfordert ihn auch, nebst
boden , läge und clima . . . die hauptrücksichten beim
Standorte der waldbäume sind: ob sie frei oder im
dichten stände sind, der sonne, dem winde u. s. w. aus-
gesetzt oder im schatten und schütze stehen . . . bekannt
ist auch, dasz je nach dem Standorte das holz besser oder
schlechter ist. Behlen 5,673; verhältnisz {der pflanzen)
zu ihren Umgebungen. . . . B. zum planeten — Standort,
a. zur luft — höhe des Standorts. Oken 2, 287; vgl. 300. so
zunächst von pflanzengattungen , die stelle, wo sie vor-
kommen; doch auch von der einzelnen pflanze im eigent-
lichsten sinne: er wies auf einen jungen fichtenbaum,
der vom bergwasser . . . losgerissen war von seinem
Standort. Freytag 8, 47 {ahnen l, l, 3). — von da aus
bildlich : die conservative partei . . . habe die geographische
ausdehnung, deren sie in der heutigen bevölkerung fähig
sei, erreicht und trage nicht das wachsthum in sich, um
zu einer nationalen majorität zu werden; ihr natur-
geschichtliches vorkommen, ihr Standort sei beschränkt
in unsern neuen provinzen. Bismarck ged. u. m?tn. 2, 182.
c) von leblosen dingen: unterdesz paukte und dröhnte
ostwärts der kanonendonner unaufhörlich, weisze dampf-
ballen zeigten den Standort der batterien. Freytag d.
kronpiinz 56;
statt des götzen nach der mode {VoUaire),
überdeckt Minervens schild,
an dem Standort der pagode,
des erhabnen Rousseau bild. Thümmel reise 3, 79.
STANDPAUKE,/., studentisch für standrede, vgl. das.:
jemand eine standpauke halten.
STANDPEILER, »j. 'ein bei nautischen Vermessungen
{tiefenmessungen) zum mechanischen rückwärtseinschneiden
. . . des peilungsortes dienendes instrtiment'. Lueger 7,474.
STANDPERSON, /., in älterer spräche vereinzelt für
Standesperson , vgl. das. ■ zu dem h. Joanni dem tauffer
seynd unterschidliche standt-persohnen getretten, und
den h. busz-prediger umb rath gefragt. Abraham a S. Clara
auf auf ihr Christen 85, 24 neudr.
STANDPFERD, n. cavallo di rilascio. da posta. gall.
cheval de relais. Kramer dict. 2, 93l'>; 'pferde, welche an
einem bestimmten orte bereit stehen, um sie gleich nach
der ankunft vorspannen und weiter fahren zu können'.
Campe.
STANDPFOSTEN, w. l) mittelstrebe im lehrgerüst.
2) runde säule zur abgrenzung der kastenstände für edle
rassepferde {s. stand 4, i) gegen die stall^asse. Lueger 6, 741.
STANDPLATZ, m. platz, wo jetnand oder eticas .steht,
vgl. Standort. Campe: übrigens danke ich zum schönsten
für die ehre des Standplatzes, den sie . . . meinen geringen
arbeiten erweisen wollen. Reiske bei Lessing 13, 270;
academische gedichte heiszet diese Sammlung darum,
weil sie es wirklich sind, beynahe alles musz von
diesem, zuweilen etwas verrückten, academischen stand-
platze angesehen werden. Withqf acad. ged. l, vorr. (a 7'*);
da erschien an einem der fenster, gerade an dem, welches
seinen sehein auf herrn Friedrichs Standplatz warf, eine
zierliche frauengestalt. Stohm7, 310; von truppen, vgl.
Standquartier :
783
STÄNDPUDDING — STANDPUNKT
STANDPUNKT
784
woher die mh' woher die stille,
in diesem Standplatz rSm'scher krieeerhaufen ?
Ki.KiST 2, 393 Schmidt (^Ifervianiifschl. i, 8).
STANDPUDDING, m. • feiner standpudding mit Schlag-
sahne und makronen. H. Davidis kochbuch^^ s. 382. |
STANDPUNKT, «i. 'derjenige pimct, in icelchem man \
stehet, ofw tcdchetn man einen gegenständ betrachtet, oder \
das verhältnisz eines andern dinges bestimmet, in der
mathematik ist es der ptinct, atis welchem man eine ent- \
femung misset'. Adkluno. stets von per.tonen, zunächst |
eigentlich: hätte er nicht, als er den standpunct erreicht \
hatte, den er suchte, von wo man auf einer seite das ;
palais de Bourbon , auf der andern den platz Ludwig |
des vierzehnten übersehen kann — auf einmal stille I
gehalten. Tiiömmei, reise 1,268; ihre erzieherin bot mir |
ihre dose, -und Agathe von selbst ihren arm, als die ge-
sellschaft ihren hohen Standpunkt verliesz. 8, 256; er
pflanzte sich mit seiner arbeit neben der küchenthüre
auf, von welchem Standpunkt aus er die arbeit in küche
und garten beobachten konnte. Gotthelf erzähl. (1887) 1,13
(Hans Joggeli); dergestalt, dasz . . . ich . . . auf eine bank
stieg . . . kaum hatte ich von diesem Standpunkt aus,
mit völliger freiheit der aussieht, die herrschaften und
das weib . . . erblickt. Kleist 3, 225 Schmidt; er trat mit
einem mutigen schritt aus dem, sich von anfang herein
gewählten Standpunkt, und der art natürlicher ver-
schanzung, die sich um seinen fusztritt gebildet hatte,
hervor. 410. m,it aufgäbe der sinnlichen Vorstellung des
steliens : wie wenig beglückend der Standpunkt auf groszcn
auszerordentlichen höhen ist, habe ich recht innig auf
dem Brocken empfunden . . . die temperatur auf der höhe
des thrones ist so rauh . . , wie der gipfel des Blocks-
bergs , und die aussieht von dem einen so wenig be-
glückend wie von dem andern, weil der Standpunkt auf
beiden zu hoch, und das schöne und reizende um beides
zu tief liegt. 4,65; Vorhang, der, in der mitte theilbar,
bis auf den boden des saales herunterhing, so dasz man
sah, die bühne sei zu ebener erde und nicht über den
Standpunkt der Zuschauer erhöht. Herm. Kuhz 2,144; so
auch: ich wünschte Georg eine freude mit einem recht
schönen theebrett zu machen, worauf die ansieht seines
gartens . . . wäre, ich wünschte dazu eine hinreichende
skizze in Wasserfarben , etwa vom Standpunkt aus , wo
Bettine es aufnahm; der wird gewisz der beste sein.
Brentano 9, 82. im. ausgeführten bilde: hier sehen wir
nun die philosophie in der that auf einen miszlichen
Standpunkt gestellt, der fest sein soll, unerachtet er
weder im himmel, noch auf der erde an etwas gehängt
oder woran gestützt wird. Kant 4, 425 Berl. akad. (grundl.
z. metaph. 2) ; und was fand sie (die seele) , als sie, aus
ihrer höhe herab gewirbelt, wieder auf den Standpunkt
kam, von welchem sie aufstieg? Thümmei, rei^e 7, 7; auf
einmal aber trieb mich eine klcinigkeit von dem er-
habenen Standpunkte herunter, auf den mich meine
eigenliebe gestellt hatte. 161 ; aber die lehrer des volks
müssen auf einen standpunct treten, wo eine allgemeine
deutliche Übersicht reinem, unbewundenem urlheil zu
statten kommt. Göthe6, 112; die Sprachwissenschaft ...
hat auf demselben weg , dessen betreten die pflanzen-
und thicrzergliederung ihrem engeren standpunct ent-
rückte, und zu einer vergleichenden botanik und unatomic
erhob, endlich eben so durchgreifende Umwälzung er-
fahren. J. Grimm kl. sehr. l,259. dann in mannigfachen
freieren und übertragenen gelirauchsiceisen . tvobei in der
regel die voratellung eines punkles, von dem aus man
cttras f/etrachtet, vorherrscliend und deutlich ist. einen
Standpunkt fassen , 'den rechten punkt ins äuge fassen,
von icelchem aus man die ganze suche ilbersiehef, sich mit
derselben rollkommen bekannt miichen kann {sich orien
tirren)'. Gami'K: der hcgrilT einer versfanfIcHwelt ist also
nur ein Standpunkt, den die Vernunft sich gcnölhigl
sieht, auszer den crscheinungcn zu nehmen, um sich
BcIhHt a\n praktisch zu denken. Kant 4. 4A8 lierl. akad.
(jirundl. X. metaph. 8). j/ewöhnlicher einen Standpunkt
finden, gewinnen; behalten sie das ernte bucli {vom
Wilh. Meister) solange sie wollen , indesz kommt doK
rweytc und das dritte lesen sie im inanuscriptc, so linden
»io mehr standpunckt« zum uKhcil. GOtiik bri^e 10,213
(an Schiller den 10. dec. 1794); hier treten uns die groszen
theorien entgegen, die wir heute nur in flüchtigster kürze
erwähnen wollen , um für die Würdigung des neuen ge-
fängnisgesetzes einen deutschen Standpunkt zu gewinnen.
Heiner, 428 Elster; wo es irgend entscheidend sein
konnte, suchte er lieber, sittliche, edel menschliche und
weitaussohauende Standpunkte zu gewinnen und geltend
zu machen. V. v. Strausz lebensführungen (I888) 2,45. so
auch : jeder mensch ist mensch ; als solcher sieht er hundert
Sachen anders an als der Christ, der einen höhern Stand-
punkt hat. in seinem tiefern sinnlichen Standpunkt sieht
er vieles nicht, was er sehen sollte. Lavater verm. sehr.
(1781) 2, 201 ; S. Reals novelle, vielleicht auch meine eigene
äuszerungen darüber . . . mögen dem leser einen Stand-
punkt angewiesen haben, aus dem es jetzt nicht mehr
betrachtet werden kann. Schiller 6, 35 {br. üb. don
Karlos l). vgl. noch • ich weisz freilich auch (und dies
giebt mir den standpunct gegen andere), dasz der besitz
kein so groszes gut ist, als der mangel ein übel. Hebrei.
tageb. l, 83. besonders iti icendungen wie aus diesem stand
punkte betrachtet u. ä. : die sache von ihrem Standpunkte
angesehen, mögen sie recht haben, auf meinem stand
punkte konnte ich nicht anders handeln. Campe; aus
diesem Standpunkt betrachtet, musz uns die nation der
Hebräer als ein wichtiges universalhistorisches volk er-
scheinen. Schiller 9, 101; das wird mancher für krank-
heit und überspannt halten; nicht aber du, die fähig
ist, die weit auch aus andern standpuncten zu betrachten
als aus dem deinigen. Kleist 5,433,30 Schmidt; vom
standpunct einer historisch erörtern deutschen metrik
aus werden sich liolTentlich bald manche dunkelheiten der
formlehre und Wortbildung erhellen. J. Grimm gramm. 2,
vorr. s. XI ; wenn sie auch Schiller auf die höhen seiner
philosophischen arbeiten nicht zu folgen vermochten, so
erbauten sie sich um so mehr an seinen geschichtlichen
werken , und von diesem Standpunkte aus ergriffen sie
auch seine dichtungen. Keller 1,24; als die glut männ-
licher Überzeugung wichtiger wurde als das überlegene
lächeln von freiem Standpunkt. Freytag 19 (bilder 2, 2), 10.
anderes: der leser zwar wird derlei erfindung, im falle
sie nämlich seinem eignen Standpunkt entspricht , mit
wärme entgegenkommen. 1,255; herzog Albas regiment
in den Niederlanden war der rechte Standpunkt wohl nicht,
das verdienst seiner Vorgängerin zu prüfen. Schiller 7, 328.
in neuerer zeit besonders ist dabei die eigentliche bedeutung
oft mehr oder \oeniger verblnszt. so in der beliebten redens-
art überwundener Standpunkt, die schon in den Verjähren
als gepßügelte^ wort umging, vgl. danlber R. M. Meyer
schlagioorte s. lif. Gomreht zeitschr. f. d. wortf. 2, 309/.
Lauendorf ebenda 5, 122 und schlagicörterbuch s. 8I8/.
nach letzterem ist der älteste bekannte beleg: als der groszo
David Strausz seine welthistorische kritik schrieb, ...
da schrieen die buchstabenphilosophen mord und tod
von apostasie, von rückfall auf überwundene Standpunkte.
Ernst von her Haujk nord und siUl (183«) s. »6. es ist
auch schon eine weile her, . . . seit unter der sturm-
und drangpartei der Hallisch -deutschen Jahrbücher die
phrase vom 'überwundenen Standpunkt' im schwänge ging.
D. F. Strausz kl. .<tchr. 2.'>8 (d. halben u. d. ganzen 186.5); die
Frankfurter Versammlung . . . behandelte die dynastischen
fragen als überwundenen Standpunkt. Bismarck ged. u.
erinn. 1, 56. — doch finden sich auch redeiceisen, wo stand
punkt nicht den ort eines Mrachters Itezeichnet, sondern
die stelle überhaupt, wo jemand steht, .teine .ntuation, lagr.
oder seine sociale oder amtliche Stellung, stand, posten u. ä. .
dadurch dasz er alles dieses hätte werden können, ...
durch die sonderbare läge seines Standpunktes in der
weit, dadurch war er mir merkwürdig. Licii ienukhc; h, 17:
Spiegel benimmt sich auf si'iiieni Ninndpunkte {als er:
bischof von Küln) sehr gut, er hat oine grosze IhHIigkeil
und einen festen, ernsten geschäftswillen. Brentano 0. n*><
es war aller iRslor anfang, dasz der kaiifniannssohn den
Ntandpunkt verachtete, auf den ihn der herr durch dir
goburt gcHtellt halte und nach dem degon griff. Marliti
heideprinz. 2.">1. dazu die redrnsart jemand seinen (den
Htandpunkl klar machen, 'einem die grenzen seiner l>efug
nisst. oder das verkehrte oder unangenehme seines he
nehmen* , denken«, verfa/iretts darthun'. Wandkr 4, 77f>.
785 STANDQUARTIER— STANDRECHT
STANDREDE
786
s. auch Hetzel icie der Deutsche spricht 298. ptmkt in i
einer entwicklnng : allmälich begann jener Widerwille gegen
den fremden laut sich abzustumpfen . . ; auf diesem stand- \
[lunct sank das gefühl für die eigne spräche noch mehr, j
J. Grimm *. theiZ l, *. xxvii. so gelegentlich auf unper- ;
sönliches angeicendet: jetziger standpunct der geschichte. :
Hebbel 6,360 Werner {überschr.); kritik zu dem aufsatz:
'über den standpunct der dichtkunst in alter und neuer |
zeit' von Kunhardt. 10, 3 {üherschr.).
STANDQUARTIER, n. stativa. Apin. gloss. (1728)510; '■
ein quartier so eine armee bezogen nur eine Zeitlang zu .
bleiben. Frisch 2,318''; Standquartiere heiszen, wenn die
Soldaten des sommers in quartieren liegen, und eine Zeit-
lang in selbigen verbleiben. Eggers kriegslex. 2, 97S; 'ein ;
jiur in dem kriegsxcesen übliches xcort, ein ort, ico ein
kriegesheer, ein regiment, oder ein theil desselben, auf einige
zeit im qtiartier stehet.' AuEi.VfiG, im gegensatz zum marsch-
quartier. Gottsched 5eo5acÄfMM^en». 280. »./emcr Jacobs- i
SON 7, 427" (l, 18i*) und standlager. ebenso schiced. stand- \
qvarter. belege: lohne dich gott für dein liebes . . . schreiben
welches ich einige tage vor unserm ausmarsch aus unserm ;
letzten Standquartier . . . erhalten habe. Leonhart bei
Strodtmann b)-iefe von u. an Bürger i,^; dem bürger- ;
meister und dem polizeisoldaten wurde ihr Standquartier :
auf dem hofe angewiesen. Immermann Miinchh.^ 3, 163 ^
(6,7); in welcher weise die Verrichtungen der Standes- j
beamten in bezug auf solche militärpersonen wahrzu- j
nehmen sind, welche ihr Standquartier nicht innerhalb '
des deutschen reichs . . . haben . . , wird durch kaiserliche |
Verordnung bestimmt, gesetz vom, 6. febr. 1875 § 71. häufig
in freierem gebrauche ■ die drei flüchtlinge streckten sich j
unter die eiche auf den rasen. ... sie verlieszen ihr stand- i
quartier unter der eiche. MusÄüS volksm. 3, 71 Hempel \
{Roland's knappen); er {der ludimagister) fand also für
gut, in dem nächsten dorfe sein Standquartier zu nehmen. ;
Siegfr. v. Lindenberg^ 1, 105.
STANDRECHT, n. l) Judicium, statarium, m,üitnre cri- \
minaU sub dio. it. beneficium detractus. Stieler 1532; jus \
militare tumultuarium. 2132; dritte statario, giustitia.
processo, sentenza militare che si fä stando in piedi alle '
scoperto, bandiera spieglata, e presto in cause capitali. i
Kramer dict. 2,9Z\^; zuweilen wird also genennet ein i
kriegsgericht, das nicht in form eines vollkommenen und
zierlichen kriegsrechts gehalten wird, sondern nur aus \
einem capitain, lieutenant und fähnrich bestehet, die \
neben dem auditeur geringe klag-sachen in der kürtze i
entscheiden, eigentlich aber heisset stand- oder spiesz- I
recht, ein gericht, da über einen auf frischer that be- |
tretenen, unlaugbaren Übertreter des artickelsbriefs, von |
dem befehlhabenden officier, stehendes fusses erkannt- \
nisz gepflogen, das urtheil gesprochen, und er ohne gnade \
und aufschub, vom leben zum tode gebracht ... wird. !
Jablonski 746''; Judicium, statintm, extreordinarium. !
Apin. gloss. 510; Judicium statarium, im krieg in offen- !
baren verbrechen, uno die instituitur et peragitttr. Frisch !
2,818''; standrecht, hat im kriege auf märschen, bey be- i
lagerungen und detachemens statt, wo gewisse verbrechen :
ohne anstand abgethan werden müssen, weil der Verzug
dem dienste im felde unzuträglich ist. . . . bey dergleichen \
fällen wird das standrecht durch die darzu comman- |
dirten ober-officiers, unter-officiers und gemeine, bey dem '
regimente, von welchem der Verbrecher ist, in einem ;
kreise, stehend gehalten, die sache kurz untersuchet, das
nrtheil gesprochen, und die zuerkannte strafe so fort
exequiret. Eggers kriegslex. 2,sr;sf.; s. ferner Wächter .
1.585. ScHERZ-ObERLIN 1556. AdKLUNO. JaCOBSSON 7, 427». i
KrOnitz 169, 625 — 9. ausnahmegericht unter herrschaft des -,
kriegs- oder belagerttngszustandes. Blüntsch Li -Brater
deutsches staatstcb. 1, 526. 783 — 7. Rotteck-Welcker ataats- ,
ter.'is, 729 — 32. Bachem staatslex. 1, i98. österr. staatatob. 1
2, 1150. Stengel tcb. des deutschen vertcaltungsr. 1, 158—161. j
Wetzer -Welte kirchenlex.* u, "725. bei der marine 'im |
kriegsfalle verkündete eigene gerichfsbarkeit eines befehls-
habers'. Stenzel «eenw/nn. tc6. 387*'. e5cn*o rfÄn . standret, '
«c/ttred. ständrätt. im deutschen seit ende des 16. jahrh.
bekannt: nun folgt ein standrecht, in kriegszleufften, darzu
man stehen musz, und nicht sitzen darff. standtrecht, '
ist nur allein auff den artickelsbrietT gestelt, unnd nichts
X. 8.
anders dann ein rechtlicher beweisz und aussage, vom
leben zum todt. oder sonder gelt und paszport vom fendlin
verjaget, das landt verbotten, wie wol man auch wol
wichtige sachen vom standtrecht richten kan, als vor
dem mallafitzrecht , allein das es schärlTer und kürtzer
abgebrochen ist, und darff nicht drey standtrecht über
ein peinliche sache halten. Reutter v. Speir kriegs mdn.
(1594)68; das stand-recht. dieses Judicium statuarium ist
summarissimum , und führet seinen nahmen von den
modo procedendi her; weil der prseses und die beysitzer,
wenn es gehalten wird, sich nicht niedersetzen, sondern
die gantze sache in kurtzer zeit in einen creysze stehend
abthun. Fleming t. soldat 502''. — standrecht über einen
ausreisser oder verrahter halten. Kramer dict. 2,931'';
es ist die frage, ob der delinquent, über den man morgen
standrecht hält, nicht mit gröszerer besinnung hinter
seinem capitain hertraben wird, als ich heute dem mei-
nigen nachschlich. ThCmmel rewe 8, 44. das standrecht
halten. Gottsched beobachtungen 280; weil nun der haupt-
man von andern hauptleuten . . . niemandt darbey haben,
sondern mit seinen underhabenden kriegszleuten das
standtrecht halten (ßolV). Reutter v. Speir 69. auch: so
sol der proffosz von stund an . . . ein standrecht bestellen. 68.
in neuerei- zeit geicöhnlich allgemeiner .- das standrecht er-
klären, proclamieren. in das standrecht gehen. Adelung;
der offizier läszt etwas verkündigen, 'standrecht', sagt
mir der offizier auf der königswache, den ich frage.
Varnh.\gen tageb. 5, 289; im österreichischen beer . . ; ist
standrecht angeordnet worden. 12, 96. nach dem stand-
recht: denn hätten die Seldwyler nur etwa die befürchtung
ausgesprochen, die gefangenen könnten vielleicht wohl
erschossen werden nach dem standrecht, so wäre sie in
tödlicher besorgnis geblieben. Keller 4, 197. dafür auch:
standrechtlich verfahren, einen standrechtlich behan-
deln, verurtheilen , erschieszen lassen, ferner: er war
nicht die Ursache von dem ball, das ward auch vor dem
standrecht erwiesen. W. Alexis Isegrimm 2, i? (= 199), ico
Standgericht gewöhnlicher wäre. — übertragen: wir aber
haben immerfort über mangel an Produktion zu klagen,
weil wir alle autoren beleidigen, verfolgen nnd am liebsten
mit einem streiche tot machten, standrecht! ist nnsre
losung für theaterstücke. Laube 7, 44 Houben.
2) im steir. bedeutet standrecht oder standelrecht
das recht, auf dem markte eineji stand (4, d), eine Verkaufs-
bude dauernd zu halten, soicie auch die dafür zu leistende
abgäbe (vgl. Standgeld). Unger-Khull 569*». im letzteren
sintie schon im n. jahrh. bezeugt: so ain kramer auf dem
kirchtag fall het, es sei was pfenwert es well, soll der-
selb dem ambtman standrecht geben zwen pfening. Salz-
burger taid. 68, 36; dafür auch: item ist ain jeder markt-
richter zu Weiz die angeschlagene Steuer, dann maut-,
gerichts- und stantrechtgelt...in empfang zu nemben
. . . schuldig, steir. taid. 197, 4 (l7. jahrh.).
STANDREDE, /. 'eine kurze rede, welche stehend gehalten
und stehend angehöret icird.' Adelung: des adjunkts
standrede über das neue masz und gewicht, als der
hausfreund dazu kam, . . . stand der adjunkt auf einem
stuhl, und hielt eine rede über das neue masz und ge-
wicht. Hebel 2, 216 {hier in der \cirtschaft sitzen die zu-
hßr er natürlich); der herr Schulmeister hielt zur zeitver-
kürzung eine standrede um die andere an die Schuljugend,
dasz. ob es gleich nur Juden seien {die gehenkt xcerden
sollten), sollten sie doch ein christliches exempel daran
nehmen. 388 ; auch von geschriebenen oder gedruckten reden .-
denn nach allem andern webe ich {der adjunkt) noch
lustige liedlein, brechräthsel , ja standreden in euern
kalender. 35. früher besonders kurze, schlichte reden bei
allerlei feierlichen anlassen, zumal solche aus dem Steg-
reif. KrOnitz 169,629: unter einer menge modellen . . ,
wie man auf dem ström der worte eine stunde fort-
schwimmen kann , ohne stecken zu bleiben . . , war mir
besonders eins durch öfteren gebrauch sehr geläufig ge-
worden: denn nicht allein wurden in jungem jähren alle
meine standreden an den geburtstägen meiner altem dar-
nach geformt . . . Thümmel reise 5, 187. 'am häufigsten in
engerer bedeutung, von einer solchen rede, welche nach ein-
senkttng einer leiche bey dem grabe gehalten wird.' Adelung,
Station Campe: dat et schon tau Esaias tyden in gebrunk
60
787 STANDREDNER -STANDSCHLEUDER
STANDSPRUNG — STANDWILD
788
wesen, seelig verstorvenen personon cne kristlikke lyken-
prccldigt, oder weinigstens ene standrede tau holen,
j. Sackmann plattd. pred. (189+) s. 23; standrede denen im
kriege gebliebenen Atheniensern gehalten. Heilmann
Thuc. im reg. (zu 2,3*/., im fea-t s. 212: nachdem also
die gemeine in die erde verscharret, worden : so hält einer,
den die stadt dazu ernennet, . . . eine . . . lobrede auf sie,
nnd beim beginn des 35. cap. am rande: standrede des
Perikles). in diesem mehr offiziellen und feierlichen sinne
nicht mehr üblich, dagegen ganz gewöhnlich in der bedeu-
Uing einer strafrede, ivie schon in den ältesten belegen:
ihr herz mag von dieser oder jener seile . . . aufgebracht
werden : so hat es ihre magd zu genieszen. wenn sie
nur eine einzige solche standrede mit anhören sollten,
als sie ihrer magd alle tage hält: sie würden über die
wütende und von Schimpfwörtern . . . strotzende bercdsam-
keit erschrecken. Gebleut 3, 261 {l-oos in der lott. 2, 6); ich
lief mit dem mädgen auf den boden . . , hielt allen meines
mannes tauten und grosztanten, die das flachs ?csammlet
hatten, eine standrede, und man muszte mir dasselbe
miteinander in die scheure bringen. Moser patr. phant.
2,39; man hatte mich der gottesleugnung angeklagt, und
mein vater hielt mir deswegen eine standrede, die längste,
die er wohl je gehalten. Heine 7, 511 Elster; einen wider-
lichen eindruck machte es, wenn ein unglücklicher sünder
(in der schule) nach gehaltener standrede in ein abgelegenes
zimmer geführt . . . und abgehauen wurde. Keller l, 93.
STANDREDNER, m. der eine standrede hält. Campe:
vermuthlich würdet ihr über unsre leichen trauern, und
vielleicht gar, durch einen eurer gutmüthigen und dich-
terischen Verehrer eine schöne, wohlgesetzte standrede
am sarge der republik halten lassen ; aber wir wollen
die Standredner unsrer . . . feinde werden. Klinger 10, 259.
STANDRISZ, m. : daher der grundrisz, standrisz (sceno-
graphia) . perspectiffrisz , nebenst der gantzen schatten-
kunst herfleust. Comenius sprachenth. (1657) 769; sceno-
graphia Apjn. gloss. 510; 'ein risz, welcher einen kötper,
und besonders ein gebäude stehend abbildet, oder so^ wie
es sich von auzsen darstellet, tvenn man vor demselben
stehet; der aufrisz , zum unterschiede von einem grund-
risse, durchschnitte U.S. /.' Adelung. Jacobsson 4,254'';
artch Standzeichnung, s. Campe, (jetzt gewöhnlich dafür
aufrisz.)
STANDROHR, n. 'das röhr an einer groszen feuerspritze,
welches das wasser von sich treibt.' iACOBSSON 4, 254*'; dazu
standrohrapritze,/. KrOnitz 169, 629. auch als name
einer alten schiceren feuerwaffe, vgl. standbüchse. bei der
marine standrohr der torpedofüUrohrleitung, s. Stenzel
aeemänn. tcb. S97^. — vgl. standröhre, /. , munsfeld.
standrSre, 'eine pumpe, m,it einem hölzernen gefäsze, in
dem sich das ausflieszende wasser sammelt'. Jecht 107».
STANDSÄÜLE, /.. vgl. standbildsäule.
STANDSCHAFT, /.. zu stand 9,6. 'l) die eigenschaft,
der zustand, da eine peraon ein stand, d. h. ein land- oder
reiehsstand ist. 2) die stände . . . zusammengenommen.'
Campe, vgl. reichsstandschaft, ^^^8, 6li, und Holtzen-
DORFF reehtsUx.^ 8, 1, 777/. (erlasz,) nach welchem die
königliche staatsregierung die verfassungsmäszige herech-
tigung der jaden zur ausübung der standschaft auf grund
der bestehenden gesetze anerkannt hat. national zeit ung
WOT 27. april 1859 (12, 194), 8. 1»; die Türkei, . . . Rumänien,
Serbien, Griechenland, Montenegro, sie alle bilden gleich-
sam die zweite standschaft in diesem internationalen
hause (dem Berliner kongresz). 81,278 (12. jtoit 1878), ». !•;
die MünsterHchc ridcrschaft ... bat den monarchen um
die bcstätigung ihrer slandsctiaft und der mit ihr ver-
bundenen rechte. M. Lehmann Stein i,2.56.
STANDSCHEIBE, /. feststehende Zielscheibe beim Scheiben-
»ehiesten.
STANDSCHILD, m. frei stehender schild (?):
er warf den ger auf ■tandtchilde drei,
der fuhr zur andern aeit' aua frei.
ROCKBKT FirdoH 1, 210.
STAJIDSCHLEUDER,/. • gogkn die schützen fuhren von
oben geschleaderie speere und steine, zuweilen .. . (Ion
ein spilxer baumpfahl oder ein felsstUck au» der stand-
•chleudcr des thurmcs. KMKVTAn », ins (ahnmi.l); dos
Stockwerk de« thumnes war tnonschenleer, die tastenden
fanden in der mitte eine grosze standschleuder. 189; dir
convoyschifTc, welche die handelsflotten geleiteten, fülirleu
büchsen und bilden (standschleudern). 18 (büder 2, i), 246.
bildung des verf. nach standbüchse?
STANDSPRUNG, m. beim turnen Sprung mit geschl-ossenen
füszen ohne anlauf.
STANDSTAKEN, m.-. 'grundlagerhölzer, standsUken,
(baiikunst) sind bauhölzer, welche in den grund oder sand
geleget, auch manchmal auf pfähle auf gezapft werden,
um auf selbige einen rost oder boden zum, bauen zu legen'.
Jacohsson 2, 164''.
STANDSTERN, m., veraltet für fixstern, im gegensatz
zum Wandelstern: stand- .•nve fixstern, Stella, fixa. Stieler
2150, Stella, fissa. Kramer dict. 2,931", s. auch Campe:
zuerst schuf Ormuzd das licht zwischen himmel und
erde; und stand- und irrsterne. Claudius 7, 21.
STANDSTRICH, m. aufrechtstehender, senkrechter strich
(andeutung der roten färbe).
STANDSTUHL, m. l) 'ein stuhl, in ^Deichen die kinder
gestellt loerden, um darin stehen und gehen zu lernen, zu
welchem ztoeck er mit kleinen rädern versehen ist, der lauf
stuhl, laufwagen.' Campe (nach Moerbeek); so schxceiz.,
s. stand 11, e.
2) auch für kirchenstuhl, vgl. stand 4, e.
STANDTÄNZEREI , /. saltatio stataria. Stieler 2257.
STANDTHIER, n. heiszet dasjenige wild, welches auf
einer revier beständig bleibet und sich nicht weit ver-
wechselt. Heppe wohlred. Jäger 2^^; 'bey den ja gern, ein
toild, welches seinen gewöhnlichen stand an einem orte und
in einer gegend hat' Adelung, s. auch Behlen 5,673
und Standwild, vgl. stand 4, l.
STANDTRABANT, m.: die stand-trabanten des königs
von Schweden . . . sind mit helleparten . . . bewaffnet.
Eggers kriegslex. i,U20.
STANDTREIBEN, n. vorstehtreiben, treibjagd im walde.
wobei die treiber in langer linie aufgestellt das wild auf
die schützen zutreiben.
STANDUHR, / feststehende uhr, pendule, im gegensatze
zur tragbaren taschenuhr und zur hängenden wanduhr.
Krünitz 193,349: ich sah sie (Friederike) nun zum ersten
mal in städtischen zwar weiten zimmern, aber doch in
der enge, in bezug auf tapetcn, spiegel, Standuhren und
porzellanpuppen. Götiie 26, 'Ar» (dicht, u. icahrh. ll); das
glashaus der ausgelaufenen Standuhr, und der . . . schreib
tisch standen olTcn. J.Paul 22 (IHtan 2), i2t; auf der
alten Standuhr schlug es eben zwei. Storm l, 207.
STANDUNG, / .- statio standunge . . . stanynghe. Dief.
gloss. 550". (nicht gebräuchlich.)
STANDVERWESER, m. Stellvertreter, viearius. Hai.taüs
1730: einen halben taler den hem cantzler ader seinen
standt vorwesser. Zeitzer testam. v. 1564 s. ebenda.
STANDVISIER, n. am karabiner: was nennt man da>
standvisir? das am oberen ende der leiter befindlichi^
visir, wenn dieselbe zurückgelegt ist. instructionsbuch fiti
den cavaUeristen^ (Hannover 1876) a. 87. efterwo am infan
teriegewehr.
STANDVOGEL, m., so nennt iruin die vögel, die sich
beständig an einem orte aufhalten, Viren xoohnort nicht
verlassen, im gegensatz zu den zag- and Strichvögeln.
Adeluno. Oken 7, ll. Beulen 6,672. 6,288 ('fedenrild,
welches seinen aufenthaltsdistrikt nicht i'erläszt'): in diesem
augenblicke flog ein reiher (ein reiher im dezember? aber
mir liel ein, dasz er oft Standvogel ist) kaum haushoch
über uns weg. D. v.Lilikncron kriegsnovellm^^Uv.). früher
auch in speciellrrrr bedeutung : Standvögel, also worden
diejenigen schnerren und droszoln benennt , wolrhe auf
einem forst ausgebrütet worden, und niclit mit dem strich
kommen, und sind solche nn denen weiszgelhen ständen
zu erkennen. Hkppk imhlrrd. jäifcr »^*, danach Ai>ki.unij.
STANDVORMUND, m.: bey den jkhriichen Medemer-
Wrugongerichte, welches vor hiesiger stadt unter freiem
himmel gehalten werden sollen, auch noch im jähr isofl
. . . gehalten ist, mUssen die Moderner erben, nebst dem
Stand vormunde der HUiionor erben, in »rhwarzen manicin
gegenwilriig «oyn. J.W.Grotkn gf9fh.r.Kortheim(itm)s.A0.
STANDWILD, »i. 'teild, iretrhes nach gewissen xoald-
distrikfrn Htrts zurückkehrt und da hri misch ge¥nrden ist'.
KkOnitz 109,080; das seinen at\fentftalt i» der hüttptsaclte
789
STAND WIND — STANGE
STANGE (1)
790
beibehält, im gegensatz zum wechselwild. Beb len 5, 672/.
6, 838.
STANDWIND, wi. »ive jahrwind, status, anniveisarius,
universalis. Stieler 2464; vento statario. anniversario.
che tira regol^irmente in certesfagioni. KR.\MEn dict. 2,931";
'ein tcijid, welcher aus einer und derselben gegend, zu be-
stimmten Zeiten herzukommen pflegt.' Campe.
STANDWÜRDIG, adj. dignitati par. Stieler 2509, des
Standes würdig, dem stände angemessen. Campe nach
Kramer, s. unte^- standmäszig.
STAND WÜRZ, /. ■ satyrion . . . stend-wurtz (voe. thettton.
Nürnb. U82); ... standt- vel rag-wurtz, ... stant-, scant-
wort (nd., 15. jaJirh.). Dief. gloss. 513'=/. s. ständelwurz
und Lexer handicb. 2, 1138. Lübben mnd. handwb. 374''.
STANDZEICHNUNG,/, ä. standrisz. Campe.
STANDZOLL, m. abgäbe für verkauf spl ätze. Brunner
rechtsgesch. 2, 240, vgl. Standgeld, -recht.
STÄNEN, STÄHNEN, verb. l) im altern nhd. zuiueOen
für stöhnen, s. dieses; vgl. holl. stenen Franck 963.
2) zuvseilen für stützen, aufstützen; vgl. mnd. stonen,
stoenenScHiLLER-L0BBEN4,4i3», 7ioW.steunenFRANCK964:
unter anderm stänet oder steuwrt er sich voinen mit den
händen auff den lähnen auff dem predigstui, stisz mit den
rücken binden wider, spreutzet sich greuwlich, seinen eiver
zu ostentieren. Kirchhof icendiinm. 2, 119 Österley (2, 75);
also sich mit dem stab' ein alter mann anstäbnet
(jiempe tripes baculi sie stipite vititur aetas).
ScHERFFEB Hugo (1663) «. 106,
s. Hoffmann v. F.\llersleben bei Frommaxn 4, 186;
nd. »prichw. enkelt holt (manches holz) drägt swär, se(de)
de snider, do stoende he sick up elestock {die eile), s. 287,444.
STANEZEL, s. stanitzel.
STÄNGCHEN, n., als deminutiv zu stange bei Stein-
bach 2, 683; kaum üblich, vgl. stängelchen und stänglein.
STANGE, /. pertica, contus, vectis. gemeinyerm. icort,
got. unbezeugt; altn. stqng, /. {gen. stangar, plur. stangir
und stengr). Cleasby-Vigfusson 603*, norm, stong, staang
{plur. stenger) Aasen 755'', schwed. stäng, w. CpZur. stänger),
dän. stang {plur. stsenger); mittelengl. stange, neuengl.
stang, vermutlich nord. lehnxcort, ». Ske.\t591 (a^«. steng,«i.,
Bosworth-Toller 916", zeigt abiceichende stammbildung);
alts. stanga {cum fustibus stangen Wadstein 52'', 18.21),
md. stange (hm»- i beleg) Schiller-LObbex 4,362'», mnl.
Itanghe, holl. stang, vgl. Fr.^nck 956; ahd. stanga clatrus,
Iva, contus, falanga, fustis, stipes, thyrsus, vectis. Graff
K, 692/ {vereinzelt in namen -. Stangulf, Stangbah, s. Förste-
lANN fl/W. namenft.* 1, 1360. 2,1379), mhd. stange Lexer
indwb. 2, 1137; clava . . . stanga vel cholb. Dief. gloss. 126*
floss. Sal.); contus stango. nov. gl. 112* {Heinrici summ.);
falanga stange vel speer, hd. stang. gloss. 223*, stake,
stanghe, pranghe . . . stanga. nov. gl. 165'' ; phalanx . . . stang.
gloss. 223'*; fustis . . . stange vel kule, . . . stang vel schit.
254'" ; thyrsus 585« ; vectis ... ein stang. 608''. — ' eine nominal-
bildung zu dem gemeingerm. {got. altnord. engl.) verb
stingan, ». Wächter 1585. Steinbach 2, 682. J.Grimm
gramm. 2, 37. kl. sehr. 3, 132. Fick^ 3, 344. Weigand 2, 796.
Kluge" 375''. ten Doornkaat Koolman 3, 300. aus dem
deutschen stammt roman. {ital. rhätoroman.) stanga, franz.
stangue ttnd 6tangues, s. Diez* 307. {aus dem ital. wiederum
das neugriech. 'aräyxa, »J {ardyya, rgira [l. Toe'ö«]) h. die
stange, der stab. la pertica, la stanga. Weigel neugr.-
teutsch.ifal. wb. {Leipzig 1796) 1091 ; rpeaa. »J {ardyya). 1202.)
vencandte bUdungen sind stake und stengel, vgl. das. über
Verwandtschaft auszerhalb des german. s. Fick* l, 569.
PRELLWITZ griech. etymol. tcb.* 430 {unter OTd'/vs). —
Stange ist ein starkes fem. ; doch begegnet schon ahd. mehr-
fach sehwache fleanon :
8ume ouh thie ginö^a dmagun stangün er6;a.
Otfrid 4, 16, 21 (nach ilatth. 26, 47).
weitere belege für stangun contos, stangen veetes bei Gkaff
a. a. 0. im nhd. sind schwache formen im sing, nicht nur
im i6. jahrh. sehr gewöhnlich, sondern sie kommen auch
noch im 17. {bei Garzoni 1641, Zincgref-Weidner 1653),
ja vereinzelt sogar im IS. jalirh. vor (Hagedorn 2,138, im
reim aw/ schlangen, *. unten 2,d, y). vgl.: ein stang oder
Stangen, pertica, contus, longurius, vaccerra. Maaler 384".
— in lebenden mundarten allgemein verbreitet ohne be-
merkenswerte abweichungen : Schweiz, stange Hunziker 250.
Seiler 277'', c7*.'stäng(3) Martin-Lienhart 2,605*, schwäb.
ScHMiD 507; bair. - österr. stanga* Schm.* 2,770, stangen
Hügel 155*, iirol. stäng(en) Schöpf 699, stangge Hintner
231, kämt, stänge(n) Lexer 239, steir. Unger-Khull 569'',
lusern. stang Bacher 393, stanga cimbr. wb. 235''; fränk.
stang in Handschuhsheim Lenz 67'', tnirzb. stanga Sar-
roRius 183, henneb. Spiess 240, köln. stang Hönig*^ 173'»,
luxemb. stäng Gangler 429, rhein. stang Kehrein 1,387,
hess. ViLMAR 395, schdang Crecelius 804; thür. sdangen
Hertel spraclisch. 236. Kleemann 22*, leipz. Albrecht
216', berl. schtange Brendicke 177''; nd. stange brem.wb.
4,1000. Dähnert 457'', stang Schütz 4,187. ten Doorn-
kaat Koolman 3,300*, stang(e) Bauer-Collitz 98''.
bedeutung: stang, hasta, hastula dim. hastile . . . contus,
sudes, fustis, longurius, sparus, spariim. Dasypodius;
bäum, stang, langer steck, scheit, peitica, oblongus baculus.
Henisch 215, 44; stange, / pieu, perche. Hulsius (1616)
SOe*»; stang, langer steck, pertica, stanga, palo. (1618)237'';
pertica, eine stange oder langer pfaal. Corvinus fons
latin. 483*; stange, / . . . stanga, pertica, barra. Krämer
dict. 2,907*; vgl.: stanghe, stipes, pertica, valltis, sudes,
vectis, fustis, longurius, spanis, sparum, contus, hastile,
pJialanga, vulgo stanga. Kilian 2, 630».
l) form und material.
a) stange bezeichnet stets einen köiper von beträchtlicher
länge und verhältnismäszig geringer dicke, gewöhnlich auch
mit dem begriff des glatten und geraden, vgl. : 'im eigeiU-
lidisten verstände, ein jeder in die länge ausgedehnter
körper ohne beträchtliche breite und dicke'. Adelung (l);
'stange, ein jeder hölzerner oder metallener körper von be-
trächtlicher doch unbestimmter länge, ein langer glatter,
enticeder runder oder auch eckiger, ohne sonderliche breite
oder dicke beschaffener köiper, der gröszer und dicker als
ei}i stock oder stecken, aber docJi kleiner als ein bäum ist.'
Jacobsson 4, 254'' {ähnlich Adelung 2 als 'im engsten und
gewöhnliclisten verstände'), das häufigste attribut ist daher:
lange stange, pertica. Stieler 2133; pertica lunga, perti-
cone, can7ia. Kram er dict. 2, 901^. zur grösze vgl.: läge,
wie einer nalden spitz si gegen einer stange. H. Seuse
442, 22 Bihlmeyer. vgl. stangenlang, -haft, sowie stangen-
gerade.
b) zu mannigfachem gebrauche, insbesondere zum stechen
{als waffe) und zum einstecken in die erde, tcird die stange
an einem ende zugespitzt:
ir Stangen
vorne sharf. Lxidro. kreuzf. 5667.
andre bearbeitung: erblickte ich das gewölbe angefüllt
mit einer anzahl hölzerner stäbe und stangen, ganz neu,
rund und glatt gehobelt, von allen gröszen lastweise an
den wänden stehend. Keller 3,76; der alte legte eine
der grundierten stangen in die schieszscharte. 77.
c) die stange ist meistens von holz: 'n holten stange.
TEN Doornkaat Koolman 3, 300*; wann dann nun solch
gehakt holz . . . wol erwaxen werdet, als dasz man das-
selb zu wöhren, stangen und dergleichen nit alles ver-
brauchet. #iroi. icewfÄ. 1, 83, 27. im einzelnen, z b.: eychen
stang. Dasypodius, vgl. unten, stange ist ein auf be-
stimmte iceise zubereitetes holzstück, entweder ein dünner
stamm, der- abgeschnitten und entästet, event. gescJiält,
poliert ist, vgl. : der fünfft steck oder stab den der tüfel
einem bilger darstellet an stat einer christenlichen hoff-
nung, ist ein schwinspysz eyner gebickten stangen. also
thänt die huren den wilden böumlin dye noch iung sindt,
dye bicken sie mit einem scharpffen stein, und lont es
dor inn wachsen eyn iar, und wenn man sie abhouwet,
so scheit man dye rynd dar ab, und das heyssen denn
gebickten stangen, und machen oben ysen dar an, denn
ist es ein schwinspisz, aber w^enn das ysen nit dar an
wer, so wer es ein rechter bilger stab. Keisersberg
bilg. 39'', oder aus einem dickeren stamm heraus gesägt,
vgl. Stangenholz (2), Schlagholz, -spaltholz und stangen-
gemäsz. — zmoeilen mit eisen beschlagen oder mit eitler
eisernen spitze versehen {als waffe. vgl. oben Keiseusberu):
zwene kolben swajre, . . .
den wären die slange
mit Isen beslagen. Krec 5389.
d) stange bezeichnet dann auch holz, das noch nicht in
dieser weise bearbeitet ist, aber ähnliche form hat, also
50*
791
STANGE (1)
STANGE (2)
792
junge, dünne, astlose stamme, und in obiger roeise ver-
vxndet werden kann: stangen, heiszen ... junge hölzer.
Hephe wohlred. Jäger 284*. zunäclist von abgeschnittenen
stammen im hohhandel -. 'auch sducaclie bäume, welche vier
zoll im durchmesser dick und 15 bis 20 elleii lang sind,
führen im hohhandel den nahmen der stangen'. Adelu ng (2) :
vor 4 stangenn {'im dickicht erxcaclisne, noch dünne junge
bäume, wegen des dichten Standes ohne zweige). Tet^neb.
amtsrechn. v. 1W2 bei Diep.-Wülcker 862. dann auch vom
lebenden geicächs, als forstausdruck : werden also . . . alle
bäume in ihrer jagend und wachsthum sträucher ... ge-
nennet, hernachmahls wenn sie ihren stamm höher
treiben, so heist es alsdenn junges holtz, stangen und
dergleichen, bisz sie zu ihrer vollkoinmenen grösze zu
einem haubaren holtze erwachsen. Fi.eminu t. jüger
(1719)42'»; vgl.:
jetzt nur stangen diese bäume
geben einst noch frucht und schatten.
GöTHE 1, 113 Qioffnung).
so ferner: sonst heissen auch stangen, die jungen glatten
und wol in die höhe gegangenen stämmgen, die auf denen
schlagen im lebendigen laub- oder hartem holze mit allem
fleisse von denen nüzbaresten hölzern zum künftigen ober-
wuchs ausgesuchet werden , und 32. bis 36. an der zahl
auf einem ordentlichen waldacker stehen bleiben müssen,
wenn der darauf übrige unterwuchs alles abgetrieben
wird. Heppe leithund 117 ; 'stangen, heiszen auf den schlagen
oder hauungen die in den buschhölzern stehen gebliebenen
hägereiser.' Jacobsson 4,255"; stange, 'der hauptsfamm
des tceinstocks'. Nemnich. — vgl. dazu Stangenholz (l),
-hörst, sowie stangenfarn, -kohle, -schusz.
e) die stange kann ferner von metall sein, in der regel
von eisen oder stahl: eine stange von eisen, stangette,
stanga di ferro, it. ferriata. Krämer dict. 2, 907*; in
Hogarth's enraged musician fehlt noch das kleider aus-
klopfen und eiserne stangen abladen. Lichtenberg apho-
rismen 3, 172, 212; ich . . . stand unten in der dunkelheit
zwischen den sargen, die neben und über mir auf (len
eisernen stangen ruhten. Storm 1,198; die von eisernen
stangen gestützten engel und apostel mit ihren flügeln
und flatternden mänteln {statuengruppe eines daches) er-
innerten auffallend an kolossale gespieszte Schmetter-
linge. C. F. Meyer Jenatsch s. 131. ijisbesondere ist die
stählerne stange die ständige waffe des riesen in sage und
mürchen, s. unten 2, a, d".
f) seltner von andern metallen .- bleistange des Seiltänzers,
8. 2, b, t; stange silberin Erec 190, auf gold'ner stange
Keller lO, 63, *. unten 2, e. dafür in Zusammensetzung
gold-, silberstange, so im bilde bei J. Paul 34, 138, a. unter
Silberstange, <Äeii lo, 1, 1046; vgl. unten 2, e.
g) stange bezeichnet nicht nur, icie in den angeführten
fällen, ein zu bestimmtem gebrauche hergestelltes gerät,
sondern auch die form, in der unverarbeitetes metall her-
gestellt, aufbewahrt und in den handel gebracht wird:
eisen als stangen geschmiedet, so zum nagcl schmieden
und andern arbeiten bequem, ferrum in perticis. Frisch
2, SIS*»; eisen in stangen, stangeneisen. Adelung (2);
'stangen, {fileyarbeiter) diesen namen giebt man dem bleij,
du» man au^ den stangenformen zieht.' Jacobsson 7,427*;
besonder» von ungeprägtem gold und silber, neben harren :
gold, Silber in stangen. Adelung (2). in diesem falle
sagt man geicöhnlich eine stange eisen, gold u.s.io.: ein
klein dorf . . , darinnen alle handlungen gethan werden,
so meist an ellTenbein geschehen, die sie {die neger am
eapo verde) vor stangen eisen, brandtwein . . . verhandeln.
V. u. Groben Quineiscfie reisebeachr. (1694) 14; denselbigcn
tag . . . kam ein näger mit S. seiner wciber ... an bort,
selbige vor 20. stangen eisen zu verkaufTen. 61 , nd. 'n stang
Uen. JEN D00RNKAAT KnoLMAN 3, 800*, und bildet dazu
stangeneisen, bici, -gold, -silber, -stahl, -zinn u. «. ic,
«. unten; dagegen al» gerät eine eiserne stange oder stange
von eisen; eine eisenstange in beiden bedeutungen.
k) besondert in dem unter g beJtanddten #tnn« dann
autA von andern atoffen: eine stange Bicgellack. Campe:
dasz M mir gelangen ist, ihm ein päcklein papier, ein
bUndlein federn und « stangen Siegellack abznlnchsen.
BChokr frrM/es, ♦«; 'pania q%toqu« aimilagineua in longi-
tudinem ejrtrntua dicitur eine brotstange.' SriBLEH ülSS,
vgl. theil 2, i06; stange 'atis zucker geformt, aus tahack
gesponnen, aus teig gebacken u. s.xo.' Hkyne 3,751; eine
stange lackritzen, malz u. a. vgl. stangenk(a)naster, -lack,
-phosphor, -pomade, -schwefel, -Siegellack, -stärke, -taback,
-zucker. so auch von mineralien, a. stangenquarz , -Sal-
peter, -schörl, -spat, -stein.
2) vericendung.
a) in der altern spräche oft als xoaffe {vgl. stangen-
gewehr).
a) die tnohten hie Gamuret niht alle gelangen
und sin werde gesellen, ob sie halt striltcn raste lanc mit
Stangen, jung. Tit. 3501.
neben andern tiiaffen genannt: so wil ich diesen drachen
umbbringen , on einig schwert oder stangen. v. drachen
zu Babel 25; wollen sie kommen gegangen mit spiessen
und mit stangen, und wollen mich mit dem schwerdt
angreilTen. Sciiuppius 271 {vgl. unten t}); der unvernünftige,
mit spieszen und stangen bewaffnete häufen gab auf
diese worte nichts. Kleists, 275 E. Schmidt;
vornenilich bey der feinde schar,
da ich alzeit batt todts gefahr
von pfeylen, Schwertern, spiesz, und stangen.
Jrofchmeit*. F. 2» ;
s. unten S und rj. so sprichwörtlich stange und spiesz
fahren lassen, etwas verloren geben. Wander 4, 776, 19,
vgl. 12. —
ß) die stange dient in der regel zum schlagen ;
er (ApoHoniu«) kerto zu dem mOre {mehren)
una slug im ains an das ore,
ainen slag mit der stangen.
Heinr. V. Neustadt Apollon. 19500 Singer;
auch zum stoszen oder stechen (?): wie des Ovidij Cigno
und Ceneo, die wundsegen hatten, aber kein wurff noch
stoszsegen, für bäum, stangen, unnd stoszdegen. Qarg. 400
neudr.; herr Peter sein waschstan^en nam
und gab ihm in die ripp em stich.
Peter Lew 690 (Bobertag narrenb. «. 112);
als nun Neidelharts ritter sach,
das Teurdank am meistn holz zubracb,
bevalh er seim harnaschraeister,
das er im solle bringen her
ein stangen dick und darzu grosz,
damit weit er dem held ein stosz
geben. Teuerdank 103, 23 Gödeke.
y) die stange ist häufig augenblicks-, verlegenheits-, not-
waffe, zu der man greift, wenn nichts anderes zur hand
ist. vgl. die unter ß angezogene stelle aus Apollon., wo
für stange in v. 19 478 tür rigel steht, daher auch im not-
fall die waffe des sonst tcaffenlosen. der bürger und batiern:
da dis die bürger sahen , namen etliche steine , etliche
starcke stangen, etliche worffen sie mit asschen unter
die äugen. 2Jfacc. 4, 41; woher man dann den grimm
und grausamkeit leicht abzunehmen hat, mit welcliem
solche stangen und prügeln alles, was sie antreffen,
metzgen und zu trümmern schlagen können, wo sie in
des ergrimmten und erbrembsten bauervolcks bände ge-
rathen. juncÄer Harnisch na; andere holten ihre waffoii
von dem holzwerk des gerUstes. ihrem beispiel folgte
die menge, auch bedächtige bürger wurden fortgerissen
und griffen nach steinen und stangen. Freytau 11, 149
{ahnen 4, 190).
S) so gern verbunden stab und (oder) stange:
swen man sach in der gealalt,
da; er mohte gelangen
stap oder stangen,
die kdmen her snelle. Ottokar reinuhron. 9*....; ,
leicht her stangen und stab!
pcsser ist kempfcn, dann hals ab. fattn. *p. WA, H.
beaondera in der Verbindung was stab und slange tragen
mag, kann, a. J. Grimm rechtsalterth.* 1, 4io.52.ft72. .«5« 111 11/
OitERi.iN UM und stab II. 6, r, ap. Sil; weitere /
stab und stangen (ragen kan, quieunqtte artnu
teat. FiiiRcii 2, 819''; dieweil sie wol wissen, dass alU'.",
was stnng und stab tragen kan und mag, wider sie r.n
laufft. Fronrpergkr Arri>(7»6. 8. U3*. iihulieh auch: kan
es doch kein welllicher fUrnt leiden, das jm ein anderer
herr in seine obcrkeit grcifTcn wolle, und ob es sich ho
gebe, das solches gcsrhclie, so manet er auff alle rillor-
■ohain und landschafTt, ja alles was spies und stangen
tragen mag darmit er sein Jurisdiction und gcrechligkcit
erliallc. Ghi i ikr erkl. der ep. rauli an d. Römer {\tm)ic<l.
793
STANGE (2)
STANGE (2)
794
dieselbe wendung in übertragenem sinne, sehr frei und
ungeioöhnlich .-
80 stoszt in (den 'verdorbenen' schüler) dann der
rüwen an,
das er latynsche sprach nit kan;
doch sucht er usz dem schüler sack,
was spiesz und Stangen tragen mag,
zu seltzamkeit laszt fallen im
ein wort und ein latynsche stym;
wa das ein latynscher hört,
so meint er, das er sy gelert.
MuRNBR narrenbeschw. 61, 27.
e) doch mrd die stange auch unter den 'ritterlichen
wehren genannt: erzeygt sich inn allen ritterlichen wehren,
wie sie vor äugen lagen, im schwere!, messer, spiesz,
Stangen, stänglin, tolchen, hallenbart, rapier. Garg. s. 297
neudr. \caffe zum fechten: pindt dir ainer an mit der
Stangen und wil dich mit dem ort in das angesicht
stossen, alz da an dem ersten stuck gemalt stat, so trit
für mit dinem lincken fusz und schlag ym sin stangen
mit dinem hintern ort hinweg. Fai.ckner turnierbiichl. 221
bei Scherz-Oberlin 1556; von Inhalt desz fechtens in
der Stangen und helleparten. kurtze beschreibung von
der Stangen anbinden, . . . welche hat vier anbinde, und
geschieht das erste anbinden am vordem oder eussern
theil der stangen. das ander vor der handt, die er in
der stangen vorführet, das dritte in der mitte der stangen.
das vierdte wirdt durch das einlauffen mit dem hindern
ort zu wegen gebracht u.s.w. Jag. Sutorius nexo künstl.
fechtbuch 1612, 91 {die nachstehetiden abbildungen zeigen
lange, gerade hölzerne stangen, mit denen gestoszen oder ge-
stochen icird). vgl. auch: fechter-stange , stanga ö hasta
da gladiatote da giuoco, senza ferro. Kramer dict. 2, 907*,
rudis Steinbach 2,682, und unten stangel sotoie st&ngen-
brechen, -fechter, -reiten, -reiter (i).
^ stange bezeichnet femer den hölzernen schaft der
lanze, des spieszes: die stange an einem spiesz, helle-
barte, hasta, hastile della picea, allebarda. eine stange
an einen spiesz machen ö stangen. Kramer dtc^ 2, 907";
'die stange an einem spiesze, welche doch lieber der schaft
genannt wird'. Adelung (2), vgl. : stange im krieg zum
fechten und verwunden, hasta, pertica cuspidata, ferrata,
lancea, hastile, die stange woran der spiesz ist. Frisch
2,319"; s. auch die Zusammensetzungen gerstange fh. 4,1,3734,
speerstange, theil 10, 2064, spieszstange 2475, hastile Stein-
bach 2, 683. so mhd. :
Hagen vor sinen füejen einen ger ligen vant:
er schög üf Iringen, den helt von Tenelant,
da? im von houbte diu stange ragte dan.
mb. 2001,3;
sie trugen engestliche wer,
hellenbarten an stilen langen
beslagen, daz selbe ir stangen
vorne sharf, dannoch dar in
en vir enden lange nagile sin. Ludw. kreiizj. 5667.
nhd.: da schlugElhanan . . . Goliath denGethiter, welcher
hatte einen spies, des stange war wie ein weberbawm.
2 Savi. 21, 19. in neuerer zeit zuweilen geradezu mit lanze
gleichgesetzt:
die lanz' an seine seite fest gedrückt,
rennt er dahin ; und beide ritter stossen
so kräftig auf einander, ross und mann,
dass sie die stange vor der faust zersprengen.
Wieland 18, 21 (ßeron 163);
doch Hüon . . . reisst in eile
der mSxiner einem rasch die stange aus der hand.
22, 226 {Ober&n 5, 65 ; in 63/. Ut von
lanzen die rede).
von dem schaft eines schweinspieszes Keisersberg bilg. 39'>,
8. oben 1, c, vgl. theil 9, 2453.
rf) die häscher bei der gefangennähme Jesu haben Schwerter
und stangen: sihe, da kam Judas . . . und mit jm eine
grosse schar, mit schwerten und mit stangen (jterA
fta-/aioßv xai ^-öJ.oiv, lat. cum gladiis et fustibus), von
den hohenpriestern und ehesten des volcks. Matth. 26, 47;
zu der stunde sprach Jhesus zu der scharen, jr seid aus-
gangen , als zu einem mörder, mit schwerten und mit
stangen, mich zu fahen. 55, vgl. Marc. 14, 43. 48. Luc. 22, 52;
»aniasö zi Ihiobe giengut ir mit suerton inti mit stangön
mih zi fähanne. Tat. 185, 7, vgl. i83, l ;
mit kulen, fackeln und stangen
sie hon en auigegriQ'en und gefangen.
AU/eld. pafgionstp. 5025;
o was dorten, was von stangen,
wehr und waffen nehm ich wahr?
Spee trutzn. 169 Baüce (39, 125).
aucJi im 18. jahrh. sind die häscher mit stangen aus-
gerüstet, die sie fliehenden nachwerfen, um sie zu fall zu
bnngen, vgl. zeitschr. f. d. wortf. 1,49 (unter springstock,
beleg v. 1758):
der müsz^e panzer hieng an der beruszten wand,
bey dem ihr mordgewehr, die lange stange stand.
Zachariä 93 (renomm. 5, 218);
und sie (die Studenten) verfolgt im fliehn, gleich einem wetter-
stral,
der spriugstock, und ein beer von krumgehackten stangen,
die hinter ihnen her anf elatten pOaster sprangen,
'halt brüder, (ruft der held,) der stürm ist nun vorbey,
und unser fusz ist nun von ihren stangen frey!'
96 (275. 277);
sie sandten ihnen noch die letzten stan°:en nach ;
der letzte donner traf die schläger an den füszen. 97 (314).
d") während bisher stets hölzerne stangen gemeint icaren,
ist die stählerne stange (oder stahlstange, vgl. das. und
stählen, adj., 2, a, ß, sp. 561) die ständige tcaffe der riesen
in sage U7id märchen:
wandi^ wären gigande
und trügen an ir bände
staheline stangen. Lampreht Alex. 5077 Kimel;
er (der riese Urgan) kerte . . . dar
mit einer harte langen
stehelinen stangen. Tristan 15980;
dp truoc ein ieclich gigant
ein stäheline stange,
gröge unde lange, herzog Ernst 5169;
sagt man hingegen von risen und bannen, zeigt jhr ge-
bein in den kirchen, unter den rahtsheusern, jhre Nimro-
tische spisz, stälin stangen, Goliatische weberbäum,
Starckarterisch degen u. s. w. Garg. s. 56 neudr. ; der
riesz . . . traft herausz für das schlosz, und brachte mit
jm ein stählin schilt, und drey eysene stangen. btich der
liebe 274*; er zuckt seine stählin stangen, und schlug
gegen Goffroy. ebenda; da zucket der starcke riesz die
stählin stangen, und schlüge Goffroy so gar starck und
mächtig . . . Goffroy der mannlich ritter . . . zucket da
den stählen kolben von dem Sattelbogen, unnd schlug
darmit dem riesen sein stählin stangen ausz der hand. 274''.
— dafür einfach stange:
der vörte rieseniske man,
die trögin stangin vressam. Rother 639;
Widolt mit der stangen (in der Thidrekss. : Vidolfr
mittumstangi)
vOr dar scrickande. 2165;
in dühte er hete wäfens gnuoc
an einer stangen (so alle handschr.) die er truoc.
... ,. , ... Iwein 5022;
do legelicher truege
ein stange grßj und dar zuo lanc. Goldemar 4, 11 ;
der riese mit der stange schlug,
auslangend in die weite.
Uhland ged. (1864) 341 (Roland schildtr.).
t) iti scherzhafter Übertragung, mit der stählernen stange
fechten, die nadel handhaben, vom Schneider, vgl. zeitschr.
f. d. phil. 13,230. Wander 4,776,15: ich (Jupiter) fragte
neulich einen grindigen Schneider, ob ich den frieden
geben solte? aber er antwortete mir, was er sich darum
geheye, er müsse sowol zu kriegs- als friedenszeiten mit
der stählernen stange fechten. Simpl. 2, 23, 27 Kurz (5, 5) ;
mancher will edel svn und hoch
des vatter doch macnt bumble bum . . .
oder hat sich also begangen
das er vacht mit eynr stäheln stangen
oder rant mit eym Juden spyesz.
Brant narrensch. 76, 10.
x) sonst bildlich : die maier malen auch alszo Christum
auff dem regen bogenn, das yhm ein ruthe unnd
schwerd ausz dem mund gehet, wilchs ist ausz Isaia xi.
genommen, da er spricht: 'er wirt schlahen die erden
mit der stangen seins munds'. Luther 8,677,28 Weim.
ausg. (in der bibelübers.: mit dem stabe seines mundes.
Jea. 11, 4). — nicht recht klar ist die offenbar vom kämpf
hergenommene redensart:
chomm ich im an die stangen,
den palg han ich verlorn !
HÄTZLBRiN 1, 21, 19 ('ain tagiceis von letcten').
b) als frei beieegliche, in der hand gehaltene stange
sonst zu mannigfachem gebrauche, (vgl. stab, stecken, stock.)
a) zum schlagen: dann die esellreiber, als sie die ge-
walt sahon, so Roszübrall ihren mehren anthät, liefTen sie
795
STANGE (2)
STANGE (2)
796
mit ihren stangen und hebbäumen zu, und zerpriJgelten
den armen hengst so erbärmlich. Juncker Harnisch 176.
ß) um dinge fort- oder abznsclilagen : die belagerten
schlugen mit stangen gegen die brandpfcile. Fheytag
ii/rfe»- 1, 198. SO: obst vom bäume mit einer stange ab-
schlagen. Campe; vgl.-, ich sitze oft auf den Obstbäumen
in Lottens baumstück mit dem obstbrecher, der langen
stange, und hole die birnen aus dem gipfel. Gütiik 16,79
(Ate»* offenbar mit einer vorrichtxing , ttw die birnen fest-
zuhalten, dusz sie nicht fallen), ähnlich auch: da oben
(im bäume) liegt die katz; die möchte auch die schöne
gelbe birne haben! aber wart nur, ich will die stange
holen. Stokm 5, 88.
v) die stange schleudern alsspwt: warff dasz englisch
beihel , schlenckert den spisz , schlaudert die stangen
unnd Schweresten rigel. Garg. ä. 283 neudr.; vor dem reiter-
spiel mit Schild und stange. Freytag 8 (ahnen i), 87. —
vom griesicärtel, s. 3, b.
(^) stange der schiffer und flöszer, ttm. das fahrzeug
durch stoszen fortzubeicegen : stang mit welcher die schiff
geschalten werden, trudes. Dasypouius; stang das schiff
zuschalten, jpej-ttc« da sjnnger' la barca. HuLSius (l618)237'>;
stange, so die schiffer haben, ihre flusz-schiff zu regieren,
cojitus. Frisch e.sio"; awcÄ schiffstange, s. theila,i02,
vgl. : schiff- ö schiifer-stange, fahrstange, peitica 6 stanga
da barcaruolo ö marinaro. Krämer dict. 2,907**; ruder-
stange (l), s. theil 8, 1392: ruderstange, contns. mit
ruderstangen die fahrzeuge forttreiben. Steinbach 2, 683.
unablässig arbeiteten die schiffer mit stangen und haken,
sich die fahrt frei zu halten. Freytag 11, 172 (a7nier?4-,Ä.22i).
vgl.: stiesz es {das schiff) ab: schalt es: regierets: füh-
rets, praucht die nächst stang für ein steurruder. Garg.
s. 282 neudr.
f) stange als hebel: stang damit man etwas weget,
vectis. Dasypodius; stange, damit man etwas fortschorget.
un levier. Hulsius (1616) 306*'; stang, hebbaum, palo,
stromento da levar peso. (1618)237''; die arbeitsleute (tag-
löhner) werden umb den lohn gedinget (gemietet) dasz
sie dienen, mit stangen (hebebäumen) in die höhe heben
{veetibus tollant). Com ENI US sprachenth. 534. ähnlich tvol
zu verstehen:
nu kommet her alle
und rieht das crucz uff mit schalle! .
seczet an spere und stangen !
Algfeld, passionssp. 5660.
£) stange, worauf man sich stützt, um tceiter s])ringen
zu können, vgl. springstange (2), sp. 118/., halter. Stein-
HACH 2, 683. sprichw. mit kurzer stange macht man keine
weilen sprünge. mit einer goldenen stange springt man
über das meer. Wanüer ♦, 775, 3. 2.
r/) stang darauff man sich steuret, gralla: Dasypodius.
(stelzet krückef)
&) stange in der hand des gehenden, vgl. stab 11,5,
sp. 335 jf. pilgerstab: dann kamen auch pilger mit einer
langen stange in den bänden. Gaudy ausgew. erz. 63. bei
einer procession, als amtsabzeichen : so hatte der rad zu
Franckenfurt (o. M. für die fronleichnamsprocession am
81. mai 1442) ufT X irs rades bestalt umb das sacramente
und umb den konig zu geen mit allen iren richtern,
dienern, viseren, die stangen bilden, das das sacramente
and fursten nit ubcrdrungen worden. Janssen Fiank-
furta reiehscorr. 2, 46.
0 die baluncierstange der Beiltänzer, gewöhnlich von
Uei (a. auch springstange 1 , »p. iis): stangen der Seil-
tänzer, alUu bley- et gewichtstange, lialtere». Stieler 2188;
bley-stange, gowicht-stange eines seildantzers, eontrapeso
d'un baUerino di eorda. Kkamer dict. 2, 907*.
x) stange tum schüren des feuers, vgl. schtlrstange,
Uteil 9, tfXA : am heck der Fortuna, wo Danebrand einst mit
der schUrslange lauerte. Gutzkow ritter v. g. 0, 866. — (tum
fnterlötchenr:) Tiertens solle iederzeit vier feurghUggen
(feuerhaken) und stangen in der beraitschaft gehalten
werden, die erst am perg u.s.w. tirol. tt>nstlt. a, 249, 10.
l) alt handfoerkagerät : es sollen die meistcr den zur
arbeit tauglichen Werkzeug verschaffen als eiserne stangen,
pUrdel u. a. ir. Ureal. bauordnung v. 1606, a. >7.
//) «n werkteitg. um venierungen in metallbUch ein-
ntdHUken; werkteug. um künattiche blumeHblät§er au»-
tuaehlagen.
v) in der gaunersprache für brecheisen, Stemmeisen. AvE-
Lallemant 4, 610.
c) stangen dienen, um etwas daran zu tragen : vectis . . .
ein stang dar an man tregt. Dief. gloss. 608'*; stang
darann etwas herrliches getragen wird, veretrum (=fere-
trum). Dasypodius ; etwas auf einer stange tragen, portar
qualche cosa sii una stanga, it. in cima d'una canna
cioe mostrarla con ambitione. v. schautragen. Kkamer
rfic^ 2, 907*, vgl. trag-stange, stanga, barra da portare la
seggia. v. traghaum. 907''; eine stange etwas daran zu
tragen. Adelung (2). und zwar tcerden gegenstände theils
aufgehängt an der vagerecht gehaltenen stange getragen,
vgl. d: tragen die bering an der stangen inn bach.
Garg. s. 72 neudr.; hinter den jauchzenden fronleuten,
die an stangen die erlegten hirsche und sauen getragen
brachten , kamen die heiter schwatzenden jagdherren.
Ganghoper mann im salz 2, U6; halb null elalterlich, halb
antik geschürzte winzer umschwärmten die biblischen
kundschafter aus dem gelobten lande, welche an tief ge-
bogener stange die grosse traube trugen. Keller 2, 187
(nach 4 Mos. 13, 24) ;
da fünden si eine[n] trüben
edele unde tiure.
si trägen in dannen
gebunden an einer stangen. Diembr ged. 64, 3.
dazu zuberstange vectis. Stieler 2133. s. femer d,a.
einen auf einer stange tragen:
ein man, der flauen ere beschempt,
der hat verdient, . . .
das man in auf einer stangen inn seutUmpfel trag.
fastn. sp. 706, 33 (vgl. 711, 3 und sautünipel,
theil 8, 193«/.).
an mehreren stangen : geus vier gülden rincken , und
mache sie an jre vier ecken, also, das zween rincken
seien auff einer selten, und zween auff der ander seilen,
und mache stangen von foern holtz . . . und steck sie
in die rincken an der laden seilen, das man sie da bey
trage. 2 Mos. 25,12—14, vgl. 27 f. 27, Gf 30,4/. 35,12/ 15/
37, 4, 14/ 27/ 38, 5. 39, 35. 39. 40, 20, 4 Mos. 4, fi. 8. 10/ 14.
1 kön. 8, 7/ 2 chron. 5, 8/.; und die kinder Levi trugen
die lade gottes des herrn auff jren achseln mit den
stangen dran. 1 chron. 16, 15. auch ruhend auf mehreren
stangen; so dann ferner: namen sie in gebunden auf ain
gerüst, von holz und stangen gemacht, truegen in den
berg auf für sein aigen schloss. Zimm. chron.^ l, 121, 23. —
theils aufgesteckt an der senkrechten stange (vgl. ölten
Kram ER und h): was hilffts das man solen leder feil
bat, und es hoch an den stangen daher trcgt. Garg.
s. 176 neudr.
d) auch die ruhende, festliegende stange dient, um
gegenstände daran aufzuhängen.
a) meist freiliegende stangen zutn trocknen von wäsclte:
die wasch auf die stangen hencken , tendere il bucato d
i panni Uni *tV per le stanghe. Kramer dict. 2,907''; auf
eine stange die wasche auf hencken. Steinbacii 2,682.
dazu: wUsch-stange, trocken-stange, stanga, pertica
da rendervi il bucato al sole 6 all'aria. Krämer o. a. 0.,
vgl.: trugstange notat perticam parietilms infiaram pro
exponendis ad solem vestibua, et linteaminibus, ä tragen:
alii scribunt truckstange, ä trucknen. Stieler 2188. ao
wol gemeint:
herr Peter bracht ein woschstangen,
sprach: ir schelk gebt euch gefangen I
Peter Lew 67* (Bobbrtau narrenh. ». 11t).
ferner: pleicker stangen. tendicttlae. Maai.eh 884". da.
heiszt stang ein 'Stangengerüst am ofen tum trocknen der
kleider und wäscfie'. Martin-Lieniiaht 2,60ft''.
fl) eine über ttcei pfoaten liegende stange mit nt'igeln
oder pflöcken dient im mittelalter als kleiderhalter. «.Heyne
hauaaltert. 1,202: ir frouwen, di de> gcwandos über ein-
ander logcnt , da:; eg erfQlot und da; rchl diu stange
nidor brcslen inöiito. nKR-niot.n v. RKGKNSBUitu 2,80,116;
wo nuo din samoyl und cyclat,
der dino utanirrn liirnircn vol?
vinio l'hiUbfiU <: 161 (Kahajan /rähUngtg. 128);
•0 wil «In wtp ein nlnjcr hnben . . .
und xohen mentol nn der Klang.
Tkk-iinkr 810 (-= Pi'EiMKR übungib. Ift9, 29).
y) ähnliches in neuerer teit : (sie hat) jr stangen voll
gesottcnor garnstrengt, Jr gewelh voll flachs. Garg. a. lOV
netulr. ;
797
STANGE (2)
STANGE (2)
798
wo treffen wir uns wieder an? {fragt der wolf)
wo sonst nicht, sagt der fuchs, beym kflrschner auf der standen
{nämlich die feile).
Hagedorn 2, 138 {fab. 2, 24).
S) auch ßeischwaren, iritrsfe, fische u. ä. werden an
Stangen aufbeirahrt: lang her die bäckelhäring von der
Stangen. Garg. s. 144 neiidr.; so erkanten sie, dasz man
jm die stangen mit würst . . . znstelte. 246. vgl. räucher-
st a n g e , theil 8, 248 (J. Pau L 34, 138).
e) stange, tcorauf vögel sitzen, vgl. attch stängel, -chen.
jetzt besonders für hühner: wann er ein stang oben durch-
zog, darauff der han mit seinen kebsweibem sasz. 6arg.
s. 308 neudr. ; vgl. • (Wappenschild,) auf dessen oberem
rande vier gekrönte helme sitzen ^vie vier hähne auf
einer stange. Keller 3, 173, und hühnerstange (^A. 4, 2, 1882).
im mittelalter besonders für raubvögel, vgl. {die senkrecht
stehende) falkenstange {theil 3, 1271) : dem habich {soU
inan) ein stangen oder rinkh hinder den pferden machen.
weisth. 6, 752 {Frankfurt 1485, § ll) ;
an eine wise enmitten
het er höhe an eine stat
einen sparwaer üf gesät
üf eine stange silberin. Erec 190;
euch stünt der falk uff einr stangen ho
und was daruff gebunden.
Ha>-s V. Bühel Diod. 1286;
die faicken uff der stangen
tfind schwingen nach des tages glast.
HÄTZLERIN 1, 23, 2 ;
die wile man wer zft kylchen gangen,
liesz er den gouch stan uff der stangen.
Brant narrensch. 44, 18 {vgl. die amn.);
und unterm dach sasz einsam auf der stange
sein edler falk. Hagedorn 2, 174 {fab. 2, 47) ;
so auf gold'ner stange sitzet
unter zofen fromm der aar. Keller 10, 63.
vögel fliegen abends auf die stange zum schlafen: so es
dämmert und der hahn mit den hühnern zu ruhen sich
auf die stange setzt, stellen sie die nachtwache aus.
Brentano 5, 88. daher in der Soldatensprache auf die
stange fliegen, wenn diebetten übereinander stehen. HoRti 100.
f) auch son.9t dienen stangen , um eticas zu tragen,
s. Storm 1, 198 unter l, e. — um eticas damit festzuhalten,
so für fuszeisen {s. das. 2, theil 4, l, 1618):
des ward ich zärtlich auffgedrät
mit füessen an die stange.
Wolkenstein 87, 40 Schatz.
g) ferner stangen zum versperren oder absperren: mit
stangen verschräncken, versperren etc. perticare, stangare,
sbarrare, cancellare etc. di pertiche. Kramer dtcl2, 907»;
dazu: thür-stange, stanga da stangare la porta. 9ffi^ ;
vgl. : eychen stang damit man etwas vergitteret, vacerra.
Dasypodius. belege: item 1441 da hab sich das salve zu
unser frawen an . . . und man hub an grosz wachs dahin
zu geben, das man stangen und keten must auf machen
{zum absperren der straszen). d. städtechron. 10,159,8; der
Wächter entfernte die stangen, welche den eingang zum
rinderpferch verlegten. Freytag 8 {ahnen l), 7. — ähnlich
stange im sinne von standbaum, vgl. das. (l): von den
stangenn im reisigen stalle zu machen. Tenneb. amta-
rechn. v. 1542 bei Dief.-WOlcker 862; stangen sive beume,
so man zwischen die pferde legt, vacerrae, longurii.
Stieler 2133: was wird sofort zwischen die pferde ge-
legt, um etwaiges schlagen oder treten derselben zu ver-
meiden? glatte stangen oder bäume. instruction.sbuch für
d. cavallerisfen'-' {Hannov. 1876) *. 105, vgl. stallstange und
luxemb. stäng 'standbaumin einem Pferdestall'. Gangler 429.
verschieden acheint: stange, daran man die pferd bindet,
pieu auquel on lie les chevauU: Hulsius soe*.
h) stangen in senkrechter haltung , in die erde gesteckt
oder sonst befestigt, oder in der hand gehalten, vxrden
vertcendet, um eticas darauf oder daran zu tragen.
a) sehr gewöhnlich als fahnenstange {theil 3, 1243) , so
schon mhd.:
(chritten.) die vor diu heidenschaft verspart
het mit strft und von den stangen abe gezart
diu panier, dag mans käme mohte kiesen.
Lohengr. 4612 {vgl. 3986).
win</., «. Sohiller-LObben 4, 362^ die stange einer fahne.
Campe: nach kriegsgebrauch das fendlin an die stange
zubringen, und auft'zurichten. Reutter v. Speir kriegs
ordn. a. 11; der laden des meister Joseph war fortwährend
angefüllt mit leuten, welche fahnen holten oder be-
stellten, mit zuschneidenden und nähenden mädchen,
mit tischlern, die frische stangen brachten. Keller 3, 78
{i'gl unten stangengeist) ; (er) zog . . . das banner leise
mit mühevoller vorsieht hervor, risz es von der stange
und steckte diese wieder unter die übrigen waffen.
nachl.259; möglich . ., dasz er {Konstantin) auch schon
damals (312) das . . . labarum anfertigen und dem beere
vorantragen liesz, jenes unzweifelhaft in seinen späteren
kriegen von ihm gebrauchte feldzeichen: eine stange
mit einem fahnentuch an einem qnerholze. Th. Brieger
Konstantin d. gr. (i880) *. 15. so auch in älterer spräche
auf halben stangen, auf halbmast: folgenden tag sahen
wir gegen abend auf der fregatte MoriSn auf halben
stangen die flagge, so ein todes-zeichen, und das begräb-
nisz eines Soldaten angedeutet, v. d. Groben Guineische
reisebeschr. (1694) 5. — ähnlich von der fahne eines parla-
mentiers: am andern morgen ritt der general mit einem
trompeter und einem busarenunteroffizier, der eine lange
stange mit sich führte, um deren oberes ende ein groszes
weiszes laken gewunden und gebunden war, ...weg.
D. V. Liliencron kriegsnovellen^^ 129.
ß) ein hut wird auf eine stange gesteckt, als zeichen
der herrsehaft; so in der Tellsage:
jetzt ist der ganze anger wie verödet,
seitdem der popanz auf der stange hängt.
Schiller 14, 349 {Teü 3, 3).
als 'freiheitsbaum' : Offiziere waren gar nicht dabei; die
hatten bereits auf den Schlachtfeldern den tanz um den
marschallstab begonnen und kümmerten sich den teufel
um die dürre stange mit dem blechernen hut, sobald sie
aufgerichtet war zum zeichen der Unterwerfung. Keller
nachl. 256 {vgl. : auch den groszen blechernen hut auf
dem freiheitsbaume hatte er lackirt. 25i).
/) die köpfe auf stangen stecken , capita contia prae
figere. Steinbach 2, 642: ich befürchtete mich, die mohren
möchten den todten leichnamb wieder ausgraben (wie dero
gebrauch) den kopff auf eine stange stecken, v. d. Groben
Guineische reisebeschr. (l69l) 38. — anders, im bilde: welch
eine natürliche Schilderung {bei Hamej). . . . wie fliessend
ist diese schattirung in vergleichung solcher gemählde,
worauf der held in einem einfarbigen purpur steht, den
himmel über sich einstürzen sieht, und den köpf an einer
poetischen stange unerschrocken in die höhe hält? Moser
patr. phant. 1,49. — büder an stangen getragen:
wir wollen dich als seltnes ungeheuer
im bild auf stangen führen, mit der schrift:
hier zeigt man den tyrannen.
Shak€«p. 9, 348 {Macb. 5, 7).
^ eine acheibe wird an einer stange aufgerichtet als
schltiazziel :
da, zur festlust eine scheibe
heiszt aufrichten der infant
also hoch auf einer stanze,
dasz sie bis zum himmel ragt.
lustig gehn an's werk die mohren,
schieszen mit dem speer darnach. Geibel 8, 134.
ein vogel: du {adler) sollst mir dann in luft'ger höh'
auf einer stange sitzen,
und ich rufe zum lustigen schieszen herbei
die rheinischen vogelscliützen.
Heine 2, 437 Eliter {Daitschl. 3).
vgl.: vogelstange. ... 2) wovon man einen gemachten
vogel abschiszt, longurius, e quo ai-is lignea sagittis aut
globulis plumbeis dejieitur. Steinbach2,683 ; ebenso Campe.
ähnlich auch: allda {auf den Balearen) man die kinder
von Jugend auff darzu gewehnet, dz sie jhr morgen-brodt
nit dorfften essen, bisz sie dasselbige mit der Schleuder
von einer stangen, daraulT es jhnen die mütter steckten,
herunter geworffen hätten. Garzoni aUgem. schaicpl. 995».
die stange selbst ala achuazziel{?) : die knabcn des dorfes . . .
schössen mit dem rohrpfeil nach der stange. Freytao 8,26
{ahnen 1, 2). vgl. stangenbaum.
«) allerlei zeichen werden an stangen auageateekt: onnd
so dann eyn weinschenncke das erst . . . geweyst vass
aussgcschennckt hat, derselb . . . soll . . . keyn nachfass
nyt schenncken . . , er hab dann vor eynen rayff von
eynem halbfüdrigen fass myten an die stanngen ge-
hanngen, . . . domit yderman sehen müge, das dasselb
erst fass auss sey ... es soll hynfür eyn yder unnser
burger . ., so der weyn auss ist ... die stanngen eyn-
790
STANGE (2)
STANGE (2)
800
ziehen. Nürnb. polizeiordn. s. 252; so ist hier in dieser
einfachen fahne {der icei^zen flagge) der Ursprung ge-
heiligt ; eben als wenn einer sein taschcntuch an eine
sfange befestigte, um der ganzen weit anzukündigen, es
komme ein freund über meer. Göthe28, 229; schaute
der thürmer in der ferne feinde oder ein feuer, so blies
er feind oder brand und steckte in der richtung des
Unheils am thurmc ein zeichen aus, tonne oder sieb an
einer stange. Freytag 18 (bilder 2,1), 287. vgl. stangen-
signal.
9 auch sonst werden gegenstände an stangen befestigt,
um sie besser tragen, handhaben oder weiter reichen zu
können: mer hat man an den hernach geschriben enden
und heusern hangcnt allewegen zwu lang fewer leittern
und zwen fewer hocken an stangen. Tücher bau-
ineisterb. 143,12; stählerne haken wurden an stangen her-
abgelassen und den belagerern in den leib geschlagen.
FRE^TAG 18 (ftrWcr 2, l), 296; kommt von der hoftreppe
herauf der kutscher, eine stange mit einem wachslicht-
endchen in der band. Storm l, 176.
t) stangen verden neben pflanzen gesteckt zur stütze:
den hopfen, die höhnen etc. mit stangen versehen. Campe;
zu einem jeden {hopfen)&ioc)/i magst du stangen nach
der grosse desz Stocks haben, fünff, sechs, sieben, acht
oder neun, darnach der stock grosz ist, die stangen aber
müssen unten nahe zum stock, und oben etwas weiter von
einander gesetzt werden, damit die sonne zwischen die
stangen kommen, und den hopffen erreichen könne.
('oi.ER öcon. (1680) 1,240"; darumb musz man, so bald
der hopffen auszschlägt, . . . auff die grösten und stärckesten
schöszling oder rancken achtung geben, dieselbe so bald
sie nur die stangen erreichen können , an die stangen
leiten, und . . . anbinden, ... so windet er sich hernach
selbst umb die stange, und steigt immer höher und höher
auff die stangen hinauff, bisz dasz er letztlich gar über
die stangen hinausz wächst, ebenda, daher ziisammen-
setxungen wie : bohnenstange, *. tJieil 2, 22T ; hopfen-
Bia,ngB{n) perticae lupuli. Stieler 2133, jjer^ica intorno
ttUa quäle si auvolgono i luppoli. Krämer dict. 2, 907'';
stange, den hopfen daran hinauf wachsen zu lassen,
oder bohnen, hopfenstange, bohnenstange, adminiculum
perticale lupttli autfabarum. Frisch 2, sig*", vgl. th. 4, 2, 1797 ;
rebstange, ridica. Steinrach 2, 683 (vgl. rebstecken,
theil 8, 338). s. auch Stangenbohne, -erbse.
k) stange als stütze auch sonst, z. b. eiserne stangen
bei einer statuengruppe , s. G. F. Meyer unter 1, e. —
stange an einem thurme, die den knöpf trägt .
wie der knöpf am kirchenthurm
schwankt auf seiner stange !
GÖKiNGK lieder zw. lieb. 28.
dafür auch helmstange, s. theil 4, 2, 979. — jetzt besonders
telegraphenstange, vgl. Stangenblitzableiter. — bei bau-
gerügten, vgl. Stangengerüst, -rüstung.
Q stangen zum klettern (als turnübung), vgl. kletter-
stange, theil b,U7S: er klettert die stangen nach den
nesteln. Oarg. s. 73 neudr. — springstange , s. das. (2),
ap. 118/., vgl. stangenspringen.
m) stangen bei der Jagd.
a) tum aufstellen der garne: stangen, heiszen ... 3) die
stellstangen bey Jagdzeugen. Heppk wohlred. jügeri^*;
ferner gehören hierzu (wilde enten zu fangen) auch stell-
stangen, darauf die game gestcllet werden, anbey aber
auch stangen , woran haken sind , dasz also zwischen
zwey stell-stangen einhaken eingesteckt wird. Dörei, 8,248*;
derowegen (bei prellnetzen) mit stangen besser zu richten
ist , denn ist es (das wasser) zu flach , bricht man die
«langen, (die stangen schiefT zu setzen,) wäre es gar zu
ticIT, so müste man längere anschafTen. 248''. s. ferner
Hiellstange und garnstange, theil *,i,iV7i: pertica,
ufaggio du reti di caccia, it. di pescagione. Kram kr
dict. i, 9m*: die binde, so bald sie ins garn und tücher,
so mit gamstangen (netzgabel) aufgestellet seyn, einfallet.
CoMRNlus tprachenth. 4M.
ß) ähnlieh beim waehtel/ang : wann der wachtel-strioh
gebet, . . . richtet (man) in dem noch stehenden haber
oder hirsdrein zwei stangen ... auf ; die stangen müssen
also in die erden gemacht seyn, wie die loimHlangon (*. i^,
dasz man cie auf und nieder hoben kan; ... (man)
jrräbt auch ... hohe stangen ein, daran man die panthera
(hangnetz) richten kan. . . . wann man nun wachtein
fangen will, musz der jäger gleich nach niitternacht, Hie
(in körbchen gehaltenen) wachtein an die stangen um und
um . . . hangen . . .; die garn aber werden nicht aus-
gezogen, sondern bleiben an den stangen zusammen ge-
rollt. HOHRERO 2, 695». (das ganze verfahren wird s. 694
als stangada bezeichnet.)
y) zu denen vorbeschriebenen Instrumenten gehören,
wenn man stell-flügel oder alleen abstecken will, auch
noch stangen . . . die stangen werden 10 fusz lang oder
hoch, müssen fein gerade gehobelt, und gantz weisz, oder
weisz angestrichen seyn; ... unten werden eiserne spitzen
gemacht, dasz solche leicht in die erde zu stecken sind,
und oben um die stangen werden eiserne rincken und
löcher in die stangen gemacht, daran man weiszo fähn-
lein stecken kan. Dörel 2, 7. vgl. stängelchen.
S) stange, woran die vogel-fänger die leim-ruten stecken
haben, pertica auciipum qua aviculas visco capiunt, leim-
stange. Frisch 2, sig*";
so, von den verborgnen stangen,
reiszt ein vögelchcn sich los,
läszt am leim die federn hangen. Gottkr 1,209.
auch leimstange, ames , pertica aucupulis. Stein-
rach 2,683: der vogeler ... hält sie (die durch die lock-
Vögel gekörnten vögel) an mit der leimruthen (die er an
leimstangen anhefftet). Comenius sprachenth. 428, vgl.
theil 6,101; vogelstange (woran vogel mit leim ge-
fangen werden) atnes. Steinrach 2,683 (in anderm sinne
oben h, S); vogler-stange, leimstange, pertica da uc-
cellare. Krämer r/tc<. 2, 907'*.
n) sonst um etwas aufzustellen.
n) budenstange, pedamentum, furca bicornis perticas
sustinens. Stieler 2133; pertica ma.isime forcuta in cima
da attendar la botfega. Kramer dict. 2,907*.
ß) die hoHzontale bettstange s. theil l, 1739: er macht
die (stücken leinwand) an einander, band den einen ort
an ein stangen, da man das pet mit macht . . . die frau
leget sich aus iren treuen uf die betstangen , den zu
halten ..., vergest, das ir die hent under den stecken,
daran die leinbat gemacht, kamen. Wilwolt v. Schaum-
burg s. 62/. Kellet:
o) aus stangen toerden einhegungen verschiedener art
hergestellt.
a) ungewöhnlich \oird bei hölzernen zäunen, stacketen
von stangen geredet (dafür latte, stecken); so in Tirol
stangen in Weingärten , 'die quer an den stecken befestiget
werden'. Sghöpk 809 (unter wein 2). so wol auch in den
steir. taid. zu, verstehen : item wehr ain stecken oder mehr
in ainem zäun . . . abbricht, . . . alsz oft ain stecken
alsz oft xij ^. des gleichen ist von ranten, stangen oder
andern zaunholz. 57, 40, ebenso 68, 13, vgl. d. glossar. a. auch
unten stangenpferch, -verschlusz, -zäun. — dagegen spricht
man ganz gercöhnlich von den stangen eines eisernen git-
ters (vgl. y).
ß) käfiche: sah ich doch einst in der menagerie, wie
der könig der tiere so sehr in majestätischen zorn geriet,
dasz er gewisz manchen unschuldigen zuschauer zer-
rissen hätte, wäre er nicht in einer sichern konstitution,
die aus eisernen stangen verfertigt war, eingesperrt ge-
wesen. Heine 8,461 Elster (engl, fragm. 7); im bilde: laszen
sie mich wenigstens in die stangen meines kKfigIs beiszen.
Leisewitz JtU. v. Tarent 19, (1.4). vgl. slangenkätlch.
y) gitter vor gefängnisfenstem bestehen aus eisernen
' Stangen; daher: ihr vater ist vierzig jähr alt geworden
j und hat fünfzehn davon hinter eisernen stangen gesessen.
Fhknssen Hilligenlei 428. — vgl. unten stangengittrr.
p) stange auf schiffen, vgl. stängo, amoie stangenwerk (8).
a) auperior jwrs mulorttm in grandioribua navibus.
Frisch 8, sie*'; 'dii- olm-e theil dea maatea über den teilen'.
Kehrkin 1,387; vgl. nl. stanghe vel tnast, motu» navi».
KiLiAN 2, 630*, aotcie stängo und stenge. die belege könnten
auch au ß geaogen loerden :
{ich, AriO) brannl' an vicion ■tollen; auf dem nin«t,
an Klang' und bogspriet flammt' ich abgesondert.
Shnkrt>i> 4, 24Ä ((rfurrn 1,2);
ha, wie du schlinein Hrhwankt und drOhnt,
wie niast und «lang« Hplilloml
UiiLANU ged. (1864) 68 (trifMUd).
801
STANGE (2)
STANGE (2. 3)
802
ß) Stange für segelstange, vgl. dieses, theil 10,1,97:
Stange, am grossen seegel im schiff, antenna. an den
andern seegln, li^na transversa, superiora et inferiora
in velis, seegel-stange. Frisch 2, aiS*»;
reisz' die see^I von den stangen , denn der bafen ist nicht
weit. Günther 872.
q) Stange im hergbau, s. korbstange {theil 5, 1807), kunst-
stange {theil 6, 2728), schachtstange {theil 8, 1967), Zugstange
und J.\coBSSON 7, 427». vgl. unten stangeneisen (2), -haken,
-kunst, -leitung, -schacht, -werk, -wulst, -zug.
r) Stange heiszen theile von allerlei geraten.
o) die tcagner yxennen das deichselhoh am tcagen so,
s. Jacobsson 7,427». ScHM.* 2,770; vgl. deichselstange,
tlieil 2, 909 : in 36 stunden haben wir zwey neue axen und
zwey Stangen zerbrochen. E.König bei Lessing 13, 363.
darauf beruhen tcol die Zusammensetzungen Stangenpferd,
-handpferd, -hengst, -rosz und tceiterhin stangengeschirr,
-reiter, -sattel, -tau.
/9) leiter-stangen, staggie da scala. Kramer dict.
2,907**, wofür geicöhnlich leiterbaum, s. theil &,19&: dy
czwu Stangen der leytter seyn novum et vetus testa-
mentum. Luther 9, 408, 23 Weim. ausg. vgl. stangenleiter.
y) eis. drehstange an der heiter. Martin-Lienhart 2,605».
S) 'stangen, stiele, fr. aiguilles, {icasserbau) runde oder
gevierte holzstücke, welche an den schutzbreftem der kleinen
schleusen in den groszen schletisenthoren angebracht sind,
sie haben löcher, damit man einen eisernen nagd durch-
stecken kann, und dienen also, die schutzbretter aufzu-
ziehen, und niederzulassen.' Jacobsson 4,255».
e) mhd. für den hölzernen griff eiserner gerate {vgl. a, ^:
de hiej kunic Ruodolfs suon
wTirken eine sichel . . .
in ein guote stange,
michel unde lange. Ottokar reimckron. 31802.
vgl. unteti stangenhippe, -schere, dazu femer stangen-
besen, -borstwisch, -bürste, -laterne.
ö femer eiserne stangen, z. b. die pumpenstange,
S. theil 7, 2230.
ff) 'bey den handwerkem und künstlem führen viele ent-
wede>- gerade oder gekrümmte körper, auch wenti sie noch
so klein sind, den nahmen der stangen oder stänglein.'
Adelung (l). so-, 'an den scheren heiszt der lange gerade
theil zxcischen dem ringe und dem, schilde die stange.'
ebenda. Jacobsson 4, 254'> {der theil zwischen dem ringe
u}id der klinge).
d-) stange am zäum der rosse, /. le fer de costi de la
bride d'un cheval est ainsi ajypele. Hui.sius (1616) 306'';
Stangen am pferdzaum, lupatum ferreum, perticae freni,
tnoderamen teres equortim. Stiei.er 2133; stange, am ge-
bisz der reit-pferde, vectes ferrei stanno obducti in froenis
equorum, stangen-zaum. Frisch 2,319''; stangen, sind
zwey auf besondere art gekrümmte stück eisen, welche
mit dem einen ende am haupt-gestelle, mit dem andern
aber am zügel befestiget sind, und das mond-stück, das
kettgen und die kinn-kette zwischen sich führen. Zincke
öcon. lex.^ 2801, s. ferner Adelung (l). Jacobsson 4, 255».
Hunziker 250. auch %e\>'i%z-sis.n%en ,8tanghe,stanghette,
guardie del morso d'una briglia. Kram er dict. 2, 907''. die
.facJie ist seit dem ii.jahrh. bekannt, ä. Boeheim tcajfenifc. 193.
belege: wann das bisz und stangen einem pferde, seinem
alter nach, dienlich ist, wirds desto lieber und ergäbiger
von ihm angenommen. Hohberg 2, löS*"; den jungen
pferden brauchet man meistentheils im anfang gerade
Stangen, und lieber zu lang, als zu kurtz. 160» {daselbst
vxiieres); das edle ross beisst in die stange. Klingeii
3,50; die beiden thürme {der mäuseresidenz) waren aber
zwei weiszgebleichte pferdeschädel , welche das gebisz
noch im maule hatten, leider war . . . der stil nicht ganz
gleichartig, denn das eine gebisz war eine trense, das
andere eine stange. Brentano 5, 173; ich . . . überlege, ob
ich sie auf der stange reiten soll oder auf der trense.
Heine 3, 179 Elster {ideen 14);
schon taumelt halb zerrissen
sein ross, und wälzt mit ihm in einem etrom von blut
sich nm, und hat vor angst die stange durchgebissen.
Wieland 22, 159 (06. 4, 24).
»tangengebisz, -zäum, beim Steckenpferd, im bilde:
Ko viel verstand hat ein vierfüsziges thier, dem man sich
nvertraut; wo aber das rosz mit den zwey kurzen vor-
X 2.
He
springenden vorderfüszen und der buntgemalten stang.
ich meyn' das Steckenpferd, . . . mit dem reiter . . . durch
husch und hecken setzt, da kommt der selten ohne be-
schundne nase wieder heim. MvsÄvs phgsiogn. reisen 2, 4.
«) stange am schwertfieft : der schwerd-knopf lag wie
gemeldt, in arm-schienen drinnen, das andere theil des
knopfs und die stangen am schwerdt hefft hett sich ge-
bogen, war aber doch nit entwey, dasz ich gedenck, die
stang und das andere theil vom knöpf hab mir zwischen
dem handschuh und dem arm-zeug die band herab-
geschlagen. Götz v. Berlichixgen 78.
x) 'stange in einem büchsenschlosse , tcelche mit einer
schraube auf dem scfUoszbleche befestiget ist, einen stark
hervorragenden zapfen hat, und die mittel- und hinterrast
traget.' Adelung; sie dient zum spannen des hahns und
zum abdrücken, s. ferner Jacobsson 4, 254''. Karmarsch-
Heeren^ 3, 451; so in der Weidmannssprache. Behlen 3,391.
Kehrein 281. vgl. stangenarm, -balken, -feder, -nase,
-Schnabel, -schraube.
/) beim posaunenrohr heiszen stangen oder Stiefel zwei
durch ein bogenstück verbundene röhren, die auf die röhren
des hauptstiicks passen und darauf hin und her geschoben
tcerden können. Merx kompositionsl. 4, 62.
s) stange zum messen {veraltet), vgl.: meszstange,
pertica decempeda. mit der meszstange etwas ab theilen,
decempeda aliquid dividere; die grösze mit der meszstange
ab messen. Steinbach 2, 683. von da aus stange als
masz, s. 5, a.
S) zahlreich sind sprichwörtliche redeweisen.
a) an 2, c knüpft an die in der spräche des 16. und
17. jahrh. sehr gewöhnliche Wendung mit einem an einer
stange wasser tragen. Wander 4, 776, 17, sich gut mit ihm
vertragen, mit ihm gemeinsame sache machen, oder auch,
zu ihm passen, seiyies gleichen sein: münch. ei, lieber
Junker, laszt uns gleich waszer an einer stangen tragen.
edelman. nein, das thn ich in keinem weg. ir müszt vor
bekennen, dasz ir gröszer schelk seit dann wir. Schade
sat. u. pasqu. 3, 108, 19 {eddm. münch u. cttrtisan 1525 B 2'');
von einem andern salbenden priester. wasser tragen an
einer stangen diser und der vorige. Kirchhof wendunm.
1, 551 Österley (i, 2, loo); wann sie also jre natürliche
boszheit und mangel lernen erkennen, halten sie hinder-
sich, verachten jren nechsten nicht, ... sintemal sie
wissen, dasz sie eben auch des fleischs und bluts sind,
das andere leut haben, und bede wol wasser an einer
Stangen mit einander tragen mögen. Gretter erkl. der
ep. Pauli an d. Römer (1566) 413; zwar wir tragen auch
wol wasser an einer stangen mit diesen heyden, dann
nach dem wir zu zeiten in öffentlichen predigten die ab-
götterey und gottloses leben der papisten hören straffen,
findet man deren viel, die gut evangelisch sein wollen,
die nichts thun, dann nur den papisten ubelreden, dar-
neben aber befleissigen sie sich nicht, dasz sie jr leben
nach der evangelischen lere . . . anrichten. 695; darnach
folgte Dulcimus von Navarr im jar 1314. und Amoldus
de Villa Nova, im jar 1315. welche alle an eyner stangen
wasser trugen. Fischart bienenk. 12»; an mangeln tragen
sie {die krämer) fast das wasser mit den kauffleuten an
einer stangen. Garzoni allgem. schawplatz (i64l)63i'';
(die /rare.) solchs hab ich dennoch nye begangen.
die tnagd. wir trügn wol wasser an einer stangen
mit einander das glaub du mir.
H. Sachs 1, 479«.
in anderm sitine: als etliche geistlichen über den last,
so in diesen kriegen ihnen so wol als den weltlichen
aufferlegt wurde, klagten, sagte ein fürst und oberster:
wann geistliche und weltliche nicht an einer stangen
tragen, so gibts scheele äugen. Zincorbp-Weidnbr apo
phthegm. 3 (1658), 56.
b) bei den mittelalterlielien ziceikämpfen hatte der grie»-
wart eine stange, die er, wenn sieh einer für überwunden
erklärte, zxcischen die kämpfenden tcarf oder schob und
damit dem kämpfe einhält that, ». mAd.icft. 2,2,640». Brinck-
MEiER gloss. diplom. 2, 574»: ir ietwederm sol der rihter
ainen geben der sin stange trage, der sol si nihts irren ;
wan ob ir ainer vellet, daj er die stange understfiejje ;
oder ob er gewundet wirt, oder der stange sust be-
gert. Schwabensp. s. 332 Wackemagel (404, 16—18 ; dafür im
51
803
STANGE (3)
STANGE (3)
804
<}nrh^en3r> 1 63 § 4: de sinen bom drage n. s. w.), s. femer
f UIS^lTiv' 2 319^ ScHERZ-ObERMN 1556. AnELUNG(2y
sS" 2%. daher im hiMe: auch wi 1 ich mtr n cht
st reich geführet würde. Lkss, ng 10, 47. so .col auch gemnnt
ich wil es aber hie mit der Stangen jchten.^^^ ^^
e^ darauf bencht die häufige redewendung der stange
i ^ K«.n rtas ist hülf als ein uberwältigter suchen bey
begehren, ^^^,^^\^^%'„ o 319b vgl. 1,547» wnrf die
ooinpm secundanten. trisch <ä, 01» , ij/"- ^i
:;Ä?;Sir !S% nb.r;^nden e^UUren, um
frieden bitten, in einem kämpfe unterliegen:
nu wil ich mein sinn daran keren,
si all an Hb und an gfit verseren,
unnd das triben so lang,
sie n^assent seren^^^rjs^^^^^^^^^^ ^^^,.
vil manger da der stangen gert,
vor stich und siegen w^ er mat,
auf genad - -^ch^- vahen.pat.^^^.^^ ^ ^^ ^^_ ^^^,.
und 80I der krieg noch lenger weren,
so werden zwar der stangen geren
die stet an all«> «nden.^.^^^ ^^^^ ^ ^_ ^^^^.
und SY pegerten do der stang
an unsem hem, den kaiser und
verschriben im dy selben stund, .
daz er dy sach liess slihten,
verainigen^undjihten^^ .. d. Wienern 351, 14;
daraus erosz mordt und krieg entstanden
fn KrfecTien welsch und teutschen landen ;
die'hTn s?e"(dTe W.cAÖ/e z« /?om) ^durch^emanderen
darinn sie^sich so lang vergangen
darmn sie bn;" =" '"r*, »„„„„«
bisz sie zuletst beeert der stangen,
und rafften umb rliat die bischöff an,
""ÄÄrT JÄ&ur. (d. Od. d. verk; 880) ;
A.. H«r ersteemelt künig Ascalonitarum, ward mit drey
stTe^ n rerSeldas s? wie das vihe g-f ziget wurd^
und zu letst der stang begerten. S. Franck ^^ron. (I53l) 183
zu letst als der bischoff im dritten jar seins knegs starb,
wer en Sie thümherrn unnd geistlichen der stang .
S ward der krieg mit dem geding verncht. chron.
uZ-)Jl Lewfrid eilet jhn mit seinen gesellen nach.
dÄr begerten der stangen, unnd bekandten sich uber-
aDeri^g „oM/arfen B 4" ; der alt bSszwicht be-
leÄ s^^^nTen unrKewfrid;n umb fristung seines
febenVVsN dann sie waren mit gewapneten reysigen
lant^ umbringet, derhalben begereten sie der stangen. b l" ;
lu aber d^ev«; Bern mit macht dah&r zugen begerten
die armen eut der stangen. begaben sich in gehorsamme
SrvM^rSchweytzer chron. (1606) 549». /mer. dasz wir aber
uns d^rmassen also undanckbar gegen jungfrauwen Rosa-
uns dermass«" * ^.^ demütighch, uns
Seszu ve ?ben • wolan sprach Philomena. die-
weU ihr denn beyde der stangen begere . können wi
Tud. der gnaden nicht abschlagen buch der hebe 239^
(IwickrIm 1.250.14 Bolte). auf da, Itebesrvngen und
.verben Obertragen •
ob mir an ir so wol gelang,
ich woll mit ir nicht rangen;
ob sy mich licbleich überrunf,
czwar ich beje^^^^J/Ä^'^and-cÄr. 28. 43;
<*'^nSrCrU recht der .lang.
„in frü^nrnkalt hat "ir^-«ÄN «. 8, 174;
rr fprach: hör uff. ich jf«r der Btang.t.,
dir Wirt da» chalner möcht erlangen^
deine wort haund mich durch wi3cht ,«. »w
norh freier mit abitraetem nu'>Jecl:
w61t ir mir de« nlt »afen,
Ich hob hewt an »e clagen,
unnd will diu triben »o lapnf
nnnU mein kraffl bogert der etang.
d« mein IIb mü« «^ä-'^Ät«. 6fl4«;
wan Wille wil haben ein gebet
«nd Wille gert dicke -«jOanf?".^^ ^ ^^,.
daz gotlich lieht
daz gert gentzelich der stangen. 75, 6;
mein frewd die gert der stangen,
der hat trawrcn obgesigt. quelle bei Schm.-' 2, //U-
d) auf denselben büde beruht die redexcendung eXnf^vc,
die Stange halten, ihr. schützen, ihm tm kamirfebeistdien.
Velne vattei nehmen, vgl. Wanükr 4, 776. 9. zeäschr. f d^
:X,- 11,807. GÜNTHER -''*«• ■'pr-''^t"^.;;;'^\Ti,"
Stangenhalter: einen die stange halten. Scho^^/' "^J J
teiJlu stanga ad uno. cioe sostmtarlo. dvfenderlo. j>o»
So Krämer dict. 2,907-; einem die stange (neml ch
^ sz-stange) halten, hiesz einem zu hiilfe kommen ihm
beystehen. Frisch l. 547^ einem d;e «tange halten das
ist einem secundiren. schützen, im duell beystehen. 2,39.
f/i^AoELDNO (2). WeIüAN02,796. BOHCHAR.VI .p»^Ä.r.
redensarten^ 1127. Hetzel wie der Deutsche spricht 298.
L,?PER E DE spruehwb. 8l9'>. so in litteratr.rbelegen des
T-i9. ahrh. (in demültesten mit abweichendem jerb)-^^^^
darnach dem armen die stang besser zu reichen, hat er
Solan) disz mittel erfunden, dasz er die muntz ersteigert.
Lehman Speyr.cÄron. (1612)307^0; ... musz er fme'n---
d^e stange halten, und kann also nicht so schlechterdings
JligeX'wo die ;usführung den regeln desselben wider^
spricht Lessing 12,357; ich habe mich ^^'eIdl ch vor
e?n gen wochen über das dumme Altonaer postperd ge^
ärgert welches noch immer den Hagedormschen lesarten
df Stange halten will. 518; du hast ihnen denn doch
de Stange stark gehalten. Pestalozzi Lienh. u.Gerti .
?1831) 2 "K- mein weih wollt ihm noch die stange halten,
nd da sah ichs wohl, dasz sies mit ihm hielte ^5^
wart^ 1 56- wie er von allen selten gescholten ja verfolgt
wSd fehlt es nicht an solchen die ihm die stange halten.
S,iER«nGö^Äe2,328 (25. oc<. 1816); kein gründliche^
Sprachkenner, kein echt deutscher ^olk;"'*'^" ^^.^^.^".t
ie der wortmengerei die stange gehalten, nur spracn
schwache und afterdeutsche werfen so gern den zweifel
auf ob man im deutschen sich auch deutsch ausdrucken
kSnne? Tahn 2, 605 BtJer {merke m); der ist ein braver
mann .dem habe ich immer die stange gehalten, wenn
ihm die leute zu leibe wollten, weil er nicht zum abend-
mahl geht. Arnim 9.167;
reliffion ist auch parthey ; und wer
sich d?ob auch noch so unpartevisch glaubt
hält ohn- es selbst zu wissen (foch nur seiner
dfe Stange. Lessino 2, 298 (Aa«/mn 4. 1).
ir, diesem sinne in micndartm noch weit verbreitet : eis.
SneS d sUnghalte(n) Martin-L.enhart 2. 605»; bair
de Stange halten einem, ihn protegieren, seine partei
1 Jl! Sr.iM =^ 2 770- -ihn bei allen gelegenheiten . bei
FroImann 6:324. 368. heruieb. S^-bs 240; /cöi« ,s ang haWe
HftNißä 173»' hess. 'einem die stange halten, ale auszerst
mlhJ^bliel-neformel. für: i--,%T'"' r/nÄ'
Taivartei nehmen, namentlich in bedenkliche.- oder irxde-
tcmZlZ Sache. ViuMAR 395; in Sachsen ^njern.d.
ihr Und in schütz nehmen, a. zeitschr.f d. untert. ».»"'■
rSn ee em die schlänge halten, ihn l^srhutzen.
nJZcK^Ts^ auch nd. enem de stange ho den^ bre^n.
COLUTZ M". (.Ohne erkläru,^ schioeit. e.m d stange halle.
„...L^r teit in einem ganz anderen .v.»ine. stange emanaer
und- als habe ich sie {die exempd und figurtn) >;««'«'"»,
vögehihlctc .listanlicn unnd fatonen ««••»*•;•/";•''*
nn wrckunge«. distanllen und proporlion den rech cn
rau;;balailLn' gleichen. ""■"« i^'S^X m TU '
kainpff hallen mlUsen und sollen. THoymzjN «nry
kunit Cirjw)4.... die richtige erklärufig gtebt HoHN
805
STANGE (3)
STANGE (3)
806
datenspr. s. 69/. : 'die leute der ersten glieder hielten die
Stange {lame}, von xco die redensart 'jem. die stange halten'
dann iceiter übertragen icorden ist', vgl. s. 109. die er-
klärttng von H. Schr.^der bildersehmuck s. 43. 191, der sie
von ztcei an der stange {deichseV) angeschirrten pferden
herleiten icill, iceist Borchardt spricht, redensarten'^ s. 452
mit recht zurück, ebenso erinnert er mit recht an die
synonyme redensart einem die wage halten, die vielleicht
auf ihre einbiirgerung und die bedeuttingsentxcicklung von
einßusz gewesen ist. vgl. auch einem die spitze bieten
unter spitze 1, a, y, theü 10, l, 2584/. — die belege gehen
ebenfalls bis ins n.jahrh. zurück, vgl. odeti Troupitzen.
zunächst noch in eigentlichem, sinne, im kämpfe iciderstand
leisten .- also setzet die göttliche versehung insgemein auch
einem grossen helden einen andern entgegen, welcher
selbtem die stange biete, und die herrschaften der weit
in gleicher wage halte. Lohenstein Armin. i,8b2^; die
wenigen Chaucen und die handvoU Friesen haben des
Germanicus gantzer macht 8. gantzer stunden die stange
gebothen; wie soll denn diese nach ihrer abmergelung
euch und denen euch auf der ferse folgenden kriegs-
völckern die wage halten? 2, 251»; es muste ihnen ein
dorn im äuge seyn, dasz, da der gröste theil sich bereits
unter sie schmiegen müssen, wir allein ihnen noch die
stange hielten (rot; f/ueTi^ov in f/övov drrtoovifivov).
Heilman T7it<c. 321 (3, 11) ;
doch, wie der alte schreibt, so ist kein mann der weit,
der diesem nngethüm von kind die stange hält,
als Rostem. Rückert (1882) 12, 169 (Hostem 5, 43).
in freierer vericendung , vom Schachspiel: ich hingegen
hatte mich bald so weit eingeübt, dasz ich ihm einiger-
maszen die stange halten konnte, ohne ihn des öfteren
Sieges zu berauben. Keller 4, 35; von tcortstreit und
litterarischer fehde ; ich hielt ihnen vor, ihre französischen
bettstatten hätten ihnen auch nicht viel genützt. ... die
töchter hatten mir lange die stange gehalten, die ganze
stube uns zugehört und das feuer immer frisch angeblasen.
GoTTHELF 1,242 Vetter (bauernsp. 2ä.kap.); einige ent-
werfen einen plan zur philosophischen spräche; andere
wollen sie allein auf die dichterische seite lenken, dasz,
wenn beide etwas würken, beide einander die stange
halten, macht das glück unsrer Sprachenverbesserung.
Herder 1,159 Suphan; so auch mit abstractem subject:
in diesem eingeschränkten gesichtspunkt kann ich selbst
ihre (der Schweizer) hizze entschuldigen, die den Gott-
schedianern die stange halten muste. 164; in Deutsch-
land sind mehrere Staaten; jeder darf sein literarisches
tribunal haben, da dann eines dem andern bald die stange
halten wird, und das feinere urtheil doch zuletzt sieget.
2i, 170; bey einem menschen hingegen, der nicht vorrath
von deutlicher erkenntnisz genug hat, der illusion die
s lange zu halten, wird der wünsch zur nacheiferung an-
haltend seyn. Moses Mendelssohn bei Le^ssing 13, 39;
wenn so, für zucht ernährt, die seelen sich entfalten,
so wird der obermacht die tyranney beraubt,
ihr kann die Wachsamkeit noch mehr die stange halten.
WiTHOF acad. ged. 1, 261.
f-ei menschen oft nur gleiche kraft, leistungsfähigkeit , ge-
tchickliehkeit wozu ausdrückend : er stehet oben an in
borschmanier, saufTen und rauffen. ... es hält jhm keiner
im glase die stange. wie weisz er allerley modos von
gesundheits-trüncken? pedant. schulfuchs (1673) 74; der
Heidenmüller hatte ein schweres wagstück ausgeführt, er
hatte mit dem Speidel-Röttmann um die wette trinken
wollen, und das hat noch keiner ungestraft versucht, die
Heidenmüllerin . . . sagte: 'gottlob, er schläft ruhig; der
kann keinem Röttmann die stange halten'. Aterbach
dorfgesch. 7,49 {Joseph lo); wenn er einen knecht be-
kommen sollte, der mir die stange hielte, und den er
iirauchen könnte wie mich in alle spiel (zu jeder arbeit).
GoTiHEi.F Uli der knecht s. 127 Vetter;
sie machen von Pythagora« viel wesen,
als war ein solcher mann noch nie gewesen,
er ist vielleicht ein lumen bey den alten ;
doch sollt' er tins die stange halten?
Claudius 3, 160.
/) 'bey der stange halten oder bleiben, standhaß aus
harren, nicht fliehen, jemanden nichtverla.9seii'.A\)Ki.va(j{2).
er bleibt nicht bei der stange! Eisei.kin 576, vgl. Wandeb
4, 776, 10/ verschieden gedeutet; dasz die tctndung vom
kämpfe oder fechten hergenommen ist, scheint die gleich-
bedeutende bei der klinge bleiben zu beiceisen. s. klinge 3, d.
theil 5, 1173. nach BoRCHARDT sprichw. redensarten^ 1128
vom fechter, der den stosz des gegners mit der eignen waffe
pariert; nach Heyne von den geicerbsmäszigen fechtem mit
»piesz oder hellebarte, die ihre icaffe nicht mit dem schicerte
vertauschen; beides nicht recht überzeugend. Pavi. möchte
an die fahnenstange denken, (^vielleicht aus einer Ver-
mischung der redensarten die stange halten und bei der
Sache bleiben entstanden.) die belege reichen nicht über
die klassische zeit zurück, halten ist früher bezeugt, bleiben
häufige?- und jetzt das geicöhnliche. zunächst in dem sinne:
bei einer thätigkeit ausharren, eine einmal ergriffene sache
fortführen, nicht aufgeben u. ähnl.: bleib' mir nun auch
hübsch bei der stange und gehe nicht zu sehr ins blaue.
Bettine briefw. 1,339; ich wollte, sie blieben nun ganz
bei der stange und es beliebte ihnen, ihr schmeichel-
haftes Wohlgefallen auch mit einem küsse zu bestätigen !
Keller 7,27; Peter Dümanet . . . war noch mit ganzer
seele dabei und hielt sich alles ernstes für einen Vor-
kämpfer der einen und wahren Völkerfreiheit, weil das
blut, das er in den septembertagen zu Paris hatte ver-
gieszen helfen , . . . sein gewissen beklemmte und ihn
zwang, bei der stange zu bleiben, wenn er sich nicht
selbst verabscheuen sollte, nachl. 257; unter den männern
des praktischen lebens hatte sie (die zeitung) nie viele
mitarbeiter gefunden, und die politisirenden gelehrten,
die selten lange bei der stange aushalten, zogen sich
nach und nach zurück. Treitschke d. ^e*cÄ. 4, 163; die
Vorlesungen (Tiecks) bei hofe wurden seltener und seltener,
da der könig nicht lange bei der stange bleiben konnte.
5, 220. an einer meinung festhalten : wie kömmt es , da
hr. Klotz sonst sich die einsichten des hn. Lippert so frey
zu nutze gemacht, dasz er es nicht auch in diesem punkte
gethan? . . . aber hr. Klotz hatte bereits seinen entschlusz
genommen; seine ehre war einmal verpfändet; er hält
bey der stange. Lessing 8, 39 (antiqu. br. 12). jetzt meistens
in bezug auf gespräche, schriftliche darstdlungen u. s. ic,
nicht von dem eigentlichen gegenstände abspringen, keine
abschiceifungen machen; bei de schlänge bleiben, bei der
Sache. Brexdicke 178': dann musz ich ... auf andre
materien übergehen, der alte baron . . . flüsterte ihm
schmeichelnd ins ohr: und bei diesen materien haltet ihr
euch mehr an der stange. Immermann Iftinc/i/i. 1,21 (1,13).
bei der stange bleiben 'den faden des gespräches behalten'.
Hetze L icie der Deutsche spricht 298.
g) vom bilde des kampfes gehen xcol auch folgende uxn-
dungen aus, bei denen man stange als lanzenschaft oder
fahnenstange verstehen kann :
viel meiner feind hab ich gedämpft,
mit Worten, pochen und pracht räkämpft,
mein sachen an die stang gesteckt.
Opel-Cohn s. 133, 83 {vom j. 1681);
er (der geizhalt) setzt sein seel auf eine stangen (o«i/» tpiet)
wann er nur weisz geld zu erlangen.
408, 179 {vgl. d. glots.).
h) ähnliche Verbindungen begegnen im 16. jahrh. im sinne
von 'aufschieben':
nun nfit dann lond uns glich hin gon
zum küng inn söllichs wissen Ion
by zyt wann jr das w^issen wol
das söllichs nit gesparet sol
werden und an die stangen ghenckt.
Daniel (1545) 0 3*;
wiewol ich wils verziehen lang
und hencken an die lange stang. P 8*.
t) die lange stange jetzt in der redetceise (einen oder
etwas) mit kainer langen stangen anrüeren, damit nicht
in die mindeste berührung kommen. ScnM.^2,770: Pentleton
mag zum demokratischen präsidentschaftscandidaten no-
minirt werden, aber die kriegsdemokraten werden ihn
noch nicht mit einer langen stange anrühren, quelle vom
j. 1868 bei WaNDER 4,775,6.
k) ferne?-: so einen ungehorsamen hätte ich mit keiner
stange in dir gesucht. Weise Tobias s. 58 Reclam (2, 7). —
bair. mit einer stange im nebel herumstören vergebliche
arbeit thun; im Ungewissen heruminen, im unklaren sein.
Wander 4, 776, I6; Straszb. 'mit der stang im nfewwel
erum fahre unklare gedanken ätiszem'. Martin -Lien-
hakt 2,605».
51*
807
STANGE (3. 4)
STANGE (4-6) — STANGE
808
r) über die stange schlagen, aufschneiden, flunkern
{vgl. über die schnür hauen unter schnür 6, theil 9, I40i/.,
und über die stränge schlagen [von den pferden her-
genommen]): dieses aber dünckt mich etwas über die
stange geschlagen seyn, dasz er sagt, er habe selbst ge-
sehen solche leinwad, die . . . ins fewer geworffen, allda
sie nit verbrennet. Garzoni allgem. schau>pl. (i642) 564».
m) stange selbst ist bildlich gesagt t»i der icendung
Stangen im köpf haben, zweifei, bedenken: der h. Bern-
hardus hatte einen diener der hatte scrupulos und stangen
im köpf, dasz er das ampt nicht verrichten oder mesz
halten konte. Casp. Fink ioo papist. lügen {Qieszen 16U) 17.
— jetzt hess. (grosze) stangen im köpf haben, hochmütig
sein. ViLMAK 395.
n) im altern hess. auch stangen austheilen, grobe warte:
fängt er nun an und theilet stangen auf der cantzel aus,
wirfft umb sich mit verrhätem. qt*elle vom j. 1625 bei
VlI.MAR 395.
4) übertragene gebrauchsiceisen.
o) stange für ein hohes bierglas seheint dem mittel-
dtutschen gebiete eigenthümlich zu sein, mundartlich be-
zeugt für das hess. Pfister 356 ('die früher gebräuchlichen
holten gläser ohne henkel, die "eine halbe" faszten'). Cre-
CEMUS 804 (schdang, auch für halbe masz selbst, e schtang'
beier); nordthür. Sdangen Jiohes trinkglas, besonders für
broihan. Hertel spraclisch. 233. Kleemann 22"; in Leipzig
Albrecht 216». das Potsdamer weiszbier toird im gegen
satz zum Berliner aus stangen getrunken, litteraturbelege •
sehn sie, mein gnädigster, diese stange hier! Tieck
novellenkr. ♦, 142 ; mein nachbar . . . schlug sich dröhnend
auf die brüst und leerte eine ungeheure stange weisz-
bier. Heine 3, 61 Elster (Harzreise); (auf die Vergangenheit
übertragen .) beim abendtrunk sasz der könig unter seinen
knappen, . . . aus groszen stangen und bechern schöpften
sie den würzigen trank. Frf:ytag 8, 62 (= ahnen l,80);
©in halbes dutzend von söhnen vornehmer eitern sasz in
der kleinen verräucherten stube; jeder hatte eine stange
dunkles hier vor sich. 12, 192 (= 5, 253). vgl. stangenbier, :glas.
b) die ender am hirschweih, alias stangen, rami cor-
nuum cervorum. Stieler 376; stange, das dicke theil der
hirsch-hörner in der mitte, hernach auch das ganze hirsch-
horn, pars crassior in cornibua cervi, in quibus rami
irrocrescunt. die stangen abwerfen, cornuä abjicere, wie
die hirschen jährlich pflegen. Frisch 2,319''; der hirsch
hat auf dem köpfe ein gehörn, heiszt auch ein geweyhe. . . .
ein jedes von dem hoch aufstehenden heiszt die stange.
Döbel l, l?*"; stange, heissen die Jäger ein eintzelnes hörn
vom geweyhe eines hirschen. Zincke öcon. lex.^ 2801;
stangen heissen hier die beyden hohen theile an denen
geweyen der rothhirsche, an welchen zu unterst die rosen,
und zu oberst die kröne ist, und darzwischen die ende
nach der reihe hinauf stehen, einige gute hirsche machen
zuweilen 3. auch 4. solcher stangen. Heppe leithund 117
(a. auch wohlred. Jäger 2Si*), danach Adelv so (i); s. ferner
Nkmnich 1,975 (unter cervus elaphus); stange des gehörns,
la perche. Winkell handb. f. Jäger 8 (1806), 618; stamm
eines geweihes, woraus die äste oder enden hervorwachsen.
BEHLEN5, 673. Kv.uhkih weidmannsspr. iül. nachEonKus
kriegalex. 2, 079 tcird so das abgeworfene hom eines hirschea
genannt; danach Jacobsson 4, 254^. auch nl. stanghen . . .
rami in cervorum cornibus, qui imi pendent ante frontem.
KiLiAN 2,680». mhd. sclton im ii. juhrh. bezeugt:
ig (da» thier) was g^xviiget als ein hirz :
i; nete drt stanfren
grftS« unde lauf«. Lampreht Alex. 6027 Kinzel;
recht als ein birts die atangen
nff wnrket sin enger. Altswkrt 166, 8 ;
wo er (der hirach) durch die standen flöhe , da halte er
zfi einer seyten die stauden and das laub schweissig ge-
macht. . . . und halt zA der andern seyten die stauden
geschlagen, unnd das laub zAfürt, da merckt ich wol das
er die andern stangen aaff dem haapt tregt. Noe Mburer
r. foraÜ. oherherrligkeit (1660) 96*;
da orgelt plOtslicb, fem. ein bir«ci> im bols,
mid ra gedanlien «eb icn, wie er stolr.
die staiüen hebt
u. V. LiMKNcRON 7 (kämpf u. «j/Zete*}, in
('(ü)€nao<M0%
tgl. unten stJUigengehöm, -spieszer, -stück.
c) (der acliwanz heiszt) bey dem fuchs: die stange, item
die Standarte. Heppe leithund 2(^. «./erjier Adelung (2).
Nemnich (deutscJies wb.). Keiirkin toeidmnnnsspr. 281.
d) membrum virile Martin-Lienhart 2, 605» (3). Schm.'
2, 770 (3, penis erectits Höfleu krankheitsnamenb. 673''):
davon mag das feucht nicht von jm von der stangen
hicz. quelle vom j. 1505 s. ebenda;
welch man ain frauenschender wer,
der het verdient, das man in nem
und in an seinem leib beschem
und im abschnid pei seiner stangen
die glocken, die pei dem zirms hangen.
fattn. tp. 707, 6.
vgl. auch Stangenfieber, -hitze, -sucht.
e) mhd. stange für pfauenfeder tji heraldischer amceti-
dung begegnet bei Konrad v. Würzburg:
der fUrste wol gezieret gar
üf sime glänzen helme kIuoc
üj eines pfäwen zagele truoc
zwO wünneclfche stangen. turnet v. Nantheiz 411 ;
zwo Stangen phäwenvederln . . .
die sach man haften unde kleben
an dem rilichen huote eneben. troj. 33080.
/) in der neuern Umgangssprache sagt man häufig stange
(auch hopfenstange, theil 4,2,1797) für einen langen, liagern
MtenscÄen. Campe. PAUL432''. Höfler ÄranWieitoiameni. 673'' _
{'ein lang aufgeschossener, dünner körper', hopfen-, rauch- ■
stange, 'ein stangenartig gewaeJisener , magerer mensch"). m
lange stange ! Hetzel une der Deutsche spricht 298. zu
gründe liegt der vergleich: da kam ein ränge — wie
eine stange. Rückert (1882) 11, 525 (39. mafc.). Lucas Stang
begegnet schon als name eines der ritter, die mit bürg-
graf Hans v. Nürnberg zum Constanzer concil kamen,
s. Ulrich Richental *. 213 und ist. une der familien-
name Stange beteeist, alt und weitverbreitet. — besonders
in mundarfen bezeugt, Schweiz. ». Hunziker250. Seiler277'',
eis. Martin-Lienhart 2, 605, tirol. stangge groszer mensch
HINTNER231, steir. UNGER-KHULL569'' (4), leipz. Al.HnKCUT
216», berlin. Brendicke 177''; nassauisch speciell lange
Weibsperson Kehrein 1, 387. so: frau Rosel hatte noch
die röthe des zornes auf ihren magern wangen, denn
die landsknechte . . . hatten sie höchlichst beleidigt, und
sie eine dürre stange geheiszen. Hauff l, 721 Reclam
(Lichtenst. 32). — «i adj.function scheint stange gebraucht
in einem kinderrätsel vom, ratich: der lange mann, der
stange mann, der steigt bis an den himmel an, s. nd.
korrespondenzbl. 7, 32.
5) sonstige erweiterungen der gebrauchssphäre.
a) von 2, a ausgehend wird stange als ma^tbeteichnung
gebraucht.
a) als schwedisches längenmasz.'^ified meter, «ett 1883
ohne gesetzliche geltung.
ß) als holzmasz: im Salzkammerg ut, 20 klaßer aalinen-
brennholz. Schm.' 2,770(2); ebenso im altern steir. in Aussee
(20 Wiener kubikklaffer pfannholz). ITnüER-Kiiull5<>9''.
/) als ßächentnasz für äcker in der Judenburger spitreit.
V. 1716 {Obersteiermark), s. ebenda.
b) stange ah ausdytick der heraldik für steighaken oder
Stab, s. Griizner herald, termin. 306'».
c) eis. 'atricli auf der tafel bei gewiaaen kartenapieleti' .
Martin-Lienhart 2, ßos'' (6).
6) nicht zugehöriges.
a) stangen etiam dicuntur moraua ßgurati, heimliche
stiebe, die nicht bluten. Stiklkr 2133. sonst nicht bekannt.
b) stang(e) als mundartliche form für stände, /., *. das.
STANGE, /. beweglicfie Verlängerung des tnastea nach
oben, vgl. stange i,p,a und stcngc. im einzelnen al.y
mars-,bram-, oheTbrnmaUkngo bezeichnet. Adki.uno. Gordri.
aeemannaapr. 469. a. beaondera Sti-nzel seemänn. wh.
SM}' f., der doMU diie tuaammenaetsungen stängcschloszholz,
Hohmicrc, lalje, -windreep und -windreopslakcl a»{fiüirt.
in der litteratur begegnet dir .Schreibung stHngC bei WlK-
LANU (neben stsinge):
die rüder all mit Silber ttberxogen,
die segel parpnr, gold die etingen samt dem raah,
nnd jede stang' um webt mit einem blumenkrance.
I. «Il«r*«r (1779) 1,9
(Ptrwmte t, ISS/.). to^fOr 4i* «AmtfteAm werke t», id» stangen
leeen; doch bieten an einer andern atdU auch diese stängc :
809
STANGEL— ST ANGELN
STANGELN
810
ihr setzt die stängen auf,
nnd . . . lasst ihr mit gutem wind
bey Negropont sie schon vorüber fahren.
21, 399 {Klelia «. Sin. 10, 59).
STÄXGEL, m. stiel bei pflanzen, s. stengel. — zuiotilen
möchte man stängel als deminutivbildung zu stange fassen,
SO: im stängl fechten, hastilibus decertare. voc. v. 1618
bei ScHM.* 2, 770 {vgl. stange 2, a, e) ; oder, wenn Campe
stengel als bezeiehnung der dünnen hölzer im Vogelbauer,
die von einer seile zur andern gehen und auf denen die
Vögel sitzen oder hin und her hüpfen, kennt, doch ist in
diesen fallen das geschlecht nicht angegeben, über muntl-
artliches stangl u. ähnl. s. stänglein.
STÄNGELBOHNE, /. bohne, die gestängelt xoerden musz,
vgl. stängeln i und stengelbohne. Campe getcöhnlich
Stangenbohne, vgl. das.
STÄNGELCHEN, n. i) s. stengelchen.
2) als deminutiv zu stange: gerade lange stäbe, oder
man kan auch nur von denen jagd-zeug-stangen bey ab-
steckung eines lauffts fein gerade stangen hierzu nehmen . . .
es kan auch ein curiöser sich geschwinde solche gerade
Stäbe oder stängelgen beym jagen machen. Döbel 2,5'»;
6. sind runde stängelgen eisen von drey zoll, woran die
sayte d. zum stellen {des stangeneisens , *. das. 3) an
gemacht wird. 158*». — im Vogelbauer, vgl. oben stängel:
wie ist das dumm, das man wie ein eingesperrter vogel
von einem stängelchen zum andern hüpft, von Marburg
nach Frankfurt. Brentano frühlingskr. i, 382. leipz. ein
kindaufs stängelchen nehmen, auf den arm. Albrecht216»,
vgl. stängeln 2, d. — vgl. auch stängeln 3, a.
STÄNGELEIN, n.. s. stänglein.
STilXGELER, m., s. stängler.
STÄNGELERBSE, /. 'im gartenbaue, erbsen, tcelche ge-
stängelt (l) werden, welche man an stangen oder stöben
ranken lasset; im. oberd. stabel erbsen'. Adelung. Krü-
HiTZ 169, 637. s. auch stengelerbse und stangenerbse.
ST ANGELGATTER , n. 'stangengitter, das grosze vier-
eckige maschen aufweist'. Unger-Khull steir. xcortsch. 569''
(^•gl. stange 2, o).
STÄNGELGROSCHEN, m. in einem steir. inventar v. 1754,
üngerKhull 569'».
STÄNGELICHT, adj., s. stänglicht.
STANGELKRAPFEN, m. 'viereckiger krapfen au» germ-
ig in schmalz gebacken mit zwei kerben'. Unger-Khüll
eir. icortsch. 569''.
STANGELLEÜGHTER , wi. 'blechemer rohrleuchter mit
indhabe, in dem man die kerze durch verschieben einer
leinen stange hoch und nieder stellen kann'. Unger-
IEbull steir. wortsch. 569'».
STÄNGELMESSER, m. im altem steir., s. Unger-
IKhuLL 569'».
STANGELN, verb., mundartliches wort.
1) als deutliche ableitung zu stange, kämtn. stangin
mit einer stange ztt thun haben. Lexer 239, ^thür. mit der
Stange herumstechen, se sdangeln ale in daiche rim. Hertel
spraehsch. 233.
2) am verbreitetsten als nd. ausdruck für strampeln;
meklenb. zappeln, mit den fiiszen oder händen Mi 86»: dat
jachen un krischen besorgte den schauster sin lütt
Mariken , de mit de hänn' nah de lichter ampelte un
nüt de beinen up ehr mutter ehren schot 'rüm stangelte,
denn sei was noch nich gangbor. Reuter 3, 201 {icoans
iek tau 'ne fru kämm); mit de been stängeln. Wossidlo
mecklenb. volksüberlief 2, s. 53, dazu : adeboor du lange-
been, bring mi'n lütten stangelbeen. 169, I2t7. 'mit den
füasen sich im liegen bewegen.' he stangelde sikk dat
bedde af. Dähnert 457''; af stängeln t-on ^A «/o^zen, als
hannöv. s. brem. wb. 4, 1000. dann auch in der hochd. Volks-
sprache Niederdeutschlands: stangele doch nicht so. das
kind stangelt die decke von sich. Campe; preusz. mit den
beinen stängeln. Frisciibier 2, 362*. hier auch übertragen
{icie anderwärts das synonyme ampeln), tiach etxcas eifrig
streben, nach einer stelle, einem ehrenposten stängeln.
ebenda. Campe erklärt es als 'mit den beinen . . . loie mit
Stangen stoszen' ; doch liegt wol nicht eine denominativ-
bildung zu stange vor, sondern eine directe ableitung von
dem alten stingan, stoszen, wovon auch stange abgeleitet
tat. vgl. das. dazu stangelpeter, stangelgret. Md. korre
apondenzbl. 9, 88* (46).
3) vereinzelt in süddeutschen mundarten mit abiceichenden
bedeutungen.
o) kämt, in der Jägersprache, einem federwild das bein
(stangl) abschieszen. Lexer 239.
b) steir. coire ünger-Khull 569''.
c) xmBemer oberland stanggeln stottern. Stalder 2,392.
vgl. staggeln, sp. 538/.
STÄNGELN , verb. i) gewäehse mit stangen (2, t) als
stützen versehen .- stängeln, mit stangen auffrichten, dresser
sur des pieux. Hülsius soe*»; stängeln, gestängelt, statu-
minare. polare, perticä firviare. Stieler 2133; ich stangele,
Stare facio, erigo, fuldo. Steinbach 2,683; stängeln,
donner des echalas aux vignes; des perches aux houblons.
RONDEAU 553; 'als ein activum, wo es ein factitivum von
stange ist, mit stangen oder stänglein versehen, den
hopfen, die höhnen, die erbsen stängeln; im oberd.
stäbeln.' Adelung (2), im niederd. dafür stiefeln {vgl.
das.) Campe; vgl. Weigand2,796. weniger gut ist in diesem
sinne die Schreibung Stengeln, vgl. das. dazu auch die Zu-
sammensetzungen anstengeln, s. theil i,4»i, aufstengeln,
theil 1, 745, beistängeln, theil 1, 1397, bestengeln, theil i, 1676.
vgl. : abstängeln . . . per perticas ordinäre, anstängeln,
ad palum alligare, dicitur etiam aufstängeln, et be-, sive
bey- et nebenstängeln. Stieler 2133. belegt seit anfang
des IS. jahrh.: wenn der hopffen zu stängeln. im majo
musz man den hopffen stängeln und anweisen. Becher
hausvater (1714) 236; nach dem stängeln oder anleiten,
musz man auch das blaten oder belauben {des hopfens)
nicht unterlassen. Zincke öcon. lex.^ 1234; wir waren
bey dem wackern Kymon vorbey, der eben beschäftig»
war einige rankengewächse zu stängeln. Wiel-^^nd 32, 45
{Agathod. 1, 6);
frühmorgens pfropfen wir, stängeln hopfen.
F. W. A. Schmidt (v. Wkrseüchen)
bei Kürz 3, 138».
freier, im bilde: zum glück nahm ich unweit Münch-
berg neben den groszen gerüsten der natur, welche die
seele wie reben stängeln, noch eines wahr, das sie
zur krieg- {besser kriech) und zwergbohne eindrückt.
J. Paul 4 {Qtt. Fixlein), 7; gern lassen sich fürsten her-
unter . .; sie schätzen das gute dumme volk und wollen
die armen kriech- und zwergbohnen — denn sie wissen
wol, wie wenig daran ist — dadurch etwas heben und
so zu sagen stängeln und stiefeln, durch das fürstenstuhl-
bein. 23 {lit. 3), 196; reflexiv: auch im kleinsten gehe der
tochter nichts willkürliches straflos hin. zu allem diesem
gehört wenigstens irgend ein mann, an dessen holze sich
diese flatternden weichen blumensträuche stängeln. 37
(Ler. 2), 71. so auch: sie hatte ihn nur als eine wilde
ranke betrachtet, die sich nach jedem nahgelegenen
Ständchen hinbreitet, um sich daran hinauf zu stängeln.
MüSÄUs volksm. 2, 63 Hempel {stumme liebe), vgl. noch
ungestengelter lümmel unter klapperbeinig, theil 5, 966.
2) andre vereinzelte bedeutungen scheinen zum theil tnit
der vorigen bezw. mit stange zusammenzuhängen.
a) thür. {obst) mit der stange abschlagen. Hertel
spraehsch. 233. so auch bair. stängeln , mit einer stange
zu thun haben, nass', zw6spm stangin, äba' stängln.
SCHM.* 2, 770.
b) gestängelt vom vogel, der auf einer stange (2, c)
sitzt, vereinzelt dichterisch:
einer sitzt auch wohl gestängelt
auf den ästen der cypresee.
GÖTHB 5, 225 {vrettöftl. divan 9).
tcol beuntszte neubüdung, vgl. .- so haben zum beyspiel die
Franzosen das -wori perehe, stange, davon das verbum
pereher. sie bezeugen dadurch, dasz die hühner, die
Vögel sich auf eine stange, einen zweig setzen, im
deutschen haben wir das wort stängeln. man sagt:
ich stängle die bohnen, das heiszt, ich gebe den
bohnen stangen, eben so gut kann man sagen: die
bohnen stängeln, sie winden sich an den stangen
hinauf, und warum sollten wir uns nicht des ausdrucks
bedienen: die hühner stängeln, sie setzen sich auf
die stangen. briefe 23, 375.
c) der altem spräche ist eigenthümlich : stängeln, die
leimstange tragen, estre un sot. Hulsius soe*»; stängelen,
leimstange tragen, stultum esse. Schottel 1421. {vgl.
leimstange, -stänger, theil S.lOi.)
811 STANGELREITER— STANGENBRECHEN
STANGENBRIEF— STANGENGEBISZ 812
d) oberlausitz. einen stängeln, 'einen zum stehen hnngen,
ihn unterstützen, Uim unter die arme zu greifen, z. b. einen
schlafenden aufrecht erhalten, besonders %cird es von kleinen
hindern gesagt, die man zum stehen lyringt.' Anton 4, 12.
ein kind stängeln, auf dem arm herumtragen. ALnRECHT
Leipz. mundart 216*, vgl. stängelchen 2.
c) reß. sich Stengeln, auflegen, aufstützen. Campe.
f) dagegen südliannov. sek stängeln, Stengeln, 'arme
und beine wiederholt steif machen , um, so einen passiven
tcideistand zu leisten.' Schamuach 208'; ebenso hess. sich
Stengeln 'sich sträuben, sich ungeberdig anstellen; auch:
hoffartige geberden und minen machen, in ganz Hessen,
icie weiterhin in Niederdeutschland'. Vilmar 395.
8) für Stengeln s. dieses.
STANGELREITER, m. 'der vorreiter der groszen auf
icärts gehenden sahschiffe; atich der verlorne mann.'
Klein a, 168 {bair.).
STÄNGELUNG, /., et das stängeln, palatio, pedatio,
alligatio ad palum, alias quoque an- et aufstängelung.
Stiei.er 2133.
STANGELWIRT, m., in der gaunersprache, der brunnen.
Ave-Lallemant 4,611. Castei-li 281.
STANGEN, verb. pedibus protrudere. Schottei, 1421 ;
stampfen, et alid dialectö stangen . . . pedibus protrudere,
conculcare, tundere, stipare. Stieler 2120. sonst nicht be-
kannt, vgl. stängeln und dä7i. stange, schwed. stanga mit
den hörnern sioszen.
STANGEN, verb. l) mit einer stange oder stangen ver-
sehen. Campe, vgl. stängeln l. ohne umlaut: stangen,
verb. perticare, liastare, inhastare. einen spiesz stangen,
inhastare una picea, den hopfen stangen ö stängeln,
perticare i luppoli. Kram er dict. 2, 907''. soiist mit um-
laut U7id gewöhnlich nur in letzterer bedeutung , doch ist
auch da stängeln üblicher: den hopfen stangen, mit
stangen bestecken, lupulo ascendenti adminicula perticalia
inßgere. Frisch 2, 319" (mit verweis aw/CoLER 5,81). vgl.
dän. stsenge stäbeln; daneben: verschlieszen , absperren
(fichwed. stänga ntcr in diesem, sinne).
i) nassauisch 'stangen, in eine stange aufschieszen,
z. b. der petersilie ist gestängt d. i. in samen geschossen'.
Kehrein 1,387.
STANGENANKER, m. twi bauwesen, zugeisen, ankerbolzen.
STANGENARM, m. bei den büchsenmachern , vorderer
und hinterer stangenarm an der stange (2, r, x) im gewehr-
schlosse.
STANGENARTIG, adj.: auf der schulter halancirte er
ein langes stangenartiges gepäck. Storm 1,189.
STANGENAUFSATZ, m. beim gescJiütz. {ausdruek der
artiUerie)
STANGENBAKE, /. 'bake mit einer stange als toppzeichen,
oder aus stangen hergestellt'. Stenzel seemänn. wb. 35*.
STANGENBALKEN, m. im geioehrschlosse.
STANGENBAUM, m. : er verschwur ofTt nicht zutrinckcii,
er schiesz dann ein auffgehengten angster von eim hausz
hohen stangenbaum herab, wie es die holtzflötzhendlor
bei jhrn holtzmerckten, oder die wirt bei den herbergen
stehen haben. Garg. s. 284 neudr.
STANGENBESEN, m. besen mit langem stiel, vgl. Campe.
STANGENBIER, n. bier, das man aus stangen (4, o)
trinkt, {so besonders das Potsdamer stangenbier, ein ober-
gähriges hier.)
STANGKNBLEI. n. biet in stangen {.i,g), barren. Campe.
STANGENBLITZABLEITER, m. hliUableiter an den lex-
tungsstangen der elektrischen telegraplien.
STAN(iKNBOHNK,/. eine Spielart der gewöhnliclien bohne,
die an stangen gezogen wird, phaseolus vulgaris. Nr.MNtcti.
I'rit/ki.Jkkren, vgl. Oken 8, 1659 und stange 2, t,- stangen-
hone, weil man stangen sezet, um welche sie sich im
aufMcigen winden. Popowitscii (1780) 618. *. auch stängel-
bohne.
STANGKNBOHRF.R , m. groszer bohrer, bankl/ohrer;
'bohret mit langer hohriPtUe'. Stknzki. aeetnünn. «*. 898*.
8TAN(tKNB0R8TWIS(:il. m. borstunseh an einer sUutRe
(vgl. MlanRonbeHGn). Campe, jetzt stangcnbUrate.
STAN(iKNBRKCIIKN. n. wier kapinbrcchen , bei den
/Apner SaehMn im 17. und tH. jahrh. 'das anetnanderreiten
mit utangen. um eirh vom pfrrd zu stosten', klfUMMtecAM».
SchhOkr S07^ «. auch ttangenrcKcn.
STANGENBRIEF, m. : war aber, dasz er die pfant also
nicht löset in ob gemeltem masz , begert sein dan der
die pfant kauft hat, so sol im der richter ainen stangen-
brief darumb geben, tirol. weisth. 2, 29.'., 7 (handschr. v. 1548).
STANGENBRÜCKE, /. brücke aus knüppelholz.
STANGENBÜRSTE, /. bürste an einer stange, abstäubei;
vgl. stangenborstwisch.
STANGENDRUCK, m. Vorrichtung zur compression der
femoralis, indem eine unten mit leinwand gepolsterte stange
zicischen das bein und die Zimmerdecke eingeklemmt wird.
Eulen RLiRC. realencykl. der heilkunde^ 4,413.
STANGENEISEN, n. l) 'zu starken und langen viereckten
Stangen geschmidetes eisen'. Adelvno (l), vgl. stange i, e
und stabeisen. Jacobsson 4,255»; stangeneisen in liegein
zu bereiten. 7,427». *. auch Krünitz 169, 638.
2) 'im bergbaue, dasjenige eisen an dem kreutze der künste,
an welchem, die kunststangen befestiget sind'. Adelung (2);
Spindel oder spille am kreuze einer zerbrochenen stangen-
kuTtst. Jagorsson 4, 255*.
8) 'bey den Jägern ist das stangeneisen ein fangeisen
für die wölfe, fuclise und luchse, tcelches aus zivey stangen
mit zahnen und einer feder bestehet, und einem teilereisen
^^cAe^'. Adelung (3). s./ernerJACoussoN 4,255». Beulen
5, 673. Kehrein weidmannsspr. 281. nach Krünitz 169, 638
auch für fischottern, marder u.s.^c: den fisch-otler mit
stangeneisen zu fangen. Döbel 2, 151; desgleichen sind
auch die bieber mit diesen stangeneisen recht gut zu
fangen, isi*'; an (ßgur) C. habe ich ein stangen-eisen hin-
gezeichnet, . . . a. ist ein breiter stab eisen, . . . worauf b.
eine gute stählerne feder, forne auf dem stabe eisen sind
zwey backen, worinn die stangen in einem wirbel gehen,
c. sind zwey stangen von einen und ein viertel zoll breit,
einen halben zoll starck, und 15 zoll lang, an selbigen sind
spitzige zahne. 158''.
STANGENERBSE, /. erbse. die an stangen (2, t) gezogen
gezogen wird. Campe, vgl. stängelerbse.
STANGENFAR(RE)N, m. eine art der holz oder fächer-
farren, angiopteris. Oken 3, 320.
STANGENFECHTER, m. alias klopf-fechter, m. gladia-
tore, armeggiatwe con pertiche, it. con arme lunghe ed in
hasta. Kramer dtc^. 2, 907"=.
STANGENFEDER,/, 'in den geioehrscUössem, eine feder,
welche auf der stange liegt, und diese in der rast der nusz
fest hält'. Adelung, vgl. Jacobsson 4,2.55. Kehrein
weidmannsspr. 281; bei den handbüchsen seit dem ib. jahrh.
eine druckfeder, wodurch der hahn nach der entzündung
des krauts wieder in seine vorige läge zurückgeschoben wird.
BoEHEiM waffenk. 448. dazu: zuerst nimmst du die schlag-
feder weg mittelst dieses federhakens — auf diese weise;
dann kommt die stangen federschraube, die schraubt
man nur halb aus, schlägt so auf die stangenfcder, dasz
der stift hier aus dem loch geht; jetzt nimmst du die
schraube ganz weg. jetzt die stangenfcder, dann die stangen-
schraube, die stange. Keller 6,261. feitier stangen-
federschraubenöhr, n.,- st angenfedersti ftloch, n.
STANGENFIEBER, n., im alemann, scherzhaft für erec
tion, 8. schiceiz. idiot. i, 637. Martin -Lienhart e/v». wb.
i, 90^ (syn. geisbocks gedanken). Hövi.v.n krankheitsnamenb.
716*; vgl. stange 4, rf.
STANGENFORM , /. l) abstr.. form, gestalt einer stange,
z.b.: eisen in stangenforuL
2) coner., form, worin slangen gegoseen trerden, s. t. h.
Jacobsson unter stange l, g.
STANGENF()RMI(i. u<lj.
STANGENGATTER. n. bei der eisenbahn, ga((,,. lHut„>r.
die an einer stange hängt.
STANtiENGEBISZ, »1. kundare. vgl. stange 2. r, xh un,l
stangenzaum. Krünitz t6U, 688; noch seid ihr frei, gleich
meinen rossen, die in der aue weiden, ehe sie zäun)
und Btangengebisz händigt. Muhäcs volksm. 4, lOi JletnjtrI
(lAlfUsaa); die einzelnen reitpferdc, welche der dandv
aller IKndor, um vor galTcndcn mUdrIienaugen Roinc reit
kitnKte zu zeigen, ungleich spornt und, das stangengebis?.
zurückreiszend, ihnen das mniil aufbricht, hmnov. magaxin
1844, ». 88ö*>. im bilde: dispiitirsucht, rcclithalicroy, schwär-
nierey und verfolgungsgeist. diese vier unbändigen rosz'
ziehen an einem sträng; das leichte gerippt Vernunft
hält zum schein die zUgel in seiner dürren liand; die
813 STÄNGENGEHÖRN — STANGENHAKEN
STANGENHALTER— STANGENHOLZ 814
vier muthigen hengst' aber setzen das stangengebisz auf
die brüst, kümmern sich wenig um den fuhrmann, und
rennen mit ihm zwerch über feld an stock und stein.
MusÄus physiogn. reisen 2,66; da es ihr schwerfiel, nur
eine stunde zu sitzen, ... so machte sie sich, so oft sie
konnte, vom stangengebisz des spieles los. J. Paul 8
(Hesp. 2), 48; Viktor hörte, ... dasz jetzt der fürst den
laufzaum oder das stangengebisz seiner eignen frau um-
habe, und dasz sie . . . mit dem ohr- und ringfinger den
in den nasenring eingefädelten zügel bewege. lO, 108.
STANGENGEHÖRN, n. hirschgehörn von sechs enden.
STANGENG P:IST, m..- ich sah im geiste die mehreren
tausende der von mir gesprenkelten fahnenstecken gleich
einem unabsehbaren zäune aufgestellt und mich als den
feldhauptmann der hölzernen armee mitten vor derselben
stehend. . . . ich marschirte an der spitze des gewalt-
haufens meiner unsichtbaren stangengeister . . . nach der
Stadt zurück. Keller 3, 82.
STANGENGEM ÄSZ, adj. • Columella nennt den weiden-
baum ein stangengcmässes holtz, weil man lange rufen
und Stangen darauss machen kan. anm. iceiszheit Itistg. 525.
STANGENGERADE, adj. gerade icie eine stange. Campe:
daher fuhr er lieber . . . stangengerade auf. J. Paul hei
demselben.
STANGENGERÜST, n. gerüM aus stangen, besonders beim
bauen, gerüstaus richtbäumen und netzriegeln: die trümmer
waren durch einiges stangen- und brettergerüst so be-
kleidet, als ob sie eben im aufbau statt im verfalle wären.
Keller i, 398.
STANGENGESCHIRR, n. Untergeschirr {vom sattelzeug).
STANGENGEWEHR, n. arme in o da hasta ö da fusto.
Kramer dict. 2,90"/^; 'stangengewehr, stielgewehr, armes
a hampe, (kriegskunst) darunter werden alle tcaffen ver-
standen, die eine stange oder stiel haben, als helleparden,
lanzen, partisanen, pichen, sensen, Inirzgeicehr u. s. ic'
Jacobsson 7, 427*.
STANGENGEVVEIH , n. eine form der verziceigung bei
den mtiskeln der vögel, frösche und geschxcänzten lurche,
s. Eui.enburg real-encycl. der heilkunde^ 13,576.
STANGENGIESZFORM, /., s. stangenguszform.
STANGENGITTER, n. stangetten, ferriate, grata di ferro.
Kkamer dict. 2,907*', danach C.\mpe; gitter aus {hölzernen
oder eisernen, doch besonders aus eisernen) stangen. KrCnitz
169,6.38; in der österr. bergsprache 'ein aus schief stehenden
eisenstangen bestehendes gitter zur sortirung der Steinkohlen,
icelche darüber rollen, oder geicorfen icerden, tcodurch die
feinen theile, welche durch das gitter fallen, sich absondern'.
SCHEUCUENSTUEL 232.
STANGENGLAS, n. glas mit stangenartigem fuszef (vgl.
-lange 4, o): dasz man jetzt in Süddeutschland sei, meinte
1er Vertreter Breslaus {bei der deutschen naturforscher-
versammlung), prof. Löwig, erhelle daraus, dasz man hier
den wein aus Wassergläsern trinke . . . , v(^ährend man
solchen im norden nur aus stangengläsern . . . geniesze.
Frankf. journ. v. 24. sept. 1873, 1. beil., s. 1*.
STANGENGOLD, n. gold in kurzen stangen. Campe;
vgl. stange i,/.
STANGENGOLDLACK, m. groszblättriger goldlack, chei-
ranthus cheiri grandiflorus.
STANGENGRAUPE, /. 'in den hessischen hergwerken zu
Frankenberg, eine art in den aasigen schiefern brechenden
fahlerzes, welches ein mit erdharz, weissem kiese und kupfer-
fasurerz durchdrungenes holz seyn soll'. Aueluno. nach
N'EMNicf! gleichbedexitend mit holzgraupen {silberg raupen
m holzähnlichem schiefer), s. ^ÄeiZ 4, 2, 1773 ; nach Jacobs-
son 4, 255'' mit ährengraupen {'ein Silbererz in Hessen, so
ilen gersten oder rockenähren gleichet'. 1, 32*); s. auch
Kr UNIT/, 50, 540.
STANGENGUSZ. m. das gieszen von »langen bezw. von
metull in stangenform. — dazu stangenguszform,/.
längliches gefäsz von guszeisen bei den bleiarbeitem , lin-
'/otiere. Jacobsson 7, 427», jetzt auch stangengieszform.
STANGENHAFT, adj.:
Tscbubin das heiszet stangenhaft,
denn sein wuchs war lang wie der stange schalt.
RCcKERr (1882) 4, 119 {Behram Tschubin 1).
ST.\NGENHAKE\, m. im bergbaii an den kunstgezetigen
das krummeisen oder krumms, um die Zugstange an das
Schachtgestänge anzuhängen. Krünitz 55, 286; 'ein arm am
gestänge einer tcasserhebemaschine zum anhängen eines
pumpengestänges.' Veith 301. — beim tief bohren ein gerät,
um, im loch stecken gebliebene teile der bohrieerkzeuge zu
fassen; auch glückshafen. Lueger 7,673. auch stang-
haken, s. das.
STANGENHALTER, m.. vgl. stange 3, b. d: der stangen-
halter spricht, fastn. sp. 797, 32 {bei einer disputaiion
ztcischen einem Juden und einem Christen; wol gleich-
bedeutend mit der herolt 796, 3).
STANGENHAMMER, m. 'bei den unndenmachem , ein
schief abgehauener hammer, die zahne an der stange der
winde damit auszuhauen'. Adelung, r^?. Jacobsson 4, 255»'.
STANGENHANDPFERD, n. hinteres handpf er d. im gegen
satz zum vordem oder riemenhandpferd.
STANGENHARMONIKA,/., bei Jacobsson 7,427» für
euphon, ein von Chludni erfundenes musikinstrument mit
40 glasstäben, die, mit nassen fingern gerieben, einen der
harmonika ähnlichen klang geben, s. 5, 501.
STANGENHENGST, m., vgl. Stangenpferd, sprichwört-
lich: der Stangenhengst wiehrt allerlängst. Eise lein 576.
SiMROCK 9812.
STANGENHERR, m. holstein. 'tmter den krahnziehern
karmziehern der zinschen den stangen geht und zieht, der
erste, vornehmste, den gröszern antheil am getcinn be-
ziehende'. Schütze 4, 187.
STANGENHIPPE, /. bei den gärtnern hippe an einer
langen stange zum aushauen von ästen.
STANGENHITZE, /.. zu stange 4, d, vgl. stangenfieber.
Höfler krankheitsnamenb. S9i^.
STANGENHOLZ, n. l) 'im forsticesen. zu stangen {s. das.
1, d) erwachsene junge bäume, ingleichen ein mit solchen
jungen bäumen bewachsener schlag'. Adelung. J.\cobsson
4, 255''. genauer bestimmt : 'kommen die laden nach mehrern
Jahren zu einer grössern länge U7id stärke, so heisst es
Stangenholz'. Nemnigh; 'Stangenholz irerrfew_/u7i^e Ja«/«
chen genannt, bis sie unten den durchmesser von 6 — 8 zoll
erreicht haben, wo sie dann reidel heiszen.' Beulen 5,674.
von älterm holze: sind es nun- alte schlage, die in 24. bis
30. Jahren nur einmal abgeholzet werden, binnen welcher
zeit aller unterwuchs zugleich in die höhe gegangen, und
zu lauter stangen erwachsen ist; so heissen solche schlage
Stangenhölzer. . . . die schwarzhölzer, von gleichen jähren,
heisset man gleichfalls Stangenhölzer. Heppe leithund 118;
ist der schlag im laubholz schon über 12. 15. jähre hinaus,
so heisset er: ein junges, hiebiges Stangenholz, und so
er 20. 25. bis 30. jähr alt ist: ein überständiger schlag;
oder ein altes, ein althiebiges Stangenholz. 2ii. sogar:
'in den hochwaldungen nennt man also das 40 bis bojähtige
holz'. Jacobsson 7,427''. belege: allain wann er dergleichen
holz in seinem tail nit bete, so mag er in aines andern
panholz ain wispamb, Stangenholz, aber nit mer schlagen.
tirol. weisth. 1, 197, 35 {handschr. v. lbi2) ; so solle . . . langes-
{lenz) und hörbtszeiten ain dorfmaister selbander die
panwälder besichtigen, ob nit was ungleiches hierinnen
befunden würdet, es sei an lärch-, feichten-, stangen- oder
andern holz. 4,43,26; wenn die hirsche das gehörne ab-
geworfen, . . . bleiben {sie) auch lieber in jungen höltzern.
als hohem stangen-holtze, wohl darum, dasz sie in den
starcken hohen stangen ihren wuchs . . . nicht verletzen
mögen, wenn aber ihr gehörne besser erwachset, als
im may, so suchen sie ihren sommerstand , wo sie bis
gegen der brunfft bleiben wollen, entweder in starcken
dickichten, hohem stangen-holtze, feld-höUzern, oder in
hohen gebirgen. in dicken und hocherwachsenen stangen-
höltzern sind sie nicht gerne. Döbel i,13»; nun wäre es
wohl sehr nützlich, dasz das stangen- oder unter-holtz
im ersten viertel des monden vom stamme gehauen
würde. 3, 37».
2) Stangenholz als nutzholz, zu tcagendeichseln , leite)--
bäumejt , hebeln, rüstbäumen, rüststangen, hopfenstangen
u. s. w. Jacobsson 7, 427'' ; 'Stangenhölzer sind , in tech-
nischer bedeutung , beziehlich der holzvericendung, gerade
ganghölzer von meistens 1 — 3 zoll stärke, icie sie zu pfählen,
stielen u. s. w. gebraucht werden, und deren länge dem
ztrecke nach verschieden ist. es lassen sich hauptsächlich
unterscheiden: pfähle für bäume, hopfen, trein , bahnen,
bleichereien , ferbereien und hebebüume; stiele zu sensen
815 STANGENHORST -STANGENKUGEL
STANGENKUNST — STANGENNETZ 816
grabacheittn. schaufeln, apieszen. feuerhaken, dreschßegeln,
äxten, hämmern t«. *. w.; gabelige und quirlige atangeti
£u harken, Unterstützung sg abeln , quirlen, geschirrhaken
u. s. V)., stocke zum gehen, zu tabakspfeifen, peitschen u. dgl.
{holzsortimente).' Beulen 5, 674; dazu stangenholz-
betrieb, »i. beipirtschaftujig eines forstes auf stangen.
ebenda, s. audi Oken 2, 356. die männer aber schlugen
aus Stangenholz den nächtlichen pferch für die herde.
Freytag 8,157 (ahnen i, 203).
STANGENHORST, m. .- oben auf freiem dürrem geäste
fällt die ringel- und hohltaube ein, heimgekehrt von dem
grünen tische der felder und wiesen, heimlich lugend
nach der beliebten ruhestätte unten in den gebüschen
und stangenhorsten , die im einfallenden Sonnenlichte
emporgeschossen. Adolf MOlleh, didaskalia v.b.aug. iS'i.
STANGENKÄFIG, m. bei den nadlein ein Vogelbauer von
drahtstangen für kleine vögel. Jagobsson i, 255'' schreibt
stangenkefigt, Campe: -käfich oder -käficht, Krönitz
169, 639: -käüg.
STANGENK(A)NASTER , m. 'knaster in stangen oder
rollen {daher geicöhnlich roll[enlknaster) zum unterschiede
vom geschnittenen knaster in päckchen'. Campe; bildlich:
dasz aus des unteraufschlägers nasenlöchern , die dem
stangenkanaster der geldrolle am stärksten ausgesetzt
waren, blutbäche flössen. J. Paul .57 (komet2), 130.
STANGE N KNECHT, m..- stangenknächt, vectiarius. Maa-
ler 384", danach Frisch 2, 319". die belege reichen vom
15. bis ins ll.jahrh. : die gemeynen stangenknechte. Frankf.
urk. v. 1501 bei Dief.-Wülcker 862; Fulehencz stangen-
knecht. ebenda; der euwer ersamkeit diener und stangen-
knecht alhie zu Schonsteyn seszhafftig gewest ist. bitte
um ehesteuer v. 1518; ich Claus Strohecker stangenknecht
burger zu Franckenfurt bekenn . . . an/, eines test. vom
4t. dec. 1540 im Frankf. arch. -. mit welchem argument er . .
allen dockenmännlin lob ehr und preisz, hergegen aber
den vierecktigen schrödersmännern und stangenknechten
schimpf spot und schand erworben, wiszbad. wisenbrünnl.
37; den stangenknechten von einer fuhr mit ihrem karch
(handkarren) ausz der stadt an Mayn 4 batzen. Frank-
furter tax ordn. v. 1623. — beim turnier: welcher auch
nicht getheilt, und doch in die schranken zu thurnieren
eintringen wirde, derselb soll sein rosz und thurniers zeug
verlohren han, und den freyheiten und stangenknechten
gegeben werden. Philander 2, 409 (1665). im altern steir.
'name der bei der eisenicage beschäftigten arbeiter in Vordern-
berg'. Unoer Khull 569''.
STANGENKOHLE, /. l) braunkolde 'in einem, mehr oder
iceniger vercoakten zustande, zerspalten, stüngelig', vne man
sie in der nälie vuleanischer gehilde findet, z. b. am Meiszner
unweit Cassel. Oken l, 310 ; stänglige varietät des anthracits.
Feh LI NO handw. der chemie l, 655.
2) bei den köhlem kohle, die aus der verkohlung von
Stangenhölzern gexconnen und vorzüglich von kleinschmieden
gebraucht \cird. Beulen 6,674.
STANGENKRAUT, n. flachsseide, leindotter, euacuta
europaea. Nemnich.
STANGENKREUZ, n. in der heraldik für fuszspitzkreuz,
#. Gritzner herald, terminol. (Siebmacher xmppenb.
einl. B) s. 806*>.
STANGENKRÜCKE,/. . kaum hatte ich meinen wackern
degen herausgezogen, so ölten sie mir die schultern mit
ihren hebebäumen auch schon so ein, dasz ich . . . mich
auf den beinen nicht halten konnte, so dasz ich hin
gelegt wurde, wo ich jetzt noch liege, und wo es mir
keinen kummer macht, nachzudenken, ob mir die stangen-
krflcken eine Verunglimpfung sind oder nicht. Tikck den
Quix.^ 1, 98 (8, l).
STANGENKUCHKN, m. baumktichen. Jacobsson 7,♦^7^
vgl. 1,168''. KrOnitz 4,24.
STANGENKUGEL, /. 'in der gesehüütkunst . gante oder
halbe kugdn, velehe durch »fangen mit einander verbunden
sind, und besonders in dem Seekriege gebraucht werden, die
wände, das taweerk und die segd tu lerrsisten'. Adkluno,
ty^ Jacobsson 4, sse*. KrOnitz 109,688. Weihr kostüm-
künde t, 1156 und stubkugel, sp. 871 {auch dän. ntangkugle);
die itangen-kogeln find zweyerley, eine die von zwey
(«ntzen, die andere, so von zwey halben kugeln gemacht
«Ind. Plrmino t. Soldat eam^, $ u; slangenkugeln, houlets
ä branchea, bottlets ä deux tetes, sind aus zween theilen
bestehende eiserne kugeln, welche an einer oder zwo,
etwa einer eilen langen eisernen stange befestiget sind,
welche sich im laden zusammen schieben lassen, in der
luft aber sich wieder von einander entfernen. . . . man
hat sie brauchen wollen, palissaden und ander holzwerk
dadurch zu verderben. Eggers ki-iegslex. 2,979. {also schon
damals auszer gebrauch.)
STANGENKUNST, /. l) 'im bergbaue, eine Wasserkunst,
uxlche das wa^ser vermittelst mehrerer stangen und sätze
aus einer groszen tiefe liebt'. Adelung, vgl. Jacobsson
4, 256». 7, 427''/. Krünitz 55,290/".,- stangen-künste, Wasser-
künste, die durch stangen gezogen worden, machinae quae
perticia transversis aquam e fodinis hauriunt. Frisch
2, sig*" ; 'eine icasserhebemaschitie mit unter einander stehen-
den pumpen, deren kalben sämmtlich an einem einfachen
oder doppelten von der umtriebsmMschine ausgehenden ge
stänge hängen.' Veith 306. schon im 16. jahrh. bezeugt:
1551 hat Michel Mittelbach die erste stangenkunst im Thal
auff Sanct Georgen am Arlosberg gehangen. Mathesius
Sar. (1571) t2'' {chron. v. Jochimsiliat); im 1551. hat man
die erste stangen kunst gehengt. P. Albinus meisznische
bergk-chronica (l 590) 76; weil . .. inzwischen die pompen-
und stangen-künste auflgekommen und in die 200. lachter
zu heben erfunden worden, seynd auch die bulgen ab-
gekommen. Meltzer histor. Schneeberg. 188; Bernhard
Wiedemann hat die stangen- oder pumpen-künste . . . hier
zu erst auffgebracht. 635.
a) in der netiern österr. bergsprache gleichbedeutend mit
feldgestänge {s. dieses, theil 3, 1483). Scheuchenstuel 232,
vgl. 74.
STANGENLACK, m. n. i) lack, siegdlack in stangen.
Campe; dän. stanglak.
2) stock- oder stangenlack, der {noch an den Stengeln
liaftende) ostindische gummilack, der ausgeschwitzte und
eingetrocknete harzige saft verschiedenem- pflanzen, woraus
der farbstoff lack dye und Schellack bereitet icird. s. Kar-
MARSCH-Heeren^ 5,226. 7,580.583. LuEGKR 5,19 {die mit
harz bedeckten zweige, auch stocklack), vgl. auch Jacobs-
son 4, 256».
3) 'lack, die blume, welcfier seine blumen in stangen oder
langen Stengeln trägt. ' Campe (2) ; stangen-viole, stangen-
lack-viole, goldlack, goldner lack, leucojum auretan.
cheiranthtis cheiri purpuretis . . . hat den nahmen von
dem geraden und hohen stängel, zu dem sie aufwächst,
und der öfters eine höhe von 3 bis 4 fusz erreicht, man
hat den stangenlack a) mit einfacher, /S) mit gefüllter
blume. Krünitz 58, 508; der gefüllte samen-tragende
stangenlack, wird auch der nürnbergische genannt. 509;
diese schönste abänderung von allen stangen-lacken, ist
der so gen. bäton d'or. 610.
STANGENLADUNG,/, bei der jagd. ladung mit biet-
oder eisenstücken.
STANGENLANG, adj. lang wie eine stange {vgl. das. l, a):
die stangenlangen flügel {der mühle)
sie haspeln dir eitel wind. Mörikb ged.* 21.
STANGENLATERNE, /. 'eine groste lateme, tcelche auf
einer stange in der höhe vorgetragen irird; niedeisärhsisrh
stocklUchte'. Adeluno. vgl. Krünitz 65. 856/ und mnd.
stangenluchter processionsleuchter. LObben handwb. .174».
STANGENLEINWAND, /. ist eine gewisse art einer
gemodelten und Uberschlagenen weissen lein wand, doch
nicht so dichte als zwillig, woraus das fraucnzinuner
allerhand goräthe, als tischtücher, servietten, quchicn,
vorhänge und andere sachcn zu schneiden pfleget. Ama-
rantiies frauent.-lex. (1715)1894; ähnlich Zinckk iiron.
lex.'2«0i. Adelung. Jacobsson 4, S56».
STANGENLEITER, /. krahnUiter; einbäumige leiter.
STANGENLEITUNG, /, gleicMedeu^nd mit feldgestänge
{vgl. stangenkunst s). Vkitii 4M.
.STANGENMASZ, n. 'brg den uindettnuuksm , ein mit
einetn einschnitte versrJtenes blech, die stärk» dtr ttange in
der winde bey dem schmiden deraMsn damit fM «Mcwn*.
Ahrluno, vgl. Jacobsson 4, aiM*.
STANGKNMEI.SZRL, m. sehr langer mmttd. Stbnzk.l
»ermann, nb. ai»«''.
STANdENNASE. /. am Werderfeteahr.
STANGKNNKTZ, n. tum fangm «•» ^anOftln.
S 1 7 STANGENNÜSZCHEN— STÄNGENRECHT
STANGENREGE — STANGENSCHLAGHOLZ 8 1 8
STANGENNÜSZCHEN, n. .- da wurde aufgetragen . . . rote
und weisze rüben, stangennüszchen, preiszelbeeren, rapun-
tika und pflaumen. Ludwig 2, 526.
STANGENPFERCH, m. .- stangen-pferrich,/.i>am>,»to^^
fatto di pertiche; serticato, steccato. Kram er diet. 2, 907^.
danach C.\mpe.
STANGENPFERD, n. .- 'deichsel-pferde, tcelche man auch
Stangenpferde nennet, sind diejenigen, so man gleich vor
dem wagen an die deichsel zu spannen pfleget, sie werden
zum unterschied der riem-pferde aUo genennt, tcelche vor
die deichsei- oder stangen-pferde gespannt weiden, tcenn
man drey- xner- fünff- sechs- oder mehr spännig fahren
toill'. ZiNCKE öcon. lex.^ 554; ähnlich Eggers kriegslex.
1, 658. Aoelung. Jacobsson 1, Ub^, vgl. deichselpferd,
fheil 2, 909 und stange 2, r, a .- es (die kugel) fliegt hoch
singend vorbei , schlägt hart vom radreifen ab . . . ver-
kriecht sich mit kurzem , sirrenden ton in den leib des
Stangenpferdes, das zittert und fällt zur seite. der stangen-
reiter sieht es mit zorniger miene an. Frenssen Jörn
Lid 258.
STANGENPHOSPHOR, m. der gewöhnliche phosphor in
Stangenform. Karmarsgh-Heeren' 6,656.
STANGENPOMADE , /. pomade in gestalt cylindrischer
oder elliptischer stangen, in blechformen gegossen. Kar-
marsch-Heeren^ 6,559.
STANGENPRESSE, /. älteste, auszer gebrauch gekommene
form, der lithographischen handpresse. Karmarsch-Heeren^
5, 611 ; einfache handpresse. die sich früher über dem fest-
stehenden, mit papier bedeckten stein bewegte, auch reiber-
presse. LuEGER 6, 168. *. aucA Klenz druckerspr. 100*
'','egensatz büchsenpresse).
STANGENPUTZER, m. in 'Jenesien', sehelm. dieb. Schöpf
nrol. idiot. 699.
STANGENQUARZ, m., in der mineralogie und in der
bergwerkssprache , quarz, der in gestalt von stangen auf
einer druse befindlich ist. Adelung. Jacobsson 4, 256*.
STANGENRAHM(EN), m. (?): ich will keineswegs läng-
nen, dasz die Römer dieses mittel versucht, um sich der
bestien zu erwehren {im text: wie die elephanten mit
brandpfeilen wild gemacht). . . . denn sicher hat Freins-
heim glücklich errathen , dasz die beschreibung der
stangenräme {'cttrrus coutis ferro piaefiocis hor-rentes") zu
diesem zweck sich auf diese schlacht bezieht, sind solche
maschinen gebraucht worden u. s. w. Niebuh r 3,591, anm.
{zur pluralbildung vgl. rahmen 1, theil 8, 64/.)
STANGENRECHT, n..- stangen- sive gantrecht, sub
hastatio bonoruvi. Stieler 1552; dritto di vendere i beni
all' incanto. lat. jus subhastationis. Kramer dict. 2, 907*;
jus subhastationis. Pict. (3) setzt dazu stangen- oder gant-
recht, von hasta, die stange an einem spiesz wovon das
lateinische wort subhastatio auch entstanden, wie die
alten etwas verauctionirt. Frisch 2, 319"; 'in einigen
gegenden, zum bey spiele im Henneberg ischen, das recht, die
dem Schuldner abgepfändeten dinge öffentlich an die meist-
biethenden zu verkaufen, im oberd. das gantrecht ; vermuth-
lieh als eine buchstäbliche Übersetzung des lateinischen ius
subhastationis, von der alten art, etwas bey einem auf-
gesteckten spiesze zu verauctioniren.' Adelung, stangen-
recht, das jedenfalls durch das lat. u>ort beeinfluszt ist,
seheint besonders den tirolischen rechtsquell^i eigenthüm-
lieh zu sein: aber ist erfunden, das all stangen-recht im
gericht Glurns an die gewondlichen dingstat gen Glums
gehört und sol durch den freien fronboten des benanten
gerichts . . . fail gefürt (und vergandt . . .) werden, tirol.
vxisth. 8, 3, 15 {lantsprach v. Glums um 1440) ; Tirol habe
allweg gericht in Schlanders , Nauders und Glurnser ge-
richt um urbar, frävel, unzucht, stangenrecht und geld-
Bchuld. 2, 316, anm. {quelle v. 1446); wo der gepfennt sein
pfantung umb die vailgefüerte suma gelts ... in dreien
tagen alsdann nit löst, soll alsdann der richter dem, der
am maisten auf die pfantung gelegt bat , auf sein an-
aeffen ain stangenrecht besitzen und dem mit ainer
angenurtl das gepfennt und vailgefüert pfant mit dem
• richtsstab einantwurten. 4, 518, 46. {übersehr. • pfantung
iid gantrecht, nach dem glossar: 'recht und gericht in
l'andschaff .) mit letzterer stelle fast gleichlautend in der
'"ol. landsordn. v. 1526 Jjczw. 1603 {art. 66), s. Scherz-
Üuerlin 15.5«;/. SciiM."^ 2, 770. Schöpf 6S9. Zarncke
X. 2.
anm. zum narrenscJi. 76, 10. Rrinckueier glos». diplom.
2, 574*.
STANGENREGE, /. 'bey den Vogelstellern, eine rege, ver-
mittelst welcher der lockvogel vermittelst zxceyer langen
stangen auf und nieder gezogen icird; die hohe rege'.
Adelung. Jacobsson 4, 256*. t-^r^ rege, /. 2, theil 8, 496.
STANGENREIITEN, n. bezeichnung von volkssitten im
Südosten des deutschen Sprachgebiets.
1) steir. 'bäu^erliche Volksbelustigung, bei der zxceiburschen
auf einer von ihren genossen getragenen stange reiten und
sich gegenseitig hinabzuwerfen stichen'. ünger-Khull 569''/.
2) früher {noch im 18. jahrh.) bei Zipser Sachsen von
förmlichen Zweikämpfen der bürgerlichen städter. 'dieser
brattch führte den namen des stangenreitens und galt der
entscheidung von elirensachen unter obrigkeitlicher autoritüt,
in gegenwart der versammelten mitbürgerschaft auf dem
marktplatz. die gegner erschienen zu pferde, mit panzer,
heim, einer stange und statt des säbels mit einem knüttel.
es galt den gegner vom pferde zu bringen und zu bleuen
bis er um Vergebung bat.' s. Schröer 208*.
STANGENREITER, m. l) stangen - r e u t e r , m. eavMiere
con l'arma in hasta. Kramer dict. 2, 901^.
2) 'im personalstande des vormaligen Innsbrucker-hofes
sind die Stangenreiter aufgeführt, personen, die bei den
sclditten an den stangen, oder bei den wagen an der gabel-
stange reitend die pferde lenken mutzten {gl. v. 1629).'
Schöpf 699.
3) fuhrknecht. der auf dem stangelsattelpferde {vgl. das.)
reitet: der wirth aber, der ... in seinen jüngeren jähren
als Stangenreiter eines frachtfuhrmanns manche reise . . .
gethan. Siegfr. v. Lindenberg (1784) 1, 66. so auch bei der
artillerie, s. Frenssen unter Stangenpferd.
4) 'stangenreiter heiszt wohl auch scherziceise der schüler,
der im kataloge lauter erste klassen (I) erhalten hat.' Schöpf
tirol. idiot. 699.
5) in Itiv- und Estland : 'knackerbre . . . nennt man sehr
dünnes ganz hart gebackene-s brod . . . weil man es ver-
m,ittelst eines in der mitten befindlichen lochs zur längern
aufbewahrung an eine stange stecken kan, so icird es von
einigen spottioeise. st&ngenreiteT gena7int'. Hupel 117. vgl.
theil 5, 1331.
STANGENRIESE, /. 'eine art schiefer bahn zur Weiter-
beförderung des holzes, icerden der Verschiedenheit der hölzer
nach abgetheilt in langholz , sägebloch-, und feuerholz-
riesen'. Rehlen 5,674; vgl. riese, /. l, theil S,9Si.
STANGENROLLE, /. bei den uhrmachem, ein drehscheib-
chen mit einem luiken.
STANGENROSE, /., in Basel d' stange-rose, roseneibisch.
Seiler 277'»; ds. stange(n)ros Stockrose, aWiea rosea.
Martin-Lienhart 2, 290'*.
STANGENROSZ, n. deichselpferd. s. Stangenpferd ; Schweiz.
stangeross Hunziker 250.
STANGENROST, m. bergmännische siebrorriehtung tum
sieben von grobem gut. atts parallelen stangen bestehend
und nur als ganzes bewegt. Lueger 7,377.
STANGENRÜSTUNG, /. baugerüst zur ausführung von
gebäudemauem. besonders atiszenfronten, von stangen, d. h.
dünnen in die erde gegrabenen bäumen getragen; vgl.
Stangengerüst.
STANGENSALPETER, m. 'salpeter. welclier aus groszen
krystallen in gestalt der stangen bestehet'. Adelung. Jacobs-
son 4, 256*.
STANGENSATTEL, m. 'heiszt im fuhricesen der sattel,
so auf dem, zur linken der deichsei vorgespannten pferde
liegt, toelches auch daher das sattelpferd genennet wird'.
Eggers 8,979. (jre/jatie»- stangensattelpferd, n.) vgl.
stangenreiter.
STANGENSÄULE, /. in der architectur, pfeife, rüstatange.
STANGENSCHACHT, m. schacht. tcodurch ein gestänge.
besonders ein ptnnpen-gestänge gefülirt icird {vgl. stangen-
kunst, -werk). VEnH399/. Karmarsch -Heeren^ 1,387.
STANGENSCHERE, /. an einer stange befestigte sdiere
zum beschneiden der bäume, auch wol baumschere. {vgl.
Stangenhippe.)
STANGENSCHLAGHOLZ, n. gespaltenes und scJmittnutz
höh, vgl. Stangenholz; forstausdruck. dazu stangen-
schlagholzrevier, n. zumeist von laubholz, das aus
stock und untrzeln wieder aussehlägt. Jacobsson 7, 428*:
r.>
819 STANGENSCHLEPPER— STANGENSTEIN
stangenschlagholzwirtschaft,/. eine form derforat-
ioirtscJiaft. im gegensatz zu baumholz- und Unterholz- bezio.
buschholzwirtschaft, *. Krünitz 169,6« — 8.
STANGENSCHLEPPER, m. '{holzflosz) ist ein arbeiter,
xoelcher die stangen und das bindezeug vom flösse aus der
Elbe auf das land ziehet, itnd zusammen stockiceise schaffet,
bis solcher mit dem schiffe ahgeholet weiden kann.' Jagous-
SON 7, 428*.
STANGENSCHLOSZ, n.. a. stangenpresse.
STANGENSCHNABEL, «i. am. Werdergeicehr.
STANGENSCHÖRL, m. eine art sc.hörl {mineraV), dessen
krystaUe stangen oder säulenförmige gestalt haben; auch
Stangenstein, schörlit, scorlites. Nemnich, vgl. Campe.
Okkn 1, 165. Karmarscm-Heeiikn^ 9, 740/. (turmalin).
STANGENSGHRAUBE,/. an der stange im gewehrschlosse,
s. KELLKK6, 261 utiter stangenfeder(schraube).
STANGENSCHREIBER, m. scherzJuifte bildung: unglaub-
lichen Vorschub thut aber dem schlafe . . , dasz man im
köpfe die zahlen , welche andere schläfer schon fertig
ausgeschrieben anschauen, selber erst grosz und langsam
hinschreibt. . . . Verfasser dieses nahm dazu häufig eine
lange wetter- oder auch stöhrstange. . . . einem solchen
langsam- und stangenschreiber rat he man aber unsere
arabischen Ziffern ab. J. Paul 52 {Katzenb. 2), 88.
STANGENSCHUSZ, m..- engstehende menschen und
bäume haben zwar einen schlankem stangenschusz, aber
keine Wetterfestigkeit, keine so reiche kröne und ästung
wie freistehende. J. Paul 21 {Tit. l), 154.
STANGENSCHVVEFEL, m. schwefel in stangen oder
cylindrisclien stücken; er wird erhalten durch gieszen von
geschmolzenem schwefel i» formen voti buchenholz. Campe.
Krünitz 169,648. Karmarsch -Heeren-' 8, 68. Fehlino
handwb. der chemie 6, 278.
STANGENSEEZEICHEN, n. 'festes Seezeichen, aus ein-
zelnen, in den grund gesteckten stangen, oder eingerammten
pfählen bestehend'. Stenzel seemänn. tob. 398''.
STANGENSIEB, n. bergmännisch sieb zum absieben der
groszen stücke bei kohlen, aus beweglichen stangen bestehend.
LUEGER 7,377.
STANGENSIEGELLACK, n., vgl. stangenlack.
STANGENSIGNAL, n., bestehend aus einem 5 — 6 m hohen
ßchtenstämmchen mit einem oder zwei brettchen am gipfel
und verwetulet bei gröszeren flurvermessnngen %ind trade-
rungen. Karmar-scii-Heeren' 6,50.
STANGENSILBER, n. silber in kurzen stangen. Campe,
argent en barres, en lingot. Krünitz 169,649, vgl. 154,216.
STANGENSPALTHOLZ, n. 'die zweyte gattung von spal-
tigen nntzholze. gespaltene stangen tcerden von eichenen
und andern festen laubholzarten im schlagholze zu bottich ,
kufen , fasz- und tonnenreifen, dach und Zaunlatten; so
wie zu letzterem behuf die nadelholzarten besonders an-
gexcendet werden'. Jacobsson 7, 428».
STANGENSPARGEL, m..- frischer stangenspargel z. b.
in der 'tafelordnung' des (dem reichstage gegebenen) Bremer
festmahls am 21. wuii 1873, a. didask. vom 30. mai 1873.
STANGENSPAT, m. spat in vierseitigen stücken. Nem-
nich. Campe; 'weiszer schörl, so auf seiner Oberfläche
iiftera gestreift, und die gestalt einer rundlichen säule ohne
ecken, oder eines cylindera /ra<.' Jacousson 7, 428» {dasselbe) ;
'eine art »ehwerapat, dessen aäulenartige kryxlulle oft lang-
gezogen, nadeiförmig und zu Imndeln verbunden sind.' Oken
1, 278; Varietät des schtcer/tjMits {baryts) von Fi-eiberg in
Sachsen. Karuarrch-Hekhkn^ 8, 445.
STANGENSPIKSZER, m. hirsch, bei dem besonders atarke
spieeze aU zweites geweih ausgebildet sind.
STANQENSPR INGEN, n. springen mit hilft einer atange;
in den martchgegenden zum illterschreiten der gräfjen, und
als turnilbung. vgl. »tabspringen.
8TANGKNSTAHL, wi. atahl in viereckigen stangen. Adk-
l.UHO, aeier en Irnrres. Jacoiis8(jn 4, 256».
STANGKNSTÄHKE. /. teeizenalärke in geatalt von eylin
driaehen atangen ; auch ttängelitärke, ». KAnMARSCH-
Hrrhk.n' 8, 894.
STANGKNSTEIN, m. 1) daaaelbe wie sUtngentohOrl, a. daa.
'Nrmnicu. Campk.
«) pyknit, eine rarietäf dea topos in Sachsen und Mexiko,
atftngelige, derlie matiaen und büudelfihmiyeaggirf/ate stihit/e
liger priamen'. ()Kf.> l, 157. Kahmahm ii lli i hkn'' 7, IW.
STANGENSTÜCK -STANGENZIRKEL 820
STANGENSTÜCK, n..- stangenstücke vom schelch, —
die zeugen der ausgrabung bedurften keiner Übersetzung
des Worts. Vlscuer auch einer l, 176.
STANGENSTÜTZE, / am hintergestell einer kutsche.
STANGENSUCHT,/., vgl. stangenfieber. Höfler krank-
heitsnamenb. 673*'.
STANGENTABAK, m. tabak in stangen oder rollen. Campe,
vgl. 8tangenk(a)naster und rolI(en)tabak, theil 8,1146; dafür
stangen t ob a(c)k. Jacobsson 8,445''. 4,256».
STANGENTAU, n. an einem loagen, zugstrang der Stangen-
pferde, hinterStrang.
STANGENTRÄGER, m. {begegnet im sinne von hahnrei).
STANGENTRIEBWERK, n. triebwerk aus Zahnstange
und rad.
STANGENURTHEIL, n., vgl. stangenrecht. ScnM.*2,770:
mit stangen urtln den gleubigern einantwurten. quelle
s. ebenda, s. ferner tirol. weisth. 4, 518, 47 und Schöpf 699
unter stangenrecht.
STANGENVERSCHLUSZ, »i. pallissade.
STANGENVIOLE , /. goldlack. s. stangenlack(viole).
(Krünitz.)
STANGENWAGE, /. vorhängewage zum vierspännig
fahren.
ST ANGEN WALZE, /. rechcalze, strecktcalze bei röhren-
oder blechfabrikation ; stangenwalzwerk, n.
STANGENWERK, n. l) aus stangen bestehendes werk,
gestänge, bei maschinen u. a. dän. stangvajrk.
2) bergmännisch für feldgestänge. Jacobsson 4, 25C».
Campe. Veith 458.
3) beiin schiff': nichts giebt aber auch dem sinn ein
gröszeres bild von der kraft des menschlichen geistes als
das regiment eines groszen schifTes . . . segel und taue und
btangenwerk, vieles doppelt... Seume mein leben99 Hempel .
STANGEN WINDREEP, n., fr. bricin. bressin. vgl. wind
reep.
STANGENWISCHER, m. bei der artiUerie, kanonen
Wischer mit geradem .stiel.
STANGENWUCHS, 7n., so hat Campe {unter wetterfest)
für stangenschusz. J.Paul 21,154 {s. dieses).
STANGENWULST, m.: sehr nahe verwandt ist auch
der geisfuss (fangschuh, Dngerhaken), der gleichfalls zum
fangen bei brüchen oberhalb der stangenwUlste dient.
Lottner-Serlo bergbattkunde (.6.1869)1,97, vgl. zur er
klärung : der glückshaken dient hauptsächlich zum fangen
des gestänges, wenn dasselbe dicht über einer wulst go
rissen . . . ist, und hat den zweck, die stange unter der
wulst zu fassen. 96.
STANGENZAUM, m. lupatum, fttscina. Stieler 259r.;
bi-iglia ä stanghe, branche, stanghette. Kramer diet. 2, 907'';
froenum quod duobus brevibus rectibus os equi constringit.
Frisch 2,319"=; die stangen-zäume haben ihren nahmen
von denen zu beyden selten des mund Stückes befestigtoii
stangen, an denen die zügel angemacht sind. Zincki:
öcon. lex.'^ 3328, s. ferner Adklunq. Jacobsson 4, 2.'>«;''.
Krünitz 169, 649/. und stange 2, r, &.
STANGENZAUN, m. zäun aus stangen, gestänge; stahl! :
schon wurden einige tische für gefäsze und körbe an den
leichten stangenzaun gerückt. Keller 8, 178.
STANGENZEHNTE, m., s. stabzchnte, *p. 881. Auklun«!.
STANGENZIETER, m. (?): 2 joch-, i stangenzieter 30 kr.
in einem inventarv.M9\, a. UNnER-KHULL«<fir. wortaeh.fT,»*.
bedeuttmg unbekannt.
STANGENZINN, n. zinn in stangen. Campe; 'klimmt aus
England in atangen, von ohngeführ eines fingers dick, und
einer eilen lang.' Ja<:oiisson 7,428».
STANGENZIRKEL, m. circinus pertiealia. mit dem man
grossere zirkcl machen kan. der keinen bug in der mitte,
und keine füsso hat. Frisch 2, »nf; '»tangentirkel, Ite-
steht nn.i einer langen stange, an ^reicher MWO hiÜaen hin
unil wieder gehen, die man mit sfrlUehrouhtH gakörig fest
machen kann, und deren eine mit einer apUt», die andete
mit einer rristfeder versehen ist. er dienet hey grasten
Zeichnungen und risaen, ftiigen und eirkelrtindungen zu
ziehen. KdoKMS «.»7». a. ferner Adklunu. Jacou880N 4. 8M.
Campk. KrOnit/ i«9, 660/. Kammarsch -HRRnRN* 6, 98.
11. IM/. Lr KOKK A. 868. {angetrrndet, leo man gtoaze tiffnung
Oller senkrechte einstellung der spitze braucht.) SiKN/.KI.
aermänn. wb. 898''.
821
STANGENZUCKER - STANGLEIN
STÄNGLER — STANK
822
STANGENZUCKER, m. eine art von candiien. a. Kar
marsch-Hekren^ 2, 243.
STANGENZUG, m. 'zicei oder mehrere stangen eines bohr-
gesfänges, tcdche bei dem aufholen des gestänges aus dein
bohrloche auf einmal ausgezogen und abgeschraubt werden'.
Veith 458; beim tief bohren, 'mehrere, beim aufholen mit
einander verschraubt bleibende stangen' . Ll'eger 7,669: in
dem bohrthurm sollen die stangen aasgezogen werden,
die höhe der thürme hat sich also nach der länge der
Stangenzüge zu richten. Lottner-Seklo bergbaukunde
(B. 1869) 1,82; die ganze höhe betrug 74 fuss bei GO fnss
stangenzug. ebenda ; zu diesem zweck ist oben im thurme
ein rechen angebracht, in welchem für jeden einzelnen
stangenzug eine Öffnung vorhanden ist. 83.
STANGENZWIEBEL,/. allium cepa invipara. Nemnich.
STANGES, n. ein kartenspiel in Straszburg {gen. des
inf Stange?). M.\rtin-Lienhart 2.605*:
gelt, awwer stanges kanst de spiele halwi dääj.
Arnold pfingHmontag 134 (4, 4).
STANGETTE, /.. s. Kramer dict 2, go/»» utiter stangen-
gitter. {steir. stanget, m. name eines Meiderstoffes im
iS.jahrh. ünger-Khull 569''.)
STANGHAKEN, m. im bergbaue, das 'krummeisen, icoran
die Zugstange an das schachfgestänge einer kunst angehängt
irird'. Jacobsson 4, 256''. gewöhnlich {in jungem quellen)
Stangenhaken, s. das.
STAXGHEISTER, /., vgl. stange l,d: auch mag ein itz-
liche parthcy eselholz darinne hawen . . , und doch stang-
hester stehen lassen, das der walt nit gantz also ver-
hawen werde, das er eycheln getragen möge, weisth. 3, 533
{weisth. zu Lohr am Main 1425 — 57).
STANGKERZE,/, candela falnngaris. Scherz-Oberlin
1556, vgl. stabkcrze, sp. 371 : da nü des keysers gezelt auff-
geschlagen ward , gebot er eynen köstlichen carfunckel-
steyn auff das gezelt, der als eyn morgen stem erleuchtet,
und als eyn stangkertz erbrann zustellen. Aymont (l53ö)
d6''; schaffent das jr dreissig brinnender stangkertzen
haben, die das gezelt erleuchtent. 1 1** ; darnach nam er
eyn angezündt stangkertz, die stelt er zu des keysers
haupt. V4'»; er thet eyn grosse mänige stangkertzen an
zünden, damit das der ganck deste heller were. y 3''.
STANGLACH, Ji., vereinzelte collectivbildung (?) zu stange:
1 ft. dem Fächer kystler umb schilt und stenglach. Augsb.
baurechnung v. 1440 *. d. städtechron. 5, 103, anm. l.
STÄNGLEIN, n., nicht häufiges deminutiv zu stange:
stängelein, das, est quidem dimin. ä stange, atque sub-
tilem seil exiguam perticam notat. Stiei.er 2133 {vgl. hühner-
stänglein, theil 4,2,1882); stänglein, n. stanghetta, perti-
chetta. fenster-stänglein. vogelbaur-stänglein. hüner- etc.
stänglein. leim- ö vogler-stänglein. Kram er dict. (i"02)
2,907*', pertica exilis. quasi dicas perticula. Stein räch
2,683; parva pertica. it. das stänglein im vogel-kefich,
worauf die vögel sitzen oder hin und wieder hupfen,
ligmim transversum in cavea. Frisch 2, 319". schon im
lo.jahrh. belegt:
dorumb muszen wir tun ein genglein ;
nnd triff ich dich mit deinem stenglein,
ich wil mein swester also rechen,
das dir dein blase im ars inuszen brechen.
/Oftn. «p. 855, 11.
{der sinn ist nicht klar, es scheinen die bedeutiingen der
waffe, s. stange 2, a. und 4, d in obsc'önem sinne vermengt.)
stänglin als bez. einer icaffe. s. Garg. 297 untei- stange 2, a. e.
in neuerer spräche besonders süddeutsch: er hatte schon
mehrere stänglein halb und ganz vorgearbeitet; nach-
dem der stecken mit der weiszen grundfarbe bestrichen . . .
Kei.i.er 3,77; 'es wird kommen ... der distelßnk, der
hanswurstel, die grasmücke, der kapitän und die amsel!'
die frau sperrte mund und äugen auf und fragte: 'was
sind denn das für leute? sollen sie auf stuhlen sitzen,
^'ler auf einem stänglein?' 6, 154. so mundartlich, schireiz.
itangli Hunziker 250, eis. 'stangl(a), 'staengl Martin-
LiENiiART 2, 605»; in Tirol stangl Schöpf 699, kämt, stängl
Lexer 239, JH Lusern sfengala Bacher 393, in der Heanzen
mundart stangel 'die stange. aber auch das Stäbchen, kleine
.^ittick (a stangel zwipäck, gerstenzucker u. o.). Frommann
6. 344 : bair. stÄng(a)l Sciim.* 2, 770. zu stange 4, a : immm.
ein stenglein dazu thun beim xcettfrinken . Wander 4,776. —
dazu: 'der stängleinreiter (st&nglreida ), auch der ver-
lorne mann, der einem stromauficärts fahrenden schiffzug
mit der sondierstange vorreitet; knecht des fuhrmanns'.
Schm.2 2, 770.
STÄNGLER, m.. et anstängler, der, alligator. Stieler
2133, zu stängeln 1. auffällig ist bärenstengler für bären-
fiihrer, s. das., theil 1, 1130 {Garg. s. 74 iieudr.).
STÄNGLICHT, adj. perticalis. Stieler 2133; stänge-
licht, adj. et adv. perticalis, statuminatus . ad palum
religatus. impedatus. ebenda; zu unterscheiden von steng-
licht, s.das. von mineralien : stänglichter eisenstein. Göthe
51,32(87); die flötze bestehen durchgängig aus quarz,
welcher . . . strahlenweise krystallisirt erscheint. . . . zer-
schlägt man ihn , so sondert er sich in stänglichte
stücke. 109. noch seltnere nebenformen: stänglichen
quarz, ganz von der Steinkohle durchdrungen, fer. 19, 174;
pycnit, Stangenstein; stängelige, derbe massen und
bündeiförmige aggregate stängeliger prismen. Oken l, 157.
STÄNIGHT, adj.. s. stöhnicht (Stieler 2121.)
STANITZEL, n. papierdiite. der bair.-österr. mundart
angehörige entstellung aus scharnützel, s. das.. theil 8, 2212,
das selbst aus ital. scarnuzzo stammt, seit ende des X'.jahrh.
bezeugt: stanitzel, der, al. düttlein et Scharmützel, cuctMus.
Stieler nachsch. 29*; diese innere hertzens seufftzer seynd
anjetzo meine beutet seuffzer; es liegt davon bey mir ein
so grosser stosz beysammen, und auf einander, dasz ich
alle gewürtz-gewölber allhie, auf etlich jähr, damit mit
lauter stanetzlen versehen kan. Abele selts. gerichts-
händel vorr. b 2». besonders in netiern mundarten . nach
Campe bair.-österr. das stanizerl, nach Klein 2, 168 österr.
Stanitzel, bair. stamitzel. bair. stä'nizl Schm.* 2, 469;
vestböhm. stanitsl Baiems mundarten 2, 219 (409); im bair.
icald stanizl geldrolle 258; österr. das stanitz oder stanitzel
Höfer 3, 172, das schdanizl Castelli 233, staniz'l Hügel
155». von da aus ins magyar. eingedrungen als stanicii.
Lumtzer-Melich 242.
STANK, m. übler genich. altgerman. nominalbildung zu
stinken, vgl. das.; got. unbelegt {dafür bi-stugq 'anstosz"),
altn. stokkr in abiceichender bedeutung {'plötzliche be-
wegung', dem verb entsprechend). Cleasby-Vigfl'SSON 602''.
Fritzner' 3, 593*, das schtced. stank tcol aus dem deutschen
entlehnt, im westgerm. alt und allgemein verbreitet: ags.
stenc , pl. stencas Bosworth-Toller gis**/. {daneben in
einer glosse: stanc pluvieinatio. gio*"), woraus neitengl.
stench, vgl. Skeat 595* ; altfries. unbelegt, jetzt auf Sglt
stiunk, s. Siebs in Pauls grundr.- 1,1355; as. stank,
ebenso mnd. Schiller-Lübben 4, 362'' und nl.. vgl. Franck
956; ahd. stanc, stanch {plur. stanchä, -e) odor. odoratus.
olfactus, nidor, foetor, fumus, aura. Graff 6, 6%/., mhd.
stanc Lexer handtcb. 2, 1156 {daneben stenke, m. und f. 1176).
vgl. im ganzen Wächter 1585/. Grimm gramm. 2, 36. 87.
279/. kl. sehr. 7, 202. WeigaND 2, 796. Fick' 3, 343, der
auszerhalb des german. griech. rd/yos ranzig, Tayytj das
ranzigsein, vergleicht {ebenso Prellwitz etym. trft.' 447).
vgl. Bechtel üb. d. bez. dersinnl. Wahrnehmung 58/ — das
toort ist im, engl. \ stamm, im ahd. übericiegend a-stamm
{n. pl. stancha, s. 2, b; dat. stanchum, -kon; aec. stanche
und stenke, -khe, *. Graff 6, 697); rnhd. und nhd. ist der
plural auszer gebrauch gekommen, {ein vereinzelter mhd.
beleg: Ysopo ist gut vur den stenken, s. Schm.* 2, 771.)
in neuerer zeit ist stank überhaupt in der eigentlichen
Schriftsprache zurückgegangen und durch die {seit dem mhd.
begegnende) ztisamtnensetzung gestank verdrängt, g. diese,
theil 4, 1, 4201/ so tcol zuerst im süden, nach dem fehlen
des icorts in den scJuceizerischen tcörterbüchem des 16. jahrh.
zu schlieszen. after aucÄ Comenius hat stanck, gestahck
nur im reg. {im text gestanck). Stieler 2169: stank, et
gestank als stichicort, in den beispielen durchweg gestank,
ähnlich Kramer dict. 2,978''; Steinrach 2,759 giebt stanck
nur als hypothetisches stammicort zu gestanck, Mnd auch
Frisch 2,319" setzt an: stank, oder welches gebräuch-
licher gestank. nach Adelung ist stank 'ein im hoch-
deutscheti grösztenfheils veralteter ausdruek'. besser erhalten
in der Volkssprache und den mundarten Norddeutschlands,
{auf nd.-mittelfränk. gebiete. Sciim.' 2,771 kennt es nur
aus der altem spräche, auch oberhess. 'jetzt fast nur in
der zsns. geschdang'. Crecelius 805.) luxemh. stank
Gangler 429, köln. König* 173", in Aachen MOller Weitz
233 ; thür. nur im äuszeraten Norden {Stiege auf dem Harz)
52*
823
STANK
STANK
824
schlank. Liesenbf.rg 204. Hv.nTEi.spracJisdi.2Ha. Jirf. stank
Strodtmann 341. brem. wb. i,i036. Schütze 4, 187. Dau-
ne rt 457". Ml 86». DaNNEII. 209». TEN DOORNKAAT KOOI,-
MAN 8, SOO*". SCHAMBACH 208».
1) nur die alfgerman. sprachen kennen stank in der
gubjecfiven bedetitung der gervchstcahrnehmung oder des ge-
rtichssinnes. so ags. stenc, stengc odor, odoratus, olfactus.
BoswoRTH-ToLi.ER 916» (Wachter 1586); ahd. stanc odor,
odoratus, olfactus. Graff 6,696; vereinzelt und nicht ganz
siclier im mhd. •
alli? ordineter (C/imf««) daj,
beide den smac joh den stanc.
Hartmann vom plouven 311.
2) in der regel und in den neuern sprachen ausschliesz-
lieh bezeichnet stank geruch in objectivem sinjie, als den
gegenständ der gerucJisicahrnehmung, und zwar hat es in
der altern spräche eine allgemeinere und neutrale bedeu-
tung, indem es geruch jeder art bezeichnest kann, vgl.
Adelung (l) und: odor suge stanc. fefor unsnje stanc.
ahd. glossen 3, 882, 81/. (13. jahrh., auch Dief. nov. gloss. 181*
unter fraglancia); süm6n birin uuir stanch libis ze übe,
sümfin stanch tödis ze töde. Notker ps. lo, 7 {s. 32, 24
Piper), ebenso 17, 15 (50, 9). so icird es insbesondere auch
auf wohlgeruch angocandt: stank olim erat exhalatio
suavis, vtdgo fragrantia aromatica. Stieler 2169, vgl.
Adelung (2,1). so ahd. überwiegend; nach dem \2. jahrh.
nur noch ganz vereinzelt, vgl. stankfasz (l), -würz.
o) so gern in Verbindung mit dem adj. suogi , stiege :
suojen stang tuöe dir min geb6t. Notker 2, 583, 20 IHper
(/?». 140, 2); cinnamomum, uußnegaj boumelin unte ä,bo
micheler crdfte unte süojes st&nkes. Willi ram 69, 30;
der süoge st&nk an demo niuuen öbeje unte an d6mo
alten uuine. 123, 8; dag ig (ßas pantherthier) des dritten
tages selbe von dem släfe erwachet, unde so süggen
stanch uglajget. Diutiska 3, 24 {von tieren, 12. jahrh.,
= fundgr. 1,23, M, s. auch Karajan sprachdenkm. n,i);
{büdliiih-) so werdent sie ervullet unde gelabet mit dem
säggen stanche gotes geboto. ebenda (23, 43);
swenne der poume plüt . . . ,
80 ist der stanch süje. fundxir. 2, 16, 34;
da was inni lux und claritas,
su;;i stanc suavitas.
Diemer ged. 110, 15 {^lob Sal);
80 auch: si salbete niine fü;e,
der stanch wart sfi;e 244, 25 ;
von deme chumit solich stanch, dag nicht im gilichis
söggi nisf. so danne diu tier die darumbi sint gihorint
sine stimme, so saminint si sich durch die söggi des
stanchis. Diutiska 3, 23 (fundgr. 1, 23, 11 — 14); seltener mit
guot: reddunt de se fragrantiam bonae opinionis, &lso
die tüiron sÄlbon die qu6kke (frische) des güotes stänkes.
Williram 70,8;
vil gfit stanch gie dar uj. Diemer ged. 244, 27.
b) aber auch stank allein, so von blumen und fruchten :
stang (odor) tero bluomon. Notker «. Graff 6,696; also
süoge 8&mo dpfelo st&nk. Williram 123,4;
thar bljent thir io lilia inti rosa, . . .
ther stank ther bl&sit thar in müat io tba; ^uuiniga güat.
Otkrii) 6, 23, 277.
besonders von würzkräutern und den daraus bereiteten
parfums. baUamxn u. s. w. : föne dinero uu.tte chöment diö
slancha myrrun . . . dag chlt . . . der liQment virtutum,
der also suAgge ist, also der st&ng diOrero chriQlero.
Notkeh ps. 44,9;
Abraham chouft« ir (ffara) Sin grab
und bevalech si scone mit stanch aller bimentone.
fundgr. 2, 88, 81 ;
nardos und balsamita (der stanch wahset so wita].
genes. 9, 14 Diemer.
m>: inli tha; hQs uaas gifullit fon thcmo stänke thera
salbQn. Tat. 188, 1 ; so löfon uuir in d<'mo stA^nkc dinoro
siilbon. Wii.i.iKAM 6,8; nach dcmc stancho dincr gcsclbc.
so loufcn wir. Diutiska 8,84; von u^ihrauch: der stÄnk
dincr uuAlo M. kho uuirAches 8l4nk. Williram 66,4;
vor imc (Jupiter) wiroc ane vlar barn unde gaf roch
unde slanc. deutsche cAron. 8, 81, 8. — eitie badestube tum
stank (mit parfümierten bädem) wird in Straubwg 1816
betenfi. ». Cii. Schmidt hist. u>b. der ds. mundart 887».
e) «o teeiter: der st&nk dlnes mändes (st s&.mo dör
ffiogon <pfelo. WiLLiitAM iss. 1. die erteheinung ChrieÜ
ist von wohlgeruch begleitet: Jesus venit. tantaque subito
flaglantia miri odoris. thar quam tho geliko sulik stank
(corr. aus: stanknussi). Wadstein kl. as. sprachdenkm.
65'', 13; uuag ist säggere oder erlichere dem stanche
unseres trehtines, des hallenten Christes? Diutiska S,2i
(fundgr. 1,23,39). dann in geistlicJier spraclie auch bild-
lich: ze louiTenne nach dem stanche unt nach dem ge-
selbe siner geböte, ebenda (24, 8); doctores, die der ...
uuiteno stinchent mit d6mo stänke bonae opinionis.
Willi RAM 25, 5.
d) zuweilen geht stank in die concrete bedeutung über,
wohlgeruch gebender gegenständ , räuchericerk : stanchum
folle tragant . . . chelicha (odoramentis plenas gestant . . .
putheras). Murb. hymnen 7, 6, 3.
8) später ist stank auf die bedeutung eines üblen ge
ruches eingeschränkt, vgl. dazu Wächter 1586. J.Grimm
kl. sclir. 7, 202.
a) diese bedeutung hat stank schon vereinzelt im ahd. as.,
wo die vorige doch übericiegt:
than uuaniu ik that thanan stank kume,
unsuoti suek. Hei. 4081 ;
drühtin, fon then stänkon . . .
mib nim . . , so Läzarum thu däti! Otfrid 3, 1, 19.
so seit dem 13. jahrh. ausschlieszlich ■ fetiditas stanck.
Dief. gloss. 232^' (voc. v. 1414); fetor stanck, hd. sthank,
stang, gestanck. fetositas stanck (lat.nd. v. 1420). ebenda;
fetor stank, hose roke. nov. gloss. 172''. nhd. : stanck, ubeler
geruch, m. puanteur. HuLSius 306»; pütor . . . stanck, Un-
flat. Corvinus fons lat. 524''; stank, m. foetor, puanteur.
Schottel 1421; stank, et gestank, der, it. das gestänkc,
foetor, foetiditns. Stiei.er 2169; foetor, gravolentia; odor
gravis. Frisch 2,319"; 'ein übler teiderwärtiger geruch; itt
welchem verstünde es noch im gemeinen leben für das
üblichere gestank vorkommt.' Adelung (2, 2). vgl. auch
nl. stanck, foetor, putor, pedor, sordes, graveolentia, odor
gravis, malus, teter; virus, germ. gestanck. Kilian 2,629».
b) durch adjectivischen zusatz verdeutlicht, mhd. gern
boeser stanc;
für nebel und für boesen stanc. weimchwelg 877;
der siechen pflegen an allen stetten,
mengen bcesen stank enphahen.
des teufeis nett 5978;
anderes: swer dar quam gegangen,
der muste liden ubelen stanc,
der von manigem ase dranc. pass. 70, 12 Hahn;
des muste gar daj lant euch haben
von dem ase groben stanc. 274, 85 ;
füler stanc, s. unten 5, g. so auch nhd.:
denn wie die nasz ein faulen stanck,
so hast das ohr der lügen klanck. froschmeus. A 4'';
kan dann ein fauler stanck so bald poeten machen?
Rachei. sat. ged. 93 (8, 74. s. 108 neudr..
vgl. Steinbacii 2, 7f>9).
c) stank durch synonyme ausdrücke erklärt, s. a; mit
solchen zusammengestellt : salbeten sie die leichnam der
verstorbenen, auff das sie lange erhalten wurden und
nicht bald verweseten und auch bewaret würden vor dem
stanck und bösen geruch. Luther 28, 424, 7 Weim. ausg.;
stank und bösen geruch können sie (die bietien) nit leiden.
CoLER hnusb. (1640) .391 ; vgl. Scriver unter 6,6. stank
und faule, s. e. a (Heink. v. Neustadt). J (Gönthi-r)
und besonders e, ß. pütor . . . stanck , unflat , ut . . . ilie
unzeitigen regen fügen dem erdreich stanck und unflat zu.
Corvinus /oh» /a<. 524'' (.».aKr/i Luiher tinterh,a undh,e)\
also auch konipts manchmal, dasz die winderiUger uinb
Unlust unnd stancks willen, so ausz grosser menge an
engen orten entstehet, verendert werden. Kirchhof mUit.
discipl. 201 . vgl. ferner 4, c.
d) stank gutem geruch entgegengesetzt: meinen sie, ich
sey so verstopfter nn.se, dasz ich stank und wohlgcrurli
nicht von einander scheiden könne? Schuhart liei
SrHAUSZ Scliubarts leben i, 2m. so aurJi: er (finl/ian) hftt
gar ainon guoten stnack, aber der sniack ist den scliad.
die stankes gewonet sint. MKuKNiiERn 867, 17. — und winl
sinnrk für gut poriirh sein. Jes. 8.84. vgl. HiI'PKI. 4. lof,
(Irbensl.), vgl. auch A. GryI'HIUR untere, n. sprichmirtlich
(bildlich): so hlllc Ich. c. f. g. wollten ein gnKdigH «iiire . . .
auf diese schule halten, auf welche der tcufel ein scheel
und ungnädigs aug« hat, und helfen, dasz er nicht müsse
825
STANK
STANK
826
seinen stank hie zum baisam machen. Luther br. 5, 5*0
(vgl. 5,a).
e) stank mit angäbe seines Ursprungs, womit zugleich
qtialitäfsunterschiede bezeichnet icerden:
a) von toten körpem. leichen oder aas:
der werlde vreude über al
ist als ein unvletich stal
mit stänke an vulem ase.
pofs. 119, 41 Sahn (». auch vnter b) ;
din lip enhat detiein lit
im si stank und f&le mit.
Heinr. V. Neustadt vieio Phü. 116 Singer;
da? ie gewärde in keiner stat . . . solch sterbe, solch stank
von den totin. Schönbach pred. l, 119, 30; und jre er-
schlagene werden hingeworffen werden, das der stanck
von jren leichnanien aufTgehen wird. Jes. 34, 3; noch
stanck der leib, das niemands bleiben kondte, ... und
man hatte vier grosse pfannen vol Wacholder beren,
damit man reucherte, . . . noch gieng der stanck herfür.
Luther tischt. 3i5*';
was diesen schnöden leib betrifft,
wird nichts an jhm als stanck und gifft,
wie schön' er vormals war, gespüret.
Opitz poeterei ». 47 neudr.;
sol leichen-schwerer stanck vor unsem Weyrauch gehn?
A. Grvphius 1, 40 (Leo Armen. 2, 5, r. 537);
kein elephante kan so scheu und furchtsam thun,
wenn er die maus erblickt, als mancher sich erschüttert,
so bald sein eckler mund den stanck der cörper wittert,
die um ein gottes-haus in ihren cammem ruhn.
GCnthbr 677.
s. ferner pass. unter 3, ft; A. Gryphius, 3,g; P. Gerhardt,
4, c; ScRivER unter 5, h.
ß) von faulem fleisch, geschtcüren, unmden u.s.xo.:
rangor . . . ein stanck von verfaulten oder unschmeckenden
fleisch. CoRViNus fons lat. 538». — unde (dem kranken)
vervallent sich gerne diu naslocher so hart, daj er chüme
den stanch gehaben mach, arzneib. s. 156, 21 Pfeiffer; es
wuchsen auch maden aus dem verfluchten leibe, und
verfaulet mit grossem schmertzen . . . und stanck so übel,
das niemand für dem stanck bleiben kundte. und der
sich vor düncken lies, er rürete an den himel, den kundte
niemand tragen, umb des unleidlichen stancks willen.
2 Macc. 9, 9/.; so in Verbindung mit eiter oder faule, meist
in vergleichen, bildem, oder sonst in freierer iceise: sie
(die vemunff) gehet daher unnd sihet lieber die schöne
purpur des reychen maus, denn die wunden des armen
Lasars, sie sihet lieber eyn gesund schon mensch unnd
stopfft yhr naszen zö für dem stanck seyner wunden.
Luther 10, 3, 187, 23 Weim. ausg.; darumb auff das die-
selben wunden, eiter, stanck, sünd etc. von uns genomen
würden, sehr. 1,27^ (Jenaer ausg.);
wir sind an bösen wunden krank,
voll eiter, Striemen, kot und stank.
Gerhardt ». 10, 82 Gödeke;
ich bin, du weist es, von natur ,
voll eiter, stanck und beulen,
und niemand kan mich ausser dir
vom sünden-aussatz heilen. Günther 84;
ähnlich auch:
die straffen sind das saltz, damit man abewehre,
dasz gute zucht sich nicht in ßul und stanck verkehre.
LOGAU 3, 184, 63.
y) von menschlichem oder thierischem auswurf, kot, vgl.
J. Böhme unter g:
np dat nu kond Varan vertfissen dit gebreck,
und driven wech den stanck van dem verborgen dreck.
Laurbmberg fcfirizged. 2, 370;
dat müste jagen wech den stanck van siner schmite. 380.
S) geruch aus dem munde, von faulenden Speiseresten
in den zahnen oder infolge von Verdauungsstörungen .• chumt
der stanch niht von den zenden, so ist der mage aller
erswom. arzneib. 148, 3 Pfeiffer; der mirr hat auch die art,
dag er . . . dem mund seinen stank benimt und macht
den wolsmeckent. Megenberg 370,30;
und wenn der atbem auch den stanck an sich genommen
so würd', als ausz der scbacbt dir schmecken zeen und maul.
Scherkfer Grob. $. 14.
«) auch sonst wird dem geltenden leibe stank zugeschrieben,
besonders von dem scharfen geruch der achselhöhlen : des
(myrfen )paums dürren pleter benement den stank under
den üecbsen und anderswä an dem leib. Megenberg
333,8; stanck unter den acbseln zu vertreiben. Coler
hatisb. (1680) 2, 144* am rande; vgl. auch nl.: stanck der
ockselen, vel ocksel-stanck, hircus, virus alarum,. Kilian
2, 62°i^.
^ in älterer geistlicher spräche und dichtung wird zu-
sammenfassend dem menschlichen leibe im allgemeinen stank
zugeschrieben; vgl. 4, c. zugleich in der bedetUung a:
die läge {aufgeid, s. theü 6, 61), so du giebst, ist warlich klein
und schlecht,
ein leib voll faul und stanck, und also heists mit recht:
das« offl ein kleiner zins den grösten wucher {nämlich den
himmel) traget.
Günther 815 ('auf das absterben eines sttidiofi").
vgl. auch : kanstu nu solchs an deinem leibe leiden, das
er dir einen stanck machet, ehe du dich umbsihest.
Luther 32,381,8 Weim. ausg. (scÄr. 5, 383'') , sotcie stank-
balg, -fasz (2), -haus, -sack. — besonders entwickelt sich stank,
icenn menschen in engen räumen eingeschlossen oder gar
gröszere menschenmassen zusammengedrängt sind. s. Kirch-
hof zu ende von c; femer: ich lies den stanck von ewrem
heerlager in ewre nase gehen. Amos 4, 10 ; in gefäng
nissen: also schied ich ab in mein loch, darinnem ich
meuse und stancks gnug hab. Luther 3,414»;
wie viel sind in dem stanck der kercker hingegangen?
A. Gryphius 1, 149 {Cath. v. Georg, i, 17).
in die übertragene bedeutung (5) übergehend:
ez, was s6 gröz nie ein stat,
sie wser von drisec Juden sat
Stankes und ungelouben. Sei/r. HdU. 2, 1089.
sprichicörÜich (bilMich) : mancher will nicht riechen, wie
er stinckt. hat den schnuppen, dasz er nicht riecht, was
er in seinem hausz für stanck hat. Lehmann (1642) l, 717, 4;
nd. anner Iflde stank uprflken möten 'von anderer leute
unreinigkeiten beschwerde haben'. Dähnert 457**.
ij) stank ton thieren .- eine vornehme frau, die lebt sonst
sehr prächtig und kostbar; allein in ihrem zimmer ist
ein stanck von hunden, dasz man eher einen schinder.
als etwas rechtschaffenes da suchen softe. Weise err»,.
*. 167 neudr.; besonders von bocken, so sprichwörtlich: oh
schon der bock ausz dem hausz ist, so bleibt doch der
stanck noch darinnen. Lehmann (1642) l, 717, 9. besonders
geht in dertnhd. dichtung vom drachen oder'tcurm'st&nk au-t •
der wurm was starc unde gröj :
das ^'ur im Ü5 dem munde schöj.
im half diu hitze unde der stanc. Itcein 3843 ;
der wurm was an in komen
mit einem stänke den er bUes. Dietr. flucht 1625;
die vullete so der ubele stanc
der von des trachen ademe trank.
pass. 280, 6 Hahn;
d) nidor . ., der geruch oder stanck von etwas das ge-
brandt wird, als haar, feder, rei aduatae odor. Ck>RViNOR
fons lat. 431*'.
t) stanck ausz der erden, m. puanteur qui sorte de ferre.
HuusiUS 306»; vgl. deutsche chron. 2,93,1 unter f.
x) von allerlei mineralischen und chemischen Stoffen : da-s
arme bergkleut in gruben und hütten viel bösz w^tter
köblichten stanck (von kobalt) . kalte dempfe, feucht
prodem, gifftig rauch inn sich ziehen. Mathesius Sar. 3»;
sie brennen drüben kalk in der grübe, der stank rieht
im winde weit umher. Immermann Münchh. 2, 59 (3, 9).
dazu eomposita tcie schwefelstank (theil9,2iMt):
die höUe schwoll von schwefel-stank und säure.
Göthe 41, 253 (Faust 11,4).
f) üble tcirkungen des stanks:
da; der stanc nicht mute sie. Ludw. kreuzf. 5723;
der stanck macht mir gleich heisz,
und treibet mir ausz den angst schweisz.
H. Sachs 5, 349».
stank wird geradezu als tödlich bezeichnet: en hellevur nt
der erde brach . . . it gaf so groten stanc, van deme der
lüde vil starf. deutsche chron. 2, 93, 1 ; t'^^ .- wer seinen
gesunt haben wolle, der sol wonen da gesunder und
frischer lufTt sey und sol sich vor pösem smack hütten
wo er mag. wann wer von stanck siech wirt dem ist
nicht müglich zuhclffen. Ortoi.ff v. Bayrlant 4»; und
besorg, das dein gewaide von dem stänke entricht werde
(ne ob foetorem pessimum vexentur viscera tua). Stein-
höwel Esop (1487) 5S^ ». entrichten 1, theil 3, 584. vgl,
Kirchhof unter 4, d.
827
STANK
STANK
828
g) verbale ausdrücke: stank geht auf, *. Jes. 34,3 uitd
LuTHEK fischr. Sib^ unter e, a; äJnilich:
dasz kein halb faulend aasz so grausam riechen kan,
wenn sich der bange stanck bey heissem tag erhebet,
und durch die schwere lufft mit siechen dünsten schwebet.
A. Gryphius 1, 317 (Carol. Stuardiis 4, 161).
stank zieht umher, a. Immehmann ttnfer e, x. (vgl. genes.
9, 14 unter 2, g.) — stank geben, s. deutsche chron. 2, 81, 3.
93, 1 unter 2, b und 3, /; stank machen, anrichten : so ihm
ja der erden kinder zu rauhe wären, und wolten einen
stanck anrichten, darmit es ein loch hätte, und könte
den stanck und grobheit weg stossen, und machet ausz
dem vorhoffe, welches der magen ist, einen auszgang und
loch . . , so wird ein darm. J. Böhme drey principia 161
(cop. 14, 27) ;
es rieht der tropff ein stanck drinn an,
das ich bey ihm nicht bleyben kan.
Ackermann «. 48 Holstein {Thob. 1107).
a. ferner Luther unter e, ^. 5, b und besonders 5, c. (stanck
gebern, a. Heinr. v. Hesler utiter h,b: stank blasen,
Dietr. flucht 1625 unter 3, e, tj ; ügläggen, Diut. 3, 24 unter
2,a; hinter sich lassen, s. 5, a. c; stank zufügen, s. Cor-
viNUS unter c.) — stank an (sich) nehmen s. Scherffer
unter e, S. — stank in sich ziehen, s. Mathesius unter
e, X, gewöhnlicher einatmen ; mhd. stanc enphähen, liden,
haben, *. die beispiele unter b; nhd.:
die Zimmer unterscheiden
versüszens (die bienen) mit genich,
sie stank noch wüst erleiden.
Spee truizn. 98 Balke (23, 227).
dafür gewöhnlich: stank nicht leiden können, s. Coler
untere, stank fliehen, meiden {mit bezug auf f): stanck
soll man meiden in Sterbenszeiten. Coler hausb. (1680)
2, 309* am rande;
{du heiliger geisC) fleuchst hingegen schand und sUnden,
wie die tauben stank und mist.
Gerhardt nr. 23, 36 Oödeke.
stank vertreiben, wegjagen, benehmen, s. die beispiele
unter e. y. S. e. (stank aufriechen, *. e, ^ zu ende.)
4) stank geht zuweilen in eine concretere bedeutiing über.
a) in der alten spräche von wohlriechenden dingen, räucher-
werk, a. 2, d.
b) von dem, ums übel riecht, ao zunächst von luft, die
mit üblen gerüclien erfüllt ist; von der abstracteren ge-
brauchaweiae nicht atreng zu acheiden. hierher besonders
die zu anfang von 3, g zusammengestellten ausdrücke,
ferner mit aynonymen: es steht schön, wann man in ihre
Studierstuben kömmt, und nicht weisz, ob man in einer
bauer-schencke, oder in einem wachhause ist, vor rauch
und stancke. Weise erzn. a. 157 neudr.;
wohnen in bösem lufft und stanck, . . .
bringen den tod vor rechter zeit.
Kirchhof wendunm. l, 148 Orterley (1, 116).
hierher gehört auch stank für furz, vgl. 5, /.
c) dann auch von featen oder flüssigen gegenstünden, die
geatank entwickeln; übelriechendes ding: Ascheic. saht ock
{acht auch), wos ich gefungen (gefunden), rieht ock, wie
wull reuchts. Domr. pfuy weg mit dem stanck, un-
saubrer narr! Gryphius dornro8el6,n Palm (;i. auf zug).
meist in Verbindung mit aynonymen : wenn sie nun hin-
kamen , den schätz zu besehen , fanden sie stank und
unrath im topf. MusÄus volkam. 1,43 Heinpel {liübez. 4);
von venoeaendem {vgl. 8, e, a) :
ja, in dem fleische, das hier stirbt
und in dem stank und kot verdirbt,
da werd ich gott inn sehen.
Gerhardt nr. 188,48 Oödeke;
von kot. vgl. S,e,y und J. Bühme unter 9,g: wenn uns
polt nicht solche natur cini^cpflantzt bette, so lies man
die kinder ynn yhrcm stanck verderben. Luther 2i, 614, 26
Weim. auag. (^ #c7»r. 4, 196*); überhaupt vom men.ichlichen
leibe {vgl. 8, e, C): ja, sie sind glicdcr der kirchcn, gleich
wie Speichel, rolz, citer, schweis, mist, härm, stanck,
grind, hlnttern . . . des leibs glieder sind. Lutiikr 6, 64*>;
(die kriegnleuf) liegen im unflat, wu»t, leuscn und stanck
durch einander und über einander. Kihciihoi' milit.
ditcipl. 116;
der mansch kompt her atmx schleyin unnd stanck,
was will tr dann stoltzipren lang. Lrmman (1648) 166, 86.
rf) *o aueh in der volktaprarhe, z. b. altmiirkiach : *watt
wist mil'n stank? ■* ««m vnlUt du mit dem übelriechenden
dinge* auch der stark riechende käae heiszt vorzugsweise
stank; sön'n oll'n stank mag ick nich'. Dan neu, 209*.
e) dann überhaxipt als ausdruek der schlechten qualität
mit zurücktreten der geruchsvorstellung {zu 5 überleitend) :
stanck, werden diejenigen häringe genennet, welche gar
nichts nütze sind. Zincke öcon. ^ea;.'-^ 2800; 'so nennen dir
Holländer den hering, welcher ganz und gar nichts taugt.
Jacousson 4, 157», vgl. 7, 427» und Stankhering, freier .
die butter ist wahrer stank, stank rauchen, schlechte»,
übelriechenden tabak, auch stanktabak. Krünitz 169,652.
vgl. stanktabak und -staken, soteie stänker i, d.
5) stank in typischem, freierem, und übertragenem ge-
brauche.
a) stank der hölle von dem brennenden schicefel und
pech, vgl. höllenstank {s. auch unter 3,fund b,g) und
schwefelstank, theil 9, 2404 und oben 3,e, x: und vürte sie
in ein vil vinster bös, da was inne der ergiste stank der
immer mochte sin. Schöniiach pred. l, 108, 3. dalier redet
der dichter die gefallenen engel an:
war umb lieszent ir dag golt
und wart dem stank und miste holt?
Heinr. v. Neustadt gottet zuk. 2346 Singer.
iti der volksvorstellung vnrd dem teufel stank zugeschrieben,
insbesondere dasz er stank hinterläszt. icenn er ver-
schwindet; so schon ahd. stanc {diabolus relinquens) foeda
vesügia, s. Graff 6, 697; worbey zuvermelden ist, dasz
der teufel, als Suantevits des abgottes tempel im fewr
auffgieng, in die lufft davon geflogen ist, unnd einen
bösen stanck hinter sich gelassen hat. Micräi.ius altes
Pommerl. 1,255. vgl. auch: {da) weich der teuffei von jr
und flöhe , und der tode leib viel stracks darnider mit
eim grossen stanck. Luther tischr. 212*. häufig bei
Luther in freierem und bildlichem gebrauche : der teufel
versiegelt allwege sein ding also, und lesst einen stanck
hinder sich. 3, 357'^ (23, 162, 4 Weim. ausg.) ; aber also mus
der teufel jmerdar seine Weisheit mit dreck versiegeln,
und stanck hinder sich lassen, das man ja mercke, er
sey dagewesen. 444''; der teuffei gehet sanfft ereyn und
fehet süsse an, aber hernach lest er seynen stanck hinder
sich und gehet säur hynaus. 23, 505, 18 M'eim. ausg. , der
teuffei . . . brauchet dazu solcher Schleicher und winckel-
prediger, auff das er durch dieselbigen im winckel mause,
einen stanck hinder sich lasse und darnach das maul
wische und davon gehe. 28, 473, l ; tu autcin animadvertc
insidias Sathanae scripturam introducentis. er lest ge-
wisz eyn stanck hynder yn. 29, 60, 14; fürt scripturam,
sed er wird sein stanck hinter sich lassen. 61,9; dann
auch auf mensclien übertragen: {sie) thun eben, als wenn
ich einen grüsset, und er sich umbkeret und donnerte
mit seim hindern, und gieng also davon, wolan, sie sollen
nicht also davon lauffen, und den stanck hinder sich
lassen, ob gott wil. sehr. 3,505»; jch wil dir gewis bürge
dafür sein, das kein rotten geist komen wird, er sols so
versiegeln und ein stanck hinder sich lassen, das man
sehe, das der teuffei da gewesen sey. 88, 516, 10 Weim. attsg.
nd. 'mit dem stänke rUinen: einen geatank hinter sich
lassen : sich beym abschiede, oder zuletzt noch schlecht auf
führen, und dadurch sein atidenken stinkend machen',
brem. wb. 4, 1037. — allgemein stank (und unflal) des leufels:
so sol dir dafür grawen, als für dem crgstcn stanck und
unflat des teufeis. Luther 6, 76»; das sie imer des tcuffels
stanck und unflat fressen müssen. 38,457,16 Weim nusg.;
dem teufel seinen stanck fürhalten, tischred. 225» «wi randr
b) damit iat vericandt die der geistlichen spräche gelätifii/'
auwendung dea icortea stank auf die aiinde u. iihnl. {vgl
Günther unter 8, e, /9): die sündo ist ein stank da von
die sunderc stinkende sin. Schönhach pr«/. i, 87, i.i:
stanck ausz seinem buscni. Lu i her tischr. 176» am randr
ein ongel rcisete mit einem altvntor über land, als ►!■
nun für ein faules stinckcndes uns/, inustcn fürübcr gehen,
hielt der nien.'<ch maul und nase zu, und fragte dm
engel, wunun er nicht der (ticichen IhHfe? der unfworlrt
dieser stanck tliut uns eii|2i>lh nichts, aber wann di'
menschen in sünde wider das gewissen fallen, dn-^ lO
der stanck und unflUligo geruoh, der um verlx '
S«;hiver atrlenach. (lf.»i) »00;
se got und di liriligin hrginnini rpirn
gein demc »lankn ir unrnnokrido.
fundfjr. 'i. i.'H' .'U "Inr iunnttf. ofrirM'i .
829
STANK
STANK
830
nd g§t an der sünden stanc.
Warnung 3209 {zeiUchr. f. d. alterth. 1, 526);
die sunde sulchen stanck gebirt
davon die luft entreynet wirt.
Heinr. V. Hesler apolcal. 23019;
kein räucherwerck verdonst der sünden stanck und wüst.
Fleming 22 (cf. 51. p».).
vgl. auch: darumb wollet jhr frommen Christen . . . betten
und busse thun, . . . dasz wir doch unserm lieben herr-
gott nur ein trotzischken kertzlin oder Weyrauch anzün-
deten, weil alle weit, papisten, rotten, epicurer, edelleute,
bürger, bawern, etc. so viel stancks anrichten, die frey
dahin leben, nach jhres fleisches lust. Luther fiscÄr. i.tO";
denn in diesem kupffern unnd blutigen bauch {dem röm.
reich) war viel mordens und blutvergiessens, vil stancks
und Unflats, vil greulicher brunst und Unzucht. Mathe-
8IUS Sar. 85'';
uns hat das schendtlich bapsts geschwürm
... in jm teuSels dreck versenckt,
das wir baldt (schand ists, das mans redt)
jm stanck und unflat angebet.
B. Waldis Esop 3. 100, 60.
c) in ähnlicher Übertragung wird stank, besonders in
verbalen fügungen, einen stank machen, anrichten, er-
wecken, für üble nachrede, Verleumdung oder auch misz-
helligkeit, zank gesagt, vgl. geruch 1, g, theil i, 1, 3749, und
stänkerei, stankmaul, so schon mnd. .- effte en denre in
unse selschop . . . enen van unse selschop vorhonede. . . .
de sulke stucke offte stanck mit willen maken. quelle
bei Schiller-LCbben 4,362''. nhd.: auffs ander, ist das
auch ein recht ertzbubenstück, uns zu verunglimpffen, . . .
'las sie einen stanck über uns machen wollen bey frembden
and unbekandten. Llther 5,290''; vgl.: aber der rhum
wil nicht lange wehren, und wird einen stanck am ende
hinder sich lassen. 217'' ; {sprichwörtlich, mit durchgeführ-
tem bilde :) wenn einer über ein andern ein stanck macht,
so rieht er den säwen ein pancket an, dasz sie all zum
schleck kommen. Leikman (1642) s. 721, 55; wann einer
ein stanck macht, so macht er den säwen ein schleck,
die gern mit ander leut unflat das maul schwäncken,
dem ists ein lust, wann sie materi haben. 718, 20;
kritik heiszt: sachlich eine sache packen,
und nicht persönlich seinen stank t>eigeben.
LiLiENCRON 11, 238 {Poggfred 12).
zank und stank:
noch bist du {Zinetracht) wieder aus der hölle . . .
in dieses adle reich gestiegen,
hast meine Teutschen heissen kriegen,
hast neuen zank und stank erwecket.
S. BiRCKEX teutscher kriegg ab zug (1650) «. 4
(40 = 80 «. 7).
ähnlich: unser sauer-sQsses leben
ist ein apothecker tranck,
da vermischte ruh und stanck,
herb' und sUsz', ein grauen machen.
Fleming 375 (304, 57 Lappenberg).
auch in freier Übertragung von unglück: ich bin ... ge-
fangener, der sich schämt, mit dem stänke seines schik-
sals seine freunde anzuekeln. Schubart bei Strausz
Schtibarts leben 2, 281. — so sagt man in lebenden mund-
arten stank /ür verdrusz. s. Schm."^ 2,771 ; in Stiege schtänk
verdrusz, ärger, zank. Liesexberg 204; vgl. auch: 'alle
stank kumt van di: du bist der einzige urheber dieser
zänkerey, dieser bösen händeV. brem. wb. 4, 1037.
(l) stank für undank; sprichwörtlich, in Osnabrück:
stank is myn dank. Strodtmann 341 {danach Campe);
Undank
ist ein gemeiner stank. Simrock 10634.
so auch verbunden: ja, was hab ich nu darvon als stanck
und undanck. A. Gryphius i, 784 {Horribilicr. 2, s. 33
neudr). daher die weitverbreitete redewendung : stank für
dank (haben). Simrock 9813, vgl. Wander 4,776,3/., an
deren beliebtheit getcisz der reim seinen antheil hat: man hat
heut zu tage nur stanck an statt danck, del benfare non
*i hä hoggidi che mal merito. Kramer dict. 2, 978'' {der in
allen andern beispielen das in dieser formel unübliche ge-
Btanck liat; vgl. gestank 5, theil 4, 1,4202). litteraturbelege :
daher kömmt es, das offt die besten Verdienste, vor dank,
zulezt stank erndten. Butschkv Pathmos s. 689; man
darf heutiges tages ja nicht blosz auf den nutzen einer
Sache sehen, sondern man musz auch allezeit wohl er-
wägen, ob die mittel . . . den beyfal! der menschen haben,
sonst erndtet man stank für dank, und höhn für lohn.
Stilling ZeJe»2, 102;
sind wüste kerl die bauem,
die geben stank für dank !
MöRiKE ged.^ 314 {gute lehre).
in mundarten. besonders nd.-mittelfr., s. G.\ngler 429
{luxemb. de' stank fir den dank kreen, 'undank ist der
weit lohn"). Hönig* 173". brem. icb. 4, 1037. Schütze 4, 187.
Dähnert 457''. Danneil 209*. nd. korrespondenzbl. 21, 36
{Hamb.). auch •
stank
ist des teufels dank. Simrock sprichw. 9814.
vgl. dazu die formel, tcomit sich der tetifd im altdeutschen
dratna bedankt:
Lucifer. des hebbe stank, myn leve kumpan!
ßedentiner oftergp. 1389;
werliken, du bust ein vramer man,
du schol[t] groten stank han! 1429;
Fedderwisch des saJtu habin stang !
zeitechr. /. d. alterth. 7, 580 {Friedberger
pasfionsgp.).
e) stank steht überhaupt zur bezeichnung von etwas wert-
losem, verächtlidiem und widerwärtigem, zunächst in ver-
gleichen : gj. gjg ^^cgrtiiche ere) vloch als einen stanc,
gotes hebe in vollen twanc.
Leipz. handfchr. des 13. jahrh. (veterb.)
bei Dief.-Wülcker 862;
das solch hertz frölich werde und gegen dieser brflder-
schafft alles was in der weit ist verachte als eitel unflat
und stanck. Luther 28, 459, 15 TTeim. a««^. dann wird
auch die weit und was in ihr ist, geradezu, als stank
bezeichnet: je länger ich hier walle,
je wenger find ich lust,
die meinem geist gefalle;
das meist ist stank und wüst.
P. Gerhardt nr. 103, 80 Gödeke.
besonders im. vergleich mit göttlichen dingen : du aber wisse,
das dis die rechte, heilige und göttliche werck sind, . . .
dagegen alle menschliche heiligkeit stanck und unflat ist.
Luther 4, 400''; sihe wie die lieben marterer so schend-
lich sind umbbracht und dennoch jtzt so erfur leuchten,
das alle weit dargegen ein lauter stanck ist. 32, 435, 36
Weim. aiisg.; vgl. auch oben 28, 459 und: 'ego sum deus
tuus', sol ein solche freud machen, das wen himel und
erden eitel golt und sylber were, sol eitel stanck sein.
27,371,4. so bei Luther gern von den Zusätzen der römischen
kirche zum worte gottes: wie wir des bapst lere haben
müssen angreiften, die uns mit jrem stanck und unflat
die schrifft verderbt hat. 32, 355, 40 Weim. ausg. ; da müssen
wir . . . erbeiten, das wir solchen stanck fegen und rein
machen. 356, 9 {vorher: die reine lere haben besuddelt
mit jrem garstigen, ... ja teufflischem zusatz). s. auch
stankklick. — etwas ist ein stank vor einem, in dessen
Schätzung: gold und edelgestein ist für der weit prechtig,
aber für gott ist es ein stanck. Luther 2, 356'; an b
anschlieszend : wer aber . . . andere heiligkeit suchet, der
ist eitel stanck und grewel für gott. 5, 503''; will {du) dich
zuvor durch dich selbs rein machen, und den Christum
dahinden lassen, so machestu dich nur zwifeltig unreiner,
ja einen schendlichen grewlichen unflat, und stanck für
gott. 6,75''. so auch {vgl. c): das der bapst . . . solch leste-
rung thar unverschampt , und öffentlich begeren, als
weren eitel klotze in Deudschemlande , und auff dem
reichstage eitel äffen, dazu alle fürsten, die es mit treiben,
das sie bey unsern nachkomen ein ewiger stanck sein
sollen, dafür man speien und göcken müsse. 5, 75''; können
nicht mehr denn jderman verachten, affterreden, urteilen
und verdamnen, und mus alles stanck und unflat sein,
on was sie selbs thun. 32, 321, 11 Weim. ausg. — diese
icendungen gehören der altem geistlichen redeweise an ; doch
findet sich ähnliches auch in neuerer zeit, z. b.: da ein
groszer monarch sich nicht wie ein Schulmeister in jeden
stank mischen dürfe. Treitsciike d. ^rcscA. 5, 249 {in jede
kleinigkeit, zugleich mit dem nebensinn des verdrieszlichen,
vgl. c und die häufige redensart seine nase in jeden dreck
stecken).
f) daher frühnhd. auch zur Verstärkung der negation
{ico wol von der bedeutttng 'ßatus ventri' auszugeJten ist);
so in der Verbindung:
831
STANKART— STÄNKEN
STANKER
832
hyet ich dy kUnigin zw einem weib
und eratr Hansen von Diernnstain leib . . .
so gSb ich umb all werlt nicht ainen stanck.
quelle bei Schm.* 2, 771 ;
wan das rechtbuoch ist geworffen under den bank,
man geeb darumb nit ain stank.
des teufds näz 8939.
g) auf menschen angewandt begegnet stanc einmal mJid.
in einem von a ausgehenden ausdttick:
sin munt unreinet den luft,
er füler stanc der hellegrufti Sei/r. Häbting 2, 388.
sonst nur im neuem nd.: du stank, als Schimpfwort zu
kindei-n. Däuneht 457*";
dor keem 'ne fru ut M&kelborch,
dce säd' to de mieskatt goden morgen.
de mieskatt säd' wol schönen dank,
tööf, du oll mäkelbörger stank.
WossiDLO ilecklevb. volksüberl. 2, 1813.
eigenthütnlich ist mnd. stank für eine menge von menschen
(vgl. oben 3, e, Ji): in dusser stede (lenigum) plecht iarlicks
an dem dage Viti eyn groet stanck geesllicher luede vor-
gadderen, dar de hillige geest mit groter macht in wercket,
bynamen de uther tunnen blest. queUe bei Schiller-
LÜBHEN 4,362'».
6) ein adjectivisches stank 'ekel, dem da ekelt, gleichsam
etwas stinkend vorkommt, fastidiosus' kennt die brem.
mundart, doch wol nur in Wendungen tvie de bester stank
voren, 'das vieh bis zum überdrusz womit füttern', dafür
auch stänksk , ik hebbe 'r mi al stänksk in geten . 'ich
habe es so oft und viel gegessen, dasz es mir zum ekel ist',
brem. wb. 6, 344. damit hängt jedenfalls stänken 4, d und
stänkern 4, c zusammen, (iiordthür. in demselben sinne
stanz, sich stanz essen an etwas. Kleemann 22». IIehtel
sprachsch. 233.)
STANK ART, m.. s. stankhart.
STANKBALG, m.: o spotte nu, wer spotten kan, der
elenden, verstockten leute, die solche elende götter (näm-
lich menschen) haben, und jren gottesdienst, müssen einem
madensack, und stanckbalg erzeigen. Luthek 5,58».
STÄNKEN, verb. gesfank erregen, l) das wort ist eine
gemeingerman. causa tivbildung zu stinken, 7iat aber, wie
dieses, in den vei'schiedenen german. sprachen stark ab-
weichende, bedeutungen entwickelt und ist nirgends sehr
üblich geworden: got. gastagqjan anstoszen (Luc. 4, ll);
altn. stokkva ver<rei6en; sprengen. Cleasuy-VigfüSSON 603»,
vgl. auch Delbrück Synkretismus 96, ebenso altschwed.
staenkia (be)sprengen, schwed. stänka, dän. stsenke; so auch
aga. stencan spargere, daneben im sinne von keuchen Bos-
•WORTII-TOLLER 916».
2) im deutschen in deutlicher beziehung zu stank und
stinken, doch nur ganz vereinzelt bezeugt, ahd. stenchan, -in
»uffire. flagrare. Graff 6, 696 (vgl. stank 2). die Vorstellung
des üblen gei-uchs seit dem mhd., doch begegnet das wort
hier nur in Einern glossar und in einem litteraturbeleg, vgl.
Lexek ÄÄJtdtcft. 2, 1176; /ettore . . . stencken. Dief. ^ios*.228'';
wes sitzest dfi sG nähen
bl hohes kttneges eiten?
pfü, pfey I du stenkest in (maehgt ihn verachtet f
vgl. stank 5, c). Frauenlob 415, 10.
eine andre transitive bedeutung ('durch gestank vertreiben')
scheint in einem nd. belege des 16. jahrh. vorzuliegen : drey
burger . . . haben do ins kloster mit gewalt gewolt und
zu der Vorgengirschen gesagt: wirstu uns und andere
nicht mehr hereinlassen, so wollen wir einmal kommen
und wollen die nunnen herauszer stengen und schmöken
(räuchern), sie sollen gott dancken, das sie heraus/ kommen
mögen, d, atädtechron. 27, 160, 11 (Seb. Langhaus hist. v.
Magdeb. 18M — 6). daneben intransitiv, kaum von stinken
vertchieden:
Veloria rnlTt jhrer Jugend mit MufTzen, wann aie an sie denckt,
•ie aber lluucbt Je mehr zu rflcke, weil Jen im seufTxen etwas
■tänckt. Looau 8, 148, 68,
vgl.: Ktänken, für gestank erregen, stAnkem. Lesbino
6,844. WF.iNiioLt>98^ stäncken o^ n«2wr^orm (ustänckcrn
(». dieMä) verzeicJinet Khamf.» diet. 9, 978«. »o femer in
tutammenaettungen. «. bestänken, «. M. 1, 1666; durch-
»ilknken. theilt.iet»; A/rt^«r erstänken , mit gestank
erfiUlen. s. theil 8, 9M; weitere belege: die andern waren . . .
banchdicncr . . . und wU*te grewel, die land und leut,
uiiü den tompcl golles bescbtneisten, und mit Jrer Bchcl
uiercy erslencktrtcn. MAiiiicHit'h .SVi > . h.'i'* ;
derhalben sagt msui recht vom neid,
er . . . sei wie ain stinckendes fasz,
welchs alls erstänck, was man drein fasz.
Fischart 2, 228 Kurz (kehrab 524);
du must in sorgen stehn,
das es zu letzte dir niöuht' in die bUxen gehn,
und wurdest vom geruch' jhr gantzes hausz ersläncken.
ScHERiFKK Grob. 29,
vgl. theil 3, 994 (hier fälsclilich unter erstänkern gebucht) und
Drechsler W. Scherffer a.2i9, sowie Schöpf un/er 3. —
wenn Luther einmal timlautloses (stinken und) stanken
bietet, so liegt hier wol eine momentane neubildung (doppe-
lung mit abtaut) vor: dawider hillTt kein rotzen noch
husten, kein köcken noch speien, kein stincken noch
stancken. 6, 24''.
3) mundartlich besonders im süddeutschen, doch lassen
sich die gebrauchs weisen nur theilweise zu den vorstehenden
in beziehung setzen, so tirol. stinken machen; die ganze
stub'm derstenk'n. Schöpf 707; kämt, stönkn, stfenkem,
stinkend machen; eine alte saclie wieder aufrühren; un-
stfenkn, reizen. Lexer 241; steir. stänken für schrift-
deutsches stänkern (vgl. das.), besonders 'durch stichellieder
am tanzboden zu gegenliedern herausfordern'. Unger-
KHULL570»; tirol. Unfrieden stiften. Hintner 231. (diese
Verwendung scheint also auf das österr. alpengebiet be-
schränkt.)
4) sotist finden sich ganz abweichende bedeutungen, die
jedenfalls andern Ursprungs sind.
a) tirol. stenken bedeutet auch 'vieh in ein fremdes gut
zur weide treiben'. Schöpf 707, oder 'init einer lierde einen
Weideplatz oder ein fehl allztiseJir abgrasen'. Hintner 231.
die ersterwähnte gebrauclisweise auch in schtiftlichen quellen .-
hingegen aber solle von seite der gemeinde Obermarkt
das viech stenken am Koggeln und so weiter, was der
Untermarkter gemeinde zugetheilt ist, genzlich verbothen
sein, tirol. weisth. 2, 150, anm. 20 (handschr. v. 1819).
b) im Schwarzwald stänken für stecken. Schmid 507.
c) westerw. stänken, 'genau durchsuclien, vielleicht nach
einer von den hunden entlehnten figur'. Schmidt 231, vgl.
stankern.
d) nd. in der Altmark sick stänck'n 'beim raschen essen
den mund gemissermaszen verstopfen, wobei dann sehr leicht
ein theilchen der speise in die luftröhr e gelangt und ein
krampfluiftes husten entsieht. 2. zu viel von einem geiicht
essen und dadurch einen widerunllen gegen diisselbe be-
kommen. Dan NEIL 209». die grundbedeutung ist offenbar
'stopfen' (vgl. jedoch stänke), so schon im ie.jafirh.:
mitt beer kann men dy nümmer stencken (gättigen)
dartho den pott nicht lullgenoch schenckn.
Omichhjs Dämon n. I^thias 6, 1,
s. Wiechmann Meklenburgs altnieder sächs. Ut. 2, 93, vgl.
ScHiLLER-LüBBEN 4, 888. dafür in Hamburg und Bremen
stengen den Schlund verstopfen, von speisen; sick stengen,
toürgen, s. Righey 891. brem. wb. 4, 1027. a. auch (zweites)
stänkern 4, c.
STÄNKER, m. der stank macht, stinkende peraon odei
sacke; zanker. eine bihhing, die erst 7ihd. seitdem n. jahrh
und zuerst bei schlesischen autoren begegnet (xufi-ühe.tt bn
ScHiCKFUSZ, 1625, s. 8), falls nicht folgende glosse schon
hierher gehört: fetidus stankchär. Dief. nov. gloss. 172'
(ulph. wb. V. Math. Kranheybel ue Praw vom j. 1502
lexikalisch zuerst gebucht von Krämer teutsch ital. wh.
(1678)1001'', 1(7?. Weioand 2, 796/. mundartlich wol überall
verbreitet, ohne abweichungen dei- form, scJttoeiz. stänke r
IluNZiKER 855 U.S.W., s. Unten; audi nd. stänkcr Dan
NEIL 209», stenker ten Doornkaat Koolman 8,810»'.
jtänk(e)r BauerCollitz 98''.
l) der stinkt, im eigentlichen ainne: stänker . . . o/i(/»(>.
foetidus. Stielkr 2170; oberhesa. schdenger aHnkeudn
mensch oder gegenständ. Crkcki.iur 805. Albrecmt 216*.
a) von menschen kaum mler höclistetis in niedriger sprerh
treiae gebräuchlich: stänckcr (der) homo foetena. Stein
BACH 8,769. Frisimi 2,819''; 'ao wird ein atinkender odet
einen gestank machender mensch im gemeintn Ubett ein
stänkcr genannt.' ADKi.fNd (l); 'man vtrateht gtwUhnlirh
darunter einen menschen, der aehr aehmutxig und unnin
ist. und eine icegen dieses schmuttea aehr übdriechrnd'
uusdünsiung hat. auch jemand, der aeinen blähungen, dn^
magrn und gediirmwinden, freien lauf, aie tur öffrnilidi
keif kommen liiazt, erhlilt diesen namen.' KhüNI'I'Z 16». <>:>.'
833
STANKER
STANKERBOCK
834
in Posen 'einer, der stank, gestank verursacht' . Bernd 292. —
von einer leiche: auf dem feuer lag die leiche eines ur-
alten gänzlich vertrockneten gockelhahns, welcher schon
ein wenig brenzelte. neben ihm aber lag ein bildschönes
Weibchen von kaum sechzehn jähren. ... sie geberdete
sich aber wie besessen und wollte durchaus verbrannt
sein mit ihrem alten stänker. Keller i, 63. — in freier
Übertragung von einein schlechten dichter:
mit bösem vogel abgelöst enteilt das schif,
und trägt den stänker Mävius (ferens olentem M.).
Voss Horaz (1806) 1, 319 (epod. 10, 2).
anders geicendet iji der ebenso vereinzelt bezeugten bedeti-
tung: diese alle (gerber, schuster, kürschner u. ä.) werden
spotts weise sudler und stäncker {cerdones; souillons, gens
de saie et vüain mestier) genand. Com enius Jan«« (1644) 508.
b) häufiger von thieren, und zwar besonders
a) vom litis. Adelung. Nemnich : sie {die Iltisse) stincken
aber sehr, absonderlich wo sie hin pissen, darumb werden
sie auch stäncker genennet. Täntzer jagdgeheimn. (1682)
134»; es ist ein böses ding . . . und stincket greulich, wo
es hinpisset, dahero wird es ein stäncker genennet.
Fleming t. jäger {m^) iil'^; es stincket nicht nur wo es
hinpisset, greulich, sondern auch sein balg, welcher, wenn
das thier . . . zur brunlTtzeit gefangen wird, den gestanck
immerzu behält, dahero es auch ein stänker genennet . . .
wird. Zi.NCKE öcon. lex.'^ 1302. so noch thür. (Hoffmann
V. Fallersleben). vgl. stänkermart, -ratz.
J3) im Erzgebirge für einen bock. Albrecht 216*.
•/) nordfhür. für den vnedehopf. Kleemann 22*.
c) stänker . . .it. axungia, alias wagenschmier. Stieler
2170; stäncker . . . assongia, unto da carri. v. wagenschmier.
Kramer dict. 2, 979»; stäncker, siehe wagenschmier.
Zincke öconom. lex.^ 2796; in einigen gegenden, z. b. in
Meiszen, tlieer oder uagenschmier. Adelung; so auch thür.
(Hoffmann v. Fallersleben); «-zgreft. stenkr Göpfert 53 ;
preusz. birkenteer Frischbier 2, 362». ferner kommt der
schwartze theer oder stäncker geflossen, welcher nachher
in einem grossen kessel zu peche gekocht wird. Döbel 3, 66*".
d) nach Krünitz 169,652 für 'eine sehr eingeschmirgelte
tabakspfeife' ; in Leipzig {und tcol auch sonst) von schlechtem
tabak. Albrecht 216». — auch von stark riechendem käse;
vgl. stänkerkäse.
e) mit Übergang in die locale bedeutimg ; so in dergauner-
spräche für stall. Ave-Lallemant 4, 610.
/) abstracter für furz. vgl. stankhart: lachete Aber
einen stäncker, den sein narr gelassen, zeitvertreiber (1668)
vorr. a 9».
2) von menschen geicöhnlich in einem bestimmten über-
tragenen sinne, vgl. stank 5, c: stänker... it. altercator,
jurgiosus, contentionis ctcpidtis. Stieler 2170; stäncker . . .
it. met. attaccabrighe. turbafesta. gall. trouble-fete.
V. stincker. Krämer dict. 2, 978<= (i^r^ stänkerer); conten-
Üoaus, rixostis. Steinbach 2,759. Frisch 2,819"; 'eine
peraon, welche gern unnütze Streitigkeiten anfängt, ein
Zänker, ingleichen, welche durch Verhetzung Uneinigkeiten
unter andern stiftet; auch nur im gemeinen leben.' Ade-
lung (3). in der studentenspr., vgl. Kluge 127'*, zuerst
im 'idiotikon der btirschenspr.' v. 1795: stänker heiszt ein
solcher, der nicht ohne Streitigkeiten leben kann, der
daher jede kleinigkeit anwendet um streit zu erregen.
die Streitigkeiten heissen daher stänkereien und streiten
oder zanken stänkern, ein solcher mensch läszt ueberall,
wo er hinkommt, einen Übeln geruch hinter sich, und
jeder flieht vor ihm. studentenspr. in Halle 105. so auch
in mundarten, ausdrücklich angegeben bei Hintner 231
(ymruhe-stiffer). Schmidt 231 {streitsüchtiger). Hönig2i73''.
Crecelius 805 ('ein« händel verursachende und dazu hetzende
peraon'). Jecht 108». Albrecht 216*. Anton 12, 5. Wein-
hold 9B^. Bernd 292 {'einer der stank und stänkerei
d. h. zank und streit liebt und bei jeder gelegenheit rer-
anlaszt'), in Berlin Brendicke 178»; nd. Danneil 209*.
Bauer -CoLLiTZ 98^ Klein 2, 166 {'ein zanksüchtiger',
Hüdeah.). 170 (stenker 'einer, der gerne händel anfängf, in
Bayern, Jülich und Berg), in Preuszen mit latinisierung
stankarius 'person, die Unwahrheiten aussprengt, thatsachen
\eittateUt und dadurch stank, verdrusz. Unannehmlichkeiten
[veruraacfW, s. Frischbier 2,362*. dasz gerade diese be-
Ideutungsnuance bei stänker vmherrschend geworden ist,
X. 8.
beruht jedenfalls auf dem lautlichen anklang {reim) an
Zänker {vgl. die belege). — die belege aus dem 17. jdhrh.
stammen ausschlieszlich aus schlesischen und benachbarten
aut&ren; in dem ältesten ist die bedeutung nicht klar, doch
nach ma^zgabe der andern wol ebenso zu nehmen: doch
werden allhier die krippenreuter {schmarotzer, vgl. th. 5, 1451
und 2327), stäncker und knoblochsgäste gar nicht ver-
standen, welchen der herren . . . scharffe patenta neben
jhre tische zu guter warnung hiemit angehefftet werden.
Schickfüsz schles. chron. 4, 39 {vgl. dazu Gombert bem.
u. erg. 5, 20/.); dasz offt die ärgsten zäncker und stäncker
denen unschuldigsten und frömsten leuten überlegen seyn,
und dasz mancher an statt gesuchter satisfaction sein
leben in die schantze geschlagen. Weise erzn. (1673) 37
{s. 22 neitdr.); Soldaten, so im felde tapffere leute; im
qvartier aber stäncker, mauser und böse fruchte seyn.
Butschky Pathmos s. 532; lasset euch nicht mehr ge-
lüsten dergleichen Widerwillen zuerregen, denn wo wider
klage kommen solte, wird man euch als einen stäncker
aus der compagnie stoszen. Ettner unw. doctoreos; ju, ja
Baaltzer ist a rechter stencker. mei versturbner man
hotte auch immer händel mit em. G. W. Keller das im
sprichic. redende Schlesien (l722) 168'' bei Wander 4,777;
stänker, in der niedrigen spräche so viel als zänker.
Lessing 5,344 {wb. zu Logau, vgl. unten); denn es wird
dem reichsfiscale leicht begreiflich zu machen seyn, dasz
nur sie und ihres gleichen die stänker sind, welche den
groll, den die im deutschen reiche geduldeten religions-
partheyen gegen einander doch endlich einmal ablegen
müszten, nähren und unterhalten, lo, 247; ich zähle auch
diejenigen unter die zänker und stänker, welche drohen
und groszthun ohne einen gegner vor sich zu haben.
Bode Montaigne 4, iOO; endlich noch andre, die man
querelleurs (stänker) nennt, suchen vorsätzlich gelegen-
heit zu persönlichem zanke. Knigge Umgang mit tnenschen
1, 143; konsul Buddenbrook sagte von ihm: 'Hinrich Hagen-
ström ist aufdringlich mit seinen Schwierigkeiten' . . . und
Johann Buddenbrook fügte hinzu: 'ein oller stänker!'
Th. Mann Buddenbrooks l, 82;
der zweymal achte kommt, und der ist nur ein zäncker,
ein gantz unruhig kopff, ein auszbund aller stäncker.
ScHERFFER GrobiancT (1640) 88;
Pallas, wie bist du so kühn,
miter stenker dich zumischen?
schrekkt dich nicht das kriegsgetön,
und sein cyclopaeisch preschen?
ged. (1652) 444 {'der vneinigkeitg-göttin bratä4ted');
den stänker (Mars) musz man lassen. 483.
einen buhler, einen zäncker,
einen balger, einen stäncker . . .
hat in dem man zu erkennen,
den man musz versoffen nennen.
Logau l, 221, 11;
Popiel {zu einem ratsherm, der Uagtschriflen bringt).
gieb her, worzu ist dieser tand,
es sind unnütze zäncker.
was? meinen diese stäncker,
man hab anjezt nichts an der band.
A. Gryphius 1, 631 {Piastvs 2).
3) eine andre bedeutung bieten die älteren Wörterbücher:
stänker, et stenker, der, propr. olfaciens, odorans, et aus-
stänkerer, subodorans, indagator. ausstänkerinn , die,
indagatrix. Stieler 2170 {vgl. ausstankern, theil 1,983);
'eine person, welche aus vorwitz alles durchsticht oder
(f urcAstänkert , im gemeinen leben und verächtlichen ver-
stände.' Adelung (2). so jetzt in mitteld. mundarten:
oberhesa. 'einer, der alles ausschnüffelt und verdrieszliche
dinge anfängt' Crecelius 805 {scheint mit 2 vermischt);
thür. dafür stänkerfritze, -mard {in Altenburg). Hertei,
sprachsch. 233. diese bedeututtg ist nicht aus den vor-
stehenden abgeleitet, sondern beruht auf dem {ztceiten) verb.
stänkern, stänkern.
4) im Schwab. Oberland stänker 'armsdieker, dürrer
ßrhtenstämmlittg , an dem die äste nicht abgehauen, son-
dern ringsum nur zugestutzt sind, und der in den boden
gesteckt icird, um auf dem felde flachs, getreide, klee etc.
daran aufzuhängen und zu trocknen'. Schm.* 2, 771, der es
zu stänken 4, b, stecken, stellt.
STÄNKEHBOCK, m. bezeichnung des tiegenboeka wegen
.'»eines ge^lnnks, vgl. stänker 1, &, ,5:
53
835 STÄNKERBÜCHSE — STÄNKEREI
auff solche weis, als ich bin kommen rein geschlichen,
kan ich, und jhr mit mir, hinausz auch wieder kriechen,
wann jhr, wie ich gethan hab, euch all' auch bequemt,
und von dem ubeln fett' des stänckerbockes nehmt.
DiETR. V. D. Werder Arioet 17, ih;
und als er dieses uns halt' offenbart, do kamen
wir alle her, so wol wir männer, als die damen,
und brachten so viel umb der alten stänckerböck.
4fi (tanti becchi 5H).
so jetzt thür. Hertel sprachsch. 233; erzgeb. §tenkrbuk
GöPFERT 53. dann auch berl. schtänkerbock 'stinkender
mensch'. Brendickf. 178*.
STÄNKERBÜCHSE,/., zu stänken, c- stäncker-büchs,/.
bossolo da assongia da carri. Kramer dict. 2, 979».
STÄNKEREI, /., verbalabstracttim zu stänkern, das be-
nelimen eines stänkers, vgl. diese.
1) im eigentlichen sinne, zu stänker 1 : stänckerey (die)
foeditas, graveolentia. Steinbach 2, 759; 'ein erregter ge-
stank ; im gemeinen leben und ohne plural. eine stänkerey
anrichten.' Adelung (l). kaum gebräuchlich, {nd. stän-
kerije 'ein erregter gestank. it. händel. zänkerey'. brem. wb.
4,1037; ebetiso altmärk. stänkert Danneil 209».)
2) getoöhnlich zu stänker 2, vgl. auch stank 5, c- stäncke-
rey, /. contrasti, brighe, contentioni, liti attaccati apposta
e senza soggefto da un humore diabolico. stänckerey an-
richten. Krämer dict. 2, 979» {schon in der ausg. v. 1678,
s. Weigand 2,796); stänkerey, et stenkerey, die, if. die
stenkerung, et das stenkern, propr. eadem signißcatione
qtui stank, et stinkung, metuph. autem litem, jurgium,
altercationem, contentionem, et pugnam notat. stänkerey
anrichten, concire turbas, concitare rixam, Utes serere.
nachtstänkerey, ^rroÄsatto nocturna. Stieler 2170; stäncke-
rey ... it. rixae. er richtet stänckerey an , contentiones
excitat; über dieses richtet er keine stänckerey a.n, praeter
hoc ad rixam neminem concifat. Steinbach 2, 759; stän-
kerey, vulgo rixae, contentiones. Frisch 2,319"; 'ein zank,
unnützer streit, besonders ein unter andern ohne noth ver-
wsadites gezänk; auch nur im gemeinen Zei»en.' Adelung (3),
vgl. ScHM.* 2, 771, soivie stinkerei, speciell in der Studenten-
spräche , s. stänker 2 (idiotikon der burschenspr. 1795) und
zeitschr.f. d. wortf. 1, 49. in mundarten: österr. dö schden-
garai Casteli.i 234; icesterwäld. stänkerey 'streit, rau-
ferey etc. üblicher im plur. syn. v. stänkige hännel'.
Schmidt 231; in Köln streit, Wortwechsel. Honig* 173'';
oberhess. schdengerei Creceliüs 805; in Posen Bernd 293;
nd. stänkerije brem. wb. 4, 1037, stänkeri Danneil 209»
(«. unter l). vgl. auch Klein 2, 170. — die belege aus der
litteratur beginnen mit dem anfange des 17. jahrh. . vgl.
GOMBERT bemerk, u. erg. 3, 2. 5, 20, U7id deuten auf her-
kunft des worts aus der Studentensprache: {schüler. die
komödien aufführen) lernen saufen und fressen, . . . geJien
gassatum, hawen in die steine, richten stenckerei ahn,
werden ins lock drueber gesteckt, quelle v. 1602 bei G. 0.
Fischer gesch. des gymn. Andreanum (Hildesh. 1862) s. 13;
das hoflebens achte ich nun nicht mehr hoch. . . . viel
stänckereyen gehen dafür, und ist die redlichkeit wenig
zuspüren. Philander 1,519; allerhand stenckcreien an-
fangen. J. C. Dannhawer catechismus milch 2, 155 {Strasz-
bürg 1646), 8. Alemannia 13, 55; Magnificus . . . seyd ihr
gestern bcy diesen losen handeln mit gewesen, so zu nacht
geschehen ? ... Amundua ... ich trage gantz keine beliebung
zu dergleichen stänckereyen. Schoch stud. leb. (1657) L 2»
(6, 5); wan der jung herr Veitl vom allten herr Veitl hat
solln gfeuchtelt werden, weiln er tänd und stänckereyen
auir der gaszn hat angfangn und den nachbersleuthen
allerhand schabernackel anthan hat. tintenfäszl (l74ö) B2'';
weil es im gründe allerdings wahr ist, dasz es mir bey
meinen theologischen — wie du es nennen willst — necke-
reyen oder stänkereyen, mehr um den gesunden menschen-
verstand, als um die theologie zu than ist. LESSiNr» is, 48i
(br.vomM.märtlTH); er sei ... ein unnützer quärulant; ...
er möchte ... die staatskanzlei . . . mit solchen plackereien
and sULnkereien verschonen. Klf.iht k, im E.Schmidt; ich
habe eine resolution erhalten, in welcher man mir sagt,
dasz meine klage gegen den junker Wenzel von Tronku eine
nichtsnutzige stänkere! sey. 162 : hier finge der Ungeschick
doch wieder neue stünkcrei an. \i.kxih hoten"90f7 {n. kap.);
lecker, «pracb der ('orydon,
bistu (Cupiäoj toll von sinn«nV
■oll man in aer kircben nun
itftackeny beginnen. floMituHa f7/o(1ft]W) 0 6^;
stankerer— stankern
836
weil seine (des Mars) gegenwart nur st&nkereyen mache.
W. SCHERFFER ged. (1652) 383;
hat iemand zu stänkerey heinte behagen,
zieh sich im dantzen nur einen tritt vor,
kan er denn nicht gutte zwey tuseln {ohrfeigen) vertragen,
schab sich nur angesichts {sofort) vor das stadt-thor. 41i* ;
{der tenfel) hinterliesz gewalt'gen stank,
seit jener zeit heiszt solcherlei
Stadtvolkverhetzung : stänkere!.
KopiscH (1856) 2, 254 {aufruhr in Steiidal).
3) 'die vorwitzige dxirchsuchung fremder sacfien.' Ade-
lung (2), vgl. stänker 3 und stankern.
STÄNKERER, m. findet sich gelegentlich für stänker
(2, als nomen a^entis zu stänkern umgebildet): stäncker,
stänckerer, m. cane ö altri che infetfa colla puzza, it. met.
attacca brighe, ttirbafesta. galt, troublefete. v. stincker.
Krämer dict. 2, 978"; er ist ein rechter stänckerer. ebenda ;
das ist ein braver mann, sagte seine gnaden, der gehört
nicht zu den stänkerern, die alles besser wissen wollen,
als ich. Alexis hosen^^ bl (6. kap); österr. da schdengara
'streitsüchtiger mensch', Castelli 234; ung. Schröer208»;
nd. stank' rer neben stänker Danneil 209».
STÄNKERIG, adj.. s. stänkrig.
STÄNKERKÄSE, m. stinkender käse. Frischbier 8, 862«,
vgl. stänker l, d.
STÄNKERKATZE, /. als schelte für eine frau. vgl.
stänker 2. (Hoffmann v. Fallehsleben.)
STÄNKERMART, m. bezeichnung des iltis, vgl. stänker
1, b. n und stänkerratz, sowie mart unter marder, theil 6, 1621.
ZiNCKE öcon. ^ex.' 2796. Nemnich. altenb. stenkermord,
marder Pasch 88, vgl. Hertel sprachsch. 2.33. a. atuh
stänker 3.
STÄNKERMATZ, m.. schelticort, vgl. stänker 2. (Hoff-
mann V. Fallehsleben.)
STÄNKERN, verb. gestank erregen; zank anstiften.
stänkern ist wol eine Weiterbildung des altern stänken,
das es verdrängt hat. es findet sich zunächst in getcissiu
zusamm,tnsetzungen und ist in diesen schon bei Luthei;
nachzuweisen, das einfache wort hat zuerst St iv.i.r.R {i6*.>'
verzeichnet, vgl. Weigand 2, 797. die litteraturbelege ;/'
hören durchaus der neuern zeit an {mit Göthe beginneiil
und enthalten ausschlieszl ich die übertragene bedeufun
s. 2. in mundarten icol allgemein verbreitet, vgl. aucJi </..
folgende wort.
l) im eigentliclien sinne : stänkern, et stenkern, . . . pi-oj>r
idem quodsiinken,mAliodoris esse.STiKi.F.n2llO; stänckerii,
appuzzare. Kramer dic^ (1702) 2, 978" ; ich stänckere, /w
forem edo. Steinbach 2, 759; stänkern, vul^o foetorem
excitare ; foetore implere. Frisch 2,319"; 'als das factifivu m
von stinken, einen gestank verttrsachen.' Adelung (2\
älter und häufiger in Zusammensetzungen, für die nurh
allein litteraturbelege zur Verfügung stehen • anstänkern:
anstäncken, anstänckern, o einstäncken d einstänckcrn.
appuzzare, appuzzolare; infettare, ammorbare, appestare di
puzza 0 di cosefetide e puzzolenfi. das zimmer mit taback-
rauch etc. anstänckern. Kramer dict. 2,9-9*; anstänkern,
rulgo foetore inficere. als zimmer, kleider, u. a. m. Frishii
8, 819". bestänkern voll gestanks machen {vgl. bestänkon.
theil 1,1655):
alsz der das httttlein sah' ernillt mit {autgebroettenen) nnflals-
brocken
80 fasst er einen mutt, und setzt es gleich im stocken^
dem nechsten nachbar auff, das er vom kopIT abtloss'
und ihm das rantze kleyd bcslänckort' und begoss'.
W. SniF.HFFER Oroftton<r (1640) «6«;
wir werden . . . aufh&ngen dich am klumpsack,
und dir bestänkern, wie dem bock,
die nas'. Voss Ärütoph. 8, 819 {PlutM 818).
1/1 freier Übertragung: hiemit habt jr . . . mein Ursache,
warumb ich das lestermaul Schwenckefeld , nicht hab
wAllen hören noch jm antworten, das nifigt jr . . . dcrip»
anzeigen , die vieleicht der Stenckefeld {icort-tpielemle
tuimensentstelluttg) Wider mich bestenckcrt und beschmciHst
{durch Verleumdung toider mich aufbringt, vgl. «tank 5, o).
Luther 8, 17»* (vom j. ibu); er weis, das er bey allor
weit viel schendlicher namon hat, und stinokct wie ein
teufels dreck... wolt er vieleicht gern, das er nichl
alleine für andern so scheusslich stUncke, sondern auch
andere liihlichc fUrsten bestcnckern, ob man seines stanrkt
daniil ein wenig vergessen müoht teider Hatvt Woist N >•
(*. no nrudr.). d u r c h s t ä n k e r n , vgl. theil a. i(W« : il urch-
837
STANKERN
STANKERN
838
stäncken, durch-stänckem , penetrare affatto colla pttzza
di cose fetide. Kramer dict. 2, 979*; ich durchstänckere,
foetore repleo. Steinbach 2, 759 (geicöhnlich in anderm
sinne, vgl. a.a.O. und unten stankern), einstänkern,
vgl. theil 3, 308 und Kramer oben (unter anstänkern): ich
stänckere ein,/ocforctn/zcio. Steinbach 2,759; einstänkem,
foetore implere. Frisch 2,319"=; da sich bei der revision
der krippen ergab, dasz sie nicht schief standen, sich
kein eingestänkertes futter in denselben . . . fand. Goltz
jugendl. 2, 25. er stänkern, *. theil 3, 994 (ico der unter l
angeführte beleg vielmehr erstänken enthält, s. stänken 2;
dafür ist die {tnter 2 angeführte stelle aus Mathesius
Sar. 67'* als freie Übertragung zu l zu ziehen und für 2
ein verb erstankern anzusetzen , s. unten); dazu, in bild-
licher anicendung : meine unterkötigen wunden nnnd heim-
lichen scheden stineken unnd eyttem für unnd für, unnd
wollen mich erstenckern unnd umbbringen. Mathesus
130. psalm B 4*»; Epicurische sewe, die gehen für die würtz-
gertlein füruber, . . . darumb stossen sie jren rüssel inn
lauter unflat, und waten drinn, unnd erstenckern sich
unnd andere leut damit, hist. v. Luther 75*. heraus -
stänkern durch gestank vertreiben: denn das ist des
teufeis eigen art und ampt, das er seinen rüssel in der
armen menschen sünden suddelt, wület, und rüttelt, als
wolt er den dreck gerne so gros und breit machen, das der
himel vol stancks, und gott mit allen engein heraus ge-
stenckert würde. Lcther 8, 257'*. verstänkern, mit
gestank erfüllen: also dasz sieh die liebliche lufTt selbsten
ob unserm elend und Jammer entsatzte, veränderte und
alles um uns herum verstenckerte, dasz schier niemand
bey uns vorüber ging, der nit die nase zuhielt. Simpl.
2, 177, 30 Kurz (6, ll); wann wir keinen mangel an wasser
gehabt, von welchem der annoch kleine rest, so ver-
stänckert war, dasz es gerochen wie die ärgste mist-fütze.
V. u. Groben Guineische reise beschr. (i694) 106; weil sie
(katzen) durch ihren harn das haus verstänkern. Oken
7, 1584. — in lebenden mundurten: kämt, stfenkn und
stänkern Lexer 241, vgl. stänken 3; ung. 'mit dem licht
gestank machen'. Schröer 208*; henneb. 'Übeln geruch und
ruf milchen'. Frommann 3, 133; nordthür. stänkere 'ge-
stank machen'. Ki.EEMANN 22*. ÜERTEi. sprachsch. 233; in
Posen Bernd 293; in Preuszen Frischbier 2, 362'' ('einen
Übeln geruch von sich geben, gestank machen, stänker
nicht ! ruft man kindem zu, welche z. b. papier oder späne
anbrennen'), nd. s. Danneil 209». brem. id. i, 1031 .
2) in demselben übertragenen sinne tcie stänker 2 und
irol an dieses angelehnt: stänkern . . . frequentius autem
(initur pro altercari, concertare, contendere, certamina
>ere, Utes movere, affectare rixas. Stieler 2170; stänekem
. . . vid. cercare, attaccare brighe e quistioni, metter fuoco
in campo, turbare la quiete, disturbare la bv.ona ed amiche-
col conversatione. er stänckert gern, . . . egli cerca h brighe
col lumiccino. Kramer dict. 2, 978*=; 'einen zank, streit,
Händel anfangen, ingleichen andere zu unnöttiigen handeln
reitzen ; alles Jiurin den niedrigen sprecharten.' Adelung (3);
s. auch d. idiotikon der burschenspr. (1795) unter stänker 2.
in diesem sinne atich in der neuern litteratur (seit Göthe,
dessen stellen doch auch tcol so zu nehmen sind):
er säurt den vollen tag, macht schulden hier und dort,
spielt, stänkert, pocht und kriecht.
GöTHB 7,72 {mitschidd. 2,4);
die tagdiebe, die söffer, die faullenzer, . . . die stänkern
aus langerweile , und scharren aus hunger nach Privi-
legien, . . . und um eine kanne hier bezahlt zu kriegen,
fangen sie händel an. 8,207 (Egm.2); verblaszter: was da
gestänkert jetzt und geredet wird , Brigitte , du glaubst
es garnicht. Alexis ho.fen^^ 138 (i2. kap.); er sagte ihm
(Stein dem kaiser v. Buszland), es sei ganz Europa daran
gelegen , dasz die 'aufregende , stänkernde , nothwendig
♦reulose politik' der kleinen deutschen höfe . . . aufhöre.
: Rvinus gesch. des \9. jahrh. 1,285. — dazu composita
'c (allenthalben) herumstänkern; hineinstänkern
sonnieren: die Stellung (eines ministers ohne portefeuille)
~t nicht practisch; nichts zu sagen und alles zu tragen
haben, in alles unberufen hineinstänkern und von jedem
abgebissen, wo man wirklich mitreden will. Bis.marck
ged. u. erinn. l, 252; dasselbe transitiv (mit acc. des effects):
er (Ca7npe) stänkert mich in feindschaften hinein, die
mich gar nichts angehen, imd spekulirt auf absatz durch
Skandale, die ich gern vermiede. Heine briefvom 3.oJW.l854
bei HCffer ges. aufs. 177. — in den heutigen mundarten
wol allgemein verbreitet, s. Schm.- 2, 771. Höfer 3, 179.
Castelli 234 (schdengam). Schröer 208 (3). Schmidt 231.
thür. Hertel sprachsch. 233 (i, l). Kleemann 22». Al-
brecht 216*. Weinhold gs"». Bernd 293. Frischbier
2,362»». besonders im nd. ist 'händel anfangen, suchen,
zanken' jetzt die allgemein herrschende bedeutung deswortes,
s. Strodtmann 229 (he stenkert geem). brem. wb. 4, 1037.
Danneil 209*. ten Doornkaat Koolm.\n 3,310'». Baüer-
Collitz 98'» (stänk[ejr[e]n). Klein 2, 166 und nd. korre-
spondenzbl. lO, 43 {Hildesh.). auch die folgenden gebrauchs-
weisen siiid wol hierher zu ziehen: kämt. st6nk(er)n 'eine
alte Sache inder aufrühren'. Lexer 241 ; thür. ärgern, reizen,
anstänkern, anstiften. Hertel spracJisch. 233 (1,3); tcestenc.
stänke(r)n, fortst. 'mit sichtbarem widertciUen oder mit bey-
fügung eines oft derben venceises jagen, forttreiben, gleichsam
mit gestank entfernen, entweder weil uns die person lästig
ist, oder scMechte antrage thut'. Schmidt 231. {vgl. dazu
stanzen 3.) r^^. auch das folgende teort.
STANKERN, STÄNKERN, verb. tcittem, spüren, toühlen,
Stichen, das tcort ist ausschlieszlich nhd. und seit dem
n. jahrh., in Zusammensetzungen seit demiS. jahrh. (Luther,
s. unten 2) bekannt, es von dem voranstehenden tcorte abzu-
trennen, empfehlt der durchgängige mangel des umlauts
in den ältesten belegen, gleichwol liegt auch ihm stinken
bezw. stank in der subjectiven bedeutung des geruchsinnes
(vgl. stank l) zti gründe, so schon richtig Stieler (*. l)
und Adelung (l): 'als das iterativum oder intensivum. des
activi stinken, sofern es ehedem auch riechen, den gerudi
zu empfinden suchen, bedeutete, ist stänkern eigentlich den
geruch mit mehrmahliger und heftiger einziehung in die
nase zu empfinden, und dadurch zu entdecken sttchen,
xcofür im gemeinen leben auch schnobbem üblich ist. man
braucht es nur figürlich in der niedrigen »prechart, für,
aus vortoitz durchsuchen, in Meisseti lautet es in dieser
bedetttung, und vielleicht richtiger, stankern', vgl. auch
Wächter 1586: 'a stenc (ags. == stank) posteritas feeit
stenkern et durchstenkern olfactu explorare, quod proprie
quidem convenit canibus, metaphorice vero iis, qui omnia
curiose perquirunt'. ihm stimmt zu Höfer 3, 179, während
ScHMiD 507 das wort von stange ableiten will und attch
Adelung in deranm. an staken, stochern erinnert, s. ferner
Anton 4, 12 (van stank). 12, 6 (von stange). Weixhold 93'»
(weiterb. von stangen im abl. zu stingen). vgl. auch
stänker 3, stänkerei 3 und stänken 4, c.
l) das einfache wort ist in der umlautslosen form mehr-
fach bei schlesischen autoren des 17. jahrh. bezeugt: nur
dasz hierbei dies in acht zu nehmen, dasz wenn man
solche umfliegende, stänkernde und summende bienen
aus den stocken fliegen sieht, es ein gewisz zeichen sei,
dass die bienen kürzlich auszuziehen in vorhaben sein.
M. C. Höfler bienenkunst (1614) 133;
die matter sclmurrt und purrt,
in allen winkeln geht sie stänkern rum und murrt.
W. SCHBRFFBR QCd. 608;
man stänckert in dem grab
nach einer schwängern fanst.
A. Gryphics (1698) 1, 214 (Card. «. Cel. 2, 204);
dazu: ich stänckere, curiose aliquid perscrutor. Stein-
bach 2, 667. schon vorher ist das wort in der umgelauteten
form gebucht: stänkern, sive ausstänkern, etiam est
odorari, pervestigare. persentiscere, subolere, olfacere ali-
quid. Stieler 2170. so in der litteratur: denn ich besolde
es möchte mir meine neugierigkeit für ein verdrusz
machendes stänkern ausgelegt werden, avant. 1,158; nimm
sie (deine mädchen) um gottes willen vor den domherren,
. . . und vor den — mönchen in acht . . . lasz ihnen weder
schreiben lernen, noch lesen; denn sonst stänkern sie
in allen legenden. ThCmmel rei>e 7, 44. diese form beruht
wol auf Vermischung mit (dem ersten) stänkern, wie sie
auch in der bedeutung deutlich ist, vgl. den ersten beleg
und z. b. : 'stänkern seine nase in alles stecken, wohin sie
nicht gehört, um dann die so erxcorbenen kenntnisse in
unliebsamer tceise tceiter zu verbreifen, auch soviel wie:
kritteln, nörgeln'. Hetze L tri« der Deutsche spricht 298.
(weiteres unter 3.) — jetzt ist stankern in der Schriftsprache
durch schnüffeln verdrängt, s. theil 9, 1385/.
53*
839
STÄNKERRATZ— STAKKETT
STÄNKEWITZER— STANKMAUL
840
2) neben dem simplex begegnen zusavimetisetzungen, die
theiltceise früher bel^t sind: aufstänkern,«. theili,m
und Adelung (l). — ausstankern, s. fheill,9SS {bei
Lohenstein und Chr. Reutek), daneben -stänkern,
s. ebenda (Lessing 12, 148) und Stiei.er 2170 (s. oben):
einen anschlag ausstänkern, sttbodorari consilia. ebenda. —
durchstankern, *. <A. 2, 1689, mit belegen atis Grupiuvs
(Card. 4, 340) , Prätoiuus, Neukirch, Lessing, dazu:
zu dem, ob schon jemand dieselben (bücher) alle durch-
stanckert (durch kriechet, perreptet) so wird er doch be-
finden, dasz er seinen zweck . . . nicht erreichet. Gomenius
sprachenth. (1657) vorr. as**; ich durchstanckere, ^ejroi^ufo.
er durchstanckert alle bücher. Steinhacii 2,667; nach-
dem ich den ganzen Plinius gelesen, und alle schmeichel-
gedichte der alten und heutigen poeten durchstankert.
Gellert 4,15, dazu 20: durchstankert ist ein unflätiges
wort, auch in der stelle aus Simpl. liest die originalausg.
(D, V. 1671, in A — C fehlend): durchstanckerten, s. i, 48, 19
Kurz, durchstänkern ftei Olearius, Reinhold, Les-
sing (12, 289, brief vom 16. febr. 1771), s. a. a. o. durch-
stänckern, . . . m^t. rovistare, fnigare, razzolare. alles
durchstänckern, . . . v. durchstreunen, beschnauben. Kra-
mer diet. 2, 979«. — erstankern, s. theil 3, 994 (Luther
8,81''). — herumstänkern: im hause herum stänkern.
Adelung; in allem herum stänkern. Eiselein 577, vgl.
unten 3.
3) 80 auch in lebenden hd. mundarten, besonders ost-
mitteld. (dem nd. fremd): Schwab, durchstänkern, vornntzig
ettoas durchsehen. Schmid 507; österr. stenkern allerlei
hervorsuchen, nicht ruhen wollen. Höfer 8,179; ungar.
stänkern die loinkel aussuchen. Schröer 208"; thür. stöbern,
schnüffeln. Hertel spracJisch. 233 (1,2); mansf. umhär
stenkern in einer schlechten absieht umher stichen. Jecht
108'; altenb. stenkere 'ohne recht in etwas herumtoühlen,
z. b. stenker mr nich su in mein soeben rim'. dazu
stenkerfritze. Pasch 88; erz^reö.'stenkrn, rimstenkrn ««cAen,
aussuchen, suchend herumgehen, ausstcnkrn ausgattern'.
GÖPFERT 42; hier im ostmitteld. ist auch vielerorts die
ältere umlautlose form erhalten : leipz. stankern, stänkern,
'unbefugt, aus neugier. iji zimmern, kästen u. s. w. herum-
suchen'. Albrecht 216"; oberlaus, durchsuchen, besonders
vom unberufenen dnrchsuclien ; auch herum-, durch-
stankern, stänkere nicht so herum. Anton 4, 12; schles.
stänkern =: stachern herumrühren, -«^ocÄejn. Wein hold 93.
preusz. in freierem sinTie, nach etwas eifi-ig streben, sich
um eine sache bemühen {vgl. unten 4, a). er stänkert nach
einem mädchen, nach geld, nach einem orden. als 'suchen'
in den Zusammensetzungen aufstankern, ausstankern aus-
findig machen {auch in Posen Bernd lo), durchstankern,
herumstankern müssig umhergehen, suchen. Frischrikr
2, 862. dazu wol auch bair. herumst&nkern müssig herum-
gehen, laufen. Schm.^ 2, 771.
4) vereinzelt begegnen in mundarten ganz abweichende
bedeutungen :
a) preusz. stankern 'l. steigen, aufsteigen, klettern.
stanker nicht! ruft man kindern zu, die auf stuhl, bank
oder fenster steigen xooüen. 2. mit den beinen zappeln,
atoazen. sich abstankem, sich im bette durch zappeln ab-
decken'. Fribchiiier 2,362*. henneb. mit uniUixä si^kn^ifiTn
'auf Stangen und balken wagJuthig umherklettern' . From-
mann 8, 188. vgl. stakern, sp. 592.
b) aehwäb. stänkern, flachs au/ stänkern (». Btänker4)
in der luft trocknen. Schm.' 2, 771.
c) thür. {am Harz) stänkern sich eine speise zuwider
enen. Hehtel »prachach. 283; tu stÄnken 4, d und stank 6.
STÄNKERRATZ, m. ütis. Nkmnich. Campe: vom iltisz,
iliing, cH-katze, auch stänckcr-ratz oder elh-thier genannt.
Döbel i, 42, vgl. »tänker 1, h, a.
STANKERREIM. m.. meine gediohte, die neuen, sind
ein ganz neues genre, versifiziertc reisebilder, und werden
eine hnhere politik atmen als die bekannten politischen
Stankerreime. Hkink >, 486 Elster {br. vom to.febr. 1844).
STANKKRTONNE,/. eadutaxunfiiäpUnut. Stiblbr 84«,
vgl. Stänker i,c.
8TÄNKKHUNG, /.. *. Stirler «70 unter stinkerei
(« ngebril urhl ich).
STANKFTTT, n. findet tich in nordwfstdeutschen mund-
arten für staket, vgl. dieses, ap.tioff. : ripuar. stänket a (/.;)
gitterwerk Müngh § 120,2, in Köln stankett {und stakett)
gitter, absperrung Honig* 178''; nd. westfäl. stank6tt
WoESTE 253", waldeck, stankst, n. Bauer -Collitz 98''.
{vgl. stangette, .9p. 821.)
STÄNKEWITZER, m., vereinzelt als bezeichnung eines
niederösterr. weiszweins {auch stinkenbrunner): ob aber
wol etliche Oesterreicher und Behem jre mergel {(fips,
weinzusatz) mitbringen, musz ich gott für den Kalenberger
und Stenckewitxer sonderlich dancken, damit mich gute
leut versorgt haben. Mathksius hochzeitpred. (i579) 161*"
(321, 33 Loesche, s. auch zeitschr. f. d. wortf. l, 236).
STANKFASZ, n. l) ahd. stancfaj {pl.) und -fagjiUu
{demin. pl.) olfactoriola Graff 3, 731 {Rb). vgl. stank 2. —
ähnlich mhd. stenkeva^ riechfläschchen Lexer handwb.
2, 1177 : wir, den ir stenke va^
selten immer werdent lere, renner 6046.
2) später in üblem sinne, aLs Schimpfwort, so frühnhd. •
widerumb on zweivel ist der, so da nicht gleubet, de.«
teufeis hole und stanckfas. Luther 8,336''. auch nd.:
beyde nese un obren wilckem {tcill ich ihm) vam koppe
rittn dem drönekötel un stanckvatt. nd. bauemkomöd. *. 213
Jellinghatis {Teiceschen hocJitgdt 1640); wo nu stanckvatt,
makestu dy dum? 218;
wo nu du olde stanckfatt ryth he dy (reitet dich der tetifel)
dat du so dryst snackest mit my? 241.
STANKGEMACH, n..- denn dis stück lesst nicht allein
keine kirche bleiben, sondern macht das ergeste stanck-
gemach des teufeis draus. Luther wider Hans Worst D4''
{s. 20 neudr.).
STANKHAFT, adj. et adv. idem quod stinkicht, foetidus,
olidiis. Stieler 2170.
STANKHART, m. der oder das stinkt; furz oder kot.
vereinzelt bei Luther: und die bapstesel und wütipe
bischove, würden die kirchen zwingen, nicht allein jr
ablas und andere grewliche lügen und abgötterey anzu-
beten, sondern auch, wo etwa ein stanckhart jnen aus
dem bauch entfüre, oder jre stinckende füsse und schuch,
uns für heiltum zu küssen geben. 6, 324», 174. mit Unter-
drückung des h: es ist für mich kommen, das jr in unser
schule leset des bapsts decret, ... da wir doch den bapst
esel mit seinem stanckart verbrandt haben, ti.ochr. 425»
{vgl. ein wenig später: menget uns die eselsfürtze und
bapstsdreck nicht in die kirchen. 425'').
STANKHAUS, n. .- ein mensch . . . ist . . . ein k:it fasz, . . .
ein stankhausz, ein unlustiger spulzuber, ein faules asz.
ackermann aus Böhmen 36, 10.
STANKHERING, m. minderwertiger oder wertloser hering.
Krünitz 169,652, vgl. stank 4, e,- im bilde: inzwischen
werden gcwisz einige h. rezensenlen . . . das werklein . . .
mit beifall aufnehmen.., und den zuzug*) auf meine
tonne setzen, zum zeichen, dasz gar kein wrakswrak oder
stankhering darinnen ist. {dazu die anm. : zuzug ist der
vom Hamburger rath auf die heringtonnen als Siegel
der gute gemachte dreifache zirkel.) J. Paul 19 {jialin
genes. 2), 6.
STANKKLICK, m..- stanckklick aller gottesdienste.
Luther 28, 598 Weim. ausg. {ratidbem. in Aurifauers
ausg. der pred. über das 5. buch Mose 1529; im text: die
Minoriten gedcncken: durch diesen orden wil ich selig
werden . . . wenn dieser zusatz nicht were, so were auch
kein mönch. also hat ein jeder ertichter gottesdiejihl
den zusatz, unflat und kot an jm hangen, das ein men^c !
daraufT vertrawot). vgl. klick, theil 5, llfis.
STANKKUGEL, / fetierwerkskörjier au» aehwrfelreich,
mischungen, getcöhnlich ein gemenge atts hars, pech. su'
peter, schwefel, kohle, Sägespänen, im kriege tum atis
räuchern des feindes aus gebäuden, minengängen u. s. •/•
früher auch als fagessignale benutzt, jetzt getoUhnlich durch
fanale oder pulverladu »gen erstttt. stankkugcls&tze,/)/.
Karmarsch Hekhkn^ 8,476.
STANKMAUL, m. Verleumder: so bald sie {die jun;
frauru) verlobet worden, da kamen die teufelsmciiU -^
den broutgamcn . ., da hatte einer dis, der ander
sehen und gciiitrl , und musste alles gcwis . . . sein ,
wol zwcymal crütunckcn, und drcyinal erlogen war.
oh sie gleich den leibs halben frum oder rein waren, norli
mussten sie bcy den Nlanckmeulem huren sein. LUTlii 1
6, 251*. vgl. stank 6, c.
841
STANKPFÜTZE— STANNIOL
STANTEPE(DE) — STANZE
842
STANKPFÜTZE , /..- weil jhrer viel solch gebot (<fa^
sechste) gottes nnr von ehlichen personen verstehen, das
die allein jhr ehebette rein und unbefleckt behalten
sollen, so geraten sie darüber in solche blindheit, das sie
hurerey und Unzucht, ausser dem ehestand, für keine
Sünde halten, stören und kriegen (kriechen) alle stanck-
pfützen und hurnwinckel ausz. Dan. Schaller theolog.
hei-oldt (I60i) 499.
STÄXKRIG, adj. stinkend: 'stänkrig für stinkend ist
landschaftlich, besonders märkisch', (jetzt wol allgemein
üblich, icenigsfens norddeutsch.) Heyn.\.tz Antibarb. (179G)
2,442. Campe .schreibt stänkerig, wie auch vielfach ge-
sprochen icird. im eigentlichen sinne gern von ziegen{böcken) ;
so schon anf des il.jahrh. belegt {ohne ttmlaut):
wer wil darnach der geysz nachlauffn,
dann es gar ein stanckriges thier.
Eyering (IGOl) 2, 394;
ihr, meckernd stänkriger ziegen lied.
Droysen Äriitoph. 1, 158 {alymv re xtra-
ßQfbvTcov iiiXri. Pinto» 299);
im bilde: als ich leider aus allersicherster quelle kennt-
nisz von den schmutzigen intriguen habe, die in be-
wusztem (?) oder unbewusztem (?) verein reudiger schafe
aus der rechten und stänkriger bocke aus der linken
angestellt werden, brief Friedfi. Wilhelms IV. bei
BiSMARCK ged. u. erinn. 1,140. ferner: stänkriger käse.
Heynatz a. a. o. Campe, so auch beliebtes gemeines schimpf
toort: stänkeriges aas, gerippe, stänkeriger kerl. Frisch-
bier preusz. wb. 2, 362". dann auch in freierem sinne:
'2. verdrieszlich, unangenehm, verwickelt, die sache sieht
stänkerig aus, läszt einen Übeln atisgang befürchten', ebenda;
es wird ein stänkriges (schlechtes) ende nehmen. Heynatz
a.a.O. — dazu stänkrigkeit, /..-
papa, du sprachst ein groszes wort gelassen aus,
dasz göttem nah kam dieses thier der stänkrigkeit I
Droysen Aristoph. 1, 24 {der käfer, ydxoa/uov
^(öov. frieden v. 132).
andere adjectivbildungen ganz vereinzelt : sed {im gegensatz
zu stankhaft) stenkerisch est t-ixosiis, jurgiosus, con-
certatorius. stenkerisch gemüt, anitnus controversus, con-
tentionis cupidus. stenkerischer kerl, oblociitor, altercator,
trico, amans litium. Stieler 2170; tcesterw. stänkige
hännel, stinkende händel, stänkerei. Schmidt 231. — von
dem adj. stänk(e)rig ist zu trennen die in Leipzig übliche
scherzhafte substantivbildung stänkerich,«i. für stänker,
stinkender, schmutziger mensch; der gern stänkert, Un-
frieden stiftet. Albrecht 216».
STANKROHR, n., STANKRÖHRE, /. ventilationsrohr bei
abtritten, das aus dem abfallrohr über das dach hinaufgeht.
STANKSACK, m. : was hette sonst gott gemacht, w^enn
es nicht anders solt sein, denn das sich der mensch jmer
mit seinem wanst, und stancksack tragen, und sich ewig
so füllen, und von sich werffen, rotzen, eitern, faulentzen,
und kranck sein solte? Luther 6, 255''; on was der bauch
thut, und der gantze leib, mit schweissen, grinden und
allerley unflat, noch bistu jm nicht darumb feind ...
unangesehen, das (er) so ein schendlicher stancksack
ist. 261''.
STANKSCHLAMM, m. .- auf! heraus aus dem klebe-
schleim und stankschlamm eures alten wahns ! Vischer
OMCA einer 1,294.
STANKSTAKEN, m., holstein. verächtlich für tabaks-
pfeife. Schütze 4, 187. Campe.
STANKTABAK, m. schlechter tabak. KijOnitz 169,652;
vgl. stank 4, e.
STANKWURZ, /. eniin erat aroma. Stieler 2169. nur
ahd. {bei Williram), *. Ghafp i, 1051.
STANNIOL, n. blattzinn, feinstes zinnblech, entlehnung
aus {netC)lat. stanniolum, bezic. ital. stagnuolo; früher auch
in anlehnung an das letztere si&^nol geschrieben, s. das.,
sp. 539. die atissprache ist iti beiden fällen dieselbe, näm-
lich stanjöl {mit betonung der letzten silbe). das geschlecht
ist im allgemeinen neutr., n%ir Jacobsson und Krünitz
gebrauchen Stanniol ah masc. der stagnol scheint zuerst
bezeugt bei Rädlein (i71l) 834», s. Weigand 2, 797, die
heutige Schreibung bei Jablonski (l72l): Stanniol, stannum
foliatum. dünne von feinem zinn geschlagene blätter,
»o zu allerhand Verzierungen, als wapen, fackeln, und
sonst gebrauchet werden, sie sind weisz, oder auch roth,
gelb, sehwartz, und änderst gefärbt, und werden in
schachteln, deren jede ein grosz in sich hält, verkaufft.
das beste stanniol ist, wenn die blätter dicht, glatt, und
wohl gerollet sind. 746'', ähnlich Woyt gazophylac. (1735) 895.
s. ferner Adelung (stagnol). KrCnitz 169,653 — 5. Kar-
marsch-Heeren' 8, 445 — 7 ('stanniol ist zinnblech von
weniger als 0,2 m,m, bis herab zu 0,01 mm, dicke'). Lueger
7,474. in spedellerem sinne, nach einer hauptvencendung :
'stanniol, folie, (stanniolschläger) ist eigentlich im engem
verstände die folie, die von zinn tinter die spiegel gelegt
tcird.' Jacobsson 4, 257»; 'stanniol, zinnblättchen, die mit
quecksilber verquickt, die sogenannte folie oder unterläge
unter den spiegeln bilden.' Campe erg.-wb. litteraturbelege :
ich habe noch niemanden gefunden, der nicht gesagt
hätte: es wäre eine angenehme empfindung stanniol mit
einer scheere zu schneiden. Lichtenberg aphorismen 3,
*. 201 (1776); die schuhe waren aus glänzenden saffian-
schnipfelchen geschnitten und die silbernen schnallen aus
Stanniol. Keller 6, 208. — Zusammensetzungen: man be-
treibt jetzt . . . die Stanniolbereitung sehr im groszen,
und hat fabriken mit groszen Walzwerken zu dessen
bearbeitung. Kkünitz 169, 654; die dünnen stanniol-
blätter, werden mit der scheere ... gekürzt. 6.55; das
für die stanniolerzeugung gleichfalls angewendete
gieszverfahren. Karm.\rsch- Heeren' 8, 446; stanniol-
fabrik,/. KrC.nitz 169,655 (vgl. oben); früher wurde das-
selbe mittelst der sogenannten stanniolhämmer her-
gestellt. Karm.-Heeren' 8, 445; stanniolschlagen, n.
'die kunst aus zinn sehr dünne blätter zu schlagen. . . .
die künstler, die diese arbeit verrichten, .find damit sehr
geheimniszvoll . . .' Jacobsson 4, 257»; diese heiszen stan-
niolschläger, m. ebenda. Krünitz 169, 656, dazu auch
Stanniolschlägerei,/.; gegenwärtig bedient man sich
zur herstellung des Stanniols der stanniol Walzwerke
und eines eigenthümlichen gieszverfahrens. Karmarsch-
Heeren' 8, 445; das stanniolwerk ist meistens ein
hammerwerk. Krünitz 169, 654.
STANTEPE(DE) , adv. stehenden fuszes. auf der stelle,
sogleich, augenblicklich, schnell, ohne umstände, volksthüm-
liche entlehnung aus dem, lat. staute pede {das in dem
schriftsprachlichen stehnden fuszes nachgebildet ist), in
mundarten iceit verbreitet, besonders hd., vielfach in ent-
stellter und umgedeuteter form, vgl. Sohns paria s. 58.
am, besten erhalten in süddeutschen mundarten (unter ein-
flusz des ital.?): in Wien stantapedi Hügel 155'', tirol.
stantipgdi Schöpf 699/., steir. stantip6; -pedi Unger-
Khull 569'', aueh luxemb. stante pede Gangler 429. sonst
gern gekürzt zu stante pe, so nassauisch Kehrein 1, 388,
in Köln stantepee Hönig^ 173''; so auch nd.. tcaldeck.
8tant(e)pe Bauer-Collitz 98'', mecklenb. stantepeh Mi 86».
Volksetymologie scheint im spiele bei der entsteüung stAnde-
beni in Basel Seiler 277», nordthiir. stanneb^ne Klee-
mann 22», in Leipzig stände beene Albrecht 215'' {wonach
dann toeiter strackte beene 218''). gekürzt zu stanto im
mansfeld. Jecht 107». — so auch in mundartlich gefärbter
litteratur: ich mache mich stantä pS gleich auf den weg
und hierher. Gutzkow ritter v. g. 5, 61.
STANZE,/, zimmer; eine strophenform; vertiefter präge-
Stempel, nhd. lehntcort aus ital. stanza zimmer, Strophe,
das auf ein vulgärlat. stantia zurückgeht, vgl. Diez* 307
und zu stantia Du Gange 7, 582. Brinckmeier gloss.
diplom. 2, 574''. mundartlich nur im Südosten (bair.-tirol.),
s. unten 5.
1) das ital. stanza bedeutet zunächst icohnung. aufent-
halt, zimmer; diese bedetitung ist im deutschen nicht üblich
und begegnet nur vereinzelt, so in einem isolierten frühnhd.
belege atis Geiler v. Keisersberg aU synonymon zu
stand, s. dieses 4, b zu ende, sp. 692 {die stelle auch bei
Scherz-Ober lin 1216 t«n/er pfolzaehn). — in netterer zeit
gelegentlich mit bezttg auf italienische Verhältnisse, in Über-
nahme des fremden ausdrucks. so in der kttnstgeschichfe,
die von Raffael und seinen schi'dem ausgemalten zimmer
des Vaticans. ferner: unser dr. jur. Sigl ist gefangener,
so gut wie sein päpstliches Vorbild und ideal, von dem
er sich jedoch durch einen minder bequemen vafican unter-
scheidet, indem er heute eine stanze im hiesigen polizei-
gebäude bezog. Frankf. Journal, 26. ja;i. 1873, i. beil. a.l*'.
843
STANZE
STANZELN- STANZENSCHREIBER 844
2) ital. stanza bezeichnet ferner eine strophe, rcas Dante
de vulg. eloqu. 2, 9 erklärt als mansio capax vel recepta-
culuin tolius artis, s. Wackernagei. altfranz. lieder u.
leiehe s. 249/. während das ioort im ital. auf jede strophe
geht, ist das deutsclie stanze als bezeichnung einer be-
stimmten sfrophenform üblich, der okfave, ital. ottava rima,
einer strophe atis 8 10 — 11 silbigen versen mit der reim-
steUung abababcc, die in Italien als volksfhümliche form
seit dem IS.jahrh. begegnet, von Boccaccio zur kunstform,
umgebildet vnirde und die herrschende form, des klassischen
italienischen epos ist. i»i Deutschland ist die stanze zuerst
in Übersetzungen des 17. jahrh. nachgebildet, doch besteht
sie getcöhnlich aus paarweise gereimten Alejcandrinern (so
Dietrich v. d. Wer der Ariost, 1636). die eigentliche stanze,
oktale, ist hauptsächlich durch Wieland eingebürgert, eine
abart der stanze ist die Spenserstanze (Edm. Spenser, The
Faery Queene 1590 — 6), die auf die 8 oktavenzeilen noch einen
Alexandriner folgen läszt und die reimfolge ababbcbcc
hat, vgl. ztir saclie K. Bartsch Cterm. 2, 294. Wacker-
NAGEi. gesch. der d. litt.* 2, 322. Minor nhd. metrik s. 430 — 4.
RuDOLPH-Goi.DBECK SchiUerlcx. 2, 362/. zum wort Campe
erg.wb., der es in dem weitern sinne einer gereimten strophe
t'ersteht und als Übersetzung reimsatz vorschlägt, und
Weigand 2,797. in diesem sinne auch nl. stanze; engl.
mit ital. endung stanza, s. Sk eat 591 *". belege • er (Göckingk)
liat auch ein episches gedieht von einigen gesängen, in
ariostischen stanzen beynahe fertig. Bürger briefe l, 288;
ich habe von neuem zehn stanzen daran gemacht.
Göckingk s. ebenda 306; ein angenehmer gesang erfüllt
unterdessen die gegend. ... es waren stanzen aus dem
Tasso. Schiller 4,337; diese rücksicht bewog den Ver-
fasser, den achtzeiligen stanzen den Vorzug zu geben. . . .
der Verfasser konnte diese wähl um so mehr bey sich
rechtfertigen, da es seit erscheinung des Idris und Oberen
zur ausgemachten Wahrheit geworden ist, dasz die acht-
zeiligen stanzen, besonders mit einiger freiheit behandelt,
für das grosze, erhabene, pathetische und schreckliche
selbst einen ausdruck haben. 6, 344; in zehn gesänge ge-
theilt , enthält es (das gedieht 'Olfried und Lisena' von
A.Hagen) über sechzehnhundert stanzen. Götiie 45, 225;
stanzen auf ein sicilianisches schwesterpaar. Hebbel 6,215
Werner (überschr.);
lasz mein gedieht aas jeder stanze sprechen !
GöTRE 9, 211 (Tasso 4, 4);
die acbtzeilige stanze.
stanze, dich schuf die liebe, die zärtlich schmachtende, dreymal
fliehest du schamhaft und kehrst dreymal verlangend zurück.
Schiller 11, 186 (= xenien 525, hier
'ottave rime überschr.);
wenn in melodischem gesang
durch deiner 'gräher' runde stanzen
die imans bunt und kraus gemischt . . .
mit zierlichen marotten tanzen.
Sbume ged. (1826) 25 ('ejnstel an h. Falk').
vgl. auch bair. gstanzcl strophe, couplet. Scii.M.'' 2,772 und
theil 4, 1, 4202, (ein übersefzungsversuch für stanza scheint
stände zu sein, das Weckherlin als bezeichnung vo7i
gedichten in verschiedenen atrophenformen verwendet, s. das.,
»p. 786/.)
8) vertiefter prägstempel: 'die stanze, bey den gilrtlem,
dicke kurze messingene oder stühleme platten mit einer
Vertiefung in der mitte, in loelcher diejenige figur gegraben
ist, welche ein stück arbeit, so durin getrieben oder ge-
schlagen icird, bekommen soll, etwas mit stanzen oder
in der stanze treiben, twt gpgensatze des trcibcns aus freyer
band.' Auklung, danach Campe. Jacohbson 4,257 be-
handelt unter besondern urtikeln, aber mit im wesentlichen
übereinstimmender beschreilning , die stanze, knopfstanze
der gürtler. die stanze der metallarbeiter und die stanzen
der blumenmanufaktur (danach Krünitk 1G9, S&6— 8). 'die
stanze (stanze und Stempel, matrizc und patrize, unter-
und oberstempcl) , ist meist ein rundes oder viereckiges
stiiek eisen, ^reiches so hoch mit stahl Megt ist, dasz die
graimr sieh nur im innern der slahlschichte findet; doch
kommen audi blanzcn aus eisen, messing. kupfrr, ja selbst
tinn und bin zur vnirrndunf/.' Karmahhcm-Hei ken' 1, Mfl.
die stanze ist auch bei burhhindern und lederartteitern in
gebrauch; bei den goldsrhmirdm dafür Ktampfc AdelI'NO,
vgl. dieses 4, »p. 677. — ts ist klar, dost dieses wort mit
ital. stanza nichts zu thun hat; eine einleuchtende ablrifnng
ist noch nicht gefunden.
4) stanz,/ erectio penis. HÖFLF.n krankheitsnamenb.Gli*;
als burschikos, 'geilheit. die das männl. glied stellen macht'.
Sanders 3, 1179». schon in der Jahn zugeschriebenen oratio
archaeologica v. 1802, s. zeitichr. f. d. wortf. 8, 101.
5) weitere bedeutungen weisen die süddeutschen mund-
arten auf:
d) bair. die st&nz, 'die cour, der hof. den man einer
person macht, standchen, nächtlicher bestich am kanimer-
fenster'. auf die stanz gön, auf der stanz sein, stcn.
SCHM.2 2,772. *
b) ebenda die stanz, der hüpf er. empis. 778; so tirol.
'langfüszige mucken, schnacken'. Schöpf 700. (dafür auch
stanz, stau'z Schm.* 2, 799.)
c) hier auch verächtlich für füsze, beine. ebenda. Hintner
benennung der körperteüe in Tirol 8.
STANZELN, verb., s. stanzen 2.
STANZEN, verb. i) getcölmlich zu stanze 8, hohl])rägen:
'das stanzen, pressen, prägen (estamper, estampage —
stamping). treibt man blech auf seiner ganzen fläche zu-
gleich in eine gravirte stählerne unterläge, stanze, matrize,
durch ein in sie passendes metallsfück, Stempel, patrize,
ein, wobei dieses eintreiben durch schlag oder druck erfolgen
kann, so nennt man diese Operation stanzen oder pressen'.
Karmarsch-Heeren^ 1, 5.56, vgl. 7, 16; 'stanzen heiszt «»»
formen eines plattenförmigen gegenständes zwischen zicei
stempelti ohne wesentliche Veränderung seiner dicke'. Lueger
7, 475, s. ferner 2, 438/ 6, 834. die maschine tut alles, . . .
(sie) bindet, rollt, stanzt, punzt, fräst. Naumann-&mcA 90.
2) ungewöhnlich (als augenblicksbildung) zu stanze 2, in
stanzen dichten :
hat der und der nicht zehnfach umgestanzet,
was beid' Hesperien gestanzt? Baggesen 5, 80.
dafür mit scherzhafter deminutivbildung :
ich s tänzle weiter, muse, einen kusz.
D. V. Ln.iENCRON 11, 35 (Poggfred 2).
3) in süddeutschen m.undarten zu stanze 5, c(?), tirol.
einen fort-, weg-, hinausstanzen, 'ihn durch fuszstösze . . .
fort-, hinausschaffen, sich fortstanzen , sich eilig davon-
miichen'. Schöpf 700; steir. wegstoszen, fortjagen, -treiben,
verjagen. Unger-Khull .570". in andern mundarten dafür
mit umlaut; so thür. stanzen stoszen , treiben, fort-
stänzen, auch obst von den bäumen stanzen. Hertel
sprachsch. 233 (der es auf 'stangezen, zxi stingen stoszen,
zurückführen ivill). so im sinne von schassen, fortjagen,
bei SOHNS parias 87. atich im nd., altmärk. stänz'n
'jemanden zum fortgehen zwingen, unter androhung von
strafen', ick will di stänzn = feistem. Danneil 2o<,)*'.
vgl. stänkern 2 zu ende. — daztt atich icürzb. stanza stehlen.
Sartorius 118? vgl. stenzen. — kaum dazu gehörig preusz.
einen stänzeln, derb abführen. Frlschrier 2, 362\
STANZENBRETT, n. in blumenfabriken 'ein brett, trorn.w
löcher von verschiedener grösze eingebohrt sind, und icorein
das dünne ende der stanze (s. die.te 3), troinit die blumen
blütter gebildet iverden, eingesteckt wird'. Jacousson 4, a'):''.
Campe.
STANZENBUNZEN, m. 'bunzen mit allerley erhaben
schnittenen flguren auf ihrer spitze, die stanten damit
auszuzieren' . Adeluno, vgl. Jacorsson 4,267'' und stanze 3.
STANZENDRUCK, m. bei meszbüchem des 16. und 16. >A..
s. Watten RÄCH schrifttcesen* m .
STANZENFORM,/, zu stanze«: dieser fortstrftinendo
gang des gedichts (der Aetiei.s:) nuiszte nun in der Über-
setzung durch viele kurze ruhcpunkto unterbrochen . . .
werden , wenn anders die stanzenforin ungezwungen
scheinen . . . sollte. Schiller 6. 845.
STANZENGRAVIEHUNG, / gratnerung von stanzen (8)
in stahl, herstell ting der matrizen (seltner jtatriten), dir
zur prägung von metaUkntipfen. hijouterien u. s. w. erfvfi.
lieh sind. Karmarscm Heeren' 4, 168.
STANZENHAMMEH. m. hei den gürtlern 'ein starhr
hammer, womit auf das platte ende des stanzenstemjtels ge
schlagen uird, tcrnn die knopfplattrn in die stanze getrieben
irerden'. Jacorhhon ♦,»57'', vgl. Adelung und stanze 8.
STANZENSCHHKinEH. m.. zu stanze «: welch ein ein-
fall! einen pcrsianinchon HtanzoiiHclireiher (7/f^/f«) in hora-
zianischo odcn ...tu Übersetzen. Heiskk bei Lessi no I8,8l«.
845 STANZENSCHWIMMER— STAPEL
STAPEL
846
STANZE^'SCHWIMMER, m.:
das ist ja alles fades versgewimmer,
mir steckt im hals ein groszer stropnenklosz.
entläszt du (mu^e) letzt nicht deinen stanzenschwimmer,
dann werd ich endlich wirklich fuchsfurios.
D. V. LiLiENCRON 11, 221 {Poggfred 10).
vgl. auch:
hailoh! schon wieder stanzenwäscherei?
hol doch der teufel diese drescherei. 218.
STANZENSTEMPEL, m. bei den gürtlem, 'ein zu jeder
stanze gehöriger sfämpel. welcher an dem einen ende etwas
nind ist, das blech damit in die stanze zu treiben'. Adelung ;
'ein stählerner Stempel, der in die stanze {s. diese 3) einer
knopfplatte paszt, und womit die pUttte vermittelst eines
schweren hammers hineingeti-ieben jcird.' Jacobsson 4,257''.
STANZEXZEILE, /., zu stanze 2: hier konnte es frey-
lich nicht fehlen, dasz nicht öfters vier oder fünf latei-
nische hexameter in eine ganze stanze ausgesponnen,
oder auch umgekehrt acht und neun verse des Originals
in den engen räum von acht stanzenzeilen gepreszt wurden.
Schiller 6, 345.
STANZER , m. 'arbeiter in der präge . der mit stanzen
zum hohlprägen arbeitete. Unger-Khull steir. wortsch. 570»
(vgl. stanze 3 wid stanzen l). — ebenda wird ein s tan-
ze rl, n. als küchengerät verzeichnet.
STÄNZLER, m. 'die ehemalige städtische gamison in
Basel'. Seiler 277". (aus stationarii ?)
STANZMASCHINE, /. maschine zum stanzen (l), die ent-
weder ein fallwerk oder eine presse ist; moiiton, balancier,
engl, stamp, flypress. zuweilen auch für stoszmaschine,
machine ä mortaiser . raboteuse verticale. Karmarsch-
Heeren^ 8,447. LuEGER 7,475. rfa/ür awcÄ stanz werk, n.
STAPEL, m. heuschrecke. nd. form für siaSel, s. dieses.
»p. 515. so mnd.. s. Schiller-Lübben 4, ses*» (deutsche
chron. 2, 155, 4), vgl. auch brevi. icb. 4, lOOl/. Brinckmeier
gloss. diplom. 2, 574*. ebenso 7il. • stapel, vetus. sax. sicamb.
hoU. fris. j. krekel. cicada. Kilian 2, 630*. als stapel
auch verzeichnet bei Campe (unter stapel 1,2) und Nemnich
(gryllus): so werden die meisten mitglieder dieser gattung
mit einer grossen menge Ton namen promiscue belegt,
nemlich: heuschrecke, . . . heustöffel, springhahn, sprink,
spranke, springstapel, kohlsprenger, gras- oder heupferd,
Stapel. B.KTZEBV RG forst-insecten (i839) 3, 260, anm.
STAPEL, m. unterläge, gerüst; häufen; niederlage, Ver-
kaufsstelle, stapel ist die nd.form des hd. staffel (vgl. das.,
sp. biöff.. über Vorgeschichte und bedeutungsenticicklung),
die in bestimmten, in der spräche des Nordens, besonders
der hansischen geschäftssprache ausgebildeten gebrauchs-
weisen ins nhd. übernommen und hier seit dem n.jahrh.
nachiceisbar ist. {lexikalisch gebucht seit Stieler.) vgl.
mnd. Stapel Schiller-Lübben 4,363 — 5. 6,270''; in heu-
tigen nd. mundarten s. brem. wb. 4, lOOO/. 6, 337. Dähnert
457''/- Danneil 210'' (staopel). StOrenburg 261''. ten
D00RNKA.\T KOOLMAN 3, SOO*»/. SCHAMBACIJ 208*. WOESTE
253». den hd. mundarten natürlich fremd (Lenz 67''). dem
detitschen warte entspricht in den meisten punkten das holl.
Stapel, vgl. Franck 956, das engl, staple (woraus Kinder-
LING 109 das deutsche stapel entlehnt sein läszt. während
er es s. 332 aus lut. stabulum herleitet), xcie auch dän.
stabel, schtced. stapel (wol aus dem, nd. entlehnt), vgl. im
ganzen Weigand 2, 797. Kluge'' 375". Paul 432''.
i) die ursprüngliche allgemeinere und mannigfaltige be-
deutung des worts (vgl. staffel I und III) ragt vereinzelt
in das heutige detttsch herein, stapel, s. f. ein ort etwas
auf eine Zeitlang niederzulegen, oder aufzurichten, und
was zu diesen aufrichten gehört. Frisch 2, 319=.
o) mnd. Stapel j>/aÄZ,«öwZ«u.äAnZ.,». Schiller-Lübben
4, 863*'/. und Staffel III, l (sp. 523). so im hallischen salz-
werk: solch saltzsieden verrichten sie (die würcker) fol-
gender gestalt, dasz sie eine von eisernen bleche ge-
machte pfanne, auff den herd, unter zwo", quer über
solchen herd, auff vier, in die erde, an den gemäure des
berdes, feste gemachten stapeln, liegenden höltzern, die
Boogbäume genant, setzen. Hondorff saltzw. zu Halle
(1670)73; Stapel, im Sachsen Hallischen salzwerk wann
man die pfannen reinigt, werden sie nidergelegt und an
einer seife ein stapel oder stocket untergesetzt . . .fulcntm.
Frisch 2,320*; 'ein pfähl, eine stütze, eine n%ir in einigen
fällen und gegenden gangbare bedeutung. »0 icerden in den
salzicerken die in die erde gegrabenen pfähle, worauf die
sogbäume geleget icerden. welche die pfannen tragen, stabeln,
stapeln, oder richtiger stapel genannt, an deren statt man
sicJi auch wohl gemauerter pfeiler bedienet, auch tcenn man
die pfannen reiniget, werden sie niedergelegt, und ati einer
Seite ein stapel, d. i. eine stütze, untergesetzt.' Adelung (l).
vgl. stabel l und stabeln 3, sp. 359. 361. — ähnlich stappeln,
tigna in terra de[f]ossa. Agricola bergicerckb. (l62i),
auszlegung der bergkwörter. s. ferner heckstapel, th. i, 2, 750,
bei Adelung (1) «^ niedersächsisch, (dazu auch nd. stapel,
abgestorbener bäum. Sch.\mb.\ch 208*?)
b) mnd. stapel unterläge, block, s. Schiller-Lübben
4, 364. so insbesondere
a) altfries. stapul richtblock, s. Richthofen 1044'', auch
thingstapul 1074'', nd. dyngestapel bre7n. wb. 6, 337. so ganz
vereinzelt in neuerer dichtung (oder zu cf):
zur selben zeit sah Neapel
den iungen Konradin
auf blutbespritztem stapel
mit Badens Friedrich knien. Frbiijgrath5 1,59.
ß) jetzt bezeichnet ostfries. stapel oder haarstapel einen
kleinen eisernen ambosz als tinterlage beim dengeln der
sense. StCrenburg261''. tenDoornkaatKoolman 3,300'*.
c) stapel begegnet in älterer spräche ferner als bezeich-
nung einer gerichtsstätte. so in latinisierter form schon
in den altfränk. volksrechten: ad regis staffolo, vel ad eo
locum, ubi malleus est. lex. rip. 33, 1 (A, = B 35, l : staf-
polum; Varianten: staffolo, -ulo, -olum, staflo, stapphu-
ium, staplo, stabulum, -lo) ; ad stafflo regis in circlo . . .
coniurare studeat. 67,5 (= 69, 5B: stappulum; Varianten:
stafulum, stafflum, staffalum, stapulo, stapplum); ad regis
stafflum 85 (stapplum 87 B). (stapplus super mortuum
missus, lex. Sal. 55, add. 2, anm.. gehört wol nicht dazu,
vgl. J. Grimm kl. sehr. 2, 257.) zur erklärung vgl. 3. Grimm
rechtsalter th.^ 804; danach ist an steinstufen vor dem burg-
thore zu denken, es liegt also das hd. staffel vor, s. das. II,
sp. hViff.. und staffelstein, sp. 528. vgl. auch Wächter 1587.
Halt.^us 1731. so dann auch mnd. stapel, besonders in
Urkunden des 15. und 16. jahrh., s. Schiller-Lübben
4, 364"/. 6, 270". Haltaus 1731. Brinckmeier gloss. diplom.
2,574*; vgl.: stapulae Suerinensis fama. a loco editiori
seu structura distinctiori appellatur stablum seu stabula,
aliquando etiam in chartis civitatis seculi XV stallum
eodem significatu. Westphalen 'nwnu7n. inedita (1745) 147;
stapel, 'vormals, die höchste geHchtsstelle im lande'. Däh-
nert 458»; forum prineipale Wächter 1586 (als belgisch),
atich noch in neueier zeit .• 'auf der insel Rügen führt das
zu Bergen befindliehe landgerieht den nahmen des stapeis'.
Adelung (2, 2, c).
d) in Lippe heiszt stapel der hölzerne unterbau, das
fachwerk eines hauses. besonders eines neugerichteten. From-
mann 6,485.
allgemein üblich ist stapel dagegen in bestimmten spe-
cieUeien. gleichsam technischen gebrauchsweisen.
2) stapel bezeichnet eitien häufen gleichartiger gegen-
stände, besonders einen, der in einer geicissen Ordnung
geschichtet ist, so mnd. von warenballen , s. Schiller-
Lübben 4,365* (spärlich belegt); ferner: lignorum strues.
ein Stapel holtes. Chyträus cap.S9, ein holzstosz auf dem
hofe. ebenso nl.: stapel doicks, fardellum. v. d. Schueren
teuthonista 373" Verdam; stapel of mijte houts, meta sive
strues lignorxim. KiliaN 2, 630», so auch neuhoU. und dän.
in lebenden nd. mundarten, s. brem. wb. i, lOOO/. ('ein häufe,
vomemlich ein ordentlich gelegter häufe, strues). Dähnert
457". Danneil 210". StOrenburg 26i". ten Doornkaat
Kooi.MAN 3, 300" ('jedes gesetzte, gestellte, gelegte, errichtete,
artfgerichtete u. geschichtete ettcas'). besonders een stapel
holt, *. dieselben stellen; 'n stapel holt (oder hei, strö,
törf, linnen). ten Doornkaat Koolman; vom geld,
8. Dan NEIL: een stapel mark-stukke 'eine gexcisse zahl
auf einander gethürmter markstücke, etwa 10 rthlr.' brem.
wb. 4,1000. Atfi«^^ up enen Stapel leggen ebenda. StOren-
burg; hö flßid (höpt), legt dat all' up 6n stapel tosamen.
't steid in 4 stapeis (blokken, höpen). ten Doornkaat
Koolman. attch freier: 'een stapel volks, etn Äaw/e ro^Aw.
gemeiniglich in veräditlichen sinn: dat is mi een stapel
Volks! das ist ein gesindel. so nicht viel nützet.' brem. wb.
4,1001. — nhd. zuerst bei dem Holsteiner Jon. Rist: es
847
STAPEL
STAPEL
848
stehen etliche beutel vor ihnen auff der taffel, samt vielen
stapelen thaler und anderem gelde. friedewünsch. Teutschl.
(1647) s. 110. die Wörterbücher verzeichnen es seit dem
18. jahrh. : stapel, strues, now qtuievis, sed ordinata, hoc
est, talis; in gtta res rem sustinet. hodie uttintur Belgae . . .
qui Stapel acervum, interpietantur , vim voci fadtmt.
Wächter (1737) 1586; holz-stapel, holz-haus. Chytraeus
nomendator Sax. col. 408. wo man das holz liinschlichtet,
lignile. ein stapel holz, lignorum sti-ues. id. ib. ein holz-
haufe. FuiscH 2, 320*; 'ein stapel holz, ein holzstapel,
ein häufe ordentlich atif einander gelegten hohes, ein stapel
thaler, in Niedersaclisen, ein lianfe auf einander gesetztei-
tltaler. auf einen stapel legen . . . ein stapel volks . . .
im hochdetitschen höret man es in dieser bedetdung selten,
ausser etioa im gemeinen leben, so setzen die gärber ihre
häute in stapel, loenn sie selbige iti häufen legen.' Adelung
(2, l). heute selir gewöhnlich , sowol als gewerblicher aus-
druck : ein stapel holz, häute, tücher u. ähnl., wie auch
in der umgangsspraclie -. ein stapel von büchern lag auf
den stuhlen. Fuenssen Jörn Uhl s. 74; Jörn legte das
buch auf die lade, den stapel brot daneben. lOl ; als der
Lüneburger langsam aufstand, legte der künde einen
ziemlich hohen stapel silber auf den tisch. 141; Mars
Wiebers . . . griff in den groszen stapel blauer hefte.
Hilligenlei 57 ; die mutter . . . ging nach der kommode . . .
und kam mit einem kleinen stapel wasche wieder. 343.
vgl. stapelhoch. — weiter ab liegen stapel als butter-
masz in alticestfäl. quellen (l stapel butiri), *. Schiller-
LObuen 4, 365» und Woestk 253», und das neuere stapel
vieh, viehstapel für Viehbestand, s. unten 5 und vieh-
stapel.
3) stapel bezeichnet tveiterhin die stelle, wo gegenstände,
speciell waren in häufen liegen, Verkaufsstelle, niederlage.
diese gebrauclisweise beruht augenscheinlich auf der vor-
stehenden, ist aber viel früher bezeugt als ausdruck der
hansischen geschäftssprache, und i7i ihr ist das wort hatipt-
sächlich über das nd. gebiet hinaus verbreitet, aus der
localen bedeutung entwickelt sich weiterhiti die abstracte,
juristiscite eines kaufs- oder Verkaufsvorrechts, wofür auch
stapelrecht, stapelgerechtigkeit , vgl. diese und: stapula
'est Privilegium urbi coUatum, sistendi et abinstituto cursu
retrahejidi merces exoticas, quas negotiator importat, ut
nimirum eo loco stabulentur ac conquiescant,- quo venum
prostituantur. JuNius bei Haltaus 1730, s. ferner Scuehz-
Oijehlin 1557/. so mnd. stapel, s. Schiller-Lühben 4,365»
{ältester beleg v. 1379). in steden , wur se dat betreden
ande overkemen, so dat neyn myt one mere wolde han-
delinge noch kopenschop hebben, dat de stapel wart glat
van dar ghelecht, wente de stcde wiseden se uth der
hense unde des kopmans rechticheyt. d. städtechr. 16, 316, 8
{Braunschw. schichtb. zu 1374). so noch in den idiotiken des
18. jahrh. bekannt: '3) die niederlage gewisser waaren an
einem orte, da sie nämlich ordentlich hin gelegt werden:
auch, das recht, welches gewisse kaufstädte liaben, dasz
dasdbst gewisse durch gehende waaren eine bestimmte zeit
müssen niedergelegt und feil geboten werden : toelches man
das stapel-recht nennet, it. eine atadt, welche das stapel-
recht hat. sie heiszt daher stapel-stadt , und dergleichen
teaaren stapel-waren, stapel-göder'. brem. wb. 4, looi ; ähn-
lieli DÄHNKRT458». ebenso nl. stapel emporium: forum
rerum venalium. vulgö atabulum et stapula .- locus publi-
cus, . . . quo prineipis auctoritate et privilegio vina, coria,
frumenta, lanae aliaeque merces exoticae vendendi cMusa
convehuntur. Kilian 8,680*. — das nd. wort ist dann
auch in andre sprachen übernommen und dann z. th. früher
bezeugt als im mnd. miltellat. stapula, a. Du Canok
7, bBVf. {bdege v. 18S4 an), vgl. Bkinckmkikk gloss. diplom.
t,674*'; altfranx. estaple, estapple, estappe, a. Godkfroy
8, eoi {belegt seit 1880); {mitteV)engl. stapel Stmatmann-
BnAitLKY (itt diesem sinne seit etwa 18»o); jetzt mit ver-
acholtener bedeutung, hauptproduct eines Landes {vgl. stapel-
artikcl, -wäre»), vgl. Skkatwi»'; aehwed. stapel. — im
hd. findet »ieh das teort tuerat in rhein. quellen des an-
gdienden 15. jahrh., und ttatr in Cölner jahrh. als stapel
o(fer slappel: also erwarf sich der hischuf mit den kur-
fantcn und mit den herxog van (iulge also, dat «ich de
heren al xusamen verbunden und schreivon der stat wal
s odrr dri atunt, si wollen d« assins {acciae) af lial>en
und darzu den stapel an dem Rin, also daz de gesfe an
dem Rin alz wal win kaufen und verkaufen mochten
gelich den bürgeren, d. städtechron. 13, 116, 13 (1418); aber
den stappel wolden si af han, daz alman mochte wine
gelden ind verkaufen up dem Rin. 117, 8; so solt der
stappel vri sin bis up sent Mertins dach. I20, 27 (1419) ;
dat der stappel solt vri sin alman up dem Rin buissen
Kolen mit allen winen. 121, 7. ganz vereinzelt mit hochd.
lautverschiebung : ein anlasz zwuschen den ertzbischoffen
zu Meyntz und Coln und pfaltzgrave Ludwigen mit hertzog
Reynhalten zu Jülch . . . eyns und der statt Colin anders
teyls umb ir irrung der staffeln uff dem Rine. urk.
vom 19. mai 1419 in Mones zeitschr. 9, s. 24. {dagegen in
der nachfolgenden urk. vom ib. juni 1419 tineder: umb den
stappel uff des Ryns strame und lynpade. s. 25; [mit
bezug] uff den stappel \sprechen wir], das ein yglicher . . .
vor Coln uff dem Rine und buyssen der statt uff dem
lynpade verkeufen mogent ir wine, wem sie wollent.
ebenda.) und so noch in der Mainzer Zunftordnung der
Schiffer und Steuerleute v. 1685: alss dan auch zum vier-
zehenden die stadt Speyer sich einen auf gewisse wahren
restringirten Staffel berechtiget haben will, *. Ch. Eckert
d. Mainzer schiffergewerbe (1898) *. 132, 14. attszerhalb solcher
localen quellen in allgemeinem gebrauche erst seit dem
17. jahrh. (Gombert bem. u. erg. 5, 2l), und stets in der
nd. form stapel, icas bemerkenswert ist, da in den Zu-
sammensetzungen in weitem umfange nebenformen mit
Staffel- üblich sind, vgl. Staffel IH, 3, sp. 524, und staffel-
bar, -geld, -gerechtigkeit, -gut, -recht, -stadt, sp. 525 — 8.
Stapel , die aufrichtung , aufschüttung , niederlage der
waaren. Nehring manuale juridico-polit. (1690)844; ferner
Stieler 2135, s. stapelgerechtigkeit, vgl. auch {von dem
selben): stapel, ist das recht, wahren zum verkauf anzu-
halten , ehe sie anderwerts ausgefüret werden , wie der-
gleichen stapelgerechtigkeit, Hamburg, Kiel, Zwickau,
Lübeck und viel städte mehr haben, (n. Spate) zeituiig.<il.
511; Stapel oder niderlag. Frisch 2, 320»; 'figürlich tcurde
ehedem in den nördlichen gegenden Deutscidandes eine messe,
ein Jahrmarkt häufig ein stapel genannt, tceil die icahren
alsdann in menge an einem solehen orte niedergelegt toerdeii ;
schwed. stapel. daher die stapelstadt eliedem eine jede mit
einem jahrmarkte verliehene stadt war (?). in engerer noch
jetzt gangbarer bedeutung ist der stapel, ohne plural, die
gesetzliche niederlage gewisser wahren an einen ort, und
das recht, welches gewisse handelsstädte haben, jiach welchem
alle durchgehende wahren daselbst auf eine getcisse zeit
zum verkaufe niedergeleget werden m,üssen, das stapelrecht;
daher auch ein mit diesem rechte versehener ort in engerm
verstände ein Stapelplatz odet- eine stapelstadt genannt
wird, die Oberdeutschen haben das wort in dieser bedeutung
auch, sprechen es aber alsdann Staffel aus.' (?). Adelung
{2,2, b), vgl. ferner iACOassoti 7,^28. litteraturbelege : die-
weil derselbige Marianer ordens meist er . . . derjenige war,
der den bundgenössigon stetten unnd jhren stapelen jhre
gerechtigkeiten schützen und erhalten kundle. M. Quao
V. KiNCKELBACH teutschcr nation herligk. {160») fOSä ; sonst
es {ihnen) gehen möchte wie den Dantzigern, so durch
neue zoll-aufflage sich um den stapel der englischen
wahren brachten. Paulini philos. Ittsfst.{i'i09) i,ii6; sie
{die engl, merchants advenbtrers) hatten ihre stapel in
allen hansischen slUdten. Moser patr. phant. l,20; Flan-
dern und Braband hatten ihre ganze aufnähme der bc
quemlichkeit den stapel von allen rohen matorialien in
der nähe, und den markt zum absatz gleichsam vor di>r
thUr zu haben, einzig und allein dieser cinrichtung zu
danken. 8, 175; die compagnio hätte zuerst (I24h) von dem
herzog Johann in Braband einen freyen stapel und die
freye handlung in den Niederlanden erhalten. 176; in den
vornehniRten niederländischen stKdten wurden stapel er-
richtet. Schiller 7,85; die hansischen knuffahrer . . .
musztcn zuletzt wider willen die flandrisohci) messen bc-
suchen, und die spanischen waaren auf niederländischem
Stapel empfangen. 86; hier {in Brügge) war der stapel
aller nordischen produkte für den sUdon, und aller süd-
lichen und Icvanlischen für den norden errichtet. 87; die
Fortugirsen richteten in Brabant ihren stapel auf. 4t;
der OHlitidische stapel zog die berühmtesten liandcIshKuscr
von Florenz, Lucoa und Genua . . . hichor. rltrnda;
849
STAPEL
STAPEL
850
auf den stapel schüttet die ämdten der erde der kanfmann,
was dem gehenden strrl Afrikas boden gebiert.
11, 87 (ßpazierg. 117, = ». 79, l-Kj;
eure hofstatt ist
der sitz der minne, sagt man, und der markt
wo alles schöne musz den stapel halten. „ ru-i ^ v\
13, 256 (jjungjr. v. Ort. a, oj-
dazu die zxisammensetztmgen stapelgesellschaft, -herr, -hof,
-ort, -platz (1), -Stadt (1). -wäre (2); zu der rechtlichen ie-
deutung: stapelbar, -frei, -gerechtigkeit , -gesetz, -gut,
-platz (2), -Stadt (2), -wäre (l). , r ^ 7; •
4) eine andre bedeutung hat sich bei stapel ebenfalls in
der spräche der Uistenstädte entiäcTceU. stapel bezeichnet
die unterläge, worauf ein schiff gebaut tcird, bestehend aus
einem System in einer bestimmten Ordnung auf einander
gelegter balken oder klotze {s. stapelblock, -holz 1, -keil,
-klotz, -rost, tgl. auch stapeln 1,3). die «ne ebene platt-
fwm von bestimmter höhe und neigung über dem bauplatz
Qidling) büden. vgl. Bobrik660« {nach diesem für die bau-
stelle selbst, heüing, werft; doch werden nachher stapel
und helling in gegensatz gestellt), in land- und seestapel
{der helling und vorhelling entsprechend) unterschieden,
s. LuEGER 5, 143. vgl. ferner Goedel etijm. ich. der see-
mannssp. 459/. Stenzel seemänn. wb. 399*.
a) diese gebrauchsiceise ist erst seit dem 18. jahrh. nachzu-
tceisen: stapel, lat. navalia. Apin. gloss. (1728) 510 {vgl.
unten); stapel (der, die niederlage, wo die schiffe gemacht
oder ausgebessert werden) navalia. Steinbach 2, 683;
Stapel, der ort auf dem lande am wasser wo die schiffe
noch stehen, ehe sie ausgebauet sind, navalia. Frisch
2, 320«; Stapel, chantier, heiszt auf den schiffbau-höfen
und werfen die Unterstützung eines zu erbauenden schiffes,
welche so angeordnet wird, dasz das schiff, wenn es fertig
ist, von der stelle ins wasser gebracht werden kann;
welches ein schiff vom stapel laufen lassen, Uincer un
navire ä l'eau, genennet wird. Eggers kriegs-lex. 2, 9S0;
s. femer Adelung (2, 2, a). Jacobsson 4, 257"/. Goedel
seemannsspr. 459. auch nd. erst in den idiotiken der küsten-
mundarten seit dem 18. jahrh.: stapel 'der ort, wo ein
schiff erbauet, oder das gerüste, icorauf es erbauet tcird'.
brem. wb. 4, 1001. Dähnert 458 {das gerüst u.s.w.); ostfries.
StCRENBÜRG 261". TEN Doornkaat Koolman 3, 300". —
litteraturbelege: so werden sie sehen, dasz ich nicht um-
sonst über den hafen Wicke, und neben dem stapel wohne,
ich glaube nicht , . . . dasz ein schiff regelmäsziger ge-
baut werden kann, als die meinigen gemalt sind. ThOmmel
reise 6, 329.
5) besonders in gewissen festen ausdrueksweisen üblich:
das schiff liegt auf den stapel, lat. navis in fabrica
lignaria aedificatur seu exstruitur. Apin. gloss. 510; 'daher
heiszt ein schiff auf dem stapel, ein im bau begriffenes und
noch auf seinen sfapelblöcken stehendes schiff.' Boemk 660»;
der 'grosze kurfürst' steht in Wilhelmshaven, 'Friedrich
der grosze' in Kiel und die 'Borussia' in Stetjin auf dem
Stapel, köln. zeitung v. 23. noi: 1873, 2. bl., s. 2<^; nd. dat
schipp liggt nog upn stapel. Dähnert 458». — ein schiff
auf den stapel setzen, 'anfangen daran zu bauen, den
grund dazu legen'. Adelung; nd. 'n schip up de stapel
trekken oder setten. ten Doornkaat Koolman o. a. o. —
besonders von stapel lauffen, ex navalibus navem deducere;
navem de continenti in aquam demittere. Apin. gloss. 510/
{übersetzt natürlich v. st. 1. lassen, s. unten); 'vom stapel
laufen heiszt, xcenn es tceit genug gebaut ist, und aUdann
ins was.<ier gelassen tcird.' Bobrik 660»; nd. et löppt vam
Stapel. Dähnert 458»; sprichicörtlich : 't is, as wen 'n olt
Bcbip van de stapel lopt. 'so viel leerer lärm, unnützes
aufsehen, Weitläufigkeit, schicierigkeit irird von jemand ge-
macht'. LüPKES .^eemannsspr. 1, 234. vom stapel lauffen
lassen, navem de continenti in aquam demittere. Stein-
bach 2, 683, vgl. oben Eggers und Bobrik 660», soicie
«tapellauf; nd. 'n schip fan de stapel löpen laten. ten
Doornkaat Koolman a. a. 0. auch blosz vom stapel
lassen, navem in aquam demittere. Frisch 2, 320». 'es in das
wasser la.osen, welches geschiehet, wenn der ganze bau gezim-
mert und bis auf die dritte planke verkleidet ist'. Adelung.
c) so auch in übertragenem gebrauche.
a) im ausgeführten bilde:
bald ward gesagt in Turan dem schah Efrasiab :
es läszt vom stapel laufen sein schiff der held Suhrab.
RCcKERT Firdoti 3, 350 ;
X. 2.
kaum hab' ich das wort gesprochen,
geht mein wünsch schon in erfüUung,
und vom stapel des gedankens
läuft herab das zauberschiff. _
Heine 2, 129 Elster (ßtmim, proi.).
ß) vom stapel laufen auch sonst sehr geicöhnlieh in
bildlicher vmicendung. 'uneigentlich heiszt, vom stapel
laufen, vollendet sein, fertig, vollendet aus den händendes
meisters kommen.' Campe: kurz, die sache war glück-
lich gezimmert, vom stapel gelaufen. Benzel-Sternau
s. ebenda; vom stapel laufen, von statten gehen. Hetzel
ide der Deutsche spricht 298; ebenso holl. het is van stapel
geloopen, z. b. eine rede. Lüpkes seemannsspr. 2, 242. un-
getcöhnlich von personen, aufbrechen: ihr werdet sehen,
gevatter, wenn wir am wenigsten daran denken, wird sich
unser edler von neuem aufmachen, um vom stapel zu
laufen. Tieck don Qiiix.^ 2, 15 (6, 2).
v) etwas vom stapel laufen lassen: herr F. hat diese
messe wieder einwerck vom stapel laufen lassen. Lichten-
berg aphorismen 2, s. 55 (C220, = verm. sehr. 2, 102); ins-
besondere gehörte es zu den ersten freuden der neuver-
heirateten, alsobald irgend ein Inserat vom stapel laufen
zu lassen. Keller 5,64;
der erste wünsch, den wenig tage drauf
die schöne Vastola vom stapel
der wünsche laufen Hess, flog m geradem lauf
zur stolzen königsstadt Neapel.
Wieland 18, 189 {Perv. 3).
etwas vom stapel lassen, eine erklärung abgeben, eine
Verfügung erlassen. Lipperheide spruchicb. 819"; sollte
ihnen das opus . . . nicht eben unwerth erscheinen , so
mögen sie es also vom stapel lassen, wenn ich todt bin.
Vischer auch einer 2, 2.
S) seltner etwas auf stapel setzen, anfangen, unter-
nehmen: er hat es auf stapel gesetzt. Wander 4, 777; hoU.
hij heeft het op stapel gezet. Lüpkes seemannsspr. 2, 241.
hierzu wol nd. hei heft 6r wat op en stapel gesett. er
hat sie geschicängert. 1,235.
5) Stapel icird in neuerer spräche auf wolle u. ähnl. an-
geicandt als Qualitätsbezeichnung, ob diese gebrauchsiceise
sich aus den vorstehenden ableiten läszt ('stapel ist natür
lieh auch die in geordneten häufen daliegende {aufgestapelte]
wäre; ein stapel wolle; dann sagen die woüzüchter auch
ohne den begriff der auf Schichtung : ein besserer, ein ge-
ringerer Stapel, d. h. eine bessere, eine geringere sorte wolle.'
GoMBERT bem. u. erg. 3,2), erscheint sehr fraglich, da
Stapel nicht abstratt die qualität, sondern zunächst concret
die aus kleinen strähnchen gebildeten büschel bezeichnet:
die streichwolle verbindet sich beim wachsen der haare zu
kleinen strängen oder strängchen . . . und diese wieder zu
huscheln, st ap el {meche — staple) gen&nnt Karmarsch-
Heeren^ 7, 566. dann auch: •{icollennuinufaktur) l) man
sagt die wolle habe einen guten stapel, wenn sie sich gut
ausziehen läszt. . . . 2) das woUigte auf der Oberfläche eines
gerauheten tuches, welelies durch die karden bey dem rauhen
hervorgebracht icird, ohne dasz das tuch angegriffen tctrd.'
Jacobsson 4,258». dann auch von baumicoUe: {dagegen)
gibt die Operation des stapelziehens die möglichkeit,
rasch... die baumwolle auf ihre faserlänge, festigkeit.
feinheit und glänz zu untersuchen, man nimmt nämlich
bei dieser Operation ein büschel baumwolle zwischen
daumen und Zeigefinger der einen band, fasst das büschel
nahe an der festgehaltenen stelle eben so mit der andern
band und zieht es auseinander, die nach der richtung des
zuges vorstehenden härchen werden nun neuerlich gefasst
und ausgezogen, und indem man dies mehrmals wieder-
holt, erhält man endlich eine partie parallel liegender,
auf einander geschichteter baumwollhärchen (stapel),
welche die durchschnittliche länge des wollhaares un-
mittelbar erkennen lässt. hält man den stapel so fest
zwischen den fingern u. s. w. Kakmarsch-Heeren' 1, 309;
bei flachs, s. 8, 447. in demselben sinne engl, staple. —
litteraturbelege: welch einen ausbund von wolle und
schafen er habe, wie die alle so wolltreu seien, ein haar
dem anderen gleiche und der stapel vom besten flusz
und gleich rund sei. Auerbach dorfgesch. *,9; nach be-
sichtigung der schafe muszte eine pause gemacht werden,
denn Ehrenthal war zu sehr ergriffen von der feinheit
und dichtigkeit ihres pelzes. 'nein, dieser stapel!' seufzte
54
851 STAPELARTIKEL— STAPELGERECHTIGKEIT
STAPELGERICHT -STAPELLEUTE 852
er in träumerischer begeisterung. Fkeytag ♦, 31 {soll u.
haben 1, 3).
6) icieder in anderm sitine tcird stapel auch von thieren
gesagt, so von ochsen, als hezeichnung ihres ernährungs-
zusfandes (da sie gleichsam fleisch und fett 'aufgestapelt'
haben?): das ochsenunterspann wurde eben aufs feld ge-
trieben, die thiere waren von so gutem stapel, so wohl-
gefüttert . . . Bog. Goltz jugendleben 2, 23; gleich darauf
begegnet hier stapel in der auch sonst bezeugten bedetdung
'bestand' (wie sonst stamm, s. das. 11,4,6, «p.6*3, und stand,
*. 10, a, sp. 725), die wol von 2 ausgeht: gute pferd sind
für geld zu beschaffen, die hat nicht selten auch ein
dummer und liederlicher kerl; aber so einen praktischen
stapel von selbstgezogenem rindvieh hat nur ein rationeller
wirth. 24. iceiterhin tciedenim: selbstgezogene pferdc und
ochsen, vom richtigen stapel und futterzustande. 25.
STAPELARTIKEL, m. eine wäre, die den hauptsächlichen
handelsartikd eines platzes bildet und daher auf vorrat
hergestellt und in gröszerer menge aufgestapelt wird. (vgl.
Stapel 2. 3.)
STAPELBAR, adj. 'dem stapelrechte unterworfen, stapel-
bare wahren , ivelche bey ihrem durchgange durch einen
Stapelplatz und dessen bezirk, auf eine geudsse zeit zum
verkaufe niedergelegt tcerden müssen; stapelgüter, stapel-
wahren, imoberd. staffelbar'. Adelung, s. ferner Sciierz-
Oberlin 1558. Jacobsson 7,428» (s. nnfer stapelgut). Campe
(der dazu stapelbarkeit,/, bildet), als staffelbar schon
bei ScHOTTEL, s. oben sp. 525, vgl. stapel 3.
STAPELBLOCK, m. 'im schiffbaue, die blocke oder klotze,
tcelche unter dem kiele eines schiffes liegen und die ganze
last desselben tragen, so lange daran gearbeiM wird; das
Stapelholz'. Campe, vgl. Bobrik 660». Stenzel seemänn.
wb. 399» und Stapel 4.
STAPELEI , /. , verbalabstr. zu stapeln , vgl. das. ; nd.
(ostfries.) stapeli 'gestapel, aufeinander-gelege und ge.9etze'.
TEN DoORNKAAT KooLMAN 3,301». — stäpelie,/. töndelei,
passen. Schamrach 208» (zu stapeln II, 4, a).
STAPELFREI, adj. frei, befreit vom stapelrecht (vgl. das.):
zu den stapelfreien (gittern gehört, im gegensafz zu den
vorher aufgezählten stapelbaren,) das den kirclien und
geistlichen angehörende holz u. s. w. Krünitz 169, 673
(' Stapelgesetz' herzog Philipps von Burgund 1446). dazu
Stapelfreiheit, /. (ebenso sch%ced. stapelfrihet).
S'TAPELGECK, m. vollkommen (unheilbar) verrückter:
hie zo Moran (Meran) synt gar vil geboren gecken, as
man myr waerlich dae saichte, dat all die kynt dee dae
in dem dall geboeren werden gemeynlich all gar puyr
Stapel gecken sijnt. A.v. Hkrpp pilgerf. 8,12 Oroote. mittel-
und niederfränk. wort, ganz gewöhnlich im, hoU. als adj.
stapelgek. stapel- scheint blosz eine Verstärkung zu sein,
wie auch in den niederdeutschen Wörtern -. (bergisch) stapel-
doll rein toll Woeste 253», (ostfries.) stapeldün völlig be-
trunken StÜRENRURG sei*». TEN DoORNKAAT KoOLMAN
3, 301», (aüdhann.) stäpelg&s dummes frauenzimmer, gäns-
rhen. ScnAM BACH 208» (vgl. stapeln II, 4, a).
STAPELGELÜ, n., s. staffelgeld, sp. 526.
STAPELGEREGHTIGKEIT. /.. vgl. staffelgerechügkeit
(»p. 526, dazu : jus stapulae, die staffel-gerechtigkeit oder
niederlage. Nbmrino manuale juridicohiat. [l690] 641),
femer stapel 8 und stapelrecht: die stapel- sive stafel-
gcrechtigkeit, alias die freye niederlage, jus stapulae,
i. e. Privilegium quoddam, cujus vi aurigae et vectores
cogunfur alicubi subsistere, suaaque merces divendere.
Stif.lrh 2185; niederlage, stapel-gerechtigkeit: jr«» emporii,
etape. die gerechtigkeit, vermöge der an einem orte die
gtlter nicht mögen durchgeführt, sondern daselbst müssen
abgelegt, oder wenigstens eine zeit lang za kaufT gestellet
werden, ... es erstreckt sich aber solche gerechtigkeit
aaf alle oder nur auf gewisse guter, die stadt Leipzig
hat die stapelgerechtigkcit auf 16. meilen amhcr, Magde-
burg und Hamburg haben die stapel-gerechtigkcit an der
Elbe, Speyer, Majntz unnd Colin am Rhein, daher sie
die drey staffeln genennet werden u. ». w. Jarlonnki 4W'';
slnpel gerechtigkeit, niederlags gerechtigkeit, lat. jus ata
pulae. quo venale» prius erponuntur merces, quam alio
trane/enmtur. Aimn. gloa». 6ll, *. femer Frisch 8, »20»
(unter sUpelreoht). Auy.i.vftn. KrOnit/. 169, 6«3— 708 ('eine
ander« ort der stapclgereohtigkoit beateht nun darin, daei
guter nur durch fuhrleute oder schiffer einer gewissen stadt
durften weiter transportirt tcerden.' 702). Brinckmeier
gloss. diplom. 2, 574». ebenso dän. stabelrettighed. — in
der litteratur vereinzelt; übertragen: es hat mir ein vor-
nehmer gönner den Vorschlag gethan, dasz ich um die
Stapelgerechtigkeit ansuchen sollte, vermöge welcher nur
ich allein . . , binnen zwanzig meilen um meinen aufent-
halt herum, die freyheit haben sollte, meinem nächsten
etwas gutes zu wünschen. Rabeneu 2,76.
STAPELGERICHT, n.: als etwas eigenthümliches in
der gerichtsverfassung (ron Buxtehude) finden wir die bis
ins achtzehnte Jahrhundert fortdauernden stapelgerichte.
V. KoBBE Bremen und Verden 1,24.
STAPELGESELLSCHAFT,/.; in England . . . wurde eine
Stapelgesellschaft von der Hanse in der zweiten hälfte
des dreizehnten Jahrhunderts errichtet. . . . die stapel-
gesellschaft hatte sowohl den aufkauf aller einheimischen
Produkte des reichs, an wolle, leder, zinn und bley, als
deren Verschickung auszer landes. Krönitz iG9, 671.
STAPELGESETZ, n. gciefz über den stapel (3) oder das
stapelrecht: in den Niederlanden zu Dordrecht machte
herzog Philipp von Burgund im jähre 1446 folgende stapel-
gesetze. Krünitz 169, 673 (sie enthalten bestimmungen.
welche guter stapelbar und welche stapelfrei sein sollen).
STAPELGUT, n. gut, das dem stapelrecht unterliegt,
vgl. dieses und stapelbar, Stapelware, soxcie staffelgut
(sp. 526). Adelung. Jacobsson 7, 428^ Krünitz 1G9, 703.
so schon mnd. stapelgud, s. Schilleh-Lübben 4,365».
STAPELHANDEL, m.
STAPELHERR, m., mir im n.jahrh. bezetigt, vgl. Gom-
bert bem. u. erg. 5, 21: damit durch solch furuber schiffen
niemand mittel und weg gegeben wurde etwas verbottener
wahr heimlich einzufuhren, unnd also den vögten oder
Stapel herren jhre mittel der eingeführten wahr zu visi
tieren unnd zu besichtigen, ob sie erlaubt oder nicht, nicht
benommen unnd entzogen wurden. M Qu ad v. Kinckel-
BACH teufscher nation herligk. (1609) 389; weil die vögt oder
slapelherren über den kauffhandel die hin und wider
reysende kauffleuth darzu gehalten, dasz sie diesen heil-
samen gesatzen und Statuten genaw haben müssen nach-
setzen, unnd die ubertretter ernstlich gestrafft. 890. — in
ganz anderm sinne, wol für stapler (s. das.): er kenne
wohl ihrer sechs ausz der suite. der fourirer sey ein
Schneider, der marschalck sey etliche jähr mit den stapel-
herrn herumb gelauffen. Weise erzn. s. 112 netuir.
STAPELHOCH, adj. (zu stapel 2):
du häufst mir bände stapclboch auf bände.
LiLiENCRON 11, 205 (Pogcifr. 10).
STAPELHOF, m. warenniederlage. LÜBBEN mnd. hand
wb. 374^, vgl. nl. stapel-huys , domus in qua res paratac
collocantur : promtuarium, horreum. Kl LI AN 2,630''.
STAPELHOLZ, «. l) gleichbedeutend mit stapelblock,
-keil, -klotz, vgl. diese: 'Stapelhölzer, fr. tins, (schiff.sbau)
die starken höher, welche man auf die erde legt, um den
kiel und die bauchstücke bey dem erbauen eines schiffrs
auf den Schiffswerften zu unterstützen'. Jacobsson 4, -'iV.
Campe (l). auch im coUectiven singular.
2) gestapeltes holz, holz in stapeln (2). Campe (2).
8) 'holzstück, das zwischen aufzustapelnde breiter, planken
usw. gelegt wird, um das dureJistreiehen der luft tu er
möglichen.' Stenzel seemänn. wb. 89»».
4) nd. Stapel holt, holt von einem abgestorbenen bäume.
Schamrach 2<w» (vgl. stapel i,a tu ende).
STAPELIE, /., name der aa»pflante, atapelia. KnÜNITZ
1«J9, 703—6.
STAPELKEIL. m.. daaadbe wie stapelblook, -holz (1).
a. diese. Jagobsson 7,4«8^ Krünitz 109, 709. 706. jettt auch
stapel klotz, m., *. Gokdbl etymol. %ob. 469. Stk.n/.el
seemänn. wb. 8»St».
STAPELLAIJF, m., da ein schiff vom stapol läuft.
*. Stapel 4,i und Lukoer 7,476. Stknzkl seetnänn.wb. n'.nt»:
der slapoUauf der 'Hnrusbia' in Stettin, kiiln . zeitung vom
SS. nov. 1878, 9. Uatt a. 9"; der stapcllnuf des gewaltigen
rumpfcs hat gestern . . . statt gefunden, ebenda. uruiger
üblich r/fi/tlr stapellassang, /. (laneement — launch).
Karmarsch Hekrkn* 7, «86.
.STAI'KI-LKIITE, plur.: homlncs dictos stapilludc do
Tremonia (iJortmund), in einer urk. kaiaer Ludwigs v. 1817,
S53
STAPELMATZ — STAPELN (1, 1)
STAPELN (1,1-3. II, L 2)
854
s. 3. D. V. Steinen westphäl. gesch. der grafsch. Mark (1748)
1, 468. LiVCOMBLET urktindenb. f. d. gesch. des Niederrh. 3,
«r. 157. v^rZ. Haltaus 1732. Scherz-Oberlin 1558 ('/. jurw-
dictioni curtis ejus obnoxH"). Brinckmeier gloss. diplotn.
2, 574» und besonders F. Frensdorff Dortmunder Statuten
(1882) einl. s. xci/. (unfreie, vom reich abhängige leute,
benannt nach dem gericht, dem sie unterworfen sind, vgl.
Stapel 1, c).
STAPELMATZ, m.. familiärer ausdruck. 'ein noch un-
sicher gehendes ki7id'. Albrecht Leipz. mundart 216», vgl.
stapeln II, 3, b.
STAPELN, verb. I. denominativbildung zu stapel.
l) gewöhnlich, in stapel (2) setzen, schichten, aufhäufen,
so schon mnd. stapelen 'aufstapeln; e. tcare auf den Stapel-
platz bringen'. Lübben handwb. 374''. ebenso im neund.
s. brem. wb. 4, 1001. Schütze 4, 187. Dähnert 458» ('stapeln,
upstapeln, in einen liaufen über einander legen'). Dan-
neil 210'' ('staopeln l. aufschichten z. b. holzkloben, nicht
aber kurz gesägtes holz"). Störenburg 261''. ten Doorn-
kaat Koolman 3, 301''. Woeste 253». aucA in ztisammen-
setzung mit adverbien, besonders up stapeln 'aufhäufen,
ordentlich auf einander legen', brem. icb. 4, 1001, 'holz auf-
einander in die höhe legen, setzen, bansen'. Schütze 4, 187;
dat holt weg stapeln 'das holz ordentlich auf einander
legen, damit es aus dem wege komme', brem. wb. 4,1001;
he lett dat holt fer- oder umstapeln. ten Doornkaat
KoOLM.\N 3, 301*'. ebenso rd. stapelen, in metas sive strues
componere. Kilian 2,630''; dän. stähle, schwed. stapla. —
im hd. seit dem 18. jahrh. bekannt, vgl. Weigand 2, 797:
aufstapeln, colligere, custodire aliquandiu merces renales,
merces promercales in stnies erigere. Frisch 2, 320»; sta-
peln, Ordinate struere, facere ut res se mutuo sustineant.
Belgis stapelen . . . vulgo male exponitur 'congerere, coacer-
vare'. hoc enim non est ordine struentis, sed temere con-
jicientis. W.\chter 1587 : 'ordentlich in häufen legen, auf
einander legen. ' holz auf einander stapeln, es wegstapeln.
Adelung (2). heute z. th. auch in hd. tnundarten ein-
gedrungen, so nordthür. stapele aufschichten (holz). Klee-
mann 22", häufend aufstellen, uf-, hensdäbeln. Hertel
sprachsch. 233, mansf. uffstäpeln Jecht 107»; preusz. 'in
geordnete häufen legen, aufspeichern'. Frischbier 2, 362''.
a) zunächst, gleichartige gegenstände in bestimmter Ord-
nung schichten: holz stapeln, s. oben:
siehe , wie rennend der hahn vom gestapelten holz mit den
weibem
futter ertrozt. Voss 1, 101 (Luüe 2, 219).
auf, über einander stapeln : wann die steine etwas trocken,
wurden sie von den bretern abgenommen und besonders
auf einander gestapelt. Bob. Pierot (1742 jf.) 2, 329 ; kisten . . ,
welche ich mit groszer mühe übereinander stapelte.
4,200. — dafür häufig aufstapeln, vgl. oben und
theil 1, 745. — meistens tritt die Vorstellung einer bestimmten
Ordnung zurück vor der eines hatifetis, einer menge, sodasz
(auQstapeln den sinn von 'auf, anhäufen' annimmt: sie
{die freundinnen) lobten den putz {der braut), priesen die
aufgestapelten schätze. Immermann MüncJth. 3,14(5,12). —
auch von menschen, die in dichtgedrängten reihen über
einander sitzen oder stehen : im gerichtssaale . . . gibt es . . .
oben an beiden selten sehr geräumige galerien mit er-
höheten bänken, wo die Zuschauer köpf über köpf ge-
stapelt stehen. Heine 3, 456 Elster {engl, fragm. 5).
ft) indem der begriff der menge zur hauptsache vdrd,
bezeidmet rfann (aufstapeln xceiterhin nicht nur das schichten
oder häufen von vorhandenen gegenständen, sondern das
allmähliche zusammenbringen, ansammeln eines haufens
oder Vorrats: auf anderer leute Unkosten immer thaler
auf thaler stapeln. Rob. Fierot\,\2a;
was doch frommt ein gewicht unermesslichen goldes und
Silbers,
das du verstohlen mit angst einsenkst in gehdhleteserdreich?
'wenn du kleiner es machst, es verrinnt bis zum schmäh-
lichen Pfennig.'
aber wenn nicht, was hat ein gestapelter häufen {comtmcttu
acervus) noch schönes?
Voss Horat. (1806) 2, 8 {tat. 1, 1, 43).
•0 sehr gewöhnlich, auch freier: andere werden vielleicht
das erstaunliche wissen, das der verstorbene in seinem
gedächtnis aufgestapelt hatte, ganz besonders rühmen
und preisen. Heine 6, 115 Elstei- {Ludw. Marcus);
vergeblich wirst du den Pamasz beackern,
und bild auf bild und blum' auf blume stapeln.
2, 65 (im reim au/ zappeln).
absolut, neben einem synonymon:
o, staple nicht noch speichre. ROckert (1882) 11, 289
(9. mak., wo die alten einzelausgaben des Hariri v. 1826
1,230 und V. 1837 1,87: stapple haben).
c) zuweilen übenciegt auch bei aufstapeln die Vor-
stellung der höhe, während die der menge aufgegeben wird,
sodasz es einem 'aufthürmen' nahe kommt, so zunächst
ein lager aufstapeln, tuobei immeihin noch ein aufbauen
aus mehreren bestandtheilen stattfindet: die mutter zeigte
ihm ein von polstern bequem aufgestapeltes bett, worin
er schlafen sollte. Kleist 3, 326, ir, E. Schmidt; weder
des essens begehren sie . . . noch späterhin . . . des lagers,
das sie ihnen, weil sie müde scheinen, im nebengemach
aufgestapelt hat. 385,6; das lager, von polstern bequem
und prächtig unter einem thronhimmel aufgestapelt. 417, 9.
weiterhin : die weiber werden sich haarhömer {haarfrisur
in form von hörnern) in die höhe anfstappeln . . .
und werden noch ganze getrocknete vögel drauf setzen.
VisCHER auch einer 1,269. so im pari. hoch(auf)ge-
stapelt: ein hochaufgestapelter busen, der mit steifen
spitzen . . . wie mit thürmchen und bastionen umbaut
war. Heine 3, 20 Elster {Harzreise). aucJi bildlich, hoch-
mütig {oder zu stapeln II, s. Sanders 3, 1179'' u)iter 3, bT):
der heidekrüger ist ein braver herr, aber zu hoch stu-
dirt. ... als sie (diefrau) starb, wollt' ich fort, weil mir
der herr zu hochgestapelt war und für unsereins kein
gehör hat. Gutzkow ritter v. g. l, 200.
d) die beziehung zu stapel 3 {waren zum verkaufsplatz
bringen) ist in der altem spräche zuweilen deutlich, s. oben
Lübben mnd. handwb. und Frisch , später ist sie auf-
gegeben.
2) mnd. stapelen bedeutet femer 'die grenze durch
pfähle etc. bezeichnen. Lübben Jiandwb. 374''.
8) 'im schiff baue, den kiel stapeln, die stapelblöcke unter
den kiel legen.' Campe (11,2), vgl. stapel 4.
II. davon zu trennen ist ein arideres, intrayisitives
stapeln, ein ausdruck für gehen, doch stets mit besondem
ntumcen, das im nhd. seit dem 18. jahrh. bezeugt ist {das
bei Sanders 3, 1179'' angezogene staplen der pfetde aus
Ryff thierb., 1545, ist druckfehler für stapfen, s. das. II, 2, c)
und auch in hd. tcie in nd. mundarten begegnet, ist zu
sammenhang mit stapfen möglicht
1) bezeichnung eines langsamen, steifen schreitens: 'als ein
neiitrum mit dem hülfsicorte seyn, mit langen, hoch auf
gehobenen beinen langsam daher schreiten, sehr ernsthaft
einher stapeln, gestapelt kommen.' Adelung (l); wo
stapelst du hin? Campe (I, 'besonders im nd."); noch gut
stapeln können. Krünitz 169, 705. litteraturbelege , ge-
wöhnlich mit adverbien, her, hin, hinauf stapeln u. ährd. .-
da der alte herr baron wieder herauf gestapelt kam.
cav. im irrgarten 85; ich stapelte immer rasch den sand-
berg hinauf. Seume spazierg. (i803) 351 {zweites); mad.
Streckeisen stapelt im gröszten regen und nässe von der
allee her mit zwei herren ... zu mir. Rauel 2,591; das
männlein stapelte wacker mit seinen kurzen beinchen
die dorfgasse hinauf. Holtei Lammfell ^,6;
es sitzet die kröne noch gar nicht fest,
und schon kommt der kaiser gestapelt in's nest.
Arnim 6 {schatib. 2), 32.
bildlich: wiewol der freund noch elendiglich mehrere bogen
nebenher mitstapeln musz. J. Paul 26 {ßegelj. i), 146. —
so in nd. mundarten : altmärk. 'staopeln ist nämlich auch
s. V. a. stapfen = hochbeinig gehen, in welchem sinne es
auch noch hie und da gebraucht icird. na ! watt staopelst
denn in'n dreck rümm?' Dann eil 210''; waldeck. stäp(e)l(c)n
'darauf los schreiten'. Bauer-Collitz 98'»; tcestf. 'langsam
einher gehn. se kuamet 'ran gestapelt'. Woeste SSS"*.
2) bettelnd umheiziehen . zunächst von 'fahrenden scha-
lem': 'stÄpeln, a) {von ärmeren lateinischen schülem) auf
vacanzreisen um ein viaticum zusprechen, — zunächst bey
geistlichen xind andern studierten, mitunter aber auch bey
bürger- und batiersleuten. abstÄpein die pfarrhöfe, die
klöster, ein dorf, eine stadt. derstäpeln , durch stapeln
erhalten, sammeln.' Schm.^ 2,773; vgl.: stappeln, betteln.
(Jt>air.) Klein 2, 168, «nd; 'in Baxem hat mxin das ver-
855 STAPELN (II, 2-4) — STAPELORT
ntürkungs- oder veröfterunymoort stappeln, auf solclie art
iciederholt hin- und hergehen; dünn, betteln.' Campe (I).
doch ist die gebrauchstveise nicht auf Baiern beschränkt,
sondern war auch in Norddeutschland üblich : 'in frühern
Zeiten gingen die chorschüler staopeln, d. h. sie besuchten
die umgegend oft in beträchtlicher entfernung und icarteten
mit ihrem gesange auf Dann eil 210'"; es war um neu-
jahr, als ich die flucht nahm, und gab vor, ich und noch
ein paar schüler wollten aus, stapeln gehen, war das
eine sitte zu der zeit bei den Studenten zu Lemgo, wenn
man kein geld hatte und der magen mehr brummete
und knurrete als nöthig war, so ging man aus, ein paar
meilen von der stadt, und sang in den städten und auf
den ämtern bei den vornehmen leuten das neujahr, acht
tage lang. W. Raabe ges. erz. 1,74 (schulm. MicJiel Haas;
in Lemgo kommt auch der faviilienname Stapel vor).
ebenso in der gaunersprache stabein, stappeln, stapeln
'als bettler vagiren, mit dem bettelstub uinhergehen' . Ave-
Lallemant 4, 610. dann auch transitiv, erbetteln, zu-
sammenbetteln, so in den ältesten litteratur belegen:
gesetzt es liesz sich auch nicht thun, . .
so lieft ich lieber durch die weit,
und stapelte hierzu das geld,
eh ich aen titul missen wolt,
und nicht magister werden sollt.
Menantes ged. (1706) 224.
3) verschiedene nuancen bieten die lebenden mundarten.
a) bair.-österr. im, anschlusz an 2 : 'stapeln ... 6) von
haus zu liaus etc. gehen überJiattpt. alle kirchen abst&peln.
maister Hämerl stapelt mit amuletten pfarrhöfe und
abteyen ab.' {aus einer altern quelle.) Sghm.*'' 2, 773, der
die bedeutung von stapel (3) ableiten und aus der spräche
der handeis- und fuhrleute stammen lassen m,öchte, kaum
mit recht, österr. äli wia(r)thshaisa ähschdap'ln, in alle
tirirtshäu^er gehn. Castelli 233; dazu wol in Wien stap-
peln, 'das umJierfahren der lohnkutscher auf den straszen,
um, künden zu finden'. Hijgel ISS**.
b) mitteld. 'scherzweise für gelten, bes. von kindern', so
in Leipzig, dazu stapelmatz (s. das.). Albrecht 216', ebenso
nordthür. stapele, 'scherziceise für gehen'. Kleemann 22»,
mansf. Jecht 107» {kinderspr.).
c) nd. im sinne 1, s. das.; stärker: 'stapeln, stapfend
u. tappend gehen, unsicfier u. stockend gehen, stolpern etc. ;
M stapeld d'r hen as 'n old mannetje'. tkn Doohnkaat
KooLMAN 3,301»'; stappeln 'mit mühe gehen'. Scham-
bach 208». vgl. dazu : stappeln, caespiture. vide stolpern.
Wachtek 1588. {ebenso schiced. stapla straucheln, stolpern.)
d) dagegen in Berlin schtapeln 'laufen, gehen, emsig
gehen'. Bren dicke 178».
4) abtoeichende bedeutungen.
a) südkann, stapeln 'tändeln, Spielereien treiben, passen
treiben', dazu ^ik^cXtEt possenreiszer, fem., -oirschQ; stäpelie
tändelei, possen; stäpelig, possenhaft. Schambach 208».
b) preusz. stapeln nacligraben. 'kartofleln stapeln, nach
beendigter ernte nach den im acker zurückgebliebenen kar-
toffeln graften, icas arme leute thun.' Frisciibier 2,362*".
{zu 2?)
STAPELORT, m. ein ort. too waren aufgestapelt und
zum verkauf gebracht xcerden, vgl. Stapelplatz, -stadt.
Campe. Khünit/ 169, 705: es ist aber auch nicht durchaus
nöthig, dasz der ganze vorrath der {kornhundluiigs)com-
pagnie in Bremen aufgeschüttet werde, wenn sie mächtig
genug ist: so wird sie an allen stapelortcn an der Weser
ihre niederlagen errichten, und daraus immer, so wie ihr
hauptmagazin in Bremen ausgciccret wird, solches wieder
anfüllen können, durch diese Vorsorge bleibt der vorrath
in den stapelorten gewisscrmaszen auch zugleich ein
eignes landesmagazin. M6ser patr.phant. i, Sil; als . . . in
Dontschland die groszc Hansa zusammentrat, wurden die
Niederlande der wichtige stapclort zwischen norden und
«Udon. Schiller 7, 86. {»ammelplatz, ohne den begriff des
frilhietena:) seitdem ist kein tag vergangen, wo ich nicht
die masse meines zunehmenden reichthums mit kindischer
freude berechnet, mich nach dem stapclortc, wo er an-
landen wird, zurückgesehnt .. . hätte. ThCmmkl rei»e7,tm.
hildliek: dazu {zu dem feste) wünschen sie nun nagel-
neue ♦ • - > 1- ' - und haben sich deshalb nach Weimar, als
den» ' stapelort deutscher dirhtkunst. mit zier-
lichen _.. . ...-—liehen bitten gewendet. GöTnKonZe//rr4i»;
STAPELPLATZ— STAPELSTADT 856
hin nach der musen stapelort,
wo Studiosi, prorectoren u. 8. w. Kino 1, 811.
nach Campe auch ein mit stapelrecht ausgestatteter ort.
STAPELPLATZ, tn., hd. auch stalTclplat^, dän. stabcl
plads; vgl. stapelort, -stadt.
1) 'ein jeder handel.fplafz oder hafeti, in welchem hand-
lu7ig getrieben wird; in welchem verstände es besonders in
den nördlichen gegenden Deutschlandes und Europens üblich
t*^' Adeluno; hajidelsplatz mit warenniederlagen. speciell
von hafenstädten. wo fremde waren zum ztoecke der Weiter-
beförderung niedergelegt werden, wie Antivari als Stapel-
platz für Virbazar, Podgorica und den nördlichen Scutari
see gelten kann, so ist Dulcigno der Vorhafen von Scutari
und dem ertragreichen Bojana-gebiet. Hasseht reise durch
Montenegro 209. bildlich: auf jenen groszen stapelplätzen
der kunst und Wissenschaft aber erdrückt und verwirrt die
überwältigende masse des verschiedenartigsten. Eicuen-
DORFF 59, 5 Koch.
2) in engerem sinne, ein platz, der mit dem stapelrccht
ausgestattet ist. Adelung (2); 'gewisse seehäfen oder stüdte,
die das recht Imben, dasz alle durchgehende waaren allda
einige zeit zum verkauf liegen bleiben müssen.' Jacobs so n
4,258». vgl. Goedel etymol. xcb. der seenuinnsspr. ib9.
3) zum aufstapeln von waren, holz, eisen und anderen
baumatenalien bestimmter platz. Stenzel seemünn. wb. 3'.t9'.
STAPELRECHT, n., vgl. stapelgerechtigkcit und stafTel-
recht {sp. 528) : stapel-recht, stapel-gerechtigkeit , jus sta-
pulae, Privilegium sive jus illud speciale, quo civitati
solennis mercium et rerum convectatio est indultu, das
recht einer stadt, dasz daselbst gewisse kaufmanns-güter
müssen ausgelegt und feil gebotten werden. Frisch 2,320»,
vgl. Wächter 1.587; das früher manchen handelsplätzen
verlieJiene recht, vorüberziehende waren {bestimmte arten
oder alle) anzuhalten, dasz sie daselbst eine geicisse zeit
lang (stapelzeit) zutn verkauf ausstehen muszten; später
ermäszigt zu dem monopol des begünstigten gemeinicesens
auf iveiterbeförderung der ankommenden waren, und in
dieser form {als sog. 'umschlagsrecht") von Mainz und Köln
bis ins 19.jahrh. ausgeübt tind hier erst 1815 vorn Wiener
congresz aufgehoben, vgl. deutsches staatswb. 4, 655. 6, 609.
9, 207. Rotteck-Welcker .ftaatslex.'^ 18, 732 — 6. handwb.
der sfaatsiciss.^ 6,992 — 1006. Elster wb. der vulkswirtsch.''^
2,982/. H. Daniels, über das stapelrecht zu Kölln und
Mainz. Kölln 1804. J. F. Ockhart der Rhein (1816) 2 — 6.
Chr. Eckert d. Mainzer schiffergewerbe (1898) 43/. 63/
in diesem sinne auch niederlage {s. dns. 6), niederlags-
recht, theil 'i,'i'i(if., köln. ventrecht, s. Adelung, in der
form staffelrecht schon bei Schottei. und Stieleh, s. das. ;
vgl. auch id. stapel-recht, jus fori. Kilian 2,630»*, dän.
stabelret {und -rettighed). eine compagnie kann auch
ehender die correspondenz mit benachbarten wegen der
zolle, des stapelrechts und andern dingen ausführen.
^\ÖSK\{. patr. phunt. \,%Vi; neben den schenken und den
hütten der fischer . . . bauten sie {die Lübecker) einen hof
um ihr gesellschaftshaus und ihre niederlagen, und er-
warben 1273 das stapelrecht für ihre stadt Danzig. Fhev-
lAG 18 {bilder 2, l), 2.5<i. — iceniger üblich in dem allgemei-
neren sinne 'das recht Jahrmärkte zu lutben , und haud
hing zu treiben, von ganzen orten; eine im hochdeut.ichen
unbekannte bedeutung'. Adelung (l, so auch bei Kilian,
s. obenf). — nach Guedel seenuinnsspr. 459 das Vorrecht
gettrisser Städte {hafenorte), gelöschte lad ungen attf zunehmen.
STAPELROST, m. die lang- und querhöUer der unter-
läge eines auf dem stapel (4) stehenden schiffea. — über-
haupt, 'unterbau aus netzförmig übereinandergdegUn balken
oder bohlen zur aufnähme des fundameiU» tutet bauwerkt'.
.SiENZKl. seemUnn. wb. 899».
STAI'KLSTADT, /., älter auch stafTelstadt, a. da». {»p.bM),
dän. stabclstad; vgl. auch stapelort, platx.
l) Stadt. 100 uHiren atifgestuitelt und nitn verkauf ge
bracht werden, handrlsstadt, besonders \co die hauptnieder-
lagen und markte für bestimmte icaren sind, *. Adkluno:
der zusammcnflusz so vieler und so ungleicher nationcn
in den holländischen und brabantischen stapcIsUidton
muBzto ihr {der neuen lehre) erstes wachst hum dem augc
der rcgicrtnig entzichi-iL Somili.kr 7, 51 ; froylich war es
vorthrilhaflcr Karthago zur stnpelstadt für die erzeug-
nisse dieser gcgcnd zu machen, und den handclsgOMinn
857 STAPELSTRAND— STAPF (I, 1. 2)
STAPF (I. 2-5)
858
des umsazes sich selbst vorzubehalten. Niebuh r l, 593 {icol
mehr im »inne 2). übertragen: wie sollte mir Leipzig nicht
gefallen , der ächtp sitz der gelehrsamkeit , die wahre
Stapelstadt gelehrter kenntnisse, welche aus Deutschland
hieher eingesammelt, und von hieraus allen andern
deutschen provinzen wieder mitgetheilet werden! Nicolai
Seb. Xotftanker 1,82; soll man nicht toll werden, wenn
man alle tage höret . . , wie sich die gemeinsten seelen . . .
durch die liebe über alle leute erhoben denken . . ; wie
sie sich ins hasenlager und in die stapelstadt der liebe,
in die andere weit bestellen wie auf einen blocksberg.
J. Paul 22 (Tit. 2), 202.
2) meist in dem specielleren sinne: stapelstadt, die das
stapel-recht hat, als am Rhein, Cöln, Speyer etc. an der
Mosel Trier; an der Donau Regenspurg; Bremen an der
Weser; Magdeburg, Hamburg an der Elb, u. d. g. Frisch
3,320»; stapel-städte , etape, villes d'etape, werden die
Städte genennet, welche mit der freyheit versehen sind,
dasz die vorbey gehenden guter daselbst erst müssen
aus- und abgeladen, und feil geboten werden, ehe man
sie anderwärts verführen kann. . . . die stapelstädte des
mittelländischen meers, werden echelles, und auf den
africanischen küsten escales genennet. Eggers kriegslex.
2,981. so schon bei Stieler und Kr.\mer, *. staffel-
stadt, tcozu nachzutragen: dass in geraumer frist ihre
vormahls bei allhiessiger unsserer uhralten staffelstatt in
stattlischem schwang gegangene schiffarten ehender
nicht, als von etlichen jähren hero (sich) betten wieder
ufrichten können. Mainzer zun/tordnung der schiffer u.
Steuerleute v. 1685, *. Chr. Eckert das Mainzer schiffer-
geii-erbe (l898) s. 127. s. femer Adelung (2). KrOnitz 169, 706.
3) 'besonders vcerden in Schiceden die vier und zwanzig
Städte, welche das recht haben, mit ihren eigenen schiffen
zu ein- und ausführung der wahren nach ausländischen
orten zu fahren, stapelplätze oder stapelstädte genannt.'
Adeluno (unter i).
STAPELSTRAND, m.:
heil, heil dem freien wein,
den du (Elbe) uns führst herein
von deines meeres stapelstrand
in unser liebes vaterland !
W. Müller ged. (1868) 1, 119.
STAPELUNG, /., beim Schiffsbau 'leichte krümmung des
kids eines neuen hölzernen schiffes nach unten, um, zu
lerhüten, dasz ein etica entstehende)- katzenrücken seine
tnden tiefer, als die m,ilte eintauchen macht'. Stenzel
seemänn. wb. 399*.
STAPELWARE, /. l) wäre, die dem stapelrecht unter-
liegt, vgl. stapelbar und stapelgut: stapel-waaren , certae
merces quae in loco aliquo convehi debent, s. staffelbar.
Frisch 2,320». Adelung. Jacobsson 7,428'*. Campe (i).
2) 'eine art waaren, sofern sie einen vorzüglichen handels-
ziceig eines ortes oder ganzen landes ausmachen, tücher
und wollene zeuge sind Englands stapelwaaren.' Campe (2),
igl. stapelartikel.
STAPELZIEHEN, n., bei der baumxcoUe, s. stapel 5. Kar-
marsch-Heeren'l, 309. dazu Stapelzugmaschine,/.
'J'ür wolle und baurnicolle), demeloir. 8, 447.
STAPF, STAPFE(N), m., STAPFE, /. vestigium. '"
1. formelles, l) eine loestgerm,. nominalbildung zu dem
verb stapfen, s. das. über iceitere vencandtschaft. ags. stsepe,
:-tepe (phtr. stsepas, stapas, stepe), m. schritt, stufe, basis.
HoswoRTH-ToLLEH 908'», mitteUngl. steppe, neuengl. step
schritt, stufe, fuszspur . vgl. Skeat ögs*»; altfries. stap
(plur. stapen) Richthopen 1044*'; nl. (mnl. und holt.)
stap, m. schritt, fuszspur, vgl. Franck 956, mnd. stappe
[nur i glosse) Schiller-Lübben 4,365''; ahd. staph und
'fiewöhnlich) stapho passus, gressus, incessus, ascensus,
f/radtts, vestigium. Grafp 6, 6.56/.; mhd. stapfe, m.f, selten
stapf, «L Lexem /ianrficft. 2, 1140. r^^ Wächter 1587. Fick'
3, 345. Weigand 2. 797/. Kluge* 376». (über -stapp als
2. theil von namen. besonders mittelfränk. Siegestappus 1191,
Sistappus 1200, Sigestapp im 13. jahrh.. s. MOllenhofp
:eugn. u. exe. 26, 4, zeitsdtr. f. d. alterth. 12, 358.)
2) im ags. und afries. weist das wort ein einfaches p
auf. dagegen erscheint im mittelengl. pp, und dieses herrscht
im deutschen durchaus, dem nd.nl. pp entspricht natür-
lich hd. pf. dafür ahd. vereinzelt fif: forakäntema staffin
previo gradu. Murb. hymn. 20, 3, 3, was sich als alter wec/isel
I auffassen läszt, s. Kauffmann bei Paul -Braune leitr.
i 15, 524/ solches staffe findet sich selten auch noch im mhd.
I und nhd., s. oben sp. 515. (beim manch v. Heilsbronn, s. gr. 56ß
ist allerdings staffeln überliefert, aber der reim auf schaffen
I verlangt staffen.) — im, nördlichen mitteld. bleibt pp er-
j halten (s. pp. Wernher untere); dies findet sich sogar
l in der (bair.) übers, der 'plumen der tügent' v. Arigo
(handschr. ».1468): (der löux) sich von dan hebt und mit
seinem zagel seine stappen prichte (bringt in Ordnung,
ebnet), das der jager nicht gesechen müge, wo er hin aus
sey. zeitschr. f. d. phil. 28,462, vgl. Drescher Arigo (iWXi)
8. 169.
3) das wort ist zunächst und allgemein starkes rnasc,
und zxcar im ags. deutlich i-stamm. die starke bildung
ist im nd.-nl. geblieben, dagegen überwiegt im. hd. von
anfang an die schwache form, stapfo. doch begegnet daneben
noch starke bildung; so bringt Graff 6, 656/ zahlreiche
belege für den acc. sing, staph und den dat. plur. stei-
phim, stephin, stepfen; weitere s. unten II, 2, a. die plural-
formen iceisen umlaut auf, stimmen also zum, ags. mit
dieser verschiedenen stammbildung ist in der regel eine
differenzierung der bedeutung verbunden, starkes stapf
gilt im sinne 'schritt' (und hier ausnahmslos, s. unten H, l);
dagegen steht stapfo, -e in den bedeutungen 'stufe' und
j 'fuszspur'. (daher sind im mhd. icb. 2, 2, 555''/. und bei
\ Le.xer handwb. 2, 1140 stapf und stapfe in gesonderten
artikeln behandelt.) indessen gilt die Unterscheidung nicht
ohne ausnahmen; insbesondere findet sich spätahd. melir-
fach staph für 'stufe', s. unten II, 2, a. und selbst für
'vestigium' scheint starke form vorzukommen :
nfl bin ich kumin an den rechtln stap
propter quadripas Aminadap.
PF. Wernher 4 ichiven 37 Kökn, vgl. die
anm. «. 87.
später ist bei der apokope des auslautetiden e oft nicht zu ent-
scheiden, welche form, vorliegt (s. z. b. Seuse unter H, 2, b). —
im nhd. hat HuLSius teutsch-ital. (1618): stapff (= tritt,
8. II, 1, also der regel nach stark, aber auch fuszstapff,
pedata. orma. segno laseiato da piedi, traccie. 237''),
Wächter 1587 giebt in allen bedeutungen stapf, stapp;
auch Kram er dict. 2, 907« hat stapf, aber plur. stapfen,
also schwach; stapfe bei Stieler 213t, s. unten; bei Stein-
b.\ch 2, 683 aber stapfen, und diese form ist jetzt die
übliche, soiceit überhaupt noch das masc. gebraucht icird. —
vgl. iceiter fuszstapfe, theü 4, 1, 1044/
4) neben dem masc. taucht im nhd. das fem. auf, und
zwar vereinzelt schon mhd. (in besondem bedeutungen),
s. Lexer handwb. 2, 1140 und unten II, 2, c. im altern nhd.
herrscht dagegen durchaus das masc. so ausdrücklich an-
gegeben in den genannten Wörterbüchern und noch bei Wie-
land deutlich (s. unten II, 3, b). das fem. bietet von Wörter-
büchern erst Campe, von litterarischen quellen C. F. Meyer
(II, 3, d). doch ist zu beachten, dasz stapfe meist in den
pluralformen vorkommt, die das geschlecht nicht erkennen
Uissen. (die füszstapffen bei Maaler, s. üieil 4, i, 1044.)
5) das einfache stapfe ist jedoch im nhd. überhaupt
nicht sehr häufig utid wird meistetis durch die deutlichere
Zusammensetzung fuszstapfe ersetzt, s. das. die ältesten
Wörterbücher verzeichnen jenes gar nicht (Dasypodius,
Maaler, Hulsius 1616; über Hulsius 1618 s. oben 3 und
unten II, i); auch Stieler und Steinbach bilden ihre
beispiele durchweg mit fuszstapfe, und Frisch 2, 320'' kennt
nur noch dieses: stapf ist noch übrig im wort fusz-stapf,
vestigium, signum pedum calcando erpressum. Adelung
läszt dementsprechend stapfe ganz aus, U7id erst Campe
giebt es wieder (fem., s. 4) als ein veraltetes, aber von guten
Schriftstellern iciede)- erneuertes wort, das wird durch die
litteraturbelege bestätigt, diese finden sich im 16. jahrh.
ganz vereinzelt (bei W. Ryfp 1545 und Fischart Garg.,
8. II, 1, c) und fehlen dann bis 1720 ganz, der beleg aus
Oest, s. unten II, 3, d, erregt noch den spottvon Schönaich
ästh. in e. nusz s. 339 Köster. stapfe kommt dann hie und
da bei autoren der klassischen zeit vor (Wieland, Stol-
behg, Kosegarten, — für Göthe und Schiia.f.r fehlen
zetignisse) und wird erst im 19. jahrh. wieder allgemeiner
üblich, (vgl. die ganz ähnliche gebrauchsgeschichte von
stapfen, s. das. 1,5). — auch in mundarten ist das wort
im allgemeinen erloschen, bei SciiM.^ 2, 774 tcird stapf.
859
STAPF (I. 5. 6. II, 1)
STAPF (II, 1. 2)
860
stapfen atisdrücklich als der altem spräche angehörig ge-
kennzeichnet; nur in der Schiceiz ist es, mit tcechselnder
Stammbildung, in einer bestimmten bedeutung lebendig
geblieben, s. unten II, 2, c. — im nd. ist stap wol nie recht
üblich gewesen und so fehlt es auch in den meisten idio-
tiken. doch sagt man in der Altmark 'zuiceilen noch' stapp
{und staff?) für fuszstapfen, s. Dan neu. 208», tmd ostfnes.
scheint stap(p) in verschiedenen bedeutungen üblich zu sein
(unter hoU. einßussef), s. StOrenburg 261^ TEN Doorn-
KAAT KOOLMAN 8, SOO*».
6) stapfe tritt also nhd. {und wol schon mhd.) hinter
fuszstapfe zurück, da nun hier das s des ausl. und da^ des
anl. in der gesprochenen spräche zusammerißieszen mnszten
und fusz als erstes glied deutlich ivar, während stapfe als
zweites \ceniger klar empfunden -wurde, so lag die ab-
trennung fusz-tapfe nahe, unrklich ist die Schreibung
fus(z)tapfe seit dem 15. jahrh. (voc. v. 1470, decam. u. s. w.)
häufig genug, s. theil 4, l, 1050 jf. bei ^oeiterer Verdunkelung
der bildung konnte dann hieraus ein grundwort tapfe
erschlossen werden, das in der that vereinzelt vorkommt,
8. das., theil 11, 134 (Göthe 57, 49); besonders deutlich: doch
fand ich von ihm weder tapfe noch stapfe. ROckert
(1882) 11,456 (31. mak.; Rückert ist in zweifei über die
abtrennung, s. mak. 19, 10, s. 370, die stelle auch unter fusz-
stapfe l). 80 auch in neuern mundarten, besonders mitteld.
tappe, s. tapp 2 und tappe 2, theil 11, 139/.,- für Hand-
schuhsheim bezeugt Lenz 67'', dasz stapfe fehlt, dafür
füustapa, m., auch blosz tapa. — im 4. theil wird (unter
fuszstapfe l U7id -tapfe l, a, sp. 1045. 1050) angenommen,
dasz fusz tapfe nicht aus -stapfe entstunden, sondern eim
selbständige parallelhildung sei. diese ansieht ist aus fol-
genden gründen abzuweisen: a) die ältere spräche kennt
nur fuojstapfe ; fus(z)tapfe kommt erst spät im 16. jahrh.
vor und ist auf rein lautlichem wege vollkommen verständ-
lich, beweist aho nichts für die ableitung; b) das einfache
tapfe kommt so spät U7id selten vor, da^z es einer nach-
träglichen rückbildung aus dem compositum sehr verdächtig
ist; ein einfaches tapfe in dem verlangten sinne entbehrt
auch aller Wahrscheinlichkeit, da das verb tappen niemals
mit pf erscheint und offenbar von tappe, /. gebildet ist,
8. theil 11, 140jf., dieses aber mhd. iäpe lautet und 'pfote,
tatze' bedeutet, also weder in form noch in bedeutung sich
zu fusz(8)tapfe schickt.
IL bedeutung.
l) tritt, achritt.
o) dies acheint die älteste und ursjyrüngliche bedeutung,
die das wort als verbalabstractum zu stapfen erweist.
sie herrscht im ags. vrie im späteren engl., im frie^. und
im nl., vgl.: st&p, aüp, gradus, j)assus, ve^tigium. Kii.ian
2, esc. aus dem nl. ist sie wol ins ostfries. eingedrungen :
stapp, schritt, tritt. SrÜRENnuRfl 261*'; h6 deid sükke
grote stappen. ten Doornkaat Koolman 3, SOO''. sonst
ist aie im nd. nicht nachzuweiseji.
b) im hd. erscheint diese bedeutung in fester Verbindung
mit der alten starken bildung; so giebt Graff 6, 656/. .-
a. a. staph passmn, ascensum; d. pl. stephin passibus,
stepfen inceaaibua. (doch auch: passus scritainal cdho
stapbo, gloss. Ker., Bcritamali vel stapheo [c«.9tt»7]. ahd.
gloaaeni,25S,i.) weitere belege: quippe seacuplo fatigabat
aacenaum. uuända h&lbcs tdiles mfir, d&nne 6in tonus s!,
l&ngta ddn stipf. qui, s. ascenaus, tonus ac dimiditis
hdibelmtur. Anderhftlb tonus uu&s ter skrig. Noi kkr Mart.
Cap. l.'»2 (2, 88, a. 123 Oraff, 1, 881, 24 Piper); da im warn si
lialz, da,^ 81 den rcbtin wcch niht giengin. de rihto der
gotiH Hun ir stepphe . . . zö dein w(gc der himilisclin
lieimAdc. apec. eccl. a. 10.
c) mhd. kommt «tapf mehrfach im adverbialen gen. vor
ala bexeichnung einer gangart der pf erde ('im achritt reiten"):
der kUnic Poydwiz von Raabs,
weder atapfee nocn drabt
kom er itevam in den slrit:
er fuor reht« aU man d& glt
den oraen wunden mit den apom (a/«n ijalojiji).
Woi.KKAM Willfh. 3W, 10;
bin riten nie
>1' ti i.-'.'Mn, docb nur stapphe«, tzu.
Lvdw. kretutf. 6140.
tu dieaem ainne iat Blapf noch im Ifi. jahrh. üblich: den
pMZ g«hn, den tnittcipasz , den trosz, den IriU, den
schritt, den trab, den trott, . . . den treischlag, den stapff
(lernt ein pferd). Oarg. s. 203 neudr., vgl. stapfen II, 2, c.
d) nhd. : stapff, tritt, passo. HuLSius (1618) 237''; stapf, m.
stapfen, plur. 2>asso sodo, fermo e grave. . . . einen stapf
thun auf die erde, far' un passo sulla terra con lasciarvi
coine impresso iL pie. Kramer dict. 2, 907°, vgl. auch
Wächter 1587. belege aus der altern litteratur fehlen.
in neuerer zeit begegnet sta,pf vereinzelt als ausdruck für
einen einzelnen, groszen und schweren schritt (vielleicht
neubildung vom verb aus) : das herz klopfte ihm so, dasz
er statt mit einem forschen satz über den graben zu
springen, . . . mit einem langen und sehr ungeschickten
stapf hinüberschritt. Frenssen Jörn Uhl a. 148. — den
Übergang von hier zu 3 bezeichnet eine ausdrucksweise wie :
das erschreckende dirnchen entrann . . , den pfad ilirer
flucht mit rollenden fruchten bestreuend. Ascanio, der
seine traube in der band hielt, hob hinter den flüchtigen
stapfen noch zwei andere auf. C. F. Meyer novellen 2, 58.
e) hei dem geivöhnlichen schwachen stapfe scheint diese
(ohnehin seltne) bedeutung nicht vorzukommen, ebenso im
allgemeinen nicht bei der Zusammensetzung fuszstapfe. ganz
vereinzelt begegnet fustapfen für 'schritte' bei Ai.berus
Widder Jörg Witzeln mamineluken K 6» und M 6», s. fusz-
tapfe 3, theil 4, 1, 1052.
/) die bedeutung 'schritt' geht leicht in die eines längen-
maszes über, so besonders ags. stsepe, s. Bosworth-Toli.er
903'' (I, b); nl. stap, spafium duonim pedum. Kilian 2, 630»;
vereinzelt auch ahd. (a. s. staph) s. Graff 6, 656. vgl. : stapf,
stapp, quatenus est verbale a stapfen gradi, significat (l.)
actionem gradiendi et pedum vicissitudinem [so ags.], (2.)
spatium inter duos pedes diducfos. Wächter 1587. (vgl.
auch oberlausitz. es ist kein stappen bahne. Anton 13, 6.)
2) das. tcorauf man tritt.
a) gewöhnlich 'gradus', aUo synonym mit den aus der-
selben Wurzel gebildeten Wörtern Staffel und stufe, vgl. diese,
auch diese bedeutung ist im engl. (s. I, l) und im nl.
(s. oben Kilian) vorhanden (auch ostfries., s. Stören-
burg 261''); im ahd. steht in diesem sinne die starke und
die schwache form, letztere z. b. Murb. hymn. 20, 3, 3, s. oben
1,2; belege für erstere: der einlifte staph dera diemuoti.
denkm. nr. 86 C, 6"*, 4 (' 1,285, vgl. die krit. anvi.); (de
psalmis graduum.) einin uuisen luden fragota man, uone
uuiu dise salmen giheizin uurten sanc dera fimfcehen
stephe. Notker ps., Wiener handschr. 176'' (s. 246 Heinzrl-
Scherer, 3, 288, 24 Pijper); uffen den perc uuorhta er eina
uffart, an dera uuaren finfcehcn stephe, daz die uuerh-
lute manmente (bequein) uf unde nidir gen mahtin. unde
uuanda er sih firuuanta daz er daz uuerh folfrumcn scolto,
so liebsangota er sa demo selben uuerche, ih meino den
fimfcehen stephin, mit samo manigemo s.ilmen. ebenda
(289, 3. 7) ; der sehsto stafp. 177^ (290, 15) ; der zuelfle stapf.
177"^ (290, 32); an demo drittecehenten staphc. ebenda (291, 4);
des fimfcehenten staphis sanc. 178» (291, 12). dagegen in
der Windberger psalmem^ersion : daz sanch dere staphene,
canticum graduum. Schm.* 2,774 (12. jahrh.).
b) im mhd. hat .tich in der btdentung 'stufe' die acJucache
bildung festgesetzt, so im 14.— 15. jahrh. nidU selten, tu
näclist eigentlich:
acht stapfen liecht eevar
rieniren zu der Bcwle dar,
di waren hoch und prail.
Heinr. V. Neustadt ApoUan. 12004 Singer;
Candor gie die stapfen an. 18008;
do er den viorden ulaphon drall. 12010;
er (ric die sliftrcn frnlich an . . .
an dem sibcndon »taphon
er pueundc don ateni schophen . . .
und viel nidcr aulT d(>n cral
der di sechsten statt hatl. )281S;
die stapfen vor allen rränien BoUen nit vcrrer geraichen
dann die Bfrebpfoilcr raiclicn. 3ffi»irA. stadth. , a. Sciim.'
2, 774; und wuhcu tinib und unib bült/in stapfen iibor
«lie gaszcn. </. städirrhron. 6, U7, 1 (H. ZiNK chron. v. Atigsb.
r»« 141H); als man die stapfen hinauf gat von der .stras/.c.
819,10 (desgl., «. flMcA 76», flfim.); der bap.tt, und alle rar-
dinlil und bischofc giengen mit . . . dem kniser Friderich,
bis für sunt Peters miinstcr und auch alle stapfen ab.
2S, 82&, 28 (quelle r. Übt, daneben stapfcl. a. das.); do gicng
EsopuB vier Btapfon hin utT zu dem bild. Sikimiöwki.
I
861
STAPF (II, 2. 3)
STAPF (11, 3. 4)
862
Esop s. 61 österley {vorher: dar zuo man ain stiegen uff
gan muost); ascende gradus quatuor. . . . das ist in tütsch:
gang uff fier stapfen. 62. so auch:
ob du gotes sun nü bist,
sO stige von des krüzes staphen !
J. V. Frankenstein kreuziger 9421.
bildlich {s. auch unter a): sihstu es reht an, so ist kein
creaturli so kleines, es si dir ein stapf, got zu neben.
Seuse 455, 19 Bihlmeyer {kaum mit dem herausgeher als
'vestigium.' zu fassen). — im nhd. acheint diese bedeutung
erloschen, kein icörterbtich verzeichnet sie und für keine
mundart ist sie bezeugt, nur in Davos bedeutet stapfa, f.,
auszer der nachstehenden Verwendung, auch 'fuszstapfe,
z. b. tcelche in'a eis, fels JC. zmwi klimmen eingehalten'
BünLER 1, 155, ^cas doch icol hierher zu ziehen ist; und
eine ähnliche bedeutung scheint auch in folgender stelle
vorzuliegen: kommst du mit? ich weisz stapfen an dem
felsen empor. C. F. Meyer nov. 2, 383.
c) in der Schtceiz eine einrichtung ztim übersteigen eines
Zaunes oder einer hecke, so schon im 15. (?) jahrh., vgl.
Lexer handwb. 2, 1140 {für geic. mhd. stigele) : dag zwo
stapfen gän sont über Uolrich Ortwins wisen, und sol
die ain stapf sin üf dem graben u. s. w. St. Galler stadtb.,
s. ebenda, {die stelle ist zugleich der früheste beleg für
das fem) ebenso in den heutigen mundarten, 'stück tines
Zaunes mit querstaken, worüber man steigt', mit wechseln-
den formen, der stapf in Luzern, Zug. TJri, daneben die
stapfete ebenda und in Zürich, im. Berner Oberland die
stapfe, im Wallis der stapfen. Stalder 2,392; auch
appenzell, stapfeta, /. 'die zaunstufen, welche das schreiten
über einen zäun erleichte>-n und eine gitterthüre vertreten'.
ToBLER 405*; in Davos stapfa, /. 'staffel, vermittelst welcher
man über einen zäun steigen kann'. Bühler 1,155.
d) die bedeutung 'Steigbügel' ist im deutschen selbst
nicht nachgewiesen; sie scheint aber gefordert zu werden
durch das offenlar daher entlehnte ital. {und rhätorom.)
staffa, s. DiEz* 403. im mittellat. ist stapha, stafTa schon
zu 1170 — 7 bezeugt, s. Du C.\nge 7, 511" f., auch stapia 583*.
eine weitei-bildung zu staffa ist staffetta, das auch im franz.
und span. {als estafette bezw. estafeta) vorhanden ist.
g. DiEZ a. a. 0., und als staf(f)ette wiederum itis deutsche
übernommen ist, s. dieses, sp. 529/. — avts dem deutschen
mich aserb. stapi Stegreif Miklosich 320*?
3) fuszspur, vestigium.
a) diese bedeutung tritt in der altem spräche auffällig
zunick, im ags. ist sie gar nicht bezeugt, später im engl,
vorhanden, aber nicht vorherrschend; im, nl. gilt sie neben 1,
vgl. das. (Kilian), und so auch ostfries.; im nd. liegt sie
vor in dem, einzigen beleg, den Sciiiller-LObben 4,365'»
anführt {vgl. das auch nicht häufige vötstappe, m. 5, 516*"/):
ealcaneus . . . stappe, eyn vod stappe. Dief. nov. gloss. 65'';
neund. bei Danneil, s. I, 5. für das ahd. bringt Graff
nur 1 beleg, wo überdies die beziehung zweifeWaft ist {ahd.
glosaen 2, 668, 71 : plantis staphun. Tegernseer glosse des
11. jahrh. zu Verg. Aen. 11,573). au^h mhd. tritt diese be-
deutung noch sehr zurück hinter 2 {bei Lexer nur 3 belege),
dagegen ist sie im, nhd. die vorherrschende, ja in der ge-
wöhnlicJien spräche die alleinherrschende getcorden. {aller-
dings ist auch in diesem sinne die Zusammensetzung fusz-
stapfe, die — mit üner ausnähme, s. l,e — nur so vor-
kommt, viel üblicher, s. oben 1,5.) stapfe, der, plur.
stapfen, etiam fuszstapf, et fuszstapfen, der, vestigium.
Stieler 2134; stapf, ... it. pedata, pista, orma, traccia.
ve-ttigio. fuszstapf, idem. Kramer dict. 2, 907«; stapfen (der)
vestigium, nota. Steinbach 2,683; die stapfe, 'die »pur,
der abdruck des fuszea auf dem boden beim gehen'. Campe.
in hd. mundarten nirgends bezeugt.
b) im eigentlichen sinne, von menschen : diese wege und
stapfen führen im geisterlicbt der firne durch ein be-
irrendes netz verstrickter tbäler. C. F. Meyer nov. 2, 293;
die stapfen des linken fuszes sind länglich , ungleich-
mäszig, schleifend. P. Lindau spitzen 175 {vgl.: dasz ein
besonderer gang wohl solche fuszstapfen zurückgelassen
haben könne. 189);
flosz ein flosz ans seinen stapfen.
Frkii.igrath» 6, 13 {Hiawatha 1).
I gern in verbalen fügungen : die stapfen von jemand kennen,
eonoacere le orme. pedate etc. di ujio. Krämer dict. 2, 907'=;
nun seh' ich dich schon lang' am meergestad' . . .
umlauschen Aias zelte, sehe dich
aus frischgetretnen stapfen prüfen, ob
er drinnen oder drauszen sei.
Stolberg 14, 167 {Soph. Aias v. 6).
besonders in eines seine stapfen 6 fuszstapfen tretten,
peatare, premere, calcare le orme, tenere le orme, le pedate
di uno. Kr.\mer dict. 2, 907=; sie . . . ging eine weile nach-
denklich neben ihm, während der gravitätische knabe . . .
sorgsam in die zierlichen stapfen trat, die seine herrin
dem boden eindrückte. Heyse kinder der weit l, 190; mein
könig lustwandelte eines tages in seinen gärten, . . . und
ich ging nach meiner gewohnheit von ferne in seinen
stapfen. C. F. Meyer d. heilige 164; die vom wirbel zur
zehe in eisen gehüllten höflinge schlenderten mit gleich-
gültiger miene und hochfahrender geberde in den er-
lauchten stapfen (Z^ar^ rf. ^r.). novellen 2, 272. auch freier,
von nachfolge im bildlichen sinne {vgl. Campe):
herr, lasz mich nimmermehr
auf böses beispiel sehn,
vielmehr mit aller treu
in Christi stapfen gehn !
hannov. gesanqb. 369, 3 (J. Fr. Starck
1680—1756) ;
dort, wo bewundert ward Fouque und wer in dessen stapfen
trat. Platen 292»> {romant. Oed. 3).
seltneres: daneben empfahl sie mir auch, besonders als
ein treffliches mittel ihm die Phöbis zu erleiden, ich
sollte auf ihre fuszstapfen acht geben, und so wie Phöbis
den fusz zurückgezogen hätte, sollte ich den stapfen mit
dem meinigen auslöschen, so dasz mein rechter fusz auf
den stapfen ihres linken, und umgekehrt mein linker
auf ihren rechten zu stehen käme. Wieland Luk. 3,358;
wir wollten endlich nach Jerusalem,
das heilpe grab des auferstandnen sehn,
die stapfen küssen seiner süszen füsze. Tieck 1, 44.
c) von thieren: hirsch- etc. stapfen, piste di cervo etc.
Kramer dict. 2, 907"; sprichicörüich : an den stapfen kann
man sehen, ob ein pferd oder fuchs gegangen ist. Wanuer
4, 777. so schon mhd. .-
als er des wunnes staphen
also blnotic vant.
Ortnit 585.
nhd. {s. auch Arigo unter 1,2): wenn es {das pferd) mit
dem forderen fusz fürschreittet , das alsbald der hinder
füsz inn denselben stapffen volge, ausz wellichem es den
vorderen fusz auffgehaben hat. W. Ryff thierb. (1545) C 3''
{vgl. stapfen , verb. II, 2, c) ; so ein tragend mutterpferdt
auff ein spfir oder stapffen eines wolffs kompt, soll sie
sehr ergrimmen. El*»; er {der schnee) verbarg die fährten
der Wölfe und die stapfen der raubvögel. Freytag il, 3
{ahnen 4, c. l) ;
gern nistet, gerne singt der hänfling dort,
jind kleine stapfen prägen leicht den boden.
Kosegarten rhaps. 3, 66.
d) übertragen: die grausamen stapfen des krieges lagen
überall. Storm 3, 213; überall, wohin ich darin {in meinem
leben) zurückblicke, sehe ich nichts als thörichte larven,
hohlheit, neid und nichtigkeit . . . nirgends eine reinliche
stapfe , wo erinnerung den fusz hinsetzen könnte , ohne
ihn zu beschmutzen! C. F. Meyer Ang. Borgia 153;
so zeigt die wollust sich in viele moden,
und anders steht ihr pelz, und anders seide,
doch überall wirst du die stapfen finden..
(J. H. Oest) hrem. ged. (1721) 24 {vgl. oben I, 5);
wir wollen seinen {des königs) düimen, schmutz'gen mantel
mit unsem reinen ehren nicht verbrämen,
noch folgen seinem fusz, der stapfen bluts,
wo er nur wandelt, nachläszt.
Shakesp. 1, 55 (fcö»i. Joh. 4, 3).
4) abweichende bedeutungen, deren Ursprung sich nicht
feststellen läszt, finden sich hier und da.
a) auch sal nymandt bei der nacht auf der gasse ader
in der stappe mit wuschen {fackeln) gehen. Statuten der
st. ^anke7ihause7i v. 1564 bei Michelsen rechtsdenkm. aus
Thüringen (1863) a. 484 {in der anm. erklärt : 'ein lokal des
aalzwerks, der platz, auf welchem die sölden liegen'); sal
kein pfenner feuerwergk aus der stappen tragen lassen. 486
{dazu die anm.: 'der platz des aalztoerks. stappenleute
sind dort die unmittelbar mit dem sieden des salzes be-
schäftigten').
b) Stuhlbein .- hinter- und vorderstapfen nennt der stuhl-
macher die hintern und vordem füsze des stuhls, vgl. Bro-
863
STAPF (II, 4) — STAPFFL
STAFFELN — STAPFEN (1, 1-4)
864
SENius iechnologie {Leipzig 1806) 2, 12. vgl. Staffel III, 2,
sp. Ö23.
c) ähnlich mtid. stappe, m. schindel (im %cappen),
9. SCHILLER-LÜBBEN 4, S65^ (l).
d) ostfries. stappe , stapp , demin. stappke 'Mlzemes,
eimerförmiges gefüsz mit einer lungern daube (staff, —
vgl. stab II, 3, b, sp. 333), die als Iiandhabe dient; 9ids.
stappen; nordfr. staab melkeimer'. StOren bürg 261'». ten
DOORNKAAT KoOLMAN 3,301*". stappcR für btitter schon
mnd. Sciiii-LER-LüRBEN 4, ses*» (2, Bremer stat. v. 1489
und fries.; dazu stappenmaker böttcher, küfner. ebenda).
brem. 'stappen, nom. melk-stappen, ein kleiner milchkübel
mit einer empor stehenden handlmbe, wobey er mit einer
hand kann getragen werden, in welchen die külte gemelket
werden, im ditmarsischen bedeutet diesz wort die kleineren
gefässe, in welche die milch, nachdem sie von den kühen
gekommen, zum ramen gegossen tcird. id. ditm. vielleicht
ist diesz icort von staf, faszdaube. von einem, der seine
wohlthaten . . . selbst wieder verdirbt, sagt man im spi'üch-
icort: he maakt idt as de ko, de enen stappen vuU melk
gift, un em mit dem vote wedder um stot.' brem. wb.
4, 1002; ditm. stappen (= holst, settjens), s. auch Richey 425.
Schütze 4,188).
e) daher auch bezeichnung eines moszes (vgl. l,i,f). der
4. theil einest gröszem gemäszes ; somnd. Schiller-Lübukn
4, 363''. 365'' (Bretner stat. v. 14«9, vgl. d)\ ostfries. StOren-
nURG 262* (V* oder '/s scheffel, 4 kroos). ten Doornkaat
KooLMAN 3, 301'' (früher'. 4 krieg oder '/s scheffel).
f) ostfries. stappe, stap 'eine falle zum. fangen von ratten,
litis u. ähnlicJien thiei-en'. ten Doornkaat Koolman
". 302*; wesffäl. stappen, m. falle für fuchse u. der gl.
Woeste 253''. 80 schon: zu dem wird den eingesessenen
verpotten, das nemants hasen, antvogel, velthonder scheite,
oder sonst heimlich in stappen oder panden fange, tceisth.
3,132,9 (aus Bakenfeld), vgl. Schiller-Lübben 4, 365''.
STAFFEL , /. stufe, nebenform zu stalTel . vgl. dieses
(Itesonders 1,3), sp. 615 f. so dhd. staphal.m. urd staphala,/.
Graff 6, 657, mhd. stapfei (neben Staffel) Lexer handwb.
2,1140. Sciierz-Oberlin 1558. auch frühnhd. nicht selten
bis in den anfang des 17. jahrh. .- gang, stapffei, treppen,
tritt, schritt, stuffen, gradus. gres.tus. Henisch 1341,21.
jetzt noch lebendig im, alemann. .- 'stapfle, .'ifufe. stapf eli ,
diminut.' Hebel l, 324 (worferkl.); in Basel d' stapfle,
treppe zur hau.sthür. Seiler 277''. auch tirol. stapfl, m.,
neben Staffel. Schöpf 696. (nicht hierher gehört nordthür.
stäpfel, m.. sd(5bel knirps Hebtel sprachsch. 233, viel-
leicht nomen agentis zu stapfen, vgl. oben stapelmatz.)
1) eigentlich (vgl. Staffel II, l): der gieng im (der papst
dem. kaiser) . . . entgegen bisz an die stiegen, do er sich
nidersetzet, und auch mit im die cardinäl und bischof . . .
auf der ersten oder höchsten stapfein. d. städtechron.
22, 318, 7 (quelle v. 1452; im Wechsel mit stapfe, s. das. II, 2, b);
bei der dhir, der oberosten stapflen der stieg gleich. 23, 90,
var. zu 18 (Sender chron. v. Augsb. zu 1500); und hat
d. k. (derkönig) 8 stapflen zu seinem stäl miessen auffgan.
ebenda. ». auch 92, var. zu 4; auch mag man an den ge-
legnen orten auff diser pestey auszgemaurte grcben mit
stapfein vier schuch tieff machen. Dürer befestigung B 2'';
die gassen (in Tripolis) seind zimlich eng, mit grossen
stainen und blatten gepflestert unnd haben . . . inn der
mitte ein tieffe einer stapfei, welche so brait, das in
deren ain geladner camel wol eingehn . . . mag. L. Rau-
WOLPF beMhr. der raitt (1582) 27.
2) in freierem gebrauche, im bilde:
beide aiasen ai den appel, ai ffien^ren abe die stappel
dieff in der hellen kappet beiae Kva und Adam.
MUfCATIlLÜT 28, 88.
mmat übertragen: es sind auch in allen dingen stapfcln
weit linder einander anderschicdlich. S. Fhanck moriae
encon. 148,18. Verwandtschaftsgrade (s. Staffel II, i,f): so
dir bauz wiazend ist der horkomcn unser eitern . ., auch
der magscbaft wesen, ... sag die grad, stapfcl und ge-
sipt, darinnen wir aneinander anrUercn. d. »tädtechron.
8. 110, 14. »tufen der tpürde (a. Staffel II, 2, c. a): der (papgf)
teylet die orden der weihe ausz, durch die als durch
stapflen man r.t priealcrlicher wirdigkcit stig. S. Fhanck
ehnm. (1531) «7ft». Staffel zu etwas (*. staffcl 11. 2. r, y):
•rmot ist der recht stapfei zu der oristenen volkumnien-
heit. Keisersberg narrensch. 168'' bei Ch. Schmidt hist.
wb. der eis. mundart 336*. stufe der voUkommenlieit (?):
dann wir seindt nicht geboren zu narren, zu thoren,
sondern in den stapfFlen Salomonis, der aposteln, und
des ewigen Hechts zu ersettigen. Pahagelsus opp. (1616)
2, .S23B. — zu Staffel II, 2, i ist nachzutragen: die astro-
nomi haben . . . erfunden, das ein Staffel am himmel, die
sy gradus nennen, hab sybcnhundert stadia. . . . seit aber
mm. CGCly. stafflcn am himmel ... S. Franck weltb.
(1542) 2'', wo eine andre ausg. stapffei liest.
STAFFELN, verb. : recalcitrare . . . widersten vel -stapfein.
DiEF. gloss. 486''. sonst nicht bekannt. — thür. als demi-
nutiv zu stapfen: 'stupfeln in kurzen schritten, auch müh-
sam gehen'; sdabeln, sdäbeln, ädäbele. Hertel Sprach-
schatz 233.
STAPFEN, verb. fest auftretend schreiten.
I. verioandt9cliaft und form, l) stapfen ist ein gemein-
westgerm. verbum: ags. stseppan, steppan gradi, cedere
BoswoRTH-ToLLEB 908*'/., mittelengl. steppen Stratmann-
Bradley 578", neuengl. step, vgl. Skeat 595''; altfries.
steppa, stappa schreiten, neuicesffries. stappen und st«ppjen,
wang. stap, saterl. stappa, nordfries. stape. Richthofen
1048*, vgl. TEN Doornkaat Koolman 3,.so2*; a/^.9. *stappan
(s.2), mnd. mnl. holl. stappen; ahd. Stephen, Steffen ^rfldj',
ascendere. Graff 6, 655, da>i€Jen stäpfön 6,^7 : m/trf. stapfen
Lexer liandwb. 2, 1140/.
2) zu stapfen sind, auszer stapf, gebildet staffel und
stufe, daneben liegt eine wurzelgestalt mit inßgiertem nasal
in stampfen, stampf, wozu uxiterhin Stempel und stumpf,
s. diese, auch stapeln II wird man nicht davon trennen
wollen, obwol die laufstufe des auslautenden labials schtcie-
rigkeit macht. — auszerhalb des germ. geJtört dazu gr. ariu-
ßeiv treten, dtirch stampfen erschüttern, darüber hitiaus
sind die bezielmngen unsiclier, weil nicht klar ist, ob das
gr.-vorgerm. b auf ursprünglicJiem labial oder velar be-
ruht, im letzteren falle könnte »lan lit. st^ngti sich an-
strengen (eigentlich sich stemmen*) vergleichen (vgl. jedoch
stinken), im ersteren wären bildungen mit abweichender
lautMufe heranzuziehen, einerseits slav. stopa tritt, spur,
fuszsohle, stepeni stufe, Miklosich .321, andrerseits die
unter stab (I, 2, sp. 329) behandelte wurzel *stabh- stebh-.
vgl. Scherz-Ober LIN 15.58. Wächter 1587/ Kluge® 376*.
Franck nl. etymol. woordenb. 956/ Fick"" 3, 345. * l, 569.
Zlpitza d. germ. gutturale 28. Prellwitz gr. etymol.
u'b.^ 432.
3) stapfen ist urspi-ünglich ein starkes verb; das präs.
ist mit einem, n-sujfix gebildet, dessen n aicli dem stamm
auslautenden p as.tiiniliert und dadurch doppelconsonanz
hervorgebracht hat; das prät. mit einfacher consonanz nach
der 6. ablautsreilie. so ags. stajppan — st6p — stapen,
mittelengl. stape(n), stepen — stöp, stap, 8tep(?) — stapen :
altfries. steppa, stappa — stop — stapen utui noch ni'u
westfr. stappen — stoep; alts. nur das prät. stöp belei/f.
auch Hildebrand.9l. 66 ist wol statt des überl. sloptü nach
alts. weise stöpun zu lesen, vgl. denkm.^ 2, 11. 20. — sj>äfcr
ist die ungewöhnliche flcrion durch ntubildungen vom präs.
aiw beseitigt, so luvt, im mnl. , wie bei fast allen verben fl
dieser reihe mit sfamnu9chlieszender doppelconsonanz, über- ]
tritt in die red uplicier ende cortjtigation stattgefunden ;
stappen — stiep, s. Franck mnl. gr. § 160. die netiern
sprachen zeigen schwaclie flexion ; so schon mnd. stappen —
stappede Schiller-Lübben 4, Zßb^\ jetzt auch hoü. und engl.
4) im hd. ist von anfang an ausachlieszlich seJnearhe
flexion ncuihtreisbar. und ztoar ahd. zunächst nach der
1. classe: Stephen, Steffen, gradi, ascendere. Graff 6, 665
(die Mege zumeist aus Noiker; das prät. nur belegt in:
ubirstafton, transiertmt, obarstaphtun. 66«), daneften vrr
einzelt stapfrtn: si'is sölttu argumentando daranAh stApfun
NotKER \, WM, W Piper (Hort. 3,88. A 16l), vgl. WkIOAM'
2, 798. — mhd. findet sich stepfen nur noch ganz verr-"--"
wan der monitrhe nlleino . . .
u; dinen wegen alcppfct,
den dn aelb« heet geachepfet.
H. V. LANOBNnTRIN MarttiM ISA, 77
sonst stets stapfen, prät. 8tapf(e)tc; im mitteldetttsrhen
dafür auch stappen («. f. b. Braunschw. reimehron. 8058
unter II. 2. r). at^ffäUig ist, dan bei einem Oaterr. dichter
der reim begegnet: , j]
865
STAPFEN (I, 5. 6. II, 1)
STAPFEN (II. 2. 3)
866
darnach sach man staphen (A: stappen)
ritter und knappen.
Heinr. V. Neustadt ApoUon. 17786 Singer.
kaum läszt sich das in einer mitteld. qtielle des iä.jahrh.
belegte staben (: graben) hierher ziehen, vgl. das. 4, a, sp. 3€7.
5, a) im nhd. ist stapfen den icörterhüchern vor Schottel
fremd, dieser bringt es in der nd. -mitteld. form, die auch
in den folgenden neben der eigentlichen schriftsprachlichen
steht: stappen j>?*HO grudu incedere. Schottel 1421 ; stapfen,
sive stappen, gestapft, et gestappt, pleno gradu incedere,
vestigia imprimere. Stieler 2134; stapfen, stappen, verb. . . .
passeggiare, far passi, ealcare cioe caminare con passo
gründe, fermo e sodo, pestando il suolo e stampando ben
fermo le pedate. lat. gradi. Kramer dict. 2, 907". seit
Frisch als veraltet bezeichnet: stapfen, vestigia figere.
gradi, mit starken, festen tritten gehen, auftretten, als
die pferde mit beschlagenen hufen, ist meistens veraltet.
2,320"; 'stapfen, . . . im gehen fest auftreten, undinuxiterm
verstände, gehen, steigen, springen u.s.f ein im hoch-
deutschen veraltetes, ehedem aber sehr gangbares icort.
s. fnszstapfen, welches noch davon übrig ist. es ist eine
onomatopöie des dumpfigen lautes, xcelcher mit dem festen
auftreten im gehen und andern ähnlichen bewegungen ver-
bunden ist, und musz als ein verwandter von Staffel,
stampfen, tupfen, tappen, stumpf, stufe angesehen werden.'
Adelung. Campe giebt stapfen, stappen ohne bemerkung
über gebrauchsbesehränkung.
b) ganz anders gestaltet sich das bild nach den litteraiur-
belegen, hier findet sich stapfen noch in der ersten hälfte
des iä.jahrh. (Keisersberg, W. Ryff), dann verschwindet
es vollständig, um erst bei Wie Land als bewuszte neiierung
wieder aufzutauchen, vgl. .- stapfen, einher stapfen, (fiberon)
VI. 42. ein veraltetes aber mahlerisches wort, für stark
und fest auftreten. Wieland 23, 342 {'glossarium über die
im Oberen vorkommenden veralteten . . . icörter"). bei autoren
des 19. jahrh. ist es ganz geläufig.
c) die bildung des umschriebenen prät. geschieht nach
Adelung mit haben, dagegen unterscheidet Campe:
'l) mit haben, im, gehen fest auftreten. 2) mit sein, fest
auftretend gehen'.'
G) mundartlich nur in den nördlicheren gegenden, tco
pp unverschoben geblieben ist (bair. stapfen bezeichnet
Schmeller^ 2, 774 als der älteren spräche angehörig), ober-
hess., dazu in derWetterau das demin. stapfchen (schdabb-
che) 'liart auftreten. Crecelius 805; nordthiir. {harz.)
schtäppen, langsam, fest auftretend gehen. Liesenberg 204.
Hertel sprachsch. 233 (dazu das demin. stapfein, s. das.).
— allgemeiner verbreitet im nd. : stappen, gehen, so osnabr.
Strodtmann 228; ostfries. StCrenburg262*. ten Doorn-
kaat Koolman 3, 302. brem. wb. 4, 1002/. 6, 337; ditnmrs.
Richey425. Schütze 4, 187; i>r«*sz. Frischeier 2, 363».
II. bedeutung. hier ist die grundvorstellung des festen,
abgemessenen schreifens überall deutlich, doch treten da-
neben zeitweise abweichende nuancen hervor.
l) bedeutungen, die als grundlage von ableitungen an-
genommen werden müssen und in der alten spräche in
spuren erkennbar sind.
a) eine bedeutung 'steigen' scheint vorausgesetzt zu tcerden
durch die ableitungen Staffel {vgl. das. I, 5, sp. 5) und stufe.
»ie findet sich noch bei Xotkek {prol. zu j}s. 119): d&ra-
nah st^phet si an den dritten gradum. 2, 545, 24 Piper;
in d^mo fünftin sprozzen so nimet si martyres in hknt,
nnde stephet also fasto, daz si ioch andere ordines fide-.
linm mit domo robore höhor unde hohor s6zzet. äi6, 4,
«. femer 543, 21. 546, 26, und ebenso in der Wiener handschr.
8,289,30. 290,1.11.28. 291,11. «0 schon ricJttig WÄCHTER
1588. {denselben bedeutungstcandel weist steigen auf, s. das.)
dieser sinn scheint noch nachzuklingen in folgender .itelle :
wenn du mit disen fössen der seien, das ist mit dinem
willen... gost, und stapffest uff die weit, ... so ver-
unreynigest du . . . dine sele . . . wenn du aber mit dincm
willen . . . dich kerest zä gott, . . . und uff tugend , denn
»tapffest du, und gost uff zä gott. Keisersberg bilgetsch.
(1512) 149»/. {die stelle auch bei Ch. Schmidt hist. wb. der
rf*. mundart 337»).
b) ähnlich liegt wol eine bedetitung 'springen' zu gmnde
der andern bildung staffcl, m., heuschrecke, s. oben sp. 515,
dazu das erste Stapel und hcustänVl. thpil 4, 2, 1294. ebenso
\ X. 2.
ags. stapa Mfirf gsersstapa, locustu. Bosworth-Toller 912».
stapfen, salire, saltare. Wächter 1588, der ferner darauf
hinweist, dasz Xotker ps. 38, l uberstephen und über-
springen als Synonyma zur wiedergäbe von transilire ge-
braucht (souuer terrena delectamenta überstephet, unde
übersprungen habet).
2) in den mJid. belegen bezeichnet stapfen durchiceg ein
langsames reiten, wobei die gangart des pferdes auf den
reiter übertragen icird. der übeririegend ritterliclie Cha-
rakter der litteratur bringt es mit sich, dasz diese speciali-
sierung so im, Vordergründe stellt, vgl. Pfeiffer d. rosz im
altdeutschen s. 31.
fl) so wird stapfen mit riten gleichgesetzt:
(Tristan) staphet ouch des endes sä
und reit anlange . . . Trift. 8970;
da von Engelhart dö reit . . .
und kam dar für in einer naht
gestapfet an den borcgraben. Engelh. 4229.
b) und zwar bezeichnet stapfen ein langsames reiten:
er reit staetelichen dan . . .
er stapfet sanfte : im was niht gäch.
Wig. 527 (vgl. dazu SchxlS 2, 774);
da; man von der stat
müe^lichen solde staphen.
Ottokar reimchron. 15923;
des ersten schol er stapfen hin,
darnach bald. Wittenweiler ring SC, 1.
c) stapfen ist geradezu technischer ausdruck für eine
bestimnUe art des reitens {'schritt', vgl. stapf II, 1, c) und
wird so andern arten gegenübergestellt:
stapfen, zelten unde drabn
üf den hof begunde vil der diet.
Wolfram Waieh. 138, 24 ;
stappen, zelden unte draben
was nf dhen hopf. Braunschw. reimchron. 8058;
staphen und niht draven
beguude er zwar. Ottokar reimchron. 55582.
so auch Stapfens riten, im schritt {geicöhnlicher stapfes,
s. unter stapf):
pey den selben stunden
sahen sy pey seytten
staphens an sy reytten
wol sechtzig tausent was ir schar.
■Hei.nr. V. Neustadt ApöU. 7742 Singer.
in diesem sinne ist stapfen {icie auch stapf) noch im
16. jahrh. üblich: nach solcher vierf&chiger underschei-
dung der pferdt, sindt auch viererlei art des ganngs der
pferdt, als rennen traben, der gemein gang und stapffen.
W. Ryff thierb. (1545) Cs*"; also gehet auch das pferdt
den gemeinen gang, so wir staplen {l. stapfen) genent
haben, ebenda.
d) mhd. stapfen hat wol überall den sinn einer orts-
bewegung; daher meistens in Verbindung mit richtungs
adverbien und präpositionnlen ausdrücken, z. b.:
do staphete gen dem walde dan
der edel sigehafte man.
Rudolf v. Ems Wüleh. 11463.
besonders stapfen an einen und ähnlich, angreifen:
nu hin, ir strites vaenr!
stapft an die losen zagen!
Johann v. Würzburg Wilh. v. Otterr. 8055.
so auch gestapfet kernen, tcofür seltner:
diu her, von den ir habt vemomen,
wären staphunde komen
zeinander so nähen.
Ottokar reimchron. 16142 (vgl. vorher:
da; her mit menlichen siten
tlber den berc kom geriten. 15986).
3) stapfen gilt ursprünglich vom schreiten des fusz-
gängers und so in der alten spräche durchiceg. nur im
mhd. tritt diese beileutung ganz zurück und begegnet nur
in freierem und tceniger deutlichem gebrauche, s. die belege
unter 5. dagegen ist sie im nhd. wieder die ausscJUiesz-
liche. s. die erklärungen der icörterbücher , oben \, h.a.
ebenso in den litte^-attirbelegen, die mit Wieland beginnen.
a) stapfen bezeichnet eine besondere art des gehens ttnd
steht so yieben synonymen verben: ein jugendlicher pfiffe-
rari schritt voran, . . . neben ihm stapfte ein sonnen-
verbrannter hirte der cainpngna. Havsbath pater Ma-
fernus 20. stapfen ist ein lungsames und schwerßilliges
gehen; die charakteristische lesonderheit ist, dasz man den
55
867
STAPFEN (II. 3. 4)
STAPFEN (II. 4-6) — STAPSEN
868
fusz fest und schxoer aufsetzt, aodasz ein dumpfer laut
entsteht (Adelung unter 1,6, a):
o gott, da kommt jemand und stapft
und stapft, dasz man durch's donnerwetter es
vernimmt !
Grabbb 2, 113 Orisebach {don Juan u. FauM i, 4);
mit dumpfem klänge
stapft' er davon.
WoLFF der landskneeht v. Cochem «. 187.
stapfen gilt auch von dem mühsamen schreiten in lockerem
oder aiifgeioeichtem und zähem boden, morast. ackerland
u.s.tr.: der sand ist heisz und bei jedem schritt ver-
sinkt der fusz bis über die knöchel, . . . aber die füsze
stapfen muthig in dem vreichen boden. Freytag l, 26.
zuweilen wird die länge der schritte hervorgehoben: dann
kam er mit langen schritten quer übers feld gestapft.
Frenssen Jörn UM 128. auch im schnee, s. Freytao
unter c). hierbei ist auch das hochheben der füsze charakte-
ristisch, vgl. stapeln II, 1. in andern fällen überwiegt die
Vorstellung eines unbeholfenen und tastenden ganges, so
von rückwärts geltenden: an die zwanzig kräftige Jüng-
linge . . . zogen das seil an, um die drei teufel im triumphe
rücklings über den Schauplatz zu schleppen . . . immer
rückwärts hopsend und stapfend , durften sie keinen
augenblick stille stehen. Kf.ller 7, 171. von blinden,
Übertragen:
da stapfest noch geleich als ein blinder.
minnefälkner 152.
b) gern in Verbindung mit ortsadverbien ; so einher-
stapfen in jenem ersten belege aus Wieland 22, 270 {Oberen
6, 42), s. theil 3, 202 ; fortstapfen {theil 4. 1, 34) :
ich nickte lächelnd: 'es passirt!'
und stapfte fort in eine schluft.
A. V. Droste-Hülshoff 1, 218;
schon stapft er durch das zimmer fort,
nicht ganz so trübe, als er kam. 2, 76.
femer: noch seh' ich dich im hauch des winterbrodems
herstapfen, wie den irren baidegeist. 1,205;
in derselben (geistesabicese7iheit) passirt es dem liebens-
würdigen, dasz er, obwol neben mir spazierend, plötzlich
weit voraus, ja sogar in blumenbeete und zuckersohoten
hineinstiefelirt, bis er seine unschuldige verhedderung
gewahr wird, wenn er ins stolpern geräth, aber nur, um
mit desto gröszerer grandezza und todtenernsthaftigkeit
weiterzustapfen. Goi.ty. jugendl. 2, 307 ; auf dem Saum-
pfad . . . wallte eine waffenlose schaar . . . barfüszig
stapften sie vorwärts. Fheyiag ahnen l, 364 (2. c. 4); noch
einmal den cylinder lüftend, stapfte er geschäftig die
treppe wieder hinab. Storm 5, 87; damit stapfte sie
kräftig die treppe hinunter. linytiE kinder der weit i,';9.
c) zutpeileti mit accusativ der Wirkung: dann blieb das
gespann zuweilen in einer Schneewehe stecken, der fuhr-
mann stieg ab, stapfte den pferden eine bahn. Fueytag
1, 77; die vier bürger hielten sich auf dem ziemlich breiten
fuszwege, den die zahlreichen gaste des Wieseckeschen
lokale nach dem Prenzlauer thore hin in dem dicht
liegenden schnee gestapft hatten. Fontane vor dem
»türm 3. 22.
d) der begriff der fortbetoegung tritt manchmal zurück.
80 gilt es vom tanzen • auf der dorfstrasze tanzten im
staabe die kleinen kinder den ringelreigen. ... sie stapften
barbeinig im sande und sangen. Freytau 8, il {ahnen
i.i.c. l); wer die länzerinnen, die schmeichelnden mäd-
chen aus Alexandrien, geschaut, dem dünkt das stapfen
der bauern im grase wie marsch der gänse. 62 (c. 4). in
andern fällen bedeutet es auch nur das feste auftreten,
da» alneeehaeLnde aufsetzen der fünze {wie sonst stampfen),
#0 von einem pferde, s. Frkyiag unter 4. diese bedeu-
tttng wird vielfach als die umprüngliche angeselten, vgl.
r 6. .-'stapfen, atappen, culcure, vestigia ftgere; hodie dici-
mua stampfen . . . stapfen, stappcn. dicihtr etiam de gra
dientibus , acandentibus et saltantibus , tjuia calcantibiis
nmileji mtnt, et vestigia motus sui in pulvere relinquuut.
Wamiikr iri«7. doch wird diese auffassung durch die
»praehlichen thatsaehen nicht gestützt; vielmehr scheint hier
eine nrubildung . mil unter einßusz von stampfen vorxu
liegen.
4) von thieren teird ntapfen in neuerer spräche nur ver
eimelt getagt, vom rosx. // Hhfi uIh bezeichnutig des schritt
gange, e. t, e; jetzt im ei' ihrend das ronz deiner
königin über meinem gewande stapft. Freytag 8, 177
(ahnen 1,1, c. 10; weiter oben: sein huf stampfte auf dem
linnengewand). — von einem vogel in .icherzhafter Über-
tragung: aus einem der seifengänge kam ein purpur-
farbener storch gravitätisch . wie ein haushofmeister,
hervorgeschritteii, . . . und stapfte dann als führervor uns
her. Gau dy \cerke 13, 29. — ur.<fprünglich auch vorn spritigen
der heuschrecke, s. l,b; vgl. noch die nd. {oldenb.) redens-
art: he stappt as 'n pogg {froach) in 'n maanenschien.
FlUMENICH 1, 232,12.
r>) in übertragenem gebrauche ist stapfen selten und in
neuerer zeit ganz unüblich, mhd. {hier ohne die Vorstel-
lung des reitens) von gange einer predigt:
swenne si mit so gitäner rede
so verre staphent ü; dem wege
unt si die läien angrifTent.
Hbinr. V. Melk priesterleben 164.
s. ferner minnef. 152 unter 3, a, Keisersberg unter 1, a.
bei Wieland vom lehensioandel : da wir uns nun einmal
begegnen sollten, warum wollten wir nicht, so lange als
möglich, munter und traulich mit einander fort stapfen?
.39, 272 {Hipparchia an Krates 26, schon bei Campf. angeführt).
6) stapfen /«>• steppen (Stein uach 2.683), *. dieses.
STAPFSTEIN, m., s. stappstein.
STAPHISANGER , STAPHISANDER . m. (?). apotheker-
icort, Verdeutschung aus {delphinium) staphisagria , auch
rattenpfefffer, wolfskraut, s. auch stafadrian, sp. 514, und
stephanskraut. Pritzel-Jessen. «/«zu staphisagrin, ;i.
ein aus dem samen dieser pflanze (stephanskörner) ge-
wonnenes alkaloid. Karmarsch-Heeren^ 2, 597. 8, 447.
STAPLER, 7/1., s. stappler.
STÄPPCHEN, nrf. stäpke, n. {m.T), scherzhafte bezeidi
nung des teufeis in einem groszen theile desitinern Deutsch
lands; auch im sinne von kobold. so im fuldaischen bis
Frankfurt (des klab des) stebge. Vilmar ,S95 {im übrigen
Hessen unbekannt); nordthür. 'stäppchen kämmet! schreck
ruf für kinder; unter stäppchen wird eine kleine gestalt
gedacht'. Kleemann 22», in Stiege schtapchen 'f>enennung
des teufeis. den man besonders im Wirbelwinde, staubteirbel
zu sefien glaubt' . Liesenrerg 204. ferner im Sachsenlande :
das hat stäpke(n) gethan ! , ivenn der anstifter eines
Schabernacks nicht zu ermitteln ist. s. HÖUKS parias tU);
-stäppchen hat's gebracht! ebenda; so sagt man auch in
Liebenburg. kr. Qoslar : da hat stepke 'n swans uppc,
voenn man etioas. das zur hand sein müszte, niclit finden
kann. Sohns will das loort von stapfen herleiten {'dn
jenige, welcher des nachts klappend und schwerfällig
im hause herumstapf f); doch bliebe dabei das daneben l>f
gegnende stöppchen {obersächs. stöpgen), (thür.) stöpfil,
nd. stöpke(n) (Sciiamuacii 212) unei-klärt. vgl. diese uml
J. Grimm myth.* 2,838/. {vgl. auch siebenb. et as nor esi
e stäppen. stopfen, stöpsel = klein und schwach'. From-
mann 5.31.8).
STAPPE, /. (?). STAPPEN, m., nd.. s. 8tapf(e) II. 4.
STAPPEL. m., s. stapel l.«, 3. — stappel (die), nv«
gium, nota. STEIN RÄCH 2. 684 {sonst nicht bekannt).
STAPPELN, verb., nebenform zu stapeln, s. das. I. A. .
JI,2. 3. a. c.
STAPPEN, verb., nd. mittel d. für stapfen, ». da». (!.♦. b.a).
sfappen für steppen bei Steinhacii 8, 684. *. dictes.
STAPPLER. m. bettle}-, in der gauneraprache. a. stäbier 7,
sp. 875. jetst gewöhnlich stnpler. jedenfaUa mit staprhi II, 2
zuaammentunehmen. da» verhälini» zu stabuler {». stählor 7)
aoteie der Ursprung dieses ist nicht durchsichtig.
STAPPSTKIN,m. ; nrf. rft^wuir*. 'atapp-stecne: sind .steine,
die an kothigten örtem gelegt *eerden, um der fuszgänger
willen'. Riciiey 425. brem. wb. 4, 1003; vgl. 8tapf(e) 11,2.«.
stapfen II. 3, a. dann auch itis hd. übernommen : als stapp-
stein bei Campe; mit verhochdeutschuug des ersten com-
po.fition.igliedes: <lcm pastor.... der mit hastig spitzen
schritten über die slapfstcinc durch den schlammigen
hof hinausschritt. Storm n. 181.
STAPSKN. verb., eine ari intensivbildung tu stapfrn,
vermutlich mit dem stiffix uljan, vgl. Wilmanns d. gramm
2, §H4, anm. I. in der heilentung votn grundicorte kaum
unterschieden, eie ftegrgnet erat in der neueren .tprarhe:
er . . . stappsto dann, aU er ihnen {den pferden) endlich
hr futter eingeschüttet hatte, unter dem vortmu u<,-
869
STARK (I, 1-4. II. 1. 2)
STARK (II, 2)
870
in die krugstube. Fontane vordem stürm %,2i^; und
damit griff sie nach ihrer kiepe und stapste wieder aus
aus dem zimmer hinaus. 4,62;
vom stapste der riese und zagte sehr.
Str.\chw"itz ged. 252 Weinhold.
so auch in mundarten; mit ritiancen, die auf einer Ver-
mischung von stapfen und tappen zu beruhen scheinen
{vgl. si&pf 1,6): nordthür. stapsen, hemmtappen. Hertel
sprachsch. 233; preicsz. 'drückend stoszen, mit der na^e
auf oder in etwas stoszen, wie mxtn junge hunde, die zur
reinlichkeit erzogen werden sollen, ehe man sie hinausicirft,
in den eigenen urin etc. stapsf. Frischbier 2, 363". —
dazu leipz. 's taps, der, mann, hursch, besonders ein un-
gelenker, vgl. tap(p)s 2, theil li, 143/.
STARK, adj. durus, robustus, fortis, praesens.
I. ge.schichte der icortform. l) ahd. starc, starch, starh,
starah Gr.\ff 6, 71G, mhd. starc, nhd. stark, ein im, got.
nicht belegtes, sonst gemeingerm. verbreitetes wort: as. stark;
ags. stearc {und streac); afr. sterc; ndl. sterk; anord.
sterkr Fritzxer 3, 541''; styrkr 590''. schon J. Grimm hat
gramm. 2, 62 für die erJcläning der eigentlichen Wortbedeu-
tung eine reihe stairka, stark, staürkun, staürkans (rigere,
pollere) angesetzt, wozu got. gastaurknan, belegt Marc. 9, 18 :
gastaurknif) als Übersetzung von ^r^pa/verai; dazu vgl.
altnord. storkna, rigescere und ahd. storchanen, rigere in
gastorchanSn und arstorchanSn. 'steif steifnackig, hart-
näckig u. s. w.' würde dann die ältere enticicklungsschicht
etwa darstellen, vgl. auch noch stärke, engl, starch {mehl
zum steifen von wasche), wo die ältei-e bedeutungsschicht
noch zu tage träte, und die schon frühe Verwendung des
irortes als attribut von stein , fels , die allenfalls für die
oben ausgesprochene Vermutung spricht:
than sknlun it hröpan thöh harde stenos,
for thesumu folkskepi felisos starka. Heliand 3733;
und im vergleich:
Petrus scalt thü heijen, mit giloubu ij ouh giweigen,
in thiu sis stark io s6 stein. Otfrid 2, 7, 38.
hierher gehören auch die ortsimmen Starkenfels, Starken-
berg.
2) ahd. starch entsprechend zeigen noch heutige süd-
deutsche dialecte starch (comp, sterch und superl. sterchst)
HuNZiKER 250; starch neberi stark (abei- comp, nur sterker)
ScHM.* 2, 782; starch (comp, sterchor) Bacher ludern.
ma. 393; starch (doch comp, sterker) Seiler Bast. ma. 277*'.
sterch (comp, stercher) Schöpf 700.
3) svarabhakti hat sich mehrfach entwickelt, so z. b. in
dem der Rheinpfalz benachbarten hadischen Bappenau starik
(comp, sterika, superl. sterikst) Meisinger 181'.
4) Schwund des zum, Spiranten gewordenen gutturals in
flectierfem aarg. stare, stari, stars neben starche, starchi,
starchs. comp, sterer tieben stercher; superl. sterst neben
sterchst. Hunziker 250.
II. bedeutung. l) starck, fortis. durus, vatidus. virüis,
infracttis, lacertosus, nervosus. Maaler384<=; sia.vk, fortis,
robustus, puis.sant. Schottel 1421; stark, durtis, rigidus,
robustus, fortis, validus, sdidtis, infractus, inmctus, po-
iens, nervosiis, lacertosus, herculeus, magnartim virium.
Stieler 2122.
2) von lebenden icesen.
a) 'gegen krankheit tciderstandsfähig , gesund'; h-äußg
durch die nebenstellung vo7i gesund der gegensatz zu
krank, schwach, schwächlich deutlich gemacht: ich bin
miiglich, gesund, starck, valeo. Dasypodius; von leyb
starck und gsund sein, corpore valere. M aaler 384= ; starck
unnd gsund werden, an der stercke zänemmen, invalere.
ebenda ; gesunder starcker leyb, firma corporis affectio. 384* ;
er ist gesund und stark, pancratice, athletice valet. Stieler
2123; starck und gesund, forte e sano, eioe in buonissima
constitutione, salute. Kra.mer dict. 2 (1702), 908*. zu der
reit, sandte Merodach Bai Adan . . . brieve und geschcncke
zu Hiskia, denn er hatte gehöret, das er kranck und
wider starck worden wcrc. Jes. 39, 1 ; da das Jhcsus höret
sprach er zu jncn (den Pharisäern), die starckcn diirlTcn
des artztcs nicht, sondern die krunckcn. Matlh.<j,t2,
Lamenittin schreibt auch, wie der obgcnantc doclor ge-
sagt hab, er well sclbs /.ft mir roitten, wan er starck
Word, in sein die Fraiilzoscn ankörnen, d stiidtechron.
*5, 15,28; dann zu der zeit waren Jerp Vetter und Jhe-
ronimus Imhof geschworen burgermaister und darzä nith
vast geschickt und baid burgermaister nit vast starckh,
darumb sie auch nit hinauszritten. 369,2; so sage ich sey
nit stark. Fortun. Ml''; sie empfinge jn gar ohnmech-
tigklich als ob sie gar nicht stark were. M 3'' ; sag du
mehr, ob das kein luderieben ist? und dabei bleibt man
frisch und stark. Schiller 2, 81 (räuber 2, 3 schausp.).
vgl. auch das Sprichwort: starcker leut spiel ist krancker
leut todt. Petri Tt 1''. hierher tcol auch : und da, in der
nacht, ob im träum oder im wachen, kam das mädchen
in die kammer in der ganzen starken Schönheit, die sie
damals hatte. Frensse.n Jörn JJhl 183.
b) stark 'jugendlich kraftvoll', gern von einem bestimmten
lebensalter gebraucht: 10 jar jung, 20 jar schön, 30 jar
starck, 40 jar klug, 50 jar reich, handschr. Bos. q 24' der
Universitätsbibliothek zu Jena bl. a», s. Luther 27, einl. IX
Weim. ausg. vgl. : starck werden, robur capere. M.\aler
384"; stark werden, fortescere, irroborari. Stieler 2122,
firmitatem acquirere. Frisch 2, 320'', invalescere 320*^;
wovon bist du so starck worden? come fai ad esser cosi
robusto. Kramer dict. 2 (1702), 908». 'hör du, in der ecke
dort, du wirst grosz und stark, du muszt auch etwas
lernen, womit du dein brot verdienst', brüder Grimm
! kinder- u. hatismärchen nr. 4; als nu herrn Johannsen
I von Zimbern sone , auch herr Johanns gehaissen , er-
I wachsen und fast ein starker, grader herr worden, ver-
I mehelet im sein vatter fröle Freuen. Zimm. chron.^ l, 246, l.
: hierher wol auch: sie sahen auch zween junge gesellen,
die starck und schön waren, und seer wol gekleidet.
2 Macc. 3, 26 ;
der mörder auch war bald darauf ergriffen ;
es war ein starker bursch von achtzehn jähren.
Keller 10, 150.
c) allgemein 'von groszer körperkraff : starck seyn ze-
ringen, viribus ad luctandum valere. M.\aler 384=; gnäg
starck seyn ein bürde oder last ze tragen , esse oneri
ferendo. ebenda; stark, etwas zu bewegen, kräfftig, fortis,
validus, strenuus, inribus pollens. Frisch 2, 320"; stark
seyn, firmis viribus esse ad aliqnid. 320''. mit weiterer be-
stimmun g : starck an kräften, forte, gagliardo. Kramer
dict. 2 (1702), 907". im vergleich: was ist süsser denn honig?
was ist stercker denn der lewe? richter i,lS; Saul und
Jonathan holdselig und lieblich an jrem leben, sind auch
am tod nicht gescheiden, leichter denn die adeler, und
stercker denn die lewen. 2 Savi. l, 23. im gegensatz zu schön :
gott gibt viel hübscher gäbe,
ein mensch sols nicht gar han.
einr singt, der ander kan sagen,
einer starck, der ander ist schön.
bergreihen 42, 18 (/. Meier).
attributiv: ein starcker mann, un huomo forte, robttsto,
valido, gagliardo, valente, valoroso, nerbuto, forzuto. un
valent' huomo. Kramer rftc#. 2(1702),907=; ein starckes weib,
donna forte, valente. ebenda; ein starcker held, ein starcker
bewaffneter, un campione valoroso, forte armato. ebenda;
ein starcker knecht, servus fortis. Steinbach 2, 684; ein
starcker kerl, homo robustus. ebenda, und Joab gab dem
könige die summa des volcks, das gezelet war, und es
war in Israel acht hundert mal tausent starcker man,
die das schwert auszogen. 2 Snm. 24, 9; sihe, es sind unter
deinen knechten funffzig menner starcke leufe. die las
gehen, und deinen herrn suchen. 2 kön. 2, 16; und wurden
der kinder Eleasar mehr funden zu furnemesten starcken
mennern, denn der kinder Ithamar. \ chron. 25,4; von
den Gadditern sonderten sich aus zu David in die bürg in
der wüsten, starcke beiden und kricgsleute, die schilt und
spies fürcten und jr angesicht wie der lewen, und schnei
wie die rchc auff den bergen. 13, 8; und die zal der fur-
nemesten veter unter den starcken kriegern, war zwey-
t.Tusent und sechshundert. 2 chron. 26,12; es darff sich
aber niemand darumb verwundern , dasz dieser streich
von so kräfftigcr würckung gewesen; dann man nennet
mich dcszwegen in meiner heimath den starchen Michel,
weil ich die ohrfeigen so gewichtig und meisterlich aus-
tbcilen kan. Simpl. sehr. 3,si6,lS Kurz; starcke fechtet ohn
beulen, artzte ohn kunst, und trunckene Wächter fügen
nichts. Pktri Ppp4*; eine groszc gcsellschaft Seiltänzer,
Springer und gauklcr, die einen starken mann bei sich
hatten, waren mit weib und kindern (in das unrtshatts) ein-
5.1*
871
STARK (II. 2)
STARK (II, 3)
872
gezogen. Göthk 18, 141 (WiZA. Meisters lehrjahre 2, +); der
starke Hans. nnvnv.nGHiMMkiudern.haiismärchen n>MG6;
es war um Weihnachten 180*, ... da kam ein 'starker
mann' ins dorf, einer von jenen fahrenden künstlern, die
zunächst in rothem trikot mit fünf groszen kugeln spielen
und hinterher ein taubenpaar aus einem Schubfach auf-
fliegen lassen, in das sie vorher eine nhr oder ein taschen-
tuch gelegt haben, der starke mann schien bessere tage
gesehen zu haben. Fontane vor dem stürm 1,89; dieser
war ein hüne, also gutmüthig, wie alle starken leute.
kriegsgefangen^ .5; er {Paul, Warnefrieds söhn) meint, dasz
der norden mit seinem eis und schnee die Vermehrung
der menschen begünstige, . . . deshalb sei Germanien so
voll von starken leuten. FitEYTAO 17, C2 (bilderi); der
gröszere häuptling führte auszerdem einen speer mit
farbigem bände, und es war ein starker mann, der ihm
diese kriegsfahne trug. 83. vgl. .-
si beten da ir friunde zwelf kUener man,
da; starke risen wären. Xih. 9.5, 2.
auch von thiereu : ein starcker gaul, ein starcker ochs,
ravallo, bue robusto. Krameh dict. 2 (1702), 907° {über die
andere bedeutung von starker ochse s. unter 14); das die
leute werden schreien, und alle einwohner im lande
heulen, für dem getümel jrer starcken rosse, so daher
traben. Jerem. 47, .3; darumb, das jr euch des frewet und
riiümet. das jr mein erbteil geplündert habt, und lecket
wie die geilen kelber, und wiehert, wie die starcken geule.
öO, II ; aber das tier war so grosz und stark , dasz sich
niemand in die nähe des waldes wagte, worin es hauste.
nnÜDER Grimm kinder- u. hausmärchen nr. 28;
das jwnpe t)äuniclien, eh es würzet sctilä^t,
entnimmst du seinem ort mit leichter hand ;
gewurzelt wird es kaum ein stark gespann
mühsam entreiszen seinem vesten platz.
Herder 26, 396 Stiphan (oliimen aus tnorgenl.
dichtem 3, 35).
«) mit rreiterer erläuterung des begriffes: starck an
kräften, forte, gngliardo. Kramkk dict. 2 (1702), 907".
ß) mit näherer besfimmung durch den körpertheil, welcher
den zustand begründet: starck an gliedern (daneben Von
starcken gliedern), forzuto di membra, di membratura
robusta e gagliarda, torosu, mrhuta. Kramkü a. a. o. er
ist starck im rücken. Egf.noi.ff 114*.
;-) als attribiit dieser körjyertheile selbst: ^tarcke glied-
maszen, membra robtist». Stein bacii 2, g«4, dann auch:
starcke beine, gambe forti e robtiste. Kram eh dict.
2 (1702), 908* ; sf;',rrke arme, braccin forte e robusto. ebenda;
gerochen war der hnhn des siegers durch starken arm.
Freytag 8, 41 {ahnen i); da legte ihm der andere lieb-
kosend den starken arm um die schultern. C. F. Meyer
Jiirg Jenatsch ."W;
man sähe recht mit lust, . . .
. . . wie dort ein stamm {reschoben
von starker armen kraft. Postel Wittekind 4, 65.
starcke fauste. Khamer a.a.O.; aber sie {die Heruler)
waren bei alledem sehr kriegstüchtig, waghalsig und von
starker faust. FREYTAr; 17, 131 {bilder i). starke hand,
starke bände: und wieder packte sie {die keide) Ingo mit
starker hand und hielt sie hoch. 8,28 {ahnen i); da ver-
stummten die lauten rufe, aber der streit der mcinungcn
schwebte geräuschvoll um alle tische, die äugen flammten
und starke bände hoben sich. 35;
er (der kranke) sieht des fremden auges blitz,
da plötzlich fühlt er starke hUnde,
fühlt wOthond sich gezerrt vom sitz.
V. I)ROSTE-Hf!I.SllOKF 1,320;
vgl. dazu die bildliche Verwendung unter 5, e. starker
rücken . sprirhirörtlirh : er hat ein starcken rücken, er
kan ein mann fünfftzehen, zwcnizig, auff einmal die
sligcn hinaulT tragen , das ist verrathen. Eüf.noi.ff ll*\
rf) mehr tiur in der bedeutung 'mit kraft iivgaht, und
dadurch inderatandsfdhig' . starker magcn , der viel ver-
tragen kann, mit deutlicherem gigensatz zu schwach:
slnrrkcr oder voltJiuwiger magcn, xfomachus acer. Maai.kh
884"; starcker mngcn, »tomaco rottuMto, gagliardo ; stomaro
di ferro. Khamkr diet. 2 (1702), 90H»; ein starker magcn.
Ai>ei,i:n<<. iüinlifh slArke nerven hnhen. Campk.
e) im Mprirhteort mit einem auf dem gelnauch unter 3
beruhenden moralijtrJwn heiirinn. starke heino haben: M*ic
man spricht . . , et mtisten «larcke beyne sein, die f(u(e
tage ertragen solten. Luther 24, .^'.i, 32 Weim. ausg.;
adagium germanicum: es müssen starcke beine sein die
da gute tage tragen können. 28,642,2; es müssen starke
beyne sein, die gute tag können ertragen. Aoricola 7,50,
.<>])richtnörter 1592.
3) stark auch mit beziehung auf sittliche und geistige
tüchtigkeit ; deshalb die sprichicörtlirhen beschränkungen wie:
es sind nicht alle starck, die viel heben können. Eoe-
NOi,FF 373''; der grosze Philisliner Goliath war starck,
aber David war noch starcker. iio*»; starck ohne witz
ist ein leib ohn seel. PETRiTti'». tgl.: einweisermann
ist starck, und ein vernünfftiger man, ist mechtig von
krelTten. .tprüche Salom. 2i,b; der ist nicht starck, der in
der not nicht fest ist. 10.
a) ein starker denker, der tüchtige gedankenarbeit leistet;
scherzhaft: aber . . . wenn ein starker kerl {wie Giithe)
ewig seine freude dran hat andre zu necken und zu gecken,
dann möcht ich gleich ein dutzend Pyrenäen zwischen
mir und ihm haben. Wiei.and in Merrks briefs. 1, 103;
von dem tode des kaiser P'ricdrich Rothbart wachsen die
Deutschen durch dreihundert jähre, ohne dasz nur einmal
ihre bedürfnisse und forderungen einen starken Vertreter
linden, der sich die herzen der Zeitgenossen unterwirft,
um ein führer ihrer kämpfe, ihr lelirer und bildner zu
werden. Freytag ^/iW«- 2, 1, 463. auch: ein starker jägcr
heisset derjenige Weidmann, der in der Jägerei wol er-
fahren und geübt ist; item einer der gerne auf diejagd
gehet. Hkppe leithund '8. starker redner; ähnlich: so gott
wollt senden starcke prediger die seyn wortt getrost
sageten. LuTnKit 15,7.5,2 Weim. au.tg.
b) von dem theil des men.tchlichen ichs, tcelchem solche
geistige oder sittliche kraft entspringt : erbat einen starken
köpf, der tüchtige gedanken hervorbHngt ; ein starkes gc-
müth. Campe;
zweiflet jemand, dasz mit recht
sich dein trcfliches geschlecht
seinen Ursprung zu beweisen,
ab dem löblichen geblüt
weisen und starcken ppmüht
deiner anherren zu preisen?
Weckherlin ged. (1648) 381.
er hat einen starken und tüchtigen geist. starker ver
stand. Adelung, starkes gedächtnis, forte cioe buona,
fertna memoria. Krämer dict. 2 (1702), 908'; ein starkes
gedächtnisz haben, Adelung.
c) auch von den personen selbst, welche mit der be-
treffenden eigen.9chaft , gäbe u.s.w. ausgestattet sind: ein
starker geist, 'welcher allen vonirtheilen widerstand leistet'.
Adelung, vgl. franz. esprit fort; im 18. jahrh. als be
Zeichnung der freisiimigen , irelche die religionstrahrheiten
leugneten {vgl. unten starkgeisterei): für die Schriften
unsrer starken geister habe ich lange , doch vergebens,
nachgedacht einen buchdruckerstock austindigzu machen.
Raren ER 2 (17.5.5), 71 ;
der böse, böse tod,
mit seinem krachenden gerippe,
mit seiner für(;hterlichen hippe
stellt si<'l> am frühen moriri-nroth
den starken geistern gegenütu-r.
Götter </(</. 1 (1787), 369.
doch aiieh allgemeiner: sie sind ja der teufel im mieder!
ein starker geist mit langen haaren? Keller 7,26 {Sinn-
gedicht), eine starke seele: Viglius war ein gelehrter, aber
kein denker; ein erfahrner geschäftsmann, aber kein er-
leuclilelor köpf, nicht starke seele genug, die fesseln
des Wahnes, wie sein freund Krasmus zu bm licn.
KcillLLER 7, 187;
Bnttler. auch Wallenstein ist der Fnrliin.i kli
ich liehe einen wog, der '
nio. verwandte sind sich all<'
1", '' .
diese bekannten waren meist hauRbcsitzcr, starke köpfe,
auch milglieder der sladlverordneten und des rath«,
FuKYTAd 7,244 (iw/. handsehr. 4).
d) stark sein, werden, wiiV tniterer angafte; und da«
kindlein wuchs und war starck im geist. Luras 1,80; aber
das kind wtichs und ward starck im geist, voller Weis-
heit, und gntfcK gnade war bo; jm. 2, 4fl; stark sein durch
eines; denn so spricht der herr herr, . . . wenn jhr stille
bliebet, so wllnie euch gehollTen, durch siillo sein und
hoffon würdet Jr starck sein. Jea. 80, 16: *o sey nu starck,
873
STARK (II, 3-5)
STARK (II, 5. 6)
874
mein son, durch die gnade in Christo Jhesu. 2 Timofh. 2, l.
stark sein gegen eines , iJim iciderstand leisten .- er ist
stark gegen Versuchung, stark sein in einem, viel darin
vermögen, leisten: denn er zweivelt nicht an der ver-
heissung gottes durch Unglauben, sondern ward starck im
glauben und gab gott die ehre. Rom. i, 20. stark in einer
kunst oder Wissenschaft seyn. Adelung; anders dafür
auch : noch trägt die schloszfrau das Schlüsselbund an
der seite, sie ist stark in recepten und abergläubischen
hausmitteln. Freytag 17, 8 (bilden);
er war zur feder stark, docli stärker noch zur ruthe.
zween junge heim hat er durch seinen stock formiert.
Z.\CHARI.Ä. 1, 210 (sehnitpßuch 1, 142).
i) aus 2 u?id 3 sich ergebend, eine starke natur, von
groszer physischer und psychischer kraft, löbliche unnd
starcke natur, natura acris. Maaler 384<=; starke natur,
vis naturae permagna. Stieler 2123. eine starcke natur,
natura, complessione forte e gagliarda. Kramer dict.
2 (1702), 908»; eine starke natur haben. Adelung, er {der
kluge medicus) giebt denen, die eine starcke natur haben,
eine starcke, denen aber, die schwacher natur sind, eine
schwache dosis. P. F. Sperling Nicodemus quaerens et
Jesus 7-esp. l (1718), 1127. mit iceiferer angäbe: selbst wo
dich als menschen ein paar irrthümer anwandelten, kann
das deine reine sittlich starke natur desto sichtbarer
machen. J. Grimm kl. Schriften 7, 605 (erinnenaig an Lach-
mann z. 17. märz 1852). auch zur bezeichnung der person
selbst: er ist eine starke nator; er ist eine sittlich
starke natur.
o) stark durch andere umstände begründet:
a) ein volk ist wirtschaftlich stark, vgl. .- die Hellenen
hatten, bevor sie den phönikischen händler verdrängten,
alles, was die Phönikier stark gemacht hatte, sich selbst
angeeignet. Freytag 17, 57 (bUder l).
b) stark, mächtig durch die zahl verfügbarer kräfte, von
tco die bedeutung von stark als 'zahlreich' {s. unten 15, a)
ausgeht: bei einem starken volke und grosser menschen-
masse ist sie (die betcegung) ein langsames ausbreiten
über die grenzen nach günstiger richtung. lio. auch sonst:
wo du nicht eilen wirst, jnen zu wehren, werden sie
(die feinde) stercker werden und mehr schaden thun, und
wirst sie nicht mehr bezwingen können, i Macc. 6, 27 ;
wo die feinde am stärckesten waren, nel piii folto de'
nemici, dov' era il maggior nerlo di essi. Kr.\mer dict.
2 (1702), 908»; seine parthey, seinen anhang starck machen,
fortificare il suo partito, il stto seguito. ebenda; ich über-
legte mit Karls ministem, dasz Frankreich in Genua
noch starke partheien hätte. Schiller 3, 68 (Fiesko 2, 14).
auch verblaszter:
Octavio. dasz der kaiser noch
so gute freunde hat und wackre diener.
Itolani. spaszt nicht, es sind nicht eben schlechte männer.
Octario. gewisz nicht, gott verhüte, dasz ich spasze!
sehr ernstlich freut es mich, die gute»sache
so stark zu sehn. 12, 252 (Wallensteing tcd 2, 5).
c) auch von einzelnen personen : dieweil es jm aber also
glückt, lielTen mehr leute zu jm, das er stercker ward.
t Macc. 9,66; willkommen in den böhmischen wäldern!
bist ja gros worden und stark, sternkreuzbataillon !
bringst ja rekruten mit einen ganzen trieb, du trefflicher
Werber! Schiller 2,78 (räuber2,3 schausp.). besonders
gern von herrschem • ein starker könig, mächtiger könig: der
kaiser ist stark zu felde, caesar Jirmus est a copiis, exercitti
florentissimo , innumerabili instructus est. Stieler 2123;
stan-ker fürst auf dessen wincken
cron und scepter in die aschen, in staub, prausz und nichts
versincken !
A. Grypmils ged. (1698) 1, 626 (Piattus 1).
abstracter: daher die cimbrisch starcke cron
wolt sich (zu deiner tugent lohn
und jhrem preisz) umbsunst bemühen
dich deinem könig zu entziehen.
Weckiierlin ged. (1648) 377.
d) besonders von überirdischen tcesen, deren kraft sich
mit menschenmacht überhaupt nicht messen läszt; besonders
von gott: ein starker gott. Adelung; darnach zoch Jacob
gegen Salem, . . . und richtet dasclbs einen altar zu, und
rieff an den namen des starcken gottes Israel, genes. 33,20;
der starcke gott der herr, der starcke gott der hcrr
weis, so weis Israel auch, fallen wir abe oder sündigen
11 wider den herrn, so helffe er uns heute nicht. Jo»uai2,22;
du groszer und starcker gott, herr Zebaoth ist dein
name, gros von rath und mechtig von that. Jeremia 32,18;
herr du bist ein grosser starcker gott, und dein reich
weret ewiglich. Tob. 13, 2; er ist starck und fürets aus,
sein ist der da jrret, und der da verfüret. Hiob 12, 16;
wer ist der selbige könig der ehren? es ist der herr
starck und mechtig, der herr mechtig im streit, ps. 24,8;
denn der herr dein gott ist bey dir, ein starker heiland.
Zephanja 3,11; von Christus: ich teuffe euch mit wasser
zur busse, der aber nach mir kompt , ist stercker denn
ich, . . . der wird euch mit dem heiligen geist und mit
fewr teulfen. Matth. 3, il, s. auch Marc, l, 7. von einem,
engel: und ich sähe einen starcken enget predigen mit
grosser stim. apoc.i, 2; und ich sähe einen andern starcken
enget vom himel herab komen, der war mit einer wolcken
bekleidet, und ein regenbogen auff seinem heubt, und
sein andlitz wie die sonne, und seine füsse wie die fewr-
pfeiler. 10, 1. vom tod: starck ohn rath ist der todt.
Petri Ttl'»; im vergleich:
nach gott
so ist nichts sterckers, dann der todt.
der bezwingt alle creatur,
was ye entpfieng das leben nur.
H. Sachs 7, 431 Keller-Götze;
sein lied ist stark als wie der tod,
es lockt in nacht und verderben.
Heixe 1,283 Elfter.
e) entsprechend oben 2, c, y, auch hier in übertragener
Verwendung: starker arm, der viel vermag, viel durch-
setzt U.S.W, und ich wil wider euch streiten, mit aus-
gereckter band, mit starckem arm, mit grossem zorn, grim
und unbarmhertzigkeit. Jerem. 21, b; las die erschrecken
für deinem starcken arm, die mit gotteslesterung wider
dein heiliges volck ziehen. 2 Macc. 15, 24. ebenso starke
hand: herr herr, du hast angehaben zu erzeigen deinem
knecht deine herrligkeit und deine starcke hand , denn
wo ist ein gott im himel und erden, der es deinen
wercken und deiner macht künde nachthun? 5 Mos. 3, 24;
so war ich lebe, spricht der herr herr, ich wil über
euch herschen mit starcker hand und ausgestrecktem
arm, und mit ausgeschultem grim. und wil euch aus den
völckern füren, und aus den lendern, da hin jr verstrewet
seid, samlen, mit starcker hand, mit ausgestrecktem arm
und mit ausgeschüttem grim. Hesek. 20, 33. 34; warumb wil
dein zorn ergrimmen über dein volck, das du mit grosser
krafft und starker hand hast aus Egyptenland gefüret?
2 Mos. 32,11, s. auch Dan. 9,15; aber ich weis, das euch
der könig in Egypten nicht wird ziehen lassen, on durch
eine starcke hand. 2 Mos. 3, 19; der herr sprach zu Mose,
nu soltu sehen, was ich Pharao thun werde, denn durch
eine starcke hand, mus er sie lassen ziehen, er mus sie
noch durch eine starcke hand aus seinem lande von
sich treiben. 6, l; es fehlte daher an einer starcken
hand, die faktionen zu bändigen und die aufrührerischen
köpfe im zäum zu halten. Schiller 9, 163 (Solan);
lob sei den starcken händen
die alles herzleid wenden.
P. Gerhardt ged. 7, 7 Ebeling.
auch von einem volke : und die Edomiter zogen aus, jnen
entgegen mit mechtigem volck und starcker hand.
4 Mos. 20, 20.
6) subst.
a) denn sihe Herr, sie lauren aaff meine seele, die
starcken samlen sich wider mich, on meine schuld und
missethat. ^j?. 59, 4; ein gedültiger ist besser denn ein
starcker, und der seines muts herr ist, denn der stedte
gewinnet, sprüche Sal. 16,32; das der so schnell ist, sol
nicht entfliehen, noch der starcke etwas vermOgen und
der mechtige nicht sol sein leben erretten können.
Arnos 2,14; und der unter den starcken, der manhaftijt
ist, sol nacket entfliehen müssen. 16; so spricht der
herr, ein weiser rhüine sich nicht seiner Weisheit, ein
starker rhume sich nicht seiner stercke. .lerem. 9, 23;
wie ein starcker jauchzet, der vom wein kompt. ps. 78,65;
wie kan jemand in eines starcken haus gehen, und jm
seinen hausrat rauben, es sey denn, das er zuvor den
starcken binde, und alsdenn jm sein haus beraube?
Matth. 12,29; vgl.: es kann niemand einem starcken in
sein haus fallen, und seinen hausrat rauben. Marc. 3,27;
875
STARK (II. 6. 7)
STARK (II, 7. 8)
876
ein starcker find wider einen starcken. Pktiu Y 5»;
r. Moor, dein zittern entnervet den starken. ScHiLLEri
2, SdT (rätiber i, 3 trauersp.); die kraft des starken im
kanipfgewühl wurde vor allem gefeiert. FaEYTAG 17, 78
(bilder l); . , . , ,,..,.,
ein starcker, der an kranckneit leit
hat mit dem todt gewissen streit. Pkiui C I»;
der starck wil immer han allein,
was man sol teilen in gemein. 1' !•;
der starke Tällt durch diesen hold
und wir behalten mit das feld !
W. E. Arends im hannov. geaangb. 362, 1.
b) im comp.: wenn aber ein stercker über jn kompt,
und überwindet jn, so nimpt er jm seinen hämisch.
Luc. 11, 22. so war auch ihm (dem gefoJgsherrn) die
äuszerste Unehre, seine getreuen zu opfern, wenn er sich
dem stärkern unterwarf. Freytag17,81 {bilden); besonders
gerne in der toendiing das recht des stärkern: das recht
des stärkern 'das ewige, allgemeine und unumschränkte
recht der natur'. Adelung; wenn Wackermann seinen
kürasz und heim angelegt, seine lenden mit dem schwert
umgürtet hatte und die goldnen sporen an seinen fersen
klirrten, war er . . . ein roher, hartherziger mann, der . . ,
weil er selbst mannhaft und rüstig war, kein ander gesetz
erkannte als das recht des stärkern. MusÄus Volks-
märchen 4,37 Hempel; vgl. schon ahd.:
der fortis armatus
der chlagete duo dag stn hüs,
duo ime der sterchore cham. Ezzos gesang 19, 9.
c) im superlat. sprichwörtlich : also das man ynn solchem
fall den spruch lasse gehen: gott hilfft dem sterkisten.
Luther 11,277,24 Weim. ausg.; da spricht man wol, gott
helfTe dem sterkisten. 24,435,12; gott hilfft dem stärckesten.
Egenolff sprichtc. 375»; der stärckest hat recht, jt« est in
armis. ebenda; der stärckest hat allzeit glück und recht.
Petri Pi»; der stärckest behelt den platz, ebenda, sonst:
da aber die Philister sahen, das jr sterckster tod war,
flohen sie. lS«m. 17, 51; die gröszte kriegsehre ist mit
der faust den stärksten erlegt zu haben. Freytag 17, 94
{bilder l);
weyl ihr sterckister {Goliath) ist erschlagen
80 thun sie (die Philister) an dem sieg verzagen,
geben ausz dem läeer die flucht.
H. Sachs 15, 48, 21 Keller-Götze;
{von gott:) wem der stärkste bei will stehn,
wen der höchste will erhöhn,
kann nicht ganz zu gründe gehn.
Gerhardt 235, 105 Gödeke.
d) mit herforliebung des gegensatzes zu sehwach: sie
{die pfaffen) können einen menschen vom tod nicht er-
retten, noch einem schwechern helffen wider den starcken.
Baruch 6,Sb; wa sich Uneinigkeit strauszt, da wird zu
eng das hausz, unnd ziehet der stärckst dem schwächern
den hämisch ausz. Oarg. 88 neudr. ;
sollt wo ein schwacher fallen,
80 greif der stärkre zu,
man trage, man helfe allen,
man pflanze lieb und ruh !
Gerii. TERSTEfiEN im haniun'. gesangb. 873, 6;
selbstsüchtig schuf der stärk're das gesetz,
ein Bcblächterbeil zugleich und fangenetz
(tfr schwächere zu werden. Chamihso 8, 276.
im itprichvsort : die schwachen und armen ligen allzeit
unten, die reichen und starcken oben. Pkihi Ks*»;
der scbwecher miuz doch haben schad,
oder dem starcken dienen auff gnad. O 8'*;
der schwag und arm sich müssen leiden,
der starck und reich han glUck zu beiden selten.
PI»;
ein starcker oflt nicht kan,
was vermag ein schwacher mann. Y 6*.
7) das at«rke oder das stärkere geschlccht, da* männ-
liche im gegen nütz zum schwachen oder schwächeren, tceib
tirlten geHchlccht (*. fheil 9, 2152 unter schwach): Leonore.
ein schwaches weiberhcrz zu zerfleischen I o es ist des
starken Kcschlechtes so würdig I - ich warf mich in die
arme dieses manncs. an diesen starken schniiegfen sich
wollüslig alle meine weiblichen schwächen. Sciiii.i.kr n,K7
I>\e*ko 8, .1;: vgl.: banirt dir, so durchstreiche das wort
stark vor deinem geschlechlc, denn ein mädchcn hat
dich zu srlinnden gcniachl. 47« {kalntle und liebe r>, l);
auch tonst zur Charakterisierung de* männlichen • sie
iAmalia) gl&nzt in seinem straie, crwUrinl sich an seinem
feuer, schmachtet neben dem starken, und ist ein weib
neben dem mann. 2,366;
denn wo das strenge mit dem zarten,
wo starkes sich und mildes paarten,
da giebt es einen guten klang. 11, 308 {gloche 91).
a) in beiotiszter (bisiceilen irotiisierender) gegensätzlicJi-
keif zu diesein gebrauch auch von frauen: doch bewies
hcrr Hummel, tyrannisch gegen alle weit, seiner frau
zuweilen grosze rücksicht. wenn sie ihm im hause zu
stark wurde, ging er stillschweigend in den garten, und
wenn sie ihm auch dahin folgte, verschanzte er sich in
der fabrik hinter einem bollwerk von haaren. Freytag
G, 27 (vetl. handschr. l);
{Wallcnstein.)
komm zu dir Tkekla. sey mein starkes mädchen !
Schiller 12, 348 {Wallentteins tod 4, 9);
sei stark du meine männin, reiche mir
und weihe, sie berührend, meine waffen ;
nicht thöricht gilt's die weit mehr um zu schaffen,
sei stark, für recht und Ordnung kämpfen wir.
Chamisso 3, 51 ;
'du bist stark und du bist frech!'
sagte wiederum die andre ;
'ich bin zag und das gewissen
liegt mir leider in der art'. Keller 10, 155.
b) 3. Grimm bezeichnet in der grammatik die vokalische
declinafion als die starke im gegensatz zur consonanfisdien
als der schwachen, tveil sie aus eigener kraft, ohne unter-
stiltzung durch ein hilfselement , eine flexion möglich
macht: noch bleibt einer durch die gesammte deutsche
zunge waltenden Unterscheidung zwischen starker und
schwacher flexion zu erwähnen, erstere ist die ältere
und (innerlich) einfachere, ^rawt?^. 1,597; aufgestelt werden
müssen aber nach dem unterschied starker und schwacher
form alle deutschen declinationen , da er historisch ein
wirklicher geworden ist. ebenda; ebenso als unterschied
der conjugationen. vgl. .- ich kann kürzer und deutlicher
sagen 'ein verbum conjugiert stark oder schwach' als
'nach der ersten oder nach der zweiten form'. 29.
8) von gegenstünden mit bezug auf ihre besondere festig-
keit, haltbarkeit, Widerstandsfähigkeit: stark, fest, ßmius,
robustus, sfuMlis. Frisch 2, 320'*.
a) von batdichkeiten. ein starkes gebäude : ein starckes
gebäu, utia fabi-ica soda, salda. Kramer dict. 2 (1702), 908»;
starke vestung castelluyn munitum, validissimum. Frisch
320''; starke fest ung Adellng; starker thurm ef/enda: es
war aber ein starcker tlium mitten in der sfad, auff
welchen flohen alle menner und weiber, und alle bürger
der stad, und schlössen hinder sich zu, und stigen auff
das dach des thurns. WcÄ^er 9,51; («t<cA bildlich:) denn
du bist meine Zuversicht, ein starker thurn für meinen
feinden. ^*. 61,4; starke mauer ei7ier stadt, einer bürg:
eine starke mauer. Adelung; und befestiget die bürg
Dauid mit starcken mauren und thürnen. l J/acr. 1,35.
starke bastei (scherzhaft): starke bastei von guten brülin
und suppen. Gnrg. 378 neudr. starkes Ihor: und Simon
bawete die bürg Adida zu Sephela, und machet sie fest,
und bewaret sie mit einem starcken thor. 1 Macc. 12,38;
aber Simon bawet und befestiget viel stedte im lande
Juda, mit dicken mauren und hohen thürnen, im<!
starcken thoren, und schaffet speise in die feste stedte.
1.4,33. starke brücke: starke hölzenc brücke j>on*foAo>rf<,».
Frisch 2,320''. starkes schiff Adelung: sie sind vor
gangen, wie die starcken schiff. Hiob9,2e;
80 wie ein schifTcr sorgt, oh" er, von hülP ontblöszl,
sich und sein Fi'hwininiciid haus ins woitp wellmcor sliis/l . .
besichtigt srhifT und gut, und übcrlect dahci,
ob es auch stark genug zu dieser küiinheit KnyV
I^irtlTWRR IMt
auch von einzelnen theiUn: starkes fundamenl ; starke
wände (iro alier schon die hedeuhinf/setttiricklung zu 'dick'
einsetzt); starke tliüren; starkes bnlken und sländerwerk;
er wird mit den füssen seiner rosse alle deine gnssen
zulrelten. «lein volik wird er mit dem schwert erwürgen,
und deine starcken seulen zu hodoti reissen. Hr.tck. 26, ll;
wer die stufen {des nuichtigm hohlmurs) hiiiauf.vlieg. trat
durcli das thor in die weite halle, er sah liinten den
heiligen herd, über sich das starke hnlkendnch. FRKViAti
H, 169 («/«»im 1). ein gefängnis von starcken eichenen
pfoslcn gemacht, robustus carcer. Corvim s fous latini
tat, 660* ; ein starckes hrci, asaer vtdidus. Si linhagii 8,(M4.
877
STARK (II. 8. 9)
STARK (II. 9. 10)
878
starkes schlosz, starker riegel: und die thür, beide am
tempel und dem allerheiligsten , hatte zwey bletter, die
man auff und zuthat . . . und davor waren starcke rigel,
gegen der halle. He^ek. 41, 25. ein starcker nagel, clavis
trahalis. Steinbach 2,684. in rein technischer spräche des
berijicerks: starker steg 'ein holz, icomit ein im hangenden
stehender thürstock, den man der länge wegen nicht trauet, . . .
gestützt icird'. Jacobsson 4, 260*.
b) höret jr berge, wie der herr straffen wil, sampt
den starcken grundfesten der erden. Micha 6, 2 ;
ein messer, so das meer sich schliff,
da starrt ein starkes felsenriff
und schlitzt das Engelländerschiff. Keller 10, 107.
auch bildlich : neige deine obren zu mir, eilend hilff mir.
sey mir ein starker fels und eine bürg, das du mir
helffest. ps. 31, 3.
c) 10« icaffen: starker bogen, arctts acer. Maaler384*;
zu der zeit wird der herr heimsuchen mit seim harten,
grossen und starcken schwert, beide den Leuiathan, der
eine schlechte schlänge, und den Leuiathan, der eine
krumme schlänge ist. Je*. 27, l. vgl.:
dö truoc man der frouwen sware unde gröj
einen vil scharfen ger, dens zallen ziten schög,
starc und ungefüege, raichel unde breit. Nib. 418, 3.
(/) starcker zwirn, starck garn, ^i^o, re/e /orte. Kramer
dirt. 2 (1702), 908'" ; ein starckes seil , ein starcker strick,
corde, ftine forte, ebenda; ein starkes seil. Adelung.
vgl. (Andreas:) die haarlocke ist mürbe, aber doch stark
genug, dem schlanken Jüngling den purpur zu knüpfen.
Sbhillek 3, 155 (Fiesko 5, 14).
e) starck tuch, starcke leinwand, tela, drappo etc. forte,
sodo. Kramer dict. 2 (i 702), 908''; ein starkes tuch. Aoe-
LLNo; eine starke leinewand, ebenda; sein kleid in den
weisz und blauen landesfarben war von starkem Woll-
tuch und nur mäszig zerschnitten. Keller 6, 337. auch
starcke strumpfe, calze forti. Kramer a. a. o.
f) starkes leder. starcke schuhe, scarpe forti. ebenda.
9) in einer bildlichen Verwendung des gebrauches unter 3:
a) starker glaube, fides major, insignis, firmissima.
S'iiELER 2123; ein starcker glaube, fede ferma. Kramer
dict. 2 (1702), 908*= ; ein starker glaube. Adelung, da ge
hört ein starcker, baumstarcker glaube dazu, vici vuole
una fede gagliarda, gründe. Kramer a.a.O. starcke
boffnung, speranza ferma. Kramer a. a. o.; eine starke
hoffnung. Adelung, starcke liebe, amor forte, constante,
immutabüe. Kramer a.a.O.; denn liebe ist starck wie
der tod , und eiver ist fest wie die helle, jr glut ist
fewrig, und ein flamme des herrn. hohes lied. 8,6; es ist
nichts schwächers weder ein hoffertiger gewalt, unnd
nicht stärckers dargegen, dann die demütig blödigkeit.
Egenolff 373*'; es ist kein stärkere freundschaft als
unter gläubigen. Chr. Starcke Synopsis n. test. (1735)2,73;
ihre (der Schröder) kraft war die eines starken willens,
mächtiger, unnahbarer entschlüsse. Laube 4,166 Ä^owJen.
starke leidenschaften. Adelung; die liebste bist du mir
und stark ist dein muth, darum lege ich heut in deine
band die fäden, an denen ... mein Schicksal hängt.
Freytao 8, 109 (ahnen l);
mit rew, wes du versanmet host,
hab fürt zft streyten stargken trost.
SCHWARTZENBERG teuUch Ciccro 153«;
eins tags sasz ich unnd mir gedacht,
was auff erd het die stercksten macht,
dem all ding unterworffen wer.
H. Sachs 7, 431, 3 Keller-Götze.
b) ein trewer freund ist ein starcker schütz, wer den
hat, der hat einen grossen schätz. .7e». <StV. 6, 14; und
jre fessel werden dir starcker schirm, und jr halseisen
ein herrlich kleid werden. 30; sey mir ein starcker bort,
dahin ich jmer fliehen müge. ps. 71,3; ich bin für vielen
wie ein wunder, aber du bist meine starcke Zuversicht. 7;
herr herr meine starcke hüllfe, du beschirmest mein
heubt zur zeit des streits. 140,8; warumb wer sie (die
frati) also plöd geschaffen, on dasz sie sterckeren zusatz
lind beistand bei dem man het zu erheben unnd zu
suchen? Uarg. % neiidr. starcke hülffe, forzute assistenze,
poderosi, validi ajuti. soceorsi. Krämer dict. 2 (1702), 908**.
c) die starcke unüberwindliche warheit, mehret jhr
ehr an der lügen. Petri Rs^ starcker be weisz, u» argo
mento forte, efficace. apodittieo. Kramer dict. 2 (1702), 908*;
ein starker beweis, welcher alle gegengründe entkräftet.
Adelung, dasz man für die nur durch ihre unfähi^eit
aufgewogene niederträchtigkeit der restaurirten senats-
regierung jetzt einige neue noch stärkere und noch un-
widerleglichere beweise in die bände bekam, hätte den-
noch von Wichtigkeit sein können. Mommsen röm.
gesch. 2,150; mit seinem starcken aid. Heumann bei
ScHM.' 2,782; auch: über die mechtigen aber wird ein
starck gericht gehalten werden, weish. Salom. 6,9; vgl.:
si dühten sich ze nihte
si enschüefen starc gerihte. Walther 9, 5.
d) starker gedanke: die weit leufft und eilet so treff-
lich seer zu jrem ende, das mir offt starcke gedancken
einfallen, als solte der jüngste tag ehe daher brechen.
Luther 5,1»; starke worte: so stehen da die hellen
starcken wort Christi, und heissen dich auss dem kelch
auch trincken. 3, 530»; starcke wort halten den kerl von
der thür. Petri Tt l*»;
sie {die empflndung) schweigt beredt, sie stockt, sie stammelt
schöne,
ums stärkre wort umsonst bemüht. Lessing 1, 92.
starke spräche : den philosophischen geist, die starke ge-
sezte spräche , den raschen dialog hätt ich von einem
so jungen Verfasser noch nicht erwartet. Bürger am
30. mai 1776 (in briefen von und an B. 1, 312). im be-
sonderen : hie ist die starcke kurtze antwort. Luther
3,328''; ifg. aber wuszten so wenig als ich rath, allein
dasz ich den ^virth zu geduld ermahnen sollte; dies ich
denn auch mit guten werten und starken Vertröstungen
thät. Schweinichen denkwürdigkeiten 99 Österley; dem-
nach sich auf allen orten um geld bemühet, auch an
unterschiedlichen orten starke Vertröstung bekommen
ward. 111; die segen deines vaters gehen stercker denn
die segen meiner voreitern, l Mos. 49, 26 ; eine starcke
bitte, una preghiera instante. Kr.\mer rf^c^ 2 (i702), 908«;
starke fürbitte, ufficio. intercessione potente, ebenda;
starkes gebet; ein guth stark vaterunser ist ein gut be-
werth stück bey der artzney. Petri Y 5». ein starcker
verweisz, una rüde eappellata, aspra sbarbazzata, iigra
riprensione. Kra.mer «. a. o. ; einem einen starcken ver-
weisz geben, dar' una buona etc. eappellata ad uno.
ebenda, auch: über das so ligt da der helle starcke text
sanct Pauli Ro. 13. Luther ll, 257, 16 TTetm. aus^..- denn
die brieve (sprechen sie) sind schwere und starck, aber
die gegenwertigkeit des leibes ist schwach, und die rede
verächtlich. 2 Cor. 10,10; wenn es dem deutschen herrn
Übersetzer der Clarissa beliebet hätte, dieses stück deutsch
einzukleiden: so würde eine neue Übersetzung gewisz
unnöthig geworden, und diese starke ode auch im
deutschen stark geblieben seyn. Uz 141 Sauer;
von slner starken lere
s6 wuohs diu gotes ere
vil harte stärcftche
in roemischem riebe. Gregor. 8655.
e) starke eindrücke u.s.tc: es (das publicum) wird
mit der steigenden Industrie immer mehr der behaglichen
dinge bedürftig und möchte immer häufiger der starken
eindrücke überhoben sein. Laube 3, 164 Houben.
lO) als beiwort elementarer und physischer gewalten, in
der bedeutung 'heftig, ungestüm', starker wind: ein thür
die vom starcken wind eingeschlagen ist, vento animoso
impulsa janua. Maai.er 384« ; starker wind , ventus vehe-
mens. Stieler 2122; ein starker wind, vento forte, vehe-
mente, impetuoso. Kramer rfjc<. 2 (1702), 908*"; ein starcker
stürm, una gran burasca, it. un' affalto furioso. ebenda.
starker regen: das man sehe seinen ausgereckten arm,
mit zornigem drewen, und mit flammen des verzerenden
fewrs , mit stralen , mit starckem regen, und mit hagel.
Jesaj. 30,30; ein starcker regen, una pioggia forte, una
scossa gagliarda. Kramer dict. 2 (1702), 908'*; starker regen,
imber violentius fuaus. Frisch 2, 320"; ein starkerregen.
Adelung; da erhob sich plötzlich ein wind und wetter
mit donner, unaufhörlichen blitzen und starkem platz-
regen. Freytag 17, 154 (&i7der l); ein starck gewitter, t«/ia
gran, fiera tempesta. Kramer a.a.O.; starke, unerträg
liehe bitze: starke brunst, hitz, ardw acrior. Maalek 384«.
starkes, heftig brennendes feuer: ein starck feuer, ein
879
STARK (II. 10-13)
STARK (II, 13)
880
st&rcker brand, gran fuoco, incendio gagliardo, grande,
potente. Kramer dict. 2 (1702), 908"; ein starkes feuer. Ade-
lung; ein starker brand. ebenda, eine starcke kälte,
freddo aspro, gagliardo, grande, intenso. Kramer a. a. o.
eine starke kälte. Adei.uno. dem vorigen entsprechend
starke hitze auch bei fiebernden kranken, doch geicöhn-
'icher starkes fieber: ein starckes fieber, febbre vioUnta.
Kramer dict. 2 (1702), 908'' ; vgl.-, als das fieber, die krank-
heit am stärksten war, nel pixt, forte del parossismo.
ebenda; der kranke hat starkes fleber, liegt in starkem
fieber.
11) von einer köiperlichen leistung und ihrem erfolge:
ein starcker schlag,«« colpo forte. KRAMERrftc^.2(l702),908'';
ein starker schlag. Adelung; GolTroy der zucket aber
ein gar starcken schlag, daran er alle seine stercke leget
und gebrauchet, unnd schlüge den riesen auffdie achsscln,
dasz er jhn durch sein pantzer und guten hämisch ver-
sehret, buch de»- liebe 219!° \ GofTroy aber spränge gegen
den riesen, und zuckte so gar einen starcken schlag mit
seinem guten schwerdt. ebenda; dasz ... von dem starcken
streich dem riesen seine hüfTt gar sehr geschwallen.
ebenda; ich selbst kriegte zwey maulschellen, und glaubte
mit innigem vergnügen zu bemerken , dasz sie stärker
seyen, als sie sie den übrigen zuzumessen pflegte. Gör he
16, 36 {Werthers leiden); da strauchelte Theodulf unter
schwerem schlage und wieder sprang Ingo nach ihm,
und zerbrach ihm mit starkem Schwertstreich das haupt
durch den eisenhelm, dasz ein blutstrom herausbrach.
Freytag 8, 102 {ahnen l); ein starcker wurf, un getfo
forte. Kram ER dict. 2 (1702), aos**; zufrieden masz der
Wächter mit den äugen einen starken schwung, den der
fremde über den gieszbach gethan hatte. Freytag 8, 6
(fl/iwen i); die band gegen ihn ausstreckend, rief sie:
'grüsze die mutter!' und wandte sich mit starkem
Schwünge rückwärts nach dem brennenden hause. 203.
12) in der bedeutung 'kräftig, durchdringend, laut' u.s.w.
a) von dem erreger eines schalls, so gewöhnlich eine
starke stimme. Adelung; der prediger hat ein starkes
Organ, ähnlich, aber ungewöhnlicher auch von mtisik-
instrtimenten : da hub sich ein donnern . . . und ein dohn
einer seer starcken posaunen, das gantz volck aber das
im lager war, erschrack. 2 Mos. 19, 16; und die leviten
und priester lobeten den herrn alle tage mit starcken
Seitenspielen des herrn. 2 chron. 13, 21.
b) von schalbcirkungen : und er hat am tage seines
fleisches gebet und flehen mit starckem geschrey und
threnen geopfTert, zu dem, der jm von dem tode künde
aushelffen. Hebr.h,!; und der posaune dohn ward jnier
stercker. 2 Mos. 19, 19; getön, starcker laut, brausen,
sonitus, fremitus, strepifus, sonus, tonus. Heniscii 1586, 18;
eine starcke rede, una parlata forte. Krämer rficf. 2(l702),
OOS*"; ein starcker schrey, un grido, strillo forte, ebenda;
ein starckes läuten, un auono forte, ebenda; ein starckes
pebrumm, getös, gebraschel. gekrach «. s. w. uno strepito,
romore, fragore, crepito, alborotto etc. grande e forte,
pfjenda; ein starckes anklopfen, un pichiare, un btiffare
forte, »icuro, alla sicura. ebenda; ein starcker schusz,
una aparata forte, ebenda; ein starcker donnersclilag,
un gran tuono. ebenda; ein starker donner. Adelung;
'nichts über einen starken hall aus auerhorn', sprach er
{^der Wächter) lächelnd und glitt neben dem fremden in
das haidckraut. Freytao 8, 2 {ahnen l).
c) ähnlich auch von einem auabriuh menschlichen ge
fühla: starkes weinen und starkes laclien freilich führten
schnell zu bestimmten fUchern, zum tragischen und zum
komischen fache. Laurkü, 121 Houhen.
U) von speisen und getrunken stärkend, kräftigend,
nährend, doch schon oft mit dem beisinn des enluiirh
temden, köpf und sinne g^angen neJimenden . ■li- > , ,■
dauung ntöt enden.
a) ein starck tranck dasz wol spcyszt und necrt, potio
firma. Maalkm 8»*"; starker wein, temetum. Stiklkr 2128;
H'arck gctrftnck, bevanda gagliarda ed ubhriarunte. Kramkm
f/iW. 2(1708), WH«; starcker wein, »tno /«>7« cio^ gagliardo,
jiotente, gründe, et/enda ; ttlnrck hier, von starcken zeug.
von utarcken hopfen , ttirra gagliarda . nonfantiona, lirn
lupimhito ihriida; starcker brandvwcin, arquavita retti-
ficatii Htarko B<-'lrilnke. Adkluno; «in «tarket
hier, ebenda; ein starker wein, ebenda; item uff daz vor-
geschrieben jar (1473) ward der win alj stark und gftt.
als er darvor in 10 jarn nye ward allenthalben, d. stüdte-
cAron. 4. 20, 10; der ein schrib: der wein ist stark; der
ander schrib : der künig ist sterker; der dritt schrib: die
weih sein noch sterker. aber die warheit überwindet alle
ding, bibel (1483) 226*'; denn der herr hat einen bechcr in
der band, und mit starcken wein vol eingeschenckt.
7;*. 75, 9; du und deine söne mit dir. solt keinen wein
noch starck getrencke trincken . wenn jr in die hütten
des stiffts gehet, auff das jr nicht sterbet. 3 Mos. 10.9;
der sol sich weins und starcks getrencks enthalten.
4 Mos. 6.3; und gibs gelt umb alles, was deine seele ge-
lüstet, es sey umb rindcr, schal, wein, starcken tranck.
5 Mos. 14, 26 ; sollicher suppen mit ufgeschlagnen airn
hat er im dieselbig nacht sechs machen lassen und uf
iede tain becher des sterkesten, hosten weins gcdrunkcn.
Zimmerische c/tron.'-* 3, 66, 42; so was der bescheid auch
geben, das sy den besten und sterckisten wein, so er
im keller hett, aufftragen sollen. Wickram roUwagen
büchlein 99, lö Ktirz; on als gefehr, trug ich so schwer,
von starckem wein, fürt man mich heim. Garg.X32nettdr.;
und die Frantzosen {sind) schwartzbärtig, weil sie gern
starcken wein leppern. 337; aber das weisz ich frey, dasz
der wein mitten im fasz am besten sey, unnd im winter
am stercksten, dann er bringet sein külwasser alsdann
mit sich. 87; starck hier und schwache köpffe dienen
nicht zusammen. Petri Ttl*"; stark getrenck macht
wilde leut. ebenda; er pflegte sich alle morgen zu segnen,
für gesunder speysz, für grossem glück, und für starckem
getränck. Zincgrek kluge sprüch {i639) 3»1 ; {erwahnung :)
wenn etwan noch attaquen der koHk nachgeblieben,
dasz sie nicht etwan durch starke oder alte weine sich
linderung zu verschaffen suchen. E. König an Lessing
2i. Jan. 1772 {s. Lessing 13,352); der wirth that das
seinige, die besinnungskraft seiner gaste durch starke
getränke abzustumpfen. Schiller 8,340 {gesch. des dreiszig
jähr, kriegs 4);
und sollen, Solyme, sie denn nicht truncken seyn ?
wo aber keltert man so süsz und starcken wein.
A. Grvpiiius S (1698), 360;
euch ist bekannt, was wir bedürfen,
wir wollen stark getränke schlürfen,
nun braut mir unverzüglich dran !
GÖTiiE 12, 16 {Fauxt I).
b) starcke speise, cibus firmus. Stein räch 2. 684;
starke speise, 'welclie schwer zu verdauen ist'. Adelung;
bildlich ■ und die jr soltet lengcst meister sein, bedürlTet
jr widerumb das man euch ... milch gebe, und nicht
starcke speise. Heftr. 5, 12; denn wem man noch milch
geben mus, der ist unerfaren in dem wort der gerechtigkeit.
denn er ist ein junges kind. den volkomcn aber gehört
starcke speise, die durch gewonheit haben gcübete sinnen,
zum unterscheid des guten und des bösen. 14; herr S.
geht nun seinen gang, den wir ihm nicht folgen mögen;
an einem groszen trupp schülcr kanns ihm so nicht
fehlen, denn er setzt milch vor und nicht starke speise.
GÖTUE 33,29 {recension in den Fiankf gel. am.), schon:
sO sint si wisjer danne diu milch d& man mit ziuhet dci
chint,
dei dannoch niht mugen cxjen dehein starchi; ejjton.
(jenefti» rimi cxodus 110, 15 l^inncr.
c) auch von medicamenten in der bedeutung 'wirksam,
die krankheit bezwingend' : starcke artzney, medicamentum
ralidum. Stein RACH 8,684; 'so wie eine jede arzcnoy stark
heisaet, icenn aie mit meJtr krajt, als der vnderatand be
sitzt, wirket'. Adelung; eine starke dosis. ähtUich:
du nimmst ein schreckliches ffeheimniss mit,
dos jenen starken giften glcicb diu ■chal«,
wenn es aufgoraiigen wird, zersprengt.
Sriili.i.RR ß, 8, 818 (flon h'nrln» 2, 4V
häufig in bildlicher vertoendung : wenn der fUrste kranck
ist, so kann ihn der mcdicus nicht allemahl so trac
liron, wie er gerne woltc . . . eben ho niusto auch der
selige vatcr Luthern« manchen grossen in der weit widor
««•inen willen hurt Iracliren, und ihm solche pillon gcluMi.
welche ziemlich starck waren, weil es ihr zuslaml nidil
Hiiderx erforderte. Sperling Xicwlrmiis quaercns et .lr.tiis
rrapondens a {i'Hyi), un*(>; so gcwisz ich sein werk vcr
stehe, HO musz er «Inrke dosen in cmclicis eben lo Heben.
881
STARK (II, 14-16)
STARK (II, 16. 17)
882
als in aestheticis, und ich möchte ihm lieber zehen pferde,
als meine frau zur kur übergeben. Schiller 2,373.
14) scharf, beiszend. vgl.: starek, /arte cioe agro, acerbo.
Kr.\mer dict. 2(i702),908<=; stark, beschwerlich, den sinnen
überlästig, gravis, mclestufi; scharf beissend auf der
zunge, acris. Frisch 2, 320=.
d) starker geruch, odor gravis. Stieler 2122; starcker
geruch, odor forte, penetrante. Kramer rffcf. 2 (1702), 908";
starcker geruch, odor excitatns. Steinb.\ch 2,684; starker
geruch oder gestank, graveolentia, foetor rix tolerabilis,
vehementia odoris. Frisch 2. 320"^; starker geruch. Ade-
lung; starcker oder stinckender athem, gravis halitus.
M AALER 3K4=; vast starcker geschmack, vehementia odoris,
potentissimiis odor, graueolentia , odor acer. 384*. ein
starcker geschmack, sapor forte. Kramer a. a. o. {spottend
voji einem kaufmann-)
so wirt Fritz eerber 'gnad Junker,
geporen von Feigensack',
überausz stelt er sich mnnker
mit seinem starken geschmack.
lied auf dag jähr 1545 bei Liliencron 4, 256.
b) starker rauch, /Minus ocM^M wiofesftiÄ. Frisch 2, 320".
AuELL'Nti.
c) starcker essig, acetutn acre, acerrimum acettim. Maaler
384"i, aceio forte, agro. Kramer a. a. o., starker essig.
Adelung; starcker senf, moste»-da/or<e. Kramer a.,a. o.;
starcker meerrettig, ramolaccia forte, ebenda; starker tabak
(«. dazu auch unter 24), der nur schwer zti vertragen ist.
15) starek, forte cioe vieto, rancio, randdo. Kramer
dict. 2 (1702), 908" ; stark ranzig (in Oesterreich, Jülich «.
Berg). Klein 2,169; starcke butter, butiro, unto forte
eioe rancio. Kramer a.a.O. starcker speck, lardo rancio.
ebenda; starckes fett, grasso forte, vieto. ebenda.
16) dick, feist: starek und dicke von leibe, crassior et
corpulentior. Steinbach 2, 684; dick und stark, crassus,
an gliedern und armen, nervostis, laceitosus, nicht dünne.
Frisch 2,320*"; dick und stark werden. Adelung; in
bezug auf den körper lebender icesen, besonders von menschen :
da er aber fett und satt ward, ward er geil, er ist fett
und dick und starek worden, b Mos. Z2,tö; herr Johanns
freiherr zu Zimbern, herm Wörnhers seligen son, ward
ain grosser starker herr, also das er in seiner jugendt
umb der ungewönlichen lenge und sterke der 'Lap von
Zimbern' gehaissen ward. Zimmerische chron.^ i, 216, 5;
schwelgen, schlemmen, temmen, das macht starek hälsz,
deren neun ein galgen niderziehen Garg. 57 neudr.;
solt ich nicht lieber ein starcken quallen mit knoblauch
gespickt darfür essen, wann mir jhn schon ein Kochers-
perger oder Oden Wälder fürstellt. 58; starcke leut haben
starcke krankheit. PETRiTti''; ein starcker leib, ccyrpus
rotnistum. Corvinus/ors latinit.ööO'; die königin ist sehr
starek und hat ein paar durchdringende äugen. Lichten-
berg briefe 1, 124; sie (die Bacelli) ist eber stark als
mager. Schriften 3, 265; stellen sie sich einen etwas starken
mann vor, mit einem gelben, rohen gesiebt. 266; ich
konnte keines meiner kleidungsstücke wieder anziehn,
und da die personen im hause alle kleiner und stärker
waren als ich, so kam ich in einer seltsamen Verkleidung
zum gröszten erstaunen meiner eitern nach hause. Göthe
19,281 (Wilh. Meisters lehrj. 6); ein groszer starker mann.
Adelung; alle tage stärker w^erden, 'corpulenter , an
masse zunehmen, besonders in der dicke', ebenda; gleich
trat auch eine rüstige frau heraus, etwas stark, doch
ohne davon beschwert zu sein und von ansehen jugend-
licher, als sich bei einer en^'achsenen tochter vermuthen
liesz. Arnim 3, 197 (kronenicächter 2, 2); er war ein groszer,
starker herr, und hatte ein schönes röthlic^^es gesiebt mit
groszen herschenden aogen. Mosen 7 (1873), iii; die thüre
Uiat sich auf, und eine grosze, starke frauensperson trat
ihren gasten entgegen. Ludwig 2,613 (Maria); die chor-
führerin des rechten flügels, eine sehr starke person von
^bereits ohrwürdigem alter. W. H. Riehl geschickten 4, 119.
irk low einer schwangern gebraucht, auch sie hat einen
tarken leib, in der Weidmannssprache 'stark schwer, grosz,
bei leib, von allem wild und von allen theilen des
Kehrein 281; auch: ein starker ochse, feist,
zum schlachten (vgl. die andere bedeutung unter 2, c);
da gab sich der, so viel gegessen,
mit starek und fetten kälbern blosz. Günther 165
X. 2.
vom stamm und den ziceigen eines baumes, dem stengel
der pflanzen «. *. ic. : ein starcker bäum , arbor crassa.
Steinbach 2,684; vgl.: die auff der höhe des baums
hangen, stehen gefehrlicher als die so die mitte, da der
bäum am stercksten ist umbfangen. Garg. 341 neudr.
ein starkes reis. Adelung; sie schritten zu den weiden
am uferrand, schnitten starke zweige und schälten mit
dem messer die rinde. Freytaü 8, lOl (ahnen 1,1,6); starker
Stengel, zweig: wenn in der tieferen gegend zweige und
stengel stärker und mastiger waren . . , so wurden höher
ins gebirg hinauf zweige und stengel zarter. Göthe 26, 16
(italien. reise l). ancli starke rebe : und jre frucht und
reben wuchsen von dem grossen wasser, das seine reben
so starek wurden, das sie zu herm scepter gut waren.
Sesekiel 19, 11 ; der Ostwind verdorrete seine frucht, und
seine starcke reben wurden zubrochen, das sie ver-
dorreten, und verbrennet wnrden. 12; und ist ein fewr
ausgangen von jren starcken reben, das verzehret jre
frucht, das in jr kein starcker reben mehr ist, zu eines
herrn scepter. 14. auch sonst: starcker brügel, un bastone
forte, sodo, noderuto. Kramer dict. 2 (1702), 908'' ; ein drei
zoll starkes brett.
17) stark mit beziehung auf menge, masz, umfang, sich
enttcickelnd aus 5, a.
a) mit beziehung auf eine zahl.
a) die maszangabe im acc. : sie sepid 200 mann starek,
sono ducento huomini, il loro numero e ducente persone.
Krämer dict. 2 (1702), 908»; die armee ist hundert tausend
mann stark. Adelung; ein neues, zwanzig tausend mann
starkes beer entstand in kurzem unter seiner (Mans-
j felds) fahne. Schiller 8, 109; dasz Duilius bei Mylae die
hundertunddreiszig schiffe starke karthagische flotte
unter Hannibal schlagen, . . . und darauf hin den ersten
seetriumph feiern konnte. Becker weltgesch. 3*, 71 ; mit
gefolge und dienerschaft werde man also wohl an hundert
mann stark sein. W. H. Riehl gesch. 1, 399; das publicum
war sehr stark , man behauptet an 15000 menschen.
Schuchardt romanisches u. keltisches 322;
wir warn kanm fünfzig reuter stark,
da sah man gottes Wunderwerk,
es ging zu sehr behende.
LiLiENCRON hM. Volkslieder 4, 514* (auf die
belagening von Magdeburg 1551).
ähnlich: jede messe wird (von der geschickte der ver
sckwörtingen) ein band, ohngefehr ein aiphabet stark,
herauskommen. Schiller 4, 113; der aufsatz ist vier
bogen stark.
ß) ohne solcke Zahlenangabe, starek werden : sie werden
starek, crescere di numero; essi si moltiplicano, ammassano.
Kramer dtc^. 2 (1702), 908»; wie starek seynd sie? qiianti
sonof ebenda; starkes gefolge, comitatus numero.9tcs.
Stieler 2123; ein starkes gefolge, numeroso seguito.
Kramer a. a. o.; eine starcke armee, starcke mannschafft,
poderosa , possente armata, poderoso, possente esercifo.
ebenda; eine starcke Versammlung, starcke gesellschafft,
numerosa, popolosa radunanza , compagnia. ebenda; es
war eine starke gesellschaft da. Adelung ; die gesell-
schaft war sehr stark, ebenda; die theologie begann den
zug und die philosophie schlosz den reigen, diese an
zahl der männer .und bedeutung die stärkste abtheilung.
Freytag 7, 3 (verl. handsckr. 2,Z); er hat einen starken
anhang, egli kä gran seguito. Kramer a.a.o ; sich einen
starken anhang machen. Adelung; eine starcke parthey
reuter, una partita forte cioe numerosa di gente ä cavallo,
un bon nerbo di cavalleria. Kramer a.a.O.; wie starek
ist die compagnie? quanto e numerosa la compagnia*
ebenda; ein starckes beer, exercittts copiosus, numerosiis.
Steinbach 2,684; starcke hof ö hauszhaltung, grande e
numerosa carte ö famiglia. Kramer a.a.O.; wie starek
ist das haushalten? quanto e numerosa la famiglia f
ebenda; eine starke familie haben. Adelung; wie stark
ist ihre familie? ebenda; du bestimmtest im anfange
unserer heirath ein geringes für die bestreitung der küche
und anderer häuslicher ausgaben, als unsere haus-
haltung stärker wurde, unser gewerbe groszer, warst du
nicht zu bewegen, mein Wochengeld nach dem Verhält-
nisse zu vermehren. GÖTHF.ie,ö2 (Wertkers leiden i). der
kaufmann hat eine starke kundschaft. äJmlich icird auch
56
883
STARK (II. 17-19)
STARK (II. 19-25)
884
heute i'erstanden : der arzt hat eine starke praxis . doch
ursprünglicher aber: glaube mir bruder! das hab ich
ans meiner starken praxi wol fünfzig mal abstrahirt.
wenn der ehrliche mann einmal aus dem nest gejagt
ist. so ist der teufel meister. Schiller 2. 84 {räuber 2, 3
Schauspiel), starke koppel: auch die nachbarn kamen,
begrüszten die fremden und musterten die starke koppel
lediger rosse. FREYTAti 8.85 (ahnen l, l, s); starke aufläge
eines buchest wie stark gedenken sie diese aufläge {des
almanachs) zu machen? Göthk an Schiller 2i3 {15. not: 1196).
b) allgemeiner: starcke anzahl, gran numero, gran
moltitudine. Kramkh rftc^ 2 (1702), 908" ; starcke summen,
starcke posten, geldposten, somme gagliarde, esorhitanti,
furiose, gos*»; starcke Unkosten, starcke ausgaben, spese,
spesaccie, grandi, ingorde, strabocclievoli, sborsi sfoggiati.
ebenda, wo die heutige .tpraclie hoch und grosz fast vorzieht,
anstatt umfänglich: starcke zurüstungen zum krieg, grand'
apparecchi per La guerra. Küamer a.a.O.; eine starcke
handlung, un traffico forte cioe grosso, diste.00. 908" ; als
meine geschafften am stäroksten waren , nel piü forte
de' miei affari etc. ebenda; das amt ist sehr mühsam
wegen der starken wirthschaft, die damit verknüpft ist,
und die ohne groszen schaden nicht verpachtet werden
kann. Rabener 3(1777), 3+; und weil ich mich wegen
der starken wirthschaft nothwendig bald verheurathen
musz; so werde ich keine frau, als von ihrer band, an-
nehmen. 37 ; doch . so viel ich weis , ist er nicht mehr
in den besten umständen, ich habe lange keine nach-
richt von ihm. und weis nicht, ob er sich von seinem
starken bankerotte erholet hat, oder nicht. Gellert 4
(1775), 279; solte Banks sich nicht auf einen gehalt auf
lebenszeit einlassen, so accordiren sie einen auf 10 jähre,
aber der müste auch stärcker seyn. Lichtenberg
briefe 1,111; die gesammelten abhandlungen des dr. Ed-
wards füllen einen starken band. Schuchardt roma-
nisches u. keltiscJies 375; so schon:
ich het verlorn starke; graot :
w^ danne? ich het ab höhen muot.
Ulrich v. Lichtenstein 547, 31 Lachmann.
18) stark voll, reichlich, gut gemessen .- eine gute, starke
stunde, hora 2>lena, integra, longior. SriEi,ER2227; eine
starcke stunde, una buona hora. Kramer dic^. 2(1702),908'';
eine starke stunde. Adelung; nach einer starken stunde
wurde er vorgelassen. H. Kurz 2, 135; als wegemasz: sie
{die insel Meinau) liegt eine starke stunde von hier,
zwischen dem eigentlichen und dem Ueberlingersec.
Stolberg 6,77; man wies mich in ein wirthshaus unten
am fusze des berges , welches aber eine starke stunde
hinunter ist. Seume 3, 6C. der ort ist eine starke stunde
weit entfernt, ebenso grosze sive starke meile, millia7e
prolixe computatum. Stieler 1219; eine starcke meil, un
buon miglio. Kram er a. a. 0.; eine starke meile, milliare
longius. Frisch 2, 320«. Adelung; dahin sind zwei starke
meilen. ähnlich ein starker schritt: könig, nachdem er
einigemal mit starken schritten auf- und niedergegangen.
Schiller 5, 1,180 (scen. bemerkung zu dorn Karlos 3, i);
die maulesel machen einen barbarisch starken schritt.
Seume 3.88; der professor ging mit starken schritten auf
und ab. Frettag 6. 18 (verl. handschr. l). auch bei un
l^sfitnmterem begriff: starke tagreisen thun. far gran
{viaggiare, mareiare ä gran) giomate. Kramer a.a.O.; {der
aehlusz.) dasz er zn jener gattung der gebirgsreisenden
gehören möge, die durch starke fuszmärsche in ferien
einzubringen suchen, was sie durch sitzende lebensart das
jähr hindurch ihrem organismas leides zufügen müssen.
Vi«<;hkr auch einer l,iO;
wenn Dankan schllin, und diese utarke reise
wird Keinen nchlaf befSrdeni.
SCHILI-KR 18, 88 (Macbeth 1, 16).
19) schnell, eilend, für die entwicklung aus dem vorigen
vgl.: ein stärcker gang, un caminare forte. Kr am kr
diet. s (170S), 906^. dann auch ein siarckcK laufTen , un
comrt forte, spaer.iato, presto, ebenda; ähnlich: herzen
and glocken bekommen so leicht Sprünge bei starkem
bewegen. J. Paul U, 6& {Katzenbergem hadereise S);
Jr ffticr fmU tnrn kaufT.
aa naacben «dq bat utargken lanfT
SriiwAKT/RNiiKRo teuUch Cicero IM*;
die wercke kluger sinnen
hat nie vertilgen künnen
der zelten starcke flucht
wie viel sie sonst vermocht. Logau 3, 4 (ß7), 57 ;
dort, beym hagebuchenzaune,
reitet man im starken pasz,
jetzo sprengt man — langt schon an !
Götter 1 (1787), 56,
ebenso auch im starken trab, im starken galopp reiten.
daneben Mufig starken trab, starken galopp reiten.
20) bei GöTHE stark steil, abschüssig: starker stieg,
den vor einigen jähren ein postwagen hinunter rutschte.
GöTHE 43,143 (Schiceizerreise v.nVi); es geht einen starken
stieg hinunter und angenehme waldthäler setzen fort. 146;
nach Göschenen, wo es wieder einen starken stieg hin-
aufgeht. 194; beim capellchen kamen wir auf einen
ruheplatz, welches wir als ein böses augurium ansahen,
dasz uns noch ein starker stieg bevorstehe. 186; vgl.
auch noch 183.
21) dickflüssig, steif: er hausete . . . mit seinen nun-
mehr erwachsenen kindern. die er mit einer Wasser-
suppen und einer grossen pfannen voll starckem haber-
brey tractirte, damit sie wol verlieb nemmen musten.
Siinpl. 3, 318, 1 Kurz.
22) von wiesenlä7idereien stark ertragfähig u. ä., be-
sonders wol von dem fetten mar.^clienboden : wir grasen
die tiere nicht fett, dazu ist das land nicht stark genug.
Frenssen .Jörn Ulli 60. vgl. starker erdboden: im ganzen
ist dieser boden , der grösztentheils nur in ebenen und
tiefliegenden gegenden an groszen Aussen angetroffen
wird, mehr nasz und sumpfig, als gemäszigt und trocken.
Jacobsson 7, 429».
23) vrichtig, bedeutend, beachtenstcert : widerumb ist das
auch starck . das gott einen sonderlichen ort gemacht
hat, den er genennet hat einen garten. Luther 4, 3l»;
darumb etliche vetter diese epistel nicht angenommen
haben, wiewol es nicht starck genug dar zu ist, das man
eyn buch umb des willen verwerffe. 14, 84, 19 Weim. ausg.
24) übertrieben, zu weit gehend, unglaublich .- sie haben
auf eure kosten in ihren schritten lachen wollen . und
ich finde recht gut. dasz ihr auf die ihrigen lacht, aber
beimhimmel! der spasz ist zu stark. Göthe 36,186. ge
wohnlich eine starke sache, ein starkes stück: er habe näm-
lich . . . gehört, dasz wir (Protestanten) unsere Schwestern
heirathen dürfen, welches denn doch eine starke sache
sey. 27, 185; er (der husarenunteroffixier) donnerte ge-
waltig über die revolution und brachte anspielungen
und indirekte drohungen gegen meine person. als dieses
Verbrechens verdächtig, der wirth hat das recht, nach
meinem passe zu fragen, mein herr, versetzte ich. als
mir die worte zu stark und zu deutsch wurden. Skume
2. 110. in scherzhaftem tone: das ist starker tabak ! (s. dnzu
oben unter 14. c): das war starker toback , und herrn
Pfeifer selbst wurde schwül dabei. Hän.selmann irerk-
stücke 2,99; auch einfach: das ist starck I Campe; schickt
er den armen schclm aus eifersucht nach Odenthal, das
ist doch stark! Benedix vetter l, "7.
25) besonders weitverzweigt ist die entwicklung bez. i-er-
hlüssung unseres toortes im adrerbiellen gebraitche, wo denn
auch die von 14 ab geschilderten bedeutungsentwicklungeit
wol mehr oder weniger ihren ursprünglichen grund haben.
starck, fortiter, nervöse, strenue, multum, eumulate, pluri
mutn, eopiose. Stieler 8188; starck. fortemente, forte,
gagliardamente , strettamente , stretto, tt. assai. Kramer
dict. 8 (1708). 909*; starck, solide, rigide; forÜtsr, valde.
strenue; vehementer. Frisch 8, sao".
a) dem ursprünglichen noch gans nahe stehend
u) ein ding starck behalten, beh&ben und beschirmen.
forfiter asserere. Maaler 884«; starok bauen. /o6n>n»r im
diligenza. Kramer dicf. 8 (1708), 909'»; ein stark gebautes
schiff. Campe; ein stark gebautes haus; der thurm ist
stark gebaut u. ä. einen starck binden, einen slaK K
halten, anhalten, Ugar' tenere. ritenere stretto A strrfin
mente. Kramer a. a. o. er (der könig) öfnot einechatonllo,
die sehr stark verschlossen ist und nimmt eine schreib-
tafel heraus. Sciiillkr 5,19s (dorn Karlo» i,7);
all der Khein fQr irewin verstanden
daas einer gOtUn treflichkeit
hialt leinM fUraten« muht« rroyheit
fcfanfMi starck in jbrcn ban<ti>n.
Wk< KiiKKi.iN Qtd. (iCM) .1:5;
1
885
STARK (D, 25)
STARK ai 25)
886
es war ein volk, dem die einzelleben stark und grosz-
artig entwickelt waren, aber ein volk, welches kaum die
einfachsten formen des Staates ertrug. Freitag 17, 95
{bäder l).
3) starck fechten, combattere furiosamente. Krämer
dict. 2 (1702), 908»; stark schlagen. Campe; einen starck
anfallen , assalire uno gagliardamente , rigorosamente,
furiosamente, in furia. Krämer o. a. o.; einen starck ver-
folgen, persegtiitare uno forte, ardentemente. ebenda; er
wolle es dem Apollo und seinen neun musen mit heissen
thränen klagen, womit er von der gesellschaft seinen
abschied genommen, nachgehends aber etliche tausend
reimen von seiner Unschuld gemachet, auch den Orga-
nisten, der den possen mit dem ringe erdacht, stark an-
gegriffen. Prätorius glückstopf 163;
der bewehrten diener schaar
hat das weite thor verschränkt, und die brücke starck besetzet.
A. Gryphius 1, ß28 (PiorfiM);
diese stadtähnliche, überaus haltbare und von der feind-
lichen hauptstellung aus stark flankirte Ortschaft muszte
vor allem weiteren vorgehen erst genommen werden.
MoLTKE 3, 53 (krieg 1870/71). vgl. noch starck ziehen, ^v^n-
den, tirar forte, torcere etc. ä tutte forze. Khamer a. a. o.
y) mit allem ßeisz. eifrig u. ä.: lange zeit hindurch
hatte kein andrer stand dem anbau der deutschen spräche
stärker angehangen als die ärzte, sei es, dasz die hei-
mische benennung der krankheiten oder der heilmittel,
voraus aller kräuter und thiere sie dazu anregte. J. Gkimm
vorrede zum tcb. xx\i. vgl. starck studiren, stwliare con
grand' applicatione , esser tutfo volto, intento allo studio.
Kramer rftcf. 2 (1702), goe*» ; ein ding starck treiben, soUe-
citare, premere una cosa ardentemente, con grand' ardore.
ebenda; und allgemeiner: starck arbeiten, lavorar forte,
sudare, faticare. 909*; starck handeln mit einer wahre,
fare gran, grosso traffieo di qualche mercantia. eoe**. auch:
um eben diese zeit war der siebenjährige krieg aus-
gebrochen, und die Werbungen giengen stark. Schiller
i, 81 {Verbrecher aus verlorener ehre).
S) mit inbrunst, natJidruck u. ä. : starck bitten, starck
anhalten, pregare grandemente, instanteniente, con grand'
instanza. Kramer dtc<. 2 (1702), 909» ; sit man ein nidereg
und ein lichterj guot also s6re geminnen mac und also
starke gegern. mystiker l,Zöl,\G Pfeiffer; kurtz sol man
beten, aber offt und starck. Luther 213 418, 19 Weim. auag. ;
gute biszgen genieszen machet starck beten können, gibt
gut vertrauen und Willfährigkeit bey gott stand zu halten.
Olearius persian. rosenth. 7, 20. ähnlich : etwas starck im
gedächtnis behalten, ritenere qualche cosa altamente im-
presso neUa memoria. Krämer a. a. c; starck an etwas
gedencken, haverßso o fisamenfe volto ö attento il pensiere ä
qtialche cosa; starvi coli' arco teso. ebenda; stark an etwas
denken. Adelung; es bleibet starck und t^eff in dem ge-
dächtnisz, resta altamente impresso nella memoria. Kr.\mer
ital.-teutsch (1693) 33» ; sich etwas starck vornehmen, propo-
nersi, it. intestarsi, incaparsi una cosa fermanente, ostinata-
mente. dict. 2 (1702), gog*"; vgl.: i ha's slarch im sinn, ich
habe den festen icillen dazu. HtNziKER25l; sich etwas
starck einbilden, imaginarsi, ßgurarsi, intestarsi qualche
eosa fisamente. Kramer a. a. o. : nimm es dir nicht so stark
zu herzen. Adelung; stark empfinden: leute, so in ihrer
geburtstunde die böseste gemischete influentz so starck
empfinden, dasz auch alle guten aspecten den maleficis
unterliegen müssen. Prätorius glückstopf 202; stark
fühlen: der fürst fühlt in der kunst, und würde noch
stärker fühlen, wenn er nicht durch das garstige wissen-
schaftliche wesen, und durch die gewöhnliche termino-
logie eingeschränkt wäre. Götme 14, 114; vgl. dagegen:
ich sag euch , wenn man aus dem glühenden ofen ins
ciswasser springt , kann man den abfall nicht so stark
fühlen als ich, da ich am andern ufer war. Schiller
2, 93 {räuber 2, 3 schausp.). stark an etwas glauben ; starck
zweifeln, dubitar forte. Krämer a.a.O.; ich zweifele
starck, io dubito forte, ebenda, etwas starck beweisen,
starck darthun, provure qtuUche cosa sodatnente, con sode,
Saide ragioni. ebenda; die ruhigen kenntniszvoUen men-
schen, stark aber nicht übertrieben geschildert, sind ihnen
(deji deutschen schauspielern) gar nicht theatralisch. Karl
Lessinu an seinen bruder, i. mai 1779 (Lessing 13,624).
lool in dem sinne von 'deutlich': ich lerne noch dran,
kans aber nicht so starcke fassen, als ich wol gerne wolt.
Luther 32, 52, 20 Weim.atisg.; utinam possem hoc stercker
fassen. 25, 44'is 6 ; folget aus vorigem starck gnug. 11, 411, 23 ;
darumb ist der text wol und starck zu fassen, das wir
uns nicht mit etwas anders die äugen lassen blenden.
4, 34»; anders doch: sie halten sich steiff und starck nach
dem gesetz und geboten gottes. Gretter erklärung der
ep. Pauli a. d. Eömer (i566) 174.
e) mit nacMruck. laut u. s. w. : starck reden, schreyen,
parlare, gridare. forte, alto, ad alta voce, altamente; gri-
dare ä corr httomo. Kramer dict. 2 (1702), 908»; redet,
schreyet stärcker , parlate , gridate piü forte, ebenda ; er
schreyt starck, valide clamat. Steinbach 2,684; stark
rufen. Adelung; die {beiden fniclier) würden ihn nicht mit
lispelnder ahndung , die oft trügt , sonder stark ins ohr
rufen, was Homer nicht wissen konnte. Lichtenberg
4,319; meine herren, sagte ich so stark und bestimmt als
ich konnte. Seume 2, 209; starck läuten, sonare forte, scam-
panare, scampaneggiare. Kr am er a. o. o. ; starck anklopffen,
bussare. battere, ribattere, picchiare forte, ebenda; starck
donnern, titonare forte, ebenda; stark schallen. Adelung.
wie mitternacht herankam, liesz sich ein lärm und ge-
polter hören, erst sachte, dann immer stärker, brüder
Grimm kinder- u. lutusmärcheti 4. verblaszter: Dietrich
redete ihr voll bewunderung nach dem munde, so stark
er konnte. Keller 4, 235. mit stärkerer hervorhebung des
innerlidien : er {der professor) schaute ein antlitz, in
welchem inniges mitgefühl zuckte und hörte die leise
frage: 'und was soll werden?' 'mann und weih', sprach
der Professor stark. Freytag 6, 160 {verl. handschr. l). mit
anderer begriffsfärbung : man redt stark davon, res est in
ore omnium. Stieler 2133; man murrete (murmelte) schon
stark darvon, se ne mormorava altamente. Kr.\mer ital.-
teutsch (1693) 35» ; starck von etwas reden , parlare alta-
mente di qualche cosa. dict. 2 (1702), gog"» ; man spricht
stark davon, es ist in aller munde, alle leute sprechen
davon. Campe, dagegen das war sehr stark gesagt, auf
eine übertriebene oder derbe art vorgebracht, ebenda;
der krieger art und werck biszher, war rauben, stehlen,
der stäter art und werck, erkauften und verholen,
es ist was starck gesagt I Logau 1, 3, 5.
5) stark regnen, piovere forte, piover' ä dilutno, scro-
sciare, diluviare, allagare. Kramer di«^ 2 (1702), 909»; den
vorigen tag war es trübes wetter gewesen, hatte den
abend ziemlich stark geregnet. Seume 3, 53. starck wittern,
tempestare forte, fare una graie tempesta. Kramer a. a. o.
stark stürmen ; auch : der morgen wind blies stark und
schlug sich mit einigen schneewoLken herum. Göthe
16, 284; den ganzen tag ging der wind stark und gut.
Seume 2,237; es hatte zwei tage ziemlich stark gefroren
und fing heute zu mittag merklich an zu thauen. 57;
es hatte noch etwas stark eis gefroren. 163. ebenso von
mensdien .- darumb, weil einer stercker durchs ober nasz-
loch bloszt, unnd die nasz aufftreibt wie ein glaszmacher,
wann er zu starck in die gemartert äschen bloszt. Garg.
394 neudr. stark schneien, vgl. im allgemeinen sinne
aargauisch es macht starch von jeder art untcetter. Hun-
ZIKER 251.
T]) einen starck anfahren, ausfiltzen, riprender' uno
aapramente, agramente. Khamer dict. 2 (1702), 909*".
d") einen starck ansehen, gttardare, mirare uno Jiso,
fisamente; fertixare, fisare, ossäre la mxra, Ut sgttardo;
haver fiso gli occhi aopra di uno. Krämer dict. 2 (1702), 909^.
starck sihet Christus auff die Arianer und Pelagianer.
Luther 28, 53, 7 Weim.ausg.; er belugte mich stark und
ich ihn nur obenhin. Seume 2, 189.
b) zahlreich, durdi die zahl mächtig u. ä. : starck heran-
kommen, sptintare in grosso, in gran numero, ä schiere
folte, grandi {grosse). Kramer dict. 2 (1702), 909» ; starck
zusammenlauffen, concorrere etc. in grosso, ebenda ; starck
beysammen seyn, essersi radunato in grosso, numero.sa
mente. ebenda; do Otto dat vornam, he sampde sik dar
jegen to Goslar und toch stark over de Missowe bi Hamers-
leve. d. städtechron. 7, 141, 16; denn er hatte . . . nichts da
ausgericht, on das er einen flecken starck besetzt hatte.
2 Macc. 12, 18; beide flotten halten die verdekkc stark
mit schwer bewaffneten Soldaten so wol als mit bogen-
56*
887
STARK (II, 25)
STÄRKARZENEI — STARKDENKER 888
schüzzen und wurfspiesträgern besetzt. Heilman Thu-
cydide.'i b6; ein stark besuchter ort. Campe; stark belegt
(und besteuert) sein, ebenda.
c) der masae nach viel, in menge u. s. to., dem vorigen
noch nahestehend : starck geld ausgeben müssen , dover
spendere ingordamente , sconciamente, fare spese ingorde,
gagliarde, seoncie. Khameh a.a. o. vgl.: du dätest s g81d
usge''«'n so storik a's m'r's ingnghme" ! Mahtin-Lienhart
elsäss. wb. 2, 613». dann auch stark zechen , perpotare,
largiore vino uti. Stieler 2C04; starck sauffen, bere forte
e per eccesso. Kramer dict. 2 (1702), 909»; sie sauffen gar
starck, essi tracannano, trincano. ebenda; stark trincken:
weil aber über tisch was stark getrunken ward. Schwei-
nichen denkic. 106 ÖsterUy; stark essen; stark fressen,
mangiare forte e per eccesso. Kram er a. a.o. ebenso stark
rauchen, stark schnupfen.
«/) schnell, eilig u. s. w.: starck gehen, caminar forte,
spacciare terreno. Kram er dict. 2(1702), 909»; starck heran-
kommen, venire ä gran passi. ebenda; starck lauffen,
starck rennen, correre forte, infuria. ebenda; ich dachte
'jetzt heists: frisz vogel oder sterb!' lieff also, so starck
ich konte, neben den pferdten her, bisz wir einen guten
weeg von dem dorff waren. Simpl. 2, 303, 1.5 Kurz; (der
umstand, da-sz die sporen stachen,) machte, dasz es (das
füllen) anfienge zu lauffen, und zwar so starck, dasz es
seinen advocaten in einen brunnen, den man mitten in
der gassen bawete, warff. Prätorius glii ckstopf li; desto
stärcker trieben aber die windweben an dem boden hin
und machten uns etlichemal den weg verfehlen. Göthe
16, 285; Ferdinand Tängt an stärker zu gehen, und beun-
ruhigter zu werden. Schiller 3, 498 {kab. u. liebe 5, 7
(.icen. bemerk.);
zegegen si d6 quam
ein Bote starke gerant
und fürte briebe in da; lant.
Lamprkcht Alexander 4037;
so ist die zeit,
so ist das glück und die gelegenheit,
kein mensch sieht sie so starck, als ein verliebter, fliegen.
Rost schäferged. 8.
e) es geht stark auf neun uhr. Schiller 3, 112 (Fiesko
4, 5) ; er {der Schreiber) mochte stark in den vierzigen sein.
Göthe 4«, 49 {dicht, u. wahrh. 17), neben hoch in den
vierzigen atich heute noch gebräucMich.
f) ranzig: die bufter schmeckt starck, etwas starck,
ein wenig starck, /ortorcMo, rancidetto, rancidolo. Kramer
diet. 2 (1702), 909».
g) in weiterer verblassung , immer mehr in dem sinne
von sehr: an deiner spur sehe ich, dasz du von unserm
Volke bist, denn die spitze des fuszes strebt auswärts und
stark drückt der ballen. Freytag 8, 6 {ahnen i,\,B);
es liesz sich ein kameel, das mit gebognem knie
vor seinem meister lag, mit waaren starck belasten.
Lichtwer 135 (fabeln 4, 12);
gebt acbtanf , wenn ihr kinder lehrt,
daez ihr auf einmal nicht sie allzu stark beschwert.
ebenda ;
und fürwar, unter den menschlichen ergötzligkeiten, ist
des garteris die reinste, dann sie erquickt der menschen
geistcr gar starck, und erlustiget sie. Schuppiu.s 761; man
hat auch schürtzen davon, die, nebst diesen tüchern,
jetzt unter den vornehmen wichtern hier starck modo
sind. Lichtenrkro briefe l, 115 {20. febr. 1778); an dunkel-
grünen und diinkel(iraucn glimmerschiefer, stark mit
quarz durchzogen, lehnte sich ein woiszer dichter kalk-
stein. (jftriiK 26, 17 {ital. reise) jubiiäumsausg. ; alle {ttnmd)
male rßthen «ich stark. Rrentano 4, S20; diese leiite
meinten es so redlich, dasz es nur erleuchtete, unter-
richtete, mit der zeit vertraute priester brauchte, so
würden sie gar katholisch; aber die fehlen stark, dort
wie überall. 9,29; es kann uns der rauch doch stark die
angen trüben. Biamauck an Gerl^rh 9«; Hansli fiyr wurde
von dieser rede nicht stark betroffen. Keller 6. n.V)
(Ursula); man muszle fechten, wo und wie die ahloi-
jungen eben standen . ., und «Ich glücklich schätzen, die
itark gelichlrten truppen auf zwei von einander nicht
weit entfernten bügeln vorlKuHg für die nacht in Sicherheit
zu bringen. Mommhkn rnm.grMrh. 2, j.M; es dlimmerle stark.
als Soraphin in seine kammer huschte. Spindlbr 11, 10&;
sein gurgel starck den wein anzog
vil besser alle stund
alsz den regen der regenbog,
0 wie ein guten Schlund. Garg. 9 rteudr.
comp.: SO der palmbaum, welcher datteln trägt, ge-
krUmmet und gebeuget wird, wachset er desto stärcker
in die höhe oder über sich. Comenits janua au/ea 113 ;
nun ist die fläche DB stärker gegen die horizontallinie
geneigt, als die andere CB. Kant 8, 52; und schon ist
jenes öffentliche ereignis vor andern noch viel stärker
erschütternden ... in den hintergrund gewichen. J. Grimm
vorr. zum irb. 11; wer mag berechnen, welchen nutzen
das Wörterbuch dadurch stiftet, dasz es unvermerkt...
liebe zu der heimischen literatur stärker weckt, xiv;
alles absolut entgegengesetzte müsse sich stärker anziehen,
als das halbe, und sich schlieszlich in einem höheren
demente vereinigen. Keller 3, 108 {grüner Heinrich 4).
STÄRKARZENEI, STÄRK ARZNEI, /. stärkende arznei :
stärckartzney, rimedio, argomento confortativo, corrobora-
tivo. Kramer dict. 2 (1702), yio*».
STARKAUFGETRAGEN, adj. von einer erzählung. in
icelcher starke, übertriebene töne benutzt sind: eine stark-
aufgetragene geschichte.
STÄRKBALSAM, STÄRKEBALSAM, 7«. stärkender, kräf
tigender baisam: Amando besann sich auff seinen st&rck-
balsam, welchen er in vorrath hatte, und wandte damit
solchen fleisz an , dasz der todte in einer Viertelstunde
wieder zu leben begunte. Weise die drey klügsten Uute
(1679) 169.
STARKBEHAART, adj. mit starkem haaricuchs versehen.
STARKBELAUBT, o^;. dichtes laubwerk tragend: stark-
belaubter bäum.
STARKBELEGT, adj. mit mannschaft überfüllte stube
einer kaserne : starkbelegte stube. awcA im »nanöier stark -
belegtes dorf u. s. w., mit umfänglicher einquartierung
bedacht.
STARKBELEIBT, adj. von groszem körperumfang {vgl.
oben stark 16 sp. 881) : er selber {der abt) aber war gleich
ihr {der toirtin) ein starkbeleibter herr. Mörike erzäh-
hingen 128 {hutzelmännlein).
STARKBESETZT, adj.: starkbesetzter abtheil eines
eisenbahnwagens ; ich ... fuhr in einem starkbesetzten
zuge nach Pwllheli zurück. Schuchardt rauuinüsches u,
keltisches 343.
STARKBEWURZELT, adj. mit starken mtrzeln vef.'tehen :
starkbewurzelter bäum.
STARKBRUMMER, m. bezeichnung eines, der eine tiefe
und umfangreiche .stimme hat:
ein redlicher Schulmeister klar,
sowol starckbrunimer und backlar,
der wie ein gsalbter gottes freund
die Jugend recht zu leren meint.
Ringwaldt lauter warheU 225.
STARKBRÜSTIG, adj. mit hoher, starker hru.it aus
gestatttt. vgl. auch hochbrüstig theil 4, 2, 1609. mhd. grAj:
gn^ijiu brüst.
STARKDENKEND, adj. von einem, der mit seinen ge-
danken auf den grund der suche dringt, ohne rück.ticht auf
die ansieht der menge: es wird einem solchen stark-
denkenden geiste ein leichtes sein, die existenz gottes
auf eine so spielende und lustige art zu beweisen, dasz
auch der setzer seiner schrift vor herzlicher Überzeugung
sich des lachens nicht enthalten kann. Rabknkr 2, 16.'>.
vgl. auch den heleii unter dem folgenden.
STARKDKNKKi^ , m. zu dm,' vorigen: starkdenker
Campe; entsezlich grose compilaloren mag vielleicht das
heimliche bewustseyn ihrer Unfähigkeit bewogen haben,
sich durch affecktierle Zerstreuung das ansehn starck
denkender zu geben, allein der eigoniliche stankdcnki r
hat gar nichts von dem, er ist gewöhnlich gant/ mit
seinen gedanken auf der snclie, wovon geredet winl. ■ r
unterscheidet sich gemeiniglich durch behutsamkeil 111
urlhcil und zwcifel, und seinen bemcrkunpen hört man
durch die art wie sie gesagt werden bHl<l an , dasz si«
nicht so wohl seiner beivsenheit, sondern seinem ver-
stände den besten theil zu dancken haben. LicHTENnRRO
aphor. 8.99 Lritimann; so weisz ich «o viel aus meiner
geringen erfahrung. dasz die ver-^tHndigslen leute, die
pracktischon slarckdonoker , die immer ungcblendel das
I
889
STARKDUFTEND — STÄRKE 2
STÄRKE 2
890
beste sehen , . . . dasz die der Beattieschen philosophie
zugethan sind. 106.
STARKDUFTEND, adj..- es brennen auf dem Vor-
platz einige feuer, welche von zeit zu zeit mit Weihrauch,
und andern starkduftenden kräutern , genährt werden.
Kleist l, 169 E. Schviidt.
STÄRKE, /. juvenca, s. unfeti sterke.
STÄRKE 1, /. ein kraffmehl, die icäscJiezu steifen, welches
vor dem gebrauch mit xcasser angesetzt 7cird. engl, starch.
über die bedeutung dieses Wortes für die etymologie von
stark, adj. s. dort, stärcke damit man die krösz stärckt,
amido. Hulsius (1618)257"; stärcke, steifsei, krafmehl,
amydiim, amylum. Stieler 2110; stärcke, amilo, amido,
salda da collati. Kramer dict. 2 (1702), 909=; weisze stärcke.
tbenda; blaue stärcke, salda smaltata. ebenda; stärke,
womit man die wasche und zarte leinwand steif macht,
amylum. Frisch 2,320'=; die kragen oder Überschlag
werden mit stärcke gestäicket und gesteiffet. Gomemus
jamia aicrea 581; dann wann sie (die frauen) die bette
bestreichen wollen, bereiten sie die stärck darzu mit ge-
meldten blumen ab, welcher gebrauch dann zu erhaltung
der bette bey uns gar gemein ist. Tabernaemont. 71 J.
feinere stärke, wie die von reis bereitete, icird auch von
der heutigen kochktinst zur bereifting von pudding verwandt.
STÄRKE 2, /. robur, rigor, fortitudo, multitiido. zu
stark, adj. gebildet, woselbst weiteres über die etymolcgie
sich findet, ahd. starchi, starichi Graff 6, 717/. {die un-
umgelautete form scheint sich oberdeutsch noch spät in einem
falle erhalten zu haben: starck, robor. Diefenbach 499"),
sonst schon ahd. sterchi; mhd. sterke. ahd. sterchin Gr.\ff
6, 718 entspricht noch bair. sterken (stierkng) Schm.* 2, 782.
eine andere ableitiing, die hier er xcähnt sein mag, ist friih-
nhd. sterkede, robur. Diefenbach i99'=. ahd. starchida,
sterchida Graff 7, 718; mhd. sterkede.
l) als eigenschaft lebender tcesen.
a) in eigentlicher bedeutung auf körperliches, physisches
vei-mögen gehend: stercke desz leybs, robur. W.\aler 387'';
die stärcke des leibes, corporis robur. Steinb.\ch 2,684;
ttärcke der glieder, robtcstezza delle membra. Kramer
dict. 2 (1702), 909" ; sie haben die gröszte stärcke in den
beinen, summa virium in cruribus est. Steixbach 2,684;
eine grosse stärcke (riesenstärcke) haben, haver una forza
gigantesca, una lena da gigante. Kramer dict. 2 (1702), 909";
die stärke eines riesen, löwen besitzen. Campe, vgl.: er
verschonet der alten risen nicht, die mit jrer stercke zu
boden giengen. Jes. Sir. 16, 8. jede neigung, die wir gegen
unser gewissen befriedigen, zwingt uns, ein übermasz
von physischer stärke anzuwenden. Göthe 16, 247 (Jubi-
läumsausg.); doch wollte er (rfcr n'e««) ihn {den Schneider)
erst prüfen, nahm einen stein in die hand, und drückte
ihn zusammen, dasz das wasser heraustropfte, 'das mach
mir nach', sprach der riese, 'wenn du, stärke hast'.
BRÜOER Grimm kinder- u. hausmärchen 20. vgl. auch:
unversehens wurden die alten bänder {des Ornaments)
und riemen zu tierischen gliedern, sie erhielten muskulöse
stärke und Spannung. Lamprecht deutsche gesch. l, 336.
a) an der stercke zünemmen, die stercke meren, in-
tendere vim. M aaler 387'»; da er ein wenig mehr stärcke
bekommen, quum paullo plus roboris accessisset. Stein-
bach 2,684; ich bin in meiner besten stärcke, perrigeo.
Dasypodius; von dauerhafTter stärcke sejn, firmi roboris
es-ie. Steinbach 2,684; gröszere stärcke haben, multo
plus roboris habere, ebenda; so: sich seiner stercke trösten,
ßdere brachiis. Maaler 387*'; ein starcker rhüme sich
nicht seiner stercke. Jerem. 9,23. deshalb: die stercke be-
halten, tueri vires. M.\aler 387''; auch seine glider unnd
adcrn mehe zu steifTen unnd inn seiner stärcke zuer-
halten, worden jhm gemacht zwo grosse bleiene kugeln.
Garg. 289 neudr. oiier : alle stercke verlieren, gantz von
seinen krefTten kommen, defici vinbus. Maaler SS'**;
hinwider wa hunger regiert, die stärcke man verliert.
Garg. 347 neudr.; seine stercke wird verzehren der fürst
des tods. Hiob 18, 13; sein stercke widerumb erholen,
widerumb erstarcken, recipere suas vires. Maaler 387''.
insbesondere: durch weyn sein stercke widerumb erholen,
restituere vires per vinum. ebenda.
ß) Wendungen icie seine stärke versuchen u.a.: ein
starcker, so er mit einem schwachen wandert, mus er
warlich sich schicken, das er nicht nach seiner stercke
lauffe, er lieffe sonst den schwachen balde zu tode.
Luther 3, 392*; Goffroy der zucket aber ein gar starcken
schlag, daran er alle seine stercke leget und gebrauchet,
und schlüge den riesen auff die eine achsseln. buch der
liebe 278" ; einem mit stärck überlegen seyn, viribtts ali-
quem excellere. Corvincs fons lutinit. 737*; seine stärcke
weisen, mostrare le, far mostra delle sue forze, far
redere, spuntare, spiccare il suo valore. Kram er dict.
2 (1702), 909" ; alle seine stärcke auf etwas wenden , alle
stärcke dran setzen, mettere, applicare, impiegare tutfe le
stie forze, tutti li stioi nervi ä qtuilehe cosa. ebenda; die
stärcke unrecht anwenden, vinbus corporis abuti. Stein-
bach 2, 685.
;.) als besondere eigenschaft der jugend, des mannes:
da durchwühlt es {das laster) der knochen innerstes mark,
und bricht die mannhafte stärke der jugend. Schiller
2,52 (räuder 1, 3 schausp.); und wechselseitig: mit diser
weisz gewöhnet er sich, dasz er nicht alleine starcker
ward, sondern mit der stärcke auch jünger. Garg. 289
neudr. die stärke des mannes im. gegensatz zur schwäche
des weibes {vgl. entsprechendes oben unter stark 7 sp. 875).
Campe: die beiden zu Babel werden nicht zu felde zihen
thüren, . . . jre stercke ist aus, und sind weiber worden.
Jerem. 51, 30.
^ ähnlichen begnffen beigeordnet: mit gantzem gewalt
und mit gantzer stercke, sum.ma vi. Maaler 387*'; meine
krefifte und meiner hende stercke haben mir dis vermügen
ausgericht. 5 Mos. 8, 17 ; 'nun das mus soll mir gott ge-
segnen', rief das schneiderlein, 'und soll mir kraft und
stärke geben'. brCder Grimm kinder- u. hausmärchen 20;
man siliet, wie du will, der menschenkinder sterck
and leben auff dein wort frisch oder za nichts werden.
Weckherlin ged. (1648) 192;
kleider, die ihr sonst wohl paszten, waren zu weit, und
ihre sonst so raschen und muntern glieder matt und
schwach geworden , als der freund wieder erschien und
ihr durch seinen besuch neue stärke und leben gab.
Göthe 16, 235 {jubiläumsausg.).
e) ganz andersartigen begriffen beigeordnet: hat aber
jemand gerechtigkeit lieb? jr erbeit ist eitel fügend, denn
sie leret zucht, klugheit, gerechtigkeit und stercke, welche
das allernützest sind im menschenleben. weish. Salom. 8,7;
im herrn habe ich gerechtigkeit und stercke. Jes. 45, 24;
{so) kan kein rhüm {vor gott) in nichten bestehn, weder
in unser sterck, weyszheyt, frommkeyt, adel, reichtumb
oder kunst. Franck Sprichwörter i, 130*; wann ich so viel
stärck als muht het, botz krisam, ich wolt sie euch all
wie ein antvogel beropffen. Garg. 399 neudr. ; das ideal
von stärcke und fügend müste die gröste Schönheit seyn.
Lichtenberg apÄo». 3, 294, 393 Leitzmann,
an stärck, muht, munderkeit
ein wahrer Mars an that und namen.
Weckherlin ged. 376;
verleih, o herr, uns stärk und mut,
die du erkauft mit deinem blut.
G. Werner m tumnor. gexangb. 101, 2.
ihnen entgegengesetzt: Weisheit ist ja besser denn stercke.
pred. Salom. 9,16; was stärcke nicht kan das thnt be-
hendigkeit. Petri Zz4*'; stärck des leibs ohne erfahrenheit
und geschicklichkeit. Zincgref apophthegm. 1,117; wenn
das recht nicht entscheiden kann, so thut es die stärke.
Schiller 8, 15 {gesch. des dreyssigjähr. krieges); A. E. war
ihm an stärke gewachsen, an gewandtheit überlegen.
VisCHER auch einer 1,39.
^ hinüberspielend in die personification .- wa nagenranfft
überhand gewint, da hat stercke auszgedient. Garg. 347
netidr.; wo die stärcke nicht hilfft, musz man es mit list
angreiffen. Steinbach 2, 684;
sterck ohn rath,
thut nichts bey der that. Petri Ttl'»;
wer nicht vertrieben seyn will, musz vertreiben,
da herrscht der streit, und nur die stärke siegt.
Schiller 12, 243 {n'allemtein* tod 2, 2);
im leben gilt der stärke recht
dem schwachen trotzt der kühne,
wer nicht gebieten kann, ist knecht.
11, 66 {thaten der philofophen).
rj) stärke an eine besondere stelle de» k&rpera gebunden •
0 geld! sie {Ddila) soll ihn {den Simson) betrügen, ja, sio
891
STÄRKE 2
STARKE 2
892
soll ihn fragen, ja, wo er seine stärcke habe. Abraham
A S. Ci.AfiA Judas 3, 73. ähnlich besitzt in der spräche der
ringkunst ein ringer sowohl am köpf, \cie am leibe und
an den armen die ganze und die halbe stärke. Adei.ung.
stärke die fingerdicke sehne des störs, welche vom köpf bis
zum schtcanz läuft. Jacobsson 7, 428^', wo aber die unten
3, b aufgeführte bezeichnungsweise der tfieile einer degen-
klinge zu gründe zu liegen scheint.
b) geistiges, seelisches u. ä. vermögen eines menschen.
a) noch in Verbindung mit der bedeutung unter a oder
im deutlichen gegensatz dazu : sterck ist nicht in beynen,
sonder im gemüt. Franck sprichw. i, 130'^; geschicklich-
keit, der schwachen stärke. Wernike Überschriften 84;
man hat einsmahls einen weisen gefraget, welche unter
den beyden tugenden, nemlich die stärcke und freygebig-
keit einander an gute und herrligkeit übertreffe? der
weise hat geantwortet: wer freygebig ist, dem mangelts
nimmer an stärcke. Oleahius persian. rosenthal iS*'; er
(der schwache) braucht den starken eben darum nicht bey
seinen schwächen anzugreifen, am sichersten richtet er
den angrifT auf seine stärke selbst durch seine stärke.
Ki.iNGER 11, 319 {betrachtungen und gedanken \). als deut-
liche Übertragung des gebrauchs unter a .- die stärcke seiner
flügel, met. seiner kräfften probiren, tentare il nerbo delle
sue ali. Kramer dict. 2 (1702), 909°.
ß) ohne tceiteren erklärenden zusatz: meinstu das er
deine gewalt achte, oder gold, oder jrgend eine sterck
oder vermügen. Hiob 36,19; eines seine stärcke und seine
schwäche wissen, saper' il forte ed il debole di tmo. Kramer
dict. 2 (1702), 909"; unsere einbildungskraft erregt er (Jean
Paul), schmeichelt unseren schwächen und festiget unsere
stärken. Göthe 6, 116; und, mein guter, wenn anstrengung
stärke ist, warum soll die Überspannung das gegentheil
seyn? 16,68 (WertJiers leiden i); denn so angelegentlich,
wie irgend einer, der ein günstling werden will, launen
und schwächen seines herrn. hat er launen und schwächen
des groszen publicums studiert und weisz, dasz auf einen
geglückten, auf die stärken der menschen angelegten plan
immer drei durch benutzung ihrer schwächen gelungene
kommen. Ludwig 5, 50 (Shakespeare Studien); da sie (die
icirtstochfer) aber . . . nur im groszen häufen ihre stärke
fand, so wollte es ihr nicht gelingen, ein einzelnes (liebes)
Verhältnis abzusondern und ordentlich auf ein spülchen
za wickeln. Keller?,« (sinnged.);
auch wird keiner von dieem werck
daran er einmal setzt sein stärck
ablassen, er hab das zuvor
getriben ein selsam rumor. Garg. 455 neudr.
doch so, dasz die begriffliche färbung von stärke aus dem
Zusammenhang deutlich hervorgeht: darumb ist ein yedcr
sein selbs gröster feind, und sich selbs überwinden, die
gröst sterck, und ewiges leben. Franck paradoxa i9G^ ;
das lachen machende arcanum ist wohl das Mösersche:
grösze ohne stärcke. dieses ist bey verschiedenen men-
schen nur in sofern verschieden, als ihre ideen von
grSsze und stärcke verschieden sind : . . . stärcke ohne
grösze ist nie lächerlich , aber grösze ohne stärcke fast
immer. Lichtenberg aphor. 8, 106, 405 Leitzmann; ohne
Versuchung keine Überwindung, und ohne Überwindung
keine stärke im menschen ist. Pestalozzi 8,100; nein,
mein geliebter! wenn nur ein frevel dich mir erhalten
kann, so hab ich noch stärke, dich zu verlieren. Schiller
3, 436 (kab. u. liefje 8, 4); viele (künstler) standen an vielen
orten auf, und erhoben sich ganz durch eigene stärke:
ihr leben und ihre arbeiten hatten gewicht. Wacken-
HODEH herzensergieszungen 28; und wie ihr an mir sähet,
dasz ich mich weisen and bescheidenen herzens zu fassen
weisz, so nehmet doch ein beispiel an meiner stärke.
Kkli.eh 4, 861.
•/) stlLrcke des gemfits, valort, foria, vigore deW animc.
Kramer diet. t (17M), «W; jemand geht lange unent-
schlossen in seiner stube auf and ab; aaf einmal findet
er eine hiij/.eme walze, auf der er kapfersttche erhalten
hatte, and dieser prUgel gibt seinem geist stiLrko, und er
entschlieszt sich. Lichten iikho verm. «cAr^/lm 1, itO;
welche umfassende stärke der seele dazu gehört habe,
im damaligen Jodä« etwas der ari (wie da» chriatenthum)
»DzuerkcniMn and vonulragen. Hehdkh idtxH 684 Kühn»-
mann ; glaube mir, man kann das für stärke des geistes
halten, was doch am ende Verzweiflung ist. Schiller
2, 124 (räuber 3, 2 schausp.). auch : in mehr als einer sinn-
lichen kraft thut es uns das thier zuvor, in schärfe des
gesichts, feinheit und stärke des gehörs und geruchs.
J. Grimm Beinhart fuchs 2.
6") Wendungen wie seine stärke in etwas haben, besitzen,
viel und ordentliclies darin leisten : N. N. neun und zwanzig
jähre alt, frisch und gesund von körper, der gottes-
gelahrtheit beflissener, predigt einen ziemlichen basz, und
besitzt eine grösze stärke in postillen. Raben er 3, 25;
in orientalischen sprachen war seine vornehmste stärke.
Lessing l, 226 (der junge gelehrte l, 5); ich wil eine schrift,
die freylich nur bestimmt ist, die blösze eines mannes
auch hier aufzudecken, wo man seine ganze stärke ver-
muthen sollte, so lehrreich zu machen suchen als mög-
lich. 11,522; ein ehrlicher mann, von dem man wüszte,
dasz er alle mögliche stärke im spiel besäsze und in den
regeln sowohl, als verbotenen künstcn desselben be-
wandert wäre. Hamann 2,3.3; wo soll aber zeit und ruhe
zum analysiren herkommen, das ohnehin, wenn ich mich
recht kenne, meine stärke niemals werden wird. Göthe
27, 22 (ital. reise i); diese vortreffliche Schauspielerin
(mud. Witthöft) hat ihre gröste stärke in der komödie.
Schiller 3, 586;
so breit geschultert, hoch pebrüstet (xeie Herkules)
lag AngulafTer da: auch traf die kleidung zu.
der ritter stutzt; denn in den alterthümern
lag seine stärke nicht. Wieland 22, 13 (^Oberon 3, 29);
und gute laune, fröhlichkeit,
muthwille selbst (dies hat sie ausgefunden)
macht ihre stärke aus; sein ernst wird jederzeit
mit diesen waffen überwunden. 18, 188 (Pervonte 3).
c) stärke in fremde begriffssphären hinübergeleitet: mache
dich auff, mache dich auff Zion, zeuch deine sterck an,
schmück dich herrlich du heilige stad Jerusalem. Jes. .')2, l;
der böge der starcken ist zubrochen, und die schwachen
sind umbgürtet mit stercke. l Sam. 2,4; du kanst mich
rüsten mit stercke zum streit. 2 Sam. 22, 40 ; die stärck
wird durch den zorn gewetzt. Petri Rs*"; vgl.: also
müssen armen und schenckel von der hitze des geblüts,
und von einer mäszigen ergieszung der gallo, als der
letzten anfeuchtung wackerer leute, und dem Wetzsteine
der stärcke beseiet werden. Loiienstein Armin, l, 202''.
d) im gegensatz zu menschlichem vermögen:
dasz sie {die gemi'iter) ergaisteret nutzliches was öfTenen mfigen,
zu unserem jetzigen groszen vorhabenden wercke
von manlicher tugent, und meh dann menschlicher stercke.
Gor<7. 65 ncudr.
stärke zur bezeichnung der allmacht gottes: du hast ge-
leitet durch deine barmhertzigkeit dein volck, ... und
hast sie gefürt durch deine stercke zu deiner heiligen
wonung. 2 Mos. ib, IS; er lies weben den Ostwind unter
dem himmel, und erregt durch seine stercke den süd-
wind. 2^5.78,26; denn du hast deine stercke beweiset,
an denen, so nicht gleubeten. tceish. Saloin. 12, 17; gelobet
sey der name gottes von ewigkeit, zu ewigkeit, denn sein
ist beide Weisheit und stercke. Dan.i,M;
Jesu, deine slÄrke
Bchanet diese werke,
stehe du mir bei.
H. C. He<-kkr im hannor. getangh. 194, 7.
dann auch: der herr ist mein stercke und lobsang, und
ist mein heil. 2 Mos. 15, 2; aber der herr hilflt den ge-
rechten, der ist jre stercke in der not. ps. 37, 89;
du bitit mein stUrk. mein fels, mein bort,
mein scbild, mein Kraft, sagt mir dein wort.
An. Rrussek im hannov. getanyb. 386, 4.
anders getvendet: denn du bist der gott meiner stercke,
warumb verstössestu mich?^. 48,2; denn du hast ver-
gessen gottes deines hcils, und nicht gedacht an den
fclsen deiner stercke. Jes. 17, 10.
e) von dem mystischen nt\flust der gesfirne auf du.t
mensehenschirksul, im jdural:
ja, lie (die Vrnu»') JRt jntzt in erdennäh'
und wirkt horab mit nllon ihren stArken.
8<-iin.i.&K 12, 207 (WalletfUtn» tod i, l).
S) stärke durch die zahl und mannigfaltigkrit von hiil^fs
krliften bedingt, vgl. Htark 5 *p. 878: solto auch etwns
soyn, . . . welchs der macht und gowalt und ntärrk doK
königs könt vorgezogen oder gcnonnet werden ? KiacHiioc
893
STARKE 2
STÄRKE 2
894
tcendnnmuth 4,233 Österley : vgl.: die kirche, die rath-
stube, das zeughausz, die Schatzkammer, die kornhäuser
sind der stadt stärcke. Comenius sprachenth. 622. das
volk der bürgschaft des friedens zu berauben , welche
in seinereignen stärke liegt. Bism.\rck rcrf«n 4, 293; das
sechste Corps vermochte daher nicht, einen fortificato-
rischen abschlusz gegen den wald von Jaumont herzu-
stellen , welcher dem rechten flügel eine erhöhte stärke
verliehen hätte. Moltke 3, 50 (krieg 1870/71); die politische,
wirtschaftliche stärke eines Volkes;
solch that den feinden nrsach gab
zä forcht der Römer stärck und neid.
ScHWARTZEMBERG teutsch Ciccro 119»;
dan ja dein volck das land gar nicht durch eine schlacht
zu wegen bracht,
vil weniger durch sterck darinnen sich erhalten.
\Veckherli>- ged. (1648) 160.
3) festigkeit, iciderstandsfahigkeit von gegenständen:
a) die stärcke einer vestung, la fortezza d'un piazza.
Kramer drct. 2 (1702), 909*; einer von euch wird die stadt
visitieren, und mir von der stärke und schwäche der
vesten pläze rapport machen. Schiller 3,98 {Fiesko Z, h) ;
so zwang man pech und werk
in alle fugen ein, bis dasz zu voller stärk
der ganze bau {dag »chiff) gedieh.
Postel Wittekind 72 ;
das firmament erzittert,
der felsen stärke springt, der grosze punkt erschüttert.
Flemming 1, 24 Lappenberg.
h) nicht auf die Zierlichkeit der schuhe , sondern auf
deren stärcke sehen. Kr.\mer dict. 2 (1702), 909*. stärke
am degen, vis et vigor laminae. Stieler 2123; die stärcke
an einer degenklinge, la fwza b il forte della lamma.
Kramer rfiW. 2 (1702), 909*; stärke einer degenklinge, an
einer degenklinge heiszt der theil vom stichblatt bis zur
mitte der klinge, mit der weiteren eintheilnng ganze stärke
(in nächster nähe des stichblattes) und halbe stärke (nach
der mitte der klinge zu gelegen). Jacobsson 4, 258*. Ade-
LUNfi ; in diesen Zusammenhang gehört auch irol eine
Wendung wie: einem ding die stärcke geben, dar vigore,
lena, nerbo, forza ä qualche cosa. Kramer dict. 2 (1702), 909''.
4) enceitetungen und schillerungen des begriffes stärke.
a) heftigkeit, hoher grad der mrkung. vgl. stark 10 ap. 878.
o) stärke des sturmes u. s. w. :
dein weisheitreicher sinn
gab alle himmel an. jedoch die festen werke
und was zusammenzwingt der elementen stärke,
dasz nichts nicht leer musz sein, die werden untergehn.
Flemming 1, 11 Lappenberg.
stärke der ladung im geschützwesen.
ß) stärke der stimme, des schalls u. s. w. .- schwerlich
findet man (bei einer andern orgeJ) eine gröszere stärke,
reinheit und Verschiedenheit. Seume 3, 43; als er das
gesagt hatte, hörten wir unsern haupthahn krähen und
die nachbarhähne bis zum äuszersten epde des dorfes
durch die stille der nacht in perspectivisch abnehmender
stärke respondiren, was höchst wunderlich ins ohr fiel.
Goltz jugendleben i, 51.
;) auf einmal fasste mich das fieber mit seiner ganzen
stärcke, und ich dachte in dem augenblicke zu sterben.
Göthe hriefe 1,138 (lO. nov. 1767 an Behrisch).
5) die stärke einer arzenei. Campe: das stark trank
war das wasser. wan das wasser treibt grosse mülreder
mit seiner sterk , auch so trinket mancher guter gesel
den tod daran. Ulenspiegel 28 Lappenberg; von der stärcke
des weins. Kirchhof wtndunmuth 7,6 (4, 230) Oesterley ;
dasz derselbig (wein) bey seiner unmeszigen stärcke alle
ding binde und seinem zwang gewaltiglich unterwerfTe.
ebenda; die stärcke des geträncks, forza, gagliardezza
della bevanda. Kramer dict. 2 (1702), 909«. vgl. stark 13
sp. 879.
b) in der bedeutung 'schärfe': stereke des geschmacks,
odori.<t vehementia. Maaler 387*>; der essig hat wenig
stärcke, quest' aceto ha poco garbo. Kramer dfcf . 2 (1702), 909*.
vgl. stark 14 sp. 881.
c) vom umfang, von der dicke: die stärke eines baumes
messen in der förstersprache. Campe; stärke der wände;
die unterthanen sollen die völlige stärke der gebände
oder die vier seitenwände mit stein aufführen. ansj>.
verordn. von 1718 bei Sciim.* 2,782. stärke eines buches
rein äuszerlich nach der dicke, und iceniger nach der anzahl
der bogen, der aeiten gemessen: ein auf quartblättern
geschriebenes heft, kaum von der stärke eines fingers.
Eckermann gespräche l, 159.
d) selten die stärke der stunde, der meile (entsprechend
stark 18 sp. 883), nur bei Adelung.
e) entsprechend stark 17, a ifp. 882 anzahl: stärcke der
armee, der mannschaft, forza dell' esercito, delle truppe.
Kr.\mer dict. 2 (1702), 903*; der feind war uns an stärke
(menge) überlegen. Campe ; nachdem er noch Toni . . .
über die stärke der neger und ihre Verteilung im hof-
raume . . . ausgefragt hatte. Kleist 3, 346 Schmidt (Ver-
lobung in St. Domingo) ; sämmtliche übrigen truppen :
332 bataillone, 220 schwadronen, 924 geschütze in der stärke
von rund 300000 mann bildeten die Rheinarmee. Moltke
3, 3 (krieg von 1870/71); in ungefährer stärke von 130000
mann. 7; die genaue stärke der sieben deutschen korps
an diesem tage (dem iS. aug.) betrug 178818 mann. 63;
die zweite armee, deren stärke allmälig auf 194000 mann
anwuchs. 9; in lebhafter berührung mit dem feinde,
welcher sich hinter der Sauer in bedeutender stärke
zeigte. 13; graf Wilhelm zn Henneberg
der tat im bald nachjagen
und kam für Haun mit groszer stärk.
Liliencron hM. rolkfl. 1, 377»> (erttürmung
von Haun 1442);
dahin geschmolzen vor
der Schwed'schen stärke waren eure beere.
Schiller 12, 294 {Wallengteim tod 3, 13).
f) ein gemälde hat viel stärke, seine schatten und lichter
sind kräftig. Jacobsson 4, 258^.
g) entsprechend deti icendungen oben unter i,b, S : seine
(des Wörterbuchs von Adelung) stärke lag in dem bei aller
enthaltsamkeit durch grosze Ordnung reich aufgespeicher-
ten . . . Wortvorrat. J. Grimm vorr. zum wb. xiii.
5) als eigenschaft von rein dbstracten dingen.
a) die stärcke der liebe, amoris ßrmamenium ac robur.
Steinbach 2, 685; die stärke der leidenschaft , des
Schmerzes. Adelung; das heist des glaubens sterck und
krafft. Luther 32,99 Weim. ausg.; glaubt ihr etwa, eure
Überzeugung habe ihre stärke den argumenten zu danken?
Lichtenberg verm. schriften l.ns; (Seybold entschuldigt
den Homer,) dasz seine zeit tapferkeit für die höchste
tugend hielt, dasz die stärke der leidenschaft den übrigen
stärken gleich war. Göthe 33, 17; welch eine wunderbare
stärke der bewegungsgründe. Reiske Thucydides vorrede;
auch die Römer rühmen die wärme und stärke der haus-
gefühle an den Deutschen, nicht nur der menschen unter
einander, auch ihre freude an den hofthieren. Freytag
17,63 (bilderi); von der künstlerischen erziehung der
Jugend, welche die besondere stärke einer echt klassisch-
humanistischen bildnng ist. W. H. Riehl eulturgeaeh.
charakterköpfe 47.
6) ein sehr wichtiger beweis von der grosze und stärke
unserer religion. Raben er 3, 42; in den höflichen städtgen
ist es unmöglich etwas in der weltkenntnisz zu thun,
alles ist so höflich ehrlich, so höflich grob, und so höf-
lich betrügerisch , dasz man selten bös genug werden
kan um eine satyre zu schreiben, die leute verdienen
immer mitleiden, kurtz es fehlt allem die stärcke. Lichten-
berg aphor. 3, 153, 102 Leitzmann ; wenn die sitten allein
ein volk nicht mehr vor der verderbnisz bewahren können,
so musz eine Veranstaltung hinzu kommen, die den sitten
ein neues leben giebt, und das was sie an stärke ver-
loren haben durch eine neue kraft ersetzt. Wieland
8, 209 (Danischmend 26).
c) von rühm und sterck der warheit. Kirchhof tcend-
unmuth 7, 9 (4, 234 Oesterley) ; ich kenne die stärke dieses
arguments auf ein männliches gemüth. Göthe 17, 192
(■uiahlverxcandtschaften); denn es ist nicht sowohl die stärke
der anregung, welche die stufen des individuellen natur-
genusses bezeichnet, als der bestimmte kreis von ideen
und gefühlen, die sie erzeugen und welchen sie dauer
verleihen. A.v. Humboldt kosmos \,i; durch die philo-
logische richtung der heutigen missionare und die ge-
regelte mittheilbarkeit ihrer Sammlungen wird das Sprach-
studium dereinst solche stärke erlangen, dasz es oft den
abgang und verlust geschichtlicher denkmale mit dem
reichthum und der schärfe seiner combination zu er-
setzen vermag. J.Grimm vorr. ztim icb. x; 'das ganze
89J
STÄRKEBLAU— STARKEMEHL
STARKEN— STÄRKEN 2 (1. 1)
896
macht das kunstwerk !' dieser sprach bezeichnet die stärke
der klassischen kanst. W. H. Riehl culhtrgeseh. charakier-
köpfe 68.
d) in der gantzen antwort gegen Z. und L. musz junius
herrschen, kürtze mit stärcke und donner nach blitz.
Lichtenberg aphor. .^,250,708 Leitzmann; wenn du, wie
mir dein gesiebt ankündigt, ein herz hast, das für andre
fühlen kann, so lege dem sultan meine antwort, ohne
ihr ihre stärke zu benehmen , mit jeder milderung vor,
die einen ausbruch seines Unwillens über Sadik und mich
verhüten kann. Wielands, 399 {Danischmend i&) ; da sie
{die anstöszigen Wörter) . . . von männern gebraucht sind,
die mit festeren nerven begabt als die jetzt redenden
vor einem kecken, derben wort nicht zurückbebten, wenn
es galt dem was sie sagen wollten stärke zu verleihen.
.I.Grimm vorr. zum tob. xxxiv.
6) mit finalem beisinn , anstatt des gewöhnlicheren
Stärkung («. u.): dat wy up ör flitigh ersoiken to stercke
des rechten und to verkrenckung und straff des unrechten
und oveldaet vergunt und togelaten. d. stüdtechr. 16, 529, 27
{Braunschw. pioceszakte von 1503); so wil ich doch zu
mehrer stercke der schwachen, und den artikel deste
bas zu erkleren, dis büchlin zur letzte in dieser sachen
lassen ausgehen. Luther 3, 238''; welche zwey stücklin
uns der heilige geist zu unser stercke erzeigt, das wir
gewis weren, der leib Christi sey im brot. 4^99»; Paulus,
quanquam dicit se propter Christianos se pati i. e. vobis
zu sterck und exempel. 27, 106, 15 Weim. ausg.; so hat er
nu hie mit vielen werten sich verantwortet, die phariseer
ein zutreiben und schrecken, den andern seinen schülern
zur lere und stercke. 28,11,2; wol dir land , des könig
edel ist, und des fürsten zu rechter zeit essen, zur stercke
und nicht zur lust. pied. Salom. 10, 17. dann auch : das heist
ein exempel, trost odder sterck. Luther 27,107,5 Weim.
atisg. hierher wol auch: man soll dem sünder keine stärcke
geben drauff er sich verlasset. Prätohius glückstopf z^i.
7) vereinzelt ins concrete geioendet.
a) stärck, schlosz, fortezza, rocca. castello. HuLßlus
(1618) 237''. vgl. feste 2 t?ieil 3, 1563.
b) an disem tag (des evangel. Johannes, 27. dec.) trincken
die mann die stärcke, die frawen aber die schöne. Franck
welfb. 120''. am weiszen sonntag (dem ersten nach osfern)
pflegen die burschen ihre mudchen zum. m£th zu führen,
damit sie das jähr über schön und .itark bleiben .- d' schS
und d' sterk zaln. Schm.* 2,427. s. über diesen brauch
auch unter schöne iheil 9, 1492. davon in scherzhafter
Übertragung heiszt die schön und d' stärk atich ein ge-
tcisser theil der eingerceide einer gans. Schm.^ 2, 427.
STÄRKEBLAU, n. .- stärkblau, schmälte, zur stärke ge-
nommen um die wasche damit zu bläuen. Campe; stärken-
blau Jacorsson 4,260».
STÄRKEFABRIK, /. fabrik, in loeUher stärke, Stärke-
mehl bereitet udrd: Polex selbst hat keine stärke- noch
puderfabrik, noch ölschlägerei, sein öl holt er im lande,
den branntwein in Nordhansen und seinen puder und
stärke zu Halle. Brentano 8, 104.
STÄRKEGEHALT, m. procentmäsziger geholt, z. b. einer
kartoffel, an Stärkemehl.
STARKEISEN, n. in der spracJte des bergbaus benennung
eines langen dicken eisens, ioelehes die acfUacken aus der
Schmelzmasse beseitigt. Jacodsson 7, 428''. 429*.
STÄRKEKLEISTER, m. kleister aus stärke anstatt aus
geioöhnlic/iem Tnehl bereitet: stärk enkicister, besonders von
den buchbindern gehraurht. Jacorsson 7,428''; stärkkleister
Adelung, stärkckieistcr auch scherzhafte bezeichnung eines
tähen, schtcerverdaulichen puddings.
STÄRKEKRAUT, n., s. stärkkraut.
STÄRKEKUCHEN, m. kttcken, mü Stärkemehl gebacken.
dasu deminut. st&rkeküchloin , st&rkk üchlein , n.
allgemein, kleiner kitchen, welcher stärkende mittel enthiilt:
•Urckküchlein, rotelU confortanti. confortini. Khamkh
diet. s (1708), 910».
STARKEMACHER, m. einer, der für den häntUerisehen
vertrieb ntärke. ntärkemohl bereitet. Auei.uno.
STÄRKEMEHL, n. stärrkmchl, umido. amih. Kmamrr
diet. s (1708). MO" Blärckmoel. womit man die zarte wasche
■teiff macht, umijlum. Phisch «,M0»: stärkmehl Aiikluno.
Campk. vgl. »UU-k« i.
STARKEN, verb. für das heute ausschlieszlich gebrauchte
erstarken theil 3,995; ahd. starchfin Graff 7, 719; mhd.
starken: starcken, erstarcken, starck und vermüglich
werden, valescere. Maai.er 384"; wenn si (die hirsche) ir
liörner habent geworfen und in jungeu hörner herwider
wahsent, so stÄnt si an die sunnen, . . . darumb, daj iriu
hörner trücken und zeitigen und starken von der sunnen
hitz. Megenrero 130, 13; noch es stärket der muth, die
hoffnung. Campe, vgl. aargauisch starche (stare), stark
werden. HuNziKER 251.
STÄRKEN 1, verb. icä.iche steifen, steif machen mittels
stärke {s.o. stärke l), Stärkemehl {s.o.): starcken, die krösz
starcken, incoUare, ungere le crespe, ö increspare con
amido. Hulsius (1618)237''; einen kragen, ein halstuch
starcken, saldare, stendere un coUare, una cravata dargli
la salda. Kramer diet. 2 (1702), 9io*; ein gestärckter kragen,
collare saldato, steso coli' amido. 910''; gestärckte lein-
wand , tela .9aldata , stesa , distesa. ebenda ; stärken , mit
stärke , als wasche , amylare , rigidorem facere amylo.
Frisch 2, 320"; die Wäscherinnen stärken die wasche.
Adelung; gestärkte wasche. Campe; die mächtige fa-
miliennase, die über den frisch gestärkten Vatermördern
hinausragt. Storm 1,177; (selbst.:) doch kann Kapuas
einflusz selber bezeugen, dasz das stärken der krieger
durch krieg etwas so hinfälliges sei als (ist das gleichnisz
erlaubt) das stärken der wasche. J.Paul 33,60 {dämme-
rungen) , jgg j,rüstgen {des gewandes) ist geschnitten
nach ihres leibes läng . . .
kiabr musz es sevn gestärckt, damit man siehet blicken,
wie doch zwey ainge {die brüste) sich so artlich können
scnicken. Rachel 111.
in einer allgemeineren bedeutung: den zwirn durchs wachsen
starcken, fortificare il refe col cerarlo. Kramer diet.
2 (1702), 910*, wo die grenze sich schon sehr nach stärken 2
hinüber schiebt, die tveber stärken den aufzug mit einer art
kleister. Adelung; jetzt wurde die gesponnene wolle in
die webstube gebracht, zum zeddel gespult, fett gemacht
und gestärkt. Hebel 3, 85.
STÄRKEN 2, verb. confirmare, confortare, corroborare.
zu stark, adj. {wo weiteres über die etymologischen be-
Ziehungen) mittelst -]-suJfixes gebildet, ahd. sterchen, -an
Graff 6, 719, mhd. sterken, oberdeutsch starchen. prät.
ahd. starhta, starchta, mhd. starcte und sterkete. präs.
ich stirck neben ich sterck Ai.berus diet. U S*". unser wort
in anderen germ. dialecten bezeugt als as. sterkian; afries.
sterkia, sterka; vgl. auszerdem ags. slearcian, an. styrkja.
I. transitiv, l) einen stärken, ifim neue kräfte verleihen,
seine kräfte mehren u. s. w.
a) in besonders altefthümlicher Verwendung: wenn ich
alt bin und müde von arbeit und trinck malvasier, denn
80 schmecket er mir wol und stcrcket mir das leben.
Luther iß, 147, 15 Weim. ausg.; sihe der glaub macht
frum und vortreybet alle sund, sterckt alle kranckhcyt.
7,696,3; {anders gewendet:) stercke mich, das ich genese,
so wil ich stets meine lust haben an deinem rechte.
ps. 119, 116. sein gesundtheit nach der kranckheit slercken,
und deren wol pflUgen, valetxtdinem firmare. Maai.er 387'';
die krefft stercken und meeren, ampliare vires, ebenda;
noch (Uiuiich: der gan/hraten da wird schon die kräfte
stärken! Storm 7, 177 {schimrnelreiter);
Oertrude. zum mind'Bton nimm die tronren
aus dem tyrolerfläschchun, dus du selost
stets als em heilsam mittel mir gepriesen, . . .
es wird dich stärken, glaube mir.
Kleist 1, 6« Schmidt (JamiUe Schrnffen*tein 2,2).
b) {scherthaß:) ew. wohlgehorcn haben ja wohl die
gUtigkeit und UbergUlden hcrrn BerschOt/. die pillc ein
wenig, und lassen ihn etwas slärckendcs oder doch etwas
berauschendes nachlrinckcn. Lu:hteniiki«g hriefe ä, .s
(8. a;>r.I788). den leyb stercken, confirmare corpus. Maaii.h
887''; der leib wird durch die arbeit gesUlrckct, rotpu.i
labore firmtitur . Stkiniiacii 8, 68.5; weine, gcwUrtze stjlrkiii
den körpcr, indem sie die nerven reiten. AiiI.lung; be-
wegung in freier Infi stärket den körpcr. Campe; ich lere
sie. und stercke jren arm. Ho.tra 7. tft; und der herr wird
dich jmerdar füren, und deine seele scttigen in der dürre,
tmd deine gebeinc stercken. Jes. 58, ii. den mngon slercken
und anbringen, extilare stomachum. rorroftoratr stomarhum.
Maalrh 887''; •aohen so den mngen, das hirn starcken.
897
STÄRKEN 2 (1, 1)
STÄRKEN 2 a. 1)
898
eose confortative, corroborafive dello stomaco. del cervello.
Kram ER dict. 2 (l"02), 910»; der wein stärcket den magen,
vinum ventrintlum corroborat. Steinbach 2, 685. kalte
bäder stärken die nerven. Campe;
unserer freundin
ehre zu thun nach vermögen, das stärkt und leichtert den athem
selbst enebrüstipen greisen, und schmeidiget tinger und arme.
Voss 1, 199 {Luise 3, 744).
schon hinüberführend zu c: und das der wein erfrewe
des menschen hertz, und seine gestalt schön werde von
ole, und das brot des menschen hertze stercke. ps. 104, Li.
c) vom ausüben einer geistigen, seelischen icirkung.
a) stercken, starck und dapffer machen, fortificare,
hortari. consolari. mutig machen, focillare, vires adjicere,
vegetare, addere animum. Maaler 387"; stärcken, hals-
stärcken, machen dasz einer also handelt, faire que guel-
qu'un s'obstine et s'aheurte en son propos, le nourrir
en son obstination et aheurfement. Hüi.sius (1616) 306»;
stärcken, ein hertz machen, confortare, corroborare, 7-in-
corare. dar' animo. (1618) äS?*». mit object: aber bey den
Propheten zu Jerusalem sehe ich grewel, wie sie ehe-
brechen . . . und stercken die boshafftigen, auf das sich ja
niemand bekere von seiner bosheit. Jerem. 23, 14. einen
stercken, dapffer unnd handtlich machen, r-ires conciliare
alicui. Maaler 387'=; die feynd stercken, jnen ein hertz
gäben, animum inimicorum augere. 387''; die knächt
stercken und ermanen, milites confirmare. ebenda; einen
kleinmütigen, trostlosen stärcken, confortare i pusilla-
nimi. gli sconsolati. Kramer dict. 2 (i702), 910»; und Judith
trat für das bette, und betet heimlich mit threnen und
sprach, herr gott Israel, stercke mich und hilff mir
gnediglich das werck volbringen. Judith 13,5; und sprach
abermal, herr gott stercke mich in dieser stunde, und sie
hieb zwey mal in den hals mit aller macht. 9; da rüret
mich abermal an einer, gleichwie ein mensch gestalt,
und stercket mich, und sprach, furcht dich nicht, du
lieber man. Dan. 10,18; und sprach, vater wiltu, so nim
diesen kelch von mir, doch nicht mein, sondern dein
Wille geschehe, es erschein jm aber ein engel vom himel
und stercket jn. I^nc. 22, 43, wo die phantasie unseres volke.'i
den tmsinnlichen Vorgang gern als eine darbietung von
trank sich ausmalt; Judas aber und Silas . . . ermaneten
die bräder mit vielen reden, und stercketen sie. apostel-
gesch. 15, 32; er (Paulus) zoch aber durch Syrien und
Cilician, und sterckte die gemeine. 41; der gott aber aller
gnade . . . wird euch, die jr eine kleine zeit leidet, voll-
bereiten, stercken, krefftigen, gründen. iPe^r. 5, 10; denn
mich verlanget euch zu sehen, auff das ich euch mitteile
etwas geistlicher gäbe, euch zu stercken. iJöm. i, ii;
herr stärke mich und leiste
mir kraft, dir treu zu sein.
M. Günther im hannov. getangh. 274, 7;
du aber bleib, und geh,,
ach, in der stadt voll tod umher, und stärke
die sterbenden. Klopstock 9, 74 (David 3, 7) ;
{Paulus und Bamabas) stercketen die seele der jünger,
und ermaneten sie, das sie im glauben blieben, aposfel-
gesch. 14,22; was die seel stärcket, quod animam firmat.
Stein BACH 2, 685; weil aber alle abwechselung, die man
in seiner gewalt hat, das gemüth überhaupt belebt und
stärkt. Kant ig, 320; in solchen anregungen {des natur-
genusses) ruht eine geheimnisvolle kraft; sie sind erhei-
ternd und lindernd, stärken und erfrischen den ermüdeten
geist, besänftigen oft das gemüth. A. v. Hvmboldt kosmos
1,6; {vom künstlerMchen äuge:) als richtmasz und regula-
toren für seinen geschmack benutzte er {mein vater) die
angewöhnlich reichen Dresdener Sammlungen, in denen
er sein äuge häufig stärkte. Kügelgen jugenderinnerttngen
eines alten mannes 24;
nun bisz mir recht wolkonamen,
du edler rebensadt ;
ich hab gar wol vernommen,
du prin^t mir süsse krafft:
laszt mir mein gmflt nicht sincken,
und sterckst das herze mein. Garp. 125 neudr.;
der lange widerstand, den mehrere Völker unsres Deutsch-
lands gegen die Römer zu thun hatten, stärkte in ihnen
nothwendig ihre kräfte und ihren hasz gegen einen erb-
feind, der sich der triumphe über sie mehr als andrer
siege rühmte. Herder ideen 663 Kühnemann.
X. 2.
/9) mit angäbe des mittels: wende dich zu mir, sey mir
gnedig, stercke deinen knecht mit deiner macht, ps. 86,16;
ich wolt euch stercken mit dem munde, und mit meinen
lippen trösten. Hiob 16, 5 ; gott stercket mich mit krafft,
und weiset mir einen weg on wandel. 2 Sam. 22, 33; ihr
freund . . . stärkte sie durch den gedanken, dasz die hälfte
der Prüfung nun schon vorüber war. Göthe 16,235 {jubi-
läumsausg.) ; mir stellte sich, sobald die gefahr grosz ward,
der blindeste fatalismus zur hand. und ich habe be-
merkt, dasz menschen, die ein durchaus gefährlich metier
treiben, sich durch denselben glauben gestählt und ge-
stärkt fühlen. 30,125; einen bekümmerten durch seinen
zusprach stärken. Adelung;
fort auf das feld ! vielleicht kann ich
noch eine dicke feldmaus haschen,
mit dieser hoffnung stärkt' er sich.
LicHTWER 59 {fabeln 2, 11);
stärke mich durch deine todeswunden,
gottmensch, wann die seligste der stunden . . .
meinem Sterbebette naht. Hölty 138 Halm.
y) mit iceiterer angäbe über die. absieht und mrkung:
einen zu unserer parthey stercken und vermanen, con
firmare aliquem. Maaler 387"=; sein zureden hat mich
dazu gestärkt. Kramer dict. 2 (1702), seo*";
ich hab heudt die lausing drey Schweden
lang sehen mit einander reden
und gar sehr fechten mit den henden.
ich glaub wol, das sie an den enden
einer den andern auff uns stercket.
H. Sachs 13, 217, 19 KeOer-Oätze;
aber da der heylig geist kam,
der stercket sie {die jünger) so wundersam,
dasz sie verliessen forcht und schrecken, lö, 396;
dasz sie {die pfcudochriften) so gar kein widerstand
begeren wider den Türken,
allein ihr gemüt dahin sterken,
wie sie uns gar möchten verschlinden.
dasz man gots wort nicht mer möcht finden.
LlLIENCRON Mstor. volktl. «. 4, 295, 208 (z. j. 1546) ;
das sol man gar wol mercken
ynn dieser legten zeit,
die gewissen darauff stercken:
so sind wir wol bereit, bergreihen 5, 11 neudr.
ich verstosze dich in dem augenblick, da du mein ge-
worden bist, da ich der stunde nahte, die mich für ver-
gangenen kummer trösten, auf künftigen stärken sollte.
Klinger 5, 233 {Giafar 3, lO); nämlich dasz uns gott zum
guten stärke, darum sollen wir beten, dasz wir anderer-
seits aber auch den teufel aus dem feld schlagen, darum
sollen wir arbeiten. Riehl deutsche arbeit 139;
sölchs hi ain yder also merck,
das es in fast zä gutem sterck.
ScHWARTZENBERG tciitfch Ciccro 119*.
anders, wo vrir heute zumeist bestärken gebrattchen icürden .-
das jr . . . wachset in der erkenntnis gottes , und ge-
stercket werdet mit aller krafft nach seiner herrlicher
macht in aller gedult und langmütigkeit, mit freuden.
Col.i,li; er aber unser herr Jesus Christus, und gott,
und unser vater, ... der ermane ewre hertzen. und
stercke euch in allerley lere und gutem werck. 2 Thessal.
2, 17; darumb haben wirs nicht weiter wollen vertragen, . . .
und haben Timotheum gesand, unsern bruder und diener
gottes, und unsern gehülffen im evangelio Christi, euch
zu stercken und zu ermanen in ewrem glauben. 3, 2 ;
so musz sich doch das gewissen freuen, und im glauben
desz stärcken, dasz gott durch e. k. f. g. solchs gar aas-
gericht, und zum Werkzeug gebraucht hat. Luther briefe
3, 39 (r. 31. oct. 1525 an Joh. von Sachsen); einen in seinem
guten vorhaben, meinung stärcken, fortificare, confer
mare etc. uno ne' suoi bttoni proponimenfi. Kramer dict.
2 (1702), 910» ; jemanden im guten stärken. Adelung; ihr
Umgang hat mich in der tagend gestärket, ebenda ;
mich stärkt von deinen liebestbaten
so manches beispiel im vertraun. Bürger Sf";
dem entsprechend nurh: da sie (^Esther) sähe den zom jres
manns wider Mardachai, solt sie jn billicher nicht darinn
gesterckt, sondern mit vernünffligen süssen worten darvon
gewiesen haben, buch der liehe 299^ ; die sach selbst sey
von geringer importantz, and könne leicht beygelegt
werden, wann nur die beyde harte köpff könten znr
sanfTtmuth bewogen werden, und die gewissenlose pro-
curatores and advocaten sie ihres eigenen nutzens halben
nicht in ihrer Verbitterung stärckten. Schuppius 270; er
57
890
STÄRKEN 2 (I. 1. 2)
STÄRKEN 2 (I, 2-6)
900
glaubt, ich stärke dich im zorne. Klinoer 1,66 (zwiUinge
3, 2). jemand in seiner bosheit stärcken, fortificare, con
fortare, confermare , indurare, ostinare uno neila siia
malitia. Khamer dict. 2 (1702), 910»; hingegen ist unstreitig
strafbar, wenn man die öffentlichen laster an einem fürsten
für tagenden rühmt: denn dadurch würde man ihn in
seiner bosheit u. w. stärcken. Butschky Pathmos G30.
einen in seiner Unwissenheit, törichten meinung u. ü.
stärken, bestärken .- dann daraus {zu allem stillzusckweigen)
können zweyerley unheil entstehen: einmahl, dasz des
weisen ansehen dadurch verdächtig, und hernach der un-
wissende in seiner Unwissenheit gestärcket werden kan.
pers. rosenthal 8, 86; wie wenns teufflische triegereyen
wehren, dadurch er auff gottes verhängnisz die menschen
in aberglauben stercket , und entweder sicher oder ver-
zagt zu machen gedencket. PiiÄTORifs glückstopf 212;
hierdurch ist er in seiner meinung, argwöhn gestärckt
worden, per questo egli fü confermato neUa sua opinione,
nel auo sospetto. Kram er dict. 2 (1702), 910*'; einen in seiner
thörichten meinung stärcken. Steinbach 2, 685; es ist
sonderbar, sagte Wilhelm, dasz dieser merkwürdige mann
{der abbee) auch an mir theil genommen und mich, wie
es scheint, nach seiner weise, wo nicht geleitet, doch
wenigstens eine zeit lang in meinen irrthümern gestärkt
hat. GöTHE 20, 167 {Wilhelm Meisters lehrjahre 8, 3).
2) tnit gewandeltem ohject.
o) sich ergebend aus i,c,y: den glauben, die hoffnung
stärcken, fortificare, fermare, confermare la fede, la spe-
ranza. Kramer dict. 2 (1702), 910» ; und die apostel sprachen
zu dem herrn , stercke uns den glauben. Luc. 17,5; ein
frommer Zürcher erwartet dich bei mir heute abend zur
zeit des ave Maria, komm' und stärk' ihm den glauben.
C.F.Meyer Jürg Jenatsch 59;
verdienst des glaubens würt ^esterckt
indem das flaisch und biät nit merckt.
SciiWARTZENBERG tcuttch Ciccro 155».
die hertzhaftigkeit mit vielem versprechen stärcken, ani-
mum fortem multis promissis roborare. Steinbacii 2,685;
dies verlangen {euch zu dienen) stärkte meine erfindungs-
kraft und liesz mich zur erreichung des ziels die kühnsten
mittel ergreifen. C. F. Meyer Jenatsch 122;
stärke du mir meinen willen .
wider meiner feinde list.
Pii. 13. SiNOLi) im hannov. gesangb. 319, 6.
secht den auszlaufl' musz ich thun, das ich nit sterck
der papisten verstandt. Luther 10,226,23 Weim. ausg. ;
ich glaub wol, der teuffel erwecke etwan ain ungewittor
und lasse davon ab, so man glocken leüt und weych-
wasser sprengt , und geweychtt palmen und kertzen an-
prent, damit er solche abgötterey fürdere und stercke
im volck. Errrlin v. Günzburo 2,9 neudr.; deswegen
solchen wahn zu stärcken, nam er sich an, als ob er
vom pferd steigen wolt und supplicieren. Gnrg. 364 neudr.;
erst thftest mir meinen k&mer stercken.
H. Sachs feutn. »p. 6, 30, 50 Götze;
'in ieiuniis' i. e. sollen uns abbrechen und dem mut-
willigen fleisch sein lust nicht stercken. Luther 20,270, 4
Weim. ausg. ; herr las dem gottlosen seine begirde nicht,
stercke seinen mut willen nicht, sie möchten sich erheben.
ps. 140,9; weil Appollonius der heubtman in Niedersyria
also wütet, und des Simon mutwillen stcrcketc. 2 Ma^c.
4, 4; es kommen offt leute, welche der grossen cavallier
künbeit st&rcken aus der Offenbarung Johannis. Scnur-
pius 367; eines andern argwöhn stärcken, auspicionem
alieuju» adaugere. Stein UAcn 2, eH5; ein ärgerer aussatz
wars , dasz sie {die Juden) in allen barbarischen Jahr-
hunderten als Wechsler, Unterhändler und rcichsknechte
niederträchtige Werkzeuge des Wuchers wurden, und get^cn
eignen gewinn die barbarisch-stolze Unwissenheit der Euro-
päer im Handel dadurch stärkten. Hkrukr ideen 67S
Kühnemann.
b) wer kranckheit nicht so sebr aU ihren ur>prung heilet,
ein eolcbor arzt heilt wol, and heilet unverweilet :
wer nicht mit «Onden kampITl, and nur mit kranckheit
kftmpnt,
der hat «ie mehr (eetArclit und weniger gedamprft.
Lüoau 1, V, 61.
e) dein gott hat dein reich aulTgcrichtet , dasselbe
woltesla goU ans stercken, denn es ist dein werck. p». e»,n;
die einen strebten nach eigener Überzeugung das könig-
thum zu stärken und zu stützen. Bismarck ged. u.
ermn. 1,59; der frummen iernun^ würt geert,
damit sy sterclten frid und recht.
ScnwARTZENUERG tcuUch Cictro 136»;
durch dieser beiden gelehrten {Meon und Mone) fleisz
und mühe ist mir eine beschränkung des stofs geboten
und erleichtert worden, die den erfolg meiner arbeit nicht
hemmen, sondern stärken konnte. J.Grimm Reinhard
fuchs vorr. 2.
3) ohne hervorhebung eines objects : ich für meine person
fahre gern zusammen — versetzte der doktor — weil
schrecken stärkt, indesz furcht nur schwächt. J. Pauk
52, 10 {Katzenbergers badereise 2). gewöhnlich beim pari.:
stärckende worte, parole di conforto. Kramer dict.
2 (1702), 910''; stärckende mittel, stärckende artzneyen,
rimedii ristoranti, conforti ristori. 910»; so wie Newton
gemuthmaszet hat, dasz die letzteren {die cometen) mit
ihren schweifen vielleicht stärkenden duft in das system
hereinfächeln könnten. Lichtenberg erklürung der Ho-
garthLschen kupferstiche 2, 72; es ist ein stärkender seelen-
eihebender gedanke, den jeder unter ihnen haben kann,
welcher seiner bestimmung werth ist. Fichte bestimmung
des gel. 95; der schlaf ist, wie ich im Hesperus bewiesen,
das stärkende ausruhen nicht sowol des ganzen körpers,
oder der muskeln u. s.w., als des denkorgans, des ge-
hirns, daher durch lanjjie entziehung desselben nichts
am körper erkrankt, als das gehirn, nämlich zum Wahn-
witz. J. Paui. 52, 84 {Katzenbergers badereise 2); stibst.: sie
kochte ihm für den abend alles, was sie nur stärkendes
und beruhigendes aufzufinden wuszte, in der küche zu-
sammen. Kleist 3, 288, 15 E. Schmidt {Marquise von 0.).
der stärkende beiname des grafen Günther zu Sch%carzburg
in der fruchtbringenden gesellschaft , s. neusprossender
palmenbaum 232.
4) die anztthl mehren, wo die heutige spräche atuischliesz-
lieh verstärken vericendet. schon Stein bach 2, 685 ge-
braucht in diesem sinne nur verstärken ; Ahei.u ng ertcähut
diesen gebrauch noch, aber als veraltet: die anzahl stärcken,
fortificare, it. ampliare, augmentare il numero. Kramer
dict. 2 (1702), 910»; die wachten, die garnison stärcken,
fortificare, raddoppiare h guardie, U gttarnigioni. eltenda;
seinen anhang, seine parthey stärcken, fortificare. rin-
forzare, aiivalorare la stia banda, setta, fattione, il suo par-
tito, .teguito, cotifortarsi contro li stwi emoli. ebenda; er
sende dir hülffe vom heiligthum, und stercke dich aus
Zion. ps. 20, 3; derhalben stärkten sie {die herzöge von
Österreich) haimlich die von Freiburg und raizten sie zu
aller ungehorsame {tcider den grafen von Fürstenberg).
Zimm. chron.'^ 1,198, .33; aber Lucifer eines guten theils
gewarnet, damit er sein reich erhalten möchte, zöge von
einem ort zum andern , besetzet alle posten , stärckete
seine leibguardi und wacht, insonderheit mit drey beeren.
Philanuer 1,.M2; dii.s7, nur drei schiffe aus Scania alhie
angelanget, die sich foigends mit den Wandaliern ver-
bunden haben, und also mit jhrer macht gestärcket,
fnrtgerücket seyn. Micräi.ius iiltes Pommern 1,88; ich
versichere dich, wann alle meine bekandte, grosse und
kleine, beycinander weroii, und wollen Soldaten werden,
sie köntcn nicht allein Münster entsetzen, ... sondern
sie köndtcn auch einem unter den nordischen königen
mit einem grossen succurs begegnen und seine armee
mächtig stärken. Schuppius 238. und in neuer bild-
lichkeit: aber die arme des königes zu Babel wil ich
stercken, und jm mein schwert in seine band geben.
llcsek. 30,84.
5) die materieUe macht eines vtrmekrtn:
der degen hat den kaiser arm ^roscbt;
der pRug ist's, der ihn wieder starken musz.
Sciiti.i.KK 1», 70 {HccoL 1, L'^ ;
6) die stärke, widerttand^krt^ft u. a. w. eines dinge» i< 1
mehren: ein läger stercken und weerhaflTt machen, castra
munire. Maaler 887'*; «tärcken. befosligcn, fortificare.
Hui.niU8 (1616) S87'; den swirn durchs wachsen stärcken,
fortificare il reft toi r*rwio. Krämer dict. t (1708), »10»;
ein liach. ein reponhnrh, vom himinul her fCKliln-ket . . .
bricht tllxT thnnini und rnnd, scIiPUKt ttbor orliUtz und wehr,
bricht da und dort bersuaz. ergeust sich hin und her.
LouAU 8. S, 69.
1
901
STÄRKEN 2 (I. 6. 7. II, 1. 2)
STÄRKEPFANNKUCHEN — STÄRKEZIFFER 902
bildlich: einem den rücken stärken, ihm rückhalt. schütz,
schirm gewähren, in der gcigenbaukunst : dann aber
(nach hundertundfünfzig Jahren) wird das holz {der geige)
schwächer, der ton trockener, es geht ans nachbessern,
man unterlegt, füttert und stärkt die decke. W. H. Riehl
geschichten i, 211.
7) stärcken . bekräfftigen , bewähren , i. e. wahr oder
glaublich machen, confirmare. Corvinus fons latin. 265*';
beigelegte historische deduction, die durch und durch
mit den originalien zu stercken. verhandl. der schles.fürsten
und stände v.j. 1619 *. 255;
der (mund) wil sich lassen mercken,
wil sein gegüntes lob nicht mindern, sondern stärcken.
LOGAU 2, 3, 59.
II. reflexiv, l) entsprechend 1, 1.
a) sich mit speysz widerumb stercken ; die krefft mit
narung wider erfrischen oder erholen, reficere vires cibo.
Maaler 387''; und {Paulus) stund auff, lies sich teuffen,
und nam speise zu sich, und stercket sich, apo.stelgesch.
9.19; 'was trägst du unter deiner schürze?' — 'kuchen
und wein: gestern haben wir gebacken, da soll sich die
kranke und schwache groszrautter etwas zu gut thun,
und sich damit stärken'. brOder Grimm kinder-u. haus-
märchen nr. 26; 'komm doch herein, lieber bruder, ruhe
dich aus und stärke dich mit einem becher wein.' 28;
^^i^ erreichten die nachbarstadt noch zeitig genug, um
uns zum kritischen werke durch einen trunk stärken zu
können. \V. H. Riehl geschichten 4, 103;
zitternd stärkte sich Hans mit speis' und getränk.
Voss 1, 178 {Ltiise 3, 536).
sich stärken müssen als scherzhafte strafe in studentischer
kneiprunde; auch sich pro poena stärken einen tüchtigen
schluck thun, solange trinken müssen, bis 'geschenkt' wird.
b) sich stercken und ein hertz fassen, colligere ani-
mum et cogitationem. Maaler 387"=; sich stercken und
rüsten wider alle züfäll, confirmare se ad omnia. ebenda;
sich stärcken, fortificarsi, confortarsi. Kramer dict.
2 (1702), 910* ; als wenn noch vorm jüngsten tage in den
vermutheten tausend jähren sich der menschliche ver-
stand so stärcken werde, dasz man einem auch an der
stirn geschwind werde können ansehen, was er im schilde
führe. Prätorius glückstopf vorr. s*";
aus jn (den schrißen der alten Griechen) wir rychen manches
davon sich stärckt der weysen müt.
ScHWARTZENBERG tcidfch CiCcro 156* ;
damit durch deine kraft mein herz
sich stärke, und ich himmelwärts
ohn unterlasz aufsteige.
A. H. Francke im hannov. gesangb. 62, 6.
auch, wo heute bestärken gerne gebraucht irird : pasz-
quillant, der du . . . nicht allein keine öffentliche erkant-
nüsz , bekantnüsz und reu über die begangene boszheit
von dir erscheinen lassen, sondern noch in derselben
flieh gestärcket und verhärtet. Schuppils 67^; mit solchen
imd vielen andern gedanken suchte sich die schöne frau
in ihrem Vorsätze zu stärken. Götiie 16,228 {Unterhaltungen
deutscher ausgewanderten).
•i) entsprechend I, 4 und 5. sich mit Streitkräften versehen,
die zahl seiner hilfskräfte mehren tt. ä. .- aber Jerobeam der
Bon Nebat, der knecht Salomo, Davids son. warff sich
auff und ward seinem herrn abtrünnig, und haben sich
zu jm geschlagen lose leut und kinder Belial, und haben
sich gestercket wider Rehabeam den son Salomo. 2 chron.
13,7; aber die andern Israeliten lies er alle gehen, einen
jglichen in seine hütten, er aber stercket sich mit drey
hundert man. richfer~,8; es wird der zerstrewer wider
dich erauff ziehen, und die feste belegern, aber, ja be-
renne die Strassen wol, rüste dich auffs beste, und stercke
dich auffs gewaltigst. Nah. 2, 2; unz an die zit, das sich
die herschaft {des landes) aber stärkte und nüw kriege
mit jnen anfieng, darwider stärkten sich die dry lender
ouch mit püntnüssen und gewunnent an sich ze fründen
^die von Luzern, die von Zürich, Zug, darnach über lang
lie von Bern mit jr macht. Etterlin «); nachdem aber
[..der küng in Lamparten ze ziehen sich stärkt. Ans-
lELM Berner Chronik i, 6)^,9 ; offt sterckt sich der künig,
hnd beschützt sich mii frembder hilff. Franck icelt
•Ji 2H^; insonderhait aber bewarb er {Hans v. Rechberg)
ich noch mere und stärkt sich täglichs, in ansehung
das im die angefengt kriegshandlung wider Werdenberg
nit als übel von handt gangen. Zimm. chron.^ l, 401, 34;
doch lassen sie beyde {Paulus Diaconus und Jordanes)
diesen ländern den rhumb, dasz sich die Goten so wol
als die Longobarden drinnen mit den einsaszen volck
gestärcket haben, und also fortgezogen seyn. Micrälius
altes Pommeni 1, 86;
der wiert erwacht ; wie er das merckl,
baldt sich mit seinem fsinde sterckt,
ergriff jn (den dieb), wie er jm eilt nach.
Waldis Esopus 4, 32, 80 Kurz;
doch kondt ich auss der schlacht wol «nercken,
das sie sich auff all seilen stercken
und noch kein end vorhanden wer,
sonder sich rotten jmmermehr.
Fischart 1, 120, 758 Kurz.
Ahmatus sein bruder sterckt sich dapffer wider Zelim, ward
aber überwunden. Fr.\xck tceltbuch 117*; zu morgens,
als man vernam was geschehen war, bewegt sich die
gantz statt zu rumor und auiTrür, also sterckt er sich
mächtigklich im pallast, und macht sich selbs zum soldan
gwaltigklich. 190*.
STÄRKEPFANNKUCHEN, «i. eierkuchen mit bedeutendem
Stärkezusatz bereitet.
STÄRKEPUDDING , m. pudding mit ztisatz von feiner
stärke bereitet.
STÄRKEQUIRL, m. aus holz geschnitzter quirl, welcher
zum umrühren des mit wasser angesetzten Stärkemehle dient:
stärkenquirl Am.\r.'vnthes 1895.
STÄRKER, m. einer, der stark macht, zu stärken, verb.
STÄRKERIN, /. zu dem vorigen:
o süsse frülingszeit, wer kan dein lob verhälen?
du bist der stärcken merckerin,
du bist der schwachen stärckerin.
Weckhbrlin ged. (1618) 763.
STÄRKERRECHT, n. recht des stärkeren:
sie {die (jmszen geigter) haben vor den seltnen wunderthieren
ein stärkerrecht, dasz man sie sorgsam hegt,
dankbar bekleidet und verpflegt,
zu hoch und frei, sich selber zu geniren. Bürger ged. 3V>;
voll edler seel erblühe
ein neu ^schlecht ;
und tief m wälder fliehe
das stärkerrecht !
Voss 5 (1802), 265 {bitte 1795).
STÄRKESTOLZ, m. stolz, tcelcher aus der stärke seine
nahning zieht: er {Judah) verachtet in seinem stärkestolze
die schwachen seines Volkes den fanatikern gegenüber
und musz zuletzt sehn, dasz eben diese schwächen ge-
siegt und nicht seine stärke. Ludwig 5,422 {dramaturg.
aphorismen).
STÄRKETOPF, m. irdener topf, in tcelchem stärke mit
bläue angesetzt und dann aufgekocht wird: stärckentopff
Amaranthks 1895; stärkentopf und stärktopf. Jacobsson
7, 429*.
STÄRKEUNTERSCHIED,»!.; der stärkeunterschied der
beiden ringenden ist zu grosz, dann auch stärkeunter-
schied zweier töne und entsprechend stärke 4, e sp. 894
stärkeunterschied zweier beere tt. s. w.
STÄRKEVERHÄLTNIS, n., entoprecheml stärke 4. c«p. 894:
Stärkeverhältnis zweier armeen u. ä.
STÄRKEWÄSCHE. /. die feine wasche, tcelche nach dem
waschen noch gestärkt trerden musz: stärckwäsch, bucato
fino, panni Uni »porchi si, mä di renso e di olanda come
sono collari, cravatte, veli. Kramer dict. 2 (1702), 910'' ;
stärckenwäsche Amaranthes 1895; stärkwäsche Adei.un«.
sprichicörtlich : ein jeglicher lumpen (hadern) will unter
die stärckwäsche, ogni cencio {straccio) vorrebbe entrare
nel bucato fino. Kram er a. a. o.
STÄRKEWASSER, n., zu unterscheiden von unten stärk-
wasser. wasser, in tcelchem stärke aufgelöst ist. Adelung.
bei den stärkemachern die noch mit tceisser vermischte,
noch nicht getrocknete stärkemasse, tcie sie aus dem ein-
geweichten waizenschrofe gewonnen wird. Jacobsson 4,260*:
stärckwasser, acqua amidata 6 da saldare. Kram er dict.
2 (i7i)2), 910**; Stärkwasser Adeluxu.
STÄRKEZAHL. /. gleich dem folgenden.
STÄRKEZIFFER , /. ziffemmäszige angäbe der stärke
einer armee u. s. w. s. stärke 4,c sp. 894: nachdem die über
erwarten grosze stärkeziffer der in Metz eingeschlossen
gewesenen armee bekannt geworden, neue preuaz. zeit. 1870
nr. föö.
903 STÄRKEZUCKER -STARKGEISTEREI
STARKGEISTIG - STARKHALSIG
904
STÄRKEZÜCKER , m. von säuren angegriffene stärke
(stärke l). Obst buch des kaufmannes 665''.
STARKFARBIG, adj. in starken, grellen, hervorstechenden
färben gehalten: indem er das auf einem tische aus-
gebreitete glänzende Spielzeug musterte, wurde sein blick
durch ein starkfarbiges bild seitwärts gezogen, das an
der wand unter andern sachen hing. Kellek 7, 108 {Sinn-
gedicht).
STARKFLUTEND», adj.: ihre {der Germanen) dichtung
träumt kein thatenloses idyll ; ihre aufmerksamkeit fesselt
nur bewegtet thun und starkflutende empfindung. Lam-
precht deutsche geseh. 1, 173.
STARKFORMIG, adj. der starken declination oder con-
jugation angehörig: oder es wird ein wahres treibjagen
auf ein starkformiges Präteritum angestellet. Pfister-
ScHWAiGHUSEN einleit. zu den nachtrügen zu Vilmars
idiot. s. XII.
STARKGEBAUT, adj.: ein starkgebautes haus; eine
starkgebaute brücke, von menschen mit kräßigem, gesundem
körperbau; nach einer andern sage öffnete er {Cromwell)
den sarg {Karls des ersten) bei tage, betrachtete ruhig
den leichnam und sprach die worte: 'es war ein stark-
gebauter mann, und er hätte noch lange leben können'.
Heine 4, 66 Elster {franz. nuiler Ddaroche).
STARKGEDACKT, n. im Orgelbau ein mit besondeis
tiefem, ton atisgestattetes register mit deckel versehener pfeifen.
Jacobsson 4, 258'. 7, 429". für das zweite compositionsglied
8. theil 4, 1, 1939 gedackt 3.
STARKGEFÄRBT, adj. stark mit {anderer) färbe ver-
sehen; auch von der darstellung eines geschehnisses, welclies
der berichterstatter aus irgend einem, gründe in ein he-
atimmtfs , den thatsachen nicht entsprechendes licht rückt.
STARKGEFÜLLT, adj.: starkgefülltes abtheil eines
eisenbahnwagens ; von einem bäum mit dichtem gezweig:
(ihr cedem,) schauet unsem
reichthum ! wie wir herrlich grünen,
starkgefüllte, volle bäume !
voll von zweigen, dicht von laube !
Fr. MCi.ler 2, 401 {die erle und die ceder).
STARKGEGLIEDEi{T , adj.: indem er {der dreiszig-
jährige krieg) die idee des kaisers, wenigstens faktisch,
aus der mitte nahm . . . niuszte notwendig der ganze
starkgegliederte bau {des adels) aus seinen fugen weichen.
ElC HEN DO HKK 5, 29 {Koch).
STARKGEHUFT, adj. von pferden gebraucht, wie unten
starkhufig. als Übersetzung von griech. x^are^eävv^:
er selber, der held, stieg
wieder zu wagen, ergriiT die wunderberrlichen zugel,
und trieb schnell dem Tydeiden die starkgehufeten rosse
muthbegeistert nach. Büroer ged. 224*> (Ilias 5, 329).
bei SiOLBERG auch als Übersetzung von griech. ueövv^
{wo auch Voss entsprechend starkhufig [*. it.] gebraucht.
doch Borger übersetzt hier [/f. 5, 32l] voUrundhufig) :
Slhenelos aber gedenkt der befehle des Dioroedes,
hält zurück die starkgehuftcn rosse des beiden
aus dem getümmel, und bindet die zligel am ringe des sessels.
11, 161.
STARKGEIST, m., s. auch oben starkergeist unter stark 3, c
sp.tni. allgemein: bezeichnung einer per son, die sich von
ihren begierden und leidenachaften nicht beherrschen läszt
und den kämpf mit vorurtheilen nicht scheut. Campe.
Adelung /tat nur starker geist, doch starkgeisterei. vgl.
auch zeitachr. f. deutsche wortforscli. f., 340. der Ursprung
liegt u?ol in dem adj. starkgeistig, nichts wäre leichter,
als hier seinen (/. Pauls) Übergang vom starkgeist zum
kleingeiste anzuknüpfen. Gervinus nationallU. b {iU4),fiir; .
in einem fjeschrankteren sinne und als ein besonderes
modetcort des 18. jahrh. von einem mensclien, der die schärfe
seinen geistes und seines urtheils in der bezweifelung der
göttlichen lehre zu zeigen sucht. Campe, in diesem sinne
sM die l/ezeirhnnng starkgeist kein lob enthalten, ebenda.
STAÜKGEISTEREI./. toesen und treiben r/er stark geister
(». da» vorige), besonders in dem beschränkteren sinne der
betweifelung religiöser Offenbarung, des Vorhandenseins von
geistern u. M.W. : Btarkgeislerci Adelung; epittel ttb«r die
»tarkgeistorey. Gottkm i, 868 {von 1778 (l77«J über$ekr.); die
gräfin, di<! recht in ihrem elemente war, wenn sie den
Ichrlon anittimmm und gegen vorurtheile zu felde ziehen
konnte, netzte »ich an die apitze der philoKophischen purtci
und trieb einen gelähmten flnanzrath, ... der tloh zu Rübe-
zahls rechtlichen anwalt aufwarf, durch ihre starkgeisterei
sehr in die enge. MusÄus l, 61 {Rübezahl 5) Eempd; ganz
Hallermund wuszte von diesen Spukgeschichten zu er-
zählen ; aber bei hof hatte die starkgeisterei auf einmal
so überhand genommen, dasz man diese sagen für eitel
geschwätz und märchen hielt. 3, 123 {liebestreue) ; ob es
wohl zu Zeiten des dreiszigjährigen krieges mit der stark-
geisterei noch zu früh am tage war, so war der junge
kriegshcld doch genug philosoph , die existenz der ge-
spenster zu bezweifeln oder doch wenigstens an ihren
ort zu stellen, ohne darüber zu grübeln. 4,119 {entführung);
ich kenne mehrere, die insgeheim dem aberglauben die
Sünde wieder abbitten, wozu angemaszte starkgeisterey
sie öffentlich verleitete, die Jesuiten (1787) 54, vgl. zeitsehr.
f. deutsche wortforsch. 6,340; jene zeit ... wo die gegen-
sätzc der stark- und klein geisterei unsere literatur be-
wegten. Gervinus nationallit. 5 (1844), 225.
STARKGEISTIG, adj. mit starkem geist ausgestattet.
Campe: die starkgeistigen alten schildern selten schwäch-
hnge; ihre Charaktere glichen den alten beiden. J. Paul
42,65 {Vorschule der ästhetik 2); es giebt junge thoren, die
sich ein tiefsinniges, starkgeistiges ansehen zu geben
vermeinen. Cam pe ; in dem eingeengteren sinne von stark-
geist: denn er {Gilgus) hatte die gärtnerstochter , mit
der er zuerst schön gethan, sogleich stehen lassen, als
er vernahm , das Dörfchen keine gräfin und eine stark-
geistige, freigesinnte person sei. Keller 3, 199 (grrüner
Heinrich 4).
STARKGEISTIGKEIT, /.. su^st. zu dem vorigen. Campe:
{mäglichkeit,) dasz sich in der familie und gesellschaft
ein von ihm selbst {dem fürsten) völlig verschiedenes
wesen entwickelte, eine gewisse ihn selbst völlig igno-
rirende genialität oder starkgeistigkeit, wie man diese
leichte auffassung der sitten und Überlieferungen im gegen-
satz zu einer auf der andern seite überwuchernden bi-
gotterie nennen konnte. Gutzkow ritter vom geiste 2, 387.
STARKGELENDET, adj. mit starken, dicken lenden:
wir fanden's {das denn) liegen, knochig, starkgelendet,
die braunen äugen glanzlos und gebrocnen.
FreiugratrS 1, 178.
STARKGELESEN, adj. viel tmd oft gelesen: keine, als
solche davon {von meinen u-örterbildungen) aufzunehmen,
. . . die in starkgelesene schriften aufgenommen worden
sind. Campe vorrede zum Wörterbuch l,xili.
STARKGEMUT, adj., noch Jieute in gehobener spräche,
.starken, mtitigen sinnes. s. den gegensatz schwachgemut
theil 9, 2161, ICO eine emeuerung mhd. gebrauchsweise am
ende des 18. jahrh. vermutet wird:
Codrus der starcgemuote man
wolt durch die vorhte niht enl&n.
H. V. BERiN(iKN »chachged. 261.^.
STARKGEWACHSEN, adj. von starkem, kräftigem,
dickem louclis:
Vieltausend jähr lang standen also hier (tm waide)
die starkgewachs'nen, mark'gen eichenbaume.
MOSBN 2 (1863), 46.
STARKGL.\UBIG, adj.. vgl. stark 9. o sp. 877. gegensatz
ist schwachgläubig ffteil 9, 2161 : starkglaubiger, roborat^is,
fortis.Jirmus.firnuitnsinfide. Stiele» G65; starkglaubig,
xmo die hä una fede ferma, soda, forte ntllufedr. Khamer
dict. 2 (1702), 909'*; ein starckgleubiger kan gifft trincken
und schadet jm nichts. Marci ult. ein schwachgleubiger
aber trünckc den tod daran. Luther 3, 892'; also ist dem
lieben gott eines klcinmüttigon, schwachplKubigen, trost-
losen, geistarmen menschen, innerliches heimliches leiden
und seufzen vil liber als eines starckglcubigcn, der follcr
freude ist. Butschky Fathmos 787; es hat auch der
schwache glaube so vil an Christo, als der starcke: denn
ein jeder, er sey schwach- oder starckgleubig, hat Christum
gantz zu eigen, ebenda.
STAHKGLIEDRIG, adj. mit starken. krd/tigeH glitd
mosten: starckgliodericht, uno che hä la memhnüura forte
e roltusta. Krämer dict. 2 (I7fl2), ooo*<; alle äffen sind un-
glaublich Ktarkgliedrig. Hiikiim UL thie rieben \,%.
STAHKHAUSIG. STAKKHÄI.SIG. adj. von einem, der
seinen hals, nncken nicht l/riigen mag, itn sinne etwa von
unten starrkopfT, rgl. mhd. halsKturc und unten starr-
halsig: ir atarckhäitiigcn, aigenwilligcn men^rhen und
unbeaohnittcn in euren hert/en und oren, ir widerstand
905
STARKHEIT — STÄRKLICH
STARKLIPPIG — STARKMÜTIG
906
^Uwegen dem hailigen gaist, wie euer vätter geton hond,
also tänd ir och. Keisersberg adäff der penitenz 40».
STARKHEIT, /. , im gegensatz zu Schwachheit (theil 9,
»p. 2161), ein schon früh nhd. atisgestorbenes wwt: starck-
heyd, starkeit, starcheit, stargkeit, firmitas. Diefenbach
236"=; starckeid vel macht, robur. igg*".
STÄRKHERZIG, adj.-. wir Teutsche muthen uns wie
die starkherzigen Britten, kühnere dosen zu, unsere
helden gleich einem Goliath auf alten tapeten, grob und
gigantisch, für die entfernung gemalt. Schiller 2, 334.
vgl. schon ags. stearcheort.
STARKHÜFIG, adj., wie oben starkgehuft. als über-
cetzung von xoareomw^:
selber der held nun
stieg in das eigne geschirr und ergriff die prangenden zügel,
flügelte dann zum Tydeiden den lauf starkhufiger rosse,
eilig. Voss nias 5, 329.
als übersetzting von uäw^:
sondern er hemmt' abwärts das gespann starkhufiger rosse
auszer dem stürm, das gezäum am sesselrande befestigt. 321 ;
STARIvKLAUIG, adj., als Übersetzung von y.pate^ci}vr^:
so umringten sie {die Kirke) dort starkklanige wölF und
löwen. Voss Odyssee 10, 218.
STARKKNOCHIG, adj. von starkem knochenbau: ein
groszes starkknochiges thier. Münch. gel. anz. 1841, s. 83;
er war starkknochig und vierschrötig. Hebbel 9, 128 {die
beiden vagabunden) ; sie war blondine, und zwar von der
langen, hagem, starkknochigen art. Ludwig 2,411 (die
drei tcii7ische); der hagere starkknochige gesell mit
schmalem angesicht, das bleich und verbrannt und
trotz der Jugend durch hartes leben und aussch weifungen
gefurcht war. Fhf.ytag 11,75 {ahnen i).
STARKKOMISCH, adj. sehr komisch icirkend: diese
scene hat eine starkkomische Wirkung; {subst.:) die
besten deutschen Schauspieler können mit den heftigen
leidenschaften noch so ziemlich fertig werden, auch so
mit dem starkkomischen. Karl Lessing an seinen
bruder, 1. mai 1779 {bei Lessing 13,624).
STÄRKKRAUT, n. name verschiedener pflanzen, l) antir-
rhinum orontium, gewöhnlich dorant {theil 2, 1276) genannt,
auf diese pflanze bezieht sich xcol: das so genennte sterck-
kraut, von welchem der aberglaube tichtete, dasz wer
damit sich besalbte, der menschen gunst und einen ruhms-
vollen nahmen erlangte. Lohenstein Armin, i, 1422*.
2) reseda luteoln, auch wau, waude {s. u.) genannt; tcol
'deniisch mit sterkkraut pseudostruthium. Cammerarius,
Matthiolus 209«.
STÄRKKÜNST, /..- dabei hat die neuere stärkkunst
der weiber (sthenische methode) noch etwas alltägliches
übersehen. . . . das weih aber ist als Jungfrau so schüch-
tern, so mild und weich, und jeder dorn der rose grünt
und beugt sich; bis später in der einsamen selbstherr-
-chaft der ehe alles schön erstarkt. J. Paol 43, 144 {vor-
chule der ästhetik 3).
STARKLEIBIG, adj. l) von starkem, kräftigen kl>rper:
die preussischen Chroniken vermelden, das Swantepol
als ein starckleibiger mann im ersten Überfall den könig
aus dem bade geholet, gebunden und für sich auffs pferd
geleget habe. ScHCxze chronick der lande Preussen iS*>;
starkleibige lastträger. Campe.
2) von dickem, attch fettem, feisten körper : starkleibicht
pinguis, opimus, crassus, camosus. Stieler 1133; er
(der luchs) ist gröszer und viel starkleibiger als der
fuchs. Funke bei Campe; er ist der gröszte aller brasi-
lianischen äffen, über vier fusz lang, starkleibig. Brehm
thierleben 1,102. auch: welche nordische spräche mit
ihren vielen starkleibigen, ein oder zweysilbigen Wörtern,
hinten und vorn mit rasselnden consonanten gepanzert,
bei deren niedertritt der boden dröhnt, wäre wohl im
Stande, den leichten flüchtigen griechischen hexameter
. . . nachzubilden. Bürger i'e^.
STARKLEIBIGKEIT, /., subst. zu dem vorigen. Campe.
STÄRKLICH, udv., zu stark, selten adj. entsprechend
inhd. sterclich, stärclich: starcklächt ein wenig
htarck, valentulus. M aaler 384* ; gerröhnlich entsprechend
mhd. starcliche, stärcliche, stercliche, adv.: ohne umlaut:
tarcklich pugilice, fortiter, valide. Dasypodius. wan er
fiott) ist s6 lustlich, so man in ie lustlicher erkennet,
äö man in ie heijer minnet unde sin ie starclicher gerl.
mystiker 1, 357, 14 Pfeiffer; darumb müssen wyr . . . starck-
lich predigen . . . widder diszen miszbrauch. Luther
10, 2, 34, 5 Weim. ausg. ; welches pferd feststehet so man
jm den zugel zeucht und den starcklichen widerhebt.
Albrecht roszarznei (l570) Q 89. umgelautet: (1354) be-
legert der bischoff von Wirtzpurg die stat Wirtzpurg und
verheret den gantzen kraisz mit sampt den weinstocken,
dem die burger stercklich widerstunden. Sigm. Meister-
LIN in den d. städtechron. 3, 281, l; so koment die Türken-
heiden zäsamene und fürent über die cristen und strittent
stergliche mittenander. Königshofen in den d. städte-
chron. 9, 856, 1 ; und die es in dem houbete sterkliche
anekam, der wurdent etliche unsinnig und sturbent
styrapkliche. 773, 21; (papst Clemens) gebot yn allen landen
den predigem unde den barfussen das cruze getruwe-
lichen unde sterglichen zu predigen. Rothe dür.
chron. 431; (in groszer anzahl , entsprechend stark 17, a
sp. 882 :) unde do die phaffen (bei der procession) unde
die schuler obir das wassir quomen unde die burger on
sterglichen volgeten, do brach die brücke. 450. mit vocal-
rundung : o glück, wie störcklich hilffestu den kecken
und den forchtsamen bistu wider zäm. Wirsung Cal. 31''.
STARKLIPPIG, adj. mit starker, schvoeUender lippe: um
den starklippigen mund war sie (die frau) ganz der alte
gutmütige Just. Ludwig 2,613 (Maria).
STARKLOS, STÄRKLOS, adj. ohne stärke, durch den
gegensatz des vorhergehenden stark eine form, starklos ver-
anlaszt: auff das man sehe, wie leichtlich die starcke
unüberwindliche warheit, jr ehre an der lügen mehret,
und wie mit viel mühe und erbeit, die starcklose lügen
jr schand an der warheit erwirbet. Luther 1,369" (doch
die Weim. ausg. [7, 627, 16] hat stercklosze lügen), hierher
stammt: die starcklose lügen erwirbt jhre schand an der
warheit. Petri R 3''.
STARKMÄCHTIG, adj.: Basanus war starckmechtig.
fürsichtig. Gebweiller liertzogen von Österreich alt künig-
lieh harkumen. 1527, 11»; vgl. Alem. 16, 229.
STARKMACHUNG , /.. icie unten Stärkung: starck-
max:hung, entretenement d'aueun en son propos. iL con-
fermare alcuno nel suo proposito. Hülsius (1616) 306'*.
STARKMÄNNLICH, adj.:
nim' nnt umgurt deinen sterkmanlichen landen
dein scharfes schwaerd. Melissus p«. 45, II.
STÄRKMILCH,/, kräftigende, stärkende milch: denn . . .
wie eine köstliche stärck-milch durch ihre krafft, welche
sie an den schwachen erweist, darthut, wie kräfftig sie
sey. Sperling Nicodemtis quaerens l (1718), 16.
STÄRKMITTEL (STÄRKEMITTEL), «.: stärckmittel,
rimedio , argomento confortativo , corroborativo. Kramer
dict. 2 (1702), 910"; stärkmittel , tcelches stärke verleiht.
Campe, man erlaube mir noch, einige bestandtheile zur
stahlarzenei der männlichkeit anzugeben, eh' ich zum
geistigsten stärkmittel komme. J. Paul 38, 14 (Levana
3, 108).
STÄRKMORSCHELLE, STÄRKMORSELLE, /. : stärck-
morschellen, marseUe confortanti, confortini. Khamer dict.
2 (1702), 910'' : stärckmorsellen WoYt 593.
STARKMUSKELIG, adj. starke muskeln habend. Campe.
STARKMUT, »i. , aus starkmütig abgeleitet, hier auch
tcol unter dem einfltisz von dem folgenden demut gebildet:
die königstugenden,
Wahrheit, gerechtigkeit, starkmuth, geduld,
ausdauer, milde, andacht, enade, kraft,
määzigkeit, demuth, tapferkeit.
Shakegpeare, Macbeth 4, 3.
geieöhnlieh dafür starkmütigkeit, s. u.
STARKMÜTIG, adj., ahd. starcmuotic: starcmuotiger
Graff 6, 717. vgl. auch as. starcmöd. Hei. 5223. selten
nhd. starkmutig: dasz ein recht starkmuthiges herz
durch den zauber seiner inneren felsenfesten Zuversicht
ein Schicksal aus dem unsichtbaren kreise herunter-
zieht. TiECK ges. nov. 4, 56. gegensatz dazu ist kleinmütig,
s. theil 5,1119. starkmütig, animo confirmattis. Stieler
1301; starkmütig, d' animo forte, fermo, inritto, intrepido,
valoroso, vigoroso, eonstante. Krämer dict. 2 (1702), 909".
l) der ursprünglichen bedeutung von mut (theü 6, 2781)
entsprectiend.
a) im geistlichen sinne, vertrattend auf die götÜiehe ver-
heiszung, im glauben gefestigt, hier besonders im gegen-
907 STARKMÜTIGKEIT— STARKNERVIG
STÄRKPFLASTER — STÄRKUNG
908
satz zu kleinmütig 1, c (theü 5, iii9): darumb seind be-
hertzt und starkmütig ir prediger, . . . sprecht zu den
klainmüUgen. Luthek 7, 243, 30 Weim. ansg.; im gegen-
satz zu kleinmütig (395,25):
(die jünger) fiengen an an allem ort
zu predifen das gotteswort
ohn forcnt, in aller freydiekeit, . . .
theten starckmütig darob leyden
Verfolgung, niarter und den todt.
H. Sachs 15, 3%, 13 KeUer-Götze.
lieben demütig : got will ain demütigen zerschlagnen gayst
und starckmütigen auff Christum. Luther 17,1,1*5,18
Weim. ausg. {vgl. im gegensatz zu demütig: ich halte
sie für edelmüthig, groszmüthig, starkmüthig, nur nicht
für ganz demüthig. Bmentano 9, 322.)
b) allgemeiner, beruhend auf der stärke des geistes, des
gemütes, der denkiceise u. s. w. : er {kaiser Mao-) über-
gab auch vor seinem endt gott seinem erschalTer sein
leben und herschaft, und ermanet die umb jn ständen,
das man jn mit keinem eertitel mer anreden solt . . .
und ist also starckmütig gestorben. Fhanck chronic. 216*';
ich beweinte noch die beste männer, welche mit diesen
anständen . . . die gemeine schmertzen biszweilen über-
listen, damit siedle last und fata desto starckmütiger er-
greiffen. Schuppius G91; dem gelehrten, starkmüthigen
mann (Milton) stand bei einer groszen känntnisz der alten
und italiänischen dichter auch eine weit von sachen, in-
sonderheit aber seine spräche ... zu gebot. Heruef« 18,102
(briefe zur beförderung derhumanität 98) Suphan ; in diesem
punkte {der naturnot wendigkeit) steht er {der mensch) dem
thiere vollkommen gleich, und der starkmütigste stoiker
fühlt den hunger ebenso empfindlich und verabscheut
ihn ebenso lebhaft, als der wurm zu seinen füszen.
Schiller 10,106 {anmuth u. vmrde).
2) als Verstärkung von mulig s. mutig 2, theil 6, 2798,
sehr mutig, tapfer u. ä. -. den starkmütigen hilft das glück.
Bolz Terentitis 190''; die weil wir jetzt in letsten nöten
seyn, so ist das höchst dasz jhr starckmüthig seyt, dann
wir müssen ein härtern stand thun, auff dasz wir. frey
und sicher leben, buch der liebe 203*; das Verhältnis
beider geschlechter zu einander im ganzen starkmüthiger
schütz von der einen, liebevoller beistand von der andern
Seite. Fichte re^en an die deutsche «a^'on 333;
du allerstolzester, habsüchtigster,
wie sollen dir itzt die starkmUthigen
Achäer einen preis gewähren? BOroer liS*»;
nicht können der bedrängten Christenheit
starkmüth'ge fürsten sich der noth entziehen.
TiECK 1, 235 {kaiser Odavian. 2, 2);
Orancia ging starkmüthig zu seinen grossen zurück; die
Zeiten waren nun so kritisch geworden, dasz er nöthig
hatte, seinen muth und seine entschlossenheit zu zeigen.
Klinger lo, 25 {Sahir i, 6).
STARKMÜTIGKEIT,/. zu dem vorigen: starckmütigkeit,
robur. Maaler 334"; starckmütigkeit, alles Unglück zu er-
leiden, ro&ur. Henisch 1192, 15; starckmütigkeit, /ortozo,
fermrzza, volare, vigore, grandezza, intrepidezza, sodezza
d'animo. Kramer dict. 2 (1702),909*'; das war sein lust,
davon die schmeychler jm die eer der starckmütigkeit
zamassen. Franck cÄronfc. (i.')38) 29''; folget mir nach o
brüder, wir wollen gehen, und mit grosser starckmütig-
keit den himmel seihst bestreiten. Schuppius 692; er
{Agathokles, der töpferaaohn) habe mit flcisz und seiner
slarkmütigkeit zu wegen gebracht, dasz er jctzundcr gUl-
dine {gefäsze) machte, der zuvor erdine gemacht hätte. 700;
die rechte utarkinnetikait
nach dem, als da« Tollius sait,
da« ist se betrachten schön und hocbe ding
und das, das nutzperleiche nach pring.
ViNTl.KR ]>lurmen ilrr tutjent 4484;
von der starkmOetikait schreibt Viileriu«
und spricht, das Flato der philoKopbus
het an im ain soleich starkmUelikail. 4606;
die eitel er ist des teufeis zagel
und ixt ain widerwärtiger tadel
der rc4:hlen KtarkmOctiKait. 4666.
STARKMÜTIGLICH, adv. mu slarkmUUg: sUrokmUUg-
lieh, fortemente, invittameHte , valoroaamtnU, conttatUt'
mente. Kramrh dtrt. a (170I), M»^
STAKKNKRVIU, adj. »iarke nertmx habend, vgl auch
«Urk s, <f jrp. 871 : b«i einem »olchcn traktcmcnt muszt«
auch der starknervigste kerl halb lahm und der gedul-
digste rasend werden, arme mann im Tockenburg 9bJiecl^m;
dann lachte er in so wilder Schadenfreude auf, dasz seine
starknervigen trinkkameraden erschraken. Ludwig 1, SS77
{zicischen himmel u. erde).
STÄRKPFLASTER, n. .- stÄrkpflaster, empiastro corrobo
rativo. Kramer dic^. 2 (1702), 910''.
STARKPOSAUNE, /. in der spräche der orgelbatier stark-
posaun eine orgelposaune mit starkem ton. Jacousson
4, 258». vgl. oben starkgedackt und u,nten starkrcgal.
STÄRKPÜLVER, n. stärkendes mittel in gestillt von
pxdver. Campe.
STARKRÄDERIG, adj. mit starken rädern versehen:
starkräderiger wagen, auch:
Väterchen, lassest du nicht ein lastgeschirr mir bespannen,
hochgebaut, starkrädrig, d.imit ich die köstliche Kleidung
führ an den ström, zu waschen? Voss Odysnee 6, 58.
STARKREGAL, n. in der spräche der Orgelbauer eine
Zungenstimme von starkem ton. Jacousson 4, 258V vgl.
auch oben starkposaune.
STÄRKRÜCKEN, OT., entsprechend rücken l,d(</j€i/ 8, 1362)
stärkender schütz, rückhalt:
aus dem netz, drinn' ich bin verhemmet,
mich unverletzt entzükke,
dan du bist mein sterkrtikke. Melissus p*. 31, III.
STARKSCHÄFTIG , adj. mit starkem schaß versehen:
starkschäftiger speer. was heiszt das folgende : drauf rief
er {der lehrer): Rohrdommel, — der schultruppe vor-
trommel! — du starkschäftiger! — markkräftiger! — du
wohlrüstiger! Rügkert 11, 522; ist es blosze Übertragung
des vorhergehenden {vgl. unten starkstämmig) oder etwa:
starke stiefeUchäfte tragend, dann auch auf starken beinen
stehend f
STÄRKSCHÄUFLEIN, n. kleiner kuchen {zu schieben.
verb. gebildet), mit stärkenden mittein bereitet: stärck-
schäullelein , trochisci confortanti, confortini. Kramer
dict. 2 (1702), 910''.
STARKSEHNIG, ad/. ; starksennicht, nervoau^. Stieler
2007 ; und doch schlug den starksebnigen (HeMor)
Achill und schleifte sodann rings, von thor zu thor.
den leichnam.
Platkn 135».
STARKSILBE, /. in der phonetik die stärkste silbe {ton-
silhe) eines Sprechtaktes, vgl. Sievers in Pauls grund-
risz- 1, :Wi.
STARKSINN, m. starker, ernsthafter, charaktervoller
sinn: wer bewundert nicht den starksinn eines Cato,
die hohe fügend eines Brutus und Aureis, den gleich-
muth eines Epiktets und Seneca? Schiller l, 142. vgl.
auch oben starkmut.
STARKSTÄMMIG, adj. .iturken, kräftigen, umfänglichen
Stammes: zwei starkstäminige linden standen vor dem
hause; ein bestand sturkstämmiger buchen, übertragen
auch slarkstäinniige männer. Pestalozzi 6,884; vgl. attch
oben unter starkschäftig.
STARKSTIELIG, adj. mit starkem, dicken stiel: ein
heimliches regen zieht durch das ganze gärtchen, und
selbst der starkstielige buchsbaum um die gezirkelten
beete bewegt seine dunkeln blätter. Ludwig l,88S (rimcAcn
himmel und erde).
STARKTÖNENI), adj.: unsere spräche ist zu voll-, zu
lang-, zu starktönend, um einen, dem griechischen ähn-
lichen hc.xanicter zu gehen. Hün<iKR 243».
STÄRKTRANK (STÄKKETRANK), m. stärke verleihender
trank. Campk; gieb ihm stärktränke und Icckerbisscn.
nur martre ihn. Klingkr die neue Arria iii {akt b, sc. i).
deminut. stärkt ränklein, «..• slärckiränckicin, beverag-
gietto confortativo. Kramkr «/iVr 2 (1702). ÖIO''.
STÄKKUNG,/. i) liandhnuj, Vorgang des stärkens. ahd.
starchunga Ghafk6,720. Klerckuiigc.yirtmim^nhimDlKl'KN
nACH 286*'; stärckung, rnfretenement d'aueun en »on pro-
pot. ü ronfermare alruno nr! »uo proposito. HULRIUH (1616)
808"*; ■tärokung, fortijicationr , confortamento , corroborn
tione, eorroboramrntv. Kramkr f/iW, 2(1702), 910*; «lärrkinuv
eot\ftrmatio, fociUufio. Stkimiach 2, 68ö; r.ur Stärkung (!<<-<
haupts, der gliedcr, per corrolwramento delJo »tomaco,
della testa, deUe memhra. Kramer rfic/. «(l702), »10''; zu
•terckung diesen gedeohlniii wird diss cusserliche zeichen
de« ostcrlamlins cinecsctzot. Luthek i6, 170, is Weim.
I
Bf
i
909 STÄRKUNGSBUCH— STÄRKUNGSMITTEL
ausg. {entsprechend stark 17, a sp- 882:) solche macht..,
dasz sie ohne Zuziehung anderer Völker, nur mit jhren
bey sich habenden knechten, die sie zur stärcknng der
armee sollen frey gelassen haben, in kurtzen jähren,
über die Donaw hin, haben durchdringen können. Mi-
CRÄt.iLS altes Pommern 1, 86; ich will ihm was zur
Stärkung geben. Shakespeare i, 266 (stürm 2. 2); jene (wn-
lesonnenheit) wird durch Verringerung des lichts oder des
selbstreizes — diese durch Vermehrung derselben gehoben,
oder durch Schwächung oder Stärkung des organs. Novalis
3,215 ntlle; .j^jj jjjjj^ schrie er (der esel), zu matt.
gebt mir ein wenig mehl zur Stärkung!' derbe schlage
gab ihm sein strenger herr. Gleim 3, 371 (der cUte e*eZ) ;
indes zur Übung, Stärkung unserm streben
wird dieser harte ackergrund gegeben.
Keller 10, 25 (landvoein).
2) mittel der Stärkung (vgl. oben Stärkmittel): stärckung,
mittel und artzney, so stärcken, medicines et remeds con-
fortatifs. rimedii confortativi. Hulsius (1616) 306''; der-
halben man recht saget, dasz die kinder pfandschilling,
stärckung und confortatif der ehelichen pflicht seien.
Garg. 91 netidr.; eine nützliche stärckung alten leuten,
und sonderlich denen so der liebe gerne pflegeten. Coler
apothek 48; dasz du alles hingeben möchtest, dem unter-
gehenden geschöpfe einen tropfen Stärkung, einen funken
muth einflöszen zu können. Göthe 16,4« {Werthers leiden) ;
für seelenaugen ist das himmelblau, was für körperliche
das erdengrün , nämlich eine innige Stärkung. J. Pau l
22, 15+ {Titan 2);
wo nahm ich oftmals Stärkung her,
wenn gnade nicht mein anker war?
C. L. ScHEiDT im hannov. gesangb. 284, 5;
nur wenigen sterblichen träufelt vom bimmel
Stärkung, dasz sie auf erden vermögen verklärte zu sehen.
Stolberg 1, 401;
du, die, wenn krampf das herz umstrickt,
o freundin, aus der fülle
der brüst mir so viel Stärkung schickt,
du bist mir die kamille. Kleist 4, 14 E. Schmidt;
auch im plural -.
viel trübsal noch, auch viel der besten freuden,
(oft sind's nur Stärkungen auf neue gröszre leiden)
erwarten euch. Wikland 23, 149 {Oberon 9, 30);
und sie {die Schwester) athmete Stärkungen mir, und lispelte leise
worte mir zu, melodische, süsze worte der wonne.
Stolberg 1 , 400.
vgl. auch ztisammensetzungen xde herzstärkung, fÄetf 4, 2,1261
und magenstärkung theil 6, 1441.
ST.\RKUXG.SBUCH , n..- ihre {der franz. revolution)
folgen gewähren einen eben so reichen, wo nicht reichern
{stoff), denn sie {die Schriftsteller) können jetzt so gar
erbauungs-, trost- und st.Hrkungsbücher in allen formen
über dieselbe schreiben. Klinger 11, 321.
STÄRKUNGSKRAFT, /..- schon da alle mal zwei
kriegende Völker mit ein ander die s tä*rkungkraft
des krieges theilen, so musz doch etwas anders als die
gemeinschaftliche Stärkung den ansschlag des sieges
geben. J. Y'KVi.Zi,b {friedenpredigt).
STÄRKUNGSKCGELCHEN, n., tcie stärkungspille: vor
der henne kniete ein feines kind mit flügeln von edel-
steinen; es hielt in der einen band eine schale voll der
köstlichsten stärkungskügelchen, in der andern eine schale
voll baisam von Mekka. Brentano 5, 105.
STÄRKUNGSMAHL, n. mahl, zur Stärkung eingenommen.
Campe;
und müde waller zu verjüngen,
ist nichts geschickter, als bei einem stärknngsmahl
ein unterhaltend gegentlber. Engelschall ebenda.
STÄRKUNGSMITTEL, n. mittel, toelehes zur Stärkung
hilft {s. Stärkung l), gleichbedeutend mit Stärkung 2: den
gebrauch auflösender und abführender mittel solange
fortzusetzen, . . . um hernach desto sicherer das werk
{der heilung) mit Stärkungsmitteln krönen zu können.
Bürger ftrie/e 4, 240(l4.»i^>2: 1794) Strodfmann ; und müssen
denn diese armen nicht aus dem körper und dessen
tärkungmitteln zu viel machen, da ihre ernährung
on seiner abhängt. J. Paul 18, 43 {palingenesien l); in
gener per.son . . . hatte sich frau Adelheid auf den weg
um siechenhause gemacht. Stärkungsmittel, kühlende
Säfte, deUcatessen aller art folgten im überflusz. Raabe
achiiddentmp 2, 67;
STÄRKUNGSPILLE— STAROSTEI 910
wofür du selbst (Galen) in hundert saften,
tind ausgekochter kräuter kräften,
kein Stärkungsmittel ausgespürt.
Gottsched ged. 2, 75 ;
{Pythagorat.) der wohl wuszte zu reden und doch im schweigen
das gröszte
Stärkungsmittel zur ruh und zur Zufriedenheit fand.
Herder 26, 39, 8 Redlich.
STÄRKUNGSPILLE, /. den kranken körper stärkende
pille. vgl. oben stärkungskügelchen.
STÄRKUNGSREICH, adj. .-
die stärkungsreiche quelle stählt
die nerven. Bürde bei Campe.
STÄRKUNGSSYSTEM, n. in der medicin • ärzte sowohl
als freunde verlangten, ich solle mich in ein bad be-
geben, und ich liesz mich, nach dem damaligen stärkungs-
system, um so mehr für Pyrmont bestimmen, als fbh
mich nach einem aufenthalt in Göttingen schon längst
gesehnt hatte. Göthe 31, 96 {tag und jahreshefte).
STÄRKUNGSTRANK, m..-
kein Stärkungstrank von ausgepreszten kräutem,
kein lebensbalsam hilft. Bürde bei Campe;
dein wort, herr, ist die rechte lehr, . . .
ein Stärkungstrank
wenn wir uns krank
an seel und eeist befinden.
hannov. gefangb. 191, 1 (r. 1714).
STARKVERSCHULDET, adj. mit schulden überladen:
sie bewirkt, . . . dasz England, wie bei starkverschuldeten
menschen zu geschehen pflegt, zur stumpfsten resignation
niedergedrückt ist und sich nicht zu helfen weisz. Heine
Z,i6i. Elster {englische fragm.); starkverschuldeter hof.
STÄRKWASSER, n..- kraft sive starkwasser, aqua
magnanimitatis restaurans. Stieler 2444; stärckwasser,
aqua magnanimitatis. Woyt 74; stärckwasser {epilep-
tischen) auf die pulsz zu binden. Coler 2,103''; bildlich:
so tuht man nicht bässer, als dasz si {die freundschaß)
man mit den kräftigen stärk- und fruchtwassern einer
sonderlichen libesbezeugung gleichsam begühsse, und sie
solcher gestalt zum fölligen wachstume ßihig mache.
Zesen adr. Sosemund 3 netidr.
STARKWOHLGEDEIHUCH, orf;..- anmerkung zu stark-
wohlgedeilicher Viehzucht. Butschky hochd. kanz. 442.
tcol scherzhaft zusammengezogen aus: bey starker, wohl-
gedeilicher zucht. ebenda.
STARKWOLLEND, adj. mit starkem wollen ausgestattet:
es war viel von dem einfluss eines so groszen, stark-,
kühn-, und schnellwollenden monarchen für sie {die
Jesuiten) zu erwarten. Klinger li, 92.
STARK WÜRZ, /. nach C.\mpe twi salzburgischen ein name
der schxcarzen nieszicurz {helleborus niger), ebenso im ZiUer-
thal. Pritzel-Jessen 179.
STARNITZ, n. düte, im steirischen. ünger-KhullSTO».
aus ital. scarnuzzo.
STARNITZEL, n., deminut. zu dem vorigen, statt de»
geicöhnlicheren scharnützel th. 8, 2212: bair. st&rnizl, stänizl
ScHM. 2,783 und steirisch l) wie das vorige. Schm. 2,783;
Unger-Khull 570»; willstu aus diesem papier ein star-
nizl machen? Abr. a S. Clara bei Schöpf 592. 2) kelch-
becher in dittenform. ünger-Khull a. a. o. dazu: star-
nitzelblume, /. ebendort benennung von Schlangenkraut,
richardia aethiopiea und calla palustris, ebenda, star-
nitzelglas, n. glas in diitenform {vgl. oben starnitzel 2)
belegt 1668. ebenda, starnitzelsieb, n. küchensieb in
diitenform. ebenda.
STAROST, m.. aus polnisch-russisch starosta. eigentlich
'der alte, älteste', zu altslav. star» 'alt', dann vornehmer
mann, tcelcher regierungsgeschäfte besorgt und gericht hält:
bauemältester. landeshauptviann, Statthalter, starost {plur.
starosten), capitanetts polonus. praefectus urbium Poloniae-
Steinbach 2, 685; starosten, beamte der kröne Polen in
einem bestimmten distrikte. tceUhe polizei und stetiern ver-
walteten. Frischbier 2,363», der auch auf die etymologie
hintceist. ein staroste da; ist der edelste in dem dorfe.
Volkmann poZn. rec7j< 10; so stünds schlecht um die
Physiognomik, wenn man nicht einen fürsten, arzt, Juden,
Türken . . . starosten u. s. w. aus der physiognomie er-
kennen könnte. MusÄus physiogn. reisend, 99.
STAROSTEI, /. 1) bezirk, welchen ei n starost vericaltet
starostey Frisch 2, 320**. Adelung. Frisc iiniER 2, 363»;
911
STAROSTEILICH— STARR (1. 1)
STARR (I, 1)
912
in der kühnen Voraussetzung, nach und nach, erst diese,
dann jene angränzende starostei, oder diesen oder jenen
pasz in das oiTne land an sich zu ziehen. Thümmki. reise
3,228.
2) loürde eines starosten. Campe.
STAROSTEILICH, adj. einem starosten zukommend oder
gehörend. Campe.
STAROSTIN, /. diefrau eines starosten: starostinn Ade-
lung.
STARR, adj. rigidxis, horridtts, stupens, attonitus. erst
nJul. in dieser form erscheinend; inhd. dafür nur starr,
sterre. vgl. : diu slang ist unpiegleich , wan si ist so
starr, daj si sich niht gepiegen mag. Meoenberg 267, 1.5;
eine form., die sich in oberdeutschen dialecten bis heute er-
füllten hat; vgl. bair. sterr neben starr Schm.'' 2, 775;
tirol. stär Schöpf 700, und ans der sich nhd. stier («. u.)
enttcickelte. tcahrscheinlich hat sich aber in starblind
{sp. 264), ahd. staraplint, starablint, mhd. starcblint, unser
inort als erstes glied der zusaTnTnensetzuiig erhalten und
beioeist auch ohne andere Zeugnisse sein höheres alter.
über die beziehung zu stark , soicie seine sonstige etymo-
logische Verwandtschaft siehe starren, verb.
I. starr, erstarrt, steif, emporstarrend.
l) in eigentlicher bedeutung :
o) vom menschlichen oder thierischen körper und seinen
theilen :
n) so sind alle die wünsche und hoffnungen meines
lebens erfüllt! so kalt, so starr an der ehernen pforte
des todes anzuklopfen. Gör he 16, 189 {Werthers leiden);
bildlich von einer zerstörten stadt:
{Ilion,) ein riesenleichnam, starr nach langer quäl.
41, 162 {Fawt II, 2).
starre glieder, membra rigentia. Ste inijach 2, 685; die
glieder wurden starr, membra rigescebant. 686; starre füsze,
pedes torpore hebetati. 685 ; die im letzten krampf {des todes)
starr und steif gewordenen arme klemmten sich zwischen
den leisten der seitenwände des schwarzen wagens. Raabe
schüddertimp 1, 66;
die faust war starr und starr das blut,
die lippe war stolz gebäumt.
Strachwitz gcd. 93 Weinhold;
jetzt liegt er {Rolre* Kargten 1437) still im sarg auf niederm
schrägen —
auf seiner 'brüst das schwert in starrer faust.
Eelbo Dithmarschen 36.
al» Wirkung der kälte: starr von kälte, gelato, assiderato
di freddo. Kramer dict. 2 (1702), 911''; der leih wird durch
die kälte starr, vis frigoris corpus adstringit. Steinbacii
2.686;
ihm {dem Jäger) war es eine Kleinigkeit, stockstill, auf starren
zehn,
wenn gleich von eis ihm hart und locken klangen, . . .
drey nachte lang im ferst zu stehn,
um mir ein kleines reh zu fangen.
GöKiNGK 2, 116 (an den könig von Siam);
drfiben hinterm dorfe
steht ein leiermann,
und mit starren fingern
dreht er, was er kann.
W. MCi-i.KK ged. 1 (1868), 58.
von dem (ßteifen) pferdefusz des tetifels:
zu schwerer busze
mit starrem fusze
kommt er (UephUtopheUn) geholpert,
einher gestolpert;
er schleppt das bein,
wie wir ihn fliehen,
uns hinterdrein. Oötiib 41, 148 {Faust II).
von einer tehtmugeren:
aaf rrOner matt« aasz sein weih ;
das Kind in« gros gelegt,
MM sie und schaut' mit starrem leib
hinüber, «nbewegt. Krli.kr lo, 136 (ArolHd).
•tarre» mannsglied, easto, ritto, rigide, dnro. Kmamkh
diei. 1 (1702), 91li>. tUa aumiruek der unbetoeglichkeit. so von
tinmn »alutierenden Soldaten :
der recke lieas erklirren den slarron ricsonleib,
der schlanke, der blanki>, der schwere kUrassier.
KKi.t.RR 10, 4H (küra**irr) ;
v^- : starr im sattel wie ein bild von stein
•aas der fOrst Kii.bo lUthmamchen 14.
/Ä) twi struppigem, ungelocktem haar: sie strich dem
kleinen Über das starre, helle haar und sagte, mir ist
er hübsch genug. Fhen.ssen Jörn Uhl 3. vgl. .- das lange
. . . haar hing wild und starr um sein gelblich bleiches
angesicht. Wölkte 6,50. doch: {an einem pferdekopf von
erz) der prächtige stirnknochen , die schnaubende nase,
die aufmerkenden ehren, die starre mahne ! Göthe 26, 229,
jubiläuTnsausg., wo die unter l, e erwähnte gebraucfisioeise
wol wirksam gewesen ist.
y) starres, geronnenes blut; das gefühl des lebens schien
mir entflohen — ich sank in der dunkelheit hin — mein
angesicht voll starren bluts, meine bände, mein gewand
voll starren bluts. Ki,inger4, 33 {Raphael de AquiUas
1,3); s. auch den beU.g Act Strachwitz oben \,a, a. vgl.
als ähnlich:
und der Jüngling, der dies kind geworden,
schlägt, von armuth hart bedrängt und rohheit,
einst ein äuge, das vor starren thränen
deine steme längst nicht mehr gesehen,
auf zu dir.
Hebbel 6, 288 (dem nchmerz tein recht 1) Werner.
S) starre nerven, »icrvi obstupefacti. Steinbach 2, 685.
b) von öder untoirtlicher landschaft, eine gebraxichsxoeise,
die viel ursprüngliches bergen mag und nicht atrf bloszer
Übertragung des gebrauches tinter a) zu beruhen braucht:
bis an die letzte grenze selbst
belebter Schöpfung, wo der starre boden
aufhört zu geben.
Schiller 14, 319 (Wühdm Teil 2, 2).
(im bilde:)
ihr (denker) jätet dorn und distel aus
und pflügt den starren acker um!
Keller 10, 41 (denker u. dichter).
c) starr, von eis starrend, evng, kalt: denn es war sehr
kalt, der wind blies stark aus norden, die erde war mit
Schnee bedeckt, die brunnen von eiszacken starr. Wie-
land Ltician 3, 16;
nun reifen fremde saaten für ihn, wenn früh-
erwacht der winter auf dem gebirge sich
ausstrecket, und von starrer schulter
glänzende flocken in thäler schüttelt.
Stolbero 2, 105.
auch in dem, folgenden bilde versteckt:
wie der sonne strahl im lenze gleich der goldnen beldenlanze
eines flusses panzer sprenget und die wogen wärmt mit glänze:
also sprengt dein augenstrahl meines berzens starre rinde.
W. Müller ged. (1868) 1, 156.
starrer wind u. s. w.:
vor seinem (des »ttirme») starren wOthen
streckt der schitfer klug die segel nieder,
mit dem angsterfüllten balle spielen
wind und wellen. Göthe 2, 76 (ne^ahrt);
gurgelnd um die knechte quillt die see,
saust der starre wind und stiebt der schnee.
Eblbo Dithmargchen 81.
sogar: beichte will er in der kalten
einsam starren mondnacbt halten.
J. MOPRN 1 (1863), 62.
d) allgemeiner 'fest' im gegensatz zu 'flüssig' u. ä., be-
sonders in philosophischer spräche: ein fester — besser
ein starrer körper {corpus rigidum) ist der, dessen theile
nicht durch jede kraft an einander verschoben werden
können, die folglich mit einem gewissen von kraft dem
verschieben widerstehen. Kants, 518; vgl.: starre körper
nennt Kant die nicht flüssigen, die man sonst feste oder
trockne nennt. Hugo nafrtrrecht {iSi9) b&; ähnlich subst.:
die Skulptur und die musik stehen sich, als entgegen-
gesetzte härten, gegenüber, die maierei macht schon den
Übergang, die sculptur ist das gebildete starre, die musik
das gebildete flüssige. Novai.i.ss, 4 Wille, insofern Kpi-
kuros . . . das urwescn als starre materio faszt und diese
nur durch mechanische Verschiedenheiten in die mannioh-
faltigkeit der dinge überführt. Mommskn röm.geseh. ä, 4i:i.
ähnlieh uml die folgrnde .ttibat. veneendung:
und umziischnlTen das gescbadhe,
damit Hiebs nicht 7iini starren waflhe,
wirkt ewige«, Iplx'iuligos thun.
(iOriiB 3, 89 (ein* und alle*);
such« nicht verborgne weihe !
unterm srhieier lass das starret
willst du leben, rulrr narre,
sieh nur hintor dich in's freie.
47, 150 (Ufuitm. dir Inirtf der Natur etdhiiUend\
e) emporstarrend ■
a) iHtn felsen ■ ich aber weist ein viel hcklagenswerterp^
weib. das an den starren folscn gcHchmiedet und von den
krallen einet feuerspeienden drachen zerfleischt, den vom
913
STARR (I, 1-3)
Starr (L, 3. 4)
914
himmel gesandten retter mit Sehnsucht erwartet. C. F.
Meyer Jeimtsch 121 ; die starrste felsweit und der wildeste
kämpf zwischen wasser und fels auf der strecke von
Goschenen bis zum Urner-Loch. Vischer auch einer l, 70;
halte, halte, ach ich gleite !
doch der starre felsenschlund
blühet mir zu deiner seite
wie ein duft'per wiesengrund !
Brent.\no 3, 366 ;
vgl.: da kam ein furchtbares gewitter; weiszgraue wölken
stiegen starr wie felsen im osten auf und bald hörte man
zwischen den donnerschlägen das prasseln des hageis.
\V. H. RiEHL geschickten i, 38. auch •
von auszen schaut sie (die bürg) I himmelan sie strebt empor,
so starr, so wohl in fngen, spiegelglatt wie stahl.
GÖTHK 41, 203 {Fauft II, 3).
ß) im gegentheil , es ist {der weg der fügend) ein schmaler,
rauher steg,
voll starrer hecken ohne rosen.
WiKLAND 10, 257 {Kombdbut 36);
vgl. : (ihr) sprengt den entlaubten eichenschafl,
der starr und dürr am wege steht.
Keli.£& 10, 41 (denker a. dichter).
starrer lorbeer:
hier aber ward ein groszes beispiel durchgekämpft:
wie sich gewalt gewaltigerm entgegenstellt ; . . .
der starre lorbeer sich ums hanpt des herrschers biegt.
GöTHE 41, 113 (Fatist II, 2).
zugleich unter einflusz von i,a, a als ausd)-uck des in der
Daphne erstarrenden lebens .-
da rief sie (Daphne) : rettet mich, ihr gStter !
die thörin die !
Zeus winkte, starre lorbeerblätter
umflogen sie. Hölty 4 Halm.
f) starre goldstickerei, starre seide:
der reiche graf, des fürsten erster diener, . . .
trägt schon ein kleid von starrem golde schwer.
Glbim 1,281;
denn dir die grillen zu verjagen
bin ich, als edler Junker, hier,
in rothem, goldverbrämtem kleide,
das mäntelchen von starrer seide.
GöTHK 12, 73 (FawA I).
2) hart, unbeugsam, eigentcillig, störrig, widerspenstig;
vgl. oben.
a) der eigentliche herd dieser bedeutungsenttcicklung liegt
in tcendungen icie: ein starrer köpf, testa incordata eioe
ostinata, inßessibile, salda. Kramer dict. 2 (1702), 911''; ein
starrer nacken, cervix rigida. Steinbach 2,685;
heiszer wird mir jährlich das herz, und starrer der nacken
gegen jegliches joch. Stolberg 1, 364.
b) starrer sinn:
dein starrer sinn will sich nicht beugen ;
bedarf es weit'res, dich zu überzeugen?
GÖTHB 41, 149 (Fautt II, 2);
ich will ihn brechen diesen starren sinn,
den geist der freiheit will ich beugen.
Schiller 14, 399 (l}'i7Ä. Teil 4, 3).
dagegen in dem sinne 'leblos': der starre sinn der alten
Universitäten. Ranke i, 274.
c) starres herz:
mutter, du böse mutter, wie starr dein herz und gefühllost
Voss Odytfee 23, 97 ;
der glimmende funken in Dithmarscherland —
wie Martin Luther verkündet —
ist aufgelodert zu mächtigem brand,
hat die starren herzen entzündet.
Eblbo Dithmnmchen 103.
doch starre seele folgt mehr der bedeutung unter 2 :
starr ist vor schrecken meine ganze seele !
Kleist 1, 288 f;. Schmidt (Amphitnjon 3, 5).
3) entsprechend auch von personen:
a) hervorgehend atis der Verwendung unter 8 'verschlossen,
hartnäckig auf eigener m^nung bestehend, sich fremden
einßüssen entziehend, zugleich mit harte und schärfe'.
o) denn wir sollen . . . nicht vergessen der wolthaten
gottes, sonst werden wir undanckbar, hart und starr, das
wir weder verheiszungen noch drewung achten. Luther
88, 660, 15 Weim.ausg. ; gewohnheit, jugendliche eindrücke,
achtung für vorfahren, abneigung gegen den nachbar
und hunderterlei dinge sind es, die den besitzer starr
und gegen jede Veränderung widerwillig machen. Göthk
28,156 {W. Meisters tranderj. 3); alle bekehrungsversuche,
wenn sie nicht gelingen, machen denjenigen, den man
mm proselyten aasersah, starr und verstockt. 26, 261
X. k.
(dichtung u. xcahrheit 14); am wirf hatten sie nicht viel
zu betrachten, der Manz war ungelenk, starr, unfreund-
lich und melancholisch und wuszte sich gar nicht zu
benehmen. Keller 4, lOO (Romeo u. Julia); aber der mann,
welcher vordem so weich gewesen, war nun in dem-
selben masze hart und starr, er beantwortete die briefe
nicht. W. H. Riehl geschickten 6,95; in der einsamkeit
bin ich wunderlieh und starr geworden. Frenssen Jörn
Uhli2ö.
ß) bei der gewählten sache bis zuletzt ausharrend, nicht
vom platte wankend : Götz {allein), okaiserl kaiser! räuber
beschützen deine kinder. {man hört scharf sehieszen.)
die wilden kerls, starr und treu! Göthes, 150 {Götz von
Berlichingen 5). doch nur in dem sinne von 'unbeiceglieh,
sich thatenlos nicht von der stelle rührend':
was stehn so starr die königlichen beere?
ruft Sturm ! Shakespeare, könig Johann 2, 2.
v) und wer mich nach meinen werken für liebenswürdig
hielt, fand sich sehr getäuscht, wenn er an einen starren
ablehnenden menschen anstiesz. Göthe 26, 269 {dichtung
und irahrheit 14) ; mit dem berühmten Schnorr war ich
auch mehrere mal, einem sehr starren, frommen Prote-
stanten, der in Rom der neupreuszischen liturgiekapelle
vorstand, und ihr eigentlicher halt war. Brent.\xo 9,219;
die starrsten aristokraten sind froh, wenn sie gelegenheit
finden zur herablassung, denn dadurch eben fühlen sie,
wie hoch sie gestellt sind. Heine 3, 236 (rewe&iWer 3); er
war ein strenger, starrer mönch, fanatisch und herrsch-
süchtig und um siebenhundert jähre zu spät auf die weit
gekommen. W. H. Ri eh i. geschickten i, 301; die haltung
eines warmfühlenden aber doch etwas starren belgischen
Patrioten, hist. polit. Matter (i899) 123, 4, 242.
b) starr, durch irgend eine gefühlserregung überrascht,
unbeiceglieh, icie versteinert u. s. w.
a) mit angäbe des grundes: Jeronimo Rugera war starr
vor entsetzen. Kleist 3, 297 E. Schmidt {erdbeben in Chili);
doch da Elvire, starr vor entsetzen, wie ihre zunge war,
nicht sprechen konnte. 364 (ßndling); herr Milett war
starr vor schrecken. W. H. Riehl geschickten 1,203;
Bemardo. siehts nicht dem könig gleich? schau's an, Horatio.
Horatio. ganz gleich ; es macht mich starr vor furcht und
staunen. Shakespeare, Hamlet 1, 1.
anders: da liesz er {der scholarch) das buch starr vor
Verwunderung auf den tisch fallen. W. H. Riehl ge-
schickteti 1, 440; ich prallte zurück, starr vor staunen 4,305;
anders: Gerbot, starr über solche Unersättlichkeit, hatte
ein strafendes wort auf der zunge. 4, 45.
ß) okne solcke angäbe: Ferdinand (starr und einer bild-
säule gleich, in langer pause hingewurzelt, fallt endlich
wie von einem donnerschlag nieder). Schiller 3, 503 (ÄaÄ.
u. liebe 5, 7 scen. bem.); die marquise stand starr über ihm,
und sagte : 'ich werde wahnsinnig werden, meine matter'.
Kleist 3, 291 E. Schmidt {marquise von 0.).
c) zur begrifflicken steigerimg in allitterierender Verbin-
dung mit einem andern adj. •
a) entspreckend der bedeutung unter a: wenn ihr andern
ernsthaften herren nur nicht so starr und steif wäret,
nicht gleich einen jeden, der sein änszeres bedenkt, für
eitel erklären und euch dadurch selbst die freude ver-
kümmern möchtet, in gerälliger gesellschaft zu seyn
und selbst zu gefallen. Göthe 22, 41 (W. Meisters tcander-
jahre 2). f^^.-
bewundem sie die glatten buchenwände,
der bäume langes zeremoniell,
die starr und steif, und zierlich wie sein (de* könig») hof,
in trauriger parade um mich gähnen.
Schiller 5, 1, 33 (dorn Kario» 8, 4).
ß) entsprechend der bedetttung unter b: der sasz stumm
da, . . . von der neuen sorge starr und still geworden.
Frenssen Jörn Uhl 281. vgl.: starr und stumm hatte
der Jude die erzählung des augustinerpaters angehört.
Hal'Srath pafer Matemus 230;
dann ward ich starr und steif (vor entsetzen) und konnte kaum
ein glied noch rühren.
Hebhbl 2, 120 Werner (trauerspid in SiciUen 7).
4) von abstrakten dingen und ver Mitnissen.
a) sieh fortenticickelnd aus 3, b, so von menschlicher
gefühlserregung , tco aber ein einflusz von starr 11 nicht
zu verkennen ist: dem starren schweigen im hofe folgte
58
915
STARR (I, 4. 5)
STARR (I. 5. II. 1. 2)
916
wilde bewegung, racheruf und geschrei. Freytag 8, 103
(flÄn«n 1,1,6); dann hörte er mit starrem staunen den evo-
lutionen des schrecklichen gewitters zu und schickte dem
abgehenden einen langen, verwirrten blick nach. Vischer
auch einer i,3'i: als ihr eines tages ein zahn ausfiel —
er polterte bei tische auf ihren teller nieder und war zu
meiner starren Verwunderung kein leibhaftiger, sondern
ein eingesetzter zahn. Marlitt heidepriiizeszchen 34; 'jetzt
verstehe ich das lied', sprach er dann mit der leisen
stimme des starren Schreckens. W. H. Riehl ge.tchichten
*> *^' aber der alte
senkte den blick tiefsinnig, und sasz in starrer betäubung,
wie wenn er predigen sollte, das herz voll worte des himmels.
Voss 1,48 {Luise 1);
wie die kühne that gelang,
weisz ich nicht, in starre Ohnmacht
war ich zagend hingesunken.
Grillparzer« 3, 17 (^ahnfrau 1).
b) sich ergebend aus 3, a.
a) die jüdische religion wird immer einen gewissen
starren eigensinn, dabei aber auch freien klugsinn und
lebendige thätigkeit verbreiten. Göthe6, 44;
verkümmerte dir nicht
dein einz'ger söhn durch rohes, wildes wesen,
Verworrenheit, Verschwendung, starren trutz
dein reiches leben, dein erwünschtes alter?
9, 2.51 (nntvrlicM lochter 1, 1);
'vde können wir unsere wähl denn anders rechtfertigen
als durch die standhaftigkeit, mit welcher wir den armen
menschen die treue halten?' 'da haben wir den starren
wahn!' dachte Salander. Keller 8, 123 (Saianiier 8).
/3) es ist zwar diesz (die Zersplitterung eines groszen
unsichtbaren kreises der nation) die alte geschichte, die
sich bei erneuerung und belebung starrer stockender
zustände gar oft ereignet hat. Göthe31,39 (tag- und
Jahreshefte i'idi); trotz der hauptlüge . . . ward sie selbst
auch immer besser, während sie doch nur so eifrig sich
bezwang, um im starren bann der sitte als wirklich
reiches und vornehmes mädchen zu bestehen. W.H. Riehl
geschickten i, bl; starre regel, die keine ausnähme zuiäszt;
mit starrer gesetzlichkeit stürmst du mich an,
und achtest für nichts die unendliche macht,
die mich, den glUcksel'gen, in's elend gebracht.
GöTUE 40, 396 (Pandora) ;
elelch dem fertigen Schmetterling,
der aas starrem puppenzwang
flügel entfaltend henendig schlüpft.
41,231 {Famt 11,3);
weiszt du was sterben ist? vermag
dein junges herz den starren sinn zu fassen?
Fulda talinman^'^ 123.
c) starre Schönheit, lool mit der begriffsfärbtmg 'frostig,
eisig, kalt': er (der junge) war von einer besondem, etwas
starren Schönheit. Kleist 3, 360 E. Schmidt (ßndling).
^ff'"' frauenschönheit will nichts heiszen,
ist gar ZQ oft ein starres bild.
GÖTHE 41, 180 (Fatuit II, 2).
d) in einer neuen, seltsamen bildlichkeit : das sind ihre
tbränen nicht — nicht jener warme wollüstige thau, der
in die wunde der seele balsamisch flieszt, und das starre
rad der emptindung wieder in gang bringt. Schiller
S, SOG (kab. u. liebe 5, 7).
6) in adverbieller Verwendung.
a) leblos, unbeweglich, erstarrt u. a. w.: ol wenn da diese
herrliche nator so starr vor mir steht, wie ein lackiertes
bildchen. Göthe 16, \?io (Werthers leiden) ; ich war jetzt, da
ich und die braut eben nicht so gar weit gen ßindlooh
hatten, wo ich absteigen wollte, weil ich's für unschick-
lich hielt, mit der vorlohten starr und aufrecht unter
das Bayreuther thor zu fahren. J. Paul 4,29 (Quintus
Fixlein); die mHnncr eilten die stcintrcppe hinab, frau
Gisela lauschte starr nach getöse und fall am fusz der
treppe. Frkytao 8, 14« (atmen 1,1,8);
da (in der zu-djten Ktunde der nnchl) ging ein altei weib
in ainam hohlen wege,
•in andrw weib kam in dem weg' heran,
die thoren nahen «ich fDr zwei geepenster an,
■ad atandftn Htarre da, als ob sie siulen wircn.
LinrrwER 4« {fabeln a, 8);
ia 4er clause lag ein fclHMotk . .
daru starr oad ttu hweigend
MUK ein nun aU ' fe.
.^ ', 116 ((n>MfM«r 10).
b) entpr eckend 1, c, im bilde:
vor ihrem blick, wie vor der sonne walten,
vor ihrem athem, wie vor frühlingslüflen,
zerschmilzt, so längst sich eisig starr gehalten,
der selbstsinn tief m winterlichen grUften.
GÖTHE 3, 27 (elegie).
c) ungewöhnlich, enttprechend 1,/.- ich lag schon im
bett unter einer wunderlichen damastdecke, die mit
Wappen und verschlungenen namenszügen, und ver-
blichenen rosen und jasminranken ganz starr gestickt
ist. Bettine i,258.
d) starr auf etwas beharren, enttprechend oben 2: seine
rechtschaffenheit zeigte sich immer als dieselbe, ja die
hokanntschaft mit der weit mochte ihn veranlaszt haben,
strenger, sogar starrer auf seinen wohlmeinenden ge-
sinnungen zu beharren. Göthe 26,94;
beharre du nur starr auf deiner ersten bitte,
und Juno selbst wird neidisch auf dich schielen.
Schiller l, 326 (Semele).
II. starr, starr blickend, l) starres äuge: sie lag, mit
starrem, schon gebrochenen äuge, da, und antwortete
nicht. Kleist 3, 165 E. Schmidt (Kohlhaas) . ungewöhnlich
i-tt die Übertragung dieser gebrauchsweise auch auf den zu-
stand des Schlafens, doch wol durch die beliebte annähme
des Schlafes als eines bruders des todes veranlaszt:
nach einem ruthen-
manövre, setzt ein schulmonarch sich nicht
gelaszner an den pult, als er {.Jupiter) zur tafel kehret,
und einen becher nach dem andern leeret,
bis Morpheus ihm die starren äugen bricht.
Gotter 1, 63 {Jupiter und sein repriisentani).
starres äuge, welclies mit Spannung, vertminderung, ent-
setzen oder ähnlicher gefühlserregung blickt: einen starr
ö mit starren äugen ansehen, mirare, guardare, riguardare
uno con occhi ßsi, fermi. Kram er dict. 2 (1702), 911''; starre
äugen, oculi contenti. Steinbach 2, 685; was dazwischen
lag, eine zeit der ruhe für jedermann, wurde dem vater
eine unendliche quäl, wo er hundertfach das bittere der
nächsten tage durchmachen sollte mit starrem äuge und
fieberhaftem pulsschlag. Fr eytag 7,249 (ver^ÄunrfscÄr. 4, 5);
in blicken redet er liebäugelnd mit Clariszen,
die oft mit starren äugen an seiner weste hing,
und oft gestöret wurde, und an zu husten fing.
Dusch verm. werke 167;
sasz ich früh auf einer felsenspitze,
sah mit starren äugen in den nebel.
Göthe 2, 188 {Amor als landschaßsmafder).
dagegen 7nehr in dem sinne von stier: einer mutter war
ihr kind von den wichtelmännern aus der wiege geholt,
und ein wechselbalg mit dickem köpf und starren äugen
hineingelegt, der nichts als essen und trinken wollte.
BRÖDER Grimm kinder- u. hausmiirrhen 39,3;
köstlich ists — der schwinde! starrer äugen,
seiner {des Apollo) tempel weihrauchduft zn saugen,
stolzer, kühner schwillt die brüst —
Schiller 1, 860 {vorwurf).
2) in einer fortentimcklung von 1, »coi über die adverbidU
Virwendung starr blicken u. ä., starrer blick, spannender,
staunender, erschreckter, entsetzter u. s. w. blick: er zog
seine band aus der ihrigen, indem er sie mit einem
starren, unwilligen blick ansah. Göthe 16, 158 (Werthers
leiden); Miller legt das billet nieder, schaut lange mit
einem schmerzlichen starren blick vor sich hinaus.
Schiller 3, 476 (scenar. bemerk, «i kab. u. liebe 6, i); nein,
der starre blick (tcie der des thierhändigers') sagt dem
vieh nur, dasz der mensch wacht, auf seiner hut ist,
und blick gegen blick, gleich fix gespannt, lauert es denn,
ob er sich einen augenblick vergesse. Virchrr auch einn
1,83; zu wollastreichen phantasie'n,
zu freaden, welche schöne neelen
an unsichtbaren ketten ziehn, . . .
dasz ihre starren blicke glänzen
ihr buaen klopft, die wange gloht. Gottbr 1, 9t ;
wie schuppen (lUlts herab vom starren blick,
und eine tnr&ne, von den liebesQszen,
zum ersten mal sie kehrt in's mag zurOok.
G/^THK 13. S86 (EpintetUdeii tntaehen l, 1);
{araj.) und noch haften
(feine starren leirhonblick«
mir, gleich dolchen, in dor bru«l.
(B^ha,) meine blicke?
Istraf.) deine blicke!
zieh nicht staunend auf die augent
siebst du so I — doch nein viel «Lirrer I
starr? — die sprach n bat kein wort I
Grillparzbr* 8, II (a*i04M 1)
9 1 7 STARR (II. 2. 3) — STARRBLICK
STARRBLIND — STARREN (A. 1 . B, 1. 1) 918
(auch von einem marmorbüd:)
so steht mit starrem blick, der marmor aaf dem grabe.
Klopstock 1,89 {köniffin Lutte);
(mit finalem beistnn .-)
ihm (dem satiberbüd) zu begegnen ist nicht gut :
vom starren blick erstarrt des menschen blut.
GÖTHE 12, 218 (Faujrf I)
bei dem anhaltenden starren hinsehn auf die nämliche
fläche kann es nicht anders kommen, als dasz die äugen,
auch des schärfsten beobachters, anfangen trübe zu werden.
Schiller 5, l, l (vorw. zum dorn, Karlos);
aber auf den schönen grünen auen
fand ich eine, die ich sachte, nicht,
und das lange, ferne, starre schauen
machte trübe meiner äugen licht.
W. 5ICllkr ged. 1 (1868), 80.
hierher auch starrer zug: ein bleicher bursche, dessen
krankhaft starre züge in dem schwalle des dunkeln ver-
wirrten lockenhaares fast verschwanden. C. F. Meyer
Jürg Jenatsch 29 ; au4:h : starr und seelenlos waren ihre
einst so schönen züge noch immer schön. W. H. Riehi.
geschickten 6, 98; dem freimann flel etwas starres in die
fette gemütlichkeit seiner züge. G.\nühofer mann im. salz
(gartenlaube 1905,798»); ein starrer zug liegt auf ihrem
gesiebt; ein starres lächeln spielt um ihren mund.
3) adverb.: nachdem sie (Lucifer und seine haushof-
meisterin) . . . einander mit fewerblitzendem gesiebt mehr
als ein stund starr in die äugen hinein sahen, als wie
die katzen zu nachts zeit. Philander i, 527; ersah ihn
starr an, defixis oculis eum intuebatur. Steinhach 2, 6^6;
um gottes willen, sagte ich, mit einem heftigen ausbruch
hin gegen sie fahrend, um gottes willen, hören sie auf!
sie hielt und sah mich starr an. Göthe 16, 141 (Werthers
leiden); sie (Amalia) sizt stumm — das äuge starr auf
das büd (Karls) geheftet. Schiller 2,149 (rauher i,lc
schatisp. scen. bemerk.); die marquise sah, während der
feierlichkeit, starr auf das altarbild. Kleist 3, 293 Schmidt
(marquise von 0.); 'ich glaube, er war es', flüsterte
Jenatsch, dem sichtlich bei dieser erinnerung unbehag-
lich zu muthe ward, und blickte starr vor sich hin in
die dämmerung. C. F. Meyer Jenatsch 46 ;
sieht dein äuge nicht trüb' um sich her, nicht starr ohne seele?
so erstarb auch mein blick! Klopstock 1, 28 (an Ebert);
aber Amalia stand abwärts am gesimse des fensters,
trocknend das aug', und blickt' in die mondumdämmerte gegend,
starr und gedankenlos. Voss 1, 160 (Luise 3);
wart alter! dich will ich fangen, ins äuge will ich dich
fassen, so starr, dasz dein getroffenes gewissen durch
die larve erblassen soll. Schiller 2,134 (räuber 4,2
schatisp.); ich will dabey stehen (loenn ihr sterbt), und
euch starr ins äuge fassen, wenn der arzt eure kalte,
nasse band ergreift, und den verloren schleichenden puls
kaum mehr finden kann. Schiller 2,183 (räuber 5,1
schausp!).
STARRARISTOKRATISCH, adj. (vgl. untef starr 3, a. y
sp. 914): das starraristokratische Toryministerium. Flathe
in Grotes ullg. weUgesch. 11, 58.
STARRAUGE, n. l) starrsehendes äuge. Campe.
2) atich von der person selbst, die mit solchen äugen
atisgestattet ist. ebenda.- hinein in die kirchen vorerst
nicht, brauche tageslicht, im heildunkel drohen ge-
spenster. die byzantinischen starraugen an den wänden
in der Markuskirche predigen todten tod im leben, wider-
wärtige mumien. Vischeh aucÄ einer 2, 337.
STARRAUGEN, verb. m,it starren äugen selten. Campe;
tool nach ndl. starooghen, sterooghen, conttieri fijco obtutu;
obtutu haerere, aspectare; intentis et fixis oculis inttteri,
intendere oculos in rem aliquam, lumina immota tenere.
aciem oculorum intendere, hiantibus oatlis mdere. KiliaN
8, 636*>.
STARRÄUGIG, adj. zu dem vorigen. Campe, vgl. ndl.
steroogigh, inconnivens, palpebras non Tnovens. Kilian
8, 6S6»; die beiden namen, . . .
sie leben, gebückt, gekrümmt, eisgrau,
starräugig, noch kaum ihr sieches leben.
Klopstock 1, 263 (üotztrappe).
STARRBEIN, n. bezeiehnung für das steiszbein (*. u.)
bei Kl'lmls anatotnische tabellen (1759) r20. vgl. Hyrtl
kunsticorte der anatomie 68.
, STARRBLICK, m. starrender blick: der athem stockte
I mir bey ihrem fragenden starrblick, der aber bald sanfter
gebrochen sich nach der blassen lichtscheibe richtete,
die hinter einem Wölkchen hervortrat. ThCmmel reise
^< 69' hier thront der alte des nichtseyns,
jener uimahbare, tinstre, verschlingende, gräszlichen starrblicks
geisterermordende vater des tods. B.^ggesen 2, 328.
STARRBLIND, adj. völlig blind (ähnlich tcie unten stock-
blind), nach Adelung und C.\mpe 'tceil bei blinden personen
die äugen ganz starr und ohne atisdnick stehen', für das
geicöhnlichere starblind (»p. 2&t) , mit dem es etymologisch
vollständig identisch ist. Campe behauptet als erster starken
unterschied in der bedeutung der beiden tcörter, indem der
starblinde tcol immer starrblind, nicht aber der starr-
blinde ztigleich starblind sein müsse, starrblind (neben
starblind) chi ha iL panno stiW occhio 6 «n occhio appannato.
Kramer dict. 2(l702),9lie; starrblind sein. Adelung, über-
tragen: so mus er in geistlichen sachen starrblind sein.
NiGRiNUS iciderlegung der groben, gretdichen lesterungen
erste centtirie s. 3^, vgl. Crecelius oberhess. tcb. 805; bist du
auch einer von diesen starrblinden elenden, die in einem
götzenbilde den feind gottes anbeten! Wieland 25, 43.
STARRBLINDE, /. amatirosis. Maaler 384>'.
STARRBLINDHEIT, /. zu dem vorigen. vöUige Uind-
heit. C.\mpe. Starrblindheit (neben starblindheit), appanna-
inento degli occhi. Kramer dict. 2 (1702), 911".
STARRE, /. zustand des starrseins: starre, rigidezza,
rigore, intirizzamento, dtirezza. met. ostinatezza, ostinatione,
caparbietä. Kramer dic^ 2 (1702), 911**; starre Campe; eine
lähmende starre ging über sie hin. Lauff Pift/e 437; bei
Kathje war die starre gewichen. 463. nach einigen ist
das tcort von ganz beschränkter gebraiichsiceise : Starrheit,
starrung, dicitur etiam starre, tit die halsstarre, cervix
contenta. tetantis. die kopfstarre, caput obstiptim. Stieler
2122; Steinb.^ch 2, 686; starre, ein nur in halsstarre ü6-
lieJies icort. Adelung, vgl. auch noch leichenstarre theil 6,
sp. 622.
STARREN, m. im thüring. bezeiehnung eines baumlangen
kerls: sdärn Hertel spraclisch. 234, wol zti mhd. storre
'baumstumpf gehörig.
STARREN, verb.: rigere, horrere, stupere.
A. allgemeines, l) ztcei dem stamm nach verschiedene
tcörter sind nhd. latitlich in einem zusammengefallen, wäh-
rend mhd. noch bestimmte unterscheidting getcahrt tcird :
nhd. starren I, in der bedeutung 'erstarren, entspricht
auch mhd. starren, nhd. starren II, in der bedeutung
'starr blicken', dagegen mhd. stam, ahd. staren. trotz dieser
älteren Verschiedenheit besteht aber enge etymologische ver-
iratid tschaft, wie ja denn auch begrifflich starr von der
erstammg eines körpers mit starr (in staarblind oben
sp. 264) voti dem erlöschen der Sehkraft, indem das äuge
gleichsam erstarrt, nahe zusammengeht, offen bleibt die
frage, inicieiceit überhaupt mhd. starcblind, ahd. stara-
plint, starablind, die schreilntng von starren 11 in der älteren
zeit beeinßtiszt hat.
2) entsprechungen innerlialb des germ. hat starren II
in an. stara Fritzner 3, 529»; ags. starian Bosworth-
ToLi.ER 912»'; engl, to stare.
3) etymologische beziehungen innerhalb des indogerm. hat
starren I zu litt, styroti 'steif dastehen' {vgl. pol. styrczyc,
sterczyc, 'emporstarren, atifrecht stehen"), litt, styrti {steif
UTid starr toerden, erstarren' skrt. sthira, griech. areQttle.
vgl. attch noch litt, störas 'dick, umfangreich' und kirehen-
slav. staru 'alt'.
4) ztir vertcandtschaft innerlialb des germ. vgl. für
starren I noch unter störrig, zu mhd. storren 'starr tcerden',
ahd. storrßn Graff 6,711 und got. andstaurran, iitßgi-
uäa&at; atich in stark (oben sp. 869) kann das hier zu-
grunde liegende tcttrzelhafte element mifgeioirkt liaben. für
starren II vgl. unten tmter stieren.
51 mild, sterren {afid. starrjan) entsprechend hat sich
dialektisch vereinzelt der timlattt gehalten, so bair. starren,
derstärren, neben starren, derstarren, erstarren. Schm.^
2, 775 ; vgl. oberd. st&rm, derstärrn. Lexer kämt. tcb. 239 ;
stärn, derstÄrn Schöpf iirol. idiot. 700.
B. bedeutung.
I starren, erstarren, emporstarren u. s. w.
l) erstarren, starr tcerden, starr sein, starr liegen u. s. w.
o) vor frost starren, grosse kelte haben, rigere. Maaler
384"; starren, von kälte gestarren und hart werden,
5b*
919
STARREN (B. I. 1)
STARREN (B, I, 1. 2)
920
gourdir de froid. se roidir et serrer. incordarai di freddo.
Hu LSI US (1616)306*'; starren für kälte, assiderare, inrigi-
dire, intirüzire di freddo. Kramer dict. 2 (1702), 911» ; er
starrt vor reife, prtiinis obriget. Steinbach 2,686;
zu rennen auf des nordens scharfem wind,
mein werk zu schaffen in der erde adem,
wenn sie vom froste starrt.
Shakespeare *, 246 (stürm 1, 2).
V) von flüssigkeiten steif tcerden, eintrocknen u. s. w. ;
die Spinneweben haben sich vermehrt;
die dmte starrt, vergilbt ist das papier.
GÖTHE 41, 92 {Fattst II, 2).
c) vom aufhören der lebenskraft im körper und auch
in seinen (heilen:
a) ob zwar mein hlut noch wallt,
starrt doch der schwache leib, ob in dem ohr erschallt
wenn du dich hören läszt, docn bin ich gantz durchdrungen,
von dem was sterben heist. A. Gryphius 2 (1698), 419 ;
es musz zwar dieser tag {des Sterbens) nach schmertzlicher
gebühr
dein starrendes gebein und deiner glieder zier
nicht sonder hertzeleid zu seinen vätem sammeln.
Günther ged. 609;
wenn diesz lebensfeu'r verlischet,
starret alles, alles stirbt. Brockes 1,298;
wanke näher an das Sterbebette,
wo Lucindens hülle starrt,
wo ihr geist von seiner sklavenkette
losgekettet ward. Hölty 141 Halm.
ß) ein starrender hals, cervix contenta. Gorvinus fons
latinitat. 666»; der arm, die band starrt, erlahmt, ist wie
gelähmt, versagt den dienet u. ä.: mein äuge wird dunkler!
mein arm bebt, oder starret! ich athme die lebensluft
schwer ein. in meine innerste nerven hat sich der tod
tief eingegraben. Klopstock 8, 25 (tod Adam^ 2, l);
er stand und schlug des Dagons räucherer,
bis müd' am schwert die band ihm starrte.
9, 70 {David 3, 7) ;
kraftlos starrte die band ihm. Voss Ilias 5, 792.
starrende band, starrender arm:
fast entsank die harfe der starrenden band.
Klopstock 6, 102 (Messias 18, 24) ;
an dem hange des felsen lag
»der völkerdränger Karl mit starrendem arm.
Stolberg 1, 88.
starrende zunge:
aber die stimm ist auch mir todt nicht, Konstanzia
ruft sie, die starrende zunge ruft
nach Konstanzia.
Klopstock 2, 191 (Capwein und Johannetberger) ;
im kämpf
des todes lag er, rufte laut, mit flamm'
im wilden blicke : 'rächt euch, Perser ! . . .'
da starrt' ihm zung' und äuge.
Stolberg 4, 194 (Otanet).
y) ein eisberg fiel auf seine starrende haut in der
ersten Sekunde. J. Paul l, 190 (unsichtb. löge i).
d) dann auch auf seelische dinge bezogen: so ist der,
welcher alles, was ihm begegnet auf die leichte schulter
nimmt, wenngleich nicht weiser, doch gewisz glücklicher,
als der an empHndungen klebt, die seine lebenskraft
starren macht. Kant lo, 320; schon starrt das leben, vor
dem ruhebette wie vor dem grabe scheut der fusz. Göthe
8, «76 (Egmont 5) ;
ob wie todt auch starre der geist der nienschheit,
durch der Willkür zwang und gebotnen Wahnsinn.
Voss 8, 166 (emettete menschheU).
mit weiterer beatimmung:
immer ja starrete mir mein armes herz in dem busen
angstvoll, dasz mich einer der sterblichen t&usche mit worten.
Odytsee 23, 816 ;
laut nun jammerten wir, die bände gestreckt zu Kronion,
als den grftuel wir sahn ; und es starrte das herz in bet&ubung.
9,296;
wehe! sobald dem him
nnr stockt ein winzig fäHorchen ungetrttnkt
von lebenskraft; urschnell in dumpfheit
starret die seel', und vergisst des daseins.
^eerke 8, 266 (on Hensler).
e) mit angäbe der folgeersrheinung, zugMch unter hin
überßihrung in eine neue hildlichkeif. zu stein starren
«*. *. 10. ; lieber Kestner, der du hast lebens in deinem
Mm ein fUlIhom, lasse dir gott dich freuen, meine arme
exi«t«nz gtaiTi com Öden feit. Göthk briefe t, 88 (81. april
tm);
Prcütöt. di« dshiaa, haiax (edriagt von Meroe. weichen.
AekOUe (in den hart murmitnd). ohs sie zu felsen starrten !
Ktnirr 8, ISS ^. SehmdOt {PerUhetOea 1A);
tritt mir entgegen nicht, soll ich zu stein nicht starren
auf markten oder sonst, wo menschen atmend gehn. 4, 38.
auch: wieder sind es mutterthränen
dasz die kinder ihr entschwanden,
dasz der lieben sUszes leben
um sie in den steinen starret.
Tieck 1, 138 (JLat«er Octaviantu i).
im f infachen vergleich:
o dasz doch der flügel Chronos harrte,
hingebannt ob dieser gruppe starrte
wie ein marmorbild — die zeit. Schiller 1, 22.5.
f) starr dastehen, zaudern, zögern, nichts zu unternehmen
wagen u. s. w. :
o that, für der hinfort die allerkühnsten beiden,
was jemals sie gethan, sich schämen mehr zu melden :
für der Achilles starrt, für der auch Hector stutzt
und Hercules nicht mehr auff seine keule trutzt.
LOGAU 1,4, 47;
warum steht ihr dort so betäubt, wie die jungen der hindin,
die, nachdem sie ermattet vom lauf durch ein weites getilde
dastehn, nichts im herzen von kraft und stärke noch fühlend?
also steht ihr jetzo betäubt und starrt vor der feldschlacht.
Voss Ilias 4, 246.
in diese begnffssphäre reiht sich wol auch:
er (Faust) soll mir zappeln, starren, kleben,
und seiner unersättlicnKeit
soll speis' und trank vor gier'gen lippen schweben.
Göthe 12, 95 (Faust I).
g) starren, stolz, widerspenstig, eigenwillig, hartnäckig
sein, starrend einhei^ehen, camxnar' intirixzato. Kramer
dtc<. 2(1702), 911«;
dasz ihr, halsstarrigen, mit nichts nicht seid zu beugen,
wie gott selbst von euch sagt, weil ihr denn starrt so sehr,
so beug' euch dermaleins lufl, feuer, erd und meer.
Flemming 46, 403 Lappenberg.
beruhend auf Wendungen wie: der hals starret ihm, egli
ha incordato, intirizzato il collo. Kram er dict. 2 (1702) 911».
dann sich der obigen gebrauchsweise schon mehr nähernd:
aber die jüden, die beschnitten heiligen, tragen einen
stoltzen mut, brüsten sich, und starren mit irem hals
steiff, wider uns verfluchten, elenden beiden. Luther
8, 120''.
2) starren, emporstehen, in die höhe ragen u. s. w.
a) von felsen, bäumen, bauwerken u. s. w.: noch immer
starrt in meinem gedächtnisse dieser steinerne wald von
häusern {London) und dazwischen der drängende ström
lebendiger menschengesichter. Heine 3, 438 {reisebUder
4.2); so war mir, als sei mein grimm mit diesem gestein
und dieser grollenden flut ein ding und müsse ich auch
so trutzig starren wie der jähe fels. Vischer auch einer
1,52; ein messer, so das meer sich schliff,
da starrt ein starkes felsenrifl,
und schlitzt das EngelländerschifT.
Keller 10, 107 (»Ker);
über der felder zähem morast . . .
sieht er der schanze starrenden kämm.
Eelbo Dithmarschen 76;
vgl. auch:
wildnisz starret nunmehr dem kühnen pilger entgegen.
Sbume 3, 86 (tpatiergang 8).
mit weiterer adverbialer bestimmung:
die eiche starret mächtig,
und eigensinnig zackt sich ast an ast.
Götiib 41, 886 (Fatirt II, 8);
im hafen, wenn ihre (des schiffes) ricken stakig und dürr
... in die luft starrten. Frensskn Hilligeidei 167;
weiszt du ja doch, wie das herz mir fest ist und unerschütlprt !
halten will ich 's, so fest wie ein fels starrt, oder wie eisen.
Voss (hiiiMce 19,494;
so glühte eben noch im purpurscbeine,
nun starrot kalt und woisz des bcrges (im.
Kri.i.kr 10, 187 (poettntod),
Werner schaute
wild chaotisch durcheinander
felsentrUmmor unten sturren.
ScMKKKKi. 6, 116 (trompeter 10).
b) i'on toaffen, besonders gerne twn lanten und sperren .-
Schwerter halten den brunnen bewacht, speere starren.
Hkiuikl 1.31 Werner {JudUk z)\ sie stemmten das knie
im hndon fcttt , sie deckten den leib mit dem linden-
Hchild und wehrten als dreifache schildhurg mit starrenden
Speeren. Krkytao 8, 88 {ahnen 1, 1, 8). mit dem beisinn
des unthiitigrn. im vorliuben gehetnmt werdenden:
der k6nig winkt, du scbon gexOckte schwer!
starrt in des wttrnrs band.
rarjters nana.
WiBtJkNn 10, 804 {Komhofnu 684) ;
921
STARREN (B, I, 2)
STARREN (B. I. 2. 3. II. 1)
922
doch Perseus schüttelt kaum den köpf mit schlangenhaaren,
so starrt der deich in jeder blut'gen nand,
und jeder mörder steht zum felsen hingebannt.
22, 211 {Oberon 5, 37),
jco unter annähme einer wenn auch nicht gerade gewöhn-
lichen Übertragung von Wendungen icie starrende hand,
starrender arm (l, c, ß) an 'erstarren' gedacht werden
könnte, in diesen entwicklungslcreis geJiört auch:
zum beginnen, zum vollenden
Zirkel, blei und winkelwage ;
alles stockt und starrt in bänden,
leuchtet nicht der stem dem ^ge.
GöTHE 47, 152.
c) eisen starret, im schacht des bergwerks, wol eine auf
2, 6 fuszende dichterische freiheit; mit hinhlick auf die
daraus zu schmiedenden waffen:
nicht gleiche gaben spendet des vaters hand
den Völkern, eisen starret im schachte dort,
hier wanken ähren. Stolberg 2, 105.
rf) von theilen des menschlichen oder thierischen körpers :
a) ein starrender bauch, pancia distesa. Kramer dict.
2 (1702), 911*; der bauch starret ihm wie eine sackpfeiffe,
il venire gli stä disieso e gonfio come una cornamusa.
ebenda; bitt man ein bawem so strotzt im der bauch,
und starret wie ein block, und knarret wie ein newer
oder ungeschmierter wagen. Mathesius Sarepta 119»; vgl.:
man musz so lange sitzen und sauffen, aus mannicher-
ley art des willkommen, . . . bisz man sinn witz ver-
leuret, und nicht mehr reden, gehen oder stehen kan,
ja nicht weisz, was eines jeden gelegenheit ist, und man
mit einem solchen vollen zapfen, der da starret wie ein
stock und pflock, wol alle riegel und thor aufflaufen
möchte. Schaller theolog. heroldt (i604) 94.
ß) starrendes mannsglied, cazzo, m^mbro virile rizzato,
ritto, duro; priapo. Kramer dict. 2 (1702), 911»; sein
schwantz strecket sich wie ein cedern, die adem seiner
schäm starren wie ein ast. Hiob ao,\2; das Mut war
ihm dermaszen in das antlitz getreten, dasz seine stirn-
adern geschwollen starrten. Immermann Milnchhauseni, 18.
y) die haare starren, sträuben sich, stehen tcie borsten
in die höhe u. s. tc. als zeichen des erschreckens, grausens :
sonst gab es eine zeit, wo mir der schrey
der eule grauen machte, wo mein haar
bey jedem schrecknisz in die höhe starrte,
als wäre lel)en drinn.
Schiller 13, 148 (Macbeth 5, 5);
es sitzt ein ^eist auf der bahre ;
es starren mir noch die haare. Umland ged. 322.
doch auch sonst: grimmig ist ihr {der Germanen) muth,
ihre flatternden haare starren, die äugen glühen im
schlachtenzom. Freytag 17, 97 (bilder l); unter dem helme
starrten die buschigen brauen, düster war sein blick.
Freytag 8, 139 (ahnen l, l, 8);
es starret ihm der knebelbarth,
nach der grimmigen lewen art. •
Rollenhagen /roschmeiueler (1595) R 5».
ton eis, reif: er(Fer^tZ) läsztden schnee auf den schultern
liegen, flüsse aus dem kinn strömen und weiter unten
den hart von eis starren. Seume 3, 103 (Spaziergang 2);
ein Wandrer kommt von ferne,
ihn schüttelt frost, es starrt sein haar.
Eichendorff2 1, 289.
mit adverbialer bestimmung: Flavio stürzte herein in
schauderhafter gestalt, verworrenes hauptes, auf dem die
haare theils borstig starrten, theils vom regen durch-
näszt niederhingen. Göthe 22, 87 (Wüh. Meisters xoander-
iahre2,5); die männer rüsteten sich zum dienst für den
kricgsgott, den erbarmungslosen, sie salbten und sträubten
ihr haar, dasz es rötlich starrte. Freytag 8, 193 (aAn«n
1.1, n).
e) strotzen, entsprechend schon 2, d, a .- als ich um elf,
die taschen noch von bimen starrend, aus dem schul-
hofe trat, kam eben der dicke stadtausrufer die strasze
herauf. Storm 4,43 (Pole Poppenspäler);
raubschiffend ruderte Menelas von bucht zu bucht;
gestad' und inseln, alles streift er feindlich an,
mit beute wiederkehrend, wie sie drinnen starrt.
Göthe 41, 201 (Fauft II, 3),
starren als kleider von gold, rigere auro. Frisch 2,320«;
da jetzund die rocke von perlen starren. Mathesius
Sarepta 50» ; die braut aber war in weisze seide gekleidet,
die von goldstickerei starrte. L. Hesekiel Nürnberger
tand 2,121; sein anzug starrt vor schmutz;
der nachttisch, der von silber starrt. Gotter 1, 19.
alle ihre sätze und zeilen starren von den namen be-
rühmter scribenten. Gottsched bei C.\mpe.
f) von etwas starren, mit dem beisinn des trutzigen:
man konnte sehr wohl zur erwägung stellen, ob nicht
die Rheingrenze, die jetzt von festungen stafrte, ver-
bunden mit zeitweiligen ofiFensivstöszen in das östliche
Vorland, zur Sicherheit Galliens genügte. Lamprecht
detdsclie geschichte 1, 211;
dann das gold der neuen weit, macht dasz alte weit sehr narrt,
jene macht wol gar, dasz die ^antz in ihrem blute starrt;
dann auff prachten, dainn auff kriegen pQegt man allen schätz
zu wagen. Logau 3, 6, 62;
ganz auch starrt es (das Khiff) von schilden und zwiefach-
schneidenden lanzen. Voss Odyssee 16, 474;
die ganz einschlieszende mauer
starrte von erz. 10, 4.
doch auch: ganz Europa starrt in waffen. Moltke 7, 131.
3) partic. mit ergänztem oder zu ergänzendem ace. der
Wirkung.
a) entsprechend oben A, 1, a 'kälte, aehnee und eis spenden,
frieren machen n. s. w.' : meinen geist schwindelt es vor
diesem leeren, starrende kälte aushauchenden, sich
immer weit«r aufreiszenden abgrund. Klinger 8, 95 (ge-
schichte eines Teutschen 2);
in diesem stets noch starrenden winter, ach
zum erstenmale wagt' ich, die mürrischen
Ostwinde meidend, nicht, der eisbahn
tönende flügel mir anzulegen !
Klopstock 2, 33 (iinterrichi).
b) einen (durch erregung eines gefühls) erstarren machen,
dasz er sich gleichsam, in stein wandelt: das starrende
Wasser des Styx, der darüber hangende fels, der alte
scheusliche fuhrmann schrecken in den traurigsten färben.
Lessing 4, 237. das gefühl als subject:
auf dir (St. Gotthard) hauset entsetzen und graun in wölken
gehüllet,
deine pfade besucht der bleiche starrende schwindet !
Stolberg 1,210 (hymne an die erde);
doch die Achaier
drängte die grauliche flucht , des starrenden Schreckens ge-
nossin. Voss Ilias 9, 2;
jetzo mit thränen mein herz zu besänftigen, jetzo von neuem
auszurulm; bald wird man ja satt des starrenden kummcrs!
Odyfsee 4, 103 ;
und klagt leise klare, dasz nicht des leidenden vaters
starrende melancholei
ihr von neuem erweckt.
ders. im Göü. mtttenalmanach 1774 «. 197.
die ausgäbe von 1802 fiat dafür:
dasz nicht des duldenden vaters
männlich bezwungenen gram. 3, 63.
c) zweifelhaft, ob nicht gröszerer oder geringerer Zu-
sammenhang mit starren II, starrblicken, besteht, in Wen-
dungen xcie: mit starrender gewalt hefteten sich seine
äugen auf diesen Vorhang. Wildknbhuch noveüen (i88«)36.
nur vereinzelt auch sonst, mit acc. der Wirkung : liege hier
und starre schrecken in des schwachen herz. Klinoer
2. 77 (günstling 4, 3). daim geradezu transitiv :
die africanische Gorgone bin ich,
und wie ihr steht, zu steinen starr ich euch.
Kleist 2, 144 Schmidt (Penthesilea 83).
dem entspricht vereinzelter reflexiver gebrauch, icol nach
der analogie von sich sträuben (s.u.): sich starren, inti-
rizzarsi, assiderarsi, it. inrigidire. Krauer dict.2 (l702),9ll».
II. starren, starr, unbeiceglichen, gespannten, auftnerk-
samen auges blicken, nicht so stark taie stieren («. w.).
l) die äugen starren, blicken starr:
ob ihr sähet sein haupt empor ihn richten? sein ange
nach dem himmel starren?
Klopstock 5, 51 (Mestiag 11, 746);
die äugen starrten himmelwärts,
und blickten furcht und graun. Hölty 18 Halm;
oder starren von schlaf die niedergeschlagenen Suglein?
Voss 1, 185 (Luise 3, 598);
blutige thr&nen hätt' ich dir geweinet,
ach! und thränen der seele. wenn mem äuge
starrte gleich dem grame, aen nie des trostes
kühlung umwehte. Stolberg 1, 25.
a) sich 'stieren' begrifflich mehr näliernd: Ahia aber
kund nicht sehen, denn seine angen starreten for alter.
923
STARREN (B. II. 1. 2)
STARREN (B, II. 2)
924
1 kön. u. 4; das äuge starrt ohne zu sehen. Lichtenberg
erklärungen zu Hogarfhs hupfern 3. 159 (xvi); die äugen
starrten gräulich . die lippe war dem schreckbild {Sym-
machtis) in die zahne gebissen. Fheyiaü 17, 202 {bilder i).
b) starrendes äuge: starrende und unverwanckte äugen.
rigentes octili. Maalek 384* ; es waren vier kerls bey-
sammen, welche ein ander mit starrenden feurigen äugen
und erblasztem gcsicht, die zahne auf einander beissend
ansahen. Philandek 1,597; terrena sordent; schreiben die
gelehrten zu einem adler, der mit starrenden äugen in
die sonne siehet: das irdische stincket mich an. Sper-
ling Nicodemtis gtuureit^ et Jestis respondens 1 (I718).l24<i;
wenn Archer endlich mit groszer leichtigkeit die beine
über ein ander schlägt, so versucht Scrub ein gleiches,
und bringt es auch endlich . . . glücklich zu stände, alles
entweder bei starrenden, oder heimlich vergleichenden
äugen. Lichtenuehg 3,244; er wirft sich auf die knie,
knirscht mit den zahnen, und sucht mit epileptisch
starrendem äuge . . . den himmel, der keine schuld hat.
erkläningen zu Hogarths knpfern 3, 242 (xviii).
blickte von da (dem thürmenden /eisen) mit starrendem aug'
hinaus in die wüste.
Klopstock 5, 217 (Messias 13, 893) ;
aber es standen besonders in einen klumpen geschlossen
meine söhne mit weitgeöfineten äugen, die starrend
an die schlipfrigen schönen sich hängten, und geizige züge
von dem bezauberten blick einsogen.
BOD.MER Noah 22 (1, 490).
c) ähnlich der blick starrt:
glanzlos starrt
auch nach der kilste hin entsetzlich
ein todter blick.
Immermann 13, 245 Hempel (Tristan i., Comwall);
aber almäblich
starrte sein blick , und er sank in erquickenden mittags-
schlummer.
Voss 8 (1802), 268 (siebzigster geburtstag).
mit starrendem blick:
mit starrendem blicke,
stand er hier sprachlos.
Klopstock 3, 161 (Messias 4, 95) ;
mit starrendem blicke
schauet' er in die finstemisz aus. 3, 230 (4, 1207).
d) in schon loserer Verbindung beider begriffe: er setzte
vor einem bunten schreine der muttergottes angelangt,
seinen tragkorb nieder, warf sich auf die knie und
starrte mit brennenden äugen durch das gitter. C. F.
Meyeh Jürg Jenatsch 38; Jörn ühl schlief in dieser nacht
nicht, er lag auf dem rücken, starrte mit offenen äugen
nach oben und grübelte. Frenssen Jörn UM 367;
und der himmel, stemelos,
starrt aus leeren augenhöhlen
in das ungeheure grab
schwarz herab. Grii-lparzer' 3, 10 (ahvfrau 1).
vgl. auch: ein Wickelkind (von pfefferkuchen), das aber
auch durch zwei glaskorallen in die weit starrte. Fkev-
TAG 7, 24 (verl. handschr. 3, l).
8) von den personen selbst:
o) ohne weitere bestimmung : als er (Gelimer) nach dem
kaiser auf hohem throne sah und auf das starrende
Volk, da weinte er nicht und seufzte nicht. Freytag 17, 207
(^bilder l);
bebt, und ehrt des höchsten macht!
starrt ihr Völker! man beginnt
ein sehr hohes haus zu stUrtzen, ein nicht hohes zu erheben.
■tarrt und lernet hier, wer puipur, reich' und länder könne
geben. Gryphius 1, 686/.,-
{Hord) höret nun de« bauses Jammer,
eilet In des fränleins kammer,
atarrt und stttrzt sich in sein schwert.
ST01.BER0 1, 5».
starrend, stauncndt. incordato, disteao. Hui.siuh (iaig) 806'*;
geweckt von dem sternkundigen sprang Wilhelm auf und
eilte zum fenster, dort staunte, starrte er einen augcn-
blick, dann rief er enthusiastisch: 'welche herrlichkeitl
welch ein wunder!' (jöthkSI.IK (Wilh. Meistert wander ■
Jahre i,u>). hierher wol aucfi: die auslegcr haben er-
schrecklich gestarrt, warum hier erste nnd zweite pcrson
redend wechsele: die Übersetzung macht« klar, ohne dasz
ich ein wort hinzusetzen dörfte. Hehdkm h, «48 üuphan.
b) mit einer angäbe der riehtung:
o) auf etwa« starren, fiai* oeuli» intueri. Fhibch
t, «90*: i*t doctor starrte auf das blait. FHrrrAn «, n
(verl. htmdtekr. i, i); da beobachtete er einst, dasz zwei
kleine knaben gierig auf die heisze asche starrten, in
welcher ein brodkuchen gebacken wurde. 17, 207 (bilder i) ;
das kind kauerte neben dem bette auf dem erdboden
und starrte auf die alte. W. R aar e *cA«</<:?erump l, 103;
hingesenkt das gramesmatte
angesicht, so früh verblüht,
starrt er auf die feisenplatte.
Lenau 1, 66 Koch (die feUenplatU).
auf einen punkt starren, in tiefer Überlegung, in ver-
zweifelung u. s. w. ; vgl. auch unten in das leere starren:
stehst in noch immer da, gleich unbewegt,
und starrst auf einen punkt V
Grillparzer 6*, 96 (des meere» und der liebe
wellen 5). '
in etwas starren: aber die königin stand unbeweglich
und starrte in die glut. Freytao 8, 205 (ahnen l, i, ii);
so dacht' und stammelt', und rief er,
atarrete wieder ins offene grab.
Klopstock 5, 247 (Messias 14, 336);
und die seiner (des ratten/ängers) pfeife lauschen,
die ihm in die äugen starren,
alle wird der teufel holen.
Keller 10, 218 (apotheker voh Chamounix 2, 10).
in das leere starren tioch stärker als oben auf einen
punkt starren: in der band hielt sie das warnende
zeichen der mutter. sie starrte darüber hinweg in das
leere. Freytag 8,185 (aAn«ni, i,ii);
die feilen lUgner starren in das leere.
Fulda talisman*^ 75.
nach einem starren: nicht nur das stadtvolk starrte nach
dem geschlecht der fremden riesen. 17, 49 (bilder l); der
Sänger fuhr empor und starrte nach dem fremden. 8, 41
{ahnen 1, 1, 2).
/3) diese angäbe noch genauer gefaszt: wenn ich in die
dichte finsternis hinein starrte und die wölken sich
theilten. Bettine ^j-m/c l, 282; drauf in der sylvester-
nacht, in dem augenblick, da eben das jähr wechselt,
hebt er sich halb vom lager empor, starrt, als ob er
eine erscheinung hätte, ins zimmer hinein. Kleist 2, 232
E. Schmidt {Käthchen von Heilbronn 2, 9) ;
sie (Magdalene) blickt', und starrte
ängstlich hinunter ins grab.
Klopstock 6, 231 (Messias 14, 91) ;
dann bewölkt sich mein blick, starret zur erd' hinab,
schaut nur bilder der traurigkeit.
HöLrv 91 Halm (an Miller 14. febr. 1773);
du starrtest nieder in den sand,
als sähest du die numraern dort gesehrieben,
die man mit nächstem zich'n wird in Neapel.
Hehbel 2, 79 H'enicr (trauerspiel in Sicüien 1);
wo die frommen vögel plaudern
starr' ich weit hinaus ins land,
wo die schaafe friihlich grasen
spring ich frei auf grUnem rasen.
J. Mosen 1, 71;
hohe herren schon beim frühstück wach . . .
starren hinaus in den zuckenden schein.
Eklbo THOitnarschen R.
c) mit angäbe der besonderen fÜrbung des begriff's starren :
a) mit ehrfurcht starrte die Jugend des dorfes auf den
landsknecht, der seine hellebardc vor der schenke in
den boden stiesz. Freytag 19,5 (6iWer2, 2); doshalb war
er nun erstaunt über das, was er doch an seinem eigenen
vaterhause erlebt, und starrte voll Verwunderung in die
Wüstenei, die er vor sich sah. Kelli.» 4, ill (Äo»iw i<.
Julia); er starrte in tiefem sinnen noch lange in das
blatt, als schöpfe er eine ganze weit von thatsachen und
gedanken aus den wenigen zeilcn. W. H. Rieml geschichten
4,202;
jetzt starrt zum toten hin voll angst und schrecken
ein bleich gedieht. Ebi.ho l)ithmar*chen 38.
/3) wild, trotzig starren: wem droht dein Kchwcrt,
wohin starrst du so wild und entschlossen? Klingkr
1, 17 (twiUinge 1, 3); als die rcitor nahten, rannte der häufe
(der knaben) an den weg und starrte trotzig auf den
fremden mann. Krevtag b, n (ahnen i, i, i);
warum stArrst du also wild
hin nach jenem dUolcrn winkelV
Gkilli'akzkh* 8, 40 (ahnjrau 2).
unverwandt starren, keinen blick davon lassen:
wie er also unnbwnndig
starret auf den hrllon stein,
werden plötzlich druuf lebendig
•eins lieDen pbanlajtci'n.
Lbnau 1, 66 A'ocA (die JtttenplaUc).
925 STARREN (B, II, 2-5) — STARRGLAUBIG
STARRHALS — STARRHEIT
926
verwundert starren.- dem grusz der eintretenden ant-
wortete aufstehend der lehrer . . . verwundert starrten
die kinder in die unerwartete Störung. Frettag 6, 64
{verl. handschr. 1,4);
sie (die bettlersleiite) starren wundernd nach dem bogen,
von dem ihr konterfei, gezogen
von weiszer hand, schon deutlich spricht.
Kellbr 10, 91 (schönga'sf).
misztrauisch u. s. w. starren : wieder starrten die kinder
misztrauisch auf die fremden, aber der doctor beseitigte
das ceremoniell der ersten bekanntschaft, indem er Franz
bei den beinen nahm. Freytag 6,73 {verl. handschr. 1,4);
angstvoll starrte sie ihm ins gesicht. 8, 187 {ahnen l, l, ll);
tröstungen wären bei mir? dann starrete nicht mein Boje
stumm, mit geheftetem blick.
Voss 3, 60 (der erUgchlafenen Margaretha) ;
da sitzt er and starrt leblos anf den grund,
den er zuvor gestampft mit stolzen füszen!
Grillparzer* 5, 109 (könig Ottokar) ;
sie starrt erstorben.
Immermann 13, 245 Hempel (Tristan 1, Comwall).
d) in der mystik, mit beziehung auf die conUjnpl<itio :
wände dat heijen wir staren, als ieman bit allen sinnen
ein dinc alleine ane sit. rede von den 15 graden {Germania
6, 146); sie musten durch wustene vam
und in die gotheit stam. Heslbr apoe. 17261.
3) mit geicandeltem stibject: in seinen äugen starrte
eine grauenhafte ängstlichkeit , wie die eines armen
Sünders. Heine l, 344 Bister {ßorentinische nachte l); aus
hunderten der verschiedensten gesiebter starrte derselbe
ausdruck nach dem manne {oben auf dem thurme) hinauf,
keiner glaubte an das wagnis, und sie sahen den wagenden
doch. Ludwig l, 372 {zwischen himmel u. erde).
4) starren. *MJsfan^.; ineinergesellschaft von schwachen
köpfen kan sich einer leicht durch starren auf die seite
bey einer vorfallenden frage das ansehen eines denckenden
kopfs geben. Lichtenberg aphor. 3, 99 {Leitzmann); die
thorheit, die sich offt mit einem beständigen nicht weg-
zulöschenden lächeln äussert verbunden mit einem todten
starren in den äugen. 175; gewisz ist die anbetung der
sonne zu verzeihen, jedermann sieht schon unwillkürlich
nach einem hellen fleck, das thun auch die thiere, und
was bei katzen, hunden unwillkürliches starren, ist bei
den menschen anbetung. Schriften i, 19\.; so ging ihr
staunen ... in dumpfes starren über. Wildenbrüch
not'. 13.
5) mit ace. der Wirkung; vgl. auch die ztceifelftaßen fälle
oben unter I, 3, c; nur in der wendung geläufig sich die
Igen aus dem köpf starren, ins maszlose nach etioas
mnt blicken .- der teufel ! und ich hab' mir beynahe die
angen aus dem köpfe gestarrt. Klinger i, 154 {die falschen
Spieler 4, 2). vgl. auch das jetzt ganz ungewöhnliche ge-
starrte äugen, neben starrende äugen, ocehi assiderati,
fermi. fisi. Kramer dtc^. 2 (1702), 911». *
STARRER, m. einer der starrt : starrer, mas eontumax,
pervicax, obstipus, stupens, obstupescen» , exhorrescens.
Stieler 2122.
STARRERIN,/. zu dem vorigen: starrerinn Stieler 2122.
STARRFISCH, m. benennung einer fischart {torpedo),
welche bei der berührung eine lähmende wirkung attaübt.
Jablonski 747». s. auch unten steiffisch.
STARRFÜSZIG, adj. steiffüszig.-
ein alter esel ging, belastet mit dem mehle
des müllers, seines herm, starrfUszig nach der stadt,
empfindend, dasz es ihm an jngendkräflen fehle.
Gleim 3, 84 {der alte etel).
STARRGLAUBE, STARRGLAUBEN, m. unveränder-
licher, auf den einzelnen glaubenssätzen fuszender glaube,
der niclit^ nachläszt, Übersetzung von öp&oSoi/a; indem
sinne von aberglaube: ein gleiches wunder hat er mit
wahrhaft fatalistischem starrglauben zeit seines lebens
auch für sich begehrt. Hänselmann Werkstücke 2, 37.
STARRGLAUBIG, adj. zu dem vorigen {als Übersetzung
von griech. do&öSo^o?): bei dem mächtigen einflusse
aber, den Preussen auf die geschicke Deutschlands aus-
übt, erscheint durch das bestreben der genannten starr-
gläubigen bekenntniszpartei die lehr- und bekenntniszfrei-
heit auch in den übrigen deutschen Staaten im höchsten
i^erade bedroht. Frankf. joum. 4. apr. 1872 ; subst. .- zu den
fanatischen Islamiten gehören die zivilisierten bcwohner
West- and Innerasiens, auch Indien liefert starrgläobige
genug. Ratzel Völkerkunde 3, 118.
STARRHALS, m. einer, der einen starren hals, nacken
hat. vgl. oben starr 2 »p. 913: starrhals, propr. tetanicus
{vgl. halsstarre theil 4, 2, 267), metaph. cervicosus. durae
cervicis. pervicax. Stieler 738; starrhals, collo ritto. rigide,
met. ostinato, caparbio. testa cabarbia. Kramer dtc<. 2 (1702),
911*; starrhals, axltjpoTpnxTjlos. Frisch 2,320". vgl. unten
Starrkopf und starrnacken.
STARRHALSIG, STARRHÄLSIG, adj. zu dem vorigen,
vgl. halsstarrig theil 4, 2, 267 : starrhalsig oder haubtheldig,
das den kopff auff die achszlen heldet. obstipus. Dasy-
PODius; starrhalsig, tetanicus. ebenda; wann ain unge-
horsamber und etwan starrhälsiger, — wie es bei jetziger
weltzeit gibt, — vermig seinen verbrechen billicher weis
von denen gewalthaberen oder gemain und ausschusz
gepfändet wirt. tirol. iceisth. 2, 332» anm.; beschäche aber
die bezahlung aufgelegter massen noch nit. so sollen
die alten dorfpürgen mit hilf der gmain dieselbigen stär-
hälsigen gmainsleut nit allain umb das pfant, . . . sonder
umb noch sovil mer, damit sie die gemainen diener be-
zahlen mögen, pfenten. 3, 280, 14.
STARRHAXS, m. scherzende, spottende bezeichnung eines
halsstarrigen menschen • starrhans, pertinax, stipes, truncus,
caudex. Stieler 766; starrhals, giouan capranico, eioi
huomo ostinato. Kram er dict. 2 (1702), 911».
STARRHART, adj. sehr hart, steinhart: starrhert, rigi-
dtts. M.\aler 384'^; starrhert eychen, eysenmässig, rigidae
querctis. ebenda; das maul, welches die grausame kälte
gantz starrhart zugefrört hatte. Simpl. 2, ll (2, l, 2).
STARRHEIT, /. zustand des starrseins: Starrheit, per-
tinacia, pervicacia. Stieler 2122; Starrheit, rigidezza,
rigore, intirizzamento, durezza. met. ostinatezza, ostinatione,
caparbieta. Kramer dict. 2 (1702), 911'».
1) im, eigentlichen sinne, entsprechend starr l sp. 911/.
o) Starrheit der glieder. Campe, als zustand des gesteins:
die eidechsen haben mir erzählt, es gehe eine sage unter
den steinen, dasz gott einst stein werden wolle, um
sie aus ihrer Starrheit zu erlösen. Heine 5, 379 Elster
{stadt Lurca l) ;
alles gestein . . .
legte die hart' allmählich nun ab, and die trotzende Starrheit.
Voss Ovid 1, 34.
m,it beztig auf ein allmählich in die höhe wachsendes stein-
denkmal ■ j^j^^ ^^^f^ ^^^ ^jg narrheit,
die ihn selbst und andre quälet,
zu des runden haufens Starrheit. Göthk 47, 227.
5) als zustand der erde: der grad der Starrheit (dichtig-
keit), welchen die erde erlangt hat. A. v. Humboldt
kosmos 1, 178.
c) Starrheit des anges, des blickes (Campe): sein blick
nahm jetzt eine eigenthümliche Starrheit an. Hesekiel
Nürnberger tand 1,1%;
ihn {Halevy) erkannt' ich an der bleichen
und gedankenstolzen stirne,
an der äugen süszer Starrheit —
sahn mich an so schmerzlich forschend.
Heine 1, 438 EUter {hebr. melodien).
d) Starrheit der züge:
entsetzlich
war die Starrheit und die blässe
dieser strengen edlen züge.
2, 395 {Atta Troa 19).
2) übertragen.
a) als lähmender zustand des getnüts, der stele: nur der
gedanke, dasz ich mich jetzt unauflöslich mit Leodegar
vereinigt habe und keine schranke mehr meinem glücke
im wege stehe, löste die Starrheit der seele, dasz mein
blut wieder etwas leben gewann. Keller?, 316 {Sinn-
gedicht 13); als die beiden verschwunden waren, kam Jörn
Uhl aus seiner Starrheit. Frenssen Jörn Uhl 372.
b) vrie unten starrsinnigkeit halsstarrigkeit , eigensinn,
widerwilligkeit, stöirigkeit, vgl. auch starr 2 ff. sp. 913/. .- und
als Erdmute bestritt, dasz der vater den ehrenschmuck
verkauft, stampfte Gottfried auf den boden ob dieser
Starrheit. Auerbach er 2, 219. sinn, tcelcher bei den augen-
blicklichen Verhältnissen beharren will, sich auch gegen fort-
schrittlielie änderungen sträubt, vgl. starren I, 1,^ sp. 920:
die konzessionen, die dort {in England) den liberalen
ideen gemacht worden, sind dieser mittelalterlichen starr-
927
STARRIG
STARRIGE — STARRKOPF
928
heit nur mühsam abgekämpft worden. Heine 3, 497 Eistet-
{engl, fragm. ll); sie {die protestantischen gymnasien) litten
daher allerdings jetzt an einer, fast nur für künftige Pro-
fessoren oder theologen berechneten philologischen Starr-
heit. EiCHENDORFF 22,21 Koch {erlebtes \); die von der
öffentlichen meinung wenig gebilligte Starrheit bischöf-
licher Orthodoxie. Hase kirchengeschichte 430; die starr
heit dieses Volkes in sitten und anschauungen. Keller
nachl. 239;
so gethan ist diese zeit,
dasz die Weisheit büszt die Starrheit
ihres kopfes, wenn sie nicht
gehn will in den dienst der narrheit.
RÜCKERT (1882) 11, 527 (39. nioifc.);
( peraontficiert .)
in tiefe sklaverey lag ich gebunden
und mir gefiel der Starrheit eigensinn ;
ein jedes licht der freiheit war verschwunden,
die fesseln selbst sie schienen mir gewinn.
GÖTHB 13, 265 {Epimenides' envachen 1, 1).
STARRIG, STARRICHT, adj. von der eigenschaß des
starrens, mhd. starric: starrig, starrisch, rigidus,
ferrexis, praefractus, austerus, pertinax. Stieler 2122;
starricht, rigidiis. Steinbach 2,686; starrig, starricht,
rigido, ritto, intirizzato. Kramer dict. 2 (1702), 911'' ; starrig
ein im oberdeutschen für starr übliches wort. Adelung.
eine tceiterbildtmg starrechtig, tetanicus. Dasypodius.
mundartlitli starig {7iebe7iq,'si&ri^) steif, starrend. Hunziker
aarg. wb. 251. mit umlaut in süddeidschen dialekten • stärrig,
steif, starr. Tobler appenz. spraclisch. 406. so in dem sprich-
xoort: glauba macht sälig, sterba macht stärrig. ebenda.
zugleich viit bedeutungsabgrenzung gegen störrig, störrisch :
stärrig starr im physischen sinne, dagegen störrig im mora-
lischen. SciiMiD Schwab, wb. 507. eine form stärrisch:
es begiebet sich offte bey solchen personen, die den star
überkommen sollen, das dieselbige starmateria so grob,
dicke und stärrisch ist, das man sie durchaus nicht
zerteilen noch verhindern kann. Bartisch augendienst
(1583) 56.
l) in eigentliche^' bedeutung:
a) erstarrt: starriger hals, starriger arm, starriges glied,
collo. braccio, membro intirizzato, assiderato, incordato.
Kramer rfic^ 2 (1702), 911''; starriger hals. Adelung. Campe;
der saame mit öl vermischt ist gut wider den krampff,
darvon der hals starrig wird. Tabernaemontanus 1222C.
stärrig von einem leichnam. Schmid schwäb. wb. 507; von
einem mit der starrsucht befallenen kranken, ebenda.
b) emporstiegen d, in die höhe stellend: stärrig icird ge-
braucht von eifiem starr aufrecht stehenden, sich nicht
beioegenden menschen ; von dem steifen stengel einer pflanze.
Schmid schwäb. icb. 507; starriges mannsglied, cazzo ritto,
rigido, duro. Khameii dict. 2 (1702), 911'' ; er {der büffel)
hat eine rauhe, doch breite stirn, daran oben bey den
bSmeren etwas krausen starri^en haars ist. Gesneh-
FORER thierbuch 31».
e) starr, stier blickend, vom äuge; vgl. auch oben den
beleg aus Bartisch augendienst; sehen starrecht, und
jmer an ein ort. Dffenbach neties roszbuch 2 (1603), 8;
er hat sie gar starricht angesehen. Wit/.enbürger 3, 53;
sondern mein äugen stärrig nieder
nach der erdt schlagen.
Glaser phatma Fritchl. 4, 1.
S) getoöhnlich aber in übertragenem sinne, anstatt des
heute gebräuchlichen halsstarrig theil 4, 2, 267 ; als simpl.
sonst heute aussehlieszlich störrig, störrisch {s. u.) gebraucht .-
hart, rauch, starrig, met. rigosus. Dasypodius; stärrig,
als halsstarrig, hartneckig, obstini, opiniastre, ostinato,
capriceioso. Hui.sius (I6I6) 806''; starrig, köpffig, ostina,
raparbio di sua testa, capriceioso. (1618)288*; stärrig, ob-
etinatus, opiniastre. Sciiottf.l 1421; ein starriger köpf,
ein starriger teufelskopf, testa incordata, ostitiata, in
flessibiU, saldo testa dura eome quella del diavoh. Krahp.r
die/, a (1702). 911**; auf seinem starrtgen köpf bestehen.
ebenda; starrichtc köpfe, eapita rigida. Stf.iniiacii 8, 6ms;
■tarriger sinn. Adelung. Campe; noch im susammenhang
mit t: nam vetus noster Adam ist ein stärrig faul ding
ut «i einem ein bein star et cordakalt, schlefTorig. Lutiikm
n, 796, 10 Weim.ausg.; darüber sie so starrig, hart und
Tentockt werden, da« man meinet, es tey unmUglich,
•inen Tttroken *a bekeren. 4, 4M*; also haben wyr hie,
wie die sunde den menschen starrig, unempfindlich,
schlecht gantz tod macht. 19, 210, 25 Weim. ausg. ; wo der
(Paulus) tzu starrigen Juden kam. 10^28,20 Weim. ausg.;
und sehe gerne, das jr dem teufel zwo kertzen antzündet,
denn solchs bringet euch deste grössern glimpff, und
dem starrigen kopff grössern unglimpff und Unfall. 5, 508»>;
solchs will ich gesagt haben, wider die unbusfertigen,
starrige feinde und Verfolger des worts Christi. 4, 473*;
ich hab mehr denn du in bulschafft erfahren, diese grawe
haar, die du sihest, haben viel erlidten in solchen Sachen,
aber einen solchen starrigen, unbeweglichen, als du bist,
habe ich nie befunden, bucfi der liebe 212»; wir können
ihn nicht bereden, denn sie hat jhm viel ehr und gutes
bewiesen, aber der starrige esel und narr schlaget ihr
alles ab, was sie an jhn begeret. 212«'; dann, fasset si
{die frau) ein mal was in den köpf, so bleibet si in ihrer
hartnäkkigkeit so starricht, das jhr di gantze weit den
wahn aus dem gchirne . . . nicht bringen kan. Butschky
hochd. kanzelley 561; was starrestu da, du starrichter
teufel? quid adstas, ob.stupida? Stieler 2122; ein unbieg-
samer, — ein Zögling, ein unfügsamer, — ein schreibe-
kiel, ein knarriger — und scharriger, — ein störriger
bursch' und starriger, — starrsinniger, trotzköpfiger, hart-
näckiger, halsstarriger. Rückert (1882) 11, 449 (30. mafc.);
bey dieser tummen zeit hat seinen besten nutz
der bauem starrig grob, der krieger toller trotz.
Logau 1, 5 (105), 38 (genieszherren dieser zeit).
Steigerung durch allitter. Verbindung steif und starrig:
die ketzer sind steyff und starrig auff yhrer lehre. Luther
19, 586, 2 Weim. ausg. ; (es) kommet euch recht spöttisch
für, weil sie {die Zeitungsschreiber) auff erden in ihren
handelungen so schlüpfferig und in jhrem sinn so steiff
und starricht gewesen, sich jetzund auff tausenderley
manieren müssen biegen und schmiegen, trucken und
trillen lassen. Philander i,50l.
STARRIGE, /. zu dem vorigen : starrige des hals, oder
krümme auff eyn seilte, tetanus. Dasypodius.
STARRIGKEIT, /. zu dem vorigen, wie Starrheit {s. oben)
«w starr: starrigkeyt, rauhe, »•tj^irfiYoÄ. Dasypodius; starrig-
keit, steifte des gemüts, obstinatio. ebentla; starrigkeit,
ostinatione. Hulsius (I6I8) 238*; die starrigkeit oder steiffig-
keit, roideur. Duez le vray guidon (1657) 219; starrigkeit,
rigidezza, rigore, intirizzamento, durezza, met. ostinatezza,
ostinatione, caparbieta. Krämer rfici. 2 (1702), 9ll'>; starrig-
keit, rigor. Steinbacii 2,686. Campe, besonders in der
Zusammensetzung halsstarrigkeit, theü 4, 2, 268: er {der saß
des liebstöckel-s) ist gut eingenommen . . . wider den krampff
und starrigkeit des halss, wann einem das haupt hinter
sich gezogen wird. Tabernaemont. 2loD.
STARRIGLICH, adv. zu starrig: starriglich, ostinata-
mente. Hulsius (I6I8) 238*.
STARRISCH, STÄRRISCH, adj., s. unter starrig.
STARRIOT, m. ein lotsendienst thuender schiffer: vier
starioth und ain plötentiehrer, so den fünften starioth ver-
tritt, rechnutig um bei Sciim.^ 2, 776; starrioten, 'sdiiffer.
die dem baierischen amte veipflichtet .tind , und dem für-
fahren zur atismarkung der besten Stromrinne . . . behilf-
lich seiti müsseti'. ebenda, mit Schmki.ler musz tcol tu
sammenhang mit ital. stradare 'den xceg iceisen' angenommen
werden, vgl. auch ital. scargitore 'geleitsmann'.
STARRKALT, adj. sehr kalt, so dost alles leben erstarrt:
starrkalt sein, rigeregelu. Maaler 884*'; starrkalter wintcr,
bruma rigens. ebenda, vgl. starr 1, 1, c sp. 918 und starren
1, 1, a sp. 918.
STAHHKÄLTE, /. 21« dem vorigen: grosse kette dnrah
einer gestarret, rigor. Maai.ek .SM4''. *
STARRKNOCHKN. m. nach Campe beteiehnung des
Schwanzbeines, vgl. oben starrbein.
STARRKOPF, m. starrer köpf, dar sieh nicht beugen
lästt, entsprechend oben starrhals, unten starrnurkcn, gr
wohnlich im iib«rtra{feHen sinne von einem unnaehgiehigm
gebraucht.
1) einen starricopf haben. Adrluno. Campk. dann
auch: du liast uns einen wackorn starrkopff mllbrnolit,
jtercontuma.r huc reiiiisti, l'amphilr. CoRViNU« fons latm.
ßU6*; und IKgo im inondonlnngon kämpf vor diotier feste,
um den alten Starrkopf an dicHom armen feinen zu /.er-
8tosr.cn. KiKNKR 8,171; t^^ • wollt ich doch lieber Italien
929 STARRKÖPFCHEN— STARRKRAMPF
vom Atlantermeer abreissen, als diesen Starrkopf von
seinem wahn. Schiller 3,158 (Fieslco ö, 16);
wilder frevel ist es wehrt, dasz ihn drath und geissei schwäche,
und die boszheit braucht gewalt, dasz man jhr den Starrkopf
breche. Günther 863.
2) dann auch kurzerhand benennung eines starrsinnigen
menschen selbst: Starrkopf, pervicax, contumax. Stieler
1012; ein rechter Starrkopf, testa ostinata 6 cajparbia.
Kramer dict. 2 (1702), 911''; Starrkopf, homo obstinatus,
contumax. Frisch 2, 320'=; ein Starrkopf sein. Adelung.
Campe; die eigensinnige, hartnäckige starköpfTe giengen
beyseits hin, wie sehr wir jhnen auch nachschryen. Phi-
lander 1, 359; die Josephs brüder waren böse hüben, lose
Schelmen, wildfänge, spötter, Starrköpfe. Simpl. 2, 500; alle
weit sagte, es wäre unmüglich {die berge zu ersteigen), die
Soldaten würden nur aufgeopffert, . . . aber der Starrkopf
fragte nichts darnach, wir musten fort. Weise erina/re/i 40
neudr. ; Luther , du ! — groszer verkannter mann ! und
von niemanden mehr verkannt als von den kurzsichtigen
Starrköpfen , die , deine pantoffel in der band , den von
dir gebahnten weg schreyend aber gleichgültig daher
schlendern! Lessing lO, I3l; doctor Baldrian .., ein kalter
spötter und Starrkopf, der sich nichts eindisputiren läszt,
und andern alles abdisputiren will. Mlsäus physiogn.
reisen 1, 63; diesen hochmüthigen Starrkopf auf bessere
gedanken zu führen, ehe eines weibes 130; unglückseliger
Starrkopf vielleicht sehen wir uns niemals wieder. Lenz
1, 226 {freunde tnachen den philos. 1, 5); o dasz diese Starr-
köpfe durch gegengründe nur noch starrer werden. Leise-
witz Julius van Tarenf 49 (2,4) neudr.;
sein pfarrer las ihm oft den text,
mit vielem ernst darüber.
was halfs ? Narcisz, der Starrkopf, blieb
bei seinen sieben sinnen. Hölty 6 HcUm.
von einer Charaktereigenschaft :
da seht mir nun den Starrkopf an, die laune!
GÖKINGK 1, 181.
3) Starrkopf, eine benennung des pochkäfers, anobiumper-
tinax. haudschriftl. mittheüung Hofpmanns V. Fallers-
leben.
STARRKÖPFCHEN, «.. deminut. zu dem vorigen; be-
sonders in liebensiciirdiger form, mit btziig auf frauen -.
aber die republik ist eine eigensinnige dame. sie werden
sehen, Walther, dasz sie auf ihrem starrköpfchen be-
harren wird. Wieland 31,332 {^espräche unter vier atigen 8).
'■gl. Starrkopf i.
STARRKÖPFIG, adj. mit einem Starrkopf ausgestattet:
staTiköp f isch, rigidus. obstinatus. Stieler 1012; starr-
köpfisch, ostinato, perfidioso, renitente. Kramer dict.
2 (1702), gii**; starrköpfig seyn. Adelung, denn weil sie
{die tochter) verteuffeit starrköpfigt ist, so will sie den-
jenigen nicht zum mann haben, den ich ihr geben will.
thichsmundi 80; so hartnäckig und starrköpfisch war
diessmal der geist, eh er sich wollte sehen lassen. Klop-
STOCK 12,379 {gelehrtenrepublik); harte stark angestrengte
arbeit den menschen leicht starrköpfig und unnachgiebig
macht. Pestalozzi 12, 491; das einzige kind des starr-
köpfigsten republikaners ! Schiller 3,20 {Fiesko l,b).
STARRKÖPFIGKEIT, /. zustand, eigenschaft des starr-
köpfig seins. Campe.
STARRKÖPFIN, /. zu Starrkopf 2: meine leiden sind
weder die leiden einer jungen närrinn, pietistinn, starr-
köpfinn, schwärmerinn, noch die leiden einer vernunft-
losen. Stockmann Wertherinn 7.
STARRKRAMPF, m. krampf, von erstarrungsersehei-
nungen begleitet: ein buchhalter wird vom Starrkrampf
befallen, man hält ihn für todt und er erwacht erst, als
er bereits im sarge fortgetragen wird. Hebuel tagebuch
* (». 308), 6151, 35; Marie erwachte von dem Starrkrampf, der
sie zwölf stunden lang ihrer ganzen Umgebung hatte tot
erscheinen lassen. Ludwig 2, 597 (Afaria); i</^3, 539; ein
Starrkrampf geht schon vorüber, aber das kleine herz
schlug so stark nachher. Alexis hosen 207; leiche von
silbergraaer schlänge darum {um den stab) gewunden,
gebrochen im Starrkrampf des todes. Keller 5, 108 i^miaz-
brauchte liebest/riefe). gern als Vergleichserscheinung: aber
eine dunkle angst drängt dem ström entgegen und hält
die muskeln wie im Starrkrämpfe fest. Ludwig l, 321
(jeicisc/ten himmel und erde); es war nicht, als schlummerte
X. 2.
STARRLEINWAND — STARRSINN
930
die natur, sondern als läge sie im Starrkrampf und sähe,
wie die schwarzen wölken als leichenmänner, schon an-
stalten machten sie zu begraben, und sie ränge vergebens
nach einem hilferuf, nach einer bewegung. 2, 101 {Heite-
rethei). in xceiterer tomposition starrkrampfbehaftet,
adj.: besonders ein starrkrampfbehafteter knabe ist vor-
trefflich gezeichnet. Heine 4, 47 {salon l, französische
maier).
STARRLEIN WAND, /. steife leinwand: starrleinwand,
tela distesa, bucherame. Krau er dict. 2 (1702), gil*"; starr-
leinwand Aüelung.
STARRLICH, adj.. tirol. steif, starr: starrlich, starrli'
Schöpf 700.
STARRNACKEN, m. der sich nicht beugen leiU, tcie
oben starrhals , Starrkopf: die alten übermütigen starr-
nacken mus man par force beugen. Bürger an Boje
d. 7. nov. 1778 (2, 319 Strodtmann).
STARRNACKIG, adj. zu dem vorigen, mit der eigen-
schaft des Starrnackens, nach art des starmackens: und
ungebrochen erhielt sich neben diesen unglücklichen an-
fangen {der bekehrung zum christenthum) der alte glaube
in starrnackiger kraft. Lamprecht deutsche gesch. l, 347.
STARRNIS, /. , entsprechend wildnis gebildet, zustand
des starrens: ein Eden, . . . das heute versteinert und in
starrnis versunken ist. Rosegger waldschulm. 86. dann
auch von einer örtlichkeit: wenn diese Sommerfrischler
sich einen besonderen festtag machen wollen, so streben
sie auf der starrnis weiter, über die zerrissenen gletscher.
sündergl. 238.
STARROFFEN, adj vom äuge. weit, wie zum starren
geöffnet: j-jugs lagen die toten, die zttge verzerrt,
starroffenen augs. Leuthold jred.* 302;
sie horchte gespannt,
vom blick des starroffenen auges gebannt,
das niemals sich schlosz
und niemals der gäbe des schlafes genosz. 286.
STARRSCHÄDEL, m., dasselbe wie oben Starrkopf, als
«jrenjiameStarschedel. MELTZERAt«foria<ScA/»€e6€r^e/>*i«366.
STARRSINN, m. »torrer, unbeugsamer, liarter sinn: Starr-
sinn, testa ostinata 0 caparbia. Kramer dict. 2 (1702), 911'*.
wahrscheinlich . . , dasz seine Weissagungen nicht so ganz
unerfüllt bleiben werden, als es mein Starrsinn des vorigen
monats gegen ihn behauptete. Thümmel reise 2,2b; der
gouverneur . . . stehe doch im rufe unbegrenzten eigen-
willens , zaumloser heftigkeit und ehernen Starrsinns.
Göthe 26, 370 jubiläumsausg. {ital. reise 13. mai 1787); auf
diesem wege {des gereizticerdens) wird bosheit leicht ge-
fährliche feigheit, und rechtschaffenheit leicht starr- und
steifsinn. Klinger 7, 51 {Faust der Morgenländer); in
leidenschaft und Starrsinn versunken. Iffland mann v.
toorti,'!; geschäfte, deren frucht und lohn ihm die Un-
dankbarkeit und der Starrsinn der bürger entreisze. Arnim
3,463 {kronenicächter 3,1); sein Starrsinn läszt dies nicht
zu. C.\mpe; jemandem den Starrsinn brechen, ebenda;
auf ihrer {der feinen lebemari) höchsten stufe,
wie auf der niedrigsten herrscht . . .
... ein Starrsinn, wie man ihn bey knaben
nur durch die ruthe bricht.
GOTTBR 1, 1% {der reuende virtuote).
mit loeiterer bestimmung: ich kenne seinen hasz, seinen
eisernen Starrsinn. Klinger l, 16 {zicillinge 1, 2); zur
bloszen befriedigung seines rasenden Starrsinns. Kleist
3, -204 E. Schmidt {Kohlhaas) ; erst durch römischen Starr-
sinn sei Luther, der anfangs nur gegen einen miszbrauch
der kirche geeifert, dahin getrieben worden, die ganze
kirchenautorität in ihrer spitze anzugreifen. Heine 4, 184
Elster {religion und philos. in Deutschland l); bliebest
du weg, er legte dir's als hugenottischen Starrsinn aus.
C. F. Meyer novellen l,9l {amulet);
du nur trägst im busen ein herz von unreizbarem Starrsinn.
Voss Odyttee 10, 329 ;
wol kein anderes weih wird so ausdauernden Starrsinns
von dem gemahl abstehn. 83, 100.
personificiert :
stirb als thor, des Starrsinns opferthier!
Wieland 23, 270 {Oheron 12, 38).
als bezeichnung einer person selb.tt: da gehst du nun hin,
du Starrsinn der weit, du stählernes herz, du eherner
arm. Tieck don ^ixote^ 2, 169 (8,5).
5y
931
STARRSINNIG— STARRWERDEN
STARRWILLE — ST AT
932
STARRSINNIG, adj. zu <Um vorige^i: starrsinnig, rigi-
dus. Stieler 2032; starrsinnig, oatinato, perßdioso, reni-
tent. Kramer dicf. 2 (1702), 911*'; starrsinnig sein Campe.
seine seltsame, dem anschein nach fast eingeschüchterte,
wenigstens starrsinnige enthaltung alles eignen angriffs.
Kl.e\st 3, HO E. Schmidt (iler Zweikampf); die starrsinnigen
freunde des alten sich auch den leisesten Verbesserungen
dessen, was veraltet war, widersetzten. Schlosser weit-
geach. 10, 237; Fichte, der starrsinnige mann, wie sich von
selbst versteht, wollte dieser eignen groszen Umwandlung
niemals eingeständig sein. Heine 4,282 Elfter (religion u.
philos. in Deutschland Z); M. Calpurnius Bibulus, einer der
zähesten und starrsinnigsten oligarchen. Hertzberg in
Grotes allgem. weltgesch. 3,308. adverbial.: nun hat man
aber nie von uns sagen können, dasz wir starrsinnig
auf Irrtum und miszverständnisz beharrt seien! Keller
6,332 {fühnlsin der sieben aufrechten);
hast du vergessen, wie er deinen Deiphobus,
des todtgekänipften Paris bruder, unerhört
verstümmelte, der starrsinnig wittwe dich erstritt
und glücklich kebs'te. Götiie 41, 204 (^Faust II).
STARRSTEIF, adj. bis ztir erstarrung steif, ganz steif:
dasz man den schmutzglitzenden und purpelschwitzigen
nacken und hals muszt vor den Icuten decken: fürnem-
lich wan er so starensteiff vom holtzligen war worden.
Garg. 172 neudr. ; er bewägte di ädern , di seine star-
steifTen äugen gleichsam wi eine unruhe widerüm treiben
machten. Zesen adr. Rosemund 37 neudr.
STARRSUCHT, /. lühmung der glieder, so dasz sie starr
und unbeweglich werden. Adelung: er war wie ein mensch,
der an der starrsucht krank liegt; der sieht und hört,
als sähe und hörte er nicht, und empfindet keinen andern
schmerz, als den schmerz des daseyns und dieses furcht-
baren zustandes eines Scheinlebens und Scheintodes.
AuRBACHEH volksbüchlein 1, 11.
STARRSÜCHTIG, adj. zum vorigen, mit der starrsucht
behaftet, zur starrsucht neigend: {Vorstellungen,) deren
man sich im wachen nicht erinnert, woraus aber gar
nicht folgt, dasz sie im schlafe nicht sollten mit bewuszt-
sein klar gewesen sein; wie in dem exempel des herrn
Sauvage von der starrsüchtigen person. Kant 1,82.
STARRTOT, adj. eigentlich 'tot, schon bis ztir erstarrung
{der leiche)', dann überJiaupt 'ganz tot. mausetot': starr-
todt, rigide mortuus. internecioni datxis. obtruncatus.
Stieler 2292; starrtodt, rigido ö disteso morto. cioe morto
affatto. Kramer dict. 2 (1702), 911*'; starrtodt daligen, stare
disteso morto. ebenda; als sie siegend und stoltziglich
nach hause kehren wolten, fället ein ziegel von dem
dach , und schlaget von den dreyen einen starrtodt dar-
nieder. Prätorius glückstopf 172; ergreifft eine holzaxt
und schlägt den baren starrtodt. Chr. Lehmann merk-
icürdigkeiten in dem meisznischen Ober Erzgebirge (1699) 761,
vgl. GöPFERT in zeitschr. f. hochd. mundarten 1,62.
STARRUNG, /. Vorgang, zustand des starr aeins. ge-
braucht aowol im eigentlichen wie im übertragenen ainne:
st&rrung der spannaderen, rigor nervortim. Maalefi 384'';
staming, roideur, oatinatione. incordamento, il diatendersi,
eome difreddo. Hulsius (1616)806''; alle coagulationes oder
starrungen. Pahacelsus opp. l (1616), 927 A; starrung, per
tinacia, pervicacia. Stieler 2122; starrung des männlichen
glieds, rittura. Jurezza. auperbia del Tnembro virile; it. di-
fetto naturale detto priapiamo 6 aatiriase. Kram er dict.
8 (1702), 911''; starrung, rigor, rigitaa (»o in gichtstarrung).
Stein iiAcii 2,68«.
STARRVERWANUT, adj. vom blick, ganz unverwandt:
die einfalt hOrt ihm zu, mit slarrverwandten blicken,
mit gierif ofnem mund, und beyrallsreicben nicken.
Le«8Ino t, 188 (reliiiion, fragm.).
STARR VOLL, adj. voU bi» tum starren {vgl. starren 1, 2, d. a
ap. Ml): fttarrroll, pieno ö eolmo ä atare disteao i rilto.
Kiiamkr dict. 8 (1702), 911"; als nun diese fraw den lunlcr
beygeleget, und jhr Herrischer Nabal seines schluin-
pampens auszwartet, und sich blind und starvoll an-
seafn. MATHRSit'S(fe^ro/u>i(/ürDs'>; ein starnroiler bauch,
una paneia piena ä atar diaieaa, eioi ripiena di eibo.
Kmamkii a. a. o.
STAHHWKHDKN. n.: {at^f der atraau.) wo der pfarr-
knecht . . . durch hauchen und blasen seine halbvcr-
klammten finger vor dem völligen starrwerden zu schützen
suchte. FoNi ANE vor dem aturm l, 144.
STARR WILLE, ?n. starrer, harter, unbeugsamer tcille
{vgl. starr I, 2 sp. 913): Irrtum dieses autokratischen starr-
willens, dieses unheilvollen eigcnsinns. Heine 6, 386 Elster
{Lutezia 2, 58).
START,/, ioache. anstatt schart theil S, sp. 2222, aita
ital. scorta {franz. escorle).
1) concret, die Wachmannschaft: an dem ort mit vielen,
an jenem ort mit so vielen pferden, da die start oder
die schiltwacht. Fronshergek kriegsbuch l, 9,5»; er {der
Oberst) soll sich auch befleissen, durch etliche geringe
reisigen alle bühel und höhen, so in der neben seind,
einzunemmen, darab man der feind haufTen eigentlich
sehen, und was jr fürnemmen ist, merckcn mag, damit
der Oberst für und für von denselbigen starten sein be-
richt und erfahrung haben möge , wie sich die feindt
halten, wann und wie sie ziehen. 134»; zwischen dem
essen bestellt er die ämpter, die hohen gefeil und com-
missionen, die musterung, die ober unnd unterwachten,
hut , statthalten , starten , forderst und hinderst unter-
halten, schilt und scharwachten. Garg. 316 neudr.
2) abstract. das ivachen: die losung . . . den reutern, so
wachen oder start halten sollen, zu geben, jhnen auch
bescheid und Unterweisung wisz zu geben, wie sie sich
auf der wacht und start halten sollen. Fronsperger
knegsbuch l, 95».
STARTMEISTER, m. vorgesetzter einer icache {a. daa
vorige): Mutscheller als zalniaister, Ulrich Ochs wald-
maister, Andr. Schaffer zewgwart und St. Moser start-
niaister. Urkunden Maxim. 221.
STARZ, m.. s. sterz.
STARZEN, verb., s. sterzen.
STAS, l) m., loird in älterer spräche zuweilen für stosz
geschrieben, vgl. das. {so z. b. fastn. sp. 993, 36). ebenso jetzt
unterfränk. stass. Ruckert 175. {ebenso stassen für
stoszen, im reim auf über die massen. Wickram 4, 30
Bolfe, losbuch v. 799.)
2) preusz. Stäs, vorname. aus Stanislaus. Frischbier
2,363»'.
3) als adv. in Glarua. heftig. Stalüer 2,392.
STAT, m., auch stath, staht, stadt, häufge ältre Schrei-
bung für Staat, s. das., sp. 270ff. nachtrüge zu den be-
legen ; zu 1. a, a :
o Beel sich an hie unsem staht.
S. BiECK Beel (1639) C &>.
so auch (?):
besunder von dem bösen staut,
des dort der türkisch kayser pfli^.
Herm. V. bACMSBNHEiM mörin 6292.
zul,a,ß: darumb sol einer dargegen gedencken dz so
fil er me gnaden hat, dz er so fil in einem verfarlichren
stat ist, und gröszrer verdamnisz warten mflsz sein, ist
es dz er die götlichen gnaden nit recht braucht. Keisers-
BEiiG helli.<tch low e 3" (56). zu i, a, y : der do leben will in
keüscheit auszerthalb der ee, dem gibt der feind in, es
sey zö 111 verfarlich auszerthalb der ee leben, und haltet
im für wie ein fein ding es sey eelicher .stat. c4»(2:>").
«« l,a.F, atand: der bösze feind würckt, dz ein mönscii
der sich in einen stat ergeben hat, warnem aller ge
brcsten und unkummlicheiten, die der selb stat in im
hat. wann es ist gewisz das ein {etlicher stat in im
hatt eigne und besundre gebresten. ebenda; warumb bin
ich nit noch in meinem alten stath! Wickram 8, 307, 8
Bolte {goldtf. c. 16); hastu mich armseligen jUngling nit
ausz nidcrem stath gleich in meiner kindtheyt zö einem
tuten anfang gebracht, do mein, nachdem ich eines
Armisten hirten son was, gantz herrlich gepflegen w>^r<l
870,16 (c. 40);
0 van Coeln« ir aide (ealachte,
. . . danket fode aller eren :
want die ach woulden unteren,
die halt hie (edrurkot
ind uch upirorucket
weder in uren alden atait.
il. tUUUfchron. 12, 867 {weverüaicht VX^ ;
dabaim in miner horrcn land
da bond vll fnmlen hnhon «taut.
HBRM. V. 8a( IISRNIIKIM mur.
darumb daa man in est und trcnckt
uud klayder geb naoh eyiietu staut. 4671 ,
w
933
STAT
STÄT— STATER
934
sind benüegi? in ttwerem einfaltigen statt.
RuFF Euer Heini vortp. 539 ;
spriehtcörüich :
je hoher statt,
je grösser ansehen das laster hat. Pktri Ji 8».
im gen. .- das ain yeder so dem andern widerwertig were
. . . yeden hoch oder niders Stands mit der unwarhait
hinderrucks . . . möchte sehenden unnd lestern . . . und
were also dehain biderb mensch ainichs stats von sol-
hchen leichtvertigen hinderrücklingen klaffem seiner
eern ... sicher. Joh. Rf.uchlin au^erwp. l»; so -würd
fürterhin kain biderb man, was stats er were, vor kainem
böszwicht seiner eern sicher. 41". mit synonymen atts-
drücken verbunden: also das nymand, weliches states,
wirdickeit, ambachts, ader landes her sey, nu furbasz
mer ennygerley ander saltz . . . verkouffen sol. pnvü. des
markgr. Friedrich v. Brandenb. f. Lüneb. v. l«l bei Grefe
der Lüneb. saline ausschlieszi. sahdebit (1849) beil. 53; dass
. . . niemand, welches Stands oder stats er sie, mit ge-
waltiger tat . . . wider iemand zehandlen gestattet. Ans-
HELM Berner chron. 2,3,3; femer: we dar wedder dede,
he were keiser konig edder in welker werdicheit edder
stat he gesät were. d.städtechron.'i.Sil,! {Magdeb. sclwppen-
chron. zu 1414); dz niemants sein stat und wesen gefall.
Keisersberg hellisch löte d 1* i,2ö); das er da bey nit über
seh die ding, wöliche er pflichtig und schuldig ist. es sey i
seiner personen, gelübd, states, oder ambtes halben.
aeelenpar. 98»; ich meyn nit von nöten sein, mein här-
kummen unnd wirdigen stot, in dem ich bin, zu erzölen.
Wickram 1,13,1 Bolte{Galmy c. 3,); also haben die, so
darzu verordnet, yederman einen yeden nach seinem
stath und wirdin zu tisch gesetzt. roUicagenb. 172, 4 Kurz
(c. 100). implur. mit und ohne tunlaut: zu Verachtung und
straff der narheyt . . . aller stät , und geschlecht der
menschen. S. Brant narrensch. vorr. (iiberschr.); ich weisz
dz man in allen stäten bösz und güttes findet, haltet
mein stat etwas böses ... in im, so hat er doch etwas
gutes in imm. Keisersberg hellisch löic d i» (25), s. ferner
unten, von bestimmten ständen .-
als dem {freunde) dasselbig wardt verkündt,
das der doctor gekoren wer
zum Cardinal, ein erosser herr,
jm zu wü»tschen da zu jm trat
glück, heyl zu solchem grossen stat.
B. Waldis Esop 2, 54, 10.
80 auch (zu 1, a, d'}:
der priester, imd der künicklich stadt
hondt beide gottes vicariadt.
Murner badenfahrt G 1*> (15, 54).
hierher vidi. atuA (?) : als sie nun . . . den rathsmeister,
die oberste stedte und worthaltende, und auch die meister
von Innungen und gemeinheit mit solcher ihrer listikeit
. . . nicht haben zu sich brengen können. Spittenuorff
493. — von der leiblichen beschaffenheit, Verfassung, com-
plexion: der rechtz leben haben wol, vernufft und lang-
leben, der nem sein selbs war, jeder man nach seinen
staten als dy vier complexion geordiniret sein von got.
huchemalitrey (1493) b 2* {dafür in der atisg. v. 1530 B 2*' :
yderman nach seinem stand) ; die unmessigkeit verderbt
leib, sei und gut gewonheit yedermansz nach seinen
statten, f 4» (l530: nach seinen stadten. F6» — hierlierf). —
zu3,a,b: uf ein mal was ein reicher man zuo armen
tagen kumen ... da er sein stat und wesen nit me halten
mocht . . . Pauli schimpf s. 300 Österley (c. 522); der ver-
dorben man fieng wider an ein herlich stat zöfüren.
d>enda {hier neutr.r); jm {dem 'profandtmeister') werden
gehalten diener zu seinem ampt . . . sonst wirt jm ein
ehrlicher staht gehalten. Fronsperger kriegsb. l(ibis),6i*'.
— s. auch d. idiotiken: HuNziKER 249 (städ). Seiler 277''
(stat, stad). Martin-Lif.nhart eis. tcb. 2,618*' ("st&t, t-ei-
einzelt 'slöt, \. staat, regierung [selten]; 2. putz, aufwand).
S«niÖPF 702 (stat, Staat; stand, orden, amt, würde). Mki-
8INGER Bappenauer mundart lao (staat). Gangler Luxem-
burger umgangsspr. 436 (stöt , plxir. st^t , haushaltung).
Elefmann 22* (aufwand, putz). Jecht 107''.
STAT, m. n., zuweiUn für stad, gestade, s. das., sp. 415 :
dasz es von nöthen sey, ein fräwlein jhm zu reichen,
die sich der ersten wol an Schönheit könte gleichen,
die man dem Proteo stell an des meeres stat (in Ufo al mare).
DiETR. V. D. Wbrder Ariott 8, 56, 3.
STÄT, adj. adv.. s. stet. — die form stat, fortsetzung
der mhd. form des adverbs stäte, z. th. auch regelmäszige
lautliche enttricklung axts staete {bezw. germ. *stediz).
herrscht in den südöstlichen mundarten, meist als adv.,
doch auch als adj. vencendet. schicäb. 'stset, stet, stat,
eigentlich beständig, dann: langsam, sachte, leise; an
'stAt-n machn, langsam tanzen; tu ''staet, übereile dich
nicht, halte ein! Frommans 1,242,28, tu und um Eich-
stätt staat ruhig, still, langsam, zeitschr. f. hd. mund
arten 3,80»; unterfränk. stat (mit breitem a) langsam.
RucKERT 175; tirol. stät, städ still, sacht, leise; über aucJi
noch a stät's diendl, a stäter bue (trett); in Passeier 'öfter'.
Schöpf 701, vgl. Frommanx 3,89 (helles ä aus »); kämt.
stät stm, ruhig. 5,254,64; ästen: st;it sachte, langsam,
stat gehen, stat seyn schiceigen, kein getöse machen. Höfer
3,173, oberösterr. stät stül. Frommann 2,92,48. 3,192,85,
niederösterr. sdäd sachte, leise. 392, 3,5, schdad stille, ruhig,
schweigsam, langsam und leise, geh schdad. C.\stelli
232, ebenso in Wien, z. b. sei stad, mit'n kriag is stad
worn, kutscher, fahr stad, auch im comp. : er ist aller-
weil stader worn, nacher is er g'sturbn. HCgel 164'';
nordböhm. stäte, langsam, sanft aufsteigend, sachte. From-
mann 5, 477, egerländ. stad stül, ruhig, langsam. Neu-
bauer 99, erzgeb. stäta, adv. fest, beständig. Göpfert
115»; oberlausitz. state gehen fest, steif. Anton 13. 6;
schles. stäte, adv. l) stets, beständig; 2) rasch, schnell.
Weinhold 93''. dazu noch altenb. statewag 'stetig hin'.
Pasch lOO. so auch .- staad, staat ruhig, stille; langsam;
bedächtlich, allmählich. Klein 2, 165 {als österr. fränk.
bair., dazu stat, österr., behutsam, sachte 169); stat {lang-
sam) und gewisz sind die besten schüsz. immer stat
voran, dasz Österreich nachkommen kann. Hetzel tcie
der Detitsche spricht. 298. stat atich ztuceilen in volks-
thümlicher, mtmdartlich gefärbter litteratur: beim berg-
steigen heiszt es: immer stat vorwärts und nie stehen
bleiben. Auerbach auf der höhe 3, 66 (5, c. 14); 'sei staad',
tröstete sie Joseph, 'sobald d' dich erholt hast, geh'n wir
wieder!' W. v. Hillern Geier-Wally'' li% (c. 9);
mä kimmt ja stad är (langsam auch) an weiden weg.
Hartmann-Abele {rolksschausp. s. 509, 762
weiknachtfsp. atu dem bair. uxüd, handtchr.
V. 1837).
STAT, für steht, 3. sing, zti stehn, s. das.
ST ATARI ALGERI CHT, n. ausnahmegericht für falle, tco
die gemeinsicherheit gefährdet ist. österr. staaticb. 2, 1303», vgl.
Standgericht, dazu statarialgerichtsbarkeit, statarialdelikt.
STATARISCH, adj.. in der spräche der schide statarische
lektüre im gegensatz ztir cursorischen, vericeilende lektüre
mit erklärtingen des lehrers ttnd häuslicher präparation
der schaler, s. Campe erg. -tcb. {unter cursorisch).
STÄTCHEN, n.. seltnes demimitiv zu staat, tcofür die
Schreibung stäätchen minder üblich: unsere kleinen stät-
chen kleidete das alles, wie Cäsars leben und thaten
einer {l. eine?) marionettenkomödie. Benzel-Sternau
bei Campe {tmter staat 2) ; und so gehe man die zahl-
losen fürstlichen paläste durch, die zu jener zeit in allen
Staaten und stäätchen unseres Vaterlandes entstanden
— einer gleicht genau dem andern. Philippson in Grotes
allgem. tceltgesch. 8, 446 (1887).
STÄTE, /.. s. stete.
STÄTEN, verb.. s. steten tnui statten.
STATER, m., gr. münzbezeichming {meistens goldmünze);
im neuen test. einmal von einer silbermünze (= 4 dradimen,
für das hebr. seqel , gr. aixXos, s. säckel 5, thed 8, 1619,
ttnd seckel, theU 10,1, «Hü) tmd hier von Luther beibe-
halten: wirff den angel, und den ersten fisch der aulTer
feret, den nim, und wenn du seinen mund auffthust,
wirstu einen stater finden. Matth. 17, 27 {dafür in den
früliem einzelausg. des fieuen test. zuerst: »ynen halben
gülden, später stater mit der randhem. • ist ein lot, wenn
es Silber ist, so machts ein halben gülden), so atich:
und unse here sede to Petro: nim den stater und gif ene
vor mi und di. Lappenberg Hamb. chron. 491 (St. Kempe
einf. der reform, zu Hamb.. zu 1526.) von da in einzelne
tcörterbücher übernommen : stater, . . . sieltia sanctttarii.
volare dimidii imperialis. stater argentetcs: güldner stater,
stater aureus autem est uncia auri. Stieler 2116. s. ferner
Campe erg.-tcb.
59*
935
STATHALTUNG — STATIG
STATIG
936
STÄTHALTUNG, /.. *. stethaltung.
STÄTIG, adj. beständig, s. stetig.
STÄTIG, adj. iciderapenstig . störrig. l) siätig ist eine
{getneingerm. .') adjectivbildung zu statt, zunächst mit dem
entsprechenden allgemeinen sinne 'auf der stelle verhat-rend' .
so altn. stodagr feststehend, unbetceglich, tciderstandsfähig,
erk/^rüZrt^.'CLEASBY-ViGFUSSON 602*. Fritzner'' 3, 592".
{dän. staedig %col aus dem, deutschen.) im engl, scheint ags.
stedig, sterilis. Boswoth-Toller 914* (seifen) und neu-
engl, steady hierher zu gehören, deren gegenseitiges Ver-
hältnis allerdings nicht deutlich ist. ahd. stetig feststehend,
als beiteort des pol^rstems:
Polönan ouh then stetigen.
Otfrid 5, 17, 31. (vgl. Adelung 2.)
hier also von dem {zwar wurzelverwandten, aber) anders
gebildeten st&tig (.■?. stetig) wenig verschieden; Graff ver-
einigt sogar (mit unrecht) die Schreibungen statig und stetig
unter einem, worte m.it der bedeutung 'stabilis', s. ß, 64«.
später ist dann im deutschen die specialisierung der be
detitung eingetreten, wodurch sich stätig deutlich von dem
andern stetig sondert {s. unten 3). .90 mhd. stetic, -ec.
Lexer handwb. 2,1184/.; mnl. stedich SchillerLübben
4,374*; mnl. stedich, -igh. jetzt im hell, zu steeg zu-
sammengezogen mit dem freieren sinne 'lialsstarrig, hart-
näckig', vgl. Franck 957 und Weigand 2,799. — dem
deutschen nachgebildet ist das lat. stativus equus im tcich-
bUd. Magdeb. art. 99. Brinckmann gloss. diplom. 2, 575*.
Du Gange 7, 588*.
2) das wort ist frühnhd. (16. jahrh.) sehr gewöhnlich,
dann tritt es zurück, um erst im 19. jahrh. wieder häufiger
zu werden, doch ist in neuerer zeit die parallele bildung
statisch geläufiger, im. 16. jahrh. ist die gewöhnlicJiste
Schreibung stettig(5o *eiKEiSERSBERG, Brant, Murner,
Wickram u. a.), doch ist daneben üblich stetig {bei
Luther, Sachs, Anshelm), stätig(ALBRECHT, Flschart,
Petr.), und stättig (Franck, Paracklsus). m der
neuem zeit wird aümäJdich stätig übericiegend, doch findet
sich auch stettig (stättig) bei süddeutschen (alem.) autoren
tcie Bräker, Gotthelf, Auerbach, von den Wörter
bücJiemhaben stettig: Maai.er, stetig: Corvinus, Eggers,
stätig: Dasypodius, Schottel, Adelung, städtig: Stein-
bach, stättig: Höfler; Krämer giebt: stetig, stätig,
Frisch: stettig, stättig, stätig {l. stätig). Campe: stätig,
oder stetig, zuweilen wird die Schreibung direct zur unter
ifcheidung der bedeutung benutzt, 'stätig icird von einem
fehlerhaften pferde gesagt, das nicht aus der stelle zu
bringen ist; allenfalls scherzhaft von. starrköpfigen menschen,
für beständig oder stet musz man stätig 7iicht gebrauchen.
ich wünsche stetiges Wohlergehen.' Heynatz Antibarb.
2, 442. — mundartlich ist das wort besonders, doch nicht
aussehlieszlich, im Süden: Schweiz, strtig Hunziker 254,
eis. und in Basel stettig. Martin-Lienhart 2, 619/. (stsetik,
st^tik, stfitik, stiti, st^ti/), vgl. Ch. Schmidt hist. wh.
340». Seiler 278»; bair. stetti Schm.* 2,798; tirol.kärnt.
8tö<i)tik Hintner 229. Lexer 248. femer oberhess. stätig
(schdi^richl Crecelius 805, thür. {Erfurt) stetig Hertel
apraehach. 235. auch nd. stedig brem. wb. 4, 1012 {jetzt
wcl überall durch -isch ersetzt oder ganz aufgegeben).
8) stätig wird seit mhd. zeit zunächst und eigentlich
von Pferden oder andern zugthieren gesagt, die nicht von
der steUe zu bringen sind: retractans, sive retrectans.
widerspännig, stätig hinder sich zaufend. Dasypodius
lat.germ. Mm 4»; stettig, der für unnd für sich saumpt
oder still stadt. restitator. Maaler 887''; strigare, . . .
stetig, meton. widerspenstig seyn. Corvinus fona. lat.
688*>; stetig, stätig, reatio. Krämer diet. i, 9fl^ ; städtig
ifldQ.) . . . eontumax. Stein dach 2, 866.
a) ao apeeiell von pferden: stätig, retrogradua. stätig
pferd. Schotte!, i4Si ; ein stätig pferd, eavallo reatio, it.
atallio. impaatoiato. Kram KR diet. 2, 967''; stettig, ntättig,
stätig, von pferden, die nicht voran gehen, sondern gleich
still stehen, wann sie voran sollen. Frisch «, 8«a»; sJctig,
rettf, ist ein widerspänstigAs pferd, welches nur rennen
will wohin es ihm beliebt, und wenn es ihm gefällt ; welche
Stetigkeit eines Ton d«n pöszten and gefährlichsten lästern
der pferde ist EoOBRR kritga-leac. >. lOOS; 'ein pferd ist
stätig. lomii <* «<«A«f» mll, da ea gehen aoUte. wenn man
ea nicht von dor ttdU bringen kann, ein stAtife« pferd.
in den gemeinen sprecharten statisch, nieders. stedisk,
holländ. stedig.' Adelung (l). ebenso nl. stedigh, steegh,
pertinax, pervicax, obstinatus. stedigh oft steegh peerd.
equus restitator, equus retractans, refragator, refractarius,
eontumax: saepius resHtarus et subsLifens, ita ut nee vi,
nee verbis ad pergendum in via vel opere cogi possit.
q. d. loco manens subsistensque. Kilian 2,631». so auch
in neuern mundarten: eLt. Martin-Lienhart 2, 619*/. ,•
bair. ScHM.*2, 798; tirol. Hintner 229 (bes. v. pferden);
kämt. Lexer 243 {' loiderspenstig , nicht vom flecke zubringen,
von menschen und- thieren, vorzüglich von pferden'); ober-
hess. Crecelius 805; &re«i. w6. 4, 1012. — belege:
zwene staetigen gorren schuofen, da; der wagen stuont sO
stille. minnCK. 3, 36» Hagen ;
vorkauft ein man ein pferd einem anderen, er schol im
zu recht geweren, das is nicht stetig noch starblind . . .
sey. altprager stadtrecht (14. jahrh.) s. 139, l.'J2 Röszler;
swelk man koft en perd, de ander scal eme ghewaren
steddeghes, starblindes unde unrechtes anevanges. Braun-
schtceiger urkundenb. 1,22,23, danach fteiScHiLi.ER-LüBBEN
4, 374*, s. auch Frisch 2, 333». brem. wb. 4, 1013; den gleich
ich eim stettigen rosz, solt man es zä tod schlagen so
gieng es nit für wan man es in ein wagen spant zö
anderen rossen zä ziehen so zücht es nit, es hindert
auch andere rosz am ziehen. Keisersbeug narrensch.
ild {richtig 108)^ ; da stehet er, wie ein stock, oder stetig
pferd, kan er nicht mehr, so hindert er doch, wo er
kan. Luther 5,70*; sie {die gottlosen) . . . sind wie die
stetigen pferde, je seerer man auff dieselbigen schleget, je
weniger man sie kan fortbringen. 16,121,22 Weim.ausg.;
so ein pferdt hert stettig ist. nim guten wein und enzian
ein becher voll. Albrecht ro5^ar^n. (1542) 34; so es {das
rosz) mutig sein wil . . , laszt es sich niemand mer zam
machen . . . und würdt also stätig darob , dasz , wann
manns schon zerstech mit sporn, es rennet nicht. Pe-
trarche trostb. 29* ; das {eine pferd) ist untrew, das gehet
nicht zum vortheil, das ist stätig, das schlägt und beiszt.
Fischart eliezuchtb. K2»(3, 230, 14 jffanjfen) ; Oroondates
eylet gar hefftig mit seinem hauffen auff die moren,
Hydaspes zog aber fusz für fusz jhnen entgegen . ., nam
jm für jre reuter ... zu trennen, fiengen an mit den
schlingen zusammen werffen, damit sie die pferdt stettig
machten anzugehen, buch der liebe 220''; weil wir aber
beydes, wie die stättige pferde, zurück ziehen und zaufen.
Philander 1, 691; eher als noch im dritten jähr musz
man sie {pferde oder och.ten als Zugvieh) wol zum ziehen
gewehnen.., damit sie nicht, wo man sie älter ange
wehnet, halsstarrig, stettig und boshafft . . . werden. Hoii-
BERG2, 21»; dasz solche pferde (schecken) ungeschickt,
unglückselig, untreu, furchtsam und stettig seyen. 128*;
unser pferd ist ein wenig stätig, und ich schwör' drauf,
niemand kann es reiten , als Jock. Scott 6 {Immer u.
Clifford), 138;
eyn willig rosz wttrt stettig baldt.
wann man das ffltter jm vorhaldt {vorenthält).
S. Brant narrentch. 59, 11 ;
der rantzler weisz wol gcuch z& finden,
die sich mit stro halm lassen binden
und dörfrien sich ein wanck nit keren,
als wen sy stettig rOsser weren.
Mt:RNBR giwchmatt 971 Uhl (hS»);
doch versprecht jr mir in dem handel
dem gani (Ur die verbottnen wandel
dasz er nit sey reudig noch rtttzig
anch nit haarschlecht, stetig noch stOlsig.
H. Sachs i. 8, 97» (17, 486, 8 (HfUf^ ■
nnsre weit ist schläge-rmul,
setzt sich wie ein sUtig gaull Loqau 1, 1,91 («. 87)
h) von maulthieren: stettig maulesel, mtde ceaaim euntes.
Maalkrss?'';
da; in Beiem gftt
ein *t«ti(*. mttl uiirrhlen «ttc. nUnne*. S, t7* Hagrn ;
ein manltrrihpr der drieh ein maul
das war Ktrtig, stutzig und Tniil.
als er es nit von stadt kund bringen n. *■ «r
H. SArii!» 8. 8, 88« (/Mtw. »J). 8, 10. 280 wd/rfr 'i :
ead: Salurnus wUrd hinder sich gehen wie ein slällir< ■
esel. Firchaht Mer praktik groatm.. a. 7 neudr.; fronun'
seelen ... mochten gerne wissen, ob . . . ich nicht \m"
Rarlani, der söhn Boers. einen stätigcn esel geritten, der
plötzlich den mund aufttiat? Hkinr 4, IM Elster.
937
STÄTIG
STATIGEN— STATIK
938
c) von rindvieh : stettiger stier , hindersichzuffende,
widerspennig, refractans jxivennis et calcitrosits. Maaler
387''; ein städtiger ochse, bos confumax. Steinbach 2, 655;
der schah von Turan ist schlimmer daza
in leiden; ist wie die statine knh.
RCCKF.RT FiTdofi 2, 125.
4) von da atts tcird dann stätig in ■übertragenem ge-
brauche auf menschen angewendet, so in lebenden mund-
arten, fheils neben der eigentlichen bedeiitung (3): elsäs».
MaRTIN-LieNHART2,620», ftVoZ.HlNTXER229, kämt.LKXER
243, theils nur von menschen bezeugt, so Schweiz. .- stetig,
eigensinnig , er het e stetige grind. Hunziker 254, in
Basel (dazu stegg-chopf, -grind eigensinniger mensch, trotz-
köpf). Seiler 278; in Erfurt störrisch, überdrüssig Hertev
sprachsch. 235.
a) dasz es sich idrklich um einen freieren gehrauch
dieser speciellen bedetttung und nicht um ein fortbestehen
lies aUgemeitiern sinnes handelt, lehren die zahlreichen
»rgleicfie. s. oben, wie auch stellen mit ausgeführterem
'Ide, wie: yielleicht gibt es überhaupt keine schlechtere
gelegenheit, sich von einer vorteilhaften seite zu zeigen,
als grade ein öffentliches examen. abgerechnet, dasz
es schon widerwärtig . . . ist, und dasz es reizt, sich stetig
zu zeigen, wenn solch ein gelehrter roszkamm uns nach
den kenntnissen sieht, um uns, je nachdem es fünf oder
sechs sind, zu kaufen. Kleist 4, 80 E. Schmidt; so auch:
aus herrensöhnchen gibt es sündensöhnchen, aus Schreibern
schlingel, und am ende was gibt es aus allen? eins von
beiden, entweder miszvergnügte stättige bastesel oder
Schweine, die in jedem kote sich wälzen. Gotthelf
1,179 Vetter (bauemsp., 15. Aap.); ich peitsche und sporne
vergebens die stättige zeit: die hartmäulige mähre geht
zurück und spottet meiner. Börne briefe aus Paris l, 22.
auch in folgenden belegen ist die grundverstellung deut-
lich : zfi dem dritten sol er sich hüten vor eynem stettigen
fulen lassen tregen gesellen den nieman ernoher von
stat kan bringen. Keisersberg bilgersch. 129^*; zu dem
andern so macht das perli stettig, das er weder hinter
sich noch für sich mag, gleich wie ein stettig ross das
nit von stat -nil. also die sünd macht ein menschen
stettig ; in dem weg gots stil ston, ist hinder sich gangen.
brös. 2, 41'' bei Ch. Schmidt At*^. wb. der eis. mundart 340*.
vgl. noch Heynatz unter 2.
b) weitere belege bes. aus dem alemann, (schtceiz.-els.)
gebiete: es ward ouch . . . denen von Hassle . . . ernstlich
geschriben, . . . sich nochmals einer stat Bern, irer ober-
keit . . . zä verglichen, aber si wurden ab göete stetiger,
dan got wolts mit ruhe zflchtigen. Anshelm Berner
c/jron. 5. 272. 31; es was aber ein burgermeyster in der
selbigen statt gar eines stettigen kopffs, grimm und tyran-
nischer art. Wickram rolhcagenb.\GO,i Kurz{^); ein toller,
unverstandener, grober filtz, stättig und eigensinnig, bleiben
auff jhren eigen köpffen. Paracelsus (1616)2, 371 A; ich
war wild und stettig wie du. Gotthelf l, 864 Vetter
{fiauernsp. 27).
e) in .fpecieller anwendung auf eigensinnige kinder : gleich
als wenn ein vatter vil strcittige, stättige kind hat.
S. Franck parad. (1539) 43V so jetzt in Basel. Seiler 278*.
— von einem spröden (_?)mMdchen: inzwischen war ich
mm beinahe vier jähre lang einem stettigen mädchen
nachgelaufen; und sie mir, wenn auch minder. Bräker
d. arme mann im Toggenb. 128 Beclam.
d) zuioeilen mit abweichenden bedeutungsnuancen. so
das volck. das wird sonst vor dir schewen,
dan rappen (raben) seind vor scheutzlich sehr . . .
wann sie erst gaucbtzeten so unfletif,
wer wolt nit werden vor jn stetig?
FisriiART 1, 40 Kurz (nacMrah 1468).
unscldüsaig {?): die eydgnossen waren stettig: ein theil
wolt denen von Zürjch, der ander denen von Schwytz
zuziehen. Stumpf Schtceytzer chron. 734'' (Sanders 8, 1182»
nimmt druckf eider für strittig an).
e) eis. mürrisch, arleitstinlustig, a. Martin-Lienhart
2, 620». — so auch {oder vielmeJir arbeitsttnfaJtig) : mein
kahler grauer köpf kann weder denken noch arbeiten,
sondern ist sfätig. Hamann an Jacobi 4, 3, 110.
f) eltenda auch für 'steif nicht imstande »ich zu bücken'.
Martin-Lienhart 2,630*.
5) für stätig in diesem (eigentlichen) sinne (3) begegnen
vereinzelt Zusammensetzungen, s. Schm.* 2, 798 und (zumeist
danach) Höfler krankheitsnamenb. eiö^f; so: bahn-
stätig: welich rosz banstettig ist. quelle bei Schm.
(pferdarzn. v. 1442); hammelstätig (?):
darumb wurd Ule Popp jm feyndt . . .
und redt jm übel, wo er was
durch seine hemelstettig duck. H. Sachs 4, 3, 93*.
(dafür später : hinterlistig s. 11,401,25 Keller-Götze, die
zxigehärigkeit ist zireifelhaft, vgl. Schm. u. Höfler a. a. o.
es liegt nahe, das wort als 'störrisch icie ein hammeV zu
verstehen, so beide. Höfler giebt daneben zur xcahl 'am
hammen steif, es ist indessen zu beachten, dasz ein ganz
anderes hamelstetic schon mhd. vorkommt. Ottokar
reimchr. 32819, 'abschüssig' vom tcasser, und dasz nichtt
hindert, obige Verwendung als Übertragung von hier aus
zu verstehen; dann läge also ableitung von hamelstat,
abgrund, und nicht Zusammensetzung mit stätig vor. vgl.
ScHM.^i, 1106. 2. 793.) femer reitstettig, -isch. Schm.*
2, 798 (danacA Höfler und oben tJieils,190); hartestetig,
stestetig. ebenda {\b. jahrh.).
6) vielleicht läszt sich hier eine andre bedeutung von
spärlicher bezeugung anschlieszen. Höfler krankheits-
namenb. 675'' giebt an unter stättig 3: 'unfruchtbar, nicht
brünstig, geschlechtlich passiv, die fruchtbarkeit sistierend',
so bezet*gt: sterilis unfruchtbar, . . . stedich. Dief. gloss.
551° (l5. jahrh.) ; und dies wird dadurch gestützt, dasz ags.
stedig nur in diesem sinne (2 mal, für sterilis) bekannt
ist, «. Bosworth-Toller 914''.
STATIGEN, verb., s. stetigen und bestätigen (th. l, 1G56/.).
— ganj! vereinzelt begegnet ein stätigen als causativbildung
zu obigem stätig (4t, sti>rrisch, träge machen: also hestu
warumb du dich nit solt sümen an keinem end uff diner
bilgerfart, und dich nieman noch kein ding solt lossen
stettigen noch hemmen an dem fürgang uff dinem weg
zö got. Keisersberg bilgersch. 173<'.
STÄTIGKEIT, /., s. Stetigkeit.
STATIGKEIT, /. iciderspenstigkeit, eigensinn. vereinzelt
als abstractum zu stätig, vgl. oben und Adelung.
1) im eigentlichen sirine von pferden, 'die trotzige störrig-
keit, hartnäckige unbeiceglichkeit der pferde ohne grund,
als eine art von geisteskranklieit aufgefaszt'. Höfler krank-
heitsnamenb. 675'' : ich geleg dir {spricht der Jäger zttm
pferde) die sprünge und gaili imd stättikait mit den spornen
und der gaiszeln. Stein höwel Esop 183 Österley (69). —
dazu: für hartstettigkeit. Andr. Glorez v. Mähren
vollst, hausz- und landbibl. (Begensburg 1699) 1, 62*, vgl.
Höfler a. a. o.
2) von menschen, halsstarrigkeit , trotz, eigensinn. so
eis. stetti(g)keit Martin-Lienhart 2, 620*;
fr. Prechtere. es duet sich selber strofe
mit syner steddikait. Gläuler. wee so? fr. Prechtere. 's beert
nit nf mich. Arnold pflnggimontag 77 (2, 7).
ebenso nl. stedigheyd vd steegheyd, pertinacia. Kilian
2,631" (jetzt holl. steegheid).
3) zu stätig 6, 'beständige Unfruchtbarkeit als abnormes
beJiarren'. Höfler a. a. o. .• sterilitas Unfruchtbarkeit, . . .
stedicheit. Dief. gloss. 551"=.
STÄTIGLICH, STÄTIGS, adv., s. stetiglich, stetigs.
STATIK, /. lehre vom gleichgewicht der kräße; der theil
der mechanik, der von den körpern in der ruhelage handelt,
entlehnt aus lat. stätica, das seinerseits auf gr. araTixij
(erg. riyvr] oder intan^iir)) zurückgeJä, daher die erste
silbe betonend, vgl. Weigand 2, 799. entsprechend engl.
statics (bezeugt 1674), s. Skeat 593*. im deutschen älteres
wage-, Wägekunst verdrängend (s. das., theil 13, 375 ; eine
neuere Übersetzung standlehre, *. oben sp. 776, ist nicht
üblich geicorden) ; zunächst ganz in der fremden, gelehrten
form: statika. s. wagekunst. Jahlonski (l72l) 746'', vgl.:
wage-kunst, statica, statique. eine wissenschafft welche
lehret die erkänntnisz der gewichte, des schwer-puncts.
und des eben-gewichts der natürlichen cörper. 839''. in
deutscher form als statick zuerst 1727 bezeugt, vgl. Weigand:
statica, die statick, ist eine Wissenschaft von der schwere
der cörper; die gewicht -kunst. Sperander a la mode-
sprach (1727) 679<=; statick, statique, ist eine Wissenschaft der
schwere der körper. sie handelt insonderheit von dem
mittelpuncte der schwere, dem waagerechten stände der
939
STATION
STATION
940
schweren körper, und den bedingungen, unter welchen
ein schwerer körper in ruhe bleibt. Eggers kriegslex.
(1757) 2,981. Adelung. JacOUSSON 4,260*'. KlNnEKMNG207
('statik, die tcagekunat. die gewichtswissenschaft ', als lehn-
wort atis dem gr.). Campe erg.wb. {empfiehlt jetzt wägelehre
anstatt des früher vorgeschlagenen gleichgewichtslehre).
Karmarsch -Heeren^ 5, 772—7. Lukuer 7, 775/. Eisler
tcb. der Philosoph, begnffe^ 2, 4Si. die tfieile der statik, die
von den specidlen gesetzen der festen, flüssigen und luft-
förmigen körper handeln . icerden als geostatik , hydro-
statik und aerostatik bezeichnet, s. Karmarsch-Heerkn'
5,773. auszerdem toerden nach der behandhaigsweise unter-
schieden die analytische (reine, theoretische) tmd die
graphische {auch synthetische, geometrische) statik, 'die
Wissenschaft, die aufgaben der statik, besonders der bau
statik, auf zeichnerischem wege zu lösen', s. ebenda IIb und
LuEGER 4, 762. litteraturbelege : obgleich im lyceum schon
hinlänglich für mathematische Wissenschaften gesorgt
war und ich . . . vollauf mit geomelrie, statik , hydro-
statik , hydraulik und so weiter gefüttert ward. Heine
7, 464 Elster; das ist die allgemeine tendenziosität , ja
animosität des objckts, des sogenannten körpers, was
die bisherige physik geistlos mit namen wie: gesetz der
schwere, statik und dergleichen bezeichnet hat. Visciier
auch einer^ 1,31; als knabe fand ich beim bau unseres
hauscs gelegenheit, schöne kenntnisse in statik und
balkenklettern zu erwerben. Freytag 6, 60 (verl. handschr.
1, c. 3). — häufig i?i freierem gebrauche, besonders in
wissenschaftlicher spräche : statik des landbaus , in ver-
schiedenem sinne, frage der herstellung des gleichgeivichtes
zwischen einnähme und ausgäbe an pflanzenerzeugenden
kräften des bodens.' Elster wb. der volkstc.'^ 2, esi f.: die
bodenstatik hat sich mit erschöpfung und ersatz des
ackers in bezug auf die erbaltung der fruchtbarkeit des
ackers überhaupt, sowie namentlich auch in bezug auf
die fruchtfolge zu beschäftigen und entspricht der statik
des landbaues der älteren landwirthe. die wirthschafts-
statik beschäftigt sich mit dem beharrungspuncte der
wirthschaft, mit den beziehungen zwischen ausfuhr und
einfuhr «. *. w., s Sguwerz Funk pract. ackerbau (1882)
875; sociale statik, lehre vom ivesen und der stnictur der
gesellschaft. Eisler tcb. der philos. begr.'' 2, 390; statik und
dynamik der Vorstellungen. 431 ; grundlihien der statik
des geistes. Herbart psychologie als wiss. (1824) l, s. 158;
zu allererst werden wir dqp unterschied der statik und
mechanik, welcher die lehre von den räumlichen kräften
beherrscht, auch hier wieder finden. 155/. ,■ im begriff,
die ersten linien der statik und mechanik des geistes
vonjulegen. 157. in scherzhafter Übertragung: der kleine
Lazarus brachte mir nur mit mühe bei, dasz wir ostern
hätten , wo die religiöse statik seines Spinnrades die
seinige aufhebe, weil er an sonn und festtagen die
schuld des lebens nicht wie an werkcltagen spinnend
abzusitzen, sondern bettelnd abzulaufen habe. J. Paul
18 (palingenes. l), 60.
STATION, /. (»pr. statsjÖn) haltestelle, aufentJutlt.
l) ein leJmwort aus gleichbedeutendem lat. statio, vgl.
Adeluno und Wkigand 2, 799/., das von der kirchlichen
spräche ausgegangen ist und in der altem spräche in zude-
faeher form erseheint, die ältere form beruht auf dem
lat. nom.; sie begegnet hochd. in dem ältesten beleg in
Ottokahs reimchron. und loeiter itn 15. jahrh. in der
Schreibung statzc, s. Lex kr handiob. 2, 1152 und unteni;
ne herrscht ausschlieszlieh im. mnd. als stacie, stacien,
». ScHlLLER-LCBnRN 4,840. brem. wb. 6,338 und unten 8;
ihm entspricht auch, mit geänderter bedetttung, das nl.,
erst aua neuerer zeit bekannte staafsic, pomji, pracht, auf
tcand (vgl. staat), ». Pranck 952 {daneben jetzt Station, n.,
bei der eisenbahn. das bei Kilian 2, 62«/ verzeichnete
•ta«dsie, «tagic, contignatio. bilhne, ist fernzuhalten ; es
stammt atis altfrt. estagc, xcie engl, stagu). die andre,
später tur herrschaft gelangte form, geht von dem lat. ob-
Uquue ttatiöncm aus; sie findet »ich schon im ii. jahrh.
als stacion {voc. ivn, s. unten 4). statzian (Hf.inii.
Deiciihi.p.h chron. v. Nümb. zu 14«», *. unten 2, e), ihr ent-
spricht engt. Blation, da» nach Skkat 608» sdion hei (jf)WKR
(tB9S) vorkommt, mit dem 16. jahrh. veraekwindet Station
ßUt der litteratur {atu diesem nur nd. belege), ohne dau
es deswegen in der Umgangssprache erloscJien sein tcird;
es taucht erst uneder auf im beginne des 18. jahrh., nach
Weiganu 2, 799 zuerst 1718. {frühere auflagen scheirien
1678 angegeben zu haben, vgl. Gomrert bem. u. erg. 3,2.)
die litteraiurbelege beginnen icieder mit Oest (1751). das
wort hat besonders im 19. jahrh. zunehmende Verbreitung
gefunden, auch in mundarten ist es jedenfalls tceiter ver-
breitet, als die spärlichen anführungen erkennen lassen:
eis. stätsjün, auch stätsjüm. Marti nLien hart 2, 620**,
bair. ScHM.-' 2, 796, in Posen Bernd 878, in Liv- und Est-
land HuPEL 227.
2) Station bezeichnet zunäclist und am geicöhnlichsten
ein kurzes anhalten auf einem icege und die stelle, wo dies
geschieht, dicte bedeutung gehört anfänglich dem kirchlichen
Sprachgebrauch an und beruht auf mittellat. statio, vgl.
Du Gange 7, 586». Brinckmkier gloss. diplomat. 2, 575 (5).
Stationen geht zunäclist auf die 14 besonders gekennzeich-
neten stellen, ftn denen Jesus auf seinem leidenswege nach
Golgatha nach biblischer oder legendärer Überlieferung an-
gelullten haben soll und wo dalier auch die pilger, toelche
die heiligen statten besuchten, halt machten und ihre andacht
verrichteten, dann übertragen a%(f die nachbildungen in
kirclien oder unter freiem himmel, die zuerst im Francis-
canerorden aufkamen ('calvarienberge'); hier waren 14 stellen
mit hölzernen kreuzen (stationskreuz), auch mit bildstöcken
(stationsbild) und kapellen bezeichnet, die als halteplätze
für processionen dienten, der ausdruck wird dann weiter-
hin auch auf diese processionen und die daselbst ver-
richteten gebete angewendet (seine Stationen machen), vgl.
Wetzer-Welte kirchenlex.^ 7, 1130—5. 11,740/ Herzog
realencyclop.'^ 14, 642/ Lueger 7, 476. diese bedeutung ist
im mnd. die einzige {s. unter l) ; sie kommt aber auch hd.
sclwn im 15. jahrh. vor, und ebenso in der neuern zeit:
Station, lat. statio ecclesiastica. Apin. gloss. bll , haupt-
sächlich in der spraclie katholischer gegenden und autoren,
daher besonders süddeutsch: eis., s. Martin- Lienhart
2, 620'' {'kreuzicegandacht'), bair. Schm.- 2, 796 (a). vgl. dazu
stationsbild, geheimnis, kirche, -kreuz.
a) in bezug auf den kreuzuxg Christi selbst, nicht häufig:
so was läszt sich nur verwinden, wenn man sich den
vor äugen hält, der seine vierzehn Stationen bis ans
kreuz gegangen. Anzengruber^ 4, 260 {hier also in die be-
deutung 'abschnitt eitles iceges zioischen zicei haltestellen'
übergehend, vgl. 3; kurz variier in bildlichem gebrauche:
das war meine erste leidensstation).
b) bei einer procession das haltmachen und die dabei
verrichtete andacht: gha de processien myt groter innicheyt.
unde wanme de stacien holt, sprik : o alderleveste höre
Jhesu U.S.W, quelle bei Sciiili.er-Löbben 4,349''; wat
de rad vor goddcs denst wolde don laten, bcsunderen des
rades processien , ... so moste de rad den papen bc-
sunderen eynen isliken bcloncn vor medetoghandc unde
vor den sangk unde vor de stacien. d. stMtechron. 16, S.TO, 31
{BraunsrJiw. schichtb.).
c) stacie wird dann auch geradezu für die procession
selbst gesagt: alsz men drecht dat billige Sakramente myt
der processien unde stacien. urk. v. 1423, *. bretn. wb. 6,388;
also trat he na der stacien van der bogen treppen.
d. städtechron. 16,897,2 {Braunschw. schichtb. nt 1602; vor-
her: de eldesten . . . leyten de papheyt . . . myt der pro-
cessien ghan. 396,24); rgl.: item man gab den ablas und
die gnad erlengt: die zu Martini nit gcpeicht beten und
statzian in die 7 kirchen ... nit gegangen heten . wenn
sie krank warn. 11, 664, 26 (Deiciisler chron. v. NiirnI'.
SU 148»).
(i) mnd. stacie beseicltnet den feierlichm gottesdirnst um
Schlüsse einer procession: ock so dreclit mc sunte Autor
des jars eyns umnio de stad . . . unde holden denno in
deme clostor in der inbringinplic eyne hcrlikc starten niyl
lovcsanghe. undo dar is de processien meddc gcdnn.
d. städtechron. 16, 470, 4; do crsamo nicync rad, alle volk . .
ginghon dar cyn hcriiko procession. ... de stacie wart
gheholdcn huton deme munster up cyncm nyon ghcbnwete.
690, S5. auch sonst scheint ntacie geirisse solenne gottes-
diensie tu beuiehnen: in der korken mod de pawe« je
drye in deme Jare missen «ingen und sine stacien dar
ynne holden. Komnkr hei Sciiillkr-LObben 4.849». hierbei
sind vielleicht andre kirchliche Verwendungen des lat. statio
941
STATION
STATION
942
von einflusz. dieses bezeichnete nämlich in frühchristlicher
zeit gottesdienstliche ztisammenkünfte, die mit nachticachen
und fasten vertmnden icaren (so von der militärischen
spräche ausgehend, statio eigentlich 'Wachtposten'), später
die (seit dem e.jahrh.) dafür üblich getcordenen bittgänge
zu bestimmten kirchen (stationskirchen) mit feierlichem
gottesdienst, *. Wetzeh-Welte kiichenlex.^ 4,1269/. 11,740.
Du Gange 7, 585/. Brinckmeier gloss. diplom. 2, 575 (l. 2).
vgl. auch : Station . . . , it. wo die leute zusammen zu
kommen pflegen, ihr gebet zu verrichten, kirchen-stand.
Spehandek a la modesprach (i727) 679*'.
e) ungewöhnlich ist Station twi sinne von stationsbild
(vgl. das.): stationes werden auch diejenigen säulen ge-
nennet, welche vor denen meisten eatholischen städten
gesetzet, und an solchen die besondere paszions-actus
unsers heylandes abgebildet seyn, bey welchen man
kniende oder stehende Station zu halten, sich dieser hand-
lungen zu erinnern, und seine andacht zu verrichten
pfleget. Sper.\nder 679*; wenn ich nur erst von einem
künstler hörte, der aus wahrer frömmigkeit . . . arbeitete,
und . . . wie die alten heiligen . . . um gottes willen käme,
die altäre zu verzieren, die kreuze und Stationen herzu-
stellen. Brentano 9,34 (brief v. 1823).
f) in Posen bedeutet Station 'bei begräbnissen, eine beson-
dere ziceite leichenrede. einen mit einer Station und paren-
tation begraben, mit einer rede soicol im, hause, wo die leiche
ausgetragen wird, als auch aufdemgottesacker'. Bernd 373.
3) in derselben bedeittung 'ort, wo halt gemacht icird' ist
Station in der neuem spräche allgemein üblich, über diesen
speciellen fall hinaus, und namentlich als ausdruck des
Verkehrswesens sehr verbreitet, zuiceilen geht Station dabei
nicht soicol auf die haltesteUc, als auf die entfernung
zxcischen zwei haltesteilen, den durch sie bezeichneten ab-
schnitt des weges.
a) im 18. — 19. jahrh. für posthaltestelle, v^i. poststation,
theil 7,2035: Station, ... auch der ort, wo die posten
frische pferde bekommen. Sperander 679; die Station.
'1. im posticesen, ein ort, wo die pferde geicöhnlich gexcechselt
icerden; der postwechsel'. Adelung, vgl. Jacobsson
7,429*. Kindermng 332. ich fuhr nun stracks vor mich
hin, stieg mehrere Stationen nicht aus. Göthe 23,75
(wanderj.Z,^; ich eile nur von der lezten Station einige
Worte aufzuzeichnen, briefe 4, 69 (an Ch. v. Siein d. 3. oct.
1779); adieu, in der nächsten Station noch ein wort, und
dann wird der brief zugesiegelt. Kleists, iio, 34 E. Schmidt;
anf jenem jagdschlosz war es, zwischen hier
und Nepomuk, wo sie uns eingeholt,
der letzten statten des ganzen wegs.
, ., , . Schiller 12, 136 (Pjccoi. 3, 3);
(im bilde:)
was willst auf dieser Station
so breit dich niederlassen?
wie bald nicht bläst der postillon,
du muszl doch alles lassen. Eichendorff2 i, 279;
kanm trafen wir uns auf derselben Station,
berzliebster prinz Alexander,
da bläst schon zur abfahrt der postillon.
Heine 1, 54 F.Mer (Junge laden, vom. 20).
i) seit aufkommen der eisenbahnen wird dann Station
mit Vorliebe voti diesen gesagt; nach Lueger 7, 476 für
bahnhof oder theil eines solchen, doch geht es tceniger auf
das gebäude als den ort überhaupt, ebenso ital. stazione,
bahnhof. dazu compoaita icie haupt-, nebenstation, kopf-
station (theil 5, nso) , kreuzstation u.a. auch: weiterhin
{war) die Station der elektrischen bahn durch ein . . . holz-
barackchen wenigstens angedeutet. G. Reuter d. Ameri-
kaner 254.
c) attcÄ in bezug auf Seefahrt, der platz, wo schiffe und
böte anlegen, wobei es sich dann häufig um ein längeres
verweilen handelt, auch zum aufbewahren der fahrzeuge,
wenn sie nicht in einer fahrt begnffen sind : Station , ist
ein meer-haven, schiff-lände, anfurth, wie die schiffe sicher
liegen können. Sperander 679«; Station, lat. locus por-
tiioau», der ort, wo die schiff am ufer stehen. Apin. gloss.
611; 'die anfuhrt, wo die schiffe sicher liegen' . Jacobsson
7,429»; nachdem man einigemal den see durchkreuzt . . .
hatte , brachte man die damen gegen den ort , wo sie
fibemachten sollten. . . . gerade an dieser Station hatten
die freunde vor kurzem drey tage zugebracht. Göthe
«, 131 (tcanderj. 2, 7).
d) Station icird so in neuerer zeit auch häufig in freierer
vericendung gesagt, noch ganz eigentlich, von einem ort,
wo auf einer icandaiing halt gemacht wird .- Verona . . .
war immer gleichsam die erste Station für die ger-
manischen Wandervölker. Heine 3, 257 Elster (reiseb. 3,
Ital. c. 23). mit zurücktreten der eigentlichen bedeutung,
wie pauver klingt dagegen Jena , die Katzbach , Leipzig-
Bellallianz, und gar Paris, die letzte stazion unseres
ruhmes, wohin wir — gott weisz wie! — gelangt sind.
br. vom 1. sept. 1825 bei HCffer ges. aufs. 44. dann bild-
lich von etwas, das als reise aufgefaszt icird, z. b. von einem
'Lebenslaufe' : sechs oder sieben der wichtigsten Stationen
seines (Jesu) lebens wurden sicher festgestellt. Frenssen
Hilligenlei s. 587.
4) in andern fällen geht Station auf einen langem oder
dauernden aufenthalt an einem orte, hier ist eine bedeutung
zu entähnen, die nur in der altern spräche begegnet, hier
abei' die zufrühest bezeugte ist. mlat. statio bedeutet u. a.
auch 'Verkaufsbude, laden, auslage' und 'apotheke', s. Du
Gange 7, 587» (lO. 12). Brinckmeier gloss. diplom. 2, 575 (ii).
in ähnlichem sinne findet sich ein deutsches s t a t z (e) (immer
in dieser form) in österr. quellen des 14. — 15. jahrh., vgl.
mhd. wb. 2, 2, 612» und Schm.^ 2, 796: 'früher scJteint es auch
von aufgeschlagenen buden oder ständen herumziehender
krämer, Quacksalber etc. gebraucht rcorden zu seyn. . . .
das voc. venet.todesco v. 1424 gibt f. 99 das venez. la stazon
(bude, kaufladen) durch die statz', soicie stand 4, d, sp. 692/.
so in dem ältesten bekannten beleg:
üf manigen soumseren
fuort man den Venediaeren
folt und Silber zuo . .;
äfür man herwider nam
üj statzen und üj kräm
manic rieh kleinät. Ottokar reimchron. 73092.
femer: uns haben unser burger zu Triest anpracht, wie
vil frombds ol und wein daselbshin gen Triest über mer
pracht und da in den statzen verkaufft werde, dadurch
sy irer pawwein und oll nit anwerden mugen und des
zu grossen schaden an irn weingerten komen, daz auch
wider ire statut und freyhait sey. monum. Habsburg. 2, 941
(urk. V. 15. juli 1478).
5) ähnlich in neuerer spräche von dem Standort oder der
stelle, die jemand von amts oder berufs wegen einnimmt.
a) zunächst eigentlich .- 'sonst heiszt Station auch so viel
als Standort.' Campe erg.wb. so 'Station, die postirung
einer schUdwache'. Jacobsson 7, 429''. auch geradezu : die
postirung oder schildwacht, die Corps de garde, . . . schaar-
wacht. Speran der 679». auf schiffen heiszt Station 'l) stand
ort bezic. abgegrenzter dienstbereich ; 2) genau bestimmter
dienstbereich jeder person an bord von kriegsschiffen bei
den verschiedenen Übungen. Stenzel seemänn. wb. sgg*".
b) gewöhnlicher in freierem, sinne für das amt, die 'stelle',
die jemand hat: sonst heist Station auch ein amt oder
bedienung, der beruf, stand oder ort, wo einer sein amt
verrichtet. Sperander 679'»; Station, lat. officium, mtmua.
Apin. gloss. 511 ; amt, stelle. Kinderi.ing 332. insbesondere:
'eine ansehnliche bedienung, beträchtliche stelle; am häufig-
sten im gemeinen und gesellschaftlichen leben, eine einträg-
liche Station bekommen, t-on geringen bedienungen und
ämtem ist es nicJit gebräuchlich.' Adelung (2). veraltet.
c) eine eigenthümliche, sonst nicht bekannte vericendung,
in der die begriffe des Standorts und des rangs in einander
überzugehen scheinen, zeigt der älteste bekannte beleg aus
der neueren litteratur:
nun auf! erinnre dich der Stationen,
worinnen Schöpfer und geschöpfe stehen ;
die sind so ungleich, als die lichte sonne
und ihre dunkle irdische trabanten.
J. H. Oest Brem. ged. (1761) 14;
wie? oder wenn du astronomisch irrtest,
und schlöszest: itzund steht die volle sonne;
bald haben wir der sonne letztes viertheil,
ich meyne, jeder kluge würde lachen,
und auch die kinder würden dich belehren,
ein andres sey der mond und unsre sonne,
noch unterschiedner sind die Stationen !
erstaunlich anders sind geschöpf und schöpfer. 15.
6) ferner bezeichnet Station den aufenthalts- und irohnorf
jemandes für kürzere und längere zeit, so in Posen 'die
Wohnung, absteigwohnung, in einem gast- oder andern hause,
auch überhaupt eine gemietJiete wohnung'. Bernd 373 (l).
943
STATIONÄR — STATIONIEREN
STATIONIERER
944
geicöhnlich mehr abstract, wobei zugleich und vorzüglich
an den unteihalt gedacht wird; 'wohnung und unterhalt'.
KiNOERi.iNG 332. SO allgemein üblich in der Verbindung
freie Station, ßeie kost, vgl. Campk ergänzungswb. an-
fangs in eingeschränkterem sinne: Stationen, dieses war
nur ein kunstwort der herren hofmeister, wenn sie von
freyer Station sprachen, frey licht, frey zucker, caffee
und thee war darunter begriffen. Schönaich ästh. in e.
ntisz s. 339 Köster. belege: wem willst du da was vor-
pfeifen? nichts als wälder und kohlenbauem, kein ge-
läuterter kunstgeschmack, keine vernünftige freie Station !
EiCHENDOHFK- 3, Rt (taugen. 9); eine solche stelle ... ist
mit völlig freier Station und einem gehalt von 400 rthlrn
verknüpft. Kleists, 425,11 E. Schmidt; so auch: in diesem
letztern falle müszte ich etwa ein jähr noch aus eignen
kosten bestreiten, ich hätte jedoch Station auf der reise,
wohnung und tisch bei ihm in Madrid frei. 305, 20. indem
80 Station ganz in den sinn 'kost, untei-halt' übergeht, ist
es nicht rceit bis zu einer in Livland vorkommenden Ver-
wendung: 'die naturalliefeiting dei- lief ländischen {nicht
ehstländischen) landgüter an die kröne; z. b. stations-korn,
stations-heu'. Hlpel237.
7) beides ßieszt zusammen in einer bedeutung, die in der
heutigen spräche sehr gewöhnlich ist. hier bezeichnet Station
eine anstalt, wo für irgend eineii praktischen, loissenschaft-
lichen od. ähnl. ziceck die damit beauftragten personen ihren
aufenthalt haben und die dazu nötigen eiwichtungen,
apparate, matetialien u. s. w. vorhanden sind, so gendar-
meriestation, missionsstation; ferner für wissenschaftliche
beobachtungen und Untersuchungen: zoologische, meteoro-
logische Station u. a. m.
STATIONÄR, adj. stillstehend, auf seiner stelle ver-
harrend, so besonders in technischer spräche, z. b. im,
Seewesen, 'dauernd auf einer stelle bleibend', stationäre
maschine , ' dampf maschine , die auf einer festliegenden
grundplatte aufgestellt ist, im gegensatz zu der Lokomotiven
maschine'. bei himmeL^körpern der punkt in ihrer schein-
baren bahn, wo sie aus der rechüüufigen in die rückläufige
betcegnng oder umgekehrt übergehen, auch substantiviert,
stationär, m. Stationsbeamter; auch == stationsschifT, vgl.
das. Stenzei. seemänn. wb. 400». so allgemeiner : der stand-
fusz, der aufgestützte arm, das angeschlossene knie, alles
gibt den ausdruck des stationären, des beweglich-unbeweg-
lichen. GÖTHE 44,197. in Übertragenem sinne: Sweden-
borg ist eine grundehrliche haut und glaubwürdig sind
seine berichte über die andere weit, wo er mit eigenen
äugen die personen sah, die auf unserer erde eine rolle
gespielt, die meisten, sagt er, blieben unverändert und
beschäftigen sich mit denselben dingen, mit denen sie
sich auch vormals beschäftigt; sie blieben stationär,
waren veraltet. Heine l, 4«8 Elstei- (nachw. z. 'Romanzero').
STATIONIEREN, verb. l) im 16. jahrh. intransitiv, mit
rdiqnien umherzielten und geld sammeln, vgl. stationicrer
und Ch. Schmidt hist. wb. der eis. mundart 337*'. von wegen
sanct Sebastians bröderschafft zohe ein mal ein questio-
nierer von Worms den Rhein ab in alle flecken und
dörffer, da geilet und statzioniert er nach seinem besten
vermögen. Fbey gartenges. (1556) SS*» (47,6 Bolte, cap. 32);
ich schweig des Crossen stationiern,
dar mit man yelzund sielt nach gflt.
loeUcJi (jattung (1513) G 7»;
die mit heiligen slatzionieren
und das heiluimb umbher iioren,
wendt (wollen) sich des betteis ouch begon.
MuRNBR narrenbachw. 86, 84.
ütjertragen: under desz schlich daher ein schuncken-
kommenther von sant Tönigs ritterschafTt, welche nit
Seeräuber zu mör, sonder säuräuber zu land seind, statzio-
nirt ufT der säugaK herumb ein schweincnc beut zuer-
jagen. Oarg. ». 186 neudr. (80. eap., vgl. saugart, th. 8, 18H7).
8) in neuerer spräche transitiv, einem {menschen oder
ding«) einen festen plats antoeisen. to, den mesztisch auf-
gteUen, bei topographischen aufnahmen, 'beim, kriegswesen,
antteUen. einen aufentltaltsort anweiten, er ist zu N. N.
tlationlrt, d. i. er steht daadbat, er hat dort aein einlager.'
Camps erg.wb.; gegenwärtig haupfsärhlich noch von der
gendarwuerie , vgl. sUtionakommandant. jrtxt aagt man
WO atationiert sein eher von »ehiffen, fuhrtrtrken u. dgl. —
i€tHn ScHM.' f,7*6 «mt eimtr guMe v. leuA anführt: dna
land voller stattionierter pettler, so ist dabei trotz des
passiven part. doch wol eher an die bedetitung l zu denken.
STATIONIERER, m. bettelmönch, der mit reliquien im
lande um-herzieht, sie zeigt und damit angeblich heilungen
verrichtet oder seelen aus dem fegfeuer erlöst; daher mit
dem nebensinn des bettlers und schwindleis, gauners, der
gelegentlich zur hauptvorstellung vrird. begegnet nur nhd.
vom ende des 15. bis anfang des 17. jahrh. zu gründe liegt
mittellat. stationarius , das allerdings genau in diesem
sinne nicht angeführt wird, wol aber in der bedeutung
eines händlers, fiausierers {vgl. Station 4, speciell für buch-
händler, woraus engl, stationer), *. Du Gange 7, 587''/- (s)
und Bkinckmeier gloss. diplom. 2, 575'» (4). Hekzoo real-
enci/cZ.'-* 17, 307. t^^i. Fhisch 2, 321». Schehz-Oberi.in 1562.
Brinckmeier 2,576''. Ch. ScuMiüThist.wb. der eis. mundart
337''. ScHM.2 2, 796/. Me^e- von stationirem. jtem, sollen
alle ertzbischoff, bischoff und praelaten, in stifften ernst-
lich darob seyn, unnd verfügen, dasz uberflüssigkeit der
questionalien, und andere bitter abgestellt, und gemässigt
werden, reichstagsabsch. {i62l) ^-7 {Augsp.lbOO) ; ülenspiegel
. . . nam im für ein statzinierer usz zu thün, und mi^
dem heiltumb im land umher zä reiten, und cleidet sich
mit einem schäler in eins priesters gestalt, und nam ein
todtenkopff, und liesz in inn silber fassen. Eulensp. 31
(1515 bl. 43», *. auch Mb'RNEH Vlensp. s. 43 Lappenberg);
als . . . gepoten ist, das die starcken petler, stationirer, ker-
misirer, lanndstertzer, und ander verdechtlich müessig
geen person in den stettn, märckhten, tafernen, und all
anndern flecken und heüsern, lennger nit dann ainsten
über nacht beherbergt, und allain auff den gewönlichen
Strassen, jnen der durchganng gestatt werden sol. landpot
in Obern u. Niedern Baiem (1516) 16'' ; dasz sie den statio-
nierern , wo sie die uf der straszen ankörnen , ire pfert
nemen, die seckel räumen. Schade sat. u. pasqu. 2, 44, 18
{Karsthans, 26. art.); es ist nindert kain stationierer, er hat
in ainem iden dorf ain hären am baren, an die legen si,
was si den armen leuten mit dem streicheisen abliegen und
triegen. 3,148,2; lieben fladenweiher (icei7t6wcÄö/e), bleibt
dahaim . . . oder man wirt euch eben empfahen mit euer
infein und weihen wie die stationierer mit irem heiithumb
und Streichholz. 150,4 {vgl. d. reg.); die V. schel ist betlen
usz gleisznerei. . . . also seint die stacionierer, die zeigen
der heiigen heiltumb, so es nit ist, verkünden grosse
ablasz. Keisersbek« narrensch. \m {richtig: \2i)'': statio-
nierer, so durch das land hin und wieder ihre Samm-
lung suchen, mit ihren einschreiben und pettlen viel
gelds zuwegen bringen, und grosz ablasz fürgeben, nennen
sich der heyligen bottschafft. etwan ist allein s. Antonius
botschafft zugelassen, yzund kommen dazu des h. geistes,
st. Huprechts, s. Cornelius, s. Bernards und s. Valentin
gesanden. auszttg der beschwerungsartikel teutscher nation
wider die geistlichen 1521 zu Worms übergeben bei Frisch
2,321»; bisher hat eine stad, die bey vier oder funff-
Iiundert burger hat, kund geben funff, sechs, sieben
hundert gülden werd alleyn den bettelmünchen . . , dazu
was sonst betteler und stationierer geraubt haben. Luther
15,861,9 Weim. aiisg.; der stationirer betrug, ein statio-
nirer der fUrgab, er köndte die seelen ausz dem fegfewer
mit seinem heiligthumb und ablasz, den der heiligste
vatter der bapst dazu gegeben hotte, erretten, kam an
einen ort. tischr. 246»; ein stationirer rhümete sich, und
sagte, er hette desselben hewes {icorauf Christtia in der
krippe gelegen) in einer Schachtel, aber der pfarrhorr nnm
es jhm heimlich herausz, und legte kolcn darein, da nu
der stationirer auff der cantzel das hcw dem voick wolt
weisen, fand er kolcn darinnen. 250»; ein slat Born hat
streng geboten die quesfioncr, torminierer, stationiercr,
kilchen-, klAster- inid landsbeller. ablaskrftmer und curti-
sanen, mit iren gratzcn, cxpcotanzon, Pensionen und rc-
servatcn, nit inzelassen. Anshki.m Hemer chron. ft, oh, ti;
es ist cyn krnnckheyt die man noniiol ilns kalt fewer, . . .
widor dise plage ist sant Anihonius nrt/.l gewesen, dasx
sein stationierer im sawse habe lohen kondon. Aoricola
apriehw. (1684)409; das eben wenden wir letz {verkehrt),
mit veraaumnui der rechten armen, so {denen) wir zu-
geben allein schuldig, auff lose, faule bäben , starcke
landtslj-eicher, Sophoior, Wallten, Jaeohs br&dcr, Roni-
fertor, farendc ichAler, landskneclit, stArer, stationierer*
945 STATIONS ABSTAND— STATIONSBEAMTER
STATIONSBILD — STÄTIÖS
946
starcke mönch und pfaffen, hären nnnd hüben. S. Franck
»prichic. 2, TG''; umb die zeit (i532) ... ist ain stazionierer,
mit namen herr Martin Vischer, usser hevelch der münch
uf s. Bernharts perg, im landt zu Schwaben umbher ge-
ritten, der hat mit dem hailtum, wie domals gepreuch-
lichen, gesamlet. Zimm. chron.* 2, 451, 36; von einem
statzionierer mit sanct Sebastians brüderschafft. Frey
gartenges. (1556) 28'' {cap. 32, vgl. oben stationieren); ein
stationierer zeigt dem volck kolen für heiltumb. Mon-
tan us 404,12 Balte {gartenges. cap. 104, überschr.); und
inn was land ziehen nicht die zigeiner, kauffleut, ...
elsessische betler, pilger, stazionirer, farende schuler,
kriegsleut, Juden. Garg. s. 32 neudr.; wie Thomas Stein-
müller, pfarherr zu Ickingen, eins mals ein stationierer oder
bettelmönchen verkündet. Ambr. liederb. 136 {überschr. );
des glychen dunt die heyltim ffirer,
stümenstSsser, statzionyerer
die nyenant keyn kirchwih verlygen
nff der sie nit öBlich usz schrygen
wie das sie f&ren jn dem sack
das hew, das tief veroraben lao:k
ander der kryppf z& ßettleheyn.
Brant narrensch. 63, 12 {vgl. die anm.
von Zarnxke «. 402*) ;
die ralsch heiltumb nmbher fieren,
betler und die statzenierer,
die gott und alle weit betriegen.
McRNER narrenbeschw. 16, 78;
ander stationierer,
betler, vopper und vagierer. 33,80;
zu teutsch heiszen sie stationierer.
si seint ein teil prosz verffirer :
?ensbein für heiltumb ffirens um,
bestreichen darmit die Völker fnun,
gewinnen! darmit hab und g4t.
Schade sat. u. paxqu. 1, 32, 207;
der stationierer seind vil in der cristenhait
die auf hohen rossen einher traben,
die saralen weck, käs und auch vil gelt,
grosz ^t tünd si zusamen tragen.
ÜHLAND völM. nr. 348, 9 {hand^chr. v. 1584—6);
auch kommen stationirer
Anthonier, Valentiner
die sagen vil erlogner wort
das sey geschehen hie und dort
bestreichen frawen unde mann
mit eim vergulten eselszan
und erschinden auch geltes kraffl
schreiben leuth inn jr bruderschafil
holten die zinsz all j&rlich jar.
H. Sachs 2, 1, 86^ {die Wiüemb. nacfUigcU v. 235);
mit der stacionierer brauch
ist vor der zeit das Teutschland! auch
betrogen worden mit vil secten
die voller lüg und listen steckten. 2, 4, 99* ;
einsmals kam auff jr kirchweyh dar
ein parfusser mönnich, der war
ein stacionirer schaickhaflt
mit sanct Anthonius bottschafft
auch ein seltzamer grillenreiser
im gmnd ein lauter bawmbscheiser. *
4, 3, S3^ {fchirank: der pfarrherr mit dem
stacionirer) ;
ausz eim todtenbeinhäuszlein stal {Eulengpiegel)
ein todtenkopff, den er allein
mit wen? silhers liesz fassen ein,
samb der todtenkopff ein heilthum wer,
eim pfaffen gleich sich kleidet er,
gleich eim stationirer reit,
mit seinem heilthum Sommerszeit,
hemacher in eim frembden land. 5,412'';
(F.ulentpiegeV) nam jm solch handtierung für,
die fürwar henckens werd ist schier,
nemlich zu sein ein statzionierer,
welches sind die grösten verrürer,
die in den landen schweifen umb
mit todtenbein und heyligthumb.
Fischart Eulerifp. 98 {cap. 30, v. 4026,
«. 160 Hauffen).
STATIONSABSTAND, m. abstand ztcischen zicei eisenbahn-
Stationen; die eiurichtting, dasz auf dem abschnitt zwischen
zirei nachbar Stationen nicht mehrere züge derselben rich-
tnng gleichzeitig fahren dürfen.
STATIONSAPOTHEKE, /. auf schiffen, 'medizin- und
Verbandkasten im rettungsschuppen'. Stf.nzel aeemänn.
STATIONSBAROMETER, «.. s. KAHMARgCH -Heeren»
1, 895.
STATIONSBEAMTER, m. beamter bei einer eisenbahn
oder telegraphenstation u. ähnl.
X. 2
STATIONSBILD, n. bei kreuztcegen, bild , das die der
Station {s. das. 2) entsprechende scene der leidensgeschichte
darstellt.
STATIONSBLOCKÜNG, /.. zusammenfassend für block
einrichtungen innerhalb der bahnhöfe, s. österr. stautawb.*
1, TS**».
STATIONSDIENST, m.
STATIONSDORF, n. dorf. das eine poststation bildet
{vgl. Station 3, a): die postpferde waren in dem daran-
stoszenden stationsdorfe erst nach ein paar stunden be-
stellt. EiCHENDORFF^ 3, 41 {taugen, i).
STATIONSFASTEN, n. im alten christenthum is zum
6. jahrh.), ein fasten, das an jedem mitticoch und sonn-
abend stattfand und 3 uhr nachm. endete, vgl. Station 8, d.
Wetzer-Welte kirchenl.^ 4, 1269/.
STATIONSFLAGGE, /. 'flagge der deutschen geseUschaß
ztir rettung schiffbrüchiger' . Stexzel seemänn. tob. 399^.
STATIONSGASMESSER, m., in gasfabriken, apparat zur
messung der menge des fertigen gases. Lueger 7, 476. dafür
Stationsgaszähler, m. fabriksgasuhr. Karmarsch-
Heeren' 3,712. 5,460.
STATIONSGEBÄUDE, n. bahnhofsgebäude. gebäude einer
missions-, einer unssenschaftlichen Station u. s. tc.
STATIONSGEHEIMNIS, h. das leidensgeheimnis. das der
einzelnen Station (2) eines kreuztceges entspricht. Wetzer-
Welte kirchenlex.- 7, 1133.
STATIONSGLEIS, n., auf rangierbahnhöfen, zum ran-
gieren nach Stationen innerhalb der richtungen. Lueger6,K2.
STATIONSJACHT, /. 'dienstfahrzeug des diefs einer
marinestation'. Stenzel seemänn. wb. 39S*>.
STATIONSKASSE, /. 'kasse für sämtliche einer marine-
station unterstellten marineteile'. Stenzel seemänn. «:6.399''.
STATIONSKIRCHE, /.. vgl Station 2 {besonders 2, rf)-
STATIONSKOMMANDANT, m. besonders in Süddeutsch-
land der älteste von mehreren gendarmen einer gendarmerie-
station -. der oberamtmann . . . klingelte nach dem amts-
diener, schickte ihn zum Stationskommandanten, zum
Wachtmeister der landjäger, und befahl, dasz sie alle
mit scharfgeladenen gewehren herkommen sollten. Auer-
bach dorfgesch. 1,99; unter den letzten kamen die hono-
ratioren von Erlbach, der lehrer, der schulgehilfe , der
postexpeditor und der Stationskommandant mit seiner
frau. Thoma Andr. Vöst 414.
STATIONSKOMMANDO, n. 'oberste kommando- und ver-
tcaltungsbehörde einer marinestation.' Stenzel aeemänn.
wb. seg*».
STATIONSKOSTEN, plur. abferOgungsgebÜhr bei der
eisenbahn.
STATIONSKREüZ, n. an den Stationen eines krettziceges,
s. Station 2. — stationskreuzehen , n. das mit den
ablassen eines kreuzxceges verbunden ist. Wetzer-Welte
kirchenlex.^ 1, lll. ähnlich stationskrnzifix, n. als
ersafz für kreuziceqe. 7, 1134.
STATIONSKREÜZER, m. kleiner Meuzer (kriegsschiff)
für den kolonialdienst.
STATIONSMEISTER, m., bair. für stetionsvorsteher,
*. das.
STATIONSORT, m. 'sitz des kommandos einer marine
Station'. Stenzel seemättn. wb. 399^.
ST.\TIONSPÜMPE, /. bei eisenbahnen.
STATIONSPUNKT, m. bei topographischen aufnahmen.
STATIONSSCHIFF, n. 'zum dauernden aufenthalt auf
einer auszerheimischen Station bestimmtes schiff', vgl. sta-
tionär. Stenzel seemänn. icb. 399".
STATIONSTELEGRAPH, m. 'elektrischer femschreiber
auf haupteisenbahnen zur Verständigung der bahnhöfe und
haltestellen unter einander' . Lueger 7,476. rfazw stations-
telegraphist, »i., -in,/.
STATIONSVORSTAND, m. bei der eisenbahn: er . . . liesz
sich vom Stationsvorstand und von allen bahnangestellten
gute reise . . . wünschen. H. Hesse unterm rad 25. ge-
icöhnlich dafür Stationsvorsteher, wi.
ST ATIONS WEISE , adv. stufenweise: {in Straszburg)
ahnte kein mensch, wie sich aus der fahrenden Sängerin
so ganz allmählich und stationsweise das zierliche fräulein
herausgeschält habe. W. H. Riehl 4, 48 {spielmannskind).
STATIÖS, STAZIÖS, adj. staat machend, prunkhaft,
prächtig. Umbildung aus staatisch, s. sp. 286, mit lat.-
60
947
STATISCH -STATISCH
STATISCH
948
roman. endung, damit es groszarüger klingen soll, scheint
nur der niedern, besonders mundartlichen redeueise anzu
gehören, hei Campe erg.-wh. verzeichnet, sonst nur in idio-
tiken : bair. Schm.-2, 792; am Rhein und Main (ä poor
staziöse zougfcih, kühe). Keiikein 1,386; hen)ieb. nett,
elegant, galant, fein (ein statiöser mensch das !). Spiess 240;
so auch hess. ein statiöses frauenzimmer ; nordthür. stat-
tifisch, Staat, prunk machend; stattlich, imposant. Ki, be-
mann 22», sdadiösch, anderswo idazi^s. Wv.\\TV.i. sprachsch.
232; leipz. staziös 'stattlich, prächtig, auch vom weiter,
wein u. s. w.' Albfiecht 216'', vgl. 215*, in Posen statiösch,
im gemeinen leben neben staatsch. Behnd 293; 7id. staatsiösk
neben staatsk {'so gibt oft der gemeine mann diesem uorte
die lächerliche französische endung'; dat sut staatsiösk
uut, das hat ein prächtiges aussehen), brem. wb. i, 1006,
statiösch Schütze 4, 182, staadschös {neben staadsch)
DÄHNEHT 4ÖÖ», stazios ('1. = staotsch. 2. staat liebend im
anzuge, in der haltung des köipers. 3. von impotiierendem
ansehn, stattlich'). Dann eil 210*', ostfr. (staatsk oder)
statiöös 'eitel, vielen staat machend'. STÜHENimiiO 258'';
staziöös 'kostbar geschmückt, prunkliebend'. 262''; westf.
statiSs geputzt Woeste 253'', waldeck, staziös (gekleidet)
Bauer -Coi.LiTz 174 {aus dem hd.); s. auch Fhommann
2, 180, 89 {Usenbnrg).
STATISCH, adj., s. staatisch {staut macliend, liebend;
prächtig).
STATISCH, adj. auf das gleichgewicht bezüglich; im
gleichgeicicht oder in ruhelage befindlich, auf gr. ararixoe
{zum stillstand bringend; wägend) zurückgehend, sehr ver-
breitet in netterer zeit als attsdrtick der viissenscluift, spe-
ciell der mechanik und technik, in mannigj'achen , meist
schwer faszbaren nuancen. gewöhnlich abstractei; besonders
in der Verbindung statisches moment. 'mit dieser bezeich-
nung wird das product einer kraft in den abstand einer
kraftrichtung von einem fixpunkte {z. b. drehpu7ikte) , auf
tcelcJien das statisclie moment bezogen wird, ausgedrückt.'
Kahmaksch-Hekhen'8, 448, vgl. Lueoer 6,419/. statische
berechnung von baucortstructionen , 'berechnung der'bean-
spruchungen durch belastung und andre eimcirkungen usw. '
LuEGER 3, 323. statisch bestimmte (unbestimmte) fach-
werke, wenn sich die stützenreactionen und stabkräfte aus
statischen bedingu7igsgleic}iungen allein ermitteln lassen,
dadurch bestimmt sind, 4, 21. 34. 36, entsprechend statisch
bestimmte träger. 7,696. dann concreter: statische elek-
trizität 'die auf einem leiter angesammelte elektrizität'.
Stenzei, seemänn. wb. 400*. statische lampcn 'sind so ein-
gerichtet, dasz das öl im fusze sich . . . in einer biegsamen
hülle eingefüllt befindet, welche durch ein darauf gelegtes
gewicht von blei etc. belastet \oird. der druck der letzteren
treibt durch ein . . . ventil das öl in ein senkrecht auf-
steigendes röhr, aus welchem es oben langsam, und gleich-
mäszig zum brenner flieszt u.s.w.' Kahmaksch-Heeren^
5, 250. — in der spraclie der medidn : statische function
des obres. Jon. GX1) real -lex. d^r medidn. Propädeutik
8, 1182 — 94; statische krämpfe 'l. die sog. ztoangsbewegungen.
i. die beim stellen oder gehen in den untern extremitäten
auftretenden krämpfe'. Eui.enhurg realeneykl. der ges.
Heilkunde 19, 89. — weniger technisclie, heute nicht mehr
übliche Verwendung zeigt ein älterer beleg: da mein erster
act mehr statistisch oder statisch ist, den zustand welcher
ist darstellt, aber ihn noch nicht eigentlich verändert.
SctiM.LEH briefe b, 2'ja {an Goethe d. 1. dee. 1797).
STATISCH, adj. nicht von der stelle zu bringen, wider-
spenstig, störrisch, parallelbildung zu stätig, vgl. das. sie
ist zuerst im mnd. belegt als stedisch, stedes, s. Sciim.ler-
LCuuEN 4, 874''. 876''. 80 giebt auch Frisch 2, 888* eitie stelle
aus Mevil's comment. in jus Lubecense und Itemerkt dazu:
Meviai gibt es retrogradu», aber es ist nicht ein solcher
fehler, sondern wenn ein pferd nicht fortgeht, so nicht
ein anders vorangeht, sonst erat bei Campe gebucht {unter
■Ulig 1, aU statisch, itctisch). in der nhd. litteratur
findet sieh das vtort seit Lrssino und MvBkv», bei beiden
•tetiscb geschrieben, wie auch sonst öfter (Tikck, s. u.).
überwiegend statisch, daneben auch stättisch (TiiCmmki.,
auek bei H6yi.KH) und synkopiert stÄtsch (FoUQU*:, Hoi.tki),
vgl. San 1»krh 8, i isi*/. zunächst utul eigentlich von pferden.
at6rriseh. da sie nirht von der stelle wdUen, wol attch,
wenn man sie antreibt, hinten aueeehtagen (im »inne einer
krankheit durch verhextmg bei Höpi.er krankheitsnatnenb.
675''): schnynige, stedische, amborstige und schoervede
pcrde, moegen binnen maen tydt . . . ahne unrecht edder
schaden des koepers . . . wederropen unndt der vorköper
to huss undt have geschicket werden, rüg. landr. {iß.jh.)
c. 81 bei Dreyer monum. anecdota (l760) 1,331;
ein pert, dat nicht wyl theen
dat IS gerne wahnsedych un stedes. kecker t. 327 ;
an verkaufflen pferden darff der vorkaufTer nichts mehr
gcweren, als dreycrley, nemblichen, dasz es nicht anbrüstig,
stettisch noch schnSbisch sey. Mevius jus Lubec. 3,6,17;
bey wem sie {die jnfei-de) physiognomische Überlegenheit
fühlen, den lassen sie aufsitzen, . . . sind . . . gutmüthig,
lenksam. ... wo sie aber . . . vermuthen, das übergewicht
sey auf ihrer seite, fangen sie flugs an sich aufzubäumen,
sind stetisch und störrisch, stolz, übcrmüthig. MusÄus
physiogn. reisen (1788) 3, 80; wir hatten auch ein pferd
beim rcgiinente, ... doch das war eine stät'sche bestie;
dagegen die Andromeda, das war ein braves thier. Hoi.tei
Chr. Lammfell 1, 88; eines ihrer pferde war statisch, und
ging nicht von der stelle. Geiser Kotzebue 272; dasz Pro-
kcsch fortgeht, ist mir nicht lieb, ich betrachte das ähn-
lich, als wenn ich ein statisches pferd, das ich 8 jähre
geritten habe und dessen tücken ich kenne, gegen ein
ebenso böses und fremdes thier vertauschen soll. Bi.s-
MAHCK br. an Gerlach 196 Kohl {26. febr. 1855);
dein stolzes rosz dich heut zu warnen scheint,
wird statisch als es dich zur stadt soll tragen.
Arnim Trösteinti. s. 350 Pfaff;
SO: mein Pegasus fing wieder an zu traben, wie er bei
den trauben statisch geworden und stehen geblieben war.
loerke 1,181. von einem esel {im vergleich):
bis er, hitziger werdend im streit, maszloses daher schwatzt
und wie ein statischer esel hinausschläft, wo es auch hintrifll.
ÄlöRiKE ped.» 148.
ungewöhnlich von Jagdhunden {im bilde) : als nun jener
wackre und mit sonderbarer klugheit begabte mann am
ende meine thorheit wahrnahm, liesz er ab, mit statischen
hundcn jagen zu wollen. Kosegarten rhaps. 3, 167. sonst
iia ausgeführten bilde: wehe dem regenten .., der nicht
den zäum locker hält, den er der freyheit anlegt, und
nicht immer fürchtet, das arme geschöpf, das unter ihm
seufzet, hartmäulich, stättisch, kollerig und unbrauchbar
für diese und jene weit zu entlassen! Thümmei. rei.<ie 5, 8;
die zeit wiegt schwer — wird auch vorübergehn !
(lächelnd.) 's ist schier, als ob sie stät'sch geworden war' ;
doch unser lieber gott
läszt irgendwo die sporen wohl schon fert'gen,
davor sie unversehns vorOberspringt.
FouQL'E dratnat. dicht. (1813) 201.
häufig auf menschen übertragen, zunächst mit ausgespi-oche-
r\em vergleich: er ist statisch wie ein pferd, »ehr eigen-
sinnig, starrköpfig. Wanuer 4, 782 {Ostpreusten). auf
andres übertragen, adverbial:
vielleicht,
da ihn der zauberbut noch nicht gewohnt,
läszt er ihn unterwcges fallen, schlägt
wohl stetisch aus, wie Talsche mähren than.
TiECK 8, 327 (Fortunat 2, 8, 4).
femer {im bilde): nun wohlan, meine liebe irascibilität !
wo bist du? ... spitzbübin ! so'i* du willst mich nur über
raschen ? und weil du mich hier nicht überraschen kannst .
weil ich dich selbst hetze, selbst sporne: willst du mir
zum trotze faul und stetisch seyn. Lessing ii,74<s. —
auch in mundarten • bair. stctüsch, stödisch {neben stöltiX
zunächst von pferden, ocluten. SciiM.' 2, 798, kämt sfölisili
{neben sttftik), von menschen und thieren, vortilglich pferden.
I.KXKR 248; man^f. stitsch vnderapenatig. jRcirr lo?'', da-
gegen nordthür. stAtsch ilberdriissig. suidder. Ki. ermann
22', beides bezetigt für Stiege ('stAtsoh atOrrisch. widrr
apenstig, nicht von der ateUe it< bringen, von tugtieren;
von menaehen: «inet aaehe müde, ilberdriiaaig'). Liesen-
HKHO 80&. beaondwa verbreitet im nd.; hamb. statisch von
pferden. RicHBY 878, brem. stcdisk, stJlisk [neben stcdig),
een stäisk peerd 'equ%t» restitator', een stäisken hnkk
'ein träger mensch, den man nicht aus der atelle. tu keiner
arbeit bringen kann, mit stäisken pcorden is quaad plögen
'mit unwilligen Leuten läatt aieh nichts anarichten', brem.
wb. 4, 1012, steedisch, steetsch von ungeaogentn kindrrn
und pferden. SchOtzk «, loo, een steedaob peerd. Dah- ,.j
949
STATISCH— STATIST
STATISTEREI
950
NERT 458'', stätsch Dan NEIL 209", ostfries. stäätsk Stüren-
BURG 259*. stetisk, stetsk, stätsk ten Doorxkaat Kool-
MAN 3, 311^/., stesch '1. stöckisch, störrisch; von eseln,
mauleseln, pf erden , die nicht von de>- stelle wollen; aber
auch von menschen • xciderspenstig . 2. zutcider, so dasz es
einem widersteht, ek hebb" et mek st6sch egeten'. Scham-
BACii 210». so auch preusz. statisch, stätsch, stßdsch, 'er
ist stätsch wie ein pferd'. Frischbier 2, 363", in den
Ostseeprovinzen statisch von pferden, unterschieden von
stätig. HuPEL 225.
STATISCH , adj. . für städtisch , s. das. (Atrer fastn.
sp. TS**).
STATIST,»», (mit betonung derztoeiten silbe und schicaelter
ßexion). ableitung von staat beztr. lat. status mit dem
fremden sufßx -ist. vgl. Weigand 2, 800. (ein als stamm-
tvort vorausgesetztes lat. statista existiert ebenso icenig tcie
ein gr. aTarioTtjs.) entsprechend engl, statist Staatsmann,
Politiker (schon bei Shakesp., mit betonung der ersten sUbe),
s. Skeat 593», schiced. statist Statistiker.
l) im 17. und 18. jahrh. in dem sinne 'Staatsmann, Poli-
tiker' (icie engl.), also mit deutlicher anlehnung an staat.
(daher auch zuiceilen staatist geschrieben, s. unten.) so
besonders bei autoren des 17. jahrh., doch auch noch bei
Lessing, in den uörterbiichern erst seit ende des l'. jahrh.
verzeichnet : statist, wird genennet, welcher den staat wohl
verstehet. Nehring man. juridico-polit. (i690) SU; statist,
der, politicus. ... er ist ein guter statist, artem tempo-
randi rempublicam apprirne novit. Stieler 2114/., sta-
tist, m. statista, politico, kuomo di stato. ein guter statist.
Kram er dic^ 2,913»; staatist, ein welt-mann, hof-diener,
l4it. aulicus, politicus, civilium artium, intelligens, pacis
artium et civilis habitus intelligens, . . . publicarum rerum
pei-iti. Apin. gloss. bOTr, rerum civilium peritus. Steinbach
2, 687; juris publiei peritus, rerum civilium, peritus. Frisch
2.313», und so noch bei Adelung und Kinderling (1795)
332 ('staatskundiger'), vgl. auch Schm.^ 2, 792. belege: ich
sehe wol, sprach der secretarius, jhr seyet nicht nur
ein wirth, sondern auch ein statist, der jhr das interesse
der potentaten verstehet. Philander 6 (1646), 155; unter-
dessen kan ich nicht vorbei, unsere herren Statisten und
weltleute, aus treuem gemühte ... zu erinnern ... J. Rist
neue passions-andachten {Hamb. 1664) vorber.; ich halte
dafür, dasz keine vollkommenere politic zu finden sey,
als in der bibel. die könige in Israel sind allesamt Sta-
tisten gewesen. Schuppius 2;
und nicht wenigen Juristen,
publicisten und Statisten. Lessing 1, 77.
häufig mit üblem nebensinn oder auch geradezu in die be-
deutung eines schlauen und falschen menschen, ränke-
Bchmieds, intriganten u. ähnl. übergehend: statist . . . 'sed
frequentissime in malam partem sumitur pro scelerato, et
pseudopolitico' . Stieler 2114/.; ein schlimmer, listiger,
seel- und heilloser statist, 'uno scaltro, ctipo, fino statista;
scoscientiato, disanimato statista, macchiavellista ed ateista'.
ein heutiger statist ist gemeinlich ein böser Christ. Krämer
dict. 2,913»; der teuffei ist ein betrieger, ein lügner und
ein mörder von anfang gewesen, und die Statisten sind
seine liebe getreue. Schuppius 2; weisz er nit, dasz er
ein alter hofmann, ein alter durchtriebener politicus,
ich hätte bald gesagt ein alter Machiavellischer statist
sey? 4; und ich musz lachen dasz die politici meynen
es gebe nur Statisten an grosser herren höfen. ich sag
euch, dasz kein stand in der weit sey, in welchem es
nicht Statisten gebe, die iandleut in den vier landen . . .
haben ihre rationes status. 7; was Jerobeam, desz königs
Salomons successor und dessen nachkommen für Statisten
gewesen seyn, davon wil ich auch anderswo reden, ich
erinnere mich, dasz einsmals . . . Thomas Lindemannus . . .
sagte, er glaube nicht dasz ein schelmstücklein in der
weit geschehe, das nicht in der bibel stehe. 8; Saul . . .
redete an diesem ort wie ein Machiavellischer statist. 14;
allein ihr mögt predigen bisz an jüngsten tag, so werdet
ihr keinen Statisten bekehren, so lang er ein statist ist. 88;
(mit lateinischer endung :) zum sechsten waren die Epi-
curai, das waren solche leute wie die heutige statiste
und mammoniste. 814; ein lügner, trägt des teufeis kleid;
mit dessen hofe-farben dann die itzigen Statisten, ihnen
die ihrigen zu vertuschiren pflegen. Buischky Pathmos
s. 106; nach einem undankbahren, halte ich nichts schäd-
lichers, als einen fuchsschwänzer; als welche in der
neuen Statisten schule gantz abgescheumt. 264; gewinn,
der Machiavellisten und so genanten neuen Statisten,
man höret und lieset selten, das ein fürst, der den
Machiavellum oder neuen statisten, in seinen anschlagen,
zum director gemachet, und alle seine regeln practi
ciret .... sein reich und länder weit ausgebreitet. 524
(». auch s. 176. 533) ;
regiments-verständige. {überschr.)
es ist ein volck, das heist statisten,
ist von verstand und scharffen listen,
doch meinen viel es seyn nicht Christen.
LOGAU 2, 6, 98 (». 137).
dazu: Statisten- griff , m. astutia , trama, macJnna,
sottigliezza di statista, artificio statistico ö politico. sta-
tisten-himmel, m. cielo d paradiso de' falsi statisti.
Kram er rficf. 2, 913».
2) in ganz anderer bedeutung erscheint da» icort in der
heutigen spräche: 'statisten, auf dem theater, xcelche die
rolle stummer personell spielen.' Jagobsson 7, 429" (1794);
'statist, in der bühnensprache, so viel als figurant; eine
stumme person.' C.küpe erg. -tcb.; daher: stumm wie ein
statist! 8oQv(fOQr}uaTos rQonoT. Eiselein 577. vgl. auch
theaterstatist, th. 11, 340. in diesem sinne wol auf status,
das stehen, bezogen: einer, der blosz dasteht, ohne zuspielen,
so seit Lessing (der auch noch die bedeutung l kennt) in
der deutschen litteratur üblich: alle müssen auf einmal,
bey erblickung desselben (de« gespenstes), furcht und ent-
setzen äuszern . . . nun richte man einmal eine heerde
dumme statisten dazu ab. 7, 52 (Hamb. dramat, 11 st.,
5. juni 1767); einer ihrer Verehrer . . . ging sogleich den
architekten aufzufordern . . , dasz er als baumeister das
grab des Mausolus zeichnen, und also keineswegs einen
statisten, sondern einen ernstlich mitspielenden vor-
stellen sollte. GÖTHE17, 232 (wahlvertc. 2,i); die hinten
über schwebende büste scheint eine helfende person an-
zudeuten, die der hauptfigur die requisiten zureicht und
gelegentlich einen statisten macht. 44, 196 ('der tänzerin
grab'); ich habe oft darüber nachgedacht, ob der general-
intendant jenen zug nicht viel besser darstellen und uns
das bild einer prozession viel treuer vor äugen bringen
könnte, wenn er die rollen der katholischen pfaffen nicht
mehr von den gewöhnlichen statisten, sondern von jenen
protestantischen geistlichen spielen liesze. Heines, 388
Elster (Stadt Lucca i) ; die letzten proben gelten dem
ensemble. die kleinen rollen werden nachgebildet, die
komparsen werden geübt, die statisten eingeordnet.
Laube ausgeic. werke 6, Hl Houben (nordd. theater 9); sie
wurden als höhere statisten zugelassen. 9, 317; unter
diesen statisten war eine prächtige gestalt, und die be-
sasz auch wirklich einiges talent zum komödienspiel.
ebenda , wenn nun gar militärische evolutionen vorkamen,
da probierte er mit statisten, sie eifrig belehrend, wie
man vor hundert und zweihundert jähren marschiert
sei. 317 ; es ist nicht streng genug zu rügen, mit welcher
unverantwortlichen impietät . . . die meisten theaterinten-
danzen und direktionen und personales bis zum ge-
ringsten Statisten herab mit Shakespeare verfahren.
Ludwig 5,48. im bilde: das faktum ... scheint sogar
wahr zu sein, da es der baron Stürmer, einer von den
drei statisten der groszen tragödie (Napoleons gefangen-
schaft), konstatiert hat. Heine 3, 452 Elster (engl, fragm. 4).
— dazu: genau und streng ... führt er (Göthe) über-
haupt die regierung seiner Schauspieler, die ersten mit-
glicder muszten statistendienst leisten. Laube 6, 48
Houben (nordd. theater i). attch statistenrolle ist ge-
läufig.
STATISTEREL /.. zu statisti, im tl. jahrh.: statisterey,
die, psettdopolitica, quam diabolicam politicam appellant,
ratio Status, cognitio secreta, et arcana ars gubernandi
rempublicam. Stieler 2115; statisteria, politica. durch
statisterey, per finexze e stratagemi di stato etc. Kramer
dict. 2, 913»; und der könig selbst, seine reichs und andere
räthe . . . hätten die stadt Niniven mit aller ihrer sta-
tisterey, mit aller ihrer artillerey, mit allem ihrem volck
nicht conserviren können, v.ann sie desz propheten Jona
rath nicht in acht genommen hätten, und fürwar in
diesem angezündeten kriegsfenr wil keine Maohiavelliscbe
60*
951
STATISTIK — STATISTISCH
STATIV
952
statisterye (l. statisterey) , keine pralerey der cavallierer
helffen. Schuppius 401; mummerey ^ statisterey = trü-
gerey. Butschky Pathmos nr. 176 (überschr.).
STATISTIK, /., abstractbildung zu statist l, vielleicht
aus dem franz. statistique übernommen, s. Weigand2, 800;
entsprechend holl. statistiek, engl, statistics, schroed. Sta-
tistik, erst seit mitte des 18. jahrh. nachweisbar, zu-
näcJist ganz in dem entprechenden sinne: Statistik, staats-
künde. Kinderling (1795) 333; sfaatsvnssenschaft. 428 (hhn-
wort aus dem lat.; neues wort bei autoren des 18. jahrh.);
'statistic, die staatenlehre, und beiwohnend die Staaten-
künde.' Campe erg.-wb., vgl. auch: daher auf akademien
das barbarische Statistik geschmiedet, handschr. bem. v.
Voss zu statist (Looau 2, 6, 80) ; der begriff der sogenannten
statistic wird sehr verschiedentlich angegeben. Achen-
WALL Vorbereitung zur staats\cissensch. (1748) .9. 3; der be-
griff der sogenannten statistic, das ist, der staatswissen-
schaft einzelnerreiche, abrisz derstaatswiss.{ili9) s. l {sonst
dafür Staatswissenschaft, -lehre); so treiben sie mathe-
matik, logik, Statistik, maschinenverbesserung, bürger-
sinn, Stallfütterung. Heine 3, 184 £^^cr {ideen kap. \b).
in neuerer zeit Jiat sich die bedeutung etwas gewandelt:
die Statistik ist eine stillstehende betrachtung der staats-
kräfte eines landes für eine gegebne epoche. Gaspari-
Kres-Hassel allgem. einl. in d. erdbeschr. (1819) 10 bei
Sanders 2, 2, 1182»; 'die auf erschöpfende, in zahl und
masz festgelegte massenbeobachtungen gegründete klar-
legung der zustände und erscheinungen des gesellschaft-
lichen menschlichen lebens'. Elster wb. der volksw.^ 2, 983,
»./emerRoTTECK-WELCKER *<aate^a;.'l3,736 755 (G. Vogt).
Bluntschli-Brater d. staatwb. lo, 400-481 (Ad. Wagner).
Bachem stnatlex.'^ 5, 522-529. so im einzelnen : bevölkerungs-
statistik. Bluntschli-Brater 2, 125; Verwaltungs-sta-
tistik, massenbeobachtuiig für die zwecke der Verwaltung.
handwb. der staatswiss. 6, 1006 — 1072; Stengel wb. des
deutsehen verwaltungsr. 2, 782 — 785. (hauptergebnisse der)
berufsstatistik. erg. 3, 28; Statistik des wahrenverkehrs.
wb. 2, 980/.,- Zollverwaltungsstatistik 981'; kirchliche Sta-
tistik (Statistik des kirchlichen lebens). Herzog real
encyclop.^ 18, 777 — 779; Statistik des getreidehandels in der
neuesten zeit, handwb. der staatswiss.'^ 4, 304; Statistik der
verbrechen, Selbstmorde u. a. vi.; es ist noch die frage,
ob die Statistik in diesem betreff {der Sittlichkeit) nicht
gar zu gunsten jener zeit ausfiele. Vahnhagkn v. Ense
tageb. 14, 64. dabei hat sich der begriff der Statistik all-
mählieh ganz verschoben , sodasz man dabei ueniger an
den inhalt der Wissenschaft denkt — erforscJiung der zu-
stände und erscheinungen des staats- und gesellschaftslebens,
was immer noch den inlialt der Statistik als besonderer
wiasenschaß ausmacht — , als an die eigenthümliclie methode :
erforschung von zuständen oder wiederkehrenden Vorgängen
auf grund zahlenTnäsziger massenbeobachtung, und so den
ausdruek im sinne dieser methode auch auf andere wissen-
Schäften, wie naturwissenschaft {z. b. Statistik der erdbeben),
Sprachwissenschaft (Statistik von lautübergängen n. o.)
u. ». V). anwendet.
STATISTIKER, m. der sich mit Statistik beschäftigt, der
beeleutung dieses wotres entsprechetul, nach Weigand 2, öoo
seit der 2. hiUfte des 18. jahrh. (?); "Statistiker ist ein
Staatenlehrer und staatenkundiger.' Campe erg.-wb.
STATISTIN, /. figurantin. zu statist 2 : in don Karlos
. . . schöne , steife grandczza der Statistinnen 2C. , be-
sonders in der ersten audienz. Eichendorkk fahrten u.
Wanderungen 27 Nowack (vom j. 1809); die not des augen-
blicks hatte vor einigen jähren einer Statistin eine rolle
anvertraut, und diese Statistin war mit einem male
durch natürliche einfacbheit und liebenswürdige anmut
Rose Chdri geworden. Laube attsgew. werke 9, 90 Hauben;
Über sein Verhältnis zu einer Statistin vom sommer-
theater . . . amüsierte sich die ganze Stadt. Th. Mann
Buddenbrook» l, 448.
STATISTISCH, adj. tu sUtist und Statistik, vgl. hoU.
•UtisUsch und Weioand 2, Roo.
1) tu Statut 1 und Statistik , 'staaUnUhrig , Staaten-
kundig'. Camps erg.-iM. »o in der altern spräche, der
äUem btdeutung von statist und statisterci enttprtehend :
•tatistiach, . . pMudtfjtoHtctui , et pseudopolitice. auf sta-
UsUsohe art, mort aulieopoHheorum. Stiklkr MU. beUge:
die könige in Israel sind allesamt Statisten gewesen,
wer ihr leben recht betrachtet, wird eben das darin
finden was die statistische politici im Tacito oder
Machiavello suchen. Schuppius 2 {zuschr. des 'Salomo'
1657); dazu: wann das zigelein im compass, mit neu-
statistischen fünden ...bestrichen ist, so kan es den
weg ohne irrtum nicht weisen. Butschky Pathmos s. 268;
man sehe ein land an , wo die Machiavellischen und
neu-statistischen künste, am heufigsten und subtilsten
in schwänge gehen. .524; diesemnach solten ja billich
... so manche schifbrüche derer leute , die . . . dem
Machiavello und neuen Statisten, und deren regeln, in
der schiffart ihres regimcnts . . . wie einem leit-sterne
gefolget, alle Machiavellische, neu-statistische schrifften
und renken . . . den regiments-personen, und allen policey-
weisen, verleiden. 525; mein leser, hier hast du eine
neue einleitung in die Staatswissenschaft der vornehmsten
europäischen reiche, sie ist aus dreyjährigen Vorlesungen
entstanden. . . . ich entwarf anfangs kurze sätze, . . . und
fand Ursache, bey diesem . . . leitfaden meiner statisti-
schen stunden beständig zu bleiben. Achenwall abrisz
der staatsvriss. (1749) vorr.
2) der netiern bedeutung von Statistik entsprechend:
statistische berichte. Bluntschli-Brater rf. stautswb.
9, 140; statistisches matcrial. 4, 4€0; statische ämter österr.
staatstob. 2, 1470, centralcommission 2, 958. 14<j9'', ministe-
rialdepartcments 14€9, gcsetze 1470''; städtische statistische
ämter. Elster wb. d. volksw.^ 2, 994»; internationale sta-
tistische kongresse 994'* ; besonders statistische gebühr,
von nicht zollpflichtigen waren bei Überschreitung der
landesgrenze erhoben. 995''/. östtrr. sfaatswb. 2, 1601''.
Stengel verwaltungsr. 2, 979. belege: Schupp sagt sogar:
'in der weit sind mehr narren als menschen — ' . . . be-
denkt man, dasz der grosze Schuppius in Hamburg ge-
wohnt hat, so findet man diese statistische angäbe gar
nicht übertrieben. Heine 3, 177 Elster {d. buch Le Gratid
14); Dieterici als haupt der statistischen behörde. Varn-
HAGEN V. Ense tageb. 2,299; guter witz, das statistische
amt lege listen an, wie viele majestätsbeleidigungen im
jähre vorkommen, nach den provinzen, ständen! 7, 146;
die entscheidung hinsichtlich des allgemeinen ist auch
deszwegen schwierig, weil es auf statistische ermitte-
lungen ankommt, auf welche zahlen und gesinnnngen
man {bei den wählen) rechnen könnte. 12, 53; der minister
des innern hatte dem statistischen bureau aufgetragen,
die thatsächlichen zahlen {der ehescheidungen) genau an-
zugeben. 77; durch statistische angaben wird dargethan,
dasz bereits vor 1806 ein starkes viertheil der preuszischen
Offiziere aus bürgerlichen bestand. 388; jedermann weisz,
wie miszlich alle schlachtenpunkte sind .luf der modernen
szene und vor einem modernen publikuni, welches . . .
alles mit statistischer genauigkeit vor sich sehen will.
Laube ausgew. tcerke \, 251 Houben {burgfh. 1, \b); die wich-
tigste zeilungsrubrik, die der statistischen notizen. Fon-
tane von r!or u. nach der reise (1894) s. 43.
3) t»n 18. jahrh. zuweilen im sinne des fietttigen statisch,
vgl. daselbst: 'statistisches moment {mcehanikus), hei.s:t
das Produkt einer bewegenden kraft um hebet in ihrer ent-
fernung vom ruhepunkte, sind diese produkte auf beyden
Seiten des hebeis gleich, so erfolgt gleiehgewicht und ruhe
stand' u. s. tc. Jacoilsson 7, 429''. ähnlich könnte man es
in folgender stelle nehmen: dogmatik und kirrhenrecht
. . . sind weder relipion, noch Weisheit, die von oben hcrnb-
kommt; sondern irdisch, menschlich . . . nach dem ab-
wechselnden System dos statistischen gleich- und Über-
gewichts, oder bewaffneter toleranz und neutralität.
Hamann 7, 69, doch ist eher 'politsches gleichgetcidit, gleich-
getcicht der Staaten' ttt verstehen, vgl. noch Sciiillrk
Ar. 6, 298 unter statisch, ico statistisch oder statisch sich
der heutigen bedeutung des ersteren (*. 2) stark annähert.
STATIV, n. {mit arctnt at{f der letzten silb«) gestell für
Instrumente und apparate. auf dem lat. adj. («lativus,
'frststrhend', beruhend , vgl. Wiigand 2, 800. — brijegnet
in entstrllter form und aburichender bedeutung {'stellorgel')
schon in dem nd. Schauspiel 'TeweseJien hofhtgdt', surrst
gedruckt Hamburg 1640; so hacn secn en dinck , dat
•chöreD se weor an, se hcttdent yo stastieff, eer pusci-
tiTe (fider pontiv), dem stecken se twe pUsler in den
953
STÄTLEIN — STATT (L. 1- 2)
STATT a. 2. 3)
954
eers, im blosen en den vuU winnes, en sat dar und
dargede dat mitn fingern, wo schreide dat ahrme dinck
denn. tid. bauernkcnnöd. s. 237 Jellinghaus. vgl. s. 2ö9. —
im heutigen sinne seit mitte des 18. jahrh.: stativ, wird
bey den geometrischen und andern zu messen dienlichen
instrumenten das bequeme gestelle genennet, worauf das
instrument ruhet, und nach gefallen gewendet werden
kann. Eggers kriegs-lex. (1757) 2, 981 {genaue beschreibung
981 — 983); 'ein gesteU, worauf man eticas stellet; ein vor-
nehmlich in der mathematik übliches tcort, wo besonders
die gestelle, worauf die zum feldtnessen dienlichen tcerk-
zeuge gestellet icerden, diesen nahmen führen.' Adelung;
s. ferner Jacobsson 4, 2G0''. Kinderling 333 {'gestell,
rüshtng"). Campe erg. wb. so auch in der heutigen spräche
der Wissenschaften und der technik : stative für geodätische
instrumente, dreifiiszgesteUe mit einem zur befestigung der
instrumente hergerichteten obertheil. Lueger 7, il6f., vgl.
Stenzel seemänn. wb. 400'; stative, gestelle, um, apparate
oder theile derselben zu tragen oder in geeigneten Stellungen
festzuhalten. Fehling handwb. der chemie 6, 104€ — 1049,
apparatenhalter. Bkkstowski handicb. derpJiarmacie2, 618*'.
— selten in der litteratur: ein groszes fernrohr mit
stativ. G. Hauptmann Pippa 59; endlich bleibt er hinter
dem fernrohr stehen, dreht es auf dem stativ. 67; im
bilde: obgleich oft gute menschen ihr ich nur zum maler-
gestelle des Universums machen, und aufs individuelle
blos das allgemeine zeichnen, indesz andere die erd-
kugel zum stativ ihrer Winzigkeit unterstellen, und wie
die Franzosen, wenn sie man sagen, zwar lio, 375 millionen
menschen nennen, aber keinen meinen als einen. J. Paul
20 (Jubelsen.), 98.
STÄTLEIN, n., als vereinzelte deminutivbildting zu Staat,
also eigentlich stäätlein (vgl. stätchen) belegt Sanders
3, 1162'= aus Jahn merke 55; die werke von Euler haben
indessen: inmitten Deutschlands sind binnen wenig jähren
ein paar hundert staatlein gröszeren landgebieten ange-
markt worden, und umgekehrt wieder gröszere Staats-
gebiete in kleinere zerschlagen. 2, 519. — *. fer)ier
stättlein.
STATLICH, adj., s. stattlich und stadtlich, sp. 479.
STÄTUCH, adj.. s. stetlich.
STÄTS, adv., s. stets.
•STATSCH, /«., spitziges riedgras, carex acuta. Nemmich,
danach Campe. Pritzel-Jessen.
STATT, /. (yrt, stelle.
I. herkunft und form.
1) statt ist ein gemeingerm. wort, dessen grundform
*stadi-z identisch ist mit dem idg. verbalabstractum zu der
xourzel sthu- 'stehen'. *sthati-, {oder *sth9ti-), vgl. altind.
sthiti-, gr. ozdais. lat. adv. stattm 'sofort' {daneben mit
langem wurzelvocal awest. stiiiti, altslav. po-stati 'fre-
tÜmmung') s. Fick^ 3, 340. *1, 147. Pkellwitz etym. wb.
der gr. spräche^ 199/. Wächter 1590. Weigand 2, 800.
Kluge** 376*. — während aber das wort in den andern
idg. sprachen fem. ist, icie die abstractbüdungen mit -ti-
überhaupt, erscheint es im gröszten tlieile des germ. Sprach-
gebietes als masc. • got. staj)s (stads , dat. stada , acc.
sta{), stad, dat. pl. stadim, acc. stadins); altn. stadr
{geil, stadar, pl. stadir) Cleasby-Vigfusson 586*, fär.
stadur, norw. stad Aasen 742*, altschw. stat)er, schiced.
stad {'Stadt' und 'ort. stelle'), dän. stad {'stadt', daneben
sted, neutr., früher com., 'stelle, platz'); ags. stede, ort.
fester platz; festigkeit. zustand. Bosworth-Toller 914,
mittelengl. stede , neuengl. stead , vgl. Skea r 593''. der
grund dieses wechseis ist wol darin zu Stichen, dasz im
germ. für stä- die erweiterte wurzelform sta{)- herrschend
vurde (standan, *. unter stehn); indem stadi- auf diese
bezogen wurde, zerlegte man es in stadi- und so trat es
tu der einst sehr Miebten abstractbildung mit -i- über,
die mit wenigen, ausnahmen masc. Charakter hatte, s. Kluge
ttammbildungsl.^ § 115. (vgl. jedoch auch die entwicklung
von germ. bakiz, *. bach. th. l, 1057^.)
2) nur bei den Westgermanen des festlandea ist das fan.
bewahrt oder wieilerlterge.stellt :
a) altfries. stede, in Rüstringer mundart stidi, ». Siebs
»n Pauls ^rundr.' 1, *. 1186. 1192. 1238. 1370; ebenso alt
merseb. stidi, s. 1157, anm. 1,3, gen. stedes, -is 134o(Richt-
MOFEN 1046 giebt die formen sted, stid, steth, steith, acc
stidi. stede, sted, gen. stedis, dat. stede, stidi, stetha,
steithe — ?), jetzt wang. stidi s. 1380, saterl. stgda, sted
1386, auf Schiermonnikoog 1428, vgl. s. 1186. 1192.
b) alts. stedi (so in Hei. u. gen. ausschl. als nom. dat. acc.
und nom. pl.; abxceichende formen in den kleinem denkm.:
nom. pl. -stadi im ältesten Werdener heberegiste r. Wadstein
23, 13/. , dat. s. stida in d. Freckenhorster heberolle 39, 15,
-stidiu in d. Lamspringer glossen 67, 15; der vereinzelte acc.
6nna uuihstedi, gen. 161, ist wol nur verschrieben für ena,
da sonst überall das fem. deutlich ist); mnd. theils in
regelrechter fortsetzung der alts. form stede, tcofür Braun-
schiceiger und Goslarer quellen stidde bieten (d. städte
chron. 6, 134, 13. 16, 113, 68. deutsche chron. 2, 592 , 22. 3l),
s. Sghiller-LCbben 4, 371/., üieils in der kürzeren form
stat S61^f. (besonders im Sachsensp.. Saclisenchron. toid
der nd. dichtung, also hd. einflusz?), vgl.: locus .. . stad,
stede. DiEF. nov. gloss. 238*' (nd.lat. tcb.). ztitceilen wird
detMich unterschieden zicischen stede, locus, und stad,
urbs, z. b.: wo de peweler und de barvoten hir erst in
de stad quemen . . . (i224) quemen hir de predigere . . .
und bischop Albrechte graf on de stede, dar nu sunte
Agneten closter lit (vgl. unten II, A, 2, ö) ... do quemen
ok de barvoten hir des jares 1225. de seten vif jar buten
der borch, dar na quemen se in de stad, dar se noch
Sitten, d. stadtechron. 7, 146, 10 — 16. — über den dat. stade,
dat. plur. staden s. tmten II, B. ein gen. des Stades scheint
nur in der bedeutung 'stadt' vorzukommen, s. oben sp. 421
und Schiller Löbben 4,368».
c) ebenso stehen mnl. stat tind stede neben einander
{altnfr. ist der dat. stede belegt), vgl.: stad, stede, locus.
KiLiAN 2, 624''; daneben: stede plaetse, locus, sedes (und
tceiter: stede vel stad, urbs. civitas. oppidttrn). 631*. jetzt
ist hoU. eine differenziening eingetreten, sodasz dem hd.
statt, statte ein stede, stee, tinserm, stadt dagegen stad
entspricht, doch latitet der plur. zu diesem steden, der
eigentlich zum sing, stede gehört, s. Franck 952 und
TE Winkel iti Pauls grundr. ^,858.
d) ahd. stat (gen. dat. steti, stedi Is.. alt vereinzelt stati,
jünger stete, ebenso im no-m. acc. plur.; gen. plur. stetio,
-eo, -o, dat. plur. stetim, -in, -en). Graff 6, 638 jf. (sehr
liäußg ist ahd. stat als 2. glied von Ortsnamen, theils
ttnßectiert als -stat, theils im dat. -steti, -stete und plu-
ralisch -stetim, -in, -en; entsprechend alts. auf -stedi,
-stidi , -stede , -stide , -stidde , vereinzelt -stadi , -stedie,
s. Förstemann namenb.^ 2,1363^"). — nüid. stat, plur.
stete Lexer Ä^i?irf»c6. 2, 1144: locus stat, stad, stayd, nd.
stede. Dief. gloss. 335*; die Schreibung staid neben stad,
Stadt, stat häufig im Alsf pa.ssionssp. der gen. dat. lautet
zunächst stete, später zu stet apokopiert ; doch kommt
daneben früh die endungslose form stat auf; sie findet
sich schon im Iic. im dat. sing, atisschlieszlich, s. Zwier-
ziNA beoachtungeyi s. 486. doch hielt sich stete, stette
(mitteld. stede, z. b. im Alsfelder passionsp.) daneben bis
ins 15. jahrh. — timgekehrt dringt dann auch dieflectierte
form in den nom. acc. ein; so schon um 1250:
din gehfigde und dfn verstau
und din guot wille mugen hän
deheine wernde stete albie.
Lampreht V. Regensburg tohter r. Sijon 852.
auffallig ist. dasz iwi 'Wilhelm v. Österr.' der Johann
V. WCrzburg, ICO die der ausgäbe von Regel (Berl. 1906)
zu grtmde liegende Gothaer handschr. aus der l. hälfte
des 14. jahrh. stammt und oberd. (bair.f) sprachcharakier
zeigt, mehrfach stede im reim auf rede mit einer nicht
sehr gewöhnlichen sinnesnuarice ('statte. Sammelplatz") be-
gegnet: din bertze ist volle stede
eren sunder kunterfait. 2122;
do si gelas die senden rede,
ir claren 2eugel fein stede
vol hai;;er trajhen wurden do. 2584;
in missezimt al s6lhin rede:
geluck bat der em stede
mit iu so gef&Uet. 13102.
3) neben dieser bildung steht eine andre mit dem suffix
idg. -ta, vgl. Kluge stammbildungsl. % 120. etgm. icb.^ 376'».
sie ist besonders dem detitschen Sprachgebiet eigen, im alt-
nord. entspricht mit sehtcacher flexion stada (gen. stpdu)
stund, stelle. Cleasby-Vigfusson 585'' (das starke stpd,
ankerplatz. liafen 602'» ist tcegen des gen. stodvar nichi,
955
STATT (I. 3. 4)
STATT (I. 4)
956
direkt vergleichbar, scheint vielmehr die gleiche bildung wie
lat. statua), vgl. dazu dän. stade, n. marktstand, kirchen-
aitz. unklar ist die Stammform in altfries. statha, stata,
grundstück, landgut. Richthofkn iom'', wozu federstatha
730*"; d4izu vielleicht alts. marcstada, macellum Wadstein
kl. denkm. 97', 17 {Werdener Prudentiusgl., lO. jahrh.). —
eine ganz andere bedeutung und gröszere häujigkeit zeigt
das hd. icort : ahd. stata, locus, Status, cousfitutio, facul-
tas, sumptus, occasio, positio, opportunitas, num. Grakf
6, 642/.; Tnhd. State, stat, mitteld. auch stade 'alles ioo-
durch etw. gestatet wird, loodurch es möglicJi wird es ins
werk setzen: bequemer ort od. zeitpunet, gute gelegenheit,
bedingende Verhältnisse, umstände, läge.' Lexer handwb.
2, 1146. in demselben sinne da7in auch mnd. stadeScuii.i.EK-
LÜBBEN 4, 350», mnl. stade, gelegenlieit, zustattenkonimen,
hilfe, holt, stade (tu te stade komcn). vgl. auch unstatte.
— schon spätmhd. ist dieses wort durch den im oberd.
normalen abfall des auslautes -e in der endungslosen form
des tiom. aec. sing., die weitaus am übliclisten ist, mit
dem unter 1 beJiandelten lautlich zusammengefallen, ein-
zelne beispiele bietet schon die klassische zeit:
'e; tuot mir herzenltchen wol.
dag ich hie strites vinde stat.
'ja, benamen, du wirst sin sat.' Wig. 4787;
daz ich nach den habechen bat.
sicn hat gefUeget mir diu stat
d«^ si mir sint zen banden komen.
Büerolf 7024.
über einen besonders auffälligen fall bei Walthkr von
DER Vogelweide 119, 34 vgl. Lachmanns anm. nhd.
ist eine Scheidung noch weniger durchzuführen, da
stat(e) überhaupt in der alten freien verivendung im
16. jahrh. erlischt (s. unten II, B), tirid sich nur in ge-
wissen festen verbindiaigen m,it verben hält, wo es indessen
mit altem stat concurriert und immer mehr zusammen-
flieszt, s. unten II, C. deutlich erlialten ist nur der dat.
pl. in gewissen präpositionalen redetvetidungen , s. unten
II, B, 7 — 8; in einem falle ist er allerdings an stelle von
älterem statt {im, sinnei) getreten, s. II, A, 4, e, — ein weiterer
beweis, dasz beide Wörter im, Sprachgefühl nicht mehr aus-
einander gefüllten ioerden. uvnn sich vereinzelt im IG. jahrh.
die Schreibung statte, state findet, so ist dem, schwerlich
irgend icelche bedeutung beizumessen:
und doch nir?cnt kein statte funden,
daran sie füglich wohnen kundten.
H. Sach.s 5,89»;
dnimb, dieweil wir sie auf warer täte
pfänden haben, geben wir kein State
irer lögn, die sie aus list ertichtet.
Rbbhun Stuanne 4, 8, v. 294 {schaunp. aus dem
16. jahrh. 2, 76).
4) tcährend also diese alte Unterscheidung zwischen alul.
stat und stata im nhd. verloren ist, hat sich eine nette
differenzierung durchgesetzt und zu einer Spaltung des alten
fitat in drei nhd. Wörter geführt.
a) schon frühmhd. hat stat die speciellere bedeutung
'ortachaft, oppidum' angenommen, wo es das ältere bürg
allmühlieh verdrängt, sie ist sogar schon ahd. in einigen
stellen deutlich vorhanden: gieng O3 fon thera burgi in
»tat Ihiu Bethania heijit {abiit foras extra ciritatem in
Bethaniam) inti thftr uuoneia. Tat. 1I8, 4; vgl.:
ein bürg ist fhär in 14nte, . . .
zi thcni gleti füart er thia druhttnes müator.
OTKRIt> 1, 11, 26.
im nhd. hat sich hieraus ein besonderes wort entwickelt.
die abtrennung ist zunächst in der gcKreihung volltogeti,
indem schon im anfang des 16. jahrh. in diesem speeiellen
sinne stadt aufkommt, tooneben sieh allerdings stad, stat,
Btalt bis ende des 17. hält; doch ist sie auch sonst deut-
lieh vorhanden, t. b. wenn Hui>8ius 80«'' unmittelbar nach
einander 'statt, ». ort, m. lieu' und 'statt, /. viUe' als
verschiedene Wörter aufführt, ebenso ?)Cnoi-rv.i. 1421 {beides
stat, /.; erat Stiki.kh unterscheidet iitadt und statt).
jetzt ist sie atteh in drr gesprochenen spräche \renigstens
im plur. detitlich, ico die alte starke fttrm stRdtc in dieser
bedeutung erhalten ist, die sich von dem sing, statte durch
länge des voeaU unterseJieidet. s. oben sp. 490 Jf. {die ur-
sprüngliche Identität leuier kennt Adki.üNO.)
b) die alte flexion : nom. aec. stat — gett. dat. st«!« liaee
eine doppelte ausgleichung tu. indem jede dieser /ormem
verallgemeinert und für den ganzen sin,g. verwendet werden
konnte, gewöhnlich hat dabei unter dem einflusz der con-
.lonant. decl. (naht, mäht) die nom.-form, gesiegt, urie über-
haupt bei den weiblichen i-stäinmen, doch findet sich ver-
einzelt schon im mhd. auch stete, stede in der geltung
eines nom. aec., s. oben 2, d zu ende, dabei war wol von
ausschlaggebender bedeutung, dasz im nd. {vielleicht auch
in benachbarten strichen des mitteld.) stede die lautgesetz-
liche gleichmüszige form des ganzen sing. ist. jedenfalls
preist das nhd. von anfang an statt und statte als gleich-
berechtigte wcn-tfortnen neben einander auf, die in der be-
deutung nicht merklich unterschieden, dagegen in der ge-
Irrauchsspliäre deutlich gegen einander abgegrenzt sind.
statt hat sich nämlich im allgemeinen nur in gewissen
festen Verbindungen und fügungen erlialten {als aec. und
dat. sing.), die unter II, C und D befiandelt sind; darüber
hinaus kommt es im 16. jahrh. noch häufig vor, seltner
im, 17. jahrh., rind wird in der neuern dichtung (19. jahrh.)
wieder erneuert; in der allgemeinen spräche ist es üblich
geblieben in geioissen .sprichrcörtlichen redetceisen und als
zweites glied von zusamm,ensetzungen, doch ist hier ein
rückgang unverkennbar, s. unten II, A. vgl.: die statt
für stelle ist im hochdeutschen als eigentliches haupt-
wort veraltet. Heynai z Antibarb. 2, 443 {n%ir statt haben,
finden, zu statten kommen, von statten gehen und statt
als Vorwort werden anerkannt), dagegen ist in der all-
gemeinen bedeutung 'locus' statte ztir lierrscliaft gelangt,
das nun gerade in den für statt reservierten gebrauchs-
loeisen (II, C. D) gemieden tcird. es ist als besonderes wort
an seiner stelle behandelt.
c) diese imtersclieidung ist schon bei Luther durch-
geführt, wenn auch einzelne ausnahmen vorkommen ; sie
ist besonders deutlich in der bibelübersetzung , wo die ver-
gleichung mit dem grundiert sie mit Sicherheit erkennen
läszt; die überwiegenden schreibiceisen sind : l) stad, plur.
stedte, übersetzt hebr. "I""?, gr. nöXiS; 2) stat (stad) fast
nur in der heutigen begrenzung , besonders in der unter
II, D besprochenen gehrauchsvxise , wo der urtea't die prä-
Positionen PHP bezw. arrl gebraucht; S) sorist für 'locus',
stete oder häufiger stet, = hebr. cipTO , gr. rdnoe. {in
den belegen ist bei allen füllen, die von dieser regel ab-
weichen, das original angeführt.) einige beispiele, ipo ver-
schiedene formen neben einander stehen, mögen die Unter-
scheidung veranschaulichen; 1 und 2 neben einander: da
Husam starb, ward könig an seine stat Hadad, . . . und
seine stad hies Awith. ... da Baal Ilanan Achbors son
starb , ward an seine stat könig Hadar , und seine stad
hies Pagu. l Mos. 86, 35. 39 (= 1 chron. l, 46. .»K)); und Abinm
entschlieff mit seinen vetern, und sie begruben jn in der
stad David, und Assa sein son ward könig an seine stat.
1 kön. 15, 8 {ebenso v. 24 u. ö.) ; der könig aber zu Assyrien
. . . besetzt die stedte ('^'^3') in Samaria an stat der kinder
Israel. 2 kön. 17,24; 1 neben 3: und {Jacob) furchte sich,
und sprach , wie heilig ist diese stet (oip^i). . . . und
hies die stet (oipjs) Bethel, vorhin hies sonst die stad
("l^y) Lus. 1 Mos. 28, 17. 19; und er bawet jm heuser in
der stad David , und bereit der laden gottes eine stete.
1 chron. 16, 1 ; so wil ich mit dieser stet (oip73) . . . und
seinen cinwonern umbgchcn, das die stad (T'y) werden
sol gleich wie Thopheth. Jerem. 19, 12; denn die stete war
nahe bey der slad {ivyi>« ^f r^e nöXei»« d rdnoi), da
Jhcsus gecreutziget ist. Joh. 19,20; da kamen wir au rinc
stete, die beisset (iutfurt, da bey war nahe die slad Lasea.
apostelgesch. 27,8; 8 neben 3: welcher könig ist un sImI
seines vatcrs Josia, der von dieser stet hin aus gi-y.ogcn
ist. Jerem. 22,11. ausnahmen sind hier äusMerst seltetn ."o
stat für und im irechsel mit stet«: der sol . . . seine hnnd
aufr des bocks bcubt legen , und jn schlachten an der
stat (oip53a), da man die brandopfler srhlachtol für dem
herrn. H Mos. 4.24, nehrtt : an der stete des brnndopffem.
V. 2«. in foli/rndrr stelle deutlich unter eit\flusi drr ge-
tröhnlirhrn gebriiuchsweise II, D, 8: zeuch jn nicht zu dir.
das er dich nicht wcgstosse, und trotte an deine stat
{ini rdv TÖnov oov). Sgr.it, ti. ».ferner unten U,D,B,b. - -
dem entspricht im ganetn der eonetige aprachgebravrh
LuiHKKü WM OfMbrsr »uHnn der äUem seit, so bir(>n
957
STATT (I. 4. 5)
STATT (II. A, 1. 2)
958
die belege aus Fischart zumeist stett, besonders in deih i
Verbindungen auff der, an der, zur stett, statt, dagegen \
statt in der bedetitung II, D,2, *. das. doch auch: hätschiert j
mit der hallenpart, zog darmit wer den anderen von der i
statt reisz. Garg. 284 neudr. iceiiere reste dieses allgemeinem I
gebrauchs von statt s. unten II, A. i
d) ein unterschied der casus im sing, ist im nhd. nirgends
mehr deutlich nachzuweisen, wo daher statte, in älterer
Schreibung meist stett etica als dativ vwkommt, siiid solche
belege unter statte einzureihen, bei den festeii Verbindungen
ist hier ein unterschied zu beobachten: während für statt
im sinne II, D stett, statte nur ganz vereinzelt begegnet,
ist in den ausdrücken tcie auf, an der statt für 'sofort',
die im IG.jahrh. sehr geioöhnlich sind, die form mit Um-
lauf durchaus herrschend; sie steht z. 0. ausnahmslos in
den zahlreichen beispielen aus Fischakt; nur die eben-
falls nicht icenigen belege aus Mürner bieten ebenso con-
sequent statt, s. unten II, A, 4, b.
e) im plur. liat stadt die alte starke form städte {älter
stedte) behalten, dagegen ist zu statte ein schicacher plural
statten 'Loca' gebildet, während statt «t seiner beschränkten
gebrauchssjphäre einen plural nicht gestattet, im altern
nhd. (16. jahrh.) kommt jedoch stete, stet auch für 'loca'
vor, i«> es dann sowol zu statt (stat) wie zu statte (stete,
stet) gezogen werden kann, in den meisten fällen aber von
der letzteren singularform nicht mit bestimmtheit geschieden
Verden kann, deutlicher plural bei Luther: so hat er
(gotf) auch sonderliche stete dazu (zum gottesdienst) ge-
ordnet, als bey uns die kirchen oder heuser, da wir zu-
samen komen. 6,33"; weniger sicher : alle stet (cip72~V3)
darauff ewr fussolen tretten werden, hab ich euch ge-
geben. Jos. 1,3; weiter sähe ich unter der sonnen stete
des gerichts (üEdTSr; CTpTo), da war ein gottlos wesen,
und stete der gerechtigkeit, da waren gottlose, pred. Sal.
3,16; plural ist wol auch anzunehmen, wenn vereinzelt
stet(e) für statt (II, D) in bezug auf einen plural begegnet :
thu die könige weg, ein jglichen von seinem ort, und
stelle herrn an jre stete (DrTTinri). 1 kön. 20,24; gott hat
der stoltzen beiden wurtzel ausgerot und demütige an
jre stet {dvr' avTcür) gepflantzet. Syr. 10, 18. so vielleicht
auch: drey gevattem aber werden billich gebeten, auff
das wenn einer ab gehet durch den tod, das die andern
jre stete erfüllen und vertretten. Erasm. Sarcekius
hirtenhuch (1562) Sl*". — noch Adelung giebt als 'plur. der
doch nicht gebraucht xcird' die statte, deutlich ist der plural
natürlich im dativ. {über den dat. statten s. u. II, A, 4, e.)
f) ganz vereinzelt scheint statt friihnhd. als masc. vorzu-
kommen : so ist Augspurg 1000 und 59 jar for der gepurt
(C7»»-i«rt) gepauen worden von den Schwaben, die fundend
ain bequemlichen gesunden statt zwischen Wertach und
des Lechs , da pauetent [sy] die statt Augspurg hin.
d. städtechron. 22,332,2 {ende des 16. jahrh.); verinischung
mit stad, m., s. sp. 415/..» vgl. auch S. Franck vceltb. 188»
unter II, A, 9, a, sowie den 2. beleg unter II, A, 8. — später
wurde bei manchen durch die beschränkung auf den formel-
haften, artikellosen gebrauch (s. II, C) eine Unsicherheit
hervorgerufen, vgl.: 'statt (caret fere semper articulo, hinc
genus nullum, amat, adjungitur plerumque tnasculinum
oder [l. der] vel potius die, et vox eadem videtur ac: stadt).
Steinbach 2, 687.
5) was die lebenden mundarten angeht, so scJieint im hd.
das wort zumeist auf die abgetrennte Bedeutung 'stadt' und
präpositionalen gebrauch (II, D) beschränkt; auch in Zu-
sammensetzungen kommt es noch z. th. vor. so ist es in
einigen oberd. und mitteld. idiotiken angegeben: eis. stät
selten, meist nur in ableitungen und Zusammensetzungen.
Martin -LiENHART 2,619*; bair. stAd, plur. st^tt, st<5d
ScHM.* 2, 792 {auch sonst in einigen Wendungen); kämt.
stitt, gstätt, statt, ort Lexeh 239; tirol. statt nur in com-
positen {und = stadt). Schöpk 701. Hintner 229. im
mitteld. ist nur präpos. gebrauch bezeugt, s. U7iten II, D.
ausdrücklich ist das fehlen andrer Verwendung bezeugt für
Handschuhsheim {dafür plats, nur noch warkstat und
veraltend liiJBstat), wo auch statt finden, von statten
gehen, zu statten kommen {icie wol in den meisten md.
mundarten) unüblich sind. Len^ 68». — dagegen ist das
wort im nd. überaus lebendig geblieben; es dient hier für
das hd. stelle, es begegnen 3 formen neben einander, die
nördliche)* mundarten haben langes, offenes e, wonach
das d in neuerer zeit geschicunden oder im schicinden ist:
ostfries. stää (städe.stede) StOrenburg 259», stede, städe,
gewöhnlich st6, stä TEN Doornkaat Koolman 3,304'»,
brem. stede, stee brein. wb. 4, lOlO, hamb. stede Richey 288,
holst, stee, stede Schütze 4,190 {alle 3 bezeichnen aus-
drücklich offenes e durch rj), meklenb. städ, stär Mi Sa"
{präp. stats), altmärk. stä(d) Danneil 208», vorpomm. städe
D.\hnert 455*, preusz. stfed, -e, auch städ, -e Frischbier
2, 365»; im Südosten herrscht geschlossener vocal: südhannov.
st6e {plur. stßen und steens, präp. stats) Schambach 208»,
osnabr. stye Strodtmann 380'', toaldeek. stid(e) Bauer-
COLLITZ 99» (»f» 15. jahrh. stedde, s. 175 — ?), tcestf. stie
WoESTE 254'», 'stia Frommann 3, 421, 5, in Lippe stiebe
6,493; die gegend tim Braunschtreig , Goslar u.s.w. hat
auch Jieute icie im mittelalter stidde, s. z. b. Frommann
5, 296 {in und tun Fallersleben).
II. bedetitung und gehrauch.
A. das alte stat, vgl. I, 1.2: statt,/, ort, m. lieu. Hul-
sius (1616)306''; sta.i, f. locus, lieu. Schottel 1421; statt,
it. statte, Stadt, luogo [massime in senso figurata in certe
belle e molfo usittUe, it. proverbiali locutumi]. Krämer
dict. 2, 914».
l) statt, locus, im, allgemeinen : so ahd. : ünde ch&d sih
erfären haben mänige st6te {iam multa asserit circuisse).
Notker i,l8i,l8 Piper {Marc. (jap. 2,6); mhd.: mit gro2erme
rechte beheldit der man daj len, deme du stat zo sime
dinge bewisit wirt {aii expectationis locus designatur),
deime der, deme sundir bewisite stat ein gedinge geligin
ist {cujus expectatio loco caret designato). Görlitzer lehnr. l,
§ 125 {bei HoMEYER Sachsensp. 2,2, s. 120);
disiu stat ist eislich.
Lampreht V. Regknsburg tohter v. Syon 3544
{übers. : terribilis est locus iste. 3541 = l Mos. 28, 17) ; ebenso
noch im altern nhd.:
deszgleichen ist es mit dem wein,
den priester darzä {zum abendmahl) brauchen fein,
on alle thaylung jeder nenszt,
war got und mensch kain stat beschleuszt.
Schwartzenberg Cic. 155».
sprichwörtlich: es ist kein statt ohn ein zeugen, nullus
locus sine teste, es ist kein ort, er verräth ein mordt.
Egenolff sprichw. (l59l) 380», ebenso Eyering 2, 541 (l60l,
Stadt). Petri Bb2» (1605, stett). Lehmann, «.Wander
4,782. so im nd. noch lebendig ; sprichwörtlich: de ste(de)
kumt nich to 'n minsk, sündern de minsk möt to de
ste(de) kämen. Frommann 3, 424, 258 {zw. Ems u. Jade). —
mit bestimmteren ortsbezeichnungen zusammengestellt: in
dem 1363 jare worden degedinge hartliken twischen
bischop Diderike und den borgeren umme den torn bi dem
Mollenhove. de bischop sprak, de stede were sin; de
borgere spreken, de stede were or. d. städtechron. 7, 241, 27;
da kund der gartijer das hol nimmer mer vinden. dar-
nach sacht sant Ulrich die stat offt haim. 4, 296, 6 ;
wisset ir iender hie bf
eine stat diu mir gevellic si,
einen wilden stein ode ein hol.
Hartmann v. Aue Greg. 2972 ;
das breite trauerfeld, die gantze wüste statt
klagt mit uns dessen todt, der sie erschaffen hat
P. Fle.nung ». 3.
8) statt mit nähern bestimmungen.
a) mit genauer angäbe der läge: derselbe zirt di stat
vor sant Peters munster di do heiszet paradisus. d. städte-
chron. 8,21, 27 (Closener chron. v. Straszburg 1362). wie
hier, icird auch sonst eine statt mit eigennamen bezeichnet:
de stede is gheheten Krekelputte.
Reinke de vos 2451.
{vorher: dar is eyn bom, heth Krekelput. 2443.
meistens steht stat mit eigennamen natürlich im sinne
des heutigen stadt. so jedenfalls auch: Grifo . . . vloch
an de Oveker up dat water an eine stede, de heit Ora-
heim. d. städtechron. 7, 21, 28, loo das glossar 'statte' giebt,
vgl.: wente to dem dorpe an der Oveker, dat heit sus
Arnhem. 14,27.)
b) häufig xcird die bestimmung durch einen nachfolgenden
relativsatz gegeben:
antthat sie te theru stedi quämun
thär sie ina fan themu uualle nidar uuerpan hogdun.
Hei. 2688;
959
STATT (II, A. 2. 3)
STATT (11. A. 3. 4)
960
in d(5ro stdte dar uu6ida ist {in loco pasnie). Notkek
2, 73, 2 Pijyer {ps. 22, 2); nu minnin wir die stat da unsir
schaz ist. spec. eccles.lS; dusse wandelde dat munstcr
sancti Valerii . . . van der Hertesborcii wente in de stidde,
dar it nu licht, d. chron. 2, 592, 22; bischop Albrechte gaf
on {den predigermö/ichen) de stede, dar nu sunte Agneten
closter lit ... dar na wart on de stede bi dem breden
wege, dar se noch sitten. d. sfädfechron. l, iiG, 13/.; der
pfalintzgraf . . . weiset die stat, dahin man unser püchsen
legen sölt. 2,38,5; gee an die stat, do die stain ligen.
291,8; so eyner jemandt entleibt. . . und will sich eyncr
notweer gebrauchen, . . . inn solchen feilen ist anzusehen
. . . die statt da der todtschlag geschehen ist. Caiolina
art. 143; ist also durch den nachrichter an ander gewon-
liche statt, da solch verzweyfelt corpell hingehören, ge-
fürt worden. Wicküam rolhcagenb. 104,8 Kurz;
Seth v5rde den licham {Adams) an dat velt
dar he ene in de erden lede.
he gröf ene in de sulven 'stede
dar got erst üt nam sine lede.
van d. holte des hiU. cruzes 235;
frehet hen gen der stede wert,
die dort vor uch gelegen ist!
AUfeld. passionssp. 2513;
dasz ir moget kommen an die staid,
do ir en bescbauwet in gotlicher majestad. 5494.
c) unbestimmter mit adjectiven:
gileitit unard thO druhtln Krist, thär ein einöti ist,
m stell filu uuuaste. Otfrid 2, 4, 2 ;
sis mi an got bescirmere in an stede fastero {esto mihi
in deum, protectorem et in locum miinitum). altnfr. ps. 70, 3 ;
got schirmäre sist du mir . . . unde in f^sta stat. Notker
2,276, 16 Piper; du täte mih in uuitero st6te stän {sta-
tuisti in loco spacioso). 97,26 {ps.30,9); daz er meint,
sölt er mit den von Nürmberg in recht komen an pillichen
steten, er gewünn nicht vil. d. stüdtechron. 2, i2G, 9; also
fiiert der schuster das kind an ain haimlich statt in
dem haus. 5, 71, 18;
(du) vurest mich in dirre vart
an eine lesterlicbe stat. pass. 190, 47 Köpke.
bestimmter: wann der tempel zä Jerusalem was getailet
in drey tail . . . und betten zwen umbhcng, ainer was
zwischen der hailigen stat, und zwischen der stat die
da wirt genennt sancta sanctorum. Keisersberg schiff
der penit. gs*". zuweilen in neuerer dichtting wieder belebt :
ja, Eynards boten eilten zur blutgedtingten statt.
Chami.«so I, 1G2 Koch {So])h. Kondnlimo).
S) statt nach präpositionen in Ortsangaben; fast nur
in der älteren spräche {bis 15. jahrh.).
d) unbestimmt an einer statt:
da; an einer stat
Bin Bwester großes guoles wielt.
Otiokar refmchron. 2774;
mhd. auch:
daj der tubel zu keiner stete {irgendwo)
immir icht gutes tete,
da; were widir sine art.
Brun V. Schönebeck 6616;
batt er aber misse dreien
mil ungelimpf an kainen stetten,
so wiriTet in das ratt nider.
Hei.nr. V. Neustadt ApoUon. 11218 Singer;
an eine stat:
do sie zfi im quämen,
an eine stat sie in n&men. litMnd. reimchron. 6370.
in folgender »teile dagegen ist ein zahltcort: es ward daz
gedreng so grosz umb daz flaisch, daz man die gemein
an einer stat mit flaisch nit gespcisen mocht. d. städte
ehron. 8, 808, 21.
b) an dieser statt, hier: ich was ein priosfer in der
heidenschefte und lebito an dirre stat. veterb. lo, 27 Palm;
an dirre stat dA lies ich <»■ /we/n 6903 ;
was sachestn in diesem garten
ader was wiltn warten
■o fme ane diaser stadt? Ali{/eld. piuHonup. 7788;
Aof: Pilate, riebt ans nff diaser sladt! SWS;
aweeilen im plural. veraUgemeinemd :
dasz kurczlicb geschiet bi der,
4aas zn Jberusaleni adder an disaen ateden
(Ode den vatter gaacbiet kein b«lde. 1861 ;
luben hier, veratärkend:
das beteuge ble an diaser stede I SSM;
also din mu[n]l gesprochen had
iczund hye an deser stad.
himmelf. Mar. 168 (Mone altd. schautp. t. 26);
des soll ihr haben one zom
von uns den lohn, den ihr verdienet bat
allhic auf dieser statt. Jastn. «p. 913, 15.
vneder erneuert: an dieser statt, der gefreiten. RCckert
(1882) 11,407 (24. mak.);
ob die freiheit je, die behre,
wache hält auf dieser statt? FrbiligrathS 6, 191.
dazu ferner:
mer woln von disser stad gan.
Alsfeld, passionssp. 3359;
der wel mich erlosen von disser stad. 7178.
an der statt dort:
80 was der bövescbe Riwalin . . ,
der e; des lages und an der stete
ze wünsche vor in allen tele. Trist. 696;
do warf er (der esel) nach gewinne
her umbe ein andere; blat {in d. bucljfi),
unt vanl ouch niht an der stat. pf. Amis 288:
do ward i; all so enge, . . .
bar und haut abstrauflen
müsl ich leiden an der stat. Suchbnwirt 24, 90;
{im iceclisel mit dem genetiv? :)
he {David) plach tO dOnde an der stede
ötmOdicbli'ken stne b^de ... ""
be wolde der stede ein bedehOs mäken.
«^ van d. 'hoUe des hül. cruxet 503—7.
ebenso an die statt da-, dorthin:
wand er het mich vil gern
verkoufl an die stat. Ottokar reimchron. 44479.
an der selben statt: do ih dih sub arbore crucis . . .
irlösta . . , da an der sdlben st6te uu&rt din müoter cor-
rupta et violata. Williram 136,9; die de erren lenunge
dar inne hebbet, die solen ire gut an der selven stat
hebben. Saclisensp. lehnr. 11, § 5; an derselben stat was
gestanden ain stuben und ain kamer. d. stfidtechron.
25, 305,29; si quamen vur dem aller hin,
da er im sweren solde . . .
unde swur uf der selben stat.
pass. 19, 91 Köpke.
hier tritt leicht Übergang in die bedeutung 4, b ein, s. das.
c) an mancher statt und ähnlich: latet sie ok ire
man . . , sie muten irme herren die versne penninge
geven, dat sint dri Schillinge, unde in summen steden
mer. Sachsensp. 3,73, §3; {papst) Leo gaf dussem keisere
einen groten döl der reliquien . . . unde mennigerleie
stucke, de he sammet hadde in mennigen slidden.
d. chron. 2, 692, 31; diu Donaw was gar grozz, wann si
fürt an ettlich stat gantziu hüser hin. d. städtechron.
4, 38, 10 {Augsb. chron. zu 1373). in demselben sinne ge-
legentlich: do ersehenen in deme himele van steden to
steden alse viurege clote unde bescurden sie aver an
enem anderen dele des himeles. d. chron. 2, 180, 35 {säctis.
iceltchron.). vgl. neund. bi stöen steUemceise, auch st6en-
Wis. SCHAMBACH 208''.
d) an allen statten, überall: salio ist der, der sich an
in lazzit . . . der ist behätit in allin stcfin. spec. eccles.
94; en vervest man mut sik wol uttien {befreien) in allen
steden binnen dem gerichte, dar he vervest is. to ge-
liker wis als man die klage crheven mut in allen steden,
also mut sik en man wol uttien in allen steden. SacJtsensp.
landr. S, 17, § 1 ; in allen steden mut die herre sines
degedinges beginnen, ane in korken unde in kerchoven.
lehnr. 65, §2; der {gott) sihet dich an allen steten, veterb.
87,27 Palm; die aber kirchen bawen . . , wöllent die güt-
lichen majcstat in einen winkel zwingen, als sani sie
nit an allen stetten geleich mug genedig sein. d. städte
cliron. 3, 17b, 2; wiszent daz ich gcwalt habe über alle
creature in himcl und in cj-den und im abgrunde und
an allen stetten. 8, 114, 21 (Closkner);
mit awfieren er die sei verdampt,
daa ai erlampt vor got an alfon eteten.
0>SW. V. Woi.KKN.fTEIN 182, 80 ,^h(U*.
4) formelhafter und dabei ausdrucksvoller sind andre
Verbindungen, die dann auch vielfach des artikels ruf
behren.
a) vereinzelt zur statt ähnlirh ime jetzt geiPÜhnlirh zur
stelle; so zur statt kommen an den bestimmten ort, an-
kommen : QDd vergiengen wenig monat,
Mas alle meusz kamen rar iitad.
froschm. Nn SO (8, 1, 1, 188).
961
STATT (II, A, 4)
STATT ai. Ä. 4)
962
zur statt sein, hd. unbelegt, nur nd. to'r städe siin,
gegenu-ärtig . Dähnert iho°. — mhd. an der stat sitzen,
atif derselben stelle sitzen bleiben :
daj si alsam ein tum saj
unbewegelich an der stat. pasf. 29, 39 Köpke.
so dann auch 'an der statt bleiben, auf dem platz bleiben,
d. h. ums leben kommen'. SciiM."- 2, 792: (ein hnäblein)
schlof im kästen aus und ein, und am rausschliefen fiel
der käst auf es und schlug es tzö tod, dasz es an der
stat pelib. d. stüdtechron. 23,452,5 {Augsb. 2u 1506); vgl.:
drie und drijec brüdere tot
bliben üf der selben stat.
livliind. reimchrov. 10663.
artikellose Beendungen nur in der alten spräche; ahd. in
oder ze stete stän, s. Graff 6, 639, bei Notker: parti-
cule . . . nequaquam permanent, iro t6il nestänt in stete
nieht. 1,409,23 Piper {categ. 2,7); timx>r domini sanctus
permanens in secuhun seculi. trühtenes forhta ist hgilig,
unde iemer ze stete stände . . . disiu stat ze stete, uuanda
si ungesceiden ist föne caritate. 2, 59, 7. 10 {ps. 18, lo);
dies terre (dero erde täga) sint unstate , unanda C'ine
färent hina, ändere chöment, aber dies celi stant ze
st^te. 372, 17 ips. 88, 30); sie zegänt, du stäst ze stete, unde
bist daz du bist {ipsi peribunt, tu autem perinanes). 426, 13
(101,27); zi steti uuesan, ganz %cie unser zur stelle:
er thär zi steti auärun thiu selbun, thiu nan bärun.
Otfrid 3, 20, 77 ;
di« Verbindung thär zi steti , au4:h sonst als verstäiktes
'dort' :
Mariün thes thoh io nirthrö;, stuant üjana thes grabes, röj
zi steti thär ginöto. 5, 7, 2 ;
vgl. : illic, thar te stedi. W.\dstein kl. as. sprachdenkm.
se**, 17; ferner: zi steti sezzen, sopire {rem). Graff 6, 639:
sapita zistetigisaztiu, zistetigizastero. Steinmeyer ahd.
gl. 2, 131, 58 — 60. mhd. scheint ze stete fast nur noch bei
Gottfried v. Straszburg bezeugt zu sein; ze stete stän,
still, unbeweglich, sich nicht vom fleck rühren :
Tristan stuont alle; ze stete,
da? er doch nie da vor getete :
sine kom emäles zuo zim nie,
erne gienge verre gegen ir ie. Trist. 14685.
ze stete treten, fest auftreten {als Vorbereitung zu einem,
syrtinge, kaum 'einen anlauf nehmen'):
er sazte sine füege enein
und trat vil vaste ze stete. 15189.
häufiger enstete stän, vom, kämpf oder tumier, stehen,
zum, stehen kommen :
der tumei vaste stuont enstet.
Ulr. V. Liechtenstein 88, 21 ;
also stunt der strit in stete.
Ludw. kreuzf. 1962.
vgl. noch • da; phärt er ze stete bant. Erec 296.
b) häufig finden sich mhd. und nhd. bis ende des
16. jahrh. icie auch nd. ähnliche Wendungen in der be-
deutung 'sofort', wie jetzt auf der stelle und lat. ilico
(= in loco). sie -werden mit verschiedenen präpositionen
(an, auf, in, zu, von oder von — an) und theils mit, theils
ohne artikel gebildet, die nhd. belege bieten bald die form
statt, bald statte (stette, stett, stet, stät usic); die letzteren
fälle sind unter statte, /. verzeichnet.
a'^ an der statt, so mhd. .lehr gewöhnlich, s. mhd. w6.
2, 2, 600», das herauswachsen dieser bedeutung aus der blosz
örtlichen 'dort' {s. 3, b) mag eine stelle wie die folgende
veranschaulichen •
und wart nach gelte niht gesant:
wand sf beten fif da; velt
beide hräbt ir übergelt
unde verifulten an der stat
weitere belege:
me und e dan man sl bat. Iteein 7169.
mere sprach er an der stat.
nenef. 13, 29 Diemer;
de hie; sie kumen Antret.
Antret quam an der stet.
Heinr. V. FREiRERr. Tristan 4628;
dem herzogen Lovelfne
wart schiere die knnft sfne
und an der stete bekant. 6683 ;
nü was diu seldenbsre
gevarcn an der stet . . .
&f des nieres vluot. Ottokar reimfAron. 4509;
do sprach der knab an^der stat.
Johann v. WCrzburg Wilh. v. Önterr. 742;
X. 8
sie giengen do hin an der stat
und komen für des richters hausz.
pf. V. Kaienberg 2050 ;
als sie die wort vollendet hat,
flog sie zÄn walden an der statt.
Murxer Virg. (1543) 61»> (Aen. 3, 258);
nim wilde minzen unde mule die unde leges also toumige
über die wunden ... an der stat verstSt daz pluot.
arzneib. 144,3 Pfeiffer (i3. jahrh.); da viel er {d. papst =
päpstin Johanna) nider an der strasz und gewan ain
kind und stürben baide an der stat. d. städtechron. 4, 295, 3
{Augsb., 15. jahrh.); item drei tag dcirvor viel sich ain
zimmerman under dem Perlach zu tod an der stat.
25,315,13; do schwur dasselbig weih einen eyd, er war
schuldig, das räch got der herr alsobald an ir, und
zerplteet sich das weib vor sünden an der stat. quelle
ftci Scherz-Oberlin 2098 («n/cr zerplaen). mit synonymen
zusammengestellt .-
gee hin noch pald und an der stat
mit mir an der Juden rat.
alid. pas^onsgp. 1, 486 Wachemeil («. 34).
auch : dö sprach ich an der selben stat. Helmbr. 1296.
ß) eigenthümlich verstärkt dureJt das pari, stehend {icie
sonst stehenden fuszes):
der herre sprach an stender stat.
Alex. C 178 («. 80 Maszm.);
ich enlä;e iuch nimmer genesen,
ob ir die ganzen wärheit
mir nicht an stender stete enseit.
Heinr. v. Freiberg Tristan 6142 ;
welch rather . . . rat underredet und undersprichet aun
urloub ains burgennaisters, den sullen aber die ainunger
an steender stat phenden. d. städtechron. 4, 144, anm.
{Augsb., li. jahrh.). mnd. in diesem falle ohne präp. {also
im gen.): wert en vorklaghet vor gherichte unde wel
he den kleghere weder vorklaghen Ständer stede. quelle
bei Schili-er-LObben 4, 37i'> {Gosl. stat.).
v) selten ohne artikel; so alts. noch zugleich im ört-
lichen sinne: , ,,.,,.
tho uueldun uia thie andsacon thar
an stedi fähan eftha sten an uuerpan. Hei. 3941.
mhd. : ich . . . rnerte das bcemelin ane; do vielent an stette
herabe der schcenen biren mir minen geren voul. Nie.
V. Basel s. 211 Schmidt; wenne es beschiht das dir din
selbes nature kräng wurt, so snit dirre selben biren eine
uf und is ir, so bevindest du das du an stette kraft ge-
winnest, und nim ouch dirre biren kernen und strich
sü über alle dine wunden, so werdent sü dir an stette
heil, ebenda; und in dem selben worte so worent sü an
stette hinweg, und do kam ich ouch an stette wider
zuo mir selber, ebenda («. s. öfter); Adam folget dem
tüfel, an stat da verlor er das cleit der undcetlicheit.
quelle bei Scuerz-Oberlin 1559 {hist. v. Pontus).
S) sehr geicöhnlich auf der statt; m,hd. {bes. mitteld.):
einen knappen behenden
gewan er ime üf der stet
m der stat. Heinr. v. d. Türlin trone 21802;
ain wirt ir dusentvalt malait,
hei maicht uch up der stat gesant.
Hagen boieh r. Colne 468;
ich . . . geloive uch, her pais, in truwen dat,
dat ich't Tolvoeren bei up der stat. 516;
wer si druweliche
gäbe in sime namen bat,
di gab si rilich uffer stat. Elisab. 848;
er hi; ilen uffer stat
da; man den patriarchen bat. 4631 ;
der meister quam im flf der stat.
livländ. reimchron. 2078;
so noch nhd. bei Murnkr:
sy {Tisbe) lieff so ylendts hie dar von,
das sy den schleier do m&st Ion,
den uff der stat der lenw zerrisz.
geuchmatt 2720 (r. 110 Uhl);
der prior bort das utf der statt.
fler kftzer (1581) i 6>> ;
{verstärkt-) do ich myn irten wider zeit,
verwartT er mir glych uff der statt
die müntz, die er mir get>en hatt!
narrenbeachw. 88, 43.
auch mnd. uppe der stede {und nppe stede, vgl. unten),
s. Schiller-Lübren 4,371'':
dat sch&p worpen se dameder . . .
unde wart dar up der stat gegeten.
Gerhard v. Minden 4, 48 Sedmann;
61
963 STATT (II. A. 4)
ein ule wart s£k, up der etat
se do ore oldeii nioder bat. 77, 1.
»0 noch jetzt südhannov. upper stöe. Schambach SOS*;
tcaideek. up(e)r 8ticl(e) Bauer-Coli.it/. 99». in die bedeu-
tung 'jetzt' übergthend: do stunnen use sake noch beter
asse Upper stee. nd.hauemkom. 8.%U .Jellinghatis{Teweschen
hochtydt, Hamb. 1640). mit eigenthümlicher Verstärkung
{vgl. ß tind f) früher im mecklenb. (l7*9 bezeugt, nicht mehr
üblich) up de sticken stede, *. nd. korrespondenzbl. 17, 37.
e) selten ohne arfikel:
wo er das 'guck, guck!' unterladt, ■
do focht (/än(jt) ers wider an uff stadl.
Murner geuchmatt 1557 Uhl.
nur im heutigen nd. hat sich diese au.idrucksineise fest-
ge.ietzt: brem. iip'r stede und up-stede, up-stee 'mif der
stelle, eben jetzt, stehenden fuszes, den augenblick' hrem.
xcb. 4,1010; ostfries. in (d') stää, upp (d') stää sogleich.
Stürkn BURG 259»; vgl.: An wuln-sa up stse nä Thrink
hen. Frommann 3, 423, 40 (ma. r. Jever); hamh. 'upstedc,
upstee, upsteeds: ietzo. upstikken stees (vgl. oben S): eben
iefzt, den augenblick'. Richey 288. Schütze 4, 190; alt-
mürk. uppstä, uppstäds, uppstunds. Danneii, 208».
C) ganz vereinzelt mit in; aM. ohne artikel: in steti,
stätim. Graff 6, 639 (gl. K.)\ ostfries. s. unter f.. vgl.
noch ■ vint man ene in der stat (auf frischer that, bei
unerlaubtem Jischen usw), man mut ine atoI panden.
Sachsensp. 2, 28, § 2.
17) sehr gewöhnlieh ist dagegen die präp. zu, im mhd.
als ze, fast immer ohne artikel, s. mhd. wb. 2, 2, 6OO''.:
mach ouz dem allen ein phlaster unde lege daz an die
stat, so Wirt dir zestete paz. arzneib. 132, 32 Pfeiffer;
ze stete se ime se gäben. Wiener genei>. 3ä, 17;
se Ouht huop sie sich ze stete.
Ebernand V. Erfurt 3430;
wie Maria di an ir hete
daj sage ich uch zu stete.
Brun V. Schonebeck 5116;
daj üf in verkorn
zestet wurde min haj. Oitokar reimchrnn. 4645.
dft, hie ze stete: swer ein kint, daz wider in misse tut,
da zo stete gevflchliche mit eime besme zuchtigit, der
ne darf dem richtere nicht gebüzin . . .; ob er 17. dar nach
obir ettisliche zit zuchtigin wil, daz mäz er vor büzin.
Görlitzer laiuir. 47, §16, s. Homeyer Sachsensp. 2,2, 'i-iS;
swes so her sich da zo stete nicht vorsinnit, des havc
her ses wochin vrist zo benomine. lehnr. l, 52 (». 93) ;
da. cistede gtn ou^e winister
Tuor imi O5 als ein wa^jer. Annol. 825 ;
ich wirde hie zestete dtn man. HolandM. 305, 19;
da; gcweren rou st da ze stat. Iwein 2919.
besonders gern tritt ze stete verstärkend zu dem gleich-
bedeutenden sä:
de kSrt er dannen sä zestet
gein dem täte ze Spolet.
Lampreht V. Kegensburg Franc, leben 1466;
zden herren si dO riten
und sagten in sä zestet
des kunigs willen unde bet.
O'rrOKAK reimrhron. 15827;
dO gie er sä zestet
zuo den vier verrsetsren. 94:{5«;
mit dem plural:
dai; wart sä ze steten
in ditze her worden kunt. ÖSöOO;
do zeltesen si sich sä zesteten
der samnunge, die si beten. 77642;
auch iesH ze stete; in ahgebluszter bedtutungt
Air, dreib \^ dicke iesa zu «tede. Klli. 702;
•t niden alle iesa zu stede
ir ^den werke mildtokeit. 1018.
mit dem artikel im mnd.-.
t» sprak: 'berichtet rat tAr stede,
wO licht dat holt aldna besonder.
tan fit. holte du hül. enuei 689.
$0 auch bei Bkun v. Schonerbck:
ab ein mentche gebe xnr «tele
«lüg dag bar su der werlde hete
ttin übe, dax wer« rin wicht
kegen (otec Jibe. Hn:n.
tf) beitondera dem mnd. kommen bildungen mit von,
Tan rn, doe/i nur gan» vereinieU van alUin, mit dem
STATT (II. A. 4)
964
plural: Johan van Haren ... leep to der trczckameren
unde greep den hantvredes breefT . . . unde wisede den
breff van stedcn. Lappen rero geschieh fsqticUe v. Bremen
s. 115; ebenso hd. (7nit umlauttlosem jüural, vgl. unten e):
keyn ingesessen man in eynie gerichte in lantrechte, noch
in wichbilde, mag den andern nicht getwingen zcu ant-
worten von staden; her mus erbeyten rechter dingzcith.
Orii.OFF rerhfsquelfe l, 165 (distinet. 3, cap. 16, 2; vor 1387).
son.'it immer mit nachgesetztem an gepaart, auch hier
überwiegend mit pluralLicher , jedoch stets umlautsloser,
form: van staden an, daneben vereinzelt van stade an
tind sogar van an stade, s. Schiller-Lübhen 4, 367'*/. ;
unde also wart van staden an des schiebt angheheven.
d. städtechron. 6, 3,59, 28 (Braunschw. urk. v. 1374); unde
wanne desse beede aldus to Lubeke gesehen is, so
schulden de vorbenomden van staden an velich vor uns
in de stad to Brunswic weddcr komen. 387, 20. hier
scheint eine verwech.tlung mit stade (*. unten B und oben
I, 3) vorzuliegen. — von stat an findet sich auch in hd.
(besonders ostmitteld) quellen: alz uns der egenant VVor-
siwoy gesagt hat, den wir auch von stadan zu dem
efrenanten herczogen senden wollen, d. städtechron.l,nl,3'A
(schreiben kimig Wenzel,^ von dez. 1.387); darumb gebieten
wir dir . . , daz du von stadan die selben unser diener
awz der egenanten hertzogen dienst widerrüffen . . . sollest.
144,11 (desgleichen von 1388); so haben sie gewalt..,
allenthalben dy stürm zu leuten und domit dy lantscliaft
von stat an alle haubtleut . . . gegen Grefenberck zu
zihen. 2, 85, .36 (Nürnb. quelle von 1444); wolt er sich und
sein slosz bestellen lassen, so möcht er wol her kumen
von stat an mit dem Hasennest. 87, 45; nach ergangenem
u,rtel sol das siegende part von stat an , aulT unvor-
wandtem fusz, die expens, unnd gerichts-kosten zu
theilen bitten. Brest, gei-ichtsmdn. vom jähre 1591, s. 76.
c) ausdrücke mit den präpositionen von, ab (nd. auch
üt) bezeichnen die entfernung vo7i, einem orte.
a) so mhd. von der stat oder stete:
da; si . . . von der stat nie kämen,
die wfle er harphet unde sanc. TYift. 7526;
der kunic schuof und bat.
da<( man von der stat
müeslichen solde staphen.
Ottokar reimchron. I.IOSS;
so auch: sie liefen die sunnen schincn
sieben unde vierzec [wi]len,
daz sie von der stete nemochte kAmen.
Trierer Süv. 861.
ß) so noch im heutigen nd. : hei kan nich von der
stidde. Frommann 5, 296 (in und um Fallersleben). ge
v-öhrUich jedoch mit üt (u-ie nhd. von, aus der stelle):
ik draf nig uut der stee gaan, ich darf nicht von^der
stelle weichen, brem. wb. 4j, 1010; 'du geisl nich üt de stai^d);
ik kann nich üt de stä(d) kaom'n, ich bin durch ge
Schäfte ganz an das haus gefesselt, oder: ich kann durch
vielfache arbeiten ganz ttwrf gar nicht mein geschüft fördern.'
Danneii, 208»; nich ut de städ kamen, nicht roncärts
kommen. Mi s.^»"; o-itfries. : hö (dat ptird. de wagen) kumd
M\ nOd üt de st6. ten Doornkaat Kooi.m, 3, 304''. dann
eigenthitmlirh verhla.ozt: nich uth der stede, keineswegs,
durchaus nicht. RiciiEY 288; nig uut der släde. DÄiiNKiir
«ö*». ScHiJTZE 4. 190. brem. wb. 4,1010 (auch: uut der stco
nig, 'u^iin man etwas verbietet: es soll nicht geschehen').
y) sonst i.st gerade in diesen fallen in der itltern spräche
die fettere, artikellose fügung sehr üblich, und zicar wird
hier neben von auch ab rericendet: ab statt, auch zu
einem wort zusammen wach.iend. ». abstatt, theil t. IS«; bair.
'ah statt (ii' stid. meüit adverbial) von der stelle,^ mr,
statten, vorwärts.' ScHM.' 8. 792; eis. abstett (Apstctl.
MartinLieniiart 2. 619^ so schon spätahd.: qui tribu-
lunt me e.rultabunt si mohui fuero. dcmoncs iM mih
pinonl, «prüngczent übe ih Mm slöte chüino. unde ubo
ih f<iIlo in dia sunda. Notker 2. s«. n Pii>er (ps. 18. 5):
ferner: es was grosze keckhcit und manligkcit in den
ratslicrren und hertes fürnenun. nit ab «tat zu weichen
d. »tädtechron. 8. 105. It (Meisteri.IN chmn. v. Sihnb. H>» :
so doch der Franzeslsch zflg ... uf der walstnt ubi<i
nacht bleib, und aber der Italischen vll noch nie .«h
stat koinnicn, in ir Ordnung hivltend. An.smki.m Bei""
r/irwn. 8, 18,»;
965
STATT (II, A, 4)
STATT (II, Ä, 4)
966
er wolde niht fürbaj
roch verrer mit im gähen . . .
und er kaem niht verrer ab stat.
Ottokar reimehron. &4491.
d) noch gewöhnlicher ist jedoch von statt:
niht lenger er da beit,
• er huop sich von stat. Ottokar 35320;
dö der kunic von stat zöch. 83774;
wenn din frawe von stat get, so hebt si des ersten den
rehten fuoz. Megenkerg 40, 30. so besonders im 16. jahrh.:
sie (ilaria) ist endelich vel von stadt gangen. Luther
29, «5, 20 Weim. ausg. {zu Luc. 1, 89, daztt die bemerkung
z. 34: 'endlich und stedlich' heyst 'festinanter') ; so
w(Mlen wir morgen, als bald es anhept ziitagen, sovil
fürderlicher von statt faren. Schaidenreiszer Odgssee
53' (12, 293); auch fuhren die schiffleut ohn das geschwind
von statt, dasz sie gar baldt gen Parisz kamen, biicli der
liebe (1587) 26*"; alsbald er aber den {vergifteten apfd) von
dir empfehet, und jhm desz giffts ein kleines stücklin
in den leib kompt, so musz er schnell ohn alle hülff
sterben, er wirdt auch keinen schritt von statt kommen
mögen. 254'';
und macht euch bald von statt. Lobwasser ps. C;
so auch :
und senet mich als bald von stat {von hier fort, vach hause).
ScnWARTZENBERG CiC. lög«*.
noch das voc. v. 1618 giebt von statt, *. Schm.^2, 793;
dazu ferner von statt lassen einen arrestierten, frei
lassen, ebenda: dann im fall verspürt wurde, dasz der
arrest mehr den andern vergeblich zu vexiern , dann
ausz not begert worden, soll der arrestiert alsbald mit
leib, und guet, wider von statt gelassen ... werden.
laitdr. {Miinch. 1616) 285.
*) dazu auch:
wan er . . . weich doch von stet ze stet.
Heinr. V. D. TcRLiN kröne 25511;
wan ir der wint s6 gröge not
mit schüten und mit vüeren tet
in dem hüse von stet ze stet. 25692.
t) von statten gehen, kommen, a. e, a.
d) dieselben Verbindungen werden dann auch in freierem
sinne auf sächliche subjecte angewendet, von handlungen,
geschäften, ereignissen, eitlen guten und normalen verlauf
haben, zustande kommen, gelingen, erfolg haben und ähnlich.
a) zuweilen ab statt gehn, vgl. theil 1, 126: wie es doch
zu gienge, das es in der Universität nit recht weite ab
Stadt gan. Tu. Platter 97 Boos; dann der auf dem
rechten weg geht, dem geht sein handel basz ab statt,
als dem auf dem unrechten weg. Para£;ei.sl's (159ü) 9, ill.
ß) gexcöhnlicJi von statt gehen: nit von statt gehen,
frigere, de opere dicitur. Dasypodics, vgl. Khamer unter
t, ß. zunüch.st von handlungen, Unternehmungen ■ und ist
mir, was ich in solcher ampts Verwaltung angefangen,
glücklich von stat gangen. ScuAinEXHEiszEti Odgssee
60» (14, 231/.) : da stiessen die vier ketzermönch die köpff
zusammen, dasz inen ir fürschlag so weidlich von statt
gieng. Kirchhof icendunm. l,502 Österleg (i, 2, 48); wann
ein finantzer sihet, dasz jm seine anschleg und prack-
tick von stat gehen, grosz gut und gelt darbey samlet,
feilet er daraufi", sein finantzerey werde gott nicht misz-
fallen. Gretter erkl. d. epistel Pauli an d. Römer {iö66)lOQ;
darumb hat er gesucht vil witz,
bey Juppiter genummen rat
dar mit sein anschlag gieng von stat.
weltcA gaünng C 5»;
das mir von statt
ist gangen «att,
darnach hab ich gerungen.
lieder der Heidelh. handuchr. Pal. S43,
nr. 200, 28 Kopp.
ungewöhnlicher: was lex ist, gett nicht von stad, was
evangelium ist, das gett von stadt. Luther tischred. Tiach
SCHLAGINHAUKEN 7, 26 Preger. häufig mit unbestimmtem
tubjeet: wie man teglich kan für äugen sehen, das viel
«ind die bey schwerer, stetter arbeit kaum das liebe
brod erwerben, und andere on sonderliche crbeit jr ding
fein gefasset und geordnet haben, das es wol von stat
gehet und jn zufellt. Luther 32, 471, 17 Weim. ausg.; viel
sein deren, die sich an dem glück der gottlosen ergem,
und so sie sehen dasz alles jnen nach jres hertzen
Wunsch von stat gehet, und nicht im Unglück sein wie
andere, sondern haben gute tag, von stundan machen
sie jnen diese rechnung, dasz . . . kein gott seye. Gretter
erkl. der epistel Pauli an d. Römer 108; es mangelt doch
nichts weder an unserm predigen noch an den wunder
zeichen, noch wil es mit den leuten nicht von stat gehn,
... dann ... wer gleubet doch unser predig? 660; o vatter,
gib mir jetzt deine tochter zu einem weib . . . {ich) zeige
dir solches an, . . . allein dasz du deinen wllen darein
gebest, auch dasz es tapffer unnd glückselig von statt
gange, buch der liebe 202^. so noch im 17. jahrh.: damit
! aber solche schiffart desto basz von stat gehen möchte,
sind die mühlen und schiffwehren . . , dadurch die schiffart
behindert werden möchte, . . . niedergerissen. Micrälius
altes Pommerl. (l640) 4, 104 ;
wolan, scheint, mich verstanden hat
die meisterin in wäiden;
ihrs allbereit geht wol von statt,
die färblein schon sich melden.
Spee truizn. 5, 33 Balke.
e) seit dem 17. jahrh. ist statt in diesen Verbindungen
durch den dat. plur. statten ersetzt, der im, 15. jahrh.
aufkommt, diese form kann morphologisch nur zu dem.
andern statt ==■ ahd. stata {s. unten B) gehören, welches
dem sinne nach nicht paszt; sie erkl-ärt sich hier aus der
Vermischung beider tcörter im nM. und dem eivßusz der
ähnlichen und sehr üblichen Verbindung zu statten
(kommen), s. unten B, 7, b.
a) so selteti in der eigentlichen bedeutung {oben c), die
überhaupt erlischt:
schöne nacht, gewünschte schatten,
kommt doch, kommet doch von statten,
eilt doch, eilet doch anher! Fleming 352.
in bildlichen gebrauch übergehend: 'denn wenn yhr solchs
thut, werdet yhr nicht fallen.' {2. Petri i, to) das ist:
yhr werdet fest stehen, nicht strauchen noch sundigen,
sonder richtig herdurch und frisch von staten gehen,
und wird sich alles selbs recht schicken. Luther 14, 23, 22
Weim. ausg. — das nd. hat in diesem sinne den riddigen
dat. plur. steden: darna cortliken quam de man van
steden, dat nenman wiste, wor he hennen vor. Lüb.
chron. 1, 162.
ß) sehr geicöhnlich dagegen ist von statten gehen in
dem unter d behandelten übertragenen gebrauche; es ist
der einzige fall, dasz eine der besprochenen redeweisen
heute noch lebendig und üblich ist. im 17. jahrh. ver-
drängt von statten albnühlich das ältere von statt {d, ß),
vgl. : von statt, e meglio von statten gehen, riuscire, far
riuscita, v. gerahten, gelingen. Kramer dict. (1702) 2,914»;
die weitem beispiele geben das letztere: der handel, das
werck gehet wol, nach wünsch, glücklich von statten,
il negotio, l'opera ric^ce benissimo, riesce ä voto; il terreno
vä bene ä vanga. übel 6 nicht von statten gehen, ebenda,
sonst kennen die Wörterbücher von Stieler (1691) an nur
diese form : von statten gehen, succedere, recte procedere.
2117. für die erklärung ist zu beachten, dasz bei Stein-
bach 2,688 als besonderes wort aufgeführt wird: 'statten
{pluralis caret itidtm articulo) locus', worauf dann die
beispiele für von statten gehen und zu statten kommen
Jolgen: von statten gehen, de loco cedere, procedere; es
geht gut von statten, prospere procedit; das werck geht
mir sehr wohl von statten, lepide hoc succedit sub manus
negotium; die sache geht besser von statten, res incipit
melius ire; es geht nicht alles von statten, non omnia
cadunt secunda; es geht ihm alles glücklich von statten,
fortuna ubique praesto est; die dinge sind ihm nicht
nach seiner absieht von statten gegangen, non ex desti-
nato proposita fluxerunt; es geht nicht gut von statten,
non prospere cedit, ebenda; glücklich von statten gehen,
prospere succedere. Frisch 2,321''; von statten gehen, ge-
fördert werden, einen guten fortgang haben; die arbeit
gehet ihm gut von statten, er arbeitet geschickt und hurtig;
das will mir nicht von statten gehen, nicht gelingen.
Adelung (2). so auch nd.: nig recht van steden gaan,
nicht recht iceiter rücken, nicJtt gut von statten gehen,
brem. wb. 6,338. (fehlt in Handschufisheim. Lenz 68».)
sprichv). scherzhaft: es gehet von statten, wie pech von
bänden. Lehmann florileg. (1642) 821, 5; vgl. Wander
4, 782, 9; Hetzel wie d. Deutsche spricht 299; ähnlich: das
geht von statten, als wenn 's der eine hält, und der
61*
967
STATT (II. A. 4. 5)
STATT (II. A. 5)
968
ander nit gehen läszt. Eisklein 215. du gleichzeitig Opitz
und MoscHEROSCH diese form anwenden, während andre
autoren (ß. d, ^ an dem alten von statt festhalten, so he
zeichnet das jähr 1640 ziemlich genau den Zeitpunkt, tco
der icandel des Sprachgebrauchs eintritt: sie Hessen jhre
Instrumente strack in den ersten dörffern. worauff sie
kamen, erklingen, und dieses gieng jhnen so wol von
statten dasz ein jedweder, dem von ihnen gesagt ward,
jhre harffen zuhören begehrete. Opitz Arg. (iG-w) 2, 409 ;
eira losen mann geht doch das wenigste von statten,
jhn mag kein griff noch trug, kein ranck noch arbeit hatten.
Philamjer 1, 418.
m,it bestimmtem subject: so glücklich meinen feinden ihr
anschlag von statten gegangen war. Wieland 2, 122 {Aga-
thon%,^; manche leute. die immer von der creutzigung
des fleisches sprechen, und dasz es ihnen so gut von
statten gienge. könte man vielleicht fragen, habt ihr
denn auch noch etwas, das ihr kreutzigen könnt?
Lichtenberg nacMasz ^^ sie quälten sich eine zeit
lang mit concipiren und umschreiben, bis endlich Eduard,
dem es am wenigsten von statten ging, nach der zeit
fragte. GötheiS, 80 (uahlveric. 1,7); der dortige Statt-
halter schickt seinen söhn Horatio . . . nach Dänemark,
auf die ausrüstung der flotto zu dringen, welche unter
dem neuen . . . könig nur saumselig von statten geht.
19, 162 (W. Meisters lehrj. 5, 4); die reise ging glücklich
von statten. 23, 81 (wanderj. 3. 6); die weitere fahrt rhein
abwärts ging froh und glücklich von statten. 26, 293 {dicht.
u. icahrh. 14); gleich darauf spielte mad. Wolff mit ihrem
manne zusammen in dem 'geständnisse', das ging denn
glatt und gut von statten. Zelter an Götlie 1,453; ein
denken, das, wie schon A.W.Schlegel bemerkt, nur
darum nicht als nachdenken auftritt, weil es zu schnell
von statten geht, ist ihm überhaupt kein denken. Hebhel
11,81 Werner; dasjenige, dessen erlernung ihm schon im
anfange verdrusz macht und nicht recht von statten gehen
will, kommt ihm nicht zu. Keller nachl. 12. unbestimmter .-
BrigeUa. was? nicht drei stunden sinds, dasz man den letzten
hat abgethan — TmiJ^aldin. ja gott sei dank, es geht
von statten, die geschäfte gehen gut.
Schiller 13, 366 {Turandot 2, 1).
5) statt in specieUeren Verwendungen,
a) statt am menscJdichen körper.
n) im allgemeinen: an der stat. d& dag haupt veraint
ist mit dem hals. Megenberg 18. 22;
das er ward aller bümen
dann zwischen den schultern nit.
und an der selben statte
er seynen tode lidt. hüm. Sey/r. 11.
stelie, wo irgend etwas seinen sitz hat {vgl. 7, b) : vitale, eyn
stat dez (des) lebens in dem leyb (lyb). Dief. gloss. 623''. so
besonders in der spräche der medicin vom sitz einer krank-
heit und ähnlichem, vgl. Höi-ler krankheitsnamenb. 6'ib^f.:
du solt nemen ein gewich {gewicht) carioffiles . . . unde s&e
eg an die stat. arzneib. 121, 24 Pfeiffer {12. jahrh., 12 'contra
ficum"); wasche die stat aller Crest mit dem warmen
wine. 122. 25 (17 'ad cancrtim') ; swä du wellest daj da/,
hftr niht cnwahse. dfl, rouf ej Og unde . . . säge {streue)
dag pulver an die stat. 127.9; nini artcmisiam ... und
lege dag an die stat, d& dQ die geswulst habest. 133,8;
so is dat braghen scre in deme hovede unde de wcdaghe
kumpt to van colera rubea de dar in der stede licht.
mag. Bartholomaeu» 102*, 23 Oefele; so auch: die stadt der
kranckbeyt. Paracrlsus de impo8turi»{\!aß)}iZ, s. Hökler
676*; so dy serstat aiggelt (schwärt, eitert) und flaisch
macht, quelle bei SciiM.' 1,156 (15. jahrh.), vgl.: das cau-
terium macht platcrn und aiggelt di stat. ebenda.
(f) von der richtigen stelle oder läge einrjt organs {vgl.
unten 7, b), ». t. b. Megenbero 428, 35 unter I). 2. i, / ; aus
der htatt oder stell kommen, von gliedern, verrenkt tcerden.
quelle bei SciiM." 2, 798 {hantUchr. v. 1470); wem der kinpack
aub der «tat vert {aut dem gelenke kommt). Ortoi.k urttneib.
IU77MS*: usaz der Biet, luxatio. quelle v. 1497, s. H^pi.kii
krankJieitMnamenb. 676*; dafür: ein fuosz ist jm gcsin
usscr nictten. queUe de» 16. jahrh. g. Alem. 16, iSO^.
y) in mannigfachen Umschreibungen besonder» der ge
tehleehtMlieder i »o in der alten spräche tougen stat: i-r,
«rgAl vif dicke, dag diu matrix erstickol, d& dag chint
bine llt . . . dfl sohl r)om«<n ftwohoi iw^n giAg ir ein
teil an die tougen stat. arzneib. 132, 15 Pfeiffer (13. jahrh.);
salbe dich da mit al umbe die tougen stat. 20; die
tougen stat des weibes. loci secreti, genitales, quelle bei
ScHM." 2, 792(15. jahrh.); enzian an die taugen stat der
frawn mit ein chleister (klystier) gelassen, das pringl
von in die aftern gepurd. i. 595; die (frau) bestreich
sich umb den napel und die taugen stat. ebenda; des
mannes taugen stat. ebenda, ebenso heimliche stat: ge-
nitalia ... de hemelike stede. Dief. gloss. 260* (ib. jahrh.);
renaculuvi haymlichestat. 492» (voe. theut. Nürnb. 1482);
s. auch nov. gloss. siß*"; budihum (=* pudibtindum) he-
melke stede. ei** (lat.-nd. v. Uli); heymliche stete, vidva,
s. HvRTL kunstw. der anat. 84 (Alherttts Magnus), vgl. s. 137
und Höfler 676"; sanikelwurcz gesoten in einem schön
wajger, und die haimleich stat in einem päd der maid
die für junchfraw get damit oft bestrichen, die wirt niht
vermeldet an dem pett. quelle iet Sciim.* i, 1579. andre
ausdrücke: mit der unkäusch sinket in diu behend fäuht
aug den prüstleinn hin ab zuo der unkäuschen stat.
Megenberg 3as, 2;
der entorste nie gerüeren dar
an die minnencliche stat.
Heinr. V. Freibkrg Triftan 3793 Bemt;
sust graiff er an der mynne stat {seiner tochter).
Heinr. v. NEUsrATT A/mllnn. 236 Singer
{oder zu B, 2?);
stat da sich dy man vor schäm ungern sehn laut, quelle
(14. jahrh.) bei Höfler 675''. speciell für geburtsstelle,
matria-, vgl. Hyrtl kunstw. 17, s. ebenda: 7natria: . . . di
stat do dag kint in der muter bauche leit. leibe ligt;
und czu seiner gehurt zut; dy stat do das weih das kint
treit. BiEt. gloss. 3.51" {voc. v. 1394); wen der vrouwcn we
is in der kinder stede . dat het passio matricis. mag.
Bartholomaeus 91a, 16 Oefele; legglie dat plaster in de
donen {geschwollen) stat. 25; nempt der zepflein eins
und tut eg in die stat der natur. quelle hei Schm."-' l. I7fi9;
so atich geburts-statt uterus in partu, s. Höfler 675'';
das kind an die statt bringen, richtig gehären. J. Grimm
myth. Uli {* 910); das kind geht von statt, tcird regel-
mäszig geboren, quelle v. 1668 bei Höfler 675''.
^ manchmal steht stat viit gen. eines gliedes in der
altern spräche als Umschreibung für dieses, ohne die be-
deutung wesentlich zu ändern .-
uuoraht er thö ein horo in uuür . . ;
tha; kleibt er imo ... in thero ougöno stat.
ÖTFRin 3, 20, 24 {linivit lutum super octiloi fjtu.
Job. 9, 6);
du Werder Eschenbacher,
la dins getihtes wiger {weiher)
durch mines herzen stad gan.
JOH. V. WÜRZBURG Wüh. V. OftCTT. 14647.
dagegen mit vollerem sinne {loch für die äugen):
der könig abr insonderheit
hat angetban ein wunderkleid,
eines kolscbwartzon maulworlTs haut . . .
der äugen statt war räum gezerf.
fro»rhm. Tt 6»- (3,2. 1, 39).
b) stelle in einem buche, schriftstelle; so oft im ahd.
mhd.: endi auh ir selbo Isaias in andreru stedi alle
dhca dhrinissa in iingro zalu bifenc. Isid.iü.b; umhi
dhcn auh in andreru stedi in psalmum quhidhit. 32, 17;
sfl andreru stet {et item alio loco scriptura). Kkro Bene-
dikt, regel 7 bei Hatte« er denkm. 1, 53, auch Wackkh-
NAGEL leseb. 1^,40,7: sA chuif ig wirscrunge, ettewcnne
verdruchunge, alsfl an dirrc stete. 261,84; alse we dat
hebbcn in der Sassen lenrecht in der sulven stede dar
N. vor uptoch. richtsteig tl, {} 5 (Homkykr Sach.-ensp. a, i,
s. 512); ok schal nie wetten, dat dyt bok ghchophet is
unde itliker wciiheno gemynrct in den guinmen an itlikon
stidden. (/. städterhrou. 0. 134, 13 {Hraunschic. heiml. rechen'
schuft V. 140«); meiner gepeneiferer untrculichkcit ist so,
groKZ, da«/, sie an elliolien sletten dieser materi, da ich
nit meine wort sonder der aller bcwerteston maislcr
wort gc8ctzt hah, . . . irc hant habend törstiglirh ange-
legt. 8.8a. 18 (Mkistkrlin ehron. v. Nürnb. 14««. vorr.);
«% «pricht an einer »tote da. d. nrmc Heinr. 91.
ähnlich abatraeter : \<>n nftnicn gftb Aristotile« llen «fbon
feuuArcn Hyllnglsmin ypotheticis, ünde dien gelt'xihllohen
(prohttbiUhus) argumontiii, II« «Amint in vündon uu(''rdiiit
in »«'h/./^n 8t<^tln, llc i«t<*fc, der genc'mmil ^int in fo|)ioi«
{propter commune» eorum sede». que in topici» nuwetan-
969
STATT (II, A, 6)
STATT (II, A, 6)
970
tur). NoTKER 1, G18, 20 Piper (de syüog. IG); täranäh skied
Ü2 Cicero diu vöne drin stetin genöminin argumenta
{qiiae tribus locis siqnadictis »timuntur). 30; echert trie
stete (trin tanttim loca) . . . käb er dialecticis. 619, 7.
6) statt in bezuff auf personen gesagt.
a) zunächst, die stelle, wo jemand (gewöhnlich oder im
einzelnen falle) sitzt, steht u. s. w. so besonders mit pos-
sessivpronomeji : Christus unde sin ecclesia stuönden do
in iro stete, do Christus kesäj ad dexteram patris. Notker
2, 622, 11 Piper (cant. Abac. 11; vorher: sol et luna stete-
runt in habitaculo S7io, vgl. b);
ein ieslich tujrent an ir stat
gienc, dö diu Jläje zuo trat.
Lampreht V. Regensburg tohter v. Syon 3041 ;
ouch behielt da wol sin stat
von Tyrol meister Kuonrät.
Ottokar reimchron. 343;
da dort der grosz hofmayster sasz
an siner stat, als billich was.
Herm. V. Sachsenheim murin 4132;
wan der ammeister sitzt da er sitzen sol, und der stät-
meister, und ein ieder an seiner stat sitzt. Keiskhs-
BKH(i evangel. (1522) 124»; so jr und ich an unser gewohn-
lichen statt sitzen bleiben, so wisset jhr, dasz uns der
andern frauwen keine hört, . . . dann die andern jung-
frauwen zu weit von uns sitzen, buch der liebe 239''. mit
einem synonymen ausdruck verbunden: er {Tiberitis) pflegt
auch inn dem gerichtszhausz und an der spitzen des
richter stuls, aufT dasz er den schultheyszen von seinem
sesz und statt nit vertriebe, zu sitzen. Micyi.l Tac.
(1535)31*"; das ein jeder soll die gasse verwaren helffen,
und in welcher lücken oder statt der gefangene hinausz
kömpt, oder welcher jhm darvon hilfft, soll in seine
fuszstapffen tretten. Reuttek v. Speik kriegsordn. 66.
so auch, nd. he sitt up min ste. ten Doohnkaat Koolm.
3,304''; übertragen, die innere Situation eines menschen:
denk di insen (einmal) in min ste, wo du dar den wol
bi to mode wesen schust. ebenda. — hier knüpfen die
unter D behandelten gebrauclisweisen an.
b) statt, der dauernde aufenthaltsort, wohnstätte; so be
sonders frühnhd. : so begere ich das mir dyn husz in
dynem by und abwesen ungeladen offen das mir da alweg
ein statt sy. Terent. (1499) 83» {Eunuch, letzte sc);
sein lob bezeugen die, die mehr ruhlosz dan trag
lang in der wüstin sich verirrend umbgezogen,
und suchend eine stat für sich durch längen weeg
ohn weeg sich lang betrogen :
sie zogen so lang umb gantz hungrig, durstig, mat . . .
ohn heimat, hausz, und stat.
, ,..,, Weckherlin 240/. (ufi. 107, 5);
lagerstatte:
dann es ist nacht und darzuo spat,
nach unserm bruch wend wir in d' stat,
ruowen aber. Rl-ki- Adam u. Heva 1902.
mit Zusatz, von gott: was wolt jr mir denn für ain hausz
bawen, spricht der herr etc. oder wölche» ist die stat
meiner rüwe? Jon. Ebehlin v. GCnzbuhg 2, *. 7 Enders.
auch von thieren:
gleich als der pclican im wüsten röhre schreyet,
und wie ein wilder kautz, der sich zu machen scheuet
aus seiner öden statt. Fleming 26.
bildlich: das des menschen seele odder geyst keyn rüge
oddcr Stadt hatt, da er müge bleyben, denn das wort
gottis. Luther lO, 3, 191, 14 M'eim. ausg. — vereinzeltes
stat für land, heimat, wol durch das lat. locus veranlaszt,
das es übersetzt: unde so chomint Romara unde n^mint
uns stat unde Hüte, glosse über: et venient Romani, et
tollent nostrum locum, et gentem. Notkkr 2,38, 13 Piper
ip9. 13, 5).
c) statt in diesem sinne kommt oft der bedeutung von
Stadt nahe, z. b. :
diz Tunfli (müneter) ist Sigeberg, sin vili liebiu stat.
Anncilied 646.
vgl. andrerseits: darnach zoch Jacob gegen Salem, zu
der stad des Sichern (C3*>23 "iT, also 'urbs"). l Mos. 33, 15.
d) eine vencech.dung beider ist erfolgt in der häußgen.
noch heute üblichen sprichwörtlichen redeweise: nirgends
keine bleibende statt haben, 7wn haver nissun luogu per-
manente, non havere stunzajissa, stabile dimora ö soggiorno.
wir haben hier keine bleibende statte ö bleibende statt
0 Stadt, non habbiamo qua dimora, stanza, soggiorno 6 cittä
»tabue, permanente. Kramek dict. 2,914»; wir haben hier
keine bleibende statt, commorandi noji halntundi locus
nobis datus e.^t. keine bleibende statt haben, vagum esse;
vagari. Frisch 2,321»; vgl. Waxder 4,793,13; Schm.*
2,792 Ckaa'bleiba'de städ habm, nirgends bleiben können
oder wollen'). Adelung bezeichnet nirgends eine bleibende
statt haben als oberdeutsch, Heyxaiz Antibarb. 2, 443 als
nicht viehr üblich, die Wendung beruht auf einer bibel-
stelle, die nicht statt, sondern stadt enthält: denn wir
haben hie kein bleibende stad (uirovaav TiöJ.tr), sondern
die zukünfftige suchen wir. £6r. 13, 14. lifteraturbelege :
ich fare auch in der flucht umb, und hab niendert kaiii
bleibende statt, deszhalben das ich ainen meinen mit-
burger zu Argo entleibet hab. Schaidexreiszer Orf. 64''
(15,272; der gr. text hat nichts entsprechendes);
derhalb musz ich {fraw Warheyt) von einem landt
ins ander wandern frw und spat
und hab gar kein bleibende Stadt.
H. Sachs fa^tn. gp. 2, *. 131 neudr.
e) die ältere spräche gebraucht stat vo7n grabe:
thär sia thia stedi habdun an enon stene innan
banden gihauuanan. Hei. 5736, vgl. 5824;
diu stat da man in leite. Ticein 1427 (vgl. 1411);
dag grab ist ein stat des toten. ScuöyBACH altd. pred.
1,50,13; totenbahre: do hiej er (Jesus) die sten die den
toten trägen . . . accessit et tefigit loculum. er rörte die
stat und sprach dag er uf stände, die stat da der tote
inne ligt, dag ist die böse samwizze (getcissen). 377, 26.
f) vom aufenthaltsort der seelen nach dem. tode : dem
selben Cronio saite Antonius, das er bat got ein iar, das
er im zeigen wolde die stete der sundere und ouch der
rechten, veterb. 23, 21 Palm;
was nützt uns nun grosz ubermut, . . .
sSlchs ist vergangen als der schat,
ewige pein ist unser statt.
Schwartzenberg Cic. 115'»;
ähnlich vom paradiese:
he hüdet dar mede de schönen stede
dar rost inne is unde ewich vrede.^
van d. holte dex hül. cnizes 65.
so wieder ernetiert:
gott geb' ihm droben selige statt ! Geibbl 2, 160.
g) ahd. stat garauuen, wohnung, wofür nhd. einem
die statte bereiten (vgl. das.) : uuanta ih faru gerauuen iu
stat {parare vobis locitm). Ta^. 162, 1 ;
ih faru garauuen iu sär frönisgo iu stät thär.
Otkrid 4, 15, 11.
dagegen bedeutet stat geban, platz machen (also vom Sitz-
platz, vgl. a): gib thesomo stat (da huic locum). Tat.
110,3; vgl. Graff6, 640. ähnlich noch nhd.:
wolan, versieh dich mein, und räume meine statt,
ich will der dritte seyn bey deinen treuen zweyen.
Fl.ENUNG 581.
h) den nördlichen nd. mundurten eigenthümlich ist die
Verwendung von ste(de) für haus und hof altmärk. : he
hat sin eigen stä(d), ein eigenes haus. Danneii. 208»;
besonders (ostfries.) 'eine batiernstelle, besitzung, haus und
hof — /«»plaats, warf, huus untuun gebraucht'. Stüren-
BURG 259"; 'eine bauerstelle, meierey.' brem. tob. 4, 1010;
'daher sind die gewöhnlichen redensarten bey den baxiem:
de stede avergeven, de stede annemen.' loil; vgl. Dan-
NEii. 208»; h€ wil sin st6 (landstelle mit einetn hause,
seine besitzung, seinen hof sein gut) ferkopen laten.
't is man 'n lütjen st6 mit 'n bitje land , war hß up
wand. TEN Doohnkaat Koolm. 3, :so4». so: sin dochl'r to
d' stä(d) breng'n, verheiraten. Danneil 208»; een kind to
stede un to stole bringen, auf einen guten meierhof, wol
versorgen, verheiraten, brem. wb. 4, 1010. datier wol auch,
übertragen : to stää un stool kamen, zur ruhe kommen,
das ziel erreichen. Stürenruro 259».
i) ebenfalls nur nd. findet sich stede in dem freiem
sinne des hd. stelle, amt, diouit. so vereinzelt in der
altern .spräche:
de hilgen vaders, de vor mi in desser stede,
hebben gewest vui guder hilgen sede (ragt der paptt).
det dodeg danz 151.
(Ali. nur detitlich local, angewiesener platz, Standort: diese
hernachgeschriben haubtleut . . . schullen diese hernach
geschriben slosz, stett und armen leut getreulichen
bewaren und iederman ordiniren noch seinen stäten
dartzu er beschiden were. d. städtechron. 2,293, i, Nürnb.
971
STATT (II, A, 7. 8)
STATT (II. A, 9. 10)
972
kriegsordn. v. 1449.) — so besondefs in lebenden nd. mund-
arten, wol allgemein üblich: 'amf, bedienung, Station, ene
indräglike stede, ein einträgliches amf. brem. «;6. 4, 1011;
pret*sz.. amt, Stellung, fine göde stöd, brotstßd. Fhisch-
BiER 2,365*; dienst, neine gaue st6e hem. Schambacii aos**;
ostfriea. ; de mester ilehrer) krigd de ste as'n bön {bestimmt,
aicJier). nd. korrespomtenzbl . 14, 58 ; lippisch pastorcnstiehe,
pfarre. Frommann 6,493. vgl. Adelung anm. zu statte.
7) statt von dingen.
a) im allgemeineti, statt eines dinges, tco es sich be
findet: seind der dunst an im selber warm ist und der
wölken stat kalt, so er dann kümt an die stat der
wölken, so wellt er über sich auf. Megenberg 91, 17/.
aber audi die stelle, too eticas gewesen ist (und nicht mehr
ist), mit annaherung an die bedeutung D: nibih gesehe
in sinän hanton thag bilidi thero nagalo inti sente minan
fingar in st&t thero nagalo {in locum clavorum). Tat.
233, 3.
h) von der bestimmten, festen stelle eines dinges; mit
Possessivpronomen: in dem dridden dage ... schiet he
dat water van dem erthrike unde scüp deme watere
sine stat. deut^clie c/tron. 2, 67, 14 {süchs. weltchron.); die
gülden und silberne gefesse des hauses gottes , die
Nebucad Nezar aus dem tempel zu Jerusalem genomen,
und gen Babel gebracht hatte, sei man wider geben, das
sie wider gebracht werden in den tempel zu Jerusalem
an jre stat (mr^b) im hause gottes. Esra6,b; dasz
die wassermännlein die jenige steine, so ich in die see
geworffen, wieder in vollem donnerwett«r herauf getragen
und an ihre vorige statt gelegt. Simpl. 2, 56, 23 Kurz (5, 12);
nd. 't ligt all' up sin stß. ten Doornkaat Kooi.man
3,304''.
c) besonders bezeichnet stat oft die stelle, wo ein haus
oder gebäude steht, oder die dafür bestimmt ist:
uuisurau manne, the . . . büsstedi kiusid
an fa£toro foldun endi an felisa uppan.
. . . anthabad it tbiu stedi nidana,
auredid uuidar uuinde, that it uuican ni mag.
. , . .... ^eJ. 1813;
boeser stete der ist vil :
iedocb ist ditz diu bceste stat
dar üf ie hüs wart gesät. Iwein 7818/.;
Bvar der vrowen die stat (lesarten: hoff, wort, erde adir
dy stat) nicht n' is mit deme gebu, . . . binnen ses weken
na dem drittegesten sal se mit dem gebu rumen. Sachsensp.
1,20, §2; als sie nu gelost hetten umb die stett und
weiten aufmachen ire hütten. d. städtechron. 5,321,4;
preuaz. ek hedd 't {d. luitis) op 'ne falsche städ hensett.
FrISCIIUIER 2,365*.
<£) abstracter mnd. dea lenes stat 'die statte, aus welcJier
gefalle verlielien sind, toährend sie selbst noch zur disposi-
tion des herrn bleibt'. Homkyer SacJtsensp. 2, l, s. 6<)9:
deme lene volget die man unde erft it, al licbbe die
herre des lenes stat in siner gewalt to besladene. lehnr.
11, §3; die wile (it) die herre hevet an siner gewalt des
lenes stat. § 4.
e) der für eitlen ztoeck bestimmte platz: er {der teufel)
zeigt im, das da {in der abgeschiedenlunt) ein rechte statt
ist zö bettenn. KEiSKHHiiKim Jwllisch low c 4^. von einem
eigens hergericlUeten räum: daj ich graben mügc ain
statt, zeben vas Öles dar yn ze behalten. Steiniiüwel
Eiaop s. 306 österley.
8) statt gelU gelegentlicli in die bedeutung 'räum' Ober.
bithiu uuanta im ni uuas ander stat {non erat eis locus)
in therao gasthüse. Tat. 5, 13; mit annühemitg an die
bedeutung B: do der wolte ein kilchcn machen, do hatte
er nicht vollen (?) stat darzu , do bat er unsren Herren
das sich der berg daniian bewegte, das er volle stat
gewan. qttelle bei Sciikiiz-Oberi.in 1.559. — so attch mit
zeit zusammengestellt : {continua sind) tempus et locus . . .
diu zit ündc stÄt. Notkkh l, 309. 15 IHjter {categ. y, 8); sölih
ist 6uh zH ände sl&t. i. continua hunt. 406,8 (a, 6); wir
armen in diser zcyt geboren , sind an zeyt, vtatt und
person gebunden, ... vor uns ist zcyt, statt, da, dort,
beut, morgen, und nit bey gott, der in einem augenblick
alles fibertihet. Franck partum. 44*; ufüclar:
(Uaria.) diu nAcb Cbristea oufvert«
dt und «tat bitcberte {vtrsehmähU, ßohf)
ia einer &i*llch«n wAsu.
HsiNa. V. Mblk erlMN. M Uetntet {vgl. die anm.).
der bedeutung B nahekommend: de sik holt na der tyt
unde stedc, de is aller ere wört. Tunnicius 317.
9) von der bedeutung 'platz, stelle' {s. 6, o) aus nimmt
statt ferner den sinn einer Ordnung, reihenfolge, rang-
abst ufung an.
a) so zunächst von menschen • quad her thö zi thön
giladötÄn rätissa, scouuuönti uuio sie thiu furistün sedal
gicurun, quedenti zi in: thanne thfi giladöt uuerdds zi
brütlouftin, nigisizzös in thera furistün steti {in primo
loco), min odouuän ßruuirdigöro thir si giladöt fon imo.
inti quementi ther ther thih inti inan giladöta qucde
thir: gib thesomo stat, inti thanne biginnistü mit scamu
thia iungistün stat [novissimum locum) bihaben. Tat. HO, 3.
so frühnhd. die erste statt haben, den vorsitz fühien:
alle byschoff unsers landes sollen järlich züsamen
kummen ein mol und do von christlichem regiment
tradieren, und der byschoff inn desz bistümb die sam-
lung ist, soll die erst stat haben. Jon. Ewerlin v. Günz-
nuRG 1, s. 118 Enders (bundsgenosz 10); in jr policey haben
die priester den Vorgang und erste statt, denen hangen
an die werckleüt, die ander statt haben die pauren, die
dritt die ritterschafft, adel oder kriegszleüt. Franck iceltb.
188' {hier scheint eine andre ausgäbe ersten statt zu lesen,
tcas sich, tvetm nicht einfach druck- oder lesefehler, leicht
durch das vorhergehende masc. den Vorgang oder auch
durch Vermischung mit dem masc. stat = Staat erklären
würde), ähnlich die beste statt, so Tid.:
Hennigh Wildingh, Bartram Karnyp .
malk na der besten stedde gryp.
d. ftüdtecliron. 16, 218 {schichtsp. 3781).
sprichw.: de drsten kumt, de nimt de beste stede, ad-
veniens primum, splendenti proximat igni. Tunnicius 393;
der erst beim fewr, setzt sich am nechsten. die best
stat, der vorgabt. Franck »prtc/tio. 2, 171*; entstellt: die
beste statt, die vorgabt. Henisgh 326, .57, und tceiter: die
vergabt. Petri Q l*". — vereinzelt geht dartn stat auch
in die bedeutung 'Stellung, stand, Verhältnisse' über:
er bieg le n&ch sfner stat
iesltcben leben redeltche.
Lampreiit V. RsGENäBL'RG Fronc.
leben 1590.
b) in den rechenbüchem des 16. jalirh.. die stelle einer
zijfei-: schreyb zum ersten die zal so geteylct soll werden,
und den teyler darunder ... ist aber denn der teyler
grüsser. denn das ober jm stehet, so rück den teyler
umb ein stat furbas gegen der rechten band. Mich.
Stikki, coss Christopli Rudolphs a^; so das geschehen,
rücket man allewegen den ganlzcn teyler furbas umb
ein stat. 5*; die statt ist ein ort. darinn sich die zahlen
vielfeltig bedeuten: als in der ersten statt gegen der
rechten cinfellig, in der andern nach der linken werl.s
zehenfeltig und in der dritten hundertfeltig. Bey.mers
landrechnen {tbK^} B 1».
. c) im Saclisensp. begegnet stat für venoandtseluiftsgrad,
berutiend auf der dem mittelalter eigenthümlichen t^ran
achaulichung der verwandt.xchnffsi'eihältni.sse im bilde de»
menschlichen leibes ttnd .leiner glieder : die tvisohen domo
nagele unde deme hovcdc sik to der sibbc gcstuppen
mögen an geliker stat, de nemet dat erv? gelikc. 1,8, § s.
d) eine ähnlieJie loendung ist ebenfalls auf das nd. I»'
schränkt, nämlich dat is an likcn steden oft . . . das gilt
ebetuioviel als: unde cn wcre do (im dienste seines her rn
getötete) knecht nen borgher, id were doch an likcn
sieden, ofte he borgere wcre. Urem. stat. ina {ms'J) l>ei
Scmi.i.ER-LüimKN 4, 871*; wat unsc borghcro cn deme
anderen deyt butcn unscme wicbolde, dat is an liken
steden, oftid bynnen unscme wicbcldc scudc. 49.5. .». ebenda
871'', *. auch brem. xcb. 4, loio. .to noch trestf. dat kilomel
an 6ne sUe. blMt sieh gleich. Woesie «54''.
1«) im mhd. ist «tat in fortnelhaßen Verbindungen tu-
weilen tu modaler bedeutung verflüchtigt, m in verbin
düng mit adjectiven:
der vrowen IhU «r undprvienc
deiswor su erlichor Blat. pa*$. SOS.Vl Köitkt;
Haider in tUlgemeineren ausdrücken:
■0 •«! ich mich dca vli^^en
dM wir Mament enhir.en
•ulch m^n in ■ulilior «tat
des niemani wird nbcrvat.
' Hbinh. V. HK8t.KK apokal. 7m<i ;
973
STATT (II. A, 11. B, 1-3)
STATT (II, B. 3)
974
der fride, der da verstricket
was zwischen im und knnic \Velän,
an dheiner stat wold er den hän
mit werken übertreten.
Ottokar reimehron. 6477.
.<fo im gen. plur. aller stede beständig, durchaus :
nu rafiste er schuhen aller stede
des idewijes hinderrede. Eli*. 1781 ;
nach gar ^odelicher e
hielt si mit in aller stede
suge unde ouch gar nuzze rede. 7235.
ll) trenn die letztere fügung sich zeitlicher bedeutung
nähert, so findet sich rein zeitliche vencendung ganz ver-
einzelt im nd.: de was by myner tyt ein barvet broder,
den makede sodder stede der soste pawes Clemens to
Rome ein cardinal. queUe bei Sgiiiller-LCbben 4,371''.
B. ein ursprü/iglich davon verschiedenes icort ist das
ahd. stata, mhd. state, s. oben I, 3. es hat einen mehr
abstraeten und modalen sinn und bezeichnet zunächst die
art, xcie etwas steht, die läge, äuszeren umstände, Verhält-
nisse u. s. IC, doch in der regel nur, insofern sie die mög-
lichkeit für ein thun enthalten, vgl. das mhd. tcb. 2, 2, 604-6.
dasz die Verschiedenheit beider Wörter noch deutlich emp-
funden wird, beweist ihre Zusammenstellung, z. b.:
nn haeten si sich starke . . .
vor hin gevlijjen dar an
da; si ir State unde ir stat
wlslfchen haeten besät
und wol vor hin beraten. Trift. 12585.
später hat der lautliche zusammenfall {s. 1, 3) auch ein
zusammenflieszen der ledeutungen begünstigt, im, nhd. ist
eine Scheidung nicht mehr durchführbar (vgl. C), doch
sterben die gebrauchsiceisen, die auf dem alten state be-
ruhen, mit einer ausnähme {s. 7, c) im 16. jahrh. über-
haupt aus. auch im mnd. ist eine vermischting einge-
treten, indem nicht ganz selten stede in dem sinne von
Stade vorkommt, das auch hier später erlischt, (s. bes. 3, a.)
vgl. Adelung, anm. zu statte.
i) selten bezeichnet state die läge, Verhältnisse u. ä.
ohne die angegebene beziehung :
so lege dir selben vore
dise zugenclichen more {vergängliche dauert)
unses totlichen vleisches . . .
und pruve dan der werlde state.
Hkinr. V. He.slkr apokal. 4631.
in folgender stelle kann man daneben schon an die ge-
wöhnliche bedeutung 'gelegenheit' denken :
ich sol die state erkunnen da,
wie er da lige oder wä. Triit. 1253.
2) in der regel bezeichnet state die müglichkeit für ein
thun, xcie sie theils durch die äuszem umstände, theils
durch das vermögen des handelnden bedingt ist. (negiert
in nnstate, Unmöglichkeit für ein thun, hilflose läge.) so
wird State und wille , muot als können und wollen zu-
sammengestellt: .
da ist diu state unde der muot. Iieein 6981 ;
das ime du state und der wille benomen werde, das er
darna niht müge (beichten) so er gerne wölte. quelle bei
Scher/.-Oberi.ix 1559.
3) state fjeht zunächst auf die äuszem bedingungen und
bezeichnet die günstigen umstände oder den geeigneten Zeit-
punkt für ein thun. es entspricht ungefähr dem heutigen
gelegenheit tmd dem gr. y.ai^di. vgl.-, opportunitatem
{querebat, ut eum traderet). stbtb (l. stata, Matth. 26, 16).
Graff diutiska 2,286'» (Steinmf.yer - Sievers ahd. gl.
1, 717, 57).
a) state durch Zusammenstellung mit zit oder stunde
erläutert; doch ist gerade in dieser Verbindung auch die
bedeutung 'ort' möglich und oft naheliegend: got hat dir
geben state und zit. Schönbach pred. l, 12, 32 (dedit
eidem lomim indulgencie et poenitencie. 28);
herzliebster K. fflg stat und zeyt
Förster frische t. liedlein 1, 12, 8.
mnd. stets in der form stede unde stunde, auch wo deut-
lieh die bedeutung der gelegenheit, des günstigen Zeitpunkts
vorliegt. ». Schii.i.er-LObben 4, 371''/. ; bat de rad stede
unde stunde, dat se sik bespreken mochten. 372* (Körner);
desulven Tloghen ok en wech, do se stede unde stunde
hadden. Lüb. chron. 2,55; de hertighen van Holsten Alph
unde Gherd besloten hemclken . . , dat se wolden wynnen
Vlensborch also vro, alse se stede unde stunde darto
konden vynden. 59; so noch Jyrem. na stede nn stunde,
'nach zeit und gelegenheit'. brem. wb. 4, 1011.
b) so auch in dem sprichicort: tyt unde stede maken
den deif, degenerem faeiunt locus atque occasio furem.
TuNNicius 938; %ind so noch nhd.: statt und stund, thun
den dieb stelen , occasio faeit furem. Henisch 695, 8;
statt und stunde heiszen den dieb stehlen. Simrock
9826; entstellt: stette und stunde machen die diebe stelen.
Petri Tt2*, vgl. Wanüer 4, 782, 7. mhd.:
wan stnnt ond stat vil dieben macht.
BONBR 61, 18.
doch gewöhnlich mit state allein:
vremde scheidet herzeliep :
State machet manegen diep.
Vridanc 105, 4 (f<7/. die anm. v. Bezzbnberger,
vnd SCHM."- 2, 795);
State machet den diep.
Pleibr Tand. u. Flord. 3306;
State machet biwilen diep. paff. 318, 1 Hahn;
so machet state manchen diep.
Heinr. V. Frbibbrg Tristan 320;
die stat lert den diep stein.
Koloez. cod. 194 (die heidin 116);
die weil die stat offt macht den dieb.
H. Sachs 1, 371*.
jetzt gewöhnlieh in der form: gelegenheit macht diebe,
vgl. gelegenheit 4,/, theü 4, 1, 2948.
c) \cie hier, steht auch sonst poetisch state zuweilen als
subject, mit annäherung an die personification (vgl. ge-
legenheit a. a. 0.):
und swes der gerne sehende man
ze sehene guoten muot gewan,
da; lie diu state da wol geschehen. Triftan 613
(in anderm sinne unten 4, d).
d) so sehr geicöhnlich in der fügung diu state (mit gen.,
gelegenheit tcozu) wirt, geschiht, geligt einem u. ähnl.:
upa imo stata gelac, si occasio praebeatur. quelle bei
Graff 6, 643; der rihter sol über den lip rihten, swa im
sin stat wirt. Schwabensp. 39, §6; und sullen mich und
meinen chind hinnan ze Buding, oder wan eg in aller
schierst stat wirt, oder in ein guet ledich wirt.., an
gevärd besideln. urk. v. 1341, s. monum. Boica 6,596;
diu State enmohte in niht geschehen
da; si haeten besehen
was in dem vajje waere. Gregor. 967;
ich t^etej, wurde mirs diu stat.
Walther v. d. Vogklwbidb 119, 34;
ob den diu state niht geschiht,
da; si gevrägen eteswes.
KoNR. V. WCrzburg Silv. 4302;
sa ir di stade sider wart,
ei bat ir frouwen also zart. Elinab. 5163;
die wolde her zu erst vorleiten . . ,
swar im state des gelac.
Heinr. v. Hesler apokal. 13553;
(der teufel) wolde in ouch zien hinder,
als her tut al die kinder
der cristenheit, die sie gebirt,
swenne im des die state wirt. 17108;
da; mir state sprechendes bleib. 16483;
sO wold er ouch besehen,
ob im diu stat indert getöhte,
da; er genie;en möhte
an disen ziten der kür. Ottokar reimehron. 39668.
mit synonymen verbunden (vgl. a):
wirt mir state unde vrist. Pilatus 24;
doch was sin mnt algeiich,
we da; her gereche sich,
mit dancken harte snel,
so langhe da; im gevel
dhe stat and ouch dhe stunde.
Brauwehw. reimehron. 1898.
in unpersönlicher fügung:
'&', sprach Tsöt, 'dö e; sich mir
ze alsO guoten staten getrnoc,
da; ich inch in dem bade niht sluoc,
got Mm, wie gewarb ich s6'.' Trirtan 12043.
e) während diese redeweisen auf das mhd. beschränkt
und nach dem 14. jahrh. nicht mehr nachtceisbar sind,
findet .nch die vertcendung est ist statt, zeit, xatoöf, mit
\ inf. gerade im frühnhd.: was die siben sigel sind, ist
i yetzt nit statt zö sagen. S. Fraxck parad. (i558) t-oir. S»;
' gedäucht mich nicht ungelegene stall sein. Fronsperokr
, 3, 236''.
1
975
STATT (II. B, 3. 4)
STATT (II, B. 5)
976
y") State als objeet. 90 besonders state haben, vinden,
s. unter C, 1,2. änderest weniger formelhaft:
swenn uns got die stat beschert,
da; wir e; verkeren niugen.
ÜITOKAR reimchron. 2288.
g) wie die angezogenen beispiele zeigen, wird state ge-
toöhnlich durch einen gen. oder durch einen inhaltssatz
(mit das) näher bestitnmt. der gen. ist entweder ein ganz
allgemeiner ausdrtick, das neu&. eines j»-on.. oder ein inf.
(gerundium) :
die gewinnent alle namens stat.
Ottokar reimchron. 25657.
selten tritt zu stat ein subjectsgenitiv :
die des ersten hin in körnen,
von den wart vil penomen;
die aber sich versOmten da,
da; si kftmen hin nä,
der vtnde stat wart verloren {die hatten die gelegen-
heit rerpaszt). 31050.
Ä) hier schlieszt sich an mhd. ze staten zur rechten zeit,
iv xaiftji: ze rehte swfc, ze staten sprich. Winsbeke 23,5;
des von Waise kunnen
ze staten japen unde wichen
und hin wider snelliclichen
an die vfnde hurten.
Ottokar reimchron. 77284.
so auch, final getrendet:
als ein wtser man
der sine ritterschaft wol kan
und sine kraft mit listen
ze rehten staten {'/ür den rechten moment') vristen.
Irvein 5320.
dagegen anders, auf die rechte stelle und die rechte weise
gehend: ouch galt er mittem swerte
under wilen einen slac
der vil wol ze staten lac (der 'sasz'). 6736.
4) weiterhin bezeichnet state die müglichkeit vo7i etwas,
insofern sie durch die läge, das vermögen des handelnden,
besonders durch seinen besitz xind die verfügbaren hilfs-
kräfte bedingt ist; es entspricht hier unserm die mittel.
a) in diesem sinne begegnen dieselben Wendungen wie
unter 3; besonders state haben, s. unten C, l, J. mit ver-
deutlichendem Zusatz :
wir bän an guote wol die state.
Wackernagkl leneh. l'^, 585 27
{beisp. V. frasz 12) ;
di (jgabe) gab si rilich ufler stat . .,
wa ir OK wart di folieist,
di Stade an dcme gude. Eli«. 851.
von Streitkräften; mit erklärendem gen.:
ouch mugen wir der liute die state niht gehän,
da; in iht schade werde von unser vart getan.
A'ttdr. 904;
e^ mac niht 6 ergän,
e wir die state der liute mugen voi gehSn. 942.
vgl. audt: ich weder statt des rates hab noch mengin
der hylfT. Terent. (1499) ll^ (Andria 2, 6).
b) sonst bedeutet state haben mit gen. : die mittd wozu
haben, verstärkt puotc state (copia):
der herre lebete rehte,
der habete vil chnchte,
er l^he in allen den rät,
des er vil guot stat bat.
hochzeit 163 (Karajan sprachdenK-m. 22);
des {mü kleidun<i) was der wirt zaller Rtunt
gewamet als ein hOvesch man . . .
und ders ouch guote atate hat. JwHn 8197;
ai was gOtes also rieh,
da; si sin het« gOte atate. patt. 336, 87 Köpke.
e) zuweilen geht state, indem die durcli diesen gen. aus-
gedrückte beziekung aufgegeben wird, in eine concretere
bedeutung über, so steht stata als ül/era. über sumptum.
NoTKBR i,ntt,9 Piper (p«. C2, 9). vgl.: »OS divites, uuir
de Stada habcmes. Werdener gloasen (j).ja?trh.f) bei La-
coMiti.K'r archir f. d. geach. des Niederrh. 1, 89. von den
atreitkrüften :
■i . . . aainent«n ir ritterschaft;
alle ir atate und alle ir kraft
die kMen ai niuwan ze wer. TrUtan IMO ;
al die atate und al die mäht,
die ai roohtan b( der naht
btModen, diu wart gar boaant. 18847.
<f) «Mth hier Htht atate zuireUen als suhjeet nach art
einar feraomifimtion. wie S, e, dock dann mit dem possea
ttvprtm, !
sO het der selbe altman
eine sch&fkürsen an
und des selben üf einen huot:
diu wären beidiu also guot
als in sin state leite. Krec 285;
diz tet der pbaffe umbe da;
da; man dar an ssehe,
wes im sfn state jaehe {»eine verhältniue erlaubten).
Pf. Amis 1590.
.5) präpositionale roendungen mit verschiedener sinnes-
nuance.
a) obe i; si an uwer stade, . . .
so lat uns, herre, werden kunt
den selben wunderlichen funt. Eli». 257.
fc) mit staten, *. mhd. wb. 2,2,605''. so in der vollen,
eigentlichen bedeutung .-
wen sie san sie nicht mit vollen staten
irs ^esunes als durch einen schalen
schmen von verren virren.
Heinr. V. Hesi.er apokal. 20771.
in bezug auf ausrüstung, prunk u. ähnl. .-
wände sie vören mit so getanen statin,
da; den Dietherichis gatin {seine* gleichen)
nie neblüchte {beschien) der lach. Rother 1102.
häufig in abgebluszter bedeutung, besonders mit adjecfiven,
fast nur das adverb umschreibend:
betoubet lac ich äne sin . . .
ich blikte üf mit armen staten. übel tvip 795.
mit guten statten (im eigentlichen sinne) noch imiß.jahrh.:
deszhalben wo es sonst mit guten statten geschehen
mag, so wirt es (jmlver) nicht basz verwart, dann in
einem hausz zu Oberst underm dach. Fronsperoer
kriegsb. l, 73*. vgl. auch Reuchi.in augensp. A 4* unter &,b.
c) mJul. nach (sinen) staten, nach seinem vermögen,
seinen Verhältnissen, s. mlul. wb. 2, 2, eos*"/. .-
minnete er (Fabianus) vli;eclichen got
und volvurte sin gebot
nach staten swie er mochte. pa»s. 100,1 Köpke;
wane hüte der gute herre sente Bartholomeus von allen
christenlüten wirt gelobt und geerit, so sul ouch wir in
lohn und erin nach unsern staten. Schönbach altd. pred.
1,344,14; gewöhnlich in bezug auf die 'mittel', besitz, ver-
mögen; so besonders in Verbindung mit geben; wir suln
. . . die almäsen gebn nach unsern staten. 93, lO; frue-
stuck sol (deti zimmejleuten) yederman geben nach staten
('nach vermögen oder nach gelegenheit'). quelle bei ScuM.'
2, 795 (ges. der handwerkerzünfte zu München um 1346,
handschr. v. 1464); so lüdent die liite die brfldere: eins
lüt 20, eins 12 oder lo, iegeliches noch sinen staten,
und furtent sü heim und büttents in wol. d. städte
chron. 8, 106, 11 ; di selben süUent für sich selber der
stat warten und helfen, alz ain ander purger nach seinen
slaten. 15, 394, 9, vgl. 29;
zehant lech er und gap,
umbe swiu si in bäten,
ie dem man n&ch sinen staten.
Ottokar reimchroi\. 15058.
so auch 7nit Zusatz: nach statten und vermögen,.«. Brinck-
mann 2, .')75*': so sulien sie uns mit irem dinste gereit
und geliorsam sein, nach iren staten und vormügen.
urk. Karls IV. v. 1360 bei Hai.taus 1735; doch auch ver-
bundfn : nach seinem stand und nach seinen statten.
quelle bei Schm.'s, 795 (hund.vchr. v. 1467). — in andrer
beziehung: wie man einen zeug aufladen sol, er sei grosz
oder ciain, ein ietlichen wagen nach seinen staten ('wie
ea für ihn jmszt"). d. städtechron. 2,855, 16.
d) dazu im gegensatz über state; zunäch.^t vom phi/-
sischen vermögen: da vastont si über der nature stat
Gkieshabkr pred. 2, 49;
nO Tristan der vuor all«; hin
über State und Über mäht
beidiu toc unde naht. Tritian 739t;
ähnlich auch:
und bIh der arme spilman
wider »tnos libea «täte bogan
«In haqihon unt aln singori. 7678.
in betug a%if die materielle läge, beaita:
er wart . . .
ab«r atate g^ret. Krec 4408.
ao auch nhd. im sinne einer einfachen veratärkung. iiher-
mäazig: groai« Ubclzytl wii>wol ich hatt,
allzyt fraal, hiz, ulla Über d' aUtl
J. HuKK Ktter Heini ;>.
i
977
STATT (tl, B. 6. 7)
STATT (II. B, 7)
978
so noch abgeschtcächt im bair.: Überstatt schön, ziemlieh
schön. ScHM.- 2, 795.
G) andere gebrattchsiceisen entfernen sich tceiter von der
grundbedetitung. so bedeutet es zuiceilen, besonders im
nd.-nl. 'beqttemlicJikeit, gemäcMichkeit, ruhe' u. s. ic.
ä) nl. staede, commoditas, utüitas, opportunitas, locus:
et otiiim , fempus vacuum. de staede hebben , tempua
vadium habere. Kilian 2,627''. — mnd. to stade komen,
zur ruhe kämmen, ruhig tcerden:
dat min herte echt to stade queme.
Gerh. r. Minden 31, 25 Seeitnann,
auch im hd. steht statte vereinzelt als sgnonymon neben
ruhe: do sie ime was also leitsame und vil dage lange
ime an hatte gelegen noch ruwe noch statten öme en
gap. quelle bei Haltals 1735.
b) so nd. mit stade(n) gemächlich, ruhig, langsam, all-
mählich: Masseus ghenck wat sneller den wech voer
unde Franciscus quam myt staden na ghan. quelle bei
Schiller-LCbben 4, 350»; men sal den buk mit stade
vullen, paulatitn venter dapibus replendus obesus. TuN-
Nicius 718. so hd., verstärkt, in aller ruhe: nach dem
aber desselben mals k. m. durch Schwabenn lanndt seer
unnd fast eylet, unnd alls man mir sagt vil unnd gros
ander sachen vor banden vrarn, das mein Unschuld mit
gätten statten und müssen nit wol nach der lenge mocht
gehört werden. Reuchlin augenspiegel A4»;
ich sain uch heren, wat ich raden,
dat ir mit veil ^eden staden,
mit eirst ur dinc anerait
und dat ir nch neit envergeit.
Hagen boich v. Colne 4310 (». d. etädtechron.
12, 145).
in anderm sinne (bei zelten*):
nicht hilfet der arczedye list,
wan der siehe virtorben ist,
man solde al diesen schaden
bewarit han vor mit staden.
Ernst Kirchberg chron. c. 92 bei
Westphalkn 4, 726.
7) selir häufig ist state in dem sinne 'nutzen, förderung,
hilfe. beistand': vgl. nl. staede, auxilium. Kilian 2,626».
a) so vereinzelt als object, vgl. : staede doen, ustii esse,
prodesse, commodo esse. Kilian 2, 626». im deutschen ein
paar mal belegt als object zu bringen in Verbindung mit
syncmymen ausdrücken: dan denselben (übelthätem) sali
kein dieser vur und nageschribener artickel stade oder
friheit brengen. quelle vom jähre 1400 bei Haltaus 1735;
so uns vorteile und staden, und dem oheim hindernisse
und unstaden bringen mochte, ebenda {vom jähre Uö6) ;
mässiget ewer betrübnusz, dann leydt zutreiben bringt
unserm geschefft keyn förderung, oder statten. Äimon s 6^.
b) sonst stets in Verbindung mit präposition, vgl. te
staede komen, venire auanlio, auxilio esse, assistere, auayi-
liari, praesto esse, opportune et eommode venire. Kilian
2, 626». {so noch jetzt holl. te stade komen.) ähnlich in
loserer fügung schon spätahd.: ze stäto bist tu chömen
Mercurio Maiun süne (oportune votis intermlxta Maiu-
gene). Notker 1,731,9 Piper {Marc. Cap. i,28). mhd. als
feste redeireise, s. nüid. wb. 2, 2, 606». doch steht im deutschen
{hd.nd.) in diesen fällen fast stets der dat. plur., vgl. z. b.:
allain der christenlichen kirchcn, teutscher nation auch
gemainem nutz friden und rechten zu hilffe und guten
staten auffgericht. quelle bei Haltals 1735. ganz ver-
einzelte ausnahmen begegnen in mitteldeutschen quellen:
ir werch was nütze und ersam,
vil manigem e; ze state quaim.
Lampreht V. Regbnsburg Franc, leben 1660
(neben staten, f. unten);
die mein red euch dick kam zu stat (; hat).
Wickram 8, 164 BoUe {Ovid 13, 2, 215);
neben: das euch dise mein listig handt
nutz schufT und den Troianem gnommen,
welchs euch zfi grossem statten kommen,
dieweil euch nun solchs nutz mag sein . . .
173 (528) ;
zu grossem statten er mir kam,
als er mich inn sein schiff uffnam. 201 (14, 2, 152,
«0 Bartsch Albr. v. Halberst. 33, 151 : zu grdger state
einsetzt); hier hat Wickram offenbar aus miszverständnis
den alten dat. plur. zum schwachen ma.tr. gemacht, die
im mhd. wb. angezogene stelle pass. 266, 15 Köpke dagegen
X. 2.
ist tcot anders zu verstehen, a. unten S,a, da man sonst
im daneben entarten würde, vgl. daneben:
mac ich dir wol zu staten kumen
imd dir din leit wirt benumen. 301, 85.
diese sehr häufige Verbindung zu statten, die von dieser ganzen
bedeutungagntppe (B) allein lebendig geblieben ist. hat dann
auch die Umgestaltung der Verbindung von statt in von
statten bewirkt, s. A, 4, e. diese Vermischung ist besonders
deutlich in einer stelle, tco zu statten gehen ganz im
sinne des späteren von statten gehen (A, 4, e. ß) gebraucht
wird: der nach gottes wort seines beruffs wartet, der
ist jmerdar geschickt und bereit, viel gutes zu thun,
und thuts auch on unterlas. gehet jm davon zu statten,
was er fnrnimpt. Luther 8, 318". dies statten ist bei
Steinbach 2, 688 als besonderes wort angesetzt, s. oben
A, 4, e, ß. eine verfehlte erklärung giebt Adelung 2, «. ferner
Weigand 2, 800.
c) die tceitaus gewöhnlichste Verbindung ist zu statten
kommen {s. auch die beispide unter b). in der Verwen-
dung ist ein unterschied zicischen der altem und der
neuem spräche zu beobachten.
a) mhd. überwiegend mit persönlichem subjeet und der
bedeutung 'helfen, beistehen' :
durch got saget balde
ob ich iu ze staten müge komen. Erec 5344;
wan jener der da nider lac,
dem moht im niht ze staten komen.
Ixcein 6781 ;
den quam er mit vatten,
also ein hell, ze statten.
mtnnes. 3, 340, 18 Hagen (Wackbrnagbl
kirchenl. 2, s. 140);
86 da^ si niht enmohten
dem hüse komen ze staten.
Ottokar reimchron. 9128;
ei der dem selben armen
indert kaem ze staten!
Hadamar V. Laber yo^d 507;
swer eigen liute hat, und kumt ir eing in seinem dienste
in Siechtum, und wil im der herre an sinen notdurften
niht ze staten komen. Schwabensp. 58, § i ; gebar siu ein
töd kint, und was nieman bi ir von frouen noch von
mannen der ir in semelichen sachen ze statten kseme.
quelle s. Wackernaoel leseb. l*. 943, 8; bätend siu daj
siu inen ze statten ksemen und inen etwas gelben. 33;
die sei chsempft taeglichen wider den teufel . . . und dar
umb sol man der sei manichfeltichleich ze staten
chomen, dag sew in wider streben mög. gesta Roma-
norum s. 139 Keller; dag unser herr der kunk her aws
meint zu kumen vor dem palmtag und frid zu machen,
und das man im zu staten solt kumen. d. städtediron.
1, 191, 20 {briefv. 1397); wenn ein gemeiner krieg angehet,
so hat iederman so vil mit im zu schaffen, daj einer
dem andern nit ze staten komen mag. 2.330,22; wer uns
hilf geschehen, wir möchten itzunt unsem puntgenossen
auch dester fruchtperiicher und pasz zu statten kommen.
408, 18 ; diese clöster und pfarren habent ire pfleger
zugegeben von einem hochweisen rat, dieselben in zu
statten komen in anligenden sachen. 3,75,8; so wil ich
uwer tugentlich gnode flisseklich bittent sin . . , dasz
{ihr) mir zu statten wellent komen, wan ich . . . verhafl
bin mit einem Juden ze Sletzstat, und daran min bittung,
dasz ir mir geruchtent zehen pfunt pfenning lihen!
9,1043,36; hilff deinen armen, chum in ze staten. queUe
bei ScHM.*2, 795. so mit verdetttlichenden Zusätzen:
si wolden in drät
ze staten und ze helfe komeo.
Ottokar reimchron. 26274;
di^ er beintch in zu statin
mit den stnen queme.
Nie. V. Jeroscrin 1976S.
im^ andern bestimmungen :
ze weihen staten ich iu quam,
dö ich iuch von dem tßde nam. Iwein 8143;
negiert: leider nü enmuge wir
ime ze keinen staten komen. d. arm. Heinr. 505.
so noch nhd. zutceilen bis ins 18. jahrh.: jemand mit
einem guten raht zu statten kommen, servire uno oppor
tunamente con (d") un buon consiglio. Kram er dict. 2,914";
o gott! ich bitte dich . .. dasz du mir in dieser unge-
stühmen weit ... mit deiner hülffe zu statten kommen
62
979
STATT (II. B, 7)
STATT (II. B. 7)
980
wollest. Olearius pers. baumg. lO*»" (lO, l); davon unsern
vormaligen bandsgenossen uns niemand zu statten komt.
Heilmann T7ti<c. 384(3. 57; Jacobi: uns beysteht); {daszer)
einen schädlichen nachdrucK besorge, zu dessen Ver-
hütung . . . wir ihme mit unserm kaiserlichen druck-privi-
legio diesfalls zu statten zu kommen gnädigst geruheten.
Bi.i; MAUER Aeneis 2 (1785), ki^ {privil. Josefs II.); ich
hatte ... es unternommen . aus Nikolai's algemeinen
deutschen bibliothek einen auszug der theologischen
artikel derselben zu veranstalten, womit ich denen zu
statten kommen wolte, welche sich nicht im stände be-
fanden, diese ganze bibliothek sich anzuschaffen. C. F.
Bahrdt gesch. s. lebens (l79l) 3,161. so auch: und ye
ein glid mag dem anderen zehilff und statten kommen.
manuale curatorum (1516) 19^;
ich sinne nach wie deine macht
mir reichlich kommen sey zu statten.
Opitz psalmen 116 (68, 4).
ß) mit unpersönlichem s^ihject, in dem sinne 'nützen,
von nutzen sein, zu gute kommen', so schon mhd. nicht
selten : das vierde ist verllust des gemeinen gebettes. das
kümt im niht ze staten. diewile er wijentliche in einer
houbet sunden ist. die er niht gebihtet hat. bihtebuoch
a. 11 Oberlin ;
des maic mir unz an minen tOt
niemer niht ze staten komen,
in mtieje Itden sende nOt.
minnes. frühl. 217. 30 (Hartman v. Ouwe) ;
swelch dienest so ze staten kumt . . . Iwein 6666;
e5 ist ein helfeclicher dön,
swa friundSn rede wirt vernomn,
diu friunde mac ze staten komn. Parz. 766, 18 ;
da; kam ime ze gr6;en staten.
Heinr. V. n. TÖRLIN kröne 9437;
wan swer mit sUnden ist geladen,
dem mac der name (Jegiu) mer geschaden . . .
danne er im ze staten kum.
Lampreht V. Rkgensburo Franc, leben 3319;
darzuo muoj dir mJn helfe fromen
und euch mfn trßst ze staten komen.
tohter V. Syon 1152;
das roesser kam im wol ze staten.
Heinr. v. Neustadt Apollon. 6747;
derselb {ofiwind) mag dir zu staten kumen.
OswAi.o V. Wolkenstein 17, 48 Schatz;
darinn kam mir ze staten
vil krumper stampanei. 111,103;'
mit Zusatz :
eines rates ib iu beweise,
der waerlicb gefrumt
unt uns ze besten staten cbumt.
urgtende hei Hahn ged. 104. 52.
ao im nhd. von anfang an überwiegend, und in der neuern
spräche ausschlieszlich und in dieser Verwendung sehr
luiußg: zu statten kommen, ustii, commodis aptum, operae
pretium esse. Stiei.er 2117; das geld wird mir treflich
wol zu statten kommen, questo danaro mi servirä be-
nissimo. Kramer dict. 2,914»; das kommt mir zu statten,
hoc mihi saluti est; was einem zu statten kommt, quod
aliquem adjuvat; den armen kommt es zu statten, pau-
peribus usui est; in der noth einem zu statten kommen,
difficultatihua alicujus subsidio esse; das geschencke
kahmm zu statten, munus usum magnum habebat; was
im kriege zu statten kommt. Stein räch 2,688; zu statten
kommen, u»ui esse, opportune et commode venire, prodesse.
Frisch 2,821''; zu statten kommen, 'zu einer absieht
nützlich, beförderlich aeyn'. Adehjnci (2); das kam mir
zu dieser absieht vortrefflich zu statten, dann wird
ihnen ihre gelehrsamkeit recht gut zu statten kommen.
ebenda, ao jetzt attch hoU. te stade komen, s. oben b;
ebenso (daher beeinfluaztt) oatfriea. to stade kamen, dat
komd hum gAd to stade, dat hft dat n£d dAn brOkte.
dat geld kwam hum in sin läge best to stade un hulp
ham sülkes Qt grote ferlegenheiden. trn Dooknkaat
KOOLMAN 8, S98*>. (fehlt in Handadiukaheim. Lenk 68'.) —
bdege: redet er gefitftklich , es kompt jm zA staten.
Aimon hl*; wann du klugen rath hftren wilst, mustu
einen schweren stein auffheben, und den etliche mahl
aair den dummen esel werffen, und ihm kopIT und lenden,
und altes zerquetschen, das» er dem ohrlosen könige
(der mit den mein unbarmherzig umging) nicht möge tu
statten kommen. Olbariur pera. baumg. 18*' (1, 89); der
gute mann würde diMM, noch gaiu ertiilgUohe stUok,
auch nicht hervorgebracht haben, wenn ihm nicht die
materie der alten bildsäule dahey zu statten gekommen
wäre. Lessing i. 142 (fabeln 2, l); aber warum sollte,
unter allen tagewerkern, dem einzigen wöchentlichen
schriftsteiler kein feyertag zu statten kommen? 7.447
(Hamb. dramat., 101 — 4 stück); dasz die natur der zu kurz
fallenden kunst hier zu statten kommen . . . kann. 8, 133
(antiqu. br. 42); dieser umstand kam ihr itzt bey ihrem
alten sehr zu statten. Wieland 8, 265 (Danischm. 3l);
wie wohl nun ihre (der byzantinischen kaiser) Wissen-
schaften nicht eigentlich dem reich selbst zu nutz kamen,
da die gelehrtesten kaiser meistens die unglücklichsten
waren..; Europa kamen sie sehr zu statten. Herder
9, 341 Suplian; in dieser Verlegenheit kamen die kennt-
nisse seines freundes Laertes ihm gut zu statten. Göthe
19,111 (Wüh. Meister i, M); ihr müszt reisen, die ein-
ladung des markese kommt euch herrlich zu statten. 20, 307
(8, lo) ; also würde man urtheilen. wenn er (Phidias) auch
nichts als die Minerva zu Athen oder den Olympischen
Jupiter in Elis gemacht hätte, dessen Schönheit der an-
genommenen religion ... zu statten kam. 37. 42; der nord-
ost-wind ... kam uns trefflich zu statten, und half die
flamme bis hinauf in die obersten gibel jagen. Sghim.er
2, 92 (räuber 2, 3 schausp.); die zeit meldet sich allgemach
bei mir, wo uns vätern die kapitale zu statten kommen,
die wir im herzen unsrer kinder anlegten. 3, 478 (kab.
u. liebe 5,1); frühe schon legte er (Solon) sich auf die
dichtkunst, und die fertigkeit, die er darinn erlangte,
kam ihm in der folge sehr gut zu statten , moralische
Wahrheiten und politische regeln in dieses gefällige ge-
wand zu kleiden. 9, 166; lassen sie daher auch mir einige
nachsieht zu statten kommen. 10,276 (ätith. erz . . \. br.);
man schiebt noch alles auf den krieg und auf die be-
lagerung; das mag den aubergisten sehr gut zu statten
kommen. Seume 2, 95 Hempel; Karl legte den grund zu
einer bildung, die doch nur den groszen und vornehmen
zu statten kam. Schlosser toeltgesch. 5,392; Leodegar liesz
mich unwillkürlich frei, dieses fahrenlassen kam mir
kleinem ungeheuer zu statten. Keller 7, 3ii; wenn es
(Zürich) sich mit dem Schilde vorsichtiger neutralität
gedeckt, sei das, wie der Schweiz, so Graubünden zu
statten gekommen. C. F. Meyer Jürg Jenatsch 134;
kurz, jeder umstand kommt dem andern da zu statten,
und trägt das seine bey, die sacbe rund und ganz
zu machen. Wiei.and 23, 130 {Oberon 9, 10);
nicht kam dem Sacripant sein muth zu statten.
Gries Bojardo 1, 14, 61.
d) andre ähnliche Verbindungen sind auf die alten sprach
stnfen beschränkt.
a) mhd. häufig ze staten st&n , vgl. mhd. tob. 2, 2, 606» ;
mit peraönl. aubject ;
vrouwe, ich enmac
iu ze staten niht gest&n. Iwein 5707;
da; se alle samet in selben mS
enmohten niht ze staten gest&n,
wan das se ir schef et liejen gka. Trintan 2413;
hei sal levendicb us deme grave
mit der helpen godes gain
unde Agrippina zo staaen stain.
Hagkn boich V. Colne 116;
hei inmoichte in neit zo staden stain. 1075;
80 sal uch got zo staden stain. 6883;
mit unperaönl. subject:
Bvag ir an mir hat getan,
dag läget ime zu staten stan. graj Rudolf 19, r>;
vrouwe, ir habt den rftt,
der iu wol bag ze «taten stAI. Iwein 7860;
mObt' eg in iht ze staten stAn. pf. i
niht ist dag uns se staten stA
sO wol ze got« sam sie (die minne)
LaMPRBHT V. HBGBN!<HrR<) tohl'
ob mir sein tugent, di er hat,
in diser not zu staten slat.
Hfrm. V. NsusTADT ApoUon. 18791;
i; ist billich dai; die wisheit des almechtigen gntis den
ungelouhigrn niht zu staten ste. Leyskr prrd. loi, 3k.
ao auch mnd. of hc Icvon solde, hc machte noch inanich
jar sinen vrunden to staden stan. deutsche chron. 9, 283, 98.
a. ferner Schii.i.kr-LOhiirn 4, sfto».
(3) aonat im mnd. in dieaem ainne in staden slarn,
«. aianda (wrk. v. 1876), und, mU varmiackung der beiden
981
STATT (II, B, 7. 8. C. 1)
STATT (11, C, 1)
982
icörter .- in steden stän 372* {Lüb. urk. v. 1375, Hoyer urk.).
ebenso nl.: in staede staen, vetus, vd ontset doen. Kilian
2, 626'. 80 auch köln. in staden stain {neben zo staden, *. o):
ei got, manch goit haistn ans gedain,
dn wolt nns vort in staden stain.
Hagen boieh v.Ccine 1806;
it danct uns allen goit gedain,
dat wir der stede in staden stain.
4689.
;) vereinzelt mhd. dafür:
doch mochter nicht zu in gewaten,
noch ir dekeime zn staten
getreten in der selben zit. pasg. 238, 4S Köpke.
ferner : swer dienen künne riehen solt
and sich ze staten biete.
KONR. V. WCrzburg Parton. «. Mtl. 3237.
e) andres liegt weiter ab, so: so gereichete es ihnen
ohne zweifei zn gedeylichen statten, wan die landtage hin-
führe mehrmaln zum Kiel möchten angestellet . . . werden.
ttrk. V. 1649 bei Westphalen monum. ined. 4 (1745), 107.
g. auch Haltaüs 1735. — zu statten gehen, s. oben unter b.
8) vereinzelt begegnen diese u. ährd. xoendungen in ganz
anderm sinne.
a) zu statten kommen; mnd. to Stade kernen ruhig
xcerden, s. unter 6, a. ähnlieh ist icol zu verstehen:
als der (Seth) des vateres {Adanu) tot entpfant,
do was im leide genuoc.
sin trawe in do alumme trac,
wie er {AdamT) zxx State mochte kamen.
pa^g. 266, 15 Ä'öpJte (vgl. auch 7, b).
b) wieder anders: aber der Eidgnossisch . . . cardinal,
und der herzog von Bar hüben als trfiwe diener bim
armen glük des gerechten keisers, in hofnung, die ge-
rechtikeit wurde noch bi zit zö staten kommen. Anshelm
Berner chron. 4, 171, 2 {'zur geltung kommen' Wörter verz.).
c) zu statten bringen, reficere. reeoncinnare. voc. v. 1618
bei ScHM.- 2, 795.
C. im nhd. ist statt hauptsächlich in einigen formel-
haften Verbindungen erhalten, tco eine Scheidung dieser
beiden ic&rter nicht mehr durchführbar ist. so einerseits
in den Verbindungen des dat. plur. statten mit den Prä-
positionen von uiid zu; von statten gehen, s. A, 4, e, und
zu statten kommen , B, 7, c. hier liegt im ersteren falle
deutlich altes stat , im zweiten state zw gründe, tceshalb
sie auch an der entsprechenden stelle eingereiht sind ; doch
beueist die formale angleichung (von statten /«r von statt
oder von statten), dasz der unterschied nicht mehr empfunden
icird. anders verhält es sich mit den redexceisen , tco
statt als object zu verben tritt, hier liegt in der alten
spräche meist deutlich stat und State neben einander, so
dasz im mhd. eine auftheilung der belege auf beide Wörter
im allgemeinen möglich ist {während im mnd. häufig ver-
mischung eingetreten ist), auch nach dem schirinden der
formalen Unterscheidung, im nhd. dagegen ist die Unter-
scheidung nicht tnehr durchführbar, besonders desicegen,
weil diese verbindujigen hier im,mer mehr zu einer einheit-
lichen gruppe verioachsen und als solche neue bedetttungen
entxcickeln, die weder zu stat noch zu state passen, sie
verlangen daher eine gesonderte behandlung. das gilt ins-
besondere von den jetzt überaus gewöhnlichen statt haben (l)
und statt finden (2); ihnen schlieszt sich das sehr zurück-
gegangene statt geben (3) an. bei den ganz erloschenen
Verbindungen statt thun (4) und statt lassen (5) scheint da-
gegen ursprünglich nur state zu gntnde zu liegen, in
allen diesen \cendui\gen ist statt alleinherrschend geblieben,
nur ganz ausnahmsxcei^e und ungut kommt dafür statte vor.
l) statt haben.
a) mhd. zunäclist stat h&n, s. mhd. tob. 8, 8, 599* ; z. b. -.
wan da; {maere) hat dfi ninder etat
and vil gerömeclichen pfat,
zeinem 6ren In, zem andern für. Pan. 241, 23.
SO noch im le.jahrh., ganz eigentlich: es sollen die ketzer
nicht räum noch stat, in seinem heiligen, freien, christ-
lichen concilio haben. Luther 8,212*; mit näherer be-
»timmung: wir haben hier keine bleibende statt, s. A, 6, d.
ähnlich freier: also das da die gedancken and vemunfTt
kain stat in jm haben. 10,3,66,11 Weim. attsg.;
die Unschuld bat bei euch kein stat,
wenn euch der grim beseszen hat.
Rbbhun üu«. 3, 2, r. 135.
räum, platz haben .-
tavelrande ... ist so breit, da; volle stat
wit und eerüme dar an
wol vünttinndert ritter hän.
Heinr. V. Freiberg Tristan 1334;
hierzu: aber das ich jm hie vil thu, geschieht darumb,
das in einem kleinen die underschyd dest mercklicher
erkandt wirdet , unnd auch das ich solichs des kleinen
blatz halben hie nit stat hab zu machen. A. DC'rkr
t». menscfd. proportion (1528) S S** {könnte auch tu b ge-
zogen werden).
b. a) viel häufiger ist mhd. state hän , die möglichkeit,
gelegenheit wozu. s. mhd. wb. 2, 2, 605». meist mit ergänzender
bestimmung, in der regel durch einen gen.:
da; sie irs wirtes bette floch . . ,
wa sie des stade mohte han. EU*. 1665 ;
die beziehung ergiebt sich aus dem zusammenhange :
si weiten in gerne haben erslagen.
du nemahten si der State niht nahen.
kaiferchron. 5382;
ie swan sie die state het,
sfi sch6z sie mit ir ougen brehen
Tristande hin ein vrinntlich sehen.
Heinr. V. Freibbrg Triftan 2608.
die bestimmung auch durch einen inhaltssatz oder in f. m.it
ze: da? man den beichter nit ze lang aufenthalt, und da^
die anderen och stat mügen han ze beichten, quelle bei
Sghm.* 2, 795 {handschr. v. 1458) ;
er . . . wolde von den liuten fliehen
verre in verwuoste stete,
da er guote state bete
ze dienne got aleine.
Lampreht V. Rbgbnsburg Franc, leben 3667;
ex was diu maget minneclich
Tandareis vil heimelich,
euch het er des vil guote stat
da; er si umbe ir minne bat.
Fleier Tand. u. Flord. 3309;
sa nu die dugentriche
der Stade monte nit gehan,
daj i; di frouwen wolten lan. Elit. 2033;
mit synonymen verbundeji {s. B, 3, o) :
nu han ich stände joch di Stade,
daj ich dir gfides icht begade {vertehaffe). 2651;
das er zeit and stat hab darzue.
ViNTLER pltiemen der tugent 9185.
wozu die fnittd Itaben, in der läge sein, vgl. B, 4, a.-
hie wart der gast beraten
als si des state bäten. Erec 366;
er lie die geste unde enphie
ba; denn' ieman txte,
wand' er es state hsete. pf. Ami$ 54;
unde sult zuo den siechen gen . . . unde sult die laben,
ob es in not ist , ... und ob ir sin state habet. Bert-
hold v. Regensburg 1,269, 19; du solt ouch vater unde
muoter Sren mit dem übe, da? du in ir nötdurft gebest,
ob du sin state hast. 275, 35; ir sult den armen liuten
üben, so körn, so pfenninge, ob ir sin state habet. 280, 37;
nieman darf sprechen: ich ne habe der state niht, daj
ich icht gutes möge getön. dag himehriche ist veil, al
dar nach da? der mensche state hat. da? der riebe küfet
mit alle sime gute, da? koufet der arme mit einem eyge
oder mit einer snieten brotes. Leyser pred. 184, 36 — 125, 3.
häufig durch adject. zusatz verstärkt, guote, volle stat h&n,
auch, reichlichen vorrat icovon haben:
wir mö;in aver einin kiel havin,
die maniger bände wondir trage, . . .
swer da koufen wolle,
da; wir des gßde stade h&n. Rother 3078;
hai; din goit vur tragen,
des wir guote state haben, kaigerchron. 18964;
des kunigs amtliute hieben
der berren schaffaer nemen,
swes sich der man lie; gezemen;
des stie; in nieman dhein zil,
er nsm sfn lutzel oder vil,
wand man het sin volle stat.
Ottokar reimehron. 7844.
state h&n tnit gen. der person, haben können:
ouch tAten da vil lihte
sumelicb ir bthte,
die der pfaffen beten stat. 15675;
si begunden sere ringen,
wie si des bekaemen,
da; si guot gevangen nxmen.
der heten si da guote stat. 62367.
62*
983
STATT (II. C. 1)
STATT (II. C. 1)
984
ß) auch diese Verwendung ist im 16. jahrh. noch ganz
getcöhnlich; sie ist daran zu erkennen, dasz stets eine
nähere bestimmung hinzutritt oder zu ergänzen ist. im
geniiiv: jhr werber esset und trincket mit freüden, die-
weil jr des stat habt. Schaiden'heiszeh Odyssee 4»(l, 369).
häufiger im infinitiv: denn sie machten es in der dispu-
tation auch also, das, wiewol der Eck, opponens oder
gegensetzer war, dennoch das letzt wort behielt, das ich
nicht stat hatte, sein fürwendung zu verlegen. Luther
1, 146''; kain phantasey soll haben statt,
zfi gründen eottes hainiligkait,
'r dieff und noch ist ungesayt.
SCHWARTZENBERG OC. 165*.
mit synonymen und ähnliclien ausdrücken zusammen-
gestellt: wenn etwas verbotten ist by pen der todsünd,
unnd ein mönsch das nitt mit auszerlichen wercken ver-
bringen will, und aber nüt dester minder hat volkumne
verwilligung im hertzen, das er sollich werck thün wolt,
wenn er zeit und statt hett, . . . der mönsch sündet tödt-
lich. Keisersberg c/iris^enZ. fcünjgrtn ee 7'; alle menschen
[si] sein wer si wollen, wo si ir ursach und stat zu
Sünden haben, so sündens. Aventin chron. 1,804,29; aber
sie wolte nicht nachlassen , . . . darzu so betten wir
jetzundt fug und statt unverhindert von jedermann, buch
der liebe 181 »";
und wenn er denn hat fug und stadt
sein böse duck er sehen lat. H. Sachs 3, 2, 171".
c) statt haben ist auch im spätem nhd. noch durchaus
ijMich, doch in einer abweichenden vericetidung , die sich
von a wie von b entfernt, indem weder eine Ergänzung
wie bei b zuMssig ist, noch örtliche bedeiitung vorliegt.
statt haben, locum tenere, permitti, concedi. Stieler 2117,
haver luogo. Kram eh rfic^. 2, 914»; 'statt haben, bewilliget,
zugegeben, eingeräum/et icerden können, das hat hier keine
statt, katm hier nicht eingeräumet, zugelassen, verstattet
icerden.' Adelung, vgl. auch Heynatz Antibarb. 2,443.
so jetzt auch nd. stede hebben, statt finden, brem. icb.
6, 338. {einfiusz des französ. avoir Heu, vgl. zeitschr. f. d.
wortf. 4, 131*, ist bei dem alter der Verbindung nicht wol
denkbar.) der unterschied dieser gebrauclisiceise von den
altern liegt darin, dasz das subject hier nicht eine person
{wie meistens bei a und immer bei b), sondern ein abstracter
ausdruck, die bezeichnung einer Jiandlung, eines zustundes
u. s. w., ist. .10 ganz vereinzelt schon jnlid., durchaus dem,
heutigen spracligebrauche entsprechend:
gewin und vertust
muo; da haben stat.
Ottokar reimchron. 2565.
»ehr ungewöhnlich und merkwürdig ist folgende stelle, wo
ein concretea subject zu statt haben tritt:
wie können wir ihm schicken
von blumen einen krantz, sein häupt damit zu schmücken?
er ist zu weit von uns. kein kraut kan haben statt.
die neicken sterben hin. das tausent-schön wird matt.
Fl.E.MING 40.
d) die wichtigsten gebrauchsioeisen im einzelnen, die z. th.
ebenfalls auf die ältere spräche beschränkt sind.
a) bitte, rat, ermahnung u. ä. ßndet statt, wird beachtet
und befolgt (l6. — n. jahrh.): unsere pupisten und andere
rotten, so sich mutwillig widder unser lere setzen, zu
trotz und widder der warheit nicht hören wollen, dazu
kein vermanen radten biten straffen an yhn helffen noch
stad haben lassen. Lutheh 28, 17, ll Weim. ax*»g.;
weil trewer raht
und wamnng bey jm hat kein stadt.
H, .Sachs Jnrtu. *p. 2, 117 netidr.;
und was man beid partbeien bat,
■o wolt gut rath nicht haben stat,
gie blieben stracks aufT jbrcm sinn.
Ai.HERVH fabeln ». 23 neudr. (2, 12);
dexgleicben auch dem vatter mein
wolt ich noch nie gehorsam sein,
viel wenger wirt dein guter rat
in meinem hertzen liaben «tat. 198 (44, 4Ä);
die »ehn-Kucbt frcmbdpi soeben,
wu wird lie dermahleins noch endlich au« dir machen,
weil ancb dein eigner rath bey dir »elbat statt nicht hat.
. Fl.KMINO H16,
tyl. aatn 2, o, /.
ß) ähnliek iuweilen (n. jahrh.) etwas hat statt ist am
platze, zulHutig oder Tätlich: stee und hoff, ao werden
deine wcrrk {culden, denn darumb verzeilcht rr dich, . . .
denn da hat die Hoffnung and der (Uub statt, wenn er
uns verzeucht. Luther 10,8,231,23 Weim, ausg. mit ad-
jectir :
wo das reden nicht verfängt , hat das schweigen beszre stat,
besser, dasz man nichts gesagt, als gesagt vergebens hat.
LoGAU 2, 10, 90 («. 209, auch bei Lkssing 5, 171).
vgl. femer: weil aber die warheit nicht allenthalben
statt hat, insonderheit zu hof, in der höUe und unter
den teufTeln, ... als gebotte jhm Lucifer, dasz er fort-
liin dessen schweigen solte. Philander i, 649 {am randc:
warheit wo sie nit gelte).
/) eine meinung, Vermutung, furcht und äknlicJies hat
statt, trifft zu, hat geltung, bestätigt sich: diese forcht
kan hier nicht statt haben, questa paura, questo scrupolo
nonpuö haver luogo {entrare) in questo particolare. Kram er
dict. 2, 914»; wo die Vermutung der notweer wider die
bekentlichen that {gegen das eingestandene factum des
totschlages) statt haben soll, so mösz dieselbig Vermutung
gar gut starck bestendig ursach haben. Carolina ort. 143 ;
ähnlich noch: erstlich gründet sich dieser einwurf auf
die falsche . . . Voraussetzung, dasz der marquis nur für
seinen freund sterbe , welches nicht wohl mehr statt
haben kann, nachdem bewiesen worden, dasz er nicht
für ihn gelebt . . . habe. Schiller 6, 75 {br. üb. don Karlos
12). so dann auch: der halb disz auff jn {Mahomet) nit
gedeüt werden, und die schrifTt an jm nit statt oder er-
füUung haben mag. S. Franck u^eltb. 119»; Johannes
de Persia thut diesem lande grosz unrecht, dasz er
schreibet: es wäre in Masandaran, wegen des gebirges,
so grosse kälte, dasz das obst gar selten reiff würde,
disz musz entweder nur auff, und in den gebirgen ober-
halb Masandaran verstanden werden, oder kan keine
statt haben. Oi.KARivspers.reisebeschr.2S6*.
S) in neuerer spräche gewöhnlich mit angaben über that-
sächliches, zustand liches, die damit als zutreffend, tcirk-
lieh vorhanden, richtig, geltung habend und ähnlich be-
zeichnet loerden sollen; am häufigsten neben negationen: .so
scho7i im 16. jahrh. : das sie {d. Christen) . . . gleichsam
unbeweglich, unüberwindtlich, unwandelbar, unnd un-
empflndtlich seind, one allen affect, das kein zöfall bey
ihn statt mehr hat. Franck parad. 47''; so musz man
auch behaupten, dasz der unterscheid unter natur und
kunst im stände der Unschuld keine statt gehabt habe.
LiSGOveoi; der unterscheid, den wir unter nützlichen
und unnützen gewachsen machen , hat bey gott keine
statt. 678; wenn diese drey brüder dem reich keinen
erben gaben, so rief die Verwandtschaft mit dem regie-
renden hause, ob sie gleich nur im ein und zwanzigsten
grade statt hatte, das haus von Navarra auf den thron.
Schiller 9,343; die möglichsten motive, welche auf einem
polnischen reichstag überhaupt und auf einem in jener
historischen zeit nur statt haben können, müssen ver-
einigt werden. Demetr. s. 134 Kettner.
e) endlich wird statt h&hen auch von geschehnisseti , hand-
hingen u. ähnl. gesagt, eintreten, wo es sich dann der be-
deutung des häufigeren statt finden sehr annähert oder
ganz darin übergeht; doch scJiimmert ztiweilen die ältere
bedeutung der möglichkeit noch durclt: so werden die be-
Stimmungen einer praktischen Vernunft nur in beziehung
auf die letztere . . . statt haben können. Kant 4, 175 {krit.
der prakt. vern. 1,1,2); eben so leuchtet ein, dasz . . . die
natur sich gegen den geist nicht als gewalt vorhalten
dürfe, wenn ein schöner moralischer ausdruck statt haben
soll. Schiller lO, 95 {über anm. u. würde); so im» thril
^hon: j^ zancken der parteyen,
der uberlauff des volcks, desz hofe« scTiwelgereyen
Verleumdung, neid, und hasz, trug, heucheley und höhnen
die auBZKetchmU(-kten wort und flUschlichee besohnnen,
doa hatte hier ni( ht «tat. LotiAU 8, «. 8S8, ru;;. A6.
*. femer die beispiele unter e.
e) statt haben ist tunächat eine freie wortgr%tpfe, Ver-
bindung eines verb» mit seinem object, und $o mM. durehatui.
im verlaufe der nhd. teit tritt dann aUmüklieh ei» engerer
zusammensrhhuii ein, utodurcA statt müm tMttändiqkeÜ
verliert und das gante sieh der nuutmmanMUung nähert.
die» zeigt sich tuntichst darin, dost statt in diesem sinne
die fähigkeit verliert, attribute mu sieh »u nehmen, {einzige
ausnahmt: Looau unlei- d, /i; abgesehen natürlich von der
unter A, 6, d ttfhandriten terndung.) nur darin zeigt et
noch »eine substantivische nnfur. dasz rs gern durch kein
985
STATT (II, C. 1. 2)
STATT (II, C, 2)
986
negiert wird (soweit dies nicht zum subject tritt), s. Luther,
Rebhun tinter a, H. Sachs unter d, a, Olearius unter
d, ■/, Liscov unter d, S und noch Adelung unter c; doch
daneben nicht zu allen zelten (Luther unter b, ß, AlberüS
d, a, S. Franck d, •/, Flemino d, a. Kramer d, y). äuszer-
lich kennzeichnet »ick der Verlust der selbständiglceit bei
statt in der schon im 17. jahrh. herrschenden gewohnheit, es
mit kleinem avfangshuchstaben zu schreiben, {s. Olearius
unter d, y, trotz des danebenstehenden keine, Philander
d, ß, LoGAU d, ß. f. Fleming d, a, Schiller d, y. S. e;
nur Liscov, s. d, S, giebt ihm groszen anfangsbuchstaben.)
— das vollkommene zusamm^nteachsen zu einem zusammen-
gesetzten verb zeigt sich darin, dasz man seit beginn des
19. jahrh. dazu ein part. perf. in activem sinne bildet; dies
stattgehabt geJd stets mit der bedetitung d, s zusammen
und ist völlig gleichbedeuteixd «ii< stattgefnnden, vgl. 2, e.-
behalte ich mir vor, ew. hochwohlgebohren mündlich
wegen der, zwischen uns im drang mancher wiederwär-
tigen umstände , stattgehabten misverständnisse . . . um
Verzeihung zu bitten. Kleist 5, 408, 16 E. Schmidt (brief
vom 13. dec. 1810); es sind hier durch einen in unvordenk-
lichen Zeiten stattgehabten bergsturz Wasseraufstauungen
und sümpfe entstanden. J. G. Kohl alpenreisen (1849)2,215.
weitere belege, besonders aus juristischen quellen, und
litter aturangaben bei Günther recht u. spräche *. 39. 260/..
rgl. auch Matthias sprachleben u. sprachschäden^ s. lll/.
2) statt finden, trovar luogo, posto. Kramer dict. 2, 914*,
locum. invenire, admitti. Frisch 2, 321*.
o) fälle, die deutlich altes stat, locus, enthalten.
a) so schon ahd. :
mit thiu si ih io thumh not al ömbizirg biseganot,
tha; Gant sih ni mende, er stät in mir io finde.
Otfrid 5, 3, 16.
ß) femer mhd. und bis ins 16. jahrh.; zunächst von
menschen, thieren u. s. w., eigentlich :
darnach sande er eine tüben,
daj diu bessehe ob diu fluot
dannoch biete verwnot.
als6 diu niht stat envant,
dö flöch sie zehant
wider zuo der arken in.
La.mpreht V. Regensburg tohter v. Syon 2249;
für einen andern:
da; iu rehten mordsere
ist diu helle zahtpaere:
wil iu der tiuvel vinden stat,
s6 muo5 er suochen ein privat
nnden in der helle. Ottokar reimchron. 3467.
nhd.: bey diesen allen, habe ich {die 'Weisheit") wonung
gesucht, das ich etwo stat fünde. Syrach 24, ii; dann auch
übertragen {vgl. a): ich (Jfamr/ion) verjage die christliche
liebe, ohn welche niemand seelig wird: die barmhertzig-
keit findet bey mir keine statt. Simpl. 2, 142, 16 Kurz (6, 4);
der dise ding im hertzen hat
in dem findet die sünd kain stat. .
Rasch Jagten lob (1588) B 3».
;/) ferner gern voti icorten. auch hier ist die räumliche
grundvorstellung deutlich • das sind sie warhafTtig, die zur
messe bereit sind , denn bey denen finden diese wort,
stat und räum, da Christus sagt, nemet hin und trincket.
Luther l,339»; vgl.: wenn aber ein armer nicht recht
gethan hat, so kan maus auffmutzen, und wenn er gleich
weislich redet, so findets doch keine stat {ovx iSödtj
air(ö rÖTzos). Syr. 13,27. ähnlich auch:
da; die wort stat beviengen (erfüllt wurden),
da David bat rechen sich. H. v. Hesler apol:al. 2788.
vgl. noch nl. stad grijpen, ratum esse, valere auctoritate,
opportune valere. Kl LI an 2,624*'.
S) bis heute lebendig geblieben in der sprichtcörtlichen
rtdeweist: ein gutes wort findet eine gute statt, una
tuona parola trova buon luogo cioe accoglimento ; e ben
fieevuta, ben'intesa. Krämer dict. 2, 914*. 'gutetc&rte, bitten.
Verstellungen bleiben selten ohne gute Wirkung'. Campe,
vgl. ferner Adelung (i, 'im gemeinen leben"). Hetzel tcie
der Detitsche spricht 299. belege: daher das Sprichwort
kömpt: ein gut wort find eine gute stadt. Luther 24, 587,18
Weim. ausg. (pred. r. 1527); ein gut wort findet ein gute
•tadt. die erfarung lernet, dasz kein gut wort verloren
sey, es findet alle zeyt do es rwet, und on schaden ab-
gehet ... so findet doch das gute wort eine gute stadt,
erstlich bey den zuhorern, . . . zum andern, auch bey dem
feinde. Agricola sprichw. (1534) 158; ein gut wort findt
ein gut stat. guter grösz , gute antwort. S. Franck
sprichw. 2, 112* ;
ein gät wort findt ein gfite statt.
Kirchhof wendunm. I, 42 Osterley (1, 28);
mit guede worde lokt merr d'hund lycht us em offe;
e guets Word findt au glych e guedi statt.
Arnold pßngstmont. 185 (5, 9).
so denn auch: ein guter rath findet, wie sie wissen, eine
gute statt. Wieland 20, 234 (Abder. 5, 5); guter wein findet
gute statt ^vie gutes wort. Geibel 7,143 {meister Andrea 2, 9).
e) icie diese stellen lehren, ist auch die nhd. sehr ge
wohnliche und bis in die klassisclie zeit hinein lebendige
fügung eine bitte findet statt, tcird gewährt, erhört, hier
i anzureihen: bitt findt kein statt bey jm, er mag nit er-
i hätten werden, locus pred non est relictus. Maaler 38.5*;
: dazu etwas statt finden lassen, beteiligen, lassen sie meine
j bitte, meine ermahnungen u. s. f. statt finden. Ade-
j lung(i); lasz meine bitte statt finden, bey euch statt
finden. Kramer dict. 2, 914*; sie würden vielleicht weniger
; ungeneigt seyn , meine bitte statt finden zu lassen.
Lessing i, 338 {d. Juden 22);
wie fast er in flehet und bat,
so fand sein bit bey im kein stat.
Wickram 7, 199 BdUe (Ovid 4, cap. 20, 1206);
ja freylich bat er micbs angsannen,
und hett sein bitt an mir stat gfunnen,
so hett er sein willen vollbracht.
AvRER 3, 1863, 16 Keller;
deine bitte
bat statt gefunden, mein infant. hier bin ich, . . .
dir freyheit anzukündigen.
Schiller 5, 2, 414 (don Karlos 5, 4).
ebenso: nnd als er sibt, wie dasz kein flehen, keine bitt,
darzu drawnneen auch statt wolten finden nit,
da wand er sicn, und es auff die gewald nur satzte.
Dietr. V. D. Werder Ariott 13, 26. 4;
(er) gedenckt, das sey der beste rath,
der bey sein bürgern findet stath.
Jrotchm. Ff 3» (2, 3, 4, 98) ;
so waren sy doch also gar arm, das sie armdt halben
die thochter irem stand nach nit wiszten züversorgenn;
dernhalben die Werbung dester leichter stat gewan. Frey
gartenges. 8, 21 Bolte (cap. l) ; wann meine gütliche ermah-
nungen nicht statt finden, so wollen wir die schärfe vor
die band nehmen. Kramer dict. 2,914*; er (Faust) bot
dem erlauchten rath seine bibel für zweyhundert gold-
gulden an; da man aber vor einigen wochen fünf fässer
Rheinwein in den rathskeller gekauft hatte, so fand sein
gesuch so leicht nicht statt. Klinger 3, 12 (Faust i, 3). —
vgl. 1, d, a.
b) stat(e) finden, in diesem sinne auf das mhd. beschränkt:
a) m.it gen., gelegenheit wozu:
da; er die just nseme . . ,
swä er des state fände. Erec 2420;
e; tuot mir herzenh'chen wol
da; ich hie strftes vinde stat. Wig. 4786;
des er leider niht vant stat.
Ottokar reimchron. 84257;
seltner in dem sintie 'vorrat' :
(«e) nämen, swa; in tobte
nnd swa; der man mohte
von dannen ftteren oder bringen
von so getanen dingen,
' des man er und frum hat,
des vant man alles stat. 52470.
für den gen. steht der acc. eines pron. netUr.:
wer ein wib geset
also da; im gelüstet der,
der hat gesundet mit der ger,
wen der üb vollenbrechte
swes der wille gedechte
gerne, ob her i; state vunde.
H. V. Hesler apokal. 1955:
diz wolde ich entbinden,
mochte ich i; state vinden. 3732;
ß) häufig mit zusatz an einem:
do da der valant
deha>in stat an im vant (ihm, Jetu, nicht beikommen
konnte), anegenge 37, 53 Ua/m;
wände unser trOt da; ist Grist, .
wan an dem vinde wir die state,
Rwes ein hertze mach gegcre,
das ^1^ ^^^ d^^ l^^i ^<)1 gewere.
Hbinr. V. Krolewiz vater unter i388;
987
STATT (II. C, 2)
•STATT (II. C. 2)
988
als er vant an in sUtj
irer helf er si bat
gegen dem beheimiscben kunic.
Ottokar rcimchron. 15027;
als ir (der büttel) einer niun mannen oder wiben den lip
genimet, so ist der zehende sin, den sol man von im
lösen, als er state an im vinde {wenn der sich darauf
einläszt). Schtcabensp. 106, §1; wer zu peicht kom, er war
arm oder rieh , dem satzten die benedencier gut uff ze
geben, darnach und der man rieh was und auch darnach
und si ez an im statt funden {je nachdem er dazu in der
läge und %cillig war), d. städtechron. 4, 95, 19 {Augsh. chron.
zu 1302); dasz die benedicier grosz und vil gelts auf-
legten, darnach und der man reich oder arm was, und
darnach sie statt funden an den leuten. 5, 45, 21 (B. Zink).
c) im nhd. weist die wendung eine enUcicklung auf, die
der von statt haben ähnlich und parallel ist, ohne doch
damit zusammenzufallen, im älteren nhd. scheint statt
finden nttr in den unter a, S und e behandelten gebrauchs-
preisen vorzukommen. Kram er dict. (1702) führt die Ver-
bindung nur in diesem sinne auf, während andre ältre
Wörterbücher {vor Frisch) sie überhaupt nicht verzeichnen
und die litteraturbelege für andre bedeutungen erst mit
Lessing einsetzen, s. unten d. zu beachten ist auch, dasz
die redewendung, die in der Schriftsprache überaus häufig
und beliebt ist, der m,undartlichen Sprechweise im all-
gemeinen nicht gemäsz zu sein scheint, {für Handschuhs-
lieim bezeugt Lenz 68* ausdrücklich das fehlen.)
d) statt finden ?uit in neuerer spraclie verschiedene be-
deutungen, die sich z. th. nach den subjecten gliedern lassen,
vgl. : 'statt finden , in eben dieser bedeutung {vrie statt
haben, beioilligt, zugegeben werden können), ausser welcher
es aber auch noch bedeutet, theils vorhanden oder möglich
aeyn . . .' Adelung (l).
a) m,it concretem subject, von dingen vrie von personen,
da sein, vorlianden sein, diese gebrauchaweise kommt zuerst
auf, ist aber heute völlig ausgestorben:
ists wahr, was ihn der weise lehret,
und finden, was zur weit gehöret,
daselbst auch wein und mädchen statt.
Lessing 1,46 {lieder 1751, Alexander);
ich erinnere mich, dasz im garten des zweiten predigers
der Altrossgärtschen kirche im jähr 1762 zwei sehr starke
mandelbäume . . . statt fanden, quelle {vom j. 1818) bei
Frischbier 2,363''; wo eine zwischenperson {zioischen
zwei verwandten) statt findet, da ist der zweyte grad, wo
zwey, der dritte, und so ins unendliche. Hugo lehrb. des
lieutigen röm. rechts'' {B. 1826), s. 175; den frauen, die nach
einigen generationen , zumal wenn mehrere paare statt-
fanden, gern ihre eigne . . . sitte und Stellung einnahmen.
J. Gkimm kl. sehr. 1, 281 {üb. d. urspr. d. spräche 1851).
ß) geioöhnlicher mit abstractem subject, und zxoar zu-
nächst von ztiständlichen, dauernden begriffen, vorhanden
sein, bestehen, von eigenscliaften .- die demuth kann nicht
ohne gefühl der liebe des Schöpfers statt finden. Gellert
bei Adelung, häufiger von zuständen, Verhältnissen u. dgl. :
die physische causalität, oder die bedingung, unter der
sie statt findet, gehört unter die naturbegriffe, deren
Schema transcendentale einbildungskraft entwirft. Kant
4, 178 {krit. der prakt. vern. 1, 1, 2); ich wuszte zwar schon
längst, dasz zwischen beiden {bruder und schioester) ein
sehr genaues verhältnisz statt findet, auch viele briefe
gewechselt werden. Schiller 4, S24 {geisters. 2, 6); neu-
iralität kann nicht statt finden. Demetr. 144 Kettner; ein
schönes vcrhältnisz hat von frühe an zwischen mir und
meiner um zwei jähre jüngeren Schwester stattgefunden.
Hei NR. Stieglitz »elbstbiogr. ». 8.
y) ohne bestimmtes subject, der fall »ein, tutreffen: (die
beatimunung der freien vrUlkür.) die aber, welches bei
keinen begriffen des theoretischen gebrauchs unseres er-
kenntniszvermögens statt findet, ein reines praktisches
gesetz a priori zum gründe liegen hat. Kant 4, 175 {krit.
der prakt. vern. 1,1,8); was ist ei, das da macht, dasz
wir uns zuweilen eines geheimen kummen entsohlagen
können, . . . und dasz wir dennoch in der nächsten halben
Stande diesem nämlichen kummer beinahe unterliegen?
mit mir ist es wenigstens so , ohne . . . dasz ich hei der
zweiten Torstellung meinen kummer von einer neuen seit«
betnoht«. . . , fände dieses statt, so wUrde ich diese An-
merkung nicht einmal niedergeschrieben haben. Lichten-
berg 1, 116.
J) dann auch von handlungen und begebenheiten , doch
zunächst von wiederkehrenden oder dauernd möglichen,
dabei ist zunächst die bedeutung der möglichkeit noch zu-
ioeilen stark ausgeprägt, woraus erhellt, dasz diese gebrauchs-
weise an b anzuknüpfen ist: doch selbst, wo vergleichung
statt findet, wie willig trit der freundliche greis von Askra
{Hesiod) ... vor dem feurigen Mantuaner {Veigil, als
'georgiker') zurück ! Voss Virgils ländl. ged. 3, s. 521. ähn-
lich: dasz ihre verweise nicht von der art waren, wie
sie auch bey der entschiedensten liebe noch statt finden
und statt finden müssen, so der mensch noch als vernünff-
tiger mensch liebt. Lichtenberg briefe i, 123 (19. may 1773).
dann zulässig sein, zutreffen {vgl. oben Adelung): aber in
dem drama findet diese vermuthung nicht statt. Lessino
bei Paul 433''; so auch: diese ermordung als eine begeben-
heit der ersten klasse zu behandeln, finde darum nicht
statt, ebenda, hier ist statt haben üblicher, vgl. i, d, •/.
später gewöhnlich im sinne 'bestehen, vorhanden sein, vor-
kommen' {loie ß): in dem alter der weit, wo wir leben,
findet der unmittelbare verkehr mit dem himmel nicht
mehr statt. Novalis 2, 11 Meiszner {Heinr. v. Ofterd. 1, l);
germanisch war bei diesem verhältnisz , . . . dasz diese
hingäbe nicht an die familie, den gau, das volk stattfand,
sondern an einzelne menschen. Freytag 17 {bilden), 79;
ähnlich: ich habe den verdacht, dasz die frauen . . . sich
die Sachen vorher selbst aussuchen, denn es ist immer
alles sehr nach ihrem geschmack, während in früheren
jähren Widersetzlichkeit stattfand. 7,20 (ter^ handschr. 3, l);
nur sehr selten eines Vergnügens fähig, weil seine ge-
dancken sehr selten da waren , wo seine begebenheiten
sich zu einem vergnügen zuspizten, und da doch nur ein
vergnügen statt findet , wenn die seele auch sich dazu
schickt, so war es ein solcher zufall dasz er wärcklich
vergnügt war. Lichtenberg nachl. 18.
e) in neuerer zeit wird jedoch statt finden auch und
übenciegend von einmaligen Vorgängen, ereignissen, hand-
lungen gesagt, geschehen, erfolgen, eintreten; s. die belege
unter e. so dann auch:
ein ausgeschriebner busz- und bettag fand
in beiden ländem statt.
Chamisso 2, 117 Koch (d. pred. de* g. Briten).
die.te gebrauchstoeiae hat beträchtliche ausdelmung erlangt
durch die stets wachsende neigung, einfache verben, ins-
besondere passive, zu umschreiben durch die Verbindung
eines verbalabstractums mit einem allgemeinen verbalaus-
druck, vgl. darüber Matthias sprachleben u. sprachschäden^
§ 263 (die ausschreibung der lieferungen findet statt) und
GtJNTHER recht u. spräche s. 270, u>o beispiele iPte die Ver-
nehmung eines öffentlichen beamten als sachverständigen
findet nicht statt {dies noch in dem sinne: ist nicht zu
lässig, statthaft) «wd sogar die inangriffnahme der wieder
Instandsetzung der bahn findet morgen statt angezogen
loerden.
e) auch hier läszt sieh eine stufenweise fortsrJireitende
'univerbierung' beobachten, die Verbindung statt linden ist
von anfang an formelhafter als statt haben , da bei ihr
ein attrifmt zu statt nicht üblich ist {abgr. sehen von a, Ü).
nur die negation ersclieint auch hier frühnhd. geiröhnlich
als keine, s. die belege atis Lu tmer (a, y), Wickram tind
Maaler {a.f), Rasch und Simpl. {a, ß)\ dock danelien
auch nicht, s. Dietrich v. d. Werder unter a,e. tote
schon mhd. (Lampreht v. Hegensiiurg «, ß, Ottokar
b, a) und durchtceg in der netiern spräche (». ». b. Krämer
und Klinoer unter a, e). dagegen ist hier der grosxe an-
fangsbuchstabe noch in der klassischen seit herrsehend, so
bei Kramkr, Adelung; Kant {d, ß. y), Lichtenberg
{d, y, dagegen klein d,f). Vors (rf, «T), Schiller (4.24,
*. d. S, dagegen klein im Dem.). Novalis (rf, f). dorM findet
sich atteh Ueintchreihttng schon hei Lkssing {d, a) und
Ki.iNGRR (o, «). in Frkytagh irerkrn {d, S) kommt dann
xusammentchreibting als Hn tcort hinitt. das völligr su
sammenwaehsen tritt auch hier tu tage tu der hildting
eine» aetivtn part. perf. stattgefunden, dtat genau gleich-
seitig mit stattgehabt aufkommt tind an di* beiUutung d. g
gründen ist, vgl. l.e ttnd dir daselbst anguogenr litte-
mtttr, ktUgt: wie sehr ihr bemüht gewesen seid, die
989
STATT ai. C, 2. 3)
STATT (II. C, 3)
990
stattgefnndenen Übungen der truppen eurer brigade im
ganzen zu benutzen um die abtheilungen über die zweck-
mäszige ausübung des felddienstes gründlich zu instruiren.
cabinetsordre vom 10. oct. 1809 bei Droysen York v. Warten-
berg 1, 242; unter abstattung meines gehorsamsten und
innigsten dankes für die, durch ihre gütige vermittelnng
erfolgte beseitigung der stattgefundenen misverhältnisse.
Kleist 5, 416, 19 E. Schmidt {briefvom i. april I8ll) ; als der
Regensberger herr Leuthold . . . des weges kam und nach
stattgefundener begrüszung beiläufig fragte . . . Keller
6, 111; Hilde war . . . zurückhaltend in ihren mitteilungen
über die zwischen ihr und Mimi stattgefundenen ge-
spräche. G. Reuter d. Amerikaner 102; erst nachdem der
hohe besuch das schlosz verlassen hatte, kam die familie
Kosegarten recht eigentlich zum bewusztsein der soeben
stattgefundenen, auszerordentlichen szene. 291.
3) den besprochenen iceiidxingen entspricht als causativ
statt geben, dieser atisdruck begegnet mhd. erst vereinzelt,
eticas häufiger im mnd., erreicht sehr ausgedehnte vericen-
dung im altem nhd. (iG. — iB. jahrh.) nnrf geht schlieszlich
Strieder stark zurück, sodasz heute nur noch getcisse spe-
ciellere gebrauchmceisen übrig sind, und auch diese nur
im schriftlichen ausdruck. die vertheilung auf die beiden
ursprünglichen icörter ist hier schon in der altem spräche
achwierig. die spärlichen mhd. belege {tnhd. xcb. 2, 2, 599*)
bieten durchtceg stat, da sie aber erst mit dem 13. jahrh.
einsetzen, ist die form nicht betceisend. in den mnd. über-
wiegt stede, s. Schiller-Lübben i, 371*' {daneben vereinzelt
Stade 350*), doch steht es meist deutlich im sinne des
alten state.
a) es liegt altes stat zu gründe.
a) so deutlich in den ältesten mhd. belegen:
du tuo mir vriundes triuwe schin,
unt gip mir stat enmitten in dem herzen dtn,
da; icn da gewaltic vrouwe müeje stn.
Rubin, minnes. 1, 318», 1 Hagen,
ebenso, trotz des hinzugefügten inf. : dö sprach her (Severus)
... zu siner {toten) tochter: 'tochter min, gebit mir stat
bi üch zu ligene {im, grabe)', d. m,ystiker \, 227, 20 (Herman
V. Fritzlar).
ß) nhd., durch hinzugefügtes synonymon verdeutlicht:
das ein jegklicher Protestant für gott unnd der weit, und
seinem gewissen schuldig ist, . . . der erkannten rechten
lehre statt unnd platz zugeben. Ph. Heilbrunner v. d.
Augsp. conf. xcidencertige censur (1598) 93 ; wann dann ein
jeder, er sey wer er wolle, für gott unnd der weit . . .
schuldig, . . . der erkannten rechten lehre statt und platz
zugeben. %.
y) hierher noch deutlieh die im 16. jahrh. übliche rede-
wendung einem statt geben, platz machen, tceichen: statt-
gäben, cedere, eoncedere, dare loctim. einem stattgäben
oder auszweichen , eim weyte oder platz machen , dare
et eedere loctim. Maaler 385''; statt geben, weichen, cedere
ad alcuno, dare luogo. Hulsius dict. (1618) 238*; nam er
[Mahomef) armen verlasznen weysen . . . jr hausz mit ge-
walt, und trib sy ausz, billich achtend, dz dem Pro-
pheten gottes yederman wich und statt gab. S. Fr.\nck
wdtb. lie*. bildlich: gäte sitten habend dem glück statt
geben, m^tres rebus cessere secundis. Maaler 385* ; und
solle der schmertze state n geben der vernunflfte und
messigkeit. Albr. v. Eybe 44». so auch nd.: recht, wil
stracks luth der bockstave gheholden syn. byllicheyt,
lyndert und verändert solcke scharpheyt. . . . dem na,
mAten ock alle beschreven rechte . . . unde handelinge
wertliken regimentes , der byllicheyt stede geven und
wyken. quelle v. 1529 bei Wiechmann Meklenburgs altns.
lit. 1, 125.
b) statt geben mit altem, state, so detiflich, tcenn er-
gänzende besiimmungen hinzutreten, einem gelegenheit oder
erlaubnis wozu geben, in diesem, sinne nd. schon im 13. jahrh.
bezeugt {s. unten 9), hd. erst im 16. («. ;', e), häi^ftg im
16. j'oArÄ. {einen beleg au» dem 17. *. unten y.)
a) einem die möglichkeit geben {ohne dasz man es will
und betcuszt darauf hintcirkt): late wi nu af, so geve wi
siede unsen vorwunnen vienden, dat se sik erhalen. . . .
sin ridderschop is vormodet. geve wi om stede, des mach
he sik al erhalen. ed enis nicht erlik , dat wi unsen
Tienden . de wi vorwunnen hebben , stede geven uns to
▼orwinnende. d. städtechr. 7, 15, 5 — il (Magdeb.schöppenehr.);
woF diser kayser {Trojan) was ain hayd
sein tngennt halff jm dort ausz laid.
und gai papst Gregorio statt,
das er jn dort ausz pein eq)at.
Schwartzenbkrg Cic. 117d.
ß) gewöhnlich doch im sinne eines beicuszten, gewollten
Verhaltens, wo es dann die bedeutung 'einem erlaubnis geben,
eticas zulassen' {'gestatten") annimm,t. die ergänzung zu-
nächst im gen. {neben einer negation): Abysay wolde dem
Simei hebben ghenomen sin leven, do wolde de konink
des neyne stade geven. quelle bei Schiller-Lübben 4,350» ;
darumb mus man jnen auch hartt sein, sie nit rauben
und schinden lassen . . . und jnen des nit mer statt geben.
Luther lO, 3, 374, le Weim. attsg. dafür die präp. zu:
wil he dar neue stede tho geven. quelle bei Schiller-
Lübben 4, STl*».
v) meist mit inf. .- so üwer oren den selben . . . ofifen
gestanden sint . . . und mir dar wider kain statt noch
macht geben ^virt, min sachh zeverantworten. Nicl.
v. Wyle transl. 223, 10 Keller; ist . . . beschlossen worden,
daz er des ersten zu den irrungen dero er geschuldiget
wurd, antworten solt, und im dann darnauch statt und
macht geben werden zereden was er wölte. 33 ; aber der
erst artikel jtzt dis mals mir ftirgehalten ist gewesen . . .
und mir auszureden nicht stat geben worden ist. Luther
3,411» {dafür kurz vorher: mein not auszusprechen ge-
stattet worden ist); da ihm statt geben ward, relation
zu thun. Simpl. 2, 143, 3 Kurz (6, 5) ;
und (ich) gab jm auch zö reden stat.
SCHWARTZBNBKRG CiC. 151''.
S) dafür ein inhaltssatz mit dasz : bruder gib stat, das
ich uszwerf die agel usz deinem aug. Keisersberg
evang. (1517) 123*;
we (wie) bi dhen ziten got stade gaph,
daj dlier Denen herscaph
dhvanc vil waldichliche
beydhe Dutesch lant und Vrancriche.
Braunschw. reimchron. 664.
c) die bestim,mung ist nicht ausgedrückt; einem statt
geben, urlaub, ihn entlassen: also gab er den gefangen
statt auff £iin widerstellen, des muesten sie all schweren.
d. städtechron. 5, 195, 9 (Burkh.\rd Zink chron. v. Augsb.).
c) statt geben steht gewöhnlich mit dativ in dem sinne
'nachgeben, folge leisten, sich wodurch bestimmen lassen';
was an a, y anschlieszt.
a) so einer bitte statt geben u. ähnl., vgl. 2, a, e, rcoraus
erhellt, dasz hier stat zu gründe liegt, diese Verwendung
ist erst nhd. und hier bis in die gegenwart lebendig ge
blieben: statt geben, dar luogo, ricapito cioe ubbidire.
einer ermahnung ö warnung statt geben, dar luogo alle
ammonitioni di uno. v. platz. Kramer dict. 2, 914»; er gab
meiner bitte statt, locum, precibus meis relinquebat. Stein-
bach 2,687; einem ding statt geben, locum dare, locum
relinquere. Frisch 2,321»; jemandes bitten, jemandes
ermahnungen, Vorstellungen statt geben, 'sie mit einfltisz
auf den willen anhören'. Adelung (l). belege: der land-
graf ist nach seinem alter ein fürtrefflicher, freudiger
fürst, der ihm rathen und sagen läszt, guten räthen bald
weichet, statt gibt und folget. Luther 61, 331 Irmischer
{tischred. 5) ; demnach . . . ich . . . etlicher freinden be-
gehren desto bälder statt gegeben. Weckherlin iceltl. ged.
vorr. 3''; so hätten sie wenigstens meiner bitte statt geben
sollen. GöTHE 16, 165 {M'erther 2); ihr mögt, wie ihr thut,
die strafe begehren, so wird dem keine statt gegeben.
Immermann MüncKh. 4, 37 (7, 3); die Unterbrechung durch
Stellung des antrags auf Zwangsvollstreckung gilt als
nicht erfolgt, wenn dem antrage nicht stattgegeben ...
wird, bürgerl. gesetzb. § 216 ; so auch •
nun schickt er uns her mit dem beere den Schid, . . .
den schah von Iran zu fordern zum kämpf . . .
du ^ib seinem anscblag keine statt, . . .
sei ihm nicht Torschnell zum kämpf bereit!
RCCKBRT Firdofi 3, 172.
vgl. noch:
ein eott ists, der sich dir ergiebet,
der dich begehrt, gieb deinem glücke statt,
nimm an den guten raht. Opitz 1, 77 (Dafne S).
/S) tw» altem nhd. häufig einer aussage, meinung u.ähnl.
statt geben , glauben schenken , zustimmen : ich gib auch
den Sophisten unnd weltweysen nit folge und statt, wann
sy verneinen . . . Melanchthon hauptart d. h. schrift
991
STATT (11. C, 3. 4)
STATT (II. C. 4)
992
verdetttseht 8»; begernn derhalben wollet yhme desselben
seynes annbrengenns allenthalben volkomlichenn stadt
unnd glauben gebenn. brief herz. Heinr. v. Sachsen v.j. 1541
bei Haltaus 1734; soverr jr nun disz glaubt, ... so ferr
jhr disem meinem bericht stat unnd glauben gebt.
Ferdinand II. v. Tirol spec. rif. hum. (1584) ä. 29 nendr.;
umb seine thorheit er umbsonst sich quell und plaget,
nach dem der frcmbd' jhm halt die warheit erst gesaget,
gegeben er biszher hat dessen Worten statt,
der jhn so mannichmal gleichwol betrogen hatt.
Dietrich v. d. Werder Arioat 17. 102, 3;
es bette Brandimart so einer frembden mäere
gegeben sonsten wol nicht glauben noch gehöre,
gab aber seiner dam' und jnrem glauben statt,
weil er ein mehrers wol jhr eh geglaubet hat. 30, 55, 3.
lt. ferner Rebhun, I, 3 zu ende, so wol auch zu verstehen:
darumb wenn zu mir einer keme und spreche : das ist
unrecht, . . . szo musz ich schweygen, im stadt und be-
scheydt geben. Ll'ther 10,3,263,18 Weim. ausg. ähnlich,
doch mehr ins praktische gewendet:
was eure seele schmückt. . . . dem eilet nachzustreben I
gebt nie dem tollen wahn des dummen pöbeis statt,
der seinen bauch zum gctt. und keine seele hat.
LiCHTWER 180.
y) statt geben bezeichnet nicht nur ein nachgeben gegen
über äuszeren einflüssen, sondern auch gegenüber impulsen,
die aus dem eignen innern kommen; einer empfindung,
leidenschaft u. «7i»i^. statt geben: dat se erer unsynnicheit
stede geven unde creme torne. Korner bei Schiller-
Lübben 4, 378^;
gebt nicht statt der traurigkeit.
Ll'I8e Henriette Ued
Jenus meine zuvers.' str. 8;
wir geben nicht so weit der eigen-liebe statt,
dasz wir den schlechten reim nicht sollten recht betrachten.
J. S. Müller (1722) bei Weichmann 3, 95;
doch gieb der langmuth statt, und höre, was mich treibt !
Günther 733.
»0 auch gedanken statt geben, nachhängen: aber das ist
mein rat, so bald dir infalt ein unküscher . . . gedanck,
das du dich von stundan davon kerest . . . wilt du aber
den gedencken . . . stat geben, und mitt inen als ein katz
mitt einer mausz spylen, entpfahest du den schaden
davon. Keisersberg irrig schaf B S'^ ; anders dagegen:
mein söhn, umarme mich, gieb meiner freude statt;
mein herz genieszt der zucht, die dich gefühiet hat.
J. E. Schleoel 1, 316.
8) ähnlich dann auch loendungen wie der sünde statt
geben : die sünd ich lieb und leich ir stat
günstlich, nicht understen die tat.
O.swALD V. WOLKB.NSTEIN 106, 26 Schotz;
allem übel und sfind stat geben.
ScHMELZL Saul 89*;
gebt keiner leichten wollust stat,
lasst euch die sUnde nicht bethören.
Dach f. 3.S6 OHerley.
d) das führt hinüber zu einer andern dem, altern nhd.
eigenen vericendung. einer handlung statt geben, in dop-
peltem sinne:
o) sie erlauben, nicht hindern: das wil ich jtzt in
meinem abschied . . . vermeldet haben, keiner empörung
weiter stat zu geben, damit das unschuldige blut nicht
weiter vergossen werde. Tu. Muntzeh bei Luther 3.137'
(in d. übersehr. 136'*: das sie . . . sich für auiTrhur hüten);
geben doch gots wirckung stat unnd hyndercn yn nit.
Jon. Ebrrlin V. GüNZBURO 2.37 Enders ; diesem äffe äffen
diejenigen ministri hoher potentaten nach . welche den
einkommenden bilnchrifften des landes nur immerzu mit
der rauhigkeit begegnen, und keiner milterung stat geben.
BuTSCiiKY Pathmos s. 90«.
/ff) auch geradezu, eticas ausführen: so wAlt er nun
fArderlich dem stat geben, darum er fflrnemlich von
■inen hern. den kfingen. ussgcsent w&re. Anhhelm Berner
chron. B. 211,4.
♦) in ähnlicher weite wird auch statt thun verwendet;
doch mit eharakterittitehen ahireichnngen . zunächst i*t eine
Verschiedenheit im örtlichen und zeitlichen umfange de»
gArauchs zu beachten, statt thun findet sich nur in hd.
und iceitatui überfliegend in oberd. quellen, die belege be-
ginnen schon im 12. jahrh. und erstrecken sich bis in den
anfang de» 17; dann i»t e» ausgestorben, ferner liegt in
den allem belegen bi» zum 16. Jahrh. rinschlieszlieh überall
dtutlick State vor, »oda»t die»e wenduuy, so nahe sie »ich
auch mit statt geben in der spätem Verwendung berührt,
doch einen ganz andern Ursprung und ausgatigspunkt hat.
a) einem eines dinges statt thun, Htm die möglichkeit
dazu geben, es ihm 'gestatten', so in allen mltd. belegen,
vgl. mhd. wb. 2, 2, eoä*".
«) m.it ergänzender bestimmung im genitiv:
so sich der gotes sun hungern lie . . .
und tet ouch dem Sathanat
des versuchens stat. anegenge 37,33 Hahn;
tuot mir sin min herr und ir stat,
da; bewser ich mit get&t
or iwem hals mit minen banden.
OiroKAR reimchron. 9880;
und sullent auch sie unsern erben der lösung stat tun
und gehorsam sein ane verziehen . swenn sie von in
darumb mit der vorgenanten somm guldeinr ermanet
werdent. urk. v. 1378 bei JuNO miscell. 4.41, vgl. Haltaus
1735; nachdem bischoff Hartman selig . . . vormals ouch
gevordert hatte, im und siner stifte ze Basel der losunge
der slossen sant Ursitien . . . und Kallemberg statt ze
tünde. Basler chron. 4, 36, 2 {rath.sb. zu 1425) ; ob sie wolten
mit in scharmützlen und ain er oder künhait an in be-
jagen, des wolten sie in statt tuen. d. städtechron. 5, 42, 12;
{dasz sie,) was sie zu ihnen ... zu sprechen {beanspruchen)
hätte, durch den ordentlichen weg des rechtens, dessen
sie {senatus) . . . einem jeden statt zu thun und dem nicht
vor zu seyn. sich erbiethen. suchen und austragen...
sollen, urk. Maximilians II. v. 1568 bei Lauenstkin hist.
diplom. episcop. Hildes. (1740) 1, 68, vgl. Haltaus 1734. zu-
weilen durch adject. zusatz verstärkt:
wan weit ir vehten disen strlt. . . .
des tuon ich iu guot stat.
Heinr. v. d. TCri.in kröne 10636;
dö wart dem kunic Wenzlän
des (hinwegr eilen f) vil guote stat gcfän.
Ottokar reimchron. 18040.
j3) der gen. kann durch einen inf. oder einen inhalts-
satz m,it dag ersetzt werdeji .• tuon dir stata ze sprechenne.
s. Graff 6.643; also ist daj ein untriuwe, so got mit uns
gerne s!ne gnäde zeigete. und da^ wir . . . sin deheinen
war tuon und tuon im des niht state, dag er uns sine
heimliche erzeige und eine wile bi uns geruowe. d. mystiker
1,323,8; ich will dich lenger nit auffhalten, sunder wie
du begerest. dir stat thün hinweg züfaren. Schaiden-
REISSER Odyss. 21» {ijSrj yd^ ae ftdXa TiQÖfQaaa' dito-
nifirpo) 5. 161);
da; er {gott) dem tievel state tete.
daz er menschlich gesla'chte
wol gevellen maechte. anegenge 15, 14 Hahn.
y) dann auch in die bedeutung 'einem eticas zugestehen,
bexcilligen, gewähren' übergehend:
antlä; er von allen bat,
und tet onch in des selben stat {omnihu* indulgen-
tiam . . . iribuent).
Albertus St. Ulrich» leben 1485;
sottet ir iht von mir h&n,
des waere iu schiere state get&n. Tristan 5396;
alte unde junge
dem marcgrävcn Ifijren an,
da; er dem bischolr Johan
der teidinge taste stat. Ottokar reimchrott. 17631;
wann . . . wir jr ob sy ichts vorhandelten oder yemand
Spruche zu jne zuhaben vermeinte . zu recht mechtig.
und des einem yeden so wir deszhalb angelangt werden
statt zu tunde willig sein, brief kaiser Fridr. III. v. 1470
bei Haltavs 1735; tnit concretem object. einem et^cas gelten •
die Wirt sollen niemand weiter weder essens noch trinken»
stat thuon. quelU {landsordn. v. 1553) bei SciiM.* 8, 798
{kann auch zu a gestellt werden), mit persönlichem object (?) :
dag si in der Mnung« rin|et
nAch Jesu, den sie gerne bäte,
ob stn diu Minne ir ctate tcte.
Lami'Rkht V HRORNsnviia Mkterv. SyitnWSI
(dnt olottar erklärt atate mit 'htt/a', vMleieM
richtig).
t) sjiäter kann für den gen. auch der aee. eintreten:
9t sol auch die zeit ncmiich gctlissrn sein, tcglich in des
rats Schreibstuben zu gocn und des rals lewffc und ge-
legenheit dorinn vleissig ein und war ncmen, das im da
gegönt und stat getan sol werden, d. städtechron. a. sno*.
anm.; das sol ime der zehcntman slnt thuon. landsordn.
V. 166S bei Sc:hm.* >, 7W; eine widerlosung statt tiiun.
landr. v. 1616 •. tbenda.
993
STATT (11, C. 4)
STATT dl C, 4. 5. D, 1)
994
b) im nhd. kommt eine ganz andre Verwendung auf und
ist von anfang an vorherrschend, nämlich einem begehren,
ansuchen, einer forderung, bitte statt thun, icillfahren,
sie erfüllen, diese gebrauchstceise ist offenbar durch das
synonyme statt geben beeinfluszt, s. 3, e, a, und setzt das
zusammenfallen des alten stat und state voraus, so wSlten
si die 8 ort darren zeston gemanet und euch ein wissen
von inen haben, ob si . . . getaner manung stat tun w61tid.
Anshelm Berner chron. 4,197,7; darauf ich mich dann
bedacht , dasz ich . . . eurem begehren statt thun , und
meine Sachen und händel ... in schrifften verfassen wollen.
Götz v. Berlichingen 4; als dieselben diser begern nit
gleich stat thun wolten. Zimm. chron.^ i, 121, 29; und wir
dan solchem ihrem . . . suchen in gnaden statt gethan.
urk. V. 1600 bei Haltaus 1735; demnach bey itzo in Breszlau
gehaltener allgemeiner Zusammenkunft der herren fürsten
und stände in Schlesien die evangelische gemeine der
statt Troppau umb restituirung der vor jähren . . . ent-
nommenen Pfarrkirchen daselbs alles fleiszes angehalten
und die herren fürsten und stände . . . solch ihr ansuchen
nicht allein für ganz billig befunden, sondern demselben
auch gebührend statt zu thun einhellig geschloszen. Ver-
handlungen der schles. fürsten u. stände v. j. 1619, s. 179;
den herrn Georgen von Oppersdorf betreffende , mag
seinem petito zu diesem mal auch nicht statt gethan
werden, verhandl. der schles. stände i. j. 1621, s. 240; wir
haben ihrer bitt gnedig statt gethan. hess. urk. v. 1636 bei
Dief.-WClcker 863; ich werde der mahnung statt thun,
und mittwochs am 23 sten sollen die hofpferde zu Opers-
heim seyn. J.v.MOi.ler irerA:e5,296 (^brief vomU.dec.nS9);
er sei ein amptmann war er war
dasz er sym eheisz statt thfie gär {gern).
Jos. Murer belüg, v. Babylon (1560), 2. act.
c) dann überhaupt, etwas ausführen: stattthün, exequi
rem. den Worten statt thön , verba ad rem conferre.
Maaler 385", danach Frisch 2,321».
a) dem urteil statthün und nachkommen, facere iudi-
catum. dem rächtsspruch gehorsam seyn , exequi rem,
iudicatam. Maaler 385«; statt tun dem urteil, sententiae
purere. Scherz-Ober lin 1560; so lang bisz er die bueszen
und costen abgericht, und dem ergangenen urteil würek-
lich statt getan, quelle s. ebenda (Jus Solod.).
ß) einem vertrage : {die genannten haben geschworen^
das sie alle semptlich . . . alles das obangezeigte artikel
und dieser vertrag von wort zu wort begrieffen, vermügen
und Inhalten, . . . war, fest, stet und unzerbrochen zu-
halten, auch dem in allweg, on einig auszug und Wider-
rede zum getrewlichsten stat zu thun, zu geleben, nachzu-
komen, und zugehorsamen, 'vertrag zw. dem löbl. bund
zu Schwaben, u. den zireien hauffen . . . der bawren am
Bodensee' 1525 bei Luther 3, lO?*»; sant eine trüwe stat
Bern iren ratsboten . . . gon Jenf zürn bischo( von Losan,
so gemelten abtrag hat versprochen, demselbigen ...
angends stat zetün. Anshelm Berner ehron. 2, 67, 3. so
auch : statt tun der wettung, solvere, quod quis spondendo
amisit. Scherz-Oberlin 1560 (stat. Colmar. 19,3).
v) lüg dz du deiner verheissung stattthflist, fac s^it
nunc promissa appareant. seinem verheissen statthün,
und das leisten, complere promissum. seiner züsag statt
thön, die verheissung leisten, promissum facere, conser-
vare ßdem. Maaler 385"=; der zusag statt thun, pramissis
atare. Frisch 2, 321»; 'ehedem sagte man auch, der zusage
statt thun, sie erfüllen.' Adeluno (l). im sei aber wie
im wöU, so will ich ye meinem verheyszen statt thön.
Wickram i, 318, 26 Bolte (Gabriotto c. 50); so müsz ich
dannocht meinem brieff, so ich im zögeschickt hab,
statt thön. 2,395,2 (goldfaden c. 50); wollen wir uns dem-
nach versehen, ged. Hainrich werd sein ehr bedencken,
und dcnjhenigen, was er zugesagt geloht und geschworn
hat, als ein biderman statt thun und trewlich nachsetzen.
Frankf. urk. v. 1562 bei Haltaus 1735; do rflfft der grave
den bischoff an, er seit seiner gegebnen treüw stat thön.
Sbb. Münster cosmogr. (i.^ 971. so auch: dieweil ich
«ihe, dasz jhr mehr verderbt dann auffrichtet . . . und zu
wenig die lehrjahr vollendet; duncket mich, dasz ich
each billich dautzen möge, bisz jhr dem vollkommen
■tadt thun, desz jhr euch berühment. Paracelsus (1616)
t,715C.
X. ^
9) einem fürnehmen statt thun, es ausführen: man
liesz in ouch in der stat Basel usz und inrytten und
sinnem furnemen stat thön. Basler chron. 6, 303, 22 (zum^
j. 1482); ich gang dahin, meinem fürnemmen statt zö
thön. Wickram l,il,5 Bolte (Galmy c. 2); als nun der
tag kummen was, an dem der künig seinem bösen für-
nemmen vermeynt stattzöthön . . . der narr sich bald zö
im machet, im nachfolget bisz an das ort, da er meynt
seinem bösen fürnemmen stattzöthön. 341, 13. 2i (Gabriotto
C. 59, = buch der liebe 256**).
e) ungeicöhnlich einem unternehmen statt thun, es ins
werk richten : gemelter pund . . . Hess in (den könig von
Frankreich) hoch manen , . . . dem Türkischen zug , wie
versprochen und ffirgeben, volzug und stat zetön. Ans-
helm Berner chron. 2, 2, 6.
d) ebenso ve>-einzelt steht statt thun in folgender axis-
drttcksireise : die ewige straff wirdt durch dise wort ver-
kündt allen denen, so mit ihrem weltlichen pomp unnd
pracht stoltzieren. seytemal sie wider ihre gethane christ-
liche profession oder bekantnusz handeln, in deme sie
dem pomp und pracht desz Sathans abgesagt haben, und
nit desto weniger demselben statt thuen. Albertinus
Lucifers königr. s. lS(i, 32 Liliencron.
5) selten und loeniger formelhaft ist statt lassen , was
ebenfalls auf state beruht, mhd. vereinzelt mit dem artikel
(also noch nicht feste formel) und einem ausführenden
inhaltssatz .- jar nach sluopens alle
s6 sere üf in mit sehalle . . ,
da; si im die stat nibt liefen,
daj er iht slüege dar wider.
Stricker Karl 7928.
frühnhd. mit adjectivischem zusatz: welche sich des burg-
rechtens willig verzögen . . . und sich begabend , im . . .
ire tör und tor ufzetön, und sinem inriten sichere stat
zelassen. Anshelm Bemer chron. 4, 343, 26. doch findet
sich im 16. t«nd 17. jahrh. auch ein paarmal formelhafte.^
statt lassen mit inf: ist einer ein rechter prophet, so
wirt er eim anderen, der recht von gottes wort redt, gern
oflosen {zuhören) und statt lassen zö reden. Zwingli 2,15;
je mehr man ihn erhoben,
gelobt und ehret bat,
je mehr man ihn zu loben
noch allweg lasset statt.
Spee tnttsn. nr. 20, 92 Balke.
D. eine specielle Sinnesnuance des unter A behandelten
icortes verlangt eine gesonderte darstellung, weil sie nicht
nur im, nhd. besonders reiche verxcendung gefunden, sondern
^ich auch zur geltung einer präposition enticickelt und
damit zur bildung eines 7ieuen Wortes geführt hat. es
handelt sich ttm den begriff der Stellvertretung : statt, die,
vicis, vtcem, vice, et adv. vice, loco, in locum, ubi quis
alius stat. stefit vel stare debeat. Stieler 2117; statt,/.
luogo, it. vece. Kramer dict. 2,913«, vgl. Wächter 1592
(d. letzte statt), diese bedentung beruht auf der vorstelhmg.
dasz ein mensch oder ein ding seinen bestimmten platz hat,
den dann ein anderes einnimmt und damit zugleich in
dessen functionen einrückt; sie sehlieszt an A, 6, a. 7, a an.
die entiricklung von dem alten stat 'locus' bis zur präpo
frition ist im fotgeuden zu veranschaulichen. — für statt
in diesem sinne ist statte nicht üblich, doch \nrd es in
neuerer zeit durch stelle tkeil weise ersetzt, da^ in den
verbalen fügungen (s. i) jetzt alleinherrschend, in den Ver-
bindungen mit präpos. daneben üblich und in der um
gangssprache mit ausnähme geicisser fälle theiltceise üblicher
ist (s. das nähere unter stelle), dagegen zu präjwsitionalem
und conjunctionalem gebrauche (s. 4. 5) »ich nicht ent-
icickelt hat.
l) einige formelhafte Verbindungen mit verben sehlieszen
.fich den unter C behandelten an.
o) noch ganz eigentlich, den Übergang veranschaulichend :
durch ewer boszheyt will ich euch mit meinen eygnen
henden, an diesen galgcn hencken, da werdt jr meines
bröders stat inhaben. Aimon s 1».
6) eines statt halten 6 vertretten, eines Statthalter seyn,
tener' iL luogo, fare le parti di uno; easer vieario, Ittogo
tenente 6 tenente di uno. Kram er dict. 2,913«. doch icird
statt halten T«f«r ton einem regierenden gesagt, der an
stelle und im namen eines souveränen fürsten die herrachaft
führt, so von dem vertoalter (gouverneur) einer provinz,
68
Ö95
STATT (II, D. 1. 2)
STATT (II. D, %
996
kolonie, insel u. ähnl., und ist nur vereinzelt vom 15. bis
il.jahrh. belegt, xcährend das danach gebildete Statthalter
überaus häufig ist, vgl. das. :
her pawes, du werest hoch geresen in state, . . .
sunte Peters siede van Codes wegen geholden up erden.
des dod-ex dans 171 Baethcke;
weil unser ohem . . . kayserlicher mt (majestäf) stathelt.
Weim. urk. bei Dief.-WOlckek 863. dann auch ohne den
bestimmenden aenitiv, einfach für regieren (vgl. Statthalter):
in der stadt Dubhn residiret der vice könig, da doch die
Stadt Armac, die haupt-stadt ist, woselbst ein ertz-bischofT
statt hält. V. D. Ghöben Guineische reisebeschr. (l69l) 110.
c) soitst ist mhd. der geicöhtiliche atisditick eines stat
verstfin, *. mlid. wb. 2, 2, 587»:
da; die iungen in den tagen
rittere solden werden
und mit vollen werden
irre vetere stat verstan,
die man alt sach abcgan. pats. 598,57 Kopie;
d&Z •icr mön die werlt erläulit, wcnne diu sunne hin ist,
wann wenne diu sunne under der erden ist und der
mön dar ob, so verst^t der mön der sunnen stat. Mkgk.n-
BERG67,I8; daneben: die hailigen 16rer.., die gotes stat
verwesent auf ertreich und sein rehtvitztüem sint. 211,26.
vgl. dazu: vicarius . . . Verweser siner stat. Dief. gloss. 611"
(ende des 15. jahrh.). auch mnd. • den satte hertoch Hermen
van Sassen in dat bischopdom, wente he des keisers stede
vorstunt de wile he buten landes was. d. städtechr. 7, .57, 22.
d) nhd. in der reget eines statt (Jetzt gewöhnlich stelle)
vertreten, vgl. Kramek unter b: eines andern statt \er-
ireien, vicem alicujtis supplere. Steinbach 2, 687; alterius
persona fungi. ebenda; jemandes statt vertreten im oberd.
nach Adelung (i). so die sunn im krebs ist, geht der
fluss Nilus ausz, unnd vertrit die statt des rägens mit
gwinn, befeüchtigt und begeüszt das gantz land. Franck
u)eUb. 15»».
c) eine art causativ dazu ist die ungeicöhnliche Wendung :
dein vater hat nicht wollen
ohn dich zu felde seyn, ohn dich nicht siegen sollen,
der grosse Sigismund, der nicht so zeitlich sich
von dieser weit gemacht, wo ferren er durch dich
nicht seine statt ersetzt.
Opitz 1, 2 (an d. kön. maj. zu Polen n. Schweden).
f) \cenn der gen. einen allgemeinen gattungsbegriff ent-
halt, bedeuten solche u-endungen auch 'als etwas fungieren,
efioas sein'; so mhd.:
der des raeisters stat dö wllt
lieblich er die brüdere hilt.
liiiänd. reimchron. 8813.
g) ganz im sinne von A, 6, a. i findet sich endlich zuweilen
reflexives seine statt vertreten, seine stelle ausfüllen, seinen
posten. dienst versehen: daj ir iuwer amt mit triuwen
üeben sult und iuwer stat ze rehte verstön sult. Bert-
hold V. Regensburg l, 155, 3; darmit der gemeine mann
mit seiner wehr nicht verkürtz , sonder seine stadt in
der Ordnung vertretten magh. Reutter v. Speir kriegs-
ordn. (159*) 8.
2) in der regel ist statt in diesem sinne von präpo
sitionen abhängig, U7id zwar im hd. durchweg von der pro-
Position an.
a) dagegen übericiegt im altern nd. das dem hd. ganz
fremde in: surft ir en, sin kint trit in des vader stat,
unde behalt sin gut gemene mit den vedderen als it sin
vader hadde. Saclisensp. Uhnr. 82, § 2; die sone nc darf
ok in's vader stat nicht uttien sin gut jegen den herren,
of die vader stirft. U, §2; do Adam drittich unde hundert
jar alt was, do gewan he Sethe, den ime got gaf in
Abeles «tat. d. ehron. 2,68,4 (aächs. xceltchr. 2); cn vrowe
nam dre echte man tomale; dat drcvolt echt dat is un-
gewis, dat saltu tostoren an goddes stat. 171,83 (c. i7o);
wenn denn de procurator in des keisers edder koninges
hof kumpt, so mach he wo! einen anderen procurator
Tort selten und kesen, de dem hove volgc und antwcrdc
in siner siede, eft he dem hove nulvcn nicht volgcn
mach. d. »tädtedtron, 7, 803, 16 (Magdeb. achöppenehron.) ;
in de« doctori stydde,
i» wu one do nicht mydde,
•cboldcn iiitl«n veemndetwyntich.
K, IM (Hrnuntehtr ncMrhtitp ttm, rfit H. anm.);
wat belpet, dat ik (cir i> \. ii-n
und« btbbe in «ine« .m
■ ■ ' i:<iftMekt.
in hd. texten nur, soweit sie deutlich unter nd. einflusse
stehen: ne tot er des nicht, so sol der obir herre dem
manne da; gut lien unde sin wer des gütis sin in der
stat des errin herrin. Görlitzer lehnr. l, 116 (Homeyer
Saclisensp. 2, 2, *. 116); der konig von Bohemen, des riches
schenke, der ne was dar nicht, in siner stath was der
grave von Assowe, des bischofes schenke von Colne.
d. chron. 2, 286, 17 (neltchron., .<iäclis. forts. 4).
b) im eigentlichen hd. steht ausndhmslos an. und fast
eboiso regelniäszig steht danach die kurze endungslose form
stat, auch als dat., der in dieser Verwendung übenciegend
ist. ganz vereinzelt findet sich mhd. stete :
ich wil dich am mines sunes stete (var. : stede) haben.
Rolandtl. 184, 27.
auch im nhd. findet sich ein paar mal stell, statte, s. das.
c) auszugehen ist von redeicendungen . wo die örtliche
grundvorstellung gewahrt ist, also von Verbindungen mit
Verben, die ein verweilen an einem orte oder eine orts-
beicegung ausdrücken.
n) der erste fall Lit verhältnismäszig selten, so noch ganz
eigentlich: auch woneten vor zelten in Seir die Horiter,
und die kinder Esau vertrieben und vertilgeten sie für
jnen, und woneten an jr stat (onnri). 5 Mos. 2, 12; der
herr vertilget sie für jnen, und lies sie dieselben besitzen,
da sie an jrer stat da woneten. 21, vgl. 22/.,- (rfic*e) kamen
zur zeit Hiskia . . . und schlugen jener hütten und wonunge
die da selbs funden worden , . . . und woneten an jrer
stat. t chron . 5, il ; (wenn der gemahl verreist ist,) dalasset
(sie) das gemeyn gebett für jhn Ihun, gedenckt seinen
über tisch, wann der knecht an seiner stall iiget. Garg.
s. 107 neudr.;
hey wie gewalteclichen si sIt an Heichen stat gesa;.
. . yib. 1323, 4.
freier: herre, weit ir sitzen
wider an des fUrsten stat (d. h. zu ciericMe)^
SeiJr.HeM. 2, 499
(beide stellen vielleicht zu •/ gehörig); de in der kerken an
gades stede sitten. Lappenberg Hamb. chron. s. 491 (vgl.
des dodes danz 290 tmter a)\ an des andern stat stehen,
loco alterius puniri. Sgherz-Obermn 1559; er (Christu.i)
ist wol für seine person unschuldig . . , weil er aber sich
unterstanden hat, das er an aller menschen stat stehen
wil, mus er auch der straffe gewarten. Luther 28, .349, 13
Weim. ausg.
ß) meist mit acc, so gern: an eines stall trelten, met-
tersi , so.itittiirsi in luogo di uno. Kram er dicf. 2,913",
vicem alicujus supplere. Frisch 2, 321»; und do kunig
Rudolfes vatter gestarb, do trat kunig Rudolf an sins
vatter stat. d. .stüdtechron. 8, 42, 19 (Closener chron. v.
Straszb. 1.362); (der gen. ist zu ergänzen:) wo ich umb des
Worts willen vater und mutter lasse, sol ich das ynn
der band haben , das soviel Christen dargegen an die
statt tretten, die sich mein anneinen und alle ein mutter
und brflderlich hertz gegen mir tragen. Luther 28, 27, 28
M'eim. ausg.; darumb geschieht jm (Christo) rocht in dem
stücke, weil er an unser stat getretten und für uns hat
bezalen wollen. 3»9, lO; dieweil ich aber nu alt und
schwach bin, so soll jr an mein und meiner brflder stat
trelten (yirra&f Art iuov xni tov d!lel(fot' i'ov), und
soll ausziehen, und für ewer volck streiten, i Maec. 16,3;
es ist, als ob die zeit sie (die vögel) selber weckte . . .
denn in gemes.t'non pausen, wie die zahlen
an deren statt üic treten, folgen sich
der auerhahn, die amxel una die drossel.
Hkhbbi. 4, 861 Il'«ni«r (A76. 8, 6, 8, 1. fatfung
V. 2848— 54).
*. auch den ersten beleg unter a.
v) so femer: an eyns statt kommen, sureedere. Dasy-
POniUS, in locum alieujtis snccedrre. Stkinhacii 2,687;
der gerechte wird aus der not erlüset, und der gottlose
kompt an seine stat. »pr. Sal. 11,8. — so in der altern
Sprache auch bei xrorten me sitzen, die jetzt nicht mehr
im sinne der ortshe>regung (perferfiv) üblich sind: unse
here sedo to Petro: nim den statrr und gif enc vor ml
und di, alsr wolde he noggen, ik werde ut dusser werlt
gan tom vader. du schalt an minc stede siUcn ! Lappen
liKim Hamb. chron. «. 491. (so auch Brannsrhir. .vrhirht.ip
808 unter a. jetzt trürde man sich setzen sageti miis.tm .
doch l/ef)wrkt Hkynatz Antihnrb. 8, 448 mit recht, das:
setzen sie sieh an meine itall nicht mehr üblich sei.)
997
STATT (II, D. 2)
STATT (II, D. 2)
d) dazu als causaHv : an eines anderen stat stellen,
oder erwellen , subrogare, stihstitiiere , siihmittere alicui.
Maaler 384"^; einen an des andern statt stellen, aliqtiem
in locum alteritts substituere. Steinbagh 2,687; erbringt
der stoltzen viel umb . . . und stellet andere an jre stat.
(onnri). Hiob 34, 24. — und der könig setzet Benaia den
son Joiada an seine stat ubers beer, und Zadock den
priester setzet der könig an die stat Ab Jathar. l kön. 2, 35;
sinnlicher, mit verdeutlichendem zitsatz : dein son, den ich
an deine stat ('^^TPIP) setzen werde, auff deinen stuel,
der sol meinem namen ein baus bawen. 5, 5. so fernem-,
ganz eigentlich -. ich bin Reichart . . . und nit Ripus, wir
habent jnen an mein stat gebangen. Aimon s 2»; darumb
hat mein brüder Ripus selbfünfftzehent an mein stat ge-
hangen, ebenda.
d) auch in fällen, wo die gnindvorsteUung nicht mehr
so deutl-ich ist, icirkt doch die alte freiere fügung und
lebendige gebrauchsiceise noch nach in der anwendtmg des
acc. , in atisdi-ücken wie an jemandes (seine) statt er-
wählen, geben m. s. w., icie er besonders bei Luther und
andern autoren des 16. jahrh. noch ganz gewöhnlich ist:
darumbe got willen gewan,
dag er gesüfe {Kchüf^ den man
unde er manchunne
an sine {Lucifers) stat gewunne,
daj er irsazte den val. Diemer d. ged. 5, G-
zu hant was brüder Poppe lös
der meisterschefte, dö man kös
meister Annen an sine stat.
livländ. reimchron. 4361;
also erweletent sü einen andern künig an sine stat.
d. städtechron. 8,446,15 (Köxigshofen, 1400); das heisst
denn zeitlich gut höber denn gott geachtet, und an sein
stat zum abgott gemacht. Luther 1,496*; wo wil denn
das geistlich ampt und stand bleiben? die alten, so jtzt
drinnen sind, werden nicht ewig leben, sondern sterben
teglich dahin, und sind kein andere da an jre stat. 5, 174'';
und da Bela starb , ward könig an seine stat Jobab.
1 Mos. 36, 33, igl. V. 34/. 38/.,- welcher unter seinen sönen,
an seine stat priester wird. 2 Mos. 29, 30; und der priester,
der unter seinen sönen an seine stat gesalbet wird, sol
solcbs thun. ^ Mos. %, 22; derselben kinder, die an jre
stat waren auiTkomen, beschneit Josua. Jos. 5, 7; darumb
gebe ich menschen an deine stat, und völcker für deine
seele. Jes. 43,4 Qiebr. zweimal nnn); und an seine stat
wird aufTkomen (*;3~'r? T^Tl), der wird in königlichen
ehren sitzen. Z>ttn. 11,20; sie sind vertilget und in die
helle gefaren, und andere sind an jre stad komen. Baruch
3, 19; nu aber werden viel exempel in der schrifft an-
gezogen, da zusehen ist, wie gott die erstgeborne söne
verworffen hat, unnd andere [an] jre stat erwehlet.
tischred. 34'>; diss jar uss hat der Meyl&ndisch herzog
einen siner k&merling . . . bin Eidgnossen gehalten, sine
gschäft zehandlen, der so gschäftig, dass d' Eidgnossen . . .
sinen so möed wurden, dass si doctor Jeronimum xMoron
... an sine stat zegeben hieschen. Anshei.m Berner rhron.
4,17,16; weil sich das weib verschleyert hat, als bitten
wir, das sie den schleiher abnhemen, damit man sehen
könne, ob sie es sey, oder eine andere an jhre stadt
ausgemacht habe. Heinrich Julius v. Braunschwek.
302 Holland {Svs. 4, 2). der gen. \cird verschtciegen und musz
aus dem zusammenhange ergänzt werden • {die Juden) ziehen
solcbs ausz dem dritten capitel Malachie, versucht und
probiert mich mit den zehenden, ob ich euch nit über-
flüssig benedeyung an die statt geben wolle {vgl. Maleachi
3, 10). Franck weltb. 154»; und ob . . . der, so man gefengk-
lich nemmen wollen, dardurch entrünne unnd davon kerne,
so sol derselbig oder dieselbigen so desz ein ursach, an
die statt gefengkiich angenommen, und mit ernst gestrafft
werden. Fronsperger kriegsb. \,2Z^;
imd wer do gute kleider bat
dem werden böse an die stat,
die müsz er dann behalten.
Uiii.ANi) x-olkfl. nr. 234, 7.
e) das gewöhnliche ist an eines statt (etwas thun u. s. tc.),
"hei der casus von statt äuszerlidi nicht kenntlich i.it
niszer im falle g), aber in der neuern spräche immer als
dat. empfunden icird : einen an des andern statt erwehlen,
aorrogare. costituire uno in luogo dell' ultra, v. platz.
I Kramer rftc^. 2, 913"= ; an gottes statt, vice dei. Wächter
1592. Heynatz Antibarb. 2, 443 bemerkt: 'etwas an jemandes
statt thun , sein söhn ward könig an seiner statt , ist
ebenfalls sclwn veraltet'; doch ist r» Gör he noch geläußg,
vgl. die belege. — so zunächst von personen. dabei lassen
sich folgende nuancen unterscheiden.
a) es handelt sich um den nachfolger eines verstorbenen,
vgl. Sachsensp. säclis. iceltchron. und dodes danz unter a:
jr seid auffgetreten an ewr veter stat. 4 Mos. 32, 14; an
des stat wird auffkomen (T23~b3> ~?2;n) ein ungeachter,
welchem die ehre des königreichs nicht bedacht war.
Dan. 11, 21;
lange wünschte die mutter daher sich ein mädchen im hause,
das mit der band nicht allein, das auch mit dem herzen ihr
hülfe
an der tochter statt, der leider frühe verlornen.
GÖTHE 40, 308 {Herrn, u. Dar. 7).
durch zttsatz eines Synonyms verdeutlicht: weiln ihr bisz-
anbero . . . den barmhertzigen gott, . . . um einen getreuen
(Superintendenten oder Seelsorger,) an des vorigen statt
und stell gebeten . . . habt, so hat derselbige viel fromme
gott . . . euch den gegenwärtigen X. N. zugewiesen. Lüne-
burger kirchenordn. v. 1643, cap. 2, § 20 bei Ebh.\rdt ges.
des consist. zu Hannover l, s. 194.
ß) etwas thun als Stellvertreter eines abwesenden, s. deutsche
chron. 2, 286 und d. städtechron. 7,293 unter a; besonders
von einem bevollmächtigten, der im auftrage und im namen
jemandes ettcas thiit: doch mögen die vorsten geweren
enen man mit enem openen brieve besegelt, deste {tcofem)
se mede senden enen iren inborenen dinstman, die 't
gut vorsta {;vertrete) an irer stat. Sachseyisp. 2, 42, § 3; so:
so ich etwas vergebe jemande , das vergebe ich umb
ewren willen an Christus stat {iv nooautTiip Xgiarov).
2 Cw. 2, 10; so sind wir nu botscbafften an Christus stat,
denn gott ermanet durch uns. so bitten wir nu an
Christus statt {beide male v:ieo X^iaToxf). 5, 20. dann
auch freier: begere ich ann euch, an aller frommen
pfaffen stat, . . . yr wollen ablassen vonn der vervolgung
der priester. Joh. Eberlin v. Günzbuhg 2,37 Enders.
etwas thun für jemand, der es nicht thun icül, vgl. Gör-
litzer lehnr. 1, 116 unter a. so auch : ihre besten bemer-
ckungen sind zuweilen so, dasz man sich an des Ver-
fassers statt schämt. Lichtenberg aphorismen 3, s. 99, 10.
/) atich in bezug auf das object einer tfiätigkeit, für
einen eintreten {als ersatzmann): Abraham ... nam den
wider, und opffert jn zum brandopffer an seines sons
stat. 1 Mos. 22, 13; darumb las deinen knecht hie bleiben,
an des knaben stat, zum knecht meines herrn. 44,33;
seiner veter gott wrd er nicht achten , . . . aber an
des stat (isar??) wird er seinen gott Maosim ehren.
Dan. 11, 38;
so küst er meinen kleinen mops, den schon das alter ab-
gefressen,
zum zeichen der Submission an meiner statt mit viel caressen.
GÜ.VTHER 431.
so ferner: an eines statt eingesperret werden, pro aliquo
includi. Steinbach 2, 687; die sich auff Alckestisch für
jbren mann darff inn todt begeben, auff spartanisch an
jrs Fergnants statt sich inn gefengknusz stellen. Garg.
*. 102 neudr.; an eines statt strafe leiden, vgl. Luther
unter c, a; auch: die jode ne mut des kersten mannes
gewere {gewährsmann) nicht sin, he ne wille antwerden
in kerstene mannes stad {für ihn eintreten, rerantioort
lieh sein). SacJtserisp. 3, 7, § 1.
/) ebenso in bezug auf dinge; zunäclist rein räumlich:
darnach macht man einem kandelgiesser ein kram an
des Heintzen kemmerleins stat und macht dem Heintzen
ein kemmerlein ... in das geszlein am alten fleischhaus.
Tucher baumeisterh. 47,29. so, dasz die örtliche grund-
bedeutung noch deutlich ist: die hend an dem menschen
sint an der vordem füeje stat gemacht. Megenberü
20,28; so sol er die steine heissen ausbrechen, ... und
andere steine nemen und an jener stat (rnn~Vfi<) thun.
3 Mos. 14, 42; {Sisak) nam alle güldene schilde, die Salonio
hatte lassen machen, an welcher stat, lies der könig
Rehabeam eherne schilde machen, i kön. 14,27; du hast
das hültzene joch zubrechen, so mache nu ein eisern joch
an jenes stat. Jerem. 28, n; femer: die auffgethane knospe
63*
999
STATT (II. D, 2)
STATT (II. D. 2. 3)
1000
treibet die blute herfür; die blute die unzeitige frucht,
tn dessen stat (cujtis loco) in dem feigenbaum die
kleine . . feige hervor kompt. Comenics janua (164+) 115;
unsere freud«> ist zu wasser, und ich kan mir nichts an
deren statt erdenckcn. Göthe brie/e 5, 37 (an Gh. v. Stein
d. 85. Jan. 1781) ;
ein wallend mecr, mit h&aptem, weiszen schultern
and runden bttflen an der wellen statt
Gkillparzer* 6, 32 (,wdlen 2).
g) für den gen. eines pers pron. tritt selbstverständlich
das possessivpron. ein; so schon mhd. in zahlreichen be-
legen, ». mhd. tob. 2, 2, 600»:
(er) eante, als sl in bat,
■in selbes tobtet an ir stat. Iwein &ni, vgl. 6047 ;
Kei bat Kingrünen
Orilus dienn an siner stat. Parz. 278, 29 ;
nQ st dfn scbuole meisterlös an miner stat.
Waiiher V. D. Vogelweide 101, 33;
nhd. : da er sein leben geringe bedachte, auff das er mir
dienete an ewer stat (iVa dianXij^dxn] rd -öuaiv iare-
(tjfta TTJe npös fif XetTovQ/iaq). Phil. 2, 30: denn ich
wolte jn bey mir behalten, das er mir an deiner stat
dienet (Ira vnio aov Siaxovf} uoC). Philemon 13; der
jüngere Mylius schreibt also die Zeitungen nicht mehr,
ich bin mehr als einmal darum angegangen worden, sie
an seiner statt zu schreiben. Lessino 12, 17 (&r. vom
S. nov. 1750);
freybeit. eöttinn groszer seelen ! . . .
wer wänll gold an deiner statt. Cronegk 2, 280 ;
kräftig und zierlich aber zieht
schon der scbalk die geschmeidigen
doch elastischen glieder
listig heraus, die purpurne
ängstlich drückende schale
lassend ruhig an seiner statt.
Göthe 41, 231 (Fatut II, 8, v. 9656);
das lamm,
das gestern, als er kaum verschwunden war.
an seiner statt hervortrat aus dem nebel.
Hebbel 3, 63 Werner {d. rubin 3, 1).
A) so nicht nur advei-bial, sondern auch als prädicat;
an jemandes stelle sein, mit verschiedenen Sinnesnuancen;
zunächst einen vertreten, seinen dienst verseilen u. ühnl.,
». deutsche chron. 2, 286 unter a; femer:
er sprach: Rapot und Wineman,
sft biute an Ruolandes stat ...
Wineman, nü fiiere du sin swert,
füere du sin born, Rapote. Stricker Karl 9117.
ähnlich • ich bin an des forsten stat {als richter)
Seifr. llelbl. 2, 31.
in jemandes läge, Situation sein : wolt got, ewr seele were
an meiner seelen stat (•'1DE3 nnn), ich wolt auch mit
Worten an euch setzen. Hiob 16, 4; tvie jemand gelten und
behandelt tcerden.- das er (Christus) uns so hertzlich zu-
sagt, wer an seinem wort hanget, sol kein aschenbrödel
hinder der thuer sein, sondern an seiner mutter und
brflder stad allen heiligen ynn armen. Luther 28. 28, 13
Weim. aug. wenn ich an deiner statt (jetzt: stelle) wäre
nimmt dann auch geradezu den sinn 'ioenn ich du v?äre'
an : wann ich an deiner statt 6 an statt deiner wäre,
s'io fossi in tuo luogo, in tua vece. s'io fossi te. Kxamkk
dict. 2. 918";
ich wollte klüger seyn, war ich an deiner statt.
Chr. Mvliu.s verm. »ehr. (1754) 498;
w&r' ich an deiner statt, ich hatte bis jetzt nicht gezaudert,
eint mir der mädchen geholt.
Göthe 40, 253 {Herrn, u. Dor. 2).
i) treitere nuuncen ergeben sich, wenn der gen. einen un
bettimmten, allgemeinen begriff (Gattungsbegriff) entfiült.
es handelt sieh in den meisten füllen um formelhafte Ver-
bindungen, die des artikds entbeliren.
«) den Übergang bildet folgende Verbindung, ico der genitiv
aoicol apiteUativisch icie als indiridualbezeichnung g^astt
werden kann:
ich bin regent im land an kaisere statt.
SCHII.MR 14, 2fl3 (7eU 1, 2).
tbenno: wenn ein (<ieu/v>c/u>;Y/«n«)meistcr stirbt, so soll sein
■tcllverlretcr den comthurcn von Deutschland, Preuszen,
Livland einen Wahltag entbieten. . . . sind die zugereisten
and die brUder in dem capitel geRammclt, so soll der.
der an meiiitrrR statt int. einen riltcrhrtidcr zum wähl-,
oomthur ernennen. Fmkytao ih, i9o (bilder i,\,ii.
ß) so besonders an vaters statt; so schon: ih scal imu
uuesan in fater stedi endi (ir) scal mir uuesan in snnes
(ego ero ei in patrem, et ipse erit mihi in füium). Isid.
37,18- (freier-)
den gott, der dort verehrt wird nehmen wir
zum zeugen, beide flehen wir ihn an,
dasz er an vaters statt uns möge seyn.
Schiller 15, 1, 74 (Phädra 5, 1).
ebenso: sey mir gegrüszt! du freundin meines herzens,
an mutter statt geliebte, sey gegrüszt.
Göthe 9, 289 {nat. tochter 2, 3);
ein ohm und eine muhme jetzt
an eitern statt mir sind. Stolberg 1, 65.
und entsprechend: einen an kindes statt annehmen, ali-
quem adoptare. Steinbagh 2,687. Frisch 2,32i*; so noch
heute ganz geläufig: er nimmt ihn an kindes statt an.
Hetzel wie d Deutsche .spricht 291. der hurgherr sagte
er wollte ihn an sohnes statt annehmen. Grimm märchen
s. 136 (nr. 33) ;
er soll der söhn doch meiner räche seyn,
ich nehm ihn an und auf an kindes statt.
Schiller Demetriu* 2, 1, v. 1156.
v) zum ausdruck der gleicfistellung , so Sachsensp. 3,7,
§ 1, «. e, }' zu ende; mit dem unbestimmten artikel:
Bwer sines volckes niht ruoche hat,
den habe man an eines beiden stat.
Albertus Ulrichs leben 980 {e*t inßdeli
deterior. 1 Tim. 6, 8).
Ü) dann auch geradezu für 'eticas sein':
diu frou, die herzog Heinrich
het an konen stat {als gattin).
Ottokar reimchron. 92809;
ob ich an grafen statt einst soll regieren,
und ob ein Irmlich knechtisch leben führen, . . .
dies alles gilt jezt meinem herzen gleich.
TiECK 2. 98.
s) ebenso mit bezeichnung von dingen; in älterer spräche
mit unbestimmtem artikel: der nejjeln frischen pleter an
ains pflasters stat gelegt laitent die au2g6nden muoter
wider an ir stat. Megenberg 423, 34; der stat werck-
meister, der Zimmermann, soll der stat paumeister ge-
loben und sein trew geben an eines aids stat. Tuch eh
baumeisterb. 37, l Lexer; ohne diesen:
an Worte statt sind liebliche geberden.
Göthe 13, 227 {tnaskem., d. romanl. poesic);
ein solch papier, an gold und perlen statt,
ist so bequem. 41, 67 {Faust II, 1).
zum ausdruck der gleichstellung in der .Schätzung :
die werthc keuscbbeit die sie hat,
steht mir an goldestonnen statt.
Neumark lurtwäldchen i. 86.
3) an diese Verbindungen schlieszen sich dann gebrauchs-
toeisen, die ein engeres zusammenxcadisen der icortgi-uppe
zeigen und zur entutehting von compositen führen.
a) zunäclist findet eitie engere Verschmelzung Zicischen
dem genitiv und dem übergeordneten subst. statt, icozu der
undeterminierte Charakter des gen. in 2. t bereits eine Vor-
stufe bildet.
a) beide tcerden zu einem (unechteii) cofnpositnm zu-
sammengezogen, so in den häufigen unter 2, t, ß besprodtetten
fällen, so schreibt Göthe ne6en getretmtem an mutter statt
(«. 2. i, ß) auch:
sie kommt vielleicht, so dacht' ich, dorther mir zurück,
und weinte quellweis', an mich drückend jenes kind,
an mutturstatt. 40, 410 (yattdora I).
doch ist dafür muttorstelle das getcöhnliche, s. theil 6.2828
(entsprechend vatersteile 18, 39). sehr getcöhnlich dagegen
kindesstatt, s. tfteilb.'Gl; so schon: jemand an kinds-
statt annehmen, in luogo di 6 come figliuolo: adottare
uno. Kramkh dict. (1708) 8, MS"; und dteaem umstände,
dasz kinde« statt gern ziuammengeiogen und im oUgetneinen
alt tusammensetzung empfunden wirtt, ist tcol dieerhaltung
von statt gerade in dieser gruppe zu verdanken, der unter
acitied ist übrigens tumeist nur aaclte der »chreibting (vgl.
I. h. oben inuttcrstatt); grammatiatX tritt er nur in den
tiemlich seltenen fiiUen tu tage, too ti» weitem attribul
hinzukotnmt, s. GöiiiK 17,121 unter kindesstatt. — gam
analog gebildet und ebenso leftendig geblieben ür/eidesstatt
(toofiir TucMEH noch an eines aids stat sagt, a. i,i,e):
eid- d eidsstatt; an oidsstatt angeloben, in luogo (tfce)
di giuramento : promettere, stipolare qualche rosa come per
giuramento. Kkamkk dict. $, {Uli", dazu dann das im httt-
1001
STATT ai. D, 3)
STATT (n, D, 3. 4)
1002
k
tigen kamleistil sehr gewöhnliche adj. eidesstattlich
(rffts indessen an sich nicht nottcendig die fertige campo-
sition voraussetzt) : weszhalb dürfe . . . ein Jude . . . vor-
mundschaftsrichter sein, während doch der Yormund-
sehaftsrichter eidesstattliche Versicherungen abnehme?
untionalzeitung 12, 139 (vom 24. nüirz 1859), beihl. 1* (ab-
geordnetensitzung vom 23. märz).
ß) die nähere Zusammengehörigkeit beider xcörter zeigt
sich ferner in einer morphologischen abiceichiing : am häu-
tigsten steht vor statt der gen. eines (starken) mase. oder
neutr., der durch den atisgang -s deutlich gekennzeicl net ist.
seltner sind genitive von pluralen, bei denen der casus an
sich nicht erkennbar ist; z. b. an worte statt Göthe 13, 227 ;
an goldestonnen statt Xelmark, an gold und perlen statt
Göthe 41, 67 (wo infolge der gruppenbildung auch gold
die casitsbildung einbüszi) unter 2, t, e. am, meisten tcird
der ganz endungslose gen. eines fem. gemieden, in« mutter-
statt (Göthe 9, 289 unter 2, t. ß). hier kommt dafür die
Übung auf. da man das bediirfnis nach detitlicher aus-
prägung des casus empfand, aucli diese tcörter mit der
endung -(e)s auszustatten, so schon:
so hast du hier gesogen
und deinen wilden muth aus einer brüst gezogen,
die dich mit blute hat an milches statt gestillt.
Opitz 1, S9 (lob des krieges g. 39).
ne eigenthümlichkeit Wielands ist die redetceise an ant-
worts statt (tcorin kaum eine nachicirkung des alten neutr.
zu sehen ist, vgl. theil 1,508):
an antworts statt schenkt Boreas abennahl ein.
i, 209 (Amad. 9, 18 ; 1. autg. : anstatt der
antwort) ;
an antworts statt reicht sie, zum stillen pfand
der Sympathie, ihm ilire schöne band. 9, 110 (Mutar. S);
Amande legt an antworts-statt
des Jünglings band ans herz mit seelenvollen blicken.
22, 307 (Oberon 6, 106).
beides ist der heutigen spräche ganz fremd; üblich ist da-
gegen jetzt ein solcher gen. bei fem. auf -xxng, insbesondere:
ein ungeheurer bar lässt sich im walde sehen ;
euch soll, an zahlongs statt, die haut zu dienste stehen.
Hagedorn 2, *8 (fab. 1, 34) ;
die Städte Lübeck und Hamburg zeigten sich bereit-
willig, geld vorzuschieszen und an zahlungs statt schwe-
disches kupfer anzunehmen. Schiller 8,152. da dieses
gen. s besonders in der Zusammensetzung seine stelle hat,
so können alle diese Verbindungen in gexcisser xceise schon
als composita angesehen icerden, und ist sehr naheliegend,
sie auch zu einem wort ztisammenzuschreilen (tcie es heute
bei zahlungsstatt üblich ist), eine zicischenstufe ist es,
xcenn statt zicar getrennt, aber mit kleinem anfangsbuch-
Stäben geschrieben tcird (tcie bei Opitz und Hagedorn,
soicie in den unter 2, t, ß. t angezogenen stellen aus Grimm
märchen und Xeumakk).
b) andrerseits wird auch ztcisclien an uhd statt eine
festere Verknüpfung hergestellt, schon in der bisher betrach
teten gebraudistceise , ico der gen. zicischengestellt untrde,
gehören an — statt fest und eng zusammen, und können
als ein 'distanzcompositum' betrachtet icerden, ebenso tcie
um — willen, seit Lvther aber icird nachstellung des
gen. üblich und dadurch toerden an und statt unmittelbar
benachbart und können nunmehr zur völligen tcorteinheit
verschtnelzen. so entsteht die präposition anstatt, s. th. 1,476.
a) zunächst tcerden an stat(t) noch getrennt geschrieben:
und das gantze volck Juda nam Asarja . . . und machten
jn zum könige, an stat (rnr) seines vaters Amazja.
2 kön. 14, 21 ; und wird stanck für gut geruch sein , und
ein lose band für ein gürtel , . . . solchs alles an stat
deiner schöne. Jes. 3,24 (hebr. überall nnn); ich wil gold
an stat des ertzes, und silber an stat des eisens bringen,
und ertz an stat des holtzes, und eisen an stat der steine.
M7; die zwelff eherne rinder, die an stat des gestüls
nden. Jerem. 52,20; wie die ehebrecherin, die an stat
8 mannes andere zulesst. He*. 16, 32; wie jene er-
ihracken für dem blut, so an stat des fliessenden wassers
vrl 7tT]/TJi äeväov norafiov) kam. tceish. Sal.H.T, wie
ie erde an stat der geborne thier (drri yefioeMS t^t^tup),
legen brachte, und das wasser an stat der fische, frösche
menge gab. 19, lO; wenn du aber segenest im geist,
ie sol der, so an stat des leien stehet (ö ivanlrj^wv
röv TÖTiov rov iSultrov), amen sagen? 1 Cor. 14,16; an
stat der herschafft (über die thiere) ist forcht und schaden
kommen. J. Eberlin v. Günzblrg 2, 5 Enders; es ist
kein freund dar, welcher mit schmeichelreden sich unter-
stehe, den wehtagen des schmertzens zu mindern, sondern
an statt dieser aller ist gott, der die schmertzen lindert.
ScHUPPius 697; alsdann so heben streit und billende
disputationes an herfür zukommen, welche es dann enden,
und an statt der geburt seyn. 767;
wo aber bist du her? von Sparta, wil man sagen,
der werthen kriegesstadt, die oftmals hat geschlagen, . . .
und ihrer bürger brüst dem feinde hingekehrt
an statt der mauren selbst.
Opitz 1, 89 (fob de» kriegetg. 45).
ffo auch in den tcörterbüchem : er ist hier an statt seines
vatters, egli e qui in luogo (veee) it. ä nome di stto
padre etc. 6 sostituifo dal padre. Kram er dict. 2, 913=;
wann ich meine finger an statt der lichter brauchen
könte. ebenda; an statt eines andern seyn, loco alieujtts
esse, an statt des andern einen setzen, in locum alicujus
aliquem stibsHtuere. an statt des andern kommen, tn
locum alicujtts succedere. Frisch 2, 321*. — nach den in
theil 1, 476 gegebenen belegen scheint zusammenschreibung
zuerst bei Hagedorn vorzukommen. (Fleming 103 uiüi
Lohenstein Armin, i, 162* steht an statt.)
ß) in der nachstellung erscheint nun auch der gen. von
persönl. pron. . der bei zicischenstellung durch die ent-
sprechenden possessiva vertreten wurde: an statt meiner,
an statt deiner ö an meiner statt, an deiner statt, t»
luogo (veee) di me, di te, in mio, tuo luogo, in mia, tua
vece. Kram ER dict. 2, 913"=, vgl. unter 2, h; anstatt meiner,
pro me. Frisch 2, 321».
y) eine häufige, adverbiale Verbindung ist ferner: an
statt dessen, tn luogo (vece) di questo. man solte solche
Schelmen aus der stadt peitschen, aber an statt dessen
(iji vece, in cambio di qtiesto) seynd sie vielmehr will-
kommen, weit davon, ihn zu belohnen, gab er ihm an
statt dessen gute schlage. Kramer dict. 2, 913"=.
6") über die weitere enticicklung zu conjunctionellem ge-
brauche s. anstatt 2. dazti : an statt des studirens , an
statt studirens, ö an statt, dasz er studiren solte, spielt
er, tn lece di studiare, egli gitioca. Kramer dict. 2, 913".
vgl. femer unten 5.
e) mundartlich kommt für anstatt auch anstatts vor.
so eis. ksvsXkis (neben änstiit, ätstät) Marti n-Lienhart
2, 619'', vgl. unten 4, *.
4) endlich tcird an ganz fortgelassen tmd statt allein
in derselben tceise gebraucht, so entsteht die präposition
statt, ganz analog wie kraft (s. das. 15, theil 5, 1943/.), laut
(3, b, theil 6, 365/.), trotz, zwischen m. o.
a) diese Verwendung ist erst seit dem i'i.jahrh. tiachn*-
tceisen; der älteste bekannte beleg steht bei Scheffler
(cÄerM^. watidersm., 1657), s. unten c. von den toörter-
büchern verzeichnet sie erst Steinbach (1734), *. untett.
dafür ist sie hetUe im, höcJisten grade lebendig, ja sie ist
tceitaus die häufigste und ttneingeschränkteste Verwendung
von statt, vgl. Heynatz Antibarb. 2, 443/
b) atich in mundarten ist diese präp. xceit, tcenn nicht
allgemein verbreitet; ja, in den meisten hd. mttndarten ist
statt nur in präpos. gebrauche üblich, während das sttbst.
a^tfgegeben ist, s. J, 5. hier ist indessen eine tceitere ände-
rung eingetreten, indem statt am ende ein s angenommen
hat, toie es so oft bei adverbien u. ähnl. tcörtern antritt
und als kennzeicJten dieser tcortklassen empftmden tcird.
nur für das kämt, giebt Lexer 239 gstÄtt an. sonst sind
enticeder statt tind statts (spr. Itat, stats) neben einander
in gebrauch, so in Handschuhsheim (/erner ansl&t) Lenz 68»,
tn Rappenau (geicöhnlich stats) Meisinger isi**, im mans-
fdd. Jecht 107'»; oder, und das ist das häufigste, statts
ist alleinherrschend , so oberösterr. Fromma.nn 3, 191, 77,
eis. stäts Martin-Lienhart 2,619'', fichtelgeb. stitts From-
mann 2, 555, 6, Äeiine*. ebenso Spiess 240, köln. Staats
Höniü' 173», oberhess. schtädds Crecelus 803, koburg.
Frommann 3, 177, 37, preusz. Frischbier 2, 3«3*. {da-
nach ist theibceise auch anstatts für anstatt eingetreten,
s. 3, b. f). — diese form stats ist auch in nd. mundarten
eingedrungen, so südhann. Schambach 208, mecklenb. Mi 86».
doM 99 sieh ttm entlehnung handelt, betoeist die lautform.
1003
STATT ai. D, 4)
STATT (II. D, 4)
1004
da» ursprünglich nd. stede hat an dieser ganzen enticick-
lung nicht üieil genommen.
c) statt als prüp. drückt zunächst einen ersatz für nicht-
vorlutndenes aus: den haushält eines mächtigen füllten
in fremdem lande statt der verwandten und nachbar-
kinder nützliche, in den künsten der fremde erfahrene
unfreie. Fheytag 17 (Wrfcr i), 86; statt der rinderherden
trottet der wolf durch die einöden. 118. — geht es ja
hoch her, dann sind kartoffeln das beste mahl, statt der
butter mit mangel und noth geschmälzt. Rieiil d. deutsche
arbeit 118;
allein der weisz ist reich? die tugendon in gott,
die er stat goldes hat, nihrat ihm auch nicht der tod.
ScnEFFLKR Cherub, wandersm. 6, 240;
(ich) sah nektar und elysium
statt meines bachs, statt meiner bunten wiese,
um meinen trunknen bück herum.
HöLTY lae Halm;
doch in groszmüth'ge band war er gefallen,
statt strafe fand er lohn.
Schiller 12, 118 (Piccol. 2, 7);
(du) kannst mir ohne zwei fei
den brunnen zeigen, der aus sieben röhren
statt Wassers wem verspritzt.
Hebbel 3, 6 Werner (riibin 1, 1);
dort schreitet elegant hervor
die eänsehirtin Katharine,
die herrlich statt der krinoline . . .
trägt einen faszreif stolz im kleide. Keller 10, 27.
rf) im IS. jahrh. begegnet statt mehrfach im. sinne eines
Vergleichs oder der gleicltsetzung.
a) bei personell, wo xcir 'vne' sagen xcürden : einen statt
eines vaters ehren, aliquem loco patris colere. Steinbach
2,687; einen statt seines bruders lieben, in loco fratris
diligere. ebenda.
ß) bei Sachen, im sinne von 'als': statt einer belohnung
verlangen, loco praemii petere. Steinbach 2,687; statt
eines gesetzes in acht nehmen, vice legis observare. ebenda;
statt einer wohlthat annehmen, aliquid pro beneficio
habere, ebenda; an, wird in einigen rcdens-arten aus-
gelassen, als : statt einer wohlthat etwas achten, in loco
beneficii ponere. Frisch 2, 321»; Marie, ey dsis (eine goldne
halskette) ist ja gar schön! wozu braucht man denn das,
liebe mama? frau Robert, statt des halsbandes. H. L.
Wagner der wohlthat. unbekannte 12.
e) so auch als prädicat; doch in neuerer zeit nur noch
in poetisdier spräche.
a) von Sachen : es ist statt des strohes, atramenti vicem
obtinet. Steinbach 2,687;
Oordon. ohn urthel ? Buttler. die Vollstreckung ist statt urthels.
ScniLLER 12, 337 (Wollenst, tod 4, 6).
ebenso anstatt, im sinne eines vergleiclis (vgl. rf): ich
kenne ein freyherm, welchem die grösten einkommen
von dem baurenwesen herkommen .... dasz die erden
ihme an statt eines meers ist, so stäts wahren einträgt.
SCHUPPIUS 735.
ß) von Personen, statt jemandes sein, ihn ersetzen: da
wünscht' ich mir einen galten, . . . der für die liebe, die
ihm mein jugendliches herz weihen konnte, im alter
mein freund, mein beschützer, mir statt meiner eitern
geworden wäre, die ich um seinetwillen verliesz. Göthe
10, 1«5 (Stella 3) ;
ein siojrhad mädcben fQhrt des feindes beer,
ich will das eure führen, ich will euch
statt einer Jungfrau un'l prophetin soyn.
SciiH-LEK 1», 231 (jung/rau v. Orl. 2, 2).
so zum autdruck einer wertscMtzung : sie, nach der ich
mich alle tage meines lebens gesehnt habe, sie, die mir
noch immer statt aller andern weiber in der weit ist
(fnir meJir gilt als alle, um derentwillen mir alle andern
gleichgültig sind). GöTHK 19,238 (W. Meister b.ib);
du sollst mir sein statt aller heiligen,
wenn du'n, den fusz dar eisernen gewalt
im nacken und iIok neue glUck vor äugen,
da« dich geplündert hat, noch wiederholst
und leidest, wie du handeln willst, im träum I
Hkhiiki. 6, te Werner (Itemetr. 1,6).
/) statt verbindet sich natürlich atteh (besonder» in der
umgangiixpiiicM mit dem gen. eines j/ers. pron.: Marina
die mit der Lodoiska oder statt ihrer gekommen, ist bei
rfieier Mwoe zugegen. 8<:hili.kii Demetr. «.98 Kettner;
OJid dsiui luÜM er einmal den Präsidenten del consiglio,
welcher einem armen müUer . . . unrecht gethan, auf die
galeeren geschickt und den müller statt seiner zum Prä-
sidenten gemacht. Gaudy ausgew. erz. 64; statt ihrer {der
freunde) fiel ihm plötzlich jener unbekannte verfolgte ein.
Hausrath pater Maternus 43;
wenn die zunge versagt, so redet der körper statt ihrer.
Hebbel 8, 362 Werner.
mit dem gen. des rel. pron. : aus Niederdeutschland und
den Niederlanden sind allmälich fast alle Wörter der
schifTart entliehen worden, statt deren unsere frühere
zeit manche abweichende, eigene besessen haben wird.
J. Grimm, s. theil l, xxx.
g) obwol statt seinem Ursprünge nach nur den gen. zu
sich nehmen kann, xcird es gleichwol als präp. nicht selten
mit dem dativ verbunden, ein grund für die.ie abxceichung
ist in diesem falle nicht ersichtlich, doch ist daran zu
erinnern, dasz auch bei andern aus subst. erwachsenen
Präpositionen ein schicanken zwischen gen. und dat. statt
findet, dasz besonders wegen sehr häufig viit dem dat.
(seltner auch laut, s. theil 6, 366), wie umgekehrt trotz mit
dem gen. vorkommt.
a) diese fügung begegnet zuerst bei Lessing und Wik-
LANü tind ist in der klassischen zeit ziemlich liäufig, trotz-
dem Jmt sich in der Schriftsprache der gen. daneben er-
halten und wird vorgezogen. r^Z. Weigand 2, 800. belege:
Harduin . . . glaubt, Ismenias hätte für seine sechs denare
zwey Smaragde statt einem bekommen. Lessing 8, 69
(antiqu. brief 23, 1768); er kann, ausser beiden zusammen,
die grundsprache allein; er kann die Übersetzung allein
abdrucken lassen und verkaulTen: so hat er drey büclier
statt einem. 9, 58; aber lärm und geschrey statt dem
pathos, das thuts nicht. Göthe br. l, 198 (vom iZ.fettr. 1769);
der fand die schlacken statt dem geträumten schätz.
Brentano 8, 2il; da du nun morgen reisen willt, so
hab' ich dir statt einem Wanderpfennig etwas mitgebracht
von meiner eignen arbeit: sind glücksschuh'. Mörikk
erzähl. 113; g^ sei^A ihr männer alle!
erst lockt ihr uns so schmeichelnd in die falle,
und habt ihr uns, macht ruhiger genusz
statt frischem blut bey euch nur böse galle.
WlELAM) 22, 291 (Ober. 6, 77);
und die jungen kommen auf dem stocke,
meinen acten-riemen statt dem zäum,
ihrer mutter Strumpfband statt der peitsche,
angeritten. Göckingk 1, 2ö6 (-= 818);
wild geläcbter
statt der liebe sQszem wahn !
GÖTiiE 2, 29 (deutfcher Parnatt);
statt beiszem wünschen, wildem wollen,
statt läst'gem fordern, strengem sollen,
sich aufzugeben ist genusz. 3,89 (eins u. allet);
doch statt dem kleinsten scblummerkem
zeigt sie ihr nur gespenster.
Bi.f MAUER Aeneif 1, #. 173;
und fühlen sie, statt donnern des gewissens,
die Wollust, gott zu seyn.
Scnn.LEU 5, 1, 4« (dorn Karto* 2, 1; vgl. dat
wortverz. *. cxm*»; dafür fpiitcr :
statt dolchen des gewissens. 5, 8, 182 = don Karlo* 1,5);
ich hab statt dir, o Jesus Christ,
die bildcr nur verehret! Brentano >, 37&;
lasz mich statt dir —
Urillparzkr* 4, 61 (Argonauten 1).
ß) als dat. ist auch der endungslose casus starker masc.
netUr. aufzufassen (während beim fem. gen. und dat. nicht
zu unterscheiden sind):
ein groszer hofmann seyn.
ein mann, dem scliineicheley und llst
statt witz und tugcnd ist.
Lks.xin«) 1, t03 (fah. M. er:., tlM).
y) ja es kommt vor, das* gen. und dat. unmittellMr
neben einander stehen:
statt foirrlii-hston rrusKes, wie FJi-h ziemte,
statt nbrrurchtsvolTem Willkomm bring' ich dir
in ketten hartfeschloesen solchen knecht.
GAtiir 41.811 (Faust II, S).
t) in mundarten .tcheint der dat. tiemlieh uUgemein tu
herrschen, (nur kämt. gsli\tt dier und deiner Lkxkk 880.)
so austirUcklirh Itrzrugt für das oberösterr. FkommaNN
8,101,77, ßchtrlgeb. 8, .V>5, 0 (»tiillH inim), obcrhess. llUK-
i;KMU8 H06; und so ohne endung kotturg. slatts ziickcr
Kkommann 8,166,87. henneb. prÜRcl statta gcld Spif.hhMO,
prttttt. du» habe ich itatU dank FRisciutiRH 8, 868\
1005
STATT (LI D. 4. 5)
STATTBAR— STATTE
1006
h) in den letzteren fällen (imd unter ß) kann der dat.
aueli als acc. verstanden xcerden, zumal in mtmdarten,
wo zicischen beiden casus keine scharfe Scheidung mehr
besteht, so begegnet dann auch deutlicher acc, z. b. nd.
se sint stats puckeppele 'sie xcerden als falläpfel angesehen
und demgemäsz bezahlt'. Schambach 208''. — als fehle^r
musz es dagegen bezeichnet xcerden, wenn auch in der Schrift-
sprache vereinzelt der acc. begegnet, so bei anstatt (neben
wiederholtem statt mit gen.):
die Wüstenei anstatt ihr schönes haus,
statt ihres prunkgemachs die ßnstre kluft,
statt diener gingen thiere ein und aus,
statt schöner speisen kräuter in der grufl,
statt reicher betten ängstigen und graus
auf dürren reisem in der kalten lult,
der edlen perlen muszte sie entbehren,
statt deren dienten ihre heiszen zähren.
TiECK 2, 210 (Genof.).
t) sonst ist ein acc. nach statt anders zu erklären; icenn
nämlich ein solcher ausdruck sich an das object eines satzes
anlehnt, so tritt durch eine art angleichung zuweilen auch
das von statt regierte .nibst. in den acc, indem es nicht
soicol von diesem, als vielmehr von dem, regierenden vei'h
abhängig gemacht wird : er malte für micli einen heiligen
Michael — aber der bösewicht hatte mich schändlich
verhöhnt, der erzengel hatte die züge des Dreckmichels . . .
und statt einen drachen durchstach die lanze das aas
einer toten katze. Heine 7,493 .EZ*^6r,- holzschüsseln bieten
wir dir statt silber. Freytag ahnen l, 216 (= tcerke 8, 168);
hat sie {die natur) nicht oft . . .
manchem betenden mönch, umglänzt von Sternen und sonnen,
statt den verborgenen gott, das unsichtbare — der nennen
in zerrgemählden lebloser wölken enthüllt ?
Thümmel reise 8, 285 {was Campe miszverstehend
tadelt} ;
das paternoster nehmend statt den degen
ruht Siegfried dort. Tieck 2, 271.
k) ähnlich ist es, wenn es bei dem von statt abhängigen
Worte nicht auf den begriffsinhalt , sondern auf die wort-
form ankovim,t; da musz diese natürlich unverändert bleiben.
SO: dem Hochdeutschen ist zuwider statt laub und liebe
zu vernehmen loof und leeve. J.Grimm, «. fAeiZ l, xxvi,
und so sehr gewöhnlich: der ungebildete Norddeutsche
sagt mir statt mich und umgekehrt; auch: der lispelnde
spricht den laut des engl, th statt s u. a. m.
l) so stehen nach statt zuweilen auch axisdrücke, die
bereits eine feste grammatische form haben und also keiner
(lecliuation mehr fähig sind, verbalformen, worti-erbin-
dungen u. ä. : während die Vorzüge der alten spräche oft
nur an einzelnen platzen, abgebrochen und abgerissen,
statt im ganzen wirksam erscheinen. J. Grimm, s. th. 1, iv;
der zimmerman gieng, statt aufs dach,
dem wein und kareesiren nach.
Blum.\uer Aeneis 1, «. 1-H;
wie ging es zu,
dasz wir uns diesen morgen, statt im bett,
unausgekleidet auf den stuhlen fanden?
Hebbel 4, 52 Hemer (A'ift. II, 1, 1).
ebenso bei anstatt, s.theil i,i'i (Lessing 8, 5); ferner:
zahl ! anstatt, empfang ! o schön !
Le.ssing 2, 232 {Sathan 2, 2);
(Ih'do) langt, wo sie dosen offen sieht,
nach schnupftaback, and Tährt damit
ins maul anstatt zur nase.
Blltmauer Aeneis 1, *. 139.
5) icie schon in dem letzten falle, nähert sich statt auch
sonst conjunctionaler function, ebenso wie anstatt, s. das. 2,
theil i,4i6f.
a) sehr häufig ist nach statt ein inf. mit zn: statt zu
gehen, odei-, statt, dasz er gehen sollte, blieb er stehen.
Campe; das weisz ich, dasz es zwey uhr des nachts war,
als ich zu bette kam, und dasz, wenn ich dir hätte vor-
schwatzen können, statt zu schreiben, ich dich vielleicht
bis an den morgen aufgehalten hätte. Göthe 16, 37
{Werther 1, i9.junt); alle freunde sind so, ... statt unser
vertrauen redlich zu erwiedern folgen sie ihren ansichten.
«8, 182 {wanderj. 3, 13); Ehingen fing als mann des Greiners
zwei grosze bürger ans Weil und Nördlingen; statt sie
abzuliefern , schätzte er sie selbst. Freytao 18 (bilder
*, 1), 302; statt zu schlafen, hören wir den nordwest an
unseren fensterläden rappeln. Storm 7, 164; statt nun
still ... im hintergrunde zu bleiben, habe sich der aben-
leurer sofort der bündnerischen dame als mörder ihres
vaters . . . vorgestellt. C. F. Meyer Jürg Jenatseh 174. un-
gewöhnlich ohne zu:
da alle tempel andern schon gehören,
dünkt's ihnen gut, statt bauen, zu zerstören.
Gbillparzee^ 1, 197.
so schon früher bei anstatt, vgl. das.; nocJt. getrennt:
die aber zum Zeugnisse der groszen erbitterung an statt
erfreuliche antwort zu erlangen, erbärmlich umgebracht
worden {qui autem, responsi loco misere conscindebantur).
HOFMANNSWALDAU bei StEINB.\CH 2,687;
wenn ich dir den schnöden todtenring . . .
nicht vor die füsze warf, anstatt mich seiner
zur raschen flucht noch einmal zu bedienen.
Hebbel 3, 273 TlVrner {Gyges 2).
b) dafür kann ferner ein inhaltssatz mit dasz eintreten,
s. C.\mpe unter a: statt dasz sich Schwierigkeiten heben
sollten, äuszern sich immer neue. E. König bei Lessing
13,323; auch ist ein mensch, der ganz bosheit ist,
schlechterdings kein gegenständ der kunst, und äussert
eine zurückstossende kraft, statt dasz er die aufmerk-
samkeit der leser fesseln sollte. Schiller 2, ll (räuber,
2. vorr.). zu beachten ist in allen diesen fällen das um-
schreibende sollte, das für das heutige Sprachgefühl nicht
obligatorisch ist. — ebenso findet sich schon früher an-
statt dasz, s. die belege unter anstatt 2. (anstatt, d£isz
schon bei Fleming i03, wofür an statt, da 120 und bei
Lohenstein Armin, l, 162* ein seltsames an statt dessen.
hier ebenfalls mit umschreibendem sollte, dagegen zeigen
die belege aus Göthe anstatt dasz mit dem ind. zum. atis-
druck eines gegensatzes, wo heute die gehobene spräche
während vorziehen würde.) — auch mundartlieh statts dasz,
z. b. henneb. Spiess 240.
c) schlieszlich kann dasz fortfallen und (an)statt selbst
zur satzeinleitenden conjunction icerden. doch ist dieser
ungewöhnliche gebrauch nur für anstatt zu belegen:
so will in scherz ich mich ergehn, in possen,
anstatt ich jetzt mich blos an thränen labe.
Platen 102b {■fonette 6!>).
STATTBAR, adj. commodus, opportunus. Hai,t.\us 17.36,
i-^^. statt II, B und statthaft: das uns und unnsem nach-
komenden dheine andere herre in ewige zeit uns zu be-
schirmen nutzlicher und stadbar gesein kan, noch magk,
dann der gemelt unnser gnediger herre. Gnadenthaler
{irürtemb.) urk. v. 1459 bei Hanszelm.\nn diplomat. be-
weisz, dasz dem hause Hohenlohe die landes-hoheit . . . zu-
gestanden {Nürnb. I75l) *. 510, *. Haltals a. a. o. danach
Campe, sonst nicht bekannt.
STATTBESSERER, m.. für Statthalter: vicarius ...
stat-besserer. Dief. gloas. 617' (voc. ges. v. Herm. Cappel
de Mulnhusen).
STÄTTCHEN, n., seltne deminutivbildung zu statt bezw.
statte: eine magd hatte jahrelang einen unsichtbaren
hausgeist bei sich am herde sitzen, wo sie ihm ein eignes
stättchen eingeräumt. Heine 4, 178 Elster (gesch. d. rel. in
Deutschi. 1, in der vorläge dafür stättlein, s. das. und
s. 582). — tcestf. stiaken VVoeste 255».
STATTE, /. füllen Nemnich. Campe, 'ein jung füllen'
Strodtmann idiot. Osruibr. 228. nd. wortf {Zusammen-
hang mit stute ist kaum anzunelimen.) — ein mhd. statte,
chymiama, s. Lexer handwb. 2, 1151.
STATTE, f. locus, l) Ursprung und form.
a) statte ist eine nebenform zu statt, über die heraus-
bildung und die bezeugung in vornhd. zeit s. das. I, 4, b
und Weioand 2, 800. im folgenden tcerden nur die nhd. be-
lege berücksichtigt. — hiervon zu scheiden ist ein gleich-
lautendes wort, das in der altern spräche vereinzelt in der
bedeutung 'ufer' oder 'landungsplatz' begegnet, es ist eine
tceiterbildung von stad, m. n., s. das., sp. 415/". so lautet
es ahd. stedi,/. statio, portus. Graff 6,644; dagegen mhd.
mit andrem suffix stette Lexer handwb. 2, 1184:
wo! tausent tracken fraszieich
waren komen an das port
und lieffen an der stellen dort:
si mochten durch das wasser nit.
Heinr. V. Neustadt Apollon. 8518 Sintjer;
die tracken er vil wol vernam
die darnach komen an die stelle. 8648.
b) das wort ist bei Luther überaus häufig, so be
sonders in der bibelübersetzung {als Übersetzung des hebr.
Cip72 bezw. des gr. tönos), s. statt 1,4, c. doch erscheint
1007
STATTE
STÄTTE
1008
ea durchxctg in der Schreibung stete oder stet (tn der
bibel beides im ganzen gleich häufig, im alten testament
ilbeririegend stet, im neuen stete), womit zioeifellos langer
vocal ausgedrückt wird, andre Schreibungen ganz ver-
einzelt: das deine äugen offen stehen über dis haus nacht
und tag, über die stedte (cip70), davon du gesagt hast,
mein name sol da sein, du wollest hören das gebet,
das dein knecht an dieser stedte thut, und woltest er-
hören, das flehen deines knechts und deines volcks
Israel, das sie hie thun werden an dieser stete deiner
wonung im himel. l kön. 8, 29/.; der wil dich auff der
stette erwürgen. Luther 24, 575, 31 Weim. ausg. die {nicht
beweisende) Schreibung stet begegnet ferner bei H. Sachs,
Fischart, Rollenhaoen; die gewöhnliche form des
iG.jahrh. ist jedoch stett, so besonders oft bei Wickram
und Fischart (nur in der Garg. dafür statt), zwei-
silbige schreibxceisen kommen nur hie und da vor: stete
bei Stumpf (*. unten 3, b, /3); stedte bei Heinr. Julius
V. Braunschweig (*. unten 2, c. 3, a. 4,a); stedde bei
Staden (s. unten 3, *, ß). im 17. jahrh. wird statt vor-
herrschend, daneben stett (Hammer, s. 5, o) und stät (Ai.-
brecht, s.Z,b,3). Schuppius hat neben einander statt
(». 133, 248), State (509) und stete (290), s. unten 2, e, a. ß. g, a.
jetzt auch von den Wörterbüchern verzeichnet: stete, /. locus.
ScHOTTEi, 1422; Städte (die), locus. Stein bach 2, 655;
statte, State, sing. f. die statte oder stelle. Frlsch
2, 321"=, vgl. : die alten haben statte, locus, oder stelle,
nicht mit doppelten tt oder dt, ausgesprochen, daher
sprechen es auch noch viel wie mit d, oder mit ein-
fachen t, aus. ebenda, vgl. Heyn atz U7iter 2. die doppel-
heit der quantitüt, ausgedrückt in den Schreibungen stäte
und statte, halt sich in der that bis ins 19. jahrh. hin-
ein, bei Göthe ist beides etwa gleich häufig, s. die belege,
die ausg. letzter hnnd bietet stäte 9, 30. 10, 115. 16, 111. 17, 278.
414, Stätte 1, 273. 2, 133. 9, 104. 308. J2, 234. 39, 339. 40, 250. stäte
ist die ältere Schreibung und scheint der Sprechweise Götiies
gemäsz zu sein, sie findet sich auch in den briefen, z. b.
8,59, xmd ist später öfter durch statte ersetzt, /ür statte
12, 234 {Fatist I, prosascene 'trüber tag', zuerst gedruckt
1808) hat der 'Vrfaust' s. 82, 55: stäte. in der Werther-
stelle 16, 111 =-= 19, 109 Weim. ausg. lesen alle alten einzel-
auagaben und die Schriften bis zur ausgäbe letzter hand
von 1828 stäten, erst die jüngere au.fgabe C^ und die von
1830 haben statten eingesetzt (l9, 397 Weim. atisg.), wie es
die Weim. ausg. überall thut. bei dichtem des 18. jahrh.
findet sich stäte im reime auf langes e, ä:
sie . . . ehrten andachtvoll, an der bestaubten stäte,
Abdallahs hohen rühm mit eifrigem gebethe.
Hagedorn 2, 11 (/ab. 1, 6);
disteln wanken einsam auf der stäte,
wo am Schild und speer der knabe flehte.
Matthisson 1, 114.
(stäte im versinnern bei Hölty 167, s. unten 2, c.) und so
noch: dann gieng ich eilends in die kammer, . . . langte
aus dem schrank die beiden geräthe, — und kehrte
zurück zur stäte. Rückert Hariri (1826) 163 bezw. (1837)
1, 62 (schlusz der 6. mak.; die gesamtattsg. v. 1882 11, 269
sehreibt statte).
c) si&tte ist im sing, unveründerlieh. als fehleihaß musx
ea bezeichnet werden, wenn ganz vereinzelt sehuMche form-
gebung vorkommt:
and das gespenst erscheint an selber statten.
TiECK 2, 209.
{$eJiu)aehe flexion in der altern spräche s. unten 2, m.) da-
gegen ist srhimche bildung des plur. regeUnäszig ttnd nor-
mal, doch ist Stätten dem altern nhd. noch fremd (ältester
beleg bei Möseh, *. i,k,e); hier kommt vielmehr noch das
alte stet als plur. vor, vgl. statt 1,4, e; ein unziceidetitiger
beleg ist: da er bezeuget, es mUge obrigkeit oder andere,
mit den kirchhöfen nicht jhres gefallens handeln, viel
weiniger es dafür halten, als wcren kirchhftfe und be-
grebnÜBsen solche stedt«, die pur lauter in der welt-
lichen Obrigkeit gewait und macht stünden. Jjauenb.
kirehen ■ ordn. v. 1M& bei P^niiAUDT ges. des eotisist. tu
Mann. i.ftM. {JUet. an gewcyohten itetten. Jon. Ebkklin
S, 8, $. S, d. u. 0.)
d) in idiotiken lebender mundarten wird äo» vort nur
mUm angrfiUtrt: henneb. «t«l. /. statte, »teile, platt, ort.
SpibM S4>; nordthür. steete Scuiultzb 46*; preuat. stCd,
stMe, auch städ, städe. Fricchbier 2, 365» (die beispiele
sind nd.). hier also mit langem vocal. über stede iwi tid.
s. statt I, 2, b und I, 5.
2) tn der geicöhnlichen bedeutung 'locus' hat statte zu-
nächst das alte statt verdrängt, ist aber in der rteueren
Umgangssprache loiederiim veraltet und durch stelle er-
setzt {mit ausnähme des nd., wo stede = statt für stelle
einti-itt). so 6e?ne>A-/ Adelung : 'es ist noch in der edlem
und Mhem Schreibart am üblichsten, dagegen in der ver-
traulichem und gemeinen stelle gangbar ist; auszer in
den zuxammensetzungen bettstätte, brandstätte, gerichts-
stätte, schlafstätte, werkstätte, wohnstätte, wovon doch
einige auch häufig mit -stelle gemacht werden.' ähnlich
Heynatz Antibarh. (1797) 2, 444: 'die statte (wofür die
meisten stäte sprechen, andere auch stäte schreiben), ist
auszer der erhabenen Schreibart fast veraltet, ob es gleich
Luther noch sehr oft hat', dazu die anm.: 'der Schweizer
mtisz statte unausstehlich gefunden haben, weil er es
meines icissens kein einzigesmal behalten hat. sondern bald
statt, bald das ort daraus macht. Heumann und Bengel
haben statte häufig behalten, Michaelis aber pflegt es in
ort zti verändern.' nach Lindmeyr Wortschatz tu<»c. (i899)
s. 88/. luit Eck in seiner bibelübers. (Ingulst. 1537) fast
durchgängig die stat, statt, daneben das ort, die stell,
nur vereinzelt die stett, stedt.
o) belege: denn gott hat das volck nicht auserwelet,
umb der stete willen (Stä rdv rönov), sondern die stete
umb des volcks willen. 2 Macc. 5, 19; Jhesus von Nazareth
wird diese stete (rönov) zustören. ap. gesch. &,i3; keine
Umgebung . . . soll in uns das gefühl des göttlichen stören,
das uns überall hin begleiten und jede stäte zu einem
tempel einweihen kann. Göthe 17, 278 (wahlverw. 2, 7);
grausig ist diese statte. Schiller 8,166 (rauher ^,b
schausp.);
es dörft, das ich (foh) vil flüfel het,
weil sie durchsuenen die ganz stett.
Fischart 2, 19 Kvrz {flöhh. 622);
die höir ist weit,
ihr feld ist grosz, die statt ist breit.
Rist neve html, lieder (1651)272;
aber die statte war leer. Voss 1, 78 {LuUe 2, 12) ;
leereebrannt
ist die Stätte. Schiller 11, 312 {glocke 214);
hier ist die statte, laszt uns stille stehn.
TiECK 2, 188.
b) in der bibelübersetzung kommen auch statten mit
namen vor, doch auch dann .tcharf von stadt unterschieden :
zog Abram durch, bis an die stet (Diptt) Sichern, i Mose
12,6; da her heisst die stet Ber Saba", das sie beide
mit einander da geschworen haben. 21, 31; und da sie
an die stet (rönov) kamen, mit namen Golgatha, das
ist verdeudschet, Scheddelstet. Matth. 27, 33.
c) häufig durch einen relativsatz näher bestimmt (vgl.
statt II, A, 1, b); bis . . . an die stet, da am ersten seine
hütten war. l Mose LS, 3; und als sie kamen an die stet,
die jm gott saget. 22, 9; wir ziehen da hin an die stet,
davon der herr gesagt hat, ich wil sie euch geben.
4 Mose 10, 29; euch die stet zu weisen, wo jr euch lagern
soltet. 5ilfo*ei,83; ist aber die stet fern von dir. die
der herr dein gott erwelet hat, das er seinen namen da
selbs wonen lasse. 12, 81 ; die stet, darauff du stehest
ist heilig. Jos. 5, 15 (r^^ ap. gesch. 7,88); jr saget, zu Je-
rusalem scy die stete, da man anbeten solle. JoA. 4, 80;
da sie gebetet hatten, bewoget sich die stete, da sie ver
samlet waren, ap. gesch. 4, 31 ; das ist die stedte, da wir
sterben müssen. Hkinr. Julius v. Braunschnvkio 168
Holland (Sus. 4, 7); sie . . . sollen mich in's gefUngnisc
schleppen, aber von seinem leichnaine weg, von der
stäte weg, wo ich mich in seinem blute werde geletzt
haben. Göthk lo, ilft (Clav.*); muszlcn wir die stalte
verlassen, an der uns're grosz eitern über ein halbes
Jahrhundert fretide und leid mit einander gethcilt halten.
Mkiiiikl b, 118 Werner (at{fz. atis m. lebeti lO); dort unten
am bach der sohicksalsfrau richten die knabcn der
ThUringe bereiU die Wagenburg an der statte, wo sie
ihr darf bauen werden. Fkkvtag h, 162 (ahnen l, l, 8);
dasz dieser scliatz unhoil brächte, solange er nicht zu
der statte zurUckgcbrachl wäre, welcher einst Salonio
ihn goaliflel. 17, i9ü (bildet- i.a);
1009
STATTE
STATTE
1010
wer sich der statte naht, wo unser vater ruht,
vollkommner musz er wiederkehren.
Götter 1, 274 ;
enthülle dich, dasz ich die' stäte finde,
wo oft mein mädchen sasz.
HöLTV 167 Halm {an d. nwnd) ;
die statte, die ein guter mensch betrat,
ist eingeweiht. Göthe 9, 104 (Ta-eso 1, 1);
es trieb mich, die statte zu sehen,
wo die Wohnung gestanden.
40, 250 {Herrn, u. Bor. 2) ;
hat Moskau keine statte, die du liebst?
Hebbel 6, 46 Werner {Demetr. 1, 5).
d) iceniger bestimvit tcird statte durch ein adjectiv
charakterisiert {vgl. statt II, A, 2, c) : das sol er alles hin
aus füren ausser dem lager, an eine reine stete, da
man die asschen hin schüttet. 3 Mos. i, 12; die kinder
Gad hatten seer viel vieh, und sahen das land Jaeser
und Gilead an für bequeme stet zu jrem vieh. 4 Mos.
32, i; Jhesus gieng in eine wüste stete, und betet daselbs.
Marc, i, Bö; ein blick in den anstoszenden schenkraum
überzeugte Jenatsch, dasz hier zwischen lärmenden
menschen und bettelnden hunden keine kühle statte za
finden sei. C. F. Meyer Jenatsch 62;
freue dich also, lebend'ger, der lieberwärmeten statte.
Göthe 1, 273 (eleg. 1, 10) ;
so liesz ich an verborgner statte sie . . .
durch fremde band erziehn.
Schiller 14, 65 (&r. v. Hess. 2, 5).
insbesondere: eine heilige statte, locus sanctus. Frisch
2, 321*=; der priester der das sündopffer thut, sols essen
an heiliger stet. 3 310». 6, 26; als ich auf deinem grabe
herumwandelte, edler Erwin, und den stein suchte,
. . . dasz sich meine Verehrung deiner an der heiligen
Stätte ergossen hätte. Göthe 39, 339 (von deutscher bau-
kunsf); da wäre er besser drauszen . . . unter den grünen
bäumen geblieben . . , wenn er sich nur schwere gedanken
und sündhafte Versuchungen des hochmuths holte an
heiliger statte! H.kv sr.kth pater Mafernus s. 3i; sie {die
Israeliten) übernahmen von den Kanaanitern auch die
heiligen statten, an denen ihre vorsassen dem Baal ge-
dient hatten. Smexd alttestamentl. rel. gesch. 50;
an heiiger statte ist sie (ßie armbrust) aufbewahrt.
Schiller 14, 418 {TeU 5, 2).
in dejnselben sinne geweihte statte: die pfaffen sagenn,
ann geweychten stetten soll man betten. Jon. Eberlin
V. GüNZBURG 2, 8 Enders. — freie statte für gewöhnliches
freistatt, -statte {theil 4, 1, 122):
erinnre mich nicht jener schönen tage,
da mir dein haus die freie stäte gab.
Göthe 9, 30 (Iphig. 2, 1).
<) hieran schlieszen sich ztcei redensarten, in denen ao-
wol statt tcie statte noch im gebrauch sind.
a) keine bleibende städte haben, passim vagari; der
keine bleibende städte hat, vagxis exerro. .Steinbach
2, 655 ; dasz er lerne, dasz wir hier keine bleibende statt
haben, sondern das zukünftige suchen sollen. Hebr. 13
(13, 15). SciiLPPlUS 133. die zu gründe liegende bibelstelle
enthält eigentlich si&A ^ TtöXts, «. statt II, A, 6, d; doch
findet sich auch in der bibelübersefzung: bis aufif diese
stund leiden wir hunger und durst, und sind nacket,
and werden geschlagen, und haben keine gewisse stete
{daraTovuer). 1 Cor. 4, 11. so auch : allein, Hansz Wurst
wolte keine bleibende statt bey mir haben, ich muste
ihn endlich fortziehen lassen. Schuppius 24«; freier, keine
rulie haben: sie konnte weder essen noch trinken, und
hatte nirgends eine bleibende statte. erzäJUer d. 18. jahrh.
27, 3 Fürst; seit Sonnenaufgang hat mein bruder keine
bleibende statte. Pfeffel pros. vers. 1, 27. {schon mhd.
wernde stete bei Lampreht v. Regensbukg, a. unter statt
1, 8, d, sp. 9»t.)
ß) ein gut wort, findet eine gute statt. Scnrppius 248;
dem gibt Salomo . . . einen weisen rath und sagt, Prov. 15.
tnollis responsio frangit iram. das ist, eine gelinde ant-
wort stillet den zorn, oder, wie wir Teutschen zu reden
pflegen, ein gut wort, findet eine gute stete. 290. vgl.
statt II, C, 2, a. 6.
f) statte wi»^ pronominalen ausdrucken nach Präposi-
tionen in allgemeinen Ortsangaben, vgl. stattll, A, 3; so
*. b.: das deine äugen offen seien über dis haus tag
nnd nacht, über die stet, da hin du deinen namen zu
X. 2.
stellen geredt hast, das du hörest das gebet, das dein
knecht an dieser stet thun wird. 2 chron. 6, 20; und
mügets essen an allen steten. 4 Mos. 18, 31.
g) statte mit sgnonymen u. a. ausdrücken zusammen-
gestellt:
a) also sagen sie, sind die engel und geister an steten
oder örtern. Luther 3, 457»; erstlich beschreibet er {Jo-
hannes) die personen welche Christum begraben haben
. . . zu letzt stete und ort, da sie jn hin geleget haben.
28, 417, 33 Weim. ausg.; wann sich jemand vor der offöüt-
lichen Unehre und schände fürchtet, so machet er {der
tetifel) denselben einen nebel für die äugen, dasz er ge-
dencket, ort und stäte sey darnach, dasz es niemand
leichtlich erfahre. Schuppius 509; vgl. auch: und David
macht sich auff^, und kam an den ort da Saul sein lager
hielt, und sähe die stete, da Saul lag. i Sam. 26, 5 {beides
= cip-f).
ß) es ist nur zu thun gewest, das der böse geist räum
und stet fünde, seine giflft auszulassen. Luther 3, 48*,
s. ferner unter 8.
v) andrerseits tcerden als gegensätze verbunden: so trawe
ich jm nicht, er möchte auff zeit und stet lauren, und
denn thun, was ich fürchte. Luther 3, 45*>; das geist-
lich anbeten, setzt Christus wider das leiblich anbeten,
welchs die jüden ... an stet und zeit also binden, das
es mus eusserlicher weise , wie die stet und zeit be-
stimpt, geschehen, als bette das gebet sein wesen, krafft,
leben, und alle tugent von der stet oder zeit. 481 *>. {hier
nähert sich statte zuiceilen der bedeutung von State,
s. statt II, B, die es doch auszerhalb des nd. nicht hat;
s. den ersten beleg und den unter ß.) — ebenso:
wo sie o£ft gefallen sindt,
daselbst man sie zu mehrmaln findt,
person und stet nicht können meiden,
die sie offt bringt in noth und leiden.
B. Waldis Eeop 2, 12, 53.
9) 80 in mehrgliedrigen grttppen: wie gut das werck
ist, . . . wil jm doch gott rawm, stet, zeit, und weise
fürbehalten. Luther 3, 267*'; denn es mus ja kein guter
mensch sein, . . . der es so gar verachten kan, das jm
gott selbs stet und räum, person, zeit, und tage dazu
bestellet. 6, 34''; denn wo gott also mit xins handelte,
das er uns das leben sehen Hesse ym todte odder zeygte
unser seelen stet und rawm, weg und weyse, wo sie auff
tretten und fussen solte, wo sie auch hyn faren und
bleyben solte , so were der tod nicht bitter. 19, 217, 16
Weim. ausg.
h) statte am menschlichen körper, vgl. statt II, A, 5, a.-
da lies gott der herr einen tieffen schlaff fallen auff den
menschen . . . und nam seiner rieben eine, und schlos
die stet zu mit fleisch, i Mos. 2, 21.
t) stelle in einem buche, vgl. statt II, A, 5, ft.-
noch will er erst die lent bethören,
solchs ausz den patribus beweren, . . .
dem keiner doch nit solches redt,
wann man jm nachschlecht auff der stet
Fischart 1, 8 Kurz (nachtrab 214).
k) statte in bezug auf personen, vgl. statt II, A, 6.
a) der platz, %co jemand {geicöhnlieh, von amts wegen)
steht, sitzt u. s. ir. .- und die priester stunden an jrer stete
(CHT^y^y), und die Leviten in jrer Ordnung. 2 ehron.
35, 10, vgl. 15. —
3) so auch biblisch, die stelle, wo jemand war {und
nicht mehr ist): es ist noch umb ein kleines, so ist der
gottlose nimer, und wenn du nach seiner stete sehen
wirst, wird er weg sein. ps. 37, 10; t^gl.: ein mensch . . .
blöet wie eine blume auff dem felde. wenn der wind
darfiber gehet, so ist sie nimer da, und jre stete kennet
sie nicht mehr. 103, 16; und der drach streit und seine
engel, und siegeten nicht, auch ward jre stete nicht
mehr funden im himel. offenb. Joh. 12 , 8 {oi^re xötios
eii^i&Tj avTäiy). in diesen belegen ist eine verschiedene
nuaneierung von stete zxt beobachten: im ersten ist die
stete geblieben, nachdem der innehabet fort ist, sie tat
nur leer; in den letzteren ist die stete selbst nicht mehr
kenntlich und daher in dieser specification, als statte des
betreffenden, nicht mehr vorhanden.
•/) gewohnlich für den ort, iro jemand sieh dauernd auf
hält, seine wohnung. ao verdeutlicht durch einen relativ-
64
1011
STÄTTE
STÄTTE
1012
sati: las uns an den Jordan gehen, und einen jglichen
daselbs holtz holen, das wir uns daselbs eine stete
bawen, da wir wonen. 2 kön. 6, 2 ; was ists denn für ein
haus, das jr mir {dem herm) bawen wollet? oder welchs
ist die stet ; da ich rügen sol ? Jes. 66, l (in beiden stellen
also geradezu für hatcs); kam der kaufmann ... an ein
fremdes ufer, ... so war sein erstes bestreben sich von
dem herrn des grundes eine statte zu gewinnen, wo er
mit seinen genossen nach recht, sitte und glauben der
heimat leben durfte. Freytag 18, 251 (Jbilder 2, 1, 7); durch
erklärenden gen. -. herr ich habe lieb die stete deines
hauses, und den ort, da deine ehre wonet. ps. 26, 8; o
Israel wie herrlich ist das haus des herrn, wie weit
und gros ist die stet seiner wonung {inturixrje 6 rönoe
XTJs xnjaeeos avTov)? Baruch 3, 24; ähnlich auch: war der
ort gastlich zu längerem aufenthalt . . , so umschanzte
er {'der Hanse") wieder die statte seines rechts mit
graben, pfahlwerk, brücke, thor. Freytao 18, 252; durch
parallele ausdrücke: ich wil aber meinem volck Israel
eine stete setzen, und wil es pflantzen, das es daselbs
wonen sol, und nicht mehr bewegt werde, l cÄron. 17, 9;
das ist die wonung des ungerechten, und dis ist die
stete des, der gott nicht achtet. Hiob 18, 21 ; ungewöhn-
lich {zumal in neuerer spräche) jemandes statte ohne
jeden zusatz:
welch ein himmlischer garten entspringt aus öd' und aus
wüste . . .
wohl den schöpfer ahmet ihr nach, ihr götter der erde !
fels und see und gebüsch, vögel imd fisch und gewild,
nur dasz euere statte sich ganz zum Eden vollende,
fehlet ein glttcklicher hier, fehlt euch am sabbat die ruh.
GÖTHK 2, 133 {'der park').
^ ebenso von thieren: kanstu ... die jungen lewen
settigen, das sie sich legen in jre stete (ni:iy73), und
rügen in der hole da sie lauren? Hiob 38,40.
f) auf nd. boden auch für hof, bauernstelle , in Um-
setzung des nd. stede, s. statt II, A,6, ä: in westfälischen
gerichtlichen aufsätzen pflegt stette für haus oder ge-
höft gesetzt zu werden. Hf.\satz Antibarb. 2, iU\ wenn
sein haushält der ganzen statte angemessen, nur ein
oder ander stück land davon zum todbau versetzt . . .
ist. MOSER patr. phant. 2, 232 {'Vorschlag zur erleicht, der
hofgesessenen Schuldner"); der Schuldner. so wohl als ihre
statten würden sich immer noch besser bey 6 p. c. zinsen
stehen. 233.
t) statte der toten! grabstätte: so ruhen die liebenden
neben einander, friede schwebt über ihrer stäte. Göthe
17,414 {schlusz der tcahlverw.). — loieder anders, zu l, S
hinüberleitend : über des erschlagenen statte {wo einer
erschlagen ist) schwebende rächende geister und lauern
auf den wiederkehrenden mörder. Göthe 12, 234 {vgl.
oben 1, b).
V) statte in bezug auf dinge, vgl. statt II, A, 7.
o) statte eines dinges, der ort, wo es sich {immer, in
der regel oder im vorliegenden falle) befindet, vgl. : erst-
lich ist ein ding an eim ort circumscriptive . . . das ist,
wenn die stet und der cörper drinnen sich mit einander
eben reimen, treffen und messen, gleich, wie im fas der
wein oder das wasser ist, da der wein nicht mehr raumes
nimpt, noch das fas mehr raumes gibt, denn so viel
des Weines ist, . . . auff die weise messen sich, stet und
cörper mit einander gleich abe. Luther 8,457». neben
einem aynonymon: das ist der ort meines throns, und
die stet meiner fussolen, darin ich ewiglich wil wonen.
Heaek. 48, 7 (beides ■— U)^1t). einem erklärenden gen. nahe
kommend: aber die stet unsers heiligthums, nemlich,
der thron göttlicher ehre, ist alle zeit fest blieben.
Jerem. 17, 1«. so auch: wo her kompt denn die Weisheit?
and wo ist die stete des Verstands? Hiob 2S,tt; welchs
Ut der weg da das lieoht wonet, and welcha scy der
flnstemis stet? 88, 19.
/f) mit potsetsivem pron.: und {Josia) ausrottet die
hayne. und füllet jre stete (a^ip73) mit menschen
knochen. S kön. n, 14; darumb wil ich den hlmel be-
wegen, das die erden beben sol von jrer hIcI. Je». 18. 18.
«o Mi. be». etwas wider an seine stet brii gen u. ühnl. •
and sie pflegten . . . den stein von dem bruniooh zu
weltzen, und die schafe trenoken, und thaten als denn
den stein wider für das loch an seine stet, l Mos. 29,3;
und da die priester ... aus dem Jordan er auff stiegen ..,
kam das wasser des Jordans wider an seine stet. Jos.
4, 18 ; also brachten die priester die lade des bunds des
herrn an jre stet in den chor des hauses, . . . unter die
Hügel der cherubim. das die Cherubim jre flügel aus-
breitten über die stete der laden. 2 chron. 5, 7/.,- sie heben
jn {den aus gold geschmiedeten gott) aufT der achseln und
tragen jn, und setzen jn an seine stete, da stehet er,
und kompt von seinem ort nicht. Jes. 46, 7.
•/) statte eines hauses u. ähnl., platz, auf dem es steht
oder gestanden hat oder stehen soll, vgl. statt II, A, 7, c-
sieh dort, mein könig, die statte deines eigenen hofes.
Freytag 8, 160 {ahnen l, l, 9); als im jähr 1219 Waldemar
der Sieger noch weiter ostwärts auf der statte einer
alten bürg der Esthen, Reval genannt, ein Dänenschlosz
anlegte. 18, 2.56 {bilder 2, 1, 7);
sie selbst (bürg Siedeck) ist nun verfallen, die st&tte wüst
und leer.
Ch AMISSO 1,244 Koch {rieiten-fpielz.).
ähnlich statte eines kohlenmeilers, grundlage.
S) nicht selten ist in neuerer spräche statte eines er-
eignisses: vor ihnen lag die stalte des kampfes (wo der
kämpf stattfinden soU). Freytag 8, 101 {ahtien l,l, 6); sie
verflucht die statte der niederlage. Smend alttestamentl.
rel. gesch. hl. {vgl. k, ^.)
f) auch sonst oft mit dem gen. eines abstractums: er
{Alarich) tritt mit wenigen begleitern in die mauern
(Athens) . . , betrachtet die statte alten erdenruhms . . ,
und verläszt achtungsvoll die stadt. Freytag 17, 129
{bilder 1,2); ein pilger im heiligen lande trifft nicht so
viele stäten religiöser erinnerungen an. Götmk 16, lll
{Werther 2, vgl. oben 1,6);
wie öde, bohl und leer
liegt alles vor mir da, und ausgebrannt,
ein groszer schutt, die statte meines glucks.
9, 308 {not. locht. 3, 2).
noch mehr nach k, y liegend statte einer rückkehr,
s. unten 4, b.
m) in Tuchers baumeisterb. findet sich schicach flec
tiertes stette für schieszplatz : auch liesz ich ine {den
büchsenschützen) die steinen statten dapei alspalde auch
machen. 117, 29; was dann gepruchs ist an der steten,
oder deck darüber, . . . das soll der stat paumeister
machen lassen. 118, 21.
3) siätle in formelhaften verbinduiigeti mit präpositionen.
vgl. statt II, A, 4.
a) in den meisten der unter statt besprochenen Been-
dungen findet sich statte nur ganz ausnahnxsxreise. so.
wenn sie zur stedte kömpt, werden es die herrn and
alle umbstehende vernhemen. Hein». Julius v. Braun-
schweig 185 ifoMand (St«.* 3, l); henneb. nicht von der
stet gehen. Simess 242. — ungetcöhnlich an der statte
für das gewöhnliche an ort und stelle;
in euerm kabinette,
da lass' ich's gelten, herri
doch an der statte,
da ging's wohl langsamer I
WlF.i.AM) IS, 3S5 (fommrrm. 2).
b) nur i)i den bejionders im 10. jahrh. sehr gewöhnlichen
ausdrücken für 'sogleich' findet sieh statte {ttimeist als
dat.) als gleich häufig neben statt, vgl. dieses \\, k,A, b.
a) an stett: der bischoff stund ann stett uff und ging
zu ir. Volksbücher (Zur. handschr. des 15. jahrh.) 843, »7
Bachmann Singet-. — sonst immer mit dem artikel: so
. . . gott also lesteren, dasz wnriich nit ein wunder wer,
gott stricff {straße) sy gleich an der stett. Wickram
ruUwagenb. 121. 28 Kurz (67); das nit ein wunder wero.
der hellisch lebendig tcufel fürt sie an der stett hin.
146, 88 (88); ^i, t,r{„g (Q ffUe kartifen) an der stet
meiner kOchin in pfarrhof heim. H. SaciiR 6, ».**>' ;
der kOnig noch einen sun het.
der an oer stet
dem vatter ««in leben erret.
dichtiivgen 1, nr. 14H, 38 Ooedeke;
der apt der winkt im an der otett.
Ximm. chron.* 4,243, 18;
Luna (ants willig an der stett
war troh, dasx sie eiik araach hett,
sich SU rieben am jungfrftwlein.
Fisch ART dicht. 8, 188 Kurt (lob der
■••«(cten 806).
1013
STATTE
in der hedeutung ^jetzt' :
mein gniüt ist schwerer an der stett
denn weil ich meinen schätz noch hett.
H. Sachs 2, 2, 2«.
ß) am häufigsten auf der stet(t), vgl. Schm.^2, 792:
soll mit im ze schikchen haben, so wirt si auf der stet
mit ainem chind. quelle des 15. jahrh. s. ebenda 793 ; der
wil dich auff der stette erwürgen. Luther 24, 575, 31 Weim.
atisg.; glü sie (stahlbleche) wol, und lesch sie ynn wein,
so wird es auff der stet zu essig. kuchenmeisterey {Zicickaw
1530) Es»; sie wolten auch jr teyl von mir haben, und
wolten mich da auff der stedde gleich todt schlagen.
H. Staden landtsch. der menschfresser letithen (1557) e3*;
ohn das Gargantoa zweiffeit man möcht nicht also auff
der statt ein gerecht gesäsz für seine adeliche proportz
gehaben. Garg. s. 246 neudr.; Grandbusier . . . befahl jm
unverzöglich nachzukommen, fertigt derhalben auff der
statt Baszwein seinen lackeyen, ab. 331; auff der statt
(als wann man vom wolff sagt, so ist er im spil) kam
mein mönch daher getrollt. 411; auff solche wort zuckt
Zuckdendilen von leder, und durchstach den Schna-
derentinger gleich ob der lincken brüst, dasz er auff
der statt todt nidersanck. 422; mein ralit wer, dasz jhr
ewer volck jetzund auff der statt, wann sie sich nur
ein wenig erschnaufft unnd erholt haben, gleich den
stürm anlauffen Hessen. 423; dessen erschracken die
bawern sehr, besassen das gericht auff der stett also
stendlingen. volksb. des 16. jahrh. s. 398, 8 Bobertag {Schilt-
bürger cap. 36); der printz von Conde . . . wirdt . . . von
. . . einem gasconischen edelmann, mit einem handrohr
durchs haubt geschossen , dasz er auff der stete den
geist aufgab. Stumpf Schiceytzer chron. 274''; wie, wann
gott dich auff der stät darnider würff? Albrecht fluch
ABC (1664) s. 113;
der gmeind ich die (ßoche) wil zeigen an.
wiewol ich nit bin wolberett,
doch sol es beschehen uff der stett.
RuFF Etter Heini 2813;
und da ich diss gesehen hett,
müszt ich hinwegk gehn auff der stett.
Fisch ART dicht. 1, 105 Kurz (teden
u. kuttemtr. 152) ;
so bald sie dis hett ausgeredt,
verschwand sie vor jm auff der stett.
205 (Domin. leben 2862);
eh sie disz betten ausz^eredt,
waren sie hindurch auff der statt.
2, 190 (glücksh. gchiff 438).
gaiiz vereinzelt mit dem acc: in dem concilium, da man
zalt 1415 jar, da hat der künig ausz allen landen und
sprachen erwölt 66 man, die selten sitzen in dem rat,
und alles das man in fürpringt, das auf die stett not-
turftig ist, das selten sie richten und urtailen nach der
warhait. d. städtechron. 5, 6i, 20 (B. Zink chron. v. Augs-
burg), ebenso vereinzelt ohne artikel: '
sobald er das haupt plicket an,
uff stett ward zn eym berg der man.
Wickram 7, 199 Bolte {Ovid 4, c. 20, 1216).
v) zu stet:
da gab Adam alsbalt zu stet
der Eva eine schöne lausz.
Fischart dicht. 2, 167 Kurz (flöhet zanck 1180) ;
gewöhnlich mit artikel:
ey, soll in der gantzen gemein
dann nicht ein mann gewesen seyn,
der an den lausen halt zur stett
disz bubenstUck gerochen hett? 156 (789);
(unger könig) wolt unbeschwert
euch nennen, und jhr maiestet
besuchen, da sie jtzt zur stet
am ufer wartet der ansprach.
/roechm. D 1» (1, 1, 2, 206).
#0 noch bei Röckert, s. unter i, b.
4) statte in verbalen fügungen findet sich zuiceilen, doch
tind diese weniger formelhaft gefestigt als die entsprechen
den mit statt (s. das. II, C) und lassen überall die ört-
liche bedeutung erkennen.
o) so besonders deutlich: wir können auff diss mal
anser siedte nicht besitzen, sintemal wir diesen tag
kläger sein werden, derowegen ist unser bitte, jhr wollet
euch dahin setzen, unsere klage anhören. Heinr. Julius
V. Braunschweio 185 Holland (Sus.^^, l ; könnte auch als
jiUir. von statt aufgefaszt tcerden). ähnlich jre stete
STÄTTEBEREITER— STÄTTEGELD 1014
(jplur.f) erfüllen und vertretten, s. Sarcerius tmter statt
I, 4, e (sp. 957).
b) biblisch : in meines vaters hause sind viel wonungen.
wens nicht so were, so wolt ich zu euch sagen, ich gehe
hin, euch die stete zubereiten {irotfidaai tötiov). Joh.
14, 2, vgl. statt II, A, 6, g , sowie l chron. 16, 1 unter statt
I, 4, c (»p. 956). so auch : lebe wohl, liebe mich und hilf
die gute stäte einer rückkehr für mich bereiten. Göthe
br. 8, 59 (an Knebel d. 17. nov. 1786). — freiere Verbindungen :
für welches angesicht flöhe die erde und der himel, und
jnen ward keine stete erfunden {rönos ov/ ev^iO-t]
avTols). offenb. Joh. 20, 11; dennoch ging durch die jungen,
phantasievollen geschlechter des mittelalters in die geist-
liche dichtung manches poetische dement ein, auch auf
dem dürren boden schuf sich die einbildungskraft eine
statte. Gervinus gesch. der deutschen dichtung* 3, 11;
die hauszmagd war von stund bereit,
wo sich die spinn zu weben regt,
mit einem besem sies wegfegt,
und ward jr da kein stett vergunt,
da sie Urlaub zu bawen fundt.
B. Waldis Esop 2, 31, 39.
c) von den eigentlich forvielhaften Verbindungen, ent-
sprechend statt II, C, begegnet noch am ehesten statte
finden, doch mit dem unbestimmten artikel, wenn nicht
sonst ein pronominalndj. daneben sieht: alle wohlthat
wird jre stet finden {jioir^aei lönov). Syr. 16, 14; Sigurd
redete zum guten, aber der könig war so böse, dasz
kein wort eine statte bei ihm fand. Dahlmann gesch.
V. Dännemark 2, 95; hatte doch Waser's herzliche theil-
nahme bei ihm keine statte, nicht ein einziges erwiedem-
des wort gefunden. Meyer Jürg Jenatsrh s. 91. so auch:
und ob mein gbet für ihn {gott) kein stet
findet noch hat, so kumpts doch drat,
mir zu gut.
LiLiKNCRON Jtitt. volksl. 4, «. 438 (nr. 560, 37,
vom j. 1547).
d) ungeicöhnlich ist statte für statt (II, C, 3, d) in fol
gender stelle: g^g^ unglückseiger streit,
der, unauslöschlich wüthend, . . .
nicht räum noch statte der Versöhnung gab.
Schiller 14, 66 (br. v. ilegs. 2, 5).
5) auch in der unter statt II, D behandelten gebrauchs-
weise findet sich statte nur ausnah msiceise und nur in
Verbindung mit präpositionen (vgl. statt II, D, 2); zu prä-
positionaler und conjunctionaler geltung ist es nicht ent-
wickelt.
a) a n — statte mit ztciscJieugestelltem gen. .- Semiramis,
die lag . . . ihren herren stets an er solte ihr nur zween tag
zu regieren erlauben; als er es verwilligt, last sie ihren
eigenen herrn und könig in ein gefängnüsz werffen, und
regiert sie an der zwene tag stett, 42. jähr. Hammer
histor. rose7ig. (1654) 231. mit gen. eines pron.:
der mann im tiegerfell . . .
sucht itzt auf seinem rasenbette
den iüngling auf, an dessen statte
er klüger, wie ihn däucht, sich aufgeführet hätte.
VVlELAND 17, 37 (Idrig 1, 48).
mit Possessivpronomen:
von gold ist's keine kette,
kein stoff aus fremdem land,
es ist an ihrer statte
ein selbstgewobnes band.
J. Kerner dichtungen (1834) 108.
b) noch vereinzelter mit einer andern präp. ; zugleich zu
einer bloszen Umschreibung verblaszt, vgl. statt II, D, 2, ».-
sie (Hester) wart im (dem könig Asverus) als lieb, das
er sie zuo einer kunigin stette wolt haben. Volksbücher
(Zur. Jiandschr. des 15. jahrh.) 332,11 Bachmann - Singer.
STÄTTEBEREITER, m. preparatore di luoghi, loggia-
menti, quartieri.foriere. Kramer dict. 2, 914*" ; vgl. statte 4, b.
STÄTTEGELD, n. l) platzgebühr auf einem jahrmarkte,
budenzins, vgl. stallgeld (2), sp. 621, Standgeld, sp. 763 und
unten stellgeld, stättelöse. Brinckmeier gloss. dipl.2,blb^;
vgl. Gangler stadtrechtsalterth. 140. 336. 346. im älteren
hd. auch statgeld, ». Lexer rnÄrf. Aawrficd. 2, 1148: dacia,
datia, daria (quod dant mercatores de locis in quo ven-
dunt . . .) stat , stayt-, stet-, stalgelt, -geld. Dief. gloss.
165» (aus d. 15. jahrh.); es sal auch ein zentbüttel einem
Stadtbüttel uff iglichen marckt und kirberey beholffen
sein statgelt zu samein. weisth. 3, 5.32 (von Lohr am Main
1425). das icort ist über das nd. und miffeld. gebiet ver-
64*
1015
STATTEGELD
ST ATTEL— STATTEN
1016
breitet und geht vielleicht vom nd. aiw, worauf die form
des ersfeti gliedes hinzudeuten .icheint. mnd. stedegelt
ScHiLLER-LüBUEN 4, 373»: stcdegclt hebben de heren
binnen Oldenborch up dem kerkhove, up dem marckede
und up der Straten, wor dat se stad, van kremeren und
van wantsnideren. quelle s. ebenda, so im nd. noch später,
s. brem. tob. 4,1013. Dähnert 456* (städe-geld) ; ostfriea.
stäägeld, 'stätteiins für buden, pferde etc. auf dem markte'.
Stürenburg 259», stßgeld ten Doornkaat-Kooi.man
3, 304''; au^h preusz. stßdegeld 'zins für eine stelle, auf
der waren feil gehalten werden'. Frischbier 2, 365*. (nn
hd. mundartlich nicht bezeugt.) — im. lid. ist das woj-t
{in der gewöhnlichen umgelatiteten form stet gelt) im 15.
bis 16. jahrh. verbreitet: dacia, Denniark ader stet gelt.
tnitteUat.-M. böhm. wb. 87 Diefenb. (von 1470); durch ydern
fremden und inwoner, wem das ebent mit allirley kouff-
manschatz, gewande, korssenwercke, kremereye, spitze-
reye, pfennigwert und wahre, die man ungeverlich zu
buden gehandein mag . . . frei unbeswert und ane ufTsasze
uff redelich und treglich stetegelt und budengelt. Magdeb.
urk. r. 1463 bei Dreyhaupt Saalcreys (1749)1,1.52; doch
uszgesloszen die bürgere unser aldenstad Magdeburg, die
von yrer wahre, kouffmanschatz und kremerie stetegelt
zegebene nicht vorpflicht sein sollen, ebenda, s. auch
Haltaus 1738; die helffte desz stetgeldes, vonn den ge-
want pudenn, die sie setzen sollenn am jarmarcke uff
Margarethe. urk. der burggrafen v. Leisnick vom jähre 1485
s. ebenda; und sollen dem radte . . . dieienigen so sich
obberurtes marckts kunfftigen mit kauffen und ver-
kauffen, ... gebrauchen werden, ein billiges und ziem-
liches stedte geld unweigerlich geben und entrichten.
Magdeb. urk. v. 1560 ebenda; in sant Endris mess, so
unser ainer will fail haben neben aim frembden, gleich
ain guldin stettgelt geben, darinnen wir uns beschwert
vermainen, zwey stettgelt ain jar zu geben, hierumb
unser beger, uns . . . halben tail nachlassen und an aim
halben guldin gnug sein und die frembden in altem
stettgelt bleyben lassen, quellen zur gesch. des bauertikr.
aus Rotenburg an d. Tauber s. 129 {vom, jähre 1525); es
sollen alle kremer und ander, so doch burger sein, in
der gewonlichen jarmess in iren selbst hewsern fail zu
haben macht haben, und man sie mit ainichem stett-
gelt zu begeben nit betrangen. 181 ;
hast auf geschlagen ain markt und schrägen :
trau got, du werdest das stetgelt nit haben.
Schade sai. u. patqu. 2, 184, 305.
dann folgt eine längere pause in der bezeuguug des wortes,
die nur durch einen autor unterbrocJien wird: {der Ver-
käufer) sich des stättegeldes weigerte. Riemer polit.
»toekf. 215; in meinung nicht nur das stättegeld, sondern
auch die straffe vor gegebene ungehorsame worte zu er-
holen, ebenda; das stättegeld betrug sich alleine auf 3. g.
die straffe ungerechnet, ebenda. — in den nhd. Wörter-
büchern erst seit Frisch (l74l): stättegeld, locarium, was
ein krämer auf den Jahrmarkt für seine stelle gibt, wo
er feil haben darf. 2,321° {mit verweis auf Fomarii
Magdeb. chron.); locarium, pensio pro locis et statiunctilis,
ad eocponendum et vendendum concesais. Haltaus 1737,
vgl. Scherz Oberlin 1560; 'das stättegeld, . . . an einigen
orten, di^enige abgäbe, welcJit diejenigen, welche etwas zu
verkaufen haben, für ihre statte oder stelle an die Obrig-
keit entrichten; das Standgeld, nieders. stedegcld.' Ade-
LONO, vgl. Jacobsson 7, 427» (stätegeld unter Standgeld).
neuere belege: die verödete markthalle an der Karls-
Rtrasze kam darum nicht auf, weil z. b. gemüsehändle-
rinnen, die bisher 2 sgr. stättegeld auf freiem markte
zahlten und etwa l thlr. einnähme hatten, in der markt-
halle 1 thlr. miethc für den tag entrichten sollten, neue
preuM. zeit. 1878, nr. 102, t. ?* ; der ntadtnäckel (All Berlins)
war immer gar ansehnlich gefüllt durch die einnähme
aas . . dem ertrag des stadtforKtes, den zolls, der niodor
tage, der ntStte- und platzgclder, der gewerkhäuser, bndon
and markzinseii. L Hebekiri. Nürnberger fand l, 126.
1) im älteru nd. auch für gmndtins. Schiller LOhiikn
«. S78*, vgl. slälte s, h, n we(re) ok yement, dede in nyncn
erre hadde rente, lifftucht edder stedegoK nndc den
TOnweghe. Brrmer Mtat. V. 14SS, «. ebenda und brem. tpb.
4.1013; itldegeld grnndgeld, markt-gdd'. I)Xhnf.rt4M*.
STATTEL, /., bair.-österr. für schachte! und tcie dieses
aus ital. scatola entlehnt, s. theil 8, 1964/. bair. schon im
15. jahrh. : für zwey statein gutes feines confekt, das man
der herzogin auf das rathhaus kauft, wo sie mit den
burgerinnen kartet. Münchner stadtkammer-rechn. v. 1433
bei ScHM.^ 2, 79fi: tragematotheca ein stattel zu einer driet.
H. JuNii nomencl. (1629) s. 50 s. ebenda, noch häufiger mit
vorgeschlagenem g(e) : g(e)stattel, g(e)stadel, s. Schm. a.a. o.
und theil 4, 1, 4203. das deminutiv für eine papierdüte:
cucullus, scharnützlin, stettelin. nomencl. r. 1629, s. 131,
*. Schm.^ 2,469. ebenso in den österr. nlpenländern ; tirol.
g'stättel,/. {älter in einem gestattele) nebe7i skkil Schöpf
702; kämt, stättl, gstättl, demin. (g)st&ttile Lexer 239.
STATTELOS, adj. ohne wohnsitz, vgl. stattlos. in älterem
deutsch nicht bekannt, eine von Campe angezogene stalle
aus Herder: da ohne war diese stelle stätelos gehört
vielleicht zu stete, /. — sonst schon in den altgerman.
spraclten in freierem sinne; ags. stedel6as unstet, unfähig
zu stehen. Bosworth-Toli.er 914''; alfn. stadlauss un-
ruhig, furchtsam (mit verschiedenen ableitungen). Cleasby-
VlGFUSSON 586». FhITZNEr'* 3, 509».
STÄTTELOSE, f., in alten alemann, weisth. bezeichnung
eim;r abgäbe, tcol gleichbedeutend mit stättegeld, s. das.;
so in einem obereis. tceisth. {von Sennheim. 1354) die stette-
lösen, s. Grimm tceisth. 4, 118, in einem schiceiz. {Neuküch,
Schaffhausen, 1330) die stattlosy 1, 293, vgl. Lexer
handwb. 2, 1149. Ch. Schmidt hist. wb. der eis. mundart 340».
STÄTTEMEISTER, /. i)stett-meister vetus vocabu-
larium an. 1482. gevatter, dot, patrinus, das ist, der an
des Vaters stelle bey der taufe seine stelle vertritt, pro-
pater. Frisch 2, .321".
2) in Straszburg icar stettmeister früher bezeichnung
der 4 bürgermeister , nach der alten reich.t.städtischen Ver-
fassung, s. Martin-Liknhart 1, 733»: ein hoffertiger in
weltlichem stadt {stand) , der selb gedenckt , ach werest
du ein drytzehener, oder ein fünfftzehener, dz wer ein
feyn ding, oder möchtest du ein stetmeister werden, oder
ein ammeister, und also zä hohen eeren kummen.
Keisersbero postill (1522) 3, 26»; wan der ammeister sitzt
da er sitzen sol, und der stätmeister. evangel. (1522) 123*;
denn die form der regierung durch ammeister, stätt-
meister, bürgemeister und rahtspersonen erst unter den
sächsischen und schwäbischen kaisern angefangen. Chr.
Lehmann chron. v. Speyr (1612) 102''C; herr N. N. , des
h. röm. reichs freyen statt Strasburg alten sfättmeister.
J. C. Danhaueh er. memorial {St7asb. I66I) vorr. 1;
der herr stettmaister isch's un der ammaister.
Arnold pflnggtmont. 186 (6, 9),
dazu im icörterb. .- 'stettmeister, adelieher obervorstand der
stadt.' 197. {auch ins franz. aufgenommen als stettmeister,
-mestre, statmeistre.)
STATTEN, verb. locare, coneedere, permittere. in der
altern spräche für gestatten, vgl. dieses, theil 4, 1, 4203 Jf.
abUitung zu dem subst. statt, *. das. wie dieses ztrei Wörter
iti sich vereinigt, afid. stat und stata {urg. *sladiz u}id
*stadr»), .10 toäre auch bei dem verbum eine äJmliche doppel-
bildung zu enoarten: ''stadjan und •stadön. beideformen
sind in der that vorhanden, aber ihre vertheilung entspricht
nicht der bedeutung, sondern regelt sich zunächst nach
den sprachen, die erstere bildung nämlich ist den nord.
sprachen eigen : altn. stedja stellen, in feste Stellung bringen,
gestatten, entschieden sein. Cleashy-Viokusson 690». Fhitz-
ner' 3, 531''/.,- dün. stede, staede stellen, mieten, gestatten
{dazu stedes tcorein geraten), achired. städa at^fräumen,
in Ordnung bringen (städas an einem orte bleiben), dagegen
ist stadön (tote das xttgrunde liegende fem. Stada, wenig-
stens in diesem sinne) auf das deutsche Sprachgebiet be-
schränkt, steht hier jedoch auch da, wo dem sinne nach
ahleitnng von ntadi- anzunehmen \Nire. indessen bieten die
ältesten belege nur tusamtnensetsungen • as. bistadon locart
{verpachten) Wadstkin ftl'', «a. 1.'. {K.v.smer evangeliengl .,
10. jahrh. r); ahd. ka-, ki-, gintati^n schon in den ältesten
quellen (f. b. Murb. hijmn.) , während das einfache niAtAn
erst spät tind selten vorkofntnt. (ihakk «, B5(>. in der mittleren
reit kommt dann aUerdnuis auch das einfache verbftm nicht
selten vor: mhd, staten an seinen ort bringen, vertcenden;
geetatten. LrxBR handwb. 2.1147/,' mnd. ninden gestatten,
atdataen; pauen ScMiLLKH-LünnEN 4,851 (stadin in einer
1017
STATTEN
STATTEN
1018
Waldecker urk. v. 1380, *. Bauer -Collitz 173); 90 atuJt
nl. staeden, in statu collocare. staeden, ghestaeden, con-
cedere, permittere. KiLiAN 2,626» {vorher geht: staeden,
Stabilire. = mhd. stseten, s. unten steten; beide Wörter
sind nicht überall mit Sicherheit zu scheiden), hier kommen
dann jedoch atich nebenformen mit umlaut vor, und zwar
mnd. steden gleich häufig und ohne Scheidung der bedett-
tungen, s. Schiller-LObben i,3'73^f., wie ja auch die
stibstantiva stede U7id stade nicht auseinander gehalten
werden; dagegen findet sich hd. steten, stetten nur ganz
vereinzelt und zumeist in besonderen gebrauchsweisen,
s. unten 7, b. 8. nhd. kommt statten noch ein paar mal im
16. jahrh. vor (bei Luther, B. Waldis und Fischart,
s. die belege); dann ist es erloschen, die späteren icörter-
bücher keimen es tiur in zusammensetztingen : statten, verb.
simplea; in usu rix est, sed composita; estque propr. in
locum stifficere. Stieler 2116, s. ferner Kramer di^t
2,914'». Steinbach 2,688. W.^chter 1593; statten 'stehen
machen, stellen, ein für sich allein veraltetes zeitwort,
welches noch bey dem Notker vorkommt, der es für das
nahe verwandte statuere, sotcohl im eigentlichen als figür-
lichen verstände braucht, leir haben es noch in den Zu-
sammensetzungen abstatten, bestatten, ausstatten, er-
statten, gestatten u. s. f.' Adelung, bei Campe als wieder
erneuert bezeichnet; aber die bedetdungen , in denen er es
aufführt {statt finden, so bei Kolbe, Wolke ; zu statten
kommen; ferner für bestatten und gestatten) entsprechen
sicher nicht dem allgemeinen Sprachgebrauch, und die künst-
liche erneuerung ist ohne folgen geblieben, länger hat sich
das tcort in einzelnen nd. mundarten gehalten: pomm.
staden gestatten, zugeben. Dähnert 455^, ebenso ostfries.
TEN DoORNKAAT KoOLMAN 3,293''.
1) selten in der rein localen bedeutung, et^oas an einen
ort bringen, wohin setzen, placieren ; so mnd. {mit umlaut):
se stededen {steckten) dat hovet up enen bogen bom.
quelle bei SchillerLüBBEN 4, 373*. freier im mhd., eine
gäbe ti. ähnl. unterbringen, anbringen, verwenden, s. Lexer
handwb. 2, 1147:
ein ieglich man sehen sol
wä sin gäbe sl gestatet wol.
Thomasin v. Zircuvria 14162.
dazu die Zusammensetzungen ab-, be-, dar-, erstatten,
*. theil 1, 126. 1658. 2, 791. 3, 996/.
2) 7nit persönlichem object {vgl. bestatten) ; so vereinzelt
mhd., ebenfalls in der um.gelaute.ten form:
herre, und sl er aber tot,
si dan sin sele in keiner not,
da loese in von genaedediche
und stete in in dag himelrirhe!
Lampreht V. Regensburg Francifken
leb. 343.
ähnlich häufig mnd. staden und steden mit einer nuance,
die es der folgenden bedeutung annähert, einen wohin lassen
oder zu etwas ztdassen.
a) örtlich, einen wohin lassen: do erhoTen sick de
Doringh unde weiden de Sassen wedderstan unde nicht
int lant staden. quelle bei Schiller-Lübben 4, 351"; do
let sik der Tatheren keiser dopen . . . unde stede de cristen
in sin rike. Lüb. chron. l, 134; do scref de pawest dat
concilium wedder up, und dat umme der orsake, dat en
de hertoch van Mantua nicht in Mantua steden wolde.
Hambttrger chron. 91 Lappenberg ; item dosulvest hebben
de van Lubek by sik beslaten, nene Hollander dorch
den Sunt to staden. 301 ; attch ■ doch heft de hertoch
van Holsten al de scepe , de in den Kund van osten
qaemen, gcrustert und angeholden und neen van sik
»teden wolt. 109. — ähnlich in hd. sprachform: Hinrich
Vassmer . . . grieff des keisers pferdt bey dem tohme,
beklagede, wo er nicht mochte vor ihme gestadet werden,
bat umb ein elende recht, geschichtsqu. v. Bremen 166
Lappenberg.
b) freier, einen zulassen, aufnehmen in ettcas: dat he
in de zelschop der wantscherere gutliken stadet werde.
Hamburger qu. v. 1469 bei Schillek-Lübben 4,351»; unde
hir umme ne wolden sie uns nicht wedder steden in die
hencze {Hansa f) lyck anderen steden. geschichtsqti. v.
Bremen 101 Lappenberg; men die heren van deme capittele
leten des paveses brieve to unde stededen ene to dem
stiebte. 110; dat de borgere sik darup wolden bespreken,
wat se gesittnet weren, efte se de papen wedder to erem
olden donde wolden steden, edder wer se bi dem evan-
gelio wolden bliven. Hamb. chron. 94;
so wolde ik bidden, dat gy my staden
wolden, here, to juwen gnaden, fündenf. 2548.
vereinzelt mit dativ {?), in weiterer annähertmg an 3 {vgl.
unter 3, c): de sulven verdrevenen, se komen dar in edder
se bliven dar enbuten, den schole we unde willen staden
to alle orem gude binnen der stad unde dar enbuten.
d. städtechron. 6, 387, 25 (Braunschw. urk. v. 1380).
c) so besonders im rechtsxcesen : alse wi do seghen,
datme uns nicht to rechte staden, sunder is vorweldigen
wolde. Lübecker urk. v. 1413 bei Schiller-LObben 4, 351*';
unde die man en gherede men rechtes unde wolde sick
weren also recht were, dar en wolden sie ene nicht to
steden. geschichtsqu. v. Bremen 91;
here, dat kan yw nergen ane schaden,
dat gy erst Reynken to worden staden.
Reinke de vos 3478.
30 auch nhd. {auf nd. boden):
doch hat der gsfindigt allzn viel,
den man zur antwort nicht statten will.
B. Waldis Es(^ 1, 2, 34.
3) am häufigsten steht statten in der bedeutung 'er-
lauben', die gewöhnlich durch gestatten ausgedrückt wird,
s. das. 2, theil 4, 1 , 4203, soine verstatten, zustatten (?). in
diesem falle liegt deutlich ableitung von ahd. stata vor.
vgl. statt II, B {besonders 2). von 2 unterscheidet sich diese
verwendtmg darin, dasz die person im dativ steht {doch ist
dieser dat. oft nicht ausgedrückt); für die suche sind ver-
schiedene ausdrucksweisen möglich:
a) der gen.
«) eines subst., besonders eines verbalabstractums : do
tornede sere Volusian uppe Pylatum, dat he des un-
rechtes gestadet hadde. deutsche chron. 2, 91, 19; durch dat
de keiser durch bodeschap aller papen . . . unde der
vorsten bedwungen, stadede he euer gemener sprake to
Wormeze. 192, 38; dag er der Swave recht wandelin wolde,
unde der wandelunge ne statitin die Sassen nicht. Gör-
litzer landr. 40, § 1, rf (Homeyer Sachsensp. 2, 2, s. 202);
de broder koren einen Diderike ... de koning wolde
des kores nicht staden. d. städtechron. 7, 84, 19 {Magdeb.
schöppenchron.); de orer undat nicht wolden staden, de
steken se mit swerden und mit speiten. 93, 13;
sie sal da; vleisch gesäten
nnd nicht der obersete {Übersättigung) staten.
H. V. Heslee apokal. 4912.
/3^ mit dativ der person : oc antworde he ime Pylatum
gebunden, de den Joden stadet hadde eres willen, deutsche
chron. 2, 91, 31 ; so habt unsern herren got vor äwern ougen
und statet uch seibin keiner sunde. Leyser pred. 123, 16.
y) mhd. auch mit dem gen. eines inf. {vgl. unten c):
deheines gritTens ich uch staten.
Herbort v. Erftzlar 718;
in ir willen si das lie
swie dike er si umbevie,
und stat im sunder widerstrit
sfijes küssens an der zit.
RuD. V. Ems Wiüeh. v. Orten* 4851.
^ häufig mit einem unbestimmten ausdruck {gen. eines
neutr. pron.): unde wenne is di burger nicht me staten
wollen , so sullen si iz lazen. Freiberger .9tadtr. 42, § 9
Ermisch; we sik dopen laten wolde, dat me des staden
scholde. d. städtechron. ", 1^,9; daz understund die stat
zu Paris, und wollten des nit statten und underchomen
das. deutsche chron. 2, 361, 39 {sächs. weltchr., 4. bair.forts.);
des en wolde god hir en boven nicht staden.
sündenfall 709;
mit dativ der person:
er sprach 'ich state in diss niht mSr'.
Ulrich v. Liechtenstein 286, 22;
do wolden sie hin wek vam. des enstatetin in die läte
niht die in der stat warin. Schönbach pred. i, 132, 21;
driu recht der Sazsen die wolde der kuninc Karl in vor
legit habin, wan daz is ime die Sassen nicht ne statetin.
Görlitzer landr. 40, § 1, a (Homeyer Sachsensp. 2, 2, s. 202);
des ne stat man in nicht. 45, § i {s. 2ii); der selb ist
in mainung auszgangen in Venusberg zu geen und die
schwartzen kunst zu lernen; des hat im der teufel nit
1019
STATTEN
staten wollen, d. atädtechron. ii, 670, 6 (Dkichslkr chron.
V. Nürnb. zu 1491). weitere heispiele unter d.
b) an stelU des gen. kommt später der acc. vor; zunädist
bei aolchen pronominalen ausdrücken:
doch hette die maget
mer gescholden und gecla?et
ob man eg (? lies: es?) ir hette gestat.
Herbort v. Fritslar 6185 (vgl. unter a, y
und d, sowie gestatten 2, ö);
dat vorstarde de duvel, dat god stedede dor bosheit unde
ghiricheit willen der cristen. Detmak Lüb. chron. 1,139;
dat mochte sin samwitticheit nicht steden. Germ. 9, 274, 18
(Korner, vgl. nd. korrespondenzbl. l, 50, 2, 13. 36). dann
auch mit acc. eines subst. :
herre Pilate, mer vordencken dichs sere,
dasz du uns vor dir lesszest underen (kränken)
und dissen groisszen ungefug salt staden.
Alsfeld, pasnontsp. 7419;
weil die hSIl kein erlösung statt.
Fischart 8, 373 Kurz (badkurtzw. 334).
c) de»- inf. {vgl. a. •/): die erste wache hielt unser herre,
do er sinen aposteln niht en statete zu vasten. Leysek
pred. 52, 27 ; wurd ouch ienich unser bürgere uns beclaget
oder besaget, oder hette we in selber ichtes czu schul-
digene, deme sul we vor uns staden czu komene unde
öne rechtes staden. Magdeb. urk. v. 1310 bei Dreyhaupt
Saalcreysz 2, 281 und Haltaus 1736; se stadeden eren
presteren echte wive to nemen. Korner bei Schiller-
LÜBBEN 4, 351*";
weit ir nu Terramere
ze wUesten staten iwer lant.
Wolfram wmeh. 182, 25.
d) mit inhaltssatz:
scaz den märin er ne weite sin nieht dane foren,
noch niemanne statote daz er sine giri dar ane satote.
fundgr. 2, 51, 17 (Wiener genes.);
unde es wolde Pompeyus nicht staten, das ymant seynes
Volkes yn den tempil do gynge, denn her gyngk alleyne
daryn. Rothe Düring. chron. 60; stedet eme, dat he my
ovel spreke. Detmak Lüb. chron. i, 13; wente he stedede,
dat schepe wurden berovet, unde let dat undertiden
sulven don. 284. der nebensatz wird gein durch den gen.
eines pron. (vgl. a, ^) vorbereitet: diz tar niman tun wan
der bäbist alleine, und deme staten sin ouch di Römgre
nicht d£iz her daz heilictum gebe von R6me. d. mystiker
1, 123, 11; Maria Salome die coufte balsamum, die enstatet
des niht daz kein tot lichnam vüle. Steinbach pred.
1, 50, 1 ; wie tut ir edel kunic so
da; ir des sult staten
daz Troilus mit umbaten
uf Eleno tribet sinen spot.
Herbort v. Fritzlar 2295;
des du, got vatcr, nicht enstate
daz sich der tuvel icht gesäte
801 uns dort sines willen I
H. V. Hesler a^Hikal. 123;
got de en wil di des nicht steden,
dat du na dyner valschen lust
my ghichtes ghicht arghes dust.
Jicdent. ostersp. 1727.
e) ohne object in dem, frühesten belege:
daz er (gott) in bebäte in aller siner note
Don in sineme ellente über in ne statte (gewaU gebe)
dehcinem sinem viante.
fundgr. 2, 56, 15 ( Wiener gen.).
4) nicht selten bedeutet statten in solchen fügungen auch
'einem etwa» tugestehen, gewähren, ihm dazu verhelfen'.
vgl. gestatten s. 4.
a) tunächst mit obj. in gen. (neben dat. der person).
a) am nächsten stehen der bedeutung 8 fälle, wo es »ich
um ein (gemeinsames) thun Jianddt:
wir mugin vil wole
in wlgit geitaten. Lamprbiit Alex. 464S.
/8) »on»t tuweilen, einem etwa» lassen: kif is &I hen
{»tet») mit on (den iibermäszig liebenden), de on nenes
▼redes stadet 7ti«^AeiSciiiLi.KH-L0BOKN4,86l'>; ähnlich:
■tat ich in der Kinne,
■0 hie; ich nimer Minne.
Johann v. WCh/huro Wilh. v.ötiterr. 91S9.
y) ftwähmn, bemmder» in Verbindungen wie: yck . . .
balp en das eres alto male wedder unde atedede den
&räieren rechte» richlos, alao dat sie sulven allen don
yeroveren die koppe äff houwen. geschicJttsqucllen v.ßreme
STÄTTEPFENNIG — STATTFEST 1020
»0 Lappenberg (könnte auch zu 3 gezogen werden); daselbst
soll man ihnen gerichts und rechts unweigerlich statten
und ergehen lassen, urk. v. 1490 bei Haltaus 1736, vgl.
auch die urk. v. 1310 ebenda, s. oben 3, c.
b) dafür auch der acc.: unde bidde jo leve here, dat
gi mir dar umme staden juwer manne recht, wente ik
wil ju to enem heren hebben. richtst. lehnr. 15, § 5
(HoMEYEK Saclisensp. 2, l, *. 462). eticas wozu hergeben,
veracliaffen: wer hausz, rawm, zeyt, huIfT stattet solche
sunde zu thun {der sündigt gegen das 6. gebot). Luiiiek
7, 210, 29 Weim. ausg.. s. auch 10, 2, 384, 2. ungewöhnlich,
einem etwas zufügen:
si stattet mir grö; ungemach. Boner 48, 67.
5) ebenfalls von stata abgeleitet ist statten in dem sinne
'einen womit versefien, ausrüsten', insbesondere eine tochter
mit der mitgift zur heirut, daher auch geradezu für ver-
lieiraten, wofür geu-öhnlich ausstatten, s. theil l,9S3, vgl.
auch bestatten 2 (fheil i, 1658): eyn man stirbet unde lesset
czwu töchter, dy eldeste staten dy frunde und gebin sy
eyme manne unde gebin ir ör vater erbe mete. Magdeb.
fragen 1, 7, 23; vgl. 1, 11, 1.
6) m,nd. nicht selten intransitiv, zu statten kommen, be-
quem sein, von nutzen sein, passen, «jid zicar sowol in der
form staden, s. Schiller-Lübben 4, 851'» (2), wie steden
374» (2).
7) r/iehrere vereinzelt vorkommende gebrauchsiceisen führen
auf ei7i€ grundvorstellung 'zum stehen bringen' zurück.
a) intrans. mit dat., den feinden widerstand leisten, es
mit ihneji a%if nehmen:
thie stadent wol den Franzen.
Rolandsl. 276, 2 Stratzb. handschr.
(im text: di gestreitint wol den Franken); auf Italien:
hemmen, hindern:
unse here ok den Ungern stadede
mit einem titliken nevele, den he Valien leit.
Eherhard reimchron. v. Gandersh. 1440.
b) trans. mit urnlaut, feuer aufJuilten, dämpfen, löschen :
doch solle er trei tag frist haben und das feuer helfen
stötten, ehe man an ihme haut anlegunt werde, steir.
taid. 123, 33 (17. jahrh.).
c) hierzu vielleicht mnd. sik steden sich worin befestigen,
worattf festlegen, dabei verharren (?): hir anlworde die
rad to: 'sie . . . weren in huldeginge myt heren Mauricio,
dat en stunde en nicht to donde . . .' dar inede stededen
sie sick to der tyt. geschichtsqu. v. Bremen lio Lappen
herg (im Wörterbuch als 'sich stützen, vertheidigen' erklärt);
also stedede sik Josaphat bedrovet ('icard immer betrübter"),
unde en wart nummer vro. quelle bei Schilleh-LObben
4, 374» (3).
8) ich verstand auch an deiner red, das du sollich ding
gern thon und darnach stetten wilt. Geoho v. KiiinciEN 8.
Fr. Pkeifker erklärt: 'durin atisdauern ; es ist aber
sicher in stellen zu corrigieren.
.STÄTTEPFENNIG, m., für stättegeld l, «. Brinckiikier
glo.ss. diplom. 2, 575».
STÄTTEPLATZ, m. timmerplatz. bauhof.
STATTER, m. l) statter, der, dator ... pro simplici
fifatter utimur compositis: absfatter, erslafter u. *. ic.
Stiklkr 2116.
2) schioeiz. 'junger hirt, xcelcher das vieh auf solchen
alpen hütet, die ausfelsen. steilen anhöhen u. ». w. bestehen'.
Staldem 2, ;t92/., vgl. Blattern 2.
STATTERN, verb. i) statlern. s. stottern. Frisch a.SSS*,
vgl. 842», too stammlen und stattern Luther sugeaehriAtn
wird.
i) »chwei*. stattern zu sUiücr 8, 'die kühe zur oder von
der hütte treiben mit dem compos. hinzu , von dannen
stattern — auch im verallgemeinerten «'»m.'SrAi.UKR i, 89S:
ds chlin Lunscli, ds nMterhilobi , liiid ((rnd d' chüaloni
wider uf dH IK(!cr usi Kt>tattrot ghhiic. Fkommann 6,896,4
(Saaner muiidart, canton Bern, vgl. .«. 401 : 'herautgttri^Kn,
von dem pferch. %oo sie tum melken waren tferaammelt
toorden").
STArrFKST, a<<;. • da« wir gegründet, statfcst und un-
beweglich inn der Hoffnung de« cwigon lehcns ... be-
harren. LUTIIKH 10, 2, 474, 86 Weim. ausg. vgl. mnd. »lod«-
vasl LObbkn handwb. 876^ (JÜUchlieh tU» stfideTast an-
geaetsf).
1021
STATTGEBUNG — STATTHAFT
STATTHAFT
1022
STATTGEBÜNG, /. Zulassung, vgl. statt 11, C, 3. in der
Sprache des rechts und der gesetze, besonders österr., vgl.
Günther recht u. spräche s. 270. tcendungen xcie: statt-
gebung der beschwerde sind ungut, weil statt geben nicht
transitive fügung zuläszt.
STATT-, STÄTTGELD, n., s. stättegeld.
STATTHAFT, adj. zulässig, gültig, l) statthaft, mhd.
statehaft, ahd. statahaft ist eine ableitung von ahd. stata,
vgl. statt I, 3 und II, B , und als solche auf das hd. be-
schränkt, es ist also nicht identisch mit dem as. stedihaft,
das einmal im Sei. vorkommt in der bedeutung 'am, ort
haftend, feststehend' •
that that com faniuarth that thär mid ktthun ni mähte
an themu stene uppan stedihaft uuerthan (vmrzel fassen).
2454.
doch steht auch das ahd. icort in der bedeutung nicht tceit
davon ab; hier ist nur die ztcsammensetzung unstatahaft
'instabilis , inconstans. incessanter' belegt. Graff 6, 647.
tmd ähnlich noch:
sie enwaren nie wanchel
an ir ubermuotelichen gedanchen :
dar ane waren sie vil statehaft.
S. Paulus 48 bei Kraus d. ged. des 12. jahrh.
s. 40,
s. auch Karajan sprachdenkm. s. 110, 2, xcofür Lexer
handwb. 2, 1147 m,it unrecht ein stätehaft = staete ansetzt.
2) sonst hat sich im 12. jahrh. ein bedeutung sicandel voll-
zogen, mhd. statehaft hat sich nämlich eng an state im
mild, sinne angeschlossen und bezeichnet einen, der state
hat, der die möglichkeit und die mittel tcozu hat, reich,
icohlhabend, mächtig, angesehen u. s. u\, s. Lexer handicb.
2, 1147. in dieser vettcendiuig kommt statehaft schon in den
epen des 12. jahrh. (Rother, kaiserehron.) vor, ist als stat-,
statt-, stadthafft noch im 16. jahrh. sehr gewöhnlich, reicht
bis ins Vi. jahrh. hinein {s. unten Philander), und hat
sich in einzelnen landschaften bis in die gegemcart ge-
halten, xcie im bair., s. Schm.^ 2, 795. s. auch Frisch
und Adelung unter d. vgl. Weigand 2, 801.
a) selten ist die relative bedeutung 'in der läge, eticas
zu thun' ; so mhd. einen eines dinges stathaft tuon, es
ihm gestatten:
wir machen iuch des gewis,
tuot ir uns sin stathaft,
dag ir wol schat der heidenschaft.
Ottokar reimchron. 52949.
b) in der reget geht statehaft auf die geldmittel, den
besitz ; auch hier zunächst relativ, die mittel xcozu habend :
es solle auch allen vriierten , gastgeben ... so . . . göst
oder andere leut über nacht behausen und anhörbergen,
oder etwo bei den ordenlichen wierten einzukhern und
zeren übl stathaft und nit vermögen , . . . gebotten sein
über ain nacht- oder tagzill . . . nit zu passiern oder ge
statten, steir. taid. 489, 17 {verordn. v. 1608). mhd. geicöhn-
lich in der Verbindung so statehaft, dag: »
i; enwsere ain s6 statehaft man,
der sptse und gewaefen wol mähte han.
kaiserehron. 8418;
geschehe aber daz, daz ich oder min bruder ... so statte-
haft wurde, das er vierhundert marck an eigen oder an
erbe leite, eis. urk. v. 1290 bei Schöpfi.in Alsat. diplom.
2,46, s. auch Ch. Schmidt hist. wb. der eis. mundart 337^ ;
ob under in ainer oder mer so stathaft waeren oder
worden, daz si mit irem maelhem vihe ze alben varen
weiten zue andern laeoten, daz mügent si wol tuen, tirol.
vxisth. 1,279,27 {urk. v. 1887); vgl. auch: ieder der pesten
ainer sol ain nacht haben zwai pfert und sol ie ainem
pfert geben drei metzen fueter und heu genueg, . . . und
darnach aber der pesten ainer ain pfert ain nacht, und
darnach zwen oder drei ain pfert, als si dan statthaft
sein und geben mugen. 2, 287, 34 {handschr. v. 1548). —
mhd. auch in bezug anf die Streitkräfte:
aldä gezOch sich Tristan fn . , .
mit mse;licher ritterschaft.
sine wären niht so statehaft,
daz si deheinen veltstril
mobten gehaben ze keiner zit. Tristan 18776.
c) sonst frühnhd. sehr gewöhnlich ein stathaft man, ver-
mögend, reich; zuxceilen durch ein zxigesetztes synonymen
verdeutlicht: diser rieh und statthafft man ist grosz und
guotes lobes. Steinhöwel isop i, 307 Österley ; swelich
stathaCrt man durch sinen übermät des bannes {bann-
xceins) nicht trincken wil , dem sol man heim senden.
xceisth. 4, 208 {eis., ausg. des M. jahrh., s. axtch statthaftig 1;
Lexer handxcb. 2, 1148 setzt hierfür ein besonderes adj.
stathaft 'angesessen' an, indem, er den ausdnick gleichsetzt
mit dem, kurz vorhergehenden: einem gesessenen man,
doch scheitert diese erklärxmg daran, dasz statt im, sinne
von 'grundbesitz' nxir im nd. vorkommt, s. das. II, A, 6, h,
sp. 970); wen ain leich chumbt, die nicht peichten mag,
das sol drei kraitzer geben, und was alter stathafter laut
sterbent, die sullen geben siben pfenning Meraner münz.
tirol. xceisth. 4, 251, 17 {ende des 15. jahrh.); ich möchte hie
wol anzeigen, dasz in diser wal der gar armen und ver-
lasznen weniger möchtind zö bischofen erwälet werden
weder der statthaften; dann die gar verlasznen regierend
gemeinlich jr gsind übel; dann wo man wol regiert, wirt
man ouch statthaft. Zwingli 2,316;
doch ist mir in mein sinn jetzt kummen
Lux Reichenburger der stadthafft man.
H. Sachs 3, 3, 38^ {Jastn. sp. 3, 70 neudr.).
so dann auch: die städte und markte je statthafter, je
nützlicher, ehrlicher und trotzlicher sind sie dem fürsten
und dem lande, qxtelle bei Schm.- 2, 796.
d) xceiterhin geht statehaft axif die macht xmd das an-
sehen, das jemand genieszt. so mhd. von einem könige,
wMchtig , xcobei der begriff des reiehthums zugleich ein-
geschlossen ist:
her {Rother) ist ein statehafter man. Sother 317;
das ist doch seidene getan
von eime so statehaften man. 1994.
ähnlich nhd., mehr relativ: statthafft, adj. der ort und
platz haben kan. der in eine stelle im rath und regi-
ment einer stadt kommen kan, cui locxis datur; ad honares
via patet. Frisch 2, 321*; in der Straszburgischen policey-
ordnung p. 80 wurden die falliten unter eine besondere
rubric auf den zünfften geschrieben, nemlich der unstatt-
hafften, das ist, sie kunten nicht schöffel, schöpfen,
scabini, gerichts-schöpfen werden, ihre stelle wurde mit
statthafften erbarn leuten besetzt, p. 79. ebenda, so attch:
'in einigen oberdeutschen gegenden ist eine statthafte person
in mehr eigentlichem, verstände eine rathsfähige, xcelche zu
einer stelle im rathe die nöthigen eigenschaften hat.' Ade-
lung {hier xcol durch die heutige bedeutung, s. 3, beein-
flxiszt). auch in folgender stelle ist eher 'angesehen' als
'geeignet' zu interpretieren: ain disputatz wart furgenomen
von zwelf orten in der . . . Schweytz . . . wegen der lutte-
rischen ketzerey. . . . dieselbug disputatz fieng sich an
anno domini 1526 am 16 tag may, darzu wurden beruft
die nachfolgenden doctores ... es warden ach von den
12 orten trefTenlieh, stathaft man darzu verordnet, quellen
z. gesch. des bauernkr. in Oberschwaben s. 129 Baumann.
e) im nhd. nimmt statthaft dann auch eine mehr mora-
lische, allgemein lobende bedeutung an:
die alt sprach, mein man ist warhaffl . . .
sein ja bleibt ja, sein nein bleibt nein,
und fielt sich gantz stathafFt und fein.
H. Sachs 1, 446'» ('gesprech, das mans lob,
eines bidermans').
xtnd so noch im M. jahrh.: die jhr die wahre weise zu
regieren von uns ausz den büchern zuhaben euch be-
schämet, und doch selbst so vil nit erlernet habt dasz
jhr einem stathafften mann antworten könnet. Philander
1,580; so auch: wan ich eine veste stathhaffte gott- und
das vatterland ehrende gesellschafft, eine ernsthaffto
knnst- und tugend-liebende versamlung beschrieben {l. be-
schreiben) ... wolte. 697 {dagegen ist die stelle: [die
Indianer] seindt vemünfftige und statthaffte leut in diser
insel. Franck tceltb. 224» wol druekfehler für stanthaffte,
tri« die axisg. v. 1542 liest.)
f) statthaft in diesem sinne xrird zunächst nur von per-
sonen getagt; dann attch von coUeetivbegriffen : städte,
statthafte gesellschaft, s. die letzten belege unter c und e.
vereinzelt axtch als attribut zu abstracten : das ist das mich
verdreust, ... dasz die lügen so in grossen ehren und
statthafften wesen, von grossen und kleinen gehalten soll
werden. Paracelsus opp. (16I6) 1, .163 A.
3) unederum hat sich im nhd. ein bedeutungsxeandel voll-
zogen, nachdem die bederttiing 2 im 17. jahrh. atts der all-
gemeinen sehrißspraclie geschminden ist, scheint das xcort
ztmächst ganz zu fehlen, vgl.: statticht, et statthaft, pro
1023
STATTHAFTIG
STATTHAFTIGKEIT— STATTHALTER 1024
guib. eonipos. ab- et erstatticht . . . Stiei.ek 2116. dann
taucht es ende des 18. jahrh. wieder auf in dem heutigen
sinne, der sich offenbar an statt II, C, 1 anlehnt, 'myw
statt hat, statt haben kann', in diesem simie wird es also,
im gegensatze zu l und 2, niemals von personen, sondern
von handhingen u. ähnl. ausgesagt, itidessen finden sich
ähnliche fälle schon im anfang des 16. jahrh., die zugleich
zeigen, icie diese gebrauchsweise vielleicht mit der vorigen
zusammenhängt, so zu statt II, B, 7 (?) : auf das und da-
mit ein stathaffte , gewisse , ernstliche hulff widerstand
und retung gegen des christenlichen glaubens . . . feint
vorgenommen werde. Nürnberger tirk. v. 1522 bei Dief.-
WÖLCKER 863 (vgl. auch stattlich), und ganz in der heu-
tigen weise führt Ch. Schmidt hist. wb. der eis. vutndart
331^ aus Fries Spiegel der artznei (1518) ii}' an : statthafte
Ursachen, wo allerdings die ausg. v. 1519 41» liest: Petrus
de Albano . . . spricht der wein sei wann und feucht, das
selbig bewert er durch glaubliche geschrifft und stant-
hafrte Ursachen {vgl. standhaft 2, d, sp. 765). s. auch statt-
haftig 2 und stattlich II, l, d. diese Verwendung tcird zu-
nächst der kanzleisprach e (der sie Jioc/i Adelung voruiegend
zuspricht) angehört U7id hier lange ein unbeachtetes dasein
gefiihrt liaben. sie ist zuerst in Verbindung mit der negation
allgemeiner üblich geworden, so führt sie schon Fkisch
2, 321*' auf: unstatthafft, adj. quod locxim non invenit; non
admittitur, rejicitur. eine unstatthaffte klage, ein un-
statthaffter beweisz, %oährend er statthafft nur in der be-
deutung 2, d kennt, s. oben, (die früheren nhd. Wörterbücher
kennen das wort überhattpt nicht.) auch aus deti autoren der
klassischen zeit, wie Wieland, Göthe, Voss sind wolfür
unstatthaft (*. das.), nicht aber für statthaft belege bei-
gebracht; dies kann vielmehr erst aus C. F. Bahrdt (1790)
nacligeiciesen werden.
a) statthaft gehört zunächst der gerichtlichen spräche an
und findet sich in Wendungen wie statthafte klage , ent-
schuldigung, statthaftes urtheil u. ä. mit dem volleren
sinne 'ausreichend, rechtskräftig, gültig', 'was statt haben
oder finden kann, d. i. eingeräumet, zugegeben, bewilliget,
ingleichen gestattet tcerden kann; im gegensatze des un-
statthaft, diese entschuldigung ist nicht statthaft, kann
nicht angenommen werden, ein statthafter beweis.' Ade-
lung (l), danach Campe; so weiter: (ich) bat ihn aus-
drüklich, nicht blos mit theologen sondern auch . . . mit
rechtskundigen . . . sorgfältig zu überlegen : ob es rathsam
sey , dieses glaubensbekentnisz drukken zu lassen , und
mir sodann, weil ich . . . mir nicht selbst zu rathen wüste,
ein statthaftes gutachten darüber zu ertheilen. G. F. Bau rdt
leben 3, 39G; ich las alles, was ich recensirte, wo nicht
ganz, doch so viel als nöthig war, um ein statthaftes
urtheil zu fällen. 2, 193. diese gebraucJtstceise ist heute icol
veraltet. — so dann auch ein statthaftes verfahren Ade-
lung (2) m.it der erklärung 'rechtsbeständig, gültig, auch im
gegensatze des unstatthaft', (diese definitionen scheinen nicht
sehr glücklich und köfinten ebensogut vertauscht werden.)
b) von Wendungen tcie der letztencähnten aus hat statt-
haft dann die bedeutung 'zulässig, erlaubt' schlechthin er-
halten und ist mit ihr im 19. jahrh. in die allgemeine
Schrift- und Umgangssprache übergegangeti : so statthaft es
nun ist, dasz die alte frau dem verewigten nach der zeit
noch einen erweiterten weltgenusz wünscht. Kellek
naehlaaz 47; indem sie . . . überlegte, ob es dann an diesem
tage der auszerordentlichen ereignisse statthaft sei, frau
von Kosegarten bis in ihr Schlafzimmer zu verfolgen.
G. Reutkk der Amerikaner 1%. — dus neutr. substantiviert:
jede fortgesetzte Verwechslung bcyder strebungen musz
fortan gänzlich unnutz und zwecklos seyn, da sich die
geflissentlich getrübte masse längst geklärt, und das statt-
hafte vom unstatthaften sich hinlänglich geschieden hat,
indem alle verständigen menschen des einen sich an-
genommen, das andere aber seinen nicht sehr zahlreichen
iiebhabcm überlassen haben. Göuhrh heil, alliam (iftSü) 107.
c) von kleidungssttieken. zulässig, üblich, mode »ein.
STATTHAFTIG, adj.. gleichbedeutende leeiterbildung tu
statthaft, vom u.~ lt. jahrh. tu belegen; mhd. statte)-,
stadhaftig Lkxkh handwb. t, 1147/., mnd. stataftioh, slat-
heftig SCHILLKH-LÜIIBEN 4,868V-
l) ;t4 statthaft s, von personen, reich, vermögend - welcher
stalhaffUg man durch seinen uberroAt des bans (bann
weins) trinckhen nit will, dem soll man heim senden.
weisth. 4,185 (dinghof zu Münster im Elsasz. 1339, vgl.
statthaft 2, c) ;
wy gan over se, de ok lüde weren,
stataflich, ryke, wijs unde junck van jaren.
geifü. lied, «. zeitschr. f. Lübeck, gesch. 2, 530;
besonders in der Verbindung (vgl. statthaft 2, b) ; wenn der
egnante Niclaus Wigliard , adir sine erben in diesen
nehesten dreien jaren also stathaftig wurden, das er adir
sine erbin die zcinse wider gekauffen möchten, urk. v. 1418
bei Haltaus 1736; were dasz Hansz von Hasela oder
seines brudern söhn also standhafftig worden , dasz sie
Pritschroda wieder kauffen wollen, ebenda (v. 1434); wen
ich ader meine erben, szo habende und szo stadhafTtigk
synt . . . ebenda (v. 1496); so auch: went dat vorbenomede
kloster also stadheftich werd , so moghen we de sehen
(verpfändeten) hove wedder losen, urk. v. 1351 bei Sciiiller-
LünuEN 4,369»; wen das closter also stadthafftigk und
vermögende worde. urk. v. 1496 bei Haltaus 1736. — ähn-
lich vielleicht adverbial • demnach ermanen wir euch der
Verpflichtung . . , das ir angesichts dis briefs mit ganzer
macht statthaftig etlich werhaft inenner wol gerust mit
ewerm veldgeschosz . . . gein Haidingsfeld schicket, qu.
zur gesch. des bauernkr. aus Rotenburg an d. Tauber s. 4.55
Baumann (br. v. 1525). — angesehen (?): das wir daruff die
sach und empörung vermainten, genzlich zu ruw zu stellen
oder aber zu dem niindsten ir etlich und dero vil als
die statthaftigsten von inen zu ziehen. *. 42. — in mora-
lischem sinne (vgl. statthaft 2, e): es sind (die proplieten
und apostel) alle gar stathafTtige, warhafftig und frome
menner gewest, nicht holTertig, nicht geilzig, nicht un-
keusch. Luther 3, 191''. (an andern stellen ist stathaiTtig
druckfehler oder Variante für stanthafftig , z. b. Franck
weltb. 183''.)
2) zu statthaft 3: wann (da) aber alle Ordnung gebot
und rechtvertigung unverfencklich, wa die mit stathaftiger
handthabung nit becrelTtigt und volfürt wurden, urk.
Maximilians v. 1495 bei Haltaus 1737; das zu stundt an
die anliegende dach sollen also geniedertt, das davon ausz
und einzukommen kein furderung oder stadthafTtiger vor-
theill mag gebrauchtt werden, urk. v. 1514 bei Haltaus
173C; der Zuversicht, ewer fürstlich hochwirdigkait werden
solichen tag selbs personlich und unausbleyplich oder,
so ewer fürstlich hochwirdigkait ye ansehenlich hynderung
betten, denselben tag durch ir statthaftig volmacht be-
suchen lassen, qu. zur gesch. des bauernkr. aus Roten-
burg an d. Tauber 433.
3) ganz vereinzelt Jindet sich mnd. der dat. pl. adveibial
mit der bedeutung 'beständig', was sich an statlhaft 1 an-
schlieszen liesze, falls nicht eher schreibfehle?- für stant-
haftig anzunehmen ist (vgl. standhaftig i, b, sp. 768): unde
up dat de nye munthe stathaftighen by orer werde unde
gude unde unvordrucket by orer upsate beholden werde.
d. städtechron. 16,552,24 (Hildesh. Braunschw. urk. v. 1501;
oder ist die meinung 'voUgiiltig'f).
STATTHAFTIGKKIT, /. zulässigkeit. neuere abstraet-
bildung zu statthaft (im .<nnne 3), zuer.it bei Camte ge-
bucht: hier . . . nahm ich die gelegenheit wahr, mich
heimlich . . . zu meinem lundsinanne zu stehlen . . . um . . .
seine meinung über die Statthaftigkeit meiner besorg-
nisz ... zu hören. Tiiümmel reise 7 (1800) 246; die Statt-
haftigkeit einer solchen aufgäbe läugnet heutzutage nie-
mand. K. 0. Müller gesch. hellen, stamme 8(1824), *. v;
er ist ein alter, blasierter . . . theolog, der hier einen neuen
beweis für die Statthaftigkeit des Wunderglaubens sammelt.
J. MOSEN H, 187.
STATTHALTKR, «i. »tOlvmireter . ifutbncndere änt»
fürsten, regent eines landes. nomen agentis xi« der seltnen
Verbindung statt halten, erst seit anfang des 15. jahrh.
(1410, *. unten) nuchwriilpar und jedenfalls dem mitfellat.
lociservator oder locumtenens, «. Uu Ganor 6, 184, nach-
gebüilet. mhd. stathalter Lkxkk hwb. 8, 114». nachtr. ao»,
mn(/. siedeholder («.8, a. 4, {i,-t«mnsaUstadhodcr,/. holder?,
und stadtholdener) Sciim.lkr LOnnüN 4.378*; vicarius hd.
nd. eyn atede-, stet-, slathelder, holder, hd. stat-, Statthalter,
•ted heller, vorsteer Mxkv. glosa.&XT (ib. jahrh.); so auch
nl. stadhouder Ugatus, vicarius: it're et loeo alitrius ȟb.
atitutu». vutfio vieeditmiHtu, locum teHetu: loa »ervator-
1025
STATTHALTER
STATTHALTER
1026
KiLiAN 2, 625», dän. statholder, schwed. stäthällare. vgl.
Weigand 2, 801. — infolge des zuriickgehens von statt
kommt unter einßusz von stadt die schreibimg stadthalter
auf, z.b.: stadthalter, luogotenente , ricario. v. stadt.
Kramer dict. 1,604''. so schon im 16. jahrh., s. weisth. 3, 347
unter 2, a. (atich stadhalter, z. b. bei Luther, s. l, c. 4, b.)
s. ferner Krämer und Apin tmter 5. so noch bei Göthe,
s.Z,a, und vereinzelt bei Schiller, «.5. richtig bemerkt
dazu Stieler 2117 : 'statt, die, vicis . . . scribitur cum tt,
ideoque non recte pingimus : stadthalter, quia vicem alterius
gerit, et substitutus est in lociim principalis'. ähnlich
Wächter 1592 (letztes stat) und Adelung (anm.). formen
mit Umlaut (stathelder, stadtheiter) in quellen von IUI
und 1548, s. 2, c. eine auffällige nebenform ist der plur.
statthalten Garg. 316, s. i, c. — in mundarten nicht sehr
ve^-heitet : schiceiz. appenzell, stadhalter {pl. -hälter) Torler
405**/., bair. s. Schm.- 2, 794; nd. stedeholder, -holler
brem. wb. 6, 338, ponim. städeholler {als veraltet). Däh-
NERT 456*, meklenb. staatholler Mi 85^ vgl. 6, c; *. auch
HUPEL 227.
bedetitung: l) Statthalter, m. lieidenant, luogotenente.
Hu Lsius (1616)307'; legatus fiduciariam operam obtinens,
ein stadthalter oder leutenant , gallico vocabulo quasi
locum tenens. Corvinus fo7is latin. 353*; 'eine jede per son,
welche einer andern statt oder stelle vertritt; im mittlem
lat. lociservator, locumtenens , franz. lieutenant; in
welcher weitem bedeutung es doch nur noch in einigen
fällen gebraucht unrd.' Adelung (l).
a) so z. b.: auch jezt war ein Statthalter nöthig, der
ihre (der consuln) gegenwart erseze, wie einst für die
könige. Niebuh r 2, 120 (hier für den custos oder prae-
fectus urbis), mit der anm.: der Statthalter in schwei-
zerischen republiken ist der welcher das abwesende oder
sonst behinderte standeshaupt vertritt: dasz man im
übrigen Deutschland gewohnt ist sich unter diesem
namen nur den zu denken der eine provinz für seinen
fürsten regiert, kann den gebrauch eines worts nicht un-
angemessen machen, welches um so willkommner ist als
schleppende oder uneigentliche ersezt. präfect der
adt kann um so weniger vorgezogen werden, da . . .
der Statthalter wenigstens bis zum decemvirat nicht ein
mal so, sondern custos urbis hiesz. i-gl. noch: so oft
die könige im felde standen, wurden sie zu Rom durch
den ersten Senator vertreten . . . hat innere oder äuszere
gefahr gedroht, so ist der Statthalter ohne allen zweifei
befugt gewesen Völker auszuheben. 126; der amtsname
des Statthalters war custos urbis, nach dem wesen seines
berufs. 136. die allgemeine bedeutung ist hier also künst-
lich erneuert in Verallgemeinerung der in der Schiceiz
lebendigen speciellen, s. u. 6, a.
b) der Statthalter vertritt jemand, besonders einen re-
gierenden, indem er bei dessen abwesenheit oder sonstiger
behindertmg seine functionen ausübt, daher: es kan yhe
kein stathalter weytter regieren den sein her. Luther
an d. christl. adel s. 28 neudr. (C 3^) ; er (der papst) ist
nit ein stathalter Christi ym hymel , szondern allein
Christi auff erden wandeilend, dan Christus ym hymel,
in der regierenden form, darff keynis stathalters, sondern
sitzt, sihet, thut, weysz, unnd vormag alle ding. 38 (F 3**).
c) ein herrscher ernennt daher für den fall längerer ab-
wesenheit aber auch sonst einen Statthalter (z. b. der deutsche
könig, s. Schröder d. rechtsgesch.^ s. 469): einen Statt-
halter oder verwäser an sein statt stellen oder ordnen,
dare vicarium. Maaler 385'' ; da machte sich der könig
eilends auff, das er den auffrhur stillete, und lies hinder
jm den fürsten Andronicum zum sta.dha\ter (Stade'j(öuevov).
S Marc. 4, 31 ; weil er erfaren hatte, das Philippus abge-
fallen war, den er hinder sich zu Antiochia zum stad-
halter gelassen hatje (t6v &no).i),tu ju ivov äni röiv npay-
fiAxorv). 13, 23 ; und ward an sein stat von den chur-
ffirsten erwellt künig Alphonsus von Castilia. derselbig,
als er verr war von dem reich, do ordnet er vier stat
halter uf des reichs grenizen, nämlich Österreich wider
Ungarn u.s.ic. Zimm. cÄron.* l, 259, 14; das neue königs-
paar rief sie zu seinen Statthaltern auf erden aus. Novalis
t, 20* Meiszner (Heinr. v. Ofterd. 1, schlusz).
2) der Statthalter ist immer der Stellvertreter von je
WMnd und verlangt ursprünglich immer eine nähere be-
X 2.
Stimmung durch einen gen. (oder possessivpron.): eines
anderen Statthalter mit gleychem recht und gewalt wie
er, vicarius alieni iuris. M.\aler 385^. so im einzelnen:
a) Statthalter eines herrschers, besonders eines königs
(s. auch 1, c): Statthalter, als eines königs, j>ro^rea:. Frisch
2, 321''; vgl. nl. stad-houder des konincks, prorex. regis
absentis locum et vices gerens. Kilian 2, 625». in anderm
sinne: Statthalter eines abgestorbnen künigs, interrex.
Maaler 385*'; interrex, qui regis defuncti vice fungitur,
vicarius, des reichs, eines königs stadthalter. Corvinus
fons latin. 541'». als festes amt neben dem herrscher (Statt-
halter des kaisers auf reichstagen s. Schröder d. rechts-
gesch.^ 183,): by dosses tyden (mw 840) was in des keysers
palase eyn to male geleret man , de hette Wilhelmus
und was des keysers stadt hoder (es ist doch wol holder
zu lesen). Münsferschr. chron. 1,98 (bald nach 1424); ere
(der Türken) koningk quam nouwe wech mit kleneme
Volke, de stedeholder des koninges mit alle sinen
eddelsten wart gheslaghen (viceimperatore cum omnibus
nobilioribus Turcor~um omissis). chron. Sclav. (gedr. 1485)
s. 208 Laspeyres; als sich churfürsten, fürsten und stände
desz reichs . . . bewilligt haben, unsern verordneten Statt-
halter, regiment und cammergericht . . . ein Zeitlang zu-
verlegen, reichstags absch. s. 151 (Nürnberg 1522); zahl-
meyster . . , die solch gelt ... auff jhr pflicht, die sie
deszhalben auff vorhalten unsers Statthalters und regi-
ments , thun sollen , empfahen , zu underhaltung desz
kriegszvolcks, . . . unnd davon Statthalter unnd regiment,
erbarliche rechnung thun, ebenda; demnach haben unsere
Statthalter und regiment mit verwilligung churfürsten,
fürsten unnd stände ernstlich befehl geben, ebenda; die
mögen vor unserm Statthalter und regiment vorbracht
werden, ebenda; so ohne gen. (vgl.ia.): am 23 ten may
1618 erschienen die deputirten bewaffnet . . . auf dem
königlichen schlosz, und drangen mit ungestüm in den
saal, wo die Statthalter Sternberg, Martinitz, Lobkowitz
und Slawata versammelt waren. Schiller 8, 69. — von
andern fürsten : dem Ber[tolt] von Rehberg ritter, stat-
halter des jungen von Wirtemberg 30 gr. d. städtechron.
2, 47, an7n. 4 (Nüriib. schenkb. zu 1427) ; ob ein scheffen
verbreche, wer denselben zu rechtfertigen hat? darauf
weisen wir für recht, dasz niemand die anders recht-
fertigen soll, dann u. gn. h. von Cölne oder seiner gnaden
Statthalter, weisth. 6,650 (Andernach, 1500, §9); in den
jähren 1532 hat Philips landgrave zu Hessen das buch
des eigengerichts zu Eisenhausen durch seinen stadthalter
Ludwig von Boyneburg und canzler Johan Feygen be-
sichtigen und bessern lassen. 3, 347; wie bald Mathusalah
ze grab ist tragen, sol der Statthalter, trugsäss und der
hofmeister des fürsten mit einanderen härfür gon ... in
dem redt der Statthalter zum trugsässen und hofmeister.
J. RuFF Adam u. Heva, nach v. 55.51; erstlich soll ein
jeder, er sei auch wer er wolle (ausgenommen unsere
[des herzogs] statthaltere, cantzler und räthe . . .) seinen
kirchen-stand . . . bahr bezahlen. Lüneb. kirchenordn.
V. 1643, cap. 13, §21, bei Ebhardt ges. des con.9ist. zu
Hannov. 1, s. 259. in Göthes briefen bezeichnet stadt-
halter (so) öfter den kurmainzischen Statthalter zu Erfurt,
Karl Theodor v. Dalberg: auch der stadthalter lässt sie
grüsen. 3, 113 (an Ch. v. Stein 27. sept. 1776); der stadthalter
hat mich auch eingeladen. 138 (6. märz 1777); es fällt mir
auf einmal ein zum stadthalter zu reiten. 149 (20. april);
ging erst nur zum stadthalter. 247 (10. sept. 1778); der
stadthalter war vergnügt . . . der stadthalter ist doch
eigentlich auch kein rechtes kind dieser weit. 4, 215
(5. mai 1780); ich fahre nach Belvedere den stadthalter
bewirthen zu helfen. 5, 146 (21. juni I78i); mit dem stadt-
halter hab ich mich angenehm unterhalten. 6, 170 (li.juni
1783). (herzoglicher Statthalter in Baiem s. Schröder
d. rechtsgesek.^ s. 583, anm. 55.) — in demselben sinne von
NiEBUHR für den römischen custos urbis gesagt, s. l, a.
b) Statthalter eines burgermeisters, proconsul. Maaler
38Sfi; das sol ain jeglicher zö stunt und öne alles ver-
ziehen ainem burgermaister oder sinem Statthalter fur-
bringen und zä wiszen tön. stadtb. v. Scfiaj^hausen (vom
jähre 1431), s. Alem. 6, 238, 8.
c) Vertreter eines gerichtsherrn , so oft in der spräche
der weisthümer : es sol kein richter, noch ire official oder
65
1027
STATTHALTER
STATTHALTER
1028
stathelder furbas durch sich oder einen andern ge-
schickte Personen laden oder manen. Würzburger quelle
v,\ui 6ci Scherz- Obekmn 1561; ain vogther oder sin
Statthalter mügend öch richten und gericht haben zuo
Glattburg oder zuo Gebhartswil. xceisth. 5, 147, § 4 {stifts
land St. Gauen \i6&); ein vogthuon. , daz ze geben und
ze nemen sige, wenn er darumb ermant wirt von aim
vogt oder sim statyialter. 158, § 4 (ebenda v. 1468); item
es sol ouch ain vogt oder sin Statthalter in sinem namen
jerlich zu Burgow drü offne jargericht haben, zway zu
mayen und ains zu herpstzyt, oder zway zu herpstzyt
und ains zu mayen, weders ainem vogt oder sinem
Statthalter komlicher ist. l, 194 {Burgau, St. Gallen 1469);
darumb ist der meyer m. h. v. P. {Prüm) schuldig, dem-
selbigen vogt oder seinem stadtheiter zu liebern den
dritten deill der böessen. 2, 315 {Mernich, Untermosel, 1548).
vgl.: denmacb sichs offt begeben, dasz die graven . . .
dem hoff beygewohnet, oder wider die feindt zum krieg
und streit auszgezogen, haben sie stättigs, so wol in jhrem
an als abwesen, neben sich in Verwaltung der gericht und
justitz Wesens, jhre Statthalter gehabt, die man ins ge-
mein schultheisz, unnd prmpositos , vögt genennt, welche
die gericht zu bestimpten zeiten gehalten und besessen.
die namen berührter Statthalter, nemlich desz schultheisz
unnd praepositi deuten auff einen unterschiedt jhres ampts
und Verrichtung, nemlich, dasz man vorm schultheisz
allein schuldtsachen geklaget. Chr. Lehmann chron. v.
Speyr (1612) 102* E; der centgrave ist desz gauwgraven
oder landtrichters Statthalter, in Verwaltung der wöchent-
lichen gemeiner verhörtäge aufTm landt gewesen. 105'' E.
d) ungetröhnlich : Statthalter eynes feldherren, oder
obersten haubtmanns im krieg, oder fürsten, legatus,
vicarius. Dasypodius.
3) Statthalter in kirchlicher spracJie.
«) Stellvertreter eines geistlichen, ganz den fällen unter 2
analog: und de vorsz. werdige bisschop Lullus, und
stedeholder Bonifacy de tor tyt {beim tode des Bon.) was
in synen pallese. Dorow denkm. l, 85 {Stiftung v. Frecken-
Jiorat, angeblich 13. jahrh.); {vrir haben verkauft) fraw
Elspeten Volkerstalerin stadhalterin de[r] eptissin und
hem Johansen von Pegniz stadhalter des gemainen
peychtigers und dem gantzen covent swestern und
prüdem sant Salvators orden. urk. v. 1444 s. monum.
Boica 25, 46, s. auch 55 {v. 1447) unter statthalterin; (er
soll) all mitwochen vor denselben pfmtztägen des abennds
ain vigili durch den pharer, oder seinen stathallter zu
Pegnitz, . . . bestellen zesinngen. s. 528 {vom jähre 1495).
b) entsprechend 2, a ist Statthalter Christi eine häujige
bezeichnung des papstes: fanatische eiferer sahen ihn
schon mit einer armee über die Alpen klimmen und
den Statthalter Christi selbst in Italien entthronen.
Schi LI, KR 8,223; die reformationszeit übt an dem aus-
druck scharfe kritik, die zugleich den wortnnn lehrreich
beleuchtet: sie sprechen, er sey ein herr der weit, das
ist erlogenn, den Christus, des stalhaltcr und amptman
er sich rumet, sprach für Pilato, mein reich ist nit von
disser weit, es kan yhe kein stathalter weytter regieren
den sein her, er ist auch nit ein stathalter des erhebteim,
sondern des gekreut^igten Christi. Luthkr an d. christl.
adelt. 18 tieudr. (Cs**); Christus auch des stathalter ehr
sich rumet, wolt noch nie mit weltlichem regiment zu-
schatTen haben . . . aber der bapst . . . unterwindet sich
aller dinge, wie ein got, bisz das er selb nit mehr wcysz,
was Christus sey, des stathalter er sich auffwirJTt. 89 (F 4*'),
a. auch ». 88 unter t.b; sihe wie unglcych seyn, Christus
nnd seyne Statthalter, szo sie doch alle wollen seyne Statt-
halter Myn, und ich furwar furcht, sie seyen altzu war-
liafftig seyne Statthalter, denn eyn stathalter, ist ym
abweszcn seynes hcrrnn eyn Statthalter, wenn den eyn
bapst, ym abwetzen Christi, der nit ynn seynem horizcn
wonf;!, n-tiicret, ist der selb nit altzti warhafftig (Christi
Statthalter? ... wie viel besser thettcn die apostel, die
Mich nur knechte Christi ynn yhn wonend, nit stathalter,
des abweszendes . nenneten. aendbr. an papat Leo a. 18
muär. (B «••/.);
dammb traft (>r der krönen dri,
daM er Qbn " ? vj
«od sie ein ''KU Christ,
4ar «r d«ni ' n ial.
Cläiwe Pflug : das möcht wol ein hoffertig Statthalter sin ! . . .
des_ ewigen gotts sun treit ein dorne krönen . . ,
so ist sins statlhalter.s krönen gold.
Manuel «. 107 lUichtold (von paput* n. Christi
gegen«. 93—102). vgl. auch oben 1, b.
daher dann auch dafür: der beste aber der die weit wol
regieret, wie sie es wirdig ist, das ist der sathan in
seinem Statthalter dem bapst. Luther tischred. (I57i) 3*.
c) dafür auch Statthalter gottes: nächst der Bartho-
lomäusnacht hat keine so viel jammer und noth auf
erden gestiftet als die, welche gottes Statthalter auf
erden durchwachte, um einen verderblichen kreuzzug
zu gebären. MusÄus 1,76 Hempel {MelechsaZa); die Zu-
kunft, die bey dieser that {d. Hinrichtung Konradins)
erblassen wird, wagt es nicht, dieses verbrechen dem
Statthalter gottes zuzuschreiben , sondern euch {Karl
v. Anjou)\ Klinger i, 343 {Konr. 4, 2; vgl.: ihr lästert
den himmel in seinem Statthalter, ebenda), daneben in
einem, veitern sinne:
der priester, und der künicklich stadt {rtand)
hondt beide gottes vicariadt :
stathalter gottes seind sie beil.
Mlrner hadenfahrt 15,54 (Gl'>).
d) in noch freierer verwendutig steht Statthalter, tcozu
der gen. gottes aus dem zusammenhange zu ergänzen ist.
in der altern nhd. dichtung:
{du gott) hast yn gesetzt zöm herren fint stat-halter,
uber's geschopf deiner hend ainn Verwalter.
Meussus p«. 8, 6;
von ihm hat fürst und baur, von jhm hat herr und knecht,
sein land und seinen pflüg, sein lehen und sein recht,
als ein stathalter und Verwalter.
Weckherlin ged. 301 (2, 184 FUcher ; pt. 146, 11),
e) in freier poetischer Übertragung von c aus: Goethe,
der jetzt der wahre Statthalter des poetischen geistes
auf erden ist. Schi.eoel Athenaenm l (l798), l, 103; danach:
in der that sind sie {die beiden ' Dioskttren) durch ihre
fähigkeiten zu keiner so subalternen {rolle) bestimmt,
wie sie pro tempore unter der fahne 'des zeitigen wahren
Statthalters des poetischen geistes auf erden' spielen.
WiKLAND bei Böttiger lit. zust. 2,180.
4) ein leises abblassen der ursprünglicJten bedeutung ist
deutlich, wenn Statthalter nicht mit dem gen. einer per-
sonenbezeichnung vei-bunden üit, sondetii :
a) mit dem gen. eines abstrartujns, besonders einer amts-
bezeichnung, sodasz es in die bedeutung 'inhaber' übergeht:
Statthalter desz obersten und küniglichen gewalts, cone-
stable. tribunus eelerum. Statthalter einer vogtey, praeaea.
Maaler 385''; und des zä offem wären Urkunde so hon
ich erbetten die fromen und weisen juncher Hansen von
Tierberg, ietz Statthalter dez burgemaisteramtz zu Villingen,
und Hansen den Tüffer, alt schulthais da selbs. urk. vom
30. april 1420 s. Mone zeitschr. f. d. gesch. rf«f Ol>errh. 8, 21.
so reird der erzb. v. Köln von Sigi»mund zum Statthalter
der heimlichen gerichte eingejtetzt. Schröder d. rechts-
gesch.^ s. .")<;2.
b) im sinne eines regenten {s. 5) mit ländernamen u. ähnL,
s.b,a — e. allgemeiner: du muszt verstehen, Sancho Pansa,
dasz es eine sehr gewöhnliche sitte der alten irrenden
ritter war. ihre Stallmeister zu Statthaltern {gobernndores)
\ün inseln und reichen zu machen, die sie gewannen.
TiKCK don ^Mi.r.' 1, 39 (1,7); ich habe doch schon Statt-
halter gesehen, sagte Sancho, die nach meiner einsieht
nicht verdienten, mir die schuhriomen aufzulösen, und
die man dennoch cxcellenzcn nannte. 3, 23 (6, s) ; ich
sage dir, frau, antwortete Sancho, dasz, wenn ich nicht
dUohtc, mich in kurzer zeit als Statthalter einer insel
zu sehen, ich hier vor dir todt niederfallen würde. 2, 88
(n, 6); dasz weder gros/e geschicklii^hkeit noch viele ge-
Ivhrsamkeit nöthig ist, um ein Statthalter zu sein; denn
es giebt hundert, die kaum lesen können, und doch wie
die engel regieren. 847 (8, iM; wie es mit den Statthaltern
geschieht, die ritter und keine studirte sind, welche
mit dem beistände eines asRessors urtheile sprechen.
elmida. so atteh im sinne ?i,a: zu denen Zeiten, als herr
Jerg truchsess von Walpurg Statthalter in Wilrtenherg
gewesl, welcher etlichen geschlechter vil damit gedient,
dHM er one schaden seines hcrrn . . . denselhigen, was in
dur canzlei von den alten sachcn irer forder gefunden,
mit iiet getaill. Zimm. rhron.* 1, tfM, 84. vgl. auch: stede-
holder Iho iJolincnhurst. Oldenb. urk. v. lAN bei SciilLLKR- ^
1029
STATTHALTER
STATTHALTERAMT— STATTHALTEREI 1030
LCbben 4,373"; der bapst ist ein nachkomer S. Peters,
ist nicht ein stadhalter über alle kirchen der gantzen
weit, von dem herrn Christo in S. Peters namen ver-
ordnet. Luther 1, 258».
c) tcenn es überhaupt ohne solche bestimmung auftritt,
s. b — 6, vgl. auch 2, a- ein gesinnungsmann ohne kennt-
nisse und verstand wünscht sich in der stille mit solcher
inbrunst zum Statthalter oder minister, bis er eines tages,
also brevetirt, aufsteht. Immermann Münchh.- l, 105 (l, 9).
90 auch als militärische Charge (s. oben 2, d) : zwischen dem
essen bestellt er die ämpter, . . . die ober unnd unter-
wachten, hut, statthalten, starten, forderst und hinderst
unterhalten, schilt und scharwachten. Garg. s. 316 neudr.
— in freierem, nicht recht deutlichem gebrauche: sollte
es dem theismus gelingen, durch den süszteig der feinsten
logik und ethik einen protector, wie Cromwell, oder
Statthalter mit schlüsseln zu den schätzen der alten
und neuen weit hervorzubringen? H.\m.\nn 4,250.
5) die neuere spracJie kennt Statthalter fast nur noch
in dieser gebrauchstceise, während es sonst durch Stell-
vertreter zurückgedrängt ist. und zwar ist Statthalter
besonders, in der allgemeinen spräche fast ausschlieszlich,
üblich in einer an 2, a anscidieszenden vericendung, als
bezeich nung eines regierenden, der ein land oder eineprovinz
regiert in Vertretung und im auftrage eines souveränen
herrschers, der anderswo residiert, wo die bezeichnungen
gouverneur, regent, vizekönig conctirrieren .- Statthalter . . .
prefecti provinciarum. Maaler 385''; königlicher stadt-
halter, vice-re. Kr.\mer dict. 1,604*"; stadthalter, lat.
praetor, s. gouverneur. Xvm gloss. b08; Statthalter, der
an eines regenten statt regiert, qtii pro aliguo regit;
provindae praeesf. zum Statthalter machen , provinciae
oder regtw piaeficere. Frisch 2, 321*'; 'am üblichsten ist
es, 2) in engerer und vorzüglicher bedetttung , derjenige,
welcher des landesherren oder höchsten obrigkeit stelle in
einem lande oder in einer provinz vertritt, und welchen
man mit ausländischen Wörtern auch einen vice-könig,
Iren» die liöchste landesobrigkeit ein könig ist, noch hau-
figer aber einen gouverneur zu nennen pflegt.' Adelung.
vgl. : die nobili's allein können die länder verwalten,
welche unter der herrschaft der republik {Venedig) stehen;
und die personen vom gröszten stände, die ersten Obrig-
keiten in diesen ländern betrachten sie wie souverains,
nicht wie stadthalter. Schiller 4, 119. — insbesondere
ist Statthalter in getcissen fällen üblich:
a) vericalter von provinzen des alten römisclien reiches,
m in Palästina, dem proconsul von Syrien unterstellt,
! riecliischen tjys/utür, ^na^y^os, in(rgo7ios, lat. procurator
■ ntsprechend, tco/iir Luther: landpfleger sagt. «.Schenkel
bihellex. ä, 601 f.; H.\MBURGER realencyclop. des judent. 3,
suppl. i, 134 — 136. vgl. auch Adelung und oben i,c: im
Sitzungssaal des Statthalters verklagen sie^ihn (Jcnis)
als politischen Verschwörer, der Statthalter . . . hat in
kaisers dienst wunderliche sitte von manchen völklein
gesehen. Frenssen Hilligenlei 567. — femer: wenn die,
für die bedürfnisse des in Mainz residierenden kaiser-
lichen Statthalters von Obergermanien notwendigen geld-
sendungen in neuer münze erfolgten. Jacobi Saalburg
(1897) 399; Statthalter von Chemska grüsz' ich dich!
Kleist 2, 442 E. Schmidt {Hermannsgchl. 5, 18).
b) stadthalter von Holland, lat. praefectus totius Belgii
sttpremus. Apin. gloss. 508; 'der Statthalter in den ver-
einigten Niederlanden bekleidet eine beynahe königliche
würde, und vertritt die stelle der genei-alstaaten in einigen
stücken, besonders im kriege.' Adelung, das icort bezeichnet
aoicol die gouverneure der einzelnen provinzen: in unsrer
provinz singen wir was wir wollen, das macht dasz graf
Egmont unser Statthalter ist. Göthe 8, 175 {Egmont l);
während dasz ... seine Statthalter preszten, und seine nach-
richter schlachteten, versicherte er {Karl F.) sich ihrer
herzen durch eine freundliche miene. Schiller 7,56; jeder
Provinzstatthalter {vgl. theil 7, 2179) . . . hatte in der
provinz, der er verstand, das kommando über das kriegs-
volk, welches sie deckte, die Oberaufsicht über die bürger-
liche regierung und das gerichtswesen; nur Flandern aus-
genommen, wo der Statthalter in rechtssachen nichts zu
sagen hatte. 93/., tcie den regenten des ganzen landes {der
vereinigten Staaten): Philipp konnte in den Niederlanden
keinen Statthalter brauchen, dem der gute wille und die
kraft des volks zu geböte stand. 88; dafür genauer:
die wähl eines obersten Statthalters für die Niederlande
war die hauptangelegenheit, die ihn {Philipp II.) jezt noch
beschäftigte. . .. die beinahe unumschränkte gewalt, welche
dem oberstatthalter verliehen werden muszte, ...
muszten nothwendig diese wähl erschweren, das gesetz,
welches jeden ausländer von bedienungen entfernt, macht
bei dem oberstatthalter eine ausnähme. 79.
c) dänisclier Statthalter in Norwegen: nach dem tode
des alten Hamlet werden die erst eroberten Norweger un-
ruhig, der dortige Statthalter schickt seinen söhn Horatio
. . . nach Dänemark. Göthe 19, 162.
d) jetzt ist Statthalter der officieüe titel der höchsten
regierungsstelle in den reicJislanden Elsasz Lothringen ; er
ist vom kaiser bestellt und absetzbar, mit den gesetzlichen
Zuständigkeiten des reichskanzlers und einzelnen landes-
herrlichen befugnissen. s. Stengel wb. des deutschen ver-
waltungsrechts 2, 538.
e) in den Osfseeprovinzen : 'Statthalter, der, iourde nach
der eröfnung der Statthalterschaften anfangs jeder general-
gouvemeur genannt, doch hörte dies bald auf. Hupel 227.
/) gelegentliches: sein seckel war von eins oriflans und
libischen urochsens hoden, welchen im monsier Pracontal
der Statthalter inn Libien verehret. Garg. s. 179 neudr.
6) in andern speciellen ledeidungen ist Statthalter in
einzelnen gegenden bis in die neuere zeit üblich geblieben.
a) schtceiz. stadhalter 'nach den landammännern der erste
beamtete des landes'. Tobler 405'*/'., der aus der Verfassung
von 1829 den satz anführt: der landesstatthalter über-
nimmt in abwesenheit oder krankheit des landammanns
das Präsidium und die amtsverrichtungen des regierenden
landammanns. vgl. Niebuhr unter l,a.
b) 'bey dem kaiserlicJien landgerichte in Schicaben heiszt
derjenige, der des landrichters stelle vertritt, dessen Statt-
halter.' Adelung.
c) 'in Po7nmem icird ein Verwalter auf adeligen gütern,
der des eigenthümers stelle in der aufsieht über die öko-
nomische venoalfung vertntt, und der in Meissen ein hof-
meister heiszt, Statthalter genannt.' Adelung, so in
Meklenb. nd. staatholler, vogt auf dem lande. Mi 85''; stat-
höller, tcofür anderwärts hohmester {so z. b. um Goslar),
nd. korrespondenzbl. 11, 87: dei Meiersch dei bar jo nu den
Glawer stathöller meint hadd . . , den sei frigen wol.
Brinckman 3, 113 Weltzien {uns' herrg. up reisen 27). —
'vormals hiesz der ökonomiedi rector in Dorpat und in
Arensburg, auch Statthalter.' Hüpel 227.
7) übertragen, bei den appen zellischen hirten, 'der name
einer stattlichen ziege'. Tobler 406* (2).
STATTHALTER AMT, n., vgl. statthalterei {zu Statt-
halter 5): bei lebzeiten margrafen Philipsen do het er
das statthalterampt in Lützelbui^. Zimm. chron.^ l, 184, 15;
in den Niederlanden hatte sein haus {Wilhelms III. von
Nassau-Oranien) unter dem namen des statthalteramtes
und in der eigenschaft als bundesfeldherrn eine fürst-
liche machtstellung in dem bunde der vereinigten Staaten
begründet, sein vater noch war feldherr und Statthalter
gewesen. Bluntschli twi d. staatstcb. ll, 199. — für prae-
fectura urbis, vgl. unter Statthalter l, a und Statthalter-
schaft!: das Statthalteramt. {überschr.) Niebuhr 2,126;
die könige, deren eigne macht lebenswierig war, mögen
auch das statthalteramt für das leben verliehen haben. 135.
STATTHALTEREI, /. amt, würde, bezirk, büreau eines
Statthalters, vgl. statthalteramt, -posten, -schaft: statt-
halterey Stieler (169i) im reg.; 'die statthalterey, plur.
die -en. l. das einetn Statthalter ancertrauete gebiet, doch nur
in einigen fällen, so sind die länder des biachofs zu Strasburg
in vier statthaltereyen abgefheilet. von ganzen provinzen ist
dieses wort nicht üblich. 2. die wohnung, der pallast eines
Statthalters.' AoEWUG ; CAurv: fügt hinzu: 'l) die würde
eines Statthalters, die Statthalterschaft ; ohne mehrzahl.' —
belege: er fand daher für gut, ihren Unwillen zuerst auf die
räthe des kaisers abzuleiten, und verbreitete zu dem ende
die mcinung, dasz das kaiserliche schreiben in der statt-
halterei zu Prag aufgesetzt, und nur zu Wien unterschrieben
worden sey. Schiller 8, 69; ohne statthalterei (f/ofriVr/io)
bist du aus dem leibe deiner niutter gekommen, ohne
statthalterei hast du bisher gelebt, und ohne statthalterei
65*
1031
STATTHALTERIN
STATTHALTERLICH— ST ATTHALTERSCHAFT 1 032
wirst du zu grabe gehen, . . . wie viele giebt es nicht in
der weit, die ohne statthalterei leben? Tieck do7i Quix.^
2,3* (6,5); wenn du darauf bestehst, die statthalterei zu
kriegen, so solltest du deinen söhn Sancho mit dir nehmen,
damit er gleich von dir das Statthaltern lernen könnte. 38 ;
wenn man ihm nur den verstand um ein weniges schärfen
wollte, so würde er mit jeder statthalterei so gut fertig
werden, wie der könig mit seinen einkünften. 247 (8,15);
{scherzhaft miszbrattcht :) geh du, mann, werde statthalterei
oder inselei, und blase dich auf, soviel du lust hast. 36 ;
die mystische kraft der Sehnsucht hat gewirkt, dasz dem
gesinnnngsmanne die statthalterei in den mund flog,
wie . . . eine gebratene taube! Immermann Münchh.^i, 106
(l, 9); er (Jesus) wird der wache übergeben und in die
kaiserliche statthalterei geführt Frenssen Hüligenlei 567 ;
als Stellvertreter des landesfürsten . . . waren sie (die viz-
thume, incedomini) ursprünglich meistens dem ganzen
lande vorgesetzt . . ; später wurden die gröszeren terri-
torien wohl auch in mehrere viztumsämter oder statt-
haltereien unter je einem viztum eingeteilt. R. Schröder
d. rechtsgesch.^ a. 595; dazu: die wichtigste beschränkung
aber war die, dasz das reichsregiment nur ein statt-
halterei rat für die dauer der abwesenheit des kaisers
sein sollte, so dasz es mit der rückkehr desselben in
das reich seine vollmacht verlor. 783. jetzt bezeichnet
statthalterei in einigen österr. ländern die politische ver-
icaltungsbehörde , die in andern landesregierung heiszt,
s. österr. staats^cb. 2, 809*.
STATTHALTERIN, /.. statthalterinn Adelung.
1) eine frau als Statthalter, den verschiedenen bedeu-
tungen dieses loortes entsprechend, hd. seit dem 15. jahrh.
(1444) bezeugt; entsprechend mnd. stedeholdersche (1469),
s. unten, zuerst in frauenklöstern, vgl. Statthalter 3, a,
woselbst ein beleg aus 1444, ferner: wir Elyzabeth Kny
pentlin muter und stathalterin der abtissin, Vincen-
tius Prosen , vater und Statthalter des gemeynen peich-
tigers , und die gantze sampnunge und covent brüdere
und swestere des closters zu Gnademperg. urk. v- 1**7,
s. monum. Boica 25, 55. zu Statthalter 5 (in anlehnung an
den Quixote): Andreas, hör sie Hannchen! ist der bräu-
tigam sehr freygebig? z. e. wie bezeigt er eich gegen die
mamsel kammerjungfer? Hannchen. sehr groszmüthig,
wenn projekte gangbare münze werden, mit nächstem
soll ich stadthalterin auf einer insel werden, nur weisz
er noch nicht, auf welchem meere ich sie haben soll.
Weisze lu.ilsp. 2, 237 (d. projektm. 2,1). speciell zu 5,b: un-
vermeidlich war der Untergang dieser blühenden handels-
stadt (Antwerpen), wenn Karl der fünfte, durch die Vor-
stellungen der stadthalterin überführt, diesen gefährlichen
anschlag nicht hätte fallenlassen. Schiller 7, 54; noch
als kind wurde sie der statthalterin Margarelha, ihror
grosztante, nach Brüssel zur erziehung gegeben. 89; zwey
statthaiterinnen, unter deren äugen sie erwachsen war,
hatten sie in den maximen nach und nach eingeweiht,
nach welchen dieses eigenthümlichevolk am besten regiert
wird. 90 (dafür 91: die neue regentin), dazu: bey der
wähl einer oberstatt halterin . . . habe er vorzüglich
die wünsche der nation zu rathe gezogen. 92; Brabant
aliein stand unmittelbar unter der oberstatthalterin,
welche . . . Brüssel zu ihrem beständigen Wohnsitz er-
wählte. 94. — häufig in freierem sinne, in geistlicher und
poetischer spräche : du (seele) salst weerdich wesen to her
Bcopyen als eine keiserinne unde als eine bruet ofte stede-
holdersche des keisers. mnd. quelle v. 1469 6«ScniLLKR-
LüBBRN 4, S78; arme [.Aiskat ... diesen köpf zu ver-
rücken, würde der göttin selbst, deren sichtbare statt-
halterin du bist, nicht möglicher seyn als dir. Wikland
SS, 270 (Aristipp 1 , 24) ;
natur! der iM;h0nen schOnst«, dn ffflti^l . . .
der gotlheit fieundin, weise stattnalterin
der vorsiebt.
Herder 27, 897 Svphan (naturhumn. r. Shafle»-
buri 1);
die rnrnncbenliebe, die, (der nniiinhtl)aren ^te
•tattkelterinn I) in edlea eeelen wohnt.
GUTTKH 1, 412.
2) frau eines •tatthalt«n. so in dtr bedeuturtg 6: and
dann bin ich eine statthalterin. Tikck don ^tiu:.^ 2,878
(9, 17, vgl. s. 871 : eaer gnadvn ... litt die wUrdigite ge-
mahlin eines überwürdigsten Statthalters), in der bedeu-
tung 6, c, nd. (mekletib.) staathöllersch. Mi 85''.
STATTHALTERLICH, adj. 'zum amte, zur uürde eines
Statthalters gehörend, demselben gemäsz, tcie auch, dem-
selben ähnlich'. Campe.
STATTHALTERN, verb. Statthalter sein, als solcher re-
gieren; gelegentliche bildung mit scherzhaftem anstrich,
vgl. Campe:
einst, da der pabst noch in ruh stattlialterte.
Voss 2, 253 {der bezauberte tev/el 25).
transitiv gebraucht: schaut auch, herr irrender ritter,
wohl zu, dasz ihr das nicht vergeszt, was ihr mir von
wegen der insula versprochen habt, ich will sie gewisz
Statthaltern (ßobernar), und wäre sie noch so grosz. Tieck
don Quix.^ 1,89 (1,7); das Unglück ist nur, dasz diese
insel sich, weisz gott wo? versteckt hält, aber daran
liegts nicht, dasz ich nicht kopfs genug habe, sie zu Statt-
haltern. 2, 23 (e, 3), s. auch 2, 38 unter statthalterei.
STATTHALTERPOSTEN, m., dasselbe wie statthalter-
amt, -ei, -schaft.
STATTHALTERSCHAFT, /., abstractbildung zu Statt-
halter, vgl. statthalterei, stalthalteramt. zu Statthalter 5
bezxc. 3, a. nl. stadhouderschap, praefectura vicaria, prae-
fectura fiduciaria. Kilian 2,625».
l) am,t, würde, stelle eines Statthalters : statthalterschafft,
dignifas proregis, provinciae summa praefectura. Frisch
2,321*'; die würde eines Statthalters. Adeluno. belege:
noch werden alle Statthalterschaften mit Niederländern
besetzt. Göthe 8, 184 (Egmont 1,2); einer von seinen
(Egmonis) vorfahren hatte schon unter Maximilian die
Statthalterschaft über Holland verwaltet. Schiller 7,85;
die erledigten Statthalterschaften der provinzcn wurden
entweder neu besetzt, oder die alten bestätigt. 93; die
einsetzung des prinzen von Oranien in seine Statthalter-
schaften geschah eigentlich gegen die konstitution des
landes. 94; Wilhelm von Oranien erhielt vier Statthalter-
schaften, andere kleinere nicht einmal gerechnet. 106;
dasz ich den herzog . . . dahin vermöge, euch so bald als
möglich die versprochene Statthalterschaft (gobiemo) zu
geben. Tieck don Quix.^ 2,250 (8, lö); wenn ihr es einmal
versucht habt, . . . werdet ihr alle zehn finger nach der
Statthalterschaft lecken, denn es ist ein herrliches ding,
zu befehlen und sich gehorchen zu lassen. 309 (9,9); man
erzählt, dasz, als Sancho kaum abgereist war, don Quixote
. . . ihm gern amt und Statthalterschaft wieder genommen
hätte. 322(9,11). (praefectura urbis.^ dasz, ehe die Sena-
toren der beyden stamme sich gleichgestellt wurden, auch
unter einem könig aus dem sabinischen, die Statthalter-
schaft einem Ramnes vorbehalten gewesen ist. Niebuhr
2,128; im jähr 267, demjenigen wo die Statthalterschaft
ein wählbares amt ward. 140; (proco7isul4it :) Cäsar . . .
organisirte die tinanzverwaltung des Staates und die be-
setzung der Statthalterschaften, und beschränkte die dauer
der provinzialverwaltung, durch die er selbst mächtig ge-
worden war. Becker iceltgesch.* 3,Sti. — dazu: unter
den niederländischen groszen, die auf die oberstatt-
haltcrschaft anspruch machen konnten, waren die er-
wartungen und wünsche der nation zwischen dem «rafcn
von Egmont und dem prinzen von Oranien gctheilt.
Schiller 7, 80; Philipp der zweite stand noch in der
schuld des sicgers bei s. Quentin (Egmont), und die ober-
Statthalterschaft der Niederlande schien die einzig würdige
belohnung so glänzender Verdienste zu seyn. 87. (dafür
regentschaft 88.) scherzhuftt.t deminutiv : meiner scel, aus
ist es mit der arniuth , wir haben ein statthalter-
schaftchen (gobiemiio). Tikck don <^ix.^ 8,878 (9,17).
8) regierung(sxeif) eines Statthalters : er hat seine groszen
besitzungen bey seiner Statthalterschaft in Kandia noch
reichlich vermehrt. Heinhk Ardingh. i, t^; wenn diese
Statthalterschaft nur vier tage dauert. Tikck don <^tix.^
2,881 (9,12); als Cäsar von dieser slatthallrrschaft za-
rUckkam. Bkckkh wdtgtsch.* z,tM.
8) provint, gebiet tmes Statthalters, «■<//. Adki.iino.
Campk: daher Eweifle loh noch, ob es gut gethan sei,
ihn in die Statthalterschaft zu schicken, mit welcher ihm
eure hohcit eine gnade erzeigt hat. Tikck don (^uix.*
2,847 (8,16); was Diociotian begonnen hatte, vollendete
Constantin. auch er thoilte das reich ; in vier Statthalter-
1033 STATTHALTERWÜRDE — STATTLICH (1, 1. 2)
STATTLICH (I. 2)
1034
Schäften zerfiel es fortan, an deren spitze er seine prä-
fecten setzte. . . . jede Statthalterschaft war in mehrere
diöcesen getheilt , diese wiederum in provinzen. Giese-
BRECHT kaiserz. 1', 43. so auch für die nissischen goii-
vernements (Jetzt nicht mehr üblich): 'Statthalterschaft,
die, und das gouvernement sind die beiden namen uelche
jeder ansehnlichen provinz die ihren eignen gouverneur hat,
vermischt bey geleget tcerden. Statthalterschafts-re-
gierung, die, ist die behörde welche unter dem Vorsitz
des gouverneurs alle umgehende befehle bekannt macht,
für Ordnung sorgt, executionsbefehle ausfertigt u. d. g.'
HuPEL 227.
4) in scherzhafter Übertragung auf die Statthalter selbst
{collectivisch, vgl. unter Statthalter 3, a): ein misthaufen,
auf den die kaiserliche Statthalterschaft zu liegen kam,
hatte sie vor beschädigung gerettet. Schiller 8,70.
STATTHALTER Würde", /., vgl. Statthalterschaft l.
Campe.
STATTHALTUNG, /..• vicariatus stat haltung. Dief.
gloss. 617'^.
STATTHUFIG, adj.: so dir ein gaul rech wird, so
zeuch jhm alle vier eysen auff das härtest an, sonst
schlegt jhm die rechin in die schenckel, und macht den
gaul statthueffig. Seuter roszn. (1599) 131. dr tick fehler für
satthufig, s. das., theil 8, 1830.
STATTICHT, adj. et statthaft, pro qtiib. cmnpos. ab- et
erstatticht, . . . verstatticht. Stieler 2116. (weder das simpl.
noch die compos. sind .sonst bezeugt.)
STÄTTIG, adj.. s. stätig, .9p. 935—8.
STÄTTINGER, m., in der Soldatensprache für gülden.
HORN 96.
STÄTTISCH, adj., ».städtisch, sp. iGdf, und statisch,
sp. 947—9-
STÄTTLEIN, «., vereinzelt begegnende deminxitivhildung
zu statt, vgl. oben stättchen: wie jene magd auch thete,
die hatte allezeit einen teuffei bey jr am herde sitzen,
da er ein eigen stedlin hatte, das er sehr rein hielt.
Luther tischr. 461», vgl. Heine 4, 178 Elster (s. unter
stättchen) und 582 (lesarten);
das bey der nacht im finstem thal
die äffen suchten überall,
wo sie ein sicher stethlein fünden,
daran sie sich verbergen künten.
fronchmem. Bb 4*> (2, 2, 10).
{mhd. stetlin H. Selse 66, 3. 67, 4 Bihlmeyer ist wol =
städtlcin.)
STATTLICH, adj. ansehnlich.
I. herkunft und form,, in den (nicht überall mit Sicher-
heit unterscheidbaren) lautformen stätlich und stätlich
vereinigen sich Wörter verschiedenen Ursprungs , die jetzt
zum theil zusammengefallen, zum theil erloschen sind.
1) im mhd. findet sich ein adverb stateliche(n), zuweilen
mit Umlauf stätliche, stetelichen, das gewöhnlich 'den
umständen angemessen, gehörig', daneben 'langsam' und
'standhaft' bedeutet und eine ableitung von state (s. statt I, 3.
II, B, sp. 9.54/. 973^.) ist. Lexer handwb. 2, 1147. es be-
gegnet schon spätahd. {bei Notker) als stätelicho, s. Grafp
6, 647 : tö hiej man lovis prievarun eiiia dero parcarum
&fter ördeno ünde stätelicho {pro suo ordine ac ratis
modis) die himelsagen d&rauuisen. Notker l, 734, 4 Piper
{Marc. Cap. l, 29). ein entsprechendes adj. ist vor dem,
ie.jahrh. nicht nachgetciesen.
2) das nhd. adj. stattlich kann im allgemeinen als fort-
Setzung des mhd. gelten, wie die einzelnen Verwendungen
zumeist tceiter bestehen, doch scheint damit eine ableitung
von Staat, stat in dem sinne 'auftcand, prunk' (». staat 3,
»p. 276—9), die dann aUo mit dem heutigen staatlich,
politicus {sp. 286) dem Ursprünge nach identisdi ist, nur
dasz sie auf eine andre bedeutung des grundwortes zurück-
geht, zusammengefallen oder eine nachträgliche anlehnuug
an und beeinflussung durch staat eingetreten zu sein, auf
diese annähme führen folgende umstände:
a) die bedeutung hat sich insoweit gewandelt, als stattlich
im, nhd. weniger den begriff des angemessenen, gehörigen,
als den des groszartigen und imposanten ausdrückt, s. II.
b) die andern germ. sprachen loeisen Wörter auf, die
dem nhd. nach form und bedeutung sehr nahe stehen und
nur die herleitung aus lat. status gestatten, so vielleicht
»chon mnd. statelik, das erst spät und vereinzelt in ost-
elbischen quellen begegnet, s. Schiller-Lübben 4, 369» und
unten die belege unter 2, a (statylyg), aus Lauremberg,
s. 6, a (staetlick, staedlik) uiid den nd. bauernkom. (statt-
lick), s. 6, c, und vielleicht von anfang an unter hd. ein-
flusse steht; Dähnert kennt ein veraltetes staadlik, 'een
staadlik mann, ein vermögender mann'. iä:y^, und 'statlik.
adi. u. adv. tüchtig, auf die beszte art'. 458''. sonst ist nd.
dafür geicöhnlich staatsch eingetreten, s. staatisch, sp. 286,
und statiös, sp. 946/. ferner holl. statelijk, stattlich, grosz-
artig {neben statig, feierlich), vgl. Franck 952. staetigh,
staetelick, gravis, severus, constans: auctoritate et reve-
rentia Valens : magnificus , elatus. Kilian 2, 627''. aus
dem, holl. stammt wol ostfries. stateUc, stattlich, feierlich,
auch staatfestelk. Stürenburg 262». ten Doornkaat
KoOLMAN 3, 304» (statelik, statelk). — das engl, stately
begegnet zuerst bei Ckaucer als estatlich (estatlich of
manere Canterb. tales A 140, estaatly honestee 5 3902),
als stateli {adv.) um 1430, s. Stratmann-Bradley 574'».
SkejVT 593». schtced. stätlig prächtig, dän. entspricht stad-
selig zti stads, staat, prunk.
c) auch im nhd. selbst finden sich formen mit langem
vocal: das sie der clerisey die schutzung, so ihnen etwan
vom radt und gemeiner stadt stahtlich mit brieffen und
siegeln verschrieben, abkundigen . . . sollen, d. städte
chron. 27, 184, 7 (Langhans Magdeb. hist. 1524). die geicöhn-
lichen Schreibungen, der altem .spräche stätlich und stattlich
lassen allerdings auf kürze des vocals schlieszen; seltner
finden sich stadtlich {urk. iM525, Heinr. Julius v. Braun-
schweig, Ayrer) und stadlich (Luther, urk. r. 1546),
s. unten, auch formen mit umlaut finden sich vereinzelt
im 15. — 16. jahrh. , s. unten 1, b. e. 2, a. i, c. um so auf-
fälliger ist, dasz bei Göthe die Schreibung staatlich nicht
selten vorkommt, und zwar in den werken erst spät:
gleichgewicht und ernst war jedoch alsobald wieder her-
gestellt, und die aufmerksamkeit auf eine neue, staatlich
heranziehende procession gelockt. 43, 267 {Sanct üochus-
fest zu Bingen 1814. gedr. 1817);
staatlich vor dem volke,
schwarzes haares, langes kleides.
6, 14 {noten sum xceMöM. dir., Araber 11,
gedr. 1819).
auch in den briefen scheint stattlich die älteste Schreibung
zu sein, z. b. 2, 64 (1773), *. unten 3, e; doch setzt staatlich
hier viel früher ein : unter den generals und offiziers ist
manch tüchtig und staatlicher mann. 3, 227 {an Ch. v. Stein,
d. 28. mai 1778) ; der almanach macht wirklich ein staat-
liches gesicht. 11, 158 {an Schiller d. 13. atig. 1796; im texte
der Weim. ausg. in stattliches geändert.'); mit vielem ver-
gnügen gebe ich dir . . . die nachricht dasz in der gestrigen
leseprobe die Mohrin {Einsiedeis bearb. des 'Eumichen'
V. Terenz) recht gut vorbereitet worden. . . . künftigen
dienstag . . . wollen wir eine zweyte staatlichere leetüre
bey mir vornehmen, wozu du schönstens eingeladen bist.
16, 188 {an v. Einsiedet d. 12. febi: 1803). jedenfalls hat
Göthe also die lautgebttng nicht atis seiner heimatsmund-
art. so auch: staatliche besuche. Kosegarten bei Campe
{unter stattlich), vgl. Adelung unter e. die Schreibung
stattlich vertheidigt Heynatz 2, 444.
d) auch in mundarten scheint, soweit das wort über-
haupt üblich ist, langer vocal zu gelten; doch ist es nur
in östlicfieren gegenden bezeugt: tirol. 'stätlich, stalle',
l) stattlieh, festlich, vornehm geschmückt; 2) hoffartig im
anzuge {ob. Efsch).' Schöpf 702; 'stattlich, dieses edle icort
der Schriftsprache führt auch das landvolk in der Ober-
lausitz itn munde. . . . sie sagen gewöhnlich etwas gedehnt,
staatlich.' Anton 4, 12, vgl. 13, 6 {so richtiger, xceil von
Staat, j««te herkommend); altenb. stootlch (dos soch stootlch
aus) Pasch lOO. (Schmeller- 2, 7% belegt stattlich nur
aus der altem spräche.) nach Adelung {s. unter e) ist
das wort besonders oberd., und Heynatz Antibarb.2,iH
bemerkt: 'die Oberdeutschen gebrauchen stattlich etwas m
häufig, oft wo gut hinreichen würde', {vgl. unter II.)
e) die altem nhd. Wörterbücher pflegen ebenfalls stattlich
als ableitung von staat aufzufassen, so: stattlich, quod
in stto genere eximium est, a stat qualitas. Wächter 1.593.
Stein BACH 2, 687 und Frisch 2, 313» stellen es unter staat,
obwol sie stätlich schreiben, ausdrücklich leitet es Ade-
lung ton Staat, pomp, pracht, ab; er vergleicht engl.
stately, schwed. stätelig, böhm. statecny, und bemerkt
1035
STATTLICH (}, 2-6. II)
STATTLICH (H, 1)
1036
tceiter .- 'die Hochdeutschen braticJien dieses wort auch, . . .
d-och nicht so häufig als die Oberdeutschen, denen es ilberaus
geläufig ist. es ist ohne zioeifel von staat, pracht, poinp,
und fiele gemeine mundarten sprechen es auch sehr richtig
staatlich aus, nieders. staatsk. indessen i,st im hoch- und
oberdeutschen die kurze attssprache des a und die Ver-
doppelung des folgenden mitlauters die gewöhnlichste, auf
icelche art es denn auch am häufigsten geschrieben toird.
ähtUich Campe (stattlich 2 und staatlich l). — noch früher
kommt eine andre ableitung vor, die auf der geicöhnlicfien
atissprache mit kurzem vocal beruht: statlich, statlicher,
statlichster, adj. et adv. propr. id. esset, quod städtisch,
sed crponitur: solennis, excellens, praeclarus, splendidus,
lautus, opiparus, egregius, exquisitus. Stiki.eii 2113/. U7id
so schicankend: statlich, per abuso stattlich, adj. di grand'
uso [da Stadt, cittä quasi städtisch, overo da stat, stato
quasi statisch, stattlich] pomposo, superbo, splendido,
eccellente, grande , magmfico, reale, ricco etc. v. vortreff-
lich, herrlich, köstlich etc. prächtig etc. Kijamer dict.
2, 913». vgl. dazu 3. — die ableitung von mhd. state zu-
erst (?) bei Schmei.ler'^ 2,7%, doch mir für die bedeutung
'reichlich, ansehnlich, prächtig'; daneben stattlich 'icas an
seinem orte ist. gehörig' von stat, loctis. diese letztere er-
klärung ist abzuweisen, weil die umlautslose form statelich
tceitaus überwiegt, und die wenigen fälle von unilaut sich
aus einflusz der abhitiingssilbe verstellen lassen, die ab-
leitung von State ferner bei Wkigand 2, 801. Kluge** 376**.
Paul «s*».
3) es findet sich aber in der altern spräche auch eine
wirkliche adjecHvbildiing zu studt, nö/.ts. sie begegnet
vom 15. — 17. jahrh. (belege v. 1471 — 1616) in oberd. quellen
{besonders der Schtceiz, ferner bei Keisersbero, in Nürtib.
thron, und Salzb. taid.), fast immer in der Schreibung
stattlich (daneben mit umlaut stötlich Salzb. taid.) und
meist in der bedeutung 'bürgerlich, civilis, politicus', doch
auch in dem abgeleiteten sinne des lat. urbanus; von den
Wörterbüchern haben sie Dasypodius, Maaler u. Henisch,
8. sp. 479 und Lexer m,hd. handxcb. 2, 1149. nachzutragen :
politicus, ein statlicher. DiEi'. gloss.Ub^(emle des 15. jahrh.).
wol auch . disz gebürgig und freisam volck (doch jetz
etwz freündtlicher, und mer statlicher sitten gewonet).
S. Franck tceltb. 64". später ist diese bildung zu gunsfen
von städtisch aufgegeben; Stieler kennt sie nicht mehr,
vgl. unter 2,e. vgl. auch unten II, 6, c (Rufe).
*) stattlich als verbaladj. zu (ge)statten führt Campe (l)
auf: eine stattliche bitte, dies ist nicht stattlich (danach
Wkigand 2, 80l), doch bemerkt er selbst, dasz es nicht ge-
wöhnlich sei. ea ist wol eine theoretische bildung, die nie
mala in gebrauch war.
5) statlich, stetlich findet sich in de?- alten spräche öfter
als gleielibedeutende Weiterbildung des adj. stät, stet; so
schon 6ei Williram 14**, 6: stfttlicho büentiu, vgl. (iitAi'P
6,647; mild, statlich, stÄt(e)Iich, meist als adv. -liche(n),
a. Lexer luindwb. 2, 1147; mnd. nur als adv. stadelike
Schiller -LÜRBEN 4, 351» und stedeliken, -likes 373''.
a. unten stetlich. die abgrenzung von stattlich ist nicht
immer ganz deutlich und aicher.
6) ähnliche formen mit umlaut aonat vereinzelt in ver-
aehiedenen bedeutungen.
a) 'endlich' und 'stedlich' heyst 'festinanter'. Luthbk
29,446,20 Weim.auag. (zu Luc. 1,.TO, vgl. oben statt II, A,4,c, #,
»p. 966). — doch scheint auch stattlich vereinzelt die be-
deutung 'aogleich' zu haben: dieser Unfall nahm jhm die
edelsten gliedcr desz leibes ein , dasz er fast stattlich
verstarrele. Opitz Arg. (\nu) 2, 120.
h) 'schädlich, nacht/teilig' (?): da« yman den andern
yrrct an «yner clagc mit rufonc adir mit schcldone adir
mit anderen unrechte, daz em stcdelich sy an »ymo rechte.
»äeha. fneichhü/trecht v. 18H1 cap. 25 (». 18 Walther), du die
bedeutung nur die im glosaar angegebene sein kann, so
mochte man druckj'etder für «cedojich annehmen; doch
scheint «c für «ch sonst nicht vortukommen.
II. die ttcdeutting den nhd. wortea iceiat veraehiedene
nuaneen auf, die jedoch manchmal, so unltestimmt und alt-
ftmein aind und mt manniz/fneh in einander übergehen,
tUut ein« getunte präeiaierung und sondening kaum min/
lieh iat. die tutchstehende dmrattUung hält im ganzen die
ehroHologisehe folge ii%m.
1) im 16. jahrh. (ganz vereinzelt später) begegnen aus-
drucksweisen , die noch mehr oder weniger deutlich die
herleitting von mhd. state erkennen lassen.
a) unter günstigen umstätxden, bequem, sicher, vgl. statt
II, B, 3—6: hiemit befehlend den . . . d. Luther . . . bey
solchem gleit zu schützen . . , auff das er desto statlicher
und sicherer, on beschwerung, durch und fflröber kernen
mfige. 'hertzog Fridrichs . . . zu Sachsen gleitsbrieff' v. \Wi\
bei Luther 1,435»; ähnlich noch: es bedurffte bey jhnen
nicht viel bittens, weil jhnen ... die gelegenheit, dar-
nach sie ... fürnemblich stunden, so stattlich an die
band gegeben ward. Opitz Arg. (1644) 2, 409. vgl. den eisten
beleg unter 4, o.
b) von nutzen, nützlich, vgl. statt, II, B, 7, sp. 97"! ; so
einmal mit umlaut: o edles pferdt Douctin, umb deinent
willen bin ich fast betrübt, das ich dich an ende und
ort mir gefeilig, nit fürn mag, . . . wann du mir offter-
mals in streiten und manchen wegen, stettlich ge
wesen bist, und deiner getreten dienst sage ich dir
grossen danck. Fierrabras (1533) G l».
c) häufiger in der Verbindung stattliche hilfe, förder-
lich, ausgiebig, wirksam: welcher gestalt die Hungern
durch den langwürigen krieg ... in gantz Unvermögen
kommen, also, dasz sie für sich selbst, ohn anderer
christglaubiger gewalt, und hülff, dem Türeken allein
kein widerstand zuthun vermöchten, unnd darumb aber-
mals umb ein stattliche förderliche hülff . . . gebetten.
reicJistag absch. s. 161 (Nürnb. 1524 §30); die statliche und
horliche hilff wider den Türeken. Weim. urk. v. 1527 bei
DiEF.-WtJLCKER863. adverbial: und(das f rank, reich) 'wurd
also darumb tailt, das ain brueder dem andern dest
füeglicher und statlicher zu hilf möcht komen, so ain
iedlicher in seins bruedcrn tail auch land und leut . . .
het. AvEN TIN chron. 2, 132, 10 (läszf .^ich auch unter a eiri-
reihen). — von arznei: holderblüe ist stattlich hieher zu
gebrauchen. Minderer ici Schm.^ 2, 796. — in demselben
sinne auch stattlicher widerstand: welchem {dem Türken)
stattlichen widerstandt zu thun, die unvermeidentlich
notturfft erfordert, reichstag ah.9ch. s. 164 (Augsb. 1525);
sich auch unterfienge der Sünden lust und begierd in
dem fleisch einen statlichen widerstand durch den geist
zuthun. Gretter erkl. der ep. Pauli an d. Römer (1.566)
458. adverbial: damit im (Aiifigonu.s) obg'nant neu künig
dester statlicher widerstand tuen möchten, treulicher
einander halfen, verpflichteten si sich auf ein neues
zam. Aventin chron. 1, 378, 13; als e. keyser maiestet . . .
einen gemeinen reichstag allhie gen Augspurg gnedig-
lichen ausgeschrieben . . . von sachen, unsern . . . erb-
feind, den Türeken betreffend, und wie demselben mit
beharlicher hülff statlichen widerstanden . . . müge werden.
Melanchthon corpus doctr. Christian. (1.560) vorr. zur
Aug.<>b. con/. B 1». .so auch: und wo nit statlich darwidcr
gehandelt, {wird er) die itztbcnant christlichen laut
leiciitlich bezwingen. Nürnberger urk. v. 1522 bei Diek.-
Wi)LCKER 863.
d) stattlicher beweis; entsprechend adverbial: item un-
bekante zeugen, sollen auff anfechtung des gegentheyls
nit zägelassen werden, es würd dann durch den, so die
zeugen stellet, stattlich fürbracht, dasz sie redlich und
unverleumbt weren. (larolina art. 63; so vereinzelt noch
im iH. jahrh.: Paulus hat dicRz in seinem ersten brief
an die Korinther so stattlich dargethan, als hält" er im
geiste blos auf unsere Zeiten gesehen. SciiriiAicr leben
u. gesinnungrn 2, 217; das gegeiüheil : der först sAlIe der
frewntschafit des gefangnen verprochen und miss«>tHt
schrifftlich zustellen odder die frewnt«cliafft zu yhme
lassen, damit sie yhn, was er unrecht, darvon doste »tät-
licher möchten weisen. Luther 23, 4«2. 23 HVi»i. ausg.
mm gehr. 8,416»; die zween treffliche nienner, Lyra und Bur-
gcnsis, haben . . . der jftden undeligs doulon {der srhrift),
trcwlicli beschrieben, und furwar statlich verlegt {wider
legtl H, 49». dam ferner: und nachdem aber (rf. nach
ricIU von) obgemelt solihichtcn und des pundischen hccr»
. . . emRlIichN hnndlung und straf, hieher goin Roten-
burg so glaubhaftig und ntnttlich gelangten, das die
ganz offcnpar und nit mer vou dem aiigofnllen, auf-
rurigen geÜifel zu laugen oder zu verdecken war. quellen
zur geaeh. dta bauernkr. au« liotenburg an d. Tauber a. 461
1037
STATTLICH (II, 1. 2)
STATTLICH (U. 2. 3)
1038
Baumann; Mentz hat etlich mal nicht dabey sein wollen,
weil sie es also durch einander gekartet haben, als man
statlich {mit grund) sagt. Spalatinus bei Luther 5,36^;
wie jhr dann dessen ein stattlich exempel an nnsers
Gurgelstroszlingers vatter Gurgelgroszünger 'werdet ver-
nemmen. Garg. s. 60 neudr.; als seyn syndici herrn
principaln zum nohtfall, und wann die dinge zum standt
des rechten kommen sollen, jhre und gemeiner stadt
frey- und gerechtigkeit mit gottes hülff, durch statlichen
schein (ausreichende beweise, documente) ... zu deduciren
erbötig. urk. v. 1595 bei Haltaus 1737.
e) stattliche Ursachen : dann weil sie natürlich gesatz
genant werden, so hätten ir weise und regel sollen von
ainem kurtzen weg der menschlichen vernunfTt durch
;an natürliche st&tliche ursach gefast und geschlossen
werden. Melaxchthon aniceisimg in d. h. sehr, deutsch
V. Spalatinus {Augsb. 1523) s. 38; solchem verdacht . . .
begegnet Paulus, eben mit dem, dasz er jetzund stat-
liche Ursachen erzelet, warumb jn so hart nach Rom
verlange. Gretter erkl. d. ep. Pauli an d. Römer (l566) 37.
/) den Wendungen unter d entspricht auf der andern
Seite stattlich glauben, fest, zuversichtlich: allein das
einige stück bey uns in die obren getragen, als sollte
sich ungehorsam, aufruhr und frevel wider die oberkeit
bey euch eugen {ereignen), welchen ich doch bis auf
kundschaft des andern theils nicht habe stattlich glauben
wollen. Luther briefe 3, 464 {vom 31. mai 1529). — häufiger
einen vertrag i«. ähnl. statlich halten, fest, genau, vso
sich statlich sehr der bedeutung von stetlich (= stet, stät,
s. das.) nähert: und damit sölich einung und vertrag
dester statlicher gehalten und gehanthabet werde. Ans-
HELM Bern«- cÄ/o«. 3, 249, 21 ; damit aber dis kristlich
Ordnung und Vereinigung dester statlicher volzogen und
gehalten werd. 5, 168, 15; auch: so war kaiser Valens
arianisch, wolt, damit si dest ainiger warn und frid
dest statlicher gehalten würd, das die Teutschen, die
Gueten, im glauben des römischen kaisers mainang
halten sollten. Aventin cAron. l, 1077, 27.
2) meistens bedeutet statlich im 15.— 16. und bis ins
17. jahrh. 'ordentlich, gehörig, geziemend', ztiiceilen auch
'in aller form, förmlich, offiziell, feierlich'.
a) als adj. .- deshalben jch zuesambt jn . . . e. k. mt.
bevelh und fürnemen zu fnrdern vleis tun und aber
khainen statlichen abschid (bescheid) erlanngt. urk.
Maxim, nr. 27 Chmel (vom 2. märz 1494); dieweil aber jhr
keyserliche mayestat dieser zeit, mit höchsten und be-
schwerlichen obligen verhindert, . . . haben jhr keyser-
lich mayestat . . . uns, als jhr mayestat commissarien,
unnd gewalthaber mit stattlichem vollkommentlichem
befelch unnd instruction zu diesem reichstag verordnet.
reichstag absch. s. 164 {Attgsb. 1525); vgl. {in den späteren
ginn umgedeutet): magnificentissimis decretis honestari,
gewaltige stattliche befehl bekommen. CoVivinüs fons
latin. 318'; wolbedechtigklich mit zeitlichen und stad-
lichem gehaptem rathe. Mansf. urk. v. 154€ bei JLvltaus
17.37; desgleichen auch die Jurisdiction ietzo diesser zeit
furderlicher dann zuvor ye eine stadtliche handthabunge
und auffsohunge bedarff. ebenda {urk. v. 1525); damit der
obrigkait statliches gericht fürderlich gehalten (werde),
tirol. ieei.<»th. 4, 630, 1 ; dar hen tho senden eyne statylyge
boedschop myt eyner fulenkamen fulmacht. monum.
lAvoniae ant. 4, 209 {vom j. 1572). ähnlich noch später,
mit andrer ntiance: ein groszer reichstag hatte, wie solche
Versammlungen in der regel, kein anderes resultat, als
stattliche beschlüsse. Schlosser uxligesch. »,339 {vgl.
unten 6). so auch .- zu Lyon in Franckreich slifltete er
{kaiser Claudius) unter den rednem und poeten bey des
Angustns altare eine stattliche ubung, und satzte vor
die so gewinnen oder verlieren würden, gewisse ver-
ehning und straffen aasz. Opitz i, var. 4*.
b) häufiger adverbial, in bezug auf staatliche dinge, Ver-
handlungen und beschlüsse, gericht u. ähnl.: will von
Städten und markten, wiewohl die von der prälatur nicht
stattlich hier sind, nichtsminder unsre nothdurft er-
heischen, bayr. landtagshandl. 13, 107 {prälaten- u. städte-
ausschusztog 1.500); nach dem nachtessen warn gemelte
gesandten der von Rotenburg vor gemelten churfursten,
i forsten, oberstem feldhauptman, pandsräten ond andern
stenden in gemeltem newen hof, darinnen sie all statt-
lich Sassen und versamelt warn, erschinen. quellen zur
gesch. des bauemkr. aus Botenburg an d. Tauber s. 470
Baumann. — stattlich handeln, verhandeln: der fürst,
der in des alten Jagsthaimers haws, darinnen sein gnad
zu herberig lag, mit aim rat, so auch darinnen was,
stattlich handeln liesz. s. 558 ; und also . . . obgedachte
churfursten unnd fürsten anff den ersten tag . . . de-
cembris ... zu uns her erfordert, in so beschwerlichen
Sachen . . . sampt uns stattlich zu handeln , zu rath-
schlagen und zu beschliessen. reichstag absch. s. 173 {Esz-
lingen 1526 § l) ; darumben ist von nötten, das bait richter
nit widerwärtig sunder ains sein, damit in söUichen
Valien statlich gehandlt und die leut durch der richter
irrung nit genaehtailt werden. Salzb. taid. s. 227, 30 (Eauris
1565); der bedeutung 1 nahestehend (vgl. l,c.d): damit auch
auff dem kunfTtigen concilio dester furderlicher, stat-
licher und ausstreglicher von der newen lere gerat-
schlaget . . . werde. Luther 15, 274, 8 Weimarer ausg.
(= sehr. 2, 433'') ; damit auff solch formliche gründtliche
beschreibung stattlich unnd sicherlich {eerto recteque
GOBLEH, tuto et libere Remus) geurtheylt, oder wo es
nott thün würde, darausz nach aller nottnrflt {bei höheren
instanzen) geradtschlagt werden möge. Carolina art. 189;
alda sein herligkait die tail statlichen in clag und ant-
wort vernomen und darauf den nachvolgenten entschidt
geben, steir. taid. 468, 18 {albenbr. v. 1550). — item mit
den apoteckem statlich ze reden, daz sie darob sein . . .
d. städtechron. 10, 369, anm. 3 {Xümb. quelle v. 14831; item
des Unwillens halb, so sich zwischen hertzog Cristoffen
von Beyrn 2C. und grafen Balthazarn von Swartzburg
mit smehen worten begeben hat, ist verlassen, zu beden
herren zu bescheyden und statlich mit ine ze reden.
382, anm. l (1487); und als nu der rat sollich ir antwurt
vemam, ward wider zu in geben und in gar statlich
ertzelt, wie die von Streitparg besloszt und gefründt
leut wem. 2, 75, 38 {Nürnb. rathsverh. v. 1444) ; dem haben
wir anhewt unser ratsbottschaft stattlich zu und ent-
gegen geschickt, quellen z. gesch. des batiernkr. aus Soten-
burg s. 535 Baumann; nach dem durch unsere und des
heyligen reichs churfursten, fürsten unnd andere stende,
stattlich an unsz gelangt {uns gehörig berichtet ist). Caro-
lina, vorr. (s. 4 Köhler-Scheel). — imser ratsboten haben
nicht künnen vermercken noch versteen, daz derselbe
fürst marggraff Albrecht sulch dargelegte rechtbote, die
doch von des vorgenanten herren von Heideck und
unsem wegen so gar statlich und volliclich geseczt sein,
aufnemen oder sich der genügen habe laszen wollen.
d. städtechron. 2, 136, 3 {Nürnb. quelle v. 1449) ; auch ward
in {deji sohlaten) statlich bevolhen, daz sie den gensen
und hünern nit solten nachlaufen. 244, 24; s. attch 27, 184, 7
unter 1, 2, c. feierlich: versprach er {Lucifer), jhro in
gegenwertiger seines reichs versamlung vor andern höl-
lischen geistern stattlich zu gedencken, auf dasz männig-
lichen kund werden möchte , wie so gar treue dienste
er niemalen unbelohnet gelassen. Philander 1,66.3.
3) in der altem spräche wird stattlich häufig als all-
gemeines lobendes beitcort gebraucht; vortrefflich, ausge-
zeichnet, herrlich: statlich (adj.) lautus; egregius, spün-
didus. Stein BACH 2,687; staÜieh, adv.irtagnifice, splendide.
Frisch 2,313», vgl. Stieler und Kramer unter I, 2, e.
so besonders im 16. — 17. jahrh., doch auch im 18. nicht
selten und vereinzelt bis ins 19. jahrh.
a) stattliches 2unt und dergl.: also hat Moses einen
stadlichen beruff . . . denn alhie mus dieser stammeler
und armer betler ausrichten, das sonst vier könige
nicht vermöchten zu thun. Luther 16,59,28 Weim. ausg.
{zu 2 Mos. 4, 14 jf.) ; unsere gröste ehre ist, stathche ämter
und dienste zu erlangen, um dadurch geehret zu werden ;
wir seyn tichtig und geschikt darzu oder nicht Butschky
Paihmos s. 251 ; ein statlich amt, carica insigne, cospicua,
eceellente, riguardevole. v. ansehnlich. Kramer diet. 2,913''
(ein stattliches amt, ein ansehnliches, einträgliches. Ade-
LU.MG2); statlicher titui, titolo superbo, predicato eceel-
lente. ebenda (ein stattlicher titel .Aiielung i); statlicher
name, nomen honeatum, pulcherrimum. Stieler 2114.
b) besonders im 17. jahrh. aueJt voti menschen; ange-
sehen, vornehm, attch für reich (vgl. statt II, B, 4, sp. 975):
1039
STATTLICH (II. 3)
STATTLICH (II, 3)
1040
oder ich sey des teufTels, wa ich nicht meh dann sechs
monat einmal freie tafel daselbst hielt, als der statlichst
{nobehte, freigebigste^) rector zu Padua unnd Doli. Qarg.
s. 386;
villeicht kan ich dir beystandt than
durch fQrschub meiner stadtlicben freundt.
AvRER 581, 31 KeUer;
stattliche person und grrosse gaben,
selten was puts auszgericht Haben. Petri Tt l* ;
wie jezt unsre feind, so statlich, stoltz und erosz,
dir, nerr, und uns zu spot jhr aigen lob erklingen.
Weckhkri.in ged. 18^ {pn. 74, 20);
vgl.: regina, eine königin, eine stattliche und reiche
frau. ConviNUS fons lat. öil*»; ein statlicher mann, un
huomo ecceUente, nguardevole, valente, it. di qualitä, di con-
ditione, di stato, di conto, di alto affare. eine statliche
frau, %ina donna, dama, matrona di qualitä, di nascita.
statliche leute , persone, gente di conditione. conMdera-
tione. Kram ER dict. 2,913''. später mehr im .tiniie andrer
Vorzüge. tiUhtigleeit im bertif, bildung u. ähnl. : dieweil
doch e. f. g. ohne das mit statlichen, und der rechte er-
fahrnen leuten gnugsam gefast seyn. Braunschw. urk.
V. 1557 bei Haltaus 1737; ich habe gar zu viel exempel ..,
dasz auch die edelsten und geschicktesten gemüther,
wie statlich sie sich immer angelassen, durch allzu
frühezeitige Verschickung sich verderbet. Schoch stud.
leben As* (1,2); darumb were mein rath, wir wendeten
das geld lieber an einen stattlichen vornehmen mann,
der uns auch was rechtes weisen könte. (vorher: wenn
wir mit einem vornehmen professore der collegia wegen
über haupt schlössen.) B4''(l,3); wendet solches (geld)
nicht unnütxlich, sondern zu euern besten und zu euern
studiern an, damit auch einmahl stattliche und wackere
männer aus euch werden mögen. 8»; es seynd gewisz
gar statliche und vornehme kerls. F 1» (2, 4); nun schiene
der kerle anfangs trefflich reputirlich, dasz dem hoff-
meister selbst angst war, ob er den stattlichen quali-
ßcirten menschen hoch genug respectiren würde. Weise
erzn. a. 40 (24 netidr.); die sämtlichen herren erfreuen
sich, dasz sie so statliche und gelehrte leute zu sich in
die gemeine bekommen sollen, comöd. probe 26S; wir ...
erfreuen uns, dasz wir so statliche und treffliche leute
in unserm lande haben. A.Gryphius 1,729 (Pe^.Sjuenfa 2);
ein statlicher prediger, un predicatore ecceUente, valoroao,
valente. ein statlicher medicus, musicus etc., un medico,
musico insigne. v. unvergleichlich. Krämer dict. 2,913'',
danach Adeluno (2), der fortfährt: 'ein stattlicher mann,
eine stattliche frau, von vielen Verdiensten und Vorzügen',
und toeiterhin stattliche gelehrte männer als oberdeutsch
und stattliche aufgeweckte gemüther aus Opitz anführt.
ganz vereinzelt begegnet stattlich in ähnlichem sinne (an-
gesehen oder ehrenhaft) noch im 19. jahrh. : in einigen
orten Wirtembergs war ehemals die gewohnheit, dasz
ehezwistigkeiten, ehe sie zu sehr überhand genommen,
durch einen stattlichen , untadelhaften mann im dorfe,
den man den datte nannte, der aber unbekannt blieb,
gerügt und bestraft wurden. Mörike erzähl, a. 426. —
dazu auch : er ist reich, und von stadtlicher freundschafft.
Heinr. Julius v. Braunschweig a. 94 Holland (Sua.
8,6); bald kamen herfür getretten, Nero, Domitianus,
, . . neben anderen tyrannen mehr, als Lucifer sie sähe,
sprach er: das ist bey meiner flnsternusz eine vortreff-
liche adelbursch und stattliche gesellsohafft. Philander
1 , 575. — geht dann allmählich in die bedeutung 6 über ;
*9^- ■■ auch RauclB und Pbilemons htltte
war, iiafrt die fahel, ene und klein,
und lichreicb ki-hrten doch bey ihnen göttar ein.
mIk Janen in des treuen paares zUgen
die innige Verlegenheit,
so statllicben benucb nach wflrden zu vergnOgen.
(JoriBR 1, 876.
e) ungeteöhnlieh ist stattlich als lobendes bei%cort von
(eonereten) dingen, im sinne guter qualität: statlicher
wein, vinum generosum, nobile. Stiklkr ntU; vino eccel-
lente. ßno, perfetto. Krämer dict 1,918''; ein itattlicher
wein. Adkluno (2). vgl. unter*.
tt) von ahstracten, neben tynonymni ausdrücken: in
dieser weit gehet nichts Über den menschen, in menschen
nichts über die neeie ; in der aoele nicht« herrliohers als
die Temanin, in der vemunfft nichts statUichers als der
verstand, im verstand nichts köstlichers als die weisz-
heit. ScHUPPius 563.
e) häufig dagegen in bezug auf menschliclie thätigkeiten
und deren resultat : opus egregium. ein stattlich werck.
CoRViNUS fons latin. 306»; eine statliche rede, un dia-
corao ecceUente. eine statliche antwort, una bella com-
pita rispoata. ein statlicher schlusz (l. schusz), un tiro,
una sparata ecceUente. Kramer dic<. 2, 913'' ; eine statt-
liche rede, antwort. Adelung (2); er hielt eine statt-
liche predigt (oberdeutsch). Heyn atz Antibarb. 2, 444; Nero
war von art zur poeterey geneiget , und hat ohn alle
müh einen stattlichen vers weg gemacht. Opitzi, vor»-.4*;
(Timoleon ist) durch stattliche und herrliche siege be-
rühmet worden. Schuppius 526. ähnliches in neuerer
apracJie (mit annäherung an die bedeutung 6) : ich bereite
ietzo ein stattlich stück arbeit zum druck. Göthe briefe
2, 64; viel glUck zu dieser stattlichen bemUhung.
TiKOK 3, 418 (Fortunat II, 4, 3).
ao auch: divine cogitare. stattliche sinnreiche gedancken
von etwas haben. Corvinus/o»w latin. 199^; diese Ver-
bindung yioch bei Göthe: der gedanke, jeden ankömm-
ling erst durch eine reihe würdiger erinnerungen an be-
deutende vorfahren durchzuführen, ehe er an das eigent-
liche thor gelangt, wo das tägliche leben noch sein
Wesen treibt, ... ist ein stattlicher, geisterhebender ge-
danke. 44, 144.
f) mit verbalaubatantiven , das verb um^sclireibend ; ao
früh in der kanzleisprache : das solcher jarmarckt dester
statlichern fürganng gewynnen, und in bestandt bracht
möge werden, urk. v. 1495 bei Haltaus 1737.
g) ala adverb sehr gewöhnlich, in verschiedenen ainnea-
nuancen; zu e: statlich reden können, sajyer pariere ele
gantemente, sapere perfettamente l'arte del ben dire. Kramer
dict. 2, 913"=; statlich reden, praeclare loqui; er hat statlich
von dir gesprochen, laute de te diont. Steinrach 2,087.
ordentlich, eifrig, energisch: sich statlich verantworten,
defendersi, giustificarsi bravamente, altamente. Kramer
rfict 2,913''; er hat sich stattlich (tüchtig, nachdrücklich)
gewehrt. Heyn atz Antibarb. 2, 444; hierinen war herr
Hanns Jacob ganz geflissen, liess sich kein mühe betauren
und handlet ganz getrewlichen; glaub auch, waver man
den Sachen statlichen nachgesetzt, . . . die andern zwai
dörfer . . . weren zu stammen und nammen wider kommen.
Zimm. ehr on.^ i, 261, i; wie schwer es hergehet, zu der-
selben (der freiheit des studentenlebens) zugclangen, auch
was man vor mühe, arbeit, und ungemach zuvorher
vertäuen müsse; ist neben uns denen jenigen bckandt,
die ihre kindheit und ersten jähre in schulen zubringen,
und den kopff statlich dran strecken müssen. Schuch
stud. leb. A 5» (l, i); Pickelher. und der depos. agircn stat-
lich mit einander. F4»(2, 6); Pickelhering hilfft statlich
mit über seine herron. G 2'' (3, 3) ; also fürwar werden
etliche gefunden, welche stattlich bossen treiben, aber
gar nicht verständiger seyn. sie treiben narrenbossen
mit grossem f[l]eisz. Schuppius 742. vgl. dazu: diligentem
praeparationem rebtia incipiendia adhibere, stattliche pr«B-
paratoria zu etwas machen. Corvinus fons latin. 467».
gründlich, gut: auff allen handtwercken helt man in
deutschen landen den brauch, dasz keyner zu arbeyt
seines handtwercks gelassen wirt, er hab denn vor den
I andern meystern ein meisterstuck geübet, damit er be-
weise, dasz er sein handtwerck wol und statlich golernet
hab. Agricola sp}-idiw. 406. (diese icendung kommt noch
jetzt vor.) vgl. dazu: einen stattlichen grund in den Wissen-
schaften legen, 'im oberdetitschen'. Adkluno (8). auch:
domith der rath zä Augspurg . . . von solchen laslern
stattlich möge geburgiret und gerainiget werden, d. stMte
chron. 88, 433, Ifl (Augsb. zu 1478). mit ironischem anstrich
in Verbindungen tcie: statlich sauffen, statlich spielen etc.
bevacchiarr, giuocacchiare etc. bravamente, eccMentemente,
in ecceUenza. Kram kr diet. 9,919". dazu (?): bei solchen
herrloin ist gut wohnen, ... die sauffen guthertzig; et
quis non: wer weit nicht der öpffel, wann sie pfciscn?
es könnens noch wol disc, die es jnen mistgOnnen, und
doch nit so Blatlioh nachlliun können, wann es schon
predigkaulzen weren : fümenilich die den bäum brenten-
wein auszsohencken. (Jarg. s. 7i neudr. (oder sind die
epettder gemeint/ dann zu !i r); Courage nennet ihren
1041
STATTLICH (II, 3. 4)
STATTLICH (II, 4. 5)
1042
courtisan . . . Springinsfeld; dem ein fenderich auf der
Courage anstalt gar listig ein paar grosser hörner auf-
setzet . . ; kurtz , sie ziehet ihn trefflich bey der nasen
herumb und schicket sich stattlich in den handel. Simpl.
sehr. 3, 5, SS Kurz {Cmir., innh., 16. cop.); bin euch also,
es sey meinen vater lieb oder nicht, bald gefolget und
stattlich durchgangen. Schock stud. leben A ö'' (l, l);
so noch:
nein, der verstorbne herr (pfarrer), das war ein andrer mann,
der hatte recht auf seinen text studiret, . . .
die ketzer stattlich ausschändiret. Gellert 1, 207 (Jab. 2, 42).
nach Adelung (2) im oberdeutschen noch häufig für 'sehr,
im hohen grade', der dazu aus Opitz anführt:
klagt stattlich, seufzt und schreyt;
und: ich musz ja stattlich büszen.
auch: einen statlich loben, aliquem egregielaxidare. Stein-
B.\CH 2, GS". — zur Steigerung eines adj.: steht ihr aber
alle für einen mann, wenn ich die klage statlich arg
mache? Weise Tobias u. d. schwalbe (1682) *. 102 Lach-
mann (4, 8, vgl. : nur machts fein scharff. s. lOl).
4) oft geht stattlich in den bloszeyi qtiantitätsbegrijf üf>er :
reichlich, beträchtlich, diese bedeutung knüpft an state in
der mehr concreten bedeutung, s. statt II, B, 4, an; sie ist
vom 15. — 18. jahrh. in gebrauch.
a) so zunächst von der nahrtmg; adverbial: damit dasz
Tieh desto statlicher sein nahrung haben oder suechen
kan. steir. taid. 290, 41 {panordn. v. 1624; diese vericendung
läszt sich direkt an die ursprüngliche bedeutung anknüpfen ;
'datnit das vieh um so bessere gelegenheit hat' . . .); unsere
hirten . . . sassen zusammen unnd frassen zu beiden
bänden die wassemuteln und käszküchlin zu den wasser-
süchtigen hündisch trauben so statlich, als ob es umb
grosz gelt bestellt wer. Garg. s. 313 neudr. — auffällig
ist folgende adjectivische gebrauclisiceise, wo statlich nur
als qualitätsbezeichnung genommen werden kann: es (das
pferd) solte fest stehen bisz ich wäre auffgesessen, ich
wolt sein auff die nacht beym harren auch nicht ver-
gessen , solt ein sester statlichen CöUerthäler habern
fressen. Philaxder 2, 27.
b) so weiter: dasz man dester geschickter leut auf den
pfarren und pfründen haben und in statlich auszkommens
geraicht werden mag. Schade sat. «. pasqu. 3, 146, 18;
etzliche von Pomerellen, so auffs königs selten waren,
erstiegen in S. Andreas nacht, das schlos Golba, funden
darin 200 pferd, mit statlicher rüstung . . , darvon diese
;irme gesellen reich wurden. Hennenberger preusz.
landtafel (1595) 142. überhaupt von vermögen, besitz u. s. w. :
amplissimae fortunae, ein stattlich vermögen. Corvinus
fons latin. 46'^; statliche mittel, statliche reichthümer,
mezi, beni grandi, eccellenti ampie facoltä. statliche guter,
terre rieche, ricchi poderi. Kramer dict. 2, gis*". vgl. auch:
eine statliche heurath, luculentum, matrimonium. Stein-
bach 2, 687 {jetzt: eine reiche, glänzende partie). —
adverbial: Hispania ist mit allen dingen die . . , zusehen
lustig, oder zabrauchen nötig seind, überflüssig . . . süchstu
Silber, gold, edel gstein? disz land hats statlich. S. Fkanciv
wdtb. 69''.
c) auch, der bedeutung 5 näherstehend: ein statliches
geschencke, munus splendidum. Steinb.vch 2, 687; stat
liches geschenk, donum splendidum Frisch 2, 313». Ade-
lung (l). 80 auch noch heute, icobei sich leicht der neben-
sinn des nobeln einstellt, beleg: i. f. g. werden ihr eine
stattliche Verehrung geben. Schwein ichen i, 126. ad-
verbial: einen stattlich beschenken, *. Kramer und
Adelung unter 5, c; so wol auch {?): damit die bürgere
nnnd ire stat uns ...steitlich geert hant. Köhi. stadt
recht des ib. jahrh. bei Dief.-WOlker 863. — ähnlieh:
statliche versprechen, promesse grandi, alte, ampie pro
messe. Kramer dic^ 2,913''; ein stattliches versprechen.
Adelung (2).
d) anderes : denn in diesem jähre hat man nichts liebers
bisz über das mittel des may gewünschet, als eben einen
stattlichen regen. Praetorius glückstopf 224. — neben
quantitätsausdrücken : ohne das rindvieh und schaafe,
«o er (Salomo) zu gewöhnlichem opITer gebrauchen
müssen, so sich auch aufff eine statliche hohe anzahl
i wird belauffen haben, weil er allein bey der einweihiing
I des tempels zu Jerusalem zwey und zwantzig tausend
X. 2.
ochsen, und hundert und zwantzig tausend schaafe ge-
opffert. ScHUPPius 102.
c) adverbial in verschiedenen Verbindungen, von auficand,
ausgaben .- auch hat der vorgemelt fürst marggraff Albrecht
vor seiner bewarung (kriegsankündigttng), die er in tet,
statlich beworben (soldaten angeicorben). d. städtechron.
2, 143, 6 {Nürnb. kriegsber. v. l4-t9) ; nachdem . . . der rath
und gemeine der Stadt Halle albereit . . . sich stattlich
angegriffen, und berührte closter mit gebenden vor die
knaben und schuldiener zum besten angerichtet. Magdeb.
urk. V. 1567 bei Dreyh.\upt Saalcreys (1749) s. 801. von
der höhe einer strafe: wo es beschäch, [soll er] umb sovil
mer statlichen gestrafft werden, tirol. weisth. 4, 728, 47 ;
ähnlicfi femer:
es ist ein art der räche, zur zeit geduldig seyn,
gott, der Verleumdung hasset, bringt alles statlich ein.
LOGAU 3, 236 {zugäbe 103).
ferner: auch haben wir ewern hotten ettlich tage hie
bey uns verhalden . . . umb daz wir euch deste statlicher
(ausführlicher) und merrklicher westen zeschreiben.
d. städtechron. l, 464, 28 {Nürnb. rathsbriefv. 1438).
f) häufig steht das neutr. substantivisch, ein oder (et)was
statliches, bedeutendes, beträchtliches , z. b. ein gut stück
geld: diese zeit hat dokter Reiman, kanzler, in meinem
haus gelegen, mit welchem, ich alle abend einen rausch
trinken müssen, und habe an ihm einen guten freund
gehabt, wie wohl es mich auch was stattliches kostet.
ScHWEiNiCHEN 2, 359; den 29. dito ist Jocheim Gladisz
und ein Wiedebach zu mir kommen, und 8 tage bei mir
verblieben, welches mich auch was stattliches gestanden.
3,234; wir haben wol etwann gut gelt, welchs uns die
von London im Cahorland darfür (für die glocken) an-
botten, abgeschlagen: so betten wir auch wol ein stat-
liches mögen haben von den von Burdeo im Brierland,
welche sie kauffen wolten. Garg. s. 239 neudr. ; von wild-
brett kont man so bald etwas statlichs nit zu wegen
bringen; on einliff hauend schwein. 375; dardurch die
wild panns gerechtigkeitt umb ein stattlichs und merck-
lichs geschwecht würde, brief Philipps v. Hanau vori 1581
bei Haltaus 1737; über disz, ist einem von schlechten
herkommen eine zierligkeit und wolstand für andern was
statliches gesehen und begriffen zu haben. Schoch stud.
leben B 2» (l, 2).
5) häufig geht stattlich auf die entfaltung von prunk
und aufwand; eine bedeutung, die sich wol aus state her-
leiten läszt, wie ja mhd. stateliche ihr vereinzelt nahe-
kommt. Z. b. :
da manic kostelich gezelt
zierliche and stateliche stuont.
KoNR. V. WCrzburg Engelh. 2479,
die aber doch in ihrer ausbildung und Verbreitung den
einfiusz von staat nicht verkennen läszt. sie ist im 17. bis
18. jahrh. üblich; doch ist einzelnes auch der heutigen
redeweise nikht fremd.
a) so im allgemeinen, adverbial : sttmiuose, . . . mit grossen
Unkosten, sumtuosius et insolentius se jactare. gewaltig
pralen, sich sehr stattlich halten. Corvinus /on* fah'n.
■2-2S'^; sollennitas, ein sonderlich gepräng, ein sonderlicher
actus, dabey es stattlich zugehet. 686*; sich stattlich auf-
führen, condursi, vivere splendidamente , alla grande.
Kramer diet. 2, 913*.
b) insbesondere ein stattliches fest: zu diesem tage
werden seine (Tliaers) weitverbreiteten schüler bey ihm
in Mögelin zusammenkommen; sie gedenken ihm ein statt-
liches fest zu geben. Göthe an Zelter 419 (vom 11. märz
1824). im einzelnen : statliche hochzeit, nozze pomposissime.
Krämer dict. 2, 913\ Adelung (l). auch: statliche leich,
statliche begräbnis, funerali pomposi. Kramer a.a.O.;
stadtliches begräbnisz, ftmus amplum, septdtura honori-
fica. Stieler 2ll4; ein stattliches leichenbegängnisz. Ade-
lung (l). ferner: ein statlicher aufzug, egregius Processus.
Steinbach 2,687. adverbial: einen statlich empfangen,
aliqttem splendide accipere; er ist statlich in die stadt
ein gezogen, magnifice urbem intravit. ebenda, feierlich,
förmlich (vgl. 2): staatliche besuche, steife zirkel. Kose
GARTEN bei Campe, (dieselbe Verbindung in anderm sinne
s. 3, c.) staatliche lectüre, vor gröszerem publicum, feier-
licher, s. Göthe br. 14,187 unter I, 2, c.
66
1043
STATTLICH (II, 5. 6)
STATTLICH (II, 6)
1044
c) von g<tstmäM-em und mahlzeiten, wobei {in der regeV)
mannigfache, reichliche und kostbare gerichfe auf den tisch
kommen : ein stattliches freudenmahl. 3 Maccab. 6, 3 (l. 30)
ie» Adelung (in der bibel v. Danzig 1625 dafür: ein frewden-
reiche fröliche gastarey);
aber nachdem sie die äugen gesättiget, jenen {hirsch) bewun-
dernd,
wuschen sich alle die händ' und beschickten den stattlichen
festschmaus {rei^ovx' iQixvSia (taZra).
Voss Od. 10, 182.
ejnilae . . . sunt privatorum sed lautiores, eine stattliche
jrasterey, ein panquet. Cokvinus fons latin. 235*; stat-
liche tractamenten, statlich essen, trattajnenti alla grande,
da prencipe, reali, badiali. Kram er dict. 2, gis*»; stattliche
mahlzeit, un grand et sonipfneux bancquet. Hui.sius dict.
307»; eine statliche mahlzeit, prandium luutum. Stein-
bach 2, 687; die herren des klostcrs luden mich ein, zum
fasttage bey ihnen zu essen, dieses ist die einzige mahl-
zeit, die ich in Italien bey Ilaliänern genossen habe;
und sie war stattlich. Seume (182G) 3, 73. auch: das ist
ein stattliches (gutes) gericht essen. Heynatz Antibarb.
2, «4 {als oberdeutsch). — adverbial: honoi-ißce, laute ali-
quem accipere, einen mit grosser reverentz, und einem
herrlichen banquet empfahen, stattlich tractieren. Cok-
vinus fons latin. 119»; copiosus . . . der da stattlich trac-
tiret, wenn er gast hat. 171»; sie sind stattlich tractirt
worden, sono stato trattati honorevolmente. Hulsius (1618)
238»; einen statlich tractiren, bewirten, beschencken,
trattare, accogliere, regalare uno magnificamente. Kram er
dict. 2, 913*», vgl. ADELUNG (l); in deine er {mein vater)
vorhero sich die gantze woche mit milch und grobem
brod behelffen, ja, wann er stattlich leben wolle, meiner
meuder um einen häbernen brey zu füssen fallen muste.
Simpl. 2, 294, 16 Kurz (3. contin).
6) gewöhnlicher enftcickelt sich die bedeutung des Wortes
in der richtung weiter, dasz stattlich auf die äuszere er-
scheinung geht, hier ist also die ursprüngliche beziehung
auf State ganz erloschen und die secundäre zu staat zur
Jierrschaft gelangt. diese vencendung setzt schon im
\6. jahrh. ein, udrd aber erst in der neuern spräche recht
üblich und ist seit dem 19. jahrh. so gut wie allein
lierrsckend. dabei geht der anfängliche sinn des präch-
tigen, schönen, groszartigen immer mehr über in den des
ansehnliclien. imposanten, was den eindruck von Wohlstand
und würde macht.
o) aeJir üblich von kleidung und schmuck: stattliche
kleyder, accotistremens somptueux et pompeicx. Hulsius
dict. (1616) 307; ein statlich kleid, statliche kleidung, stat-
liche kleider, un habito etc. pomposo, superbo, mugnijico,
afoggiato. Kramer dict. 2,913»; mit keinem wollen zu thun
haben, als die statliche kleider tragen. 913''; Käthe...
sollen denn die kleider schön seyn? Pickelliering lacht.
so schön und stattlich als sie werden können, eines
für den Juncker, und das andere für einen reichen fucker
eines kaufTmanns söhn, das sol noch statlicher seyn.
ScHOCH stud. leb. D 5'' {unterh. l); an königshöfen ist die
art , nur stattliches gewand , rosse und gesinde geben
dem beiden ein ansehen. Freytao 8,72 {ahnen i,\,b);
staetlick wandt van cannesin colAr.
Laurembbrg tchertzged. 2, 646 ;
aber wir sollten doch sehn , wie es aussiebt , wann dich der
vater
moffen bei uns antraut, in dem stattlichen ehrengewande.
Voss 1, 188 {Luite 3. 131).
im einzelnen : jre {der münner) rock, mäntel und kappen
eben ho statlich als der frawen, mit guldinen knöpITcn,
oder dickbckröszten fransen, hafTten, ketten, wie die
reichen Holsteinjunghern. Garg. ». 461 neudr.;
anter die giftnzenden fUsz' auch band er sich stattliche sohlen
{xaXd niHda). Voss Od. S, 4;
ein statlicher scbmaok, mumfu« j>ro«c/4tru«. Steiniiacii
», mn-, ^
M sind behengt mit staedliken güldenen keden,
de wol gekamen sind van den kopperschmeden.
Lauremhkro trhertsfied. 8, S83 ;
bindet mir einen rechten stattlichen ärndtckranx. Ciiii.
F. Wbisb kom. opem S, SM {d. ürudlrkr. 1,8), vgl. AoKl.UNO
(l). von rüttung und teaffen: aber was haHl du da für
ein »UtUiohes pulverhorn? C. F, Meykh JenatMch a. 48;
da kam der landvo^t gegen mir daher . . .
und sah mich mit dem stattlichen gewehr (der armbniff)
daher geschritten kommen. Schii.i.er 14, 341 {Teil 3, 1).
so scJierzhaft:
bestraft den narren, welcher ins walTenfeld,
mit gänsespulen stattlich bewatTnet, zog.
HöLTY 81 Halm,
auf den träger übertragen; jemand stattlich machen,
schmücken: mein käinmerer gibt dir ein schönes gewand
aus den truhcn, das wird dich stattlicher machen im
Volk, als das runde blech. Freytac; 8, 64 {ahnen l, l, 4).
adverbial: sich statlich kleiden, statlich aufziehen, stat-
lich gekleidet gehen, vestirsi. vestire pomposamente, sulle
foggie. Krämer dict. 2, 91.S''; stattlich gekleidet seyn. Ade-
luno (l); da er {der könig) aufl einem helffenbeinern . . .
thron . . . sitzet, mit köstlichem subtilen leinwande (schier )
purpur (scharlach) und statlich gestickten triumphkleidern
{frabeaque acupicta magnißce) prächtig bekleidet. Come-
Nius sprachenth. 675; stattlich gekleidet und gewafTnet
zeigte er gleichwohl nichts von dem übermütigen pompe
der kriegsknechte jener zeit. Keller 6, 337; auch fräulein
Hansa putzte sich auf meine bitte stattlich heraus; sie
rauschte in schwarzer seide einher . . . und hatte einen
groszen ägyptischen scarabäus vorgesteckt. 7, 307 ; deine
knaben kamen zu guten rossen und ziehen stattlich ein-
her mit gefüllten sacken. Fheytag 8, ai {ahnen i, i, ö);
die frau war . . . schön , stattlich gekleidet und trat so
herrisch einher, als sei sie eine fürstin. Brentano-Elre
chronika 9. 57;
mit käppchen und kreuzchen, mit mantel und kragen,
ward stattlich Hans Beiidix zum abte geschmückt.
Bürger 67» ;
(^"» ^^^'^^ Ilion! Ilionl
du braut des Jammers ! ha, wie stattlich
prangest einher du im fackeltanze!
umgürtet mit dem flammengewande . . .
Stolbero 2, 143.
b) domus magnißca, ein stattlich oder herrlich haus.
CoRViNus/o/w latin. 213»; stalliches haus, aedes basilicue,
magnificae. Stieler 2114; ein statlich hausz, statlicher
palast, una casa reale, magnißca, palazzo superbo. Kramek
dict. 2,913'»; ein stattlicher palast. Adelunu (l); so schon:
eben so wenig als man an einem stattlichen gebäw die
heimlichen gemach . . . und örter, dahin man allerley Un-
lust und wüst läret . . , zustrafTen pfleget, seitenmal ja
dieselbige absönderungen unnd heimliche ort unnd ge-
mach auch inn dem allerstattlichstcn pallast sich nöttig
erweisen. Fischart Bodin (l59i) 6»; wir . . . kamen end-
lich zu einem sehr groszen dorfe, in welchem . . . statt-
lichere häuser des Attila waren als irgendwo anders.
Freytag 17 (iiWer l), 157 ; er kaufte alte häuser an für
eigene rechnung, risz sie nieder und baute an der stelle
stattliche bürgerhäuser. Keller l, 22;
und in der mitte steht sein stattlich haus. 10, 83;
nur in den stallen, die hinter die stattlichen häuser verdteckt
sind,
wird's allmälig lebendig.
Hebbel 8, 877 Werner (tnuUer u. kind 1)
dazu: sicher hast du als rühmlicher jUgcr eine bauni-
hütte, die ich dir stattlich machen will, Freytao 8, sü»
{ahnen 1, 2, 7); der weg führte . . . hinauf zur schcune, die,
grosz und stattlich, . . . über rauhen matten stand. Zahn
Luk. HocJistraszer ft3. — auch: statliches guht, praedium
inatructiasimum, amuenum. Stieler 8114. andere»:
in stattlicher kutsche zu fahren.
Hriihel 8, 316 Werner (nuMer u. ktmd fi).
c) sehr gewöhnlich wird stattlich von metischen fftaogt,
wo es denn, im unterschied von 8, b. auf die äuatere er
srheinung {einschlir.vzlich der kleidung) geht, ohne daat eine
scharfe trennung möglich wäre, ao wol schon in folgender
stelle {wenn man es nicht vortieht, stattlich ala städtisch
in einer allerdings ungeiriihnliehen Verwendung au nehmeti,
vgl. often 1,3; vielleicht mit beiden bedeutungen »pielend):
wiuwol ich l)in ein buwramann gtyn ;
vil Hoher ich yctr. ulattlich bin,
8<.'liün, hUpKch, ziorlichon, wol hi'kiridt,
dann do wir hUl und bclts hnnd Iroit dietraffen haheu).
Hvvy Adam u. Hera 90*^.
aoiut vom 17. jahrh. an in suuehmender hüfißgkrit. tu-
näehat noch mehr auf die kleidung und den daraus en
»ehlienenden stand gehend: de sohriver ys iyckers een
1045
STATTLICH ai. 6)
stattlyck kerell statlycker asse use Juncker, de het yo
man en leern wammes an, un en schwarte linnenbroeck.
tid. batiemkomödien s. 226 Jellinghmis (Teiceschen hochtydt.
Havib. 1640); da näherte sich jenseit dem wasser eine
Schönheit an das gestad, die mich mehr bewegte (weil
sie nur den habit einer bauern-dirne antrug) als eine
stattliche damoiselle sonst nicht hätte thun mögen.
Simpl. 2,32, 11 Kurz (5, 7); zumahl da er {Pluto) noch über-
diess ein feiner stattlicher mann war, und sehr wohl zu
leben wussle. Wieland 2,320 (A^raf/ic/i 10, 3); auch muss
ich gestehen, dass er . . . für seine jähre ein so feiner,
stattlicher und wohl erhaltner mann ist, als mir jemahls
einer vor die äugen kam. 8, 405 {Danischm. 45); wie wohl
die seit ihrer trennung verflossenen jähre aus dem da-
mahls kaum aufgeblühten Jüngling einen stattlichen
jungen mann gemacht hatten. 417 {il.kap., dafür s. il6:
einen schönen rüstigen jungen mann); es ist ein statt-
licher mann, mit schwarzen feurigen äugen. Göthe
8, 89 (Götz V. ß. 3), *. auch 6, 14 und Ir. 3, 227 unter I, 2, C;
dieser schwermüthige zug deiner dunkeln augbrauen
bringt mir wieder ganz deines vaters bild in sinn, der
vollkommen so aussah, und gewisz war er einer der
stattlichsten ritter seiner zeit. Fr. Müller 3, 97 (Golo
u. Gen. 2,2); hier solltest du wandeln dereinst, ein groser,
stattlicher, gepriesener mann. Schiller 2, 129 {räuberi, l
scJiausp.) ; der prinz . . . sah befremdet und vorsichtig auf
die stattliche professorsfrau. Freytag 7, 6 (rerZ. handsckr.
3, 1) ; den bergweg trabte ein reiter herauf, ein stattlicher
Jüngling. 8,5 (aA7icn 1, 1, l); wenn sie sich einen könig
küren, so suchen sie am liebsten den stattlichen ge-
sellen, der dem volke zum schmuck ist durch seine ab-
kauft von den göttern und durch riesige kriegergestalt.
17,94 (bUder l, l); neben einem . . . mädchen . . . stand ein
stattlicher kavalier, denn das war er nach seiner ganzen
erscheinung, trotz des schlichten reisegewandes und der
schmucklosen wafTen. G. F. Meyer Jenatsch s. 6; vordem
erstaunt sich umwendenden bäcker stand ein kriegsmann
von gewaltiger statur und herrischem blick . . . statt ihm
zu antworten neigte sich der stattliche fremde . . . gegen
den jungen offizier. 107;
und nngewahrsam lässt sie anf and ab
die äugen schweifen auf der stattlichen
gestalt, und schaut ihn an und wieder an
wie schön er ist. Wieland 18, 35 (ßeron);
du göttergleicher, stattlicher Achill !
Bürger 143i', 187 (77. 1, 131);
dasz mich ein stattlicher mann
ziehe mit kraft kühn ins hochzeitliche bett!
Kleist 1, 123 £. Schmidt {Schroffentt. 4, 3).
mit näherer bestimmt! ng :
traue du nicht der Spötterin, Hans ! zwar stattlich von gliedern
ist sie dir, aber zu faul, und die seidenen händchen zu vor-
nehm. Voss 1, 66 {Luise 1, 549) ;
denn ich sehe dich grosz und stattlich von bildung {juäla yäp
a dpdto xa),6v re uiyav ie). Od. 3, 199 ;
auch {vgl. unten g): sie war grosz und stark und statt
lieh von gang. Frenssen Jörn Uhl s. 293. auf einzelne
glieder übertragen, doch geicöhnlich nur stattlicher bauch,
xoo es dann mehr umfang und füUe (vgl. 4) als Wohl-
gestalt ausdrückt : ein ältlicher herr, der vor kurzem zu
rathe erwählt worden war, weil ihn die gute matter
natur mit einem herrlichen vollmondsgesicht und einem
stattlichen bauche begünstiget hatte. Wieland 15, 137
(Bonif. Schleicher); reitet einmal ein mann an einem
wirthshaus vorbei , der einen stattlichen schmeerbauch
hatte, also dasz er auf beiden seilen fast über den sattel
herunterbängte. Heijel 2, 102.
d) ebenso von thieren: ich suchte mir einen viel statt-
lichem träger {esel als reit und lastthifr) aus, sorgte für
einen wohlgebauten sattel der zum reiten wie zum packen
gleich bequem war. Göthe 21, 26 {%canderj. l, 2); auf statt-
lichem rappen ritt bei der waidfrau ein mägdlein.
Schei'fel Ekke/iard 188 (l3. kap.);
ob du zugleich nach wünsche die stattlichen gaule verhandelt.
Voss 2, 211 {id. 13, 32) ;
ochse , wie bist du so stattlich , bedachtsam fleiszig nnd
nützlich !
wahrlich, ich brauche dich sehr — aber du bist doch ein ochs.
ElCHENDOKFF* 1, 461.
STATTLICH (II, 6. 7) — STATTLICHKEIT 1 046
von pflanzen .- er . . . hing seinen köcher an eine stattliche
esche, die in dem räume der wände gewachsen war.
Freytag 17 {bilder l), 173.
e) auf menschenmengen angeicendet, bezeichnet stattlich
sotcol die grosze anzahl xcie die ansehnlichkeit der einzelnen
{nach stand, aussehen, ausrüshing u. s. w.): der herr
Brotinsack . . . besucht jn ein mal mit einer stattlichen
reuterei urmd grossem anhang von hofgesind. Oarg. a. 204
neudr. ;
nio. er {der prariant-transport) kommt uns grad zu pasz,
die stattliche Versammlung hier zu speisen.
ButOer. es ist schon lebhaft hier, ich sah's.
Isolani. ja, ia,
die kirchen selber liegen voll Soldaten.
Schiller 12, 64 {Piced. 1, 1).
/) sonst in mannigfachen Verbindungen, meist abstracterer
art. was einen guten oder imponierenden eindntck Tnacht:
ein stattliches gesiebt {aussehen). Göthe br. ii, 158, s. unter
1, 2, c; dagegen hatte Wilhelm die schönen ducaten der
gräfin in der tasche . . , und sehr leicht vergasz er, dasz
er sie in der stattlichen bilanz, die er den seinigen zu-
schickte, schon sehr ruhmredig aufgeführt hatte. Göthe
19,14 {W. Meister i, 2); ich darf erklären: dasz ich ihnen
sämmtlich . . . ein hinreichendes tagewerk , auf mehrere
jähre anzubieten im fall bin . . . damit ich erfahre, mit
welchen leistungen sie mein stattliches anerbieten zu
erwidern gedenken. 23, 13l {icanderj. 3, lO); sobald nun die
wagen den ersten halt machten, stieg, um ein stattliches
masculinum zu gebrauchen, der unhold {die malerin) aus.
Keller 7,96. — ungewöhnlich: anstoszende gärten, ter-
rassen, bis an den Main reichend, überall freien ausgang
nach der holden umgegend erlaubend, setzten den ein-
tretenden und verweilenden in ein stattliches behagen.
Göthe 48, 42 {dicht, u. wahrh. 17).
g) gern in adverbialer geltung, wo man jedoch in manchen
fallen auch prädicatives adj. annehmen könnte, so schon
im 17. jahrh. : so darffstu nicht bey mir zu fasse her-
gehen, du ädeler fusztrompeter, . . . und sol er uns stat-
lich als kale falen hier {cavalliers) in die stadt kutschen.
Leyer-Matzs lustiger correspondentzgeist (1668) s. 261. häufig
in neuerer spräche von erscheinung, haltung , bewegung,
benehmen u. s. w. .- zu haus fiel Ilse dem gatten um den
hals und sagte ihm, wie stattlich er in seinem ornate
ausgesehen habe. Frexta-G T,ö {verl.handschr. 3, i); denn
Ilse wollte, dasz er sich unter den andern männern recht
stattlich hervorthun sollte. 8; im volke aber vermochte
er {der fürst) nur ansehen zu erwerben , wenn er ein
gerechter richter war . . . und ein herr, der im verkehr
stattlich den könig kundzugeben wuszte. 17 {bilder l), 436 ;
lachten sie über das band der mutze, die blumen des Schlaf-
rocks,
den er so stattlich trug. Göthe 40, 272 {Herrn. «. Bor. 4) ;
was für grünröck mögen das seyn ? _
treten ganz schmuck und stattlich ein.
Schiller 12, 19 {WalUnst. lager S);
ein bild, wie eu'r vater,
im hämisch ganz, bewehrt von köpf zu fusz,
erscheint vor ihnen, geht mit ernstem tritt
langsam vorbei und stattlich. Shaketp. Hamlet 1,2;
wie stattlich er zu rosse sitzt
voll kraft und gottvertrauen !
HoFFM.'S.NN v. Fallerslebbn ged.^ 346
{Georg v. Frundsberg).
in andrer beziehung {vgl. oben e): wir waren stattlich ge-
leitet, auch vom stadthauptmann und seinen sbirren.
C.F.Meyer Jenatsch ni; so auch: eine st2iatlich heran-
ziehende procession. Göthe 43, 267, s. I, 2, c.
7) eine weitere enttcicklung dieser bedeutung, die den
äuszern scJtein im gegensatz zutn vxihren uiesen und zur
icirklichkeit bezeichnet, taucht nur vorübergehend auf, um,
dann xcieder zu verschwinden: unter statlichen vorwänden,
sotto splendidi, speciosi, belli pretesti, Htoli. Kramer dic^
2, 913'' ; 'einen guten schein oder anschein habend, scheinbar.
unter allerley stattlichen vorwänden.' Adelung (3), s. auch
Heynatz Antibarb. 2, 444. die bedeutung scheint also auf
diese Verbindung beschränkt, wo sie vielleicht nur eitlen
specialfall von 6 darstellt und die besondere nuanee mehr
am Substantiv hängt.
STATTLICHKEIT, /. stattliches aussehen, ansehnlich-
keit. in tcörterbüchern und litteraturdenkmälern seit dem
n. jahrh. bezeugt: stattlichkeit, magnificenza. Hülsils
66*
1047 STATTLICHKEIT— STATTRÄUMIG
STATTUNG— STATUE
1048
ditt. (1618) 238* (nach Weigand 2, 801 schon in der ausg.
f. 1605 a7« stattligkeit); statlichkeit, die, magnißcentia,
soletnnitas, splendor. pompa. statlichkeit in kleidern,
vestium fasttis, apparatus, ostcntatio theatrica. Stikler
2114; statlichkeit,/. pomposita, pompa, splendore, eccellenza.
magnificema, superbia, grandezza. Kuamek dict. 2,913"; 'das
haupUcort die stattlichkeit ist im hochdexitsclien selten,
im oberdeutschen aber getcöhnlicher.' Adelung, auch im
altern nd., dem sogar der älteste beleg angehört: ein tempel
van kunstriken gebuw, nicht allein van stadlicheit und
zyre . . . Kantzow bei Schiller -Lübben 4,369»; vgl.:
'stattlicht (l. stattlicheit ?), stattlichkeit, pracht. ist veraltet. '
brem. xcb. 5, 460. (schwed. stätlighet.) — in der altern
Sprache nur vereinzelt bezeugt: die stattlichkeit eines
medici stehet nicht in zier der klaider . , , sondern in gut-
thätigkeit, so er bei seinen patienten übet. dr. Minderer
(1620) bei ScHM.^ 2, 796 (vgl. stattlich II, 3, b). wortspielend
mit Stadt (vgl. unten):
stat geht fdr land.
bey der etat ist statli ^heit («o nach dem druck-
fehlerverz. für statligkeit des textee)
bey dem dorffe dürfftigkeit;
ists nun recht wenn gleich die stat
statlich auch zu steuern hat?
LOGAU 1, «. 38 (2, 40).
ganz getoöhnlich erst im, 19. jahrh., entsprechend statt-
lich 11,6: an den verschiedenen höfen, wo er sich lange
aufhielt, glänzte er auch durch seine persönliche Schön-
heit und stattlichkeit sowie anch durch die pracht der
orientalischen kleidung. Heine 7, 475 JS^fer,- dasz germa-
nische stattlichkeit auch von dem modischen Rom ge-
würdigt wurde, beweisen die versuche römischer damen,
sich ein deutsches aussehen zu geben durch blonde per-
rücken. Freytag 17 (bilder l), 49;
und des kameeles haupt entragt dem knäul mit ernster statt-
lichkeit. Freiligrath* 1, 162 (mirage).
im 16. jahrh. begegnet stattligkeyt im sinne von stadt-
lichkeit, s. das., sp. 479, vgl. oben die stelle aus Logaü
und stattlich I, 3. dazu auch mit umlaut: min honig,
min Hecht, min verlangen, all min wollust, min siösses
gespräch, der lächerlichen st&ttlikeiten, und der an-
deren Ungeschicklichkeiten der büler, besch&mmen wir
uns in den sprüchspilen (tisti [l. risti] dignas urbanitates
et caetera^ ineptias amatorum in comoediis erubescimus).
Gbngenbach *. 172 Goedeke (pfaffensp. 277), vgl. s. 509. —
noch älter ist stetlichkeit belegt, s. das. (vgl. statt-
lich I, 5).
STATTLISCH, adj.. für stattlich (schreib- oder druck-
fehler) in einer quelle v. 1685, a. stapelstadt 2 zu ende,
sp. 857.
STATTLOS, adj.: (gott ist) der ding keinem gleich, die
man sehen, hören... kan, sonder aller ding bildlosz,
formlosz, namlosz, personlosz, willosz, zeitlosz, unnd statt-
losz. S. Franck parad. (1558) 14» (nr. l, ausg. v. 1589 2»).
STATTLÖSE, /., a. stättelöse, sp. 1016.
STÄTTMEISTER, m.. a. stättemeister, sp. 1016.
STATTMUR, n..'.- der lulTt ist auch also ein element,
und ein stattmur einer mucken grosz mögend jhr nicht
wachen (l. machen?), das ohn lufft seye. Paracelsus
diirurg. achrifften (1618) 878 B.
STATTNASCHE , /. ßndet sich öfter im 16. jahrh. für
stadtnasche, a. das.. ap. 486 ; nacJuutragen :
es mfissen mir (dem bauem) warlich die statnaschen
flndu wieder füllen meine tascben.
SCHARPFFRNECKBR AcdOStu» C 8»> ;
all stand anfT dem marck laufTen umb
die schleckerhafllen stattnaschen,
sehen, ob sie was mOgn erhaschen.
Ayrbr 26S9, 22 KelUr.
STATTNEHMIG, adj. atatt findend, bei Campb ala ver-
ttUet angeführt: so müsse doch seine bitte stattnehmig
seyn. quelle a. ebenda, nach einem letUl von W. Grimm
dagegen 'kommt ea in der jurintischen geacliäftaapraehe noch
häufig vor', ebenso dua algeleitete eubat. stattnehmig-
kcit./.
STATTRÄUMIG, at^.. für stadträumiff : da er (der 'tinat
raicher', achxddner) aber etuan gar entlaulTen, und statt-
reumig worden, dasz die zinszherm alsdann sich selber
vor unsenn schelTonraht zusammen bescbeyden. Frankf.
reformatioH (l&7b) 2,8, § 1,
STATTUNG, /., aeltne nominaUnldung zu dem verb.
statten, vgl. dieses: ahd. statunga, conclusiotiibtis Graff
6,648; mhd. stadunge (erstattung. Vergütung) im Frank-
furter bürgermeisterbuche zu 1448, a. Lexer handwb. 2, 1151 ;
dazu schon: in horum etiam bonorum recompensacionera
seu certitudinem ampliorem , quae in vulgari statunge
dicitur, in einer urk. v. 1282, *. Lang bei Meusel gejirliiclit-
forscher 7, .^3. wind, stiidinge ausstattung . in einer urk.
V. 1465, s. ScHiLLER-LiJnBEN 4, 351*'. ebenso vereinzelt sind
die Zeugnisse aus dem 16. und 17. jahrh. • stattung , die,
et das statten, simplicia rara sunt, pro quibus compos.
abstattung, erstattung, w^iedercrstattung. Stieler 2116.
für gestattung, Zulassung, vgl. das.. theil 4,1,4205, und
oben statten 3, sp. 1018/..- die bösen geister . . . thun nicht
das geringst ohne gerechte Zulassung unnd stattung gottcs.
Fischart Bodin 6'». stattung des eides für abstattung,
s. das., theil 1,126: nach stattung des eydts spricht der
schullheisz. Kirchhof milit. discipl. 237; nach stattung
desz eydts werden die zeugen sämptlich geheissen abzu-
tretten. 256.
STATTZEICHEN, n., von äuszerlichen, örtlichen krauk-
heitserscheinungen : dieweil nun die zeichen der (l. die?)
kranckheit (die pest) offenbar machen, unnd certificieren
den morbum, so wisz dasz diese zeichen leiofatlich zu
erkennen seind. . . . das erste zeichen hierinnen, ist Ver-
änderung des gemühts, mit eystgedrucktem (?) mitlauffen-
den stattzeichen. . . . nachfolgend, so gehet an die trans-
mutatio, das ist, des giffts gewalt.., apostemata zu-
machen : welche nit allein auszwendig, sondern unsichtbar,
inwendig dergleichen arbeiten. Paracelus sehr. (1616)
1, 3G6B.
STATUARISCH, adj. nach art einer statue: was zu-
vörderst die pforte (des Schlosses) betrifft . . , so standen
zwar deren beide steinerne pfeiler noch, und auf dem
rechten hatte sich sogar der statuarische löwe als wappen-
halter zu behaupten gewuszt. Immermann MünchJi.- 1,53
(l,l); 'ein anschmiegendes zuspiel war ihr nicht eigen,
sie neigte in ihrem spiele zu einer statuarischen ahson-
derung' — sagt Eduard Devrient sehr richtig (von mad.
Stich). Laube ausgew. werke 6, 28 Houben. das neutr. sub-
stantiviert: nun, dieses gesetz (dem publicum nie den
rücken zuzuivenden) lehrt am deutlichsten, dasz Goethe
das dramatische moment unterordnete, nicht einmal das
malerische war hierbei maszgebend geblieben: meistor
hafte historische bilder zeigen dem beschauer den rücken
einzelner . . . personen. das statuarische allenfalls hat
mitgesprochen. 47. adverbial: der todte punkt also liegt
zwischen zwei bewegungen als ein augenblick des Still-
standes, welcher sich statuarisch fixiren lässt. L. v. Syuel
weltgescli. der kunst 140 ; der gemiszhandelte, von fluchen
getragene Jude (in Hebbels 'Genovefa'), welcher auf das
durch aberglauben . . . entstellte christenthum gleichsam
statuarisch hinweist. Kuh biogr. Hebbels 1,515. — misz
bräuchlich begegnet statuarisch auch für statutarisch,
vgl. das.
STATUE, /. atandbild. bildaätde. lehnteort aua dem tat.
statua.
l) geschichte der form.
o) die älte.sten belege stammen au» dem i7. jahrh.; sie
geben daa wort noch ganz in lat. form und leinen dadurch
zugleich die heikunft atia dieser spräche und, dasz es noch
ungewohnt und nicht eingebürgert ist, vgl. Kl. Hechien
BERü fremdwb. des 11. jahrh. 127: ich spatzirtc cinsmalils
im wald herum ... da fand ich ein steinern bildnusz
ligen in lebens grOsse, die hatte das ansehen als wan sie
jrgends eine statua (lat. buchst.) eines alten teutsohon
beiden gewesen wäre. Simpl. (166») 657 (6,0); statua kayscrs
Fordinandi III. aus wachs. HoiiiiKRa lamU. (1683:) t, im
2. reg.; es wäre auch die statua und bildnusz disz grossen
königs Nahuchodf^noKor nicht ühol gestellt und gcslalt,
weil dero haupt von purem gold, die füsz aber von erden.
AnKAHAM A S. ClJ^RA aujf. auff jhr rJiri.itm (Wim lOKS)
a. 112 (hierachon mit detitachen buehataben gedruckt, a. auch
teitachr. f. d. toortf. 8,216); in den ordcn hielt er sich wie
die statua (lat. buehjtt.) desz königs Nabuchodono.soris,
welche ein güldenes haupt, ein Kilbcme brüst, metullinen
li-ib, eysorne sohonckel und crdcnc fUsz. Jt4(/fi«(i686)l,2M;
eine steinerne statuam (lat. bueliat.) oder bildniaz. Pasb-
1049
STATUE
STATUE
1050
MANN d. gelehrte narr (i729) 89, s. zeiischr. f. d. tcortf. 8, 96».
vgl. auch das älteste lexikalische zeiignis: statua {Jtat.
luchst), ein bild von stein, holtz oder ertz, gehauen, ge-
schnitzt oder gegossen, it. eine aufgerichtete säule, eine
Statue oder ehren-bild zu pferde oder zu fusz, ein bild
in lebens-grösse , so entweder zur belustigung oder zum
pracht an besondere örter aufgestellet \rird. Sperander
a la mode- sprach (1727) G80», vgl. Weig.\nd 2, 801. — früher
als ins deutsche ist statue ins engl, eingedrungen; es be-
gegnet schon bei Chaucer, s. Skeat 593». auch dän. statae
n. s. w.
b) dagegen gilt im plur. von anfang an die detttsche
form Statuen: also sind gleichergestalt die statuen (nur
-en mit detitschen btichst.) und ausgehauene bilder aus
gleicher materi abzubilden. Hohberg (1682) i, 593»; gestern
wahren wir vor undt nach dem eszen drunten im gartten
mitt dem könig, gar schönne statuen placiren zu sehen.
Ei.iSAB. Ch.arlotte 2,30* (vom 9. aug. 1702).
c) t» der 2. hälfte des 18. jahrh. ändert sich die lautform
unter französischem einßusse, indem der ton auf die ziceite
silbe rückt, die nun mit langem ü gesprochen icird. dem-
gemäsz teird nun aucJt- statüe geschrieben.- folglich wars
auch nicht . . . das ding (das griech. drama) mehr, puppe,
nachbild, äffe, statüe, in der nur noch der andächtigste
köpf den dämon finden konnte, der die statüe belebte.
Herder 5, 213 Suphan (v. deutscher art u. kunst, 1773,
Shakesp. 4) ; der 2\eptun mitten auf demselben (platze),
von Jean de Bologna, hat als statüe wohl seine Verdienste.
Seume (1826) 2, 140 (spazierg. l). poetische belege lassen
auszerdem die tonstelle durch den rhytlimus und den vocal
durch den reim erkennen:
überall sieht man alleen,
graszbänke, steinerne tische, auf postamenten statuen.
Naumann Simrod (1752) 212;
wer lachte tanzender statuen,
im may des lebens, so wie ich?
wer liesz so unversengt um sich
der Schönheit fenerfunken sprühen?
GoEKiNGK (1780) 1, 93 (5. ep.. an Terttiüia);
froher . . . bei den meisterscenen
der natur; suchst du kein prächtig haus
mit statuen dir und vasen,
eine bütte nur, mit robr und rasen
leicht bedeckt, zur wohnun? aus.
Fr. W. A. Schmidt (v. Werneuchbn)
ged. (1797) 34;
wohn' ein andrer in der grossen Stadt
nnter'm dach, belastet mit statuen.
längst schon ihrer steifen thorheit satt,
will ich gern zum guten bauer ziehen. 145.
vgl. ScHÖNAiCH, s. unten, und Gombert bemerk. 3, 2. (in
seiner ausg. v. E. v. Kleist giebt Sauer l, s. vii im, in-
haltsverz. bei nr. 48 und 49: statüe, im text s. 88 beide
male: statue.) ein vereinzelter nachzügler, unter einßusz
landschaftlicher Sprechweise, ist:
und zu ehren der geschichten '
will ein denkmal man errichten.
schon steht das piedestal,
doch wer die statüe bezahl',
weisz nur gott im himmel.
Scheffel die Tevtoburger scMacht, letzte ttr.
der ursprüngl. fassung {tpäier geändert).
(/) doch ist selbst in dieser zeit diese ausspräche nicht
'inherrschend gewesen, denn andre dichterbelege lassen
flieh betonung der eisten silbe erkennen:
ich zog sie auf, und liesz sie von mascbinen,
von lauter statuen bedienen,
die schnell zu leben schienen,
so bald durch meinen zauberstab
ich ihnen die bewefrung gab.
Gellert 3, 116 (da* orakel 1, 1);
Orakel, statue, und alles ist vergessen.
Wieland 17, 215 (Idrit 4, 9);
herr Idris fühlt's, — doch, ein gedaoike bloss
an seine statue,») an die geliebten züge,
an diesen blick von dem sein herz zerfloss,
macht aus dem magischen unsichtbam netz ihn los.
280 (5, 47),
dazu die anm.: wir zweifeln sehr, ob dieses zwar ur-
sprünglich fremde, aber schon so lange bey uns ein-
heimische wort (ungeachtet wir gelegentlich auch die
Wörter, bild, Steinbild, marmorbild u. s. w. statt desselben
gebrauchen können) dem deutschen dichter (dem es oft
bequemer als jene ist) mit recht genommen werden könne,
nur erinnern wir, dass es nicht wie das französische
statüe, sondern als ein deutsches wori, das in der aus-
spräche einen daktylus hören lässt, ausgesprochen werden
müsse. 322. ebenso beim jungen Schiller:
wenn dein finger durch die saiten meistert —
Laura, itzt zur statue entgeistert,
izt entkörpert steh ich da. 1, 216 (Laura am üavier);
wie kann vor seinem topf der töpfer liegen,
der künstler knien vor seiner statue? 335 {Semele 2).
toenn dalier 4, 317 (i'wi 'geisterseher', s. unten) spätere atts-
gaben die Variante statuen auftceisen. kann diese nicht als
Schillerisch gelten, nach der regelmäszigkeit , mit der in
den dichterischen belegen die Schreibung der atissprache
entspricht, hat man wol überall, wo 8tatue(n) geschrieben
wird, statue(n) zu lesen (z. b. auch bei Winckelmann,
8. tt.). — überhaupt geben die belege Adelung recht, trenn
er hier einen landschaftlichen unterschied aufstellt: 'die
statüe, (der ton auf der mittelsten silbe) . . . es ist zunächst
aus dem französ. statue, dessen ausspräche auch im hoch-
deutschen beybehalten tcird. im oberdeutschen hingegen
folgt man dem lateinischen statua, und spricht und sehreibt
daselbst statua, statue, mit dem tone auf der ersten sylbe,
nach welchem muster auch Geliert sang:
j ihr seht hier statuen vor euren äugen stehn."
i ähnlich: 'statüe (spr. statüh). andere sprechen das tcort
I nach lateinischer art dreisilbig sta-tu-e aus'. Campe erg. bd.
(KiNDERLlNG giebt das wort richtig als lehnwort aus dem
lat., schreibt aber s. 149: statue, dagegen s. 333: statüe.)
e) aber auch der gebrauch des wortes selbst ist im 18. jahrh.
nicht unhestritten. Schönaich d. gaiue ästh. in e. nusz
287, i3tff. verspottet es als fremdwort, indem er die unter e
mitgetheilte stelle aus dem 'Ximrod' anführt: bildhauer
Naumann führet mit vielem verstände statuen und posta-
mente ein; wir haben nämlich keine schnitzbilder noch
fuszgestelle. und Wieland glaubt seine Verwendung nocJi
rechtfertigen zu müssen, s. oben d; vgl. dazu Feldmann
zeitschr. f. d. icortf. 8, 96». eine Übersicht der vorgeschlagenen
Verdeutschungen giebt Campe im ergänzungsbande. — die
frühere spräche sagt für statue gewöhnlich bildnisz,
s. theil 2, 20, das daher in den ältesten belegen zur erklärung
daneben steht, s. oben a und Feldmann a. a. o., oder noch
häufiger bild, das früher auch vorwiegend auf plastische
darstellungen geht, s.das.3, t/ieil 2,9/.; dafür genauer
ausgehauenes bild, s. Hohberg unter b, marmorbild,
tiieil 6,1663, Steinbild, schnitzbild, theil 9,1360 (vgl. oben
Schönaich), r^Z. Wieland unter d und Feldmann a.a.o.
dazu noch: blochbild (das) geschnitzt, statua. Maaler
72», danach: bloch-bild, n. ein grosses hölzernes bild,
statua lignea. Frisch l,lll*>; 'in alten Schriften block-
bild.' KiNDERLiNG 149, SO auch bei Campe erg.bd. noch
heute üblich ist das schon bei Luther begegnende bild-
säule, s. theil 2,21, vgl. Feldmann a.a.O.; es dient zu-
nächst zur erklärung, so bei Adelung und Kinderling
333. wird aber von Campe vertcorfen ('bildsäule, welches
bisher ziemlich allgemein dafür angenommen lourde. be-
zeichnet eigentlich nur die sogenannten karyatiden und
atlanten, welche die stelle der säulen vertreten, oder auch
die termen \termini] , welche unten säule und oben bUd
sind"), imie. — 17. jaÄr7i. rfa/tiraucÄ bildstock, s. th.a,il.
bei Kinderling 333 femer ehrensäule, s. theil 3,65.
(einfaches s ä n I e , *. U7iten 2, /, ß.) am häufigsten ist jetzt
Standbild, das erst im 18. jahrh. aufkommt (zuerst bei
Thümmel) und offenbar dem fremdwort nachgebildet ist,
9. oben sp. 731. nach Campe tcürde der gebrauch von Stand-
bild für statue überhaupt aw/ Eschenburg zurückgehen,
vgl. darüber und über das seltene standsäule (sp. 787)
unten 2,f, ß.
f) im 19. jahrh. gilt die ausspräche statue wol allgemein:
mit den statuen,
die in geweihten tempelnischen steh'n.
Hebbel 3, 244 Werner {Gyges 1).
(doch ist die franz. ausspräche auch heute in der spreeh-
iceise der halbgebildeten noch nicht erloschen, besonders in
manchen gegenden. vgl. Gombert 3, 2 und Scheffel,
e zu ende) zuweilen ergiebt sich daraus eine txceisilbige
form, indem das n seinen silbenicert verliert (statue):
CS glänzt der tulpenflor. durchschnitten von alleen,
wo zwischen taxus still die weiszen statuen stehn.
Eichendorff« 1, 692 ('tontf).
1051
STATUE
STATUE
1052
2) bedetttung. bestimmung und eintJieilutig des begriffes.
o) deßnifionen, s. Sperandeu unter i,a. ferner: denn
ein bild, welches die kunst verfertiget, ist eine Vorstellung
des zusammen gesetzten im zusammen gesetzten, und
ins besondere ein gemählde eine Vorstellung des zusammen
gesetzten auf einer fläche; hingegen eine statue oder ein
ausgehauenes oder erhabenes bild eine Vorstellung des
zusammen gesetzten in einem cörperlichen räume. Woi.fi'
gedancken v. gott (1720) s. «4 (§ 75i); 'statug, bildsäale,
ist eine körperliche Vorstellung einer person aus holz, stein,
metall oder andern materien. entweder in lebens- oder natür-
licJier grösze, in verkleinerter, oder auch in übernatürlichem-
grösze.' Eggers kriegslex. 2, 983.
b) eintheüung zuTiächst nach dem material, womit zu-
gleich eine verschiedene technik der herstellung gegeben ist,
i'^ri. Speranüeh unter i,a. Eggers unter i,a. dieliaupt-
arten »ind:
a) den primitiveren Zeiten der kunst, dem frühen alter
ifium und dem mittelalter, sind eigenthümlich statuen von
holz, s. Jacobsson *, 261; sie xcerden geschnitzt, vgl.
schnitzen 3 und schnitzbild. tlieil 9, 1363/. 1360, soxcie block-
bild unter i, c. aus holz wurden, so wie die gebäude, also
auch die statuen, eher als aus stein und marmor, ge-
machet, in Aegypten werden noch itzo von ihren alten
flguren von holz, welches sycomorus ist, gefunden . . .
Pausanias machet die arten von holz namhaft, aus
welchen die ältesten bilder geschnitzet waren; und es
waren noch zu dessen Zeiten an den berühmtesten orten
in Griechenland statuen von holz. Winckelmann gesch.
der kunst des alterth. (1764) 12/.
^ in den blütezeiten der kunst, im alterthum und seit
der renaissance, tcerden statuen meist aus stein, besonders
marmor, oder metall hergestellt. — statue von stein oder
marmor. Jacobsson 4,261^—265*. (statue von Sandsteinen.
26*».) sie icerden ausgehauen oder gemeiszelt {th. 6, 1985/.),
daher ausgehauenes bild, s. Hohber unter l, b und Wolff
oben a; vgl. Steinbild, der erste stein, aus welchem man
statuen machete, scheinet eben derjenige gewesen zu
seyn, wovon man die ältesten gebäude in Griechenland . . .
aufführete, nemlich eine art toff-stein, welcher weisz-
licht war. Winckelmann s. 15; aus marmor machete
man anfänglich zuerst köpf, bände und füsze an figuren
Ton holz. . . . solche statuen, an welchen niir die äussersten
theile von stein waren, wurden acrolithi genennet, ebenda;
zuweilen wurden auch marmorne statuen mit wirklichem
zeuge bekleidet. 16; die mehresten statuen von marmor
sind aus einem stücke gearbeitet, und Plato giebt seiner
republik so gar ein gesetz, die statuen aus einem einzigen
stücke zu machen. 251/.; die mehresten statuen in marmor
aber wurden geglättet . . . alle statuen werden, wie bey
den alten, noch itzo mit wachs geglättet. ... die unten
angeführten stellen sind von allen irrig vom abputzen
der statuen verstanden worden. 254; in basalt, sowohl
in dem eisenfärbigen, als in dem grünlichen, haben sich
die griechischen bildhauer zu zeigen gesucht; es hat sich
aber von ganzen statuen keine einzige erhalten. 255; man
merke hier, dasz sich an statuen von porphyr weder
köpf noch bände und füsze, aus eben demselben steine
finden, sondern sie haben diese äuszcren theile von
marmor. 257 ; bruchstücke einer statue von halber lebens-
grösze aus bläulichem basalt (blaustein). Jacobi Saalburg
a. 75; (m bilde:) bei diesen {träumen wirkt) aber eine . . .
räthselhufte kraft, die dem menschen im eigentlichsten
verstände sich selbst stiehlt und die ausgemeiszelte statue
wieder in den marmorblock einschlicszt. Heubei. tageb. l,
*. S6& Wertler.
y) 'die statuen von metall, les statue» de fönte, »ind
»eit den älte»ten Zeiten im schwänge gexoeaen; ea hat aber
da» an»ehen. daat die neuem kün»tUr. in groazen und au»
eifum gu»»e prae»tirten werken, diese kun»t weit höher
poutfiret und gebracht haben.' Eookks kriegtUx. », W6.
nie werden au» bronze JtergeateUt, wofür hät{flg die weniger
beȆmnUe beteiehnung crz, und twar durci^ gioszen; in
erzt müszto man in Italien weil eher, als in Griechen-
land, statuen gearbeitet haben, wenn man dem Pau-
sanias folgen wollte. Winckelmann 16; ferner wird von
einer statue von erzt gemeldet, welche dem Horatius
Coclcs, and von einer andern zu pfcrde, welche der be-
rühmten Cloelia, zu anfang der römischen republic, auf-
gerichtet worden; und da Spurius Cassius wegen seiner
Unternehmungen wider die freyheit gestrafet wurde, so
liesz man aus seinem eingezogenen vermögen der Ceres
statuen von erzt setzen. 17; was endlich die arbeit in
erzt betrifft, so waren schon lange vor dem Phidias viele
statuen darinn gearbeitet. 257; Montfaucon ist übel be-
richtet, wenn er sich sagen lassen, dasz die statue des
Marcus Aurelius zu pferde nicht gegossen, sondern mit
dem hammer getrieben worden sey. 258; als knabe hörte
ich die sage, der künstler, der diese statue gegossen,
habe während des gieszens mit schrecken bemerkt, dasz
sein metall nicht dazu ausreiche, und da wären die bürger
der Stadt herbeigelaufen und hätten ihm ihre silbernen
löffel gebracht, um den gusz zu vollenden. Heine 3, US
Elster {ideen &); Genserich verschmähte nicht, auf einem
seiner raubzüge eine Schiffsladung statuen aus Byzanz
nach Karthago zu fahren, um seine königsburg mit den
hübschen ehernen Griechenmännchen zu schmücken.
Freytag 17, 124 {bilder i, 2).
(5) ungexoöhnlicher : statuen von gold wurden im alter-
thum einigen gottheiten, häufiger aber den römischen
kaisern gesetzet. Winckelmann *. 18. häußger sind ver-
goldete statuen: viele öffentliche statuen von erzt wurden
vergoldet, wie das gold noch itzo zeiget, welches sich
erhalten hat an der statue des Marcus Aurelius zu
pferde, . . . sonderlich an dem Hercules im Campidoglio.
die dauerhaftigkeit der Vergoldung an statuen, welche
viele hundert jähre unter der erde verschüttet gelegen,
bestehet in den starken goldblättern. 260; der söhn des-
jenigen Glabrio, welcher den könig Anticchus bey den
Thermopylen geschlagen hatte, setzte diesem seinen vater
die erste vergoldete statue. 302.
e) statuen von elfenbein, ebenfalls geschnitzt; in Giiechen-
land auch eine chryselephantine mischtechnik .- in Griechen-
land waren an hundert statuen von elfenbein und golde,
die mehresten aus der älteren zeit, und über lebensgrösze.
Winckelmann s. 14; von elfenbein von statuen hat sicii
niemals . . . die geringste spur gefunden, einige ganz kleine
flguren ausgenommen , weil elfenbein sich in der erde
calciniret. 15; elfenbein zu statuen scheinet auf der dreh-
bank gearbeitet zu seyn. 252.
i!) die älteste zeit kannte auch statuen aus thon,
*. Winckelmann s. il.
17) gebilde aus wachs gelten im allgetneinen nicht «'.»
ernste kunsticerke und führen daher selten die bezeich nur /
statue, vgl. jedoch Hohuerg tmter 1,0 und statuenwoi i .
c) nach dem gegenstände der darstell u ng : man unter-
scheidet die alten statuen in divines, hiroiques und augustes,
von welchen die erstem den göttern, als dem Jupiter,
dem Mars etc. die zweyten den halbgöttern , als dem
Herkules et«, und die letztern den kaisern, königcn,
fürsten und berühmten niännern zu ehren aufgerichtet
worden. Eggers 2, 984.
a) statuen stellen in der regel menscfUiclte gestalten dar,
s. z. b. Eggers 2, a und Jacobsson unter f, a; seltner
thiere, auszer pferde in Verbindung mit reitenden menadten-
gestalten , vgl. : wie manches edle pferd hat mehr die
statue verdient, als sein reuter! Herher 8,82 Suphan
{plastik 2,3); ferner lötceti, vereinzelt kühe, hirsche u. a. w.
'die statUe, . . . eine jede in erhabener arbeit und abgesondert
abgebildete menschliche oder thieriaehe figur; im eigent-
lieh»ten verstände, ao fem sie stehend vorge^iteUet itird,
in weiterm aber auch in jeder andern Stellung.' Akeluno.
ungeicöhnlichea : der printz von Pningonia bey Palermo
hat monstreuse statuen um sein hausz, zuweilen die
glicdcr von drey verschiedenen thiercn mit den hörnern,
von allen an einer eintzigen figur. Lichtenubko opho-l
riamen 8, a. 17« Leitzmann (D 6O8).
/f) statuen stellen zum'ichat gottheiten oder heroen dar,
vgl. Sehmk unter i.c- hieraus olToubarot sich an statuen,
die durch den verlust de» kopfs und anderer reichen
zweydcutig seyn könnten, ob dieselbe einen gott, oder
einen menschen vorstellen, und diese botrnchlung hätte
lehren können , dasz man eine Hcrculanische sitzende
statue über lebensgrönze, durch einen neuen köpf und
durch beygcicgto zeichen nicht hätte in einen Jupiter
verwandeln sollen. Winckelmann a. 162; ich behaupte
1053
STATUE
STATUE
1054
aber nicht, dasz alle statuen des Apollo diese hohe Schön-
heit haben. 159; die schönsten statuen der Faune sind
ein bild reifer schöner Jugend. 158; die statue des Merkurs
muszte weniger geschicklichkeit, weniger fleisz und arbeit
verlangen, ... als eine statue des Jupiters oder der Juno.
Lessing 6,427 {Laokoon 7); der geist der poesie ist das
morgenlicht, das die statue des Memnon tönen macht.
Novalis 3, 25 Meiszner; die Römer des mittelalters zer-
schlugen die statuen und götterbilder ihrer groszen vor-
fahren und brannten kalk daraus. Hebbel tageb. i,
9. 289, 6124 Werner; die statue des genius, der bei uns vor-
nehmlich den Schutzgeist der centurie repräsentiert.
Jacobi Saalbiirg s. iOl. sonst von sagengestalten : eine der
vorzüglichsten statuen, ist ein sterbender söhn der Niobe,
den Apollo erschossen hat. Schiller 3, 579; der zufall
führt ihn vor die statue der Biblis und des Kaunus. 5, l, 5
{dorn Karlos 1,1, biihyienanw.); die statue des von schlangen
umrungenen Laokoon mag gegenständ des künstlerischen
Streites sein. Laube ausgeic. icerke 5, 113 Hotiben.
y) entsprechend in christlicher zeit: wie eine rasende
menge . . . die altäre niederreiszen , die statuen der hei-
ligen zerschlagen. Göthe 8, 181 {Egmont l, 2); eine neben-
kapelle, worin mehrere kleinere altäre und statuen von
heiligen in nischen angebracht stehen. Schiller 4, 317;
Liane stand . . . neben einer weiszen statue der heil. Jung-
frau und blickte in die nacht. J. Paul 22, 156 {Titan 2, 57).
S) statuen von menschen, porträts; so zunächst von
königen und fürsten; von Nabuchadonosor , s. Abraham
A S. Clara unter l, a; von römischen kaisern, s.Winckel-
MANN 18. 258 unter 2, b, S. y. dazu: die statuen römischer
kaiserinnen gleichen heldinnen. 171; sogar die statuen
der Gotenkönige sollten nicht allein gesetzt werden, son-
dern immer zu ihrer rechten seite der kaiser. Freytag
17, 126 (jbilder 1, 2); *. auch Hohberg unter 1, a. von obrig-
keitlichen personen, heerfiihrern, beamten u. ühnl.: es findet
sich eine consularische statue in der villa des hrn. car-
dinals Alex. Albani. Winckelmann *. 15, s. ferner 17. 302
unter b, y. S. im, alterthum,e häufig von siegern in den
öffentlichen spielen: wir finden, dasz noch siegern in der
ein und sechzigsten olympias hölzerne statuen aufgerichtet
worden. Winckelmann s. 13; wir finden von einer statue
nachricht, welche zu Elis einem spartanischen ringer,
Eutelides, schon in der acht und dreyszigsten olympias
aufgerichtet worden. 131; den siegern in den groszen
spielen wurden nicht allein an dem orte der spiele . . .
statuen gesetzet, sondern auch zugleich in ihrem vater-
lande. 132; damals wurden auch denen, die im circo in
den Wettlaufen auf wagens den preis erhielten, statuen
aufgerichtet. 416 {am rande: misbrauch der statuen an
Personen ohne Verdienste); den fechtern in Schauspielen
ist die ehre einer statue unter den Griechen vermuthlich
niemals wiederfahren. Lessing 6, 538 (Laofcoon 28). dabei
vxrden idealisierte und porträtähnliche (ikonische) statuen
unterschieden : jeder olympische sieger erhielt eine statue;
aber nur dem dreymaligen sieger, ward eine ikonische
gesetzet, der mittelmäszigen portraits sollten unter den
kunstwerken nicht zu viel werden. 382 {Laokoon 2); der
Sieger muszte dreimal gesiegt haben, wenn ihm die iko-
nische statue erlaubt war; eine veredelte war ihm er-
laubt beim ersten siege. Herder 8, 33 Suphan {plastik 2,3).
ferner häufig statuen von kiinstlern, dichtem, schrift-
stellern, rednern, männern der vrissenschaft u. a. w., be-
sonders in der neuern zeit: die statue des rhctors Aristides
in der Vaticanischen bibliothek ist aus der zeit, von
'■•'^Icher wir reden, und unter den sitzenden bekleideten
iien nicht die schlechteste. Winckelmann *. 414; das
-..er des theaters ist grandios, Voltaire's statue, umgeben
von denen Talmas und le Kains, macht die honneur's,
in dem oberen foyer sieht man unter vielen anderen die
bfisten von Meliere und Corneille. Hebbel tageb. 2, s. 335
Werner.
r) 'statue, allegorische, fr. statue allegorique, stellet
unter der gestalt eines 'menschen flilsse, gottheiten u. s. w.
vor.' Jacousson 4, 261» {im allgemeinen werden darunter
tucht soicol götterbilder, als personificationen abstracter be-
griffe u. ähnl. verstanden).
d) menschliche figuren können nackt oder bekleidet dar-
! gestellt werden, vgl.: 'man findet desgleichen einen unter-
scheid in der bedeekung, da sie entweder ganz, halb, un-
bekleidet und nackend sind, in antiquer oder modemer
tracht vorgestellet icerden.' Eggers 2, 9S3. nackte gestalten
bietet besonders die griechische {und die von ihr beeinfluszte
nettere) plastik, daher: 'statue, griechische, eine antike und
nackende statue, \ceH die Griechen ihre gottheiten , helden
und athleten nackend vorsfelleten.' Jacobsso n 4,261". im
gegensatz dazu .- 'statue, römische, die bekleideten, welche
ihre verschiedene benenn ungen von ihrer bekleidung be
kommen.' {in diesem sinne nicht mehr üblich.) eigenthüm
lieh ist die Unterscheidung : 'statue von stein oder marmor,
{bildhauer) diese ist entweder nackend, und denn ist es
eine eigentliche statue, {s. die.^e) oder es ist eine figur mit
einem geicand, und heiszt alsdenn portrait.' 261''. (beklei-
dete statuen in anderm, sinne, s. Winckelmann a. 16
unter b, ß.)
e) statuen icerden nach ihrer grösze, und zwar nach
relativer grösze, im vergleich mit dem dargestellten gegen-
stände, eingetheilt in lebensgrosze, unter und Überlebens
grosse, vgl. Eggers unter a ; 'man unterscheidet verschiedene
arten von statuen, l) diejenigen, icelche unter natürlicher
grösze sind; 2) die, welche der natürlichen grösze gleich-
kommen; 3) die, icelche die natürliche grösze übertreffen;
4) icelche auf dreymal und darüber so grosz sind, als
menschen gemeiniglich zu seyn pflegen, welche man kolossen
nennt.' Jacobsson 4, 260'^/. letztere werden auch sonst als
besondere klasse abgesondert : statuS colossale, eine statua
die die lebensgrosze etlichemal übersteigt. Eggers 2, 985;
zu Sais und zu Theben in Aegypten waren colossalische
statuen von holz. Winckelmann s. 13; unter die Ver-
zierungen gehört besonders eine kolossalische statue des
fürsten. Novalis 2, 51 Minor; die . . . bronzebruchstücke . . .
geben der Vermutung räum, dasz hier die mehr als lebens-
grosze statue einer weiblichen figur (Victoria?) gestanden
habe. J.\cobi Saniburg s. 95 {im reg. : statue, überlebens-
grosze weibliche); statue von halber lebensgrosze, s. 75.
s. b, ß. stark verkleinerte statuen verlieren meist diese be-
zeichnung , vgl.: die statue buhlt mit der nips-figur um
ihre reize, und unterscheidet sich zuletzt nur noch durch
die dimensionen von ihr. Hebbel 12, 191 Werner {das
koniTna im frack). s. auch Statuette.
f) 'die Stellungen der statuen sind sehr unterschieden,
man hat sie stehend, sitzend, liegend, kniend, fallend,
reutend, fahrend etc.' Eggers 2,983.
a) am häufigsten icerden die gestalten stehend dargestellt,
und so wird auch geicöhnlich das icort statue verstanden,
icfie die Übersetzung Standbild zeigt: 'man giebt gemeiniglicJi
diesen namen einer jeden ausgehauenen figur, icelche auf
füszen ruhet, von dem lateinischen stare stehen, allein man
benennt auch so noch allgemein eine jede Vorstellung des
menschlichen körpers, die erhaben und abgesondert ist.'
Jacobsson 4,260''; s. ferner Adelung unter e, a.
ß) sehr beliebt ist es, eine gestalt, besonders einen fürsten
oder feldherrn, reitend darzustellen: statue equestre, eine
statue zu pferde, dergleichen zu Paris von Henrico IV.
Ludovico XIII. und Ludovico XIV. zu Dreszden von
Augusto II. und zu Berlin von Friderico Wilhelmo Magno,
prächtig zu sehen. Eggers 2, 984; 'statuen zu pferde,
fr. statue equestre, stellet einen menschen zu pferde vor.'
Jacobsson 4, 265»; im 4i7. jähre wurden den consuls
L. Furio Camillo und C. Moenio, nach dem triumphe über
die Lateiner, als etwas ganz seltenes, statuen zu pferde
gesetzt. Winckelmann s. 296. im gegensatze dazu erhalten
dann auch die gewöhnlichen , stehenden eine besondere be-
zeichnung: statue pedestre, eine zu fnsz stehende statua,
wie die von Ludwig dem XIV. auf dem platze des Victoires
zu Paris. Eogers 2,984; 'statue zu fusze, /r. statue pe-
destre. eine stehende bildsäule.' Jacobsson 4,265*. Campe
im erg.bd. erörtert eingehend die vorgeschlagenen Ver-
deutschungen; er vericirft pferdesäule, reitbildsäule, be
pferdete statue für 'statue equestre' und standsäule für
'statue pedestre' und empfiehlt im anschlusz an Eschenburg
für dieses Standbild schlechticeg oder Standbild zu fusz,
fuszstandbild {theil i, i, \oa), für jenes rossstandbild oder
reitstandbild ; das letztere ist nicht üblich getcorden, dafür
jetzt allgemein reiterstandbild, -statue, auch ent-
stellt: {die Engländerinnen, die nach Düsseldorf kommen,)
gehen direkt nach dem marktplatz und betrachten die
1055
STATUE
STATUENBRONZE— STATUENOLYMP 1056
dort in der mitte stehende, schwarze kolossale reuter-
statue. diese soll den kurfürsten Jan Wilhelm vorstellen.
Heine 3, 1*5 Elster (ideen 6).
v) seltner und im ganzen auf das römische alterihum
beschränkt sind statuen , die menschen im tcagen fahrend
darstellen: stutuS ctirtiU, eine statua in einem sieges-
wagen von 2 oder * pferden gezogen. Eggers 2, 984; 'statue,
kurulis, fr. statue curtde, eine statue, die einen menschen
auf einem tragen vorstellet, %oie man dergleichen auf den
circig U7ul hippodromen der alten sähe.' Jacob.sson 4, 261*.
g) statue bezeichnet stets eine einzelne gestalt; nur die
xmter f. ß und y angegebenen gruppen heiszen auch so,
tceil hier die pfe^de nicht um, ihrer selbst willen dargestellt,
sondern dem zweck der darstellung untergeordnet sind,
andrerseits ist eine statue im, allgemeinen eine freistehende
und vollständige figur und daher von andern arten
plastischer kunstwerke unterschieden; doch loerden solche
zuweilen mit einbegriffen.
a) statue unterscheidet sich von der büste, die nur den
köpf und den anschlieszenden oherfheil des nimpfes dar-
stellt; für diese sagt Campe: brusf gebildc , brustslück.
ähnlich die antiken hermen, die Winckei.mann noch nicht
zu den statuen rechnet: endlich fieng Dädalus an, wie die
gemeineste meynung ist, die unterste hälfte dieser bild-
säulen in gestalt der beine von einander zu sondern;
und weil man nicht verstand, aus stein eine ganze mensch-
liche figur hervorzubringen, so arbeitete dieser künstler
in holz, und von ihm sollen die ersten statuen den namen
dädali bekommen haben, s. 7 ; die statuen des Jupiters
und der Juno zeigten die völlige person dieser götter;
die statue des Merkurs hingegen war ein schlechter vier-
eckigter pfeiler, mit dem bloszen brustbilde desselben.
Lessing 6, 427 {Laokoon l).
/3) eher gilt die bezeichnung statue von den ganz oder
halb ausgeführten menschlichen figuren, die in bauwerken
an stelle von säulen oder pfeilern oder in Verbindung mit
diesen als stützen der decke vertoendet werden: 'statue,
persische , eine m.ännliche ßgur , welche statt einer sätde
dienet'. Jacobsson 4,261*; für karyatide: statue, caria-
tidische, s. cariatide. ebenda.
v) scharf unterschieden werde7i dagegen statuen von
reliefdarstellungen, vgl. z. b.: (statuen von wettläufern,
8. c, 8) von welchen man sich einen begriff machen kann . . .
von einer groszen ovalen begräbniszurne in der villa
Albani, und sonderlich aus einer wirklichen statue in der
Villa Negroni. Winckelmann *. 416; man findet öftrer
berühmte statuen und basreliefe auf alten münzen copiret.
Lessing 6,425 {Laokoom).
h) statuen werden an verschiedenartigen örtem aufgestellt.
a) zunächst und meistens an öffentlichen platzen, vgl.
z. b. Seume unter i,c; so insbesondere die dejikmäler be-
rühmter menschen: an einem berühmten orte Deutsch-
lands ist der paradeplatz mit statuen umgeben, griechische
beiden, mit neuem spitzen knie und der trummel. Herdek
8, 63 Suphan {plastik 4).
/?) götter- (und heiligen)bilder gewöhnlich in tempeln
{adiner andre statuen): der statuen in den tempeln so
wohl der götter, als ihrer priester und priesterinnen, nicht
zu gedenken. Winckelmann «.131; so dasz . . . in den
ersten hundert und siebenzig jähren, weder statuen noch
bilder der götter in den tempeln zu Rom gewesen. 294.
»olche götterbilder bei feierlichen anlassen umhergetragen:
in öffentlichen proceszionen wurden noch statuen von
holz umher getragen. ... da der blitz in den tempel der
Jane Regina auf dem Avcntino geschlagen hatte, wurde
zu abwendung übler Vorbedeutung verordnet, zwo statuen
dieser göttinn von cyprcssenholze , aus diesem ihren
t«mpel umher za tragen. WO; wenn Lucrez den Wechsel
der Jahreszeiten beschreibet, ... hatte er kein ganzes
Jahr durchlebet, um alle die Veränderungen selbst er-
fahren zu haben, dasz er sie nach einer proceszion schil-
dern muszte, in welcher ihre statuen herumgetragen
wurden? Lkhkino 6,429 {Laokoon 7); ». ferner Mkuiiki.
unter \,f und ScHiLi.En unter »,e.y.
y) »onjtt atehen paaaende statuen in öffentlichen gebäuden,
t. b. in theatem die von dichtem und berühmten tchau-
tpidem, ». Hkbbf.i. unter c, 9. — statue auf der hühne:
näehstcos wird der tnaler ein bild, der bildhauer eine
statue für die bühne verweigern, weil bild und statue
nicht die hauptgegenstände auf der bühne seien. Laube
ausgeic. tcerke 6, 120 Houben.
d) statuen in palästen und vornehrnen pi-ivathäusern,
s. Fr. W. A. Schmidt unter l,c. so wol auch in der Zu-
sammenstellung: sie müssen die säulen und statuen sehen,
von denen ihm noch eine dunkle idee übrig geblieben ist.
GöTHE 20, 259 {W. Meütter 8, 9) ; im bilde: wir menschen
stehen vor dem Universum, wie die ameise vor einem
grossen majestätischen palaste, es ist ein ungeheures
gebäude, unser insektenblick verweilet auf diesem flügel,
und findet vielleicht diese säulen, diese statuen übel an-
gebracht; das äuge eines bessern wesens umfaszt auch
den gegenüberstehenden flügel, und nimmt dort statuen,
und säulen gewahr, die ihren kamerädinnen hier sym-
metrisch entsprechen. Schiller 2, 344. sonst bei bau-
werken: über die Saale führt eine feste brücke von
holz, ... zu der von der einen seite eine art von thor
oder triumphbogcn führt, der sich von weitem ganz gut
präsentiert, dessen architektonische Verzierungen und
statuen aber eben keine meisterstücke sind. Novalis
2, 56 Minor.
f) in parks, besonders den französischen gärten des
iS.jahrh., s. Elisabeth Charlotte unter i,b, Naumann
unter i, c, Eichendorff unter l, f.
^ dazu als specielle abart: statttS hydrauliqtte, ein fon-
tainen-bild, so zu einem aufsatze bey einem Springbrunnen
gebraucht wird. Eggers 2, 985; 'statue, hydraulische,
zierathen, die bey Springbrunnen angebracht werden, durch
welche das wasser hervor getrieben icird.' Jacobsson 4, 261*.
3) statue zuweilen in übertragenem gebrauche; von einem
toten, vergleichsiceise im, ausgeführten bilde: wenn man
einen todten sieht, so ist es einem oft, als wäre er
die stille, ruhige, abgeschlossene statue, die das leben
durch unausgesetzte schlage ausgemeiszelt. Hebbel tageb.
2,51,2033 Werrier. von eitlem menschen, der vor affect be-
tvegungslos und beunisztlos ist. s. Schiller l, 216 unter i,d.
tanzende statuen von m.ädchen, ztim ausdruck idealer
Schönheit, s. Goekingk 1,93 tmter l, c. hier vielleicht in
erinnerung an die statue des Pygmalion, in die sich der
künstler verliebte und die auf sein gebet von Venxcs belebt
%trurde. vgl. ferner: aller erste anblick und eindruck, den
kinder und unerfahrne von einer statue haben, ist...
gefühl, als ob sie wandelten und lebten. ... bei allen
wilden oder halbwilden sind daher die statuen belebt,
dämonisch, voll gottheit und geistes. Herder 8, 73 Suphan
{plastik 5). — in anderer weise, das abbild im gegensatz
zum dinqe selbst, s. Herder 5,213 unten, c.
STATÜENBRONZE, /., vgl statue 2, b, y; jetxt eine legte-
rung aus 88 — 90''/o kupfer, 6 — 9'/»% zink und 1,4 — 4°/o
zinn {event. 1% blei), s. Karmarsch-Heeren' 8, 448.
STATÜENGIESZER, «i., vgl statue 2, b, y; 'bildgieszer,
statuengieszer, sind solche kün.itler, die atis icachs. ggpa
und mancherley metallen bilder zu gie.tzen wissen.' Jacobs-
son 1,206'', vgl. 206''— 208». 7,429*' (bildergieszor).
STATUENGRUPPE. /..• er . . . schaute nach der stadt
zurück, wo sich auf dem in diesem augenblicke hervor-
ragendsten bauwerke, der neuen Jesuitenkirche, die elTekt-
volle Statuengruppe des daches von der rückseite in
den wunderlichsten Verkürzungen zeigte. C. F. Meyer
Jenatsch 181.
STATUENGUSZ, m. herateUung vm statuen {vgl daa.,
2. *. /) durch gusz, aus bronxe oder guaieisen ; auch kunst»
gusz, figurengusz, bildgieszerei. Karmarscii- Hkerkn*
6, 148. LUEGER 7,477.
STATUENKOSTÜM, n.. bestehend aus tunika. ül>er\pttrf
und Sandalen, das der maier Louia David in nachahmung
dea alterthufns einführen tcoUte, «.Weiss ko-itümkundeft, 12*0»
STATUENLOB, n.: so sang Pindar und setzte seinen
gesang über statuenlob und schöne. HEHDKK8,6a(|>/<t«fiA-4),
vgl. statue 2, c, S.
STATUENMARMOH, m.. vgl statue 2, b. ß.
STATUENMETALL, n.. vgl sUtue2,t,/ und statuen^
brnnze. -gusz.
STATU KNNI.SCHK. /., vgl. Hbbbrl unter statue l./.'
STATUENOLYMP, m. vom naekthimmel tcegm ihr mit
gSt^mamen bananiUeH »tembilder : als Ze^ara cndlii^h »us
d«o ketten de« simmen . . . hinaustrat unter das freie«
1057
STATUENREIHE — STATUIEREN
STATUIERUNG — STATUR
1058
reich des himmels und aller sterne und auf den magischen
statuen-oIymp, nach welchem er so oft sehnsüchtig auf-
geblickt, i. Paul 22,154 {Titan 2,57).
STATUENREIHE, /..- die doppelte statuenreihe der
Berliner siegesallee.
STATUENSCHMÜCK, m.: ein park mit reichem statuen-
schmuck.
STATUEN WEISE, adv.: was die wachs-possierer für
schöne, verwundersame und künstüche wercke aus dem
wachs verfertigen, ist weltkündig, ja dasz sie contrefait,
statuenweise, in lebens-grösse daraus abzubilden, und
gantze personen also vorzustellen wissen, dasz man, wann
man sie gähe erblickt, fast vermeynet, es sey ein leben-
diger mensch. Hohberg 2, 402^.
STATUETTE, /.. deminutivbildmig zu statue mit fran-
zösischer endung (im franz. selbst nicht gebräuchlich, da-
gegen auch im dün.) : er . . . blickte . . . auf eine Statuette
der Yenus von Milo, die seitwärts auf einem tisch eben
stand. Storm 2, 55; auf dem tisch . . . standen allerlei
kindische Stiftungen: becher, Sammelbüchsen, ausgestopfte
Vögel, billige bemalte Statuetten. Frenssen Hilligenlei
*. i38; auf der kommode ihres Schlafzimmers stand eine
gipsstatuette Napoleons, ... es konnte vorkommen,
dasz sie mit erhobenem köpf und verschränkten armen
in der pose der kleinen Statuette, ganz allein mitten im
zimmer . . . stand. Is. Kurz lebensfluten s. 64; die worte
'memini domini nostri' berechtigen uns, an eine Statuette
eines kaisers (wahrscheinlich aus bronze) ... zu denken.
Jacobi Saalburg *. 349; eine fast ganz erhaltene, 15 cm
hohe kaiserstatuette. 407 ; bronzestatuette eines kaisers. 408
{unterschr^j.
STATUIEREN, verb. aufstellen, festsetzen, annehmen,
gestatten, lehmcort aus dem lat. statuere. einen vereinzelten
beleg aus dem 15. jahrh. s. unter l. sonst seit ende des
ie.jahrh. bekannt: statuere, [statu]iren, gebiethen, setzen,
ihm vorsetzen, behaupten, dafür halten, vorbringen, auf
die bahn bringen, it. bestimmen, ordnen, verordnen.
Nehring manualejuridico-polit. (1690) SU; statuiren, davor
halten, meynen, beschliesen, bestimmen, verordnen, ge-
bieten, setzen, ihme vorsetzen, behaupten, vorbringen,
auf die bahn bringen, darstellen, aufrichten. Sperander
ala-mode-sprach (l727) 680». das wort geht von der kanzlei-
sprache aus und ist nie recht einheimisch geworden, in
der allgem. deutschen bibl. 31 (1777), 2, 318 tadelt M(endels-
sohn) seinen gebrauch {in der unter 2 citierten stelle
Penzei.s) als eines unnötigen fremden Wortes, die nhd.
Wörterbücher haben es im allgemeinen nicht aufgenommen,
doch ist es in manchen gegenden in die mundartliclie Sprech-
weise eingedrungen : /ienn€5. statuirt Spiess 240; mansfeld.
stattewiren Jecht lO?*»; waldeck. stat(e)wer(e)n Baüer-
CoLLiTz gs*».
l) die älteste bedeutung scheint: festsetzen in praktischer
absieht, anordnen, bestimmen, sie hängt zjisammen mit der
Übernahme des sehr gewöhnlichen subst. statut, s. unten.
so schon : Ordnung , betrachtung und statut . . , die von
unsem vordem seel. abbt Johannesen . . . mit zeitigen
rathe geordnet, betracht und statuiert, steir. taid. 81,6
(marktstatuten v.Äjlenz 1482, al.^chr. des IG. jahrh.); danimb
ordnen und statuiren wir, dasz solche eingefallene im-
pedimenta zur reproduction , keinem appellanten nach-
theylig seyn {sollen), reichst, abseh. 614 {^>eier 1570); der»
halben wir cammerrichter und beysitzem befohlen haben
wollen, in solchen Sachen, was einmal statuirt und ver-
abschiedet, in kein ferrner nachdenckens zuziehen, ebenda;
haben wir uns mit jhnen {den ständen) fermers verglichen,
wollen und statuiren hiemit . . . 615; wollen wir auff gut-
achtcn gemeyner ständen unnd der abgesandten, hiemit
statuirt unnd verordnet haben, ebenda; es seye dann von
röm. kaysern ein anders statuirt, oder von den rechts-
gelehrten vor rechtmessig erkennt worden, colloq. v. eil.
reichstags puncten (1653) 15; disz wäre ein . . . geringe macht
eines römischen kaysers, wann er die schulden nicht
gar auffheben, und auch diszfals nicht ein generalem
amnistiatn statuirn könde. 46; und wann auch gleich
abermahln ... ein schlusz abgefast und also lex prag-
matica statuirt werden solte. 55; so ist aber wissentlich,
dasz die reichsstätt den dritten raht constituim, und das
'. dritte votum nicht nur . . . consultivum , sondern deci-
X. 2. Mr.
sivum: volglich das recht und gewalt haben, leges im-
perii fundamentales helfTcn zu statuirn. 82; demnach
haben wir auff der churfürsten etc. statuirt worden, dasz
auch die ritterschafft die . . . Türcken-stewer . . . bezahlen
sollen. 98. s. ferner oben Nehring tind Sperander. —
dazu mansf. 'stattewiren, statuiren. beschlieszen'. Jecht 107''.
2) häufiger bezeichnet statuieren ein theoretisches 'fest-
stellen', annehmen, beJiaupten, s. oben Nehring U7id Spe-
r.\nder, femer: 'statuiren, beJiaupten, festsetzen, an-
nehmen'. KiNDERLiNG 333. Campe erg.-bd. belege: in
gleichen ob einer materiam primam oder materiam sim-
plicem statuirt, ob er transelementationem beweist oder
verwirfft. Weise erzn. (1673) 289; sie glauben auch nichts,
sie halten alles für natürlich, sie statuiren kein anzeichen,
keine wunder, lieber herr vetter, sprechen sie doch zu
meiner ruhe und zur ehre der Wahrheit, dasz es an-
zeichen giebt, wenn sie es auch im herzen nicht glauben.
Gellert 3, 159 {die betschicester l, 6) ; aus dem Schlüsse
dieses buchs ersehn wir, dasz er statuirete, ein arm der
Donau ergösse sich in dieses {d. adriat.) meer. Penzel
Strabo l (1775), s. 141 {vgl. oben). — ähnlich: es handelt
sich darum, ihn {Jesus) als einen politischen Verbrecher
zu statuiren. Frenssen Hilligenlei 567.
3) dann in neuerer zeit auch erlauben, dulden, zugeben;
z. b. er statuirt keine, auch nicht die geringste nach-
läszigkeit im dienste. C^mpe erg.-bd. diese gebraucJisiceise
ist besonders landschaftlich in gebrauch und beruht auf
volksetymologischer anlehnung an gestatten, s. Nyrop-Vogt
leben der Wörter s. 208. so henneb. 'statuirt, adj. erlaubt;
besonders mit der negation: es ist nicht statuirt {ziem-
lich volksüblich)'. Spiess 240; waldeck, gestatten, erlauben
B.\UER-CoLLiTZ 98''. darnach zog der von K. auch seinen
sarras, beyderseits diener lieffen herzu, und wolten auch
mit schlachten helffen, allein die beyden nationalisten
stelleten sich darzwischen, und wolten dergleichen irregu-
laire rencontre durchaus nicht statuiren. cav. im irrg.
(1746) 547 ; wenn ein pekuniäres Interesse . . . bei dem ge-
schält, dem sie sich unterzogen haben, zum gründe liegt,
so ist es kein anderes, als das, was jedem Schriftsteller,
der manuskripte an seinen buchhändler abliefert, sta-
tuiert ist. Kleist 4, 143, 15 E. Schmidt {schreiben eines real.
Berliners, 23. nov. 1810).
4) jetzt allgemein {u7id fast ausschlieszlich) üblich in der
Verbindung 'ein exempel statuiren, heiszt, ein ^oamendes
beispiel, oder ein beispiel zur warnung, ein schreekbeispiel
geben oder aufstellen'. C.\mpe erg.-bd., in der regel von
einer 'exemplarischen' bestrafung , vgl. statuierung; so
schon: doch war solche hoffnung ungewisz, weil der-
gleichen täglichen händel halber die nothdurfft erfodert,
ein exempel zustatuiren. Simpl. s. 299 (3, lO); gott ziehet
oft einen aus der menge 'hervor, an welchem er ein
exempel statuiret, damit andere dadurch zu einem heil-
samen schrecken und zur busze bewogen werden, daher
sind die ersten sünder iedesmal von gott härter bestraft
worden. Chr. Starke sytwps. nov. fest* (1758) 2,148. —
dazu, scherzhaft: dagegen verspricht er {der rhein. haus-
freund 1809), künftig keine fernem subtractions-exempel
mehr an der zeit zu statuiren, sondern alle jähre
365 tage imgeschmälert zu liefern, und richtig einzuhalten.
Hebel 2, 88.
5) studentisch eine schleifkanne statuiren 'poniren'.
Kluge studentenspr. 127'' (1749, — ausgeben, spendieren*).
STATÜIERÜNG, /.. vgl. statuieren 4: dabei stellte er
ihm vor, wie notwendig bei den fortdauernden gewalt-
tätigkeiten des Nagelschmidt . . . die statuierung eines ab-
schreckenden beispiels wäre. Kleist 3, 233, 29 E. Schmidt.
STATUISTIK, /., ungewöhnlich für bildhauerei, plustik-
die poesie ist keine blosze maierei oder statuistik, die
gemählde wie sie sind, ohne absieht darstellen könnte.
Herder 18, 140 Suphan {human, br. 107).
STATUR , /. {mit betonter, langer letzter sille) wuchs,
geatalt, leibesgrösze eiixes menschen, lehnwort aus lat. statura,
seit dem n. jahrh. bekannt {zuerst bei Weckherlin, s. u.).
Kinderling 833. Weigand 2, 801; doch ganz vereinzelt
schon in einem vocab. verum v. 1420: statura . . . gestalt,
statnre. Dief. gloss. 551». statura, galt, stature, ital. statura,
die Statur, die leibes grosse oder länge. Nehring manuale
iuridieo polit. (1690) 844; statura, die statur, gröse oder
t)7 Mr.
1059
STATUR
STATUR— STATUT
1060
leibeslänge. Sperander a la modesprach (l727)6SO*; statur,
eine ungemeine grosse, lat. corpus rarae magnitudinis.
Apin. gloss. 511; statur (die) statura, corporis magnitudo,
Jiabitus corporis. Stein dach 2, 689; statur, vom latei-
nischen »tofttra, leibs-gestallt. Frisch 2,322»; 'die statur,...
die Uibesgrösze. besonders in an^ehung der länge, doch ohne
das verhälft} isz derselben gegen die dicke auszuschlieszen.
ein mensch von guter statur, von gutem tmclise. eine
lange statur.' Adelung, von den sprachreinigern ersetzt
durch leibesgrösze, -höhe, -länge, grösze, *. Campe erg.-bd.
zeitschr. f. d. wortf. 8, 96». auch in lebenden mundarten :
köln. Stator Honig* l/S*. statur ist auch ins nd. ein-
gedrungen und hier ebenfalls im 17. jahrh. bezeugt {bei
Lauremberg, s. «.); neuere mundart bietet hier die sonst
nicht bezeugte franz. ausspräche mit ü. ebenso hoü. statuur.
engl, stature ist schon bei Chaucei- bezeugt {Ganterb. t. 8133),
*. Skeat 593». — in den nhd. belegen stets von menschen;
in eigentlichem sinne: wie auch der glorwürdigste römische
käyser Ferdinandus III also in seiner völligen gantzen
statur aus wachs gemacht. Hohberg 2,402'; selbst aus-
leger des Homers . . . scheinen sich nicht allezeit dieser
wunderbaren statur seiner götter genugsam erinnert zu
haben. Lessing 6, 454 {Laokoon 12); ich weisz nicht, ob
ich lebhaffter empfinde als andere menschen , . . . oder
ob ich meiner kurtzen statur wegen, da das blut noch
gantz heisz ist, wenn es vom hertzen nach dem köpf
kommt, geschwinder Schlüsse ziehe. Lichtenberg apho-
rismen 2, s. 196, 25 Leitzmann; von statur war er klein.
Wünsch unfcrh. üb. d. menschen^ (l796) i, 64; diese be-
wandtnisz hat es endlich auch mit jenen tatarischen
nomaden, deren höhe oder länge etwas über die mittlere
hinaus reicht, sie . . . vermengen sich . . . mit anderen
Tataren von gewöhnlicher statur. 1+7 ; {die Indianer Jiaben)
im ganzen genommen eine mittelmäszige statur. 153; einen
Franziskanermönch . . , der unbeweglich wie eine säule
stand, langer hagrer statur und aschbleichen angesichts.
Schiller 4,245; er schien mir ein mann zu seyn in
seinen besten jähren, etwas hager und von groszer. edler
statur. 338; Theoda und Theudobach ... behalten ihre
ähnlichkeit sogar in der statur; denn er ist so lang als
ich. J.Paul 51,51 {Katzenb. 1,13); ein breitschultriger
ernster mann von kleiner statur aber mit ausdrucks-
vollem köpfe. C. F. Mkyf.r Jenatsch 71; vor dem erstaunt
sich umwendenden bäcker stand ein kriegsmann von
gewaltiger statur und herrischem blick. 107; er ist auch
nicht so klein , wie es mir zuerst schien , nur ein ganz
weniges unter meiner eigenen statur; und ich gehöre ja
schon za den groszen. Is. Kurz lebensfluten 132;
Achilles war hoch von statur.
Weckherlin ged. 870 (od. 1, 8);
iedoch wolt ich sie an statur
und leibs Schönheit vollkommen haben.
491 {od. 2,31,6);
o zihmliche statur, o gOttin-gleicher gang I 667, 30 ;
vom vater hab' ich die statur.
GöTHF, 4, 393 {zahme xenien 6);
ea lebt im norden ein schönes weib
. von hohem wuchs und weiszem leib.
.... es mahnt die statur
an Bimba, die riesin, im Ramajana,
und an der Epheser grosze Diana.
Heine 1. 834 EUter (der wei$te elefant).
»dien auf geistige» übertragen, im ausgeführten bilde:
Leibniz hatte freilich kein systematisches lehrgebäude
hinterlassen, sondern nur die dazu nötigen ideen. eines
riesen bedurfte es, um die kolossalen quadem und säulen
zusammenzusetzen. . . . Christian Wolf jedoch war von
sehr untersetzter statur und konnte nur einen teil solcher
baamaterialien bemeistem. «, 228 {zur gesch. der rd. in
DeuteeU. s). — von andern gegenständen ganz vereinzelt.
m gibt gar nnterschiedna beeren, . . .
•ie sind im tenprament verschieden
and von gar mancherlei statar.
NovALin 1, IM Minor ('tmr vetnUte").
tonst in den nd. belegen, von der länge der veree:
Ick bekenn«, min« rym d« aindt so schlicht und recht, . . .
•• aindt nicht lik« lanck. noch van einer staliir.
dat mae<>kt ick weet nicnt recht «re «igenllike mensur.
LauMiMBiao tchttiaged. 4, 468.
Mr.
in einem mekUnb. volksrätsel eoneret, von einer biertonne
{'eine frau scheuert ihre hiertonne'):
rüm oU hol), verschimmelst ok wol?
rtim oll statüür, sünd de buurknechts ok tiiOr,
is door nich een mang, de di 't hoil ufschüert?
Wos.«IDLO 1,129«>.
STATUR, m. diener; vereinzelt als entlehnung atis lat.
Stator: wann es was ain besunder dienen mit dem wadol
wol künnen windlin machen als yetz fürsten und herren
statur band die sich vor lang zeit in dem fürsneiden
müssen geübt hon ee sie dar zu genomen werden, quelle
bei ScHMiD Schwab, nb. 505.
STATUS, m. zustand, das lat. wort ist im allgemeinen
in der form Staat übernommen und eingebürgert , s. das.
doch begegnet es in altern quellen (17. jahrh.) zuiceilen auch
in lat. form: und disz sein meine rationes und argu
mente khürzlich zusammen gezogen, warumben ich mich
in meinem statu zuverhalten begehre, eingäbe Khlesl's
an kai.o. Matthias v. 1612 bei Hammer-Purgstai.l Khlesl's
leben 3, urk. .y. 6; wann sich der unglückselige status ver-
einigter provintzen wieder ändern . . . solte. Simpl. sehr.
4, 180, 10 Kurz {vögeln. 2. 24). *. auch Grimmelshausen
Dietw. u. Amelinde (l670) 68. so noch jetzt besonders in der
Verbindung der status quo der bisherige oder vorige zu-
stand; in statu quo oder im status quo bleiben, den
status quo wiederherstellen u. ähnl., s. Campe erg.-bd.
auffällig ist, dasz vereinzelt sogar die form des lat. acc.
übernommen tvird, sogar in anderm Casusverhältnis und
in deutscher Schreibweise : es ist mangerlay s t a t u m b
{stand) under den menschen. . . . ain yedlich person sy
sey geistlich oder weltlich in welchem statumb und grad
irs statz sy ist. quelle bei Schmid schwäb. %cb. 505.
STATUT, n. {mit betonter, gewöhnlich langer letzter ailbe)
festsetzung, Verordnung, Satzung, grundgesetz eir^er gesdl-
Schaft, leihnwort aus dem lat. statutum. Kinderling 888.
Weigand 2, 801/
l) Statut ist mhd. seit dem l*. jahrh. bekannt, vgl. Lexer
mhd. handwb. 2, 1151. nachtr. 369. Gombert bem. u. erg. 3, 2
und unten, {ältester beleg: weisth. 4, 647, aus d.j. 1340—47,
*. 5,b.) im, nd. erst in neuerer zeit nachzutceisen :
dewyl verachtet werden alle gode Statuten.
Laurbmberg schertzged. (1652) 2, 500.
ebenso holl. statuut, n. früher in den atidern german.
sprachen, sofries. schon in dem Bolswarder sendrecht v. 1404:
hier beghinnen die Statuten fan Boelswerde deckenye.
Richthofen 482», Vgl. s. 1044''; engl. Statute zuerst bri
Oower (1393) belegt, s. Skeat 593»; altn. {isl. tind norw.)
Statut, n. Cleasby-Vkifusson 589'' {vor 1400). Fritznbr'
8, 680''. — Statut gehört zunäclist der kanzleisprache an.
80 wird es von den altern nhd. Wörterbüchern übergangen
und erst von den fremdw'örterbüchern des ausgehenden 17.
und des 18. jahrh., wie Nehring (l69o), Stieler (iC9T),
Sperander (1727) «. *. tr. gebucht, s. unten, der gelehrte
und fremdartige character des worts zeigt sich auch darin,
dasz es zuweilen mit lateinischer endung erscheint, sta-
tutnm, pUir. statuta {dat. -is), sogar unmittelfiar neben der
deutschen form, mundartlich bezeugt in der Schtoeis als
stadute, plur. Hunziker 249.
8) sonst ist übet- die form zu bemerken :
a) der sing, erscheint von a^fang an als neutr. tuxoeilen
ganz in Uit. form: ich waisz von einem ort zusagen, da
die ewerige ein statutum gemacht, das keiner zu canoni
caten angenommen werden solle, dessen voreitern von
hundert jähren in einer herren- oder reichs statt vor
buriüert gewest. eoUoq. v. etl. reirhstags puncten (tavi) 14.
gatiz vereinzüt seheitit abweichendes ge.ichlecht vorzukommen •
ich vorgenannter Janutt Carl de Rallounault bekenn oucli,
das ich von gcrichtz wogen ze urkunt der worhoit mein
•igen insigel uf dison stntnt gedruckt han. Hrol. toeistk,
8,868,80 {vom j. 1427; kun vorher s. 12: da« Statut); ob
an einigem ort im h. reich bis/her ein besonder Statut,
Ordnung oder gewonhoit gowoson , dasz in ohlierührtom
fall der verstorbnen crh-schalTl, und vormög jctzlgedachter
Statut, Ordnung oder gowonheit, in die siiinim, und nicht
in die haupter, gctheylt worden soll, reichst, absch. 188
{Speimr 1U9; hier vidUicM durch die folgenden »ynonyma
boeif\fiu»ti; kannte auch als plur. g^aszt icerden, vgl. b, y).
ein fem. die Statute M Ludwig trutsch engl. lex. (tut) IMO,
«. Wbioand 8,801; wol nach dem plur. gebildet,
Mr.
1061
STATUT
STATUT
1062
b) der plur. erscheint in folgenden formen:
«) zufrühest belegt ist die lat. form, die bis ins 17. jahrh.
vorkommt; im, Wechsel mit der deutschen form {s. ß): onch
ist unser meynunge und willen, daz keyne hantwerker
den andern in seyne statuta ader recht greylTen sullen
in keynerley weis, und gebiten dorumb den burgermeister,
rate und den burgern der egenanten stat czu Breslaw, . . .
daz sie die egenanten moler und castenmacher an den
obgenanten Statuten und geseczen . . . nicht hindern noch
irren, cod. diplom. Siles. 8, 87 (rechte der Bresl. tischler-
u. malerinnung von kön. Wenzel bestätigt, Prag 1390); ab-
tailung der stafutta in fünf thail. tirol. iceisth. 4, 627, 16
{Thiirn an der Gader); statuta 685, 28. 35, s. unten; diser
articl soll nach den gemainen geschribnen geistlichen
rechten und den statutis sinodalibus gehalten werden.
631,25; daneben in demselben weisth.: hienach volgen die
Thurnerischen am Gäder Statuten. 62+, 30, stattuten 624,14;
das dergleichen schmähliche . . . schädliche statuta cassirt
(icerden). dial. (1653) 15. iceitere beispiele s. unten.
ß) ebenso früh ist die deutsche pluralbildung bezeugt;
und zwar ist hier auffälligenceise (vgl. die decrete, edicte,
producte m. s. ic.) von anfang an schwache bildung vor-
herrschend und später aüeinherrschend : auch sol keyn
hantwerg dem andern in syne recht und Statuten griffen.
cod. diplom. Siles. 8, 102 (brief des rats zu Liegnitz vom
20. nov. 1397); des sie wir Torgenanten burgermeister und
ratmanne der stat Legnicz mit unsern eldisten zu rate
wurden von der stat wegin, daz man di egenanten
Statuten und artikel auch alhy czu Legnicz alzo halden
sulle. 103. ebenso öfter bei Luther, s. unten.
y) doch kommt in der altern zeit aucJi starke bildung
vor. so vereinzelt bei Luther: das mehrer teyll geht mit
narrn werck umb und leren das geystlich recht, bapst
gesetz, menschen lere unnd yhre stattute. 7, 658, 2 Weim.
ausg. häufiger apocopiert: daz auch wider ire statut und
freyhait sey. monum. Habsburg. 2,941 (urk. v. 15. juli 1478,
vgl. Station 4, »p. 942); da etlich sünd werden mit dem
tod gestrafft, etliche nitt, wie wol sie sind wider die gebot
und Statut. Keisersberg irrig schaf F Z*; er weit die
von Ulm wol lernen, etlich stattut, die sie haben, dasz
sie es miesten abthun. d. städtechron. 25, 78, 16 (W. Rem
cron. V. Augsb. zu 1517). so steht in derselben Urkunde
'Constitution Karls V. zu Speier, 23. april 1529) 'neben ein-
ander: alle und jede statuta (s. unten 3,b) ... soll die
erbschafft nach auszweisung derselbigen besondem Sta-
tuten . . . getheylt werden, so aber ein erbfall an orten
unnd enden, da über obgemelten fall keine besondere
Statut, freyheit, Ordnung oder gewonheit, jetzt zu fall
kommen . . . (oder fem. T, vgl. a). reichst, absch. 189. — ein
plur. Statute taucht in neuester zeit vereinzelt wieder auf
zum zweck einer unter scheidting, s. unten.
3) bedeutung.
a) erklärungen .- staiutttm, gaU. Statut, ital. statuio, ein
erkäntnisz, gesetz, sazung, Ordnung, it. eine gewohnheit,
ein beschlusz, das stadt recht. Neu ring manuale juridico-
polit. (i690) 845 (vgl. unten 4, c); statutum, ein gesetz,
Ordnung, dahero sind statuta gewisse regeln, consti-
tutiones und Ordnungen, die von einer lands-obrigkeit,
einer provintz und stadt, oder von einem superiore seinem
collegio zu halten auferleget und vorgeschrieben wird.
Sperander (1727) eso*"/- ; Statuten, lat. statuta, decreta.
.\P1N. gloss. (1728) 511; Statuten 'l. im allgemeinen, grund-
gctetze und Verfassung oder grundverfassung' . Campe
erg.hd. vgl. auch: statutum hd. eyn gesetze, gesetzde,
gesalzt, gebot, nd. sette, gesette, ee. Dief. gloss. 551».
b) mit synonymen zusammengestellt: ob man dehein
Satzung, statflt, wandelung an den gerihten und zfinften
muge gemachen wider unsern willen und verhengnftzze.
weisth. 4, 647, 6 (kundschaft üb. d. bischofsgericM zu Speier
1340 — 7); statuta ader recht, an den Statuten und ge-
seczen, syne recht und Statuten, schles. urk. v. 1390 und
1397, s. oben 2, b, a. ß ; hiemit revocieren, widerruefen und
cassiern wir . . . bischof zu Brixen . . . dise statuta und
gebreuch, so etwo hievor gwest und diser unserer neuen
reformierten Ordnung und sazung zuwider sein, und
wellen, das . . . hinfüron nach disen unsern geschribnen
Ordnungen und statuta gelebt, gericht und . . . gehandlt
werden solle. . . , doch sollen solch Ordnung, statuta und
Mr.
sazungen uns und unsern nachkomen am stift Brixen . . .
unvergriffen und one schaden sein . . . und wellen , das
ir nun hinfüron sollicher unserer loblichen und neuen
fürgenomnen Ordnung, statuta, gepot und gsaz nachkombt.
tirol. weisth. 4,685,20 — 40; wider ire Statut und freyhait.
österr. urk. v. 1478, s. oben 2, b. •/; wir Johannes, . . . abbt
zu St. Lamprecht, bekennen öffentlich mit dem brief dasz
unsz . . . unsere burger zu Afflenz ain zetl Inhalt und Ord-
nung, betrachtung und statut fürbracht haben, die von
unsern vordem seel. abbt Johannesen ... geordnet, be-
tracht und statuiert, steir. taid. 81, 1 (marktstatuten con-
firm. 1482); die alt wolhergebrachte freihält, gerecfatigkait,
Statut und gewonhait, so das freitall, die klaine Sölckh . . .
also erhalten und geiebet. 8,2 (l6. jahrh.); wider die gebot
und Statut. Keisersberg, s. 2,b,y; der keiser hat in
seinem regiment auch gesetze, rechte, Statuten und Ord-
nungen. Luther 28, 477, 35 Weim. ausg.; wollen wir hiemit
ausz . . . keys. macht, Vollkommenheit . . . alle und jede
statuta, sondere Satzung, gewonheit, gebrauch, alther
kommen unnd freyheiten . . . cassiert unnd abgethan
haben, reichst, absch. 189 (Speier 1529; s. d. forts. unter 2, a);
Statuten und langwirige gewonheit, darnach soll der
richter erkennen. Ayrer hisf. proc. juris, reg.; der tolle,
eigensinnige knabe, der nicht mehr voigt sein will des
reichs, der unsere Statuten, Satzungen, unsere alten rechte
freventlich zertritt. Alexis hosen^'^ 2'7i;
zerrütt werden die regiment,
zu grund gent gute policey,
Ordnung und statut manctierley.
H. Sachs 16, 329, 5 Goetze:
von allen gsetzen und Statuten,
von gwonheiten, bösen und guten. 387, 5.
c) Statuten userden in neuerer zeit ün allgemeinen von
gesetzen unterschieden: man bezeichnet diese letzteren
(particulären oder speciellen gesetze) . . . als Statuten oder
Willküren im gegensatz zu den gesetzen im engeren
sinne, d. h. von der Staatsgewalt ausgehenden gesetzen.
Bluntschli Brater d. staat»wb. (1857) i, 605; herkommen
und Statut haben hienach das gemein, dasz sie aus einer
engeren Verbindung innerhalb des Staates und volkes
hervorgehen. 606; weil . . . zwischen statut und gesetz . . .
eine scharfe grenze zu ziehen ist. 607.
d) 'das Statut . . . ein gesetz, icelehes einer stadt, oder
einer bürgerlichen gesellschaft gegeben, oder von derselben
selbst gemacht worden.' Adelung, danach sind 2 fälle zu
unterscheiden :
a) die Statuten tcet-den einer gemeinschaft von der obrig-
keit gegeben, auferlegt, vorgeschrieben, s. Sperander
unter a ; femer : nachdem der hochwirdig fürst, ... herr
Hainrich, bischof zu Bamberg (1487 — I50l), ... unndter
anndern vil stattlichen und tapffern stattuten und ge-
setzen in seiner gnaden stifft ain statut der gaystlichen
hochzeyt halb gesetzt und aussgeen lassen hat. Nürnb.
polizeiordn. «.84; er (kaiser Karl) schickt ouch sine rett
und botschafften inn sinen landen ummhar; die zebe-
sechen . . . und Ordnung setzen, . . . stattutten und Satzungen
zesetzen und machen nach syt und gwonheyt der landen.
Morgant d. riese 5,29 Bachmann, hier also, und so oft,
von codificierung des bereits geltenden gewohnheitsrechtes.
doch vgl. : das wir als iezt regierunder fürst und bischoff
zu Brixen . . . solliche ire stattuten Iren hergebrachten
rechten, gueten alten breuchen und gewonhaiten gemäss
reformieren , ändern , corigiem , meren und pessem . . .
und also ire statuta in ain bestendig lobliche guete formb
und Ordnung bringen und stellen lassen, tirol. weisth.
4, 626, 14. 17.
ß) eine genossenschaft giebt sich ihre Statuten adbat.
aber auch in diesem falle bedürfen sie (auszer in neuerer
zeit bei privaten vereinen u. ähnl.) häufig der obrigkeitlichen
beitätigung: eben so ist es mit den statutis, welche ohne
obrigkeitliche bestätigung keine Verbindlichkeit haben.
Moser Osnabr. gesch. i,2.t5. so: wir Johanns, von gottes
genaden bischofen zuChur, bekennen ouch das offenlichen,
das das statut für uns kummcn ist, ... und darum so
bestäten wier das ouch in all mas. tirol. weisth. 3, 363, 12
(Mürufterthal 1427) ; und (die bürger v. Aflenz) hatten- uns
düemüetiklichen, dasz wier ihnen die benante Ordnung,
betrachtung und statut zu erneueren, zu bestatten und
zu confirmiern genediklichen geruechten. . . . (ir»V) haben
67* Mr.
1063
STATUT
STATUT
1064
ihnen ... die obgenanten ordnnng , betrachtung , Statut
in allen ihren punctcn und articuln genediklich ver-
neuert, bestettiget, confirmiert . . . und wollen, dasz di
benanten Ordnung, betrachtung und Statut also nun hin-
füro gehalten werden, steir. taid. 83, 8 — 16 (vom j. 14«2).
e) Statuten sind durchweg geschriebene, schriftlich fixierte
besfimmtingen und dadurch von dem mündlich überlieferten
herkommen und geirohnfieitsrechte unterschieden (vgl. oben c) :
doch w6llen wir Statuten schreiben, . . .
darnach der gantz weltlich stat
zu leben and regieren hat.
Murner Itäher. narr 1441.
es ist daher eine ungetcöhnliche erweiterting des begnffs,
wenn ungeschriebene rechtsüberlieferungen Statuten gei\annt
werden: ^j^ haben hier, mit euerer erlaubnis.
Statuten, eigentümliche, in Huisum,
nicht aufgeschriebene, musz ich gestehn, doch durch
bewährte tradition uns überliefert.
Kleist l, 360 £. Schmidt (zerhr. knig 7).
/) Statut bezeichnet sotcol die einzelne bestimmung, den
gesetzesparagraphen (so z. b. Nürnb. polizeiordn. 240, s. unter
4, c, doch ist der sing, in diesem sinne selten), leie die
gesamtheit der bestimmungen , die eine Constitution, das
grundgesetz einer gemeinschafi ausmachen, für dieses
letztere sagt mxin also ohne sinnesunterschied das Statut
(s. z. b. die belege unter 2, o und 3, d, ß) und, gewöhnlicher,
die Statuten, tceniger üblich ist es, zu dem collectiven
sing, einen plural zu bilden, der darin mehrere grtmd-
gesetze verschiedener gesellschaften bezeichnet, hier begegnen
neuerdings tastende versuche einer differenzierung , indem
num in diesem sinne gelegentlich den plur. die Statute
bildet: darnach erhalten landeshauptstädte , ... sowie
bedeutende curorte durch landesgesetze eigene Statute.
österr. staatstcb. 2, 1126»; daneben-, solchen provinziellen
divergenzen sind natürlich auch die statutargemeinden
unterworfen, während die Statuten der städte desselben
kronlandes sehr viele ad verbum übereinstimmende Para-
graphen enthalten. 1127''; dazu auch: die städtestatute
nun stammen aus den verschiedensten zcitperioden
seit 1850. ebenda.
4) arten der Statuten ruu:h ihrem geltungsbereich.
a) von der verfa.isung oder ge.ietzgebung eines ganzen
landes wird das wort nur in der altern spräche gebraucht :
weil sie (die papisten) sich wider die öffentliche warheit
setzen , werden sie toll darüber und schreiben wider jr
eigen decret, wider des keisers Statuten und Ordnung.
LmiKK 28, 346, 15 Weim. ausg., vgl. auch 477, 3.5 unter 3, b;
darnach ward Florens . . . zu eim könig in Engellandt
gekrönet . . . darnach ward Florentzen jre statuta und
rcgiment fürgelesen, sich darnach zu halten, wie dann
eim frommen fürsten gebürt. biieh der liebe Zl^ (keys.
Oetavian cap. 46). so von den römischen Senatsbeschlüssen :
soll wir euch weihern rechnung geben
von unsern gsetzen und Statut?
H. SAriis tt, 276«: (/nutv. fp. 6, 144 neudr.).
jetzt dagegen irerden Statuten 7if<r für fjestimniungen von
beschränkterem geltungsbereich getagt und gerade in diesem,
sinne von gesetzen unterschieden, vgl. oben c. man redet
daher höchstens von Statuten einer provinz, eines kreises
tt. ühnl. {im gegensati zum gemeinen römischen recht),
vgl.: 'statuta provincialia , die landesordnung, eigentlich,
die landschaftsordnung, d. i. diejenige, welche eine ganze
Landschaft angenommen Jiat'. Campk erg.bd.
b) auch für das geistliche recht, insbesondere die be-
scMüsae der concüien und synoden, sclteint Statut nur in
der altern sjtrache (iß. jakrh.) üblich zu sein • da haben
wir viel mehr gehalten der vetcr und concilien Statuten
und gCRetz denn gotles gebot. Lutiikk 20, .v>», 81 Weim.
atug.: adversarii: wir wollen die messe und Statut halten.
tt, %M, 4, s. auch 1, 668, 2 unter 8, b, y; lasz dein statiit
Statut »ein. an d. ehristl. adel «. 60 netulr.; freiung der
klrch«-n. di«er artioul »oll nach den gemainen goschribnen
geiitlichen rcrhinn und den statutiR ninmlalibus gehalten
werden, tirol. weiMth. 4, 698, IR (iB.joArA., rl)enso fl8l,S!f)).
e) in iiUerer und neuerer neit sehr getoOhnlich ist »tatut
für «erfasming und recht einer stadt, vgl. 0. Stoiuik grsch.
d«r d. reehiaquellen i, 490—8. K.v. Amiha in PAULR^rtim/r.*
5, 75. M. 106/. .- statuta rivitatum, die Htniuten, gewöhn-
heiten, da« stadtrecht. Nbiibino manuule juridiropolit.
Mr.
(ir.oo) 846; Statuten, sind die stadt-gesetze, die ein raht flm
seines bestens willen beobachten soll. Stiei.kr zeitungs
lust (1697)512; 'die Statuten einer stadt, die Stadtgesetze;
ehedem die willkühr.' Adelung; Statuten . . . 'insonderheit
das stadtrecht oder weichbild'. Campe erg.bd. belege:
unnd dem hanntwerck zu gut, . . . will ein rate das also
hinfür für ein Statut und gesetzt halten . . . Nürnb. polizei-
ordn. s. 240; politische gewohnheiten kommen überein
mit gewissen eingeführten Ordnungen . . . sonderlich aber
machen gewohnheiten beliebte und confirmirte Statuten,
die dem gemeinen rechte derogiren, dergl. hiesiges ortes
auch vorhanden. Mei.tzer histor. Schneeberg. 1181;
ingleichen auch ein erbar rath
sein sonderlich gerichte hat,
gut Ordnung, gesetz und statutn,
alles der bUrgerschafTt zum gntn.
Woi.F Ferber schiesgen SU Dreszden (1610) 12*".
s. ferner d. städtechron. 25, 78, 16 unter 2, b, y sowie 3, / und
statutargemeinde.
d) ferner Statuten von gilden , zünften u. ähnl. , siehe
K. v. Amira in Pauls grundr.^ 3, 75. 106/. 112. 117: statuta
opificum, die Innung, innungsarticul, handwercks-ord-
nung. Nehring 845; die Statuten einer innung, einer
zunft, eines handwerkes. Adelung; 'Statuten, handwerks-,
innungs-, heiszen sonst auch innungsbriefe , handwerks-
oder innungs-artikel, handwerksbrauch und gewohnheit,
sind eigentlich nichts anders, als die bei/ den handwerkem
und innungen nur so durch einen langen gebrauch und
herkommen eingeführte, oder auch von und unter sich selbst
gemachte Ordnungen und gesetze.' Jacobsson 7,429*'; vgl.:
'statuta opificum, die innungsgesetze, die innungsordnung.
Campe erg.bd. dese hernochgeschrebin artikell, di in
iren (der Breslauer rotgerber) vorbriften und vorsigilten
Statuten begriffen sint. cod. diplom. Sites. 8, 102 (Liegnitzer
ratsbrief v. 1397), vgl. unter 2. b, « und ß. (das allgem.
d. handehgesetzbuch von 1861 kannte das wort statut für
den 'geselLtchaßsvertrag' der aktiengesellsciutft. art. 208.)
e) Statuten bei andern körperschaften, z. b. die Statuten
des deutschen ordens (Germ. 22, 114). in neuerer zeit icird
die Verfassung von vereinen unterschiedslos als statut(cn)
oder satzung(en) bezeichnet, überhaupt von juristischen
Personen: der wille des Stifters über die Verfassung wird
bei korporationen , manchmal auch bei Stiftungen, als
Statut beaeichnet. Stengel vencaltungsr. l (1889), 694'».
/) Statuten einer institution: Statuten, Verordnungen,
vom lateinischen worte statuere, festsetzen, die Statuten
der königl. preuss. Friedrichsuniversität hat mchrentheils
der verstorbene berühmte rechtsgelehrte Stryck . . . auf
gesetzt und der hof hernach bestätigt, sie werden in die
Statuten der gesammten Universität und in die fakultäts-
statuten eingcthcilt. Kindlehen .otudentenlex. (i78i) •2\2
neudr.; kaiser Joseph . . . gab dem (6ur5r-)theater ein sehr
ausführliches statut unter dem titel 'Vorschrift und pc
setze, nach welchen sich die mitglieder des k. k. national-
theaters zu halten haben'. Laure ausgew. werke 4, 89
Hauben; sollte er nun auch das theaterstatut um-
stürzen, welches er selbst gegeben? 119; es ist gegen liie
Statuten der Sparkasse. Frenssen Hilligenlei 411.
g) so auch in älterer spräche von localer gesrtzgebftng,
die sich auf ein specielleres gebiet erstreckt, Itesonders von
markt- und gerichtsord mingen : statuta und Ordnung des
gcrichts Puechenstain. tirol. weisth. 4,091,32 (iß. jahrh.);
gemaines markts Khindtbcrg von uralters hero zusamben
geschribne frciheiten, burkfridt und landtafel, ... auch
andere gmaines markts alte Statuten und freihoiten mit
wolhergebrachten gewohnheiten. steir. taid. Ti, Sl (vom
j. 1666).
h) Statuten von noch »pecieUerer geUung : ain stalnt dw
gaystlichen hochzeyt halb. Nürnb. /xdizeiordn. s.M. s. unter
8, d, a; lioRZ er (der kaiser) in die ülatuten des geheiligten
gUttlichen Zweikampfs, überall wo vornusgesetzt wird,
danz die schuld dadurch unniittelharnns tagcslirht komme,
die Worte cinrürki>n: 'wenn e.s polte» willc Ist". Kleist
3,427 K. Schmidt ((/. zireik., .•tchlusx); Rolher läugncl be-
stimmt, Annr. der staatskanzlcr in dem slnatsschulden-
Statut da« wort 'reich««IUnde" eigenmKchtig und gegen
den aundrUoklichen willen des Königs eingCRchwär/l
habe . .; in dem von dem Könige unterschriebenen statut,
das im archtv aufbewahrt liegt, lindel sich nur hei dem
Mr
1065 STATÜTARGEMEINDE — STATUTENGELD
STATUTENGEMÄSZ-STATZELN 1066
Worte 'reichsstände' ein strich mit rothstift. Varnhagen
V. Ense tageb. 2, 306/. von einer Schenkung, die zugleich
eine Verfassungsgrundlage bildet:
dem pergament alsbald vertrau' ich wohlgemuth,
zum glück dem reich und uns, das wichtigste Statut.
GöTHE 41, 293 (Famt II, 4).
STATÜTARGEMEINDE, /..- unter statatar gemeinden
versteht die österr. gesetzgebung solche gemeindewesen,
welche nicht unter die bestimmungen der aligemeinen,
für das betreffende kronland giltigen gemeindeordnungen
fallen, sondern bezüglich ihrer Organisation und Verwal-
tung durch ein sondergesetz geregelt werden, in welchem
ihre unmittelbare Unterordnung unter die landesvertretung
und die politische landesstelle . . . ausgesprochen ist. österr.
staatmcb. 2, 1125V- ,' ™an kann die hiedurch den statutar-
gemeinden eingeräumte Sonderstellung mit dem aus-
drucke: 'landesunmittelbarkeit' bezeichnen, das wesen
dieser Sonderstellung beruht nämlich darin, dasz zwischen
der statutargemeinde und den autonomen wie staatlichen
landesbehörden . . . kein Zwischenglied eingeschoben wer-
den durfte. 1126''. vgl. statut 3,/ und 4, c.
STATUTARISCH, rtrf;. 'in der rechtssprache, verordnungs-
niä.9zig oder gesetzlich'. Campe erg.-bd.: weil . . . die statu-
tarische gesetzgebung an besondere Voraussetzungen ge-
knüpft erscheint. Bluntschli-Brater d. sfaatsicb. (1857)
1, 607. insbesondere 'die statutarische portion, d.i. der
gesetzliche antheil, der einer person von dem nachlasse eines
verstorbenen zufällt'. Campe erg.-bd.; statutarische erb-
portion, erbansprüche des überlebenden ehegatten nach den
deutschen partikularrechten, auch unter der herrschaft der
röm. erlfolgeardnung, als durchbrechung des gemeinen erb-
rechts, s. R. Schröder bei Holtzendorff rechtslex.^
(1881) 3, 778 — 780 {ausdmck seit dem il.jahrh.) und d. rechts
gesch.^ 756/. u. anm.; vgl. statutentheil. — so auch: dabei
haben gerade die würdigsten und gröszten theologen an-
stand genommen, für die statutarische religionslehre einen
katechismus abzufassen. Kant 6, 479 ausg. d. akad. (metaph.
der sitten 2, § 5l).
STATUTARRECHT, n..- mit dem eximierten gericht-
stande {des adeL<i) hing die exemtion von den blos lokalen
statutarrechten in ansehung des familien- und erbrechts
zusammen. R. Schröder d. rechtsgesch.^ 826; charakte-
ristische unterschiede zeigen auch die gemeindeord-
nungen, ... je nachdem sie dem selbstgegebenen sta-
tutarrechte der gemeinde einen gröszeren oder geringeren
Spielraum gewähren. Bachem staatslex.^ 2,'! 62.
STATüTENBüCH, n. buch, worin Statuten aufgezeichnet
• nd, besonders Sammlung der Statuten einer stadt, stadt-
• chtsbuch, s. Pauls grundr.^ 3, 80; so schon 1380 das
statutenboek van Maastricht, s. ebenda l, 190. hochd. seit
dem IS. jahrh. belegt: Statuten buch, gesatz, Ordnungen
n. gebrauch, kaiserlicher, allgemeiner u. etlicher beson-
derer land u. stett rechten. 1553 u. ö.. s. Stobbe gesch.
der d. rechtsqu. 2, 176; weliches . . . ihro fürstl. gdn. etc.
dem herrn Hannsz Malczen . . . gnädigst anbevolchen . . .
zu ewiger gedächtnusz in deren von St. Rueprecht stat-
tutenbuch einzuverleiben, steir. taid. 201, 20; hienach volgt
des loblichen gerichts Ennenbergs statuttenpuech. tirol.
weisth. 4, 708, 15; dem he. Cramer, dem Verleger der Vossi-
schen Übersetzung, . . . der ohne seine schuld, durch un-
vorsichtigen Verlag eines ungeheuren Bremer statuten-
buchs, ganz zurückgekommen ist. Grambero, s. briefe
von u. an Bürger 3, .37 (22. nmi 1781). dafür das deminutiv:
zu wissen, dass die nachperschaft in Inner- und Ausser-
pens ain gewisse Ordnung und Statuten- biechl, so man
jcrlich bei der ehchafttäding abgelesen , gehabt haben,
wie sich die nachpersleit verhalten sollen, tirol. iceisth.
4,282,31 (to/n. ,;■. 1665) ; das uns unsere getreue lieben N.,
die gemain und unterthancn des gerichts Melten aus ihren
Statuten- und ordnung-piechl, so sie und ihre voreitern
von Villen jähren her gehabt, etliche die firnembsle
herausgezogene articl firgebracht. 177, 3 {vom j. 1736).
STATÜTENGELD , n. ; nur im plur. von gewissen ge-
bühren: da kam einer und klagte, dasz ihm von hoher
band eine kleine pra-bende gegönnet sey. allein die
canonici fordern so viel statuten-gelder, dasz er nicht
wisse, ob er so lang leben werde, dasz er so viel wider
I einnehme, als er itzo auszgeben solle. Schuppius 78;
Mr.
sein vater . . . hab ihm mit grosser mühe ein vicariat
zuwegen gebracht, und die Statuten gelder erlegt, und er
hab vermeynt , er hab daran ein Stipendium. 79; er
exagiriret die decanos capitulares und canonicos, heisset
sie blackscheisser, sticht an ihre Statuten gelter, bücher
dieb (1658) 55.
STATUTENGEM ÄSZ, adv.: ihre — frau, kann ich sie
statutengemäsz noch nicht nennen; es sey mir erlaubt,
sie braut zu heiszen. Hippel 8, 112 {kreuz- u. qiierz. i, § 22);
war er für dieses jähr doch auch der rechnungsführer
der {'vereinigten fretcndschaf tu eJten') gesellschaft und hatte
für seine casse zu streben, die statutengemäsz um Weih-
nachten unter geheim bedürftige vertheilt werden sollte !
Storm 3, 157. {als adj. dafür gewöhnlich statutenmäszig.)
STATüTENKOLLISiON , /. .- unter diesem der älteren
theorie entnommenen, aber ungenauen titel wird ge-
wöhnlich die ganze lehre des internationalen rechts ab-
gehandelt und die schwierige frage erörtert, welches von
zwei an sich möglichen rechten zur anwendung komme.
Bluntschli(-Brater) d. .^taatswb. 10 (1867), 205 — 11, vgl.
Grimm tceisth. 7,360 {reg.). Bachem staatslex.^ 4,697 {beim
internat. privatrecht).
STATUTENMÄSZIG, adj.. vgl. statutengemäsz.
STATUTENRECHT, n.. vgl. statutarrecht.
STATÜTENREITER, m. der sich in lästiger weise immer
auf die Statuten beruft.
STATUTENSAMMLUNG, /.. vgl. statutenbuch: über
nichts wünschte ich mehr die geheimen stimmen dencken-
der köpfe gesammelt zu lesen, als über die materie von
der seele. die lauten öffentlichen . . . weisz ich schon,
allein die gehören nicht sowohl in eine psychologie als
in eine Statuten Sammlung. Lichtenberg aphorismen
3, 221 Leitzmann (F 536).
STATUTENTHEIL, n.: portio statutaria. oder, statuten-
theil, ist in den rechten ein stück und erbtheil der guter, so
das überlebende weih nach Inhalt der Statuten oder her-
gebrachten gewohnheit aus des verstorbenen mannes
vermögen bekömmt, woferne sie nicht nach ihrem ein-
gebrachten greiffen will. . . . nach den allgemeinen säch-
sischen rechten ist dieses statutentheil, wenn 3. oder
weniger kinder da sind, der vierdte theil von des mannes
Verlassenschaft, wo aber mehr oder drüber, ist es ein
kinds-theil. Amaranthes frauenzimmerlex. (1715) 1513/
STATUTENWIDRIG, adj. was den Statuten zuvnder ist,
dagegen verstöszt.
STÄTWÄHREND, adj., s. stetwährend.
STÄTWIRIG, adj., s. stetwierig.
STATZAUNER, m., vgl. stationierer, *p.944/.; statzawner
oder appotecker, stationarius. voc. v. 1482, s. Frisch
2, 321». DiEF. gloss. 550". Lexer handwb. 2, 1152. {nach dem
mhd. wb. 2, 2, 612* soll statzüner bei Ottokar vorkommen.)
ST ATZE, /, in dieser lautform fallen verschiedene icörter
von beschränkter Verbreitung zusatnmen.
1) in älterer spräche für einßschnetz, garn: una sagena
qne vulgo nominatur statze. urk. v. 1119 hei Wali.raf
altd. hist.-diplom. wb. 80; sagenam unam que vulgo vocatur
statze in eodem tractu. Kölner urk. v. 1228, s. Alem. 5, 154
(Lexer handwb. nachtr. 369).
2) im österr. des 14. — 15. jahrh. statz(e) Verkaufsbude,
apotheke, s. Schmeller* 2,7%. Lexer mfut. handwb. 2,1152;
atis Station, s. das. l tmd 4 »p. 939. 942.
3) dazu aus neuern mundarten.
a) Iterlin. der schtatzen, stück, jib mir'n schtatzen
{kitchen) ab. Brkn" dicke 178» {gleichbedeutend atzen 81").
b) eis. 'stätsa, plur. überhebiing, einbildung. statze n- im
köpf han groszthun. Martin-Lienhart 2,620'', vgl. spatz5,
theil 10,1, 2006/ und das zioeile stalzen 1.
STATZELLIERER, m. stationarius. Dief. gloss. 550« (üoc.
V. 1515, neben stantzellierer), vgl. stationierer, sp. 944/
STATZELN, verb. stammeln, stottern; tceiterbildung zu
statzen, vgl. dieses und statzler: balbutirn = gakitzn,
statzlen, stammlen, schleckitzn, unvolkommenlich reden,
wie die jungen kinder. Simon Roth C3»; etliche halten
mit den Nestorianern , das... under des weins gestalt,
oder im wein (wie sie statzelen) allain das blöt ohn
fleisch und seel zugegen seye. Joh.Nass I7prerft^(l572)87*';
die pfaffen . . . dörffend {brauchen) nicht . . . hochgelehrt
sein, dann wann sie schlechts die fünff heymliche wort
Mr.
1067
ST ATZEN — ST ATZER
STATZGEN — STATZIGEN
1068
inn der mesz herausz statzlen, ... so ist. der handel schon
richtig, bienenk. 204*"; so dann dein patient . . . etwas reden
will, so lallet unnd statzlet er, umb willen dasz sein
zungen mit so schwerem last desz Schleimes beladen ist.
Minderer krügs artzney (1634) 175. — ds. da/ür ' stä,ksal9.
MaBTIN-LIENHART 2, 620''.
ST ATZEN, verb. stammeln, stottern: balbtitire . . . statzen.
DiEF. gloss. 66'' {voc. v. 1507 Mnrfl512); stafzgen, statzen,
statzeln. dr. Minderer (1620) s. Schm.- 2, 799; statzen,
t. e. stammeln, lingvd haesitare, offensare in legendo, al.
stocken. Stieler »iac/iäc/i. 29»; 'starzend , stockend sprechen,
stammeln, stottern (Jotucismus), gleichsam ivie befangen,
zungenschicer sprechen.' Höfler krankJieitsnamenb. e~6^ ;
scfncäb. stazzen, statzgen Schmid 508, stazen, stazgen
Campe. Utteraturbdege aus dem 16. — 17. jahrh.: die red,
durch die die vergöttung geschieht, sol eben schlecht und
gerecht, on statzen unnd stamlen herfliessen. S. Franck
morie encom. 47» (102, 24) ; es seyn ietz . . . manche so . . .
verschränckte verränckte, verzwickte verbickte untefltsch-
tefttsche carmina ... in den truck ausgegangen, die ich.
und meines gleichen gesellen, nicht änderst als überal
stammlend und statzend lesen, auch an vilen orten
weniger, dan verzihferte gehaime briefe verstehen können.
RoMPi.ER V. Löwenhalt reimget. (i6il) vorr. d 2»; wo dein
herr herkommet, (mttszt du) dich bücken dasz der nestel
kracht . . . dich stellen wie er sich stellet, . . . reden wie
er redet: gaxen wann er statzet. Philander l, 510;
Chrysostomus bringet das exempel der heyden, die, wann
sie eine stammlende oder statzende zungen gehabt, sich
dahin befliessen, dasz sies corrigiren und verbessern
können. G. Ai.ßHKCHr fltich- ABC (l66i) 50. daneben statzgen
und die Weiterbildung statzeln, vgl. ersteres.
STATZEN. verb. in dieser lautform vereinigen sich ferner
toörter hochdeutscher mundarten mit mannigfachen bedeu-
tungsnuancen.
1) ein wort, das über das bair.-schtcäb. gebiet verbreitet ist.
a) hier scheint die grundbedeutung auf eine aufrechte,
steife, gezierte körperhaltung zu gehen, so in Wien: 'staz'n,
aufrecht stellen, gerade richten, sich beim, gehen strecken,
rote dies kleine personen thun, auch stolz einliergehen ; z. b.
wie der N. wieder g'stazt dahersteigt.' Hüoki. 155''. ähn-
liches acheint bereits in einer handschr. v. 1431 zu begegnen :
ein wätsac und zwen soumschrin
warn ouf die soumer gesalzt,
ein gelwerc ouf ieelichem statzt.
Heinr. V. Neustadt 4033 Strohl («. 268«),
%Dofäir in der handschr. B 4143 Singer:
ain twerg auff yglichem gesalzt (: gevast).
(danach Lexer handtcb. 2, 1152.) so auch im bair. wald
statzen, sich brüsten; 'gstätst vot^ steifer körperhaltung',
8. Bayerns mundarten 2, 259; vgl. bayreuthisch fränk. statsn
starren, strotzen; steif ausstrecken' 267.
b) überhaupt bair. statzen, sich brüsten, zieren; affectiert
benefimen; gst&zt und gst&zig gespreizt, hoffärtig. Schm.''
2, 749; österr. gschdazd 'steif, sich zierend, auch hoch-
müthig'. Castelli 154.
c) schioäb. staatzen 'hochmüthig seyn, staat machen'.
Schmid 506, vgl. Frommann 4,189,44 und statze s, b.
(flnlehnung an st&at 8?)
2) andere bedeutungen, deren zuaamm*nihang unklar ufut
ztoeifelhaft ist, begegnen in westmitteld. mundarten.
a) nass. statzen 'stoszen, stützen, stampfen'. Kehrein
1,888 (mit stoszen verxcandt. vgl. slotzcn?).
b) statzen 'mit dem fuaze hart auftreten', im südl. Ober-
hessen, im nördl. dafür star/.en. Vii.mar 896.
c) in der Bistritzer mundnrt (siebenh.) 'sclitizcn mit
macht hervorbrechen, z. b. det biat (das blut) sclitäfzt em
aus dem maul. Kiiamkr 127.
STATZKNIEKKR. m., s. stationlerer, sp. »44./.
STATZER. m. stammler, vgl. statzen und statzgcr,
•totzicr: balbtia. htammler, statzcr.Goi.ii onoinnst.{\tieii)M\,
rl7^ Fkisch 2. 842«; »tatzer Hadrianus Iunils nomenrl.
(IfiM) SM. •. HöHi.KR krankheitjuiiimenb. «76''; statzer, hucIip
•t«mmlcr. Hulhmh dict. (161m)28«»; 'der so spricht, als
ob seine zunge starzt, starr, unbrwrglich wird, stockt unterm
sprechen.' Höfi kr a. a. o. littrrnturlteUge aus dem 15. bis
it. jahrh,: ein reudip Hchaf iiiarlil ein gantz henl nMidiit.
... bei stAtzem Icrt oiaii g»utzcn. S. Franck spricht«.
Mr.
2, 59»; wann sie so gar stamlen, das sie von niemandt,
dann von aim gleichen statzer und blöderer mö|:cn ver-
standen werden, morie encom. 49'' (l07, 13);
du gatzer und statzer, du lummer und tauber.
/aj><n. «p. 254. 19;
da klatfer, schwatzer und du doderer,
da gatzer, statzer und du ploderer.
H. Sachs 1, 480a {/astn. fp. 1, 49 neudr.);
da gatzer, statzer, schaw dich an.
2, 4, SSb {foftn. sp. 5, 151 ncudr.) ;
du gatzer, statzer und alter ban
der all ding will bekreen than. 3, 1,5'».
s. auch Martin-Lienhart 2,620''.
STATZGEN , verb. stammeln , stottern : balbutire . . .
statzgen. Dief. gloss. 66'' (voc. v. 1487, 1512 und 1516);
labare . . . glitzschen vel statzgen. 313* (gemma gemmar.,
Straszb. 1512); tifubare . . . staczgen. 586» (gloss. des ii. Jh.);
statzgen, stammlen, balbutire. Dasypodius; balbutio, ich
stammle, oder statzge, stosz mit der zungen. ders., lat.-
germ.; neben statzen bei Minderer (1620), s. dieses, belege:
er hett ain Überträge zungen, darumb er ser staczgct.
Steinhöwel Ae50jj38 Österley (lingtui tardus atque blactero.
vita Esopi l); also verlöre es der herr von Bern, der
statzget, lurket und war am allerwenigesten beredt.
Zimmer, chron.^ 4, 252, 10; beschawe nur wie der truncknen
band, füsz, köpfT, ja der gantze leib zittre und schwancke,
wie jhnen das gesicht verfalle, die zung statzge, stammle,
lalle, und kein glied desz gantzen leibs sein gebür ver-
richte. WiRSUNG artzneyb. (l597) 734 D (=1572 595); die
kinder sollen alles stamm eins, statzgens, langdönens sich
enthalten. ZJlmer schulordn. v. 1626. gelegentlich in der
Schreibung statzigen: so niusz der göt Moses, Hlere-
mias unnd Zacharias , her halten , die auch gcstatziget
unnd ya gar stumme seinndt gewesenn. kriegb. desfriedes
174». Schweiz, statzgen Stalder 2, 390 (unter staggeln),
statzga (neben staggla, dazu die statzgeta, das stottern).
Tobler 406»; ebenso in Vorarlberg: 'statzga ist das an-
gebor ne stamrneln. subst. statzgatä,/.,- statzger, «i.' From
MANN 3,300; *c/tit'äft. statzgen (»icien stazzen) Schmid 50t*;
tirol. statzgen Schöpf 702. — neben statzgen stehen ah
iceichende formen, einerseits statzen mit der iveiterbildtiug
statzeln, *. oben; andrerseits eine bildung init gs, ks:
schiceiz. staggs en (ne&en statzgen utui staggeln). Staldek
2, 390, eis. staxen stammeln, lallen Klein 2, 1%. Martin-
Lienhart 2,620» (dazu staxele 620''); pfälz. stagse Auten-
KIETH 136, in Eappenau staksa Meisinoer 180''. ditwe
parallelformen lassen den Zusammenhang und die geschichte
des ^oortes deutlich erkennen, von einer wtirzel stag- liegen
zwei iterativbildungen neben einander: staggeln, *. das.,
sp. 538/., und *staggezen, *stagzen. letztere ist in utteut-
stellter form nirgends erhalten, sondern entweder umgesteUt
zu statzgen oder erleichtert, einerseits zu statzen (vgl.
blitzen, schmatzen aus blickezen, smackczen), andrerseits
zu stagsen (vgl. drucksen, mucksen, klecksen), indem von
der unbequemen latitgnippe gts entweder der erste oder der
mittlere consonant ausgedrängt tcurde.
STATZGER, »n. stammler. vgl. statzgen und stat/.cr.
statzler: balbus . . . staggler, statzger. DiEF. gloss. 66'» (vor.
r. 1487); statzger, traulus. lat. Jiaesitans. Dasvpodus;
yeUöe. balbus. stamler, statzger. Nie. Frischlin »lOfn«»-
tia<or (1586) 87 (ca|>. 65, auch bei Frisch 2,342»); patzger,
statzger, bambalio, Cic. qui propter luiesitantiam Hugum-.
stujwremque cordis. cognotnen ex eontumeliu eontru.nt
Henisch 1376,14; stammerer, balbus. bambalio. dicittir
etiam stamler, staggeler, statzger, et staker. Stikler 2224;
statziger, der, bambalio. balbutiens. nacluich. 29*; by
statzgern lernet man gautzen. Seu. Franck S, 11»», vgl.
unter statzer. mundartlicli sclttoeiz. staggser, statzger
(und Htaggsig, statxgig, a4j.) Stai.der 2,390, in VorarlUr<i
Frommann 8,800, tirol. statzger Schöpf 702, eis. stax« i
MAHTlN-LlKNIlAnT t, 680"».
STATZIAN, /., #. sUUon 1 und 8. c, sp. 98»/.
STATZICHT, adj. stammelnd; nur in bair. form beseugl
Ijülbus staczoter. quelle v. 1412 bei SciiM.'t.T»»;
unfOrmlichpr golionl und nitt,
»tat7. i't und iiiihi'riMict mit.
II. Sa<m> <Iic nwcn uni;e$ehti^tne reuler,
s. Fkommann 1,87, dazu s. w.
STATZIGEN, verb.. s. statzgen.
Mr.
i
1069
STATZINIERER— STAUB (l, 1)
STAUB (I. 2. 3. II. 1)
1070
STATZi:SlERER, STATZIONIERER, m., s. stationierer.
STATZLER, m. Stammler, vgl. statzeln und statzer,
statzger; so in den Sprichwörtern: bey statzlern lernt man
gautzen. Egenolff 59*, von statzleren lehrnet man
gautzen. Sutor Argos (1740) s. 563, bei stazlern lernt
man gazen (gakezen, crocitare). Eiselein 577. Simrock
9828, vgl. Frisch 2,342». Wander 4,783,1; ein statzler
Tcrstehet ein stamler. Lehman florileg. (l642) 352,28, stazler
verstehen einander wol. Eisei-ein 577. Simrock 9827, vgl.
Wander 4, 783, 2. 3.
STAU, m. sfattung, hemmung von flieszendem wasser,
icehr. eine nominalbildung zu stauen, vgl. dieses, die vom,
nd. ausgeht: mnd. dat stow(e), stouw(e), stu, *. Schiller-
LÜBBEN 4, 420», schon früh bezeugt: de ponte usque ad
locum, qui dicitur stowe. Oldenb. urk. v. 1258, s. ebenda,
in neuern mundarten : stau 'die hemmung des wassers,
wenn man dessen andrang überwunden hat. dat water im
stau holden, das wasser zurück halten, icie z. e. der müller
oberhalb der mühlen. daher sagt man auch uneigentlich:
he het idt im stau, er ist in beglückten umständen, bey
gutem, vermögen, im vortheilhaften nahrungszustande ; wie
ein müller, der wasser genug zu seiner mühle vwräthig
hat'- brem. wb. 4,1007; altmärk. 'stau ein dämm etc. wo-
durch man das icasser aufstauet oder absperrt'. Danneil
209*"; preusz. stau, m. 'die hemmung, der auf enthalt; das
anschwellen, steigen des wassers'. Frischbier 2, 363''; in
Husum übertragen stau in 't lief, Verstopfung; he kann
keen stau in 't lief krigen 'er hat die diarhöe'. Schütze
4, 189. hoU. stouw, stuw. im hd. findet sich ein vereinzeltes
frühes Zeugnis auf 7id. boden : den 2. augusti (l586) , hat
graff Johan . . . die pastey an der Harne zu Oldenburg . . ,
da man den bäum beim stauw schleust, auffziehen lassen.
Hamelmann Oldenburg. chron. (±599) 438. daraus JeiFRiscH
2, 331"= gebucht: der stauuw, stagnum, redundctio. . . . das
geseumte oder stehende wasser, stagnum. danach iciederum
ScherzOberlin 1562 (staw, stauung). 1572 (stewe). Ade-
lung kennt stau nur als nd. form, für stauch, m,., vgl.
dieses, das geschlecht scheint im mhd. durchweg masc. zti
sein {gegen mnd. neutr.), wie überhaupt bei dieser bildungs-
weise, s. Weigand 2,802. Sanders 3,1183". nur Campe
giebt 'die stau oder staue , o. mz. , l) der stillstand des
wassers, da es eine kurze zeit bei der ebbe und flut still
stehet, ohne mehr ab- oder aufzulaufen. 2) das stauen des
wassers, die handlung , da man das wasser stauet', als
fem. sonst nirgends bezeugt, {pfälz. stau,/, steig, Acten-
RIETH 136, gehört jedenfalls nicht hierher.) belege: über
nacht ist das wasser hier wunderbarer weise gar nicht
gewachsen; es musz daher oberhalb eine eisstopfung
und stau entstanden sein, dasz es nicht herunter kann.
BiSM.\RGK br. an s. braut s. 47; von dem gehemmten wasser:
um den vorspringenden fusz des felsens . . . wirbelten die
Wasserblasen, die gewalt des staues zog tiefe furchen
in der fluth. Freytag 7,457 (lerZ. handschr.b,z); gesetz-
lich ist der stau oder die läge der Überfallsschwelle oder
höhe der Wehrkrone durch aich- oder hammpfähle fixiert.
österr. staatswb. 2, 1544». nach S.\nders a. a. o. besonders
in der Verbindung im stau : das wasser ist im stau,
zwischen ebbe und flut (vgl. stauwasser); das wasser im
stau haben , halten vom. wassermiüler , ein rad geht im
stau (stauch), wenn das wasser unten nicht ordentlich
ahflieszt.
STAUANLAGE, /. künstliche Vorrichtung tur Jtemmung
ne» wasserlaufs, vgl. Stauwerk. Stengel wb. des deutsclien
rtcaltungsr. 2,539 — 542. österr. staatswb. 2, 15i* f. i^i. Mr.
STAUB, m. ptilvis.
I. zur geschichte der wortform, l) ein ursprünglich Jioch-
deutsches wort, ahd. stoup, mhd. stoup; weiter reicJit der
uf anderer bildung beruhende kreis got. stubjus, ahd.
-tubbi, stuppi, mM. stüppe, nhd. gestüpp, gesttippe
(*. theil 4, 1, 2, sp. 4267 und unten stüpp) , mnd. stabbe,
wuu in Niedersaclisen der als feuriger schweif in den
tehomstein eines hauses fahrende kobold Stöpke gestellt
werden könnte, eigentlich die glückbringende Sternschnuppe,
wenn die lautlichen schwierigkeifen nicht zu grosz wären ;
doch ahd. stubbica, eometa. vgl. auszer nd. ndl. stof (der
mittelnieder d. geschlechtswandel dat stof erklärt sich wol
ol» toirkung von pulver u. ä. vgl. Schiller-Lübben 4,421»)
noch weiteres unten unter stieben, verb. und stoben, m.
Mr. Cr.
2) die von Uhlenbeck in Paul und Braunes beifr.
26,308 versuchte Zusammenstellung mit griech.arv<p(o 'mache
dicht, fest oder hart', OTvtplöq 'dicht, derb, fest, hart, rauh'
u. s. w. scheitert schon an dem bedeutungsunterschiede.
mehr wahrsdieinlichkeit hat die herleitung unseres xcortes
von einer indog. wurzel dhubh-, griech. rv^os 'rauch, dampf,
dunst, nebeV (vgl. auch innerhalb des germ. mndl. doom,
aJid. toum 'dampf ' neben ags. steäm, mnd. stöm, ndl. stoom
M. s. IC. Kuhns zeitschr. 37, 310/.), und es verschlägt dabei
nichts, wenn R. Much in der zeitschr. f. deutsche Wort-
forschung 2,286 diese grundbedeutung 'rauch, qualm' für
staub nicht nachweisen kanti (wenduugen rede er staubt wie
ein misthaufen und er staubt den ganzen tag, beides
scherzhaft gesagt von einem raucher, geben nur schwachen
beweis), die hier zusammenschieszenden bedeufungen liegen
doch in dem gleichen kreise: staub urspr. die bei dem
schwächsten Windhauch icie dunst oder qualm in der luft
herumstiebende lockere feinkörnige masse, welche sonst auf
dem erdboden lagert, deshalb:
also vil so ist der erde stobis
als vil chnrnit samen von dinem llchnamen.
genest's 54, 8 Diemer;
„ „ slach siege manege
of den stop der erde. 139, 6;
noch im späten nachklang:
die bäume stehen voller laub,
das erdreich decket seinen staub
mit einem grünen kleide.
P. Gerhardt 6«' Fischer-Tümpel
kirchenlied 8, 398».
die wenigen , oft nur scheinbaren ausnahmen von dieser
grundbedeutung s. II, 1, l.
3) staub ist im allgemeinen ein coUectivbegriff ; beachtens-
wert sind Zeugnisse wie:
du bist weis und voll Verstandes,
was geheim ist, ist dir kunt,
zählst den staub des kleinen sandes,
gründst des tieffen meeres grund.
P. Gerhardt bei Fischer-Tümpei.
l-irchenlied 3, 311,
wo staub als staubmenge seinen collectiven sinn besonders
deutlich macht, unserer spräche fehlt überhaupt ursprüng-
lich der philosophische begriff des griech. ärouos (staub,
atomus. DiEF. 57**). nur der plur. atome läszt sich durch
st&uh fassen : fliegender staub, atomi. voe. v. 1515 (Dief. 57'') ;
und von disem fliegenden wilden staub soll die weit von
ungefähr zusammen gestoben unnd gefügt sein worden.
Fischart bienenkorb se*'. die bezeichnung des einzelnen
Staubkornes gelang enticedei- durch tceiteren zusatz: durch
enge mauerluken fiel ein scharfes licht auf die geheimnis-
volle statte, in dem eindringenden luftstrom wirbelten die
atome des staubes, davor und dahinter dämmrige dunkel-
heit. FREYT.^^G 7,335 (lerl. handschr. 4,9); vgl. auch unten
staubfaser, Staubkorn und staubtheil. cleyn staub, atomus.
DlEF. 57'; kannst du der wesen unzählbare beere,
den kleinsten staub fOhllos beschaun?
Chr. Fr. Gei.lert ivi kann, gesangbuch 461, 4,
oder, rcas dem letzteren gebrauch ganz entspricht, durch
die deminnt. stäubchen und stäublein (s. unten), ein plural
von staub ist aber völlig ausnähme:
und traumwandelnd sie beschleichet
nun der schlaue Azrael,
und die träumerin sie reichet
sieben staube dem gesell. Brentano 3, 152.
vgl. auch niederd. den seltnen fall der Vereinzelung:
war umme wultu dem bröder din
en stof nemen üt dem Oge sin? Clatct Btir 515.
II. bedeutung und gebrauch, l) von seiner erseheinungs-
form und art :
a) leichter, lockrer staub:
vielleicht beginnt ein neues reich,
der lockre staub wird zum gesträuch,
der bäum nimmt thierische geberden,
das thier soll gar zum menschen werden.
Novalis l, 229 Jfeitxner;
ein schwarzer rauch möcht' ich fliehn, . . .
möcht' ein leiser, leichter staub
emporgeweht flügellos verfliegen!
Droysbn Aüchylos^ 276;
grosser dicker staub, den ein Windsbraut im laufT auf
treybt, nebttla pulveris. Maaler 385«; vgl. Frisch 2, 322»,
der mit 'nubes pulveris' die fügung erläutert; s. axich den
beleg aus Wickrah unter b; dicker staub, poltere densa.
Cr.
1071
STAUB (II, 1)
STAUB (II, 1)
1072
spessa polverio, nuvola dipolvere. Kkamek dict. 2 (1702), 915",
wäJirend heute für den fliegenden staub der strasze dichter
staub bevorzugt icird; doch dicker staub liegt noch auf
verstecktem, lange nicht gebrauchtem hausgerät; groszer
staub, ingens pulvis. Stein mach 2,708.
b) staub in bewegung: staub erregen, staub machen,
levare, fare polve^e. Kuamer dict. 2 (1702), 915" {vgl. Frisch
2, 322»); ich wil dir keinen solchen staub mer machen
und fürbas die stube dest bas begiessen. Wickham 3, 119, 28
Balte; {das bild,) wenn die beyden mädchen mit einander
laufen und die beine werfen und den staub mit ihren
füszen erregen. Eckermann gespräclie l, 166. der wind
hebte, erregte den staub. Kramer dict. 2 (1702), 915";
fliegender, erregter staub, jpoZrercio?anfe. eJenrfo; es erhub
sich ein staub, levossi, alzossi una poltere, un polverio.
ebenda; vgl. sich erheben als staub, ad coelum surgere.
Frisch 2, 322*; wann sie {die frau) des morgens die
Stuben fegt oder schweifFet, spritzet sie die gar nit, davon
sich dann ein grosser staub erhub. Wickram 3,119,7 Balte;
unter den füszen der pferde erhub sich ein staub wie
eine wölke. Bkeitinoer crit. dichtkunst l (1740), 40;
von seinem (det arztes) theater zum himmel
erhob sich der staub, erhob sich das schreyn.
Müller Siegfr. v. Lindenberg 1, 245;
der staub steigt bis an die wolcken , nubes pulveris ad
coelum surgit. Steinbach 2,708;
so stieg . . .
der staub ... in die luft.
Bürger 151, 18 Bohtz.
iUiriUch: gchaw, schaw, was für ein staub auff gat
vom thuren herwartz gen der statt.
H. Sachs 8, 330, 9 Keller-Götze;
ich sah : vorbey der eiche wehte
dunkler der staub.
Klopstock Oden 1 (1889), 110, 52.
in dieser Sphäre liegt der dichterische gebrauch nebel
von staub : ^^t eilen stiere vorüber,
aas ihren nasen raucht brunst, sie spalten mit hörnern dats
erdreich,
und toben im nebel von staub.
E. Chr. v. Ki.eüst 2, 27 (frühling);
vgl.: wie vor brausender winde gewalt unwetter daherziehn,
jenes tags, wann häufig der staub ist rings um die wege,
dasz sich sofort von dem staub aufwölkt ein finsterer nebel :
so dort stürmte zusammen die schlacbt.
Voss Lliaii 13, 335/.
getcöhnlich dagegen eine wölke von staub: eine wölke von
staub erfüllte eine ecke des gemaches. Raaue kinder von
Finkenrode I8ä; eine wölke staubes:
treibt der wind vor ihrer pforte
wölken staubs behend vorüber.
GOtiie 1, C, 2C w. a. (westiküicher divan 1);
unkenntlich in wölken staubes,
seh' ich nur die waffen schimmern.
TiECK »Christen X (1828), 320;
hoch steigt des staubes wölke
ztun himmel auf und hüllt die sonn' in nacht.
E. ScnuLZE Cücilie 8, 54
{siehe auch die belege unten und Staubwolke), der eine
uxndung toie der staub wirbelt (empor) entspricht, vgl.:
dichter wirbelle der miszfarhige staub. Frevtag 7, Ml
{verl. Iuindsc.hr. 4,9). der Übergang zur rufte: der staub
legt sich, pulvis considet. Stkinhacii 2, 708; ein weib hios
ircn man aus dem haus beleihen, bis der staub vergieiig.
WiCKliAM S, ÜB, m Balte;
wart« nur,
bis sieb der staub verzieht {damit man sehen kann).
Hbhhki. 4, 29 Werner (Nibelungen l, 8);
wenn der staub begossen wird, das er zu hauiT leufft,
und die klösse an einander kleben. Hiob S8, 88; regen,
drinnen der staub sich allgcniehlich setzet. Pkätohius
glückstopf 114;
wenn jetzt all« donuer rollen
und der ganz« himmel leuchtet,
wird der wilde staub des winde«
noch dem boden bingefeuchtot.
GÖTHS 1, 6, 26 w. a. {voutöMicher divan 1).
c) der staub fällt, fliegt mir in die äugen, la polvere
mi aecieea, mi tormenta. Kiiamkk t^ic^ 8 (170S), M6*; vor
dem staube kann man nicht vor sich hin sehen. Stein-
MACH s, 70(i; so vfrhl(>ndet die erde als aufwallender staub
die äugen und beüeckl als nasser kotli die ftlsze. J. Paui.
6,66 (grOnUnd. proe. i); der slatib hegt starck auf den
Mboben, multtu piUvi» ttt in calehs. Steinbach t, 7M;
Cr.
der staub legt sich in die kleider, pulvis penetrat in
vestium texturam. Frisch 2, 322»'
d) besondeis auf der strasze am heiszen sonnendurdir
glühten sommertag: der staub, welchen das stäte gehn,
reuten und faren erreget. Sebiz feldbau 58; im staube
fahren, gehen, den die pferde und die räder erregen,
caminare, andare, carreggiare nella polvere. Kramer dict.
2 (1702), 915"; ich habe in reiszen gesehen, dasz so ein
staub war, dasz man sich gar nicht in der kutschen
sehen kontc, undt der könig befahl doch nicht, dasz man
nicht neben der kutschen reytten solte. Elis. Charlotte
briefe 2, 463 Holland {S.juni 1706); vgl.: wen ihr die hitze
zu Hannover hettet und den erschrecklichen staub. 408
(6. aug. 1705); die kleine Lucretia ist um meinetwillen
wie eine pilgerin im staube der landstrasze gegangen.
C.F.Meyer Jürg Jenatsch i»; der kapuziner trabte auf
seinem thiere, das neben ihm noch zwei volle körbe trug,
so rasch heran, dasz der staub in wirbeln aufflog. 70;
auf der dorfstrasze tanzten im staube die kleinen kinder
den ringelreigen, die knahen nackt bis auf die Wolljacke,
die kleinen mädchen im weiszen hemde, sie stapften bar-
beinig im staube und sangen. Fheytag 8, ii {ahnen i,i,l);
der stürm fegte durch die straszen, trieb staub in wirbeln
um ihn her. 7,242 {verl. handschr. 4,*);
stäup, laug und raugh,
grosz trünk, zwifel und knoblauch,
weisser snee und heisse päd :
das ist alles den äugen schad.
hundert ungedr. priameln 81 Erding;
er, der staub und Sonnenbrand trug, wagt er sich auf den
kampfplatz? Ramler lyr. ged. (1722) 203
(eine kunststrasse, welche . . . stets von jedem staube reiu-
gefegt ward. Ritter erdkunde 2 [i822],i32);
staub, den hab ich längst entbehret
in dem stets umhüllten norden,
aber in dem hcissen süden
ist er mir genugsam worden.
GöTHE 1, 6, 26 w. a. (wettöstlicher divan 1).
voller staub und schweisz sein, pulvere atque stidore simtd
perfusum esse. Steinbach 2, 708; Pieps . . . sasz vor der
thür bei einem wasserkübel und striegelte den beidt-n
kindern mit schwamm und bürste den staub des weges
von gesiebt und kleidern. Freytag 12,96 (aA/te/i 5, l, ;'>!
er hat mir lebhaft frühere samstagsabende zurückgerufen,
wo mutter uns waschen liesz und wusch , dasz einem
hören und sehen verging; dann wurde einem die ganze
Wochenladung von staub und schmutz 'abgeschwemsel'.
L. Schücking an A. v. Droste HüUhoff {der letzteren briefe
[1893] 33).
e) in der begriffsweit des kriege«, der Schlacht, wenn
auch heute treniger als ehedem, tco aller kämpf handgemenge
war. doch nach immer gilt:
der reisig zeug im staub gar dick
erglitzet alle augcnblick.
Spreng Aenei* 165'»;
ein kriegszeug oder hauff, den man von staub nit sUhcn
mag, atrum agmen. Maaler 385";
staub, eines beeres lautlosen boten, seh' ich schon.
Uroysbn AUehylo^ 852
wind und staub, der erstere den zweiten vor sid^ her treibend,
bestimmen mit den aungang einer schlackt: darzu hettcii
auch {die römischen heerführer) zu allem glück den wind
und den staub , der gegen den Cimbris und von inen
gieng, zu alnem vorthail. Zimmerische chrau.'^ 1, 6, 37 ; dazu
kommt die sonne: Marius sorjite . . . dafür, dass sie sonne,
staub und wind in dem gosicht hatten. M. Sciimikt v'^vA.
der Deutschen 1, 53 ; um die mittagszeit machte Sohwepper-
mann »-ine Wendung, wodurch die Ösferreicher die sonne,
den wind und den staub in das gesiebt liekamon. S. 4Ai).
staub verhüllt dann besonders das eigentliche kumpfgrtiimmel,
wo denn die unten unter 8, r f/ehandelte icendung »ich aus
dem staube machen ütren ursj>rung nimmt, {in der über-
tetMung du biblischet» bilde« votn strafenden Jehova-) er
ist der herr, des wegc in weiter und stürm sind, und
unter seinen fUsson dicker staube. AWttiml,3;
mit elephant-roM-wacetitos die weit erfüllend,
das firmament mit staub verhüllend.
ROCKBRT 12 (1882), 18;
ond als am tollsten sioh g«>wirrt der Imftuel,
verhOUst dichter stuub dph ganzen «rftuel.
Uin.ANi» sfed. 437 (FoHutial 1).
Cr
1073
STAUB (II, 1)
STAUB (U, 1)
1074
staub und rauch: da {im treffen) sähe man nichts als einen
dicken rauch und staub, welcher schien, als wolle er
die abscheuligkeit der verwundten und toden bedecken.
Sitnpl. 2, 27 {netidr. 177) ;
gefallen sind die hiebe,
verflogen staub und rauch,
und süsze bruderliebe
blüht wieder an jedem stranch !
Keller 10, 106 (Parteigänger).
staub und dampf:
so auf dem plan, der vom tumei der ritter
zerwühlt ist und umwölkt mit staub und dampf.
Uhland ged. 435 {Fortunat 1).
in verknüpfttng verschiedenartiger begriffe: mit der ein-
tretenden dunkelheit war die kirchweih in eine schlacht
verwandelt und das feld voll staub, geschrei und blut-
vergieszen. Keller 6, 99 (Hadlatib). staub als hinter-
lassene spur des hampfes: er hatte von dem vorher-
gehenden krieg den staub noch nicht abgeschüttelt, das
blut der feinde von schwert und band noch nicht ab-
gewischt, so stürzte er sich schon wieder, gleich einem
ergrimmten löwen auf diesen neuen zähnefletschenden
feind. Schiller 9, 204 {Anna Komnena) ; herr Waser aber
klopfte den staub des handgemenges aus seinen kleidern
und zog manschetten und haiskrause zurecht. C. F. Mkyer
Jiirg Jenatsch 50;
niemals hat Athenaea die mächtigen arme gewaschen,
eh sie den rossen den staub ab von den weichen geschwemmt.
A.W. Schlegel im Athenäum 1, 131.
blut und staub:
und besudelt ward itun der haarbusch
ganz in blut und staube. Voss Hias 16, 795,
wo die dichterische ausgestalttoig des folgenden bildes
einsetzt:
{der mann, der) das leben tausender in seiner band,
es hinsetzt', wie zum fröhlich leichten brettspiel,
auf das von blut und staub getheilte feld
und ausrief: schach ! als wenn es steine wären.
Grillparzer 5, 109 (könig Ottokar i).
schweisz, blut und staub:
ha, dort kömmt er mit schweiss, mit RSmerblute,
mit dem staube der schlacht bedeckt!
Klopstock Oden 1 (1883), 105, 2.
staub ist das bett der im kämpfe unterliegenden, der ver-
xcundeten und toten {xco zu dem gröszten theile die tcurzel
dertinten unter i,a behandelten xcendungen liegt): viel brave
muthige männer liegen ... im staube über Genzingens
Llachfeld hingestreut, maler Müller i, 362;
er lag im gewirbel des staubes.
Voss Ilia» 16, 774 ; vgl. auch Od. 24, 39 ;
denn viel' sanken der Troer und viel' der Danaer vorwärts
jenes tags in den staub und bluteten neben einander. 4, 544,
wo Bürger {219 Bohtz) übersetzt:
solche grosze menge der Troer und der Achaier
stürzte jenen tags dicht neben einander zu staube:
{vgl.: und seiner band, hinab zu staub, entfiel
das gezäum. Bürger 165, 717 ;)
ähnlieh: Diores, rücklings zu staube
stürzend. Bürger 219 (/i/o« 4, 522);
(Voss übersetzt hier:
dasz er rücklings hinab auf den boden
taumelte.)
also blieben gestreckt die zwei bei einander im staube.
„r , a j ^ Bürger 219 (/?i(M 4, 536);
(Voss hat dafür:
also lagen sie beide im staube gestreckt mit einander.)
doch wenn des mannes blut der staub getrunken bat, —
einmal gestorben, und es kommt kein auTerstehn.
Droysbn Aitchylos^ 147;
doch als dn niedersankst, beneidete
hier diese brüst den staub, der dich empfing.
Kleist 2, 104, 1762 E. Schmidt {Penthetilea 15);
sie sinkt, die todumschattete, vom pferd.
und da sie jetzt, der räche preisgegeben,
im staub sich vor ihm wälzt.
2, 70, 1129 E. Schmidt {Penthenlea 8).
dementsprechend einen in den staub legen, werfen u. a. w.,
«An überwinden, siegreich bestehen:
die lost, ihr götter, müszt ihr mir gewähren,
den einen heiszersehnten iüngling siegreich
zum staub mir noch der füsze hinzuwerfen.
Kleist 2, 57, 846 E. Schmidt {Penthmlea 5);
nicht blosz, dasz du, statt ihn {den gegner) in staub zu werfen,
ihm selbst im kämpf erliegst.
2, 128, 2317 E. Schmidt {PenthetOea 19);
X. 2. C
so kämpfe
mit ihm und wirf ihn nieder in den staub
und zeige mir, w^ie herrlich du erscheinst,
wenn er der schemel deiner füsze ist.
Hebbel 3, 98, Nibelungen 11, 3, 4;
verhaszt nicht, weil ich siegte, bin ich dir?
sprich! fürchtest du, die dich in staub gelegt?
Kleist 2, 103, 1753 E. Schmidt {Penthesilea 15).
den staub mit den zahnen zerknirschen, bei Voss eine
südlich gedachte entsprechitng zu unserem ins gras beiszen,
eigentlich doch im kämpf atif g)-üner lieide tot auf den rasen
stürzen .- denn sehr viel' männer Achaia's
sanken durch Rektors bände, den staub mit den zahnen zer-
knirschend. Voss Iliat 24, 737.
/) bei der arbeit:
dann von vom arbeitet' er {Sisgphus) angestrengt, dasz der
angstschweisz
rings den gliedern entflosz, and staub umwölkte das antlitz.
Odyssee 11, 600.
so auf der tenne beim dreschen und reinigen des getreides :
allein, wenn man bedenkt, dasz die dröscher beyra schlagen
alle flecke des getreides unterscheiden, und wann die
drösche gewand wird, eir.en dicken nebel von staub um
sich dulden müssen. Moser patr. phant. 3,158; allein
wenn man bedenkt, dasz das hörn {der lateme) auswendig
vom staube und inwendig vom oeldampfe geschwind ver-
dunkelt wird, ebenda, in der Werkstatt, besonders des
Webers: und wenn man achtz'hn tage iberm stuhle ge-
legen hat, . . . halb drehnig vor staub und gluthitze, da
hat man sich glücklich dreiz'ntehalb Beemen erschindt
H.\üPTM.\NN die weber (1892) 12 (l), vgl. a. 102 (5) und die
dementsprechend umgeprägte tcendung des tages last und
hitze {theil 6, sp. 246) : schütteln sie des tages staub und
last von den schultern, a. 75 (4).
g) staub und stürm, zum bilde der tcirmia des mensch-
lichen lebens, wo es ziceifelhaft bleibt, welehe von den drei
unter d, e {und/) behandelten begriffssphären am, meisten
durchscheint:
zwar staub und stürm, und himmelverbergender
gewölke Schemen trüben ihn (den bom des seins) oft.
Stolberg 2, 76.
h) in den räumen eines hauses, schon nach kurzer zeit
auf alles gerät sich lagernd; gegen ihn kämpft die hausfrau
mit dem Staubbesen, Staubtuch, Staubwedel u. s. w., jetzt
mit der staubmaschine, dem Staubsauger {s. unten), hier
haben ihren eigentlichen platz Wendungen wie den staub
abkehren. Kramer dict. 2 (1702), 915*; den staub abkehren.
L.Schröder dram.tcerke2{i83i),i6l. den staub abwischen.
ebenda; so misstrauisch, dasz man sich fast zulezt scheut
den staub abwischen zu lassen. Göthe 3, i, 79 Weim.
aitsg.; {vgl. Storm 5,190); ganz allgemein: ich musz in
meines mannes zimmer noch staub wischen, den staub
von möbeln und biichem entfernen; den staub abputzen:
langsam ging sie {Lotte) nach der wand, zitternd nahm
sie das gewehr herunter, putzte den staub ab und zauderte.
Göthe 16, 185 {Werthers leiden 2); aber wie ihn das fräu-
lein in der gallerie herumführte, ich putze eben den
staub von den rahmen der gemälde ab. Schiller 2,136
{räuber 4, 2 schatisp.). den staub abwedeln, vgl. : mürrisch,
murrend wedelte sie den staub von den tischen und
Sesseln. R.\.\be kinder von Finkenrode 129. vom staub
säubern. Kramer dict. 2 (i702), 915"=. auch im oberdeutschen
jetzt ausgestorben scheint den staub fürben {a. theil 4, 1, 1, 663),
vgl.: ich eedenche wol, dag du e; bist,
der aen stoup und den mist
fiirbte von des bildes wät. jüdd 132, 74.
den staub abklopfen. Kramer dict. 2 (1702), 915". den staub
abblasen : als ich müde und matt aufs geratewobl einen
folianten aus einer der bücherreihen hervorzog, den staub
abblies und aufs geratewobl ihn aufschlug. Raabe kinder
von Finkenrode 130; {übertragen-) denn anderer leute
wercken eine kleinigkeit zuzusetzen, staub abzublasen,
fliegen zu wehren, das habe ich nie der mühe werth
geachtet, weil sich dadurch minder wahre ehre erwerben
läszt als bey andern ausstäubern und mucken wehren.
Lichtenuebg aphor. 2, 63, 17 Leitzmann. den staub {vom
fuazboden) wegfegen, wegkehren, ihn zusammenfegen und
mittels fegeblech beseitigen, den staub ausfegen, vgl. .-
nun feget ans den alten staub!
\V. Müller ged. 1 (1868), 86.
(dicker) staub lagert auf den gegenständen als sichtbares
zeiclien de» ruhe, des tuibenutzt- und vergessenseina : seMg
68 Cr.
1075
STAUB (II, 1)
STAUB ai 1)
1076
ist, der lust hat an gottes gesetz und wort, und be-
trachtets tag und nacht, wieviel lust mancher hat, be-
zeugt der staub auf seiner bibel. Chr. Starke Synopsis
2 (1735), 209; indessen die classischen schulfuchsereien im
staube antiquarischer trödelbuden vermodern. Büuger
IT»*; mit staub bedeckt sind eure köstliche partituren.
Schubart leben u. gefiinnungen 1, 179; ich bin in die biblio-
thek gefahren, und ihr staub ist . . . beunruhigt worden.
GÖRRES briefe 3, 12; von staub bedeckte Schubladen.
H. Steffens xcas ich erlebte 3 (l84l), 295; zu pulver zerrieben
kräuselte sich in der luft (des thurmzimmers), was einst
form und körper war, feindlich ballte der staub seine
wölken gegen die eintretenden, welche kamen, an seinem
besitzthum zu rühren, das er mit dicken lagen überzog ;
er hing sich an haare und kleider des neuen lebens und
quoll langsam durch die geöffnete thür hinab den räumen
zu, wo bunte färbe und glänzender schmuck die menschen
umgab, um auch dort den endlosen kämpf der Vergangen-
heit gegen das neue zu führen. Freytag 7, 335 (verl.
handschr. i, 9) ;
darzn denn königlichen thron
seh' ich leer und vol staub da stöhn.
0. DÄHNHARDT griech. dratnen 1, 143
{Eurip. Alcest 2241);
für mich ist alles todt! dort traurt sie an der wand,
mit staub bedeckt, die schäferflöte. Hölty 48 Halm;
in meines vaters sälen liegt der staub
auf allen rüstungen, und niemand ist
uns feindlich.
Kleist 1, 47, 742 E. Schmidt {famüte Schroffen-
stein 2, 1) ;
(in einem unbenutzten zimmer:)
staub sinkt herab.
Storm 8, 274 {geh nicht hinein).
unter beiordnung entsprechender begriffe, (tautologisch :)
staub und gemelb langer verligung. Judas Nazarei 2, 12
(neiidr.). staub und moder: wenn sie wüszten, dass mich
staub und moder erfreute. Göthk 3,1,105 Weim. aitsg.;
staub und moder schüttelte der rabe krächzend von den
flügeln. Raabe kinder von Finkenrode 189; staub und Spinn-
weben: aber da fand sie einen schlechten prospect an
ihrem voll staub und kankergespinne klebenden manne.
polit. maulaffe (1679) 5 ; wann euch ein könig . . . sein bildt-
nuss verehrte? . . . und aber jhr ausz mutwillen oder Un-
achtsamkeit dasselbige mit staub, spinnweben und kath
überziehen liesset. Mosch erosch insomnis cura paren-
tum 77 (neudr.); die drei begleiter einer hundertjährigen
ruhe fehlen, staub, Spinngewebe und insektenschalen.
Freytag 7,414 (verl. handschr. &, l). staub und motten:
weswegen er denn auch selten etwas drucken liesz,
sondern ganz ansehnliche stösze von handschriften . . .
dem staube und motten und ewiger Vergessenheit preis
gab. MüM.ER Siegfr. v. Lindenberg 1, 184. staub und
Schimmel: mit schimmel und staub bedeckt. Justi
Winckelmann l (1866), 24. in staub und dunkelheit: (das
land,) wo zeither Catull im staube und in der dunkelheit
gelegen. Lessing 8, 4«4. staub und plunder überschreibt
Th. Storm jene entcUckungsfahrt in das auf einem liaua-
hoden herrschende reich der Vergangenheit. 8, 175 (von heut
und ehedem), mit einer adjectivischen bestimmung:
verechwunden ist das zierliche geräth,
und dicker staub liegt auf der kammerschwelle.
A. V. Droste-Hülöhoff 2 (1879), 288 {Walther 6);
mit mehr als jährigem staub. Simpl. 1,19 (neudr. 52). auch
ehrwürdiger staub, toie er besonders auf alten versteckten
oder sonst unbeachteten Schriften ruht: aber achl es ist
auch diese (handschrift Leonardo» da Vinci), wie so manche
andre uralte, mit ehrwürdigem staube bedeckte handschrift
in den bUcbersch&tzen der groszen, ein unangerührtes
heiligtbam. Wackbnhodbr htrnensergieatungen 80. deshalb
muh gelehrter staub, pulvi» eruditus. Steinrach >, 708.
wu ans gelehrtem staub kein Scalinr erwOhlt.
Wielano luppl. 1, 867 (moral. bri^e 1,148).
hier Htun denn mit besonderer stärke Wendungen ein,
wdeh* das hervorziehen, entdecken odtr vnederentdecken
milAmr »ehätse tum gegenttand haben, (gans tUlgemein:)
dieser befehl (atU akim über »ehlosM Bielstein und kloster
Bottau riHtuttndtn) Tenuilante ein starkes aufrühren von
tUob, (ttnf frone ledersäcke wurden mit Urkunden und
•Iten pftpieren angefüllt. Frbyiao 7, in (verl. handschr.
Cr.
3,6). dann auch: wie wyr erfaren . . . haben, das mit so
viel mühe und erbeit man die spräche und kunst . . . aus
ettlichen brocken und stucken allter bücher aus dem
staub und würmem widder erfür bracht hatt. Luther
15, 50, 16 Weim. ausg. ; sein (Heynes) Pindar . . . hat dem
bilde den staub weggewischt, der fingerhoch auf ihm lag
und wegschreckte. Herder 5, 265 Suphan; die meister
stücke dieses groszen tonsetzers liegen zu München in
der bibliothek begraben, und nur manchmal gibt es einen
forscher, welcher den staub hinwegbläst. Sghubart
ästhetik der tonkunst 41 ; (den dienst des rcörterbuches soll
man nicht) vergleichen mit dem ärmlichen eines dürren
handlexicons , das ein paarmal im jähr aus dem staub
unter der bank hervor gelangt wird, um den streit zu
schlichten. Jac. Grimm vorwort zum wb. xtii ; dieser thätige
Präsident des Capitolinischen museums, der die huste aus
dem staub hervorgezogen. Welcker alte denkmäler 1, 483;
ja dermaszen sind sie (die lieder) mir in die glieder ge-
fahren, dasz ich meinen alten fiedelbogen aus dem staube
hervorgesucht. Storm 8,306 (fiedellieder); vgl. : ich blätterte
und blätterte alle briefe vorbey, die nicht von der königin
waren, und von denen ich doch jetzt die meisten wieder
in ihren staub zurückwerfe, da sie schlechterdings des
durchsiebens nicht werth scheinen. Thü.mmel reise 8, 161.
t) staub, Schutt, asche und moder, die letzten Über-
bleibsel groszen menschenwerks : nachdem jene (ruinen)
viele Jahrhunderte schon in staub und asche gelegen.
Ritter erdkunde l (1822), 721 ;
so seid ihr götterbilder auch zu staub I
GOTHE 1, 10, 38 Weim. axug. (Iphigenie 2, 2) ;
umsonst verschwend' ich meines Volkes leben,
und meine städte sinken in den staub.
Schiller 13, 206 (jung/r. v. Orl. 1, 5);
Priams veste war gesunken,
Troja lag in schutt und staub. 11, 390;
doch im hintergrund:
die graue zeit, wirkend ein neues grauen —
verwittrung, staub und regenschlick —
mit moos und wiidnis düstre sie die räume.
GÖTHE 1, 16, 352 Weim. autg. {des Epimenidej>
erwachen 1, 12).
k) schmutz, vermoderter unrat u. s. iv., mit besonderer
hervorhebung der Wertlosigkeit: gehackt stro und staub
inn gemalten büchssen und laden für arabische unnd
indische wehrschaft haben. Oarg. 298 neudr.; der knab . . .
nam ausz einer alten büchsen, darinn nichts den staub
lag, band den in ein tüchlein, gabs der frauwen. ...
darzwischen löset der mann das tüchlein auff, sähe den
staub und schry zum weih und sprach, was er mit dem
nichtigen kot und staub machen solte. Kirch hop icend-
unmu^^ 1,344 Oesterley; schänckte er dem krancken ein
trüncklein mit säfften, kräutern und staub eingefüllt,
welches er betheurte, dasz es kunte für ein hauszapotek
dienen. Schuppius 769; wie der stich einer schlupfwespe
den sodomsapfel in schwarzen staub verwandelt, welcher
die näscherei blos durch eine schöne Oberfläche täuschet.
J. Paul 6, 58 (grönländ. proz. l);
(die hauem) ihren pastori spot und höhn,
für trewe dienst' geben zu lohn.
beweisen jhm alle untrew,
geben fürs meszkom staub und sprew.
HOLLONius somnium vitae hum. 41, 781 nettdr.
l) besondere Verwendung von staub.
a) dünne, feine asche vom feuerbrand (vgL auch staub-
asche): aber gemach in die kolen Beblasen,
80 ilhrt dir kein staub in die nasen.
(.iarg. 403 neudr. ;
das kalb, das jr gemacht hattet, nam ich und verbrands
mit fewr, und zuschlug es und zumnlmet es, bis es staub
ward, und warff den staub in den bach der vom berge
fleusst. 6 Mos. 9, il; das sie solten aus dorn tcmpel des
herrn thun alles gezeug, das dem Baal und dein Hayne,
und allem beer des himels gemacht war, und vcrhrnnten
sie haussen für Jerusalem im tal Kidron, und jr staub
ward getragen gen Beth El. aJkdn. S8, 4; und (der könig)
lies den Hayn aus dem hause des herrn füren hin aus
für Jerusalem in bach Kidron, und verbrand jn im bach
Kidron und macht jn zu staub, und ward den staub »ulT
die grebcr der gemeinen Icute. e.
/9) feitxes, dünne», leicht vertiäubmdtt mM mm geringem
werte, t. mehlstaab 0ml 6, tp. 18« und unten staubmehl.
Cr.
1077
STAUB (II, 1)
STAUB (ja, 2)
1078
{vgl. auch mühlstaub theil 6, «p. 2643, das aber trotz
M.^ALER 294'* viel mehr ins allgemeine geht als unser wort.)
es sol dhain peck staub onder semel pacben. Cgm. 544
/. 44 bei SCHM.2 2, 718.
/) staub zum pudern der haare, vgl. puderstaub {theil 7,
sp. 2207) : noch gefährlicher wars — weil er zwischen
zwei spiegeln sasz, dem friseur und dem groszen spiegel
im Ofenschirm, — auf seine eigene wolle den staub recht
aufzutragen. J. Paul 23,87 {Titan i); ihr haar kräuseln
sie und pudern es mit braunem staube ein. Ritter erd-
künde l (l822), 241 ;
lösete dann ihr kastanienhaar, das in glänzenden ringeln
über die schulter sich goss, unentstellt vom staul>e des mehles.
Voss 1, 134 (Lvise 3, 140).
6) feines schieszpulver. entsprechend der unter pulver-
staub {theil 7, sp. 2225) herangezogenen besonderen bedeutung
dieses Wortes 'gesiebtes pulver': er nahm eine menge von
denjenigen kriegern mit sich , die aus eisernen röhren
bleyerne kugeln durch die gewalt eines entzündeten
staubes trieben. Haller Usong (i77l) 41.
e) blumenstaub {theil 2, sp. 166), blütenstaub {vgl. theil 2,
sp. 180), pollen, befruchtendes mittel der männlichen blute
einer pflanze, vgl. attch unten Staubbeutel, Staubblatt,
Staubfaden, staubgefäsz, staubwerkzeug u. s. w. .- die feine
materie, welche sich in den antheren entwickelt, erscheint
uns als ein staub. Göthe 2,6,58 w. a. {metam. 64); staub
der männlichen blüthen. Bernhardt geschichte des wald-
eigentuTns 2,96; sommerwinde, die den staub der blüthen
zu einander tragen. Storm 4,18 {eine Halligfahrt); vgl.
Lichtenberg erklärungen zu Hogarths kupferst. i, SS. die
frühere gar seltsame Vorstellung von seiner unorganischen
art {vgl. Bernhardt geschichte des waldeigentums 2,96)
ist zu spüren: die oelbäum mag man auch im auguste
umbgraben, doch das man die erdschollen zerschlage,
damit sie ein staub geben; welcher staub, wo er auff
fallt, zeitiget er sie bald. Sebiz feldbau 58.
y) staub auf den flügeln der Schmetterlinge .-
ein sommervögelchen, mit regen schwingen,
auf deren stanb des frühlings färben blülui.
Wieland suppl. 2, 160 {der umufriedne 406) ;
vier flügel schüttelten ihren weiszen staub
leicht flatternd von sich. 427;
{geschäftige s^ylfen,) wie sie mit schöpfrischen fingern
blumen bilden, aurikeln, gestirnte narcissen und lilien,
ihnen mit zefyrlippen ambrosialische seelen
einweh'n, und auf sie den staub von ihren fittigen schütteln.
svppl. 3, 351 {friihling 178) ;
s. auch schmetterlingsstaub {theil 9, sp. 1050) und die belege
unter Schmetterlingsflügel {theil 9, sp. 1049).
ff) entsprechend dem vorigen der vne von feinem staube
herrührende sammetartige glänz der braunen aurikel:
die braunen aurikelgeschlechter, bestreut mit glänzendem staube,
stehn gleich den dichten gestirnen. E. v. Kleist; 2, 18.
d) im fall zerstiebende tcassertropfen beim regen {vgl.
unten Staubregen und oben regenstaub, theil 8, sp. 523)
und bei sturzbächen und Wasserfällen {vgl. unten staub-
bach und staubfall):
wie bey des winters zeit des wassers staub der schnee
den ackern ruh verleyht. Opitz 1,46;
schieszt . . . ein starker bach flammend herunter in ein
becken, wo er in staub und schäum sich weit ond breit
im wind herum treibt. Göthe 16,257;
nach den weiszen kieselsteinen,
die das seichte bächlein kaum
überspritzt mit staub und schäum.
W. Müller ged. 1 (1868), 91 ;
tgl. : so müszte es einem Wasserfalle zu muthe sein, wenn
er fühlen könnte; ich zerschellte tausend mal in einer
minute zu staub. Vischer auch einer l, 82. a. unten das
besonders behandelte uort staub als benennung stark herab-
»türzender f/ebirgsbäclie in der Schweiz.
i) der leichte feine flaum der gänse ist wol gemeint in
folgender stelle:
die federn sambt dem staub anszuepfen.
H. Sachs 23, 466, 12 KeOer-Götze;
vgl. tinten staubfeder und staubbaar.
x) staub im Allgäu feine der mölke aufgeschwemmte
käaebruchtheile, welche sie iceiszlich trübe machen. Martiny
uit. der milchwirtschuft 121 •>.
Ct.
2) im vergleich:
a) so zahlreich wie staub die strasze bedeckt, die lufl
erfüllt, in kammer und kästen liegt: eine entsprechung tu
sand , das im gegensatz zu unserer wendung auch mit
mehr erfolg in die nichtbiblische spräche eingedrungen ist
{s. theil 8, sp. 1708 f.) , getcisz nicht zuletzt wegen des stär-
keren poetisch -metaphysischen ausdrucks der unzähligkeit
z. b. in begnffen wie sand am meer: und wil deinen
samen machen wie den staub auff erden, kan ein mensch
den staub auflf erden zelen, der wird auch deinen samen
zelen. l Mos. 13, 16; und dein same sol werden wie
der staub auff erden, und du solt ausgebreitet werden,
gegen dem abend, morgen, mitternacht und mittag. 28, 14;
wer kan zelen den staub Jacob, und die zal des vierden
teils Israel? i Mos. 23,10; {könig) über ein volck, des so
viel ist als staub auff erden. 2 chron. l, 9. dagegen sucht
auch hier die spräche, von der bloszen Übersetzung los-
gelöst, eine erhabenere präg ung : und also ist ir {der sünden)
so vil als stoubes in der sunnen. Berthold v. Regens-
BüRG 1, 429, 27; wan ir {der einer seele gestellten stricke) ist
mär danne stoubes in der sunnen. 29, 28 {beide mal doch
wol der staub, welcher in einem Sonnenstrahl spielt), oder
durch eine Verbindung mit der wendung wie sand am meer :
wann ich dein worten fest gelaub,
du werst mich mehren wie den staub,
und auch der sand an meeres rand.
H. Sachs 1, 105, 16 KeUer-Götze;
60 find ich da bey weitem mehr
als staub im feld und sand am meer.
P. Gerhardt bei Fischbr-Tümpbl
kircheniied 3, 426*> ;
drum mögen sich
um uns herum die Völker, wie der sand
am meer, versammeln, oder wie der staub
auf eines mannes acker.
Klopstock 9, 70 {David 3, 7).
b) staub vom winde verweht t*. ä. als vergleich für
das vollständige ende eines dinges, die völlige Vernichtung,
das aufhören im nichts: denn des gottlosen hofifnung, ist
wie ein staub vom winde verstrewet, und wie ein dünner
reiffe von eim stürm vertrieben, weish. Salom. 5,15; also
wird jre wurtzel verfaulen, und jre sprossen auffaren
wie staub. Jes. 5, 24; aber er (gott) wird sie (unsere rät« der)
schelten , so werden sie ferne wegfliehen , und wird sie
verfolgen, wie dem staube auff dem berge vom winde
geschieht. 17, 13; alle jre geschwürm, des sie so viel
haben, sol zustieben und zufliehen, wie der staub für dem
winde. Luther 3, 348»;
hab si zermalmt wi staub vom wind verstrait.
Melissus pi. 62, 43 neudr.;
spricht gott zu dem gewitter ; zerschmettr' ihn ! und zu dem
Sturme :
hauche sein sinkend gebein, wie staub, in alle vier winde.
Klopstock 3, 167 {Messioi 4, 203).
insbesondere : der gottlose . . . wird zu stewben , wie eyn
staub auff eynem dennen. Luther 17, i, 372, 12 Weim.
ausg. ; vgl. : denn der könig zu Syrien hatte sie {die kriegs-
leute) umb gebracht, und hatte sie gemacht, wie dresscher
staub. 2 kön. 13, 7.
c) zum vergleich der völligen nichtigkeit und tcerÜong-
keit: {gott) kan uns auch wider nein werffen (in da»
gefangnis) und, das noch mehr ist, von der erde vertilgen,
als weren wir staub. Luther 28, 660, 25 Weim. ausg.;
das kostbarste der guter (dae leben)
wart er gleichgültig hin, als war es staub.
Schiller 13, 22 {Macbeth l, 7);
du kannst
mich gleich bespein wie einen häufen staub,
da lieg ich schon — . Hebbel 3, 144, Sibelungen II 53;
rgl. das volle bild: ein häufen staub, worin würmer
kriechen, die ihm einen schein des lebens geben, so die
meisten menschen, tagebücher 2,90 {t^od);
kleinodien sind mir, was den andern staub.
3, 67, Sibeiungen II 2, 3 ;
neben asche: man hat mich in dreck getretten, und gleich
geacht dem staub und asschen. Hiob 30, i9; neben kot
(«. theil 5, sp. 1894) : jr blut sol vergossen werden, als were
es staub, und jr leib, als were es kot. Zephanja 1,17;
neben spren (*. spren 4 oben sp. 56) :
schmück, bild, raetall und ein gelehrt papier,
iM nichts als spreu und leichter staub vor mir {der etuigMf).
A. Gryphius 1, 98 {öitharina 1).
68'
Cr.
1079
STAUB (II, 3)
STAUB (II, 3)
1080
geringer als staub, der letzte grad dieser hyperbel:
ich vertrauwo auf den, . . .
der dich auch viel nichtiger und geringer,
denn den staub machen wird. Amadis 1, 40.
S) fest getoordene Verbindungen.
o) einem staub in die äugen streuen, ihm etwas vor-
macJien, ihn das wirkliche Verhältnis nicht erkennen lassen;
ihre herleitung ßndet diese icendung (als einem staub in die
äugen werfen noch deutlicher) wol ron einem gebrauch des
kampfplatzes, wo der eine gegner den andern durch solche
list in seiner katnpftüchtigkeit schwächt, wie z. b. in der
thiersage Eeineke dem Isegrim beim Zweikampf sand in die
äugen wirft; von dem aus der Zauberkunst hergenommenen
einem einen blauen dunst vormachen (s. theil 2, sp. 1562)
ist unser fall deshalb von grund atis verschieden: es kann
kein vertrauen gegen den herrn W. erwecken, wenn man
offenbar sieht, dasz er seinen lesern nur staub in die äugen
streuen will. Lessing 6,20; was Schickard von seines
Verlegers wittwe uns vorlüget, das glaube ja kein mensch,
der ehrliche Schickard, dasz auch der den leuten staub
in die äugen werfen konnte! Reiske an Lessing am
13. febr. 1773 {Lessing 13, 445) ; wollen wir einander staub
in die äugen streuen, um bewiesen zu haben, der mensch
könne nicht sehen? Heudek 5, 105 (Suphan); Mathilde.
die liebe allein, anders nichts konnte solch eine Um-
änderung hervorbringen, (liest) 'krank?' ausfluchte, staub
in die äugen, maler Müller 3, 56 (Golo l, 6); wenn jeder
dem andern staub in die äugen wirft — wenigstens der
könig goldstaub — der rektor an der domschule und der
prorektor schulstaub — die päbstliche rota glasstaub, der
noch dazu die äugen aufreizt — der poet federstaub
von seinen zweifalterflügeln — der buchhändler bücher-
staub. J. Paul 19, 12 (Faling. 2). m^hr in dem sinne blosz
'einem einen Schabernack spielen':
wenn ich es {dax gefllz) aber abher stiesz
und er mir den staub unter die äugen plies,
der mocht mich in den laim wol finden.
fastn. fp. 376, 5 Keller,
vgl. noch 789, 11.
b) groszen staub aufwirbeln, viel staub aufwirbeln u. ä.
von eitler person oder saclie, tvelche viel von sich reden
macht, tcie etwa ein heranziehendes atiszerordentliches er-
eignis auf der strasze stark den staub auftreibt; ein wenig
liegt von dieser bedeutung schon hinter dem spricMcort
tanzt ein alter, so macht er groszen staub. Lehmann 15;
vgl. auch: kann ich verlangen, dasz gleiche schritte auch
gleichen staub erregen? Lessing 10, 52. deutlich: wo ich
nicht sehr irre, so komt es (das besondere betragen des
sog. genies) daher, dasz man glaubt mit genie lasze sich
unmöglich von dem getrettenen pfade aus etwas gutes
sehen, sondern man müsse nothwendig durch die hecken
brechen, felder zertretten, staub machen, sprützen und
sprengen um etwas zu Dnden. Lichtenuerg aphorismen
3, 124, 497 Leitzmann; diese Parlamente, in denen . . . die
parteikämpfe so viel staub aufwirbeln. Bismarck reden
13,230; durch den staub, den die dänische sache auf-
rührt, ged. u. erinn. 2, 18. ähnliclien sinn hat eine sache
schlägt so recht in den staub, wie ein unnützer bube mit
einem busch den staub der strasze außoirbelnd schlägt.
vgl. auch: eine sUnde hatte er doch, die so recht gemein
in den staub schlug. Roseggek Wildlinge 269, wo aber
zugleich beziehungen zu II, 4 schon leise hervortreten.
e) sich aus dem staube machen, eigentlich den kämpf
platz fliehend verlassen , sich heimlich von dannen stehlen
(vgl. machen 6 theil 6, ap. 1891); ja staub scheint hier so
ziemlich für 'kämpf selbst tu stehen, wie die folgende
seltene gebrouehsveeist vermuten löszt: hat also unsere
religion vil Widerstands gehabt, sind doch die papisten
mit lehr abgangen, haben auch ein ziemlichen staub er-
litten. G. NioiiiNUS J>aj7t«^ tn^tmtVton 676. ac/u>n Flu seil
t, 8tt* hat richtig die beziehung der redensart zum kämpf
platt vermutet; vgl. noch Kramkh 8 (l7oe), 915° und Stkin-
BACH s, IW und unten st&ubcn, verb. dann wer inen (den
bauem tu Biirasum im bisthum Hildesheim) darvon mol-
düng thuet (ne mit diesem narrenatreieh artftieht), drr
mach sich kurz tiHzcrm staub, will er anders nit frcnib<Je
hendt im haar haben. Zimmeri/teJie chron.* 2, A8l,ll; da
w«r eyn graunam geschrey, der schlug, der stach, der
w»r(T, ich al<i r mnrhot mioh mutz dem staube, satztc mich
Cr.
von ferren hinder einen stein, sähe ihnen zu, wollte der
suppen nicht versuchen, buch der liebe 203" ; aber Conradus
macht sich auss dem staub wider in Apuliam. Stumpf
Schwytzerchron. 94»; da die Köllner und Utrechter . . . sich
aus dem staube machten, . . . gieng auch dieses treffen für
Heinrichen verlohren. M. Schmidt geschichte der Deutschen
2, 310; sonst ist aber diese beziehung beim weiteren gebrauch
vollständig abgegriffen worden, zur Verdeutlichung braucht
noch MALER Müller sich aus dem staube weg machen,
davon machen: Leander zahlt die musikanten und diese
machen sich nach abgelegtem kratzfusz sogleich aus dem
staube davon, i, 332; Mephistopheles, der höUengeist,
lacht und macht sich . . . aus dem staub weg. 2, lO, ohne
da.9z aber hier ein stärkeres gefühl für den ursprüng-
lichen sinn der wendung vorausgesetzt werden münzte, aus
dem staub weichen: wolt sich der sorg entladen, were
gern auss dem staub gewichen. Stumpf ScÄJpy^zercÄron. 668".
sich aus dem staub schaffen ftroucA^ Happel ofcarf.
roman. (1690) 179: nun, so stehe dann auf, . . . und schaffe
dich auss dem staub, doch daneben dann er sich ... ge-
schwind aus dem staube gemacht. 900. sonst von allgemeiner
geltung sich aus dem staube machen: Jezabel, die
stellt dem Helia nach dem leben. Hellas macht sich aus
dem staub, darnach aus dem haissen gottes kam Hellas
wider zue land.TuRMAYR4, 1,242, 24; dem rosztäuscher war
angst, gab die flucht, und machte sich auss dem staub.
volksb. von dr. Faust 83,152 neudr.; welche (Jungfer) ich
dann in ihrer ruhe unzerstöret liegen Hesse und mich,
sobald mir die heitere des tages nur ein wenig leuchtet,
aus dem staube machte. Simpl. 3, 416, 2 Kurz; und er
hab nicht klagen dürffen, dasz sein diener ihn bestohlen
habe, sondern hab sich müssen aus dem staub machen.
ScHUPPius 254; er ist gefangen! und wo sich der herr
nicht aus dem staube macht, wird er eben so wohl ein-
gezogen werden. A. Gryphius 1, 612 (seugamme i,9); mit
der Verwarnung, dasz wir uns je eher je lieber aus dem
staube machen, und unsere personen in weitere Sicher-
heit bringen möchten, insel Felsenburg 4,421; wenn ein
freyschöpfe (seinem verfehmten freunde) . . . nur den ge-
ringsten wink gab, und z. c. nur zu ihm sagte: ander-
wärts ist so gut brod zu essen als hier, um ihm damit
zu verstehen zu geben, er möge sich aus dem staube
machen. Moser patriot. phant. 4, 198; damit Thyest nicht
zu zeitig von seinem vorhaben nachrichl bekommen, und
sich aus dem staube machen möge. Lkssinc; 4, 294; mit
solchen Wendungen macht sich nur die beleidigte eitel-
keit aus dem staube. 8,182; dort, vor der statüe, sieht
man einen karren mit hausrath. das sind leute die sich
aus dem staube machen wollen und daher des nachts
ausziehen. Lichtenberg erklärungen der Hogarfhiscln !^
kupferstiche 1,129; und Harwood hatte, um der rechen
Schaft und — zugleich allen seinen zahlreichen krcdi-
toren zu entgehen, sich aus dem staube gemacht. Bahiidt
gesch. meines lebens 3, 328 ; indess, da er sich von hier aus
dem staube machen will. Ii-fland iheatr. icerke i, 228;
ich will mich aus dem staube machen. Fr. L. Schroeder
dram. werke 1,32 (heitnliche heirat S, ß); Geszler ruft: 'das
ist das niesen Tell's, verfolget ihn.' allein Teil hat
noch zeit, sich aus dem staube zu machen. Vischer
auch einer 1,49; ich habe mich aber beizeiten aus dem
staube gemacht. Keller 2, 18; wütend hierüber {über
das miszgeschick) wollten sie (die drei spitzbul>en) sich
durch einen groszartigen wechselbetrug rächen und heraus-
helfen und sich alsdann aus dem staube machen. 7, 187
(die arme baronin); in der mcinung, er habe eine Un-
schicklichkeit begangen, nahm er das ficdelzcug wieder
unter den arm und machte fiich scinerücits auch aus dem
staube, oder vielmehr aus den blumen. 6,68 (Hadlaub);
sie niachlon Hieb bocd nun drni ntaub.
SfUKNu AeneU 1M)I>;
viol hundu sind den liawon tod,
dacht' ich und maclit in dieser noth
mich eilig aua dem iitaube.
Blumaubr AsmeU 1, 66.
sich mit einem gegenständ aus dem staube machen: alt
nun die burgerin bofandt, Ann?, die honn noch ein ey in
sich hätte, bildet sie jhr den künfftigon nutzen ein und
gab dem goigor vor honn, korb und pyern die drcy reichs-
tli.ilnr mit <l<<nen er sich aus dem staube machte, der
Cr.
lOSl
STAUB (II. 3. 4)
STÄUB cn, 4)
1082
burgerin einfalt genug lachte. Simpl. 4,253,7 Kurz; Bürle
aber machte sich am andern morgen mit den dreihundert
thalern aus dem staub. brCder Grimm kinder- u. haus-
tnärchen nr. 61.
d) den staub von den schuhen (ftiszen) schütteln, mit
erklärter Unzufriedenheit einen ort verlassen, sich für immer
v<yn ihm wenden (ivie wenn man auch nicht das geringste
mit sich nehmen tmll. Frisch 2, 322"). der ausgang der
redensart liegt deutlich in der biblischen Übersetzungs-
sprache: und wo euch jemand nicht annemen wird, noch
ewer rede hören, so gehet eraus, von dem selben hause
oder stad, und schüttelt den staub von ewren füssen.
Matth. 10, 14 {so auch die Zürcher bibel von 1531); mit dem
tceiteren zusatz zu einem gezeugnis über sie. Marc. 6, 11,
vgl. auch Luc. 9,5; sie aber schüttelten den staub von
jren füssen über sie, und kamen gen Iconion. apostel-
gesch. 13,51; so sie das nicht wöUent entphahen oder an-
nemen, so schütten sie den staub von den bundschuhen.
Keisersberg brösaml. 2, 50*; damit sie nit die geweihete
schuch aber nit die geweiheten füsz entheiligen, oder vil
mehr den geheiligten boden verunreinen, und den staub
wie die aposteln von füssen schüttlen müssen. Garg. 5
neudr.; herzlich, herzlich wünschte ich daher, je eher,
je lieber, von hinnen ziehen und den hiesigen staub von
den füszen schütteln zu können. Bürger bj-iefe 3, 177
Sfrodtmann (an F. L. v. Stollerg jan. MiTi); sie soll den
staub schütteln von ihren schuhen und weit fortziehen.
Alexis Eoland von Berlin 1 (1840), 103;
wenn du nach Warschau kommst zur Weichselbrücke,
da schüttr einmal den staub dir von den füssen.
RCCKERT 1 (1867), 22.
\cenig nachfolge fand dagegen die ins allgemeinere gewendete
redensart den staub von sich (vom gewande) schütteln
M. s. w. : auch den staub , der sich an uns gehenget hat
von ewer stad, schlahen wir abe auff euch, doch solt jr
wissen, das euch das reich gottes nahe gewesen ist.
Luc. 10, 11; ich schüttle den staub von meinem gewande.
Sc HC BART ged. 1 (1825) r orber. s. 7.
e) den staub hinunterschwemmen, sich durch einen
guten trunk stärken, icie ein wandersmann nach anstrengen-
dem marsch oder ein handicerksmann nach der arbeit der
icoche; vom Standpunkt des letzteren auch den staub der
woche aus der kehle spülen.
f) viel staub schlucken müssen , eigentlich auf müh-
samer icanderung und im kämpfe (des lebens): er muszte
viel staub schlucken, um das gesteckte ziel zu erreichen.
ähnlich : viel staub einfressen müssen, seinen staub haben
oder empfinden, dover divorare molta polvere, met. molti
sinistri, molte contrarietä, molti fastidi. Kramer dict.
2 (1702), 915<=.
g) zu einem bequem in der stube bleibenden, seine kleider
'gern schonenden herrn sagt man in Hessen spotttceise:
blast mir den staub ab, herr Falkeisen; vgl. oben theil 3,
sp. 1404 und überhaupt Wander 4,783/.
4) zum ausdruck des bildes vom, leiblichen, geistigen
oder sedischen elend, unter dem nicht zu verkennenden
einflnsz der durch die Übersetzung slitteratur uns ver-
mittelten anschauungen des Ostens (besonders der bibel),
ICO der sich hier aussprechende geist knechtischer unter-
vürfigkeit und sklavischer willenslosigkeit eigentlich zu
liause ist. für den Ursprung dieser enticicklung vgl. auch
noch die biblischen ausdruckstceisen der brisze und trauer:
Josaa aber zureis seine kleider, und fiel auff sein an-
gesicht zur erden, für der laden des herrn, bis auff den
abend, sampt den eltesten Israel, und worffen staub aulT
jre heubter. Jos. 7,6; sie (die eltesten) werffen staub auff
jre heubter, und haben secke angezogen, die jung frawen
von Jerusalem hengen jre heubter zur erden, klaget.
Jerem. 2,10; (sie werden) laut über dich schreien, bitter-
lich klagen, und werden staub auff jre heubter werffen,
und sich in der asschen weltzen. Hesek. 27, 30. zuletzt
äügemein: darumb schuldige ich mich, und tha hasse in
staub und asschen. Hiob 42, 6.
a) staub als milieu dieses zustandes:
denn Sehnsucht hält, von staub zu thron,
uns air in strengen banden.
GöTHK 1, 6, 43 Weim. autg. (teestögü. diran).
a) in den staub sinken : sie alle (die Pariserinnen und
Italiens ausicurf) erlebten ihren tag. ich sah sie neben
Cr.
mir in den staub sinken, denn ich war mehr kokette,
als sie alle. Schiller 3, 403 (kab. u. liebe 2,3);
anbetend, vater, sink ich in den staub, und fleh!
Klopstock Oden 1 (1889), 123, 17;
und wir tragen noch, in staub gesunken,
ahndung künft'ger Seligkeit im blick.
Schubart ged. 2 (1825), 3;
wenn ihr mir euren gütgen schütz entzieht,
so sink ich nieder in den staub. Tieck 1 (1828), 58.
eine unendliche zahl von siegen, triumphen, . . , sah man
in den staub hingestreckt. M. Schmidt gesch. der Deiitschen
1 (1778), 150; niedergestürzt in staub
bekenn' ich, mit zerknirschtem herzen
meine begangenen jugendfehle. Hölty 90 Halm.
sich in den staub bücken:
er ist es,
der in den staub vor ihm sich bückte, welchem du höhn
sprachst. Klopstock 5, 68 (Megsias 11, 1000).
hinknien in den staub : betet an vor dem, der euch dis
erhabene loos gesprochen, . . . entblöset eure häupter! kniet
hin in den staub, und stehet geheiliget auf! Schiller
2, 171 (räuberi, 5 schausp.). sich in den staub niederlegen:
zu ganzen geschlechtem ! die sollen vor mir sich in staub hin
niederlegen. Lessixg 8, 52, 15 Lachm.-Muncker.
sich in den staub setzen : herunter jungfraw, du tochter
Babel, setze dich in den staub, setze dich auff die erde;
denn die tochter der Chaldeer hat keinen stuel mehr.
Jes. 47, 1. in den staub fallen :
darob in staub mein siegsmuth fiel
und meine kling ward stumpf.
RüCKERT 1 (1867), 58.
sich in den staub werfen :
wirf dich in den staub darnieder!
J. Neander im kann, gesangb. 451, 3;
ich werfe, gott vor dir, mich in den staub.
Klopstock 9, 73 (David 3, 7);
vgl. : wirf nieder in den staub all deine glieder.
ROckbrt 1 (1867), 33.
/S) in den staub legen, stürzen, treten u. s. «c, bis zum
äuszersten demütigen, aller macht und würde berauben,
sitÜich und löblich erniedrigen u. ä., wo die beziehung zu
dem unter l, e aufgewiesenen Vorgang des kampfes besonders
deutlich ist: so verfolge mein feind meine seele und er-
greiffe sie, und trette mein leben zu boden, und lege
meine ehre in den staub, ps. 7, 6; vgl. auch Melissus
ps. 30 neudr.; ein zweiter kaiserschnitt (sectio caesarea)
legte den herrn der weit hier in den stäub, mitten unter
zerbrochenen gläsern, geheimen pillen und trümmern der
hornleuchte. Lichtenberg erkl. der Hogarthischen kupfer-
stielte 3, 121 ; in unheilbare wunden hab ich doch wenig-
stens stillenden baisam gegossen — mächtige frevler )iJ
staub gelegt. Schiller 3,403 (kab. u. liebe 2,2,);
denn überwunden ist der feind,
in staub ist er gelegt,
verherrlicht ist der menschenfrennd,
der gottes räche trägt ! Gleim 4, 46 (fiege^ied) ;
auch: alle tiefe Weisheit ihrer jähre
legen sie vor dem kindlein in den staub.
Wackenboder herzen»ergies»ungen (1797) 95.
in den staub stürzen:
Verachtung ist die eine waffe,
welche die niedrigen in den staub stürzt.
Klopstock 2, 154 (der beloknie);
so wird ihr (der schlänge des Jakobinerclubg) geiferbisz die
freyheit,
welch' ihr erschuft, in den staub euch stürzen.
132 (Jakobiner).
in den staub treten: eine natorkraft, die eine Schaden-
freude bat, das schöne in den staub zu treten. Ludwig
5i 321 ; j^^j jfj,. fygj, a^f immer die grosze
nazion ... in den staub! Klopstock öden 2, 80, 32;
nicht ziemt dirs, edler himmelssohn,
an eitlem schein zu haften!
dein würdig, tritt in staub mit höhn
die niedem leidenschaften.
Voss 4, 27s (entschloftenheif) ;
reichtnm und gaben tret' ich in den staub.
GöTHB 1,16,195 Weim. autg.;
es tritt der feind die saat von fünfzig ehen,
der enkel schöne hofnung in den staub.
Schiller 6,371 (zerstör. Trexat 88).
auch mit stärkerer richtungsangabe :
wenn du hinab in den staub getreten wärst.
BOaGEK 151, 75 Bohtz;
Cr.
1083
STAUB (LI. 4)
STAUB (II, 4)
1084
ich bin in den siaab erniedriget. S. v. La Roche frl.
V. Sternheim 2,53;
das edle bild der menschheit zu verhöhnen,
im tiefsten staube wälzte dich der spott
Schiller 11, 836;
es liebt die weit das strahlende zu schwärzen,
und das erhab'ne in den staub zu ziehn.
Schiller 11, 836.
im ausdruck starker Spannung:
in staub mit allen feinden Brandenburgs!
Kleist 3, 126 E. Schmidt (prim v. Homburg 6, 11).
y) im staub ligen, im staube verligen und verderben
giacere, marcirsi nella poliere, met. asser negletto, vilipeso.
Kramer dict. 2 (1702), 915"; im staub liegen, contetnni.
Frisch 2,822»; meine seele ligt im staube, erquicke mich
nach deinem wort. ps. 119, 25; für jm werden knie beugen,
alle die im staub ligen, und die so kömerlich leben.
22, 30; hinunter in die helle wird es (das hoffen) faren
und wird mit mir in dem staub ligen. Hieb 17, id; vgl.
Schenkendorf ged. (1815) 56; jetzt altert er und liegt
im staube. Schubart ästhetik der tonkunst 232;
wir liegen vor dir in dem staube,
imd unser herz ist ganz zerknirscht.
B. ScHMOLCK im kann, gesangb. 256, 4;
aber Weisheit herrscht und sieget,
wenn der muth im staube lieget.
Neukirch ged. (1744) 16;
als am schrecklich stillen Sterbebette
meine mutter sinnlos in dem staube lag.
Hölderlin 1, 38 Lttzmann;
mae der edle auch liegen im staube, nie wird er gemeines
fördern, ob es ihn gleich allgewaltig umdrängt.
Hebbel 7, 48 Werner (übersehr. edles im staube) ;
als schuldig ich im staube lag,
hab' ich mich selbst erhoben.
Keller 10, 123 (ein berittener).
gebäckt im staube liegen:
o lag ich, vater, noch tiefer vor dir,
gebückt in dem staube,
der untersten weiten !
Klopstock Oden 1 (1889), 127, 123 ;
liegt nur . . .
in den staub gebückt. Körner 1, 120 (Hetnpel).
auch nur schwergebückt im staube sein:
o herr, vom schweren kann nur schweres lösen,
und wir sind schwergebUckt in unserm staube.
Rücke RT 1 (1867), 24.
knien im staube:
dieser thron ist euer, mir geziemt es,
eure sklavin hier zu knien im staube!
Platen 336« {Abbastiden 6).
im staube sitzen: schmeicheln? kriechen? sich über die
achsel ansehen lassen, und doch im staub sizen. Waüner
frohe frau n. sich im staube wälzen:
was steigen eol zur ehr empor,
ligt auf der erd und musz sich vor
im koth und staube weltzen.
P. Gerhardt bei FisrnER-Tt)MPEL
kirchenlied 3, 389».
sich im staube winden: ich wand mich vor dem abschaum
unseres geschleclits im staube. Grauue i (1874), 64 (herz.
V. Oothl. 1, 8). im staube kriechen: wenn es nach deinem
köpfe gienge, du kröchest dein lebenlang im staube.
Schiller 3, 882 (kab. u. liehe 1,7);
dort spottet man der ärgsten feinde wuth;
hier kriegt die blödigkeit im staube.
Gottsched ged. (1761) 897;
ein äffe . . .
kam an de* lOwen bof, und — ward was alle Sklaven,
ein Schmeichler, der im staube kroch.
Pfbfpbl im GöU. mtuenalm. (1782) 16.
vgl. auch unter *, b die Beendung staub lecken wie die
schlänge, im staube hausen:
dem menacbenvolke, das im staube haust.
BOruer 163, 544 Bnht:.
im ttaabe bleiben:
du hättest warlicb wol gemeynt,
er ward im staube bleiben.
' P. Gerhardt bei Fischbr-TOmpri.
UrchenUed 8, 889*.
9fl-i aber dringt bisz in der schOnbeit sph&re,
und im staube bleibt die schwere
mit dem stoff, den sie beherrscht, turUck.
üchillbr 11, 58 (da» reich der »chatten).
9) dementtpreehend aoB dem staub erheben, e eotUemtu
ad honore» «twAere. FntscH t.sn»; einen aus dem staube
erbeben, d« mocfrw aliqusm tuttdtert. Stkindach s, 7oe;
Cr.
er hebt auff den dürfiftigen aus dem staub, und erhöhet
den armen aus dem kot, das er jn setze unter die fürsten.
1 Sam. 2, 8 ; (in ähnlichem zusammenlrnng findet sich dafür
auch: der den geringen auiTrichtet aus dem staube.
pa. 113, 7 ;) darumb, das ich dich aus dem staub erhaben
habe, und zum fürsten gemacht über mein volck Israel.
1 kön. 16, 2; besonders zeigt er sich über die abtrünnigkeit
des bischofs unwillig, der von gott aus dem staube er-
hoben und zu den fürsten seines Volkes gesetzt, dafür das
evangelium verfolge. Ranke Zeitalter der reformation 2, 45;
nun seyd ihr (dörfer) aus dem staub erhoben,
die zeit, die alles hier musz loben,
merckt eure gegenden genau. Picander 3, 19;
einen aus dem staube hervorziehen, bekandt und be-
rühmt machen. Kramer dict. 2 (1702), 915";
als fauler rinder herr wagt er ein göttlich lied,
das musen vom Olymp, mn aus dem staube zieht.
Le-ssing 1, 172.
einem den staub abwischen, detergere sordes paupertatis,
pulverem detergere alicui. Frisch 2,322».
e) aus dem staube hervortreten u. ä.: wenn nun
ein solcher auf sich gestellter, rücksichtsloser mensch
(6. Hiller), indem er aus dem staube hervortritt, von
einer glänzenden und mannichfaltigen weit sich nicht
geblendet noch verwirrt fühlt. Göthe 49, 185; (reflexiv
gewendet:) mein vater war der söhn eines hirten, ein frei-
gelassener, der . . . durch die gunst der umstände sich
ein bischen aus dem staube herausgebildet hatte. Arndt
leben 15; und nur einer davon hat sich als fagotist in
Frankreich wieder aus dem staube gehoben. Schubart
leben u. gesinnungen l, 30;
ich hebe
mich aus dem staub' empor. Gleim 7, 203.
zur kennzeichnung der schnellen (und auch bedetitenden)
erhebung: dieser folgende neben ihm, hat sich in eben
dem lande, so zu sagen, aus dem staube in die höhe
geschwungen. J. E. Schlegel 5, 222;
erzittre, dasz mein geist . . .
aus seinem staube sich zu deinem purpur schwingen
vmd vor dir dichten will. Neukikcu ged. (1744) 188.
5) mit einer weiteren bestimmung; staub meiner her-
kunft u. ä. : sie wollen mich aus dem staub meiner her-
kunft reissen. ich will sie nicht zergliedern, diese ver
dächtige gnade, ich will nur fragen, was milady bewegen
konnte, mich für die thörin zu halten, die über ihre her-
kunft erröthet. Schiller 3, 463 (kab. u.liebe *,7)i
ich erhebe dich,
dein könig, aus dem staube deiner dunkeln
geburt. 13. 264 (Jungfrau v. Orl. 3, 4).
niedriger staub:
wenn dann wir in unsrer heimat niedrigem staube
stehn. Klopstock 3, 185 {Mett. 4, 4b5).
unedler staub: ha! wie dich der ältere söhn dann lu
lohnen wollte I wie er dich aus diesem unedlen staub,
der sich so wenig mit deinem geist und adel verträgt,
ans licht emporheben wollte! Schiller 2,60 (räuberi, 1
schausp.). gemeiner staub:
bist du der göttlichen erscheinung
schon müde, dasz du ihr geRlsz zerstören,
die reine iungfrau, die dir gott gesendet,
herab willst ziohn in den gemeinen staub?
Schiller 18, 268 (Jungfrau v. Ori. 8, 4).
r]) im staube als einem dauernden nutande:
ich seh die bände der natur
zerrissen; redlich keit im staube; nnachuld, ehre
verbannt. Gotter 1, 898 ;
wenn du uns hier in unserm staube
trotz der verheiszung, die ich glaube.
zum todten stoCf der fremden wesen legst.
Sbumb 1 (1886),
mit %oeiteretn thäOgkeiUhegriff verbunden: besser ist's, alt
so im staube dM gute leben verhauchcn. malkh M Ollem
1 (1811), 869;
im tiefsten staube küss' lob deines rockes säum.
Ramlbr /oMtete 1 (1788), U;
was der im Olympus geschrieben, verehr ich im staube.
Klopstock öden 1 (1889), 44, 17;
Isss dich sehn in deiner lichtgestalt,
wie dich der hirorael sieht, da» wir anbetend
im staube dich verehren.
Schillbr 18, 804 {Jungfrau v. Ori. 4. lO);
Im staube bet' ich dich, o könig, anl
ärOLHBRO 4, M;
Cr.
.1
1085 STAUB (II, 4. 5)
nein, im staube will ich nicht mehr trauern,
länger nicht der stolzen siegeswagen ziehn !
Schiller 1, 314 {Semele 1).
sich im staube nahen, mit den knien im staube rutschend:
ich weisz, an wen ich glaube,
und nahe mich im staube
zu dir, o gott, mein heil.
Chr. f. Gellert im kann, gesangb. 514, 4.
axich aas dem staube, womit das gefühl für die läge stärker
zum ausdriick gebracht vnrd: als denn soltu genidriget
werden, und aus der erden reden, und aus dem staube
mit deiner rede mummeln, das deine stimme sey, wie
eins zeuberers aus der erden, und deine rede aus dem
staube wispele. Jes. 29, i; in unterirdischen höhlen, die
kein strahl erhellt, beschwörungsformeln aus dem staub
heraufmurmeln. Kleist 2, 183, 4 E. Schmidt (Käthchen
V. Heilbr. i, i) ;
und wenn ich, einssuner,
vom staub zu dir gefleht.
Schubart 1, 9 (preisgesang im kerker) ;
thränend kann ich aus dem staube zu dir blicken.
Hölderlin 1, 38 Liizmann:
aus dem staube
aufwärts blickt' er {der knabe)
milde zürnend den frechen an.
Kleist 1, 11, 1 E. Schmidt (Jamüie
Schroffenstein 1, 1),
wo der zustand der wehrlosigkeit und Unmündigkeit so ge-
kennzeichnet werden soll.
b) staub lecken mit dem haupt demütig zur erde gebeugt,
aus der bibelübersetzung ,- nicht umcahrscheinlich gab den
atisgangsptcnkt die alleidings erde essende schlänge l Mos.
3, 14 {Jes. 65, 25); vgl. auch unten die wendung staub
lecken, wie die schlänge, sie werden für dir nider fallen
zur erden auffs angesicht, und deiner füsse staub lecken.
Jes. 49,23; für jm werden sich neigen die in der wüsten,
und seine feinde werden staub lecken, ps. 72,9; ob nun
wol Adam und seine erben . . . auch nach der versönung
in diesem eilende staub essen oder lecken mussten, unnd
unterthenige und dienstleute sein, drumb das sie zu frü
wolten herrn werden. Mathesiüs Sarepta sli»; staub
lecken vor dem Zebaoth das heiszt mich eine innere
stimme bleiben lassen. B. v. Arnim Cl. Brentanos friih-
liiigskram (l844) 97 ;
, , . aaf dasz
das Schwert, des Schicksals ehme zung', entscheide
wer würdig sei, du oder er, von beiden ' " ' '
den staub, nach ihrem {der götter) heiligen beschlusz
zu semes gegners füszen aufzulecken. '
Kleist 2, lai, 2867 E. Schmidt {Penthesüea 20).
staub lecken, wie die schlangen: sie (die heiden) sollen
staub lecken, wie die schlangen, ... sie werden sich
furchten für dem herm unserm gotte, und für dir sich
entsetzen. Micha 7, 17 ;
v.'enn ich zu meinem zweck gelange
erlaubt ihr mir triumph aus voller brüst
staub soll er fressen, und mit lust,
wie meine muhme, die berühmte schlänge.
Göthe 12, 25 {Famt prolog im Mmmet).
die vorstdlung ins feinere gewendet:
(M •oß) der aufgeblasne Nil den staub von deinen ffisaen
der Türke deinen rock, Paris den zepter küssen.'
Neukirch (1744) 189;
. ich will
mich nicht ergeben, um vor diesem knaben
Malcolm zu knien, und den staub zu küssen.
Schiller 13, 158 (Macbeth 5, 12).
doch die unlebendigkeit der folgenden wendung mag zeigen,
vne sehr es sich hier um ein uns innerlich fremdes, rein
poetisches gut handelt:
als er kam zu Feridum nah,
den hohen thron und kröne sah,
senkt" er vor ihm zu boden das' haupt
und neb das angesicht am staub. '
Röckert FirdoH 1,108.
6) staub aU Symbol der irdischen art des menschen,
aas chnstenfhum übernahm diese erklärung des rätseis
von der menschensehöpfung aus der anschauung des alten
testamentes und hat sie in lehre und gottesdienst bis heute
oeicahrt. von hier aus die gedankenweit unserer spräche
auf das stärkste beeinflussend.
a) die menschen sind von gott aus dem st&uhe geschaffen ■
gleich wie alle menschen ans der erden, und Adam aus
dem staube geschaffen ist Jes. Sir. 33, lO; es feret alles
Cr.
STAUB (II, 5)
1086
an einen ort, es ist alles von staub gemacht, and wird
wider zu staub, pred. Salom. 3,20;
die jhr aus staub gemacht zu staub soll wider werden.
Weckherlin 305;
erd, aus deren staube
der erste der menschen geschaffen ward.
Klopstock Oden l (1889), 124, 59;
wenn der allgegenwärtige nun
wieder aus staub unsterbliche schaft. 125, 84;
nicht deines zomes, deiner liebe stimme
scholl, uns aus dem staube
zu rufen, 146, 28 ;
bist du nur gebildeter staub,
söhn des Mays, so werde denn
wieder verfliegender staub. 135, 34.
aus staub und asche: dieses alles sind ja Adamskinder
und eines gemächts miteinander und zwar nur von staub
und asche ! Simpl. i, 27 (neudr. s. 77). aus staub und erde:
du bist gemacht ausz staub und erden,
zu staub solt du auch wider werden.
H. Sachs 1, 46, 36 KeUer-Götze:
wir sind von einem vatter gleich,
ob wir schon arm sind oder reich,
und sind gemacht anss staub und erdt.
Scheidt Grobianut 653 (neudr.).
und in immer zunehmender entfemung von der ursprüng-
lichen anschauung: darwider aber wenden die quacker
und andere feinde der weltlichen obrigkeit ein, und
sagen: wir sind alle aus einerley staub und blut ge-
macht, dahero ist auch einer so gut, als der andere.
Spehling Nicodemus quaerens 2 (1719), 1029; von staub
und von ihrem blute, ebenda.
b) wie das vorige nur ein symbolischer ausdruck. und
nicht viel mehr, (wieder) zu staub werden, gestorben sein,
tot liegen, im grabe vermodern, verwesen {vgl. im gegensatz
dazu unten verwesen, welches am besten den ganzen fremden
mhalt dieses anschauungskreises deutlich macht): du nimpst
weg jren ödem, so vergehen sie, und werden wider zu
staub, ps. 104,29; {ein einsamer greis spricht:) aber der
brand hat meine zweige weggehauen, und ich bebe bei den
flugein des nords. allein, aUein soll ich an meinem orte
zu staube werden. Herder 3, 29 Suphan {krit. wälder l, 3);
wird ich, worden zfi staub fin mer.
befurdem kunnen, her, dein' er.
Melissus pn. 106, 10 neudr.;
was werden dir denn frommen
die aussgedorrten bein
imd der elende staub,
zu welchem in der erden
wir werden. P. Gerhardt örf Fischer-TO.mpel
kirchenl. 3, 350» ;
stirb ! werde staub I und über deiner gruft
schlag' ewige Vergessenheit zusammen !
Kleist 2, 399, 1573 E. Schmidt
. , . , {Hermannsichl. 4. 5).
zu staub und erde werden:
jhr herren, die ihr hie aaf erden
euch achtet hoch den gßttem gleich,
und doch, wie immer grosz und reich
zu staub und erden müsset werden. '
, . . , Weckh erlin 126.
zu leichtem staube werden:
wenn wir nun, ^escharret in die erden,
ohne geist zu leichtem staube werden. '
, , . A. Buchner anleU. zur poeterei (1665) 127
staub sein : bruder, lasz das buch voll staub,
willst du länger mit ihm wachen?
morgen bist du selber staub!
Lessing 1, 51 (faulheif);
es sei ! es sei 1 die band ist staub,
und ein Vermächtnis ja kein raub !
A. V. Droste-HOlshoff 2 (1878) 93
(des arztes vermächtnit). '
mehr oder weniger aus dieser Starrheit entbundene tren-
dungen: senket sie beyde in den mütterlichen schooss
der erde, so wird . . . dieses verwesen und in staub zer-
fallen. Th. Abbt verm. tcwÄe 6, 1,18; das beste in mir
zieht sich zusammen — das übrige zerfällt in erbärm-
lichen staub. Novalis l, 75 Meiszner;
wenn einst ich todt bin, wenn mein gebein zu staub'
ut emgesunken. Klopstock öden 1 (1889), 63, i •
daa verwesliche war ihm
schon zu staube zusammengesunken.
6, 96 (Meitiat 11, 1444) ;
möge mein antlitz einst
xn staub verwesen. Herder 27, 63, 109 Suphan;
Cr.
1087
STAUB (II, 5)
STAUB (II. 5)
1088
so sei staub zerstäubt zum staub versunken I
nehme erde, was die erde gab!
Arndt 5, 144 {RögchMeiiitner);
da diese äugen nun in staub vergehen,
so weisz ich nicht, wo wir uns wiedersehen.
Stürm 8, 235 ;
dem staube geben, begraben :
es ist ein lang stUck leben,
das wir dem staube geben.
Kbller 10, 53 (am sarg eines neunzigjahr.
landmannes).
in des todes staub legen, der veruesimg übergeben, zu-
gleich als eine hinüberführung in die syhäre von \, e xde
von einem kämpfe des menschen mit gott: du legest mich
in des todes staub, ps. 22, 16. vgl. die völlige benützung
dieser stelle bei H. Sachs 6, 262, l Keller-Götze und ihren
nachklang in: diese {die unsterbliche seele) sieget auch
mit zerschmetterten gliedern, und in dem staube des todes.
Lohenstein Armin, i, 203».
c) staub, der irdische der verwestmg anheimfallende oder
schon anheimgefallene leib : was ist nütze an meinem blut,
wenn ich tod bin? wird dir auch der staub dancken,
und deine trewe verkündigen? ps. 30, 10; staub zu staub;
so will es der ewige, bereite ein grab und senke den
leichnam hinab, dasz er verwese, mai.er Müi-leh 1,112
(der erschlagene Abel); den staub der rechtschaffenen zu
ehren. S. v. La Roche fräulein v. Sternheim 1,84; unter
mir {in der Westminsterabtei) die reste zusammengestürzter
pracht, der staub der könige. Lichtenberg verm. Schriften
1,9; liebe Schwester, lass' es ja nicht zu, dasz sie meinen
staub in ein erbbegräbnisz sperren — o nein, er soll aus
Maienthals rosen flattern. J. Paul 8, 176 (Hespems 2);
(»arkophag,) der . . . den staub des besiegers der Samniten
bioschloss. MOMMSEN röm. gesch. I,i26;
der ist nicht lebens wehrt,
der seiner eitern staub zu rühmen nicht begehrt.
Rist Parnassus 640;
weht sanft auf ihren grüften, ihr winde !
und hat ein unwissender arm
ausgegraben den staub der patrioten,
verwent ihn nicht ! Klopstock öden 1 (1889), 148, 3 ;
0 ihr älteren toten, ihr staub! 177,13;
nein ! nicht schwelgendem gewtirme
nun und immerdar ein raub,
noch ein spiel der erdenstürme
bleibet guter herzen staub. BüuübR H" (o« Agathe);
würde dieses leibes staub
aller wirbelstürme raub.
o, so scheute Kain doch
gottes feuereifer noch! Stolberg 1,49;
drum waren meine ahnherm Taboriten,
und dienten unter dem Prokop und Ziska.
fried' sei mit ihrem staube! kämpften sie
für eine gute sache doch.
Schiller 12, 167 (Piccol. 4, 5);
hier ruht der staub des heil'gen Ludewig.
13, 185 (Jungfrau v. Orl. prol. 3);
mag der staub gefallener beiden modern, . . .
ihres ruhmes flammenzüge lodern
in dem tempel der Unsterblichkeit.
Körner 1, 110 (Hempel);
sein staub ruht bei den todten.
RCckert 1 (1S67), 91.
von (Ur aufersteliung :
ia beT unserm staube, der einst der Unsterblichkeit aufwacht.
' Klopstock 6, 83 (Messias 11, 1240);
staub, dem einst posaunen ertönen. 6, 100 (11, 1523);
unsem staub mag staub bedecken,
du wirst ihn herrlich auferwecken,
der du des staubes scbOpfcr bist.
du wirst unvereänglich leben
und kraft und herrlichkeit ihm geben,
dem staube, der dir teuer ist.
Gottfr. Funk im hann. gtsangbuch 124, 8;
folget gesandte,
himmeisverwandte,
IcemftchHchen flugt:
sondern vernben,
■tanb so b«wb«n. ,_ _. . ..
GÖTHi 41, 8M (Fatut *, 6);
vgl.
bis
VI« ...
in zarachmelzender Planeten rauche
ibran sUub die grnrie wiederkiun. Schillbr 1, 182.
mU einem erklärenden geniüv:
er mU ■Urbw I bald will ich von ihm den sUub der verwasung
■af den «M« zur liölle, vorm nntlitx des owino anastrenn.
Lb«nik<> 0, 61, 80 (lU. britje) LaOmam-MMndeer.
Cr.
mit einem, adjectiv verbunden: Westminsters grabm&ler
liegen zertrümmert, vergessen ist der königliche staub,
den sie verschlossen. Heines, 160 Elster {reiiebilder 2);
traget von der entweihten altar
den blutigen staub weg,
weg das starre gebein,
das an edle todt euch erinnert!
Klopstock 2, 138 (das wort der Deutschen);
dank sey dem weisen mann,
sanft ruhe sein heiliger staub!
Müller Sieg/r. v. Lindenb. 1, 268
(rql. auch 2, C8) ;
80 leisten sie die fromme ptlicht
dem, so der fremde ward zum raube,
und bei dem unbeweinten staube
entzünden sie das trauerlicht.
A. V. Droste-Hülshoff 2, 37 (hotpiz auf
dem gr. St. Bernhard).
in edler läuterung, zugleich als ein bild von der dopptl
natur eines gedankens:
ob ich irdsches denk' und sinne,
das gereicht zu höherem gewinne.
mit dem staube nicht der geist zerstoben,
dringet, in sich selbst gedrängt, nach oben.
GÖTHE 1, 6, 10 ll'etm. ausg. (westöstl. divan).
d) staub der noch lebendige irdische leib im gegensatz zur
unsterblichen seele des menschen, ein Verhältnis, das auch
schon durch die biblische spräche eingeleitet leird. vgl.:
denn der staub mus wider zu der erden komen, wie er
gewesen ist, und der geist wider zu gott, der jn gegeben
hat. pred. Sulom. 12, 7; seltsam aber berührt heute die
tceitere ausmalung: es ist {der schöne leib eines menschen)
ein reiner staub und asche, mit einem zarten heutlein
überzogen: und kurz zu sagen, es ist eine sterbliche und
täghch sterbende Schönheit. Butschky hochd. kanzlet 564;
in dieser ernsten stunde
thatest du jene grosse Wahrheit kund,
die wahrheyt sein wird
so lang die hülle der ewigen seele staub ist.
Klopstock öden 1 (ls>S9), 122, 8;
doch herrschend ragt in seiner stärke
der geist, von staub umhüllt,
das wunder deiner Wunderwerke,
der mensch, dein ebenbild. Voss 4, 148 (die atente) ;
dich, gottes ödem, du verstand,
in staub gehüllt, hat gottes band
so wunderbar gebauet. 278 (cntscMossenheit) ,
beständig dachte er dein wohl, bis sich sein geist
vom staube loswand, und
auf engelschwingen durch der steme goldne reihn
zum sitz der gottheit flog. Höltv 45 Halm;
{von einetn unberührten xceibe:) {kinderengel) umschwebten
und umwoben diese räthsel lösende und räthsel auf-
gebende Verkörperung von aether und staub. Goliz
jugendleben 1,179.
dann wirst du wandeln hier ein selig wesen,
dos staubes wünsche weichen scheu zurück.
Grillparzer 6, 4€ (des meeres und der liebe
wellen 3).
e) staub {eine erweiterung des vorigen) als leib und seele
umfassende gesamtbezeichnung des hier lebenden menschen,
weil seine gedanken und gexcohnheiten mehr von dieser
weit rfetin von gott sind, vgl.: denn er kennet was für ein
gemecht wir sind , er gedencket daran , das wir staub
sind. ps. 103,14;
ich bin ia nur ein dürres blatt,
ein stauD, der keine statte hat.
J. G. Hbrkmann im hannov. ge*angb. 286, 6;
was wirst du mit vermessenheit
je gegen gott gewinnen?
du bist ja staub. J. G. Schöner ebenda 427, 2;
wir sind staub, o beschirme, wenns frommt, in dem lebon
der Prüfung
uns vor IrUbsal und noth, wie vor üppigem stolz und leiiht-
sinn ;
bis wir bewährt aas dem staube zu deiner herrlichkeit ein-
gehn. Vo.-<« 1, 12 (l.uife 1, 47. 49).
wenn ich vom staub befleckt bin, soll ich zagen?
die erde kann sieb nicht dos staubs enl.'-t-hlafon.
wenn dieser staub nicht «eine sQnd' pnipnind«,
wer wär's, der sich su deiner gnade llindoV Itt .kkrt 6, Cm;
morgen kommt der aschonniiltwoch,
und ich zeichne deine »tinio
mit dem ascbenkreuz und sprecb« :
weib bedenke, daas du staub bist.
Hrinb 1,285 EUlmr UiiffeNffiK U);
uns dOnkt die fktiude attarwein,
am beiligsten ein sUndger raub;
zieht gnCies bauch durch nnaer eeia,
eo lUbIcn wir uns doppelt staub.
Hbkukl 0, 293 Werner (dem m^mm tein recht 9)
Cr.
10S9
STAUB (II. 5)
STAUB (II, 5—8)
1090
leichter staub:
ihm ist bewuszt dasz dieses sein geschöpfe
ein leichter staub und schwaches Werkzeug sei.
J. Fraxck im hannov. gesangb. 2S5, 6.
staub und erde:
du bist ein schSpfer aller ding,
ich bin nur staul> und erde.
P. Gerhardt bei Fischer-Tijmpel
kirchenlied 3, 332».
staub und asche: staub und asch sind wir gewesen;
staub und asch sind wir, weil wir leben; staub und asch
müssen wir wider werden, bisz uns Christus wider zu
den alten ehren bringe Petri Fl*";
du weist: der mensch ist staub und aschen.
H. Sachs i, 147, 6 KeUer-Götze;
dann so werden meine glieder,
die jetzt staub und asche sein,
unverweslich leben wieder.
J. Rist im kann, gefangbuch 113, 8;
herr zürne nicht, dasz ich so bitte,
da ich vor dir nur staub und asche bin.
K. H. V. BoGATZKY ebenda 178, 11.
erde, staub und asche : ein könig . . . ist . . . eben so wol
erd, staub und aschen als ein bettler Aeg. Albertinus
himschleiffer (1664)100; vgl.:
staub waren wir, erd sind wir noch,
asch werden wir ins grabes loch. Petri F l*».
f) daher dann staub geradezu 'mensch, erdensohn', eine
bezeichnung, die in der zweiten hälfte des iS.jahrh. dank
der zwischen zerfallenden rinnen und kunstreichen, aber
leeren aschenurnen sich ergehenden sentimentalen neigung
stark beliebt icar. um dann auch nachher sich vereinzelt
im sprachgebraixch zu erhalten; vom staube staub:
du bist es, der du warst ; Jehova
heissest du ! aber ich staub vom staube !
staub, und auch ewig!
Klopstock Oden 1 (1889), 72, 40;
wer bin ich,
dasz ich mich auch in die jubel dränge?
von staube staub ! 96, 5.
staub allein .-
nein, ganz an freuden arm ist nie
das loos dem staube zugemessen.
Gotter 1, 226 ifrosC);
. ie freut sich des emporschauns zum stemheer, wer empfindet
. ie gering er, und wer gott, welch ein staub er, und wer gott,
aein gott ist! Klopstock öden 1 (1889), 158, 6;
eh ich es wagte, mich zu fragen . . .
mich, den thoren, den staub! 153, 17;
in vier verschiedne sekten theilt
sich alles volck der Muselmanen . . .
wer geht davon auf rechten bahnen?
auf welchem der vier pfade mag
der staub zum thron des herm gelangen?
RüCKERT ge«. ged. 1, 54;
dieser allwissende gott, den du thor und bösewicht mitten
aus seiner schöpfung zernichtest, braucht sich nicht
durch den mund des staubes zu rechtfertigen. Schiller
2, 182 {räuber 5, 1 schausp.) ; so {doch auf alle irdischen
wesen ausgedehnt) ist auch wol aufzufassen: vom unzu
gänglichen gebirge über die einöde, die kein fusz betrat,
bis an's ende des unbekannten oceans, weht der geist
des ewigschaffenden, und freut sich jedes staubes, der
ihn vernimmt und lebt Göthe 16,75 (leiden des jungen
Werther l). von Christus, dem mittler ztrisehen gott und
wienschen:
staub, der zu gott emporgedrungen,
am fusztritt seines thrones glimmt.
TuCmmel reUe 7, 231;
ienn: er (Chritttu) ward staub, zu erhiihen den staub!
Stolberg 2, 365 (schtoanengesang).
ataub mit einem xoeiter charakterisierenden adjectiv:
o stolz des thörichten, des armen staubes!
Klopstock 9, 62 (David 3, 7);
dann wird des zweifelnden staubes besorgnisz,
jede thräne wird schweigen. 3, 215 {Metfias 4, 962);
tränke mich, lieber becber ! was du bist, war ich und werd' ich,
erde: so tränke denn den noch geniessenden staub.
Herder 26, 25 Suphan;
denn auch ihn, den belebten staub, begnadigtest du,
hauchtest leben deines odems in ihn,
nach deinem bilde bildetest du ihn !
Stolberg 2, 355 (schwanaigesang):
aufstreben wollt aus n&chten ich zum licht;
da zog mich lichtgeträumtcn staub hernieder
des tiefen loses schmerzliches gewicht !
Ludwig 1, 51 {Zerknirschung).
X. 2. Cr.
der gewöhnliche ei-denstaub bei Th. Storm 4, 227 die
'misera plebs'.
g) eine poetische formung des vorigen ist des staubes
söhn, geschlecht u. s. tc. vgl. .-
doch wissen möcht' ich, was die kleinen dort
zu sagen haben, die der staub geboren?
RÜCKERT werke 3, 167;
da die kinder des staubes jenen. bau, der den wölken
drohete, unternahmen: da wurde der taumelkelch der
Verwirrung über sie ausgegossen Herder i, i Suphan;
aber sie {die Deutschen) kennen die wahren toUworte für
den söhn des staubs nicht — menschenrecht und gleich-
heit Klinger 3, 37 (Faust i,!); lob, die lieblingskost des
sohns des staubs 3,357 (Giafar 5,6); (der teufet- spricht:)
ich habe mit eiserner stirne, mit unbewegtem geist, den
Verdammungsspruch des höchsten angehört, werden mich
Worte der söhne des staubes ausser fassung bringen?
10, 232 ; vgl. auch ebenda 228 und 230 ;
ist doch die finstemisz die mutter unsres lichts,
der mensch des staubes söhn und enkel von dem nichts.
WiTHOF akad. gedickte 1,45;
gott, gott, den mönch und bonze nennet,
und weder mönch noch bonze kennet . . .
hier bet' auch ich, des staubes söhn.
Seume (1826) 1, 53 ;
so lasz, o söhn des staubs, die reinen lauen
geschwisterfluten um dein leben schwellen.
RCcKERT ge*. ged. 1, 119.
des staubes geschlecht:
schon hier vereint in lieb' und recht
sei aller weit gewimmel !
wir sind ja eines staubs geschlecht,
bedeckt von einem himmel.
Voss 1, 51 {Luise 1, 408).
selten sind ausnahmen une im folgenden, wo die menschen
den söhnen des staubes, das heiszt aller übrigen creatur
dieser erde, entgegengestellt werden:
aufrecht das haubt zu ewger schSne,
verschmäht er was nur nährt,
und schauet tief des staubes söhne
dem staube zugekehrt. Voss 4, 143 (die steme).
vgl. : widrig ist uns, was kriecht und schleicht, wir sehen
es als ein niedriges geschöpf des Schlammes, des staubes
an Herder 22, 79 Suphan (KaUigone 1).
6) die erde, das irdische jammerthal: da kniet er {der
mensch) auf eine ebne dieses staubes nieder, erhebt seinen
blick himmelan und betet Herder 6, 46 Suphan (archaeol.
lies Morgenlandes l);
lasst den staub erbeben,
gott ist unser bort !
Gleim 7, 183 (nach dem erdbeben 3U Ligsabon)\
gleich einer sonne, die aufgeht,
einem staube zu leuchten, der schwimmt, und erde genennt wird !
Klopstock 3, 288 (Messias 5, 778);
ich weisz, woran ich glaube,
ich weisz, was fest besteht,
wann alles hier im staube
wie sand imd staub verweht.
E. M. Arndt im harmov. gesangb. 291, 1 ;
7) mehr in das abstracte verflüchtigt 'irdische nichtig
keit. Wertlosigkeit, Vergänglichkeit', mit dem immer voraus-
gesetzten gegensatz zu den werten der seele. des jenseits,
der unvergänglichkeit ; am staube kleben:
die unmännliche seele,
welche, noch nie dem gegenwärtgen entrissen,
stets an dem staube klebt.
Zachariä 376 (begräbmue).
dem staub anhaften:
fem sei, was befleckt von sfind' ist,
was dem staub' anhaftet, zu klein der menschheit höherem
aufschwung ! Voss 3, 161 (erneute menschheit).
Wendungen icie den staub durchwühlen und sich im staube
nähren mag man atis jenem groszen wort vom überwinden
der bloszen bücJtergelehrsamkeit folgern :
dem wurme gleich' ich, der den staub durchwühlt,
den, wie er sich im staube nährend lebt,
des Wandrers tritt vernichtet und begräbt.
ist es nicht staub, was diese hohe wand
aus hundert Täcbem mir verenget? Göthb IS, 89 (Faust 1).
8) staub, ein nichts:
mein ganzes weseu war ein staub, ein punkt, ein nichts,
und ich verlor mich selbst. Brockbs 1,3;
Saladin. ich staub? ich nichts?
0 gott ! Lbssing 2, 281 (tiathan 3, 7) ;
vgl. : hier modert Nitulus, jungfräuliches gesichts,
der durch den tod gewann: er wurde staub aus nichts.
1, 11, 58 (prabschrifl des A'ittUtis);
69 Cr.
1 ü91 STAUB (II, 8. 9) — STAUBAUFWERFEN
STAUBAUS -STAUBBEI)F:CKT 1092
und sind auch nicht besiegt;
sie sind's nicht, bis zerrieben klein
ein staub ganz Frankreich liegt.
RCCKERT 1 (1867), 54;
geb er denen rekruten säbeln und baut die Schildbürger
zu Btaub zusammen Gottl. Stephanie d. jung. Itistsp.
97,7; ich bin das licht der sonne zu schauen müde! ver-
schafTt mir . . . eine balire und führt mich elenden, dessen
kraft zu staub versinkt, auf den richtplatz hinaus Kleist
3,424,25 E. Schmidt {ztceikampf);
alles leben ist raub;
funken, die sonnen entstammen,
lodern, das all zu durchflammen,
da verschluckt sie der staub.
Hebbel 6, 293 Werner {den schmerz
Kein recht 10).
9) als eine im bilde sich beuxgende Verstärkung der ne-
gation. vgl. J. Grimm gramm. 8. 733. viederd. dat halp
allent nicht en stöf sächs. chron. hei Leibniz 3,55* (vgl.
Frisch 2, 322»); vgl. die Verbindung weder staub noch
flug: hiezwisohen aber hat (man) ine seines langen auss-
bleibens , und das man weder staub noch flug von ime
vernomen , gar verschetzet gehabt Zimmerische chron.^
1, 292, 27. (von einem süberschatz :) daran ist weder staub
noch flug mehr vorhanden 2, 231, 20. das ganze eine
Steigerung der im, mhd. vorkommenden positiven negation -.
e; was in als ein stoup. Mai u. Beafi. 124, 12 u. ä.
vgl. mhd. wb. 2, 2, 648.
'^STAUB, m., das.%elbe ine unten staubbach Sghm.*2, 718.
eine begrifflicJie ertceiterung von staub II, 1, l, S" (sp. 1077).
zu solch einem, staub gelungt man z. b. auf dem gebirgs-
steig, der von Traun-^tein und Rupolding durch das Miesen-
bachthal nach der salzburgischen gegend von Unken führt.
ebenda.
STAUBABKEHREN, n.. substant. inßn. (vgl. staub II,1,ä.
sp. 1074): die arbeit eines bibliothekars, die mit dem
ataubabkehren in einer klasse steht Lessino 12, 269 {an
Heyne 20. nov. 1770).
STAUBABLAGERUNG, /. ablagerung von staub in wohn-
und arbeitsräumen.
STAUBAFTERMOOS, n. feines schimmelartiges moos,
byssus Dietrich l-exicon der gürtnerei u. botanik 2 (1802), 391.
STAUBÄHNLICH, adj..- grobes mehl, welches nicht
aus . . . staubäbnlichen theilchen besteht Campe unter
grob.
STAUBANSAMMLUNG, /. in den ecken und winkeln der
Häuser.
STAUBAPFEL, tn. bei Ritter eine benennung für den
in katholischen klöatern als reliquie beicahrten Sodomsapfel
(*. theil 10, 1, sp. 1400): die rose von Jericho aus der wüste,
die Maria auf der flucht nach Egypten betreten, fruchte,
wie die staubäpfel Sodoms erdkunde 15, 36.
STAUBARBEITER, m. urbeiter, der in seinem beruf viel
mit staub zu kämpfen hat und also staubkrankhciten {s. u.)
ausgesetet ist. vgl. Sanders handb. der gesundlieHspßege^
(1886) 106.
STAUBARSCH, m., staubars in Schlesien eine benennung
der pflanze 'bidens bipartitus' Pritzel-Jessen CO; darieben
in Schlesien- Mähren auch in der form stuppÄrs. ebenda.
STAUBART, /. die besondere art eines ataubes, »ei es
nun kohlen-, meid-, metallstaub u. s. w.
STAUBARTIG, adj. von derart wie staub: anter . . . einem
feinen, «taabartigen sande Hassert reise durch Monte-
negro 87; staubarliges mehl. tn der spräche der botanik
staubartig von dem laube der flechten gesagt Campe, stib-
tiantivisch: die innige Verbindung dieser mischungen (der
färben) geschieht . . . durch safte, welche das staubartjge
zusammenhalten, und das unorganische gleichsam orga-
lüsoh verbinden Göthe S, l, SS4 Weim. ausg. (far benlehre).
STAUBASCHE,/, so fein wie staub, a. aueh staab II, 1, l
{ap. 1076).
STAÜBATMOSPHARE, /. mit ataub geaehwängerU atmo-
apKäre. Damnkr handtrb. der grjiundheitspfUge (18»l) 76«*:
die . . . ebene, die bei einem früheren besuche wegen ihrer
damaligen sf;i^' • '— • httro die ebene der Wirbelwinde
ftnuint wer'i Ritier erdkunde 19, MS.
STAUBAUI'V n., ȟbst, infin. auftcerfen von
»taub : sUbaufwerfen ist ein kriegueichen Ratzrl vüUtar-
iuMJes.M.
STAUBAÜS, imperativiscJie bildung Oberdeutschlands,
wol nach dem vorgange von reiszaus (flieil 8, sp. 753) , zu
ausstauben (theil i, sp. 983), ivelche aLio die begriffliche
kurzform der icendung mach dich (schleunigst) aus dem
staub ! (s. oben staub II, 8, c) darstellt, dieser Zusammen-
hang ist zu deutlich, als dasz an eine beziehung zu aus-
stänbon in de?n .tivue 'einem die jacke ausklopfen' gedacht
icerden könnte, vgl. auch noch das fast durchgängig in
friedlicherer .9phüre sich bewegende kehraus (theil 5, sp. 404).
in der form stciubus ('stäipys, 'staüwys, 'stoeywys) bei
M.\rtin-Lienhart elsäss. wb. 2, .508». nehen fort, mit dem
es ja begrifflich hier gleich steht: der beutet fort, das
hütlein gestohlen und das pfciflein staubaus Zingerle
kinder- u. hausmärchen aus Süddeutschland 147. man macht
staubus, wenn man die kinder zti/r thürhinaustreiht Martin-
LiENHART elsäss. wb. 2, 568', ebenso Sunn . . . mach staawüs
hie im himmelsaal , jage die wölken fort, elsäss. schatz-
kästel ebenda, beim karfenspiel macht ganz ähnlich staubus,
wer alle stiche bekommt, den gegner also von vornherein
von dem plane weisen kann, ebenda, beimi Winteraustreiben
(todaustreiben) rufen die kinder:
stabaus, stabaus !
stecht dem winter die äugen aus !
Uhland gchrißen 3, 17,
wo J. Grimm (myth. 725) allerdings an den Zusammen-
hang mit den weiszen stähen der im dienst der handlung
stehenden jugend denkt, doch vgl. bair. stabaus, auf und
davon Schm.- 2, 718; tirol. stabaus (auch verderbt in abaus)
FiiOMMANN 4, 66 (die ausspräche stäb bei Schöpf tirol.
wb. 702, staap auch verzeichnet von Lenz, vgl. wb. des
Handschuhsheimer dialekts 6&*)\ Vorarlberg, stöbfls 6,245.
dementsprechend auch staubaus sein : d's Venedigermännle
ist lang scho" ^töb üs g'si~ Vorarlberg, sage bei Fhommann
6, 254. in dem, sinne von sich fort machen und in stärkerer
anlehnicng an sich aus dem staube machen : damit machte
ich staubaus Jucundiss. 139; (aus furcht vor einem ge-
spenst:) aber gar viele haben dann staubaus gemacht
Leoprechting aus dem Lechrain 126; (ein so starkes
sausen,) dasz alle vier kinder eilends staubaus machten
in rechter herzensangst. 102. staubaus gehen, durch die
läppen gehen Pfister nachtrage zu Vilmars idiot. 283, elabi,
effugere Wander 4, 785. entsprecheiid rciszaus nehmen
(theil 8, sp. 753) ; staubaus nehmen lebensg. eines bad. sold. 61.
als deutliches subst. mit dem artikel: da hat er dem
staubaus das prä gegeben und hat sich nimmer sehen
lassen Leoprechting aus dem Lechrain bi. der staubus
heiszt ganz entsprechend kehraus 1 (theil 5, sp. 404) der letzte
tanz eines festes MartinLienhart 2, 568»; von hier atts:
einen staubus machen, bei eijier ratiferei edle gegner zu-
sammenhauen, ebenda; mit jemand den staubaus machen,
t/m wegjagen Hügel 155''.
STAUBBACH, m. bach, der beim hohen und starken
herabfall von einer höhe zerstäubt, vgl. oben staub II, l,i
sp. 1077 soicie ^taub und unten stäuben: eine eingeschlos-
sene wilde Waldgegend, staubbäche stürzen von de» felsen
Schiller 14, 343 (scen. bemerk, zu W. Teil 8, «). als eigen-
name, so bei Lautenbrunnen in der ScAi<«ü: wir . . . gingen
zum Staubbach, dieser Wasserfall stürzt neunhundert
fuBZ tief von einer felsenwand . . . hinunter in das thal
Stolberg 6, I80; vgl.: aus unermeszlicher höhe stUnte
vom gebirge ein bach herab, in kleinen schäumenden
cascaden . . , ein altaischer Staubbach , (der sich) ... in
den feinsten staub auflöst Ritter erdkunde 2, 981. bai
J. Paul tn dichterischer Übertragung des hiinmels stanlh
bach ein feiner, stäubender regen : aber des himmols staub*
bach liattc sich vcrsprungcn, und blos Lünens lichtfall
Ubersprengto noch die gegend icerke 7, 119 (Hesperua i).
STAUBBALG, m. in der pflantenkunde dasselbe Mt*
un^n Staubbeutel, inabesonder« die samenbäl-gchen der mooa-
Uume, welche staubähnliehen samen auaaehnMen Illiobr
M Campe, vgl. Dikthicii lejcicon der gärtnarei u. botanik
1 (laOS), 646.
.STAUBBEDECKT, at^f. mit »taub b«d«ekt (alao ein t»
beatimmter begriffsnrhtung laufendes staubig), von dar
landaeh^ft: rino traurige einfrumigkcit von gruslluron und
stauhbedecklo oinöden A. v. liiMiiDLDT Äco/rmo« 8, .V); htatt
einer schönen reichen ebene . . . ein breites sich abKonken«
dM delta an der mUndung zwischen den Wadis, staub-
Cr.
1093 STAUBBEFANGEN — STAUBBEUTEL
STAUBBEWOHNER— STAUBBOFIST 1094
bedeckt und mit feuersteinfragmenten bestreut Ritter
erdkunde 15, 727 ; gern von personen , zugleich mit he^auf-
führung eines bilden von überstandener mühe: der aus dem
kämpfe zurückkehrende staubbedeckte held Campe; der
staubbedeckte wanderer: {die wache.) die . . . verwundert
auf den staubbedeckten wanderer schaute Riehl gesch.
u.nov.i.,32i {gräfin Ursula); staubbedeckte Soldaten;
der nackte staubbedeckte,
verbannte könig streckte
sich ohne pfahlhin und entschlief.
RÜCKERT 12, 39.
zerfetzt, nackt und staubbedeckt einhergehen Keller
2,29; verzeiht, dasz ich, so staub- und schweiszbedeckt,
in eure nähe trete, hoher herr.
Bauernfeld 5, 57 (jgeschvritter von Nürnberg 3, 5).
substantivisch :
vom sitz springt er (Achili), der staubbedeckte, nieder !
Kleist 2, 42, 475 E. Schmidi {Penthesüea 3).
ganz entsprechend auch von thieren, staubbedeckte pferde:
(so) sprangen auf dem beinahe schon mittäglich über-
sonnten platze zwei junge leute von staubbedeckten gäulen
C. F. Meyer 2, 47 {hochz. des mönchs). von einem einzelnen
körperfheil :
soll ich das duflendste der Perseröle
in wasser mischen, frisch dem quell entschöpfl,
und dir den staubbedeckten fusz erquicken?
62, 970 {Penthcsilea 6).
von gegenständen, zum, ausdruck, dasz sie lange unberührt
(in ihrem trinkd) gestanden haben: staubbedeckte böcher;
staubbedeckter tisch;
dorten hängt das embryönchen . , .
in dem trüben spiritus,
in dem staubbedeckten glase. Keller 10, 172.
STAUBBEFANGEN, adj. befangen in irdischer nichtig
keit (vgl. staub 11, 7) ; hier im gegensatz zu den geistern,
erfüllt mit himmlischer klarheit:
mitleidig . . .
führt er {der tod) den groszen zug, der nie geendet,
die geister wie die staubbefang'nen seelen.
J. Mosen 2 (186S), 282.
STAUBBEFLECKT, adj., ungetcöhnlich (vgl. das unten
unter staubfleck bemerkte) : nun häufen auf häufen, . . .
geschwärzt von pulverdampf, staubbefleckt, mit zerfetzten
kleidern Raabe unseres herrgotts canzlei l, 214.
STAUBBEHÄLTER, m.. nach Dietrich lexicon der
gärtnerei u. botanik 1 (1802), 545 gleich unten Staubbeutel.
Adelung hat dafür staubbehältnis, n.
STAUBBEKÄMPFUNG,/, bekämpfung des umherunrbeln-
den und die gesundheit schädigenden staubes : Staub-
bekämpfung auf den straszen. vierteljahrsschrift für öffentl.
gesundheitspfUge 39 (1906), suppl. 472.
STAUBBESCHWERDE, /. irdische beschwerde des men
»ehen (vgl. staub n,4,e):
den frei von stundenzwan^ und staubbescbwerde
ins Universum gehn wir em.
Heyse kinder der tcelt 2, 44.
STAÜBBESEITIGÜNG, /. beseiügung des die gestindheit
der arbeiter schädigenden staubes aus den arbeitsiäumen.
vierteljahrsschrift für öffentl. gesundheitspßege 37 (1904),
suppl. 385.
STAUBBESEN, m., welcher zum, staubabkehren dient:
ein Staubbesen, une escouvette Duez nomencl. (i652) 92;
wenn Josef darin (im salcn) gravitätisch seines dienstes
waltete mit Staubbesen und flederwisch Ebner-Eschen-
OACli meine kinderjahre 297.
STAUBBESPRENGT, adj., eine begriffsverbindung , die
ohne die Zusammenstellung mit blut kaum möglich wäre
{vgl. auch die erwägung von Schönaich un/er stäuben) :
staub- oder bluttbesprengte dienste BuTSCHKvPa^Amo« 982,
d. h. dienste, welche im felde geleistet werden, insbesondere
im gegensatz zum hofschranzenthum.
STÄUBBESTREÜT, adj.:
Schmetterlinge, staubbestreut.
Freiligrath 1, 201 (die Miitfie).
mit beziehung auf den staub (H, I, l, ^ der flügeldecken.
STAUBBEUTEL, m. in den mäymlichen bluten die an
den Staubfäden sitzenden beutelartigen köpfchen, icelcJie den
blütenstaub enthalten. Auelcno verzeichnet es als eiti wort
der neueren, s. auch oben stanbbalg, staubbehälter und
unten staubkolbe; vgl. auch uuten Staubfaden und staub-
Cr.
gefäsz: ein wahres wenig verändertes kronenblatt zieht
sich am obern rande zusammen, und es zeigt sich ein
Staubbeutel, bei welchem das übrige blatt die stelle des
Staubfadens vertritt Göthe 58, 42 u. ö. (metamoiphose der
pflanzen); die staubgefäsze (stam,ina) haben zwei theile:
Staubfaden (ßlamentum) und Staubbeutel oder staub-
kölbchen (anthera) Ratzebürg standortgeicächse (1859)29.
dazu das adj. staubbeutelähnlich: staubbeutelähn-
liche Schwielen Göthe 58, 43.
STAÜBBEWOHNER, m. poetisch sentimentales sehlagtoort
atis dem ende des 18. jahrh.: beicohner des staubs (d.h.
der irdischen, vergänglichen tcelt im gegensatz zum gött-
lichen jenseits [vgl. staub H, 6]), armer, kleiner, irrender
mensch :
von der zinne der überwinder umflammt diesz hohe,
göttlich strahlende licht den staubbewohner.
Klopstock 4, 212 {Jfegsias 10, 381) ;
der du mein bruder warst, als du hienieden
noch anter staubbewotmera gingst.
Miller (mai 1772) im Göttinger mufcncdmanacli
1775 «. 104 (= gedickte s. 46) ;
seliger wäre ich dann als staubbewohner.
HÖLTY 98 Halm;
(so) darf stets von {lief voll) hoffhung und vertrauen
der staubbewohner dahin schauen,
wo er den Strahlenkranz erwirbt.
Kind 4, 22 (mutieriiebe) ;
sieh von deinem hohen himmel,
den kein staub bewölken kann,
ach! das ängstliche gewimmel
armer staubbewohner an!
ScHUB.ART ged. 1 (1825), 24;
der engel nimmt pilgergestalt an, um mit staubbewohnem
reden zu können Schubart ästhetik der tonkunst 81. in
einer art von verknöcherung mit einer weiteren bestimmung
des Wohnorts: um deine würde
vertauscht, selbst auf dem weg ins grab,
der staubbewohner einer bürde
nicht seines lebens bürde,
nicht seinen wanderstab. ThCmmbl reise 7, 234.
heute ist das toort auch aus der dichterischen spräche
! nieder so gut tcie verschicunden.
j STAÜBBILDUNG, /. (neu)bildung von staub: ein neues
j straszenpflaster , das staubbüdung verhindert deutscfte
I vierteljahrsschrift für öffenü. gesundheitspflege 38 (1906),
' stippl. 472.
STAUBBENDEMITTEL, »i. staubbindendes mittel, (vgl. das
! folgende.) Wochenschrift für den öffentl. baudienst 1906 nr.sz.
STAUBBINDEND, adj. den staub bindend, seine ent
tcicklung hindernd: staubbindende fuszbodenöle.
STAUBBINDUNG, /. • ein mittel zur staubbindung,
dasselbe wie oben staubbindemittel deutsche vierteljahrs-
schrift für öffentl. gesundheitspflege 37 (1904), suppl. 339.
STAUBBLATT, n. nach Göthes Vorgang eine morpho-
logische bezeichnung des staubgefäszes einer blute: staub-
gefäsze nnd Stempel jetzt als staub- und fruchtblätter
Ratzeburg uMldverderbnis i, 3, 3.
STAUBBLIND, adj. blind von staub, ein entsprechendes
regenblind erwähnt J. Grimm unter blind theil 2, sp. 119:
der dunstige saal .... die dürren baumäste vor den
staubblinden Scheiben A. Croissant-Rust Fimpemelche
(1909) 175. merkwürdig aber bleibt immer:
blutrot ward der boden, die Inft staubblind.
RCcKERT Firdosi 2, 502, 631.
STAUBBLÜTE, /. die männliche blute, tcelche den frucht
staub führt (vgl. oben staub l\,\,l,t) im gegensatz zur weib
liehen fruchtblute, vgl. Oken 3, 1552 und Bernhardt ge-
schickte des waldeigenttims 2, 92. auch die männlichen
zeugungstheile, die Staubfäden, im gegensatz zum Stempel
Nemnich. vgl. fruchtblüte (theil i,i,i, sp. 268).
STAUBBODEN, m. l) in der mahlmiihU ein bühnen-
artiger boden über dem beutelkasten. reicher das staubmehl
auffängt, rtceptaeulum pollinis avolantis Frisch 2,322**;
allg. haushaltungslex. (1751) 3,402»; .Adei-UNo.
2) als geologisch geographischer begriff einer erdboden-
formation. welche zur zeit eines steppenklimas durch die
tMagerung bedeutender staubmassen zu stände kam, ge-
wöhnlicher als lösz (oberrhein. 'los, locker, durchlässig')
bezeichnet, vgl. Ratzel die erde utid das leben l, 501/.
STAUBBOFIST, m. lyeoperdon vulgare, ein übelriechender
stäubender pilzsthwamm. eigentlich nur eine tceitere ver
69* Cr.
1095
STAUBBRAND — STÄUBCHEN
deutlichung von bofist {fheil 2, sp. 218): staubbovist Nem-
NiCH. a. auch unten stänber 4.
STAÜBBRAND , m. eine krankheitseracheinung , haupt-
sächlich des weizens, welche sich vom steinbrand durch
den umstand unterscheidet, dasz der staubbrandpilz
schon vor dem, schneiden des getreides vom, winde zerstäubt
wird Scherz -Funk ackerbau u. Viehzucht (1882) 300. vgl.
Oken3,48. ttstilagocarbohzvti IS sytwpsis^lBas. Pritzel-
Jessen 465.
STAÜBBRETZE , /. in einer sfeirischen rechnungsnotiz
icol bretze {theil 2, sp. 379 dasselbe wie bretzel), von staub-
mehl (s. lt.) gebacken, vgl. auch staub 11,1,1, ß, sp. 1076:
4 Schnitzer und ein staubbretzen quelle von 1739 bei Unger-
Khull 570*.
STAUBBRILLE, /. brüle, welche gegen den staub der
strasze sdiiitzen soll: zwene schwartze Benedictiner-
mUnchen . . , so auff zwey dromedarithieren . . . mit vor-
gethanen Staubbrillen, und in der band habenden Sonnen-
schirmen eingeritten kamen Juncker Barnisch 113 ; die
brillenbinden und Staubbrillen wb. der mediz. Wissenschaften
6 (1831), 228.
STAÜBBRONZE, /. minderwertige, aus den abfallen des
unechten blattgoldes hergestellte pulverfönnige bronzefarbe.
{vgl. die ähnliche bedeutung unten von staubrot.)
STAUBBÜRG, /. bürg, toelche in staub zerfallen ist,
hier tool im, spiel mit dem namen Magdeburg gebildet:
dasz man ferne sieht die Magdeburger lohe,
dadurch die schöne Stadt in einer kurzen Trist
zur staub- und aschenburg, o weh! geworden ist.
Rist 14D, 140 {Magdeburg) Götze.
STAUBBÜRSTE, /., toelche den ataub {besonders von den
schuhen) abbürstet Campe.
STAUBBÜRTIG, adj. aus dem staub gebürtig; in einer
scherzhaften anrede an die flöhe :
ja, sagt jr schwartz staubbürtig riesen,
ein weib, das solt nicht blüt vergiesen.
Fischart fiöhhas v. 971 neudr.
STÄUBCHEN, n. pulvisculus. deminut. zu staub, zur
bezeichnung des einzelnen staubkömchens dienend, mndd.
stoveken. *. unten stäublein und vgl. staub 1,3 {sp. 1070).
l) im. eigentlicJien sinne.
a) auf einen gegenständ gelagert {vgl. staub II, 1, A): die
kleidergeiszel, womit der bediente wenige stäubchen im
Staatsrocke sitzen lassen J. Paul 23, 86 (Titan 3); er
breitete ihn {den ehrenvollen militär abschied), nachdem er
alle stäubchen weggeblasen, auf dem tische aus. Au er
BACH dorfgesch. 1, 83. im singular: ein stäubchen auf
einem möbel Ludwig 2, 307 {au,s dem regen in die traufe);
besonders gern in der Verneinung als äuszerster grad der
Sauberkeit: die stühlo wohl abgekehrt — die fenster
auch — dasz kein stäubchen zu iinden ist! Iffland 2,4«
{Jäger 2, l); nicht ein stäubchen auf den kleidern Ludwig
1, 190 {zw. himmel u. erde);
der alte mann . . .
aufs neu beginnt das kleid zu reiben,
ab sollte nicht ein stäubchen bleiben.
A. V. Dbostb-Hülshoi-f 2, 79 (hospiz
a. d. gr. St. Bernhard).
mit gleichem sinn: das letzte stäubchen entfernt. Heyse
h, 60. in scherzhaftem ausdruck: als wenn zu jedem
stäubchen zween Windmühlen . . . nöthig wären Herder
8, 874 Suphan,
b) Sonnenstäubchen, wie sie einen ins dunkd fallenden
strahl der sonne tanzend erfüllen ; hier tritt denn, von der
saehe gefordert, auch der plural stärker hervor: auf
welchen Sonnenstäubchen fliegt oft dein menschen eine
kleine sonne, ein himmelsgarlcn an und wurzelt ein ! ein
Kolche« flatterndes stäubchen bewohnt' er jetzt, »md sab
davon herab J. Paui. 54, 70 {leben Fibels); ein stäubchen,
da« im Bonnenslrahlc tanzt Ebner Eschenbach meine
Jänderjahre 24> ;
zart wie aos «Uubchun der «onne. ThOmmbl 8, 889;
au« •onnenstinbcben ist die sonne nicht entstanden;
die Bttobcben sind nur, weil die sonne scheint, vorhanden.
ROCKKHT 4, 110.
mit erklärendem adjeetiv • das schmale gemach lag jetzt
tm balbdiinkcl, nur durch ein hochgelegenes rundfenKl« r
Ober der th(»r drang ein röthlichcr von goldnen stäubchen
dorchRpielter Sonnenstrahl in seine tiefe C. F. Mkyem
Jürf Jtnatueh 106.
Cr.
STÄUBCHENBLANK— STAUBDECKE 1096
c) entsprechend staub II, 1,Z {sp. \ffl6f):
«) auf dem Schmetterlingsflügel: schmetterlingsfliigel zu
fassen . . , ohne dasz sich ein buntes stäubchen davon
verliere Thümmel reisen (1800), 102;
und strich die guldnen stäubchen
von den gesprengten flügeln.
E. V. Kleist 1, 62, 9 iSkiuer.
ß) in der blute: ein kleines blümchen, gleich einem
goldkorn, mit so starkem dufte, dass ein stäubchen davon
in das haar gelegt zehn schritte weit duftet Ritter
erdkunde 4, 234.
/) fliegender punkt im äuge, wie ihn nervöse schwäche
einbildet, moucfie volante; so von der gespenstigen erschei-
nung im Hamlet 1,1:
ein stäubchen ist's, des geistes aug' zu trUben.
Shakespeare 4, 130.
d) als das kleinste, unbedeutendste, nichtigste: gottes
liebe vergisst kein stäubchen in seinem all Arndt 1,4
{Rösch-Meisner); dieses geistliche sinnwerkzeug, welches
durch die ganze natur hindurch alle geheiligte Substanz
auch in einem stäubchen verfolgte Brentano 4, 350;
'werde' hat er nur gesprochen,
und es ist hervorgebrochen
jedes stäubchen, jedes haar. Gleim 7, 208.
in weiterer Steigerung : der herr, der himef und erden aus
geringerm dinge, denn ein steubigen ist, geschaffen hat
Luther 6, 344'', d. h. aus nichts.
e) als umsclireibung des griech. ärouot, besonders ati.<>-
gebildet in der philosophie des Democrifoa (vgl. staub I, .s,
sp. 1070): was ist ein untheilbares, ewiges, nothwendiges,
durch sich selbst bestehendes stäubchen? Wieland 1, 10«;
(Agathon 2, 5) ;
o hältst du von der weit, die du dem ungefähren,
der stäubchen tollem schwärm und dem verträumten leeren
zu bilden Ubergiebst, nur einen teil gekannt.
natur der dinge 1, 186.
2) im vergleich zum ausdruck der nichtigkeit: und dieses
ganze ungeheure firmament nur ein stäubchen gegen die
Unendlichkeit! Kleist 5, 326, 35 E. Schmidt {brief vom
31. aug. 1806);
ein stäubchen ist der lehensschmerz,
gesehn im Sonnenschein. Stolbbro 2, 161 (Jied).
ähnlichen sinn hat auch: aber alles dieses sind doch nur
stäubchen aus der litterargeschiohte, welchen mein un-
genannter nur siebenmal siebenmal so viel andere stäub-
chen eben daher {aus Lut/ters bibelübersetzung) entgegen
zu setzen haben dürfte, um mich nicht zum lügner zu
machen Lessino lo, 217 {AntiQoeze).
8) enfsprecJiend staub 11,6:
auf dem stäubchen erde
preiset dich, auch er dein kind, der mensch I
Stolberg 2, 364 (ichwanengetang).
4) mit einem noch tceiter verkleinem€len adjeetiv: holz-
reste . . , an welchen sich in zarten stäubchen . . . kupfer,
gold und kiesanflug angesetzt haben Ritter erdkunde
8, 835; schatten eines kiiaben,
von dessen knochen nicht das kleinste stäubchen ]
mehr übrig ist. Hebbel 6, M (Demetriu* 1); |
die ehre ist mein äuge, k
das kleinste stäubchen das hineindringt, \
macht mich blind undf wild vor schmerz.
Grabbe 2, 28 {don Juan und Fautt 1, 1);
das gewissen ist wie das äuge, das kleinste stäubchen,
das hineinfliegt, schmerzt und brennt wie eine grosse
wunde Riehl geschiehten u. novelleii 1,819 {gräfin Ursula).
5) als biUUic?>er atisdruek einer verstärkten Verneinung
kein stäubchen, nicht dets geringste : darf auch nicht ein
stäubchen zwischen ihnen sein von verschweigen Immer-
MANN Münch}iau.<ien i.Si;
kein stäubchen trflbt der Wahrheit Hohl.
TiBCK Oelavkm 448.
STÄUBCHENBLANK, a^j. so blank, dan kein »tdubchen
tu »e/ten ist. vgl. stäubchen i : das gemach, das st&ubohen-
blank war Anzknoruurr 4, iss {dorfgänge >).
STAUBDAMPF, m. eine heute nicht mehr gebräuchlich»
t%uammeH»etaung : staabdampf, fumo, ealigine, Muvola di
polvere, pUverio Krämer dict 3(i703), Die*; er kömmt . ..
in einem nassen slaubdampf hervor Gleim britfireehtd
8,408.
STAUBDKCKE, /. wie eine deeh» fdagerter staub; vgL
ohmt staabbedeokt : auf einem am fenster stehenden steh-
1097
STAUBDICHT — STAUBEN
STAUBEN
1098
pult . . . lagen zwar ein paar dicke bücher umher , aber
sie hatten jeden morgen eine dünne staubdecke Fontane
naehl. 24.
STAUBDICHT, adj. ao dicht verschlossen, dasz selbststaub
nicht eindringen kann: staubdichte museumsschränke.
STAUBDÜNE, /. in der spräche der Zoologie bezeichnung
von eigenthümlichen flaumfedem. z. b. der reiher. deren
schaß beständig nachtcächst, während nur die obersten
spitzen abgesioszen werden Ziegler zool. wb. (1909) -190.
STÄUBE,/, l) in der bedeiitung von staubmehl (s.unten)
steube, farina volatilis, amylutn Stieler 2124. vgl. auch
unten stiebe, /.
2) stelle, wo ein icaaser im stürz zu staub zerstiebt, Wasser-
fall, Stromschnelle; ein xcort, das xcie oben staub^ süd-
deutscher landschaftsschilderung angehört:
da braust der wilde Schächen
hervor aus seiner schluckt
und fels und tanne brechen
von seiner Jähen flucht.
er hat den steg begraben,
der ob der stäube hieng.
ÜHLAND ged. 394 {TdU tod).
nach ScHM.- 2, 719 ist der Steuben name verschiedener
bäche und Wasserfälle im gebirge, wo der geschlechtstcandel
wol unter dem einflusz von (staub)bach, m. oder Wasser-
fall, m. zu stände gekommen ist.
3) stäube in blumenstäube ähnlich der unten auf-
geführten staubspritze eine spritze, icelche xcasser über topf-
geicächse fein vertlteilt.
4) die in Basler Urkunden vorkommenden Chänradus
dictus Stöbe 1277 und Heinricus dictus Stoube in Magton
1299 (SociN 167^) führen icol den namen entweder »pottweise,
loeil sie etwa betrügerisch staubmehl (s. stäube l) als gutes
mehl verkaufen, oder tceil sie an einer stäube (s. 2) wohnen,
über den mangelnden umlaut vgl. das unten folgende
stauben, verb.
STAUBECKEN, n. mittels dammbau künstlich angelegtes
becken, welches dazu dient, grosze u^assermassen aufzu-
stauen, um z. b. so die wassei-versorgung des flachen landes
zu regeln, in weiterer Zusammensetzung staube cken-
anlage,/. : die staubeckenanlagen des Harzes.
STAUBELXATMEN, n., stibst. inf. (gesundheitsschädliches)
einatmen von staub: die mit dem müU beschäftigten
arbeiter müssen vor dem staubeinatmen geschützt sein
sanitätswesen despreusz. Staates während der jähre 1898 — 1900
8. 3d0.
STAUBEIN ATMUNG,/, {vgl. das vorige) : die durch staub-
einathmung entstehenden gewerbekrankheiten und deren
Verhütung deutsche vierteljahrsschriß für öffentl. gesund-
heitspfUge 33, suppl. s. 20. vgl. Sanders handbuch der
öffentl. gesundheitspflege^ (l885) 105.
STAUBEINLAGERUNG, /. einlagerung von staub in die
atmungsorgane des menscJien Sanders handbttd^der öffentl.
gesundheitspflege (1885) 106.
STAUBEINWIRKÜNG. /: schwere belästigung verur-
sachte eine hanfspinnerei durch staubeinwirkung auf die
benachbarten Wohnungen das gesundheitswesen despreusz.
Staates (1903) 384.
STAUBEINWURF, m. nichtiger, belangloser einururf,
vgl. staub 11,7: Harduins hypothese ist gold gegen diese
«taubeinwtirfe Herder lO, 140 Suphan {briefe, das Studium
der theologie betr. 1, 12).
STAUBEN, verb. eine rückangleichung von stäuben, verb.
an den lautstand von staub, stibst. braucht nicht mit not-
wendigkeit angenommen zu werden; ebenso wahrscheinlich
läszt sich angesichts der ganzen bedeutungsgrtippe unter l
die annähme einer zustandsbildung viachen; vgl. noch mhd.
stouben {ahd. stoupan). das im übrigen nach oberdetitschem
lautgesefz den umlaut meidende obd. stauben kann ebenso-
-ol stauben une stäuben sein, e» Jtat wol zu seinem theile
■ it dazu beigetragen, dasz die bedeutungsgrenzen zwischen
' iden Wörtern stark schtcanken {s. unter 2). nach Adelung
rird mit unserm wort haben verlninden. vgl. im übrigen
auch unten unter stäuben, verb.
i) als staub unrbelnd umherfliegen:
a) es staubt in der mühle Adelung; vgl. Frisch
'22"; er galoppirte, dasz es staubte Adelung; tanzen,
nnen, dasz es staubt vgl. Schm.^ 2, 719; hierauf Vorbei-
marsch, es staubte aber so fürchterlich, dasz man fast
Cr.
nichts . . . sah Moltke 6, 84. als scherzhafte bildliche er-
ioeiterungen dieser tcendung sind aufzufassen: essen,
trinken, beten, lügen, dasz es staubt (däss's stäbt oder
d&ss's allen stäbt), d. h. ganz ungeheuerlich, vgl. Schm.-
2, 719, xcie etxca ein tüchtiger kämpe sich axtf dem kampf-
platz tummelt oder ein xcettläxifei- die bahn nimmt, dasz
es staubt;
er liugt, däsz 's stäbt,
und wer eam gläbt,
der kriagt a längs näsel.
Hartmann Abel volktfchaxupiele 152.94
(aus PalUng m Chiemgaxi).
b) der blamenstaub staubt:
freude fliegt in meiner taube
zu dem tauber hin aufs dach;
staubt in meinem blumenstäube,
rinnt in meinem Emmabach. Gleim 7, 179.
c) das Wasser staubt, fliegt zerstiebend umher, ent-
sprechend staub n, 1, d-. sp. 1077 :
der mühlbach saust,
das mühlrad braust,
die sonne scheinet, das wasser staubt.
Brentano 1, 497.
2) in die bedexitung von stäuben, verb. mehr oder xceniger
übergehend :
a) staub von sich geben, etwa wie die strasze stäubt
tt. s. w. : die männliche oder die staubende blume {der
kiefer) sitzet auf den spitzen der zweige in eirunden
böscheln Eeppe jagdlust 3, 388. r^^ staub II, 1, e, sp. 1077:
durch das umwölkte, staubende tosen
drängender krieger hört* ich die götter
fürchterlich rufen.
GöTHE 1, 15, 1, 185 Weim. axug. (Fatut 2, 3).
scherzhaß tcird in Wien und seiner Umgebung von einem
starken tabaksraucher gesagt: der staubt den ganzen tag oder
der staubt wie ein misthaufen R. Much in der zeitschr.
f. d. Wortforschung 2, 286. vgl. auch oben staub I, 2, sp. 1070.
b) stäubend strexten:
die amme, die ihn (den knaben) am busen hatt',
mit dem fusz nicht die erde betrat,
nnter den fnsz war ihr moschus gestaubt.
RÜCKERT FirdoH 1, 104.
c) den staub auskU^fen. fortblasen u.s.w. (vgl. stäuben 5):
item notandum dag . . . dye rauchen dekh im sumer auss-
gelaugen und alle monett ains geslagen und gestaubt
werden durch den hoffkursner, damit die schaben nicht
darin kömen Zingerle mittelalterl. inventarien 165 anm.
(schlosz Buon Consiglio in Trient, ende des 15. jahrh.). bild-
lich mit Worten an einem stauben, ihm tüchtig zusetzen,
wie man etwa mit staubtxich ufid feder wisch einen gegen-
ständ in reinigende behandlung nimmt, von Lucrecia:
mein freunde mir der wort ^elaobten,
mit Worten alle an mir staubten,
das ich mir selb nichts arges thet.
H. Sachs 23, 28, 19 Keller-Götze.
d) mundartlieh einen stäuben, ihn fliehen machen.
ScHM.* 2, 719, entsprechend stäuben 8, verb. vgl. auch ahd.
stoupan, turbare Graff 6, 617.
e) sich stauben, xcenn die hühner sich im sand und
lockeren erdreich baden Kehrein 281, vgl. axich unteti
stäuben 1, c.
3) stauben, trinken. Schu.* 2, 719. hat sich wol als eine
art von verknöcherung aus den oben unter i,a angeführten
scherzhaften ericeiterttngexi ergeben, zugleich in Verbindung
mit dem anderen vorstellxtngskreis: den staub hinunter-
schwemmen, seinen durst löschen (vgl. oben staub II, 3, e,
sp. 1081). als xceitere möglichkeit soll eine Übertragung des
der Jägersprache ungehörigen at*sdrucks die hühner stäuben
(sich) (vgl. 2,e utid stäuben l,c), nehmen ein bad. tcomit sich
dann leicht überhaupt die vorstellxing des sich gütlich thuns
verbindet {man denke nur an die freuden mittelalterlichen
badelebens), durcliaus erxcogen tcerden. J. Grimm hat unter
bestäuben (xcelches als 'sich gründlich stäuben' auch in
den eben t<//i»«>*enen gedankenkreis einginge) theil l, sp. 1658
den Zusammenhang mit (sich) benebeln erwogen.
eins nahtes het er (der mann) wol gestaubt
d6 slo; die frauwe leise üf die tfir
und gie zu irm ameise hin fSr. renner 12849;
so werdent aller laute haubet
von neuwem mosten mer betäubet,
swenne der trinker wol gestanbet,
denn von reinem vimem wein«. 17273.
Cr.
1099
STAUBEN
STAUBEN
1100
STÄUBEN, verb. als factitiv mittels i&nstiffixes gebildet
zu dem starken verbum stieben {s. u.) mit benutzung des
praet. sing. ahd. stoup. {iceniger wahrscheinlich zu dem
subst. staub %cie etxoa rauchen , verb. theil 8, sp. 245 zu
rauch, m.), mhd. stöuben; dagegen ohne umlaut stouben,
das sich zu nhd. stauben (s. o.) stellt, z-tceifelhaft bleibt
in seiner Zugehörigkeit ahd. stouban, stoupan. vgl. noch
nd. stoven. im übrigen haben sich stieben und stäuben
vielfach ihr hausrecht streitig gemacht, vgl. nur beide
synonym gebraucht : in Teutschland , in den Alpen , bei
den Savoiern und in Piemont stiebe und stäube alles
voll unholden Fischart JBodtn (1591) 267 ; wie denn auch
stieben gleichsam zum ersatz für stäuben ein schicach
ßectierendes praet. stiebte mit transitiver function gebildet
hat. vgl. andererseits unten 7, sotvie die oben gegenüber
stauben, verb. gethanen übergriffe (s. stauben 2).
l) den staub empor tcirbeln, dasz er wolkicht fliegt, pul
verem movere Schottel 1421, Frisch 2, 322».
a) beim gehen, schleifen, laufen, fahren:
a) stäube nicht so! Adelung;
der pabst und kaiser und clerisey!
haben lange mäntel und lange schwänz, . . .
trottiren und stäuben zu hellen scharen.
.. ,., , , GöTHE 13, 3 {puppensp. prolog).
die füsze stäuben:
liebliche ruh, stäubt endlich der fusz in des weges
krümme nicht mehr. Klopstock öden 2, 33, 9.
staub aufwirbelnd fahren u. s. w.: er rennt nach, der
waigen schieszet voraus und im freien sieht er ihn schon
hinter seinem schlosze stäuben J. Paul l, i« {unsichtb.
löge 1);
setze dich hier, und lausche nun nicht dem stäubenden rade,
noch dem schnaubenden rosz Stolberg 1,377 (träum);
hierher auch:
80 bricht aus jenem stäubenden gewimmel (des kampfes)
der schmucke Fortunatus manches mal : . . .
bald taucht er auf, bald wieder taucht er unter.
Umland ged. 437 {Fortunat 1).
ß) stäubende fahrt, flucht:
siehe, da rudelten dort sich die hirsche zusammen, und stürzten
laut die stäubende flucht hinab durchs oiTene bfachfeld.
Bürger 246»;
er, Roin der held und Ferschideward
ritten dahin die stäubende fahrt.
RÜCKERT Firdosi 2, 147.
/) begrifflich stärker zusammengeschlossen mit dem localen
Hahn, weg u. s. u>. :
denn wer träte mit euch
in die stäubende bahn, wo es am ziele grünt,
s&umt euch das nicht im lauf?
Klopstock öden 2, 34, 7;
wo vom staub und blut der wafTen
stets die wilde rennbahn stäubet.
Arndt 5, 38 {Rögch-Meitner) ;
das ist Italien, das ich verhesz. noch stäuben die wage.
. . ,. ... . GöTHE 1, 349;
dem geistigen blicke '
erscheinen die fahnen,
erscheinen die beere,
das stäubende feld. 8, 48 (Rinaldo).
ganz allgemein:
das rosz schnaubt dampf und rauch, es stäubt und kracht die
erde. J. E. Schlegel 4, 53.
9) mit grötzerer Unbestimmtheit es stäubt, der staub
wird (in wölken) aufyetoirbdt:
ich seh' es stäuben
von fern, und einen in dem staube kommen,
ich kenn' ihn nicht
Klopstock 9, 77 {Halomo 8, 5) ;
und wer bin ich denn, gegen ihn,
wenn laut die Kchlacht ertSnt, und es nun gen himmel stäubt !
40,22 {David 1,«);
und laset uns s«hn, dort stäubt's im sand,
dort zieht «in wttthig beer zu land.
GöTHK 18, 58 {neuette* von Plunder $wcüer).
es flUlabt in der ferne stark, heftig; doch Wendungen wie
er reitet fort, dasz es st&ubt Kramkr dict. 2 (1702), iiie''; es
•täabt heute sehr u. ä. ordnen »ich vielmehr zu unten 7, «,
neeifelhaß bleibt: es stäubt draussen, egli fä polvere fuori
Kramer diet. a (i7os), gie**.
b) veniger die blone bewegung und erregung aU die ent-
tUkung tdbtt »eKtint begrifflieh unaerm toort m,nge»ehLo»»en
J« tob ▼•nchsMchtet« schier In der sttabenden dürrs de»
sonBMn. Voss t, MO (der bmouberU tenfO).
e) im 4»r jägertpraeh* ttAabt daaftderwUd. u-mn et »ich
m eiauit oder »aitde badet v. ThOnüKN nnidm prnrt. 8iO:
Cr.
am morgen gehen sie {die rebhühner) auf die weide,
stäuben, wenn die trockenheit des bodens es gestattet,
und bleiben dann den tag über fest liegen 200.
d) in der spräche der botanik stäuben die blumen und
Hüten den männlichen samenstaub {vgl. oben staub II, 1, l, e
[sp. 1077], Staubblüte u. s. w.). das körn stäubt in jenem
tcundersamen aiigenblick, wo, wie auf ein zeichen, der
männlicfie samenstaub des getreides in einer wölke sich
über dem ährenfelde erhebt und bald zur befruchtung wieder
niedersinkt; nach kurzer zeit ist das Schauspiel schon zu
ende: und unten auf besonnter flur
seh ich des komes wellen treiben,
in blauen Wölkchen drüber stäuben —
ein keusch geheimnisz der natur.
Storm 8, 248 (an/ dem Segeberg);
{die Staubpilze) bilden in der blatt- und rindensubstanz
kleine . . . gefärbte gruppen, die oft stäuben, wenn man
sie anstöszt Ratzeburg standortgewächse (i859) 73, wo der
begriff in 'zerstäuben' schon übergeht, die blumen stäuben
duft in dichterischer spräche; verborgen liegt dieser gebrauch
in der folgenden stelle bei Rückert 3, 182:
und durch den saal hin zog sie die betäubte,
bis zu dem orte, wo verdeckt lag Flor
in seiner wiege, die von duften stäubte.
e) perrücken stäuben, geben puderstaub von sich, als
begleiterscheinung einer bei uns nun vergangenen mode des
18. jahrh. {vgl. auch die belege unter staub II, 1. 1, '/. *P- 1077) :
von heiszen stimen nicken
und stäuben die perrucken
wie wölke birgt den blitz.
Keller 10, 15 {Panard n. Galet).
f) bei einem kranken thiere, z. b. einem, hunde stäubt
das feil, hat glanzloses aussehen und giebt beim berühren
staub von sich: räudige schaafe lassen die wolle gerne
gehen: und wenn der fuchs kranck wird, so stäubet ihm
der balg A. Gryphius (1698) 1,805 {Horribilicribrifax).
2) im Übergang sclwn zu dem begriff 'zerstmiben' vom
stark herabfallenden wasser {vgl. entspr. staub' II, 1, l, ä;
sp. 1077 und staub-, Wasserfall, weiterhin staubbach u.s.w.).
Schönaich {ganze ästhetik in einer nusz) gieszt noch seine7i
spott über diesen gebrauch: nach der lehre der herren
neologisten thut nun der bach das, was man sonst vom
sande sagte , jener stäubet und dieser spritzet : wenn
also mein kleid voll staub ist, so ist es bespritzet, ...
wenn ich aber ins wasser gefallen bin , so bin ich be-
stäubt, doch ohne guten grund.
a) der bach, die flut u. s. w. stäubt :
so schwebet der bogen
gottes über der stäubenden fluth des stürzenden Stromes I
Stolberc, 1, U.\\
vgl. : sie (die «onne) mahlet mit färben des himmlischen bogens
die schwebenden wölken der stäubenden fluth. 1, 106.
strömt von der hohen
steilen felswand
der reine strahl,
dann stäubt er lieblich
in wolkenwellen
zum glatten fels.
GÖTHB 8, 68 (gesang der geister über de» '
wOMern) ;
euch, kleine wellen, seh' ich stäuben
den reis hinab im ra.schen lauf. Pi.atrn 10»>;
{ström,) der von der hfihe herunter in allen färben des
regenbogcns stäubend und wirbelnd in die tiefe schoss
Klinoer 10,126 {Sahir 3, 6). im vergleich:
die jähre fliehen hin, so wie ein stäubender b.ii-h.
Zachariä t, SM.
im bilde: du, meines hymnus feuerslrom!
er stäub' und donnr' im thale.
Sciiuhart ged. 2, 277.
b) deutlicii in dem begriff 'teistiiuben' auf geltend: hoohauf
bäumen sich die wilden wasser und schauen gierig über
den deich in's gesegnete land, weit hinein ihren äthuben*
den schäum schleudernd Allmkhs nuirechtt^. 84; mä
gleicher Wirkung er.scheint das passiv:
den fallenden stürz gnst&ubli -
wasser. RC( kbht 12, 47.
hierner auch der regen stäubt, ßillt unu ,ir.-,r,i jfinherah
{vgl. unteH Staubregen): unbewegt stand die elegante
sobwarz befrackte gestalt des bräutigaiuK um feustcr und
sah in den stäubenden regen hinaus Mahliii' ticeitt
frau 87. »ub»t»ntivi*eh mit weiterer btetimmuny . der regen
Cr.
1101
STAUBEN
STAUBEN
1102
I
verwandelte sieh in ein dünnes stäuben Ganghofer
mann im Salz {gartenlaiibe 1905 s. SSS*").
c) ertceitertingen dieses gebrauches.
a) das stäubende rennen eines baches u. s. w. .-
der alte hat den ste? erreicht,
den durch des wirbeis stäubend rennen
er eben, eben mag erkennen.
V. Droste-Hülshoff 2, 31 {hoipiz auf dem
gr. S. Bernhard).
ß) des baches stäubender nebel: bis er {der sttirzbach),
aufgefangen von einer vorstehenden felsplatte, ... mit
stäubendem nebel die tiefe anfüllt, und die grüne matte
weit umher bethauet Stolberg 6, 180. stäubendes silber:
so entsenket die erscheinnng des Thuiskon, wie silber stäubt
von fallendem gewässer, sich dem himmel, und kommt zu
euch. Klopstock öden 1, 171, 5.
vgl. die hezugnahme auf diese stelle bei Herder 5, 353
{Suphan).
■/) als letzter grad solcher ertceiterung brücke, welche
stäabt, welche ganz von feinem icasserstaub umsprüht wird,
vgl. auch die hierauf zielende anschauung des begriffes in
dem beleg unter 2, c, a-.
sendet der berg nicht seine windeswehen
auf euch herab von dem beeiszten loch,
V so kommt ihr auf die brücke, welcne stäubet.
Schiller 14, 423 (Teü 5, 2).
3) mit ausgesprochenem object: dann der lufft die äschen
hin und wider stäubt Stumpf Schicytzerchron. (1606) 153*;
der Stab wird
mir nicht allein von dem staube, den der weg stäubt,
wird dem wanderer auch von asche
näherer todter bewölkt. Klopstock öden 2, 26, 2;
vgl. : (er) stäubte den staub von unsem hallen
zur sonn' auf, und liesz sie in schutt zerfallen.
RCcKERT FirdoH 1, 43 ;
rfo» denn auch leicht an eine tautologische Verstärkung
grenzt :
sie (die beiden jungen hdden) stäuben nun auf des kaisers bahn
den staub des kampfes himmelan. 3, 308.
vgl. als sich mehr an 2 anschlieszend : ist er (der Sperling)
unglücklich , wenn das pustrohr des tölpischen knaben
auf ihn zielt, und im nächsten moment rollt er, ein
blut stäubendes federklümpchen, das dach herab? Alexis
Isegrimm 267.
4) stäuben mit uxiterer richtungaangabe in der bedeutung
'stäubend streuen', zumeist mit object: und nam das kalb,
das sie gemacht hatten, und verbrands mit fewr, und
zumalmets zu pulver, und steubts auffs wasser 2 Mos.
32, 20; im Winter aber stahl ich nieszwurtz und stäubte
sie an den ort, da man die knaben zu castigiren pflegt
Simpl. 1, 625, 5 Keller; ein wenig pfefTer auf die speise
stäuben Adelung; er kam an die Donau, setzte sich
ans ufer nieder, scharrte den sand mit seinem stock auf,
und stäubte ihn ins wasser Miller Siegicart 2,315. im
geistigen bilde: so sind unser äugen vil zu dun^kel, nach
dem der teufel sein mord und blindheit drein gesteubet
Mathesius Sarej)to (1571) 199^. passivisch gewendet : secht
da, der ist genug gestäubt, als kam er vom eschermittwoch
Garg. 403 neudr. hierher 'gestäubte tapcten, auf welche
$ehr feine wolle oder seide gestäubet wird' Adelung und
G. Frf.ytags versuch, den begriff 'mehV hinter der alter-
thümlich erfundenen kenning gestäubte gäbe zu verbergen :
was bedeutet die gestäubte gäbe, soll sie zu einem opfer-
kochen für die götter, weil die bände freier Jungfrauen
den stein gedreht haben? 8,80 (ahnen i,i,b).
5) durch abstäuben, ausstäuben reinigen u. s. w., doch
haben die ztisammensetzungen jetzt durchaus die Tterrschaft ;
mit innerem object: sy bekleydens mit purpur und stöubend
denn den staub ... ab jren antliten Zürcher bibel (i53l) S*»;
wenn schaaren vorausgesprengter kuriere unsere nieder-
fahrt melden, dasz sich die satane festtäglich heraus-
pozen, sich den tausendjährigen rusz aus den wimpern
st&oben Schiller 2,44 (rauher 1,2 schau.^jj.); der leib-
hasar . . . stäubte mit dem schnupftuch den puder vom
kleid Hebel 2, 2«, 32 Behaghel; oft habe er sich durch
ohrfeijren den puder aus den goldblonden haaren gestäubt
Uhlands leben 5. verbunden mit andersartigem begriff:
erst wenn die orgel schwieg, klappte auch er sein ge-
gesangbuch zu, stäubte sich mit seiner ausgespreizten
band die andacht aus den rockaufschlägen Storm 3, 190
(zwei kt(chenesser), eine psychologisch fein beobachtete geate
Cr.
von lettten, die sich einem eindruck u. ä. nicht lange hin-
geben wollen. — mit äuszerem object .- das zimmer stäuben,
es von staub reinigen Adelung; in der landwirtschaft
das getreide stäuben, es durch schxcingen vom. staube
reinigen ebenda; hierher auch die betten stäuben, die
federn m,it einem, federicisch in bexcegung bringen, so dasz
die guten daunen emporfliegen, die schlechten aber liegen
bleiben ebenda, mit scherzhaftem beisinn, einem die falten
(des tcammses) stäuben, eigentlich 'ihn gehörig durchprügeln' ,
dann überhaupt 'ihm einen ordentlichen denkzettel geben':
thn frolich zusamen halten,
du frommer adel gut
und steubt in recht die falten.
Volkslied auf Albert v. Eotenberg (1545)
bei LiLiENCRON 4, 258.
(einem) den beutel stäuben, 'ihn gründlich ausleeren':
der zehn iahr ein müller war, diesem, das den beutel steubt
der, der jhm die müble liesz, scheint gar billich und erleubt.
LoGAU 2, 9, 37 {ein müller).
6) in anlehnung an das vorige mit beziehung auf die
elektrische eigenschaft des katzenhaares : sie (die kräuter-
frau) hatte den grauen hauskater auf dem schosz und
stäubte ihm sanft die funken aus dem pelz Storm 3, 21
(Hirizelmeier).
7) an stelle von stieben (starkes verb.), zu dem unser
wort mit neuer function doch überhaupt erst gebildet ist
(dabei hat gewisz dießexion ich stiebe, du steubst u. s. w.,
icelche im, älteren nhd. gentig vorkommt [s. unten stieben],
noch das ihre gethan, um hier die grenzen zu vericischen) :
a) stäuben, icie staub umherfliegen, umherwirbeln u. s. w.
a) in eigentlicher bedeutung: nemet ewre feuste vol
rusz aus dem ofen, und Mose sprenge jn gen himel für
Pharao, das über gantz Egyptenland steube, und böse
schwartze blättern aufffaren 2 Mos. 9, 9; darzu stäubt
eim der sand in hals, das verursacht ein unseglichen durst
Garg. 332 neudr.; das mehl steubt durch den beutel,
pollen per crihrum excussorium, ejecfatur Stieler 2124;
es hat in die stube gesteubet, pulvis in hypocausto eon-
aidet. ebetida;
ein geriesel, wie wenn sand auf estrich stäubt durch schmale
rillen,
v. Droste-Hülshoff 2, 12 (gpiritus famäiarit des
rosztätigchers) ;
er (gott) ist kein sand, der glitzernd stäubt.
1, 60 {die gtadt und der dorn).
stäubender sand zum. löschen der tinte:
{der Amor stand) das haupt gewendet vom stäubenden sand,
und spiegelte sich in der tinte 1, 188 {sommertagstraumi ;
Schutt und moder stäubte durch die luft Treitschke
2,281; ich . . . blickte unverwandt dem wägeichen nach,
wie es durch den stäubenden sand zog Storm 9,62; (er)
gosz das wasser in die herdflamme . . . eine weile blieb er
stehen, bis die stäubende asche sich verflogen hatte 13,100;
die weit werd ebstes das, was in der sonne stäubt.
LoGAU 1, 45, 77;
krachend
hallte das kreuz ! herauf von der wurzel stäubte die erde.
Klopstock 5,54 {itessiat 11, 780);
Wirbelwind und trocknen koth
lasz sie drehn und stäuben.
Göthe 1,6,106 Weim. ausg. [westögü. divan);
der schreiner baut die wiege aus brettem fest und stark,
vom selben stück gezimmert stand nebenoei ein sarg;
die Späne stäubten sprühend and säg' und haimmer klang.
A. Grüx der letzte ritier*' 14.
federn und flocken stäuben:
bald er {der habicM) dieselb (die taube) pOegt anzuschawen,
gebraucht er seine scharffe klawen,
zerreist dem thierlein das geflder,
so von dem wind stäubt hin und wider Spreng Aenei» 286> ;
dort stäubt vom bäum
der flocken pflaum
wie leichter blütenregen.
Salis ged. (1793) 56;
man sah die («cÄne«)flocken stäuben und wirbeln, von
der flamme des herdes beleuchtet C.F.Meyer nov. 2,93
(]u>ehz. des mönehs);
vielleicht schon stäubet der schnee vom hnf
der schnellen boten, welche 'verworfen sei
vom Volke der von gott verworfne',
melden dem anfgang und niedergange.
Stolbbrg 2, 289 Napoleon (15. jan. 1814).
funken si&uben für geicöhnlicheres funken stieben (*. funke l
theil 4, 1,595/. und unten stieben, verb.):
Cr.
1103
STÄUBEN
STAUBENTWICKLUNG — STÄUBER 1104
schiebt das reisie der flamme ein,
puh, wie die fnnken knistern und stäuben I
A. V. Droste-HOlshokf 1, 389.
{J/üdlich :) es stÄuben da noch immer funken von kunst-
anlagen Schubart ^Jen 2, 22. das laub stäubt:
das laub von dem gezweige stäubt,
wie sich der zug vorüber treibt.
A. V. Droste-Hüi.shoff 2, 285 (fchlac.ht im
Lohner Brtich 1).
(blumen)duft stäubt (vgl. oben l,d): der stäubende duft
eurer balsamstaude — meldete mir die milde, die von
euch thaute RCckert 11, 809 (makame 12).
/ff) bildlich, in anleknung an das vorige): sie (die stii-
deuten) studieren und zulesen sich immer, dasz jhnen
das lateinische zum halse raus stäubt, wie schimlich
brodt ScHOCH studentenleben D6''; dasz dir so schäbige
redensarten aus dem munde stäuben dürfen? Tieck 3, 253;
ich wundre mich nur . . . über alle die gelehrten anspie-
lungen , die euch so vom munde stäuben , wie federn
vom kissen, wenn das bett gemacht wird Immf.rmann
Münchlumsen l, 83.
b) zerstieben, zu staub zerfallen und in nichts verfliegen
(vgl. auch unten zerstäuben, verb.) von dem akte der ver-
tcesung (vgl. auch staub 5, a und b, sp. iOSbff.):
jetzt erwachte sein stäubend gebein.
Klopstock 5, 78 (Mettiat 11, 1081);
nicht in der (9raöe»)kammer, wo die toten stäuben.
Hebbel i, 52, 749 (Siegfrieds tod 1,1);
auch: erde mag zurück in erde stäuben,
fliegt der geist doch aus dem morschen hausz !
ScHii-LER 1, 183 (degie auf Weckfierlin).
verdeutlichend dafür hinstäuben:
wil sie mir nicht löschen meinen brand^
so werd ich lauter asch und steub hin m den sand.
Reinhold reime dich (1673) 87.
von dem erduntergang :
ruhend
hoch auf Tabor, hält er den tieferzitterten erdkreis,
dasz der staub nicht vor ihm in das unermeszliche stäube.
Klopstock 8, 260 (Messias 5, 32.')),
zu der besonderen vertcendung von staub als bezeichnung
des erdballs vgl. staub II, 6, sp. 1090;
wollt' er; 80 stäubte die erde ins chaos.
Schub ART ged. 2, 303.
der begriff weiter verdetitlicht :
Tristan, umschmeichelt und umtäubt,
entsetzt, beglückt, meint, dasz ihm stäubt
die weit, all ding, das bei einander,
in bunte funken aus einander.
Immermann 13, 273 (Tristan u. Isolde II).
ganz im bilde : sie transit gloria mundi — also gehet,
fleugt und steubet alle pracht und ehr der weit dahin
Kirchhof loendunm. 875''.
c) von dem hervorioachsen der weichen milchhaare (vgl.
auch oben staub II, i, l. sp. 1077 und unten staubfeder,
staubhaar): ich war damals in der basten blüt meiner
Jugend, und sähe man blöszlich die schwartze milchhaar
über den leffzen heraus stäuben Simpl. l, 4, 5, 869.
d) zuletzt a%tch von menschen U7xd thieren, toelche eilig
dahinlaufen und dabei den .9taub aufwirbeln: zogen damit
er und Prelingant . . . dahin, steubeten und spüreten un-
erschrocken alle tritt and spuren auss , das wild wer
inns holtz oder herauss gangen Gargantua 361 netidr.,
wo stenben unwahrscheinlieher synonym mit (au8)spUren
gebraucht ist. vgl. ebenda: ain haselhun das da fleugt,
ain rech das da stcubt 74. man darf also nicht ver-
kennen, wie diese gebrauchsioeise sich oben unter 1 neue
kraft geholt hat;
hier kam der riesige Karen geat&ubt.
ROCKBRT Firdoti 1, 868.
der ausgang von 1,1 wird noch deutlicher, loenn stenben
im pari, praes. mit einem andern icort der hewegung ver-
/ntnden wird; släabend laufen, reiten u.s. w.: der hohen-
(lieizische Infant jagte aus Italien . . . stäubend und
keuchend nach Deatachland surUok J.PAVi.^l,i9 (Titan \);
bab' ihn attvbtnd reiten lebn.
BOroir 891* (Macbeth 1,6);
drauf Mh gott bin im grfloo feld,
da reft' eich itlnbend gross« schaar
von wann und Ibier und was die weit
nun krieohan oder fehn gebar.
Hbrpbr 6, TS SuphaiK (,$ekti^mg$Uea);
Cr.
es schwillt und wirbelt in der Inft,
und nun wie bienenschwarm gescheucht
es stäubend auseinander fleucht.
A. V. Drostk-HClshofk 2, 279 (scldactU im
Lohner Bruch 1).
mit richtttngsbestimmendem adverb verbunden:
ein heller ruf vereint der rüden beer,
es stäubt herbei in freundlichem gewimmel.
V. Droste-Hülshoff 218 (Walther 3);
und rastlos stäuben die gedanken heim
nach ihrem ziel, sich kreuzend wie der schnee.
Röckert ged. (1841) 259 ;
(euch jagen,) dasz ihr heulend mir davon stäubt.
Kbller 10, 234 (apotheker von Ch. 2, 13) ;
als dieses endlich auseinander stäubte, lagen Wilhelm
und Joseph . . . sterbend bei einander am boden Fouque
gefühle,bilderi{i8i9),i38; plötzlich verstummt die musik,
der kreis stäubt auseinander v. Droste-HOlshoff 2, 375
(bilder aus Westphalen).
8) einen stäuben, ihn in eilige flucht jagen, gewisz ein
vortreffliches ewxgelien in den factitiven sinn, das aber
ohne die enttoicklung unter 7, d kaum zu stände gekommen
wäre; auch der einflusz der bedeutung von stöbern, verb.
bez. steubern, verb., wird nicht gering anzuschlagen sein:
unnd das gevögel viel auff das fleisch, aber Abram
stöubet sy davon Zürcher bibel (1531) iS*» (l Mos. 15, 11,
wo Luther hat: scheuchte sie davon); unter disen sachen
fielen die Teutschen in das römisch kriegsvolk, erlegten's,
schluegen's, stöberten's und stäubten's wider ausz
Teutschland über den Rein in das römisch reich Aven
TIN US bair. chron. 1, 768, 16;
das stürmende wetter
stäubt ihn (den feind) schnell vom geschützten ins feld.
Klopstock 2, 61 (Hermann avs Walhalla).
eine menge auseinander stäuben, nach allen seiten in die
flucht jagen: bis Sulla . . . die ihm entgegenstehenden
reiterhaufen auseinander stäubte Mommsen röm. gesch.
2, 153.
9) auf einen stäuben, auf ihn jagd machen: hund, die
dem fuchsen die hennen nit Hessen zu lieb werden,
sonder steubten so offt drob, bis er zuletzt den tod an
den hennen frasz . . . und von den hunden zerrissen ward
S. Fkanck sprichw. 2 (1541), 29''. t^'^ auch mit blcszem
accusativ im niederdeutschen: Augustinus schuldiget sik
vor gode, dat he underwylen ghcrne dar na sach, wo
de spennen de vleghen venghen, unde wen he gink ouer
wech , dat he dar na sach, wo de hunde den hasen
stoueden serm. evang. 139* ftei Schiller-Lüuben 4,422''.
10) mit einem steuben, mit ihm ax4f dem kampfplatz
sich messen (so dasz dei- staub umher. stiebt): Israhel ist ein
hcbreisch wort, damit der grosse engel gottes. so mit Jacob
dem ertzvatter am bach Jabok ränge oder steubete, ihn
nach dem eroberten sieg nante Mathesius tw.psalm Vi*.
STAUBENTWICKLUNG, /., einer .schon ziemlich ab-
stracten spraclie angehörig; so in einem hetitigen stra-
tegischen bericht: am horizonte zeigte sich eine bedeutende
Staubentwicklung, ico früher lebendiger von einer staub-,
wölke u. dergl. gesprocJien ipurde. als geographischer ter»
minus: dass in Grönland ... an stellen, welche im winter
von eis bedeckt werden, während des sommers neben
einer verhältnismäszig reichen Vegetation eine bedeutende
Staubentwicklung stattfindet Nehiuno tu ndren u. steppen
(1890) 48. die nettere gesundheitslehre kennt die staubeat*
Wicklung in fabriken Dammeh handwb. (i89i) 762'»; di«'
mit Staubentwicklung arbeitenden borufsarten.
STÄUBER, m. einer, der stäubt, tu stäuben, verb. («. oftanjf
gebildet.
l) eine peraon, die geicerbsmäszig die betten stäubt, d. K^
von ataub reinigt (vgl. stäuben 6) oder mit (neuen) federn
ausstopft Adei.UNO. vgl. auch Wkioand* 8,808.
8) ein flederwisch, Staubwedel (a. u.), tceleher tum «^
stäuben des hausgeräts u. a. ir. dient, die beteichnung itt
nach Adelun«! auf Niedrraachsen Itctchränkt.
8) hauptaäclilieh aber ein (kleiner) Jagdhund, welcher tum
aufspüren und aufacheudten kleineren utildea gebrautM
irird. mhd. ntöubcr, vgl. mnd. alover, a. auch unten dM
gleichbedrutendf stöher, m.
a) ein stcuber, indagator Thochus H 1^; atänber, eia
Jagdhund, der das wildt aurTjagt und antreibt Hui-SlUf
(1616) 807*; liann die apUrhunde (stenber) gehen der ^pOT
Cr
I
1105
STÄUBER
STAUBERDE — STÄUBERN
1106
nach und schlagen an Comenius sprachenth. tö*; steuber,
stäuber Kramer rftc^ 2 (i702), 916»> ; steuber, cania odorus
Stieler 2125; stäuber, canis ad excitandas feras e lati-
bulis stiis Frisch 2,322*', dem ipierfer Adelung und Campe
folgen. Frisch suchte die erklärung des icorfes in dem
schönen vergleich mit dem wind, der über die erde dahin-
fahrend, den staub vor sich auftreibt, und Luther könnte
ihm ein kronzeitge sein: wie man einen mantel aus-
schüttelt oder aussteubet. und wiv reden auff deudsch
also, wir haben sie ausgesteubert ; daher man die jag-
hunde steuber nennet, die die hasen und wild auf-
scheuchen und steubem, das die hasen aufffaren und
dahin wisschen, hier und daher, wie staub 3, 313*, umso-
mehr, icenn der hund überhaupt zunächst nur zur jagd
auf federicild benutzt ist, als ein gehülfe des falken, %celchei-
dann die eigentliche jagd auf den emporgescheiichten vogeL
aufnahm: nun hat der abenteurer ain steuber oder ain
hundt zum federspill bei sich gehabt Zimmer, chron.'
2,300,26 Barack; vgl. auch mhd. wb. 2,2, &i9^; geicöhnlirh
kommen auf ein federspiel meJirere hunde: es soll kommen
ein fauth zur Mandel den nechsten dinstag nach Martini
samt halben dritt uf einem pferdt geritten, soll bringen
einen habich uf der handt und drei steuber . . . man soll
auch geben den hunden ein brodt J. Giumm iceisfÄ. 2, 168
{Braunxceiler); und so von den steuberen die räbhüner
aufgejagt werdend, so wirf den habich von weytnusz
auf Gesner vogelbuch (1557)130'';
die falckner ritten wol gerist
mit steubem und was sunst nodt ist,
zflra federspil warens stafJierL
Wickram 4, 163 Bolte (irreitend püger i).
ja er jagt auch ganz allein auf federwild :
von der saw und einem stawber.
ein alte saw war gantz unsauber,
belacht gar höhnlich einen stawber . . .
und sprach : 'dein herr weisz dir zu zwahen,
mit prügeln lert dich wachtein fahen.' . . .
wenn wir nausz ziehen auf den acker,
fahn lerchen, wachtein oder sperhn (Jie« sprehn) :
krieg zum wengsten ein oder zwen.
B.Waldis E*op. 2, 71 Kurz.
doch es bleibt zxceifelhafi, ob nicht mit Adelung einfach
die ganz allgemeine bedeutung steuben gleich 'stieben
maclien' {vgl. stäuben 8, sp. 1104) zu gründe liegt, da natür-
lich der kleine hund nicht nur zur jagd auf federunld
benutzt ist, sondern überhaupt zum aufspüren eines jeden
im dickicht versteckten tcildes (vgl. oben Lti her und unten
Erasm. Alberus), nur dasz bei der jagd auf haartcild
Windhunde und rüden im allgemeinen die arbeit des feder
Spiels übernehmen, auch der begrifflich gleichstimmige
stöber {s. unten) mirde dieser letzteren erklärung entspreclien.
von dem Wachtelhunde (ja. theil 13, sp. 179), mit dem er sonst
noch die meiste ähnlichkeit hat, nur dasz unser hund kurz-
haariger ist (vgl. die abbUdung des xcappens der edlen von
Dorstad vor Rollenhagens indian. reise und seine be-
schreibung A2'»), icird er unterschieden: die Spürhunde.
die Wachtelhunde, die hünerhunde, die stäubere, die
Wasserhunde , die rüden , die röckel , die beschüttere
Philander i,623; ebenso vom Windspiel: mit seinen jag-
honden, steuber und windspilen Zimm. chron.^ 3,509,30;
aber weil dise bursch {die Zigeuner) viel hunde, so wohl
stäaber als winde, bey sich hatten, spürten mich die-
selbigen gleich, umbstellten mich und schlugen an, als
wann ein stuck wildbret vorhanden gewest wäre Simpl.
S, 167, 10 Kurz {Springinsfeld 4) ; {David.) wie er im
K. psalm . . . die pfafTenknecht in steubern und Windspiel
»bconterfeytScHUPPius83i; denn zur jagd gebraucht man
auch Windspiele, stäuber und dachskriecher Fuhrmann
die an der kirchen gottes gebauete satanscapelle (1729) 8.
^eiehgesetzt erscheinen beide begriffe nur im niederd. :
■torer vel wind, leporarius, melampua, canis venaticus.
voeabularien von Lockum und Wolfenbüttel bei Schiller-
LObBEN 4, 424*.
b) die form stauber haben H. Sachs:
mit seinen rinden, staobem und winden.
17, 371, 27 Keüer-Oötze,
und B. Waldis {letzterer im reim, s. den Ideg oben); noch
tön stauber oder spörhönd, un limier, «;i braquet Dlez
IMnencl. (1652) 185. — eine ganz dialektisclie form staiber
ßndet sich {ebenfalls) bei H.Sachs:
X. 2. Cr.
nembt rüeden, staiber und die winden,
leithund, das wilde seh wein zu finden.
13, 111, 36 KeUer-Götze.
und Erasm. Alberus :
gleich wie ein stayber hat den brauch,
dasz er die hasen aus dem Strauch
aufftreibt fab. 153.
c) im vergleich: er teuschet und betreuget jederman,
er wittert wie ein steuber alles gelt Luther tischreden
267'', wo seine kunst, verborgenes tcild aufzusjriiren , das
mittel des Vergleiches bietet, anders mhd.:
derst wol anderhalp Franzeis,
ein stöuber under wlben.
Neidhart xxni, 17 Haupt,
er bringt sie in erregung, wie wol ein stäuber im röhrieht
einen fltig enten aufscheucht, d. h. ein rechter frauenheld.
deutlicher gemacht ist der vergleicJisgrtind .- ich vergleiche
solche Schriften den kleinen stäubern, die das wild ausz-
spüren und auftreiben Chr. Weise polit. näscher 13.
4) besonders in Süddeutschland eine bezeichnung des
bofist {lycoperdon bovista): steuber (stoibe) Schm.* 2,719.
Campe belegt aus Baiern das zu erwartende stauber; ebenso
hat Nemnich stauber. vgl. noch staubbofist und unten
staubschwamm.
5) bei J. Pwi. ßndet sieh stäuber in der bedeutung 'stütze,
Stützbalken' u. ä. ; er stellte seinen linken arm als stäuber
unter den rechten und erhielt diesen und die fracht des
plüschnen ermels wagrecht und schnauzte damit öffent-
lich das licht ll,il {Siebenkäs i); beszre baumheber, als
die, die ihn sonst umstüi-zten, sind jetzt die bettauf-
helfer des liegenden freiheitbaums, and unzählige stäuber
richten ihn empor 17, 132 {biograph. belusiigtingen) an stelle
von steuper (*. unten steiper).
STAUBERDE, /. erde, welche im, trocknen zustande leicht
in staub zerfällt, so die moorerde {theU- 6, sp. 2517) Adelung;
Hartig forstl. conversat. lex.^ (1836) 781.
STAÜBERFÜLLT, adj. mit staub völlig durchschicängert :
Schornsteine treiben stauberfüllte rauchwolken in die Infl
Ratzel die erde u. das leben 2, 407.
STAÜBERHEBÜNG , /. stark wirbelnder staub, staub
\oolke: dar entstund ein grausahmer wind und staub-
erhebung, das fast niemand einen stich sehen konte
Oleariüs persian. baumgarten 9, 10.
STÄUBERLEIN, n.. in der form steuberle, deminut. zu
dem vorigen, wegen der dieser rosse überhaupt eigenthüm-
Hellen kleinheit: ain kleins bündle, ein steuberle, wie
man solche hundt zu nennen pfligt Zimm. chron.^ 4, 278, 28
Barack; durch die steuberle wird der hasz gefunden und
durch die rüde geschunden Fischart groszmutter 80.
STÄUBERN, verb. l) zu stäuber l und 2, mit dem stäuber
arbeiten oder als stäuber arbeiten, dann auch vom staub
reinigen, möglich ist aber auch die annähme einer reinen
iterativbildung zu stäuben, verb.: stäuberen, pulverem
abjicere Schottel 1421; das haus stäubem oder aus-
stäubern, es rein machen Adelung; neben säubern: das
sie alsbald das land, Strasse und unsicher ort also ge-
seubert und gestäubert hat, das . . . alles in reinem frid
und sicherhait gestanden ist Steinhöwel berühmte
frauen 325, 20 anh.
2) zu stäuber 3; xoie ein stäuber aufjagen, scheuchen:
stäubem, anjagen, antreiben Hulsius (1616) 307». s. auch
unten stöbern, verb.; kleine hund finden und steubem
das wildprät, die grossen fangens Lehmann 1,289;
und hatten auch kein feyrens nit
mit ihrem steubem und aufflreiben.
Wickram irreitend büger xxi;
ach war Hans Mors ein hirschl Hardi {ein hund) hätt' ihn
gefunden,
gestäubert und gejagt Gottbr S, 810.
atich aufstäubem, verb. {s. theil i, sp. ISO): der stäuber
stäubert das wild auf Adelung. — bildlieh:
drum gebt mir einen mann,
dem ich die pfenge fein in hosen steubem kan.
Wbisb überft. gedanken 1, 8, 2,
vgl. dazu steuber 3, c. — die möglichkeit der annähme einer
iterativbildung zu stäuben besteht für die folgenden belege,
doch nicht ihre notwendigkeit : da er des feindes auch
jenseit des stroms gewar worden, alsbald mit stücken
auf dessen trouppen gespielet und dieselben ziemlich von
einander gestäubert Chemnitz schxoed.krieg 2,i9h; wirk-
lich kann dem gesellschaftlichen leben nichts nachthei-
70 Gr.
1107 STAUBERREGER— STAUBFADEN
STAUBFALL — STAUBFÄNGER
1108
liger sein, als der verwünschte wind, der oft unversehens
die schönsten spiel- und lustpartien auseinander stäubert
ThOmmel reise 2,242; ich will ihn stäubern, er soll an
mich denken Adelung.
8) offenbare iterativbildung zu stäuben 7 (sp. 1108) in
der bedeutung von stieben : disr practisch procken sei aus
der magisnostrischen universitset zu Löwen wie verlegen
kom ausgeflogen und hin und wider in die länder ge
steubert Fischart groazmtitier (l607) vorr. 3*. es stäubert,
es regnet fein Campe.
STAÜBERREGER, m. in der heutigen Hygiene z. b. eine
maschine, die bei ihrer arbeit staub erregt und so die sie
bedienenden arbeiter gesundheitlich schädigt Dammf.u hand-
iDörterb. der gesundJteifspßege 753»: in diesem fabriksaal
finden sich viele stauberreger.
STAUBERZEUGT, adj. aus dem staube erzeugt (vgl. oben
staub 5, a. sp. 1085), d. h. irdisch], sterblich u. s. w. ganz
entsprechend unten staubgeboren:
der herr hat ihn gefaszt beim schöpfe,
geschleudert ihn vom goldnen stuhl,
gleich einem stauberzeugten tropfe.
RücKERT 1 (1867), 50 ;
auch stauberzeugte brüst:
doch trägt dies sel'ge übermasz der frenden
nie ungetrQbt die stauberzeugte brüst.
Körner 2, 12 Hempel.
STAÜBESAND, imperativische bildung als familien-
natne: stäube den sand! bei Heintze die deutschen fa-
miliennamen^ 251 als oberdeutsches Staubesand, nieder-
deutsch Stövesand. nach Heintze geht die bezeichnung
auf einen flotten reiter, welcher den statcb recht aufwirbelt,
möglich ist auch die beziehung auf einen fleiszigen Schreiber,
toelcher den löschsand auf die tinte stäubt und bald zum
weiterschreiben das blatt wendet.
STAUBESBAND, n., plur. die staubesbande, in welche
die seele des sterblichen mei^schen hier auf der erde ver-
strickt ist und die sie bei seinem tode von sich wirft
(vgl. staub 7, sp. 1090), kurz der irdische leib:
wenn sich die seele neigt
aus staubesbanden sternenwärts J. Kurz ged.'^ 228.
STÄUBESEMMEL,/, seminel atis stäube (a. stäube 1,
sp. 1097), staubmehl gebacken: weite gott, dasz ich mein
lebenlang keine pfründe noch stäubesemmel nie gesehen
noch genossen bette Rivander 2,64»; die stäubesemmel
machen, dass ich das leben nicht verlassen kann 64*'.
vgl. auch staubbretze sp. 1095.
STAUBESNACHT, /. eine unter dem einßusz etwa to»i
todesnacht (theil 11, sp. 567) zu stände gekommene mystische
Umschreibung des irdischen daseins der mcTischen und des-
halb nicht einfach in dem gegenseitigen Verhältnis der com-
poeitionsglieder zu fassen:
mir gäbest du. in staubesnacht versunken,
den seelenstranl, den reinen geistesfunken.
RÜCKERT 6, 65,
hier eine nacht, welche vom Seesen des staubes belierrscht
toird, d. k. das irdische Üben im, dunkel des göttliclien ge-
heimnisaes, im gegensatz zu dem tag des ewigen schauena.
STAUBESSOHN, m. der mansch (vgl. des staubes söhn
unter staub 5,^, sp. 1090):
(icMeler,) der nndurchdringbar, dicht gewebt,
den staubessAbnen nicht sicE hebt.
Stolbbro 6, 265 (weitze frau. 6, 4).
STAUBETE. STÄUBETE, /. in der Schweiz (über die
bildung vgl. Weinhold alem. gramm. 209) dasselbe wie
l) Staubregen (a. u.): die staubeicn, kleiner dünner
ragen, ein sprUtzeten, pluvia tenuia Maaler sse".
S) itaabschnee (». u.): staubeta aehneegeatöber Toblbr
appenMM. apraehaeh. 406'*, auch mit umlaut stttubete (neben
stabete) Staldrr achweit, idiot. i, 808.
STAUBEXPLOSION , /. exploaion leicht entflammbaren
wirbdnden staubet, t. b. von getreide, kohle, kork, stärke.
STAUBFADEN, m. bezeichnet in der spräche der botanik
jmten fadenartigen fheil einer männlichen blute. we^eAtfr
dan ttaabbealel («. oben) trägt, beide tttaamme» bilden
im» staabgeflUz («. uiUim). von Göthrs verauchen »einer
morflhUogitehm bttUmmfung : die geheime Terwandtnrh.nfl
d«r TerMhledenen anuteran pflaneenlheile, als der hlättcr,
des kelchs, der kröne, der staabmden, welche xich nach
einander und gleichsam aas einander entwickeln s, 6, ts
Cr.
w. a. (metamorphose 4) ; so verändert sich meistens die
einfache blume dann in eine gefüllte, wenn sich anstatt
der Staubfäden und Staubbeutel blumenblätter entwickeln
ebenda 25 (2); vgl. auch noch 49 (47); bemerkungen, dasz
griffel und Staubfäden auf der gleichen stufe des wachs-
thums stehen ebenda 62 (73). die anzahl der Staubfäden in
einer blute und ihr Verhältnis zu den blütenblättern gaben
hauptbestimmungsmerkmale für das ältere pflanzen.fystem
ab, deshalb unterscheidet man die (mit den blumenbUittern)
abwechselnden Staubfäden Oken 2,64 von den gegenüber-
stehenden Staubfäden, todche am gründe eines blumen-
hlattes, gleichsam seine abgelöste rippe bildend, stehen,
denn die regelmäszige zahl der Staubfäden richtet sich
immer nach der zahl der blumenblätter ebenda, die Ver-
krümmung der Staubfäden tritt ein, wenn nicht alle Staub-
fäden einer lilüte, infolge einer ungleichen anordnung
der letzteren , voll ausgebildet werden 8, 65 ; werden z. b.
vier Staubfäden paarweise ungleich grosz, so nennt man
sie zweimächtig. 66. entsprechend heiszen sie viermächtig,
wenn z. b. von sechs Staubfäden nur vier voll ausgebildet
sind, man findet einbrüderige Staubfäden, wenn mehrere
Staubfäden röhrenförmig vertoachsen sind (stamina mono-
delpha) 2, 65 ; löst sich ein Staubfaden von dieser röhre ab,
so heiszen sie zweybrüderig (stamina diadelpha) (ebenda),
und trennen sie sich in mehrere bündel, so gelten sie als
vielbrüderig ebenda. — gegen diese seine tcerfung spendet sich
Heinks spott: die mutter verlangte den namen der blume
zu wissen. . . . der schweigsame begleiter öffnete jetzt auf
einmal den mund, zählte die Staubfäden der blume und
sagte ganz trocken: 'sie gehört zur achten klasse' werke
3, 69 Elster (Harzreise); es ärgert mich jedesmal, wenn ich
sehe, dasz man auch gottes liebe blumen, ebenso wie
uns, in kästen geteilt hat, und nach ähnlichen äuszerlich-
keiten, nämlich nach staubfädenverschiedenheiten
ebenda; vgl. auch noch 26. im versuch, den höchsten grad
weibischer prüderie auszudrücken: sie (Emerentia) mochte
die blumen nicht mehr leiden, seitdem ihr ein durch-
reisender Professor die bedeutung der Staubfäden aus-
einandergesetzt hatte Immermann MünchJuxusen i, 72.
in dichterischer erscluiuung bewegt sich .• bald sind die
blätter des güldnen löwenzahns verwelket und das ge-
spinn der Staubfäden steht geisterhaft da Herder 24, iio
Suphan. bildlich: dieser ansehnliche gedankenstrich soll
weder die sitzstange eines ausgeflogenen gedankens sein,
noch der fühlfaden eines an sich unempfindsamen Perio-
den, noch der Staubfaden eines poetischen blümchens
J. Paul 6, 9 vorr. (grönländ. proc. 2). — als weitere Zu-
sammensetzungen bieten .nch: staubfädenartig, adj.
staminiformis Dietrich lexicon der gärtnerei und botanik
9 (l809), 466. — staubfadenförmig, adj. staminifortnis :
staubfadenförmiger kränz einer blute ebenda; staubfaden-
förmige blätter einer blute Campe. — st a üb fä den-
gle i c h , adj. sich Staubfäden vergleichend :
ihr brautkelch ist die sonn', am die im ringe
staubfftdengleich planeten stehn zur traue.
ROckert 7, 801.
staubfad onkranz, m. kranzförmige anordnung der
Staubfäden in einer blute: die gefüllte blume ist oft hand-
breit, fleischroth, mit weiszen flecken gesprenkelt und
dem staubfadenkranz geziert Oken 8, 1184. — *. auch oben
staubfädenverschiedenheiten, plur. in dem beltf
aus Heines Harzreise.
STAUBFALL, m. l) regenartiger fall nnorgif""^t,
aiuubes aus der luft: die staubfälle sind weiter vi i
als die vereinzelten angaben glauben lassen Ra i
erde u. das leben 2,408; die sogenannten passatstaubfnlle
ebenda; Heli.mann u. Meinahous, der grosro st.inbfnll
vom 9.— 12. märz 1901. Berlin looi.
«) SLaabfall als name eines tcasaerfall-
burgisdien.
STAUBFANdEND, adj., dasselbe wie oben Btaubbindend;
ein staubfangendes fuszbodonöl liefert das geschilft von ...
STAUBFÄNGER, m. l) gegenständ (in eintm timmer),
leeleher den staub besonders gern auffängt und awh aontl
nichts nütte ist, t-o« der art wie nippaachen, getrocknet«
hlumensträitsze u.a. w. : die Maknrthouqucts sind die reinen
staabfftngor; das sind doch nur stntibfHnnerl bildlich!
er foll sich mit dem (rödel bosohäftigcn, um ihn sorgen»
Cr.
i
1109
STÄUBFÄRBE — STÄUBFLECK
sich über ihn ärgern wie er will — für den staub seiner
seele sind das die richtigen Staubfänger Rosegger
sündergl. 98. Staubfänger nennt man auch mit ähnlichem
beisinn die schleppe am. Meide einer frau.
2) in der spräche der neueren hyyiene eine maschine,
tceÜhe den in einem wohn- oder arbeitsraume umJtericirbeln-
den staut) einfängt und so beseitigt, deutsche Vierteljahrs-
Schrift 38 (1905), suppl. 379.
STAÜBFARBE, /. färbe, ^cdche der des staubes ähnelt.
icie z. b. grau, die staubfarbe eines gewandes leidet nicht
unter dem straszenstaub.
STAÜBFARBEN, adj. zu dem vorigen: das schlichte,
staubfarbene haar eines manschen Storm 13, 108.
STAÜBFARBIü, adj., xcie das vorige: eine staubfarbige
nebel- und wolkenschicht Ritter erdkunde 6, 1182.
STAUBFARN, wi. : staabfarren, Jarn(Jcraui), icelches
keinen eigentlichen samen hervorbringt, sondern nur ein
ganz feines keimpulver, im gegensatz zu dem samenfarren
Oken 3, 306.
STAÜBFASER, /. faser, fein wie staub, oder von staub;
eine Zusammensetzung, die hauptsächlich der Vereinzelung
des collecüvbegriffes staub dient {s. auch das folgende), icie
oben stäubchen und unten stäublein, Staubkorn: mein
vater schwieg einen augenblick, während er mit Sorgfalt
eine staubfaser von seinem rocke blies Th. Mann der
kleine herr Friedeniann 129; bildlich: die gerechtigkeit der
weit ... ist keine staubfaser vor dem throne des all-
mächtigen Alexis Solana von Berlin l, 81.
STAUBFÄSERCHEN, n., deminut. zu dem vorigen, zu-
gleich eine teeitere Verstärkung des mit staubfaser ver-
suchten vereinzeltingbegriffes : sein ganzes leben hat man
nicht ein staubfäserchen an ihm sehen dürfen Th. Mann
Buddenbrooks^ 2, 425.
STAUBFEDER, /. feder, fein vrie staub, die beim leich-
testen luftzug in die höhe loirbelt, die flaumfeder, datine;
s. oben den staub der gänse (staub II, l, l, t, »p. 1077); plur.
staubfedem, piumetta, piuma ö penna matta Krämer
dict. 2 (1702), 916' ; staubfedem , plumae tenuissimae et
leinssimae Frisch 2,322*', lana anserum molissima Serz
irfzo<W7ncn(l797)l47', mit riicksicht auf die belege bei Kramer
und Frisch behauptet Adelung wol die ungebräuchlich-
keit des Singulars, vgl. auch noch unten staubhaar.
STAÜBFEGE, /. nach Campe eine Vorrichtung, feiner
als die gewöhnliche kornfege (s. theil 5, sp. 1824) , um das
rn vom. staub zu reinigen.
STAUBFELD, n. von staub erfülltes fdd : Ägypten ist
erst ein ungeheures staubfeld, dann ein süsses wasser-
meer, imd dann ein blumenbeet Ritter erdkunde i, 821.
STAÜBFELL, «., im steirischen dasselbe wie unten staub-
ieder in beiden bedeutungen Unger-Khüll 570**.
CTAÜBFERIEN, plur., in Wien die zeit, in der die
beamten dienstfrei sind, weil ihre kanzleien gereijiigt toerden
Hügel 155''.
STAUBFETZE, m., im steirischen staubfetzen.
1) das rote abhängende tuch um kummet der pferde
Unger-Khui.l 570**, zunächst ist dieses tuch wol zum schütz
des kummets gegen staub angebracht (vgl. auch kummet-
decke theil 5, sp. 2611.)
2) dasselbe wie unten Staubtuch Unger-Khull 570''.
STAUBFEUERUNG,/, feuerung mit gemahlener kohle
QcoJdenstaub) , mit angeicärmter luft vermischt, wodurch
eitle vollkommnere und rauchfreiei-e Verbrennung erreicht
wird, in weiterer Zusammensetzung staub feuerongs-
anlage, /. anläge einer solchen kohlenstaubfeuerung.
STAÜBFIGDR, /., plur. staubfiguren, elektrische bilder.
laie sie durch überschlagen eines elektrischen funkens auf
tiner mit harz bestaubten fiäche entstehen, entdeckt von
Georg Chr. Lichtenberg 1777 und deshalb auch Lichten-
bei^sche fignren genannt, nach ähnlicher folgeerscheinung
»ind auch die Kundtschen staubflguren benannt.
STAUBFLECHTE, /. liehen pulverulentus , eine misz
farbige ßechtenart , icelcJie so fest an dem von Vir be-
wohnten steine haftet, dasz sie einen organischen bestand-
theil desselben auszumachen scheint Oken 3, 241. Nemnich.
nach Campe auch eine andere bezeichnung für staub-
Oioos (s. u.).
STAUBFLECK, m. vom ataub herrührender fleck; nach
dem Vorgang von fettfleck (theil 3, sp. 1573) und schmutz-
Cr.
STÄUBFLÜGEL — STÄUBGEBOREN 1 1 1 0
fleck (theil 9, sp. 1139) gebildet, dazu im deminut.: staub-
fleckchen, n..- in einem überaus modernen neglige vom
feinsten weiszen perkal, von dem er mit vieler grazle
hin und \\ieder die staubfleckchen abzuklopfen und wegzu-
blasen bemüht war Eichendorff 2, 296 (ahnung und
gegemc. 2l). *. auch oben das adj. staubbefleckt.
STAÜBFLÜGEL, m. der mit feinem bunten staub be-
deckte flügel des Schmetterlings Campe.
STAUBFLÜGLER, m. bezeichnung der zoologischen Masse
von insekten, vxlche mit staubflügeln (*. das vorige) aus-
gestattet sind: staubflügler, Schmetterlinge, lepidoptera
Hartig forstl. convers. lea:.'^(\«Sß) 513; von insekten sahen
Cook und Mearcs auszer verschiedenen käfern und fliegen
mehrere arten staubflügler E. Zimmerm.\nn bei Campe.
STAUBFORM, /. tcesensform des staubes: meteoriten
fallen in staubform, sei es, dasz sie ursprünglich in dieser
form existierten oder auf ihrem wege zur erde durch
zusammenstosz zerstäubten Ratze l die erde und das
leben 2, 407.
STAUBFÖRMIG, adj. zu dem vorigen : (erze) mit einem
sehr feinen, staubförmigen, silbergemischten, blassen gold
zart eingesprengt Ritter erdkunde 2, ffjl; eine transport-
vorrichtung für staubförmige massen vierteljahrsschr. für
öffenä. gesundheitspflege 37 (1904) suppl. 385. in der älteren
botanik auch eine staubförmige Vegetation: hierunter
(unter den staubaftermoosen) versteht man die staub- und
haarförmige Vegetation auf dem trocknen oder in der
freien luft Dietrich lexicon der gärtnerei und botanik
2 (1802), 391.
STAUBFREI, adj. frei von staub: (die luft,) die eben
darum staubfreier in ihren höheren schichten ist Ratzel
die erde und das leben 2, 407.
STAUBFREIHEIT,/, zustand des vorigen: das teeren
chaussierter straszen als ein . . . verfahren . . , das staub-
freiheit gewähre vierteljahrsschr. für öffentl. gesundheits-
pflege 38 (1905) suppl. 384.
STAUBGATTÜNG, /. besondere art tmd gattung des in
fabrikräumen herumicirbdnden staubes Dammer handwb.
der gesundheitspflege (l89l) 753*. vgl. auch oben staubart
sp. 1091.
STAÜBGEBÄRDE, /. gebärde eines im staube liegenden,
gleichsam aus dem staub heraus; demütige, unterthänige
gebärde, vgl. staub II, 4, a, rj, »p. 1084 :
kindisch hielt er es (da» woMgebädete herz) verborgen,
mühte sich mit staubgebärden
nns zu gleichen und den reichen
schätz bebarrUch zu verleugnen !
Keller 10, 225 (apoth. von Cham. 2, 11).
STAITBGEBEIN, n. 'gebein, dem staube bestimmt, dereinst
in staub zerfallend', im deutlichen gegensatz zur unsterb-
lichen seele (vgl. staub II, 5, a, sp. 1085) :
sinke, du staubgebein,
zur erde, deiner mutter, sinke
zu den verschwisterten erdgewürmen.
HÖLTY 84 Halm;
ffieb deines liebchens staubgebeine
der erde wieder gern zurück!
J. C. La VATER handbibliothek (1790) 3, 15 {tro*tworte
an eine mutter, welche ihr kind verlor).
STAÜBGEBIET, n. l) gebiet, icelches stark von icirbeln-
dem staube erfüllt ist, die erdgeschichtliche Vorstufe der
steppe.
2) gebiet, icelches von dem vergänglichen diesseits begriffen
wird, im gegensatz zur herrachaft des unvergänglichen,
vgl. staub II, 7, sp. 1090.
ein leben, das 80 weit,
weit über staubgebiete
hinaus die wurzel schlag Tieuge bei Campe.
STAUBGEBILDE, n. 'ein gebUde aus staub, erde' als
bezeichnung des geschaffenen irdischen menschen: das staub-
gebilde war noch nicht mensch Herder bei Campe.
STAUBGEBILDET, adj. aus staub gebildet, irdisch,
tterblieh. staubgebildetes geschöpf im paraUelismus mit
dem Substantiv sterblich:
hier, wo ein weih sich, eine sterbliche
erfrecht, ein staubgebildetes geschöpf,
den donnerer aus meinem arm zu schmeicbeln.
Schiller 7, 287 Jub.-ausg. (Semele 1).
STAUBGEBOREN, adj. aus dem staub geboren, der
irdischen weit angehörig; das 'nicht von dieser icelt' ist
70* Cr.
1111 STAUBGEBÜCKT — STAUBGEGRÜNDET
STAUBGEHALT ~ STAUBGEWIMMEL 1112
sein begrifflicher gegensatz {s. attch oben staubbürtig und
unten staubgebürtig und vgl. staub II, 5, a, «p. 1085):
besprenge mich mit deinem blut,
mich staubgebomen söhn des falles.
ScnuBART sämmil. gedichie 1 (1825), 80 ;
der körper ist im gegensatz zur seele, zum geist der staub-
geborene theil des menschen .- dasz . . . der staubgeborene
theil in gewissenhafter ertüllung aller pflichten dem
andern, der sein herr sein soll, sicherlich nicht nach-
steht Heyse kinder der -loelt 2,45. suhstaniivisch : ich mag
dein niedriges geschlecht der staubgebohrnen mit dir
nicht vermehren Herdek26, 321 Suphan {Luis und Eva);
gtmeint sind Adam und seine nachkommen, tvie auch im
folgenden .-
weil jeder staubgebome dienen musz.
Arndt 5, 345 Bösch-Meisner ;
dasz wir durch keinen sieg
Sieger werden des gemeinen
looses aller staubgebomen.
IMMER.MANN 12,87 (TuUföntcfien 2 , 123S) ;
da ward ich mild' wie alle staubgebomen.
Grillparzer* 2, 42 (ruhe).
auch hier an stelle von sterblich mit starker diditerischer
hervorhebung .
STAUBGEBÜCKT, adj. (demutsvoü) in den staub ge-
bückt, im gegensatz zum stolz und aufrecht stehenden
(vgl. staub II, 4, a, •/, sp. 1083) :
sie (die rettung) kommt und macht euch, staubgebückte knieer,
zu Stehern unter waff und auf trophäe.
RÜCKERT (1867) 23.
STAUBGEBÜRTIG, adj., wie oben staubbürtig aus dem
staub gebürtig:
ich bin kein hünd'scher Zweifler,
der seine eigne staubgebürt'ge unkraft
dem Schöpfer aller dinge unterschiebt.
Ric. HucH Evoe (1892) 95.
vgl. oben staubgeboren.
STAUBGEFAHR , /. als ausdruck der Jieutigen öffent-
lichen hygiene 'eine gefahr, welche wirbelnder staub besonders
in fabrikräumen der gesundheit der arbeiter bereitet': zur
Verhütung der staubgefahr Vierteljahr sschr. für öffentl.
gestmdheitspflege 31 (l900) supj)l. 336; die staubgefahren
können durch (reinlichkeit) . . . vermindert werden Rubner
lehrbuch d. hygiene 6 (1900), 197.
STAUBGEFÄSZ, n. in der Pflanzenkunde benennung
eines organes der männlichen lÄüte, welches den frucht-
staub enthält; gewöhnlich den blütenverhaltnissen ent-
sprechend im plural: Göthes lehre von den staubgefäszen
als umgewandelten blättern: es zeigen uns verjschiedene
kronenblätter schon ihre Verwandtschaft mit den staub-
gefUszen dadurch, dasz sie ohne ihre gestalt merklich zu
verändern, grübchen oder glandeln an sich tragen, welche
einen honigartigen saft abscheiden werke 2, 6, 52 Weim.
ausg. {metam. 53); wir konnten nämlich beobaolilen, dasz
die staubgefäsze durch eine zusammenziehung hervor-
gebracht werden *. 61 (metam. 69). vgl. auch Rai zeuurg
xoaldverderbnis l § 2 ». 3. Götue braucht im übrigen staub-
gefäsze und Staubwerkzeuge (s. unten) als gleichbegrifflich
2, 6, iß ff. (metamorphose der pflanzen 49. 60. 61. 58), ein ge
l/rauch, der aueJi von späteren nicht aufgegeben ist. ihre
stmctur: die Btaubgeftlsze (stamina) haben zwei theile:
Staubfaden (filamentum) und Staubbeutel oder staub-
kölbchen (anthera) Ratzkburü .standortgewüclise (ism) W.
im gegensatz zu den staubgefäszen der weibliche grifTel
($. obeti): wir bemerken nämlich, dasz der grifTel auf eben
der stufe des wachsthums stehe, wo wir die staubgefäsze
gefunden haben Götiie a, 6,60 Weim. ausg. (metam. 69).
STAUBGEFILDE, n. l) im gans eigentlichen sinne 'ge-
filde von staub tiberweht' in gehobener spräche etwa von
einem kampfplatt u. ä. gebraucht.
2) in dem sinne wie oben Rlaubgchiet s eine beteiehnung
dieser irdischen weit im gegensatz zum jenseits :
wenn da vollkommnea auchen willst,
WM anch'st du c« im ilaubgefild ?
RCOKEKT 11, 860 (18. makame des Ilarirf).
STAÜBGEGRÜNDET. adj. auf den staub, das lieistt das
irdische nichts gegründet, eine poetische formung des be-
griffes 'vergänglich' :
and waa iat der wobner der hatten von Ulm,
•Uobgvgrflndet und acbnell von moltan lemurt.
HiRDBR M Campr.
Cr
STAUBGEHALT, m. gehalt (der luft) an wirbelndem
staube: Staubgehalt der atmosphaere J. Fodor /(yflrieni«cAe
untersttchu7igen l (1881), 33; vgl. K. Lehmann methoden der
prakt. hygiene (l90i) 155; der Staubgehalt der luft.
STAUBGEMÄCHT, n. entsprechend gemächt II, 4, d (theil
4, 1, 2, 8146) mit noch deutlicherer hervorhebttng des gering-
schätzigen 'aus staub geschaffenes (menschenwesen, menschen-
geschlecht)' :
ich staubgemäuht, ich wurm, bestimmt zum grabe.
Schubart l, 7 (an gott).
STAUBGEMISCH, n. gemisch verschiedenartigen staubes
in einer fabrik.
STAUBGENÄHRT, adj. ähnliche poetische fixierung des
begriffes 'vergänglich' wie oben staubgegründet; mit staub,
der speise der Vergänglichkeit und des grabes, genährt:
ich vogelpüegling staubgenährt.
RüCKERT Firdoei 1, 189.
STAUBGERUCH, m. geruch, wie ihn langgelagerter
staub beim auficirbeln an sich hat: staubgeruch, der
ringsum von den alten Sachen aufstieg Keyszerling
Bosa Herz 170.
STAUBGESCHLECHT, n. aus dem staub geborenes, er-
standenes geschlecht, getragen von irdischer Vergänglichkeit
(vgl. staub II, 6,g, sp. 1090):
stets wechselnd lebt das Staubgeschlecht,
das bald zum staube kehret.
Voss 5, 155 (neujahrslied).
STAUBGESCHÖPF, n.. wie oben staubgemächt, aber in
der heutigen spräche eher lebendig als jenes (vgl. staub II, 5, g.
sp. 1090): und wie wollen wir diesem staubgeschöpfe . . .
zumuthen, sich den anfang der weit zu denken? Herder
6, 47 Suphan (archüologie des Morgenlandes l);
und wenn ich staubgeschöpf
auch nimmer kämpfen kann,
so zieht dein enge! mich
mit himmelsrUstung an.
Schubart 1, 10 (preitgetang im kerker).
STAUBGESTIEBE, n. stiebende staubmasse, so unter dem
heransprengen feindlicher scharen (vgl. staub II, l.e.sp. 1072) :
von rechts und links kam staubgestieb,
dasz sonn' und mond nicht sichtbar blieb.
RÜCKERT h'irdosi 1,261.
STAUBGETÜMMEL, n. kämpf getümmd, von staubxoolken
eingehüllt :
und wie, im wilderregten staubgetiimmel,
die halbgereifte saat zertreten smkt.
GöTHE 11,360 (prolog zu Goldoni» 'krieg').
STAUBGEWÄCHS, n. nacA Dietrich (lexicon der gdrt-
nerei u. botanik 2 [I8O2], 391) eine andere bezeichnung für das
staubmoos (byssus). s. dort und staubgcwebe.
STAUBGEWAND, n. l) gewand. mit staub bedeckt, oder
zum schütz gegen den staub, doch schon in der richtuiu/
auf den gebrauch unter 2 bewegt sich:
im staubgewiiiide
irr' ich auf dieser weit umher,
und sehe fern vom mütterlichen lande,
den hügel deiner ruh nicht mehr.
Miller im OötL mutenalmanacfi (1775) 104.
2) in diehteriscfier spräche eine bezeichnung des mensch-
lichen körpers, welcher gleichsam das irdische gewund der
unsterblichen seele bildet:
werf ich von mir einst dies mein ataubgewand.
Krli.rr 9, 199 (mein vateriand).
STAUBGEWEBE, n. nach Campk eine andere beteieh'
nung des staubmooses (s. dort und oben staubgewächs, n.).
STAUBGEWKRK, n. in der spräche der modernen hygiene
ein handicerks- oder J'abrikbetrieb, der stark der belästigung |
durch sich dabei entwickelnden staub ausgesetzt ist: (es) ]
konnte festgestellt werden, dasz der gipsstaub in den
gipsmUhlen bei weitem nicht die nachteiligen folgen all
andere staubgowerke ttach sich zieht das gesundheitt-
wesen des preu.1». Staates (1U03) 851. Il
STAUBGEWIMMEL, n. leben und wben at^f dieser *rd$l
in all seiner irdischen natur und Vergänglichkeit {vgL
staub 11, A, sp. 1000):
roit, wann Hm'idtevöbeUarterung) im ataubgewimmfl
lingst dea unwerta busze zahlt.
BOroBR 76' (das hohe lird lo« drr fitUKirti);
ha I mit deinem ataubgewimro<-l
llciigiit, 0 erito, du dabin I
MArrm><H(iN l, 44 (dir ^rr- '
entfliegt dem ataubgowinimell
Arndt 6, 96 Rösch u.
Cr.
1113 STAUBGEWÖLK— STAÜBHELL
STAUBGEWÖLK, n. gewölk wogenden wirbelnden staubes
über einem kampfplaiz, auf der strasze von sich bewegenden
menschen- und thierhaufen (Campe belegt das wort als
gleichzeitig) :
gott ist überall !
im lichten räum, in deiner kerkerhöhle!
im Staubgewölk ! im Sonnenstrahl!
Schubart leben u. gesinmingen 2, 310;
und nun das dichte staubgewölke sinkt,
da sieht man erst, was sich am boden regt.
Uhland ged. 438 [Fortunat 1);
im Staubgewölk reiten sie heran!
WiLBKANDT Kricmh. 84.
vgl. auch unten Staubwolke.
STAÜBGE WORDEN, adj. zu staub geicorden, in statib
zerfallen: magre thürm', entfleischte steine,
die ihr keine
zeit kennt, seid ihr die gebeine
Staubgewordner ber^e nicht?
Freiligrath 2, 29.
dann auch 'vermodert' von den toten {vgl. staub II, 5, b,
ap. 1086) : neben diesem halb versunkenen kreuz . . , unter
dem das kleine staubgewordene herz ruht Raabe kindei-
vonFinkenrode28S; substaiitivisch : die geschichte der längst
staubgewordnen Klinuer ll, 177 {betrachtungen 1, 231).
STAUBGEWÜHL, n. gewiihl wogenden staubes : im staub-
gewühl der strasze wandern, dann stärker verwendbar
als oben staubgewimmel zur bezeichnung irdischer nichtig-
keit und niedrigkeit: dieses grause staubgewühl Benzel-
Sternau bei Campe.
STAUBGLAS, n., staubgläser, plur.. augengläser, welche
zum schlitz gegen den straszenstaub getragen werden, vgl.
oben Staubbrille : ein ziemlich gewagtes unternehmen von
ihm, auf seinen fahrten über land farbige kreisrunde
staubgläser mit einer massiven einfassung zu tragen
Anzengruber 2, 31 {der schandßeck).
STAUBGLEICH, adj. dem staube gleich oder {toie von
Göthe gebraucht) dem zustande im staube gleichend, d. h.
hinfällig, vergänglich, nichtig: (menschen,) die von allem
lebensgefühl so ganz verlassen waren, dasz sie das ganze
leben und wesen der sterblichen für ein nichts, für ein
kummervolles und staubgleiches daseyn erklärt haben
Göthe 18, 81 (Wilh. Meisters lehrjahre l, 14).
STAUBGRAU, adj. grau in der färbe des staubes. so-
dasz man den statib nicht darauf sieht : staubgraues tuch;
staubgrauer mantel.
STAUBHAAR, n. das zuerst sprossende tceiche barthaar
eines jungen mannes: dag erst barthaar, gauchshaar
(*. gauchhaar l theil 4, 1, 1, 1534), staubhaar, Innugo Dasy-
PODius. Go LI US (1590)119; staubhaar HuLSius (1618)238";
Btaubhaar, lanugines Frisch 2,322^. ndd. stoofhaar nach
Chytrakus bei Frisch 2, 322". nach Adelung schlieszen
sich Singular das staubhaar und plural die staubhaare
in der jeweiligen gebraucfisiceise aus: er {der jiingling zu
Kaim) was jetzund, das im das staubhar under der nasen
herfür stach Keisersberg evang. (1517) 62*>. die mit den
stanbhaaren, gemeint als Jünglinge : diejenige, welche ausz
Teutschland, aus jhrem vatterland niemahlen einigen
fusz gesetzet, sondern mit den staubhaaren allererst von
haus geflicket werden {d. h. deren kleider bis in das Jüng-
lingsalter hauptsächlich zu haus hergestellt werden) Phi-
lander 1,703. vgl. auch oben staub II,l,i und staubfeder.
STAUBHALTIG, adj. staub enthaltend, als ausdruck
moderner hygiene: staubhaltige luft in einer fabrik.
STAÜBHANF, m. der nur bluten zeitigende männliche
hanf, cannabis safiva mas Nemnich 1, 834. Oken 3, 1553.
twi gegensatz zum xceiblichen samenhanf {theil 8, 1734);
seine volksthümliche benennung fimmel {d. i. cannabis
femella), verkehrt gebraucht ari stelle von mäschel (d. i.
cannabis mascula theil 6, 1695), s. theil 3, 1638.
STAUBHAUFE, STAUBHAUFEN, m., z.b. auf einer
hrümmer statte: werden sie {die Juden) die steine lebendig
machen, die staubhauffen und verbrand sind? Nehemia 4,2.
STAUBHAUT, /. in der Pflanzenkunde eine bezeichnung
der samenhaut der schwämme {welche den samenstaub in
winzigen büchschen trägt) Illigeh bei Campe.
STAUBHELL, adj.: blassbraune halden, blassbraune
I~ höhen und staubhelle wege v. Borch Jacobsen sechs
noveUen a. l Reclam, d. h. lull xmd tceithin leuchtend durch
den darauf lagernden staub.
STAUBHEMD — STAUBIG
1114
STAUBHEMD, n. in Süddeutschland ein hemdartiger
leinwandkittel , welcher zum schütz gegen den staub bei
langen tcandenmgen über dem rock getragen vrird; ein theil
der handtcerksbtirschentracht in jener zeit, da das icirkliche
wandern noch ah fröhliche pflicht vom handwerk gefordert
vntrde: sie standen wehmutsvoll vor der hausthüre der Züs
Bünzlin, in lange braune rocke gekleidet mit alten ver-
waschenen Staubhemden darüber Keller 4,246 {die drei
gerechten kammacher). er {der dritte reisende) trug ein
staubhemd von ungebleichter leinwand mit einem kleinen,
über die schulter hängenden kragen und auf dem rücken
einen nicht ungewichtigen leinwandtornister Vischer
auch einer 1, 29.
STAUBHIMMEL, m. himmel, ganz von wirbelndem staub
erfüllt, tritt- als achter zu den sieben himmeln der planeten
ROckert Firdosi 1, 310.
STAUBHINGESUNKEN, adj. nach knechtes weise in den
staub hingesunken, vgl. staub II, 4, a {sp. 1081 jf.):
auch woir im andern nicht mir zärteln weiberhaft,
noch nach barbarengruszes weise knechtisch mir
staubhingesunk'ne huldigung entgegen blähn.
Droysen Aischylos^ 39.
STAÜBHOSE , /. kegelförmig von einem wirbelicind in
die holte gehobene staubmasse, vgl. unten Wasserhose und
Windhose, imdeminut. staubhöslein,n.: auf der strasze
spürte man nur kurze windstösze, vor denen manches
staubhöslein keck aufwirbelte Rösegger teildl. (i906) 319.
STAUBHÜGEL, m. hügel von statib. Cvmpe; als be-
zeichnung des grabhügels {in einem bilde) : wie froh wollte
ich über ihren {d. h. der von mir gemachten bösen erfäh-
rungen) Staubhügel hinwegsehen! Thümmel 9, 126.
STAUBHÜLLE,/, l) stouphüli, conopeum Dief. nov.
gloss. 109"; schützende hülle wider den staub, so als be-
zeichnung eines betthimmels Frisch 2, 322°, des verdecks
einer kutsche ebenda.
2) hiUle von staub, gern mit den adjectiven dicht und
dick verbunden: das kleine gewölbe des rathhauses, wo
alte akten in dicker staubhülle die zeit erwarteten, in
welcher ihr stillleben unter dem Stampfer einer Papier-
mühle enden würde Freytag 6, 149 (verl. handschr. l, 8).
STAUBHÜLSE, /. nach Campe eine andere bezeichnung
für den Staubbeutel {s. oben).
STAUBHUND, m., dasselbe icie oben stäuber 3 {sp. 1104 J?".);
in älterer spräche stoubhund, stipularius Fhitsche
Closener vocab. von 1383 {vgl. zeitschr. für deutsche icort-
forsch. 2,179). staubhund, cZaiiatZa {lies: caniculä) Dief.
nov. gloss. 95*. mittelniederd. stofhund.
STAUBJAGEN, n. 'jagen {jagd) auf den in der wohnung
lagernden staub' in einer Schilderung des groszen reine-
machens: endlich war es vorüber, das schreckliche fegen
und scheuern und staubjagen, ein taglanges rasen
RosEGGER Wildlinge 128.
STAUBIG, STAUBICHT, STEUBIG, STEUBICHT, adj.
puluenilentus. die umgelautete form, gehört hauptsächlidi
Mitteldeutschland an (Mathesius, Melissus, Stieler,
Steinbach); dasz auch Heine ran ihr gebrauch macht,
beiceist nichts daicider.
l) mit lagerndem und icirbelndem staube erfüllt, ent-
sprechend staub 11,1, sp. iQliff-
a) in der landschaß: staubichter weg, camino polveroao
Kramer dict. 2 (1702), 916"; steubichter weg, via pulverti-
lenta Stielek 2125; ein staubichter weg, via aestuosa et
pulverulenta Steinbach 2,708; auf der staubigen land-
strasze C. F. Meyek Jürg Jenatsch 1,69; flucht und ver
folgung und wieder kämpf — schnelles eilen . . . über
staubige landstraszen W. Raabe unseres herrgotts canzlei
1,233. {bildlich:) {thema.) die fuszstapfen der Völker-
wanderung auf den . . . staubigen landstrassen unserer
zeit aufzusuchen Görres ges. briefe 3, 52.
welch eewerb treibt dich
durch des tages hitze
den staubigen pfad her?
Göthe 2, 176 {der wandrer).
staubige rennbahn u. s. w.:
die freiheit schwebt wie ein engel,
schwingend den leuchtenden kränz, über der staubigen bahn.
Arndt 4, 63 Bötch-Meigner.
staubige stadt : etwas beschicken ? — das überlass' heute
den leuten in der staubigen stadt Ghabbe 3, 69 {Napo-
leon 2, i).
Cr.
1115
STAUBIG
STAUBIG
1116
b) entsprechend staub II, i,f(ap. 1074) die staubige Werk-
statt des Webers u. *. w. hierher auch staubiger werkel-
tag u. ä. vgl. in büdlieher Verwendung:
im staub'gen handwerkstage meines lebens.
Wildenbruch Harold (1889) 39.
c) staubiger wind, der staub mit sich führt: vom stau-
bechten wind Sebiz feldbau (1579) 159; vgl. auch: zeigt
an. dass der lufft gantz trüb und staubecht ist. 5.
d) staubiges wetter, dürre, trockne zeit, wo man unter
der staubplage zu leiden hat, in Süddeutschland staubicht
wetter, tempo polveroso 6 quando fä polvere Krameh
dict. 2 (1702), 916»; auch in der wendung: wo kommt ihr
her in dem staubichten wetter? ebenda;
ah mein Ewlenspie^l, semper quiest
wan her des lands im staubing weter?
pist übern walt kumen so speter.
H. Sachs faetii. gp. 6, 87, 83 Götze.
der mitteldeutsche beleg der wendung steubicht wetter,
tempestas torrida Stieler 2125 steht wol leicht in abhängig-
heit vom, oberd. gebrauch, die der nördlichen landschaft
mehr entsprechende umicertung dieser ivendung vgl. unter 8.
c) und immer mehr activität an sich ziehend: durch
Wechsel von allbefruchtendem regen und staubig ver-
ödender dürre A.v. Humboldt kosmos 2,^2; dasz ich
mich vor der staubigen dürre der residenz wahrhaft
ängstige Bismarck briefe an seine braut 368.
2) mit staub bedeckt {entsprechend oben staub II, 1 ist
lagernder staub ein starkes charakterisücum des betreffenden
gegenständes, wodurch zumeist eine reihe von weiteren Vor-
stellungen für unser sprachliches beumsztsein lebendig ge-
macht werden):
o) staubig mit beziehung auf personen, zugleich mit
der heraufführung von Vorstellungen wie von vollführter
Wanderung, geleisteter arbeit u. s. w., selten auf unreinlich-
keit an sich zielend (vgl. staub II, 1, dff., sp. 1072). staubig
sein : flederwisch . . . der kan uns abkehren , seh , seh :
gesell bist auch noch stäubig? Garg. 208 neudr.; er ist
vom langen marsche ganz staubig, staubig von der arbeit
kommen; war ich endlich staubigt angekommen.
Hölderlin dichtungen 1, 63 Leitzmann;
keiner putzt die schuhe,
keiner sieht sich um,
staubig brechen alle
dir ins heiligtum Keller 10, 57 (an das herz).
dagegen gehört die toendung sich staubig machen (Campe)
vielmehr in die Sphäre von 2, b, ebenso, toenn ein gegen-
gtand die ihn anfassende oder .tonst mit ihm in berühricng
kommende person staubig macht, vgl. mit ganz unbestimm-
tem subject: hab' eine weil' alte bibliotheken durch-
fahren ... phu ! was es drinnen staubig machtl maleh
Müller 2, lo.
a) der staubichte begräbniszmusikante |?oitf. maulaffeb;
ein staubiger untersetzter bäckermeister Brentano 5,107;
in die sphäre 2, b tritt wieder hinüber der staubige pedant,
der gleichsam von allem stubenhocken und umgang mit
altvertrockneten büchern selbst ganz staubig geworden ist:
die beredsamkeit staubigen pedanten . . . überlassen
Herder 5, 627 Suphan.
ß) staubige docke in Nürnberg spöttische bezeichnung
einer steif oder hochmütig sieh benehmenden frauensperson.
nach HÄ8LEIN gab den grund für diese schelte die in
grösze xind form einer frau hergestellte und mit Sägespänen
angefüllte docke (puppe), welche beim ocJisenhetzen auf einem
rädergestell mittels langer stange dem tcütigen thier ent-
gegengeschoben wurde, wo sie denn so zugerichtet worden,
datt der »taub davon flog (wol besser: sie naclüier gann
bedeckte) Sciim.' 2, 719.
■/) von einzelnen theilen des körpers: gieng bin mit
atanbigen armen and schweissigen schultern und an-
geaicht and stellt sich steif? in die fussstapfTon buch der
liebe 217, S; wie er sich aber seinen staabigen hart wusch
Bhehtako frühlingskranz (1H«4)64; staobigc haut, staubige
kehle eines durstigen wandersmannes , der den staub in
der kehle mit kühlem irunk hinunterspiÜt (vgl. oben
■tauben 3, verh. tp. 109H);
mit WMMT sei di« itaabire baut Meinet,
dU «tnnbife kehle dann mit rebenblut.
WiutRANUT Kriemh. »l.
0) aueh aU eigensehaft der kleidung einet solchen
meiuehen wie unter at tcbnell entkleidet von meiner
Cr.
staubigen hülle trat ich in ihn (den see) Herder 24, 570
Suphan; da legten mörder, heiss von wuth,
zu eines Jünglings füssen hin . . .
die kleider staubig, schweiszbefeuchtet.
V. Droste-Hülshoff 3,181 {dag geitüiche jahr)\
Ludwig fegte mit der reitgerte die spitzen seiner staubigen
Stiefel Ebner-Eschenbach 4, 13;
dasz deine schuhe so staubig Arnim 14, 74 ;
am eingang läszt der pilger zurück
die stäubigen, drückenden schuhe.
Heine 1, 420 EMer {fromme wamnng).
staubiger hut Campe, sich der sphäre 2,6 nähernd: die
ernste weltweisheit . . . liebt' auch ich im gewande , das
ihr Feder, Kant, Mendelssohn . . . umwarfen, mehr, als
in ihrem alten staubichten mantel Schubart leben u.
gesinnungen l, 94.
b) voll staub gelagert, als deutliches zeichen des un-
ordentlichen, sehr häufig aber des langen unbenutzt seins,
entsprechend staub II, 1, ä, sp. iOlif ; in mythologisierender
spräche faszt G. Freyiag die unter solchem staub der
Vergessenheit gelagerten geheimnisse als staubige geister:
das ist die gnomentracht , in der ich den staubigen
geistern des bodens zu nahen wage werke 7, 334 (verl.
handschr. 4,9). staubiger hausboden, staubige stube u.s.w.:
bey den büchern, in einer engen staubigten studier-
stube, vergiszt man des körpers sehr leicht Lessing l, 406
(freigeist 2,2); seine zimmer waren staubicht Thümmel
reise i, 30. staubiger fuszboden : hier fiel die bouteille
vor schrecken aus der band; sie sprang in stücken,
und die kostbare neige flosz auf den staubigten boden
Lessing l, 508 (schätz 17). staubiges gerät aller art:
staubichte bücher, staubicht gerate, libri, mobili polverosi,
coperfi di polvere Kramer dict. 2 (i702), 916»; staubiger
tisch Campe; nur dem verlierenden fiel es zuweilen ein in
alten staubigten Urkunden nachzuschlagen A. v. Droste-
HOlshoff 2, 262 (Judenbuche); nur das muttergottesbild . . .
war . . . zwischen staubigem gerümpel eines hausbodens
von einem kunstsinnigen Dänen aufgefunden Stohm3, 17fi
(von heut und ehedem); ew. hoheit werden sich an dem
umherschleppen der staubigen möbel nicht erfreuen
Freytag 7, 336 (verl. handschr. 4,9);
in staubigen scherben alter topfe, . . .
in solchem wüst und moderleben
musz es für ewig grillen geben.
Göthe 14, 78 jub.-axiso- {Famt II, 2) ;
welke Veilchen, stäub'ge locken,
ein verblichen hlaups band.
Hei.ve 1, 415 EUter (autodaje).
— als beispiel diene für die tgpisclte Verwendung unstrts
tcortes besonders in der spräche des diehters:
dann wecket kein munterer ton die saiten der staubichten leycr ;
dann hängt sie vergessen an buchen, und schweigt.
Cronbuk 2, 189.
staubige Spinngewebe aber bedeuten gleichsam eir *
rung in dieser begriffsxcelt : in staubige spinngcv
gewickelt Ludwig l, 184 (zicisclien himmel und «/„t
c) im staubigen kerker wol nicht zunächst mit riicksicM
auf den dort handlichen staub und schmuts, sondern
beeinfluszt vom staubigen grabe, tcelclie beiden begriffe hier *
das Sprachgefühl zusammenbrachte , me denn der kerker
gleichsam eine grabesgruft für den metischen bei lebendigem
leibe ist : aber die seelen versezen sich aus dem staubigten
kerker, und treffen sich im paradiese der liebe Scjiilleh
2,151 (räuber i, i schausp.). — staubiges grab:
ins staubge grab
mttsoen sie, wie russfe^r htnab!
Hkrdbr S5, 866 anm. Suphnn,
wozu staab 11, 6, sp. lOM tu vergleieheti iet. als begriff»'
enceiterung in dieser »phäre aber »tdlen »ich dar:
und alle unsre gestem führten narr'n
den pfad de« staubnn tod's.
Shakespeare 9, 844 (Macbeth 6, 6);
und 80 führt »ie hinal> in die staubige nacht;
unbeweint, unbuklagt, ohne Rong una geleit.
Frbiliokath^ 3, 217 {drinnen und droiuafN).
S) staubig in entsprechender ergämung und »teigerun§.
a) im verstärkenden paralMismus de» gleichen begriff»,
stAubig und stiebig: was werden wir in derselben Men
wüsten st&ubigen, sUbigen Sandschandban der Sandscham-
panien zu saulTen haben? Oarg. s&s neudr.; — staubig und
sandig: die rogenfülle dieses jahros ... hatte die sonst
Cr.
I
1117
STAUBIGKEIT— STAUBKITTEL
STAUBKLUMP — STAUBLAPPEN 1118
staubige sandige wüstennatur in sampfflächen verwandelt
Ritter erdkunde 3, 356.
b) sich begrifflich mehr von einander entfernend ; staubig
und schmutzig: {das mädchen) muszte sich neben den
herd in die asche legen, und weil es darum immer
staubig und schmutzig aussah, nannten sie es Aschenputtel
BRÜDER Grimm kinder- u. hausmärchen 21; — staubig und
dunstig: in der staubigen und dunstigen stube Ludwig
3, 89 {erbförster 4, 5) ;
fort ans staub'ger, dunst'ger hölle Arnim 12, 20.
staubig und schwarz u. s. v. : die liebe biblia, die etwas
unter der banck stacke, unnd gar steubicht, tunckel und
angeloffen war M.\thesius Sarepta (lö7l) leg*; fünfzig
schwärzliche, staubige schauerleute Frenssen Jörn
Uhl 495.
i) staubig (in anlehnung an 2) vom schtcachen nieder-
schlug kochenden wassers in einem kessel: {das icasser des
sees) machte das innere des theekessels nach viermonat-
lichem, täglichem gebrauch kaum etwas staubicht durch
seinen ansatz Ritter erdkunde 3, 91.
5) vereinzelt staubig in staubform, staubartig: nicht
alles sandig erdrichs ist böss, sonder nur der mager sand,
der staubig Sebiz fddbau (1579) 24;
seien wi stenbige spren leicht.
Melisscs pKolmen 128, 5 neudr.
6) entsprechend staub 11, l, l, e, sp. 1077 staubig als eigen-
Schaft einer blute und ihrer staubwerkzeuge : das schillernde
würmchen drängte sich in seinen staubigten blumenkelch
hinab J. Paul 7,243 {Hesperus l).
7) eine erinnerung an den staub auf dem, feU eines
kranken thieres {vgl. stäuben, verb. t,f, sp. IIOO) bergen
xcol: staubige ross, nit glatt und gestriglet, strigosiores equi
Maaler 385<^, wo natürlich nur an gewöhnlichen staub zu
denken ist, der geicissermaszen vergleichende ausgangs-
ptinkt dieses gebrauchs abe^- auf dem felde der eingangs
erwähnten besonderen Verwendung zu suchen ist.
8) staubig entsprechend staub II, i,l, d", sp. 1077 von fein
versprühendem wasser: staubiges wetter, regnerisches weiter
ScHM.- 2, 719, wobei die Übereinstimmung der Wendung mit
oben 1, d auffallen musz; es ist staubigt wetter, es regnet
''■> Klein 2, 169.
' staubig ist in der spräche der AUgäuer milchwirt-
schaft eine mölke, welche staub (II, i, l, x. sp. 1077) führt
Martiny wb. der milchicirtsch. 121*. ähnlich ist trübes bier
staubig ScHM.2 2, 719.
10) übertrnfjen staubiges kleid, der irdische leib des
menschen, welcher bestimmt ist. in staub zu verfallen {vgl.
staub II, 5, sp. 1085 jf.); im plural:
auch Edmund lebet, er hat im grabe
nur die staubigen kleider abgele^.
Herder 27, 86 Suphan.
11) flüchtig, eilig, entsprechend stäuben, verb. 7, d sp. 1103.
adverbial .- •
(die Mrtehe) von dem gebürg herunder zohen,
und staubig in dem holtz umbflohen.
Spreng Aenei* 66».
STAÜBIGKEIT, /. zustand des staubigseins .- staubigkeit
des bodens K. B. Lehman methoden derprakt. hygiene 2, 156.
STAUBKAFER, m. i) bezeichnung von opatrum sabu-
losum, einem käfer, der an sandigen orten von aas und
anderen unreinen Steffen lebt Oken 3, 1786.
2) nach Campe heiszt scarabaeus ptdverulentus der
staubkäfer, weil feiner staub auf ihm zu liegen seheint;
vgl.: staubkäfer, scarabaeus farinosus Nemnich.
STAUBKALK, 7?i. gebrannter kalk, rcelcher ungelöscht an
der luft in staub zerfallen ist (Campe); mit staubkalk
die felder düngen.
STAUBKAMM, m. kämm mit sehr eng aneinanderstehen-
den Zähnen, um das haar von staub zu reinigen; er ent-
spricht dem für gröbere bedürfnisse ursprünglich gedachten
mhd. nigkamp. vgl. Heyne hattsaltertümer 3, 6i. Schulz
höf. leben 1,230.
STAUBKAMMER , /. mit icasserbratisen versehener ge-
»Mossener räum, welcher den in einer falrrik u. s. w. er-
( regten staub m,it hülfe des Staubsaugers aufnimmt und
. dann durch feuchtigkeit niederschlägt.
STAUBKITTEL, m. kittel, welchem- die kleider gegen den
! umherwirhelnden staub schützt, vgl. oben staubhemd und
unten staobmantel.
STAÜBKLUMP, m. die erde als weltkörper in ihrer
Meinheit und unbedeutend heit gegenüber dem toeltall (in
beziehung zu staub II, 6, sp. 1090) ; warum deckt uns gott,
wenn wir tagüber vom stral der sonne ermattet und an
unsem staubklump gefesselt waren , nachts dieses hohe
gefilde unendlicher ewiger aussiebten aaf ? Herder 15, 271
Suphan {über die Seelenwanderung 2); atich in schteacher
form staubklumpe,«».: der staubklumpe des erdballs
J. Paul 7, 168 (Hesperus l).
STAÜBKOLBE, /. ist begrifflich mit Staubbeutel (s. oben)
eins Dietrich lexicon der gärtnerei u. botanik 1 (l802), 545.
STAÜBKÖLBCHEN, n., deminut. zu dem vwigen: Staub-
beutel oder staubkölbchen {anthera) Ratzkbvrg standort-
gewächse (1859) 29.
STAUBKORN, n. einzelnes staubtheilcJien, atom, vgl. oben
staub I, 3, sp. 1070 t^nd die entsprechenden begriffe (oberC)
stäubchen, staubfaser uji<f(«?if«»t) stäublein; (ncften atom:)
von dem ersten atom, dem unfruchtbarsten staubkome
der Schöpfung an, das noch kaum dem nichts entrann
(ältere lesart zu dem späteren staube) Herder 15, 289
Suphan (über die Seelenwanderung 3); so blieb er auch,
ohne zu weichen, bis vom zuge kein staubkom mehr zu
sehen war Hippel 8,110 (kreuz- u. querzüge 1,22), d. h.
rei7^ gar nichts;
um tücher aus Samarkand, um perlenschmuck von Aden
verhandl' ich nicht das Staubkorn, das deine ferse betrat.
Pl.\ten 79».
es bezeichnet übertragen (entsprechend staub II, 5, /, sp. 1089)
den irdischen menschen in aller seiner unbedeutenden nichtig-
keit: gott, was ist der mensch, das staubkom im ström
der Zeiten Herder 5, 240 Suphan; dann auch den erdball
(noch mehr im. tcegicerf enden tone al^ oben staubklump):
und was sollte meinen geist an dies träge staubkom
fesseln, sobald mein leib, diese hülle herabsinkt Herder
15, 271 Suphan; vgl.: doch ist es nicht schon eine straf-
bare thorheit, das staubkom gegen den unermeszlichen
zu wägen, das er, ohne zu achten, wohin es flog, von
dem säume seines kleides abblies ThOmmel reise 7, 206.
eine begriffliche Steigerung soll aber noch darstellen: und
nun mensch, du staubkom auf dem staubkom der
Schöpfung! Herder 6, 87 Suphan.
STAUBKÖRPER, m., gewöhnlieh im deminut. staub-
körperchen, n. in toissenscliaftlicher spräche das einzelne
Staubkorn: mit (dieser methoden) hilfe kann weder die
anzahl, noch weniger die natur, oder, um mich so auszu-
drücken, die Individualität der staubkörperchen bestimmt
und erforscht werden J. Fodor hygienische Untersuchungen
1 (1881), 91.
STAUBKRANKHEIT, /. erkrankung der Schleimhäute der
äugen und der atmungsorgane durch einwirkung von fabrik-
staub u. s. tc. deutsche Vierteljahr sschrift für öffentl. ge-
sundheifspflege 31 (1897) suppl. 317.
STAUBKRIECHEN, n. schmeichlerisches, sklavisches wesen
gegenüber einem, höher stellenden (vgl. staub II, 4, a, y,
sp.l083): ihr müszt doch eine entschädigung für euer staub-
kriechen haben Benzel-Sternau bei Campe.
STAUBKRIECHER, m. ein niedrigdenkender mensch, ein
Schmeichler (s. das vorige) Campe, vgl. atich unten staub-
lecker.
STAUBKRUSTE, /. lagernder staub, der durch feuchtig-
keit zu einer festen kruste geworden ist: durch die dicke
Staubkruste auf unseren gesiebtem bahnte sich der
schweisz furchen und rinnen Liliencron zehn novellen ts.
vgl. auch unten staubrinde.
STAUBKÜGELCHEN, n. (deminut. zu staubkugel,/.)
das einzelne kugelförmige sfniibtfieilchen im Staubbeutel
einer blute: diese staubkügelchen sind aber nur gefäsze,
worin höchst feiner saft aufbewahrt wird Göthe2, 6, 58
Weim. ausg. (metamorph. 64).
STAUBLAGE,/, bedeckende läge von staub: die ehemals
so glänzenden platten der tische und kommoden deckte
eine undurchdringliche staublage Marlitt heideprimesz-
chen 386. vgl. auch oben staubdecke und unten Staubschicht.
STAUBLAPPEN, m. zeuglappen, icelcher zum staub-
wischen dient (vgl. staub II, 1,A. *p. 1074): und Brandolf
wanderte sich nur, ob . . . ihm ehestens ein reinigungs-
werkzeug mit Staublappen und flederwisch anvertraut
werde? Keller 7,189 (sinnged. 9). vgl. unten staobtuch.
Cr.
1119
STAUBLAÜS — STAUBLEIN
STÄUBLING - STAUBMANTEL 1 1 20
STAÜBLAUS, /. l) bezeichnung einer art von sehr kleinen
kopflätisen Adelung (vermutlich handelt es sidi nur um
die junge brut der gewöhnlichen köpf laus).
2) auch name der papier- oder hücJierlauü {termes pulsa-
ioriua), Kelche, so fein icie staub, dem bloszen äuge kattm
sichtbar ist. ebenda, neuerdings umfaszt die benennung
staublaas zwei verschiedene arten, den kleineren 'troctes
diviimtorius' utid den gröszeren 'atropos pulsatorius'
Brehm kleines thierlehen 3, 638.
STAUBLAWINE, /. gewaltiger stürz einer groszen menge
feinsten eisstaubes, wobei die eigentliche gefahr roeniger
durch die so fortgeführten .<ichneeniassen, als durch den bis zu
örtlichen orkanen sicJi steigernden luftdruck bedingt wird,
vgl. Ratzel die erde u. das leben 2, 808/. in der schtoeize-
rischen form, staubloweln mit der erklärung: nivis minimi
cqpia homines tegens et aedificia Frisch 2, 822°.
allein die Staublawine bricht
fewaltsam fort, hat nur ein hauch
ie ersten flocken angetrieben.
A. V. Droste-Hülshoff 2, 194 {hosjnz auf
dem groszen St. Bernhard).
im vergleiiA: dann, einer Staublawine gleich,
entlastet sich der lüfte reich 2, 134.
STAUBLECKER, m., der gleichsam den staub vor einem
höher stehenden leckt (vgl. staub II, 4, b, sp. 1085), ein niedrig
denkender mensch, ein staubkriecher (s. oben) Campe.
STAÜBLEGKEREI, /. handlung, tMtigkeit und zustand
des vorigen : kriecherei und staubleckerei Kosegarten
bei Campe; er treibt viel staubleckerei.
STAUBLECKERIN , /. zu staublecker: wie oft diese
hohe göttliche Thalia eine spaszmacherin des pöbeis, oder
staubleckerin an sehr kleinen thronen Schiller 8, .512.
STAUBLEDER, n.. im steirischen l) irchleder, d. h.
hirsch- oder rehleder, weich gegerbt und schtvarzgefärbt
Unger-Khu LL öTO*»; 2) auch schmachgegerbtes (vgl. schmach
theil 9, sp. 896) schafleder. ebenda, (s. auch oben staubfell.)
STAUBLEIB, m. irdLicher leib des menschen, loelclter be-
stimmt ist, in staub zu zerfallen (vgl. staub II, 5, b, .sp. 1086);
die vergängliche hülle der unsterbliclien seele-.
den staubleib tragen! Schubart ged. 2, 65;
sie würgt ja nur des staubleibs glieder 1, 46;
und (ich) wünschte mir, ... ausgesöhnt mit gott, den
flug des Christen hinauf in die weiten des.lichts zu fliegen,
und diesen staubleib auf dem thurme zurückzulassen
leben u. gesinnungen 2, 107, loie man ein gewand von sich
streift; fehlt es nun an strahlen , so musz ihre seele,
nachdem der staubleib verfallen ist, heimatlos auf der
erde umherirren Ric. Huch vitae somnium breve i, 332.
STÄUBLEIN, 71., wie oben stäubchen deminut. zu staub :
das einzelne Staubkorn, atom. mhd. stöubelin. nhd. zu-
nächst noch kleyns stäublin, pulvisculus Dasypodius,
eine form., di« Luther noch stark bevorzugt, in der form
das ßtöuble, pülverle, pulvisculus Maaler 385«.
l) in eigentlicher bedeutung: es ist nicht ein steublin
noch iröpflin, damit gott nicht zu schafiTen habe und
dasselbige treibe Luther 24,39,16 W.u.; (die mutter)
schüttelte die äuserste stäublein aus dem saltzsacklin
über die brocken Simpl. 8,858,14 Kurz (vogelnest l,ll);
wem nur ein steublin ins äuge fällt, so wirts trüb
Lehmann 954,64.
a) stäublein als sandkorn im Stundenglas: denn wir
sterben täglich; und leret nicht das letzte steublein,
welches aus der uhr laufTt, solches Stundenglas aus
BuTSCHKY hochd. kant. fi6ö. anstatt des Sandkorns streut
e» der sandmann dem müden in die äugen, vgl. snnd II, i
{IheüS, »p. 1767) und sandmann 2 (sp. 1769):
(nach dem euen :) die äugen fallen dir zu
and wollen, wie man spricht, zar städteschreiberruh;
es soll ein at&uplein aem, das nach dem essen kOmmet.
ScHBRFFBR OroblanvM (1640) 189.
b) siAablein and beinlein, die letzten reste des verwesten
körpert: das er (Christus) alle . . . erhalten, und ihre bein-
lein and steublein bewaren will Maihrsius Sarepta
(U^l) 4*; vgl.! wie klein oder wintzig aber unser steub-
lein, beinlein . . . sein, dennoch hebt sie unser gott ileisnig
Ȋff M6^; neben der opferbrandasehe : zur stedte . . , da er
(Abraham) Isaao schlachten, und seine steublein und
Mcberlein befrabenwil Scuallkr theolog. Iierold (mm) kh.
Gr.
c) in weiterer Verkleinerung auch kleines stäublein : ein
kleines stäublein entzündet das ganze äuge Wander 4,785;
s. auch oben Dasypodius.
2) im vergleich als ausdruck der üuszersten nichtigkeit
(vgl. stäubchen 2 .sp. 1096): sihe, die insulen sind wie ein
steublin Jes. 40, 15; ich mus gleuben, das gott könne das
meer wegsprühen als ein steublin Luther 16,185,12 Weim.
ausg.; wenn himel und erden gar mein allein weren,
was hette ich gegen gott? nicht soviel als ein tropfflin
Wassers oder ein steublin gegen das gantze meer 82, 467, 19,
^Bo zugleich das typische, feste dieser Vergleichsformel deut-
lich wird; gleich wie . . . ein steublein sein mochte gegen
der sonnen 33, 579; s. Pauli lere sei als ein steublein
gegen den rhomischen kciser 635, 18 ;
und wenn man diss mein bleiben
soll recht und wol beschreiben,
80 ists ein nichts und bleibet
ein stäublin, das zerstäubet.
P. Gerhardt bei Fischkr-Tümpel
kirchenlied 8, 316.
3) in der Übertragung:
a) vom menschen (entsprechend staub II, 5,/, sp. 1089):
wer aber bist du denn? du punkt des erdenballs,
vergängliches insekt, und staublein dieses alls.
Lichtwer fabeln 196.
b) von der erde (entsprecliend staub II, 6, sp. 1090 ; vgl.
auch stäubchen 3 sp. 1096): seyd nicht verächtlich in
euren äugen, ob ihr gleich nur würmer auf einem stäublein
seyd, das im unermeszlichen Weltall herumschwimmet
Abbt 6, 3, 220.
4) im bilde sich bewegende verstärkte Verneinung (vgl.
stäubchen 5 «p. 1096): (die jüden) schreien: gar aus, rein
abe mit dem, das nicht ein steublin seines gedechtnis
überbleibt Luther 28,334,27 Weitn. ausg., d. h. rein gar
nichts, ebenso: gott... wil, das man nicht ein steublin
davon lasse überbleiben Weim. ausg. 762, 33 ; eyn dürr blad,
das auff der erden ligt, da alle würmlin drüber lauften
und sich nicht eyns steublins erweren kan Weim. ausg.
19,226,18; ich gebe nicht ein stäublein drum Wandek
4,785; allein er sah und hörte nicht ein stäublein und
nicht einen laut von der jungen dame Fides Keller 6, 53
Hadlaub. positiv gewendet: aber sie Hessen lieber mantel
und hosen in stich als sie von ihren ehren ein stäublein
verlieren wollten Lehmann 181. mehr erklärend, als die
Steigerung abschwächend ist: gegen welcher person alle
menschen aufT erden . . . ein steublin , ja nichts sind
Luther 28, 225, 22 Weim. ausg.
STÄUBLING, m. 1) eine dichteriscJie bezeichnung des
armen sterblichen mensclien (entsprechend staub II, 6,fund 6,
.s^j. 1089/.): von einer Seekrankheit läszt sich nun eben
nicht viel sagen, als dasz so ein meer wenig federlesen
mit armen stäublingen macht, und kämen sie auch mit
Orden und adelsbriefen, goldknöpfen und goldspangen über
und über bedeckt dahin Agn. Schebrst aus dem leben
einer künstlerin 287.
2) dasselbe wie oben staubboßst, lycoperdon bovista.
STAUBLINIE, /. l) in wissenschafUicIier spräche schieht-
artige linie von staub, wie sie sich z. b. im firnschnee ab-
gesetzt hat: die firnflecken haben auch ihre staubiinien
und -schichten Ratzel dt« erde u. das leben 2.814.
2) von den mit staub voUgeselzten linien derluind: die
fauste der andern waren zerhackt von luiilicn mul rinnen,
zerschnitten von staubiinien Zahn Li 66
STAUBLÖFFEL. »».. in einem steii von
1769: 1 staublöffel 4 kr. Unokh-Khui 1 -t« löffel,
den staub (s. dort II, i,l, x, ap. 1077) at(.^ iierauszu-
nehmen.
STAUBLOS, a4j. ohne staub: aber die luft war wirklich
wie baisam, durch den regen heute frUh ganz staubloft
und milde Hkysr kinder der wdt a, «7;
mit . . .
gew&ndem, die staublon giftnzen.
ROCKBRT U. 84
STAUBLUFT, f. die mit mehUtaub ffaehwOngert* U^
in einer mühte.
STAUBMANTEL, m. $um »ehuta (der kleider) gegen dm
umherfliegenden »traetenetaub. vgl. oben staubiicmd, staub*
kittel u, e. w.: kaum hatte ich meinen staubmantei ab-
geworfen, so trat dieser (der baron) auch schon in meia
Cr.
1121
STAUBMASKE — STAUBREICH
Zimmer Thümmel reise 9, 153, vgl. auch nocJi 6,96; einen
braunen rock mit übergeworfenem grauem staubmantel
und eine breitschirmige filzmütze trugen damals auch
andere reisende Hoffmann v. Fallerslf.ben leben 1,171;
einem den staubmantel umlegen. — in übertragenem sinne
ivie staubgewand u. ä. eine bezeiehnung des mensdilichen
körpers, xceUher dem staube, der Vergänglichkeit artgehört:
\renn ich ... an ihrer {der warte seliger zukunft) hellen
pforte meinen staubmantel abgeworfen . . . habe Thümmel
reise 10, 409 ; mit weiterer bestimmung auch staubmantel
der endlichkeit Benzel-Sternau bei Campe.
STAUBMASKE,/., von fabrikarbeitem zum scliutze gegen
den staub vor dem gesicht getragen Dammer handtcb. der
gesiindheitspßege 753''.
STAUB.MASSE,/.«Mi*sc lagerndenund irirbelndenstaubes.
STAÜBMEHL, n, ganz feines mehl, welches beim getreide-
mahlen in der gestalt von staub auf stiebt: staubmäl
Maaler 385=; staubmehl, farina volatica b volatile, farina
matta. farinella, frisceUo Kram er dict. 2 (1702), 916* ;
staubmehl, farina volatilis Stieler 2124; staubmeel
Frisch 2, 322<=; staubmehl Adelung; in der stampf-
niühlen . . . ward griesz . . . und staubmehl gemacht
{crimnum et alica) Comenius janua aurea (1644) 114.
s. auch flugmehl (theil 3, sp. 1847) und niehlstaub {theil 6,
sp. 1869), soxcie oben stäube l sp. 1097.
STAÜBMOOS, n. nach Campe begrifflieh dasselbe wie
oben staubflechte (sp. 1109).
STAUBOL, n. mischung von mineral- und pßanzenöl,
Kelches vnder die staiibenticicklutigaufdenfuszbodenauf-
getragen wird.
STAUBPARTIKEL, /. (n.), dasselbe wie unten staubtheil.
STAUBPERLE, /. ganz kleine perle, welche nicht durch-
bohrt, nur zu arzneizwecken gebraucht wird Adelung.
s. auch samenperle i (theil 8, sp. 1737).
STAUBPFLANZE, /. i) die botanische bezeiehnung der
männlichen pflanze im gegensatz zur weiblichen Samen-
pflanze Oken 3, 1553. vgl. auch oben staubhanf.
2) nach Campe attcA eine andere bezeiehnung für staub-
moos.
STAUBPINSEL, m. l) ein feiner pinsd. um s. b. den
staub von einem gemälde zu entfernen Campe.
2) mit Staubpinsel bezeichnen die manrer einen abge-
nutzten Schwemmpinsel, mit welchem sie vor dem iünclien
eine wand abreiben, ebenda.
STAUBRAUM , m. , dasselbe icie oben staubkammer
Dahmer Jiandtcb. der gesundheitspflegeloä*.
STAUBREGEN, m. ganz feinet- staubartiger regen; s. auch
oben Sprühregen (sp. 190): Staubregen, pioggia minuta,
aquicdla, piovetta, piovaeella, spruzzaglia Kram er diet.
2 (1702), 916» ; Staubregen, pluvia tenuis, roratio Stieler
2124. Adelung, vgl. niederd. stoffregen, pluvia tenuis
Chytraeus 6. der nebelartig die luft trübende Staub-
regen Humboldt kosmos i,337; bis an die Knöchel im
kothe! und obenher feucht von nebel und Staubregen
wie eine unglückliche najade A. v. Droste-HOlshoff an
L. Schücking 162. Staubregen erregt auch der Wasserfall,
"staub (sp. 1091), der staubbach (sp. 1092) u. s. w. vgl. auch
staub II, 1, l, & (sp. 1077) und stäuben 2 (sp. iioo/.): felsen,
zwischen welchen aus den wölken herabstürzende ströme,
bald in funkelnden Staubregen aufgelöst, bald in un-
geheuren schaummassen durch die geborstnen klippen
sich drängend, unzähliche wasserHille bildeten Wieland
88,142 (hexam. von Rosenhain; entzaubei-ung); denn wenn
das Wasser sich in Staubregen zersplittert, kann es keine
mühle treiben Claudius 3, 161. in einer begriffsenceite-
rung: zwischen einem Staubregen von blütendüften J.Paul
7, 118 (Hesperus i). als ein in ein bild eintretender ver-
gleich : alle gaukeleien der tonkünstler ohne inneres mark,
das heiszt, ohne richtig bestimmte theorie, . . . glitschten
an seiner felsenseele wie Staubregen ab Schurart
ästhetik der tonkunst 95. hierauf beruht wol das folgende
bild: (das musikalische gekritzel und geschnörkel in den
Ouvertüren) ist der Staubregen, der das herz für die groszen
tropfen der einfacheren töne aufwühlt J. Paul 8, 96
{Hesperus 2).
STAUBREICH, adj. reich mit »taub erfOUt: in einer
staubreichen atmosphäre Damm er handwb. der gesund-
heitspflege 750*.
X. 2. Cr.
STAUBRITTER — STAUBSTURM 1122
STAUBRITTER, /. im Elsasz ein sehr engmaschiges sieb,
welches nur noch den staub durchläszt, ähnlich staubsieb
Maktin-Lienhart 2, 804.
STAUBROT, n.. s. das folgende.
STAUBRÖTE, /. die färberröte, welche in der form von
pulver aus den feinen wurzelfasern herausgestampft wird
Campe, dafür auch das staubrot ebenda.
STAUBSÄGE, /. bei den kammachem eine säge mit zicei
blättern, tcelehe zum einschneiden der zahne in den staub-
kamm (s. oben) gebraucht teird Adelung, sie wird auch
als staubzeug bezeichnet, ebenda.
STAUBSAME , m. same so fein wie staub, insbesondere
nach Illiger bei Campe der same mancher schwammarten.
STAUBSAMMLER, m. Vorrichtung, lagernden und tnr-
belnden staub aufzusaugen und in sich anzusammeln; ein
anderer name dafür ist Zyklon, iceil die mit staitb ge-
schicängerte luft bei ihrer aufnähme in die maschine in eine
stark wirbelnde bewegung versetzt wird.
STAUBSAND, m. feiner sand, der bei icind leicht in die
Jiöhe xoirbelt Adelung, sonst auch flugsand (s. theil 3,
sp. 1849) genannt Campe.
STAUBSAUGER, m. gei-ät. tcelches gegenstände durch
absaugen von dem darauf lagernden staub reinigt, vgl. oben
Staubsammler, zu dem es sich als eine ergänzende Wort-
bildung stellt, ohne aber in mehr als der idee mit ihm
übereinztistimmen.
STAUBSAULE, /. vom urirbdurind säulenartig empor-
geicirbelter staub Ritter er dktinde i, 266: an des schlosz-
bauern haus trieb der Wirbelwind eine staubsäule in
die höhe Auerbach l, 138 (Ivo. der Hajrle) ;
hörst dn den samnm aus der wüste brausen?
Staubsäulen schreiten riesenhaft voraus,
die gleich den kreiseln in sieb selber sausen.
MosBN 2 (1863), 293.
im scherzhaften vergleich sagt man in der Studentensprache
von einem arg angezechten sich beknüllen wie eine staub-
säule Kluge studentenspracJie 127.
STAUBSCHICHT /. i) deckende schickt von lagerndem
staub: die graue Staubschicht des sonnenheiszen pflasters
Marlitt lieideprinzeszchen 273. vgl. auch oben staubdecke
und Staublage.
2) schickt gelagerten staubes im firnschnee. s. den bdeg
unter staublinie.
STAUBSCHNEE, m. feiner, stiebender (eis^^sehnee : wann
der wind den staubschnee so stark über das land hin-
treibt Frisch 2,322"=; feiner staubschnee Liliencron
zehn novdlen 114. vgl. oben Staubregen und die erklärung
von Staublawine.
STAUBSCHUH, m., plur. staubschnhe, ealeei ex eorio
fusco Stieler 1938; staubschuhe, scarpe da mettersi quando
fä polvere Kramer dict. 2 (1702), 916*.
STAUBSCHUTZ, m. tn heutigen fabrikanlagen eine Schutz-
vorrichtung gegen udrbdnden staub.
STAÜBSCHWAMM, m. l) begrifflich dassdbe wie oben
Staubbofist, lycoperdon bovista Adelung.
2) nach C.^mpe auch eine benennung weicher blätter-
schwammarten (agarici pulvinati), die wie mit feinem staube
bedeckt scheinen.
STAUBSIEB, n. ein sehr feines sieb, insbesondere : staub-
sib, damit man den staub ausz der frucht reutert, un
crible, qui fert ä cribler le bled Hu LSI US (1616) 307*; staub-
sieb Adelung.
STAÜBSPINNE, /.; staub- und kehrigspinne , aranea
pulverulenta, in quisquiliis latens, die mit allerhand mist-
partickeln bedeckt ist Frisch 2, 302"=, unterschieden von
der wihkel- oder hausspinne, an die Adelung und Campe
hier denken.
STAUBSPRITZE, /. (kleine) spritze, welehe flüssigkeiten
zerstäubt, sonst atUh drosophor genannt, s. auch oben
stäube 3 sp. 1097.
STAUBSTAMPFEND, adj. im staube (dahin) stampfend;
(im bilde:) 0 schlaf! du schirrest aus die straffen bände
der schaumschnaubenden, staubstampfenden gedanken
Auerbach dor/^re^cA. 3, 183 (Luzifer), etwa wie rosse, vor
den wageti gespannt, im staube der strasze sicJi fortbetcegen.
STADBSTURM, m. (steppen)sturm. welcher grosze staub-
massen mit sich fültrt, vgl. Ratzel die erde u. das leben
1,491. 2,338: Burnes erlebte hier, an derselben stelle, wo
71 Cr.
1123
STAUBTABAGK — STAUBWIND
STAUBWINKEL — STAUBWOLKE 1124
von zwei entgegengesetzten riesenbergen die heranziehen-
den iuftzüge sich über dem heiszen thale begegneten,
furchtbaren staubsturm Rittkr er dkunde "1,229.
STAUBTABACK, m. sehr feiner, trockner taback Campe.
STAUBTHEIL, m. (n.) die einzelne Staubpartikel, tcie oben
staubfaser, Staubkorn zur Vereinzelung des collectivbegriffes
staub gebildet: aus verwitterten feinen staubtheilen
Kitter erdkunde 14, 648. vgl. auch noch stäubchen, stäub
lein, denen enfsprecJiend das deminut. staubtheilchen.n.
als eine iceitere Steigerung dieses Vereinzelungbegriffes
starke geltung gefunden hat: regen und schnee bringen
immer Staubteilchen aus der luft mit herab Ratzel die
erde u. das leben 2, 407; sogar kleine Staubteilchen 409, die
nur noch durch schlechthin kleinste Staubteilchen {äro/uoi)
überboten werden können, vgl. auch oben Staubpartikel.
STAÜBTHÜRM,»i. in Jieutigen fabrikanlageti ein in einem
thurmartigen gebäude untergebrachter staubraum (s. oben)
Wetl handblich der hygiene 8, 210.
STAÜBTRÄGER, m. nach Campe begrifflich eins mit
oben Staubfaden.
STAUBTROCKEN , adj. 'so trocken wie staub' oder 'so
trocken, dasz sich staub enticickeln kann': auf staubtrockner
landstrasze. im, übertragenen sinne: ein 'an die deutschen
dichter' gerichtetes , theils schwülstiges , theils staub-
trocknes programm E.Schmidt Lesslng'^ i,&i.
STAUBTUCH, n. tuch, mit welchem gegenstände vom staub
gereinigt icerden, fast ein attribut der ordnenden hausfrau.
vgl. auch oben Staublappen: sie {die kleine, alte frau)
schien so recht nicht etwas vorzuhaben, trotz des Staub-
tuches in ihrer band, mit dem sie hie und da an den
umherstehenden dingen sich zu schaffen machte Stokm
4, 242 {Psyche), vgl. auch i, 147.
STAUBVOGEL, m. nach Campe eine andere benennung
für den staubflügler (*. oben).
STAUBWEDEL, m. tce.del, mit xcelchem der auf einem
gegenstände lagernde staub Jieruntergefechelt wird: die
frau auf dem stuhle.., einen Staubwedel in der band
Kei.lek 7, 145 {sinnged. 9). vgl. auch oben Staublappen,
Staubtuch.
STAUB WEG, m. in einer blute der weibliche griffel,
iodcher den männlichen {befruchtenden) staub aufnimmt
Adelung; der Stempel {pistillum) besteht aus dem frucht-
knoten (gerrnen, ovarium) , dem griffel oder staubweg
{atylus) und der narbe {stigma) Ratzebu kg Standort-
getoächse 29. vgl. auch: ßora von Deutschland^ 3, 4.S: ob
man gleich in diesen fernen zeiten die geschlechtsgHede-
rung so wenig nach Stammbaum und pergamenthaut
würderte, als man . . . die blumen nach Staubfäden, staub-
wegen, kelch und honigbehältnisz ordnete MusÄus volksm.
4,91 {Libuasa).
STAUBWEIN, m. als schtäbwein" (schtabbein ) in Ober-
hessen eitle bezeichnung für den schmaus nach dem aus-
drusch des getreides, eigentlich 'der iceiri, welcher den beitn
dreschen geschluckten staub aus der kelUe spülen soll'
Crecei.ius 806.
STAUBWELT, /. weit, vom staub beherrscht, d. h. der
irdischen Vergänglichkeit unterworfen, vgl. staub II, 7,
*p. 1090; ging er aus der staubweit der prüfte
hinauf in das reich der himmlischen lUfte.
RCCKERT 12, 12.
STAUBWERKZEUG, n. ioerkzeug, Vorrichtung in einer
männlichen blute, den befruelitenden staub zu bereiten;
begriffen xoerden darunter staubgefäsz, Staubfaden U7id
stauiäbeutel {». diese oben): bildung der staubwerkzeuge
GöTiiK 2,6,49 Weim. atatg. {metamorph. VI); die nahe Ver-
wandtschaft der kroncnbiätter mit den stauhwcrkzeugen
ebenda; und so entstehet ein stauhwcrk/eug, wenn die
Organe, die wir bisher als kroncnbiätter sich ausbreiten
gesehen, wieder in einem höchst zusammengezogenen
and zuftleich in einem höchst verfeintcn zustande er-
scheinen ebrmla 60.
STAUBWIND, m. »taub mit sich führender wind (vgl.
oben staubdlurm), in steppen- und wilatengegenden eine
häufige plage: ventus qui campi» nceitate torridia nu/je»
pulverit vehil Stiklkh S4«s: atuh bei Kramkr dict.
t(170S), 916; der staubwind war glühend Kittkii erd
künde 7,80; die fcnRtcr (der nubiitchen häuter) bestehen
aus einem . . . lehm/.iegclgalter von ziemlicher dicke, ein
U.
hinreichender schütz gegen sonne und staubwind wissen-
schaftl. beilage zur Münchener allg. zeitung (1909) 306".
STAUB WINKEL, 7«. xcinkel eines hauses. welcher ab-
gelegen oder sonst schwer zugänglich, den sich anhäufenden
staub vor dem reinigenden besen birgt: durch alle staub-
winkel des hauses kriechen, einen gegenständ mit eifer
darin suchen, im bilde: Wahrheit forschen, sie in allen
staubwinkeln suchen Scuuuart leben u. gesinnungeji i,2H.
STAUBWIRBEL, m. tcirbeltcolke emporgetriebenen staubes .-
wenn dann zugleich sich ein Staubwirbel erhebt Steki-ens
wa.» ich erlebte 4,190; schneller kreisten die Staubwirbel
um seinen leib , sie bargen das schwarze festkleid in
fahlem grau, glitten fort mit dem schreitenden und hüllten
ihn ein, dasz ihm das grün der bäume und die ge-
stalten der menschen entschwanden, und er in einer wölke
dahinlief Freytag 7, 243 (vexi. handschr. 4, 4). — dichter
Staubwirbel: handgenienge . . , dichte Staubwirbeln ver-
hüllten freund und feind, die hunde bellten Eichen-
DORFF 131, 24 Koch {universitätslehen). — mit bezug auf die
färbe: männer zu fusz in braunem Staubwirbel aufein-
ander los! MALER Müller 1,359; graue Staubwirbel. —
bildlich: wir waren bodenlos unglücklich, das leben sah uns
dürr an wie die wüste Sahara und trieb uns Staubwirbel
in die äugen Immermann Münchhausen 3,174; hat sie
Wahrheit gesprochen, so müssen alle Staubwirbel, welche
die geschäftigkeit des modernen Unglaubens aufwühlt, sich
zerstreuen und verschwinden ebenda 2, 176; in allen klassen
aber gab es noch familien genug, die, gleichsam mit
einem nationalen Instinkt, den alten Stammbaum frommer
zucht und ehrenhaftigkeit in den stürmen und Staub-
wirbeln der neuen Überbildung, wenn auch nicht zu
regenerieren, doch wacker aufrecht zu halten wuszten
Eichendorff 17. 27 Koch {deutsches adelsleben).
STAUBWISCHER, m. 1) einer, der den staub tcischt.
im folgenden als schelte für einen selbstbetpiegler : du
federchensucher, du staubwischer, der sich unschuldig
thut Ludwig 1, 191 (zwischen himmel u. erde).
2) ein tuch ztim staub wischeu.
STAUBWOLKE , /. xcolkenartig {durch den xcind oder
sich bewegende massen von metischen oder thieren) empoi-
gewirbelter staub : gott ist ja überall, im sonnenstral und
in der Staubwolke Sciiubart leben u. gesintiutigen 2,309;
der nackte gipfel des Ätna in schnee und flammen und
Staubwolken und strömen von glühender lava Gleim
briefe 1, 252 Körte, häufig: in den Staubwolken der . . .
strasze Ludwig 2, 584 (Maria); auf dem wege ergriff sie
eine Staubwolke Arnim 12, 141; die Staubwolke auf dem
Schlachtfelde: dicke Staubwolken erheben sich zwischen
den beeren, die schlacht wogt hin und her Freytag
17,97 {bilder i); sie ist die kütiderin heranziehender heer-
häufen : zu den gröszten reuterschaaren . . . flogen sie . . .
in mächtigen Staubwolken heran Ritter erdktinde i,2*&;
siehst du die beiden Staubwolken? Graube 8,463 (Hanni-
bul); auf der strasze nach den wällen zog eine lange
Staubwolke, der scharfe bHck des Bündners erkannte
darin eine reihe schwerer lastwagen C. F. Meyer Jürg
Jenatsch 59; als die das heer verkündende grosze Staub-
wolke sich näherte 274, während in der spräche der
neueren Strategie dieses amt die (sjtrachlich verblaszte) staub-
erhehung übernommen hat. harmlosere» lebeti bergend:
der ganze königliche trosz, der, in eine Staubwolke ge-
hüllt, vor mir dahin rollte Kleist 6,72,18 E.Schmidt f
{brief vom le. aug. 1800); die braunen Staubwolken über '
unseren groszstädten und industriebezirken Ratzel dt»
erde utid das leben 8,409. im crperiment : man errege näm-
lich in der linie, in welcher das (aus dem prij>ma heran»-
tretende) bild durch den dunklen räum geht, eine weisse
feine Staubwolke Göthk 8, 1, 13+ Weim. auag. (farbetUehre)
und in der vision: zur Staubwolke wurde der (grab)hüg9l,
durch die wölke sah ich die verklärten zQge der geliebten
Novalis I, 87 3fei»«»i«r. al» eine sprachliche hyperM ist
auftx^fa»»»n: die jacke hing er an den pfeilcr und klopfte
eine Staubwolke heraus Cl. Brentano» frühling»kran2 6S,
die auch heute noch gebräuchlich ist. — im bilde - alles
echte . . . bleibt der nation im durchschnitt werth , und
man wird den gesetzten mann, wenn sich die Staubwolken
verzogen haben, nach wie vor auf seinem wege gewahr
GÖTIIK I, «1, 77 Weim. autg.
Cr.
1125 STAUB WURM — STAUCHE (I, 1)
STAUBWURM, m. unirm, der im staube kriecht; im
folgenden mit beziehung auf staub II, 6 (sp. 1090) irie oben
stäubling, staubessohn u. s. w. eine bezeichnung der erden-
beicohner: ich gestehe ganz naiv.., dasz ein solcher
{vizegott) sich um uns staubwürmer mit spezieller soi^e
und theilnahme . . . bekümmern könne Pückler briefio.
u. tageb. 5, 75.
STAUBZÄHLER, m. ein physikalisches instrument, mit
dessen hülfe die in einem bestimmten luftvolum enthaltenen
sfaubtheilchen gezählt werden können: Aitkinscher staub-
zähler.
STAUBZEÜG, n. begrifflich eins mit oben staubsäge
Adei.cxo.
STAÜBZOTTEL , /. rest alten verstaubten spinngeicebg
in den ecken und u-inkeln der hättser: auszer den alters-
sehwarzen staubzotteln und langbeinigen ungeheuem
{spinnen) kam aber auch noch eine kleine . . . tapetenthür
zum Vorschein Mar litt heideprinzeszchen 109. Cr.
STAUCH, OT., nebenform zu stau, vgl. dieses und stauchen,
nur in der Verbindung im stauch gehen, tcofür auch ad-
verbial stauch gehen von wassermühlenrädern : 'stauch
oder im stauch gehet ein mühlenrad , xcenn das xcasser
so grosz angexcaclisen und im gerinne so tieff worden,
dasz das rad tcegen tciderstand des rcassers nicht wohl
herum gehen kan' Zincke öconom. lex.- (1744) 2802; 'bey
den Wassermühlen sagt man, das rad gehe im stauch,
oder auch adverbialiter, es gehe stauch, wenn das wasser
so grosz geworden, dasz das rad nur schwer herum gehen
kann und von dem wasser gleichsam gestauchet wird;
nieders. stau' Adelung (i). Jacobsson 4, 265V- Campe (2).
Krünitz 171, 67.
STAUCH, m., s. stauche.
STAUCHAPPARAT, m. apparat zum stauchen (s. das.
I, 5, c) der sägezähne Karmarsch-Heeren^ 7, 501.
STAUCHARBEIT, /. (zu stauchen I, 5, c, vgl. d. vor.):
die staucharbeit bedingt naturgemäss eine ungleichförmig-
keit der gestauchten kanten Karmarsch-Heehen* 7, 50i.
STAUCHE, /. I. langer herabhängender ärmel, kopftuch,
Schleier, ein gemeingerm. wort: altn. stüka ärmel Cleasby-
ViGFUSSON 600*"; ahd. stücha,/. manica, commaticus Graff
6,638; mhd. stüche, /. m. Lexer ÄandicJ. 2, 1259; mnd.
stuke Schiller-Lübben 4,448». dazu im ablaut ags.
stocu langer ärmel, vgl. Kluge® 376'* und in Pauls grtindr.^
1, 457, § 220. Ursprung und weitere beziehungen des wertes
sind unsicher, vgl. stauchen und Kluge a. a. o. ToRP bei
FicK* 3, 494. Prellwitz etym. wb. d. gr. »pr.- 440 (unter
ervfoi). (auch die entlehnung der roman. Wortsippe ital.
astuccio, *pan. estuclje, /ran/, dtui u.s.w.futteral.behältnis,
musz mindestens als ziceifelhaft gelten, s. DiEZ* 30. 707/".)
l) die ursprünglichste bedeuttmg ist offenbar die eines
(langen und weiten) ärmels, die im ahd. rcie im. altn. (und
ags.) ausschlieszlich begegnet, im mnd. überwiegt, aber auch
im mhd. und nhd. sich gehalten hat.
a) manica . . . stucha (ahd.), stuiche, stucke Dief. gloss.
347»; stuchen vel klanken nov. gloss. 245'' (dazu: manu-
deata gistuchet roc gloss. 347», manicle{ci\ta gestüket rok,
t. vestis duplices manicas habens nov. gloss. 245*'); peri-
Bolidis (== neQiaxeXis) i. superus ain stuch, stick, en
stucke gloss. 427*", perisolitis eyn stuke nov. gloss. 288»;
sup{p)arus, -erus . . . ein lang(er) ermel . . . stuche, schnche
{J,. sthuche?), stuch, stuoch, stug, stawch, stuke, stuck
gloss. see*", stuke edder grote mauwen, eyn langh vor
manwe, stuch nov. gloss. 3^^; in manicis, in ermelen,
stachen quelle 6et SciiM.* 2,722; supparus est manica laxa
et longa in ve.ste muliebri, ein stauche ebenda (ib. jahrh.);
voc. V. 1482, s. unter 2, a.
b) mhd. stüche begegnet als fem. und als schwaches
masc., vgl. dazu auch 3. Gmmm gramm. 3, 45i. W.Grimm
kl. sehr. 3, 268/ 412. stüche bezeiclmet in der regel ein stück
der frauenkleidung, nämlich den iceiten, lose herabfallenden
ärmel des oberkleides, der über den engen, festge.'tchnürfen
tmterärmel geht, und der in der spätem zeit oft nicht fest-
genäht, sondern nur angeschnürt und daher abtrennbar ist,
\ «yi. nocÄ Weinhold d./raf««n' 2, 225/ By.JinjiF.R bürgert,
hunstalterf. bll. Heyn f. Äa«»aZfer^ 3, 311. siüche bei frauen:
sines swertes heize vom
zarte ir bS dem krumben reien einen kleinen stflchen.
Neidhart v. Rbuental 90, 19;
Cr. Mr.
STAUCHE (I. 1)
1126
Ringewiffel bt der stftchen
yrouwen Elsen vuorte minnes. 2, TS*», 6 Hagen;
dag wip vil dinges bedarf
von cleidern unde stachln.
Hugo v. Langensteix Martina 132*>, 31 ;
ain rayszkappe was ir claid, . . .
si hette(n) zway lange stauchen:
das sy di arme entlauchen
zu dem greyffen solde . . .
Heinrich v. Neustadt ApcHlon. 19878 Singer;
später auch bei männerkleidung : item in disen selben
geziden gingen frauwen, jungfrauwen unde manne, edile
unde unedile, mit tapparten. . . . unde di manne drugen
si lange unde korz . . . unde machten daran lange grosze
Wide stuchen (var.: stauchszen, tuch, duch) endeiles nf
di erden Limb, ehron. 79,20 Wysz (cap. 145); item vortme
drugen di manne arme an wamselen, an schopen unde
an anderer kleidunge, di hatten stuchen (var.: stuchszen,
stuszen, schueszenn, stauchszen, stiessen, stausen) binach
uf di erden, unde wer di aller lengesten drug, der was
der man. 80, 5;
er trüc an sime Übe
einen pelz von hermelin . . .
die stuchen wären im ■wit.
Germ. 16, 69»>. («. atich Frisch 2, 322«>.)
stuke nur an einem arm: des stichtes man moghe ghi
(die äbtissin v. Wunstorf) wol belenen in iuwem werleke
(tcelflichen) klede, des (wenn tiur) gi de witten stuken
hebben in juwem vorderen (rechten) arm Calenb. urk.
bei Schiller-Lübben 4, 448^.
c) von rfer stüche wird mannigfacher gebrauch gemacht :
a) um schweisz abzuicischen u. ähnl.:
nu erfürbte si diu guote
von sweije und von bluote
mit ir stuchen orte Erec 4508;
si wischte in mit ir stächen und mit ir wijen bant.
Ortnit A 467.
ß) um das gesicht zu verbergen:
den stächen von dem röckelin
warf ich da über da; houbet min.
Ulrich v. Lichtenstein 287, 3.
v) häufig um eticas darin zu tragen, tcobei die ärmel
wol abgenommen und wie beutet verwendet wurden:
du sla Holofemi
da; honbit von dem buchi.
da la ligin den satin buch,
da; houbit sto; in ginin (I. dinin) stnchin.
Diemer d. (led. 123, 12 {alt. Judith) ;
ich and mfne meide tragen in die steine in wlgen stachen.
Kudr. 1.S85. 4;
da; gebein wants in ir stuchen,
diu frouwe wol getan.
Wolfdietr. D VIII, 326.
so auch : 'nach Ruprecht v. Fr. rechtbuch v. 1332 . . . soll
man der frau, welche gegen einen mann, den sie der noth-
zucht beschuldigt, in gerichtlichen zweyknmpf tritt, ainen
stain in ir stauchen geben, der ein pfunt hab ..; nach
dem Augsb. stadtb. . . . soll sie in ir stuchen (in jrer
stauchen) haben einen füst grozzen stein' Schm.'2, 722;
di frauwe soll hie aussen gan,
ainen stauchen in der hende han (^ : ainen stain in
der stauchen han)
mit riemen dar ein gepunden,
swer pey dreyn pfunden.
Heinr. V. Neustadt ApoHon. 20188 Singer;
di (rar. .- der) stauch soll wesen leynein
and zwayr elen langk sein. 20191 ;
er hiesz ir dar ir were geben,
in ainer stauchen ainen stain. 20243.
doch ist hier die bedeuttmg häufig zweifelhaft, vgl. unten
2, b und 3, b. eigenthümlich und durch die besondere not-
läge motiviert ist folgende Verwendung einer stüche, »«m
wasser zu transportieren:
ze einer vil kurzer vrist
hat sie ein wajjer vunden,
dar in hat sie gewunden
wol halben ir stOchen,
wan si7, niht mohte belüchen
in der hant noch beslie;en,
sie vorhte e; vergie:^en.
Hbinr. V. D. TüKLiN crone 18072.
^ einen abgetrennten ärmel empfängt der ritter von seiner
herrin als 'kleinoete' für turnier und kämpf; er heiszt
ermel Parz. 375, ll. 390,20; stäche:
71* Mr.
1127
STAUCHE (1,1.2)
STAUCHE (I, 2)
1128
ir snit mir eine stuchen geben
zu eime kleinofe,
des darf ich zu note,
da; man erkenne da bi
das ich ein froweu ritter si.
Hbrbort V. Fritslar 9509
annu) ;
)heif im san da:; blut
gliche ho dem schafle
U7 pl
gliche
da die stuche ane hafte. 9980.
vijl. K. KociiENDÖRFFER, die mouice als toappefibiltl , zeitschr.
f. d. alterth. 28,246 — 250. von hier atis gelangt die stüche
dann auch ztitceilen in ritterliche wappen, s. Gritzner
herald, terminol. (Siermacher wappenb. einl. B) 118. 308**. —
eitle ähnliche Symbolik liegt auch folgender vertoendung
zu grtinde:
her Dietrich jagete in nmbe mit starken siegen gröj.
d6 viel er der kOne^inne nider in die schö;.
d6 warf si einen stüchen tiber den küenen degen,
dämite si gevriste hem Slvride lip und leben.
roseng. A 865.
d) im altern nhd. tritt diese hedeutung sehr zurück; es
musz jedoch beachtet werden, dasz aus den meisten belegen
nicht mit voller Sicherheit zu ersehen ist, ob diese bedeutung
oder 2 vorliegt, ein vereinzelter beleg setzt c, y fort: welche
frauen ihre beste kleider anhaben sollen, und das wachs
in Iren stauchen tragen weisth. 3, 369 (Lauterbach in Hessen;
vor 1589). später scheint sie im, allgemeinen erloschen zu
sein; die Wörterbücher führen sie vereinzelt aus älteren
quellen auf: stauch, wodurch man den arm steckt, manica
longior Frisch 2,322" (nach d. voc. v. 14«2, s. 2). Scherz-
Oberlin 1562. Adelung (2). doch hat sie sich landschaft-
lich hie und da erhalten , so pfälz. stauch , pl. steuch
ärmel; in eticas abiceichendem sinne thür. stauche, sduche
'ende des liemdärmels' Hertei, sprachsch. 234. Salzunger
xcb. 44. so erscheint sie gelegentlich auch in neuerer litte-
ratur; ganz in dem ursprünglichen sinne eines ober- bezw.
Überärmels (ärtnelschoner, auch schreib- und tintenärmel
genannt): der herr auktionator . . . wandte sich leise
tuschelnd an seinen gehilfen, der, zur Schonung seines
schäbigen Überrocks mit einer kattunen ärmelstauche
bewaffnet, sich damit beschäftigte . . . Laufk Pittje Pittje-
uritt (1903) s. 149; der herr Protokollführer mit den tinten-
beklecksten stauchen. 406.
e) sonst ist stauche itn nhd. (seit ende des ;:. jahrh.)
mit leichter bedetdtaigsänderung zur bezeichnung der beider-
seitig offnen, loalzenförmigen scJnitzhülle aus pelz geirordfn,
in die man im winter die hände steckt, tcm sie icavm zu
halten, steht also synonym mit dem nicht viel früher ent-
lehnten muff, vgl. dieses, theil 6, 2683: sed muff . . . nuoque
exponitur: manica, alias stauche Stiei.er 1296; stauche,
et staufe, die, it. stutze, alias muff, manica, recondendis
manibtis apta. 2126; meist als masc: stauche, stauchen, m.
[voce non usata die da' populi del basso Ueno .. .\ maniccia,
manizza di cacciarvi dentro le mani ne' freddi delV inverno,
V. ermel, muff Krämer dict. (1702) 2, ül7»; stauch, worein
man im winter die hände steckt, s. ermel oder muff
Frisch 2, 322»; 'im oberdeutschen ist stauch oder staucher,
ein muff, besonders ein kurzer enger muff, der daselbst
auch ein stutz, ein schliefer, genannt wird' Adelung (2),
rfoTUJc/t Campe. Krünitz 171, 67. r^^ Weigand 2, 802. so
lieute in rhein- und mittelfränk. mundarten, durchweg als
schwadies masc. stauche (plur. = sing.), s. Klein 2,169
(Ifalz. Koblenz, Jülich, Berg, Holtenlohe) , rheinfränk.
st&chen Fro.mmann e, 279, 7, westeruiäld. Sciimiui; 232,
TUM«. Kehrein 1, 388, oberhess. (schdauche) Crecelius 806,
laAn. stuche HöNin* i78».
f) daneben rheinfränk. hess. auch für prüawärmer:
pfält. (?) stauche 'eine art manschette zum wärmen' Au tf-N-
KIRTH 136, in Handsehuhsheim nur im deminutiv staicvl»
'gestrickter Pulswärmer (manadietie)' Lenz 68*; lies», 'unter-
ärmel oder armhandtchuhe. d. h. unterermel, welche hand-
gelenk, tmterhand und daumen (diesen nicht immer) um-
faaten, fnnat gestrickt, aber atich aus tuch verfertigt und
mit peU bneht (pelzittauchen), ein kleidungtstüek vorziig-
lieh der lundbewohnerinnen , in neuerer teit aber atteh in
den höheren Händen, und twar bei dem männlichen wie bei
dem weibUehen geadUeeht in Übung gekommen' Vii.mar S96.
'Ideiner handeehuh ohne flnger' Crecrliur HO«.
t) »eit beginn der mhd. §eit bezeichnet stOche femer ein
koi^hteh oder einen »Meier, vgl. Heyns ha*t»aUert. S,U8
«(. MIM. fl77.
Mr.
rt) calyptra . . . stauch, schlair Diep. gloss. 90» (voe. rer.
Augsb. 1.521); mitra . . . eyn stuch umbsz haubt oder hübe
36*'' (auch ScHM.'' 2, 722); pephim eyn sleyer, . . . heb (Imubt)
tüch vel stuch 424*; vitta . . . stuchen vel die langen zipffel
vel bendel an der hüben vel ein wisz tuchel quo capilli
coUiguntur 624''; sleyer oder stauch, peplum vet. voeab.
1482 bei Frisch 2,322"; stauch, sl&yr, preyse, hang-ermel
an einem chor-rock ebenda; auch mnd. stuke, velum,
s. Schili.er-Löbben 4,448". nhd. stauchen (die) ein tftchle,
calantica Maaler 385». in spätem Wörterbüchern zuiceilen
aufgrund älterer quellen : stauch masc. worein man den
köpf steckt, ein tüchlein über den köpf, colantica, oder
ein Schleyer, stürz, stülp, calyptra Alberus (unter kleid)
bei Frisch 2, 322»>; danach Adelung.
b) die litteraturbeUge gehören hauptsächlich süddeutschen
quellen an und scJieinen vom anfing des 14. bis zum ende
des 16. jahrh. zu reichen, soiceit dies bei der unsichern
Scheidung von der bedeutung 1 zu erkennen ist (vgl. auch
die belege unter 3,6):
si (die frauen) hftnt nü verwunden
diu antlüz in ir stüchen,
dag si niht rüchen {rauh werden).
minnes. 2, 287>> Hagen (Hadloub 15, 4);
das ir vrouwen niht verguot went hän
d& kleider, der si {ihre männer) dfihte gnuog.
si wend ouch haben kleinöt kiuog,
sctiapel, gebende und gürteilin,
stflchen und reidfi tüechclin.
KuNBAT V. Am.menhausen schacbznbelb.
(1337) 4948;
siehst du dann am gater hangen
ain stuchen wis quelle (G. Zobbl) bei Schm.-2, 722;
und (er) hat ein langen groen part
und ist gewunden in ein staucnen.
fastn. sp. «. 1349;
{ich, der kriegtman) wolt schier durch dinent (Venut)
willen tragen
hembd, Schleyer, sttirtz und stuchen.
Gengenbach goiichmat 643;
auch must da haben ein gwandkalter
darein du henckst mantl, rock und schauben . . .
hembd, piret, hfit, klayder und stauchen.
H. Sachs I, 440";
von erst war ich ein gute diem
do ich dir kund die blinder fürn
das du stets bainilich hetst zu schlauchen
und dir vermerckelt goller und stauchen.
479<= (fastn. tp. 1, 44 neudr.);
der gut Sewbeintz nicht liesz darvon . . .
und legt an ein lang frawen kleid
und umb das maul ein stauchen bund. 4, 3, 59" ;
(ne) reisz jhm den stav.chen von dem kopff. 5!»^;
darmit sich frawen und iunckfrawen
Echiii'icken und zirn, sicn lasen schawen
in sihlayer, stauchen und gepent.
28; 65, 7 KeUer-Oötze;
ouch machend sie die stuchen gelb, coneü 808;
thu mir den stauchen von dem kopffi . . .
er schlecht jhm den stauchen mit dem stab vom kopff,
so ists der Jahn Molitor Ayrer 2199, 18. 15 X«//er («c/c ■
Sidea2); er hat mir einen rob genomen an einer UcIh m
frowen : si zühet nu die stuchen für und wil mich nit ino
an sehen Seuse s. 8S, 18 Bihlmeyer ; ez sol auch dhaine
burgerin . . . dhaynen slayre noch stauchen tragen , der
mer vache habe danne vier vache, also daz di ende vorn
auf dem huubt ligen; wil si aber mer sleyir oder stauch
trugen durch frustes oder durch krangheit wegen, di mag
di wol tragen also, daz si di über twerch auf legt Nürn-
berg, polizeiordn. s. 66 (H.jalirh); und schlug sie in den
mtind, das sie blutet, da hub sie ir stauchen für den
mund, darin stat das blut noch heut zu tage und ist ein
einfoltiger schleyr heiligen leben (1472) 77»; die kolen oxft
seinen henden nam und den frawen auf iro weisse Schleyer
und stauchen, unnd den mannen auf ire goller grosse
mächtige schwarcze krücz machet Anino decam. «. 406, St
A>/^(6, 10); Zeppa in die kamern kamo das weib fand
die ir den stauchen wider umb das haubt band den ir
SpinoHuczo in dem scherczcn ab dem haubt bot fallen
machen. 616,18 (8,8, daratu bei Lindknkr rastbilchl. 18$
undyiosiKUvagartenges.cap.m): und in sKlchcni oyiendcn
anlogen den Mtanchen auf dem haubt mit dem weyl meint«
zu ncmen. 558, n (9, S). vgl. Drescher Ari^^o«. 169; item
damaoh da pant er die frawen auf und schub sie zur
fearatat und setzt sie an die fourstat und tat ir im
■tituohcn ab und machet einen rink darausz und setzet
Mr.
1129
STAUCHE (I, 2. 3)
STAUCHE (1.3. 11,1.2)
1130
ir in auf den köpf d. atädtechron. 11, 694, 27 (H. Deichsler
chron. v. Nürnb. zu 1505); als da der wybren mantel, gstüch
und gestürz allein in der fasten gebrucht und ze ostren
schnell widerum hingelegt gescholten wirt; zu eim teil,
dasz die eerberkeit der trurkleideren in ein hochfart keert
ist ZwiNGLi 2,381; m&ntel und stärz würden selbs zä
rScken und stuchen Anshelm Bemer chron. 5, 251, 24
{zu 1528) ; der knab kummet geloffen, treget ein blutigen
stauchen {dafür nadiher: disz schleirlein blieb bey der
aychen.) H. Sachs 3, 3, 6* {fasfn. sp. l, lO neudr.); und
haben Weibspersonen in denselben güetern, so manns-
stamen verbanden, kain gerechtigkait zu erben, dann . . .
ain mantl, ain schissl, auch hauben, stauchen, goller
und dergleichen Hrol. iceisth. 4,662,1, ebenso 724,31; und
so noch zuweilen im 17. jahrh.: endlich wird ein ruffian
auch offtermals ein krämer, damit er nur zu den frawen
und jungfrawen komme. ... er bringt jhnen allerhand . . .
wahren unnd arbeit zu hausz, als . . . Schleyer, vernebete
fatzinetlein , stauchen , handschuch , fingerhüt , hauben
U.S. IC. Garzoni schaicpl. {i6ii) 6di*; bänder und schnür,
stauchen, regentücher Jan Perus (l672) 86; im bilde:
ob si czn tansent stunden
in todsunde Sträuchen
wan über si braittet er stauchen
frawe Minne und gotez parmchait
daj man in der ewichait
chain ir sundc mach gesehen.
MÖNCH V. Heilsbronn fiben grade 1304.
c) .?o noch heute in den oberd. mundarfen: Schweiz.
stauche, /. 'eine ort Schleyer, wodurch man den köpf steckt,
wie eine Uichenbitterinn mit einer stauche umschleyert'
Stalder 2, 393; dafür stücha, m. Tobler 417*; torarlb.
stüche, stauche, /., auch stöcha, m. 'ein kopftuch oder
acJdeier von dünner, weiszer Leinwand, vonfrauen besonders
f'fim gottesdienste und beileichenleyleitung getragen; dann
'ser Stoff selbst und eine schürze davon' Frommann
ö30, 9; Schwab, stauche, stuchen, /. {schwär zwäld^ '^opf-
leckung der weiber {tceiszer scJdeier) beim gottesdienste
id bei Leichen' Schmid507; vgl. Birlinger 410''; bair.
e stauchen, auch der stauch, stäuchel 'a) kopfLnnde,
pfttich oder Schleyer der iceibspersonen {ntir noch hie und
da, z. b. im AUgäu, um Nürnberg, üblich)' Schm.* 2,722;
tirol. stauch'n, /. Schöpf 702 {mit belegen aus mundarÜ.
quellen des 17. — 18. jahrh.); steir. stauche, /. 'köpf binde,
kopftuch, schleierartiges tuch für köpf und gesichi' ÜNGER-
Khcll 570**; 'im Bregenzerwalde tragen bei Leichen die
nächsten Leidträgerinnen nonnenartig eine weiszLeinene kopf-
umliüllung , staucha genannt' cimbr. wb. 236». aonat be-
deutet citnbr. staucha, /., dem. steuchle, 'halstueh, fazio-
letto da spalle' 235'*.
3) weitere gebrauchsweisen.
a) cimbr. staucha, halstuch, s.i,ezu ende, so im 16. jahrh.
atieh für einen theil der rüstung, stoszkragen. hrechrand,
der quer über die schultern laufende, aufreiht stehende
kämm an den achselstücken, besonders v. 1500 — 1550 üblich,
*. Weiss kosfümkunde 2,742. H. Bergner bürgerl. Lcunst-
altert. 550. Boeheim wuffenk. 98.
b) schtcäb. für schürze Schmid 507. auch vorarlb., s.
eben 2, c.
c) diese bedeutung kommt vielleicht auch für ältere quellen
in frage, wenn die stüche dazu dient, eticas darin zu tragen,
vgl. oben 1, c, y. so nimmt sie Schmio an für die daselbst
angezogene stelle aus dem Augsb. stadtb., für sich genommen
plausibel, nur kaum zu halten angesichts der parallelstellen,
i. b. aus Heinr. V. Neustadt, femer Liegt es nahe, diese
bedeutung anzunehmen in stellen wie: wer es, dz man die
frauwen mannete, so sollen sie heuwen; unnd wer es
dz ein frauw ein khindt daheimen bette, so soll sy heim-
ziehen 3 stundt im tage und soll zw jren kinden lugen,
unnd soll nemen ein stauch voll heuws, unnd wer es
dz sy zw goüttig {gieiig) wehr, dz der stauch breche, so
soll sy es dem mayer bessern iceisth. 4, 211 {eis., 1480).
ioeh icird auch hier die bedeiUung 'kopftuch' vorliegen,
tgl.: so soll ein fraw binden an ihren Schleyer so viel
koms alsz sy getröschen und gemahlen mag ein dags . . .
bände sy aber so vil, dz jr die stuckh ('/. stüche, köpf
huh") brnch eh dz sy heim keme, sy müszt es bessern.
tu {vom j. 1513) ; hennen haben die freyhait , wenn die
peyerin auf den stadelvierst steigt, und ain ay in ein
Mr.
schlair, oder stauchen nimbt, und von ir wirfft, alss
weite sy nu dasselbig ay geworffen hat, mag die henn
von irem hoff gehen. 3, 683, 13 {l>air.).
d) dann auch als bezeiehnung des Stoffes; Schweiz, stücha,
m. 'dünne, feine Leinvwmd {aehleier)' Tobler 417»; ebenso
vorarlb., s. 8, e.
II. kleiner häufen oder bündd von flachs, getreide, torf
u. ähnl. ein vorxciegend nd. wort, das jedoch auch in mittdd.
mundarten hereinreieht und von den nettem nhd. tcörter-
büchem verzeichnet wird.
1) mnd. stuke Schiller -LObben 4, 448'» (2), nur aus
glossaren ; z. th. unsicher, vgl. unten 2, o. in neuem mund-
arfe»stuke ^em. m;ä.4,1075/.Strodtmann271*.ten Doorn-
KAAT Koolman 3, 350 (stuke oder stüke, stük, 'ein stehen
der od. aufgerichteter häufe'), überall ohne angäbe des ge
schlechtes, im binnenlande als masc., südhann. stüken,
stüke, m. Schambach 216», waldeek. st(o)ük(en) Baüer-
CoLLiTZ 99^. dagegen preusz. stauke, nd. stüke,/. Frisch-
bier 2,364*. mittdd. meist als fem., nur tcesterw. stauche,
m. Schmidt 232 f.; nass. stauche, /. Kkhrein 1,388; hess.
ViLMAR396; ttwr. stauche, /. Hertel »procÄÄcA. 234. {in
Handschuhsheim nicht vorhanden, dafür häufe, m. Lenz
68».) in nhd. Wörterbüchern zuerst bei Adelung als stauche,
/. danach Campe. Krünitz 171, 67. vgl. Weigand 2, 802.
litteraturbelege fehlen.
2) im, einzelnen lassen sich folgende gebratichsueisen unter-
scheiden.
a) am häufigsten von flachs; so schon mnd..- sabueia,
eyn stuke vel ein böte vlasses, s.Schiller-LCbben 4,448*';
ey[n] hotte vel stuck Dief. gloss. 506». im neund. nicht
allgemein verbleitet, so tcird im brem. wb. 4, 1076 gerade
diese bedeutung als hd. angegeben {'bey einigen Hochdeutschen
sind stauchen die kleinen flachsbüschd. oder bösen, tcorin
sie, wan sie aus der rüste, oder dem tcasser, genommen sind,
auf gesetzt werden, dasz sie trocknen"); auch bei StCren-
burg fehlt sie, dagegen giebt ten Doornkaat Koolman
3,350'': 'n stuke törf od. flas; üblicher im binnenlande:
südhann. {= bäte) Schambach 216»; im kreise Oschers-
Leben, s. nd. korrespondenzbl. 22. 73 ('die stuken werden da-
durch gebildet, dasz die strohbände der bötchen an das
ältere ende gezogen und der flachs, mit den wurzelenden
nach unten, kegelförmig ausgebreitet wurde") ; preusz. staoke,
'flaehsbündel mit kopfartigem knoten, das mit dem offenen
ende ausgebreitet aufgeseilt wird, damit der trocknende
wind es gehörig durchziehe' Frischbier 2, 364». so atteh
in Niederhessen stauche, flachsstauche Vi lmar 396; thür.
{Vogtei, Wititerstein) sduchen, flachspyramide Hertel
sprachsch. 234. sogar im ungarischen berglande stauche, /.
'ort, wo der flachs trocknet; der daselbst b^ndliche
flachs selbst' Schröer 208». so auch: 'in einigen hoch-
deutschen gebenden sind die stauchen kleine büsdtel oder
bündel jiachs, in welchen derselbe, wenn er aus der röste
genommen toorden, zum trocknen aufgesetzet icird, in einigen
gegenden werden sie hosen genannt, nieders. both ....
stauchen heissen sie, enticeder, weil mati solche büschel,
indem man sie bindet, auf die erde stauchet {s. stauchen),
oder auch so fern stauche {s. unten III, l) überhaupt etwas
kurzes und dickes bedeutet, da es denn mit stock, ein klotz,
stumpf, nahe verwandt ist. das nieders. stake, welches
von stauche nur in der mundart verschieden ist, bedeutet
einen häufen, oder ein jedes bündel' Adelung, vgl. dazu:
bothe (die), both, bündel, stauche, {Landwirtschaft) eine
hand voll flachs' Jacobsson i, 268». nach Weigand 2, 802
ein 'vom rösten hohl und spitz aufgestellter büschel flachs
oder hanf zum trocknen.'
b) im binnenlande ferner von getreide: tcaldeek. 'getreide-
häufen' Bauer -Collitz 99''; 'in Oberhessen {wo man
stäche spricht) eine handvoU getreidehalme, deren mehrere
eine garbe attsmaclien; besonders vom hafer gebräuchlich'
ViLMAR 396. vom hafer speeiell westerw. .- 'ein bündel hafer,
haberstauche, der ite titeil einer garbe. tcenn nämlich
der hafer einige tage in sehtcaden auf dem acker gelegen
hat, so wird er in kleine bündel gebunden und aufgestellt'
ScHMiDT233; e&en.») Kehrein 1,388 ('i-onscAri/M. stauchen
etwas an oder wider etwas stoszen und dadttreh auf einen
kaufen drücken, krumm biegen, kürzer und dicker machen"),
dagegen holMein. stuke vom buchweizen, a. brem. vb. 4, 1076.
Schütze 4, 816 (stokk). Störbnburg >7l».
Mr
1131
STAUCHE (II, 2. 3. III. 1—4)
STAUCHEL— STAUCHEN (I. 1)
1132
c) brem. vom torf: 'so heiszt hier bey den hauern ene
stake torf ein kleiner häufe, eine schickt, worin der torf,
bey dem stechen desselben, quer über ein ander gelegt toird,
daaz er austrocknen köjtne. eine solche stuke besteht ge-
meiniglich aus 6 stücken torf. einige nennen einen solchen
häufen von 8 torfen ringel . . . ein tagwerk ist bey den torf
gräbern tein stige stuken, d. i. 1200 oder 1600 torfe.' brem.
if ft. ♦, lO/S/. / ebenso osffries. 'ein häufchen zum trocknen
kretizweise auf einander gelegten torfs' Sturen bürg 271';
de törf steid in stuken, is in stuken settd ten Doorn-
KAAT KOOLMAN 3, äöO*" ; S. UUCh SCHÜTZE 4,217 {Husum,
vgl. stauchen II zu ende), so au^h: 'eine stuke oder
stauche torf, ein liaufe torf von sech.f stücken' Adelung.
d) südhann. stuke(n) bezeichnet auch einen häufen klee
Schambach 216».
3) hiermit läszt sich kaum zusam-mennehmen das aus-
schlieszlich nd. stuke für baumstnmpf: mnd. stuke s.
ScHiLi-ER-LüBBEN 4, ««». duzu vielleicht:
vele hebben geret stocke unde sten. Cla\is Bur 191,
»CO Wo ESTE zeitschr. f. d. phil. 5, 77 mit dem ältesten drucke
V. h. geren stuken u. st. lesen icill. neund. stuke 'der
icurzelklotz eines baumes, mit den ausgerodeten wurzeln,
icelche zerhauen und in kleine hänfen, wie torf-stuken auf
gesetzt werden, dasz sie trocknen tind zum brande dienen
können' brem. wb. 4, 1076 (2; gegen diese herleitung von 2, c
spricht die Verbreitung) ; ähnlich osnabr. Strodtmann 235/.
{'auch die icurzeln allein werden stuken genatint"); westf.
stuken, »«. 'stammrest eines baumes' Woeste 260*', waldeck.
st(o)ük(n) Bauer-Collitz 99''; südhann. stuken, -e, m. ;
stuken röen, üthacken Scham räch 216*. auch in die
anstoszende thür. mundart des Unterharzes (Stiege) über-
nommen als schtftken, m. baumsfamm, stumpf Liesen-
berg 209, sdüken Hertei, spracJisch. 234. — dazu holl.
staik, m. einlaszzapfen , abgesägtes ende an einem, holz?
wol verwandt mit stock, s. das.
III. andre, seltene gehrauchsioeisen.
1) loesterw. stauche, m.. 'etxpos das klein und gleichsam
auf einen häufen gedrückt ist; aber .selten, so 'n stauche,
wie du bist, es ist ja nur 'n stauche von einem schwein'
Schmidt 232, Kehr ein i, 388, vgl. stauchen I, 5,/. — ähn-
liches vereinzelt im nd. : 'stuuk tcird auch im dithm,. ge-
braucht als ein iebkosendes wort gegen kleine kinder : das
kleine, liebe, arfne ding' brem. wb. 6, 350; dat is en lütjen
stokk Schütze 4, 217. (hier von U, s herzuleiten*)
2) o) stuche, ventosa, lasskopf, vintausle Scherz-Ober-
1,1 N 1588 (aus dem voc. v. 1482).
b) 'stuchen, projectura, hervorragender simsen. termi-
nus architectonicus' ebenda, sonst 7iicht bekannt.
S) in mundarten hie und rf« als verbal abstr actum in
verschiedenen bedeutungen. vgl. : stauche 'l) die luindlung
da man stauchet' Campe.
a) in Leipzig 'stauch, der, die stauche, ersehütterimg,
icenn man einen fehltritt thut oder der wagen derb atöszt'
Albrecht 216», vgl. stauchen I, 3.
b) thür. (in Salzungen) sduche abspülung Hertel
tprachach. 234, r^^ stauchen IV, 6.
c) ostfries. stuke, liemmung, 'Stockung' Stürenburo
271» ; 'ein zustand von stillstand it. Stockung etc. od. auch
ein etwas was stehen od. stocken macht u. so auch: ein
stocken machender u. hemmender slosz od. gegensfosz, an-
stosz, widerstost, erschütterung'. d'r kwam mit 'n mül 'n
stuke in de löp tkn Doornkaat Koolman 3, sso** (&).
d) brem. 'eine convulsUm, ein anfall von krainpf he
kreeg staken, Zuckungen brem. tob. 4, 1076; ebenso nl.
stayck, concussus Kilian 2, 649**.
e) ostfries. stuke 'anfaU von krankheit in hezug auf das
gemüth, laune etc.' wen s« hör böse stuken hed, den is
siecht mit hör to kramen. s£ hed upstUnds noch al
'n göden stfik tkn Doornkaat Koolman 8, :i5o'', vgl.
SrOBKNBrRO 27t» (gew. üble laune). ebenso mrklenb. »tuk,
■tuken. launen. eigenihümliehkeitm Ml hh''.
4) stauche in den letzten bedrutungm (8. d. r) teechsrlt
mit stuape, *. das. 11, 1. atter M Lxnuv.n kommt staurhe
'auch als weeJtsel/orm neben dem gewöhnlichen stäupe (I)
tüeMigung' vor (infolge von Vermischung der beiden be-
deutungen f): das heyde Carlstwl und (irlamflnder ver-
dienet hetten eyne gate starcke stauche 18, 98, 5 Weim.
nusg. (wo die alteJenturausg. stäup« liest, s. dieses I, 4, d);
Ut.
beides verbunden .- aber das sollen sie wissen , das wer
Widder uberkeit strebt, der nympt eyn gericht über sich.
Rom. 13. das ist: eyne stauppe, neyn stauchen odder
plage werden sie haben 17, l, 211, 15. (vielleicht liegt in
diesen fällen ein alter toechsel zwischen germ. k und p vor.
wie in kriechen , aM. kriochan , gegen mitteld. kraufen,
nd. krupen, altnfr. criepan, ags. creopan, altn. krjüpa,
oder in ahd. slitochöha schlittenscfatabel, mnd. koke gegen
nhd. kufe, s. theil 5, 2206. 2530. Kluge" 227». 230».)
STAUCHEL. STAUCHEL, n., s. stäuchlein.
STAUCHEN, verb. in dieser lautform fallen Wörter sehr
verschiedener bedeutung und^ jedenfalls theilweise auch ver-
schiedenen Ursprungs zusammen.
I. eine reihe von gebrauchsiceisen 'jMszt sich in einer
grundvorstellung 'stoszen' vereinigen, so zuerst mnd.:
des heft nu Lucifer missegehruket,
dar umme is he dar nedder gestuket. tündenf- 763.
sonst erst nhd. seit d. 16. jahrh. nachzuweisen, in leben-
den mundarten weit verbreitet, s. unten, auszerhalb des
deutschen ist verwandt norw. stauka, stoszen, niederstampfen,
langsam (am stabe) gehen. Aasen 745'», vgl. Torp6« Fick*
3, 494. danach ist wol eine german. xcurzd stuk- neben stut-
anzunehmen.
1) 'stauchen, . . . icelches eigentlich eine onomatopöie ist,
und den dumpfigen hauchenden laut nachahmet, welcher
entstehet, icenn man einen kurzen dicken weichen körper
gegen einen harten, oder einen solchen festen gegen einen
weichen stöszet. l. eigentlich, jemanden mit dem hintern
gegen die wand stauchen' Adelung, danach Campe.
von den frühern Wörterbüchern nicht beachtet, dagegen ziem-
lich gewöhnlich in der altern nhd. litt., nafnentlich des
16. jahrh. einen stauchen (stets mit persönlichem object)
puffen , knuffen , rippenstösze versetzen (?) : derhalben die
ammen, sie stillen nun oder . . . warten der kinder sonsten,
so sollen sie getrewe unnd fleissig sein, sollen die kinder
ja nicht fallen lassen. . . . sollen sie auch nicht stauchen
unnd auffrücken Mathesius 5ymc/t (i586) 2, 126'';
aber was soll ich ernst vil prauchen
mit narren, die man nur soll stauchen.
Fischart dicht. 2, 281 Kvrz {notw. kehrab 622) ;
ach secht, wie mich die closter katzen . . .
so jämmerlich gerichtet zu . . .
theten mich stossen, stauchen und knörn,
wollen den teufel von mir treiben.
Ayrer 2863, 23 KeUer;
0 loser mann, dßrfPt ich
mich jetzt reiben an dich ! . . .
ich mein, ich wolt dich stauchen. 3091, 15;
niemand mit gwalt thu stauchn und pucken
untertretten noch unterdrucken H. Sachs 2, 4, 4}><'.
besonders einen zu bodcn stauchen (im kämpfe):
Curiatius maior sagt:
will sie weidlich zu boden stauchn Ayrer 151, 4;
Ton disen wtirmen (drachen) weisz jederman,
dasz sie als. was sie treffen an,
anfallen una zu boden stauchen. 1081,31;
dein strenger {ernst gen ans im brauch
staucht flnsre sei' in staub zA bodcn.
Mklissus ptalmt. 171 neudr. (44, xin).
sodann auch:
mein frewd zu boden ist restaacht.
H. Sachs 2, 8, 12" ;
nider stauchen, s. niederstauchen, theil 7, 799:
ich wolt dir wol die lende dein
80 weich schlagen als deinen bauch
weist wie ich dich olTl nider stauch. 8, 8, 43« ;
o thw sie ernstlich nider stawchen.
/aetn. tp. 2, 20 neudr. ;
auch: eh machen sie (die glück/da l>en) dich (Hofart) dadeltch
weil das ({. dun?) zu hochmut thust miszbrauchen
thund sie dich ofll damider stauchen »ehr. 1, Kl' ;
•o thust du (krankheU) jn {den m«twcA£ii)<lamiMl«r aUuchta
als ob er leg in stock unnd eysen. 4eS^. | ,
in der spätem litieratur in genau eniaprtehendsm /»vi .1*1*.
tiren gebrauche nirJit »»ehr $u bdegen. doch g<
hierher: nun war es zeit, das flschlein (ein »r/
abzuhKngen. wir wischten ihm das gesiebt ab, atauchlen
es auf seinen ii[K\t. jugenderinn. eines alten mannes s.lM.
dagtgsn noch in dsm Übenden mundarten trhalien. iwm
otiird. bis int nd. gMst (tateol aufpersonen wie tntf snehen
tmgmvtndet): eis. stuche (sty'jf», Sty^») 'stoszen, in der
sehmisd*: '■ Im Widder in's flr st.' Mahtin Liknuart
Mr.
freier:
1133
STAUCHEN (I. 1—4)
STAUCHEN (I, 4—6)
1134
2, 573''; schicäb. stauchen 'einem feindselig stösze geben'
ScHMiDöOT; bair. staucha, einen stauchen 'ihm rippen-
stösze versetzen; figürlich: bed^-ücken Sc HM.- 2, 722; in
Bappenau stauxa 'einen gegenständ kräftig gegen einen
andern stoszen. auf den boden stoszen' ÄIeisingf.r 181*";
tcesteric. stauchen, ich will den kerl schon stauchen,
er hat mich auf die erde gestaucht Schmidt 23.B; Tiess.
stauchen, stoszen, stampfen, z. b. koel shtauche Pfister
283/. (in ob. gr. Hanau); henneb. stauchen, 'stoszen, be-
sonders mit dem eUbogen. ist von knuffen darin unter-
schieden, dasz lezteres mit mehr tücke geschieht' Rein-
WALU 1, 156, stouche 'mit heftigkeit und geicalt auf den
boden niederstoszen, gewaltsam an oder auf etwas stoszen'
Frommann 2, 171, 68: thür., in Stiege {Unterharz) schtaken
stoszen, heftig hinstellen Liesenberg 209, sdiiken Hertel
sprachsch. 2M; so auch im südwestl. nrf. stüken, südhann.
Schambach 216», westfdl. Woeste 260''; preiisz. 'stüken,
übel verhd. stanken, auch stucken, stauchen, wiederholt
abicärts stoszen, drücken, stampfen, einen mit der nase
auf den tisch stüken' Frischbier 2,384''. 'auch heiszt
stauchen in einigen gegenden prügeln.' KrCnitz 171, 68.
vgl. noch stuuche, zerschlagen, im 'Berner maftenenglisch',
s. zeitschr. f. d. wortf. 2, 54''.
2) daran scMieszt sich eine reihe apeciellerer gebrauchs-
weisen.
a) ochsen stauchen, stauen ö anstauchen, stimolare,
frugare, pongoUire i buoi per farli caminare Kramer
dic^ 2,917*; das verbum stauchen heiszt bey einigen so
viel als mit stechen treiben, als an einigen orten die ochsen
mit dem Stachel treiben Frisch 2,322"=. ähnlich: er aber
stauchte den delphin in die seite und sogleich schwamm
dieser weiter den flusz hinauf Hauff 2, 712 Reclam {Saids
Schicks.).
b) eis. auch 'coitieren' Martin-Lienhart 2, 574».
c) in verscJiiedenen mundarten für '{etwas) stampfen',
so im ungr. berglande SchrÖer 208»; hess. {in oberer
gr. Hanau) z. b. kcel (kohl) shtauche Pfister 284; preusz.
'stuhken wasche stampfen oder kartoffeln xu brei' Sche-
MiONEK 39, kartoffeln stüken. die wasche stüken, sie
durch stauchen reinigen Frisch bier 2,384'' {vgl. unten 111,7).
3) im 18. jähr h. begegnet stauchen zuweilen in intransi-
tiver bedeutung , stoszen, stampfen; so von der gangart
eines pferdes .- der nehmliche schritt meines pferdes däucht
mich bald stauchend , bald sanft Bode Montaigne 4, 22
(2, kap. 12). ähnlich, transitiv gebraucht: aber da ich über
die verschiedenen arme der Älaas sezzen muste, wo ich
bald eine meile auf ofner kalesche mich zu schänden
stauchen lassen, bald auf einem ofnen boote den wellen
preis geben muste, da wars keine freude mehr zu reisen
C. F. Bahr DT leben 3, 297. — vom 'stam,pfen' eines schiffes
{s. stampfen 5, sp. 680):
mein schiff, dasz ohne seegel schwebt,
stets schlenckert, stauchet, zittert, bebt«
bis es sich in die fluth vergräbt.
cav. im irrgarten (1746) 406.
4) heute zumeist in einer specieUeren bedeutung, die ge-
wöhnlich in dem compositum verstauchen ausgeprägt ist,
vgl. das. soicie überstauchen: stauchen, überstauchen,
Saxones dicunt verstuken Schotten 1421; stauchen,
staafen , luxare, ossa sedibus suis movere, it. mxttHare.
eonvellere artictilos, et torquere Stieler 2125; verstauchen,
et verstauen, id. quod stauchen, et stauen, eluxare. 2126;
stauchen, ... it. slocare Kramer dtc<. 2, 917»; stauchen,
luxare . . . dicitur de dislocatione pedum et m^inuum, et
vocatur alias verrenken distorquere Wächter 1.593; sich
die band stauchen, 'auf die hand fallen oder an dieselbe
so stoszen, dasz sie gewisser mMSzen dadurch verrenkt icird'
Campe. Steinbach 2,689, Frisch 2,322« «nd Adelung (i)
kennen nur verstauchen, auch i7i der litteratur wie in
der Umgangssprache ist das einfache verb tcenig gebräuch-
lich: das stauchen ist indesz eine verteufelte sache. mein
fusz war sehr geschwollen und schmerzte fürchterlich
Selme 4, 48 Hempel {mein sommer; weiter oben: weil ich
mir . . . den fusz vertreten hatte), in idiotiken wird es
'"iiufig aufgeführt, meist ohne nähere angaben; so bair.
^<:hm.* 2, 722 {a; 'wie hd.' überstauchen); tirol. Schöpf 703
'.ebenso); \cesterw. 'verrenken, verstauchen, ich habe mir
die hand veritaiicht' Schmidt 233; hess. schdauche (;rk-
Mr.
GEH US 806. Pfister 283. während hier diese bedeutung
zu stauchen angeführt \eird, wenn auch ohne directe belege
für den gebrauch des simplex, geben andre icörterbücher
ausdrücklich nur das compos. verstauchen, so schicäb.
Schmid 507, siebenb. Kramer Bistritzer dial. i^; ebenso
nd. nur verstuken, *. z. b. brem. icb. 4, 1076. Stürenburg
271». TEN DOORNKA.^T KOOLMAN 3,351».
5) eine weitere enttcicklung der bedeutung in der richtung
'etwas {durch stoszen) kürzer und dicker machen' liegt be-
sonders in einigen ausdrücken der schmiedekunst soicie in
mtindarflichen redeweisen vor, vgl.: {tcesterw.) 'stauchen,
eigentlich: etwas an oder tcider etwas stoszen und dadurch
auf einen häufen drücken, krumm biegen, kürzer und
dicker machen' Schmidt 233.
a) stauchen, bey den schmieden, wenn sie einen ge-
schmiedeten stab der sich erhitzet, nicht der länge nach,
sondern der länge entgegen treiben, und solcher gestallt
verkürzen und in einander schlagen Frisch 2,322=; 'die
schmide stauchen ein stück eisen, wenii sie dasselbe glühend
der länge entgegen schmiden, so dasz es kürzer und dicker
werde' Adelung (l), s. ferner Eggers 2,985 utid Campe;
stauchen '{refouler jumping, up-setting). die behandlung
des eisens, wodurch dasselbe im glühenden zustande in der
richtung seiner länge zusammengedrückt wird' Karmarsch-
Heeren^ 8, 44S, vgl. 7, 734 und Stenzel seemänn. wb. 400»
{wo diese bedeutung, kaum mit recht, von II hergeleitet
icird). so auch (?): wie könnte nicht gehämmert, ge-
staucht, gesägt, gepaukt werden, mein bester stiller
pauker? J. Paul 27, 82 (ßegelj. 2, nr. 26).
b) dazu wol: axt stauchen, ist dieselbe auszschmieden
G. Junghans auszgeklaubte gräublein ertz (1680) B i'';
stauchen ... ist so Ariel, als ausschmieden, dahero heisset
es: eine axt stauchen Herttwig bergbuch- (1734) 368'';
stauchen, nehmen die bergleute in einen besondern ver-
stand, wann sie sagen: eine axt stauchen, das ist, eine
axt ausschmieden, hindern dasz sie sich nicht weiter
umlegen kan an der schneide Frisch 2, 322<=; bey den berg-
leuten heiszt stauchen so viel als ausschmieden Eggers
2,985; öAriZic/t 6e£ Adelung (i). Jacobsson 7,430». Campe;
im ungr. berglande eine ax stauchen SchrÖer 208».
c) die zahne einer säge stauchen, an den spitzen breiter
machen, um die breite des einschnitts zu vergröszern, be-
sonders bei metallsägen und der lochsäge, s. Karmarsch-
Heeren^ 7, 456. 501.
d) selten auszerhalb dieser technischen Verwendungen,
allgemein: 'stauchen, fr. emousser. etwas, so schmal utul
spitzig ist, auf eticas stoszen, dasz es stumpf und breiter
irird' Jacobsson 4,266». — vgl. noch: eine feder stauchen,
sie auf den tisch stoszen, dasz sie zerspaltet KrÜNITZ
171,68. dazu ausstauchen, um die feder i'on tinte tu
reinigen: und solang der rede schwall
schwoll mit tönenden gewalten,
schlief ich wie am Wasserfall ;
bis mein nachbar seine feder
stauchte aus am schreibepult,
und der zaubrer vom katneder
abtrat, der mich eingelullt. RCckbrt (1882) 2, 52.
e) in mundarten vereinzelt in der bedeutung 'verkürzen'
schlechtweg, so eis. kleiner macJien. wenn dr pfol ze lang
is, stuch ne e bissll ich will de wagering stuche, den
reif verengern, s. Martin-Lienhart 2,573''. ioestf stüken
'verkürzen beim schneiden' WoESTE 260*'.
f) mitteld. m,undarten kenyien das pari. perf. in einer
verwandten bedeutung: in Sappenau kstauxt, klein, ge-
drungen von gestalt Meisinger 181''; icesteric. gestaucht,
'a) gekrümmt, syn. v. gekaucht. wie gehst du so gestaucht,
eingedruckt mit der brüst? b) von leuten, icelche den köpf
in den schultern stecken haben , und gleichsam auf einen
häufen gedrückt sind' Schmidt 233; vgl. siebenb. än-
gestancht 'untersezt, von kurzem, kräftigem körperbau'
Kramer 127. — in anicendung auf Sachen auch bei Göthe:
die gestauchte form des kreuzes, s. theü i,i,i206.
6) freiere gebrauchsu>eisen finden sich in mundartlicher
redeweise.
a) in der Soldatensprache einen stauchen, drillen (? die
eigentliche bedeutung ist wol noch mehr oder weniger deut-
lich), s. HORN s. 9. 75. 81; bair. als bezeicknung des militä-
rischen tadeis zusammen gestochen oder gestaucht werden.
*. 137.
Mr.
1135
STAUCHEN (I, 6. II. III. 1)
STAUCHEN (Hl, 1-3. IV, 1.2) 1136
b) 80 attch sonst, henneb. stauchen 'einen brav abfegen,
ihm das martl stopfen' Reinwalü l, 156. danach Campe.
e) Jienneb. stouche 'aucfi durch schwere, anstrengende
arbeit sieh körperlich schwächen oder zu grtmd richten'
Frommann 2, 171, 68. ähnlich sonst verstauchen, vgl. das.,
Z. b. hess. Pl'ISTER 284.
II. hanf, flachs stauchen, in häufen setzen, zum h-ocknen.
in diesem sinne offenbar mit stauche II zusam,menhängend,
vgl. das., und eher als ableitung daraus anzusehen, denn
als dessen Stammwort {wie Weioand 2,802 tcili). in der
Schriftsprache seit mitte des 11. jahrh. nachzuweisen: (solstu
die würzlinge) also aufgericht in die gruben setzen, wie
man pflegt den flachs zu stauchen Coi.eh hausb. (1640) 143;
stauchen, v. a. wird von den kleinen flachs-büscheln oder
hosen gesagt, welche, wann sie aus der röste oder aus
dem Wasser kommen, worinnen sie eine Zeitlang haben
liegen müssen, trocknen müssen, und staucht sie auf
einen platz, man macht dasz sie stehen, dasz die wurzeln
unten auseinander kommen, und das andere über sich
steht Frisch 2,322°; stauchen, heist den aus der röste
gekommenen flachs in die sonne zur dürrung busen-weis,
unten breit aus einander auf- und aussetzen Zincke
öeonom. lex.^ 2802 ; 'den hanf stauchen, in der landwirth-
schaft einiger gegenden, z. b. Obersachsens, ihn, icenn er
geraufet toorden, in kleine häufchen zusatnmen hhnen, damit
er trockne; nieders. stuken, von stuke, eine stauche, ein
häufen, bündel. den flachs stauchen, ihn nach dem rösten
in ähnliche bündel aufsetzen' Adelung (2, l), danach
Campe (2); 's tauchen, (landtcirthschaft) den aus der röste
gekommenen ßacJis in die sonne zur dörrung hundweise
unten breit auseinander auf- und aussetzen, es wird auch
von den garben gesagt, wenn m^n .<ne bey anhaltendem
nassen icetter von den mandeLn nimt, und mit den stürzen
auf die erde setzet, damit toind und sonne solche trocknen
mögen, und das auswachsen dadurch verhindert werde'
Jacobsson 4, 266». vgl. auch Krünitz 171,68, der den hanf
stauchen als thüringisch bezeichnet. — in m,itteld. und nd.
mundarten weit verbreitet: im ungr. berglunde 'gerösteten
fladis bündelwei.^e zum trocknen ausstellen' Schröer 208»;
ebenso henneb. stoch Spiess 240; fiess.: 'nur in Nieder-
Jiessen staucht man den geroszeten flachs, in Oberhessen und
in der grafschaft Ziegenhain breitet man ihn' Vii-Mar 896;
thür. in Salzungen sduch Hertel 46. sprachtch. 234 (Salz.,
Vogtei), nordthür. stüche Kleemann 22"; nd., südhann.
stüken 'aus den Schwaden in häufen bringeii, in häufen
stellen, z. b. heu, halmfrüchte oder flachs, um sie so trocknen
zu lassen; vgl. upstüken' Schambach 216*; icaldeck.
8t(o)ükn (von halmfrüchten) Bauer -Collitz SD*"; im kr.
Oschersleben opstuken vom flachs, s. nd. korrespondenzbl.
22, 78. in den norddeutschen moorgegenden auch in der
bedeutung : 'stuken, in häuf lein auf setzen, schichtweise
zum, trocknen, wie den torf, und die ausgegrabene baum-
wurzeln' brem. wb. 4, 1076. so ostfries. 'den fri.icli ge-
grabenen torf zu kleinen hüuflein aufschichten, aufstauen,
oder den aus der röste genommenen flachs zum trocknen
lose aufstellen' StOrenburg 271», flas oder törf stuken
oder npstuken, umstuken, ferstuken ten Doornkaat
KoOLMAN 8, 351». im liolstein. mit formaler Unterscheidung:
'stukken, upstukken {Hus. Eid. u. a. o.), uphokken (Holst.)
getreide, das in garben gebunden ist, zum trocknen auf-
setzen, von allem getreide, 2) in Holst, nur vom buchtoeiten.
bookweei«takken . . . stukken (ditm.) der gemähte btuh-
Weizen in häufen gesetzt, gestuukt, um zu trocknen' Schütze
4, 216/. (die Schreibung also inconsequent ; attch Kl c HEY 426
giebt als ditmars., dasz buchweizen gestuukt unrd); da-
gegen: 'apstuuken (Hus.) klUn, d. i. torf und torf d. i. haide-
soden tum trocknen aufsttten'. 217.
III. in andern bedeutungen ist stanohen n«iet\form tu
vörtem von ähnlicher lautform.
l) fii stauen, waaser hemmen, s. das. > (c). in der nhd.
Schriftsprache seit anfang des iB.jahrh. bezeugt (also nicht
viel später als stauen): stauchen, stauen, verb. [ü sem-
pUee i di poe' u4m>] atagnart . . . das wasser, die bacb, den
dasz etc. stauchen 6 stemmen, ttagnare, im{p9\iire la
eorrtnte d'un rusceUo, d'una riviera. v. stemmen Kramkk
Jict. (17«) s, 917»; ein gestauchtes d gestautes wasser. »17>>:
ulanclien ist hier (in der bedeutung 'dämpfen', : >) so viel
aU slaoen, stauwen, •. stemmen, das wasser stehen
Mr.
I machen, am fliessen hindern Frisch 2,822°; im niders.
ist für stauchen stauwen. .331°, vgl. unten '&; 'das wasser
wird gestauchet, trenn mun dessen abflusz hindert, und es
dadurch aufsc.hioellen macht; stammen, nieders. stauen,
ital. stuare. einen flusz, einen bach stauchen' Adelung
I (2,2), s. aucÄ Campe (l). KrOnitz 171,68 (2, 2). litteratur-
I belege: als die Israeliten an einen arm des arabischen
meerbusens gelangt waren, ... so trieb ein starker wind . . .
das wasser aus diesem arme meer ein, und hielt es so
■ lange zurück, bis sie mit aller gemächlichkeit hindurcli
gegangen waren, indesz suchte das oberwärts gestauchte
i wasser einen andern ablauf Lessing lO, 22; intrans.:
schäumend kehrt die welle wieder,
flieäzt nicht mehr im bett darnieder;
grund erbebt, das wasser staucht
GöTHE 41, 135 (Faust II, 2; ' eTäbeben").
so auch: sie sahen das oberhalb leerstehende schulhaus
aufrecht daher schwimmen und an der westlichen ecke
des daches sich feststellen ; . . . holz stauchte davor sich
auf GoTTHELF 4, 27 Vetter (wasserTiot im Emmenthal).
mundartlich wenig verbreitet: hess. schdauche, stauen
Crecelius 806, besonders sich stauchen 'd. i. drängend
stopfen' Pfister 283; nd. südhann. sek stuken, sich stauen
Schambach 216». — Weigand 2, 802 möchte in diesem
stauchen eine Weiterbildung von stauen sehen, indessen
darf inan bei dem späten auftreten und der geringen Ver-
breitung in mundarten wol fragen, ob stauchen nicht ein-
fach eine entstellung ist, die das urspr. nd. stauen bei
.leinem übertritt atif hd. gebiet unter einßusz des hier ein-
heimischen stauchen erfuhr.
2) zu stauen, fest packen, s. das.i: 'wahren in ein fasz,
in das schiff stauchen, sie fest zusammen setzen, mit den
füszen in ein fasz treten; nieders. stauen Adelung (unter!,
also zu der bedeutung 1). danach Krünitz 171, 68. hier
ist vielleicht zu unterscheiden, waren in ein schiff stauchen
beruht deutlich auf dem nd. stauen und geht von der
secTnannssprache aus. es wird dann auch allgemeiner ge-
braucht, z. b. : nachts, wenn ehrliche leute in ihren betten
liegen, kriecht sie vom boden bis zum keller, um ihre
schätze zu beäugeln, die sie überall hinter kisten und
kästen weg gestaucht hat Sjorm 8, 14. dagegen scheint
die wendu7ig waren in ein fasz stauchen dem hd. gebiete
eigenfhümlich zu sein und ist dann als eine specialisierung
der bedeutung I zu fassen : stauchen, . . . it. stijmre, stuare
Krämer dict. 2,917»; wahren in ein fasz stauchen, stauen
0 stuchen, stipare, stuare, calcare delle robbe in utia hotte etc.
V. packen ebenda; ein wol zusammengestauchtes pack-
fasz. 917''; Campe kennt nur sie. so in der litteratrir:
(Falkenberg) drückte und stauchte das weibliche schiff
und ge.schirr mit ehernen bänden in die näcliste Schachtel
hinein J. Paul l (uns. loye i), 69.
3) schmoren, . . . alias stauchen, gall. estouffer Stieler
1884; stauen, etiam in specie est vaporare, inde gestaucht
fleisch, caro vaporatione percocta. 2125/. ,• stauchen (stofen,
stoven, stufen), stuffare, sottestare. far' in tegame. v. ein
machen, kalbfleisch etc. stauchen , stuffare etc. vitella,
fame una stuffata Kramer rfiW. 8, 917»; gestaucht, ge- ^
stoft d gestuftes fleisch. 917''; stauchen, beym kochen.
ital. stuffare. gall. ituv^e, pcMlJunpftes oder gedünstetes
fleisch, caro juri incocta, da der dampf der sonst in die
lufTt weggieng, durch das zudecken wider zurück ge-
trieben wird Frisch 2, 822<= (der es also von III, l herleiten
will, vgl. die daseibat angtführte aklärung, die hier un-
mittelbar anachlieati); 'in den küchen einiger gegenden iat
stauchen so viel ala dämpfen, nieders. stöfen, stoven.
gestauchtes fleisch, gedämpftes, in einem ver.9chlosaenen
gefäsze langsam gekochtes' Adki.vko (8,8), *. atieJi Cam pk (n\
KrOnitz 171, 68. das wort seheint nur eine irn
verhochdeutsehung des nd. stoven (für daa alUrd"
belege fehlen), «. SciullühLOhrrn 4, 42«^., toojur .von.«
im hd. stufen eracheint. s. das. (Wkigani) 8,846. UiRZ
etym. wb.* Sil).
rV. »IM ansaht andrer, aumeiat vereinaelier fftbra*U)h$'
teeiaen laaaen sich nicht mit Sicherheit ableitm,
l) uberackern tauchen, obarart, perarmrß
SriRLBR 18.
8) sich stauchen oder aufstauchen begegnet in dem
ainne 'aich icvlben, bauaeken' (an ITl, l aneuknügfenf): aus
Mr.
1 1 37 STAUCHEN (IV, 2—8) — STAUCHER
den kurzen ledernen beinkleidem hatte sich das hemd
etwas aufgestaucht Auerbach dorfgesch. l, 97 {Befehler-
I^ 2); unter diesem hüte aber ... lag ein mächtiger wulst
weizengelben haares , von dem etliches straff und lang
ins runde gesiebt herabhing, etliches im nacken zu eckigen
locken sich stauchte Sohkrey im grünen Mee s. 8. hier-
her icol : diese gleich den wellen . . . wechselnden , ge-
schmiegten, gestauchten, gebrochnen falten sind mehr als
verschieden von der alten regelmässigkeit und steifen
Zierlichkeit F. G. Welcher alte denkm. l, 74.
3) bair. sich aufs bett hinstauchen, lehnen Schm.-
2, 722 (c). Schöpf 703. vgl. stauen 6, a.
4) aus der gaunersprache stammt icol stauchen för
stehlen in mundarten. so im 'Berner mattenenglisch 'stuuche,
s. zeitschr. f. d. wortforsch. 2, 52* ; stauche(n) bei den schwäb.
händlern aus Lützenhardt bei Horb. 10, 215'' ; eis. stuche
glimpfu:. für stehlen, heimlich entwenden, bes. fruchte'
M.\RTiN-LiENHART 2, 573'' (3) , dazu stuchet, styxat,/. 'was
man auf einmal heimlich entwendet hat'. 574*; thür. stauchen
{in Satzungen sduch, in Altenburg sdauche) 'kleine gegen-
stände in der stauche bergen, entwenden' Hertel Sprach-
schatz 234. Salzunger wb. 45. {demnach von stauche I, 1
beiw. 3, b. c herzuleiten*) — dazu sich stuuche, sieh fort-
packen, zeitschr. f. d. Wortforschung 2, 57.
5) mittelfränk. stauche(n), feuer anzünden, schüren, ent-
spricht dem nl. stoken, vgl. Franck 971, und ist vielleicht
daher übernommen {wie auch das engl, stoker, wonach erst
das verb stoke gebildet ist. aus dem nl. stammt, nach
SKEAT599''): luxemb. stauchen, das feuer anfachen, wb.
der luxemb. ma. 420*; in Aachen und Düsseldo^rf stauche
(stochen) 'anzünden, einheizen, anschüren, soxoob feuer, als
auch streit; holl. stoken, verwandt mit stochern' {vgl. dieses)
Möller-Weitz 233.
6) köln. stuche 'einmaischen der gerste' HÖNiG- 178*.
7) thür. stauchen, sduch(e) auch für 'spülen' Hertel
spracJisch. 23i (4).
8) stuken in ostnd. mundarten: altmärk. stük'n 'beim
waschen das zeug tüiederholentlich im wasser niederdrücken'
D.\NNEIL 215*; meklenb. 'stauchen, z. b. geicaschenes zeug,
um es vom wasser zu befreien' Mi SS"*; pomm. 'instuken,
lieiszt hier, die unreine wasche, ehe sie gewaschen wird, in
eine art beitze von hürfermist und kalter lauge einlegen'
D.\hnert'471''; pretisz. 'die wasche stuken, sie durch
stauchen reinigen, sie ausstüken. einstüken, unreine wasche
einweichen in lauge' Frischbier 2,384''; so schon in einer
Königsberger hochzeits-grat. aus der ersten hälfte dts
18. jahrh. :
den mägden kommet za das stohcken, schrobben, bobsen,
s. ebenda, {vgl. oben 1,2, c. eher zu 111,6 gehörig*).
STAÜCHENBLEICH, adj., Schweiz., bleich wie ein schleier,
s. stauche I, 2; 'tceil dieser kopfputz {s. stauche I. 2, c) ein
bleiches aussehen gibt: so wird auch der ausdruck .- stauchen-
bleich von Personen mit einer blassen, kränkliclien gesichts-
farhe gebraucht' Stalder 2, 363 ; appenz. stüchabläch 'blast,
leichenblasz {blasz icie gebleichter stacha) Tobler 417*;
vorarlb. stüchabläch Fromm.\nn 8,530,9; vgl. stauchen-
weisz.
STAÜCHENBUCKLERIN,/., schiceU.. 'person. die andern
diesen kopfputz {s. stauche I, 2, c) aufsetzt' Stalder 2, 393.
STAUCHENWEIBCHEN, n. gestalt der volkamythologie.
8. E. H. Meyer germ. myth. % 369.
STAUCHENWEISZ , adj. weisz vne eine stauche (1,2),
vgl. stauchenbleich ; alem. stüchawisz, schneeiceisz From-
mann 6,120,81. vorarlb.. «.3,530,9.
STAUCHENZEUG, n., schxceiz. 'dünngewobenes , feine»
leinenzeug' Stalder 2, 393, vgl. stauche I, 2.
STAUCHER, m. i) nomen agentis zu stauchen, 'einer
stauchet' Campe (i). so in altern Wörterbüchern:
acher, stauher, et staufer, der, ac staucherinn, die,
et foemina luxans, distorqvens, depravans, it. oppi-
obstruens. et vaporans Stieler 2126; staucher,
.ner, m. stagnatore. it. atimolatore. ochsen staucher,
er d stäuer, stimolatore di buoi, boaro, cacciabtwi
MER dict. 2, ai?*». sonst wenig üblich, os^fries. stuker
stüker, 'person die das stuken des torfs thut' ten
ORNKAAT KoOLMAN 3, Söl*», Vgl. stauchen n. so schon
nd. stuker in {Oldenb.) Urkunden v. 1577 und 1581 (torf
«tukers) SchillerLübben 4,44«''.
X. «. Mr.
STAUCHERIN — STAUCHKALIBER 1138
2) vom nomen agentis atts ergeben sieh weiterentunck-
lungen nach ztoei richtungen.
a) bezeichnung eines ger&ts zum stauchen, so im bergbau
gleichbedeutend mit Stampfer, s. das. 4, sp. 680. Veith 458;
zum eindrücken der patrone in das bohrloch, bei spreng-
arbeit Karmarsch-Heeren' 1,384. österr. staucher, 'bei
dem bohrzeuge ein runder, hölzerner stössl, um das pulver
in dem bohrloche festzudrücken, bei den frischfeuern ein
holzschlägd. um die feuergrube mit kohllösche aufzuschlagen.
oder die sehlakensOieke in das flüssige roheisen bei der böden-
cortitsch oder hartzer-renn-arbeit zu mengen' Scheüghen-
stuel 232. {vgl. besonders stauchen 1, 2, e.)
b) vereinzelt Übergang in die bedeutung eines verbal-
abstracts. so in der Soldatensprache: 'eine grosze an-
strengung ist eine schindung, ein staucher oder wichser'
Hörn 76 {zu stauchen I, 6, c). ostfries. stuker oder stüker,
stukert, 'zustand der od. etwas was hemmt u. stocken macht.
Jiemmung. Stockung, bz. hemmnisz. hindemisz. Widerwärtig-
keit etc.' TEN Doornkaat Eoolhan 3, SSI** {zu stauchen
in, 1).
3) in hochd. mundarten weitverbreitet als nebenform zu
stauche I, in verschiedenen bedeutungen .-
o) sehtoäb. vorderärmel Schhid 507. Campe; bair.
staucher, staucher, vorsteckärmd Schmeller- 2, 722. {vgl.
staucher I, l, a — d.)
b) zu staucher 1, 1, e: staucher, heisset dem frauen-
zimmer in Nürnberg so viel als ein muff Amaranthes
frauenz.-lex. (1715) 1896, vgl. A. Schultz alltagsl. s. 99; 'der
staucher . . .in Schwaben, ein muff" Adelung {als einzige
bedeutung), s. auch C.\mpe {'in manchen gegenden am
Bliein"). KrOnitz 171, 69 {icürtemb.). so besonders bair.
Schm.- 2, 722, eis. stucher {lautformen sty;far, stü^art,
demin. stij^erla, sty^^arla) Marti n- Li en hart 2,574»; in
Würzburg. s. Sartori US 118; henneb. Reinwald 2,121.
so auch in der litteratur dieser landschaften .- die guffen . . .
die sie in die stuchen stecken Keisersberg wannenkr.
(1517)96 bei Martin-Lienhart a.a.O. dazu:
aber sie wird deinen lippen
ihren groszen marderstaucher*)
lieblicfi spröd' entgegen halten.
Götz rerm. ged. (1785) 2, 49.
mit der anm. : im oberdeutschen ist stauch oder staucher,
ein muff, besonders ein kurzer enger muff, der daselbst
auch ein stutz, ein schliefer genannt wird, im deminutiv:
selbst der allzeit ernste Bachmüller hing Eugen seinen
grauen müllermantel um und gab ihm die pelzgefütterten
staucherle*), wobei er bemerkte, dasz sich damit auch
sein vater . . . sein leben lang gewärmt habe Auerbach
neues leben (1852) 2, 346, mit der anm. : doppelte muffs.
c) eis. femer 'fausthandschuh aus wolle' AI.vrtin-
Lienh.^rt 2,574»; 'im fränkischen nennt man auch kurze
handscJmhe ohnefinger staucher' Campe, so würzb. 'Jialber.
die finget- nicht deckender handschuh' Schm.^ 2, 722, im
mittleren Franken staucher Reinwald 2, 161.
d) eis. auch 'pulsicärmer. eine art gestrickter manschetten,
oft mit glasperleji besetzt, zum tcarmhalten der hinterhand
und des Vorderarms', besonders demin. sprichw. eim st.
an messe 'jem. die handkn'öchd drücken, dasz es schmerzt'
Martin-Lienhart 2, 574»; so auch unterfränk. 'staucher,
deminut. staucberla, gestrickte oder gexcebte. über die hand-
gelenke gezogene, gegen die kälte schützende bekleidungs-
stücke' Ruckert 175, in Eappenau staux'e, dim. staixvla
Meisinger 181*'. vgl. stauche I, i,/.
e) im schwäb. ferner schleier (stauche I, 2) und
f) schürze Schmid 507 (». stauche I, 3, b).
4) henneb. staucher 'an einigen orten reinfasz tu trockenen
victualien, was schwäb. stübbich heiszt' Reinwald 2, 121,
danach Campe {'ein ding, in welches etwas gestaucht wird',
vgl. unter stauchen III, 2).
STAUCHERIN, /., s. staucher 1.
STAUCHGABEL,/., köln. stuchgaffel, einmaischgdbel
König* 178*, vgl. stauchen IV, 6.
STAÜCHHAFEN, m.. stauch- 6 stof-hafen, m. stauch-
rein, /. tegame. testo ä stuffare o sottestare. stuffetta
Kramer dict. 2, 917'». vgl. stauchen Hl, 3.
STAUCHICHT, et stauBcht, adj. ltta:us. vulsus. loeo
motus. distortus. depravatus Stieler 2186.
STAUCHKALIBER, n.. auch breitungskaliber, bei der
eisenbereitung eine form des entmcklungakalibers der walzen
Tl Mr.
1 139 STAÜCHKARTOFFELN— STAUCHZANGE
mr allmählichen ausbüdung der endform, s. Karmarsch-
HeEHEN^ 8, 53.
STAUCHKARTOFFELN, plur.. pretisz. staukkartoffeln,
nd. stükkartoffle, zu brei zerqtu>tschte kartoffeln, kartoffel-
brei, vgl. stauchen 1,2, c Frischbier l, ISö"» (unter duls-
kartoffeln).
STAUCHLEIN, n.. deminut. zu stauche I, vgl. das. so
friihnhd. mit tcech.9elnden formen-. Schweiz, stichle: an
wiben: gross, gffilt, sidin inflSchten, hoch buschhuben,
dinne, gele stöchle, hals- und brusttüechle . . . Anshelm
Berner chron. 2, 390, 17 (ztimj. 1503; nacJi dem glossar 'ärmel
amfratienkleid', vgl. stauche I, l; eher wie in den folgenden
beispiden). sonst bair. steuchlein, leCn), -1 schleier, köpf
tuch, vgl. stauche 1,2: 'ao. 1423 bitten diefrauen und fräu-
lein in München den magistrat um erlaiibniss, stauchel
und Schleyer tragen zu dürfen, um damit auf der strasze
{tcegen der herrschenden lizenz) das angesicht verhüllen zu
können' Schm.^ 2,722; 'nach der ao. 1500 vorgeschlagenen
Heiderordnung . . . sollten den bauertceibern steichel oder
Schleyer, darin gold zu leisten getragen ist, verboten
rcerden' ebenda; acht steuchlein, gut und pösz mitfelalferl.
inve7it. aus Tirol 74-, 105 Zingerle {vom j. 1*84); etlich
steuchel, seiner mueinen zuegehörig Bozener quelle
V. 1512 bei Schöpf 762; Jliesus respondit {zu Veronicd):
so leich mir her das steuchl dein:
deinr pitt solstu geberet {geiväJirt) sein.
tunc ponit lintJieum ad fadem altd. passionssp. aus Tirol
s. 324 {Haller passion v. 1087). besonders in Nürnberg • item
adi 4 febrer (1507) für 2 steuchlen mit gullden pleiden,
hab ich der Folckmerin und der Tucherin geschenckt,
dafür par czalt 4 fl. Tucher haushaltb. s. 52;
auch gent die weiber umadumb
in der stat mit paum-wollen umb,
zawsen, spinen und steuchlein weben
und den Walhen zw kawfTen geben.
H. Sachs 22, 485, 5 Keller-Ooetze.
vgl.: 'stäuglein (Z.stäuchlein, nach der aiphabet, einreihung),
Nürnbergisch, ein halstuch, kopfschleier' Jacobsson 7, 430*.
— cimbr. steuchle als demin . zu staucha, luilstuch. cimbr
wb. 235*, vgl. stauche I, 2, c. 3, a.
STAUCHLING, m.: wir haben für sie {die kürzeren
triebe der toaldbäume) daher auch nicht die ausdrücke
frachtspiesse, . . . sondern nennen sie kurztriebe (brachy-
blasten Hart, oder stauchlinge, nach Colm . . .) und ihnen
gegenüber die blattreichen: langtriebe Ratze b u rg U7a2c{-
verderbnis (1866) 1, s. 14.
STAÜCHRAHM,/. in Aachen, 'ein tuchrahmen im innern
eines fabrikgebäudes, woran bei regenxoetter und im icinter
das tudi mittels groszer geheizten öfen getrocknet wird'
MOller-Weitz 234, der stauchen III, 8 heranzieht, {vgl.
rahmen 2, tlieü 8, 65.)
STAUCHREIN, /. tiegei, pfanne zum stauchen (III, 3)
Kramer dict. 2, 917'', s. oben stauchhafen {vgl. rein , /.,
fheü 8, 699).
STAUCHUNG./., stauhung, et staufung, die, it. das
stauchen, luxatio Stielbr 2126; Stauchung, Stauung,/.
stagnamento etc. Kkamer dict. 2, 917''. in gewöhnlieher
spräche nicht gebräucldich. technisch knick- oder s t a u •
chungs-elasticität, toiderstand eines axial belasteten
Stabes gegen das zerknicken oder ztisammendrücken {siehe
staachen 1, 5) Kahmaksch-Hekmen^ 8, 158.
STAUCHWEGER, m. im Schiffsbau, 'die untern Hmm
toeger, welche auf die füUungen der nü.ifergafen folgen'
RÖDINO bei Campe; die toeger {binnenplanken zur innern
Verkleidung des Schiffes), die vom kiel aus an zweiter stelle
{nach den flarwegem, vor den kimmwcgern) kommen,
s, Jacobsson 8, le*' {der stauch weeger sehreibt, ale plur.
des »implex: weegers, weigert, weegerungen) und Boiikik
600^ {auch otanchwegeringen).
STAUCHWRHKZEUG, n. werkteug mm stauchen, z. b.
der aägeiähne {s. •tauchen 1, 6, e) Kakmahsch-Hrrken'*
7,601 iflU Unterschrift der flg.. sonst stauch apparal, vgl.
dae.); man hat aach stauch Werkzeuge, bei welchen der
Winkel, der von den begrenzangHflächen des einschnittos
gebildet wird, variabel ist, so dass verschiedene s&gezkhne
mit demselben wcrkzoug bearbeitet werden kennen ebenda.
STAUCHZANGE. /. 'at^f den eit'nhämmem, eine urt
gangen. teonUt das eisen gtkaltru xrird , toenn man r»
•taaohel (I.ft,a)' Cami*«. s. auch H .irnwio bergb.^ {i7H)
Mf.
STAUDACH
1140
427* (zange § 6). Adelung. Jacobsson 4, 266». Krönitz
171, 69.
bTAUDACH, n. gruppe von standen, gesträuch, busch-
werk, mit standen bewachsener ort. eine dem altern hd.
{bes. oberd.) eigenthümliche collective bildung zu staude mit
dem Suffix -ahi (Klugk stammungsbildungslehre^ §67): aJul.
stüdahi rubus Graff 6, 6.'>l/., auch als Ortsname Studahi,
■ahe, Studach, Staudah, -ech {li. jahrh.), jetzt Staudach,
s. FÖRSTEMANN altd. namenb. 8*, 1395; rnJid. stOdach, -aehe
Lexer hwb. 2, 1261. Scuerz-Oberi.in 1588: affumenttun . . .
stau dicht Dief. gloss-lff' {mlaf.hd.böhm. wb. v. 1470);
stawdech vel hek pusch nov. glo.<is. ll*" {voc. ex quo 1432);
arbusta . . . gebüsche dz wil stüdlach sint. 31»; frutex-
ticm ... stand ech, studechl. 249"=; rubetum stu , rar.
staudnig. 501"; struchstudig {voc. var. 14€6), staudnig,
stawdäch {voc. v. 1432) nov. gloss. 321'; studecht fructice-
tum Dief. WOi.CKER 863. belege:
daz er immer mere gie
indfem stoudsehe,
da; in iemen ssebe
von dem er wurde erslagen anegenge 22, 1 ;
der dahs eneben in her lief
durch ein dicke; stOdscbe.
Grimm Reinh. fuch» «. 314, 651 ;
einen kurzen wec niht ze lanc
reit er durch dag stüdach.
Wolfram Wüleh. 69, 27;
si leiten eg {die mörder das Hnd) Of dickej rfs
und in ein grüenej slOdach troj. krieg 499;
nO dag diu läge was geleit ...
in einem dicken stfidach. 40617;
6tn ros er bf dem zoum bant
in ein dicke; sttidach,
da; e; dar inn niemen sach.
Jansen Enikei. vidtchron. 103G5;
si gienc in einen boumgarten,
in ein dick stüdach,
da sie nieraan inne sach. 26517;
holtz, criut, und studach
uf dem velde manigen enden brach
da; gende volc Ludw. kreuzf. 2838 ;
hinz Ungern in die storren
lä; im em ander wesen gäch
unde in da; stüdach.
Ottokar reimchron. 26413 ;
stfldcch, stein und erden
in korben si dar truogen. 49360 ;
und habent di vorgenanten heren mir ... da f&r geben
zway stökchel wismads, und einen tail eins rains, mit
staud.lch, daz an mein veld und wisen stözzet urk. v.
1343 bei J. WiCHNER gesch. des Benediktinerstiftes Admont
8 (lö78), *. 279; später besonders in süddeutschen Urkunden,
ioeisthümern u. s. w. fti.? ins 17. Jahrh.: welcher auf der
gemain staudach ausstöckt und auszrewtt? der soll den
grünt nützen drew jor Salzb. taid. 142,13 {\b. jahrh.); was
der grünt sein her dishalben gegen Ramatschachen werz,
di sein unser und unsers goczhaus, ausgenommen ain
wisel und staudech so der Pendreich . . . hat steir. taid.
164, 36 (15. jahrh.); auch ain plezen ains wysmadt genant
das Siaudach ligt an sandt Katherein zu Murnau urk.
von 1504, s. monumBoica 10, 210; der der hagkt oder wurft
staudach in die vischwaid ist schuldig wand! zwen und
sibenzig phening steir. taid. ibi, 6 {banntaidingv.ibis,); der
arbeisen {erbsen) zu bestecken hat, derselbe sol kein stau-
dach ohne vorwissen o. auszzeugung des gerichts ab-
hacken. 212, 29 {vomj. 1594); ainstmals habe er zeug auch
staudach zum zoinen dem Stephan Wurzer gehockt Vie-
tringer geriehtsprotok. v. 1611 bei Lexkh kärnt. »ri.239; in den
gehnizen oder staudach kämt, jagdordn. r. 1617 s. ebenda;
da aber die nachbarschaft alda in dorf Grosz Lobming
an ihren gemainpergcn ein prant oder gereit oder stau-
dach zu hacken oder auszzutailen gedachten steir. taid,
890, M {panordnung vom j. 1684). in der tillgemeinen Schrift-
sprache dagegen, wo die form stau dicht {vgl. ölten die
glosaen) zu ertoarten toäre, ist das tcort in nhd. zeit im
allgemeinen nicht mehr tiblieh. einsige anführung in tcdrter-
büehem: »IV^udich, n. fniticetnm Frisch 8, R28». wd
aber kennt das früknhd. (16.— 17. joArA.) die teol auf ver-
misdiung mit gestände beruhende bildung gesteudig, s. theU
4, 1,4107. — in mundarten noch erhalten: bair. staude,
gstaude* .Schm.'8,788; tirol {f')K^n,\ulach,datuderfllmilien■
name Staudacher Scnftpr 7oa, kärnt. staudRcJi [bes. oU
Ortsname Staudach or) Li-:xi ii 88«, steir, als slaurich (stau*
Mr.
1141
STAÜDÄCHTIG— STAUDE
STAUDE
1142
räch) Unger-Khci-l 571*; henneb. stäudig, m. gestrüpp,
■Strauch Spiess 240; nassauisch staudich, älter stadicb
Ist heilte und in alten Urkunden oft vorkommender natne
on gemarkungstheilen, früher bes. als gränzhestimmung'
Kehrein 1,388. — dazu im steir. die composita: stan-
dachbrachse und staudachhacke,/. 'groszes messer
zum niederlegen von gestrüppe oder staudach', vgl. stauden-
messer Unger-Khull öto*»; standachhuhn, «. {als
abgäbe): dient staudachhiener 2 von einem staudach beim
leichtl SchieUeiten. stiftreg. v. 1648 s. ebenda; staurich-
verk (staurachwerk), n. = staudach. 571»; t;^?. staudwerk.
STAÜDÄCHTIG, adj., s. staudicht.
STAUDAGKER, m. .- staudichter acker, staudichtes feld,
staud acker, campo deserto e coperto di fratte e frasche
Krajmer dict. 2, 917«.
STAUDAMM, «i. dämm zum stauen eines wasserlaufs,
vgl. Stauanlage, Stauwerk, österr. sfaatsicb. 2, 1544/.; der
grosze Staudamm von Assuan war im bau beil. zu d.
Münchner neuesten nachr. 1909, 37, *. 305'*.
STAÜDBAUM, m., vereinzelt für stände {vgl. das. l, b
und 3, rf): in den wälden wirt diser staudbaum {der faul-
baum) offtmals hoch wie andere bäume Lonicerüs
kreuterb. (1577) 59 A.
STÄÜDCHEN, n., seltnes deminutiv zu staude, vgl. das.
und stäudlein Adelung: sie hatte ihn nur als eine wilde
ranke betrachtet, die sich nach jedem nahgelegenen
Ständchen hinbreitet, um sich daran hinauf zu stängeln
.Mus.\LS Volksmärchen 2, 63 Hempel; mit groszer kühnheit
chweifen sie {die ziegen) in den steilsten gebirgsbändern
amher, um vereinzelte grasbüschel oder zarte und leckere
stäudchen zu rupfen Tschudi thierl. der alpenw. 537;
an einer eiche wurzel stand
ein Ständchen thymian.
Pfeffel poet. vert. 5, 130.
STAUDE, /. strauchartige pflanze, das loort ist dem
deutschen Sprachgebiete im engern sinne eigenthümlich und
lonciegend hochd. es geht zurück auf eine idg. wurzel
it'^h)u- in der bedeutung 'stehen, steif, starr sein', vgl. gr.
üTvo) und stauen, beruht aber zunächst auf einer ericei-
terung *stüdh-, die in germ. *studö- stütze, säule {auszer
altn. und ags. auch in oberd. mundarten erhalten) und
*studjan, s. unten stützen, sowie in altslav. studü kälte,
stynati, kalt werden, wol au^h in studü sdiam, stydeti se
y ich schämen, vorliegt, ä. FiCK^ 3, 342. (Torp)* 3, 4%. Wei-
AND 2,803. Kluge^ 376''. Uhlenbegk in PaulBraünes
,eitr. 26, 309. {vgl. auch STiEL.ER2i2e. Wächter 1593.) ahd.
Aüda, ßtitex, sentis, rubus, silva Graff6, 651 {nom. plur.
-lüdin, dat. acc. studun); mJid. stüde Lexer hwb. 2,1261.
ährend das wort hier stets als schicaches fem. erscheint.
:ennt das m?id. ein neutr. stude in coUectivem sinne, 'stau-
cht, gesträuch, gebüsch', arbustum, wolier noch jetzt stude,
-tiihe (der stüh) als waldname. s. Schiller-Lübben 4, 447.
' . 274'', vgl. staudicht, {der in Basel 1284 begegnende hauem-
i'i/me Johannes zum Studen, s. Sooin mhd. namenb. 394*,
jchört dagegen wol zu dem sonst erst nhd. bezettgten masc.,
gl. unten.) gloss. : arbustum ... stude, clene unnutte
holt i. di*mus Dief. nov. gloss. 31* {nd.-lat.); arbutus . . .
stude. gloss. 45*; batus . . . studa {Sumerl.), stawde {voc.
theuton. yurnb. 1482) 70''; dumus . . . stude, . . heidelstud.
192« ; stödde , busch . . . heyde stude s. hag . . . hecke,
stude in dem wolde not', gloss. 142'' ; fragus e. stand 181»
{voc. rer. Augsb. 1468) ; frutex . . . stutha (= aM. gl. 2, 615, 16),
stud . . . hurst, stude {anfang des 15. jahrh.) . . . fontex
studa {ahd.) 184*; fructices {i. breves arbores) die Stauden
gloss. 248«; frutex . . . hd. stude, staude, tude 249''; rubus
. . . Stauden 502*. — im nhd. ohne formale abiceichungen.
auszer dasz etwa frühe alem. quellen (Anshelm, Murner)
noch stude bieten, {so auch bei Maaler: stud [die] oder
staud, frutex. 393'*, neben stand, s. i.) {vereinzelte plural-
formen mit Umlaut sind vielleicht nur druck- oder scJireib-
fehler: dieselbe [die ehre der hofleute] ist gleich . . . denen
kleineren ständen unter den schatten der hohen bäume
Treuer dexitscher Dädalus (1676) l, *. 423; daneben:
die erd ist aufTgeschlossen,
dasz bäum and standen sprossen. 598.
himbeer Stauden bei E. v. Kleist i, 179, *. unter 2, a.)
nur begegnet staude im altem nhd. auch als masc. {unter
einßusz der synonymen strauch, husch?): diser staud . . .
Mr.
hat gleiche würckung wunden und schaden zä heilen
Bock kreütterb. (i539) 1,176; er (der hagdom) hat ein
mittelmässige grosse under einem bäum und eim standen
LoxiCERUS kreuterb. (1577) 59 C ; hartriegel wirt diser staud
genandt, umb seines harten holtz \vTllen. 64G; derblnmen
dieses staudens gedenckt Vergilius in eclogis. 65A; {Dio-
scoride^s im 3. buche) meldet keinen standen oder Strauche,
hecken oder bäum. 67 B, s. ferner Tabern.vemontanus
unter 4, b und Cronegk unter 5, b. — in mundartlicher
Sprechweise auf Süddeutschland beschränkt, vgl. unten 1, c;
Schweiz, stude (stüde) oder stud,/., pl. stude Hünziker 263.
Seiler Basler mundart 2S2''; eis. stud(e), stüta, styta,
stüata, besonders si^i, plur. -3 Marti n-Lien hart 2, 574'';
Schwab, standen Birlinger 410'*; bair. standen (stau'an,
stau'n, oberpf. staur) Schm.* 2, 733, im bair. icald die
stauarn, ^i. -na Bayerns mundarten 2, 259; tirol. staud'n,/.
Schöpf 703, kämt, staude, -dn, /. Lexer 239, lusem.
staude, /. Zingerle 53*, stauda B.^cher 393, eimbr.
stauda, /. ciinbr. wb. 236*. {ungar. hasenuszstauda im
Volkslied, s. 2, o, sonst nicht vorkommend Schröer 208*.)
auch südfränk., in Rappenau stauta, /. Meisinger 181'',
dagegen in Handschuhsheim als masc. staurd Lenz 68*.
(in Leipzig in übertragenem sinne, s. 7, b.)
l) erklärungen {vgl. oben die glossen):
ä) frutex 'standen' Aventinüs werke l, 392, 5 (rudi-
menta gramm., 1Ö17); staude, /rttfer. weyche staud, rünen.
staud, stab der vil gleych oder knoden hat, darausz man
stecken oder ruten macht, ferula. das von abgehawen
hinwürfßgen stauden ist, sarmentitius. ort da vil standen
wachssen, frutetum D.\SYPOnius; staud (die) arbuscula,
frutex M AALER 385'^; bäumiin, staud, der auszspreutzt
am bäum, frutex Hexisch 216,70; ester, eester, staud,
baumle, frutex. talea. arbuscula, planta minor arbore,
maior herba, non demoriens neque arescens. 952, 65; ge-
strippe, straus, staude, dorecht, vepretum, frutetum. spi-
netum. 1580,3; staude, busch, m. arbicau, arbrisseau
Hu LSI US dict. (1616) 307*; staudt, arbuscello (l618) 238'';
frutex, ... eine staude, cujus modi sunt rosa, foenicu-
Ittm, rubus, juniperus etc. CoRViNUS fons laiin. 282'';
staude, frutex. arbuscula Schottel 1421 ; staud, staude, /.
stauden, plur. arboscello. arbuscello. frxtttice. lat. frutex,
virgultum, arbustum Kramer dict. 2,917''; frutex, stif-
frutex Steinbach 2,689; s. auch Stieler 2126. Frisch
2, 323*.
b) frutex, eine stände, ist holtzhafFt, aber nicht so hoch
als ein bäum, nicht einstämmig, sondern es schiessen
nebensprossen auf, als die haselstauden , dombusch,
johannis-strauch etc. Woyt Schatzkammer (1734) 376; ganz
ähnlich Zixcke öconom. lex.- 2802 (staude, strauch). dazu:
zur staude werden, das ist, nicht als ein einiger stamm
in die höhe wachsen, sondern mit mehr reissern aus der
wurzel aufsteigen, fmticare, frutescere Frisch 2,323*.
vgl. auch: luzula pilosa, haarige hainsimse, ... starke
rasentriebe, oder auch einzelne sprossen, die leicht faulen,
daher mehr stauden als vereinzelte stocke Ratzeborg
standortgewächseiiS5d) iiö. eine genauere begriff sbestim,mung
giebt Adelung {unter 2): 'eine art gewächse, tcelche einen
vielfachen stamm oder siängel aus der tcurzel treiben, wo
es, (l) im xceitesten verstände zutceilen von allen pflanzen
oder gewachsen dieser art gebraucht tcird. tcelche nicht
blosz einen, sondern mehrere stängel treiben, ttnd welche
man zum unterschiede von den folgenden, auch wohl stauden-
gewächse nejint. in diesem verstände ist z. b. die nelke
eine staude oder ein staudeng wachs, obgleich hiervon, so
wie von einigen andern das wort stock üblicher ist. siehe
Staudengerste , staudenkorn , bestauden. (2) in etwas
engerer bedeutung ist die stände, oder zum unterschiede
von dem folgenden, das staudengewächs , ein solches ge-
wächs mit mehrern . gemeiniglich holzartigen stammen,
tcelche im lierbste über der wurzel verdorren, tm frühlinge
aber icieder aussehlagen; »uffrutex. (3) im engsten und
gewöhnlichsten verstände sind stauden geioächse mit mehrern
holzigen stammen, toeldieim herbste nicht absterben, sondern
fortdauern; frutex. in diesem und dem vorigen x-erstande
sind jdie stauden das mittel z irischen den gröszem und
nttr mit einem stamme versehenen bäumen, und den eigent-
j liehen pflanzen oder kräutem, tcelche einen saßigen weichen
stängel haben, die haselstaude, brombeerstaude, hoh-
72*
Mr.
1143
STAUDE
STAUDE
1144
lundcrstaude, wachholderstaude u.s.f.' (,rfa«««7t Campe
und Krünitz 171, 69/.) in der zweiten hedeutung gilt
Staude in der botanischen terminologie, s. Nemnich {suf-
frutex, vgl. c) und Beulen 5,677 ('stände, suffrutex, ein
zwar ausdauerndes aber krautartiges gewächs, ^oovon die
tcurzel atiadauert. der stamm aber alljährlich eingeht').
im gewöhnlichen sprachgebrauche dagegen überwiegt durch-
Otts die dritte bedeutung.
c) Schwierigkeit macht besonders das Verhältnis zwischen
staude und strauch, vgl. das letztere, der unterschied ist
einerseits ein geographisch-mtindarÜicher, indem staude im
süddeutschen, strauch im norddeutschen üblich ist (vgl.
oben d. einl.; strauch kommt im, bair. kaum vor, s. Schm.'-
2, 733); insofern können sie in der Volkssprache als synonyin
gelten, andrerseits wird in der Schriftsprache, ico beide
Wörter 7ieben einander gebräuchlich sind, häufig ein tmter-
schied nach der bedeutung gemacht, im ganzen zutreffend
bemerkt Adelung: 'staude und strauch werden oft als
gleich bedeutend gebraucht, sie sind aber verschieden, nach
herm Stosch werden nur die frucht tragenden gewächse
dieser art stauden, die übrigen aber sträucher genannt,
allein der wahre unterschied scheinet iti andern umständen
zu liegen, denn l. ist staude der niederdeutschen mundart
unbekannt, u^elche alles strauch nennet; dagegen das erstere
mehr der oberdeutschen mundart, und aus dieser der
edlem und anständigem Schreibart der hochdeutschen eigen
ist. dalier man aueh in der höhern Schreibart lieber dorn-
staude als domstrauch sagt. 2. bezeichnet strauch eine
mehr verworrene läge der stamme und zweige, so tcie das
gleichfalls nur im gemeinen leben übliche husch eine mit
sehr vielen nahe an einander stehenden oder dick belaubten
Stämmen versehene staude bezeichnet, und um desztvillen
ist domstrauch üblicher als dornstaude. in manchen
fallen ist auch hier stock entweder allei7i, oder mit staude
gleich sehr gebräuchlich; rosenstock und rosenstaude,
weinstock, aber nicht weinstaude.' ähnlich Campe: 'die
Sträuche sind besonders dadurch von den stauden ver-
schieden, dasz sich die stamme derselben von unten an in
äste ausbreiten und dasz sie sperrig wachsen.' vgl. ferner
Krünitz 171, 70. — die botanische terminologie unter-
scheidet naeh den unter b aufgeführten bedeutungen 2 und 3
Adelungs: suffrutex, eine staude. 'eine pflanze mit holz-
artigem stamme, gemeiniglich ungleich Meiner, als ein
strauch (conf. frutex), bildet oft einen kleinen busch; der
stamm geJit alle jähre au^s, aber die wurzel bleibt beständig,
bey den strauchgewächsen (frutices) dauert der stamm
mehrere jähre' Nemnich; 'pflanzen, welche jährlich oder
nach dem blüJien absterben, heiszen kräuter (herba) ; deren
tcurzel allein atisdauert, stauden (suffrutex) ; welche mehrere
holzstengel auf der Wurzel haben, sträucher (frutex)' Oken
2, 27. umgekehrt: die erdgewächse sind entweder kräuter,
stauden, oder Sträuche, vegetabilia vel sutit Jierbae, fru-
tices, vel sxiffruticea Steinbach 2,689. (Comenius, janua,
164+, überschreibt das 13. kap. : von Sträuchen und stauden
-^ de fruticibus, des arbrisseaux, gebraucht aber im text 188
zusammenfassend strauch, und so auch im einzelnen
berber-beer-stranch , brombeerstrauch u. *. w. , bis auf
johannisbrodtstaude und meelbeerstaude, «. unten 2.) —
aus der häufigen Zusammenstellung von staude und strauch
in der litteratur (». unten 3, o) ergiebt sich nichts über den
unterschied.
2) der umfang des begriffs in der lebendigen spraehe
ergiebt sich aus einem überblick der einzelnen pflanzen-
arten, die darunter einbegriffen und durch Zusammen-
setzungen mit staude als zweitem gliede bezeichnet werden,
solche composita sind z. b. zusammengestellt im, mhd. wb.
t,t,7m^. Sri BLER 2126. KraMEH (/tC^ 2, 917°. (SteINIIACH
«, ew. Frisch s, 828*.) Sanders 3,ll86^ Martin -Lien-
HART 2, 67&'. wU überall stehen entsprecJiende büdungen
mit -strauch, häufig auch solche mit -stock daneben.
a) hierher gehören? attichstaude, elndus SriBLBR,
ebulo Krämer, ds. attichstude zvoergholunder, sambueus
fAtiltM Martin -Liekhart. — balsamstaade, s. theil.
1. lOM. Sanders a. a. o.. vgl. Meobnbero 368, so unter s, d.
dasu- waram ha«t du aber salb«i und ysop . . . dahin ge-
pflanzet, wo vorher da« köstliche balsamstilud lein aus
Mekka blUhcle? MusAus volksm. i.M Hempd. — bäum-
wollenstaade (tA«i/ 1,1196), gossipium. xylon Stiklkr:
Mr.
für seine (des Schneiders) schcere und nadcl reift die hanf-
pflanze, der flachs und die baumwollenstaude Herel
3,199. — berberstaude, berberis Stieler, berbero
Kramer. — brombeerstaude, /., s. theil 2,397 (vgl.
Adelung, obenl,b); so schon mhd.: ain prämperstaud,
die ze latein vepres haijent Megenberg 404,16; do di
boum ains künigs begerten, und redten mit dem ölboum,
figenboum, winreben und brunber studen Steinhöwel
Esop s. 6 österley; auch in der kürzeren form: rubus . . .
stauden ... braunstaud Dief. gloss. 502'' (voc. rertim,
Augsb. 1521); praun (atts pram) staud ywv. gl. 321» (voc.
rer., Augsb. 1468). nM. ferner : brombeerstaude, rubus
Stieler; rovo, moraro selvatico Kramek; rubus monts
Frisch 2,323*, dazu- Eva war ausgegangen, dudaiin
(anm.: Judenkirschen) zu sammeln und brommbeer von
der staude zu pflücken Schubakt ^erf. (1787) 2, 314. vgl.
noch: so diu wunde beginnet swinden, so nim wegerich
unde mule den unde nim den souch (soft) unde den souch
rubi der stüdelen arzneib. des IS. jähr h. lio, 3h Pfeiffer.
stawd als glosse zu rubu,s (nebeti andern stauden) s. Stein-
meyer ahd. glossen 3,41, anm. 12. — dornstaude.
*. <Äeti 2,1300; so schon ahd. thorn-, dorn-, doronstüda
rubus, congregatio spinarum (als einziges dieser composita),
daneben getrennt Ihornis stüda, rubus Ghakf 6,651; mhd.
dornstüde ruscus Lexer handwb. 1, 453 (voc. v. 1482): sam
diu lilig ist gestalt under den dornstauden Megenberg
i06, 21 ; nhd. hinter domstrauch zurücktretend, vgl. oben l , c
(Adelung): du bist so herrlich im vogel
der niedrig in dornstauden hüpft, als in der feste des himmels.
E. V. Kleist 1, 226 Sauer {friUd. 288).
fenchelstaude,«. f/t. 3,1518 (Uli land volksl. nr. 114, l). —
haseist au de, s. theil 4, 2, 534, vgl. oben 1, b; mhd. hasel-
stüde Lexkr handwb. l, 1193 ; auellana haselstud, corulus
haselstud vocab. opt. s. 48» Wackernagel (41, 62/.); nhd.
haselstaude, corilo, nocciuolo Kramer, corylus Stirleh.
Steinbach. Friscil Sanders; es ist ein absonderliches
verborgenes werck und heimlichkeit der natur, dasz der
haselstaude jahrwachs oder zwiesel zur wüntzschel ruthe
am besten dienet Fleming t. jäger 42»; da inmittelst
sein söhn sich die erlaubnis ausbat, die haselstauden
durchzustreichen, und seine taschen mit haselnüssen
anzufüllen cav. im irrg. (1746) .564; eU. haselstudc Martin-
Lienhart. rffl/ttr omcA haselnuszstaude, /AetZ 4, 2, 533,
U7igar. hasenuszstauda Schrökr 208». — heidelbeer-
staude, auch hcidelstaude, s. theil *, 2, SOA; mhd.
heidel(ber)stOde Lexer handwb. 1,1207: dumus, ditinus
heidelberstrud , heidelstud Dief. gloss. 192°; heyde studc
o. hag , . . . hecke, stude in dem wolde nov. gloss. 148'*.
heidel- 0 schwartzbeer- staude, mirtillaio, mortellaio
Kramer; heidelbeerstaude, myrtiUus Stieler, myrtus
Steinbach. — himbeerstaude (W»eti 4, 2, i:i3s) rubvs
idaeus Stieler. Frisch; bind- 6 himbeer-, it. holbecr-
staude, moro angelico, rovo ideo, moro ro.<iso Krames:
und himbeerstäuden voll schnee umkränzen die spiegcl dt-r
teiche.
E. V. Ki.kist 1, 179 Sauer (früfiU 84, var\
holunderstaude, s. theil 4,2,1762, sambucus STiEhEn :
holunder- d hollerstaude, sambuco Kramer, vgl. oben i,b
(Adelung); mhd. boldersfOde Lexer Aan c/iri. 1, 1826. —
johannes-beer-staude , ribes, pianta di uvetta ros.oa
0 bianai Kramer; johannis-beer-staude. ribes Frisch
2,888». (da/tir Johannisbeerstrauch theil- 4,3,233*. Comenius
janua 188.) — die johannis-brodt-staude (.liliqua seu
ceratium. le carrottbier) Comenius janua (16U) 138. —
kapperstaude, capparis Stiei.er, pianta di capprii.
capperaio Krämer. — krammetstaude. wachholder-
strauch, s. theil 6,8006; m/ut. kranwitstüde juniperus (voc.
r. 1429). -staud (1484), krumwidslüdc, kroinol-, kronowich-,
krabatstaude IjEXEr handwb. 1, l'iu; hernach sollest
du eingedenck seyn, dasz du biszweilen ein fewr von
waoholder oder krammetbeer stauden, vor doincm
gezelt oder hUttlein anzündest . . . oder zünde von solchen
stauden nur ein wenig «pän von den wurtzeln an, oder
lege die beer aulT ein glut Minderer kriegs artzney
(1684)111. - kratzbcerstaudc, ruftuj» Steinmach 2, i
(kratxbeerstrauch ^AnV ft. 8071). mchl beerst audc (uwii
-Strauch), «. tAe»^ 6, 1H67: die stachiiohte moclbccrstaude
(»:>inosu9 fülmru», U grtmlimr Mfmeuae et picq^iant)
Mr.
1145
STAUDE
STAUDE
1146
CoMEtiivs janua 138; meh\heeTsta.ude, paliurtis Stieler.
— mistelstaude, tkeil 6, 2269. — myrtenstaude,
s. theil 6, 28i'/ ; vihd. mirtelstüde , mirtus Lexer handwb.
1, 2159: mirtus mirtelstüde vocab. opt. iS** Wackemagel
1+1,117), vgl. Megenberg 332,11 unter 3,d. — nessel-
st au de, 9. theil 7,621 (eher zu b): viel lieber wolt ich in
nessel-stauden mich wselzen Gessner 3,116 (d. ybel belohnte
liebe). — papyrusstaude , s. Sanders. — pfriemen-
staude, ginestraio, ginestra Kr.\mer, s. theil 1,1190. —
reckholderstaude, s. theil 8, 449 ; iuniperus regholt er
stude vocab. opt. 48'' Wackernagel (41, 108). alemann, für
uacholderst., vgl. unten. — rosenstaude, s. theil 8, 1220,
nicht sehr üblich, vgl. oben 1, c (Adelung), Megenberg
344, 14/. unter 3, d und Seuse 216, 20 unter 1, a : oft giengen
sie zu der rosenstaude hin Gessner 2,36 (Daphnis l);
s. «MCÄ Keller wn^er stäudlein. — stach elbeerstaude,
s. oben sp. 391; uvaspino, uva-spineUo , uva crespino
Kramer. — tamariskenstaude, s. theil n,l02. tama-
>!scu« Stieler, /«mörice Kramer. dr«?« (?): von welchen
if/örfern) er unsz doch jährlichen . . . zwantzig aymer
honigs soll geben, wegen der tamarischen stauden (anm. .-
Unstreitig: rtierica im originale, heide, auf denen die
hienenzucht gedeihet'), so dorumb gelegen sein urk. Hein-
richs III. V. Schlesien vom j. 1261, deutschet- text v. 1650,
.*. Tzschoppe-Stenzel urkundensamml. (i832) 5.345. —
theestaude, s. theil 11,346; dazu: andre thee-varietäten
verdanken ihre benennungen andern umständen. . . .
Sil tschong, d. h. kleines gut von blättern 3 jähriger stauden
vom trefflichsten boden Ritter erdkunde^ 3, s. 232, s. auch
unter stäudlein. — wachholderstaude, ^ÄeiZ 13, 60,
juniperus Stieler, wacholder-staude, ginepraio, ginepro
Kramer, vgl. Minderer oben unter krammetbeerstaude,
soxcie reckholderstaude und Adelung unter l, b. — kaum
üblich sind weinstaude (s. oben l,b) und zucker-
st a u d e (vgl. das. ?), vgl. jedoch :
dO zuckerstüde, in der dag saf
Ift aller süegekeite.
Konrad v. Würzburg gold. tchmiede 864.
'//i. kämt, eigenthümlich sind wässerstaudn , salix, und
ttnstaudn, kriechende erle, s. Lexer 239. die ringel-
'ume bezeichnet Tabern.\emont.\nus, den rosmarin
Immermann, den thymus Voss als stäudlein. s. dieses.
igt. ferner unten staudenapfel , -beere, -bohne, -dotter,
gerste, -gras, -hederich, -hopfen, -kirsche, -klee, -kohl,
körn, -majoran, -melde, -nessel, -pappel, -roggen, -sellerie
{und Staudengewächs, -schöpf).
b) andre Zusammensetzungen zeigen die unter 8 behan-
delten erweiterungen der bedeutung; sie sind auf die ober-
deutschen mundarten beschränkt, von feldfrüchten, gemüse-
arten u. ähnl.: mhd. kabejstüde Lexer handwb. l, 1491
(= guwas stude minnes. 3,249*' Hagen); vgl. kabejstoc,
ebenda, kolstoc, -strüch, strunc 1667, nhd. kohlstrauch,
^AeiZ 5, 1599. — kartoffels taude: wo c^ an einem
Sonntag abend auf dem felde mich auf den armen trug,
eine kartoffelstaude aus der erde zog und mir die an-
schwellenden knollen zeigte Keller i, 27, vgl. eis. herd-
epfelstude Martin-Lienhart. ferner lauchstude, salat-
stude ebenda, im eis. auch von kleineren pflanzen und
speciell von blumen,' so in mehreren bezeichnungen des
lötcenzahns, leontodon taraxacum: eicrstude, kachelstud,
kett(ene)stude, ferner er(d)berstud, vgl. tlieil 3,141: erd-
beerstaude, .wicie weggrasstud. knöterichstaitde , und
weidelstud, wiesenflockenblume, centaiireajacea, s. Martin-
Lienhart a.a.O. (so schon mhd. violstüde, iibertr.,
s. IjEXEr handwb. 3, 362. über die nelke als staude vgl.
oben Adelung unter i, b.) — ungewöhnlich sind vereinzelte
gebrauchsiceisen in der litteratur. von mohn: am 19. jun. 1799
. . . bemerkten wir sehr deutlich an den blumen des orien-
talischen mohns . . . etwas flammenähnliches, das sich in
ihrer nähe zeigte, wir stellten uns vor die stauden hin,
sahen aufmerksam darauf Göthe naturw. sehr. 1,24 Weim.
ausg. (farbenl. i, 1, §54). andrerseits:
der ölbaaiD.
Pallas Staude bin ich: was schlingt ihr, tmnkene tranben,
euch um die Jungfrau?
Herder 26, 37 Suphan (blumen au» d. gr. anth. 3, 42).
3) Staude mit synonymen und sinnverwandten toörtern
zusammengestellt , meist im plural.
Mr.
a) staude und strauch, vgl. i, c- die ganze sonst gewisz
fruchtbare klosterumgebung ist verwildert, mit stauden
und Sträuchen, ja mit schon veralteten und verdorrten
bäumen zum theil bedeckt Göthe 39,268 (Euysdael als
dichter) ;
sie (die Hunde) irrt auch weder staud noch strauch.
Wickram Ovids metam. 3, cap. 9,536 (3, 226);
es webet, wallt und spielet
das laub um jeden strauch,
und jede staude fühlet
des lauen zephyrs hauch.
Hagedorn 3, 69 (öden 3, 6);
und vom frühlingshauch geschaukelt
steht in blüthen staud' und strauch.
Hoffmann v. Fallersleben ged."^ 149.
stauden und dörner: ja etliche (dörfer) sein in kurtzem
gar von grundt auff, da vor nichts denn stauden und
dörner waren, neu gebauwen Kirchhof wendunm. i, 281
Österley; zugleicher weisz wie ein knab mit grosser mühe
und gefahr in einen garten kombt, von den dömern unnd
stauden hart gestochen und verwundt wird Albertinus
hirnschleiffer (CoZfen 1664) 464 (Z. 264); nachdem sie etwa
zwei stunden durch stauden und dörner sich hatten
durcharbeiten müssen, kamen sie zu einem felsen Grimm
märchen nr. 166 ; dazu tirol. weisth. 4, 43, 34, s. unten 5, a,
und S. Franck uriter 5, e.
b) staude und stock verbunden:
stauden, stock
machet schock.
O.SWALD V. WOI.KEN.'^TEIN 37, 53 SC.hoiz ;
erweitert: stain, stauden, stock, snestangen
die sich ich täglich ane zal. 107, 25.
so sehr gewöhnlich in der zur festen redensart gewordenen
Verbindung über stocke (stock) und stauden (oder um-
gekehrt) laufen , springen , setzen u. s. ic. .- wo aber die
pferde nicht hören, lauffen über stauden und stocke, so
zuscheittern sie sich selber, den wa^en mit sampt dem
furman Luther 16, 409, 19 Weim. ausg. (sehr. 4.491*");
wol an, wol an, er fardt do hyn
über studen und über stocken.
MüRNER gevchm. 885 l'hl (h 1«);
erst kam der gramma in den lauff
inn wald hinnein, on weg und strasz,
ein sprang in andern spnngen was
hin über stock und über stauden.
H. Sachs 4, 3, 97«;
wie auff ein zeit ein jeger jaget
ein wolf der sprang mit grossem schnandn
hin über stock und über staudn
hin nein gehn holtz.
1, 488d (Job. u. »chw. 1, nr. 22, 4 neudr.);
das fräulein hob sich aus dem wald
wohl über stock und stauden.
wunder h. 2, 47 Bozberger;
gott grüsz den herren kaiser!
wollt ihr werden ein reiser
wie Carle quint bei nacht
zfnsz über staud und stocke? Opel-Cohn f. 292,20;
eZ*. üwer studen un(d) stock 'über stock und stein' Martin-
Lienhart 2, 574''. in manchen stellen (denen aus H. Sachs
u. a.) ist die ursprüngliche bedeutung der redeweise, da
sie auf Unterholz im oder am, walde geht, noch deutlicli.
häufig in erweiterter formel: dahin brach auch durch
über pirg, holz, wasser, stock und stauden herzog Dieth
mit all seim volk Aventin cÄron. 2, 27, 30; sie darfif . . .
über schnee und eisz, stock und stauden, mit jhm ins
elend reysen Fischart Garg. «.102 neudr.; sie (die kirche)
weisz über alle zäun und hage , über alle gruben und
graben, über stock und stauden gar fein zu springen
bienenk. 50»; dasz er solcher gestalt zum öfiftern über stock
und stauden, über dorn und distel, über koht und lacke
tantzen und capriolisiren müste Abele gerichtshändel
(1654) s. 81; atieh mit durch: £iber so bald er (der stier)
den löwen ersach , flöhe er in durch stök und studen
in die wüsty Steinhöwei. Esop s. 272 Österley; auff dz
ward Brunhild mit jrem haar und beiden armen einem
wilden ungezempten pferd an den schwantz gebunden.
und also durch stein, stock und stauden jämerlich ge-
schleifft Stumpf Schweytzer chron. 215*";
in dem ich nun fort gehen will
der stimm nach in den dicken wald
durch stock und stauden gleicher gstalt.
üpangenberg griech. dramen 2, 107 Dähnhnrdt
(Aiax Lorarim, 1608, IV, 3, 3574).
Mr.
1147
STAUDE
STAUDE
1148
erweitert durch stein:
ich wil gern gan wider hain
durch studen stok und durch stain.
Lassbbrg liedtrs. 2, 260 {kioster der minne 173S) ;
auch Staude und stein allein werden in der altern »prache
zutceilen formelhaft verbtinden (iric am /läufigsten stock
und stein):
da ich waz hin gelofien
durch studen und stainen. 1, 244, 327;
denn diesem (derA, pfennig) wacht er tleissig, zeucht jm
nach über veldt, über staud unnd stein Höniger 7iarren-
schiff 0^. vgl. auch: wo der (gott) unser hcnd nit benedeit
und sein segen legt, so finden wir mit aller arbeyt ander
allen standen unnd steinen nicht, wo wir in ein nest
unnd loch greiffen , so seind die vögel auszgeflogen
S. Franck sprichic. 1, ISO*".
c) indem, staude mit coUectivbegriffen zusammengestellt
\cird, nimmt es selbst mehr oder weniger collective hedeulung
an, vgl. unten 8, a.- (*t€) bleiben dem rosz im stegrailT
behängen, werden geschlaipfft, durch alle heck unnd
Stauden gezogen Ai.bertinijs Lucifers königr. 191, 21 Lilien
cron; als er {k aiser Karl) sähe, dasz seine hoffleut von
den Venedjschen kauffleuthen viel seidene gewandt
kaufften, . . . führt er sie zu regens zeit mit jhm auif die
jagt, durch hecken und stauden Zincgref apophthegm.
1,14; auf dieses signal lief jedermann in den garten;
man verthcilte sich auf alle selten, man durchsuchte
alle Stauden und hecken Wieland il, 205 {don Sglv.i.,3,b);
{im bilde:) nur sind seine {Rousseaus) urtheile . . . nicht
selten paradox, und er glaubt schon genug gethan zu
haben, wenn er von der gebahnten heerstrasze abweicht,
und wie ein muthwilliges ross über hecken und stauden
hinweg rennt Schubart ästhetik der tonkunst 269 ;
heken, standen, rings umher. Schiller 1, 349.
s. auch Carbach Liv. 113'' unter b, d, S. Franck chron. 205''
unter 5,g und Fr. Müller 1, 115 unter i,e. erweitert:
auf, auf, gott will gelobet sein,
ihr kräuter, staud und hecken !
Spee tndznacht. 2.1, 74 Balke.
femer: sie aber {Adam und Eva) weiten ires schöpffers
nicht mehr warten, sunder verbargen sich in die hürst
und stauden Wickram 3,160,26 Balte (hauptlaster c. 3);
wann ich vil soll durch hursten kriechen, und über zäun
unnd stauden klimmen, so laszt mein kutt das haar
Garg. s. 388 neudr.; von gebüschen und stauden Fleming
t. Jäger tö; erachte nicht vor undienlich zu seyn, zum
beschlusz der beschreibnng alles holtzes hierbey die ge-
büsche und stauden anzufügen. 42»; mhd.:
dur hürst und stOden hin ze tal
er {der brunnen) sich wünnencltchen lie.
heinfr. v. Braunechw. 27, 590.
d) die staude wird vom bäum unterschieden, vgl. l, b
unrf GÖTUE 39, 268 unter z,a: der (mtVfei-)paum haigt pag
ain staud denn ain paum, wan er ist klain und wechst
gern pei fäuhten steten MEGENitKHO 332, 11; rosarius
haigt ain rösenpaum, aber eg ist aigenleicher ain staud
wan ain paum. rosa haigt ain rös, diu auf der stauden
wechst 844,14/.; balsamus hai.:;t ain balsempaum. dag
ist ain paum oder ain staud SÖ8, 20; sanipt allerley
Stauden und g&rtenbäwmlin, so zum Hechten und binden
dienstlich, als weiden, iindbast . . . Sebiz feldb. 2;
von Rtfiden hin ze boume
grff ich Hauamar v. Labrh jagd 87;
mein .lesum will nun tausend mal
in wJUdcn lan erklingen,
niit mir auch sollen Überall
die bftnm und stauden springen.
.Speb trvtsnacht. 4, 184 Balke.
vgl. auch: der Wacholder ist zweycrley gattung: die eine
art wachset zu einem ziemlichen stamm ..; die andere
art bleibet nur eine niedrige staude oder busch uiul
Strauch FLKMiNn t.jägerta^. — toie hier, »ind aueli aontit
die standen im walde {vgl. die utelUn unier h); daher
»priehtenrtlirh • wer all standen wil fliehen , der kommt
nimmer mehr in kein wald S. Fiianck nprichw. (1&41)
1,1a*; der all standen fleucht, kompl nimmer in keynii
wald. H&*; wer alle stauden flicht, kommt nie in oinon
wald 81MROCK 0n)i8. dotk tPtrdtn attch stauden und wuld
Mr.
diu rephUenr einen valken
gefluhen nie sO balde
ze stttden und ze walde. troj. krieg 33526;
diesen entgrünet
all der wälder und stauden geschlecht, und der heiligen haine.
Voss Virg. Georg. 2, 21.
staude mit bäumlein gleichgesetzt: die beyde stauden oder
bäumlin, wegdorn und creutzbeer, sind nit sehr ungleich
LONiCERüS kreuterb. (1577) 58 C.
e) die staude wird andrerseits von kleineren getcächsen,
icie kräutern, gräsern, blumen u. s. w. unterschieden, vgl. 1,6;
der attich . . , das ist, nidriger holder, lateinisch ebtdus. . . .
ist gantz nidrig, mehr under die kreuter dann ander
die stauden und bäum zuzehlen Lonicerus kreuterb.
(1577) 63 B. daher verbunden: umsonst, dasz du . . . gras
und Stauden zerschlägst Fr. Müller 1,364 {Kreuznach);
er rait wa di stymme was,
durch stauden und durch grünes grasz.
Heinr. v. Neustaut Apollon. 8689 Singer;
nun ging er noch einmal zurück und führte sie durch
das wirrnisz der kräuter und stauden auf einen freien
platz hinaus Storm 1,10; feigen, zwetschgen, . . . melonen
und tausenderley stauden und erdfrüchte, standen in
schönster Ordnung Fr. Müller 1,51;
dann grünen die irdischen auen,
dasz blume und staude sich sprieszt.
Arndt werke 3, 119 Mettner;
wo nun gras und staude beben,
hat in froher kraft geblüht . . .
manches reiche menschen leben.
Lenau 1, 173 Koch {Heidelb. ruine);
zerstreute beere von bienen
durchsäuseln die lüfte, sie fallen auf klee und blühende stauden.
E. V. Kleist l, 229 Sauer {friihl. 330);
so auch: die hausfrau
sitzt in der laube von reben, pflanzt stauden und blumen auf
leinwand. 217 (151);
vgl. noch Ramler fabellese 1, 157 unter 5, A. erweitert,
neben bäumen:
die phantastischen gewächse,
kräuter, blumen, stauden, bäume,
die des Pflanzenreiches adel
oder kroDjuwclen sind.
Heine 2, 127 Elster {Bimini. prol.).
neben allgemeinem ausdrücken: einsam vielmehr geht der
gemüthvolle dichter (Voss) als ein priester der naliir
umher, berührt jede pflanze, jede staude mit leiser band
GöTiiE 40, 266, 13 Weim. ausg.; ha ! ihr seyd mir alle wieder
da, pflanzen, stauden, hügel, klüfte, ströme, weit! Fr.
Müller 1,45. — so dann auch stauden neben feld, wiese,
reo diese pflanzen waclisen:
man sprach ir reht fif bluomen velt,
dane irle stüde noch gezelt. Parz. 309, 14;
dabei sich collectirer bedeutung nähernd:
war' hier nichts mehr zu finden,
war' feld und staude leer. Novalis 1, 230 J/«>«i«t.
wenn ackerland vertnldert. so wachsen stauden darat{f,
s. GöTHE 39, 268 unter 3, a; daher: wo . . . das frömd reisen
und wegloufen also beharre, so mfiessid ir acker z&
studen werden Anshelm Bemer chron. 4, 528, 24. {um-
gekehrt s. Kirchhof unter a.)
4) eigenschaften, zustände der staude u. a. w.
a) mit adjectiven: eine wilde staude. frutex agreatia
Steinbagii 2,689. — (Fähndrich.) hinter diesem busche'i'
ei, was kann da sein';" — irgend eine auslILndische
staude — irgend ein seltnes produkt Fr. L. Sciikuder
dram. werke (l83l) 1, 127 (Julie v. Lindorak 8, 4). — ein-, drei-
jährige staude, «. Ritter erdk.'^ 3, 232 unter 2, a (theest.). —
eine staude wächst nicht hoch, frutex in altitudinem
non ereacit Steinbagii 2, 689; solche, weiln sie nicht hoch
werden, und nimmer keinen rechten stamm erlangen,
sondern nur als niedrige stauden aufschieshcii, wachsen
sowohl in denen hoyden und wäldern, als ackern und
feldern. Fleming t. Jägerei*;
so weicht der axt die coditr. . . .
die mit dorn wipfel Jovin brcit<>ii bäum
weit Qbemchauet hat, und niedre stauden
vor dem gewalt'ftn winterslurm gedeckt.
Shakeap. 8,888 {Heinr. VI., ». th , b, 9);
doch auch : hfthe stQden Part. 888, 87, a. 5, «. — dicke
stauden, fratte, fraaehe macchie. v. hecken Khamkr dict.
8, W7*i (ich) verbarg mich in einer dicken stauden vier
ganlze laglang Alukrtinus landatörtter 71; das neben
Mr.
1149
STAUDE
STAUDE
1150
I
den abhackenden örl-, auch die dorn- oder prumblpbi-
und andere rauche stauden zur erweiter- und raumbung
der gemeinen azung . . . nidergehackt und von ort geraumbt
werden sollen tirol. tceisth. i, 510, anm. {\1. jahrh.);
wann dann die geiszen steigen an
zun felsen hoch hinaufen
und weiches laub, so für thut gähn,
von zarten Stauden raufen.
Speb trutzn. 34, 116 Balte.
harte stände, s. Storm i, loi unter b, e. — besonders
grüne stände:
[iedoch t}moc er den küenen [da; er] in brähte dan
[überl manege stfiden grüene.
WdjdietT. C. VIII, i {hddenb. 4, 137);
mit leichten lauften streift jetzt ein heer gefleckter hindinnen
und hirsche, mit ästen gekrönt, durch grüne, rauschende
Stauden E. v. Kleist 1, 222 Sauer {frühl. 222).
auch :
nachtigall auch und schwalb'. . . , auf grünende standen
gegen einander gesezt, wehklageten Voss Moschos 3, 48.
das leitet über zu den Verbindungen
b) mit Verben, stauden sprieszen, schieszen auf w. öähZ.,
s. Treuer in d. einl., Arndt unter 3, e und oben Fleming.
femer: bäom and standen kriegen safl.
Grob versuchgabe (1678) 102.
besonders blühende staude: ein jedes (fhier) suchte sich
nahrung. . . . die fanden sie . . . an fruchten der wälder
oder auf blühenden stauden Fr. MCi.ler i, 50;
euch soll künftig ein hain blühender standen, euch
meine qnelle geweihet seyn.
StoLbkrg 1, 128 ('an die grazien');
junges leben durchbrflUte die auen, die wälder, die berge,
irrte blockend im thal, und sang in blühenden standen. 202.
so auch : also dass im hewmonat der gantz staude in
voller blüet ist Tabernaemontanüs kräuterb. (1588)2;
vgl. Seuse 551, 17 unter 5, o und Hoffmann v. Fallers-
leben ped.^ 149 unter Z,a; dafür:
die Staude steht im flor Platkn 30».
vgl. : dir lachet unde smieret
vil manger stüden flore.
KoNRAD V. WÜRZBLRG Qöld. tchmiede 1319.
welkende staude {im bilde): wie würde die hinwelkende
staude neben diesem kräftigen stamme sich ausnehmen?
IiFLAND theatr. tcerke (1827) 3,219 (rette versöhnt 2, 7). —
fruchttragende stauden, vgl. .- da müssen wir ein register
machen, wieviel jede staude getragen hat Bettina
Gl. Brentanos frühlingskranz (1844) 107; in bezug auf die
Winterzeit ist ein umstand besonders wichtig, nämlich
der, dass viele gewächse der tundren, namentlich auch
die beerentragenden stauden, im Spätsommer gewöhnlich
schon dann vom froste überrascht und mit schnee be-
deckt werden, wenn sie noch im vollen safte stehen,
bezw. noch fruchte tragen Nehring tundren u. steppen
(1870) s. 19.
c) der duft der staude \cird liervorgehoben : lauben
von allen arten wohl riechender stauden Wieland l, 96
{Agath.2,i); der ambrosische thau, den der ritter Astolf
aus dem monde holte, träuft auch auf unsrer erde von
jeder balsamischen staude Herder 23, 178 Suphan; die
Wohnungen der Indianer lagen einzeln . . . und waren mit
mancherley wohlriechenden stauden, als gardenia, guet-
torda und colophyllum umpflanzt Forster reiae um die
tcelt 1, 206;
unsre (thronen) flössen ftlr dich; sie netzten die duftenden
Stauden Stolberg 2, 40;
mein (des wd/es) balg ist parfnmirt mit mancher stände duft.
Schubart ged. (1787) 2, 252;
die Staude würzt die lufl mit nektardOflen Schiller 11,49;
Weihrauch dampfend dem sinn des geruchs , wetteifern die
Stauden RCtkert werke (1882) 2, 123.
d) theile der staude, vmrzel, stamm, zweige, bläfter oder
laub (vgl. Spee unter a), blute (s. b), event. frucht (b zu
ende, vgl. Adelung unter i, e):
die kerten allen ir vllg
an der stfiden wurzel gar Bari. ti. Jot. 117, 15;
Daphne hieng kränze an die ranken der stauden S.Gessner
werke (1778)2,40; dort stand ein alter mann hinter den
breitblättrigen standen und band die schwankenden zweige
an Stäbchen Novalis 2, 222 Meiszner. (herz, wuchs einer
staude, ».Schiller unter 1,0).
Mr.
e) poetische freiheiten :
die standen werden milch, die tannen honig schwitzen.
KoENiG ged. (1745) «. 70.
singende staude mit kühner Übertragung von den auf ihr
sitzenden singenden vögeln (s. unten 5, c):
unter den werdenden knospen des haines dort !
und der gebüsche hier! wandelst im aufwachenden weltleben,
in singenden stauden und tönendem himmel du !
Stolberg 1,195.
staude für den brennenden husch, 2 Mos. 3, iff-:
und pran in flamen ho
ein staüd starck an geczundt.
Folz meisterl. 75, 419 Mayer.
personißcirt : es trauern um dich hecken und stauden
Fr. Müller l, 115 {d. faun);
ihr Stauden, hänget noch betrübt
von meinen schweren klagen !
3, 166 (Golo u. Genov. 3, 4).
ähnlich auch: vor sonn' und mond, vor allen stauden
schämt' ich mich, dasz ich gestern so erzalbern that
Bräker d. arme mann im Tockenb. s. 5t Seelam.
5) staude in andern Verbindungen (vericejidung von
Stauden u. ähnl.).
a) die staude in der Landschaft, vgl. Fleming unter 4, a
sotcie 3, d und e: sam die wunnenclich beide, die wol
gezieret ist mit blflygenden studen und mit den grünen
zwygen Seuse 551, 17 Bihlmeyer; nach dem bawmgarten
hinab am wässerlin , gedencken wir die wisen . . . anzu-
richten, sampt allerley stauden und gärtenbäwmlin , so
zum flechten und binden dienstlich, als weiden, lindbast,
ilmen . . . und allerley wügen, welche die wisen umbgeben
sollen Sebiz fildb. 2; die geschwlndigkeit, mit welcher
die natur jede leere stelle . . . mit . . . stauden . . . besetzt
Hebel 2, 19, 5 Behaghel;
mit stauden stoltz gekrSnet
die krufften geben klang.
Spee tnUznacht. (1649) 2 (1, ttr. 3).
dagegen .- niemand wird dieser schrift den Vorwurf machen,
dasz sie einer arabischen wüste gleiche, wo der wandrer
viele parasangen reisen kann, ehe er . . . nur 6ine staude,
seinen gaumen zu erfrischen, antrifft Gerstenberg re
zensionen ».3,8 Fischer; im bilde: kannst du glauben,
dasz ich immer fels war, ohne pflanze, halm und staude /
Gleim brieficechsel (I8O6) 2, 6 Körte, stauden im gegensatz
zum ackerland, s. 3, e.- alte verlegene böden so mit stauden
verwachsen und zu wirklichen raühenen worden conf.
V. Kempten (l732 — 7) bei Birlinger 410**. (das heiszt: der
acker standet wieder zu, ligna in agro resurgunt recentia,
alias: befleugt wieder mit holz Stieler 2127.) ähnlich:
wer reben zue lipding hat und die nit in eren halt . . .
oder darin studen wachsen last. . . . wer da das wasser
in die agker laut gan . . . oder die agk(s)er last verstuden
weisfh. 5, 205, § 10 (schioeiz. tceisth. v. 1475). — femer: es
sollen . . . die burger . . . die Strassen , weg und steg . . .
aufs beste erhalten . . , die von den päumen oder auen
darein hangenden stauden daraus hacken tirol. ueisfh.
1, 30, 17; das man alle die dören und stauden umb die
gassen herumb fleissig abmach 4, 43, 34. — sie xcachsen
besonders am wasser, vgl. oben Sebiz und E. v. Kleist
unter 2, a, Megenberg 332,11 unter S,d:
der dufel hat alle die studen hin,
die hie umb die wasser soiden stan.
Morolf 1, 1603 r. d. Hagen
(dafür bei Vogt Salman m. IforoZ/ 304, 5 : die hursten);
und wir wuchsen empoi: freudig, wie standen am bach.
Stolberg 1, 216.
standen als Umgebung von Wohnungen, s. Forster unter
4,c. — verschieden nach ländern, vgl. ■ sehr überraschend . . ,
plötzlich ganz fremde (römische) structuren zu sehen, die
unter einem fremden himmel entstanden, gleich aus-
ländischen stauden hieher an den Nil verpflanzt wurden
Ritter erdkunde^ (1822) l, 785. «. auch Fr. L. Schröder
unter 4, a.
b) staude vom winde betcegt, vgl. Hagedorn und Hoff-
mann V. Fallersleben unter 8,0;
wiewohl . . .
frohes gelüft die stände beweht.
Klopstock Oden 2,46 Muneker-Pawü ;
bey dem neubelanbten frfihling
riefen mich die jungen weste,
die den stauden samfl durchschlüpfen.
Cronbgk 2, 232;
Wr.
1151
STAUDE
STAUDE
1152
du zephyr weiszt nicht, wie erfrent
von deinem bauch die staude säuselt.
Stolberg 2, 100.
vgl.: doch schwankt der boden, luft und staude schwirrt.
MÖRiKK gedß 35 (besuch in Urach).
e) stände tnit vögeln auf den zweigen, vgl. E. v. Kleist
1, 226 unter 2, a. Voss unter i, a. Stolbehg l, 202 unter i. b
und 1, 195 unter i, e. vgl. .-
an die stauden, wo ich nieisen
im hoUunder-kasten fieng.
Salis ged. (1793) t. 98 (2 76).
sprichicörtlicJi : es ist besser ein sperling in der band,
als ein kraniets vogel auf der staude, val meglio tm passe-
rotto in muno ch' un tordo in frasca. einen vogel auf
der staude Terkauffen, vendere l' uccello sulla frasca, met.
esser aicuro del fatfo stio Khamer dict. 2, ei?*". (vgl. unten
staudenbrudler, -gatzger, -ragerl, Schnapper, -vogel.) dazu
im bilde: icb kann niicb in jede läge und ansieht ver-
setzen, und ganz ehrlich in diesem sinne sprechen und
schreiben, bis ich mich auf einer anderen staude nieder-
lasse POcKLER- Muskau briefw. l, 290 {an gr. Ida Hahn-
Hahn, d. 13. febr. 1815).
d) die staude dient wegen ihrer dichten belaubung gern
tum versteck, sich (einen) in oder unter eine(r) staude
verbeißen, von thieren-. dag die binden gepern kälbel,
der hüetent si gar vleigiclichen und verpergent si in die
Stauden Megenberg 130, i; der vasant hat die art, dag
er sein haupt in ain stauden verpirgt und wsent, er hab
sich ze mal verporgen. 198, 28;
drumb braucht das pantelthier ein list
verbirget sein kopff m ein stauden.
H. Sach-s 4, 2, 116».
30 auch: sich gächling begäbe das ein grausam grosz
wolffe nahent pey ir ausz einer dicken stauden spränge
Arigo decam^r. 574,28 Keller; darumb ist das alt wappen
(ier stat Ötting ain wolf under ainer stauden Aventin
chron. 2, 23, 8. — von menschen :
er douht sich in ein stouden jung. Tit. 1143, 4;
da; ich an allen vieren kreuch
in ein stfiden, diu was rouch,
da inne sie min niht sähen Sei/r. Helbl. 4, 12S ;
ich lac in der stüden. 373;
Merk under einer stüden lac
hiute disen langen tac. 447;
ich wil seihest die gSttin sein
und kriechen in die stauden nein
der jungen frawen antwort geben . . .
dort kombt die fraw, ich wu mich bücken
heymiich in disen husch nein schmucken
dasz mich die junge fraw nicht sech.
H. Sachs 4, 3, 34«» ;
da hOrt ich etwas hinder mir
kraspeln auCT der andern selten
der dorenheckn, daher von weiten
schlich hinein mit kreisten und i^chnauden
ein betteimann in dise stauden. 80»;
wie Rial kam an das end da die sechs die junckfrawen
tödten woltent. wie er die vier erschlag und ym die
zwen in die stauden entrunnen WiUi. av^ Osterr. (1481) 29*';
darzA het er (HannibaT) Mago seinen brüder mit tausent
z6 rosz, unnd tausent zä fösz inn hecken und stauden ver
steckt Carhacii IAv. 118'' {Liv. 21, 54, l). s. auch Wickram
unter 8, c und Albertini's unter 4, a. so attch in der
apriehinörtlichen redensart: ausz der stauden ist gut the
dingen, mit fersengelt bezahlen, besser in den reiscrn,
dann in den eisern, wo du kan&t fliehen, soltu nit kriegen
EoENOLHK 313*>; auBzer der stauden ist gut tedigen (tage-
dingen, litigare) EiSELBiN S77. Siu rock 9883; ausser der
staaden ist wol rat geben Eiselkin 677. (v^^ unten
staadenhahn , -hecht.) — man »ueht unter der stände
aekatten oder achutt vor regen; apriehwörÜieh : wer sich,
wanns regnet, unter eine stände stellet, wird doppelt
nasz Krämer dict. 9, 9i7*. ao aucA: do nun das wasser
in der fl&srhen ausz was, legt sy (.Agar) den knaben
under ein stauden bibd Zürich Uil l 3fo«. :iB (Lutiikr:
unter einen bawm. si.ia). datu tool:
•r Isft über perg und Ueffe thal
nnUr dar ataadm ab«rsU
sein bSmUin tbst er blu«n.
•ein lieb unter einr standan saas
tket aair den jegar loaao.
POMTin frUeKe t. Uedl. $. IM mmdr
(111, 71, 8, « wtmderh. 1, 8M Aoee6«fyer
iä(f€r WolOgmutk').
Mr.
so legt man sich gern unter stauden, um zu schlafen.-
in dem der student der do nahend bei dem turn in eyner
stauden geschlafen het enwachet Arigo decam. 506, 28
Keller (8, 7); die unter stauden so anmuthig ruht, will ich
nicht wecken, bis sie von selbst erwacht Fr. Müller
3, 335 (Golo n. Qen. 5, l);
er legt sich an ain grünes grasz
under ain stauden und entslief.
Heinr. V. Neustadt ApöUon. 9669 Singer,
auch zum, beisclUaf:
da lag er pei dir auf eim grilnn wasen
in der stauden pei dem zäun, dasz sah ich eben.
fafin. itp. f.»C, -M ;
raide, ir maide,
Euecht der stauden winkeil
da well wir kosen, losen
mit beslossen gössen,
warmen armen lieplich,
dieplich in dem pusch.
O.swAi.D V. Wolkenstein 37, 80 Schatz,
daher auch (?) :
vor grüenem wald nach pfifferlingen klauben
mit ainer mait beklait von amer stauden,
den lust ich preis für alle hofeweis. 36, 37.
zum sterben:
(ich, Artus) wil kriechen in die stauden eben
und darinnen enden mein leben.
H. Sachs 2, 3, Gö*» (Olwier u. Arttu 6).
auch als versteck für gegenstünde: do nyemand anders
dann sy alleyn was sich nackend ausz czohe ir gewänd-
lein under eyn stauden verbarge decam. 504, 2 Keller.
e) durch die stauden gehen, laufen u. a. w.. vgl. Grimm
unter 3, a, E. v. Kleist unter 4, a: wo er (dei- liirsch) durch
die stauden Hohe, da hatte er zä einer seyten die stauden
und das laub schweissig gemacht Noe Meuher v.forstl.
oberherrligkeit (l560) 96»;
die zwene wurden flfihtig.
der junge degen zfihtig
der jagt si durch die stüden.
Johann v. WOkzburg Wilhelm v. Oftttr. 4789 ;
da wolt er sein erwarten nicht,
und gar bald durch die stawden kroch,
wurd schamrot und schnell darvon floch
im wald zu thal, ohn weg und strasz.
H Sachs 16, 588, 32 KeUer-GöUe (dajür:
ausz der h61en 4, 1, 121<>);
W81S rauscht dort durch die stauden her?
81,84,20 (5, 344t>).
Über (die) stauden springen:
stn ors übr höhe stüden spranc Parz. 286, 27 ;
die blicke des jungen mannes folgten unwillkürlich ihren
füszen, wie sie behend und sicher über die harten stauden
(lahinschritten Storm l, lOl. dafür häufiger dir erxceiterte,
formelhafte Verbindung über stock und stauden , a. 3, b;
über hecken und stauden, a. Schlhart unter 3, c. un-
gewöhnlich :
der lauflt ein ubers mosz gehn waldt . . .
jetzt geht er hinter jener stauden.
H. Sachs 8, 8, 20*.
vgl. noch: als ... er nun vom rosz zum schusz abstöml.
behieng er mit den sporn in stauden und dorn, dasz er . . .
aulTs angesicht fiel S. Fkanck cfironicon Qerm. (1688) 266».
/) an eine staude binden, hängen u.ähnl.: er stieg ab
von seinem pferd und band es an eine staude HAUPf
2, 539 üeclam (märchen vom falschen pr.); wenn iiincr reit
durch ainn wald so macht man etwenn km^pf an die
stauden, zu aincin zaichnn das da der recht weg ist
Keisrrsuerg pred. (1610) 46";
an dia atttdan achftne
hienc an (die krävter). Part. 486, S6.
g) die grossen gsellen h&wcn stüden ab, machten ein
hätten Tu. Plaitkr a. 88 Boo»; also hat es sich auch
begeben, das die menschen ... sich ab den neu wen er-
j findungen hnbend berAmbt, und sie einer dem andern
nachmalen angezeygt, hoUser zA niaohcn, die wAnden mit
, uufTgeriohtcn spreussen, und zwysohen gelegten stauden
mit laim zA vermachen Alpinuh Polyd. Vergilitm von
d. erjindern (Augab. i.n37) 7V* (daneben: Jr etlic.li habend
jnen ... mit kodi und gestaudcn, örler darinn si«
Wunen sollend, gemacht ebetida; und damit sie dem
regen unnd der hitze wAretoiidl, haben sys mit rArern
oder andern gesteUden ge<ieckt ebendu). —
Mr.
1153
STAUDE
STÄUDECH(T)- STAÜDEICH
1154
(Ulysies) henckt auff Dolonis beut hernach,
an einen tamarischen bäum,
auff ebnem feld in weitem räum,
brach ab vil standen, äst, und laub,
darmit umbstecket er den raub,
auff dasz sie ein warzeichen betten.
Spreng Hias (1610) 134» {^>uuäo\fas SöraxaS
uvolxr,s t' ipi&'TjJ.eas d^ove. iZ. 10, 467);
als ich zum dritten mal mit grausz,
ein Stauden ziehen wolt herausz,
risz starck mit beeden bänden grim,
kam f&r die obren mir ein stim.
in«",* 44» (3, 37/.).
aitch: ein grosze rat hab sich in das thal da jetzt üri
ist, gethon, da angefangen hecken und standen ausz
reutten S. Fr.\nck chronicon Germ. (1538) 20.5''. — vgl.
unten staudenhack, -haue, -messer, -sense.
h) standen als nahrung für thiere: wenn nu der esel
den der reit, derselben standen mitt den knöpfen gewar
wirt, so braucht er die selben nit weiter, dann das er
das laub darab beiszet Keisersbero pred. 46' (Jbrtsetzung
der unter f angezogenen stelle);
kraut, Staude, wurzel, alles ward verzehret
Ramler fabeOesc (1783) 1,157;
ja, ällssämt nagt 's am bauan
äswia die goasz an da stauän.
Hartmanx-Abele volkfschausp. ». 269
(XXXI, 173).
vgl. Spee unter i, a; E. v. Kleist unter 3, e; Fr. MCller
unter 4, b. für pienschen. s. Gerstenberg unt^r a.
t) Staude zum brennen, s. Minderer unter 2, a.
k) als attribut von götfern u. ähnl.: der gott {Bacchus)
als kind reitet auf einer ziege, . . . ein satyr ist vor ihm,
eine stände in der band, angeblich vdod'ri^ Welcher
alt. denkmäUr 2, 153.
6) Staude in Sprichwörtern und redensarten. solche sind
iereits unter 3,b.d behandelt, weiteres: auf die standen
schlagen tn süddeutschen mundarten, wie gewöhnlich auf
den busch klopfen, *. busch i, theil 2, 558. auf die staude
klopfen Hetzel icie der Deutsche spricht 299. so bair.
ScHM.* 2,733 und besonders alem.: schtceiz. uf d' stude
schlo Hlnziker 263, 'eigentlich auf die staude, den busch
klopfen, durch versteckte andeutungen sein begehren kund
geben, er schlot uff d' stude ass d' nest (Ä.sfe) zittere,
bringt sein begehren ohne umschiceife vor' Seiler Basler
mundart 2S2^ ; eis. uf d stude schla Martin -Lienhart
8,574''. ähnlich auch bei Schweizer autoren: Käthi hat
mir um die standen herum geschlagen (zu verstellen ge-
gebeti), dasz es mir aufthäte, wenn ich käme Gottiieli
Uli d. knecht s. 138 Vetter; aber Trinette, wie sehr auch
Elisi um die standen schlug, that keinen wank; und
wenn es fragte: wer wohl drüben sei? so sagte Trinette,
es werden die säutreiber sein. 283; sie schlugen beide
auf den standen herum, aber ein jedes wollte erst hören,
wer das andre sei geld u. geist^ (1852) 50, s. S.\ni)ERS
1,247" (unter busch 4; dafür in der ausg. v. 1895 1,40: sie
schlugen beide auf den busch). — dagegen : in d' standen
hawen, scharpfT reden voc. v. I6I8 bei Schmeller a. a. o. —
dasz ihr nicht auf grüner staude seid Spindler /. stadt
und land 1,68 &«i Sanders l, 633» (grün 1), wie sonst auf
«inen grünen zweig kommen, vgl. unter grün. — fortuna
vosfovet. dem faulen wechst das sein under der stauden
ran CK sprüchw. (1541) 2, 132». — eis. e Welscher un e Jud
sen uf einere stud Martin-Lienhart 2, 574''. —
oQl kommt ein glück von ohngeflhr,
wohl Über neuntzig stauden her.
Simpl. (1685) 2, 158 (Courage 12, Sim.pL
fchr. 3, 229 KeUer).
7) übertragene gebrauchsiceisen :
•) bildlich: eya dar umbe, du seldenzwi, du meienris,
roter rosen blöjendü stude (gott), schlüs uf din arme
tvaE 2i(i, 20 Bihlnieger. im ausgeführten bilde:
ist lieben seuche, pest und gifll, . . .
ein wurm, der aus den standen edler Jugend
nicht nur den kern, die wurtzel reiszt der tugend?
Nbukirch bei Hoffmannswaldau atutri.
ged. 1 (1697), «. 108;
vorbei
sind diese träume — ein verborgner wurm
friszt an dem herzen dieser stolzen staude,
auf ewig ist ihr wuchs dahin.
Schiller 5, 1, 81 (dorn Karto» 1, 2).
«. aucli Ipplan u unter 4, b.
X. 2.
Mr.
b) auf menschen angeicendet auch in mundarten .• eis.
grosze person M.^rtin-Lienh.^rt 2, 575»; henneb. 'schelf-
name für eine schlanke, hocligewachsene iceibsperson (nicht
gerade böse gemeinff Spiess 240; umgekehrt in Leipzig
staude '(kleiner) mensch' Albrecht 216». vgl. stäudlein.
c) andres vereinzelt bei dichtem, von ähnlichkeit der form :
was achtet sie (die see) der perlen gut, ...
der muscheln wunderreich, und stauden von corallen ?
diesz alles speyt sie an den Strand.
Gottsched ged. 2, 246.
d) für penis .-
das peut ich dir pei deiner standen,
die dich gar oft und dick macht schnauden,
und urtail recht on neid und gunst,
es mosz sunst dein stauden in der kue prunst.
foitn. gp. 786, 1—4;
ich ding wandel, herr der richter,
meiner schönen stauden on gefer. 7.
8) enoeiterungen der bedeutung.
a) zuweilen nähert sich staude collecHver bedeutung (vgl.
unteti staudicht), s. 3, c. — daher schtcäb. die stauden und
holderstauden als bezeichnung von landschaften , s. Bir-
LINGER *. 410** UT^ lY?
b) auf bäume ausgedehnt scheint alem. stude vorzu-
kommen in einer auffälligen ortsl-'nichnung (\oo die an-
nähme, die tannen seien nach ihrer Umgebung benannt,
kaum möglich ist: von Entzefln . . . herab zu den zwein
tannen ob Eriswile, die man nempt 'ze den wagenden
studen' weisth. 4, 386 (öfnung v. Willisau, Lucem, 1408);
so auch : von dem hoff untz an die wagenden studen alss
ferr alss in den bach 1, 8I (öfnung v. Altregensperg bei
Zürich 1456).
c) eher wird staude auf kleinere, nicht holzige pflanzen
ausgedehnt, s. 2, b.
d) hieran schlieszt sidi eine in süddeutschen mundarten
verbreitete gebraudisicei.^ : schtceiz. stude atich coUectiv für
Stengel und blätter einiger krautgeicächse : herdöpfel-stude,
reps-stude Hunziker 263; schwäb. das kraut der kartoffeln.
BiRLiNGER 410'' (1); (bair.) 'man braucht aber im dialekt
den attsdruck stauden nicht blos von perennierenden und
holzigen geicächsen . ., sondern auch als collectiv von den
blättern, die an einem saatkom, einer kartoffel, einemkürbis,
einem salat oder koMstrunke sitzen (salätstau'n, kraut-
stau'n)' ScHW."- 2, 733; Hrol. 'der am salat- oder kohlstrunke
und andern pflanzen sich bildende blätterbusch' Schöpf 7(0.
e) Hunziker 263 giebt als 3. bedeutung 'reisicdle', dazu
jedoch als beispid: er het es hör wi-n es bürdeli stude,
wo mit der geicöhnlichen bedeutung auszukommen wäre.
9) anderes liegt xceiter ab und ist wol fem zu halten.
o) 'so werden in den Papiermühlen die kleinen säulen,
in und zwischen tcelclien die schwingen gehen, stauden
genannt, s. hinterstaude, vorderstaude. beg andern hand-
xoerkem heiszt eine soMie kleine säule eine studel' Ade-
lung (l), ähnlich Jacobsson 4,266». so schon: 'hinter-
staude ist in papiermülden ein stück holtz, tcorirmen die
schwinge am hintern orte mit einem höltzemen nagel an
gemachet, vorderstauden sind zwey säuigen, welche in den
löcherbaum eingemacht, ztcischen denen die schicingen gehen,
dasz sie auf keine seite tceichen können' Zedler universal-
lex. 26 (1740), 647. — hier liegt offenbar Vermischung mit
einem ganz andern xcort vor, das kurzes u hat und 'stütze,
pfosten, säule' bedeutet, urgerm. *studö, altn. sto{), ags.
studu, s. FiCK^ 3, 342, erhalten in Schweiz, mundarten als
stüd, /. pfosten. s. z. b. Stalder 2,413. Hunziker 263.
Seiler 282'' (wmwc.) BCiiler Davos 1, 133 (zaunpfahl).
ScHM.* 2, 738.
b) in der gaunersprache bedeutet die staude oder der
stauden (auch staute, stände) das hemd Ave-Lallemant
4, 610, vgl. : hanffstaud , hemd im liber vagatorum (i510)
vocab. 92 bei Kluge rotwelscJi l, 54. beides auch in der
Soldatensprache, s. Hörn s. 63 und anm. 6. ableitung vom
gewöhnlichen staude ist kaum denkbar, eher v<dkaetymo-
logische anlehnutig in hanfstaude.
c) Ungar, staude 'eine grttppe von hättaem in den hainen
und hügeln' Schrüer 290*'.
STAÜDECH(T), n.. s. staudach.
STAUDECHTIG, adj., a. staudicht.
STAUDEICH, m '(wasaerbau derjenige deich, welchen
man an sehr hohen örtem anleget, um der überschwem
mung einer auszerordenttiehen holten fluth zu xriderstehen'
73 Mr.
1155 STAUDELBEERE — STAUDENBEERE
STAUDENBÜHNE — STAÜDENHAHN 1 1 5(j
Jacobsson 4,266*; danach Cahpe. KkOnitz 171,71. tn
speeielleier bedeutung nd. stau-diek, 'ein notJidamm, der
da» '.lulringende laisser so lange zurück hält, bis der
hainj^ldiimm wieder geknackt ist. sonst auch nood-diek'
brejn. icb. i, lü08, vgl. nothdeich, tJieil 7, 923. jetzt elier im
sinne einer gewöhnlichen Stauanlage, vgl. dieses und Stau-
damm, -werk.
STAUDELBEERE, /. für heidelbeere, vaecinium myr-
tilltta Adklunu. Nemnich. Pritzkl-Jessen. Krünitz
171,71. Metzoer UindicirUiSckaJ'tl.pßamenkundeiSi: lieidel-
beer »euuel man staudelbeeren. Bock kreuterb. 3 (1546), 15».
auch bei Zeuler uniiersuUex. 12 (1735), 1129. pfälz. stourel-
biere Aütenrieth 138. vgl. staudenbeere.
ST-\UDELBOHNE, /.. eis. studelbon busch- oder zxoerg-
bohne, phaseolus nanus Martin -Lienuart 2, 54», vgl.
Staudenbohne.
STÄUÜELKORB, m. im altern steir. 'atis biegsamen
ruten (^besonders vxidenruten) geflochtener korb' Unger-
Khull 570'' (ttu* einer quelle v. 1638).
STAUDEN, verb. iti stauden, staudenartig waclisen
Campe, zuerst bei Stieler (1691) belegt: stauden, ge-
staudet, i. e. zur stände werden : dicitur etiam anstauden,
frutescere. 2126, tv/i. Weigand 2, 803; stauden, it. an stan-
den, zustanden, be-stauden, frutticare, frascarsi, infra-
scarsi etc. innarboscellarsi Kram er rfic^. 2, 917°. früher
sind Zusammensetzungen belegt, so vorstuden üi einem
sdnceiz. tveisth. v. 1475, s. weisth. 5,205. Lkxek mhd. handwb.
3,255. «. /er/t€r anstauden Stieler. Kramer, s.oben;
aufstanden Sanders 3, 1186"=; ausstanden arva senti-
bus liberare, vepres eveUere, rubos exstirpare Stieler;
bestauden, s. theil l, 1659 und Stieler. Kramer. San-
ders a.a.O.; emporstauden Sanders; entstanden
^tetZ 3,631; zustanden Stieler. Kramer, vgl. staude
5, a. — belege: denn im guten und gedüngten felde standet
es (der samen), wegen der wärme, sehr um sicli, und
ein körnlein stocket und giebet viel stengel; aber im ge-
ringen und nassen felde, . . . staudet nicht so sehr, musz
viel erdauren, ein körnlein bringet nur einen halm oder
stengel Becher hausvater (1714) 25; sie {torfaache) gibt
den korngewächsen stärke und macht sie stauden abh.
üb. d. Verwendung des torfes vom Laibacher moor (1775)
8. mitth. des munealvereins f. Krain 9, 87; buchen, welche
bald stauden, bald zu schlanken stammen erstarken
Stolberg 6,239;
denn du beherscbest ein blachfeld
weit umher, das lotoä uingrUnt und nährender galgant,
Weizen auch, und speit, und staudende weisze gerste.
Vosö Odygt.^ (1802) 4, 6Ü4 {ii^v^vii x(>l Ibvxöv;
dafür in der l. au^g. v. 1781:
aberwachsen mit klee . . . lud weisser fruchtbarer gerste,
in der 4. v. 1814:
und weiss aufbuscbende gersle) ;
jezo traf sie den teicb von besserer Hut in des thales
niedrungen : wo laudleule sich staudende reiser {/ruiicosa
vinina) zum Uecbten
sammelten. ^^^^ ^^^.^ ^^^ 2^, 29 {metam. 6, 3U) ;
im bilde: den ersten spross der Symbolik, meinen wir,
trieb der verborgene keim in den Studien I8ü6. . . . seit
1810 staudete der narkotische nachtschatten , Symbolik
und mytbologie antinymbolik 1,338. — mundartlich, eis.
'Btudu(n), 8t)ta, refl. ahren /gekommen, zahlreich aufgehn,
vom getreide' Martin-Lienmaht 2,57ö*; cimbr. stauden,
zweige treiben, cimbr. wb. 'i36*; siebenb. steogden, 'sich in
mehrere /lulnu tJieiUn, vom körn etc.' Haltrich 48''. in
anderm sintie Schweiz, stfida 'das busdiwerk ausrotten'
(vgl. obeti ausstauden; daneben, ganz verschiedeti , Btüdu
zanken) Tobler 417*. (stauden als schifffahrtsaxudruck
für stauen 4 bei Jacobsson 7, 480*.)
STAU DEN APFEL, m. 'eine art üpfd, deren bäum einer
Staude gleic/tet; auch zwcrgupfcl, hedenapfol, und weil sie
am frühesten reifen. Johannuapfcr Campe; malus paru
disiaea Memnicii.
8TAU0ENAHT1G, a/i;. a<iv. nach art einer staude Campe;
su/fruHeosus Nkmnicii : französisches raigras. . . . iöb fand
M immer nur zerstreut, sowohl in Norddeutscbland wie
in der Schweiz, ... hier wie dort ■taudonartig Uatzk-
BUHO siandorigewüchse (1MM>) 60.
STAUDENBEERE./. hndMmre. MMcinmm myrtiUus
Mkmnich. Camps, vgl. «laudelbeere.
STAÜDENBOHNE, /. ztoergbohne, phaseolus vulgaris
nanus Pritzel-Jessen, vgl. staudelbohne.
STAUDENBRUDLER. GATZGEK, m. im der Schweiz für
grasmücke, motaciUa curruca Stalder 2, 393.
STAUDENBÜHEL, m. als Ortsname, z. b. in dem Puppen-
spiel der raubritter oder: Adelheid von Staudenbühel,
*. puppenkom. 2, 39 Engel; wie wir gen Staudenbühel
kamen, trat uns ein eilbote entgegen 60.
STAUDENDOTTER, m. eine art des leindotters, die
staudenartig wächst, auch staudenhederich Campe; mya-
griim perenjie Nemnicu.
STAUDENENTE,/., scherzhaße entstellung aus staudente
= student(e): von allerley . . . wolgeubten, auff der hohen
staudiums stuben , auff der stauden enten badstuben,
wohlgebornen, unnd tiefferfahrnen ju[n]ckfrawen Mäyn-
hincklers sack (1612), titel.
STAUDENFUSZ, entstellung aus Stütfuhs , tmme der
deutschen heldensage, s. W. Grimm heldens. s. 186. 248. 312.
317. Oerm. 3, 275 ; nach art eines appellativs gebraucht
in dem riesenverzeichnis : strausfüssige Staudenfüsz und
Schrutthanen Garg. s. 65 neudr. (3. ca,p.).
STAUDENGATZGER, m., s. -brudler.
STAUDENGEBÜSCH, n. : ein staudichtes gebüsch, stau-
dengebüsch, nmcchia frascosa ; dumeto Kramer dic^2,9l7''.
STAUDENGERSTE , /. 'eine art zwey zeiliger sommer-
gerate, welche sich in einem schioeren und feuchten boden
sehr bestandet, d. i. melirere halme treibt, sie wird auch
blattgerste genannt' Adelung. Krünitz 17, 431/. 171, 71.
Jacobsson 7,430"; hordeum frutescens Ne.mnich; /wr-
deum distichon erectum, die kurze zweizeilige oder Hain-
felder gerste, auch staudengerste, blattgerste, spiegerste,
mit aufrechten, auch in der reife nicht nickenden, ge-
drungenen ähren, deren grannen nur wenig abstehen fl^tra
V. Deutschland, v. Schleciitendal m. ö.* 8, 197; s. aucJi
Metzger landwirthschaftl. pßanzenk. 85.
STAUDENGESTRÜPP, n. : bis dicht an den weg heran
sieht man hier grosse heerden von den südlichen, hoch-
beinigen ochsen weiden , und die schafheerden und die
zahlreichen, niedrigen pferde sind in einiger entfernung
kaum zwischen dem hohen, abgetrockneten stauden-
gestrüpp der steppe sichtbar Blasius reise im europ.
Ruszland 2,222, bei Nehring tundren u. steppen (isao) b».
STAUDENGEWÄCHS, n. '1. eitie staude. ein gewäclts.
welches eine staude genannt zu werden verdienet. 8. ein
gewächs, weldies einer staude nur ähnlich ist' Adelung,
vgl. staude l, b. (»lur im letzteren sinne bei Krünitz 171,71.)
zuerst in mehr coüectivem sinne: frutectum . . . stawden-
gewechst, hufft, hurst; studengewechse , gesteud Diek.
gloss. 249"; gestüd, stud gew&schs, stauden gewechsz nov.
gl. 183*' ; studen gewechse vocab. opt. i^*Wacker^lagel (41, 15);
belege: wie es zu machen sey, wenn man von kern aller-
hand bäume und stauden-gewächse haben will Beciiek
hausvater 84; ein dutzend solcher namen bezeichnet meist
Staudengewächse, die Seetzen auf dem wege von Jericho
gepcn so. nach Vet Hadschla zu untersuchen gelcgenheit
fand Ritter erdkunde lö, 514; die fläche bedeckt sich
mit einem wahren walde von staudengewäohsen Blasil.s
(«. staudengeslrüpp) 2, 273 (Nehring 58).
STAUDENGRAS, n.: auf wiesen .. . werden die edleren .. .
gräser . . . durch die staudcngräser, wie rasenschmielo
{aira cespitosu), honig- und knäuelgras (.holeus, dactylis)
erstickt Ratzerurg standortsgewädtse (1859)894.
STAUDENHACK, m. (?) n. (?): (da) die untersässler . . .
sicli understanden haben, hereinwerts des Zoppani/.en-
paohs . . . stauden und lanb zu hacken und andurch da.sz
gewä.x der öhrlen (erlen) ... zu ruinieren, als würdet . . .
vorbotten, so dasz sich keiner mehr unterfangen solle,
an selbigen orthen dergleichen lauber und slaudenlinck
vorzukeren oder ein so andere öhrlen auch anders holz
nider zu hacken Salzb. taid. 881, 84 [handscAr. des 18. jaJirk.;
im glossar als 'verhackte standen' erklärt, bei Lex er mlul.
lutndwb. 8, 1868 als 'Staudengebüsch' ; es seheint eher verbal-
abtili . tu sein).
STAUDENHAHN, m., -HÄHNLEIN, n. wegdagertr.
strastenräuber, vgl. itaudcnhocht (dazu auch Studcngast
unter den wappennamtn in Oiikimh chron. v. Reidtenau.
1401-1006, \\\. sck\ltb%toeh. 806, s. 178, t ttarack —'f) und
busobklepper (theil 8,&6l), stranohilieb, hnhn, sohnapphaha
Mr.
1157 STAÜDENHÄUE - STAÜDENKORN
STAUDENLIEDEL — STAUDENSELLERIE 1 1 58
(theil 9, 1174) : nach wenig monaten kehret der frembde
wider daher, . . . begab siehs , dasz eben mehr standen
hänlein dieses orts denen, die inen bedeut waren, vor
zu warten, die schlappen {das versteck, den hinterhalt)
hetten eingenommen Kirchhof wendunm. 3, 114 Österley
(4,107). dafür auch: ein edles staudenhünlein kompt
umb in der busz i, 85 (l, 67, über sehr.).
STAÜDENHÄUE, /. Werkzeug zum abhauen von stauden (?) :
epie studehauwe in die wiese gestßlet 2. alb. — i nuwe
studhauwe 3 alb. mittelfränk. zoUreg. v. Lahnstein vom
j. 1464 — 5, S. Germ. 25, 357.
STAUDENHECHT, m., vgl. staudenhahn : anno 1203 ward
nächstgedachter bischoff Conrad zu Würtzburg, darum,
dasz er ein ernstes scharffes aufsehen hatte auf die
schnapphanenund staudenhechte, hinter der thum-kirche. .
verrätherlichen erschlagen Spangen berg henneb. chron.
(1755)1,185 (=1599 103); ein solcher alter staudenhecht
hat sich um das meinige nicht zu bekümmern, es wäre
dann, dasz er ein gut maulvoll von dem, so ich fallen
lasse, haben wolte kunst über alle künste 12, 4 Köhler.
STAÜDENHEDERICH , m.. s. staudendotter. Campe,
myagrum perenne Nemnich.
STAUDENHOCKER, m. im steir. 'spitzname für die beim
verzehrungssteueramte bediensteten' ünger-Khull 570''.
vgl. femer staudensitzer.
STAÜDENHOLZ, n., coU. -. müssen alle alte buchen oder
die alte waldrechter mit vorsieht des umschlagens am
guten holz herausgewiesen und unter diese das krüpf-
und stauden-holz , ... so viel mit gehauen werden . . .
ScKWAPPACH handb. der forst- und jagdgesch. (1886) 1,406,
a7im. 26.
STAÜDENHOPFEN, m. wilder hopfen, 'vermuthlicJi. tceü
er in den hecken und dem gesträuche icächset, und sich an
die Stauden anranket; heckenhopfen, rasenhopfen, weiden-
hopfen' Adelung. KrOnitz 25,77. 206/. I7i,7i. J.\cobsson
2, 243*. Nemnich {hujnulus lupulus). Pritzel-Jessen
(stauden-, strauchhopfen). CAMPE('irei7 ersieh an stauden etc.
anranket"); so schon: der wilde hopfen, den man auch
rasen- weiden- oder hecken- und stauden-hopfen nennet
Zedler universal lex. 13 (1735), 803; es ist aber der hopffen
eigentlich zweyerley sorten, als zahmer oder garten-hopffen
und wilder, den man auch rasen- oder weiden- (hecken-
und stauden-)hop£fen nennet Zincke öeonom. lex.^ 1232.
STAUDENHÜHNLEIN, «., s. staudenhahn.
STAUDENJÄGER, m., früher in der bair. soldatensprache
Spitzname der Jäger (truppengattung) , xcofür österr. auch
staudenscheiszer, s. Hörn s. 32.
STAÜDENJUNKER , m.: so möchten wir wol ...den
armen priestern . . . umb sunst geben, . . . nit das sy faul
staudenjunckherrn oder gassentreter wurden, sonder das
sy got den herren für uns alle treulich hätten Luther
7,251,1 Weim. ausg., vgl. die anm. v. P. Pietsch, der an
studfaul {s. das.) erinnert, (es ist icol an einen vornehmen
und datier faulen Studenten zu denken, vgl. unten staudent.)
STAUDENKIRSCHE,/., OMcAzwerg-kirsche, erd-weichsel,
priinus cerasus pumila, eine deutscfte tcüde Spielart der
kirsche, s. Krünitz 39, 4ö. 171,72; prunus chamaecerasus
Pritzel-Jessen.
STAUDENKLEE, m. ein nordamerikanischer baumartiger
Strauch, gewürzstaude, ptelea trifoliata KrÖNITZ 39, 727jf.
Nemnich. Oken 3, 1278. (Krünitz 171, 72 nennt ebenso
eitle äthiopiscfie kleeart, die 39, 543 als staudiger klee, tri-
folium africanum fruticans, aufgeführt ist.)
STAÜDENKOHL, m., auch strauchkohl, blattkraut,
nur in süddeutschen gärten, brassica oleracea fruticosa
Pritzel-Jessen.
STAUDENKOR.\LLE. /. eine gaUung pßanzenthiere,
deren stamm aus kalkartigen gliedern zusammengesetzt und
mit zweigen versehen ist, echte, edle koralle. ins Krünitz
44,338. Nemnich. Campe.
STAÜDENKORN, n. .- stauden-kom oder standen-roggen,
ist eine besondere gattung von roggen, der in Norwegen
sehr gemein, von dar nach Pommern gebracht, in Schle-
sien, und folglich auch bey uns bekannt worden, er hat
seinen nahmen daher, weil aus einem körne viel halme
wachsen Zincke öeonom. lex.^ 2802, s. ferner Adelung.
Nemmch {secale cereale 3: Staudenroggen, -körn, steck-
korn, gerstenkorn). Campe (tn Meiszen stollroggen). Kkü-
Mr.
NITZ171, 72. Uktzger landwirthschaftl. pßanzenk il {secale
cereale mtdticatde, 'staudenkorn im Odenwald, eis- und
staudenkom bei Maria-Zeil in Steiermark; waldkorn und
staudenkorn im Schwarzwald; russisches körn bei Meisen-
heim auf dem Hundsrücken, tcir finden ihn ferner in
Schriften unter der benennung secale cereale tcallachieum,
wallachisches staudenkom. staudenroggen aus Norwegen,
Johannesroggen [von der aussaat um Johanni] u. s. w.,
VMS immer ein und dieselbe form isf). steir. icriea, mit
sommerkorn auf hochgelegeTten ackern angebaut Unger-
Khull 570* (dass.f). das älteste zeugnis bietet die form:
wenn das staude-kom gesäet wird, das staude-korn
kan, wenn man tägliche felder hat, vor oder nach Jacobi
gesäet werden Becher hausvater (1714) 29.
STAUDENLIEDEL , n. im steir. 'vierzeüiges, dem stanzd
ähnliches liedchen' Unger-Khüll STO*».
STAUDENMAHD, /. (?), im schwäb. : die in einigen orten
befindliche sogen, staudenmäder aber sollen nicht ab-
getriben, sondern wegen des bedürftigen raiffholzes in
ihrem stand, wie von altershero gelaszen werden conßrm.
V. Kempten (1732 — 7) bei Birlinger 410*'.
STAUDENMAJORAN, m. Krünitz 171, 72.
STAÜDENMASSE , /..- die fruchtbaren felder stehen
grün und still , indesz auf dem breiten wege wildes ge-
büsch und staudenmassen , wie unsinnig , von blüthen
glänzt GÖTHE 28, 154.
STAUDENMELDE,/, strauchartige melde Campe, meer
porttdak, atriplex fudimus Nemnich.
STAÜDENMESSER, n. steir. 'groszes messer zum nieder-
legen von gestrüppe oder staudach', auch staudensense,
Staudensichel, staudachbrachse, staudachhacke (vgl. unter
staudicht) Unger-Khull 570''.
STAUDENNESSEL,/, die grosze nessd Krünitz 171, 72.
eine den malven nah verwandte gattung von strättehen,
lavatera Oken 3,1211.
STAUDENPAPPEL, /. eine malvaeee am Mütelmeer,
lavatera (arborea) Oken 3, 1211.
STAUDENPFAD, m.: auf Lilars stauden-pfad wandelten
die Spaziergänger selig -langsam heim J. Paul 23, 80
(Titan 3, 75).
STAUDENRAGERL, n. die kleine rohrdommel Nemnich.
STAUDENROGGEN, m., dasselbe icie staudenkorn, *. das.
Zincke öeonom. lex.'- 2802. Nemnich. Campe. Metzger
landwirthschafH. pflanzenk. s. 47: um das behacken bei
der kornsaat zu ersparen, säet man in neueren zeiten
(im Odenicalde) staudenroggen, welcher eine längere vege-
tationszeit als der winterroggen zur entwickelung nöthig
hat, gleichzeitig mit dem heidekorn aus. . . . dieser roggen
bestockt sich im frühlinge sehr kräftig und liefert in der
regel 25 — 27 procent mehr ertrag als der winterroggen.
die hackwaldwirthschaftsmethode mit dem staudenkom
ist in gebirgsgegenden nicht genug zu empfehlen s. 354/.
auch, fmsonders früher, in der /arm staudenrocken (die
Adelung fälschlich als niedersäclisisch giebt): d. Elszholtz
erzehlet . . . dasz vom körn noch eine besondere art sey,
die man wegen vieler hälmen , die aus einem körn
wachsen, stauden-rocken nennet. . . . man säet ihn ebcn-
mässig vor winters wie den gemeinen winter-rocken. . . .
der stauden-rocken aber bleibt noch den winter durch,
wird aber im folgenden sommer gar zeitig reiff. ... in
Norwegen ist er gantz gemein, von dannen er in Pommern
gebracht, auch in der Marck bekannt worden Hohberg
(1682) 2, 36*». s. femer Krünitz 126, 2a ff.
STAUDENSCHNAPPER, m. 'im gemeinen leben Ober-
saclisens, ein kleiner vogd von der grösze einer hanfmeise,
welcher einem rothkelchen gleicht, und wohl auch zu diesem
geschledite gehöret, er lüszt sieh schon im mürz auf den
gipfeln der stauden sehen, wo er nach dem geicürm
schnappet, und brütet in densdben auf oder nahe über
der erde' Adelung, ähnlich schon Zincke öeonom. lex.*
W&, 8. femer Campe. Krünitz 171, 72. (es ist wol der
fiiegenschnäpper, muscicapa, gemeint.)
STAÜDENSCHOPF, m. steir. 'dicht gedrängtes und
»ckuer durchdringbares buschwerk' Unger-Khull 571»,
vgl. (das erste) schöpf 6, b. c, theil 9, 1530.
STAUDENSELLERIE, m. in stauden wachsender Sellerie
Campe, weiszer stengelstUerie Metzger landtcirthschaftl .
pflanzenk. 647.
73* Mr.
1159
STAUDENSKNSE STAUDICHT
STAUDIG -STÄUDLEIN
1160
STAUDENSENSE,/.. STAUDENSICHEL,/., a. stauden
messer.
STAUDENSITZER , m. in Wian 'ein mensch, der aus
angst selbst mit den besten karten sein spiel vergibt'; auch
slaiid'nhocker HOgei. iSö*».
STAUDENT, m., im altern nhd. zuweilen für student,
*. das. : die staudciilen gefielen ihr besser. ... sie were
lieber eine staudenten-mäd gewest Scwocii stud. leb.
D4» {unterh. l); Alex ist wol ein grosz narre, dasz ers
rn&dgen nicht lieber einen staudenten giebt, wenn sie
last darzu hat, als einen schäfer. was ist es denn wol?
ein staudente ist jo ein biszgen besser i*»; mein camerad,
ein lateinischer handwercks-gesell oder staudent, . . . der
erst kürtzlich aus der schule entlolTen Simplic. (1685) 1, 237
(s. 356 Keller; 2, cap. 31). daraus weiter entstellt stauden-
cnte, vgl. das. und weiterhin staudenj unker, stauder-
mannsknecht, staudernepper {kaum staudigel), soicie
staudium.
STAUDENTHEILUNG, /. theilung des besitzes und rechts
an Unterholz zwischen verschiedenen gemeinden -. darumben
das vorhanden libell und staudenthailung, wo not, zu
ersechen tirol. weisth. 4, 5I0, an?«, {ll.jahrh.; dafür vorher:
wegen an- und austhailung der läppmessen und stock-
recht in der nidere).
STAUDENVOGEL, m., mit mundartl. deminutiv österr.
staudenvögerl , n. motacilla silvia Höfer 3,173; dagegen
nach] Campe die kleine rohrdommel, vgl. staudenragerl.
ähnlich heiszt der dorndreher, lamus collurio, in Tirol
staudenfärer Schöpf 703, an der kamt, grenze staudentral
Frommann 4, 54, die garten grasmücke , silvia hortensis,
in Tirol staudenweltscher 55 {zu weltschen, Unverstand-
licJi reden), silvia hortensis vgl. Suolahti d. deutschen
vogelnam,en (l909)7l; *. noch staudenbrudler.
STAUDENZAUN, m. sepimentum virgulteum Stielefi
2349; siepe viva di fratte ed arboscelli. v. hecke Kramer
dict. 2, 917«.
STAÜDER, m., seltne nebenform zu staude, so
1) steir. 'stauder und stauer, /. staude, strauch, ein-
zelnes gebüsch; mehrz. staudern u. stauern: zusammen-
hängendes gesträuche, buschwerk, gestruppe, niederholz'
Unger-Khüll 571».
8) bei den papiermüllem einnehmer, stauder, musc,
fr. les grippes, 'die Ständer, welche mit einschnitten ver-
sehen sind, um die schioeife (stiele) der in einem stampf -
trog arbeitenden hämmer zu tragen, und die köpfe der
hämmtr in sich zufassen, unterschieden in vorderstauder
bezw. -einnehmer und hinterstauder, grippes de derriere
Jacobsson 1, 529*'/. vgl. staude 9, a.
STAÜDERICH, m. l) der vielsa:nige gänsefusz, auch
fischmelde, chenopodium polyspermun. Nkmnich. Campe.
PrITZEL-J ESSEN.
2) eine gattung ausländisclier struuchge wachse, auch
strauchmelde, atraphaxis Nkmnich. Campe.
STAUDERLICHT, adj., für staudidil. staudlecht(ig),
vgl. diese, schlank icie eine .staude? {ut-nn der reimspie-
lenden gelegenheitsbÜAlung überhaupt ein sinn zukommt):
verlorn hab ich mein stauderletz niauderletz (lar. .- tauder-
letz) stifel hraunsz meidlcin, dz rewet mich Forster
frische t. liedlein s. 101 Marriuge (2, 60, 2), vgl. a. 288.
STAUDERMANNSKNECHT, m. .- {Nieder) videt ruatieum.
was kdmpt dort vor ein staudrmaiiHknecbt,
oder wer isU, ich ik.'b nicht recht,
er h.it ein rechten bawursgang :
er ist gewiss nicht gewesen Inn^
allbier aufT dieser unverstandt ('pro universitet').
Ih. GlLiiL'sius (irammatica (ßomoed.
. ^ ^ . , Frank/. 1697) s. 94.
vgl. da» folgende.
STAUDERNEPPER, m., entateUung aua sUudent (#. da»..
•- stadent)?: wenn ich sie irgend nach was in die stndt
schickte , ... so kam sie in sincklichter nacht wieder
heim, und wäre indeüsen bey den xtauderneppren uff dem
calameyhause gcwcHt Schocii atud. leb. D4* {unitrh, 1,
a. 80, f7 Fabricius. vgl. *. 128).
STÄUDICH. STAUI/;CHT, n,. t. sUadaoh.
PTAi'H'f MX. adJ. 'einer atauda ähnlieh' Campb. ad-
jeeti >t staud«*, trtt nhd., nieM aehr häufig, vgl.
SlaiM:.,
l) fruhrr in il< ni nnne 'mit fltauden hewaekaen, voll
fltaaden', xti/rühtat bezeugt oberd. in der fceiterhildung :
Mr.
st adächtig, voll studen, frutetosus, fruticosus Maaler
sgs«"; staudechtig: achtens soll kainem kain wasznigs
(mit rasen besetzt) ebnes orth . . . zum greitermachen ge-
stattet, sondern allein die staudechtigen flecken, da kain
waid nicht wachsen mag, aufzuarbeiten passiert werden
steir. taid. 449, 39 (vom j. 1644). so noch jetzt steir. stau-
dächtig 'mit gestruppe und gesträuche bewachsen , voller
<7es^rMj)pe' Unger-Khuli. 570*'. — die gewöhnliche form i.it
seit beginn des M.jahrh. belegt: staudicht, voll standen, o.
un halliei: uno spineto, siepe di .tpine Hu LSi US (1616)307»
(die Übersetzungen scheinen das subst., s. staudach, tnederzu-
geben); staudicht, et staudisch, adj. fruticosus, frute-
tosua, alias voller stauden. staudichter acker, ager senti-
cosus. staudichtes feld, senticetum, terra inculta, et ne-
morosa, atque spinis deturpata, impedita, et impervia
Stiei.er 2127; staudicht, adj. frutticoso, frattoso, fraseoso
Khamer dict. 2,917=; staudichter weg, strada frascosa,
fnitticosa ebenda, vgl. auch staudacker, staudengebüsch;
staudicht, frutico.<ius, frutectosus Steinbach 2, 689.
2) dagegen in neuerer spräche: staudicht, adj. und adv.
die gewächse so stauden gleich wachsen, more frtiticum,
instar frxiücis Frisch 2,323»; pseudocytisus, staudichter
geisklee mit rauchen blättern Zedler universal lex. 29
(1741), 1083 ;
dort lauscht das weisze kaninchen in dunkler höhle, es drehet
die rothen äugen herum, springt endlich furchtsam zum zäune
und reiszt an staudichten pappehi.
E. V. Kleist 1, 184 Sauer (/rüW.» 1.59).
STAUDIG, adj., zu staude, nicht sehr übliche bildung.
so vereinzelt schon ahd.: stüdag, nemorosus G RA ff 6, 652.
mhd. nicht bezeugt, nhd. erst seit dem 18. jahrh., mit dem
gleichen bedeutungsxoandel icie die parallelbildung stau-
dicht, vgl. diese.
i) staudig, adj. fruticosus. ein staudiger ort, locus
fruticibus plenus Frisch 2,323».
2) 'staudiger stamm, suffruticosus , (förster. gärtner)
heiszt derjenige, dessen basis verbleibt, die äste aber alle
jähre ausgehen' Jacobsson 7, 430» (vgl. staude l,*); 'eine
Staude abgebend, vorstellend, ein staudiges ge wachs, ein
staudengexcäclis. staudig wachsen, in stnuden' Campe;
es sind daselbst einige . . . inseln mit staudigem gestrüpp
bewachsen G. Forster säinmtl. sehr. (1843)4,28; so auch
(vom täschelkraut) : über entwickelimg (rasentriebe bis
zur dritten generation: wodurch der staudige wuchs!)
spricht Kolaczek hübsch Raizf.burö standortsgetoüchae
(1859) 144; im erlenbusche, verborgen
von blUttem und ständigem gras,
dem wellengemurniel zu horchen,
ich stundenlang mit ihm sas-/. MoftKN 1, 304.
STAUDIGEL, m., scfierzhafie bezeichnung eines manches.
vereinzelt im \f>. jahrh. :
owe. bruder staudigell
ich han verlorn moyn strigel.
Kbli.br ert. arit altd. havdtchr. f. vi-i, t.s.
(Staudigel noch als bair. familienname.)
STAUDISCH, adj. Stiei.er 2127, *. unter staudicht.
STAUDIUM, n., im altem «Ad. gelegentlich als ent-
stellung von Studium, vgl. das.; so z. h. staudiums stubc
auf dem titel von' Mäynhinrklers sack' (\6\i), a.iiRnienenic.
STAUDLECHTKi, adj., im altem nhd. vereinzelt für
staudicht, r^^ das. ■ das gewächss ist staudleohtig, allent-
halben voller biettcr Tabernakmont. kräuterh. (i588) 378
(»1664 298 K: staudelechtig). s. auch stauderiecht.
STÄUDLEIN, n., deminutiv zu stunde, mhd. stiudolin
Lexer handtob. 8, I8O8: zeilant dar, ist ein steudel
arzneib. dea ii. jahrh.. a. mhd. u>b. 8,8.707''; (im bilde:)
die wile wir ze unsern tagen niht komcn stn, so stn wir
die kleinen stiudeltn unde wahscn von tage xe tage
BEHTliOLn V. RKdKNSlUIRO 1, 87,10;
wa ottwan itunt ain stttdnlin,
das enmocht nit berhaft sin
von der wildi stain natur.
Lamsbrro Utder». 8, «. 869, 17;
rauha, steudli,
lupf dich, krcudii I
OmWALD V. WOI.KBNSTBIN 76, 84 SchOiM.
nhd. (af\fanf/s noch in mundartlicher form): die weit WM
noch ganz jung, ... die dement, himmel. wasser, erd-
rieh, beuni. Hteudlon, krouler, frUcht , . . bohicUcn noch
den göttlichen neu eingepflanzten saft und kraft ganz
Mr.
1161
STAUDNIG — STAUEN
STAUEN
1162
nriversprt Aventin loerke 1,323, 3i; so man dann die äst
und kleinere stäudlin brennet, da empfaliet die erd von
Icher Untermischung der äschen jhre kraflft widerumb
:biz /eidbau 26; {zum impfen musz man haben) eyn reb-
uiesser die uberigen stäudlin damit zu beschneiden 324;
die ringelblume ... ist zweyerley , zam und wild, das
zame geschlecht ist ein stäudlein mit viel nebenzweig-
lein , hat einen holtzechtigen stengel zweyer spannen
hoch Tabernaemont. 710 J; (im bilde:) glanzvolle blume
les Orients', sprach er, 'wie darf ein stäudlein, das unter
len dornen wächst, sich ermächtigen, unter deinem
hatten zu blühen? würde es nicht die wachsame hand
s gärtners als ein miszständiges unkraut ausjäten?'
Mls.Iüs volksm. l,no He mpel; der gemeine thymas der
Römer ist . . .'ein aufrechtes ästiges stäudlein Voss Virgils
ländl. ged. 1, *. 272; bestatten wollt' ich ihn still in ge-
weihtem erdreich; zu häupten ihm pflanzt' ich ein stäu-
delein rosmarin Immehmann l, l, s. 260 Koch; die rosen
nebst dem Jasmin wuchern in göttlicher Unordnung und
überfülle, so dasz nicht einzelne stäudlein auf ein frisches
grab gesetzt, sondern das grab musz in den blumenwald
hineingehauen werden Keller 1,12; auf einem grünen
erdreiche stand ein tannenbäumchen und ein stäudlein
mit zwei roten rosen 7, 300; schon der jesuiten-pater
Martin Martini weisz, . . . dasz im süden von Nanking . . .
der beste thee wächst ... er beschreibt nun das stäud-
lein und die bereitung des tranks Ritter erdk.- 3,236.
bildlich: ach da wächst unter andern schönen kräutlein,
das stäudlein mitleiden Göthe 39,42 Weim. ausg. {Qottfr.
c. Berl. l). von den icörterbückem in atiffölliger weise
ignoriert; nur Kramer verzeichnet es: stäudlein, n. arbo-
scello piccolo, arbuscellino, arbuscelletto. heidel- ö schwartz-
beer-stäudlein, mortella dict. 2, 917*. weit verbreitet in heti-
'' len mttndarten, besonders oberd.: schiceiz. stüdeli HuN-
IKER 263; es früret alli stüdeli
und alli arme chind s. 19;
eis. stitla, stitl M.\rtin-Lienhart 2, 574'', mit den beson-
deren bedeutungen 'ästchen einer stände' (e stidel vum e
bäum abbreche) und 'schlanke, kleine tceibsperson' 575';
bair. staüdl, staüdal, staü'al, staü'l Schmeller- 2, 733,
im bair. wald das stäiarl Bayerns mundarten 2, 259, tirol.
stäudl Schöpf 708, kämt, stäudile, geioöhnlich in der be-
deutung 'belaubter ast. zweig' Lexer 239, lusern. staüdla
Bacher 393; siidfränk. in Handschiüisheim stairala Lexz
68*, in Rappenau staitila Meisinger 187''. {vgl. atu,h den
familiennamen Stäudel, Steudel, auch oberd. [München,
Nürnberg], schwäb. Stäudlin.)
STAUDNIG, n.. s. staudach.
STAÜDUNG, /. fruticatio. ttoanstaudung.e^bestau-
dung, reeentium lignorum germinatio et incrementum.
ausstaudung, exstirpatio, evulsiofmticumSTiELER2l27.
das simplex ist ganz ungebräuchlich, aber attch die Zu-
sammensetzungen wenig üblich, (in theil l ist nur bestau-
dung ohne beleg verzeichnet, sp. 1659.) — 'staudung, (schiff-
fahrt) s. stauen' J.\cobsson 7, 430*, tcol verschrieben für
Stauung.
STAUDWERK, n., ungewöhnlich für stände: denn was
vor annehmlichkeit würde das sein, wenn in einem baum-
garten, nichts als grosze zedern- zipressen- . . . und andere
hochwachsende bäume stehen; und darneben keine
zwetzschken, kirschen, quitten, morellen, pfirschen,
mespeln, allerhand schöne gattungen von hasel- und
lampertischen-nüssen , unterschiedene stächet- Johannis-
und himbeer- und dergleichen mehr niederträchtige bäum-
lein und nutzbare staudwerke in solchem gepflantzet seyn
Bolten? neuspross. palmbanm 170; gleich wie die präch-
tige zedern- Zypressen- eichen oder andere hochgewachsene
bäume, wenn der liebkosende efeu um ihren stamm sich
herum schlängelt, oder auch andere niedrige staudwerke
und bäumlein, unter ihrem schatten und wetterschutze
nahrung haben 76. (der eher zu erwartende collective sing,
ist unbelegt, vgl. jedoch ateir. stanrichwerk unter stau-
dach.)
STAUEN, lerb. flieazendea wasser hemmen; icaren fest
schichten. — ü» ganz verschiedenem sinne finden sich in
den germ. sprachen verben gleicher oder ähnlicher lautform,
die sich auf ursprüngliches ♦stöwjan oder *stawjan zu-
rückführen lassen und deren zusaminenJiang nicht ganz
Mr.
klar ist. sie sind lool alle als eine eausativbildung zu der
idg. Wurzel sthu-, einer nebenform zu ^curzel sthä- (schxcach
stufe zu der Weiterbildung sthäv-) 'stehen' oder als ab-
leitungen von dem auf dieser beruhenden notnen *stöwö
'stelle, statte' (in got. staua gericht, altn. stö, eld-sto
fetterstelle, ags. stow, altfries. stö, überall fem., vgl. lit.
stowä 'stelle, wo etwas steht") aufzufusseyi. dann entspricht
genau slaic. staviti 'stellen' (von stavQ stand); vgl. ferner
lit. stoweti stehen , lett. stäwet, s. ToRP bei FiCK* 3, 493.
PRELL.wirzetgm.icb.'-iM(aTvo/). Fr.\nck977. tenDoorn-
kaat Koolman 3, 322*». folgende hauptbedeutttngen lassen
sieh unterscheiden:
l) urgerm. *stc>wja.n(bezio. =*st6wian) 'richten', vgl. J. Grimm
rechtsalterth. HS f. dies wort deckt sich lautlich mit slav.
staviti 'stellen', die specialisirung der bedeutung Idszt sich
auf verschiedene weise vermitteln, einerseits mit peisönlichem
object, einen vor gericht stellen, oder sächlich, eine rechts-
sacke festsetzen, entscJieiden. dies verb liegt im got. und
lid. vor.
a) got. stojan (prät. stauida), dazu staua, m., richter,
und staua, /., gericht. vgl. J. Grimm a. a. o. Paul in
Paul-Braunes beitr.T,iö6. Uhlenbeck*141. Th.v.Grien-
BERGER unters, zur got. wortkunde (Wieti 1900) s. 198 f. (mit
lett. entsprechungen).
b) im ahd. hat stojan eine doppelte entspreehung , vgl.
darüber Paul in Paul -Braunes ^Yr. 8, 214—6 und
KÖGEL ebenda 9,514/., sowie H. Möller anz.f. d. alterth.
20, 118.
«) lautlich entspricht genau stüen (für *8tuojan, -en)
mit der geicandelten bedeutung 'biiszen' :
nue demo in vinstri scal slno virinä st&en.
iftwp. 25.
SO häufiger arstuen luere; arstuota, expendit, periulit.
daneben jedoch auch stuouuan corripere, stuoot quaeritur,
zi stuuanne conqtierendum, s. Graff 6, 728. vgl. noch stua-
tago gerichtsfag (vom jüngsten gericht), Musp. 55.
ß) daneben steht ein häufiges verb mit kurzem vocal
der Stammsilbe (also einem got. *staujan — *stawida ent-
sprechend) und der bedeutung 'schelten'; es glossiert qtteri,
conqueri, causaH, ineusare, increpare, ohjurgare, invehere.
neben der übericiegenden flexion nach der l. schwadien
classe: stou(u)uan, prät. stouida, -ita, stouta begegnen
formen nach der zweiten: stouuönes, -önti, stauuös cau-
seris, stouuöt quaeritur, stouuöta t». s. w. daztt ferner
arstouuon, irstou(u)ita, part. arstou(u)iti correpti u. s. to.,
s. Graff 6, 727. vgl. J. Grimm rechtsalterth. 748/. 855
Ca, 356. 488).
c) stouwen, stöuwen in der bedeutung 'spulten' lebt
auch im mhd. fort bis ins 13. jahrh.:
sumiliche instnovten (l. in stouten),
vil harte si im drouten,
si baten in swigen. Diemer ged. 239,16;
vil harte si in stouten. 248, 6;
den richUere si steuten,
ze dem chaeiser si im dreuten,
81 sprachen : ob er genist,
des chaeisers vriont du niene bist.
urittende 106, 76.
datiach sirid tcol auch folgende stellen mit acc. zu verstehen :
dem andern sol hie nieman droon (?)
noch mit scharphen Worten stoun. 109, 5;
des begunden si im starke dröun
und ungezogen liehen stöun.
Konrad v. Fusse:^bru.nnbn 2684
Kochendörffer.
ferner oft einen umb etewag stöuwen:
der knnic Tybalt hin zer wide
Arabelen dicke dreute:
Ebmereiz in dnimbe steute.
Wolfram WiUeh. 221,30;
ich wei; wol, das^ e; geschach
in schimpf ande in tagalt,
. . . umb daz sie so mich stöut.
Hbinr. V. D. TÜRLIN crone 4363;
vil wart er nmb die rede gestaut. 16845.
2) vom 13. — 16. jahrh. begegnet stöuwen, stouwen,
8tau(w)en in einer bedeutung, die nicht wol von der vorigen
hergeleitet toerden kann, so nahe sie sich zuweilen mit ihr
berührt, nämlich 'einholt thun, icehren, hemmen, hindern',
dabei ist die construction verschieden.
Mr.
1163
STAUEN
STAUEN
a) zufrühest {im n.jahrh.) mit acc. der aache:
ich weiz [w-ol], da; ir iuch (tuot) ze mime schaden vröuwen
doch wil ich luwer valschen list mit vuoge stöuwen.
minnes. 3,57, 12 Hagen (Rumei.ant);
kiimmer beschwichfigen. atiUen u. ähnl. .-
si bi!gunden sich harte vröuwen
der räche und mit alle stöuwen
an ime alles jämers muot,
als ein vrö herze tuot,
das leides gar vergijjet. croiie 19230;
al ir kumber wart gestöut. 22877;
ein trosteclichir clane
der daz herze irfrouwet
und valschis (?) truren stouwit.
Hugo v. Langenstein Martina 28>>, 52.
später in anderm sinne, gerichtlich, eine suche beilegen {?):
<lie Sache im besten helfTen stauwen und nyderlegen
Frankf. urk. v. 1442 bei DtKi-.WüKCKFR 8fi3.
b) dafür selten der dativ der sache.-
ich wil mfner vröude stöuwen,
ich möhte ir me gemachen, crojic 25179.
c) mit dativ der person ; einen ärgern, verdrieszen. qtiälen,
stören: da wider ein unvröude stöute
Artuse unde sfnen man. crom 11615;
dafür der acc. (?):
diu rede stöute in sere. 28539.
d) gewöhnlich doch in der bedeutung des wehreiis:
als tuot der hofwart:
der bilt ie md, so man im stöut. crone 17S03.
so häufig im Ib.— id.jahrh.: Abraham nam das swert
und swang es auf in die luft, do was der engel gottes
hie, und stauet im und wert im handschr. v. 1470 bei
ScuMEi.LER* 709; das er do den liiten stouwe und were
Sfraszb. quelle des iö.jahrh. bei Cii. Schmidt hisf. wb. der
eis. mundart :W2»; begert das man den chor mit einer
brustgewer verschlagen wolt, domit das getreng nit so
grosz würd, auch das man etliche knecht verordnet die
den leuten stowen weiten Bhant wyhe biscli. Wilh. v. Hon-
stein (1507) s. cod. hist. de Strasb. 2, s. 254 {auch narrensch.
•■iO&> Zarncke. Ch. ßcHMiirr a. a. o.); doch erschrocken die
Römer so gar nichts ab dem schaden das man grösser
müg und arbeit het inen zu stauwen und weren {deter-
rendi et continendi), daz sie sich nit so sorglicher Schar-
mützel underwünden. dann sie zu reitzen oder ermanen
Binomann Jul. Caesar {Straszb. 1.507) 113» {hell. Alex. 2ä);
eim jungen kind . . . dem lugestu uff ob es unzimliche
wort rede oder schwere, das du im stoutest und treuwest
im Keiskksbekg brös. 1, 70» bei Ch. Schmidt a. a. 0.; die
do für giengent, die schnawten jn {den blinden vor Jericlw)
an, überbolderten jn, stowten jm das er solt schwygen,
und nit also ein geschrey machen postill (1522) 1,35»; die
sprochent zu jm. meister, geschweig, stöw, oder über-
bolder deine lungeren, als ob sye sprächen, nit lossz sye
also schryyen iie'';
und wan sie dir nit ktinnen stauwen,
80 haben sie dir vil me gelrauwen {gedroht).
redestu dem Luther noch ein wort,
«ie wollen es achten für ein mort.
MuRNBR Luth. narr 449.
dazu : fieng ein mensch nur ein wenig an, sich mit usz
Ireybcn der laster zu üben , ... so Mürd er sehen was
im gcbrcst . . . und gewunn mit im selber so vil zu stowen,
zö meisteren, das er aller anderer Icüt vergesse Kkiskhs-
BEBo V. d. syfßen »elteiden (1516) h 5^
«) mit angäbe der sache daneben, zunäcM im gen., einem
fjtzw. einen eines dingcs stöuwen, ihn daran hindern:
hi vone er weijcot ir gebot,
das »' 2u keiner hande not . . .
xn gebesnitz (/reifcMg) t-nwere . . .
■a sazt« er ir zu biwar . . .
ein deil strenger froowen,
di ir dM Rolt«n ctonwen. FAinab. 79."}«;
gleich eynem wa«ser, ao snnffl geht
und dem keyn sUden widcr«t<>ht.
sobald es knmpt an eynen strauch.
*n laufTt es eml iincHinn .,riit ruuch
dem gleichen n- : < thnt '
do man in «ein: . ,.t hcf.
funfür der uee. .•
da« sie mir aber ichreibnn stauw<
und mir nir weiter sehenden trauwon (dn^hr,,)
oa« gr6w«t mich nit nrob ein hnr
MuRNRK Ittth. narr ♦««.
1164
3) damit berührt sich die heute gewöhnliche bedeutung
Wasser hemmen; so dasz es nahe läge, die behandelte ge-
brauchsweise als freiere Verwendung von dieser herzuleiten
{vgl. Kluge» 376» und die stelle aus Wickram bezw.
Albrecht v. Halberstadt unter 2, c). doch stehen dem
die thatsachen des spraclu/ebrauch^ entgegen, stöuwen
'icehren. hindern' ist dem altern hd. {iS.—te. jahrh.) eigen-
thümlich und begegnet fast nur in oberd. quellen; (wasser)
stauen fehlt im altem oberd. vollständig, ist vielmehr
zunäclist specifisch nd. und erst in neuerer zeit in die nhd.
Schriftsprache -^eingedrungen.
a) auch dieses *stawjan ist wol als eine cauaativbildung
in dem sinm 'stillstehen machen' von der xcurzel slhu-
herzuleiten. die in gr. otvw steifen, empori-ichten vorliegt
und u. a. deutschem Steuer, stier, stutzen, sflitzen, stoUen
zu gründe liegt, weniger nahe liegt es. von einer andern
idg. Wurzel steu-, stQ 'stopfen, verdichten, ballen' auszu-
gehen, auf die stauche, staude (?) zurückgeführt werden,
vgl. diese, s. Fick" 3, 342. *1, 147 und 145. 570. 3,493. Prell-
witz etym. wb. der gr. spr. 306/. bezw. 2440 {unter axiai).
Kluge a. a. o. Franck 977. Goedel etymol. icb. der see-
mannsspr. 460. auffällig ist. dasz im holl. neben stöuwen
auch {jetzt überwiegend?) stuwen vorkommt.
b) das verb geht aus vom mnd., wo es seit dem 14. jahrh.
als stöuwen, stowen, stawen, stuwen nicht selten bezeugt
ist, *. Schiller- LüBBEN 4,420. bemerkenswert ist. dasz
auch eine mitteld. quelle das reflexiv in bildlicher ver-
icendung bietet, es lebt fort in den nd. mundarfen .- hamb.
stauen 'hemmen, aufhalten, wird insonderheit vom wasser
gebraucht, wann selbiges durch däinme oder Schliessung
der schleusen an seinem lauffe behindert wird' Richey 288;
so auch osnabr. water stauen Strodtmann sso*»; brern.
wasser dämmen, auch af stauen, up stauen brem. wb.
i, 1007; südhann. stawen Schambach 208»; ostfries. stauen
Stükenburg 262», stoen, stojen, stauen ten Doornkaat
KooLMAN 3, 322 (a) ; holst, stauen Schütze 4,189; altmärk.
stau'n, uppstau'n Dann eil 209"; pomm. stauen 'das an-
dringende wasser zurücklialten' Dähnert im'»; hinterpomm.
stauge nd. korrespondenzbl. 13, 86»; preusz. stauen Frisgh-
BIER 2, 363''; in Liv- und Estland 'dämmen, den aößusz des
Wassers hindern' {'einige sagen unrichtig dafür staugen')
HuPEL 227. den hd. mundarten ist es fremd, {nur Schmel-
ler2 2,709 giebt stauen, stauen in diesem sinne, au»
der Schriftsprache f — in Handschuhsheim dafür swel»
Lenz 68».) holl. stöuwen, stuwen, vgl. a.
c) in den nhd. Wörterbüchern seit dem n. jahrh.: das
wasser stauen Schottel i42l; einen flusz stauen, arbo-
rum truncos. cespites et saxa obmoliri ßumini Stieler
2126; stauen neben stauchen {vgl. dieses III, 1) Krämer
dict. 2,917»; 'stauen, {wasserbau) den lauf des wassers
hemmen' Jacobsson 4, 266«; 'das wasser stauen, e* in
seinem laufe aufhalten und dadurch in die höhe schtrelien
machen' Camvk. s. umcAStenzel seemänn. wb. 40ü»(4). viel-
fach noch als nd. bezeichnet {neben hd. stauchen) : im niders.
ist für stauchen stauwen, und von diesem stemmen,
stauwen Frisch 2, 331"^; stauen . . . nieders. stauen, ital.
siuare . . . 'im niedersädisischen und einigen andern qe
meinen mundarten lautet dieses wort ohne hattclUaut stauen'
Adelung (8,8 und anm.); 'das wasser stauen heiszt
machen, dasz es icegen des gehinderten abjiusses atischtcillt.
dieser ausdruek aber ist blosz niederdeutsch, die Hoch-
deutschen sagen dafür stammen, andere auch . . . stauchen'
Heyn ATZ Antibarb. 2. 444. (ttmgekehrt beaeichnet Camhk
fäleehlieh stauchen als nd.) die litteraturbelege setzen im
allgemeinen erst im \9. jahrh. ein {mit Jahn, Ejchkn
DORPP, Heine u.a.w., s. unten); vereinaeUe ältere belege
a. unter d und f (Stoi.hero).
d) zunächst eigentlicJi. transitiv, wasser, einen flusz
stauen, vgl. oben: stouwan, schütten als mcn waler
Ntouwet ScHUKRKN Teuthonista JWt» Vrrdam; dath die
zclve Bernd of zine ervon . . . hcbhen vullecomonc macht
owcliche . . . to dammrne ind die Flmeschcre tho Htuwene . . .
also, dat die EmcHchcro ercn (lanch hebbe tuschen den
tven dyken ... ind valle op des Torseidon Berndes nioln.
were ouch zake, dath de dam uyt broko, . . . ao mach
Bernd . . . dämmen ind dye F.mcschere dvingen Ind stuven
Dortmunder urkundenh. i.fto« i,vom j. 1866); her Otto ...
leyt atawen boncdon der slad dat wator, dal ullit den
1165
STAUEN
STAUEN
1166
Garbroke kamt, dat um dat sloet geyt. do dranck syck
dat water so hoge ynt more um dat sloet gelick off et
eyn zee were Münstersche chron. 1, 173; up der stede, dar
se buweden, mochte me stouwen dat water der Elmenowe
hogher, wenne se wol lyden konden in der stad Lüb.
chron. 2, 87 {zitmj. 1443); dat water stouweden se so hoghe,
dat id de stad vorvullede wente to den balken des huses
KoKNER bei Schiller-LCbben i,i20^. nhd.-. soll kein
Wasser so hoch gequält, zugelacht oder auffgetrungen,
dasz die Strassen oder wege vertrenckt, grundtlosz oder
arg dadurch gemacht werden, sondern so . . . jemandts
einig wasser zu quellen oder zu stewen . . . zugelassen
wäre oder würde . . . Gülich u. Bergische policey-ordn. (1696)
8. 47, vgl. Frisch 2, SSl"^; zur zeit der wasserschwelle
wird der höher als gewöhnlich aufsteigende ström durch
einen querdamm gestaut Ritter erdÄunrfe- ll, 608; wie
wenn etwas eine röhre verstopft hat, das gestaute wasser
erst heftiger und in stöszen gesprudelt kommt, ehe der
gleichmäszigere flusz sich wiederherstellen kann Ludwig
5,133; aber das wasser flieszt einmal den berg hinab. —
es wird bald an eine schleuse kommen und dann für
eine gute weile gestaut werden, brummte Mohr Heyse
kinder der icelt i, i'O; {im bilde:) das ringen aber bleibt
keinem geschlechte erspart, . . . nicht der kämpf gegen
jene, die den ström stauen wollen Anzengruber^ 4, 378;
es ist umsonst, sie stau'n mit macht den ström.
Grillparzer* 7, 92 (iceA dem, der lügt/ 4);
je sichrer sie dein schiQlein trag zur stelle,
wenn du sie nutztest, desto grimmer trachtet
dich zu vernichten die gestaute welle. Geisel 2, 102.
so auch mit angäbe des ejfects : man vermorastet die
marschen durch fangdämme, einsumpft auen durch wehre
. . . und stauet wasserreiche thäler durch wall und mauer
zu Seen Jahn 2, 589 Euler {merlce 162). der inf. substan-
tivisch: um den karren und dem zugrieh einen weg
durch den flusz zu sichern, stemmten sich die riesen-
gestalten der männer mit ihren lindenschilden in langer
kette gegen das reiszende wasser; im Kimbrerkriege
sahen an der Etsch die Römer erstaunt, dasz die männer
im ströme die arbeit des stauens verrichteten, die man
sonst wohl einmal der kraft der stiere und rosse über-
liesz Freytag 17 {bilder l), 117.
e) 80 reflexiv, in intransitivem sintie: das wasser staut
sich an der schleuse; de Sassen hadden der Doringh so
vele dot geslagen, dat de Unstrot dat water sick mydde
stauwede mit den doden, dat me dar uppe over gingk
Script, rer. ]jj-unsw. 3, 281 (Botho chron. Brunsv. pict.)\
hohl gurgelte das wasser und staute sich an den letzten
stufen der treppe Freytag .5,342 {soll u. haben 6,4); wie
sie {die gletschermasse) plötzlich anschwellt, und sich
trübt, weil tief unten die gröszeren massen sich an un-
bekannten hemmnissen stauen Nitzsch detttsche Studien
s. 297. mit angäbe des effects: *
wo sich der fluss in einen see gestaut,
der eine stunde mag an breite messen.
Gries Bojardo 2, 2, 15.
so schon mhd., im ausgeführten bilde:
do uns gebom ein mensche wart,
der in den vluj {der Gerechtigkeit) wart geleit,
als {so) daj die gerechtekeit,
die mit den luten vlo5 den val,
■w in der vinstemisse tal
|k eich stouwen mnste und ufhaben!
^K pass. 3, 77 Köpke;
Hf, da die barmherzekeit
^B ' (die) sich stouwet und hin uf treit . . .
^P big zu der vreuden trone,
^ Bwa3 in ir bevangen ist. 4,81.
/) in demselben sinne auch bloszes stauen; so schon
mnd. : sunder reghen quam dat water ut der erden unde
stowede so hoghe upwordes, dat it quam den perden bet
to dem sadel Lüb. chron. 1,67: ok in ener tyd weren se
mit den gantzen beere in eme dale, dar stowede up en
beke, unde vordrenkede des volkes een grot deel 38. »o
aucli neund. 'aufsteigen, aufschwellen, xcie das gestauetc
oder gehemmile wasser' brem. tob. 4,1007. StOrenbüRG 262*.
Fr.iscHBiER 2,363''; 't water fangt an to stOen, 't stöed
op TEN Doornkaat Koülman 3, 322''. stauend water
'toenn der ström ztcisc/ien ebbe und fluth gleichsam stille
I~ stellet' RicHEY 288 {auch: et is stuhnde water). Schütze
4, 189. hierher die frühesten lüul. belege : die lava llosz wie
Mr
ein breiter und tiefer ström gegen die stadt an. . . .
statt, wie man erwartete, die mauer zu stürzen, staute
sie vor derselben, erhub sich und flosz über sie hinweg
Stolberg 9, 230; wie wenn an einer stelle im gebirge . . .
eine plötzlich gehobene, unsichtbare schleuse einen wasser-
strom in majestätischem stürze niederdonnern läszt, nur
umgekehrt! hier staute plötzlich der volle ström und
wie im nu waren die brausenden gewässer zum unheim-
lichen schweigen gebracht Gutzkow ritter v. g. 9, 367 ;
gleichmässig die bergländer und die tiefebene bedeckend,
mag der wald nur da von anfang an den gesellig lebenden
graspflanzen gewichen sein, wo periodische Überschwem-
mung und stauende bodennässe ihn verdrängten Bern-
hardt gesch. des icaldeigentums (1872) 65;
die ströme werden nimmer rückwärts stauen.
ElCHENDORFF^ 1, 437.
g) in neuerer litteratur sehr gewöhnlich von einer mensehen-
menge {'menschenstrom').
a) transitiv selten, auszer im part.: einer nur, ein
kranker gelber mann, schleppte sich teilnahmlos und müh-
sam durch die gestauten massen Ilse Frapan arbeit 251.
{dafür gewöhnlich aufgestaut.)
ß) häufiger reflexiv: 'die menschen stauen sich, trenn
bei groszem gedränge das vorxcärtskommen gehindert icird'
Frischbier 2, 363'' ; mit unwiderstehlicher wucht dringen
die Germanen in das land . . . endlich staut sich die
fluth an einer stadt, deren bürger in der Verzweiflung
die mauern besetzen Freytag 17 (fetWeri), 117 ; für sie
wehten diese fahnen , für sie staute sich die menge in
den straszen Isolde Kurz lebejisfluten 87;
doch siehe, da staut sich der Völkerstrom,
nicht treibt's ihn, nach westen zu Quthen.
ScHEREXBERG gcd.' 3^6;
so auch : kaum dasz die band des herrschers {kais. Wilhelms I.)
zurück den Vorhang schnellt,
staut sich vor dem palaste
die buntbewegte weit. 236;
da packt die Trojaner entsetzen und grau'n;
es drängen, dasz wagen und leichen sich stau'n,
die scharen zur Bucht.
Lelthold ged.* 307 {PeiUhet. 10).
/) intransitiv: niemals staut der zug, unaufhaltsam
strebt er vorwärts M. v. Ebner-Eschenb.\ch meine kinder-
jahre 6; nun, stauend wie ein mühlenbach,
zum lager schiebt es drängend nach,
es ist ein fürchterlicher trosz.
A. V. Droste-Hülshoff 2, 143 (d. tchlacht
im Loener brück).
h) in mannigfacher nuaneierung wird stauen gelegentlieh
vom blute gesagt.
a) mnd. transitiv, eine blutung stillen: naderwort mit
mede ghedrunken stowet dat blot quelle bei Schiller-
LObben 4, 420''; dat blöd is nfet to stöen ten Doornkaat
KOOLMAN 3, 322''.
ß) reflexiv, im bilde: auch die anter der bezeichnung
allegorisches und didaktisches erscheinenden stücke
{Schnyders v. Wartensee) sind gehaltvoll, im gröszten der-
selben . . . staut sich jedoch die poetische ader an einer
kleinen hauptsache Keller nacMasz s. 26.
y) intransitiv, vmn stocken des bluf Umlaufs: ein kaum
spürbares rieseln war durch des knaben starre pulse ge-
glitten, und wenn es auch sofort wieder staute, dennoch
erklärte der doctor voll siegesgewiszheit: 'jetzt hab' ich
ihn' M. V. Ebner-Eschenbach dorf- u. schloszgesch. 14. —
ähnlich brem. 'idt stauet mi to koppe, wenn das geblüt.
oder die dünste atis dem mögen, mit einer plötzlichen hitze
und röthe ins gesieht steigen' brem. wb. 4, 1007.
i) selten icird stauen von festen körpern gesagt, deren
bewegung gehemmt wird.
a) mnd. trans., vom rüder: datt he . . . datt röhr stauen
scbolde, darmede J. R. vorby dryven mochte biem. urU.
V. 1564 bei Schiller-LObben 4,420''.
ß) intransitiv: das leben ist eine schablade, die nicht
geht, stockt, staut, spannt Vischer auch einer 2, 318.
4) schichten, fest packen, diese bedeutung hat das wort
besonders in der spracJie der Nordsee- anwohner.
a) engl, stow {spr. stOu) packen, zurechtlegen, auf
bewahren; dies geht zurück auf mittelengl. stöwin 'sto:r
away. place' Stratmann-Braüley 582», das offenbar eine
Verbalbildung tu dem ȟbst. stOwe, /., platz, ist. dieses
Mr.
1167
STAUEN
STAUER
1168
i»t ags. 8t6w, /., *. Bosworth -Toller sa**», da« hereits
vorgerm. gebildet ist, vgl. altfries. stoe Richthofen 1050'»,
altn. stö in eldstö feuerstelU, herd Cleasby-Vigfüsson
126», lit. stowä, stelle, s. Fick* l, U7. 3,493. Goedel etgm.
icb. der seemantisspr. 460. {das ags. veih stöwian zurück-
halten, zügeln, stouuigan retenfare, läszt »ich nicht direct
mit dem heutigen stow identifizieren, sowol icegen der ab-
weichenden bedeutung, wie wegen der nebenform steowien,
steowe, stewen, s. Bosworth-Toller es**».) vgl. Skeat
GOl». KmCE-LuTZ 201».
b) im deutschen besteht kein lautlicher unterschied gegen-
über der vorstehenden bedeutung. atuJt, diese gebrauchs-
toeise ist zuerst im nd. zu belegen, icie sie übei-lMupt zu-
nächst der seemannsspraclie angehört, doch im mnd. 7iur
ganz vereinzelt nachgewiesen: dat schip is al vol ghe-
stouvet {voll waren gestopft) Hans. rec. v. 1395 bei Schiller-
LÖBBEN 6, 273». heute in den m,undarten der Nordsee-
anwohner: hamb. stauen 'fest und gepackt zusammen setzen,
insonderheit die waa7'en in einem .'ichiffe, welcJie in der
fahrt nicht müssen gerüttelt, gestosften oder zerdrücket
werden ; iciedrigen falls hat der sehiffer nicht wol gestauet,
und ist für den scJvaden geJialten' Richey 288 {so nicht in
Osnabr. Strodtmann SSO*"); hoUt. Schütze 4, 189; brem
wb. 4, 1006/.; ostfries. stauen 'fest u. dicht zusam,m£n
packen, schichten {z. b. holz, torf, icaaren im schiff etc.)
StOrenburg 262», stöen, stöjen ten Doornkaat Kooi
MAN<f3, 322'' (c). so auch nl. stouwen, vetus vel tassen
acervare, accumulare, cogere Kilian 2,644''. auch preusz
'kunstrecht, fest und gedrängt verpacken, namentlich schiff's
ladungen' Frischbier 2, 363''. — auch in die nord. sprachen
übernommen (?): dän.-norw. stuve, norw. stuva, stua
Aasen 765.
c) im nhd. erst in neuerer zeit nachzuiceisen • wahren
stauen bei Kramer dict. 2 (1702), 2, 917», s. stauchen III, 2.
sonst erst bei Jacobsson (1784) verzeichnet: 'stauen, {schiff-
fahrt) soviel als .schichten, die toaaren so legen, dasz nichts
verderbe, auch alles in gehöriger Ordnung und dicht neben
einander liege, doch so, dasz überall eine katze daztcischen
kann, um die mause zu vertreiben' 7, 266»; 'waaren stauen,
sie fest und so zusammenlegen, dasz sie ohne schaden zu
leiden den tcenigsten räum einnehmen, besonders in der
schifffahrt, die ladung eines schiffes gehörig vertheilen und
bequem fest legen, so dasz die guter weder gedrückt werden,
noch ihre läge verändern können, und dasz auch das schiff,
wie durch schlechte vertlteilung der last geschieJiet, weder
dem stampfen und rollen ausgesetzt, noch zu sehr vorder-
lastig oder hinterlastig gemacht werde' Campe; s. femer
KrOnitz 171,72. BoRRiK 660''. Stenzei, «eewitfn«. u'6. 400»
unterscheidet: 'l) die arbeit des wegpackens von gegen-
ständen an bord, besonders von gütern im räum; 2) eine
aus verschiedenen toaren und gütern bestehende ladung im
Schiffsraum, unter berücksichtigung der schwere und des
Inhalts der einzelnen stücke sachgemäsz unterbringen, so
dasz der laderaum, möglichst vollkommen atisgenützt wird;
8) saehgemäszes unterbringen des Inventars und materials
an bord; auch verstauen.'
d) litteraturbelege : nach dem nothwcndigen hin- und
herreden . . . wurden die sachen der fremden Jungfer auf
den wagen gestaut Freytag 12,84 (ahnen 6,1, b);
wo in den räum des schiffe man deine ballen stau't.
Freimouath» 1,99.
dazu : der wackere Steuermann versicherte . . , ich könne
ihn {den Klabotermann) selber sehr gut im Schiffsräume
hören, wo er die waren gern noch bosser nach staue.
Hf.inr 8, 100 Elster {Nordsee 8).
e) daher über tragen im ostfries. für 'sehr sättigen'
StOrf.nburo 868*; dat eten stAcd dtigtig, d&r kan man
nti fSI fan Bten, von dichten »chiceren mehlspeisen u. a.
TEN Doornkaat Koolman 8,882''(/y). datu stausam ,». da».
— noch freier und allgemeiner im brem. : dat stauet nig
Teel 'das bringt nicht viel tu. der vorrath ist nicht gros*
brem wb. 4, ioo7 (8), mu auch tu 8 ftMogen vtrdtn tcOnnie.
f) srhtDfrlieh jKhM hierher die rätatüu\fh fftcMt: aggrt
gatus pU. geatTtiet; tbtt. eyn stvuenSg der wort «der
«oder ding'. Dirp. glon. 18*.
6) stanen als nebenform tu and«m wlh-tem (stauchen).
a) /är stauchen, lujrarr. ». das. 1,4 (Stiklkh 2t«ö/.).
Mr.
b) ochsen stauen = stauchen, s. das. 1,2, a (Kramer
dict. 2, 917»).
c) das vei-einzdte stauen vaporare. Stieler 2125/., ist
wol nur versehen für stauchen, s. das. III, 3.
G) weitere abiceicJiende bedeutungen finden sich vereinzelt
in bair. mundarten:
a) bair. staeuen, stäia~ stellen, stützen, stemmen, den
arm auf den tisch stseuen. sich k 'm tisch eini st&io",
mit aufgestütztem ellbogen hinsetzen Schmeller* 2, 709 (c).
vgl. stauchen IV, 3.
b) tirol. stauen 'icindig, stürmisch sem' Schöpf 703.
STAUER, m. eijier, der staut Campe, l) gewöhnlich als
ausdruck des seeicesens, zu stauen 4: 'stauers, arrumexirs,
toerden diejenigen genennet, welche die waaren in dem. schiffe
zu rechte legen und solche dergestalt zu ordnen wissen
wollen, dasz sie fest auf einander gepacket liegen, damit,
wenn das schiff in der see durch stürm und ungewitter
von den wellen hin und wieder geschlagen wird, .wiche
waaren sich nicht verrücken oder überwerffen, und folglich
das schiff umstürtzen können, zu welchem ende sie alle-
mahl das schicerste und nasse unten legen m,üssen . . .'
Zedler universaüex. 39 (1744), 1390 {danach Jacobsson
7, 4.S0» und Krünitz 171,72/.); 'ein in einem seeliafen mit
der stautitig vertrauter kunstverständiger' Bobrik 660'' {vgl.
Stauung); 'ein mann, dessen gewerbe das übernehmen, stauen
und lossen von ladung ist' Sten/.kl .seemänn. xcb. 400».
der Schiffer hat zu sorgen für die tüchtigkeit der geräth-
schaften zum laden und löschen sowie für die gehörige
Stauung nach seemannsbrauch , auch wenn die Stauung
durch besondere stauer bewirkt wird handelsgesetzb. (i897)
§ 514. so besonders in Hamburg, pretisz. {in Königsberg) :
'die lohnarbeiter, die aus dem vorschrifts- und ordnungs
mäszigen beladen der schiffe ein geioerbe machen, heiszen
stauer und bilden gewöhnlich eine genossenschaft unter
führung eines oberstauers oder staue rkapitäns, der
auch den stauerlohn mit den Schiffseignern akkordiert
und an die stauer auszahlt, die gehilfen der stauer heiszen
schauer' Frischbier 2, 364». — ebenso holl. stuwer, engl.
stower, dän. stuver, schiced. stufvare.
2) ganz vereinzelt in andern bedeutungen.
a) für ballenbinder, packknecht Jacobsson 7, 430», vgl.
1, 126''. 4, 144'' {da.^sdbe wie 1, in allgemeinerer anwendung).
b) stagnatore, it. stimolatore Kbamer dict. 2, 917'', als
nebenform zu staucher, s. das. 1 {zu stauen 3).
c) frühnhd. zu stauen 2, wehren-, hinderet- : so ist der
{das) alter ein stSwer und stiller der unfftr, wan wen
alt leut bi den iungen scint so hörren sie uff von ircn
narren werck Keisersüerg narrensch. (ib22) 30 {richtig^)'.
8) steir. stauer als nebenform zu stauder, s. das. 1.
STAUER, /., für Steuer, s. das.: welicher frembdcr
herein zeucht, mit uns in gleycher stawr und beschwerd
sitzen soll quellen zur gesch. des bauemkr. aus Eotenburg
s. 128 Baumann.
STAUER, adj. rauh, utifreundlich, grimmig, nur im
äUem nhd. (16. — 17. jahrh.) bei einigen zumeist nord-
deutschen autoren (Ringwaldt, Thurneisser, Spek),
daher wol Lehnwort aus dem nd.. vgl. mnd. stür grosz,
schwer; von personen: störrig, widerspenstig, lästig; mo-
rosus, atisterus Schiller -LÜBBEN 4,468 {dazu stürheit,
sturicheit strenge, härte 4M»); ebenso mnl. stuur, sture
stark, listig, wofür jetst die Weiterbildung stuursch bar.sch,
mürrisch, vgl. Franck 991. damit ist toU verwandt nltn.
stüra betrübt sein, und stüra, /. betrübnis Cleasbv-Vio-
FUSSON 600''. Fritzner* B, &8&'>; «orte, stura, verb. und
stur, sturen, ac^j. Aasen 764"; und tu diesem germ. *stOra>
läszt sich dann weiterhin lett. stiirs 'hartnäckig', skr,
sthiirä., 8thül& 'grob, dick, dicht, groat' atdlen, «. Torp M
Fi<:k* 3, 498/. Prkllwitz grieeh. etym. wb.* 430 {otnvfö«).
{hiervon ist tu trennen ein gem*inff«rm. adj. *8trira- 'grost',
altn. stArr CLEA8nY-Viopu.'580N 596», woher nettnord. stör,
ags. B\öt grost, stark, gewaltig Bosworth -Toi. lkb 9«4»
[Uhnwort a%u dem nord.f], aUfries. slor Richtmokkn 1058*
[nur nnmal star; «o noch aaittrländ. stör], aUa. störi *«•
til^tu» Wadstkin 885» (in 8 glossen], vgl. lit. störas dtdk^
»law. «tarn aU Torp bei Fick* 8, 478.) stOr findet siek
tu%eeiUn auch im ahd., f. b. • scaap fona smulcro manno
mezsM (ovcf de populari ordine) samnn uunnent mit
dhem 8i4irirom in dhuru christes chiriihhun Jsid. 41, ll;
Mr.
1169
STAUERLOHN — STAÜF
STAUF
1170
so at*ch Stur als personennameT, s. Fökstemann natnenb.
1-, 1364 {was 2^, 1396/. zusammengestellt icird. gehört jeden-
falls nicht hierher), die geicöhnliche form ist jedoch ahd.
sünri, fortis, ferox. amplus, magntis, magnißcus. sttperbus,
suMimis, eminens. praesta)is Graff 6, 702/. , vgl. 707 und
J. Grimm kl. sehr. 6, 315, 36. (atis urg. *steuria-, s. Torp 493.
Prellwitz a. a. o.) in mhd. zeit erhalten auf ostmittdd.
hoden in der Zusammensetzung angestüre ungestüm Lexer
handwb. 2,1871, unstüreg, unstügirlich 1941, xcozti das etwas
ujigere abstr. ungesture, unstüre s. ebenda; vgl. auch:
■frbus . . . stier Dief. gloss. 9». — hettte ist stur erhalten
1 n den nd. mundarten mit einschlusz des mittelfränk. :
köln. stoor eigensinnig, satiertöpfig, schtceigsam, Honig' 176*,
in Aachen stuur storrig, mürrisch, e stuur weese eine
sattre miene MCller-Weitz 240; westf. stür starr, stark,
sMf. anhaltend; mürrisch; adv. fortwährend Woeste 261» ;
tldeck. stur mürrisch, eifrig Bauer-Collitz 101*; süd-
nm. stur (von kälte) starr Schambach 216'», lippisch
iur steif und unbeweglich; ernst, grimmig Fromm.\nn
iS5; osnabr. stuhr satier, grimmig, böse (he süt stuhr ut)
RODTM.*.NN 235 (vgl. 382»); ostfries. stuur mürrisch
= stuursk) ; schwer, schwierig, eine grosze kraftanstrengung
trfordemd StCrenburg 271*'. ten Doornkaat Koolman
3,355''. Frommaxn 4,135,140; brem. simu grosz, schwer,
stark, mächtig: een stuur (groszer, starker) minsk, ene
sture arbeid; mürrisch, storrig, unhöflich, grob brem. tcb.
■i. 1083; hamb. starr starr, steif, sturre haare capilli hirsttti
KicHEY 299; holst, stuur grosz, ansehnlich (en stuuren
keerl); Jiart, stuur drögt steif getrocknet Schütze 4, 22i;
stür starr, stier, erstarrt, he was gans stur vor schreck,
hö kikt mi so stür an ; von hartem, unbiegsamem sinn
und Charakter {in diesem sinn auch stürsch) Danneil 215'»,
auch aufrecht, gerade, steil 279''; meklenb. stur gerade,
aufrecht, und stur starr, unbiegsam Mi 88*; pomm. sturr
aiarr. storrig. mürrisch D.\hnert 472*; preusz. sturr, stür
starr, steif, sturres zeug, sturre leinwand {steif gummiert,
gestärkt); still und stür dasitzen; ein sturres gemüt,
störrisch, eigensinnig; daneben stursch, stürsch störrisch,
widerhaarig, stürsches (struppiges) haar; herbe, hart, starr,
steif, von getränken und zeugen Frischbier 2, 386''. (einige
mundarten legen es nahe, ein adj. sturr 'starr, steif als
besonderes wort abzutrennen, doch ist eine sonderung nicht
durchzuführen; jedenfalls müszte frühe Vermischung ein-
getreten sein.) — in der nhd. Schriftsprache kommt stauer
(oder meist noch staur, ßectiert stets staure) in folgenden
Verbindungen vor. vom winde, rauh, Jieftig, grimmig:
eia, stark und freche wellen,
eia staur und stolze wind.
Spee trutzn. g. 77 Balte (19,42; in der atug.
r. 1649 105 dafür: starck und stoltze w.);
jetzt kalter lufit, und stawre wind,
uns wider seind versöhnet.
(1649) 119 (22, 55, 8. 85 Balke);
von menschen: Paracel(»t«»). nent die stauren unfreund-
lichen leut also, die sehr ernsthafft seind Thl'RNEIsskr
magna alchymia (Berl. 1583) 2, 48. advejhial :
merckt femer, als gedachter pawr,
bet seine sund gebeichtet stawr.
B. RiNGWAi.DT chrisä. wariiung de» tr. Eckarts
(1588) H 6» {dafür in der augg. v. 1589 K 1»:
sawr);
ich machs eucb süsz, ich macbs euch sawr,
bald red ich sanfTt, bald wieder staur.
erangel. (1646) D5»';
das gab den heuchiem gros verdris,
sie sahen drüber sawer,
und stiessen mit eim stumpffen spies,
auff Christum eben stawer,
und sprachen ist das ein prophet ... Y 2*.
STAUEKLOHN, m. 'der dem stauer für das stauen einer
ladung bezahlte lohn Stenzel seemänn. vb. 400*, vgl.
stauer, m. i.
STAÜF. m. I. becher.
l) *staupa- ist in diesem »inne die alte gemeingerm.
bezeichnufig, die im deutsehen durch die lehnworte becher,
kelch verdrängt ist: altn. stäup, neutr. Vertiefung im
vege. becher, klumpen Clea8BY-ViüPUS.son 589'' (die erste
hedeutung irieht ToHP bei Fick' 3,497 als die ursprüng-
liche an, indetn tr von dem unter II erwähnten adj. aus-
geht; die hedeutung 'becher' au» dt^n ags. entleJint*), ebenso
«orte, stäup Aasen 746* (ßchwed. stöp, dän. steh sind vU
X.2.
vom verb stöpa, st«be gebildef) ; wesfgerm. als masc. : ags.
steap Cleasby-Vigfusson 913'' (das neuengl. stoop, stoup
kanri nicht daraus liergeleitet werden und ist wol entlehnt,
vgl. Skeat 600'"); alts. unbelegt (staupa bei Wadstf.in
111*, 22; sciphus, parva staupa, ist natürlich tat.), mnd.
stöp (vereinzelt stuf, vgl. unten) Schiller-Lübben 4,413,
mnl. stoop krug; ahd. stouf, stauf, stouph (plur. staufä,
stouffä, stouph a, -e, -i), calix. cyathus. botolica, ajatus.
emina. phialus, fiala, scyphiim, staupus Graff 6,660 (stouf
als glosse über calix bei Notker ps. 10, 7. 15, 5. 21, 3. 74, 9),
mhd. stouf, stauf, stuof, stoff Lexer handwb. 2, 1216:
calix . . . stouf Dief. gloss. 90« (ahd.), cyathus 116" (nor.
gloss. SS*); bothonicula u.s.w. stouf, stouph, stouphiün,
ags. stoppa, stappa 79* (ahd.); bothoma stouf, eymer not;.
gloss. 58* (anfang des 15. jahrh.); (h)emina . . . stouph gloss.
200''; metreta . . . pint, stauf nov. gloss. 252'» (voc. v. 1420);
scyphus . . . hofbeker vel stöp gloss. 518* (Chytraeus);
stopa, stupa . . . ein stauff o. gelt, stoufF vel geelt, stoop
vel gelte, stubichen u. s. w. 554'> (gemma gemmar. 1507 — lO);
vgl. nov. gloss. 349''. das wort ist auch ins mittellat. über-
gegangen als staupus, staupum, stoupus, stopus, stopa;
demin. staupulus und stopellus, s. Du Gange 7, 590«/
im abl^ut dazu steht ags. stoppa eimer Bosworth-Toller
934*, alts. stoppo, botholicula Wadstein s. iii'', 40 (Oxf.
Vergilgl.), ahd. stopha Graff 6, 660 (?), vgl. nonc. stoppa
fuszstapfe Aasen 755'» (?). weitere beziehungen sind un-
sicher, (das von Torp angezogene lett. stäupe 'pferdefusz-
stapfe' ist natürlich aus dem nord. entlehnt.) vgl. Wächter
1593. WeIGAND 2,803. FlCK^ 3, 343. ToRP bei FlCK*3, 497.
M 0 LLEN hoff d. altertumsk. 4, 345. — stauf ist im deutsc/ten
starkes masc. im österr. begegnet daneben ein fem., s. staufe 1
und Frisch unter 3. (in den Ostseeprovinzen auch neutr.
HuPEL 229 unter 3.) die ßexion ist theils die der a-, theils
der i- stamme: ahd. pl. stoupha, stauf(f)a, stouffa und
stouphi, -e, stoufi, s. Graff 6, 660. später hat der plur.
meistens umlaut (s. Basler chron. 5, 529 und Forer fischb.
142* unter 2, b. B. Waldis unter 3, Keller 5, 185 unter 2, a;
stauffe Garg. 123, s. unter 2, a, femer Frisch bier unter 3).
2) stauf, stöp als bezeichnung eines trinkgefäszes ist in
der mnd. Schriftsprache bis zt« ihrem erlöschen üblich ge-
blieben, s. Schiller-Lübben 4,413. brem.wb. 4,1047/. 6,345.
L.\üremberg betrachtet es sogar als specißsch nd. im gegen-
satz zum hochd. .-
ihr drincket aus dem becher, wy drincken uth dem stope.
schert zged. 4, 678.
später ist es eingegangen, auf hd. gebiete scheint es be-
sonders dem oberd. eigen zu sein und hat sich hier bis zur
gegenwart erhalten: stauff (der) grosser bächer, crater
M aaler 385«; stauff, m. ein grosser bekker, crater
ScHOTTEL 1421; stauf, der, est crater. ein groszer becher
Stieler 2126; stauf, m. [voc. sass.] biechierone ampio. lat.
crater Kramer dict. 2,917«; 'der stauff . . . ein im hoch-
deutschen unbekanntes und nur im, oberdeutsdien gang-
bares wort, ein gefäsz von einem gewissen umfange, in
gleichen einen becher einen kelch zu bezeichnen' Adelung
(was für die bedeutung 3 niclU zutrifft), so jetzt noch
Schweiz, stauf 'humpen d. i. becher von besonderer grosze,
dergleiclten ehemals bey den feyerlichen Schiceizergastmahlen
paradirten' Stalder 2,393; österr. s. unten g, ß.
o) zur begriffsbestimmung : stauf, m. bey den alten ein
grosser becher, darein ein stübchen, oder vier maas, oder
4. qvart giengen, crater Frisch 2, 323*. der stauf unter-
scheidet sieh von andern trinkgefäszen durch grösze uttd
gestalt : er ist in der regel ohne fuaz und hat eimerform,
neben andern gefäszen genannt: mit emmeren, balligen,
groete schalen, groete giften, kannen und kroesen, stoepen,
wo idt mag genoemt werden quelle bei Schiller-Lübben
4, 413'' ; da risz . . . man den wein ausz potten , ausz
pinten, ausz kelchen, napffen, gonen: kellen: hofbechem:
lassen: trinckschalen: pfaffenmasen: stauffen von hohen
staoffen (xcortspielend mit U) : kitten : kälten m. s. w. Garg.
a. tiS nettdr. ; schöne frauen und Jungfrauen fanden sich
ein, immer mehrere stäuffe, köpfe, schalen und becher
wurden aufgesetzt, so dasz über all' dem glänzen der
feurigen äugen und des edlen metalles die armen Ruechen-
steiner sich selbst vergaszen Keller 5, 186.
b) der stauf ist meistens von metall (vgl. die ztdetzt an-
gezogene stelle) und zwar, da es sicJi gewöhnlich um prr*nk
74 Mr.
1171
STAUF
STAUF
1172
atiicke handelt, gern von edelmetMl: sulveme stopp, schower
und schalen quelle bei Schim.erLObben ♦, 413'»; darna
nemen se al dat sulverwerk van stopen, sulver scalen,
sulver lepel, wat dar was Hamburg, chron. s. 127 Lappen-
berg; sulver kanne, schalen, stope chron. d. kl. Ribnitz
139, 23 Techen {zum j. 1525) ; und gewunnen sy die wagen-
barg und was do inn was, als sin Silbergeschirr, vil
kostlich stöufT, köplT und silberin kannen Baaler chron.
5, 529, 3* {vom j. 1*76); do ward neben andern diesem
Schalksnarren auch ein silberner stauf geben , wein zu
bringen Zimm. chron.^ 3, 460, 19. vergoldet: de rhat schen-
kede dem cardinale eine ahme winsz . . . und einen
sülvern vergülden stop, 87 gülden wehrt quelle s. brem. tcb.
*, 10*8 (Renner zumj. 1502). sogar: gülden stauff, phyala
Dasypoüius, vgl. phiale eyn credentz geschirr, gülden
staufT, eyn schalen ders. im lat. deutschen theile; urchin
guldiner stauff, cra^«- an»o «o/trffts Maai.er 385"; (der 'ohr-
schneck', turbo auritus) ist lustig mit corallen geziert, als
die goldtschmid pflegen etliche güldine stäuff zu schmiden
Forer fischb. 1*2». von anderm material: III koppe van
albastere unde III stope van albastere Wismarer inv. bei
Schiller LÜBBEN *, *13''; l maser {ahmnen) stop myt
sulwer ebenda; abiegnus . . . ein vihten kene o. stoff Diek.
gloss. 3» {voc. V. 1*40). (hölzerner stauf zu anderm zweck
a. unten g, ß.)
c) der stauf ist meistens ein prunkstück, vgl. b und oben
Stalder. daher auch mit plastischem schmuck: staufT
von erhaben arbeit oder mit bildwerck, caelatus crater
M aaler 385". stauf als ehrengeschenk :
für den besiegten ein prächtiger stauf.
BODMER Homer 1, s. 383 ill. 23, 656 :
d'snas du^ixvneV.ov);
der stauf ist für den besiegten. 38* (663).
d) voller, leerer stauf:
die vierd auf erde nider sasz
faulkeit der schwacheit tochter was
ein leeren stauf hielt in der band.
Wickgram kuniit zu trinken 2, D 3».
mit angäbe des inhalts: ein stauf weines oder in neuerer
spräche meist ein stauf wein, vgl. unter e. auch:
(iMrr.) man sol im billicb ztrinken geben,
Atser . . . nim hin, bring im den stouf mit win.
FuNKELiN Pallas (1550) v. 126 {schavsp. au$
dem 16. jahrhi 1, «. 177).
e) verbale fügungen:
und log welcbs da der köstlichst (wet'n) sey, . .,
heisz oir ein hohen stauff vol schencken.
ScHEiDT Qrobianti» 3198;
se hebben gesecht: 'seeth, drinket uth juwem stope'.
Hatiü). chron. a. 31 Lappenberg, ein stauf wein etc. aus-
sauffen, vtiotare. 7nandar giü, tracannare un tal bicchiere
Kramkh dict. 2,9\fi*; eim ein grossen stauff voll ausz
bringen, magno cratere laceaaere aliquem Maaler 885";
drinck my tho den stop mit dem wyn.
Stricker de aüdesche schlömer G 2», v. 2313.
einen stauf trinken, wobei dann stauf auf die darin ent-
haltene ßüaaigkeit gellt; {im bilde:)
den stouf den er da hie tranc,
der gena'di^e Christ, . . .
des muz wir alle bichom. aneg. 19, 69.
vgl. noch: diser staufT hie mag die bin netzen, dann der
es nicht empGnd: der trinckt für nichts Garg. s. 129 neudr.
f) der stauf dient in der regel zu7n trinken, seltner zu
anderm gebrauche, so gelegentlich {wobei stauf dann das
betproehene tnnkgefäst iaf): wart im erlich geschenckt in
einem staufT tusent gülden, und sinem sun funffhundert
gülden in einem staufT, one win und haber; wart ge-
•obetzt u(T * tusent gülden Basier chron. 4, H5», 6; binden
nach in »olchem gedUmmel, drang Trachinus auff Pelorum
zu, zucket den schweren stauff, jn damit zu bodcn zu
werfTen buch der liebe KOT; wirst du viel mäusz darüber
haben, so wil ich dir diesen stanfT {l. staufT) zeigen, dasz
du nicht viel ach und wehe sagen wirst 208^.
g) stauf wird dann auch auf ähnlich« gerate übertragen.
die tu andern zwecken dienen.
a) nd. sl/)p melkkübel: »inum molkkubiie, . . . eyn atoep
tzo, stAp to meickeii DiRP. gloaa. ftS?**.
/Sf) der stauf 'in der gegend von Wien, ein höUernea
gtfäat, wtUhea nur teit der teeinleee vortUglieh gebrauchet
Mr.
toird, um den weinmost aus und ein zu schenken' Höper
3, 174.
y) Schweiz, stauf atich für 'feuerkieke' Stalder 2, 393.
h) zuweilen in freierem gebrauche, im bilde: also wil
ich euch das tütsch büchlin herfür ziehen darin ir finden
die warheit guter sitten und geberden under den figuren
unnd gleichnissen, das ist der stauff darin ist süesses und
bitters (hie calix vini meri plenus iuxto) Keisersrerg
narrensch. 11* {vorr.), a. auch ScherzOberlin 1662. EiSE-
I.EIN 577;
sich, da; d!n muot iht trunken ge von des gelückes stoufe.
Frauenlob 116, 19.
ungewöhnlich für 'Schlund, ahgrund' :
darumme so warp unse leve here got
den engbel yn der hellen stop
uthe deme hemmele.
laiendoctr. 122= bei Schiller-Lübben *, *18'>.
i) mhd. stouf im tcappen '-= spitz {becher)' Gritzner
herald, terminologie {bei Siehmaciier wappenb.) 307". (zum
stouf, Straszburger hausname 1302, s. Ch. Schmidt hist.
tob. der eis. mundart s. S*!**.)
3) indem der stauf geioöhnlich eine bestimmte grösze hat,
wird das wort weiterhin bezeichnung eines maszes für
flüssigkeiten. so schon mhd. und mnd., s. Lexer handxcb.
2,1216. Schiller-Lübben *, *13*'. dahin gehört es, icenn
stauf zur wiedergäbe von metreta oder von stopa {das,
daraus entlehnt, in eben diesem speciellen sinne üblich ist)
dient, s. d. glossen tmter l. in einem lat. geschriebenen
Bremer kaufbrief von 1325 bezxo. 1*9+ wird una stopa
buüri durch zusatz von (ein stoep botter oder achten-
deelken) erklärt, tconach das wort als 'ein kleines fäazgen,
ein achtel von der tonne' bestimmt wird {ohne angäbe, ob
noch üblich) brem. wb. *, 10*8; in dem, Marienburger treszler-
buch u. 1399 — 1409 {hrsg. v. Joachim, Königsb. 1896) ist stof,
stouf ein masz für icein, = '/»o löge (louge , logel , fasz), a. d.
wortreg. diese Verwendung geht natürlich aus von fällen, wo
ein wirklicher becher als masz gebraucht icird, z. b. : we be-
grepen werth myth eynen falschen beckere effte stope
offle myt falscher olygematen Rigaer quelle bei Schiller-
Lübben a.a.O. ähnlich: item soll die gemeinde ein art
zu der weinmasz halten, zu einer masz, zu einer halben
masz und zu einem achtmasz. . . . und aus den vor-
genanten arten soll man ein würt, der da wein schenkt, . . .
ein meszigen stauf, ein halben meszigen und ein echt-
masz {achtel) stauf maszen und eichen xceiafh. 6, 687 {061U
heim,, vom j. 1460). die litterattir belege eratrecken aieh vom
12. bis ins 16. jahrh. : dar nach nim einen stouf vollin
des handigin {scliarfen) ejjikes unde mischeg alle; ze-
samine. . . . dar geuj ein triteil eines stoufis von ejjike,
danne giuj eg in ein glasevag arzneib. 119, 2*. 27 Pfeiffer
(I, *); dat neyman geynen mart zö cüfbeir (kaufbier) in
sette, in dat man eynen stuf {var.: ein stubich) beirs
umbe eynen penninc gülde d. chron. 2, 2*5, 19 {.säclia. weit-
chron. 368, zum j. 1226); kunt er zu Mörbach zu vastnaht,
(so giebt man ihm) einen stöf und ein brot und ein
berizze {portion) fleisches tceisth. *, 129 {laeitheim im Elaasz,
1382); und sol man den fflrsteren geben vier solen und
iedeman ein brot, ein stügke fleis und einen stöf wines 188
(Oberhergheim , ende dea 1*. jahrh.); den (mähdern) sol
man geben gebfitelt brot, und vier einen kese, und tzwein
einen 8t5ffe rots wines, tzwflrent in dem tage 198 {Melteral
im Elsaaz, anfang dea lü. jahrh.); alle dye daygen , die
do habent metzen wein ein vierlal stauff, dy sullen das
pringen zw sand Michels tag 3, 69", 30 {l'afztnannsdorf in
Niifleröaterreich. um 1460); da sali seine gnaden inen ur»
laab geben, und sali den geben zuo fochhentzen und eia
stauff weins 2, 466 {Oondorf an der Untermoael); und
(Ulenepiegel) gat mit den kanten {können) in den «rein*
keller, und laszt im messen ein stauff weinsz. ... und
sprach, weinxcpffer, wz gilt der stouff weins Ulenepiegtl
67. htet.; Jn naro« ein grosse höltzom kannen,
wol von sechs stiufTen oder mehr.
K. Wai.üIsi Jiiop 4.19.71.
ums die qt*antität betrifft, «o wird stauf im alh/rmrinen
einem hettte tiUiehereti stübrhcn gleiekgesHtt (gein'.hnlicA
OMofc ttifmotogiedi iärntt^fiairt), vgl. da*. : 'gemeint gl ich ist
e» ein maes ßüeeiger ding«, xeelehee mit uneerm stUbchen
sowohl dem k&rferUekm iiüuUte. ale der abetamimung nad^.
genau überein kommt» und in einigen niederdeuteekiit,
Mr.
1173
STAÜF
STAUFBIER— STAUFICHT
1174
gegenden stoff lautet' Adelung, vgl. Frisch unter 2, a.
stauf hat sich i?i verschiedenen mundarten bis in die gegen-
wart erhalten, so österr.: 'als ein getcisses angenommenes
masz, hält der stauf 1^/3 masz; 24 stauf machen einen eimer,
oder 40 masz. in den berg- und zehendrechten tcird daher
alUs nach emer und stauf beiechnet. ... in den alten
Zeiten ist der stauf grösser gewesen : denn schon unter herzog
Eadolph IV. ist selber um den vierten theil kleiner ge-
macht worden' Höfer 3, 173. zu der letzten angäbe vgl. .-
das vierteil der stawff, oder die maas soll man mynnen
{'wegen des taigelds kleiner machen"), dasz wann einer
aufthut um 20 pf. das engstel just zwanzig mahl in den
vierteil stauffen gehe quelle (e diplomate Rudolfi archid.
Aiistr.) bei FiüSCH 2,323», vgl. ScHMELLER^ 2, 735. dagegen
komm.t stouf, stäuff im, bair. nur in der altem spräche
vor, s. ScHM.^ 2, 735; ebenso steir. : 'stauf und staufen, m.,
alte bez. für ein fliissigkeits- , bes. tceinmasz, bis tim 1600
in gebrauche' Unger-Khull 571». sonst gerade im nord-
osten des hd. Sprachgebietes in nächster nähe des nd.:
nordthür. in Stiege schtöf, demin. schtewechen, ßiissig-
keitsmasz Liesenberg 206, sdöf Hertel »prachsch. 234;
preusz. stoof 'quartmaasz' Schemionek 39; stöf, plattd.
stöp 'hohlmasz, der 90. theU einer to7ine, der 120. eines
ohTns, ungefähr ein liter' Frischbier 2, 374. hier sind
auch schon aus dem mittelalter genaue maszbestimmtmgen
mitgetheilt: 94 staufe soll eine tonne hier halten , aber
96 staufe eine tonne meth und 132 staufe ein rheinisch
fasz wein landesordn. (r. 1307); unsre brauertonnen sollen
sein 92 staufTe, und die vazze zweimal so grosz Danziger
icülkür V. 1369 und 1455, s. ebenda, ferner in Liv- und
Esthland: 'stoof oder stof, der und das, ist das hiesige
gemeinste maasz bey fliiszigen sacJien {es mächte ungefähr
2 sächsische nösel betragen)' Hupel 229. — ebenso holl.
stoop, masz von 2 kannen.
II. spitzer, kegelförmiger berg. so nur hd.; Substanti-
vierung des icestgerm. aclj. *staupa- steil, ags. steap, engl.
steep, altfries. stäp, s. Torp Jei Figk* 3, 496/. Müllen-
HOFF d. altertumskunde 4, 345, anm. ahd. stauf, stouf,
rupes, saxum ingeyis; cautes, promunctorium Gr.'VFF 6, 660,
vgl.: cautes staufe steina gl. Ker. bei Diefenbach nov.
gloss. 82»; mhd. stouf hochragender felsen Lexer handwb.
2, 1216. als appellativ nur ganz vereinzelt : cardinal lor-
danus Ostienszis . . . zoch in mit Ix.xxv pfärden in den
hof als man gat über den undern hoff gen dem stouff über
zä der linggen siten Ulrich v. Richental Constanzer
conc. s. 24 Bück; der erst ertzbischof . . . zoch in ... in den
hoff hinder dem stoff 46. in neuerer zeit gelegentlich als
dichterwort: um iahe ber?e wand sich der pfad,
gefels mit basaltenen staufen.
Brinckman 5, 61 Wdtzien.
häufig dagegen als name von bergen, so schon ahd. seit
dem 8. jahrh. , im dativ Stouphe, -o, gewöhnlich im dat.
plur. Stoufun, -en, Stouphin, -en, auch in tautologischer
Zusammensetzung Stoufinberc, Stophanberch , s. Förste-
MANN namenb. 2-, 1382/. so noch jetzt weit verbreitet, be-
sonders in den oberd. landschaften , Baden, Schtcaben,
Baiern, Österreich, doch auch in Hessen und anderstco,
als name von bergspitzen und bürgen, sowol als simplex:
Stauf, Staufen, tcie in Zusammensetzungen, wie Donau-
ßtauf, Restenstauf, der höh Stauff bei Reichenhall, Hohen-
staufen, Staufenberg, -buhl, -eck, -küppel, s. Schmiü 507.
Schmeller'^ 2,735. Höfer 3, 174. Vi LM AR .396. daher dann
auch als Personenbezeichnung von St6f(f)en, s. Socin mhd.
tuimenb., reg. (vgl. jedoch: 'stauffen, ein altes deutsches
wort, tcelches soviel hiesz als ein kelch oder becher, tcelches
man noch bey der adelichen famUie von Stauffen, toelche
drey becher in dem icappen führt, siehet' Zedi.er universal-
lex. 39, 1391.) besonders bekannt ist die schwäb. Stammburg
de» berühmten kaiserhauses, die wir jetzt gewöhnlich Hohen-
staufen nenr\en ; das gescfUecht selbst mhd. (der) von Stoufen,
oder Stoufsere, Stoufer. a. Lexer a. a. o. jetzt wird,
weniger gut, in der reget die Hohenstaufen gesagt; seifen
einfaches der Staufe: dieser stoff, der kämpf zwischen
Heinrich dem Löwen und kaiser Friedrich Barbarossa,
ist hundertmal erwählt worden, der Weife und der Staufe,
. . . wie oft haben sie sich bekämpft ! Laube ausgerc. werke
t,iU Houben {burgtheater 2, 2S). dazu: nach kaiser Hein-
lich VI. . . . kam das letzte Staufenkind Konradin der
Mr.
I junge Keller 6, 81; Jakob von Wart . . . sang . . . das
I schöne tagelied, das am Schlüsse der von ihm uns er-
1 haltenen Sammlung steht und sich mit den vorzüglichsten
i gedieht en dieser art aus der Staufe nzeit vergleichen
i lassen kann 45.
i III. vereinzeltes, l) gelegentlich als entstellung aus
! stauche I, s. staufe 2.
I 2) unklar: und fürwar disz argument ist der edelst
I unnd feinste eisen stauff, darausz der herr Blindasinus . . .
I seine gantze kriegsrüstung, kürisz und hämisch ge-
schmidet hat Fischart bienenk. 32*.
3) 'der stauf . . . die spitze, stufe. Fulda, derselbe führt
; es auch für kante an' Campe, sojist nicht bekannt.
STAUFBIER, n., mnd. m» Lübeck stoepbeer, stopber
s. Schiller-LCbben 4,413''/ {'bier, das stöpwise rerAaiM/f
wird 7' — kaum): wer dickeber, we pennigbßr, ... we
stöpbSr bruwen wil, dat he dar by blyve, s. ebenda, hd.
in obedienzrechnungen der Zeitzer domherren aus den jähren
1456 — 7: VII {den. für) eyn naw vesgen czu stauf bir;
; VIII aide gr. vor dy II veszigen czu dem stawff bir
zeitschr. f. d. philol. 9, 146.
STÄUFCHEN, n., als deminutiv zu stauf bei Campe,
vgl. stäuflein. kaum üblich, nd. stöpken: Dorothea abba-
tissa gaff allen susteren drynken uth enem klenen
stöpken chron. v. Ribnitz 149, 25 Techen {z. jähre 1526).
STAUFE, m., s. stauf II gegen ende.
STAUFE, / 1) nebenform, zu stauf I (3). im österr.:
daz man in allem dem land ze Osterreich daz viertail,
I dew stauff oder die masz, do mit man von alter her
j geschankcht hat chlainer machen sei umb den zehenten
[ tail . . . und doch daz chlain viertail die chlain stauff
' und die chlain masz umb als vil gelts geben sol herzog
Rudolfs ungeltordnung v. 1559 bei Schm.^ 2, 735; weil der
wein über dem feuer steht, und siedet, soll man das . . .
fasz, mit einem starcken rührscheid . . . rühren, den ge-
sottenen wein also heisz drein giessen, und eine haU)e
stauffen gebrannten weins Höh berg landl. 1, 379''.
2) nebenform zu stauche I, s. Stieler 2126, das. 1, 1, c.
vielleicht auf grund der stelle aus der Limburger chron.,
die unter stauche I,i,b als z^oeite mitgetheilt ist; hier liest
nämlich die von Frisch 2,32.3'' citierte ausg.: voran. 1389
trugen die männer ermel an wämbsern , . . . die hatten
stauffen bey nahe auf die erden, wonach er stauf ansetzt,
vgl. noch Scherz-Oberlin 1562.
3) Steuer, beförderung (?) .-
(das böse w«ö) verbirgets (das entwendete bier) heim-
lich in dem haus,
darnach thuts vor sich vorkauffen,
das kompt der hoch fart zur stauffen.
die töchter gehn her in gülden krentzen u. ». tr.
Ad. Schubarth Sieman od. hausteuffel B 8*.
1) STAUFEN, verb. nach staufen ausmessen, vgl. stauf
I, 3. nur im ältein preusz. in der form stouben ver-
einzelt belegt: mynem hern gesand anno (14)31 . . . eyn
gesthowbet vas mit rotem weine, do sint inne 6 sester.
iczlich sester helt 16 stouffe , macht % stouffe , costen
erstes kouffes 23 ß öV 2 gl. item ungeld hiruff : . . . vor
das ledige vas, do der win in gestoubet wart, 2 ,5 gl.,
item von sthowben 8 gl. handelsrechn. des deutschen Or-
dens 509, 14—19 Saftler.
2) STAUFEN, verb., vereinzelte nebenform zu stauchen.
1) stoszen, s. stauchen I (l). so steir. UngerKhüll571»:
gets hin, gets haim, miieszt aber net rauffa,
möcht enk der teufel wohl nider stauffa.
Fohntd. weihnachtssp. «. ebenda.
2) staufen, luxareu. s. w. Stieler 2125, s. stauchen I, 4.
3) ebenso vereinzelt im sinne von stauen (3) bezw. stauchen
III, 1, fnit auffälligem umiaut:
dämmt den Rhein mit ihren leichen;
laszt, gestäuft von ihrem bein,
schäumend um die Pfalz ihn weichen,
und ihn dann die grenze sein !
Klbist 4, 32 E. Schmidt {Qerman. an ihre kinder 54 ;
in den drucken: gestau't und gestaucht).
STAUFER, m., s. Staucher 1 (Stieler 2126) und stauf II.
STAUFGLAS, n., zu stauf I, nd. dithmara. stoopglas,
bierglas, im gegensatz zum weingla.se bretn. wb. 6, 345.
STAUFHOBEL, m.: stauf- und leistenhobel steir. quelle
bei Unger-Khull 571».
STAÜFICHT, adj.. s. stauchicht Stieler 2126.
74* Mr.
1175 STAÜFKOHLE - STAULSTOSZEN
STAUMEISTER— STAUNEN
1176
STAÜFKOHLE, /.: 'staufkohlen oder lesekohlen sind
die schlechteste sorte der holzkolden, welche noch die form
der verkohlten holzstücTce haben' Behlen 5, 677.
ST AUFLEIN, n. kleiner becher; deminutiv zu stauf I,
mhd. stöuf(e)lln Lexer handwb. 2, 1216; potolicultis . . .
stouphilin Dief. gloss.lS" (ahd. gl. SchUttst.); calix, pocu-
lum Scherz-Oberlin 1579: 'Elsa zur Megede verpfändet
den Johannitern u. a. ein silberin stöuffel', 1440, s. Ch.
Schmidt hist. wb. der eis. mundart 342"; mögent ir ouch
den kelch und das stöufflin usztrincken, das ich usz-
trincken würd? Keisersberg postille 2,0.^; jr werden
lyden und sterben, and werden das stöufTlin usztrincken
das ich würd usztrincken 4, 15». vgl. ebenda und Frisch
2, 323». — als masz {s. stauf I, 3): stftuflein, hoggi stübchen.
stoff, [specie di misura di cose liquide] foglietta Kramer
dict. 2, 918».
STAUFLUT, /. gestaute flut: ich habe oft bei grosz-
wasserzeiten auf dem leedeich gestanden , wenn die ge-
fräszige stauflut die steilen böschungen fast bis zu zwei
drittel höhe benagte Laukf Pittje Pittjeicitt (1903) s. 503.
STAUFWEIN, m., vgl. stauf I und staufbier: stauf- wyn,
eine art zins des abts zu St. Gallen, so ihm die berg-
leute oder inwohner des gebürgs in Appenzell geben
muszten, länimer, zieger, käsz-geld, schmalz, stauf-wein
und alpengeld Stumpf fol. 314"=. vini certa mensura
Frisch 2,323": für lämmer, ziger, käszgelt, schmaltz,
stouffweyn und alpengclt, etc. sölten jhm die landleut
järlich auch ein bestimpte summa auffioo. pfund pfenning
erlegen Stumpf Schweytzer chron. (1606) 373».
STAUGEBIET, »., bei überstauung von iciesen, s. auch
staurevier: auf ausgedehnten flächen mit sehr geringem
gefalle ist mit erfolg die stauberieselung zur anwendung
gebracht worden, wobei nach anfüllung des stuugebietes
bis zur normalen höhe die ablassschleuse so weit geöffnet
wird, dass das stauwasser in langsamem fliessen erhalten
wird Karmarsch-Heeren^ 10,705.
STAUGRENZE, /. die durch eine feste marke bezeichnete
grenze, bis zu der der eigenthümer einer Stauanlage das
toasser stauen darf, s. Stengel tcb. des deutschen vei-xoal-
tungsrechts 2, 541.
STAUHER, m., s. staucher i.
STAUHÖHE , /. erhöhung des Wasserspiegels durch ein
Stauwerk {vgl. stauen 3) Karmarsch : Heeren^ 10, 256.
Stenzei- seemänn. wb. 400»: bei gegebener Stauhöhe h
kann hiernach die geschwindigkeit c ... als eine bekannte
grosse betrachtet werden A. Ritter lehrb. der techn.
mechanik'' (1896) 485; aus dieser gleichung ergiebt sich
für die einer vorgeschriebenen stauhöhe h entsprechende
höhe des Unterwasserspiegels über der Überfallskante der
werth ... 786; nur kann die genehmigung {zu einer Ver-
änderung an der Stauanlage) ohne weiteres verfahren |er-
teilt werden, wenn sofort ersichtlich ist, dasz ein wesent-
licher einflusz auf die stauhöhe dadurch nicht geübt werden
wird Stengel wb. des deutschen verivaltungsrechts 2, 541''.
STAUHOLZ, n. 'knüppelholz oder kurze stühe holz, tvelehe
zum, stauen dienen und zurisehen und untvr die fässer
gelegt werden' Campe. Bobrik eeo*", 'holzstücke zum gar-
nieren und befestigen der ladung' Ütenzel seemänn. wb. 400».
vgl. stauen 4.
STAUIG, adj., nd. im südhannov. 'toas nicht recht ßieszt'.
de melksoppe is te stauig, wenn zu viel mehl daran ge-
rührt ist SCHAMBACH 208''.
STAUKKIL, m., auch mit nd. lautform staukiol, 'auf
den aehiffen kiele oder keile, deren man sich beim statten
der fäa»er bedient, indem man sie an beiden Seiten des
fdute» xurisclien den klumpen oder stauhölzern, woran die
fäater mit den enden liegen, hineintreibt' Campk, staukeil
Bobrik SM**, 'Jtolzkeil zum festkeilen einer ladung, seemänn.
kuntje' Stbnzkl seemänn. wb. 400». vgl. stauen 4.
STAUKURVE, /. die eoneave linie eines aufgestauten
teoMmrtpiegeU im längenprnfUe Karmamhi^h-Ukerkn'' io,
SM; 'g^Uelinie de» aufgeMtnutcn tmesers' Stkn/.bl src
mann. tob. 4on». rgl. stauen 3.
STAULsTOSZhÜJI, verb.: die in meins gnedigen hern
von Sanol Jorßen gericht Rcslaulstost geranfft und go-
•ohlAfen. indeme ein patcrnoster midt silbern ringen
▼erioren Saumburger Utk. r. ]47ü bei Dikk.WOlckBR 86S.
(vgl. stuhlstoszen/)
Mr.
STAUMEISTER, m., zu stauen 4: 'bei königlichen sdiiffen
und groszen ladungen hat mxin eigene schiebt- oder staue-
meister' Krünitz 171, 72.
STÄUMEN, verb.: wo das tauben-hausz in einem andern
gebäude, und nicht allein gesetzt, da werden gute und
starcke fall-gitter gemacht, welche des nachts nieder-
gelassen, und frühe morgens wieder aufgeschoben und
gestäumet werden Hohberg landl.Z,2,2rn^. sonst nicht
bekamit. — ein älteres stümen belegt aus nd. und md,
quellen F. Rech zeitschr.f d. phüol. 27, 37 : furire, toben . . ,
wüten, stumen, poldern Dief. gloss. 2.^'' {voc. teuthon.
Nürnb. 1482); mit begerlichen arbeitin stömete sy n&ch
dem ewigen lebin quelle bei Bkch a. a. o.;
mit grimme de wert dar stumde,
so lange dat he rumde.
Gerhard v. Minden 10, 57 Lettzmann;
sUs stumde he mit breste,
de (Kchtpangere) berch, went an dat leste
ene mus he do telde 21, 11.
(Jetzt in Mecklenb. stimen, stümen von tcinterlichem Schnee-
treiben und dem peitschen des dünensandes durch den u-ind,
s. nd. korrespondenzbl. 15, 75. 16, 14.) — eis. stume (styma,
styma) für staunen; schwermütig oder nachdenklich über
etwas sinnen; gedankenlos ins leere schauen, dazu stumer
(stymar), m. nachdenklicher mensch, und stumerei (sty-
maröi) nachdenken Martin -Lienhart 2, 595''. vgl. dazu
staunen, besonders 2, d und 3.
STAUNEKINDCHEN, n. .- es hilft nicht, staunekindchen,
wie mein freund Bierbaum so schön sagt! Ilse Frapan
schreie (1901) 148; dieses staunekindchen mit dem rothen
kleid und den kinderwangen ist die dichterin! 149;
was meinst du von dem erdenkleide,
mein staunekindchen? schau nur, schau.
Bierbaum neubett. irrgarten der liehe 168
(Ott« d. herrgoiU -per fielet)
STAUNEN, verb. stupere.
l) herkunft. staunen i^t erst im nhd. nachzuweisen und
geht vom oberd. gebiete aus. daher tiimmt Kluge* 376''/.
schweizerische entUhnung aus dem franz. etonner, alt-
franz. estoner, estonner an. {so schon zweifelnd Khamkr
dict. 1, 1700, 307*'. entschiedener Wächter 393.) dieseU>e er-
klürung würde passen auf das engl, astonish , astound,
das als mittelengl. astonie, astone, astune, astoune zuerst
in Kent um 1315 auftaucht, *. Stratmann -Bradley .14».
vgl. Kluge -Lutz 8». indessen stehen dieser an sich ein-
leuchtenden erklärung eine reihe i/eirichtigcr bedenken ent-
gegen : l) der Ursprung des franz. icortes ist keinesivegs
zu^eifellos. das als efymon vorausgesetzte lat. *extonaio
= altonare ist nirgends bezeugt {auch nicht mitteUat. bei
Du Gange und Diefenbach) und nur für diesen zicerk
erfunden; und da das tcort den andern rotnan. sprachen
felilt {abgesehen von vereinzeltem prov. estornar), so ist die
möglichkeit german. Ursprungs nicht von vornheitin of>zn-
weisen, s. Diez etgjn. wb.* 579. Scheler' i«»".
die formen des englischen noch die des deutsii.-
lassen sich ohtie .ichtrierigkeit aus dem franz. crkliiitii.
über jene vgl. Skeat 39». auch liegt im mittelengl. m/ien
astonicn das eit^ache stunien percello, stupefacio. stoiiien,
stoune, das nicht viel später gerade in den nördlicJiett ge-
bieten bezeugt ist {besonders in der allitterationsdidttung,
zuerst wol bei Rieh. Holle, vor 1S40) und im nettengl. stu;
fortbesteht, s. Strai mann-Bradley 686''. .Ski ,\i tui»
Klugk-Lutz 208», l>ei dem deutschen tcorte u-
seita </«■ unl^aut st nötigen, die entlehnung in
zeit hinaufzitrücken . andrerseits er.scheint dir
des conseqiwntett ii — au otw« einem fran*. »
nehmbar. 8) überhaupt würde bei •
fremden, dasz die entlehnung nicht
»andern von der mundart ausgeht und ui(>
in die srhrift.yjtrache aufgenommen i.vf. s. i,
gerade die Schiceit, uo die lterüi-< >•<'■' ""■
sonders intenntv ist. drr ausganij
für dir schrifts]*rnchltchr rcniri.
dings hat rs insofern eine innere utthrsrheiniichkut , nl»
eben hier das %rort in einer mehr sinnlichen, offenlxir wr-
»prünglicheren vencendung Itegegnet. s. unten 8. doch liegt
gerade diente ganz ahseit» von der franxös. bedcutung und
ist da» stärkste argument gegen die annähme einer ent
leJinung atui dem franz. diese ist also unhaltbar. aUf
Mr.
9»J
1177
STAUNEN
STAUNEN
1178
Schwierigkeiten verschicinden, sobald wir uns entschlieszen.
gerinan. Ursprung anzu7iehmen und das wort auf die in
so vielen ableitungen vorliegende wurzel stü 'steif, starr
sein' zurückführen, vgl. stauen, stände, stütze u. a., sowie
ToRP bei FiCK^ 3, 493. dann liesze sich weiterhin auch
das mnd. mnl. stunen, sich widersetzen, vgl. Schili.er-
LÜBBEN 4, 451*, heranziehen, {dagegen wäre ags. stunian
krachen, mit lautem getöse schlagen, s. Bosworth-Toller
930, vgl. dazu unten stöhnen, und (las spätere engl, stonien
u. s. 10. davon abzutrennen , vgl. die angezogenen stellen.)
vgl. auch erstaunen, tteiV 3, 998 und Schmeller- 2, 764.
Prellwitz griech. etymol. wb.- 439 (unter arvyeio).
2) im nhd. ist zufrühest die Zusammensetzung erstaunen
bezeugt {lexicalisch bei Maaler 1561, litterarisch schon im
Züricher neuen testament v. 1529, s. Kluge® 377*), s. theil
3, 998/. bei dem, einfachen staunen ist dreierlei zu unter-
scheiden.
a) die ältesten belege bieten die icörterbücher des 17. jahrh. :
staunen, starren, suche starren Hulsius dict. (1616) 307»,
dazu : starren, von schrecken erstaunen, zittern und alle
kräffte sincken lassen, s'estonner, s'esperdre. starrendt,
staunendt, o. roide soe*»; staunen erstaunen übrigere
ScHOTTEL 1421; Staunen, erstaunen, convenit cum hoc
Stauden, est enim obrigere, torpere, et timere, conturbari,
consternari, perceüi, pavescere Stieler 2127 (in den bei-
spi«Z«7i nur erstaunen) ; staunen, erstaunen, f. erstaunen
Kram ER dict. 2, 918», der also nur letzteres zu kennen
sclieint. tne auch Wächter 1593 und Steinbach 2,689;
Frisch 2, 323^ bemerkt ausdrücklich: das simplex ist nicht
im gebrauch, aber das compositum erstaunen, stupere,
obstupescere.
b) in die nhd. litteratursprache ist das icort als beiniszte
neueinführung durch Haller gekommen, er gebraucht
es 1730 in dem gedieht 'Doris' v. 31:
du staunst ; es regt sich deine lügend,
die holde färbe keuscher jngend
deckt dein verschämtes angesicht.
Schweiz, ged.^ 87,
mit der anm.: dieses alte schweizerische wort behalte
ich mit fleisz. es ist die wurzel von erstaunen, und be-
deutet rever, ein wort, das mit keinem andern gegeben
werden kann. vgl. ferner: wenn ich etwas erhabenes
lese, so fühle ich ein angenehmes staunen (verzeihen sie
mir dieses schweizerische wort!) in meinem gemiithe,
das mich einzuhalten, und mich gleichsam recht zu be-
sinnen nöthigt. das staunen ist eine \virkung der neu-
heit oder des unerwarteten, das . . . die aufmerksamkeit
fesselt, dasz sie hier stehen bleibt Mendelssohn ges.
sehr. 5, 239 {an Abbt, d. 9. märz 1761, awc/i bei Abbt verm.
u«>Ae 3, 13) ; staunen, ein wort, das wir haben ausgehen
lassen, da wir's doch höchst nöthig brauchen das rever
der Franzosen damit auszudrükken. in der Schweiz findet
sich's noch G. Bider (= Mylius) Hamiltons märlein (1777)
s. 576, im rocah., zu der textstelle: allein da solch himmel-
weiter unterschied zwischen ihrer beider gestalt was,
wählte Glinzrich sonder alles staunen, und bot ihre band
dem Wonniglichschönen 114. dasz der nun beginnende
häufige gebrauch des wortea durch Hallers Vorgang ver-
anlaszt ist, wird nicht nur dadurch bekundet, dasz die
Wörterbücher stets obige belegsteUe anführen, sondern auch
durch directe Zeugnisse bestätigt, so sagt Gadkbusch
in den Rigischen gelehrten beitragen (1763 — 7): dieses Zeit-
wort war nach Frischens zeugnis nicht mehr im ge-
hrauche, allein herr von Haller hat wieder angefangen
sich desselben zu bedienen ; dem viele andere gefolgt
sind s. zeitschr.f d. philol. 6,54; ferner: 'es i.ft ein altes
deutsches xcwt, welches für sich allein im hochdeutschen
veraltet ist, im oberdeutschen aber gangbar geblieben. . . .
nach dem begspiele Hallers und einiger anderer neuerer
schiveitzerischcr Schriftsteller, ist es auch von einigen Hoch-
deutschen in der höhern Schreibart loieder eingeführet worden,
da maji es bisher in dieser mundart nitr in dem zusammen
gesetzten erstaunen kannte' Adeluno; s. ferner Kluge^
376*". "staunen ^oird jetzt von allen guten Schriftstellern
in der hochdeutschen spräche gebraucht' Krünitz 171, 73.
c) die form des Wortes ist im ganzen fest ; ganz vereinzelt
findet sich ein unberechtigter umlaxU bei einem atttor, der
zugleich die schnelle Verbreitung des wortes beleuchtet:
Mr.
nah an dem gartenschlosse eröfnet eine thür
dem staunenden gesiebte ein himmlisches revier.
Dusch verm. werke (1754) ». 147 {dat toppe,
1751, 3, V. 2).
(Dusch gebürtig atis Celle, stud. in Göttingen.)
d) staunen in lebenden mundarten, zunächst alem.
schxceiz. Stüne 'stiU gedankenvoll oder gedankenlos dastehen'.
an öpisem stune, über etwas nachsinnen, er ist ganz fer-
stunet, ganz in sich versenkt Hunziker 264; in Davos
stüna BOhleh 2,90; tn Basel 'träumen, gedankenlos vor
sich hinblicken, tiefsinnig sein' Seiler 283*; e^. stune(n)
(styna, styna) 'gedankenlos oder gedankenroll vor sich hin-
blicken'; zaudern, zögern Martin -Lienhart 2,602» {da-
neben stume, styma, s. oben staumen). staunen findet
sich auch im südfränk., doch ganz im sinne der Schrift-
sprache und tcol aus dieser übernommen : in Handschuhs-
heim ätauna , sie Bstauna , 'häufiger sie wunBn , kuka'
Lexz 68», in Eappenau stauna, 'dafür häufiger kuka,
luura, spana Meisinger 181''. den östlichen mundarten
scheint das simplex fremd, doch sind die Zusammen-
setzungen er- U7id verstaunen vorhanden, z. b. schwäb. ver-
staunen 'irre tcerden vor erstaunen' Schmid 508, bair. sich
verstaunen (vo'stau'n) über etwas Schmeller* 2, 764
{einfaches staunen s. unten 7, c), ebenso tirol. Schöpf 703;
thür. versduind {in Salzungen) Hertel sprachsch. 234.
3) die ursprüngliche bedeutung 'starr .sein' hat sich in
der Schweiz erhalten {s. 2, d). ^^'^ *-'"* ^'^^ ireizer autoien
in die litteratur eingeführt {s. 2, b und unten) und ge-
legentlich auch von andern schriftsteüem übernommen,
so ausdrücklich :
a) staunen bezeichnet zunächst ein gedankenvolles »innen
und träumen, s. Haller unter 2, b und die erklärungen
der idiotiken unter 2, d. so: izt eilte Kain zu seinem
vater, der kraftlos an einen stamm gelehnt, traurig, tief
gebykt staunte und zur erde weinte S. Gessner i, 31 {tod
Abels l); dann schwieg er wieder und staunt', und seufzt'
und redte wechselweise 2. 20 {Daphnis l) ; dann stieg er
voll Ungeduld auf die hohen baeume, seiner Phillis ent
gegen zu sehen: dann stieg er wieder herunter, und gieng
staunend aengstlich umher 46; einsmals sass er staunend
unter seinem schilf-dach, auf seinen bogen gelehnt 3, 97 ;
er liebte eine musik, welche die leidenschaften besänf-
tigte, und die seele in ein angenehmes staunen wiegte
Wieland 1,93 (JLgfa^Äo?» 2, 3); eine süsse schwermath be-
mächtigte sich Agathons; er sank in ein angenehmes
staunen, unfreywillige seufzer entflohen seiner brüst, und
wollüstige thränen rollten über seine wangen herab 297
(5,5); die Stellung, worin sie an eine der marmornen
nymfen angelehnt lag, gab zu erkennen sie staune, {vorher:
so war wirklich mein erster gedanke, dass es die göttin
sey , welche . . . unter ihren nymfen schlummere ; gleich
7iachher: so bald sie die äugen aufschlüge.) 2, 55 (7, 7);
Filistus sah, dass sein herr bey diesen worten auf ein-
mahl tiefsinnig ward, er schloss daraus, dass etwas in
seinem gemüth arbeitete. . . . was für ein thor ich war!
rief Dionysius aus, nachdem er eine weile mit gesenktem
köpfe zu staunen geschienen hatte 345 (lO, 4); die bauern
fragten ihn einmal: ob ihm nicht wohl sey, dasz er so
staune? Pestalozzi Lietih. u. Gertr. l, 168; lange habe es
nicht mehr lachen mögen und nichts als stunen (ge-
dankenvoll vor sich hinstarren) und sinnen Gotthelp
gdd u. geist (1895) l, 162 {kap. 7);
dass sie so staunend sizt, beweiset, dass sie liebet.
Götz verm. ged. 2, 94;
kommt diesem Amor nicht zu nah,
und stört ihn nicht in seinem staunen !
noch steht er so, in einem süszen staunen,
seit er Philinden sah Lessing 1, 14 {tinnged. 71);
jedoch du redest nicht,
du weinst, ein finstrer gram entstellet dein gesiebt
ihr götter! ach! er staunt! er scheut mich zu empfangen.
Ckoneok »Chr. (1765) 1, 215 Ifiodrti» 2, 2);
die welle, die welle,
wenn sie so QUstert und so raunt
zum herzen, das so träumt und staunt.
ViscHER auch einer 1, 184.
bei nichtschiceizerischen autoren gern sich der bedeutung *
nähernd oder darin übergehend: ein kleiner gang führte . . .
zu einem bemoosten sitze, wo man, in tiefsinnendes
staunen und erhabene betrachtungen verloren, die natur
in ihrer thätigsten und mächtigsten Wirksamkeit be-
Mr.
1179
STAUNEN
STAUNEN
1180
lauschen konnte Kmnger 10,J26 {Sahir 3, 6, vgl. indessen i) ;
eine Öffnung des waldes zwischen zwey bergen zeipte
ihm — die untergehende sonne. ... er überliess sich der
begeisterung , in welche dieses majestätische Schauspiel
empfindliche seelen zu setzen pflegt. . . . endlich weckte
ihn das rauschen einer quelle . . . aus dem angenehmen
staunen, worin er sich selbst vergessen hatte VViklano
1,32 (Ägatkon l, l);
der dummheit erstgeburt war die Verwunderung ...
wird solch ein scnauspiei {getpiiter) nicht den ersten hörer
schrecken ?
er läuft, sich, gleich dem wild, in holen zu verstecken;
er staunt ; er sinnt und lindt dasz nichts gewisser ist,
als dasz ein donnergott den blitz aus welken schieszt.
1, 253 Homeyer (moral. br. 5, 21);
staunend bis zum grusz der Morgenhoren
lag ich, und erwog den freien schwur . . .
Bürger lOS^ {d. erscheiiinng);
aber er fuhr aus dem staunenden traura auf, wendete langsam
nach dem dorfe sich zu, und staunte wieder; denn wieder
kam ihm die hohe gestalt des herrlichen mädchens entgegen.
fest betrachtet er sie ; es war kein scheinleib, sie war es
selber Göthe 40, 305 {Herrn, u. Dor. 7, S/.).
b) dann auch vom nachdenken über bestimmte dinge:
dann staunt' er, und dacht' eine neue erfindung zu ent-
wikeln tief nach Ges.snkk3, 98 {erfind, des saitensp.); er
sann sich den köpf aus, ob er den Junker mit nichts
erschrecken . . . könnte. ... er wälzte sich die ganze nacht
durch, und fand mit sinnen und staunen nichts anders,
als sich demüthig zu stellen Pestalozzi Lienh.u. Gertr.
1, 201; mit abhängigem satz: der Junker staunte einen
augenblick, was er thun wollte 2,179; poetisch mit acc.
des innem objtcts: oft, wenn er stillruhend nicht seufzet,
dann staunt er ernste gedanken Gessner i, 109 {tod
Abels 3). vgl. auch nachstaunen, tJicil 7, 135.
c) weiterhin bezeichnet staunen bei Schweizer atdoren den
starren blick des sinnendeti ; in diesem si7me gern mit all-
gemeinen rieht ungsangaben verbtinden; vor sich hin, in
die luft staunen {vne gewöhnlich sia.rTtVi): da staunest du
so grade aus, dasz man wohl sieht, dasz du an nichts
als an deine schleipfe {dirnen) sinnest, mit denen du des
iime trolet bist {dich umhergetrieben hast) Gotthelf Uli
d. knecht s. 7 Vetter; sie hätten noch soviel abzureden,
und da sitze er, staune {'starre vor sich hin') 423; zuweilen
stützt sie {die spinnende mutter) ausruhend den köpf auf
die liand und staunt unverwandt in das land hinaus
über die dächer weg oder in die wölken Kei.lek d. grüne
Heinriche, 2iö (später: blickt unverwandt in das feld hinaus
icerke 3, lOl); der am wenigsten ausrichtete und auf wiese,
feld und weinberg zu viel in die luft staunte, als dasz
ihm die arbeit recht von der band gegangen wäre Zahn
Lukas Hoclistraszer s. 17; David antwortete nicht, er
staunte in die ferne lOO; dasz er mit über den tisch ge-
worfenem Oberkörper sasz und ins leere staunte 143; die
beiden hüben . . . staunten ins leere lielden des alltags {\9Qn)
14«; die ältliche frau bemerkte nicht einmal, dasz ihr mann
zerstreut war und manchmal gar nachdenklich ins weite
staunte, und doch röteten sich Christophs braune wangen,
als ob er auf einem unrecht ertappt worden wäre, wenn
er aus seinem hinausstaunen geweckt wurde die da
kommen und gehen! (1909) 123; vielleicht war diese grosze,
traumhafte ruhe der landschaft auf die Marianne Bosz-
bard übergegangen, dasz sie das spinnen vergasz, die
fegten, weiszen bände in den sciiosz legte und ins leere
staunte, über das holzgcländcr der zinne . . . staunte sie
hinaus in die luft 0. ilatu die unter erstaunen beigebraditen
fielege atu Cohhomi.
rf) noch detMicher tritt der Itegriff de» blicken» in den
Vordergrund, wenn staunen mit bestimmten richtungs-
angaben x^erbunden wird, vgl. dazu: die von Ponte staunton,
aber nicht wie sie zu Herrlibach gegafft und die nasc
gestreckt haben würden, sondern sie blinzelten nur unter
balbgesrhiossencn lidern auf die zwei männer Zahn
Lukas HochKtraszer *. 271. mit jenen allgeini-inrrm angaben
rerbundett: da« braune gesiebt des in der gondel zurück
gelehnten . . . war wie erstorben und erkaltet zu rnetallcnrr
h&rte. unverwandt Ktaunto es vor «ich hin auf die däm-
mernd geröl beten wellen und erschien fremdartig ver-
zogen und drohend in «einer crstarrung C V. Mkykh
Jenat»ch t. 140. ähnlich: am fünften morgen, da die itonne
bej ihrem Aufgang auf sein bett •ehicii. staunte (^r eine
Mr.
weile gegen sie hin Pestalozzi Lienh. u. Gertr. 3, 35;
er staunte auf die stelle, auf die er eben trat Zaun Al-
bin Indergand 106; dort blieb Cilgia plötzlich stehen und
staunte in die klaren wasserHEEit ff. könig d. .Bemt»a(i909)
s. 110. dabei nähert sich staunen zutceilen der gewöhnlichen
bedeiitung(i): Markus Paltram staunte wortlos in das flam-
mende mädchengesicht 94; er ... staunte begeistert in ihr
schönes gesiebt 167. vgl. 4, g. — selten in übertragenem ge-
brauche, in die grundbedeutung («) zurückkehrend: er
staunte auf sein leben zurück; er achtete jetzt alles thun
des menschen wie einen träum Pestalozzi Lienh. «.
Gertr. 3,34.
e) staunen von thieren:
das llüchtige beer gefiederter sänger
schweigt und erschrickt vor der kommenden nacht {dem ge-
loftter) ; . . .
die staunenden heerden
stehen betrübt ; die natur erzittert beym kommenden stürme.
Cronegk sehr. 2, 71 {eimamkeiten 2).
ganz ungeicöhnlich und nicht hinreichend deutlich ist fol-
gende stelle: die bremsen und bisfliegen folgen den heerden
nach der obern alpenregion und staunend sitzen auf dem
kuhfladen die schaaren der schönen gelblich behaarten
dungfliegen Tschuüi thierleben der alpemcelt s. 261. {es
geht wol auf die groszen starren äugen, nach mittheilung
von prof. Edw. Sciiködeh ist in erster linie die 'gold-
äugige blindbremse' , chrysops coecuticus, gemeint.)
4) im, allgemeinen bezeichnet staunen einen hohen grad
der vertounderung ; es ist ein stärkerer ausdruck als sich
(ver)wundern und weniger stark als verblüfft, überrascht
sein ti. a. vgl. die erklärungen bei Eislek wb. der philos.
begriffe^ 2, 432. zugleich tvirkt die ursprüngliche bedeutung
noch insoweit nach, als staunen stets den begriff einer
geunssen dauer dieses zustandes einschlieszt. diese bedeu-
tung ist zufrühest bei dem compositum erstaunen (*. d€is.,
theil 3, 998) ausgebildet, tco sie schon von Maaler bezeugt
ist, und wol erst von da aus auf das simplex übertragen .
da sie sich zunächst gerade bei nicht.schxceizerischen autoren
der vorklassischen zeit (Klopstock, Lessing, Wielanh,
MusÄus, Pfeffel, Gekstenberg) findet, so hängt dieser
bedetdttngswandel offenbar mit der Übertragung auf ein
gebiet, wo das einfache staunen nicht bodenständig ist,
zusamTnen. {ob bei dieser ganzen entwicklung das franz.
6tonner mitbestimmend gexcesen ist. läszt sich nicht aus-
machen.) bemerkenstcert ist, dasz noch Heynatz Antibarb. 2
{Beil. 1797), *. 444 diese gebrauchsweise verwirft: 'staunen
mv^z nicht für erstaunen oder sich verwundern gebraucht
werden, sondern zeigt nur das starrtcerden an'.
a) auch hier ist die gitindvorstellung die dea atarr-
tcerdens, sodasz diese bedeutung nur eine apeeieUe anwen-
düng der vorigen ist: 'staunen, . . . vor vencunderung
gleichsam stumm, unbetceglich da stehen, da es denn zur
bezeichnung des höchsten grades der vencunderung gebraucht
roird' Adeluno. diese grundvor Stellung ist noch deutlich
in stellet^ wie: so dasz die vorbeygehenden matronen,
candidaten . . . staunend stehen bleiben Lichtenberg
nachl. s. 101 ; je ungewohnter der anblick dieses bildcs
war, . . . um so ängstlicher wurde es dem gefangenen
Reinhart zu mut, der wie eine bildsäule staunend zu
pferde sasz Keller?, 31;
wie eingewurzelt staunt das ritterpaar.
Dro.ste-HOlshofk 8. «87 {WaUher 6).
ioeniger deutlich liegt sie zu gründe in tusammenstellungen
toie stehen und staunen: er verlangt nicht, dasz die aus-
sieht, die ihn entzücket, auch jedes andere äuge ent-
zücken müsse, und so, dächte ich, könnte man ihn ja
wohl stehen und staunen lassen, wo er stehet und staunt*
Lkssin« 10, »08 {era. dea menachengeadd., vorberiehC):
wer iat die dime, di« in'« ohr Ihm li*pelt?
ich steh' und staune, weis/ mich nicht xu fasaoni
Hai KKM-Ki.i) ii(». fchr. 8, 4« (Foriunat 2,6);
»o itnim in stillen haynen
Hin Wandrer, «hrfurchtuvoll. oft eine nymph ertcheinen
und bleiben iitaun«nd «lehn.
WiKi.ANii I, »U Beri. auag. (MonU. br. 0. 117).
.staunend und starr;
die palme starr und utaunond ncheint tu lauschen.
UHoxTK-MCi.stioM' 3, DO (B/Iwgstooinitog);
die werke der groszen und reichen seelen der vergangen-
heil, bekennt er {Montaigne), machen mich staunend
Mr.
1181
STAUNEN
STAUNEN
1182
und starr vor bewunderung Justi Wiiickelmann 1, 228. —
die Zusammenstellung mit starren geht auf den blick: ge-
weckt von dem sternkundigen sprang Wilhelm auf und
eilte zum fenster, dort staunte, starrte er einen augen-
blick, dann rief er enthusiastisch Göthe 21, 185 {icanderj.
1, 10; iceiterhin: lassen sie mich noch immer stumm und
staunend hinblicken);
die rohe menge hast du nie gekannt,
sie starrt und staunt und zaudert, läszt geschehn.
9,356 {not. tochter 4,*);
dieser staunte mit starrendem blick.
Klopstock 4, 10 (ifc««. 6, 104).
auf ein stamcei-den deutet auch folgende stelle, die zu-
gleich an 3, a anknüpft:
gefesselt hielt mich staunendes verstummen,
und in anschauung war ich hingesunken,
bis aus dem träum mich weckt' ein helles summen.
RCcKERT (1882) 3, 164 {edelstein u. perle 22).
vgl. auch Schiller 1,325, Semelei, r. 356/., u>o staunen
cds Variante zu stuzen sftht.
h) so häußg absolut: Osten staunte einen augenblick
Pfeffel pros. versuche 4. 77 ; der knabe staunt, der ein-
druck bestimmt ihn Göthe 20, 125 (^Wüh. Meister 7, 9);
ob er staunt, oder sich freut, weisz ich nicht; dasz er
als retter zu spät komme, sieht er glücklicherweise nur
allzudeutlich 39, 53 ; staunen würde vielleicht die weit,
wenn wir die melodie desselben {des liedes Mosis in der
vniste) ...wüszten; so wie jeder gefühlvolle über das
lied selbst staunt Schubart ästhetik der tonk. 8; er {Gluck)
setzte anfangs simple clavierstücke, die nur wenig Sen-
sation machten : mit einmahl aber wagte er sich an eine
oper, und ganz Italien staunte 224; wie sie staunten, die
fürsten und ritter, als die lärmende munterkeit einer
kriegerischen Jugend verstummte Törring Agnes Ber-
natterinn 1,2; ich staunte wieder wie vorher, und jetzt
um so mehr, da lauter blumen statt menschen in den
straszen spazieren gingen Heine 3, 253 Elster {Italien l,2l);
ein reines Wunderkind waj* er. ... alles staunte nur so
G. Hauptmann einsame menschen 32 (2);
früh sang, selber entflamt,
die mutter dem knaben ihn (prophetengesang) vor,
und dem Jüngling, dasz er staunte !
Klopstock öden 1, 159 Muncker-Paicel;
so lang ein weisser hals noch könige bezwinget,
und alles staunt und liebt, wem Roms syrene singet.
WlBLAND 1,254 Berl. ausg. (moral. br. 5, 68);
ein wandersmann . . . sieht . . .
itzt einen tempel vor sich liegen,
der dem geblendeten gesiebt
ein achtes Wunderwerk verspricht,
er gaft und staunt, und um noch mehr zu sehen,
bescblieszt er ganz hinein zu gehen.
Pfeffel poet. versuche 1 (1802), 14;
wir sahn das wunder, staunen, beten an !
Gerstenberg ged. eines skalden 2;
dort winkt uns die blauäugige tochter Jupiters,
siehe ! die thore öfnen sich frey willig,
wir staunen und weichen zurück.
Ab BT verm. werke 3, 220;
dann folg' ich unerwartet ihm a^n lluase,
allein so wenig staunet er,
als ging' ihm, angeheftet seinem fnsze,
sein schatten hinterher.
Göthe 2, 150 Weim. axtsg. (an Zachariäi;
Seide, wie greift diesz wort an mein zerrüttet herz !
die tngend kennt auch meines gottes feind?
Sopir. du kennst sie wenig, weil du staunst.
9, 326 (Mahomet 3,8);
da stehen sie umher und staunen.
15, 18 {Fattft II, 1,4977);
man horcht und staunt 16, 174 (die geheimniste 87);
o I wo noch voller in's herz der beiden
dein [der freiheü) nektar strömte, jener, an deren grab
nach weiten staunen Stolberg 1, 19;
er {der mensch) forscht, und staunt, der wescn leiter
vom Sandkorn bis zum engelchor Voss 4, 14S;
ha! schon seh ich unsre enkel staunen,
wenn beim klang belebender posaunen
aas Franzosengräbem — Rouszeau steigt!
Schiller 1, 221;
wie er auf das thUrlein zieht,
sieht er, staunt, und staunt und siebt,
dasz der bimmel doch mauern kann bauen.
ROckert (1882) 1, 166 (die gottetmatier) ;
alles staunte, staunend sagte Harun.
Platen 322» (Abbastiden 1);
Mr.
vemlmm's und staune,
unsichtbar macht er (d. ring) jeden, der ihn trägt.
Hebbel 3, 259 trerjj«- ((}yges 1, 407).
mit synonymen zusammengestellt: man schaurte, weinte,
staunte {beim vorlesen des 'Messias"), und ich sah's mit
dem süszesten freudengefühl im herzen, wie offen die
deutsche seele für iedes schöne, grosze und erhabene sei
Schubart leben u.gesinn. 2, 40; du bist von frühem zelten
meine liebe, lächle nur! staune nur! ich will es dir
erklären Göthe 13, 284 Weimarer ausg. {Götz v. Be^-l. 4, l
bühnenbearb.); staunst du? schwindelt dir? Schiller
2, HO {räuber 3, 1 schausp.) ; Marianne staunte , und als
sie Michel ansah, wuszte sie, dasz auch ihm des vetters
art auffiel, aber sie sprachen nicht von ihrem befremden
Zahn die da kommen und gehen/ 56;
staune nicht und lasz dein grauen.
Eichexdorff^ 1, 7-25;
wo ein mund ihn {den namen) raunet,
o wie laut mein herz erschrickt!
und mein äuge staunet,
wo's geschrieben ihn erblickt.
Rückert (1882) 1, 457 {liebesfriihl. 3, 19);
stolz und herrlich erscheint das erhabne mit göttlicher grosz-
kraft,
imd der bewundernde geist staune mit heiliger furcht.
Körner 2, 20 FUcher;
da stand das volk entsetzt und staunend da.
Hebbel 3, 242 Wemeri Gyges 1, 15) ;
(er) steht auf dem markt — nein ! auf den stufen steht er, . . .
und hört und sieht und staunt und wird verrückt.
Schxitzler d. grüne kakadu ». 9.
dtizu als causativ zuweilen einen staunen machen {vgl. 5
und 6, b) : dieser anblick hätte ihn staunen gemacht
S. V. Laroche gesch. des frl. v. Steimheim l, 174 (= 94, 28
Eidderhoß). ungexcöhnliclier mit part.: ein herz, welches
seine freunde durch redlichkeit, durch aufrichtigkeit
staunend macht Schiller l, 19.
c) besonders im, particip.
a) attributiv: warum der ström des genies so selten
ausbricht . . . und eure staunende seele erschüttert'?
Göthe 16,69;
der herr der erde steigt
empor aus ihrem schooss, tritt auf den fels, und zeigt
der staunenden natur sein leben.
Ramler lyr. ged. (1772) 364;
die staunenden heerden
stehen betrfibt, die natur erzittert beym kommenden stürme.
Cronkgk schri/ten (1765) 2, 71 (einsamkeiten 8);
wie tönten In meinen obren,
und in der staunenden seele noch mehr die harmonische wirbel
ihrer bezaubernden stimme !
Wieland 1, 161 Berl. ausg. (Hermann 2, 220);
ein schöner träum
scheint alles, was mit ihm geschiehet,
dem staunenden ritter.
werke 21, llö (liebe um liebe 7, 159);
(Amalia) ruhte, mit unaussprechlicher regung,
heiss die wang' und bethränt, an der wange des staunenden
greises Voss l, 148 {Luise 8, 258);
{der Prediger) hiess die braut . . .
ihm zur rechten sich stellen, und links den staunenden Jüng-
ling 154 (315).
freier: 'ist es möglich', sagt die Margareth, nicht mit
dem mund, — niemand redet drein, sondern mit dem
staunenden gesiebt Hebel 3, 49.
ß) substantiviert:
die schaar der staunenden liesz meine glieder
ZOT asche glühn Gerstbnberg ged. eine» skalden 3;
und dem staunenden stand Apollo vor äugen.
Herder 27, 52 Snphan (Terpnch. 1, 77);
allschönst und allbegabtest regte sie (Pandora) sich hehr
dem staunenden entgegen Göthe 40, 379 (Panthtra 1);
wie ward mir, königin !
als . . . des kolosseums herrlichkeit
den staunenden umfing.
Schiller 12, 418 (Maria Stuart 1, 6).
/) meist prädicativ beztc. adverbial, staunend neben
einem verb drückt entweder die Wirkung eines anblicks oder
erlebnisses atts (= mit staunen): ein so höchst bedeu-
tendes ereignisz {une die kaiserkrönung) müsse man nicht
unvorbereitet erwarten, und etwa nur gaifend und stau-
nend an sich vorbei gehen lassen Göthe 24, 883 {dicht,
u. wahrh. 5); ängstlich fährt Proteus, von ungewohnter
stille erweckt, im Schlummer auf; und wie er staunend
alles stille findet, entriegelt er schnell die feste grottc
Mr.
11S3
STAUNEN
STAUNEN
1184
Fr. MO1.LEU 1, 156 (sat. Mopsua 3); staunend sah der könig
{Alarich, in Rom) auf die reste einer heldengrösze, welche
seinem volke durch Jahrhunderte verderblich gewesen
war Frkytag 17, 129 (büder 1,2); sie sah ihn staunend an;
sie verstand ihn nicht Stohm 1,20;
heil mir — 0 rauschet darein, ihr saiten ! darein,
dass es in tiefen des hajns
staunend der Jäger vernimmt, am rande des hayns
staunend der wandrer vernimmt I
Denis lieder Sineds (1772) 218;
oder es bezeichnet die Ursache einer handlung, geberde u. s. w.,
in der sich das staunen äuszert: der alte aber sah ihr
staunend nach Fheytag 8, 123 {Ingo 7); Brunelleschi hält
ihm das crucifix hin und Donatello ist so verblüfft bei
diesem anblick, dass er staunend die bände erhebt und
alles . . . auf die erde fallen lässt Grimm Michelangelo
(1890) 1, 87;
Judas riefs mit starrendem blick, und erwürgte sich ! staunend
trat Obaddon selber zurück, da er starb I
Klopstock 4, 56 {Mess. 7, 209);
80 sehn in stillen hap^en
die Wandrer, ehrfurchtsvoll, oft eine nyniph erscheinen
und bleiben staunend stehn und ehren ihren tritt.
Wieland 1, 282 Berl. aufg. {moral. br. 9, 117);
nicht so umher, mein liebes kind, verschwende
die blicke staunend, ungewisz, auf mich.
GöTHE 9, 259 (nat. tochier 1, 4);
zieh nicht staunend auf die äugen!
Grillparzer* 3, 21 (ahnfrau 1) ;
ich weisz, Orestes namen sprachst du staunend aus.
Droysen Aischylo»^ 82 (grabesspend. 231).
ähnlich: ihr rechtet mit dem, . . .
mit dem, desz groszen schrecklichen namen
der hohe engel
staunend nennet,
mit gott, mit gott!
Klopptock Oden 1,231 Muncker-Pawel (wamtcng).
beide» fiieszt zusammen in Wendungen wie :
wird vieles vor den äugen abgesponnen,
80 dasz die menge staunend gaffen kann.
GÖTHE 12, 11 (Faust I, vorep.);
Staunend gafft der pObel nach der säule.
HÖLTY 64 Halm;
nun umströmeten ihn die übrigen söhne der Griechen,
und betrachteten staunend den wuchs und die wunderschönheit
Hektors Bürger 239» {pi xai d^riaavro (pvr}r xai elSoS
dyTjTÖP n. 22, 370) ;
staonend betrachtet er lang', und umarmt die liebende gattin.
VOS.S 1, 143 {Luise 3, 219);
ähnlieh .• Lewin . . . sah staunend und andächtig in den
funkelnden himmel hinauf Fontane l, 7 {vor d. stürm l);
nach Osten strebt die masse mit geballtem zag,
ihr strebt das äuge staunend in bewundruug nach.
GÖTHE 41, 261 {Faust II, 4);
komm liebe, komm ins freye,
und lass in jene bläue {den Sternenhimmel),
und lass zu ienen hüh'n
uns staunend aufwärts sehn I
Mildheim, liederb. (1799) «. 6.
so atuih mit synonymen verbunden: da weiss man doch
beim himmel nicht, ob man schaudern und umkehren
soll . ., oder ob man staunend bewundern möchte Houtei
erzähl, sehr. (I86I) 1, ui ; ähnlich
im saal voll prachl und herrlichkeit
scblicszt, äugen, euch ; hier ist nicht zeit,
sich staunend zu ergetzen Göthk 1, 178 {d. sanger).
anders: dasz seine hunde staunend stehn,
die plötzlich sich verlassen seh'n.
ROCKERT (1882) 1, 112 (e. ijleichnifz).
S) auf dieser adverbialen Verwendung beruhen freiere
formen des attributiven gebraucha, indem staunen von der
person auf einen verbalbegriff übertragen wird, vgl. Kinder
LiNn4tt: der artist musz sich besonders angelegen seyn
lassen , uns den triumph der schAnheil in den gierigen
blicken und in allen den äusserungen einer staunenden
bewandernng auf den gesichtern dieser kiillen greise,
empfinden zu lassen LKflniNO e, r>oi {Laok. 28); aber Louise
erkundigt sich t&glich, wo ihr nur seyet, und versinkt
dann mit ernstem gesicht in staunende« erwarten der
dinge die da kommen sollon Wiki.and brief vom 17. aug.
17Ä5 bei Zoi.i.iN» H. v. Kleist in der Rrhireiz 120; was siebet
mein staunender blick! Fr. MGi.i.kr i,3fl: in ihre wunder
hellen augcn Hchautc er stumm hinein, bis eine raunende
iinmhe und staunendes verwundern summend um ihn
zasammenrann W. Jknhrn dw pfeifer v. Duaenbaeh (ifuu)
Mr.
1, 171; Christophs äugen vergröszerten sich in staunender
freude ein wenig, als er das liebliche äuszere der kundin
ermasz Zahn die da kommen u. gehen l (1909) 119;
wenn der Schönheit sonst, der anmut
immer flüchtige erscheinung . . .
mir zu staunendem ent/.Ucken
wieder vor die sinne trat Mörike ged.^ 10;
{die Waffen AchiUs,) angegossen dem leib, wie flUgel den beiden
erhebend,
undurchdringlich und reich, ein wunder staunendem anblick.
GÖTHE 40, 34!) {Acfiilleix 1) ;
dazu : nicht
kalt staunenden besuch erlaubst du nur 12, 170 {Faust I).
d) staunen neben verben, die die ätiszerung des statinens
bezeichnen, s. a und c, y; ferner: wir stehen und staunen
und schlagen die bände zusammen und rufen: 'aber, wie
hat ein so groszer mann nicht wissen können!' Lessing
7, 151 {Hamburg, dramat. 34). staunen tritt dajin auch für
diese äuszeren geberden und Symptome ein. so bezeichnet es
ein staunendes blicken; den Übergang vermitteln stellen ine:
80 staunte Scyllens blick, ob sie dich, Circe, fühlte.
Wieland 1, 5G Berl. aitsg. (not. der dinge ;j, 105);
So dann mit nchtungsadverbien verbunden {vgl.3,d): und
ich sah nun auf, siehe, hoch über mir am himmel
brachen alle lichter hervor . . . lange staunt' ich hinauf
Fr. Müller 1, 36; wenn nun ein fremdling daher wan-
dert, der in seiner heimath von dem hause der gastfrey-
heit gehört hat, wie wird er hinstaunen auf diesen
Schutt Babo Otto V. Wittelsb. 5; er staunte selber an
sich hinauf und traute sich das ungeheuerste zu Ludwig
2, 23. {davon verschieden sind die unter 3, c. d besprochenen
gebrauchsiceisen.) — atif die ätiszerung des Staunens in
Worten oder tönen geht:
wettstreitet, wer am lautsten staunt !
Klopstock 2, 86 {ode 'Überschätzung der
ausländer).
vgl. : Anatol grosz. ich muste hingehen auf die
redoute! Max. a,h\ Anatol. du staunst, wie — ?Schnitzlkr
Anatol s. 176.
e) der gegenständ, der das staunen erregt, kann durch
adverbiale bcitimmungen (bei etwas, bei einem anblick
ä. ähtil.), nebensätze u. s. w. angegeben werden, solche fälle
sind bereits unter h aufgeführt, hier handelt es sich um
die fälle, wo solche ausdrücke in ein directes abhängigkeit^
Verhältnis zu staunen treten {'rection").
a) der grund toird du/rch ein Substantiv bezeichnet, hier
ist die ergämung durch einen bloszen casus ausschlie.i:!it/i
der poetischen spraclie eigen, und zioar ist der dativ am
häufigsten; vgl.: 'in der höliem Schreibart auch mit dem
dritten falle des gegenständes, einer sache staunen, üffer
sie staunen, durcli sie in den zustand, welchen staunen
bezeichnet, versetzt toerden' Campe, belege {zumeist aus
dem ende des 18. und dem beginne des 19. jahrh).: Emil Kuh
staunte diesem dociren Gutzkow Dionysius Longinus 40;
näher w&lzt sich die wölke, sie glüht, ich staune dem wunder.
GoTHK 1, 314 {F.uphrotyru) ,
so wahr die g0ttergestalt«n,
welche sichtbar nur dir, schöpferinn, dir nur allein
sich enthüllen, gßttlicbcr sind, eh' zaubernd der pin^rt
spielt, eh' Albion dir staunt und Italia dirl
Stoluero 1, 375 {an Angel. Ka<.
also staunt' auch der jOngling dem anblick seiner geschniUcktcu
blühenden braut Voss 1, 146 (Liiüe 8, 820);
viel zu groszes ja sagst du! ich staune dir {äyt] n ixf*)
Odyrr. 3, 227, ebenso 16, 243;
und aus der httll' aufTahrend am Htraiid der verödeten aal/.-
fluth.
Htaunten sie alle dem hirach (tSh/i^aorT' #iUijM»*>) 10, IM);
dort die gOtter, um Zeus, den wottarleuchtanden sitzend,
staunten dem grossen werk {fhjeih'To fiiya tfvov) der erz-
uroschienten Achaiar il. 7, «44 ;
ihm staunen si« all' in ebrfurcht {iüum admirantur).
Georg. 4, SKI;
doch so herrliche kriefer,
all in der «vhenlen legion die erde («wahrte,
Mlaunond den sObnen dM aiefs, die ward' ich wohl nimmer
ersahen I Pykkkh 7\mtrta* 88 (8, 16»);
ihm staunao alla glsta.
II111.ANU ged. (1H64) 804 (d. Sänger);
dem wunder muszt« Naia staunan.
KOiHKKT (18H8) 11.117 {Nal; W)
Mr.
1185
STAUNEN
STAUNEN
1186
staune nicht dem felsen, stürme, winde, blitze,
selbst der menschen äxte mögen ihn zerklüften.
Platen 76» (ßOf. 54) ;
dich zu sehn schien fülle des glucks, und bebend
staunt' ich dir, traumähnliches bild der Schönheit!
112» (^oden 16).
ß) seltener mit gen. :
desz staun' ich nicht; doch desz, dasz Aias dies,
der gröszre Aias, dies erduldet hat.
Stolbeeg 14, 276 (Soph. PhOoU. 437) ;
wenn du so willst, o herrscherin, so lasz
mich dir gestehn, wie ich des Schauspiels staune,
das mir in die ungläub'gen sinne fällt.
Kleist 2, 53 E. Schmidt {PerUhM. 5, 751);
halb kuh, halb weih
erschien sie (/o); scheu staunte man des Wunders.
Droysen Aüchylos^ 263 {schutzfleh. 536).
/) häufig ist nicht zu entscheiden, ob gen. oder dat. vor-
liegt: Sancho staunte mit offnem munde der Weisheit
seines herrn ; aber mehr noch, als er, verwunderte sich
der baumeister aus Sevilla Franz v. Kleist vertn. sehr.
(1/97) 323; jjy. staunten nicht,
der hohen göttinn nicht, im stummen schmerz
erstarrt, die freunde Stolberg 14,164 (Aias prd.);
die drängende nidel der hirsche
staunt der befremdenden last {torpent mUe nora).
Voss Georg. 3, 370 ;
ich staune deiner rede . . .
der tugend staunt' ich, die dein eigen heil
dich in dem heil des gatten finden liesz.
Platen dramat. nachl. 37 ;
wir staunen deiner rede, wie du zungenfrech
noch solche worte prahlest Über dich und ihn!
Droysen Aüchylos^ 59 {Agatn. 1310).
(in den ersteren belegen ist nach obigen analogien eher der
dat., im letzten jedenfalls der gen. anzunehmen.)
S) vereinzelt findet sich auch transitive fügung . doch
tritt nur das neutr. eines pronomens im acc. Idnzu {irie
und vielleicht nach lat. mirari aliquid): die einsamkeit
suchen, oder mitten in gesellschaft sich einbilden, man
habe bloss bäume und felsen und rieselnde quellen zu
zeugen seiner empfindungen; staunen ohne zu wissen
was, seufzen ohne zu wissen warum; — diess waren,
ihrer meinung nach, die wahren Symptomen der liebe
Wie LAND 3,343 (Agath. ii,b; geliört eigentlich unter 3);
so auch: ich werde rasend, toll;
ist das ein wunder? . . .
ich irre, rase schon;
ist das zu staunen? Göthb 5, 17 (divan 1).
/sonst treten hier Zusammensetzungen ein, besonders an-
staunen, s. theil 1, 477 (dazu:
verwundernd staunt es an die träge menge.
Novalis 1, 193 ifeüsner);
bestaunen, s. theil i,i^9. ungeicöhnlicher : dabei fanden
sie an diesem kinde mehr herumzustaunen als an den
schönsten Obstbäumen Zahn Lnk. Hochstraszer s. 207.
e) sonst treten präposiiionen ein, und zwar in gewöhn-
licher spräche durchaus über: es ist ein dichter (tW-
deron), über den man bey jedesmaligem erblicken staunt,
wie über die natur, so oft man aufmerksam an sie
heranblickt Göth e briefe 36, 63 (on Ories 1822) ; dem söhne
übergab sie alle briefe des vaters, und er staunte über
die gleichheit beider handschriften ! Arnim 10,48; ich
staune, Schwester, über dich 16, 66 {Halle u. Jenis. l, 16);
da fand man dieselben formen in den himmelhohen
hölzernen häusern wieder, über die wir in den gothischen
baudenkmälem der vorzeit . . . staunen Alexis Roland
V. Berlin (1840) 1,3; da wir über den Wahnsinn des bar-
baren staunten Freytag 17, 164 (Jtnlder i, 2); der derbe
mann fand ausdrücke, . . . über deren Zartheit ich aber
staunte Ebner-Eschenbach 4, 186; wer aber kinder beob-
achtet hat, der wird über den zweifel, dass sprachlaute
nicht zu neuen gruppen zusammengestellt werden sollten,
nur staunen können Peschel Völkerkunde (1874) 113;
andere wandten sich, eilten,
mit befehlen belastet, darüber sie staunten, darüber
einst auch wir . . .
staunen werden Klopstock 6, 174/. (MesK. 19, 264—8) ;
ungewöhnlich mit dativ:
wie musz ich staunen Ober dem, was du gesagt!
Fr. Schlbgei. AlarcoB «.14 (1, 8).
dagegen gehört dus gleichbedeutende ob der poesie an:
er muartn) schrieb, noch staunt die kluge Spree darob.
Mastalier ged. (1774) 84;
X. 2. Mr.
und sie staunen ob des schicksalspmcües
Wahrheit Herder 25, 457 Suphan {volksl. 2, 2, 30);
wohl brüder, staunen wir ob Rektors muth
xmd Streitbarkeit Bürger 165^, 742 (= 11. 5, 601) ;
ich staun' ob dir: bei meinem heü'gen orden!
ich glaubte, dein gemüth sey bessern Stoffs.
Shakegp. 9, 242 (Rom. u. Jxd. 3, 3) ;
ihr staunet ob dem königlichen gast,
der stolz erscheint inmitten eurem rath.
Chamisso (1S36) 3, 247 {herein!);
und ob den worten staunend, die der spricht,
erhebet Müller sich 4, 53 {die verbannten 1);
ich fiel ihm um den hals, ob solcher ungewohnten ge-
sinnung staunend 258 (Pet. Schlemild 3). ungexcöhnlich und
fehlerhaft ist die Verbindung 'von ob mit dem acc. :
ob deine wunderzeichen staunen
die einbewohner femer zonen.
Mendelssohn ps. 65, 9 {in den werken 6, 221
geändert : deinen).
toeniger eng sind Verbindungen icie staunen bei etwas:
Benedix staunte bei diesem namen noch mehr MusÄus
volksmärcJien l, 29 Henipel {Sübez. 2);
tönt nicht ihrer
siege geräusch bis zur jüngsten nach weit
in ew'gen Uedem aufbewahrt: o so staunt
ein blöder enkel einst bey gemeiner that;
denn er vermisset unsrer tage
wxmder, und wähnt nichts von Laudons thaten.
Mastalier ged. (1774) 69 ;
doch dort hätt' am meisten das herz dir gestaunt bei dem
anblick (iSdtv d'rprjaao &vii<p) Voss Odyss. 24, 90.
deutlicher gehört dagegen hierher staunen vor etwas: wir
staunten vor dem wilden furchtbaren felsen des Wetter-
horns Jacobi briefe aus der Schweiz l, 27; eine gesellschaft,
die aus furcht vor jedem neuen gegenstände starret —
vor jeder ungesehenen sache, wie vor einem wunder
staunet Herder 2, 70 Suphan {fragm. 1,3, 3); denn wer
eine leidenschaftlich entzündete bei einbrach der nacht
von dem weg zu ihrem liebhaber abhalten will , der musz
nicht allein wohl ersonnene, bedeutende, gehaltreiche
mährchen bereit halten, sondern er musz auch in der
ausführung so reich, exuberant, reizend und anregend
sein, dass die einbildungskraft, vor solcher kraft staunend,
nicht wüszte, wohin sie sich wenden, wie sie alles fassen
solle Göthe 41,2,18 Weim.au^g.; und doch, wie staune
ich vor dieser liebe, und bete sie an ! Bettina an Püekler-
Muskau, s. dessen briefic. 1, 132; sie staunten vor einander,
als sie sich in der andacht mo^enröthlichen glut er-
hoben SgHÜBART (1787)2,302:
ich aber blieb zurücke,
staunend vor der erhöhteren würde
des gotterfüllten mannes 1, 2.
zu der ersten stelle bem^jkt Heynatz Antibarb. 2, 444<
indem er sie anführt: 'vor etwas staunen ist noch sonder-
barer gesagt, als über etwas', doch ist die Beendung heute
durchaus üblich, zumal wenn die örtliche Vorstellung mög-
lich ist. — ganz ungewöhnlich: du staunst zu meinen
Worten; aber sey ruhig Bürger 300» (Macb. 3,5).
Q der anlasz kann auch durch einen nebensafz aus-
gedrückt werden, soicol in loserer fügung durch einen
temporal-, causal- oder bedingungssatz (beispiele unter b),
als auch in directer abhängigkeit durch einen inhaltssatz:
er musz seinen plan geändert haben, ich staune, dasz
er nichts davon schrieb Ebner-Eschenbach 4, 116;
fürwahr, ich staune, dasz dir alles fremd!
Kleist 3, 64 E. Schmidt (prinz v. Homb. 2, 8).
du siehst ihn (d. ring) an, du findest nichts an ihm,
du staunst, dasz ich ihn dir zu bieten wage.
Hebbel 3, 247 Werner {Gyget i, 132).
ähnlich: öffnet sie die äugen, meine gute,
gleich erblickt sie diese bunte gäbe,
staunt, wie immer bei verschlosznen thüren
dieses freundliche geschenk sich linde Göthb 2,107;
der mensch im anfang launet,
nnd findet manches hart !
er wirds gewohnt, und staunet,
wie gut es endlich ward Voss 4, 256.
sieh darum staunt' ich, edle königin,
wie diese schöne weit dich traurig machte.
A. W. Schlegel Ion s. 30;
ich staune, wie ein menschlich antlitz barg
in sanftem lächeln so tyrann'schen mord.
Shaketp. 6, 29 {TU. Andron. 2, 4);
75 Mr.
1187
STAUNEN
STAUNEN
1188
sie arbeitete im haase und machte es sauber und staunte
selbst, wie nötig das war Enking P. C. Behm 240.
»j) endlich at*c/t durch einen inf. : so sehr sie beim er-
wachen staunten, sich an einem ihnen fremden orte zu
befinden, so gewannen sie sich bald lieb Ludwig 2,420;
ich war erstaunt, zu entdecken, dasz ich eigentlich, so
gut ich erst kürzlich noch zu sehen geglaubt, noch gar
nichts gesehen hatte, und ich staunte noch mehr, das
bedeutende und lehrreiche nun meistens in erscheinungen
zu finden, die ich vorher entweder übersehen, oder wenig
beachtet Keller 2, 19.
/) in dichterischer spräche wird staunen gelegentlich von
unpersönlichen subjecfen ausgesagt {mit personification):
ach, wer bringt mich hinüber auf adlers flügeln, zu deinen
rollenden meeren, du mächtigster Orellana {Amazonenß,usz)\
du riese
unter den flUssen ! dir staunen die heiligen fluthen des Welt-
meers,
wenn du, stark wie ein gott, in den ocean dich ergieszest !
, , ^ . , ^ Stolberg 1, 20G.
[vgl. 7, 0, sowie oben 3, e.)
5) in einzelnen fällen nimmt staunen causative bedeu-
tung an.
o) zutceilen im part. : eine staunende krankheit Haller
bei KiNDERLiNG 428; der Unterricht der taubstummen
wird unter die Pariser merkwürdigkeiten gezählt, und
verdient es, da es wirklich staunend ist, was die leute
an grammatischer kenntniss zeigen Sophie La Roche
an Fr. Nicolai d. 20. juli 1785 bei Dorow denkschr. u. briefe
1,162. so auch:
meerwunder! ruft ihr, wenn ihr was entdeckt,
worüber wir uns wundem nicht von ferne ;
wir sind gewohnt, was staunend euch erschreckt.
RücKERT 3, 132 {edelst. u. perle 4).
b) vereinzelt in unpersönlicher constru^tion : schlechte
zeit für gute fauste und trockene kehlen; mich staunt's,
dasz es noch so lustig ist auf der kilt Jensen die pfeif er
V. DeLtenbach (l884) l, 227.
6) häußg begegnet der substantivierte infinitiv das staunen.
{die fälle der bedeutung 3 sind daselbst eingereiht) das
staunen 'der zustand, in welchem, man sich befindet, wenn
man vor Verwunderung oder beiounderung einer suche un-
beweglich und stumm, dasteliet' Campe (l).
a) so im nom.: aber dieses staunen ward bald von
lebhaftem scenen verdrängt Klinger 3,223 {Faust 4, ll);
ihr staunen wuchs, als auf der treppe ich und meine
frau ihnen mit prächtigem gefolge entgegenkamen Ludwig
2.487;
erst erschütterte staunen, alsdann entflammtes verlangen
endlich enthüllt ihr Schicksal zu seh'n, die Versammlung der
todten! Klopstock bei Campe;
mancherlei wollt' er noch redend doch wehrten ihm zagen
und staunen Bürger 260>> {Dido 445);
der bösewicbt! die zunge lähmt mir staunen Tieck 1, 301;
den bauer verwandelt das staunen zu stein.
Rückert (1882) 1, 188.
ungewöhnlich in der Opposition: so lief, ein blick, ein
staunen, mir der erste tag dahin Fr. Müller l, 33 {Adams
erstes erwachen). — mit adjectiven: heilige stimme gottes
nun, aufforderung, einsetzung, cinsegnung des menschen
in die neue Schöpfung, huldigung, frohes staunen, zuruf,
gejauchz der geschaffenen 17; das fräulein nahm dieses
hinbrUtende staunen für übermasz seines entzückens an
Mu8Äi)8 volksm. 1,110 Hempel {Melechsala); sein süszcs
staunen wuchs mit der sonderbaren Verwandlung Novalih
2, 9 Meiszntr (Heinr. v. Ofterd. 1, l); zwar hat i^cihnitz
durch seine fast leidenschaftlichen äuszerungcn über das
genie der römischen Juristen ein heiliges staunen bey
vielen Teranlaszt Thiuaut nothwendigk. eines allg. bürgerl.
rteht» {tnu} 18; ich fange nun an die besten sachen zum
sweytenmal zu sehen, wo denn das erste staunen sich
in ein mitleben und näheres gefUhl des werthes der
•achen auflöst Göthr bri^e 8, 100 {an Ch. v. Stein den
SO. <Ue. 17M):
Mm lanne, blMea ■tannen macht mich Jas lahm.
tageb.\,i (1776);
doch w«nn ata nah verwandt «ich plötzlich die
b«tnu:htMi •ollen, di« licb fremd Mwaien,
■0 tritt «nt swiachan sie das blOde «taunen.
A. W. äcHUtuii. Ion 74.
Mr.
im gen.: hatte ich das erstemal die freude der Über-
raschung und des Staunens, so war zum zweytenmale
die Wollust des aufmerkens und forschens grosz Göthe
18,19 {W. Meister i, 4,); in eben dem augenblick gelangte
nun obgemeldetes werk zu mir und versetzte mich aus
der ernsten region des Staunens und glaubens in die be-
haglichen gegenden des schauens und begreifens 55,317;
ohne religion, ohne sitten, blieb er ein gegenständ der
bewunderung und des Staunens Klinger 4, 252 {Raph.
de Aquillas 5, 2); 'ja, jetzt haben sie aber ja keine brille',
sagte ich nach einer pause des Staunens Vischer auch
einer l, 19;
und wir standen umher, voll Staunens ob der erscAeiuung
dieses grausen gesichts Bürger 198'' {IL 2, 320) ;
er hat gesprochen, und des königs spruch,
der immer weis' ist, und des Staunens werth,
steht unerschüttert Stoi.berg 4, 124,
vgl. staunenswert; dafür: indem er öfters mit einem
ausdruck von staunen und Ironie den köpf hin und her
wiegte Vischer auch einer i,3i; in Marias gesicht trat
ein ausdruck von staunen Zahn die da kommen und
gehen/ (1909)126. sonst mit präpos.: man müszte mit
tausend griffein schreiben, was soll hier eine feder !
und dann ist man abends müde und erschöpft vom
schauen und staunen Göthe 27, 2ll {ital. reise. Rom 7.nov.);
vernimm den hergang, dass du überzeugt,
vom ersten staunen wieder zu dir kommend,
dich meiner freude willig überlassest.
A.W. Schlegel Ion s. 53;
ihr anblick schon entzückte; doch nun bringet
die anmuth ihrer reden, ihre worte, . . .
vom staunen mich zur freude, welche weint.
Shakegp. 2, 178 {Heinr. VI., 2. Ui.. 1, 1);
aus langer kindheit träumerischem staunen
bin hier ich zum bewusztsein erst erwacht.
Grillparzer* G, 9 {uellen 1 ; viil. oben 3, a).
die sinne, welche, wie verschlafne Wächter,
bisher nicht sah'n, noch hörten, wecken sich
in sel'gem staunen gegenseitig auf.
Hebbel 3, 321 Werner {Gyges 4, v. 1542).
b) so in festen verbalen fügungen. staunen als subject :
und da der geist verschwunden ist, wen sehen wir vor
uns stehen ? . . . staunen und trübsinn überfällt den ein-
samen {Hamlet) Göthe 19,75 {W.Meister 4,13); staunen
ergreift die schauenden und die satyrn taumeln vor Wol-
lust und geblendet von dem strahlenden lichte ihrer
(Helenens) Schönheit Droysen AiscJiylos^ s. 171; dazu:
doch wer ermiszt das ungeheure staunen,
das ihn ergreift, da die prinzess' den handschuh,
den er sich ins koUet gesteckt, vermiszt!
Kleist 3, 116 K. .Schmidt {pn'nz v. Homb. 5, 5);
ungewöhnlich :
ich sterbe, sehe nun bald um mich
die groszen seelen, Popon und Addison, . . .
und, durch desz tod mich staunen traf, dasz
traurigkeit auch, und nicht freud' allein sey
auf erden ! meinen bruder.
Klopstock öden l, 66 ilunckerPawcl
{der abtchied 23).
als object; gewöhnlich staunen erregen: kunstunternoh-
mungen dieser art, welche in die äugen fallen, aufsehen,
ja staunen errc^'on sollen, werden gewöhnüch in's kolos-
sale geführt GöiiiE xceike 49,231, 17 Weim. au.tg. {abendm.
V. Leoard da Vinci); zwischen Bomte und Osnabrück sahen
wir die ungeheure eiche, welche seit Jahrhunderten
staunen erregt Stoi.rero6, 5; die weiten himmelsräume
gehören einem weltgemälde an, in dem die grösze der
massen, die zahl zusammengedrängter sonnen . . . unsere
bewunderung und unser staunen erregen AI. v. Hijmuoldt
Kosmos (18+5)1,84; doch erscheint alles in diesen fels-
hallen {bei Wadg Gyrshe am Nil) gewaltig, stillschweigen
gebietend, staunen erregend RrriKii erdkumW {i»a) i,ft*4;
die waffenstUcke . . . erregten das staunen der Asiaten
Mommskn röm. geach. 8, 866; seine werke erregten staunen
und bewunderung H. Grimm Michelangelo^ i, 17 (vgl. stau-
nenerrcgend). ähnlich: der enthusiasmus. womit er seine
grosse ideen herausw&lzte. zündete auch mich an, und
lies/ heiliges staunen über die werke guttes in meiner
seele zurUk SoiiiniKHr leben u. gesinn. 1,41;
und liallw IrQnimer, um di« U'txte itunde
mit xluriii und rcven känipfund, drangen mir
doK litnuncn ab, (laii ich dem bau versagt,
«la er noch stand in Heiner vollen pracbl.
Hkiiiikl 4, 3U:i Werner {SiM. iii, 4, 19).
Mr.
il89
STAUNEN
STAUNEN
1190
tnit Präposition in der causativen tcendung in staunen vor-
setzen Campe (r^Z. oJen 5): die mittel so gering, so un-
scheinbar, man darf nicht sagen so dürftig, denn das
resultat versetzt uns in staunen Stolberg 6, 16; er erzählte
mit ironischem lächeln, wie ich durch meine offenherzige
naivität die ganze untersuchungs-commission in staunen
versetzt hätte H. Steffens was ich erlebte (l840) 2, 301;
weil jeder in seinem eignen laboratorium die raketen
und feuerfcugeln verfertigt, womit er die weit in staunen
setzen und womöglich entzünden möchte Göthe Briefe
2d, 62, 19 (d. 26. febr. 1818 an Sartorius) ; ferner .-
dasz du die herrlichste bist, Admetos heerden ein schmuck
wärst, . . .
alles reiszet zum staunen mich hin, zum preise des künstlers.
werke 4,125 Weim. attgg. [Jlyrons kuh) ;
so erkennt man, wie die mächtige, ernste und sieges-
gewisse gestalt {Gerhart v. Rendsburg) in weiten kreisen
die landes- und Zeitgenossen mit hingebender bewun-
derung und staunen erfüllte xSitzsch deutsche studien
1879)258. entsprechend intransitiv: da gerieth der soldat
in Verwunderung und staunen Hebel 3, 84.
c) sehr geicöhnlich in gexcissen präpositionalen Verbin-
dungen, so besonders mit staunen (gleichbedeutend mit
;_ staunend, s. oben 4, c, v): mit staunen wandert er {Winckel-
mann) durch die reste eines riesenzeitalters Göthe 37, 34;
die weit sieht das alles mit staunen an Bettina Cl.
Brentanos frühlingskranz (1844) 189; beiden umständen ist
ohl jene weite Verbreitung gewissernamen zuzuschreiben,
eiche schon Grey mit staunen hervorhebt Ratzel vöücer-
nde 2, 62;
mit staunen musz ein weiser mann es lesen.
Bürger 318» {BeUin 26) ;
wie begrüszt' ich so oft mit staunen die fluthen des Rhein-
stroms Göthe 40, 242 {Herrn, u. Bor. i);
mit staunen weilt der überraschte blick
beym wunderbaren bau des ungeheuren rosses.
Schiller 6, 348 (zergtör. Trojas 6) ;
gehört nun haben Asia's felsenthore
meines geschützes donner auch mit staunen !
RCcKERT (18S2) 1, 19 (seham. «on. 25);
dies hörend, erhob mit staunen
der könig die augenbraunen 12, 119 (Sal 29).
mit sinnverwandten ausdrücken zusammengestellt: mit
dem, staunen, oft mit herzbeklemmenden empfin-
ngen . . . lieset man diese denkwürdigkeiten {von St.
.mo7\. Dticlos u. a.). mit staunen, wenn man erfährt,
Ton wem die weit regiert ward . . . Herder 23, 108
Suphan {Adrast. 1, 1, II); die beiden aber schauten ein-
ander mit Verwunderung und staunen an Hebel 3, 28;
die antwort Griseldens ist zuerst mit staunen, dann mit
entsetzen, schlieszlich mit einem lachausbruche von den
herren aufgenommen worden G. Hauptmann Griselda4G;
wie wir alle nicht ohne rührung, ja fast mit staunen
gesehen haben 105; Anton vernahm diese Weisung zuerst
mit staunen, dann mit misztrauen, schlieszlich mit be-
unruhigung Oesteren die exzellenzen (i909) 53;
denn hier siz' ich, . . .
wo mit ernst und staunen meine seele
auf sich selber niederblickt.
ScHLBART ged. (1787) 2, 271;
ich sah mit staunen und vergnügen
eine pfauenfeder im coran liegen.
Göthe 5, 235 {divan 10, 5);
doch wohl erinnr' ich mich des scheuen blicke,
den ich mit staunen und mit bangigkeit
auf jene beiden warf 9, 44 (Iphig. 3, l) ;
mit staunen seh ich euch, mit freude,
der ich euch schuf bewundr' euch heute.
13, 272 (£p»m«n. 1,5).
hirch adjectivischen zusatz näher charakterisiert : mit
neudigem staunen nahm die heilige frau {Elisab.) diese
A underbare metamorphose {der nahrungsmittel in rosen)
wahr MusÄus i, 79 Hempel {Melechs.); Engelbert sah nun
mit grauenvollem staunen das innere der höhle Pfeffei.
ro«. vers. 2, 87; der vielen ebnen, holen, berge undwälder
geschweigen, die ich alle mit bewunderndem staunen
«hr als einmal betrachtete Gersten berg briefe über
■kwürdigk. der litt. s. 258, 28 neudr.; der schulherr aber
haute diese zumuthung mit ungemeinem staunen an
EBEL 3. 30; dann sah und hörte er mit starrem staunen
ien evolutionen des erschrecklichen gewitters zu Vischer
einer i,37; mit ehrfurchtsvollem staunen betrachtet
(d. nafur/orscher) das mikroskopische klümpchen
Mr.
nervensubstanz Du Bois-Reymond üb. d. grenzen d. natur-
erkennens (1873)30; nach rechts und links wichen die
wüsten gesellen mit stumpfem staunen ihr aus Raabe
uns. herrgotts canzlei 2, 226 ; Wittig (mit gemachtem stau-
nen den weher dumm anglotzend) G. Hauptmann d.
xceber 61 (3, bühnenanw.); Griselda mit grenzenlosem
staunen: versteht ihr das? Griselda 109;
mit gesunkenem knie,
mit tiefambetendem staunen,
freu ich mich !
Klopstock Oden 1, 129 Muncker-Pawel
(d. anfchaun gotte* 14) ;
er (Johannes) sitzt am felsen, dessen bom ihn tränket,
da steigt vor seiner seel' empor ein bild,
das er mit sel'gem staunen überdenket.
A. W. Schlegel im Athenäum2, 140;
er hört mit innerlichem staunen *
unsichtbar es in's ohr sich raunen Rückert 3, 25.
zutceilen entsprechend ohne staunen, meist mit negation:
ich kam nach Mannheim, nicht ohne süsses staunen
über die simetrische anläge und Schönheit dieser deut-
schen Stadt Schubart leben u. gesinn. l, 185; eine der
merkwürdigsten geschichten dieser art, die ich nie ohne
staunen habe lesen können . . ., ist die geschichte von
dem tode des uralten mahlers Francesco Francia Wacken-
roder herzenserg. 29.
d) vor staunen:
starr vor schaam und staunen
la? er auf den altan gebückt,
bis ihn der jubel der posaunen . . ,
ans seinem schweren träum erweckte.
Pfeffel poet. verg. 2, 5 ;
wir, stumm vor staunen, selbst nicht wollend, folgen
der hohen fahn' und ihrer trägerin.
Schiller 13, 213 (JungfrQU 1, 9) ;
es macht mich starr vor furcht und staunen.
Shakesp. 6, SO (flomZ. 1, 1);
dann, eh noch einer spricht ein wort
vor rührung, staunen, tiefer schäm,
schon stapft er durch das zimmer fort.
Droste Hülshoff 2,76 (hotpiz auf d. St. BemA. 2);
die mutter rief vor staunen schier Stürm 8, 291 ;
der herr teufel mögen mich holen, wenn mir nicht vor
staunen und Verwunderung der athem stehen bleibt!
Grabbe 1, 313 Grisebach {scherz, satire 2, 2); als er wieder
auf die strasze kam, waren ihm vor staunen und ent-
setzen der eisenladen . . . und der herr Wunderlich aus
dem gedächtnisz heraus verschwunden Hebel 3, 29; das
erstemal konnten sie vor staunen und ungewiszheit
nicht antworten 91 ; er konnte vor staunen und lachen
kaum sich fassen Herwegh s. briefe von u. an H. (i896)
s. 60 {d. 25. nov. 47). — zu jemandes staunen: zu Frankfurt
sprang er . . . zum staunen des postillions kerngesund
aus dem kaleschlein heraus Hebel 2, 245, 34 Behaghel;
selbst zu einem antrag, der künstler möge nach Leipzig
übersiedeln, verstieg sich der doctor zu Maternus staunen
Ha US RAT H pater Maternus 121 \
mächtig, zu der himmel staunen
thatst QU durch der seher mund
einst im donner der posaunen
gottes tiefen ratbscblusz kund.
Schubart ged. 2, lOi ;
ein labyrinth von listen und von faunen
durchhastet er zu seiner feinde staunen.
Fretligrath 5 6, 213.
e) in poetischer spräche nimmt staunen zuweilen con-
creten sinn an, das, worüber man staunt, gegenständ des
Staunens Campe (2):
Jesus Christus erhub die gebrochnen äugen een himmel,
rufte mit lauter stimme, nicht eines sterbenden stimme,'
mit des allmächtigen, der sich, das staunen der endlichkeiten,
freygehorsam, dem mittlertod' hingab!
KLOPSTOf K 4, 251 (ifcfit. 10, 1043);
die kraft, die in des fechters muskel schwillt,
musz in des gottes Schönheit lieblich schweigen;
das staunen seiner zeit, das stolze Jovisbild
im tempel zu Olympia sich neigen.
Schiller 6, 272 (d. küwtler 264);
dieser ist der stolz des Vaterlandes
schönstes kleinod von Toscana, — staunen
seiner nachweit : sieh' die krafl des groezen
Michel' Angelo Buonarotti.
Wackenroder herzemerg. 197;
dennoch konntest du allein
meine quäl zu lindem, taugen
und das staunen meiner äugen,
meines ohrs bewundrung sein.
Gries Calderon, leben e. tratim 1 (2).
75* Mr.
1191 STAUNENERFÜLLT— STAUNENSWERT
STAUNENS WÜRDIG — STAUNUNG 1 1 92
7) ganz vereinzelt findet sich staunen in gebratichioeisen,
die nicht hierher gehören.
a) im älteren nJid. für stöhnen, vgl. das. : man halte
den nicht vor gesund, der einen krancken in seinem hause
hat, denn aus bekümmernisz um den schwachen, seuff-
tzet und staunet er eben so, als der andere Olearics
pers. baumg. 13» (1, 16).
b) die welle sprüht, und staunt zurück und weichet
und schwillt bergan, sieh immer selbst zu trinken;
gehemmt ist nun zum vater hin das streben.
GöTHE 2, 3 (sonettc 1).
hier möchte man, trotz der, wie es scJteint, klaren und
einheitlichen Überlieferung, schreib- bezic. d7tickfehler für
staut annehmen {vgl. stauen 3f), da ein ühnliclier ge-
inauch von staunen sonst nicht belegt und die ungewöhn-
liche personification nicht toeiter durchgeführt Lst. {die unter
i, f gelmchte stelle ist kaum, vergleichbar.)
c) bayer. stau~n nach dem männchen verlangen, vom
sciuoein Schmem.er^ 2, 764.
d) kämt, an zahnen staunen, s. ebenda.
STAUNENERFÜLLT, adj. .
als Sudewa das wort enthüllt,
trat Sunanda, staunenerfüllt,
zu Damajanti Rückert (1S82) 12, 85 {Not 21).
STAUNENERREGEND, adj., vgl. staunen 6. b: dazu
gab das mächtige Zeitalter . . . allen Unternehmungen einen
reiz, der unserem gelehrten Zeitalter in den jetzt so viel-
fach aufgeschlossenen erdräumen zu mangeln beginnt:
den reiz der neuheit und staunenerregender Überraschung
A. V. Humboldt kosmos 2 {isii), 31q; von eichenwäldern
an der Friesischen küste berichtet Plinius; er . . . erzählt
von den staunenerregenden dimensionen der deutschen
riesenbäume Bernhardt gesch. des icaldeigent. (1872) i, 24.
STAÜNENHAFT, adj., ungewöhnliche gelegenheitshildung
für staunend:
das kriegsheer schaute staunenhaft
auf seinen mut und armes kraft.
Rückert Firdosi 1, 127.
STAUNENSOFFEN, adj., vom mund, den man beim
atauneti öffnet:
da sah ich, wie im hintergrund
bereits mit stauncnsofTnera mund
Zukunft und nachweit standen..
Rückert (1882) 7, 2r.2.
STAUNENSVOLL adj. {adv.), für älteres stauncnvoU.
vgl. das.:
was gleich vcrklung'nen sagen
aus grauer vorzeit scholl,
hat man in diesen tagen
gesehen Staunens voll.
SCHBNKENDORF QCd. (1815) 173.
STAUNENSWERT, adj., vgl. staunen 6, a und Staunens
würdig; zuerst bei Kinuerling 428 gebucht {mit verweis
auf die Karschin), vgl. zeitschr f. d. wortf. 11, 124: ja man
sollte glauben, dass die mnsik diesem grossen volkc
{den Griechen) die schwingen zu einem stauncnswerthen
aufflöge gegeben habe Schuuart ästhet. der tonk. 17; wohl
giebt es schon in den niederen klassen staunenswerthe
Weisheit, aber erst in secunda beginnt man zu begreifen,
warum man etwas weisz jugetiderinn. eines alten mannes^
«.868; so war es unvermeidlich dass die Chinesen . . . ihre
gewerbe auf eine noch jetzt theilweise staunenswerthe
höhe empor heben konnten Pkscjiel Völkerkunde 898;
wirklich herbeigeführt aber werden . . . jene staunens-
werthe Verschiedenheit der erzielten Spielarten von dem
urstamm D. F. Sthausz sehr, fl, 186 {d. alte u. d. neue
glaube 57) ; selbst die grösze, die er ihm {Napoleon) zu-
gestehen muszte, war ihm Staunens- aber nicht bewun-
dernswert, weil sie alles himmlischen lichtes entbehrte
Fontane i,8« {vor d. «türm ♦); diesen satz dehnten die
Sophisten . . . mit einer slaoncnswcrthen Verwegenheit
der • theorie auf alle begriffe aus Lange gesch. des
m4tterialimnu» (iM6) 16; mit staunenswerthcr pracht feierte
herzog Boletlaw die anwesenheit des kaisors GtKKKitnKciiT
deuUeke kaittn. l», 78«; noch später ist er (Vndomar) zu
diplomatixrh militärischen auftrügen mit erfolg bennlzl
worden, hat ai>er namentlicli eine Htaunenswcrto mcistor
MshAft. in der römischen helagcnin^Nkunst . . . sieh an-
gedfnot HKHT/BEHU^e«rA. dea rbm. kaiserreiehes ». 7Aa;
Mr.
doch dasz sie diesen träum in dieser nacht
geträumet hat, ist wahrlich staunenswerth !
Stolbbr«5, 10;
höre meine künde, sie ist staunenswerth.
Rückert (1882) 11, 512 (38. makame).
STAUNENSWÜRDIG, adj. des Staunens würdig Campe
{mit beleg aus Gries), vgl. d. vor.: in diesem sinne muszte
nun das erste stück {einer griech. trag, tetralogie) gros/,
und für den ganzen menschen staunenswürdig sein
GÖTHE 41, 2, 66 Weim. ausg.; lasz mich hoffen du werdest
mir bald wieder gclegenheit geben deine staunenswürdigen
thätigkeiten in gegenwart zu bewundern briefe 39, 2:u {an
Fei. Mendelssohn-Bartholdy d. IS. jnni 1825); die Medea der
alten dramatiker bleibt bei all ihren greueln noch ein grosses
staunenswürdiges weih Sciiii.i.er 2, ll {räuber,2. vorr.);
der eingang des ganz in felsen gehauenen tempels ward
von drei sandbergen .... befreit, am isten august war
die pforte entdeckt und der eingang in den Staunens-
würdigsten felsentempel . . . gefunden Ritter erdkunde^
(1822)1,588; zahllose neue Hellenenstädte entstanden an
den küsten der Propontis und des Pontös . . . und blühten
staunenswürdig empor Droysen Äisch.^ 178.
STAUNENSWÜRDIGKEIT,/.: die . . . werke des Phidias
haben allein der Niobe nicht geschadet, welche auch
ihre eigenthtimlichen Staunenswürdigkeiten und bezau-
berungen scyn mögen F. G. Welcker alte denkmüler
1, 209 (1849).
STAUNENVOLL, adj. 'voll Staunens, von staunen erfüllt;
wie auch, ron groszem staunen zeugend' Campe; ?JtcÄ/ mehr
üblich, staunenerregend: beyder arbeit {des Seiltänzers
und des transcendentalphüosophen) . . . gewähren ein
wunderbares, staunenvolles, manchmal gleichen Schau-
der erregendes Schauspiel Klinger ll, 214. statinen aus-
drückend {vgl. staunen 4, c, y):
der beide sieht mit staunenvollem gaffen.
Grieis bei Campb.
s. auch staunensvoll und staunvoll.
STAUNER, m., nomen agentis zu staunen, als ver
einzelte gelegenheifsbildung bei dichtem:
80 — deutet er: die weise mühe lohnt
ein baares trinkgeld aus der stauner tasche.
Berliner ged. s. 85 Geiger (Berlin, e. ratyre 1795) ;
saft, kraft und färbe — alles siehst du weichen,
was eben noch dem stauner göttlich schien.
Freilic.rath* 6, 216.
eis. stuner (stynar) 'in gedanken versunkener mensch'
Martin Linhart 2, 602*, vgl. staunen 8, daneben stumer,
s. unter staumen.
STAUNGESICHT, n. gesicht, das {er)staunen ausdrückt:
gewisz hab' ich darauf ein einfältiges staun-gesicht ge-
macht J. Paul 51, 51 {Katzenb. l, 13).
STAUNIG, adj. staunend ; alem. bildung, zu staunen 8
oder 4; in Basel stunig staunend {wol =■ träumend), nach-
denklich, vgl. der stuni 'wer vor tiefen gedanken oder Zer-
streuung nicht hört, j«kv man zu ihm .tagt' Seiler ax.!*'.
bei alem. autoren auch in der litt.: staunig hatten die
Hunnen die herannahenden dunkeln schaaren erschaut
ScHEFi'EL Ekkeh. (iS-W) 189 (*'*213, 14. kap.). katan lästt
sich ein eis. stUnig und eigensinnig, das Cii. Scümiut
hisfor. icb. 846» anführt, hierher ziehen. — in Davos dafür
s tu nicht, stauneiul Bühlkk l, 282 {fleet. stOnichta, -ti,
-ts), nachdenklich 2, 90.
STAUNLICH, adj.. selten für erstaunlich, vgl. dat..
th. 3, 999: ergibt sich da ein staunlichor gegonsatz Scherr -
Schiller {iSbO) 2, v:; ]
gern 'gelehrte', wirkli''<> i
nennt der Deutsch» y> ^ i
i.ii II ■ ■' (d. brotreom).
STAUNUNti, /., seltnes verMabstr. xt« staunen:
O dieser Marineil, wi- '■••" "■\<- wundortam
er aug' und »hr 7.11 1 ' riichte,
sobald or auf den - <tn >
A. Kahhchin iHi ..;.... IM tv AnnkrtfmHtf " '*•"•'
(über die Kmtlia OalotU).
Wrnf. staun ung der Zähne, #. Schmellkk'», 764/.
wogegen der staunungswürdigo rühm, zu dem er
(Byron) sein Vaterland . . . erhebt, ... in seinen UA\^en
unberechenbar bleibt OrtTiiK 42, l, 104, 19 Wrirn. mtsg.
{vgl. oben staunenswUrdig).
Mr.
1193
STAÜNVOLL — STAUPBESEN
STAUPBESEN
1194
STAUNVOLL, adj., s. staunenvoll: ich sprach staunvoll:
— o wie ist deine sünde graunvoll! Rückert 11, 300
(10. inakame).
STAUNZE,/., s. stauze 1—3.
STÄUPAAS, n., in der Frankfurter gegend als schimpf'
ivort sehr verbreitet, bei Frankfurter autoren als steupe*
cos, stäubeos, steuweoos, lieb steuweösi, plur. stoipe-öser,
auch sticksteipe-oos bezeugt, s. Askenasy d. Frankf. mund-
,rt u. ilire lit. (190+) s. 1+2; nicht immer böse gemeint, vgl.
b.:
do saufe die stäuweöser
des herrliche goldene nasz *. ebenda «. 11.
■ol von stäupe II, der krankheit, die in Frankfurt stäupe
heiszt, abzuleiten).
STAUPARSCH, m., als pßanzenname: mnd. stupars
stabiosa (scabiosaf) major, qtt. bei Schiller-L0bben6, 275';
nhd. : drachen-kraut, Wasserdosten . . . alp-kraut, tugend-
blumen, stauparsch, leber-kraut, kletter-kraut. lateinisch,
eupatorium (vulgare) Zedler universal-lex. 7 (1734), 138i.
STAUPBESEN, m., besen. grosze rute zum stäupen,
7?. 'stäupe, die Zusammensetzung ist nhd. seit Luther
zeugt und wird besonders in der altem spräche sehr
häußg Staubbesen geschrieben, vgl. Weigand 2, 803. in
Wörterbüchern erst seit beginn des 17. jahrh. : staupbesep,
scopae castigatrices Henisch 312, 42; virga . . . it. der
Staupbesen, poena virgarum CokvinüS fons latin. 735'';
'■■•aupbesen, scopae castigatrices, virga censoria, publica,
r'amis Stiki.er 112; staup-, stäupbesem, m. scopa,
jerza, scudiscio, frusta. v. stäupe Kram er dict. 2, 918*;
staup besen, magna carnificis virga Frisch 2, 323''; 'der
Staupbesen, . . . ein besen, d. i. grosze ruthe, einen misse-
thäter damit zu stäupen, in xcelchem. verstände es noch
die grosze ruthe bedeutet, mit welcher geicisse Verbrecher von
■^-in henker öffentlich ausgestriclien werden . . . gemeiniglich
Iireibt man es Staubbesen; allein das folgende weiclie b
nacht diese der abstammnng zuwider laufende verändening
des p eben nicht nofhuendig' Adelung; s. auch Campe.
fvRÜNiTZ 171, 73/. — mit der sache ist das wort in
neuerer zeit aus der allgemeinen Umgangssprache ge-
aehicunden ; doch kennt es die Volkssprache noch, zum theil
als schimpficort, s. unten 5, b. so auch mundartlich: ung.
Staubbesen 'ruthe* zum schlagen' Schröer 208» (aus
■ fem quellen? vgl. staupsäule); in Leipzigs, unten 5, b; auch
"'.: /neWeH&.stüpbessen, ruthe zum stäupenMi 88^; südhann.
mit entstellter lautstufe stüfbessen Schambach 215'*. (mnd.
rfo/ij»- stüpgarde, /., eig. stanpgerte, s. Schiller-Lübben
4, 352*, aus eitler qu. v. 1526.)
l) Staupbesen bezeichnet zunächst das geräth für die
öffentliche Züchtigung durch den Scharfrichter: das nu
etliche from sind und widder dis gepot nicht sundigen,
das rieht seine göttliche gnade aus odder meister Hans
mit dem seh wert und stauppebesem treibt, yhnen eine
forcht ein Luther 16, öii, 30 Weim. ausg.; es hat man-
cher frommer hausvater daheime kaum brod und kofend
genug und die vor der thüre betteln, geben das brod
den Schweinen, da gehören stauppebesen zu M.\thesius
Syrach (1586) 2, (zweites) 27''; denn solche leichtfertige
täntze, . . . die soll man mit prügeln und staupbesen von
einander treiben Weise erznarren s. 161 neudr. (285); wie
sie (die obrigkeit) dieselben im gefängnisz, mit dem staup-
besen abstraffen läszt, damit sie mögen fromm werden
Sperling Nicodemus quaerens 2 (1719), 588; was gebraucht
denn jetzo . . . der staat, um die deutsche mehrzahl, das
Volk, bei der ehre zu fassen? — infamien-strafen ; statt
des lorbeerkranzes das halseisen, statt des Ölzweiges den
staupbesen. . . . die höchsten Staatsmänner gehen ... als
höhere essenkehrer mit unsichtbaren besen und leitem
durch die straszen, und besteigen zum abkehren und
abkratzen den staat mit staupbesen und galgenleiter
J. Paul 34, 80 (2. nachdämmerung); vom bürgermeister bis
XU dem würdig redenden barbier und amtschirurgus,
dessen hecken, wie der staupbesen unseres letzten Scharf-
richters, durch Jahrhunderte auf den jetzigen Inhaber
herabgeerbt waren, muszten mir alle still halten Storm
6,90; heut ist ihr 'landtag' im freidorf Gersau, wohin
nicht büttel und steckenknecht reicht und man staup-
besen, brandeisen und galgenstrick nicht kennt W. Jensen
^•Pfeifer v. Dusenbach (1884) l, 220.
Mr.
2) so in gnoissen festen Verbindungen.
a) einem den staupbesen geben, ihn damit züchtigen
(wie die rute geben, s. theil 8, 1563): nachmals solte er
ihm den staupbesen geben lassen, und ihm eine öffent-
liche abbitte, nechst vriederruff, dasz er ihn nicht zum
schimpf bestohlen , . . . thun lassen der polit. maulaffe
(1679) 234; in ansehung aber unserer groszen last er gäbe
man uns den staupbesen und liesz uns damit laufen
Jucundiss. (l680) 148; ein delinquent möchte zu dem richter
sagen: herr richter, es würde euch nicht gut düncken,
wenn ihr an meiner statt wäret, und man Hesse euch
den staupbesen geben, den kopff abschlagen, u. s. f.
Nicodemus quaerens 2 (1719), 800; er (Peter Brahe) hatte
eine so herzliche neigung gegen sich und seine einfillle,
dasz er sich lieber würde den staupbesen haben geben
lassen, als einen artigen gedanken auf seinem herzen
und gewissen behalten wollen Rabener schriffen (1777)
2, 48. von privater Züchtigung : wahrhaftig, wenn die mir
den handel verdürbe, ich liesz ihr einen Staubbesen im
keller geben Borkenstein d. Bookesbeutel (1742) s. 56, lO
neudr.; im bilde: warum wachen doch die Obrigkeiten
nicht sorgsamer über den öffentlichen ergözlichkeiten,
und geben sonderlich den sentimentalen dramen der Fran-
zosen und Welschen, und den deutschen nachpfuschungen
. . . den staupbesen!? Schubart leben u. gesinn. 2, lli;
und doch reden die kerls vom gewaltgen drang . . .
thun der tugend auf der nase spielen,
geben ihr den staupbesen.
ScHiNK marionettentheater (1778) 70.
b) entsprechend: den stäupbesem kriegen, einem der
stäupbesem zu theU werden, havere la scopa, la scopacciata
publica, toccargli in sorie d' essere scopatc, frustuto publi-
camente Kr.\mer dict. 2, 918»; staup besen bekommen,
virgis publice caedi et in exilium mitti Frisch 2, 323'';
den staupbesen bekommen Adelung, belege: aber des
geldmachersfrauist nichtlosz kommen, bisz sie dem 13. aus.
den staup-besen erhalten und empfunden hat Meltzer
histor. Schneeberg. (i716) 1407 ; ist es aber eine glocke auf dem
rathhause (die geläutet toird), so bedeutet es, dasz bald
iemand den staup-besen kriegen werde rockenphil. (1718)
2,269 (4, eap. 5); man weisz die geschichte des mädgens,
das des morgens den staupbesen mit dem brandmarke
empfangen hatte, und des abends hundert tausend gülden
in der lotterie gewann Moser patr. phant. 4,149; man
kan es sagen ohne deswegen den Staubbesen zu fürchten,
dasz die hälffte der einwohner den Staubbesen bekommen
würden, wenn sie öffentlich sagten was sie dencken
Lichtenberg aphorismen 2, s. 104, 26/. Leifzmann; dessen
(des kammerdieners Lübbe Hillers) eine tochter wurde
in Jever öffentlich ausgestrichen, und seine andere tochter
erhielt in Kniphausen Staubbesen und brandmark Wiard.\
ostfries. gesell. 5, i61, anm. (zum j.ieeo). freier: (die grazien
u. s. w.) sollen samt und sonders den staupbesen t)e-
kommen Sc hink marionettentheater (i778) 190; den staup-
besen sollen sie haben, die kanaljen 174;
den staupbesen
sollt ihr haben — ihr bestien ihr! 2$.
im scherz: den beschlusz (des balles) machte h. Forche
im hemde, indem er nebst der mamsell Fanny oben
den Staubbesen bekam Eichendorfp li, löo Kosch (tageb.
10. sept. 1806; hierher?).
e) zum staupbesen verurtheilet werden Adelung. —
er dürffte sich nicht befürchten, dasz sein libell vor
inept würde erkandt werden, wenn er deszwegen seinen
injuranten auff staupbesen und landesverweisung an-
klagen wolte Kuhnau music. quack-salber s. 26 Benndorf;
wie ich heute höre, ist er arretiert, und wird auf den
Staubbesen angeklaget E. König an Lessing d. 19. mai 1771
(Lessing 13,295). — vgl. auch: entgehet einer aber hie,
das er mit der straffe verschonet wird, so wird er doch
sein gericht anders wo bekomen, darömb entgehet er an
einem ort dem Staubbesen, so bek6met er doch anderswo
einen strick dagegen Luther 28,583,15 Weim. ausg.;
was soll ich tbon? du bist nicht werth,
dasz ich dich anrfibr mit meim schwerdt.
ein staupbSsem geh5rt allein
ffir solch g' seilen, die nasweysz seyn.
Spangenberg griech. dramen 2, 70 Dähnhardt
{Äiax Lorar. 1608, II, 4, r. 2206).
Mr.
1195
STAUPBESEN
STAUPBESEN — STAUPE
1196
3) von hier «t« erhält dann stäupe in dUmählvchem
Übergänge die ahstracte bedeutung der Züchtigung : **staup
(ßuperest in composito staupbesen, ftistigatio infamis)
Steinbach 2, 690, vgl. oben Corvinus; bastonnade,
prügelung, stockschläge . . . bedeutet bey denen Juristen so
viel als staupen-schlag, staub-besen Apin gloss. (1728)65;
den peinlichen leibes-strafen werden beygezchlet . . . (III)
das ausstreichen durch den scharffrichler, oder den staub-
beesen Fleming t. soldat 515''. hingegen Hesse er {der bentel-
Schneider) sich hernach die bauern lahm und ungesund
priigeln, und müste wohl darzn gewärtig seyn, dasz er mit
einem gnädigen staupbesen zum überflusz bedacht würde
Weise eiznarren s. 96 neudr. (170); was wohl seine getreue
Liese dazu sagen wird? dieser gönnte ich doch auch den
staupbesen; schade, dasz man ihn abgeschafft hatPrEFFEL
pros. vers. (1810) 7,135; wie der arme sünder den staup-
besen nicht minder stark fühlt, obgleich der scharfrichtcr,
der ihn erteilt, für unehrlich erklärt wird Heine a, 302
Elster, so icol auch (?): ich hätte euch gerne 5 marck
4 Schill, zum Staubbesen gegeben, wenn ihr mir nur heute
aus dem hause geblieben wäret Borkenstein d. Bookes-
beutel (1742) s. 72, 15 neudr. — mit dem stäupen xoird ge-
fcöhnlich das brandmarken verbunden, vgl. Moser wnrf
WiARDA unter 2, b: der verlust oder das öffentliche aus-
ziehen der uniforme, w^ürde nach einmal festgesetzten
ehrenstande eine schwere und doch billigere strafe seyn,
als landesverweisung oder ein staubbesem mit und ohne
brandmark Moser patr.phant. 2, 66; dann wären nachher
vielleicht staupbesen und glühend eisen auf'n rücken die
herrlichen regalien, deren ich mich zu erfreuen hätte
Fr. Müller 3, 220 {Golo u. Genov. 4, l); Thalia, die Grazien
mit dem staupbesen gebrandmarkt Schink manonetten-
theater (1778) 192. in der regel auch mit der ewigen landes-
verxceisung Zedler universallex. 39, 1397/., vgl. oben KuH-
NAU. einesonst nicht bezeugteunterscheidung mMchtKRiJ'si'i'7.
171,73/..- 'wenn die strafe des sfaupetischlages zugleich mit
der landesverweisung verbunden ist, so heiszt sie der staub-
besen oder die strafe des Staubbesens, die ausstäupung, ist
dieses aber nicht der fall, werden dem Verbrecher blosz
nur ruthenstreiche von der olrrigkeit zuerkannt, so Jieiszt
diese bestrafung der staupenschlag'.
♦) zuweilen in freieren gebrauchsweisen.
a) dahin geliört es schon, wenn staupbesen von einer
privaten Züchtigung gesagt wird, s. Borkenstein unter
2,a, vgl. dazu stäupe, dann auch übertragen: darumb
ist es gut, dasz er {gott) nit so nahe als ir bey mir ist,
und mäsz ein langen staupbesen, sol er mich erreichen,
haben Kirchhof «endtmm. 1,292 Ö«^er/et/ (1,239); schurke!
hätte hier Flamin geflucht; aber Viktor, der glaubte,
diesen moralischen Staubbesen verdiene nur ein ganzes
leben, nie 6ine handlung, . .. dieser sagte J. Paul 9,22
(Hesperus 8,26). so aucJi: der staupbesen. eine drama-
tische fantasei, titel einer litteratursatire von Schink,
8. dessen marionetfentheater (l778) 125.
b) feste Verbindungen und redensarien : wer die wort-
straff auszschlegt, über den lesst got gewiszlich durch
den hcncker, Türeken oder teufel ein staupbesen binden
Mathesjus Sarepta 131», danach bei Hknisch 312, 45. nd.
scherzhaft: ek sin tofrßen, ftwer nich med den stüf-
bessen, 'ich bin mit allem zufrieden, wenn es nicht zu arg
ist' Scham HAcii 2\b^.
5) statipbcRcn wird dann in übertragenem gebrauche atich
auf menschen angewandt.
a) vereinzelt in freier Übertragung, der andern schaden
und Unheil bringt, t•(7^ gei8(z)cl 8, ft, fA«i7 4, 1 , 2618, gottes-
geiszcl {besonders von Attila): denn du bist der Christen-
heit nichts nütz, du bist ein schedlicher stcupbesem
der freunde iiottcs {am rande: ja der leidige teufel in der
holte) brief Tu. MCntzers an graf Ernst zu Mansfeld
vom j. l.W.'., bei Li;iher 3. l»4* (l8. II71, 6 Weim. ausg.).
h) liHufiger als Schimpfwort, wo! nur für frauen, eigrnt
lieh eine, die die strafe des staup/tesens verdient {vgl. rtica
(talgienstrick 2, iheil 4.1,1178); so in Leipzig utauphcRcn
' schimpf irort. /fs. für gemeitie, widertc/irfige fraueniimtner,
irelrhe (Tp^lHupt tu trerden verdienten; davon das noch
stärkere xlniipbesonluder' Aiuhfcht 216, und auch sonst
in der rolksHjn-nr/ie. aueh in der litteratur {in vulgärem
#/iO: 0 staub bcscn! o schandmUtze! ooscl! A.Gryimiii's
Mr.
(1698) 1, 915 {d. .teugamme 4, 10; zu der amme gesagt, die die
tochter ihrer herrschaft verkuppelt hat); vgl. d. anm. «.9.53. —
sonst treten dafür Zusammensetzungen ein: ich will die
Camille zwar nicht schimpffen , allein wenn sie dieses
mir nachsäget, so redet sie solches wie eine staub-
besenhure Chr. Reuter Schlampampe krankh. u. tod
(1696) 2, 8 (.9.116 neudr.); staupbesenluder, s. oben
Albrecht; was steckst im sack da? he! staubbesen-
waar! was steckst ein? H. L. Wagner die kindermörderin
20 (16, 10 nexidr.).
STAUPBESEN, verb. mit dem staupbesen züchtigen;
sclierzhafte gelegenheitsbildung .-
{ich, Hanswurst) bin kürzlich zwar
von euch Verstössen, und gestaubbes't worden.
Schink marionettenthenter (1778) 90.
'STAUPE, /., öffentliche Züchtigung m.it rufen.
1) das wort bezeichnet zunächst den pfähl, an den der
Verbrecher zum zweck der au.ipeitschung gebunden icurde,
und ist verwandt mit dem flrf/.*staupa- steil, hoch, s. stauf II,
und dem verb. altn. stüpa emporstehen (Fritzner' 3, hS&^),
s. ToRP bei Fick* 3, 496. es gehört zunächst dem fries.nd.
Sprachgebiete an: altfries. stupa Richthofen 1055»; m,nd.
stupe Schiller -LCbp.en 4,451; mrd. stupe. doch hat
sich stupe früh auf das mitteld. gebiet ausgedehnt und ist
hier schon im 13. jahrh. nachzurceisen, s. mhd. wb. 2, 2, 715''.
Lexer handwb. 2,1273/ Kluge*"' .377». indessen beiceist
das fehlen der lautverschiehung, dasz es sich um entlehnung
liandelt. {kaum ist diese aus dem ursprünglichen pp zu
erklären, jedenfalls ist fernzuhalten das bair. stauppe, m.
in alten orts- und fiurhezeichnungen: wir Arnolt der Jud-
man ritter und ich Bcrchtold der Judman gebrüeder ge-
nannt von dem stauppenn urk. v. 1330 s. monum. Boica
16,360; des Hagen acker zw dem stauppen ».361.) der
nhd. Schriftsprache gehört das tcort seit Luther an, doch
in abgeleiteter bedeutung. den hd. m,undarien fehlt es in
diesem sinne gänzlich {so ausdrücklich bezeugt für Hand-
srhtiJisheim , Lenz 68*; vgl. im übi-igen II). doch ist es
auch in nd. mundarten in dem ursprüngliclien sinne nicht
mehr nachzuweisen und im laufe des 19. jahrh. mit der
sache selbst abgekommen.
2) die ursprüngliche bedeutung des pfaJdes ist in der
alten spräche zxtweilen noch vollkommentdeutlich. für pfähl
schlechtweg scheint stupa im fries. noch vorzukommen:
huamso ma slacht iefta myt yrsen syuth {oder mit eisen
verwundet) iefta mit holte ieff mit stupa oen syn haud
{haupt) Richthofen 4<;4», 14 (?). .«onst nur in dieser spe
ciellen anwendung : stipa vel stu}^ {. . . statua in qua fures
ligantur qui abscondunt bursas) . . . pranger, staupp, stepffel
DiEF. gloss. 653» {voc. theuton. Nürnb. 14S2, nach Lexer
handwb.: stäup vel pranger); stäupe per meton. loctis et
jmlus infamis, ad qtiem ligati virgis publice castigantur,
alias staup-säule Haltaus 17.S8: si vero aliquis excedens
castigari virgis et verberari debet in loco, qui stupe vul-
paritcr dicitur urk. v. 1270 s. ebenda; si aliquis in furto
comprehcndifur et id furtum minus valeat quatuor solidis,
in tormcnto quod stupe vocatur feutonicc ferietur Statut
v. Salzwedel vom j. 1273, .v. eltenda; an. 1510 hat der rath
eine neue hölzerne stäupen von eichen setzeiin laszen
Naumb. chron. s. ebenda ; durch den scharfrichtcr als einen
dieb mit stricken gebunden an die stäupen führen lies«
urk. V. 1547 s. ebenda, von der säule bei der geiszelung
Jesu: denke an de stupe, dar yck wart to gebunden
Oldenburger gebetb. l>ei Schiller LObben 4,451»; sotist
in geistlicher dichtung:
mit pro;en iincron
man in'(*. Martinut) xeinpr »lupcn bant.
pOM. 59«, 10 Kopke.
8) sie liegt offenbar auch der häufigen festen redetctndunf
zur stäupe schlagen {(fleicJibedrutrnd mi7 stäupen, aU«»
st&upen) tu gründe, die schon im i:\. jahrh. belegt und bi$
in die neuere zeit (Musäus, 178«) üblich geblieften istt
eedere iHrgis tr.u der stupcn slan Dikk. gloss. 109" {au$
Tbochi'R voc. rer. prompt. i!>x-t); liaut und har daz ist dl
man einen zur stäupen schlecht Dikf. • WCi.ckkr 86t
{Frankfurter handsrhr. des t(i. jahrh.), s.attch Haltaus I71»
«/«/. zurtstaupe Hchlagcn, *. Stiei.ki« unter 4, b; Jemandett
zur stäupe schlagen, 'd. h. ihm den staupliesrn geben, ihm
öffentlich stäupen, tcrtche r. a. noch in den gn ichten gang
Mr.
1197
STAUPE
STÄUPE
1198
bar ist, und niederdeutschen Ursprunges zu seyn scheinet,
enigstens in dieser mundart schon sehr alt ist' Adelung.
jtl. ter stuyp slaen v. d. Schüeren Teuthonista s. 385»
Verdam; brem. enen to'r stape slaan 'einem den staup-
lesen geben: öffentlich durch den Scharfrichter ausstäupen
lassen' brem. wb. i, 1080. belege: den deev schall men hengen
umme duTe de beter is denn 8 schillinghe, unde be-
ne(de)den 8 schillinghe schall men en to der stupe slaen,
unde mit einem glöenden slotel an sin ene led bemen
Hamburger über ordalium v. 1270, 12, % 7, bei Westphalf.N
monum. ined. i, 3017; ne wurde he (der ein falsches zeugnis
'ihgelegt hat) dhar nicht ute (ute thes Stades camere)
; lest, men scal en upper {var.: to der) stupe slan unde
M :al de stad vorsweren unde nicht mer to Bremen comen
Brevier stat. v. 1303 bei Schiller-Lübben 4, 45l'>; dosulves
wurden to Hildensem dre wyve tor stupe slagen unde
ud der stat vorw^set umme erer toverye willen Lüb.
chron. 2, 391 (zum J.U16); we den anderen gheschedighet
. . . hefft , de salt em betalen. hefft hees in den budel
nicht . . , so mot heet myt sleghen betalen unde mot den
rugge dar voer holden; men sal ene dar voer tor stupe
slaen Jon. Veghe *. 37, io Jostes;
mit starchen ungeverte
wart er {Patdxi*) zer stupen wol dris (dreimal)
geslagen, da^ die besem ris
im zerissen sine hut pa^. 184, 24 Hahn;
zu der stnpen man in slnoc 268, 37;
s. auch Haltaus 173S (zu ende) und Scherz-Oberlin 1562.
nhd. : do gieng hyn zu eyn gute christliche frawe . . .
und erbot sich, man solt sie zur stäupen schlagen, ...
man solt den man nur widder eyn setzen Luther
18,239,35 Weim. atisg. (sehr. 3.35» Jenaer ausg.); Pilatus
lesst ein urteil ghen, wil yhn geissein und zur stauppen
schlahen und lassen gehen 29, 239, l (vgl. unten); da
' olt jch auch nicht raten noch heissen gnad erzeigen,
ndern lieber helffen, das man solche zur stäupe schlüge
..dder jnn einen sack stecket 32,379,36 (5,383»); als die
herren disz hören und sehen, lassen sie unverhörter
Sachen . . . diese zwen (Paulus und Silas) nacket ausz-
ziehen, and öffentlich zur stäupe schlagen Mathesiüs
Sar. 214*>; entlich merckten die Polen seinen betrug (eines
falschen Schatzgräbers' und leichenräubers) , Hessen jhn
zur stauppe schlagen, und eine cronen aa die stim brennen
Hennenberger preusz. landtafel 278; man hat sie (die
Christen) gepeitscht, zur stäupen geschlagen, lebendig ge-
schunden, und darauff eingesaltzen . . . Dan. Schaller
iheolog. herollt (i604) 66; welchem Schlüsse so sich einer
wiederlegen wollen, ist derselbe zur stäupe geschlagen
-MiCRÄLius altes P&mmerl.(t6i0) 2,ldS: an. 1626. d. 18. Januar,
wurde der Kleiber mit seines weibes seh wester, die er
geschwächt, zur stäupen geschlagen und ewig verwiesen
Meltzer histor. Schneeberg. 1055; also ward auch einer
von Ober-Krinitz d. 9. nov. 1714. propter furtunuzur stäupen
geschlagen und ewig des landes verwiesen. 1056, s. auch
9. 1426 ; dieses weih in der schenck-stube ist eine ertz
vettel, die w erth wäre, man schlüge sie ihrer leichtfertig-
keit halben zur stäupe Ettner media, maul äffe (1719) 173;
die armseligen schlachtopfer der Justiz, die öffentlich zur
Staupe geschlagen, gebranntmarkt, oder enthalset wurden
MusÄus physiogn. reisen (1788)3,9. dafür: zur stäupen
hawen Comenius sprachenth. (i657) im reg.; einen zur
Staupe hauen, publice aliquem virgis caedere Steinbach
2.690; 'zur Staupe hauen, tat. fustigatio, . . . ist, da der
rurtheilte Iffentlich durch die gössen und Strassen von
'II scharffrichter, oder dessen knecht, über die entblöszten
Kchtdlern mit ruthen gehauen icird' Zedler univ.lex.
89, 1397 ; sie (die obrigkeit) last auch wohl einige an pranger
stellen, zur stäupe hauen, köpffen, rädern, verbrennen
Sperli.ng Nicodemus quaerens 2 (l719), 587; last eine obrig-
keit einen bösen menschen an pranger stellen, oder zur
Staupen hauen, oder hencken, oder köpffen, oder auf
eine andere art und weise öffentlich absf raffen, so ge-
schieht solches in terrorem atque emendationem alio- i
nim 588. — früher zutceilen noch andre Wendungen: \
auch kan ich stelen und gar wol verslan '
und bin doch nie zu der stäupe gehan.
Wackbrnagel leseb. i*, 10I6, 12 (ottermiel
de» 15. jahrh.); '
«*«wo liest in der steUe Luther 29, 239, l («. oben) die
Mr.
Nürnberger handschr. .- Pilatus wolde yhn lassen zur stäupe
haben und zur stadt hinaus weyszen z. 24; so maus aber
recht betrachten wird und die Ordnung bey jhn finden,
sie wurden etwan mit prüglen bezahlt werden, oder zu
Staupen gejagt uiind noch mehr Paracelsüs opp. (16I6)
1, 61 C. — zur stäupe schlagen freier für prügeln über-
haupt :
ok dachte he (jBrun der bär) up de quaden bur,
dat se en sus hadden slagen tor stupen.
Reinke de to«s03
(Reinaert 860 hat dafür das wort stupen *. unter stäu-
pen 2, a). — übertragen: zur stäupe hauen von litterar.
kHtik (vgl. stäupen 3,/): wir beobachten, wie der bor-
nirte mann (Gottsched) . . . anfänger nicht abgeschreckt'
oder schon um kleiner unvoUkommenheiten willen 'vor
aller weit zur stäupe gehauen' sehn will E. Schmidt
Lessing^ 1, 52. gelegentlich schmilzt die toortgruppe auch zu
einem compositum zusammen, doch wol nur in den nominal
formen; so im inf. mnd.: item 6 seh. deme bodele vor
stupehauwent qu. v. 1505 bei Schiller-Lübben 4, 451";
heip mi . . . dorch dat stupeslant,
dat dyneme kynde wart ghedaen 452»;
nhd.: so sollen sie diszfaUs mit stauppenschlahen ver-
wiesen werden eliepoliceiordnung der grafen von Ysenburg
r. 1584; die sollen mit stauppenschlagen gestrafft werden
! ebenda ; scelus fustuario dignum, eine ubelthat, die desz
staupehawens werth ist Corvinus fons latin. (i646) 376.
, impart.pass.: we ok eynen deef husede edder holede,
de scholde hebben vorloren al sin gud, unde darto sin
stupeslan denscke krön, (nach I48i) E. e*» de» Schillek-
LCbben 4, 452»; Staupen geschlagner Logau 3, 7, 59 (s. 130),
; überschr. eines epigramms, das beginnt:
einem ward der tantz mit ruthen, zu der stadt hinausz
gemacht.
: mit dem erlöschei\ des ursprüngliclien sinnes von stäupe
icird die redensart unverständlich: einen zur stäupe
schlagen, id. scheint eine pöbelhaffte unordentliche aus-
drückung zu seyn, und ist vielleicht davon entstanden,
dasz man an einigen orten den schimpf des auspeitschens
zu mehren, einen henkersknecht mit einer trummel mit-
gehen läszt, die keinen boden hat, auf welche er mit
einem alten koch-löffel schlägt, man sagt daher für
sUupe, auch staupen-schlag Frisch 2, 323"; aucA Adelung
findet diese redensart sonderbar, s. unter 4, b.
4) mit verblassen des ursprünglichen sinnes wird dann
stäupe atich für die Züchtigung selbst gesagt und so später
gewöhnlich.
a) so schon im altfries: thruch thet skilun hia (rf.
Friesen) wesa fria . . . uter stok and uter stupa Richt-
HOFEN 25, 26 (16. küre, Rüstringertext, ebenso in den andern
fries. texten), wofür der mnd. text bietet: sunder stocken
sunder gheyselen, der lat.: preter ligni clausuram, et
absque flagellatione 24, 25, *. auch 25, anm. 21 (mnd. end
verkorenn wy Vriesen stock end stupe) und s. 1055». —
mnd. s. Schiller-LCbben 4, 451»'; z. b.: doch wor koppent
recht schal syn, dar ys de stupe eyne sachte pyn Lüb.
chron. 3, 431 (zum j. 1482). in diesem sinne noch von den
älteren ml. idiotiken verzeichnet: brem. stupe 'stäupe,
Staupenschlag, staupbesen' brem. wb. 4, 1080; pomm. stupe,
stup-bessen 'der staupbesen. das öffentlidie ausstreichen
durch den büttel' D.ähnert 472»; *. femer i,a. — nl.. z.
th. in ßbiceichender lautform: stoepe verber : fustuarium,
castigatio fustium et virgarum Kl Li an 2, 641»; stoepe
vetus: sax. sicamb. cutis et crinium exstirpatio : poena cutis
et critmivi, corij et capilli. ebenda (miszver standen*);
stuppe vel stoepe. poena cutis et crinium. stuype sicamb.
verber. flagrum: virgae 650»; vgl. dazu Haltaus 1738 (l),
der diese bedeutung als die ursprüngliche ansieht.
b) ebenso im nhd., wo die Wörterbücher das wort aller-
dings erst seit mitte des 11. jahrh. verzeichnen (s. auch
unter 3): stäupe, /. steupe ftuiigatio Schottel (1663)
1421 ; Stäupung, die, et das steupen, it. die steupe, et stäupe,
fustigatio . . . einen zur stäupe schlagen, aive die stäupe
geben, virgis famosis castigare aliquem Stieler 2151 /.,-
Staupe (die) fustigatio Steinbach 8, 690 (als plebejisch);
supplicium virgarum Frisch 2, 323»; 'im hochdeutschen ist
ea in dieser bedeut^mg (ruthe. s. e) veraltet, wo man es
2. mir für staupcnschlag, d. i. die strafe der öffenüicfien
Mr.
1199
STAUPE
STAUPE
1200
Züchtigung mit einer grasten rutke brattcht. und zwar ohne
plural, und in der dem anscJieine nach sonderbaren r. a.
jemanden zur stäupe schlagen' Adelung.
c) so in festen Verbindungen: die stäupe geben Stieler
2158, 8. b, vgl. unten e; einem die stäupe geben, caedere
aliquem virgis publice Frisch 2, 323''; zur stäupe ver-
urtheilen. die stäupe erleiden Campe (v^i. staupbesen 2).
d) belege: das beide Carlstad und Orlamünder verdienet
betten, eine gute starcke stäupe, den andern rotten zum
exempel Luther 8, i8^; s. dazu stauche III, 4; wenn man
auffs scherffste mit jhnen {den 'gartebrüdern' , bettlern,
landstreichern) fehret, so lest man sie mit einer stäupe
hin laufTen, etliche werden verweiset, etliche kommen
mit einem uhrfehd davon Pape bettel u. garteteuffel (l58e)
» ach, welche policey! ich sollte hier gebieten ;
mein urtheil wäre tod für die gesammte brut,
und für den herrn des gute die stäupe.
Pfeffel poet. vert. 9, 92.
«) stäupe geht dann auch in die bedeutung der ruthe
über, womit die Züchtigung ausgeführt loird. so icol schon .-
wens aber also wäre, das ein jglicher nur ein stflcklin
brots und tr&ncklin wassers haben seit und doch sein
abgemessene arbeit, als ein zehen fuder mist auff zu laden
und hinaus zu fören, und wenn er das nicht thet, flugs
hinder jm hehr mit der stäupen Luther 28, 6*7, 16 Weim.
ausg.; wofür kurz vorher: ist mit einer peitzschen hinter
jr her 646, 16. dieser Übergang ist wol besonders gefördert
durch die vxndung einem die stäupe geben, s. c, woneben
in ganz deinsdben sinne einem den staupbesen geben, s.
staupbesen 2, a. spätere Wörterbücher geben geradezu diese
bedeutung: stäupe, stäupe, f. scudiscio, frtista, sferza,
verga du battere, staffle, einem die stäupe geben, dare
la scopa, la sferza, lo scudiscio, lafrustu ad uno Kramer
dict. 2, 918*; die stäupe, 'l. eine ruthe, besonders eine grosze
ruthe, jemanden damit zu stäupen' Adelung (giebt als
beleg Jerem. 30, 14, *. unten 5 c, tuid diese redensart).
f) mit dieser Verschiebung der bedeutung hängt auch das
aufkommen der lautlichen nebenform stäupe zusammen,
s. das. 1.
5) stäupe loird dann auch in weiterem und freierem
sinne gebraucht.
a) für Züchtigung mit ruthen überhaupt {vgl. Reinke 803
unter ii); Züchtigung von hindern, so im neund., hamb.:
'stup brauchen wir auch Substantive : he schall stup hebben
er aoU was mit der ruthe haben Richev 298; ebenso holstein.
Schütze 4, 218, während in Osnabrück das subst. unbe-
kannt ist Strodtmann 382»; s. ferner unten d.
b) dann auch für strafe überhaupt: 'in dni de Drey-
HAUPT t. I. p. 251 Joliannes de Disskau an. 1547. minatur
Halensibus: dann ich sorge habe, so sie nicht zum creutz
werden krichen, werden sie eine alte stäupe leyden müssen.
aut inteUigit miles iUe calamitafem hostilem aut {ut m,ihi
videtur) proseriptionem imperatoris metuendam' Haltaus
1788. so im 18. jahrh.: darüber wurde der geist endlich
anwillig . . . und wurde gegen alle wanderer so barsch
und grämisch, dasz keiner ohne furcht das gebirge be-
trat, auch gelten ohne stäupe entrann MusÄus volksm.
1, 43 Hempel (4. leg.); wer ist denn der Goul, dem du die
reisen eines Franzosen durch Teutschland beilegst? wer
er auch seyn mag, er hat eine tüchtige stäupe verdient
WiBi>AND *. briefe an Merk l, s. 408 (27. oct. 1783); meint
ihr, sie (die Franzosen) seien . . . nicht erbittert, dasz
sie endlich die verdiente stäupe gekriegt haben? Arndt
werke l, 201 Röseh.
e) insbesondere ist stäupe in älterer geistlicher redeioeise
verbreitet, leo Unglücksfälle und plagen gern als göttliche
tüektigung aufgefastt werden: ich Hab dich geschlagen,
wie ich einen feind schlüge, mit anbarmhertziger stäupe,
amb deiner grossen missethat . . . willen Jer«m. 80, 14;
wenn wir sehen and wissen wollen, warflm der eifrige
herr Zebaoth so sehr zöme; . . . auf uns geschlagen, wie
ein feind, mit anbarmherziger stäupen, mit unsliglichcn
kriegespresBuren , verwUst- und vorterbungen ; und dag
edle Deutschland also zugerichtet, das alle einwohner
tnumn müssen? Butschky Pailimos s. 48t (.121). so auch .
•ed tarnen deus stolt sich noch greulich und muH><i>n
Torfain ein stauppen erleiden Luiiikh in. «89. 1« Wrim.
ausg. sotehe tsendungen auch, oltne das gott ausdriieklich
Mr.
erwähnt wird: wo wir uns nicht bessern, und ablasssen
von Verfolgung und lesterung des evangelij, wir müssen
herhalten, und eine stäupe leiden, wo es der Türck nicht
thut, so mus es doch etwas anders thun Luther 4,480»;
wo bleiben die heiligen freunde gottes, die Saracenen,
die von den Tattern so manche stäupe haben leiden
müssen 8, 23''; und zwar wir betten ein gute scharffe
stäupen wol verdienet, denn Deudschland hat das Hecht
der warheit . . . noch nie so helle und rein gehabt, . . .
als eben jtzt. wie stellen wir uns aber dazu? 2,519».
dazu: stäupe . . . mit dem p und zwo sylben, das ist,
plage Gueintz deutsche rechtschr. (1666) 139 {mit vericeis
auf Jerem. 30, 14).
d) dabei liegt in der regel das bild der väterlichen zück-
tigting {vgl. a) zu gründe; so deutlich: wir zwingen gott
Zinn zorn mit aller gewalt, . . . das ich warlich den lieben
vater nicht kan verdencken, das er uns ein mal ein red-
liche stäupe gebe Luther 5, 203» {=briefe 4, 197); vtjt
sehen, . . . wie lieb der vater wird, nach der ruten und
stäupe 19, 240, 32 Weivi. ausg. ; dasz euch bewegt, ob geld-
schuld, so auf erben von eitern gelassen wird, auch
ein kreuz sey, von gott aufgelegt, kunnt ihr wohl denken,
dasz alle stäupe, damit gott seine kinder stäupt, etwas
des heiligen kreuzes sind ... es soll aber (wie all ander
stäupe des lieben vatcrs) das gewissen nicht schrecken
als eine ernste Ungnade, sondern trösten und stärken,
als ein väterliche ruthe oder fuchsschwanz briefe l, 427.
von da aus nimmt stäupe in diesem freieren gebraudte
dann zuweilen den sinn einer leichten strafe an, der der
eigentlichen bedeutung nicht entspricht {vgl. jedoch Lüb.
chron. 2, 431 unter 4, a): er drewet, die straffe werde nicht
ein Staupen und kinderstraff sein, da besserung nach folge,
sondern es werde eitel zorn und gar aus sein Luther
randbem. z. Hesek. 21, 10 {bibelübers. 7, s. .526). ähnlich:
auch ist das scepter Juda damit nicht weg gewest, ob
die Juden gen Babylon gefangen wurden gefurt, denn es
war allein ein stäupe 70 jar lang Luthers, 66''; denn
es war nur eine kleine stäupe, auff 70 jar gewis ge-
stimmet 68''; aber andrerseits auch: das er {d. herzog zu
Braunschweig) nu gefangen und aus seinem fürstenthum
gestossen, sol er nicht deuten, das es sey die rechte
stäupe, so er verdienet, sondern ein fuchsschwentzlin,
damit er seuberlich und gnediglich vermanet ist zur
busse, und sol also sagen, lieber gott, weil ichs wol
erger verdienet, und du doch mit solchem kleinen gnedigen
reislein mich hast gesteupt, so wil ich diese straffe gerne
tragen mein lebenlang 251''; vgl. noch: gott der allmech-
tige hat mich ettliche zeit her ynn der zucht und stäupe
so hart gehallten, das nicht viel lesens noch Schreibens
hat bey mir sein mugen 23, S-SS, 9 Weim. ausg. {sehr. 3, 391'').
e) daher werden deim allerlei plagen, besonders die groszen
landplagen, wie krieg, pest, hungersnot, auch schlechtweg
als stäupe bezeichnet, vgl. Frisch 2, 383'' unter 11, 2: weil
denn schuld, odder dürft, odder armuth nicht eine ge-
ringe stäupe, der sie nicht zu tragen weisz Luther
briefe 1, 427; wenn er {gott) sihet, dasz wir undanokhar
unnd seinem wort unnd befehl ungehorsam sind, so
lesset er uns durch den teuffei ein guten .Schilling geben,
mit pestilentz, krieg, thewrung, und der gleichen stäupen
und plagen tischred. SS** ; da geredet ward voji der groggen
pestilentz, . . . sprach doct. Mart. die straffe folget all-
wege der sünde, ... es wird gewiszlich eine stäupe ge-
wegzt Heyn 100''; so auch: wilt du mich aber nu nicht
mehr fflr deinen gott halten, . . . denn so kAniot der
Tflrcke oder sonst andere stäupen, dieselhon leren dich
ri'olit mores yrerke 88, 786, .SO Weim. ausg.: vgl. ferner:
aber das sollen sie wissen, das wer widdcr uhcrknit
strebt, der nympt eyn gerioht aber sich, Rom t.t. das
ist: eyne stauppe, neyn stauchen odder plage werden sie
haben 17, 1, >li, li. dasu: unglücksstaupe, ealamitat
Stiki.rr 8lßS. — so ist xeol auch tu verstehen:
herr PrtH« rp\r.\» Qriechenlaml
sur Troja waril verbrannt,
ein -er apfsl brachte
dii' I. eb' man e« dachte.
MiiJüu ?<f( .Saiibr OMUnger tUcMerh. 2. », Wl
(die macM der sehönh , 1774, v. 8).
/) st Aiipo für 'die irdische straf teil' in der WfUdeekisektH^
kirehenordn. v. 15M H 8, s. Bauek-(}om.iT7 174.
Mr.
1201
STAUPE
STAUPE-STAUPEN
1202
II. krankheitganfail.
i) Verbreitung, a) das tcort scheint vom n&rdtcesfen des
gesammtdeutschen Sprachgebiets, vom nl. auszugehen, ist aber
at^ch hier erst in neuerer zeit bezeugt: stuype. stupor. et
eoncttssus, concussio: et spasmus, convulsio: et deliquium,
de/ectio animi: et fland. febris Kilian 2, 650* {schon in
der ausg. v. 1599 *. 240) ; jetzt hoU. stuip zuckung, eonvulsion,
laune. vgl. Franck 989; dem eigentlichen nd. scheint das
wort fremd zu sein, denn der bei Schiller-LCbben i, 45l'>
gegebene beleg aus dem anh. zum ostfries. kochb. zeigt rein
nl. sprachform, dafür hat das nd. in demselben sinne eine
parallelbildung stake, die auch ins nl. hineinreicht, s.
stauche III, 3, d. e.
b) dagegen bieten mitteld. mundarten genaue entspre-
chungen: rcetterauisch mit umlaut stäupe (schtäube) die
fallende sucht Crecelius 806; ebenso in Frankfurt stäube,
steube, auch stickstoibe, s. Askexasy d. Frankf. mund-
art s. 151; soll die ganz deutsch aanigkeit des steupe
kriehe, s. 37; mansf. stäupe ein kurzer krankheitsanfall
Jecht lO"*»; ebenso in Leipzig Ai.brecut 216''; schles.
stäupe; ich hab' ne rechte stäupe gehabt Frommann i, 187.
formen, die dazu im, ablaut stehen, finden sich in hess.
mundarten. so steht niederhess. stuppe einem oberhess.
stäupe gegenüber, 'krankheitsanfall. paroxysmus der krank-
heit, und nicht blosz der leiblichen, auch der narrheit, so-
gar des Zornes n. dgl.' Vilmar 406; nass. stiepe, 'krank-
heitsanfall, -itstosz' Pfister 286. diese formein beweisen,
dasz das vort im mitteld. bodenständig ist; das unver-
schobene p kann daher nur aus ursprünglichem pp erklärt
Verden.
c) in der nhd. Schriftsprache ist das toort seit dem
n.jahrh. bezeugt {bei Scherffer und Wiedemann s. die
bdege unter 3). die Wörterbücher haben es erst seit Frisch
(.». unter 2) aufgenommen, häufig mit der ausdrücklichen
angäbe, dasz es ein niederes tcort sei. s. Adelung und
Heynatz unter s.
■>) etymologie. geht man von der schriftsprachlichen be-
dfutung einer seuche aus, so liegt es nahe, diese an stäupe I
anzuknüpfen, sie als einen specialfall von I, 5, e zu nehmen.
90 deutlich Frisch 2, 323'': stäupe, heiszt auch, morbus
epidemicus, calamitas publica, affiictio communis, es folgt
eine stäupe auf die andere, castigafio casfigationem sequi-
tur. ihm tritt Adelung entgegen: 'Frisch siehet dieses
wort als eine figur des folgenden an, so dasz es jede
landplage oder plage bedeuten vürde. allein es scheinet
wohl ein eigenes und verschiedenes tcort zu seyn, obgleich
dessen stammbegriff so deutlich noch nicht ist'; ähnlich
Weigand 2, 803. da.fz in der that ein besonderes wort
vorliegt, ergiebt .fich schon aus dem ganz verscJiiedenen
Verbreitungsgebiete, ebenso icird es durch die ursprüng-
liche bedeutung eines krampfes oder krampfartigen krank-
ieitsanfalles beiciesen, die sich in den volksmundarten
durehtceg erhalten hat. die tceitere abkunft und Vor-
geschichte darf man sich wohl nach analogie von stauche
vorstellen, s. das. III, 3.
3) die ursprüngliche bedeutung bestimmt Weig.\nd mit
recht als 'überlaufender, schüttelnder krankheitsanfall;
krampfanfall mit gliederzucken', sie ist noch deutlich in
der Zusammensetzung kornstaupe, bezeichnung einer
1716 — 1717 aufgetretenen epidemie mit krampf anfallen:
'spasmodische kranckheit, morbus spasmodicus, sonst auch
griebel- oder kriebelkranckheit, griebelsucht, oder korn-
staupe genannt' Zedler universal-lex. 38 (1743), 1234. in
den litteraturbelegen tritt diese i-orstellung zurück vor der
einer ansteckenden krankheit, epidemie; vgl. Frisch unter 2,
ferner: 'stäupe heiszt jede ansteckende, gifftige und plötzlidi
ttdtende krancklteit . so wold bey den menschen als viehe,
*. e. hitzige fieber. pest, vieivsterben u. d. g.' Zedler tmi-
versal-lex. 39 (1744), 1397; 'die stäupe . . . ein nur im ge-
meinen leben einiger gegenden übliches tcort, eine ansteckende
krankheit, eine seuche zu bezeichnen, die stäupe bekommen,
die herrschende ansteckende krankheit' Adelung; 'die
•Uape für eine timher geltende [epidemische) krankheit, ist
iBenigstens gemein gesagt' Heynatz Antibarb. 2, 444. belege:
«unb diese zeit grassirete die rothe rühr, absonderl. im
Reust&dtlein , daran viel kinder starben, und an dieser
rtanpe muste auch der bergschmidt uffm gebirge . . .
^B leben einbüssen .M elter histor. Schneeberg. (1716) 1407;
X. 2. Mr.
recht müssen wir ietznnd an unserm ort' erkennen
dasz Dm and um der todt mit stäupen ans berennen
und gleich beheizen wil
ScHERFFKR grabschr. (1646) 4, s. Drbchsler
Wencel Scherffer «. 249 ;
der artzt ist freuden-voll und nimt sein glucke her,
wann kleine stäupen gehn, dasz nur viel lente krancken
Wiedemann hittor. gefangentch. (1690) mai 65,
ungewöhnlich von geistesstörung : guter gott, bewahre du
. . . einen jeden, der der wuth seiner leidenschaften keine
zügel anzulegen weis, vor der schaudervollen stäupe,
deren andenken allen empfindsamen das haar empor
richten macht . . . gieb dem mitleidenswürdigen den ge-
brauch seiner sinne wieder Wertherinn (1775) s. 37. über-
tragen: in Wahrheit; der fünfte akt ist eine garstige böse
stäupe, die manchen hinreiszt, dem die ersten vier akte
ein weit längeres leben versprachen Lessing t, ii {Ham-
burg, dramat. 2, vgl. Cosack materialien^ s. 30). — dazu
im eijizelnen kornstaupe, th. 5, 1831 und oben. — ungetcöhn-
lich ist die abgeschwächte bedeutung : 'so nennt man im ge-
meinen leben oft schon schnupfen und ähnliche ansteckende
krankheiten stäupen' Campe.
4) stäupe tcird dann auch von krankheiten des i^iehes
gesagt uiid so tcohl in der regel in der nettesten zeit, tco
das wort in der allgemeinen ttmgangssprache überhaupt
nocJi üblich ist, vgl. Cosack a. a. o.: die viehstaupe, die
viehseucJte Adelung; vgl. viehstaupe. speciell:
a) 'in engerer bedeutung ist in einigen gegenden die
stäupe eine ansteckende krankheit der schafe. da sie den
taumel, und hernach den dtirchf all bekommen, und plötzlich
sterben Adelung; s. auch blutstaupe, th. 2, 192. Campe.
b) netterdings sagt man stäupe oder hundestaupe für
die hundekrankheit {th. 4, 2, 1922), der junge hunde häufig
unterliegen; und diese bedeutung scheint allein in der ge-
tcöhnlichen Umgangssprache üblich zu sein : 'hundeseuche
(stäupe), eine katharartige krankheit, die in verschiedenen
graden die Schleimhaut der nase, der luftröhre oder die
lunge affizirt, daher schntipfen, husten, feuchtende äugen
ttnd neigung zum erbrechen nebst unterdrückter freszlust
und fieber' Behlen 3, 123; 'hettte bekommen geicönlich nt(r
hunde die stäupe, d. h. sie tcerden augenkrank' Drechsler
W. Scherffer s. 249; wo in der nachbarschaft ein kanarien-
vogel den pips, ein hund die stäupe oder eine Verwun-
dung auf dem felde der ehre bekam — alle wurden zu
Preetzens gebracht daheim 31, 399'».
c) Jieute auch pferdestaupe, leuma, für eine ansteckende
krankheit der pferde, die sonst aucJi als influenza oder
rotlaufseuche bezeichnet icird, vgl. Dieckerhoff, die
pferdestaupe {Berl. 1882).
5) hierher tcohl auch thür. {altenb. u. s. w.) stäupe, leichter
regen Hertel sprachsch. 234.
STÄUPE, /. 1) nebenform zu stäupe I, s. das. 4, b
(Schottel, Stieler) und 4, e (Kramer), so auch {zu I, 3) :
diser k. Hilderich liesz einen Franzosen genant Codilo
binden an eine seule, und zu steuppen schlagen Gersten-
berger chron. Thuring. s. 101 bei Scherz-Oberlin 1570.
2) tcetterauisch für stäupe II, s. das. 1, b.
3) in Davos stäupa, /. 'schicamm' 'der staubt {saamen
kapsei tcelcher pflanze f)' BOhler 1, 131, der grosze und
der bimförmige bovist {lycoperdon boviata und pyriforme)
2, 11 (= stäube?).
STAUPEGEBISZ, n., zu stäupe II, in Korddetttschland :
wenn ein hund schlechte schwarzbraune zähne hat, so
nennt man das staupegebisz teilet u. hund (1900) *. 158, s.
zeitschr. f. d. irortforsch. 9, 60.
STÄUPEIN, verb., mit ruthen züchtigen, ableitung von dem
subst. stäupe, für älteres zur stäupe schlagen, vgl. stäupe
I, 3. die bildung ist zuerst im nd. belegt; mnd. stupen
Schiller-Lübben 4, 461'» {ältester beleg aus einem drttck
V. 1484), ebenso mnl. tw der nhd. Schriftsprache ist das tcort
besonders von Luther eingeführt, der es häufig gebraucht,
dasz es indessen dem damaligen ober detitschen Sprachschatze
noch fremd tcar, beteeisen die dortigen bibelübersetztingen,
die entweder eine erklärting für nöthig halten oder ein
anderes tcort einsetzen, so erklärt Adam Petri in dem
glossar der Basler bibel v. 1523 steupen dtirch mit rütten
auszstreychen; gesteupt durch mit rotten gestrichen; in
der Nürnberger bibel v. 1526: mit röten ausgestrichen, s.
Kluge von Luther bis Lessing s. 87. 90. Eck {Ingolat.
76 Mr.
1203
STAUPEN
STÄUPEN
1204
1537) setit dafür schlagen, mit röten schlagen, gais(z)len
ein, die Wonnser propheten (1527) züchtigen, die Züricher
bibel V. 1530 strafen, schlahen, s. 82. Lindmeyr d. Wort-
schatz in Luthers, Emsers und Ecks übers, des n. test.
s. 89. so fehlt das wort auch in den ältesten oberd. Wörter-
büchern, stäupen, mit ruhten hawen. chastier de verges
HuLSius dict. (1616) 307»; geissein, streichen, schlagen,
steupen, flagellare, verberare, caedere loris, verberibus,
fusÜbus, virgis, saxis Henisch (1616) 1444, 37; caedere
virgis ScHOTTEi, 1421; stäupen, stäupen, steupen, [da
stäuben, forse] scopare cioe sferzare, frustare, battere
con verga, flagellare, .itafßlare, met. castigare ni genere,
massitne di pena corpwale e con battiture. v. hauen,
streichen, geissein Kramer dict. 2, 918». wie hier, finden
sich sonst vereinzelt umlautslose formen, so bei Stieler,
8. unten 3, und: stäupen, caedere virgis Haltaus 1739. im
dllgemeinen durchaus 7nit umlaut, im altern nhd. meist
steupen geschrieben, so regelmäszig bei Luther, vgl.
Weigand 2, 803. vereinzelt begegnet volksetym^logische an-
lehnung an oder Vermischung mit stäuben, vgl. : darüber
wurde der geist endlich unwillig, stäubte das lose ge-
sindel durch einen kräftigen Steinhagel aus seinem ge-
biete hinaus und wurde gegen alle wanderer so barsch
und grämisch, dasz keiner . . . ohne stäupe entrann
MusÄus volksm. l, 43 Hempel (leg. v. Rübez. 4). stäuben
für stäupen: zwingen kann mich kein bürgermeister,
einem gestäubten weibsbilde was in die hand zu geben
Alexis d. Roland v. Berlin (1840) l, 104 (ende v. cap. 4).
UTngekehrt:
er (d. samum) mordet, geweckt, das leben; im sausenden
fluge
hebt er die wüst', und stäupt sie empor in die lüfte
Pyrker Tunisias 10, 163;
«70 die ausg. von 1820 10, 220: stäubt bietet, (sonst zur
etymologie Wächter 1602 laid Adelung.) — mundarüich
scheint das wort nur nd. vorzuko7nmen und auch hier
nicht allgemein, (pfälz. staebe 'stäupen' Autenrieth 135
ist wohl druckfehler, da es weitergeht: staeb staub, staebe
stäuben, für Handschuhsheim bezeugt Lenz 68» ausdrück-
lich das fehlen.) hier geben die ältesten idiotiken ebenfalls
formen ohne umlaut: stupen, ut(h)stupen Richey 298
(nach Matheson); Strodtmann 382» (Osnabr.); brem.
wb. 4, 1080; Schütze holst, id. 4, 218. die östlichen dagegen
mit umlaut, atieh noch in 7ieuerer zeit: pomm. stüpen mit
der ruthe züchtigen Dähnert 470''; meckl^nb. Mi 88''; alt-
mark, stüp'n, dafür hier und da fitzen Danneil 45''.
l) stäupen gilt zunächst und im, eigentlichsten verstände
von der öffentlichen auspeitschung eines verbrecliers , die
vom gericht oder von der obrigkeit als strafe zuerkannt
wird. vgl. J. Grimm rechtsalterth. 703/ (''2, 289/.).
o) stäupen . . . 'besonders, öffentlich mit ruthen streichen,
wie noch jetzt zur strafe gewisser verbrechen geschiehet.'
Adelung: denn sie werden euch überantworten für die
ratheuser und schulen, und jr müsset gesteupet werden
Marc. 13, 9; und rieffen den aposteln, steupten sie, und
geboten jnen, sie solten nicht reden in dem namcn Jhesu,
and Hessen sie gehen ap.-gesch. 5, 40; und die heubt-
leute Hessen jnen die kleider abreissen, und hicssen sie
steupen. und da sie sie wol gesteupet hatten, worfTen sie
«ie ins gefengnis 16, 22/; Paulus aber sprach zu jnen,
aie haben uns on recht und urteil, öffentlich gesteupet,
die wir doch Römer sind 87; ich bin drey mal gesteupet
S. Cor.' li, 26; ungehorsam, lose bubcn, mus meister Hans
steupen, da hin komen sie gewis randbem. zu spr. Sal.
19, W (pibdüber». 7, a. 61S); er hat den faxt wol gesteupt
baissen kreutzigen S. Fkanck chron. Oermaniae (1688)809<>;
sie haben uns verdampt in rücken, spricht S. Paulus
(«. oben), unvcrhörter sachen, unnd haben uns steupen,
foltern, poltern, stocken unnd pflücken lassen Matiieüius
Bar. fie**; den dieb Hessen sie (die alten Preusxen) zum
ersten mal steupen, zum andern mit keulen schlagen
SchOtz hetehr. der lande Preutten 8*>; da er (Paulus) solle
(estAapt und gegeisselt werden, berieCT er sich auff seine
privil^ia, die er als ein römischer bUrger hatte, aoL n
ScHOPPius 806; eine arme hure, die am kack (pranger)
festeapet wird, und zu wahrer hasse kommet, die ist
flttokMlif floe; ich nähme eben so gern ihre aassteuer
mit d«r bedlngong, alle morgen am pranger gest&apt zu
Mr.
werden Shakesp. 6, 212 (der widersp. Zähmung 1, l); vor
fünfzig Jahren hätte sie bei einem turnier nicht einmal
erscheinen dürfen, ohne gestäupt zu werden Hebbel 3, 157
Werner (Agnes Bernauer i, 18) ; in Teanum . . . hatte ein
consul den bürgermeister . . . auf dem markt mit ruthen
stäupen lassen Mommsen röm. gesch. 2, 220;
darzu von buben und geselln
die man erbenckt, verbrent, entbeupt,
verweiset und mit ruhten steupt
Ringwaldt lauter warh. 195;
da sie wohl hundertmahl gestäupt, vergiftet, ins meer
geworfen, erstochen, gehängt, ja gar beschnitten worden
Wieland 4,252 (Amad. 11,6);
he! wache! stäupt die frevlerinn,
rief der tirann Pfbffel poet. vers. 10, 77 ;
von der geiszehmg Jesu:
er ward gestäupt, sein heilig haupt
mit dornen scharf gekrönet
Jon. Heermann im hannov. getangb. 267, 2.
manchmal ist das stäupen weniger eigentliche strafe als
folter u. ähnl.: es wurden auch sieben brüder sampt
jrer mutter gefangen, und mit geissein und riemen ge-
steupt, und gedrungen vom könige, das sie solten
Schweinen fleisch essen 2. Maccab. 7, l (vgl.: mitgeisselen
und riemen gesteupt, l. Mac. 7, 1. verberibus, lorisque
cruciarentur Henisch 1444, 47); hies jn (Paulus) der
heubtman in das lager füren, und saget, das man jn
steupen und erfragen solt, das er erfüre, umb welcher
ursach willen sie also über jn rieffen ap.-gesch. 22, 24;
könnet ihr aber diesen bedingungen nicht genüge leisten,
so will ich euch als eine lose dirne stäupen lassen, bis
ihr mir saget, wie euch dieser ring ist zu banden kommen
MusÄus volksm. 4, 59 Hempel; vgl. auch: als man ihm
die nachricht brachte, es sollte in dem schloszhofe eine
execution vorgehen, und ein knabe gestäupt werden, der
sich eines nächtlichen einbruchs verdächtig gemacht
habe . . . der knabe leugne zwar auf das hartnäckigste,
und man könne ihn deszwegen nicht förmlich bestrafen,
wolle ihm aber als einem vagabunden einen denkzettel
geben und ihn weiter schicken Göthe 18, 299 (Wilh.
Meister 3, 9).
b) stäupen gern mit henken zusammengestellt.'
8ol ich dich steupen oder hencken
oder in das tieffe meer versencken?
JOH. RöMOLDT lagter der hoffart (1564) G 3'';
gehangen wird er noch, zum wenigsten gestäupt
GÖTiiE 7, 111 (miUchtUd. 3, 9);
so in dem sprichw.: wo hencken recht ist, da ist steupen
kirmesse(et»i/es<, t'er//nu^en) Luther *pricAw. 279; steupen
ist für hengen kirchmesz, steupen ist hongens vorlauff
Petri Tt 2». — stäupen und enthaupten als römische hin-
richtungsart: das todesurtheil sprach bey Staatsverbrechen
damals noch der consul aus . . . von dem curulischen
thron sah er unerschüttert wie mit den Vitelliern .
seine gefallnen söhne gestäupt und enthauptet wurden
Niebuhr röm. gesch. (i8ll) 1, 830; was von der besatzung
übrig war, (tcorrf) in Rom auf offenem markte gestäupt
und enthauptet Mommsen röm. gesch. l, 384.
c) stäupen mit nähern angaben, besonders der ^rirkung:
bis aufs blut steupen, usque ad sanguinis effusionemcaedert,
Stieler 2151; einen bis aufs blut stäupen, sferzare untf
fin' al sangue Kramer dict. 8, 918»; tergum alieujus virgi$
sauciare Steinbach i, 690; stäupen . . . aufs blut, virgi^
caedere; tergum virgis lacerare Frisch 8, 888''. — zu todi
steupen, längere aliquem virgis ad neeem ttsque StikleK
2161; zu tod stäupen, far morire uno (dir) colpi di sfertatt
ö staffilate; stafJUare ä morte Kkamkr a. a. o.; und ist ge
bottcn, das man jn under dem galßcn zu tod solt steuppen'
S. Franck chron. Germ. (158«) 19»; deiner mutter will ich's
klagen, das/ ihr söhn meinen söhn wird xtäupon lassen
bis in den tod, dasz er ihm wird lassen sein zartes,
woiszes fleisch in langen blutigen streifen vom rUcken
hauen I Holtki ersähl. sehriflen 1, 81«. — einen durch die
gantze Stadt st&upen, aliquem j>er totam urbetn virgi»
caedere Stkinbach 8, (tgo; mcn schal se (die ehebreektr)
myt geyselon uth der stat stupen. koppcn undc steinen
qu. (vomj. 1484) bei Schilleh-LObdkn 4, 4Ä1''; wenn ich
es nicht vollkommen erweiszHch mache, will ich mioh
zu dieser insul hinaas sUapcn, oder gar in die s
Mr.
1205
STAUPEN
STAUPEN
1206
stürtzen lassen Felsenburg 3, 64; man sollte sie aas dem
Olympus stäupen Kotzebue dramat. sp. l, 23.
d) bildlich: mit dem eisernen besen stäupen to?»A-amp/e.-
nach diesem Geng zu reden an,
ein wolversuchter kriegesmann,
der offtmals war dabey gewesen,
da man stenpt mit dem eisen besem
froschvi. Oo 4* (3, 1, 5, r. 4).
2) stäupen für Züchtigung mit rtithen überhaupt, vgl.
oben die erklärungen:
d) im allgemeinen : ich stäupe, virgis caedo, virgis con-
eido Steinbach 2, 690; sie stäupten ihn, virgis multabant
etim; von einem lange gestäupet werden ebenda; ver-
kündige allenthalben die grosse krafft des herm, weil
du von himel herab (durch zicei enge!) gesteupt bist
2. Maccab. 3, 34, vgl. v. 26 und 38; es ist herr Omnes ein
toller teufel, er gehorchet nicht, bis das er auff das maul
geschlagen wird, mit wolthaten verwehnet man sie, aber
mit besemen mus man sie steupen Luther 16, 32i, 23
Weim. ausg.; da springet zu, greifet den dieb und stäupet
ihn MÖRIKE ges. erz. s. 191; mit zusatz {vgl. 1, c):
dann soll keiner hinfort des Telemachos vater mich nennen,
wenn nicht schnell dich i^Thersites) ergreifend ich jedes gewand
dir entreisze, . . .
und dich heulenden fort zu den rüstigen schiffen entsende,
aus der Versammlung gestäupt (jrtTtxtjyüc dyoof^-d^tv) mit
schmählichen geiszelhiel)en
Voss n. 2, 264.
so auch in bezug avf Brun den baren im thierepos:
daer na (ßuchte er) Lamfroit van den stupen,
dat hi hem so lede dede Seinaert 860.
b) als strafe für Jenechte: gleichwie ein knecht, der offt
gesteupt wird, nicht on striemen ist Syrach 23, 10; die
kinder mit vleis ziehen, den bösen knecht wol steupen 42, 5
{vgl. : steupen . . . das ist, züchtigen, streichen, Sir. 42, 5.
Gdeintz deutsche rechtscJir. 1666 *. 138);
thu dein kinder anffziehen recht,
tha wol steupen dein falschen knecht
H. Sachs 6, 159».
90 auch: der bischof wardt zornig, befalch, den narren
auch zu steuppen. so sprächt er: 'muess ich dann von
deiner nasen wegen gestrichen werden?' Zimm. chron.^
3, 495, 34; das ging eine weile so fort, bis ich {der ent-
laufene narr des bischofs) ihn {Weislingen) um ein vor-
schreiben bat, dasz ich zurückkehren könnte und nicht
gestäupt würde Göthe 13, 2, 289, 10 Weim. ausg. {Götz
V. Bert., bühnenbearb., handschr. 4, 2).
c) von Züchtigung der kinder: kinder steupen, feruld
jmeros castigare Stieler 2151; ein kind stäupen, sferzare,
eastigare etc. un ßgliuolo, batterlo con verghe, scudisciarlo,
dargli «n cavallo Kramer dict. 2, 918"; ein kind stäupen
Adelung, im gewöhnliclien leben dafür die ruthe geben
Adelung, Campe, belege: gleich wie ein vater sein
kind steupet, nicht das er als ein hencker oder stock-
meister es todschlage, sondern durch den Schilling seiner
heit, unart und schalckheit stewere Luther 16, 120, 37
-im. ausg.; (las nicht ab den knaben zu züchtigen.;
upestu jn, so dariT jn der hencker nicht steupen, es
IS doch gesteupet sein, thuts der vater nicht, so thuts
ister Hans bibelübers. 7, 513 {randbem. zu spr. Sal. 23, 13);
ich wie ein hauszvatter mit seinem sone und knechte
Handelt, den son steupt und schleget er viel mehr unnd
öffter denn den knecht, doch sammelet er jhm einen
'"hatz zum erbe, aber einen bösen, ungehorsamen knecht
flieget er mit der ruten nicht, sondern er stösset jn
nausz für die thür tischred. 23*; als wenn ich durch
iie finger sehe, das einer meinen son steupte oder
schlüge 23'»; unsere vorfaren haben die kindlein an
Jisem tage {der Unschuld, kindlein, 28. dez.) gekindelt,
und mit des heiligen Christs gerten gesteupet Mathesius
postiUa 3, 29»; gleich wie ein vater ein kind steupet mit
einer ruthen M. Neander m^nsehensp. (l63l)E3*>; ein
'•nd irret und sündiget als ein kind, und der vater
upet, ermahnet und duldet als ein vater Scriver
lenschatz (1681) 581 ; dieser {der genius des todes auf e.
kmal) ist ein kleiner runder junge und macht ein
ulendes gesiebt, als ob er gestäupt worden wäre Solger
nochgel. sehr, i, 83; die mutter . . . sprang in solchen
Tällen hinzu, sagte wohl {zum vater): 'stäupe stärker,
der verzweifelte bub hat es wohl verdient', und unter-
Mr.
desz, ohne dasz es die kinder merkten, faszte sie ihm
den arm und die band, worin er die ruthe hatte, dasz
er nicht zu stark zuschlagen konnte Freytag 19, 206
{bilder 2, 2, 6, aus Barth. Sastrow); Luther erzählt,
dasz ihn die mutter . . . um einer armseligen nusz willen
blutig gestäupt Ranke werke l, 196;
wen den se {die kinder) pipen,
du will se gripen,
een betgen stüpen,
den scheid de moder gewis
Teiresken wagset de hart {vor 1700) v. 58,
bei Lauremberg «. 143 Lappenberg.
d) ebenso «rerden kinder in der schule vom lehrer ge-
stäupt: als nu de rector {der schule) de beiden jungen
um ore undeugde wolde stupen Bening.\ chron. v. Ost-
friesland bei ScHiLLER-LÜBBEN 4, 451'»; auf der hohen
schulen da schreibet man keinen an, da steupet man
keinen wie in den kleinen schulen Mathesius Syrach
(1586) 1, 31»; mein alter gerieth in die grimmige wut
eines verspotteten lehrmeisters. er faszte ihn bey den
hosen und stäupte ihn vor den äugen der jauchzenden
Schüler, von denen einige so dienstfertig waren, ihn zu
halten, um ihn die strafe besser fühlen zu lassen Raben er
sehr. (1777) 4, 173; sogar alsdann sieht er noch süsz und
zärtlich aus, wenn er meinem alten onkel in seine stäu-
penden bände fällt 177; redet er die spräche des pöbeis,
wenn er die spräche des glaubens zu reden vermeynt;
so soll ihn sein präceptor stäupen, und ihm für jeden
ungesitteten ausdruck einen streich geben 287. vgl. auch:
wann die kinder in Italien drey jähr alt seynd, so können
sie gut italiänisch reden, woher lernen sie das? nicht
ausz der grammatic, . . . sondern ausz dem gehör, was
sie täglich sehen und hören, das können sie leicht be-
halten, man darff sie deszwegen nicht stäupen Schup-
pius 50. daher auch das sprichw.: wer steupet den Schul-
meister? Petri Kkk 3^.
e) stäupen tu bezug auf hunde ist im. allgem. kaum
gebräuchlich, ic-ird aber vorausgesetzt von der nd. sprich-
icörÜ. redensart: he het daar enen hund stupen seen,
'er icird sich daselbst nicht einfinden, Keil er beispiele ge-
sehen hat, tcie schlecht man seinesgleichen daselbst auf-
nimmt: vestigia illum terrent' brem. üb. 4, 1080; da hett he
enen hund utstupen seen, 'dorthin kommt er nicht tcieder'
Schütze 4, 2i8.
/) stäupen m'rrf dann auch gesagt, wo gar nicht von
bestrafung, sondern von miszhandlung die rede ist: und
zu seiner zeit sandte er einen knecht zu den wein-
gartnem, das sie jm geben von der frucht des Wein-
berges, aber die weingartner steupten jn, und Hessen
jn leer von sich, und über das, sandte er noch einen
andern knecht. sie aber steupten denselbigen auch
Luc. 20, 10/., vgl. Matth. 21, 35. Marc. 12, 3. 5; es ist auch
geschehen, das {sie, die hofleute, die Marienburg verkauft
hatten) etliche unsers Ordensbrüder des nachts, wenn sie
zu der metten wolten gehen, nacket auszgezogen. mit
ruten gesteupet, . . . und sie muttemacket schemlich
in den creutzgang . . . gejaget haben Schütz besehr. der
lande Preussen (1.599) 263»; vgl. auch:
lasz mich mit glühnden zangen kneipen, . . .
lasz mich mit ruten peitschen, stäupen —
nur warten, warten lasz mich nicht !
Heine 2, 50 Elster.
ferner: sind auff den madratzen und kotzen gelegen, und
haben sich selber gesteupet Mathesius postiUa 3, 86».
8) stäupen in freierem und iceiterem gebrauche, vgl. oben
Kramer; steupen, gesteupet, et stäupen, gestaupet, prqpr.
est caedere virgis, sed metaph. pro quacttnque castigatione
stimi solet Stieler 2151.
o) im ausgeführten bilde:
dich falsches glOcke ! red ich an : . . .
du stäupst nur einen tauben rücken,
der drat und geissei müde macht,
und, ohne sich vor dir zu bücken,
den aufgefangnen streich verlacht Günther SOI;
es hat der Vorwurf, den der träum ins ohr mir schrie,
dem roszienker gleich mich aufgepeitscht,
blutigen geiszelschwungs !
ja mich in herz und mairk gepeitscht meiner reu' marterknecht ;
wie er mich trifft, wie er mich stäupt,
durcbschauert mich grause, die zu grause quäl !
Droysen Aitehylot* 127 {Eumen. 153).
76» Mr.
1207
STAUPEN
STAUPENSCHLAG
1208
b) sehr gewöhnlich von goU, indem allerlei unglüek und
plagen als göttliche Züchtigung gefaszt werden; in geist-
licher spräche {bei Luther i/Twi unter seiiiem einßusz).
dabei ist meistens die Vorstellung der väterliclien Züchti-
gung (2, c) der auigangspunkt : gott stüupet die seinige
v&tterlich und nicht richterlich, dio sferza, castiga, batte,
flageUa i suoi da padre. e non da giudice Kram er rfic(. 2,
918»; denn welchen der herr lieb hat, den züchtiget er,
er steupt aber einen jglichen son, den er auffnimpt
Ebr. 12, 6; gott zörnet darumb mit seinen kindern nicht,
wenn er sie gleich züchtiget und straffet . . . und zwar er
selbs schleget unnd steupet sein heufflin nicht, . . . son-
dern lessets geschehen, dasz sie geschlagen und gezüch-
tiget werden Luther tischreden 30^ ; gott der vatter ver-
sucht es auch mit uns alten narrn, doch kindern im
glauben, auch mit röten, steupt uns jetzt mit armüt,
dann mit kranckheyt . . . Seb. Franck sprilchic. (iSil) 2, 105" ;
denn das ist allzeit dein gebrauch :
wer kind ist, musz was leiden ;
und wen du liebst, den stäupst du auch
P. Gerhardt nr. 76, 10 Gocdelr;
und dasz ich ja dein eigen sei,
hast du mich auch aus groszer treu
gestäupt mit vaterruten hannov. gesangb. 2 '*"!,!) ;
so ferner: in hoc regno mera misericordia, auch den,
wen er uns am meisten steupt Luther 17, i, 326, 12
Weim. ausg.; verlasse gott ja nicht, laufe nicht von ihm,
ob er dich gleich steupet und züchtiget Mathesius
Syrach (1586) 1, S*»; gott . . . kennet euch nicht . . . denn
sonsten würde er euch auch steupen, und mit der ruthe
zu rechte ziehen Mich. Neander mensdiensp. (lG3l) E 4*;
wenn gott ein volck heimsucht und steupt,
wird buben über schälck erlaubt ..
KiRfMinoF xoendunm. 2, 108 Österlei/ (2, 56} ;
gott steQpt ein wenig hie auff erden
Königsb. dichterkr. s. 236 nendr. :
darinn lasz die straf ergehen,
schlage zu und steupe fort,
liebster gott, und schone dort !
Nelmark Imtwäldclien (1653) «.-23;
ich {(foU) steupe dich tim zu-zu-sehen
wie du bey deinem gott wirst stehen 18;
mein vater und mein gott! ich ehre dein gericht, . . .
indem ich durch den schlag die grosse lieb' empfinde,
du stäupest hart und schärft und doch noch zu gelinde
Günther 705.
so im gegensatz zu schärferer strafe: {gott spricht, er)
habe als ein vater geeivert. . . . und deutet selbs den
eiver also, und spricht, ich war ein wenig zornig, als
soll er sagen, ey mein eiver ist kurtzer kleiner zorn, er
wehret nicht lange, so beisset er auch nicht gar durch,
sondern steupt ein wenig, das er das böse abkere Luther
4, 242''. doch auch in stärkerem sinne, von der bestrafung
der bösen {hier also von 'richterliclier Züchtigung'): denn
die gottlosen so dich nicht kennen wolten, sind durch
deinen mechtigen arm gesteupt, da sie durch ungewön-
liehe regen, hagel, gewesser . . . verfolget, und durchs
fewr aufTgefressen worden weish. Sal. 16, IG; denn weyl
yhr beydes teyls unrecht seyt . . ., werdet yhr euch zu
beyden seytten verderben, und wird gott eynen buben
mit dem andern stcüppen Luther 18. 829, 12 Weim. ausg.
{sehr. 8, 122» Jenaer ausg.) ; szonder pot wyl eynen buben
myt dem andern stewpen 29, .549, 29. Christus als subject:
darffst nicht gedenckcn, das er dich erst gen Rom schicke
umb eine absolution oddcr wftlle dich steuppon und er-
wflrgen W, 894, 30; Christus wird nicht zugleich fromme
and bSsc stäupen und in dio hölle werfen ... er wird die
fromme zur Seligkeit annehmen ... die böse kobel den
schwarzen engein die mit keulen lausen hinterlassen
Val. Herberokr ev. herzpost. 677. — von irdischen herr-
»ehern, als autdruck der iyrannei:
da« lied des kriegs toll durch die bcrgp {cell^n,
bU auch kein died mehr flbrii; bleibt
der kette, die den arm unii reibt;
bi« kein deepot« mehr unii stäupt
FRKILiaKATIi* S, 100.
e) so auch mit unpersönlichem subject ; tunäehst im bilde,
die rat« atAupt: der himmel l&at dieselben {Jugend-
ȟmiUn) doob nicht ungeal rafft . . . mich hat dessen ruthe
10 Tenohiedenen mahl(>n sehr hcfTtig gostHupot eav. im
irrg. (174«) rar. A«*; allein der putz unsrcr woiber Ittt
Mr.
die zuchtrathe des himmcls, womit wir weidlich gestäupet
werden Moser patriot. phantas. l, 69;
und dencke nur getrost zu dulden,
was du verdient mit deinen schulden,
die ruthe, die dich itzund stäupt
HOFKMANNSWALDAi- axuerles. ged. (1697) 9, 277.
ferner: denn der fluch des propheten stäupet mit ewiger
Unfruchtbarkeit die äugen der ungläubigen und giebt
ihnen nicht zu kosten den vorschmack des paradieses
M usÄus volksnulrclien 1, 98 Hempel {Melechsala). die
plagen als subject:
der mensch ist nicht von stahl und fleisch und blut musz
sincken,
wenn unrnh und gefahr uns in die länge stäupt
Günther 83;
wo armuth, schand' und gram die geilen schlemmer stäupt,
und gicht den trunkenbold mit heiszen zangen knoipt
Lichtwer sehr. 200 (recht der vem. 3).
s. auch die belege U7iter a.
d) abgeblaszter im passiv, ohne dasz ein züchtiger ge-
nannt icird: er wird ietzo gar sehr gestcupet, variis
difficultatibus affectus, atqtie afflictus est, fractus malis,
et prope dissipatus perit Stieler 2151; es ist unserer
Sünden schuld, dasz wir so gestäupet werden Kramer
dict. 2, 918»; es ist deiner bosheit schuld, das du so ge-
steupt wirst, und deines Ungehorsams, das du so ge-
strafft wirst Jerem. 2, 19; sie {die gerecliten) werden ein
wenig gesteupt, aber viel guts wird jnen widerfaren
weish. Sal. 3, 5.
e) von gesellscluiftlichem tadel, übler nachrede, verruf
u. ähtd.; im bilde: nachrede für nachrede, oder medi-
sance für medisance: so ist es doch immer besser,
sich eine kluge frau schelten zu lassen, als die ruthe
zu verdienen, womit die weit den gefallenen stolz
stäupt Mö.SER patr. phantas. 3, 23; ungewöhnlicher : ehr-
liebende Ebräer werden die gelegenheiten nie gern sehen,
da einer ihres geschlcchts mit recht und unrecht zu
einem überschwenglichen reichthum kommt, weil er der
ganzen nation hasz und ncid aufladet, sein name, er
heisze Süsz oder Ephraim, wird zelten hinab auch den
unschuldigen vorgerückt und er mit demselben gestäupet
Herder 24, 70 Supluin.
f) von litterarischer kritik, zunäclist in bezug auf den
autor selbst, im ausgeführteren bilde:
ihr musen ! ist es nicht ein unverdienter lohn, . . .
so stäupt, so züchtigt mir den geilen Midas-sohn,
bisz sein vertracktes feil die spate reu empfindet
Günther 492 {'der entlarvte üritpinu* . . . oder die
von den Mii»en gettriegelte ladel-sucht').
so audi:
schwing deine geiszol, sänger der tagend! schwing
die feuergeiszcl, welche dir Braga gab,
die nattembrut, die unsre deutsche
rcdlichkeit, keuschheit und treue tSdtet.
zurUckzustäupen IIöi.tv 86 Halm.
dann auch: jetzt griff er . . . mich selber an und stäupte
meine opera J. Paul 4 {Qu. Fixlein^, 12.
g) auf ivaturvorgänge angewendet:
der winde kämpfend hoer
fällt rasend aufs gestäupte meor
Uz f. 169 Sauer.
4) eijie sonst unbekannte Verwendung ist: stäupen
etiam abusive est stuprare. mägdcstaupen, vexare puMa»,
nomen virgineum adimere Stieler 8151.
5) der inf. substantivirt : das stäupen, supplicium vir-
garum Frisch 8, Bss^;
ein gutes stewpen ono Striemen, . . .
ist alle wider nat6rlicb art
H. Wai.dis Ktop 4, 93, 134.
{dagegen ist ein stäupen, i. b. in Luthers randltem, «M
Hes. 81, 10, eher als subst. ^ stäupe, /., tu fa»»9H, §,
das. 5, d.)
STAUPENSCIlL.\(i. vi. öffentliche auspeitschung miU
dem stauphcsen. nhd. seit dem la. jahrh. {der beleg au»
dem 'froschmäunler' , den Campe unter kak beibrin^
stammt \cold aus einer neuem bearbeitung.) vgl. sur aoflfct
bes. Zkdi.kh uniirrsallev. Hfl (I7t4), 1397/.
1) in den frülwren Zeugnissen den einulnen schlag ••*
zeichnend; vgl.: stäupen- t) stäuponschlag, m., öolpt,
battUura eon una tferza. sferzata, srudisciata, stafflltit
Krämer dirt. t, iuh*. daher im plur. gebraucht:
Mr.
1209
STAUPENSPIEL-STAUPERN
STAUPETE-STAUREVIER
1210
da hast den söhn gottes tribulirt,
mit sehenden und Testern nicht allein
verfolget, und alle seine gemein,
sondern mit kercker auch und schwerdt,
mit staupenschlegen viel vorehrt
Havneccius Hang Pfriem (1582) i, 5, r. 1970;
dasz nicht allein die paszquillen-tichter, . . . sondern
auch alle diejenigen, die solche paszquillen . . . andern
offenbaren, . . . mit staupen-schlägen, gefängnüsz, Ver-
weisung und sonsten zu bestraffen Sciiüppius 675 (ab-
genöt. ehrenrettung 1659); wie die Deutschen . . . das bey
ihnen ungemeine laster des ehbruchs mit abschneidung
der haare und staupen-schlägen, oder auch gar mit
strick und feuer strafften Lohenstein Annin. 2, 175» ;
nicht die staupenschläge machen einen menschen un-
ehrlich, sondern nur die laster Chr. Starke »ynops.
nov. test. (1735) 2, 139; die ebenbürtige gesellschaft muszte
sich erst in eine mischung von unterthanen verwandeln,
ehe man es wagen mochte, ihr von staupenschlägen und
torturen vorzusprechen Moser patr. phantas. l, 255. so
auch staupenschläge in Waldeck, quellen v. 1710 und 1741,
s. Bauer-Collitz 17i.
2) später gexcöhnlidi im colleetiven sing.: ruten sive
staupenschlag , ftistigatio virgarum Stieler 1813; man
sagt daher für stäupe, auch staupen-schlag. einen mit
staupenschlag verweisen, virgis caesum urbe ejicere
Frisch 2, 323'»; 'die handlung und strafe, da ein Ver-
brecher öffentlich gestäupet, zur stäupe geschlagen, oder
mit ruthen gestrichen urird Adelung, vgl. auch Campe.
belege: an. 1684. d. 1. sept. wurde ein bader-geselle aus
Schwaben, der allhier seinen herrn bestohlen, mit stau-
penschlag des landes ewig verwiesen (am rande: mehrere
bekommen den besen.) Meltzer histor. Schneeberg. (1716)
1056; die strafen waren entweder zu hals und band,
oder zu haut und haar; . . . durch die zweyte verstund
man den staupenschlag und das abschneiden der haare
M. J. Schmidt gesch. der Deutschen 3 (1779), 201; man
kaufte darin den staupenschlag mit drey Schillingen und
jede ruthe mit sechs pfennigen ab Moser Osnabr. gesch.
(1780) 2, 223; der jüngste assessor . . . trat zu der armen
Sünderin, als ob er sie mit trost zum richtplatz und
staupenschläge begleiten wollte Hippel 8, 121 (kreuz- u.
querz. 1, § 23) ; es war einmal ein alter pfarrer . . . , dem
der staupenschlag damit wäre erwünschter gewesen, als
der verdammte ton wie ein besen wetzt und schleift
i. Paul 12, 7 (Siebenk. 2, 5. kap.); eine widerrechtliche
handlung, um derentwillen eine person auf eine strafe
... zu haut und haar a) angeklagt werden mag mit der
anm.: worunter der staupenschlag verstanden wird.
Eichhorn deutsche Staats- u. rechtsgesch.^ (1821) 2, 624;
Terbrannten armes und schuldig gesprochen, den stau-
penschlag erleiden müssen ScHEFFEL£3fcAcA.** 353 (21. kap.);
entstand durch das (heide-)hTennen schaden. 89 sollte der
fahrlässige anstecker ersatzpflichtig sein, auch mit stau-
penschlag, landesverweisung und gefängniss gestraft
werden Bernhardt gesch. des tcaldeigentums (1872) 1, 235;
euer gespons, die schöne hexe vom Havelsee, stehet
•llbereits unter staupenschlag Bernoulli ritt nach
Fehrbellin 48. sprichxr.: staupenschlag ist einweihung
nun galgen Simrock 983it. s. auch staupbesen 3, sp. 1195.
— dafür staupenschlägen, inf. (subst.), a. unter
Staupe I. 3 zu eivde.
STAUPENSPIEL, n.. früher eine gexoohnheU bei den
hanseatischen kaufleuten in Bergen, tconach die neu ein-
irdenden vor der aufnähme acht jähre nach einander in
einer feierlichen Versammlung mit spieszruthen ausgepeitscht
icurden. s. Zedler universal-lex. 39 (1744), 1398/.
STAUPEXSTRIEME, stäupenstrieme, /., lividore cagio-
noto daUe sferzate, fnistate Kram er dict. 2. 918».
STAUPER, m., unübliches nomen agentis zu stäupen:
stauper, stäuper, m.. stafßlatore, sferzatore, colui che
»fena Kramer dict. 2, 918»; nd. mecklenb. stüper, der
die Züchtigung vollzog Mi 88''.
STÄUPERN, verb. l) seltne landschaftliche nebenform
«« stäubern bezw. stöbern, vgl. diese, als solche ztterst von
I Adelung verzeiclinet: wirklich kann auch dem gesell-
schaftlichen leben nichts nachtheiliger seyn, als der ver-
wünschte wind, der oft unversehens die schönsten spiel-
■nd lustpartien auseinander stäupert Thümmel reise 2,107.
Mr.
2) jetzt in mitteld. mundarten im sinne von 'stützen':
in Würzburg stäupern, stauen, stemmen, stützen, z. b. mit
obst überladene bäume, die fässer in den kellern bei hohem
icasser, sich neigende mauern, so scJwn in einer tcürzb.
verordn. vom 12. Jan. 1789. dtizu stäuperer, m. 'stütze,
sei es eine stange, eine Stützmauer, oder sonst eine vor-
ricJitung' Sartorius 118; in Salzungen sdibber stützen,
dazu sdibber, in. 'gabelförmiger pfähl zur unterstützujig
der Obstbäume' Hertel 45; in Rappenau staipBra stützen,
an paam einen bäum mit einer stütze verselien; sie staipBra
sich wogegen auflehnen, tcehren Meisinger 180''. letztere
bedeutung vereinzelt in der litteratur : wenn der Vorschlag
angenommen wird, und ich will mich nicht dagegen
stäupern (widersetzen), dann macht man den anhang da-
zu Auerbach dorfgesch. 3, 125 (Luzifer l).
STAUPETE,/., regenscliauer; schioeiz. bildung. vgl. stäupe
II, 5, geicöhnlich stäubete, s. das. (vgl. stäubete Schnee-
gestöber Stalder 2, 393). im bilde: das war das erste
ehegewitter, welches bei ihnen stattfand, kleine stäu-
peten ('Staubregen') oder schauer hatte es wohl schon
gegeben; aber war die wölke vorübergezogen, schien die
sonne wieder Gotthelf Uli d.pächter s. 68 Vetter (4. kap.^.
STAUPFEL, »i. (?) 'thronhimmel' : wie er von den herren
zär hohen stift empfangen und in das münster under eim
stoupfel gefüret d. städtechron. 9, 1063, 11 {Straszb., notiz
zu 1449; 'byschof Ruprehtz erst inryten').
STAUPLEIN, n.. ganz vereinzelt als diminutiv zu
stäupe (U, 3), für einen anfall von schläfrigkeit:
die äugen falln dir zu
und wollen wie man spricht, zur städte-schreiber ruh ;
(es sol ein stäuplein sein, das nach dem essen kommet)
ScHERFFER rf. grobiancr (1640) 139, vgl. Frommanx 4, 187
und Drechsler FT. Scherffer s. 249.
STAUPPFAHL, m.. für stäupe im eigentlichen simie
(*. das. I, 2), z. b. bei Brunner d. reehtsgesch. 2, 605, vgl.
staupsänle.
STAUPRUTHE, /., ruthe zum stäupen (vgl. staupbesen
UTid stäupe 1, 4, e). nd. in entstellter form: altmärk. stüfr6(d)
'eijie mit farbigem bände umieickelte ruthe, die den nicht
artigen kindern vom tceihnachtsTnanne gebracht wird'
Danneil 215».
STAUPSÄULE, /. , für stäupe im ursprüngl. sinne,
s. das. I, 2 und stauppfahl: vor dem (rofÄ-)hause steht
pranger und staupsäule Heyne hausalterth. l, 293; in Posen
(früher) die staupsäule, 'eine säule, an welcher die zur
stäupe verurtheiUen gestäupt werden' Bernd 293; in ent-
stellter Schreibung: 'staubsaul oder pranger, seule, an
welcher der Verbrecher gestäupt wird', im ungr. Simpl.,
s. Schröer 208*. schon im 16. jahrh. belegt: nach aus-
gang der 8 tage kommen die gerichte und wollen alles
inventiren. . . . und ist der gebrauch da, dasz man die
pferde an die staubsaule bindet und schätzt sie also
Schweinichen 1. 214 (s. 107 Österley, zum j. 1576); allein
ich bat, dasz sie die Zeremonie mit der Schätzung nicht
halten wollten, dasz die pferde sollten an die staupsäule
gebunden werden 275 (139 österley); s. auch J. Grimm
rechtsalterth.* 2, 505.
STÄUPUNG,/.: geisselIung,steupung,/a^eWa<M)HENiscH
1444, 42; Stäupung, Stäupung, s. scopatura, staffUamenio
etc. it. castigo in genere Kram er dict. 2, 918*; mit der
Stäupung ist später regelmässig der vertust des haupt-
haares verbunden Brunner d. reehtsgesch. 2, 606. freier,
von gott (vgl. stäupen 3, 6).-
doch dieser, der da schlägt, bat auch ein gnädig ohr,
und hilfft, indem das fleisch noch seine stiapung fohlet
GCnthbr 618».
STAUR, adj.. s. staner.
STAURECHT, n.. das recht, ein wasser zu stauen: da-
bei kommt es dann darauf an, ob das masz des be-
treffenden Staurechts durch obrigkeitliche genehmigungs-
akte oder durch vertrage . . . feststeht Stengel wb. d.
vericaltungsr. 2, .Wl».
STAUREN, verb. zittern ; im schwäbiscJien. dazu ver-
stauren, erstarren Sghmid 508. zu stauer. adj. t. vgl.
ferner steuern.
STAUREVIER, n., bei Überstauung (ataubewässerung)
von wiesen: das wasser wird aus dem bache oder flusse
durch einen mit einer schleuse versehenen zuleitungs-
graben den einzelnen staurevieren zugeführt und hier
Mr.
1211
STAURISCH— STAUUNG
STAUVORRICHTUNG-STAUWEIHER 1212
zur Stagnation gebracht . . . die grosse der einzelnen
Staureviere richtet sich nach dem gefalle des stauge-
bietes Karmarsch-Heeren'' lO, 705.
STAURISCH, adj., seltene iceiterbildung zu staaer, adj.,
vgl. dieses und das im ttl. gexc'öhnliclie stuursch: stör-
risch, adj., Omnibus resistens, non ßexibilis, contuma^r.
im niderteutschen, staurisch. ein sehr staurisch, zän-
kisch nnd bösz weih, mulier morosa admodum. et jur-
giosa Apherdian p. 77. Frisch 2, 340«.
STAUROLITH, m., auch granatit, kreuzstein, kreuz-
förmiger schörl, 'rhombisches mineral, in rechtwinklig oder
sckieficinklig kreuzförmigen zicillingen, einzeln eingewachsen
vorkommend' Karmarsch-Heeren^ 8, 448; s. femer Oken
1, 163/.; KrOnitz 171, 76—78.
STAUSAM, adj., 'sehr sättigend (von fetten, schwerver-
daulichen speisen)', im älteren ostfries. StOrenburo 262*,
r^^ stauen 4, e.
STAÜSCHLEUSE, /., 'schleuse zu beicässerungszicecken'
Stenzel seemänn. wb. 355''; vgl. Heyne 3, 764.
STAUSCHWELLE, /. oder grundwehr, wehr, das bei
jedem Wasserstande vom wasser bedeckt bleibt, s. MISCH-
LER-ÜLBRiCH östcrr. stoatswb. 2, 2, 1544*».
STAUSEE, m., durch aufstauung entstandener see:
hoffentlich werden aquarelle für die reliefs und archi-
tektur der . . . tempel (in Philae) festhalten, was die
Überschwemmung durch den stausee auf ewig zerstören
wird beil. zu d. Mi'nichener neuesten nachr. 1909, 37, s. 307".
STAUSTELLE, /.; unmittelbar oberhalb der stausteile
wird in diesem falle der Wasserspiegel so lange steigen,
bis derselbe diejenige höhe erreicht hat . . . A. Ritter
lehrb. der tedin. mechaniH' (1896) 784.
STAUUNG, verbalabstractum zu stauen, vgl. das.
i) in den alten dialecten zu stauen i; so ahd. staunga,
stonnga, stuunga, quaerimmiias, quereUis Graff6, 727;
ef/enso altnfr. stö(u)uuingon, (ab) increpatione gloss. Lips.
650. 655 van Hdten.
2) später zu stauen 3, abdämmung des wasser s. so mnd.
stouwinge, stowinge, stuwinge (inundationeni, que dici-
tur stowinge) Schiller-Lübben 4, 420''/. ,• of we des
vornomden Berndes molen, die op der Emescher leget,
of hovestat der moln besittet, einen aynslach, dam-
minge ind stuynge der Emeschere Tornompt Dortm. ur-
kundenb. 1,509 {vom j. 1355); vgl.: etiam in stagnatione,
quse Tulgo stowinge dicitur Erwin Erdmann chron.
episcop. Osnaburg. bei Meibom script. rer. Qertnanic. 2, 223,
vgl. Frisch 2, 33i*; neund. 'stauung, und bey den bauern
stauje, das hemmen, abdämmten des wassers. auch wol
der dämm, selbst' Brem. wb. 4, 1007; speciell in letzterem
sinne: Stauung, 'der dämm oberhalb der mühlen, wodurch
der bach unnützlich wegzulauß'en verhirtdert, und da-t
wasser zur mühle vorräthig aufbehalten wird' Richey
idiot. Hamburg. 288; Schütze 4, 189. hell, stuwing. —
nhd. seit beginn des IS.jahrh. gebucht: stauung, /., stag-
namento Kram ER diet. (1702) 2, 917''; doch auf nd. baden
vereinzelt schon im, 16. jahrh. belegt: anno 1425. ward
des raths mühle auff der Elbe gebawet, that aber an-
fenglich grossen schaden, denn das wasser von der staw-
ung der mühlen, risz aus, und machte das die pfeiler
hernach ein Gelen Jon. Pomarius Magdeb. stadt cJironicke
(1687) iS 2*; vgl. Frisch o. a. o., schüttung, stauung,
'im Wasserbau eine Scheidung von erde oder holz, die das
gewöhnliche wasser von einer gegend aufhält, dasz es nicht
nach einer andern hinfallen kann' Jacobsson 4, 71»; in
Liv- u. Estland 'stauung, die, d. i. wasserdamm, oder
eigentlich ein dämm zur aufthürmung des wassers; denn
man hat auch dämme, die blosze fischwehren sind, stau-
gnng isi falsche ausspräche' Hupel 228. — nettere litte-
raturbdege erst aus dem 19. jahrh. : vor diesen pfeilern
hatten sieb bei der auszerordentlichen Überschwemmung
. . . ISM sechs oberhalb durch die fluthen mitfortgcris-
■ene hOIzeme brücken und sieben dergleichen stege auf-
gethünnt, und somit stauung des wassere, . . . und end-
lich den einsturz der brückenbogen veranlaszt Götiik
46,800 {vom j. itots); jede •t<auanlage) berechtigt den
cifeDttlmer nur za einem gewissen masze der stauung.
M ist wichtig, die grenze dieses rechts erkennbar zu
machen, dazu dienen gewisse vorriciitungcn, an wel-
chen . . . der durch die stauung hergcKirllto wasser-
.Mr
stand sich zeichnet Stengel wb. des detitschen verwal-
tungsrechts 2 (1890), 541»; das aufziehen der Jungfische,
für die das heidewibli durch Stauung in dem nicht weit
von ihrer hütte stark abfallenden bach einen teich herge-
stellt Herm. Villinger treg der sclimerzen (1904) 49. dazu
composita, tcie: (i/n bilde:) sie . . . verliesz den fürsten,
an den inzwischen bereits auch schon wieder die mäch-
tige woge und durch die kurze abstauung nur stür-
mischer gewordene brandung der gcschäfte anschlug
Gutzkow ritter vom g. 9, 288; in jähem stürze reiszen sie
{die bergbäche, runsen) mit rasender gewalt die gröszten
felsblöcke durch ihr bctt herab . . . und dehnen sich
dem thale zu, oft plötzlich durch die gewaltigen auf-
stauungen aus dem bette geworfen, über die bebau-
ten wiesen und äcker aus Tschudi thierleben der alpenw.
(1853) 27; es sind hier durch einen in unvordenklichen
zelten stattgehabten bergsturz Wasseraufstauungen und
sümpfe entstanden J. G. Kohl alpenreisen (1849) 2, 215. —
in der spräche der medicin auf den blutumlauf angetcandt;
dazu: die stauungsdermatosen. in das gebiet der
stauungsdermatosen rechnet man die durch circulations-
störungen entstandenen pathologischen Vorgänge, von der
einfachen stauungshyperämie und nachfolgender anämie
bis zum oedema cutis Baginsky lehrb. der kinderkrank-
heiten* (1905) *. 1147. ferner von der Stockung der safte in
einer pflanzet; dazu: ich selbst kenne Verletzungen an
birken, die nur von mausen herrühren konnten, und
Wächter . . . beschreibt einen frass an einer birken-
ausschlagstange , an welcher oberhalb des stauung s-
wulstes . . . sich luftwurzeln gebildet haben Ratzeburg
waldverderbn. (1866) 2, 201.
3) zu stauen 4, seemannstcort ; 'lagerung der gegen-
stände, besonders der ladung oder des ballasts in einem
schiff" Stenzel 400''; es ist die stauung deshalb eine
eigene kunst . . . die hauptsächlichsten lehren über die
Stauung sind bd. II, s. 2509—2536 enthalten Bobrik 660'';
zehn für einen vollkommen diensttauglichen anker we-
sentliche eigenschaften waren es vor allen andern, auf
deren grad- und maszermittlung . . . von der Prüfungs-
kommission rücksicht genommen wurde ... 3) leichtig-
keit der Stauung Bremer handelsbl. 1853, nr. 97, s. 8», s.
auch handelsgesetzb. § 514 tinter stauer l. so freier: die
kürze {der hauptsätze bei Sliakespeare) vertritt den fort-
schritt, das weitertreibende dement, die stauung der-
selben durch einander dienen dem retardierenden Lud-
wig 5, 154. dazu: stauungsplan, m., 'zeichnting der
räum- und geicichtsvertheilting eines Schiffes, in welcher ihr
einflusz atif dessen festigkeit und seeeigenschaften sorgfältig
zu berücksichtigen ist' Stenzel 400''.
4) Stauung etiam est vaporatio {nach: Stauchung . . .
luxatio) Stieler 2126, vgl. stauen 5, c.
STAUVORRICHTÜNG, / : vor allem aber sind andere
am gleichen wasserlaufe etwa bereits bestehende an-
lagen, namentlich wassertriebwerke , empfindlich gegen
jede neue stauvorrichtung Stengel wb. des deutschen ver-
waltungsrechfs 2, 540».
STAUWALL, m., pretisz. in gleicJiem sinne tcie sommer-
wall, *. das., th. 10, 1, 1566. Frischbier 2, 344'*.
STAUWASSER, n., nd. stauwater Brem. tcb. 4, 1008.
l) gestautes wasser Campe. Brem. tcb. 4, 1008. Frisciibier
preusz. wb. 2, 364»; im Pregel ist jetzt viel st au wasser,
'durch starken tcind gegen den ström aufgestautes wasser'
ebenda (ztt 2?); an den weihern, stauwassern und igarapes
(nebenarmen des brasilianischen Rio Negro) wächst als
grastcppich der wilde reis Pesciiel Völkerkunde (1874) 162;
der ziemlich langen strecke stauwasser oberhalb der
mühle schritt er schnell vorüber W. Jordan die Sebald»
(1886) >, 80. .V. atich unter staugebiet.
2) '(stauwater) it. das teasser. tcan der atrom nn»ehen
ebbe tmdflut gleichsam still stehet; tcelches man sonst auch
stacnd watcr nennet' Brem. tcb. 4, 1008; ähnlich Jacob.sson
4, 2A6»; 'der seitpunkt, wenn derflut- in den ebbestrom oder
der ebbe- in den fluiatrom übergehen tcill. aUo kein ström
im teasser ist' Stenzel teemänn. v>b. 467»'. wenn die flot
der ebbe begegnet und stauwasser macht 71«. bei Campr.
STAUWEIUEH, m.: die stantoregiernng wird ermächtigt,
behufs Verbesserung der schifTfahrtastraHze von Ober-
Schlesien nach Berlin vornrheitcn für die anlegung von
Mr
1213
STAUWEITE-STAUZE
STAÜZEIT— STAZIONIERER
1214
fr
stauweihern, mittelst deren auf der nicht kanalisirten
Oderstrecke Ton der Neissemündung bis Fürstenberg in
trockenen zeiten eine wassertiefe von etwa 1,40 m her-
gestellt wird, zu veranlassen Hannov. Courier nr. 22074
(2. aug. 1899), s. 1» (kanalvorlage) ; (im bilde:) ein gesetz,
das einen reservefonds der staatseisenbahnen ins leben
ruft, damit die Überschüsse der fetten jähre sich in einem
stauweyher zur Verwendung in zeiten der wirtschaftlichen
dürre sammeln no. 22059 (2ö.juli), s.l; 2) alle eisgeschiebe
über dem stauweiher wären festgehalten, und das dorf
Sieber z. b. wäre von aller not verschont geblieben; 3) das
vom stauweiher gefasste wasserquantum wäre abgehalten
worden, den ungeheuren Wasserstau in der ebene zu
verstärken bericht des forstmeisters Kautz in Sieber, s.
'der Harz' 16 (1909), 3; wie lange mag es dauern, dasz
auch bei uns, wo eine talsperre angelegt werden kann,
wo ein see einen natürlichen stauweiher darstellt, die
elektrischen riesenbögen prasseln beil. zu d. Münchner
neuesten nachr. 1908, 67, s. 629''; eine sumpfige regenwasser-
ablagerung schien mir trotz meines durstes zu wenig
einladend, so dasz ich froh war, als ich links die wälle
eines stauweihers sah 22, s. 209»; dnzu: die meisten . . .
stillten ihren durst am tee. da das grünliche stau-
weiherwasser mit seinem üblen geschmack sich wenig
zum genusz empfahl *. 2il».
STAUWEITE, /., 'die entfemung vom stautcerk bis zu
dem äuszersten punkte, an welchem der aufstau noch be-
merkbar ist' Stenzel seemänn. icb. 400'»: stromaufwärts
nimmt die wassertiefe allmählich ab, bis dieselbe am
endpunkte der stauweite wieder in die grosse a über-
geht A. Ritter lehrb. der techn. mechanik' (1896) 786.
STAUWEN, verb., s. stauen (3, c) tmd stauchen III, i.
STAUWERK, n., Vorrichtung zum stauen des tcassers;
'einbau in einen wasserlauf zur erhöhung des Wasser-
spiegels' Stenzel iOO*». auf dem gleichen wege können
Stauwerke an privatflüssen im Interesse der einrichtung
der flöszerei gezwungen werden, die nötige bahn freizu-
lassen Stengel wb. des d. vencaltungsr. 2, 542*,- für vor-
übergehende Störungen und Wasserentziehungen durch
solche öffentliche Unternehmungen pflegt den stau-
werksbesitzern eine entschädigung nicht gewährt zu
werden 542*».
STAUWIESE, /., wiese, die zum ziceck der betcässerung
überstaut, d. h. mit ddmtnen umgeben und unter wasser
gesetzt wird, s. Karmarsgh-Heeren* 10, 704/.; Misculer-
Ulbrich österr. staatswb. 2, 2, 1540'*.
STAUWIXD, m., für den seeicind, der das seeicasser
gegen die küste treibt und dort aufstaut: obwohl selbst
das fahrzeug, dank der eingetretenen flut bei landwärts
umgesprungenen stauwinde, mit geringer beschädigung
wieder flott wurde W. Jordan die Sebalds (1885) 2, 50.
STAUWIXKEL, m.. '(deichbau) nennt man den vnnkel
hinter einem stocke, weil daselbst kein ström vorhanden,
mndem dieser durch das stack hinter demselben in stau
gesetzt wird' Jacobsson 7, 430».
STAUZE, m. f., mundartliches wort in verschiedenen
bedeutungen, mit nasalirten nebenformen. .
1) stanze, /. , mücke Nemnich; 'in Baiem eine ari
stechender mucken in sumpfigen gegenden' Campe, *. femer
Klein 2, 169 (Bayern, OesferreicA). bagr.die stanzen (stau'zn)
Schnake, culex Schmeller^ 2, 799 (b. vgl. stanze 5, b, sp. 844) ;
im bayr. wald die stau'tsn, *. Bayerns mundarten 2, 259;
in und um Eichstätt staunts, m., s. zeitschr. für hd. viund-
arten 3, 80.
2) sonst bedeutet bayr. der stauz (stau~z) eine 'ledige
männliche person als erklärter liebhaber einer weiblichen';
entsprechend die stanzen (stau'zn) 'ledige uxibliche person
als geliebte einer männlichen' Schmeller' 2, 799; herr, i
bi mit meiner staunzen gangen, aus der beichte eines
battemburschen, s. ebenda; Schöpf 703.
3) bayr. stau'zn, /.. für staude, s. Schmeller* 2, 800.
4) dagegen bedeutet toestencäld. stau(t)ze, m.. 'die spitze
an gewissen spitz geformten weckarten, z. e. an der so-
tnnten christwise [brotart) . . . auch das krüstchen, der
abschnitt vom brod.' dim. stautzelche, stautzche
:hmidt233; Kehrein volksspr. in Nassau \,SSS; Pfister
l, der es mit recht zu steisz stMt. vgl. das. ; der schdauze,
rw der stauzeweck (schdauzewegg) Creceliüs 806.
Mr.
STAUZEIT,/..- während bisher im rastlos dahinflieszen-
den ströme den feineren theilchen selten soviel ruhe
gegönnt war, sich lagern zu können, entstehen jetzt,
wo fluth- und ebbestrom zusammen treten and gegen-
einander wirken, gewisse Zeitpunkte, in denen alle
Strömung so gut wie aufgehoben erscheint, oder in denen
doch die bewegung des wassers so langsam ist, dasz
dieses vieles fallen lassen musz, was bis dahin mit
fortgerissen ward, diese augenblicke nun, 'stauzeiten'
nennt sie der küstenbewohner, sind die wichtigsten mo-
mente für die bildung der marschen Allmers marschen-
buch^S.
STA VE, /., nd. form für stube, s. dieses und Campe,
bes. für eine badsiube und ein feuersiübchen (gehäuse
eines kohlentopf es) ; vgl. auch Bobrik 661*. — staven
auch als nd. plur. zu stab, bes. für stab-, staffholz
(sp. 369/., 530) Bobrik eeo*». dazu wohl auch: staven einer
daumkraft, engl, 'the iron bar of a handscrew orjack', die
gezahnte eiserne stange daumkraft ebenda.
STAVEN, verb., nd. für staben, s. das.. sp. Sfnf. und
Campe.
STAVEXERDE, /. — ?: da der vater regelmäszig noch
einige düngerstellen kleiner leute aufkaufte, häufig auch
gute garten- und stavenerde, so fing das (düngungs-)
geschäft ziemlich früh an Fr. Paulsen atts m. leben 47.
STAVENSAGK, m.. zu nd. staf, stav = stab, 'auf den
schiffen ein sack mit kurzen enden von bolzen und eisernen
stafen oder stangen angefüllt, welcher aus einer kanone
geschossen wird' Campe (unter staf), *. auch Bobrik 378''.
STÄVER, m. 1) in der älteren spräche für st&beT, stäber,
s. dtis., sp. 367/; stavener, staever, qui jus jurandum praeit,
staebler Scherz-Oberlin 1562.
2) für stüb(n)er, bader, s. d^s. Campe, vgl. stave.
STAVHOLZ, n., s. stabholz und stafholz, sp. 369 f. 530.
Jacobsson 7, 430».
STÄVIG, STÄWIG, adj., nd. für fest, steif, s. stäbig.
sp. 370. Campe.
STAVROLOGIE, /., 'lehre von kreuzen', zu gr. axavQoq
(icohl nur momentane gelegenheHsbildung) : wie? die mittel-
mäszigste känntnisz der mittleren geschichte und rechts-
gelehrsamkeit, die diplomatische stavrologie und sphra-
gistik, zeigt sie nicht, dasz kreuze und andere zeichen
altes herkommen gewesen . . .? Herder 3, 433 Suphan
3. krit. Wäldchen, 1769, als enciderung auf eine stelle von
Klotz : ist es zu verwundern, dasz ein Zeitalter . . . nichts
lieber auch auf münzen sah, als kreuze, Schlüssel, bücher,
bischofsstäbe und kirchen. jetzt würde man staurologie
schreiben, wenn das wort überhaupt üblich wäre.
STAX, m. 'ungelenksamer, steifer, unbeholfener, dummer
mensch' thür. wb., vgl. stacks sp. 414 und staxen : und wie
der herr, so der diener; gerade so ein stax. ich weisz
nicht eine silbe von ihm, als dasz er Franz heiszt
KoTZEBLE menschenhasz u. reue 1, 10;
doch her sah ich schreiten
unsem freund, den alten Pax,
liebreich auf die seilen
nahm er einen alten stax
{einen von den sieben ftadUoldaten)
RCCKERT (1882) 2, 225 ;
im iS.jahrh. als typischer name:
Stax kSmmt, und kaum ist Stax erschienen,
so hält man ihn auch schon für klug
Gbllbrt 1, 6 {'der zeitig').
STAXE, / : bey der Painbachmühl hat es ein brunn,
der quillt über sich auf, bringt einen sand mit mancher-
ley färben, gibt auf der staxen gediehen gold. quelle
des 16. jahrh. bei ünger-Khull steir. wortseh. 567'» (unter
stachse; bedeutungf).
STAXEN, verb. l) 'steif umhergehen . thür. wb., vgl. stax.
2) stammeln, s. staggeln, sp. 538/ und statzgen, sp. 1068.
STAXER, m., s. statzger, sp. 1068.
STAZEN, STAZGEN, verb., s. statzen, statzgen, sp. 1067/
STAZION, /., *. Station, sp. 939 ff.; dazu: er . . . legte
seine inhäsiv-pro-reportestazionen ein und zog ab J. Paul
3 (unsichtb. löge 3), 29; 'halt, Rasmus!' (womit er zeigen
wollte, er habe lehr- und staziongeld in Dänemark
gegeben, wo man statt seh wager [postillon] Rasmas
31, 60 (kom. anh. z. Tit. 1, 2i. jenner).
STAZIONIERER, m., s. stationierer, sp. 944/
Mr.
1215
STAZIÖS-STEARIN
STEBEKRAUT-STECHAPFEL
1216
STAZIÖS, adj., a. statiös. »p. 946/.
STAZLER, »I.. s. statuier, sp. 1069.
STAZNER, m., 'statioTUirius{f), posthaltfr': der gastgebe
geit X .Schilling, des stazner X und der leitgeb X tirol.
tceisth. i, 379, 18 {vom j. 1379), vgl. s. 926». Mr.
STEARIN, n. der {vom olein) gereinigte talg. in der
irisaenschaßlichen spräche der chemie gebildet von griech.
arioQ 'fett', ein nur selten gebrauchtes und ganz auj
inssenschaßiiche spräche beschränktes steatin lehnte sich
an das von arsag, gen. ariarog gebildete adjectiv arfättvog
'von talg', das im übrigen auch auf die bildung unseres
vortes gewirkt hat. als fem. &i&a.Tin& verzeichnet das xcort
ent^r eckend franz. sWarine KrOnitz: um nun bei die-
sem gereinigten talge die ol6ine von der Stearine zu
scheiden encyclop. 171 (1839), 81; aus dieser Stearine kann
man stearintalglichter machen, die jetzt im handel vor-
kommen, und sich durch festigkeit und woisze auszeichnen
ebenda 82; doch schon hier schwanketi: um sehr schöne
lichter aus dem Stearine darzustellen ebenda 81. aber
.tonst ist ausschlieszlicli das neutr. in geltung: das stearin
oder der talgstoff Prechtl technolog. encyclop. 8 (1837), 326;
vgl. Liebig handbuch der chemie (1843) 947. — stearin-
artig, adj. von der art des Stearins ; {auch hier im gegen-
.'<atx zum olein) : eine ältere Untersuchung des menschen-
hirnes zeigte . . . 4,53 "/q stearinartiges hirnfett, 0,7 "/o elain-
artiges hirnfett Sömmerring vom baue desmenschl. körpers
4, 131. — stearinhaltig, adj. stearin enthaltend : aether
zieht aus dem Ohrenschmalz ein verseifbares, elain- und
stearinhaltiges weiches fett aus ebenda b, 914. — Stearin-
kerze, /. aus stearin {tmd einem geringen zusatz von
wachs) hergestellte lichtkerze vgl. Prechtl technolog. encycl.
8 (1837), 333. die zur fabrikation der Stearinkerzen dienende
talgsäure Liebig handbuch der chemie (1843) 944. dazu
Stearinkerzenfabrik, /., fabrik, tcelche .Stearinkerzen
herstellt: in der gröszten provinzialstadt Deutsch-Öster-
reichs wird für eine bedeutende Stearinkerzenfabrik ein
erfahrener siedemeister gesucht anzeige im Frankfurter
Journal vom 16. juni 1872 {liauptbl.). — stearinkörn-
chen, »I. deminut. zu stearinkorn: auszerdem kommen
häufig auch körnige abscheidungen von fett vor (fett-
kömchen, von einigen mit unrecht stearinkörnchen ge-
nannt) Sömmerring vom baue des men.schl. körpers 8, i, 307.
— Stearinlicht, Ji. l) von Stearinkerzen erzeugter licht-
glänz: in der von Stearinlicht erhellten kammer. 2) das-
selbe wie Stearinkerze {s. oben) mit dem heute geicöhnlichen
plural die stearinlichte. Krünitz setzt dafür das stich-
tcort stearinelichter encyclop. 171 (1839), 82. ein kästchen
mit Zündhölzern und einige stümpfchen Stearinlichts
Storm 5, 233 {es waren zwei königskinder). — stearin-
sauer, adj. zu dem folgenden: stearinsaures kali {kali
mit Stearinsäure verbunden) Prechtl technolog. encyclop.
8 (1837), 827; stearinsaures natron Sömmerring vom baue
des menschl. körpers 5, 161; stearinsaures salz Prechtl
a. a. o. 14 (1846), 449, franz. stdarate Beil technolog. wörterb.
1 (1853), 668. — Stearinsäure,/, im gegensatz zur Ölsäure
(*. th. 7, ap. 1285) die aus dem geschmolzenen talg durch den
Zusatz z. b. von schwefelsaure gewonnene chemisclie säure,
deren glycerinäther eben das stearin darstellt, vgl. Prechtl
technolog. encycl. 8 (1837), 333. man unterschied stearin,
margarin und olein, und danach talg- oder Stearinsäure,
margarinsäare und Oleinsäure Sömmerring vom baue des
menscht, k&rpers 6, 108. c/azu Stearinsäure fabrikation
/. fabrikmäszige herstellung von Stearinsäure : B. bediente
«ich der... öl.säure, so wie sie bei der stearinsäurefabri-
kation erhalten wird Liebig handbuch der chemie (1843) ö73;
Htearin8äurehydrat;i.}7i der wissenscluifÜiclien spräche
der chemie die genauere bezeichnung für den chemischen
begriff Stearinsäure, die sich in loirklichkeit aus einem
theile säurt und zicei theilenwasser ztisammensetzt Sömmer-
rino a. a. o. 6, llO; Prechtl technolog. encyclop. 14 (1846).
440. stearinsäurckerze, /., dasselbe wie steBrinker/«^
iß. oben): kerzen . . ., die unter dem namen der stearin-
kenen, stearinsäurcker/en vorkommen ebenda t^{\«il), 838.
— stearintalglicht, n. aus gereinigtem talg hergestell-
te» kertenlieht {daastlhe wie oben Stearinkerze und stearin-
lieht t). «. den beleg ttnter stearin bei Krünitz vom jähre
IMt: plur. Htrarintalgiichter nn stelle der heute gebrauch-
Uüten fftririntalKlichte.
STEBEKRAÜT, «.. s. unter stoebekraut.
STECH, m., s. unter stich.
STECHACHSEL, /., an der tumirrüstung ein panxer-
stück, welches ßilgelartig nicht nur die linke schtUter.
sondern auch die linke helmseite und nocJi einen teil der
brüst gegen den {lanzen)stich des gegners schützen soll
BoEHEiM Waffenkunde 77. vgl. auch unteii stecharm.
STECHADERKRAUT, »t.. (/as«e;iejri«stöchaskraut(s.u.).
in tceiterer volksetymologischer angleichung von stechaden-
kraut stöchas Dentzler clains ling. lat. (1716) 757'»: stech-
aderkraut sticados Kirsch cornucopiae (1723) bei Diepen-
BACH 552''.
STECHAHLE, /. : in einer tautologischen Verstärkung
'ahle (*. ^A. l sp. 119), pfriem zum stechen', das tcort ge-
hört nicht der zünftigen handwerksspracJie an: stechahlen
unter dem handwerkszeug der artilleriesattler aufgeführt
bei HOYER Wörterbuch der artillerie 2 (1812), 127.
STECHAPFEL, m. l) die pflanzengattung 'datura' Diet-
rich lexicon der gärtnerei und botanik 3, 565 jf. beson-
ders aber: datura stramonium, der gemeine Stechapfel,
vgl. Schlechten DAL ßora von Deutschland'' 16, 281 ; /be-
nannt nach der kugelförmigen, stachlichten frucht der pflanze,
sonst auch entsprechende bezeichnungen führend wie dorn-
apfel {s. th. 2, sp. 129.S), dornkopf {th. 2, .sp. 1299), igelskolbe
{th. 4, 2. .sp. 2047), rauchapfel {für rauhapfcl th. «, sp. 24i)
M. ä. niederd. ist das wort zu belegen als stäkappel {Unter-
Weser, Mecklenburg) Pritzel-J ESSEN 130'' ; .sti'kap"lBAUER-
CoLLiTZ tcaldeck wb. 99»; schon älter slekappel belegt aus
Chytraeus bei Pritzel-Jessen a. a. o.; plur. in äl-
terer nhd. form stechöpfel Matthiolus-Camerarius
(1586) 175, sonst Stechäpfel: stechäpffel oder rauchäpffel,
Solanum .spinosum Tabernaemontanus (1664) 978, stra-
m.onium spinosum in der ausgäbe von 1694 bei Diefen-
BACH 554'=; stech-, rauchapfel hipponianes 27S^. der name
bezeichnet pflanze und J'rucht zugleich: Stechapfel sive
rauchapfel. stramonia, pomum spinosum, nux metella,
hippomanes Stieler (l69l) 1378; Stechapfel stramoneum.
daturae caput Steinbach 1 (1734), 29, Solanum spinosum
Dentzler (1716) 730*; vgl. noch Kinderling reinigk. der
deutsch, spräche (1795) 333. die blüthen des Stechapfels
nebst der zeitlose, deren wurzeln vergiften, {straften)
bösen leumund und heimlichen neid (tu der blumensprache
des Orients) MusÄus Volksmärchen 1, 97 {Meleclisala) ; so
man die ausrottung der Stechäpfel beabsichtigt Krünitz
171 (18.39) 92; die mauer entlang, auf dem schmalen
pflasterstreifen, zwischen dessen spitzen steinen Stech-
apfel wuchs . . ., saszen weiber Viebig das schlafende heer
1 (1904), 69. Tabernaemontanus sucht die pflanze durch
das femininum unterscheidend zu charakterisiren : die
stinckende stechäpffel {solanum spinosmn foetidnm) wächst
viel stärker und gröszer als die vorige {solanum spinosum)
978, MO ein bloszer druckfehler auf keine wei.se wahr-
scheinlich gemacht werden kann. — die blätter und fruchte
der pflanze .sind gleich giftig icie heilkräftig: ein be-
trübter Zufall . . ., da ein kind durch unvorsichtigen ge-
nusz des samens von Stechäpfeln auf die traurigste art
ums leben gekommen Berliner intelligenzzettel von 1787 bei
KntJNiTZ 171, 86; er wählte ein langsam wirkendes gift,
eine mixtur aus . . . spanischem pfeffer, Stechapfel . . .
und wahren arsenik MusÄus physiognom. reisen 4, 75.
dasz der Stechapfel t»i dienste der Zauberei hauptsächlich
durch die zigeuner seine Verbreitung gefunden liabe, wie
VVu'iTKK {volksalterglaube) noch annahm, irird nun nicht
mehr so sicher hingestellt, vgl. Riezi.kh geschickte der
he.renprozes.se in Bayern 155; wir wollen auch einige
/auberworto mischen, bilsen und Stechapfel (iörrks ges.
schrißen 2, 2(15. als volksthümlirhe heilpflante tnirde der
Stechapfel trotz obrigkeitlicher tcarnung von osnabrückiscken
und mü itsterschen Imuern häujig ungelxiut {vgl. hannoirr-
sckes mugazin 17H2 *. 525), doch nur, trril sein name glauben
machte, dasz er gegen scitenstoclicn heilkräftig sei.
2) Im Taheknaemontanus (1664) 1888 auch seltsamer-
ireise eine bezeichnung von Her aquifolium. s. unten atech-
hnuin.
8) der Middatenwitz verglich den streitkiAben mit .seiner
von ei.senstacheln oder nageln starrenden haube der frucht
unserer pflanze und nannte ihn deshalb stechnpfcl Bkr«-
NiH bürgert irhr kiinstaltrrlihner 2. C>M , }Cohl tiesonder»
V.T.
1217
STECHARM-STECHBAHN
STECHBAHN
1218
angesichts der stachligen kugel des schweizerischen morgen-
Sterns, vgl. Demmin kriegsuaffen (1869) 143.
4) in tceiterer Zusammensetzung: stechapfelblättrig,
adj. ähnlich dem hlatt des Stechapfels : stechapfelblättriger
gänsefusz, cJienopodium hybridum Dietrich lex. der gärt-
neret und botanik 3 (1803), 37. — stechapfelextract, m.
ext factum stramonii: extract, besonders aus den blättern
des Stechapfels hergestellt, von Htifeland Kider gemüths-
krankheiten empfohlen Krümtz 171 (1839), 84/. — stech-
apfelkorn, 7i.. samenkom der stechapf elf nicht: bey der
Sektion fanden sich die stechapfelkörner zu 2 loth im
magen hannov. magasin v. j. 1782, s. 501; daneben über
die giftige eigenschaft der stechapfelkörner ebenda 525.
(auch Jahrg. 1180, s. 464.) — stechapfelkraut, n. das
kraut des Stechapfels, dann bezeichnung der pflanze über-
haupt: stechapfelkraut Solanum spinosiim Dentzler (1716)
•273«; stechapfelkraut Campe; Heixsius 4, VSS''; KrOnitz
171 (1839), 92. — stechapfelpflanze, /. in weiterer Ver-
deutlichung und zum unterschiede von derfrucht allein .- hat
die stechapfelpflanze einmal in einem lockern boden posto
genommen lia^uiov. magazin, jahrg. 1785, s. 46:3. der plural
auch im ersten compositionsglied zum ausdruck gebracht:
der ganze garten voller stechäpfelpflanzen ebenda; dann
auch der Singular stechäpfelpflanze jahrg. 1782, .<?. 525. —
stechapfelpille, /. in der form stechapfelspille : mit
stecluipfelextract zubereitete stechapfelspillen allgemeine
deutsche bibliothek iö, 69. — stechapfelsame, stech-
apfelsamen, m. samen des Stechapfels; stechapfelsamen
KrCnitz 171 (1839), 86; man erhält das daturin aus stech-
apfelsamen Liebig handbuch der chemie (1843) 1205. auch
das erste compositionsglied pluralisch : stechäpfelsamen in
geringer dose hannov. magazin 1782, s. 528; ein ehemann,
der dadurch sein leben eingebfiszt hat, dasz er um seiten-
stiche zu vertreiben, auf anrathen einer magd stechäpfel-
saamen eingenommen ebenda s. 498.
STECHARM, m. als theil des armzeugs einer turnir-
rilstung: zwen stecharem und ain arem, ain armzfig
ZiNGERLE mittelalterliche inventare 67, 99 [vom jähre li20).
wie schon das nebeneinander von stecharm und arm ver-
muthen läszt, schützt der erstere nur den linken arm des
kämpfenden, ganz entsprecJiend oben Stechachsel.
STECHBAHN, /., turnirplatz. unter dem einfltisz des
niederd. stekebän findet sich auch ein seltenes stechebahn :
ichteswelke van der herschop steken up deme markede
scharp unde de stekebane was umme beplantet (lies
beplanket) mit breden unde gestrouwet mit sande Lü-
becker Chronik 2, 406.
l) für das mittelalter ist das xrort nicht zu belegen; es
acheint vielmehr erst unter dem eindriick von kaiser Maxi-
milians ritterlichen bestrebungen sich den boden gewonnen
zu haben: also zogen sie ab von der stechban nacht-
büchlein (1559) 59 BoLTE; und o schaffet, dass mein arm
bald verbunden werde, dann mich verlanget zu sehen,
wa.s sie auf der stechebahn zu Kyrene vor händel
machen werden Bicholtz Herkuliskus und Herkuludisla
.(1665) 1014; (beictinderer und anbeter), die bereit sind für
rihre damen nach alter sitte auf der stechbahn das leben
1 aufzuopfern Mus.ius volksmärclien 3, 45 (Bichilde); die
; zirkelrunde stechbahn, in welche die ritter eingeschlos-
sen werden, nebst der amphitheatralischen erhöhung
ringsumher mit unzähligen Zuschauern angefüllt, der
schauerlichen backofengestalt zu vergleichen ebenda 2, 34
\der geraubte Schleier); doch tummelten sich die ritter
schon wacker auf der stechbahn herum ebenda 2, 48
(stumme liebe) ; ihr guten fräuleins, laszt diesen albernen
schauer, der euch so übel als einem muthlosen knaben
y.u gesiebte steht, der seinem ritter auf der stechbahn
das Schild vortragen soll ThCmmel reise 3, 490; ihn kann
auf der stechbahn kein ritter bestehen allgemeine deutsche
biblioüiek 96, 184; seit die ausbildung des reisigen mannes
für sport und turf der stechbahn iiauptsache wird, ist
seine brauchbarkeit im kriege auffällig verringert Frey-
TAü 19, 30 {bilder 2, l);
vielleichte wil er auf den plan
ein ritt thun auf der ätecnebahn
Dedekind chrlftl. ritter (1590; 82'* (.'>, 4) ;
bald langt mit Rezia herr HOon vor den planken
der Stechhahn an
WiKLANt) 23, 297 {Oberon 12, 83).
X. 2.
Cr.
doch dieser blutige ernst, der aus unserm icort hervor-
leuchte, feiert doch mehr nur ein litterarisdies leben, die
icirklichkeit kannte nur noch harmlose reiterspiele auf der
stechbahu, mehr geeignet die geschickliclikeit im reiten zu
zeigen als das leben von rosz und reiter zu gefährden,
und gestochen icurde nach dem köpf oder .Schild einer puppe,
die drehbar dem ungetcandten steclver leicht einen Schaber-
nack spielen konnte, nach einem ringe (». ring 2a, th. 8,
sp. 987, ringelrennen sp. 999 und ringrennen sp. 1013; ringel-
stechen sp. 1000 «jid ringstechen sp. 1015; s. aueh unten
stechen verb. l e) und dergleichen: stechbahn arringo,
lizza, campo, steccato da correre la chintana Kramer dict.
2 (1702), 919''; stechbahn hippodromus [so ungefährlich
icird das vergnügen.') Steinbach l (1734), 62; ctirriculum;
locus, ubi certant, qui annulum lancea petunt Frisch
2 (1741), 324; 'der lange ebene platz, reo man mit lanzen
zu pferde nach einem aufgesetzten oder aufgehängten ziele
zur lust stach' Heinsius 4, 758«;
die graue stechbahn trank
der rosse schweisz
Pfekfel poei. versuche 4, 100.
2) stechbahn als straszenname , besonders in residenz-
städten, eine erinnerung an das vorige; am bekanntesten
die stechbahn, ein bogengang am schloszplatz zu Berlin
Heinsius 4, 758*; er sank, als es anfieng dunkel zu
werden, beynahe ohne es selbst zu wissen, unter dem
bogengange der stechbahn in einem winkel trostlos nieder
Nicolai Seb. Nothanker 2, 41. (vgl. auch Alexis Roland
von Berlin 127, Beclam, und siehe weiteres unter 4). doch
auch andere städte haben ihre stechbahn, so Celle an der
Aller, ja sogar das kleine waldecksche Städtchen Corbach
eine stechebahn (B.xuer-Collitz waldecksches tcörter-
buch 174).
3) auch der kampfplatz des merkwürdigen kampfläufers
oder Streitvogels (totanus pugnax), dessen männchen sich
vor der paarungszeit täglich melirere nuUe duelliren, wird
die stechbahn genannt Naumann bei Brehm thierleben
6, 25 Pech uel- Lösche.
4) unter der stechbahn zu Berlin wohnte der buch-
händler und litterarische intrigant Friedrich Christoph
Nicolai (a monsieur, monsieur Nicolai, libraire tres
renomm^ unter der stechbahn in seinem hause Lessing
17, 236), und so kommt es, dasz unser wort an dem,
mummenschantz theilnimmt, irelcher mit diesem manne
voti seinen gegnern gespielt wird: lust . . ., dem ritter von
der stechbahn die hosen, die bunten hosen, angesichts
des ganzen ehrsamen publici abzuziehen, damit er da-
stünde so nackt und blosz wie er von mutterleibe kommen
ist GoECKiNGK ari Bürger 15. nov. 1776 (des letzteren briefe
1, 362 Strodtmatm) ; den spaszvogel unter der stechbahn
hab ich einstweilen ein bissei gezwiebelt Bürger an
Sprickmann 26. dez. 1776 (l, 382 Strodtmann) und mit deut-
licher bezieliung auf GoECKiNGKS brief:
Fips Buntjack von der stecbbahn!
halt hos und athem recht an! 388.
vgl. auch noch 1, 386. t»i spott über Nicolais allgemeine
detitsclie bibliothek:
dfirft nur die allgemeine bibliothek lesen;
ich, lieber vater, arbeite dran,
wie euch, wenn ihr wolt, der artikel :
schöne Wissenschaften, beweisen kann.
bin sehr bekant auf der stechbahn.
da hau' ich euch die grossen geister,
Göthe, Wieland und Lenz zusammen
ScHiNCK marionettentheater (1778) 117;
[das wort ist hier icie im folgenden bald fett, bald gesperrt
gedruckt.)
mSgen sie nnn immer ihren rächen
gewaltig drüber aufsperren im ton der bibliothek,
die da geschmiedet wird auf der stechbahn 123;
so möcht' ich doch nicht um aller weit willen
euch glauben machen, als war' ich etwa'n
so'n luftiger gesell von der stechbahn,
dem 's Zeitvertreib war' in groszen pasquillen
die Goethe und Lenze zu blaffen an 121.
sogar ein adjectiv stechbahnisch er.9rheint:
doch komt, ich mus euch ein neues stück
vorlesen aus der stechbahn'schen fabrik,
es ist der klein foin almanach 118.
{Nicolais feiner kleiner almanach, besonder» gegen Bürger
gerichtet, war 1777 und 1778 in zwei theilen ersdtienen.)
77 Cr.
1219
STECHBART— STECHBEITEL
STECHBIENE-STECHBÜTTEL
1220
es wird durchaus zum litterarischen schlagxcort; so warnt
Georg Christoph Lichtenberg: steht irgend einmal
ein kenner in einem Journale oder einer zeitung, die in
höheren Wissenschaften credit hat, auf, und redet die
Wahrheit, so nennt es die menge in stolzer bequemlich-
keit, intrigue der stechbahne oder gelehrte pedanterey
verm. sehriflen 4, 117.
5) im Zusammenhang mit dem vorigen betoegt sich: ein
kunstrichter, der das wehrlose gesindel der krüppel
und lahmen abwürgt, die sich jetzt so dreiste auf die
literarische stechbahn wagen MusÄus Volksmärchen i, 8S
{Meleehsala). wohl angeregt durch das vorige kommt J. Paul
zu einer neuen vencendung: übrigens führte er seinen Viktor
mit keinem pedantischen marschreglement auf die eis-
bahn und stechbahn des hofes loerke 7, 230 (Hesperus l),
um die gefahren , nocJi mehr die Intrigen des hoflebens
dahinter zu verstecken.
6) in Berlin die stechbahn obscöne bezeichnung der
Vulva, genauer der vagina {schriftliche mitteilung von dr.
Wagner aus Pöszneck) vgl. dazu unten stechen verb. 20.
STECHBART, tn. stechender bart Campe; Heinsius
4, 758». vgl. Stachelbart {oben sp. 389).
STECHBAUM, m. l) ilex aquifolium, wegen ihrer stach-
lichten blätter so genannt, doch bekannter unter dem namen
stecheiche {s. u.) oder Stechpalme {s. u.) : stechbaum aqui-
folium Tabernaemontanus (1664) 1382; agrifolium, ilex
aculeata baccifera, ruscus arboreus, hilft gegen husten
und seitenstecJien {vgl. oben die entsprechende Wirkung des
Stechapfels) Woyt Schatzkammer medizinisch-natürlicher
dinge (1734) 24; spina acuta Steinbach l, 78; Frisch
2, 824*.
2) paliurus {australis) : stechbaum paliurus Tabernae-
montanus (1694) 6ct Diefenb. 406«. Spina Christi Frisch
2, 324*. vgl. auch unten stechdorn 1.
3) juniperus communis, der gemeine Wacholder Hein-
siüS 4, 758*; in Schletien stechbaum neben steckbaum
(stekbaum mit langem e) Pritzel- Jessen 197». vgl.
Metzger landtoirtschaftl. Pflanzenkunde (l84l) 279.
STECHBECKEN, n. : flaches, breitrandiges, leicht unter-
schiebbares becken für die bedürfnisse eines betÜägrigen
kranken: futteral zu klapphut . . . sieht nicht wie ein
hutfutteral aus, ist ganz flach wie ein stechbecken Bis-
MARCK briefe an seine braut 520.
STECHBEERE, /. l) ribes grossularia, getcöhnlicher
Stachelbeere («. oben sp. 389 unter l) genannt, stechbeer
{plur., wohl bezeichnung des Strauches) Schmid schwäb.
wörterb. 508 {gegend von Kaufbeuren). deminut. stechaberle
iMcea grossxdaria spinosa {Augsburg) PopÖwitzsch 558;
Campe.
2) rhamnus cathartictis , unser geicöhnlicher kreuzdorn
{s. th. 5, sp. 2188) ScHLECHTENDAL flora von Deutschland
1, 161; die Wirksamkeit der beeren des kreuzdorns ah ab-
führmittel {bei stechenden leibschmerzen) hat wohl im
apothekenhandel zu der nam^ngebung den anlasz gegeben.
vgl. Pritzel-Jessen 329'».
8) die gleiche erklärung findet stechbeere als bezeichnung
des kellerhalses (*. kellerhals 2, th. 5, sp. 517) daphne
mezereum Campe, mit rücksicht auf die sehr scliarfen, ab-
führenden fruchte.
STECHBEITEL, (STECHBEÜTEL) , m. 1) ein breiter
meiszel zum glättenden bestoszen des holzes, besonders an
stellen, die für axt, säge oder hobel nicht erreichbar sind.
vgl. auch unten stechzeug, aus einem niederdeutsclien
stSkbeitel [gleich nhd. bciszel s. th. l, sp. 1899) : stechbeitel
Egoers kriegslexicon 2, 985; Albrecht Leipz. muiuiart
216*; Prechtl technolog. encyclop. 9, 556; Beil technol. wb.
1, 668*. die form stechbeutel beruht nur auf einer fal-
schen Ungleichung des Wortes an beutcl, pera {s. th. l,
»p. 1750); beatel, kleyner sack, . . . bey den tischlern in
ftecbbeatel, eine art stämmeisen Adelung umständl.
Uhrgebäude der deutschen spräche 8, 714; Brosenius tech-
ntiogie t, 6; Campe; Heinsius 4, 768»; Crecelius ober-
ht»». Wörterbuch fX»; stechbUtel MartinLienhart e^ä#«.
wSrttrbueh 2, I2l'>. die bei Eooers a. a. o. neben stechbeitel
belegte form ■tecbbödel (gleich niederd. stSkbödel) teigt, wie
di* tjrraehverkehrung auch auf niederdeutschem botün sieh
amtfibreiM Hot.
t) ^«ebbeaUl für •teohbUttel «. unten.
Cr.
STECHBIENE, /. eitie ausländische stechende bienenart.
Stechbienen auf St. Domingo, allgemeine deutsche biblio-
thek 84, 529; vielleicht, dasz es sich dabei nur um die im
gegensatz zur königinbiene und den dröhnen mit einem
Stachel beioaffnete arbeitsbiene von apis meUifica handelt,
wie im folgenden: darunter {unter den insekien, welche
junge schtcalben aus ihren jtestern fallen lassen) habe ich
niemals eine stechbiene gefunden Naumann naiurgesch.
der vögel Deutschlands 6, 73.
STECHBLATT, n. bedrucktes oder beschriebenes blatt,
welches orakelzicecken dient {vgl. unten stechbuch utui
stechen l k) : mit einem stab oder finger fährt (sticht) man
im, dunkeln oder m.it abgeicandtem. gesicht auf das blatt;
das so getroffene wort lüird dann für den losspruch aus-
gedeutet;
nn schenck uns ein den grossen becher,
schenck voll, so, hol ihr liebe freind,
ein jeder guter zechcr, siecher,
80 ofTt als vil buchstaben seind
in seines lieben steohblats namen
hie disen gantz abdrincken soll
Weckmerlin gedicMe 1, 507.
vgl. auch unten stichblatt.
STECHBLIND, adj. Verstärkung von blind wie das ge-
wöhnlichere stockblind («. unten), dazu die weitere Zusammen-
setzung stechblindvoll adj.: sauffen sich bey wasser
stechblindvoU , dass sie taumeln Reinhold reime dich
(1673) 140.
STECHBOHRER, m.: grabeisen, schroteisen, stechbor,
meyssel ancaesa. i. vasa caelata Alberus dictionar. (l540) 2».
STECHBOLZ, m. 1) siechbolzen stechender spitziger
bolzen Heinsius Wörterbuch der deutschen spräche (1818)
4, 758».
2) übertragen aus niederdeutschem stökbolten bei Hein-
sius o. a. o. bezeichnung eines schiff staues, welches ein lan
ges äuge hat, vielleicht in anlehnung an bolz 7 {th. 2,
sp. 235).
STECHBORSTE, /. stechende börste, insbesondere eine
bezeichnung des kiefernfühlers der m,ilbe Brehm thierleben
9, 728.
STECHBORSTIG, adj. zum vorigen, als Übersetzung des
lat. hispidus: stechborstige vaillantie, valantia hispida
Dietrich lexicon der gärtnerei (i8ll) 10, 335.
STECHBREMSE, /. stechende bremse {vgl. bremse, tii. 2,
sp. 363 und stechen 2 c) ; ich erinnerte mich an den kran-
ken, der sich eingebildet, eine lebendige stechbremse
im köpf zu haben Rosegger Schriften (1895) 5, 179. vgl.
auch unten Stechfliege.
STECHBRETT, n. plur. stechbretter, welche beim Wiesen-
bau iii die beicässerungsgräben gestoszen uxrden, um so
das icasser an seinem ab- oder zuflusz zu hindern Schwkrz
prakt. ackerbau (1882) 213.
STECHBRILLE, /. brille, welche klemmerartig auf der
nase sitzt, hauptsächlich gebraucht, um in die ferne zu .tehen:
damit wir in die ferne sehen, wie die stechbrillen sein
Mathesius Sarepta (1571) 196''; aber hierin hat er grosz
vngleich, vnnd wird gewiszlich, da er die götzlin hat
angesehen, ein kesterischc helle stechprill, die in die
weit sieht, gepraucht haben, dieweil er die götzen für
klötzer ansieht Fischart bienenkorb (1588) 186».
STECHBUCH, n. orakelbuch mit aUmöglieher lebens-
Weisheit, in welches der neugierige mit eitler luidel
hineinsticht, um den so getroffenen spruch dann für sich
auszudeuten {s. stechen l k tind vgl. oben slechblatt):
wer weisz , wie manche schoar stcrn , stechbuch , spiel und
karten
und weyhnachtnttsse fragt: vor welches schSne kind
die blumen deiner gunst hinfort gewidmet sind?
GOntiibr ged. (1735) 89«.
STECHBITDE, /. l) in Berlin bei volkshelusti gütigen
eine glücksbude. in der um einen getoinn gewürfelt wird,
{die nam,enbildung sehliesst sieh wohl an wendmigen vne
unten nach börsen stechen <4. ». w.)
2) ebenda die obscöne beteiehnung für ein smisehläf-
riges {himmil)bett {vgl. stechen verb. «0 uiul oben stech-
bahn 6).
STECHBÜTTEL, m. im nordösüiehen Deut$ehland ein
name de» slichlings (#. u.). gasterosteu» aeuUatu*. ausge-
teichnet durch drei »taehdn vor der rüeket\flo»$« Sirbold
$ü»»¥>a»»erfüehe M; Brbhm ihierMMn 8, 164: aber nach
Cr.
1221
STECHDANK-STECHEISEN
STECHEL-STECHEN
1222
dem verbot war auch der fisch darinnen vergangen, das
da man hernacher Schmerling . . . hat haben wollen,
jhrer zwene einen gantzen halben tagk gefischet, vnd
doch kaum gefangen, das man einer person bette mögen
fürsetzen, vnd weren dazu das meiste theil stechbüttel
gewesen Hennenberger erklärung der preusz. landtaffel
(1545) 344; kassubisch stekbydel, daneben erscheint stech-
bügel und Steigbügel (I), stekbidel (scht6kbedel Fischer
Samland 87) und im versuch einer weiteren verhoch-
deutschung stechbeutel, weiter sogar stichbeutel {vgl.
stichling) Frischbier 2, 359.
STECHDANK, m. siegespreis in einem turnir, einem
stechen {vgl. stechen verb. 2l);
£0 überlasz' ich ihr den stechdank im tumiren
MüHLPFORT bei Campe.
STECHDEGEN, m. wie unten stoszdegen im gegensatz
zum, haudegen {th. i, 2, sp. 572 unter l) ein degen, dessen
klinge hauptsächlich zum stechen taugt, stechdegen, dolch,
pugio Dasypodil'S; Melanchthon, nomenclatura (1591)
Fla; stechdägen, eyn dolch, sticher ^«^o Dasypodius.
s. auch unten Stecher.
STECHDORN, m. botanische bezeichnung für verschie-
dene stechende sträucher: l) paliurus aculeatus L: den
rhamnum, oder stechdorn Guarinonius grewel der Ver-
wüstung (1610) 121; stechdorn rhaimius Corvinus fons
latinit. (1646) 708; Stieler 327. die bletter von allen
geschlechtern des stechdornes leschen das wilde fewer
(das St. Antoniusfeuer vgl. Lonicerus kreuterbuch (1604)
76 D) und heylen die vmbfressenden geschwür Camera-
Rius kreuterbuch UD ; die zweige dieser stechdorn vber
die thüren und fenster gehenckt, vertreiben alle gespenst
and zauberey {nach Dioscorides) Lonicerus kreuter-
buch (1604) 76 D;
statt der sanften viol' und des purpurhellen narcissus,
steigt die distel empor und scharfgenadelter stechdom
(spinis Burgit paliurus aeutig)
Vosz Virgil 1, 251 (bucol. 5, 39).
den plural stechdörn&T verzeichnet Camerarius 44«; stech-
dörner als charakteristisches geiräcJis für Matthias Abele
als mitglied der fruchtbringenden gesellschaft, dazu der
Spruch was streitig ist Neumark neuspross. palmenbaum
(1668) 388.
2) stechdorn insbesondere icie obeyi Sanddorn {s. th. 8,
sp. 1763), eine bezeichnung für hippophae rhamnddesYKiscu-
BIER 2, 364».
3) ribes grosstdaria, der bekannte beerenstrauch der
deutschen hausgärten, gewöhnlich Stachelbeere {»p. 389)
genannt Balthas. Erhart öcon. pflanzenhistorie (1756) 2,
96. {vgl. Heufler botan. beitr. 28.)
STECHDÖRNERISCH, adj. zu dem vorigen: mit ver-
nichtig- und füssentrettung der stechdörnerischen auf-
rührigkeit Abele künstl. Unordnung 4, 4».
STECHEICHE, f. l) heutige bezeichnung von Hex aqui-
folium L, auch gemeine Stechpalme (s. u.) genannt, schon
stecheichen Hex teutsch-lat wörterbüchleiii 27; stecheychen
Camerarius 64'*. s. auch das ältere stechbaum und der
röthlichen beeren wegen die nicht sehr treffende bezeichnung
Stechapfel dafür {s. Stechapfel 2).
2) stecheiche quercus ilex L. allgemeine deutsche biblio-
thek 84, 242; die krönen der ernsten cypressen und stech-
eichen Gaudy 14, 33.
STECHEICHEL, /. plur. die Stecheicheln als sklavische
Übersetzung von iliqua Plinius hist. nat. 8, 51 bei Heyden,
Plinius (1565) 271.
STECHEISEN, n. l) grabstichel: stecheisen caelum
Dasypodius; stecheisen, meissel burino, scarpello da
tnfa^Ware HuLSius (1616) 307«, grabeisen (1618) 238'' ; stech-
eisen pungolo, stimolo, puiigiglione, pungiglio Kramer
dict. 2 (1702), 919". vgl. auch kölnisch stackijser titiona-
rium. glossar von 1507 Diefenbach 586». stecheisen-
left, n. hölzernes h&ii für ein stecheisen, weiszbuchene
techeisenhefte {aus einer anpreisung).
2) in der bergxcerkssprache bezeichnet stecheisen eine
inge mit eiserner spitze, mit welcher das äuge an den
\melzöfen aufgestochen wird, damit die geschmolzene
8se sich in die form ergieszen kann Frisch 2 (1741),
4»; wenn der eisenstein magnetet . . . und leget sich
^an den neuen keilhawen an wie die schlacken an das
Cr.
stecheisen Mathesius Sarepta (1571) 79»; fewerkrücken,
stopffhöltzer, stecheisen, schlackenhaken 147*'.
3) das grabeisen der tcurzelsammler : im nächsten früh-
jahr trat der 'waldhüter' einen alten wurzelgräber an,
warum derselbe mit seinem stecheisen die baumwurzeln
versehre Rosegger Schriften 7, 290.
STECHEL, m. s. unten stichel.
STECHEN, verb. pungere, compungere, f ödere, ahd.
stehhan, mhd. stechen, as. stekan (afries. steka), mndd.
steken. als urverwandt wird verglichen griech. otlyfxa
'fleck, punkt, stich' und ariQfiv 'stechen; auch lat. instigare
'anspornen, antreiben und russisch stegatY, stegnüti 'step-
pen, durchnähen' . innerhalb des germanischen ist zu ste-
chen gebildet stachel (*. obeii sp. 381/) und stichel {s. u.),
weiterhin das bewirkungsicort stecken, für die kultur-
historische bestimviung einer älteren begriffssphäre von
stechen {icie sie unter 2 versucht worden ist) ist besanders
das verhältnisz zu den nasalirten formen zu berücksichtigen :
got. stiggan, altnord. stinga, ags. stingan; dazualtnord.siqn%
{gen. stangar plur. stangir und stengr), ahd. stanga; nhd.
Stange {oben sp. 789). unser verbum hat sich bis heute bei
der starken conjugation gehalten : ahd. praes. stihhu, praet.
stah, pari, praet. gistohhan, entspr. nhd. ich steche (du
stichst, er sticht), ich stach {conj. ich stäche), gestochen
Stieler 2154. starke ver^cirrung hat unter den Schriftstel-
lern Niederdeutschlands und Mitteldeutschlands die nieder-
deutsche Übereinstimmung von stechen und stecken an-
gerichtet {vgl. z. b. waldeckisch conj. praes. ind. sing, sti^k^,
stik^st, sii^L^, plur. sti«k«t, praet. stak, part. praet. «sti«k^n.
nhd. stechen und stecken Bauer-Collitz 99»); hilf mir
die rebellische feinde wieder unter das joch zu stechen,
hilf dem geflügelten löwen die swinkfedern zu rüpffen
Schottel friedens sieg 15; eine erinnerung an ihre göt-
tingische haussprache ist wohl auch: aber ich für mein
theil bin nicht wohl, ich stäche die feder lieber unter
die nachtmütze, als dass ich sie zwischen fingern halte
Caroline l, 34 {am 22. märz 1786) Waitz; die arme Dore
hat damals den mithszettel vom grabkreuze 'runter ge-
rissen und in das grosse pompadour gestochen Holtei
erz. Schriften 7, 179. auch im folgenden icürde man mehr
gesteckt erwarten: und dabei hat er . . . den Schnitzer
vor sich in die schnitzbank gestochen Ludwig 2, 49. be-
sonders in der icendung einem eine stechen, ihm
eine ohrfeige geben: musztest du ihm nicht bei dem
ersten zweideutigen worte, das deine frau betraf, eine
stechen Ludwig 2,450; junge, wenn du so dumm sabberst,
stech' ich dir 'nen katzenkopf ! Holtei erz. Schriften 14,
73: wenn die alte kreatur nicht das arme geschöpf in
den armen hielte, so möchte ich ihr schon eine tachtel
um solch 'ne nichtsnutzige, fürwitzige frage stechen!
Raabe hungerpastor 2. dagegen vgl. die scharfe Unterschei-
dung beider tcörter und begriffe bei dem Franken Schede;
rot röslein wolt' ich brechen
zum hübschen krentzelein:
mich dömer thaten stechen
hart in die finger mein,
noch wolt' ich nit lan ab,
ich gnnt mich weiter stecken
in Stauden vnd in hecken:
darin mirs wunden gab
Melissus hei Opitz Aristarch (1624) 165.
auch intrans. stecken icird so mit stechen verwechselt:
ich denke in der alten brieftasche soll sich's {das zettel-
chen) finden, wo mein abschied d'rin sticht und die andre
papiergeschichte Holtei erz. Schriften 13, 30;
und eh ich mirs versähe,
stach mir der pfeil im herzen
Ew. vo>- Ki-EisT werke 1, 39.
anders erklärt sich die Wirkung von stechen auf stecken
auf rein oberdeutschem gebiete, eine Wirkung, welche
durchaus der andern seit dem. 15. jahrh. nachweisbaren ent-
spricht, welche die schwache conjugation von stecken
{intrans.) zu gunsten der starken (ron stechen) einschränkt
{s. weiteres darüber unter stecken) : Vlenspiegel nam einen
deinen schüch vnd ein grossen, vnd stach den deinen durch
den grossen, vnd negt dy zäsamen Eulenspiegel 69 neudr.
was lastu dich dann schön anliegen
vnd hast so lang an knicken krochen
die backen beid in falten gestochen?
MfRNER narrenbefchw . 120.
77* Cr.
1223
STECHEN
STECHEN
1224
dafür gröber:
und den arss in Talten jr^^tochen
schrJmenziinft 34, 96 neudr. :
das sindt myr freylich nasse Icnaben,
die fill verzeren vnd wenig haben, . . .
heymlich in den mantel stechen,
mit fensterbrechen sich selbs rechen
38, 17 neudr.
intran/ntiv:
der ban thüt annen lUten we.
ach wan er leg in dem Bodens^p I
80 geben die euren tusent pfunt,
das er leg tusent meil im grünt,
vnd wer in wider herfür brecht;
das er bei im da vnden stecht luth. narr 1131 ;
so dasz der dünne braune arm wie ein nackter stecken
durch den henkel des korbes stach Zahn Lukas Hocli-
straszer SS; vgl. ech wäsz net, wo" e stecht Foli.mann
Mhring. icörterlntcli IW.
hedetitting:
l) von Personen, in eigentlicher bedeutung:
a) einen mit einer waffe stechen, iJnn eine wunde bei-
bringen: wer den andern mit messern, mit swertten, mit
dheyme waffen, oder mit stecken steche oder slage
Jag. Grimm \ceist. 2, 5 {freiheitsbrief für Saarbrücken 1321),
mit dem messer einen stechen aliquetn cultro pungere
Stein BACH 2, 709; wirt er durch einen . . . darzu ab-
gerichten Jakobitermönch . . . mit einem messer gestochen
Stumpf scfitceitz. cJiron. (1606) 281''. einen mit dem dolche
stechen d^figere sicam in corpore alicuiiis Steinbach 2, 709.
mit dem degen stechen Adelung lehrgebäude der deutschen
spräche 2, 128; so wil ich jn {den schlafenden Said) nu
mit dem spies stechen in die erden l. Sam. 26, 8. haupt-
sächlich auf weibliche ueJirliafligkeit nimmt bezug einen
mit nadeln stechen aliquem acubus com.pungere Stein-
BAGH 8, 708. — ohne angäbe der tcaffe: es werden jn sehen
alle äugen, vnd die jn gestochen haben offenb. l. 7; ich
hielt ihm beständig die spitze an die kehle und stach ihn
manchmal Göthe l, 44, 102 Weim.
da sticht er sie, feit nider zur erd
Hans Sachs 2, 15, 27 Keller-Götze;
ich stech ihn, meiner treu!
er geh ja seiner wege
Hoffmannswaldau gedickte 4, 362.
ß) der versuch wird gescJiHdert mit einer allgemeinen
richtuugsangabe : da ersiehe ich . . ., das er nach mir
sticht mit einem brodmesser Berlichingen lebensbeschr.
10 Biding; allda wolt einer mit einem langen spiesz
nach der katzen stechen Agyrtas grillenvertreiber (1670)
153; er stach nach euch mit dem messer Göthe l, 8, 29
Weim. {Götz i); ich erwischte einen Sonnenschirm und
stach mit dem nach seiner lunge oder leber Arnim
Günderode 1, 54; {in einer unglücklichen eJte) sie hat mit
dem messer nach mir gestochen und ich habe sie halb-
(ot geschlagen Kahlenberg Eva Sehring (1901) 163;
Kchweig oder ich will dich noch heint
mit feusten bass zum kopffe stechen
Hans Sachs 17, 129 Keller-Qötze ;
jedoch der hcld Thoas allda, . . .
hat sich an Pyro bald gerochen,
mit seinem sptess aufT ihn gestochen
Spreng Ilta« (1610) 50".
hier wird schon lidter eine angäbe der xcaffe verschwiegen :
nach einem stechen cercare di ferire uno di punta,
pugnere, modere, dar di morso Kram er dict. 2 (1702), 918»»;
einen nach der brüst stechen gladio pecttcs alicujus petere
Stbinbach (1734) 2, 709; an einer vase ist ein knabe ge-
malt, der nach einer eidechso sticht Welcker alte denk-
mäler i, 418; stich drauf pereute, concide, contrucida,
transßge, da in terram vulneribtu hoates Stieleh 2155;
mueh besonders gerne in bildem {vgl. iceiteres unten 6 a ß).
in der noth (wie blind) um sich stechen:
derhalben braucht er ohn verdries
Min wolseput/.ton jUdennpies,
■ticbl mit domitetben vmb sich her
HiNüWAi.iiT lauter learheit 88;
berr, verfieb dem kind«, daii ein messer
in binden hielt, als du es KOchtigtest,
vn4 du, anstatt zu flehen, um sich stach
Hbbbbi. 6, 44 Werner (Demetriu* 1,4).
ß) di$ wMmng und im erfolg werden deutlicher ge-
hemutiekmH iwrek vendungen %rir in einen siechen
Cr.
oder mit genauerer angäbe des getroffenen körpertheiLi
einen in den arm stechen o.a. mit angäbe der waffe :
einem mit dem messer ins hertzc stechen defigere ctdtrum
in corde alicttjus Steinbach (1734) 2, 709; einen mit dem
degen in die brüst stechen infigere alicui gladium in
j)ectiis ebenda; da stach jn {den Asahel) Abner hinder
sich mit einem spies in seinen wanst, das der spies
binden aus gieng, und er fiel daselbs, und starb für jm
2. Sam. 2, 23, {vgl. audi 8, 27 und 4, 6) ; wenn einer . . .
mahlet ein äuge an die wand, steche mit einem pfriemen
darein Niorinus von Zauberern (l.'i92) 73; so, wie das
erste ross an dem ufer muthig hervor sprang, als Neptun
mit seinem gewaltigen dreyzack in den sand stach
Rabener 4, 60; schon hat er ausgeholt, und sie, sich
umgewandt, sticht ihn . . . mit dem scharfen zwey-
schneidigcn sclaverdt unter den aufgehobenen arm ins
haarwachs Gi.eim brieficechsel 1, 342 Körte;
der ein (Jwrfe) mit einem spiesz drin
(in dag Marienbild) stach,
das blut ich uszhcr fliessen sach
Gengenbacii 42, 118 Gödeke {fünf jaden);
dann Pyru.s lieffe dar fUrbass,
vnd stach jhn mit der lantzen rauch,
tiefT bey dem nabel in den bauch
Spreng Ilias (1610) öO*»;
darauff mit seinem messer stach
den lämmern tiefT er in den halss 35'';
Da kam die meisterstochter,
mit nadel und mit scher' ;
und hat mir ins herz gestochen
mit nadel und mit scher'
Heine 1,21 £?»ter.
die icaffe, das gerät m bloszen accusativ: mit disen werten
stach sie {Lucrecia) das messer in ir unschuldiges hercz
Stainhöwei. de claris midieribus 173; dan vber das ich
mein schwert fünff mal in ien gestochen . . ., hab ich
noch gegen dem todten leichnam gewütet Hütten werke
4, 12 Böcking; nichts desto weniger hat der könig also ein
gut hertz dasz, wie wol er sich in gantz grosser gefar
seines lehens befände, doch hierab nichts erschracke,
besonder sich also stercket, dasz er sein schwerdt soweit
diesem grimmen thicr inn leib hinein stach Amadis l, 15;
wann du dann diesen pfriemen in ein wandt stechest
Paragei.sus (1616) 2, öj'J» ; CS war aber nicht anders,
als wenn ihm zu gleicher zeit jemand ein messer ins
herz gestochen hätte der im irrgarten der liebe herumt.
cavalier 57; bis er . . . ihm das mordeisen tief in den
zuckenden busen sticht Bettina dies buch gehört dem
könig (1843) 1, 109;
und Longinus ein sper im in sin reine stten stach
Walther 37, 20;
da; sper man in die wunden stach
Wolfram Parzival 492, 30 ;
{nicht der ertte, der) dem redlichen . . .
den mordstahl in den busen sticht
Pfeifkl poet. versuche (1812) 1, 63;
mag nicht wie knecht entlaufen,
drum will ich sterben fein! . . .
so klagt der von Hurgund,
will sein schwert in sich stechen
TiK<-K 4, 174 (der getreue Eckart);
sein schwert hat er gezogen,
still stehend unter'm joch,
es sich in's herz gestochen
KCcKEUT (1867) l, 167.
ein messer, das in einen gestochen ist worden Para-
CELSU8 (1616) 1, lOSS"». — ohtie jede angäbe des \cerkxeuges.
der waffe: er hat ihn in leib gestochen Kramer dicLi
(1708), 919*; mit bezug auf den speerstich des Jjonginus,
{a. auch oben den beleg aus Wai.thkr^: sie f,die Juden)
werden sehen, in welchen sie gestochen haben Joh. 19, 87;
ach! wie will die weit bostehon,
wenn sie dermaleins wird sehen
den, in welchen sie gestochen
NstTKlRru gfiUcMe (1711) «5;
freche Paridcs, die inn den todcn Achillem stechen
Garg. 8»4 ueiulr.; und hast du dein fechten nur darum
gelernt, . . . weibcr hinterrücks in den bauch zu siechen?
ScillU.Kn 2, 188 {räuber 8, 2. schatutp.);
verwundet Diomedcs hart
die gOttin Venercm so zart
und sticht »le In die hnnd gar tiolT
Sprbno lUat (1610) Sl>;
Cr.
1225
STECHEN
STECHEN
1226
Agamemnon aber stach
ihn in den wanst Bürger 170 Bohtz.
einen durch den hals stechen u.s.ic. mit angäbe
der xcaffe, des tcerkzeuges: einen mit dem spisse durch
den hals stechen coUem alicujiis liasia transfigere Steis-
BACH (1734) 2, 709; ehr ward von einem Hunger mit
einem pfeil durch sein halss gestochen, das ehr auff
dem fleck blieb S. Franck chronicon (iSSS") m'°; Wilbaldns
. . . stach sein zuchtmeister mit einem messer durch ein
schenckel und WTindet in gar hart Wickram 2, 71, 5 BoUe.
Tffl. auch:
von iren {der tönigin von Arragon) handen ward ich in die
oren mein
gestochen durch mit ainem messin nädelein,
nach ir gewonhait sloss si mir zwen rin? darein
Oswald von Wolkenstf.ix 64, 38 Schatz.
die tcnffe in loiserm falle besonders gerne im accitsativ:
sage myr, ob du nicht erger an yhm thust, denn ob du
taussent schwerd durch seyn hertz stechist? Luther 10,
2, 155 Weim. aitsg.; das wass, do sy noch dem unschul-
digen tod ires lieben kindes ein sper durch sein heilige
Sitten stachen der eicigen wissheit betbüchlin (1518) 124» ;
nun weis ich doch niht rehte, wa; Witege an im räch,
da; er im zuo dem slitze ein swert durch sinen lip stach
Alphart 304,4;
ich wolde em {dem Verräter Christi) das swert durch sin
hercz stechen
Alsfelder paegionsspiel 98, 3120 ;
das öffnet sy mit grossem schmertz
vnd stach ain messer durch jr hertz
ScHWARZKNBERG tciUsch Ctcero (1535) 113;
was zog er aus der taschen?
ein messer, war scharf und spitz ;
er stachs seiner liebe durchs herze
Herder 25, 147 Suphan;
passiv, geicandt: darnach wart ein scharpfes sper durch
mein rechte seyten gestochen der emgen icissheit betbiicJi-
lin (1518) 45*. — ohne angäbe der getroffenen körpergegend :
ausz zucket sie das Schwerte
und stach es selbs durch sich
Heidelberger handfchr. Pal. 343. n. 131, 65 Kopp;
vnd zog das schwerdt ausz seinem leib,
stach das durch sich, das trewe weib
Hans Sachs fattnachtspiele 1, 5 Götze;
die Schmach weis ich nit bass zu rechen,
ich wil das rapier durch in stechen
8, 375, 16 Keiler-Götze;
wenn er mich bey ir herinn sech,
ein schwerdt er etwann durch mich stech
17, 21, 23 Keller-Götze.
hieran schlieszt sich die Steigerung einen durch und
durch stechen : und ehe ein mensch sich's versah, stach
er dem thäter den wanst durch und durch Göthe i, 43
140 Weim. scherzhaß: bin nur froh, dasz ein eisenstab
kein schweizerkäs ist, sonst hätt ihn der meister Weber
durch und durch gestochen mit seiner spitzigen nasen
Ludwig 2, 26 {Heiteretiin).
y) besonders zu ericähnen bleibt noch: sich in die
finger stechen Adelung lehrgebätide der deutschen
Sprache 2, 433; das ist, wie wenn sich 'ne bradt in'n finger
sticht, ich kannte mal eine, die war so versessen drauf,
die stach sich immerzu Fontane icerke 1,5, 138;
er hat sich gestr in ein finger gstochen
Hans Sachs 14, 326, 7 Keller-Götze.
— mit angäbe des tcerkzeugs: sich stechen in eine
iiadel Kram ER dict. 2, (1702), 919«; weil ihr mich nicht
gebeten, so sage ich euch, dass eure tochter in ihrem fünf-
zehnten jähre an einer spindel sich stechen und todt hin-
fallen wird Brüder Grimm kinder- und hausmärchen (1812)
1,226; sich mit einem messer stechen Kramer dict. 2(i702),
919»; ein junger Engländer in Eton stach sich mit (dem)
federmesser in die band blos um sein blut zu sehen Lich-
tenberg aphorismen 3, 19, 24 Leitzmann. auch ohne diese
angäbe: stich dich nicht Kramer dict. 2 (1708), 919»;
o weh ! wie hab ich mich gestochen !
Cronegk Schriften (1766) 2, 24«.
sogar: das pferd stürzte vielmehr darauf (auf die spitze
des spieszes) und stach sich den hals durch und durch
Göthe i, 43, 285 Weim.
S) eine gehobene spräche giebt der icaffe oder dem tcerk-
zeuge die stärkeren rechte des »ubjeets: der degen hätte
Cr.
vor sich nicht stechen können gladius per se pungere
non potuisset ?>T¥.i'SBKcn (1734) 2, 708; ein rhorstab . . .,
welcher, wenn sie jn in die band fasseten, so brach er,
vnd stach sie durch die selten, wenn sie sich aber
darauff lehneten, so zubrach er, vnd stach sie in die
lenden Hesek. 29, 7:
rührten dich die schönen wangen
und die muntern äugen nicht;
eh sie noch den pfeil empfangen,
der auch uns ins herze sticht?
Gottsched gedickte (1751) 284 ;
über mir blinkten Schwerter:
neben mir stachen lanzen
Kretschmann leerte (1784) 1, 213;
die lanze, sie stach in die mitte des bauches
Stollberg 12, 22 ;
die gabel sticht, der besen kratzt
Göthe 1, 14, 200 Wa'm.;
sticht der zflnftge dolch denn besser,
als des pfuschers gutes messer?
ZscHOKKE Abellino 14 Seclam.
auch: stechende waffen, stechende wehr armi di punta
Kramer dict. 2 (1702), 919*; stechende nadeln aghipungenti
ebenda, bildlich :
dein stechend brennend waffen lähr,
mich munter vnd wachtsam all stund
machen, in allem unglück schwer
HoECK schönes blumenfdd 9 neudr.
vgl. im bilde:
macht, Exabol, macht nicht den anschlag gar zu spitzig!
er sticht uns sonst noch selbst
A. Gryphius 29 Palm.
t) einem eine wunde stechen macht durch dar-
bietung des inneren objects den erfolg besonders deutlich:
sah ich mir einen bäum aus, und begunte meine heim-
liche wunde mit einem griffel zu waffnen, um etliche
wunden in die rinde zu stechen S. vox Birken ostländ.
lorbeerhayn (1657) 24;
des (des Schwertes) güete was also grOj,
dei? im durch den halsperc brach
und eine grö;e wunden stach,
da; er vil sere blnote
HARTM.AXX Iwein 3948;
ein dolch, gewetzt im mondenschein,
sticht eine ewig stumme wunde
Lenau gedickte 20t.
gröber: einem ein loch stechen tetum inferre, plagam
mittere, vulnerare, inforare et efforare Stieler 2154, vgl.
Kramer dict. (1702) 2, 918''; der gleiche . . ., der mir vor
Wochen so bereitwillig ein loch in die haut eines men-
schen wollte stechen helfen Keller 3, 14.
b) durch Zusammenstellung mit anderen ähnlichen aus-
drücken wird das bild des kämpf es weiter vervollständigt:
in nachuolgender zyt so die sach beschehen ist, wirdt
acht genomen, ob der lyb gehowen, gestochen, gewürgt
. . . sye Biederer spiegel der waren rhetoric (1493) d3*;
do will man stechen und hawen, brennen und würgen
Luther 17. i, 77, 29 Weim.; steche, schlahe, würge
hie, wer da kan ebenda 18, 361; es soll auch aller sein
thurniergezeug zugericht seyn, den andern allen ohne
schaden, also dass er nichts daran hab, dass weder
stech noch schneide Moscherosch gesichte (1650) 2, 375;
kurtz darauf kömmt der gegenteil, sticht, scheust, haut
eben dieselbe, so allererst wegen ihres sieges sich so
lustig machten, danieder ScHOTTEL//i«f«j» sieg 70 neudr.;
wil er brennen, stechen, howen,
so mflss er vier iar vorhin trowen
und saget solches yederman
McRXER narrenbeschicörung 53, 17 neudr. ;
er hau, er brenn, er stech, er schneid,
hier ist nichts, das uns von jhm scheid
Paul Gerhardt bei Fischer-TCmpkl 3, 370'*;
schau, held! hier ist ein schwerdt, und diese faust kan
stechen
und schneiden, wenn es noth, und printzen köpffe brechen
A. Crvi-hh-s 20 Palm.
tt) besonders hebeti sieh stechen und h a u e n A^ratAv,
gefordert von den beiden verschiedenen kämpf esiceisen auf
hieb und .<itich: du lerest selbs auffrur, weyl du sprichst
man solle flux zuhawen und stechen ynn die auff-
rurischen, wer nur kan Luther 18, 397 Weim.; da
KampfTkeib disen vortheil ersähe, springt er vom pferd,
zeicht von leder, hernach, laufTst nicht so hast nicht,
Cr.
1227
STECHEN
STECHEN
1228
stach und hieb inn den dicksten hauffen, erlegt sie kluppen-
weisz wie hohe berg zusamen Oargantua 866 neudr.;
da will man hawen und stechen, und dem unnützen
pfafTen eine solche platte scheren, dass er sie in langer
zeit nicht überwinden solle Sandrub hist. poet. kurztceil
18 neudr.; denen ihrigen befahlen sie, dass sie nicht
bauen, sondern nur stechen . . . selten Lohenstein Ar-
minius (1689) l, 35«;
er soll sie nit wider bekommen,
vnd solt jm sein hertz drob zerbrechn
kommt er, so thut hauen vnd stechn
alles, was euch kommt vntert händt !
Ayrer dramen 103, 2 Keller {erhauung Roms 6) ;
zom, der fUnfTt trabant, schaffen thät,
dass man ein ander houwt vnd sticht
tchxcetz. schauf^piele de* 16. jahrh. 1, 89, 937 BächtcHd;
der ist zu zänckisch, will nur immer hauen, stechen
Rachel gatyr. gedickte 135 neudr.
daneben in einer dem vorigen nicht gleichuerthigen tech-
nischen Verbindung schlagen und stechen:
es sind die rechten guten alten kriegskatzen,
sie kCnned schlahen, stechen, bissen und kratzen
N. Manuel 85 Bächtold (paftst und sein
priesterschaß 1433);
hu ! nun frisch dran, ir knecht, truckt fort,
schlagt, stecht den strassenräuber dort
O. Dähnhardt griech. dramen 2, 32
iSophocles, Ajax 860).
^büdlicJi): der mensch sol . . . die begangen sünd mit
rew stechen und slahen Berthold von Chiemsee
teutsche theologey 493 Beithmeter;
so macht es bruder studio :
er haut, er sticht und schlägt
Brant narrenschiff 9 Zarncke.
ß) die aprichtcörUiche redewendung nicht gehauen
und nicht gestochen, 'etwas trifft nicht die suche,
beicegt sich unbestimmt und unordentlich', knüpft als ein
ursprünglicher fechterausdruck hier a»i: eigentlich 'ein
fechtgang, der die beiden verschiedenen fechticeisen auf hieb
und stich unordentlich durclieinander motzt', noch deut-
licher beim dtiell, tco bestimmungen wie die folgende:
ob eine wunde hieb oder stich sei, wird in zweifelhaften
fällen von den medizinern entschieden patikkomment der
göttinger landsmannschaften von 1809 {vom dueli % 42)
unserer redensart zur Voraussetzung dienen. — besonders
gerne mit beziehung auf geistige kampfesmittel gebraucht,
zuerst in der späten reformationssprache (vgl. auch oben
th. 4, 2, sp. 577) : wenn man sie nach der predigt exami-
niren solte, wisseten sie selber nicht obs gehawen oder
gestochen, wo drum oder ende were Mathesius Syrach
(1586) 2, 148»; so künten die, so den briefT lesen Hessen,
jhn doch nicht verstehen, vnd wüsten nicht ob es ge-
hawen oder gestochen were Pape bettel- und garteteuffel
(1586) LS; und damit beulete sie immer forth, also
dasz ich mich in ihre rede nicht richten noch begreifen
konte, ob es gehauen oder gestochen, gebrand oder gebort
wäre Simpl. 3, 50 Kurz; wie wol- oder übellautend diese
unteutsche und von alters hero ungewöhnliche ahrt,
welche weder gehauen noch gestochen, für menschlichen
gesunden obren klinget Neumark neuspr. palmb. 139;
wenn ein ding nur reime hat, so singt es der Franzose,
68 mag nun sonst gehauen oder gestochen seyn Gott-
sched deutsehe Schaubühne 6, 350; und das schreibt er
auf gut glück so hin, unbekümmert, ob es gehauen oder
gestochen ist Lessing 7, 819; beywörter . . ., die weder
gehauen noch gestochen sind Gersten berg rezensionen
(17«B) 197, 20 neudr. ; er kann leicht denken, was das für
eine rede werden, und dass es nicht gehauen und nicht
gestochen seyn wird Claudius 8, 51; diese {predigt) war
ihm selbst ... so albern erschienen, dass er versicherte :
e« sei weder gehauen noch gestochen Holtki achriften
16, 18; aber, fraue pfcrrcre, sagte der visitator lachend,
•oll d«s ghaue oder gstoche sy? ich hätte gamicht
fe^aabt, (Usz ihr euch auf das trumpfen so gut vor-
■tflndet GoTTHRi.p », 486 {Anne Jovoäger 8, 88); ein ge-
dieht an künig Wilhelm, das im gründe nicht gehauen
and nicht gestochen ist, in schönen vcrsen nur die rath-
losigkeit des dichten offenbart Trkithchke hitt. und
polii. aufaiUM« (18M) 1, 4M;
Cr.
wenn ihr doch eure reden lassen wolltet,
geschwätz, gehauen nicht und nicht gestochen
Kleist 1, 384, 1119. E. Schmidt
{zerbrach, krug 9).
kein zeichen von neuem verständnisz aber ist: der musz
zur zeit ein tüchtig wort sprechen, und wär's auch nicht
gehauen und gestochen, so's nur haut und sticht Alexis
Boland von Berlin 2, 260. auch sonst von zuständen, er-
eigniasen u. s. w., die man nicht begreift:
ins tollhaus weis' ich den, der sagen kann,
dasz er von dieser sache was begreift,
es ist gehauen nicht und nicht gestochen,
ein Vorfall, koboldartig, wie ein märchen,
und dennoch ist es, wie das Sonnenlicht
Kleist 1, 234, 701. E. Schmidt {Amphitryon 2, 1).
dem ursprünglichen sinne nähert sich wieder mehr: ein
jeder wille darf toll und halb und weder gehauen noch
gestochen seyn, nur aber der letzte nicht J. Paul 26, 17
{flegeljahre l) ; die positiv gewandte wendung sei es ge-
hauen oder gestochen erhält bisweilen den sinn 'auf jeden
fall; gehts nicht auf diese weise, so gehts auf die andere' :
der wirtt dobt sehr vnd that gar letz,
er solt nicht treiben viel geschwetz
vnd wolt dais gelt herausser pochen,
es wer ghawen oder gestochen
Fischart Eulenspiegel 374 Hauffen.
vgl. auch: die vriedergeburt des Engadin musz von einem
herbeigeführt werden, der — hau' es, stech' es — seinen
weg geht Heer könig der Bernina 39.
c) die Wendung einen zu tode stechen, bildet die
letzte hier mögliche Steigerung; sie ist deutlicher als
niederstechen {s. th. 7, sp. 799) in der völligen angäbe des
erfolges: stachen sie weyb vnd kind zu tod Stumpf
Sclncytzerchronik (1606) löö*»;
wir sollend den bösswicht ztod stächen !
Manuel weinspiel 2081 neudr.;
durch Ehud, der durch gottes räch
zu tod diesen tyrannen stach
Hans Sachs 1, 223 Keller-Götze;
die man heist die streyffenden rott,
die stachen auff dem feld zu todt,
was sie ergrifTen 22, 156, 6 ;
vnd welcher ein Behem stech zn tod,
der hat verdient ein krön vor gott
Fisch ART 2, 356 Kurz {die gelehrten, die verkehrten 969);
dem sollet jhr zur stundt
fUr bonig galle sein, vnd jhn zu tode stechen
Opitz teutsche poemata 45 neudr.
vgl. auch: ja er solt bischoff zu Colin werden, der köndt
den grafen von Bergen inn ein eisenkorb setzen, vnd
jhn zur Sommerzeit mit honig beschmiren, dasz jhn die
mucken zu tod stechen Oarg. 328 7ieudr. — reflex.:
biss sich doch Saul selb zu tod stach
Hans Sachs 6, 288, 13 Keller-Götze;
da; er sich niht ze tOde stach
Hartmann luein 3959.
«) die heutige spräche aber verwendet dafür ausschliesz-
lieh einen todt stechen: todt stechen trajicere ali-
quem gladio et transfigere Stieler 2154, vgl. Kramer
dict. 2 (1702), 918'»; denn da sie ins haus kamen, lag er
{Isboseth) auff seinem bette in seiner schlaffkamer, vnd
stachenjn tod 2. Som. 4, 7; er sticht ihn tod Schiller 2, 157
{räuber 4, 5 schausp. scen. bem.); der kerl ist ein fecht-
meister, der reist wohl gar in der weit herum, um die
leute todt zu stechen Bäuerle kom. theater (1820) 1, 71
{falsche primadonna 2, 9) ;
einander Rtachen tod
die Midianitor under einander
Hans Sachs 1, 888, 80 KMer-Gitte;
lermanl lermanl drani drani dran! dranl
schlagt todt! stecht todt! last kein darvanl
8, >S8, 16 ;
ain RCmer wolt jn (den Porsena) stechen tod
ScHWAK/KNBBKa teuUck dcero (1686) 119;
als der tod zum riutu!< kam, fand er ihn an Ongem teblen,
stach ihn tod. Luoau rinnged. 8,9,88;
und sticht zuletzt, mit vielen wunden,
den armen alten wütend todt
Gbllsrt tMrte 1, ItS;
stecht feinde todt, mit ihren
kleidem dann »ollt ihr euch sieren
fleich lauter Offizieren
ROckbrt (1867) 1,68.
Cr.
1229
STECHEN
STECHEN
1230
/9) hierher auch über den häufen stechen {vgl.
häufe II 7. th. 4, 2, sp. 590) : ein spiesz, um sie über den
häufen zu stechen Bettine dies buch gehört dem könig
(1843) 1, 279; aber wie die Sachen nun einmal liegen,
bleibt dem beleidigten keine wähl, als sich mit ihnen
zu schieszen auf leben und tod, . . . oder sie bei nächster
gelegenheit über den häufen zu stechen Holtei Schriften
11, 29.
d) besonders alterthümlich ist stechen in der bedeutung
'töten', ganz ohne jeden tceiteren zusatz, gewisz eine schon vor-
zeitliche begriffsversteinerung. daneben findet sich die zti-
sammensetzung abstechen {th. 1, sp. 127), von der es zweifel-
haft bleibt, ob ihr ursprünglicher sinn in der icendung
den hals abstechen zu tage tritt, oder ob nicht vielmehr
an das auf diese tceise bewirkte fortsprudeln des blutes
zunächst zu denken ist {vgl. abzapfen, auch xcirksam in
der Beendung ein fasz anstecken, th. l, sp. 477).
a) vom {zunftgerechten) töten von allerlei Schlachtvieh:
eine sau stechen suem jugulare Stieler 2154, vgl.
Kramer dict. (1702) 2, 919»; ein kalb, ein schaf, bock u.s.w.
stechen ammazzare, scannare un vitello, tina pecora, un
caprone etc. ebenda; der metzger wird heut stechen
ebenda; die Juden . . . swas die schafe stechent oder
heissent stechen, die in danne nit fügent die suln si
den mezziern geben richtebrief der bilrger von Zürich
{helvetische bibliothek s. 83); und sie stechen ochsen und
lember und gebens umb gottes willen und das thun sie
drey tag nach ainander Schiltberger reisebuch 63, 34;
aber audite domine, wie möcht jr eyn kälblin stechen,
das die äugen verkehrt; erbarmts euch nicht? Gar^. 384
neudr.; etliche durchstachen heu und stroh mit ihren
degen, als ob sie nicht schafe und schweine genug zu
stechen gehabt hätten Simpliciss. 16 neudr. ; es ist noch
nicht vorkommen, dasz ich eines {ein stück tceidevieh)
hab' stechen müssen, weil es zu viel gefressen hat
Auerbach i, 181;
ich merck, du pist ein hantwercksman ;
kanst etwan . . .
holcz messen oder sewen stechen.
Hans Sachs fastnachtspiele 6, 125, 125 Götze;
biss montag werd ich stechen sew.
9, 33 Keller-Götze ;
als nun die fassnacht gieng herzu,
da stach Heinz Mayer etlich säw. 17, 407 ;
so haist du auch die nechsten wochen
ein feistes schwein darauff gestochen. 21, 39;
die bäkkenschweine stehen
and schmatzen in dem trog, biss sie der mätzger sticht.
RoMPLER VON Löwenhalt ergtes gebüsch seiner
reimgetichte (1647) 47;
du sihst verwundert an das wütende beginnen,
wenn Ajax schnaubend geht, beraubet aller sinnen,
bald einen grossen stier, bald einen hamel sticht.
Rachel satyr. gedickte 52 neudr. ;
die gans schreit so, es ist nicht besser,
als dasz man sie sticht. Rückert 3, 13.
schlagen, welches das bild der Schlachtung weiter
vervollständigt: das Schlachtvieh ivird erst durch einen
achlag betäubt und niedergeschlagen und dann gestochen,
WMnit das oben unter schlagen 1 1 c {th. 9, sp. 352) gesagte
ergänzt wird: item mer als vihe, dag der rat liesz slahen
und stechen, da^ tetten als fremd flaischhacker Nürn-
berger Ordnung von 1449/50 {d. städtechron. 2, 314, l); dann
biszweylen grosse und heymliche schaden geschehen,
und sonderlich in den finstern winckeln, heymlichen
gässlein und unter den decklein, do man die ochssen
schlecht und kälber sticht Lindener katzipori 64;
geh, schlag ma' den ochsen,
geh, stich ma' dö kue!
Stelzhamer dichtungen 1, 133 Rosegger.
neben metzgen {s. th. 6, sp. 2156), dem kunstgerechten zer-
legen des geschlachteten thieres: die schwein . . ., wann
•ie gestochen und gemätzigt sein worden Sebiz feldbau
(1579) 133. auch hierher:
nu hab ich ye ein feistes schwein
gestochen und gesaltzen ein.
Hans Sachs fastnachtsp. 4, 38 Götze.
mehr an den endzweck der ganzen arbeit denkt wohl auch:
der einung umb da? fleisch das die Juden stechent ald
heissent stechen richtebrief der bürger von Zürich {hel-
Cr.
vetische bibliothek 2, 65). — vergleiche: äugen machen wie
ein gestochenes kalb, ausdruckslos, dumm, blödsinnig
blicken: warumb der pfaff alsdan {wenn er bei der hand-
lung der hl. messe auf die knie fällt) so jämerlich und
barmherzig anfangt auszusehen wie ein gestochen kalb
FiscH.\RT bienenkorb (l588) 174»; dem einen bluteten die
bände, dem andern die nase, die äugen waren erstorben
alss eines gestochenen kalbs Moscherosch gesichte (1650)
2, 230; da macht er äugen wie gestochne kälber Tiegk
Schriften (1828) l, 211. die folgende bildliche Verwendung
hat schon Z.\rncke hierhergezogen:
vnd werden doch gefeilet dick,
das man sie sticht im narrenstrick
Brant narrenschiff 26, 58.
vne ein groszes stück vieh vor der Schlachtung erst mit
stricken gefesselt wird. — das Sprichwort die wurst ver-
schenken ehe die sau gestochen, gebraucht von einem,
der leicht verspricht, was er nicht halten kann, hat hohn-
vollen sinn angenommen im folgenden:
du {der bischof von Würzburg ist angeredet) kämest her mit
groszem pracht,
den schweinstall {Schweinfurt) hasta gar veracht,
bleibt vor dir unzerprochen !
wir wollen dir schicken die wurst,
ehe die sew seind gestochen
lied auf die belagerung von Schweinfurt 1553
(LiLiENCRON hist. volkel. 4, 592).
ß) die alterthümlichkeit des ausdrticks wird besonders
deutlich in der Jägersprache , die nur auf grund altern
besitzes hier der vorigen Sphäre gemeinsames zeigt: man
spricht, da? das wilde swyn und der eychorn geste
sin, darumme habe allirmelch recht darzu, dannoch so
sal man er yn eynis herrin walde ane orloup nicht
jagin, stechin adir schissin Eisenachisches rechtsbuch 3,
111 bei 0 RTLOFF samml. deutscher rechtsqueUen (1836) 1,
751; item 3 fird. den lüthen vor 9 stücke rotwildes zu
stechen, go vor das stucke 2 scot Marienburger tressler-
buch 404, 17; wil du den geschiessen oder stechen möch-
test, so betest du vil guote wildprät ze essen Stein-
HÖWEL Äsop 183 ; vnd {Eleasar) machet sich vnter den
elephanten, vnd stach jn, das der elephant vmbfiel auff
jn, vnd starb i. Macc. 6, 46; ain starckes wild . . . jagen
vnd stechen Schaidenraisser Odyasea (1537) 49«; das
gewild oder hirsch ... ist inn die garn gesprungen oder
gefallen, wird erlegt oder gestochen Sebiz feldbau (1579)
568; doch das rech wird genickt, gewürkt und nicht ge-
stochen ebenda;
wände swenne s6 erj (da; elfent) stichet,
schire i; sih selben riebet
und vellet üf in demider
und ne lebet niwit langer sider
Lamprecht Alexander 4350 Kinzü;
di ieger di da; wilt hetzin,
di hertze und hindin vahin,
di bem stechin und di wildin swin,
und wolfe und andir wilt irslahin
Rothe ritterspiegel 3482 Bartsch;
hier fiel der hirsch, hier stach sie ihn
Kretschmann jcerite (1784) 1, 227.
besonders einen hären stechen pugnere, eioe amazzare
un orso alla caccia collo spuntone Kramer rfici. 2 (1702) 918";
also, das von dem geschrey . . . der bär verirret, ... in die
wildseiler laufft, vnd sich darinnen behenckt, gestochen
Wirt Gesner-Forer thierbuch (1563) 17; dazu das Sprich-
wort: die bärenhaut verkauffen, eh der bär gestochen
ist Garg. 358 neudr., vgl. auch Henisch 233 utuI Simrock 722.
hier handelt es sich um königliches tceidwerk, tcelches auch
auszerordentliche anstrengung und geschicklichkeit verlangt;
deshalb das Sprichwort:
mit arbeit sticht er keinen bem
Hans Sachs fab. 1, 36 Gölu.
leistet er nichts besonderes, thut er sich nicht hervor;
wenn ich im ob dem hals nit bin,
so sticht er warlich keinen bem
Hans Sachs 3, 3, 68* ;
mehr dann ein feiner kriegshelden haben, wann sie mit
wein begossen, den beren allein stechen wollen, und es
zu heisz gewagt, ihr leben oder gesundheit verloren Kirch-
hof mint, diseiplina 92; auch hechte und aale werden {mit
der fischgabel) gestochen, d. h. aufgespieszt. — spöttisch ge-
meint ist: da sahen si, das er {kaiser Domiiian) ein spisz
Cr.
1231
STECHEN
STECHEN
1232
liöltzlin het gemacht, und sucht die fliegen an den wenden,
und wa er sie fand, da stach er sie mit dem höltzlin
/.ü dot. das was ein keiserlicli werck mucken stechen
Pai'LI schimpf und ern/tt 116 Öaierley.
y) von peraotieii gebraucht, zunächst noch in deutlicher
anlehnung an den gebranrh unter «.- item er het auch
bekant: er habe zwey kindcr gcstolen. dasj ein ... ge-
stochen, das sy das blät von im überkomen haben
Hütten 3, 350 Bbcking ;
ich sampt den andern in dem schlafT
die kinder stechen wie die schaff,
die haupt abschneiden, 's bluet bebalten,
ins rabis hauss die theilung halten
Endinger judenfpiel 41 veiidr.
aucJi sonst: die sün der töchteren habend sy gestochen
Zürcher bibel (LtSi) 16'' ; die cinwohner der kleinen städte
erkürten, sie hätten keine spicsse, um die baucrn zu
stechen Ranke 2,139 {Zeitalter der reformation);
Gelides und Clytymnestra,
die ir mann stechen an dorn bett
Brant narrengchiff 64, 98 Zarncke;
ich sach vil wol .sin riten, dO er den Hiunen stach
Kibel. 1833, 3 ;
schon {beim betJdehemitischen kindermord):
thin kind gistuatun stechan, thiu \viht ni mohtun sprechan
Oti RIED 1, 20, 5.
hierher gehört auch die imperativische namenbildung Sticli-
denteufel vgl. Gargantua 162 neudr.
e) im turnier stechen ritterlich om/ rfcr stechbahn
(«. o6e»i) mit lanzen kämpfen im ernst oder sclierz. beson-
ders reich ist hier die substant. Verwendung, icorüber unten:
alle die, so gestochen hctten, in ir herherg reiten solten
Wickram 1,38, 7 J3oÜe; Nero . . . lesst so viel Christen vmb-
hringen, dass er grosse nachtfewer darauss schüren lesset,
darbey er turnieret, rennet vnd sticht Mathesius Sarepta
(1571) 8€» ; ward . . . ein turnier angericht, in welchem der
könig . . . sehr klüglich gestochen Stumpf Schicytzer-
chronik 1606) 271«;
in Nürnberg im regiment
ilzt mancher fürst prangt, sticht und rendt
Hut TKN tcerke 3, 532 Böckiiui :
da wurd gedumiert und gestochen
Hans Sachs 2, 293, 27 KeUer-Götze;
wer rennen will und stechen,
innss noch wohl sein zu pferdt
ZiNKGREK auserlesene gedicfite 11 neudr.;
hab ich kein mann,
der stechen kann .\rm.m 13, 38;
seynd mitlerfrisf von adel acht Stecher . ; . auff dem platz
erschienen . . . und {haben) mit einander gestochen, troffen
und fast viel lediger fall gemacht Harsdörffek teut-
scher secretaritis (1656) 1,7 2 1''; da das Jakob merkte, zog
er sich zurück, und hatte kein lust mehr mit dem jun-
gen ritter zu stechen Tieck schrißen (1828) 3, 323 {Mage-
Urne);
ich stach vor Agremuntfn
gein eime rlter Hurfn
W01.KRAM l'arzirnl HJ2, 19.
besonders furbenreidi ist die icendung stechen und brechen,
fiämlich Speere und lanzen: gerade als sey die gantze
weit mit yhrer oberkeit gotts turnyr und reuterey, da
sichs unternander sticht und bricht Luther 19, 360
Weim.; A&r&ufl {auf dem kampfplatz) man vmb die liebe
Germania stechen vnd brechen wird Mathesiuk Sa-
rtptu 80*;
da niaji solde siechen
unde spere brechen
und die scilde huwen
La.mi'RK( IIT Alexander 1304 h'iir.rl ,
vil sper muo7, man d& brechen,
in^diu htirtn und stechen
Wolfram Parztval »40, 6.
an Midie von eine lanze brechen («. th. 6, trp. IM)}.-
er tummelte »ich mit ihm auf dem feld . . .
«r iitarh eine Ion/.' und vom Hattel ihn hob
and warf ihn kopfüber aufii feld, daae ea «tob
lU < KIHI Finioii 2, 498.
kunHvoUer. alter auch ein irenig ungefährlicher irurde da»
tumir durch errichtung einer schranke quer durch die
itoehbabn: e* kam jetzt darauf an, dat flftrd MugUieh
im gltu tu xikfftln, teodurrh freilich der sio»* an stärke
verlo^r: ritterspiel waren: in hohen zeugen stechen, über
die schranken stechen, lanzen brechen, spiesz brechen
Philander 2 (1643), 417; der den höchsten preisz über
die schranken zu stechen mit neun und vierzig stangcn
die er gebrochen erlangt het anfang Ursprung und her-
kommen des thurnirs {Siemern l.'j30) bl 170» -- stechen
und tanzen dient zur Vervollständigung des bildes: die
vornehmen frauen, welche hinter der schranke auf erhöhtem
platz dem kämpfe beigeicohnt, helfen beim abendtanze zum
fröhlichen abschlusz des festes: und dann ettwer kumpt
und im vil seit von synem leben, von sinem gut und
ere, und wie er hie gestochen und dort getantzt, getur-
niert und gespilt, und das und gyns gethon hab Keisers-
BKiui bilgerschaft (1512) 24'';
hernach wöll wir dantzcn und stechen,
manch ritterliches sper zerbrechen
Hans Sachs 1, 112, 2 Kellt r-liöi:e.
um einen preis stechen : licrtzog von Österreich der stach
vmb 64 gülden ung. mit hertzog Cunrat, der verlos mit
einem reiten Endres Tucher memorial v. 1422. {deutsche
städtechron. 2, 10, 6); die ritter stachen um den preis in
den schranken Hai.lkr könig Alfred {\m) 2H; bildlich:
{ein buch), darinnen der catholisch schalksnarr . . . mit
den vorigen herrlichen dichtem umbs lugenkränzlcin
sticht Fischart bienenk. 195''.
«) ursprünglich icar e.« ein durchaus ernsthaftes he-
ginnen, den kämpf des berittenen mannes gegen den be-
rittenen ganz allgemein voraussetzend; das siegende moment
verdient nodi hervorhebung , ohne dasz eine leeitere Schei-
dung versucht wird: aber Wihvolt mit den seinen knechten
werten sich mannlich und also hart, das si den Schotten
und seiner knecht einen von den pferden stachen Wü-
wolt von Schaumburg 72; sie ritten aber mit grossen
kräfftcn zusammen, da stach herr Tristrant Morholdten
vom pferdc buch der liebe (1587) 80''; wollte gott, meine
schultern fühlten kraft, den hämisch zu ertragen, und
mein arm stärke, einen feind vom pferd zu stechen
Göthe 1, 8, 14 {Götz 1); der eine {gesandte) stach . . .
einen gallischen befehlshaber vom pferde Mommsen
römische geschickte l, 304; sie {die ritter) liatten das recht,
der fürstin des landes ihren ritterdienst zu weihen, im
turnier könige vom rosse zu stechen und ihnen pferd
und rüstung zu pfänden Freytag 18, « (friWcr 2, l) ; ich
will . . . ihn vom pferde stechen Tieck schriften (1828)
I, 301. - würstu flüchtig, so vberlengen sie dich mit iren
gfilen, vnd stechen dich vnder das pferd Eulenspiegel (1515)
36 neudr.; er . . . stach ihn, dass ein biutlach über das
weisse gewand strömte, von dem sattel Stifter werke
(1901) 3, 21. freilich haben die höfiscJten dichter den Vor-
gang melir gescJuiut:
Erecken er da nider stach
binders ors an da^ gras
als lanc so der scbaft was
Hartmann Ercc 6921 ;
du mite stach er den mör
hindere ors flfen grie/,
Wolkram I'arzivat H,24;
(iahmuret stach hinderj ors
Povtwin de Prienlascor»
und anders manegen werden man
72, 9;
rehte vliegent stach or in ,
enbor über den satel hin,
da:^ er öf dem sande golac
Hartmann lurin r>33.'» (vfit. tiutli kiTl'.
wie von hier ihren ausgang die ireiulung einen abstechen,
'Ihn übertreffen' nimmt, s. th. 1 sp. 127.
jf) dasz mann gegen mann stiehl ^wie im alten tuniir-
.stechen^ ist auch noch Voraussetzung für jenes spiel der
Jisclier, das fischersfpchen s. th. S «p. 1686 und unten 2l\ i
wie es ahhildungen des IC. und f?. jahrh. seigtn (#. Dikdk-J
Riciis deutsches leiten der Vergangenheit in bildern 2, 410)
und wie es noch heute auf süddeutschen ßHssen {doch atick *
zu Ijeipzig auf der Vleisze) geiaht wird ;
kuinr mcr soll in der I'egnicz paden.
die linchor dorflrn pry vngnnden
auch ninicr auf der Pcgnicz utechrn
H. Sachs Jnbeln I. 1:.; <;.,/. r
docA «MMer mAr gewöhnte man sich an
liehe spiel, im aehnellen ritt mit der /<
'Ar.
1233
STECHEN
STECHEN
1234
gehängten preisen zu stechen; der gegensatz zum alten
ernsthafteren turnir wird angedeutet von Moscherosch:
vnnd wan sich die thurnier geendet haben, dann soll
mann anfahen zu dantzen, rennen und stechen, vnnd
was sich zu solchem ritterspiel gehört gesichte (1650)
2, 376. unter den preisen spiegelt der ring noch alte vor-
nehme beziehung und hat auch bis heute bei den karussels
unserer jahrmarktsfeste sein dasein gefristet: do stach
hertzog Fridrich von Österreich mit dem jungen graufen
. . . umb ettwevil ring Richental Constanzer conzil 62,
vo die ursprüngliche bedeutung des preises noch deutlich
hervortritt; was solt der gut wein, wann keine weren
die jhn zechten? was wer der thurnirring, wann nicht
die hofleut darnach stechen? Gargantua 96 neudr. ge-
wöhnlicher: das mler in das ringel gestochen, das ringel
abgestochen haben, haver riportato, tratto giü l'annello
Kram ER dict. 2 (1702), 358'*; den ringel stechen dar nella
chintana, riportare l'annello. ebenda 2 (1702\ 918«; wer das
glück hat, führt die braut heim, wer am schnellsten
reitet, sticht den ring Shakespeare 6, 212 (der widerspenst.
Zähmung 1, l);
das karussel, das ringestechen, ist
jetzt aus. zwei ringe stach ich, doch der dritte
wollt' sich nicht stechen lassen
Heine 2, 340 Eiaer;
y) hierher gehört auch der ausdruck börsen stechen,
rferiji geldbörsen bildeten naturgemäsz einen hauptgencinn:
und schreiend nach der stange sticht
das kleine gierige gezücht {der knaben) . . .
'gesindel' ruft der eine
"halt, ich will euch lehren börsen stechen'
A. VON Droste-Hülshoff (1879) 2, 15.
so nähert sich denn der ausdruck dem jargon der gauner:
und auch das gros gelt vnd gut pflegt eyn zil für die,
so nach den beutelen schisen, nach dem geltsack stechen,
. . . falscher und lugener, heuchler vnd schmeycheler zu
sein Fischart phil. ehzuchtb. 288 Hauffen, d. h. doch durch
falschspiel oder sonstigen betrug geld geicinnen, und so ver-
steht sich tcohl auch das folgende: für bettler und land-
streicher war schloss Saland ein wahres Eldorado, oder
wie es in der vagabundensprache heiszt: eine dufte
'winde', wo anständig 'gestochen' wurde Polenz Büttner-
bouer 1, 100.
d) doch nester stechen die knaben, icie sie beim,
festlichen spiel nach den geschenken an der icimpelstange
stechen; besonders gilt das von den in hohen päppeln an-
gelegten elsternestern : zaunbeklettern, elsternester stechen,
äpfel abmachen, und nüsse prügeln Lichtenberg aphor.
3, 89, 6 Leitzmann, und dieser Zusammenhang ist auch
deutlich für das folgende:
d'rum wollt ob der Weisheit mein,
ihr dummem nicht böse sein,
wenn ich ein träubchen breche,
nach pflaumen und äpfeln steche
Stelzii.\mer dichtungen 3, 261.
/) mit dem grabstichel kunstvoll arbeiten in metall oder
icertvoUen stein {vgl. oben gravieren): ein bifd in silber
stechen speciem aliquam argento caelare Steinbach (1734)
8, 709; Carolus Magnus hatte ein gantzen silbern tisch ge-
habt, daraufT ein mappa oder landtafel gestochen Mathe-
sius Sarepta (l57i) 48'; ein schön schwerdt von Vienne, mit
einer goldenen scheiden, von gestochenem und erhabenem
reblaubwerk und sonst goldschmidarbeit Garg. 418 neudr.;
einen von des kaufTmans bechern . . ., darauff sein wapen
gestochen gewesen Nigrinus von zäuberem (1592) 262;
so man will, mag mans von gold machen, vnd die
Charakter darauff stechen Paracelsus (1616) 2, 548; es
kan leichte sowol in erhabener als tief ausgestochener
arbeit darauf {auf dem amethist) gestochen werden
haushält. -lecrikon (1749) i, 75'»; unsere geschlechtsbecher,
worauf unsere wappen gestochen sind Petrasch lust-
spiele (1765) 1, 21 {tiefsinn 1, 6); die schrifTten, die er auf
seine Instrumente sticht Lichtenberg in>/e2, 202; auf
diese zinnerne heiligthümer die karaktere stechen zu
lassen Baiirdt «ein leberi (l790) l, 193; dasz ihm die
schöne majestätische weit nichts wäre, als der präch-
tige demant, worauf nur ihr bild — nur ihr bild ge-
stochen ist? Schiller 3, lo {Fiesko i, l);
X. 2.
Cr.
in solchem schildt war auch gestochen
ein weites feld erst newgebrochen
Spreng Iliag (1610) 265»;
dairinnen (m den ge/äszen) sach man vnzerbrochen
der könig thaten rein gestochen .in«» 17»;
edelsteine, geld und kunst schertzen allenthalben reichlich,
Pallas ist darauf gestochen und mein nähme steht darbey
Hoffmannswaldau gedichtet, 233;
lasst euren lebenslauff in demanttaffeln stechen !
2, 190.
besonders: siegel, pitschier stechen Kramer dict. 2 (1702),
918"; der junge Facius, der eine Zeitlang hier ist und pet-
schafte sticht, hat einen jungen Herkuleskopf nach einer
antiken gemme ganz über alle erwartungen schön in stahl
gearbeitet Göthe IV, 9, 139 Weim. ,• wollen der herr graf sich
nicht ein petschaft stechen lassen? Brentano 5, 57; von
unseren voreitern ist . . . das Siegel des Darius gestochen,
womit er den Daniel in der löwengrube versiegelte 5, 58 ;
haben unsere eitern doch allein das petchierstechen
gelernt, um dem bahne näher zu kommen, da sie sein
Portrait nach der natur auf das grafensiegel stachen 5, 61.
stechen und graben: er hat jhne {den namen) auch
stechen oder graben lassen durch einen kupfferstecher
Albertincs himschleiffer (1664) 59. noch deutlicher: also
werden auch viel kleine stein in wassern . . . erfunden,
mit wunderbarlichen bildern . . . als obs menschen arbeit
were, vnnd hinein gestochen oder gegraben were P.\ra-
celsus (1616) 2, 305 A. ein körpermal stechen tätoiriren,
nur in Luthers bibelübersetzung : jr solt euch nicht mal
stechen, noch kalh scheren vber den äugen, vber einen
todten 5. Mos. 14, l. dasz es sich um, tätovrirung auch
im Urtext handelt, beweist 3. Mos. 19, 28 und Strack
kommentar zum alten testament 1. 345, mit berufung auf
talmudische Schriften.
a) besonders geeignet ist für solche arbeit das durch seine
grosze weiche und Zähigkeit gleich ausgezeichnete kupfer:
aber bficher abschreiben, buchstaben malen, clasuren
machen, den passion auszstreichen, das kont ich nie
und noch vil weniger, wie her mönch Tutilo zu s. Gallen,
in kupffer stechen und formen schneiden Gargantua 393
neudr.; das allerschätzbarste aber war eine küpferne
vergüldete kugel, auff welcher . . . die gestirne . . . sehr
künstlich gestochen waren Lohenstein Arminius ^1689}
1, 616''. — indem jedoch in den oben erwähnten fällen {eine
ausnähme bildet nur petschaft stechen) die heutige spräche
die ausdrücke gravieren und in gehobener rede in erz
graben durchaus bevorzugt, hat sich die wendung in
kupfer stechen {vgl. kupfer 3 th. 5 sp. 2759) auf jene
kunstübung eingeschränkt, ein bildnisz oder eine schrift
in eine polirte kupferplatte für druckztcecke mit dem stichel
oder der nadel einzugraben, im gegensatz zum holzschnitt
haftet bei der kupferplatte die färbe in den gestochenen
Vertiefungen und theilt sich von hier aus dem zu bedrucken-
den papier mit. daneben hat in stahl stechen {s. oben
sp. 546 stahl II 1 1) nur einen beschränkten werth, da der
Stahlstich {s. oben sp. 584, do^rt auch über sein alter) nie-
mals die sprödigkeit des materials vergessen machen kann:
die heilige familie nach Schlotthauer, in stahl gestochen
von Fleischmann Brentano 9, 250. mit ehncürdigen belegen
beginnt gleich die andere reihe: mich hat zu gast geladen
maister Lucas, der in kuppffer sticht Dürer tagebuch 87
Leitschuh, vgl.: in kupfer stechen in aes incidere Stieler
2155; figuren in holz schneiden, in kupfer stechen Ade-
lung lehrgebäude der deutschen spräche 2, 169; hab ich
die grössere landtaffel klein gemacht, welche {{ürstlich)e
dht. (durehlaucht) in kupffer stechen hat lassen Hennen-
berger erklär, der preusz. landtaffel (1595) 7; ich habe
alle mienen und bewegungen, deren in vorstehenden
kapiteln gedacht worden ist, in kupfer stechen lassen
Rabener icerke i, 341; zwar sind schon, nur über Rom,
ganze zimmer voll folianten . . . geschrieben, gezeichnet
und in kupfer gestochen Gleim briefe 2, 399 Körte; ohne
zweifei das original, das Diana von Mantua in kupfer
gestochen hat Göthe IV, 40, 219 Weim.; Lips stach
umrisse von zwei solchen gemählden in kupfer 49, 92
Weim.; vielleicht lasse ich die Zeichnung noch in
kupfer stechen Humboldt briefe an Welcker 150; meine
römische karte wird jetzt durch Brose, unseren ersten
künstler, in kupfer gestochen Moltke achriften (1892) 4, 137.
78 Cr.
1235
STECHEN
STECHEN
1236
passiv: darauff zö forderst beyde Fürsten . . . schön ab-
conterfet, in kupffer gestochen Nas antipap. eiiis und
hundert (1567) 5, 115 ■; ein conterfeit in kupffer gestochen
Creizenacii schausp. engl, comödianten 211, 19; in kupfer
gestochene gemähle Neumark neusp. palmb. (1668) 165;
sie (dt« Sammlung der werke) ist übrigens noch mit dem
in kupfer gestochnen bilde unsers dichters (des Des-
toudtes) geziert Lessing 4, 217; in Flaxmans in kupfer
gestochnen Zeichnungen Götue 48, 6 Weim. selten auf
kupfer stechen : wie die auf kupfer gestochene bilder in
der presse gedruckt werden Butschky Pathmos (1677) 248.
ungewöhnlich und geschroben: Bouverot stach den risen
(gemeint ist Roms kunst) in historisches kupffer J. Paul
24, H (Titan 4), tco nuin etwa den einfachen accusativ er-
warten sollte, entsprechend den nttn folgenden: die kupfer
zu den drey folgenden bänden hoffe ich auch hier stechen
zu lassen Göthe IV, 8, »43 Weim.; Angelica hat ein
titelkupfer zum Egmont gezeichnet, Lips gestochen,
das wenigstens in Deutschland nicht gezeichnet, nicht
gestochen worden wäre 32, 137 Weim. kurz: schöne
kupfferstich . . . gar zierlich gestochen Guarinonius
gretoel der venoüstung (l610) 185, vgl. auch: andere (Stu-
denten) seien nach Cassel, um sich die anschauende
erkenntnisz von einigen gemälden und kupferstichen,
oder von nicht gestochenen sachen in natura zu ver-
schaffen beitrüge zur Statistik von Göttingen (1785) 72 und
kupfer 3d (th. 5 sp. 2759). nicht nur diese begriffserweite-
rung, sondern auch die fast atisschlieszliche geltung des
materials machte eine angäbe ebendieses materials über-
haupt entbehrlich: ich gschweig der kunststück die er
(Dürer) hat gestochen in der werden statt Scheit frö-
lieh heimfart F4»; sie wissen ja, dasz ich voriges jähr
mich in Berlin von Grafen (dem maier Anton Graff) musste
mahlen lassen, dieses porträit ist itzt von Bausen in
Leipzig gestochen Lessing' 18, 51; das porträt des herrn
von Kleist wird bey Bernigeroth gestochen 17, 95; eine
Zeichnung, die gestochen wird Schiller briefe 3, 309 (an
Kömer 7. apr. 179.3) ; ein bild . . ., was der alte zu seinem
schwanengesang sticht Görres briefe (1853) 3, 2; die
Zeichnungen von Carl Bodmer, meisterhaft gestochen
A. VON Humboldt kosmos (1845) 2, 132. sogar:
ein kupferstecher stach
ein kind in einer wiege
Schubart gedickte 3, 121;
ich hab den herrn Lazarus, den groszen mann, ein ge-
stochnen Hieronymum . . . geschenckt Dürer tagebuch
69 Leitschuh, vgl. auch »..53; der berühmte kupferstecher
hat ... bis Wittenberg kommen und mich da nach dem
leben stechen wollen Gellert 9, 245; Sulzer hat sich mit
gesenktem haupte, mit einem vom finger unterstützten
kinne, und mit tiefer philosophischer mine stechen lassen
Herder 8, 78 Suphan; die bildnisse, von dem vortreff-
lichen Preisler gestochen Gerstenberg hamb. n. zeitung
356, 23 neudr.; ein gestochener grundrisz von Tübingen
Nicolai reise durch Deutschland und die Schweiz 11, 5;
(blätter,) worauf die propheten und Sibyllen von Michel
Angelo gestochen sind Göthe IV, 29, 27 Weim. ; sein bruder
hatte alle anlagen zu einem starken, kühnen flügelspieler,
wie seine hernach gestochenen stücke, sonderlich seine
charakteristischen sonaten bezeugen Schubart leben und
gesinnungen 1, 180;
er Hess genane karten stechen
Gellert 1, 76.
wüi adverbialer beatimmung: ein werk mit den genannten
abrissen, aufs vollkommenste gestochen Göthe IV, 28,
tM Weim.; im zweiten band (von Lavaters phgsiognomik)
kommt mein gebild, herrlich gestochen Schubart
bri^e 1, s»; sauber gestochene Vignetten J. Paul 64, ae
'leben FibeU); die uns erhaltene copie ist von Rubens,
sehr wirkungsvoll gestochen von Edelinck H. Grimm
Miehelangelo (1890) 1, «81; ein hundert fein gestochener
Visitenkarten Holte i »chriften il, 2«7. im gegenaats tum
In holz schneiden (vgl. schneiden 4 c th. 9 »p. ueo) : wird
denn diese treffliobe composition nicht gestochen oder,
was ihr besonders anstünde, in holz geschnitten werden
ViHCiiF.n krituKhe gänge i, i, S8 neue folge. — stechen und
drucken, alle diese dinge sind gewisx schon gestochen
und gedruckt üöthb IV, «7, 7 Weim.; und doch werden
Cr.
seine stücke jetzt immer seltener, weil dieser grosze
mann von seinen compositionen mehr abschriften nehmen,
als stechen und drucken liesz Schubart aesthebik der
tonkunst 88. — stechen und illuminieren, d. h. den voll-
endeten kupferstich mit Wasserfarben leicht ausmalen (vgl.
illumiiiiren, 2, th. 4, 2, 2060) : gezeichnet, gestochen und illu-
minirt wie das vorhergehende Göthe 47, 351 Weim.. vgl.
eine bedeutende Situation . . ., in kupfer gestochen und
illuminirt 40, 2.52 Weim.; anders aber ist aufzufassen:
ritter Hamilton . . . brachte deren (gemeint sind griechische
vasen) eine menge zusammen, Hess sie mit färben stechen
Herder 20, 284 Suphan. dagegen geht der ausdruck farbig
stechen auf jene besondere kunstübung, vor allem die ein-
zelnen striche der gestochenen Zeichnung in punkte aufzu-
lösen, wodurch eine lebendigere, man mag sagen farbige
Wirkung des dargestellten gegenständes erzielt wird.
ß) in kupfer gestochen werden, ein zeichen be-
sonderer berühmtheit und merktcürdigkeit ; in dieser pe-
rucque könnten sie sich vor die europäische fama stechen
lassen Lessing l, 364 (misogyn 2, 4); dieser gute mann
war in kupfer gestochen Hippel lebensläufe (1778) 1, 28;
du verdientest wegen deiner ehrlichkeit in kupfer ge-
stochen zu werden Kotzebu e dramat. icerke (1828) 8, 189
(wildfang 2, 3); Rabe: o was werden unsre kinder auch
für göttliche menschen werden! galtin: man wird sie
ohne zweifei in kupfer stechen Tieck Schriften (1828) 5,
385 (verk. loelt 4, 2). auch : ich habe mich demnach unter-
wunden, . . . durch allerhand nützliche Schriften mich
in den stand zu setzen, dasz ich mich auch ein mal mit
ehren in kupfer stechen lassen, und neben ihm hängen
könnte Liscow (1739) 106. sogar eines dieser pferde . . .
hat überdem die ehre gehabt, in kupfer gestochen zu
werden Arghenholz England tnid Italien (I7a5) 1, 2, 539;
wäre er eine pflanze gewesen, so würde man ihn als
eine seltene spielart vielleicht in kupfer gestochen haben
Lichtenberg verm. schriften 3, 18.
y) er schreibt wie gestochen, erreicht die ge-
stochene Schreibvorschrift, welche den kindern und lernenden
bei den schreibübungen zur nachahmung vorgelegt wurde
(vgl. : du schreibst das aiphabet noch zwei mal nach der
gestochenen Vorschrift ins reine Holtei schriften 18, 218);
er war der beste rechner, den man weit und breit linden
konnte, eine band schrieb er wie gestochen H. Kurz 2, 27.
vollständiger: sie schrieb wie in kupfer gestochen Bren-
tano 9, 353.
g) durch operativen eingriff einen körperlichen schaden
beseitigen.
a) einem den staar stechen, acu suffusiotiem ocu-
lorum alicujus discutere Stein bach 2, 684. vgl. über das
wesen dieser augenkrankheit und den unserem ausdruck
zu gründe liegenden versuch einer heilung, oben staar (sp.
260 ff.) und besonders unter 1 c (sp. 262), wo sich auch weitere
belege finden, wie man rechte, zeitige und reiffe stare
wircken und stechen sol Bartisch augendienst (1583) 60*;
lasse sich der herr kuriren! der herr hat den staar,
einen gefährlichen staar 1 er kommt nicht aus meinen ;,
bänden, bis ich ihm denselben gestochen habe! Rabenbr
2, 213; diese eigentliche blindheit, die man den grauen
staar nennt, lässt sich dadurch heben, dass der staar
gestochen, das heisst, dass die krystalllinse entweder
herausgezogen oder an die seite geschoben wird Schu-
bert Schriften (1823) 3, 199;
ein storcor erst gewesen bin, ^.|
aber zu klein wolt seyn der gwin ! »i
ich kundtß nicht liegen genag,
die bawren waren mir zu klug:
mein wurmsom wolt nicht operiom,
dass er die kinder macht hortiem.
wolt ich den weibern z&hn aus«brechen,
oder jhn den staren stechen,
hotten sieg lieber gsetzet ein,
wollen auch lo nicht gstochen seyn
Mangoldt marduehiff (1596) E 4;
wir stechen staar mit glQck, und amputieren
den menseben oft halb weg
TiBCK »ehri/Un (18M) 8, MS;
das hein' ich mir doch wunderth&t'ge stein«,
die so den grauen staar den äugen stechen I
HOr-KRKT gedieht» (1867) 1, 174 ;
ich heisse Niemand, bin augenarzt
und steche den «tor den rissen
HaiNB 9, um KiMtr.
Cr. "l-
1237
STECHEN
STECHEN
1238
in vielfältiger bildlicher vericendung in dem sinne von
'einem die äugen öffnen' (vgl. äuge 16 th. i sp. 798), icelch
letztere tcendung aber kaum eine oben entsprechende reale
maniptdation zu ihrem gründe hat, sondern nur ein bild
icie et/ica vom öffnen der {fenster)laden eines hauses, sodasz
des tages licht hineindringt und man drinnen sehen kann :
er sehe aus wie ein verhungerter Schulmeister, mache
den augenschneider, wolle, selbst blind, blinden den staar
stechen Kerner bilderbuch (1849) 333; ihr konsulent, der
amtshauptmann, hat ihnen den staar über ihre umstände
gestochen Gotter 3, 301 ; vortrefflich ! wer stach dir den
staar? wer zeigte dir, wie du um dein geld gekommen
warst? Klinger (i809) l, 109 (falsche Spieler l, 4); daher
ist es auch meine absieht zum theil, ihm den staar zu
stechen Forster Schriften (1843) 8, 91 ; ich fürchte, der
arzt, welcher endlich den staar stechen wird, ist nicht
fem GÖRRES briefe (1858) 2, 493; sie hatte die leidenschaft
'unpassende parthien' zu hintertreiben und blinder liebe
. . . 'den staar zu stechen' Gutzkow ritter vom geiste
(1850) 4, 60; du hast dem blinden den staar gestochen, ich
fange wieder an zu sehen Holtei Schriften 9, 189; 's
giebt frisches futter für eure krippe, herr kriminal ! der
blinde wird euch den staar stechen! 20, 189; denn Niesz
schickte mir unter dem essen meinen brief an ihn und
seinen kupferstich; kurz, der staar wurde mir mit der
staarnadel gestochen, und ein biszchen das herzchen da-
bei J. Paul Katzenb. badereise 2, 67;
den staar des vorurtheils . . . stechen
Pkeffel poet. versuche (1812), 1, 188.
doch eine gröbere Schicht liegt darunter, denn die alten
oculisten und Quacksalber versprachen, gegen vieles geld
durch operativen eingriff auch psychische und gar mora-
lische mängel zu beseitigen, sie tritt hier nur auf einen
augenblick zu tage: wellicher jhnen den heuchel-, schmey-
chel- vnd lugenstahren stechen und lösen kündte Guari-
NONIUS greuel der Verwüstung (l610) 79. vielleicht auch:
wolan, jz seit jr inn den zeiten,
on tas si niman merckt mit fleis
big man ten staren stech ten leuten
Gargantua 51 neudr.
icird aber unte^i beim narren stechen ausführlicher auf-
gewiesen.
ß) das feil von den äugen stechen, vom gleichen
sinn wie das vorige (vgl. staarfell oben sp. 268). hier bild-
lich:
so will die poesie ohn alles kopffzerbrechen,
aus lieb euch noch einmahl das feil von äugen stechen
HoFFMA>xswALDAU gedickte 6, 239.
y) auch: ein geschwür stechen, wofür gewöhnlicher
aufstechen (s. th. l sp. 745) gebraucht wird:
wie ich mich und andre straffe, also stach ich dir den schwär,
wenn dein hertz, wie manches vaters, voller tück und
bosheit war
Günther ged. (1735)866;
wer fremde beulen sticht,
dem wird zur dankbarkeit 'der schleim ins antütz sprützen
390.
bildlich: der revolver, das ist die einzige richtige ant-
wort auf die frechheit der gesellschaft . . . wenn das
geschwür reif ist, dann kann man es stechen Polenz
Grabenhäger 2, 321.
rf) hierher gehört auch: einem den geck stechen,
eine höhnische geste einem machen, indem man mit zwei
gabelförmig gespreizten fingern nach ihm sticht, tind zwar
nach der nackengegend, wie die bezeichnung geck für das
gelenk im kälber- oder schöpsenkopf (s. geck 5 g th. 4, l, l
sp. 1920 und die dort aufgeführten belege) darthut; den
geck stechen, d. h. 'dieses knöchlein durch tranchiren zu
lösen verstehen' und unsere redensart hängen getcisz zu-
i Summen, und die manipulation der alten quacksalber, welche
I nach dieser richtung heilungen in aussieht stellten, spiegelt
I sich noch deutlich wieder, dasz es sich dabei erst um eine
! Übertragung unserer redensart auf den kalbskopf handelt,
ist ebenfalls dort schon vermuthet.
I
kannst du den jäcken stechen,
so stech ich dir ihn auch;
den hals will ich dir brechen,
wie hart auch dir der bauch,
treib denn mit andern spott!
vmnderhom 1, 296 Boxberger;
Cr.
ein gestrenger herr weisz doch am besten wie er einem
andern gestrengen herrn den jecken stechen soll Weise
comödienprobe (1695) 19; einem den gecken, den esel, den
mtinch stechen, fare le ficche, squadrare le castagne, fare
le mocche dietro ad uno Kramer dict. 2 (1702), 918«, vgl.
auch 1 (1700), 470''; da grinsete mir der geist in's gesicht,
stach mir den gecken und rief: tropf, du verschmähest
dein glück! nun so bleib' ein lump all dein lebtag!
MusÄus 2, 103 JSempel (Schatzgräber) (vgl. auch die belege
unter geck 5 e th. i,l, l sp. 1920). besonders wie im folgen-
den als scenarische benierkung beim abgang: Lisabeta (eine
junge frau) sticht im (dem alten kaufmann) ain gecken
nach H. Sachs fastnachtsspiele 6, 151 neudr.; der narr
sticht ihm einen gecken binden nach, und geen alle ab
1, 125, 25 Keller-Götze. — ähnlichen sinn hat einem den
narren stechen, ico die entsprechung einem den narren
schneiden (s. narr & e a th. 1 sp. 359) noch deutlicher die
operative handlung durchblicken läszt; wann in ein ander
ein narren sticht und eselor zeigt Franck weltbuch 131*;
da kompt das sönlein mit der lauften oder geygen oder
pfeyffen, macht also von erst ein böszlein unnd meynt,
es soll der Gräten gefallen, o, es ist offt weyt fäl und
sticht dir den narren Schumann nachtbüchlein 245, 21
Bolte; vgl. einer will im den narren boren, den cornuten
stechen, bachanten behauen Lindener rastbüchlein 53
Lichtenstein ; Jahn lacht, schüttelt den kopff, sticht jhm
den narrn Ayrer 4, 2302, 20 Keller; wer euch in ewer
gegenwertigkeit am maisten ehret, . . . der pflegt euch
hinderrucks am meisten zu verunehren, zu sehenden
vnnd so gar den narren zu stechen Albertinus zeit-
kürzer (1603) 41*»;
wer auff tugend nichts nicht wagt, wil auff glücke blSslich
harren,
irrt, weil glücke fome lacht, hinten aber sticht den narren.
Logau 2, 5, 98 (das glück).
am gröbsten aber ist einzuschätzen : einem einen münch
stechen, autem, est naso suspendere adunco, auriculas
asini, vel ciconiam figurare, sanna postica aliquem, pro-
sequi Stieler 2154; einem einen mönch stechen, das
ist, die faust weisen, dasz der daumen zwischen den
vordem fingern heraus sieht, welches andere 'die feige
weisen' nennen Frisch l,668=; die nasen rümpffen, einem
einen münch stechen, die zunge vber jhn ausstecken,
mit dem kopffe nicken, summa was solche ironische
vnd hönische geberde hat Mathesius Syrach (1586) 2, ii''.
als scenar. bemerkung : gehen ab, Floretto sticht ihr hinter-
werts einen mönch Schoch studentenleben (1657) C8» (vgl.
auch die belege unter mönch 2 th. 6 sp. 2489). die beziehung
zu mönch 4 i 'castratus' und besonders zu münchen verb. 2
(th. 6 sp. 2491) 'castrare, spadonare' liegt zu nahe, um über-
sehen werden zu können. — eine harmlosigkeit bietet dem
gegenüber einem den esel stechen, den zeige- und kleineti
finger gegen ihn ausstrecken, während die übrigen drei ein-
gebogen werden, asininis auribus manu effectis Müdere
ScHM. 1, 118;
redt nur geren schmeichlerei,
und sticht eim den esel darbei
Hans Sachs 20, 506, 16 Keller-Götze.
h) stechen in der begriffssphäre von 'nähen': emsig
stach sie mit der nadel in den harten stoff Freytag
5, 392. sehen se, da sitzt er (der Schneider) an seinem
lütjen kuckloch, wie er sticht und ausgreift, 's flutscht
man so Sohle musikantengeschichten 68; als regiments-
schneider, bald mit der nadel stechend, bald mit dem
Schwert Hebel 3, 90 (Schneider von Pensa);
ein Schneider im zuo sprach vnd sezt,
sprach : 'stich eng vnd thue sauber neen,
auf das es nimant müeg geseen'
H. Sachs fabeln 1, 370 Götze.
auch: die Schneider stechen nie tapferer drauf, als sonn-
abends Kramer dict. 2 (1702), 922». bei den öuchbindern :
zuweilen findet man so sauberen bruder, so nur ein
halbes jähr beim handwerck gewest, der fangt an für
sich selbst zu stechen und zu freiten Abrah. a S. Clara
etwas für alle (1699) 1, 327. besonders von der bearbeitung
härterer stoffe: das leder ist zu dick zum nähen; man
kan es nicht stechen, ist schwer zu stechen Kramer
dict. 2 (1702), 922», wo noch dazu die ahle oder der pfriemen
der nadel oft zur hülfe kommen musz.
78* Cr.
1239
STECHEN
STECHEN
1240
t) mit sporcn stechen, eidmovere, anbdere, add^re
equo calearia, agitare calcaribtts Stieler 2154; das pferd
mit den sporen stechen Kramer dict. 2 (1702), 918«; mit
den Worten sticht Clemens das rosz mit beyden sporen,
da fieng es an zu lauffen buch der liebe (1587) 25». sporn
im accusativ: ja bemelter stifel hat sein sporn gar weid-
lich in gurren gestochen im bawrnkrieg Nas antipap.
eins und hundert (1567) 1, 5i^. ungeioöhnlicher dafür: vnd
mit den Worten stach er in sein pferdt Amadis l, 201;
dennoch so mussten sie entreiten, vnnd stachen in jhre
pferde, vnnd rennten darvon budi der liebe (1587) 4*; ebenso :
aber als bald er verstünde dusz, . . . stach er so dappffer
auff sein pferd Amadis l, 221. wie hierfür gewöhnlicher
anstechen gebraucht wird, vgl. th. 1 sp. 477, ganz ent-
»prediend anspornen, wo der begriff des antriebs noch deut-
licher wird.
a) die ebendort erörterte wendung angestochen kommen
'im eiligen ritt herankomtnen' . dann überhaupt 'heran-
kommen, sich nähern', hat sonst hier 7iur tcenig ent-
sprechendes ; etica : so bald kam einer von den todten mit
seinen langen beinen auff mich zu gestochen Mosche-
ROSCH gesichte (1650) l, 216; auch von thieren:
als nun das schwein kommt auf ihn los gestochen,
knutft er es auf den köpf mit derber band
und schmettert es entzwei bis auf die knochen
Gries gedickte 2, 124;
wohin stechen, eilen:
alter hilft für thorheit nicht,
so pflegt man gar oft zu sagen,
wann man sieht die schellen tragen
den, der nach der grübe sticht
Brant narremchiffS Zamcke;
von dannen stechen u. ä. : deszwegen stach er fort, vnd
traff zwo jungfraven sampt einem jungen an Amadis
1, 138; {von Wölfen) alsz bald sie aber vnser ansichtig
werden, wendeten sie sich vnd stachen daruon Rau-
wolff'i2. — hinter einem herstechen, iJun nacJieilen: der
münch aber stieg . . . eilends wieder auff, . . . vnd als er
sich wider zu ross, oder vielmehr zu esel befand, stach
er hinder seinem burschgesellen her junker Harnisch
(1648) 97. — hierher woJd auch:
es musz vorbei gestochen sein,
und kost es leib und leben;
80 fahren wir über die haide
wunderhorn 2, 35.3 Boxberger {ßchlittenjahrf) ;
lasz mir gleich den Falk satteln und an die hintergarten-
thüre führen, will bis Trier eins voran stechen maler
MÖLLER 3, 72.
ß) dagegen liat transitiven sinn: villeicht möchte sie
vns verschupffen oder dannen stechen (forsitun nos
rgiciat) Boltz Terenz (l539) 153», d. h. wie im folgenden :
so möcht ir in Ordnung nach ziehen,
sie schlagen und euch an in rechen
und biss auss ewer grentzen stechen
Hans Sachs 6, 78, 24 Keller-Götze.
mit spieszen aus dem Inmle jagen; vgl. aucJt:
wir habens hefftig heimgesucht
und sie gestochen in die flucht,
ir sechzig und drcyhundert erschlagen
10, 291, 16.
k) zum Orakel mit einer nadel zwischen die blätter eines
buehes stechen; der so getroffene spruch icird dann pro-
phetisch ausgedeutet (vgl. oben auch stechbuch); ein e7it-
sprechender brauch verlangt, dasz man mit abgewandtem
gesicht oder im dunkeln auf ein mit Sprüchen bedecktes
blatt steche {vgl. ölten stechblatt): sie ziehen karten,
stechen sprUche, zupfen blumcnblättcr aus, bcy welchen
sie die nahmen der wahlfähigen hersagen Lichtknberu
verm. Schriften (1800) 4, 176; sie giebt mir eine nadel, da-
mit toll ich ins heft stechen, welchen satz ich treffe,
den soll ich als gedenkspruch bewahren Brentanos
friMxngakram (1844) 16; in dieser schläfrigen läge stach
er von ungefähr in das buch {mit Sprüchen und gedickten
für jeden tag im jähre) Kkllbr 8, 119; sie holte gerührt
ein schatzkästlein hervor und slacli mit einer nadel
ewisohen die blätter 4, S40.
f) in aprüthwdrilieher redeteendung.
a) in ein Wespennest stechen, aodtut die in ihrer
nikt getUMen thiere erbott über den angreif er herfallen,
InldliÄ 'mit einrr {bereehÜgten) kritischen bemerkung und
Cr.
dergl. die gegner in hämisch stecken, eine schlafende gegner-
Schaft auf die beine bringen', schoti Kramer setzt diese
sprichwörtliche Verwendung der redensart eigentlich vor-
aus: in ein omeissen ö Wespennest stechen, stuzzicare
in un formieuio ö vespaio, dict. 2 (l702), 918"=. in voller
geltung findet sie sich: lasst euren künftigen lehrer nicht
von euch sagen, wenn er euch eine busspredigt gehalten,
dasz er in ein Wespennest gestochen Hippel lebensläufe
(i77h) .3,2,107; ich wolte, dasz Voss seine prosodie ordnete,
und bekannt machte, aber er wird sich damit wol nicht
sehr übereilen, aus furcht in ein Wespennest zu stechen,
da schon sein erstes wort unzufrieden gemacht zu haben
scheint Boie an Bürger am 14. jan. 1790 {des letzteren
briefe i, 6 Strodtmann) ; der vatcr wird dir erzählen, wie
ich neulich hier in das Wespennest der freiwilligen stach,
und die entrüsteten hornissen auf mich hersummten
BiSMARCK briefe an seine braut 92; die abhülfe konnte
. . . nur in einer totalen Umgestaltung der landwehr ge-
funden werden, und wer hätte in jener zeit (1850) die
band an dieses nationalinstitut legen mögen, es hiesz
dies in ein Wespennest stechen! Kaiser Wilhelm I.
militär. Schriften (l897) 2, 454;
und doch — sich neue bahnen brechen
beisst in ein nest gelehrter wespen stechen
Wieland 17, 12 (Idrig und Zenide 1, 2).
mit einem adject. zusatze, welcher dem bilde nicht ganz
gerecht icird: sind die händel über die hierodulen auch
zu ihnen gelangt? Böttcher hat in ein heftiges Wespen-
nest gestochen Göthe IV, 29, 160 Weim.
ß) durch den zäun stechen, aus geschützter Stel-
lung und dazu heimlich einen angriff auf einen gegner
versuchen, dabei ist es für das verständnisz der redensaii
nicht nothtpendig, geradezu einen palisadenzaun als den
Schutzspender sich vorzustellen ; schon der gewöhnliche zäun
von genügender höhe bot hier ausreichenden hinterhalt:
vnnd weil der auszgesönete Carlstad stettigs durch den
zäun stach . . . vnd sein gifft heimlich durch seine
schrifften wider sein zusag auszsprengete Mathesius
Lutlier 60''; darneben aber stachen sie jmmer heimlich
durch den zäun 127» ;
wer heimlich durch den zäun thut stechen,
mit list sich an seim feind zu rechen Waldis l&l".
subst:
mit vbelwüntschen, schelten, fluchen,
mit abgunst vnd mit vngluck sflchen
vnd heymlich durch den zäun noch stechen,
das sie eyn mal jr mütlin brechen
gtreitgedicht gegen herzog Heinrich den Jüngern 32, 383 ndr.
ein Imrmloseres bild läszt. vermutlien: dass e. c. h. mich
damit durch einen zäun stechen und stochern Luther
briefe 4, 615, etwa tcie der muthwillige %oanderer im vor-
übergehen einen eingescMossenen hofhund durch den zäun
mit seitiem stecken reizt.
y) daneben stechen, eigentlich mit der eingelegten
lanze das ziel verfehlen, es mit dem stich nicht treffett,
besonders beim ringsteclien ; dann überhaupt von allem
miszlingen sprichwörtlich gebraucht:
die esel ladt man allesampt
vnd gibt ir yedem ein gät amot,
80 ein geschickter sticht darneben :
man wil nun eseln pfrUnden geben!
MuKNEK narrenbesehw. 58, 8S;
handtworcker kynnent ouch wol liegen,
vmb jre narung mich betriegen;
wann sy schon tuscnt mal vorsprechen,
dannocht mflsz ich dameben stechen 67, 98 ;
darmit stach der alt pfafT dameben
H. Sachs »chtcänke 801, 66,
d. h. er bekam nichts;
wie menger sitzt in der hellen tief,
der vil gults umb ubiass hat geben;
sie stechend minonthalb all darneben I
Manuki. paptit und prtettertchajt 1367 llächtold.
besonders treffend ist das bild gegenüber verfehlenden d*-
duetionen jeder art: das auch die licbhaber der wissen-
heit nicht darneben stechen vnnd noch durch vnwisson-
hoit . . . der goschichtschreibcr verführt werden Xy-
LANDRR Polybius (1574) 128;
dartzu er sich fast hoch erbricht,
doctor Luthers schrilften anficht,
wie wol or gantz dar nei>cn stirbt
LUTIIKK 7, 687 Weim.
Cr.
ii
1241
STECHEN
STECHEN
1242
rf) eine sache durch den bauch stechen, ihr
ei« schnelles ende bereiten, sie aufgeben, urspr. ein grober
soldatenausdriick, auch deshalb grob, weil durch den bauch
stechen nicht eben die feinste art zu stechen ist. dero-
wegen behielt mich der vater anheim, habe also wie
man pflegt zusagen, die schule durch den bauch ge-
stochen, und dies, was ich in ^'4 jähren gelernt, in vier-
zehn tagen vergasz Sghweinichen l, 43. atich: also
muste ich meinen krieg durch den bauch stechen, mein
ganz glück verlassen ebenda 1, 178; dieser kerl wäre sonst
ein Schneider seiner profession, doch stäche er das ehr-
liche handwerck durch den bauch, und wartete in den
bierhäusern mit der zitter auff Kuhnau musical. Quack-
salber 138 nendr.; da doctor Lorentz Pasch, ein prediger
zu Kyritz, wegen seines Übeln Verhaltens abgesetzet
wurde, so stach er sein Studium theologicum durch den
bauch, und wurde ein advocat Sperling Nicodemus
quaerens et Jesus respondeyis 2 (1719), 235. der gleiche ge-
danke erscheint gemildert:
jhr habt euwre Sünde nicht recht gebeichtet,
zumpen vnnd messer sind nicht einerley,
ich wil euch ein loch durch die absolution stechen
Maynhincklers sack (1612) E £*.
und als verblaszt vergleicht sich : das studieren erstechen,
abjicere, relinguere, deponere artes Stikler 2155 und durch-
stechen 26a {th. 2 sp. 1691).
m) in der bergicerkssprache den ofen stechen, den
achmelzgang mit dem stecheisen (s. oben stecheisen 2) auf-
stechen, so dasz die guszmasse sich in die fonn ergieszen
kann: alsbald man nur sticht oder öffnet den ofen Ma-
THESius Sarepta 149», soicie ein thier etwa gestochen wird,
und das blut sprudelt hervor, undeutlicher: wann die-
selben weichen schlacken kommen, so stopfft er das
äuge zu, zeucht die schlacken vnnd stein vom kupffer
ab, vnnd sticht dann aus dem nebenöfelein das heisse
Wey in das kupffer im tiegel Ercker mineral. ertzt{imi) 110''.
2) begriffen einer urzeitlichen Sphäre dienen die folgen-
*den Verbindungen: empfindliche beobachtungen auf diesem
gebiete muszten die menschen der älteren zeit fast noch mehr
machen als die heute lebenden, und icaren gezwungen, hier
zur abicehr ihre erfahrungen auszutauschen und in ein-
fachste Sätze zu kleiden, man braucht also nicht zu
nfeln, dasz wesentliche momente aus der geschickte
seres wortes sich hinter den nun folgenden begriff s-
rbindungen verbergen.
d) der dorn sticht: stechende dörner, spine pun-
iti Kramer dict. 8 (1703), 919«; kein dorn, die da stechen
lesek. 28, 24. vgl.:
dan mich ein dorn darein stach,
dass ich daran gar nichts mehr sach
Endinger judenspiel 69 neudr.
ler der in dornen ist gefallen, flucht und schalt, dasz
le ihn gestochen, da er vielmehr seine tölpelei hat
»llen schelten Lehmann floril.polit. 384; selbst wer sich
dornen gestochen, würde lächeln, sähe er es anderen
Bschehen POckler briefwechsel und tageb. 3, 240;
mancher stechende dorn wird
blutig ritzen dir band und fusz
Herder 27, 248 Suphan;
da stachen mich die hagendom,
dazu die rauhen disteln Arnim 13, 24;
fl.: stächend hagentörn oder brombeerstaud , rubus
Uus Maaler 383 •>. besonders als schmerzendes mom^nt
im gegensatz zur anmutJi der lieblichen rose in der
vielfältig genutzt:
rot röslein wolt ich brechen
zum htibscben krentzelein :
mich dömer thaten stechen
hart in die finger mein
ZiNKGREF aiiBcrl. gcd . 7 neudr. :
ob gleich die dömer anfangs stechen,
so will ich dennoch rosen brechen
Günther ged. (1735) 178;
ein dorn vom stamm der rosen
stach in den zarten finger
E. VON Kleist l, 52, 16 Sauer,-
du hofTest, mit herzen
der mädchen zu scherzen;
es reizet die rose dich, ehe sie sticht
Stolbbrg 1, 123 {mädchen);
Cr.
wohl stach, die rose nehmend,
ein dorn sie durch die band
RCCKERT 1 (1867), 147.
auch: die rose sticht in einer begriff sericeiterung, welelie
tneder auf dem vorigen beruht, die rosen stechen, rosae
compungu7it Steinbach 2 (1734), 708;
als die jungfraun rosen gebrochen,
da haben sie all gesprochen :
'was blutet mir so die band?
hat mich das röslein gestochen?'
Ühland gedickte 222;
die rosen immer stechen Arnim 17, 74;
was stichst du mich, du röslein roth?
E. M. Arndt 3, 165 Rösch-Meimer.
im wundervollen zidegespräch :
röslein sprach, ich steche dich,
dasz du ewig denkst an mich
GöTHE 1, 16 Weim. (heideröslein) ;
und der wilde knabe brach
's röslein auf der beiden ;
röslein wehrte sich und stach {ebenda).
a) sotist stechende kräuter, herbe pungereccie Kr.k-
MER dict. a (1702) 919*; disteln stechen Steinbach 1, 276:
(im bilde) es sind kletten und distelnköpffe , wie man
sie wirfft so keren sie die stacheln über sich und urab
sich, und müssen stechen Luther 23, 33, 29 Weim.;
ein bauerntöchterlein wolt gersten aufbinden, da stachen
sie die distel in die finger Garganttut 88*. stechender
ginster {cytisus germanicus s. auch unten stechheide und
cytisus scoparius, stechpfriemen) stechend genest Sebiz
f eidbau (1579) 56 ;
ins gebfisch so schwarz und dicht,
wo dorn und ginster uns die fersen stechen
A. V. Droste-HOlshoff 2, 109 {des arztes vermächtnitz).
stechende hauhechel {ononis arvensis vel spinosa) : masc.
stechender hauwhechel Tabernaemontanus 912 J. ste-
chender hülst {Hex aquifolium. s. auch oben stechbaum,
stecheiche und unten Stechpalme);
{wo) wacholdergesträueh um die hünengräber der vorweit
wuchernd kroch und stechender hülst mit glänzenden blättern
Voss 1, 54 {LttUe 1, 439).
stechende winde (smilax aspera. s. auch unten Stech-
winde) M.^tthiolus-Gamerarius (1590)448 0; Fleming
Jäger 13»; die bletter und frucht der stechenden winde
vor und nach getruncken sindt eine gute artzney wider
das gifft Matthiolus-Gamerarius 449 A; so ist die grosze
stechende winde das geicächs Eberhards von Sikkingen {'des
nachstellenden') in der fruchtbringenden geseUsdwft , mit
der erläuterung allerley gift Xeümark netter, teutsch.
palmb. (1668) 286. — die binsen spiz und steif dasz sie
wohl stechen Göthe III, 1, 273, 15 Weim. die anderen
VI gewechsz stechen und brennen nit Bock kreutter-
buch 2. — auch blätter stechen: die blätter des baumes
sind spitzig und stechen, folia arboris aeuleata sunt
et fodicant Steinbach 2 (1734), 709; die blätter von
'Hex aquifolium' {s. oben stechbaum, stecheiche und
unten Stechpalme) sind wohl gemeint: wer ain statt lieb
hatt in hertzen, der im nyemant benennen mag, und
im will yrrikaitt darein fallen, der soll stechenpletter
tragen, da wachsen rotte per an! Clara Hätzlerin
172* {wo im übrigen der roeg von der partic. construction
zur völligen composition schon zurückgelegt scheint) ; vgl.:
Schlechtendal j?om von Deutschland^ 21, 253;
allein ich wuszte . . .,
dasz mir dürres laub den nacken stach
A. V. Droste-HClshoff 2, 112 {des arztes vermächtnüz).
ß) im vergleich: wer wie ein dornstrauch ins regiment
kompt, der kan nur ritzen nnd stechen Schuppius 834;
denn dein {angeredet ist gott) gerechter ernster zom
stach mich gewaltig wie ein dorn
RiNGWALDT handbüchlein A 6» ;
führt mir den braven vor, laszt uns ihn hören —
ey, fängt ein dorn so jung zu stechen an?
Shakespeare 3, 343 {Heinrich VI. 3, 5, 5).
im vergleich mit der stachlichten frucht der kastanie, des
kestenbaumes {castanea vesca) von einem zu hause tobenden,
doch in geseüschaft sich sanftmüthig stellenden menschen:
Houbert gleichet einer kesten, mich bedünkt, es fehle nicht,
weil die sonsten glatte kesten nur in ihrem hause sticht
Grob dichter, verstichgabe (1678) 48.
Cr.
1243
STECHEN
STECHEN
1244
y) stechende dornen, stechende disteln, tin bild für
das leidvoUe Schicksal der menschen in dieser tcelt {im
gegensatz zu den rosen, tcelehe das jenseits dem seligen
darbietet): gott hat diese weit . . . mit disteln und stechen-
den dömern besäet Butschky Pathmos (1677) 249; denn
wer zum ewigen leben ist erkohren, den stechen disteln
und dornen Sperling Nicodemus quaerens l (1718), 1134;
freund, wer in jener weit wil lauter rosen brechen,
den müssen vor allhier die dornen gnugsam stechen
Ang. Silesius cherubin. ivandersm. 13 neudr.
der dorn der sünde, tcelcher die menschen atif ihrem
lebensicege ritzt und sticht, sie peinigt und quält:
sticht etwan dich der sUnden dorn,
und fühlest grosse flammen,
dasz du vermeinest, gottes zorn
schlag' über dir zusammen
Neumark /ortgepfl. luftw. 1 (1675), 98;
gebete, sJmuosen wirt verlorn,
und swag er guotes mac getuon,
die wlle in stichet dirre (^er fänden) dorn
Winsbeke 54, 10.
überhaupt benutzt zur bildlichen charakterisirung einer
schmerzvollen Stimmung, eines leidvoUen zustandes. erleb-
nisses u. s. to. (vgl. dagegen rose 4i tJi. 8 sp. im): aber
dasz wäre früntschaft ein stechender dorn ist, das mis-
felt mir Holtzmann CyriU (l57l) 17; wenn ich meinen
Isaac verliere, so wird mir der mutter titul zu dorn und
disteln, die mich bis in die seele stechen Chr. Weise
Isaacs opfer 4, 3; o verdambter neydl so ist dann dir dess
nechsten rosen ein stechender dorn? Abraham a S. Clara
Judas der ertzschelm 1 (1686), 93 ;
du ahnest nicht
den dorn, der mir ins leben sticht
Geibel 2, 22;
autik:
dein gemüth ersinne
nichts gegen deine mutter, überlass sie
dem bimrael und den dornen, die im busen
ihr stechend wohnen
Shakespeare 3, 180 (Hamlet 1, 6);
also erfahr diese königin allzu geschwinde, dasz sie . . .
auf den bisz ins hertz stechenden dornen lag Lohenstein
Ärminius 1 (1689), loa**, tcozu die askese früherer Jahr-
hunderte entsprechende körperliche peinigungen erfand,
vgl.: die sich selbs vmb räve willen werffent in ain
bette erfüllet mit stechenden tornen Niclas von Wyle
fratislationen 131, 88 Keller, ganz ähnlich den heilver-
suchen der Volksmedizin, icozu das beispiel oben unter
Stechapfel zu vergleichen ist. — der hofmeisterstand ist
einer von denen, die alleweil mit rosen und lilien über-
streut sind, und wo einen die dornen des lebens nur
gar selten stechen Lenz l, 39 (hofmeister 3, 2).
<J) in sprichicörtlicher redetcendung : ein dorn sticht,
ein degen durchbohrt Simhock 1674;
wer rosen bricht, die finger sticht
Rollenhagen froschmeuseler V v 4»;
disteln und dornen stechen sehr,
falsche zungen noch viel mehr
Petri sprichw. R v {vgl. Sciiuppif;< 632) ;
der dorn, der nicht im frlihling sticht,
wird schwerlich auch im herbste ritzen
BODE Montaigne« gedanken und meinungen 2, 448.
wer will zum himmel sein erkom,
den stechen täglich distel und dorn
Henisch 719 {vgl. oben Sperling unter 3).
b) ähnlich: borstiges haar sticht: der(?) haar, der
hart, die stoppelhaar stechen, li peli della barba, i peli
moxzipungono Krämer dict. 2 (il(i2), 918". besonders xeenn
der mann ktiszt: da stehen sie, die kahlen untcrkinn-
backen, , . . sogar der stoppeln beraubt, weil diese den
weiblichen kusz stechen könnten J. Paul 6, 9 (gröti-
ländische prozeaaei); als er (der eunge Jude) sich nieder-
bückte, gewahrte ich, dasz sein grauer, stechender Juden-
hart nicht glatt vom kinn wegrasiK sei, sondern wie
eine kratxbUrate bervorstebe HauppS, M (inemoiren des
1, it); dock aiuk: eingedenk des ttechcnden ktisscs
t, 71 (1, 18); die einzige atrafe war, dasz sie ihm
stechenden blick für seinen stechenden handkusz
zowwf timda t, 67 (1, is);
hOTTtadi vaanat di« fatUn der herr cemahl, und MrkQut ihr,
oft nH stechSBdem kosM, die wftnfelein, wann es ihm «infltlt
Voss 1, 181 (iMtte 8, in).
Cr.
als eigenschaft thierischen haares: die andern (mause) sind
nberm gantzen leib rauch, wie die igel, dass jhre bar
stechen und stortzen Heyden Plinius (1565) 288; die
raupen lassen augenblicklich ihre stechenden haare gehen
Hebel 2, 9, 28 Behaghel. besonders von den stacheln des
igels (bildlich): du igel, die sticht und beiszt und mich
so gewaltig in dein net^ verstrickt! ja du bist mir eine
keusche dirnel maler Müller 1, 143 (satgr Mopsus %).
zuletzt die federn und daunen des bettes stechen (ähn-
lich dem stroh, f^^ Opitz teutsche poemata 239 neudr.):
verkauf ich mein bettlein
und leg mich aufs stroh,
sticht mich keine feder
und beiszt mich kein floh
wu7tderhom 2, 582 Boscberger.
c) eine schaar stechender Insekten Humboldt an-
sichten der natur l, 32;
er zerreibt das stechende insect
Hebbel 3, 336 Werner (Oyges 6).
darunter besonders die bienen stechen apes pungunt
Steinbach 2 (1734), 709; es hat ihn eine biene gestochen,
apis eum pupugit aculeo Stieler 2154; welchem nun dise
. . . bienen hart werden picken und stechen, der mag
Schrein Fisch art binenkorb (1588) A 3"; wann euch imen
. . . gestochen oder gebissen haben Sebiz feldbau (1579) 96;
kommen die bienen, so muss man sie nicht verjagen,
... sie stechen nicht Brentanos frühlingskranz (1844) 223 ;
auch ist femer zu sagen, dasz die emsigen bienen . . .
nur gereizt stechen Immermann 2, 50 Hempel;
pick ! sticht's {das bienchen) in die band
Ramler Jabdlese 1, 82;
als er, Sami, mit dir jüngst blumen brach in dem garten,
stach ihn ein bienchen Göthe 1, 5, 49 Weim.
die hornisse sticht: (der herr) Hess es (sein pferd) grasen,
indem ein grosser horniss das ross sticht, das es binden
auffhupffet Hertzog die schiltxcache C2; wenn ein mensch
von einer hornisse gestochen ist, soll man etliche fliegen
fangen und auf dem stich zerdrücken öcon. lexic. 1079;
der Zaunkönig aber schickte die hornisse hinab, sie
sollte sich dem fuchs unter den schwantz setzen und
aus leibeskräften stechen brüder Grimm kinder- und
hausmärchen 2, 106;
der humbel der sol stechen Iwein 206.
nicht zu vergessen ist das stechende gesindel (der flöhe)
Arndt werke l (1892), 122, das neben sonstigem Ungeziefer
den menschen einer fernen Vergangenheit viel mehr, ah
heute das der fall ist. geplagt hat: gelt der wein ist im
bett vber alle glutpfannen, da sticht einen kein floh,
wann man ligt im stroh Garg.iib netidr.; da hat meister
floh am bette der holden frau gesessen und der Wärterin
in die nase gestochen E. Th. A. Hoffmann 12, 135 Qrise-
bach; die geistige fähigkeit, in honetter gesellschaft ruhiß
zu bleiben, wenn mich ein floh sticht ebenda 10, 184;
in dem so sticht jn starck ein floch
zwischen den bcynen zimlich hoch
FiscuART Eulennpiegel 178(4686) Havffen;
sticht mich in compagnie ein floh,
thu ich, als ob ichs gar nicht fühl,
gedenck benebens, was ich will
Stbanitzky ollapatrida 228, 26 Tl'i«i. neudr.
die wantzen stechen Kramer dict. 2 (1702), 918«; welche
läusz stechen vbelcr? die hungrigen Qarg. 75 neudr. so
viel schwarze, stechende fliegen Alexis Roland von
Berlin 1, 22; die ursach, warumb die fliegen in solcher
wetterzeit so heutig stechen Paracelsus 2 (I6I6), 16S^
die eigentlicJie Stechfliege (*. u.) ist die bremse: die premen
stechen Schaidenreisser Odyssea (li&l) q s'; wenn die
brcm sticht und krabelt Mathksius Sarepta (1571) S**;
eine von einer bremc gestochene kuhe Kramer dict. a
(1708), 919»";
hart Ktachen die brcmcn und mucken
H. Sachs 1, 687«.
mit ihrem ge\cöhlteren namen sonnenfliege (vgl. ih. 10. l
s}i. 1646):
wer nicht, wenn die sonnenfllegen Hlcchen,
recht rmvig um «ich flbrt mit senH' und rechen
Brbntano 9, 6M;
in dieser celle stach ihn einst eine srhnaake in den
fusz Zimmermann ii*«r die einsamkeit t, 0«; bald daraaf
Cr.
1245
STECHEN
STECHEN
1246
stachen die mucken die kleinen schläfer MusÄus Volks-
märchen 1, « {Rübezahl): hier ist es nass, trübe, kalt
and stürmisch, . . . und die mucken, die dich plagen,
stechen uns nicht Moltke Schriften 6, 130. einer, so Ton
solcher spinne gestochen, huomo attarantolato Kramer
dict. 2 (1702), 919»; solche gififtige spinnen . . ., dasz sie
den mensch stechen und er mit lachendem mund
sein end drüber beschleust und dahin stirbet Hammer
roseng. 463, gemeint ist wohl die tarantd, die giftige erd-
spinne, vne im folgenden: menschen, die, wenn sie von
der tarantel gestochen sind, vom tanzen nicht ablassen
können Hippel kreuz- und querzüge (i793) 1, 198; ein
beweis . . ., dasz keiner von der tarantel gestochen ist
.1. Paul 8, 91 {Hesperus 2). ein mensch . . . von einem
scorpion gestochen Coler hausb. (l680) öcon. l, ITS*»;
und wie der scorpion in sich zu letzte sticht,
wann feuer um ihn her wird etwan angericht
LoGAU ginngedichte 74 Eitner ,
aber der herr verschaffte einen wurm . . . der stach den
kürbis, das er verdorrete Jon. 4, 7; sonst werde das holtz
untüchtig zum bauwen, wann es die wurm steche Nigri-
xus von Zauberern (1592) 138.
a) im vergleich:
das volk wie ein erzürnter bienenschwann,
der seinen führer miszt, schweift hin und her,
und fragt nicht, wen es sticht in seiner wuth
Shakespeare 2, 223, (Heinrich VI. 2, 3, 2);
ob diese {philosophuster) gleich in Deutschland schwär-
men wie die mucken, und auch eben so gern summen
und stechen; so kümmere ich mich doch um sie sehr
wenig Nicolai reise durch Deutschland und die Schtceiz
11, vorr. 11 ; so hing an seinem herzen die rückerinnerung,
wie ein stechender Skorpion Jul. Mosen (i863), 8, 437;
meine weit war mir zerbrochen,
wie von einem wurm gestochen
welkte herz und blute mir
Novalis l, 68 Minor.
besonders Jieute noch gerne: in die höhe fahren, auf-
springen wie von einer wespe (einer tarantel) gestochen,
hastig und verstört; wie von einer wespe gestochen,
sprangen die gesellen auf und stellten sich auf die beine
Keller 4, 257.
ß) in bildlicher Verwendung zur charakterisirung des
feindlichen, boshaften, rieidischen u. s. w. : vil nüwer amt-
lüt verderben den gemeinen man, es sein hungerige
mucken, sie stechen vbel Pauli schimpf und ernst 127
Österley. ähnlich :
emsig-müssiges volk der grammatiker, stechende wespen
Herder 26, 65 Suphan.
{ein vergleich, im bilde endend:)
schöne weiber, ihr seyd blumen; eure spinnen sind die tage,
die euch eurer blumen blätter stechen zu der niederlage
LoGAU 2, 216, 30 {feinde der schönkeit).
Y) mit bezug auf eine ins wunderliche veränderte ge-
müthsstimmung sagt man ihn stechen die grillen
U.S.W.: wann einer tauben hat vnnd jm sein ding vbel
ansteht, sagen wir: er hat mucken, die fliegen stechen
jn Frangk Sprichwörter (1541) 2, 47»; o wie ein machtlosz
gut gesell: aber was hat jhn für ein muck gestochen,
dasz er jetzund, weisz nicht seit wann, nichts als stu-
dieren thut? Garg. 386 neudr.;
im kopff so stechen in die egeln,
die humeissel, hundsmucken und grillen
Hans Sachs 17, 36, 21 Keller- Götze ;
wann mich die grillen wenig stechen,
so wil ich stet und muren brechen
Murner narrenbeschv} . 85, 5;
seit einigen tagen
machst du mir ein bös geeicht,
du denkst wohl, ich soll fragen,
welche mücke dich sticht
GÖTHE 1,5, 115 Weim.;
den dieb, den Amor hat die schlimmste bien gestochen
PlKTSCH (1740) 293.
^enüber gröberen formen von gemüthsünderung wird ge-
hat sie eine tarantel gestochen? Kotzebue dramat.
.2,2.59; welche tarantel hatte ihn heute gestochen?
F. Meyer JUrg Jenatsch 260.
<J) in sprichwörtlicher redeuxndung : kannst du den apfel
Bwahren, dasz ihn kein wurm sticht? Hippel über die
Cr.
elie (1774) 19; ein kleiner wurm sticht (oft) die schönste
blume Lebensläufe (1778) 8, l, 170;
wer gern den honig klaubt und schöne rosen bricht,
muss leiden, dass der dorn und dass die biene sticht
Rachel satyr. gedickte 30 neudr.;
vgl. : vnd der honig schlecken wil, sich auch die bienen
stechen lassen musz Amadis 133 Keller;
die mucken singen vor, eh als sie einen stechen
LoGAU Sinngedichte 336 ;
hie siehestu, mein freund, wie auf des glückes spitzen,
auch in dem högsten staat, so fährlich ist zu sitzen,
wie grosser herren gunst so plötzlich bald zerbricht,
wie leicht ein böser wurm den grossen kürbis sticht
Rachel satyr. gedickte 68 neudr.;
ich hält' erwägen sollen, dasz die äpfel
gewöhnlich roth sind, wenn der wurm sie stach
Hebbel 3, 29 Werner (rubin 1, 10).
d) die schlänge sticht aspis pungit Steinbach
2 (1734), 709. in der verfluchenden anrede gottes an die
schlänge des paradieses: und ich wil feindschafft setzen . . .
zwischen deinem samen und jrem {des weibes) samen,
der selb sol dir den kopff zutreten, vnd du wirst jn in
die verschen stechen l. Mos. 3, 15; vgl. Hans Sachs 1,
46, 10 Keller; ich wil schlangen vnd basilisken vnter euch
senden, die nicht beschworen sind, die sollen euch stechen
Jerem. 8, 17; hier wie im folgenden auf dem hintergrund
südlicher landschaft: wenn jemand in ein haus kerne,
und lehnet sich mit der band an die wand, vnd ein
schlänge steche jn Arnos 5, 19; vnd wer den zäun zu-
reisset, den wird eine schlänge stechen pred. Salom. lO, 8.
allgemeiner: es sticht auch ein schlang die andere nit
Heyden Plinius (1565) 3 (7, 5) ; ein schlang ist dem Weibs-
bild sehrer schädlich und viel feindseliger weder dem
mann, sticht auch solche viel eher Hammer rosen-
garten 463; wenn eine schlänge einen riesen ... an die
kleine zehe stäche, würde dieser gran gleichwohl den
gantzen leib einnehmen Lohenstein Arminitis (1689) i,
178'>; dasz die schlangen zuweilen die menschen in die
beine stechen, oder tödtlich verwunden Jung-Stilling
3, 423 Grollmann; noch immer glauben leute, dasz die
giftigen schlangen mit der zunge stechen Hebel 2, 22, 19
Behaghel ;
wie er muthig vorwärts sieht,
rückwärts eine schlang' ihn sticht
RÜCKERT (1867) 1, 70;
Blankflora ruht in dieses grabs umfange,
die, als sie spielend unter blumen sasz,
gestochen ward von einer gift'gen schlänge 3, 173.
ungewöhnlich: wie ich aber ihrem {der schlänge) kopffe
zu nahe kam, stach ich mich an einen ihren zahn in
den fusz mMiz. maulaffe (1719) 242. — die ältere auffas-
sung des blutvmrmes {haemorrhois) als einer blutschlange
spiegelt sich: schlang, ein wurm, wenn der einen men-
schen heckt oder sticht, so plutet er sich zu tode emorrois
Diefenbach 201».
a) im vergleich : ein wesscher ist nichts bessere, denn
eine schlänge, die unbeschworen sticht pred. Salamon.
10, 11; fleuch für der sünde, wie für einer schlangen,
denn so du jr zu nahe komest, so sticht sie dich Jes.
Syr. 21, 2; {vgl. Hans Sachs 19, 85, 9 Keller-Götze und
Miller predigten fürs landvolk (1776) 3, 278); denn er
{der wein) lieblich eingeht, am letzten aber beist er wie
ein schlänge vnd stiebt wie ein otter Ambach vom zu-
sauffen .B2»; affecten seynd schlangen . . . welche ihren
erhascher endlich gifftig stechen, und tödlich verwundet
lassen Treuer deutsclier Dädalus (1675) l, 64 {und öfter);
dahero auch Clemens Alexandrinus solchen {reiehthum)
denen schlangen vergleicht, welche den, der sie nicht
recht anzugreiffen weisz, gefährlich stechen und ver-
wunden Sperling Nieodemus quaerens (1719) 2, 59 {schon
im vollen bilde);
die ärgste (natter) sticht
zweizüngiger als du, o schlänge, nicht
Shakespeare 1, 232 (jtommemacht*traum 3, 8).
/?) in bildlicher Verwendung: merck, wann der schlang,
der böss geist, dir din houpt vergifftet und gestochen
bette mit dem gyffte der todsünden Geiler von Keisers-
berg bilgersch. (1512) 16^; {von räubern und mördem:)
giftige Otterbrut, die im Unstern schleicht, und im
verborgenen sticht Schiller 2, lOO {räuber 2, 3 schausp.);
Cr.
1247
STECHEN
STECHEN
1248
ja die sich aus Gosen schreiben,
sticht ein feurig ottembisz (nämlich der neid)
ScHMOLCKE Schriften (1740) 1 , 203 ;
(der geitt) : doch wisse, edler jüngling,
die schlang', die deines vaters leben stach,
trägt meine kröne jetzt
Shake*peare 3, 178 (Hamlet 1, 5)
{entsprechend dem engl.
the serpent that did sting thy fatber's life);
doch:
die schlänge, die mich stach,
trägt meine kröne
Herdek 23, 363 Suphan (Adrattea 2).
ich sorg', ihr wärmt nur die erstorbene schlänge,
die euch, gehegt am busen, stechen wird
Shakespeare 2, 218 (Heinrich VI. 2, 3, 2) ;
fort du schlänge !
nicht stechen will sie, nur mit ihrem anblick
mich langsam tSten
Kleist 1, 54, 860 E. Schmidt (familie
Schroffenstein 2, 1).
y) in mehr apriehwörÜicher redewendung :
erzürn jhn (einen bösen u~urm) ja beileibe nicht,
sonst mustu warten, das er sticht
Krüger Ciawerts werckl. hist. 30 nevdr.;
auch:
die schlänge sticht nicht ungereizt
Schiller 14, 292 (Teil 1, 3).
3) die sonne sticht sol urit Steinbach 2 (1734), 709.
gewisz auch eine Steigerung gegenüber der uendung 'die
Konne brennt' {vgl. audi sonne II 5 d th. 10, l, sp. 1609),
deren höhepunkt aber Sonnenstich als hitzschlag darstellt
(vgl. Sonnenstich 2 th. 10, l. sp. 1683); es ist möglich, dasz
die erscheinung der icasserziehenden sonne die ausprägung
unserer wendung beförderte, vgl. die wendung: die sonne
sticht nach regen Kramer dict. 2 (1702), 918 und ver-
blaszter: s'sticht gar sehr nach regen G. Hauptmann
die veber (l, l). daneben die sonne sticht auf einen regen
Kramer dict. 2 (1702), 839"; tji diesen Zusammenhang ge-
hört auch der vergleich: und nun, da das ziehen der
harmonika wie das wasserziehen der stechenden sonne
sein herz aufleckte J. Paul 22, 212 {Titan 2).
d) das landschaftliche bild dieses Vorganges ist deutlicher
lierausgearbeitet : den see hinauf wars trübe und die
sonne stach Göthe III, 2, 179 Weim.; im westen stach
die sonne durch ein malerisches gewölke Görres briefe
(1858) 1, 33; eine stechende sonne zerrisz dann und wann
die dichten, weiszen wölken Zahn Lukas Hochstraszer 149;
dann wie die stechende sonn' und die streifigen wölken am
himmel
sicherlich regen und stürm andeuteten
Voss gedichte (1802) 2, 316.
b) im näehsten ansdtlusz an die biblische spräche {vgl.
die belege oben th. 10, l, sp. 1609), besonders aber an psalm
121, 6 bewegen sich:
der herr ist dein schatten im land,
steht Ober deiner rechten hsmd,
dass dich dess tags die sonn nit stech
Hans Sachs 18, 474, 2 Keller-Götze;
das dich de» tags die sonn nicht stech,
nochs nachts der mond dich auch nicht schwech
J. Steuri.ein bei Fischer-Tümpki. das evang.
kirchenlied (1903) 1,5;
damit die sonne dich den tag,
die nacht der mond nicht stechen mag
S. Dach 156 Üsterley.
e) die sonne lieng an zu stechen Kramer dict. 2 (1702),
919*; die sonne sticht und trocknet schnell Göthe
30, 148 Weim. {iial. reise 9. okt. 1786) ;
alles muRz hie ja vergehen,
was di« klare sonne sticht;
aschen wird es, was wir sehen,
Titan selber bleibet nicht
Rist poet. lustgarten I) 4 ;
indem die trUinenbftch' auRs ihren äugen fliesen
umI fast, wie zarte sehne ab bergen, sich ergiesen,
wan sie die frflhlingssonn mit ihren stralen sticht
Rompi.br von Löwbnhalt reimifeUchte (iM'!) 182;
Diwi wenn dl« sonne stiebt, so labst du mund und bruiit
HorPMANNSWALDAU gedichte (1697) «, S27 ;
l«it« dv sie ins thal blähender frühlinge,
wo die sonne nicht sticht, starrend der nord nicht saust
Siolbiro 4, S40:
Cr.
wie oft gab uns dein schattendach
erquickung, wenn die sonne stach !
Becker mildheimisches liederbuch (1799) 18;
f£ngt die sonne an zu stechen,
tapfer schieszen gras und kräuter
und die bäume schlagen aus
Eichendorfk 1, 258;
komm, lasz uns lieber heim, die sonne sticht!
A. VON Droste-HCl.«hoff (1879) 1, 94.
mit adverb. bestimmung: heisz heisz wie sticht die sonn
Garg. 150 neudr.; wann die sonne zu heyss sticht Sebiz
feldbau (1579) 138; ein dornstrauch, welcher des tages,
ie heisser die sonne stäche, ie schöner er grünete
Lohenstein Arminius (i698) i, 608*; auch wann die sonne
heiss stechend scheinet, und die fliegen und mucken sehr
stechen Fleming teutsch. jäger (1719) 268; gewitterhaft,
und die sonne sticht sehr heiss Göthe II, 13, 490 Weim.
(9. juli 1823) ;
nun sticht die sunn so uberheiss,
durch unsem leib rindt ab der schweiss
Hans Sachs 13, 116 Keller-Götze;
ein Volk, das auch verflucht der sonnen helles licht,
imfall sie etwas heiss den tollen bregen sticht
Rachel satyr. ged. 31 neudr.;
aus dessen belme frische fluth mich labte,
als bei^s mein haupt die tropensonne stach
Fkeiligraih dichtuvgtn (1870) 5, 16;
der gospodarz legte sich mittags, wann die sonne gar
zu sehr stach, unter einen husch Viebig das schlafende
heer (1904) 2, 448;
wenn die sonne heftig sticht Arnim 16, 204.
d) die sonne sticht auf einen gleichsam, aus der höhe
herab: dazu Hess er yhm die heyssen sonne auff den
kopff stechen, da er keyne huttcn mehr bette Luther
19, 242 Weim.; ein eisz zuschmiltzt, wenn gott . . . seine
sonne drauff stechen lesset Mathesius Sarepta 34";
als . . . die sonn den auiT sein haupt stach, davon ers
kratzen nicht lengervertragenmochtMoNTANüSÄfÄtcanÄrft.
31 Balte;
wan ich pin ie erduerstet schier,
die sun stach auf mich der gcstalt,
pis ich kam durch den Durnger walt
H. Sachs fastnachispiele 6, 123, 63 Götze;
laszt euch nicht hindern an dem thun,
das aufr die haut euch sticht die sunn
FiscHART gliickh. schiff 11, 332 neudr.;
wann wachs sie (die sonne) findet nicht und hin auff leimen sticht
LoGAU Sinngedichte 219, 66.
mit adverb. bestimmung: vnd hat in die sonn so heisz
gestochen vff sein haupt, das es zerschmoltzen ist. vnd
ist in das mer geflossen Pauli schimpf ttnd ernst 189
Österley {vom schneekind); so dem eichborn im sommer
zä heiss werden, und die sonne zu scharff auffcn rucken
stechen wil, machet es jhm selbs mit seinem wadel einen
feinen külen schatten Heyden Plinius (.1565) 198; da (hat
sich erst die sonn mit jren feurigen straimen herfür,
versuchet allgemächlich jr hail und stach so girig . . .
auf das arm angefochten mäntelin Fischart ehtucht-
büchlin 139, 10 Hauffen; die sonn begunte . . . heiss auff
ihn loss zu stechen Bastel von der Sohle junker
Harnisch (1648) 27; die sonne sticht einen hart auf den
rücken Kramer dict. 2 (1702), 918«.
e) aucA entsprechend die hitze sticht u.a.: mit Scheel-
sucht blickte er {der ackerbauer) jetxt den segen des
hirten an, der ihm ruhig gegenüber im schatten weidete,
wenn ihn selbst die Sonnenhitze stach und die arbeit
ihm den schweisz von der sfirne presrtc Schiller 9,
134; die hitze sticht arg. bekommen spät im jabr noch
ein gcwitter heut trösteinsamkeit 150 Pfuf; dasz die hit*
dieser sonnen einem jeden, welchen sie gestochen, nicht
allein seinen leib, gut und blut, sondern auch seine witz
gäntzlich schmöltzcn kan Wkckhehlin ^e</irAfe 1, 68, n;
die sonne mitten gleich am firmamente girng
und uns die hitze stach Oni/ i. l'^^.
die gluth des mittags sticht:
und wenn die miltagsgluth sie auf die »cheilcl sticht.
dient hohes gras im schallrn alter cedcni
zum ruheplatz Wiflani» 22,57 lOfxTo« -J. il;
wo draussen regenhlrOm' ihr hanr bald bodi m
des mittag« glutben bald ihr antlitz stechen
ROCXRRT I, xiw
Cr.
1249
STECHEN
STECHEN
1250
vgl. auch noch: die glentze der sunnen sind dir so nahe
das sie dich gleich ynn die äugen odder auff die haut
stechen Luther 23, 150, 7 Weim.; eben vde der veyel-
stein sich vernemen lasset, wenn nach einem mey-
reglein ein warmes sonnenplicklein darauff sticht Mathe-
sius Sarepta (l57l) 123". — besonders aber noch heute,
die strahlen der sonne stechen (gleichsam urie p/eile aus
dem himmelsgewölk) ; die stechenden strahlen der äquator-
sonne u. s. IC.; die steinwände brannten und schimmerten
unter den stechenden senkrechten strahlen (der mittags-
sonne) C. F. Meyer Jürg Jenatsch 3. vgl. noch: und wie
im selbigen moment die strahlen Phoebi seltsam und
stechend durch die wölken gedrungen Keller l, 55.
f) im künstlichen bilde bei J. Paul: nun tritt schon
die sonne höher an Gustavs lebenstage und föngt an zu
stechen werke l, 149 {unsichtbare löge l).
g) in diesen bedeutungskreis fügen sich auch die
stechenden flammen, welche z.b. aus geschmolzenem
guszstahl herausfahren, vgl. flammen stechen aus allen
zweigen Schönaich die ganze aesthetik in einer nusz 338,20
neudr.; und sterne entzündeten sich wie kleine, spitze,
stechende flammen, und blieben da zuckend und flim-
mernd Kahlen BERG Eva Sehring (l90l) 25. ähnlich auch
die stechenden funken, welche aus einer elektrischen batterie
herausspringen und zunder in brand setzen Lichten-
berg briefe 2, 7. — doch m^hr in dem sinne von hervor-
stechend, die aufmerksamkeit der beschauer auf sich
ziehend: bläuliche lichter schwebten grosz und ruhig
über den fahrdämmen, fahlgrüne stachen über hotel-
eingängen Frey in licht und schatten l, 3.
i) erwähnung finde hier auch a) stechender athem,
der scharf und beiszend atcs dem munde kommt, tcie bei
einem, kranken : er hatte . . . kaum die kraft, den stechen-
den athem zu schöpfen Kleist 5, 122, 27 Schmidt (vom
13. sept. 1800) : vgl. so wird der athem deines lebens schwer
und stechend über deine lippen dringen Klinger theater
(1790) 2, 164 {Damocles 5). — b) stechender geruch,
d. i. geruch, der in die nase sticht u. a. entsprechende
fügungen: die conzentrierte (säure) hat stechenden ge-
ruch Liebig handbuch der chemie (1843) 242; es ist mir,
als röche ich noch ihren (der hände) süszen duft und er
dränge mir stechend ins äuge Heine 4, 94 Elster (salon l).
(ähnlich: scharfer märzicind, der einem so herb in die
nase sticht, dasz es darnach wässert maler Müller
(1811) 3, 395 und unten unter 8".) — c) anders stechender
geschmack, welcher auf eigener zunge sich bemerkbar
macht, dem entspricht der bittere geschmack und die
stechende hitze auf lippen und zungen beim kauen des
türkischen opiums vgl. Ritter erdkunde (1822) 6, 795.
5) stechende schmerzen des körpers, welche wirk-
lichen nadelstichen gleich den physischen menschen peinigen
und quälen (vgl. unten 21/).- er (der zitwar, curcuma zedoa-
ria) ist guot . . . für etleich stechent smerzen Megenberg
426, 9; ein gross stechender schmertze an nieren Nigri-
NüS 1071 Zauberern (1592) 80; aber Marie empfand am
linken arm einen noch stechendem schmerz als vorher
E, Th. A. Hoffmann (1900) 6, 292; ein dumpfer'druck über
der herzgrube, der zum stechenden schmerze wuchs
Ludwig l, 313 (zidschen himmel und erde); einen leise
stechenden schmerz im äuge Keller 7, ll (Sinngedicht l) ;
ich ... empfand plötzlich einen stechenden schmerz in
den äugen Ebner-Eschenbach 4, 434; auch:
wie ihm der wilde schmerz in fnsz und schenke! rücket,
beiszt, brennt, nagt, reiszt und sticht
V. König gedichte (1715) 116;
wer erleichtert dir den schmerz der gicht?
wenn sie oft, wie vipemzähne nagen,
dich in deine sohlen sticht
Schubart ged. 2, 132.
ähnlich das stechent wee Mynsinger von den falken
(1863) 41. in älterer zeit nocJi mehr als wirkliche krank-
heit vorgestellt: für . . . des leybs zerend und stächend
kranckheit ist bibergeylin gut Gesner thierbuch (1563) 26
(kranckheiten, die nemlich nit stechende seyn Schupp
768), durunter besonders das Seitenstechen pleuritis (s. th. 10, l,
»p. 398) , gegen welches noch spät blätter und f nicht des
Stechapfels (*. oben) als beliebte, aber gefährliche Volks-
medizin in antcendung gebracht wurden: es sticht mich in
X. 2. Cr.
der Seite Kramer dic^ 2 (1702) 918<=; ach mein Hebamme,
es ist mir beut in eyn selten geschossen und sticht mich
so hart, das ich ^lab frey gemeinet, es werd mich umb-
bringen Schumann nachtbüchlein (1559) iio Bolte;
lässt kein kurfürst nach mir fragen,
ob mich noch die beine tragen,
ob michs in der seite sticht?
Stoppe Pamats (1735) 236.
seltner findet sich:
mein seitten sticht mich an dem end
Hans Sachs 6, 149, 25 Keller-Götze.
von der milz: das miltz sticht mich Kramer dict. 2 (1702),
918"=; das milz sticht ihm lien illum quasi pungendo tor-
qtiet Frisch l, 663"=; besonders beim laufen, deshalb der
glaube, berufsläufer lieszen sich die milz ausschneiden
(doch vgl. milz 3 th. 6 sp. 2220) : ich will nur erst gehen,
und mir die milz ausnehmen lassen, damit ich hurtig
laufen kann, denn die sticht mich verhenkert J. E. Schle-
gel (1761) 3, 558 (pracht zu Landheim 3, 2);
lieber, sticht dich das milz nicht auch,
wann also laufst mit praitem hauch?
Fischart ehzuchtb. 162, 27 Hauffen;
ich lag und schlief; da ßel ein böses lieber
im schlaf auf mich daher,
und stach mir in der brüst und nach dem räcken über
Claudius 3, 158 (nach der hrankheit).
vgl. dazu die auch für die übrigen fälle ähnlich gebräuch-
liche scherzrede : (Johannes) eben die alte geschichte. stiche
in der brüst. (Braun) stich wieder, Hans! Hauptmann
einsame menschen (1891) s. 8 (akt l] — ein gesunder und
starker bauer . . . klagte abends, dasz es ihm in der
Schulter stäche hannov. wMgaz. (1782) 498; die folge eines
stechenden kopfschmerzens Iffland l, 217 (verbrechen
aus ehrsticht 4, 6); halt ein, mir wird's eng um die gur-
gel, es sticht mich im köpf, ich werde närrisch Auer-
bach neues leben (l87l) 2, 21 ;
der honig ist für kranke,
wenn sie's im halse sticht
Hoffmann von Fallersleben gedichte* 204.
die wunde sticht: dasz die vernarbte wunde an dem
arm . . . noch sticht Hebel 3, 234;
Otko: schmerzt dich die wunde?
.Siegfried: ja, sie sticht
TiECK werke (1828) 2, 130 (Genoveva) ;
vgl. den stechenden schmerz einer alten wunde C. F.
Meyer Jürg Jenatsch löO; stechender grind scabbia pun-
gente; impetigine Kramer dict. 2 (1702), 919». auch das
hühnerauge sticht, wenn sich das wetter ändern will
(S. Andreasberg am Harz (mündlich), allgemeiner:
so ofts in schaden wtietet und sticht,
kSmpt er (der wundarzt) in engeis gestalten
MoRHOF Unterricht von der deutschen spräche (1682) 1, 345.
a) zu der übertraffung auf seelische schmerzen ist nur
ein schritt, um. so leichter gethan, als hier die bilder von
den stechenden dornen des lebens, von der feindlich züngeln-
den schlänge u. s. w., immer icieder anregend zur seite stan-
den: aber es thut mir wehe im hertzen. vnd sticht
mich in meinen nieren ps. 73, 21 ; es drückt mich hier so.
es sticht mich so Göthe li, 109, 3 Weim.; ich er
kenne gleich in jedes menschen herz, was ihn stiebt
briefwechsel mit einem kinde (1835) 3, 164; Alpin's guter
Wille war gewesen, abzuzwingen, was in ihm stach,
bohrte, brannte, trotz alledem wieder in Ogdal's haus
einzutreten Vischer auch einer l, 217;
was ist denn nun, das euch so sehr im leibe sticht
Rachel satt/r. gedichte 141 neudr.;
wie stach es nun mein herz!
wie schmerzte michs im innersten I
Herder 12,238 Suphan;
was ist das? wie sticht's und schneidet
und unendlich foltert's mich !
Göthe 16, 358 Weim. (des Epimenides erwachen 1, 14);
schon (wie vom schmerze eines pfeilschusses) :
da; mich noch sticht als e; dö stach
Walther von der Vogelweide 54, 25.
das schmerzende genauer bezeichnet: stechende Sehnsucht
nach meinem weib und kindern Schubart briefe 2, 66
Strausz; der geliebten weh . . . stechend im busen fühlend
FouQUE altsächsischer bildersaal (1818) 2, 401 ;
79 Cr.
1251
STECHEN
STECHEN
1252
vgl.
wie stechend ist dein schmerz
HALJ.ER gedichU 179;
dennoch stach
ihn die angst bei nacht und taj;
Stolbkrg 1, 850;
nur augenblicks mScht' ich den jaramer dänipren,
der stechend schwer mir auf dem buaen liegt
GÖTiiE IG, 808 Weim. {maskenzug v. 655).
aclion
sfner chlage smerze
stach in an da; herze
Genesig (Jundgruben 40, 12),
stechendes gewissen t«. ö. : wann mich aber gewissen
stechen wolt, kündte ichs warlich nit erleiden Jon. Nas
antipap. eiivf und hundert (1567) 1, 123*;
vgl.
ich theile gewiszlich mit denen die drum wissen,
das stechende, beiszende, böse gewissen
Brbuland 5, 83.
das thflt mir wehe im hertzen mein,
und sticht das gwissen hart in mir,
das ich für dir ein narr m&ss sein
Waldis pmUer (1553) 185» (ji?. 73) ;
denn gott hat mich dem stechenden zweifei entrissen
Schubart l^ben und gesinnungen l, 117; das bewusztseyn,
nicht sich allein, sondern auch eine gute, ganz unschul-
dige seele durch sich unglücklich gemacht zu haben,
ist das stechendste von allem Miller briefwechsel (i778)
1, 453; dann ruhte er in jenen stillen ländern aus, wo
er ohne stechende bedürfnisse und ohne sengende leiden-
schaften auseinanderflosz in die träumende ruhe des
Braminen J. Paul 7, 174 (Hesperust); er risz, von er-
innerung gestochen, das äuge davon weg 104 {Hespe-
rus l), soicie einer, etwa von der tarantel gestochen,
plötzlich aufgeschreckt icird (vgl. oben unter 2 c); das
ewig stechende gefühl meines Verlustes, meines allein-
seins! Pückler brieftcechsel und tageb. (1873)3,171; der
gedanke an Ludmilla, der ihn seit gestern abend nicht
gestört, stach ihn mitten in's herz Holtei erzähl.
Schriften 36, 83. sogar: wenn dir keine böse handlung
in der brüst sticht, sey unbekümmert Hippel lebens-
läufe (1778) 3, 1, 1&5, 1C0ZU zu verghiclien ist: es ist kein
bösewicht auf der erde, den nicht . . . das, wodurch er
ihm {seinem gegner) im leben wehe that, jetzt im herzen
steche und nage Herder 17, 21 Suphan.
b) das zu gründe liegende bild deutlicJier gemacht: das
grosz Unglück, so mich mit seinen nadlen hat gestochen
Schumann nathtbüchlein (1559) 195 Balte; brieffe ein yeder
sich selber, ob er nit ein creutz hat oder mit solchen nadlen
gestochen wirt, das er ihm offt vil lieber wünschet todt
zu sein 195; vgl. nadeln, sie stachen mich in der nacht,
ich konnte nicht ruhen, mein gewissen stach mich
Brentano (1858) 4, 141 (tagebiich der ahnfrau), %co der ge-
danke vom wirklic/ien Vorgang bis zur bildlichkeit gestei-
gert wird — die gottlosen werden von ihrem gewissen
immer als wie von einer scharpffen ahlen gestochen
Abraham a S. Clara eticas für alle (1699) 2, 18;
vgl.
trotz der Selbstsucht heissem grimme,
die sein herz mit schwerdem sticht
SCHILLBR 1, 364;
si wurden gewar des smerzen
als si ein swert stäche,
und da von ir her/, /erbräche
MoNE »chautptele 1, 235, 761 (der gpiegel) ;
nur uxnig anders zu werten sind: der stachcl der be
trügerei beginnt mich hart zu stechen Crei/enach schau
»pieU engl, comöd. 168, 9 {bestrafter brudermord 3, 1) ; vgl
da that ich mir gewalt an, mocht' es bohren, brennen
stechen wie gift und feuer Holtei erzähl. Schriften 5, 181
6) die zunge hü cht mit feindlicher rede den näcfisten
(wie eine schlänge nach der volksmeinung mit der tunge
gifüg stieM): dieweil . . . seine gifTtigc zunge und fedor
nur hohe haubter und grosse Icuto zu stechen ist ge-
wohnet J. Rist friedeiDÜnsehentUs Teutschland (1648) 17;
ruhmlos nenne aber ich die boshafte zunge, die in der hallo
nach dem gastfreund sticht Frbytao 8, 84 {ahnen l, l);
wenn Mn« zungen stechen,
mir ^limpf und namen brechi-n
to will ich z&hraeu mich
P. Gbriiardt bei Fisciiir-TOmpbl kirchentied 8, 809;
Cr.
und achte nicht,
wenn manche lästerzunge sticht
Günther gedickte (1735) ^l ;
wann dich die lästerzunge sticht,
so lasz dir dies/, zum tröste sagen :
die schlechtsten frUchte sind es nicht,
woran die wespen nagen Bürger 77».
seltener mit der zunge stechen {auch vorausgesetzt von):
bändige deine zunge, um im geltenden augenblick tiefer
zu stechen Klinger (1809) l, 198 {Elfride i, 1);
die ihr uns betrugt mit glatter
haut und mit der zunge stecht!
Rückert (1867) 8, 177;
weniger feindlich als scharf: Zeugnisse seiner kühnen
und stechenden zunge Justi Winckeltnann (1866) l, 49.
mit Veränderung des ztigrunde liegenden bildes: sie hat
ein maul das haut und sticht — wie ein schweizerdegen
Kirchhöfer »c/nceizcrwcÄe sjM-ttcAjrörter 48; vgl. ■wer un-
vorsichtig er aus feret, sticht wie ein schwert, aber die
zunge der weisen ist heilsam spr. Sahm. 12, 18.
a) da7in auch Worte stechen tcie die dornen am tceges-
rand. diese wort stachen ihn gewaltig queste parole lo
punsero vivamente Kramer dict. 8 (1702), 918'=;
wann die wort stechen und beissen,
verschonen weder arm noch reich
Hans Sachs 13, 681, 18 KeUer-Qötze.
das zu gründe liegende vergleicJismoment liervorgehoben:
also stechen uns die dorn, das seind böse wort und
wercke der menschen Luther l, 696 Weim. vgl. auch:
ein Spruch in eins narren mund, ist wie ein dorn-
zweig, der in eins truncken band sticht spr. Salom. 86, 9.
— stechender witz u. a., durchaus unterschieden vom
scharfen witz: nicht durch witz und stechenden Scharf-
sinn zeichnen sich diese werke aus Herder 23, 431 Suphan;
ein witz, dem's nie an reiz gebrach,
zu stechen oder liebzukosen
gleich aufgelegt
S. VON Laroche fräulein von Stemheim (1771) 1, 140;
deine zweifei wurden stechender Klinger 5, 31 {Oiafar);
wir . . . verdienen die stechenden vorwürfe der Zeitge-
nossen ebenda 4, 257 {Raphael) ; oder sind sie der glück-
liche mann, den lob und tadel weder kitzelt noch sticht?
Müller Siegfried von Lindenberg 1, 183; und noch später
muszte man annehmen, dasz Zeuxis ihm seine prahlerei
mit der stechenden antwort vergolten hat H. Meyer
gesch. d. bild. künste (1824) 2, 150; um dieser stechenden
behauptung auszuweichen, sieht man jene armen herren
sich wie raupen krümmen Börne (1829) 5, 154;
so schwatzt ein blinder narr, den meine Schriften stechen
Nbukirch gedickte (1744) 166;
hauen und stechen führt deutlich in ein anderes bild
(s. oben 1 b a):
ob Ciceronis red gleich hawen kaji und stechen,
doch wird man jhn nit mehr als für ein redner rechen
ZiNKGREF gedickte 46 neudr.;
heutiges tags hewet und sticht dieser text auch umb sich
und schleget zu boden alle secten Luther 28, 546, 23 Weim.
b) weiterhin wieder in die persönliche Sphäre stärker
gerückt: einen stechen mit werten Kramer dict. 8 (1709),
918*; irt« »min mit einem messer, degen u. a. einen sticht:
wie ein könig von Cipri . . . von einer edcln frawen mit
Worten gestochen {da una donna trafitto) was Arioo
decamerone 49, 20 Keller; diser supponfresscr wolt gesehen
sein, stach mit bösen werten wider hinumb Wickram
2, 153, 11 Bolte; hat er den Philippum herwiderumb mit
Worten gestochen Xylander Polybius (1574) 602;
hör', wie verächtlich sie zu deinem nachteil spricht,
sie kenne weder dich noch deine matter nicht:
lästu so lästerlich mit Worten auf dich stechen?
IIokfmannswai.dau ged. (1697)8,41;
'sie {die armuUt) hat mich bcrichf, dasz ich bin under-
weist, weliche wäre und stet freunt seind.' da lacht der
kaiser und sprach: 'du wilt vielleicht uns mit dem
Spruch stechen, ob wir ein rechter freunt sein, und
gute gunst an dich legen wollen' SiOM. Mbistkrlin
Nilrnb. chron. v. 1488 {deutitche atädtechron. 8, 97, 18); die
klügling und witzbold, di« cyner jeden lausz ein schAh
messen odder anthön köndon, sticht man mit diesen
Sprichwörtern Franck spriehteOrier (I54i) >, 34'; damit
{mit dtm spriehwort nach gelauffnem weg wegzemnf
Cr.
1253
STECHEN
STECHEN
1254
suchen) sticht man die alten geitigen und gotlosen ....
die büsz wollen thün, so es schon ausz ist ebenda 5*;
pass.: wird Aiax mit sittigen werten Ulyssi gewaltig ge-
stochen Wickram 8, 163. — - einen mit vorwürfen stechen
H. ä. : die unküstigen . . . die den abwesenden schadent
und si stichent mit nächred üegenberg 281, 9; der dritter)
durch ein tüchtig straffen eines andern gestraft und ge-
stochen wart Arigo decamerone 44, 14 Keller; (vgl.: sticht
damit jene falsche lerer, als solt er sagen, predigen sie
euch etwas anders, so mus es ja nicht von Christo
empfangen, sondern jr eigen trewme und geticht sein
Luther 6, 216*); soll ich mich mit dem vorwürfe stechen
lassen, ich gösse alle macht und schätze über unser haus
allein aus Klinger 7, 103. — beissen und stechen machen
das zu gründe liegende bild etwa von verfolgenden mücken-
schuärmen deutlicher: umb des willen das er in und die
andern geytigen münche mit also tüchtigen werten ge-
stochen und gepissen het Arigo decamerone 43, 37 Keller,
ganz undeutsch der anlasz im genitiv: Wilhalm Vorsiere
mit etlichen hübschen tüchtigen werten her Erminio
Grimaldi venn Genoua seiner geitikeit sticht und peisset
ebenda 47, 26; wie Bergamino . . . den abt . . . einer
geytikeit sticht und mit werten peyset ebenda 44, 2.
a) zuletzt auch blosz einen stechen: er (Jesus) sticht
sonderlich mit Judeos, qui putabant se optime facerent
Luther 27, 202, 13 Weim.; sie vergündten mirs alle,
stachen mich heimlich (mordere clanculum), aber ich
achtete nichts Boltz Terenz (1539) 40^; jedoch lasset es
sich ansehen, das Paulus hie an diesem ort, sonderlich
auff die gesehen, vnd sie stechen habe wollen, die zu-
vor Juden gewesen Gretter erlclär. der ep. Pauli an die
Söwi^r (1566) 885 ; man kann niemanden stechen, ebne
dass die band, wenigstens heimlich, mitzuckt A. v. Droste-
HClshoff briefe an Levin Schücking (1893) 273;
so es darzu wurdt kummen,
darnach ich yetz fast schrey,
das ich an jm wirdt rechen,
wie er mich yetz thut stechen
Forster teutxche liedlein 27 neudr.,
vgl. den burschen, den sie . . . liebt, se stechen! Vischer
auch einer (1879) 1, 198;
also du deinen nächsten gestochen hast,
dardurch er kommen ist in angst und last
hlatt von 1622 (deutsches leben der Vergangenheit
in bildern 2, 269 Diederichs) ;
zum dritten sticht er (Karlstadt) meuchlings und will
uns dargeben, alls lereten v.'yr, das sacrament empfahen
one wort und glauben Luther 18, 194, lO Weim. selten
auch sich stechen an einem :
ein seltzam eul, der Eulenspiegel,
an dem man sich sticht, wie am igel
Fischart Eulentpiegel 207, 5516 Hanffen.
ß) auf einen stechen, tcie etica der reiter vom p/erde
herab auf den gegner sticht oder der vogel aus der luft
auf seine beute stöszt; auf jemand stechen, motteggiare,
bisticciare uno ; pungerlo facetamente Kramer dict. 2 (1702),
918*, dabei stärker als sticheln, welches mehr auf ver-
steckte anspielungen geht und nicht zwingt, offenes visier
zeigen zu müssen, vgl. stachlicht; wann einer auff alle
leut sticht acritudo morum, Corvinus/o»i« latin. (1646) 7;
auch sieht man hie, wie die stieffvätter
gar selten sind getrewe thäter
den stiefTkinden, nur auff sie stechen
H. Sachs 8, 594, 20 Keller-Götze,
in eine ganz andere hildsphäre ist der gedanke gerückt von
Mathesius: wie es auch sehr vbel zugehet, . . . wenn die
hertzen getrennet sind, vnd . . . einer sticht oder hekelt
luff den andern, wie die gifftigen würme Sarepta 220'', ico
"lieh die gröszere stärke von stechen gegenüber sticheln
'echt anschaulich wird, allgemein vom angriff mit geistiger
icaffe: bette ich geirret und ir ein christlich werck bettet
thun wollen, . . . se solt ir mich brüderlich unterweyst
'laben, ee ir also öffentlich auff mich stechet Luther 15,
•:J6, 28 Weim. ; wann sie (die prediger) suiiderlich vil stächen
vff oberkeit vnd priesterschafft, das gefalt dem gemeinen
man wol, aber ist gyfft, hüt dich Eberlin von GOnz-
BURG 1,61 neudr.; es vermeynen etliche (prediger) das
es jhnen gar wol anstehe, wann sie auf die bischoffe
vnd praelaten stechen Aeg. Albertinus zetöfcürzer (1608)
Cr.
88; gewisz nieht unbeeinfluszt von der kampfessprache der
reformationszeit schreibt Gervinus ; auch Jean Paul dachte
ganz frei in religiösen dingen, er stach schon in den
grönländischen precessen auf Lavater und auf die ortho-
doxen geschichte der poet. nationalliteratur^ 5, 329. einen
für solchen kämpf schlecht gerüsteten aber trifft die redens-
art: was sei ich aber hier antwortten, denn eben das
sanct Augustinus seinen Pelagianis anwert, die auch mit
dem streern spiesz auff yhn stechen Luther 7, 343 Weim.
— feindlich von einem sprechen, ihn anschicärzen u. ä.:
dessgleichen hat er auch auff den Alexandrum, der
des königs leib pfleget, wo er dessen mocht einen füg
haben, gestochen Xylander Polybius (1574) 257;
mich an meins herren weih zu rechen,
weil sie gar hessig auf mich sticht,
vil hadern peim herren mir zu rieht,
das er mich teglich an thüet schnarren
H. Sachs fastnachtspiele 7, 160, 471 Götze;
ja es wird auch in der gemein
der diener keine eintracht sein, . . .
dieweil eins auff das ander sticht
Ringwaldt lauter uahrheit 224,
womit sich der begriff unseres Wortes schon abschicächt
und zuletzt sich vo7i sticheln nicht mehr viel unterscheidet:
der alte Odoardo hat zwar von einem aufgeschnittenen
auf dem buckel zuvor geredet, aber ich hoff nicht, dass
er etwann dabey auch auf mich gestochen hat Hafner
lustspiele (1812) l, 192 (Ha7isicttrst und Crispin 2, 12);
der fürst lacht heymlich dieser sach,
dann er wol merckt auff wen er stach
Fisch ART Eulenspiegel 411,118 Haufen;
es finden menschen sich, die gerne schimpflich sprechen,
und wo es sich nur schickt, auf andre leute stechen
Grob versuchgabe (1678) 25 (51).
besonders wenn der gegenständ eine suche und nicht eine
person ist: auf etwas stechen, alludere ä qualche cosa in
un discorso Kramer dict. 2 (1702), 918<=; auf eines geitz,
Unzucht stechen ebenda;
ob gleich darauf (auf die gelehrsamkeit) der
Neidhard sticht,
man musz es lachend leiden,
denn hierauf ist sein thun gericht,
die kfinste zu beneiden
Nelmark lusticäldchen (1657) 1, 146.
auch das subject zieht sich in den kreis des bildlichen zu-
rück, die neuere spräche übt hier aber völlige enthalt-
samkeit:
on zal auch der anfechtung sind,
so stechen auff der menschen kind
H. Sachs 7, 307, 17 Keller-Götze;
leyden, trübsal, stichred und spot
von schnür, eiden und den ehalten:
das stiebet alles auff die alten
7, 445, 23 Keller-Götze;
also kan des menschen grämen
nichts von seinem leiden nehmen,
wenn es gifftig auff ihn sticht
S. Dach 187 Oetterley;
lass nur die missgunst immerhin .
auf dich zu stechen sich bemühen
473;
es stehn und lauschen viel, faist wie in Plutons höhlen,
und sagen ungescheut von meiner matten seelen,
wenn etwan ungefehr ein Unfall auf mich sticht
Neumark lustw. (1657)2,4;
lass nur die missgunst immerhin . . .
auff dich zu stechen sich bemühen
Königsberger dichterkreis 248 neudr.
y) seltner sirul andere fügungen; so wird in einen
stechen besonders von der verbalinjune gebraucht: se gäbe
ich mich bei ifg. klar an, dabei nicht zu sein, sondern
bald davon zu reiten, und ifg. werden befinden, in wen
sie gestochen haben Schweinichen denkicürdigk. l, 309
Oesterley ; vgl. ergo, sie werden sehen, in wen sie ge-
stochen haben Ayrer proc. 2, 10; das bild auf einen be-
sonderen Vorgang neu gegründet: wenn ihr ihn (Jesus)
durch eure sünden wieder kreuziget und tödtet; ihr
werdet sehn, in welchen ihr gestochen habt, und zittern
Miller predigten fürs landvolk (1776) l, 53. — das moment
des feindlichen verstärkt nocit wider einen stechen : auss
dieser rott haben sich etlich jhr maul vbereylen lassen,
vnnd mit schendworten sich vertediget . . . solche lingua
dolesa hatt wider mich auch gestochen Paracelsus l
(1616), 252«.
79* Cr.
1255
STECHEN
STECHEN
1256
7) stechende äugen, ufie wenn achlangen aus ihnen
hervorachöasen und stächen; eine erat durch die neuere
romancharakteristik besonders gepflegte toendting. ihre
Schönheit Jiat in d^r älteren spräche nichts entsprechendes,
nur der wundervolle altnordiscJie ormr i auga, der glanz-
volle scJtarfe blick der heldeng eschlechter {und insbesondere
als beiname damit geschmückt Sigurdr ormr i auga Rag-
narsson) läszt sidi hier lieran ziehen ;
gtol v^ro augo sem yrmlinge RigsPula 34, 7 ;
dem. gegenüber Gerings Übersetzung :
die Schlangenaugen schleuderten blitze.
fast noch zu schwach ist. vgl. dazu Saxos bemerkung:
acritas visus ortus excellenciam prefert . . . exterior pu-
pillarum alacritas interni fulgoris genium confitetur «, 25
Holder, iro das höfische mittelalter doch nur mit lichten
ougen übersetzen würde, vgl. auch das in der geschickte
der deutschen spräche 1, 12G/. hierüber gesagte, denn es
schien ihm, als ob eine ganze legion böser geister in
ihren stechenden augcn laure Hebbel 8, 58 (barbier Zitter-
lein); Voltaire ziehet höhnisch die Unterlippe in die
höhe und seine heissen stechenden augen sagen: ich
kenne euch, ihr spitzbuben Börne (1829) 10, 61 ; die klar-
heit eines mächtigen Verstandes redet aus den stechen-
den augen {Cavours) Treitschke histor. und polit. auf-
sätze'^ 2, 262; hohe gestalten . . . mit länglich mageren
gesiebtem, bartlosem kinn, stechenden augen Peschel
Völkerkunde (1874)520; vgl. noch: die schielenden augen,
welche itzt aber von einem stechendem glänze erleuchtet
schienen Alexis Roland von Berlin l (1840), 357. auch
von thieren: bienchen ist braun mit schwarzen stechen-
den augen Bettine die Oünderode (1840) I, 142.
a) dementsprechend der stechende blick: ihr ganzes
innere entsetzte sich vor des fürsten frostgesicht und
stechendem feuerblick J. Paul 2, 85 (unsicJitbare löge 2);
die Schwestern aber triumphierten und warfen ihr einen
stechenden blick nach dem andern zu trösteinsamkeit
2*5 Pf äff; der stechende blick, den der Jäger auf Agnes
gerichtet, hatte mehr gesagt, als dessen mund Holtei
erz. sehr. 2, 228; (Französin,) die uns mädchen jede freie
bewegung mit stechenden blicken verwies Mörike 3, 31
(maier Nolfen); (das stolze männclien von hamadryas) ging
. . . den hunden entgegen, blitzte ihnen stechende blicke
zu Brehm thierleben (i890) 187; ein abb6 . . ., welcher,
wie eben erst aufmerksam gemacht, einen forschenden
stechenden blick auf den beschauer richtete, während
er seine prise zur nase führte und in diesem geschäft
einen augenblick anhielt, so sehr schien ihn die lächer-
lichkeit, hohlheit und unlauterkeit des beschauers zu
frappieren und zu bösen witzen aufzufordern Keller
2, 149; ich . . . versuchte einige einwendungen zu machen,
welche jedoch durch seine (Römers) stechenden, ge-
heimnisvollen und wichtigen blicke und worte unter-
drückt wurden ebenda 2, .w, denn es giebt einen gewissen
stechenden blick, der weiche empfindungen . . . zersetzt
und umbringt J. Paul 2, 173 (unsichtb. löge 2); der Schul-
meister hielt ihn zurück, betrachtete ihn lange mit
stechenden blicken Ebner-Eschenbach (1893) 5, 26. be-
sonders als der eine gesprächswendung begleitende gesichts-
ausdruck: da diesmal, so sprach er zum fürsten, einen
stechenden Seitenblick auf mich werfend, nicht von ge-
lehrter deutscher musik ... die rede sein solle E. Th.
A. HoFKMANN 10, 69 Grisebach; ich verstehe euch nicht,
sprach die Benzon mit verächtlichem ton, indem sie dem
meister einen stechenden blick zuwarf ebenda 10, 205;
er begleitete diese bitter-süszen worte mit einem jener
stechenden blicke, vor denen Rebekka sich zu fürchten
pflegte HOLTKI erz.schrijten 18, a5. seltener als eine dauernde
eigentchaß wie oben stechende augcn: (die xoahrsageiin)
habe durchaus auch die requisiten dazu gehabt: einen
stechenden blick und einen falschen schcitol Fontane
1,4,61; (des obersten) scharfer und beinah' stechender
blick ebenda 1, 4, HM; «ogar jene prägnanten Harpagon-
gesichtet verlieren ihren raubvogoltypu», der stechende
blick schwächt sich W. Sommer geschichten aus dt-m
kUinUben (18M) 168;
•in binchen stacbend ist der blick (de* elfenvaUxi»,
TwMnMnd ein sOssm, doch tMUiche« glOrk
Hbiki 1,391 Klster.
Cr.
b) seltener und verblaszter bietet sicli das stechende
lächeln: es bleibe doch einer einmal kalt, der warm
ist, nämlich verliebt, . . . und verbleib' es, sag' ich, vor
dem stechenden lächeln einer hof-schwesternschaft über
seine empfindliche liebe, zumal vor solchen höhern
damen, die gottheiten sind J. Paul lo. 19 (Ileaperus 4).
anders: das gefällige lächeln vornehmer lippen stach mich
wie schlangen Heine 3, 26 Elster (reisebilder 3).
c) in stärkerer activität, womit zugleicli gröszere alter-
tJiümlichkeit des ausdrucks erreicht wird: als sein blick
wie eine sonne stach, und sein mund sich ernst schlosz
J. Paul 23, 25 (Tita?i 3);
da seid ihr schon, mit wilder flamme
sticht durch's visir das äuge klar
Strachwitz gedickte (1850) 201 ;
durch die kalten neugierigen blicke erschreckt, welche
von allen Seiten gegen sie stachen Freytag 7, 208 (verl.
handschr. 4, 3) ; das haupt war mit einem dunklen tuchc
verhüllt, hinter welchem zwei blitzende augen nach den
trauen stachen verl. handschr. 3, 109; feindlich stach der
blick der königin, als sie mich in dem häufen sah 8, 173
(ahnen l, l, lo). auch passivisch gexcandt: die kranke sasz
da, gestochen durch die kalten blicke ihrer geistlichen
Wirte ebenda 12, 149 (ahnen 5).
d) das partic. im adverb. gebrauch: die kleinen grauen
augen sahen kalt und stechend aus dem harten antlitz
Stürm 3, 229; er sah mich stechend an Keller i, 156;
lässig spielt er {der grosze rattenfänger zu Parit)
mit den fingern ;
doch es tönt nicht, stechend blickt er 10, 217.
8) eines sticht (einem) in die augen, stärker als
blosz in die augen fallen (vgl. auch auffallen th. i sp. 643)
und in die augen springen (*. oben springen i A: ^ sp. 97),
das erat aus der icendung dem äuge entgegenspringen
völlig verstanden tcird: ao wie etwa ein kitul dem aiikömm-
ling entgegenapringt. die anspornende leidenschaft, welche
das einmal geschaute nicht tcieder freigeben toill, stellt
als eine aelbatveratändliche helferin allein hinter unserer
tcendung: es sticht in die augen utnschreibt Stein Bach 2
(1734), 709 mit 'oculos laedit' und hat gevnsz nach dieser
aeite den sinn recht getroffen.
a) in älterer apracJie mit dem accusativ der person
verbunden, womit zugleich die bildlichkeit des auadrucka
atärker geicahrt wurde: das geld sticht ihn in die augen
Kramer dict. 2 (1702), 919»; das ding sticht ihn in die
augen, hie illa reviaa capitur Steinbach 2 (1734), 709;
welche dann dass landt schöne in die augen gestochen
hat Xylander Polybiua (1574) 81; ich scheuete mich
nicht, nach dem ich gefreyter worden, ein koller von
sechtzig reichsthalem, rothe scharlachne hosen und
weisse attlassene ermel, überall mit gold und silber ver-
bremt, zu tragen, welches damals eine tracht der höch-
sten officierer war; darum stachs einen jeden in die
augen Simpl. 1, 290, 3 Kurz; sonderlich aber stach sie
die Stadt Carthago in die augen Lohenstein Arminius
(1689) 1, 788«; weil ihn ihre hübsche gestalt ... in die
augen gestochen Happel akad. roman (1690) 618;
in stach int augen auch sein glflck
Hans Sach.x 17. 407, 26 KeUer-Götze;
was man von galanten kindern
mit vergälltem mundo spricht,
kan die sohnsucht nicht verhindern,
dio der wohrt ins äuge sticht
üCnthkr ged. (1786) 33t.
hierher toohl auch:
ewr Irew treibt euch zum vatter nicht,
der schätz, euch in die augen sticht
Hans Sachs 12, 13«, 5 KeUer-OöUe.
mit dem beisinn des bletuienden. dann auch feindlichen:
Jr stet nicht gern der warhoit bey,
sie sticht euch in die augen
HiNowALUT et-angelia N l*".
b) heute allein gebräuchlich einem in die augen stechen,
womit freilich die teendung an frische verlieren muut»,
besondert gerne gebraucht i-on personen des anderen, sm-
meiet de» acMneren geaehleehts: diese stach Solanden ziem-
lich in die augen polit. »toel^fleeh Ml; dem alten hatte
der H(!hKne fisch sehr in dio augen gestochen luetige be-
gebenheiten eine» adlichen awaii<uri«re (t:»"' '"i -In warft
Cr.
1257
STECHEN
STECHEN
1258
du zwölf jähr alt, and stachst doch schon den barons in
die äugen H. L. Wagner kindermörderin 18; Schnaps im
vorbeigehen: guten abend, Rose! wie ihr doch allen leaten
in die äugen stecht! Göthe 17, 275 Weim. (bürgergeneral 7) ;
wenn dir ein siebenter etwa in die äugen sticht, dir
etwa am herzen liegt; sag' mir ihn, nenn mir ihnl
38, 72 Weim. {Erwin und Elmire); die groszgewachsnen
mädchen haben uns sehr in die äugen gestochen IV, 9, 58
Weim. ; ich will den mägdchen gern recht in die äugen
stechen J. E. Schlegel 3, 394; er sticht den mädchen
doch in die äugen Arnim 9, I5i; freischulze wünschen
der herr baron nicht zu werden? aber die Jungfer frei-
schulzin sticht ihnen noch in die äugen Holtei erz.
Schriften 4, 167; unsere Schreiber . . . gehen weit weniger
darauf aus, baronessen in die äugen zu stechen, als sich
den magen voll zu fressen ebenda 5, 18; mir scheint, ihm
stechen die bewohnerinnen in die äugen? J. Nestroy
werke (l890) 5, 85;
da sollst derjenigen ihn {den apfet) spenden,
die dir am meisten in die äugen sticht
KOTZEBUE dramat. ep. 1, 29;
und hat sie gleich nicht viel zu sprechen,
so wird sie euch doch in die äugen stechen
werke (1827) 1, 260 {Cleopatra, prolog).
auf besonderer höhe bewegen sich groszgezeichnete, in die
angen stechende Vorbilder Herder 23, 178 Suphan. — da-
neben vo)i Sachen: mein gütchen sticht euerm herm in
die äugen Raben er 3, 68; ein alter desobligeant (reise-
wagen), der in einer ecke des hofes stund, stach mir
beym ersten anblick in die äugen Bode Yoricks empfinds.
reise (1768) 1, 17; diese (schätze) waren es eigentlich, was
dem Ruprecht, und den geistlichen kurfürsten, deren
creatur Ruprecht war, in die äugen stach Schmidt ge-
kickte der detitschen (1778) 4, 46; die galeeren werden der
lation scharf in die äugen stechen Schiller 3, 71 {Fiesko
8, 15); dreizehn prinzen, die alle unsre prinzess heirathen
■ wollen, das grosze heirathsgut sticht ihnen in die äugen
[Tieck Schriften (1828) 3, 392; dem manne stachen die
waaren in die äugen brüder Grimm kinder- und haics-
imärchen (1812) 2, 110; ein kostbares goldhalsband, das
ir in die äugen stach Jak. Grimm kl. Schriften 5, 425;
lemms einleitung in die gesammte theologie und Snlzers
handbuch der schönen Wissenschaften und freien künste
stechen mir doch gar zu sehr in die äugen Schübart
briefe 1, 21 Strausz; vorzüglich das eine haus stach ihr
in die äugen Viebig das schlafende heer l, 217;
deine schwarze hauben
sticht mir in die äugen
Arnim 14, 393.
mit einer toeiteren angäbe der tirsaehe, des mittels: der
reiter darauf {auf dem Springer), mit seinem emaillierten
hämisch und vergoldeten heim und seinem degen in
der rechten, sticht allen in die äugen J. Paul 57, 57
{komet 2); mit deiner schönen und ritterlichen gestalt
stichst du der menge in die äugen C. F. Meyer 2, 35 {hochz.
de» mänchs). — seltener verbunden mit dem singul-ar in
das äuge: als sie erwachsen war, stach, ihr munteres
Wesen . . . dem reizbaren Malcolm ins äuge Pfeffel
pros. versuche (1810^ 2, 107; du stichst ihm eben so
sehr ins äuge, als seinem bruder ebenda 9, 48; er hatte
es früher gesehen, nicht erst an diesem tage, allein
heute erst stach es ihm weh ins äuge Zahn Lukas
Hochstraszer 139.
c) in gröbere Sphäre, die durch die folgenden belege
deuttieh gemacht wird, stei{ft hinab einem in die nase
stechen {vgl. auch oben unter 4):
so stach kein schinken je dem Windhund in die nase
Göthe 9, 91 {.mitschuldig.);
es ist der dampf, der aus der garküch' hier
beian, allwo ein häufen lustiger
gesellen wirthschaft treibt, uns in
die nase sticht
Grabbb 2, 16 {don Juan und Faugt 1, 1).
einen weiteren gebrauch läszt sich die wendung nur
zwangen vencenden: die goldbarren stechen mir ver-
lilweifelt in die nase Lessino 12, 50+. sogar:
einen troropetcr hört man blasen,
musik sticht ihnen in die nasen
Brentano S, 7.
Cr.
anders m,it deuÜicliem accus.: das stach mich verzweifelt
in die nase, dasz man mir den rühm ... zu wasser
machen wollte Gotthelf der Schulmeister (1859) 1, 117.
d) in der reihe dieser enticicklung liegt zuletzt stechen
in der bedeutung von hervorstechen {s. th. 4, 2, 1200), be-
sonders in der Verbindung stechende färbe, den Zu-
sammenhang mit dem vorigen vermittelt allzuharte und in
die äugen stechende farbenmischung allgemeine deutsche
bibliothek 1, 2, 17. er konnte als färbe keinen unterschied
unter ihnen {d. h. blau, violett und rosenfarb) finden, nur
sey blau am meisten stechend Göthe II, 5, 2, 31 Weim.;
die stechend ziegelroth seifige erde Ritter erdkunde
(1822) 17, 1708. — anders aufzufassen aber ist: ihre
{der 7iieren^' färbe ist rothbraun und sticht weniger in
das gelbe als die der leber, und in das blaue als die der
milz Sömmerring vom baue des menscJdichen körpers
(1839) 5, 310;
die tracht auch ist von guter wähl . . .
das grün da sticht sehr hUbsch ins gelbe
Kurz l, 129,
d. h. nähert sich dem gelben, icobei es immerhin mäglich
ist, dasz icendungen icie unten auf etwas stechen 'eilig
darauf losstreben' u. s. ic. auch in tmserm, falle nidit
ohne Wirkung geblieben sind.
9) ein pferd sticht der hafer, es icird bei zu reich-
licher haferfütterung icählig und übermüthig {vgl. th. 4, 2
sp. 79): der haber pfleget diejenigen pferde gemeiniglich
zu stechen, welche im stalle stehen und nichts zu thun
haben Castimonics das polit. hofmädgen (1686) 30; an
einer equipage junge hitzige pferde, die der haber sticht,
dasz sie nicht stehen oder gar durchgehen wollen, während
die herrschaft aussteigt Hebbel 8. 254; seine {des icagens)
vier pferde, welche derLiebenauer gasthafer stach, wieher-
ten voll Ungeduld Holtei erz. schriften 10, 126;
dich {Phöbiia) auch seh' ich noch schrittweis einher
die prustenden führen,
und nicht immer, beim Zeus, sticht sie der haber,
wie heut
Kleist 4, 15, 12 E. .^hmidt {epüog).
in der älteren spräche besonders gerne das futter sticht:
wenn das futter das pferdt sticht und stehet müssig
aufif der strewe, so wird es böse und muthig und wirfft
seinen eignen herrn abe Mathesiüs Syrach 234»;
wenn den esel das futter sticht,
tanzt er auffm eisz, ein bein zerbricht
Rollenhagen froechmeuseler (1.595) J i 1*.
einmal auch bei Keisersberg die gerste sticht {s. den be-
leg gleich unter a\
a) gerne auf menschen angewandt, welche sieh vor über-
muOi nicht zu Inssen weissen, im offenen vergleich: den
leuten ist doch wie dem esel, der leckt hinder sich,
das futter sticht in, wird geil Luther 16, 318, 13 Weim.;
damit sie nicht, gleich pferden, die der haber sticht, über
die stränge springen F. Th. v. Schubert verm. schriften
(1823) 3, 262. — in völlig vollzogener anwendung: ich hab
der weit ein kropff gessen vnd kan in nit verdenwen ;
ich enpfind wol in mir die stechent gerst, gedencken
vnd hertzigungen zä gytigkeit vnd vnluterkeyt; dise gerst
sticht mich und iert mich in meynem hertzen Keisers-
berg bilgerschaß (1512) 9"^; bis . . . gott jme {dem über-
müthigen) die grossen feddern ausrupfft, denn das futter-
lin sticht jn, es ist jm zu wol Luther 28, eis, 18 Weim.;
wenn sie {die jungen icittoeit) geil und fürwitz worden
sind, dasz sie das futter sticht, so wollen sie freyen tisch-
reden 214*;
sy warend vor gar fräven KU
vnd gabend vmb kein tüfel nüt,
ja weder vmb jn, noch sin mäter.
ich gloub, sy habe gstochen 's füter
Manuel weinspiel 3993 neudr.;
so reisst der mensch aach auss, wenn ihn der haber sticht
Oprrz 3, 272;
wann manche faule magd der hafer sticht, und sie die
guten tage, welche sie bei herrn und frauen hat, nicht
länger ertragen kan, so hängt sie sich an einen tüge-
nichts ScHiPPius .141; Placidtts: nun brüder, lasst uns
einmal wie menschen leben, stimmt alle mit mir aus
voller kehle das herrliche lied an: mihi est propositum.
Marcus: sacht, bruder, das ding laszt hier bleiben, wenn
euch der weltliche hafer wieder sticht Tieck schriften
Cr.
1259
STECHEN
STECHEN
1260
(1888) 8, 168 {Fortunat); der hafer stach mich, ich ver-
liebte mich Arnim 8, 78; welcher hafer hat mich ge-
stochen, dasz ich ein so kompliziertes gesträuch (zu malen)
wagte Kellkr 2, 189 (grütier Heinridi); (als erklärung),
dasz der herr als ein reicher und unverheirateter stu-
dierter mensch seine launen und keine sorgen habe, und
also sich nach belieben den hafer könne stechen lassen
7, 136 (die arme barotiin); sticht euch schon dermaszen
der hafer, dasz ihr, kaum geduldet, die ehre unserer
frauen beleidigt? 7, 356 (Eugenia); die (fabrikanten) sticht
d'r haber a so sehr! die wissen gar nich, was de schnell
anstellen vor reechtum und ibermuth Hauptmann tceher
(1892) 38; nach dem abendessen stach sie der hafer, den
heckenweg entlang... zu laufen Frenssen ffiWt^enieilSl.
b) dasz die xcendung der schalk sticht einen, ver-
führt ihn zu allerlei muthiciUeti und ausgelassenheit, mit
dem vorigen engeren Zusammenhang habe, läszt Gryphius
immerhin vermuthen: ich habe dich allezeit vor den
frömbsten angesehen, bist du nun mit einem solchen
schalcke gefüttert? geliebte dornrose 104, 30 Palm, wahr-
scheinlicher aber bleibt doch die ansieht, dasz der narr als
ein geheimniszvoUes etxcas vom, menschen besitz ergreift, in
ihm haust und zu allerlei unüberlegten streichen antreibt,
smcie ettca die grille u. s. w. den menschen sticht (vgl.
oben 2 c y) ; zu erwägen bleibt aber auch, ob stechen hier
nicht in der bedeutung 'die sporen geben' (vgl. oben 1 i)
die zu gründe liegende Vorstellung derart ausdeuten lasse,
dasz der narr dem menschen gleichsam, auf dem, nacken
reitet und ihn mit sporen sticht und antreibt, ein besonders
der reformationszeit nicht ungetcohnter bildgedanke. die
gut alt vettel, wölche zuvor der narr gegen dem jungen
stach, meint jm aller Worten ernst sein Wickram 3, 55, 33
Bolte; nach etlichen tagen, da jn der narr stach, kam
er wider und sähe, wie alle ding so ehrlich säuberlich
und lustig waren Fischart ehzux^htbüchl. 325, 2 Hauffen;
wer hat euch gesagt, dass also sey? der narr sticht euch
Paracelsus (1616) 1, 240; wiewol derselbig aussleger die
ding veracht, so hatt jhn doch der narr gestochen, von
ihm auf ander gedroschen (1616) 2, 633; da stach mich
der narr mit einer niederlendischen Jungfrau quelle bei
BiRLiNGER Schwab, augsb. tcb. 349; es sticht einen der
narr Schmeller^ i, 1753. —
man sieht wol, wie er gumpt vnd plitzt,
wann jn ein grimmer schalck besitzt,
der vor zom nichts kan, dann nur stechen
vnd sich am armen esel rechen
Fi.scHART Euleiif^iegel 6, 116 Hauffen;
oder hat ihn blos der schalk gestochen
ROcKERT werke (1867) 1, 190;
jener wolte mit der Jungfer scherzen und stach sie mit
dem finger in die seite und fragte: Jungfer, sticht euch
der geck? ja, sagte die Jungfer, jetzo stach er mich
S. Dach zeitvertr. (1700) 376. auch von dem laszdünkel oder
Uidünkel (s. th. 6 sp. 55 und 270), der männlich gedachten
arrogantia: so hat es auch sonst vil vermessene vnd
trotzige leute . . . die der narr vnnd ladünckel sticht
Mathesius /Sarepto 219 •>. ähnlich der lenz sticht einen
(vgl. tii. 6 sp. 752), veranlaszt zur trägheit, wozu noch zu
bedenken ist, dasz der tag des lieil. Laurentius der 10. aug.
ist und einen liaupterntetag bezeichnete, wo fauUieit nur
unter dem einjlusz eines dämonischen vxsens als möglich
gedacht werden konnte: dem könig David hat cinmahl der
lenz gestochen, deszwegen er nachmittag, langweil halber,
sich niedergelegt und den poIster gedruckt Abr. a
S. Clara Judas (1689) l, 316. dann auch der faule lenz :
die Schüler aufT die hundstog sehen,
da sie nit in die schule eehen
vnd dOrfTen die zeit lernen nicht;
das macht, der faule lentz sie sticht
KpANKBMiiERO anbind- oder /angbri^fe (IMS) P t^ ;
manch fauler bruder,
der nicht gern schafft, ligt stets im lader,
so Jhn der faule lentz da sticht ebenda R 7*;
». auch noch die belege th. 6 ap. Ibiff. di$ «ingang» tu-
letst vorgetragene an*icht »eheint auch noch im folgenden
durch: der gehörnt« Jokus iticht mich noch gar oft in
die »dte Schubart bri^e t, «74 Stratutz. — Aphrodisia (tä
Aff(foAlaia, das liebesverlangen) in »tarker p«r»on\fiealion :
vnnd stach jhn (den Fausttt») seine Aphrodiiia tag und
Cr.
nacht, dasz er jhm fürname sich ehelich zu verheyraten
vnd zu weihen volksbuch vom dr. Faust 25 (81) neudr.,
wozu zu vergleichen bleibt:
etslfcher hin zir sprseche,
daj in ir minne &ta;che
Wolfram Parzival 217, 2.
den frühlingsgefühlen (dem begattungstrieb im frühjahr)
entspricht die Berlinische uendung: sticht dich der früh-
ling? (mittheilung von dr. Lochner.)
c) nicht nur eine verblassung des vorigen braucht zu
sein einen sticht der fürwitz u.s.w., sondern leicht
besteht hier nähere vertcandtschaft zum, stechenden hafer :
stach sie der fürwitz, eröffneten den heiligthumbsack
Kirchhof wendunmuth 435''; man schreibt von einem
volck, die Sybariter geheissen, das sie aufT ein zeit der
für'witz gestochen, und gern gewust betten, wie lang
doch jr regiment vnd herrschaft bestehen würde, seien
derhalben zu einem abgott gewallet, den sie hierüber
gefragt haben Gretter erklär, der ep. Pauli an die Römer
(1566) 842, ähnlich auch s. 728; bald sticht jn (den Faustus)
der fürwitz, fordert seinen geist Mephostophilem, mit
dem wolte er ein gespräch halten, vnd sagt zum geist:
mein diener, sage an, was geists bistu? volksbuch vom
dr. Faust 27 (35) neudr.; dieser fürwitz sticht viel ge-
scheide manspersonen Guarinonius grewel der ver-
ioüstung (1610) 375; aber ich danke gott, dass mich der
Vorwitz nicht sonderlich sticht Stranitzky ollapatrida
17, 5 Wien, neudr.;
dich sticht der fürwitz spat und frw.
hast auch kein fried, bis das doch du
den bauch vol buben vberkümst
n. Sachs, fastnachttip. 1, 41 Götze;
darauf so lief er in die wette,
als ob er feur im busen hätte,
weil ihn ein andrer fürwitz stach,
dem Schauspiel mit dem pöbei nach
Drollinger gedickte 161.
vgl. auch noch unter fürwitz th. 4, 1, 1, 941, wie für das
folgende unter kitzel 3 th. 5 sp. 872/.; der kützel sticht
ihn, lascivia agitatur Steinbach (1734) 2, 709; ach, uns
ist nur zu wol, der kutzel sticht uns Luther 19, 64+
Weim.; darumb welchen auch der kützel nicht sticht,
von hausz zu ziehen Fischart bienenkorb 154''; denn
nachdem dieser Asien und alle morgenländer überwäl-
tigt hatte, stach ihn auch der kützel, der Scythen
meister zu werden Lohenstein Arminius (1689) l, 529'»;
nun denn Jungfer! werdet ihr euch noch länger vor
mir schämen, und mir nicht gestehen wollen, dasz euch
der kitzel des ehestands sticht? Stranitzky ollapatrida
122, 4 Wiener neudr.;
ein gutes vieh,
den nie der kitzel stach, nach wann, warum und wie
bei irgend einem ding zu fragen Wiei.and 12, 7.
d) andere Verbindungen: dann wo er (gemeint ist der
schertz oder schimpf) schon einen sticht, dasz er sich vom
schlaaff auftriebt, vnd nach besserm sieht, darnach er
ficht, was kan jhm solches schaden bringen? Fischart
Eulenspiegel 13 Hauffen ; sticht dich der mutliwille, dasz
du mich aus der küche herein vexirst? Göthe l, 9, 120.
24 Weim,. (geschwister); dann sticht ihn erst des Übels
grimm Arnim 14, 67; den Martin Leu stach die neugierde
und der Übermut, die seltsame Schönheit erst jetzt etwas
näher zu besehen Keller 6, 211 (landvogt von Greifensee)',
die weiber von Herrlibach und anderwärts hatten ihn
zu sehr verwöhnt, als dasz ihn die eitelkeit nicht ge-
stochen hätte Zahn Lukas Hoch.straszer W\
wollt ihr vom platz! verwünschtes volk der weiber!
wer fragt nach euch? schickt eure männcr her,
wenn sie der muth sticht, dem befohl zu trotzen
Sriiii.i.ER 14, 860 (TeU 8, 8),
(vgl. datu th. 6 ap. S789). hierher auch der becher hat
einen gestochen, die trutJcsudit plagt eineti: (der artt
aprieht:) ich kan nichti« amiers an dir befinden, dann
das dich der becher geNtorhen hatt. du mäst dir mit
glesern und bechern abbrechen, wann du wider deiner
kranokhcyt auffkomnicst Wickram 8, 80, 7 Bolte. wf/en
kitzeln: davon man feyn kan abmercken, wie dich der
grossen Hansen gunst, knntschaft, gnade . . . «ficht und
kitzelt Huttkn tctrke i, )in Böcking. neben rvizf}» . dann
sein (de» Fauatuä) fürwitz, freyheil vivl NMohtfertigkeit
Cr.
1261
STECHEN
STECHEN
1262
stäche vnnd reitzte jhn also, dasz er auff eine zeit et-
liche zauberische rocabula, figuras, characteres vnd com-
binationes, damit er den teufel vor sich möchte fordern,
ins werck zu setzen, vnd zu probiern jm fürname Volks-
buch vom dr. Faust 2 (6) neiulr.
10) stechen von verschiedenen betcegungsvorgängen.
a) in die see stechen vom schiff, welches den hafen
verläszt, um auf die hohe see zu segeln (da hat der capi-
tän schon mit einer stangen in die see gestochen ge-
habt Pocci lust. komödienbüchlein 44); das abstoszen des
Schiffes mit der stange vom ufer genügt aber nicht allein
zur erklärung der redetcendung (vgl. auch abstechen th. 1
«p. 127), vielmehr icird man einen iceitgehenden einfltisz
des gebrauches unter li a anzunehmen haben, zumal der
vergleich eines Schiffes mit einem schnellen pferde, einem
muthigen rosz für Germanen niemals ettcas ungeicöhnliches
hatte, so braucht auch im folgenden nicht nur an den
stosz mit dem, Schiffsschnabel etwa gedacht zu werden, son-
dern auch an eine nahe anlehnung oben an \ia:
als das geschrey sich weit aussgosz,
rennt Gygas der fürsichtig man,
mit seinem schiff gar schnell voran,
dem bald Cloanthus volget nach,
vnnd streng zuhinderst auff jhn stach_
Spreng Äneis 87»;
mit dem artikel: in wenig tagen lichteten sie die anker,
erreichten Cuxhaven, und stachen mit gutem winde in
die see Nicolai Seb. Nothanker 2. 252; ist der wind gut,
so stechen wir noch vor nacht in die see Lichtenberg
briefe 1, 298; die venetianische flotte ruhte in Dalmatien
aus, aber wegen der beständigen bewegungen des herzogs
von Ossuna, hielt sie sich bereit, jeden augenblick in die
see zu stechen Schiller 4, 161; als kurze zeit darauf die
flotte in die see gestochen hatte 4, 132, ico zugleich der
unterschied gegenüber dem mehr verblaszten in see stechen
{vgl. see 2ha th. 9 sp. 2818) deutlich trird; adjectiiische be-
stimmungen, wie die beiden folgenden, lassen über die gröszere
frische unserer artikelbesch werten Beendung keinen zweifei:
und anstatt in die weite see zu stechen Pfeffel pros.
versuchet, 186; nur die geschicktesten schiffer wagen es,
. . . die brandungen zu durchschneiden und in die hohe
see zu stechen Ritter erdkunde l (1822), 307. dagegen
lingt wie aus trocknem seefahrtbericht : im Julius 1776
lachen sie in see und am 9. november desselben Jahres
fverliessen sie das Cap der guten Hoffnung Lichtenberg
fverm. schrißen 4, 86; dasz die herren von Hirschberg noch
[eine flotte in see stechen lassen MusÄus Volksmärchen
72 {Rübezahl 5) ; um vier uhr stachen wir bei günstigem
'•winde in see Pückler brief Wechsel u. tageb. 2, 135; (die
angäbe), dasz 100 offene schiffe in see stachen Mommsen
röm. geschichte 2, 283 ;
und so marschirt' ich weiter bis nach Cadix,
und stach in see mit eben der fregatte
Zach. Werner göhne des thales (1803) 1, 133;
auch Schiller hat (im gegensatz zu oben) keine zeit, das
bild ganz zu kosten: nimm deine frau, und stich unver-
züglich in see 3, 156 (Fiesko 4, 15). wieder in see stechen:
ich wollte, wir stächen wieder in see Kotzebue dram.
werke (1827) 1, 69 (Indianer in England 2, 8). bildlich: wir
sind klar! nächstens kannst du mit vollen segeln ins
ehestandsmeer stechen Hermes Sophiens reise (1769) 2,
324; diese hosen . . . sind denn endlich in see gestochen
Bettina, dies buch gehört dem könig (18«) 2, 4€5. — dann
stechen überhaupt von der fortbeicegung des Schiffes ge-
braucht, etwa durch eine Zeitbestimmung wie im folgenden
gefördert: dasz der kahn eine Viertelstunde weit in die
See sticht Gaudy uxrke (1844) 14, 29. so ist denn möglich:
ein schiff sticht durch die see, und folget dem compasz
Schmolcke trost- und geistr. schriflen (1740) 2, 1020; wir
nehmen still das bild der göttin mit und stechen rudernd
_nach der vielgeliebten küste Göthe 39, 380, 22 Weim.
ilphigenie auf Tauris 4, 4) ; hernach stach er zwischen 30°
40° süderbreite quer über das südmeer Forster
(1843) 1, 20;
dann stech' ich durch die wogen,
dem kleinen böte nach ;
die fluten spritzen und schäumen
von meinem ruderschlag
W. Müller ged. (1868) 8, 15;
Cr.
von Scheria jezt, ohne die unfeinen Epiroten mit asia-
tischem prunk zu behelligen, stachen sie (die Jonier)
nach Önotria's fruchtlande Vosz antisgmbolik (l824) 286;
von einer insel stach man zur andern herüber, das war
alles Forster Schriften (1843) 2, 79.
a) dasz auch so der iiihalt der redetcendung noch nicht
ausgeschöpft ist, legt das folgende nahe: eine fregatte von
fünfzig kanonen sticht zu tief, um sich nicht bei einigem
stürm dort in gefahr zu befinden Niebuhr lebeii Carsten
Xiebuhrs 1, 314. vom tiefgang des schiffes, ganz ähnlich
wie: felsen am strande, so ins meer stechen Mathesius
Sarepta (l57l) 56«; auch:
längen von Obelisken mit schlankem conischen körper
stechen hinauf in die luft
BooMBR der Noah (1752) 77.
vgl. dazu Schönaich ganze ästhetik in einer nusz 340
neudr. und: ein obelisk, aus dem weiten himmelblau
herausgeschnitten, und darum so stechend und unheim-
lich GÖRRES briefe 2, 284;
auch hatte sie ihn ausstaffiert
mit einem halstuch buntcarriert,
daraus zwei Vatermörder stachen
H. Kurz 1, 101.
b) in den kreis dieser erörterung gehört auch der vogel
sticht aus der luft, schieszt schnell herab:
ein rab hoch aus dem lüfte stach,
nam die ring vnd sich hoch auffschwung
Hans Sach.^ 3, 2, 120 e.
mit weiterer richtungsangabe:
da flug es als vol schwartzer raben.
die zun kirchfenstem gstochen haben
mit einem sehr grossen geschrey,
und stachen lenger mehr herbey,
sam woltens die fenster aussstoszen
8, 646, 2 /. Keller-Götze.
besonders schieszen sie so auf ihre beute herab: kaum
hatte sie (die biene) ihren flug begonnen, so stach eine
gierige schwalbe auf sie herab Mus.lus Volksmärchen l, 15
(Rübezahl 1) ;
mit scharfen schnäbeln, krallen beinen,
sie {die kraniche) stechen nieder auf die kleinen
GÖTHB 15, 1, 148 Weim. {Fatist 2, 2) ;
sobald ein solcher vogel (gemeint ist der seggenrohrsänger^
aus den seggenkufen herausflog, verfolgten ihn gleich
mehrere gelbe bachstelzen wie wüthend, stachen nach
ihm Naumann naturgesch. der vögd 2, 2, 853;
schwang als ein habich sein gefider,
wellicher hatt ein schnellen flug,
sticht nach den tauben mit betrug
Spreng Iliag (1610) 205*.
mit einfachem accusativ. xcodurch das bild mehr verblaszt:
dann wasz werden sie für rhum ab der eulen erholen?
eben so viel, acht ich, als andere vögel, die jn (den kautz)
zu stechen begeren, vnd darüber in die leimruten fallen
Fisch ART Eulenspiegel 19 Hauffen. so begreift sieh denn
auch das bild:
der neid ein nachtvogel ist,
der nur heymlich und dückisch fleugt,
bey dem tag sich ducket und schmeugt,
lest sich frey offen sehen nicht,
allein undter dem hütlein sticht
Hans Sachs 104, 333, 11 KeUer-Götze.
und die von anderer sphäre umgebene starke entwickln ng
unter 6 b ß:
also kan des menschen grämen
nichts von seinem leiden nehmen,
wenn es gifftig auff jhn sticht
Königgb. dichterkr. 83 neudr.
11) eine karte sticht die andere wie im tumir-
kämpf ein ritter den andern (vom pferde) sticht und so
besiegt, die karten (eigentlich die kartenbUder) führen
unter sich den tumirkampf. die kartenspieler selbst werden
nur als Zuschauer gedacht, so bietet es sich als das ursprüng-
liche: zu dem andern so ist vff dem kartenspil also ein
Ordnung, das ye das höher sticht das vnder, der künig
sticht den oberman, der ober den vnder Keisersberg
brösaml. 1,99"^; die zwei stechen ein künig und die sechs,
die zwei den obermann,und das carnöffel sticht es allesamt
109»>; vgl.: da gat es schlecht zu, da stiebt das besser das
böser ebenda; diejenigen aber auff die der p feil gerichtet,
namen bey guter zeit einen fürsichtigen abtritt, erwarteten
Cr.
1263
STECHEN
STECHEN
1264
desz 'ernsts nicht, wusztcn wol dasz in dergleichen spiel
die saw den könig sticht Mich. Stettler Schiceizerchron.
1, 505»; die erste frage, auss jhren vier büchern, sollt sein,
warumb der karnöfTel den bapst vnd keyser sticht Nas
antipap. einer und hundert (1567) 4, 86»; und das eichel-
daus sticht Ludwig 2, 327 {aus dem regen in die traufe);
(aprichicörtlich :) spadille sticht manille Wander 4, 648
{vgl. dazu th. 10, l, »p. 1831);
die dame sticht den knecht und diss bleibt ungerochen?
HOFFMANNSWALDAU ged. 2, 128.
bildlich: freundschaft ist haupttrumpf, der alle übrigen
sticht Holte I erz. Schriften 18, 32. die färben des dem
spiel zu gründe liegenden bildes sind verblaszt, als das
subject der karte durch das subject der kartenspieler ab-
gelöst vnirde: eine karte stechen, vincere, tirare una carta
Krauer dict. 2 (1702), 918*; stich mir die! vincimi questa!
ebenda; auch das läszt mich der herr hauptpastor so
sagen, weil er es an meiner stelle sagen würde; — weil
er mir am liebsten in den mund legt, was er am leich-
testen beantworten kann ; — weil er mir gern die karten
in die band spielt, die er stechen kann Lessing 11, 532.
dementsprechend denn auch mit einer karte stechen: als
sein gehülfe mit der manille gestochen hatte Kästner
Schriften (1755) 129; der kleine wenzel ist mein, drauf!
ich stech' ihn mit dem eichelkönig! Hauff ircrfte l, 235;
'das moos, das ist das moos' stotterte der papageigrüne
und stach in der Zerstreuung das ass seines Aiden mit
atout Iiiuermann 20, 135 Hempel; da stach cousine Ehne-
been die forcc ihrer partnerin mit atout-ass Storm 3, 302;
ein ander lest sich wol sampt dreyen gar versperren
und kürtzet seine zeit mit hochgebomen herren . . .
setzt geld und bUcher auiT bey einer freien zechen,
darf wol den guten pabst mit einem bauem stechen
Rachel satyr. ged. 70 neudr.;
wenn die kugel pfeift, wenn die lanze saust,
wenn der tod uns in tausend gestalten umbraust,
kannst du am Spieltisch dein septleva brechen
und mit der spadille die könige stechen
KÖRNER 1, 141 Hempel;
bildlieh: wozu denn aber die ewigen trumpfe, mit denen
man nicht sticht, und kein spiel gewinnt Göthe IV 4, 112
Weim.
willst Zwainzger, an stumpf
oda' mechst an guetn trumpf,
mit denst ollmal stichst
wannst was widersprichst?
Stelzhamer dichtungeii 1, 198 Kosegger;
da ich jedoch in einem solchen groszen dichterisch-histo-
rischen werke mit diesen vier kartenkönigen des ganzen
Spiels öfters vermittelst ihrer Spitznamen zu stechen
habe: so kann ich mit vergnügen die spitz- und ehren-
namcn hersetzen J. Paul 57, 25 {kometi). selten nach einer
karte stechen: ich hab gesehen, dasz der tod ein spieler
. . . und nicht allein sticht nach dem bauer, sondern
auch nach dem könig Abraii. a S. Clara niercks Wien
(1680) 18. im Spielerjargon stechen ohne jede weitere an-
gabt: Stein: aber was stichst du da gleich, wenn ich
mich verwerfe? forster: verworfen ist verspielt Ludwig
3, 28 {erbförster 1, 6); sie haben gestochen, herr Schmerl,
sie spielen aus Bauernfeld sdiriften 5, 232 {groszjährig
2, l); schon bei Krämer: ich hab {die karte) gestochen
dict. 2(1702)919''; hierher auch: es wäre wohl der mühe
werth, einmal das verläumden beym cafTeetisch als ein
kartenspiel vorzustellen, wo immer einer den andern
sticht Lichtenberg verm. Schriften (1800) 2, 414. icie sehr
aber die hier zu gründe liegende Vorstellung verblassen
konnte, zeigt: dann kam {zum maskenballe) eine geuell-
schaft dcatscher — Spielkarten, die sich selber mischten
und ausspielten und stachen; ein schönes Sinnbild des
atheismus J. Paul 22, lü2 {Titan 2). ob in der icendung
einen kegel stechen mehr vorliegt als eine bhsze Über-
tragung vom kartenspiel, musz gegenüber dem oben ge-
»ehüderten entuncklungugang sehr zweifelhaft bleiben: der
kSnif im kegeUpiel wird nicht weniger gestochen als
ein gemeiner Abraii. a S. Clara ettcojt für alle (1689)
It) wäre «n wäre ttecben, mit einer *eaare tatiseh-
kmnäd treiben, gevriei mit der wtrigen ephäre des kartenspiels
tUMmmenkängend, indem getagt werden «oll, eine vaare
4mtk mm» andere, teettigetene gUiekutrthige für den aus-
Cr.
tauseh, ersetzen, also eigentlich mit dem beisinn des über-
bieteiis. dasz eine mit dem rechtlichen tauschact sich ver-
bindende handgebärde zu der redetcendung anlasz gegeben
habe, ist sehr viel rceniger wahrscheinlich: tauschen vnd
stechen sy waar an waar, ye zwey ding an eins nach
gelegenheyt der sach Franck weltbuch 214»; vnd do
schon gewerbe gewesen, hat man da gewechselt oder
gebeutet vnd wahr an wahr gestochen oder partirt
Mathesius Sarepta (l57l) lei»». die waare wird im ein-
zelnen bezeichnet: handien mit pferden, die füren sy
nachmals in der moren land, die stechen yhn daran
Vni — X oder XII sclaven, nachdem das pferd kostlich ist
Franck weltbuch 213"; vnd stachen allda mancherley
färb, pappagaly vnd ein wurtz ... an schellen, stuck tüch,
kartenbletter ebenda 21«»;
die junckfraw ist gar sch6n und zart,
ir complex tugenthaffter art.
wir wollen uns darob besprechen,
euch etlich kleinat daran stechen
H. Sachs 8, 318 Keller-Götse.
wohl unter dem, einfltisz von vertauschen o. ä. kam, dann
zu stände: in disem landt der grawen leuth schlagt man
keine müntz, sonder in all jren kauffhändeln tauschen
vnd stechen sie wahr vmb wahr Franck weltbuch 218»;
vgl.: stächen, waar vmb waar, an galt oder kauffmann-
schatz vertauschen, permuiare pretio vel merce Maaler
883''. das schimmert auch nocli durch die waldecksche
redensart: *t sal s*k wül da ume sti'ken, es wird wohl
darauf ankommen, es wird sich tcohl darum, handeln
Bauer-Collitz waldeck. wb. 99». eine Vermischung von
beiden Wendungen stellt dar:
die Schweitzer bringend käsz und scbmaltz
und stechen dann vmb wein daran
Wickram 4, 109, 371 BolU.
stechen mit bloszem accusativ, wohl unter dem einfiusz
von eintauschen:
we vch die husz zfi hfisser brechen,
ein acker zu dem andern stechen
sind ir allein dann vfT der erd,
das niemans sunst dar von nüt werd
Brant narrentchiffß Zamcke.
wurd . . . nach myn h. götem vnd getrflwen flyss, an
gemeltem houptgät oder an den böchern daruss erkoufTt,
oder gestochen, oder an schulden einnich schad oder Ver-
lust . . . zä ston Riederer Spiegel der wahren rhetorik
(1493) Z2»; vgl.: stechen, etiam bibliopolis est libroa cum
libris permutare Stieler 2154. — mit einem stechen . . .
id est wahre um wahre geben Kram er dict. 2 (1702) 919»;
vgl. dazu das reclienexempel: zwen stechen mit einander,
hat der ein saffran der ander perlen, gilt l % safTran bar
4»;8 fl- den setzt er am stich für 5 fl. will >;« bar gelt haben,
der ander setzt die perlen am stich für 7>/» fl. und ist der
stich gleich — dieweil der erst '/« nicht will im stich
haben, so subtrahirt mans von seinem stechen Mich.
Stifel die coss {algebra) Christoph Rudolfs (1554) 285.
hierher wohl auch: seind jr zertreglet vnnd vneins mit-
einander, so sollen ir lögen das ir ein sönlin mit ein-
ander stechen vnd eins werden, vnd ein ander vergeben
vnd ablosszen den zorn Keisersberg postille2 (1528) 68*.
in neuer frische {bei der Werbung um die hand eine»
mädchens spricht der eine nebenbuhler tum andern):
wenn ihr die tochter mir zum weibe gebt,
verschreib' ich ihr drei, vier so schOne hftueer
im reichen Pisa als nur irgend ein»,
das signor (ircniio hier in I'adua hat . . .
nun signor Gremio, womit ftecbt ihr dauV
SiiAKP-sfEARK 6, 235 {der widerrpentt.
uihvxung 2, 1),
1(0 das Hfterbieten {übertrumpfen) wieder besonder» deut-
lich ist, vgl. : mit der waare stechen, merces permutare
Stein BACH (1784) 2, 7io.
18) in der bedeutung von bestechen {». bestechen 6,
th. 1 sp. 1668). der erkliiruiuj bieten sich Schwierigkeiten
genug, da stechen, bestechen und durchstechen, jetzt
in dieser gant eigenthümlichen Itegriff'ssphäre sich gleicher-
weite bezeugend, von gant verschiedenen ausgangepunkten
aue hier tutammunir^e» . am deutlichsten ist für be-
stechen 'einen durch gaben gewintten' der tueamtnenhang
mit dem bergmunnsausdritck bestechen {lat^f %aid gut»
eines erzganges durch aondirinstrumrntefeststeUen), «0 mAoh
Cr.
1265
STECHEN
STECHEN
1266
in mhd. zeit zu belegen, vgl. geitn. l. 346; dann überhaupt
'vorsichtig und tastend, einen gegenständ untersuchen' {was
schon ganz trefflich in unsere begriffssphäre einlaufen
mll): die Schnecken haben keine äugen, bestechen aber
den weg mit den hörnern Hetden Plinitis 331. ob vren-
düngen icie mit einander durchstechen; sie haben die
Sache mit einander durchgestochen ihre erkläriing durch
die etica mit nadelsticJien bezeichneten Spielkarten finden,
bleibt ziceifelhaft genug, gleich guten grund hätten er-
tcägungen im Zusammenhang mit stechen lÄ: mit einem
andern zusammen alle möglichkeiten eines faUes durch
iriederholte befragung des orakelbuches erwägen, gemein-
samen plan machen, eben solche Wahrscheinlichkeit aber
hat noch die annähme eiries Zusammenhanges mit stechen
Itß: mit einander gleichen weg nehmen u. a. m., eine be-
deutung, die auch in dem gebrauch bei Lessing 10, 209 {s.
th. 2, sp. 1691) noch nicht alle färbe verloren hat. am
sinnlichsten bleibt aber das simplex t7t seiner anlehnung
an die wendung ein pferd mit sporen stechen (vgl. stechen
li); die gröszere bildlichkeit wird durch entsprechende Zu-
sätze getcahrt: deus vetat principem esse 6ioQO(päyov vel
SwQoßÖQOV, dasz er sich nicht mit gaben stechen lass:
SiOQÖöoxoq der mit gaben sticht, oder der gestochen
wirt Alberus novum dictionarii genus (1540) 5"; dasz er
den richtern eine beständige besoldung geordnet, dasz
sie sich armut halber nicht stechen lassen mit gaben
NiGRiNUS papist. inquisition 524; denen dräuete der
könig hart, als hätten sie sich mit gaben stechen lassen,
dasz sie jhnen {den Juden) davon hülffen biblia von 1662
(3. Maccab. 4, 18);
ja, wer am gerieht hie handeln wil
vnd sich an seinen feinden rechen,
der mnss jn oft mit gaben stechen
Waldis päpstlich reych k 4'» ;
wenn mans (die tnöncAe und pfaffen in der beichte)
aber mit gaben stach,
so Hessens dennocht etwas nach
Waldis Esop 2, 96 Kurz (4, 36, 13) ;
ist er {der richter) aber des mammon knecht, so lesst
er sich stechen mit geschencken, das er blind wird
Luther 32, 454, 17 Weim.; er {gott) heisset sie {die richter)
alles in der furcht gottes und mit vleiss thun, sich nicht
etwan mit geschenck stechen lassen KrCger spiel von
den bäurischen richtern 7 Bolte. besonders deutlich:
zancke nicht mit einem reichen, das er dich nicht Über-
wege, denn viel lassen sich mit gelde stechen, vnd be-
weget auch wol der könige hertz Jes. Syr. 8, 3; Maxi-
minius hat vmb die ritterschaft bült vnd sie mit gelt
gestochen, vnd von vilen die stimm seines keyserthumbs
erkaufft Franck chron. 30''; der munch zu Venedig, wel-
cher eine Preckin, so jhren buhen vmbgebracht hatte,
absolvirt . . . hernach aber mit geld gestochen ist wor-
den vnnd das weih . . . verrathen Mathesiüs Syrach
(1586) 2, HO".
wann er sich wolt an feinden rechen,
mit reichtumb pQegt er sie zu stechen,
er macht sie reich, das war sein räch
Alberus fabeln 3J neudr.
mit genauer Zahlenangabe: yedoch stach Aristobulns
Scanrurn mit dreyhundert centner gelts Franck chron.
32*. icohl unter dem einflusz von bestechen stehen die
folgenden verblassungen: sie {die jungen Verschwender)
schanckten und gaben, sie stachen und prachen Arigo
«6, 12 Keller;
oft geschichts auch das die andre partey
den procnratorem sticht frey
Herlicivs musicomattix C8;
dn must ffirher wol stechen,
soll anwalt für dich sprechen;
gesetze wird er bringen,
nach dem die mOntzen klingen
LoG.\ü 2, 147, 36.
:*) Silben stechen, tüfldn. haarspalterei treiben,
über den Ursprung der redensart die oben th. 10, l
•p. 969 unter silbe 3 ausgesprochene vermuthung Adelungs,
''lei es gleichgültig bleibt, ob die schüler die ailben 'mit
fzigen griffein' oder mit den ausgereckten Zeigefingern
in die luß stachen; vgl.: unterdesz stachen die syrischen
ond jüdischen knaben in den schulen Karthagos mit
«len fingern in die luft, um den sinn eines alten un-
^^.
X. 2.
Cr.
verständlichen bochstabenräthsels herauszubohren Frey
TAG 17, 125 {bilder 1, 2); der zusammeuJuing mit den alten
buchstabierübungen leidet keinen ziceifel: freilich kommt
jetzt die zeit, wo ihr andern Aiovvaov xexvZxai was
bessers zu thun habet, als gedaiiken zu haschen und
sylben zu stechen Wiel.^nd in den briefen an Merck
1, 306; leute, die sylben stechen und an buchstaben
feilen Lenz vertheidigung des herrn Wieland 26 neudr.;
{Hamlet:) wie keck der bursch ist! wir müssen nach
der schnür sprechen, oder er sticht uns mit sylben zu
tode Shakespeare 3, 329 {Hamlet 5, l); mein vertheidiger
sprach statt meiner ... er stach silben, er verdrehte die
gesetze oder legte sie aus, gleich viel! er traf die her-
zen nicht HOLTEi erz. schrißen 4, 247; 'stechen wir nicht
Silben' sprach Conti mit einem höhnischen zwinkern
Handel-M.\zzetti arme Margaret 2i3;
einfältig, lieber söhn! nicht sylben fein gestochen!
wer räthsel beichtet, wird in räthseln losgesprochen
GöTHK 9, 205, 16 Weim. (Romeo).
15) eine flasche wein stechen, ihren inJialt ge-
meinsam mit zechgenossen ausleeren; häufiger dafür aas-
stechen {s. ausstechen 4, th. l, sp. 984, wo die herkunfl des
ausdrucks vom aufpfropfen der flasche vermuthet wird):
vmb kannen lanzen brechen,
tnmieren vmb ein glas, und kalte schalen stechen
ist unser ritterspiel
FLK>n>fG deutsche gedickte 1, 95 lit. ver.;
eine flasche wird gestochen
und ein dutzend schelmenliedchen
an den schwänzen eingefangen,
am refrain, den alle kennen
Keller 10, 216 (apotheker vo:i Chamounix 2. 9).
tcir befinden ujis hier durchaus in der Sphäre des zech-
tumiers, vne es auch im folgenden vorgestellt wird;
FisCHÄRT zeigt natürlich hier besonderen reichthum: da
stachen sie einander die pocal auf die brüst Gargan-
tua 123 neudr.; er . . . fochtelt mit den bauern herumb,
vnnd stach jnen die kannen, häfen und krüg zum
kopff 73 ; zu allem anlaoff fertig, wa man mit eim glasz
herstach 76;
da faszt er solch red in die ohren,
vnd förcht, man nem jn vnder d sporen,
dasz er nicht mehr könte zechen,
vnd mit der hurst (burta, zechgesellschaft)
herumber stechen,
könt nit mehr so gut mänlin sein
Ftschart 1, 59 Kurz {nachtrab 2204).
hierher gehört auch der warn ruf ich stich dich und seine
erwiderung ich wehr mich Gargantua 128 neudr. sonst
selten, so von einem wettessen:
erst thetens auff einander stechen
und frassen zu neyd an einander
sehr grosse mundvol beidesander
Hans Sachs 9, 369, 32 Keller-Gdlse
anders verhält es sich natürlich mit der wendung wein
aus dem fasse stechen, mit hilfe des stechhebers (*. u.)
ihn entnehmen; den wein stechen, assagiare {gall. es-
sayer. gourmer) il tnno Kram er dict. 2 (l702) 918«; hierfür
heute auch gewöhnlicher den wein anstechen {th. 1 sp. iTi
unter anstechen 2), tco freilich die Beendung ein fasz an-
stechen davor liegt mit der Vorstellung, tcie der metzger
ein thier ansticht, sodasz das rothe blut hervorsprudelt,
vgl. die ähnliche Vorstellung 6« Stranitzky: komme
ich nun in den keller, und finde sie {die geliebte) nicht,
so lasse ich meinen zorn an euren Weinfässern aus,
und steche sie unbarmhertzig in das hertz, dass ihnen
der lebenssafTt heraussprtitzet, den sauge ich ollapatrida
89 Wien, tieudr.; unter dem einflusz von abzapfen {th. 1
sp. 156) steht tcohl der ausdruck den wein abstechen.
16) stechen in der bedeutung 'graben', *o torf stechen
plaggenweis für brennzicecke : kuhdünger in kuchen ge-
häuft, gedörrt und wie torf gestochen, reicht hier zum
bedürfnisse des brennens hin Ritter erdkunde (1822) 5,7ii ;
jeder gestbauer stach seinen brennbedarf aus dem an
seine gründe anstossenden moore Wimmer geschichte des
deutschen bodens (1905) 159, vgl. dazu auch besonders ab-
stechen {th. 1 sp. 127). — ähnlich butter und andere fette
aus dem fasz stechen: butter, schmaltz stechen cavare
del butiro, dal mastello Kramer dict. 2 (1702), 919»; wozu
zu vergleichen ist ausstechen {th. l ^. 984 unter 8). neben
80 Cr.
1267
STECHEN
STECHEN
1268
ansstechen gilt auch einfaches stechen beim herausgraben
von pflanzen aus der erde: diesteln stechen, kraut stechen
als futter für das vieh, spargel stechen: da sind spargel,
erst iezt gestochen Göthe IV, 3, 62 Weim.;
flachs dann stich mir im garten die neu<;eschosscnen spargel
Vosz 1, 101 (LUMC 2, 211).
in der Jägersprache sticht der dachs und der fuchs, loenn
sie mit der schnauze in dem boden icühlen, um larven
und kä/er zu fangen: der dachs sticht, wenn er wühlt
Heppe v>ohlred. Jäger 284, vgl. auch Brehm thierleben 1, 646.
desgleichen sticht auch die schnepfe (vgl. den beleg unter
stechen subst.).
17) stechen in der bedeutung 'hervorsprieszen' :
zarte saatenspitzen stechen
aus den furchen
Salis im OötUnger musenalmanach von 1788 «. 184.
doch geicöhnlich dafür in der älteren spräche herfür
stechen {vgl. auch hervorstechen th. 4, 2 sp. 1200): wenn
aber sie {die gärtner und xnnzer) sehen dye boum frö
bürgen und dy bellen herfür stechen ... so hoffen sie
nit vil frucht zu erlangen Keisersberg bilgerschaft (1512)
32*; wann eben das new jung gras herfür stiebet Sebiz
feldbau (1579) %; aucJi: wann die blumen herfür stechen
575; gleich wie man das vnkraut, wenn es begint herfür
zu stechen, . . . zeitig auszreutet Pape bettel- und garte-
teuffei (1586) D 8^ ; wann er {der fenchel) erst herfür sticht
und etwan drey oder vier finger lang ist Hohberg l, 513*.
ein reflexiv kann sich hier Brockes nicht versagen:
sie {die pflanzen) stechen sich
fast mit gewalt hervor aus dunckler erden
irdisches vergnügen 1, 5.
entsprechend auch von menschlichem und thieriscliem haar:
sobald im etwas flaam durchs kinn gestochen
Wieland 22, 20.
dafür auch hier herfürstechen : etwan über 14 tag da
fiengen im die graven haar wider an herfür zu stechen
Frey gartengetellschafl 89, 12 Bolte.
18) im, bereich des schützenwesens :
a) beim gewehr bezeichnet stechen das spannen des
Stechschlosses {s. u.) durch leises andrücken des Stechers
(». M.): niemand nimt sein schönes röhr in die band,
dasz er nicht zum wenigsten den schneller daran stechen
vnd wieder loszziehen solte polit. Stockfisch 49;, siehst
du, ich spanne, siehst du, ich lege an . . . siehst du, ich
steche, es geht alles in Ordnung, und wenn du nicht
auf der stelle das document heraus gibst, oder mir an-
zeigst, WO es sich befindet oder was mit ihm vorgefallen,
so rühr' ich diese kleine nadel und du bist auf der
stelle mausetodt Göthe 18, 72 Weim. {die aufgeregten 4, 8);
er nahm seine zweite büchse, die dort liegen geblieben
angebraucht, spannte den bahn, stach sie und gab sie
seiner frau zum losdrücken in die bände Arnim 8, 122;
wer recht abkommen wolte, der solte selber die böltze
schifften und fidern, vnd das armbrust stechen können
Mathesius Sarepta (1571) 153''; er . . . kont dasz geschosz
wol stechen, trang den anschlag nicht zu viel, hielt
recht ausz, verwart das treff sehr wol Oarg. 285 neudr.
b) einen andern sinn hat es, wenn ztoei schützen, Vielehe
beim scheibenschieszen gleichen erfolg gehabt haben, mit
einem letzten schusz stechen, d. h. eine endgültige
entsclteidung herbeiführen; ein ausdruck der vom stechen
um den preis beim turnier entlehnt ist {vgl. oben 1 e und
die enceiterung, loelche zu unserer wendung hinführt):
und wie offtmals auCT weitem plan
ein rennen wirdt gestellet an,
mit zweven pferdan gar subtil,
die lauflen sollen zu dem zil,
vnd ütecben vmb ein kleinot gut
Spreng Ilia» (1610) 807»,
»owie auch unten steohschieszen n., nur daa$ hier ein
einziger »chuat auf die stechscbeibe Überhaupt nur gethan
tcerden darf: die beiden besten schUtzon stechen.
19) stechen in der spräche der arcJUtektur von ge-
wölben gesagt, deren aehniUlinie nicht wagerecht geht, son-
dern im Winkel nach oben oder unten; auch eine ge-
stochene kappe.
W) o6«c.;
ob ich dnrch franen willen weit stecben
fattnachtspide 766, IS KeUer;
Cr.
vnd was gibts gestochen lebens vnd angststich vnterm
weibsvolck, wann man ein landt und statt mit gewalt
gewinnet Garg. 32 neudr.; sie . . . hat acht auff was ge-
stalt das bett bereitet jhm mundet, die feder oben oder
vnden, oder in der mitten vest, so sticht er alsdann
vmbs best Oarg. 106 neudr.;
nu weder stechend noch gestochen,
weil loch und nadel jhr gebrochen,
ligt hie die Bärbel über sich.
der stich könnt ihr das herz nicht brechen
(dan sie sich nährte von dem stich)
doch starb sie leyder von dem stechen
Weckherlin ged. 812 {grabschrift für die näherin Bärbel) ;
gelbe öpfel musz man brechen,
schöne Jungfern sol man stechen
Unterschrift eines deutschen kupferstiches um 1700 bei Fuchs,
Sittengeschichte 1, 324;
sie spricht — so süsz wie mädchen sprechen —
mit Unschuld im gesiebt:
'ach ! können sie denn nicht
mir auch ein solches kindchen stechen?'
Schubart gedichte 3, 125 ;
so unrd mit nicht unschuldigem beisinn ein kupferstecher
von einem mädchen angesprochen, auch als subst. vgl.:
ey des schönen fotzenhelms stechens Garg. 32 neudr.,
wo zugleich die anlehnung an den kämpf in der stech-
bahn durchschim.mert , wozu oben stechbahn 6 zu ver-
gleichen ist.
21) die subst. Verwendung rfe» Infinitivs stechen hat
vereinzelt starke aufnähme gefunden:
a) entsprechend oben \b a hauen und stechen :
morden, huwen und stechen
tribe ich in der tabeme:
das kan ich mine kinder gelerne
AU^f eider passionsspiel 12, 39^5 ;
ich richte an vil bflsz vnffiren,
als stächen, spilen, hären, houwen
Manuel weinspiel 964 neudr.,-
die Schwyzcr thatend fechten
mit houwen und mit stechen
Casp.vr Sutbr über die Piemonier schlacht im j. 1544
(6et LiLIENCRON 4, 249);
du sitzst nit für im rosengarten;
dann nur dein lust ist hawen, stechen,
wie aus deim reimen wol zu rechen
Fischart 1, 41 Kurz {nachtrab 1495) ;
mit stechen, hawen, werffen, schiessen
geschach ein grosses blutvergiessen
Spreng Ilias (1610) 39>>;
und wozu ist doch der weit gut
der dapfersten stechen und hawen ?
Weckherlin gedichte l, 282, 5«;
kein brennen, hauen, stechen
sol trennen mich und dich
P. Gerhardt bei Fischer-Tü.mpel kirchenlied 3, 388* ;
man sah nichts, wenn er kam, als plündern, bauen, stechen
Neukiuch gedichte (1744) 171 ;
ein jeder hofft den preisz im hauen oder stechen
Koenig gedichte (1745) 153:
und als er mit hauen und stechen
durch ist, sind die reuter fort
RCcKERT verke (1867) 1, 166;
auch ihr seid beim trinken nur mundschenk, und die
rauhe erzählung von hauen und stechen, von mord und
brand muss eurem zarten herzen weh thun Kotzebüb
3, 82 {Adelh. von Wulfingen 4, l). in entsprechenden auf-
Zählungen: dabey auch verpoten ist aller vnbillicher
zornn, er beschech mit siegen oder stechen, mit
schellten oder räch im hertzen Berthold von Chieu-
SEE tewtsche theologey 363 lieitl^meyer ; die Deutschen
unterscheiden sich nur durch die erstaunliche Zerglie-
derung der Unbilden, . . . wie es mit stechen, hauen,
schlagen zu halten Schmidt geschichte der Deutsehen
(1778) 1, 187; die stunden, von den alten Hören ge-
hciszen..., führen allerdings waffen zum schlagen,
schneiden, stechen Holtki erz. aehrijten 8, 106. — die
wunden, wie die geschehen . . . mit waffon, stechen,
sohiesson Braunschwkiu cJnrurgia (1539) 10*; ein har-
nisch beschirmbt vor stechen und sohiessen Paracel-
8U8 (1616) 8, 868;
pfui, pfui dem prasseln, krachn, br«chn,
todtscniesaen, rauben, würgen, stechnl
sind das chriKton?
Opbl-Cohn dMta^t^dAr. krieg 4W.
Cr.
1269
STECHEN
STECHEN
1270
b) besonders beliebt das stechen als turnt er (s. oben
1 e) ; ain gros stechen wag an dem gaylen muntag (rrum-
tag vor fastnacht) und auch an der fasnacht. do stach
der alt herczog Steffan und sein sun herczog Ludweik
und herczog Ernst, . . . alle herczog von Bayern Ulman
Stromer chro7i. i, 22 {d. städtechron. i, 54, 2);
nun da ein grosses stechen hielten
die fürsten vnd den winter falten,
darzu gross ritterschaü't dar kam
Fischart Euleni^piegel 258, 7051 Hauffen;
auch ward die statpir (s. oben sp. «3 stadtbime im
icappen von Augsburg) an ainem stechen Tmbgestochen
auff dem fronhofF Augsb. chronikbericht zum jähr 1438 (d.
städtechron. i, 323, 15); da der ritter nun \'ff das stechen
kam, da lag er allen edlen ob Pauli schimpf und ernst 11;
Ludwig ward im stechen zu Nürenberg troffen S. Münster
cosmographie 762 ; wie der hertzog auff ein turnier reit und
wie Galmy, der ritter, das best auff dem stechen gewan
Wickram i, 317 Bolte; und vor dem palast ist gar ein
schöner hoff zu stechen und zu allerlei kurtzweyl, die
man haben will Schiltberger reisebuch 46, 23; alle
vorüberzihende ritter sollen zu diesem stechen ersucht
werden Bucholtz Herkidiskus (1665) 92; wenn er den
heim schlosz, ein stechen zu beginnen, hob sich der
keuscheste busen höher MusÄus Volksmärchen l, 102;
wenn ich im hämisch den preis beim ritterlichen stechen
verdiente Freytag 2, 38 (braidfahrt 2, 2);
(ich) vbrlie£f auch all meine gesellen,
kont im stechen rosz and mann feilen
Rollenhagen froschmetueler (1595) P 5»,
und leichter kehret Schott alsdann
auf sein nicht fernes schloss.
schickt sich zum nahen stechen an,
wählt rüstung, pferd und tross
Ra.mi.kr fabellege (1783) 3, 120;
billig nach dem blut'gen stechen
folgt ein bunter festeskranz
FouQUE altsächsischer bildersaal (1818) 4, 78;
es lebte einst in Frankenland
ein wackrer kavalier, . . .
gewann im stechen manchen dank Gaudv 11, 67.
a) neben turnieren : das stächen oder turnieren, decursus,
simuluchra belli Maaler 383^; welchem zu gefallen der
konig bestalt hatte einen tomir oder stechen auf den
nebst zukunfftigen sontage Warbeck schöne Magdone 7
Bolte; {die herren) hylden eynen houf mit tornyren unde
mit stechen unde waren vil geste von mannen unde
von frawen Rothe düring. chron. 582 Liliencron; mar-
graffe Kunrade (hatte) zugerichtet grosse freude und hoch-
zeite mit stechen und tumiren Arigo 102, 12 Keller; der
Spanier pferd seind . . . geachtet worden . . ., das sie
zu den spielen, als zu stechen und thurnieren so treff-
lich geschickt sind S. Münster cosmographie 75; in
ritterlichen spilen, stechen, thurnieren ist er nie ein mal
vom pferd kommen Franck chronic. (1538) 235»; Anti-
phon verwundert sich, wie sich etliche an dem ebkreuz
also ärgern können, ... so man doch im kämpfen, Wett-
laufen, thurnieren, stechen vnd allerley ritterspilen sich
die müh . . . nicht verdriesen laset Fischart phil. eh-
zu<:htbtich 221, 21 Hauffen; ein göte zeyt mit triumph.
stechen vnnd turnieren zu bringen Stumpf Schxcytzer
Chronik (1606) 275*; im turnieren vnnd stechen Guari-
NONiüS grenel der venciistung (l6lO) 198; da liesz er
{Gibaldo) ein tiiurnier und stechen ausschreiben Volksbuch
gehörnten Siegfried (l726) 66 neudr.;
er (der treulose ritter) laszt ab ee der zeitt
mit tnmay, stechen vnd streitt
Hätzlerin liederlmch 224, 232 ;
essen, trincken und panckatieren
lob ich für stechen und thurnieren,
für tantzen und für saytenspiel
H. Sachs 15, 110, 31 KeUer-Oötze.
rytterspiel . . . mit rennen, stechen, turnieren Schü-
»N nachtbüchlein 299 Bolte; er (gemeint ist das streitrosz)
Seit seinem herm vmb sein weih geholfen in thurnieren,
jrennen vnd stechen Franck Sprichwörter (1541) 2, 29»;
so wollen wir auch hie zu landt
mit vnsera fürsten allensandt
in freuden leben dreissig tag,
drum sich jeder ergötzen mag
mit rennen, stechen vnd tumiem
Ayrer 1307, 25 (Valentin und Urtu* 1);
Cr.
zum fünfften kam Ascanius,
der junge fürst ohn hindemuss,
gerüst mit edlen knaben frey,
vnd einer schönen reyterey,
so die versamblung theten zieren
mit rennen, stechen vnd tomieren_
Spreng Äneis 82'»;
im rennen, thomim vnd stechen,
im schwerdt vnd spies zubrechen
wird auch daselbst niemand gesehn
der sichs hett dürffen vnterstehn
Thedel von WaUmoden 1363 Zimmermann;
darzu {zu seinem irrsinn) man sagt, das im sein vilfaltig
rennen und stechen und die sorgclichen grossen fei, die
er vilmals gethon, ain ursach gewest Zimmerische chron.^
1, 183, 38; rennen, fechten, ringen, stechen Garg. l^neudr.,
öfter . . . habe er von der höhe dieser trümmer, wo er
in ruhe gesessen, dem rennen, lanzenwerfen und stechen
der türkischen reiter zugesehen Ritter erdkunde (1822)
10, 1147;
ich bin ein ritter wolgebom,
nach rennen, stechen steht mein sinn,
H. Sachs fastnachtsp. 1, 14, 45 neudr.;
da man dir in höflichen Sachen
soll alle freud und kurtzweyl machen
mit stechen, dantzen und mit jagen
werke 2, 24, 30 KeUer-Oötze ;
wie nun die hochzeit war am besten
mit aller kurtzweil den edlen gesten,
mit tantzen, rennen und mit stechen
17, 225, 82.
al» kirehiceihbelustigungen werden aufgezählt:
0 frau, was fechtens und was ringen,
rennens, Stechens, danzen, springen
fastnaehtspiele l, 285, 1 KeOer.
entsprechend oben 1 e ß und gleich ringstechen {th. 8 sp.
1015) und ringelstechen (th. 8 sp. 1000) : denn sie speissten
ihre gebachne händel und kipfel im herumdrehen, sehr
unbekümmert um ringe und stechen Nicolai reise durch
Deutschland und die Schweiz (1783) 5, 256. — zu fischerstechen
{th. 3 sp. 1685) tind schifferstechen {th. 9 sp. 76) ist zu ver-
gleichen: alle am stechen teilnehmenden schiffet Hart-
mann Volksschauspiele in Bayern urwl Österreich (1880)
131, s. auch hier oben 1 e ß.
y) übertragen, vom geistigen rcettkampf gebraucht: Co-
rynna von Thebe, deren Pindarus gedencket, dass sie
. . . funffmal den Crantz im wettsingen oder stechen ge-
wunnen Spangenberg von der musica 75; vgl.:
das ist nicht ein weltlich stechen,
keine eisenwaffe blitzet —
eine lanze ist das wort,
das scholastisch scharf gespitzet
Heine l, 464 Elster.
c) entsprechend oben 1 d ß das stechen der schweine,
das schlachten, porcorum jugulatio Frisch (l74i) 2, 324»;
vgl. auch Zusammensetzungen wie bärenstechen, bären-
jagd (vgl. bärenstecher, bärenjäger th. l sp. 1130), sau-
stechen, saujagd (vgl. saustecher th. 8 sp. 1937) u. s. w.
ein fischstechen, ßschiceide. mag erschlossen werden aus
dem beleg bei Forer : man pflegt sie auff allerley art
zu fahen, mit dem aass, mit starcken eisinen hacken,
mit dem stechen, mit garnen fischb. 59», wo sachliche
gründe hindern, an ein verschreiben für stecken zu denken,
vgl. auch oben aale stechen u. s. w.
d) entsprechend oben 2 dornenstechen {th. 2 sp. 1296) :
fürchte nicht der dornen stechen,
willst du schöne rosen brechen
SiMROCK 1671;
bienenstechen, mückenstechen, flohstechen u. s. w.:
ein neu geläsz auff das vber kortzweiligest zu belachen,
wo anders die flöh mit stechen einem die kurtzweil nicht
lang machen Fischart ßöhhatz l neudr.; {meister floh
spricht:) stechen ist nun einmal das hanptbedingnis
meines seins; aber stets habe ich zu rechter zeit und
an rechter stelle gestochen E. Th. A. Hoffmann 12, 128
Grisebach. zugleich bildlich ist gemeint: {Pickelhering)
ich wolte, dasz sie eine floh were, und säsze in meinem
bette, ich wollte ihr das stechen wohl vertreiben Creize-
nach sehausp. engl, eomöd. 79, 1 {tugend- und liebesstreit
1,2). — Schlangenstechen u.a.w.:
krieger gleichen sich den schlangen,
welcher stechen tödlich ist
Rist Jriedejauchzendea Teutschland (1683) 18.
80* Cr.
1271
STECHEN
e) entsprechend oben 6 b schelten und stechen:
hilfft nit haymliche fraintliche vermanung vnd öffent-
liche gmaine predig an jnen (den gottlosen), so vnder-
lasse man aach das stechen und schelten und gmurmel
wider sie Eberl. von GCnzburg 3, 2T8 neudr.
f) auch in der heutigen spräche noch von groszer lehen-
digkeii ist stechen in der bedeutung von Seitenstechen
pleuritis {th. 10. 1 sp. S98, vgl. dazu auch oben unter ste-
chen 5); in älterer spradie das stechen der seite: die
leberader hat iren vrsprung von dem magen . . . recht
troffen (beim aderlasz) ist sye wider den blütflusz der
naszen, vnd wider das stechen der syten Gersdorff
wundtartzney (1517) 15, l*»; das stechen der seiten Xylan-
DER Polybius (1574) 71; vgl. als entsprecJiend : des hundts
miltz vnter anderer speise genossen, sol des miltzes
stechen auffheben Heyden Plinius (1565) 805. gewöhn-
licher aber und in der heutigen spräche fast allein ge-
bräiicJdich stechen in der seite: denn das syrisch vnd
egyptisch reich macht einander viel Stechens in der
Seiten, vnd grimmens vnd bauchwehe in dermen Ma-
THESius Sarepta (l57l) Sh^; vnd gibs denen zu essen,
welche das stechen haben in der Seiten Sebiz feldbau
(1579) 858; ich habe diese tage über ein stechen in der
lincken seite gehabt Lichtenberg briefe l, 354 {b. juni
1780); er klagt über starkes stechen in der rechten seite.
die bedeutung des Seitenstechens als einer besonderen krank-
heitsersdieinung in der älteren medizin erhellt der um-
stand, dasz stechen ohne jede weitere bestimmung sich
oft genug findet: er starb im zwey vnnd sibentzigsten
jar seins alters an dem lieber, grimmen, stechen, so
darzä schlug Franck chronicon (1538) 76''; arznei des
Stechens oder seitenweh Sebiz feldbau (i579) 78; die pe-
stilentzischen fieber, volle brüst vnnd erstickung, apo-
stermen vnd stechen Guarinonius grewel der Verwüstung
1^1610) 679; vnd auff solch geschrey, der es lehmt mit er-
fahrenheit erkennen die pestilentz, stechen, pleuresis
Paracelsus (1616) 2, 199; so konnte Fischart spotten:
deren lungensichtigen würd vom stechen der kützel in
der seitten vergehn aller praktik groszmutter 29 neudr.
d) stechen cds bezeichnung von anderen körperlichen
Schmerzerscheinungen: er hatte mich mit stöszen übel
zugerichtet, also dass ich lange zeit die schmertzen mit
grossem stechen gefühlet Moscherosgh gesichte (1650)
2, 732. — stechen in der brüst: Grite, mach' mir schnell
einen holderthee, ich habe stechen in der brüst und
will nachher gleich zu bett W. Sommer gesrhichten aus
dem kleinleben (1894) 148; (sie) fühlte in der brüst ein
sonderbares stechen ebenda 142; ich habe so ein heftiges
stechen in der brüst ebenda 145. — stechen im halse:
Klaus Heinrich n&mlich hatte sich . . . eine erkältung
zugezogen, sein hals war geschwollen, er spürte stechen
beim schlucken Mann königliche Hoheit 392. stechen in
den äugen spüren: genserichwasser leget das stechen
und die schüsz der äugen Tabernaemontanus 345;
ach! damals war ich nilrrisch und jung —
jetzt bin ich alt und närrisch — ein stechen
fühl' ich im aug' — nun musz ich sprechen
in reimen sogar Heine 1, 36 El»ter.
hanidoser:
da fühlt' ich in den äugen (aereizt von twUbütcliolen)
Holen ein stechen,
dasz mir die thrSnen auT die wangen flössen
W. .Mt-LLER gedictiU (1868) 2, 8*.
überJmupt ein stechen im köpfe: wenn schärfe ein ste-
chen oder brennen ihr verursachte, wenn ihr der köpf
ein wenig wehe that Bahrdt geschichte seines lebens
(17W>) >, lat; (auch beim Jagdfalken:) für das stechen des
federapieU soltu byrsenwurzeln nemen, saft daraus stoszen
and denselben auf seinen köpf und in die nascn giessen,
so vergeht ihm das stechen Feierabend falknerei 50».
ß) von »editehen schmerzen: bey diesem anblick zieht
sich das bange leben in mich zurück, drängt mit glutb
and stechen durch die adem nach dem herzen Klinobr
1, S40 {ßionradin 4,4); vgl.: were es nicht gnugsam ge-
west, d*M7. dl«! starcke vnd jnbrünstige liebe jm jren
spHx vnd stechen zu uersachen gegeben Amadis sa7.
f) enUprtekend stechen tB im sinne von bestechang
(•• th. I »p. 16S4): mit sehencken, geben, ntechen und
STECHENDBITTER-STECHER 1272
brechen der junckfrawen zä lieb er grosz wunder treyb
Arigo 269, 14 Keller;
wuchern, triegen vnd finantzen . . .
mit wechssei, stechen, listing Sachen
H. Sachs 1, 889, 19 KeUer-Oötse.
h) entsprechend oben stechen verb. 16 das stechen des
torfs (torfstechen), des spargels (dqfür das spargel-
stechen) u. s. w. man kann an gezähmten (tcoW-
schnepfen) das stechen nach Insektenbrut ... gut be-
obachten Naumann naturgesch. der vögel (1822) 8, 390.
i) entsprechend stechen verb. I8a das stechen des ge-
wehrs.
k) entsprechend stechen verb. 18b in der bedeutung von
stechschieszen: im stechen verlor ers nimmer, es
wer dann die senn zerstochen, verrückt oder zerprochen
6arg. 285 neudr.
STECHENDBITTER, adj.. bitter von gesehmack. so dasz
es auf der zunge sticht (vgl. stechen verb. 4) ; von stechend-
bitterem gesehmack. von geruch, der widerlich in die nase
sticJit: rinde und holz (der traubenkirsche) riechen wider-
lich stechendbitter ScHLECHTENDAL./?ora von Deutschland
25, 140; in einer Übertragung entsprechend stechen verh. 6a;
dieses sprach das schöne weih mit stechendbitteren
accenten Heine 8, 404 Elster (reisebilder 4). — stechend-
grell, adj.: dieser träum ist sehr bezeichnend ... als
äuszerung von Heines stechendgreller phantasie Elster
in der vorrede s. 6 zw Heine 7, d. h. so grell, dasz sie dem
(inneren) äuge schmerz verursacht (vgl. stechen verb. 8d).
— stechendsalzig, adj., Steigerung von salzig, fuszend
au/ stechen verb. 4; als adverb: (jodsaures kali) schmeckt
stechendsalzig Liebig handbuch der chemie (1843) 365. —
stechendsauer, adj., gebildet zu stechen verb. 4 als
dienlich zur Charakterisierung von chemischen säuren:
(phosphorige säure ist) ein pulver, welches einen stechend-
sauren gesehmack hat, vgl. Liebig handbuch der ehemie
(1843) 293.
STECHENTE, /., bezeicJinung einer art atts der gattung
der Säger- oder tauclierenten, mergus serrator L. Nau-
mann naturgeschichte der vögel Deutschlands 12, 233; nach
Brehm thierleben 6, 138 idrd unter den lummen uria grylle
L. auch als stechente benannt, vielleicht uxgen ihres ver-
hältniszmäszig langen und geraden Schnabels.
STECHER, m., zu stedun verb.: einer, der sticht; als
anlehnung an stich ist wohl zu beurtheilen: als nun der
bestimpt tag vorhanden, do kamen die bald sticher uf
die ban, ieder hett seine trabanten Zimmer, ehron.^ l,
611, 34.
l) entsprechend stechen verb. l von personen:
a) besonders Stecher, theilnehmer an einem tumier, einem
stechen, vgl. stechen verb. ie und 81 6; Stecher, hastilusor
Diefenbach 273'' (voc. von 1482); ein ieglicher Stecher
het zw6n kreigßrer deutsche städtechron. 10, 166, 85 (Nürn-
berg, jb. zum jhre. 1446) ; mitler zeit . . . haben sich vier
paar Stecher vom adel lenger denn ein stund gebraucht
(beim kampfspiel) Kirchhof weiulunmuth i, 63;
der künig wil under seiner kttniklichen krön
das clainet verschenken auss sein sell>s hant
dem, der fUr den pesten Stecher wUrd erkant
/attnaehUpieU 762, 96;
und ain Stecher on ain pfert,
die dink sint alle nit ains kots wert 695, 10;
ein jrflter stiser darlT ouch glUck,
die götcn Schwimmer trincken dick,
die guten stecher ouch ofTt feien,
dos man oira rönnet durch die kelen
Brant narrentehiff il , 19 (N) Zameke;
er sprach: das haben than
ir vfttter, so vor jaren
auch gute strclier waren
11. Sachs 8, 748 k'eUer-aUae;
ich hab zugesehen auff der ban :
die Stecher ritten dapfTer dran,
■ie machten gar vil e&tel 1er,
brachen ritterlich manich «per
18,99; r^. avehi, 4«;
'ist jemand hier, der konini hcrfOr,
der ftot^hen will um leib und ncel, um gut nad ehr,
und daaz dem teufel die «erle wirl'
da waren die atecher all verechwiemn,
keiner wollt dem Türken nicht obliegen,
dem leidigen mann,
der M> tretnkjh sUcnen kann
dm knaben teundcrhom 1 , 78 lloxberfter.
Cr.
1273
STECHER
STECHER
1274
ähnliche begriffe tinserm werte beigeordnet, besonders be-
liebt ein renner und stecher: es hab kurfürst Augustas
. . . mit meinem herrn vatem, welche beide gute renner
und Stecher gewesen, ein treffen mit einander gethan
SCHWEINICHEN denkwürdigheiten 20;
auch gab man ansz die denck allsand
den besten rennem und den Stechern,
den ritterlichen spänzerbrechem
mit ringen gar ein köstling krantz
H. Sachs 103, 397, 24 KeUer-Götze;
als er eygentlich sehen wil,
welcher der adelichen menner
wer der best Stecher oder renner
17, 226, 3.
auch sonst, doch ohne die sphäre inneziüialten: bruder
Albrecht nun wol daucht, er ein reütter und Stecher und
nicht eyn engel sein müsst Arigo 261, 12 Keller, vgl.
MoNTANUS schicanJcbücher 67 Balte; wir Stecher, rüter
und turnierer sein recht lüt, wir treiben die bösen geist
vsz. vnd sein vnsz gehorsam Pauli schimpf und ernst
72 Oesterley. entsprechend auch beim schifferstechen: die
Stecher trugen hier weisze kleidung mit rothen schärpen
Hartmann volksschauspiele in Bayern und Österreich 131.
b) Stecher entsprechend stechen verb. id besonders zahl-
reich in zusammensetxunrten, so bärenstecher, venator ur-
sarum (Stieler 2155), vgl. th. i sp. 1130 und die catholi-
schen wären nur so lange die Protestanten zu leiden
und zu dulden willens, bis sie gelegenheit bekämen, die-
selben aus dem wege zu räumen, es liegt nur am
bärenstecher, die haut ist längst verkaufiFt Sperling
Xicodemiis qiiaerens (1719) 2, 122; saustecher fh. 8 .sp. 1937
und Schweinstecher, poreinarius Stieler 2155. deutlich
in der metzgersphäre bewegt sich ferkelstecher als bezeich-
nung eines unzünftigen schlachters (der nur ferkel ab-
sticht) s. th. 3 sp. 1531. ganz scherzhaft ist mückenetecher
als bezeichnung für einen narren, der zum Zeitvertreib
mucken mit einer nadel aufspieszt (s. th. 6 sp. 2613).
r) Stecher in der bedeutung 'märder' (mit beziehung auf
stechen Idy) gehört hauptsächlich der älteren spräche an:
Stecher, assassinits quelle des H.jh. bei Schmeller^ 2, 724,
vgl. auch ünger-Khull steir. tcortsch. 571'';
der (herzog Luduig von Baiern) forhte smorgens
niht ein här
den t6t, den er des äbents leit,
dö in der Stecher versneit
ze Keleheim
Lamprecht von Rf.gbnsburg s. Franeuken
leben 561 Weinhold;
er hiej Stecher ziehen :
an swem er sich wolt rechen,
den hiej er waerlich stechen
Emkel iceUchron. 28040 Stratich,
■kto in der anmerkung ein lateinischer parallelbericht her-
atigezogen tcird, icelcher durch latein. stecharius den schon
techniscfien Charakter des \cortes bezeugt;
swen der keiser stechen hie?,
den stach der stecher an der stat,
swenn in der keiser stechen bat 28102;
dem beleg bei Lamprecht aber verdankt Zschokke den
unbekannten stecher und meuchelmörder auagew. Schriften
30, 332.
d) entsprechend stechen verb. \f: stecher caelator Stein-
bach (1734) 2, 711; Dentzler (l7l6) 273"; vgl. ein . . . äva-
y?.vnTTiq, das ist ein subtiler stächer in gold Stumpf
Schwytzerchronik (1606) 361». besonders kupferstecher (th. 5
»p. 2769). heute über acht tage will sie der stecher ab-
liefern Göthe IV, 17, 93, 2 Weim.; man kann von diesem
wundersamen manne (Georg Friedr. Schmidt 1712 — 75)
sagen, dasz zwey der trefTlichsten stecher in ihm ver-
bunden seyen. wie er auch irgend die kunstart eines
andern nachahmt, tritt er immer von seinem auszer-
ordentlichen geiste begleitet als original wieder hervor
'iÖTHE 44, 229; Zeichner und stecher übersetzen alles . . .
in die manier ihrer schule Justi Winckelma7in (1866)
1, 368; der stecher der platte zu den stadtkämmerei-
scheinen Gutzkow ritter vom geiste 9, 470. bezeichnend
genug hat der stahlstecher daneben nur venig räum, vgl.
oben sp. 583 U7id das unter stechen l/. gesagte, ganz im
allgemeinen beicegt sich bilderstecher caelator imaginum
Steinbach (1734) «, 7ii. — petschaftstecher (th. 7 »p. 1579),
Cr.
daneben das heute nicht mehr gebräuchliche petschier-
stecher (sp. 1580), auch siegelstecher (th. 10, i sp. 910).
e) nach Heinsius 4, 760» hei.fzt auch der ta^elöhner.
Kelcher torf gräbt (sticht), der Stecher (vgl. dazu stechen
16 sp. 1266).
f) in der bildlichen Übertragung von oben 1 a stecher
der theilnehmer an einem zechturnier. s. dazu den aus
Weckherlin geschöpften beleg oben unter stechblatt. —
hierher gehört auch die Zusammensetzung schoppenstecher
(th. 9 sp. 1568) ,- als früher beleg ist hier nachzutragen aus
dem jähre 1827 die Unterschrift eines Coblenzer artülerie-
Unteroffiziers unter ein Riepenfiausensches stamjnbuch-
kupfer mit der darstellung commersiereiider Studenten:
es leben alle schoppenstecher 1 die widmung aber dein
alter freund und schoppenstecher zeigt in ursprünglicher
reinheit die jetzt noch viel gebratuthte, aber verderbte Ver-
bindung du alter freund und kupferstecher:
o alter freund und kupferstecher,
geniesz' nur heut' den vollen becher
Honig aus dem. Göttinger bürgerlelen- 27.
zu der unter schoppenstecher atisgesprochenen vermuthung
über den Ursprung der Wortzusammensetzung ist auch das
unter stechen verb. 15 ausgeführte zu vergleichen.
g) obscön entsprechend stechen verb. 20: alter stecher
verliebter alter kerl Martin-Lienhart dsäss. mundart
2, 572''.
2) als Tiatne von thieren:
a) in Oberösterreieh heiszt der rotrückige würger (lanius
collurio) der stecher, wohl mit rücksieht auf seine ge-
icohnheit, die gemachte beute auf dornen zu spieszen
vgl. zs. f. d. ph. 21, 209 und dazu Süolahti vogelnamen
(1909) 152.
b) in mückenstecher (th. 6 sp. 2613) besonders name für
mttscieapa grisola, getoöhnlicli fliegenschnepper (s. th. 3
sp. 1788) genannt: vgl. Süolahti vogelnamen 143, dafür
auch fliiegenstecher Eber-Peocer vocab. (1552) E e*» und
Süolahti a. a. o. —
audt unser getcöhnlicher ziegen/melker, caprimulgus
europaeus, heiszt \cegen seines eifers im insectenfung
mückenstecher Popowitsch 407 — sonst heiszen über-
haupt mehrere kleinere singvögelarten mückenstecher Süo-
lahti vogelnamen 74.
c) wie oben stechbüttel und unten stechfisch heiszt
gastrosteus aeuleatus selten auch stecher Brehm thierleben
(1890) 8, 164.
dj in Schlangenstecher bezeiehnung der Wasserjungfer,
libdlula Nemnich- (th. 9 sp. 470).
3) als geräthbezeiehnung :
a) sOchicaffe, insbesondere 'deich, langes messer, beson-
ders zum stechen', stecher, verborgener dolch un bourdon
dedans leqtiel est un estoc cache HuLSius (1616) 307'»; eine
heimliche wehre, stilet oder stecher sica Corvinus /on*
latinitatis (1646) 783; begab sich auf ain zeit, das sie
baide zu Wildenstain waren und ob disch sassent, das
sie abermals der sachen so spenni«!, das herr Johanns
Wörnher aus zom ain langen stich er, wie dozumal der
sitt gewest zu tragen, über sein herr vatter zuckt und
wenig gefeit, er het den in in gestochen Zimm. cJiron.'^
1, 460, 32; man verpeut euch alle vmrfliacken, perkhacken,
kreizhacken, all stecher oder was hacken die seint, die
ir zu der wehr tragt tirol. iceiath. l, 74, 33 (Kitzbühel
um 1600); etliche mit der spitz des Stechers, so nicht
fehlt, oder mit einer lantz werden wie frösch gepfählt
Treuer deutscher Dädalus (1675) i, 525; dann ihre pantzer,
hämisch, Sturmhauben aufif teutsche manier, ihre säbel
and Stecher meisten theils mit lauter silber und gold be-
schlagen gewest Abraham von S. Clara auff, auff ihr
Christen 170 Wiener neudr.; die graue montur mit dem
Stecher an der seite steht im einzig gut Rosegger Schriften
6, 51 ; seltener in der offensichtlichen bedeutung von stech-
degen: stecher, rapier, sica Frischlin nomencl. 453, wie
denn auch stecher trusile Diefenbach 600» stechdegen
und Stechmesser gleiehertceis bedeuten kann; franzosen-
stecher als name einer steiriachen bauernwaffe, urkund-
liche quelle bei Unger-Khüll 260''.
b) entsprediend stechen id ß stecher ein gabdförmiger
spiesz, dienlich zur fischiceide: das fischen mit dem stecher
allg. deuttche bibliothek 116, 548.
Cr.
1275 STECHERCHEN— STECHERLEIN
STECHERLING— STECHFLIEGE 1276
c) Stecher, die breite, geradestehende schaufei der torf-
gräber (stechet s. oben vtiter le), welche die torf stücke inm
allen Seiten lossticht Krünitz 171, llO.
d) Stecher in der kilche ein hohlmesser, welches aus den
gesefUUten äpfeln das gehäuse entfernt Amaranthes 83
und 1896. s. auch oben apfelstecher {th. i sp. 53G).
e) Stecher in der Studentensprache eJiemal-s ein tinten-
fast von hom, mit einer eisernen spitze versehen, um es
in dem tisch damit zu befestiffen; von den Studenten in
den Hörsälen benutzt. G'öttinger student (1813) 174. 1876 wurde
das geräth noch von Marburger Studenten in Straszburg
gebraticht, um 1880 aber verboten, weil durch das hinein-
stechen die tische zu sehr beschädigt tcurden (mittheilung
V071 Edward Schröder).
f) Operngucker, Opernglas:
und mit dem Stecher, welch' ein pfiff (kniff),
da koketier'n s' a bissei,
und ich hab' statt ein perspcctiv
nichts als ein' Zimmerschlüssel
Raimund werke (1881) 3, 427.
vielleicht dasz es sidi dabei um eine scherzhafte Über-
tragung von 3 a handelt, dasz die bezeichnung in dieser
Sphäre aufgekommen ist, machen die ei~iceiterungen feld-
siecher, dann auch krimstecher {fin doppdfemrohr, %me
e» zuerst im, Krimkriege benutzt tcurde) wahrscheinlich,
doch vgl. oben stechbrille.
g) eine nadeiförmige Vorrichtung im schlosz der (kugd-)
büchse, welche den abzug auf das feinste spannt (sticht,
a. stechen verb. 18 a), so dasz er schon durch den leisesten
druck in beicegung gesetzt werden kann (vgl. auch unten
stechschlosz) Hoyer Wörterbuch der artillerie (iSOi) 2,2, 197;
es versteht sich, dasz, zur Schonung des Stutzers und
Stechers, das schlosz mit einer lederkappe gedeckt sein
mnss ZscHOKKE ausgetc. Schriften 9, 194; mein finger
bebte am Stecher; ich wusste nur, dasz ich zielte, plötz-
lich fiel der schusz Ebner-Eschenbach ges. Schriften
4, 174. ähnlich auch sdion bei der armbrust: so gehts
auch mir (d. ä. ich kann nicht mit der armbrust schieszen),
ich drückte stets zu früh den Stecher los Arnim Schau-
bühne 1, 118. sonst icird die vorriditung auch schneller
genannt {s. th. 9 sp. 1302 unter 3 g).
h) tH der orgd öffnet beim druck auf die taste der
Stecher rfo* Sperrventil, so dasz der tcind in das werk treten
kann. vgl. auch unten stecherscheide, dem vorigen ähn-
lich nennen auch die Uhrmacher die feder, welche die wind-
lade einer flötenuhr öffnet, den Stecher Campe, KrOnitz
171, 110.
i) Stecher bei den hutmachem die kopffache (vgl. kopf-
fach th. 5 sp. 1773), welche beim, walken auf den hut gelegt
werden Campe; Krünitz 171, lio, d. h. wohl den deckd
des hutkopfes (s. hutkopf th. 4, 2 sp. 1990) bilden.
k) ohne Zusammenhang mit dem vorigen ist aber der
finkenstecher, ein drei.spitziger hut Schmeller*2, 724.
4) Stecher, scherzhafte henennung eines kleinen rausches
TOBLER appenz. spracJischatz 407''; der stächer Seiler
Basler mundart 276»; wolU eine Übertragung von 3a unter
dem einflusz einer redensart wie er ist angestochen, hat
über den durst getrunken: mein vater kam . . . wohl auch
mit dem hütchen auf der seite und einem kleinen Stecher
heim Gottiielp schriften (1855) 5, 22.
6) entsprechend oben stechen verb. 11 die stechende {den
stich gewinnende) Spielkarte: siecher charia ultima et
victrix Stieler «66.
STECHERCHEN, n. deminut. zu siecher Sa: da hab'
ich ein orthand von meinem alten degen, wir wollen
es an die kappe flicken, so denken die leute, das
•techergen steckt drunter Weise liebesalliance 138.
STECH ER EI, /., Handlung, Vorgang dea atechena:
siecherey punetio. ictua, plaga Stieler 2156; heute noch
aUgetnem ü» meiserstecherei : wir erlebten eine grosze
mcssersteoberai «t. ä. im niederäeutaehen eine beaondere
betaiekmuHf fOr 'tumier' (a. oben stechen aib); N. stack
to Paienhafen vnde wart so ghestekon do dar in der
•tekcrye. dat he dar van starir Lerrrck achaumburgiaehe
dtroniic 177.
STECHERKUNST, /., abgeleitet aus kopfersteoherktinst
M StBIMBAOH (17M) 1, Ml.
STEGHERLKUI. n.. demtituU. au steober.
1) stecherlein, ein hündchen, das hauptsächlich zum
aufscheuchen dea wildes benutzt roird Schmeller-2, 724
(vgl. oben stechen ii ß sp. 1239): wenn sie schon in vera
scientia nur kleine stecherin, stallpumperln sind A. Bucher
bei Schneller* 2, 724.
2) entsprechend Stecher Sa ein kleiner dolcJi: das
stecherlein pu^uncuitw Stieler 2155; stecherlein ^unto-
ruolino, stilettino per am,mazzare, nettare et sparare un
porco Kram er, dict. 2 (1702), 919«.
3) entsprechend siecher 3/. ; stecherlein, concavglas für
kurzsichtige in liorn oder metall gefaszt, lorgnette Schnel-
ler* 2, 724; vgl. dazu oben stechbrille.
STECHERLING, m., verhochdeutschtes ndd. stekerling,
unser gewöhnlicher stichling (gastrosteus aculeatus);
stecherling, ein kleiner fisch, als im brandenburgischen
an der Spree Frisch (1741) 2, 324»; vgl. Frischbier 2, 364«»
und oben stechbüttel, siecher 2c, soicie unten stechfisch.
STECHERLOHN, m., bei Kram er (1702) 2, 919« dasselbe
wie unten stechlohn; nach Campe auch die belohnung,
welche der kupferstecher für seine arbeit erhält.
STECHERSCHEIDE,/., in der orgd eine leiste, in welcher
die sämmtlichen Stecher (». Stecher Sä) sich betcegen.
STECHFACH, n., die stdle, wo ztcei von entgegengesetzter
richtung von den bergen herabkominende holzriesen (das
sind aus glatten bautnstämmen kiaisüich erbaute waaaer-
runseti, vgl. riese th. 8 sp. 984) in eine hauptriese zu-
sammenlaufen (zusammenstechen) Schmeller* 2, 724;
das fach einer solchen holzriese (die natürlich mehrere
fache haben kann) liat aber ungefähr eine länge von
25 schuh, ebenda l, 685.
STECHFELDISCH, adj., bei Fischart wohl mü he-
ziehtmg auf das oben unter stechblatt und stechen l Ar
ausgeführte: eselschreyende zanbrecher, stechfeldische
wurt groszmutter 72.
STECHFINKE, m,., finke, welclier als lock- und fang-
vogel dient: im frühling nahm der alte vogler stets ihn
(den kleinen Qotthelf) und einen stechfinken mit in den
heildunkeln wald, um etwas zu fangen, während der
alte zusah, wie sein mit leimruten bestecktes finken-
er die eifersüchtigen männchen auf sich lockte; so
schauete der kleine auch mit hin, und lief zuerst dazu,
sobald sich einer an dem singenden bischer ... ge-
fangen hatte J. Paul 54, 14 (leben Fibels); vielleicht
falsch verhochdeutscht aus ndd. stekfinke 'g^esselter finke'
(vgl. unter stecken^ verb.); richtiger wäre nhd. steck
finke (vgl. auch unter steckgarn). im vergleich: endlich
hielt der Hallore es auch nicht mehr aus, . . . fuhr wie ein
stechfinke auf das finkenmännchen in seinem wasser-
gehege J. Paul 52, 4 (Katzenbergers badereise 2).
STECHFISCH, m,. icie oben stechbüttel und siecher 2c
gastrosteus actUeatus Heinsius 4, 760''; siechfisch pesee-
Spina, perca, persica Kramer teutaeh-ital. diet. (1708)
2, 919''.
STECHFLIEGE,/., eine graue fliege (ähnlich der stttben-
ßiege), doch mit wagerecht a«t» dem maule vorstehendem
Stechrüssel (s. u.), mit welchem sie empfindlicli stechen
kann, stomoxys ealcitrans Brehm thierleben 9, 618 (vgl.
allgem. deutsche bibliothek 68, 158) ; doch sollen ihre flügd
offener stehen als die der Stubenfliege KrCnitz 171, 111:
andere haschten . . . während des verhörs Stechfliegen
vom geländer der gerichtsschranken MusÄus phyaiogn.
reisen (1778) 4, 81; Stechfliegen mit groszem anstand auf
den waden todtschlagen vgl. Lichtenberg verm. achrißen
(1800) 4, 150; winzig kleine Stechfliegen und mUcken
Naumann naturgesch. der vögel Deutschlanda (1888) 8, a, 684;
die zahllosen schwärme kleiner Stechfliegen am tiefen
seeufer waren jetzt eine zu grosze plage Ritter erdkunde
10, 821; die larven und puppen . . . der Stechfliegen leben
im Wasser und bilden die hauptnahrung unserer sUsz-
wosserfische Babr reden und aufaäiae \, 844 (dotk handelt
ea aieh hier toologiaeih um Stechmücken bemerkung von
F. E. Schulze); neun uhr vormittag ist es, die zeit, da
im Sommer auf dem feidc die ochsen «asgespannt wor-
den müssen, weil die Stechfliegen ihr anwesen treiben
in der tageshitz«; Rosbookr 16. 816; das von Stechfliegen
gepeinigte pferd Vibbio daa aehUifenda haar x, 8; von einem
hengat okna aehweif, um die ßiia§m dmmit «bmhran au
Können i
Cr
1277 STECHGABEL-STECHHÄNDEL
er läuft, er stürzt, er kann nicht mehr;
Stechfliegen quälen ihn
Gleim Khriflen (1798) 1, 204;
in einer art sprichwörtlicher Verwendung: Stechfliegen
stechen leichter durch einen seidenen als einen wollenen
strumpf J. Paul 5, 60 (grönländische prozesse l); im ver-
gleich: wann ihm eine kanonenkugel um die obren pfiff,
so schüttelte er mit dem köpfe, als wolle er eine Stech-
fliege von sich jagen Kotzebüe dram. werke i, 68; die
behauptung, ein auferstandener Christ falle nicht gröszer
aus wie eine Stechfliege J Paul 2, 189 {unsichtb. löge 2) ;
die gedanken . . . quälen uns oft ebenso wie mucken
und Stechfliegen Tieck schrißen (1828) 6, 314.
STECHGABEL,/.: stech gabel/i«ci/ia venatica Stieler
602, wohl hauptsächlich für die ßschweide; danach allge-
meiner Campe, Heinsius i, 760'' u. a. stechgable, heu-
gabel, heuforke Hunziker Aargauer wb. 252.
STECHGARX, n. in einem ausscJireiben der direction
der oberJiessischen eisenbahnen vom 13. nov. 1872 werden
als bureaubedürfnisse au/gezählt packlack, kordel und
stechgam.
STECHGAUL, m., tumierroszi*): ich bin so truncken
wie ein stechgaol engl, comedien und tragedien (1624)
Aa 17«.
STECHGELD, n., wie oben stecherlohn 'lohn, welcher
dem {haus)schlachter für seine arbeit gezahlt wird' : stech-
gelt ammuzzatico scannatico Kramer dict. (i702) 2, 919*;
mit scherzhafter beziehung darauf: der kommand<int liesz
ihm {dem Soldaten) für jeden {erstochenen Franzosen) ein
halbguldenstück stechgeld bezahlen Hebel 3 (1853), 109.
STECHGESCHEXK, n.. geschenk, welches der bestechung
dienen soll {vgl. stechen verb. 13):
ja, si nit dauren kunten,
wann gefölt si nicht funden
yr' rechte faust mit stechgeschenk
Melissus Psalmen 94, 10 neudr.
STECHGESELLSCHAFT, /. ; sie nahmen dissmal ihre
drey übrige gesellen mit in ihre stechgeselschaft Buch-
HOLTZ Herkuliskus (1665) 103.
STECHGEZEüG, n., das zum ausstechen dienliehe hand-
icerksgeräth der tischler Frisch (1741) 2, 324» und danach
C^mpe; vgl. oben stechbeitel.
STECHGINSTER, m., cytistis scoparius L., die charakte-
ristische hulsenstaude der norddeutschen heiden; ulex euro-
paeus L. Adelung; Oken 3, 3, 1642; Schlechtendal
flora von Deutschland 23, 55. schon wildwachsend im alten
England vgl. HooPS waldbäume 256. -wegen seiner vielen
stechenden spitzen an blättern und Stengeln auch skorpion-
kraut {th. 10, 1, sp. 1328 U7iter 2) und skorpionpfrieme
(sp. 1329) genannt, in der form stechginst:
ihr ohr bethört' ich so,
dasz sie wie kälber meinem brüllen folgten
durch scharfe disteln, stechginst, Strauch und dorn,
die ihre beine ritzten Shakespeare 4, 286 {stürm 4).
s. auch noch oben hecksame (th. 4, 2, ap. 748).
STECHGRAS, n., stechendes gras, übertragen: der
Schmied von Volters, der mit einer riesensense da war,
rief, als er die vielen blitzenden bajonette sah: 'das
höllische stechgras musz man mähen!' und fuhr mit
seiner sense wütend drein Rosegger Schriften (1895) 2, 108.
STECHGROSCHEN, m., nach Adelung im amte Gie-
hichenstein bei Halle eine abgäbe, welche eine zur neuen
heirath schreitende wittwe dem grundherm zahlen muszte.
vgl. unten stechschein und stechzettel, zur bedeutung
auch oben stechen verb. 20 und den ähnlich groben sinn
von sprungthaler {sp. 206).
STECHGÜDSE, /., bei den achiffsnm,merleuten ein Mei-
ner oben dem stechbeitel ähnlicher hohlmeiszel Campe.
STECHGÜRKE, /.. sicyos angulata L. Schlechten-
dal flora von Deutschland (l880) 22, 17.
STECHHAFT, adj., bei Stieler in eigentlicher und
übertragener bedeutung : pungens, ictu feriens, acuminatus,
acutus, euspidatus, gpinosua. — objurgatorius, censorius,
rigidus insectando 2156.
STECHHAMMEL, m.. zum achlachten bestimmter hammel
Campe, vgl. stechen verb. id.
STECHHANDEL, m., tauschhandel {wo wäre an wäre
gestochen wird, vgl. oben stechen verb. 12"). Stechhandel,
Cr.
STECHHAUFEN— STECHHOF
1278
trafßco ä scambio, baratto, trocco Kramer diet. (1708)
2, gig*»; danach auch Campe.
STECHHAÜFEN, m., in der spräche der scUachter ein
häufen Schlachtvieh Adelung; vgl. unten stechvieh. ge-
nauer das Schlachtvieh, das die fleischer über ihr ordent-
liches vieh der Stadt zur notdurfft schlachten dörfen
pecora eoctra ordinem laniis mactanda permissa Frisch
(1741) 2, 324», sonst auch der sonderhaufen genannt, der
empfindsame knabe konnt's nicht aushalten, dasz der
gerichtspfleger den patron . . . vom würgen und ab-
schlachten der delinquenten unterhielt, als war vom
Stechhaufen der masthämmel die rede Mv SÄxj s physiogn.
reisen (1778) 4, 20.
STECHHEBER, m., eine an beiden enden offene, nach
der m,itte zu verdickte glas- oder metallröhre, deren obere
Öffnung durch den darauf gedrückten finger leicht ge-
schlossen werden kann, der stechheber dient zum heraus-
heben von flüssigkeiten aus fässern u. dgl., denn er füllt
sich beim eintauchen (einstechen vgl. oben stechen verb. 15)
tn die flüssigkeit und bleibt gefüllt, wenn man ihn mit
verschlossener oberer Öffnung xcieder herauszieht: stech-
heber, ein {metair)TÖhT\em Amaranthes frauenzimmer-
lexicon (1715) 1096; Eggers kriegslexieon (1757) 2, 985; der
stechheber . . . das tropfglas sind anwendungen dieses
gesetzes {vom druck und gegendruck der luft) Liebig
handbuch der chemie (1843) 1, 30; man trennt die auf die
Oberfläche sich begebende delphinsäure von der wasser-
schicht mittelst eines stechhebers Sprengel cAewiie/ör
landioirthe (1831) 2, 495. — wenn ein kostetrunk von ihnen
begehrt wird, laufen sie mit ihrem stechheber behend
in die erste beste niederlage, heben bald aus diesem
bald aus jenem fasz ein maalvoU aus MusÄus phy-
siognom. reisen (1778) 3, 105; er nahm den stechheber
und steckte ihn zum Spundloch ein W. H. Riehl natur-
gesehichte des volkes (I85l) 1, 138. — personificiert: 'ihr
nimmersatten!' scholt das geizige weinfasz den stech-
heber und die flaschen: "wenn werdet ihr endüch genug
haben?' Kretschmann xcerke (1784) 6, 74.
STECHHELM, m,., der eigentliche tumierhelm, welcher
bis auf ein paar augenlöcher völlig geschlossen dem köpfe
gegen den stich des gegners guten schütz gewährte, der
nur durch ein guter (rosthelm) oder durch spangen im
visier geschützte 'tumierhelm' kam später auf und wurde
besonders beim Schwerter- oder kolbentumier benutzt Boe-
heim Waffenkunde öseff.; Freytag 18, 392. begrifflich eins
mit dem in der zeit von 1380 — 1420 in Frankreich madischen
heim ä tete de crapeaud Köhler kriegsxcesen 3, 1, 82.
niederd. stekehelm : 1 olden stekehelm Wismarer inv. bei
Schiller-LCbben 4, 379*. daneben auch stekelhelm: eyn
ydel leddyg eydop is twar neyn gud stekelhelm Koker
322; — alte ritter mit stechhelmen und verloschencH
Wappenschilden Gaüdy werke (1844) 19, 77; statt des stech-
helms glänzt die mitra, statt halsberg' das pallium 11, 165;
auch einen stechhelm schön formiert,
mit federboschen dick geziert
Spreng lUa» (1610) 54«.
der stechhelm eine beliebte heraldische krönung des tcap-
penschildes; vgl. Querfurth heraldik 160: dasz er sich
vom pfaltzgrafif einen wappenbrieff und einen stechhelm
mit einem federbusch geben lassen Arnold unpart.
kirchen- und ketzerhistor. (1699) 2, 216''. — als Übertragung
bietet J. Paul den stechhelm für den verscMiisz einer
Champagnerflasche: mit vorsieht feilte Leibgeber an der
ersten (flasche) die Sperrkette der fruchtsperre ab und
zog ihr den stechhelm aus und öffnete sie wie ein —
testament werke 11, 40 {Siebenkäs l).
STECHHENGST, m., ausgezeichneter als unten stech-
pferd: ein besonders muthiger hengst, der sich für den
tumierkampf eignet: item haben durch urtl erkant, das
der pfleger und richter auf Ramüsz soll selbdriter bei
der pruggen sein zu rosz, und selbs auf ainem stech-
hengst unter den dreien hengsten sitzen, und sollen drei
lanzen bei inen haben und in dem wasser auf und
nider reiten Tirol, toeisthümer 2, 315, 19 {Xauders 1436
und 1531).
STECHHOF, m., eigentlich dasselbe tcie oben stechbahn ;
«. auch unter tumierhof, dann überhaupt allgemein 'tur-
nier': anno 1416 jar was der grosz stechhoff hie {zu
Cr.
1279
STECHHOLZ -STECHKRAUT
STECHKUNST- STECHMESSER
1280
Augsburg) mit hertzog Ludwig von Bairen und vil stet
und waren sechtzig heim auff der pan und stachen
die von Augspurg all under iren wauppen deutsehe städte-
ekron. 4, S19, SS;
es geschah an eyner frawen das,
die vil bey stechbofen was
altdeutsche enöMungen 150, 11 Kelier.
STECHHOLZ, n. l) in älterer spräche die ttimierstaru/e :
ich hab das pest gethan, wann ich hab VIII stechholz
Verstössen Maximilian I. an Sigmund von Prüachenk
i./ebr. 1478. d. h. auf der tartache des gegnera, wie man
denn, um solchen rt^m tu getcinnen, die eigene stange
immer schicächer nahm. vgl. Bobheim waffenkunde 564
und unten stechstange.
2) ein holz von etwa zioei fusz länge, welches den stich
{das geschmolzene metall) über das gestühe (». gestübe 2 a
th. 4, 1, 2 sp. 4260) der oberbrust des vorherdes führt Campe,
KrOnitz 171, 112. vgl. auch unter stichherd %tnd stich-
ofen sowie oben stechen verb. i m sp. 1841.
STECH IG, adj., stechend, was sticht: stechicht ^»Mti^en*,
ietu feriens, ficuminatus, acutus, cuspidatus. spinosus et
metaphor. objurgatorius , censorius, rigidus insedando
Stieler 2156. den allgemeinen sinn einer Verstärkung hat
wohl: und sollend zwüschen den küngen /rid machen,
wann sy grossen stechigen krieg mit ainander hattend
RiCHENTAL Chronik des Const. conzils 148.
STECHIMME,/., wie oben stechbiene: der bohrer {der
schlupf wespe), welcher . . . dem stachel der stechimmen
gleicht Brehm thierleben 9, S33 Pechuel-Loesche.
STECHKAHN, m.. {ßusz)kahn, welcher mit der stech-
stange (*. dort unter 2) von der stelle getrieben wird.
STECHKALB, n., zum schlachten bestimmtes kalb: von
mastrindem, weydfleisch, verheylten stieren, verwundten
stechkelbem Oargant/ua 76 neudr. vgl. oben stechham-
mel und stechhaufe und unten stechvieh, sowie stech-
schaf und stechschwein.
STECHKAMM, m., ein {besonders in Frankreich) von
den nadelmachem benutzter kämm, mit eisernen zahnen;
mit ihm werden in die nadelbriefe die likher für die ein-
zeln hineimustechenden Stecknadeln geschlagen Campe, KrO-
nitz 171, 112.
STECHKANNE, /., in Bremen ein masz für flüssig-
keiten, und zwar gehen zioö// stechkannen auf ein oxhoft
Campe, KrOnitz 171, ii2; besonders bei den walfisch-
fängem gebrättchlich: mensura major pinguedinis liquidae
Ceti Frisch (1741) 8, 384».
STECHKANONFJfVOLL, adj.. sinnlosbetrunken. 8t6ck-
kannunefol Meisinoer Rappen, mundart les**.
STECHKERNDISTEL, /., wie unten stechkraut l. car-
duus marianus L., sonst auch frauendistel {th. 4, i, l
tp. 78) oder mariendistel {th. 6 sp. 1636) genannt Nemnich,
Campe, über den grund der namengebung s. unten stech-
kom.
STECHKISSEN, n. l) das schutzkissen , welches nach
Maximilians I. Vorschrift während des tumiers die brüst
des Pferdes schützen sollte Boeueim waffenkunde 568. s.
auch die abbildung auf s. 565.
2) das mit sand g^üllte lederne kisaen. auf wdches die
Kupferstecher die pUMe während der arbeit legen, damit
«ie »ich nach allen Seiten bequem bewegen lästt Campe,
stechküssen KrOnitz 171, 113. sonst auch sandsack («. th. 8
tp. 1771) genannt.
STECHKLEE, m.. medicago polymorpha L. Nbmnich,
Campk, der gewölinliche schneckenklee {s. th. 9 sp. 1819),
auch scbneckenluzcrne genannt.
STECHKNIE, n.. im Schiffsbau ein {im recJden winkel)
kni^fÖrmig gebogenes hole, welches die deckbalken mit der
«Hutenhaiui {den planken) des achiffes verbindet Campe,
Stbnzbl »eemänn. wörterb. WOf'.
STECHKORN, n.. der Ölige und schleimige samen der
stechkemdistel {earduiu marianus L. aüybum marianum
Oärtn.); er wurde in den opotheken als heümiUel gegen
•eitcDctecbeii verkai^, vgl. MAi~riiioLUB-CAMEHAKiit8
(UiO) tu' und Okkn (IBM) 8, 731. nach Campe lunszt
much die pflatttr selbst steohkorn, plur. ntechkömer.
STF.CHKHAIIT, n. 1) mndmv bueichnung von Carduus
m«rianu» L. (silybum marianum Oärtn.) Matthiolus-
Cambrarius (IMO) tsft*. «. oben xteclikcmdistel.
Cr.
2) cnicua acarna L., aucli fischdistel {th. 3 ap. 1682) ge-
iMtmt, allgemeine deutsche bibliothek (1765) 30, 9; Campe.
STECHKUNST, /., die kunstübung des kupferstechens.
STECHKUSZ, m., kusz, welcher sticht {vgl. oben stechen
verb. 2 b) : die gnädige fraa verzog das gesiebt grimmig
bei dem stechkusz Hauff ■loerke 2, 71.
STECHLANZE, /., twnierlame: stechlantze lanzia da
gioatra ö da correre la diintana Kramer dict. 2 (l702) gig* ;
sonst: der fang der Schwertfische wird . . . mit stech-
lanzen betrieben Brf.iim thierleben 8, 84 Pechuel-Löache.
STECHLAUB, n., dasselbe wie unten Stechpalme Nem-
nich, Campe; stechlaub Hex aquifolium L. Toblbr Ap-
penz. Sprachschatz 407''.
STECKLING, m.. wie oben stechfisch dasselbe wie unten
das geioöhnlichere stichling: siechling perca, persica. pesee-
pina Kramer dict. 2 (1702) 919''.
STECHLÖFFEL, m.. in der apracJte der münztechnik
ein löffel mit einer Öffnung in seiner rertiefung, icodurch
das Stechmesser (s. unten Stechmesser 8) gestoszen wird
Campe.
STECHLOHN, m. bei Kramer dict. 2 (1702), 919 das-
selbe wie oben stecherlohn und stechgeld.
STECHMÄSZIG, adj., wie zum steclien gerüstet, dann
auch 'ergrimmt, gehässig, feindlidi' : umbs glauben willen
stechmessig Capito antwort auf Tregers vermanuug B 4''.
STECHMÄUSEL, /.. im tumierzeug entsprechend oben
Stechachsel ein panzerschutz der muskeln {s. maus 7. th. 6
sp. 1819) des linken armes in der eUenbogengegend, franz.
gardebras Boeheim waffenkunde 77; 142. die groszen stech-
mäusel legen sich auch noch scliützend über den halben
Oberarm, einen ähnlichen schütz gewährte das mlid. mü-
senier Benecke-Zarncke mhd. Wörterbuch 2, l, 278.
STECHMEISTER, m.. ein fechtlehrer. zunächst für den
gebrauch der Stichwaffen, im folgenden ganz allgemein,
dazu in anlehnung an ein niederd. stökemester bei dem
Braunschweiger Bucholtz: mein bruder hatte . . . in-
ständig angehalten, ihm 8 wochen frist zu geben, welche
zeit über er seines guten fecht — und stechemeisters
Unterweisung sich noch wolte gebrauchen Herkuliskus
(1665) 965.
STECHMESSER, n. l) ein langes, dolcliartiges messer.
Stechmesser cluniculum Diefenbach 128'', pugio 471'',
trusUe 600»; nov. gloss. 373», trusorium gloss. 600». Hul-
sius {aus Gent) hat stechmesser coupegorge des bottchers,
le cousteau dont ils escorgent les bestes, colteüo da scanare
dict. (1616) 307'', zieht aber doch stcckmesser vor, in
anlehnung an niederd. stfkemetz: stekemest trusil* vor.
Engelhus. bei SchillerLübben 4, 379''; so heiszen die
langen messer der Sachsen stekemeste in der Magdeburger
schöppenchronik 15,27 {städtechron."). auch: nen man schal
stekemest dragen, dat lenger is also twe quarter in dem
lemmelen na der lubeschen mate Dithmarsisches land-
recht 2, 222. von einem hamburgischen spiel stfikmest, bei
welchem ein messer kunstvoll geicorfen werden mustte, be-
richtet Koppmann im niederdeutschen korrespondenzbl. 2, 9«.
in einer angleichung an hochdeutsche consonantenstand
Stechmetz trusile Diefenbach 600»; stechmest yta»r»Mm
nov. gloss. 175''. — in der hauptsache dient das stech-
messer zum abschlachten des rriehs: der floischer oder
metzger schlachtet das mastvieh im schlachthause mit
dem stech- oder schlachtmesser {arte son grand cotisteau^
CoMKti IV 8 janua aurea (1644)421; stechmesst-r coltello n
Scannare Kram er dict. 2 (1702) 919''; als scltlachtmes.sfr
(gtfechmisa) Follmann loihring. Wörterbuch 494»;
burccnneister : du soll unps weiter «eigen ahn,
womit sie dieses mordt handt thon
Elias : ich redt ietz mahl zne dii«or frist,
dass mit stechmessern gescholien ist
Endinger juden*i>iel 67 neudr.
8) ein langes messer, um kräuter damit aus der erde
heraustustec^ {vgl. stechen verb. 16); so verdtn mit dem
fitochmesser dittkn {als sdtwein^utter) gestochen Marti N-
LiKNHART rlsäM. mundarUn i, 671; attjf das spargdttteken
geht: nun erst hing sie den korb an ihren arm, legte
das Stechmesser hinein und ging Fontane 1, 6, IM.
S) in der spräche der münttechnik eine drei fun Unge
klinge, welche durch den stechlöffel (*. oben) gttioszen
wird, um in dem formtond die verti^ung für den gust
Cr.
1281
STECHMÜCKE-STECHPALME
STECHPFENNIG-STECHROCHE 1282
der »Überbarren {aüberzaine Adelung) herzustellen Ade-
lung.
STECHMÜCKE, /., bezeichnung der zoologischen aippe
'eulex', insbesondere der gröszeren geringelten Stechmücke
etdex anntdatus L. und der kleineren gemeinen Stech-
mücke Culex pipiens L., vgl. Brehm thierleben 9, 47T
Peehuel-Lösche: fliegen und Stechmücken Peschel Völker-
kunde (l87i) 276; sobald Mieke (die kuh) den Avedel hob
und nach den Stechmücken auf ihrem rücken schlug
Mar LITT heideprinzeszchen 11.
STECHNADEL, /. wie oben Stecher am geicehr: er sey
mit dem finger gar zu bald an die stechnadel gekommen
Stahl der gevxhrgereclite jäger (1762) 126, 10. Kramer
dict. 2 (1702) gis*» irir/f stechnadel und Stecknadel durch-
einander, schreibt hier Stecknadel am armbrust ago della
balestra, und dort stechnadel spilla. spületta. Campe
folgt ihm icie immer.
STECHNELKE, /., bezeichnung vcm agrostemma githago
L.. weil die stacheln ihrer blüthen den daran riechenden
in die nase stechen Campe, sonst sammetrose, sammet-
röschen genannt (s. th. 8 sp. I75l).
STECHNüSZ, /., seltene bezeichnung für trapa natans
L., gewöhnlich stachelnusz genannt (s. oben sp. 398 unter l) :
stechnusz tribolo, noce aquatica Kramer dict. 2 (1702), 919''.
STECHPALME, /., neben oben stecheiche, bezeichnung
von ilex aqiiifolium L. mit rücksicht auf die stachlicht
gezähnten blätter der in Westeuropa altheimischen pflanze,
vgl. Hoops waldbäume und kulturpflanzen 30; Schlech-
TENDAL flora von Deutschland 21, 253; ein anderer name
ist walddistel (a. th. 13 sp. 11C6 unter 2) ; Stechpalme Bock
kreutterbuch (l539) 3,49; paliurus Diefenbach 406c; die
Stächpalmen aquifolia Maaler 383 *>; Stechpalmen agri-
folium Matthiolus-Camerariüs 46; Stechpalmen, wald-
distel agrifoliuTnC.OR\i'SVSfonslatin.2i'°; Dentzler(1716)
273». der niederdeutsche HuLSius ist auch hier unsicher:
Stechpalmen houx, housson, nespolo selvatico diction. (1616)
307'*, gexcisz in anlehnung an M.\aler, doch im teutsch-
ital. dictionarium von 1618 hat er steckpalm, so stechende
blätter hat nespole seluaggio 238''; ihm folgt: steckpalme
aquifolia Steinbach 2, 164; die form stechbalmen bei
P.\racelsus 2, 773« — in der volksmedicin und im, aber-
glauben zeigt sie sich in vielfältiger nutzung: als mittel
gegen *etfenstechen M.^tthiolus-Camerarius 46''; tcall-
fahrer lassen ihre zweige in Einsiedeln iceihen und befestigen
sie dann daheim zum schütz gegen blitzgefahr Birlinger
volkst. aus Schicaben 1, 489; vgl. Leoprechting aus dem
Lechrain 169 (Meyer myth. 28i) und schon Matthiolus-
Camerariüs 46«. ihre Verwendung in der gartenwirthschaft
als vortreffliche heckenpflanze {besonders im 18. jahrh.) bei
ZiNCKEN öcon. lexic. 2803 und Hirschfeld theorie der
gartenkunst (1779) 1, 230. — beerlein von Stechpalmen
An la GER jagd- und weidbiichlein (l68l) 267; das gestrüppe
der Stechpalmen Gaüdy werke 5, 144; er sah sich um
und gewahrte eine glänzend grüne Stechpalme Keller
5, 247; (er) verstand auch, dasz ich die disteln und Stech-
palmen meinte, an denen er sich verletzen würde 2, 192;
ein verdorrter busch von Stechpalme üb^ der haus-
thüre 4, 95;
dieselben psalmen singt man auch,
ölzweiglein in den händen,
musz im gebirg' za diesem braach
Stechpalmen gar verwenden
GÖTHE 3, 187 Weim.;
mit der festzeit lanb
ist das haus bekr&nzt;
die tanne duftet,
die Stechpalm' glänzt
Freiligrath dichtungen (1870) 4, 37.
bildlich: und in allen, selbst den schönsten gesängen
der messiade, sucht der Franzose vergeblich nach sol-
chen witzspitzen (poinies), welche in der henriade jeden
besang, jede seile zur Stechpalme erheben J. Paul 44, so
kleine bücherschau). — in weiterer Zusammensetzung:
techpalmblatt, stechpalmenblatt n., stechpalm-
blätter öligem, deutsehe bibliothek 30, 9. — stechpal m -
blättrig, adj. zu dem vorigen: stechpalmblättrige eiche
quercus ilex U, Ü2. — stechpalmenbitter, n.. glycin
LiKBiG handbueh der cAemfc (1843) 1104. — Stechpalm-
dorn, stechpalmendorn, m., dorn des atechpalm-
blattes: ihre schönen arme sind von scharfen fichten-
zweigen, stechpalmdornen blutig geritzt Vischer auclt
e!n«rl, 241. — stechpalmlaub, stechpalmenlaub,n. :
und es traf ein flüchtiger Schimmer der sonne
iezo das stechpalmlaub, das blinkende
Voss gedickte (1802) 3, 100 (J7ia», weihe an Stolberg).
stechpalmzweig, stechpalmenzweig, m.; ein ge-
flecht von disteln und stechpalmzweigen mit roten beeren
Keller 2, 189.
STECHPFENNIG, m., geld, zum bestechen benutzt, (vgl.
stechen verb. 13 und pfennig 4 th. 7 sp. 1667.) besonders
auf niederdeutschem gebiete: so auch einer oder mehr
etwes (ein stück vieh) funden, das billich solde ge-
schüttet werden, vnd sulchs nicht vpdreuen, sunder
heimlich vorbigiengen oder steckepennige dauor nemen
Jak. Grimm tceisthümer 3, 210 (Nortrupper mark im,
osnabrückschen 1577); ock de kolers des kopes haluen
nicht verwarnen oder sonsten stekepenninge van ihnen
nemen Wismarer rolle der kohlenmesser von 1586 bei
Schiller-Lübben 4, 3S0*>. in hochdeutscher form: deen
er hoat bey mir gethon, als ein schielm, wie ar bey
andern leuten ach gethon hoat, vnnd bot stechpfenning
vnd goabe genummen Heinrich Julius von Braun-
SCHV^EiG Schauspiele 14l ; übertragen stechpfenning in der
bedeutung 'schlag, ohrfeige' ebenda 150.
STECHPFERD, n., 'tumietpferd' wie unten stechrosz
Frisch 2, 324». vgl. auch oben stechhengst.
STECHPFRIEME, m. l) pfriemenartiges geräth zum
stechen Campe, nur eine tautologische Verstärkung von
pfrieme (th. 7 sp. 1793).
2) bezeichnung von pflanzen der ginsterart (vgl. auch
oben Stechginster): o) genista tinetoria L. stechpfrimme
Bock kreutterbuch (1539) 3, 9. — b) spartium scoparium L.
Pritzel-Jessen 128'»; auch pfriemenkrant genannt (th.l,
sp. 1795).
STECHPILLE,/., längliche pille (von seife u. a.), welche
zur beförderung des Stuhlgangs in den öfter gesteckt
wird, von Adelung an stelle von nhd. steckpille fälsch-
lich entwickelt aus ndd. stSkepille: glans vel balanus
steckpyl, vulgo suppositorium Chytraeus bei Schiller-
Lübben 4, 381»; stekpillen D.ähnert 460».
STECHPLATZ, m., wie oben stechbahn: 1) der stäch-
platz curriculum, decursorium Maaler 383''; stechplatz
. . . mit sand beschüttet arena Corvinus fona latinitatis
64»; nach der maalzeit legte unsere ritterliche gesell-
schaft ihre waffen an, und verfügten sich nach dem
stechplatz Bucholtz Herkuliskus (1665) 103; die beyden
Zwillingbrüder aber verliessen den stechplatz 178. vgl.
oben stechbahn l (sp. 1218).
2) obsc. doch im bilde des vorigen ausgeführt: dann ir
werden kein ritter da werden, auch uff dem stechplatz
kein ritterliche gab oder ehr erholen Frey gortengesell-
schafl 55 Bolte. vgl. oben stechbahn 6 und stechen verb. 20.
STECHREIGEN, m.. eine art fechtertanz, sehtcerüanz ,
niederd. stSkerei: item weret sake, dat dar yemant
Sprunge yn den stekerey, de scal darynne blyven den
vastelauent ouer by enen schippunt wasses, vnde we
in deme stekerey is, sprynget yemant by eme, de en
scal he nicht affwysen by twen lyuespunt wasses item
so en schal nemant in den stekerey springen, he sy en
swart houet (gehöre der gesellschaft der schwarzen häupter
an) monumenta Livoniae antiqua 4, 217.
STECHRING, m., ring, nach welchem mit der turnier-
stange gestodien wird: stechring chintana, onnello da
giostra Kramer dict. 2 (1708), 919'». bildlich: der den
ehestand allstets zum stechring seines spottes erkieset
hat ungen. quelle bei C\mpe.
STECHRINGEL, n., deminut. zu dem vorigen bei Krämer
dict. 2 (1702), 919''.
STECHROCHE, m., wie oben stachelroche («p. 400),
bezeichnung der familie der trygonidae, deren schwänze
mit gezähnten stacheln ausgestattet sind ; insbesondere name
von trygon pastinaca Brehm thierleben 8, 473 Pechuel-
L'ösehe (raia pastinaca Campe; Oken naturgesch. 6, 46):
Speere, die oft vierzehn fusz lang und oben mit
dem Schwanzstachel des stechrochens versehen waren
Forster schriften 2, S2; nur stachel des stechrochens
ebenda 4, 199.
X. 2.
Cr.
81
Cr.
1283
STECHROSZ-STECHSCHUSZ
STECHSCHWALBE-STECUTISCH 1284
STECHROSZ, n., wie oben stechpferd, doch gehobelter
»praehe angemessener {vgl. oben stechhengst) : stechrosz
cabodltLS DiEFENBACH lutv. gloss. 63* ; grosse stechrosz
Mynsinger von den falken, p/erden und hunden 60; der
bann von Ketnbs geht so tieff in den Hin als einer mit
einem stechrosz und einem ritspiesz in den Rin geriten
und gereichen mag Burckhardt hofr'ödel 143 {von 1383).
STECHRÜSSEL, m., rüssel der Stechfliegen und Stech-
mücken, im gegensat2 zum Säugrüssel {th. 8 sp. 1897) be-
sonders zum stechen eingerichtet Brehm thierleben 9, 11
Pechuel-LöscJie; starker stechrüssel Oken naturgesch.
^.1839) 5, 829.
STECHSÄGE, /., wie unten das gewöhnlichere stich-
säge: ain stechsag qtielle von 1.526 bei Unger-Khull
ateirisch. tcortschatz 571'.
STECHSALAT, m. nach Nemnich und Campe dasselbe
wie oben schnittsalat lactuca sativa.
STECHSATTEL, m., erhöhter satteL, besonders geeignet
für den turnierkampf Campe, Boeheim tcaffenkunde 554.
STECHSAU, /., zum schlachten bestimmt, vgl. unten
Stechschwein : stechsau porco ammazzatovo cioe stagionato
ad essere scannato Kramer dict. 2 (1702) eie**; dasselbe wie
mastsau Unger-Khull steir. wortsch. 571*.
STECHSAUER, adj., so satter, dasz es auf der zunge
sticht (vgl. stechen verb. 4 und oben stechendsauer, adj.).
STECHSCHAF, n., zum schlachten bestimmt Campe.
STEGHSCHAUFEL, /. l) besonders zum stechen von torf,
thon. Wim u.s.w. geeignet (vgl. Unger-Khull steirischer
Wortschatz SOO*» utid 641», dazu oben stechen verb, 16) : stech-
schaufel fortictdum Diefenbach 244»; stechschofel
spaten Martin-Lienhart elsäss. wörterb. 2, 400».
2) im übertragenen sinne der frack ebenda, auch in
breiterer Zusammensetzung stechschaufelfrack m.:
stechschufelfrack schtcarzer frack m,it langen schöszen
1, 180» und in der gleiclien bedeiitung stechschau fei-
kitte 1 m. ; stechschufelkittel ebenda l, 480''.
STECHSCHEIBE, /., bei Schützenfesten eine Scheibe,
auf icdche jeder schütze nur einen schusz thun darf. vgl.
auch unten stechschieszen.
STECHSCHEIN, to., bescheinigung, welche einer wittwe
nach erlegung des stechgroschens (s. oben) atisgestellt icird
Frisch 2, 324».
STECHSCHEIT, n., grabscheit (vgl. oben stechschaufel
und Bcheit 4 th. 8 sp. 2474): stechschit Wattenbach
codex diplom. Silesiae 3, 108 (z. jähre 1377); umb 4 stech-
scheit zalt 16 pfen. rechnung von 1571 bei Unger-Khull
steirischer Wortschatz 571».
STECHSCHIESZEN, n., bei Schützenfesten das schieszen
auf die stechscheibe. über die beziehung zu stechen verb.
vgl. dort unter 196.
STECHSCHILD, m., tumierschild Boeheim waffen-
ktinde 526; mit einem ausschnitt am, rande zum einlegen
der tumierstange . so auch in der formensprache der
lieraldik vgl. Querpurth herald^ 154. s. auch unten
stechtartflche.
STECHSCHIPPE, /., eine zu Melsungen in Hessen ge-
bräuchliche haubentracht der bürgerfratien (erste hälfte
de» 19. jahrha.) Hessler hessische landes- und Volkskunde
2, 44, vgl. hes». schuppe, schirm an der mutze Kehrein
1, 869; PfISTER 269.
STECHSCHLITTEN, m., wie oben stachelschlitten
(«p. 400), ein Schlitten, welcher über die achnee- oder eiaßäche
mitteUt einer atachelbewehrten atange getrieben wird Campe.
STECHSCHLOSZ, n., gewehrachlosz, mit einem Stecher
auageatattet {a. oben Stecher 8^) Poten handwörterbuch 9, 85 ;
Boeheim waffenkunde 454; 482.
STECHSCHNAKE, /.. wie oben Stechmücke: stech-
KChnake, eulex Oken naturgeachiehte (1889) &, 728, vgl.
schnacke, schnake 2 (th. 9 ap. 1152).
STECHSCHRIFT, /.. plur. stechschriften. prüftinga-
arbeiten der achüUr, probeachriften Martin-Lieniiart
( hüa». mundarten 2, 616».
STECIISCHUH. m.: stechschUch pero Diefenbach
iiov. gloaaar. 289* (von 1482), wohl identiaeh mit dem schuch
mit tUehlappen ebenda.
•"■•nnSCHtlSZ. m.; befehl. dasz die reserve die häuser
' der brücke besetzen sollte; um diese vor den
n.t;, .i„v.liUMMi von Leinanhofe ... zu sohUtxen, wurde
Cr.
leutnant Saint Bleu . . . beordert, die schätzen liinaus-
zuwerfen Pichler allerlei geschichten aus Tirol 2, lft'>.
STECHSCHWALBE, /., seltnere bezeichnung von hirttndo
rustica, unserer rauchschwalbe, mit rücksicht auf' ihren
schnellen, dahinsiechenden ßug Brehm thierleben 4, 519
Pecchuel- Lösche; Naumann naturgeschichte der vögd
Deutschlands (1822) 6, 49. txach Campe besonders gebrätich-
lieh im meisznischen : die fröhlichen stechschwalben
schwirrten hoch in der luft um den klosterthurm MusÄus
Volksmärchen der Deutschen 8, 40 Hempel.
STECHSCHWANZ, m., imch Campe gleicli oben stachel-
schwanz (sp. 402).
STECHSCHWEIN, n., zum schlechten bestimmt: stech-
schwein Kramek dict. 2 (1702) sig**; Unger-Khull ateiri-
sclier Wortschatz b~i^; vgl. oben stechsau; drumb werden
vnd müssen sie auch in die hell hinein stürtzen, vnd
darinnen jmmer vnd ewiglich desz teuffels stach- und
mastschwein seyn Schaller theologisclier heroldt (1604) 279.
STECHSCHWERT, n.. l) schwert besonders zum stechen
Diefenbach 203»; vgl. oben stechdegen. — wohl nur ein
schwertartiger langer dolch ist gemeint, stechschwert
pugio ebenda 471''; vgl. oben stechmesser.
2) entsprechend schwert 13 e (th. 9 sp. 2,585) hindert bei
Segelschiffen das stechschwert (eine starke platte von holz
oder auch eisen, welclie senkrecht in das wasser hängt) das
abtreiben Stenzel 371», attch kielschwert genannt, weil
es zugleich atich zum ersatz des kieles dient.
STECHSEIDE, /., nach Campe eine gezmmte seide und
dasselbe wie unten stickseide.
STECHSONNE, /., stecJiende sonne: ich kann ihnen
einen Sonnenschirm gegen die stechsonne des glucks
bieten J. Paul herbstblumine 3, 155; vgl. stechen verb. 3.
STECHSPEER, m,., turnierlanze, nur in niederdeutscher
Umgangssprache zu belegen: stekesper Stralsunder voca-
bular bei Schiller-Lübben 4, 379''.
STECHSPIEL, n., turiner der harmlosen art, wo mit
der tumierstange nach einem ring oder kränz u. s. w. ge-
stochenwurde, vgl. Frisch 2, 324» und oben stechen verb.ieß
sp. 1232; hastiludium Diefenbach gloss. 273»>; Alberus
dict. 8»; hier (in Regensburg) feierte des ganzen Nord-
gaus adel seine stechspiele Zschokke ausgetc. aehriften
(1824) 31, 186; mndd. torneie unde stekespil i'gl. Schiller-
LObben 4, 379»;
gi beiden dar bi und badden ein mod,
so de piper bi dem stekspel dod,
dar kan men neine gude sproke van maken
lied atu dem jähre 1519 auf die hildesheimüche ttiftafehde
bei LiLiENCRON hist. volklieder 3, 288
(vgl. auch 293, teo im gleichen zusammenhatig die form
stekelspel erscheint).
STECHSTAHL, m.. stählernes geräth, zutn stechen dien-
licJi. besonders in der spräche der drecfisler Campe.
STECHSTANGE, /. l) die (etwa vier meter) lange tur-
nierstange. von tceichem liolz g^ertigt. damit sie leicht
bricht und splittert, vgl. Boeheim tcaffenkunde 539^. und
oben stechholz 1 : als . . . der polack die stechstangen zum
sloss gefasst hett Bkrlichingen lebensbeschreibung 13
Bieling; neue stechstangen Fouque tauberring (1812) l,
23; ein langer hagerer knabe, der sich gern zu rosz mit
der stechstange sehen liesz Freytag li, 46. atuk sonst
allgemeiner in der bedeutung 'spiesx' : es poltern die pike-
niere an in ihren pfundharnischen, die riesige stech-
stange mit eiserner spitze geschultert Hanüei.-Mazzktti
die arme Margaret 187.
2) die Stange, mit welcher ein ßoax oder achiff im \rasaer
teeitergestoszen trird: da lUllt mir wieder mein kinder-
traum ein, wo ich auf einem backsteinernen flusz auf
der reise war, . . . nur mit den stechstangen gings lang-
sam vorwärts Bettine Günderode (1840) 2, 257; vgl. oben
Stechkahn, auch anders benutzt: mit der stechstange,
womit die fliizer zuweilen nach den fischen stechen
Hauff tcerke 4, 224.
STECHSTAUDK, /., nach Campe in einigen gegenden
eine bexeichnting des staehrlbeerairauchea.
STECHTARTSCHE, /.. daamiA« wm oben steohschild
Boeiikim tcaffenkunde tax und 6S9f.
STECHTISCH, m.. arbeiUHaeh des kupferattekera:
wenn du dich gestochen mild' am atechtiech
ROcKim nurke (1867) 7, M.
Cr.
1285
STECHUBUNG-STECHZEUG
STECKAMBOSZ-STECKBRIEF
1286
STECHÜBUNG, /..- schon wollten wir die gabeln ihre
stech-, hebe- und holübungen beginnen lassen Lilien-
CRON tcerke 1, 104.
STECHüNG, /., Vorgang, handlung des sfechens: die
stächung, punctio, compunctio Maaler 383''; stechung,
punctio, ictus, plaga et vulneratio, quae punctim fit
Stieler 2155; si^chun^, pungimento, piccamento Kramer
dict. 2 (1702), 919«; punctura ist ein stechung Braun-
SCHWEIG chiriirgia 10*; die aderechten schnierlin seint
de entblöszt von dem fleisch vnd offenbar, vnd deren
stechung machet . . . den krampff, vnd darnach den todt
Gersdorff feldbuch der vnindartzney (1517) l, 2*'; stech-
ang des torfes {als stichtcort) allgem. deutsche bibliothek
85, 586; stechung in der bedeutung 'turnier', hastiludium
Diefenbach glossar 273''.
STECHVIEH, n., vieJi, icelches gescJdachtet werden soll
Campe, vgl. auch oben, stechhaufen.
STECHVOGEL, m., astur palumbarius, unser hühner-
hahicht Brehm thierleben 6, 381 Pechuel- Lösche; falco
palumbarius Naumann vögd (1822) i, 249.
STECHWAFFE, /., icaffe, die zum stechen dient, vgl.
auch unten stechwehr: stechwaffen, arme di punta
Kramer dict. 2 (1702) 919''; die allergefährlichsten doch
kriegerlaubten stechwaffen wurden zusammengesucht
J. Paul Nepomttkkirche 115. gewöhnlicher dafür heute
Stichwaffe (s. u.).
STECHVVAPPEN, n., tumierwappen, wohl in dem, sinne
von oben stechschild, nicht etwa nur ein heraldischer
Schild: item G m vor 12 fenchin mit golde gemolet,
unsers homeisters wopen und 50 cleyne stecwopen
Peter moler Marienburger tresslerbuch (l89G) Joachim.
STECHWEHR,/., bei Kramer dict. 2 (1702) 919"; gleich-
bedeutend mit oben stechwaffe.
STECHWEIDE, /., bezeichnung von saline pentandra L.
Campe, Pritzel-Jessen 355; sonst auch schafweide ge-
7Hinnt {th. 8 sp. 2053).
STECHWEIDE, /., icohl von Nicolai als parallelismus
zu dem begriff mastweide {weide, welche zur viehinast
dient) gebildet, 'weide für die mästung von stechvieh' {s.
oben): den sommer über werden alsdann wieder schaafe
tausendweise von den mast- oder stechwaiden hinweg-
geführt nach Ulm reise durch Deutschland und die
Schweiz 10, 2i.
STECH WEITE, /., enffernung, so tceit man mit einer
waffe stechen kann; gewöhnlicher stich weite {s. unten):
die hör- oder stechweite eines solchen geistigen rauf-
degens J. Paul bei Campe.
STECHWERK, n. l) tcerkzeug zum stechen Campe. 2) in
kupfer oder sonstwie gestochene arbeit, kupfericerk ebenda.
STEGHWESPE, /., stecliende icespenart. vgl. oben auch
fatechbiene und stechimme. dazu das adj. stechwes-
lenartig: die stechwespenartige blattwespe allgem.
titsche bibliothek 50, 497.
STECHWINDE, /. l) pflanzenname: smilax aspera L.
IMPE. 2) unwahrscheinlich auch ebenda eine bezeich-
mg von Hex aquifolium.
STECHWORT, n., Schimpfwort, schmährede Frisch 2,
Altenstaig bei Campe.
STECHWUNDE, /., gleich dem heute ausschlieszlich ge-
räuchlichen Stichwunde {s. unten): stechwunden stigma
)lEFENBACH nov. gloss. 348».
STECHWURM, m.. stechender wurm, besonders ein un-
ziefer, welches die jutigen baumsprossen durch seinen
beschädigt allgem. haushaltungslcxicon l, l*» und 3,
Campe.
STECHWURZEL, /. i) pflanzenname, eryngium eam-
stre L. Campe, vgl. Pritzel-Jessen 145; getcöhnlich
th. 6 sp. 1.583 unter 2) mannestreu genannt. 2) auch be-
\nung der mittleren, nach unten dringenden (jpfahl)-
rzel eines pflanzenstamme» Campe; gewöhnlicher herz-
irzel {tJi. 4, 2 sp. 1266).
l, STECHZETTEL, m. l) in der Verwaltungssprache der
euerbehörden efiemala eine bescheinigung, dasz ein stück
xchtvieh {vgl. oben stechvieh) ordnungsmüszig zur
ae angemeldet ist. 2) dasselbe wie oben stechschein
fRISCH 2, 324«.
STECHZEUG, n. l) iumierzeug, d. h. die besonders
hvxre rüstuug von mann und rosz für den turnier-
Cr.
kämpf, im gegensatz zu dem leichten, scharfen gezeug für
den ernstfall Frisch 2, 324»; stechzeug städtechron. 10,
209, 8 {Nürnberg 1454); darunter waren der kunig selbs
im rennzeug und ander sechs im stechzeug, die teten
viel guter rite il, 732, 23 {Xürnberg 1491); und rannten 2
und stachen 2, der ain hett stechzeug, der ander scharpf
städtechron. 23, 104, anm. 7 {Augsburg 1504) ; denn als ich
zu Vannes hinweg schiedt, ich ihm eine schöne rüstung
vnnd stechzeug gelassen hab Galmy 306; das pferd . . .
leufft an den schlossbrun . . ., vberwirft sich vnd stürtzt
mit dem mann in brunnen, der da im stechzeug oder
hämisch bald zu gründe fiel Hennenberger preussische
landtaffel 181.
2) Werkzeug zum stechen Campe.
3) obscön. im Wechselspiel der bedeutungen unter 1 und 2:
ain hochzeitlied im thon : ich traw keim alten stechzeug
mer Hans Sachs 23, 257, 2 Keller-Götze.
STECKAMBOSZ, m., beweglicher ambosz, welcher zum
gebrauch mit einem, stächet in einem klotze befestigt wer-
den kann Campe, KrCnitz 171, 115.
STECKAPFEL, m., nach Nemnich U7id Campe eine be-
zeichnung des atigust- oder splittapfels {s. splittapfel th.
10, 1 sp. 2661).
STECKÄRMEL, m., weitere Verdeutschung von manschette:
steckermel manichette, posticcie Kramer dict. (1702) 2, 924<=.
STECKBAUM, w., wohl auf niederdeutschem, gebiete aus
niederd. stSkebom an stelle von nhd. stechbaum {s. oben)
fälschlich verhochdeutscht. nach Nemnich und Campe
bezeichnung des gemeinen wachholders, juniperiis commti-
nis L.
STECKBEIL, n., ein Werkzeug der leinzer, im deininut.
steckbeilein, n. : steckbeihelein, securicula, qua in pe-
dandis vineis vinitores utuntur Stieler 123.
STECKBETT, n., gewöhnlicher im deminut. steckbett-
chen, n., wie unter Steckkissen eine bettchennrtige ztirich-
tung, in icelche ein Säugling hineingesteckt wird, damit
er sich bequemer tragen lasse: der täufling im steck-
bettchen mit blauen schleifen.
STECKBIRNE, /., eine birnenart ohne genauere bestim-
mung Nemnich, Campe.
STECKBOLZEN, m., bolzen, welcher die reckstange im
balken eines turnrecks festhält: durch stange und säule
gehende steckbolzen bilden die befestigung Kregenow
und Samel gerätkunde (1905) 20.
STECKBRIEF, m,., amtliches ausschreiben, welches unter
darbietung einer genauen Personalbeschreibung zur Ver-
haftung eines gerichtlich beschuldigten, welclier flüchtig ist
oder sich sonst verborgen hält, auffordeH. vgl. Holtzen-
DORFF rechtslexicon^ 3, 780. die herkunft der bezeichnung
ist ztceifelhaft ; beliebt ist heute die herleitiing aus dem
gebrauch der westfälischen ferne, einem Verbrecher den
ladebrief zusammen mit einem, königspfennig bei nacht
in den thorriegel des hofes zu stecken Jak. Grimm rechfs-
altertliümer 845; auch sonst findet sich dergleichen: so
mugent si den brief an die porten, da dan sin wo-
nunge ist, stecken und henken oder under der porten
instoizen und haut damit ir botschaft recht und rede-
lichen verkündiget quelle von 1325 bei Wenck hessische
landesgeschichte l, .302, doch auch hier nur dann, wenn
sicJi die gehörige, d. h. persönliche ladung nicht ermöglichen
läszt: adressat der ladung ist aber doch immer der be-
schuldigte selbst; es fehlt also durchaus hier das uiiserm
Steckbrief wesentliche moment der verhaftsaufforderung, ge-
richtet an fremde behörden u.s.tc. so hat denn mehr Wahr-
scheinlichkeit, dasz Steckbrief sich mit hinblick auf ^stecken
verb. 18 erkläre: 'ein brief, welcher einem heimlich zuge-
steckt wird, heimliche nachricht giebt' von eitler behörde
heimlich an eine andere gesandt, um eines flüchtigen Ver-
brechers habhaft zu werden; erst durch die Zeitungen
wurde der Steckbrief eine öffentliche, allen zugängliche
bekanntmachung : er nimmet stekkbriefe mit von der
Obrigkeit des orts . . . und bringt beede zu gefänglicher
verhaft Harsdörffer fratienzimmergesprechspiele (l64i)
6, 302 (Steckbrief teutscher secretarius (1656) 1, Ee 5*);
steck- sive stöckbriefe literae accusatoriae Stieler 240,
weil sie die Verhaftung , d. h. festsetzung des Verbrechers
veranlassen sollen {vgl. einen ins gefängnis stecken unter
^stecken verb. 10); so stark drängte sich dieses moment
81* Cr.
1287
STECKBRIEF
STECKCHEN-STECKEN
1288
<f<r älteren spräche in dem icortbegi~iff hervor. Steck-
briefe UUere di arreato di qualche gran malfaüore fug-
gitivo Kram ER did. Cl'OS) 2, 924«; dasz hier aber das
iportbildende moment überhaupt verborgen liegt, macht
deutlieh: Tnnd ist darauf vnser bedenckcn, das ir den
befeder vnd seinen mithelfem mit vleis nachtrachtet, ob
ir die zu hafften bringen möchtet, do ir auch dortzu
unserer hafft- oder steckbricfTe bedurfTet, seindt wir euch
dieselben mitzuteilen gnediglich geneigt quelle von 1555
bei DiEFENBACH-WÜLCKER 863. Vgl. üuch die entsprechen-
den begriffe fangbrief {th. 3 sp. 1311) und haftbrief {th. 4, 2
ap. 132) — vgl. auch noch: ich musz sie besuchen, ob
sie auch etwa Steckbriefe bcy sich haben Creizenach
schausp. engliscJier comöd. 177 ,3 (bestrafter brudermord 4, l) ;
in solchem lichte und glantze offenbarete er sich auch
vom himmel herab dem apostel Paulo, da er vor seiner
bekehrung mit Steckbriefen nach Damasco reisete Sper-
ling Nicodemus quaerens (1718) 1, 55G, geicisz keine ent-
sprechungen zur ladung durch den femboten.
a) einen Steckbrief ausstellen; einen Steckbrief er-
lassen (durch die Zeitungen): zum überflusz mag noch
ein Steckbrief in die zeitungen genickt werden Tieck
Schriften 5, 300; er hat sich aber von Basel nach Mül-
hausen begeben, dahin aber Bulingerus alsbald steck-
brieffe nachgeschickt Arnold unpart. kirchen- und keiner-
historie (1699) 2. 320*; wir wollen ihm Steckbriefe nach-
schicken, damit er seinem richter nicht entlaufe Gott-
sched deutsche scfiaubühne 5, 349; man hat ihm Steck-
briefe nachgeschickt, . . . ein preisz ist auf seinen köpf
gesetzt Schiller 2, 17 (räuber l, l); alle kinder, die
jährig und drunter sind, in Bethlehem morden lassen
und sodann flüchtigen fuss setzen können, ohne dasz
ihm Steckbriefe nachgesandt werden können, ohne dass
er einzuhohlen und zu bestrafen ist? Hippel lebensläufe
(177S) 3, 1, 189. auch : es wurden Steckbriefe und boten zu
fusz, zu pferde und zu wagen, ausgesandt 2, 402. —
Reinhold habe falsche Wechsel geschmiedet und werde
desshalb mit Steckbriefen verfolgt Göthe 41, l, 157
Weim.; auf dem marktplatz steht . . . der polizcicom-
missarius ... er controlirt passe und wanderbücher,
oder macht auf Steckbriefe aufmerksam Gutzkow werke
(1872) 11, 47; die vom herzöge nachgesendeten Steckbriefe
wies man in Preussen und Hannover als offenbar will-
kürlich zurück Treitschke deutsche gesch. im id.jahrh.
3,561; einen Steckbrief erneuern, damit das fragt, ver-
brechen nicht verjähre, ein Steckbrief ist erledigt.
6) Steckbrief als subject und in gröszerer activität: als
schon auf allen straszen Steckbriefe voran flogen Hebel
2, 215 Behaghd; kein verdacht drohte, keine requisition
verfolgte, kein Steckbrief bezeichnete sie Holtei erzähl,
fchriften 8, 99; die Steckbriefe waren angekommen Auer-
bach Schriften (1892) 10, 47. vgl. von besserer einrichtung
des laufs der Steckbriefe Moser tcerke 3, 162 (Überschrift).
c) in erweitertem gebrauche: o ja! aber warum rennt
man so hastig, dasz man, wenn man vielleicht ein dieb
ist, sich selbst für den Steckbrief zeichnet? Hebbel 1, 1,
.-►tö Werner; sie verfolgen meine muthmaszlichen ge-
danken mit Steckbriefen, sie sprechen zu mir ganz wie
ein polizeisekretär Riehl Eisele und Beisde (1848) 190.
d) der grad der genauigkeit und ausführlichkeit einer
beachrtibung soll deutlich gemacht werden: o! ich wollte
ihn so beschreiben, wenn ihm der Steckbrief gefertigt
werden sollte Knioge roman meines lebens (I78i) 8, 62;
ich weisz, dasz Personalbeschreibungen, so genau wie
xteckbriefe, jetzt unerlässliches bedUrfniss für jeden hi-
storischen roman sind Gaudy u>erke (1844) 18, 27; er be-
schreibt das ungcthUm so genau, dasz die polizci einen
«tteckbrief danach abfassen könnte Hebbel werke i, 12,
67 Werner; die arcbaeologie ist erst in ihren anfangen;
freilich auch noch nicht in gefahr, von werken des
genies im stil von Steckbriefen zu reden Juan Winckel-
mann t, i, S88. neben Charakteristik: fatal ist, dasz diese
äussere eharakieristik , dieser Steckbrief seiner literar-
ischen Physiognomie leider gat getrolTen ist Gör res
britfe S, fB«. dasi m aber ein heimlich tugeetedcter bri^
»ei, MAntii auek tm folgenden der uebeneinn de» %oorte»
Ofuudeulen: duldet man ja doch, fast möchte ich sagen
mit ftbermenschliober hamanilAt, die erbttrmlirhsicn
Cr.
Steckbriefe über universaltincturen, gesundheitschocolate
und die essentia miraculosa coronata; selbst bey hun-
dertfacher Wiederholung Lichtenberg vermischte Schrif-
ten 7, 383.
e) als letzte scherzhafte kröne aller briefschreiberei er-
scheint der Steckbrief: dieses mal wars (der brief) ein
expresser, das nächste mal \^-irds ein Steckbrief Lich-
tenberg brief e 3, 159.
f) in weiterer Zusammensetzung: Steckbriefen verb..
in einem Steckbrief, im steckbriefsfil beschreiben: nach
herzenslust hat er sich über sein liebes ich ausgequetscht
und seinen lebenslauf gesteckbrieft Jahn werke 2, 777
Euler. — steck brief gesiebt, n., wie man es im Steck-
brief eines Verbrechers geschildert finden kann : ein wahres
Steckbriefgesicht G. Chr. Lichtenberg aphorismen 6, 112.
— steckbrieflich, adj., adv.. durch einen Steckbrief:
der Höllbart, höre ich, wird steckbrieflich verfolgt Ro-
segger Schriften 13, 51. — steckbriefling, m., ein durch
steckbi-ief verfolgter verbrecJier: der unglückliche ehekan-
didat war nämlich ein längst gesuchter steckbriefling
Oöttinger zeitung vom 12. mai 1911. — steckbriefschema,
n., scliema, nach icelchem ein Steckbrief verfaszt wird AvE-
Lallemand gaunerthum 2, 89. — steckbriefstil, m.,
stil, wie er sich in einem Steckbrief findet (vgl. oben unter c) :
ich bin . . . ungewandt im steckbriefstyl Roon denk-
würdigkeiten 1, 73. — steckbriefträger, m.. (eil)bote.
welcher den Steckbrief an die fremde beJiörde trägt: ich
für mein theil bedaure vorzüglich die beine der steck-
briefträger oder nachläufer Hippel lebensläufe (1778) 2,
555; allgemeiner 'heimlicher berichterstatter' : der steck-
briefträger hat euch aufs haar genau konterfeit Zschokke
sch}-iften 28, 323.
STECKCHEN, n., deminut. zu stecken subst. : ein steck-
gen, damit die wollnspinnerin die wolle ausseinander thun
CORVINUS fons latinitat. (1646) 718.
STECKDOHNE, /., fangdohne. welche in den boden ge-
steckt vnrd; laufdohne Behlen 5, 678.
STECKDORN, m., wohl an stelle von oben stechdorn:
rombus Gersdorff wundarzney 94 (vocab. herbarum) vgl.
niederd. stekedorn.
STECKEISEN, n., wie oben stecheisen 2, wohl aus niederd.
stßkeisen: steckeysen Agricola bergtcerkbuch 424.
STECKEL, n., deminut. s. unten stecklein.
STECKELSCHUH, m., schuh mit stark erhöhten absätsen.
wie unten stelzenschuh (franz. patin des 18. jahrhs.) : den
galanteriedegen an der seite, auf hohen steckelschuhen
hin und her gehen Liliencron zehn novellen 56. s. auch
unten Stöckelschuh.
STECKEN, m., baculum, ahd. stekko, mhd. stecke (dt«
daneben sich findende rein oberdeutsche form aJtd. stehhan,
mild, stechen hat noch in einem seltenen frühnlid. staechen
vaUus Diefenbach glossar 606* ihre en f sprechung), stecke,
stecken gebildet zu dem verb. ^stecken (*. unten) und
eigentt. 'der (in die erde) gesteckte stab, stock u. s. w.' dieses
verhältnisz machen noch fühlbar: kästenbäum pflanzt
man auch als dann von stecken, die man inn das erd-
rich stecket Sebiz feldbau (1679) 68 und der beleg bei
Sperling Nicodemtis quaerens l (1718) 1883, unter • stecken
verb. 2 a, vgl. auch den wirthschaftlichen ftff^ri/^(zaun)8tecken
unten, weitere xcestgermanische entsprechungen sind as.
stekko (mndd. steke) und ags. sticca (engl, stick), lehn-
wort ist ital. stecca stab, stock (stecco, dorn) und eben-
falls wohl schon aus früher zeit anord. stjaki 'pfähl.
Stange', über das aus dem niederdeutschen mtUhnte subst.
sticken, m. a. unten, und über die beziehung tu staken, m.
B. oben. sp. 686. dt« form stecke neben staken belegt noch
Stieler 2160 und Kramer dict. i (1702) 9«8*. danebeti ist
eine kurzform steck (wohl unter dem eit\flus* von stab und
stock zu Stande gekommen) : in der älteren spräche wieder-
holt zu belegen ain aisner stegk Zingrrlb mittdalterlicJie
inveniare 4, 818 (Bozen 1486); der steck (tm saun) tirol.
weisth. 4, 198, 88 (Wangen); ein steck oder gert, mt virga,
virgula Ai.RRRUS dt«{. (1640) 4*; ein krummer steck unrtut.
uncinu» ebenda; ein steck, damit mann die Icut bei
seit« triebe, wenn man in der gölter ehr mit der process
gieng eommetabtUum ebetxda; sUick, stab »ripio, fustis,
baettltt», baetdum Maai.rr 8H3*>; stock, stab baston, eschaUu
HuLSius (1616) 807'>; steck, stock bastone, palo (lai») iS«*;
Cr.
1289
STECKEN
STECKEN
1290
mein trost bei mir ist diser steck
Frischlin dichiungen 119.
beide formen rieben einander: darob ward er dermassen
erzürnet, dasz er einen stecken zuckt, den er in seinen
händen trug, und einen knecht sehlug, dermassen, dasz
der steck von dem streich zerbrach buch der liebe 286*.
in einer ueiteren angleichung des vocals an stock:
leyt neben mich ainen stocken,
damit ich sy {die tldere) rnüge von mir treyben
ScHWAHZENBERG teuttch Ciccro (1535) 60.
eine adtene nebenform steckten bietet Pauli mit einem
steckten schimpf und ernst 37 Österley.
bedeutung:
l) baculum, der tcanderstab, doch von vornherein ein-
geschränkter im gebrauch als stab («. oben sp. 335 unter
stab II 5) und besonders unten stock, der stecken ist be-
sonders das geräth alter leute, auch der lahmen, krüppd
und blinden ; so hat man sich ihn auch zumeist ohne alle
kunstvolle bearbeitung zu denken und nur wenig verschieden
von den rohen genossen im, zäun des hofes oder gartens.
sie (ßie alten leute) können nicht mehr gehen, sondern
müssen ihre Zuflucht zu den stecken nehmen Fleming
der teutsche soldat i, 11.
sich an einen stecken lehnen: sich an ein stäcken
erstützen oder leinen incumbere baculo Maaler 383'»;
(«e) Cymon vor ir an seinem stecken leynen sähe Arigo
S12 Keller; ach got der da gesehen het die junge ritter
an ste<;ken geleynet durch das schlosz Montabor hungers
halben wandern Aimon 10 ; allein der halb verschmachtete
arme tropf danckte gott, dasz er an seinen stecken sich
noch lehnen konnte polit. Stockfisch 204.
sich an einem stecken (weiter) steuern: Teutsch-
land gehet auff in der gestalt eines armen elenden bettel-
weibes, ... sie steuret sich an einem stekken Rist friede
wünschendes Teutschland (1648) 130; jenner gehet vber
land, vnnd in mangel pferds trägt er einen stecken in
der band, an den er sich steyret Moscherosch gesichte
(1650) 2, 145.
am stecken gehen: so spricht der herr Zebaoth,
es sollen noch förder wonen in den gassen von Jeru-
salem alte menner vnd weiber und die an stecken gehen
für grossem alter Zacharj. 8, 4;
sie kam an eym stecken gegangen
Wickram 7, 137, 648 Balte;
der aiU narr mftsz erst am stecken leren gon
Gengenbach 71 Goedeke;
da merkt die königin,
dass da (in Prag) nicht war gut bleiben,
kein feuer mocht sie schmeckn,
wer nicht mit ihr könnt reiten,
mosst gehen an dem steckn
Opel-Cohn dreü:dgjährig. krieg 82;
wo die greisen leute stehn,
und krummgebückt an stecken gebn
Treuer deutscher Dädalus (1675) 1, 75.
deuäieher arbeiten die folgenden belege die Sphäre heraus:
der maier iSsst den greis am stecken kraftlos schleichen,
uns ist, als hörten wir den greis vemehmliclk keichen
Gellert xcerke 7, 12;
auf einem dunkeln pfad
schlich ein gebückter greis an seinem stecken
Pfeffel poet. versuche (1812) 1, 198;
dort kriechet ein alter
an dem dürren stekken
Lenz gedickte 28 Weinhold {landplagen) ;
h dorch einen jungen knabcn an einem stecken an die
se führen lassen Simpl. 2, 347, 3 Keller.
_ a) auch bärenführer lassen den tanzbären am stecken
»(^reiten: Estherchen lachte und freute sich unbändig
über den hären, wie er so zierlich umherwatschelte mit
seinem stecken Keller 4, 21.
b) neben krücke (s. th. 5 sp. 2427) : in eitler waUfahrta-
capelle secht an den grossen hauifen der kmcken vnnd
stecken Paracelsus (1616) i, 107; was krebs, eiter,
ifrind . . . hat, war hier in Aalen, und auf dem wege
ach Ellwang an krücken, an stecken, auf eseln ... zu
- 'hen Schubart leben 2, 96.
c) im sprichwörtlichen vergleich betcegt sieh die redensart
er schreit wie ein blinder nach seinem stecken: derhalben
wollen wir nicht, bisz jhr vns vnser geläut und glocken-
Cc.
nich
^^Hras
i™* aehre
büttlichkeit wider gebet, nachlassen, euch nachzulauffen
vnd nach zu schreien, wie ein plinder der seinen stecken
verloren hat Gargantua 244 neudr.; sie schreit wie ein
blinder, der seinen stecken verlohren hat Harsdörffer
frauemimmer gesprechspiele (1641) 2, 290.
d) m,it einer geicissen absiclU suchen die sphäre unseres
Wortes: {es) wurde mit einem stecken an die thür ge-
klopft Storm 5, 196; Hinzelmeier griff nach seinem stecken,
den er beim eintritt an die thür gestellt hatte 3, 23:
sechsmal ist sonne schlafen gegangen,
seit ich den heiligen stecken empfangen
Z. Werner kreuz an der Ogtsee (1806) 74.
e) in symbolischer spräche: von der wiegen bisz an die
kmcken odder stecken, versteh von kindswesen auff bis
in das alter Franck sprichxcörter (1545) l, 1», ja, bis zum
höchsten alter, wie im folgenden: in der gantzen statt
ward niemand verschont, alles erwürget, weih vnd kind,
alt leut an stecken S. Franck chronicon (1538) 135\
2) der stecken als primitives Schlaginstrument besonders
beliebt: mit einem stecken schlagen battere con un
bastone, bastonare, dar bastonate Kramer dict. 2 (1702), 923»;
als sy den selben jemrigen mit stecken schlügent Nicl.\s
VON Wyle translaüonen 261, 21 Keller; wie der rhümen
kan, der den stecken füret vnd hebt xmd füret jn so
leicht, als were er kein holtz Jesaj. 10, 15; der die jung-
frawen mit einem stecken schlug Amadis 1, 129 Keller;
ausserdem würdest du, mit beyhülfe eines steckens dich
in etwas malträtiert befinden Ifflasd theairal. werke
1, 277 {komet 7) ;
und halst do zwen starck junge knaben
her zu mir gen und mich do fahen
und mich mit stecken seer do schlahen
Pfarrer von Kaienberg 7, 138 neudr.;
wer ein böses weih hat am sonntag,
der schneid 'nen stecken am montag,
prfigle's weih am dienstag
Holtet tckriflen 21, 34 ;
mit stecken schmeiszen, achlagen; vgl. schmeiszen
(th. 9 »p. 1003) :
an statt, dass er soll pfenning suchen,
und da mit kleydung, brot und wein
mitleidenlich behilflich seyn,
heyst er den armen mann abweissen,
und noch dazu mit stäkken schmeissen.
RoMPLBR VON Löwenhalt (1647) 21.
tn der anrede an einen Schulmeister:
du andrer Nero, du, der mit der mten läuft,
der mit dem stecken schmeisst, der stSsset, schlägt und ränft
Grob dichter, vertuchg. (1678) 50.
selten das geräth im, bloszen accusativ: einen stecken an
den hals schlagen inquutere in caput scipionem Corvinus
fons lat. 529 »>.
einen mit einem stecken von dannen jagen:
die i>ewrin mich grob anzannen,
ja^en mich ofTt mit stecken dannen
H. Sachs 9, 9 Keller-Götze.
a) als ethnographischer begriff \cird er geschildert: nicht
mit einem indianischen rohrstab, sondern mit einem
teutschen stäcken Moscherosch gesichte (1650) 219.
b) in Verbindung mit entsprechenden begriffen: etwann
das ainer geschlagen würdt mit ainem kolben oder stecken
Braunschweig chirurgia (1539) 25*; mit ruthen, stecken
und geissein über die blosse dicke und Schienbeine ge-
schlagen werden Stranitzky ollapatrida 308 Wien, neudr.;
gebrauche fingerkrant, faust, peitschen, prügel, stecken:
es ist mit nichts gethan Rachel tati/r. ged. 20 neudr
St. Niklas spricht:
so bringe ich euch den stecken und die ruth
Arnim 17, 384;
mit schollen, steinen, stangen, röhren, stecken,
mit fausten wollen wir sie niederstrecken
RCckert (1867) 12, 63.
die begriffe durch aüitteration gebunden: stock und
stecken Fischart bienenkorb (1588) 69»; ey, das war
der sündigen weit ein göts euangelium, das sie billich.
wanns müglich war, mit stangen und stecken erhalten
solt Nas antipap. eins xmd hundert (1567) 3, 237»; die
bürger schlagen einander mit stecken und stangen Prä-
TORIUS anthropodemus pluton. (1666) 1, 235;
Cr.
1291 STECKEN
als einem mörder sicherlich
habt ir gesuchet mich
mit spiessen, steclien und stangen
aUderUtche passiwwsp. au« Tirol 57 Wackemeü;
mit Stangen, steken und stainen Steiniiöwel Äsop 101.
über stecken und stab vgl. taiten id.
c) als zücMigungsmittel in der liand des lehrers: plan,
den stecken des praeceptors mit dem taktstocke des
mnsikdircktors zu vertauschen Schubart briefe l, 147;
der religionsunterricht . . . begann meistens mit der War-
nung: buben, wenn ihr euch nicht vor dem namen Jesu
beugt, so schlag ich euch den stecken um die füsze
herum Kerner büderbuch (1849) 198. zugleich als tact-
stock dienend: der stecken {des cantors) musz die stimmen
fähren Abraham a S. Clara eiicas für alle 2, 134.
d) als geräth zum antreiben von {hatis)thieren : denn du
hast das joch jrer last, vnd die rute jrer schulter, vnd
den stecken jres treibers zerbrochen Jesaj. 9, 4; unter
dem stecken der treiber vgl. Herder 19, 324 Suphan; mit
beiden bänden die zügel, in der rechten überdies einen
stecken haltend Gerhard akad. abhandl. (1866) l, 24; be-
sonders für den esel gebräuchlich: si asino omnino non
dares futter und stecken, werden den esel nicht lang
lassen ghen Luther 34, 2, 458, 10 Weim.; doch sagk und
stecken müssen nicht alleyne seyn, szunder das futter
auch ebenda 25; sein (des esels) haut ist so hart, dass
er weder des stäckens noch des rägens achtet Gesner-
FoRER thierbuch (1563) 41; der eseldieb . . . triebe den
esel an mit dem stecken, in meinung, desto geschwinder
nach haus zu kommen Abraham a S. Clara eticas
für alle 2, 15. allgemein zum verscheuchen von thieren
dienlich: vnd der Philister sprach zu David, bin ich denn
ein band, das du mit stecken zu mir kompst? i. Sam.
17, 43;
dann wann die katz will häfen lecken,
80 bUszt man jhr den lust mit stecken
Fisch ART flöhatz 33 neudr.;
als wann ein esel mit verlangen
ist in ein korenfeld ;;egangen,
darinnen er vil Schadens thut,
so laufTen her auss frischem muth
die baurcnbuben mit den stecken,
er aber lasst sich nit erschrocken
Spreng Utas (1610) U9^.
besonders aUerthümlich als hirtenstecken (*. th.i,2,
1578), um die weidethiere zusammenzuhalten, doch nicht
eigentlich {trotz Butschky unten) als waffe wider die
unlden thiere. wo der kalben seine sache thun muszte {s.
hirtenkolbe unter kolbe II 1 6 th. b sp. 1604) ; mit groszer
wahrseheinlidikeit hat man die groszen {in der längs-
axe unsymmetrisch durcldochten) steiuMmmer als solclie
hirtenwaffe der urzeit angesprochen: ein schäffer rath
schlagt mit seim stecken Kirchhop wendunmuth 2, 190.
dementsprechend als idyllisches tündelgeräth der vornehmen
geseUschaft des 17. und i8. Jahrhunderts : derowegen an
einem sontag hernach, als ob ich nur in die gärten
spatzieren wollte, gantz allein, mit einem k la mode
stecken (hirtenstab) in der band, das wasser hienunder
schliche Mosch erosch gesichte (1650) 2, 24.
a) stark fällt hier aber die biblische spräche ein. mit
anlehnung an Luthers Übersetzung von 'virga et baculus':
und ob ich schon wandert im finstern tal, fürchte ich
kein vnglück, denn du bis bey mir, dein stecken und
«tab trösten mich psalm 23, 4, wo gott als der gute hirte
vorgestellt wird; vgl. auch: fürchte dich nicht, mein volck,
das zu Zion wonet, für Assur, er wird dich mit dem
stecken schlahen vnd seinen stab wider dich auffhcben,
wie in Egypten geschach Jesaj. 10, 24; wer. . . ohne alle
list leben wil, der begehret, unter den Wolfen . . . ohne
•tab o<Jer stekken zu wandeln Butschky Pathmos (1677) 9;
dein stab, herr, und dein itecken
benimmt mir idl mein schrecken
P. Oiriiard bei FihciiKR-TC'MPKL ktrcheiUied 3, 367»;
•r (fotf) ^itt«t mich zo tag vnd nacht,
Bit MilMin steck vnd stabe
RiKCWALDT handbüchlein BIO*;
tu der mrbimdung stecken und stab vgl. auch stab 11 bd
(•*<» ßP' iW); deine nithe und dein stecken haben mich
HatrOtUt Math päekrJun »atiren M. i.
Cr.
STECKEN
1292
er weyset mir
den ort mit seinem stecken,
da für und für
ich wohnen mag ohn schrecken
Weckhbrlin gedichte 2, 70, 78.
*. auch unten die bildliche verweiuluiig, welche hier ihre
hauptnahrung gefunden hat {unter 12 o).
e) die virgae der fasces der römischen lictoren werden
als stecken gedacht: ist wohl eine schimpfllichere dienst-
barkeit zu ersinnen, als dass Deutschland . . . beil und
stecken gleichsam zum täglichen schrecken fürtrageii
sehen musz? Lohen stein Arminias (1689) i, 19«>; vgl.
auch er Hess ... die frembden so bald mit weinstöcken,
als die römischen bürger mit gemeinen stecken schlagen
1, 44''. dagegen der unten aus dem ruthenbündel heraus-
sehende stiel des beiles i.tt gemeint: zfl Rom giengen den
oberen gewaltschergen vor, mit wellenröten vnd eim
beihel an einem stecken Heyden Plinitis (1565) 46.
f) selten mit stecken werfen, doch nur wenn ein
schlagen nicht mehr möglich: einen stecken nach dem
hasen schleudern vgl. Peschel Völkerkunde 496. anders
gedacht aber sind:
[geworfene) stecken die da waren gebrant
vnd vornen fewrig spitzen hant.
Murner Äneia (1543) oi".
g) stecken im gegensatz zum schwert und dadurch als
ungefährlichere xcaffe charakterisiert:
zeffisz, on weer vnd nitt zcrosz,
on schwerdt, mit stecken vnd demöt
schtveiz. Schauspiele 3, 119 Bächtold;
lobt ihr das schwert, wenn ihr's nennt schärfer als den stecken?
Rückkrt werke (1867) 8, 245.
so wird das schivert in spöttischer rede {gleichsam in der
hand eines kindes gedacht) stecken genannt: hat man dir
drumb den stecken geben, dasz du mir also freuenlich
vnter meinen äugen meine liebe freund soltst ermorden
Gargantua 422 neudr. gefährlich wurde der stecken erst
durch seine spitze, mochte sie nun durch fetter gehärtet
oder mit einem mefaUschuh versehen sein: underredten
sich, das sie kein schädliche wehr . . . brauchen solten,
kein kolben noch spitzig stecken Wickram 2, 276, 18
Bolte.
3) .selten ist der stecken aus anderem material denn
aus holz; er ist dann kunstvoller hergerichtet, und stab
wird dann durchaus vom Sprachgebrauch bevorzugt {s. stab 4/
oben sp. 334): czwen eysen steken Zingerle mifielalterl.
invent. 16, 21 und 44, 256, wo es z\ceifelhaft bleibt, ob nur
mit eisen beschuhte stecken gemeint sind {vgl. oben ig).
— elfenbeinerne stecken: (er) schlag den Gallier mit
einem helffenbeinin stäcken Stumpf Schwytzerehron.
(1606) 152».
4) der in die erde getriebene stecken: er trieb frische
stecken je zu zweien in den boden Rosboger schriflen
(1895) 1, 82;
ob ich etewenne
körn flf dem tenne
mit drischelen Q; gebie;
od ob ich stecken le gestie;
Helmbrecht 318.
a) eingeschlagener stecken, welcher die grenze bezeichnet:
item so ainer dem andern die marchstain oder stecken
verändert oder selbs aussteckt und wiert verklagt, ist
peen von iedem mark fünfzig phunt persar tirol. weisth.
4, 704, 6 {Buchenstein 16. jh.) vgl. marcstccke Schh. 8, 61ü.
b) insbesondere der zaunstecken {s. unten), um wel-
chen »ich das flechtwerk des alten zaunes hertimlegt, trie
der Zettel des geicebes um den einschlag: stecken tu einem
zäun vgl. Schumann nachtiüchleiu 8.S2 Bolte; von renn
und stecken ansprechen tirol. iceisth. i, 482, 24 {Sterzing');
Spelten, stocken, zaunring 4, 463, 16 {Moos i».jahrh.). hier-
her wohl auch:
durch donion und hekk(>ii,
durch stuuden und stekken . . .
wil ich mir machen eine bahn
SlLB8lt;8 hfilifjf gfflenhiii 14 neudr.;
ein von einem zaane abgebrochener stecken KrOnitz
171. 121.
a) in tpritkuirtiMkir rtdtMort: so rasch wird der
stecken nicht vom zäun gehrochen Stohu 7, »7, da»
heistt die geUgtnheii. vgl. die gelegenheit vom zäune
Cr.
1293
STECKEN
STECKEN
1294
brechen und unter zäun, eigentlich einen streit, einen
rechtshandel kurzerhand hervorrufen, wie ihn die icenduivg
solt man ein sache vom alten zäun brechen Luther
5, 287'' noch in grösserer frische spiegelt, denn sache ist
hier noch ganz 'rechtstreit' {vgl. sache 11 1 th. 8 sp. 1593);
sie, die seit fünfzig jähren täglich ihren stecken vom
zäune brach — sie will ruh' haben Rosegger unldlinge
(I90ö) 356.
ß) an den zaunstecken denkt tcohl auch die bauernregel:
es ist kein aprill so gut,
er schneit dem stecken auch ein hnt
KiBCHHOFER schvoeizerische Sprichwörter (182i) 313.
c) kleinerer pfähl, um büsche, stauden und junge stamme
damit zu befestigen: stäcken stossen im weyngarten vineam
pedare Maaler 383*»; man steckt die reben. man biegett
sy Ton oben hernider biss auf die erden vnd steckt sy
denn mit starcken ramen oder mit stecken, da mit die
reben aufifenthalt haben Thauler sermones (1508) 27»;
schneid die wurtzeln der reben ab, vnd vmbstellet sie
mit stecken Sebiz f eidbau (1579) 50. — und sie pinden in
(den Pfeffer) an stecken als die Weinreben Schiltberger
reisebuch 80, 7; item eyn gartner, wann er junge reisz
oder bäumlin sezt, steckt er eynen stecken darbei, das
sie stracks vnd gleich aufwachssen Fisch.\rt ehzucht-
büchl. 279 Hauffen. mit völliger einkehr in das bild: thä
deinem sun als einem zwig, dem stelst du ein stecken
zu vnd bindest in daran, das er daran vffrecht wachsz.
also den stecken der straff, bind in deinem sunn zu, das
er nicht von einem ieglichen wind seines eignen willens
vmmgeworffen werd Keisersberg narrenschiff 17»'^.
d) pfähle für tische und bänke im freien: der Fritz
und seine gesellen hatten . . . mit in den grasboden ein-
geschlagnen stecken und darauf genagelten brettem
tische und bänke . . . hergestellt Ludwig 2, 284.
e) der leichnam des besiegten feindes wird auf einem
in die erde getriebenen stecken zur schau befestigt: so
nympt er in (den besiegten gegenkönig) und setzt in auff
ein stecken, das im der steck zu dem halss wider auss-
geet und muss auff dem stecken erfaulen Schiltberger
reisebuch 65, 16. schon mhd., wo aber nur der köpf dieses
Schicksal erfahrt, im übrigen eine alterthümliche sitte:
hie {in dem baumgarten) was gestalt ein witer rinc
von eichfnen stecken.
des wundert Erecken.
ir ieglich was sus bedaht,
ein mannes houpt dar üf gestaht,
wan einer der was laere Hartm.\nn i'ret 8770.
/) im geschauten vergleich:
her Nithart hat uns hie verläsen als diu krä den stecken,
diu d& hinne fliuget unde sitzet üf ein sät
Nkidhart 198 Haupt (vgl. die anmcrkung dazu).
5) in wirthschaftlicher spräche findet »ich der
stecken nocJi:
a) als schürstock des feuers: welcher . . . bey einem
grosen hellen feur pflegt sein gepäck zu wärmen, vnd
zu erharren, wann er von dem äcker der kesten feister
würde, vnnd pflegt dieweil mit eim angepranten stecken,
damit man das feur schüret, auff den herd etwas zu
malen vnd zu schreiben Gargantua 329, vgl. schürstecke
mhd. wb. 2, 2, 625".
b) als rührstock für flüssigkeiten : wo der weyn . . .
seiger werden wil, vnd man denn mit einem gespaltnen
stäcken jn abbräwet Gesner-Forer thierbuch (1563) 20;
schwencke das wasser in einem gefesz mit einem stecken
geschwindt vmb Ercker mineral ertzt (i580) 73*.
c) als tragstock im wurstwiemen: es war glich als
mfiglich, das ganz meer an den regenbogen zä henken,
wie ein brotwurst an ein stecken, das es tüerr und
drucken wurd Manuel 230, 12 Bächtold (krankheit der
messe), ähnlich auf der Wanderschaft: imd sie kamen
bis an bach Escol, vnd schnitten daselbs eine reben ab
mit einer Weintrauben, vnd Hessen sie zweene auff einem
stecken tragen 4. Mos. 13, 24; er understünd die Strassen
dermassen zu sicheren, dasz einer gold on sorg an einem
stecken durch das land möcht tragen Münster cos-
inogr. 509.
d) auch zum aufschütteln des bettes: aber wann mir
das Cläuszle nit folgen wolt, botz krisam, so wolt ich
jhn so jämmerlich abhören mit diesem stecken (dann
Cr.
er hett eben damals seinen stecken, damit er das bett
macht, inn der band, und fantasiert dran) Gargantua
357 neudr. hier knüpft woJil die redensart an: das weih
ist so garstig, dasz man sie kaum mit einem stecken an-
rühren oder aufheben möchte Kram er dict. 2 (1702), 923».
e) stecken bilden das gerippe eines korbes, welche dann
das eigentliche gefleckt tragen (ähnlich wie oben zaun-
stecken): körb, von starcken stecken vnd zaunruhten
geflochten oder gezäunet Kirchhof müit. discipl. 171 ;
vgl. lärchen, die gut zu spelten, stecken, seilen oder ander
notturft zu gebrauchen sint tiroi. iceisth. 1, 129, 7 (Lichten-
wert 1519).
6) eine kleinere fahnenstange: ein mann von mitt-
lerm alter . . . ging voran und hielt ein weiszes tuch
auf einem kleinen stecken empor Forster schriflen l, 455;
nachdem der stecken mit der weissen grundfarbe be-
strichen, welche für beide königreiche dieselbe war,
wurde er mit einer Spirallinie von der andern färbe um-
wunden Keller 3, 77;
die lieb, recht als ain hader,
empor an ainem stecken schwebt
H.iTZLERix Uederbuch 241, 233 ;
audi sonst gebräuchlich, ujn ettcas den leuten sichtbar
voranzutragen, vgl.: niemand hab jn vermocht, das er
die krön ie ein mal auff sein haupt setze, sonder allweg
auff einem steckenn vor jm her tragen lassen Franck
chronicon (1538) SS*».
7) die kinder reiten auf dem stecken, nehmen ihn
rittlings zvfischen ihre beine. vgl. dazu unten beson-
ders Steckenpferd und steckenrosz, sowie steckenreiter :
stäcken darauff die kind reytend, was vor zeyten ein
ror, bey vns badenrösszle genannt wurde arundo Maaler
383*"; aufm stecken reiten equitarein arundine longa CoR-
viNUS foTis lat. 70» (vgl. Steinb.\ch 2, 690); auf einem
stecken reiten cavalcare sti un bastone d sü una
canna Kramer dict. 2 (1702), 923»; Agesüaus reut mit den
kindem auff dem stecken herumb Gargantua 293 neudr. ;
'quum ipse quoqpie pater evaseris, tunc patribus con-
silium dabis' sagte A^esilaus, als ihn einer sähe mit
seinen kindem auff dem stecken reiten Moscherosch
insomnis cura parentum 133 neudr.;
der sagt, was er getriben hab,
da er noch war ein junger knab,
wie er auff steckn geritten sey,
und tiiben seltzam spil darbey
Scheit Grobianus 2033 neudr.
ganz an stelle des kunstvoller gearbeiteten Steckenpferds :
auf Josephs stab ein männlein seie geschnitzlet gestan-
den, wie man sihet an denen stecken, da kinder . . .
auff zureitten pflegen Fischart bienenkorb (1588) 152'».
a) als ausgesprochenes charakteristicum der Jugendzeit:
glücke last sich nicht beherrschen von dem alter oder zeit:
manchem bringt es schöne fruchte, wann er noch auf stecken reit
LoGAU Sinngedichte 604, 76 Eitner.
ähnlieh: es ist nicht mehr vmb die zeit da Gretlin span
und Hänszlin stecken ritt Fischart bienenkorb 139»,
d. h. die tage der kindheit sind vorüber.
b) übertragen mit beziehung auf liebhabereien, neigungen
und getcohnheiten, tcelche so in den kreis des kindlichen,
ja kindischen gebracht tcerden sollen (vgl. die reichere
entioicklung unter Steckenpferd 2): können sie den mann
grosz finden, der niemals anders als auf seinen eigenen
stecken reiten will Moser tcerke 3, 45 Abeken; nun
setzten sich diese exegeten nackt auf stecken und höl-
zerne pferdchen, und ritten hin und her Zimmermann
über die einsamkeit 2, 63 anm.;
der ist ein gütter gouckelman,
der zA ross nit rytten kan
vnd sitzet dannocht v£f eim stecken,
vff das er ryt mit andern gecken,
ein vaüsche freud im selber macht
MuRNBR narrenbetchtcörung 74, 3 neudr.
c) im Sprichwort: es ist docken werck, auff stecken
geritten, es ist wol halb zu füss gangen Franck sprüch-
loörter (1541) 1, 120''; dann darvon pflege man im sprüch-
wort zu sagen: stecken reiten sey helb gegangen Agyr-
TAS grillenvertreiber (l670) 81; die schenckel empfindens
wol, so man aoff stecken reit Franck sprüchwörter (1545)
1, 81».
Cr.
1295
STECKEN
STECKEN
1296
8) der stecken als götÜiches aymbol, so des Hervies
XQtrchTjXov QÜßöov:
ey, ey, wie ein seltzamer mann !
hat an seim stecken zwo schlangen,
kan fliegen vnd kombt doch gegangen
Ayrek dramen 516, 8;
vnd mein Mercnrisch richterstab
mit igelschmaltz ich geschmieret hsd),
darmit ich euch flSh stillen mag,
das ihr werd stumm, vnd daub vnd zag,
wie Mercurius mit seim stecken
kondt schlaffen machen vnd erwecken
Fischart flöhatz 49 ncudr.
auch der dreizack des erderschütterers Poseidon:
mit dem dreygespitzten stekken
schlug er in das blaue meer
Nbumakk mvsik.-poet. lustwäldchen (1C52) 104.
o) hier möge attch platz finden, wenn in der deutlichen
sage der treue Eckhart einen stecken führt: es soll aber
vor dieses teuffels beer ein . . . alter mann, welcben sie
den getreuen Eckhard nennen, herziehen, und mit einem
stecken . . . forne an marchiren Praetorius Blockes-
berges Verrichtung (1668) 15; ganz ähnlich wie Moses in
der jüdischen:
wo schreibt Lykurgus denn, und Moses mit dem stekken,
dass eine hausfrau nur sei draat und flnger lekken?
Rachel »atyr. ged. 35 neudr.
9) als magisches geräth:
o du böses, altes wyb . . .
wie bist so blindt in disen Sachen,
das du wenst, du kynnest machen
wetter, hagel oder sehne,
kindcr lernen, darzfi mc,
vff gesalbten stecken faren !
Murner narrenbeschwörung 46, 34;
wann dir eine wunde fürkommet, so nim einen höltzern
gescheiten und reinen stecken Nigrinus von Zauberern
(1592) 101;
wenn Faust auf seinem mantel fuhr,
und zur beschimpfung der natur
mehr wunder in der weit, als Mosis stecken wirkte
Goi-rscHED gedickte (1751) 171;
der weise ziehet einen kreis,
schlägt dreymal mit dem goldnen stecken
Ramler fabellese (1783) 1, 102.
10) vereinzelt an stelle des Stabes als rechtliches symhol
{vgl. Stab II 8/. oben sp. 346/. und Amira der stab in der
germanischen rechtssymbolik 1909) : das wörtlin aber' virga',
das hier steet, haisst nach latein ain rüt oder steck,
als die richter in der band tragen Luther i, 694 Weim.
a) an den stecken des richters geloben, d. h.
'tacto baculo judicis spondere' vgl. Jak. Grimm rechts-
alterthümer 135: Herman Lobers dochter sol pilch dem
schultheissen an dem stecken geloben Marburger akte
von 1585 bei Crecelius 2, 807; auch an den stecken des
Ortsvorstandes gelobt sich die gemeinde zum gemeinsamen
handeln Vilmar 398 (z. jähre 1609). deutlicher ist an den
stecken greifen {vgl. das entsprechende unter stab II 8
g 11, sp. 849): bait he der bürgen nicht, he sal dem
richter an den stecken grifen, das ist so viel als hant-
gelobede Schminke monim. hass. 2, 721. doch den nur
vereinzelten gebrauch bestätigt auch der gegensatz: der
Bcepter eines richters kein stecken eines blinden, sondern
wachsamb and sehend Albertinus A{m*cA/«i'/fer (i664) 108.
b) selten auch Über einen den stecken brechen
{das häufigere unter stab II 8 ^ ^ «p. S49 und vgl. dazu
Möller in der Zeitschrift für recJitsgeschichte 21, esff.):
sie seind verdampt, da bilfTt nichts zu,
den stecken will ich brechen nu
KkCobb actum von dem anjang und ende der weU
(1580) CS»;
kaum ist ein (verteumderUchet) wort gesprochen,
es ist so bald geglaubt, der stekken ist gebrochen,
die nnschnld ist in not, ja umb den balss gebracht
Kachel latj/r. ged. 08 neudr.
e) an »teile de» weiszen Stabes und noch gewöhnlicheren
ctockcs («. unten) in der hand des recht- und besitzlosen,
dt» landfitichtigen: jedem gefangen ein stecken geben
and in die kircbe sperren Oargantua 266*;
da ich war wie ein kmg,
mich mein vater zum baas hinaus schlug,
•r nb mir «inra weissen stecken in meine rechte hand
•Dd «reiste mich in das drei und dreiszigsto land
»ektmUäimrtUd bei Jak. Okimm rtcMsaUerthümer^ i, tu.
Cr.
11) im, vergleich.
a) der stecken als stütze und halt: uf dene kann mer
sich verlasse wie uf e gebrochene stecke MartinLien-
hart 8, 580»>; ein erzieher soll immerhin wie ein höl-
zerner stecken sein, an dem die blume des kindlichen
gemüthes sich aufrankt Gutzkow ritter vom geiste 5, 317.
b) von der armuth, die blosser dann ein gescheiter
steck Franck sprüchwörter (1546) 1, 37*. zur Charakteri-
sierung der langsamkeit: da wers {von der stell) gangen,
wie ein alt weih am stecken Oargantua 169 neudr.
V071 einer steif zurückhaltenden person wird gesagt: es
war, als habe sie einen stecken im rücken, als sie das
sagte Zahn Itelden des alltags (1907) 38.
c) ein wenig künstlidi bewegt sich: so mag er die zyffer,
die fünff bedut, mit einer sichel verglychen ... die Hinff-
zehenden mitt eim stecken vnd einer sichel Rieoerbr
Spiegel der icaren rhetoric (1493) Jt 1^.
d) morsche stützen, die der mensch zerbricht wie
einen stecken Germanicus socialismus und die frau
(1899) 74;
was das, beim Jupiter!
für eine spräche ist! als schlug' ein stecken
an einen alten rostzerfressnen heim!
Kleist 8, 415 Schmidt {HermanntscMacht 5, 1).
18) in bildlicher Übertragung.
a) in anlehnung an den stecken und stab des ps. 23, 4
oben unter 2 d a von gott und seinem heiligen icort: dar-
umb lerne ja ein jglicher christ diese kunst, das er
sich an diesen stecken und stab halte Luther 6, M7*;
wir wollen uns durch dieses finstre thal, liebster vater,
an einem stab und stecken halten, der uns beide trösten
soll Hamann Schriften (laiS) l, 335;
wer gott zum stecken hat und seiner sich erfreut,
dem musz ein wanderstab zu groszen beeren werden
HOFFMANNSWALDAU J/crffCÄfe (1697) 5, 165;
darf ich doch nicht erschrecken:
er (gott) ist mein stab und stecken
Neukirch gedickte (1744) 88;
der uns die eine freiheit gab,
will auch die schön're schenken,
du unser stecken, unser stab,
lass deiner stets uns denken
Schenkendorf gedickte (1816) S3.
gottes wort:
dein wort lindert all schmerzen,
' es ist mein steck und stab
Steurlein bei Fischer-Tümpel kirchenlied 4,6;
er (gott) war bey dir sonn und schild,
und sein wort dein stab und stecken
ScHMOLCKE trost- und geistreiche Schriften (1740) 1, 969.
a) mit hinblick auf das vorige kann denn auch ein
gutes kind stecken und stab seiner {alternden) eitern ge-
nanntwerden: ha! hal das ist der feine junge herr, der
seiner familie so grosse ehre macht, und einst der
stecken und stab seiner altern worden wird ! Bode gesch.
des Thomas Jones (1786) 3, 395; die mutter nannte ihn
{den söhn) ihren stecken und stab J. Paul leben Fibel» 69;
mit einem weihe . . .,
die mir zum stecken und zum stab
'n dutzend derbe buhen gab
ScHunART gedickte (1826) 3, 88.
verblaszter dafür stecken und trost: euere mutter, deren
einige hofnung, stekken und trost ihres alters ihr seyd
Butschky hochdeutsche kanzeüey 100;
wer wird mein unterhalt? mein trost? mein otecken seyn?
Go-i-rsciiBD deutsche »ckaubühne 4, 858.
ß) auch »onst: lassen sie uns von den französischen
Übersetzern anfangen; sie sind ohnedem, wie ich nun-
mehr wohl sehe, ihr einziger steckiMi niui stab gewesen
LBSSINO 8, 418.
y) selten im plural:
meines alters stAbe
vnd stecken so geschwind
gleich mit aerbrochen sind
Königiherger diehterkr. t$7 memdr.
b) der wandorstecken de» pilgtr» {vgl. oben unter l d)
wird lehrhaft autgtdeuUt von Kbisbrshkhu: der fünfft
steck oder stab, den der tUfel einem bilgrr darstellet
an stat einer christenlichon hofTnung ist ein sohwinspysz
einer gebickten stangon bUgnachaft (I6i>) wf>.
Cr.
1297
STECKEN
STECKEN
1298
c) auf dem grund von oben 2 beicegt sich: der stecke
solte auch hernacher folgen, das man zuschlüge, da ge-
hört auff uns der Türcke oder sonst ein grewlicher
tyran, wie wol unsere fürsten auch stecken gnug sind
Luther 28, 65i, 18 Weim., und hieran wohl anknüpfend:
denn wie man sagt, wenn Tns gott einen stecken oder
Strohhalm zum haupt setzet, so solten wir jn für vnser
haupt erkennen, vnd dem selbigen ehre thün Glaser
gesindteuffel (156*) D 6»>.
13) »prichwörÜiche redewendutiffen:
a) er (jpastor Goeze) nennet weder sack noch esel, auf
die sein stecken zuschlägt Lessing 10, 129, d. h. sein
angriff kommt von hinten herum, nähert sicJi der Stichelei.
b) von einem der närrisches, verkehrtes zeug treibt,
vyird gesagt: {er) geigt auff den nuszschalen, pfiff auff
eim stecken Gargantua 198 neudr.
c) einem ins rad einen stecken schieben oder stecken,
ihm ein hindemisz bereiten, e stecke ins rad stecken
Martin-Lienhart 2, 580''; auch einem fuszgänger einen
stecken zwischen die beine werfen, so dasz er zu fall
kommt.
d) einem steht kein stecken gerade, ihm ist nichts
recht, er ist mit nichts (mehr) zufrieden: der Marie-Liese
steht auch kein stecken gerade, wegen ihrer Terdrüsse
mit ihrem junker und seiner Schwester Holtei erz.
.ochriften 15, 181; weil unsere damen nicht auf der gallerie
sitzen, steht dem jungen herm kein stecken gerade
35, 192.
e) dreck am stecken haben, schon etwas auf dem kerb-
holz haben, schon einmdl bestraft sein: die dreck am
stecken haben, müssen sich klein machen Ganghofer
der mann im. salz (gartenlaube 1905 s. 947*); die meisten
aber leugnen die hexerei, weil sie selber dreck am
stecken haben und vor dem richter zittern T82*. dem-
entsprechend denn auch: de bekommst dreck an den
stecken, du tcirst bestraft Martin-Lienhart 2, 580''.
f) einem den stecken geben, ihn verabschieden und
aus dem hause schicken, mit dem beisinn, dasz er nun
heimathlos sei: geb dem mann sein stecken, mach,
dasz der mann fortkommt Askenasy Frankfurter mund-
art 37; meine letzte amour, die ich verlassen hab'
oder, wie man in der hohen dichtersprache sagt, der
ich den stecken gegeben hab', hat mir beim ab-
schied prophezeit Raimund l, 7 {barometermacJier auf der
zauberinsei 1, 2) ; wie es auch im folgenden heiszt 'blosz
und aller habe bar durchs land fahren : Jacob . . . war
ein armer schlucker, hatte nichts als ein stecken in
der band Abraham a S. Clara etwas für alle (1699)
1. 252, von wo aus sich Versteinerungen begreifen wie die
folgende: und die selbigen knaben, die zeren alwegen bey
den Wirten, die zu dem stecken hcissen, das ist als viel,
das sie keinen wirt bezalen, was sie yhm schuldig sind
Luther 26, 651 Weim. doch die leichtlebigkeit spricht:
seit ich . . . mich durch ergreiffung des sacks und
Steckens in die unschätzbarliche freyheit unsers herren-
lebens gesetzt Simpl. 2, 349 Keller.
g) einen stecken dabei stecken und sich' so eine stdle
in der landsdiaft merken, sie für künftiges wiederfinden
bezeichnen; es ist eso', de chanst e st^ke derzue steke
du magst es dir nur merken Hunziker Aargauer Wörter-
buch 252. eine andere seite des sprachlichen bildes entwickelt:
wenns dir nit gfallt, so steck e stecke derzue Martin-
Lienhart 2, 580»»; d. h. halte dich dabei nun nicht weiter
auf und gehe deinen weg weiter; ist er nicht zufreden,
stosz er einen stecken derzu ebenda, den allgemeinen
ainn 'ein exempel statuieren, das sich andere merken mögen',
hat es im folgenden : wir wollen schon dahinter kommen
und einen stecken dabei stecken, so dasz jedermann
mit unserer Justiz zufrieden sein musz Huch hahn von
Quakenbrück 24.
A) ob die redensart: uf dem stecken sitzen, im zweifei
^n, in banger erwartung leben Martin-Lienhart 2,
580* mit der andern ebenda verzeichneten: er geht mit
den hüehnern uf den stecke, d. h. er geht früh zu bett
und steht früh wieder auf zusammenhängt, muaz zweifei-
ht^ft bleiben.
13) stecken in der bildlichen einkleidung der negation g%t-
gleich mit verstärkendem beisinn: das freylich dieser
konig nicht ainen stecken zu eigen hat ynn aller wellt
Luther 30, 2, 406 Weim., d. h. rein garnichts; wenn ers
thun durfte, er {der teufeJC) lies dir nicht ein gans leben,
und ynn summa . . . keinen stecken stehen 32, 115, 8
Wäm.; weder kü noch gansz, ja kein steck an deinem
hauss belibe dier 32, 555, 6 Weim.; ihr solltet nicht einen
stecken behalten 33, 606, 88 Weim.; ich habe nicht einen
stecken holtz im hause Kramer dict. 2 (1703), 923».
14) entsprechend der unter span, astula All 6 {th. 10, 1
sp. 1866), dafür aufgewiesenen bedeutung 'geld' hat diesen
sinn auch der plural stecken: mit denne" par stecke",
wi» er verdient, kann er ke'n grossi sprüng mache"
Martin-Lienhart 2, 581», doch zugleich tkU hervorhebung
des wenigen, geringen.
15) stecken, brennholzmasz in Frankfurt a. M. und im
groszherzogthum Hessen . handschriftl. mittheilung von Hoff-
mann VON Fallersleben, vielleicht eigentlich 'ein bündd.
holz so grosz, wie man es auf einmal auf dem tragstecken
fortscJiaffen kann.
16) dünne, magere beine und arme heiszen stecken: der
teufel soll mich mit brennenden granaten neunund-
neunzig mal todt werfen, wenn mein kleiner finger nicht
gerade so dick ist, wie des Windhundes seine tausend-
sackermentischen stecken von beinen Holtei erzähl.
Schriften 6, 81 ; seine arme sind die reinen stecken, der
ausgangspunkt findet sich in dem vergleich beine, arme
haben so dünn wie ein stecken.
17) dementsprechend auch von einer hageren person über-
haupt: ein alter stecke, ein alter schedel Berthold von
Regensbürg 1, 416, 34; entsprechend dem vergleich: ich
rufe gott zum zeugen an, der kerl sei so dünn als ein
stecken Kleist 4, 211 E. Schmidt.
18) stecke, membrum virile Martin-Lienhart 2, 581* ;
dazu die redensart: di® geH an de" stecken.
19) stecken in Obersteiermark ein schmaler, auf beiden
Seiten abschüssiger felskopf. der von der schneide aus ge-
sehen wie ein schmaler kegel aussieht Unger-Khüll 571».
^STECKEN, verb.. transitives verbum, im gegensatz zu
dem auch durch die fleanon davon völlig unterschiedenen
intrans. verb. 'stecken, factitivbildting zu stechen, verb. in
dem sinne von 'stechend befestigen, festheften' mittelst -jan
Suffixes: {diesen ursprünglichen sinn spiegelt noch gut:
[sie] treiben [das icild] hin vnd her vnd steckens vol
pfeif, bis es erlegt sich gibt vnd zu boden feit Franck
weltbuch 96*), ahd. stecchän, stecchen, mhd. stecken, ein
dem ahd. nichtumgelauteten praet. stacta {part. gistact,
neben gistecchit) und mhd. stacte, stahte {part. gestact
neben gestecket) entsprechendes nhd. praet. stackte findet
sich noch im ende des siebzehnten jahrhs.; gienge dahero
immer meinen weg von dem schlösse hinweg, und stackte
das testimonium wieder in meine tasche teutsche winter-
nächte (1682) 5 und stackte Reuter Schelmuffski (1697) 12.
auffällig und in weiterem völligen Übergang zu * stecken
verb.: an der rechten band stack ich einen silbernen
petschierring Hafner lustspiele (1812) 1, 46. entsprechend
auch das part. {teo aber zweifelhaft ist, ob nicht unter
* stecken gehörig): so musten der grobianer seein in
eseln, sewen vnd büflen sein gestocken Scheit Gro-
bianus2S23- derowegen strigelte ich, eh er sich \^^eder
erholen, oder etwas besinnen konte, mein kleid mit bey-
den bänden dermassen, dasz es schimmerte, als wenn
ich inwendig voller brennenden schwefeis gestochen wäre
Simplic. 138 neudr. tiiederdetitsche Unsicherheit in der wohl
zwischen stechen {vgl. auch die belege oben unter stechen
verb. die einl.) und *^ stecken verb. verhochdeutseht: stich
du all bloss det jeld bei seite Hauptmann biberpelz 62 (3).
in der schwäbischen Schreibung stocken verb. findet sich
bei Wbckherlin:
dergleichen würckung soll dn haben,
wan eine nympff dich auff ihr haar
soll Stöcken 1, 489 Pitcher;
liebstOckel mögen wir anch wagen,
dieweil sie gut für die, die blaich,
so stock es tief in das glied weich
X. 2.
Cr.
aass leid schier unempfindlich fihl
ich mich mit quahl bedöcket,
als ob mir meines lobers zihl
von meinem feind gestOcket
82
2,430;
2, 113.
Cr.
1299
STECKEN
STECKEN
1300
bedeutung:
l) an oder auf einem spitzen gegeiuttande durch ein-
Btechen etwas befestigen. Wendungen icie auf (an) einen
spiesz stecken zeigen den sprachlichen sinn des begrißes
noch besonders deutlich, auch in seiner ursprünglichen be-
Ziehung zu stechen verb.
a) um ettcas der Schaulust darzubieten : Sesitach steckt
seinen (des Varus) köpf auf! eine lantze Lohenstein
Arminius 1, 3; beide {Egmont und Hoorn) sollten öffent-
lich enthauptet, ihre köpfe auf spiese . . . gesteckt wer-
den Schiller 9, 23; die Mongolen zogen den herzog
nackt aus, hieben ihm den köpf ab, steckten ihn auf
eine lanze und verlangten nun, die bürg von Liegnitz
solle . . . sich ergeben Raumer geschichte der Hohen-
staufen (1823) *, 81 ; das haupt, vom körper getrennt, wird
nun als würdige beute auf einen thyrsus gesteckt Göthe
41, 8, 838 Weim. ;
und schneiden aufT die schwängern weib,
ncmen die kind auss irem leib
und sie au£f die zaunpfel stecken
H. Sachs 8, 177 Keller-Götse;
(sein) leichnam ... ist gevierteilt, vnnd der kopff auf
st. Antonis pfort auff ein pfähl gesteckt . . . worden
Stumpf Schwytzerchron. (l6oe) 281*"; den köpf auf einen
pfal stecken, caput in hastam deßgere Steinbach (1734)
2, 715; als ich wie der gemeinste missethäter in thurm,
und zwar in eben das gefängnisz geworfen wurde, in
dem vorher ein mörder lag, den ich erst vor wenig
tagen hinrichten und seinen köpf auf den pfähl stecken
sah Schubart leben und gesinnicngen, \, 161; ganz ent-
sprechend:
ir ieglich (stecke) was sus bedaht,
ein mannes houpt dar üf gestaht
Hartmann Erec 8773.
b) ein stück fleisch an den bratspiesz stecken
(vgl. spiesz II l th. 10, 1 sp. 2449) : an spisz stecken mattere
neUo spiedo Kram er dict. 2 (1702), 871»; etliche stäckten
das faiste flaisch an die spiss Schaidenraisser Odi/s-
sea (1537) 9^; als sie etliche paar junge tauben an einen
spiess steckte Simplic. 2, 370 Keller;
die köcbin lielT bald in die kucben,
vnd thut zwey hUner herfiir suchen,
steckt sie an spies vnd rufTet baldt,
das Eulenspiegel braten solt
Fischart Eulenspiegel 72 Hauffen:
an spiss seyn krametsvSgel gsteckt,
gut bratwUrst aufT den rost gelegt
Mangold marcktchiff (1596) A 4;
sie macheten darauss (atu den ochsen) vil stttck,
vnd stecketen die mit gelüuk
an lange spiss, beym feur zu kochen
Spreng Iliat (1610) 89»» (vgl. auch 850).
im närrischen Vorgang:
wie etwann eine näderinn,
die ewer kaninierjunckem etlich
steckt an ein nadel (warlich spöttlich)
vnd briet sie darnach bey dem feur.
das war ein that sehr ungeheur
Fischart flöhatz 42 neudr.
aU kannibalische sitte menschen an den spiesz stecken
und braten: vnnd gewisz wann einer wüszt, dasz die
canibalische leutfrcsser solche schmutzige freud mit
eim nach dem tode triben, solt sich einer noch so
willig an pratspisz stecken lassen Oargantita es neudr.;
man sieht darinne (in der erzählung), wie Atrcus die
todten körper in stücke zerhackt; wie er einen theil
derselben an die spiesse gesteckt, und den andern in
kesael geworfen, um jene zu braten und diese zu kochen
Lessino 4, 276; oft trifft CS sich, dass einer dieser elen-
den seinen vater ... an den spiess stecken und das
peinlich feaer unter ihm unterhalten muss Klinoer
(1809) 8, 18. — bildlich: nasci ergo ex deo est purgare pec-
catum, da wird die sUnde am brandspiess gesteckt
Luther so, 706. 86 Weim.
e) einen ring an den finger stecken, too dotk
0b«r der finger durch die «chon vorhandene Öffnung des
rimge» nur hindurch geschoben wird: also pflag Amelia
mit irem ringlin umbzAgobn . . . wann sie sich einig
wassl, so stAokie sie es von einem finger an den an-
deren WicKRAM 8, IM; Tnd (er) gibt Jm ein ring, den
Cr
solte er an seinen finger stecken Volksbuch vom dr. Faust
102 neudr.; die gräfin . . . steckte noch einige ringe an
den finger Göthe 21, 322 Weim.; sie nimmt den ring
von ihrem finger und steckt ihn an seinen Jak. Grimm
kl. Schriften 2, 176. dafür verUaszter, aber zugleich die
unten noch aufzutceisende allgemeinere bedeutung 'be-
festigen' vorbereitend: fingerring, die an die hend oder
zeehen gesteckt werden Gesner-Forer thierbuch (1568)
32''; und zohe hiemit der edel herr Florius ein anssder-
massen schönen ring von seiner bände . . . stecket den
der zarten und schönen junckfrawen Marcebilla an ihr
band Schumann nachtbüchlein 305 Balte;
du steckst den geburtstagsfestlicben onyx dir an die band
Herder 26, 285 Suphan;
dort im fliederschatten
seh' ich eine band sieb strecken,
die an meine freigewordne
froh den frühem ring will stecken
Röckert (1867) 3, 28.
den gleichen werth hat wohl der plural an die finger: unnd
wellicher den dritten tage das best thet, solt haben ein
schönen ring, den solt ihm an seine finger stecken die
schönste junckfraw des lands Schümann nachtbüch-
lein 87 Balte.
2) den dorn in den fnsz stecken, wo das mehr dauernde
befestigtsein hervorgehoben voerden soll und so von stechen
verb. wirklich unterschieden werden tcilZ: einem den dolch
in den leib stecken cacciare uno stilo nel carpo ad uno
Kramer dict. 2 (1702), 923«; aber wenn die ha wem einen
scharffen spiess, messer, beyl, axt hatten, sagten sie,
das ist ein sehr gut wappen, steck es in den huren-
pfaffen Hertzog schiltwache F 3. sprichwörtlich einem
den dorn in den eigenen fusz stecken, ihn in die eigene
falle eingehen lassen u. ä.:
wir wollen dem pfarrer stecken
den doren selbss in seinen fucss,
das er das lanckbauss decken muess
Pfarrer von Kaienberg 13, 234 neudr.
bildlich: dieweil mich so grausam tieff sticht das urteil
deins gerichts, und mir einen dornen in das elend ge-
wissen stecket Luther auslegung des 2. buszpsalm l, 23'».
a) die partisan in die erde stecken Kramer dict. 2
(1702) 923«, um der ruhe zu pflegen und sonst; den spisz
in die erde stecken /«wto;« in ferro ^ere Steinbach
(1734) 2, 715; Diomedes steckt seine lanze in die erde
und erkennt ihn als gastfreund Göthe 41, l, 278 Weim.;
als rechtliches symbal: ein darf, welches seinen namen
von dem Alemannen erhalten hat, der zur zeit der land-
teilung seinen spiess dort in die erde steckte und einen
hof baute Keller i, ii; ähnlich: wenn also ein frie-
sischer bauer sich der deichlast, d. h. der fortwährenden
erhaltung oder gegebenen falles der Wiederherstellung
des deiches nicht mehr gewachsen sah, mnsste er zum
zeichen dessen eine schaufel in sein deichstück stecken
Wimmer geschichte des deutschen badens (1906) 104.
b) pfählen. . ., das ist pfähle stecken Harsdörpfbr
teutscher secretarius (1656) l, HÄA4''; vgl. auch Gubintz
deutsche rechtschreibung (1666) 61. häufig bildlich ausge-
deutet: item eyn gartner, wann er junge reiss oder
bäumlin sezt, steckt er eynen stecken darbei, das sie
stracks vnnd gleich aufwachssen Fischart ehzuchtbüchl.
299, 18 Hauffen; wenn ich dir einen stab könnte stecken
für jene künftigen zeiten . . ., dasz du dich daran könntest
stützen RoSEGOER Wildlinge (1906) 409;
ach gebt (ihr eitern) der tocbter keinen ratun,
steckt in der zeit ein stock zum bäum,
auf das er nicht in hartem sinn
erwachs nnd grob« ktM\ gewinn
RiNowALO laut. xpokrheU 886.
Stecklinge (s. unten) in die erde stecken: (Ober-
förster) sie sagen, ich habe nichts gethan als zweige in
die erde gesteckt Ippland theatral. werk» (1887) 8, 141 (die
Jäger i,l>)i
ich will euch stecken zwei kleine btnmelein,
die sollen museal und nAgelein tragen
Arnim 81, 86;
<Ü4 Wundervorgang: einem andern mönch habe der abt
befohlen, ein dürr holtz, so er in den boden gesteckt,
täglich mit Wasser zu besprengen, so lange, biss es grilne
Cr.
1301
STECKEN
STECKEN
1302
werde, welches, nachdem es dieser mann zwey jare
lang gethan, wäre im dritten jähre solches erfüllet wor-
den, da dieser stecken zu grünen und auszuschlagen
angefangen Sperling Nicodemus quaerens l (1718), 1383.
c) auch sonst fnanni^ach, so als lieblicher frühlings-
brauch: einer Jungfer einen mey stecken, dementsprechend
auch einem einen stumpf stecken piantar, cacciar' un
fusto ad %ino, met. disraccommandarlo Kramer dict. i
;i702), 9^ffi;
im Sommer stecket ir die mayen,
habt kirchwey, hochzeyt
H. Sachs 9, 6, 20 KeOer-Götze;
stecket, gärtner, stecket mayen,
streuet reiche blnmen ans
Nkukirch gediehte (1744) 252.
in sprichwörtlicher redewendung einem keinen malen
stecken ihm nicht viel gutes zudenken:
wer from von aussenher in schafbeltz sich gekleydt, . . .
dem hast da, wie mam sagt, den maien nicht gestökket.
{im reim auf zngetekket)
ROMPLER VON LÖWKNHALT (1647) 92 ;
durch desse schnanffen
und grose prallerey, bin ich noch nicht erschröckt;
wer weyst, wem heit das glück noch grOne mayen stockt
ebenda 105;
wann ein Armeny stirbt, an gottes leychnam oder an
peycht, so legt man in in den freythoff und stecken
ein hochen stain auff das grab Schiltberger reise-
buch 107. aus der spräche der hüttenleute hat wohl hier
seinen platz zu finden : man . . . lest den blass nit mitten
in ofen gehen, sondern an ein eysemes röhr, dasz gegen
einen winckel gesteckt vnd gericht ist Ercker mineral.
ertzt (1580) 105».
d) mit weiterer adverbialer besUmmung. einen pfähl fest
oder tief in den boden stecken : mache den räum deiner
hütten weit, rnd breite aus die teppich deiner wonung,
spare sein nicht, dehne deine seyle lang, vnd stecke
deine negel feste Jesaj. 54, 2.
e) durch einen gegenständ einen pfähl (hindurch)
stecken: eine kleine kugel, durch welche eine stange
oder axe gesteckt ist Schubert verm. achriffen (1823) l, 14.
/) selten und heute ungewöhnlich in reflex. fiigung:
gleich als zwn hohe aychen steiff . . .
sich nicht bewegen in dem grund,
die weil sie in das erdterich
tieff mit der wurtzel stecket sich
Spreng Iliat (1610) 159*.
3) den allgemeineren sinn 'befestigen' hat dann in an-
lehnung an das vorige unser wort angenommen, doch
Ueibt de>- unterschied zu 2 häufig schwankend.
o) ein licht in ö auf den leuchter stecken Kra-
mer dict. 2 (1702), 923"; als bild: ein guter leuchter, um
sein licht darauf zu stecken Droste-HOlshoff an
Sehücking 213 ; vgl. dazu unten (in brand) stecken (17) — eine
fahne auf den thurm stecken vexillum in turrim infigere
Steinbach (i734) 2, 715; diese (ßihnlein) lies er auf eine
baterie gegen die stadt stecken , vnd mit heerpaucken
•vnd trompettenschall , aus allen canonen salve darauf
ifeben Chemnitz schwedischer krieg (1648) i, i'iö; wenn ich
.«in söhnchen zur weit bringe, will ich obenauf eine
weisse fahne stecken brCder Grimm kinder- und haus-
märchen (1812) i, 25; ohne locale bestimmung dafür auf-
stecken («. th. 1 sp. 746 unter 2):
der könig steckt sein banner auf
Schenkendorf gedickte (1815) 113.
doch in der älteren spräche genügt hier auch das simpUx:
man stellt maincben für ain schantz,
der nie sah, wie der bär danzt,
vnd ist als wann man strowisch steckt,
das man damit die vSgel schreckt
Fischart podagr. trortbüchlein 29 Haufen.
— Tai bald lieffeiner vnter jnen, nam einen schwam, vnd
füllet jn mit essig vnd steckt jn auff ein rhor, vnd
trencket jn Matthäus 27. 4«; indessen steckte der vater
die spuhlen, um zu zetteln, auf einen rahmen Göthe
36, 118 Weim. — besonders beliebt in der sphäre eine
feder auf den hut stecken: die feder regiert das
•chwert, drumb steckt man sie auff den bot Franck
sprüehtcörter (1541) 1, 147«; wann sie aber die feder auff
den hut stecken, so müssen sie selbsten bekennen, die
Cr.
feder seye das oberste in der weit Harsdörffer teut-
scher sekretariits (1656) 1, dl»; wenn er den pflüg ergreift,
so steckt er seine hahnenfedem auf den hut Zimmer-
mann von dem nationalstolze (1758) 27;
eine hohe hahnenfeder
steck' ich auf meinen hut.
mein hut hat grüne färbe,
mein herz hat frischen muth
W. Müller gediehte (1868) 1, 77.
auch Humen und dergl.: abends . . . hat sie sich von
den weissen maililien in ihr schwarzes haar gesteckt
Storm 2, 145;
du bist, wohledler freund ! der erst aus unsrer znnSl,
um dessen doctorhut wir lorbeerreiser stecken
Günther gediehte (1735) 651;
steck die zwei röselein
mir auf den hut Arnim 13, 182;
er spieszt ihn (den Schmetterling) an eine nadel and
steckt ihn auf den hut Kotzebce dram. werke 2, 3. als
orientalische sitte:
jene
flechte, die von meinen haaren
ich dir auf den tnrban steckte
Herder 25, 159 Suphan.
von einem phantasten wird in mehr sprich icörtlieher rede-
icendung gesagt: er . . . strebt nach unerreichbarem; er
hat manchmal wollen den Sonnenschein auf seinen hat
stecken und die abendröthe umarmen Stifter werke
(1901) 1, 274.
b) ein eisen an etwas stecken ferrum alieui praefigere
Steinbach (1734) 2, 715. vgl. von der hefeatigung der in-
schrift an Christi kreuz:
mit dirre scrifl dun ich irkant
wie sin name were genant
und auch sme wirdekeit
nü sal dfi dar zft sin bereit,
da; d& si nach dem willen min
steckes zfi den heubten sin
MoNB tchautpiele 1, 119 (Jeben Je»*)
und anstecken i (th. i ap. 479).
c) in sprichwörtlicher Verwendung: einen (groben) brief
nicht an das fenster, nicht an den Spiegel stecken, ihn
nicht so aufheben, dasz aridere kenntnisz von seinem in-
halte nehmen können, s. Spiegel 2 k (th. 10, 1 sp. 2229).
ähnlich: ich will ihm einen brief schreiben, dem herm
major, den er nicht ins fenster stecken soll Lenz
Schriften 1, 53 (hofmeister 4, 3); (bildlich:) du (Hamerling)
bist ein gescheiter mensch gewesen, . . . hast ihnen
schon immer einmal was gesagt, was sie nit ins hut-
bandel stecken Rosegger trildlinge (1906) 48. dagegen:
denn wir schreiben uns nur, und stecken unsre billets
hinter ein alt gemählde Laroche fräulein von Siem-
heim (l77l) 1, 251.
4) aus 2 und 3 ziehen aber ihre kraft:
o) einem ein ziel stecken certos alieui fines aeu
terminoa constituere; cancellos alieui circumdare Stieler
2158; eigentlich 'die als ziel für den wettlauf dienende
Stange in die erde stecken*, die genauere entwicldung
dieser Verbindung s. unten unter ziel, hier werden nur
die grundlinien angedeutet.
Cloanthxu kam erstlich zu den porten dar,
dahin das zil gestecket war
Spreng Ilia» (1610) 89».
dann aber auch das ziel für den schützen auf dem aehiesa-
platz in die erde stecken: gleych wie man den schützen
eyn ziell oder schiessmal steckt, das alle bogen und
buchssen, pfeyll und steyn drauff gericht und getrieben
werden Luther lO, l, i, 399 Weim. vgl. auch: er hat
seinen bogen gespannen, vnd mich dem pfeil zum ziel
gesteckt klagel. Jerem. 3, 12. wie man aber beim vogd-
schieszen und sonst den zweck (s. unten) auf einer hohen
Stange befestigt, scheint durch im folgenden: was gelts
wir wollen dess Zimmermanns söhn einen zweck stecken,
er soll jn auff einer leitem nicht erlangen können Ayrer
Processus juris (1600) 565, wo allerdings auch an das
höchste ziel der kletterstange gedacht werden kann, wie im
folgenden:
ds der vinster gein dem liebte
het er sich enblecket,
stnen pris so hoch gestecket,
das ^ niemen konde erreichen
Wolfram Parzival 613, 14.
82» Cr.
1303
STECKEN
STECKEN
1304
o) seiner arbeit, seinem schaffen, seinen planen und
v/ünseken ein ziel stecken, wdches man gerne erreichen
tcill: wie es bei neuen versnehen zu sein pflegt, ich
werde in einzelnen beispielen das gesteckte ziel noch
nicht erreicht, in andern gar überschritten haben Jak.
Grimm kl. schnßen 3, 158; auch wenn man sich nur
das neuere deutsch als eigentliches lehrziel steckt RuD.
Hildebrand »prachunterricfd 280. mit einer tceiteren
bestimmung des grades der Schwierigkeit: das ziel höher
stecken, eigentlich auf der stange, so dasz es der schütze
schtoerer treffen, der kletterer schicieriger erreichen kann.
in dem masse als mir die einsieht wächst, stecke ich
das ziel höher Solger nachgel. Schriften l, 257;
er hat ein weit entferntes, hoch gestecktes ziel
mit frohem muth und strengem fleiss erreicht
GöTHE 10, 133 Weim. (Tatto).
ein weites oder fernes ziel, irie gleicherweis für den
schützen und den ioettläufer: man steht denn doch am
ziel, es mag nahe oder fem gesteckt seyn, wenn einen
der leser gewahr wird Göthe IV 11, 260 Weim.; warum
stecken wir, bey so kurzen kräften, uns ein so weites ziel?
BoDE Montaignes gedanken und ineinungen (1793) 1, 380;
ze letz ward mir ain antwurt geben,
die fristet wol mein peinlich leben,
doch steckt sy mir am ferres zil,
vff das ich trostlich harren wil
HÄTZLERIN liederbuch 190 (29) ;
mm mass der himmel selbst, den meyneid zu bedecken,
sein vorgehabtes ziel auf einmal weiter stecken
J. E. Schlegel (1761) 1, 84 {Dido 1, i);
sogar:
du willst dich von der menschlichkeit
vor übermuth und stolz entfernen,
und steckest aus Verwegenheit
dein ziel oft über allen stemen
Gottsched gedickte (1751) 284.
ß) aus dem vorigen ßieszt ein ziel stecken, einem
masz und Ordnung setzen, wonach er sich richten soll
und kann: zum funfften, soll man sich yn dissem vor-
trawen alsso halten, das man gott nit cyn tzill steck,
tag odder statt stymme, noch die weysse odder masse
setzen seyner erhorung, sondern das alles seynem willen,
weyssheit und allmechtigkeit heymgeben Luther 2, 177
Weim.; wir wollen yhm gern ain zil stecken, es ist uns
aber viel zu hoch und zu gros, das wir wissen, wie er
mit yhnen handeln werde 19, 332 Weim.; dementsprecliend :
es geht all ding in seiner Ordnung, wie es got, der allen
creaturen ein ziel gesteckt, wil haben Franck sprüch-
wörter (15*5) 1, 93^. auch: diss ziel ist uns hie ynn
diesem sacrament gesteckt, das solche beweysung gegen
den nehisten ynn uns erscheyne Luther 15, 498 Weim. ;
unter den propheten weys ich euch keyne regel noch
keyn zill zu stecken, wie yhr euch hütet ym lesen
Eberlin von Günzburg sdiriften 3, 192 neudr., d. h.
eure lectüre ordnet.
y) auch ohne die nachbarschaft von unten b würde
sieh hier die bedeutung 'grenze, ende' entwickeln, einem
ein ziel stecken, zuletzt 'ihm ein ende machen, sein
aufhören bewirken' u. s. w.: einem ein gewisses ziel, ein
gewisses mal stecken mettere, porre un certo termxne 6 limide
ad uno Kramer dict. 8 (1702), 923''; denn sie achten der ehe
nicht und ist yhrer nnzucht kein ziel gesteckt, nemen
and lassen weiber, wie sie wollen Luther so, 2, 224
Weim.; sie wollen nicht leiden, das die obrigkeyt jhrem
onaufThörlichen zancken ein zibl stecken soll Nas
atUipap. eins und hundert (1667) 4, S1S*>; anders theils,
weil der keyser muthmasscte, daforn die tractaten länger
währen, vnd der könig zu Schweden mit ins spiel
kommen solle, würde jhm die sache je schwerer vnd
■obwerer gemachet und seinem dessein vielleicht ein
ziel dabey gestecket werden Chemnitz schwedischer krieg
(1M0) 1, 11'; sprach sie ihr tröstlich zu, ihrem trauren
doch ein ziel zu stecken Anton Ulrich von Braun-
■€UWBI0 Octavia (1677) l, 2. 267;
doch dn atcckat der notb ein tiel,
•cbickst den tod, der un« entrücket
B6HMB volktthOml. Ueder der DevUehen
im 18. ufMf 19. Jahrh. MS;
•o Ismt ich mich mit wenicem bepittgan,
and steekte meinem wonach ein xiel
ÜBLLIRT fMrke 1, S76.
Cr.
sdiener personen:
ein anders ziel wil ich jm stecken,
ob ich jn dadurch kOnt abschrecken
Krüger aktion vom anfang und ende
der weit (1580) H 5» ;
lasz deine kirch auff erden
nicht überwältigt werden,
dein feinden steck ein ziel
JoH. Heermann bei Fisch br-TCmpbl 1, 836.
doch schon:
swaj der plänSten reise
umlilouft, und ir schin bedecket,
des sint dir zil gestecket
ze reichen und zerwerben
Wolfram Parzival 782, 20.
ziel neben entsprechenden begriffen:
wo wird doch endlich meinem leiden
das ziel und maass gestecket seyn?
Königsberg, dichterkreis 93 neudr.;
der die raben kann versorgen,
hat auch deinem trauermorgen
ende, maas und ziel gesteckt
Neukirch gedickte (1744) 77.
selten mit einer bestimmung des grades:
doch weil der eitelkeit ein enges ziel gestekkt, . . .
muss sie ein kluger geist zu Zeiten wider regen
LOHBNSTEIN Ärmintu» (1689) 1, 14;
S) doch: ein vngewaschen maul, ist vnglück zum zil
gsteckt Franck sprüchwörter (l54i) 2, 68» findet sein ende
im Unglück.
e) für den menschen das ziel aufrichten, nach dem wir
alle eilen; subject ist gott: das ziel eweres lebens, welches
gott euch vnd einem jeden manschen . . . fest gestecket
Mosch EROSCH insomnis cura parentum 28 neudr.;
ich lebe länger nicht, als du {gott) mein ziel gestecket
ScHMOLCKK trogt- und geistreiche Schriften (1740) 1, S24.
das Schicksal:
tief unter der erde . . .
da bat uns das Schicksal das ziel gesteckt
KÖRNER 2, 86 Hempel.
der tod:
und eh wirs uns versehen,
da kömmt der tod, steckt uns das ziel,
und da ists dann geschehen
Gerhardt bei Fischer-Tümpel kirchenlied 3, 440*.
die kürze dieses lebenszieles wird hervorgehoben:
ehr meinen lieben söhn fürbass,
weil jhm zu leben ohne das
gestecket ist ein kurtzes zil
Spreng Rias (1610) 11»;
was darf sich denn die Jugend viel
um das zu nah gesteckte ziel
des kurzen lebenslaufs beklagen?
Gottsched gedickte (1751) 879.
atuJi:
weil die fOhrung harter Schlüsse
ein betrübtes ziel gesteckt
Günther gedichU (1736) 86S.
der versuch einer Verstärkung tcird gemadU:
biss nun auch dess todes neid ihr das letzte ziel gestecket
LoGAU sinngedickte 163.
b) deutlicher wird dieser ausgang der vorigen entwick-
lung in dem der neueren spräche geläufigen einem dinge
grenzen stecken: (der fette boden) mit dem sande der
wüste überschüttet, die hier bis zu dem Nilufer tritt,
so dasz dieser ihr hier die grenze steckt Rittbr erd-
ku7ide (1822) 1, 639; die hauptaxe der anschwellung der
östlichen, dem hecken des grossen ost-oceans so plötz-
lich seine grenze steckenden erhebungsmasse 8, 49;
die gr&ntz ist der natur, der see ihr xiel gesteckt
HoPKMANNSWALDAU ffcdiehte (1697) 4, 8;
dessen thron die weiten räume decken,
dessen reich die stenio grenzen stecken,
dessen willen wollen wir vollstrecken
Klbist werke 1. 11 K. ückwUdt (Schroffetutein 1, 1);
wenn ihre freundschaft keine grenzen kennt, so mass
ich ihr grenzen stocken Ppbppbl pro», versuche (1810)
4, 46; wie nun aber in allen geistesthftUgkeitcn keine
grenze gesteckt ist Göthb II 7, 847 Weim. mit weiterer
bestimmung: befriedigt er (Pmo) durch seine freund-
Bchaft fUr ihn (Carlos) einen andern trieb, als nur diese
frenndsohaft , so kann dem stücke selbst nicht wohl
eine engere grenze gesteckt seyn Schillbr 8, 80; wie-
Cr.
1305
STECKEN
STECKEN
1906
weit auch die natur die grenzen seiner tage gesteckt
hatte, dennoch erlebte er {Karl V.) nicht den ausgang
dieses kampfes Moltke schriften 2, 9;
(dass er) dem laufe seines glucks geweihte grenzen stecket
Neukirch gedickte (1744) 180;
darch meinen schweren fall bin ich so tief erschreckt,
die gränze sei von dir nach eignem mass gesteckt
GöTHE 15, 287 Weim. (Faxigt 2).
das zugrunde liegende büd wird deutlicher herausgearbeitet:
so wenig sicher sind jene grenzpfähle, welche historiker
und Philosophen für die geschichte gesteckt haben Gutz-
kow vxrke 12, 116. — selten schranken stecken: feste
schranken, welche man, wenn sie einmal mit reifer
Überlegung gesteckt worden, nie überschreiten sollte
Gersten BERG schlesic. litteraturbriefe 338; blieben nun
in der Wirklichkeit immer schranken gesteckt und gren-
zen abgezeichnet, so überschritt sie doch die ganze Un-
schuld der . . . Vorzeit allenthalben Jak. Grimm i?etn-
hart Fuchs 3 vorr.; mochten der kritik gegen die vater-
ländische Chronik patriotische rücksichten schranken
stecken Mommsen räm. geschichte 2, 430.
c) in älterer spräche bisioeilen auch ein mal stecken
designare metam Stieler 1216; ganz entsprechend der
reicheren Verwendung von ziel (^unter d): unser gebett,
soll es recht gehen, musz es also geschickt sein, das
wir unsern herr gott nicht das mall stecken, das ers
thue, wan wir wollen Luther 9, .%5, 11 Weim.; vgl. mal
2 c {th. 6 sp. 1495). ähnlich: da hatt der euangelist aber
eyn maltzeychen gesteckt, das er hie schweygt der
namen Joseph und Maria, nennet sie vatter und mutter
10, 1, 1, 387 Weim. das mal stecken auch noch jetzt beim
ballschlagen in Marburg (mittheilung von Edward
Schröder.)
d) einem etwas in den weg stecken, ihm ein
hindernisz bereiten, ähnlich tcie unten einem etwas in
den weg legen, d. h. auch balken, reisighaufen und grosze
steine; wie einem miszliebigen der %ceg verzäiint icerden
konnte, bildlich :
hat euch gott manchmal ein kreuz in weg gesteckt,
80 seyd ihr . . . drüber hin geschritten
Stoppe Pamatz (1735) 403.
5) einen pflock davor stecken, wie zum verschlusz
einer thär, und so den freien austritt hindern, gebraucht
von allmöglicher hindernder thätigkeit: ich hab meine
büchlin jnn dem stück wol verwaret und allen lester-
menlem einen pflock dafür gesteckt, das, wer sich da
Widder legt, sol redlich anlauffen, vde dieser meuchler
Lother so, 3, 447 Weim., wo das anlaufen gegen die so
verschlossene thür besonders deutlich ist; es galt auch
meinem köpf am aller meisten, was der deufl'el durch
in {den Thomas Münzer) furnam. aber ich stackt im
ein pflock darfur durch gots genaden 19, 278 Weim. im
deminut. : es ist yhm nhue eyn pflockleyn vor die zcunge
gestecket, ut peniteat eum interrogasse 29, 527 Weim.;
das ist der man, der dem bapst ein pQöglein dafür ge-
steckt hat, das er nicht sol können aulTheben noch
lösen einige buchstaben noch tütel in der*schrifft 30, 2,
*72 Weim. auch heute noch einen stecken davor stecken.
6) in der bedeutung hineinstecken, a) das schwert
in die scheide stecken: da sprach Jhesus zu Petro,
stecke dein schwert in die scheide Joh. 18, il ; vgl. da
sprach Jhesus zu jm, stecke dein schwert an seinen
ort, denn wer das schwert nimpt, der sol durchs schwert
vmbkomen Matthäus 26, 52; aber der Juncker . . . wischt
sein schwerdt ab, vnd stecket es in die scheyden
Amadis 74 Keller;
das schwert steck in die schaiden ein
Spreng Utas (1610) 1,5'';
dein schlachtschwert müssest du, vor wnth erbittert,
statt in die scheid', in gottes boden stecken
Rückert werke (1867) 1, 33.
besonders als bildlicher ausdruck des friedenssehlusses :
aber unglücklicher weise widersprachen sich die be-
dingungen, unter welchen beyde religionspartheyen das
schwert in die scheide stecken wollten Schiller 8, 133;
wir schauen, wie die eisenseiten Oliver CromweH's ihr
blutiges schwert in die scheide stecken Trkitschke
histor. undpolit. aufsätze 1,40. — den pfeil in den kScher
Cr.
stecken u. ä. : nun steckt der Teil ein anderen pfyl in das
goller vnd rüst sich zö schiessen schxceiz. Schauspiele des
16. jh. 3, 28 Bächtold. — den Schlüssel ins Schlüsselloch
stecken Krämer diet. 2 (1702) 923^ — in den gürtel
stecken u. ä.: als er ein halbes roszeisen gefunden,
und selbiges undem gürtel gesteckt hatte Agyrtas
grillenvertreiber (1670) 148; er soll manchmal einen dolch
... in den gürtel gesteckt haben Göthe 21, 87 Weim.;
Wilhelm steckte noch überdiesz ein paar terzerole in
den gürtel 22, 32 Weim.
b) in den mund stecken und dergl.: wann die F.
schreyen wird, als ein kätzlein, will ich jhr also bald
ein Würstlein in das maul stecken Mäynhincklers sack'
1612 C2»; es kann keiner ein bissen ins maul stecken
Kramer dict. 2 (1702), 923"=; anstatt eine ganze band voll
brodfrucht auf einmal in den mund zu stecken, schnitt
er sie ganz manierlich in kleine stücke Forster 2, 59;
nun endlich steckte sie dem schreihals den zulp zwischen
die lippen. sofort verstummte das gezeter und machte
behauch glucksenden lauten platz Polen z Büttner-
bauer 1, 12;
ihr brei ist noch nicht gar und recht:
drum nimmt sie schnell ein lümpchen schlecht,
und kaut ein Zuckerbrot hinein,
and steckt's dem kind in's mündelein
Göthe 16, 73 Weim.;
in anlehnung vxM an die xoendung aus der hand in den
mund d. h. einfach, schnell, auf kurzem wege u. ä. {vgl.
hand 7 a th. i, 2 sp-Sto): auch ist es nicht übel, so die
schönsten apfelsinen vom bäum in den mund zu stecken
Moltke schriften (1892) 4, 23. — im vergleich: Stanzius
stand da, wie ein knabe, dem ein gast einen lecker-
bissen in den mund stecken will Nicolai Nothanker
(1773) 1, 152. — den finger in den mund stecken:
die zahn', asservez-vons, sind alle noch gesund,
Versuchs und stekke nur den daumen in den mund
Rachel satyr. gedickte 117 neudr.
als grober kriegsbrauch bei der zurüstung zum sehtee-
dischen trunk: den knecht legten sie gebunden aufF die
erde, steckten ihm ein sperrholtz ins maul Simplicissi-
mus 16 neudr. als scherzhafte redensart heute: sich eine
cigarre ins gesiebt stecken vgl. Ebner -Eschen fach
4, 390. — andere körpertheile \cerden berücksichtigt: andere
nehmen die blätter {des tabacks), nässen sie an, machen
Wicken davon und stecken sie in die nasenlöcher medie.
maidaffe (1719) 94; ich stecke mir die finger in die ohren
und antworte nicht Gaudy 13, 87;
es sizt der schlemmer da zuprassen,
weyst nicht, wass er soll bringen lassen,
dass seinem lekkermaul mehr scbmäck,
und dass er in den schmerbanch stäck
ROMPLER VON Löwbnhalt (1647) 20.
einen Übergang zum folgenden bietet: einem etwas in die
hand stecken, es ihm heimlich darreichen, zustecken (».
unten): {Wilhelm) steckte dem alten . . . eine reichliche
belohnung in die hand Göthe 21, 206 Weim.; und steckte
ihm eine anzahl scudi in die hand 43, 113 Weim.; älter:
einem richter ein paar ducaten in die faust stecken
Kramer dict. 2 (1702), 923*.
c) einen gegenständ in die tasche stecken, um ihn
besser bewahren zu können auf der reise und sonst: Wilhelm
war überzeugt, dasz dieses billet . . . von dem oheim in
die tasche gesteckt worden sei Göthe 22, 66 Weim.; in
alle taschen wurde mir geld gesteckt Schubart leben 2, 66;
sie füllte meinen tomister mit eszwaren, hing mir ein
artiges reisefläschchen um, mit wein gefüllt, steckte mir
noch hie und da etwas in die taschen und gab mir gute
verhaltungsregeln Keller l, 133;
die Stadtpoeten stecken in die tasche
papier und bleistift und lorgnett'
Heine l, 136.
niU weiterer differencierung: so geschah's, dasz ich . . .
das t&felchen in das brieftäschchen steckte Göthe 25, 36
Weim.; du steckst, ehe du aus dem hause gehst, eine
todte kertze in die uhrtasche Grabbb l, 381 ; dabei steckte
er die summe ... in die brusttasche Gutzkow ritter
vom geist 1, 64;
sagt mir, in welche taschen
■teck' ich das blei, das mir noth?
Rückert (1867) 1, 68.
Cr.
1307
STECKEN
STECKEN
1308
als geate der gleichgültigkeit, doch bisweilen axteh Verlegen-
heit wird etwas stillschweigend oder achselzuckend in die
tasche gesteckt: als man ihn rief, um ihm seinen an-
klageakt zuzustellen : er las ihn . . . und steckte ihn mit
achselzucken in die tasche G. Kerner bei J. Kerner
bilderbuch 90. — die hftnde steckt man in die tasche,
um sie vor kälte zu schützen, doch auch als geste des
trotzes, des übermuthes u. s. w.: der junge steckte trotzig
die hände in die hosentaschen Freytao 4, 98; die rechte
band steckte er dabei behaglich in die seitentasche
seines pantalons Gutzkow ritter vom geiste l, 17. die
entsprechende geste bei der/rau: da sie . . . die hände . . .
noch ebenso unter die schürze steckt, wie sonst, so
zeigt das, dass sie gleichmut des geistes besitzt, und
sich durch das glück nicht zu stolz und Übermut ver-
leiten läszt E. Th. A. Hoffmann u, 154.
«) in der Verbindung mit anderen begriffen: in den
sack stecken: wir wissen aber nicht, wer vns vnser
geld in vnser secke gesteckt hat 1. Mos. 43, 22; beede
catholische aber steckten die pfeiff mit seufftzen und
gedult in den sack Simpl. 2, 359 Keller; gieng damit hin,
und schlachte ein kalb, steckte dasselbe in einen sack
Schupp freund in der not 6 neudr.; die band wurde in
einen mit dem Siegel des richters verwahrten sack ge-
steckt Schmidt geschickte der Deutschen 1, 311;
viel haben bodenlose seck,
hilfft nicht, wie viel man darinn steck
Kirchhof wendunmuth 2, 13;
sie stecken den brief nachlässig in den schubsack
Rabener 6, 18;
{erblicken,) wie hurtig er (.der rävher), was ihm gefiel,
in Beinen weiten schnappsack steckte
Pfeffel poel. versuche 2, 69;
sie fürt in in sein kamer, gab im zweyntzig gülden, die
stecket er in seinen seckel Schumann nachtbüchlein 268.
— des wardt Ciawert hoch erfrewet . . . vnd steckt brod,
und ander speise in seinen pündel Krüger Claiverts
toerckl. historie 10 neudr. ; hierauf ging sie geschäftig hin
und her und steckte das kalbfellränzchen des knaben voll
und steckte ihm noch allerlei in die taschen Stifter
werke 5, 1, 223. — in den ärmel stecken: etwas schnell
und unauffällig verschwinden lassen:
so dir etwas wol thfit schmecken,
soltu das halb in d' ermel stecken
ScHErr grobianus 846 neudr.;
anders: da henget er (Claioert) des pfaffen braunen
mantel vmb, band den einen ermel zu, vnnd stecket
die zween besten silbern becher darein Krüger Ciawerts
werckl. historie 15 neudr. häufig etwas in den busen
stecken: {als scen. bemerk.) indem er auf den dolch
weiset, den er wieder in den busen steckt Lessing 2,
322 {Sara Sampson 4, 3) ; da sind so viele veilchen, man
steckt sie in den busen Bettine Brentanos frühlings-
kram 8;
dann etlich seind der listen voll,
das sie ein fleck von langer woll
in busen stecken, setzst dich drein,
gar bald sie dann vorhanden sein
vnd lauBsen dich berausser gschwind
Fisch ART flöhatz 8 nevdr.;
(wenn die tUchgätte) sitzen an dem tisch,
vnd keiner ist zu essen frisch,
so greifT vmb dich, nimb ein paar wecken,
die soltu fluchs in hfisen stecken
Schbit Orobiann» 2750 neudr.;
{vgl.) Tnd der herr sprach weiter zu jm, stecke deine
band in deinen bösen, vnd er steckt sie in seinen bösen,
vnd zoch sie eraus, sihe, da war sie aussetzig wie schnee
t. Mo». 4, 6.
ß) bildliehe Wendungen von sprichwörtlichem werthe
knüpfen hier an. einen schimpf ruhig in die tasche
stecken müssen, ihn dulden müssen, ohne die möglich-
keit, sieh loehren zu können: der kutscher aber . . .
konnte den schimpf nicht leicht in die tasche stecken
BODI Thom4U Jona (1786) 8, 598;
spring, Marfsretbe, lauf, da iat der •cblUsMl I
In meinnm laboratorium iiit herr Reymund,
dann geh' in «il zu meinem leibarzt hin;
■UU darf man da« nicht in die taachs stecken
Tisch tchriften (1818) 8, SM.
Cr.
doch eines in die tasche stecken, sich seiner kurzerhand
bemächtigen, darüber herr werden u. a. w.: mag er {Doria^
Genua in die tasche stecken, . . . was kümmerts uns?
Schiller 3, 24 {Fiesko l, 7); der alte Hannibal . . . kam
bis an die thore Roms — und steckte es in die tasche
Bauernfeld l, 204; sahen wir doch im jähre 1813, wie
in Hamburg ... ein französischer marschall zum ab-
schied die Hamburger bank in die tasche steckte Moltke
Schriften 7, 140;
ein hanswurst von könig,
ein beutelschneider von gewalt und reich,
der weg vom sims die reiche kröne stahl,
und in die tasche steckte
Shakespeare 3, 274 (Hamlet 3, 4) ;
dass die hoUandsgängcr den landbaner in die tasche
steckten Moser werke l, 187. noch heute einen mit
leichtigkeit in die tasche stecken. — entsprechende Wen-
dungen mit dem begriff sack {vgl. sack 2 th. S sp. 1611) :
sonst wenn die predigt nicht were, so würde es komen,
das ein esel den andern in einen sack steckte Luther
28, 653, 27 Weim.; die statt Bern, im sack gebawt, sac-
cagirt man vmb die futerwannige parmasangmäse käsa
und steckt sie mit jren lauben zu käsz vnd brot inn
sack Gargantua 354 neudr.; wenn ihro majestät nicht
bald dazu thun, so stecken einen die kerl am end in
sack GÖTHE 8, 40 Weim.;
weil oft ich {spricht der hahn Alektryo) zu früh das
gewissen erweckt,
ward mit dem gewissen in sack ich gesteckt
Brentano 6, 81.
im obscönen spiel mit dem begriff 'vulva':
nun hört die art des todes an :
ich soll und soll mich lassen sacken.
Gelinde weist den marterplan,
und will mich selbst ins säckgen stecken.
sie ruCrt mir zu: ins säckgen neini
es ist zwar klein:
doch must du hier gesacket sein
Hoffmannswaldau auterl. gedickte 6, 88.
im Sprichwort: in mundo sie est: wer etbas mag, der
steckt den anderen yn sagk Luther 9, 374, 24 Weim.;
das ist teufflisch laster, wo einer sihet, das einer etwas
vermag, steckt er alium jnn sack 34, 2, 483 Weim.; wer
den andern vermag, steckt ihn in den sack teutsche
Sprichwörter (l790) 51. — von einem, der in einer sache
auf seinen vortheil bedacht gewesen ist, heiszt es: er hats
in beutel gesteckt egli V ha cacciato in borsa, met. con-
vertito in suo proprio utile Kramer dict. 2 (1702), 924".
y) ähnlichen sinn wie oben einem etwas in die schuh
schieben, gieszen u. ä. {vgl. schuh i e y th. 9 sp. 1849)
hat das folgende: o Jesus mein erlöser! was haben sie
dir alles unter den mantel gesteckt? Bettine dies buch
gehört dem könig (1843) l, 252.
6) zwei dinge in einen sack stecken sie als gleicluirtig
behandeln, wofür heute gewöhnlicher werfen (*. untert) ge-
braucht wird, im parallelismus mit identificieren: weil
er {der begriff 'beiden' nämlich) Brahmanisten, Bud-
dhaisten, Acgypter, Griechen identificirt und in einen
sack steckt Schopenhauer l, 6i9.
e) aus der sphäre des glücksspiels stammt der ausdruck
die äugen in die tasche stecken, nicht aufachten, sondern
etwa den schon gemachten gexcinn {oder erlittenen vertust)
während des spielet feststellen wollen: aber yhr lieben rad-
herrn zu Basel, Strasburg und alle die, so yhr solche
sacramentsrotton bey euch habt, mUgt euch solche yhre
rede wol warnen lassen, das yhr die äugen nicht yn
die beutel steckt, sondern des spiels wol acht hai>t
Luther 28, 283 Weim.; wer im schacht ziehen, vnd im
bergwerck bawen wil. der sol seine äugen nicht in die
tasche stecken Mathesius Sarepta (1571) 88*.
e) die band ins wasser stecken u. ä.: ich wollte,
das man solchen büohschreibem die finger abhawet, vnd
die hende in heiss pech stecket Cochlaeus heiml. ge-
sprach 7 neudr.; überlegen sie, wie es {das schqfmon-
strum) am besten zu benutzen und aufzubewahren sey;
vielleicht stocken sie es vor der band ganz in brannt-
weln Göthb IV 8», 177 Weim. eine pftffersone iat im
folgenden gemeint: {ein priester fragt:) hat mans {daa
oaterlamm) in pfefTcr gesteckt? und mit einander raus«
gesohleckt? Sandrub hist. und poet. kurtweil 4« neudr.
Cr.
1309
STECKEN
STECKEN
1310
atich : thät ganz verstohlen ans einem kübel, in den ich
das maul steckte, einen rechtschaffenen trunck wasser
Simpl. 2, 364 Keller; das ein verlassener gedültig sey,
wenn jn etwas vberfelt vnd seinen mund in den staub
stecke, vnd der hoffnung erwarte Magel. Jerem. 3, 29;
dieses schöne blau ist fest zu halten, wenn man schnell
den stahl aus der hitze nimmt und ihn in asche steckt
GÖTHE II 1, 195 Weim. dazu das sprichicort: es kann
einer keinen finger in die asche stecken, so wirds aus-
getragen non si pud ficcar un dito nella cenere, che lo
sä subito tutto'l vicinato Kramer dict. 2 (1702), 923«.
f) höhnen stecken tt. ä., d. h. den samen in die
erde hinein drücken, damit er keime und aufgehe: bohnen
stecken fabas scrohibus deponere, terra egesta deprimere
Stieler 2158; er steckt bohnen fabas serit Steinbach
(1734) 2, 715; wenn man eine bone steckt in einem
garten Luther 34, 2, 121 Weim.; unser herr pastor steckt
bohnen und lieszt intelligenzblätter Schubart briefe
1, 96 Strausz. auch er wird also wohl thun, die eichein
so zu stecken, dasz sie . . . zugedeckt werden können
GÖTHE IV 8, 192 Weim.;
was man jezund im garten stekt,
das wird im sommer aufferwekt
Grob dichterische versuchgabe (1678) 131.
m neuerer spräche besonders kartoffeln stecken: wer ihm
seine tüften stecken und den weizen mähen und aus-
dreschen mag PoLENZ GrabenMger 1, 61; um das land
umzugraben und kartoffeln zu stecken Hauptmann
Bahnwärter Thiel (1892) 38. auch sttbstantiv: nun wurde
s ernst in der feldarbeit, mit pflügen, eggen . . ., pflanzen,
'.ecken und walzen Polenz Grabenliäger 2, 116.
o) nur durch eine nuanee unterscheidet sich davon
pflantzen stecken piantare, porre, sotterrare piante Kramer
dict. 2 (1702), S23<=, d. h. die jungen pflänzchen mit dem
finger oder sonst in die erde hinein drücken, zum tceiteren
vcachsthum; die im mistbeete gezogenen pflänzchen nun ord-
nungsmäszig auf freiem gartenbeete auspflanzen: pflanzen
stecken brassicam tralatitiam per ordines disponere Stie-
ler 2158; auch die kräuter in den garten stecken Tier-
bas in horto plantare Steinbagh (1734) 2, 715; bey dem
gärtner die aristolochien gesteckt Göthe III 4, 90 Weim.
vgl. unten Stecker 1 und 2.
7) einen gegenständ zu sich stecken und so
sein besitzer werden: davon zween {thaler) so nah zu
mir rollten, gleichsam als wann sie mich baten, ich
solte sie aufheben und zu mir stecken Simpl. 2, 406, 11
Keller; das halstuch . . ., das ich aus inbrünstiger liebe
ergriff und zu mir steckte Göthe 23, 93 Weim.; stecke
es {das kästchen) zu dir, vater, und lasz es niemand
sehen 1 24, 60 Weim.; auf diesem papier stehn die zwölf
kandidaten des todes. stecken sies zu sich, und lassen
es unter meinen vertrauten herumgehn Schiller 3, 253
{Fiesko 2, 17); und wenn ihr ausgetrunken, so verschmähet
nicht, diese schaale zu euch zu stecken maier Müller
2, 183; noch nahm ich eins von den gefäszen . . . und
steckte es zu mir Tieck Schriften (1828) 4, 158;
'da, spricht er, lasz dirs schmecken!'
ich habe schon genug, 'du kannst noch zu dir stecken'
JoH. E. Schlegel voerke (1761) 4, 81.
v>eit schwächeren gehalt bietet die folgende verioendung:
wer auf den marckt gehen, und von dar nicht leer wie-
der zurücke kommen will, der musz geld zu sich stecken
Sperling Nicodemus quaerens 1 (1718), 409; selbst wenn
er vor das tor ging, steckte er nicht einen deut zu sich
Keller 4, 222; Fingerling hatte einen kleinen taschen-
puffer . . . sorgfältig geladen und zu sich gesteckt Seidel
Vorstadtgeschichten 155; (ich) hing meinen tornister um,
steckte einigen mundvorrath zu mir und trat die Wan-
derung an Ebner-Eschenbach 4, 216; wo den begriffs-
inhalt erläutert: ich wollte, ich hätt' einen mantel oder
einen Überrock zu mir gesteckt, oder mit mir genommen,
will ich vielmehr sagen E. Th. Hoffmann 8, 4fi.
8) in dem sinne von wegstecken, verstecken u. a. w.
ioird der begriff des verber gens hervorgehoben:
o) den köpf in die nachtmütze gesteckt Göthe 4fi, 68
Weim.; sie steckte den leichnam des kindes in einen
hafen maier Müller i, 800; sie stecken ihn {den Fol-
ataff) ... in einen groszen korb voll schmutziger wasche
Cr.
scJUeswigsche lüteraturbriefe 145, 24; ja, der vermeint adler
hat den köpf in sein spitzekragen gesteckt Bettine dies
buch gehört dem könig (1843) l, 24 ; und die nacht steck
ich dich in den kleiderschrank Ludwig 2, 378;
sie steckt den brieiT ins röhr
Hans Sachs 2. 27, 25 KeUer-Götsx;
drümb so! mein himmelslicht
sein klares angesicht
in schwartze, trübe deken
vnd dunckle wolcken stecken
F. GsaBARD bei Fischer-Tümpel Hrcheiüied 3, 400»;
dann wirft er sich nieder,
stekket sein haapt in den staub
Lenz gedickte 30 Weinhold;
lass mich nur, ich will ja blind und lahm sein,
will den köpf und alle beiden äugen
in die fülle deiner locken stecken Mörike 1 108;
ehe sie sich niederwarfen, steckte der teufel vor den
äugen des eremiten einen schweren beutel voll gold
unter die streue Klinger 3, 88; ein paar trunkene edel-
knaben . . . erzählten, dasz sie den kleinen Cornelius . . .
unter den ofen gesteckt Arnim i, 149; die fasanen lagen
meistens, den köpf unter die flügel gesteckt, dumpf hin-
brütend da Immermann 2, loo;
die sonn an jhrem schein beflecket,
vnder die wolcken wird gestecket,
wann der wind also grimmig weht
Spreng Rioi (1610) 174»'.
d) in reflexiver wendung der heutigen spräche mehr ab-
handen gekommen, zu gunsten von verstecken: ain floch
wolt wandern über land und stecket sich in ain ballen,
die ain kemeltier uf im truog Stein höwel Äsop 188;
wie wolds sich das reymen, das sich die reyne gotliche
majestet yn eynen solchen schlam stecken? Luther 27,
485, 25 Weim.; in tieffe der federn solt dich nit stecken
{beim schlafen) Guarinonius greioel der Verwüstung (l610)
1279; die geheimnisse des kabinets stecken sich gern in
die falten eines weiberrocks Schiller 3, 71 {Fiesko 2, 15);
ich gunt mich weiter stecken
in Stauden und in hecken
ZiNKGREF gedichte 7 netidr.;
so pflegt des drachen brat sich in die kluft zu stecken
Pietsch gebundene »chrißen (1740) 4;
nach dieser seile flog der ball ! — er liegt
hier an der erde, schnell fass' ich ihn auf
und stecke mich in das gebüsche !
Göthe 10, 99 Weim.;
nun treffen sie sich nie in wies' und hain,
am klaren quell, bei lust'gem stemenschein ;
so zanken sie zu aller elfen schrecken,
die sich geduckt in eichelnäpfe stecken
Shakespeare l, 197 {sommemachtstraum 2, 1).
sich in einen elenden winckel stecken ficcarsi, cacciarsi,
gettarsi in un viL eantonuceio {per habitarvt) Krämer
dict. 2 (1702), 924»;
unsrer liebe göldnes feuer
stekkt sich in die winkel nicht
[Stieler] gehamschte Venxis 56 neudr.
sich zu einer gesellschaft rechnen:
drnmb dürfen sich auch wol in diesen orden stekken,
die niemahls was gethan als nur die feder lekken
Rachel satyr. ged. 110 neudr.
sich hinter etwas stecken, auch hier vnrd verstecken
heute durchaus vorgezogen: als Isidor sein werk voll-
bracht hatte, steckte er sich hinter den wachtofen
Immermann l, 35 Hempel. nicht in directer Verbindung
mit einer loealen angäbe: und wird in den forstordnangen
verboten, solche (grenz-) weg zu hauen und abzutreiben,
weil man dadurch theils Urkunden der grentzen hat,
theils auch das wild sich stecken kan allgem. haushalt.-
lexicon 2, 589".
c) in sprichwörtlicher rede eines unter die bank stecken,
es darunter verbergen und so seine icirkung aufheben,
gewisz ursprünglich von büchem, die man nicht mehr zu
lesen lust hat: sondern dagegen so viel grewlicher rotten
und secten auff komen, als die stifft und klöster sind,
dadurch die christliche kirche gar unterdruckt gewest,
glaube verlosschen, liebe ynn zanck und krieg verwandelt,
euangelion unter die banck gesteckt Luther 26, 197 Weim.;
man mus . . . dasselbige (tcort) nicht faren lassen oder
Cr.
1311
STECKEN
STECKEN
1312
unter die banck stecken 28, 726 Weim. (vgl. axich a. 760);
die selbstredende warheit, die sich nicht unter die bank
stekken läszt Neumarck neu-aprosa. teutacli. palmbaum 8.
auch von peraonen, doch durchaus bildlich und in an-
lehnung an daa vorige:
die pracht wirdt wehren nicht gar lang,
steckt man schon bäum vnder die banck,
BO gehn jm doch die sehn herfür
GiLHUSius grammatica (1697) 4, 2, 96.
9) einen in kleider stecken ihn mit kleidem ver-
sehen, ihn bekleiden, daaz der vergleich mit einem dolch,
einem degen. welcher in seine acheide gesteckt wird, für
das Zustandekommen unsei-er wendung nicht zu ferne liegt,
lehrt: die gnädige frau (hat) unrecht . . ., ihre weissen
bände in ein paar handschuhe zu stecken Gersten berg
recensionen S40, 32.
o) ein kind zum ersten mal in kleider stecken Kramer
dict. 2 (1702), 923*". besonders gerne Soldaten in uniform
stecken, sie in dienst stellen; ähnlich in den bunten
rock gesteckt werden: hier werden elegants mit regen-
Bchirmen und Strohhüten und bauernbengel in blaue
Jacken gesteckt und binnen vier wochen so zugestutzt,
dasz sie aussehen wie Soldaten Moltke schrißen i, « ;
'herr, es sind Gascogner,
mit schlechten rocken zwar, doch biedern herzen.'
'gut, gut! marsch fort! steck' sie in kleider!"
Bauernfeld fchriften 3, 63;
'diese reime klingen schandlich, ohne metrum und cäsuren!'
wollt in uniform ihr stecken litterarische Panduren?
Heine 3, 126.
6) mit dem nebensinn der Verkleidung, vermummung
u. s. w.: werden doch unsere christliche beiden in rö-
mischen omat gesteckt, wenn man sie aufhängen, auf-
stellen, und also der ewigkeit zubringen will Hippel
lebensläufe (1778) 3, 1, 48; es würde mich nicht sehr über-
raschen, wenn er in ein feil gesteckt würde und auf
allen vieren gehen müsste Hauff (1890) 4, 154. neben
verkleiden: larven und fratzen, in welche er {Erasmus
Alberus) seine feinde und Widersacher auf die bos-
hafteste, unverschämteste und ausgelassenste art steckte
und verkleidete, um sie so der deutschen naüon vor
äugen ihre affensprünge machen zu lassen Raabe unseres
herrgotta canzlei l, .53.
c) reflexiv geicendet (entsprechend a): meiner selbst und
des lebens überdrüssig, steckt' ich mich in diese kleider,
in fremde dienste Göthe li, 169 Weim. (Siella); er hat
im sinn, sich hier im haus' in die livree zu stecken
MOllner 5, 320;
kämst du aus Enacks lendeu her,
und könntest dich in purpur stecken
KÖNIG gedickte (1746) 369;
Bio will sich nun in trauerkleider stecken
Hagedorn poet. werke (I7i>9) 2, 281.
(entsprechend b) : nichts aber ist widerwärtiger, als wenn
der platte Charakter sich einfallen läszt, liebenswürdig
und naiv seyn zu wollen; er, der sich in alle hüllen
der kunst stecken sollte, um seine eckelhafte natur zu
verbergen Schiller lo, 497; ich steckte mich in einen
wamms von rauhen feilen Klinger werke (1809) 8, 160
(Faust» leben); er (der fuchs) steckt sich in pilgertracht
Jak. Grimm vorrede zu Reinhart Fuchs (1834) 128;
ich stecke mich in arme, niedre kleidung,
und streiche mein gesicht mit oker an
8hake*peare 4, 187 (wie es euch geJäOt 1, 8).
»eUsam klingt: ich muszte lachen, wie sein ganzer leib
«ich in Zauberpositur steckte Pückler briefwechsel und
tageb. (1878) 1, 125.
d) in einer »eltsamen Übertragung bietet »ich die «wn-
dung einen in den hämisch stecken (vgl. in einen ur-
alten rostigen hämisch mit fest geschlossonom hclme ge-
steckt, wartete ich seiner in einem abgelegenen tbale
FouQUB xauberring [1B12] l, 16):
mit bantem rock der lenlz, der sonimer reich mit gold,
der herbst mit roht und weiu kan berg und tbal bed(k:ken ;
iadoch der winter starck mit silberreichem seid
un (nlcbtiger) sie all gar in den hamiacb stAcken
WscKHiauH gedickU 8, 804, 104.
«M nUU, i»U oben th. 4, t «p. 4W (unter hämisch 1 e) an-
wird, der «tnn dir wendung entspricht: einen
Cr.
in die tasche stecken (s. oben unter 6 c ß), sondern viel-
mehr die von eis und sehnee starrende winterliche land-
schaft einem hämisch verglichen scheint, welcher die erde
fest umsddiesze. (sie all bezieht sich auf berg und thal ;
in den hämisch stecken gut hier aber als Steigerung de»
mit buntem rock bedecken.)
10) einen ins gefängnisz stecken aliquem in
earcerem mittere Steinbach (173+) 2, 715. die gedanken-
fügung wird deutlicher durch das folgende: wenn sie (die
frau) zur riesin würde und ihren mann in den kästen
steckte Göthe 25, l« Weim. auch Wendungen wie die
folgende sind in betracht zu ziehen: ob wir ihm gleich
den einen (fusz) in einen schweren kästen gesteckt
hatten 48, 144 Weim., wo das festlegen, und so an der
freien beicegung unter seinen mitmensclien hindern auf
eine durchsichtigere art zum ausdruck gebracht wird.
a) siehe Ciawert, was machstu hie? hab ich dich nit
lassen in den thurm stecken Krüger Ciawerts werekl.
hist. 61 neudr.; an verhungerten betteljungen ins loch
stecken Hauptmann weber 64 (3);
so hat man dich gesteckt in dieses hundeloch
Reuter Harlequint hochzeit- und kindbetterinschinaut 69;
ich krieg' ihn, dasz er jüngst mich einen bengel hiesz,
und gar ins loch mich stecken liesz
Ramler /aMtese (1783) 2, 347;
einstweilen wirst du in prison gesteckt Bettine die»
buch gehört dem könig (1843) 1, 66. harmloser ist: in den
schulkarzer gesteckt werden vgl. Holtei vierzig jähre
(1843) 1, 85. — ähnlich gedacht: ist eine tochter ohne
ihren willen und neigung ins kloster stecken Kramer
dict. 2 (1702), 923'^; ein weih, welchs weder schön noch
fromm ist, wem ist sie nutz? ins kloster zu stecken,
antwort Gurgelstrozza Gargantua 437 netulr.: so steckt
man den Junker unter die Soldaten und das fräulein
ins kloster Lenz l, 14 (hofineister l, 6); vgl. in den kerker
(gemeint ist das kloster) bin ich gesteckt, unselig ist
die band, die das rauchfasz schwingt statt des eisens
Freytag werke 9, 16. auch sonst 'einen zum widerwilligen
aufsuchen einer unericünscliten statte ztcingen': (es wurden
aus diesen unterjochten nationen) viele der weiber in die
harems des königs und der grossen gesteckt Ritter
erdkunde (1822) 4, 1239; dann schien er noch jahrelang
mit einer guitarre auf dem rücken sich beholfen zu
haben . . ., bis er unlängst als ein alternder mensch in
das dorf heimgeschoben und in das armenhäuslein ge-
steckt wurde Keller 2, 94; damals, als ihn papa in
das comptoir steckte — da hat der mensch (der Robert)
gelitten — furchtbar Hirschfeld mütter (1896) 18;
ein junger sklave war zuerst auf wilder see,
und schrie und bebt' und wimmerte :
'steckt, sprach der k5nig, ihn ins nasse wellenhaus!'
Herder 26, 436;
so würde er (Joh. Kasimir) hundert jähre krieg führen
und lieber mit rühm und ehren um die kröne kommen,
als Polen durch den Verlust Preussens 'in perpetuam
servitutem gesteckt' sehen Prutz preusz. gesch. 2, 85;
in eine unterbeamtenstellung bei der Verwaltung hat
man ihn gesteckt Sohle mtisikantenge»chichten 17.
b) das grab als gefängnisz gedacht; dementapreeheud
in das grab gesteckt werden 'sterben':
der ungeheure schusz mit heissrm gift befleckt
hat unsem obristen bald in ein grab gesteckt
Rist neuer teuttcher Pamats (I6i>2) 28;
du hast vor uns verirrte schaiTe
den hirten selbst ins grab gesteckt
GOnthbr gedickte (1786) 9;
auch sonst in ühtilichen fügungen:
bald ist dem leibe weh, bald wird der geist erschreckt,
diss weret, bis man uns gar in die erde atekt
Grob vertuchg. 4a neudr.;
wilchen er wil lebendig machen, den steckt er dem tod
ynn rächen Luther 19, im Weim.;
da sterkest du dein weib inn todt
an deine «tat
DXbnharot griechi»ehe dramen 1, 119 (Eurtptde», ÄteesL 1466).
e) von untinnliAerett vtrhäUrnttm: einen in sorg
stecken, eim zesorgen gäben cmtma praebere Maalbr
S86'; biss sie zuletut jhr vatterlandt haben inn grosses
Tngefell gesteckt Xylanukr Polybiu» (1674) >16;
Cr.
1313
STECKEN
STECKEN
1314
o wie habt ir mich armes weih
mit den heffting worten erschreckt
und in die höchsten sorg gesteckt!
Hans Sachs 6, 145 Keller-Gitze;
du hast mich in die noth gesteckt
Spreng IUcu (1610) 76*;
in den last hab ich den könig gesteckt,
▼iel gemüther wider ihn (nämitch vnder den winter-
köntg) erweckt
Opel-Cohn drritägjähr. hrieg (1862) 109 ;
ach söhn, in wie grossen knmmer steckest da mich!
Petrasch 1, 647;
fürs Taterland nur mannlich fecht,
welchs ietzt der papst will stecken
dnrchs Kaisers gwalt in schwere noth
Arnim 13, 111;
diabolns stegket sie {die manche) in dehn wahn, nt
eogitent sua esse recta Luther 14, 133 Weitn.; ein
mehrers begehren, ist sich selbst in unnöthige scrupel
stecken Leibniz deutsche Schriften (1838) 1, 272; es ist
auch in der that eine schlechte kunst, die Verwirrung,
darein man seinen held gestecket, durch eine göttliche
hülfe zurecht zu bringen GtOttsched versuch einer erit.
diehtkunst (l75l) 31;
lest mich Tor angst vnd sorge nicht schlaffen,
steckt mich in zweiffei vnd in zagen,
das ich auff hoffnung nichts darff wagen
Haynbccius Haru Pfriem 24, 477 n«udr.;
da ligens in sunde gestegkt, was blut und fleisch ist,
omnis posteritas Ädae Luther 14, 134 Weim.; wenn sie
zugleich nicht allein in intriguen, sondern auch in
pracht, kostbarkeit und luxum gesteckt werden Leibniz
deutsche Schriften (1838) 1, 240 und entsprechend der be-
liebten reflex. wendung 'sich in schulden stecken' (*.
unter d) auch ein seltneres: seine freund für sich in
schulden stecken aere alieno amicos suos obstringere
Maaler 385"*.
d) reflexiv getcendet: sich in schulden stecken,
sich gegen eim verschreyben vnd verbinden vmb ein
summ gälts nomina facere, incidere in aes alienum,
eonflare aes alienum Maaler SSö"*; er hatte sich in eine
drückende last von schulden gesteckt Rabener werke
5, 170; dasz er sich nicht in schulden stecke, um seiner
wollust vergnügen genug zu verschaffen Joh. E. Schlegel
uxrke (1761) 5, 138 {vgl. Ludwig Schriften l, 2ll); in Un-
kosten will ich mich ihrethalb nicht stecken Holtei
erzählende Schriften 11, 58; mit tceiterer angäbe einer geld-
aumme: Cäsar steckte sich in schulden von einer million
goldes mehr, als sein vermögen betrug, um Cäsar zu
werden Bode Montaignes gedanken und meinungen (1793)
2, 248. hinübergespielt auf geistiges gebiet: desshalb er
sich gegen got in newe Verschuldung steckt, dadurch
des Sünders geist stirbt Berth. von Chiemsee teictsche
theologey 564 Reithmeyer ; sich für . . . ein objekt mit
einem so imposanten wort {nämlich für eine gewisse art
von klugheit) in Unkosten zu stecken, lohnt . . . der
mähe nicht Schleiermacher im Athenäum i (12), 107;
man sagt damit zu seinem gegner: 'mein sehr ge-
lehrter critiker! stecken sie sich nicht in kosten!' Justi
Winckelmann (I866) 1, 44«. — sich in eine unnötige sach
stecken admiscere alieui negotio Maaler 885"*; sich in
Tiel unnöthige händel stecken Kramer dict. 2 (1702), 923«;
mein kind stecke dich nicht in mancherley hendel, denn
wo du dir mancherley fümimpst, wirstu nicht viel dran
gewinnen Jes. Sir. 11, 10 {vgl. auch H. Sachs 19, 44 Keller-
Oötze); hierwider wendete ich ein, der h. obr. werde sich
in schwere Verantwortung stecken Harsdörffer teut-
seher secretarius (1656) l, Xx l»; weil ein rechtschaffener
kerls, der etwas redliches studirt hat, sich in eine
solche servitur (Servitut in der ausgäbe von iTOl) nicht
stecken wird Schupp Schriften 644; sich ins unglück
«tecken conjicere se in malum Steinbach 2, 715; wer
sich in gefahr steckt, kommt in gefahr um qui periculum
»ubit, periculo perit ebenda; man wollte sich Sicherheit
geben, und steckte »ich aller orten in zweifei Prutz
preuat. gesch. 2, 16;
wie kann gott dulden,
worin ich mich gesteckt?
S. Dach 14« ötteriey;
X.S.
Cr.
sich so in schweisz zn stecken,
mit stanb sich zn bedecken,
o raserey !
GoTTL. Stephanie ttnggpiele (1792) S, 14.
11) einen unter die Soldaten stecken: unter
die reiter gesteckt werden vgl. Holtei erz. Schriften 6, 84.
in älterer spräche aber zunächst einen unter ein regiment
stecken, ihn einreihen: zu den Soldaten, so sich in der
kirche befunden, gieng er selber, sie zu besichtigen,
hinein . . . befahl, sie hernach mahls unter die regimenter
zu stecken, vnd zu vertheilen Chemnitz schwedischer
krieg (1648) 1, 160; doch davor musz als noch deutlicher
vorausgesetzt werden: einen unter das fähnlein stecken
{vgl. Raabe unseres herrgotts canzlei 2, 213), wo 'fähnlein'
noch durchaus als das {entfaltete) feldzeichen anzusehen
ist, unter welches der neugeworbene soldat gestellt wird,
ja für die entwicklung zu der bedeutting 'kriegshaufen'
werden gerade aus unserm falle werthvoUe momente ge-
wonnen, wer würde den könig anjet^o verdenken, wenn
er Teutsche und Ungarn auf seine . . . kosten unter
die cronarmee stecken . . . würde? Leibniz deutsche
Schriften 1, 184; das erträglichste für sie war noch, dasz
man sie unter die römischen legionen steckte Schmidt
gesch. der Detitschen (1778) 1, 43; zwar versuchte Wrangel,
nachdem er sich von Schwaben nach Franken gewen-
det, Schweinfurt erobert, und die dortige kaiserliche
besatzung unter seine armee gesteckt hatte, für sich
selbst in Böhmen einzudringen Schiller 8, 409; er wird
doch wohl nicht festgenommen und unter die miliz
gesteckt? Tieck Schriften (1828) 3, 394.
o) von hier atis auch auf andere Verhältnisse über-
tragen: wir . . . muszten fürchten, das es ihm einfallen
könnte, uns wieder unter die andern gefangenen zu
stecken Gellert 4, 290; wenn ich könig wäre, so nähme
ich meinen herm obersten ohne barmherzigkeit von
der Infanterie weg, und steckte ihn unter die minister
Kretschmann werke (1784) 3, 2, 6; laszt uns an jenem
alten heidnischen gott Jupiter, der zuletzt als invalide
unter die planeten gesteckt worden war, ein warnendes
beispiel nehmen Brentano 5, 333.
b) selten reflexiv gewendet: sich unter sechs oder sieben
ungezogene kinder stecken eioe sposando un vedouo d
una vedoua che gli ha Kramer dict. 2 (1702), 924*.
12) sein geld in ein geschäft stecken, es dorm
arbeiten lassen, u. ä.: der das capital, welches seine
Voreltern durch gottes segen im schweisz ihres ange-
sichts erworben haben, in häuser gesteckt hat Schup-
Pios 186; ihr geld in staatspapiere stecken vgl. Börne
8, 75;
die steckt ihr vatertheil in spitzen, seid' and band
Günther gedickte (1735) 467 ;
verkauft, verpfändet eure banerhöfe,
versilbert alles, steckts in pferd und rüstnng!
Schiller 15, 2, 469 {Demetrim).
von geistigere werthen: fleiss, Intelligenz, die kenntnisse,
die sie täglich und stündlich in das geschäft {die land-
wirthschaft) stecken Polen z Orabenhäger 2, 191; auch:
in einen aufsatz material stecken.
a) hier finde auch platz die redewendung: sein geld
aufs profitchen stecken, es sparhaft und vertinslieh an-
legen, mit Zugrundelegung des bildes vom profitchen, dem
Itchtsparer. welcher einen kerzenstumpf bis zuletzt aus-
nutzt (.«. profit th. 7 sp. 2162); ich fing erst gegen das
ende meines lebens an zu arbeiten, und mein bisgen
witz aufs profitchen za stecken Lichtenberg verm.
Schriften l, 42.
13) seine nase fleiszig in die bücher stecken,
mit eifer und ausdauer »ich den Studien widmen: die
ältere {tochter) thut den gantzen tag anders nichts, als
dass sie die nase in die bücher steckt Stranitzky oUa-
patrida 301 Wien, neudr. seltener dafür: selbst in philo-
sophische Systeme steckte sie den köpf — nur gegen
Physiologie wehrte sie sich hartnäckig Stifter werke
(1901) 1, 114.
a) entsprechend: seine nase in eine angelegenheit
stecken, sich dafür interessieren, sich darum kümmern:
wer seine nase in die politik steckte, den hiessen wir
einen kannegiesser Storm 2, 310; im judendeutseh {eine
83 Cr.
1315
STECKEN
STECKEN
1316
eharakteriatiache enoeiterung): hätt' er gesteckt sei nas'
mehr in die leut, mehr in die weit, wäre ihm nit ge-
passirt der stracb maler Müller 2, 33.
der (d'Arfon) steckte seine habichtsnas
nun in den handel {die belagerung von Gibraltar) tiefer
LiCHTKNBERG verm. Schriften 6, 121 ;
doch seine nase in eine (fremde) angelegenheit stecken,
sich uv% dinge kümmern, die einen nichts angehen, oft
auch in grobes gercand gekleidet: was geheyts dich, du
heilloser pfaflF, kann dann niemand vor dir scheissen,
du wilt deine nase darinnen stecken? Mäynhincklers
8<uk (1612) El*; die nase in allen dreck stecken voler
fieear 'iL naso in ogni merda; voler fiutar ogni sterco, dar
del naso da per tutto Kramer dict. 2 (1702), 923'»; auch
sollst du, maul, künftig nichts genieszen, worin nicht
nase vorher ihre nase stecke maler Müller 1, 170; in
was steckt der mann seine nase nicht alles Haupt-
mann biberpelz 79 (3) ;
wer steckt die nase gern zu faulen pomeranzen?
Hoffmannswaldau gedickte (1697) 2, 65 ;
wenn aufgeblasne junge gecken
beständig landesfehler sehn,
die nas' in allen unrath stecken
LiCHTWBR äsopiiche fabeln (1748) 81 ;
ich mag
nicht fein seyn; mag nicht überreden;
mag mein naschen nicht in alles stecken
Lbssing» 3, 110 {Nathan 4, 1) ;
herr nachbar Naseweisz, steckt eure nase
wo anders hin
Schiller 13, 417 {Turandot 3, 4).
b) eine andere prägung des gleichen gedankens bietet:
die klauen in etwas stecken ßccare le unghie, gli arti-
gli in qualche cosa Kram er dict. 2 (1702), 923°; er ver-
bleibt in den grentzen seiner eignen geschaffte, und
stekket seinen finger nicht in fremdes feuer Harsdörffer
gesprechspiele (i64l) 6, 237; kein englischer könig würde
glauben, so ungestraft seine finger in die maschine des
Staates stecken zu dürfen, wie dies Louis Philipp thut
Gutzkow toerke (1872) 8, 203; wenn ein solcher gesetz-
geber ausserdem die band in seine (des künftigen renten-
empfängers) tasche steckt, ihm zehn procent seines bis-
herigen einkommens heraus nimmt und baar verschenkt
(durch gründung der rentenbanken) Bismarck reden 1,
186 Kohl; um das monarchische ausländ abzuschrecken
von versuchen, die finger in unsre nationale omelette
zu stecken ebenda 2, 78.
c) zwischen thür und angel, zwischen bäum und
rinde soll man keine finger stecken Kramer dict.
S (1702), 923'; d. h. unparteilich bleiben und mit der eigenen
tneinung zurückhalten, besonders im eigenen interesse, um
nicht selbst schaden dabei zu leiden: der redacteur darf
seinen finger nicht zwischen den bäum und die rinde
stecken, das heisst: er darf sich nicht zwischen den
leser und die mitarbeiter stellen Börne Schriften 4, 81.
eine solche sprichioörtliche redensart setzt auch voraus:
nu will ich meine finger nicht stecken zwischen die
irrigen händel Luther briefel, 814. ungefährlicher scheint:
ich steckte auch nicht gern meine füsze zwischen thür
and angel Frevtao bilder (18.^9) l, 291. eine verblassung
bietet aber die reflexive fügung des gedankens: hierin sich
mischen ist so viel als in aufgczuckte Schwerter greifen,
swischen thür und angel sich stecken Leibniz deutsche
tekrifUn (1838) l, 171 ;
zwischen thür and angel sich z' steckn
Ceschicht nicht ohn gtühr vnd grossen schreckn
GiLHUSius grammatica (1697) 4 (6), 123,
die Weiler fortschreitet: der könig sah wohl, dasz le
Notre sich nicht zwischen ihn und den minister stecken
wollte Herder SS, lio, ohne dasz doch der grund der
rti«n»art völlig verschleiert würde, eine rückkehr jedoch
mt dem gebrauch unter a und b bedeutet wohl: es ist
keine sache, welche nicht vor die obrigkeit komme, die
fioh darein legen and stecken, and also den unlust aus-
fuhren masz Hbnnenbbrobr preustiaeh» landtafel, vor-
rede.
u) seinen köpf aus dem fentter iteoken, au»
nmtgier oder anderem gründe: die nachbam steckten die
kBpfe tM» den fenstem Keller i, m. mi älterer spräche:
Gr.
noch in d' fenster den kopff zu steckn,
ein jungen gesellen anzublecken
GiLHUSius grammatica (1697) 1 (3), 33.
allgemeiner: ich bemerkte, wie er den köpf in die freie
luft steckte Storm l, 271. ähnlich aus neugierde: den
köpf ins Zimmer stecken (Storm i, 179), um sich darin
umzublicken und durch einen schnellen ersten blick zu ver-
gewissern; ein schönes blondes mädchen . . . steckte neu-
gierig den köpf in die küche ebenda 3, 26. insbesondere:
Vocherat steckt den köpf durch die thür Hauptmann
einsaTne menschen (l89l) 32 {akt l) ; er steckte den köpf
zur thür herein Ebner-Eschenbagh i, 121.
a) entsprechend stecken f rösche ihren köpf aus dem
■wasser, aus neugier oder um ihren gesang anzustimmen:
wie sie {die königstochter) so klagte, steckte ein frosch
seinen köpf aus dem wasser und sprach brOder Grimm
kinder- und Jiausmärchen 1, 1. schön geschaut ist auch :
eine tiefe stille trat ein, und die fremden gaste steckten
eben die köpfe zum schluszgebet in den hut Fontane
I, 6, 110. in sprichwörtlicher redewendung : todtschlag,
dieberey oder rauberey ist nit so ein grosse sünde, als
mit den wercken das haupt in himel wollen stecken
Luther 10, 8, 376 Weim.
b) selten reflexiv: aus den fenstem steckten sich die
köpfe und schauten ihm nach Stifter icerke (i90i) S, 35.
c) die köpfe zusammenstecken, um über einen gegen-
ständ sich heimlich zu bereden, ein complott zu schmieden
u. dergl.: die köpfe zusammen stecken capita conferre
Steinbach (1734) 2, 715; man steckt die köpfe zusammen,
rottiert sich zu häuf Schiller 3, 51 {Fiesko 2, 4);
wo den köpf zusammenstecken rüstem,
um von Staatsgeheimnissen zu flüstern
RüCKERT werke (1867) 1, 241.
15) sich hinter jemanden stecken, um seine hülfe
zu gebrauchen, eigentlich sich hülfesucJiend hinter ihm ver-
bergen (vgl. oben unter 8 und unten vorschützen): (der)
junge marggraf Wilhelm von Jülich, der sich hinter
seine tante die königinn Philippa steckte, und durch sie
den Eduard auf andere gedanken zu bringen suchte
Schmidt geschickte der Deutsdien (1778) 3, .564; um sie (die
neuerungen) also der regentin abzunöthigen, steckte man
sich hinter einige von den vornehmsten officieren der
armee Schiller 7, 145 (vgl. auch Bismarck bri^e an
seine braut 33); (die mülie), sich hinter einen aristo-
kratischen kammerdiener zu stecken, um zu erfahren,
ob ihre herren, je nach ihrer politischen gesinnung,
auf der rechten oder auf der linken seite im bette
liegen Börne 5, 220 ; auf paschen und wildern hast du
mich erzogen, und wenn's dann schief geht und du's
mit der angst kriegst, dann steckst du dich hinter
Siebenhaar und jammerst ihm was vor Fontane werke
1 6, 4. ähnlich aucJi: sich hinter eine sache stecken
Adelung lehrgebäude der deutschen spräche 2, 167. — hinter
diese steckte sich der muthwille, und spielte wider den
willen der komödie in ihrem hause die lüderlichsten
streiche unter ihrem namen Joh. E. Schlegel werke
(1761) 6, 49.
16) mit einem xoandeL des objectbegriffee einem die
tasche voll nüsse stecken, sie gant mit nüsaen an-
füllen: die dame . . . bracht eine silberne schale vol ma-
cronen . . . hergetragen, steckte EUensteinen alle laschen
voll der im irrgarten der liebe herumtautneltide cavalier 63;
auch seine finger steckte ich voll ringe Göthk 43, 7»
Weim.; und wenn sie meine stube voll gold steckten,
so brecb' ich meine gelübde nicht La Roche fräulein
von Sternheim (1771) 8, 119; ein tuch voll nadeln stecken.
— mit der nebe>\form voller : und warent alle hUser, die
dahin sehen mochtend, gestekt voller lUt Richental
Chronik des Conatanser eotuil» 104; es stunden eyserne
kisten von . . . schwerem gewicht daselbsten aufT ein
ander, . . . und fände ich sie gesteckt voller ducaten
Simpl. 4. 63» Keller; thut nicht wie etliche Strassburger
woiber, welche dass hauss voller haussrath stecken
Mosch EH08CH inaomnie atra parentum IM neudr.
17) in brand stecken; daea ee eiek eife>Miek mm
daa anheften der brandfackel an e»fi gebdiuda dabei Aai»>
dele. ist nicht auatumachen. daa neben ttnetrer wendtmg
»ieh findende in den brand stosxen («. unten) »prieht mh
Cr.
1317
STECKEN
STECKEN
1318
gar dagegen; der atisgangspunkt trtird« dann vielmeJir oben
unter lOc einen in die not stecken u. dergl. liegen, merk-
icürdig bleibt dann aber die schon so frühe zu belegende
i-erwendung des simplex stecken ohne weiteren ztisatz in
dem sinne von anstecken, anzünden, anbrennen: ie aine
(kerze) von der andren gesteckt als zwen finger brait
sind RiCHENTAL Chronik des Constanzer conzils 85; selten
solche schöne prächtige ansehliche kirchenordnungen
vnd ceremonien ansz dem tenfTel sein, dem man doch
kein kertz stecket Fisghart bienenkorb (1588) 8*»; vgl.
zu der redensart kerze 4a (th. 5 sp. 616); dafür auch:
doch aufF das der frome gott for solchen richtem bleyben
müge und seyn urteyl recht und reyn erfanden werde,
wollen wyr seyn wort widder solche frevele meuler ver-
tretten und Ursache anzeygen seyns gottlichen willens,
auff das wyr auch dem teuffei zwo kertzen auff stecken
Luther li, 317 Weim. vgl. auch noch unsere redensart:
einem ein licht aufstecken, das heiszt doch amün/ien,
damit er ordentlich sehen kann (schon bei Pauli schimpf
umd ernst 746) —
darnach die Griechen haben fort . . .
das rohe fleisch mit schmer bedeckt,
daronder dürres boltz gesteckt
Spreng Ilia» (1610) 10».
o) die vestung in brand gesteckt Stumpf Schicytzer-
Chronik (1606) 47»; etlich heuser in brandt gesteckt GuA-
RiNONius grewel der Verwüstung (l610) 293: ob wol der
könig mit seiner armee noch auf der andern seite der
Oder sich befand, . . . lies doch der von Schaumburg
auch alsbald die stadt Gartz, nebenst dem magasin vnd
vorrath an getreide ... in brand stecken Chemnitz
schtcedischer krieg (1648) 1, 95»; sie steckten die stadt in
brand subjiciebant urbi ignem Steinbagh (1734) 2, 715;
die kerl flogen wie pfeile, steckten die stadt an drey
und dreyssig ecken zumal in brand Schiller 2, 91
{räuber 2, 3); es gelang ihm, Leutschau in brand zu
stecken Ranke 3, 148 {reformation); volkshaufen und be-
rauschte Soldaten plünderten die öffentlichen gebäude
und steckten sogar ein Pulvermagazin in brand Moltke
Schriften (1892) 3, 172;
einst steckt ihm eines haben hand
sein armes kleines bans in brand
Ramlbr fabeUete (1783) l, 29;
ach, sie stecken das haus oben nnd unten in brand
GÖTHB 5, 275 Weim. ;
(er) steckt mit rascher hand
das ganze schlossqnartier in brand
Pfeffel poet. versuche (1812} 1, 153.
mit einer angäbe des Werkzeuges: und (er) bewaffnete
Alexanders faust mit der mordfackel, womit er Perse-
polis in brand steckte Schubart ästhetik der ionkunst
23. — brand adjectivisch weiter ergänzt:
I
so ward auch A^amemnons pfeil
manch aufgespürtes wild zu theil,
bevor er Troja noch in lichten brand gesteckt
Gottsched gedickte (1751} 42.
«leÄr an der stelle von in brand setzen und eine Steige-
rung von anzünden: er hatte ruhig ein hölzchen in
brand gesteckt Ludwig tcerke 2, 375; dann bemühte er
sich seine cigarre aufs neue in brand zu stecken Mar-
litt zweite frau 118; eine pfeife tabak in brand stecken
t;^^ Hauptmann bahnwärter Thiel (1S92) 14.
a) als hyperbel erscheint: ein unhold, der die weit in
brand gesteckt hätte Klinger werke 3, 278; wehe dem,
der Europa in brand steckt, der zuerst die lunte in das
polverfasz schleudert Moltke schriften (1892) 7, 139.
ß) bildlich: die liebe, so mein hertz in brand gestecket,
ist meine allerhefftigste pein Stranitzky oUapatrida
(1886) 271, 6; sie sollen bald sehen, daez es mir etwas
leichtes ist, ein herz in brand zu stecken Gellert werke
8, 278; indem er unser herz empfindlich machen will,
es in brand steckt Lichtenberg nachlasz 46.
y) selten mit dem bestimmten artikel: eine überwundene
sichere königsstadt wehrlos in den brand zu stecken
Herder 15, 16l Suphan; bildlich wie unter ß:
zwey angen hatten ihm sein hertze gantz benommen
vnd in den brand gesteckt
ZiNKGREF auterUt. gedickte 26 neudr.
Cr.
b) vereinzelt dafür in älterer spräche: ein hauss, zwey
oder mehr in ein hrunst stecken Guarinonius grexcti
der Verwüstung (1610) 98. auch: die zerbrachen diesz haasz,
vnd stecktens in die asche biblia von 1662 (3. Esra 6, 16).
e) in flammen stecken:
Terhindre seinen rath, steck seine schiff in flammen
JOH. E. Schlegel (1761) 1, 106 (JHdo 3, 3);
ihr höllenflammen, unter mir
steckt diese natterhöhle hier;
mein bette steckt in flammen
Schubart gedickte (1825) 1, 235.
bildlich :
die liebe steckt mein hertz, ich diese flnth in flammen
Lohenstein Arminiut (1689) 1, 388»;
wie sol diss äuge dich nicht gantz in flammen stecken I
Hoffmannswaldau gedickte (1697) 2, 150.
d) mit einem wandet des objects:
wie vieler frauen trieb,
wie mancher jähre reitz bey uns ohnmächtig blieb,
nur einen süssen brand in unser hertz zu stecken
LOHENSTBIN (1680) 1, 7 {IbraMm);
wahr ist es, Crummus hat das feld mit mord beflecket,
und flammen in die saat, glut In die stadt gestecket
A. Gryphtcs v:erie 44 Palm;
nicht anders, wie ein feur, das bey entstandnem wind
man in die wälder steckt, erst eintzelweiss beginnt
Besser »chrißen (1782) l, 47.
18) einem eine nachricht stecken, iJim heimlich
mittheüen, eigentlich sie ihm hinterrücks heimlich zustecken,
insbesondere in die tasche stecken u. *. w. : von meiner
liebbaberei, nach nestem zu klettern, hatte er der mutter,
und von meinen versuchen, aus den baumschulen mir
reitgerten zu schneiden, dem vater heimliche nachrichten
gesteckt Hauff werke 3, 253 ;
die nachricht wird dem fuchs gesteckt
Pfeffel poet. vergucke (1812) 3, 88;
auch:
ohn' uns ein wort vorher gesteckt zn hahen
Kleist 1, 328 (zerbr. krug 1).
o) verblaszter: weiln mir von einer guten freundin ge-
stecket worden Salinde 13; ja es ist mir gesteckt wor-
den, wenn ich es gerne thäte, so solte eine vornehme
einladung an mich ergehen Lichtenberg briefe 2, iio
(verm. schriften 8, 272) ; es war ihm von einem freunde
gesteckt worden, das beste und wirksamste mittel, sich
bey den damen beliebt zu machen, würde seyn, wenn
er seinen verstand ausbildete, und seinen geist durch
schöne schriften aufzuklären suchte Bode geschickte des
Thomas Jones (1786) 4, 22 ; wird er euch fragen , wer's
euch gesteckt hat, woher ihr es wissen könnt, dasz er
eine memme sey Göthe 36, 62; meine Schwester bringt
heimlich Genovefen diesen abend serenate, Adam bat
mir's gesteckt m.\ler Müller 3, 103; ich wills ihnen
gerne stecken, warum wir am montage die diamanten
so gewisz bekommen, als das vaterunser im amen ist
J. Paul 27 — 29, 165; morgen nachmittag ist eine grosze
partie zu esel . . . die andern wollten den voigt nicht
mit haben, ich habs ihm aber doch gesteckt Bettine
die Oünderode (i840) i, 93; 'warte nur', steckte mir meine
frau, 'du wirst ihn bald haben' Rosegger sünderglöckl
(1904) 158. mit beiordnung eines entsprechenden begriffes:
er hat es dem stadtschreiber so gar stekken und ihn
dabei warnen lassen, dasz er auf seiner hut seyn möchte
Bahrdt geschiehte seines lebens (l790) 4, 47.
b) mit einer genaueren bestimmung des begriffes: ich
werde dir die mittel zeigen, durch welche du zum gei-
sterkönig gelangst, du muszt vorher einen hohen berg
ersteigen, und das weitere werde ich dir schon noch
heimlich stecken Raimund wcrJte l, 139; wenn wir ihm
nun das geld abgenommen haben, will ich dem grafen
oder baron heimlich stecken, des marquis vater sey hier
Klingbr werke 1, 131 (falsche Spieler 3, l),-
wills euch geheim erst vorher stecken,
und, was ich bringe, euch entdecken
LüDNviG tckriften 3, 612;
und überdies hat mir der onkel im vertrauen gesteckt,
dasz er mich gern zur Schwiegertochter hätte Bretzner
räuschgen (1786) 2, 2; eben der hat mir's ja im vertrauen
gesteckt, dasz sie ein herr hauptmann seyen Schiller
14, 178 (neffe als onkel 3, 3).
83» Cr.
1319
STEGKEN
STECKEN
1320
c) eine vergröberung des vorigen begriffea bietet: bestellt
uns groszartigst herein, und ist dann nicht da. 80
machen's diese grandseigneurs. ich werd's ihm aber
stecken Polenz Grabenhäger l, 178, d. h. es ihm gehörig
sagen, hieraus flosz dann weiter: einem eine ohrfeige
stecken (Bauer-Collitz vxddecksches wörterb. 193*): blox!
steckte ich ihm eine ohrfeige Laukhard leben und
Schicksale 2 (1798), 185. über die gerade hier besonders
häufig bei niederdeutschen Schriftstellern sich findende Ver-
wechslung mit stechen verb. s. dort die einleitung.
19) stecken in der bedeutung 'ins stecken bringen, stocken
machen' eine versteineruTvg entsprechend dem intrans. 'stecken
(unten unter 19) und getcisz in seinem Zustandekommen nicht
unbeeir\fltiszt durch dieses, eine unerhörte confusion an-
richten, die Justiz in solchem fürstenthume stecken ver-
liandlung der schlesischen fürsten und stände 1618 s. 240;
es ist endlich vmb unsern catholischen glauben zu thun,
dessen freyen lauCf dieser ketzerische hauffe zu stecken
vnd zu hemmen sich untervrindet Chki/ihitz schwedischer
krieg 208. rqßex. gewendet und so nur ein wenig persön-
lidier als unten 'stecken 19: mit solichem rauschenden
treffen steckten sich freünt und veint gar hart under
ein ander Wilwolt von Schaumburg 39; massen er . . .
seinen vorrath hieher holen wollen, dasz sichs aber ge-
steckt Simpl. 1, 469; aber vor lauter eifer, weil alles auf
einmal hinausmöchte, steckt sich's dann oft und über-
sprudelt Meyer-Merian Mareili 32;
die arb«it stecket sich; der wunderbau zerfUIlt
Drollinger gedickte 85.
'STECKEN, verb. haerere, av^schlieszlich intransitiven
gebrauchs, eine dauer- und zustandsbildung zu stechen (*.
oben) : ahd. stecchön, mJid. stecken (stecchen), zeigt seit der
frühnhd. zeit starkes schwanken in der flexion, indem die
schwachen formen mit verschiednem erfolge durch entspre-
chende starke eingeschränkt werden ; so braucht schon Luther
zu den präsensformen ich stecke, du steckest, er steckt
fast mit einer ort Vorliebe du stickest (sihe, nu stickestu in
deinem Unglück 2. Sam. 16, 8 u. ö. s. die belege immer unten),
er stickt (wie ein nagel in der mauren zwischen zween
steinen stickt, also stickt auch sünde zwischen kauffer
und verkauffer Jes. Sir. 27, 3 «. 8.) und eristicket (9, 539
Weim. ; Jes. Sir. 23, 22). das gleiche nach den starken formen
»ich sehr hinübemeigende schwanken findet sich bei Goethe
(vgl. 38, 58; 202. IV 4, 197; 248. 22, 223. 33, 238 Weim. sowie
die belege unten), diese erscheinung läszt sich auch sonst
belegen: du stickest Hütten 2, 187; so stickstu doch voller
anfechtung und trübsal Alberus vndder Jörg Witzeln
mammeluken H 8*"; der widdertauff stickt ihm noch im
kopff H 4''; LiNDENER katzipori 180 u. s. w. und findet ihre
mundartlichen entsprechungen, so belegt Rudolf Hilde-
brand atis Leipzig als volksthümliche formen durchaus
ich sticke, du stickst, er stickt, doch Luthers spracli-
gebrauch ging in der Vorliebe für die formen im präsens
80 toeit, dasz er auch einen plur. biMete wir sticken (29, 576
Weim.) und sie sticken (30, 2, 31 Weim.); während die
negiere spräche diese präsensformen wieder aufgegeben hat,
wird das praeteritum neben dem bis heute lebendig geblie-
benen schwachen steckte (mhd. stekte, steckete) jetzt in der
edlen gewählten spräche hauptsächlich von der starken
form ich stak, du stakest, er stak, wir staken zum aus-
druck gebracht:
und ir stackt so voll klag und leyd
Hans Sachs 17, 6, 12 Keller- Götxe.
der köpf stack jnen vol red Keisersbero postille (1512)
2, 88*; diese Schreibung mit ck, ohne dasz sie aber noch
mit Sicherheit einen vorausgehenden kürten vocal bezeichnen
müszte, findet sich noch bis in das 19. jahrh. : es war
eine bitterkalte nacht, der arme tölpel stack zusammen-
fetchmmpft wie ein taschenmesser malkk Müller 1,813.
Ivgl. auch den beleg bei Stelzhamkr unter 2c.) auch
lau» dem sing, gedrungen) implural: das nomliche thaten
iMite, die in schulden staoken, oder sich verbürgt hatten
SCBMIDT geschichte der Deutschen 4, 18; die heutige Schrei-
bung ist seit 66thb und Gkllbrt (a. die belege unten)
ich stak, wir staken; der optativ stäke: wenn wirklich
etwAB tfiobtiges in mir stAkc Keller i, tiu. für die
frage nach dem aufkommen dieser starken formen liegt
Cr.
die anruHime eines einfiusses der starken flexion des ver-
bums stechen, zu dem unser wort ja das eigentliche in-
transitivum ist, nahe genug ; doch mag auch das mhd. um-
lautlose schwache praet. stacte dabei fördernd zur seile ge-
standen haben :
Meljanz ein sper ouch mnose tra^,
da; stacte dem beiden durch den arm
Wolfram Parzital 385, 21 ;
noch frühnhd. : lag Sissera tod, und der nagel stackt
in seinem schlaf richter 4, 22; vgl. auch Wickram 2, 186
Bolte, sowie im rolhcagenbüchlein 120, 20: da der pfaff in der
hurst stackt — daspartic. wird heute ausschlieszlidt, schwach
verwendet; nur die norddeutsche hausspradie kennt noch all-
gemeiner die frage: wo hast du gestochen? vgl. auch die
vielleicht hierher gehörenden belege in der einleitung von
'stecken, verb.; ein (noch mundartlich für Baiern von
Schmeller) belegtes partic. gestocken findet sich in der
älteren spräche vereinzelt: denn er fragte, wo er die ver-
gangen nacht gestocken bette? zweyhundert neue historien
durch Boccatium (1646) 338; so in Scheits Orobianus 2223
neudr.; es . . . könne auch keiner den andern urtheilen
oder richten, er sei dann in ihm gestocken, das ist er
sei dann ein herzenskündiger Zinkgref l, 313; das part.
gestecken (z. b. in Leipzig); gestickt (15, 631 Weim.) neben
dem infinitiv sticken (27, 507. 34, 2, 332 Weim. und danach
wohl Carpzow leichpredigten fl698] 72) braucht leieder
Luther, das umschriebene Präteritum wird mit bin und
haben gleichenceis gebildet:
und das all um ein Stückchen brot,
das, trocken, aus den schönsten h&nden schmeckt,
als hält es in ambrosia gesteckt
GÖTHE2, 88 Weim.;
und doch wäre ich ihnen lieber in seiner haut gesteckt
als in der des fräuleins, so schön die war Ebner-
Esghenbach 4, 171.
l) durch den Vorgang des steckens b^estigt sein, die
deutliche intransitive entsprechung zu 'stecken verb. 1.
a) am spiesz stecken u. ä. Wendungen stehen auch
hier dem ausgangspunkt der ganzen entwicklung besonders
nahe: ein schwarzer käfer, der mit aufgesperrten kiefem
an der nadel steckte Storm l, 148;
vnd geschieht vns wie den geylen fischen,
wann sie das sUsze aass erwischen,
das vomen an dem angel steckt
ScHEFT frölich heimfart ES'»;
ein vorJier geschlachtetes thier steckt am spiesz, um ge-
braten zu werden (vgl. auch spiesz \\ky th. 10, i sp. 2446);
dasz ein hön am spiss steckt Exilenspiegel 16 neudr.
— besonders beliebt geblieben in der heutigen spraclie
durch den vergleich schreien, kreischen, als wenn man
am spiesze stäke, als steckte man am spiesze (Campe,
der aber mit unrecht eine beziehung der redewendung av^
den bratspiesz vermutltet). es spiegelt sich darin der
widerliche kriegsbrauch plündernder soldateska, besonder»
kinder an spiesze zu stecken, utid Itoch über der schütter
zu tragen; einem langsamen, aber qualvollen tode preis-
gegeben, werden die so gemarterten jämmerlich genttg ge-
schrieen haben: er schrye, als wann er an einem spisz
steckete Kramer dict. 2 (1702), 924»; er hat schrecklich
geschrieen ... als ob er am spiess stak Bettine dies
buch gehört dem könig (1843) 2, 491; schrei nur nicht, als
ob du am spiesze stecktest Holtei aehrifien 18, 14«;
und frau von Trompetta . . . schrie, als ob sie stäke am
spiesz Gutzkow ritter vom geist i, 361; auch niederd.:
he schrijet as wen he am spete steke brem. vrörterbuch
4, 947 (Danneil 203*; Bauer-Collitz 91^); für die richtig-
keit der oben ausgesprochenen vermuthung spricht auch:
(sie) jammern, als ob sie am spiesse stäken Keller
4, 816, nicht etwa nur eine verblaaaung de» verigen, »ondem
aus dem Vorgang selbständig geschöpft.
b) auch son.it in entsprechung zu ^stecken verb. 1: auf
der lanzo stecken u. s. w. einen pfähl . . ., auf wel-
chem ein geschundener eselskopff stack Happbl akadem.
roman (1690) 876.
a) umgekehrt auch a) der pfeil steckt in der wunde
u. ä. Wendungen: wenn ein wort im narren stockt, so
ista oben, als wenn ein pfeil in der hufTl steckt Je». Syr.
19, 18; ob ainer geschossen wer . . . vnd das cysen noch
Cr.
1321
STECKEN
STECKEN
1322
in jra steckte Braünschweig chirurgia (1539) 2*; die
ärzt brauchen diese wurtz . . ., wo die waafen noch im
fleisch gesteckt Gesner-Forer thierbuch (1563) 20; stich
oder schüsz, darinn noch die pfeile oder sonst andere
geschosz stecken Sebiz f eidbau (1579) 209; der dolch
stak in seinem bauch wie ein pfähl in dem Weinberg
Schiller 2, 87 {räuber 2, 3);
der spiesz noch stecket in dem fnsz
Spreng Iliai (1610) 65»;
entgprechend mhd.:
doch stecket in dem arme sin
din Gahmuretes lanze
Wolfram Panival 38, 4;
{Jnldlich): darumb ists vmb sonst, was ich rede, denn
die pfeile des almechtigen stecken in mir Hiob 6, *;
da steckt der pfeyl mitten im hertzen
H. Sachs 2, 115, 30 KeOer-Götze;
der liebe pfeyl steckt in dem hertzen
Spreng Aeneü &S°;
und eh ich mir's versähe,
Stack mir der pfeil im herzen
E. V. Kleist 1, 53, 30 Sauer;
wenn gottes pfeile in mir stecken
Schübart gedickte (1825) 1, 258
(vgl. leben und gesinnungen 2, 157);
auch die kngel steckt in der wunde: indem er die
kugel, welche in der wunde stak, herauszuziehen anstalt
machte Gtöthe 22, 46 Weim.
b) ein pfähl steckt in der erde {vgl. oben unter a <Un
vergleich bei Schiller); Saul lag vnd schlieff in der Wagen-
burg, vnd sein spies steckt in der erden zu seinen
heubten l Sam. 26, 7; an einem daselbst steckenden
pfal Gdarinonius gretcel der vencüstung (1610) 158;
der stock steckt neben der pflanze u. s. tc.
c) im vergleich als weitere attsführung der sprichwört-
lichen redercendung er ist ihm ein dorn im äuge {vgl.
dorn i th.2 s'^. I29l): Reisel, der dem Jäger, seines oft
verwegenen wildfrevels wegen, schon längst wie ein
dorn im äuge stack Stelzhamer 4, 187, 12.
3) in mannigfacher berührung mit dem vorigen ge-
brauche {vgl. oben ^stecken verb. 3). o) die fahne steckt
aufdemdache: wie ... die alten kirmessfanen auff den
kirchenthürnen stecken Mathesiüs Sarepta (1571) 72'';
er solle dem könige melden, dasz er gestorben sei und
ein kreuz auf seinem grabe stecke Jak. Grimm Reinhart
Fuchs (i'orr.) 137;
und ein hut mit grünem band,
goidne fransen an dem rand;
spielhahnfeder, gemsenbart
stecket drauf, nichts ist gespart
Brentano 5, 118;
über der fürstlichen bahre ist ein geschiedel gestanden,
darauf haben 200 Wachslichter gestecket und die predigt
durch gebrannt Schweinichen denkicürdigkeiten 33 {doch
steckt die unachlitfkerze xcirklich auf einem lichterstachel
in dem sinne von oben l) ; ein talglicht, welches in einem
messingenen leuchter stak Stifters, 1,89; der brief
steckt an dem spiegel u. s. w.
b) der Schlüssel steckt in dem Schlüsselloch;
dann auch schon stak der Schlüssel drinnen {im
käatchen) Göthe 25, 293 Weim.; der Schlüssel steckt
Ton innen in der thür des kinderzimmers Stifter 5,
1, 327; {bemühung), von auszen die thür aufzuschlieszen,
in der jedoch von innen der Schlüssel steckt Haupt-
mann biberpelz (1893) 5, 1. — dann das yszen, das do steckt
in dem ronden holtz, das got umb, also dasz du mit
zeug vff alle ort, nebent, vnden oder oben hinfahren
magst Gersdorff vrundarzney (1517) 46, 1*; der nage!
steckt fest und tief in der wand Kramer diet. 2 (1702),
924*. (twi vergleich): wie ein nagel in der mauren
zwischen zween steinen stickt, also stickt auch sünde
zwischen kauffer und verkauiTer Jes. Syr. 2", 2; stecken
sie wie der nagel in der wand, . . . was können sie
thon Herder 24, 69. — in dem einen falle steckten
nur die wurzeln in der felsenspalte Ratzeboro stand-
ortgeicächae (1859) 19;
es erneuen sich Völker auch,
deren wurzeln im boden stecken
ROCKBRT 1, 853.
Cr.
(zahne), die so fomen im maul, vnd auch binden wie
die stockzän im kifel stecken Gesner-Forer thierbuch
(1563) 1.
c) eine genaue loeale angäbe fehlt: zu ihrer rechtem
band steckten zwey fahnen, in welchen ein adeler ge-
machet B.\ST friedeiriinschendes TeutscJdand (1648) 51; auch
Luthers sprichwörtliche redewendung es steckt noch los
haftet noch nicht fest {ettca wie von einem nagel in der wand,
doch auch einem pfähl in der erde) gehört hierher: doce-
mus quidem talia, sed lauffen über hin. insta opportune,
quia non satis semel docuisse, legisse, es steck noch los,
es ist noch nicht tiefif Luther 25, 67, 15 Weim. in heutiger
spräche besojiders der Schlüssel steckt : „gebt den Schlüssel !"
wiederholte der gastherr, und merkte jetzt erst, dasz der
Schlüssel steckte A. von Droste-HOlshoff 2, 300 {juden-
buche); die geistesgegenwart, den Schlüssel, der auszen
steckte, umzudrehen Ebner-Eschenbach 4, 319.
4) gegenüber der überaus reichen enttcicklung von ^ stecken
verb.ihier nur ganz vereinzelt das ziel steckt ferneM.ä.;
dem losszt das armbrust, so ers r6rt,
das schafft der wyndfad ist geschmyert,
dem stickt das zyl nit glich alls ee
Brant narrenschiff 75, 18 Zameke ;
ha feinde der freyheit! warum schon zurflcke?
das ziel eurer räche steckt diesseits der brücke!
A^TIBNHOFF 282;
ähnlieh:
an fernem eck steckt oft der zweck
ZiNKGRBF auserl. gedickte 12 neudr.;
hierher gehört wohl auch und nicht zu dem begriff ver-
stecken :
was ich gflts hah, ich mit dir theil,
wer weiszt, wo noch steckt vnser heil !
Fischart flöhhaz 26 nettdr.
5) in einem behältnis stecken, a) ein messer, ein
Schwert steckt in der scheide, bi3 es zum ge-
brauch herausgezogen wird, entsprechend ^stecken verb. 6»:
der degen steckt in der scheiden Steinbagh (1734) 2, 406.
sprichwörtlich: meynt ir, das in solcher sauberer herberg
könn ein wüster wirf oder gast hausen? oder in einer
helffenbeynen scheiden ein bleien messer stecken? Oar-
gantua 77*; denn es ward wohl schon eher eine üble
scheide gefunden, darin ein guter degen steckte Sim-
ROCK 8907.
a) durch die besonderheit der ausrüstung bedingt sind
die folgenden Wendungen : er grub sie {die kugtJ) mit dem
messer, welches an der scheide seines hirschfängers
steckte, eifrig heraus Holtei erz. Schriften 2, 272, d. h.
in einer besonderen kleineren scheide, welche mit der scheide
des hirschfängers in eins gearbeitet ist. so auch:
köng Agamemnon lobesam,
vom groszen seh wert das messer nam,
so stäket auff der schayden zwar
Spreng Iliai (1610) S5».
ß) mit weiterer besiimmung: yhr messer stickt fest;
aber müssen sie es zucken, so kumpts nicht on blat
Widder ynn die scheiden Luther 19, 646 Weim.;
meine streiche stecken
in dieser scheide schmalen räum gepresst
MCllnbr dramat. taerke (1888) 8, IM.
y) im vergleich: kürze aber ist wie ein köcher, darin
gar viele pfeile stecken Zimmermann 1, 11 Hempel.
(J) bildlich: die sprachen sind die scheyden, darynn
dis messer des geysts {die evangelien sind gemeint) stickt
Luther 15, 38 Weim.. vgl. Quenstkdt ethiea pastoralis
(1678) 4. allgemeiner:
die alten sprachen sind die scheiden
darin das messer des geistes steckt
Göthe 5, 117 Weim.
b) entsprechend ^stecken verb. 6c; in einem sack
stecken u. ä. uiendungen: in der seitentasche dieses
rockes stecken tausend pfund Nestrot 1, 25;
hundert zuckerbröckelcben
stecken in den taschen
nnsrer zuckerdSckelchen
ROCKBRT 8, 15;
wie steht ihn so der busen offen,
md stecken etlich bücher drinn
Fisch ART naektrab 866 Kurz;
Cr.
1323
STECKEN
STECKEN
1324
eie wnst nit was darinnen Stack,
bis dasz der Eulenspiegel sprach :
'miitter, du hast viel wort gemacht,
wie dasz du gau- kein brot nit weist
jetzunder billich dich erfrewst,
dann komm nar, kuck in diesen sack!'
Evlenspiegel 626 Hauffen.
6) in kleidern stecken, 'ein kleid tragen'; die um-
sehreihung 'eingekleidet sein' gibt am besten den sinn des
begriffes. entsprechend oben 'stecken verb. 9: wie ein bawr
ynn wammes und hosen steckt, da wammes und hosen
ausgedenet werden, das sie den leib und die schenckel
umgeben Luther 26, 833 Weim.; das alles auf das treff-
lichste gerieth, obgleich ein paar neue ungeschickte be-
dienten in der livree staken Göthe 17, 113 Weim.; wenn
wir im priesterrock stecken Klinger werke 3, 280; politiker,
die im priesterrock, auch in einem evangelischen, stecken
BiSMARCK gedanken und erinnerungen 2, 183; er . . . stak
in einem weiten grossblumigen Schlafrocke Stifter
S, 327;
ynn der färb war keyn unterscheyd,
nur keyn fromer nicht steckt ym kleyd
Luther 19, 11 Weim.;
wann schon gar in der kalten steckst,
noch dannoch nicht dein bossheit deckst
Fischart Etdenepiegel 12217 Hauffen;
folgents, der bartecht, der dort steht, . . .
ist ans der Chiaciner sect,
die gern warm in den hosen steckt
barfüfzer fetten und kuUenstreit 412, 48 Hauffen ;
was sich in pelz und häute schlägt,
nnd was im blanken hämisch stecket, . . .
das alles brennt, das alles glimmt,
wenn es der liebe glut belebet
Gottsched gedichte (1751) 222;
stamme wollen gegen stamme pochen,
kann doch einer was der andere kann I
steckt doch mark in jedem knochen,
nnd in jedem hemde steckt ein mann
Göthe 3, 240 Weim.;
der ganze unterschied ist in den rocken,
und ich ganz gern mag in meinem stecken
Schiller 12, 23 {WaUensteing lager 6).
a) im gegensatz z. b. zu ein kleid tragen {was auch
unten das subst. tracht spiegelt) wird das fehlen einer
inneren, d. h. wirklichen beziehung zwischen dem, kleid und
seinem, träger durch die Verwendung unseres ausdruckes
gerne hervorgehoben : um unerkannt zu seyn, steckte der
könig unter einer perücke in einem schlechten braunen
rock Herder 23, 42i ; und gegen die neumodische pariser
kleidung muste ich in steifer uniform mit puder und
zopf stecken Jakob Grimm kleine Schriften 1,9 {selbst
biographie) ;
das schafTskleid ihr gar wol anblickt,
ob auch ein wolf darinnen stickt
po*<re««€r (1591) F 2«;
bald stekkt ein geiler bokk,
ein junger Clodius, in einem frauenrokk
Rachel satyr. ged. 82 ncudr.;
ein kahles kleid,
nnd steckt' auch Socrates darinnen
GoEKiNGK gedickte (1780) 2, 68;
deshalb: und ein ehrlicher mann mag stecken, in wel-
chem kleide er will, man musz ihn lieben Lessing l, 600
(Minna von Barnhelm 5, 13).
b) in der älteren spräche steckt auch der köpf im hüte:
dort hanget sein beltzhauben. secht ob der kopff da-
rinnen stecke! Schumann naehtbüchlein 91 BoUe; vgl.:
derhalben auch der Lucifer
da er sab auszgemacht so ferr
disz hotlein sampt dem, was drin itack,
vor forcbten selber er erschrack
Fisch ART jesuiterküüein 969 Hauffen;
noch mundartlieh:
f9st in buet stOckt da' köpf,
wier in eisstock da' stiel
Stblzhambr diehtuTiffen 1, 128.
ttnen weiteren sehritt aber ihut das spriehwort : im langen
liaar stecken auch fecbter Qargantua S2 neudr.
e) heute gant getothnlieh: die fUsze stecken in derben,
fetten lederttiefeln u. ü. anwinteriich gekleidet, nur
•eine fOne steckten in hoben filzstiefeln Fontane
t, 171 («or itm gturm i); Iris an die schahe, and in
diesen stecken die füsse bloss Adeluno magazin für
die deutsche spräche (1783) 2, 1, 107. ebenso: die bände
des männleins steckten in zerrissenen, weiszen, wasch-
ledemen handschuhen, aus denen die mageren Onger-
spitzen schmutzig hervorsahen Raabe kinder von Finken-
rode'i%\ lasset nur meine band los; sie steckt nicht im
panzerbandschuh unseres Herrgotts eanzlei 2, 198.
d) mit gewandeltem, subjeet in älterem Sprachgebrauch:
weisse händschuch an bänden stecken Paracelsus (1616)
1, 906;
Mars trftget stiefeln, die als schuh was fester stecken
LoGAU 1, 114, 84.
e) im Sprichwort heiszt: in schlechten stiefeln stecken
nicht gesund sein (wie gleich unten in einer schlechten
haut stecken) oder in schlechten Verhältnissen leben, eigent-
lich zum erdenwandel schlecht gerüstet sein.
f) entsprechend dem ursprünglichen sinne von leichnam
(ahd. lihhamo u. s. w. oben th. 6 sp. 625) steckt der (innere)
mensch, die seele des menschen, in dem leibe wie in einer
kleiderhüUe : war ists, das wir alsamen sünder seind
und pleiben, so lang wir in disem fleyschlichen cörper
stecken Sleidanus reden 88 Böhmer; wenn du mir im
leibe gesteckt hättest, so hättest du es nicht anders
machen können als ich's sehe Göthe 43, 130 Weim..;
einer, dem immer noch die bürgercanaille im leibe
steckte Schubart briefe i, 150 Stratisz; in diesem leibe
steckte . . . ein echter Wiener Arndt werke (1892) i, 116;
besonders beliebt ist in der haut stecken, uh) auch zu-
gleich ein theil des körpers zu dem inneren menschen ge-
zogen wird: der körper des menschen steckt in seiner
baut; als sprichwörtlicher icunsch: ich möchte nicht in
der haut des Verfassers stecken Göthe IV 16, 208 Weim.
(vgl. Holtei erz. Schriften 3, 77); (wünschen,) ich steckte
nicht in diesem wamms, diesen hosen, dieser haut
Raabe unseres herrgotts eanzlei 1, 90; 'o himmel und
hölle, ich wollte . . ., du stecktest in meiner haut!' rief
der Schauspieler kinder von Finkenrode 44; ja, ja, sie
lächeln, groszer künstler, sie müssten nur mal einen
tag in meiner haut stecken Hirschpeld die mütter (1896)
28; auch: ihr solltet nur manchmal in meiner haut
stecken, ihr würd's bald genug satt kriegen Haupt-
mann weber (1892) 18 (dkt l), wo immer die ganzen lebens-
verhältnisse und umstände eines menschen von der redens-
art umschlossen werden, wie im folgenden : sie (die grafen)
sind nun einmal da . . . und können aus ihrer haut
nich 'raus, un wenn einer mal raus will, so leiden es
die andern nich un ruhen nich eher, als bis er wieder
drin steckt Fontane I 5, 58; in dem sinne von 'lebens-
Clement' bietet sich auch: dasz er also voll von liebes-
gedancken seines hcrtzens, wie eine mauss im schmalta-
kübel oder wie ein käfer im kühfladen, in seiner haut
steckte Simpl. l, 477; dieses gewand kann man aber in
diesem leben nicht ablegen, deshalb der folgende vergleich:
sie lassen jedem gern seine meinung, wenn er nur fest
darin steckt, wie in seiner haut Börne i, il (vorr.).
a) mit weiterer adjectivbestimmung : in kleiner haut
stecken auch leut Dentzi.er i. 356*:
dasz ihr so hoch euch beide streckt
nnd in so dicken hauten steckt
MÖRIKE 1,
128;
in keiner guten haut stecken, in dem sinne wie oben
unter e in schlechten stiefeln stecken, nicht gesund sein
(dann auch 'in schlechten verhäUnisaen Men' entspre-
chend der auffassung in den obigen belegen): er steckt
übrigens in keiner guten haut, nach allem, was man
hört Schnitzler /rwtriW 28; atieh: der gesell sei . . .
ein zarter bursche und scheine in keiner festen haat
zu stocken Speck tum seelen 32i.
ß) eine auffällige erweiterung des vorigen bietet Keller:
aber trotz der blässe, die ohne den rötlichen greis alle
überzog, steckten sie in einer unverwüstlichen gesund-
heit, wie die fische im wasser s, 140.
y) so können denn dAmonwcAc leesen zugleich mit un*
in unserer haut stecken: der teafel liecket ans in der
haut Luther S8, 66« Weim.;
der tOfel sUckt jr gwOss im Ivbl
Manvbl vtetniptil 164 nemdr.;
Cr.
1325
STECKEN
STECKEN
1326
UHU die neuere zeit einfach atudrüekt:
ihr wahrlich schaut
nicht 80, als stäkt in sündger haut
TiECK 1, 104;
doch vgl.: jedenfalls steckt der teufel in ihr, und habe
ich ein schlimmes stück arbeit übernommen Keller i, 50.
7) icidencülig oder sonst zu seinem schaden festsitzen,
festhaften, an der freien beicegung gehindert sein.
a) im schlämm, im morast stecken, festsitzen,
so dasz man nicht von der stelle kann, noch deutlicher
mit henorhebung der dauer durch stecken bleiben (». unten) :
im kaat stäcken Jiaesitare in luto Maaler SSS*»; unterst
zu oberst stürzt' ihn mein herr vom pferd, dasz der
federbusch im koth stak Göthe 8, 95 Weim. {Götz 3);
Antilochns Mydoni gab
ein harten streich von oben ab,
das er gleich von dem wagen ganck,
hemider vff die erden kranck,
im kot er stecket mit dem kopff
Spreng lUas (1610) 63^;
da die gemahlin noch im pfnhle stecket
Ramlbr fabellese (1783) 1, W;
entlich stöst er aoff einen fuhrman, der mit pferd und
wagen im tieffsten schlam in einem pfuel steckete,
kondte weder hinter sich noch vor sich Hatnbccids
Hans Pfriem i nettdr.;
in jenem snmpff steck ich nicht mehe 35;
hat der sich gewircket aus dem dreck
darinnen er nur newlich steck,
so musz er jo der teuffel sein 31 ;
die einleitung des zustandes icird geschildert: ehe sie sich
es versahen, kamen sie in einem morast zu stecken
Happel akad. roman (1690) 536.
bildlich: dasz sie . . . im sündenschlam , ja allerdings
schon gar der höUen im rächen steckt Simpl. 2, 48
Keller; sie sind dazumal noch tieff ym schlam gestickt,
das gesetz lag yhn noch auff dem halse Luther 15, 613,
31 Weim.; mein seel stäckt im kaat Zürcher bibel 1531
psalm 118, 7; die fürsten seien uneinig, die städte weder
gerüstet noch entschlossen, die ganze nation stecke —
so drückte er sich aus — bis an den hals im moor Ranke
4, 131 {Zeitalter der r^ormation);
wer über die oren im kat steckt
vnd reinigt sich mit andenn dreck
vnd kat mit kat wil dannen tryben,
der mfisz von not dreckig belyben
McRNER narrenbeschu'örung 179 neudr.;
bei meiner treu ! ich wette !
er hat im hasenfette
(JeigheU, vgl. th. 4, 3, sp. 536)
bis Obers knie gesteckt,
nun ist kein hund im lande,
der ihm die grosze schände
von seinen strümpfTen leckt
Stranitzky oUapairida 44, 17 Wiener neudr.;
hierher gehört die noch heute gebräuchliche redetcendung
in der spräche des alltags in der patsche stecken: denn
stecken wir man all ooch in de patsche Hauptmann
biberpelz 67 {akt 3), vgl. dazu patsche 4 und 5 (,th. 7 sp. 1507).
b) im gefängnis stecken, als gefangener festgesetzt
»ein, entsprechend oben ^stecken verb. 10: wollt ihr im
Bcholdturm stecken? Schiller 2, 40 {räuber l, 2); er hatte
vier monden unter strolchen im kerker gesteckt Jdsti
. Winekelmann 2, 2, 16; von der studierstube:
kweh! steck' ich in dem kerker noch?
verfluchtes dumpfes mauerloch,
wo selbst das liebe himmelsUcht
trüb durch gemalte Scheiben bricht!
Göthe 14, 28 Weim. (Famt 1).
sm^mentsprechend auch zu hause stecken müssen, nicht
von haus fortkönnen, an das haus gebunden sein .- zu hause
mnsz ich stecken und das fest dieser tage versäumen
Göthe IV 20, 17 Weim.;
im hause mnst sie stecken
vnd stets bey Myrto sein
ZiNKGREF aiuerle«. gedickte 49 neudr.;
■teoken sie den ganzen tag da zu haus? Schnitzler
Uebdei 118. au^h: bis dahin steckten sie {die beiden
hüben) in der schule Thümmel reise 6, 137.
et) den ausdruck erläutert: ach so ist dem armen
mennschen rechtt also ob er zwischen zwaien wenden
stecke Tauler sermones (1508) 103».
Cr.
ß) mit bezug auf den aufenfhaU der toten vor dem tag
des jüngsten gerichts; von den seelen imfegefeuer u. s. xc.:
wenn gottes trompte wird erklingen
von oben aus der luffl,
und mächtig durch die grufft
der tieffen gräber selber dringen,
und alle menschen, wo sie stecken,
wird aufferwecken
Dach gedichte 212 Österley;
da wird sie {die königin) . . . erinnert, dasz ihr verstor-
bener herr könig im . . . Hörselberge . . . stecke imd vor
seine sünde büsse Prätorius Blockesberges Verrichtung
(I668) 13. als tmnsch für einen miszliebigen : ich wolt dasz
sie beide mitten in der Elb, oder mitten im loch des
fewrigen bergs Aethna in Sicilia steckten Vogelgesang
tragedia Johannis Hussen 14 neudr.
c) einem in den klauen stecken, sich von ihm nickt
befreien können: was will er machen? er steckt dem in
den klauen ganz und gar maler Müller 1, 275. im
(fang)netz stecken, als Jägerausdruck, loenn thiere in den
ausgestellten netzen sich gefangen haben:
heut, da man seine füchs thut kennen,
vnd will den fuchs ausz der hell brennen,
da wüt er vnd wehrt sich zu letz
wie ein wild, das schon steckt im netz
Fischart thierbilder i26, 100 Rauffen;
auch für die fischtceide tcird er vorausgesetzt:
st. Anton hat den Aschen gepredigt, aber ich wette,
kamen sie vor aus dem meer, staken sie sämmtlich im netz
Waiblinger gedichte aut Italien 2, 83.
ähnlich: in den dornen stecken: ich stecke in
dornen Göthe 17, 77 Weim. {vögeT). von dem widder.
welcher Abraham zur Opferung gesandt wurde: wo du wie
eine unke im sumpfe, oder wie Abrahams widder in
den dornen gesteckt hast Droste-HClshoff 2, 366; hier-
auf bezieht sich die redensart: do geth die schrifft am
meisten wider, do sticket der bockh in den dornen Luther
9, 539, 31 Weim., d. h. da liegt der schinken im salze, hier
findet sich der hauptsächlichste Streitpunkt. eine Um-
bildung davon ist: in summa da stecket der baur in
der hegken, dasz closter betend sy geren gar gehabt
Chronik von Kaisheim 169.
d) als mythisches bild: dem tod, der hellen schon im
rächen stecken Kramer dict. 2 (i702), 924''; ach got, ich
sihe, das der ein sünder ist, steckt dem teuffei im rächen
Luther 10, 3, 302 Weim.; {angst,) dass er allbereit dem
höllischen Schlund beginne im rächen zu stecken Sim-
plie. 4, 507 Keller; ist der nechste gottlose und stecket
dahero dem satan im rächen, so musz man aus hertz-
licher barmhertzigkeit ihn suchen zu bekehren Sperling
Nicodemus quaerens 2 (1719), 569. vgl. er steckt im ab-
grunde in voraginibus haeret Steinbach (i734) 2, 714.
e) in der nacht stecken, besonders bildlich : wer in der
nacht steckt, hält die dämmerung schon für tag Göthe
IV 8, 121 Weim. ähnlich: es ist wahr, dasz zu Homers
Zeiten, die lehre von gott noch in dicken finstemissen
gestecket hat Gottsched critische dichtkunst (i75l) 802.
/) in reicher Übertragung
a) auf schwierige lebenslagen u. ä., aus denen man nicht
herauskann, die einen gefangen halten ; wie man im morast
steckt, so dasz man nicht von der stelle kann, ja zuletzt
leicht darin elend zu gründe geht {vgl. dazu oben unter
grund) : in schwären schulden stäcken aere alieno premi,
opprimi aere alieno Maaler 383 '';
dieser hat ein böses kind ; jener steckt in grossen schulden
Neumark fortgepfl. mugik. poet. Ittstwäldchen (1657) 2, 48 ;
die vornehmste Ursache, dasz die ansehnlichsten häuser
am meisten in schulden stecken Rabbner 5, I80; jeder
Verwaltungszweig steckte in schulden Dahlmann ge-
schichte der franz. revolution (l845) 32; ich steckte in
schulden bei schneidern, modisten Ebner-Eschenbach
i, 313;
ein armer schiffer stak in schulden
Gkllbrt 1, 119;
sie haben stol zgenug, doch stecken sie in schulden
GöTHB 16, 23 Weim. (Jahrmarkt^ett von
Plundertweilem).
auch: ich stecke noch in alten quälenden briefschulden
Chamisso 5, 333. subst: vnd dass es die ellendeste
arbeitseligkeit sey, in schulden stecken vnd vor gericht
Cr.
1327
STECKEN
STECKEN
1328
zancken Hetden Pliniua (1565) 48. «rtc der ausdruek in
schalden stecken sich aiis dem icirklichen bilde genährt
hat, wird deutlich, wenn der hofmeister von Schweinichen
angesichts der schulden, für icelche er dem Herzog Hein-
rich aufzukommen hat, klagt: wie ich in so groszer ver-
tiefang vor herzog Heinrich stecket denkicürdigk. 171
österley.
ß) in groszer not stecken u. ähnl. Wendungen: na
hat der herr das reich gegeben in die band deines sons
Absalom, und sihe, nu stickestu in deinem unglück,
denn da bist ein bluthand 2 Sam. 16, 8; vnnd ist dieses
nichts anders gesagt, als das es wegerer sey von fernem
ein vnglück anzusehen, als darinnen selbs stecken
Fisch ART discoura (1589) A 2»; da sie in vngemach
steckten Xylander Polybius (1574) 25 vgl. auch s. 228;
so gross das anheil war, in welchem wir staken, . . .
konnten wir doch nicht unterlassen zu scherzen Göthe
33, 93 Weim. ;
doch tawrt er mich, dasz er zur frist
in solchem Unfall steckt mit klagen
Dähnhardt griech. dramen 2, 69 {Ajax 2234);
denn wer yim nödten stickt, der ist schier gleich wie
ym tod Luther 19, 436 Weim.;
in grösser noth ich niemals Stack
Ayrer dramen 413, 19 {hütorien Jtom«);
ach Jupiter, du grosser gott,
hatstu jemahls in solcher noth
Belassen einen forsten keck,
arinnen ich mit vnfall steck
Spreng Utas (1610) 99>';
dasz ich in kurt^em von der angst, in der ich stecke,
mich frey befinde Schauspiele englischer comödianten 263, 9
(unzeüiger vorwitz 1, 2) Creizenach; wie helfen wir uns
aus der Verwirrung, in der wir stecken? Göthe 11, 165
Weim. (Clavigo); nun steck ich in einer zweifelhaftigen
Unbequemlichkeit Bettine dies buch gehört dem könig
1, 16; da ist ja den leuten lange genug klar gemacht
worden, in welchem entsetzlichen elend sie drin stecken
Hauptmann weber 83 (4);
ich, ewr vatter, und ihr albeidt
stecken in grossem hertzenleid
DÄHNHARDT ffritch. dramen 1, 99 (Eurip. Alcett 876);
in so schweren sorgen stecken, . . .
ist es nicht ein lauter quehlen?
Königsberger dichterkreis 43 neudr.;
auch wer schier besser, du wärst ein zeyt lang in welt-
licher gefengknuss, das du deine sünde erkendtest unnd
dich darvon besserest, dann also in täglicher sorg unnd
angst steckest Schumann nachtbüchlein 227; weil er
viler . . . leat weih und kind sihet in not vnd schuld
stecken Mathesius Sarepta (i57l) 25*; viel männer, die
in noth und schulden stacken, und betrübtes herzens
waren Sperling Nicodemus quaerens 2 (1719), 562;
noch stecken wir in not und qual
Spreng Aeneis 14*».
aua einem andern bilde schöpft aber wohl er suchte . . .
gottes ehre zu befördern, vnnd seine bedrängte religions-
verwandten . . . von dem tyrannischen zwang, worunter
sie eine geraume zeit gestecket, zu erretten Chemnitz
schwed. krieg (1648) 61», wie etwa ein gefangener vogel
unter dem schlagnetz des vogelherdes steckt.
y) in einer ansieht stecken, darin b^angen
sein, nicht von ihr loskönnen: dass menschliche hertzen
vnnd sinn in viel irrthumb stecken Amadis l, 288; aus
allem irrthum, worin alle menschen von natur stecken
Arnold ketzerhistorie vorr. 42; diejenigen so in den irr-
samsten meinungen stecken Butschky Pathmos 204;
ganz Rom in dieser meinung steckte Anton Ulrich
von Braunschweig Octavia (1677) i, 82; ein schwärmen-
der Verehrer, der einmal in seinem System ohne hoffnung
za einem zurUckzug steckt, ist allemal verdächtig Lichten-
BBRO vermischte Schriften 4, 17 ;
wir steckten in abgOUerei,
der bapat fttrt una in tchaden
lud a«^ du gtjan^iennahmie hertog Seinrieh» von Brauntchweig
i.j. 1546 {bH LiubncrON htstor. volktl. 4, S70).
S) in einer gewohnbeit stecken u. ä.: der leser,
wdebar in der langen gewohnheit steckt Kant 8, BW
Hartentiein ; auch er «tickt in dem seichten dilettantis-
IBOS der zeit QOthi IV 87, 190 Weim.; das tarUckgehen
Cr.
musz dein hauptbegriff sein; denn du stickst nun einmal
drin an Herder am 22. sept. 1788 {des letzteren nachlasz i, 97).
— freilich färben halt die Verhältnisse gar so ab auf die
menschen, die in ihnen stecken! Ebner-Eschenbach
4, 404.
f) in einer Stimmung oder charakteranlage
stecken: wenn er in seiner melancholey stecket Amadis
1, 160, vgl. GuARlNONius grewel der verwilstung (1610) 33;
es gibt nichts, was du . . . mehr perhorreszierst als
sentimentaUtäten, und doch, färcht' ich, steckst du selber
drin Fontane I 5, 220; die so in diesem lasier stecken
Pape bettel- und garteteuffel (1.586) C 7^; förchten sollen
sich diejenigen vor dem todt, welche da stecken in viel
tausend todtsünden Albertinus zeitkürtzer (1603) 40*;
in gleycher begyrd stäcket auch der papst Stumpf
Schwytzerchron. (1606) 224''; wer aber gegen das siebente
(gebot) verstöszt, der steckt nicht blosz in des fleische«
schwäche, der steckt in der seele niedrigkeit Fontane
I 5, 274; wer in der brunst sticket, der ist wie ein
brennend fewr, und höret nicht auff, bis er sich selbs
verbrenne Jes. Syr. 23, 22; auffs aller lustlichst in woll-
lust stecken Hütten l, 394; und hoffart treibet zu allen
Sünden, und wer darin steckt der richtet viel grewel an
Jes. Syr. 10, 15;
wo in hoffart steckt ein mann,
riebt er vil grewl und unglfickis an
H. Sachs 19, 40, 27 Keller-Götze;
in Ungerechtigkeit stäcken und bleyben haerere in iniqui-
tatibus Maaler 883'>; wann ihr aber in hasz und Un-
einigkeit stecket, so machet ihr unlust der heyligen
hochgelobten dreyfaltigkeit Schuppius 288;
sunst steck ich hy in hass vnd neyd
Schwarzenbbrg der teuttch Cicero (1585) 140;
vergebens fiugelt der, der noch in freveln steckt,
auf freundschaft, die sein herz nicht einst im träume
schmeckt
WITHOF bei KiNDKRLING
reinigkeit der deutichen tprache (1796) 360.
5) mit einer aus dem bilde entspringenden adverbiellen
bestimmung: und (er) stak tief in den französischen
Übeln Göthe 43, 88 Weim. {Cellini l); Aurel gestand . . .
offen ein, dasz er tief in schulden stecke Holtei er-
zähl. Schriften 21, 99; sie sind zu entschuldigen, wenn
sie, tief in jüdischen vorurtheilen steckend, solche
äuszere stützen . . . bedurften Strausz 3, 18 {leben Jeatt) ;
ach ja, tieff stackstu in gefahr,
weil du beströcket warst so gar
mit falschen, bösen leuten
Zkiszold bei Fischer-TCmpel kirchenlied 9, 50;
der pfarrer von Assmannshausen sprach:
'die weit steckt tief in Sünden,
doch wo der meister Josephus steckt,
weisz keiner mir zu künden.'
Scheffel 6, 247 (gaudeatnua 137) ;
doch steckt er auch noch viel zu tief in der Verehrung,
als dasz er sobald zum urtheil gelangen sollte Göthe
rv 17, 268 Weim.; die nalionen steckten za tief in
ihrer eigenen Unordnung Grimm Michelangelo (1890) i, 16.
auch: grewel, darin wir auffs dieffst stecken Cronbero
12 neudr. so ist denn hier aucJt möglich: die dreissig-
tausend gülden brautschatz, die das kaufmannstöchter-
chen meinem söhne . . . ins haus brachte — die haben
mich herausgerissen, ich stack verteufelt tief Krbtsch-
MANN 4, 2, 6 {hauskabale 1, l).
T}) die bildlichkeit des ausdruck» findet %oeitere Ver-
stärkung: ich stecke momentan bis an den haU in
tausenderlei fatalitäten Pücklkr britfwechsel 6, 66. noch
beliebter aber ist bis an die obren worin stecken:
er stecket in aller unsaubcrkeit bis an die obren (fttiw
erat immersus altissime) Slkidanus awei radan SO«
Böhmer, wo das zugrunde liegende bild gana deutlieh ge-
fühlt ist. kein wunder, dasz sie bis an die obren in
schulden stecken Albertinus der weit tummel- und
acliauplata 15«; übrigens trauten's mir nur wenige von
meinen nachbam and nächsten gefreundten zu, dast ich
so gar bis an die obren in schulden stecke BrXkbr der
arme mann im Tuckenburg 200; sie werden doch meiner
bäte keinen bruder lüdcrlich zur frau geben wollen, der
bis an die obren in schulden steckt Schiller t4, I4«
(neffe als onkel 1, 10);
Cr.
1329
STECKEN
STECKEN
1330
ja wohl zu matt, dich aus dem schlämme — nein,
der liebe' wollt' ich sagen — dich zu ziehn,
worin du leider steckst bis an die obren
Shakespeare 9, 203 (Romeo 1, 4).
in iceiterer begrifflicher Steigerung: es stickt des bapsts
Seiten ob dissem stuck biss ubir die oren yn der ma-
nicheorum ketzerey Luther 7, 644 Weim.; das wir in
Sünden sticken bis ober die obren ebenda 29, 576 Weim.;
diss gegenwertige vnglück, darinnen wir bis vber die
obren stecken Musculus hosenteuffd 7 neudr.; sie stecken
biss über die obren in allen vorurtheilen die vemünft.
tadlerinnen (1725) l, 182; unter allen briefschulden , in
welchen ich bis über die obren stecke, liegt mir keine
schwerer auf dem herzen, als die, in welche ich bey
dem herrn hofrath Kästner gerathen bin Lessing" 17,
282; er steckt ... bis über die obren in dunkel and
Standesvorurteilen Fontane I 5, 65;
mancher steckt drinn (im grobianertum) biss vber d'oren,
der es noch lang zeit hat verschworen
Scheit Grobtanus 4881 nexidr. ;
du steckst ja über köpf und obren in der liebe Schroe-
DER 1, 8 (heirrd. Jieirath 1,5); vgL. auch ohr 11 bgß{th. 7 sp. 1232).
8) ohne diesen beisinn des widertcilligen in einer sache
stecken, sich eifrig mit ihr beschäftigen, in seiner thätig-
keit ganz von ihr in anspntch genommen sein u. s. w. ; be-
sonders in solchem sinne in den büchern stecken:
der alte kerl ist nicht dumm, steckt immer in seinen
büchern Ayrenhoffs, 248; er ist ein träumer, der mehr
in den büchern steckt Baüernfeld 5, lll ;
man sieht doch recht, dasz du ein schtUer bist,
ein guter zwar, doch der zu viel allein
in seinen büchern steckt Göthe 11, 364;
xmd sein geselle wohlbedächtig
steckt in den büchern übernächtig
16, 286 Weim. (maskemug 615);
ist keiner der solch bücher hasst,
er sey dann viel ein grösser gecfc,
dann der so in den büchern steckt
Fischart Eulenspiegel 26, 415 Hauffen.
dementsprechend auch: mein voriger herr, der berr baron
Süszmund, steckte beständig in romanen Petrasch i, 158;
niemand gab auf ihn acht — man steckte im testamente,
ausgenommen Knol J. Paul 26, 80 {flegdjahre l). — die
auch hierher gehörende wendung tief in der arbeit
stecken zeigt durchaus, wie der ausgangspunkt für
diesen gebrauch unter 7 zu suchen ist: wenn sie über
viele arbeit klagen, so stecke ich auch in vieler und
groszentheils so unerfreulicher, dasz ich gern drei stunden
der ihrigen für eine der meinigen hinnehmen wollte
Jakob Grimm in den briefen an Benecke 34; wisst ihr
denn nicht, wie tief ich in geschäften stecke? Kretsch-
mann 4, 2, 80 (hauskabale 3, 4).
9) oft mit dem beisinn des verborgenseins, als intran-
sitiv, zu oben ^stecken verb. 8 und verstecken verb. : als
solches der mann höret, fraget er: 'wo ist der pfaff?'
dem das knäblein bald antwort: 'er steckt im kachel-
ofen' Lindener rastbüchlein 28 Bolte; die' Franzosen
stecken zwar in Tyrol und haben Trient und Roveredo,
doch hat Wurmser in der Lombardei grosse vortheUe er-
halten Göthe IV li, 227 Weim.; ich habe . . . solide men-
schen kennen lernen, dergleichen noch manche hier in
der abgeschiedenheit stecken mögen IV 8, 155; und in
kurzem steckten wir wieder zwischen so hohen und
wilden bergen als jemals Nicolai reise durch Deutsch-
land und die Schioeiz (1783) 2, 537; das fuszvolk steckte
zum theil in jenem bewaldeten gebirge und schoss sich
ein wenig mit dem feinde umher Ritter erdAundc 15, 1014;
die keuschheit macht, dasz weiber werden
zu klaren engein auf der erden,
doch ist es so gar seltsam nie,
manch Ludfer steckt auch allhie
Logau 1, 229, 56;
ausreisser, memme! liefest du so mir fort?
in welchem husche steckst du? sprich ein wort!
Shakespeare 1, 249 (»ommemachtstraum 3, 2).
in der Jägersprache: das edelwild steckt in einem teile
der wildbahn, hält sich verborgen Brehii thierleben 3, 464
PechuelLösc?ie ; auch sonst:
X. 2.
Cr.
als wann ein taub thut fliegen aus
von jhrem nest vnd tuncklen haus,
die lang in einem felsen hart
gestecket ist nach jhrer art Spreng Äeneis 88*;
die enl in ihrer höhlen steckt Arnim 21, 280;
das ort, da die läuss stecken Sebiz feldbau (1579) 96; in
diesem wammes stecken so viel lause und flöhe, das
zehn bauern ein jähr davon zu fressen betten Schau-
spiele engl, comödianten 77, 19 {tugend- und liebesstreit
1, 2) Creizenach;
sacht, tas jrs recht eräckt,
tan noch ein schlang ta hinten stäkt
GargarUua 46 neudr. ;
weil schlang ond natter auch in paradiesen steckt
Neukirch gedichte (1744) 40;
o weh ! statt des glühenden fünkleins steckt
im kelche der rose ein kaltes insekt Heinb 2, 66;
(die kurzen ohren) stäcken im haar als ob sie ab-
geschnitten seyen Stumpf Schicytzerchronik (16O6) 609»»;
auf dem bücherbrette an der thüre meines Wohnzimmers
stecken noch von denen blättchen, die ich in erwiderung
meiner geburtstagsfeyer ausgehen liesz Gtöthb IV SS, 271
Weim. ;
wie eine rose blüht, die noch in knospen stecket
König gedichte 50;
das alte haupt der felsen, das, tief mit eis bedeckt,
sich für den donner sichert, und in den wölken steckt
Dusch 69;
allein lass sehn, was unten steckt.
er räumt die hülse (der mandel) weg und kömmt nun
auf die schaale
Pfeffel poet. versuche 4, 97 ;
item, die frommen blicken schnell
in die Schatzkammer gottes hell
vnd schauen alles unvordeckt,
was hoch vnd tieffes darinn steckt!
Ringwaldt christliche icamung D7'';
es stecket 'ia' im lincken, im rechten backen 'nein';
'ja— nein', das wil bey hofe vermischet immer seyn
LoGAU 277 (nr. 1340).
a) darunter stecken sich befinden, anzutreffen sein u. tt. w.:
sollte nicht unter den tellern etwas von majolika stecken?
Göthe IV 28, 149 Weim.; vgl.: seine bibel, die unter
anderen büchern im bücherschrank steckte Kerner bilder-
buch 17;
pronomen est vox, qua ntimur
in demonstranda aut repetenda re:
drunder stecken zu hülff vnd rathn
neuntzehen wol versucht soldatn
GiLHUsius grammatica (.1597) 4(4), 112;
(wo) bücherhaufen in den ecken
unter bücherhaufen stecken
Kästner verm. Schriften (1756) 1, 171.
in der sprichwörtlichen redetcendung unter derbank
stecken (entsprechend oben ^stecken verb. 8c) an einem
unwürdigen orte »ich befinden, keine rechte werthschätzung
erfahren, nicht rechte Wirkung thun können, denn beim ofen
unter der bank wird nur für werthlos gehaltenes und über-
flüssiges geräth aufbewahrt, vgl. : unter der banck stak ein
grosses pack schlechter tücher und zeuge für gelehrte,
kaufleute, künstler und andere niedere geschöpfe Raben er
4, 60; die liebe bibha, die etwan vnter der bank stacke,
vnd gar steubicht, tunckel vnd angeloffen war Mathesius
iSare^to (1571) 199''; die Ursachen, welcher wegen sie {die
deutsche spräche) viel jähre unter der bancke gestecket,
und mit dem liecht dess evangelii wieder hervorgezogen
worden, könten viel angeführet werden Harsdörffer
teutscher secretarius (1656) 1 , Hb 7>' ; es stecken offt die
herrlichsten ingenia under der bank saepe summa ingenia
in occulto latent Dentzler 1, 356».
b) im bette stecken u. ä: so hat er kein ritterspyl
gelernet, dan huren, iagen, vnd stecken in pflaum-
fedem Eberlin von Günzburg 3, 154 neudr.; der stack
aber noch in den federn bisz über die obren Simpl. 544
Keller: (zu einer stunde), wo jeder ehrliche diener in
den federn steckt Gaudy 13, 126;
er fand jn nit, dess er erschrack,
dann Tyll sehr tieff in feilen stack
Fischart Eulenspiegel 254 i-. 6968 Hauffen;
des nachtes, da schlemmt er, so viel er vermag,
des tages, da steckt er im bette verkrochen
LoGAU 150 (nr. 656).
&4 Cr.
1331
STECKEN
STECKEN
1332
e) in der frage wo steckst du? u.a.w., u» hältst du
dich auf: TheseusI wo steckst du? hedal komm, ich bin
erwacht Kotzebue dramat. werke (1827) 8, 292; wo steckst
du denn? (Bettine br^fe 2, 218); gewöhnlich an die sich
schon wiedereinstellende person gerichtet gleichsam aus
controllierender neugier:
der vater frajt ihn, wo er stickt —
ich war im stern, der dorten blickt
GöTHE 38, 68 Weim.;
wo stecken sie denn, Adrast? man hat schon zwanzig-
mal nach ihnen gefragt Lessing* 2, 90 {freigeist 3, 8);
wo stickst du? hast du geschlafen? Göthe 8, 9 Weim.
{Oötz); nun hauptmann, wo stickst du? Schiller 2, 147
{räuber 4, 3); mensch, wo steckst du, begann sogleich
Dankmar Gutzkow ritter vom geiste l, 55;
he ! Friz ! wo steckst du denn ? komm doch her I
was machst du dort?
Miller gedickte (1783) 427;
wo um des himmels willen stecken sie denn, sie lassen
sich ja garnicht sehen E. Tu. A. Hofkmann l, 230; mit
adverb. bestimmung: wo steckt ihr so lang? Kramer dict. 2
(1702), 924»; wu steckst alle wil? und darauf die sclierz-
jiafle antxcort: in der hut bitz üwer d ehren! Martin-Lien-
hart 2, 580». — deutlicher: 'wo hast du gesteckt?' fragte
Wilhelm freundlich Göthe 21, 166 Weim.; 'nun Meta',
sagte er, 'wo hast du denn gesteckt?' Storm l, 218;
wo stackst du? rief ein groszsultan
einst seinem hofnarrn zu
Pfeffel poet. versuche 5, 134;
wo habt ihr denn
die ganze zeit gesteckt?
Lessing 1, 6, 723;
wo bist du gesteckt? wo seyd ihr so lang gesteckt,
dasz . . . Kramer dict. 2 (i702), 924«.
als ausdruck des noch erfolglosen suchens dienen aber
nicht wissen, wo einer steckt und ähnliche Wen-
dungen: wo musz denn der vogel stecken, dass er sich
nicht einmal blicken lässt Reuter Schlamp, krankheit
und tod 133 (3, 15); hätte ich gewusst, wo er anzu-
treffen wäre, 80 würde ich ihn um erlaubnis hierzu ge-
beten haben, aber der himmel mag wissen, unter
welchem dache er steckt Raben er 5, 4€; ich weisz auch
nicht, wo der major immer steckt Lenz l, 30 {hofmeister
2, 6); wo teufel kann der Romeo stecken? kam er heute
nacht nicht zu hause? Shakespeare l, 66 (Romeo 2, 4); was
weiss ich, wo sie steckt! Iffland 8, 6 (aussteuer 1, 6);
seyn diss all Juden auff dieser rhey,
wo stecken dann jetzund die pfafTen?
Mangold marekschiff (.1696) A2;
wer kan nur forschen die galee? . . .
ob sie mag umb Egyptens ecken,
omb Cypem oder sonst wo stecken?
Dach 916;
sagt mir doch, wo steckt mein kind?
Günther gedickte (1735) 282.
d) dahinter stecken, »ich wohinter verbergen, so
dasz man es nicht erkennen kann: ja auch ein einfältiger
Schuster unterstünde sich dem bilde bald hier, bald da
einen tadel zu geben, welches aber den Apellem, der
hinter dem bilde stack, verdrosz, und daher voll eiffers
herfür sprang und sagte: ne sutor ultra crepidam! Sper-
ling Nicodemus quaerens (1718) 1, 1387; auch: das mädchen
hat mit ihm hinter dem laternenpfahl gesteckt Kotzebue
dramat. werke (1828) 18, 103 {kieinstädter 4, 12) ; dann aber
hint^ einer wand, einem Vorhang u. dergl. sich verstecken,
90 dasz man nicht dahinter kommen (vgl. kommen verb. II
Kd th. 5 «p. 1675) oder ihm nicht beikommen kann (vgl.
auch beikommen verb. i th. 1 sp. 1875); in reicher bildlicher
Verwendung.
a) tunäehät von peraonen, welche im hintergrunde heim-
lieh ihre Wirkung thun: zuletst fahet er an jm sclbs
nimmer zu trawon, vnd glaubt nit das er glaubt, ob er
gleich glaubt, alzcit besorgend, es steck ein heimlicher
•bgot darhinder Franck »prüehwörter (1641) S, 186^; es
Mi dann, das ein schalk darhinter stecke Hbnisch 65S;
0 wenn sich doch jemand einmal in meinem namen
mit dem teufel zanken wollte: denn dem gebe ich schuld,
da<z er hinter dem ganzen Icriege stecke Rabenbr 6, 186;
diaM t«olmil(, Toraasgesetzt, dass ein proportionirter
Cr.
künstler dahinter steckt, ist Rlhig alles zu leisten Göthe
rv 21, 53 Weim. ; Lord Spieker wird wohl dahinter stecken
POcKLER briefwechsel und tageb. 6, 40; was man in Deutsch-
land teufelsmauer nennt, soll immer vom bösen feind,
hinter dem ein alter gott steckt, über nacht aufgeworfen
sein Jak. Grimm kleine Schriften 2, 54; dass hinter allen
diesen masken (Prometheus, ödipus u. s. w.) eine gottheit
steckt, das ist der eine wesentliche grund für die so oft
angestaunte typische 'idealität' jener berühmten figuren
Nietzsche i, 73;
doch steckt hinter diesem schOnbart
ein gesiebt von ganz andrer art
Göthe 13, 1, 304 Weim.
ß) dementsprechend auxh von dem mittel, welcltes solchem
zwecke dient, liäufig in einem geicissen grade von personi-
ßcation: es stäcket ein beschisz oder trug darhinter
aliquid moTistri alunt Maaler 383'» (vgl. dahinter stekt
irgend ein verderbenschwangeres ungeheuer Schiller
2, 133 [räuber 4, 2]); ob ein kranckheit . . . darhinder
stecke SsBizfeldbau (1579) 39; (der glaube,) es stecke ein
arglistiger aufTsatz darhinder Stumpf Schwytzerchronik
(1606) 161 •>; aber es stack ein ander que (ein etwas)
darhinter Simplic. 535 neudr.; wofern ein Unglück dar-
hinter steckt Weise kluge leute 286; es stackte eine
Ursache dahinter latebat causa quaedam Steinbach
(1734) 2, 714; es steckt was böses dahinter tatet unguis
in herba ebenda; ich sage dir, dass gewisz etwas gefähr-
liches dahinter steckt Cronegk Schriften (l77l) l, 36;
mag aber hinter seinen (Harduina) gelehrten narrheiten
auch so viel jesuiterei stecken, als da will Herder 3, 321;
ich vermuthe , es stickt eine schelmerey darhinter
Göthe IV 36, 89 Weim. (vgl. schausp. engl, comödianten
95, 28 Creizenach und Schiller l, 202); es steckt ein
verrath dahinter! ja wohl! ein verräther ist im spiele
24, 167 Weim.; ich fürchte, es steckt Zauberei dahinter
17, 52 Weim.; hinter allem diesen steckt doch eigentlich
nur die falsche sucht, original seyn zu wollen IV 24, 31
Weim.; dahinter steckt auch die eitelkeit Brentanos
frühlingskranz (1844) 254; Jakob, sag' mir, was es gegeben
hat; da steckt sicher mehr trotz und misz Verständnis
als böser streit dahinter W. Sommer geschichten atts dem
kleinleben (1894) 144;
es steckt ein böses gifft darhinder
Spreng Aenei» 23»;
ich weisz schon, was dahinter steckt —
und was denn weiter? — ein project
Göthe 15, 14 Weim. (Faust 2, 1);
ich sehe weiter als ihr alle,
dahinter steckt eine böse falle
Schiller 12, 44 (Wallensteiru lager 11);
hinter solchem blanken glänz
steckt der ganze katzenschwanz
Arndt werke 6, 343;
so entkommst du nicht,
dahinter steckt mir von verkappung was,
und meuterei, was weisz ich?
H. V. Kleist 1, 411 (terb. krug 11);
dahinter, fQrcht' ich sehr, steckt eine meutere!,
die ich sogleich ans tageslicht will ziehn !
ebd. 2, 424 {HermanntsckladU 6, 8);
gar oft sich solche männer stellen
ala einfältige schöps' und rindor,
steckt aber dann ein pflfT dahinter,
verborgne Weisheit
Tieck 1, 840 (Odavian 8, 4).
y) der verborgene begriff bleibt in seiner völligen un-
bestimmümt: der edelmann . . . gedacht: es wird etwas
darhinder stecken Schumann nachtbilchlein 29S; da
steckt etwas darhinter Petrasch luatapid» (1766) l, iil,
d. h. ein geheimnisz, wie im folgenden: dahinter steckt
ganz gewisz etwas; ganz gewisz steckt etwas dahinter!
Lbssino 8, 168 (aehati 8); (der hertog atutsig:) Glnttcn-
bach? wie kommen sie mir denn vor? sie sprechen so
umwunden, dahinter steckt etwas Kretschmann 3, loo;
dicRZ betragen ist nicht natürlich, was auch dahinter
stecke, wir müssen es . . . erfahren Göthe 24. lOJ Weim.;
dahinter steckt was, das ich nicht begreife Pfepprl
pros. verauch« 7, 18; da steckt etwas dahinter; doch man
musz discret sein Baubrnpeld 8, 800;
«• steckt traun dahinter etwas
HoLLomue somnium vita« humanae 96 ntudr.;
Cr.
1333
STECKEN
STECKEN
13a4
»
dahinter steckt was anders, die wahre ursacfie ver-
birgt sich: dasz einer nicht argwohnen soll, dahinter
müsse was anders stecken, wenn eins mit sieben gülden
hinreicht, wo man den aufwand von zweymal soviel
sieht GÖTHE 16, 53; hinter seinem anpreisen der aus-
gelassenen stellen des Cellini, furcht ich, steckt was
anders IV ll, 237 Weim.
&) in besonderer Sphäre bewegt sich dahinter steckt eine
geschichte u. s. ic.: 'doctor', rief die jugendliche haus-
frau, 'ich merke schon, dahinter steckt wieder eine ge-
schichte' Storm 2, 51; mutmaszungen darüber, welche
bewandtnis es mit dieser etwas sonderbaren und über-
raschenden ehe haben möge : 'dahinter steckt ein roman'
Fontane l4,. 2i3. auch: empflndsame Schnörkel, bey
denen es wenig darauf ankömmt, ob ein gedanke da-
hinter steckt oder nicht Gerstenberg recensionen 327;
wie mögen sich die leser {des Wilhelm Meister) beym
schlusz . . . getäuscht fühlen, da hinter allen diesen
zufallen . . . nichts steckt als die erhabenste poesie Friedr.
Schlegel im Athenäum. 1, 12, 175.
f) der begriff 'im hintergrunde' wird deutlicher heraus-
gearbeitet von Wendungen tcie: es steckt ein schalck da-
hinten Kramer dict. 2 (1702), 924*;
vnd noch eins das misz ich verjähen:
das aller böst stäckt noch dahinden
Manuel weinspiel 2788 neudr.;
es ist hierin verlohren wercfc,
kein artzney hülfft auss apoteckn,
ein anders thut dahinden steckn
GiLHUSius grammatica (1597) 2 (3), 54.
Ü) darunter stecken, in solchem sinne seltener ge-
braucht als das vorige:
dieweil unter schönem klarem schein
offt stecket gifft vnd schwere pein
SEBizfeldbau (1579) 19;
es steckt eine andere absieht unter meinem verfahren
Kant 8, 55 Hartenstein; hirunter stickt etwas anders
verborgen Göthe 38, 202 Weim.; für die erklärung des
ausdrucks vgl. eine maske, was steckt darunter? 17, 52
Weim. {triumph der empßndsamkeit) ; er steckt unter
einer larve Bauernfeld 2, 97.
e) in dem gleichen sinne tcie unter d, doch nur all-
gemeiner beicegt sich der aiisdruck in den folgenden Wen-
dungen: sage ihm, dass ich den hauptpunckt, wo der
keim stickt, ganz klar . . . habe Göthe IV 8, 232 Weim.;
wo steckt . . . die Unmöglichkeit? H. L. Wagner theater-
stücke (1779) 60; hier steckt der knoten Gerstenberg
recensionen 398; wo stickt dann nun das heilige Schiller
2, 27 {raubet 1, l); sie glauben, dasz in der 'deutschen
öffentlichen meinung' . . . etwas steckt, was uns helfen
könnte Bismarck gedanken und erinnerungen 2, 20;
irgendwo musz die schuld stecken Hauptmann ein-
same menschen 118 (4), vgl. Fontane 6, 244;
die glut, so hier verborgen stecket,
scheint von den thränen matt zu seyn
Gottsched gedickte (1751) 123;
wenn eine spur mich leitet, will ich finden,
wo Wahrheit steckt, und steckte sie auch recht
im mittelpunkt Shakespeare 3, 202 (Hamlet 2, 2) ;
o büberey! — ha! lasst die thüren schliessen.
verrath! sucht, wo er steckt!
3, 353 (Hamlet 5, 2).
f) zum beschlusz der ausruf da steckt esl darum
handelt es sich, das ist der springende punkt u. s. w. : nun
murreten sie ja nicht widder des geists verstand, son-
dern wieder das leiblich essen, da steckts Luther 26,
367 Weim., vgl. auch Zach. Werner M. Luther (i807)
101 ; {Werner) : o über den alten narren I {der wirth) .- da
steckts eben! wenn wir alt werden, ist es mit unserer
geföiirlichkeit aus Lessing l. 549 {Minna v. Barnhelm
8, 4); das, herr gevatter, macht aufsehen; da, da steckt's I
MALER Müller i, 256;
und nämlich im text (2 Thesg. 3) Etat es also dahar:
etlich under Uch nun wonend,
die ir selber mit werken schonend;
den selben bietend wir durch gott,
dass sie arbeitind umb täglicha brot.
da steckt's, da blibt's ewig bi
Manuel 158, 674 BäcMoUL (Barbali);
Cr.
eigentlich ein ausruf des armbrtistschiitzen, wenn er den
ztceckschtisz {vgl. unten zweck) auf die Scheibe gefhan hat.
dieser Zusammenhang ist noch deutlich im folgenden: und
wenn er die sehnen klappen höret, das armbrust her-
umb würffe und spreche: da steckts, der nagel ist ent-
zwey Luther 26, 304 Weim.
10) bei einem stecken, dauernd mit ihm zusammen
sein, steten umgang mit ihm pflegen: er steckt stets bey
seinem bruder semper cum fratre est Steinbach (1734)
2, 714; mein nachbar Jäckel stack immer bey sie (fiel
dem mädchen, icelches der Sprecher nachher selber heirathete)
Stranitzky oUapatrida 181 Wien, neudr.; ihr stacket den-
noch beständig bey ihnen Petrasch lustspiele (1765) l,
800; in begrifflicher kreuzung mit dem gebrauch unter 9:
er vermuthet immer noch, der hofmeister habe drinn
gesteckt, vielleicht deine tochter bei ihm Lenz i, 48 {hof-
meister 4, l) ;
also wolt jhr bei weibem stecken
in beltzen, hembden vnd in rocken
Fischart flöhhaz 29 neudr. ;
ja der fantastisch grosz poet
hat sich gewünschet all zfi schnöd
zft einem floh, das er mit ffig
bey seinem bulen steck gen&g 65;
mit hinüberführung in den gebrauch unter "Jf?]:
die gelerten wendt nit narren syn,
vnd steckent doch by andern thoren,
by geschwomem eidt, biss über die oren!
Murner narrenbeschtcörung 119 neudr.
a) nur selten nicht in beziehung auf personen geraucht:
der siebent spricht: mein mensch der wil
tag und nacht stecken bey dem spiel
H. Sachs 9, 362, 20 Keller-Götze.
b) zusammen stecken u. ä.: obschon er praeceptor
geurlaubet ward, so stacken wir jedoch ein als den an-
dern weg tag und nacht beyeinander Simpl. 349 (4, 19)
neudr.; sie stecken immerdar beysammen Kramer dict. 2
(1702), 924»; Wieland ist gar lieb, wir stecken immer zu-
sammen Göthe IV 3, i, 17 Weim.; zu dem folgenden
{unter ll) leitet schon hinüber: {Daniel) der graf hat mir
nichts gegeben. {Franz) nichts? und was staket ihr
denn so beysammen? er und du und Amalia? Schiller
2, 135 {räuber 4, 2).
c) scherzhaft erscheint: wirdt dannoch schon ein ehe
seyn, ob du schon nicht stets deinem weih an der selten
steckest Guarinonius grewel der Verwüstung {l6iO) 1137;
etwa wie ein dolch, der einem an der seite steckt, den man
immer mit »ich herumträgt.
ll) mit einem unter einer decke stecken, mit
ihm insgeheim gemeinschaftliche sache machen, gemeint ist
eigentlich die decke des bettes tcie im. folgenden :
morgen war's und lieblich zu seh'n,
doch ich Stack noch unter den decken
Stelzhambr 3, 362.
und schon bildhaft in dem sinne unserer tcendung: erst
wuszte er . . . nicht, aus wessen bänden er {der liebes-
brief) käme — er zweifelte keineswegs, dasz irgend eine
mitleidige seele in seiner gemeine unter der decke stecke,
die von ihrem {der damen) elend gerührt, sich würde
erboten haben, ihnen beistand zu leisten Schiller 3, 562.
insbesondere die decke des ehebettes, tcelche nach dem rechts-
sprichtcort (SiMROCK 1516) mann und frau gleich reich
macht und des einen sache auch die des andern sein läszt
{vgl. auch Jacob Grimm rechtsalterthümer 840 soxcie die ent-
sprechende icendung mit einem unter einer decke liegen
unter decke 6 th. 2 sp. 885) : aber sie musz mit dem lumpen-
zeug nicht unter einer decke stecken Lichtenberg briefe
2, 4; das Volk will doch nur spioniren und steckt mit
allen Juden unter einer decke Arnim 16, 16; mit der
frau wirthschaftsräthin, herr, können sie doch nicht unter
einer decke stecken Gutzkow ritter vom geiste 2, 291;
gegen diese art von raub werden keine gesetze geschrieben,
weil die räuber mit den gesetzgebern unter einer decke
stecken Polenz OrabenJuiger 2, 311;
da und die saubre Jungfer Eve dort,
wie ihr auch vor geriebt euch stellt, ihr steckt
doch unter einer decke noch
Kleist 1, 394 (zerbr. krug 9).
wenn er nicht gar selber im complotte steckt und sich
zu guter zeit auf und davon gemacht hat Stifter l, 77.
84» Cr.
1335
STECKEN
STECKEN
1336
18) stecken, enthalten sein, als eigenthünUicJikeit ihm
angehören, innetcohnen, eignen, eigentlich icie geld in einem
beutel steckt, nun aber in mannigfacher Übertragung und
verbildlichung ; zunächst in mehr kaufmännischer spräche:
kommen und prangen daher mit vielen kleinen plätlin
von muckenliidlin, inn deren keim vber ein pfund steckt
Oargantua 58; kapital, . . . welches in der buchhandlung
steckte Göckingk im leben Nicolais 22; das holz, worin
mein ganzer reichtbum steckt Arnim 3, 286; es sind so
alte Schriften; werth steckt nicht darin Storm 3, 211.
heute im reinen händlerjargon auch einfach: es steckt
nichts drin! von waren, die nur geringen einkaufsicerth
haben.
a) in einem buche steckt viel arbeit m. *. w.:
feststellen, wieviel von vorarbeiten des barons selbst . . .
darin steckt JuSTi Winckelmann (1866) 2, l, 253; den-
noch kann in der aus dem ärmel geschüttelten skizze
zehnmal mehr fleisz stecken W. H. Riehl deutsche arbeit
(1861) 204; auch: sie glauben wohl nicht, dass in diesem
buche viel gutes stecken könnte Abbt 6, 3, 57; wenig-
stens ist es ein buch, worin etwas steckt Chamisso
5, 134. von dem musenalmanach auf das kommende jähr:
ob ich das jähr durchleben werde, das noch in diesem
büchlein steckt? Göckingk 4, 38.
in dieser begriffssphäre liegen auch die folgenden Wen-
dungen: o welch eine tiefTe theologische weiszheit steckt
in diesen wenigen werten Schupp 207; er würde mit
Verwunderung sehen, . . . wie viel Stammwörter in dem
alten sächsischen stecken Morhof Unterricht von der
deutschen spräche (1682) 50; wie es bei solchem werck
hergegangen, das sticket alles in diesem einigen hebrä-
ischen Worte, welches sich im lateinischen und teutschen
so kurtz nicht aussprechen lasset, sondern umschrieben
werden musz Carpzov ^■cA2>redt^ten (1698) 1.58; die Philo-
sophie steckt nicht in dem compendio, sondern in der
Untersuchungsbegierde eines freyen und beobachtenden
geistes Gerstenberg recensionen 172, 29; es steckt in
der spräche ein naturprincip, dem das gesetz geistiger
fortbildung entgegenwirkt Jak. Grimm kleine Schriften
4, 195; dann der zweite teil meiner grammatik, der wie
der dick genug wird und sich also nicht alles gute,
was in dem stoff steckt, entschlüpfen läszt Görres
briefe 3, 191; {das eingeständnisz) dass in diesen epen
ein gut teil volkspoesie steckt Brunn 2, 123;
der reden zier vnd (Geschicklichkeit
in verbis stecket jederzeit
GiLHUSius grammatica (1597) 4 (3), 104.
b) auch sonst von kräften und eigenschaften der dinge :
dieser wundcrbarlichen kräfften halben, so in den me-
tallen, die mit der band vorbereit seind, stecken Para-
CELSUS (1616) 2, 544; die wundersame Zusammenneigung
zweyer an sich selbst unterschiedener dinge stecket nicht
allein in steinen, sondern auch in den seelen der men-
schen Lohenstein Arminius (1689) i, 505»; nach der New-
tonischen lehre sollen ja die färben im lichte stecken
GöTHE II 2, 48 Weim. (vgl. auch 153); dasz im licht
verschieden gefärbte . . . lichtstrahlen gesteckt haben
Schopenhauer i, 127; auch in der materiellen arbeit
steckt nämlich ein gutes bruchtheil geistiger cultur
W. H. Riehl deutsche arbeit 73; in solchen päckchen
steckte ein stück leibhaftigen Weihnachtens Storm
1, 178; auch:
Wahrheit steckt in dir, o wein!
wie wil der denn scheltbar seyn,
der die warheit zn er^nden
sich beim Bacchus viel l&st finden?
Looau Hnngedichte 83 (101) ;
vgl. :
in weinAssem vnd ganckelsäcken
sollen groRze freuden stecken
Fisch ART aller prakUk gro$»mutter 21 neudr.;
weltliche frewd, allerley spiel,
stecken darinnen (in dem tack), kurtzweil viel
Giuiusius grammatica (1697) 13 prd.
e) mü besug auf eharakteräuaterung und vnllena-
thäiUffkeit de» menschen: wu darinn für schände steckt,
dMZ eiii dichter ein lied vorlicset? Dusch »thriflen
(17S0) 40; es steckt viel vermessenheit in den werten
Kant S, BO HartenHrin; die kUhnbeit, die in der forde-
Cr.
rung stecket 82; darin steckt eben die stärkste beleidigung,
seinen leiblichen vater als einen dummkopf zu behandeln
Klinger werke (1809) l, 154 (falsche spieler i, 2); hierin
Stack eine doppelte Ungerechtigkeit beitrage zur Statistik
von Oöttingen (1785) 91;
in der ruh vergnügter sinnen
steckt das höchste guth der weit
Günther gedickte (1735) 212;
du, Sigmar, bist es nur, der so genau entdeckt,
was hassenswUrdiges in Varus taaten steckt
Gottsched devUche Schaubühne 4, 22;
nein, ich begreif es nicht,
worinn mein hochmuth steckt
4, 246;
(der Unverstand:) in der gesch windigkeit steckt meine gröszte
stärke
Croneok 1, 10 (verfolgte comödie 3).
rf) unter stärkerem einflusz des gebrauchs von * stecken
verb.9: diss sind schedliche aberglauben, in welchen alle-
zeit steckt die abwendung von gott Nigrinus von
Zauberern (1592) 98; in welchem letztern doch der kern
der vernunfft steckte Lohenstein Arminius (1689) i, 609'';
und nun sagen sie mir, wo der trost und die beruhigung
stecken sol, welchen sie in der Versöhnungslehre zu
flnden wähnen? Bahrdt geschieht« seines lebens (1790)
2, 215; der materialismus steckt jedoch darin, dasz nicht
nur die lebenskraft als lebensstoff gefaszt wird Lange
geschickte des materialism.us (1866) 11;
sonderlich im reichthumb und gut
steckt oft die höchste armut
H. Sachs 7, 384, 32 Keller-Götze;
des geistes wuchersucht steckt nicht in kramerh&nden,
und rabulisten nur: sie herrscht in allen ständen
Neukirch gedickte (1744) 123.
durch die getcählten begriffe wird diese Verknüpfung mit
dem, gebrauche unter 9 deutlicher gemacht: derohalben
stecken andeutungen oder Vorzeichen in den Sachen insunt
omina rebus Comenius janua aurea (1644) 314; es erzehlen
die Juden, dasz in den schamhamphoras grosse und
wundersthätige geheimnisse stecken mediz. maulaffe
(1719) 299; schon in sollicitus könnte gelinde anspielung
auf das dem pabst widerfahrne leid stecken Jak. Grimm
kleine Schriften 3, 183;
aus der red' erhellt, was im gemtlhte steket
Grob dichter, versuchgabe (1678) 56.
so wenig eine Wahrheit, die im mark
des stot^, von kurzsichtigen
lang unbemerket steckt
Mastalier gedickte (1774) 91.
vgl. auch: alles irdische gehet wie ein gewitter dahin . . .
aber in den sprachen stekket ein weit anders, und ein
gantz überirdisches verborgen Schottel teutsehe haupt-
spracJie 74.
13) anlagen, talente, triebkräfte u.s.w. stecken im menschen
und suclien sich zu entfalten und wirksam zu sein: in
allem und jedem stecket alles Leibniz deutsche schrißen
1, 412; du kommst und sagst, es stecke alles in mir,
und ich könne wunder verrichten Brentanos frilhlings-
kranz (1844) 140.
a) und solchs gewissen stickt leyder ynn aller wellt
im gemeynen mann Luther lo, i, 727 Weim.; summa,
der cnthusiasmus sticket in Adam vnd seinen kindcrn.
von anfang bis zu endo der weit, von dem alten trachcn
in sie gestifftet, vnd gegifftet 6, 520'' ; dass allerley leycht-
fertigkeit ... in jm stäcket Stumpf Schwgtserchron.
(1606) 626''; ein solch falsch gemUth steckt in keinem
rechtschaffenen Christen Schupp 890; so ist es ganz
allein das talent, das in mir steckt, was mir durch
alle die zustände durchhilft Göthe IV 26, 818 Weim.;
du hast durch die that bewiesen, dasz noch einige
Jugend in dir stickt IV 88, 238 Weim.; ich habe ja immer
gesagt: 'in dem jungen steckt was groszes' Tieck 6, 679
(Phantaatut); dass in keinem seiner kindcr ein aasser-
ordentliohes unternehmen stecke Arnim 8, 176; der
trieb stak in mir Bettin b die» buch gekört dem kOni^
(1848) 1, 60; in ihm (dem geisüichen) steckt die silnde
wider den heiligen geist Bismarck gedanken und erinne-
rungen S, 168: der Schönheitssinn steckt in unserer familie
Baubrnpbld 1, 71 (Uicht»inn ati» liebe 4, S);
Cr.
1337
STECKEN
STECKEN
1338
1
zA d«i zHen kemer ladit,
M waren afl «sduodcm ser,
im in ntwlil kein recbts wer
Uta mtf dem Winbmrger ttädtdtrieg 1397—1400
hei LnjncBOK kUtar. veOd. 1. 170, 4S8,
d. h. aie Jutben keinen «mcA (mdb nt «(dfcren)> efciuo «■»
filgemden:
anch die find, die Tor ms alaa
gegentreitig uf dem plan,
der dmfen wir nicht fwAtea aer,
in in steckt kein rechte wct 1, 183. 1376;
ffawar kon witz nit in dir ateckt
Fischabt StOemipiegcl SSU Hamge»;
ist das nit docb «n doDer schfitz,
in dem steckt weder ehr noch wötx
1, U Kurz (ßaet^nb S98);
o wee, aDererst idi Tenrrm
den mSitlichen grossen Ust,
der in den pf aner steckra ist
Pfarrer ton Kaienberg 33 nemdr.f
als Tiel tngent in dreyen stickt,
das ist nit auamsprschen.
der wer gelert and wol geschi^t,
dets all wist ausaiuedien
ZccKGSBF amaeria. gedtdde 48 neudr.;
die seitai sind Torber, die vtoA die £cfater ehrten,
itzt steckt die ganze kraft nur in den sdiriftgdehrten
Nkckirch gedtate (1744) 120.
h) in etnoK menat^en steckt eine peraSnUdiikeit, womit
dkmrakter, anläge, talente u^.vr. adtnuSUr tmd um^&ng-
Udter feaduldert werden, den Übergang von dem porigen
mmdten Wendungen deuäitk wie:
«in derris hat mir das in Bagdad eiast eBAdedcet.
in dem Abdallahs geist and kraft za wand«rn stecket
Hagedobx 2, SS.
a) der ganze Carlos steckt darin (in Friedrieü dem
grauen), es fehlt nor das motiT der Verliebtheit in die
motter Ludwig 5, 339; an diesen {begegnungen) nahm
graf Harry Arnim ... in der roüe theil, dasz er aof die
anwesenden den eindrack machte, den mir Roon seihst
mit den worten wiedergab: in dem steckt doch ein
tüchtiger Junker:' Bismarck gedanien und erinnerungen
3, 179. — hierher gthört atieh die redewendung ein keri steckt
in dem andern, ux> kerl gans der muikige wuatn, der hdd
ist (vgl. kerl U 3, a tk.ä sp. 373); in der anrede an geld-
protzen. die andere für nicht» achten: (die ihr) nit Raubet
dasz ein kerlesz im andern steck Oargantua I9i^; der
sinn wird deutlieh durch: im unsterblichen menschen
steckt ein unsterblicher mensch, es steckt noch ein kerl
in dem kerl Lehm.\nx florileg. l, 770 und bleibt e». trotz
Dedekinds sdtsamer skepaia:
and wil mir nicht in meinen sin,
das ein keil in dem andern sbeck
ckrUa. ritter (1590) 84> (5. 4).
auch zteei perstmen lmnr\en ao in einem menschen stecken:
es stecken . . . zwei ganz verschiedene personen in diesem
Franz {Moor in Schillers räubern) Ludwig 5, 96; meine
herren, es stecken zwei menschen in mir, ein bettler
und ein könig Gutzkow ritter rom geiste 4, 217.
/?) als ein enticickdbares dtarakieriaiert:
ein kteig von Mansto' (d.h. ein wtederiämfer) stedl in dir
enriderwmg amf ein gedieM wider herzog Hemridi
vonBramnadneeigt&U. hei Lnjcrcuoif 4, 181. 159;
ein höchst geniales, liebenswürdiges mädchen von zwan-
zig Jahren, in der eine tüchtige malerin und gesangs-
componistin steckt Drostk - Hülshofp briefe an L.
Sehücking 288; in jedem tüchtigen menschen steckt ein
poet Ebxer-Eschenb.kch l, 15; ahnt denn irgend einer,
was für ein künstler in mir steckt? Schnitzlkr der
grüne kakadu (iaS9) 127;
ey sdiweigt! ihr tagjt mir alle noA za wenig:
in diesem hirtwnkina steckt sdioB ein grosser kSnig
KOino gedSekte (1746) 73;
ähnlieh von der entteieklung einer feinen »anften Jung-
frau tur keifenden ehefrau: wer hitt' wissen und ahnen
können, dasz in dem hübschen feinen bild solch ein
draeh', solch' eine giftige katze stecke? W. Raabs
unoere» herrgotts candei 1, l».
y) das abtragen und messen verschiedener wtensthen-
gräoze tcird herauogtotdU : in Shakespear steckt aach
Sophokles, aber in Sophokles nicht Shakespear J. Paul
15—18, 485 (Titan 4).
Cr.
c) in einem steckt etwas, d.\. an entwidämmgo-
fähiges im guten »inne. ein iüMiger gdtaUuaw.: in dem
steckt doch noch etwas Arkim 9^ 155; vgL: nmi wird der
d«itsche gelehrte hitzig, and er will zdeen, dasz etwas
in ihm ste^t Börne 3, s. entofreAend: wo's nich
dtin steckt, da kommt es aodi nich ((Ke büdwng ist
gemeüU) Foxtamr I 5, 136.
d) einem steckt etwas im blute u.a., er kmmn
dmvon aU von den varfakren ererbtem löM, loMoen, e» attuz
in ikm wirksam sein: weil da von ansprächen ^ridut, die
mir im blute stecken sollen Fontane I 5, 97; ihr steckt
noch so was polnisches im blut I 6, 33. die wendung.
onem geht etwas in fleisch und blut über, er btkerraeht
es toUig. in äner Verstärkung: alls tiff aÜs di schrifft
im fleysch und blut stickt, alls tiff ist sie in gast g^
zogen Luther 9, 544 Weräk
a) in Verbindung mit anderen begriffen de» k9rper»:
non ist noch der andre fall za betrachten übrig, dass
do' ^aobe an gott dem menschen . . . nicht in seinem
maike stecke Abbt 6, i, 90;
and in meinen innem Imodmi
stidA das mark von earen ahnherra
GÖTHB 4. 321 Weim.:
ieh kenne euch and weisz, dass euch allen d^ paseher
and Wilddieb von kindheit an im leibe steckt Foktahe
I<k to;
man sieht wohl
dasz mi das hirtenhlat noth in den adem stei^
Keokirch gedtdtte (17M) 117.
ß) die mensMi^e natar ob xu»ammenfa»»ender begriff:
es stecket in der menschen natur ein fnrwitz Xtlander
TfAt^niu» (1574) vorrede •"•; was einmal in der natar
stickt, zwingt den menschen zu handeln (xöthb IV 4, 218
Wtim.; mein gott, das steckt so in der menschennatar!
StELZHAMER 4, 339.
14) hinter einem steckt etwas, es iat ein memoek
von bedeuiung, al» eine ttnter dem einfluat von 13 atdtemde
weiterentwiddung de» gebrmuA» unter 9d:
a) den Übergang madten notk einige ältere bdege dtmt-
UA: unnd man kann nit wissen, was hynder yhm stickt,
dieweyl seyn meyster ubir yhm hellt Luther lo, i, i, 450
Weim.; den herm war sölchs aach nütze, das sie er-
föroi, was hynder dem poffel steckte und wie yhm zu
Totnwen were 18, 394 Weim..- doch wolte sie hören,
was hinda dem ritter stawke and sprach: wie darffsta
so köhn seyn, ein solchen starcken vnnd mächtigen
könig anzop«ffen budi der Uebe (1587) a*, dbm die
menaMiAe tOehtigkeit liegt oft verbmgen im hinter gründe
und aeigt »ich nidkt auf den ersten lüde
V) ich will öjk wenig forschen, was hinter ihm steckt
vo^io ineeatigare, »piare un poeo ü di lui talento eaaere,
genio Kramer dicL 2 (iTOeX 984^; dann hierinn man eine
gewisse prob hat. was hinder einem obersten steckt
X-njUfDBR Pdybiua (1574) 426; ich bette recht, und da-
mit an tag gelegt, dass noch mehr als nur dises hinder
mir stedce Smpl. S, 19 Keller; du seyest ein ungebildeter
anfgeblasoier janger mensch, hinter dem nichts stecke
Miller 6ri^/weeJkseI dreier akad.frewnde (1778) 1. 81; son-
dern man muss die menschen . . . selbst Hityynf kommen
lassen, dass doch wohl etwas mehr hinter uns stecke,
als bey dem ersten anblicke berrorschinunert Kniggb
uM^on^ mit menadten (1796) l. 40; sie mag es wohl fühlen,
dass hinter dem pedantischen krame, wie sie ihn nennt,
wohl mehr stecke, als sie ahnte Stifter l. 106; schon
war er (Brundeadti) auf dem spränge wieder nach Rom . . .,
als den leaten das verst&ndnis kam. es kitame doch etwas
hinter dem manne stecken GROnf Wdtdangdo (1880) i. s».
c) adten mit einer genaueren angäbe: farwar, iitto', es
stecket mehr mannheit hinter euch Amadia 908 Keller;
nun sähe er auch wohl, dass . . . was grosses hinter mir
stecken musste Reuter Sdteltnuffakjf 38.
15) einem steckt etwas im köpfe, aitxt feat urtd
wiU nicht aua »einem gedädUmat: aber da ist der feil, das
ein jglicher wil wehnen. es sticke das natürliche recht
in seinem köpfe Luther 6, 141*; da gab der schmid
Ulenspiegeln etwas zä essen, wann er het den tag ge-
fastet, vnd im steckt das im köpf, das er in het zflm
prophei gewissen Etdenapiegd C5 neudr. ,- man sollte es
Cr.
1339
STECKEN
STECKEN
1340
kanm denken, was in dem grauen köpfchen für schel-
mereyen stecken müssen! Lessing ^ 2, S2, 28 {misogyn 2, 6);
gelt da stecken dir wieder deine neuen lauslieder im
köpf HALER MÜLLER 1, 229;
weil jm im kopfT die gdancken stecken,
dieweil bo geht er auss seim flecken
Fischart Eulenspiegel 559 JJaufftn;
was hilft es, das in meinem hirn
der Zenon und Piaton selbs stecket
Weckerlin gedickte 1, 183, 32.
es ist gegenständ seiner absichten, ja seines Wunsches : weil
aber allbereit in meinem haupte das hofwesen . . . steckte,
hatte ich nur mehr lust zur reiterei Schwein ichen
denkwürdigkeiten 21; dabey hatten sie {die Griechen) eine
ungemeine liebe zu ihrem vaterlande, sonderlich stack
ihnen die freyheit in den köpften Fleming teutscher
Soldat (1726) 86; steckt dir noch das mädchen im köpfe
Ayrenhofp 3. 59, 17; dem guten weibe stak auch wohl
der adel noch im köpfe — der fürst versprach ein dip-
lom für sie Kotzebue 6, lOO (yerläumder i, 7).
o) entsprechend auch im hertzen stecken als dem sitze
des gefühls und der empfindungen. nach älterer auffassung
auch der gedanken: also wirt . . . geoffenbart verkerter
menschen neyd vnd haimliche poszhait, die lang ver-
porgen in jren hertzen ist gesteckht Berthold von
Chiemsee texctsche iheologey *; ich thar auch wol darauff
schweren, das dieser spruch Christi . . . ynn yhrem hertzen
stickt, wie ein ewiger stefft, des sie nirgend mugen los
werden Luther 23, 88, 8 Weim.: sie etiam christiani facti,
tamen vix kunnens fassen prae ratione, quia semper
stickt im grund cordis : man mus doch etwas guts thun
84, 2, 28 Weim. ; allda erhub sich die abgötterey, so durch
eigne lieb im hertzen stack Nas warnungsengel 51 ; es
möchte hervorkommen, was ihm schon lange im herzen
stecke: eine allgemeine meuterei zu besorgen Ranke
\, 144 {reformation);
und nicht ein tag vergeht, so ist gewisz entdecket,
ob meyneid oder treu in seinem herzen stecket
J. E. Schlegel l, 85 {Dido 1, 4);
vielleicht vertreibt die see, die neuen länder,
sammt wandelbaren gegenständen ihm
diess etwas, das in seinem herzen steckt,
worauf sein köpf beständig hinarbeitend,
ihn so sich selbst entzieht
Shakespeare 3, 238 {Hamlet 3, 1).
6) seltener: das stickt yn unser Vernunft, quae clamat
Luther 34, 2, 38 Weim.; die comödie, das gepriesene Cha-
rakterstück 'der geselligkeit' . . ., welches dem kunstrichter
im äuge steckt, ist . . . nicht die hohe und edle comödie,
wie er sie nennet Herder 2, 222.
den Troianem fürbass,
steckt jetzt im busen auch der hass
Spreng Riae (1610) 30".
c) mit adverbieller bestimmung des grades: hie zeigt er
an, wie tieff solche verstockung ynn yhren hertzen stickt
und wie fest sie sitzt, das sie schlechts nicht sind zu
bekeren Luther 19, 606 Weim.; dennoch ist dieser bäb-
stische wohn disem mann unnd seinen nachbarn sehr
tieff im hertzen gesteckt Sandrub hist. -poetische kurz-
weil 10 neudr.; eine solche Wahrheit ... ist stärker und
siegreicher als vorurtheile, wenn diese auch noch so tief
in den gemüthern stecken Gutzkow werke (1872) 8, 214.
16) eine krankheit steckt in einem, hindert das
wohtb^nden, ohne doch im augenblick »ich sonst stärker zu
äunern: ich habe mit dem schlaf curirt und hoffe durch
den lauf noch mehr, es stickt aber wieder etwas irgendwo,
das ich nicht kenne Göthe an frau von Stein i, 298;
es steckt mir in allen gliedern, wie zerschlagen bin ich
Hauptmann einsame menschen (I89l) 87(3);
es sind des franzthums seuchen,
die noch im blat euch stecken
RCCKBRT 1, 108.
auch wm aedisehen leiden, von Verstimmung u. s. w. : so
scheint ihm noch der gram zu stekken in der stirnc
LOHKNSTBIN Arminias (1689) 1, 86* ; sintemal . . . alle ge-
m&cbt« &oserlich entweder dieselbe anmuth oder ver-
drÜBxlichkcit zeugen, die dem künsUer in seinem gehirne
gesteckt ebenda; was die anmhe ist, die in mir stickt,
mag ich nicht untersuchen, auch nicht untersucht haben
G6THB an frau von Steint, 186; auch:
Cr.
ein schCner süsser Zeitvertreib!
dir steckt der doctor noch im leib
14, 165 Weim. {Faust 1),
ganz spöttisch gemeint, une sonst die nachwehen einer krank-
heit noch in den gliedern stecken.
17) als ausdruck der längeren datier des zustandes dient
stecken bleiben, häufig aber mit inchoativem beisinn
{vgl. bleiben 2 th. 2 sp. 9l).
a) im eigentlichen sinne {entsprechend oben l) : und wolt
das ross über ein zäun springen, zohe den jungen herren
so streng und starck vber den zäun, welcher blieb an
einem eychen pfal stecken, auch hangen Schumann
nachtbilchlein 350; das einhorn aber . . . mit dem hörn
in bäum lieff und also darinn unverwendt stecken blyb
Montanus schwankhücher 22; ein Stachelschwein, das
sich unter bäumen herumgewälzt hat, damit fruchte an
den stacheln stecken bleiben Kästner 8, 149;
sm dorn und busch bleibt hut und ärmel stecken,
sie fliehn hindurch, berupft an allen ecken
Shakespeare 1, 230 {eommernachtstraum 3, 2);
{entsprechend oben 2) ; vnd sprang ein spelter von der
lantzen, so in seinem schilt stecken blieben Amadis 203
Keller; die kugeln fuhren dann in die pfeiler der halle,
wo sie stecken blieben Moltke Schriften und denk-
würdigkeiten (1892) 1, 61;
dann so gehts gwiszlich alle denen,
die sich wölln wider gott auflenen
und widern scharpffen stachel lecken:
den bleibt er in der fersen stecken
B. Waldis streitged. 38 neudr. (der wilde mann
von Wolffenbüttel 419);
derselb (spiesz) in Pyro stecken blib,
vnd hafftet an der langen sein
Spreng Hiat (I610) SO";
dieses bildnis selber trafen
die geschosse der Indianer ;
sechs geschosse blieben stecken
just im herzen
Heine l, 379;
{entsprechend oben s) : des andern tages blieb die weisse
fahne . . . noch auf des fürsten zeit stecken Buchholtz
Hereuliscus (1665) 26; der Schlüssel bleibt an der thür
stecken u. s. w. ; {entsprechend 5) : das schwert bleibt in der
scheide stecken »*. s. w. — besonders beliebt in der Sphäre
von 7 : er bleibet stecken in luto Jiaeret. haesitat. expedire
se non potest Stieler 2158; als er nun bey Medenblick
über das gefrorne wasser setzen wollte, brach das eis
unter ihm, so dasz er im morast stecken blieb Schmidt
geschickte der Deutschen (1778) 3, 71 ; so hätte ich . . . ge-
wünscht, dass sie bis an die achsen wären im kothe
stecken blieben Raben er 6, 110 ; wir fuhren mit acht
pferden, dennoch blieben wir auf der ersten post schon
im koth stecken Moltke Schriften und denkwürdigk.
(1892) 1, 131 ; ein stück geschütz hervorzuarbeiten, das im
schlämme stecken geblieben war Ranke 3, 82; die stelle,
an welcher während der ersten reise nach Grunzenow
der wagen im schlämm stecken blieb, und wo der er-
zürnte Vorspannbauer erst den Juden durchprügelte Raabs
hungerpastor 858. — einige male blieben wir fest im
sande stecken, die pferde waren zu schwach Holtei
erz. Schriften 18, 213; jetzt macht euch auf den heimweg,
die junge frau ängstigt sich sonst, ihr könntet im schnee
stecken geblieben sein 4, 98; wo haben sie denn den
postVerwalter, er ist wohl gar im schnee stecken ge-
blieben? Sohle musikantengeschichten 18; unbestimmter:
auf den schlimmsten wegen . . . waren mehrere {broty
wagen stecken geblieben Göthk 38, 98 Weim.; in einem
hohlen tief ausgefahrenen engen wege . . . blieben die
pferde wirklich stecken Caroline l, 154 Waitx; einem
bleibt der bissen im munde stecken u.a.w.: hat der ain
burger ein bain von dem han abnemen wollen, wölchs
er vnfUrsichtigklich bald verschlundcn hatte, vnd ist Im
hals stecken bliben Nas antipap. eins und hundert (1567)
1, 62*; wenn ich dir so gegenübersitze und habe dein
langes gesiebt vor mir, da bleibt mir der bissen im
munde stecken Holtei en. sehrißen 8, 88;
anch so dir «twH bliben iit
in t&nen stecken, wo du biit,
so nimb ein meuer, stich und nllbel
io slnea fort, das ataht nicht nbel
Seil an- OroMaiMM 858 neudr.
Cr.
1341
STECKEN
STECKEN
1342
es ist doch eine drollige idee, sich zu denken, dcisz es
eine zeit war, da man einem den Alexander (als embryo)
«uf einem butterbrod hätte können beybringen, ohne
dasz man es gemerkt hätte, wenn er einem nicht wie
ein kümmelkömchen zwischen den zahnen stecken ge-
blieben . . . wäre Lichtenberg briefe 3, 22. — selten:
ainem so schlechten dichter vil bass zu rathen, er bleib
hinder dem offen steckhen, dan er herfür krüech Mon-
tan us schicankbücher 474, 8.
sie bleibt im winkel stekken,
ist keiner frenden hold, sucht stetig einsamkeit
Rachel gedickte 16 jieudr.
b) im übertragenen gebrauch: ein wort bleibt zwischen
den Zähnen stecken, läs2± sich schicer aussprechen, ist
dem gedächtnisz entfallen, besonders infolge einer Über-
raschung, eines Schreckens u. s. ic: ey! warum bleibt er
{der name) auch einem zwischen den zahnen stecken
Lessing l, 497 (schätz ii); auch: des bawren son saget
wol. allein die stücke vom kalender seind mir im halse
stecken blieben Hertzog schiltwache H 4; dem alten ein-
armigen hochbootsmann Steffen Groote blieb das malai-
ische lied, das er eben einem kleineren zirkel von
kennem zum besten gab, zur hälfte in der kehle stecken
Baabe hungerpastor 383.
c) in reicher bildlicher Verwendung zur Charakterisierung
der erfolglosigkeit von bemühungen jeder art (zunächst
mit stärkerer beibehaltuTig des bildes): die verzagten und
feigen memmen bleiben in ihrem unflat stecken Prae-
TORius vom Katzenveite (1665) Xl*>; die arme Christen-
heit empfand die grimmigkeiten des Wüterichs so hart,
als nie vor diesen zelten, biss der Verfolger in dem
sumpffe stecken büeb Treuer deutscher Dädalus (1675)
1, 372 ; wohin ich gehe ist der wie von einem landregen
aufgeweichte pfad der langeweile, in dem man leicht
mit dem schuh stecken bleibt Brentanos früMings-
kranz (1844) 318; da mag einer noch so ein weisser
Schimmel sein, er muss im morast stecken bleiben
Bettine die Günderode (1340) 1, 70; aber er bleibt auf
halbem wege stecken Straüss Mien Jesu (1877) 3, 179;
auch: wenn ich was mahlen will, so bleibt mir's im
halse stecken Göthe I\^ l, 213 Weim.
a) ist dir grosslich zu besorgen, got werde dich mit
yhnen straffen vnd werdest dich eyn mal vertieffen so
vast, das du müssest bleyben stecken Eberlin von
GCnzburg 3, 133 neudr.; dern music zwar lustig, aber
neben der künstlichen nicht fort kan, sondern stecken
bleibt GuARiNONius greicei der vencüstung (1610) 189;
wer sie (die quellen) nur aus Übersetzungen kennt, findet
alles fremde miszfällig, beschwerlich; jeden augenblick
bleibt er stecken Gerstenberg or. über merkicürdigk. d.
lit. 96, 28; ich habe etwas geschrieben, um nicht stecken
zu bleiben Göthe IV 5, 9 Weim. ; indessen will ich die
Sache schon so führen und verwirren, dasz der domher
allein stecken bleibt 17, 147 Weim. (groszcophta 2, 2); es
ist ihm immer so gegangen; wo es darauf ankam, hat
er gezaudert und ist stecken gebüeben Freytag 4, 258.
ß) in einer schwierigen läge steckeji bleiben:
Christiani semper manent sticken in ferlichkeit Luther
27, 507, 6 Weim.; in jeder gefahr, aus der der fuchs ent-
rinnt, bleibt er (der tcolf) stecken Jak. Grimm Eeinhart
Fuchs (1834) xxxviii; auch: hier blieb er in der angst
stecken Miller briefwechsel dreier akad. freunde (1778) 1, 22;
für mich, für einen menschen, der in persönlicher eigen-
thümlichkeit stecken blieb und es nimmer bis zur vollen
gegenständlichkeit brachte, d. h. zu dem ruhigen, sichern
bewuszten stände den Sachen gegenüber Arndt leben 327;
«eit er im jüngUng stecken geblieben und geschlecht
am geschlecht an ihm vorüber in die reihen der männer
geräckt war Ludwig 2, iiO; gar mancher bleibt lebens-
lang im dramatischen handwerk stecken ö, 35.
y) im Vortrag einer rede stecken bleiben, den faden
verlieren, nicht weiter können: Demosthenes apud Phi-
üppum regem orans excidit sibi , es entpfiel ihm , er
bleyb stecken Alberus novum dictionarii genus (1540) 29»;
ja es fehlt manchmahl wol dem gelehrsten, dasz er mitten
in der rede stecken bleibt Beuter der frau Schlampampe
krankheit und tod 141 (3, 21) neudr.; so bleibt er stecken,
und kann nicht worte finden, seine gedanken auszudrücken
Cr.
WOLFF vernünftige gedanken 2, 162; die schmach, in
meiner ersten predigt stekken geblieben zu seyn Bahrdt
gesch. seines lebens (l790) 1, 141; der bekannte special
Zilling . . . wollte da den herzog mit einer langen rede
empfangen, blieb aber schon am eingange stecken
Kerner bilderbuch (1849) 25; sie hatte ihn einmal, als
er in der probe stecken büeb, so boshaft ausgelacht
Storm 7, 71 ; ich wollte etwas sagen, büeb aber in dem
ersten worte stecken, aus ver%vunderung über die Ver-
wandlung des gesichtchens der cousine Baabe kinder
von Finkenrode 49;
und blieb, weil er den sprach verlohr,
in seiner leichenrede stecken
LiCHTWER fabeln (1748) 45 ;
ihr anblick so den Franz betäubt,
dass er im ave stecken bleibt
Pfeffel poet. versuche (1812) 1, 146.
d) in einer sache stecken bleiben, in ihr beharren,
nicht davon lassen (entsprechend oben 8):
wie er dann vor oft viel und mehr
gelogen hat on alle bschwer
und noch in lügen stecken bleibt
enriderung auf ein tchandgedicM wider
herzog Heinrich von Braumchu-eig im Jahre 1541 bei
LiLiEXCEON hist. volksl. 4, 182, 211.
e) von einer pflanze, welche nicht ^ceiter wächst tmd
zuletzt verdorrt, doch bleibt zweifelhaft, ob sich wirklich
ein ausdruck der wirthschaftssprache hinter den folgenden
bildem verbirgt:
vnd als auff^ing das edle kom,
da must es bleiben stecken
RiNGWALDT evangelia Kö*;
nun hat der liebe mann nicht würklich können schmekken
die fruchte seiner müh', es bleibet oflflmahls stekken
die hoffnung unsers thuns Rist Pamasz 499.
doch die Bedeutung geht hier wohl ganz allgemein auf den
begriff 'aufhören atts, wie im, folgenden:
es prasselt stets an diesem ohrt (der hoUe),
die winde brausen fohrt und fohrt,
der hagel bleibt nicht stekken
Rist hind. lied. 5, 273.
18) stecken lassen, eines von seinem ort nicht ent-
fernen.
a) in eigentlicher bedeutiing den pfeil in der wunde
stecken lassen u. s. %c. : warf der ander dem ktinig synen
byhel in das houpt und Hess den in im stecken Stain-
höwel de claris mulieribus 164; lasset die nadel also
darin stecken mit dem umbgewunden faden Braun-
schweig chirurgia (1539) 14»;
vnd lass in mir dein grimmig pfeil
biss in den tod nicht stecken
Ringwaldt handbüchlein A 9 *> ;
so sticht ein bienchen uns, und lässt den stachel stecken
und martert sich, und stirbt Lessing 1, 4, 5
den degen in der scheide stecken lassen : lassen sie ihn
(den degen) stecken, es friert ihn ohnehin an ihrer seite
Bäuerle 1, 27. vgl. nicht doch, guter herr pfarrer, laszt
die klinge stecken Gerstenberg br. über merkw.d. lit. löi.
den Schlüssel in der thür stecken lassen, entsprechend
oben ^stecken verb. 3 c: hat sie mir doch einen brief
geschrieben, den ich nicht hinter den spiegel stecken
lasse W. Sommer aus dem kleitüeben (1894) 106. oben
'stecken verb. 6» entspricht die redetcendung lasz dein geld
stecken I nämlich in der vencahrenden tasche, brauchst
es nidit auszugeben, wenn man ettca selbst dafür bezahlen
unll; im umgangsjargon : (Martin) lasz einmal sehen,
wer die vergangene woche das meiste trinkgeld gekriegt
hat (er greift in die tasche) du bist ein lüderlicher teufel,
du versäufst alles — (Johann) lasz stecken! Lessing
1, 412 (freigeist 2, 5). in sprichwörtlicher redensart 'sich
nicht so breit macJien, sich nicht aufspielen können' : wäre
aber das pulver noch nicht erfunden gewesen, so hätte
ich die pfeiffe wol im sack müssen stecken lassen Sim-
plicissimus 1, 3 (12), 294.
a) einen im morast stecken lassen: also den arczte
mit dem haubt in den unflat stecken Hesse Arigo
530, 86 Keller; doch hat sich der reichthum dieses aus-
drucks auf den bildlichen gebrauch durchaus zurück-
gezogen (vgl. unter e). auch in der erweiterung: da das
seine diener sahen, wichen sie vonn jhm, vnnd Hessen
Cr.
1343
STECKEN
STECKEN
1344
jhn vnter den meusen stecken Heyden Plinius (1565) 289.
sprichwörtlich entsprechend -stecken verb. 9 o: das ich
meine reisebeschreibung ... so lange unter der banck
stecken lassen Reuter Schelmuffaky 5, d. h. sie nicht
an das licht gebracht.
b) übertragen seine äugen worin stecken lassen,
von dem anblick nicht uneder loakönnhi: er und andere
sollen dafür auch nicht murren, wenn ich . . . gern die
äugen in lieben, feinen, jungen weiblichen gesichtchen
stecken lasse Stifter i, 4S.
c) bildlich einen in der not stecken lassen, ihm
nicht zur hülfe kommen, ihm nicht forthelfen, zunächst
noch in starker bUdlichkeit: deine tröster haben dich
uberredt und verfürt, und in schlam gefurt, und lassen
dich nu stecken Jerem. 38, 28;
du läszt mich nicht im Echlamm der bleichen sorgen stecken
HoFFMANNSWALDAU gcd. (1697) 1,5;
aber wie dan, wann die verscherzte gesundhait nicht
wider zupringen, . . . soll man jne {den kranken) darumb
hilflos im kat der maulhengkolie verzweifelter gestalt
da stecken lasen? nain warlich, das wer vnmenschlich
Fisch ART podagr. trostbüchlein 15, 2 Hauffen. in der
patsche {eigentlich im morast, vgl. oben patsche i th. 7
sp. 1507) stecken lassen: dasz man ihn in der patschke
stecken lasse Weise erzTiarren 98. als Sprichwort: der
teufel kehrt oft seinen freunden den rücken zu und läszt
sie in der patsche stecken Booe Thomas Jones 6, 334.
a) solten sie nit eh da gepliben sein auf! dem wasen,
als jren könig in nöten stecken lassen, vnnd an jhm
zu Judas werden Oargantua 385 neudr. ; als seit ihr hier-
durch dessen desto mehr von mir versichert, dasz ich
von euch nicht absetzen, noch in der noth . . . euch
stecken lassen werde Chemnitz schwedischer krieg (1648)
226; lasset uns nicht in der gefar stecken Heilmann
geschichte des pelopon. krieges (1760) 826;
der landesvater lässt ihn nicht in mangel stecken
Drollinger gedickte 87;
sed suum officium lest er ynn der schand nicht stecken
Luther 34, 2, 332 Weim.; dei verbum soll ich ynn der
Schmach und schand nicht sticken lassen ebenda; soll
ich euch in diesen dingen {d. h. lästern) stecken lassen?
Ambach vom zusauffen D 3»; dieweyl die keyser von
Constantinopel Rom in sollicher zwitracht stecken lieszen
Franck chronic. (1538) 74»; lass die angefochtenen nicht
in der Versuchung stecken Schmolcke trost- und geist-
reiche Schriften (1740) l, 16;
gott lest mich fast untersinken,
und im ungifickssee ertrinken,
lest mich stekken in der pein,
und wil nicht genädig sein
Neumark mutik.-poet.lustwäldchen (1652) 18;
der zustand, worinnen sich die schöne Leonore befindet,
ist zu gefährlich, man musz sie nicht darinnen stecken
lassen Petrasch i, 51.
ß) in einer falschen meinung stecken lassen,
sie nicht berichtigen, keine aufklärung geben wollen: ee
weiten sie vnss für vnd für jm irrsal lassen stecken
Eberlin von Günzburg l, lO neudr.; ich kann dich
aber bey dem allen unmöglich in dergleichen aber-
glauben stecken lassen Lessino l, 414 {freigeist 2, 5);
ich komme nur zurück, sie keinen augenblick länger in
einem irrthume von mir stecken zu lassen, der mich,
selbst in ihren äugen verächtlich machen musz 2, 28
(Sara Sampaon t, 6); {die frage,) ob er uns in der empi-
rischen Verwirrung einer nicht genug durchdachten er-
fahrang stecken läszt Göthe 47, 24 Weim.;
thn mich i^ewehren meiner bitt,
Um mich im sweyfel Btecken nit
Spreng lUa* (1610) 11*.
}0 einen im Vortrag stecken lassen, ihm durch
zv^üsttm nicht uneder auf die Sprünge helfen: so wie
er (der Souffleur) mich ... an einer sehr gefährlichen
stelle stecken liesz Qöthb tt, 170 Weim.
S) oknciceUen besHmmung nähert »ich einen stecken
lassen der wendung einen im stich lassen (s. unten unter
stich): so wil ich die Obligation unterschreiben, allein
ihr mfisset credit halten und mich nicht stecken lassen
ScHOPPlus 6ai; wo dir etwas von itzt an bist zu morgen
Cr.
begegnen solte, versichere ich dich, dasz ich dich nicht
stecken lassen will A. Gryphius (1698) 1, 917; da Otto
inzwischen auch mit den herzogen von Pommern in
einen krieg verwickelt ward, liess ihn Karl ebenfalls
stecken Schmidt geschichte der Deutschen (1778) 3, 6ii;
er {Christus) wird euch auch jetzt nicht stecken lassen,
sondern euch retten; denn er hat bisher überwunden,
und wird auch ferner überwinden Jung-Stilling 3, 117;
führt ihr mich an, so lass ich euch künftig stecken
Göthe 20,23 Weim.; {ich) bin gleichsam für deine redlich-
keit bürge geworden, antworte bald! willst du mich
stecken lassen: so suche dir sodann einen andern, der
sich deiner annimmt Petrasch l, 537; {uns aushelfen,)
wenn der verstand uns stecken lassen will Klingbr
werke i, 356;
kompstu darüber in ein schrecken,
80 wirdt dich gott nicht lassen stecken
Alberus /afcein 90, 17ü neudr.;
weil wir dan dich verlassen han,
so haist du vns auch stecken lan
BiTNER Jephthes (1569) 0 7»;
wen hat gott jemal lassen stecken
Grob versuchgabe (1678) 110;
was lässt er denn so tief in noth mich drin?
er lässt mich steck'n und mag mich wohl nicht leiden
TiECK 2, 217 (Oenoveva).
zappeln und stecken lassen bei Luther und werde dich
auch lassen zappeln und stecken 28, 645, 15 Weim.
d) sprichwörtlich einen gedanken in der feder
stecken lassen, ihn nicht durch niederschreiben von
sich geben: wil ich das vbrig so ich noch wjter dir
geschriben haben wolt, in der fädern stecken lassen
NiCLAS VON Wyle translationen 12 Keller; die vrsach
lassen die möncb in den faderen stäcken Stumpi*
Schwytzerchron. (1606) 357*;
die warheit schwygen, deller schlecken,
vil lassen in der feder stecken :
wann die der todt wUrt strecken bass,
vor gott müst alles sagen das
Murner narrenbetchw. 119 neudr.
e) verblMszt ist schon die Wendung &\n& sache stecken
lassen sie unterlassen, von Virer weiteren behandlung
absehen u. s. w. : kan man es nicht nach wünsche aus-
führen, sondern musz es stecken lassen, so erwächst
nebenst dem schaden der spott um so vil mehr Butschky
Pathmos 622;
als die mordt wurden offenbar
nachvolgent bey der bürger schar,
da kam in sie ein solcher schrecken,
lissen ohn räch die sach gar stecken
H. Sachs 15, 238 KtUer-QöUe.
19) als eine art von sprachlicher Versteinerung {ent-
sprechend oben ^stecken verb. 19 sp. 1319) ohne eine
weitere bestimmung 'in hemtnung geratften, nicht von der
stelle köntien'. die herleitung aus dem gebrauche unter 7
zeigt noch deutlich: Augustinus non kan antworten,
sed steckt ynn der antwort Luther 84, i, 415 Weim.;
auch {das schiff) hart in den sant stecket Arigo 107, la
Keller; ward ein gross gedreng darauss, also dass das
volck für grossem gedreng in einander stecket Nas anti-
pap. eins und hundert (l.^G7) 171»; inwieweit für unsere
bildung ein nicht ableugbarer einflusz von stocken verb.
in frage kommt, mag dabei unentschieden bleiben, in der
Sphäre des handeis- und wirthschaftsjargons scheint dies*
syntaktische 'kurzform' besonders beliebt gewesen tu sein:
alssdann wirdts inen zwyfeltig eingcdrenckt, so der
handel steckt H. Sachs «2, 66, 84 KelUr-Oötze ; wenn die
arbeit klein ist und die bergwerck stecken Mathesius
Sarepta 144^; es müssen alle geschäfte stocken Schupp io6;
die handlung steckt sehr, ist sehr ins stecken gerahten
Kramer dict. 2 (1701), 984^; sogar: der mann stecket ietso
gar sehr in angusHis versatur. inopia cogitur, rtrum indi-
gentia impeditur impraesefttiarum vir iste Stiklbr >168.
toie: steckende schulden debiti non pagoU, «forte da noi»
pagarsi mai Krameh dict. 9 (1709), 994« ist wohl aufm-
fassen: mit den städten . . . sol ein mitleiden vnd vei^
nehmen gehalten werden, wofern sie erweislich machen
werden, das dieselben stewerreste nicht boy den raht»
hensem, sondern solchen Privatpersonen stecken, welch*
1345
STECKEN
STECKEN
1346
erduldeten brand Schadens vnd vnvermögenheit halber
dieselben nicht wol zu erlegen haben acta publica l, 27
Palm, d. h. deren auszahlung in Stockung gerathen.
a) von einem mechanismus : wann nun die probirwag —
also zugerichtet, dass sie ihre Schnelligkeit recht hat,
vnd nicht steckt Ercker mineral. ertzt (1580) 38'";
ein uhrwerck das oft steckt, oft zu geschwinde geht
HoFFM ANNS WALD AU bcgräbnitgedicMe 52.
b) in einer tceiteren Bedeutung 'stocken, stutzen, nicht
iceiter kommen, aufhören', aber gexcisz unter dem einflusz
des vorigen zustandegekommen: welche . . . von wegen
der schwere der schiff, vnnd vnerfahrung der schiffleuth
steckten vnd in gefahr ständen Xylander Polybius
(1574) 41; vnd so baldt ein kleiner schweiss kompt, so
stecket jhr, vnd wisset nicht wo daran Paracelsüs
opera 1, 231 •>;
wer sich zu weyt darein (»» das tcharmützei) begeyt
dy har gewönlich niderleyt.
sie rennen für, und stägken helt,
des mancher solcher hat entgelt
SCHWARTZENBERG CUXrO 152<1,
wo an die icendung einen halt stecken (ein lager ab-
stecken s. halt i th. i, 2 sp. 271) zu denken, von dem »inn
der stelle verboten icird. hierher gehört tcohl auch : lachen
ist wohl an und für sich ein gar schönes ding, aber wo
höhnisches gelächter steckt, verliert die liebe weit nichts
FoüQUE altsäcJis. bildersaal 4, 138;
die weit ist nichts als träume, die uns triegen,
diss seh' ich nun, nachdem mich gott erweckt:
ihr gantzes thnn ist list, betrug und liegen,
das äuge schläfift, die arme seele steckt
Opitz ged. 1, 424;
20) mit begrifflichem vxchsel eines steckt eines
dinges voll u. s. %c.
d) im eigentlichen sinne 'ist damit angeJüUt, findet
sich in groszer m^nge u}id ausicahV : gleich als wenn
ein strosack vol stro stecket und oben und unden
dennoch ausraget Luther 26, 339 Weim.; wie dan auch
die gantz gegenheit do selbst herümb vol ertzt, und
besundervol eysen steckt MCn'STER cosmogr. 791; (boden,)
der . . . voll wurtzeln vnd grosser kräuter steckt Sebiz
feldbau (1579) 49; jre gebirg stäcken voll metall Stumpf
Schtcytzerchronik (1606) 290»; das ganze künstliche flecht-
werk des goldenen nestes hing und stak voll tausenderlei
geschmeide, ringen, ketten, spangen, agraffen, amuletten,
talismanen, perlen und bernsteinschnüren Brentano 5,
104; der ganze boden stecke voll von solchen Sachen
Keller 3, 113;
das har {der mägde) zerzöbelt und zerzauset,
als wärs in ein jar nicht gelausst,
o liebe mägd, es ist gewiss,
es steckt vol maden, leuss vnd niss
ScHErr Grobianut 80 neudr.;
steckt dann dein hauss der meuss so vol, so wollen
wir des eysens vergessen (das die mause gefressen haben
sollen) Schümann nachtbücfdein 38; die statt Venusia,
welche woll bemauret war, vnd voll allerley zeugs
stecket Xylander Polybius (1574) 175; in den bequemen
Postkutschen in England, die immer voll schöner,
wohlgekleideter frauenzimmer stecken Lichtenberg
verm. Schriften (i800) i, 87; das haus stak voll von ver-
schiedenen dingen unserer vorfahren Stifter 2, 129
b) übertragen, um ein charakteristisches und wesent-
liches hervorzuheben.
o) von menschen, welclie von einem inneren zustande,
einer anläge, einem, laster u. s. w. ganz beherrscht werden
(voll mit deutlichem genetiv verbunden): darumb sollen
wyr uns hutten vor ursach yhrer lesterung, der sye
voll, voll, voll stecken Luther 8, 682 Weim.; ob aber
yemand so vol argwons stickt und mich wolt verdencken,
dass ich d. Carlstad alzubald gleube 18, 437 Weim. ; (mein
Iterz). das gesteckt voll guter guter gedäncken vnd
freuntlicher gütwiUigkeit Hütten m9, 20 Böcking ; dan
do steckst aller weissheyt voll Frey gartengesellschaft
196 Bolte; was ist ein heylig gescheiden von mir oder
andern, als allein in dem, das er glorificiert ist? das
ist, er hat nichts natürlichs mehr an jhm, so ich der
natur aller voll steck Paracelsüs opera l, 106«; wie
ein han aller unkeaschheit vnnd hoffart voll steckt 2, 608;
sie haben sich um so mehr zu hüten, da leute wie der
fürst immer, von ihren günstlingen angetrieben, voll
fataler plane für diese stecken Droste-Hülshoff briefe 128 ;
ir (manche) steckend aller sünden voll
M.-VNUEL todteniam 26 Bäclttotd;
er steckt aller nntugent vol
H. Sachs 1, 58, 2 KeUer-Götze;
wie steck ich hertzenleids so vol! 9, 31, 1;
kein gfite ader in üch ist,
jr stecken vol der bösen list
tchueiz. Schauspiele des 16. jhs. 2, 30, 228 BäcMold;
der Schlosser aber wüst gar wol,
dass derselb mann steck geitzes voll
Sandrub hist. und polit. kuntceil 124, 10 neudr.
(voll mit von und dem dativ) : so voll von volksmeinun-
gen und aberglauben steckt Lenette Solger nacJigel.
Schriften (1826) l, 8; dieser Xabob . . . gehört unter die
menschen, die immer voll von planen stecken Stifter
1, 94;
Amor steckt von schalkheit voll,
macht die armen weiblein toll
Shakespeare 1, 251 (sommemachtstraum 3, 2).
(voll verbunden mit unbestimmt gelassenem casus): daranff
will ich hie mit geantwortet haben, das er myr un-
recht thut, und wie er sonst voll lügen sticket, hie
auch nicht war sagt Luther 18, 550 Weim.; der mensch
steckt voll eigensinn Bauernfeld l, 59;
wo ein mensch steckt vol neyd und hass
Hans Sachs 8, 105, 2 Keller-Götze;
weil all ir nachbaum in dem landt
bezwungen sindt unter dein handt
und noch all vol verlust und schrecken
und armut des kriegss halber stecken
13, 556, 35;
wann er stecket vol phantasey 21, 104, 20;
ich glaub, da meinst ich steck vol giSl
Scheit Grobianus 326 neudr.
ß) verbunden mit Sammelbegriffen: aber des künigs
räthe stupfften den schwäbischen bund, so vol krieg
steckt, zu dem krieg Franck chron. (1538) 217*'; wie er
vol lüg und trüg steckt, also verdenckt der böfel auch
ander also sprüchicörter (1545) 1, 35^; dasz concilium zu
Nicea steckt zweiffels on voll solcher hiezu füglicher
Schriften Fischart bienenkorb (1588) 152»; besonders:
die weit steckt voll beschysz vnd lyst
Brant narrengchiff'36 Zameke;
d'welt steckt vol üppigkeyt vnd list
Schweiz, tchau^p. des 16. jhs. 1, 75, 498 Bächteid.
y) das charakteristische eines buches u. ä. soll hervor-
gehoben werden : es heisst : hütt dich für des Luthers heim-
lichen brieffen, die sticken vol fuseissen und stricke
Luther 30, 2, 31 Weim.; dieses aber, weil es voll lächer-
licher possen und fantasien stekkt, muss bei manchem
. . . ein gut Carmen sein und heissen Neumark fortgepfl.
musik. poet. lustwäldchen (1657) 3 (zuschrifl).
d) von mehr abstracten begriffen:
nur spitzfündige menschenfflnd,
das als vol lü? und arglist steckt
Hans Sachs 18, 125, 15 Keller-Götze;
sie (die liebe) steckt vol yfer, forcht, angst und sorgen
2, 38, 26;
sogar:
der jüngst tag wirt stecken
vol trftbsal, angst, forcht, pein und schrecken
1, 303, 31,
tco freilich die mit dem leib nun tcieder verbundenen
Seelen der abgeschiedenen zuletzt gemeint sind.
c) besondere erwähnung verdient die Verbindung mit der
erstarrten form voller (eigentlich die flectierte form des
adjeetivs in prädicaÜver Stellung; vgl. dazu unten voll
adj.).
a) entsprechend oben a: die landtschafft der Eleer ist
treffenlich wolbewonet vnnd stecket mehr dann das
ander Peloponnesus voller menschen vnnd rüstung Xy-
lander Polybius (1547) 249; in Sicilia fiel ein tempel,
als die kirch voller leut stecket, von einem erdpidem
ein Franck chron. (1588) 132»; daher denn alle häuser
dieses bezirks voller menschen stecken Archenholz
England und Italien (1785) 1, 2, 354; wald, der voller
mörder . . . steckt Tieck l, 99;
X. 2.
Cr.
86
Cr.
1347
STECKEN
STECKENARTIG-STECKENBLEIBEN 1348
ein kauz . . .
ward in dem nest ertappt; das steckte voller mause
Hagedorn werke (1769) 2, 32i.
ß) entsprechend oben b: das ottern gezicht vril lieb,
friede und messickeit rhümen und stickt so voller gifft
wie ein bundter molch Luther 26, «2 Weim.; steckest
du so voller kunst, so gang ins bad vnd lass herausz
schwitzen Franck sprüchwörter (l54l) l, 114»; der äff
stecket voller schimpffs Gesner-Forer fAicriucA (1563) 3;
Homerus . . . steckt voller fabeln Xylander Polybius
(1574) 3a {vorrede); ein jämmerliches wehklagen der ster-
benden, und ein lustiges geschrey derjenigen, die noch
voller muth stacken Simpl. 177 netidr.; ich gestehe ein,
dasz ich voller vorurtheile stecke Bismarck reden l, 25;
den gwalt nit yeder haben soll,
er steck dann voller leckerei
Wickram 4, 39 ;
von fom sich mancher freundlich stellt, . . .
vnd doch hinder dem berge helt,
steckt voller hundesmUcken
RiNGWALDT handbüehlein B S* ;
du steckest voller b5sen list
Spreng llias (1610) 4»' (.vgl. 11*);
ein geist, der tugend liebt, der voller flamme steckt
Opitz teuttche poemata 234 neudr. ,•
ein gelehrter narr, der voller mängel steckt
Neukirch gedickte (1744) 116;
er ist ein taugenichts, der voller tborheit steckt
GÖTHK 9, 41, 9 Weim.;
weil meines herrn Schriften voller Sittenlehren stecken
Simplic. 2, 26, 9 Keller;
ja sein gedieht im gantzen laufT
steckt voller sünd von Jugend au£f
RiNGWALDT lauter warheit 8 ;
wenn die prahlende gemühter
stekken voller büberey
Nbumark fortgepfl. mtnik. poet. lustwäldchen (1657) 1, 399.
d) voll stecken, ohne weiteren zusatz 'angefüllt sein :
{der manch) stecket vol gleich wie ein zeck,
hat in seiner zelln ein gut geschleck
Hans Sachs 9, 18, 1 Keller-Oötze ;
der zu ergänzende begriff ist aus dem. vorhergehenden zu
entnehmen:
do sach man volckes ane zal
inn allen gassen uberal ;
auch stacken alle heuser vol 2, 389, 4;
Hans Worst must Ulrich singen
und lachen über den bart
vom speck, den er verschlungen
nach grober sechsischer art;
des kan er nicht genieszen,
sein roage steckt im zu voll
lied aus der Umgebung herzog» Heinriche
von Braunschweig wider die ewangelischen (nach 1642)
bei LiLiENCRON histor. volhl. 4, 267, 15.
21) der infinitiv stecken in Substantiv. Verwendung in
dem sinne von stecken bleiben, nicht mehr von der stelle
kommen, gebraucht, um den stillstand von allerlei mensch-
Hellen Unternehmungen zu bezeichnen {ilber eine fragliche
beziehung zu stocken *. dort).
a) in älterer spräche ein stecken bekommen: oder
wenn die bergwerck ein stecken oder fallen bekommen
Mathesius Sarepta 24»; gemeltes bergwerk hat ein stecken
bekommen durch der Tartaren einfall Henel Silesio-
graphia 1, 808; auch: vom Schneberg sind nachmals, da
es allda ein stecken gewan, etlich ander bergwerck vorm
walde auffkommen Mathesius Sarepta 17"; beides der
heutigen spräche fremd gewordene ausdrücke.
b) auch für das Jieute gewöhnliehe ins stocken bringen :
er berichtete darauf . . . wie des Drusus tod alle genom-
mene anschlage ins stecken gebracht Anton Ulrich
VON Braunschweio Octavia 4, 8, 46.
e) ins stecken kommen: die sache kommt ins stecken
haeret haee res Steinbach (1784) 2, 716; bey der äusersten
and grAsten {brücke) aber kam unser glück ins stecken
Lohenstein Arminius (i689) i, «n^.
d) heute gewöhnlieh ins stecken gerathen {neben ins
•locken gerathen a. u.) : {ea ist) bekannt, durch was revo-
lation . . . dasjenige gattliche mittel, welches man zu
abhelffang ... am zulänglichsten zu seyn erachtet, ins
«tecken gerathen HARSDÖRPrER teutaeher aeeretariua a, 190;
•Im gerathen bey dieser alten person die liebesgedancken
Cr.
trefflich ins stecken Weise liebesalliance 2; denn zu
einem zwecke, es sey worinne es sey, zu gelangen, werden
die mittel erfordert, ohne welche das vornehmen ent-
weder gar ins stecken geräth, oder doch nicht so wohl
fortgetrieben wird der wohlgeplagte priester (lG05) 39; dasz
heutzutage die nahrung allenthalben ins stecken gerathen,
darüber darff sich niemand wundem Sperling Nicodemus
2«aeren5 2 (1719), 223; denn es traget solches (athemholen)
sehr viel zum umlauf ins geblüte und auch zu dessen
abkühlung bey, damit es nicht verderben oder ins stecken
gerathen möge allgem. haushält, lexic. (1749) 1, 137»; die
ganze sache mochte ins stecken gerathen sein Moser
7, 2, 101 Abeken; eigentlich gerathen wir dadurch {durch
Netctons eaoperimentum crucis) ganz in's stecken und
werden um nichts weiter gebracht Göthe II 2, 113 Weim. ;
seit der Leipziger fatalität
wollt' es eben nirgends mehr flecken,
alles bey uns gerieth ins stecken
Schiller 12, 26 {Walletuteins lager 6);
von litterarischen Unternehmungen: man wird es hoffent-
lich nicht ohne vergnügen bemerken, dasz dieses Journal
nicht ins stecken gerathen ist, dasz es wirklich, obgleich
ein wenig langsam, auf eine art fortgesetzt wird, welche
die leser zufrieden stellen kann Lessino 4, 488; die weit
verliert nichts, dass ich, anstatt fünf und sechs bände
dramaturgie nur zwey an das licht bringen kann, aber
sie könnte verlieren, wenn einmal ein nützlicheres werk
eines besseren Schriftstellers eben so ins stecken geriethe
10, 218; meine Übersetzung des Shaftesbury ist seit einigen
Wochen ins stecken gerathen Abbt 6, 3, 51.
a) neben stocken: meine schönen . . . Vorsätze sind
freylich sehr ins stocken und stecken gerathen Göthe
IV 19, 92 Weim.
ß) vereinzelt ohne artikel: wenn die bearbeitung {einer
erkenntnis) in stecken geräth Kant 2, 12 Hartenstein;
(ich) erhielt aber so wenig theilnehmer, dass . . . das
ganze project ... in stecken gerieth Bahrdt leben 2, 52;
diese arbeit gerieth auch in stecken 2. 191, doch derselbe
hat daneben: da eben das gespräch auf einen augenblick
ins stecken gerathen war 2, 104.
STEGKENARTIG, adj.. von der art. nach art eines
Steckens: die steckenartigen glieder Fraüqois letzte Recken-
burgerin 2, 248, d. h. diinn wie ein stecken.
STEGKENBALGEN, n. {entsprecJiend balgen verb. th. i
ap. 1086 subst. inf), bei Kramer dict. 3 (1702), 923'» dasselbe
wie unten steckenkampf.
STECKENBAUM, m., bäum, von welchem stecken ge-
schlagen werden, insbesondere 'bäumclveti, aus dem man
tceingartsiecken kliebt' Unger-Khull 571»; vgl. unten
steckenklieber. um die gewinnung von zaunstecken handelt
es sich wohl: der arme man, der in der Wiedenmarck
sitzt undt eins steckenbaums vonnöthen hat, der soll
zum förster gehen undt ihme heissen, soll ihme der
förster auch geben Jak. Grimm weisth. 2, 174 {Menger-
schied 1539).
STECKENBEIL, n.. versuch, den symbolischen begriff
der römiscJien 'fasces' völlig zu übersetzen Posselt bei
Campe ; vgl. auch unteti steckenbund und steckengebund.
STEGKENBEIN, n., stockdürres, toadenlosea bein {dünn
wie ein stecken): die schöne Pariser mode, dasz die weiber
durch einen kleinen faltenwurf ihre waden vorzeigen —
welches sie in Paris thun, um sehen zu lassen, dasz
sie nicht unter die herren gehören, die bekanntlich auf
Steckenbeinen gehen J. Paul 15—18, 50 {Titan l).
STECKENBERG, m., benennung etica für einen irein-
berg, wo sich stecken neben stecken findet ; weniger ist an
einen berg zu denken, wo steckenbäume {a. oben) wachsen:
ein steckenberg Uteua conaitua virgia Cortinus fona
latinit. 786».
STECKENBEWAFFNET, adj.: ich sehe wenig von
diesen schönen eigcnschaften an einem steckenbewaff-
neten zornigen manne Immermann 5, 804.
STECKENBLEIBEN, n.. aiAat. tu «stecken verb. 17:
wo immer etwas grostartig beginnt und plötzlich in
kicinhcit verschwindet, wie alles stocken and stecken-
bleiben der rede Vischbr ästhetik (1846) l, 860; 'du muszt
beim essen die gesundheit des brautpaars ausbringen.'
der gatte brummte: 'jedoch ohne unnützes zeug, wie
Cr.
1349 STECKENBOHNE-STECKENGELD
STECKENGERAD-STECKENKNECHT 1350
i
redensarten und steckenbleiben' Frettag verlor, hand-
Schrift I, 294; nun aber machte ihn das jähe stecken-
bleiben bestürzt Is. Kurz lebensßuten 210.
STECKENBOHNE, /., in Süddetitschland eine Bezeich-
nung der gexcöhnlichen rankenbohne, ^reiche s^ich an stecken
emporwindet, phaseolus vulgaris L. Campe; die winden-
bohne oder gemeine steckenbohne quelle von 163" im
schweizer, idiot. i, 1314; Unger-Khull 571»; stecke°bo''n(e)
-Martin-Lienhart 2, 54»; sonst auch Stangenbohne {oben
.'■p. 811), seltener stängelbohne (sp. 809) oder stäbelbohne
genannt.
STECKENBRUDER, m., bei Luther als scherzhafte
lezeiehnung eines leichtfuszes, der nicht seszhaft sein xcill:
perfectissimi sunt die steckhenbruder, nehmen ein steckhen
in die hand et omnia relinquunt iischreden {nach Schlag-
inhaufen) 116, xco geradezu an den bankrottierer, Kelcher mit
dem {veiszen) stecken sein besitzthum verläszt, zu denken,
tcohl zu stark ist; vgl. oben stecken subst. 10 c {sp. 1295).
STECKENBÜNDEL, n., als Übersetzungsbegriff für die
römischen 'fasces', xcelche aus birken- oder «iwienstecken
{virgae) gebildet, von den lictoren den mit richterlicher ge-
waÜ ausgestatteten beamten vorangetragen unirden: stecken-
bündel Lessing ll, 366; dasz von der zeit {des Valerius
Publicola) an innerhalb der stadt die steckenbündel ohne
beile Toraufgetragen wurden Niebuhr römische geschichte
1, 555; deshalb icerden sie auch auf s. 589 die entwaffneten
steckenbündel genannt, vgl. auch unten steckengebund
und oben steckenbeil.
STECKENDEGEN, m., bei Kramer dict. 2 (1702), 923"
dasselbe tcie unten stockdegen.
STECKENDIENER, m., von Campe gebildet für das
gewöhnlichere steckenknecht {s. unten), zugleich als Über-
setzung des römischen lictor.
STECKENERBSE, /.. dasselbe xcie {oben sp. 812) stangen-
erbse {dafür auch stängelerbse sp. 809), weil sie wie oben
steckenbohne stark rankt und deshalb an stecken ge-
zogen wird Campe; KrOnitz 171, 125.
STECKENESEL, m., als gröblicher ersatz des Stecken-
pferdes (*. unten) mit starkem höhn verwendet: öffne die
thore weit, lasz die ehrenmänner einziehen auf ihren
steckeneseln! Kotzebue dr. Bahrdt mit der eisernen stirn
(1790) 18.
STECKENFAHREN, n.. fahrt auf einem stecken {durch
die luft): von der kunst steckenfahren, das ist, wie die
hexen auff gablen, auf rocken, oder auf ander dergleichen
dingen, zum rauchloch oder dergleichen ausfahren Para-
CELSUS opera 2, 259.
STECKENFÖRSTER, m., niederer forstbeamter. wald-
aufseher, welcher nur einen stecken trägt, nicht zugleich
Jäger ist. um mit der flinte in den wald gehen zu können
Schmeller* 2, 727; vgl. auch unten stockförster.
STECKENFRITZ, m. , in scherzhafter rede von einem
nienschen, der schlank und dünn ist tcie ein stecken
Martin-Lienhart 2, 938*>.
STECKENGAUL, m., tcie unten Steckenpferd, im über-
tragenen sinne, mit einem aus der tieferen Sphäre des
wertes gewonnenen stärkeren ztisatz von ironie: glücklich
mein fräulein, dass ihre pflegeältern auf einem gewal-
tigen steckengaul reiten, und dreymal glücklich, dass wir
den zäum zu dieser Rosinante gefunden haben Kotze-
bue 20, 189;
das pfeETert Eein geschwäze,
und würzet seine lehr,
und macht die derbe säze
anf kapp nnd steckengäulen her
Schiller 1, 552;
als trachter nnd als dichter
lasst uns den steckengaul
stets richten nach dem richter,
dem trefflichen Jean Paul
Schall reime und räihtel 74.
STECKENGEBUND, n., steckengebunde plur. trird von
Vosz in der erklärung von Vergils georg. 2, 495 als über-
setzttng von lat. fasces gegeben, vgl. dazu oben stecken-
bündel.
STECKENGELD, n. l) das jährliche geldgeschenk für
die hirten. steckhengelt ältere quelle bei Schmeller*
2, 727. 2) eine abgäbe für tceingartstecken bei Unger-
Khull 671». vgl. auch unten steckenpfennig.
Cr.
STECKENGERAD, STECKENGERADE, adj., gerade wie
ein stecken; substant. steckengrade ist am schönsten
GoTTHELF 9, 32, d.i. st cckengeradh cit, /.
STECKENHAüFEN , m., tceidenruthenbündel , pyrami-
denförmig auf dem felde {im tceidichf) zusammengesetzt
Unger-Khull 57i».
STECKENHOLZ, «.: umb das steckenholcz nach dem
masze zu steen, sollen rechenmeister tun bürgermeister-
buch (1428) 4"; vgl. unten steckholz.
STECKENJUNGE, m. 1) allgemein troszjunge, tcelcher
nur mit einem stecken bewaffnet ist: tross und mann
vom steckenjungen an bis zum triumphierenden Impe-
rator Gleim briefe 1, 262. 2) deutlich dasselbe tcie unten
steckenknecht: hingegen ein preussischer {profosz) ist
. . . ein alter invalide, der keinen steckenjungen hat
Laukhard leben 3, 115.
STECKENKALB, n.: ein Jüngling, der zum ersten
wandert, ist gleich einem jungen steckenkalb, das zum
ersten vom strick abgebunden Lehmann l, 447, d. h. das
bis dahin noch bei der mutter angebunden war.
STECKENKAMPF, m., kämpf mit stecken: dueüo, pugno
con bastoni Kramer dict. 2 (1702), 923''.
STECKENKLEPPER, m.. ähnlich tcie oben steckengaul
eine stärker wegwerfende bezeichnung als unten Stecken-
pferd im übertragenen sinne: nicht allein Steckenpferde,
sondern auch steckenklepper findet man allgemeine deutsche
bibliothek 39, 514.
STECKENKLIEBER, m., verfertiger von tcetn^orfstecken
quelle von 1577 bei Unger-Khull 571''. vgl. auch oben
steckenbaum.
STECKENKNECHT, m., ein untergebener des profossen,
der Züchtigungen mit ruthen (stecken) vorzunehmen hat:
steckenknecht lictoris in bello servus Frisch 2, 326»; in
underhaltung des profosen und steckenknechtes quelle
von 1542 bei Diefenbach-WClcker 863; profosen, feld-
weibel, fürer, rottmeister, hurnweibel, steckenknecht,
brandmeister Gargantua 316 neudr.; als untergebene des
profossen: fustuarii, steckenknecht oder bengelhansen
Kirchhof discipl. milit. 56; als profossengehülfe in einer
quelle von 1609 bei Unger-Khull 571 »>. seine thätigkeit
tcird tceiter geschildert: das spielen ist bereits zu unter-
schiedlichen malen bey leib- und lebensstraffe verboten,
und ausz befelch der generalität durch rumormeister,
provosen, hencker und steckenknechte, mit gewaffneter
hand öffentlich und mit gewalt verwehret worden Simpl.
153 neudr.; nicht anders, als der steckenknecht der sol-
datencompagnie hinten nachgehen müste Ku hn au mustcaZ.
quacksalber 209 {lit. denkm.); wird ein soldate im kriege
gefangen, und dem steckenknecht überantwortet, so musz
ihn derselbe, wenn er ranzioniret wird, wieder ausant-
worten Sperling Nicodemus quaerens 1 (1718), 990; und
da jemand dergleichen person {eine concubine) bey sich
hätte, und sie nicht verlassen wolte, solte er sich solche
entweder ehrlich zugeben lassen, oder aber gewertig
sein, dass sie ihm vom profoss oder stekkenknecht ab-
genommen würde Fleming teutscher soldat 98; wäre mir
der degen vom steckenknecht vor dem knie zerbrochen,
um die obren geschlagen und ich als ein schelm vom
regiment verjaget worden insel Felsenburg 2, 143. auch
sonst als beamter eines gerichts, der die gefangenen im
kerker verwahrt, carcerarius Stieler 995, und auch hier
natürlich Züchtigungen vornimmt, lorarius. virgarius,
virgator ebenda; ihr steckenknechte, nhemet das {an-
geschtildigte) weih in ewre Verwahrung, und jhr andern
diener gehet auch beyseits, bisz das ich euch wieder-
ruffe Heinrich Julius von Braunschweig i07; es
kamen hencker und steckenknechte, mit grausamen
folterungsinstrumenten Simpl. 55 neudr.;
der hirsch war Schultheis, sasz das recht,
die jagdhundt waren steckenknecht
Waldis Eeoput 4, 94, 20 Kurt;
nichtsdestoweniger müssen sie zu denjenigen, der sie
also zu brüglen befohlen, hinkommen, ihme die hand
küssen, darfür dancken, und noch darzue dem stecken-
knecht für einem jeden straich gewisses gelt bezahlen
Abrah. a S. Clara auff, auff ihr Christen 110 Wien,
neudr.; ausnahmsweise geradezu in der function des nach-
richtera: am erichtag den 19. juli umb 9 ahr hat man
85» Cr.
1351 STECKENKRAUT-STECKENPFEFFER
STECKENPFENNIG— STECKENPFERD 1352
den nachrichter auf des herzogen hof gefürt, und (ist)
von einem starkken stekhenknecht aufgehenckht worden
Leonhart Widmann Segensbttrger chron. z.j. I5b2 (städte-
chron. 15, 828, 30); ittem der henckher, so gestert von
einem stekhenknecht gehenkht was worden ebenda 35.
a) bisiceüen als Übersetzung des hit. lictor, dem begriff-
lieh doch der profoss eigentlich entspricht: steckenknächt
lietor, appariior Maaler 385 ■*, mit rücksicht auf die ähn-
lichkeit des amtsgeräths: befalch er seinem steckenknecht,
der ihm etlich wellenrüten und ein beihel . . . vortrug
Heyden Plinius (1565) 46. auch sonst iti abgeschwächter
bedeutung: da sey ein herolt oder steckenknecht zfi ge-
lauffen Franck treltbuch iii».
b) ihre gesellschaftliche achtung ist äuszerst gering:
hencker, schinder, ragher, . . . steckenknecht, bettel-
richter, schnapphän Fischart aller praktikgroszmutterll
neudr. ; einer ist schergen, steckenknechten, henckern und
seuscheidern gleichschetzig Nas antipap. eins und hun-
dert 1, 82*; ich hätte meines bruders kind eher einem
steckenknecht und sauhirten an den hals geworfen, als
einem mordbrenner um tonnen goldes gegeben Zschokke
Schriften 28, 257; deshalb als anrede an den neid:
du friedenstörer du, du teufels stekkenknecht
NEU^tARK poet. musik. lustwäldchen 196.
c) neben steckenknecht (*. den beleg oben) braucht Hein-
rich Julius von Braunschweig die form stocken-
knecht: so bevhele ich krafft meines amtes, euch
beiden stöckenknechten, das ihr sie Avider bindet, sie
hinausführet, damit sie mit steinen zu todte geworffen
werden 121.
STECKENKRAUT, n., eine gattung doldentragender
gewächse m.it starkem stengd. der als Züchtigungsmittel
(stecken) in den schulen Verwendung fand, ferula L.:
Steckenkraut ferula Tabernaemontanus (1694) bei Die-
fenbach gloss. 231". insbesondere ferula communis L.
Oken 3, 3, 1818. als synonym s. gertenkraut (th. 4, 1, 2
sp. 3745) : gertenkraut, Steckenkraut thapsia, ferula petraea
Henisch 1523; Krünitz encycl. 171, 125. als weitere Zu-
sammensetzung steckenkrautartig, adj., von der art,
nach art des Steckenkrauts Dietrich 6, 409; 7, 27.
STECKENLEIB, m,., von einem stark geschnürten frauen-
leib Baggesen (1836) 3, 233. vgl. oben steckenbein.
STECKENLÖSER, m.. im Elsasz stecke^löser. l) langes
vorn gebogenes messer (oder beil) zum ahhatien von reisig
und dünnen stecken Martin-Lienhart i, 615*. 2) ufie
unten steckenmesser, etn liack- oder haumesser zum spitzen
der rebpfähle ebenda. — vgl. löser 5 th. 6 sp. 1196.
STECKENMACHER, m.. im Elsasz stecke°macher, ein
arbeiter, der mit dem steckenmeissel (s. das folgende)
bauTnstämme zu weingartstecken (rebpfählen) verarbeitet
Martin-Lienhart i, 646».
STECKENMEISZEL, m.. im Elsasz stecke"meissel,
eiserner meiszd zum spalten der baumstämme, aus welchen
weingartstecken getnacht werden Martin-Lienhart l, 722».
STECKENMESSER, n., in Steiermark ein messer zur
bearbeifungvonu>eingartsteck.en ünger-Khull571''. a.aiieh
oben steckenlüscr 2.
STECKENPAAR, n,: er trieb frische stecken je zu
zweien in den boden, legte lange querstangen dazwischen
und befestigte sie mit weidenbändern. er rüttelte nun
an einem solchen steckenpaar und sagte: 'halten muszt!'
ROSEGGER 1, 82.
STECKENPEGASUS, m.. zur scherzhaften ironisierung
einer dichterischen neigung (vgl. auch Steckenpferd 8):
o mnM, reib mir den stift, den Faber
in Nttmbere fabrizieren muaz I
noch einmal sattle mir den horten traber,
den alten ateckenpensas I
W. Busch tchnurrdiburr vorr.,
der $ehlun tugleieh den eingang von Wiblands Oberon
parodierend:
noch einmahl sattelt mir den HippoKryfen, Ihr rausen
(1796)89,8;
4mu du teiAnung eine* g^ügelien Steckenpferdes.
8TKCKENPFEFFER, m.. gepfefferte prügeUuppe : die
lenden mit steckonpfeffer reiben Kihcuhop wendunmuih
i, t06 {vgl. pfeffer als jus piperatum th. 7 sp. 1694 unter 8).
Cr.
STECKENPFENNIG, m., im steirischen dasselbe wie
oben Steckengeld 2 Unger-Khull 571».
STECKENPFERD, n., ein kinderspielzeug, kunstvoller
ausgestaltet als der einfacJie stecken, tcelchen die knaben
rittlings zwischen die beine nehmen und sich nun nach
herzenslust herumtummeln, mit ganzer seele kinderlust ge-
nieszend (vgl. oben stecken 7 sp. 1294), gatiz icie schon in
der älteren zeit auf der gerte :
dO ich da; hört, ich was ein kint,
und tump als noch die jungen sint,
sG tump da; ich die garten reit
Ulrich von Lichtbnstbin 3, 23 ,
oder dem stabe:
rite ein grä man flf und ab
mit kleinen kindern fif eime stab
Hugo von Trimberg 2736;
aber das Steckenpferd zeigt vorne (ganz entsprechend dem
engl, hobby-horse vgl. Murray 5, 317) einen xcirklichen köpf,
bisweilen auch den bug und die Vorderbeine eines pferdes:
heiligenchristpferd alias Steckenpferd eqttulus ligneus
picturis variatus Stieler 1440; Steckenpferd baculus cum
capite equino pro pueris, in quo equitant Frisch 2, 326»;
das rosz mit den zwey kurzen vorspringenden vorder-
füszen und der buntgemalten stang, ich meyn' das
Steckenpferd MusÄUS physiogn. reisen 2, 4.
l) in eigentliclier bedeutung: kommen noch zwei büb-
lein, Henszle und Jacobla; das ein hat ein stück brodts
in der band, das ander reyt aufT einem steckenpfcrdt
Ayrer 762, 32; (wenn) der knab auf dem Steckenpferd
reiten könnte Harsdörffer frauenzimmergesprechspiele
3, 260; ein kind ist aus dem groben heraus, wenn es lernt
mit dem Steckenpferde den tisch zu umkreisen Frey-
tag 1, 31;
sie spielten aber Steckenpferd,
und ritten hin und her:
hop, hop ! und peitschten unerhört,
und trieben's wesen sehr
Claudius 3, 138;
der kreisel und das Steckenpferd,
auf dem er herrisch sitzt
Hölty 121 (knabemeü);
lasst eure kinder kinder bleiben,
dass sie mit pupp' und Steckenpferd . . .
ihr kindlich frohes wesen treiben
J. G. Jacobi 5, 188;
hallo! rief Carl imd trieb und schlug
sein Steckenpferd
Pfeffel poet. versuche 9, 32 ;
sehnst dich hinaus aus dem wilden getttmmel
unter der kindheit freundlichen himmel
zu dem Steckenpferde, zum ball
Arndt werke 3, 96;
als grosze knabenfreude charakterisiert: so fröhlich hüpft
der knabe nicht, wenn seine mutter ihm ein Steckenpferd
verspricht Nicolai reise 8, 26; von der fernen kinder-
zeit: es gab eine zeit, wo uns ein Steckenpferd . . . ver-
gnügen genug war Cramer nordischer aufselierS, 343;
als sie sich noch der Steckenpferde bedienten und ver-
goldete Pfefferkuchen verzehrten E. Th. A. Hoff.mann
5, 14; es musz eine grosze freude sein, kinder zu haben,
und ich würde ein narr mit ihnen, ritte vergnügt auf
einem Steckenpferde und hinge mir allen ernstes eine
kindertrommel um Stifter 1, 100, d. h. fände den toeg
in« land der kindheit zurück, würde wieder ein kind ;
und (die greite) ritten, wenn sie sich vergnlkgt,
auf Steckenpferden kindisch fort
Ramleii fabellete (1783) 1, 68;
so gut als Agesilaus mit seinem kindc auf einem Stecken-
pferd reiten konnte, ohne darum minder ein grosser
general zu seyn Wibland I8. 896.
8) im übertragenen sinne von beherrschenden vorstMunyen,
lieÜiabereien und besonderen neigungen der menscKen, in
Deutschland besonders in atif nähme gekommtn dwrtk
Sternes Trisirafn Shandy:
der vielgeliebte Sterne sprach
im Schandy kaum von Steckenpferden,
so schwazt ihm alles schon von Steckenpferden nach;
wer aber wird davon sum Yorick werden?
OöCKiNOK gedickte 1, iit.
vgl. auch unten teß.
Cr.
1353
STECKENPFERD
STECKENPFERD
1354
a) versttche, diesen psychologischen begriff zu erklären:
die gelindeste unter allen abschweifungen über die grenz-
linie des gesunden Verstandes ist das Steckenpferd, eine
liebhaberei, sich an gegenständen der einbildungskraft, mit
denen der verstand zur Unterhaltung blos spielt, als mit
einem geschäfte geflissentlich zu befassen, gleichsam ein
beschäftigter müsziggang. für alte, sich in ruhe setzende
und bemittelte leute ist diese, gleichsam in die sorglose
kindheit sich wieder zurückziehende gemüthslage nicht
allein . . . der gesundheit zuträglich, sondern auch liebens-
würdig Kant lO, 216 Hartenstein; und sodann haben wir,
um übertriebene eigenheiten zu bezeichnen, das höf-
lichere wörtchen Steckenpferd {im gegensatz zum egois-
mus), hei dessen gebrauch wir einander mehr schmei-
cheln als verletzen Göthe 41, 1, I66 Weim.; vgl. auch die
lehrreiche Steigerung der begriffe: beschäftigungen, nei-
gungen, liebhabereien, Steckenpferde, alles probieren wir
durch, um zuletzt auszurufen, dasz alles eitel sei 29, 10
Weim,., im gegensatz zur ernsten liebhaberei: was ernstere
liebhaberey, ja auch die leichteren und grillichern (vulgo
Steckenpferde genannt) den armen . . . menschen sind,
hab ich in diesen tagen recht erfahren IV 27, 64 Weim. ;
ähnlich im gegensatz zum ideal {vgl. th. 4, 2 sp. 2038) : wir
hätten carricaturen, aber keine Vorbilder, Steckenpferde,
aber keine ideale Rosegger II 11, 90: in der gleichsetzung
mit passion {th. 8 sp. 1490 unter 2) : 'passionen' oder ein
Steckenpferd für irgend etwas auf der weit, ausser seinen
kaufmännischen Spekulationen, hatte Heinrich Wilhelm
nicht LiLiENCRON 4, 48; doch ist die Sphäre unseres
icortes die bei iceitem umfänglichere.
a) jeder mensch hat sein Steckenpferd Nicolai
Seb. Nothanker (1773) l, 7, nur verschieden nach der art
seiner anläge, seines icerdeganges und seiner Schicksale:
de gustibus non est disputandum; das ist, man lasse
eines andern mannes Steckenpferd ungeschoren Bode
Tristram Schandi (1774) 1, 26; ertrage jeden schwachen,
und lasz jedem sein Steckenpferd Knigge roman meines
Lebens (i78i) 2, 39; sehn sie, jeder reitet sein Stecken-
pferd Stephanie Singspiele 169;
ein jeder hat sein Steckenpferd,
bald etwas mehr, bald minder werth
Keetschmann S, 250.
nur: wer vor andern sehen haben . . . musz, der giebt sich
mühe, sonderbare eigenheiten seines kopfs und herzens
zu unterdrücken, wenigstens verschlieszt er sie in der
innersten kammer, reitet auf seinem Steckenpferde nicht
eben an hellem lichten tage, nicht auf dem markte
Herder 17, 229.
ß) als begründet in der menschlichen art überhaupt:
übrigens musz es jedem erlaubt seyn um den felsen, den
niemand ersteigt, nach seiner art sich herumzufummeln,
auf seinem Steckenpferde herumzureiten Göthe IV 9, 8
Weim.; kann man keine hoffnung und keinen wünsch
in seinem gedächtnis auftreiben; ist das Steckenpferd
lahm, oder gar zu tode geritten, — o wehe dir dann,
armer sterblicher Tiegk 6, 70; gebt acht, sagte der baron,
Ottmar wird gleich wieder auf seinem Steckenpferde
sitzen, um einen ritt in das unbekannte land zu machen
E. Th. A. Hoffmann 1, 149; {es) wird freie musze dem
gewöhnlichen menschen bald zur last, wenn er sie nicht
. . . durch spiel, Zeitvertreib und Steckenpferde jeder art
auszufüllen vermag Schopenhauer 4, 383.
b) die Übertragung beicegt sich noch völlig im bilde: alle
meine Steckenpferde muszten aus dem stall und nie hab' ich
in Völkerpsychologie und vergleichender stamm- und racen-
forschung so geschwelgt als an meinem kamine in 016ron
Fontane kriegsgefangen* 186; hat der graf eine leiden-
schaft, so ist es die für die bühne. ich zweifle nicht,
dasz er bald sein altes Steckenpferd wieder in gang
bringen wird Mosen 8, 392. — man weisz diesen punkt,
(flb Moses an Unsterblichkeit glaubte oder nicM) als eins
der Steckenpferde, worauf sich Voltäre am liebsten
schwingt, wenn er auf Juden und religion ausreitet
Herder 6, 445; jetzt hatte Chateaubriand eine idee. es
■war ein muthiges, kleines Steckenpferd, bunt bemalt,
das er bestieg Gutzkow tcerke 9, 47. da sasz nun der
Attiker ganz eigentlich auf seinem Steckenpferd und
lachte und demonstrirte um die wette, dasz in der
Cr.
dicken böotischen luft der geist nothwendig der fleisch-
masse unterliegen müsse Böttiger kleine Schriften l, 39;
merkwürdig, sprach er, wohin auch die geistvollsten män-
ner sich bisweilen verrennen, wenn sie auf ihrem Stecken-
pferde sitzen! Holtei erzähl. Schriften 3, 165. — besonders
häufig sein Steckenpferd reiten: sin Steckenpferd rite"*
mit verliebe etxcas thun oder besprechen M.artin-Lienhart
2, 139»; die leidenschaft in der liebe ... ist nicht mehr das
siegesrosz, . . . sondern höchstens ein Steckenpferd, womit
man um die toilette reitet Moser (1842) 3, 88; was für ein
Steckenpferd sie auch reiten Knigge umgang mit menschen
1, 199; sein {des buchdruckers Lother) grösztes Stecken-
pferd war der gaul, welchen er in der einbildung vor
einem blitzenden, rasselnden reitergeschwader, welches
ebenfalls nur in der einbildung existirte, ritt R.aabe
unseres herrgotts canzlei 47; ein dritter {im fddlager) be-
schäftigte sich mit dem Steckenpferde, welches er daheim
in der alten stadt Magdeburg zu reiten pflegte, und war
in sorgen, ob er wohl wieder zu ihm heimgelangen werde
1, 172; im übrigen reitet er unterschiedliche Steckenpferde
und thut seiner kappe jährlich ein paar schellen und
sauberes pelzwerk zu Stifter l, 70;
jetzt hab' ich selbst ein ähnlich Steckenpferd,
auf diesem reit ich oft spazieren
GÖCKINGK 1, 112.
{die beobachtung,) dasz eitelkeit ein Steckenpferd ist, auf
dem sich alle, auch die besten unter ihnen, herumtum-
meln Huldreich Wttrmsamen von Wurmbrand 1, 187. so-
gar: er hatte überhaupt nur zwei Steckenpferde, worauf
er sich heisz reiten konnte, die Verachtung der weit
und die strenge der erziehung Gutzkow werke 4, 256.
mit rücksicht auf das publicum: {gelehrte Unterredungen)
die weniger gemeinnützig und lehrreich werden, wenn
jeder dem andern sein eigenes Steckenpferd vorreiten will
Nicolai Seb. Nothanker {1773)2, 128; sich schämen, seinem
herrn . . . Steckenpferde vorzuführen R. Wagner 3, 841;
ich reite
dir alle Steckenpferde vor,
die ich vom schüIer an, bis heute,
oft theuer kauft' und wohlfeil oft verlor
GÖCKINGK 1, 95.
vgl.: auch hatte er kein Steckenpferd, das ihm geld
gekostet hätte Jung-Stilung l, 352. — denn diese
Streitigkeit ist nun schon mein Steckenpferd, das mich
nie so herabwerfen kann, dasz ich den hals nothwendig
brechen müszte. den stall wird man meinem Stecken-
pferde gewisz hier nicht versagen, wenn ich ihn nicht
selbst aufkündige Lessing 12, 509; das vergnügen müssen
sie mir gönnen, obgleich immer einige gefahr dabei ist,
einen Spazierritt auf fremdem Steckenpferde mitzumachen
Pöckler btiefwechsel 3, 352. —
und hält er (der weise) ja ein Steckenpferd,
so ist es diesz : der weit zu lau;hen !
Göckingk 1, 26.
c) verblaszter, ganz in der bedeutung von 'lieblingsthema.
lieblingsgedanke' u. s. ic. : sie wissen auch, dasz gespräche
von schulen mein Steckenpferd sind Hermes Sophiens
reise 1, 381; die alte römische geschichte ist gewöhnlich
ihr Steckenpferd Archenholz England und Italien 2, 280;
dieser satz war so Semlers Steckenpferd Laukhard leben
2, 134; die artillerie sowohl in ihrer theoretischen be-
gründung als praktischen anwendung, blieb dabei sein
Steckenpferd Gutzkow tcerke 6, 395; aber ich verschwatze
mich, die Sperlinge sind manchmal mein Steckenpferd
Fontane I 5, 62; auch über den lebensversicherungs-
prospekten saszen sie wieder, die für Christian zu einer
art Steckenpferd geworden waren Zahn Lukas Hoch-
straszer 103;
ist Sympathie ein Steckenpferd
so sey sie meine lieblingsgrille
Pfeffbl poet. vergtiche (1812) 2, 56;
sogar:
sein Steckenpferd ist — lichterputzen!
Kind gedichte 5, 245 ;
der vater besah sich ... die pflanze, da er botanik als
Steckenpferd trieb Körner 4, 303.
a) als 'lieblingsansicht, lieblingsproblem,' nähert sieh
Steckenpferd schon dem icissenschaftlich-litterarischen Schlag-
wort: er {Schiller) wird ihnen gesagt haben, dasz es sein
Cr.
1355
STECKENPFERD
STECKENPFERD
1356
Steckenpferd war, eine römische geschichte zu schreiben
W. VON Humboldt an Oöthe (Göthejahrbtich S, 74); sein
{Hammersteins) Steckenpferd ist die wiederauffindung der
römischen spuren in Deutschland iAKOBanWühelm Grimm
im hriefictchstl 432.
ß) als litterarisches schlagxcort mit starkem spöttischem
beisinn, vielleicht befördert durch den gegensatz zum musen-
pferde Pegasus: bedenckt nur einmal, oder wenn euch das
weitläufTtig sein sollte, so nehmt nur einmal an, es hätte
ein genie anno 64 in einem bücheichen sein Youngisches
uhu über dieses Troja durch die nacht hingeklagt, und
wäre Horazens regel {nämlich: 'nonum prematur in annum'
ars poetica 388) gefolgt, der solte schön angekommen seyn,
wenn er unter die Steckenpferde von 78 gerathen wäre
Lichtenberg aphorismen 3, 70; es war eine lust anzu-
sehen, dreyssig Yoricke ritten auf ihren Steckenpferden
in Spiralen um ein ziel herum, das sie den tag zuvor
in einem schritt erreicht hätten, der der sonst beym an-
blick des meeres oder des gestirnten himmels nichts
denken konte, schrieb andachten über eine schnupf-
iabacksdose 2, 197;
ihr ernsthaft tummelnd eure Steckenpferde,
ihr, tretend in der Spiegelfechter trosse,
ihr zielend mit nie treQ'endem geschosse . . .
und ihr, die ihr euch von der sichern erde
auf eurer mnsen fabelhaftem rosse
gen himmel spornt, ihr treibt die ärgste posse
RÜCKERT 1, 9;
sie reiten nun ihr Steckenpferd,
sobald sie verse leimen —
recht gern ! vergässen sie nur nicht,
sich auf die weit zu reimen !
Hebbel 17, 83;
denn:
durch eure ruthen ist verwandelt worden
sein Pegasus zum Steckenpferd
Herwegh gedichU einet lebendigen 24.
vgl. auch oben steckenpegasus.
y) als politisches Schlagwort: die Unabhängigkeit der
kirche vom Staate und die abhängigkeit der schule von
der kirche ist . . . jetzt sein Steckenpferd Gutzkow ritter
vom geiste 7, 443; die indirekten steuern sind das Stecken-
pferd der staatswirthe tcerke (1872) 10, 39 {deshalb auch in
der Zusammensetzung Staatssteckenpferd: wir haben
zelten erleben müssen, wo das Staatssteckenpferd zu
reiten auszer stalle, geftlhrlicher war, als im finstern
mittelalter die besteigung des religionsesels Weber Demo-
critos (1832) 2, 156). besonders aber mit beziehung auf die
erscheinungen der kleinstaaterei : also trabten die groszen
kinder der kleinstaaterei seelenvergnügt auf ihren Stecken-
pferden dahin TREiTSCHKEdcMfcscAe^e«cÄtcÄ<el, 616; grillen,
launen, recht eigentlich Steckenpferde sind es, die uns
hindern wieder einzutreten in die reihe der nationen
hist. und polit. aufsätze 1, 196.
d) der vergleich: aber wenn man auf einem gedanken,
\»ie auf einem Steckenpferde herumreitet: so wird man
seiner bald müde Sonnenfels briefe über die wienerische
Schaubühne (1768) 8, 12 Wien, neudr.; der fürst von Fürsten-
berg reitet die musik wie Yorik sein Steckenpferd ScHU-
üART aesthetik 191; oder als blosze Opposition: wenn er
{Hieronymus) auf der Orthodoxie, seinem Steckenpferde,
tasz, verliesz ihn alle mäszigung Zimmermann über die
einsamkeit 1, 803. hier findet sich zugleich der naheliegende
autgangapunkt für die redewendung auf einer sachc reiten,
herumreiten, sieh in ausdauernder pedanterie mit ihr be-
»ehäfligen {s. th. 8 sp. 775 unter 8 c).
e) mit einem entsprechenden adjectiviachen xusatze: {das)
christliche liebeswerk, das eigentlich ihr frommes Stecken-
pferd war MusÄus Volksmärchen der Deutschen l, 78 {Me-
leehtala); wenn man bei dem tugendhaften wandel noch
immer ein irdisches sinnliches Steckenpferd reitet, so
bekommt man gewisz dereinst ein unheilbares heimwch
Juno-Stillino 4, 400; wahrscheinlich war diesz ein indi-
vidaellei Steckenpferd dieses talentreichen, aber albernen
individai, eine frille Göthe II «l, S, 175 Weim.; die phi-
lotophie that nach meiner meinung sehr kindisch, wenn
•ie sich auf ihr metaphysisches Steckenpferd setzt Bode
Montaigne» gedanken und meinungen e, KU; im mittelalter
war der rOmisohe katsertilcl ein gewaltiges Steckenpferd
d«r grotzen Wbbbr Vemocrito» (i88s) e, im;
Cr.
sieh hier den spott ! ein rasches Steckenpferd !
und doch; wie bald hab ichs nicht steif geritten
GÖCKINGK 1, 112;
da doch erfahrung lehrt:
oft werf uns ab beim reiten
das frommste Steckenpferd
Gaudv 11, 112.
f) im Sprichwort: die Steckenpferde sind schlechte
kutschpferde Lichtenberg aphorismen i, 69; Steckenpferde
dienen nicht zum pflügen ebenda; mit rücksicld auf die
oft grosze kostspieligkeit solcher liebhabereien : ein Stecken-
pferd friszt mehr als zehn ackergäule sprichwörtergarten
386 bei Wander 4, 790; Steckenpferde sind teurer ais reit-
pferde (als arabische hengste) Eiselein 678; Simrock
9837; ein Steckenpferd kostet oft mehr als ein reitpferd
Frischbier bei Wander 4, 790; auf ihre gefährlichkeit :
reite kein Steckenpferd, das dich abwirft und nach andern
ausschlägt Jahns rosz tind reiter i, 197; Steckenpferde
reiten, kostet beinel ebenda; doch: wer kein Stecken-
pferd reitet, den reitet der teufel quelle bei Wander
4, 791. — in einer stärkeren Verbindung mit der eigent-
lichen bedeutung unter i: jedes Steckenpferd taugt, sich
ein kreuz daraus zu schnizen Jahns l, 197.
3) in tceiterer zusaminensetztmg : steckenpferdartig,
adj., nach art des Steckenpferdes: Carl der grosze war das
Steckenpferd Napoleons und Napoleon das Steckenpferd
vieler millionen, die sich sogar für ihn schlachten lieszen,
und trugen sie das zeichen der ehrenlegion, so bin ich
einst gerne mit aufgesessen! was doch auch etwas stecken-
pferdartiges war Weber Democritos (1832) 2, 162. — stecken-
pferdchen, n., deminut. zu Steckenpferd, im eigentlichen
sinne: das lustige reiterlein war bald nach anfertigung
des bildes von den schwarzen blättern hingerafft, und
nur sein steckenpferdchen hatte noch lange in dem ge-
häuse der wanduhr gestanden Storm 6, 93;
wann, als husar, der knab' ein steckenpferdchen tummelt
Voss gedickte (1802) 6, 170;
ach ! da {auf dem Jahrmarkt) ist alles ihre {der kinder),
zuckerwerk und andre näschereien,
die bunten bilder und das steckenpferdchen,
die trommel und die geige I
herz was begehrst du? Götiie 12, 131 Weim.
im übertragenen sinne {entsprechend oben 2) : der eine . . .
haut sich aus Klopstock's eichenwäldern ein hölzernes
oder borkenes musen- und steckenpferdchen J. Paul
40, 35 {vgl. oben 2 c ß); da ich nie steckenpferdchen ge-
ritten, so erbitte ich mir hierüber noch nähere instruk-
tion Pückler brief Wechsel 3, 436;
was kGnte der noch sehn, wer sein {de* Frantmannet)
Paris nur sah?
auf keinem fleck des erdenballes
wohnt ein so kluges thier als da.
Paris, Paris! das ist sein steckenpferdchen I
sizt er auf dem, so ist der bettler reich,
blitzt mit dem aug' und reibt das bärtchen
GÖCKINGK 1, 187;
man streife nur das handwerk von dem manne,
und nehme, was dann übrig bleibt,
gewissenhaft und nach der spanne,
wenn er nicht mehr sein steckenpferdchen treibt
bEi'MB gedickte 44.
Steckenpferdekenner, m., spöttisch, von einem, der
gieh viel mit Steckenpferden {unter 2) abgiebt:
ey nicht doch ! riefen viele weise m&nner,
wir sind die rechten stecken pferdckenner,
wie unser rühm bezeugen musz
GÖCKINGK 1, 187.
Steckenpferdemarkt, m., im übertragenen sinne 'ge-
legenheit, wo man (tn> zum verkauf) Steckenpferde {».
unter 2) vorgeführt finden kann':
du kennst den steckenpferdemarkt,
wohin den kOnig, der ein land regieret,
so wie den bettler. der zusammen harkt
was in der itoppel sich verlieret
der wünsch, bequem zu reiten, fQhrct 1, 126.
steokenpferdereitcr, steckenpfcrdreiter, m., wit
unten steckenreilcr; hier im übertragenen tinne 'einer der
sich gern ai^ Steckenpferden («. unter 2) tummelt': sinnig
naiv trat ich unter das völklein von Finkcnrode und
liesz es die revue passieren: liebenswürdige, eitle, emp>
findlioho, sentimentale, muntere, mürrische, gutherzige»
spitzfindige, cnthusiasten, gleichgültige, Steckenpferde*
Cr.
1357 STECKENREITEN-STECKENREITER
STEGKENRIECHER— STECKENROSZ 1358
reiter Raabe hinder von Finhenrode 83. — stecken-
pferdezucht, /.. Züchtung und pflege von Stecken-
pferden (wie unter 2): and ist . . . Übertreibung nicht
unschädlicher als Steckenpferdezucht Hippel kreuz- und
querzüge 1, 437. — steckenpferdiseh, adj., vom Stecken-
pferd stammend, von der art des Steckenpferds; vgl. oben
steckenpferdartig: durch langes reiten und vieles reiben
wird der körper des reiters endlich mit so vieler stecken-
pferdischer materie angefüllt, als er fassen kann Bode
Tristram Schandi (1774) 1, 179. — steckenpferdlein,
n., wie oben steckenpferdchen deminut. zu Steckenpferd:
steckenpferdlein cavaUetto a bastone dafaneiuUo Kramer
dict. 2 (1702), 923''. hier im übertragenen sinne {entsprechend
oben 2) von allerlei musikalischen einfüllen:
wenn über die ernste partitur
quer steckenpferdlein reiten;
nur zu ! auf weiter töne-flur
wirst manche lust bereiten
GÖTHE 4, 261 Weim. {an Felix Mendelaohn-Bariholdy).
steckenpferdler, m., xcie oJcn Steckenpferdereiter «rwi
unten steckenreiter : das ganze geheimniss ist: der WTin-
derliche mensch war verliebt, als er sich das alles ein-
bildete; und so schrieb er (wie es jedem ehrlichen amo-
roso und virtuoso, steckenpferdler und mondritter zu
gehen pflegt) alles was er sich einbildete für Wahrheit
hin Wieland 7, 170. — Steckenpferdritterschaft,/. .-
ebenso holen grosse zu ihren ernstern edeln lustbar-
keiten durch wahre kindische aus; daher die Stecken-
pferdritterschaft, die Schaukel, die kartenhäuser J. Paul
7—10, 293.
STECKENREITEN, verb.. auf dem stecken {s. dort
unter 7 sp. 1294) reiten, als spiel der kinder. im über-
tragenen sinne wie dort unter b {und entsprechend der
reicheren enticicklttng unter Steckenpferd 2): sie sind ein
tolldreister äffe, der auf dem credit seines onkel stecken-
reitet Schiller 3, lOl (Fiesko 3, 8), d. h. mit ausdauer
und Unverschämtheit darauf herumreitet und ihn ausnützt
(schon ganz entsprechend der tcendung auf einer sache
herumreiten unter reiten 3 c ^. 8 *p. 775). — subst. stecken-
reiten (Abr. a S. Clara mercks Wien (1680) 32; Forster
5, 225): sintemal diese wol wüsten, dass die Deutschen
. . . ihre kinder bald zum steckenreiten gewöhnten Lohen-
stein Ärminius (1689) 2, 421«;
bulerei, und steckenreiten, wan ich etwas merken kan,
stehet eines wie das ander' einem adten greisen an
Grob dichter, vertuchg. 26 neudr.
im Sprichwort: steckenreiten macht müde füsze (beine)
Wander 4, 791.
STECKENREITER, m.. der auf einem stecken {s. dort
unter 7 sp. 1294). auch Steckenpferde reitet: steckenreiter
equitans in arundine longa Stieler 1600; steckenreiter
cavalca-bastone Kramer dict. 2 (1702), 923»; die stecken-
reiter, als Überschrift eines kinderliedes bei Overbeck
verm. gedichte 209; dahinter folgte ein etwa vierjähriger
junge, gar munter mit geschwungener peitsche auf einem
Steckenpferde reitend; den beschlusz machten ein stakig
aufgeschossenes mädchen und ein anderer etwa zehn-
jähriger knabe mit einer tellerrunden mutze, welche
beiden, wie es schien, in bewundernder betrachtung des
munteren steckenreiters, keinen blick für die anmuth
der abendlandschaft übrig hatten Storm 5, 92. auch im
übertragenen sinne entsprechend stecken 7 b und Stecken-
pferd 2: es ist ein blosser steckenreiter und docken-
spieler Luther bei Wander 4, 791; wenn einer nun zum
anglücke kein Steckenpferd hätte, wie müszte er es
wohl machen, mit den steckenreitem auszukommen?
Abr. Kästner 2, 134; die steckenreiter halten sich in
der mitte zwischen humoristen und narren, und bilden
sich, wie die knaben auf ihren bunten Nürnbergern ein,
2u reiten, trottiren und zu galoppiren (denn schritt reitet
man nicht leicht auf Steckenpferden), wenn sie gleich auf
ihren eigenen füszen sitzen Weber Democritos (1832) 2, 151;
als ausruf: steckenreiter, der du bist! Hausrath pater
Matemus izi. — in der form steckenreuter: oberster
Steckenreuter in der Ölgasz, ein land in Schlampampen,
Schlauraff enl and und im reych Narragonien, da das edel
geschlecht, die fantasten wachsen Lindener rastbüchlein
M; vnser steckenreuter vnnd blindstreichiger tasecken-
fechter Oargantua 179 neudr. — in toeiterer ableitung oder
Cr.
Zusammensetzung: steckenreiterei, /., neigung, kunst
auf dem stecken (sp. 1294) zu reiten: voreilige behauptung
'dasz die ganze sache blosser spass und französische
steckenreiterey sei' Wiel.\nd 35, 145; nirgendswo scheint
steckenreiterei heimischer als im gebiete der Wissenschaf-
ten und künste, denn die hohe befriedigung des Wahrheits-
sinnes geht über alle sinnenlust Weber Democritos (1832)
3, 153; al^ ausrxtf: das ist so deine steckenreiterey {Fausts
leben von \11S hat dafür steckenreuterei) : keines andern
Übermacht über dir zu erkennen maler Müller 2, 124.
auch sonst in der form steckenreuterei: disz sagt
er {der edelmann) manchmal, das es . . . die leut mercken
begundten, und in einer ausz der Hehergassen seine
steckenreuterey offenbar machte Kirchhof Wendunmuth
I, 94. — steckenreiterisch, adj., nach art des stecken-
reiters, von einem steckenreiter herrührend u. s. ic: ich
eben so wenig, versetzte doktor Slop (und parodierte
meines oncle Toby's steckenreiterische anmerkungen, ob
er gleich selbst eben so wohl auf seinem Steckenpferde
sass) Bode Tristram Schandi 3, 66. — steckenreiter-
klippe, /., bei Krönitz 171, 127 dasselbe icie das folgende
Steckenreiterpfennig, nach Halke Wörterbuch der münz-
kunde 345 auch einfach steckenreiter genannt, klippe
{s. th. 5 sp. 1203) als bezeichnung für diese viereckige ge-
dächtnisz münze giebt aber die bedeutung des Stückes genauer
wieder als das allgemeinere: steckenreiterpfennig,
m., allgemeines haushalt.-lex. 3, 404; öcon. physical. lex.
8, 1593; steckenreuterpfenning, eine kleine münze,
welche der herzog von Amalfi anno 1650 prägen lassen,
als die kinder zu Nürnberg, zum bezeug ihrer freude
über den geschlossenen frieden, in grosser anzahl vor
des herzogs haus auf Steckenpferden kamen Frisch 8,
326". so zeigt denn auch die münze neben der jubelauf-
Schrift vivat Ferdinandus III. Rom. imp. {wohl zugleich
der ruf der jubilierenden knaben, von ihren schulmeistern
für die ovation ihnen beigebracht) auf der einen seile das
bild eines auf einem Steckenpferde reitenden knaben.
STEGKENRIECHER, m., als gesinde des Saturn werden
u. a, genannt:
strelmacher, Slltrucker, steckenriecher
Thurneisskr archidoxa 11".
STECEENRIEMEN, m.. 'peitschenschnur von leder' {vgl.
riemen ib th.S sp. 923) : im steirischen steckenriem ünger-
Khull 571'».
STECKENRITT, m.. ritt auf dem stecken (Campe).
vgl. stecken 7 sp. 1294:
bald tönt ein lied zu saitenklaog . . .;
der kleinste horcht, und lallet mit,
and unterbricht den steckenritt
Voss (1802) 6, 201.
STECKENRITTER, m., scherzhaft: stecke°ritter, knabe.
der auf einem stecken reitet Martin-Lie.vhart 2, 303''.
im übertragenen gebrauche entsprechend stecken 7 b {sp.
1294) ufürde unser wort stärkeren spott verbergen als oben
steckenreiter. — ganz anderen sinn scheint zu haben:
du armes voick, ihr steckenritter,
was für ein graisses ungewitter
von blitz und feur und hagelschlossen,
von bomben, kugeln und granaten,
wird nun auiT euch und eure herd gerathen
die befreiete Vindobone 53 Wien, neudr.,
doch eigentlich 'ritter. die nur mit einem stecken bewaffnet
und also zuletzt wehrlos sind'.
STECKENROSZ, n.. ^toizer aZ* nur Steckenpferd : jedes
steckenrosz ein über die masse kühner, gewaltiger, un-
ermüdlicher Streithengst Fouqüe gefühle, bilder (1819)
2, 88;
dann durchhüpf ich, als kind, wieder die frühlingsflur,
trage blumen im hut, tummle mein steckenrosz,
oder schaffe mir weiten,
und bin könig und herr darin Hölty gedichte 103.
im übertragenen sinixe leicht spöttischer als oben Stecken-
pferd 2: Oberpredigers schwiegen nun, weil man ihren
steckenrossen so öffentlich in den zaam gefallen war
Schmidt kom. dichtungen 347. — in weiterer Zusammen-
setzung steckenrosskamm, m., eigenÜ. 'händler mit
Steckenpferden', vgl. rosskamm 3 {th. 8 sp. 1265). im folgen-
den in übertragener Verwendung: nicht allein Stecken-
pferde, sondern auch steckenklepper, steckenroszkamm
Cr.
1359 STECKENSALAT-STECKERLEIN
STECKERLING-STECKFLUSZ
1360
und Stallungen für Steckenpferde findet man auf mancher
Seite dieser schrift (über die bauart der privatgebäude in
DetifscJiland) allgemeine deutsche biblioth. 39 (l779), 514.
STECKEXSALAT, m.. icie oben BteckenpfefTer scherz-
hafte bezeichnung einer tracht prügel: ein steckensalat
essen Moscherosch bei Wander 4, 791.
STECKENSCHLAG, m., schlag mit dem stecken {unter 8
sp. 1290): steckenschlag bastonnade, baculi verbera DuEZ
(1657)90; bastonaia, colpodibastoneKRAMf:Rdict.2{l':o2.),92S'^.
STECKENSCHLAGEN, n., subst. in/., wohl das ein-
schlagen der reistecken im. frühjahr (vgl. unten das ent-
sprechende steckenziehen im herbste), als 'eine weingart-
arbeit im frühjahr bei Unger-Khull 571^
STECKENSCHWAMM, m.., eine art des meerscJiicamTnes
oder saugschtcammes , spongia bacülaris L. Nemnich;
Campe.
STECKENSTAB, m. {daneben Steckelstab), in einer
rechnungsnotiz bei Unger-Khull 571^.
STECKENSTREICH, m.. streich, schlag, hieb mit dem
stecken: steckenstreich fustuarium Stieler 2197; ba-
stonata, colpo di bastene Kramer dict. 2 (1702), 923^. plur.
steckenstreiche fustigatio Frisch 2, 326». vgl. das ent-
sprechende rutenstreich {th. 8 sp. 1567, heute gewöhnlich
an stelle unseres wertes) und das sUirkere Schwertstreich
{th. 9 sp. 2591).
STECKENTAG, m.. bezeichnung für das laetarefest
{todaustreiben), weil die kinder mit geringelten und ge-
schmückten stecken festlich einherziehen E. H. Meyer ba-
disches volksieben 90. vgl. die hier anknüpfenden erklärungs-
verstiche von stabaus, staubaus {oben sp. 1092).
STECKENVOGT, m.. steckenvoigt, in dem sinne von
bettelvogt {th. 1 sp. 1733) bei W. Raabe unseres herrgotts
canzlei 2, 262.
STECKEN WEIBEL, m.. wie das vorige: die büttel oder
steckenweibel rechtsquelle bei Scherz-Oberlin I56i.
STECKENZAUN, m., zäun aus stecken {s. dort unter ib
sp. 1292 und unten zaunstecken) hergestellt: siepe, recinto,
cJiiufo di stecchi e pali, steccato Kramer dict. 2 (1702), 923'';
steckenzaun allgem. deutsche bibliothek 10, 2, 246; im ver-
gleich:
da wett' ich drauf, er wird mir, traun I
viel dürrer als ein steckenzaun,
eh er mir's soll erjagen
MALER Müller 1, 287.
STECKENZIEHEN, n., subst. inf, wohl das ausziehen
der rcftstecken im november. bei Unger-Khull 571'» all-
gemein als 'weingartarbeit im november' {vgl. oben stecken-
scblagen).
STECKER, m., einer der steckt, l) stecker sator, semi-
nator, insitor Stieler 2160 {vgl. ^stecken verb. 6/ sp. 1309)/
auch in der Zusammensetzung krautstecker insitor olerum
{th. 6 sp. 2124).
2) Stecker, keilförmiges pflanzholz. womit die wurzel-
löcher für die Setzlinge in den erdboden gemacht werden
MaRTIN-LieNHART 2, 583*,
8) mundartlich dasselbe wie oben stecken subst. in Zu-
sammensetzungen steckerzaun {wie oben steckenzaun) und
Steckerbein {dünn wie ein stecken; steckerbein auch ein
Scherzname für den storch 869'') bei Frischbier ost- und
weatpreuszisches Wörterbuch 864''.
4) in deutlicher anlehnung an 'stecken verb. {ein geräth.
das feststeekf); dasselbe wie oben Stecher 8e {sp. 1276):
traget einen Studentenschreibzeug oder sogenannten
stöcker bey sich aus einem steckbri^ vom 26. nov. 1776 bei
Unoer-Khull 671''; zugleich ein mundartlicher versuch,
das wort aus dem Studentenjargon zu lösen.
STECKERBSE, /., erbsenart. welche nicht gesät, sondern
in die erde gesteckt wird {vgl. stecken verb. 6/ sp. 1809)
Adeluno; sieckerbse, setzerbse pisdli da posta Kramer
(ft«^ 1 (1700), 801'' ; steckerbso jn«um romanutn Steinbach
1, 849; %eie gartenerbse {th. 4, i, i «p. 1404) und im gegen-
»aU zur gewöhnlichen felderbse.
STECKERLEIN, n., diminut. zu lieoker. l) {entspre-
chend tteoker 8 und in der mundartlichen form steckerl):
luto nar so ein' affon mit ci'm ateckcrl recht nauf Pocoi
luiÜftt komOdienbiichUin 804.
t) nach KrOnitz 171, is7 im Rlteinlande bneichmtmg
tinea licbtknecht«* {vgl. th. 8 »p. hm, . ufil die UehUtümgft
Cr.
zur völligen ausnutzung darauf gesteckt werden); für
Bayern bezeugt von Schneller* 2, 726.
STECKERLING, m., tde oben Stecher 2 c, stechbüttel
und stechfisch, eine norddeutsche bezeichnung ron gastro-
steus aculeatus Brehm tliierleben 8, 164 Pechuel-Lösdie. des
gewöhnlichen stichling {s. unten), dem dieses niederd.
stfikerling entspricht: es werden hie {in Pommern) ge-
funden . . . steckerlinge Micraelius altes Pommerland
2, 384; fische, daumengross, am Spreeufer mit freier band
gefangen, . . . steckerlinge genannt Gutzkow uxrke l, 65.
STECKFEDER, /., eiserne bolzenfeder, welche in den
stecknagel (*. u.) hineingesteckt wird und nach dem atis-
einander biegen der beiden federenden hindert, dasz der
stecknagel sich herausschiebt, besonders in der bergwerks-
sprache Junghans gräublein ertzE*^; Minerophilus
bergteer ckslexicon 632.
STECKFINKE, m., gegenüber oben stechfinke {sp. 1276)
die genauere hochdeutsche entsprechung v07i ndd. stfik-
linke 'auf dem fangkloben bej'estigter finke, welclier als
lockvogel dient': flachsfing, leinfing, hänfefing, steckfing,
linaria Henisch 1096, 27.
STECKFINSTER, adj., sehr finster, überaus dunkel: das
subst. steck(en) wie das häufiger hier verwendete stock {s.
unten) als mittel der Steigerung : steckfinster Mich. Nean-
der menschetispiegel 114; vgl. auch entsprechende bildungen
unten unter stick.
STECKFLUSZ, «i., krankheitsfiusz {eigentlich Übersetzung
von griech. ^ev/na; vgl. auch flusz 3c th. 3 sp. 1856 und
hauptflusz 1 th. 4, 2 sp. 61l) im menschlichen körper, wel-
cher plötzlichen tod durch ersticken herbeiführt, deshalb
auch in anlehnung an sticken verb. als stickflusz (*.
unten) bezeichnet, tvährend unser wort von 'stecken verb. 19
seinen ausgang zu nehmen scheint, 'flusz, weldier stecken
macht und so einen schlagartigen tod herbeijührt' ; vgl.
die entsprechende Vorstellung unter schlagflusz {th. 9 sp. 417)
und Höfler krankheitsnameiibuch i63* ; zu starkes geblüth
befördert den zufaU und mäszige lebensiceise beugt ihm
am besten vor Zinck öcon. lexic. 2804; m,it ujiserer krank-
heit scheint identisch unten steckkatarrh ; vgl.: catbarr
ist bekandt, und heisset ein steckflusz, ein flusz so aus
dem haupt auf die brüst fällt bauernlexicon (1728) 43; in
der form stöckflusz : als {der geizige) endlich beschlossen,
die sach zu richten, erstickt er an einem stöckflusz
Abraham a S. Clara etwas für alle 2, 406 {vgl. unten
seine Vorliebe für den steckkatarrh: unser icort war ihm
gexcisz ungewohnt).
steckflusz catarrhus suffocativus, suffocatio Stein BACH
1,467; {darauf) antwortete er {der quacksalber), es wäre
nichts anders, als ein wenig geleuterte kreide mit
Schwefel und bolus vermischet, und er hätte es dem
kinde vor den steckflusz gegeben medizinischer maulaffe
(1719) 217; am deutlichsten ist mit bezug at^f das fallen
der krankheit aus dem köpf auf die brüst (». oben): es
ist ihr ein steckflusz gefallen, dasz sie schon nicht mehr
reden kann Reuter der frau Schlampampe krankheit
und tod 130 (3, 13);
bis ihm zuletzt noch gar ein steck- und schlagflusz f&llt
Stoppe Pamait 172.
nur das plötzliche der krankheitseracheinung hebt hervor:
N. N. . . . den 25. tag mit einem steckflusz überfallen, und
wenig stunden hernach todes verblichen HARsm'iRKKER
teutscher secretarius (l656) V V6''; als ob ihn eine Ohn-
macht oder steckflusz befiele cavalier im irrgarten 450;
allgemeiner: gegen abend verlobr er die kraft aaszaverfen
und der steckflusz trat ein, der ihn aber nach 4 stunden
verliesz, worauf er wieder frey athem holen konnte
Gottsched anmuthige gelehrsamkeit i, 788; ach wehel
ach wehe! ach! ich kriege einen steckflusz! deutsehe
Schaubühne 4, 89; er wollte noch etwa* sagen, aber der
steckflusz nahm überhand, er fing an zu röcheln und
nach einigen fruchtlosen versuchen ihm zu helfen ver-
schied er einige ininuten darauf Nicolai Seb. Nothanher
>, in;
(der kalte nordwind «NM« M ttark, da*s) die hKuaer
niederttOntten
und ichutt und steckfln*» Riebenma)
mehr mcnvcben, als die Mut, den lebcnsfadan kOrxteii
PrBKKSL poet. ver$uehe fi. 95 ;
1361 STECKFÖRSTER-STECKHAUFEN
STECKHOLDER-STECKKOPF
1362
und wäre er allen amständen nach an einem steck-
fiusse gestorben insel Felsenburg 300 lit. denkm.; wäre
dieser {husten') nicht noch zur rechten zeit gekommen, so
wäre ich ... an einem steckflusse ohne rettung gestorben
Rabener I, 57; und als das haupt unsrer bände an einem
nicht ganz natürlichen steckflusse starb Pfeffel jwo». ver-
suche 1, 193; das schnelle tind plötzliche eintreten des todes
icird gekennzeichnet: ich denke, sie lesen die zeitung, sonst
musz ich ihnen noch sagen, dasz er gestern, da er bey
herm von Gros visite machte, ganz plötzlich an einem steck-
fiusz gestorben ist Eva König an Lessing {werke 13, 355);
endlich starb denn auch Wilhelms zweite frau plötzlich
an einem steckflusz Jung-Stilling l, 500; man sprengte
aus, sie {die ermordete) sey plötzlich an einem steckflusz
gestorben Heinse ArdingheUo 2, 294; neben schlagflusz:
denn da sterben ihrer viel, ohne vorhergehende lang-
wierige kranckheit, plötzlich und unvermuthet, entweder
an einem steck- oder schlagflusse, oder sie werden er-
schlagen, erschossen, erstochen Sperling Xicodemus
quaerens (1719) 2, 154; der arzt fürchtet, dasz die äuszere
entzündung ins gehim schlagen, oder dasz ein steck-
oder schlagflusz dazu kommen könnte Schiller briefe
6, 237; aber es ist alles eitelkeit. ein fieber, ein steck-
flusz; so sind wir dahin, und unsere kleider bleiben da-
hinten Gellert 3, 405.
STECKFÖRSTER, tn., in der Nürnberger gegend ein
f&rster, tcelcher von dem erbförster mit der xcaMhut be-
auftragt uird Adelung; vgl. auch oben steckenförster.
STECKGABEL, /., im, kölnischen Wörterbuch von 1507
tn der {niederl.) form staeckgaffel arpagio (Diefenbach
gloss. 50*), wohl entsprechend hochd. stechgabel {sp. 1277).
STECKGARN, n., etwa meterhohes fanggarn {s. garn II
th. 4, 1, 1 sp. 1366), welches mit spieszen {vgl spiesz II 7 a
th. 10, 1 sp. 2453) dicht über dem erdboden befestigt tcird,
deshalb auch flachgarn {th. 3 sp. 1700) genannt, die spiesse
oder furckeln zu den steckgarnen . . . werden von hage-
dorn zur herbstzeit, wann das laub abgefallen, gehauen
und gedörret Fleming teutscher jäger 33S*; es dient be-
sonders zum fang der feld- oder rebhühner {vgl. hühner-
gam th. 4, 2 sp. 1879) : die feldhüner werden ins gemein
gefangen mit steckgarn Aitinger jagd- und weidbüch-
lein 16; der fasanen: wie man die fasanen ... in steck-
garnen fangen soll Döbel jägerpractica 2, 174. auch
lerchen werden in steckgarnen gefangen Naumann natur-
geschichte der vögel Deutschlands 4, 183 (i-^^ Adelung);
nach ZiNCK auch begrifflich eins mit hasengam {th. 4, 2
sp. 537). vgl. auch unten stecknetz. — in weiterer Zusammen-
setzung steckgarnbusen m., die durch falten erreichte
busenartige ausbtichtung desfangnetzes: plur. die steckgarn-
busen Aitinger 45; die steckgarnbusen Fleming 338» —
steckgärnlein n., deminut. zu steckgarn, insbesondere
zum wachtelfang benutzt: steckgärnlein Aitinger 51; Fle-
ming 339/.
STECKGRIND, wi., im appenzeUischen steckgrend das-
selbe vne unten steckkopf Tobler 407*. s. auch oben grind
als verächtliche bezeichnung für 'köpf {schon mhd. vgl.
MCller-Zarncke 1, 576*"). *
STECKHÄKLEIN, n. {deminut. zu steckhaken wi.):
beim, Spinnrad der mit einem kleinen haken versehene
fadenholer, welcher den faden durch das öhr der spule
leitet: willst du dir nicht einmal so ein spinnrad genau
ansehen, du stolzer bauernknecht? den trittling und . . . das
treibrad . . und die spule und das abachel mit dem faden-
öhr und dem steckhäklein Rosegger III 2, 248.
STECKHAÜBE, /. l) frauenhaube, welche {mittels Steck-
nadeln) tn zahlreiche falten gesteckt ist. deshalb auch
gesteckte hauben genannt, steckhauben modisch in der
zeit von 1780—1800 Schmeller* 2, 726.
2) nach Campe dcisselbe vne falkenhaube {th. 3 sp. I27i),
velamen oculis falconum objectum.
STECKHAUFEN, m., ein geschichteter häufen holz von
eiche oder kastanie, der nachher zu rebpfählen verarbeitet
vird: steckhufe" Martin-Lienhart 1, 309; Schweiz, steck-
hnf, steckhufe" Staub -Tobler 2, 1049. danach ebenda
auch als feldmasz t»on 1500 quadratfusz : eigentlich so viel
feld, als sich mit den aus einem steckhaufen geiconnenen
rebpfählen besetzen läszt {wobei für die einzelne rebe zehn
quadratfusz gerechnet werden).
STECKHOLDER, m., junipents communis L. Ross
mässler der wald 354; wohl auf einem niederd. stekholder
{dem hochd. stechholder entsprechen icürde, vgl. oben stech-
baum 3 sp. 1219) beruhende volksetymologische umdeutung von
wechholder, queckholder u.s.w. {s. wachholder th. 13 sp. 53).
STECKHOLZ, n., xde oben steckenholz, Stangenholz {über
die kurzform, steck s. sp. 1288): item was holzes, es si
steckholz oder ander, in den weiden verkouft wurt,
sollich gelt gehört der herrschaft zu Jak. Grimm iceis-
thümer 5, 359 {herrschaftrecht von Hohennack 1441): bin
nacher st. Egidi deputiert worden, stekhholz ausmessen
zu lassen quelle bei Martin-Lienhart 1,333*; er schimpfte
die bankmänner herunter, wie Napoleon seinen Ouvrard,
ja er risz einen knüttel aus einem schober steckholz
heraus und prügelte mich in die schmählichste flucht
KÜRNBERGER novcUen 1, 2.58. — im. deminut. steckhölz-
chen n.: die fingerlangen priesterlein in der kutte, aus
papier geschnitzt, an ein steckhölzchen geklebt, dass sie
stehen konnten, . . . waren gewiss würdige werke Ros-
egger alpensommer 192.
STECKHUSTEN, m,., selten für das gewöhnliche Stick-
husten (*. unten) Adelung; Nemnich; husten der er-
stickungsnoth macht Höfler krankheitsnamenbuch 247»:
ich will Sperlinge fangen für euren alten kater und euch
in den rücken klopfen, wenn ihr den steckhusten habt
Kotzebue 11, 194.
STECKIG, adj.. borstig emporstarrend: der hut . . .
sasz fest auf dem steckigen schwarzen haar Zahn beiden
des alltags 317; er war klein, hager und rotblond, hatte
steckiges haar Luk. Hochstraszer 16.
STECKKAMM, m., {oft reich verzierter) kämm, welcher
zum besseren festhalten der frisur ins haar gesteckt icird.
in der oberdeutschen form steckkampel {vgl. kampel
/Ä.5 sp. 136) : ich kleidete mich von fuss aus neu; . . . runde
fingerhoch eingepuderte haare, in welchen ein schöner
steckkampel Stack Hafner i, 46.
STECKKATARRH, m., zunächst die im Xl.jahrh. auf-
gekommene schulmedizinische bezeichnung des steckflusses
{s. oben): {ein verdammter spricht) ich hab eine lange
zeit einen hasz getragen gegen einen, . . . bin aber ur-
plötzlich an einem steckcatharr gestorben Abr. a S. Clara
mercks Wien (l680) 158 ; vermuthlich ist der gesell an einem
steckchatarr crepiert etwas für alle l, 694; es geschieht
zuweilen, dasz einer oder desz andern ihr sauffbruder
desz gäben todts stirbt; oder ein andere wollbekannte
madam an einem steckcathar ohne beicht vnd com-
munion erstickt Judas der ertzschelm 1, 408. steckkatarrh
J. Paul ll — 4, 419 Hempel. — nach Höfler krankheits-
namenbuch 26l'> seit 1790 eine kinderkrankheit ähnlich oben
steckhusten: pneumonia catarrhalis.
STECKKERZE, /., 'grosze kerze, die an einen kirehenarm-
leuchter gesteckt wird' Unger-Khull 571*".
STECKKIEL, m., mit der nebenform stekelkiel in der
bergwerkssprache eine kleine röhre {vgl. kiel 9e th.5 sp.67ö)
in einem pumpenwerke, in welcher das ventil befestigt ist
Frisch 2, 325»; Adelung.
STECKKISSEN, n., tcie oben steckbettchen {sp. 1286) mit
hervorhebung des kissenartigen der Vorrichtung: die amme
mit einem kinde im Steckkissen Hauptmann einsame
menschen 2 (l). nach Campe ausschlieszlich für täußinge
benützt, und daher seine wenig wahrscheinliche vermuthung,
die benennung rühre her voti der sitte der taufpathen, das
taufgeschenk in das Steckkissen /»tneinrwstecken.
STECKKOPF, m., im oberdeutschen 'Starrkopf, trotzkopf
{vgl. auch oben das entsprechende steckgrind): setzest du
den steckkopf noch einmal, auch nur ein wenig auf,
so ist das, was dir jetzt begegnet, gegen das, was dir
vorsteht, nur der schmerzen anfang Pestalozzi 3, 414.
auch zur bezeichnung der person selbst: doch habe ich
auch noch die hoffnung, sein onkel, der general, werde
etwa dahin zu bringen seyn, diesem steckkopf zu zeigen,
dass er nicht im fall sey, in der weit gar niemand nichts
nachzufragen 3, 171 ; ich kann die steckköpfe und mucker
nicht leiden Vischer auch einer 1,395; '...kannst war-
ten', denkt der deutsche steckkopf, 'wirst schon merken,
wann ich zeit habe', und schweigt altes und neues 2, 248.
— ein entsprechendes adjectiv steckköpfig verzeichnet
Tobler appemellischer spracltschati 407*».
X. 2.
Cr.
86
Cr
1363
STEGKKORB-STECKLEIN
STECKLEIN
1364
STEGKKORB. m., in einer rechnungsnotiz bei ÜNGER-
Khull steiriach. umrtach. 571'': sämtlich s leckkörb 36 kr.
STECKKORX, n. l) allgemein ein Samenkorn, welches
bei der aussaat nicht einfach ausgestreut icird, sondern in
den boden gesteckt {vgl. oben ^stecken verb. i f [sp. \S0^]
und vmribegriffe wie steckerbse u. *. w.) Campe.
2) eine andere benennung des aus dem norden eingewan-
derten gerstenartigen staudeokornes (s. oben sp. 1157) oder
Staudenroggens (sp. 1158) Nemnich; Campe, steck- oder
gerstenkorn allgemeine deutsche bibliothek lO, 267.
3) entsprechend oben stechkorn {sp. 1279) unter dem ein-
flusz eines niederd. st£k(e)korn: steckkörner plur. als be-
Zeichnung des samens der frauendistel, silybum marianum
Gärtn. Oken 3, 732.
STECKKRAUT, n., bezeichnung von aniirrkinum oron-
iium L. wurde zur Zauberei gebraucht {der gebrauch
seiner salbe verhilß zur gunst der menschen und zu ruhm-
vollem 7Uimen): steckkraut cynocephalia , antirrhinum
Frisch a, 325» (Diefenbach glossar. 38« unter 'antir-
rhinon"); steckkraut cynocephalia Steinbach 1, 933. sonst
orant {th. 7 sp. 1315), auch dorant {th. 2, 1276) und stärk-
kraut {oben sp. 905 unter l) genannt.
STECKKREUZ, n.. von Querfurth (1872) als neuere
heraldindte benennutig eines unten zugespitzten kreuzes auf-
geführt, heraldische terminol. 150.
STECKKROPF, m., im «tetri*cAe/i (Unger-Khull 571")
die kr ankheitser scheinung des blähhalses oder blähkropfes,
strunM ventosa vel ßatuosa, vgl. Höfler kranklieitsnamen-
iiicA 335». er hatte, wie die leute sagen, einen 'steck-
kropf Rosegger III 5, 276.
STECKKROPFIG, adj. zu dem vorigen: der durchs leder
fahrende draht röchelt wie ein 'steckkropGger bürsten-
binder' Rosegger III 3, 170; sein vater war ortsvorstand,
ein wohlhabender und angesehener mann; und solche
leute hatten zur damaligen zeit stets das Unglück, . . .
plattfüszige, steckkropGge oder sonstwie kränkliche söhne
zu haben 13, 357.
STECKKUPPEL,/., degengehänge («. koppel, kuppel th. 5
sp. 1785 unter 1 c utui sp. 2774 unter 1 d) zum umschnalleti
um den leib {ende des 17. jahrh. im gegensatz zu der fran-
zösischen art, das gehänge über die rechte schuZter zu
tragen) Boeheim 249.
STECKLADE, /., in der spräche der Nordseefischer ein
hamenartiges fang gerät mit verstellbarer Öffnung, besonders
gebräuchlich beim, fischfang auf den watten Stenzel 400''.
STECKLEIN (STECKEL), ».. deminut. zu oben stecken
subat.
l) in der oberdeutschen form steckli unten in den zu-
gam,mensetzungen stecklibube und stecklespringer. mit
apokope stecket, steckal {neben steckelein) Schmeller'
8, 726; steckel Comenius (1644) reg., neben stecklein Stieler
2160. hiervon zu unterscheiden bleibt das von Luther
{neben stecklin, stecklein) gebrauchte steckel, welches nicht
nur in seinem geschlecht dem alten stecken wieder an-
geglichen, sondern vielmehr mit dem Isuffix in geräthbezeich-
nungen gebildet scheint: dyse tragen den balken, ja vil
balken in iren äugen und sehen yr nit, aber den cleyncn
steckel ader ruthen in ires nehesten äuge mugen sie nit
Torgessen 2, 118 Weim. ; das wortleyn aber 'virga' das hie
stet, beisset nach latein eyn ruthe adder steckel als die
richter ynn der band tragen 9, 184 Weim. vgl. auch Hertel
thüring. Sprachschatz 234.
S) in der älteren form: das st&cklin bacillus, bacillum
Maalbr 383»; {Jakob) nam grüne stecklin numen {nur)
halber gescheit, das eyn teyl rynd vnd das ander teil
nit, zwiglen von jungen wilden böumlin, vnd macht
sie sprencklecht, wie dye stattbotten steh tragen, halber
grün vnd wysz Keisersbero bilgerschaft 4i<'; des steck-
lins ynn meynem aug kUnen sie nit vorgessen, aber der
grossen balcken ynn yhren augenn wil niemant ynnen
werden Luther 7, 6S7 Weim.; ein rUtlin oder stecklin
Fronsperobr kriegabuchi, Xs''; Isaac geet an einem
stecklin ein H. Sachs l, 80 KeUer-Oötu ; {Tarquinius)
bell eyn stecklin inn der bandt vnd scblAg den ölmagen
al die heupter ab Carbach Liviu* >!'> (l, &«); der kUnig
hiess alle burger uss der statt zUchen, jung und alt
an stAoklinen, one gewer und hab Tschudi chronic.
MveL l, 76; etliche flössen ein röhr, holtz, papyr, grass
Cr.
oder sonst ein stäckliA mit öl geschmiert, in den wein,
ist dann wasser darbei, so bleiben kleine blässlin oder
tröpfflin an den gertlin hangen Herr f eidbau (i55l) 102»;
es ist eyne regul, das man . . . gross gewachsenen bäumen,
welche gesetzt werden sollen, soll . . . nichts mehr dann
alleyn etliche stecklin eynes fingers lang lassen Sebiz
f eidbau 370; {im toandel mit stecken:) dann wann der
schütten zu schnell herablaufft, hebt er jhn mit dem
stecken, oder so er sich anderswo hinauss, dann er sol,
gewandt hat, bringt er jhn mit demselbigen stecklin
wiederumb in rechten weg Agrigola bergtoerckbuch 131;
do mit ich nit vergesz hieby
den grossen bschissz der alcbemy
die macht das svlber, golt, ufTgan
das vor ist jnn das stäcklin gtan
Brant narrenachi ff 102, 59.
das heutige stecklein picciolo bastone HuLSius (1618)238'',
bacillus CoRVlNUS fons Latin. (1646) 102; stecchetto, stecca-
rello, bastoncello, baatoyicino Kram er dict. 2 (1702), 923";
bacillus Frisch 2, 326»; denn wyr sehen, wie die papisten
geschickt sind, das sie den balcken ynn yhren äugen
stehen lassen und mit ganzem vleysz suchen unnd
scharren, ob sie eyn kleynisz stecklein ynn unszern
äugen finden mugen Luther 8, 681 Weim.; die alt hex
kumpt, klopfft mit ihrem stecklein H. Sachs 14, 2oa
Keller-Götze; mit einem stecklein oder rütlein Thur-
neysser magna alchymia 31; zween wörffel von einem
stäcklein geschnitten Nigrinus von Zauberern 323; mische
es {das pulver) darnach in einer schusseln vnder ein-
ander mit eim stecklein Wallhausen kriegsmanual bS;
ein stecklein von dorn Aitinger jagd- und weidbüchlein
(1681)49; stecklein reiten in arundine equitare Dentzler
(1716) 273".
3) in seiner besonderen bedeutung ist hervorzuheben:
a) stecklein als rechtliches ayrnbol wie oben stecken
subst. 10 c {sp. 1295); die besatzung Hess man mit weyssen
stäcklin abziehen Stumpf Schwytzerchron.ii^; vgl. auch
unten steckleinspringer.
b) sprichwörtlich, zur Charakterisierung von körperlichem
und moralischem schmutz: wenn er eigentlich gewuszt
hätte, was sie {seine frau) für ein wüstes reibeisen, . . .
eine faule sau sei, er hätte sie mit keinem stecklein
anrühren mögen Gotthelf 2, 363; wie die heilige Elisa-
beth ... so hegte auch Jukundus eine wahre Zärtlich-
keit für seine räudigen und ging täglich mit leuten, die
er früher, wie man zu sagen pflegt, nicht mit einem steck-
lein hätte anrühren mögen Keller 5, 314. vgl. stecken
subst. 5 d sp. 1293.
c) in technischer apraclie: stecklein, nagel an der lauten
pioie, pirole del luto Hulsius (1618) 238".
d) obacön {entsprechend stecken subst. 18 sp. 1898):
0 sprsuih si, ich ampfind solch frost
zu untarst inn meim feil unt secklin
tas mir tos hirn harum farrosebt,
vnt es nicht wärm mit kainem päcklin,
ta untarstuzt mans mit aim stecklin,
unt reucherts mit aim ruben rauch,
er kroch in sein hol wie ain scbnecklin
tas er ta witar w&rm tän bauch
Oargantua 46 (8) Mttdr.
vgl. dazu >wch: die alten flecklein und die alten stecklein
haben dannooh ihre häcklein Abrah.a S.Clara etwas für
alle 8, 38.
4) in weiterer Zusammensetzung: steokelmann, m..
wie oben steckendiener und steckenknecbt: ich licss euch
. . . durch den steckelmann zum tempel hinausjagen
Waoner theaterstücke (1778) 91. — steckleinbube, m.,
in der form stecklibube als schelte für einen gecken-
haften atadtherrn. ähnlich unten steckleinspringer 8: ihr
habt die hauptsache, die ein dorf gefahret, wenn es
einen gelehrten schuimeistur hat, noch vergessen, und
das ist, dasz die besten köpfe, die es im dorf giebt und
die söhne der wohlhabendsten männor von dem golust
angesteckt werden könnten, sladUicrrcbon und steckli-
buben zu werden Pestalozzi 4, 7t. — stecklein*
Springer, m.. im daä$n*eh«n stecklespringer aU »cheU»
l) für einen dünnbeinigen, >) für ein feine» Kerrehen, das
beim apasierengehen »einen »paaieratoek tierlieh »chwingt.
vgl. oben steckleinbube. 8) für einen Uhrer, der immer den
stock in der hand luU Mahtin-Lienuart >, 640*. doch den
Cr.
1365
STECKLEINE— STECKLING
STECKMESSER— STECKNADEL 1366
vähren gntnä der vsyrfhildung bietet Gottfr. Kellers
Steckleinspringer al3 schelte für einen hankeroüetir {der
entsprechend oben 3 a etwa mit dem tceisien stecklein von
seinem besitzthum ireg springt , durch einen symbolischen
Sprung sich der rechte daran begiebt) icerke 4, 77; diesem
ausgange entspricht Steckspringer für einen Springinsfeld
und leichtfusz Martin-Liexhart 2, 560».
STECKLEINE, /., ganz dünne, nur aus sechs garnen zu-
sammengedrehte schiffsleme (th. 6 sp. 704 unter l) Stenzel
400*'.
STECKLEITER, /., in der Jägersprache entsprechend
leiter 3 h {th. 6 sp. 735, dazu das collect, geleiter th. i, 1,
2. 2999) niedriges, dicht über der erde befindliches jagdgam,
welches zu beiden seiten des eigentlichen treibgarnes {s.
oben steckgam) in die erde gesteckt tcird. damit das icild
nicht entkommen kann; plur. Steckleitern Adelung, auch
unten in der form steckletter. — begrifflich entspricht
noch die laufleiter {th. 6 sp. 332).
STECKLER, m., bei KrCnitz 171, 128 ein nadelmacher,
icelcher sich nur mit herstellung von Stecknadeln beschäftigt.
STECKLETTER, /., dasselbe icie oben Steckleiter Krü-
NITZ 171, 128.
STECKLEÜCHTER, m.. kurzer hölzerner leuehter mit
metaUjspitze , icomit er leicht irgendtco befestigt tcerden
'.ann: stecklenchter candelabrum , quod parieti infigitur
Frisch 2, 325»; steckleuchter von holz mit blecherner tülle
ZiNCK öeon. lexic. 2804, besonders im handelsgeicerbe ge-
bräuchlich, denn sie können leicht bei lagerarbeiten an
histen, fässern u. ä. befestigt icerden, vgl. KrCnitz 171, 129.
auch an den ladenrepositorien waren entsprechende Ösen
angebracht, in denen besser aus messing gearbeitete steck-
leuchter schnellen halt fanden, ebenda, mit einem steck-
lenchter Kirchhof tcendunmuth 2, 402.
STECKLICHT, n., in der niederd. form stfikelicht: zum
ersten dasz sie alle jähre täglich zwei stekelicht haben
und halten wollen, die da täglich brennen sollen zu
st. Jacob scriptores rerum Silesiac. 3, 135. handelt es sich
um unschlittkerzen , welche auf den dorn des leuchters
gesteckt werden* wahrscheinlicher ist stecklicht ein oft
oder gar täglich brennendes licht {im gegensatz zu denen,
rrelche nur an den hohen festlagen angezündet tcerden)
entsprechend ^stecken verb. 17 {sp. 1316/).
STECKLING, m., in die erde gestecktes pflanzenreis, das
der fortpßanzung dient, jüngere bildung zu Setzling {s.
th. 10, 1 sp. 691 unter l), das von unserm wort aber an be-
grifflicher schärfe übertroffen icird, und dem auf eine andere
phase der arbeit rücksicht nehmenden schnittling {th. 9
sp. 1356). vgl. auch noch unten Steckreis, die allgegenwart
der Wurzel zeigt sich übrigens an der in der neueren zeit
allgemein durchgeführten Vermehrung durch Stecklinge
GöTHE 39, 145 Weim.; zum entscheidenden beweis {da-
fü r, dasz ein abgerissener zweig, in die erde gesteckt, fort-
xrachsen müsse) zeigte er {der graf) dergleichen Stecklinge
gar wohl angeschlagen in seinem garten 32, 47 'Weim.; des
weitem zerbrach sich unser gartendichter den köpf, wie
er wol in den besitz von samen oder den Stecklingen
des tulpen-, des trompeten- und essigbaume^ . . . kommen
könnte Goltz jugendleben 3. 277; insbesondere: die Ver-
mehrung {des efeus) geschieht . . . durch samenableger
und Stecklinge Zschokke il, 190; leichter geschieht die
fortpflanzung {des wilden Ölbaums) durch Stecklinge und
Wurzelreiser ScHLECHTENDAL^ora von Detttschland 10, 169;
man pflanzt diese Varietäten bekanntlich nicht durch
samen, sondern auf ungeschlechtlichem wege durch Steck-
linge fort ScHWERZ prakt. ackerbau 517, vgl. aügem.
deutsche Ubliothek 84. 241 ; diese bäume {weiden, päppeln
u. a.) werden nur ... als Stecklinge erzogen Rossmässler
der wald M. — bildlich:
hast dn nicht irgendwo anch seitensprossen
von selbem stamm nnd wurzel, wilde reiser
von gleichem holz, nnd eingeimpfte zweige,
ableger, setzling oder Stecklinge,
nnächte söhn', halb- oder viertelsbrüder —
hast du dergleichen etwas aufgespürt,
was, näher oder femer uns verwandt?
RCcKERT 9, 396;
monarchien wachsen nur wild, und pflanzen sich nur
durch Stecklinge fort de Lagarde deutsche schrifUn 502. —
in weiterer Zusammensetzung stecklingskulfur, /., als
Cr.
eollediver begriff 'ein beet oder pflanzkasten mit Steck-
lingen': auf den stecklingsculturen Ratzbbürg waldver-
derbnis 2, 311.
STECKMESSER, n., bei HcLßics (1616) 307»» *. oben
unter stechmesser {sp. 1280).
STECKMICHEIN, n., von Campe verstichte Verdeutschung
der begriffe 'necessaire' {als toilettenbedarf) und 'vademe-
cum' {als lieblingsbucK).
STECKMUSCHEL, /., eine im meeresschlamm oder -sande
aufrecht steckende muschelnart, pinna L. Oken 5, 348;
Brehm 10, 457 Pechuel -Lösche; ein steckmuschel pinna
Gesner-Forer ^ÄcAJ«cÄ 137''; steckmuschel j>em« Stein-
BACH 2, 86. mit der ausführlichen erklärung: die steck-
muschel wechst aus den leimechten gründen auffrichtig
herfür Heyden Plinius (l5€ö) 382 (9, 40); steckmuschel . . .
dann sie auflrecht steckt in dem sand Gesner-Forer^äcä-
buch 138»; die steckmuschel, welche an dem ufer des meeres
sich auf dem boden aufhält Abraham a S. Clara etwas
für alle 2, 421; gattung der steckmuscheln allgem. deutsche
bibliothek 86. 176. m,it rücksicht auf die form ihrer schalen-
hälßen auch schinkenmuschel genannt {s. th. 9 sp. 905). —
in weiterer Zusammensetzung: steckmuschelart, /.,
von der kleinen steckmuschelart Gesner-Forer fisch-
bueh 138». — steckmuschelgrund, m., meeresgrund,
tco sich viel steckmuscheln finden: gegenwärtig gibt es
. . . eine grosse bevölkerung von diesen muscheln, dass
diese gegend . . . Steckmuschelgrund genannt wird Oken
5, 3ö7. — Steckmuschelhüter, m., bei KrCnitz 171, 129
wie unten steckmuschelwächter der steckmuschelkrebs. —
Steckmuschelkrabbe, /., icie steckmuschelkrebs:
steckmuschelkrab Gesner-Forer fischbuch 122'», auch als
Wächterkrabbe ebenda. — steckmuschelkrebs, m.,
Cancer pinnotheres L., ein kleiner krebs, icelcher in der
schaale der steckmuschel wohnt und die muschel zu warnen
scheint, wenn sich ein feind nähert, vgl. Oken 6, SiSff.;
KrCnitz a. o., er heiszt deshalb auch steckmuschelhüter,
steckmuschelwächter. — steckmuschelseide,/., die
in der form, einer quaste aus der steckmuschel heraus-
hängenden seidenartigen fäden, vgl. Oken 5, 351. bei Campe
in der verschreibung steckmuschelscheide, worin ihm Hein-
sius 4, 476*'/oZ^. — steckmuschelwächter, *»., da*-
selbe icie steckmuschelkrebs Campe, Krünitz a. o. s.
auch wächterkrebs {th. 13 sp. 191).
STECKNADEL, /., nadel mit knöpf, um etwas festzu-
stecken; deshalb auch knopfnadel {th. 5 sp. 1482) oder kopf-
nadel {sp. 1777) genannt. begriffliche entsprechung zu
unserm wort ist heftnadel {th. 4, 2 sp. 775). zusammen
mit ihrer schicester, der nähnadel {th. 7 sp. 302), differen-
zierungsbegriffe der aus dem urzeitlichen dorn entwickelten
nadel {th. 7 sp. 250). icohl in anlehnung an unser wort ist
ein sprachlicher versuch zu stände gekommen wie spennadel
{th. 10, 1 sp. 2156, *. auch spännadel sp. 1891). eyn stecknol,
Spange spinter Biepeübach gloss.bil^; Steroide ebenda ;
Stecknadeln Elisabeth Charlotte briefe 2. 76; ein steck-
oder spennadel acic«Za CoRviNUs/on»/a<tn. 7»; Stecknadel
a«et<Za Stieler 1343; adcula capitata Frisch 2, Z2ö*; acus
capitulata Steinbach 2, lOO. Kramer dict. 2 (1702), 919'
schwankt zirischen stechnadel {oben sp. 1281) und Steck-
nadel, entscheidet sieh aber doch für das letztere: grosse
Stecknadel spillone 2 (1702), 924"; kleine Stecknadel spiU
letta, spiUettina ebenda, einem niederdeutschen st@kenatel
{vgl. eine stäknahtel Zesen adriat. Rosemund 32 neudr.)
icill gerecht werden : eine pferdehomisse, hinten mit einem
braunen, fast einer steckenadeln langen und dicken
Stachel Göchhausen notabilia venatoris 193; stecke-
nadeln Amaranthes 1896. dagegen icendei sich Adelung
lehrgebäude der deutschen spräche 2, 246.
l) im eigentlichen sinne, im dienst der toilette und
sonst: ein Stecknadel: ich bin steif, rund und lang, dem
frauenvolke werth Harsdörffer gesprechspiele 3, 454;
bald war der sessel nicht recht gesetzet, bald lagen ihr die
Stecknadeln nicht recht Zendorius teutsche wintemäclite
(1682)403; mit neuen heffteln oder Stecknadeln Widmann
Faustsleben 716; schwarze steckenadeln zum trauerkostüm
Amaranthes 1897; zugleich folgt ein 8 Stecknadeln, es
kostet 2 rth. 12 gr. gut geld ... der messingdraht ist so
theuer Göthe IV 22, 66 Weim.; eine goldne Stecknadel
... die ein vergiszmeinnicht vorstellte Keller 4, 229.
86* Cr.
1367
STECKNADEL
STECKNADEL
1368
a) insbesondere: mit Stecknadeln anheften attac-
eare con spilU. spülare, spillettare Kram er dict. 2 (1702),
924* U.S. if. : zogen mir meine kleider . . . ausz, und hiengen
mir hingegen einen arm voll alter zusammen geneheter
und mit Stecknadeln aneinander geheffteter lumpen umb
den leib Jan Perus 36; bey der tafel heftete ich mit
einer Stecknadel ein billet an meine serviette Knigge
roman tneines Ubens 1, 217 (vgl. Holtei erz. Schriften
10, 26); Gottfrieds freundliche Schwester, hatte ihm ein
band geschenkt, und es mit einigen Stecknadeln auf dem
hüte befestigt Ch. v. Schmid i, 9; ein paar Stecknadeln
reichten hin, die schleife wieder zu befestigen E. Th. A.
Hoffmann ll, 93. — zu anderen zicecken: so schlag zu
Oberst bey dem G in den rechten puncten eine reine
Stecknadel, vnd halt ein gerades linial daran Frons-
perger kriegsbuch 3, VS; Mendelssohn und andre . . .
haben versucht die Schönheit wie einen Schmetterling
zu fangen, und mit Stecknadeln . . . festzustecken Göthe
IV 1, 238 Weim.; auf das eine kissen hat er mit Steck-
nadeln meinen und seinen namen verschlungen gesteckt
Brentano i, l6i.
b) als charakteristisches kleingeräth derfrau: die Steck-
nadeln, mit denen die frauenzimmer sich verschanzen,
halten keinen stürm aus Hippel über die ehe 36;
entriss ich dich dem schwefelpfuhl,
dass ich in eines mädchens kreis mich bannen,
dass ich Stecknadeln lösen sollte, statt
der riegel, womit die geheimnisse
des alls verschlossen sind?
Grabbe 2, 49 {don Juan und Faust 1, 2);
ich habe einen jungen mann gekannt, der eine Steck-
nadel dem geliebten mädchen, abschied nehmend, ent-
wendete, den busenstreif täglich damit zusteckte, und
diesen gehegten und gepflegten schätz von einer groszen,
mehrjährigen fahrt wieder zurückbrachte Göthe 24, 222
Weim.; und nie empfing ich ihn (rfen roman) zurück,
ohne dasz mir Amalie die schönsten stellen mit Stick-
garn oder einer Stecknadel bezeichnet hätte Hauff 2, 126.
— icic das trinkgeld dem manne, so wird stecknadel-
geld {s. unten) der frau, dem mädchen gereicht: (Lisette:)
and wenn befehlen sie, dass ich sie erinnern soll?
(jOrbü:) das war eine vernünftige frage, nehmt etwas
davor zu Stecknadeln Hippel der mann nach der uhr 10
(ßieater der Deutschen 1, 283); (Blumenau:) du wirst mir
doch beistehen, nicht wahr? (Therese:) ganz gewisz nicht!
(Blumenau:) auch nicht, wenn ich dir Stecknadeln in
den schoss werfe? (er wirft ihr einen beutel zu). {Therese:)
o Stecknadeln kann ein mädchen immer brauchen Kotze-
BUE drainat. sp. 3, 212.
c) als tceibliche voaffe: damit ging sie mit einer Steck-
nadel auf den erstaunten pagen ein und stach ihn, wie
es traf Arnim 2, 277; kind, lege alle wallen von dir,
Stecknadeln und alles Raupach drainat. merke 2, 389;
wenn du nicht von mir bleibst, hier ziehe ich eine
grosse Stecknadel aus dem mieder; damit wehr ich mich
Immermann la, 19.
d) als Zahlmittel im kindlichen handel und wandet:
Stecknadeln gegen maikäfer setzen Fr. L. Jahn l, 265;
einige bunte seidenflöckchen mit goldfädchen, füttern
und anderen agr^ments mehr oder weniger fantastisch
verwirrt und hinter einem quadratzoll weiszen glases auf
papier glatt gedrückt, und das alles mit einem thürchen
bedeckt, lieszen uns an vielen orten die kinder um den
preis einer Stecknadel sehen, weszwegen wir der aka-
dcmie zwölf kreuzcr für einen brief Stecknadeln be-
rechnen Brentano 5, 9; so machen sich gern die kinder
aus dergleichen Überresten von flittern irgend eine glit-
zernde Zusammenstellung unter einem stücken glas,
hinter einem thürchen von papier, und zeigen einander
für eine Stecknadel diese hcrrlichkeit ebenda;
ihr kinder, bringt baderlumpen mir!
ich cib euch Kchßn gemahlt briefT darfür,
•t«cknadel, befTtlotn vnd «chlcilTcn
AvuKR 532, 10 (JuXiu* retUv.).
auch »orul: vmb Stecknadeln spielen ludere acietUi»
CoRviNus /ons laHn. 7*; (tair) spielten um nUsse und
«teckn«deln Götub 88. 74 Weim.
fl) vtrgltieA* und rtdtwtndungen von tum iheil aprüeK-
tiOrtliehim verihtt
a) von einem lebhaften schmerze: und da hat es ihm
drei stiche in die seite gegeben, wie mit Stecknadeln
Bahrdt geschichte seines lebens 3, 244. von einem, der
sich auf seiner stelle, in seiner Situation nicht toohl fühlt:
er steht (wie) auf Stecknadeln Wander 4, 791.
b) eines wie eine Stecknadel suchen, d. h. mit be-
sonderer aufmerksamkeit , rcie sie diesem vnnzigen gegen-
stände gegenüber nothwendig ist: ich suche sie alle beyde,
wie man eine Stecknadel suchet Cronegk Schriften
1, 112; des fräuleins abwesenheit konnte nicht lange
verborgen bleiben; ihr frauenzimmer suchte sie, nach
dem Sprichwort, wie eine Stecknadel MusÄus Volks-
märchen der Deutschen 1, 118; ich habe dich wie eine
Stecknadel gesucht Schröder dram. icerke 3, 1'6 (das blatt
hat sich gewendet 2, 9); die kammerjungfer suchte unter-
dess hinter allen hecken herum, als hätte sie eine Steck-
nadel verloren Eichendorff 3, 23. vgl.: so wie einer,
der die versteckte Stecknadel sucht, und in dem augen-
blick, wo man ihm sagt, dasz er ganz nahe dabei ist,
wieder meilen weit davon läuft Forster 7, 151. — ent-
sprechend oben 1 d: (schreien,) als wenn kinder eine
Stecknadel gefunden haben Prätorius anthropodemus
plutonicus 3, 18.
c) von unmöglichem: eine Stecknadel in einem fuder
heu suchen Wander 4, 791; des Schwagers haus wusste
der arme Jüngling ... so wenig zu finden, als in einem
wagen heu eine Stecknadel Hebel 2, 158 Behagliel. — zum
bildlichen ausdruck einer groszen zahl: ich dächte, unsere
anakreontischen dichter könnten ihrer {der öden) in einem
jähre mehr machen als ein Nürnberger künstler Steck-
nadeln oder glascorallen Lessing 3, 237.
d) als der inbegriff des kleinen, unscheinbaren, schwer
erkennbaren zu verschiedenartiger gradbestimmung : es ist
so hell, man hätte eine Stecknadel auf dem boden sehen
können, tiefe stille herrschte rings um; man hätte
eine Stecknadel fallen hören Holtei erz, Schriften 3, iii;
(m^n) drängte sich dermassen in der kapeile des Santo,
dasz dort keine Stecknadel zur erde konnte Gaudy 14, 105.
fast personificiert wie im märchen: die angst, mit der
zwei bediente über die drei zimmer wachen, dasz auch
nicht eine Stecknadel hinaus kann Gutzkow ritter vom
geist 1, 297.
e) in mannigfacher weise zur bildlichen einkleidung
eines negationsbegriffes : ich wollte nicht eine Stecknadel
darum geben Wander 4, 791; meine freunde zu sehen,
achte ich eine reise nicht so viel als eine Stecknadel
G. Chr. Lichtenberg briefe l, 28; für was er {gott) uns
halten musz, können wir schon daraus sehen, dasz er
uns vom wesentlichen nicht einer Stecknadel grosz an-
vertraut hat aphorismen 2, 123; und mich hat das Un-
glück so herum und so müde gezaust, dasz ich mein
leben gegen eine Stecknadel aufsetze Büroer 299 Bohtz;
bey mir hat sie {die Verkäuferin) keine Stecknadel an-
gebracht, und keinen kreutzer geld von mir gesehen
Petrasch lustspiele 2, 34. entsprungen aus dem begriff der
werthlosigkeit des gegenständes: nein, ich habe mein lebe-
tag nichts gestohlen, nicht einmal was, das eine Steck-
nadel werth wäre Holberg dänische Schaubühne 3, 32<):
dieser tage würde ich wiederkommen, ihn abzuholen,
und dann, fehle auch nur eine Stecknadel, ihr das iiaus
üher'm köpfe anzünden Gaudy 23, 158; dabei vcrfallo
ich jedoch nicht in den fehler jener kleinigkeitskrämer
. . ., die da meinen, der herr berufe seine heerscharen
zum Weltgericht um jeder Stecknadel willen Pückler
briefivechsel 1, 877.
/) als ausdruck der liebe und Verehrung für einen ver-
storbenen: man möchte ihn mit Stecknadeln wieder aus-
graben Wander 4, 79i. bildlich: weil wir sie (Luthers
lehre) haben, achten wir jhrer nicht, . . . wenn sie uns
aber aber aus dem gosicht weggerissen, da wollten wir
armen neidhammel sie gerne, wenn es nur sein kündte.
mit Stecknadeln aus der erden graben Matiiesius Sgrarh
(1&86) S, IM*.
8) doch im tprüchvmrl: eine Stecknadel hat auch einen
köpf Wanobr 4, 791; utui wer die Stecknadel nicht achtet,
kommt nicht zur nähnadel ebenda; eine Stecknadel täg-
lich bildet einen groten im jähre ebenda, vgl. die ge-
schichte von der aufgenommenen Stecknadel, die dann
Cr.
1369
STECKNADEL
STECKNAGEL— STECKRÜBE
1370
schliesslich den aufnehmer zum millionär umschuf Fon-
tane I 4, 273. gleichicohl aber charakterisiert einen klein-
lichen menschen : die alte redete, vrie es einer person ge-
ziemt, die eine Stecknadel aufhebt Göthe 21, 43 Weim.
i)in iceiterer zusa m mensetzung .-stecknadelbehälter,
m.: der kleine altar mit einem weihbecken, das aber
völlig wasserleer und sogar ein stecknadelbehälter ge-
worden war Gutzkow zauberer ton Born 3, 48. — steck-
nadelbrief, m., briefartig zusammengefaltetes papier,
tcorin die Stecknadeln reiheniceis befestigt, in den handel
gebracht werden, steckenadelbrieff von blauem oder auch
tceiszem papier A^.KRASTHES 1897; meine stecknadelbriefe
bethätigen sich ... als tauschwerthe Lassalle reden
3, 153. — stecknadelbiichse,/., büchse, iconn Steck-
nadeln aufbewahrt werden Campe, oft kunstvoll gearbeitet
aus metall, bein oder holz. — stecknadeldegen, m.,
vergleichsweise: und welche Säbelmöglichkeiten! Goliath-
mäszige kürassierschleppsäbel vom general Altenschen
korps, spitzige, gerade stecknadeldegen Sohle musi-
kantengesch. 87. — stecknadelfabrik, /., wo trotz der
kleinheit des hergestellten gegenständes noch vielfältige
arbeitstheilung herrscht, deshalb im übertragenen sinne:
leider giebt es auch derartige poetische stecknadelfabriken,
wo sich z. b. vier Franzosen zusammensetzen, um ein
lustspiel zu 'dichten' W. H. Riehl die deutsche arbeit 295.
— stecknadelgeld, n. l) geldgeschenk zum entgdt
für weibliche dienste (vgl. oben tb): gern hätte unser
ritter dieser kreuzschlägerinn (für ihren glückwunsch)
ein trink- oder stecknadelgeld gereicht Hippel kreuz-
und querzüge 1, 76. 2) ioie oben nadelgeld {th. 7 sp. 254)
für putzbedürfnisse der vornehmen frau gereichtes geld:
du vrirst wohl deinen antheil an ihren stecknadelgeldern
haben, weil du sie so eifrig verlangst J. E. Schlegel
2, 358. vgl. auch spendelgeld {th. 10, 1 sp. 2148) und spen-
nadelgeld (sp. 2156). 3) als ein theil der mitgiß, tcelchen die
frau zur bestreitung ihrer künftigen putzbedürfnisse mit in
die ehe bringt: (Luise:) Löwe nimmt mich ohne brautschatz,
ohne stecknadelgeld Kotzebu E dram. werke 32, 188. —
Stecknadelhändler, m., d«r mit kleinputzgeräth der frau
handelt J. P.\UL 5, 56 Hempel. — Stecknadelkissen,
n. , kleines kissen zur aufbeicahrung von Stecknadeln,
ähnlich unten dem stecknadelpolster. — stecknadel-
knauf, m., selten an stelle des folgenden: es ist keinen
Stecknadelknauf werth Wander 4, 791. — Stecknadel-
knöpf, m., der runde knöpf der Stecknadel (s. oben im
eingang): keine erfindung eines müssiggängers, der zum
Zeitvertreib einen stecknadelknopf glättet Sonnenfels
ges. Schriften 2, 260; die einzelnen luftblasen hatten die
grösze von stecknadelknöpfen Sömmerring vom baue des
menschl. körper s S, 1, li (r^i. stecknadelknopf grösze,
von der kleinsten stecknadelknopfgrösze ... bis zu
bedeutendem umfang wachsen sie (die perlen) heran
Bitter erdkunde 6, 616); denn wer ist am ende so rein,
dasz er nicht irgendwo einen fleck hätte? sei's ein
fleck, wie ein stecknadelknopf klein, das gerücht läszt
ihn wachsen bis zur grösze des tellers Holtei erz. Schriften
18, 61. zur Charakterisierung des geringsten: kehien zum
mann zu nehmen, dessen leben noch einen stecknadel-
knopf werth ist Beck quälgeister 30. — Stecknadel-
kopf, m., von der gleichen bedeutung wie das vorher-
gehende: von der grösze eines kleinen Stecknadelkopfes
Baer reden und aufsätze 1, 180; ungefähr wie ein Steck-
nadelkopf grosz Sömmerring vom baue des menschlichen
körpers 5, 74«; die jungen dieses thieres, ehe sie noch
gröszer als Stecknadelköpfe sind Forster 4, 166; zuweilen,
wie kinder, kehrten sie das (/ern-)rohr um und freuten
sich, wenn ihr haus, winzig wie ein Stecknadelkopf,
meilenweit draussen lag Stifter l, 260. aueh: die magd
. wollte wetten, wenn man die frau ausbälgelte,
man fände nicht einen Stecknadelkopf grosz weiszheit
bei ihr Gotthelp Schriften 11, 151. dazu: stecknadel-
kopfgrosz, adj., ein stecknadelkopfgroszes körndl (ar-
$enik), sagt man, soll nicht schlecht thun Rosegger
IIl5, 63. — stecknadelkoppe,/., entsprechend koppe 3
{th. 5 sp. 1784) in der bedeutung des vorigen: zwey schwartze
flecklein auf denen federn ... so gross, als eine grosse
stecknadelkoppe Göchhaüsen notabilia venatoris 91.
M(cA in der form Stecknadelkuppe,/., {vgl. kuppe 1 b
Cr.
th. 5 sp. 2771) : öcon. physical. lexicon 1, 672 ; zwei schwartze
tüpflein, wie eine Stecknadelkuppe Döbel jägerpractica
1, 54. — stecknadelkram, m., kleinhandel mit Steck-
nadeln {vgl. kram 2 th. h sp. 1988); im folgenden über-
tragen und verächtlich in dem sinne von kleinigkeits-
krämerei, kleinkram u. s. w. (th. 5 sp. 1113^.): und wäre
der herr nur gleich nach Holland gegangen und hätte
dort ohne seinen albernen stecknadelkram von ehrlich-
keit ein tüchtiges spielhaus angelegt, was gilts, nun
säszen wir warm Kotzebue dram. werke 33, 113. — steck-
nadelmacher, wi. , trie unten stecknadler: die steck-
nadelmacher . . . nutzen eine gantz besondere art der
feilen, . . . auf welchen sie die spitze an ihren Steck-
nadeln zu wetzen pflegen Abrah. a S. Clara etwas für
alle 2, 202; vgl. öcon. physical. lexic. 8, 1591. — steck-
nadelmaschine, /. , zum herstellen von Stecknadeln
Prechtl technol. encycl. 10, 291 und 24, 360. — steck-
nadelnatur, /. .- sie wollte donnern und blitzen wie
ein afrikanischer löwe, aber die stecknadelnatur des
weiblichen zornes stach überall hervor Börne Schriften
11,133. — stecknadelpolster, n., kleines polster, tcorauf
die Stecknadeln zur aufbeicahrung gesteckt werden, oft mit
Stickerei kunstvoll verziert: vor dem Spiegel lag ein steck-
nadelpolster und ein kämm Keyserling Bosa Herz 167.
— stecknadelspitze, /.: ein tropfen wasser mit einer
stecknadelspitze aus dem unendlichen ocean geschöpft
Göthe 45, 46 Weim. {Bam. neffe). dazu stecknadel-
spitzgrosz, adj.: der köpf war putzglatt geschoren und
doch sah man durchs dunkelbraune haar nicht ein
stecknadelspitzgroszes fleckchen haut Rosegger laszt
uns von liebe reden 9. — stecknadler, m. , irie oben
stecknadelmacher: spiUaio, maestro spiüaio. agucchiaro
da posnolo Kramer dict. 2 (1702), 924«.
STECKNAGEL, m.. in der bergwerkssprache bolzenartiger
nagel. welcher die kunststange in dem geschlitze fesÜuilt
Junghans gräublein ertz E4»; Minerophilüs 632; vgl.
Frisch 2, 825*.
STECKNETZ, n. trie oben steckgarn in der jäger- und
fischersprache: die stecknetze zum fang der rebhühner ge-
braucht Fleming teutscher jäger 332; stecknetz (haupt-
sächlich für den fang der wachtein und lerchen) Frisch
2, 325*; im herbst fangen sie (die baumpieper) sich leicht
in . . . stecknetzen N.\umann naturgesch. der vögel 2, 2, 773
— stecknetz auch von den ßsehern zum kabeljaufange
benutzt Krünitz 171, 131.
STECKNUSCH, m., der an den alten dachrinnen (s. nusch
th. 7 sp. 1008) befestigte lange schnabel, welcher das regen-
tcasser mitten auf die strasze fallen liesz: es sol kainer
hie in der stat tropfstäl haben, anders dann er leg
nuesch zusambt ainem stecknuesch, also da? da; wajjer
dar ab mitten an die gajjen ungevaerlich fallen müg
Münchener stadtrecht 2, 35.
STECKPFEIL, m., bei den feldmessern eine spitze stange,
welche bei der Vermessungsarbeit in den boden gesteckt
wird: eyn feldmesser soll sich mit zehen oder eylff spitz-
pfälen, sonst spiesslin oder steckpfeil genannt, gefasst
machen Sebiz feldbau 471. vgl. das folgende.
STECKPFLOCK, m., pflock, welcher zur richtungsangabe
für erdarbeiten in die erde gesteckt wird, plur.: steck-
pflöcke Booe Tristram Schandi 8, 48, oft als halt für die
noch genauere richtung gebenden schnüre oder leinen, vgl.
das vorhergehende.
STECKREIS, n.. wie oben Steckling utui deutlicher als
setzreis (th. 10, l sp. 694) und Setzling (sp. 691) reis, welches
zur fortpflanzung in die erde gesteckt tcird: fortpflanzung
durch Steckreiser aUgem. deutsche bibliothek 101,461; noch
ist vom pflanzen der erlen zu reden . . . man kann Steck-
reiser machen oder wurzelleger Zschokkb ausgew. schriflen
11, 85; das Steckreis ist ein teil . . . des mutterkörpers
RossMÄssLER der icald 19.
STECKRÜBE, /., eigentlich 'rübe, welche nach der aus-
saat noch einmal durch stecken («. 'stecken 6/a sp. 1309)
verpflanzt wird', die zamen räben . . . nent man steck-
röben Bock kreutterbueh 2, 46.
l) gewöhnlich die bezeichnung von brassica napus L.
Erhart pflanzenhistorie 5, 24; steckrub »uipus teutsch-
lat. wörterbüehl. 22; gelb- o. steckruob napa Pinicianus
(1581) bei DiEFENBACH gloss. 375*; Steckrübe navone
Cr.
1371
steckrCbe-steckschober
STECKSTANGE— STEFFEN
1372
Kram ER diet. (1702), 925»; steckrübe naptts Frisch 2, 325«;
pleckrüben naptts Starck (i620) 125; Dentzler 487* ;
Belcora herfür gienge, ire gewendlin an den thennen
hreytet unnd sich darauff setzt, steckröben zusamen
zu klauben und den dennen rein zu machen Lindener
rastbüchlein tiO; steckruben ablesen Sebiz48; (die) Steck-
rüben werden auch entweder als ein zugemüs, oder an
fleisch gekochet und aufgesetzet Amaranthes 1667, doch
der genttsz der steckrübe beirirkt leicht hlähungen ebenda;
deshalb empfiehlt Sebiz: darumm solte man die steck-
ruben ausz senff essen 1S6; stäckruben als fasanevftitter 114.
Jiir einen hartnäckigen gilt die spriichtcörtliche rtdensart:
er lässt sich eher mit steckruben zu tode werfen
El SELB IN 578.
ö) icegen ihrer langgestreckten form (eine lange jübe,
ßteckrübe navone simile alla rapa Hulsius (1616) 882)
giebt Maaler daneben die form steckenräben, die zamen
nempt man trucken steckräben, die wilden nassz steck-
räben napus 885*, in anlehnnng an stecken subst.
b) daneben auch mit bentdziing des deminut. steckel:
steckel- vel bortfeldische rüben napa Diefenbach gloss.
375»; nach Campe gilt für die Telfouer riibchen (eben mit
heziehi(ng auf ihre kleinheit) die bezeichnung steckelrübe.
eine nebenform stickelrube napa Balt. Trochus bei
Diefenbach gloss. 37b*; stickelrube irfcm g-uorf steckrübe
Stieler 1609 *. unten.
c) in sachlicher beziehung ist noch auf das völlige
lehntcort nape (fh. l sp. 848, dazu die nebenform nop sp. 886)
himutceisen, eine entsprechung zu ags. nsep Hoops tcald-
bäume und kulturpßanzen 601.
d) als Spottname findet sich Steckn^be in einem gedieht
auf den Würzburger städtekrieg 1397 — 14<X) bei Liliencron
histor. Volkslieder 1, 170, 445.
2) selten name der getcöhnlichen kohlrübe, brassica ole-
racea napobrassica L. Campe; Sprengel chemie für
landvnrte 2, 669; die steck- oder kohlrübe Thaer grund-
züge der rat. lajidicirtschaft l, 262. auch entsprechend
kohlrabi 4 {th. 5 sp. 1596): da man nun den kohlrabi
gewöhnlich auch steckrübe zu nennen pflegt Kotzebüe
9, 55 {silberne hochzeit 2, 9).
3) in iceiterer Zusammensetzung: das deminut. steck-
rübchen, n. bezeichnet nach Campe besonders die Tel-
totcer rübe. — steckrübenacker, m., campo seminato
di navoni Kramer dict. 2 (1702), 925»; napina Steinbach
1, 8. — Steckrübenblatt, n., das kohlartige blatt der
steckrübe: frische steckrübenblätter Sprengel chemie
der landvirischaft 2, 669. — steckrübenbrod, n.,
hrod, Kelches man aus dem fleisch der steckrübe herzu-
stellen versticht hat KrOnitz 171, 140. — steckrüben-
kohl, m., mit beziehung auf steckrübe 2 bei Campe das
kohlartige kraut der steckrübe. — steckrüblein, n.,
deminut.: kleine steck- oder bayrischen rieblen Franck
chron. 249''; in steckrüblein die ander süsse Paracelsus
opera 2, 47* {de gusiu herbarum); {Tillys scharen wütJien
in der gegend von Merseburg und werden tcilden schtceinen
verglichen) :
mit Bcharfen wehren sie eich stellen allzn wacker,
ZQ tbun viel schaden in der wiesen und im acker,
voran« verderben sie in dem Mcrssburger land
all steckrüblein, die da weit und breit bekannt
von wegen ihrer gUt
Opei.-Cohn dreitzigjähr. krieg 278.
BteckröbleinBRen, n., aussaat des ateekrübensamens :
das rubenpflantzen ist dem steckrüblinsäyen nicht fast
ungleich : alleyn das sie dicker und nicht so dünn wollen
gesäyet werden Sebiz 196.
STECKRDTHE. /., heiazt in der köhlerspraehe die zilnd-
atange, mit welcher der meiler von unten in brand ge-
itteckt wird KrCnitz 171, 140, im deutliehen zuaammen-
hattge mit ' stecken verb. 17 sp. 1316.
8TF.CKSCHAUFEL. /.. im Heirischen 'eine »chaufel.
die man mit demfuate in den Loden treibt' Unoer-Khull
ft7J*>, die alto tualeich attcli ntm graben dient.
STECKSCHLÜSSEL, m., in der aeemannsspraehe ein
eiaemt» rokr, wdehea mr vergrUaMerung der hebeUcraft auf
tinen hebelarm und dergl. gesteckt wird Stenzbl 8&8*>.
STECKSCHOBER, m., getreideaehcber . der aua twantig
wuf dem achoberattdun hängenden garben heateht Unoer-
Khcll 671*; der aekober bealAt tiher aua drei schober-
Cr.
stecken {mäszig langen stecken, die zum befestigen eben
des Schobers dienen), und so machen drei steckschober
einen zahlschober au«.
STECKSTANGE, /..• bald werden sie auch da vor
mein haus kommen, mit ihren steckstangen, die bäumel-
setzer Rosegger die försterbuben 157.
STECKUNG, /., handlung, Vorgang des steckens: die
steckung fibulatio, fistucatio, actus figendi Stieler 2160;
fircamento, figgimento, cacciamento Kramer 2 (1702), 925»;
steckung (pfahlsteckung) fia^o Steinbach 2, 715; item,
so ainer den andern überzeint und wirt klagt, ist peen
von iedem zaunstecken fünf phunt; künden sich aber
die mitverwonten des guets mit steckung der mark nit
vergleichen, soll es auf der parteien kostung durch die
herrschaft . . . beschehen und ausgesteckt werden tirol.
ireisthümer 4, 729, 21. — entsprechend * stecken 19 sp. 184+
an stelle des heute gebräuchlichen Stockung {s. unten):
maszen dann ein krieg nichts gewiszers als steckung
aller commercien mit sich bringet Verhandlungen der
schlesischen fürsten und stände (1610) 244.
STECKVOLL, adj.. völlig voll; steck als kurzform von
stecken subst., zur Steigerung vericendet tcie getvöhnlicher
unten stock; doch erhält unser xrort aus der vendung
eines dinges voll stecken (* stecken verb. 20 sp. 1346) be-
sondere nahrung, ja ist wohl überhaupt daraus geschöpft:
wenn die diener Tom morgen bisz in die geschlagne
nacht steck- und zeckvoll sein Mathesius hochzeits-
predigten (1584) 148*"; davon aller alten heydnischen
poeten bücher steckvoll seyn Guarinonius gretcel der
vertcüstung (1610) 455 {vgl. auch s. 99l). auch in der er-
starrten form steckvoller {vgl. dazu * stecken verb. 20c
sp. 1346): zu vnsern Zeiten hat man in Siebenbürgen ein
gewelb gefunden, das ist steckvoller geschlagener gold-
gülden gelegen Mathesius Sarepta i^^; vnd das masz derer
im occident war auch steckvoller mutwill vnd frevel 87».
STECKWEIDE, /., als bezeichnung von salix caprea L.,
der getcöhnlichen Salweide {s. th. 8 sp. 1704): wer die so-
genannte holländische rheinweyde haben kan, wäre es
noch besser, denn diese ist der vorerwehnten grossen
steck- oder saltzweide noch vorzuziehen allgem. hatuthalt.
lexic. 1, 747*, tcohl, tceil sie sich leicht dttrch Stecklinge
fortpflanzen lüszt.
STECKWIEKE, /., nach Nemnich eine benenntmg von
ulmus sativa L., der kleinblättrigen ulme; ulmtis minor
Krünitz 171, 14«.
STECKWINDE,/., als bezeichnung von smilao" aspera L.
ScHRADER reallexicon der indog. alterthtimsk. 377, ent-
sprechend ndd. stekwinde an atelle von nhd. Stechwinde
{sp. 1286).
STECKWURZEL, /., entsprecliend ^ stecken verb. 6/
sp. 1309: endlich wird die erde ... zu kleinen kugeln
geformt, in welche die samen oder steckwurzeln gelegt
werden Ratzel völkerktmde 2, 255.
STECKZEIT, /., pflanzzeit {vgl. 'stecken 6/ sp. 1309):
allerley sorten von kernen, welche man von dem reifen
obst sammlet, man mag sie gleich noch im herbste,
oder auf den folgenden frühjahr einstecken oder aus-
sähen wollen, soll man bis zu ihrer steckzeit an einem
luftigen {orte) . . . aufbehalten allgem. hafishalt. le.r. 2, 74».
STECKZIRKEL, m., reiszzirkel, dessen einen fttsz man
heratisnehmen und dann bleistifl oder reia^feder an seine
atelle stecken kann Eooers 2, 599; Campe.
STECKZWIEBEL, /., striebel, trelche im nächsten jähre
tcieder atisgepflantt (gesteckt a. * stecken verb. 6/ sp. 1809)
trird, besonders tum ttrtcke der satnenzttcht. steckzwibel
eipolla, btdbo da piantare 6 piantabile Kramer diet.t (1708),
926», sonst auch satzzwiebel {th. 8 sp. 1848) genannt.
STEFFEN, m., dasselbe i«> tinten steg («. dort unter »•)
atif einem »aiteninstrtimente ; vielleicht besieht eine ver-
trandischaft unseres tcortes zu steifen verb., die auch sach-
lich sich begründen Hesse: die brücken, der oteg aaff
einer lauten, geigen, vulgodvmiefli^npontieuluaConvinvB
fons laiin. sosO; der Steffen auf der geige, worauff die
sayten liegen Stbinbach 8, 6t«o;
vnd laaz «i« (<tt< aaOen der geige) hinunter fin.
da du den träger flndett stan,
welcher gnant wird der ateffen,
■0 magftu die teylang treffen
AoRicoLA muaiea inttrume^oN» MM nendr.
Cr
1373
STEFT
STEFTLEIN-STEG
1374
dazu die syrichuörÜiclie redensart: hinter dem Steffen
fiedeln delirare, clave findere ligna. et securi fores aperire.
de via dedinare, aberrare, deßectere Stieler 2137.
STEFT, m., nebenform zu stift (*. unten); daneben in
der form der steften Schmeller; ünger-Khull 572»
und als fem. die stefte, so kärnthisch bei Lexer 240 und
steirisch bei Unger-Khull 572», letzteres wold unter dem
einflusz von spitze, über eine mögliche Verwandtschaft zu
dem in niederdeutscher form sich darbietenden steppen
verb. s. dort und unter stift. besonders charakteristisch
ist für unsere wortform die bedeutung unter 1 o.
1) nagel aus eisendraht, heftnadel u. ä.: in denn die
steften in den lip stechin Suso 40, 18; trüg ain yekliche
ain sack mit eisinen steften Sghaiuenreisser Odyssea
(1537) 88»; hefften es mit einem stefften an dem andern
biss inn die mitte dess holtz Xylander Folybius (1574) 335»;
geradezu nähnadelartig: darnach mach ein eysnen langen
steft, der zu forderst am spitz ein nadelör hab Dürer
undericeysung der messung Q 2**. — bildlich : denn ich thar
aach wol darauff schweren, das dieser sprach Christi 'das
ist mein leib' ynn yhrem hertzen steckt wie ein ewiger
stefft, des sie nirgend mügen los werden Luther 23, 89
Weim.; darümb erstlich an dem stand zu reformiren an-
zufahen ist, oder der stefft wirdt aass den hertzen nit
kommen 19, 441 Weim.
a) insbesondere die metallene zunge einer schnalle u. s. vn.,
oft kostbar und kunstvoll gearbeitet (für diese bedeutung
setzt auch unten die Weiterbildung stefzen besonders ei7i) :
steft an einem rincken ardiglione, puntale, ago difibbia
Krämer dict. 2 (1702% 927»; steft an einem riemen, riemen-
£teft ferretto, puntale, puntar-uolo, ago die stringa ebenda,
vfie im folgenden der nestelstift (*. th. 7 sp. 629, s. auch
nestelnadel ebenda): ein steft am nestel Lehmann exil.
melanch. 409; die nadel oder stefft aines nesteis Braun-
schweig Chirurg. 47»;
Gampel Dötgch: mein Steffel, warbey keimst du ihn?
(den rock)
Steffel Löü: ey, bey der nesti, die hat kein stefft
Hans Sachs 17, 107, 14 Keller-Götze.
ein Schwert er gleichfalls hencken thet
von seiner achsel lang heninder,
daran das hültzin heSt besunder
gewaltig schön gezieret war,
mit stefften weisz von silber klar
Spreng ilias (1610)231».
vgl. auch: die nadel oder stefft eines mantels einem kind
in das aug geschlagen wart Braunschweig chirurg. 54'»;
o liebe muter, ich wein nit, das er hinweg ist, ich klag
den guten mantel mit den silberin stefften, den er an-
tregt, das ich in auch nit verzert hab Pauli schimpf
tt. ernst 21.
b) steft bezeichnet bei dem nagel nur die spitze, nicht
zugleich den köpf: {JJlenspiegeU) nimpt den rümpf, darinn
die hüfnegel liegen, und schüttet die hüfnegel darus,
und howet in die köpf ah, und die köpf zusamen, und
die steft auch also Ulenspiegel 60 (vgl. Fis^hart Eulen-
spiegel 5471 Hauffen); stefft, kleine spitzen Ton hufnägeln,
welche die hufschmidte nach aufgeschlagenen eisen ab-
rwicken Frisch 2, 326»; steft viereckiger nagel ohne köpf
rFOLLMANN 494''; Vgl. ouch ScHMELLERS erläuterung : der
Inagel besteht aus dem steften und dem köpf, dem
itapricht. wenn in der älteren spräche (ßteirisch) die
»menspitze mit steft bezeichnet wird:
einen schaft vil swseren
habten sie, da was ein steft
oben von golde angescheft kröne 14687;
des muosten vliegen schenke!
und gar unz an die enkel
sporn in diu ors heften
und die stefte von den scheften
sich von den stieben biegen 15487.
c) sonstige bedeutungen. der spitzige holzspan ist ge-
int: von stund an zöge ich unden aus seinem fusz
einen groszen steften oder spreiszen Kirchhop wend-
wnmuth l, 316.
schreib- und Zeichenstift: ich hab herr Wolff von
logendorff mit dem stefft conterfeit Dürer tagebucheS;
ich hab mit dem kohln conterfet der Köpffingrin Schwester
Ach; noch einmal mit dem stefft 65; wie man . . .
hnit silbern stefften auff die hültzern weissen plancketen
Cr.
oder tefelein ... zu schreiben pfleget Mathesius Sa-
repta 103*'; zu solcher tafelbezeichnung haben sie einen
spitzigen stefft gebraucht Harsdörffer teutscher secre-
tarius 1, a7»; vgl. steft (bleystefft) bacilli, quae fiunt e
plumbagine ad scribendum ligno subtili tecta Frisch 2, 326».
der zeiger im felde einer Sonnenuhr: steft in einer
Sonnenuhr stilo di quadrante o horologio di sole Kramer
dict. 2 (1702), 927».
2) im steirischen bezeichnet als eine Übertragung des
vorigen das fem. stefte, bez. das Tnasc. steften den feder-
kielrest, welcher beim rupfen in der haut stecken bleibt,
sowie auch die borstige bartstoppel Unger-Khull 572».
STEFTLEIX, n., deminut. zu dem vorigen: schuhsteft
6 steftlein brocchi, brocchetti da scarpe 6 da suole Kra-
mer dict. 2 (1702), 927»;
in mannichem kleuiot und heffUein
köstlich ring und gescbmeltzte steffUein
Hans Sachs 20, 522, 18 Keiler-Götze ;
vgl. lusern. steftle Bacher 393.
STEIFZEIN, m., Wortbildung zum vorigen mittels az-
suffixes, besonders in der bedeutung von steft la; arm-
gezierd, als gestückte ermel, die sie tragen uf den achsel n
und silbrin stefzen an den menteln Keisersberg brö-
samlein 1, 95''; die nestel von seiden, nach der hosen
färb, mit silbern stefftzen Gargantua 4öl netidr.; dem
wäre ein stefftzen am nestel abgangen, da brennete er
den nestel am liecht, dass er hart wardt Zinkgref
apophth. 2, 14. diese mehr selbständige ausgestaltung des
schynuckgegenstandes erklärt auch elsäss.: stefze" grobe
nadel, um strumpfe damit zu stopfen Martin-Lienhart
2, 577'', auch eine nadel ohne spitze zum einziehen von
Jiestelbändem in einen säum ebenda, während stefze"
klei7ier nagel, auch als bezeichnung der von den Schuh-
machern gebrauchten kleinen holzstifte M.\rtin-Liknhart
2, 578» wieder in die aUgem^nere bedeutung voti steft
zurückleitet.
STEG, m., ponticulus, semita. ahd. stec, Tnhd. stec. der
übrigen Verwandtschaft ude steig und dem durch seinen
vocalstand auffälligen stieg {zu dem steg 3 gleichsam eine
begrifflidie nebenform ist) gegenüber schlieszt sich unser
wort mit dem folgende)* fem. Stege (das wieder ein steige
UTid auffälliges stiege sich gegenüber hat) enger zusammen,
beide sind unter der Wirkung eines a,-umZautes zu der aiu:h
in steigen verb. wirksamen würzet «/«^.-sttgh gebildet, beide
Wörter bezeichnen zunächst eine dem, überstieg oder
aufstieg dienende, mehr oder xceniger kunstvolle
holzconstruction (ä. steg l und siege überhaupt), vgl.
dazu schon ahd. stega pontes Graff 6, 625, ganz ent-
sprechend den späteren erläuterungen : steg, stegk, steck,
stecke viale, lignum super quod transitur Diefenbach
glossar 617*; steg, brück un potu:eau, petit pont ; un ponti-
cello HuLSiüS (1616) 307''; steg ponte picciolo. ponticdlo
(1618) 238'"; plur. stege oder schmale brücken ponticuli
CoMENiüS (1644) 474; ein steg über ein vi^asser ponticulus
CoRviNUS (1660) fons latin. 503». (Edward Schröder
weist auch darauf hin [im reaUexicon der german. alter-
tumskunde 1, 332 unter brücke], dasz der steg im gegensatz zu
der m^r flach dem wasser oder sumpf aufliegenden brücke
in einer gewissen höhe geführt wird; unser wort habe also
zunäclist nur den auf- und abstieg der anläge bezeichnet,
wodurch sich denn das plurale- oder genauer duale-tantum
Stegen in Ortsnamen erkläre, die enge sprachliche be-
zidiung zwischen steg und stege fände dann hier seine
besondere sachliche bestätigung.) steg in der bedeutung
'fuszweg' hat wohl erst unter dem einflusz von stieg und
steig diese begriffserweiterung erfahren, die weitere etymo-
logische Verwandtschaft unseres wortes gehört mehr unter
steigen verb.
1) für den verkehr von fuszgängem mit wenig kunst
aus brettem oder bofden hergestellter Übergang über ein
wasser; im gegensatz zu der aus balken- oder knüppel-
werk errichteten oder gar noch kunstvoller über steinerne
bögen geführten, zuletzt auch in eisen erdachten brücke
(«. th. 2 sp. 414).
a) einen holtzernen steg über einen graben machen
transitum fossae ligneo ponticulo conjungere Stein bach
2, 690; einen steg über einen graben machen fossam
ponticulo jüngere Frisch 8, 326''; ein weit in den flusz
Cr.
1375
STEG
STEG
1376
hincingebanter wassersteg . . . mitten auf diesem steg
aber blieb die henne stehen Fontane I 6, 188;
ach, Gockel, bring uns bis zum flusz
und bau uns drflber einen steg
Brentano 5, 39.
in älterer spräche auch einen steg legen:
ich wondt, ich wer vff dem rechten weg,
so hond sy mir glegt ain andern steeg
Clemen r^formationgflugschrißen 3, 243;
vgl. die . . . legten in über einen see tzu ainen st&g
das die lentt dar über gi engen der heiligen leben {das
Summer teil) 32**.
b) über einen steg gehen passar' un ponticello Kramer
dict. 2 (1702), 927^ u. s. tc. : wie er aber einen steg will gan,
so glitscht er aus und Tällt ins wasser brOder Grimm
kinder- und hausmärcJien 1, 144; ich liesz sie wie durch
Zufall von einem steg ohne geländer in den tiefen
Strom hinabgleiten, die wellen schlugen über ihr zu-
sammen Hauff 2, 78;
ich half ihr über steg und zäun
die milch zu hause bringen
Voss gedickte 4, 164;
schön SuEchen schreitet gewohnten steg,
umströmt auch gleitet sie nicht vom weg
GÖTHE 2, 87 Weim.;
der alte hat den steg erreicht,
den durch des wirbeis stäubend rennen
er eben, eben mag erkennen
A. V. Droste-Hülshoff 2, 51 ;
und den bach ab zu dem stäg, den man nämpt Bein-
wiler stäg Tschudi chronic, helveticum 1, 229; der steg
über die MüLllache kommt oberhalb des gartens Göthe
IV 8, 2 Weim. auch im mittelalterlichen straszenbilde
spielen solche stege eine rolle: Ulenspiegel het da zu
Nürnberg weg und steg wol gelernt, vnd sunderlich ab
gesehen den steg zwüschen dem süwmarkt vnd den
hüsslin Eulenspiegel 49 neudr. — insbesondere: da führt
ein steg über ein beinahe stillstehendes wasser Göthe
II 10, 159 Weim.; schon wurde es dunkler und stiller,
als sie an einen steg gelangte, der über den mühlgraben
führte Keller 6, 408;
über's wasser führt ein steg
und darüber geht der weg
Busch Max und Moritz 17.
daneben: über die canäle gehen unzählige stege von
einzelnen planken Ritter erdkunde 4, J051. — starke
icasserßuthen gefährden ihn leicht: der priester . . . wölt
durch den bach gewaten sin, dann der stäg durch
wachsung des wassers verrannen was Tschudi chronic,
helvetic. 1, 166;
da kamen sie an einen bach,
welcher weit anssgeloffen war,
und het den steg verflösset gar
Hans Sachs 17, 358 Keller-Götze.
c) ein adjectivischer zusatz schildert die anläge weiter
in ihrer einfachheit. Zerbrechlichkeit und gefährlichkeit :
einem hölzernen stege (zueilen), der in kleiner entfer-
nung über den bach führte Keller 4, 102; immer noch
besasz die hauptstadt keine andere brücke über die
Tiber als den uralten hölzernen steg, der . . . nach dem
Janiculum führte Mommsen röm. gesch. i, 691;
erzürnte fluthen brausen
tief unter morschem steg
Matthisson tchrifUn 1, 132.
er fOhrl bimeeilen hoch über das wasser hinweg {vgl. die
etnl.): Aber den flusz führte ein hoher steg, der sich
gegen die wiese herabsenkte Stifter 6, i, 74;
da begab sich ein bös«s glück,
welchs sich nit iedermals so schickt,
dsM wie die beoamm tregt das kind
und ihr nachfolgt das ander gsind,
da sollte sie gchn aufT dem weg
vber ein zimlich hohen steg
KiHc.iiART Eulentptegel 81 Uauffen.
langer «teg: {wir) kamen nach einer starken stunde an
den langen steg, der die insel mit dem festen lande ver-
bindet POcKLBR hrü\f%DeehHl t, 111. — schmaler sieg als
nur für fuaxgängtr berechnet {deshalb auch häiifig, besonders
in der äUertn feit durth eine venäunung an beiden enden
gegen andere benüteung geeAüttf): viel unnachdcnklicber
Cr.
ist die weltgier der menschen, als das gehirn jener
zweier ziegenbökke, die zusammen wanderten und ein-
ander mitten auf einem smalen stege, darunter ein tief
wasser war, begegneten Schottel friedens sieg 5 neudr.;
darüber {über den flusz) ging ein langer schmaler steg
ohne geländer Göthe 43, 293 {vgl. auch 25, 120) Weim.;
der alte müller kam . . . über den schmalen steg, der
über das bächlein führte, herüber Chr. v. Schmid
Schriften 1, 180: wenn ein schmaler steg über ein w^asser
führt, so balancire ich ohne bedenken noch in meinem
alter herüber Steffens tcas ich erlebte 1, 336; lust-
wandelnd durch duftende wälder, über frisch grünende
wiesen, über wild getürmtes steingeklüft, über schmale
Stege, unter denen die waldbäche schäumend fortbrausen
E. Th. A. Hoffmann lO, 66 {vgl. auch 2, 43): tief im see
ein badehaus, zu dem ein äuszerst zierlicher schmaler
steg führt, der sich im wasser spiegelt Droste-Hüls-
hoff an L. Schücking 58;
darautr, so gieng ich mit im {dem enget) weg,
gar vber manchen scbmallen steg
RiNGWALDT chrittl. Warnung B 6*.
entsprechend ist der enge steg: wann es sich begibet
das zwo geissen einander begegnen vfT einem engen
steg der vber ein dieff wasser gat, wie halten sie sich?
Pauli schimpf und ernst 245; auff einem gantz engen,
hohen und schmalen stäg Gesner- Forer thierbuch
(1563) 58. — manchmal trug er mich über das wasser im
garten, und sagte er wollte mich fallen lassen, — da
brach endlich der kleine steg, ich fiel hinein Iffland
theatral. werke 5, 9.
d) steg heiszt auch die schmale und leicht tcegnehmbare
landungsbrücke der schiffe Stenzel 400*» ; Kluge seemanns-
sprache 748; den steg ütsmiten Schütze 4, 200; ok so en-
schal nement int schep varen {um waaren zu kaufen),
eer dat stech gemaket is Rigaer burspr. v. 1376.
e) auch im belagerungskriege tcird eine cümliche leicht-
bewegliche laufbrücke steg genannt: worauf der könig
noch selbigen tag . . . seine truppen nicht durch die
thore vnd gewöhnlichen eingang der stadt, sondern über
einen schmalen steg, vnd zween noch nicht recht aus-
gemachte graben den wall hinauf marchiren lassen
Chemnitz schwedischer krieg i, 63.
f) steg mit entsprecliendem begriff, besonders neben
brücke: vor diesen pfeilern hatten sich . . . sechs hölzerne
brücken und sieben dergleichen stege aufgethürrat Göthe
42, 1, 44 Weim. ; die grässlichen meidungen von der wasser-
fluth, die, am 9. September in die dortige schlucht ein-
dringend, alle brücken und stege zerstörend . . . ein
grimmiges unheil anrichtete IV 35, 98; das dorf entlang,
an Stegen und brücken vorbei Fontane l4, 834;
nemblich wo euch unterwegen,
es sey aufT brücken oder stägen,
begegnen männer oder gselln,
sie euch auf der strasz weichen sSIIn
Ayrer dramen 107, 31 {erbauung Rom» 1*")
übers wasser weiss ich noch den weg,
brauch weder brücken, schiff noch steg
Opel-Cohn dreitzigjähr. krieg 244.
auffällig ist:
ich möchte tief ins land hinein,
über berg und thal, über steg und flusz
Platbn 1 , 409 Hempel,
wo die begriffe 'bach und flusz' und 'steg und brücke'
gekreuzt sind.
g) im vergleich:
sie {die rofnr) rennten auff dem meer hinweg,
als vber einen guten steg Spre.no Iliai (1610) 289^
h) im sprii-hirort: wo ein steg ausreicht, baut man
keine brücke Wander 4, 792 und es gicbt mehr stege
über bkcho als brücken Über ströme Altmann 6, 4i>.
mit rücksidii auf seine enge: auf einem stege kOnnen
nicht zwei unbeliebte waschen Wandkr 4, 792; auf einem
Stege können nicht zwei feinde gehen ebenda, mit rück-
sieht auf seine geführt irhkrit: «o lange man noch auf
dem Stege ist, soll man nicht über den graben spotten
Altmann O, 486; auf schmalen stegen und schlimmen
wegen soll der barsch (diencr, knappe «. e, w.) vorgehen
Wanubr «, 79S;
Cr.
1377
STEG
STEG
1378
auf einem steg im regenbach und fluss,
knecht vor, der herr dahinter gehen musz
ebenda ;
auf Stegen über flusz und bach
geht der diener vor, der herr kommt nach
ebenda.
vde noch der batier seiner frau, und nicht nur hier, sorg-
lich voranztischreiten pflegt.
2) in technischer spräche hat sich eine reiche Übertragung
des vorigen gebrauchs entxcicltelt:
a) der steg auf einem musikinstrumente, über welchen
die saiten gespannt werden, pontictdus in fidibus, elevator
chordarum Frisch 2, 326 •>; die brücken, der steg auf
einer lauten, geigen magas, magadium Corvinus fons
latin. (1660) 382^; steg auf der laute ponticulus testudinis
Stieler 2137; vgl. geigensteg (th. 4, i, 2 sp. 2579) und
lautensteg (th. 6 sp. 378); die kunst resonnanzböden an-
zubringen, durch Stege die saiten zu theilen Schubart
aesthetik der tonkunst 33; es wird ein langer kästen von
trocknem tannenholze verfertigt, der unten einen reso-
nanzboden hat, auf diesem werden über zwey stege, die
. . . einander gegenüberliegen, acht bis zehn darmsaiten
. . . aufgespannt G. Chr. Lichtenberg verm. Schriften
5, 87; der steg der baszgeige Brentano i, 183; darauf
kamen die spielleute, musicirend auf mannigfachen In-
strumenten, deren metall aus nichts, als dem reinsten
gold oder silber bestand, edelsteine funkelten an hand-
haben und Stegen Fouque zauberring 2, 146. als redens-
art: hinter dem steg fidein sonare dietro il cavalletto,
cioe delirare, vaneggiare, andar' in quindici colla testa
Kramer dict. 2 (1702), 927*. vgl. auf der bratsche zuerst
ein lagrimoso weit, weit hinter dem stege Gaudy 17, 63;
ist das stück zweimal gespielt, so wird die mühle ge-
schützt (zum stehen gebracht), was der baszspieler durch
einen langsamen kräftigen strich auf den saiten zwischen
steg und saitenhalter bemerkbar macht Böhme geschickte
des tanzes (1886) 208. zu dem akustischen gesetz vgl. noch:
dieser pfropf ist in der flöte unentbehrlich und thut in
derselben eben die Wirkung, welche die stimme oder das
unter dem stege aufrecht stehende hölzgen, in der violine
machet Quantz amceisung die flöte zu spielen 26. — auch
stützende höher im innern des instrumentenkörpers heiszen
stege: das corpus, ob es gleich noch von so schönen,
glatten und festen holtze, die decke noch so zart und
wohl ausgearbeitet, und mit denen stegen in acht ge-
nommen, klinget für sich selbst nicht Bendeler organo-
poeia F 2 *" ; eine laute stark klingend zu machen, gehet
gar wohl an, zumahl wenn der meister, der solche ver-
fertiget, etwas schmahle und überflüssige stege oder ruhe-
bäncklein unter die decke oder dach machet Baron in-
atrument der lauten 90.
b) der steg in einem gefäsze: und satztend ain silbrin,
vergülten kelch och daruff, der wol als gross was, als
unsser kelch dry und leitend über den kelch ain dry-
eggoten steg, der was silbrin, und was bogen Richen-
TAL Constanzer conzil 138, hier %cohl auch Um die dünnere
metallicand zu, stützen (wie heute noch die hohlrätime von
guszkörpern durch stege in gestalt schmaler verbindtmgs-
streifen gestützt tcerden); wurde anfangs ein steg in der
mitte des gläschens angebracht, so dasz auch darauf
pilze sich ablagern konnten, so begann sie vom boden
und von diesem stege Sömmerring vom baue des mensch-
Heften körpers 6, 26.
c) steg, ein in einem, kettengliede zur Versteifung an-
gebrachtes strebestück Stenzel 400*» {vgl. die abbildung
auf s. 181 unter f), auch kettensteg genannt.
d) steg, im bergbau bezeichnung der hölzer, zwischen
welchen die feldkunst schiebt Frisch 2, 326''; vgl. Agricola
bergwerckbuch 125 ; das aber dem anschlager vom gestein,
welche so sie aus dem tieffen Schacht gezogen, wider-
umb hineynfallen, kein gefahr zustehe, so legt man
schussbäume auf die stäge, das also die gantzen weite
des Schachts eynnimmet 87.
e) steg, in der tiachUrsprache bezeichnung der zwischen
zwei füüungen liegenden erhöhten rahmentheile eines thür-
flügels Frisch 2, 326>>. auch die beine von stuhlen und
tischen werden durch verbindende stege verstärkt (vgl.
auch noch stegtisch). — so verbindet auch bei der säge
die beiden arme, welche das blatt halten, der stärkere steg.
X. 2. Cr.
/) dem vorigen ähnlich gilt als steg im artillerietcesen
der senkrechtstehende theil der laufschwellen des rahmens
an der rahmenlaffette Stenzel 400*".
g) in der druckersprache trennt der steg als hölzerne
leiste die spalten und seilen eines druckbogens, intervallo
della forma di stampa Kramer dict. 2 (1702), 972»'; lignum
planum inter characteres aeneos Frisch 2, 326''; dann auch:
nur wünsche ich einen breiten steg und überhaupt viel
rand, als die wahre zierde jedes buches Göthe IV 12, 135
Weim. insbesondere der bundsteg (s. th. 2 sp. 524), wo der
bogen nachher gebrochen und geheftet wird.
h) dem vorigen ähnlich werden bei den papiermachem
stege zur Zusammensetzung der papierform benutzt.
t) steg bei der dorischen sattle das von drei schlitzen
oder hohlkeMen verzierte glied, der dreischlitz, femur
Frisch 2, 326»'; auch bei der jonischen säule der zicischen
zwei kanneluren stehengebliebene theil der sävlenoberfläche
Reimers handbuch der denkmalpflege^ 343.
k) in der schneidersprache bezeichnet steg den ztcickel
oder keil, welcher das aufreiszen des zeuges in der nähe
eines Schlitzes verhindern soll.
V) am hosenbein dasselbe vne oben Sprungriemen 2 (sp.
205): besagter (junger herr) hatte ... an den beinen
enge hosen mit stegen, in der band ein modisches stöck-
chen Büchner nachgel. Schriften 242; keine stege an den
beinkleidern haben Auerbach Schriften 8, 60; als mitten
im contretanz dem freiwilligen Breimüller der steg risz
und ihm die unnennbare bis zum knie hinaufschnurrte,
habe ich ihm eine droschke herbeigepfiffen Raabe chronik
der Sperlingsgasse 157. s. auch unten steghose.
3) schmaler fusziceg (deshalb auch in der Zusammen-
setzung fuszsteg th. 4, 1, 1 sp. 1047), gewisz vne unten steig
ursprünglich 'ein weg, der ohne rücksicht auf eine viel-
leicht im thale führende fahrstrasze seine richtung gleich
über die höhen nimmt und so abschneidet'; dann verall-
gemeinert überhaupt von richteicegen der fuszgänger. im,
übrigen ist gegenüber der festumrissenen bedeutung des
Wortes unter l hier ein einflusz von steig tcahr scheinlich ;
vgl. auch die Verallgemeinerung des begriffs unten, sachlich
interessant ist die erklärung von Frisch: steg, schmaler
fiiszweg über feld, tcelcher durch tciederholte verzäunung
für die bentttzung durch pferd und wagen unbrauchbar
gemacht icird 2, 326''. — dem steege nach gehen semitam
sequi Steinbach 2, 690; sein strick ist verborgen in die
erden und sein fall auff seinem steg (et deeipula ejus
super semitam Hiob 18, 10) Aeg. Albertinus Lucifers
königreich 23 Kürschner; es ist kein steg, der hinab in
die gemeinheit führt Brentanos frühlingskranz 317; man
suchte vom weg ablenkend über hohe berge einen steg
Raumer geschickte der Hokenstaufen 4, 366;
kein berg ist rauh, kein steg ist hart,
und frisch und munter geht die fahrt
durchs leben Blumauer gedickte 184.
c) mit entsprechendem adjectiv : ein schmaler steeg semita
angustissima Steinbach 2.690; über das gebürge, an ent-
setzlichen abstürzen, wo der schmale steg über den felsen
. . . hängt Haller Usong (l77l) 209;
kein fels ist ihm zu schroff, kein steg zu schmal
Göthe 2, 146 Weim.;
ein andern tragen ist noch grössre arbeit, zu dem gen
Rom, vber hohe berge nnd enge stege Agricola sprick-
wörter 1534 G3»;
ich habe den gebahnten steg
verlassen
P. Gerhardt bei Fischer-Tümpel kirckenlied 3, 395»;
durch Wälder und gebirge tritt er sich neue stege
Dusch verm. werke 69 ;
dein haus, im waldgehege,
stand auf dem hUgel frei;
ich, auf gewundnem stege
zog hart daran vorbei Hebbel 6, 876;
an den felsen (welcke salzlager enthalten) leckt das wild
. . . höhlungen aus, und hat sich ... die gefährlichsten
stege gebahnt Ritter erdkunde 2, 891;
o Wurstl ! o Wurstl ! das ist ein weiter weeg,
es gibt grosse hügl und gefährliche steeg
Stranitzky luftige reyszbeschreibung 7;
du wirst auf den schwindelnden stegen genug alte be-
kannte finden Grabbe 8, 421 (Hannibal);
87 Cr.
1379
STEG
STEG
1380
vil länder und ein wüster weg,
auch manche unbekannte steg,
entzwischen liegen mit verdrusz
Spreng Äenät 68 •.
b) eine beiordnung entsprechender begriffe führt zu iceiterer
Verallgemeinerung (vgl. auch die eine besondere behandlung
nothwendig machende reimformel weg und steg unter 5),
so bahn und steg:
wolan, so tr&t ich bahn und steg,
den mir dein äugen weisen
P. Gbrhardt bei Fischer-Tümpel kirchenlied 3, 315;
ermüdet von des tages langer reise, . . .
kam bruder Marcus, ausser steg und bahn,
verlangend nach geringem trank und speise,
in einem thal am schönen abend an
GÖTHE 16, 172 Weim.
pass und steg:
nun hat es einen geraden weg,
jetzt steht uns offen pass und steg,
zu könig Tumo und der statt
Spreng Äenets 219'';
schon die Schergen und Soldaten
Bchlieszen jeden steeg und pass
Spee trutznachUgall (1649) 240.
pfad und steg: der ganze landsturm ist, wie es scheint,
aufgeboten, und zieht auf allen pfaden und Stegen heran
GÖRRES bri^e 3, 474; hier war kein steg, kein pfad zu
sehen Alexis hosen des herrn v. Bredoxo l, 270. — steg und
strasze : und wer das sihet oder höret, soll es nyemandt
sagen, yedermann weichen, wer vmb den weg, steg und
Strassen ist Lindener rastbüchlein 55; vgl.:
es wird kein ander strass noch steg
ins himmelreich gegeben
RiNGWALDT evangeUa R 7».
schon:
Stege unde strafen hän wir in gar verleit
ze leide dem von Beme, dem vürsten unverzeit
Alpharts tod 341, 2.
krämme und steg: eyn hirt . . . saget, wie er inn der
höhe des viehes hütet, vnd wüszte alle krümme und
stege derselben berge Carbach Livius 225''.
4) in reicher bildlicher Verwendung, die oft sich die
stärkeren färben unter 1 und 3 holt, doch sich auch leicht
mit dem verblaszten gebrauche unter 3 b begnügt.
a) von dem gange, welch€7i die phantasie, wissenschaft-
liche urtiieilskraft u. dergl. nimmt, von den pfaden, welche
sie wandeln: ich sehe, dasz hr. Kl(otz) mich in zu tiefe
gelehrsamkeit, in zu bunte philosophie führe; ich will
lieber auf dem ebnen stege der natur bleiben Herder
8, 887;
sie {die weitheU) lehrt dich wohl die wege,
die nach der hoheit gehen, verlernt und öde stege
Haller gedickte 5, 177;
{ein entsprechender zusatz macht die neue Sphäre deutlicher:)
die neuen wege zu entdecken,
die dichter, welch' erfinder sind, betreten,
das war nicht kleines beyfalls werth ;
doch, wege hundertmal gewiesen,
zum hunderterstenmal zu weisen,
und trifft man auch dabey auf unbemerkte stege,
die seitwärts laufen, wiederkehren,
was ist denn das?
Klopstock gdehrtenrepvblik 206:
Maria magt, ich Hüff zu dir
ze aller zeitt vmb dein genad I
dein werde hilff ist mir nit schad,
die weis mich vff der synne steg,
daa ich berür den selben weg
so chomm ich vf die rechten pan
vnd mag auch frölicb heben an,
Z6 betrachten die vigur
HXtzlerin Uederbuch 887 (76, 17).
das zugrundeliegende bild tritt stärker hervor: können wir
einen bequemeren steg finden, der aus den regionen
der beglaubigten geschichtc, über den abgrund des un-
begreiflichen hinweg in das reich der Offenbarung und
ihrer Organe fUhrt Forster 6, U9; und unser natur-
erkennen gelangt an eine kluft, über die kein steg, kein
flttig trägt DU Bois-Reymond grensen de» naturerkentiens
(IBTS) M.
b) der wm gefahren umgebene weg de» m«n»chen in
mHaphff»i»eker landtehafl:
dmmb thu mein nit vergeMen
and bring ea wMer Mtff den steg
PoMTBft Untaek» MfdMit Sl (46, >1 neudr.) ;
Cr.
du (gott) fuhrst mich guten weg
um deines namens willen ;
und wolte gleich den steg
die finstemiss umhüllen,
so bist du, herr, mein licht
ScHMOLCK trost- und geistr. schri/ten 1, 146;
drum fort, ihr irdischen gedanken!
ich will nicht mehr auf stegen wanken
Weichmann poesie der Niedersachsen 3, 159;
wir sind auf unserm stege,
den wir bisher gewandelt, nicht —
befürcht ich — auf dem völlig rechten wegel
Baggesen poet. werke 4, 176;
a) mit entsprechendem, adjectiv. zusatz, zunächst noch aus
dem bilde völlig geschöpft; der schmale steg, welcher der
gefahren viele bietet, entsprechend dem sprichtcort:
wer auf schmalem stege geht,
alleine für sich selber steht Körte 5709.
ich sehe dich in tiefer nacht, wenn auf dem schmalen
Stege der wandrer bebt
BÖHME volktth. lieder der Deutschen im 18. u. IS.jA. 300;
SO insbesondere der schmale steg der tugend im gegensatz
zu dem breiten wege, auf welchem das laster fährt : wenn
du diese urquelle des lichts {nämlich gott) siebest, so
wirst du auch den geraden schmalen steg sehen, der
zum leben führt Stilling i, 430;
geh allzeit den grösten weg,
zur tugent geht ein schmaler steg
Scheit Orobianut 1353 neudr. ;
ganz wie schon im wundervollen reimspiel:
hei, tugent, wie smal sint dine stege,
wie kumberlfch sint dIne wege !
die dIne stege, die dfne wege,
wol ime, der si wege und stege !
GoTFRiED VON Straszburg Tristan 37.
erreicht mein fusz einst auf dem schmalen stege
das paradies Pfeffel poet. versuche 8, 61.
ja, der weg ins jenseits wird kurzerhand so bezeichnet:
und wo nicht ehe, so wird es doch alles an die sonne
kommen, wenn ein jeder sein unrecht gut über den
schmalen stege wird tragen müssen Mathesius Sarqatu
153', — rauher steg:
und hieng sich recht an die frau Tugend,
die er on das gekant von Jugend,
dieselbig zeygt jhm gleich den weg
and den sehr rauhen schmalen steg,
welcher führt zu frau Ehrenpreisz
Fischart ritter von Stauffenberg 390 Havkffen;
aus ihm (gottes wort) träuft dir die fülle segen
ins herz und innre Seligkeit,
und dich umlacht auf rauhen Stegen
dann göttliche Zufriedenheit Novaus 1, 149 Minor.
jäher steg:
was quält ihr euch und uns, auf jähem stege
nur schritt vor schritt den läst'gen stein zu wälzen,
der rückwärts lastet, immer neu zu mühen?
GÖTHB 2, 16 Weim.
gebahnter steg:
ich habe den gebahnten steg
verlassen
P. Gerhardt bei Fischer-Tömpkl kirchenlied 8, 895';
er labet meine seele,
und führt mich aus der hole,
auf recht gebahnten stegen,
um seines namens wegen
Neukirch gedickte (1744) 88.
sicherer steg:
dann weckt, dann führt er mich mit neuem muth,
richtigen wcgs, sicheren stege zu neuem gut
Hbrdbr 18, 880.
den Übergang tu der unsinnlieheren apKärt bildet der
rechte steg:
eins andern irrer weg
macht, dass ich such den rechten steg
Fischart anu>eieung tum Ttmeniwi 878 Hattffe»:
fehl ich Ja des weges,
der bedömten tugendbahn,
und des rechten steges,
da man reiset himmelan
Nbumark tnuMik. poet. luitwäUehem 98;
{der) ist doch nicht auf gutem wege,
irret, verwirret vom rechten stege 168.
der reine steg:
es ist mir mehr als leid,
duz ihr so ungeneigt, ihr harten gfttter, seid,
der ich doch vor euch geh' auf einem reinen stege
Flbmino gedickte i , 536.
Cr.
1381
STEG
STEG
1382
in der neuen Sphäre liegt völlig der wahre steg:
kom her, ich wil dich unterweisen !
hier ist der wahre steg, hier kannstn zu mir reisen
1,5.
sogar:
du bringst mich nicht von diesen keuschen siegen
HOFFMANNSWALDAU gedichU 1, 70.
ß) mit einem entsprechenden zusatz im genetiv:
und zeyget den ainfelting weg
durch gottes wort, des heyles steg,
die eilenden er sterckt und tröst
H. Sachs IG, 515 Keller-Oötze ;
ein flbrigs aber thun, bis dass man zu dem steg
der Seligkeit gelang, dunkt alle so beschwerlich
RoMPLER VON LÖWENHALT reimgedichte 11;
damit das menschlich geschlecht
allzeit geleitet würde recht
durch mancherley mittel und weg
auff den einigen rechten steg
der tugend und Vorsichtigkeit
DÄHNHARDT gricch. dramen {Eurip. Hekuba 28) ;
hab' ich gleich offt tiberschritten
deiner w^rheit heil'gen steg
Canitz gedickte 10.
auch :
Rom reizt auch unsem held auff seiner ehrsucht stege
LOHENSTEIN Arminius 1, eö*";
doch soll die weit
nicht von mir sagen, dasz ich stolz und schwindelnd
in blinder ohnmacht von dem luft'gen steg
des ruhms hinabgestürzt
Beer werke 370 {Struentee 2, 14).
zuletzt:
denn wandelt er den rechten weg,
fleucht, wo er mag, der sünden steg
H. Sachs 1, 297, 21 Keller-Götze;
er hat gestekt in noth, und auf betruges steg
Eeinecke Fuchs (1650) 85.
c) in völliger Übertragung:
so unser sun ist abweg,
der do was unser freiden stegl
Wickram 5, 193 ;
herr Christ, ich geh meiner väter weg,
sey du mein gferth vnd rechter steg
BüCHHOLZER bei Fischer-TCmpel kirchenlied 1, 75.
5) eine besondere Verbreitung hat die reimformel weg
und steg als begriffliche Steigerung zur bezeichnung der ge-
summten Verkehrsverbindungen der landschaft (s. auch unten
weg), entspricht zunächst geicisz dem, begriff brücken und
straszen; schon die folgenden urkundlichen bestimmungen
lassen die formel durchscheinen: das selb gut mit stegen,
mit wegen, mit holze, mit velde Aarauer urk. 22; item
dag solichm gut sovii vergriff, wyte, höhn, türen, thor,
geng, stäg, weg, . . . zugehör Riederer Spiegel der waren
rhetoric (1493) v ö** ; dasz die von Kaiszham . . . den Haid-
wang sollen besizen mit wegen, stegen Knebel chronik
von Kaisheim 149; doch weiterhin vnrd zweifelhaft, ob die
formjel sich aus 1 oder 3 besonders nährt.
a) wege und stege bessern, für den ausbau der
straszen in einem lande sorgen und so hahdel und wandet
befördern: ist die meinung, das die zwen keyser Seve-
rus pius und Marcus Aurelius haben weg und steg ge-
bessert Münster cosmMgr.682; weilen . . . zur beförderung
des commercii, und eines jeden particuliernutzen die
weege und stege im lande mit vielen kosten angerichtet
Casseler zeitung 1731 s. 338. entsprechend versperrt man in
feindlicher absieht wege und stege, um jegliclien verkehr
und Zugang zu hindern: damit bracht er sie von jr vor-
teil vnd von der trenck, also dasz sie jm das wasser
namen, und alle wege und stege werheten Franck chron.
139 '•; daher sie, weil ihnen alle zufuhr, alle weg und
steg, verleget gewesen, nach des feindes wünsch und
willen, nottrungentlich von einander lauffen müssen Chem-
nitz schwedischer krieg 1, 57;
greifft zu, verlegt jhm weg vnd stegk,
Haynbccius Harn lyriem 2413 neudr.;
wind, hagel, reif und schnee verbinden ihre mächte,
verspärren weg und steg, umringein rosz und mann
Weichmann poesie der Niedertachsen 1, 51;
liebste musen! dankt mit mir
gott und den arzneigelehrten,
die dem tod an meiner thür,
Zugang, weg und steg verwehrten
Gottsched anmuthige gelehr$amkeit 1,621.
Cr.
auch:
es hat der dicke wald uns weg und steg benommen,
so, dasz wir ganz verirrt in dieses grüne kommen
Ziegler asiatitche Banise (1689) 846.
b) wege und stege kennen, sich in einer gegend
wohl auskennen und zurechtfinden: meine treue Eutyche
. . . alle stege und wege in Rom kennte Anton Ulrich
VON Braunschweig 2, 1194; das Schicksal jener fried-
lichen gegenden, wo ich alle wege und stege kenne
Caroline 2, 318. — darbey wurden mir alle wege und
stege bekant Simpl. 184 neudr., (vgl. Wickram l, 134);
solchergestalt kan er . . . derer wege und stege recht
kundig werden Fleming teutscher jäger 45; mit weg und
steg bekannt Mommsen röm. geschichte l, 683. — weeg
und steg wissen omjies scire regionis vias Frisch 2, 326»;
dass diese leuthe alle rick, weg und steg an diesen
wilden orten so wol wüsten Simpl. 2, 38 Keller;
auch rüst er sich selbs auff den weg,
dann er wol wüsst all weg und steg
Scheit frölich heimfart G 3»;
der Eulenspiegel war nit trag,
wie er gelehmt hett steg und weg
Fischart Eulenspiegel 4191 Hauffen;
die steg' und weg' daselbst er wuszt
Erlach Volkslieder der Deutschen 2, 330 ;
einem steeg und weeg zeigen alicui viam aperire Stein-
bach 2, 690; zu welchen unterschiedliche personen sich
gesellet, die ihren streiffenden rotten allerhand an-
schlage gemachet, ihnen wege und stege gewiesen Chem-
nitz schwedischer krieg 2, 521; (bildlich:) also haben
wir nun das liecht, uns weg und steg zu weisen Dann-
hawer catechismusviilch 1, 217. —
(Turnus) sucht weg und steg mit viel vnruh,
wo er der maur möcht kommen zu
Spreng Aeneis 172'';
auch alle stäg und wäg auff Rab in geheim erkundigen
Stumpf Schicgtzerchronik il^ ; ein getreuer kleiner spiz
. . . half ihr oft weg und steg suchen FCrst deutsche
erzähler des 18. jh. 72; überall neue wege und stege
erforschen vgl. Ritter erdkunde 3, 436; (sie) fragte nach
den wegen und stegen zu den andern (bauem), die sie
noch in der schreibtafel hatte Immermann l, 131;
si wiset dich durch alliu lant
wege und stege an ir haut Helmbrecht 1316.
von einem tcieder gesundeten, noch rüstigen: darvon sie
gott lob genesen und gesundt worden ist und lebt noch
heut bey tag und geht alle steg und weg ohn stab
und leytung Lindener katzipori 92. — der sprachliche
gedanke in der negation: ain unbegreiflich wilde wüsten,
da nyemand inne findet weg noch steg Tauler sermones
(1508) 38'»; in diesen berg vnd alten wald Fileno eingieng,
da er weder weg noch steg fand, sondern alles mit wildt-
nuss verwachsen war buch der liebe 146"; wärs nicht
so hell, ich wüszte weder weg noch steg zu finden, so
bekannt mir auch sonst hier jeder winkel war Babo
Schauspiele 159;
nur kaoin ich weg und steg nicht finden
Körner 2, 33;
wann einer . . . weder weg oder steg weiss, so bleib er
nur auff der fahrstrassen Montanus schwankbücher \&1 ;
wie soll ich so schnell und auch unerkannt aus dem
lande kommen, ich weisz weder weg noch steg, habe
auch kein geldl Nicolai Nothanker 3, 81; da der mond
noch nicht aufgegangen, so war es im dichten walde
noch sehr dunkel und ich vnisste weder weg noch steg
Brentano 5, 171; obgleich vrir weder weg noch steg
kannten, nahmen wir doch dies anerbieten an POckler
brieficechsel 2, 2.50; (und begrifflich stärker geschlossen:)
weg und steg kenn' ich nicht Hebel 2, 300. auch: man
sihet weder weg noch steg Kramer dict. 2 (1702), 927"
(d. Ä. in völliger tcildnisz oder bei groszer dunkelheit).
c) in präpositionaler fügung, auch hier zur Steigerung
des begriff es, so über weg und steg:
er zeugt dahin,
nun wolt gott, dass von stund jhn
all vnglUck fürt in lüften wegk,
das er nicht vber wegk und stegk
heim zu seinen herren kommen m5cbt
vnd bringen jhn von mir bericht
Hayneccius Hans Pfriem 1435 neudr.;
87* Cr.
1383
STEG
STEG
1384
er warf sich rüstig auf sein ross,
sprengt' über weg und steg
Kind gedickte 2, 94.
einen aaf weg und steg bringen toieder auf die
rechte strasze geleiten u. s. w. : und von der stimme ge-
trieben, irrt der kUnstler oft umher und kann seine
heimat nicht wieder finden, bis der freunde zuruf ihn
nieder auf weg und steg leitet E. Th. A. Hoffmann 1, 50;
bedecke die gestirnte veste schnell
mit nebeln, düster wie Kocytus quell,
und locke sie auf fsdsche weg und stege,
damit sie nicht sich kommen in 's gehüge
Shakespeare 1, 247 {iommemachtstraum 3, 2).
doch als besonders beliebt zeigt sich die Verbindung im
locativ auf weg und steg d.Ä. überall, bei jeder gelegen-
heit. ja in jeder lebenslage u. s. v).: Tornehmlich war
es Shakespeare, der uns auf weg und steg begleitete
MÖRiKE 3, 92; denn man glaube nicht, dasz dieses stück,
weil es seinen gegenständ aus dem dramatischen kreise
der alten nimmt . . . darum aus der reihe der übrigen
werke Göthes herausträte, die mit sichtbaren ftlden an
seine existenz geknüpft sind, wie er selber auf weg und
steg mit pragmatischer gewissenhaftigkeit nachweist Ger-
viNüS geschickte der deutschen dichtung 5, 88; die beiden
extreme, in denen uns auch Jean Paul auf weg und
steg umtreibt 5, 200; dafür bevölkerte sich der ganze berg
mit ihrem bilde, auf weg und steg trat es ihm entgegen
und guckte ihm durch die runden Scheiben Keller 5, 158;
was folgst du mir auf weg und steg
hier in der nächtlichen öde? Heine 2, 444.
im plural: die botanik übe ich auf wegen und Stegen
GöTHE IV 8, 268 Weim.; Linn6's terminologie, Johann
Gessner's dissertationen . . . begleiteten mich auf wegen
und Stegen II 6, 104 Weim.; er glaubt, dasz eine prinzessin
in ihn verliebt ist, der er jetzt nachläuft auf stegen und
wegen E.Th.A. Hoffmann ll, 29; dieses alte haupt- und
grundsymbol der Christenheit liebt bekanntlich die katho-
lische kirche verschwenderisch auf wegen und stegen
anzubringen StraüSz Schriften 6, 60;
Ceres streute voreinst, als sie auf wegen und stegen
die liebe tochter suchte,
fröhliche saaten umher Herder 27, 186;
übertragen auf den verlauf menschlicher lebensschicksale
u. ä. : der wittwer, von gram . . . auf wegen und stegen
begleitet Hippel kreuz- und querzüge l, 108; die sterb-
lichen eilen hin und wieder, auf wegen und stegen, . . .
alles damit sie schätze gewinnen Raumer geschickte der
Holienstaufen 3, 76;
vorsieht, klugheit und verstand
ist der stab in ihrer band,
welcher begleitet und leitet
auf wegen und stegen
Harsdörffer frauenzimmergesprechtpiele 5, 301.
tn der icunschformel : mögen sie recht rein das mannig-
faltige gute gemessen, das ihnen auf wegen und stegen
von nun an begegnen musz Göthe IV 9, 16 Weim.; gott
schütz' uns auf wegen und stegen Brentano 4, 116. —
einen noch stärkeren zusammenschlusz der formal versucht:
ein Charakter, dem er auf weg und stegen . . . treu ge-
blieben Herder 23, 39.
er fuhrt sie weit auf weg und stegen,
und endlich aus des wald's gehegen
RÜCKKRT (1867) 8, 16.
auch:
(Ott leg seinen reichen seegen
dir mit centnem in dein haua,
und auf deinen steg und wegen
geh er mit dir ein und aus
mediz. maulaffe (1719) 870.
die formet in der auflöaung: gott behUtc mich auf allen
meinen wegen und stegen Krauer rftc<. 2 (1702), 927'';
möge dir denn auch auf deinen weltwegen und stegen
alles gute bereitet seyn Göthk IV 87, 896 Weim.; auf
eignen wegen und siegen Arndt l, so. besonders: meine
besten wünsche begleiten sie auf allen wegen und stegen
GÖTiiB IV 8, nt Weim.; {ihr hauptguchäft,) hUbschen
m&dchen auf allen wegen und stegen nachzuspüren
ScHRKYVooBL 1,47; («n gUnner.) der sich meiner an-
nimmt auf allen wegen und stegen Holtri erx. achrtpen
15, «*•; bald liernach k'innen wir den brauticuten he
Cr.
gegnen auf allen wegen und stegen Roseooer l, ISO.
sogar: laut lärmt die trommel auf allen wegen und
auf allen stegen Görres 4, 470. — tmgewöhnlich ist:
sondern hingen in verschiedenen wegen und stegen ihren
eigenen gedanken nach Immermann l, 81. — alterthüm-
licher Sprache gehört an: zu weg und steg: wie der
gut mann disen trewen rath folget, wird es von tag
zu tag besser mit jm . . . vnd geht wider zu weg und
stege Mathesius Sarepta 18»; dass die N . . . . alle-
wegen öflfentlich zu stege und wege, auch zur kirchen
gegangen Nigrinus von Zauberern (1592) 384 (wo unsere
icendung neben dem allwegen und zur kirche das 'auf
öffentlicher strasze' noch mehr herauskehren soll);
zu weg und steg, zu thal und höhn
mein herz soll immer mit ihm gehn
Herder 25, 165;
vgl.: ich wone ir togenlichen bi ze tische, ze bete, ze
wege, ze stege Suso deutsche Schriften 225.
d) bildlich von der ueise menschlicher bemühungen, vne
sie ein erstrebtes ziel zu erreiclien suchen, im gegensatz
zu mittel und wege (th. 6 sp. 2387 unter 10a) kalt sich
unsere Wendung in einheitlicher Sphäre, so stege und
wege suchen: und als Flandern in nachgenden Zeiten
mit hüpschen stetten erbauwen ward . . ., sachten die
künig von Franckreich al weg und steg, wie sie es
wieder zö jren henden brächten Münster cosmogr. lü;
er suchet auch weg und steg, wie er den fürsten selber
kan und mag umbbringen Schumann nachtbüchlein 184;
und also wird der gesunde mensch gezwungen nach
innhalt des gebotts, für den krancken zu arbeiten, weg
und steg zu suchen, darmit jhm geholffen werde Para-
CELSUS op. 2, 63; entsprechend: aber das war die summa
endlich, wie man wege und stege fünde, . . . das sie ja
nicht verhöret würden Luther 30, 3, 286 Weim.; armüt
fmdt alle weg und steg Franck sprüchwörter (1545) l, 31^;
ähnlich stege und wege zeigen, angeben u.s.w.:
o du rycher Christ von himmelrych,
war mag dir dancken vollkommenklich
der gnad, so du vns hast erzeigt . . .
vnsern altvordern stäg und wäg geben,
das sy möchtend fristen jr laben!
Schweiz, schausp. des IG. jhs. 3, 27 Bächtold;
was macht den menschen zum menschen auf erden? . . .
was zeigt ihm weg und steg zum glück?
Hoffmann von Fallersleben Schriften 1, 83;
also, das sie {die witfrau) ein sonderliche lust und liebe
zu dem Studenten gewan, im weg und steg vorschlug,
ob sie ihn zu ihrer lieb bringen möchte Hertzoo
schiltwaclie A3; vor ietzo aber zeiget mir verirrten prin-
tzen weg und steg, wie ich aus dieser mördergrube
meinen fusz ziehen möge Ziegler asiat. Banise (1689) 12;
einer von uns heute . . . würde sich in eine furchtbare
Sklaverei verschlagen glauben, die keinen ohne ketten
lassend, von der geburt an dem niedrigsten und dem
höchsten weg und steg vorschrieb Herm. Grimm Michel-
angelo 2, 60. — der man het alle seine nottorft durch des
münches rede . . . wol vernomen; der wege und stege
die er halten sölte zA der frawen ze komen Arigo 184
die mecklenburgiscJie xcendung: dar hett he vel steg und
weg um halt, einer hat viel mühe ttm eine sache sich
gegeben Wander 4, 792 erläutert: dafür vermietho ich
mein land an einen, der nicht um einen, sondern um
hundert morgen seine stege und wege thut, der sein
ganzes geschäfte aus dem landbau macht Moser ictrke
S, 118. — et» adjectiv erläutert den begriff:
ich leren dy lewt krump weg und steg
altdeuttehe pastionsspiele aus Tirol 860;
ein toeiterer mgwrdneter begriff Uitet aus der Ursprung-
liclien Sphäre hinaus:
noch kenn' ich weg und steg und hofnbrsnch;
ich will auftreten, und die weit erfahr es
RCCKBRT 10, 857.
6) nur als versucJie wechselseitiger Verstärkung, wie sie
sieh au» den vorigen gebraueh»%e«i»en ergeben, haben rt<
gelten :
der weg and steg zur hell ist wert
H. äAciia tt, 106 KMer-Q&Ue;
aber der gotllonen weg und sieg,
dcrMibig der wird nirbt b««l«bn
18,22;
Cr.
1385
STEG
STEGEISEN— STEGREIF
1386
so sind auch höher meine weg,
denn auff erd ewer weg und steg 15, 228;
er fluchte allen den stubenwegweisern, die in ihrem
itopf wege und stege im himmel und auf der erde wollen
ausgemessen haben Herder 16, 155; insbesondere als deut-
liche Steigerung des begriffes steg l : sihestu da den teuffei,
den feynd göttlicher Ordnung? wie er dyr mit den worten
geyst, geyst, geyst das maul auff sperret und doch die
weyl, beyde brücken, steg und w^eg, leytter und alles
umbrysst, dadurch der geist zu dyr kommen soll Luther
18, 137 Weim.
7) ähnlich dient der Verstärkung die annomination steig
and steg:
als es {das schaf) nun kam durch ein holtzweg
mit grosser eyl, an steyg und steg,
verr in die wüsteney hinein
H. Sachs 9, 210 Keller-Götze;
sih, ob ich bin auff bösem weg,
hilff mir auff allen seilen.
für mich den rechten steyg und steg
nach deynem wort zu leythen
Waldis psalter 251» (139).
8) zu der bedeutung 'list, kunst, vermögen' führt icohl der
begriff 'heimlicher weg, schleichtceg', vielleicht auch unter
eiiiflusz von öd: jetzund erkennest du die wunden meines
hertzen, es ist zeit, dass du alle deine kunst brauchest,
alle deine alte steg vnd renck, alle liebliche vnd
schmeichelhaftige wort vnd griff (um ihr den Jüngling
zu gexcinnen) buch der liebe 209*.
9) als erstes glied von Zusammensetzungen vdrd steg-
und stege- gleichenceis verwendet, die zweite compositions-
weise besonders, aber nicht allein gefördert durch die an-
lehnung an stege /.
STEGBEREITER, m., viarum publiearutneuratorFRiscH
2, 326''; stegebereiter bei Campe.
STEGE,/., scala, begriffliche, doch nicht sprachliche neben-
form zu dem. durch seinen vocalstand auffälligen stiege
(*. unten), wie das vorhergehende steg (zu dein es sprach-
lich auf das engste gehört, s. dort) eine unter dem ein-
fltisz des SL-umlautes stehende bildung zu der xcurzel stfg in
steigen verb.: ahd. stega Grafp 6, 625; mhd. stege; — stäg,
stägen planca, ascensus, scala vel climax, scalae scalarum
MAALER383''; stege ^rac^iw DiEFENBACH ^F^s*. 268»; stege,
trepp, darauff man auff die bün gehet la scala Hulsius
(1616) 307'»; die stege emporsteigen u. ä.; der kan sich selbs
nicht so viel heben, dass er ohn ein misstritt ein stegen
auffsteigen möchte Paracelsus op. 2, 205; keine stege im
finstern steigen Simpl. i, 554 Keller; sie ungeirret die
Stegen hinauf gehen lassen 2, 341; sie traten . . ., als sie
eine steinerne gewundene stege emporgestiegen waren, in
einen geräumigen saal Zschokke 26, 113; — die weil
gieng Ulnspiegel von der stegen und wolt zur thüren
usslauffen Eulenspiegel 84 neudr.; er lief der Gertrud
die stege hinab nach Pestalozzi 3, 130; — eines die
stege hinabwerfen: die steg hinabwerffen, wann man
einen entrüst de gradu dejicere Franck* sprüchicörter
(1541) 2, 72''; wanns nur alles wol bestellt ist, dasz wann
der Wirt einen die erst steg hinunder wirfft, ein anderer
jhn flugs die ander auch hinab losz, vnd der bauss-
knecht jhn gar zur thürn hinauss stoss Gargantua 145 (8)
neudr.; der baur ruff seinen knecht, der halff ihm den
kästen die stegen herunter werffen Kirchhof wend-
unmuth 2, 129;
wenn sich ain ander rfimet schon,
so wiss er, wo er hyn sei gon,
(wie des kUngs nar der supp erhart,
als er die steg ab geworfen wardt)
Murner gauchmatt ilO;
wer er {der verbummelte scholar) meyn sun in
solchen Sachen,
ich wolt im das benidicite machen!
von oben an biss under die stegen
wolt ich im in den schülsack gsegen!
8chelmenzun/t 18 neudr.;
Cr.
es ligt ein bättler an der stägen
gchiceiz. Schauspiele des 16. jhg. 1, 20, 84 Bächtold;
darunter der platz für altes gerümpel, versteckort u. s. ic. :
sich under die stägen verbergen conjicere se sub scalas
tabernae librariae Maaler 383''; (er) verstoszt die under
ein Stegen in alt gerümpel Wickram 2, 45; sie. . . sperreten
mich unter eine stege in gänsestall Simplic. 91. — neben
leiter (th. 6 sp. 733) : von stegen oder leytern de ascensu,
weiter erklärt durch stegen scalae Melanchthon nomen-
clatura Dl*; {dasz) ihm das henkerschwerd den weg,
die galgenleiter die steg zum himmel machen und be-
reiten müsse Dannhawer catechismusmilch 2, 212;
0 langt ti flasch,
tas ich ten wein in källar leg
auch on ain leiter, sali und steg
Gargantua 52 (2) neudr.
STEGEISEN, »i., dasselbe tcie unten Steigeisen: steg-
eisen, wie solche im gebirge zur winterzeit bei ver-
eisten wegen an die schuhabsätze angeschnallt werden,
um das ausgleiten zu vermeiden Schönherr erde 33
(1. 6).
STEGEKEHRER, m., dasselbe tcie unten stegeschäufler
vgl. Frisch 2, 326''; so ist über ieglichem brunne ein
stegeschäufler oder stegekehrer bestellet, welche die
stege rein halten Hondorff saltzicerk zu Halle (i670) 43.
STEGEMÜHLE, /., mühle an einem steg (*. steg l), ins-
besondere bei einem arbeitsstege der woUenweber (so Stege-
mühle bei Göttingen) oder gerber (wo das wollenwerk bez.
die feile gespült werden).
STEGERING, m., ring am sattelsteg, um irgend etwas
daran zu befestigen Campe.
STEGESCHÄUFLER, STEGSCHÄÜFLER, m., in den
salzwerken ein arbeiter, tcelcher die wege und stege sauber
und in Ordnung hält (s. auch oben stegekehrer): stege-
schäufler viarum purgator in locis salinae suae Frisch
2, 326''; item (giebt es im salzicerk) stegscheufler, die den
weg rein und sauber halten Mathesius Sarepta 126».
STEGHOSE, /., hose mit stegen (vgl. oben steg 2l) an
den beinlingen: er trug Steghosen Hansjakob Valentin
der nagler 25.
STEGLEHNE, STEGELEHNE, /.. schutzgeländer einer
stege: steglebne, daran man sich hallt, wann man auf
und ab gehet appuy de degres ce ä quoy on se tient en
montant ou descendant Hulsius (1616) 307'».
STEGLEIN, n. l) deminut. zu steg (i): steglein pon-
ticulus Stieler 2137; von Sicilien macht man ein steg-
lein mit eim krengel auff Italien, vnd ein fallbruck inn
Sardinien Gargantua (36) 351 neudr.; ach mensch, w^ie
gehst du so sicher? hast nur ein schmales steglein,
darauf du tanzest F. Böhme Aurora 124;
dermasz ich ihn ringweisz ambgieng,
bisz ich doch endtlich fand ein steglein
aber ein klufft H. Sachs 3, 325 Küler;
ade, 0 tal, du berg und tal 1
rebhügel, wälder allzumal !
herzlieber türm und kirchendach,
kirchhof und steglein übern bach !
MÖRIKK 1, 158;
zu steg 2a; zween von diesen theilen läszt man frey,
das Stegelein (des vwnochordon) aber wird an dem ort,
wo der dritte theil anfängt , unter die saite geschoben
Mattheson vollkommener capellmeister 45.
2) wohl deminut. zu stege, fem. : denn wenn bergkleut
das gestein vor dem ort mürbe machen vnd heben wollen,
da richten sie auch jhre fewer auff steglein an das ge-
stein, vnd zünden es mit perdten an Mathesius Sa-
repta 139».
STEG LOS, adj.. ohne steg, hier entsprechend steg l:
berge bauten sich auf vor seiner brüst und steglose
wasser ergossen sich auf seinen pfaden Rosegger 7, 46.
STEGREIF, m., Steigbügel, ahd. stegareif, mhd. stege-
reif und Stegreif, die form stegereif (stegereyff stripa-
rium Diepenbach glosa. 556«) findet sich auch noch in
der späteren spräche, so braucht sie noch Göthe (II 4,
3,18; IV 11, 10; 21,244 Weim. u. a. w.) , Tieck, Immer-
mann und K. 0. Möller: oft deuteten auch die haru-
splces . . . aus dem stegereif die Etrusker 2, 192; ihm eixt-
spricht mndd. mndl. stegerSp: stegherep striparium Die-
VBNBACH glosa. 556" und aU M. überaetzungsversuch aua
Cr.
1387
STEGREIF
STEGREIF
1388
dem niederd.: eyn stygereyff acandalis 51«*; selten in der
form Stegreifen, so unten noch bei Göthe {vgl. th. 8 sp. 619).
bisuxtUn in der älteren spräche, so z. b. von Brant (». dsn
beleg unter 1 rf). in der form stegenreif an siege, fem., ange-
glichen, ein femininum die Bi&gTieB giebt H. JuNius als die
hochdeutsche entsprechung von ndl. stegelreep, stapedes bei
DiEPENBACH gloss. 550*; so auch die stägreiff, stapodes
Maaler SSS*»; zur composition ist eher utiser subst. steg
(». oben unter i) als etwa das verb. ahd. stegon, mhd. siegen
'sehreiten, steigen, aufsteigen' verwendet; über das ur-
sprüngliche alter des geräths läszt sich nur unsiclieres
sagen; so bleibt noch völlig zxceifelhaft, ob jene in Jütland
und angrenzenden gebieten seit der jüngeren Hallstattzeit
gefundenen bronzeringe mit Ösen hierher zu rechnen sind,
mögen sie auch unserer tcortbildung gerade besonders ge-
recht werden, vgl. R. Beltz Vorgeschichte von Mecklenburg
s. 105 ; erst in den gräbem der völkericanderungszeit lassen
sich Stegreife mit völliger Sicherheit riachweisen. allerdings
sogleich in so vollendeter edler form (ein wundervolles bei-
spiel in der Kopenhagener Sammlung), dasz eine schon
längere Vorgeschichte dafür vorauszusetzen ist. seit der
Karolingerzeit aber gehören die siegreife zu den bedürf-
nissen des reitenden mannes. über die weitere geschichte
der Sache s. Boeheim tcaffenkunde 198jf. und unten Steig-
bügel, eine jüngere und deshalb gewisz auf das verb.
steigen zurückgehende Wortbildung, die auf die spätere ge-
staltung des geräths deutliche rücksicht nimmt, nach
diesen erwägungen wird anord. stigreip als ein allerdings
ausgeglichenes, frühes lehnwortaus ags. stigr&p (engl, stirrap)
aufzufassen sein, ein lehnwort aus dem deutschen ist auch
afranz. estrief. — eine ältere german. bezeichnung des ge-
räthes verbirgt sich in ital. staffa, im langobardischen ver-
schobenes germ. stapa (vgl. Kluge etym. wb.^ 377 •> und im
grundrisz der rom. philologie 1, 503), icelchem auch oben
staffe (sp. 515) entspricht.
l) im eigentlichen sinne als ausstattungsstück des reit-
pferdes: stagreff strepa, wörterb. von 1440 bei Diefenbagh
gloss. 555*"; stegraiff strapedes, wörterb. von 1521 ebenda
555»; stegreyffe orbis Diefenbach nov. gloss. 273»; steg-
reyff, darein der reuter den fusz auf! dem pferdt setzt
estrier, staffa HuLSius (1616) 307*; stegreiff stapeda Schot-
TEL 1421 ; 2'/» m dem huskompthur zum Eibinge vor eyn
rittergezflg und eyn par stegereyffen Marienburger tressler-
buch 81, 38; oß von groszer kostbarkeit: darzwischen ist
der keyser geritten . . . auff einem weiszen stoltzen
Hengst, mit einem gülden bisz, zäun, stegreif Kirchhof
wendunmuth 2, 57;
beide guot unde gemeit
wäm die stegereife,
breite goltreife,
gebildet nach zwein trachen
Hartmann JS!r<c7670;
mit guldfn schellen kleine
vor iewederm beine
warn die Stegreife erklenget
unt ze rehter mäje erlenget
Wolfram Parzival 122, 5 ;
»eine nothwendigkeit schildert nebenher: das rossz wirfft
den guten Herrn, so ohne stegreiff ritte, aus dem sattel
zur erden Hertzog schiltwache C2; vgl.: ohne stegreiff
und Sporen ein reuter schlecht wird fortkommen Abra-
HAU A S. Clara etwas für alle l, 876; wenn auch ge-
wandte reiter zum aufsteigen seiner nicht bedürfen, viel-
mehr ohne Stegreif in den satte! springen (Schottel 1140)
hinnen; die mutigen Helden on stegreyfT. . . in den sattel
gesprungen Haben Agricola «pricAwtfWer (1534) Ee 7*, wie
»ehon:
der gewApent in den satel spranc:
em gert« stegereife niht,
dem man noch snelbeite giht
Wolfram Panival 167, £9 ;
■tn vuos dem&ch nie gegreif,
er «pranc drOf &ne ■(•greif S16, 28.
da» be»ehreiten de» ro»»e» wird geschildert: (da» pferd lie»»)
nur Alexandrum auffsitzen vnd da andere jbm zfi nahe
kamen, vnnd Bich ■leiten, als ob sie die ategreiff an-
greiffen weiten, wimmert es laut Hkydkn PUniu» 808;
and da er sfi des berren hoff kam, da trat er mit dem
rechten fAsz in den ategreiff, vnd hielt sich an dem
xUgel, vnd mit dem lincken fAaz gieiig er Pauli schimpf
Cr.
und emat 865; ungern entbehre ich auch euren starken
Speer, wenn ich einmal gegen meine feinde in den sieg-
reif trete Freytag lO, 48; dementsprechend: das er und
der sattel nit konten von einander kommen, noch er
auss den stegreififen tretten Frey garten getiellscliaft 135;
und so unser ehrw. Herr dem armen manne begegnet und
derselbe nicht könte fortkommen, soll unser ehrw. h. mit
einem fusz aus dem stegreif treten und in dem andern
bleiben Jak. Grimm rechtsalterth.* i, 137, d.h. gleichsam nur
die geste des absitzens machen; den fusz im stegreif haben,
behalten u. s. w. : (er) muss den einen fuss im stegreif
behalten und also das scHwein siechen Teuerdank 85;
andere vermeinten, es solle ein jeder den einen fusz im
stegreiff haben und reiten, und mit dem andern auff
dem boden gehen Agyrtas grillenvertreiber (1670) 81;
(bildlich:)
er naht sich kühn dem Pegasus,
und fasst den goldnen zUgel.
noch steht im stegreif kaum sein fnez,
80 dreht er schon den riegel
Pfbffel poet. vertuche 10, 88;
ans dem stegreif kommen m,inus firmiter in equo seder»,
stapedam perdere Frisch 2, 326*; sie theten jm so drang,
dass er mit beyden füssen auss dem stegreiff kam buch
der liebe 362 * ; dasz sie alle beyde die stegreiff reumeten
Amadis 184 Keller, auch: darnach schlug der riess ernst-
lich zu dem Florentzen, vnd traff jhn mit seiner faust
auff den rechten schenckel, dass Florens gar nahe zu-
rück gefallen wer, doch kam er bald wider in seinen
stegreiff buch der liebe 15*. als gefährliche Situation für
den reiter aber bleibt: do schühele das ros gegen dem
eher, das der knabe abeviel und in dem stegereyffe gehing,
und wart von dem pferde gedrettet, das er für dot bleip
ligen Königshofen in den deutschen städtechron. 9, 62»;
die andern sagen, sie sey in des pferds stegreiff bebangen
vom ross geschleyfft Seb. Franck chron. 254; pferde die
ihren mann im stegreif hängend Bräker l, 152.
o) zur besonderen ehre hält man einem vornehmen herm
den stegreif beim auf und absteigen : Reynhardt behandet
jme widerumb sein pferdt, vnnd Hielt jm den stegreyff
Aimon C4*; so bald er jhn aber eingelassen, und auff
der Innern fallbrücke bewillkommte, fehlte wenig oder
gar nichts, dasz er ihm nicht selbst an stegraiff griff,
seine devotion gegen ihm zu bezeugen Simplic. lOi nextdr.;
die (haben) . . . demselben den stegreiff und pferd ge-
halten Dannhawer catechismusmilch 2, 83; im lager kam
Swerker gesprungen, und wollte des ritters Trautwangen
stegreif halten Fouque zauberring 2, 173;
vil kleiner juncherrelin
Sprüngen gein dem zoume stn:
iesliche; für de; ander greif.
sie habten sfnen stegreif:
ans muoser von dem orse stSn
Wolfram Panival 827, 88.
besonders als 'officium Striae' ein (symbolischer) dienst,
welchen der vasall seinem lehnsherrn tu leisten hat (vgl.
Sachsenspiegel lehenrecht 66, 5); der geschichtlich folgen-
schwerste fall : de keiser sal eme (dem papale) den stegerep
Halden, dur dal de sadel nicht ne winde Sachsenspiegel
1, 1; und yhe mit der teuffelischen hoffart hynfurt zu-
gelassen werde, das der keyszer des bapsts fuesse kusz,
odder zu seinen fussen sitze, odder, wie man sagt, yhm
den stegreyff halte und den zäum seines maulpferds
Luther 6, MS Weim.; so hat pabst Adrian . . . des
keysers Frideriohen HöniscH gespott, das er jhm nur
zum absteigen gantz unhofmännisoh nicht den rechten,
sonder den lincken stegreiff gehalten Hott Fi schart
bienenkorb 186*. sonst: der anzal, die ime den stegraif,
80 er aufsitzen und reiten wolt, hielten, waren in ainer
zall 200 acht Wüwolt von Schautnburg 17.
b) als ätiszerster grad der dtivtion gilt aber: äugen-
dicner, welche jmmerdar die knye biegen, vnd den iteg-
raiff küssen Albrrtinus teiikürter 68*; t^^:
OAwAn b4t ir stnen gniog,
«i kust im «tegreir unde vuog
Wolfram Parttval «1, 1*.
«) »ehutf/tehende ergreifen bittend den «(«greif: wenn
er (der unter dem bienenkönig vorguMU» pab*€) aber gc-
hasx wirdt, der muti fort, Tnnd hieng er H^m keyKer
au ■tcgrciiTen Fisuhaht bienenhtrh t66*.
Cr.
1389
STEGREIF
STEGREIF
1390
rf) sich im stegreif nähren, als berittener xcege-
lagerer vom straszenraub leben {vgl. auch entsprechendes
unter sattel 1 d th. 8 sp. 1822) :
also ich mich im stegreiff nehr,
wann ich kan ye nit essen grasz
Hans Sachs 3, 555 KeUer;
so leb ich forthin gar verwegen
und will mich in dem stegreiff nehren
1, 103 Keller ;
sol ich mich denn im stegreiff nehm,
so wil ich es gar nicht sein mit ehm
17, 261 Ä'eüer-fföfec
und zuletzt:
soU ich mich in den stegraiff nehm,
wie ander edel renterslewt,
so furcht ich aber meiner hewt,
dieweil oft mancher wird erdappet,
das der rabenstein nach im schnappet
12, 443 Keller-Götze.
daneben: aus dem stegreif sich nähren m#ic.,- der ärmere
adel lebte wieder aus dem stegreif Zschokke 32, 148;
wann yeder dät als er thfin sol,
so weren sie beid gelttes wert :
dyser mit fädem, der mit schwert,
möht man ir beid entberen nitt,
wann ob der hant nit wer jr schnytt
vnd durch sie würd das recht versert,
man tsz dem stägenreiff sich nert
Brant narrenschiff 77, 17.
dann au^ 'von der hand in den mund' und dem bildlichen
gebrauch unter 3 sich nähernd 'ohne grosze Überlegung,
mit frischem muth' u. s. tc., wie denn überhaupt die
stärkste tcurzel jener enttcicklung hier verborgen liegt:
ich lebe aus dem stegreif Brentano l, 62.
a) die wendtmg sich vom stegreif nehren latroeinari
Frisch 2, 326'' beginnt dagegen den begriffsinhalt unseres
wertes zu ertceitern: sich auf reuterey legen, vom sattel
oder stegreif leben, war eben so viel als vom raub leben
Schmidt gesch. der Deutschen i, 431; das faustrecht der
alten ritter, und selbst ihr gewerbe, vom stegereife zu
leben und den kaufmann oder reisenden zu plündern,
war bey ihnen eine ehrensache Schubert verm. schriften
2, 275; die ritter, welche vom stegreif lebten und wege-
lagerten, wussten wenigstens, was sie thun und treiben
sollten, um zu existiren W. H. Riehl naturgeschichte des
Volkes 2, 298;
das sindt myr freylich nasse knaben,
die fill verzeren vnd wenig haben,
in halben hossen eynher traben
und kynnendt myr den seckel schüUen,
das der dreck stinckt, dapffer rittelen,
vnd von dem stegreiff sich emeren
MüRNER BeJielmemunft 38 neudr.;
ha! ha! da zogst du aus dem stall dein rSsslein,
schwangst dich hinauf, wie's Schottland's rittem ziemt,
und wie die ahnen lebtest du vom stegreif
Heine 2, 328.
ß) diese begriffserweiterung wird deutlicher:
wer mehr wil verzeren
dann sein pflüg mag ereren,
in müsz der bettel oder stegreiff neren
Franck tprüchxcörter 2, 101».
besonders beliebt im adverbieüen genitiv: etlich gute
schlucker, die sich des Stegreifs dazumal emarten Wick-
ram 3, 40; ein über die masze frecher verwägener ritter,
der . . . den armen edelleuten, die sich des Stegreifs er-
nähreten, unterschleif gab Bucholtz Herkuliskus (16€5)
U12;
sol ich myn kost vom sattel nagen
und des stegreiffs mich emeren,
vil böser Wörter mftsz ich hören
MuRNBR narrenbeichicörung 84 neudr.;
streiffen und rouben hat er giert
vnd sich desz stägenreiffs emert
Schweiz, fchautpiele de« 16. jht. 8, 180 BäehMd;
wann er (der tchnapphahn) verzert, sich Stegreifs nert,
greift an auf all personen,
der denkt billich : erschnapt man mich,
80 mfisz ich ausz den bonen
Uhland volkfUeder 617 (236).
entsprechend auch in dem bildlichen sinne unter 3:
doch rechne nicht darob mich zu den dichterlingen,
die Stegereifs sechs hundert reime singen
Novalis l, 207.
Cr.
/) in diesem allgemeineren sinne hilft unser wort die
lebensweise der raubthiere charakterisieren: raben und
wolffen, die sich auss dem stegreiff . . . nehren Ma-
THESIUS Sarepta 26";
vnd wer hat nicht gelesen heut,
die wolffsklag, wie er klagt und schreit,
das man jhm gibt kein kuttelfleck;
so trieg er keine schaaf hinwegk,
vnd das er sich im stegreiff nehr
Fischart flöhhaz 67 neudr.
e) die Voraussetzung des vorigen hat in der neueren
Sprache der ritter vom stegreif, der raubritter, tcege-
lagerer u. s. w.: durch grosse Verluste erkaufte seine
thorheit das beklagenswerthe glück, mit rittem vom
stegereife durch dick und dünn reiten zu dürfen Holtei
erz. Schriften 11, 234. auch: der unglückliche krämer
mochte zuerst glauben, dasz er aufs neue in die bände
der unersättlichen ritter aus dem stegreif gerathen sei
Alexis hosen des herm von Bredow l, 296;
ich bin nicht aufgestanden freventlich,
nicht wie ein ritter aus dem stegereif
Immermann 16, 535.
S) eine vom galgenhumor eingegebene Übertragung des
vorigen:
(ich wöU) ein ding finden, ehs wird verlorn,
stirb ich gleich, eh ich kranck bin wom,
und mit dem kopff ind stegreiff trett,
heb an zu trahn, wenn der wind weht,
thu auff eim hänffen rosz herreiten
H. Sachs 21, 52 Keüer-GöUe.
3) bildlich aus dem Stegreife, ohne grosze Vorberei-
tung, ohne lange Überlegung, keck, eilig, gleichsam tcie
der fröhliche reitersmann schnell noch etwas erledigt, auch
wenn er schon im sattel sitzt und ohne abzusteigen; seltener
in die form des Vergleichs eingekleidet, so gerne bei Göthe:
durchaus bewundern wir die Sicherheit der ersten arbeit,
die ohne langes bedenken, einer lebendig leuchtenden
erfindung gemäsz, wie aus dem stegreif hingegossen er-
scheint 41, 2, 256 Weim.; die blüthe erscheint gleichsam
aus dem Stegreife II 7, 138 Weim. ; indem ich diese arbeit
. . . doch zuletzt nur als entwurf gleichsam aus dem
Stegreife herauszugeben im falle bin II i, 372 TTetm. auch:
wenn insgeheim der bräutigam zu einem nur wie aus dem
stegreif unternommenen besuch in Neubnrg zu bestimmen
wäre MÖRIKE 3, 59 (maier Nolten). gewöhnlich aber völlig
als bild, das so einen groszen theil des menschlichen mikro-
kosmus charakterisierend umspannt: aus dem stegreif
sine praeparatione et meditatione, ex tempore aliquid facere
Frisch 2, 326'».
a) besonders nahe rückt der ursprünglichen Sphäre
einen entschlusz aus dem stegreif fassen u.^.tc.,
d. h. une es ein rechter schnellentschlossener reitersmann
thun soll: was nun der königl. schwedische ambassadeur
. . . hierwieder that . . ., wolte schier nichts mehr ver-
fangen: derhalben er auszm stegreiff eine resolution er-
griff Chemnitz schicedischer krieg 2, 186; dan dergleichen
hohe und wichtige sache, darauff des gantzen reichs
ruin und wolfart bestehet, wolte seines bedunckens sich
also aus dem stegreiff nicht tractiren lassen 2, 146; weil
er aber aus dem stegereiffen keine untadelhafte ent-
schlüssung zu erkiesen wüste Lohen stein Arminius
1, 146»; (er ward) überaus bekümmert, also dass er aus
dem stegereiffen nichts gewisses zu entschlüssen wüste
1, 159'*, vgl. auch 237" u. ö. ; einen rath aus dem stege-
reiffe zu fassen Chr. v. Wolff gedanken 210; aus dem
Stegreif wuszte er nicht gleich, wie er sich bei diesem
verwirrten handel benehmen sollte MusÄus Volksmärchen
der Deutschen 1, 121; aber die frau von Albini . . . ent-
schloss sich aus dem stegreif, mit mir zu gehen J. v,
MÖLLER 5, 407; seit mehreren jähren war mein reise-
entschlusz gewöhnlich aus dem Stegreife gefasst Göthe
rV 28, 63 Weim. — die . . . das urtheil nicht auss dem
stegreiff herauss recket, auch nicht zu lang auff dem
schäftel ligen lässt Dannhawer catechismusmilh 3, 171;
meine meinung aus dem stechreif zu sagen, ist gewisz,
dass . . . der prinzessin dardurch nicht geholffen ist
Harsdörffer frauenzimmergesprechspiele i, 394; eine
meisterfrage, die ich nicht aus dem stegreif lösen kann
MusÄus physiogn. reisen 4, 53; ihre . . . argumente, die
oft aas dem stegreif kamen Arcuenholz England und
Cr.
1391
STEGREIF
STEGREIF
1392
Italien 1, 2, 548; mit dieser Charakterisierung aus dem
Stegreife; denn wie könnte man sie anders unternehmen?
pedenken wir niemand vorzugreifen Göthe 40, 355 Weim. ,
die rechten deOnizionen lassen sich gar nicht aus dem
Stegreife machen Fried. Schlegel im Athenäum l, 12, 21 ;
ich meines orts will nur einer einzigen dieser ernen-
nungen aus dem Stegreif bescheiden entgegentreten und
diess bloss aus piet&t Hebbel 1 12, 81. sogar: wo wasser
und moräste sind, und da man nicht recht dazu kommen
kan, macht es {das abmessen) die gröste hudeley, und
da musz man denn auf mancherley compendien und
handgriff aus den stegreiffe gefasst seyn Fleming teut-
scher soldat 44.
b) aus dem Stegreif sprechen, d.h. ohne grosze
Vorbereitung und ohne manuscript: jedes grosse genie redet
alles aus dem Stegreife Lessing 5, 344; beredt aus dem
Stegreife Göthe IV 41, 93 Weim.; es ist nicht aus dem
Stegreif, was ich spreche, ich habe zeit gehabt zu denken
25, 257 Weim.; weil er meist aus dem Stegreif predigte, so
kam auch das schreiben selten an ihn Nicolai Nothanker
2, 220; (die behauptung.) ein prediger solle stets aus dem
Stegreife zu sprechen bereit sein Holtei vierzig jähre 1, 161 ;
nachfolgende standrede, welche er mir, unerachtet er sie
aus dem Stegreif gesprochen, schriftlich mitteilte E. Th.
A. Hoffmann 10, 285; Dietrich aber, als guter lutheraner
bibelfest, antwortete aus dem stegreif Moltke Schriften
2, 195. — {ich) konnte viele darin {in der bibel) enthaltene
geschichten aus dem stegreif erzählen Bräker l, 43;
eine schöne, aus dem Stegreife herdeclamirte strohkranz-
rede Böttiger kl. Schriften 1, 854;
der brief, den ich gesehen, war verfälscht;
er las mir's aus dem stegreif nur so vor
H. V. Kleist 1, 146 {zerh. krug 12).
in stärkerer bildliehkeit: (Übergänge,) die der redner wohl
nicht aus dem stegreif schütteln möchte Jahn 2, 239; keck
aus dem stegreif einzuspringen in den kämpf der reden,
war nicht seine weise Treitschke hist, und polit. auf-
Sätze 1, 408.
c) aus dem stegreif schreiben u.s.w., d. h. ohne
grosze Vorbereitung keck seine ansichten niederschreiben:
gesammt einem . . . von mir zwar ausm stegreif . . .
aufgesetzten tractätlein Leibniz deutsche Schriften 1, 169 ;
von da an {von der Schilderung des Londoner brandes)
scheint das buch {Thomas Sprat, history of the royal
Society of London) mehr aus dem stegereif geschrieben
Göthe II 4, 3, 18 Weim.; unser heft aus dem stegreif
IV 28, 103 Weim,. — besonders als arbeitsxceise der künst-
ler: so darf man auch wohl annehmen, dass bey der-
gleichen weitläufigen verdungenen arbeiten man keines-
wegs erst modelle gemacht und mit fäden, zirkeln oder
sonst, höchst gewissenhaft verfahren, wenn der haupt-
begriff gegeben war, so arbeitete der künstler wohl
auch aas dem Stegreife Göthe IV 29, 107 Weim. — so
auf dem gebiete der musik: aus dem stegreiffe compo-
niren Mattheson capellmeister 104; die erfindung der
cadenzen aus dem Stegreife ist hier hauptsächlich mein
augenmerk Quantz anweisung die flöte zu spielen 158;
{er) arbeitete eine fuge aus dem stegreif mit vieler
gründlichkeit aus Schubart ästhetik der tonkunst 78;
er weiss einen gegebenen satz aus dem stegreif so oft
man will, und in allen tönen umzuändern 235; kurz:
musik aus dem Stegreife E. Th. A. Hoffmann 9, 122. —
auf dem gebiete der dichtku7ist: eine art . . . aus dem
Stegreif gereimter prose Herder 18, 41; aus dem stegreif
die reime zu machen, wie leicht war dasi Göthe is, 1,
t61 Weim.; man lasse mich bekennen, dass ich . . . das
gedieht aus dem Stegreife niederschrieb 41, 870 Weim.;
ein schlimmes spottlied, das sie ... jedem vorüber-
gehenden aus dem stegreif zusingen Droste-HOlshoff
t, MO ibilder au* Wettfalen);
lauachen wir dem wilden dichter,
der im kreia gedrängier tniwkcn
hier mit liedem aus dem Btegroir
Mise hOrerscbaft begeietert
Waiblinübr gedickte au* Italien l, SI8;
pOMie aos dem ategreife Grauer norditcher aufseher
t, »; Tiele baben einen grouen hang zur dichlkunst
atu dem ttepwif Herder ts, SM; verse aus dem steg-
Cr.
reife Arnim 16, 68. — es nicht an herzlichen dankgebeten
aus dem Stegreife fehlen lassen Keller l, 40.
d) sich aus dem stegreif verlieben u. s. w.,
d. h. auf den ersten blick, schon nach kurzer zeit: er
habe sich aus dem Stegreife sterblich verliebt Göthe
22, 30, 5 Weim.; war der fremde nur ein frecher tauge-
nichts, so durfte der ringwechsel aus dem stegreif unter
keinen umständen ihre {Henriettens) Zukunft bestimmen
Freytag 13, 68; {Wak^ld.) der gleichsam aus dem steg-
reif die tochter des reichen herrn Tourner . . . entführt
und . . . geheiratet hatte Heine 3, 445. vgl.: der prunck
ist der kunstgrif, den einige mädchen brauchen, wenn
sie aus dem stegreif einen mann nöthig haben Hippel
über die ehe 175. auch von einer nothtaufe: in der nacht
jemanden aus dem Stegreife zu taufen Gutzkow u:erkeb,3l.
e) aus dem Stegreife wandern, d.A. sich ohne lange
Vorbereitung und schnell auf den xceg machen: das . . . weisz
ich wohl, dasz ich zuletzt aus dem Stegreife fortgehen
musz, wenn ich loskommen will Göthe IV 21, 244 Weim.;
lust und muth, aus dem stegreif in die weite weit hinein-
zurücken rV 28, 282 Weim. ; ja sogar aus dem Stegreife leben,
d. h. ohtie das künftige stark zu bedenken, ohne bestimmten
lebensplan {in anknüpfung an i d): lass mich nächstens
wissen, wie du darüber denkst, was du vorhast und
ausführen kannst, denn ich darf in meinen jähren und
tagen nicht mehr aus dem Stegreife leben IV 35, 119
Weim. ähnlich: das glück musz doch auch einige zeit
haben, um zu wachsen; wer wird denn so aus dem
stegreif glücklich sein wollen Tieck Schriften 5, 203.
/) eine Vorrichtung aus dem Stegreife und
eigentlich nicht dazu bestimmt: er nahm aus dem wand-
schranke ein lichtstümpfchen, steckte es in den hals
einer flasche und ging mit dieser Vorrichtung aus dem
Stegreife davon Immermann l, 12; der hof hatte keine
andre thüre in das freie, als jene, welche Sannel ein-
mal aus dem stegreif gemacht hatte, das halbledige brett
der verzäunung Ludwig 2, 386;
eine alte kirch' am kreuzweg ist's — ein spital jetzt aus
dem stegreif {für die kriegsverumndeten)
Freihgrath 4, 80.
g) ein fest aus dem Stegreife d. h. aus der frohen
laune des augenblicks heratis, plötzlich und ohne Vor-
bereitung arrangiert und gefeiert: ball aus dem Steg-
reifen Göthe IV 13, 84 Weim.; das fest aus dem Steg-
reife Holtei erzähl, schriftenü, 146; ein kleines familien-
fest aus dem stegreif Immermann 2, 145; zu dem gelage
aus dem stegreif Keller 5, 21; fröhliche kaffegesell-
schaffen aus dem stegreif 4, 261; vgl. jetzt wollen wir
. . . ein groszes souper aus dem stegreif arrangieren
Nestroy 2, 3i7.
h) ganz entsprechend ritter aus dem stegreif {oben 1 e)
stärker an die person geknüpft: man hielt ihn nun für
einen der besten reimer aus dem Stegreife weit und
breit Heinse 4, 91; als volksdichter aus dem stegreif
Gutzkow werke 5, 117; vgl. so aus dem Stegreife hat
mich das talent mehr verwirrt als ergetzt Göthe IV 41. 14ö
Weim. — hierher gehört attch der haarkünsdcr aus dem
Stegreife Immermann 3, 29 {Epigonen l, 4).
i) durch einen weiteren zusatz erläutert; neben sogleich:
das fällt mir zu schwer, so gleich aus dem Stegreife
verse zu machen Gottsched deutsche Schaubühne 8, IfiO;
{gedächtnis.) das ihm alles nötige . . . sogleich aus dem
Stegreife darreichte Arndt tcerke 1, 70. ergänzt durch
ohne Vorbereitung: {man glaubt.) eine hcirath müsse
man, wie ein bonmot, ohne Vorbereitung aus dem steg-
reif machen J. Paul 6, sa und in der eile: sie verlangen
auch wahrhaftig zu viel, dass das alles so in der eil,
ganzaus dem stegereif zu stände kommen soll Tieck 5,2.38.
k) in einer begrifftenoeiterung {entsprechend oben i d j'i):
die besten Schauspieler in der weit ... für das aufge-
schricbno und fUr den stegreif haben sie ihres gicirhon
nicht Shakespeare 8, 817 {Hamlet 8, 8) d. h. stcgrcifscluiii
Spielkunst, die improtfineri.
4) auch daaselbe wie oben steg an dem beinkleid der
männer (itegSO: er (der ieufd^ selbst ging auf Bern
als weinhändler, mit Stegreifen an den boincn und
schnauzen im gosicht Goitmklf 8, 888; der lächelnde
feine niunn . . . wandelt vor uns über blühende aucn
Cr.
1393
STEGREIF
STEGTISCH-STEHAUF
1394
nnd darf über ein wiesenbächlein springen, ohne dasz
ihm die Stegreife reissen Keller nachgel. Schriften 24.
5) in weiterer Zusammensetzung oder ableitung: Steg-
reifdichter, m., entsprechend oben 3 Ä, zugleich als
deutscher ausdruck für improvisator : der Stegreifdichter
Herder 25, 393; die farceurs und Stegreifdichter Bötti-
ger kleine Schriften 2, 366; männer, die eifrig einem
Stegreifdichter zuhören, der mit einem einsaitigen in-
strumente seine verse begleitet Hoffmann von Fallers-
LEBEN 7, 371. dazu st egr eif dichterei, /., thätigkeit
oder erzeugnisz eines Stegreifdichters:
einheimisch, wie aller orten
die strassenbettelei,
ist unter Italiens himmel
die stegreifdichterei
Hoffmann von Fallbrslebbn 5, 54.
stegreifereignis, n., ereignisz, das plötzlich und ohne
Vorboten eintritt: status quo des augenblicks, der sich
fortwälzen musz bis zu irgend einem groszen stegreif-
ereignisz, einem entscheidenden zufall Gutzkow icerke
9, 107. — stegreifern, verb., eticas aus dem, Stegreife
itiun, einrichten, ins werk setzen: nachdem wir gefrüh-
stückt, Stegreif ern wir eine musikbande: Bloem spielt
die geige, ich die triangel, andere folgen nach mit basz,
trompete, waldhorn Hoffmann von Fallersleben leben
6,187. — stegreifgedieht, n., entsprechend oben 3c:
Walter Scott's stegreifgedicht auf den bauchredner Alexan-
der Böttiger kleine Schriften l, 46. — stegreifisch,
adj., stegreifartig, aus dem Stegreif gefertigt: verzeihen
sie mir diesen stegreifischen, kaum nach ihrer abreise
niedergeschriebenen vertrag Göthe IV 35, 164 Weim. —
stegreifjunker, m., entsprechend oben ritter vom Steg-
reif {unter l c) bezeichnung eines ritterlichen Wegelagerers:
er erzählte mir von der stadt Vergangenheit, wie es
in den Chroniken zu lesen stand, bis hinab zu dem
bösen stegreifjunker, dessen letzte unthat einst das
epitaphium des ermordeten in der alten kirche berichtet
hatte Storm 2, 8. — stegreifleben, n., leben im
Stegreif, {vgl. oben 1 d) : wenn überhaupt der handwerker
jetzt das stegreifleben des mittelalterlichen ritters fort-
setzt, so thut es vor allen andern der setzer Lagarde
deutsche Schriften 267; daneben: ich dagegen bin in einer
läge zum bewusztsein gekommen, die viel von dem
schwanken des Schiffbruchs oder vom stegreifsieben
einer nomadenhorde hatte Immermann 5, 134. — steg-
reiflich, adj., aus dem, siegreil gegeben, vielleicht im gegen-
sätzlichen Wortspiel mit reiflich {s. th. 8 sp. 633 unter l) : be-
urtheile meinen nachfolgenden stegreiflichen rath Grabbe
4, 395. vgl. oben stegreifisch. — stegreiflied, n., lied aus
dem Stegreif {vgl. 3 c) :
klagyoll sogleich, da sie den lärmen hört,
singt sie ein stegreiflied, wie alles trug ist,
wie liebe jung' und alte männer thört,
in klugheit närrisch, in Verrücktheit klug ist
Freiligrath 6, 219.
stegreiflos, adj., von einem reiter, der die Stegreife beim
reiten verliert und in gefahr geräth, abgeworfen zu werden :
Reynhardten den sattel zwischen den beynen habende,
auff die erd fiel, und Rulandt wardt stegreyfloss Aimon
V 2 ». — stegreiflustspiel, n., improvisiertes lustspiel
{entsprechend oben 3 c): das stegreiflustspiel MOllner
7, 168. — stegreifmahl, n., schnell angerichtete mMhl-
zeit {vgl. 3 g): die dorffrauen nahmen an dem stegreif-
mahle . . . teil Keller 8, 295. — stegreifpoesie, /.
{entsprechend oben 3 c) : sie bezaubert alle durch Schön-
heit, durch kleidung, durch stegreifpoesie der Wirklich-
keit, die gemeine klatschrose der gesellschaftsunterhaltung
verwandelt sie in die üppigsten rosen von Pästum, in
rosen der poesie Jung hriefe über Outzkotcs ritter vom,
geiste 68. — stegreifpoet, m., tric o6en Stegreifdichter:
ihre {der Spanier) improvisatoren oder stegreifpoeten be-
gleiten alle ihre einfalle mit diesem Instrumente {der
laute) Schubart Schriften b, Zi2. — stegreifposse,/.,
wie oben stegreiflustspiel: stegreifposse Raupach dram.
MJcrie 16, 31. — stegreifrede,/., improvisierte rede {vgl.
oben 3 b) : des onkels kurze stegreifrede an die schwei-
gende und doch so beredtsame stemennacht Goltz
jugendleben 3, 204; dies war der anfang einer ziemlich
langen stegreifsrede, die dem herzog mit leichter be-
X. 2.
Cr.
redsamkeit über die lippen flosz Kurz 2, 65. — steg-
reifredner, m., deutsch für improvisator {vgl. das vorige) :
dieses talent der englischen stegreifredner ist unendlich
über die italienischen stegreifreimer erhaben Archen-
holz England und Italien 1,2, U8. — stegreifreimer, m.,
wie oben Stegreifdichter, doch mehr im wegwerf enden sinne:
s. den vorigen beleg. — steigreifreimerei,/., wie oben
stegreifdichterei, doch im sinne des vorigen: gemeiniglich
geschieht diese stegreifreimerey singend Archenholz
England und Italien 2, 279. — stegreifreimerin,/. zu
stegreifreimer: die stegreifreimerin {improvisatriee) ebenda
2,279. — stegreifritter, m,., ritter vom Stegreif (oJen 3 e);
daneben stegreifsritter Immermann 11, 189. vgl. oben
stegreifjunker. — stegreifritterthum, n., stand und
Seesen des stegreifritters {s. das vorige): das stegreifritter-
tum Grote weltgesch. 7, 573. — stegreifscharmützel,
n. : selbst die gescheitesten . . . ahnten nimmermehr, dass
eine . . . Umwälzung . . . wenig gefördert wird durch ein
stegreifscharmützel Heine 7, 552. — Stegreifspiel, n.,
improvisiertes dramatisches spiel {vgl. stegreiflustspiel,
-posse und oben 3 k) : besonders belehrend ist aber das
Schauspiel in seinen früheren versuchen, sich als Steg-
reifspiel von der dichtkunst loszumachen Vischer ästhe-
tik 3, 1, 65; er {Schröder) war ... in niedrigkomischen
rollen bewundert, da er eine Zeitlang bei dem meister
des Stegreifspiels und der niedem posse, bei Kurz,
zubrachte Gervinus gesch. der deutschen dichtung 5, 487.
— Stegreifsprung, m., etica als Übersetzung von exira-
vaganze : sie war an auszerordentliche Zwischenfälle, an
kecke stegreifsprünge ihres mannes zu sehr gewöhnt,
als dasz sie über die erscheinung und den auftrag des
jungen offiziers mehr als billig hätte betreten sein können
MÖRIKE 6, 259. — stegr ei fvers , m., vers aus dem Steg-
reif (*. oben 3 c) : stegreifverse Freytag bilder i, 399. —
stegreifvortrag, m,., improvisierter Vortrag, als Über-
setzung von Improvisation: plötzlich trat bei ihm . . .
mangel an präparation ein. die stunde bekam den Cha-
rakter eines stegreifvortrags Gutzkow tcerke 1, 215.
STEGTISCH, m., tisch, dessen beine durch stege {s. steg 2e)
weiter verstärkt werden. — besonders im deminut. steg-
tischchen, n., tischchen mit zierlichen beinen, die solche
Verstärkung besonders nöthig haben. (Cr.)
STEHÄFFCHEN, n.. s. stehauf l, a.
STEHAUF, m. l) bezeichnung eines Spielzeugs, 'ein ding,
welches tcieder aufstehet, auf seinen fusz oder sein unteres
mit blei versehenes ende zu stellen kömmt, wenn man es
auf die seite legt oder auf den köpf stellt, besonders legt
man diesen namen dergleichen kleinen stücken holunder-
mark etc. bei, welchen man die gestalt eines männchens
gegeben oder ein gesicht angemahlt hat, und welche man
auch wol Stehmännchen, wippermännchen nennt' Campe ;
ähnlich Heinsius tcb. der d. spr. (1818) 4, 765'' {auch kobold) ;
'stehauf m., Stehaufmännchen, n. ein länglich rundes
Stückchen weichen hohes oder fliedermarkes, mit einem ge-
sicht bemalt und mit etwas blei, einem nagel oder pech-
kügelchen oben versehen, wenn es die kinder aufrichten,
so stellt es sich immer wieder wie ein purzdmännchen auf
den köpf . . . nd. wippermänneken , schwäb. stehauferle'
Hoffmann v. Fallersleben in Wagners orcÄiv i, 276;
so auch mundartlich, berl. stehuf Hans Meter d. richtige
Berliner^ 118'».; in Posen der sti-uff Bernd 294/. {erklärun^
wie bei Campe); 'auch die {aus böhm. bädem oft mit-
gebrachten) gläser, die sich von selbst aufrichten, heiszen
stehauf Albrecht iei'^z.mun<far< 216''. implural: solche
kerls, wie mein Schwiegersohn, fallen immer wie die
stehaufs und die katzen auf die beine, man mag sie
auch herum werfen, wie man will Tieck 15, 65 {Pet.
Lebr.2,8). — so übertragen : 'ach', sagte der bärnhäuter,
... 'es ist mir nur eine verfluchte arbeit, so einem kleinen
stehauf, wie du bist, auf der weit zu dienen ..." — 'ei
was', sagte der allraun, und kam unter dem rocke der
alten hervor, 'ich bin nicht eben zu klein, aber du bist
zu grosz' Arnim l, 56. dafür auch:
a) deminutivbildungen , bes. stehauf chen, n., so in
Augsburg, korkmännlein Birlinger 410'» {schicäb. auch
stehauferle, s. oben); thür., s. Hertel «prcK^cA. 234*; in
Leipzig auch entstellt zu 'stehäffchen, stehaufchen,
stehuff, das, Spielzeug; hoUunderröhrchen. an einem ende
88 Cr. Mr.
1395
STEHBEIN-STEHBLECH
STEHBODEN-STEHEN
1396
mit biet beschwert, so dasz es sich von selbst aufrichtet',
auch Stehmännchen und anderswo puttermännchen, kögel-
männchen genannt Albrbght sie*". auxJi in der Schrift-
sprache: und dieses ist freylich nur ein Vorzug solcher
kleiner, niedlicher, witziger und freyer werkchen, wo die
raaterien überall am rechten orte stehen, eben so wie
die stehaufchen, diese zum Zeitvertreib der kinder er-
fundenen nützlichen Werkzeuge Lessing 4, 271 Lachmann-
Muncker; ich sende sie {die präsente) doch erst von Muskau
aus, nämlich eine schlänge, die sehr schöne ringe macht,
und ein stehaufchen Pöckler briefw. u. tageb. 7, 169.
b) die weitere Zusammensetzung stehaufmann, über-
tragen: diese figuranten und stehaufmänner, deren jeder
Staat bedarf, bleiben es nicht immer, sie bekommen
nur zu oft eigenes leben und eignen willen, und rebel-
liren dann gegen die, welche ihre schöpfer waren {vor-
her: welch ein süszes gefühl, so manche Vogelscheuche
in amt und würden zu sehen I) Alexis ruhe ist d. erste
bürgerpß. (1852) 1, 241 (15. cap.). — Mufiger Stehauf-
männchen: plastische nachbildungen der kobolde sind
die hölzernen nuszknacker und die aus hoUundermark
geschnitzten Stehaufmännchen Ad. Wuttke volksabergl.
(1860) 411; der baron hatte einen schwankenden gang,
stülpte auch wohl manchmal um, stand aber gleich
wieder wie ein Stehaufmännchen auf den füszen E. Th.
A. Hoffmann 9, 210 Orisebach; unverdiente kinderkrän-
kung wirkt nicht etwa blos äuszerlich auf den stolz
und duckt gleichsam ein Stehaufmännchen in seine
schachte! Gutzkovv* ges. werke (i872) 1, 97; hundertmal da
und dort abgewiesen, gleichen sie den Stehaufmännchen,
die, stelle man sie auch hundertmal auf den köpf, immer
wieder auf ihr dickes ende fallen 3, 13 {bezw. 11, 212 in
d. ausg. V. 1846; 'die wellenbraut'), oberlaus, stehufmandel
Anton 13, 7.
2) als pflanzenname, salepvmrzel, orchis morio Pritzel-
Jessen {in Siebenbürgen). — so geicöhnlicher die wort-
gruppe steh-auf-und-wandle, bezeichnung von heil-
kräftigen pflanzen in anlehnung an Matth. 9, 5/., und zwar:
a) kreuzen zian . geniiana cruciata Campe {auch heil-
allen-schaden) und Nemnich im wörterb., dagegen im
text zu gentiana vema, frühling senzian , himmelstengel,
danach Pritzel-Jessen; 'steh-auf-und-wandle, name des
kreuzenzians. wegen seiner heilkraft' Heinsius 4, 765''.
b) meistens ehrenpreis, veronica officinalis Pritzel-
Jessen. 'diese pflanze galt für so heilkräftig, dasz sie
gichtbrüchige von ihren leiden befreie, daher ilir na?ne
aus dem evang. Matth. 9, 5 — 6. der ältere name ist tcol,
im sinn übereinstimmend, grundheil' Hoffmann v. Fal-
lbrsleben, vgl. in Wagners arch. l, 276. dafür nd.
{hamb. -holst.) sta(h) up un ga(h) weg, ehrenpreis. veronica
RiCHEY 285; 'welchem kraute eine schnellheilende kraft zu-
geschrieben Vfird, in geschwülsten im rätuherkrauV ScH ütze
4, 179; s. auch nd. korrespondenzbl. 2, 50/. c^ sta up un
ga darvan bei Walbaum idiot. Lubecense {Lpz. 1747), *.
Pritzel-Jessen.
STEHBEIN, n.. dass. wie standbcin sp. 731: das knie
des Stehbeines ist hier immer sehr geneigt, sich zu
biegen, 80 wie die fuszspitze des spreizbeines sich zu
strecken Jahn 2, 40 Euler.
STEHBIER, n., bier. das man schnell im stehen, ohne
sieh erst zu setzen, austrinkt: im kretscham wurde ein
stehbier getranken, und die cigarren in brand gesetzt
W. V. POLENZ d. büttnerbauer l, 6. jetzt giebt es in groszen
Städten zahlreiche Stehbierhallen.
STEHBILD, n.: ew. wohlgeboren musz die unerfreu-
liche nachricht melden, dasz das modeil sehr Übel zu-
gerichtet bey mir angekommen . . . auf der post hat man
wahrscheinlich das kislcben flach gelegt und so schwankte
dM Stehbild bey jeder erschUtterung Göthe bri^e 26, 180
{an Sehadow. d. 17. dee. 1816); BlUchersches monument für
Brealan. als abwechslung jenes für Rostock beliebten
Stehbildes erscheint hier ein schreitebild, das man nicht
mUzbilligen kann 28, 109.
8TKHBLECH, n..- die gurtungon der Town' sehen brücken
sind T- förmigen querschnittes und werden zusammen-
gesetzt ans horizontalen bicchlamellcn und zwei winckci-
eisen. welche entweder unmillolbar zwischen ihre vortl-
CM.lt Schenkeln die aus flacheisen bestehenden gitterst&be
Hr.
fassen, oder mittelst eines eingelegtes verticalen bleches,
des 'stehbleches', die befestigung der gitterstäbe an die
gurtungen ermöglichen Karmarsch-Heeren'' 2, 87 {dazu
flg. 619).
STEHBODEN, wi. ; da wir fürchten, dasz es uns ein
duell zuziehen möchte, wenn wir sagen, die Studenten
und Offiziere wären parterre, so wollen wir für sie einen
festen stehboden herstellen Rosegger sehr., 2. serie li, 27.
STEHBOJE, /., preusz., 'flottholz von flaschenform am
störgarn, dessen dickeres ende durch eine schnür an der
simme befestigt ist' Frischbier 2, .Söä*.
STEHBOLZEN, m.: bei dem hohen dampfdrucke . . .
müssen diese ebenen flächen (bei locomotiven) versteift
werden, was durch die sogenannten stehbolzen {entretoise-
stay) geschieht, d. h. schrauben aus eisen, stahl oder
kupfer, deren gewinde in der platte des feuerkastens
und des stehkessels ihre muttern und beiderseits noch
runde nietenköpfe haben Karmarsch-Heeren* 3, 81 {dazu
fig. 1304) ; Versteifungen zweier paralleler flächen erfolgen
durch stehbolzen, das sind lange niete, über welche eine
hülse aus schmied- oder guszeisen geschoben ist, welche
die platten auseinander hält 6, .365.
STEHBRETT, n.: die kutsche hielt an, der schlag
ging auf, der diener schlosz ihn wieder, erklomm sein
stehbrett, sie rollten davon Holte l erzähl. Schriften 36, 80.
STEHELEN, STEHELIN, adj., ältere form für stählen,
s. das., sp. 560jf.,- dazu noch: nym stehelen plech und
glue dy küchenmeist. d 8.
STEHEN, verb. stare.
I. verwandtsclmft und form.
A) etym^logie. l) stehen geht zurück auf die idg. vmrzel
sthä- {das th erscheint nur im indischen, sonst überall
stä), die in allen idg. liauptstämmen {mit ausnähme des
armen, u. alban.) für diesen begriff vencendet wird, die
ursprüngliche präsensbildung ist die redupliderende : *si-
sthämi, erfüllten in skr. tis^hati, avest. hiStaiti {altpers.
imperf. a-i§tata), kelt. *sestämi in altir. air-issim und
den subst. sessam und sessed 'das stehen', sowie mit ab-
geänderter bedeutung. als causativ 'stellen' oder perfectiv
'sich stellen', in gr. "axrifu und lat. sisto {umbr. sestu).
daneben in den europäischen sprachen ein präsens *stSy5,
lat. sto, umbr. stahu; altir. tiu, tö bin {aus •[sjtäö);
lit. stöju, st6ti treteji {nebeti stöwiu, stoweti stehen); slav.
einerseits mit n-präsens stan^, stati stehen bleiben, sieh
stellen, andrerseits mit kurzem vocal stoj%, stojati stehen. —
zu sthä- gehören zahlreiche ahleitungen. daneben begegnet
eine erweiterte wurzelgestalt sthäv- mit den ablautsformen
stheva- {skr. sthavi-) und sthü-, die mannigfachen ablei-
tungen zugrunde liegt, sich aber mit einer idg. basis stu-
in ähnlicher bedeutung {sich zusammenballen , steif sein)
berührt, von der sie bei fehlen der indischen formen nicht
mit Sicherheit zu scheiden ist. (HiRT unü umgekehrt sthä-
aus *sthv5-, einer ablautsstufe zu sthdva-, herleiten, indog.
forschungen 12, 195—9.) vgl. Fick* 1, 14«/. 667; 2 (Stokes-
Bezzenberger urkelt. sprachsch), Sil; 8 (Torp), 477.
Uhlenbeck altind. etymol. wb. 346''/. Prellwitz griech.
etymol. tob.' 199/ Walde lat. etymol. wb. 697/ Miklosich
vergleich, wb. der slav. spr. 319.
8) im germanischen ist diese wurtel im allgemeinen
durch eine Weiterbildung mit dei\t<d sta{>-, stad- ersetzt,
sie geht vielleidd aus von den häufigen nominalableitungen
mit i : dem verbaladj. *8thatös, skr. sthiti- stehend, avest.
stäta- {die länge des vocals ist nicht sieher), gr. OXtndi,
lat. Status, ahn. stadr im sinne der deutschen vonterbil-
düng stäiig, s. das., sp. 935, und dem verbalabHr. *sthati-
das stehen. Stellung, zustatui: skr. sthiti-, avest. stliti (wie
oben), azdaig, lat. stati- in statim, sonst d^für stati-o.
germ. stadi-, *. statt, sp. WA ff., und stadt, «p. 480/ , mit
lätige slav. po-statT; das nomen agenti» •8th&t5(r) ist im
germ. nicht vertreten, {nicht überzeugend ist Hirt's her-
leitung des t aus einer — in jeder KineieM höchst un-
ioahrMheinliehen — 8. sing. aor. med., t. Paül-Braunes
beitr. 88, 816/.) zu dieser basis gehören im deutatken tmeter
dem verb. (standan, *. unten B) und den ang^fUMtn uOr-
tem noch stad, stade(n), $. ep. 416/; nihd. itate, $. sUtt
I, 8, sp. 064/., daeu statten, sp. loi«/.. gestatten, 1h. 4, i.
4>08ir- t«. «• «c.; st&t, «. atet und stat {adv), «p. «84; mit
ablaut Stute, «. dat.; stadsl. v. 418/., dasu whl stall.
Mr.
1397
STEHEN (I, B. 1, a— d)
STEHEN (I, B, 1, e-f)
1398
sp. b9if., stellen u. s. tc.; ferner got. lukarna-sta|)a leueh-
ter, anda-sta|)jis Widersacher, af-stass ahfaU, faura-stasseis
Vorsteher, gastoI)^an>n zum stehen bringen, anastodjan
anfangen, s. Grimm gramm. 2, 11. Uhlenbeck got. etymol.
icb.^ 139^. Feist 248. — die unerweiterte tcurzel lebt auszer
in dem verb. stehen (theihceise, s. B, 1. 2) nur in got. stoma,
grundlage, stoff, das sich lautlich mit slcr. sthiman- stand^
ort, gr. oti]U(ov, lat. stämen aufzug am Webstuhl, lit. stomä
natur, deckt, a. Uhlenbeck- imV- Feist 252" {doch vgl.
E. Schröder ztschr. f. d. alterth. 42, 68), und dem dazu
im ablaut stehenden stamm, sj). 634/., fort, zahlreich
sind die nachkommen der icurzelform st(h)5-w-: st(h)ü,
so sicher germ. *stö-wö statte, stelle (altn. -stö. ags. stöw,
altfries. stö, got. stana gericht ToRP 493) und stauen,
s. das., femer stauer (adj.), stier, Steuer, stütze, studel,
viell. auch stände, stauf, staunen, *. diese, vgl. zum
ganzen Weigand'* 2, 958/. Kluge^ 377*».
B) für den verbalbegriff 'stehen' verwendet das germ.
eine zwiefache wurzelgestalt. einerseits lebt die ursprüng-
liche vocalische basis fort; doch ist sie weder in allen
formen noch in allen germ. sprachen vorhanden, andrer-
seits ist die erweiterte germ. tcurzelform staj)- in gebrauch;
sie bildet das präsens mit infigiertem n (standan), das
dann im deutsäien auch in die andern flexionsformen ein-
gedrungen ist.
1; die kürzere idg. tcurzelform, ist auf das präs. (und
geleg. das part. petf.) beschränkt, sie fehlt vollständig im
got., westnord. und engl., begegnet also im deutschen und
dän.-schtced., dazu im (wesf}fries., und zwar tritt sie hier
überall anfangs hinter standan zurück, trird allmählich
immer häufiger und ist schlieszlich alleinherrschend ge-
worden, (auffällig ist besonders das fehlen der kürzeren
form im engl., das doch die entsprechenden formen des
verbs gehen besitzt: ags. gän, engl, go.) vgl. 3. Grimm
1*, 1023. 1060; 2, 51; Kluge beitr. z. gesch. der germ. eonj.
s. 151. im einzelnen ist zu bemerken:
a) im altdän. stehen neben einander stände, stände,
stonde und sta, staa, stä, stoo; 3. sing. Stander, -ser,
stonder und star, staar, stser; conj. stände und staa;
part. standend(h)e, -dis, stundende, -dis und stände, staa-
ende, entsprechend im part. perf. standen, -et(t), und
staaen, -et ; imp. stets stat, s. Kalkar ordbog 4, 102 — 6.
im heutigen dän. staae, präs. staaer, part. perf. staaet,
seltner und veraltet stände, Stander, standet. — altschwed.
standa und stä, dieses häufiger im ind. präs. als im inf,
niemals im conj. und imp. (stat), *. Noreen gramm.
% 540, 1 (dazu das part. perf. stät anm. 3), die 2., 3. sing,
auch mit und. stsender und stär § 561, anm. 4. jetzt
schtced. sta, part. stadd, statt (und standen). — auch im.
neunorweg. sind die formen staa (sta), präs. staar (st«r)
eingedrungen und allgemeiner üblich als die alteinheimi-
schen standa (e), stend (imper. stets statt, plur. stände u.
staa), s. Aasen 744».
b) im altfries. herrscht durchaus stonda, daneben im
inf. ziemlich häufig stan, selten steen, *in der 3. sing,
selten steet, steth, einmal stat, alles fast ausschlieszlich
in westfries. quellen, s. Richthofen I05l'; v. Helten
altostfries. gramm. % 273. jetzt ist die kurzform auf das neu-
westfries. beschränkt, hier aber allein vorhanden : 1. sing.
stöan (stäean, st&an, stäi), 2. stfast u. stßsta (stiast, stjist),
3. stÄ(a)t, plur. st§an u. a. w., part. stSant, a. Siebs in
Pauls grundr.^ l, s. 1320/
c) im dlts. sind die langem formen weit überwiegend
(etwa 4 mal so häufig wie die kurzen, vgl. jetzt auch Gal-
lee Vorstudien a. 300. 391; alts. gramm.' % 396, anm. l).
dagegen sind sie im mnd. völlig gesehicunden, mit al-
leiniger ausnähme des imperativs (sing.), wo stant häufiger
ist als sta. nur in dieser form hat sieh die längere
wurzelgestalt bis in die neuere zeit hinein gerettet, der
verf. der betr. stelle im Brem. wb. 4, 992 erinnert sich, in
seiner Jugend (also anf. des 18. jahrh.) noch oft den imp.
stand oder stond, stond still gehört zu fiaben, und in
der gegend um Ooalar kommt noch heute stunt neben
sta vor.
d) weniger achneU hat sich der gleiche wandel im nl.
vollzogen, in den altnfr. paalmen ist stfin häufiger als
standan, aou^eit das die nicht zahlreichen belege erkennen
lassen, und auch im mnl. stehen noch staen und standen
Mr.
neben einander, so dasz ersteres das häufigere ist, s.
Franck mnl. gramm. % 148. 167.
e) im ahd. überwiegen die längeren formen etwa um
das anderthalbfache, eine ungefähre Schätzung gestattet
der umfang der darsteUung bei Graff 6, 588 — 607 ; hier
füllt stän allein etwa 1*/», mit eompositen 7 spalten,
stantan allein 2, mit eompositen ll»|j spalten; doch be-
stehen Verschiedenheiten sowohl zwischen den einzelnen
denkmälem wie zwischen den flexionsformen. von jenen
hat die alte laidor - Übersetzung ausschlieszlich stan-
dan, ebenso der Tatian bis auf ganz vereitizelte aus-
nahmen (4 gegen 106 stantan-/or»ie» im präs.); dagegen
sind bei Otfrid die kurzformen im ind. präs. übencie-
gend (im MuspiUi 4 mal stßt : 44, 45, 61, 87 neben stan-
tan 36, stentit 68). diese scheinen also an hoden zu ge-
winnen, und zwar verbreiten sie sich vom ind. präs. aus,
wo schon die Murb. hymnen arstät sitrgit 21, 6, 1 und
arstämes surgimus 4, 3, l (neben verschriebenem, zweifel-
haftem harstant surgit 19, 3, 4, von J. Grimm in harstantit
geändert) bieten, während im conj., inf. und part. aus-
schlieszlich stant- gilt, (bei Notker stände schon beinahe
auf den conj. und imp. beschränkt.) im mhd. haben sie
vollkommen gesiegt und die formen von standen zurück-
gedrängt, diese beschränke/i sich im allgemeinen auf die
alemann, mundart, s. Weinhold mhd. gramm.^ s. 364/,
alem. gramm. s. 324, bair. gramm. s. 282; mhd. wb. 2, 2,
567'>; Lexer hwb. 2, 1134/ bes. selten sind die ind.-for-
men. (die belege der alem. gramm. sind zum groszen titeil,
die der bair. durchiceg nhd., nur:
er sprach: 'ich mich des 'wol enstande'
Jcaisercliron. 12791 Schröder.)
häufiger sind die conjuncHvformen im alem., die ganz
vereinzelt auch mitteld. begegnen; allgemein üblich ist der
imp. stant (neben sta). überaus selten ist dagegen vriederum
der inf. (bei Weinhold nur stauten in der Vorauer
handsehr. und understenden in Basler rechtsqu.). das
part. scheiyit mhd. üherhaupt nicht belegt zu sein, in-
dessen beruht diese Seltenheit von standen vx>hl auf lite-
rarischer normierung; i7i der lebenden Volkssprache waren
diese formen nach ausiceis der heutigen dialecte offenbar
viel verbreiteter.
f), die mhd. Verhältnisse dauern in der nhd. Schrift-
sprache bis ende des 16. jahrh. weiter; dann erlischt der
stamm stand- vollständig, und es bleiben nur die kürzeren
formen übrig, die längeren sind jetzt noch consequenter
auf alemann, quellen beschränkt, nur der imper. stand
reicht weit darüber hinaus (s. S). überhaupt sind die
einzelnen sehr verschieden in hinsieht auf die häufigkeit
ihres Vorkommens, sehr gewöhnlich ist. neben dem sing,
des imp., der conj.; nicht ganz selten ist die 1. sing,
ind.; alle andern formen begegnen, wenn überhaupt, nur
ganz vereinzelt, nachstehend tcird das vorkommen der ein-
zelnen formen im spätmhd. und frühnhd. (14. — 16. jahrh.)
durch belege veranschaulicht, vgl. das genau entsprechende
vorkommen von gangen, s. gehen I, i, 6, th. 4, 1, 2376/
a) im ind. ist am häufigsten die 1. sing, als ich stand
belegt: so bindent ir mich, und stand also gefangner
und gebundner zwischen der minen gotz und seiner
Torcht Heinrich v. Nördlingen an Marg. Ebner XVII
33 (vom j. 1335, s. 198 Strauch); lieb, ich stand also und
wart wenne man mich triben werd XXVI 17 (vomj. 1338,
*. 210); ich hab ietz meinen tagwen wol Tolbracht, ich
stand wol ich bin sicher Keisersberg traetat. D l^ ;
(da) gedacht ülenspiegel . . . dahin kernen frembd heren,
die laszen mich unbegabt nit, uberkum ich nit dan ir
wopen , so gestand ich wol Eulensp. 63 (a. 96 neudr.) ;
sprichst du aber, ich bin ein einfältiger ley, ich ver-
stand nit, wann einer gelert ist, oder nit Eberlin
V. Günzburg 1, 61 neudr.; solt euch die angst und not
kund sein, in deren ich jetzund stand Wickram 2, 318
33 Bolte (goldtf. e. 20); ich . . . stand uff und schlau im
den streich usz Th. Platter 90 Booa;
ich stand hie gar kunstlose
MuSKATBLUT 26, 123;
darmit so will ichs bleiben Ion
tind iez ausz disem reien gon,
so stand ich auf einem gilgenblat,
gott geb euch allen ein gtte nacht!
Umland volktl. nr. 3, 10;
88» Mr.
1399
STEHEN (I, B, 1, f)
STEHEN (I, B. 1, f)
1400
von bfichem hab ich grossen hört,
verstand doch drynn gar wenig wort
Brant narrerach. 1,6;
ja, wie ich den geschworen hab,
dem stamd ich nimer ewig ab
MuENER IxUh. narr 2299;
desz ich hie also üppig stand
vatter und müter za eir schandt
Gbnoenbacb 8. 56 Ooedeke (d. X aUer 101) ;
hilf mir ausz desz gottlosen band, . . .
inn Zuversicht ich auff dir stand,
beut mir o gott dein gewaltig band
H. Vogther bei Ringwaldt geiM. UederXH;
ja eben hie inn disem land
da du nun stehst und ich nun stand
Garg. s. 454 neudr.
geltener in der volleren form ich stände: aber die
schändliche mäusz und ratten . . . hatten den anfang
(des buchea) . . . gar vernaget: also dasz ich desselbigen
. . . noch inn mangel stände 43; füeget es denne got,
so Stande ich sin wol lidig Nigolaus v. Basel *. 306
Schmidt (brief v. j. 1377) ; ich stände nüt an den altar
doTon das ich keyser bin, me es ist in minen landen
gewonheitd. stüdtechron. 8, 373, 17 (Königshofen Straszb.
1400);
so bitt ich dich, mein Fridburger, . . .
du wollest mich laszen hangen
in kleidem da ich iez stände!
Umland volksl. 74 A (Ulinger), 28;
{bervM die relative häufigkeit dieser bildung gerade in der
1. »ing. auf anlehnung an ich stän?)
ß) von den anderen pers. des ind. kommen die 2. und
3. »ing. von diesem stamme überhaupt nicht vor; die plural-
formen sind vereinzelt in alem. prosaquellen bezeugt, s.
Wein HOLD alem. gr. s. 324, z. b. auch: dar nach vahent
an ze lesend . . . und wolchiü wort ir nit verstandint,
die zeichend und schribentz mir Heinr. v. Nördlingen
an Marg. Ebner XLIII, 135 (1345, s. 246 Strauch); die zehen,
die an unsers scbultheissen gerichte sitzent und ge-
sworen hant, menglichen ze richtende nach recht als
verre si sich entstandent rechtsqu. v. Basel l, 49, 5 (vom
j. 1390) ; denn ir verstandent wol, söltent die Walhen in
dis lande komen . . ., so were versehenlich, daj ir . . .
niemer me ledig mochtent werden Schreiber urkun-
denb. d. stadt Freiburg i. Br. 2, 339 {urk. v. 1424).
y) sehr häufig ist stände im conj. praes. über das vor-
kommen im mhd. s. Weinhold mhd. gr? s. 364 und, Lexer
hvib. 2, 1135. es ist im allgemeinen auch auf alem. autoren
eingeschränkt, im, reime gebraucht es Konr. Flecke:
joch muo; mich wundem sere
weder dir din muot stände
an 8t od 0; ze lande Flore 3301,
vgl. Sommers anm. zu 998. (nicht bei Hartmann v. Aue,
t. Michels mM. elementarb. §226, anm. 8.) ganz verein-
ten im mitteld.:
e; Stande kurz oder lanc,
ich nime si im über sinen danc
Salman u. Mar olj ZI, 1.
f\hd. bes. bei Schweizer und Elsässer autoren bis ende des
16. jahrh. hier atuh lexikalisch gebucht: wie es umb mich
stände quomodo sim affectua Maaler 384*>. belege: unde
sol der böte ... in die phcnninge grifen . . . unde sol
eine hant volle nämen . . . unde sol si versuchen, ob si
gut sini unde in der swärin standen, als sie danne ge-
setzet sint Augsb. stadtb. (1276) 18 Freyberg; ir . . . tra-
gent gern gutes gewand und vlissent (ich dag e; wol
•lande St. Oeorgener pred. 21, 25; swer under dem rate
ald der stat dekeiner buosse schuldig wirt, gicht der
selbe das er der buosse nicht geleisten muge, das stände
an des rates bescheidenheit richtebr. v. Zürich a. 45; en-
bat mir, wie es stand umb dich o Margarctha Hein-
rich ▼. NöRDLiNOEN an Marg. Ebner VI, 48 (1832—8,
a. 188 Strauch, ebenso XXXIII, 97 und L, 81 ; vgl. die einl.
$. XCIX); die selben gueter sint ledig einer kilchen ze
Zürich, es stand denn in krieg tceisth. i, 9 (Höngg bei
Zürich isn); wa ouch ieman kumpt und ufT einen hof-
man klagt, der sol bUrgen geben, des er Seh ze rechten
Itand IM {fufrodd v. Einaiedeln, anf. de» itt.jh.f); wel-
lest ir aber den gebu nit anefohen, so wil ich imo
tohriben dag er sin danne gar und gantz lidig stände
Nicolaus v. Basel «. soe Schmidt; gange ont fuege dich
Mr.
zuo dir selber in dich selben so lange das du es Ver-
standes Wagkernagel altd. pred. 66, lio (Basler hschr.
des U.jh.); das du mir helfest das ich mit dir erstände
%, 24; umb Swabegg daj behalten wir uns selber in
solcher weig dag die hern von Bairn mit Gräften dem
Wauler sollen werden uberain wag eg im stand (koste,
wofür es ihm versetzt sei), und wenn wir der summe
aigenlich geindert werden und die ervaren , darnach
wellen wir eg rihten d. städtechron. 4, 180, anm. (Augab.
qu. V. 1374); und die sache stände noch also 5, 351, anm. 3
(Augsb. urk. v. 1418); Augspurg die stat ist gestanden
. . . 2572 jar. got von himel helf und frist sy, das sy
noch lang mit eren stand 4, 238, 19 (VVahraus, 1447); doch
so gefallt uns ouch wol, dasz jr unserem herren dem
künig umb die bottschafft ze willen standint Züricher
urk. V. 1418 bei Tsghudi 2, 117*; so sol ich . . . die eptischin
und ir gotzhus dannenhin verstau an gewonlichen scha-
den, si nementz an schaden oder si standen an schaden
Züricher urk. v. 1405 im gesehichtsfr. 8, 85; erfarent mir,
war min alter hörre hine komen si und wie eg umbe
in stände Oerm. 3, 419, 28 (Straszb. handschr. des Ih. jahrh.);
darumb dag man selten erkennen mag, in welches end
desz wysen man mainung stände Steinhöwel de daris
mulier. 40, 26 Drescher; und sol ouch der pfleger einer
ir register in der hant haben und darin sehen so der
schafTener usz sinem register rechnet, uf das man wisse
das sie glich standent Straszburger zunftverordn. s. 278 (vom
j. 1478, oder als ind. zu fassen*); du solt auch lögen
umb einen falcken. unnd dem deinen briefT anbinden,
in dem ich verstau müge wie dein hercz fürbasz gegen
mir stände, und war n&men wo ein turtelteüblin vor
einem laden stände, auff dz du den falcken werffen
solt Wilhalm v. Oesterr. (1481) 42'»; du solt . . . dein
sinn und gemät gesamlet haben, das du waist wie du
gegen got deinem herren und schöpfer standest Keisers-
BERG hasz im pfeffer (1502), bei: granatapfel (1510) AaS**;
er beweget sich darzü das jm seine leftzen nymer still
standen 8°; die gestreiften kleid mit vil färben, als man
jetz tregt, sie sprechen, es stand wol, bringt aber keinen
nutz brösaml. (1517) l, 95'»; es seint darnach etlich die
dem artzt nit sagen wesz der harn sei, . . . und wollen
ym nitt sagen, was inen brest, wa und wie es umb sie
stand narrensch. (1520) 85 (richtig 77)"*; stand morgen ufT
. . . und how huCT negel ab so lang bitz ich uff stand
Eulensp. s. 65 neudr. (40. hist.); die alten köstlichen
meister des wol redens leren, es stand übel, wann die
vorred nit uff die vermeinte matery diene Eberlin
V. GÜNZBURG 1, 58 Enders (bundtsgnosz VI, vom j. 1521);
hastu aber den glauben nit im hertzen, so underlasz
dein predigen, dann du wirst dein hant verbrennen
daran, es stand kurtz oder lang 2, 89; den tag hastu dir
allein vorbehalten, desz wir auch mit freilden wellen
warten göter hoffnung, er standt vor der thür 3, 117; ich
sorg, es stand wenig ausz dem gesatz gottes dar in (im
geistl. recht) Schade sat. u. pasqu. 8, 136, 81 (ela., mai
1521); a. auch a. 140, 28 und 142, 16; sag du nur mir, ob
etwas von iez gemelter meinung drinnen stand 8, 171,
28 (alem. 1524, ebenso in einer 20 jähre jungem Straszb.
neubearbeitung : sag mir nur, ob nichts von disem hau-
del darinnen stant a. 278, 8); darumb sprach er die brot-
becker standen zäsamen, das sie den götlichen segen
empfahen . . . zö dem letsten sprach er, standen uff die
wacherer, und empfagen den segen gottes, da wolt keiner
ufT ston Pauli achimpf u. emat (16S8) a. 180 Österley
(194. cap.); hie drucket Paulus us das werk des mittlers
Christi, dasz er by gott fUr uns stände und dem ange-
sicht gottes . . . erschyne für uns Zwinoli l, 866 (ualeg.
des 19. art., Zürich 1523); deszhalb syg er nach Petro
auch der fels, daruf die kiloh stände 8, 7; wie sy von
uns ein hall wort (bibelatelle) erfordrend, darinn stände
man sol kindertoufen von dem iouf (1685) n l**, a. unier
kindertaufe l, ih. 5, 761; so lAg er vor allen dingen, das
er als ein christenmann in der forcht und liebe gott«
stand Gbrszdorkp viundarijn. (is.*«)) 88^; und dir gelieb
mir zeoffnen, ob . . . wir Ollyller und Richarden wyder
erlössen werdend, und wies umm sy stand Morgant.
198, 18 Bachmann (ach*c«ii. handschr. v. l&SO); glUckhafTt
sey alles das du hast ... es stände wol in deinem hausz
Mr.
1401
STEHEN a. B. 1, f)
STEHEN (I, B, 1, f)
1402
d. gantze bibd vert. (Zur. 1531) 2, 50* (H. 121 = 122, 7); hast
du jn für einen heiligen bekennet und gesagt, er stand
auch im jar kalender Wickram roüwagenb. 73, 23 Kurz;
du solt sie (hirsehe) auch suchen in den vorhöltzem,
unnd wo ir geng standen von einem wald zu dem andern
NoE Meurer V. forsÜ. oberherrligkeU (1560) 96* {oder in-
dic.f); inn einem trockenen land ... da sehet fleissig
zu, das jr den baw recht setzet, das er gegen dem
aequinoctialischen auffgang der sonnen stände Sebiz
feldb. (Strasib. 1579) 13; das es in zeit der Vermischung
weibes und mannes, von dem puncto des falls, men-
liches sahmens in die behrmutter her entstände L.
Thurneysser (aus Basel) magna alchym. (1583) vorr. s. l;
aber widerumb auf unsere materi zukommen, müssen
wir hie kl&rlich besehen unnd erwigen, warinn die
wflrde, macht und das ansehen der h. kirchen eigent-
lich stände Fischart bienenk. 16*; als ob die h. röm.
kirch nicht weitrers lesen könne, dan was in der bibel
vor gespilt stände le*» (daneben auf derselben seile: es
stehe geschriben) ; die natur ist der artzt, du nicht . . .
schaw du dasz du lehmest wo jhr apotecken seyen,
wo jhr Tirtutes geschrieben standen, und in welchen
bfichsen sie standen Paracelsus (1616) l, 210A; der aber
nach der natur lebt . . ., derselbige mag nichts also heim-
liches in jhm haben, das nicht der astrologey in wissen
stand 2, 489 u. ö.;
denn mfisent alle menschen sterben . . .,
das si Ton dem tod erstandint
und alle für den richter gangint
MoNB tchautp. des mittelalt. 1, 279 {d.jüngde tag v. 186,
handschr. v. Ii67; ;
da; verknndent den Inten,
da; sij sich vor snnden h&ten,
und och allen landen,
da; es wol umb si stände
s 258 {ludut atcent. 106) ;
ich (regtUtu, zauniönig) bitte euch herren alle sampt,
Sit ich uwer künig bin genant,
das ir nement miner eren war, . . .
das ich Stande lasters fri
Germ. 6, 83, 1 {Stuttg. handschr. des lö.jh.);
wer überhebt sich das er stand,
der Ifig und schlypft nit uff dem sand
Brant narrensch. 56, 80;
doch das ir mich verstanden basz . . .
MuRNER Ivther. narr. 2038 ;
erstlich, wie darinen stant,
das die bäbst geredet hant . . . 20H:
und nenst ein ort, darin es stand,
wie wol wirs damit (I. da nit?) fanden band
2070;
ich schlaf, ich wach, ich stand, ich gang,
so gdenk ich stets zum kloster ns
N. Manuel t. 51 Bächtold (v. papst u. ». priestersch. 502);
noch wend sie reden fri unverschempt,
der babst der sye, wie er well, . . .
so stand die christenlich kilch uf im
«. 80 (v. 1301) ;
ich sag inn, was druss mög erschiessen,
und wenn man nit bald darvon stand,
80 wert wir kan umb lüt und land
RuFF Etter Heini {Zürich 1539—9) v. 2*56 ;
fleh hat's alls gott (merck!) hie erschaffen,
nit das ir standind sy angaffen
Adam u. Heva (Zur. 1550) 1298;
gifick stand mir alzeyt bey
Forster frische t. liedl. i, 38, 1 (oder imp.f);
welche wolt nicht gern sein zu hausz,
so man von jhr gibt rümlich ausz,
das auff jhren das hausz bestand
Fisch ART ehezvchtb. Dl»;
bis das ich bSr, ob er bestandt
hinfort, auff seinem alten tandt
Haynbccius Hant Pfriem (1582) 2, 3 v. 873 («. 35 neudr.).
höchst auffällig und kaum in Ordnung ist die folgeruie
nach zeit und gegend ganz isolierte stelle:
<J) ganz allgemein üblich ist stand, stant im sing, des
nperativs; hier reicht dieser stamm nicht nur ins mittel-
sehe, sondern sogar ins nd. hinein, mhd. belege s. mhd.
Mr.
icb. 2, 2, 567''; Lexer hieb. 2, 1135; mnd. Schiller-Lübben
4, 359*; dazu auch: Adam, . . . stant up dyner hode, be-
wair di in den vruchten godz! Veghe 312, 24 Jostes;
de Iowe sprak: 'stant np' . . .
Gerhard v. Minden 24, 25 Seelmann;
de sone begnnde darweder spreken
dos: vader, stant! lät one leven! 69, 45
80 findet sich stand atieh im frühnhd.. in weniger be-
schränkter örtlicher Verbreitung, doch weder häufiger noch
länger als der conj. von Wörterbüchern verzeichnet ihn
ebenfalls nur Maaler: stand still ich bitt dich drumb.
asta te amabo, sta, siste gradum, eomprime te 384'». Ldther
gebraucht es in seiner früheren zeit, so in den einzdaus-
gaben des alten und neuen test. bis 1528, wo die bibdausg.
von 1545 stehe einsetzt, z. b.: so sprach Mose, herr, stehe
auff 4. Mose lO, 35, im alten testament von 1523 — 28: stand,
s. Frank schriftspr. Luthers §43. 174A, 7; stehe auff
herr gott, erhebe deine band ps. 10, 12 (stand auff 1522 — 3);
da erschein der engel des herm dem Joseph im träum,
und sprach, stehe auff Matth. 2, 13 (stand auff, ebenso
v. 20, in den beiden ersten drucken des n. test. 1522) ; welchs
ist leichter zu sagen? dir sind deine sünde vergeben?
oder zu sagen, stehe auff, und wandele? 9, 5 (ebenso, auch
V. 6); ebenso Marc. 2, 9, 11 und Luc. 5, 23/.; meidlin, ich
sage dir stehe auff Marc. 5, 41 (stand auff in e l. 2. 5, 1522 — 24);
und sie rieffen dem blinden, und sprachen zu jm, sey ge-
trost, stehe auff 10, 49 (stand auff e l — 2); stehe auff, und
trit erfür Luc. 6, 8 (desgl.); Jüngling, ich sage dir, stehe
auff 7, 14 (desgl.); und er sprach zu jm, stehe auff, gehe
hin, dein glaube hat dir geholffen 17, 19 (desgl. auch im
evang. v. 1522); im namen Jhesu Christi von Nazareth,
stehe auff, und wandele ap. gesch. 3, 6 (e l — 2) ; stehe auff
und gehe gegen mittag 8, 26 (desgl.); und so femer 9, 6.
11. 34. 40. 10, 13. 20. 26. 12, 7. 14, 10. 22, 10. 15. 26, 15. Eph. 5, 14.
offenb. 11, 1. weitere belege: meyn herre, stant uf unde
entphach die krönen alles dyness riches weder Roths
Düring. chron. c. 106; verstannd es also bey diser gleich-
nusz die ich dir hie geben will Keisersberg Jtasz im
pf. bei: granatapfel (Augsp. 1510) Aa8^; da sprach der
schmid zö ülenspiegel. stand morgen uff Eulensp. 40 hist.;
Paulus spricht Hehr. VII, 24, 25 : diser (verstand Christus)
hat ein ewigs priesteramt Zwingli l, 265 (usleg. des 19. art.) ;
und das verstand von einer yegklichen schlechten wunden
des haubts Gersdorff feldtb. der wundartzney (1530) 32'» ;
stand auff nach der edlen hertzogin rhat unnd ergetze
dich mit andern freüden Wickram i, 19, 6 Bolte (Oalmy.
1539, cap.4); Tomilin nun stand styll Th. Platter 9 Boos;
stand uff und gang 64;
stant uf durch der reinen martel ere
d. städtechron. 8, 106, 24. 107, 16 (geiszlervers v. 1349 bei
Closener chron. v. Straszb.);
du sagest uns als zu disser zit . . .
von eim, den hostu gnant
einen geist: spring uff und stant
in dim rasende glauben
Alifeld, patsionttp. 5095 ;
stand auf, Maria Magdalen
Erlauer spiele 4, 708;
der g&t mann sagt mein Uebes weib
stand ab von deinem zom und keib
Wickram d. irr reiUend bilger (1556) 43»;
stand-auf her, das überhand gleich
der k&mmerfellig mensch nit kreig
Mblissus psalmen (1572) D 1» (». 37 neudr., ps. 9, 20);
stand auf, herzlieb, und lasz mich ein *
Uhlamd volksl. no. 83 A, 1 (at« d. Franlf. liederb. 1584).
mit unorganischem end-e: stände uff und yssz l. Mos.
27, 29 (l. 19) in der sog. 4. bibelübers. (1470 — 8.') neben:
stee uff und ysse v. 31, nach Kehrein gramm. i. *. 246;
dar umb volge dyser lere, . . . stände für gott in grosser
Zuversicht und bit in umb hilff Eberlin v. Gönzbüro
1, *. 70 Enders (bundtsgnoss VII, l52l). mit dem alten
enklitischen -& in dem jägerschrei: so nun sein jäger-
spruch geschehen ist, so soll er also schreien, standa
still, standa still, ich weysz nicht wo der hirsch hin
will Sebiz feldb. 566.
C) seltner und nur alem. ist die entsprechende form de»
imp. plur. standen(t): vatter standent uff, ier mieszt
praedigen Th. Plattbr 8S Boos;
Mr.
1403
STEHEN (I. B. 1. f-Ti)
STEHEN (I, B, 1, Ä-2, c)
1404
so bit ich euch, verstanden das
MuRNBR luther. narr v. 160;
das sond ir inen alls verkünden: . . .
sy lerind, standind ab der sünd
RuFF Etter Heini v. 2504.
bair. vielL:
und standet snnder slSfen
Hadamar V. Labbr jagd 15.
$) auszerordenÜtch selten sind die nominalformen, ein
in/, standen kommt ganz vereinzelt mJid. vor, s. Wein-
hold mM. gramm.^ 365. Lexer hwb. 2, 1134/..- in dem du
in gangen bist in das almechtig vermügen gotz also, das
da understanden dich in dir nichtz vermacht Heinr. v.
NÖRDLiNGEN an Marg. Ebner IX 15 (1332—8, a. 181 Strauch) ;
ir maget vile wol verstanten,
dunchet ig iuhc nieht enplanten
Diemer Voratier ged. 348, 28;
sizzen unte stanten,
mit fSsen iouhc mit hanten 356, 13.
dagegen ist daa noch seltenere pari, erst nhd. belegt: alte
grawe leüt hat der soldan stets umb sich zu rhäten in
yrem geschick eerlich und schweigend yn umbstandende
See. Franck weltb. (1534) 16».
g) heute leben diese formen noch in oberd.. bes. alem.
mundarten fort, meistens neben den kürzeren, und zwar
theiltceise nur im conj. (und imp.), theilweise im ind. und
conj. ao wird bezeugt Schweiz, conj. stand, -ist, plur. standf,
-it, tmp. stand Frommann 3, 207, 17; in Visperterminen:
conj. (stf od.) Stande, imp. stand El. Wipf § 235; in der
Kerenzer mundart conj. und imp. stannd Winteler a. 163;
aargauisch äto {imp. stand), daneben in der kindersprache
stände, demin. gtändele, seltner im geuöhnl. aprachge-
brauche i stände {nur in dieser person), conj. i ätandi,
de standist u. s. w. Hunziker 255; noch weiter reicht die
bildung in den ind. in Basel: sto, kinderspr. ständele; ind.
i stand, ob. Basel stone; stoosch, stoot; plur. stände,
stönde, steen(d) ; conj. stönd ; imp. stand, stönded, steen(d)
Seiler 279»; schieäb. ind. Stand, stäst, stät, jjZwr. standet;
conj. Stand, Standst; imp. stand Fromm an N 2, 113; {s<^wäb.)
stau" und standa' Schmeller^ 2, 709; 'uestlech'. ich stand,
mir standen {neben ich stän, stäst, stät, plur. stänt), imp.
stand, standen(t); inf. standen {und stän) mundarten
Bayerns § 952. vgl. auch:
blut stang,
vergisz den gang Schweiz, volksl. 2, 219.
— über bair.österr. mundarten s. h. — nur der imp. ist
erhalten eis.: stänt {und St6) Martin-Li'enhart 2, 564'»,
und mittelfränk. : rip. Stant MÜNCH § 236, 8; köln. stand
HöNiG'^ 302. {brem. a. oben c.)
h) sehr merkwürdig aind nebenf armen, die an stelle des
vocala a ein e aufweiaen. aie finden sich zuerst in alem.
quellen um 1600: es ist also unnser alt herkumen des
dorffs LAchken, das jn der marckt der wilden bom halb,
sie stenden in ecker jn wisen uff der elman jn weiden
oder jn fflrhöltzern das das selb wild obsz gemein ist
des dorffs Lfichikein kundschafft vomj. 14S2 bei Reyscher
aamml. altwürttemb. statxdarrechte s. 262 (gleich darauf:
und wenn derselbigen bom einer dürr wirtt . . ., er stand
uff einen uszwoneroder jnwoner, so dar er jn dennost nit
abhowen); wen hinfür yemant an unsern statgrichten
Vergabung Ordnung mechnusz oder testament ufrichten
understenden und in sollichen mechnussen inen sclbs
vorbehalten, solliche zu meren . . . rechtsqu. v. Basel
1, S4«, 4 {vom j. 1616). später sind sie im alem. erloschen,
herrschen dagegen in den bair.-öaterr. mundarten, aoweit
diese überhaupt die längere bildung bewahrt haben, ao
in der tirol. mundart v. Imst ind. plur. itenda, -t. conj.
Stend {neben StTa u. s. w.) Schatz *. 178; kilrnt. st&ndn.
eondit. st&ndet Lexer 840; auch cimbr. standen neben ge-
^eShnl. 8t^n, stenan eimbr. wb. 286«. häufig mit Übergang
von nd in ng: 'oatleeh.' mir st&nden. st&ngen, imp. (pl.)
■tingtazl ScuifBLLBR mundarten Bayerns % 968; mia
•t*hn(g)»n (= «tänden), kt steht«, sie «tdhn(g)on(t)
SchwAbl altbayer. fromm, s. 76/; oberiist. 1. S. pl. m4*,
■ö tUngan {rpl. 6§ etil») Fromm an n 8, w, 61; niederbat.
•ie itengan 4, 687, i, 4; in Wien wir, sie steng'n HOobl
IM*. «0 oimA;
«wo» Uüar aUncKn drin. dSa oa' grtb. dOs oa* braii"
Hartmann voikstchauap. i. 147
(XVI, 78, Traunatfiner hirletup.).
Mr.
formen mit einfachem n schon in e. alibair. quelle vor 1701 r
ma vostehna a nanda glei wol scho braff Bayerns mund-
arten 1, 210, 12 (d. prinz v. Arkadien i, 5); als stenna hetite
tn ganz Franken, s. 803; oberpf. (Z. pl.) Stena, vogtl. Sdenä,
*. 272; Sdrena und Sderjä Gerbet gramm. § 20, 2 {bez.
ersierea als ostfränk., letzteres als oberpf), vgl. d. tcorU
reg. auch in Nürnberg i. s.pl. Sten%, a. Gerhardt § 388, i.
lägen nur diese jüngeren formen vor, ao läge ea nahe, in
ständen, stenden eine compromiazbildung aua standen
und sten zu sehen (tcie Gerhardt § 112, 8 a. 883, anm. 1
annimmt und achon Hildebrand bei gengen unter gehn
n, 6, b. th. 4, 1, 2393 fragt); aber diese erklärung würde
auf die altern alemann. Zeugnisse nicht anwendbar sein.
vieUMcht besteht zwischen beiden kein geschichtlicher Zu-
sammenhang, (ein ganz analoges noch früher außreten-
des gengen für gehn *. das. I, 1, c, th. 4, 1, 2378/. die an-
nahme einer alten schwachen nebenf orm. auch dort un-
wahrscheinlich, kommt hier nicht in frage.)
2) CM* dem idg. st(h)g- tcäre im germ. eine lautform
*stö- zu erwarten, diese erscheint jedoch niemals, sondern
dafür theils stae-, deutsch stä-, theils stai- bezw. deutsches
st6-. jenes könnte man als alten ablaut fassen (ao Noreen
urgerm. lautl. a. 66; Brugmann grundriaz 2, 1065/ be-
trachtet das 5 von *st-5 ala präsenssuffix , das an die
tief stufe der wurzel tritt), dieses ala tief stufe sta- mit
flexivischem i. da indessen daa verb sonst in den idg.
sprachen niemals einen t-vocal aufweist, ao iat hier nicht
alter ablaut anzunehmen, aondern einfluaz dea verba gehen,
daa mit stehen in häufiger und fester Verbindung steht
und grosze ähnlichkeit der flexionsiceiae auficeiat, vor
allem dasselbe nebeneinander einer kürzeren und einer
längeren Stammform, ahd. gän und gangan. {vgl. th. 4, l,
2376/". die dort sp. 2392 jf. gegebene erklärung dieser
doppelformigkeit ist allerdings kaum zutreffend, vielmehr
sind hier wohl schon für das idg. zwei verschiedene wurzeln
anzunehmen: ghe-, germ. g£ iind gai-, und ghengh-, germ.
gang, *. TORP bei FicK* 3, 120. 124. eine andre herleitung
der kürzeren form hei Kluge« 137»»/) — besondere Schwie-
rigkeit schafft der umstand, dasz die kürzere wurzelform
wiederum in doppelter vocalisation ersdieint, und zwar
aind die beiden lautformen eineraeita dialektiach verachie-
den, aodaaz innerhalb dea einzelnen aprachkreisea nur die
eine üblich iat; andreraeita atehen aie auch innerhalb der-
aelben mundart neben einander, zuweilen in feater, ge-
regelter vertheilung auf die verachiedenen formen dea para-
digmaa, zuweilen in regelloaem wechael. hierbei geht stehen
in der regel, doch nicht atisnahmsloa, mit gehen gusammen,
vgl. dieses I, 3, 4, th. 4, 1. 2382—9. folgendes sind die aprach-
lichen thatsachen:
a) die kurzform fehlt ganz im got. und engl, obgleich
in letzterer spräche das parallele verb als gän {at4a weat-
germ. gai-), neuengl. go, durchaua getcöhnlich ist. auch
dem xcestnord. iat aie fremd (gä spät und selten a. Noreen'
§ 494, anm. 4), dagegen iat aie im ostnord. schott in alter
zeit vorhanden und in der netten zeit im präs. zur allein-
herrschaft gelangt, a. oben 1. a. hier herracht alao durch-
gängig der vocal k, k=>= urgerm. «.
b) über die Verbreitung der kurzform im fries. vgl. l, b.
die weatfriea. formen führt Siebs a. a. 0. auf ein alt-
friea. «stän, stes, 8tet(h), pUir. stän, pari. stCn zurück,
der auffällige Wechsel von ft und 6 begreift sieh u>ohl am
ehesten von uraprüngl. ai aua.
c) im nd.nl. herracht der vocal & {— urgerm. S), tcenn
auch nicht uneingeschränkt; inabesondere kommi in der
2. 3. sing. ind. praea. daneben 6 und ei vor. die spär-
lichen belege der altr\fr. paalmen bieten auaaehliesüich i
(t^. upstän, imp. -stä, pari. gen. gl. -stindiro), a. V. Hblten
altostr\fr. gramm. § 125. im mnl. gestaltet sieh dieflexion
ao: inf. staen (aeltener standen. *. o.),- praes. ind. sta,
staes, staet {häi\fig auch «teet, aeltener tteit), plur. staen,
staet (tdten steet), staen; opt. ausnahmslo» sta, imp.
sta, ir\f. staen, alle ohne uebet\/ormen mit ee s. Franck
mnl. gramm.* § IB8. entsprechend neunl. staan. — im alia.
iat der kürzere atamm nur in der 8. »ifi^. ind. praes.
tahlreieher belegt, und twar im Gott, ausnahmsloa als stCd,
•t, ebenso in den Vatiean. fragm., wUhrend der J£on. 9 mal
Btäd. 6 mal ei6<\ und l mal (4JM9) gteld bietet, die t. sing,
ist nur im Cott. tweimal als st^s, der plur. einmal (1678)
Mr.
1405
STEHEN a. B, 2. e—e)
STEHEN a. B. 2, e)
1406
in beiden handschr. als stät, der inf. nur im Cott. 2 mal
als stän (stann 4870, gistan 2196) belegt, während im
Monac. dafür standan erscheint, auszerhalb der bibd-
I dichtung bieten nur die Merseb. gl. ein vramstän. dem-
nach scheinen in der 2. 3. sing, die Schreiber des Cott. und
der Vatie. hdschr. (und icohl auch der Heliand-dichter) 6,
der Schreiber des Monac. dagegen ä gesprochen zu haben,
icährend in den andern formen, soxceit sie überhaupt vor-
kommen, allgemein ä gilt. vgl. Holthausen alts. elemen-
tarb. % 477, Gallek alts. gramm.^ % 425. — ähnlich im
mnd., ICO die kürzeren formen — mit ausnähme des imp.,
s. 1, c — alleinherrschend geicorden sind, hier gilt ä
aitszerhalb der 2. 3. sing. ind. ausnahmslos; in diesen per-
sonen dagegen sind die überwiegenden formen du steist,
[ he steit; daneben du stäst, he stät, sehr selten stßt. diese
beiden bildungen sind aber nicht landschaftlich geschieden,
sondern begegnen in derselben quelle neben einander, sogar
bei dichtem im reime, so hat Gerhard v. Minden uppe-
steit : endeit 95, 28 und wederstet : 16t 78, 36 {in der handschr.
leyt und -steit) neben stät: hat 64, 39 {ebenso 7 mal geit
und 2 mal gät im reime), s. Leitzmanns einl. a. LXXVI.
beides dicht neben einander:
darnach des mannis wille steit (: warheit),
da horit er gerne reden van
sächf. tceUchron. prol. 68;
diz buch ne wirt nimmer vollenbracht,
de wile diu werlt stat.
so vile wirt kunstiger dat
79, ». deutsche chron. 2, 66.
(im Sachsenspiegel herrschen die k-formen. im nd. seebueh
begegnen für die 3. sing, die Schreibungen: staet, stat,
stad, stät, steyt, steit, doch findet sich steyt, steit nur
in d. handschr. A und wird in B durch staet ersetzt,
z. b.: unde dar steyt [A, staet B] ene capelle by norden
der rede 5, 17.) — belege für stet: Romulus unde Remus
stichten ene burch an deme berge, dar nu stet dat palas
dat gebeten is maius d. chron. 2, 79, 32 {säehs. toeUehr. 15);
seg mi doch, wu stet it in der helle?
Daxiel V. Soest «. 122 Jottes (gem. bicM. 298).
vgl. auch den reim:
gode nnde Marien hebbe gi gesworen einen et,
därumme dat cruce up juwem klede steit
des dodes daris 548 Baetheke.
im neund. ist noch gröszere einheitlichlteit und consequem
eingetreten, indem hier in der 2. 3. sing, ebenso allgemein
steist, steit {tcestf. st€st, st§t Woeste 253», oder stais,
stäit Jellinghaüs § 258, stögst, stögt Holthausen
Soester mundart § 323) herrscht, wie im übrigen die formen
mit ä (ä, ö).
d) viel complicierter sind die Verhältnisse im, hochd.,
indem hier in allen formen ä und 6 neben einander liegen,
theils mundartlich geschieden, theils innerhalb des para-
digrnas mannigfach wechselnd, während die nd. formen
der 2. 3. sing, steist, steit auch für einen groszen theil
des fränkischen gelten, besonders grosz ist die Verschieden-
heit im ahd., wo obendrein die Verbreitung der kürzeren
formen neben den längeren sehr starke differenzen auf-
weist, s. 1, e. die spätere spräche zeigt eine fortschreitende
Vereinfachung. — über die ahd. flexion s. Graff 6, 588
bis 607. Braune ahd. gr. % 382/. von den wichtigeren
fränk. quellen kennt Isidor die kurzformen gar nicht,
Tatian nur in vereinzelten fallen : inf. stän, 2. plur. stät,
eonj. stö, imp. plur. stSt. häufiger sind sie bei Otfrid,
für den sich folgendes paradigma aufstellen läszt: inf.
Btän; ind. praes. stän, steist, steit (n mal) und stät
(3 moZ. dazu B mal stentit, in F: st6t); i. plur. stßt,
3. Stent; eonj. 2. plur. st6t. die 3. s. steit findet sich auch
im Leidener Will, für stfit des Originals, sonst sind keine
fränk. belege für die kürzeren formen bekannt, s. Franck
altfränk. gramm. % 212. im alem. gelten ausschlieszlick
die &- formen, s. zeitschr. f. d. alterth. 33, 429. t»i bair.
fast ebenso ausschlieszlich die ^formen; nur in der 3. sing.
ist ein paar mal stät für das gewöhnliche stöt überliefert,
die kurzformen fehlen ganz im sing, imp., der immer stant
lautet, und fast ganz im eonj., der nur durch je einen
beleg in Tat. und Otfrid (mit 6, s. oben) vertreten ist.
e) über die mhd. Verhältnisse vgl. im allgem. Wein-
hold mhd. gramm.* s. 361—4. Michels mhd. elementarb.
% 216, num. 1.
Mr.
a) im ganzen scheint die vertheilung so zu sein, dasx
die 9.- formen dem alem.-fränk., die ^-formen dem bair.
hauptdialekt angehören, für das oberd. galt dies schon
in ahd. zeit; der hier im fränk. vorhandene Wechsel von
ä und 6 innerhalb des paradigmas ist mhd. nicht mehr
erkennbar, mit ausnähme des unter y encähnten faUes.
ß) in der spräche der klassischen mhd. dichtung hat
diese mundartliche Verschiedenheit nicht statt, vielmehr
gilt hier ein im ganzen einheitlicher Sprachgebrauch, dessen
regel ist: im beweisenden reime gelten überall für stän
und gän die ä- formen, mit ausnähme des eonj., der durch-
gängig § hat; auszerhalb des reims dagegen und ebenso
in den fällen, wo gän und stän unter sich im reim ge-
bunden werden, findet sich daneben, in der regel über-
wiegend, die Schreibung mit S. (so zutceilen unmittelbar
neben einander:
soll' ich trüric stän,
ob ich si muo; mlden,
•we, wie waere das getan !
ti genäde stet min muot vil hS
minnes. 1, 352'», 2 Hagen.)
dieser reimgebrauch gilt z. b. für die Nib. (wo die formen
stän und stät durch häufigen reim gesichert sind, wäh-
rend die andern fehlen) und das österr. volksepos über-
haupt (nur dasz vereinzelt auch im eonj. stä, stän gereimt
werden, s. Singer mhd. schriftspr. anm. 43), tme auch für
die altem lyriker bis Walther, mit ausnaJime Hein-
richs V. MoRUNGEN (dieser hat:
wil si aber mich dar ombe ven [hschr.: vehen],
mir ze unstaten sten minnea. frühl. 126, 12,
neben stän: wän 125, 32, stän: hän 129, 16). femer bei
Konrad Flecke (inf. stän, er stät, ir, sie stänt; eonj.
5 mal stände und 2 mal st€, s. Sommer zu v. 998), im
ged. von herz. Ernst (B, s. Bartsch, anm. zu 2945), bei
Neidhart v. Reüental (Haupt s. 221 zu 89, 20), Hein-
rich V. Freiberg (s. d. ausg. v. Bernt, s. I0"f.). über
Hartmanns reimgebrauch s. C. Kraus in d. festg. für
Heinzel s. 152 — 160, Benecke-Borchling wb. zum Iw.
s. 219. danach läszt sich folgendes paradigma aufstellen,
worin die nur für gän durch den reim gesicherten formen
mit einem stern gekennzeichnet, die gar niclit im reim er-
scheinenden in klammer gesetzt sind: inf. stän; ind. praes.
ich stän, stÄn, st6, du stäst, er stät; plur. (stän), *stät,
stänt; eonj. st6 (2. s. fehlt), plur. *stän, stät, stän; für
imp. und part. praes. fehlen reimbelege, hier ist bemer-
kenswerth das ä im plur. eonj. (Kraus setzt auch die 2. s.
als *stäst an) und das schwanken in der l. s. ind., dem
bei gän nur ich gän gegenübersteht, hier vertheilen sich
die formen auf die einzelnen denkmäler: ich stän findet
sich in d. liedern. Er. u. a. Heinr., st§n im Iic. (alt
einzige form):
der kumber da ich inne sten (: Vrien) 4184;
er ist sun des künec Vrienes.
entriuwen ich verstenes
mich nä alrerst ein teil 2111;
st§ einmal im Greg.:
ich hceres wei; got niemer m§,
wände ich niht langer hie beste 1416.
(Kraus betrachtet stS als entlehnung axts dem eonj., stfin
als mischbildting aus stän und st6.) über Reinmar v.
ZwETER vgl. Roethes einl. s. 396. (beide hdschr. schwanken,
im ind. ist stets ä gereimt, im eonj. st6; sonst überwiegt
e, aber auch im identiscJien reim, mit ausn. von D, die
immer stan: gan fuit.) ganz entspricht der regel Rudolf
V. Ems, a. Junk, Paul-Braunes beitr. 27, 485. andre
dichter zeigen geringere eonsequenz; so bes. Wolfram,
der als Baier stßn, stßt sprach, und seiner mundart in-
sofern rechnung trägt, als er bexoeisende reime auffällig
meidet, ohne sie doch ganz auszttschlieszen, dafür um so
häujiger beide verben unter einander bindet, a. Zwierzina,
festg. f. Heinzel s. 467/. dieser führt 6 reimbelege für
die k-formen auf (2 stät, 3 gät, l gän), davon 3 aus dem
ersten buche des Parz., daneben 5 für 6 (4 stßt, 1 g€n).
auch bei Heinrich von Neustadt finden sich neben
überwiegendem ä (nach dem wortverz. von Singer stän:
an, man, plan, getan 9 mal; st&t: h&t, r&t, mat 8 mal)
formen mü & im reime:
Mr.
1407
STEHEN a. B. 2. e—f)
STEHEN (I, B, 2, f)
1408
titf. : sprach der von Pentapolen,
'mein geluck will wider auff sten'
ApoU. 17400 Singer:
ind. : ich pin Lucina, als ich hie stea,
desz knniges kint Altistraten 17275;
'haht ir den vendert hie gesehen
der euch zu layde icht hat getan?
er musz euch hie zu recht stan". —
ja, hcrre: er ist der dort stet,
Silvian von Nasareth 19963/.;
de; da^es vellet gar demider
was buwes uf der erden stete (I. stet),
es si tom oder glete (I. glet) gottet tuk. 6100
eonj.: mercket unde höret me
wie di tavel runde ste Apoll. 18728
odir ob ich lihte scbribe me
dann in latin geschriben ste gottet zuk. 68
imp. : im were an dem hertzen we.
der engel sprach 'hie u; ste' 400.
Rein BOT v. Durne hat stfet und st&t unmittelbar neben
einander im reime:
da; senfte lamp von NazarSt
bl dem starken lewen stet,
da; e; deheine vorhte hat,
wan e; gerne bl im stät
Georg 2869—78 Vetter.
über das verhalten der ösierr. epiker (die fast alle neben
stark überwiegendem stän auch st6n reimen) s. Singer die
mhd. aehriftspr. s. 19/. (anm. 51). ähnlich in mitteld.
quellen: Eilhart v. Oberge folgt der reget, s. Ed. Gie-
rach zur spräche v. Eilharts Tristrant s. 188. {inf. stän
47 mal im reim, dazu 10 m^il st&n : gän, 1 m4il stön : s6n ;
8. sing, st&t: hat Zmal, dazu stät: gät 6 mal, ein 8t6t:
entpffet unsicher; 2 mal 1. plur. stän; conj. st6.) der ober-
hess. dichter der erlös, gebraucht die seiner mundart fremr
den &form£n auf 6594 verse 49 wtai im beweisenden reime,
auch im conj., dazu die k- formen 11 mal, abgesehen von
31 gßn: 8t§n; dagegen hat derselbe dichter in den 10524
»einer späteren Elia, die 8. -reime nur noch 3 rnal, s.
ZwiERZiNA zschr.f d. alterth. 44, 353; 45, 63/. (auszerhalb
des reimes einmal inf. stein, Elis. 5492.) Hugo v. Trim-
BERG hat 20 gät, 2 stän, 5 stät neben l g@n, 6 gSt, 2 st6n,
2 stet und 35 g6n: stßn, 40 g6t: st6t im reime, was eine
entschiedene Vorliebe für die & -formen beweist, s. ebenda
a. 65/ das ged. von Ludic. kreuzf. hat stän neben st6n
im reim {ersteres weit überwiegend), ebenso Ebernant,
«. Einzel, zeitschr.f. d. phil. 8, 890. — dasz die ^.-formen
auazerhalb dea alem. aua litterar. tradition atammen, be-
gründet apec. für d. bair. K. Bohnenberger, über gät/
gfit im bair., in Paul-Braunes beitr. 22, 209 — 216. {nur 6
haben l) die heutigen mundarten, 2) die Urkunden im
13. — 14. jahrh., 3) die ahd. quellen vom 9. — 11. jahrh.,
4) einige denkmäler dea 12. jahrh. ahd. begegnet ä nur in
den Par. u. Hrab. glossen, in nichtbair. formen, seit 1050
loird in den litt.-quellen ä neben dem einheim. 6 verwendet,
bes. im reime, hier in vielen quellen vor-, in manchen
alleinherrachend.) — auffällig ist immerhin, dasz schon in
der Wiener geneeia & und fe neben einander stehen, so z. b. :
den (armen) stent an deme ende
zuo wolgetane hente fundgr. 2, <. 14, 3,
neben:
da aver irwintet der ruke,
da stant zuo hulTe
14, 43 (.bei DiBMER «. 6, 25 und 6, 27).
im reime:
er cbot 'Abraham, Abraham!'
er antwrt« ime sa 'sich wa ich stan' 33, 1 (40, 8);
nn mtn snn Gäd,
vile wole dir da; suert sUt 80, SS (118, 1).
vgl. auch Zwierzina zeitaehr. f. d. alterth. 44, 888/
y) die formen steist, steit {und geist, geit) scheinen
auater dem nd. dem mittelfr.-rheinfrünk. Sprachgebiet an-
zugehören, a. ScHAUMBERO, Paul-Braunbs beitr. 8, 88.
Kraus ged. dea 18. jahrh. a. 148/ {viel weitere Verbreitung
ffiebt ihnen, kaum mit recht. Weinhold* ». MS f., der ein
voUatändigea paradigma st«in a^fHelU und auch für stlst,
■Ut vereinaelte belege beibringt, in einer Baaeler quelle
de» u. jahrh. findet »ich: und Tenteit man me an dem
werke denne an den werten Wacrbrnaobl itlid. pred.
60, 64; da ipricbeat eines und ich verttein zwei 64.)
/) im rüul. dauern die mhd. verhOUni»»« teährtnd de»
16. und lt. jahrh. im ganzen fort, allerding» jftttört durch
Mr.
da» vordringen der gemeinaprache und das zunehmende
übergeioicht des ihr gemäszen e. im allgemeinen halten
sich im alem. die alten k- formen, sei es auaachlieszlieh,
aei ea im Wechsel mit ^-formen, jedoch tat hier das ä von
stän in der reget in 6 übergegangen vor naaal, aodasz die
meisten quellen im inf. ston, stöhn haben, während andre
staCh)n und sto(h)n neben einander gebrauchen, tum inf.
stimmen die formen, bei denen ein nasal auf den vocal
folgt, wozu im alem. auch die 1. sing, und 2. pl. gehören,
seltner ist das o auch in die andern formen eingedrungen;
so bieten elsäss. denkmäler eine 3. sing, stot, ». unten
T], cc. dd, während gewöhnlich dem inf. sto(h)n eirie 8. sing.
sta(h)t entspricht 8ta(h)n findet sich jedoch {neben stehn)
auch auazerhalb dea alem. gebiete» bei autoren der ver-
schiedensten landschaften , minder häufig auch sto(h)n
{bes. bei f rank. -hess. Schriftstellern), indessen reichen alle
diese formen in der nhd. litteratur nicht über den anfang
des n. jahrh. hinaus; die vereinzelten belege aus jungem
quellen beschränken sich auf volkathümliche lied- und
apruchdichtung , die aua der altern zeit fortlebt {a. bea.
a, aa und bb, auch S, cc) , oder stellen doch unter ihrem
einfiusz {so sind wohl die stellen aus Spee, a. a, cc, zu
beurtheilen). — von nhd. Wörterbüchern kennen nur die
schioeizerischen dea 16. jahrh. (Dasypodius, Maaler) die
a- und o-formen. die eingehende Vorführung dea materiala
muaz die einzelnen formen getrennt behandeln.
a) der inf. erscheint in folgenden formen:
aa) die form stan ist bei alemann, autoren nicht sehr
häufig, weil hier a «u o geworden ist, s. bb: {er) bat min
herren, von diser irer fürgenomnen meinung ze stan
quellen zur Schweizer gesch. 1, 22, 12 (Frickart Ttoingherren-
str. 1470, I, 8); und darmit trat ich hinab und wolt zär
tür usz; do hiesz mich Kistler still stan 37, 7 (I, 9) u. 8.;
alsz kinig Wenzeszlan nach vil Warnung . . . von seinem
hinlessigen wesen und onordenlichen hausen nit wolt
stan Knebel chron. v. Kaisheim (i53l) *. 160, 20 Hüttner;
und wann man jr {der htnst) keyn ere dfit an,
so werden wenig dar noch stan
Brant narrcTisch. 103, 125;
der tod spricht zum grafen:
mächtiger graf, sechend mich an,
den reisigen zug lond still stan!
N. Manuel «. 10 Bächtold (fodtetU. 46);
zfl letst band wir Uch fanden
in grossem vorteil stan
mit graben oben und \inden,
noch lOffend wir üch an
<. 85 (Bicocea-Ued U, 8);
dank hab der bapst, von dem ich's han,
in sinem glouben wil ich stan
«. 36 (v. papst u. $. priettertch. 146);
wo wir mUesstind eewiber han,
80 mUesstind wir gebunden stan 46 (S48);
dMh aucA:
das wort gotts wird in ewigkeit ston
und mag von niemants werden abtont
I. 150 {Barhali «.446);
nnd da das hung (honig) soll werden gsAcht,
da laszt mans stan und sflcht mans gifft
H. R. Manuel weinapiü (1648) 1987;
jetz muss ich alhier khlopffen ahn,
den Juden zue erbarmen stan
Endxnger judentp. 8, v. 466.
von den werken Geilers v. Keisersberq haben die mei-
sten {Straszburger, Baseler) drucke ston, ». bb. dagegen
haben die Augsburger ausgaben neben vorherr»chendem
Bteen vereinzelt stan, t. b.: o du diencr gottes, da mafst
nitt stillsteen in ainem stand, darumb ist dir not das
du aufT oder absteigest, wilt du aber still stan, so
möstu gantz nider vallen granatapfel (1610) G 8*. — gar
nicht »eilen erscheint stan in tirol. und kämt, quellen:
das Ol* fünfzig 'S verfallen ist um den frefel, and mus
iii Jar us dem land stan {d. l. ««rZotten) tirol. wtiaih.
8, 846, 18 {MünsUrthal 1487);
recht als ain man,
den man wil verlan.
von frsndea muess ich stan
Oswald v. Wolkcnstbin 16, 40 SeAote
(von rtlmt mU);
•wer herts soll nit in traurikait stan
pa$$tOH»»p. aiM Tirol «. 48 (ßttn. pa»», 606);
Mr.
1409
STEHEN (I, B, 2. f, a)
STEHEN (I, B, 2, f, c)
1410
und donkcht mich auch nit wol getan,
das ier sei allain habt laszen stau
nnder diser sammung Erlauer spiele III, 336;
und laszen wiszen in,
das du mier hast chunt getan,
ob er es m6cht nnderstan V, 54;
daneben aiiszerhalb des [beweisenden) reims:
wir schfillen sten ainhalb zi&,
das uns icht red ersten,
da von, das wir so frü hie gen III, 54 Jf.
sonst ösierr.:
wolauff und loszet mir die schuch,
wiewol mir not wer einer pruch,
doch wil ichsz lenger lassen stan,
das ich nur die schuch zu eren han
pf. V. Kalenb. 1395 (daneben auszerhalb des
reimes sten, z. b. v. 238, 1419) ;
auch der Oberpfälzer Wolfg. Schmeltzl reimt stan:
soll ich mein armen underthan
nit schützn, lassen in nöten stan
Samuel u. üaid D 3*» v. 823;
{ich) will mit euch in der schlacht frey stan (: an) 830,
ebenso die (Nürnberger) fastn. sp.:
ein ider, der sich zwingen kan,
der mag der übel wol frei stan 147, 30 ;
hett der meister also getan,
so mocht er an gespot wol stan 152, 29;
herr künig, da thut ir gar recht an {dafz
ihr die frone tragt).
ich waisz, sie wirt euch gar wol stan 656, 29 ;
wie wol die frau hie prangen kan,
80 sah ich kainn mantel nie übler stan
daneben:
666, 29;
und zieh man mich mit münchen und pfaffen,
wenn ich der werk mag ledig sten,
so lasz ichsz gar gutlich abgen 166, 15;
ebenso 449, 31, vgl. unten. imfränJc., auszerhalb des reims:
dan es wirt stan dorauff allein,
das wir uns rotten jn gemein . . .
Ulr. V. Huttex 3, 530 Böcking {beklag, der freistette 33),
neben: so dan würt kein weybischer, blöder, lustsöchen-
der oder geitziger . . .. nach geistlichen lehen und pfrun-
den steen und trachten (netno tunc mollis . . . adspirabit)
1, *. 395, 38; im reim:
allein musz er vor dem richter stan,
seiner diner wirt keiner mit im gan
Jaspar V. Gennep Homulus (1540) 438 ;
es darff doch mancher edelman
verschlucken wagen, rosz, und man,
das hastu jha noch nicht gethan,
dammb wirstu noch ehrlich stahn
Albercs fabeln 11, %.
stan im. reim mit o:
Eol ich mich denn nicht ziren schon,
am tanz musz ich do binden stan,
80 werden sprechen dan die leut:
na sehet, wie stet die Muszgeut!
faftn. tp. 107, 22.
auch im (hess.) Alsfelder passionssp. (1501) ist stan die
gewohnt, reimform: '
kommt zu mer, er hellerodden, . .
und losszet mich nit allein stan,
willet er anders den Ion von mer honn !
das wel ich alles losszen stan
und das nu ein frommekeit wisszen lan
also thun mer alle glich,
die der, herre, zu dinste stan:
sie woln dich mit nichte lan
mer woln hie nit lenger stan;
die reis wel ich uns heben an
fursten, gralTen und dinstman
musszen mer alle zu gebode stain
die zwene man
die dort vor uns stann
|«o im reime auf gan:
dasz sie nach dim libe stan
und alle dage zu raide gan,
wie sie, herre, erwinnen dich
Hiesus lieber herre zardt,
du solt uff disser vardt
uff dissem tuch gaben
und vor den richter stan
Pilate, losz die rede stan
und losz uns Barraban gan !
X. 2.
137
328;
916
1086
1258
7929
2602;
3^;
4802;
Mr.
sin gewalt sal ummer stan,
sin gericht sal nnmmer zugan 4777;
daneben jedoch:
herre, des wasszers gib auch mer! . . .
dasz ich nicht mene (l. mee?) dorff her gehen,
sonder dissen bom hie losz stehen ! 1346 ;
ebenso 4198, *. unten, sehr auffällig ist der reim.:
ach lieben gesellen, nu lauffet hinn !
er mochtet hie zu lange stehen !
1081.
die Schreibung stain, die oben in v. 1258 begegnete und
ohne morphologische bedeutung ist, findet sich sonst be-
sonders in mittelfränk. quellen, so:
here, sait wat uch si misdain,
laist xms na besseringen stain
d. gtädtechr. 12, 101 (Hagen boich v. Colne 2751);
hedden si ir werpen laissen stain,
in were zo der zit neit gedain 128 (3728).
dagegen schreiben spätere Cölner quellen wieder stan:
also bleif dat stan 13, lOl, 14. 103, 25. 104, 4 {Cölner jahrb.
1414 — 5). doch auch z. b. : darum wer sich went zestain,
der sech, dag er icht valle cod. Teplens. 2, 32 Huttier
(l. Cor. 10, 9). — im thür. herrscht §. doch hat das spiel
V. d. 10 jungfr. {aufgef. 1321, hatidschr. des 14. jahrh.) im
reime stan: •
betet ir mi edir mime kinde ichein lip getan,
das muste uch nu zu staten stan 274 Beckers.
ebenso 239 (stan: gelan); dagegen im nicht beieeisenden
reime:
hemel und erde sal zuge,
mine wort sullen ummer stille ste 294.
{vgl. C, 2, Ar, a.) ebenso hat Jon. Rothe neben dem ge-
wöhnt, sten, stehin 2 mal stan im reim, s. die ausg. seitier
'passion' v. Heinrich s. 52. bei Luther begegnet a
(stahen, stan) bis 1523 nicht selten, bis 1530 vereinzelt
{wahrend die kursächs. kanzlei nur e kennt), s. Frank
schriftspr. Luthers § 43. 242: wie wol es alszo seyn musz,
das an Christum . . . vill sich stossen, fallen, und auff-
erstahen müssen, von d. freyh. eynisz Christen manschen
(1520) A 2* (s. 17 neudr.) ; so hat sie szo ein reyche ge-
rechtickeyt ynn yhrem breötgam, das sie abermals, wider
alle sund bestahn mag B l*» (s. 24); so auch in seiner
umdichtung des i6.ps. {'ein feste bürg' u. s. w.):
das wort sie sollen lassen stan, . . .
er ist bey uns wol auff dem plan »ehr. 8, 364**.
icie hier, verdankt stahn auch sonst seine Verbreitung und
erhaltung vielfach dem bedürfnisz und der tradition des
reimes, für den stahn ebenso bequem tcie stehn wenig ge-
eignet war. so gebraucht es im reime auch der Obersachse
Hayneccius {neben steht, s. ß):
{ich) wil zu keim menschen in die schul nicht gähn,
auch niemandt zu gebotten stahn
Han* Pfriem (1582) 1, 2, t». 302 ;
da mus der arme Hans Pfriemer dann
eim jedem zu seinen rechten stahn,
muss sich verdammen lassen baldt 1, 4, 498,
und wenn sie gleich wer blieben stahn,
so hett' jhr doch misfallen dran 2, 2, 663.
ebenso der Leipziger Schumann:
wa aber zäsamen kommen zwey,
die in selber nicht sein recht trew,
die müssen allen alle zeyt fortan
ir lebenlang in armfit stahn
nachtbüchl. (Augtb. 1559) ». 272, 27 BoUe (nr. 48).
auch Opitz hat in seiner ersten gedichtsammlung (1624)
noch zuweilen stahn zugelassen, vgl. Baesecke (ÖStt.
diss. 1899) s. 108. z. b.:
ich halt allein bey euch fest an,
bey euch bleib ich, sonst niergendt, stahn
{dafür später:
mit glauben der nicht wancken kan)
t. 53 («. 83, 44 neudr.).
aus dem nd. stammt stahn t» dem bekannten 'Aennchen
von Tharau':
und:
qnfim' allet wedder glihk ön ons tho schlahn,
wy gyn gesfinnt by een anger tho stahn str. 4;
wat 8ck geb6de, wart van dy gedahn,
wat &ck verb&de, dat lätstn mv stahn 11.
89 Mr.
1411
STEHEN (I, B, 2. f, a)
STEHEN (I. B, 2, f, «)
1412
a. ged. des Königtb. dichterkr. s. 179. S. Dach a. 420 österley.
Herder 25, 80 Suphan (alte volksl. II, 8, 12). dafür in
der übers, (volksl. l, 1, 20).-
kam' alles weiter gleich auf uns zu schiahn,
wir sind gesinnt bei einander zu stahn
und:
was ich verbiete, das l&szt du mir stahn s. 17T.
(nur die erste stropfie in der gekürzten fassung, die als
Volkslied gesungen wird, s. Herder l, 2, *. 466/. und 53i
Meyer.) unter dem schütze des reimes hat sich stahn
über?iaupt länger im Volkslied gehalten:
sie haben schöne kleider an,
ich aber musz in der kutten stahn
Herder 25, 376 Suphan {volkel. II, 1, 24).
bb) die gewöhidiche form, der frühnJid. alem. (scJiweiz.
eis. u. s. IC.) autoren ist ston: also wart er (Heinr. IV.)
usgetolben und ... in dem banne gelossen fünf jor ston
d. städtechr. 8, 435, 24 (Königshofen Straszb. chron., 1400);
und sol ouch der schaffener den pflegern des alle woche
ein register geben darinne solichs alles eigentlich ge-
schriben ston soll Straszburger zunftverordn. s. 278 (vom
j. 1478); wee denen, die mit disen zweien hörneren stossen,
es würt nitt lang ston Kei.sersberg irrig sclwf A 3»;
bey diszer weyszheit, sollen ir nüt anders verston denn
den gantzen hauffen der tagenden seetenpar. (i52ü) 128»;
bisz sicher, gott lot nit die pfand ston, er löset dir die
bilgersch. (1512) Sl"*; unnd hie so soltestu fliehen, so
bleibstu ston drei schütz ... du bist gleich einem hirtzen
bleibt ston, bisz er erschossen würt nurrensch. (1520) 151
(gedr. 107, richtig 143)»; es seint vier ding, ston, fallen,
wider uffston, niemer uffston (zioeites) 169 (richtig 16l)»;
da sähe der docter den holen stein an der wand ston
mit dem treck Euhnsp. (Straszb. 1515) s. 23 neudr. (l5. hiat.) ;
da Ulenspiegel das sähe da lieff er hindersich . . . und
liesz den becker ston 80 (20) ; also kam Ulenspiegel ent-
lich usz dem karch . . . und reit usz dem land und liesz
den karch vor der bürg ston 38 (26, u. so durchgängig);
du findst auch hie noch ston die zeychen ob das hirn
oder die feil wundt seycn Gersdorff vmndartzn. (l517)
22* (= 1530 23'») ; ir müssen . . . hinusz für die stat gon
. . . und als weit ir gewerffen mögen, darvon ston Pauli
aehimpf u. emat 99 österl. (c. 135) ; sant Bernhardin müsz
auch im schawfeld ston Jud. Nazarei vom alten u. neuen
gott (1521) s. 48 Kück; sein (des Franciscua) orden werde
ston bisz an iüngsten tag Jon. Eberlin v. Günzburg
1, 158 neudr. ; wie der miszbruch sy ingewachszen, wollen
wir lassen ston, und nit achten wie man th&t 179; förcht
dir nit vor jnen, dann ich hab sy in deine band geben,
niemant under jnen wirt vor dir ston können bibel vert.
(Zürich 1531) 1, 108» (Jos. 10, 8); da du ... die todten
vergrübest, liessest dein essen ston, unnd verschlügest
sy undertags in deinem hausz 295» (Tob. 12, 12); das sy
nit wolten annemmen, von der mesz noch cerimonien
nit ston (abstehen) Basler chron. 6, 131, 20 (zu 1528); ein
wanderbare sach, dass die uralten eidgnossen so vil
dise grafschaft (Burgund) gesäzt hatten, dass € si dar-
von ston wöltid, e ire land, lib und gut gegen römschen
keiser Julio unabwislich wagten Anshelm Berner cJir&n.
1, 102, 79 (im KÖrterverz. ala stftn, stön eingereiht, dazu
ge-, üs-stän ; die angeführten atellen bieten nur ston) ; disz
ort hat Plautus unbcrfirt ston lassen (eum Plautus locum
reliquit integrum) Boltz Terenz (Tüb. 1589) 84'» (adelphi,
prol. 10); das lassen wir nun in seinem wert stöhn Seb.
Munster eoamogr. (Baael ifi60) 189; nAn müsz es gott
trewlich erbarmen, das ich noch so vier göter, starcker,
geräheter ross im stal hab ston, und ist deren keins,
es m&cht basz ziehen dann ich Frey gartengea. 19, 81
Bolle (eap. lo); er seit allein aoffston Montan us 17, 88
Bolte (uxgkürter U67, eap. 8); wie die schön jungfraw
Iphigcnia von dem schlaff erwachet, Cymon sähe vor
ir stöhn 840, 9 (,0]/m. u. Iph. 4); es sind vil bflchlin wider
solche tyrannen gescbhben; wolto gott, sie lescns recht
und tbeten darnach, to würde es besser inn der weit
•ton 878, 6 (gartengea. 8). daneben: dAd hett aber der
McrctarioB . . . kein goldtsandt oder strewbalfer aufT
•einem tisch stehn 876, 88 (16. eap.), ao Öfter (/. b. a. 818, 17.
•16, 81. 847, 1), aogar: als er aber nit weit aufTHtohn . . .
die leflt . . . dm sarch ston Hessen 87, 8 (wegk. 6) ;
Mr.
vorabe sol niemans barfuosz gon
oder bloskoppfs an die sunne ston
Dangkrotzheim namenb. (1435) 228;
Venediger die red solt lassen ston
Gengenbach ». 17 Ooedeke (d. alt eydgnotz 814);
danimb will ich iez stille ston
und den singer zft mir einher Ion
Umland volksl. nr. 3, 3;
dairumb sollt du merken und verstohn :
nit stätta Solls nach deim willen gohnl
Zfmm. chron. (1566) 4, 2J5, 2 Barock'';
es will mir auch nit fuegen,
die lang bei dir zu ston (: hingon) 228, 21 ;
das ich den orden möcht verston,
darzu ich gross verlangen hon 839, 33 .
hier auch von den wörterbüdiern aufgenommen: abstohn
vom gerichts handel, hastam abjicere, metaph. anstohn
lassen eyn Zeitlang, intermittere. bestohn, bedingen, re-
dimere Dasypodius (Straszb. 1537, unter sta. eingeordnet);
ston, atare Maaler (Zürich I56l) 389* (mit zahlreichen bei-
spielen). auszerhalb des alem. begegnet ston bes. bei frän-
kischen autoren: es ist eyn thorheyt, das man mit still
ligen und zusehen den krieg treiben will ... es mftsz
mann gegen mann stöhn (arma capias oportet et . . .
vir cum viro congrediaris) Carbach Liv. (Megntz 1551)
117» (22, 14, 4). daneben: j renthalb möcht die statt ohn
sorgen stehn 128*";
ein andrer (tischgagt) sagt von alten kesen.
wie er ein hauptman sey gewesen,
und hab so manchen zug gethon,
und m&ssen in der Ordnung ston
SCHEIDT Grobianus {Worms 1551)2155;
ists g&t, so iss ein theil darvon,
ists schlecht, so lasz nur vor dir ston 3504 ;
dann jm ward nit ein (JlTe6«-)8cher darvon
und m&st darzü in schänden ston 4308;
daneben :
so sitz dann hinderm disch geschmogen,
und stewr dich aufT ein elenbogen :
es wirt aber vil feiner stehn,
wann du dich legst auff alle zwen 3069;
doch ob dus maul je wischen wolst,
ans dischthfich du es reiben solst:
besonder ist es rein und schSn,
ein flecken wirt gar wol draui stehn 3104;
auf einen sontag morgen
bei nach der zwelften stund,
als iederraan ohn sorgen
▼erhofft im frieden ston
LiLiENCRON hist. volksl. 4, 564 (nr. 606, 3,
belagrung von Frankfurt o. M. 1668);
all ehr und guts mein werthe krön.
Actaeon. das lasz ich an seim orthe stöhn
GiLHUSius gramm. (Frankf. 1597) 67 (8, 1);
daneben :
bey paren, thut im Moyse stehn,
mustens in die arch Noe gehn 36 (1 3).
hei dem Oberpfälzer Schmeltzl:
da sieht man manch histori stöhn
und schier den gantzen passion
lobspr. V. Wien (1648) 483;
80 bald man hSrt den glocken thon,
mflsz sie (d. bürgersch^) auff vier pl&tzen stöhn 1146.
wenn in des Schlesiera Sebiz feldbau neben gewöhnlichem,
sehr häufigem stehn vereinzelt stöhn begegnet, so erklärt
sich daa aua dem druckort (Straszb. 157»): darumb soll
man den säutrog niemals lassen l&r stöhn 188; aonat in
fester reimformel: so nun der jÄger wider zu der fahrt
will zugchn, . . . soll der j&ger, wann er aber zu dem
hirsch geschrien, mit seinem hund also jligcrlich reden,
. . . wolan hin zu jenem bom, da tindstu den edlen
hirschen stöhn 666. über daa 16. jahrh. hinatta hat aieh
stöhn in einem andern voUcathümlichen reimaprueh ge-
halten:
ein Jeder lern sein lecUon,
■o wird •• wol im hause ston
Luther 8, 868^.
vgl. loction 8, th. 6, 488. ebenso Piulandbk (^raasb. 1660)
2, 9. Wille aittenl. (1781) 180. danach: os wird darumb
nicht wol im hauae Btohn, wann der knocht lernt nicht,
seine, sondern seines Herrn lection Scuuppius (Hamb.
1668) 888. an einer andern atelle aettte er iafOtr trola dea
reimea daa ihm gdänflge mundartliehe stahn ein: bete,
dass ein Jeglicher lerne am sontag seine, und nicht eine
Mr.
1413
STEHEN (I, B, 2, f, «)
frembde lection, dasz es möge wol im hause nnd im
gewissen stahn 210. {sonst gebraucht Schuppius natür-
lich stehen.) und so noch:
und geht's nicht mit der lection
und mit dem exponiren,
daim wird's gar schlecht im hause stöhn
Bürger 40*,
hält" jeder nur gelemet täglich seine lektion,
wnrd's, ohne blutvergieszen, wohl im deutschen hanse
stöhn!
Zach. Werner leeihe der unkraß 124.
sonst vereinzelt:
hätt ich die bilder lassen bleiben, . . .
so würd die sach noch aufrecht ston,
nnd müszt ich nicht mit spott darvon
Opbl-Cohn dreiszigj. krieg s. 108 (c. 1621?);
die Schreibung stun belegt Weinhold alem. gramm. s. 323
aus Reyscher alttcürtemb. statutarrechte (vom j. 1462;
ebenda auch gun, hun).
cc) eine anzahl autoren, bes. elsäss., doch auch fränJc.,
gebrauchen beide formen, stan und ston, neben einander,
sogar im reime, groszentheils des weiteren auch sten. {so
z. b. ston und sten in buntem xoechsel: die dritt frucht
ist, beider wider umb auff ston ... so mage er doch
gar vil ee wider auff steen . . . wann die selben mügen
auch nitt on sünd besteen Keisersberg jw-ed. [1510] 67»;
es seind vier dinge die du mercken soldt. allwegen ston,
fallen, wider auffsteen, allwegen bleiben ligen. allwegen
steen ist das erst u. s. w. 67*.) so:
der jüdisch syt wil gantz uffstan (: dran)
Brant narrengeh. 4, 20 ;
dar umb das nit folgt gfittem rott
und den veracht die husfrow Loth,
wart sie geplagt von got dar von
nnd mfist do zä eim zeichen ston 8, 16;
wer bnwen will, der schlag vor an
was kostens er dar zfi müsz han,
er würt sunst vor dem end abstan 14, 37,
vil hant grosz buw geschlagen an
und möchtent nit dar by bestan 15, 6;
wer ettwas grosz will understan
der soll sin selbst bewerung han 23;
der ist eyn narr . . .
der alleyn will underston
das er selb dritt nit mScht getön 24, 3;
und wann man jr (der kunst) keyn ere
dfit an,
so werden wenig dar noch stan 103, 125 ;
das gott dann den erschaffen hat,
den er waysz ghän der höUe pfat.
lasz wir zu seinem willen sthon,
der alle ding hat wolgethon
SCHWARTZENBERG ClC. 155*,
sßlchs sollen mercken weib und man,
und guter werck nit m&ssig stan 105*;
wjwol er {Job) was ain hayden mann,
sein bäch ist inn der bibel stan
156«;
daneben auszerhalb des reims sten, z. b. 152*, s. unter II,
und gth&n, s. unten ee.
wer hett dich heissen hie her stan,
wein rieffer, du omechtig man?
Murner geheimem. (1512) 10 neudr. (3, 7);
hie bin ich, seht mich frolich an!
ich darff noch wol zfln Schelmen stan 15 (7, 2) ;
als ich wolt zä den schelmen stan,
do bracht ich mit myr meynen Ion 18 (9, 7) ;
man vindt wol, die zu kirchen gon
nnd all gfitt leren lassen ston
19 (9», 8 aus einem in d. 2. ausg. eingetchobenen stück);
w6llen sie daran kein vernügen hon,
so wil ich in zfi dem rechten ston
vor den hirten uff den felden Luth. narr. 556 ;
das ewangelium recht verston,
kl&ster, stifft und land verlon
884;
sol ein wolff me freiheit han,
dam ein frumer cristen man?
das kan ich warlich nit verstau
951 (dreireim);
wer in einem stUck lügt an,
der hatz im andern me gethan,
und kan nit von der gewonheit stan
8037 {detgl.)\
her büchsenschützen, leiter an,
ir sollen zfi der porten stan
3278 (m nächsten v. nnderston: Ion,
als 2. plur. imp., s. unten);
Mr.
STEHEN (I, B, 2, f, ä) 1414
solt es mich tusent guldin gestan,
so wil ichs alles wenden an 4520. —
gott der herr spricht:
sag an, Adam, wo ist dein weib?
Adam spricht:
herr, da isz im gesteudig stan (: gethan)
H. Sachs 1,8«;
wie magst du also gottlosz stehn (: gehn) 12*;
so kumb, Abel, lasz waschen dich . . .
wenn der herr morgen ein wirt gohn,
das jhr sauber vor jhm thut ston 13»;
euch thut in der nechst Schlacht geb&m
das Franckreichisch wapen zu ffim
das man noch gar auffrecht sech stöhn
in Franckreich wappen, cepter und krön
3, 2, 157*;
zu derselbigen zeyt nach dem
wird man sprechn zu Jerusalem :
förcht du dich nicht, und zu Zion :
lass deine hend nicht müssig stöhn! 4, 1, 61»;
wolauf, wolauf! las uns doch gen!
was wöl wir als die narren sten?
fastn. fp. 1, 158 neudr. (12, 356);
kanst du denn keinen schimpff verstahn (: ahn)
130 (10, 181);
sagt mirs, das ichs auch kuen versten! (: gen)
2, 34 (15, 250);
noch traw ich mir auf diesem plon
pey andern nasen wol zw pston 84 (20, 70) ;
ich hoff, mein nas sol wol pestan (: daran)
86 (134);
Eva, du thust nit recht versthan (: daran)
5,28 (52, 374);
mit wenig schlaffen, frü auff ston,
den halbn tag Lnn der stat umb gon
fab. u. schw. nr. 29, 56.
{also sten nur im reim auf gen!) — so aber iemand usz
nflwen und alten testament könde eins andren berich-
ten, so wellen sy darvon abstan Th. Platter s. 42
Boos; war wolt die puren leren verstau, war recht bette
oder nit! 48; ich sagt: 'ich kan not', aber er wolt nit
abston, bysz ims mieszt verheissen 50. — die sach freylich
nit wol umb meinen lieben ritter ston soll Wickram
loerke 1, 5, 6 Bolte {Oalmy c. l); ich nit glaub, in grösser
freüd zä hett mügen ston 18, 30 (4); disz lassen wir also
ston unnd sagendt hinfürter von Galmien, dem ritter
32, 35 (8) : dann fürwar ein grosse sorg darauff ston würd
59, 3 (17); hergegen versprich ich dir, dich in keinen
weg zä vermelden, und solt mir schon mein leben
daran stan 332, 16 {Gabr. c. 56); sunst werden jr gewisz
in grossen geferden an euweren letsten end ston müssen
roUwagenb. 13, 27 Kurz; der gesten einer . . . verbirgt
den bratnen kapaunen und laszt die schüssel also lir
stan 24, 10;
dieweil er uff der erd thet stahn,
mocht ich im nit gesigen ahn
teerte 8, 13 {Ovid 9, 400) ;
hie mögt ir sehn
mein allerliebste Schwester sthen 22 (718);
die g6tt gaben mir zu verstahn,
das ich noch der bott solte han
keyn gl6ck 33(1061);
ja, wann ich jetzundt ab solt sthon,
glaupt er, ich wolt in versucht hon 34(1101);
Biblis lieff tobendt schnei darvon,
zwo stett sie hinder ir liesz sthon . . .,
die beide inn Licia sthen (: Limyren')
35 (1135—9) ;
eyn g6ttin ausz der mossen schon,
vor irem beth dieselb thet stöhn 38 (1218) ;
wie will ich mit meim vatter bstohn,
der sein tochter meynt sein eyn son 40 (1306);
die wasserzieher Belides
wurden gentzlich vergessen desz
und liessen ire eymer stöhn;
so sfis erklsuig der harpffen thon
47 (10, 123). —
stan bei Tschudi chron. Helvet. l, 146» neben ston 56»,
s. unten II, B, 9. d, ß und C, 9, e, 6. — wie des hiramel-
erd-höUigen auff schlangen unnd ottern gähn, auff dem
keyser Friderich stan Fischart Garg. s. 24 neudr. ,• wo
hat der jungherr sein pferd stehen? 63; wer ein pferd hat
am barren stan, zu fusz darff er nicht gan 72; wie solt es
stehn, wann der Adam an der müntz zu Worms allein
89» Mr.
1415
STEHEN (I. B. 2, f, u)
STEHEN (I. B. 2. f, a)
1416
soll schlagen, and kein mitschlagende Evam haben? 88;
aach werden mir sehr wol stehn zuhanden, die new
Zeitung von teuffein und den verdampfen 469;
ßleichwol weil jr hie bleibet stehn
80 steht hie nicht so schlecht,
sonder ehe jr von danncn gehn
sothut jm auch sein recht 10;
hie kan man von theologis
gleich zun Juristen Rehn,
von disen zu den physicis,
bald zur history stehn 445;
dann ewer Ion wird am galgen stöhn 4i8;
da er nun mocht gehn nimmer ausz,
da war er sehr ernstlich zu hausz,
dann Helmstetiscbe schuch er pletzt,
welchs dann sein mutter sehr erget/.t.
meint, wann er fieng arbeiten an,
sein Sachen würden besser stahn
Eulen*p. cap. 4, 492 (s. 45 Ilauffen);
auff dem karch wolt er (Etilensp.) nit lang hocken
und sprang aufTs pferdt und ritt darvon,
liesz vor der bürg den karren stöhn 32:S7 ;
hiemit so gieng der Schmidt darvon
und liesz den knecht beyra scheiszhausz stöhn 6423 ;
sprau:h eilend, ach was geschieht mir hie.
erlaubet mir, ich mfisz hin gon
ein wenig bisz mirs blüt thüt ston,
als dann w^ill ich bald widerkeren flöhh. 820;
es wirt nun an bindriemen gehn,
man wirt auffn schwantz der schlangen stehn 1680;
dieweil sie hierzu treibet an
jhr lieb zfim kind und jhrem man,
und wolt gern wie der pellican
mit jhrem blfit für alle stahn 1768;
ach der narren
die nichts ges&chen noch erfaren, . . .
und gaffens mit verwundern an,
hands mul und nasen offen stan
qlückh. schiff, echmachgpr. 20;
mischten under die göttlich worheit
jr eitel philosophisch thorheit . . .,
wie zwo naturn sind ein person,
wies gsatz m&sz bei der gnaden stöhn
d. gel. d. verkehrten 341 (2, 341 Kur::).
{also in diesen belegen aus Fischart 6 stehn, 5 sta[hjn,
5 8to[h]n, davon im reim 3 stehn [jiicJit beweisend], 8 stahn,
5 stöhn.) — und so eis. bis ins n.jahrh. hinein:
weistu doch wol, dasz nie kein man
kond wider gottes willen stahn
W. Spangenbf.rg griech. dratnen 1, 107
Dähnhardt {Eur. Ale. 1604, 1091 = 523 V) ;
Minerva: . . . bleib stehn, wie du stehst sicherlich.
Ulysse»: ich will zwar hie wol bleiben stöhn,
doch ich wolt, ich wer weit hiervon 2, 67
(Soph. Ajax 1608, v. 2161/. = 87/. ; alva ri i
iatiuf xa'i uiv litg xvniig l^tuv. — fiivoifi &v.) ;
die knechte, die verzagt da stöhn (: munition),
mach ich hertzhafTt gegen den fcind s. 49 (1472).
und so noch, in anschlusz an das Volkslied:
du schöner mon auch bleibe stöhn
hSr an mein leyd und zagen
Si'EK trutm. (1649) 84 (15, 1'.) nallce);
der schSne mon wil undergohn,
ffir leyd nit mehr mag scheinen,
die Sternen lan ihr glitzen stahn,
mit mir sie wollen weinen 227 (38, 65).
die$er weehsel von a und o bezeichnet (soweit er nicht auf
reimztcang zurückgeht) too/U nicht ein schwanken des lautes,
tondern verschiedene versuche, einen offenen olant auszu-
drücken, das läszt sich daraus schlie.9zen, dasz die Schrei-
bung stan auch vorkommt, wo das reimwort ein o auf-
uteitt, a. oben Murnbr geheimem. 9, 7 und Oswald von
WOLKRNSTBIN 16, «0, fostn.sp. 107, 22 und Alsf. passionsNji.
1S7 unter aa. {dagegen ist SciiuPPius 810 antier» tu be-
urtheiUn, s. bb tu tndt.) umgekehrt:
lond Ucb den sprurh zä bortzen gan
nnd thOnd von üwcrn sQnden «ton
Umer spiel v. Teil 786 (Schweiter tehausp. 8, 47).
{tonst hat noch Suhmki.tzl sowohl stahn wie stöhn im
reime, ». die belege unter aa und bb)
dd) dem altem »ehtoäb. eigenthümlich ist die mtteick-
hmg von stin tu ttaan {in den handschr. für au auch
a mU übergetetstem r, was neuer» drucke tiMeeilen mit K
vittdergtiefi); doch begegnet dieee form omcA in andern
theiUm de» alem.: doch sol an mcister und an rat staun,
obt li dl« joden wellent rolitvertiK'^n oder obe sie nenien
Mr
wellent von in ein summe gutes d. städtechron. 9, 976, 15
{Straszb. stadtrechn. v. 1322); ist er aber ain hantwerck-
man oder ain uzz burger der ain gebur ist, die bezzrung
sol von ieglichem an dem rat staun 4, 145, 34 (Augsb.
urk. V. 1368) ; und Grayspach derrisz man und brantz uzz
und Welham liesz man staun 241, 17 (Wahraus 1462);
daneben iti Augsburg auch: ob ieniant war oder furwas
wurde, . . . der nach gewalt hie ze Augspurg stan wolt
und grozzen gewalt füren und haben wolt 129, 24 {urk.
v. 1340); und also kam der von Nenningen her wider
und wolt bischoff sein, es wer dem babst lieb oder leid,
und wolt von dem bistumb nicht stan 5, 58, 12 (B. Zink
1468) ; und ward och gesprochen, das das concilium noch
sölt staun und beliben ze Costentz ain gantzen monot
Richental chron. des Constanzer conc. s. 144; und dar-
nach sol man jn stellen uf die stangen, da das leynin
tüch uff ist, und man sol vor jm ain prynent lattern
lassen staun die gantzen nacht Mynsinger von d.falken
u. s. w. s. 37 Haszier {handsclir. v. 1473); Xanthus . . . er-
sach die zwen wolgestalten iüngling, und zwischen in
Esopum staun Steinhöwel Esop s. 44 Österley; zöhand
gab er allem volk zeverstän, wie er järHch ain walfart
tun mfiste de claris mulier. 232, 10 Drescher; Morgant,
min gsell, läsz uns yetzmäl die hell stän und die tttffel,
so darinn sind {'sprechen vdr nicht weAr davon') Morgant
s. 24, 35 Bachmann; und es darf daruf stSn {si pourra
estre), wenn Maffredon von üch überwunden wirt, daz
Corador und sin tochter, dar zuo alles land kristen
werdend 55, 14. so auch mit ze, in formaler anlehnung
an das pari.: das man geben sol von ainem bett ... je
zö dem monat, zwen rinisch gülden, und von aim pfärd,
blosz ze stand (= staund), von jeder nacht 3 /^ Richen-
tal s. 29.
ee) die allgemeine form sten, stehn bedarf keiner be-
lege, {über stehen s. g.) selten mit ä geschrieben: jhr
seyt auch inn solcher trunckenhayt aller forcht . . . frey,
so dj weysen allwegen inn sorgen sth&n Schwartzen-
berg Cic. (1535) 87*»;
disz lämmle plfit soll unverplichn,
st&ts stän ob unser thfir gestrichen 154".
später auch zerdehnt {vgl. g) : wan ein stamwort ein a, o
oder u hat, so mus in den zweig- oder herstammenden
Wörtern, wan solche lettern verändert w&rden, ein ä, ö,
oder ü . . . stähen Bellin hochd. rechtschreibung (1667)
32; so scheinet es auch, das dt bei einander stähen
können, wan das e zwischen dem d und t weggeworfen
ist 44; doch vgl.: am ende for dem lätsten mitlauter
würd das e oft ausgelaszen: ... (5) in den Zeitwörtern,
die auf ahen, ähen, . . . ausgäben, als: empfahn ....
sahn, stähn s. 107. ganz vereinzeli dafür die Schreibung
stön: den gensbach in Niderwisen sol och gemeind
graben untz an de; hübers wis anönd, und sol der selb
grab offen stön . . . teeisth. 1, 117 {öfnung v. Ellikon, bez.
Winterthur) ; in neuerer zeit trird zuweilen in bair.-österr.
mundartlich gefärbten texten, infolge des Übergangs von ö
in gescJdossenes e, auch stöhn geschrieben, in affeetierter
redeweise wohl auch ge.tprocJien : mein beströben geht vor-
züglich da hinaus oder vielmehr da hinein, wo das bc-
dürfnisz zur menschheit spricht und der verstand still
zu stöh'n anfangen möchte! Pocci lustiges komiidien-
büchl. (1859) *. 191.
ff) die scJireibung stein begegnet nur in mhd. quellen,
8. Lkxer hwb. 8, 1184, und ticar ganz vereintelt in oberd.
handschrißen (DiBMBR ged, 844, 6: vcrstoin;
ob Ana Ansar viend einis wider gein,
da; wir ine mSuin güsigüa stein
aUd. bl. 2, 264, 88
EinetetUer hachr. des U.jahrh.); ein urnig hiinfiger in spä-
tem thür. quellen: puella surge. mit dcme cinißin worte
lörte got di sAle da^ hi sal Qfstöin fon allin llpliohin
dingin ttachr.f. d. alterth. 15, s. 4to, 2 {pred. v. Eckhart,
handeehr. de» ausgeh. n.jahrh., aus Erfurt f) u. so durch
weg Ml dieser predigt:
•o niuHt« ich weiytot aller stede
mit Worten stein su Widerrede Elt». 6488.
ferner: und soilent die steyn steen und blyben steyn
mit namen an den steden, da es heyszt an dem Essohen-
stuck ... als da vor Jn jrer heyschunge geschrieben steet
Mr.
1417
STEHEN (I, B, 2, f, a-y)
STEHEN (I, B, 2, f, y-rf)
1418
Baur hess. urkund. 1, nr. 624 (vomj. 1356); unnd ab zieh
ymandes bynnen der czyt an dem anderen Vorgriffe, das
sal stein uf den bischof van Olmintz zcu derkennen
Palacky urkundl. beitr. zur gesch. Böhmens s. 402 {nr. 354
vom j. 1466) ; ouch ist kein tag ffurdir uffgenohmen zcu-
vorsachin ab sy zieh seheidin muchtin, sunder eyn siecht
stein uff Galli ebenda {dagegen : sein und steen *. 468 vom
j. 1467). (stein für stSn ist wohl ebenso zu beuriheilen
wie stain für stän, *. unter aa.)
gg) in bair.-fränk. quellen des späteren 15. jahrh. be-
gegnet ferner stien, styen: man sfiÜe der liebe des ersten
\viderstien und ausztreiben Albrecht v. Eybe ob eim
manne sei zu nemen ein elich weibe (1472) ll*"; das auch
dye kinder sullen vater und muter lyeben . . . gibt zu
verstyen die natur 23*»; wie es seinen kindemn ergien
und zustien werde 26'» ; {da) schickt er nach der frawen
sie solt in lassen verstien warfimb sie umb sein leben
bete 30*"; do Alexander solch gedult des knaben vername
liesz er in dest lenger vor ym stien 59*»; die habent
solich gemelt schuld auf jrs vatters u. müter sei nit
stien lassen wellen oberbayr. arch. 25, *. 147 {urk. v. Inders-
dorf nr. 1460 vom j. 1487); darauf er anttwurtt, er wolt
sein vordrung noch lennger anstien lassen s. 136 [vom
. j. i486). — stin schreibt ülman Stromer in Nürnberg:
so wer der paw mit seim gehaizz gesechen, also solt di
mawr beleih stin d. städtechr. i, 27, 8 {zum j. 1376) ; do
eylt er von der stat und liess drey poler vor der stat
stin 42, 3 (1388); di gesipp muss man nemen von den,
di hi vor geschriben stin 78, 18, vgl. s. 308.
hh) Schreibungen der glossare: existere . . . stan, hd. ston,
sten, steen, syn Dief. gloss. 217»; existentes an gegen
stan ebenda ; exurgere hd. uff-, entgegen uff-, nd. entieghen-
stan »im. stayne {Eltuil 1472), up stan {Cöln 1507), engegen
ston (a. 1440), . . . auf steen, uff sten {voe. rer. 1260) 221*';
Stare stan, staen, ston {voc. v. 1440 u. Straszb. 1515), sten, steen
{beide Straszb. 1515), steene, stenen {iö. jahrh.. nfr.f) bSO^.
ß) ähnliche lautverhältnisse wie der inf. zeigen alle formen,
wo auf den stammvocal ein n folgt, sie sind durchxceg
inel weniger häufig belegt, so das part. präs. alem. s t o n d e :
stonde, stans. der stadt. auff einem füsz stonde, pede in
uno stans Maaler 390''; alsz ich . . . ufstondt zum laden ausz
lögt F. Platter 191 Boos. daneben: aber die virgel also
st ende! gibt zemercken ainen underschaide zwüsehen
den geschriften vor und nach gende Niclas v. Wyle
translat. 15, 23 Keller; aber der punckt also stende. gibt
zeerkennen daj daselbs ain volkomner sin beschlossen
Wirt, so betüttet diser punckt also gesetz? da^ die ge-
schrift dar vor stände in frag wyse zemercken ist 27 — 30,
vgl. oben a.dd zu ende, mittelfr. stainde: ich Mechtilt
wilen grevinne was ze Seyne, dün kunt . . ., dat ich
gainde inde stainde bit güder witzen, bit gesunden live, . . .
(*. unter 6, ff) besetzen inde machen min testament
HOEFER älteste urk. s. 29 (I, 12 vom j. 1283). vereinzelt:
hat abir dy vrouwe steinde eygen, das ir an geerbit
was, das mochte sy nicht ane yrre erbin gfelob vorgebin
Kulm, recht 4, 28 {so/ist steende eygen, s. d. wb. s. 332);
zum ersten so sol der apt und die bürgere eynen zun
zunen von der brücken ... der zun sal bliben steynde
Baur hess. urkund. l, no. 542 {vom j. 1334), 3 pf. u. 20 dn.
aus sti ender gult zalt er oberbayr. arch. 25. 126 {urk. v.
Indersdorf nr. 1401 vom j. 1485).
y) ferner die 1. plur des präs. hier weisen die belege
2 formen auf.
aa) die alem. form ist zunächst wir stand mit einem
unorganisc/ien d am ende {in angleichung an die 2. 3. pl.) :
ob dann gelück fügt darzfl,
das wir ze samen cbomen,
80 stand wir als die stummen,
ich vor jm und er vor mir
Cl. HÄTZI.ERIN 1, 119, 82;
herr jr sechend üwre und unsre not und gfar unsers
lebens, darinn wir stand Tschudi l, 239». gewöhnlich
ydr stond: gnediger Juncker, wir stond hie und bitten
etich durch gottes willen, gebt uns nur die pestilentz
Wickram roüwagenb. 90, 28 Kurz {cap. 50) ;
myn mfttter, herr, die mfisz ich schlagen . . .
sy flflcht uns offt schentlichen all ;
wir stondt nit glycli mit ir im stall
MURNEH narrenbeschxB. 95, 13t ;
Mr.
ohne das ausl. d:
doch wein wir sehenden ieder man,
so wir im dreck über die oren stan
schelmenz. 3, 40 («. 11 neudr.).
bb) sonst gewöhnl. wir sten, stehen:
und wann wir sten nach gottes macht,
sen wir dem tefiffel gleych geacht
SCHWARTZEXBERG Gic. 156»;
jr jndden, wie stehen mer nu?
Alsfeld, passionssp. 5084.
oberd. auch ste(e)nd: aus sundern gnaden und kunig-
lieher sanfftmuettigkait damit wir zu jr aller fromkait
genaygt stend m,onum. Habsb. 1. abth., 8, 168 {urk. des k.
Mathias vom, j. 1479); wenn sy sehen die manigfaltigen
gebresten, damit sy und andre menschen überladen
seind, und betrachten dabey die värlichen unsieherhaiten
in denen wir alle steend Keisersberg pred. (1510) 26».
S) die gröszte mannigfaltigkeit weist die 3. plur. auf.
hier kommt zu der Verschiedenheit des vocals noch die des
auslauts, indem das tirspr. ausl.-t im altern oberd. ge-
wöhnl. erhalten, sonst geschiüunden ist.
aa) die dem normalen mhd. entsprechende sdireibung
stand kommt vereinzelt noch im 16. jahrh. im schteäb.
vor: als sie hernach geschriben mit irn namen stand
d. städtechr. 5, 18, 25 (B. Zink chron. v. Augsb., verf. 1450 — 60).
rfas ist wohl nur histor. Schreibung, gesprochen wurde jeden-
falls in Augsburg staund, wie auch sonst geschrieben
wird: alle gaistlich leut von clöstern und andern ge-
stifften, die der statt zu versprechen {vertreten) staund
153, anm. 5 {Augsb. ratsbeschl. v. 1437). so schon: alle die
denne mit got erstaund, die en werdent nimmer von
im geschaiden Wackernagel altd. pred. 31, 81 {hschr. d.
14. jÄ.). 8ta(h)nd noch später: darumb so ich den grundt
des leibs notturfft beschrieben hab, warinnen seine fehl
stand: also billich auch die weiszheit desz menschen.
Paragelsus opp. (1616) 2, 317 B; dann im selbigen stahnd
viel auff, die sich selbs lehrnen 318 B.
bb) die gewöhnl. alem. form des 15. — 16. jahrh. is^ stond:
die diener stond vor jrer herren tisch, astant servi mensis
dominorum Ma.\ler 390»; nun will ich euch sagen von
der sechszten aigenschafft des häszlins, die ist, das dem
häszlin die lefftzen nymmer still stond . . . allso thät
auch ain rechter andechtiger cristenmennsch, . . . dem
stond sein lefftzen nymer still Keisersberg hasz im
pf. {bei: granatapfel 1510) Aa8"=; sehendt ir die leüt
wölche allein stond uff iren auszwenndigen gütscheinen-
den werken . . . das sind die touben nüszs, die da
wachszen uff den schönen groszen boumen, mit den
weiten esten, die da stond an den feuchten steten seelen-
par. (1510) 128"; sie stont gestrackt uff irem sinn und gut
duncken, do von kan sie nyeman bringen hilg. (1512) 39*;
das xxviij capitel ist von platschierem, das sind die blin-
den die vor den kirchen uff die stfll stond und sehiahen
die lauten liber vagat. (1510) bei Kluge roticelsch l, 50;
\\ir erkennen ausz alten historien, wie wol unser nation
gesin ist und wie übel jetz unsere Sachen stond Eberlin
V. GÜNZBURG 1, 10 neudr.; wann sie {die 'märlin pre-
diger') . . . vyl fabel oder exempel sagen, die nit in der
bibel geschriben stond 61; aber andere die soliehs nit
künden, oder sich sölieher unerlieher weisz beschammen.
die stond gfärlieher dann die frommen leüt im land
Wirtenbärg under hertzog Ulrich dem leüt frässer 92:
by dem allem stond auch die guten in bewerlicher sorg,
das sy nach disem karren solicher tröbsal mässen ziehen
den ewigen wagen 95 {daneben auch stendt 190, s. unten dd);
die schiesz rein {schieszziele) wie gemolte menlin wisz
und schwartz von karten gemacht, welche noch in dem
zeughausz stondt Fel. Platter 126 Boos {^eschr. 1612);
eyn teil stont schwätzen uff der gassen,
die andern sytzen, spyelen, prassen
Brant narrentch. 95, 38;
jetz sag ich üch von gfitten schwencken,
wie die stiel {stuhle) stond uff den bencken
Murner narrenbeschw. 27, 2;
pf äffen, . . .
die nur zfl der kirchen gondt,
uff das sy in der ordenung stondt tchelmenz. 10, 12;
ir gedenkend weder an gott noch sine beigen,
üwere gemüet stond zä hären und beigen
N. Manuel t. 59 Bächtold {i. papst u. g. priegterseh. 732).
Mr.
1419
STEHEN (I. B, 2. f, d)
ff) dann mit abgeworfenem d:
die stiel (ttüMe) ston auf den benken,
der wagen vor dem ross
Umland volktl. no. 849, 7 {.Mumer', vgl. oben).
CO tm reim:
die doch des rechten nit verston
und blintlich an den wenden gon
Brant narrentch. 2, 3;
durch mich, die kunig hant jr krön,
durch mich, all gsatz mit reht ufT ston 22, 14;
wann in dem zeichen ist der mon
in dem die glid desz menschen ston,
so lag das selbig nit berfir
der ew. xnszheit betbücMin (Basel 1618) B 7*;
der pfaiff mit kirchen und altar, . . .
ja das gehett, des himmcls thron,
ja gott selbst, zu Rom feyl da stöhn
Fisch ART bieiienk. (1588) 247 »>.
auch bei H. Sachs:
echines henckt sich in der Ueff
unden am boden an die schiiT
und stellet sie, das sie still stöhn
in schnellem laufT kein tritt mehr gobn
2, 2, 111*;
als ich jetz diesen hab gethon,
die also trawriglich hie sthon
fastn. tp. 1, «. 20 neudr. (2, 194).
ebenso Eta(h)n:
der pawr und auch der handwercks man,
jr werckzeög hj geraalet stan
SCHWARTZENBERG dC. (1625) 125 1*.
iehr auffällig im, tirol. des Ih.jaJirh.:
der tarant und ain wider
stan in demselben (<Ater-) kraiss
Oswald von Wolkenstein 79, 68 Schatz.
andrerseits aucii auszerhalb des oberd. und noch im ll.jahrh. :
da kam Phyllis alleine,
und sprach den knaben an;
sie fragt jn in geheime,
wo die küszblümelein stahn
schausp. der engl, komödianten 250, 6
Creizenach (tragikom. IG30, 5, 4).
alle 4 formen neben einander bei Nazarei vom alten u.
neuen gott (1521): wan man ir kirchen besieht, so stond
all tafflen voll münch gemalt s. 47 Kück; so hehcken
sy eyn grosse tafel harfür, do stan die prediger münch
ebenda; und sind vil nonncn und päginen ouch do, die
standt alle im bäum uff ästen ebenda; die sollen wissen,
wo sie nit ire leer und predig ... uff die heilig geschrifft
gründen, . . . das sie vast geferlich ston gegen got 59.
mittelfränk. auch stain geschrieben: prenosticum . . . dat
vorgekaut offt vorgesacht is van tzokemenden dingen
die zo geschien stain gemma gemmarum {Cöln 1507) bei
DiEFENBACH gloss. 455''. daneben staint: die kirchoff
slaynt allet van der kirchen buyssen der stat Harff
pilgerf. s. 100.
<W) die gewöhnliche bair. form ist Stent: das die vier
grericht: Vilanders und der Riten, Särntein und Meilen,
ain aid sollen sein und sollen an einander geholfen sein,
als ir geselz gegen einander slenl ('trie ihre Ordnungen
es verlangen") tirol. tceisHi. 4, 249, 5 {Vilanders, \&. jahrh.);
all die da wider tuen, . . . di slend in der herrschafft
straff und pessrung mit leib und mit guel steir. iaid. 71, 29
{Beichenau 1537);
auch beschuff ich das firmament,
daran zwey grose liechter stend
H. Sachs 1, l*»;
die ding stehnt in Keiner gnaden macht 123*';
ich sprach, sag uns wer diese send
die inn dem mittein umbkraisz stend
230«;
mein kleinet untom Juden stehnt,
bansz und bof ist mir als verpfendt 3, 2, 117 1*;
meiden stoltz, boffart und bocbmiit,
den gott gar tchrficklich straffen tbut,
wann all ding stohnd in seiner band 6, 127";
mir sthent i:in U-rg all meine bar
vor dein«'- ; .m-n maul
•, 44, 25, A ^tnhn ged. 2 (1670), 4, U^
und , , ', ». C«, nr. 18, 881).
und to noch:
ich erachuf daa ganze flrmamcnt,
woran dl« zwei Tiachter stehnt.
If ARTMANN -Arrlr volkuchautp, f. 89
(VIII, 16, I.aujener Adam- u. Bva-tp.).
Ut.
STEHEN a, B, 2. f. 6) 1420
die form reicht ins fränkische hinein:
und liecht bey finster, grosz und klain,
der gegenwürff (gegensätse) sen vil gemain.
und so dj bey ainander Stent,
ain jedes wdrt dest pas erkent
ScHWARTZENBRRG Oic. 129« (cbenso 166«
171 der rclireibung steend).
auch im alem. findet sich nicht ganz selten stendl neben
herrschendem stond {bei denselben autoren, vgl. oben bb):
dise zwü weisz stend offt in vil menschenn, die gar wol
wenen dar an Izö sein mit aigenschafft in ainem schwin-
den gemflt JOH. Thai'ler sermones {Augsp. 1508) 46'';
das ist des schuldt, sie nemen nicht mit fleisz war ir
leglichen gebrechen und sehen ir nit dan in ainer schliem-
mender weisz und die gebrechen steend jn fflr yr gnade
und iren einflusz 89^; vne wol nu vil guter menschen
in der well seind die auch allzeit auff steend von iren
Sünden Keisersberg jjred. (l5io) G'*»; also wo die wort got,
golzs dienst etc. in biblia stendt, ziehen unnd zcwingen
sie die selbige worl uff yren got Eberlin v. GCnzburg
1, 190; in einem rechtgeschaffenen gemüth, dz sich ver-
einigt in der mensur mit dem limo terra?, also dasz das
gemüth desz menschen, und der limus terrse in gleicher
wag stehnd Paracelsus (1616) 2, 3ö5 B. daneben mit ler-
dehnung {vgl. g) : das sind die zahl unnd die religionen
oder facultelen der gantzen aslronomey, so natürlich
und kunstreich zugehn . . . unnd stehend im Hecht der
natur 507 C. so noch »päter im bair. : das er (rf. comoediant)
von einer persohn bei dem eingang der hüllen nit mehr
alss ainen groschen . . . von denen übrigen aber so stehent
es sey gleich auf ebner erdt oder denen aufgerichlen
staffeln zu schawen, weitter nichts nemben . . . solle «rt.
V. 1653 bei J. E. Schlager Wiener skizzen 3 (1839), *. 314. —
mit anorganischem e am ende: swelher burger purckreht
auf gibt von der burger gesetzte wegen, di in der stat
puch geschriben slend e Nümb. polizeiordn. s. 18. — ver-
einzelt mit ö für e:
ich hab drei gftter mülen
die stönd auf vester erd
Uhland volksl. 130, 10 (Jiandschr. Augtb. 1524—6).
ee) auf mitteld. boden ist von anfang des nhd. an die
form stehn, stehen lierrschend:
di zu des keisers geböte sten,
di sullen alle balde gen
Katharinenepiel 14 Beckers;
mich duncket, hie wille mer entgehen :
dri äugen uff den würffei stehen
Alfeld passiontsp. 6711.
seit anf. des M.jdhrh. herrscht sie auch im oberd.:
die steren auch am himmel stehn,
darbey man schlaffen pflegt zugehn
Spreng Aeneis (1610) 22» (Aen. 2, 9);
jud Merckhlin, wie stehn deine sachen,
weitest dich auss dem staub tbun machen?
Endinger judensp. (1616) 7, v. 1168.
zutoeilen schon früher: doch so soll er dem verwundten
alle zeit die worheit nit verhalten, unnd jm nil mer rü-
sagen dann er trawl zuhalten, wann alle dinng zft gott
steen Gerszdorff xcundartzn. (1530) SS** {gleich darauf:
so mag jin glück unnd heyl zöston);
jetz sind ir dry dann sind ir zwen,
owe wie vyl dar hinder sten
GEMiF.NiiAiH 7 Oofdeke (d. welsch fiim 160);
ff) steint häufig im altern mittelfränk., s. Weinhold
mhd. gramm.* *. 364: so sulin unse sciszin burpin, der
nnmin hie na bescrifvin steint, . . . invarcn ze Mulinheim
leisten Lacomulet urkundeuh. f. d. gesch. des Niederrk.
2, nr. 615 {urk. Adolfs von Berg vom j. 1262); so dat wir
. . . intfain solen dal erve under alle den vurworden.
die he vur beschrcvcn steint nr. 58» {gruf Dietrich v.
KatxeneUenbogen vom j. 1268); bit also sulchcn vorwurden,
also hie vore bcsrhriven steint Hokfkr älteste urk. ». Sl
(I, 9, vom j. 1«78); bit Urkunde ininer vrunde die in disen
bi^ve her na bcKchrlven steint *. 29 {testament der gr.
Mrchtilt v. Sagn vom j. 1888); als in geboiden wirt up
iro boisse ind presencie, so we do hei vur {= tcie die
hie vor) in deim boiohe kicirlichin steint Rnnen-Eckbrtz
quellen f. gesch. der tt. Köln i, 61 {eidbuch v. 1372. 51 ; da-
gegen: vralgde dar enboyven cynich man umb dyse sachen
anders, dan sy vurschreven stecnt s. 78, eidb. v. 1396. il);
Mr.
\
1421
STEHEN (I, B, 2, f. 6-^
STEHEN (I, B. 2, f, ?-jj)
1422
auch rheinfr.hess. : da? \rir han verkauft deme abte . . .
viii maldir korngeldis und han wir yn dye golde belacht
US (l. uf?) dye eckere und morgen, de her na gescriben
steynt hess. urk. 3, nr. 1075 (vom j. 1336). mit abxourf des
ausl. t: wan alse verre alse alle dinc under deme got-
lichen lichte st6in, alse verre sint si lustlich und be-
hegelich pred. v. meister Eckart s. zeitschr.f. d. alterth.
15, 373, 16 {Mainzer hschr., ende des li.jh.).
gg) der vocal ie begegnet in bair. quellen des ausgehen-
den ib.jahrh.: Jacob Obsser wirt . . . verkaufen dem pr.
ülr . . . aws ihrem haws o. stadel, dye da stiend zu
H. oberbayr. arch. 25, 103 {urk. d. kl. Indersdorf nr. 1321,
vom j. 14S3) ; Augustin Salier . . . verkauft dem ... H. v.
Br. . . . seyne zymer der obern tafern im darff u. hof-
march zu V., die da stiend auf seins g. genäd. *. 119
{nr. 1378, vom j. 1484). ohtie das sehlieszende d: {er soll)
gedencken das alle seine alt veter . . . und alle ander
. . . die umb in stien den wege des todes gangen sein
und gien müssen Albr. v. Eybe ob eim manne sei zu
nemen u. s. w. 28''.
f) ähnliche Verschiedenheiten zeigt die 1. sing, hier ist
theüweise das ausl. n der mJid. form erhalten, theiliceise
abgeworfen, und zwar ist jenes die regel, wo der vocal &
bezic. das daraus entxcickelte o herrscht; hier ist also die
1. sing, mit dem inf gleichlautend, dagegen ist das n
hinter e im nhd. nicht mehr vorhanden, daraus ergeben
sich folgende formen:
aa) st&n ßndet sich im ib.jahrh. vereinzelt im. tirol.:
ach got, und west si mein gedank,
wenn ich vor ir senlichen krank
hert stan
Oswald v. Wolkenstkin 1, 15 Schatz.
im alem.:
dann ich on nutz vil bficher han,
die jch nit lysz, und nyt verstan
Brant narremch. vorr. 139.
zuweilen noch später: diewil ich aber din bösen willen
gegen mir verstan, so will ich dich füren lassen an ein
ort TscHUDi 1, 238*. die geicöhnliche alem. form ist ich
ston: dieweyl ich vor der thüren ston dum ante ostium
sto Maaler 390*; was thüst? ich ston da (statur.) 390'»;
auch liszet man yetzt so vil newer yrrthümb der pfaffen,
das ich nit weysz, wenn ich recht singe, bette, tauffe,
leere, gon oder ston Eberlin v. Günzburg 2, 76 neudr.;
der felber sprach : 'ich bin so drat,
ich ston dort mitten in der matt'
ÜHLAND volkgl. nr. 9A, 10 r
vgl.: absisto, ich uf stan. abstraho, ich ab stan Mone
anz. 6, 341, 21/. {Straszb. lischr.). dafür in einer andern
hschr. (v. 1432) : ich uff ston, ich abeston 31/. beides neben
einander bei H. Sachs:
o ich armer elender mann!
als trostes ich beraubet stan
6, 164 Keller (r. d. reichen sterb. mengchen 3, v. 696) ;
als ich nun früe vor tag auiT-ston
123 {judü. Salomonis'3, v. 339).
bb) selten fehlt das n hinter a, ich sta:
die küngin fraget Salden da,
sy sprach: fraw, ich gesta
meiner swester Statt urtail bey
Gl. Hätzlerin II, 55, 255.
cc) regdmäszig dagegen nach e, in der allgemein nhd. form
ich steh, stehe, die bair. seit dem 1.5. jahrh. feststeht, s.
Weinhold bair. gramm. s. 281: nachdem ich aber zu
ewrr lieb und freuntschafft ain sunder hochs vertrawen
hab . . ., so stee ich ye nicht gern mit ewer frundt-
schafTt in irrung monum. Habsb. I, 2, 206 {Bernh., erzb.
v. Salzb.. vom j. 1477). eine ungewöhnliche Weiterbildung
bietet ein vocab. des IS. jahrh. von der untern Maas: in-
hio . . . ich stan, stene, ste vel beyden Dief. gloss. 299*.
dd) vereinzelt begegnet ich stein: du sprichest eines
und ich verstein zwei Wackernagel altd. pred. 60, 64;
in der (vemunft) bin ich also nähe der stait ubir tüsint
mile geinsit mcris alse der stait da ich izunt inne stöin
tschr. f. d. alterth. 15, 378, 54 {hschr. des attsgtltenden
li.jh., aus Erfurt f).
5) ebenso ist der nasal theilweise vorhanden in der
2. plur. ind. und der damit lautlich identischen 2. plur.
imper. hier ist nämlich im alem. der gewöhnliche aus-
Mr.
gang -t durch -nt {die endung der 3. plur.) ersetzt, so dasz
auch hier das Vorhandensein des nasals in der endung
zusammenfallt mit dem stammvocal a, der davor in o
übergeht.
aa) daher ist die gewöhnt, alem. form {ir) stond:
stond in der fryheit dero üch Christus erlöszt hat und
lassen üch nimme underwerffen dem joch der knecht-
heit ZwiNGLi V. freiheit der sp. s. 41 nevidr.; Mose sprach
zu jnen: stond still, ich wil hören was euch der herr
gebeut d. gantze bibel vert. {Zur. 1531) 69* (4. Mose 9, 8) ;
wan die viend schon wichenswis gesehen; biss etlich
schruwend: 'stond, stond, si flfiehend binden ab!' Ans-
helm Berner ehron. 4, 518, 10 {zum j. 1522); so stond all
mitt einandem ab und erkiesen euch ein schwär Wick-
ram roUwagenb. 90, 23 Kurz;
stont uff, und wachen von dem troum
Brant narrensch. 99, 183;
dafür: louffent bed und yllend bald, wes stand ir?
NiCL. V. Wyle translat. 51, 8 Keller,
bb) zuweilen mit abfall des ausl. -d:
verschlossen was das guldin tor
und wirt ouch niemer me uff getan,
darumb ir jaden im zwiffel stan
Donauegchinger pagsions»p. 3758, ». Monk
tchansp. des mittelalters 2, 336 ;
was ich euch heisz, das underston,
und Ifigt, dasz ir davon nit Ion
MuRNER luth. narr. 3279 ;
(vorher: ir sollen zu der porten stan).
ce) bei Fisch art gewöhnlich:
und nimpt mich wunder, dasz jr nicht
dfirmelt weil jr hie steht (-stät)
Garg. 10 neudr.
wofür (in einer auch sonst in der Schreibung merkicür-
digen partie) auch geschrieben wird:
secht wie jr ta ergjüstart stit
tas man euch inn ti hent wol tat
wiszt toch nicht wa jr stät noch get 52.
dd) steht bezw. stehet ist sonst die allgemein übliche
form,, z. b.:
nu stehet stille und swiget schone!
Alsfeld, passionssp. 99.
Stent begegnet in einem rheinfränk. ostersp. des H. jahrh.:
tunc dieit Pylatus:
sit ir bit ubeleme mfide
Stent nach dises mannes blfide ;
wie ir ime gewinnent da; leben an,
unschuldig wil ich sin dar an
Mone schaugp. des mittelalters 1, s. 116, 1050.
ferner in der ersten deutschen bibel: waz steent ir hie
müssig alle den tag? l, 75, 18 Kurrdmeyer (Matth. 20, 6).
Tj) viel iceniger verbreitet ist der Übergang von a in o,
wo nicht n folgt, die Verhältnisse sind am besten zu er-
kennen in der massenhaft belegten 3. sing. ind.
aa) die gewöhnl. schiceiz. form ist stat, auch Stadt,
statt geschrieben: wie meinend ir, wo dise (s)trefflicheii
menschen gegen üch verbitteret s61tend werden, wie
daruff stat (wie zu erwarten ist), 6b sy nit bald ire puren
beredt bettend . . . qu. z. Schvxizer gesch. 1, 75, 9 (Frickart
tvfingherren-streit, 1470, 1, 19); so stat ie der gloub allein
US der wal gottes Zwingli 3, 7; denn des herren ist das
erdtrich (als im XXIII. psal. : stat) v. freih. der sp. s. 28
ndr. ;
nach diser zit (zeitlichkeit) ist ouch ein leben,
das stat in frSuden oder in pin
ALanuel «. 20 Bächtold (todtentam 91) ;
ich sag an der kanzlen, was ich well . . .
und lüg, dass mir der schweiss usgat,
wie das im Arnold geschriben stat
47 (v. papst u. «. priestertch. 384) ;
kein kr&merbanck me ufrecht stadt
H. R. M.\NUEL weinspiel v. 980 «. ö.
so auch da, tco im inf. ston gilt: stadt es wol? wie
stadts? satin' salvae res; die sach stadt wol, es ist
rächt gefallen, belle cecidit, in tuto res est Maaler 383»;
also stadts umb den wäg der toren, und jre nachkum-
men wandlend auch also d. ganze bib. vert. (Zürich 1531)
2, 27* (ps. 48B = 49, 14); drum, . . . das geschriben stadt,
gott ist wunderbarlich in sinen werken Th. Platter
s. 40 Boos;
Mr.
1423
STEHEN a. B, 2, f, i)
STEHEN (I, B. 2, f, tj)
1424
das gemecht ars und was do bey stat
dem thfl mit artzney kein rat
der etaigen teifzh. betbüchl. {Basel 1518) Ba*».
auch sonst im alem., bes. schicäb. : ob daz war daz den
bargem von Augspurch, den dy purch stat {versetzt ist),
zwischen hie und dem nächsten weissen suntag daz
gelt darumb sy yn versetzt ist nicht geben wurd, so sei
man yn diselben purch w^ider einantwurtten an gev&rd
allz si ieczä stat d. städtechr. 4, 179, 11 — 14 {Augsb. urk.
V. 1374); wie der kunig von Unger und die von Genaw
and der priarch von Agla mit den Venedigern kriegte,
und wie es gieng, stat hernach 5, 25, 33 (B. Zink 1468);
umb . . . uf das nächst by dem text, wie oben stat, zu
belyben Stein höwel Aesop s. 5 Oesterhy; das ist die
von der myn hercz ist verwendet, an der als myn ster-
ben und genesen stat 299; wer sy (gewisse schlangen in
Calicut) todt schlecht, dem stadt . . . sein leben darauff
S. Frangk vxUh. 203»; so statt der handel Boltz Terenz
{Tab. 1539) 18» {'sie res est'. Andria 3, 4, v. 588); aller han-
del statt yetz in Sicherheit 25» {'omnis res est iam in
vado'. 5, 2, 845); dir stat dein gemflt im zweifei 90»
{'animus tibi pendet'. adelphi 2, 2, 226);
das döchlerlin sprach : w5 will du hin ?
wä statt dir hertz, müt oder all dein syn?
Gl. Hätzlerin I, 121, 6;
ob dem tisch seit du nit clärFig sein . . .
auch sag ich, das es übel Etatt,
■wer sein red gar versperret hat II, 71, 135
daneben vereinzelt staut:
damff stät mein begeren,
fraw, nach den gnaden dein I, 17, 17.
ao »chon im i.i.jaJirh.:
an sinen bfichen stät also
MoNE schau^p. des mittela. 1, 167 (kindh. Jesu 686).
von der Boccaccioübers. ÄRIGOS liat die ausg. Straszb. 1535
stat {anstatt steet der von Keller wiedergegebenen erst-
atisg.), z. b.: aber leider, es stat schier itzund umbs
weiber volk wie umb schlegel in eim sack 12» (l, 5). bei
dem Hessen Kirchhof vereinzelt im reim:
drumb wer willig nach krankheit staht,
sind wenig, dens zfi hertzen gabt
wendtinm. 1, 148 Österley (1, 116).
ferner:
ir mundlein stets zu lachen stat
fastn. gp. 265, 28 ;
Augspurg ist ain kaiserliche statt, . . .
darnach stat mein verlangen
Uhland volksl. 16, 1.
bb) häufig wechselt stat m,it 8te(h)t in derselben quelle,
so im Alsf. passionssp.:
wissze, dasz es der gar bubelich stad (: obeltad),
dasz du hie host dines brudder wib 539;
der uch groisz gut gethan bat,
und alle unser heile an em stad
5030;
und so noch 691, 970, 997, 5693 im reime, dagegen:
eich, der man, der dort an dem cruez stehet,
das ist Jhesus von Nazareth 6296;
und so im aügem. auszerhalb des reims:
din hilff neme ich gern vor gutt,
eint dir also stehet der mutt 6618;
beides neben einander:
berre her, so ziege ich an die wat:
lasz sehen, wie woln sie mer dan stad!
Fedderwisch trahens ipaum cum veste dicens:
sehet alle lieben gesellen zu,
wie stet unser her Sathanas nu I
hie fted recht als ein böses wipp 690—4.
NiCLAS VON Wylb hat 8te(e)t: so mUsten wir oach die
hailigen geschrift angelesen rämen lissen darjnne ge-
schriben stett die falschait Dalade jn Samson tränst.
14, 11 Keller; dar von dann entsteet und wachset das
der ee allerminste zöftehört I4i, S4; der tore versteet des
nit 186, SS; das ir an mich als obsteet begcrt hant SSO, 4.
äantbem giebt er an: heben yetz etlich schrihcr an fle-
inis«h dar f&r zesrhriben Uwer liebde . . . und rinisch
fMt für ^ and steet für stXt 861, lO. — bei Luther ist
die peutfkidiehe form steb(e)t (wie die kureäehe. kantlei
mmmeUieeilieh haf): daneben begegnet Bta(h)t bie I5ss
nUM »eUm, bie uso vereintdi, e. Frank eehr\flepr.
Mr.
Luthers § 43, z. b. : wye der peltz auff den ermein stat
7, 297, 17 Weim. ausg.; das eyner ym hymell ist, der den
hochmfitigen widderstaht sendbr. an d. bapst Leo B2»
(*. 10 neudr.). — vereinzeltes {mundartl.) staht unmittelbar
neben steht bei dem Schweizer Paracelsus: nun ist die
seel änderst, änderst der leib, der leib stehet in vie-
hischer vernunfft . . . dann zwo weiszheit hat ein jeg-
licher mensch, englisch und viehisch, sein will staht
wohin er will 2, 332 A. — bei Ulr. v. Hütten geicöhnlich
mit e, doch im reime auch stadt: wie er zu Perlyn in
der hoff stuben, do sant Christoffel an einer wandt ge-
malet steet, gestanden opp. 3, 351, 2 Böcking;
auff das du lernest, wye es zft Rhom zfi gehet,
und auch itzundt leyder in der geistlickeit stehet
4,266,7;
dem sey nfi wie ym wSl, so stadt
der ffirsten sach nach ihrem radt
3, 531 {beklagunge der frei stette, 1522, v. 83);
den steht allein ir mhut und sin,
wie sie auff brengen mögen geldt
533 (r. 118).
sta(h)t neben steht bei dichtem im reim:
wer jn (den leter de» bucht) ansieht sol sagen frey,
dasz er ein grobianer sey . . .
so er will folgen meinem rhat,
und treiben was im büchlin stat
ScHElDT Grob. 14;
und {du grobianer) haltest drinn (im gffängnigs)
ein fein diet,
darinn ein stUck der gsundtheit steht 3905;
(Hector betet:) thfit meines lieben kindes pflegen,
verleybend jhm genad und fegen,
das es in die fuszstapffen trett
darinn jetzund sein vatter steht
Spreng Ilian (IGIO) 81 >> (6, 477);
Enrypilum den ritter zart,
ein scharpffer pfcil verletzet hat,
mit jhnen es gefährlich staht
218» (16, 27-8);
kein bissen heut in mich eingeht,
als lang die sonn am himmel steht,
beleih ich nfichter allerdingen 273'» (19, 308) ;
(Venus) begünnet jhn (Ascanius) zn fuhren bald
auff Idalum den grfinen wald,
da es vil sch&ner blumen hat,
und manches lieblichs kräutlein staht
^CHri« 18" (1, 693/.);
diss gegenwertig mein gebett,
allein auff dem beruht und steht,
das er beleih ein kleine weyll 73» (4, 438);
wie es Moses beschriben hatt,
alss exodi geschriben stat
Enditiger judensp. 1, v. 166;
hier habt ihr da ein gantz packhet,
welche.s an unsern fürsten steht 7, v. 127Jt.
cc) die form 8to(h)t findet sich ausschlieszlich in eis.
u. Baseler quellen: anno 1308 uff den meytag ward [kung]
Albrecht von Oesterrich [an der statt, do ietz Kungfelden
bi Brück stott,] von sinnes bröders son hertzog Hansen
erschlagen Basler chron. 6, 249, 8; ir müssen . . . hin usz
für die stat gon in den hanfTacker, da der bäum in stot
Pauli schimpf u. ernst 99 Österl. (eap. 135, vgl. 11, A,
12, 6); etlich meynen sie hab den namen Bituris von
zweien thürnen . . ., deren noch einer in wesen stoth
S. Munster cosmogr. (Basel 1564) iiö; über s&mlichs ist
ein gedieht von eim huren hinzögesetzt, das weder in
Livio noch Dionisio stodt schweix. schausp. i, 107 (Bul-
LINGER Lucretiu, Basel 1538, vorr.);
recht richten stod den rfidten wol
«. 156 (r, 1260) ;
die recht gottcfellig danckbarkcyt
stot {besteht) in Unschuld und ghrechtigkeit
«. 68 (KOLROSZ betrcuMn.. Hasel 1638, t>. 144).
e« will cn erzelen sein unnot,
dieweyl es vor genchribcn stoht
MoNTANUH 8, :iu hf^te (wegk. vone.).
dd) V» reichlichere belege tur verfilgung eind, Beigen eie
durchweg stot und stat (tutrrilen dazu noch steet, steht)
neben einander, eo: durcli daz loch gingent sU alle naht
in den kelre der ander dem dormcnter stot ä, etääie-
ehr. 8, 88, 4 (CloSBNBR tHrastb. chron. 1868); (mit auf-
fälligem -t am ende:) do man zaite 1861 jor, do erhöh
sich ein geischolfart von der do vorgeschriben «tote
Mr.
1425
STEHEN (I, B, 2, f, rf)
STEHEN (I, B, 2, f, tj)
1426
104, 13; daz uberig teile der selben muren, von Uten-
gasze antz an den turn der vornan uf der spitze stat
132, 17; wenn es stot geschriben, we dem der ergernysz
git Keisersberg bilgersch. (Basel 1512) 3»; das sich got
der herr ouch von im kere . . ., und im sin götlich
wesen nit zeig luter und dar, in welches anschauwen
gebrest und mangel stot die geistlich pin 5"; nun merek,
wenn dich din nechster letst unbillich, so verlouflFen sich
dry ding, dar in stat der gantz grundt diser matery 6';
das verzihen stot darin, das er im nit well die ewig
verdamnusz 6"=; usz disem allem beschlüsz ich also, das
dise christliche und brüderliche verzyhung stot in disen
vier Worten grüntlich 7^; wenn das wollen gern zu
glouben oder zä rüwen stet in dynem willen und in
dinem gewalt 19*; wer alwegen stot der ist ein engel,
der niemerme ufFstot der ist ein tüffel, wer aber feit
und stot wider u£F unnd feit aber, der ist ein mensch
narrensch. {Straszb. 1520) {ziceites) 169 {richtig 161)''; mit
einem schantzgrabenn, das ist do einer sein stantz oder
stand dorhinder hatt das er sicher stot post. {Straszb.
1522) 3, 69»; das erst oder obrest teil der seelen das stat
in dreyen krefften , das ist in der vernunfft . . . , im
willen und in der verstentlichen gedechtnisz irrig schaf
D i*"; dagegen bieten die Augsbiirger drucke stat und steet:
als in dem ersten tractat geschriben stat granatapfel
{Augsp. 1510) F 2'' ; davon hie nach geschriben steet G 2'> ;
davon geschriben steet im anderen buch der küng. 3*;
er mufflet allwegen, ... er laszt nitt ab, er steet nit
still hasz im pfeffer (dem vor. beigeb.) Aa 8''; dir ist geleich
als ainem sperber, der auff ainer stangen stadt, und
angebunden ist, alle die weil er also steet so wayszt er
nichts darumb das er gebunden ist pred. (Augsp. 1510) i*.
— bei Br.\NT:
der ist eyn narr der nnderstot
der weit zfi dienen, nnd ouch got . . .
narrensch. 18, 1;
gott weisz (dem es alleyn z& stat)
war umb er all ding geordnet hat 57, 41.
(ferner stöt, *. ujiter ee.) — da nun der hertzog mit seinen
rütern reiten kam an die stat da Ulenspiegel in seines
pferdes bauch stund, da sprachen die diener: sehent
herr, hie stot Ulenspiegel in eins pferdes hut Eulensp.
(Straszb. 1515) 25. hist. ; der rector sprach zu im, die drit
frag, sag mir bald, wie oder waran sich dz mittel in
der weit halt. Ulenspiegel antwurt. dz ist dz hie, das
stot recht mitten in der weit 28; gang nun hin, mein
thür stot offen G6; die XCVI histori sagt wie Ulenspiegils
epithaphium unnd ubergeschrift zä Lünenburg uff seinem
grab gehowen stot:
epithaphium.
dissen stein sei niemans erhaben
Ulenspiegel stat hie begraben *. 145 neudr.
(mit ausnähme dieser — übernommenen — grabschr. scheinen
die Straszb. ausg. v. 1515 und 1519 durchgängig stot zu
haben; dagegen in der Erfurter v. 1532: disputa umb die
bücher wie ob stedt, s. s. 145 Lappenberg.) — ein unsiniger
mensch (Luther), der bapst, keiser, bischoff, under, ober,
sampt der gantzen karten, der massen stot zu ver-
mischen, das kein erwürdigs angesicht eincherlei orde-
nung in christlichem glauben erfunden werd Murner
an d. adel s. 5 neudr.; alle ir freud und mut stot in
der fleschen (omne in conviviis aevum agunt). ders. bei
Hütten 5, 469, 25 Böcking; dagegen im reim:
wir gloubendt als, das gschriben stat,
und handient doch mit unser tat
narrenbetchic. 3,28;
80 der höppebfib bar stadt (: gadt),
die Schelmen znnfft sich wol erstreckt
geheimem. 13, 8.
dieweil aber dir unverborgen ist, mit was vertrewen
unser beder hertzen allweg gegen eynander gestanden
seind, und das mein noch ungezweyffelt stot Wickram
werke i, 6, 25 Bolte (Galmy c. i); es stat doch zfi deiner
wal, so du änderst im leben bist 103, 24 (c. 3i); da stadt
noch der sambsfag und ist noch nit gar gebunden rUl-
tcagenb. 85, 18 Kurz (e. 47, ebenso stat *. 63, 18) ;
in allen dingen jm wol gat
mag wol essen, sein sach wol stat
irr reitend bilger 3*;
^ 2. Mr.
dagegen: damit er möcht gefristen sich
vor Mileto, welcher in n6t
und zu vertreiben understeht
werke 8, 25 (Ovid 9, 811);
so dann solchs gschicht, sein nam auch stedt
an diser blnmmen gschrieben schon,
doch sei dein namen auch dran sthon
55 (10, 372);
dann mein lieb zu erwerben sthet
warlich irm eyner hohen wett 78 (10, 1151).
ebenso bei dem Schicaben Eberlin v. Günzburg: solichs
wissen wir uff erden nieman zu klagen dann dir, als
unserem . . . kayser, zu dir stadt all unser Zuversicht
sehr. 1, s. 2 neudr.; ain christlich wäsen stot darinn, das
man ein andächtig härtz trag zu got ebenda; so stadt
es doch jetz umb die klöster, das man sie fliehen solt
28; kein man soll sich förchten oder Schemen zu der ee
nemen ein nunnen ausz dem kloster, umb die es stadt
wie ich oben gesagt hab 32; doch widerstot im der
grösser hauff . . . sich wer widerstat meer öffentlich der
Clären warheit dann die bättel Orden 49; dann an seim
letzsten end verflucht er (Dominicus) alle, die ligend gut
in sein orden brächten oder annemen. das stodt in siner
legend 160; der christlich streyt stat ym predigen, der
christlich syg statt in sterben umb der warheit willen 198.
dies erklärt sich \cohl daraus, dasz seine '15 bundsgenossen',
aus denen diese belege stammen, 1521 in Basel gedruckt
icurden. die spätem Schriften zeigen andre lautverhäU-
nisse, z. b. : dan so lang die weit stehet, wurdt nit auff-
horen miszhandelung 2, 45 (Grym 1522) ; bey freyhait des
gaysts stat allerlay zwang und bandt des leybs 122. —
6ei FiscH.\RT ist die geicöhnliclie form steht, stehet, doch
auch: was heiszt aber wol, wo nicht bei eim vollen fasz,
auch staht ein schönes glasz? Garg. 87 neudr.;
ja wans zum ärgsten mit jr staht,
wird die sonn, als wans nidergaht,
ein finstemusz lan über sie 45G;
er sagt, es seye kein gebot,
das so in Paulo geschrieben stobt,
ein jeder hab sein eigen weib
dicht. 1, 10 Kurz (naehirab 282);
neben :
dann disz ist gar des teuffels art,
der auch autf d leut so laurt und wart,
frewt sich, wanns andern auch so geht,
gleich wie er ewig übel steht 7 (166);
ich hab ein basz von hoher art, . . .
vatter und mutter seind jr todt,
aller gewalt an mir jetz stodt
1, 332 Haufen {riU. v. Stauffenberg 2026).
ebenso wechselt stot und stet bei Gerszdorff wundartzn.
(Straszb. 1530) : so bestot er gegen gott und dem krancken
23*; darnoch so bind sye mit dem baisam wie härnoch
geschriben stot ebenda ; so die hyrn schalen offen stot 23»> ;
so stehet es Zo° (= 1517 29* : so stet es), bei Fel. Platter
(geschr. 1612) : den hirtzen köpf mit den hörnen, so noch
am haus stot 125 Boos; dywil er herren Vesalio geholfen
die anatomy so im collegio steth, ufrichten 155.
ee) im bayr. wie im mitteld. Sprachgebiete ist schon im
i6. jahrh. stet, steht die allein übliche form (daneben
zerdehnt stehet, s. unten g). so in der regel bei H. Sachs
(geschr. stet, steht, steet, stedt). doch kommen im reime
auch die andern formen vor:
nun merek, wies mit den dingen stat!
1, 33« (: hat):
ich kurab her ausz getrungner noth
zu euch beide umb hilff und rath,
die weil mein sach bawfellig stadt 3, 2, ISl*;
(neben steht im versinnern:)
wie sindt die zwen einandr so gleich,
denn das der ein geschmncket staht,
der ander steht in schlechter w^t 183*;
wenn die lieb auff der wage stoht
all augenblick ausz frewdt in noht 3, 3, 5«>;
mag sich verwandlen brot und wein
in fleisch und blut gar drot
durch gottes kraft der priester rein,
so er ob dem altare stot
meisterl. $. 9 Goedeke (3, 61).
gegen ende des jahrh. erobert sie auch das alem. gebiet,
wie sie ja schon bei Fischart die herrschende ist, s. oben
(dd). von den weiteren abweichenden Schreibungen soll stett
90 Mr.
1427
STEHEN (I, B. 2. f, ri)
STEHEN (I. B. 2, f, rj-t)
1428
kaum kürae des vocala ausdrücken: ab sie aber der gut-
lichen handlungh warten werden szunderlich der bischoff
mit seynem anhangh, stett zu glugk urk. im Weim. gem.
arch. bei Diefenbach-Wülcker 863 (is.jahrh.); ist myr
von e. curf gn. ein briff uberantwortt, des dato stett zw
der Lochaw freitages am tage Johanns ev. ebenda {Nürn-
berg 1522); daneben: des keyserlichen mandats, der da-
tum steet am subenden tag januarii ebenda {vomj. 1523).
ScHWARTZENBERG Schreibt stät {überwiegend) neben stet:
un wfirt dj stat Rhom, djweyl si stäht, derhalb fron-
looken de. 67**;
was meiner herrschafft lewt anget,
der gulde dwuch drey h&ller stat 122«;
nach pfisz desz gelts, stät mein begir 135'^;
narr. würaulT stet dein Zuversicht? ebenda;
anff zanck und hader stet mein rath 136'*;
wann wi ich gott vergeben bin,
80 stÄt (loch inn dj weit mein syn 139'»;
drfimb Ennius der frflmm poet,
sprach, als von jm geschriben stet 151°.
ebenso: ich hab ein newe tragediam bekommen, widers
concilium von Costnitz, st&t aber nit darbei, wer sie
gmacht habe Vogelgesang trag. Joh. Russen (1538) s. 5
neudr. (l, 2); daneben: Mart. ich wolt auch woll also
antworten, der text aber kans nit lyden. Agri{cola). wes
halben? Mart. deshalben, das do steet, Jesu Christi . . .
s. 17 (3. act) ; nachfolgend steet in der selbigen gschrifft 18.
neben stat: dannet denselben höchinnen nach, so gegen
der lincken band der Rösz sechend stät Tschudi chron.
Helvet. 1, l**" (a»*/ derseli. seite noch einmal, s. unter
II, B, 1, c); der abt zerstört . . . ouch die vestinen Koch-
erspurg und Ittingen (da jetzt ein kloster stat) 32».
mit zerdehnung bei Bellin hochd. rechtschr. (1657): ganz
angereimt aber ists, wan etliche am ende einer silben
säzzen und schreiben: daf, waf, . . . welches eben also
st&het, als wan man in der lateinischen spräche das f
am ende eines Wortes säzzen . . . wolte : faf, ef, sif 63. —
auf stet geht auch %oohl die Schreibung st6t, die vereinzelt
im alem. vorkommt:
in einem cripffli lit ein kind,
do stdt ein esel und ein rind
HeINR. V. LOUFENBBRG 6«» WaCKBRNAGBL
Hrcherd. 2, nr. 706, 1 {P/tUlinger ?ischr.);
der ist eyn narr der nit verstfit
wann er mit eynem narren redt
Brant narrensch. 68, 1.
ff) steit ist bes. im mittelfränk. {köln.) dialekt zu
hause, s. Weinhold mhd. gr^ s. 364:
dar uffe steit nfl sfn grap
Anrwl. 646 ^vgl. Qenn. 2, 38) ;
da; sal ite nftwe
mit geistlichem gebüwe
alle tage dt cristenheit,
dt wlle da; dt werlt steit
Hartman vom, glouwen 1062;
eine want steit entuschen uch unde in
G. Hagen boich v. Cdne 2758 (d. ttädtechr. 12, 101) ;
doch ensteit is uch neit zo eiitbeme 3333
{doch daneben:
here, so doit des pais rait
nnde sin« meistera da it allt an stait 406);
und 80 noch:
wer ist's, der da gebunden steit,
an im merck ich grosz klag und leit
Jaspar V. Gbnnbp Jlomuliu (1540) 1232;
alse hi in disen brive beschriven steit Hoefer älteste
urk. 9. 19 (I, 9 vom j. 1272). doch auch im mitleld. über-
haupt; speziell in dem mitield. Norddeutschlands (nd. ein-
flustt): das sal der richter richten alse hyvor geschreben
steit Kuimer recht K, 88. hier wechselt dann, ebenso wie
im mnd., steit mit st&t; zuweiUn kommt auch stdt noch
daneben vor:
wie is um di schrift stat,
Tobiaa da; bescheiden hat
BrUN V. SCHONBBBCK 950 ;
sin onge immer offen stet
uns tu hüte also David get
S181 (vgl. Wkinmold mhd. gr.* ». S64,
«M lUt %md fit = gibt geschrieben ist);
der inrt« nach beschreben steit
alsus in dem buche der wisheit S904:
Mr.
komet her zu mir,
ir di da gearbeitet hat
und noch vaste gebürdet stat
3240;
wen di ma7e an dren dingen steit (: seit) :
an a;e an slafe an kleiden 3730;
sehe den bogen und lobe in,
der in da geraachet hat,
wen im sin schin schone stat 3910;
ditz gedute stet vil ho 7627.
indessen kommt steit auch im, oberd. vor, so in dem früher
Gottfried v. Straszbürg zugeschriebenen liede:
wfpllche werdekeit, . . .
swes muot ze roinnen steit,
dem ist din name alse gehiure
miniics. 2, 266*, 2 Hagen,
vgl. Wein HOLD alem. gr. s. 323 ('steist, steit ist in Bern,
Solothurn, Entlibuch noch lieute üblich'), ferner in dem
oberschwäb. gedieht 'des teufeis netz':
als das hailig ewangelium seit
das es aigenlich geschriben steit 1829.
auch im bair. findet sich vereinzelt ein solcher reim, so:
ich denckhe kaum ein solche zeit
und hab ein zimblichs ölter,
ich glaub ie lenger die weit steit,
es werd nur allweil költer
Weinjiold weihnacfUsp. au« Säddeuttchl. s. 178
{anf. des Xl.jahrh., vgl. Hartmann -Abele volksschatisp.
s. 99).
gg) stit belegt Weinhold mhd. gr.' s. 364 aus fränk.
Urkunden des 14. jahrh. : ouch hon wir yn vorkauft allej
daj gut ... als herna geschriben styt urkundenb. v. Eber-
bach {im Rheingau) 2, s. 913 {nr. 876 vom j. 1330) ; als her
vor geschriben stit s. 914; ir gut zu Ober Ingelnheim,
dag . . . her Peder von Lurzewilre dem godeshus hat ge-
gebin, dag her nach geschriben stit hess. urk. 3, 1115
{vom j. 1339) ; und hon ich sy wider gewiset und gesazt
in dag gut zu Dynhem, als da vor geschriben stit s. 112.'>
{vom j. 1341).
(h) zur 3. sing, stimmt die viel seltener belegte zxoeite.
alem. gew'öhnl. du stast {auch stöst, selten stSst) Wein-
hold alem. gr. s. 323: du stast in zweyfel. animus tibi
pendet Maaler 384*; der hertzog sprach zu im . . . was
meinstu doch darmit, das du also in der pferds haut
stast Eulensp. 25. hist. {im druck v. 1519: stost, s. 38
Lappenberg). — sonst geicöhnl. steest:
und w^eil dw geest, ich auch ge,
und pald dw steest, ich auch ste
H. Sachs fastn. sp. 7, 165 neudr. (86, 344).
im mhd. zuweilen noch ohne das angehängte -t:
zuo ir gespiln sprach dO Spes :
'Fides, Sit da; du dich verstSs, . . .'
Lampr. V. Rbgbnsburg tochter v. Syon 1191;
mit abweichender vocalisation :
er sprach : 'du sist geseinet Krist, . . .'
der der hochvart widers ttst,
den Otmuotegen gnäde gtst
Ebkrnand V. Erfurt 607;
da; du yrr geist und in eilende steist,
da; mfls mich ummer ruwen
MuSKATBLUT 71, 116.
das nd. steist liegt wol der seJir auffälligen Schreibung
steiest {nebeti stast, *. oben) zu gründe: trüwen stundest
uff dem dach so werst noch höher, da du also woltest
die wol schlagen, so hestu sie wol uff dem dach sitzen
geschlagen, als du hie uff der leitren steiest Eulensp. 61
(*. 81 neudr.).
i) im conj. ist schon im klassischen mhd. stfi die nor-
male form, vgl. oben e; doch begegnet auch stA, st&n
nicht gant selten im reime, im alem. wie auch im bair.,
«. Wein hold a/«m. ^. «. 828. bair.gr. «.281. bodenständig
ist das A utir im alem.: das ie der man ein hus sol
han uffon dien g&ttcrn, da sa von rcht von stan tceisth.
1, 811 {des gotzhuses von Witnowe recht 1344, Weitnau im
Sehtnartw.).
im nhd. ist 8te(e) di« einsige form (auMsr stand, s.
i,f,y): lassen sieh benfigen an dem das sie haben be-
geren nit mere und lassen sich bedunckon wie in kein
mangel zu stee Albrkciit v. Eyue ob eim mann« »ei
Mu nemtn usw. 40**;
Mr.
I
1429 STEHEN (I, B, 2. f, i-g)
mancher verzert jn petterle {petersilie) me
dann jm usz synem tag entstee
Brant narrensch. 71, 30;
gelt, Echulthais, das ich wol peste!
H. Sachs fastn. tp. 2, 84 7i€udr. (20, 87).
seit dem 16. jahrh. wird dafür in der regel steh, stehe
geschrieben, s. g. {nur bei Luther käme nach Frank
schriftspr. Luthers § 43. 242 anfänglich ganz vereinzelt
s t a h e vor , doch beruht der einzige dort angeführte beleg,
V. d.freyheyt ein. christenm. B i*», auf einem versehen, da
die stelle nicht bestahe, sondern bestahn hat.)
x) ebenso herrscht ste(h) allgemein im imp., souxit
nicht stand erhalten; auch im alem., vgl. z. b.: stee zfi
Maria ander das creütz und beharr da selbst Keisers-
BERG granatapfel {Augsp. 1510) F 2»;
Deianire,
ich bitt, mein rath hie wol versthe !
Wickram 8, 9 BoUe {Ovid 9, 271).
ein vereinzelter, nicht ganz sicherer beleg für sta:
sta, sta, mein man, las dich bedingen
höre, was wir dir vor zeittmg bringen
M. Haynbccius Hans Pfriem (1582) t. 56 neudr.
(4, 3, 1594 — interj. f).
{die 2. pl. fallt lauÜieh mit der 2. pl. indie. zusammen,
s. oben ^.)
g) für sten kommi auf mitteld. gebiete ziemlich früh
die Schreibung stehen auf. sie beruht darauf, dasz
hier zvnschenvocal. h frühe geschxcunden xcar, wobei die
nun zusammenstoszenden vocale contrahiert wurden, wäh-
rend die Schrift das h beibehielt, so war etwa sehen zu
s5n geworden, jedoch bestand sehen als historische Schrei-
bung fort, so ergab sich ehe als bezeichnung des lautes
€ und wurde nun auch auf fälle übertragen, wo niemals
ein h gesprochen war, tcie sehe = se (mare'), stehen = st6n.
allmählich ist jedoch auch die lautform geändert, indem
statt stSn zweisilbiges st6-en gesprochen wird, dies ist
wohl als Übernahme der endung der gewöhnlichen {thema-
tischen) conjugation aufzufassen, wie ja auch thuen für
thon üblich geworden ist (<A. 11, 434/.), vielleicht begün-
stigt durch den einßusz der Schreibung stehen, wann
dies eingetreten ist, läszt sich atis der Schreibung mit
Sicherheit nicht erkennen. — es ist zu beachten, dasz diese
erweiterte schreibiceise fast ausschlieszlich auf die formen
mit e beschränkt ist. wo a gilt, da ist zwar stahn, staht
mit einfachem dehnungs-h durchaus üblich, dagegen kommt
stahen, stahe tisw. fast niemals vor. {ein vereinzeltes
aufferstahen bei Luther von d. freyh. eynisz christenm,.
A 2», s. unter a,aa. stähen, stähet bei Bellin 1657, s.
unter f,a,ee; rj.ee. auch gaben, das doch durch mhd.
gäben nahe gelegt wurde, kommt äuszerst selten vor. s.
gehen I, 7, b, th. i, i, 2395.)
a) die Schreibung stehen, -in geht vom mitteld. gebiete
aus und läszt »ich seit dem li.jahrh. nachweisen, {ent-
sprechend gehen, -in, s. das. I, 7, c, th. 4, 1, 2395/.) sie taucht
gleichzeitig an den entgegengesetzten enden des mitteld.
gebietes auf. der älteste beleg tcürde eini Frankfurter
urk. von 1338 sein, tcenn die abschrift zuverlässig wäre:
dag ich und mpie erben han gered mit dem erbarn
manne Jacob Clabelouche, . . . umb das husz, das hin-
dene an unsirm huse stehet (Böhmer: stehit). Böhmer
urkundenb. v. Frankf. s. 556, netibearb. v. Lau 2, s. 490
(nr. 651). sonst gehören alle alten Zeugnisse dem ostmit-
ield. an. (gehn: stehn schreibt die um die mitte des
li.jahrh. entstandene Rigaer handschr. der livländ. reim-
ehron. 8753 — 4.) belege aus obersächs. Urkunden der jähre
1880 (vorstehen), 1389 {desgl.), 1401 (Vorsteher), 1414 (stehit)
und einer Brieger v. 1396 (stehet) verzeichnet Weinhold
müid. gramm.^ % 246. mehrfach begegnet die Schreibung in
den Magdeburger fragen {entst. zw. 1386 u. 1402, hschr.
des 15. jh.) : unde ist dai; erbe stehende eygen, dag mögen
sy nicht vorlossen ane erben gelobe l, 7, 6 {ebenso ste-
hende eygen i, 6, 4, neben mit stendem eygen l, 7, 4); unde
icb stehe hy als eyn schöner man, der ny obirwunden ist
3, 9, 2. in dem Marienburger treszlerbuche der jähre 1399
bis 1409 {hrsg. v. Joachim, Königab. 1896): irstes koufes an
«11 ungelt stehet der steyn zu Breslaw i schog und 18 gr.
. . . und das pfunt stehet denne i scot 2 seh. an >/» den.
». 495, 25—28 {vom j. 1408); item 150 m. Hassen von Wede-
len vor den Döcz in der Nuwenmarke, das der orden
Mr.
STEHEN (I, B, 2, g)
1430
inne haben sal dy wyle der unfrede stehet 568, 23. femer
in den werken des Thüringers Jon. Rothe {gest. 1434 zu
Eisenach) : unde welch yamer wart ym lande zu Doryn-
gen unde Myssen . . . , des stehit nicht zu schreiben
Düring. chron. e. 770 {zum j. 1426) ; über das vorkommen
in Roth ES dicht ungen vgl. Alfr. Heinrich in der einl.
seiner ausg. der 'passion' {Bresl. 1906) s. 51 — 5, z. b.:
dit sol man an des geistis ougin verstehin
(igeschin) rittersp. {um 1400) 364;
wan man die schrift nicht wel vorstehin
und sich nicht darnach wel richte,
wa; hilßt danne lesin und ansehin? 373;
{daneben .-
also ich das rechte kan vorste: me 1438;)
wi 63 (d. gold) in deme füre bestehe
ganz gar mit sime gewichte,
daj sin darvone nicht abegehe 1677;
er danne man zu strite gehit
kegin ketzern und heidin,
den cristin eg gar wole stehit
da; 81 sich vor snndin scheidin 3103,
igl. d. anm. zu 31;
dag wir nicht wale mogln gegehin
und unsenfte geritin und gestehin pau. 805;
{neben :
da; syn riche alzo lange solde besten
und« syn herczogetum ouch nicht vorgen 665;)
und sagitin, da; si e; hettin gesehin,
da; her von deme tode were irstehin 1111.
femer: als unser stad gewonheit stehet hess. urk. von
1460 {Frankf. arch.) bei Dief.-WOlcker 863; mit ym
schaffen der veranlaszten Sachen uf uns stehende Weim.
urk. v. 1469 s. ebenda;
wes stehet er nu zu prolen?
Alfeld, pastionttp. 5061 ;
und loisz uns warten, wie es em do ge
ader wie es umb sin leben stehe ! 6025 ;
wer Widder uns wil fechten ader stehin,
dem woln mer nicht ab gehin 6983;
wie sal uns is ergehen?
is magk nicht recht umb Jhesum stehen 7318.
in der l. sing, geht diese Schreibung stets mit dem abfall
des urspr. ausl. -n zusammen, vgl. 3. Grimm gramm. l*,
982 (902 neudr.). — in der 2. Jiälße des ib.jahrh. kommt
diese Schreibung auch schon auf oberd. boden vor: rechts
Sulpicia im begriff das bild zu weihen, das man hinten,
halb in einem wasser stehend, . . . erblickt Steinhöwel
de claris mulier. {Ulm 1473) 219, 5 Drescher; er stehet fast
auff seinem fümemen 323, 2. {nicht beweisend ist dagegen
die form stehe in Jac. PCterichs ehrenbrief [von 1462]), z. 6..-
so stehe in bei nicht sonnder nur allain gemaine 66,
da die handschr. erst dem ausgehenden 16. jahrh. angehört,
s. zschr. f. d. alterth. 6, 31.)
ß) im le. jahrh. ist die Schreibung mit ehe auf dem
ganzen mitteld. gebiete zur herrschaft gelangt, auszer wo
der vocal a oder o erscheint, sie gilt ausschlieszlich oder
fast ausschlieszlich in den nachstehend verwendeten belegen
aus den Schriften der Sachsen Agricola, MathesiüS,
Musculus, der Franken Alberus utuI Ulrich v. Hüt-
ten und aus d. buche der liebe, und sie ist häufig bei
dem Schlesier Sebiz. den bair. quellen ist sie im ganzen
fremd {hier xcird sten, steen, stehn m. s. w. gesehrieben),
findet sich dagegen bei Allemannen, wie Eberlin v. Günz-
burg und Fischart, wo sie sich nicht ihrer heimischen,
sondern dieser schriftsprachlichen form bedienen, bei dem
Nürnberger Ayrer im {nicht beteeisenden) reime:
ich musz gehn ; mir ist trefflich wehe,
in grossem Jammer ich nun stehe 42, 10 Keller.
bei Luther, für den ein reiches material zur Verfügung
steht, hat die alte Jenaer gesammtausg. consequent stehen,
stehet u. s. w., ebenso die ausgaben der briefe, Sprichwörter
und tischreden. dagegen bieten die alten einzeldrucke und
handschriften , wie sie in der Weim. ausg. wiedergegeben
sind, daneben nicht selten einsilbige formen, namentlich
in der früheren zeit; und zwar ist dann das häufigste
verfahren, das h als dehnungszeichen vor den vocal zu
setzen, so findet sich in den hier benutzten belegen neben
32 stehen: 14 mal sthen, i steen, l sten; neben 23 stehet:
9 sthet, 7 steht, 4 stet, l steet, i steeth, i stett; neben
90»
Mr.
1431
STEHEN (I. B. 2, g—h)
STEHEN (I, B, 2, h-t)
1432
8 stehe: 1 sthe. belege für die vereinzelten aehreilnoeisen:
also wil das evangelium gantz wider uns steen 10, 8,
276, 28 ; das evangelium stett in zwuen fragen : zum ersten,
was das gröst gesecz sey . . . 341, 21 ; glaub sol sten auff
gotlicher warheit 11, 52, 31; Sulamit ... ist ein frydsamme
brawt, die mit eyttel fryd unnd freöd umbgebenn ist,
stehet in gutter ruhe irs gewissenns, darumb das sie
unnter dem zaichen steet 12, iU, 9/.,- das ir nit auff
seynem thun sthe, sed in gratia 15, 569, 2; das sie sich
ynn keyn weg unterwinden sollen, eyn solchen, weyl
dis jubiljar steeth, . . . eyniger wege zuentbinden 18, 267,
13; 'qui crediderit': da stets 34, l, 423, 8. auch mit i in
der 2. silbe: darumb, lieber bock, denck nit, das du allein
auff dem plan stehist 7, 265, 2.
von den icörterbüchern hat Dasypodius {Straszb. 1537)
schriftsprachlichea zioeisiU). stehen neben mundartlichem
stöhn, z. b.: offt still stehen, resistere . . . still stehen,
praemere vestigia . . . stracks still stöhn, haerere iti vestigio
(unter stehen, Ddd 8«).
y) nach dem 16.jahrh. werden die einsilbigen formen
wieder häufiger, und zwar ersckeivm beide Schreibweisen
neben einander in derselben quelle, z. b.:
es stehet nicht wol,
wo man die freundschafit keuffen so!.
es steht übel, ausz einer gülden scheide ein bleyem
Schwert ziehen, das ist, unfletige wort ausz einem schönen
munde reden Petri Cc. 8'';
laszt du dir nicht zuhertzen gehen,
dasz es thut heut so übel stehen,
mit unsem Griechen manigvalt?
Spreng Ilias (1610) gs'' (8, 201/.);
wilt du in den todt jetzt gehn,
so wSlIen wir nit von dir stehn,
bereit bin ich mit dir zusterben Aen. 38'' (2, 675).
überhaupt sind die kürzeren formen nicht einfach als
fortsetzung der alten anzusehen, sondern sie werden nun-
mehr als nachträgliche zusammenziehtmg aus den längern
empfunden, für dus neuere Sprachgefühl ist also z. b.
er steht synkopiert aus er stehet und steht auf einer
stufe mit er blüht, sieht, lebt, fällt, wächst u. s. w. vgl. :
steht, mit dem ht, für stehet, vom Zeitwerte stehen,
1. Mos. 41, 16, das steht bey mir nicht Gueintz deutsche
rechtschr. (1666) 139. dazu Bellin hochd. rechtschr. (1657)
107 unter f, a, ee. allmählich bildet sich , in analogie zu
den andern verben, ein fester Sprachgebrauch heraus, in
der weise, dasz die Schreibung mit ehe (und entsprechend
zweisilbige ausspräche) alleinherrschend ist im pari, praes.
stehend, und die gewöhnliche in (ich) stehe, stehen (inf,
1. 8. plur.) und dem eonj.; hingegen einsilbigkeit aus-
schlieszlich gilt in der 2. 3. sing, du stehst, er steht,
herrschend ist in ihr steht und dem imper. steh, steht!
die Synkope in stehst, steht scheint nach den angaben der
grammatiker im, anfange des 18. jahrh. durchgedrungen
zu »ein. Schottel 598 giebt noch: stehen — ich stehe,
da stehest (ganz ebenso wie Clajus gramm. Oerman.
linguae 1678, 8. 102, 18/. Weidling); ebenso Gottsched
.vprachk.* 886. dagegen Steinbach (1734) 2, 667: ich stehe,
du stehst, er steht, doch finden sich die zweisilbigen formen
in der litteratur, namentlich der dichtung, noch viel länger,
theil», weil die aUerthümliche und vollere form als ge-
toähUer empfunden wird, theils weil sie sieh tutoeilen be-
quemer in den vers fügt, z. b.: das theater stellt ein
gactzimmer vor, in welchem verschiedene bagage stehet
GOTTL. Stephanie Uutspiele (Wien 1771) 6;
sieh, da ttahet wein fUr dich !
Lessino 1, C4.
A) tuweiUn wird im altem oberd. da» in vielen endungen
vorkomimende n zum »tamme geaogen, »odaai eine ba»i»
sien- »r»eheinl; doch nur in formen, deren endung ein n
emtkäU, da» nun verdoppelt i»t. (die»e bildungen beruhen
«mU eütgrteit» auf der t. »ing. ich 8t£n, andrerteit» imr-
mtif, doM bei wirklichen verbalttämmen auf -n <jmm» mU
timem n der endung tu»ammet\/lie»xen konnte, be». im
pmrt., vgl. mhd. sencie, weinde neben senende, weinende.)
— äknÜeh« formeti m lebenden mundarten ». unter C, 1, c,-
«M «Mid «Ol» deik unter B, l, h behandelten nicht deutlich
m «eJhnden. (entepreehend genen für gSn, pari, genend
». leben I. 7. a. th. 4. i, ssM).
Mr.
a) so am ehesten im part. praes. stenend: bisz
Alexander und die umbstenenden dez gesmackes warden
empfinden Albrecht v. Eybe ob eim manne sei zu, nemen
u. s. w. (1472) 59'»; den blinden münch rieht (enthauptete)
er also stenent, es mislang im aber Baumann qu. zur
gesch. des batternkr. aus Rotenburg a. d. Tauber 609;
der pischof zfi dem schenken sin
sprach : nim disen pecher hin,
der hie vor uns stenent ist
J. BÄciiTOLD deutsche handschr. aus d. brit. miu. 3.», 6
(Karl d. gr. u. d. schott. heüigen, Regensb. H. jahrh.);
der jm mittel der Schacher peid
vil smach von den umbstenenden leid
Wolfenb. priamelfischr. 866, 2 Etding
(au» Nürnberg, ende des Ib. Jh.).
ß) noch vereinzelter finden sich solche Weiterbildungen
in der Z. plur. im (anfang des) 16. jahrh.; so österr.:
Unfalo weyter fragen tet
den held: 'habt jr nit gelemet
aus grossem geschütz züschiessen?
dann jcb hab yetz lassen giessen
etliche stuckh, die steenen da'
Teivrdannck 39, 5 Haltaut.
und mit dem alem. o im stamm:
die weiber mit den flöhen
die band ein steten krieg . . .
und so die scblacht facht ane
werffens von jn das gwand
im streyt sie nacket stonen (var.: st&nnen)
G. Forster frische teutsche liedl. s. 9i ndr. (II, 37, 2).
y) einen inf. stenen s. unter f, a, hh.
i) in den heutigen deutschen mundarten haben st&n und
stSn bez^c. die daraus weiter entvnckelten lautformen ihre
gesonderten gebiete, im nd. herrscJien durchweg die k-formen
(nur in der 2. 3. sing. ind. e i), s. oben c. im hd. sind sie
auf zwei gröszere Sprachgebiete beschränkt, während sonst
überall 6 gilt: ä oder geic'öhnlvcher ö kennzeichnet einer-
seits das alem., andrerseits das mittelfränk. (in beiden
dialekten kommen daneben noch formen von der volleren
basis stand- vor, mittelfränk. allerdi)igs nur im imper.,
s. 1, g.)
a) alemann, mundarten: Schweiz, ind. st&n, stÄst, stät;
plur. stän, stänt, stänt; inf. (zi) stän, s. Frommann 3,
207, 17 (vgl.: ich stän Tobler zschr. f. d. philol. 4, 381);
vorarlb. stö' (inf. u. präs.) 4, 325; (wir, ihr, sie) itond
3, 215, 3; appenz. stöh — stöh, er stod Tobler 411»;
aargauisch sto, ind. i §to (bisw. i stone), de sto§t, er ätot,
mr stond; conj. i ätöj, de §töjist u. ». w. Hunziker 255;
in Kerenz ätu Winteler § 163; dieselbe form gilt aucJi
als charakteristisch für Schaffhausen:
gu, stu, bliba lu ;
wer die drfi ding nit cha,
musz nit gu SchalThusc gu.
die unbestimmte manier gu, für gehen, stu für stehen,
lu für lassen, gehört dem städter in Schaff hausen an,
und gieng als ein Wahrzeichen in obiges sprüchwort über
KiRCHHOKER schtceizer. sprüchwörter (1824) s. 110, auch bei
Staluer d. landesspraclien der Sdiweis 169, anm. 887 (hier
im, 2. verse mit der bessern lesart: die drey spracha).
einen vocalioedisti, der auf eindringen de» umlaute beruht,
zeigt die mundart von Viaperterminen im Wallis: inf. 8t^.
Stän; präs. Sta(n), Steis(t), äteid; pl. sU, Steid und itfd,
ättnd; conj. st* (od. Stande), ätf8(t) t«. a. w. El. Wipp (iwo)
§ 235. in Basel sto; ind. i stand und stone, stoosoh.
stoot; plur. stände, stönde, steen(d), stön; coiy. stönd;
imper. stand, stönded, 8teen(d) Seiler 879*; de. inf.
sta" (itö, Stö, iUö, Stön, StCn); ind. itö, itöi. itöt oder
Stö, fitöS, Stöt; plur. Stön, St&Q,, St&nt; imper. StiUit
(und itö), pl. Stöt Martin-Lienhart 8, 6e4*> (in Colmar
St8, er Stet, imp. Sie Henry 221); »chioäb. präs. Stand,
StUt. it&t (oder Stäit. ität, nördl. mit «), ^ur. UandH
(conj. imper. Stand); inf. StS tind (obereehwäb.) Itiu.
St&u' Fhommann 8, 118 (vgl. 6, 868, 1, >); (bmr.) eehwäb.
stau' und stand»' Schmkller* 8, 7W, vgl. mundmrten
Bayern» % MS (we»tl»A. ich stand u. ». w. und ich stin.
st&st, st&t, plur. it&nl).
ß) mittelfränk.: rip. StOn. ind. ix H^n, it8s, ItSt, p/xr
it^n, Stft, il^nt (atadtköln. Stolt. Steis. iteit, itfü u. «. 1/.;.
imp. itaAt MOnch {| sS6, s; kiHn. 1190, prä». st^n, steis,
•teil, sign, stfht, itgn Hönio* ». 8O8; luxemb. stottn
Mr.
1433
STEHEN (I, B, 2, i-3. a)
STEHEN (I. B, 3, a)
1434
Gangler 434; stoen Ittxemb. wb. 425 (aber im ind.: §tin,
stes, stet, stin, stit, stin); siehenb. sto (süd&iebenb. stön)
KiscH vgl. wb. der Kösner mundart 217».
k) die erMärung des nebeneinander von ä und 6 ist
überaus schicierig; vgl. bes. MCllenhoff zeitschr. f. d.
alterth. 23, 15/.; Bremer, Paul-Braunes beitr. il, 41 — 5;
WiLMANNS zeitschr. f. d. alterth. 33, 428—431; Brügmann
indog. forschungen 15, 127; 17, 178; Wilmanns deuisehe
gramm. 3, 1. 63 — 66. im allgemeinen wird 6 auf ad zurück-
geführt; dieses wird entweder aus dem idg. optativ (aor.)
hergeleitet (skr. stheyäm, gr. axalTjv. tat. stem, so, an-
knüpfend an MCllenhoff, Kluge in Pauls grundr.^
1, 450 und Bethge bei Dieter laut- u. formenl. der alt-
germ. dial. 390/.) oder mit altslav. stoj%, stoji$i (inf. sto-
jati) zusammengestellt (so Streitberg urgenn. gramm.
310, Brügmann). der ersteren annähme steht entgegen,
dasz gerade der opt. erst spät und noch nhd. ganz ver-
einzelt von dieser Stammform gebildet wird; von ihm. kann
diese also nicht ausgehen, gegen diese ganze auffassung
aber spricht, dasz sich das durchgängige hd. g schlechter-
dings nicht als contraction aus ai verstehen läszt, für das
vielmehr dhd. ei zu ericarten wäre, (die bedingungen der
contraction wären höchstens etwa in der 1. 3. sing. conj.
vorhanden, von satz unbetontheit zu reden, ist durch 7iichts
gerechtfertigt.) dieses ei erscheint nun in der that im tld.
ttnd im westlichen fränk. in der 2. 3. sing. (s. e, y; f, t],
ff), während die andern formen ä haben; und dadurch
scheint bewiesen, dasz das hochd. 6 iceder aus ai entstan-
den noch von der 2. 3. sing, ausgegangen ist. einen an-
dern versuch zur lösiing des räihsels hat WiLMANNS ge-
macht: er nimmt neben der athematischen ßexion des
Stammes stä-, ursprünglich im, sing. ind. und im, inf,
eine thematische des schwachen Stammes sta- an, wobei
sta -f e in stS zusammengezogen werde, diese hypothese
hat den Vorzug, dasz sie sowohl das räthsdhafte e, das
sich jeder lautgesetzlichen analogie entzieht, tcie auch das
nebeneinander von ä tind 6 erklärt, auch das spricht für
sie, dasz die 1. sing., solange sie das scldieszende -n be-
wahrt, also deutlich athematische bildung zeigt, auch an
dem ä festhält (s. jedoch f s, cc; dd). die sehr auffäl-
lige erscheinung, dasz die thematischen endungen an eine
vocalisch auslautende basis unmittelbar, ohne Vermittlung
eines j, antreten icürden, ist immerhin dadurch gestützt,
dasz eine ganz analoge bildung bei tuon in ahd. denk-
mälern unverkennbar ist (s. WiLMANNS d. gramm. 3, 1,
60/.). sehr m,iszlich ist dagegen, dasz bei dieser erklürung
nur eine so seltene form xeie die 2. plur. und allenfalls
der doch nicht übliche conj. den ausgangspunkt und die
basis der bildungsweise abgeben könnte, während in häu-
ßgern formen, vrie inf, 3. plur. die contraction von ä -|- a
wiederum nur ä ergeben und in der 2. 3. sing., wenn die
thematische flexion auf sie ausgedehnt würde, immer nur
steist, steit entstehen könnte, so sind deim auch durch
diese annähme nicht alle Schwierigkeiten und bedenken ge-
hoben und eine allseitig befriedigende erklätung ist noch
nicht gefunden, aiif jeden fall empfiehlt es sich, zweierlei
aus einander zu halten: l) das ei des nd. (hier theiltceise
zu € contrahirt) und mittelfr. (rheinfr.), das auf die
a. 3. sing. ind. beschränkt ist und neben dem (theilweise
in denselben, durchgängig in den andern formen) ä er-
scheint; 2) da» 6 des hochd., das nach ausweis einiger
altfränk. quellen vielleicht ursprünglich mit ä im para-
digma wechselte, dann durch alle formen durchgeführt ist
und so für das bair. von anfang an gilt, allmählich aber
den gröszten theü des hochd. Sprachgebietes erobert hat.
(abgesdien ist dabei vom fries., das viell. ein paradigma
mit durchgehendem ai voraussetzt, s. b.)
3) im unterschiede vom präs. ist das prät. überall und
zu allen Zeiten ausschlieszlich von der vollen, auf dental
ausgehenden inirzelform. gebildet, doch hat es gerade im
deutschen mannigfache Umwandlungen erfahren, die im
einzelnen darzustellen siiul.
a) da das n von stand- nur der präsensbildung diente,
so fehlt es ursprunglich im prät.; dieses vrird also vom
stamme staf)- mit ablaut und zunächst mit grammat.
ipechsel gebildet; also urgenn. ettca *stö{) — plur. *stödum.
im got. ist der Wechsel, xcie immer, zu gunsten des stimm-
losen Spiranten ausgegliclten: stoj) — stot)Uin; im nord.
Mr.
durch den zusammenfall von intervoc. |) mit d geschwun-
den: alticestn. stö{) — stö{)om Noreen^ §490, altschwed.
stöj) — stö|)o Noreen altschwed. gr. §540, schwed.-dän. stod,
tuyrw. sto (aus stod, plur. stoo für stodo) Aasen 744».
dagegen ist im tcestgerm., 7cie stets in dieser reihe, der
cons. des plur. auch in den sing, eingedrungen: altengl.
stod, plur. stödon Sievers ags. gr.' § 392, 3, woraus mittel-
engl. stod — stoden Str.\tm.\nn-Bradley 573''/., neuengl.
stood; altfries. stod (stoed, stoet, stot, stoe, sto) — stoden
Righthofen 1051. nur im deutschen ist schon früh das
n des präs. auch in das prät. verschleppt, sodasz überall
in den älteren sprachstufen bildungen mit und ohne nasal
neben einander liegen, während in den jungem jene ge-
siegt haben.
a) im alts. herrscht im allgemeinen noch die ursprüng-
liche form, so im Heliand ausnahmslos stod — stödun
bezw. stuod — stuodun; nur die bruchstücke der genesis
bieten (neben gistuod, -un) ein vereinzeltes stuond:
thuo stnond hie fore thes bomges dore
269.
in den andern denkm. fehlen belege.
ß) dagegen ist im, mnd. die form mit nasal (stant,
seltner stont) durchaus vorherrschend, doch begegnet die
ältere bildung stöt (vgl. nd. korrespondenzbl. 7, 6) noch in
zahlreichen belegen, die sich iceder örtlich noch zeitlich ab-
grenzen lassen, jedoch besonders zahlreich in quellen aus
Braunschweig, Goslar und den benachbarten gebieten sind:
dusse grote twidracht stod wente Mertini deutsche chron.
2, 598, 27 (chron. des stifies s. Simon u. Judas in Goslar
c. 21); (im j. 1414) ward dem rade to wettene, dat de
heren in der borch darna stoden by dem pavese, dat
se uppe dat nye eyne incorporacien werven leten deutsehe
städtechron. 16, 69, 6 (Braunschw. pfaffenb. v. 1418, c. 20);
dat stod den winter over wente twisschen pinxten onde
paschen 305, 16 (Br. schichtbuch v. 1514); duth stod eyn
lutting Tordan 465, 20, s. femer 317, 4. 33?., 2. 446, 32 ;
dyt most he loven in de hant
des notaries dar ghesant,
dat to holden vast allene
by des pawes kamrenpene,
dar ik vor tughen mydde stont
myt eynem kumpen wolgemout 151
(schichtspiel v. 1492, v. 1528, daneben auszerhalh des reimes
stunt v. 1241 und stunden in einer Brattnschic. quelle um
1460, a. 518, 34, s. unten II, A, 5, t) ;
M d§me sulven water klär . . .
stöt ein böm gewassen gröt
sünder\f. {v. Arnoldus Immesskn t» Eiml>eck) 1434'
hör, Seth, wat dat kleine kint mende,
dat dar appe deme bome sat nnde wende,
de dar vordroget stöt
1458 (daneben atiszer dem reime stont v. 1438, 1439, 1555);
he vrägede em (Seth den enget) al tö hant,
wat dat deine kint mende
dat uppe dem böme lach nnde wende,
de dar so gröt vordorret stöt?
de engel sprak: 'ik mäkes dt vröt'
van d. holte des hitl. eruzea 187;
des drögen se alle einen möt.
dö sprak ein jode de dar stöt 7SS;
dat was dat holt dat upwart stöt
van deme crüze des kempen gut
731 (daneben stont 47 und im reime standen : sanden 99) ;
de vos begnnde slingen
an den dorn, de dar stöt (hschr. -. stont)
de busch was mate gröt
Gerh. v. Minden 90, 61 Seelmann.
dazu: dar dat slot stode Korner bei Schiller-Lübben
4, 359''; war du ghingest unde stodest Oldenburger gebetb.
r. 1473, s. ebenda; 2 rysselsche laken stoden 16 M» 8 grote
memorial des Lüb. krämera HiNRiCH DüNCKELgut
(1479 — 1517) 8. ebenda 360». — entsprechend im conj.: ok so
bydde ik (Albrecht v. Wustrow) iä leven vrunde dat gy
my wolden enbeden, w6 der heren d6nt unde juwe van
der säte weghene st6de urk. votnj. 1395 bei Sudendorf 8,
nr. 60; dat se hedden eynen deken de der kercken gud
were unde na ffrede stode wur he mochte d. städtechron.
16, 53, 2 (BraunscJiw. pfaffenb. c. 17) ; weret dat dar ichtes
mydde were des dem rade unde denjennen de dat an-
roren mochte, duchte dat yd on to na stode, . . . dat se
one dat Torgeven wolden 326, 6 (schicJdb. v. 1576); unde so
Mr.
1435
STEHEN (I. B. 3, a)
STEHEN (I, B, 3, a-b)
1436
id denne stode by deme hoichwerdigen . . . hem Christo-
fere qu. vom j. 1609 s. brem. tcb. 6, 334;
wan my wes to dönde stoide ( : heimode)
nmme jnk, gy wise her Salomon
8ündet\f. 2654.
abueichenden vocal hieiet nur:
dat gud wandelt den mot {honoret mxäant more»)
nppe deme ryme he lange stut
Josef v. d. 1 todtünden 4080, «. Schiller-LObben 4, 361''.
{dagegen ausachlieszlich stunt z. b. im Sachsenspiegel, bei
Gerhard v. Minden *. Leitzmann *. LXXVI u. a.).
y) im mnl. finden sich stoet — stoeden und stont —
stonden neben einander, und zwar sind die ersteren formen
besonders (ausschlieszlichf) im ßäm. zu hause, tco sie auf
einem ziemlich groszen gebiet um Antwerpen fast aus-
scJdieszlich gelten, während andre quellen beide bildungen
gleich gern gebrauchen; im brab.limb. kommt auch ver-
einzelt stoent U7td stuende vor, s. Franck mnl. gramm.^
% 144 I. TE Winkel in Pauls grundr.^ 1, *. 849. in den
altndfr. psalmen fehlen belege, nur die mittelfr. bieten die
formen: stünt, üsstuont, samenstuendon, s. van Kelten
*. 219 (ßltsüdmfr. gramm. % 99). im neunl. ist stond —
stonden alleinherrschend geworden.
rf) fveniger gut sind die alten formen im hd. erhalten.
zumMl im ahd. beschränken sich die Zeugnisse auf einige
vereinzelte belege in fränk. quellen, s. Braune ahd. gr.
§ 846, anm. 5. Franck altfränk. gr. % 187, 2: in thritten
dage arstuat fona tootßm Weiszenb. kat. {denkm. nr. 56),
47; thö vorstötun . . . (tunc inteUexerunt) Tat. 89, 6; eno
ni forstaotun zi aaäre thie höröston, thaj thiz ist Christus?
104, 7; dazu bei Otfrid: gistüat 2, 6, 40 {im reime auf
güat, gistüant D) und l, 17, 42 P; gistüatun l, 9, 23 und l,
20, 5 V (gistuantun P). dazu vereinzelt glossen : arripuit
hinterstuont, -stuon, hintarstuot aM. gloss. l, 477, 19; de-
derunt irstuotun 700, 68 (beides bair., s. Schatz altbair.
gr. % 138, o); custodiebant eum stuontimobi, stuot imo pi
723, 13 {Xant. gloss., 9. jh.. s. Franck a. a. o.).
e) bei der dürftigkeit der ahd. belege ist es auffällig,
dasz die nasallose form im, mhd. noch nicht erloschen ist.
sie begegnet im 12. jahrh. noch ziemlich häufig, vgl. Lexer
hwb. 2, 1135, Weinhold mhd. gr} s. 365. Bech Oerm. 80,
265. Kraus ged. des li. jahrh. s. 209 (zu 3, 52); und zwar
am häufigsten im mittelfränk. und dem mitteld. auf nd.
boden, s. Weinhold a. a. o. ;
Blanscandiz dare vure stut (stnnt A),
die rede er alsus hup Rolandsl. 23, 17;
Olivir der helt gfit
vür den keiser gestünt (er gestftt S)
31,20;
der sal der wais also gut,
s6 nie nehein besser gestüt {aus geslunt)
Lamprecht Alex. 3539 Kinzel;
des wunderit maniche lüde nog
dat he den freisen ie bestOt (: gfit)
herz. Ernst ^11,32;
dO giengen sl vil ageleise
zer linden diu bi dem brunnen stüt (8tfint R).
'ih sage in, hSrre, was ir tut' . . .
Eilhart v. Obergb IX, 48 (vgl. bearb. 3463);
b{ dem brnnnin eiu stüt (: gehOt,
stunt M, gestünt £) 109 (vgl. 3528),
hier neben überwiegendem stunt, vgl. unten und E. Gl brach
tur spräche v. Eilh. Trist, s. 188/.. 230. und so noch:
da; niemannes mut
ba; dar zu nie gcstut
Sachtensp. praef. 214.
doch auch im, oberd.: do da iratuode von deme grabe
Wackbrnaoel pred. 88, 5S {aus Muri. IS.jh.); bes. bair.:
di zvene dt da st4t«n
unde 81 dM fioara* hflten
ÜIEMBR ged. 60, 88;
di« (marUrere) stuten vor den vuraten 886, SO;
•Im Wiinnerhli(-ho stat
bet n mir bescheiden;
da dio blunien unde gra«
■tAden Kr&ne baide Carm. bur. 1S6*.
dasu »ind dann auch reime tu beachten wie stuont : bluot
Annol. M», at&nt : g6t Rother IHM, stunden : gute Baum-
parUnbtrger Johanne» bapt. (Kraus ged. des \%.jh. 8), 6>.
im hmr. gtkmt einulne beUge noch durch da» IS. jahrh.:
Mr.
bl Assis hei;et alsus
ein stat Rigus tortns,
d& stuot ein hütte liutc Isere
Lamprbcht V. Regknsburg Franc, leb. 1809;
die himel stfidcn ofTen ob dir,
des vater stimme bort man da schir
Gundacker V. Judenburg 553.
(die sonst angezogerie stelle aus Laszbero lieders. 3, 158,
3= diu halbe bir 332, scheidet dagegen aus, da hier ent-
stuont : tuont zu lesen ist, s. d. ausg. v. Wolff v. 856.
auch in den andern fällen ist mit der möglichkeit eines
bloszen Schreibfehlers zu rechnen^ spätere belege sind
niclit bekannt.
b) sonst ist der nasal des präsens auch in das prät. ein-
gedrimgen: 'stönd, woraus ahd. stuont.
a) so aJul. V071 anfang an; auch:
dat in dem sciltim stönt Hild. 64.
im alem. und südrheinfr. stuant (arstuant Murb. u. s. w.).
für stuont vnrd einige male stuon geschrieben, so Tat. 19, 4;
20, 9 (furstuon), 60, 8 (arstuon) und: hinterstuon instiii,
arripuit, ahd. gl. 1, 477, 13. 18, s. R. Koegel anz. f. d. alterth.
19, 238/. dieser versticht die form in uxnig einleuchtender
weise zu erklären; da indessen die spätere spräche keine
spuren davon aufweist, vermag ich darin nicht mehr als
einen Schreibfehler zu sehen.
ß) mhd. stuont, wofür mitteld. stünt, stunt. die erstere
form scheint anzusetzen, tco das wort auf dünt reimt, z. b. :
vgl. :
glicher wts die frouwen dOnt.
da bt doch ein teil frouwen stfint
erlöt. 2945;
hei gevreisch it wale . . .
we it mit dem broider stoint;
hei dede as de wisen doint
Hagen hoich v. Colne 3123 (d.gtädtecfir. 12, 111).
das gewöhnliche ist jedoch, dasz stunt im reime auf kunt,
munt, (ver)wunt und andre Wörter mit unzweifelhafter
kürze (als zweifelhaft musz frünt, frunt gelten) begegnet,
s. Weinhold mhd. gr.^ s. 365. vielleicht sind auch doppel-
formen bei demselben dichter anzuerkennen, vgl. Gier.vch
zur spr. V. Eilh. Tristr. s. 30, 188/ {wenn nicht eher un-
genauer reim anzunehmen ist):
da»; si ftf stunden
und den n!t versünden
Eilhart v. Obergb VIII, 32;
der den trachin bestunti
da; ist uns allen wol chunt III, 58;
bi; siu morgens üf gestünde.
wie wol er ir des gunde IV, 12;
femer:
do mite si (die tavbe) da; tet kunt,
da; alle di werlt an genaden stunt
Brun y. Schönebeck 8901.
solche reime finden sich nun auch sehr häufig bei Wolf-
ram V. Eschenbach und Heinrich v. d. TOrlin, s.
mhd. wb. 2, 2, bBl^f. (hier ist vielleicht eine andre erklärung
vorzuziehen, s. Wein hold mlid. gramm.* s. .365. die aus-
gaben von Lach MANN urul Martin schreiben stuont : kuont
u. ähnl., dagegen Bartsch und Leitzmann stuont : kunt.)
y) die bezeichiiung der diphthongischen ausspräche ist bei
oberd. autoren noch im 15. und 16. jahrh. sehr gewöhnlich; sie
geschieht meistens durch ü (uo), daneben durch fl, ue; sehr
häufig im tceehsel mit einfachem u. beispiele: donoch
stund uf bischof Künrad von Tullienst oder Tole {Toul),
. . . und stiint uf den toufstein d. städtechr. 8, 60, 88
(Closener, Straszb.); Aaz, stund darnach nit lang, daj
Hans Dachs sin miill mfist abprechen 4, 45, 14 {Augsb.
zu 1876); als (die sach) nun etwan also stuend und man
nicht darzu tctt 5, i5i, 83 (B. Zink tu 148h); es stuend
also ain zeit, dasz der cardinal nicht tett 818, 8 (tum
j. 1466); und da zoch de; pi8chofr.s volk gen in und
stflnden alle ab zu fusscn i, 68. 26 (Stromer, Nümb.,
1400); dann aliain, das in den bricfen sldnd Richrntal
Const. eoncil ». 67; item die von Basel dotend dehein
schütz mit der grossen buchsen, es stAnd 4 guldin
Basier ehron. 4, 868, 87 {tum j. 144&); dann ich wol wuszt,
was mir und mincn kinden daruffon stund, das ich
von minem gwerh . . . stan und kommen mflszte qu. tur
Schweii. geach. i, 18«, 87 (Frickart Utingherrtn »tr., U70,
Mr.
1437
STEHEN (I, B. 3, 6)
STEHEN (I, B, 3, b)
1438
i. 11) ; czü den die umb sy ständen mit senfter stimm . . .
sprach Arigo deeam. 256, 14 Keller (i, l); Philostrato . . .
eyn kleyn auf im selbs stund als der sich was bedächte
265, 26 (^sovra si stesso alquanto stette i, 3) ; die arm eilende
iung frawe . . . on schuld sich zu dem tod verurteylt sähe,
erschrockenlich eynem steyne geleich stund 290, 3 (4, 7)
u. so öfter {auch stünde, stünde, doch häufiger stunde,
stund, s. unten); als aber Porris das ersach gegen im
kommend, bedächt er die künftige nöt und sorg darinn
er stund Steinhö'W'el de claris mul. 232, 31 Drescher;
der kerker stund noch vor ir und die kethen 237, 14; do
sie uff stuonden und den weg wider an sich nemen
Aesop s. 43 Oesterley; do stflnd der schwartz ritter von
dem pferdt Pontus {Augsjp. 1498) d 6»; also da stund der
ammeister oder burgermeister an dem marckt Eulensp.
20 hist. ; {Eulerisp.) steig ai) von seinem pferd, und schnit
im bald den bauch uff, . . . und stund in den rümpf
nr. 25 {in d. überschr.: wie er sein pferd uff schneid
und darin stund) ; und z4 vesper zeit do gienge er aber
auss und fand aber menschen die da massig stünden
JOH. Thauler sermones (Augsp. 1508) 14=; (er) stündt nun
uff ein kosen mit der ewigen wyssheit der eic. wissh. bet-
büchlin {Basel 1518) 2»; und noment Jonam, und wurffent
jn in das mör, und das mör stund von seinem wüten, und
ward ein stille Keisersberg postiü (i522) 2, 19» {daneben
stund 3, 6») ; aber sy hatt uff sy wenig acht, sunders nun uff
Olliffier, zuo dem stuond ir all ir gemüet Morgant s. 97, 34
Bachmann; ir sinn stuond innen im vetter zerlössen
137, 3; und als er seine äugen auffhüb und sähe, do
stundend drey menner gegen jm bibel vert. {Zürich 1531)
1,8» {i. Mos.isA); darzü verbrannt man und zerrissz
man alle bücher dar inn das gsatz gschriben stand 309 •>
(i. Makkab. i F) ; {AchUles hat) den edelsten beiden Hec-
torem, auff welchem alle hoffnung der Troianer stund,
in der flucht erlegt Schaidenreisser Odyss. (1539) 49»;
er {Otto IV.) wolt die kirchen reformieren, darinn es so
übel stund S. Franck chronicon Germ. {Augsb. 1538) 174»
{chron. d. Teutschen 1539 111^) ; in disen nßten zanckten
sich zween fürsten mit Guidone umb deis künigreich
Hierusalem, das sie doch verloren heften, und allein in
hoffnung stünden wider Zugewinnen chron. d. Teutschen
147» u. ö. ; der hertzog von seinem pferd stund Wickram
1,170,12 Balte {Galmy, cap. bö); es stund nit gar ein
stund, do kam ein fuchs roUtcagenb. 82 Kurz {cap. 46; so
hier geicchnlich, dagegen tcird in andern werken v. Wick-
ram stund, stunde gedruckt); der vatter gieng (von?)
ungeschicht inn eynen garten do vil ölmagen {papaver)
inn stünden Carbach Liv. 21» {Liv. l, 54, 6); sobald
sie aber sah, wie es umb das kindt stand {var. stünde)
Frey gartenges. 32, l Bolte {cap. 20); darinnen stund ain
kostlich schön wolberayt beth Montan us schxcankb. 146,
13 Bolte {Andreützo 5; getcöhnlich stund, stunde); nun inn
solchem trawrigen leben die armen schifleut stünden
246, 10 {Cymon u. Iphig. 8); der mann . . . heym zu hawsz
gieng und diesem gesehenen münch nachdertcket. als er
nun lang in solchen gedancken stund Lindener s. 25
Liehtenst. {rastbüchl. 63); als . . . der gantz stamme an
jm stund S. Münster cosmogr.99e; eins mals understuendt
sich der graff abermals zu jagen Zimm. chron.^ 4, 141, 35
{vereinzelt, sonst stund, stand, stunde, stände); nach
Koresch stuend an das kaisertum sein vetter Aventin
chron. 1, 297, 9 u. o.; ist im Niderland ein schawgroschen
auszgangen, auff wölchem disz gepreg oder bildtnusz
stund JoH. Nas antipap. eins und hundert 75»; wann die
Römer, da es übel umb jhr vatterland stund {Ttzalaavreg
avty Tf nazgiöi), angefangen haben jhr sachen zu bes-
serem stand zebringen Xylander Polyb. {Basel 1574) 8
(l, 12, 7; überwiegend stund); zu Franckfurt kamen die
protestierenden fürsten zusamen, weyl sie in grossen ge-
fahren stunden, jhren sachen fürsehung zuthün Stumpf
Schicytzerchron. {Zur. 1606) 117»; als er aber grosz gut
gesamlet hat, stund jm sein müt widerumb in sein
vatterland 391 *•, und so überwiegend neben häufigem stund,
unterschiedslos wechselnd, oft dicht neben einander, vgl.:
in Holland ist . . . ein grosser walfisch gefangen worden
. . . seine äugen stunden 15 schuh von dem maul, . . .
das underste vom maul war 7 schuh, . . . darinn stän-
den 42 zän 283»;
Hr.
das stund an dir allaine
Gl. Hätzlerin 1, 131, 76;
ain plawe plümen sy ab prach,
die stund uf ainem langen stamm 8, 17, 97;
do ständen nahent mben pei
Erlauer tp. 3, 393;
zw essen und trinckhen was mein zill,
dartzue auf gelt und guet:
dahin stnendt mein sin und muet
altd. passionssp. aus Tirol ». 429 {Brixener pau. 4559);
dri tusent fromm eidgnossen
die stÄndent z4 witem feld
N. Manuel «. 22 Bächtold {Bicocca-lied 3, 6) ;
ain claAsen stand mir nahent bey
SCHWABTZENBERG CiC. 150*;
zfl hoher tngent stftndt jr sinn 157»;
du gloubst nit, wie ich bin so arm,
ich denck wol, das es vil basz stund
H. R. Manuel weinspiel 1385;
jrs hausz sie erst in sorgen stund,
so war sie drausz, und ungesund
Scheit fröl. heimjart F 2 *,
neben:
nun hett schon zu den selben stunden
der herr von Wachenstein gefunden
den adler, als sein fürsatz war,
und stfind zu hausz sein willen gar 4'*;
was lebet noch, das zug mir nach
an marckt, das (l. dar) was uns also gach.
da stund weiber ein grosser hauff,
ich stund still und läget auff . . .
Fischart flöhh. 361/.;
als ich {Agam.) heut lag an meiner ruh,
(sprach er) mir bald eim träum fürkam . . .,
der stuend vor meinem haupte pur
Spreng Ilias {Augsp. 1610) 14»> {arij <f dig*
iTiio xtifa/.f^; 2, 59) ;
jhr hertz das stuend zue kriegen leer,
and weil jhr arbeit bracht kein frucht,
geliebet jhnen mehr die flucht 107» (9, 2) ;
jedoch kondt er {Ulyftes) jhn nicht bewegen,
Achilles stuend jhm starck entgegen,
durch gaben und geschenck dermassen
wolt er sich nicht erweichen lassen
107" {innh. desz 9. bvehs).
die vereinzelte Schreibung stiendt {conj., sonst stund, -dt)
bei Fel. Platter beruht wol auf einem versehen: alsz
ich fir die apoteck kam, stündt der herr Lorentz . . . vor
der apoteck ... er verwundert sich, dasz ich zerosz
still hält {hielt), sunderlich do ich ab stiendt 188 Boos.
S) später {nach 1610) begegnet solche diphthongische
Schreibung in schriftsprachlichen quellen nicht mehr, nur
die bezeichnung der vocaUänge stuhnd findet sich noch
in einzelnen quellen:
als er aber mit gwalt nit kundt,
mit ontrew er das nnderstnhnd
H. Sachs 2, 3, 116»;
die kSngin aber wol verstahn (». unten g)
und forcht jres bruders betrug
und stuhnd in grossen ängsten gnug lie**;
die («IC« ochsen) waren mutwillig und jung . . .
wenn einer gieng, so stuhnd der ander 2, 4, SS';
{in der ausgäbe von Keller dafür unterstundt 8, 441, 27
und stund 442, 6. 9, 136, 8).
man musst' da alles schreiben,
sollt' änderst gottes wort und seine bündnus bleiben,
mit welchen büchem es doch offt schier misslich stuhnd
RoMPLBR V. Löwenhalt reimget. 50.
insbesondere ist bei S. Gessner dies die häufigste Schrei-
bung {fast ebenso oft stand, seltener stund), z. b.: sie
stuhnd da und sprach nicht mit ihren gespielen 2, 14
{Daphnis l); er stuhnd verwirrt da 81; sie stuhnd da,
die Unschuld, schamroth Isecbelnd . . . bald sah er die
Phillis an, Isecbelnd, dass sie so schychtern da stand 57;
so sprachen sie, und stubnden izt am fluss 106 {Daphnis 2).
auch in Wielands Agathon {ließ — 7): sie konnten nicht
anders als den Agathon für denjenigen ansehen, der
allen ihren absiebten und entwürfen im wege stuhnd
2, 214; die Wissenschaften und schönen künste stubnden
in keiner besondern hochachtung bey ihnen 302, doch
auch: inzwischen stunden die freunde Agathons seinet-
wegen in desto grössern sorgen 258. ferner: Verwüstung
trauert auf den gefilden, die vor kurzem wie paradiese
in blühender fülle stuhnden Wieland 3, 18, 8 Berl. akad.
{Arasp. u. Panth. 2) ; sie gestuhnden es ein 24, 12.
Mr.
1439
STEHEN (I, B, 3. c-d)
STEHEN (I, B, 3, d)
1440
c) im nd. und mitteld. tritt im ailgemeinen kürzung
ein. doch ist in einzelnen mundarten die länge geblieben;
so wohl köln. stoint, z. b. :
ind stoint also ein jair . . .
ind darzo vunf mainde
d. städUchr. 12, 85S (.wevertl. 319).
{später stoinde, s. d, 6.) — das resultat der kürzung ist
im nd. weit überwiegend stunt — stunden, doch daneben
auch stont — stonden. das mitteld. dagegen kennt nur die
ersteren formen, die daher auch im altern nlid. die herr-
schenden sind. — formen mit o scheinen im nhd. auf ale-
mann, qtiellen ttm 1500 beschränkt zu sein, kommen aber
auch hier nur vereinzelt vor, vgl. Weinhold alem. gr.
s. 325: anno dni. 1462 am mäntag nauch sant Mathis
tag ... da waren 3 regenbögen und stondend gein ain-
ander . . . d. städtechr. i, 241, 7 (Wahrhaus Augsh.
ehron., zu 1462); in disen fröden also lange stonden {in
questa maniera stettero tanto) pisz die künigin zeit dauchte
ruwen Arigo decam. 15, 34 Keller {ganz vereinzelt); also
stond Ulenspiegel af der louben vor dem rathhus JJlensp.
(1519) s. 17 Lappenberg (14. hist. ; ausg. v. 1515 s. 20 neudr. :
stunde) ;
sant Alexius stond auch da verborgen
Jörg Breining Alexitis (1488) 7, 8;
da sy {Veronica) den schlayer ane sach,
da stond daz göttlich angesiebt
schon in dem schlayer gantz verpflicbt,
als obs darein gewürcket weer
Keller erz. aus altd. handschr. s. 89, 1 ;
die frawen stonden auff gemain 187, 10;
der rosz zigel hieng ir da nider
und stond ir wunderlichen an
203, 2 ;
do stond ains metzgers sun darbei
mit seiner schwären däschen
Uhland volkgl. nr. 271, 2;
es stond bisz an den dritten tag,
der Stab fieng an zu gronen
297 (Tannh.), A, 25 {beides auf der hschr. des
Val. Holl, Augsb. 1524—6).
<f) eine im, altern nhd. sehr gewöhnliche nebenform des
sing, stund ist stunde, sie beruht auf der besonders im
oberdeutschen verbreiteten neigung, den starken präteriten
ein unorganiscJies e anzuhängen, ist aber in diesem falle
wohl begünstigt durch die ungewöhnliche bildung dieses
Präteritums, das so das aussehen einer schwachen form
erhielt.
ä) ein ganz vereinzelter fall scheint schon mhd. im
li.jahrh. vorzukomTnen :
da; stftnde unlange; andir suben (kühe) chomen gegangen
genetis 85, 5 Diemer,
wofür die Wiener gen. hat:
da; stflnt onlenge e andere sibene giengen ennen
Jundgr. 2, 60, 4.
doch liegt hier wohl nur ein schreiberversehen vor, verun-
laszt durch das vorausgehende:
{ich träumte,) wie ich stftnde eine . . . 85, 1.
I
ß) sonst kommt diese bildung erst um 1470 auf. sie
ist die häufigste form in der decamerone-übers. v. Arigo,
t. b.: {der Jude Abraham) feste und starck in seinem gelau-
benn stunde . . . und ye fester er in seiner meinung
stunde ... 80, 8/. Keller (l, 2) ; do er asse und zö tische sasse,
genug traurig und übel zemöte vor dem tische stunde
46, 6 (1, 7) u. o.; ferner: als Alexander im tempel seiner
gAter war und die selben nach seiner gewonhcit eren
weit do stunde vor im ein edler yflngling myt eim reich-
fasze und weyracb Albr. v. Eyrf. ob eim manne sei zu
nemen . . . (U7S) fie**; die frawe stunde aufT und gicng
her fAre 6S*; aueh bei mitteld. autoren schon im 15. jahrh.,
so in den denkwürdigkeiten des höllischen rathsmeisters
Spittrndorpp: da meinten wir vom tale, wie im den
zo than stunde, wir musten jo jhe aufT eine weise
kommen, so mein herr zu uns schicket, und diss an-
bitten stunde nicht wol auszuschlahen s. 7 (1474); des
weiten wir vom tale nicht thun, es stunde uns auch
nicht zu tbun M (1476); kölnisch: ind dat stunde alsua
sw«l Jatr d. ttäittehr. is, 6«, 9 (Koklhopp, 140b, dankten
«. tmttm S). und so auch einige male bei Luthkr :
solchen geist halte David, da er von Jerusalem
ftfarieben daroh «einen son Abtalom, und darauff stunde,
Mr.
das er ewig verworffen, nimer mehr könig, und zu gottes
gunst komen würde l, 482*; {weniger sieher:) wo die weit
bette lenger so stehen sollen, wie sie vorhin stunde,
were gewis alle weit Mahometisch oder Epicurisch wor-
den 5, l*"; umb seinet willen stunde die sonne {ov/l
iv X^f-Q^ avxov ävtnödiaev d '^hog;), und ward ein tag
so lange als zween Syr. 46, 5: da sprach das volck das
da bey stunde, und zuhöret (o kazwq xal dxovaag) Joh.
12, 29; sie aber bestünde drauff {6üaxvQlt,ezo) ap. gesch.
12, 15. im ganzen sind solche formen auch im 16. jahrh.
noch nicht allzu häufig und hauptsäddich auf oberd., zu-
mal alem. quellen beschränkt: ain gut man stunde und
drasch sein kome, in dem ward er vertzuckt Joh. Thait-
LER sermones {Augsp. 1508) 120'*; zu allem glück aber
stunde ein capellen inn dem wald Montan us 23, lO Bolie
{wegk., 1557, c. 5); also ein kleine zeyt auff im selbs
stunde 113, 13 (c. 42); nän stunde das meitlin vor der
stubenthör und horte alle die wort 260, 26 {gartenges. 5;
daneben stund, selten stund, stände); was fürter von
diesem seinem herren in der kürtz zfl sagen stunde liesz
er nichts underwegen Kirchhof wendunm. i, 47 Österley
(1, 34); den fort er nach freundtlichem gruess in ain ca-
pellen, so unferr von inen stunde Zimm. chron.^ i, 96, 18;
wann der sähe, dasz sich ein knab fein schicket in
seiner lernung, und stunde in hoffnung, es würde ein
gelerter, erfarner, und wolgeschickter man auszjm wer-
den, so sagt er: Henszgen lerne nit zuvil Egenolfp
sprw. (1570) 25»; da ein geschwinde theurung ... im ge-
lobten lande war, unnd stunde bisz inn vierthalb jar
Mathesius Sarepta (l57l) 3»; weil aber des bergkmans
{Midas) sinn nur nach gelt stunde ... so weisz er nichts
anders zu wünschen, denn das alles zu gold werde 14»;
denn er stunde in eygener person mitten in der Schlacht-
ordnung bttch der liebe (i587) 27»; wie er in die statt kam,
stunde sein gemüht zu jrem opffer 221'» {gewöhnlich stund).
Y) dafür in den eis. quellen auch stünde geschrieben:
wann auch Judas der in verriet stände mit in erste
deutsche bibel l, 408, 25 Kurrelmeyer {Joh. 18, 5); das
er nit wissen kund, wann es sambstag oder suntag
was, dann er sich gar nichts auff den kalender ver-
stünde Wickram rollwagenb. 83, 24 Kurz (47); von des
wegen er in grossem unmüth stünde Montan us 9, 19
Bolte {tcegk. l); als er stünde inn grossen gedancken, da
fieng sich an so ein grausamer unnd erschröcklicher
wind Schumann nachtbüchl. (1559) 126, 17 Bolte (1, 22).
das ist auch wol gemeint mit der häufigen Schreibung
stünde {vgl. oben b, y) in Arigos decam., wofür spätere
ausgaben stünd(e) drucke>\, z. b.: also die edel geselschaft
von dem schönen vogelgesange durch das grün tale an
das end do ir syn hin stünde beleyt warden 409, 19 Keller
(7, einl.); also ein klein zeit ungeret auf im selbs stünde,
nach dem . . . also zu Gisippo sprach 632, 8 (10, 8).
S) vereinzelt mit o bezw. köln. oi {vgl. b, ß und c) : die
stat van Goellen halp eme machen ein costlich burch
. . ., dat die stat van Goellen vil stoinde d. städiechron.
18, .551, 10 (KoELHOFP, 1499); in dem vurz jair (1407) do
wart des nuwen torns begont zo machen . . . der stoinde
me dan 50 duisent gülden 14, 744, lO {neben stunde, *. /8).
auszerdem mit unregelmäszigem t:
golt in {Davit) auch wol befridt
vor seinem eigen sone,
dem schönen Absalon,
der nach seim leben s tonte,
auBz seim reich Davit enttronto
Ln.iBNCHON hi»l. volM. 4, nr. 689, 8 {vom J. 1546).
e) erst im 17. jahrh. rrird stunde reeW iMieh und ist
nun bei einer beträehÜiehen reHts von autortn und psdUn
die überwiegende oder aueh. soweit die vorfUgbarm boUge
erktnnen lassen, die alleinherrsehende form: flcischfresser
waren die Israeliten, ... die sich mit dem himlischen
brot nit wAUcn benflgen lassen, sonder nur nach den
tApffen und hftfen voll fleisch jhr sinn und muth stunde
GuarinoNIUS greirrl der Verwüstung (1610) 740 B; oins-
mals hat sirhs in Kngcllnnd bogeben, dasz das getnüd
trefflich wol auff dem fehl stunde Ai.bkrtinus kirn-
schleiffer (1618) 187; nachdem ich also am gentadte des
mccres in traurigen gedancken, mein unglAck beweinende
■tnndo, kam einer Ton adel sehausp. sngl. eomM, U», •
Creisenach {Iragi etmoed., l«W, 8. S); der («My) i«g*n ^**
Mt.
1441
STEHEN (I, B, 3, d)
STEHEN a, B, 3, d-e)
1442
rechten band zu, war ein faszpfad, . . . und weil er
wenig begangen ward, stunde er mit dornen und distlen
bewachsen Philander (1650) 1, 342; als ich selbst in
diesen närrischen gedancken stunde 343; als ich nun
sähe, wie mein handel stunde, bette ich stein und bein zu-
sammen fluchen mögen Simpl. sehr. 3, 180, 7 Kurz (Spring-
insf. 6) ; demnach einer . . . seinen stecken vor der kirch-
thür mit sich nemen weite, erdappte er darvor eine neue
etxt, die bey den stecken stunde 313, 18 (vogdn. l, 4) : wie-
wol noch ein grosse pfann gebachener eyer dort stunde
304, 27 (1, 3) ; ich schhche hinaus und kam vor ein zimmer,
darvor ein baur stunde 325, 13 (l. 6; und so durchweg im
'Vogelnest', während die belege au^ dem Simplicissimus selbst
ebenso durchgehends stund aufweisen) ; Lyon, welcher da-
hinden stunde, schämte sich selbst anzuzeigen Octavia-
nus (1675) Q 6*; wie die leyter Jacobs auff der erden
stunde, und doch an dem himmel reichete Treuer deut-
scher Dädalus (1675) 1, 283 («07!^ stund); anno 1679 . . .
stunde obberfihrte stadt in höchster glori Abraham a
S. Clara mercks Wien (1680) 10; das stunde (sah aus)
sehr artig Schuppius 119; da er wieder von den todten
aufferstunde, zeigete er sich der armen buszfertigen Sün-
derin 136, und so gexcöhnlich, doch auch: ich erinnere
mich, dasz ich einsmals einem vornehmen fürsten auff-
wartete, der stund in seinem gemach am fenster 109;
dasz wir . . . mit fried und freud dahin fahren . . . gleich
dem alten Simeon, der in solcher guten bereitschafft
stunde Carpzov leichpredigten (1698) 112;
da neigt es (d. blümlein) sich zur stunde
verwelckt, und sincket hin,
dasz jetzt noch auffrecht stunde
mit adso stoltzem sinn
Spee trutzn. (1649) 78 (nr. 13, 75 Balke) ;
newlich ich in trawren stunde,
wäre voller bitterkeit:
Jesum da gecreutzigt funde 102 (18, 41) ;
ndten:
alsz {ich) nun spatzirt im garten,
stund auff ein bl&mlein zart 75 (13, 6) ;
zu diesem (d. freunde) drang man ein, wann Titan gleich
noch stunde,
wo sonst der heisse low bläst flammen ausz dem munde ;
noch must es winter seyn ; noch nam man da quartier
LOGAU 1, 3, 80, V. 33 {n^ben: so stxmd es
■ zu verfuhren i'. 45);
drauf spricht er seine mutter an,
die bey Johanne stunde
P. Gerhardt bei Fischer-Tümpel
Järchenl. 3, 334» {gontt stund);
sie stunde ja vor mir, ich bin ja nicht verrücket!
Fleming «. 501 Lappenberg {sonst stund).
daher wird dann zuweilen die einsilbige form mit einem
apoatroph geschrieben (nicht nur im falle der dision vor
vocaT):
es stund' ein steinern tisch gleich an der hör am ende
Dietrich v. d. Werder 13, 36, 8;
stnndt' Haman dort nicht auf der ehrenspitzen?
Neumark fortgepfl. tnugik.-poet.
lustw. (1657) {, 39;
lasz den hund nur immer heulen, . . .
er macht nur den rächen wundt.
lasz ihn Lünen nur anbellen !
sie bleibt doch an ihren stellen,
wo sie vor erhöhet stund' 164.
^ auch in der ersten hälfte des 18. jahrh. dauert der
gebrauch von stunde noch fort: da er das hörete, stunde
er gantz unbeweglich Kram er dict. (1702) 2, 928» (und so
hier durchweg); stunde denn nicht ein grosser lehn-stuhl,
mit sammet beschlagen, zu deinen diensten Stranitzky
oUapotrida (1711) 95, 30 neudr.; sie (die harpijae) hielten
sich in Thracien auf, allwo sie dem dasigen könige
Phineo . . . seinen speisz und tranck durch einen solchen
gestanck unschmackbar machten, der gar nicht zu er-
tragen stunde Amaranthes /rauenz. lex. (1715) 741; ^Esic
siegele zwar anfangs über Boleslaum, da er aber zu
sicher wurde, und nicht recht auf seiner hut stunde,
erholte sich Boleslaus Hahn hist. (1721) 2, 56 (m. so öfter);
dann, als sie kaum an sich selbst mehr gedencken konte,
und, so zu reden, schon an der thüre des paradieses
stunde, sähe sie sich noch einmahl um Canitz ged.
(1727) 190 (neben stund: mund 89); wo die höltzerne . . .
Statue stunde cav. im irrgarten (1746) 48; indem Elben-
X. 2.
Mr.
stein weiter fort reden wolte, stunde ein alter . . . mann
von seinem tischgen . . . auf 130 (im ganzen bieten die
belege 4 stunde, auszer den angeführten noch s. 40 und
418, gegen 5 stund, zuerst s. 192); er stunde des sonntags
in der kirchen fleiszig bey ihrem stuhle schildwache
Gottsched die vemünft. tadlerinnen (1725) 1, 230;
Buddeus, Wemsdorf, Breithaupt fällt,
davon doch jeder, als ein held,
vor unsers Zions rissen stunde (: von dem alten bunde)
ged.^ (1751) 1, 157 (öden 2, 13);
mit dir, herr, stund das recht im bunde ;
dort kämpften list, behendigkeit und macht!
sie stritten ohne feind, und siegten ohne Schlacht,
eh noch dein beer im felde stunde «. 7 (1, 1);
der galgen stunde da, und schien
ihn schon als hauswirth zu hegrüssen
LiCHTWER äsop. fabeln (1748) «. 17
(/al. 1, 6, 'der fuchs', dafür in d. sehr. v. 1828:
der galgen stand vor ihm g. 13;
sonst stund, s. unten e, "Q. dann erlischt stunde in der
literatur, bis auf ganz vereinzelte ausnahmen, wie: ich
ging ohne vorbedachten plan, wo ich hin wollte, gerade
da hin, wohin mir der köpf stunde Jung-Stillixg sämmü.
sehr. (1835 — 37) 4, 124, neben: ein jeder wuszte, wie hoch
er bei dem junker angeschrieben stand l, 36. es hält sieh
gelegentlich im volksliede, unmittelbar neben stund:
es stunde an kein vierteljaJir,
eine lilie wächst auf seinem grabe;
es stund geschrieben auf den blättern da,
beid wären beisammen im himmel
wunderh. 1, 95 Boxberger {'der ritter u. d. magd').
in der zeit der romuntik begegnen vereinzelt emeuerungen :
traurig stunde da der ritter
Fr. Schlegel Alarcos (1803) «. 4 (1, 1);
du blühetest die schönste aller eichen,
Germania, im tiefsten kern gesunde;
als dir der Römer gegenüberstunde,
könnt' an die äste dir sein speer nicht reichen
Rückbrt (1882) 1, 5 {geh. son., vorkl. 4).
e) ein schlieszlich siegreicher concurrent entstand dem
älteren stund in der heute durchgedrungenen form stand.
diese ist nur so zu verstehen, dasz die völlig isolierte per-
fectbildung stund — stunden von der dritten ablautsreihe,
die im, 16. — n. jahrh. noch den ablaut innerhalb des prät.
bewahrt hatte, beeinßuszt und nach der analogie von band —
bunden , fand — funden in stand — stunden umgebildet
icurde, dasz dann später, ebenso tri« in dieser ablautsreihe,
ausgleichung innerhalb des prät. zu stand — standen ein-
trat, vgl. Grimm gramm. l^, 982. allerdings wird diese er-
klärung durch die Zeugnisse der Überlieferung nur schwach
gestützt, und es ist auffällig, dasz diese entwicklung bei
stehen so spät eintritt.
a) im 16. und 17. jahrh. herrscht stund (bezw. stunde) —
stunden durchaus, wie Clajus gramm. (1578) 102, 19 Weid-
ling conjugiert: ich stund, du stundest, ebenso noch Schot-
tel (1663) 598. auch in der lit. kommen nur vereinzelte
belege vor, die allerdings früh einsetzen. Sanders 3, 1193'*
verzeichnet stahnd aus einer büchsenmeysterey von 1529
(Straszb.) s. 37. doch findet sich ein isolierter fall schon
im ib. jahrh. (wenn nicht druckfehler vorliegt): als die
iunckfrawen der kflnigin (Semiramis) beten einen zopff
geflochten stände auff die kflnigin mit dem andernn
ungeflochten zopffe und ward bewegt in menlichen
zomn Albr. v. Eybe ob eim manne sei zu nemen u. s. v>.
(1472) 34'' (sonst stunde, s. oben d, ß). sonst im ie.jahrh.4
alsz es aber über zil und zeit stand und nit geld ver-
banden wasz zu zalen Knebel chron. v. Kaisheim (l53l)
*. 85 Hüttner; (unmittelbar neben stund:) do kamen sie
zu dem crucifix uf Bernrain, das stand dozumal under
ainem dechle an ainer saul . . . do stund under inen
ain knab . . . gleich gestunden dem knaben die hendt
Zimm. chron. '^ 1, 462, 17/. 22;
zu gottes ehr sein {Agtat) hertze stand,
brach die frembden altar im land
H. Sachs l.öO»;
ein glasz mit wasser ich da fand,
welches vor einem fenster stand 3, 8, 214° ;
hört, wie ich in eim buch gemalet fant . . .
mitten auf der leiter ein ritter stant . . .
im stunt sein herz, mut und begir, . . .
dicht. 1, 146 Qoedeke (liederM);
91 Mr.
1443
STEHEN (I, B. 3, e)
STEHEN (I, B, 3. e)
1444
auch noch einmal mit anorganischem, -e {wie oben bei Albr.
V. Eybe): nach der miternacht fachte den grafen der
schlafT an, dessen er sich doch, so vil müglich, zu ent-
halten understande, kunt sich aber doch dessen letstlich
nit müessigen Zimm. chron.^ 3, 361, 23. selten ist stand
im 17. jahrh. bezeugt: was man von solchen absonder-
lichen . . . vornehmen vor nutzen zugewarten hette, stand
daher zuermessen Chemnitz schwed. krieg 2 (1653), 7';
als Udus morgens gieng herfür
stand dieser spruch an seiner thUr
LOGAU 1, 10, 12.
ein vereinzeltes stand bei Opitz verzeü^net G. Baesegke
d. spräche der Opitzischen gedichtsamnü. v. 1624 — 5 (Oött.
diss. 1899) s. 107.
ß) eine bestätigung erhält die vorgetragene erklärung
dddurch, dasz die ersten Zeugnisse für den plur. standen
später begegnen {doch belegt Arndt d. Übergang vom
mhd. zum nhd. in d. spräche der Breslauer kanzlei, 1898,
s, 88 standen schon aus einer urk. v. 1550) :
hernach sie allzumal auff von der taffei standen
und giengen hin, da sie sich wol losiert befanden
DiETR. V. D. Werder Ariost 17, 60, 5.
{sonst fehlen im 17. jahrh. belege bis auf Lohenstein,
»• y-)
y) es teure zu erwarten, dasz in einer Übergangszeit
der sing, bereits a aufwiese, während der plur. noch das
alte u festhielte, diesen Wechsel stand — stunden scheinen
einige gegen oder um 1700 geborene Schriftsteller in der
that zu bieten: nach Sardinien schnappten die Saracenen
, . . nach Corsica stunden sie desgleichen Hahn histor.
(1721) 1, 59'», anm.; Ludovicus . . . starb in seinem 72. jähre
(1347) ... es stand schon darauf, dasz dieser so viel-
mahl verbannte keyser, den man in München beyge-
setzet hatte, wiederum solte ausgegraben werden, wenn
es nicht seine erben noch verhindert hätten 5 (1742), 302;
und indem sie dieses sagte, wiese sie mir einen wohl-
gekleideten bürger, der unter dem hauffen stand Liscow
Schriften (1739) 121 ; summa, seine seele auch sein geist
standen gegen die äuszere natur ganz indifferent 670.
in des Herrn von Koenigs gedichten {Dreszden 1745)
igt im, sing, stand häufiger als stund (4 tmd 8 belege),
der plur. ist einmal als stunden belegt:
so hast du gütigst auch die aller straff entbunden,
die dir heimt&ckiscb selbst nach deinem leben stunden
8. 21.
doch ist das material zu gering, um daraus sichere
Schlüsse zu ziehen, insbesondere ist zu beuchten, wie schon
in Lo H EN stei N s Arminiu« (1689) die formen stand, stund,
standen, stunden regellos durch einander gehen: die
Deutschen, welche der kayser und andere grosse könige
... zu ihrer leib-wache erkieseten, stunden den Römern
in ihren kriegen zu dienste l, 7»; so bald das kriegs-volck,
welches in voller rüstung bereit stand, . . , den heiligen
kriegs-wagen erblickte . . . , kriegte selbtes gleichsam
eine neue seele 31» ; Eggius führte an einer, und der
armenische fflrst Zeno an der andern seite . . . die
ihrigen . . . auff die Deutschen an, welche gleichwohl
wie mauern stunden 36»; Catumer aber riesz fast eben
za einer zeit einem Gallier ihre kriegs-fahne, auf welcher
ein bahn stund, aus 4l'>; ob nun wohl die Deutschen
derogestalt in mehrer hoffnung und vortheil standen . . .,
so war doch bey den Römern die tapfferkeit so tieff ein-
gewurtzelt 4ö^; bey der alle gestirne mit lichte betheilen-
den sonne stand: alle von einem . . . der die zwölff
himmlischen zeichen durchwandernden sonne stund bey-
gesetzi: eines nach dem andern SSS**. {heute acheint
dieser Wechsel vortuliegen im oberhe»».: schdann, plur.
schd&nne Crbcelius 807.)
S) der eigentliche kämpf zwischen stund(e) und stand
findet im 18. jahrh. statt, und läszt sich schon an der
hand der vMerbüehtr und grammatiken verfolgen, tuerst
giebt Stibler (lan) tlS7: praet. ich stand, et stand.
dagegen kennt Krämer noch ITOS ausscfdiesMlich stunde
{s.d, 0 — stunden, weitere teugtüsse: imperf. ich stund {et
ifrtgulariter) ich stand Stein BACH (1784) 2, 667; ich stand
oder ich stand Frisch (i74i) s, 896^ Gottsched »praehk.*
(17M) gieU s. 880: ich stehe, ich stand, gestanden {datu:
'M fsie alte fseU saget: ... ich stand'), dagegen s. 841:
Mr.
'ich starb, ich stürbe, ich verdarb, ich verdürbe, . . .
ich stand, ich stünde . . . vieleicht kömmt es daher, d<isz
man vor alters gesaget hat, ich sturb, verdurb, . . . stund ;
wie man denn das letzte noch itzo so spricht', ferner:
stand oder stund Weitenauer ortJiogr. wörterb. (1764)
s. 137; 'imperf ich stand, {im gemeinen leben stund)'
Adeluno (1780), danach Campe. Braun orthogr. gramm.
wb. (1793) nur: ich stand, standst, stand.
e) in der lit. herrscht in der ersten hälfte des IS. jahrh.
im, allgemeinen stund {bezw. stunde, s. d) noch durchaus;
so durchgängig bei folgenden autoren, wo reichlichere belege
zur Verfügung stehen: B. Neukirch {geb. 1665, ged. von
1744), Schnabel (1692; Felsenb. 1731: stunden mehrfach;
cav. im irrg. 1746: stund und stunde, s. d,^; Günther
{geb. 1695, ged. v. 17*5); Neuberin (1697, vorap. v. 1784).
attch bei Gottsched scheint u zu herrschen, s. oben 6
und die belege für stunde unter d, ^. femer:
wie stunds mit ihm die vorge nacht?
Hagedorn 2, 31 {fab. 1, 19).
so auch noch bei Haller {geb. 1708) und Rabener (1714),
deren werke erst in der 2. hälfte des jahrh. erschienen
sind: er stund in der majestät eines beleidigten kaiser-
Sohnes da Haller Usong (l77l) 30; das eine {Uiger)
fflhrte der könig an, das andre stund unter seinem noch
jungen bruder Alfred (1773) 8; er hatte selbst den könig
auferzogen, und stund bey ihm im grösten ansehen 64;
sogar unbedeutende . . . städte wiederstunden seinen an-
fallen Fabius u. Cato (1774) 50; der ehrwürdige alte ver-
lohr ihn {den söhn), überstund den Unglücksfall mit
standhaftigkeit 70; der rath, der so lang in lauter edlen
bestund 95 utid so durchgehends ; er stund noch in der
vollen reife des männlichen alters Rabener Schriften
(1777) 1, 38; die haare stunden ihr zu berge, wenn sie
tanzen sah 2, 56; er trank alle tage die gesundheit des
commandirenden generals und seiner übrigen kameraden,
die im felde stunden 58. sing, stand neben plur. stun-
den bei Koenig {geb. 1688), Hahn (1692) und LISC0V^'
(1701), s. y. eine auffallige ausnähme ist nur Bodmer
(1698) mit seinem stand, um so auffalliger, da sonst ge-
rade Schweizer autoren besonders lange an stund fest-
halten (Haller, Bräker, Gotthelf, *. unten); aller-
dings stammen die belege aus werken seiner spätzeit:
Og stand zwischen die schneiden der blanken schwerdter,
und flehte
JS'oaA (1759) 287 (9, 654);
also lebte Philodes in seiner fSrenen hütten, . . .
innig belustigt, durch seine päanischen kUnste
das leben,
das am rande schon stand, schon beweint war,
zurUcke zu rufen
338 (U, 19),
vgl. Sghönaich ästh. in e. nusz 132, 29. 282, 9. 18 Köater;
sie (Thetis) stieg in eil' aus dem dunkeln meer wie ein nebel
auf, und stand vor sein antlitz
Homer (1778) 1, 14 (xal ^a ndQot»' ottkofo
xa^ijMo IJ.l, 360).
auch bei Besser (1654—1729) begegnet stand auffällig früh :
wie stand bey zwsmtzig jähr der zepter dir so schön!
tchrifflen (1732) 1, 10.
"Q in der klassischen zeit gebrauchen die meisten autoren
stund tind stand neben einander, doch so, dost stand
immer mehr überwiegt, häufig lästt sieh beobachten, wie
derselbe autor von stund zu stand übergeht oder in spätem
ausgaben eines \cerkes stund durdi stand ersetst. beides
neben einander:
und stund ihr Dämon sleich, der um sie buhlte, nah,
80 kUszt« si« mich doch, als er nur seitw&rts sah
E. V. Klkist 1, 64 Sauer;
da stand er auf und sah, dass sich der schatten streckt«
ebenda;
Amynt, der sich in groszor noth befand, . . .
bat einen roichen mann, in dessen dienst er stand,
. . . ihm zehn thaler vorzuschieszen
GSLLIRT 1, 168;
SO sah ich ihn noch Jüngst, als er gevatter stund
884;
da stund ihm noch die wähl von seinem Schicksal tnj
3. E. SoiiLBOKL 1, 888 (Oanwt 1, 8);
Ich fahrt« krief lar s««, ich stand bar satnen h««r«n
884(8.8);
Mr.
1445
STEHEN (I, B, 3, e)
STEHEN (I, B, 3, e)
1446
bey seinen oberbeamten stand er in einem solchen an-
sehen, dasz sie ohne ihn nicht leicht in seinem kirch-
spiele etwas vornahmen üöser pJiantas. l, 157; die herren
Scapin und Mezzetin stunden daneben verm. sehr, l, 101 ;
da fand er die hirten, die voll freude beysammen stun-
den Gessxer 2, 21 (Daphnis i); Daphnis, der ihnen bald
znhoerte, bald unaufmerksam da stund, erzehlt' ihnen
ebenda; izt trennte sich das gebysche zu beyden selten,
eine kleine ebene zu umkränzen, die voll blumen da
stand 30; aber der zsertliche vater stand schnell . . . auf
76 (D. 2); ein lautes gelaschter entstand um mich her;
die nymphe mit ihren gespielinnen standen um mich
her . . . hier bin ich, sprach die grausame, und stand
mit ihren gespielen laut lachend am sumpf 118 {urid so
überwiegend stand — standen, doch daneben, kaum minder
häufig, stuhnd — stuhnden, s. b, &); da stand vor ihm die
gestalt eines reizvollen mädchens Musaeus voUcsm. l, 7
Hempd (Eübez. l); die Hirschberger Justiz stund damals
in dem rufe, dasz sie schnell und thätig sei, recht und
gerechtigkeit zu handhaben 22 (2); der vricht stand da
wie vom donner gerührt 23; er . . . gestund das buben-
stück ein, davon sein herz nichts wuszte 2i; der ent-
fesselte stand da frank und frei 30; auf seinem breiten
. . . gürtel stunden . . . die worte Pfeffel pros. vers.
(1810) 1, 162 ; ihre äugen stunden immer voll wasser 2, 49 ;
sie nahm den innigsten antheil an ihrer krankheit, die
bey ihrer abreise auf dem höchsten stand 5, 64; Ewald
stund eine minute, wie die bildsäule des Schreckens,
vor dem wagen 197; sie stunden auf ihre füsze und
grosze furcht fiel über die, so es sahen Herder 9, 163
Suphan {qu. v. 1779) ; er . . . hatte die unruhigen schon
unter sich gebracht, die ihm im wege standen 165; sie
kamen alle auf des vaters wort und stunden vor ihm
da 26, 328 (blätter der vorz. 1, 12). — stund später in stand
geändert:
da sie noch schrien, so stund, o wunder!
die helle Wahrheit nackend da !
LiCHTWER Äsop fabeln (1748) «. 9 (1, 1 ;
dafür später:
es stand die blosze Wahrheit da sehr. 5) ;
denn sie kommen bisweilen hernieder, die erde zu sehen,
wo wir herrschen ; da hügel der todten und grüfte zu sehen,
wo vordem paradiese nur stunden
Klopstock Mess. (1748) 2, 516
(tpäter: standen f. 505, so 1799 und werke 3, 81);
ihn fand an Jerusalems mauer
Judas, der in der dämmerung stund
Mess. 1 (1751), «. 139 (4, 976), dajür 1» (1760) s. 140: stand;
wahrlich, du stundest in Pisa nicht so wild vor Visconti,
als du dein schwert zogst, um den faden seines lebens
zu zerschneiden Klinger werke i, 5 (i809; zwUlinge l, i);
schon stand ich auf dem Scheideweg 83 (4, 5); bebend
stund ich, und blickte traurig auf diese höhen! neues
theater (l790) l, 10 {Aristod. 1; werke 2, 100: stand). — sehr
JuLufig ist stund noch bei Goethe, besonders in der altem
zeit, doch ohne feste grenze: eh man nocö ganz droben
ist, ist ein absatz und ein eisen geländerlein, da stund
der bischof und gab Franzen die band 8, 24 (Götz v.
Berl. 1, ebenso in den andern textformen: 42, 30. 263); wie
ich so stund, warf der bischof einen bauern herunter
50 (42, 63. 287); ich merkte wo das hinaus wollte, denn
die andern stunden alle dabei 15, 17 (d. aufgeregten 1, 6);
die äugen stunden ihm voll thränen, als er hinein sah
16, 166 {Werther 2; über das allmähliche ersetzen von
stund durch stand in den spätem ausgaben vgl. M. Lau-
terbach, das verh. der ziceiten zur ersten ausg. v. Wer-
fhers leiden. Straszb. 1910, *. 6/.); in der gegend wo wir
stunden, ist die kleine von steinen zusammen gelegte
hütte 247 (6r. aus d. Schweiz 2); das schlosz war zuge-
schnappt und er stund gebannt 17, 387 {uiahlverw. a, 16;
sonst hier gew. : stand) ; neben seiner familie muszte er
seine freunde, alle fremden, die nur mit seinem hause
in einiger Verbindung standen, immer bei tische sehen
18, 57 {Wilh. Meister i, ii); da wir die hindernisse vor-
aussahen, die unserer Verbindung im wege stunden 72
(13); er stund und blinzte 112 (17); eines morgens . . . kam
er von ungerähr in das zimmer, und fand die jungen
lierren, die eine höchst sonderbare toilette zu machen
im begriff stunden 315 (8, li); sein sinn stand in die
Mr.
ferne, er hörte nicht, er sah kaum 21, 154 (wanderj. l, 9) ;
da rief ich die magd und ersuchte sie, sie möchte mir . . .
frisches wasser in einem kühlkessel bringen, der eben
da stund 34, 250 {Cellini 2. 5) ; don Diego, der ganz etwas
anderes erwartete, stand verwundert 280 (2, 8); was
stund auf den tafeln des bundes? 56, 235 {bibl. frag.,
überschr.); gleich hinter dem hausgarten führt ein wil-
der pfad nach einem felsen, worauf ein altes schlosz
der grafen von Gleichen stund briefe 3, 10 {an Carl Aug.
d. 24. dec. 1775; so zunächst überwiegend) ; Lavatern hab
ich immer ausgelacht, dass er . . . mit ieder post briefe
und zetteigen erhielt, worauf eigentlich nichts stund,
als dass sie sich . . . noch immer herzlich liebten 4, ao
{an Ch. V. Stein d. 1. märz 79) ; hier bin ich nun nah am
grabe meiner Schwester, ihr haushält ist mir, wie eine
tafel worauf eine geliebte gestalt stand die nun weg-
gelöscht ist 68 (28. sept). wie schwankend Goethes Sprach-
gebrauch ist. erhellt z. b. daraus, dasz in demselben jugend-
gedicht {'willkommen u. abschied') neben einander steht:
schon stund im nebelkleid die eiche
wie ein gethürmter riese da
d. junge Göthk 2, 59 Morris, und :
ich gieng, du standst und sahst zur erden 60.
auch bei Schiller begegnet stund in den früJieren Schriften
häufig, doch ist stand von anfang an überwiegend: wo
stikt dann nun das heilige? etwa im aktus selber durch
den ich entstund 2, 27 {räuber i, i schausp.) ; schneebleich
stunden alle 179 (5, l); desto besser verstund ich auf
gold und Silber zu speisen 3, 401 {kab. u. l. 2, 3, ebenso 2, 7,
*. 419); niemand zeigte lust, mit dem gefährlichen kerl
anzubinden {dem sonnenvnrth), dem der teufel zu diensten
stund 4, 80; dasz man nach seiner zurückkunft nicht
anstund, ihm noch eilf schiffe anzuvertrauen 132 ; wahr-
scheinlich aber stund er noch an, sich zu erklären, weil
der schrecken leicht ohne grund seyn konnte 176; die
regeln der gattung entstunden aus ihren ersten mustern
5, 11, 151; der zugleich noch in sorge stund 7, 153; die
Strassen waren durch ketten geschlossen; wachen stun-
den im hinterhalt gegen die fliehenden 9, 376, s. auch
s. 384; daneben z. b.: euer söhn stand 2, 69 {räuber 2, 2);
hier, wo sie stehen, stand er tausendmal 150 (4, 4); ich
stand am eingang dieses gewölbes, mein söhn vor mir
168 (4, 5) u. ö., auch schon in den gedickten der 'antho-
logie' (1782):
dann vom obersten tron, dort wo Jehovah stand,
auf der himrael eine, auf die zertrümmerte
Sphären niederzutaumeln 1, 42.
belege für stund finden sich ferner bei folgendeti autoreti:
Alzire wird gespielt, von jedem hochgeschätzt,
und auf dem zettel stund: von Stfiven übersetzt
Rost verm. ged. (1769) 11 {vortp. 1);
wie daurt mich nicht der mund, Lucindens schöner mund,
der uns so reizend schien, eh er noch offen stund
WiKLAND jugendvi. 1, 95 Berl. ausg. (nat. der dinge 4, 828);
neben:
(Moses.) der, da er uns beschreibt, wie unsre weit entstand,
die kette nicht zerreiszt, die sie an andre band
27 (1, 485; auch s. 255, moral. br. 5, 90);
stund nicht der rauschende bach selbst
bey dir still und schlich verzögernd dich länger zu sehen?
165 (Hermann 2, 378) ;
sie stunden beyde, wie ein mannorbild
364 {Zemin u. Glüh. 422) ;
Satumia, die mit verschränkten armen,
euch kurz zuvor wie eine säule stund (: grund)
werke 10, 183;
und sah auf einmabi sich in einem weiten rund,
in dessen mitt' ein dom von edler bauart stund
17, 263 (Idrit 6, 16);
er nahm, noch eh' er recht verstund
wovon ich sprach, das wort mir aus dem mund
21, 219 {Klelia u. Sin. 3, 130);
fünf bis sechs (palmbäume) von gleicher art gefunden,
die hier und da voll goldner trauben stunden
23, 54 {dagegen z. b. im 'Agathon': stand, vgl. jedoch b. J);
sinnlos stund und starr Aneas vor der erscheinung
Bürger 248'> {Dido 369);
feuerroth ward mein gesicht;
wie vom blitz geschlagen
stund ich da, und konnte nicht
eine sylbe sagen Miller ged. (1783) s. 230:
91* Mr.
1447
STEHEN (I. B, 3, c)
STEHEN (I, B, 3, e-f)
1448
in dem einen {schuppen) stund die kutsche Leipz. aventurier
(1756) 1, 29; ich bemerkte, dasz diese, wenn sie von ohn-
gefähr unter einem häufen stunden, wenigstens einen köpf
höher waren, als alle andre Busch verm. krit. u. satyr.
Schriften (1758) 158; es waren . . . sieben einfache leuchter,
die vermuthlich im halben zirkel herum stunden {die Jo-
hannes sah) Stilling werke 3, 34; mein vater hatte in
Wittenberg einen leiblichen bruder, der daselbst in einer
kurfürstlichen bedienung stund Bahrdt gesch. s. Ubens
1, 153; wenn die sachen schlecht stunden Archenholz
Engl.u. Italien (1785) 1, 1, 254; das Schauspiel war so gräsz-
lich, dasz einem die haare zu berge stunden Anton Wall
(1783) s. d. erzähler des 18. jahrh. s. 55 Fürst; und so noch:
ein satyr, Anapavomenos zubenannt, stund ebenfalls im
rufe groszer vortrefflichkeit H. Meyer {geb. 1760) gesch.
der bildenden künste (182t) 1, 187.
rf) auch jetzt noch scheinen einige autoren. bes. Schweizer.
stund als regelmüszige form zu gebrauchen: als ich vom
pferd eher fiel als stieg, war ich halb lahm und stund
da wie ein hosendämpfer Bräker d. arme mann im
Tockenb. 67 Recl. {u. ö.) ; doch stund es nicht allemal
in des schwörenden willkfthr, seine eideshelfer selbst zu
w&hlen M. J. Schmidt gesch. der Deutschen {Ulm 1778)
1, 311; es wurde also bey den Römern zur regel, ihre
beere aus den provinzen selber, wo sie stunden, zu re-
crutiren 84; doch stunden die mönche überhaupt noch
in groszer achtung 2, 185, u. so noch l, 39. 40. 353. 474. 3, 114
tt. ö., doch auch: die Mogolen . . . vereinigten sich hier-
auf mit der Mogolischen armee, die bereits in Ungarn
stand 3, 42; selbst in dem rath der aldermänner an
dessen spitze Wilckes stund wurde nach diesen regeln
disputirt Lichtenberg aphorismen 3, 18; er stund sehr
früh auf nachl. 12; bey tisch hatte er allzeit eine bou-
teille die so unter den gewöhnlichen bouteillen stund
wie der herr Oberförster unter den gewöhnlichen men-
schen 13; durch einen zufall kam eine oefnung in das
schiff in der gegend, wo mein bette stund briefe l, 9
{vom 17. aug. 1770) ; wenige schritte unterhalb der beu-
gung . . . stunden zwei häuser Gotthelf 4, 31 Vetter;
er {d. bauer) durchging mit hochgehobenen beinen und
langen schritten das mächtige gras, stund am üppigen
kornacker still Uli d. knecht 13 Vetter (2. cap.); seine
lederschuhe stunden oft eine woche lang zum salben in
der küche 109 (9).
S-) sonst findet sich stund i»/v 19. jahrh. noch oft als
poetische oder aUerthümliche form, bes. bei den Romantikem
und ihren nachfolgem {vgl. auch stunde, d, ^ zu ende) :
gefühle wundersel'ger stunden — stunden
im herzen auf und mich bezwangen — wangen
TiECK 1 (Octavian, 1802), 8;
ja ich beschwör' dich bei den sttszen wunden, . . .
die schmerzlich blutend liebreich ofTen stunden
144:
er hielt's pferd, dasz es stund wie eine mauer 207
Machmud's macht ist umgesunken,
und ein bleiches schrecken bindet
die noch in dem streite stunden
383;
Ueh) unterstund mich, dich zu lieben
fifed. (1821) 1, 113;
ein kerl, der seinen mann stund, und sich
für seinen Herrn schlug, wie ein panthertier
Kleist 1, 273 Schmidt {Amphitr. 2, 6, 1693) ;
immer runder,
oben stund er . . .
Brbntano 4, 176 (». brav. Katperl) ;
•iehe da eins heidnisch kOnigs söhn,
nach Ursula stund sein sinn
Ar.mm 13, 261 {umnderh. 1 : die konigrioehter atu EngeUand.
nach einer qu. v. 1625; vmnderh. 1, 825 Boxberger: stand);
stund ich auf hohen bereen,
und eah wohl ttber den Rhein
wunder h. 1, 111 Boxberger;
da bat er flink aicb umgedreht,
und wie e« stund, m annoch steht
Chamisso 8,9« {trag, getek.);
«o ihrem grabe kniet' ich festgebunden
«•4 MBkU Uef den blick ina todtonreich ;
som Unmel reichte nicht meia blick,
ee stunden
dee wiederaehen* bildor fem und bleich
Umland ged. (1864) IM {rüekUben);
Mr.
und die man da nicht gefunden,
die waren geschwommen zum Rheine,
wo ihre brüder stunden
Rückert (1882) 1, 71 (d. Sachsen bei Miltenberg;
zeitged.. 1814);
und lächelnd süsz ein myrtenreis sie pflückte
vom myrtenstrauche, der am fenster stund
Heine 1,60 Elster {frtsko-ton. 6);
wieder hab' ich dich gesehen,
und du stundest vor mir da
noch dieselbe, wie ich damals
dich zum ersten male sah
Hoffmann v. Fallbrslbbbn ^«d.*23;
ein teppich war gebreitet,
köstlich gewirket, bunt,
darauf ein lustig essen
in blankem silber stund MöaiKS gtd.* 27 ;
bald grüszt beruhigt mein verstummter mund
den schlichten winkel, wo sonst halb verwittert
die kleine bank und wo das hfittchen stund
37 {daneben gewöhnlich stand);
sogar noch:
und bis zum tod vergesz ich nicht
des alten iUngferchens gesiebt,
das plötzhch in der stuoe stund,
ein wenig schmerzlich schien der mund
Bibrbaum nenbest. irrg. der liebe 163
{aus d. herrgotts-persp.);
in mundartlich gefärbter dichtung:
der Birger stund alles wertes bar,
und vor schreck und grimm stieg zu berge sein haar
Stklzhamer ausgew. dicht. 1, 86, 2 Rosegger (1884).
so au^h zuweilen in volksthümlicher oder alterthümelnder
erzählender prosa: nun es stund nicht lange zeit, die
reuter wurden dem guten Schneider gram br. Grimm
kinder- u. hausmÄrchen (1812) 1, 78 {von e. tapfem schneider-
lein; später d. text geändert: die kriegsleute aber waren
dem schneiderlein aufgesessen nr. 20); und wann das
gute weih bei ihren nachbarn sasz, stunden sie hinzu,
und trieben gute schwanke und possen mit ihnen Aur-
bacher volksbüchl. (1835) 1, 93 {daneben in derselben erz.
gestand utid so stand regelm.); der Junker aber, wenn
ihm die laune stund, suchte mich dann beim trunke
festzuhalten Storm 3, 230; ein alter Steinbock stund in
seines raumes enge Scheffel Ekkeh. 42. auffälliger:
gesetzt auch, dasz die griechische entwicklung weit glück-
licher war, ... so stund doch keineswegs das homerische
Zeitalter mit dem des Perikles in einem unmittelbaren
zusammenhange Platen 354» {d. theater ah e. national-
inst., 1825); so stunden sie {d. darlehne) denn und stun-
den, und der zins wächst und neues capital kommt
hinzu Gutzkow ges. werke (1872) 1, 147.
i) nur ganz vereinzelt und nxir in der ältesten zeit
{US.— 16. jahrh.) begegnet für stand die nebenform stände
{und stahnd), *. die behge unter a. künstlich erneuert
in archaisierender spraclt«:
an dem kreuz die mutter stände,
schmerzen fühlt sie vielerhande
TiECK 6, 481 ('ttabat m<Uer')\
strafend mir zu h&upten stände
Theseus. schlingena süsze bände
trat Hugdietrich mir zum herzen
Pbllegrin dramat. spiele 194.
X) in einem niederbayr. dialektged. (um 1700) beg^nei
die Schreibung stendt (oi* stint tu Uaen. entUhnung ou»
der achriftspraehe):
ain& in ain reuten harr
stendt mitten drunter in d& scharr
Bayerns mundarten 1, 225, 42, vgl. $. 228.
/) die bildung des conj. praet. geht im aUgemeitten mit
der des ind. jtaralUl, um erat auf d«r UM»n att^/k d«r
entwicklung zuriickzubUiben.
a) ahd. ohne bezeichnung dea umlauts. a. b.: daj ih
d&nnaa ges&he dina tügend, undo dina guöllichi. und«
ih döro betdero eminentiam stuonde fernemen Notkkr
2, 286, 21 Piper (pa. «8, 8) ; — mhd. stUende, miltrld. stünde.
doch UMcA bei oberd. autortn im reime onfü, vgl. oben b, ,:i:
er fragte in TOn der kQ(o)nde,
wies umben griU di •ia(e)nde
Pars. 468, 82. *. auch 616, 8.
im mnd. fMt gewöhnlich iia umUmtabaaeieknung : stunde,
(stünde daigagen im Saehaenap.).
Mr.
1449
STEHEN (I, B, 3, f)
STEHEN (I, B, 3, f)
1450
/?) im nhd. ist stünde von anfang an die herrschende
form; doch begegnen daneben im äUern nhd. noch mannig-
fache abweichungen . indem einerseits noch diphthongische
ausspräche oder wenigstens länge des vocals vorhanden ist,
andrerseits zmoeilen der ximlaut des u nicJit ausgedrückt
ist {was in dieser zeit wohl nur als nachlässige Schreibung
zu beurtheilen ist) oder das ü xceiter zu i entrundet ist.
(so haben z. b. die drucke Wickrams neben geicöhnlichem
stfind(e) auch vereinzelt stiende, stände tmd stinde, s.
unten cc. ff. gg.)
aa) vereinzelt mit diphthong ohne umlaut:
Grates der allt sprach, wann es jm
zfl stund, wolt er mit heller stym
schryen
Bravt narremch. 6,51 {neben stund f. 31);
\rie es an dem crütz umm Jesu unserm schöpfer stunde
der ewigen wiszh. betbüchl. {Basel 1518) G 1»; lässe[s]t du dich
anfechten, dasz mir der könig also auffsätzig ist, dieweil
es mich doch gantz nichts jrret, wie woltestu erst thun,
wenn du (als ich) gegen jhm stundest? buch d. liebe 247»;
der möchte uns allezeit schreiben, wie in Engelland
stünde 247'* {offenbar nur druckfehler. wie lasset, und wie
auf dieser seite und weiterhin häufig ö für u, so mehr-
fach für-, würde ; sonst stünde, z. b. 2i4», s. unten C, 2, m, d) ;
gleichwol wo villeicht eine von natur zu unbändig, un-
holdselig, ernsthafft, unnd rauch were, die ... in keinen
weg mit holdseliger beywonung zuerlustigen und auff
anmutiger weis zupringen stünde, da mfiszt es . . . der
mann gedultig tragen Fischart ehezuchtb. {Straszb. 1597)
C 3» {nur in dieser ausg.. sonst stünde, icie auch sonst
bei Fischart, z. b.: könig Picrochol aber meint, dasz
jhm hülff ausz der statt zustünde Garg. s. 425 netidr.).
bb) häufiger mit umlaut stüende im altern oberd.:
obe ieman wSre, der von sines vatter seien die wörheit
ime gesagen künde, wie eg umbe siu stüende, dem wolte
er geben eine guote gäbe Germ. 3, 419, 24 {eis. predigten-
buch, lö.jahrh.); {Meridiannä) ummfieng Doon und fragt
inn, wie es umm sine gsellen stüend, insunderheit umm
OUiffier. Doon sprach, es stüend wol umm sy Morgant
3. 96, 12/. Bachmann; ja wenn es zu meiner wal stüend
so wolte ich lieber . . . Schaidenreisser Odyss. 11*" {Od.
2, 232); item war auch, das zween im recht gegen ain-
ander stuenden und ietweder thail bider lent brächt auf
das recht tirol. tceisth. 4, 217, 12 {abschr. anf des Vi.jahrh.);
und ward dir mer, das stüend zu mir
Osw. V. WoLKENSTKiN 115, 36 Schotz;
stüend es als bi anfang der kilchen,
ich {bisefioff) trüeg vUlicht grob tuch und zwilchen
N. Manuel s. 36 Bächtold (v. paptt u. $.
priettersch. 131);
ich wett {u-oüte) e, dass mich gott sölt sehenden,
eb ich in sSlichem jamer stüend,
als dln vater und m&ter tuend
s. 144 {BarhcM 259).
weniger deutlich ist die Schreibung:
wer unser pfaJT nicht, der laist dieb, *
ich glaub, mein ee die stüend nocli wol
H. Sachs faetn. tp. 1, 152 neudr. (12, 175).
cc) mit entrundung stiende bes. bei alemann, autoren:
und also nent er vil hantwerck, das sie zösamen stien-
den Pauli schimpf u. ernst «.ISO Österley; so ich allein
wissen möcht, wie es umb Lewfriden stiende Wickram
2, 360, 32 Bolte (goldtf. 36); w&r wolt die puren leren
verstau, w&r recht bette oder nit! sy verstienden sich
basz uff kü mälken Th. Platter s. 48 Boos;
ob gleich jr sinn
stiend änderst hin
Forster frUche t. liedl. s. 12 ndr. (11, 1).
ganz vereinzelt bei Luther (?): wann den bapst der
teüfel wegneme und ich stiende auff jm, wurd ich war-
lich übel steen 10, 3, 214. 20 Weim. atisg.
dd) mit bezeichnung der vocallänge. aber ohne andeu-
tung des uTnlauts:
ob du das siehst, und sagst gleich war,
stuhnd uns doch daranff kein gefahr
H. Sachs 2, 4, 38«>,
ipo/ür die ausg. v. Keller 9, 157, 36 luich A : sthünd hat.
so noch bei S. Gessner {vgl. b, 6): aber wenn du holde
Daphne einmal still styhndest, und sagtest: Menalk!
Mr.
ach! du singest schoen! 2, 6i: {Daphnis i). auch der junge
WiEL.\ND hat stühnde: wenn es in ihrer gewalt stühnde,
zu lieben oder nicht zu lieben werke 3, 6, 22 Berl. ak.
{Araspes u. Panth. 1); ich sehe noch jezt, so lebhaft als
ob jede scene vor mir stühnde 44, 27 (3).
ee) mit abweichendem vocal mittelfränk.: stoinde, vgl.
c. d, ö. dafür scheint ganz vereinzelt ai geschrieben zu
sein {wenn nicht lese- oder druckfehler): queympt oych
also, dat uns ieman urlogede, dar umbe dat wir der
steede inde den bürgeren van Kolne hulpen inde be-
stainden {beistünden) Lacomblet urkundenb. f. d. gesch.
des Niederrh. 2, nr. 532 {graf Dietrich v. Katzenellenb. 1263).
ff) im nhd. gewöhnlich mit kurzem vocal, anfangs noch
zuiceilen ohne umlautsbezeichnung, so z. b.: es ist auch
lecherlich und kindisch, das der bapst ausz solchem
vorblendten, vorkereten grund sich rumet . . ., er sey des
keyszertumbs ein ordenlicher erbe, so es ledig stunde
Luther 6, 434, 20 Weim. ausg. {an d. christl. adel s. 38
neudr.); so die sele yhnn eynem sulchen standt were,
das yhr tzü helffen stundt, lyeber got, szo erbarm dich
yrer 10, 3, 409, 12; odder wenn ein konig odder fürst ge-
recht ein grossen landkrieg anzufahen . . . und decht
odder rechnet nicht, wie sein vermügen stunde, was
sein kamergut rente und einkommen vermocht {quid
possit, an aerarium sufficiat) 18, 612 {übers, v. Jonas);
das noch nicht offenbart were der weg zur heiligkeit,
so lan^e die erste hütte stunde (rar.: yhren bestand
bette; ezi tTJg TCQCüzrjq axrjvtjg iyovariq azäaiv) Ebr. 9, 8;
weniger deuÜich: und nach zweien jaren hatte Pharao
einen trawm, wie er stünde {d. einzelausg. des alt. test:
stund, stunde) am wasser, und sehe aus dem wasser
steigen sieben schöne fette küe i. Mos. 41, l; vgl.: mir
treumete, ich stunde am ufer bey dem wasser, und
sähe ... 17. ferner: mit wilchem ich nye yn zweitracht
kommen, das du auch selber kuntest schuldigen, oder
das ynn meinem wissen stunde? {offensa cuius quidetn
vel tu me arguas vel ipse conseius mihi simf) Hütten
2, 182, 22 Böcking; und stunde dir auch vil basz an,
wann du dich nach deinem vatter artettest Wickram
2, 14, 23 Bolte {knabensp. 4, sonst geicöhnlich stünde) ; und
so noch: weil alles zulieffe, zu sehen, wie es umb die
Jungfer stunde, fände ich den saal von jederman gantz
läer Simpl. sehr. 3, 350, 29 Kurz {vögeln, l, 10) u. ö.
gg) gelegentlich geht auch hier das ü in i über, so dasz
stinde herauskommt: wie weitest du erst thün, wann
du als ich gegen im stindest? Wickram l, 289, 2 Bolte
{Gabriotto c. 39);
als dem würt by Senis geschach,
do in sant Augustinus sach
und frogt in, wie es umb in stynd,
do gab er im antwurt geswynd
Brant narremch.23, rar. 58;
ich wolt, dasz eyner lernt latin . . .
und lernet, was seynem ampt x& stindt,
nit betten wie die iungen kindt
Murxer gchelmenz. s. 21 nettdr. (10, 38) ;
und nem keyn Ion hie yederman,
— er mocht in dan mit eren han — :
so hett ich niemans hie har gstelt,
und stind fiU basz in disser weit S7 (14, 40).
vgl. auch die reime:
die Müsse fragten wie es stund
xmib jre diener und gesind
Casp. Scheit /röl. ha'tnfart C4'»;
(Eulensp.) macht ausz der kirchen sich geschwindt.
gott geb, wies in der kirchen stfindt . . .
Fisch ART 3, 88 Haufen {Etderup. 1802).
y) tcie der ind. praet. stund allmählich durch die neti-
bildung stand verdrängt ist. so hat man auch neben
stünde einen conj. stände gebildet; doch tritt dieser nicht
nur später auf, sondern er hat zicar im laufe des
19. jahrh. ein gewisses übergewicht, aber dach nicht die
alleinherrschafl erlangt, {nach dieser analogie ist zu-
weilen sogar ein conj. gänge für gienge gebildet, s. gehen
I, 2, C, th. 4, 1, 2381.)
aa) von den tcörterbüchem gibt schon Stieler (i69l)
2127: conj. ich stünde, et stände {ganz analog dem ind.),
u)id ebenso Steinbach 2, 667. dagegen kennt Frisch
(1741) 2, 326'* atisschlieszlich : ich stünde, und so die nach
sten nachfolger: ich stand, ich stünde Gottsched
Mr.
1451
STEHEN (I, B, 3, f)
STEHEN (I, B, 3, f)
1452
sprocÄJfc.* (1762) s. 341 {vgl. dazu e, A); wenn ich stünde
Weitenauer orthogr. toörterb. (1764) *. 137. erst Adelung
(1780) gibt ah hauptform: 'ich stände {im gemeinen Üben
stünde)', wiederum, in genauer parallele zum ind. vgl.
noch: dasz ich stünde, regelmäsziger, dasz ich st&nde
Braun orthogr. gramm. wb. (1793) 245*".
hh) noch später tritt stünde in der litt. auf. hier ist der
älteste mir bekannte beleg: so s61tind beid stett . . . mittel
und underhandlung suchen, dasz kein krieg zwüschent
jnen uferstände Tschudi (1734) i, 138*>. sonst scheinen die
autoren der ersten hälfte des 18. jahrh. noch durchgängig
stünde zu haben, so Koenig {geb. 1688), Günther (i695),
die Neuberin (1697), Gottsched (1700), Liscow (170i),
Gellert (1716, bei beiden mehrfach belegt), Klopstock
(1724), Denis und noch als letzter Lessing (i729), von
dem eine grosze anzahl von belegen zu geböte steht, da-
gegen hat Nicolai (1733) beides neben einatider: er ver-
spreche ihm, wenn er wieder nach hause zurückkommen
wolle, dasz er die erste gute Versorgung, die in seiner
macht stünde, haben solle Seb. Nothanher l (1773) 153; so
konnte sie es nicht genug bewundern, wie natürlich der
schäferhabit dem kleinen pastorsohne stSnde 195. durch-
gängig scheint zuerst Wieland (1733) stände zu gebrau-
chen; wenigstens bieten die belege aus der gesammtausg.
(1794 Jf.) ausschlieszlich diese form,, z. b. : indessen gesteht
er {Epikur) doch, dass ein weiser mann, wenn es bey
ihm stände, lieber nicht gebraten werden wollte l, 78
{Ag. 1, anm. l); wenn diess nicht zu hoffen stände 20,
135 {Abder. 4, 12);
er . . . mahlte sie als ob sie vor ihm ständen ;
sprach so entzückt von ihren lilienhänden . . .
21, 219 {Kiel. u. Sin. 3, 132).
{in seiner frühzeit daneben stühnde, s. ß, dd.) doch
bleibt auch weiterhin stünde übertciegend : allein es
war, als ob das brandmahl der ächtung mir auf der
stirne stünde Pfeffel pros. vers. l (1810), 195; ich musz
wirklich {lachen), und wenn das leben darauf stünde
Kretschmann werke 3, 135 {d. famil. Eichenkron 3, 5);
würden sie wohl, wenn ein gewitter über ihrem gute
stünde, . . . diese zeit für schicklich halten, um ein con-
cert zu geben? 5, 94; sein rath war, ich sollte mich ver-
gleichen; weil . . . meine sachen sehr schlimm stünden
Gottl. Stephanie sämtl. luatsp. {Wien I77i) 209; so habe
ich leute gekannt, deren gewissen so zart war dasz sie
nicht glauben weiten die sonne stünde stille Lichten-
berg aphorismen 8, 152; stünde mir die versification eines
Jacobi zu geböte, . . . freilich da wäre es anders! Her-
der 17, 40 Suplian {human, br. 8); {Hantiah:) {trinkt) es
. . . riecht so schön I ... als ob man vor meiner jungen
herrschaft nachtisch stünde Fr. L. Schroeder dram.
werke (1831) 1, 13 {heiml. heirat 2, l) ;
und dennoch: stünde gleich die wähl
in meiner macht : zum zweiten mal
würd ich wohl nach Berlin nicht reisen
GoEKiNGK ged. 2, 81.
dagegen: dennoch, stände mir nicht Amandchens zeug-
nisz für die Wahrheit, würde ich nimmermehr geglaubt
haben, dasz es auf deutschem bodcn eine fürstenburg
gäbe, wo ein so veraltetes possenspiel noch gesetzliche
kraft habe ThCmmel reise 8, 508. beides neben einander:
ja, stfind' es nur bei mir, so würd' ich den allgemeinen
frieden stAren Bürger 808» {Macb. 4, 6);
und stilnde noch etwa das vorige Troa;
Uetz' auch Troa jetzt durch wogen und stürm
sich erreichen I
249» {Dido 847).
ec) bei GÖTHE itt stünde durchaus die herrschende
form, {dafür einmal die Schreibung: ich meynte aber
es stQndte noch mehr im briefe br. l, 119, 22, vom 16. oct.
1767.) nur ganz vereinzelt kommt später stände vor: ein
vertrackter kerl der Schnaps I . . . wenn er nur mit
üdrgen besser stände! 14, 262 {bürgergen. 6);
die kOprcben hoben sich empor,
die blfcUerstengel im grünen flor . . .
sJs ■tindoi sie noch auf muttcrgnind
47, 7» \e. gleUknlu).
ebmtto iH dat vtrIUUtmn bei Schiller, wo den »t vor-
litgmitn bdtgtn für stünde nur s für stände gegmiA«r-
»Uhm! fib da acht! — und wenn du aus jedem ast-
Mr.
loch ein äuge strektest, und vor jedem blutstropfen
schildwache ständest, er wird sie, dir auf der nase, be-
schwazen 8, 857 {kab. u. l. l, i);
ihr Schreiber Karl, stand' er ihr gegenüber
12, 440 (Mar. Stuart 1, 8;
gleich darauf, in derselben scene:
wohl stUnd's zu ändern, meint die kOnigin,
wenn sie nur aufmerksam 're diener hätte «. 448,
wo das Leipz. theatermantiscr. liest: ständ's). spätere
ausgaben führen theiltceise das ä ein, z. b. : ich sollte den
prinzen schritte thun sehen, . . . die anter seiner würde
sind, es stünde in meiner macht sie ihm zu ersparen,
und ich sollte mich leidend dabei verhalten? Schiller
4, 314 {geisters. 2, 6; die ausg. v. 1792 an: stände); vgl.
auch :
er hätt' sich weisen lassen, oder du
— du stündest nicht mehr lebend mir zur seitel
12, 187 {Piccolom. 5, 1),
wo Sanders 8, lias* nach der einband, ausg. (1840) 357'»
citirt: ständest.
dd) auch von ihren Zeitgenossen und nachfolgem haben
noch die meisten stünde: seine {Hahns) werke stünden
schon in der reihe unsrer guten dichter, wenn ihn nicht
ein zu hohes ideal ... an ausführung der erhabensten,
dichterischsten ideen verhindert hätten J. M. Miller ged.
(1783) s. 37; ein schöneres emplacement an sich gibt es
nicht, wenn es nur nicht so in den engen gassen stünde
G. Forster sehr. 8, 213 {br. vom 14. aug. 1792); die kerls
schmauchten tobak. das war dir ein qualm, als wenn
der ganze berg in feuer stünde Schink marionettenth.
(1778) 187; wenn es sich so verhielte wie sie {d. poesie)
sagt, so stünde es schlimm um meine sache Athenäum
1 (1798), 23 (A. W. Schlegel); sonst stünde es schlimm
um mich 2, 4 (Fr. Schlegel); es war mir, als stünde
ich hinter der glasthüre deines kleinen zimmers Cha-
Misso 4, 249 {Pet. SchlemiM 2); um aber zu thun, was in
seinen kräften stünde, schlüge er mir eine andere Station
vor PüCKLEH-MuSKAU bricfw. u. tageb. 2, 3;
aber zum brautschmuck
stünden ein feineres hemd und seidene
Strümpfe nicht unrecht
Voss 1, 137 (L«j«e 3, 159);
waim der frohe puls so plötzlich stünde
Hölderlin 1, 55 Littmann;
es ist die schmucke jägerachaar
der jungen tapfem Preuszen . . .
o stund' ich unter ihnen
ScHENKENOORF gcd. (1815) 44;
o dasz ich stund' auf einem hohen thurme
RücKERT (1882) 1, 7 (geham. ton. S);
dasz ihr neulebend stündet, oder trunken
ganz niedertaumeltet mit todter stirne! 10(7);
ach dasz ihn Blankflor selbst nicht fliegen sah!
sie stünde dann nicht so versenkt in trauer
3, 177 (Flor u. Blankß. 8).
dagegen haben stände: ich meyne selbst, wir wären in
einem wirthshaus, wo die alte zeche noch zu bezahlen
stände Babo schausp. (1798) s. 16 {Otto v. Wittelsb. l);
sogar des grosz- und ur-groszvaters {würde gedacht), so
weit hinauf nachrichten zu haben ständen J. Paul 64,
152 {leben Fibels c. 22); ich versammelte die acht vo^
gesetzten der klasscn , stellte ihnen lebhaft die an-
maszung der mitschüler vor, und wie es in unserer ge-
walt stände, sie zu demUthigcn Steffens was ich er-
lebte (1840) 1, 119; eine Ungerechtigkeit im feenmärchen
erzürnt mich eben so als wenn sie für gewiss in der
Zeitung stand Bettina dies buch gehört d. könig (1848)
1, 1*7;
der Brieat steht eeineiii mann. stAnd' auch wohl sweien
FouQUi dramat. dicht. (1818) 806 (heiwtk.
d(t ffr. kur/. «);
o, wertbe einheit, biet du eins —
wer stände dann des beirgenscheine,
des kransea würdiger als du,
Msegnete, auf deutachem grund t
A. V. DaosTi-HOLSHOFF 1, 58 (d. »ladt u. d. dorn).
beide» neben einander: vor kurzem war einer der hOf-
linge des Herzogs hier, der mir nicht genug erzählen
konnte, wie du mit dem herzog und allen grossen stün-
dest Klinoer 1, 89 {neillinge i, ü); einen mann . . ., wel-
Mr.
il
1453
STEHEN (I, B, 3, f)
STEHEN (I, B, 3, f-g)
1454
eher nun auf dem punkt stände, Italien von dem joche
der Spanier zu befreyen 4, 253 (Raphael de Aqu. 5, 2) ; die
jungens faselten um sie herum, dachten wunder, wie
hoch sie ständen d. leidende treib 8, 3, 8. Lenz 1, 183;
aber am 6. mal ergieng in Berlin . . . ein befehl, als
wenn es nicht gut stünde Hebel 3, 46; wenn auf der
sonne eine grosze scharf geladene kanone stünde ... 154;
die erde . . . bewegte sich wagrecht in einer vollkommen
runden zirkellinie um die sonne, also, dasz die sonne
lenau im mittelpunkt des zirkelkreises stände 159; er
i. landmann) wäre glücklicher, als die erde beglücken
kann, wenn er . . . nur mit seinem gott in unmittel-
barer Verbindung stände 207; es war, als ständen fremde
männer um mein bett, die mir mit fürchterlichen ge-
siebtem den Zugang versperrten Tieck 2, 308 {abschied
■2, 2); nach deiner art zu leben . . . dacht' ich, welche
goldgruben dir zu geböte ständen 3, 93 {Fortunat l. th..
2. 4); daneben im reim (viell. alte.rthümelnd):
der löwe nicht von ihrer seile wich, . . .
den groszen köpf gerichtet nach dem kinde,
als wenn zu diesem sein verlangen stünde
1. 145;
ich sag' dir eher, was zn fürchten stände,
als was ich fürchte
A. W. .Schlegel Shahetp. (1797) 2, 21
lausg. V. 1825 #. 5, 116; Jul. Cäs. 1, 2);
leicht flucht' ich eine wintemacht hinweg,
stund' ich schon nackt auf eines berges gipfel
8, 108 (2, 228; Heinr. VI., 2. tfi., 3, 2);
bald spricht er, als ob herzog Humphrey's geist
zur seit' ihm stände 110 (229) ;
hier stünde nicht, dasz man's mit fingern läse,
mit groszem, goldgegrabnen zug ein A?
Kleist 1, 252 E. Schmidt {Amphitr. 2, 4);
gedankenvoll, auf einen augenblick,
sieht sie in unsre schar, von ausdruck leer,
als ob in stein gehaun wir vor ihr ständen
2, 23 {Penthea. 1, v. 65);
dem Hades
stand* ich im kämpf um sie, vielmehr denn dir !
90 (12, 1470) ;
denn setzt einmal, ihr herm, ihr stündet . . .
dem Varus kampfverbunden gegenüber
333 {HermannsscM. 1, 3, 245);
kommt her und sprecht: Marbod und Hermann
verständen heimlich sich, in dieser fehde,
und so wie der im antlitz mir,
so stände der mir schon im rücken
422 (5, 6, 2015—8) ;
frauen stünde, gelehrt sein, nicht?
4, 23 {epigr. 5) ;
ihr herren, wenn ich das sagen könnte, so begriffen es
diese fünf sinne, und so stand' ich nicht vor euch und
klagte auf alle, mir unbegreiflichen, greuel der höUe
2, 184 {Käthchen 1, l); diesmal, herr amtmann, schweige
ich nicht, und wenn der köpf drauf stünde! Iffland
Jäger 4, 5; so wollte ich, dasz es um euch kinder auch
stände ! 10 {in den theatr. werken, 1844, 1, 112 und 119 beide-
mal: stände); ich habe daheim nur eine 'einzige frau,
und die ist mir schon zuviel: wenn ich nach haus
komme, so ist mir nicht anders als ob in jedem winkel
eine stände Grimm märchen s. 32 {nr. 7); {der) erklärte
damit weniger als nichts, weil das worauf zurück
geschoben wird, stände es irgend zu erlangen, noch lauter
nach erklärung schriee J. Grimm kl. sehr, i, 299 {üb. d.
urtpr. der »prache 1851) ; weim ihnen nicht eine haupt-
schwierigkeit im wege stünde a. th. l, XXIX {vomj. 1854);
dasz meine bibliothek zu kauf stände, war wol in öffent-
lichen blättern angezeigt Hoffmann v. Fallersleben
leben 4, 305;
sie weisz es nicht, wie ich mich wiege
in träumen von ihr, . . .
und stehen bleibe vor jeder rose,
als stund' ich vor ihr ged.* 79.
ee) im laufe des 19. jahrh. verschiebt »ich das Verhältnis!
allmählich etxcas zugunsten von stände, doch begegnen
auch unter den nach 1800 geborenen autoren noch manche,
die, wie es scheint, regdmäszig stünde sagen, so bes.
MÖRIKB {der auch noch den ind. stund hat, s. e, 9^) : es
war, als stünde wie durch zauberwerk ein alter träum
lebendig verkörpert vor meinen schwindelnden äugen
3, 17 (maier Holten l);
Mr.
ach, stünden deine träume für mich offen,
du winktest wohl auch w^achend mich herbei '.
flred.«49:
im sommer stund' ich gern da draus
bisweilen auf dem taubenhaus
205 (d. alte turmhahn).
dagegen hat Hebbel übenciegend, doch nicht ausschliesz-
lidi, stände: im vorübergehen kam es mir vor, als ob
nachbars Bärbchen am fenster stände 2, 17, 12 Werner
{Maria Magd. 1, 4) ; mir ist, als war' ich auf einmal tau-
send jähr alt geworden, und nun stünde die zeit über
mir still 49, 18 (2, 5) ; ihr beide trätet ihm dann band in
band entgegen, ich aber stände segnend hinter euch
3, 163, 32 {Agnes Bern. 2, 3) ; mir war, als stand' ich vor
meinem grabe 8, 175. besonders hält die dichtung an
stünde fest:
was sonst in ehren stände,
nun ist es worden sünde
Stürm 1, 31 bezw. 8, 196 {ged. 12);
er . . . sieht sich unter den dirnen um, als wenn sie
nur alle so für ihn zu kauf stünden 3, 96; dasz die leute
darüber munkeln, dasz sie ein verhältnisz mit meiner
tochter hätten, und dasz sie ihnen modeil stünde Seidel
2 {vorstadtgesch.), 129; mein papa . . . schreibt mir so bei-
läufig, ob es denn mit Domburg faul stünde daheim
31, 271»; wie reichlich das feld bestellt sei, und wie gut
die fruchte stünden W. v. Polen z d. Grabenhäger i, 63. da-
gegen scheint stände bes. in wissenschaßi. prosa zu herr-
sdien: es stände wohl um die Staaten, wenn die besitz-
losen massen ihnen keine andre gefabr bereiteten als
wie sie auch droht von baren und wollen Mommsen
röm. gesch.^ 2, 79; zum gröszten Unglück ist . . . kein ein-
ziger dichter unter ihnen {d. romantikem), dem die me-
lodische musik der spräche wahrhaft zu gebot stände
Hettner d. romant. schule 60; stände sein persönliches
leben im einklang mit der höhe seines geistes, so würde
er {Machiavelli) der gröszte mann seiner zeit heiszen
neben Michelangelo Grimm Michelangelo^ l, 63; was würde
aus deinen kindern, wenn ich nicht zu gevatter bei
ihnen stände M. v.Ebner-Eschenbach 1,177. doch findet
sich auch bei dichtem der neuesten zeit noch unmittelbares
nebeneinander beider formen: etwas war doch geblieben,
eine mir ungewohnte freude daran, den tag zu begirmen,
als stände etwas angenehmes bevor Keyserling bunte
herzen 181; es war, als verstünde sich xmser schweigen
189; wenn das jetzt nicht hier stünde, so wäre es für
mich fort 220; licht und schatten wechselten, als stünde
dort oben eine mit dem erlöschen kämpfende flamme 246.
g) sehr auffällig sind eine reihe voji belegen atts Hans
Sachs, tcobei der schlieszende nasal abgefallen ist, theil-
uwise mit dehnung des vocals. diese formen stehen aus-
schlieszlich im reime, sie überraschen um so mehr, da
zuweilen die getcöhnliche form unmittelbar daneben steht:
in dieser nacht, so hat die fraw
erdrucket jhren jungen sun,
daonach sie in der nacht auffstun
1, 57*> (1, 243 Keller: urieyl Salomonit) ;
der (geniut) füret mich also
inn einen schönen sal . . .
mitten darinn da stöhn
ein wolgezierter thron,
auff dem ein köngin sasz
2, 1, l'> (6,22, 3: ston);
so namb sie mir von meiner seiften
mein lebendigen son von weilten
an jren arm und schlich darvon.
als ich nun frSe vor tag auff ston,
den meinen jungen son zu seugen,
wolt sich kein let>en an jm eigen (zeigen)
26* (123, 20, judic. Salom. 3; kurz vorher: sie stund auff);
die köngin aber wol verstahn
und forchl jres bruders betrug
und stuhnd in grossen ängsten gnug
2, 3, 116 •> (8, 442, 4, vgl. oben b, (J);
da ich jr lang wartet und slahn,
da kam ein grosser durst mich an
3, 2, 214" (gleich darauf: stand, t. e, d);
an dem (briej) stund gemalt ein hohes hausz,
daran reckt an einr stangen rausz
ein junckfraw einen jün^eling,
welcher in einem korbe hieng,
mit schönen kleidem angethan.
in dem korb er stoltzmUtig st an
ö, 396« = 21, 259, 3—9 Goetze;
Mr.
1455 STEHEN (I, B, 3, g-i)
ob seinem haupt ein zeftel stan,
da stund ein solche schrillt daran H/-;
dar gegen ein uralter mann
auch an dem briefT gemalet stan
260, 16(396^);
vor dem gemalten briefT ich stan
und schawet den mit fleisse an
29 (daneben im versinnem stets: stund);
got in (David) auch wol befrid
vor seynem aygen sune,
dem schönen Absolon,
der nach seim leben stune 82, 95, Si.
h) noch seltner sind formen, die auch den nasal nicht
Jtaben und offenbar von dem kurzen stamme stä- ausgehen,
sie begegnen im altern alem., ganz vereinzelte versuche
einer neubildung, die keinen erfolg gehabt haben, ganz ana-
log dem häufigen gie zu gän (». gehen I, 5, c, th. 4, l, 2390/.)
ist stie in dem sldgertüechlin des Sdncaben Hermann
V. Sachsenheim:
(.Bethlehem) da Crist sin dyadem
in eyner kripfT empfle,
da by ein esel stie
«. Altrwert 831, 2 Holland-Keüer.
vgl. gehen I, 2, c. th. i, l, 2381. (Martin anz.f. d. alterth.
14, 286/. erklärt stie als Schreibfehler für gie, getcisz mit
unrecht.) einen ziceiten beleg verdanke ich einer freundl.
mitth. des herrn dr. J. Lochner:
darnach gieng er zfi dem bet
da sin wib jnne lag.
er winst ir ain sälgen gfiten tag,
und do er also vor ir stie,
von rechter boshait tanckt sy im nie
cod. germ. Man. 568, «. 245» (15. jÄ.,
ged. des Schweizers Georg Zobel).
— ganz für sich steht stoü in dem schuldbuch des
Baselers Ludwig Kilchmann (1484 — 1518): in dissem jor
(1506) stoü ein kommet am himmel, alsz ein groszy rotten
Basl. chron. 6, 448, 5.
i) das prät. in den lebenden hd. mimdarten.
a) der ind. ist im oberd. im ganzen aufgegeben und
durch das umschriebene prät. ersetzt, nur vereinzelt wird
er verzeichnet: (schuxiz. stuond, -ost u.s.w., s. Frommann
8,807, 17;) oberöst. i stund Frommann 2, 93, 51; cimbr.
ich stin. dagegen ist er im mitteldeutschen bewahrt und
zumeist in der alten form stunt beztc. deren weiterenticick-
lungen : hess. stund, luxemb. ech stöng {und Stung), ripuar.
Stent, köln. StuiTt ; thür. stund, in Stiege schtunt, schtun',
in Buhla stün od. stunn, in Altenburg stong; in Leipzig
stand, im Erzgeb. §ton {s. d. belege unter C, 1, c). ver-
einzelt ist das schriftdeutsche eingedrungen, so vogtl. gdand
neben gdund Gerbet § 25, 4, a; während das oberhess. den
merktcürdigen Wechsel: sing, schdann, pl. schdänne auf-
weist, t. oben e. y. zuweilen scheint dazu umlaut ein-
gedrungen zu sein: henneb. stän, stinn (stunn), aber ver-
stunn Spiess *. 63 (— ?); schles. stund, stand, stind, pl.
stäjidn, stindn Wein hold dialektf. s. 124.
ß) der conj. praet. ist auch im oberd. erhalten, ueisi
aber hier mancherlei entstellungen und neubildungen auf,
während er im mitteld. gewöhnlich die lautgesetzliche form
bewahrt, in dieser ist er bezeugt: Schweiz, (stüond, -ist
Frommann 3, 207, 17,) in Visperterminen Stiaij, in Kerenz
Stiänd, in Appenzell u. Aargau stiend (und stuend), in Basel
sUend, stieng; eis. ätieij,; vogtl. idind, loOir. in Dieden-
hofen Stiij, luaxmb. Steng, rip. SLoöt, köln. Stynt; thür.,
in Buhla stSn od. stünn. — oberd. zuweilen ohne um-
laut: Schweiz, stuend, s. oben, ebenso bair. stuend, stUend,
kämt, stuend. — duneben ist vielfach schriftdeutsches ä
eingedrungen: appenz. stand, (neb. stiend, stuend), eis. §tAi^
itai^ itCij; bair. stand (vgl. oben), i st&nd, ebenso in Jmst
itand ; vogtl. (fidind und) it«nd Gerbet § 25, 4, a. (hierher
eimbr. ich atdnne?)
y) daneben kommen im oberd. aekwaehe bildungen auf:
Schweiz, vereinzelt in Visperterminen Stfttl {neben Stioi^)
El. Wipp § ss»; bair. at^et, stehot, t^röst. i stCot {ind.
stand) Prommann *, 98, 61 ; kämt. ste»t und st&ndet
LsxER 840. tuweilen noch auffälligere formen {iheilw.
von der basis stend- ausgehend, ». B, 1, h) : achwäb. itSKnd
od. MaA Proumann *, 118; in Nürnberg itenat Gbb-
HAROT § SM ; ebenso vogtl. itnnad Obrbkt § 86, 4, e {neben
idind, id»nd. «. oben); in Handsehuhtheim iteei^t Lenz
«•; M» Oottsehse itean(n)ait, iteai^ait Tsciiinkel § 816.
Mr.
STEHEN (I, B, i, a-d)
1456
4) das pari, perf fehlt im got. , wie bei allen intran-
sitiven von durativer actionsart, s. Gering zeitschr. f. d.
phil. 6, 301. Martin am. f. d. alterth. u {zeitschr. 3i),
286. Streitberg got. gratnm.* % 324, anm. es kann dem-
nach auch im urgerm. noch nicht vorhanden gewesen
sein, dazu stimmt es, dasz die andern germ. sprachen in
der bildung verschiedene wege einschlagen und dasz die
form in den älteren sprachstufen bei dem einfachen verb
vergleichsiceise selten begegnet.
a) das altn. legt die Stammform des praet. zugrunde:
sta|)enn. so noch neunorw.: stadet, stade, stae {daneben
stide, stee, doch auch stände, stende, stunde) s. Aasen
744».
b) im ostn. ist diese bildung früh schon einer andern
geiciclien, die das nd des präsensstammes übernimmt, so
schon altschiced. standin, woneben staj)in nur noch in der
bedeutung 'ertappt' erhalten geblieben ist, s. Noreen alt-
schwed. gramm. % 540, 3. dazu das ältere dän. supinum
standet. — im westgerm. ist von anfang an nur diese
bildung üblich: altengl. stonden, mittelengl. standen, ston-
den; altfries. (e)stenden, dazu neuwestfries. stinin (stOnn),
saterl. st6n, nordfrk. stinn, auf den inseln staenn, helgol.
stynn; alts. (a)standan; ahd. bi-, ir-, furstantan, -standen,
mhd. gestanden, -ten.
c) das allmähliche Umsichgreifen der kürzeren Stammform
im praes. hat dann im deutschen auch eine weitere neu-
bildung im part. nach sich gezogen; zum inf. stftn bildet
man gestän. diese scheint vom nd. auszugehen, wo sie
schon in m,nd. zeit alleinherrschend getcorden ist: g(h)e-
sta(e)n. auch die neund. mundarten kennen ausschliesz-
lich (e)stän, staan, stän. dagegen sind im mnl. ghestan-
den und ghestaen gleich häufig Franck mnl. gr.^ % 144.
auch in die ostnord. sprachen ist diese bildung in neuerer
zeit eingedrungen: dän. staaet.
d) auch die mhd. dichtung gebraucht die form gestän
häufig, und ztoar sowohl das volksepos {Nib., klage, Biterolf.
Dietrichs fiucht u. s. w) wie die höfische dichtung. vgl.
mhd. tcb. 2, 2, 568». Weinhold bair. gr. s. 282. Zwierzina
zeitschr. f. d. alterth. 45, 57. Singer mhd. schriftspr. s. 18,
anm. 44 und s. 20 {entsprechendes gegän s. gehen I, 5, a,
th. 4, 1, 2389). insbesondere ist zu beobachten:
a) die form wird mit Vorliebe im reim verwendet, z. b. ;
d6 wolden zuo der kirchen Guntheres man:
si warn von den betten algellche gestAn
Nib. 1789, 4;
ich solle dir wider sin gestän,
dins willen nit verhengt han
Heinr. V. Neustadt i/>. 265 Singer.
(Eilhart hat im reim nur (ge)st&n , dagegen Heinr. v.
Veldeke gestanden, s. Gierach s. 189.)
ß) obwohl die form gerade in bair.-österr. denkmälern
zahlreich belegt ist, uxist sie doch durchgehends den vocal
fi, auf {nicht 6), ein beweis, dasz sie nicht der lebenden
mundart, sondern litterarischer tradition atigehört, sie
tcird aus dem mitteldeutschen stammen und hier, wie im
nd., bodenständig seiti.
y) doch fehlt die form gest£n nicht ganz, vgl. Wein-
hold mhd. gramm.^ s. 362. sie begegnet einerseits vereinzelt
in frühmJid. österr. denkmälern:
eines nahtes da; gescach da; ir iewederer einen troum gesach,
wl Bin dinch scolte ergen ; der chunig h6te st unsanfte besten
Wiener gen. tjundgr. 2) 57, 37 (vgl. Dibmrr gen. 80, 81).
und wieder im tb.jahrh.: indem ich vcrstecn hab wie
man mich gern davon dringen wolt monum. Habsburg.
1, 8, 854 {urk. v. 1479?). andrerseits tritt sie eben so früh
im mitteld. auf und ist auch hier noch später zu beugen:
setnte JacObus in HierusalCm —
nu is her dar in GaltciA bisttn
Annol.W;
die ertbebung ivt goxrhoen,
der almecbtiger got ist ufT ersten
Al^. pat$ion»tp. 7066 {vgl. zeiUchr. f. d. aUertfi. 7, 668);
ich weis ^*i ^' Jhesam der gecruciget ist suchet her
ist nicht hir, wante her ist irtiten zeitschr. f. d. mlterth.
9, 886 {heaa. evangelisniibera. d. U.jahrh.); inabeaondere
kommt bei dem Thür. Jon. Rothb nickt aalten gesten, ir-,
▼orstehin im reime vor, a. d. auag. der pttaaion «M A. Hbin-
RICH a. 6t/. (v^^ axteh oben 8. g, a). ebanao gec^, «• gehen
I, 6, b.
Mr.
Ü
1457
STEHEN (I, B, 4, d—C, 1, a)
STEHEN (I, C, 1, a—h)
1458
ges
_^ ieb.
m, £58*
■utQ
Br itoi
d) in den einzelnen denkmälem herrscht keine conse-
quenz, vielmehr werden die verschiedenen formen neben-
einander gebraucht, so hat das Alsfelder passionssp. neben
dem vereinzelten irsten («. y) gestanden und gestan:
Jhesus der zenberer
nam und säst es (d. ohr) mer widder an,
als is vor hat gestan 3409;
du host lange gestanden
nach dinen groisszen schänden 5434;
sie han mich viel gestanden 7569.
«) nach dem 15. jahrh. ist diese kurzform nicht mehr
belegt, im nhd. herrscht also gestanden uneingeschränkt.
nur vereinzelt begegnen laufliche abtceichungen. so in
der Schweiz mit dem, mundartl. übergange von nd in ng:
es ist wol ein stund, das sy hend angfangen
und bin ich sider ye by jnen gstangen
H. V. RüTE Jaszn. {Basel 1532) J 1».
vielleieht ist es nur ein druckfehler, wenti in Simplidssimi
eicigwährendem calender einmal gedruckt ist: hauffen ge-
standener männer Simpl. sehr. 4, 216, 16 Kurz, s. unten
II, F, 3.
f) auch die lebenden hd. mundarten bieten in ihrer groszen
mehr zahl formten, die mit den üblichen lautüber gangen (z. b.
des nd in ng oder in nn, n) dem schriflsprachl. gestanden
entsprechen, (mit schwacher endung cimbr. gastannet, ga-
stant, in Lusem gastant.) doch lebt gestan theilweise im
mitteld. fort, vereinzelt im, westen: lothr. g8stän(?) Foll-
UANN 495»; luxemb. gestan neben gestängen luxemb. wb.
425; bes. im thür., ico jesdän überwiegt Hertel sprachsch.
234 {so in Stiege jeschtaen, dagegen in Ruhla gestannen).
C) überblick der ßexion.
l) hauptformen der tcichtigsten dialekte und sprachstufen.
a) got. standan; praet. sto{), stot)um. — altn. standa
(l. sing, stend, imp. statt); stö|), st6I)om; part. sta{)enn
NoREEN^ § 490. — neunorw. standa tmd staa (stend) ; stod ;
Stade. — altschic, standa und sta (2. 3. sing, noch oft mit
und. stsender, st»r, imp. stat) ; stö{), stöjjo ; standin (sta|)in,
8. B, 4, b) NoREEN altschw. gr. % 540. — schired. stä (stär);
stod, stodo; städd u. ständen, sup. statt. — dän. staa
{ältere Schreibung staae, veraltet stände, stonde); stod,
stode ; staaet {veraltet standet). — altengl. standan (2. s.
stentst, stenst, 3. s. stent); stod, stödon; stonden Sievers*
§ 392, 3. — mittelengl. stande(n), stonde(n) (2. s. stondest,
stonst , 3. s. stonded , stont , stant . stent) ; stöd , stoden ;
standen, stonden. — neuengl. stand, stood, stood. — alt-
fries. stonda (2. 3. sing, stanst, stant neb. stent, stont);
*st6th, stödon; stenden, s. Siebs in Pauls grundr.-
1, 1318. — neuwestfries. 1. s. stean, stäean, stäan, stäi (steast
stgat, stiast stiat u. s. w.); praet. stüa, stij, stia, stuij,,
stii^, stöx {pl. stüann, stiana u. s. w.); stian 1320/. —
wanger. staun (stonst, stont); stün; stinin s. 1319. —
saterl. stöanda (stanst, stant); stüd, stüdn; st§n ebenda. —
nordfries. stoen, stdena (stonst, stönt); sty (stua, stai),
styn (styan, studn, stiann); sti(8e)nn ebenda. — sylt. stün
(stonst, stönt) ; stcen ; stoenn *. 1320. — helgoV. stun (stöns) ;
stun (stin, stid); stynn ebenda. — alts. standan, stän
(l. sing, standu, 2. s. stes, 3. *. stendit, standit, sted, städ,
pl. standat, stät); stöd (stuod), -un; (a)standan. — altnfr.
stän. — mnl. staen, standen (2. s. staes, stees, 3. a. staet,
steet, seltner steit, die andern formen stets mit &); stoet,
stoeden (u. fläm. stont, stonden, brab.-limb. vereinzelt
stoent, stuende); ghestanden und ghestaen Franck*
§ 144. 163. — hoU. staen ; stont, stonden ; gestaan. — mnd.
stän (2. 3. sing, steist, steit, seltner stäst, stät; imp. stant,
seltner sta) ; stunt (stont, stöt), stunden (stonden, stoden) ;
gestan. — neund. staan (steist, steit); stund; staan brem.
wb. 4, 991/. Mi so*» {praet. stunn u. stünn). StCrenburg
858'», TEN DooRNKAAT KooLMAN 3, 299*» {praet. stuud, gew.
•tun, stunst, stun, stunden u. stunnen), Schambach 207''
itund, pl. stunnen; part. estän), staon Danneil 210'',
n Bauer-Collitz 98»»; westf. stän (stes, BtH, pl. statt);
ttond, pl. stönnen; stän Woeste 253»; staun (stäis, -t,
imp. stant u. stont) : stont (stönnes, 3. s. stont u. stunt,
pl. stönnfen, stunnen); staun Jellinghaus westfäl. gr.
{Ravensberg. ma.) § 258; st|n (stögst, -t); stönt (stöntast,
stöntn) Holthausen Soester ma. § 323. 306; emsländ.
»ton (staes); stynt; stDn Schönhoff § 244; samländ.
schtäne (schtä, schteist, schteit, wi schtäne); schtund
X. 2.
Mr.
(2. *. schtunghst); jeschtande u. jeschtanghe E.L. Fischer
167. — ahd, stantan u. stän, st§n (1. sing, stantu, stän,
sten; 3. s. standit, stentit und stät, stet, steit; conj.
stante, -de, selten ste; imp. stant); praet. stuont {pl.
stuondum, stuantun u. s. «•.),- part. -stantan. in der Tat-
übers, stantan (stantu, stentit, stantemes, stautet, -ent,
conj. stante; imp. arstant); praet. stuont {vereinzelt stuon
und 3. ^^ Torstuotun) ; furstantan. Jet Otfrid: stantan,
seltner stän (stän, steist, steit u. stentit, selten stät;
2. pl. st§t, 3. pl. stantent u. stSnt ; conj. stante) ; praet.
stuant, zuw. stuat; irstantan. alem. stantan, stän (stän,
stäst, stät, stämgs, stänt, stänt; conj. stante, imp. stant);
stuant. bair. 1. *. stgm (stgt, selten stät; pl. stet, stent);
stuont (stoont, stuot). Sch.\tz altb. gr. % 175. — mhd.
stän und st^n, selten standen; stuont; gestanden.
b) die ßexion des verbs im, nhd. weist icährend des
16. jahrh. noch eine bunte mannigfaltigkeit auf. als die
schriftsprachlichen normalformen Itaben sich schon jetzt
festgesetzt: praes. stehn — praet. stund — part. gestanden.
eine Verschiedenheit begegnet besonders im praes., indem bei
vielen, hauptsächlich mitteld. autoren, die zerdehnung
stehen mehr oder weniger consequent durchgeführt ist,
tcährend andre sich ihrer enthalten und bes. bair. quellen
zumeist sten, steen schreiben, s. I, B, 2, g, ß. doch bedienen
sich viele, zumal oberd. autoren, theils ausschlieszlich,
theils daneben der mundartlichen fortne7i. zur veranschau
lichung stelle ich die paradigmen einiger xcichtigen Schrift-
steller {mit einschlusz einiger aus dem 15. jahrh.), soweit
sie im vorstehenden belegt sind, hier neben einander, {bei
parallelformen ist ztiweilen hinter den einzelnen die zahl
der belege hinzugefügt.) Steinhöwel: staun, er stat
und stehet, part. stehend; conj. stände; praet. stund, -en.
— in Arigos decam.: ich stee, er ste(e)t, conj. ste, inf.
sten (steen), part. stend; praet. stunde (stund), stunden
{vereinzelt stünden, stonden), conj. stünd(e). — Albr. v.
Eybe: stien, sie stien, conj. stee, part. stenend, praet.
stunde (stände). — Geiler v. Keisersberg: ich stand;
er stot 7, stat 2, stet l {Augsb. drucke: steet 3, stat 2);
wir steend; sie stond (stont) 3, steend 1; conj. stand,
du standest, sie standen; imp. stand und stee; inf. ston
u. sten {Augsb.: steen, stan); praet. stand, stund {conj.
stunde). — Ulrich v. Hütten: stehen tmd stan; er
steet, steh(e)t und stadt; conj. praet. stunde. — S. Brant:
stan, ston; ich stan u. stand; er stat, stot, stöt; sie
stont, ston ; conj. stee ; imp. pl. stont ; praet. stund, stflnd ;
part. gstanden, s. Zarncke s. 286''. — Alsf. passionsspiel
[nach Greins glosaar): stan 13, stain 1, sten l, stehen 4,
-in; stehestu; er stad 8, stadt 1, staidt l, stet 4, sted l,
stehet 4; stehen mer; (2. pl.) er stehet 2; sie stan 4,
stann l, sten l, stehen 5; conj. stehe 2; imp. stant, stehet;
praet. stund, -t, conj. stundet ir; gestanden 2 und gestan l. —
ScHWARTZENBERG: stau, sthon und sten, sth&n; er stet
und st&(h)t, wir sten, sie stan, st(h)än, stent; praet.
stand. — MuRNER: ich stand, er stot 2, stat 2 {im
reime: wir stan und stondt, sie stond(t); conj. stand, -t,
pl. standen; imp. pl. ston und standen; inf. stan 7,
ston 3 ; praet. conj. stind(t). — Etdensp. : du stast, er stot,
conj. ich stand, imp. stand, inf. ston; praet. stund. —
Luther: ich stehe (sthe), er stehet (sthet, steht u. s. w.,
s. I, B, 2, g, ß), daneben anfangs sta(h)t, jr steh(e)t, conj.
stehe (sthe), imp. stehe und anfangs stand, inf. stehen
(sthen), bis 1530 auch stan, stah(e)n; praet. stund (stunde),
conj. stünde (stunde, stiende), vgl. Franke schrißspr.
Luthers § 43. 242. — N. MANUEL: er stat, sie stond; conj.
stand ; inf. stan 4, ston l ; praet. sie stöndent, conj. stüend.
— H. Sachs: ich ste, du steest, er stet (steht, steet,
stedt), zuiceilen sta(h)t, stadt 3. sto(h)t2; sie stehnt, stend,
conj. imp. ste, inf. sten 3, stan 3, ston 6; praet. stund
(stuhnd, stand, stun, ston, stöhn, stahn), du stundst,
stünd(e) (stuend, stuhnd), vgl. Shumway abl. verb. bei
H. S. «.115—7. — Eberlin V. Günzburg: ich ston (stand),
er stat (stadt, statt) 6 und sto(d)t 3, daneben stehet («. I,
B, 2, / T], dd). sie stondt u. stendt, conj. stand, imp. stände,
inf. ston {neben stehen). — Wickram: er stat 2, stot 1,
im reime: steht 3, stat 1, wir stond; conj. stand; imp. sthe
und stand, pl. stond ; inf. ston 9, stan 5, sten l {im reime:
ston 5, stan 2, sten l); praet. stund, stund, stunde (stünde);
conj. stünde (stiende, stunde, stinde, du stindest). — Mon-
92 Mr.
1459
STEHEN (I, C, 1, b-c)
STEHEN (I, C. 1. c-2, f)
1460
TAN US: ston und stehn, er stobt; praet. stunde und stand
(stand, stünde). — Fischart: ich stand(e), er steh(e)t (ge-
wohnlich), staht 2, stodt 2, jr steht (st&t) ; conj. stand(e) ; inf.
stehn 6, stahn 5, stöhn 5; praet. stund, conj. stünde (stünde).
— iceiterhin läszt sich die entiricklung, die vom ende des
16. jahrh. an im wesentlichen einheitlich ist, am einfachsten
mit hilfe der Wörterbücher und grammatiken übersehen:
ich ston, du stast, er sta(a)t, stadt, sie stond, conj. stände,
imp. stand, inf. ston, pari, stonde, praet. stund Maaler
(1561) 382 — 394 {passim). — ich stehe, stv. du stehest ; imper.
ich stund, du stundest Clajus gramm. germ^n. ling.
(1578) *. 102, 18 — 20 Weidling. — stehen; ich stehe, du
stehest; ich stund, du stundest; gestanden Schottel
(1663) 598. — stehen, 'anÜqtte stahn, et stöhn, nonnunquam
etiam standen' ; praet. ich stund, et stand, conj. ich stünde,
et stände; pari, gestanden Stieler (I69l) 2127. — ich
stehe, ... du stehst, er steht; 'imperf. ich stund (et
irregulariter) ich stand, conjunct. ich stünde, stände'
Steinbach (17S4) 2, 667. — 'stehen imperf. indic. ich stand
oder ich stund, praet. perf. ich bin gestanden, imperf.
conjunct. ich stünde' Frisch (1741) 2, 326»'. — 'ich stehe,
du stehest oder stehst, er stehet od. steht; imperf ich
stand (im gcTneinen leben stund); conjunct. ich stände
(im gemeinen leben stünde), m,ittelw. gestanden; imperat.
stehe oder steh' Adelung. — ich stehe, du stehst, er
steht ; ich stand, standst, stand ; ich bin t>der besser ich
habe gestanden; steh! dasz ich stehe; dasz ich stünde,
regelmäsziger dasz ich stände H. Braun orthogr. gramm.
wb. (1793) 245.
c) formen der lebenden hd. mundarten: Schweiz, stän,
st&st, st&t; pl. stän, stänt, stänt; conj. stand, -ist, pl.
standi, -it, -it; imper. stand ;^rae<. stuond, -ost;^^ stuondo,
-ot, -ot; conj. stüond, -ist, pl. stüondi, -it, -it; bin gistando,
s. Frommann 3, 207, 17 (nach Jovialis); Visperterminen
im Wallis: inf. §t^, stän; praes. stä(n), §tei8(t), §teid; pl.
stf, steid und stfd, stfnd; conj. stf od. stände, §tfs(t) od.
§tandes(t) u. *. w. ; imp. stand, stF d ; co7ij. praet. stiai^
sti8rys(t) u. s. w., auch schtoach stFtti; part. gstannu (mit
haben) El. Wipf (1910) § 235; Kerenz im Glarus: stu,
conj. Stannd, imp. stannd, condit. stiänd, part. kätanndä,
Winteler *. 163; Appenzell: stöh; praes. stöh, er stod;
cond. er stand, stiend od. stuend; part. stent, gstanda
TOBLER 411»; Aargau: sto (daneben kindersprache stände
u. demin. ätändele) ; praes. i sto (bisw. i stone), de §toät,
er stot, mr stond; conj. 1 ätöj, de Stöjist, er Stöj; cond.
i Stiend (seltner i Stuend); i bi gStande Hunziker 255;
Basel: sto (kinderspr. ständele); i stand (ob. Bas. stone),
stoosch, stoot, pl. stände, stönde, 8teen(d); conj. stönd;
imper. stand, stöndcd, steen(d); cond. stiend, stieng; part.
g' stände Seiler 279». — elsässisch: inf. sta(n) (§tö, St6,
SUfe, st6n. StSn); praes. §tö, §tö§, §t6t od. §t6, st6§, §t6t,
pl. 8t6n, Stän, §tänt; imp. Stint (und ät6), pl. §t6t; cond.
itiai^. -5, pl. Stiai^ (ätäi^, Steij, §t»rp; part. kStänta,
kititi^(a), kitö^ kätc^na Martin-Lienhart 2, 564'»; in Col-
mar: ät?; i 5tf, er Stet; imp. Stf ; part. kSt&nte Henry 221.
— Schwab. StS und Stau; praes. stand, stiSt, Stät od.
St&st, Stät (nördl. StöSt, -t), pl. Standst; conj. Stand, Standst
u. 8. w.; imp. Stand; condit. SteSnd od. StCnd, StSndSt
Frommann 2, llS; 'westlech.': ich stän, du stäst, er st&t,
m!r u. ». w. st&nt, inf. st&n neben ich stand, mir stan-
den, inf. standen; imp. stand! standen(t)! Schmelleh
mundarten Bayern» 958 (*. 867/.). — bair. ('ostlech.') ich
stfi, da st£8t, er st^t, wir stdn, ir st£t, sie stfin(t), da-
neben mtr ständen, stängen, imper. st&ngtszl ebenda; stC,
oberpf. 8t£i~, condit. stfiet, stuend, stüend u. stand, part.
gestanden bayer. wb.* s, 709; i steh, stehst, steht, mia
si6hn(g)on, i» stehts, sie 8t6hn(g)an(t) ; condit. i stand,
■iehat; gstandn Sc h wähl altbayer. mundart a. 76; in
Nürnberg, t. Gerhardt gramm. (1907): Stei', praes. Stti,
•tt, -t, pl. itena', Steit, Stena' (daneb. gekürtt Stfst, itft,
1. pl. itfniar), «. § 888. l ; iTnp. Stti (itf Stil I) § 187, l ; condit.
i itenat § Wi; part. iiiiaTd § 94, s. 114, anm. 6; kStandi^
I 114. 1 (i bi^ kit 40>. 1), vgl. d. reg.; niederöst. (Wien)
ftehn, i steh, wir stcngn HOobl km»; oberöat. mfc*. so
stangu, Os BteU; praet. i' stand. eot\j. i' steat From-
MANN t, n. 61; Hrol.. in ImH: M9; praes. it«a. -it, -t.
pl. US; Ufat, itr»; eoiy. pl. = inä. od. it^ija, -t; daneben
ind. pl. itenda, •!, cor\j. itend; imp. itfa, -t; conj. praet,
Mr.
Stand; part. StTanat, kStonda Schatz s. 178; in Luseni:
Stian, imp. Stea; gerund. §tianBn(t)a; part. gastant Bacher
*. 196; cimbr. stSn, stenan; praes. ich stear, ar steet, bar
steen, iart steet, se steent; imper. stee; praet. ich stin,
conj. ich stönne, ich pin gastannet, gastant cimhr. wb. 236»;
kämt, stean, stien; praet. steat od. stuend, part. gst&ndn,
gstuendn, daneben st&ndn, ständet, gst&ndn Lexer 240;
in Qottschee: Stean(an), hinterl. Stian(an); praes. Stean,
-St, -t, -bm, -t, -nt ; conj. Stea (Stearar, Starrar stehe er), pl.
Stean; imp. stea, -t; part. Steanta, Steaninta; conj. praet.
ätean(n)ait, steai^gait; part. perf. ga§tean(an) Tschinkel
§ 216. — ostfränk., in Rappenau: Stee(n); Stee, stees,
steet, Steena; kstana Meisinger 182»; henneb. stShä; stöhä,
stäst, stät, stän, stinn (stunn); gestanne Spiess /ränAr.-
henneb. mundart (1873) s. 63; Vogtland. Sdia (SdS", SdS");
praes. stia, Sdesd, Sded (Sdid, Sdiad, Sdseid), pl. Sdtena u.
sdei^ (l. pl. Sdsemf), 2. sdsed; imp. Sdia; praet. Sdund,
Sdand, conj. ich sdind, Sdaend. sdsenad; part. gasd&na
Gerbet gramm. (1908) s. wörterverz. 422»; rheinfr., in Hand-
schuhsheim: Stei(n), conj. praet. stecht, part. kstana Lenz
68»; hess. ich st§n, ich stund, perf. mit haben Vilmar 396;
oberhess. schdlvT ; praes. schdin", schdissd, schdidd; praet.
schdann, schdünne; part. geschdanne Crecelius 807.
lothr. st6n (stön); praes. StSn, StSSt, StCt, pl. St6n; ich
han (auch ich bin) gast&n; in Diedenhofen: praes. Stin,
stÄSt, staet, Stin, stfit, stin; conj. St6i, -St, pl. Stefan, -t,
-an; conj. praet. Stii^, St, -an, -t, -an; part. gast&n Foll-
MANN 495»; luxemb. stoön; praes. ech stin, stees, steet,
mir stin, dir stit, se stin; praet. ech stöng, conj. steng;
part. gestanen Gangler 434; stöen; praes. stin, StßS, st6t,
Stin, stit, stin; ech stong u. Stung; gestängen u. geSt&n
luxemb. wb. 425; rip. stgn; praes. ix stqn, du stSs, h^ Stet,
mir stgn, Tr steit, ze st^nt; imp. Stant; praet. ix Stont,
mir StoEta; conj. ix stont, mir staiita, part. jastanda.
dafür Stadtköln, ix Stgfi, du Steis, hf Steit, mer Stgn
u. s. w.; ix stunt, mer stunta; ix Stynt, mer stynta
MÜNCH gramm. % 236, 3, vgl. Honig* 302 (giebt auszerdem:
imp. stand, perf. han und ben gestände); siebenb. Stö
(südsiebenb. Stön), gast^jun Kisch vergleich, wb. 217». —
thür. praet. meist stund, part. jesdän (part. praes. Sdene-
ning, sdiniy) Hertel sprachsch. 234; in Euhla: stS; praes.
stR, stast od. stesst, stät od. stett, pl. stenn, stät od. stett,
stenn ; imp. stä od. stak, stÄt od. stett ; praet. stün od. stunn,
stunnst o(f. stQnst, stQn od. stunn, stunncn od. stünen;
conj. stün od. stünn, stunst od. stünnst, stünnen od. stunen,
stünnt od. st&nt; part. gestannen Regel 105; in Stiege:
schtaen; imp. schtek, schtaet; praet. schtunt, schtun';
jeschtaen Liesenberg 72; in Altenburg: stih; stong; ge-
stann Pasch 73. — obersächs., in Leipz.: stehen, bauem-
spr. er stiebt, auch stitt; ich stund Albrecht 57; erzgeb.
Stl (8. 3. s. stlst, stTt); Ston, pl. ston; gStan Göpfert 83;
schles. sti; praet. stund, stand, stind, pl. standn, stindn;
part. gestundn Weinhold üb. d. dialektforschung s. 124.
2) die einzelnen formen im nhd. (systematische Übersicht
zu I, B, worauf die verweise gehen; mit ergänxungen.)
a) 1. sing. ind. praes. ich stehe, a. (I, B) 8, g. daneben
frühnhd. (15. — 16. jahrh.): alem. stand, stände, s. 1, /, o;
ferner überwiegend alem. stan, ston («. 2, /, f, aa), sta
(bb), bair. stee, mfr. vereinzelt stene (cc), stein (dd).
b) 8. sing, du stehst, älter stehest, ». 8, g. ältere formen
unter 2, f, $■■. al. du stast, stost, gew. stest, ii\fr. steist
(mhd. auch st£s, stist).
c) 3. sing, er steht, älter stehet, a. 8, g (auch stehit,
s. a; bei Luther, a. ß; stehet — steht, *. y). die andeni
formen unter 8, /, tj: schweis.-scÄtcäb. stat (aa, dd — ff),
Stadt, staht (aa. bb, dd), stad (bb), statt (aa); staut (aa,
bb); elf. stot, -th, -dt (cc. dd), steht, stott, stod (ee), stote
(dd) ; bair. u. a. w. stet (bb, dd, ee, ff), steet, steh(e)t, stett
(bb. dd. ee). sthet (dd), sted (bb), stedt (ee), stät, sUUi(e)t
(ee); mfr. steit (ff); stit, styt (gg).
d) 1. plur. wir stehen; daneben frühnhd. al. wir stand,
stond, stan, a. %,f, y, aa; aonat sten, oberd. auch 8te(e)nd,
a. bb.
e) 8. j^ur. ihr steh(e)t, a. 8, g; frühnhd. lUem. standent,
-int, a. 1. /. ß; stond, staund, a. t, /, ^ aa; stan, ston
(bb). staht, stit (ee); steh(e)t, stent (dd).
f) 8. plur. sie stehen, a. 8, g. andre formen: al. stan-
den!, a. 1. /, ß; stand, staund, a. 8, f, 6, aa; stond, -dt,
Mr.
1461
STEHEN (I, C, 2, f—l)
STEHEN (I, C. 2, l-d, b)
1462
-t (bb) ; sta(h)n, ston (cc) ; (bair., doch auch al. u. fränk.)
stend, st(h)ent, stehnt, -d, steend, stendt, stehend, -t,
stende, stönd {dd) ; stehn, steen (ee) ; steint, steynt, stein
(ff) ; stiend, stien {gg) ; steenen, stonen, *. 2, A, ß. — im
nd. sind bekanntlich die 3 personen des plurals in eine
form zusammengefallen, die theils stät, theils stän lautet.
jenes gilt für den icesten und herrscht in den altern denk-
mälern; dieses hat sich im östlichen colonialgebiete dttreh-
gesetzt, doch sind in manchen denkmälern und mund-
arten auch beide formen neben einander in gebrauch, z. b.:
item dar staet to Jermude clene husekens, dar de seken
ynne wonen seeb. XIV, 18; by suden Jermode dar licht
Suttuen; dar stan twe hoge tome bynnen . . .; unde
dar stan ok vele hoger bome 26.
g) conj. ich, er stehe u. s. ic., s. 2, g (sthe ß); älter
8te(e) (altal. stä), s. 2, /, i. — im altem alem. ferner
stand(e), du standes(t), wir, sie standen, ir standint, -en,
s. 1, /, y; sie stenden, s. l, h.
h) imp. steh (älter ste, stee, sthe, — zieeifelhaft sta),
s. 2, /, X. daneben im, altern nhd. (allgemein) stand,
stände, *. i, /, 6.
i) pl. imp. steht, im 16. jahrh. alem. standent, stan-
dind, standen (bair. standet?), *. l, /, s; sonst tcie die
2. pl. ind., s. oben e.
k) inf. stehen, stehn, s. 2, g (anfangs auch stehin
geschr., s. a; bei Luther: stehen, sthen, steen, sten, s. ß).
ältere nebenformen (bei deneyi die belege vereinzelt ins
17. jahrh. hineinreichen): al. standen, s. \, f, "C,; die kür-
zeren formen s. 2, f, a: al. stan, statin (aa — dd, hh), stain
(aa), staun (dd), ston, stöhn (aa — ec, hh); sten, steen,
sthen, stehn (aa — cc, ee, ff, Jih); st(h}än, stähen (ee).
stö(h)n (ee) ; stein, steyn (ff) ; stien, styen, stin (ff) ; stenen
(AA). ergänzend ist folgendes zu bemerken :
a) im mitteld., bes. im, thür. hat der inf. früh das ausl.
n verloren: wo si kondin adir mochtin, so soldin si
ste nach frede KöDiz 53, 23; fie, kuwe, unnd schoff,
husz unnd hoff lieszen sie unbestalt stee, unnd lieffen
von dem felde . . . etliche die uff deme felde füren, die
Hessen waine (wagen) unnd pfert steen unnd lieffen ore
strosze . . . unnd lisz pfert unnd wain stehe unnd lieff
mete . . . enteil sageten nymande nichts unnd lieszen
allis stehe . . . K. Stolle Erfurter chron. s. 129/. Hesse.
ß) in neuem miindarten verschmilzt n in weitem um-
fange mit dem vorhergehenden vocal zum, nasalvocal, z. b.
bair. st6~, s. oben 1, c. solche formen erscheinen dann
auch in mundartlicher lit.:
der herr hat's verboten: 'die fnicht läszts mä st6"!'
Hartmann-Abele volksschau^. 48 (Vin, 228).
y) in der altern spräche entwickelt der inf. auch flec-
tierte formen, so bes. ahd. ze stänne oder stantanne, mhd.
ze stenne. später fällt hier die endung Strieder ab: nhd.
zu stehn. zuiieilen ist in der altern spräche stänne (icohl
infolge einer Vermischung mit dem part.) zu stände ent-
wickelt, so z. b. im mnd.: alse we syner doch mechtich
sin to rechte to stände d. städtechron. 16, 56, 10 (Braun-
achte, pfaffenb. v. 1418, c. 17).
<J) ähnlich findet sich stand in neuern nd. mundarten,
wenn der inf. substantivisch gebraucht wird; so südhannov.
wat noch det stand behälen (das stehn behalten) het, vms
noch stehen geblieben ist Schambach 207'>.
V) part. praes. stehend (älter stehende), s. 2, g; daneben
al. standend (?), s. i, /,• femer stonde, ste(e)nde, (mfr.)
stainde, steinde (steynde), stiende, s. 2,f,ß; stenend, -t,
a. 2, A, a. xceitere besonderheiten :
a) in altem österr. quellen begegnet nicJU selten eine
zerdehnte form mit dunklem vocal in der zvxiten silbe:
ste(h) und(e), g. Weinhold bair. gr. s. 282: swaj denne
stenuder wa^jer ist urkundenb. v. Klostemeuburg nr. 317
{herz. Albr. II. f. Österr., l. märz 1345); von erst ist in-
steund saltz beliben zu Gmunden, Hallstat monum. Habs-
burg. 1, 2, 637 {urk. v. 1478); das insteund saltz zu Gmun-
den, s. 642; wo er sein brueder oder jr erben von dem
gemelten Juden jn ainigerley weg zersnittner oder aus-
steunder brief jn dem obgemelten schuldbrieff bestimbt
jmer angelanngt wurd notizenbl. zum arch. f. künde österr.
geschichtsqu. 9, 430 (vom j. 1483) ; auf zuestehunde erste
gelegenhait ebenda; obstehunder gestallt 4, 822 (bundbrief
der evangel. stände österr. vom i. 1608).
Mr.
ß) im neund. ist das part. im ganzen auszer gebrauch
gekommen und nur in einigen festen Verbindungen er-
halten, in diesem falle hat es dann vielfach das d ver-
loren (in merkicürdigem contrast zum inf, s. k, S); so
südhannov. stän wäter Schambach 321»; mecklenb. mit
stauen wagen, up stauen föten nd. korrespondenzbl. 14, 14.
doch finden sich solche formen «cAow twi mnd. des 15. jhs. :
do sach he dar by stane des afgodes tempel Oldenb. qu.
V. 14T3 bei ScHiLLER-LÜBBEN 4, 359''; he bleff stane ebenda.
m) die formen des ind. praet. s. unter I, B, 3. heute:
ich stand, du standest, er stand, wir standen, ihr standet,
sie standen, dafür bis ins 18. jahrh. : ich stund, du stun-
dest u. *. w., s. (I, B, 3) e. folgende formen sind oben belegt:
a) 1. 3. sing, stund (stuond), stönt, -dt; stund, -dt
(stuend, stund), s. b, y; stuhnd (b, <J); stond (c); stunde
(d. ß. f. ^); stände (d, y); stoinde, stonte (d, S); stund
(d. e. 5- e, y — 9); stand (e, a — if); stahnd (c, e); stände
(e, a. i) ; stendt (e, x) ; stun , sto(h)n , sta('h)n, stune (g) ;
stie, stoü (A).
ß) 2. sing, du stundest, s. e, ^. d, früher getcöhnlieh
stundst, das ganz vereinzelt sein d verliert (wenn nicht
druekfehler vorliegt):
warumb stunst jr nit hilfFlich bey?
H. Sachs 3, 2, 264*» {spätere autg. .- standst,
t. 13, 453, 3 Keller-Götse).
jüngere form standst, *. e, t,.
y) 1. 3. plur. : stünden (stuonden), ständen (b, y) ; stuhn-
den (b, 6); stonden (c); stunden (e, y. e — S-); standen
(e, ß. y. "Q. auch: (3. plur.) stundend, -t, stondend, s. b, y. c
n) im, conj. praet. ist neben der geicöhnlichen form.
ich stände, du ständest, er stände, wir ständen, ihr
ständet, sie ständen die ältere bildung ich stünde, du
stündest u. s. w. noch heute in gebrauch, s. I, B, 3, /. im
einzelnen sind belegt:
a) 1. 3. sing, stünde {ß. y) ; stfind(e) (ß, aa), stäend(e)
(ß, bb), stiende (cc), stuhnd (dd) ; stunde (ff^, stind, stynd
igg); stände (y). femer stoinde, s. c. d, 6.
ß) 2. sing, stündest (ß, aa); styhndest (dd), stindest {gg);
stündest (y, cc. dd); ständest (cc).
y) 1. 3. plur. : stuenden (ß, bb), stienden (ec), stainden
(ee); stünden (y, bb. dd. ee), ständen (y, bb — -dd). dazu
noch Schweiz.:
so wurd zertrennt nnd gmacht abwendig,
ytel unnütz, darzä krafitlosz
all unser red und (trtr) stfindind blosz
tchweiz. Khattgp. des 16. jA. 3, 121
(Ruf Tellentp., 1545, r. 1747).
5) 2.pl. stündet, s. y, dd. dazu: denn so jhr etwan
von ungeschicht (zufall) bey der jungfrauwen stünden zu
reden, unnd denn in dem gegen dem könig versagt würdet,
so möcht jhr dadurch in grosz leiden . . . kommen buch
d. liebe 244».
6) das part. praet. lautet nhd. immer gestanden, s. I,
B, 4 c (im 15. jahrh. noch gestan, s. d, 6, und ersten, ver-
steen, s. d, y; im 16. mtmdartlich gstangen, s. e).
S) endlich verlangt noch das umschriebene praet. berück-
sichtigung. a) da stehen im allgemeinen einen zustand
ausdrückt, also imperfectives (duratives) verb ist, so ist
Umschreibung mit haben zu erwarten; so ist es in der
that in den germ. sprachen, nur dasz in den altem sprach-
stufen die Umschreibung selten vorkommt oder ganz ge-
mieden wird: altn. ek hefe sta{)et, schwed. jag bar statt,
dän. jeg bar staaet; mittelengl. y have standen (Cluiucer),
hit haved istonde (Lay. ; altengl. belege scheinen zu fehlen),
neuengl. y have stood, s. Mötzner engl, gramm.^ 2, 81;
altfries. ik hebbe (e)stenden.
b) im westgerm., bes. im deutschen, ist die Sachlage da-
durch complicierter und undurchsichtiger geworden, dasz
das part. perf die vorsilbe ga-, ge-, gi- annimmt
und dadurch lautlich mit dem part. des compo.'^itumg
gastandan zusammenfällt, das zunächst perfectiv ist und
als solches die Umschreibung mit wesan anwendet, dasz
aber auch das einfache standan, stän nicht selten perfee-
tive bedeutung aufueist. auf das comp, gistandan ist
wohl der einzige beleg der unuichreibung im Hei. zu beziehen:
qnad tbat im nnäri härm gistandan 2987.
im spätem nd. herrscht die Umschreibung mit hebben
ausschlieszlich.
92»
Mr.
1463
STEHEN (I, C. 3. c-d)
STEHEN (I, C, 3, d)
1464
c) über den hochd. spraehgebrawh vgl. J. Grimm gramm.
4, 165 (193 neudr.). H. Paul Umschreibung des per/. (Mün-
chen 1902) 176/. WiLMANNS deutsche gramm. 3, l, s. 155/.
im ahd. fehlen belege für die Umschreibung überliaupt.
im mhd. ist die Verbindung mit sin von anfang an herr-
scliend, bes. im oberd. s. die belege bei H. Paul a. a. o. dies
mag ausgehen von den fallen, wo stfin in perfectivem siniie
gebraucht icird, %oas besonders dem oberdeutschen eigen ist,
8. unten II, A, 13, z. b. :
si w&ren von den rossen gestanden üf den sant
Kudr. 1574, 1 ;
nu was diu kilnef^in eine
zeinem venster gestanden
Hkinr. V. D. TCrlin kröne 10183.
indessen ist es von anfang an nicht auf diese fälle, die
immerhin iti der minderzalil sind, beschränkt, sondern auch
auf den viel Itäußgeren, imperfectiven gebrauch ausgedeJmt,
so z. b. deutlich:
da; bette fuor von sfner stat,
da; § was gestanden Pars. 667, 3;
dar üfTe stuont ein cläriu sül . . .
86 grOj, froun Camillen sarc
weer drüffe wol gestanden 589, 9;
nü ist e; (d. land) gar raanic zit
in dem jämer gestanden kröne 19302:
dft ich ein lop erniuwen sol da; äne dach so manigen tac
gestanden ist und äne bant . . .
BR. Wernher bei Bartsch liederd. 41, 14
(rninnes. 3, 16, 25 v. d. Hagen).
die Umschreibung mit haben, hän findet sich nur ver-
einzelt bei mitteld. dichtem:
dö entslö; man die tUr,
diu vil selten dar für
het gestanden ungespart
Otte Eraclius 3901 Maszmann
{nach der Münchiier Iischr., während Graef nach der besseren
Wiener liest:
gestanden wären ungespart 4135) ;
ich hau d& bi gestanden und gese;;en
Rbinmar V. ZwETER 60, 7 Rocthc ;
in disen werten merket man wol daj ir herze unde be-
gerunge ganz unde gar nach himelischen dingen ge-
standin hat Ködiz 69, 2; wen her {kais. Karl IV.) was
gar wol gelart unde hatte langezeit zu schule gestanden
(d. schule besucht) Rothe Dür. chron. 697; item 2 m.
eyme Pruszen im gebite zur Balge hülfe gegeben; der
hatte lange zur Licke gestanden Marien,b. treszlerbuch der
jähre 1399 — 1409 *. 177, 18 Joachim (1402); in deim selven
jare do wart dat introdikt relaxiert van buschof Frede-
rich, dat gestanden had 8 jair. d. städtechr. 13, 46, 2 {Cöl-
ner Jahrb. zu 1382); und dat hait gestanden so lange bis
dat roemsche rieh quam zo den Duitschen 277, 5 (Koelt-
HOFF 1499) ; belege aus einer mitteld. Iiandschr. des 15. jahrh.
{Pontus u. Sidonia) bei Lexer hieb. 2, 1135. doch attch bei
dem österr. Pleier:
(perfectiv:
neben:
juncherre, ir sUlt sitzen gän :
ir habt gestanden hie genuoc
Mel. 897.
sumelich zO vrfl
hatte des morgens üf gestän
livländ. retmehr. 3861,
da; der un^etsOwe bunt
was den cnsten abe gestAn
8695.)
d) das frühnhd. stimmt hier genau mit dem mJid.
aprachgebrauche ilberein. insbesondere ist toährend des
ganzen iß. jahrh. die bildung mit seiji noch alleinherrschend,
mit verschwindenden ausrtahmen. vgl. die belege bei Kkhr-
BIN gramm. de$ \h.—M. jahrh. 8, *. 87.
ff) dies ist am deutlichsten bei Luther, wo eine grosse
amahl von belegen zur hand ist (zugleich am auffiiUigsteu,
da in altern thür. quellen haben begegnet, s. c). belege
aus der bibelübers.: das der nicht sterben mflsse, der
einen iodschlag gethan hat, bis dar er für der gemeine
far gericht gestanden scy 4. Mos. 85, is; und Josua richtet
zweUr steine aulT mitten im Jordan, da die fUsse der
prietter gestanden waren J(t». 4, 9 (ebenso in der »og.
4. bibtUtbers., U70— 8?, und der kathol. v. DlKTENBBROBR,
CHn 1A71, t. Kkhrrin a. a. o.); das er nicht sterbe durch
den blutrecher, bis das er für der gemeine gestanden
Mr.
sey 20, 9; weh uns, denn es ist vorhin nicht also ge-
standen (.1NTJ n.T.n tkh) l. Sam. 4, 7; gedencke doch, wie
T T-r
ich vor dir gestanden bin Jerem. 18, 20; denn wer ist im
rat des herrn gestanden, der sein wort gesehen und ge-
hört habe? 23, 18; wer ist jemals so freidig gestanden (t/$
nQOXfQOV avTOV ovxojii sartj)? Jes. Syr. 46, 4; denn diese
nacht ist bey mir gestanden der engel gottes ap. gesch.
27, 23. alle diese stellen sind deutlich imperfectiv ; in andern
könnte man perfectiven gebrauch annehmen: ists aber ge-
standen an dem brandmal, und nicht weiter gefressen
an der haut, und ist dazu verschwunden, so ists ein
geschwür des brandmals 3. Mose 13, 28; wenn ich etwas
falsches gethan hette . . ., würdestu selbst wider mich
gestanden sein (mir entgegengetreten sein: "ijJO a-Jf^nn nr»;)
2. Sam. 18, 13; sie aber furchten sich fast seer, und
sprachen, sihe, zween kÖnige sind nicht gestanden für
jm, wie wollen wir denn stehen? 2. kön. lo, 4. allen diesen
belegen für sein stehen nur folgende für haben gegen-
über: weil es denn dem narren gehet wie mir, warumb
hab ich denn nach Weisheit gestanden? pred. 2, lö; dencke
dran, was sie (deine mutter) für fahr gestanden hat, da
sie dich untererem hertzen trug Tob.i, 4; die beiden, die
nicht haben nach der gerechtigkeit gestanden Röm.9, 30. —
dem entspricht im ganzen der Sprachgebrauch in Luthers
übngen Schriften, auf 22 belege für sein, die nachstehend
verwendet sind, kommen nur 4 für haben, — abgesehen
von dem unter y beJiandelten falle, für jene werden
einige beispiele genügen: er (d. zinskauf) ist nicht viel
über hundert jar gestanden i, 314»; stehe in der lang-
weile, wie ich gestanden bin, so wirstu es auch erfaren
3, 60*; so zeigt nu Habacuc hiemit an, wie es im lande
Juda sey gestanden, da er predigte 229'* ; daselbs ist ein
teglicher krieg in der Christenheit, welcher ist allzeit
gestanden, und stehen \vird bis an den jüngsten tag
6, 123»; Optimum regnum fuit Aegypti et in der plue ists
gestanden 16, 5, l Weim. ausg.; yhr habt bey euch viel
jar eine hohe schule gehabt, darynn ich auch etlich
jar gestanden bin 23, 15, 29; es ist wol so übel gestan-
den in populo, ut iam in papatu erat 27, 209, 35; sogar
bei transitiver fügung: disze fahr, die die jungkfraw ge-
standen ist, ehe sie das kindt geporn hat, ist ir darnach
hundertfeltig vorgoltten 9, 527, 16. dem stehen gegenüber:
dieses ist ein ernstes gebot gewesen . . . und mag dis
gebot irgend ein 20. jar gestanden haben 16, 17, 6; also
sehen wir, das das Osterfest acht tage geweret und eine
gantze wochen gestanden habe 171, 24; tunc egregie
habuit Christianitas, da hat die Christenheit wol gestan-
den 25, 16, 28; hae (guttae) indicant afflicciones et angu-
stias cum sathana, myt dem hat er zum ersten yn der
spiczen gegen yhm gestanden 34, 1, 224, 13. es ist zu be-
achten, dasz sich fälle mit sein soicohl in ganz denselben
gebrauchsiceisen, wie auch in der n/Utem Umgebung dieser
finden, vgl. oben.
ß) ebenso ist die Umschreibung mit sein auch bei den
andern autoren des 16. jahrh. /lerrsc/und, ohne unterschied
der landschaft: ach woffen zarter gott wan wer dein
armer diener do gesyn das ich vor meinem herfzen dar
(am, kreuze) were gestanden oder aber mit meinem
eynigenn lieb in den bittern todt wery gegangen der eic.
wiszheit betbürhl. (Basel 1618) Sfi**; dar durch ich hoff da.««
unszer her der kayser . . . mehr wircken mag . . . dan
kein kayser die weil die weit gestanden ist Hartmuth
V. Cronbero (Tauntis) s.9 Küek (sendhr. an Fr. v. Siek-
ingen 1521); solich lere hat man xij. hundert jar gelert
in der Christenheit und ist wol dar inn gestanden Fhf.r-
LIN V. GÜN/.BURO 1, KW Enders ; wilchcs alles, wywo!
es nicht wenig zur sacho thut, sein mir doch ander
gedancken yiii wcge gestunden \alia tamen ohstitit eogi-
tatio), das ich nicht habe können vorstehen . . . Um.
V. HuTTKN opp. 2, 189. 81 Börking J>r. r. i.w.l); dieweyl
sy (die heil, i-äirr) dort für uns got gepoten, ist es wol
/.uo Saltzburg gestanden Bkkthoi.i» v. Ciiirm.skk tetctsche
theologey (1588) *. 16I Keithmeier; der unglawb wider
freyen willen hat sich angehebt im Cain und gewert
biszhcr aU lang die weld gestanden ist 271; ich bin gar
zA lang inn der vorrede gestanden ScMWAHTZKNBERa
teutach de. (1586) 8t>>; sonder (ic/i) bin ain ainiges kind
Mr.
1465
STEHEN (I, C. 3, d)
STEHEN (I, C, 3, d)
1466
»
Ulyssis, . . . das also unser namen und stam auss Ord-
nung gots allweg auf ainem haubt und menschen ge-
standen ist ScHAiDENREissER Oclysseü (1537) eT*»; nun
weysz doch niemandt gewisz, wo Babylonia, Ninive und
Troia . . . gestanden seind S. Franck chron. der Teutschen
(1539) 3''; yedoch zeugt die histori der chronick, jr hertz
sei nit recht mit gott gestanden tceltb. 38*; gestanden
seind Wickram i, 6, 24, «. oben B, 2,/, rj, dd; wie wol
Deutschland sey gestanden, ehe der bracht und hoffart
eingerissen, . . . will ich jetzunder nit anrflren Musculus
hosentetiffel s. 24 neudr.; mein weyb gab mir eben vor
drey tagen ein solch kelbern brätlein; ich glaube gäntz-
lich, sie seind an einem ochssen gestanden Lindener
8. 111 Lichtenst. {Katzip. 154, nr. 54); dazu hat gott also
diesem volck einn eusserlich regiment gefasset, das vom
auszug aus Egypten, bisz zum leiden unnd zur auffer-
stehung Christi, m.d.xliij. jar gestanden ist corp. doctrinae
Christ. {Lpz. 1560) 850 (Melanchthon exam. der ordinan-
den); die Persier haben etwann ein grosz reich unnd
gewalt besessen, aber so offt sie sich understanden die
grentzen Asie zu über schreiten, seindt sie nicht allein
jhrs reichs, sonder auch jhr selbst halben in gefahr ge-
standen Xylander Pclybius {Basel 1574) 1 (jcegl a<p(vv
ixivövvfvaav l, 2, 2); dann . . . jnen {d. Römern) jre sinn
unnd gedancken vormals auff das meer nie gestanden
waren 14 {ovo' inlvoiav ovösnote notTjadfievoi rfjg d-a-
i.üxxrjq 1, 20, 12); in solchem sengenden stand ist er
gestanden bisz auff ein jar unnd zehen monat Garg.
s. 1G8 neudr.; denn wo er die krön verloren hett, so
were es gar übel umb die Christenheit gestanden buch
d. liebe {Frank/. 1587) 27«; ich bitte dich, ... du wollest
mir sagen, was die jungfrauw Rosamunda mit dir geredt
hat, als du den heutigen tag bey jhr gestanden bist 237*»;
chiromantia, ist das gestirn im menschen, wie der him-
mel gestanden ist zu seiner zeit der gehurt Paracelsos
opp. (1616) 2, 510 A;
Tewrdannck sprach : in grosser gefar
bin jch gestanden, das glaub fürwar
Teuerd. 48, 70;
ich gloub, dass fich der zagel
nit hert soll gstanden sin !
N. Manuel «. 25 Bächtold {Bicoccalied, 1522, 14, 8) ;
du weist doch, wie es mir und dir
am sontag ist so gnaw gestanden,
da ich gar kaum enttrann den banden
deins herm H. Sachs 4, 3, S*»;
darhinter ich gestanden pin
foitn. gp. 7, 41 neudr. (77, 127) ;
als dwält noch nit was gstanden lang,
erhfib sich solcher zanck und not
H. R. Manuel weimpiel 1794;
so lang ich hie gestanden binn,
gedacht ich stets in meinem sinn,
kein weiser mensch wer, weder du
Alberus /ab. 59 neudr. (13, 27);
die alten sagen, das dabey
ein grosser waldt gestanden sey, •
der hab gereicht bisz an den Rhein
159(37,22):
was newiich widerfaren ist
eim herren der in frembden landen
ist auff einr hohen schäl gestanden
SCHEIDT Grobianut 4784;
steinhertzig ist wer da nit glaubt,
wie jr gemfit gestanden sey
frölich heimfart C 4* ;
mein fäs ist gestanden in richtikait
Melissus p*. t. 95 neudr. (26, 12).
diesen belegen, die sich mehren lieszen und bei denen die
perfectiven gebrauchsweisen ganz ausgeschieden sind, stehen
nur tcenige quellen mit haben gegenüber, so das Alsfeld,
passionssp.. s. d. belege B, 4, d, 6; ferner: so sie . . . sehen
wie es umb sie steet und gestanden hat, so hebt sich
denn iamer und not mit jn Joh. Thauler serm. (1508)
89»; von dem herkumen der landgraffen von Hessen,
und wie d' befründet haben mit dem künig von Ungeren
und andern fürsten und herren, und wie lang dz ge-
standen hat Eulensp. s. 39 ndr. (27. hist.); ich hab da
vast nach gestanden, und got alle zeit gebetten, das der
heilig geist solt in mich kumen 139 (90. hist.), doch da-
neben: wer ich da gestanden, so bot mich der stein oder
Mr.
der balck zu tod gefallen s. 31 (21. hist.). ferner: darumb
sind die . . . gottis . . . feinde, die nach grosser gewalt
gestanden haben J. Agricola sprichic. (1534) B 1; ir {der
bischöfe zu Rom) beschlus hat dahin gestanden, Juris-
diction und gewalt, über andere bischoffe und kirchen
zu bekomen Sleidanus reden (1542) *. 179 Böhmer; man
weiszt . . . , das , wo d. Johann Eccius . . . hett nach
grossen kirchenpfründen, und kirchengüttern gestanden,
das jme solche . . . der babst . . . mit nichten versagt
hette Joh. Nas antipap. eins u. hundert 1 (1567), ll*»; herr
Leonhard Kreuzheim ... ist diese zeit hofprediger ge-
wesen; hat gänzlich darauf gestanden, dasz er hätte
sollen bademutter sein Schweinichen l, 38; um diese
zeit ist eine grosze unerhörte kälte eingefallen, . . .
welche etliche tage gestanden hat 3, 218. es ist zu be-
achten, dasz diese bildung am häufigsten in der bedetUung
'dauern' {s. unter II, D) begegnet, demnächst in stehen nach.
streben (II, C, 8) und stehen, sich verhalten (wol stehen, es
steht um . . ., vgl. II, D).
y) dieser allgemeine Sprachgebrauch erleidet eine auf-
fällige ausnähme, noch consequenter, als sonst sein gilt,
icird nämlich die Umschreibung mit haben angeicendet.
Kenn stehen in der bedeutung 'kosten' gebraucht wird
{s. unter II, D) : hat mich die zcerunge gestanden zcehen
rinsche gülden Spangenberger urk. v. 1514 bei Dief.-
Wölcker 863; das sol euch reitzen, wil er sagen, zu
der furcht gottes, darin jr stehen solt, das jr gedencket,
wie viel es gestanden hat, das jr erlöset seid Luther
2, 333*; es ist hie kein schertz, mit der christlichen
freiheit, ... sie hat unsern lieben getrewen heiland . . .
zu viel gestanden 3, 55'' ; das es die warheit ist, Carolus
habe vom bapst nichts , on den blossen ledigen namen
römischer keiser, . . . aber solcher lediger name, hat die
Deu[d]schen viel gestanden 8, 247»; das yhr gedencket,
wie viel es gestanden hatt, das yhr erlöset seyt 12, 291, 2
Weim. ausg.; ich bin gleich mit dem blut erkaufft, do-
mit Petrus erkaufft ist, ich hab gleich szovil gestanden
als ehr 14, 373, 16; der einige Christus ist für mich und
dich gegeben, ich hab in ja so viel gestanden, als in
Maria, die propheten und alle heiligen gekostet haben
16, 311, 18; wie es got so hoch verdreust . . ., wenn seyn
wort verschmehet wyrd, das so tewer und so köstlich
ist, das yhn seynes lieben sons blut gestanden hat 17,
1, 358, 24; gott achtet seine gaben thewer und werd, es
hat yhn auch viel gestanden, seines sons blut daran
gewand 24, 679, 19; gedencke dran, wie du dich gehalten
und was du mich für mähe gestanden hast, das ich
deine sfinde abwandte 28, 761, 31 (dafür in Rörers nttch-
sehr. : denck dran was mich dein schwere sunde für
muhe gekost hat z. 12) ; was hat es gestanden, weil wir
noch munchen sind gewesen und haben dennoch da mit
nichts ausgericht, was hat es nur kostet, das man so
viel kloster gebawet . . . hat? 32, llO, 32; oportet illos
puerum praesentare und myt eynem orthsfl iöszen et
deinde annuatim primogenitum ter praesentare Hierusa-
lem et redimere. es hat sie vil gestanden primogenitus
34, 1, 146, 17; ein gar köstlichen tegen, so allenthalben
mit Silber beschlagen, mer denn zwentzig gülden gestan-
den hat Wickram 2, 110, 16 Bolte {unger. son A4''); aber
dise glori und rhüm hatt jn nachmals gar thewr ge-
standen Hedion Comines (l55l) 13«; gleich wol hat es
mich nicht geringe mühe und arbeit gestanden, das
ich . . . jede versz aber in so viel sylben, als die im
frantzhösischen seind, ... in das deutsch gleich wie
zwingen müssen A. Lobwasser psalter (1573) vorr. 7'»
(2. dedication); es gab der herr vater von mir eine
Wochen kostgeld vierzehn weiszgroschen . . . aber ich
hieb gleichwohl über die schnüre, dasz ich die zeit über,
so ich zum Goldberg gewesen, mit dem losament dem
vater gestanden habe 64rthl. Schweinichen 1, 46 (o. 1566);
und hat solches begräbnisz ifg. über 1400 thl. gestanden
3, 46 (a. 159.1) ; zu folg ergangener haupturtheil, in welcher
anwaldts herrn principal Jesu von Nazareth alle ge-
richtskosten unnd schaden zugesprochen, so übergibt
desselben anwaldt nachfolgende designation expensamm,
unnd erbeut sich, dasz er auff den fall oder notturfft
bey seinem letzten eydt erhalten wolle, dasz seinen
principaln diose recbtfertigung noch viel ein anders
Hr.
1467
STEHEN (I. C, 3, d-e)
STEHEN (I, C, 3, e—f)
1468
annd mehrers, als auffgezeichnet, gekost und gestanden
habe Atrer hist. proe. juris (1600) 383 (l, 16);
salben ban ich hir genungk,
die ich äff inineni ruck druck
von g8Lr ferade landen :
die ban mich viel gestanden
Al^eider passionsep. 7569.
e) allmählich vollzieht sich, im zunammenhange mit der
Verschiebung des Schwerpunkts der hd. liieratur nach
norden und der stärkern betheiligung des eigentlich niederd.
gebiets, ein wmschicung zu gunsten von haben, das nicht
nur das mitteld. gebiet erobert bezw. zurückerobert, son-
dern in steigendem masze auch von oberd. autoren ge-
braucht wird, souxit sie eine mundartliche sprachfärbung
meid €71.
a) dieser wandet ist in den grammatiken und Wörter-
büchern zu beobachten, so schon bei Clajus gramm. Gferm.
linguae (1678): per. ich habe, et bin gestanden 102, 20
Weidlung. ferner: standt ein ort da man stehet, oder
gestanden hat, item stehen kan Hulsius (1616) 306».
aber (wegen des perfectiven gebrauchest): quater ipse in
limine portae substitit. ist viermal still gestanden CoR-
viNUS fons latin. (1660) 609». der norddeutsche Schottel
(1663) gibt s. 573: ich bin gestanden, ebenso Stieler (1691)
2, 176 und noch Frisch 2, 826*> und Gottsched sprachk.^
(1762) 354. dagegen gebraucht Kramer in seinem teutsch-
ital. dict. (1702) haben und sein neben einander, wobei
nur insofern ein unterschied erkennbar ist, als in der
eigentlichen bedeutung ausschlieszlich sein angewendet wird:
ich bin die gantze predigt durch gestanden, der mann
hat wol gestanden, es hat wol mit (um) ihn gestanden,
seine sachen seynd wol gestanden . . . damals ists in
der weit anders gestanden, die schuld hat lang gnug
gestanden, er ist lang zu Rom gestanden, zur zeit, als
der grosse erschreckliche comet gestanden ist. wie seynd
zur selben zeit die planeten gestanden? das werck etc.
hat lang still gestanden 929*». und Steinbach 2, 667 giebt
bereits an: gestanden (ich habe, quibusdam ich bin).
nachdem dann Frisch und Gottsched sich wiederum
für sein entschieden haben, hat Adelung den heute gel-
tenden Sprachgebrauch fixiert, indem er bemerkt: 'im
oberdeutschen ist dieses zeitwort, so wie sitzen M?id liegen,
m,it dem hülfswort seyn üblich . . . welches auch wohl
einige hochdeutsche nachahmen . . . obgleich die hochd.
mundart eigentlich nur allein das hülfsuvrt haben kennt.
diese und andere beyspiele haben denn auch wohl einige
Sprachlehrer bewogen, dasz sie diesem zeitwort beyde hülfs-
w'örter beylegen, tcelches doch nieJit anders als m.it Ver-
mischung der mundarten geschehen kann' {anm. l).
ß) in der literatur herrscht während des 17. jahrh. sein
noch uneingeschränkt: doctor Vadianus meldet, das anno
do. 1436. im monat januario diser see {d. Bodensee) von
nberschwencklicher kelte, weyt vom gstad hineyn ge-
froren, und doch das eysz in mercklicher weyte nirgend
züsamen kommen, sonder in mitten weyt offen gestan-
den sey Stumpf Schwytzerchron. (1606) 390''; sölchs ge-
Bchach als dise statt yetz 85 jar dem reych entzogen
und in der herrschaflt dienst gestanden war 416''; den
weg den ich gehe, ist jedem weit vor mir offen gestan-
den Guarinonius grewel der Verwüstung (1610) 7B; Ovi-
dius schreibt, es sey im hausz der Sonnen ein sonder-
barer golt gemahlt gestanden Aeo. Aluertinus him-
ffcAZ«t/fer (1618) 111; als haben sie das oberrecht, beson-
dem, weil alle darbei schwebenden sachen ohne dies
abgeschrieben worden und die Zusammenkunft blosz in
obserratione solemnitatis gestanden wäre, zu selbigem
male zarücke setzen wollen acta publ. verhandl. d. sehles.
stände i. j. 1881, «. 280; Cicerons vorwerg, dessen hier
erwehnet wird, ... ist zwischen dem berg Gauro and
der ttadt Puteol gestanden Opitz i, 41 (= Vesuviua. 1688,
*. tt); dasz hier Petrodava, welches Ptolemteus erweh-
net, gestanden aey, meinen etliche 144; Jobst Maximilian
. . . war . . . wegen der festung WolfTenbflttel in ziemlichen
sorgen gestanden Chemnitz achwed. krieg 8 (16&8), M*; da
er den alles auBzfUhrlich . . . erzchlct, was ihme begegnet,
worüber etlichen die hahre sind zu berge gestanden Risi'
neue ptuHonsandachten (Hamb. 1664) vorher, ds»; du bist
in ]eÜ>- and lebens gefahr gestanden; da hast dich be-
fflrehtot, Am gutt, ehre und alle deine freyheit zu
Mr.
kommen Bütschky hochd. kam. s. 462; ist doch der
sieges-zweig in der mitten gestanden! Prätorius Katzen-
Veit (166.>)) A2»; schahl . . . wird von dem getr&ncke ge-
redet, wen es matt und lange gestanden ist Gdeintz
d. rechtschreibung (1666) 121 ;
man sagt, Idomeneüs vorab
damals ein fürst ausz Greta hab
seins vatters königreich verlassen,
sey öd gestanden allermassen,
von feinden nicht.belfistigt mehr
Spreng Äneis (1610) 46» {hotte vacare
domum Aen. 3, 123).
dem steht nur gegenüber: und wann der hoffmeister die
schubs&ck in der laqueyen kleidung nicht ersparet h&tte,
sein herr h&tte übel gestanden Schuppius 31 (andere
stellen bei dems. sind nicht deutlich. Schupp, geborener
Gieszener. lebte seit 1649 in Hamburg, wo seine deutschen
Schriften erschienen; der 'Saloma', woraus die angezogene
stelle, 1657); es hat nie so schlecht gestanden und hanget
gewiszlich das corpus imperii anjetzo kaum mit einem
seidnen faden zusammen Leibniz deutsche sehr, i, 166;
was war das vor eine grosse stadt, das Jerusalem',
welches sie in der opera da vorstelleten, . . . und zer-
störeten da das ding auch so lästerlich, dasz man . . .
nicht einmahl sähe, wo es gestanden hatte Chr. Reuter
Schelmuffsky (vollst, ausg.) s. 31 neudr. — für den unter
d, y behandelten fall fehlen belege aus dieser zeit.
y) in der ersten hälfte des li,. jahrh. beginnt dann die
Wiedereinführung von haben, und zwar sind es eine reihe
gleichzeitiger obersächsischer autoren, die hier vorangehen:
Schnabel (geb. 1692), Rabener (Leipz. 1714), Gellert
(Erzgeb. 1716), J. E. Schlegel (Meiszen 1719); dieser nun
und unser Eibenstein hatten . . . auch immer vor einen
mann gestanden, wenn sie von den andern attaquiret
worden cav. im irrg. (i74€) 515; ich bin stolz darauf, . . .
dasz ich seit vielen jähren mit ihnen in einem ver-
trauten briefwechsel gestanden habe Rabener 6, 93 (br.
V. 1757); zweymal hat meine tochter zu gevattern ge-
standen Gellert 3, 177 (betschw. 2, i); du . . . willst mehr
seidenes zeug und silberwerk kommen lassen, als noch
kaum da gewesen ist, so lange das schlosz gestanden
hat J. E. Schlegel 3, 670 (d. fracht zu Lautheim 3, 5).
zu ihnen gesellt sich auffälligerweise ein Schweizer: (Homer
erzählt,) dasz er (Neptuntis) . . . auf den hohen rückgrat
des waldigten thracischen Samos hinaufgestiegen, da-
mit er von der höhe das gefechte der Trojaner und der
Griechen betrachtete, weil ihm allda der gantze berg
Ida, die haupt-stadt des königs Priamus, und die schiffe
der Acheer im gesiebte gestanden hätten Breitinger
crit. diditk. (1740) 1, 434. sonst halten die süddeutschen
autoren an sein fest:
dann die ulanerwacht war so gepaart gestanden
bis dabin, wo bereits die zelte sich befanden
V. KoENio ged. (1746) 203;
so schrie mein satyr gleich : die scb&rffste Striegel her !
und wenn auch rad und schwerdt darauf gestanden w&r
Günther 485 (quodsi etiam tub poena rotae et
gladii prohibitum Juittet Stkinbach 2, 668);
noch bey lebzeiten des letzten herzogs Sachsen-Röm-
hildischer linie ist ein lust- oder trink-ort hier gestan-
den Uz s. 335 Sauer, vielleicht ist es auch nicht ohne
bedeutung, dasz diese letztern {rers-)diehter sind, tcährend
die Umschreibung mit haben zuerst in prosaischen quellen
üblich wird, es ist wohl denkbar, dasM die bildung mit
sein, toeil veraltend, als poetischer empfunden wird.
(spätere sehles. autoren, irt« HoLTEl, sagen: ich habe ge-
standen, s. u.)
f) seit mitte des 18. jahrh. steht die heiMge geogra-
phische vertheilung fest: norddeut.yche autoren bilden da»
perf. mit haben, süddeutsche mit sein, tu jen«n gthOnn
nicht nur die xrhriflsteller des urapr. nd. g$biatm, mm-
dem auch die hauptmasae der miUddndachen, he». HeMtin,
Thüringer, Obersaeheen, Sekleeier; tu diesen die alem.
(achweit., sehwäb.) u. bair.-ötterr., d4uu auch die ottfränk.
autoren. also kttrt: nördlich der Mainlinie gilt haben,
südlich sein.
a) haben bei norddeutschen aehr\ftstellem : das frauen-
zimmer schien irgendwo als französinn oder kammer-
mädchen gestanden zu haben Dusch krit u. tatyr.
Schriften (17&M) 174; dieses hätte in eurer gewalt gestan-
Mr.
^
1469
STEHEN (I. C, 3, f)
STEHEN (1, C, 3, f)
1470
den {vTiaQXOv ye vfxZv) Heilmann Thuc. (1760) 395 (3,
63); er hatte in verschiedenen ansehnlichen buchhand-
langen in Holland, Frankreich und Italien, als hand-
lungsdiener gestanden Nicolai Sei. Xothanker (1773) i, 21 ;
es würde mir . . . schlecht zu gesiebte gestanden haben,
über die so zuverlässige unterscheidungskraft seines ge-
schmacks zu spotten Thümmel reise 5, 413; der . . . bey
ihrem abgang in begriff gestanden hätte, in sein Vater-
land zu gehen 9, 158; dieses einträgliche gewerbe war
für einen gewissen obersten von Champigny, der ehe-
mals in französischen diensten gestanden hatte Archen-
HOLTZ England u. Italien (1785) 1, 119; die guten mäd-
chen! wie auf kohlen haben sie gestanden Bretzner
d. räuschgeni, iS; nun hatte die höflichkeit des gnädi-
gen herrn, der ohnedem eine Zeitlang in französischen
diensten gestanden hatte, noch eine besondere spring-
feder Lenz 3, iio; dass ... die ganze Staatsmaschine
bald gestanden haben würde Klinger 6, 322 (rewen vor
d. sündß. 18); Valentin {bringt weisser): hier, herr hof-
rat! hofrat: es ist trübe. Valentin: beileibe — hofrat
(kostet): hat über nacht gestanden Iffland d. hagestolzen
1, 4; nie hatten meine gedanken nach Amerika gestan-
den Arndt werke i, 106 Bosch; ihre mutter war einige
neunzig jähr alt geworden, und auch diese hatte wie
ihr mann in dienenden Verhältnissen zur familie ge-
standen H. Steffens was ich erlebte l, 84; so deutet auch
der nähme des ager Vaticanus auf eine stadt Vati-
cum .... die einst in seinem umfang gestanden haben
musz NiEBUHR röm. gesch. 2, 528; da hat einer dem
schallloch gegenüber auf der treppe gestanden Grimm
märchen, nr. 4; sonst würden auf diesem felde die wun-
derbarsten entdeckungen ihnen offen gestanden haben
J. Grimm s. th. l, *. X (vorw.); ich war als mohr ver-
kleidet und man behauptet, dasz es mir sehr gut ge-
standen hätte Pückler briefw. i, 320; eben hieraufwar
die Sendung Aleanders berechnet, der, ehe er nach
Rom kam, in diensten des bischofs gestanden hatte
Ranke werke l, 327; sie (d. Taboriten) würden die weit
im namen gottes in eine wüste verwandelt haben, wenn
es in ihrer macht gestanden hätte 2, 5; er (Münchhausen)
hatte mit Cagliostro in Verbindung gestanden Immer-
mann Münchh.'^ 1, i (1,11) u. ö. ; kennen sie ihn denn
gar nicht? haben sie niemals in einem verhältnisz mit
ihm gestanden? Holtei erzähl, sehr. 2, 7 u. ö. ; hätten
nur fünfzig, nur zehn gutsbesitzer, die über die Verord-
nung damals lauter schrieen als ich, nämlich in ihren
vier wänden, zu mir gestanden, es wäre anders ge-
kommen Alexis Isegrimm 310; einer von den herren
Vorrednern hat vorhin betont, dasz es früher noch viel
schlechter mit dem ersatze der Unteroffiziere gestanden
habe als jetzt Moltke sehr. 7, 78 (rede vom 16. dec. 1881);
jedenfalls hätte es in der Willkür Ruszlands gestanden,
die östreichisch-französische freundschaft durch seinen
zutritt zu einer übermächtigen coalition auszubilden
BiSMARCK gedanken u. erinn. 2, 170; diejenfgen gemein-
den, die seit anfang des krieges auf selten der Römer
gestanden hatten . . . behielten ihre mark und wurden
freistädte Mommsen röm. gesch.^ 2, 38; so sollen bei
Sullas landung lOOOOO, später sogar die doppelte anzahl
von bewaffneten gegen ihn gestanden haben 319 (u. oß);
übrigens hat er, ich meine den onkel, mal in ihrem
regiment gestanden Fontane werke 5, 157; aber das
bineinstarren in die flamme war ihm bald nicht
weniger unheimlich als das bild, das eben drauszen vor
seiner seele gestanden hatte 6, 45 (quitt. 6); das neue
und unerhörte war die weit der anschauung, die sich
jetzt aufthat, wo bisher blosze klänge gestanden hatten
JüSTi Winckelmann l, 369; vorher hatten doch einige
zweige des kunstgewerbes noch in leidlicher blüthe ge-
standen Treitschke deutsche gesch. i, 267; sein gelb-
graues haar hatte ihm in langen strähnen um den köpf
gestanden Polenz büttnerbauer^ 155; der mond, der
schon bei tage als blasse halbschelbe am himmel ge-
standen hatte, gewann glänz Seidel 2 (vorstadtgesch.), 266;
hat er (d. hauptmann) nicht drei tage lang . . . wie ein
pfähl im sande gestanden und menschen und pferde ge-
mustert? Frenssen Jörn UM (i902) 250; sie stand mit
Hellbach vor einer berühmten Venus auf rotem sammt-
Mr.
divan, die der sage nach die prinzessin Orsina, mme.
ReiUe, darstellen sollte, die nach dem illustren Vorbild
von Pauline Borghese einem ihrer künstlerfreunde so
gestanden hatte Hans v. Kahlenberg Eva Sehring
(1901) 146;
Uriel aber, der engel der sonne, hatte schon lange,
fortzueilen bereit, auf den höhn der gebirge gestanden
Klopstock Mess. 8, 369/. ,•
hätt' ich deinen sanften gang nicht vernommen,
nicht deiner lispel stimme gehört;
so hätt' auf des liegenden kalten stim
gestanden mit dem eisernen fusze der tod !
öden 1, «. 121, 8 Muncker-Paviel {'d. genemng').
ß) sein bei süddeutschen schriftsteilem: wann glaubst
du, . . . sind die römischen sachen besser gestanden,
von der zeit an, da ihr ganz mit purpur, gold und edlen
steinen bedeckt sey[d]? M. J. Schmidt gesch. der Deut-
schen (Ulm ins) 1, 126; hinter den Franken werden wir
ein reich gewahr, das von dem Harz bis an den Mayn-
strom reicht, und schon eine ziemliche zeit musz ge-
standen seyn, bis es zu seiner iezigen macht und ein-
richtung gelangt ist 199; schon oft und gern ist der
hausfreund dabei gestanden oder gesessen Hebel 3, 48;
weil alsdann nach 365 tagen und ungefähr 6 stunden alles
wieder so wird, und alles wieder so steht, wie es vor
eben so vieler zeit auch gestanden ist 158; aber war'
ich vor vier tagen hier gestanden J. Paul bei Campe;
besonders der eine der beiden meerbusen hätte mich
freuen sollen, war' ich ein Jahrtausend früher hier ge-
standen Hölderlin 2, 67 Litzmann (Hyperion 1, l) : die
anderen in Württemberg lebenden Stockmayer müssen
in keiner nähern Verwandtschaft mit ihm gestanden
sein Kerner bilderb. (1849) 39; vor vielen tausend . . .
Jahren ist das schlosz Brandis nicht da gestanden, wo
das, welches im Übergang 1798 verbrannt ist, sondern
auf dem darüber liegenden hügel Gotthelf 4, 41 Vetter;
wir sind eigentlich gar nicht gut g'standen mit der
frau . . .; allein ich hab's doch nit ungern g'habt Pocci
lust. komödienbüchl. (1877) 126; bei dieser hast fiel die
leiter um, darauf der angeknüpfte mit den füszen ge-
standen war Leoprechting aus d. Lechrain 102; plötz-
lich ist alles vor mir gestanden, was zu vergessen ich
auf und davon gegangen M. v. Ebner-Eschenbach 4, 83;
ja, wenn er sich nur öfters hätte ärgern können, es ist
ihm gut gestanden 206; jedes kind im dorf weisz, wie
mein mann und der selige gegen einander gestanden
sind Felder Sonderlinge 2, 288;
o wie beschaemt, wie bestyrzt, Narcissa, waerst du gestanden
haette dich mitten im tanz einst der gedank yberraschet, . . .
dasz engel dir zusehn?
Wibland 2, 16 Berl. ausg. (jbr. von verstorb. 2, 202) ;
du bist in Niederlanden
vordem, o held, gestanden
RCCKERT wert« 1, 90 ;
es ist ein bänmlein gestanden im wald 3, 5
auf Monte Mario bin ich heut' gestanden 5, 17
allein da meinst, dir sei nicht bang, . .
du seist gestanden säkul' lang
und würdest femer stehn?
Grillparzer* 2, 22 (Kolotseum) ;
da musz eine stadt gestanden sein
H.*.rtmann-Abele volksschaugp. «. 35 (VI, 202).
Y) die ausnahmen sind nicht sehr zahlreich, am be-
merkenswerthesten ist, dasz auch eine reihe von alem., bes.
Schweiz.. Schriftstellern haben gebraucht, was tn manchen,
doch nicht in allen fällen durch aufenthalt in Nord-
deutschland erklärt werden kann (vgl. Breitinger unter
e, y): aus Frankfurt . . ., wo er zwey jähre als kellner
gestanden hat Pfepfel jpros. vers. i, 13; nachdem im
verlauf der Jahrhunderte das namengebende geschlecht
im Volke verschwunden, machte ein lehenmann den
dorfnamen zu seinem titel und baute ein schlosz, von
dem niemand mehr weiss, wo es gestanden hat Keller
1, 11; da vernehme ich, dasz schon in den gestrigen
abendzeitungen die nachricht von einem groszen feuer
gestanden hat 2, 219; ein haus, . . . das an der stelle ge-
standen habe, wo jetzt das gärtchen gegen die strasze
hervortrete J. V. Widmann tn: unter'm fimelicht 326. —
ähnlich verhält es sich \cohl mit Göthe und Schiller,
Mr.
1471
STEHEN (I, C, 3, f)
STEHEN (I, C, 3, f-l\, A, 1. d)
W72
die beide Umschreibungen aufweisen, jener gebraucht sein,
nicht nur in dem süddeutsche mundart nachahmenden
' Schweixerlied' :
in ä garte
bin i gestände GOthe 1, 169,
sondern auch sonst in seiner ersten zeit: wenn ich nicht
schon hundertmal auf dem punkte gestanden bin, ihr
um den hals zu fallen! 16, 129 {Werther 2, 30. oct.); da-
gegen herrscht in 'Wilhelm Meisters lehrjahren' durch-
gängig haben: Horatio kennt den alten könig, denn er
hat seinen letzten schlachten beigewohnt, hat bei ihm
in gunsten gestanden 19, 162 (5, 4) ; ich las die bücher,
weil sie von ihm kamen; und wuszte am ende kein
wort von alle dem, was darin gestanden hatte 290 (6);
ich hatte mit einer dame in der nachbarschaft . . .
immer in gutem Verhältnisse gestanden 20, 53 (7, 6); doch
auch später noch: nach langem warten . . . habe der
despot sein ungeduldiges miszvergnügen nicht verbergen
können und die gesellschaft sey in furcht gestanden,
. . . eine scene zu erleben 28, 221/. (ital. reise 2, 13. may
1787). noch deutlicher ist dies verhältnisz bei Schiller,
der anfangs, in der heimath, sein gebraucht, später zwi-
schen haben und sein wechselt {letzteres im, eigentlichen
sinne bevorzugt): einverleibt dem äskulapischen orden,
bin ich gestanden an deinem altare l, 200; dieser huld-
reiche erwärmende blick — war er vor meinem bette
gestanden, ich hätte gelebt mitten im tode ! 2, 66 {räuber
2. 2);
es hätte
bey mir gestanden, einen neuen morgen
heran fzuführen über diese reiche
5, 2, 387 {don Karl, i, 21);
was nur
in deinen kleinen kräften hat gestanden,
das hast du redlich heut' an mir gethan!
6, 226 {Iphig. i. Auliib, 6, 1804);
höher war die österreichische macht nie gestanden, als
nach dem siege Carls V. bei Mühlberg 8, 13; fünfzehn
tage schon hatten beyde armeen, durch gleich unersteig-
Ijche verschanzungen gedeckt, einander im gesiebte ge-
standen 271; dieser Ursel, ein Gallier von gehurt, war
ehedem in römischen kriegsdiensten gestanden 9, 191;
ich bin vor hoben fürsten nie gestanden
13, 248 {jungfr. v. Orl. 2, 10).
rf) »eltner ist der umgekehrte fall, dasz norddeutsche
autoren neben dem ihnen natürlichen haben auch sein
verwenden; so: Leander hat schon lange zeit in dem
besten vernehmen mit ihr gestanden Lessing i, S5i
{misogyn 1, 4); hätte herr professor Gottsched nicht in
dem wahn gestanden, dasz ein autor auch zu derjenigen
zeit müsse gelebt haben, ... 6, 53 {litt. br. l, 30); daneben:
und wie, wenn vielleicht gar mehrere in dem wahne
gestanden wären, dasz dem texte des Ramusio nicht
ganz zu trauen sey? 9, 213 {z. gesch. u. litt., 2. beytr. VIII).
während hier eine erklärung fehlt, ist in andern fällen
deutlich dauernder aufenthalt in Süddeutschland die Ur-
sache: er hat mir lange genug bei dir im wege gestan-
den Hebbel 2, 18 Werner {Mar. Magd. 1, 4); aus meinen
lippen hätt' ich gern den verband gemacht, wenn der
vater nicht dabei gestanden wäre! 3, 139 {Agnes Bern.
1, 2); nur, um zu sehen, wie's ihr gestanden hat! 187
(8, 8, s. auch s. 18.1) ; er . . . bemerkte nicht, dasz er sich
dem als unsicher verrufenen schloszgarten, wo ehemals
eine bürg gestanden hatte . . ., näherte 8, 20; diese stei-
nerne bank mit den greifenköpfen war hier vorhin nicht
gestanden Tu. Mann königl. hoheitM; da hatte er ge-
standen, allein in der weit 104; der . . . geschickte junge
mann sei ursprünglich im persönlichen dienste ihres
▼aters gestanden s&4.
e) tuweilen »eheint die ort der Umschreibung auch durch
»inn und gebrauehsweise de» verb» bedingt tu »ein. ao
ist sein nothuxndig bei perfeeÜver gebraueK»toei»e. hier
%»t allerding» der eigenÜiehste und wichtigste fall, das:
•teben eine bewegung au»drilekt {eine Stellung rinnrlimm,
treten. ». unten II, A, 18), at^ da» »üddeutsdie gebiet be
»ehränkt. wo sein ohnehin gilt: er sagte mir: ich Mj zu
nahe vor den kOnig gestanden I Zimmermann üb. Priedr.
d. fr. (1788) wt; M aueh übertragen: mir isfi trelT-ase
fCcUnden Anzenoruber* 6, M. «ter perfectiv i»t «a auek.
Mr.
trenn stehen da» aufhören einer bewegung ausdrückt; so
besonders still stehen stehen bleiben, halt machen, wofür
aueh stehen allein, s. unten II, A, 12; E, 2. diese gebrauchs-
weise ist allgemein üblich, und da gilt ala regel: ich bin
(still) gestanden, so z. b.:
still in ihrem lauf sind alle steme gestanden
Klopstock bei Campe (1);
still war schon gestanden die ganze Schöpfung
ebenda.
{sonst hat Klopstock: haben, *. oben a.) vielleicht er-
klärt sich so auch der gebrauch von sein in folgenden
stellen, wo stehen i/n sinne 'einem standhalten, nicht
fliehen oder entweichen' gesagt ist: meine leute hättest
du sehen sollen! beiden waren's! gestanden sind sie
wie die felsen im meere Körner 8, 813 Fischer {Joseph
Heyderich 3);
was an ihnen leibhaft schien,
schmolz wie ein hauch im winde. — ich, ich wollt',
sie wären mir gestanden
Herder 23, 368 Suphan {Adraetea 2; Mach. 1).
5) andrerseits ist haben selbstverständlich bei reflexivem
gebrauche von stehen {s. ernten II, A, 15 und C): niemand
hätte sich bey euerer eintracht übel gestanden, als der
Staat und das volk von Sicilien Wieland 8, 177 {Agath.
12, 10).
g) der gebrauch der lebenden mundarten läszt sich au»
den idiotiken meistens nicht erkennen, vgl. oben 1, c. die
Umschreibung mit bin ist ausdrücklich bezeugt für d. Schiveiz
(Frommann 3, 207, 17, Hunziker), Bayern (Schmeller'
2, 709), das cimbr. und Nürnberg, — nur Visperterminen
im Wallis gebraucht merktcürdigerweise haben, das sonst
im hess. (Vilmar) und. neben sein, im lothr. und köln. gilt.
II. gebrauch.
A) stehen im eigentlichen sinne, zunächst von lebenden
wesen.
l) stehen bedeutet zunächst die ruhelage eines körpers.
icobei seine längsachse vertical gerichtet ist. 'stehen . . .
bedeutet, auf seiner kleinsten seite riüien, in welcher Stel-
lung ein körper zugleich die gröszte mögliche höhe hat'
Adelung, so wird es in seinem eigentlichsten und ur-
sprünglichsten sinne von menschen gesagt und meint dann
eine ruhige aufrechte körperhaltung . wobei die last de»
körpers von den fußen getragen wird.
a) stehen, stare Dasypodius; estre, oti se tenir de bout
HuLSlus (1616) 307''; Stare, consistere, pedibus niti Stieler
2127; tenersi {ritte o in piedi), reggersi sü i piedi Kramer
dict. (1702) 2, 927''; stehen, auf den fflssen, als lebendige
creaturen, stare Frisch 2, 326''.
b) belege, zunächst für absoluten gebrauch: und der
könig . . . segenet die gantze gemeine Israel, und die
ganfze gemeine Israel stund (icy) l. kön. 8, 14; des an-
dern tags stund abermal Johannes, und zween seiner
jünger Joh. 1, 35; statura. die länge des leibs, so lang
einer ist, wenn er stehet Corvinus fons latin. 686'' ;
Leopold (steht) Lenz l, 332 Blei {hofmeister l, 8, bühnen-
anw.). — da gieng der junge Tobias hin aus, und fand
einen feinen jungen gesellen stehen Tob. 5, 6;
Ih&r
jungen gcscticit Bleuen Jivu. o, o,
gisah er stÄntan gotes boten sconan
Otfrid 1, 4, tl.
c) der imperfective, durative eharakter t^on stehen ist-
besonders deutlich, irenn es mit angaben der Zeitdauer ver-
bunden ist: lange stehen, diu stare; ein wenig stehen,
paulisper stare Steinbacii 8, 667; sie muszten schon
lange stehen, denn sie waren höchst ungeduldig Hebbel
8, 213, 8 Werner {Agnes Bern. 4, lo^; so ich doch oUt
mitten aufT de; margkt, bey guten freunden zwo oder
drey stunden gestanden, mit yhn geredet Hütten «,
181, 88 Böcking. ». auch Alsf passionssp. 1081 und 1086
unter I, B, 8, /, «, aa. im perf. jettt Umschreibung mit
haben, früher {nach »üddeut.trher art) mit sein. *. I, C, 8:
ich bin die gantze predigt durch gestanden, io sono atato.
mi sono tenuto in piedi per tutta la predica Kramer
(lief. (1708)9,989'*; ich hab die gantse predigt etc. durch
stehen müssen, mi eonvenne »tar' in piedi tutta la pre-
dica etc. Wl^; ich habe den ganzen tag gestanden Ade-
LUNO (1).
d) ähnlieh: ich kan nimmer stoben, aufrocht stehen,
HOn po»»o piü ttnermi. avstenermi. reggermi. itiaiatert »ü
Mr.
1473
STEHEN (II, A, 1, d-2, a)
STEHEN (II, A, 2. a-c)
Ul^
ipiedi Kramer dict. 2, 927*» ; vor müdigkeit, vor schwäche
in den fiiszen nicht stehen können Campe (i); ich bin
nicht im stände zu stehen Shakesp. 2, 199 {Heinr. VI.,
2. theil. 2, l); die zahne klapperten mir, ich vermogte
kaum noch, zu stehen Hebbel 8, 167, 2 Werner {Schnock 2);
ich kann nicht stehen,
soll das jrebein mir brechen? laszt mich sein
Kleist 2, 76 E. Schmidt {Penthes. 9, 1240).
e) so häufig im inf. und pari, praes., s. unten F, l, o; 2, a:
(Sylvetter.) nun, beliebfs, so setz' dich.
Aldöbem. herr, kann es stehend abtnn
Sylvester, ei, du narr,
stehn und erzählen, das gehört zusammen,
wie reiten fast und küssen
Kleist 1, 39 E. Schmidt (Schroffemt. i, 2, 576/.).
2) fnit verdeutlichenden und modificierenden Zusätzen.
a) blosze verstärkujig des eigentlichen begriffes von stehen
sind icendungen wie auf den füszen stehen u. ähnl. {vgl.
13, g).
a) (auf seinen füszen) stehen {gtare) Kbamer dict. 2,
927'», Adelung (i); und David der könig stund auff seinen
füssen und sprach l. chron. 29, 2; und sie {d. cherubim)
stunden auff jren fassen 2. chron. 3, 13; jr fleisch wird
verwesen, also, das sie noch auff jren fössen stehen
Sacharja 14, 12; wo es jeden tag ... an rath und that
gebricht, und der heerführer, der auf seinen füszen
stehen sollte, sich wiederholt aufs angesicht wirft Göthe
6, 160; werde ich vor ihr auf den füszen stehen können?
20, 153 {WUh. Meister 8, 2). — so häufig: auf seinen füszen
nicht stehen können Campe (l); aber wenn der mut
dahyn ist, so ist es alles aus, so das der leib nicht kan
auff den fössen stehen Luther 2i, 575, 26 Weim. ausg.;
das kein mensch . . . vememmen mocht, was zu thün
were, noch die schiffdiener auff iren fussen stehn moch-
ten Montan US 245, 32 Balte (ßymon u. Iph. 7); das kind,
das noch nicht auf seinen füszen stehen konnte, der
alte, der sich nicht mehr auf den seinigen erhielt . . .
Göthe 20, 176 {WUh. Meister 8, 3); als ich mich nach
vierzehn tagen wieder ein wenig erholt hatte, ob ich
gleich noch nicht auf den füszen stehen konnte, liesz
ich mich in palast Medicis . . . tragen 34, 256 {Benv.
Cellini 2, 6). — so in volksthüml. rede als scherzhafte ant-
tcort auf die gruszfrage: wie steht's? — uf de füesse!
Martin-Lienhart eis. wb. 2, 565*;
wenn zu mein schätzte kommst, sag ihm viel grüsz;
wenn es fragt, wie es geht, wie es steht, wie es geht,
sag, auf zwei füsze, sag, auf zwei füsz
Erk-Böhme d. liederhort 2, nr. 510a, 3.
(im cimbr. ist stenan in vüzen, star in piedi, der getcöhnl.
ausdruck für stehen, da das blosze stenan die allgemeine
hedeutung des ital. stare angenommen hat; so auch: stenan
gasozt, star assiso, sitzen cimbr. wb. 236*.) s. auch puppensp.
1, 68 unter 5, d.
ß) mit attributiver bestimmung zu füszen:
das kleid . . . dehnt flatternd sich hernieder
an ihrem ganzen leib, indem sich der erhöht,
gerad' erh&It, und fest auf kleinen füssen steht
J. A. Schlegel verm. ged. 2, 247;
ausschlafen sollen sie . . . wenn sie auf graden füssen
stehen, werde ich kommen und zu ihnen sprechen
Alexis Roland v. Berlin (l840) 2,fA{i.kap.); der mann
stand . . . körperlich auf nicht sehr festen füszen Raabe
d. hungerpastor (1864) 1, 17 (l. cap.); {vom baren, vgl.
unten 9,f): dann {imfrühl.) schüttelt er sich auf, steht
auf wunden füszen und blinzt in die weit maler MCller
1, 23. im sing, gewöhnlich in freierem sinne, s. unten
C, 1: auf festem fusz stehen, star sul pie fermo Kramer
dict. (1702) 2, 9^^.
y) in solchen Verbindungen kann für auf auch mit
eintreten: mit sicherm fusze stand ich einst auf diesem
ufer TiECK 8, 73; {in dichterischer personification :)
aber mit starrem fnsze stand auf der erde die stille
wieder Klopstock 4, 132 (ifesf. 8,512; vgl.
Oden 1, 121 unter I, C, 3,/, o).
seltner ohne adjectiv, neben angäbe des Standortes (*. 7):
bei dieser hast fiel die leiter um, darauf der angeknüpfte
mit den füszen gestanden war Leoprechting aus d.
Leehrain 102; von dem als peraon vorgestellten Helikon:
X. 2. Mr.
doch, wie sein hanpt frei trinket himmelslüfte,
mit füszen steht er auf der erde doch
Rückert (1882) 1, 3 (geh. ton., vorU. 1).
(mit beiden füszen, s. e zu ende.)
S) in der altern spräche vereinzelt mit andern praepoa. :
dar stürzton die unreht uuurchent. an demo fuögge
nemahton sie gestän Notker 2, 126, 26 Piper (pa. 35, 13).
— in anderm sinne dagegen:
ob wir Verliesen unser pfert,
e6 müje wir zu vflge stän
Livländ. reimchr. 1923.
{wie sonst zu fusze gehen im gegensatz zu reiten, s. th. 4,
1, 993^.)
f) seltner auf den beinen stehen: wenn der mut hin-
weg ist, denn stehet man wie ein narr, ja es kan einer
kaum auff den beinen stehen, arm und bein werden
zitternd und machtlose, das einer da ligt wie ein klotz
Luther 16, 208, 21 Weim. ausg. ; der gute alte admiral
befand sich so übel, dasz er nicht auf den beinen stehen
konnte G. Forster Schriften 2, 77; die beiden konnten
übrigens auch kaum mehr auf den beinen stehen Popert
Harringa s. 162; was von den fuchsen noch auf den
beinen stand ebenda, mit attribut: auf kurzen wohl-
gerundeten beinen stand er fest und unbewegt vor seinem
thorweg Raabe d. hungerpastor^^ 118 (ll. cap.).
C) anderes ganz vereinzelt:
die alten lerten jr gesind,
dasz es grad aus sein schenckeln stund
SCHEIDT Grob. 444.
vxniger deutlich gehört hierher {vgl. unten 5, d. g):
steht er mit festen
markigen knochen
auf der wohlgegründeten
dauernden erde . . .
GÖTHK 2, 84 (grämen der mentchh.).
b) es wird dann auch von den füszen selbst gesagt,
dasz sie stehen: adoravimus in loco ubi steterunt pedes
eins, peteton uuir, dar sine füoje stuonden Notker 2,
564, 6 Piper {ps. 131, 7); und das unser füsse werden
stehen in deinen thoren Jerusalem ps. 122, 2; und seine
füsse werden stehen, zu der zeit, auff dem oleberge
Sacharja 14, 4;
dein {der Religion) fusz steht auf der hSlIe, dein hanpt droht
gegen die himmel empor Klopstock Megs. 3, 184;
wo kleine seid'ne fOszchen steh'n zu paaren
Kellek 10, 145.
mit modalen bestimmungen {s. unten 5, d);
ja bey des hauptes wohlergehn
musz fusz und Schenkel sicher stehn
Stoppe Pamass (1735) 19;
ach, wie schlüpfrig steht ihr (der sünder) fusz !
B. Neukirch ged. (1744) ». 92.
xceniger ausgeprägt ist der begriff des Stehens in andern
Verbindungen: die füsze standen in weiten schuhen, die
grosze schnallen hatten Stifter werke (i90i) 5, l, 68;
ach feige! wollt ihr nicht des nachbam hausz erretten,
so wird das eurige gewisz zu gründe gehn,
und der gefangne fusz in ungeheuren ketten,
und fesseln, die ihr euch selbst angeleget, stehn
LOHENSTKIN Armintus 1, ». « 4*;
*. axich Melissus ps. 26, 12 unter I, C, 3, d. ß. — eigen-
thümlich ist folgende gebrauchsiceise, wo die füsze stehen,
aber ohne den körper zu tragen, der vielmehr sitzt {vgl.
unten 4, a):
wan ej hete diu vil süe;e
ir lieben herren füeje
stände in ir schöben
d. arme Heinr. 463.
von den beinen {sich der bedeutung B nähernd): bräder
Albrecht was von leib gar ein schön gerade man und
stünden im die bein weydelichen under dem leib {sta-
vangli troppo bene le gambe in su la persona) Arigo
decam. s. 261, 24 Keller (4, 2); und jre beine stunden
gerade Hesek. l, 7. anderes vereinzelt: schenke! stehen,
*. oben Stoppe; aller hende werden dahin sincken, und
aller knie werden so ungewis stehen, wie wasser Hesek.
7, 17 (0»a ni2^n 'werden zu tcasser zerftieszen').
•TT*-" *' ^
e) dagegen bezeichnet die Wendung auf Einern beine
stehen eine besondere art des Stehens: ich würde jeder-
93 Mr.
1475
STEHEN (II, A, 2, c-e)
STEHEN (II, A, 2, <5-3, a)
1476
zeit . . . eine stände lang auf einem beine stehen, um
ein solches konzert in mich aufnehmen za können Ric.
HucH Jiahn v. Quakenbrück 91;
er fidelt, stund nur auff aim pain
H. Sachs fattn. sp. 5, 143 neudr. (62, 184);
ein männlein steht im walde
auf einem bein
Hoffmann v. Fai.lerslkben kinderlieder 243
(räthgel 1 : d. hagebutU).
80 aprichxcörÜieh , als au/f orderung ein zweites glas zu
trinken: geschwind noch eins; auf einem beine ist nicht
gut stehen Lessing l, 51l {Minna v. Barnfi. l, 2); nd.
(in demselben sinne) up ein(e)m bein(e) §teit-m(e) nit
Bauer-Gollitz 11». — ferner:
do schlag der starcke ryse
dem ritter edel ein wund,
das er kaum mit eym bayne
aufT dem trachcnstain stund
lied V. hürnen Seyfr. 108, 8.
so mit scherzhafter emphase für nicht (mehr) auf den
beinen (füszen) stehen können (». a, a): er kann auf
keinem bein mehr stehen (von trunkenheit) Lichten-
berg 3, 74; mundurÜ., eis. ich bin so müed, (d)ass i(ch)
uf ke(in) fuess me(hr) 8te(hn) ka(nn) Martin-Lienhart
2, 564";
magst auf koan fuasz nimmä g'st§'
Hartmann volksschau»p. in Bayern s. 219, 140.
indessen ist auch bei dem gewöhnlichen stehen m^tens
da» gewicht des körpers nicht gleichmäszig auf beide beine
vertheiU, sondern ruht zum überwiegenden theile auf dem
einen (standbein, s. sp. 731), während das andere lose und
lässig aufgesetzt ist und sich freier bewegen kann (Spiel-
bein, th. 10, 1, 2321). so kann man sagen auf dem rechten,
dem linken beine stehen; doch vnrd auf einem beine
stehen nur ausnahmsweise in diesem sinne verstanden,
dafür:
steh du nur auff eim fäsz allein,
dasz allweg ruhen mög ein bein.
dann brauch den rechten, dann den lincken,
und steh aJs wolst du nider sincken
SCHEIDT Grob. 446—9.
dagegen: das licht gebe ich dir nicht eher, als bis ich
mit beiden füszen auf dem erdboden stehe Grimm
märchen nr. 116 {ähnlich oft in übertragenem gebrauche,
8. unter C, l).
d) eine weitere dbart des Stehens ist auf den zehen
stehen: hinten auf dem wagentritte aber stand vergnügt
ein junger bursch, der im wandern heimlich aufgestiegen,
bald auf den zehen lang gestreckt, bald sich duckend
Eichendorfp* 3, 383 {d. glücksritter l); selbst auf den
zehen stehend, hätte er nicht über das grübchen unter
ihrem halse hinauf gereicht Ludwig 2, 9. s. auch 13, g, ß.
dazu: ich . . . stund mit dem grossen zolin ouch ufT eim
pAschlin und wen ich mied was, so zoch ich mich uff
am poschen und stalt das ander zeelin dohin Th. Platter
9 Boos.
e) weiter entfernt sich vom normalen stehen auf dem
köpfe stehen Adelung (l), wo der aufrecht gestreckte
körper in umkehrung der gewöhnlichen haltung auf dem,
köpfe ruht {für kurze, zeit), vgl. köpf II, A, 3, n, th. 5, 1756 :
am weege auf dem köpfe stehen, in via in capite sistere
Steinbach 2, 667;
ein rad zu schlajcen, auf 'm köpf zu stehn,
das mag fOr lustige jungen gebn Götiik 3, 264;
vgl.: ja wir wissen nach der neuesten schule nicht, ob
wir in der that auf den füszen, oder auf dem köpfe
stehen Bonaventura nachtw. 118, 6 Michel; dafür: sie
sind wie manche gauckeler, welche mit ihren köpffen
auff der erden stehen, und die beine in die höhe recken,
denn die meisten menschen neigen ihre hertzen und
gedancken gegen die erde Sperling Nicod. quaerens
(171$) iSfif. «0 und ähnlieh tum ausdruek der Verwunde-
rung oder tonst eines starken affecta: da. i ste uf dr chopf
an verwundere mil als ablehnende antwort Martin-
Liknhart «, 666»; ich war in meinem sinn bereits wie-
derumb ebenso reich, als ich zuvor gewesen und wüste
vor freoden nicht, ob ich auff dem kopff oder auff den
nUwen stünde 8im.pl. »ehr. t, 681, 4 Keller {vögeln. S, >).
•» 0md»rm »inne: auf seinem köpf stehen; wann du auf
Mnmn köpf stündest, »tare »uUa tua tetta: quando tu
Mr.
stessi »Ulla tua testa doi se facesti tutti li tuoi sforn,
e deüe stranezze Kramer dict. 2, 927''/. ferner als bild-
licher ausdruek für die umkehrung der natürlichen Ord-
nung, eine verkehrte u>elt u. ähnl. un sei laten sick ok
nich seihn, Bräsig; vor ehrentwegen kann hir jo ok woU
allens up den kopp stahn Reuter 2, 269, 26 Seelmann
{strömt. 2, 17). so denn auch {im bilde): da ist manch-
mal weder verstand noch rechte gliederordnung (dispo-
sitio): weder wortzeit (quantitas syllabarum), noch zeil-
masz (metrum) . . . noch andere mehr zu einem wohl-
gestellten getichte gehörige stükke, in acht genommen:
kurtz, es stehet oftmals der köpf unten, die beine oben
Neu mark fortgepfl. musik.poet. lustw. (1657) zuschr. s. 8,
f) in neuerer zeit ist auch die xcendung zusammen-
gewachsen zu dem gleichsam technischen köpf stehen, da»
wohl ursprünglich köpf als adverbialen acc. enthält, aber
für das Sprachgefühl sich kaum von einer Zusammen-
setzung unterscheidet; so der inf. im bilde: denn allmäh-
lich war die moraldogmatik das metaphysische kopf-
stehn müde geworden und auf ihre physiologischen
hinterbeine zurückgefallen; an die stelle abstrakter Spe-
kulation über das Individuum trat die konkrete massen-
beobachtung Dehmel ges. werke 9, 43.
g) eine ähnliche Verbindung ist bock stehn, mit vorn-
übergebeugtem rümpf, s. bock 8 {th. 2, 203) : schiceiz. bok
sto HuNziKER 255; er musz bock stehen Kirchhoper
Schweizer sprüchw. (l82i) s.272; bair. 'bock stfin, mit seinem
rücken einem andern zum emporsteigen dienen Schmeller^
2, 709. atich als spiel der jungen: einer stellt sich so auf,
damit ein andrer rittlings über ihti hinuxgsetzen kann
{vgl. bock als turngeräth).
3) stehen wird unterschieden und in gegensatz gestellt
zu andern ruhelagen, irusbesondere zu sitzen und liegen,
vgl.: stehen, stare, . . . non sedere, ne giacere etc. Kramer
dict. 2, 927''; 'in allen diesen fällen wird stehen entweder
ohne rücksicht auf eine andere art der Stellung, oder auch
im gegensatze des liegens und sitzens gebraucht' Ade-
lung (i).
o) sitzen und stehen: ein mal aber wollte ich darin
{im kirchenstuMe) sitzen und stehen, wie es mein vater
gethan Keller l, 351; vgl. Diemer ged. 356, 13 unter
I, B, 1,/, "C,. stehen oder sitzen: man kann nur füglich
im stehen oder sitzen schreiben Hippel lebensl. (1778)
1, 227;
al die in den strä;en
stuonden unde s&3en Iw. 6090;
ich (Judas) gib in euch hie mit ganczer macht
sicher noch heindt in diser nacht ;
wan ich wais, wo er hin geett
und wo er sitzt oder steedt
altd. passionstp. au» Tirol g. 37 (Brixener pa»a. 414) ;
wenn du sitzest, wenn du stehest, . . .
woir er dein gefährte seyn
P. Gerhardt bei Fischer-Tümpel kirchenl. 3, ». 320.
ähnlich: wende alse die man geit to 'me herren dar he
stat, oder kniet vor in dar he sitt, so weget sik al sin
lif Sachsensp. lehnr. 22, § l. stehen im gegensatz zu sitzen:
der herr setze sich! resp. ich kan wol stehen Kramer
dict. 2, 927''; er {markgr. AlbrecM v. Brandenburg) hatte
auch diese red fast sehr im brauch, wann er seine diener
lang stehen sähe, dasz er sagte: setzet euch nider u.s. w.
Zincgrep apophth. i, 3; er stand und getraute nicht
nieder zu sitzen Güthe 23, 86 {icanderj. 3, 3); so musz
ich mir wohl einen stuhl präsentieren, denn ich steh'
nicht gern Fr. L. Schröder porträt der mutter l, 14;
80 wil dir nicht gebilhm viel lange da zustehen,
den gliedern aol alszbald gesundheit abegehen,
wenn man nicht sitzend iut Schbrffir Oro6. S5;
wann jeder in der Tolkiveruunmlung stand,
dann ragt' an breiten schultern Menelas
hervor; doch Miizen sie, so war Ulysz
ansehnlicher BCrobr 163^ (otdvtmv /th itn4ia»e
i>»«lp«/fi> tAffktf Aiiovf n. 8, 810) ;
Sylvester, sage mir, wie kam
ich denn auf diesen atuhl? zuletzt, wenn ich
nicht irre, stand ich — nicht?
QertrwU. du sankest stehend
in ohnroaoht
Klbist 1, M J;. achmUU (ßekrogtML t, >, 809);
volksthümliehe redeweitt: {we»^f.s) 'da he* so v&l vant
Sitten as vam stin', «mni tu d*m »ttMmtdeH be»ucher g»-
Mr.
1477
STEHEN (U, A, 3, a-i, b)
STEHEN (H, A, i 6-5, c)
1478
scigt WoESTE 253». bei verschiedenen personen: da die
jnngfer stund, sasz sie, quum virgo staret, illa sederet
Stein BACH 2, 667; die stehende figtir ist von bronze . . .;
die sitzende von elfenbein Göthe briefe 29, 325, 22;
da ward' ihnen denn der platz gezeigt;
andre aber die muszten stebn
tcerke 2, 211 (,'teanetO;
nnd soll ich stehn, und auf dem thron du sitzen?
Shakesp. 2, 269 {Heinr. VI.. 3. th. 1, I);
es ziemt nicht eurem ränge noch gehurt,
dasz ihr so steht, indessen Ludwig sitzt
311 (3,3).
b) stehen und liegen: vrer stehet, der biete die band
dem, der ligt Petri Kkk 3^ (2, 718); dn weeszt's, was
mir a so seufzen een'n tag um a andern, ob m'r stehn
oder liegen G. Hauptmann d. vxber « (2); un wo schön
sagt derselbige berühmte dichter in seine herrlichen
sluszworten :
'so geiht't de prahlhäns' alle tid,
nn wenn sei mein'n, sei stahn, denn ligg'n sei in de schit'
Reuter 2, 406, 9 Seelmcnn (strömt. 2, 26, vgl. unten 10, d);
tritt auf die seite, herr, recht weit, recht weit,
sonst stoszen sie dich um, und wenn du liegst,
so kannst du doch nicht schwören, dasz du stehst
Hebbel 4, 293 Werner [yibel. III, 4, 13).
c) neben sitzen und liegen:
si stuonden ode lägen
ode ss;en in gezelten
Parz. 513, 6.
neben diesen und verben der bexcegung {vgl. unten) : sizanti,
kankanti edo stantanti (sedens, ambuUins. vel stans)
Hattemer denkm. l, 56 {benediktinerreg. 7); sich an die
frünt gotz, wie gar erberen . . . wandel sy haben in
weisz unnd geberd, in wort und werck, in sitzen, geen
und steen Keisersberg granatapfel F 3*; siehe den
blühenden Jüngling von 25 jähren, das leichtschwebende,
schwimmende, elastische geschöpfe! es liegt nicht; es
steht nicht; es stemmt sich nicht; es fliegt nicht; es
schwebt oder schwimmt Lavater physiogn. fragm. 2, 244
{ZOfragm., auch Göthe 48, l.5i):
swä er reit oder gie,
swä er stuont saj oder lac
Stricker Karl 299;
dö sitz, du stant, du wat, du swim
Marner 1, 2 Strauch;
ich mag gleich sitzen, oder gehen,
ich mag gleich liegen, oder stehen,
80 bist du dennoch hier, wo ich zugegen bin
B. Neukirch ged. (1744) «. 99.
i) andres seltner: so stehen im gegensatz zu knien:
kann der körper im knieen wohl seine ganzen kräfte an-
strengen? kann er den spiesz so gerade, so mächtig
vorhalten als im stehen? Lessing 8, 120 {antiqu. briefeaa);
entsag' dem thron, und knie du, wo ich stehe
Shakesp. 2, 343 {Heinr. VI., 3. th., 5, 5).
vgl. 4, b, ß und: .
er könt (im 'thurm') weder lige, er könt weder stoh,
er mfiest wol uf den kneuen goh
ToBLER Schvoeiz. volkfl. 1, t. 107, 6.
4) in einigen vereinzelten faMen unrd stehen von körper-
haltungen gesagt, die über die eigentliche Sphäre des uxyrtes
hinausreichen .
a) ein mittelding von stehen und sitzen ist: der reuter
im Sattel sitzende stehet in den süeffbügeln (stegreiffen)
(sfapedibus insistit) Comenius sprachenth. 451. {vgl. auch
d. arm. Heinr. 4€3 unter 2, 5.) — ähnlich heute auch beim
t radfahren, in den pedalen stehen, doch so, dasz wirklich
die körperlast in der hauptsache auf den füszen ruht.
b) die ältere spräche vertcendet stehen, stfin im gegen-
»atze zur neuem in zwei fällen, wo zwar der körper im
ganzen aufrechte haltung hat, aber nicht von den füszen
getragen tcird:
a) am kreuze stehen von Jesus {wofür heute nur
hängen) :
sich, der man, der dort an dem cruez stehet,
das ist Jhesns von Nazareth
Alfeld, pattionttp. 6296;
da Jesus an dem kreuze stund
und ihm sein leichnam was verwundt
Erk-Böhmb Uederh. 3, *. 668 {ßetangb. v. 1546);
Mr.
dazu: sihe, min liebin mätir, wie ich stan; mir sint
mine füje an dag crüce geheftet . . . st. Georgener pred.
305, 13.
ß) mhd. auch üf den knien st6n {für knien, vgl. 3, d;
jetzt nur auf den knien liegen):
unde stuont vrou Lünete
Ht ir knien an ir gebete Iwein 5157
{in demselben sinne blosz:
diu stet an ir gebete 5886);
d6 er vor sinem bette stuont
tkf sinen knien also bar
Stricker Karl 312.
5) stehen mit adv^bialen und prädicativen bestimmungen,
die theils das wie des Stehens seiist, die haltung der beine
und des korpers charakterisieren, theils begleitende momente
andeuten.
a) besondere arten des Stehens {im eigentlichen sinne,
abgesehen von den unter 2 behandelten abarten) werden
besonders in der tumkunst, tanzkunst u. s. w. unter-
schieden: mit gespreizten oder geschlossenen beinen
stehen, mit auswärts gekehrten füszen, mit zusammen-
geschlagenen hacken stehen u. a. stehen (tanzkunst),
die kunst, bey der tragung des körpers recht zu stehen,
man kann dieses auf dreyerley arten verrichten : l) mit
auseinander gestellten füszen and gegen über stehenden
fersen, oder wenn man 2) den linken fusz gegen den
rechten, oder 3) umgekehrt, den rechten fusz gegen den
linken etwa eine band breit von einander setzt, und
der absatz des Schubes der schnalle des andern fuszes
gegenüber zu stehen komt. diese dreyerley Veränderungen
beobachten manns- und frauenspersonen . . . die fehler
im stehen sind, wenn man kranichsmäszig auf einem
bein stehet, oder die beine übereinander schlägt, oder
auf dem rechten auftritt und das linke ruhen läszt
Jacobsson 4, 270». — als ich mich noch einmal nach
ihm umsah, stand er breitbeinig hoch oben am uferrand
M. Dreyer Strand (l910) 197.
b) gerade, aufrecht, schief stehen Adelung (l); er
Stadt auffrächt assistit rectus M.v.aler 383»; aufrächt ston
talo recto stare 389*; aufrecht stehen, gerad stehen, stare,
tenersi dritto. ritto Kramer dict. (1702) 2, 927»'; die wagen
näherten sich itzo der erden, dann hüben sie sich in
die luft; aber die führer stuhnden aufrecht auf dem sitze
Breitinger crit. dichtk. (i740) 1,40; der alte Wachtmeister
steht aufrecht er stützt sich mit der linken auf den
lehnstuhl Liliencron letzte ernte 149; in der jacke
stand der stramme mann stur aufrecht vor ihr und
lachte sie vergnügt an Enking fam. P. C. Behm 27; da-
für: alle blicke folgten der richtung, nach welcher die
band Irmgards wies, die hoch aufgerichtet in der laube
stand Freytag 8, 41 {ahnen 1, 1, 2); er war einer von
denen, . . . bey denen, wenn sie grad stünden, die rich-
tung des mittelpunckts der schwere 6 zoll vor die grosze
zehe fallen müszte Lichtenberg nacht. 12; der junge
stand gerade auf vor dem vater und wunderte sich, was
der reden könne Storm 7, I66; es klang fast schreiend,
als er dem angeklagten zurief: 'stehen sie gerade, die
haltung, die sie da annehmen, ist eine beleidigung des
gerichts!' Popert Harringa 5. auch:
oft seh ich ihr aus tiefem thal mit stillem
erstaunen zu, wenn sie auf hoher trift
In mitten ihrer heerde ragend steht
Schiller 13, 175 (Jungfr. prd. 2).
stramm stehen, bes. technischer atisdrttek beim militär u.
ähnl.: die drei alten ausgedienten feldwebel standen
stramm, wie die pappen, als die beiden prinzen vorüber
kamen Jahn volksm.. aus Pommern i, s. 87.
c) krumm, schlemm stehen stare storto, pendio; in-
clinare, pendere Kr.^mer dict. 2, 927*;
seht, wie er krumm steht — wie er emsig gräbt!
Werner göhne des thalet 1, 49;
siehst da nicht, dasz er mit krummem rücken imd ein-
geknickten beinen vor dir steht? Hebbel 8, 227 Werner;
sein junge stand furchtsam mit geknicktem knie in
seinem schurzfell neben ihm Frenssen Kl. Hinr. Baas
403; gesangen wurde stehend . . . hitze, anstrengung und
vor allem die unbequeme stellang (man stand mit ge-
93« Mr.
1479
STEHEN (II. A. 5, c-f)
STEHEN (II, A. 5, f-h)
1480
beugten knien eingeklemmt zwischen tisch und bank)
brachten mir ein paarmal einen ohnmachtsanfall Paulsen
aua meinem leben 83. so auch:
der herzog schläft, und alle diener stehen,
von seinem schmerz durchdrungen, stumm gebeugt
GöTHK 9, 303 (nat. tochter 3, 1).
d) unsicher, wankend stehen, mit neigung zum fallen
(vgl. unten 10, 6): mein vater stand wankend; auf einmal
warf er sich auf die erde und blieb todt liegen Lenz
1, 50 IVeci {hofm. 4, 2). — fest stehen : fast stehen, adstare
Dasypodius; fest, sicher stehen Campe (i). häufig in
bildliche vencendung übergehend {vgl. unten C, 13, a, ß) : dir
schwindelt! halt dich an mich! und ob die weit sich
dreht, du wirst fest stehen! Hebbel 8, 157, 28 Werner
{Agnes Bern. 1, 18);
der steh auff gott, der stehn wil für gefahre!
er steht viel fester noch als feste cedem stehn
LoGAU 1, 8, 25.
verstärkt: alles schläft, alles ist berauscht, ich bin der
einzige, welcher noch fest auf den füszen steht Puppen-
spiele 1, 68 Kolltnann. dafür satt stehen bei Fischart
Garg. 341, s. unten 7, b, ß. — wer unsicher steht, oder wer
nicht allein, von selbst stehen kann — der schwaclie,
kranke, erschöpfte, betrunkene — , bedarf der stütze; er
steht mit hülfe von krücken, auf andre gelehnt oder von
ihnen gehalten, der gesunde, starke dagegen steht ohne
stütze, ohne krücken:
im {dem betrunkenen) zaeme baj, möht er gebrüchen
sine füeje,
das ei' ^6 helfe bi den liuten möhte stän
Walther v. d. Vogelwbide 30, 3.
(im bilde:)
ja, ja berufen warst du, zu zerdrücken
die schlaffe zeit, damit sie kraft gewinne
durch druck, zu stehn von neuem ohne krücken
RüCKERT (1882) 1, 35 (geh. son. 58).
dafür: allein stehen: ach, herr, ich bin nicht im stände,
allein zu stehen Shakesp. 2, 199 (Heinr. VI., 2. th. 2, l),
wofür gleicJi darauf in dernselben sinne: ich bin nicht
im stände zu stehen.
c) steif, starr, unbeweglich, angewurzelt stehen u. ähnl. :
der graf stand steif und starr wie eine bildsäule, ohne
leben und bewegung MusÄus volksm. l, lOl Hempel; er
sagte mir: . . . ich habe sogar . . . vor dem könig gesti-
kulirt! — vor einem könig . . . müsse man steiff stehen,
und sich nicht rühren Zimmermann wJ. Friedr. d. gr.
(1788) 292; Juan stand starr und eingewurzelt Bonaven-
tura tiachtwachen 44, 26 Micliel; Juan stand starr wie
eine bildsäule 47, 28; er liesz den erhobenen arm sinken
und stand, wie in ein wunder verloren, regungslos Hebbel
8, 78 Werner; die königin stand unbeweglich und starrte
in die glut Freytag 8, 205 {ahnen i, l, ii);
ein solcher {mann) stehet steiff mit unverwendten fftssen,
er weichet niemandt nicht, sein feinde weichen müssen
ZiNCOREF auserl. ged. «.62 neudr.;
nun stand da.s volk vor entsetzen
eingewurzelt, und sah mit wildem blick zu dem kreuz auf
Klopstock Mess. 8, 423 ;
schon Soschen steht noch strack und gut
GöTHB 2, 39;
wie starr er steht
und in die wogen schaut
TiECK 13,210;
wie anbeweglich du im heiszen zome stehst, . . .
so sah ich oft den stier im wüthenden gefecht
ganz angewurzelt stehn
Fr. Schlroel Alarco» 36;
90 auch:
aber ich stand und rührt« mich nicht; dämonischer stille,
nnergrfindlicber ruh' lauschte mein innnrer sinn
MÖRIHB Otd.' 98.
f) häufig mit vergleich, wie an-, eingewurzelt stehen
(ekne wie *. Klopstock unter c): Wilhelm stand wie
angeworzelt Götiib 80, u (Wilh. Meister 7, l); er hätte
Tertinken mOgen, stand aber wie eingewurzelt 21, 14«
(wanderj. l, 6); der wicht stand da wie vom donner ge-
rfthrt MurAub voUctm. 1, S8 Hempel (Rübet. >); und der
bann wich nicht von den zerlumpten gasten der zuoht-
blater, die wie angenagelt standen Popert Harringa
$. 7t; dafür: im zimmcr steht ihr, als wenn ihr ange-
nagelt wäret Hbnslbr Donauweibclien l, l, 18. — stehen
Mr.
wie ein stein, wie eine sänle u. ähnl. : ut Bagas ata».
du stehst wie ein klotz, 61g6tz, Tielmann, leuchter etc.
Franck sprichw. 2, 51*; da stehet er, wie ein stock,
oder stetig pferd Luther 5, 70'»; eynem steyne geleich
s. Arigo unter I, B, 3, b, y; da aber Eibenstein noch
immer als ein steinern bild stund, und weder redete
noch sich bewegte caval. im irrg. (1746) 192; er war gantz
ausser sich selbst, stund als ein steinern bild 203; und
so standen sie, als die tafel aufgehoben und der kaffee
gereicht war, wie wachspuppen rings an den wänden
GÖTHE 28, 218; Faust stand einen augenblick wie ver-
steinert Klinger 3, 136 {Fausts leben 3, 6); dann stand
sie wie eine säule, das haupt gesenkt Liliencron letzte
ernte 70;
die unerhörten klagen
des jynglings, der auf der geliebten grabmahl
starr wie ein marmor steht, dann bebt und weinend
gen himmel sieht
Wieland 1, 373 Berl. ausg. {die unglyckl. 200);
vgl. 364 unter I, B, 3, e, 5- dafür: der küster . . . gab
keinen laut von sich und stand als wenn er von stein
wäre br. Grimm märchen s. 13 {nr. 4). ähnlich Kleist
2, 23 unter I, B, 3, /, y, dd. eigentlicher, prädicativer au»-
druck anstatt des vergleich»: könnt' ich, wie das morgen-
ländische weih, eine marmorsäule da stehn, so wollt'
ich zurück schaun! Gerstenberg Ugolino b (*. 261, 35
Hamel). U7igexcöhnlicher : dasz sie nach ihrer entschlosznen
schnellen rückkehr da so eisern standen Klopstock
10, 211 {Hermanns tod 11). —
starr stand, wie binsen starr, der schwärm der gaste
Dehmbl aber die liebe 205;
berl. er schtand wie 'n boom Bren dicke 178» (5).
g) mit näherer bezeichnung der körperhaltung : Humbrecht
steht mit geschlungenen armen, guckt Evchen, dann das
kind, starr an H. L. Wagner theaterst. (i779), Evchen
Humbr. 5, 10, s. 144; ich stand mit den äugen zum him-
mel fragend: wo ist hin die sonne, das licht der weit?
MALER Müller i, 34; man stand mit gefalteten bänden,
wenn sie vorbeiging Göthe 20, 275 {Wilh. Meister 8, 9);
vor einem leeren thron . . . stehen gebundene krieger in
demütbiger Stellung briefe a^, 285, 19 {an Zelter d. 13. märz
1822); freude, entzücken, erstaunen, schössen durch des
bürgermeisters geist ; er stand vor dem teufel mit weit
aufgesperrtem munde Klinger 3, 75 {Fausts leben 2, 3);
Teil (stand mit vorgebognem leib, als wollt' er dem pfeil
folgen . . .) Schiller 14, 364 {Teil .s, 3 bühnenanic.) ; er
stand mit gesenktem haupte und betrachtete in seinem
Innern die gestaltlosen bilder Tieck 8, 15; das äuge zu
boden geschlagen, stand sie, indem sie sich den köpf
hielt Kleist 3, 335, 1 E. Schmidt; lautlos, mit gerungenen
bänden, stund der müller an der halde rand Gotthelf
4, 45 Vetter; auch diesmal stand die vorsichtige . . . mit
eingestemmten armen vor ihrer thür Ed. Genast au» d.
tageb. eines alten scluiusp. 1, 65; alle standen mit offnem
munde Hebbel 8, 178 Werner; wir stehen mit den kuh-
füszen in anschlag, um auf alles gerüstet zu sein Raabk
der hungerp.^^ 162 (15. kap.); wie sie aber den schmied
fanden, standen sie offenen mundes, staunten des Wun-
ders Popert Harringa 120; Theo (steht mit über der
brüst gefalteten bänden) G. Reiche märtyrer ». *6. —
lothr. was stehsch de do mit der zung im null? warum
giebst du keine anttportt Follmann 495».
A) mit angaben über kleidung, au»rü»tung ttnd ähnl.:
nackt stehen, *. unten k und Lichtwer ttnter I, B, 8, e, ^,
For-ster unter I, B, 2. h, ß; s. ferner H. Sachs unter
I, B, 2,/, tj, ee; die nach im kamen in vor dem richter in
dem hemde sten funden (trovarono ancora in cami»cia
dinanzi al giudire) ÄRioo deeam. 58, 38 Keller (S, 1); und
80, die mutze samt schirm ins gesiebt gezogen, stand er
auch heute wieder . . . vor einer . . . blumenestrade Fon-
tane werke A, 184;
der kOnIg steht in fsstlichem omat
SciiiLLSR 18, M7 {Junafr. v. Ort. 4, S);
indem dieses innen vorgicng. war die ganze gamison aus-
gerückt und stand vor dem Kuileinburgischen hause unter
dem gewehre Scuillbr 7, 817; Fritz von Berg und Pätus
(stehn mit gezogenen degen) Lenz i, 6i Tieck {hqfm. i. 61):
dooh wMthalb stehst du mit gezacktem schwerdt?
Shaketp. 6, 83 {TU. Andnm. S, 1).
Mr.
1481
STEHEN (II, A, 5, i-o)
STEHEN (II, A, 5, o—q)
1482
t) mit ausdrücken des seelischen zustandes: do se alle
aldus stunden in gantzer otmodicheit , trat to de prior
des closters d. städtechr. IG, 518, 34;
die herold nit ansprachen jhn (Achilles),
sonder stunden mit reverentz
und ehrerbietung an der grentz
Spreng nias (1610) 8» («. 1, 331/.);
wie stehst du da mit forcht und zitier?
46*" (tl nttäaaui ... 4, 371).
&) mit prädicativen adjectiven:
und wirt din schäme harte grö;,
die du von schulden danne hast
unde nacket vor mir stäst
Hartman v. Aue d. arme Heinr. 1090
{dafür:
schiere stuont si äne wät
und wart nacket unde blöj 1196);
bi frowen trüwe ich niht vervän,
waui da; ich müede vor in stän
ders., minnes. frähl. 216, 36 ;
*. auch Oswald v. Wolkenstein i, 15 unter I, B, 2,/, s, aa.
Forster ebenda, h, ß. loser angeknüpft: was steht ihr
noch hier, müszig und angeheftet? Lessing 2, 81 {Sara
Sampson 5, 5). gebunden stan, *. Jaspar v. Gennep unter
l, B, 2, f. Tl. ff;
dar umbe er stat gevangen,
gebunden vor dem riche
Ruolandes l. 299, 26;
so auch: er {gotf) ist frey und ungebunden allenthalben
wo er ist, und mus nicht da stehen als ein bube an
pranger odder hals eisen geschmidet Luther 23, 151, 5
Weim. ausg.
V) in andern föUen eher adverbial zu nehmen: was stehst
du so feierlich, base? Freytag 8, 144 {ahnen l, i, 8);
so stuont so minnecliche daj Siglinde kint
yib. 134, 3 ;
an die thüren will ich schleichen,
stiU and sittsam will ich stehn
GÖTHE 2, 121 ;
wie standen sie {die Wettfalen) prächtig auf der mensur
mit ihren löwenherzen
Heine 2, 452 Eliter {DeuUchl. 10);
(Jim bilde:)
steh', wer da wollte, hoch und kühn
auf des hofes schlüpfriger höhe !
Schubart leben u. geginn. 1, 280.
m) mit bezeichnung des ästhetischen eindrucks: gott stand
in all seiner pracht maler Müller l, 89. ähnlich sehr
oft in freierem gebrauche, s. C, 11, a. loser: ihn dauerte der
schöne gefaszte Jüngling, der jetzt noch in voller kraft
und gluth des lebens vor ihm stand Hebbel 8, 72 Werner,
vgl. ferner: diese hauptpersonen {des dramas bei Shake-
speare) stehen im hellsten lichte, bis zur völligen dorch-
sichtigkeit erhellt Ludwig 5, 115.
n) in beziehung zu andern, allein stehen u. ähnl.:
wieder stand die königin allein Freytag ahnen i, 186
(1, 8); bei seinem grübeln und suchen trat er weit von
den leuten zurück, zu denen er gehörte, uhd weit von
allen menschen . . . und stand allein, und besah die
menschen Frenssen Baas 364; und sie lachte, lief da-
von und verschwand um die ecke des nächsten hauses,
80 dasz sie wie weggeblasen war und der Pertl allein
stand W. Fischer Murwellen 6. s. auch Alsfeld, passionssp.
137 unter I, B, 2,f, a, aa. und Hesse unten 7, b. a. dazu:
alle die empflndungen, die ihm die tänzerinnen ein-
flöszten, wollt' er seiner einzigen bringen, die einsam
wegstand J. Paul 3 {mumien 3), 18. — in anderm sinne.
». d zu ende. — häufig in freiere Verwendung übergehend,
vgl. Jaspar v. Gennep 438 unter I, B, 3,/, a, aa; so:
ja enstet niht eine {ohne helfer) min bruoder Hagene
A'jö. 2044, 2.
o) von mehreren, zusammen, beisammen stehn: {von
götterbildern :) denn wo Themis und Minerva in einem
tempel beysammen gestanden, haben sie allezeit den-
selben berühmter gemacht Lohenstein Arminias l, d i**;
s. auch Gessner 2, 21 unter I, B, 3, e. ^. vgl. femer:
sie fand den tapfem hochberähmten söhn
Lykaons von den Schilden seiner schaar . . .
umschirmet, stehn Bürger 157» {IL 4, 90).
mit angaben der gegenseitigen richtung. zwei zusammen-
stehende können einander dtu gewicht zutcenden; so im
Mr.
kämpfe: es müsz mann gegen mann stöhn Carbagh, *.
I, B, 2,f, a. bb. dafür äuge in äuge stehen; auch vom ein-
zelnen: dasz der alte von demselben manne sprach, . . .
vor dem er selbst eben erst aug' in äuge gestanden
hatte M. v. Ebner-Eschenbach 2, 48. so auch: 'warum
natürlich?' sagte sie und stand zu ihm gewandt Frenssen
Baas 502. — oder sie stehen neben einander, und dann
vielleicht band in band oder arm in arm; so im bilde:
mit einer mappe und zubehör versehen, lief ich bereits
unter den grünen hallen des bergwaldes hin, jeden bäum
betrachtend, aber nirgends eigentlich einen gegenständ
sehend, weil der stolze wald eng verschlungen, arm in
arm stand und mir keinen seiner söhne einzeln preis-
gab Keller l, 200. vom einzelnen: sie hörte ihn still an,
ruhig in seinem arm stehend Frenssen Baas 344; sie
stand mit geschlossenen äugen in seinen armen 422; als
sie aber da ihm nahe kam und an seiner band schwan-
kend stand . . . ebenda, die erstere wendung scheint irn
ganzen neueren datums, ist aber sehr anschaulich und in
jedem sinne tadellos, doch schon:
söhn, stehst du in den armen der verworfnen {Medeas)'i
Grillparzer* 5, 121 {Argon. 4).
femer: die drei matrosen . . . standen schulter an Schul-
ter neben dem aufgang zur brücke Frenssen Anna
Hollmann 128.
p) das stehen eines manschen wird auch in beziehung
auf einen gegenständ bestimmt: sie stehen schief vor dem
Zeiger Th. Mann königl. hoheit 319;
Casca ist so heszlich alt, dünckt sich doch so trefflich schön,
weil sie masz beym hexen-tantz umgekehrt zum leuchter stehn
LOGAU 2, 9, 75 («. 190).
q) tceitere bestimmungen ergeben sich, wenn eine menge
als subject zu stehen gesetzt wird: da antworteten dem
Jeremia . . . alle weiber, so mit grossem hauffen da
stunden Jerem. 44, 15; die leute standen in einem klumpen
beim leeboot Frenssen Anna Hollmann 20;
mit der ringfürigkeit . . .
warff Roland diesen tisch, den andern auff den rump,
inn dem sie stunden gleich da all auff einen klump
DiKTR. V. D. Werder Ariost 13, 36, 8;
aber der gottmensch blutet, er schaut' auf Juda hernieder,
das, von Jerusalem an bis nah zu dem kreuze, gedrängt stund
Klopstock 4, 118 {Mesg. 8, 282) ;
dafür technisch: oberst Scharnhorst . . . lehrte schon die
der alten bedachtsamen kriegsweisheit unfaszbare ketze-
rei, dasz man 'nie concentrirt stehen, aber immer con-
centrirt schlagen' müsse Treitschke d. gesch. i, 154. —
da man sich am Schlüsse der traktierung dorthin {in d.
küche) begab, stand das gesinde am wege aufgereiht und
begehrte den segen des bischofs Ric. Hüch d. hahn v.
Quakenbrüek 56; sie {d. Soldaten) standen, glaube ich, in
vier oder fünf reihen, die den ganzen platz hinunter-
reichten Solger nachgel. sehr. 1, 52;
die andern die zugleich in einer ketten stehn,
und dick in grosser zahl in keiner Ordnung gehn,
das ist gefangen volck Fleming 143.
in reih und glied, in Ordnung stehen: da gerieth er in
zorn, klopfte auf seinen ranzen so lange bis hundert
und fünfzig mann in reih und glied vor ihm standen
BR. Grimm märchen nr. 54. auch vom einzelnen, vgl.
Scheidt GroÄ. 2155 unter 1, B, 2, f. a. bb : auch zog diese
kleine fleischwunde dem kranken nichts als ein wund-
fleber zu : und wenige tage verflossen, so stand er wieder
in reih' und glied Kleist 4, 164, 31 E. Schmidt, im bilde:
lieber gott, die katzen, schlangen und sonstigen Scheu-
sale, die dir bei der Schöpfung so zwischen den fingern
durchgeschlüpft sind, haben Beelzebubs Wohlgefallen er-
regt, er hat sie dir nachgemacht, aber er hat sie besser
heraus geputzt, wie du, er hat sie in menschenhaut ge-
steckt, und nun stehen sie mit deinen menschen in reih'
und glied Hebbel 2, 51, 31 Werner {Maria Magd. 2, 5).
ferner: die dämme und basteyen längs dem ufer, die
fahnen, waffen und rüstungen der Soldaten, welche so-
wohl hier als auf der brücke in parade standen, glänzten
im wiederschein Schiller 9, 58. — wir standen in einem
halben mond um ihn herum, der russische offizier drängte
sich dicht an den Engländer und stand zunächst an dem
altar 4, 315;
Mr.
1483
STEHEN (II, A, 5. q-1, a)
STEHEN (II, A, 7, a)
1484
im angesicht des ganzen hofgesindes,
das mitleidsvoll im kreise stand, ward sie (d. rocfte)
auf eklavenart an deinem Karl vollzogen
5, 2, 154 {don Karl. 1, 2, 251);
die knechte waren bisher in einem dichten kreise nm
den vater, die kinder und die groszmutter gestanden
Stifter werke 5, i, 293; eben steht man im Viereck und
hat rechts und links seine nebenmänner . . . bei sich
Raabe d. hungerpa3tor^^ 123 (ll. kap.). — bair. kraisz stön
dU feste formel ohne präp., eine art kinderspiel mit d.
ball SCHM ELLER* 2, 709.
r) stehen mit allgemeinen m,odaten ausdrücken {die durch
die anschauung oder den Zusammenhang ihren inhalt be-
kommen); besonders: seht nur einmal, wie ersteht! wie
das alles paszt und zusammenhängt! Göthe 20, 133 (Wilh.
Meister 8, l); wenn er lust hat, kann er gleich, wie er
da steht, mit mir in die Werkstatt gehen Hebbel 2, 29, 14
Werner {Maria Magd, l, 5);
dem heil'gen vater wollen wir vertraun . . .
nnd wollen stehen, wie die väter standen,
sankt Peter über uns, das schwert in banden
Eelbo DUhmarschen 47.
ü) die art des Stehens tcird durch einen vergleich be-
zeichnet, s. oben f. anders:
und wie sich furchtbar 6ch5n, aus dunklem wald
die schlanke ceder hebt in jungem grüne,
steht ritter Alhards herrliche gestalt
A. V. Droste-Hülshoff 2, 207 {Walther 2).
doch tritt die bedeutung des Stehens dabei oft ganz zurück
vor andern Vergleichspunkten:
sam der liebte mäne vor den stemen stät,
der schln s6 lOterliche ab den wölken gät,
dem stuont sie nu gellcbe vor andern fronwen guot
Nib. 282, 3.
€) stehen durch einen folgesatz bestimmt: Kautz (reiszt
sich los, tritt auf die seite, und zieht den säbel, steht
aber so, dasz Kittmann die thüre frey hat) G. Stephanie
lustsp. (l77l) 17 {d. Werber 1, 9 bühnenanw.); da ich so
stand, dasz ich in die coulisse sehen konnte, über-
raschte es mich, zu sehen, wie sie {eine tänzerin) un-
mittelbar vor ihrem auftreten mit einem entrechät das
zeichen des kreuzes machte Moltke Schriften l, 109.
6) stehen mit angäbe der Wirkung ; durchweg ausdrücke,
die ein lange andauerndes stehen umschreiben, gewöhn-
lich sich müde stehen, 'durch vieles stellen müde werden,
oder sich müde machen' Campe (2) : die dienstbarkeit ist
ihm zu schwer, aus dem bette aufzustehen, wenn er
noch schläfrig ist, sich in vorgemächern müde zu stehn,
vergeblich gänge zu thun ... J. E. Schlegel werke 5, iii
{d. fremde, 22. juni 1745); {im bilde:) diese tugend hat
einen vornehmen ton, an ihrem platze ist sie auch
nöthig; nur stehet sie einsam da, sie steht sich müde
und wartet auf ablösung Herder bei Campe;
(da) verging mir schnell der eigendUnkel,
für hart gestraft mich anzusebn,
dasz ich auch, hier in diesen winkel
geworfen, mich soll müde stehn
GOEKINGK 1, 14;
femer: sich (die beine) steif stehen Sanders (8, a); {von
pferden, s. unten 9, a:) und ist es so, so soll er . . . meine
braunen polacken reiten, die sich jetzt steif stehen
Klincer 1, 101 {falsche Spieler l, 2);
ick Stab un stah, un stah de bein
mi denn hinab in't liw herin
Rel'tf.r 1, 169 Seelmann (lauschen t. 51, 63);
ein loch in die erde stehen Sanders (8, a).
7) »ehr häufig icird stehen mit Ortsangaben verbunden,
doch haben diese im allgemeinen keinen einflxtsz auf die
bedeutung. {hierher gehören in gewisser hinsieht auch
b, 0. p. t.)
a) stehen mit ortsadverbien.
a) hier: ich wil dir geben von diesen, die hie stehen,
das sie dich geleiten sollen Sacharja 8, 7; es stehen et-
lieh hie {ttalv xivKi xwv döe katwTo/v), die nicht
schmecken werden den tod . . . Matih. 16, 28; wie der
könig ernstlich nach ihm fragte, tratt Lyons gesellen
einer herfUr . . . and sprach: hie stehet er, nach dem
ihr fraget Ociavian (1076) Q«*; 'hier stehe ich*, rief er
ans: 'ich kann nicht anders: gott helfe mir: amen'
Rankb äeutadi« gt$eh. i, SM; hier stehen meine zeugen I
Mr.
Hebbel 3, 195, 33 Werner {Agnes Bern. 3, 13); 'stehst du
hier, Elke?' frug er Storm 7, 182;
hie stehn wir meister lobesan,
thet der scbinder beym bencker stan
Eyerino 1, 610;
und glaubt ihr euch vielleicht durch mich betrogen;
hier steht ein mann ! da I fragt den astrologen
GöTHB 41, 17 (Fatist II, 1);
es braucht nicht neue räthsel zuzuspitzen,
nnd neue köpfe abzuhacken — da!
hier steht der mann ! der hats erratben !
Schiller 13, 397 (Turaiuioti, 4).
da, dort: dar steht er, eccum, adest! Stieler 2128; do
stehet got nicht myt der keule alda, sed proponit tibi
promissionem remissionis peccatorum Luther 34, l, 2li,
19 Weim. ausg.; komm nur ins haus, Pertl, weil du ge-
rade da stehst W. Fischer MunceUen 55;
der zi [dere] cbilchun gät
und äne rüe da stüt
MCllenhoff-Scherer denkm. 49, 8;
und ist die jnngkfraw die da stet
H. Sachs 1,114';
dasz er dort, wo engel geh'n,
sieht die reine liebe steh'n,
die ihm aufwärts winket
RCCKERT (1882) 1, 42.
nd. wat best du denn da te stän? was stehst du denn
daf Schambach 207*". so auch die aUzu icörtliche Über-
setzung: und es werden seine arme daselbst stehen, die
werden das heiligthum in der feste entweihen Dan. ii, si
(noy» «60 n'x'tn, bei Kautzsch: von ihm entsandte
truppen werden aufstellung nehmen), dastehen ver-
wächst dann auch zu Sinem, worte, worin die Vorstellung
des bestimmten .Standortes ganz aufgegeben und nur die
des Stehens entschiedener und selbständiger attsgeprägt
ist, s. th. 2, 811. — m,it wo; als fragepronomen, s. Wiener
gen. 33, 2 unter I, B, 2, e, ß;
so thut es (d. augc) auf, seht, wo ihr steht, ihr thoren
RÖCKERT (1882) 1, 14 (geh. ton. 16).
als relativpron. : aber es ist nicht blosz der empfindelnde
gedanke, zu stehen, wo dieser oder jener grosze mann
stand Göthe 37, 35 {Winckelm.) ;
so schimpfTt, so schilt man auch die beste; ja wo nur drey
pedanten stehn,
da rausz sogar im kirchen-staude die pfarr-frau durch die
hechel gehn
Günther 429 ($. Stbinbach 2, 669);
im bilde: wie sehr weiche ich nicht von den eingeführten
begriffen ab! ich gestehe es, aber man musz sich nur
an eben den Standort stellen, wo ich stehe, und man
wird sich alsdann sehr leicht mit mir vereinigen Th.
Abbt verm. werke 2, 16 ; dafür in der altem spräche da :
die stete, da du stehest {i(p (p eaTrjxaq), ist heilig land
ap. geseh. 7, 83;
d6 gink he wedder n& den
dfir he den engel st&nde vant
van d. holte de* hiU. eru:e$ 183;
s. auch Garg. 454 unter I, B, l,f, a.
ß) nahe stehen: Lene . . . stand nun so nahe, dasz
man sich mit Icichtigkeit die band reichen konnte Fon-
tane 5, 128; gewöhnlich mit dativ: Johann (welcher sieht,
dasz ihm Lisidor wieder nahe steht) Lessino 1, 897
{/reyg. l. 4);
kOnnt' ich doch ihm nahe stehn,
schweigend ihm ins äuge sehn
Houwald leuckU. t, 8. 990;
was alles an den thalem hing, die ich damals auf der
flucht von mir warf und dir an den hals, weil du mir
zunillig zunächst standest Raabk zum wilden mann 6f>.
8. auch E. V. Kleist l, 64 unter l, B, 8, «. g. — nicht »eUen
einem fern gegenübergestrllt:
Blinca, wann sie ferne steht, kan sie liebe leicht ervvi.km;
Blinca, wann «e nahe steht, kan sie lieb« leicht er^t k :i
LooAU S, n, ...
der garten ist ein stern. dorn innn nah' steht, der stem
ein garten, dem man fern steht Heiiiikl s, 404 Werner,
dieses allein: et qui itioia me erant de lange »ttterunt.
unde die bt mir uu&ren, ferro stuOndcn Notkkr I, 188, 16
Piper {ps. 87. 18); nhd. gewöhnlich von ferne: aber s^e J
Schwester stund Ton ferne, das sie erfaren wolt, wie ••
Mr.
1485
STEHEN (II, A, 7, a)
STEHEN (H, A, 7, b, ä)
1486
jm gehen -würde 2. Mos. 2, 4; und der zölner stund von
ferne ^axQd&fv saxwq) Lue. 18, 13; und werden von
ferne stehen für furcht jrer quäl qfenb. Joh. 18, lO; erst
standen wir alle von ferne Göthe 18, 9 (Wilh. Meister
1, i) ; das kind sagte : nur wenige (geister) seien noch
üi)rig geblieben und sie stünden von ferne 34, 190 {Cel-
lini 2, 1); (von personif. abstracten:) die freundschaft
stand von ferne und schwieg Schiller 4, 15;
ihr klagende plagen steht jetzo von fernen,
es fliehe der ächzende krächzende neid !
[K. Stieler] geh. Venxu s. 21 netidr.;
sie sanken unter meinem hiebe,
von ferne stand ihr schiffgeleit
Denis lieder Sineds (1772) 42.
hei ergänzender bestimmung geicöhnlich weit von einem,
etwas : weit von einem, weit von einander stehen, stare
lontano, discosto, allontanato, separate da uno Kramer
dict. 2, 928<=; nicht weit voneinander stehen, modicis inter-
vallis positiim esse Steinb.\ch 2, 668; nicht weit von der
laube stand der rauhe Cain auf einem steine m.\ler
Müller i, 67;
ja, auch die freunde selbst, die scheuen meine planen
und stehen weit von mir
Fleming 1, 6 Lappenberg {poet. wcUder 1, 3, 31; 38 p«. 12);
indem er nun nicht weit vom feuerherde stand,
ersah er, dasz die glut noch nicht ganz ausgegangen
KoENiG ged. (1745) 41.
y) abseits, seitwärts stehen.-
als Geliert, der geliebte, schied, . . .
stand Oeser seitwärts von den leuten
Göthe 2, 153;
die kinder stehen scheu seitwärts Grillparzer' 5, 137
(Medea 1, bühnenanw.) , die mönch stunden, unterdem er
die strafe litt, betend abseits E. v. Handel-M.\zzetti
d. arme Margareth 390. ebenso: der alte wandte sich gegen
die in Verwirrung zur seite stehende matter Kleist 3,
542, 29 E. Schmidt; der alte stand zur seite und beob-
achtete mich heimhch Seidel 2 {vorstadtgesch.), 72; stehe
sie bei seite, base Schlotterbeck Raabe d. hungerpastor^
52 (5. cap.); alem.: die schildwache erwiederte, sie stehe
da so neben draus und erfahre nicht viel, was im Innern
der Stadt geschehe Hebel 3, 119; s. auch Erlauer sp. 3, 54
unter I, B, 2,f,a, aa.
6) drauszen stehen: Petrus stuont üje zi thSn duron
{stabat ad ostium foris) Tat. 186, 2; kom er ein du ge-
segneter des herrn, warumb stehestu draussen? i. Mose
24, 31 ; sihe, da stunden seine mutter und seine brüder
draussen (flazrjxecaav e^io) Matth. 12, 46;
warumb wilt du draussen stehen,
du gesegneter des herrn?
P. Gekhaedt bei Fischer-TCmpbl lärcherd. 3, 325»;
der abt sich des münches fremde name, im wol gedacht
do er an der kamertüre auszerhalbe stund sein nicht
solte war genomen haben Arigo decamer. 37, 6 Keller
(1, 4). das gegentheil:
doch nein, eoch mT ich nicht, ihr steht schoa drinnen
RöCkert (1882) 1, 11 {geh. s<m. 10).
f ) vorn, hinten stehen : Lyon, welcher dahinden stunde,
schämte sich selbst anzuzeigen Octavian (i675) Qe*; hinten
{auf d. wagen) stand der diener des jungen königs, das
war der treue Heinrich br. Grimh märchen nr. l;
wir kinder standen ganz hinten Steffens *. unten b,
6, cc. auch im superl.: he wil, daj man mane hem
Heinriche, der da zu vorderst stet Freib. stadtr. s. 186, 18
(29, § 5). — oben, unten : sihes düo, uuie dör da öbe st6t
ae den linebergon Williram 37, 7; oben an stehen,
primas tenere; er steht oben an, in primis consistit;
oben drauf stehen, super adstare Steinbach 2, 668.
hoch stehen: es ist eine schöne aussieht von hier oben;
wenn man aber so hoch steht, musz man sich in acht
nehmen, dasz man nicht die lust bekömmt, hinunter
zu springen Tieck 5, 139. so sehr oft in übertragenem
sinne, s. unten C, 2, f.
5) umher stehen:
engel stehen umher, werfen mir krönen zu
Hölty «. 74 Halm,
ähnlich ahd.:
stüant tho thir umbiring
beisammen stehen, s. oben 5, 0.
filu manag ediling
Otfrid 1, 9, 9.
Mr.
b) mit präposiOonalen ausdrücken, die fheils aügeman
den ort und die räumliche Umgebung, theils das räuatr
liehe verhältnisz zu einem gegenstände oder einer andern
person bezeichnen.
ß) an etwas stehen: an einem orte stehen, in uno
loco adstare Steinbach 2, 668; Abraham aber macht sich
des morgens fröe aufF an den ort, da er gestanden war,
für dem herrn 1. Jfo*e 19, 27; wer wird auff des herrn
berg gehen? und wer Ajrird stehen an seiner heiligen
stete? jJÄ. 24, 3; {bildlieh:) fragili loco stant superbi. an
einer ungewissen und ßlhrlichen stäte stehen die hof-
färtigen Gorvinüs fons latin. 634»;
ich stundt an eynem morgen
heymiich an einem ort
bergr. s. 85, 15 neudr. (40, 1);
o bleib! und steh an diesem platz
lebendig, aufrecht, noch emmal
GÖTHB 9, 277 {not. tochter 1, 6);
an seiner {eignen, festen) stelle, an seinem platze stehen,
tcofür früher: und sihe, der könig stund an seiner stet
im eingang 2. chron. 23, 13; also ward der gottesdienst
beschickt, und die priester stunden an jrer stete, und
die leviten in {var.: an) jrer Ordnung 35, lO; denn ich
stand Sonntag zur rechten stunde an meinem platze,
rechts, zunächst am thron Göthe briefe 27, s. 6; die Jage-
mann hatte an die scene mit Leicester . . . nicht ge-
dacht, rechtzeitig bemerkte ich, dasz sie nicht an ihrem
platze stand Ed. Genast aus d. tageb. eines alten schausp.
1, 117; so auch: am markte stehen Adelung (i); an dem
markt stehen Eulensp. 20 unter I, B, 8, b, y. xcofür jetzt
geicöhnlich: auf dem markte, urigetcöhnlicher : an der sonne
stehen, an einem von der sonne beschieneneii orte (jetzt
in der sonne): aprieor, stare al sole. ... an der sonne
stehen G\lepinus septem (1731) l, 78». analog {für heutiges
im kalten, in der kälte) :
das hembd thü an, und laoff darron,
dasz da nit m&st am kalten ston
ScHEiDT Grob. 138.
uxPirend an in diesen stellen direct auf den ort geht, tco
einer steht, bezeichnet es in der regel eine örtliehkeit oder
einen gegenständ, neben dem jemand steht, einen Über-
gang bilden Wendungen une: öffentlich am wege und an
den Strassen stehet sie (d. Weisheit) spr. Sal. 8, 2; an der
grenze stehen, bildlich: hier steh' ich an der gränze der
natur Hebbel 8, 70 Werner, am ufer eines wassers: es
stunden zween andere da, einer an diesem ufer des
wassers, der ander an jenem ufer. und er sprach zu
dem . . ., der oben am wasser stund Dan. 12, »/. ; alles
volck stund am ufer Matth. 13, 2 (= auff dem lande am
meer Marc. 4, i) ;
ich wei; mich peduhte do ich mines slafTes brfthte,
wie ich stünte eine an eines Stades reine {rande)
Wiener gen. 59, 46;
und an jenem ufer drüben stehen
freund' und lieben, beben auf dem festen
GöTHB 2, 76 ;
und an dem ufer steh' ich lange tage
das land der Griechen mit der seele suchend
9, 3 {Iphig. 1, 1).
dafür dann auch am wasser, am see (vgl. oben Dan. 12, 6
u. Marc. 4, i) : und er stund {ijv earwg) am see Gene-
zareth Luc. 5, l;
gott, wenn ich dich als weltenschSpfer denke,
am meere steh, das deiner faust entrann
Schubart ged. (1787) 1, 5.
auch:
aber indessen stand sie schon fem, am winket des sees
GöTHB 2, 137.
femer: PhiUis stuhnd schon am bach Gessner 2, 50
(Daphnis l);
Mirene stund an einer quelle
Hagedorn (1769) S, 27;
des Hebchens bildnis zeige sich
an jedem qnell, an dem du stehst
Platbn 1, 46 Hempel.
an einem berge.- den tag, da du für dem herrn deinem
gott stundest an dem berge Horeb 5. Mose 4, 10; und jr
trattet erzu, imd stundet unten an dem berge ii; ge-
wöhnlicher: ich stand am fus des donnernden Sina Schil-
ler 2, 178 {räuber 5, l) ;
Mr.
1487
STEHEN (II, A, 7. h. c)
STEHEN (II. A. 7, 6, «-/?)
1488
am felsen stand ich, adler kreisten drüber
A. V. Droste-HClshoff (1879) 2, 9i (de« arzUt verm.).
an einem grabe: als wir an seinem grabe standen, sah
ich eine hübsche, grosze frau mit verweintem geeicht,
die . . . allein stand Hesse Gertrud 297;
stets an dUstem gräbem stehn,
heiszt sich von der weit entwöhnen
Gottsched ged. (1751) 1, 97;
die stunde kommt, die stunde kommt,
wo du an gräbem stehst und klagst!
Frkiligrath' 2, 157 ;
&tM/.cA:
denn der allerheiligste steht an dem offenen grabe
Klopstock Met». 8, 218;
die eule liesz mich nicht schlafen, sie stöhnte über Frida,
die bei nacht am zanne steht und rüttelt Freytag 8, 9
{flhnen 1, 1, i) ; das alte weih fand ich drauszen auf dem
Wege an einem heck stehend Storm l, 78. — viel lieber
stehet er an wettererschlagner fichte maler Müller l, 22;
Maria, voller lieb und trew,
stund an dem creutz und auch dabey
den unser heyland liebte
P. Gerhardt hei Fischer-Tümpel lirchcnl. 3, 305;
ein jung und starckes blut, das schon am iialgen stund,
verblich vor todes-angst Günther 554;
an dem pranger stehen Schiller 3, *19 {kab. u. liebes, 7),
als var. zu an den pr. st., *. unten 13, d, a; der suhstan-
tivierte in/, dazu als directe Zusammensetzung ohne präp. :
das port d'epee ist an deiner seite des pranger Stehens
gewohnt worden ebenda; {ebenso in demselben sinne bair.
schrägen sten Schmeller* 2, 709;) morgen steht sie
(d. diebin) am pranger Kotzebu E d. d. kieinstädter 1, 7.
freier:
höre gesell, es fängt mir an zu däuchten,
wir stehen hier am pranger vor dem hut
Schiller 14, 349 {Teil 3, 3).
da stund der könig an der seulen, wie es gewonheit
war 2. kön. 11, 14;
er sach an ainer sewl stan
ainen güldenen man
Heinr. V. Neustadt Apollon. 23.
an, bey der thür . . . stehen, stare aUa porta Kramer
dict. 2, 928«: (im bilde:) der cherub der aufklärung steht
an der pforte und läszt uns nicht mehr hinein Hebel
3, 229; Petrus stand also an der pforte und hielt wache
BR. Grimm märchen s. 140 {nr. 3.5);
Kamin, zum aufbruch völlig fertig,, stand
die ganze nacht durch mind'stens am portal
Kleist 3, 33 E. Schmidt (prinz v. Ilomb. 1, 4);
#. auch Schiller 2, 168 unter I, B, 3, e, "C,. dafür undeutsch:
das dierlein (dirnlein) . . . den ersten den es nach An-
dreuczo fraget, das er selbes was auf der porten der
herber alleine stunde (lui medesimo e solo trovö in sulla
porta) Arigo decamer. 79, 34 Keller (2, 5). — am fenster
stehen Campe (l), s. Schuppius 109 unter I, B, 3, d, f;
Laertes stand nachdenklich am fenster und blickte . . .
in das feld hinaus Göthe 19, 3 {Wilh. Meister 4, i); dasz
er in der zeit öfter als sonst an dem fenster gestanden
20, 277 (8, 9); sie waren alle warm geworden {vom tanzen),
am meisten die gerade jetzt am offenen fenster stehende
fran Dörr Fontane 5, 148; sie hatte am dunkeln fenster
gestanden and wendete sich ihm nun zu Zahn die da
kommen 89. mhd. dafür auch:
sach ieman die vrouwen
die man mac schouwcn
in dem ven^ter stän?
minnet. frühl. 129, 16 (Heinr. v. Morunoen).
ich atuont mir nebtint spftte
an einer zinnen
8, 1;
and es ward dem könige Salomo angesagt, das Joab
zur hfittcn des heim gcllohen were, und sihe, er stehet
am altar i. kön. i, S9; vgl. Schiller i, sog unter I, C,8,/,/;
sieb! aot eine* ^t«n jfinglingn blicke
•pricbt der wonscb : 'acb I wUrd« mir'« cum glQcke,
neben ibr am trauoltar su ■t«hnt' Gokkinok 8, SA;
frUb, wann die bftbne krftbn, . . .
muaz ich am berde atebn,
miuz feuer sOnden Mörikb ged.* 61 ;
der wirth aber, der bisher ruhig am ofen stand, trat
berror Hibbl 8, lil. — der mann, der hier an meinem
bette stand E. v. Handbl-Uazzetti d. arme Marg. SM;
Mr.
ich steh an deiner krippen hier,
0 Jesulein, mein leben
P. Gbrhardt bei Fischer-Tümpel Hrcherd. 8, 331»;
wenn ich vor tag am waschtrog steh,
80 bleibt die drolle ruhig liegen
Pfeffel poet. vert. l, 84;
die aufgeschürzte bauermagd . . ., wie sie am abgespann-
ten leiterwagen stehet Lessing 6, 11 (Jiit. briefe l, 5). —
der fremde mann, der stumm neben ihm am Steuer
stand Frenssen Kl. Hinr. Baas 139;
doch er stehet männlich an dem Steuer
Göthe 2, 76.
hier setzen freiere gebrauchstceisen an, z. b. :
der im gehölze, mäszig weit, im schweisze
des angesichts an seiner arbeit stand
Keller 10, 149.
wieder anders, ungetcöhnlich : sie {d. engel) sind die Wächter
der nacht bestellt, die hüther der Unschuld; sie stehen
an heiligen stäben, umfassen der klarheit ewigen quell
MALER Müller i, 38. — ein vertrauter mann stand in der
Schlacht an der achsel des herrn, einer reichte den be-
malten Schild Freytag 17, 83; ich stehe immer an eurem
linken ellbogen Raabe zum tcilden m/inn 52; s. aueJi
HÖLTY 76 unter 8. verschlafene Schutzmänner standen
an den ecken Liliencron letzte ernte lOl;
denn ha ! steh' ich so an der ecke,
und hör' von weitem das geschnatter, . . .
kehr' ich mich um Göthe 2, 92.
abstracter: die besten krieger stunden forn an der spitzen
{OL TtQiüTayüJViaraf) l. Macc. 9, ll; daneben: exhortatur
illos militari arte , gleych als sie y n der spicz stunden
Luther 32, 150, 28 Weim. ausg. auch von hier gehen über-
tragene und freiere vericendungen aus, s. unten C, 2, e.
ß) auf was stehen, aliqua re superadstare Steinbach
2, 668; auf etwas stehen, insistere alicui rei Frisch 2,
326''; auf der erde, auf dem stuhle, auf dem tische
stehen Adelung (l). so auf einer stelle, einem orte
stehen (jenes noch heute, dies unüblich geicorden , dafür
an, s. «): der ort, da du auffstehest, ist ein heilig land
2. Mose 3, 5; zeuch deine schuch aus von deinen fflssen,
denn die stet, darauff du stehest ist heilig Jos. 5, 15;
und ein j glicher stund auff seinem ort, umb das beer
her richter 7, 21. auf einer stelle stehen, in eodem stare
vestigio Steinbach 2, 667; immer auf einer stelle stehen
Adelung (l). sehr geicöhnlich auf einem boden stehen:
verwünscht,
dasz wir auf span'schem boden stehn !
Schiller 6, 2, 248 (don Karl. 2, 10, 1981);
der boden, worauf wir stunden, ein hohes, kahles ge-
birge, trägt noch gras Göthe 16, 237 {br. aus d. Schweiz 2);
unaufhörlich vernimmt man dies dumpfe brausen eines
unbändigen dementes in dem Innern des bodens, auf
welchem man steht Ranke deutsche gesch. l, 143; der
prologus, minister von F . . ., konnte doch unmöglich auf
dem platten boden des parquets stehen, es muszte also
eine erhöhung herbeigeschafft werden Ed. Genast aus
d. tageb. eines alten schausp. l, 45; ich steh auf meinem
eignen boden Arnim 12, 182; (im bilde:) findet er ja be-
hagen daran, solche karrikaturen von bösewichtern zn
schildern, ... so erdichte er sich eine fabel, und gebe
seinen pcrsonen . . . auch erdichtete namen. er steht
sodann auf seinem eignen grund und boden; ond da
mag er hausen wie er will Ayrenhopf \cerke (1808) 8, 286.
ähnlich: Lewin sah sich um, nicht ohne einen anflug
freudigen stolzes, auf der schölle seiner väter zu stehen
Fontane l, 12 (vor d. stürm i). mit beiden füszen auf
dem erdboden stehen, s. (iRIMm märchen 116 unter t, c. —
und der engol, den ich sähe stehen auff dem meer,
und auff der erden, hub seine band auff gen himel
offenb. Joh. 10, 5;
Klara achwimmet . . .
alebend auf dem eis heran
MCllnkr dram. trerke 1, 47 (d. 89./e6r. 6, t'. 50«).
mit einem auf dem marckte stehen, cum aliquo in foro
consistere Strinhach t,M7; auf der gMsen stehen, starr...
in piaiia Khamkr diet S, 9S8*; Paolas aber stund mitten
auff dem richlsplatx (rar.: trat m. auff den plats, axa--
&fli . . . iv niatj) xov 'Ai^lov niyov) ap. guik. 17, as;
Mr.
«
1489 STEHEN (II, A, 7, 6, /3)
wer tags lang' auf dem markte steht,
und nachts edlein zu bette geht,
der wird gewiss nicht schweigen
Grob dichter, versvehg. (1678) 130.
auf einem berge, felsen etc. stehen, stare aii una mon-
tagna, rocca Kramer dict. 2, 928»: morgen wil ich auff
des hügels spitzen stehen 2. Mose 17, 9; auf der berghöhe
stand an dem verhau, das die wälder der Thüringe von
den Katten schied, der junge Wächter Freytag 8, l
{ahnen l, l, l);
der dichter steht mit dem zauberstab
auf wolkigem bergesthrone Geibel 1, 28;
{im bilde:)
du bist meine grosze Zuversicht,
du bist der fels. auf dem ich steh, und gen himmel schaue
Klopstock Oden 1, 131, 52 Muncker-Pawd.
s. femer vninderh. 1, 111 unter I, B, 3, e, ^; Shakesp. 2, 22S
unter I, B, 3,/, y, dd; RCCKERT 5, 17 unter I, C, 3,/. ß. —
auf einem thurme stehen, turri auperstare Steinbach
2, 668;
o dasz ich stund' auf einem hohen thurme
RüCKERT (1882) 1, 7 [geh. ton. 2);
ach ! kSnte doch ein mensch auff einer warte stehen,
und über dieses reich die äugen lassen gehen
Opitz 1,8;
ich stehe auff der warte jmerdar des tages, und stelle
mich auf meine hut alle nacht Jes. 21, 8. — ich stand
auf einem hause wo das dach herunter war Göthe
briefe 3, 69 {an Auguste zu Stolb. d. 24. mai 1776) ; ich stehe
wieder auf meiner zinne über dem rauschenden brücken-
bogen 29, 89 {an Zelter d. 19. märz 1818) ;
er stand auf seines daches zinnen
Schiller 11, 230 (d. ring de* Polykr.);
o schönes mädchen du, . . .
die du an 's fenster trittst,
auf dem balkone stehst! Göthe 2, 98.
podium, ein ort aus einem gebäu heraus, da man auff-
lehnend stehen und sich ümbsehen kan, ein ercker. in
theatro dim erat eine bühne, darauff die vornehmsten
herren stunden Corvinus fons lat. 483^; er stand auf
der tribüne wie gott vater E. v. Handel-Mazzetti d.
arme Margareth 382. vgl. d. urk. v. 1653 unter I, B, 2, f,
d. dd und Eulensp. 14 unter I, B, 3, c. wie oft stand er
auf dem theater hinter den wänden Göthe 18, 85 {Wilh.
Meister 1, 15). . vgl. auch: sogar die in der nähe häsz-
lich erscheinenden tänzerinnen waren ihm nicht immer
zuwider, weil sie auf einem brete mit seiner viel-
geliebten standen 86; »o im bilde: so steht nun das ganze
menschengeschleeht . . . auf diesem so wunderbaren,
sonderbaren als schaudervollen schauplatze Klinger 3,
a. X {Fausts leben, vorr.). — auf der brücke zu Lützelflüh
stund eine bange menge Gotthelf 4, 34 Vetter; und da
standen wir denn nun auf der landungsbrücke Fontane
5, 131. — und Esra der schrifftgelerte stund auff eim
hfiltzen hohen stuel den sie gemacht hatten zu predigen
Nehem. 8, 4; ich sähe den herm auff dem /iltar stehen
Arnos 9, 1; der ton der stimme gjebt unsern werten,
wann wir auf der cantzel stehen, eine annehmlichkeit,
die ihnen fehlt, wenn sie zu papier gebracht sind Lis-
cow sat. sehr. (1739) 129 ;
ich sah den groszen mann {GotUched) auf dem
catehder stehn . . .
doch steht er gleich den riesen,
auf dem erhabnen stuhl
Göthe brie/e 1, 18 {an Riete d. 6. nov. 1765).
auf der leiter stehen Campe (l): und sihe, eine leiter
stund auff erden . . . und der herr stund oben drauff
1. Mos. 28, 13; so sah er auf der treppe, dem schallloch
gegenüber, eine weisze gestalt stehen br. Grimm märchen
9. 13 {nr. 4); a. auch Leoprechting 108 unter I, C, 8, /, ß,
H. Sachs unter I, B, 3, e, «,- in der altem spräche auch:
Jacob slaffunde lach, ein leitir er den himil rfiren sach,
got in der leiter stende die engil ouf und nidir gende
genet. 53, 11 Diemer.
hier aehlieszen dann freiere und übertragene gebraueha-
tceiaen an, s. C, 2,/. vgl.: auf der stuffe stehen, in gradu
stare; er steht auf der höchsten staffel, tn aumtno gradu
stat Stein BACH 2, 667; dann die auff der höchsten spitze
stehen, die stehen nicht satt Garg. s. 341 neudr. {kann
eigentlich geaagt icerden. hät^figer jedoch bildlich).
X. 2. Mr.
STEHEN (II. A, 7, 6, y-S)
1490
y) bei einem, etwas stehen.
aa) bey einem ston, assistere Maaler 390»; nach bey
einem ston, assistere propter aliquem, ebenda; nahe bey
einem stehen, prouimum lateri esse alieui Stein back
2, 668; di lute sullen denne bi im sten {bei der eides-
leistung) Freib. stadtr. s. 134, 29 (21, § 2); da sprach David
zu den mennem, die bey jm stunden l. Sain. 17, 26; sihe,
da stunden bey jnen (^ar.: da tratten neben sie, naQti-
airjxsiaav ccvzoTg) zween menner in weissen kleidem ap.
gesch. i, 10; des andern tages aber in der nacht, stund
der herr bey jm {iTitaräc civz<S), und sprach 23, 11; als
nun die jungfrawen also bey den edlen jungen rittem
gestanden waren, die jungkfraw Philomena sie beyd bey
jhren bänden nam, zu öberst desz saals auff einer banck
zu jhr sitzen hiesz buch d. liebe 239^;
Ewenner bi den beiden üf dem hove stuont
Nib. 134, 1 ;
ich hört klegliche wort
von eynem frewlein hübsch und feia,
das stündt bei seinem bulen
bergreihen «. 85, 20 ndr. (40, 1);
und wann es an ein nisen geht,
dem nechsten z4 der bey dir steht
solt husten in sein angesicht
SCHEIDT Grob. 266;
sucht jhr denn mich, so lasset gehn,
die jhr hier sehet bey mir stehn
P. Gerhardt bei Fischer-TCmpel kircheid. 3, 303;
ich wil hie bey dir stehen ilS"», 6 :
so auch:
als ich o Delia dich erstlich hab ersehn,
bey deinen schäffelein in grfiner awen stehn
Venusgärtl. s. 24, 2 neudr.
3. auch Eyering unter a, a.
bb) bei etwas: bey dem grabe seines vaters stehen,
ad tumulum patris adstare Steinbach 2, 668; sihe, ich
stehe hie bey dem wasserbrun i. Mose 24, 13; wenn er
aber aus der priester hende die opfferstöck nam, und
bey dem fewr stund, so auff dem altar brand {avxöq
IffTcy? TCUQ ia/d^ff ßcjuov) Syr. 50, 13; wer bei der
schwelle seines hauses steht und die rosse auf dem erbe
der Väter zählt, der weisz nicht, wie die bedürftigkeit
am herzen des stolzen mannes nagt Freytag 8, 24 {ahnen
1, 1, 2);
wie de nun stunden bey dem bach,
Dominicus sah sawr zur sach
und sprach: 'mein lieber frater Frantz, . . .
wie sollen wir hinüber komen?'
Fischart dicht, l, 140 Kurz {Domin. leben 285);
der gottmensch stand bey dem kreuze!
Klopstock Mest. 8, 183.
auch mit abstraden verbunden: bey der predig ston, di-
vinis assistere Maaler 390».
ce) sehr gewöhnlich unbestimmt dabei stehen {auch in
An wort zusammengeschrieben): wie er darbey stönd oder
gegenwirtig was, astante illo Maaler 394^; di da bi
stünden Beheim evang. Marc. 14, 70; dar zu di gemain di
do bey stunden di swären und hülten im auch Stromer
s. d. städtechr. 1, 53, 9; und etliche die da bey stunden
{xdjv nagfoXTixÖTüiv), da sie das höreten, sprachen sie
Marc. 15, 35;
das <lc tinval dar p! kitamit stentit
MutpiUi 68.
{vgl. Göthe 15, 17 unter I, B, 3, e. ^; Hebbel s, 139 unter
I, C, 3, /. S.)
S) in der altem sprach gegen einem stehen {jetzt
einem gegenüber oder vor einem), und als er seine
äugen auffhub, und sähe, da stunden drey menner gegen
jm {r^ c«2Xj) 1. Mose 18, 2 {ebenso in d. Züricher bibel
V. 1531, s. I, B, 3, b, y) ; und es begab sich, da Josua bey
Jeriho war, das er seine äugen auffhub und ward ge-
war, das ein man gegen jm stund (njjS naj) Jos. 5, 13;
frO Saelde teilet umbe sich,
und keret mir den rügge zuo . . .
81 stet un<!eme gegen mir
WaLTHBR V. D. VOGBLWBIDB 65, 39.
auch: unde stuönden sie uuider mir {et steterunt, adver-
sum me) Notker 2, 138, 14 Piper {ps. 37, 12). — vereinzelt
in der netteren dichtung erneuert: der königliche psalmen-
Sänger hatte seinem erretter eben eins der schönsten
lieder gesungen, ... als Satan gegen ihn stund, und das
94 Mr.
1491
STEHEN (II. A. 7, &. J-j?)
STEHEN (II, A, 7, h, tj-O-)
1492
herz dea königes zum stolz über seine gesänge neigte
Herder 26, 850 Suphan {blätter der vorz. 3, 4).
e) dafür jetzt einem gegenüberstehen: stumm stan-
den sich beide eine zeit lang gegenüber Hebbel 8, 18
Werner;
ihr Schreiber Kurl, stand' er ihr gegenüber
Schiller 12, «2 (.Jtfor. Stuart 1, 8);
macht platz, laszt ihn nns gegenüber stehn
Shakesp. 4, 212 {kavfm. v. Ven. i, 1).
^ hinter einem, etwas stehen.
aa) hinter einem stehen, stare, tenersi dietro ad uno
Eramer dict. 2, 928'"; wann er die sach wolt angreiffen,
war im nit änderst, als stände einer hinder im, der in
darför bette Montanus 86, 31 Balte (wegk. 3i); hinter
den dreyen potentaten stehet der Friede auff einem
etwas erhabenen stul Rist d. friedejauchz. Teutschl. (1653)
s. 185 (3, l); (im bilde:) an dem leitbande des instinkts,
woran sie noch jetzt das vernunftlose thier leitet, muszte
die Vorsehung den menschen in das leben einführen,
und, da seine Vernunft noch unentwickelt war, gleich
einer wachsamen amme hinter ihm stehen Schiller
9, 125; da fiel er dem teufel in die arme, der schon
längst hinter ihm stand Hebbel 3, 205, 4 Werner {Agnes
Bern. 4, 6, s. auch 2, 3, s. 163, 32 ui>ter I, B, 3, /, y, ee);
ich stand gestern abend schon hinter ihnen, als sie . . .
meine arme wohnung betrachteten 8, 272 {nacht imjägerh.) ;
Pallas die göttin kam behend, . . .
stund hinder jhm verborgen gax
Spreng Eiat (Augsp. 1610) &^ {atfj o" d7ii9sv 1, 197).
so auch:
das die held für unbetrogn
hindern orsen stuonden Parz. 385, 13.
bb) hinter etwas: sino, uua er s61bo stßt hinter unser
aaänte Williram 37, l; sihe, er stehet hinder unser
wand, und sihet durchs fenster hohel. 2, 9; der gute
knechte Magucio der mer lust und freüd het in der
kuchen hinder dem herd zesteen {stare in cucina) dann
in der grünen awe die vögelein singen hören Arigo
decam. 402, 26 Keller (6, 10); o göttlicher Piaton! . . .
warum standest du nicht in diesem augenblick hinter
einer tapete, und hörtest diese schmeichelhafte apologie
mit an! Wieland 2, 343 {Ag. 10, 4). — so besonders hinter
der thür stehen Adelung (l): er stehet hinter der thür,
mauer etc., egli ata {si tiene) dietro alla porta . . .
Kramer dict. 2, 928'»; undt du solst dan dich nicht furch-
ten oder gedencken, das ehr ein zorniger richter sei,
der mit der keulen hindter der thuer stehe undt dich
richten . . . wolle Luther 33, 83, ll Weim. ausg.; über-
tragen, aprichw.:
mancher steht hinter der thür;
hat er glück, so kommt er herfOr
Wander 4, 793, 13.
da(r)hinter stehn, a. Gengenbagh 7 unter I, B, 2,/, a, bb;
H. Sachs faatn. ap. 77, 127 unter I, C, 3, d. ß.
Tf) in etwas stehen. — mit allgemeiner angäbe der
Umgebung :
Wolf (Jlntter). stand sie im freien, als sie schosz?
Veniidius. die fürstin?
Scäpio. nein — hier im wald
Kleist 2, 827 E. Schmidt (Hermannsgehl . 1, 2);
nun noch ein schwung: ich stand in freier luft
A. V. Droste-Hülshoff 2, 107 (de* arzte» verm).
80 auch in der sonne stehen, im aonnenschein, da, wo
die aonne acheint: wenn sie einen ansieht, ist's als wenn
man in der frühlingssonne stünde Göthe 8, 60 {Oötz v.
Berl. l; ebenso in der bühnenbearb. 8, 6, werke 48, 888, da-
gegen in der traten faaaung stände 42, 63). im schatten;
dazu ; in des baumcs schatten aber, nahe bey gott, sähe
ich jetzt ein gebild stehen, das war kein engel maler
MOllkr 1, 88; in der dämmcrung Klopstock Meaa. 4,
976, a. I, B, S, e, ^. — ich sähe einsmahls einen schwartzen
menschen, welcher im wasser stund und sich badete
Olrarius Lokmana fah. 17; und die priestor, die die
ladeo des bunds des Herrn tragen, stunden also im
trocken mitten im Jordan {ältere faaaungen: stunden
trocken mitten ym Jordan bereyt) Jo». t, 17; im dreck,
IHÜ weiterer angäbe (apriehte.):
doch wein wir sehenden isder man,
•0 wir im dr*ck über die oren itaa
MuRNBB aeMmmu. S, 40.
Mr.
und ich sähe einen engel in der sonnen stehen {eigent-
lich, andera ala oben) offenb. Joh. 19, 17; und eh er sich's
versieht, ist er {d. ritter) umsponnen und durch den
grotten-eingang gezogen, und steht mitten in dem reiche
der wunder Immermann Münchh. i, 48 {corresp. mit d.
buchb. II). — tds uu&^eres kdrota duo m&nigi dero
uutlosäldon, diu in demo hole stüont Notker l, 707, 82
Piper {Marc. cap. 1, 11);
und er (Goliat) stund in desz berges tal
hocbmütich frech mit seiner wehr
H. Sachs 1, 223, 34 Ketter;
im gesteudig 45, 27, s. I, B, 2,/, «, cc; in ä garte Gtöthe
1, 169 (Schiceizerl.), a. I, C, 3, /, y. und da der könig sähe
Esther die königin stehen im hofe, fand sie gnade für
seinen äugen Esther 5, 2; wie er gesehen hette einen
engel in seinem hause stehen {axaO^evxa) ap. gesch. ll, 13;
o denket wie er stund im bruderhaus E. v. Handel-
Mazzetti d. arme Margareth 382; stund Maria in der
leichenzelle, schneeweisz, mit güldenen zöpfen über der
brüst 343;
ja so! min neve Hörant . . .
stän in siner kräme . . .
nuschen unde bouge verkoufen den vrouwen
Kudr. 251, 9.
in der kirche stehen, s. unten C: der teufel und Faust
standen jetzt verwandelt und vermummt in dem kreuz-
gang des nonnenklosters Klinger 3, 100. — in der stube
stehen, a. Bierbaum unter I, B, 3, e, d; der rector und
seine begleiter standen mit feierlichem ernste in der
mitte des saales H. Steffens was ich erlebte l, 122. im
Winkel stehen: ich denke, sie stehen dort im winkel
Lessing l, 397 (freyg. l, 4); wenn der vater vom hause
wegging, so stund es in allen vier ecken der reihe nach
und hatte nicht ruhe, bis der vater heim war Gotthelp
geld und geist (1894) 2, 24: s. auch Grimm märchen 7 unter
I, B, 3, /, y, dd. der Juwelier . . . stand gerade in der thür
Hebbel 8, 70 Werner (früher unter der thür, s. (i, aa).
— ungewöhnlicheres: die pfeife des tiefen G bekommt
alsdann eine dicke, dass der grösste mann bequem darin
stehen kann Schubart ästhet. der tonk. 278; das nacht-
wandeln ist auch eine krankheit, deswegen steht so ein
kerl doch tatsächlich in der dachrinne Hesse Oertrud 293.
Eulenspiegel steht in seines pferdes bauch, in der pferds
haut Eulensp. 25, s. I, B, 2, /, tj, dd und &. — unbe-
stimmter: ein Jude, der in der nähe gestanden und das
gespräch mit angehört hatte, lief dem baaer nach BR.
Grimm märchen 33 (nr. 7);
er (Friedr. V. v. Dänem.) . . .
winkt dem stummen verdienst, das in der ferne steht!
Klopstock öden l, 87, 33 Muncker- Pawel.
denn da jtzt die todten mit hauffen ubemander fielen,
stund er im mittel {/mra^v ardg) und steuret dem zorn
iceish. Sal. 18, 23; und Jhesus ward gelassen alleine, und
das weib im mittel stehend {4v ftsaca ovaa) Joh. 8, 9;
von dem bild der heiligen Cäcilie wüszt ich nur soviel
zu sagen: die heilige steht in der mitte . . ., die an-
dern heiligen stehen ganz ohne bezug auf sie Göthe
bri^e 33, 107, 5 (an Zelter den d.juli 1880). — gott stehet
in der gemeine gottes, und ist richter unter den göttern
ps. 82, 1; alle engel stunden im ring desz throns Rbissnrr
Jerus. 1, 15»; da sprach der kanzleivorstand, — der (ds
Wortführer im chor stand ROckert (1888) 11, 856 {ma-
käme 6);
wer aber treu bleibt seinem gott
der sol dort ewig stehen
im chor der auazerwehlten
P. Gerhardt bei Fisciier-TOmpbl kircherd. 3, 866^.
und die eselin sähe den engel des berrn im weg« stehen,
und ein blos sohwert in seiner band 4. Moat 88, 88; so
sehr häujig übertragen, a. unter C, 8, », ff und D. — in
einem punkte stehen (uxffür getcöhulieh auf, a. oben ß, tu-
meist übertragen, s. C, 8, e, J): in solchem Standpunkt steht
der geneigte leser am 81. märz Hkiirl 3, ißo; drr fcld-
messer orientirt sich nach einer der himmolxgegcndcn
und zieht also zuerst zwei linien von norden nach
Süden und von osten nach westen, in deren schneide-
punkt ... er steht Mommsrn rbm. geseh.' l, 81.
i^) neben einem: nähend einem st^n, a«.iiatere prop-
ter aliquem Maaler 800*; dis sind aber die namen der
Mr.
1493
STEHEN (II, A, 7, 6, &-1)
STEHEN ai, A, 7, b, Ä-v)
1494
heubüente, die neben euch stehen sollen i. Mose l, 5;
und ein man stund neben mir Hes. 43, 6; neben dem
pascha stand ein alter Türke in einem braunen pelz,
. . . und zwei diener in türkischer tracht Moltke schrifl^n
1. 128; Marwald musz ja davon wissen, die sechsundvier-
ziger standen dicht neben uns Fontane 6, 22 {quitt 3);
0 stand" er hier, der grosze, der gewalt'ge,
und stände neben ihm der stolze kaiser, . . .
wie kleinlich würde nicht der Karl erscheinen!
Werner M. Luther 1, 2, 628/.
seltner neben etwas: Theo (bleibt einen augenblick neben
der thür stehen) G. Reiche märtyrer s. 19.
i) in der altern spräche ob etwas stehn, vgl. Grimm
gramm. 4, 985 neudr.:
da er (gott) daj pilede erlich gelegete füre sich,
di Et&nt er ime werde obe derselben erde
Wiener genes. 15, 29 (7, 21 Diemer) ;
es täte dime herzen we,
söltestu ob mime grabe stän
d. arme Heinr. 847;
den T&tem so jhre s6n oder kinder erschlugen, dr&wet
das gesetz kein todt, sondern drey tag und nacht musz
er ungeessen ob des verstorbnen leich stehen zur busz
S. Franck weltb. (1567} 10»: *. auch Lassberg lieders.
3. 433 unter 9, Ä. der priester stot ob dem altare, s. H.
Sachs unter I, B, 2. /, rj, ee; über das er sich auch zu
priester macht, stäts ob dem altar stunde mesz zulesen
MoNTANUS schwankh. 63, 24 Bolte {wegk. c. 20;.
x) dafür jetzt über, :.icht gerade häufig: über etwas
stehen, rei superstare Steinbach 2, 669; seraphim stun-
den über jm Jes. 6, 2 (sehr üblich in freierem sinne, s.
unten C, 2, /, &. i).
X) um etwas, einen stehen, kann sinngemäsz nur mit
pluralischem, subject gesagt xcerden : hier ist keiner, dessen
ahnen nicht um Genuas wiege standen Schiller 3, 114
{Fiesko 4, 6); es war, als ständen fremde männer um
mein bett Tieck 2, 308, s. I, B, 3,/, y, dd; auffällig und
ungut vom einzelnen: scheme dich, eines andern magd
zubegeren, und umb jr bette zustehen {xcd /ur^ STiiot^q
fTil rfjv xoLTTjV aviTTj^) Syrach 41, 27. — gewöhnlich um
einen: in solichem kläglichen weynen der frawen meyd
und iunckfrawen umb sy stünden (ie sue damigelle, che
dattomo le stavano) Arigo decam. 255, 13 Keller (4, l);
die jung fraw sich zu irem endt kummen sähe, ... zu
den, die umb sie ständen, mit sänffter stimm ir letst
wort sprach Montanus 233, ll Bolte {Gxiisc. u. Sigism. 17);
um einen arzt und seine bühne
stand mit erstaunungsvoller miene
die leicht betrogne menge
in tobendem gedrenge
Lessing l, 59 (,var.: ein Orpheus spielte, rings um ihn . . .
stand die erstaunte menge);
Echutzgeister, die vielleicht mitleidend um uns stehn,
nur diese können noch die stillen thränen sehn
Cronegk sehr. (1765) 2, 6 {einfamk. 1);
wo die jungen geister meiner brüder . . .
zwischen engein um mich stehn HöltV 139 Halm.
gern durch hinzugefügtes her oder herum verstärkt: eir-
cumsistere aliquem, umb einen herumb stehen Corvinus
fons latin. &0S^; circumstare aliquem, ümb einen herümb
st. 646'*; sie standen alle um uns herum Adelung (l).
— da kund sich Joseph nicht lenger enthalten, für allen
die umb jn her stunden (rar. umbher, vhy 2«:v:.t) i. Mose
TT * T ' —
45, 1 ; sihe, umb das bette Salomo her, stehen sechzig
starcken aus den starcken in Israel hohel. 3, 7; wenn er
. . . bey dem fewr stund . . ., so stunden seine brilder
rings umb jn her {xvx).6&ev avxo: axiipavoq ddelcpäiv)
Syr. 50, 14; die ältesten von Messina stehn um sie her
Schiller 14, 15 (braut v. Mess. l, i, seen. bem.) ; ich komme
hinaus, und sehe . . . die Fortuna . . . und um sie her
stehn sechs kläger, sechs wunderliche fignren Tieck 3, 7
(Fortunat I, prol.); interessant war es uns, die reden des
um uns her stehenden Volkes zu beobachten Solgbr
nachgel. sehr. 1, 53; «o auch:
ihn (d. könig) flieh der Schmeichler beer,
Weisheit steh um ihn her
Böhme voiktthüml. Ueder nr. 17, 1.
allgemein, darum stehen, nicht mehr üblich:
denne stH d&r umpi engilo menigl
MutpiOi 87;
Mr.
I dö begonde si sprechin zu den di darumme stünden Be-
j heim evang. Marc. 14, 69; etliche porger, die dar umb
j stunden Arigo decam. 56, ii Keller (2, l); vgl. auch:
man sach sie alumme stehn
livländ. reimchron. 8754.
fi) unter, aa) unter etwas stehen, sub aliqwi re. (me)
Thedaldo sachen unter seiner tür sten Arigo decam.
215, 31 Keller (3, 7); das für seinem hausz etlich fösz-
knecht fürgiengen, . . . und Thedaldum sahen under seiner
thär stehn Montanus 212, 17 Bolte {Thed. 16); ist ein
faules weib. . . . und stehet beständig unter der thüre
und haschet nach neuigkeiten miihrleinb. (1799) 292; jetzt
dafür in der thür, s. tj. — da bebt' ein schauer durch ihn
auf, wie wann einer unter dem styrzenden fels steht
Gessner 2, 47 {Daphnis l): als ich durch einen wald
gieng, djurinnen ich unweit der Strassen einen edelmaim
sambt seinem knecht sähe unter einem bäum stehen
Simplic. sehr. 3, 290, 20 Kurz (vögeln. 1, 2); da stand ich
nun unter der linde Göthe 16, 190; stehend unterm schat-
tigen nuszbaume nun Adam, der gottgeschaffne vater der
menschen maler Müller 1, 6. — so auch (in der altem
spräche): die gute fraw kundt nicht fast leugnen, dann
ir der Jüngling under äugen stand Lindener s. 16 Licliten-
stein (rastbiichl. 29). jetzt einem unter den äugen, unter
der nase stehen, nicht recht üblich; m.undartlich (schiceiz.)
under d' nase sto Hunziker 255.
bb) unter einer menge stehen, inter, inmitten, zwischen
(vgl. unten 0): untar mitten iu stentit (medius vestrum
stetit), then ir ni uuizzut Tat. 13. 24; indem sie dieses
sagte, wiese sie mir einen wohlgekleideten bürger, der
unter dem häufen stand Liscow sehr. (1739) 121; er . . .
hatte immer eine doppelte lorgnette in der band, womit
er die leute, wenn er mitten unter ihnen stand, frech
beguckte Solger nachgel. sehr, l, 21;
do gruoste ich die aller schcensten,
diu darunder stuont
JoHANS V. Braba>t «. minne*. 1, 16* Hagen.
vgl. auch: wissen sie, fräulein König, ich heib' sie mir
immerfort so vorstellen müssen, so mitten unter den
kindem, wie sie eben jetzt standen! G. Reicke mär-
tyrer s. 14.
v) vor einem, etwas stehen.
aa) vor etwas, in mannigfachen Verbindungen: und die
nachperschafft vor dem hausz iglicher mit seinen nächsten
und freunden stunden Arigo decam. 6, 18 Keller; Maria
aber stund für dem grabe, und weinet draussen Joh. 20, 11 ;
unerhoert . . . stand ich halbe naechte durch vor ihrer
hoele Gessner 3, 112; im gefühl also dieser bildenden
und nicht dichtenden Schönheit stand er (Winckelmann)
auch vor Virgils Laokoon, wie vor dem Laokoon des Poly-
dorus Herder 3, 11 Suphan; gott stand in all seiner pracbt;
sichtbare klarheit sprang vor ihm, als stund er vor sieben
sonnen maler Müller 1, 89; wenn ... sie nun da liegt in
dem erbärmlichsten ermatten, . . . und du vor dem bette
stehst wie ein verdammter Göthe 16, 48; wo dieses bild
einen unauslöschlichen eindruck auf mich machte, den
mir selbst ihre kritik . . . nicht auslöschen könnte, wenn
wir auch jetzt vor dem bilde stünden 18, 1O6 (Wilh.
Meister 1, 17); es ist eben als wenn man ein kind auf
den tisch stellte, vor dem ein mann stünde, und be-
hauptete nun, sie seyen gleich grosz 59, 266 (farbenl. 2,
.586); die junge frau hörte nichts, sie stand mit den
schönen kleidern und kleinodien vor dem Spiegel Klinger
3, 92 (Fausts leben 2, 6) ; ihre wangen glühten, sie glaubte
vor einer bezauberten, unbekannten weit zu stehen 169
(3, 10) ; vorm Spiegel ist hübscher stehen als vorm feuer
Alexis Roland v. Berlin (1840) 1, 389 (15. kap.); Guntram
hielt nicht ruhe, bis wir auf distanz vor der Scheibe
standen C. F. Meyer novellen 2, 238;
das ich nu an dirre stunt
80I und mfls vor kilchen stan
Rudolf v. Ems Willeh. v. Orl. 1803;
der enge], der vor seiner wiege stand,
berührte mit dem eilberfinger . . .
das ange mir
Schubart tämmti. ged. (1787) 8, 16 ;
9. auch Simpl. sehr. 3, 825. 18 unter l, B, 3, d, f ; Fr. L.
Schröder dram. ic. 1, 13 unter I, B, 3,/, y, bb; Hebbel
8, 175 ebenda ee.
U*
Mr.
1495
STEHEN (II, A. 7 b. v)
STEHEN (II. A, 7. b, v-8)
1496
bb) besonders häufig er stehet vor der thüre Gueintz
deuUche rechtschr. (1666) 67; dieweyl ich vor der thüren
Bton, dum ante ostium sto Maaler 890»; vor der thüre
stehen, adjanuam stare Stein back 8, 667; baaszen vor der
thüre stehen, foris ante aedes stare 668 {daneben: für der
thüre stehen, adstare ad fores, ebenda); Jovis s&rlinga
stüonden före dien türon (militesque Jovis ante fores regias
constiterunt) Notker 1, 739, 11 Piper (Marc. cap. 1, 32);
Petrus aber stund draussen für der thfir Joh. 18, 16; sihe,
ich stehe für der thör, und klopfte an (rar..- ich byn
für die thur getretten, eaxrjxa inl tjJv &VQav) offenb.
3, 20; steht etwa ein riese vor der thür und will dich
holen? BR. Grimm märchen s. 2 {nr. l); 'das ist kanonen-
donner, mein söhnchen', sagte ein bürger, der vor seiner
thür stand Ed. Genast aus d. tageb. eines alten scJiausp. 24;
als ich durch Wussow fuhr, stand mein freund, der alte
Prediger Mulert, vor der thür des pfarrhofes Bismarck
gedank. u. erinn. 2, 84; während ich vor der thür stehe,
horchend, wie es drinnen ... in den tannenzweigen rauscht
Storm 1, 176. häufig übertragen, s. unten; so auch: er
{kaiser Wenzel) lag im thurm, und sein adel stand zornig
mit blarikem schwert vor der pforte Hebbel 3, 166, 18
Werner {Agnes Bern. 2, 6).
ec) vor einem ston in conspectu alicuius astare Maaler
SSO*"; demütig vor einem ston, unnd verzeyhung oder gnad
begären, suppliciter stare 390*; vgl. Arigo unter S, h,
Albrecht von Eybe unter I, B, 2, /, a, gg und 3, d, ß,
der ew. wiszh. betbüchl. 36 •• unter I, C, S, d, ß; sihe, ich
wil daselbs stehen für dir auff einem fels in Horeb 2. Mos.
17, 6; und trat erzu die gantze gemeine, und stund für
dem herrn 3. Mose 9, 5 ; du aber solt hie für mir stehen,
das ich mit dir rede alle gesetz 5. Mos. 5, 31; Jhesus
aber stund für {iazdS-^ 'sfiTiQoa&sv) dem landpfleger
Matth. 27, 11; vor einem knaben stand ich, an einen
knaben schrieb ich Göthe 22, 187 {tcanderj. 2, 11 = 10) ; als
. . . ein wohlgewachsenes mädchen ... zu mir in's zimmer
trat, blickte ich sie, die in einiger entfernung vor mir
stand, in der halbdämmerung scharf an 52, 36 {farbenl.
1, 62); der teufel . . . stand in einem augenblick unter
der gestalt eines alten mannes mit einem guckkasten
vor Faust Klinger 3, 168 {Fausts leben 3, lo); ich war
in stiller nacht ungestüm aus dem schlaf gepocht w^orden,
und vor mir stand ein offizier mit einigen mann wache
Humboldt br. an Welcher s. 44, anm.; das parterre war
nach dem eingange zu erhöht, wir kinder standen ganz
hinten, wo neben der thüre hänke waren, auf welche
man uns stellte, und so konnten wir über die köpfe der
vor uns stehenden . . . einen freien räum gewinnen
H. Steffens loas ich erlebte i, 166; traten sie nicht vor
mein lager, wie sie jetzt vor mir stehen Holtei erzähl,
sehr. 3, 27; arme Susanna, ... du warst gewisz keine
Zauberin, oder es steht auch hier eine vor mir! Hebbel
s, 166, 10 Werner {Agnes Bern. 2, 6); und wie sie vor meiner
ist gestanden, war sie schön E. v. Handel-Mazzetti d.
arme Mar gareth 325; er steht dicht vor ihr und hat ihre
beiden bände gefaszt 6. Reiche märtyrer s. 26;
so stand ich einst vor dir, dich anzaschanen
GÖTHB 8, 11 ;
o! dasz ich vor ihr stUnde
9, 369 (.natürl. toehUr 676) :
».ferner unten C, 13, q, ß.
dd) dafür auch (einem) vor äugen ston, ante oculos
astare Maaler 390 '>; mit den degen dem rathe vor äugen
stehen, cum gladiis in conspectu senatus stare Steinbach
2, 667; dieweil ich da leiblich predige und ich euch da
far den äugen and nasen stehe und gehe Luther 88,
MO, 6 Weim. autg. ;
•oilt man ans nicht anspeisn, zum wolverdlenten spott?
und uns vermaledeien, dasz wir dem höchsten gott
und znr bOsen nacbred der deutschen nation . . .
also da einbergsbeo, wir nionsiers alle vier,
und ench vor angsn stehen a la modo monsler?
Opcl-Cohn dreütttj. krieg $. 41S ialamodo montiert, 16S8, 1) ;
dar war's, der stand auf einmal mir vor äugen
Hebbel 8, 298 Werner (lOyget 8).
vor eines aogen:
sprecbt, dast sie nnmehr alsofort
in Oaliieam c*ben:
allda wil ich kralTt meiner wort
fOr Jbrvn aufra stehen
P. OsaHAROT bH FuoHEM-TOMraL ktrchml. 8, 84t';
Mr.
wenn der {Jesus) nicht in mir wäre,
80 dürft und könt ich nicht
für gottes äugen stehen 388*;
auch:
der {gestorbne söhn) steht vor gottes tmgesicht
und geht in Christi garten 322'*;
vgl. auch Mörike 8, 17 unter I, B, 8, /. y, ee. selten ohne
beziehung :
dort {in Ägypten) wird dir vieles helle sein und grosz,
und dasz wir sterblichen, so wie wir
vor äugen stehn, nur zeichen sind und bilder
Hölderlin 3, 184 Böhm.
gern in freiere gebrauchsweisen übergehend, vgl. z. b. :
wie ich bei'm scheiden stand vor seinem geist,
so hat er mich bei'm wiederseh'n gefunden
Hebbel 2, 341 Werner {Herodet 5, 5).
o) zwischen mehreren personen oder gegenständen
stehen: also stänt der engel enzwischan zwain mOron
die da umbe die wingarten giengen Grieshaber pred.
2, 130; und Aaron . . . stund zwisschen den todten und
lebendigen 4. Mose 16, 48; und David . . . sähe den engel
des herrn stehen zwischen himel und erden l. chron.
22, 16; er stand eine weile dankend und fröhlichen ant-
litzes zwischen uns dreien Seidel 2 {vorstadtgesch.) 248;
vgl. auch: neini ich stünde {als bildsäule) lieber zwischen
Diogenes und Phryne Göthe 36, 9 {Eameaus neffe).
c) mannigfache adverbiale und präpositionale ausdrücke
werden mit seite gebildet.
a) diesseits, jenseits von etwas stehen: das voick, das
disseid des meers stund {var.: jenseid, ihensid, so richtig:
0 hatrjxwq neQav) Joh. 6, 22.
ß) &xxi der rechten, linken seite stehen : sein best
kriegsvolck, das in schlachten pflegte auff der rechten
selten zu stehen (ro 6s^i6v xigag) l. Macc. 9, l. so auch:
do ich zu tisch geführet ward, do stund das volck auf
beeden seyten, als führet man einen groszen herren
Dürer tageb. *. 52 Leitschuh, auch zur rechten seite,
früher meist zur rechten band: es erschein jm aber der
engel des herrn, und stund zur rechtenhand am reuch-
altar Luc. 1, 11;
die brawt steht zu der rechten band,
in köstlich güldenem gewand
H. Sachs 6,37*;
gewöhnlich einfach zur rechten, linken; vgl. y.
y) mit näherer bestimmung im gen. {od. possessivpron.);
so schon ahd.: araugta sib imo gotes engil, stantenti in
zeso {stans a dextris) thes altares thero uuihrouhbrunsti
Tat. 2, 4; et diabolus stet a dextris eius unde der tifivel
stände ze sinero z6seuuun Notker 2, 469, 23 Piper {ps. 108, 6) ;
qui astitit a dextris pauperis . . . der ze zt^scuuun min
armes stuönt 475, 3 (108, 81); ich sähe den herrn sitzen
auff seinem stuel, und alles himelisch beer neben jm
stehen zu seiner rechten und lincken i. kön. 22, 19; und
sein bruder Assaph stund zu seiner rechten l. chron. 7, 39 ;
sihe, ich sehe den himel offen und des menschen son
zur rechten gottes stehen ap.gesch. 7, 55; der knabe drängte
sich behend an einen alten mann mit klugem gesiebte,
der zur linken des häuptlings stand Freytaq 8, il {ahr\en
1, 1, l). — in neuerer zeit gern im dativ angeschlossen: sie
sahen auch zween junge gesellen, ... die stunden dem
Heliodoro zu beiden Seiten {naQiaravx«; i^ kxarfpov
fii^ovQ), und schlugen getrost auff jn 2. Macc. :». 26; Elvire
unterläuft Valeros, welcher Hugo zur linken stand
MÜLLNER schuld 4, 7 bühnenanw. ;
an der linken seit« stand ihm sein erstgebomer,
würdiger söhn Klopstock Mett. 6, 166.
auch blast einem zur seite stehen, «. Schiller 18, 187
unier I, B, :t, /, y, ce und unten C).
8) ea macht keinen unterschied der Bedeutung, wvnn o»
stelle wirklicher menschen nur vorgestellte aU aubjtet ge-
»etat sind {solche fitile sind daiier auch im vorstehenden
mit veneeiulet). «o von geistern, vgl. t. b. Cronrok und
Höltt 189 unter 7, b, JL von traumgestalten: da stand
ein bilde für meinen äugen Hiob t, 16; wq/tlr besimder»
dichterisch auch ein träum steht . . .:
steh mir immer ans haupt. wenn mich dos morgenschlafs
leiser fittig umweht, lichcinder wonnotraum
HÖLTY «. 76 ;
vgl. Sprino IUm M** unter I, B, 8, b, y «mi4 MöRIKF. 8. 17,
tbend»/,Y, m. hüt^/ig von personijicimrim ahtbraclen. s.
Mr.
1497
STEHEN (II, A. 8-9, c)
STEHEN (II, A, 9, c-Ä)
1498
Klopstock i, 132 unter 2, a, y oder 1, 121 unter I, C, 3,
/, a; RCcKERT 1, 42 unter 7, a, a und Lichtwer unter
I. B, 3, e. l,: %
auf dem gewSlbe stand das schwebende Gerüchte,
und Spante, wie es schien, zum flug die schwingen aus
Pyka tempel der wahren dichtk. i, 123 ;
denn der thron
der könige, der von golde schimmert, ist
das Obdach der verlassenen — hier steht
die macht und die barmherzigkeit
Schiller 13, 186 {jungfr. v. Orl. prol., 3).
so femer: verkörpert stehen seine Ideen um ihn her
GÖTHE 37, 34 {Winckelm.) ; wer hett woll nich in stnen
lewen so'ne stunn halt, wo so'ne gedanken um einen
nimmer stahn as gespenster ut vergahene tiden Reuter
3, 182, 5 Seelmann (strömt. 3, 42) ; die kunst, die grosze kunst
. . . stand über ihnen und warf ihren glorienschein über
diesen letzten, süsztraurigen liebestraum eines groszen
künstlers Hans v. Kahlenberg Eva Sehring s. 158.
9) dagegen ändert sich die bedeutung von stehen in ge-
wisser weise, icenn es auf thiere angetcandt xcird, indem,
dann die Vorstellung der senkrechten rumpfhaltung ent-
fallt, stehen drückt dann aus, dasz der körper von den
aufrecht gestellten und gestreckten beinen getragen wird,
und steht, ebenso wie beim menschen, im gegensatz zu
sitzen und liegen, es ist mithin nur auf thiere, die beine
haben, anwendbar, und icird zumeist von säugethieren,
demnächst von vögeln gesagt.
a) von Pferden: inn pferdsst&Uen soll man die stund
wol verprettern . . . und die strai darauff machen, damit
solche zum ligen waich, unnd zum stehn unter dem
fusz hart seien Sebiz feldb. (i579) 32; über alles dieses
aber hatten die schelmischen diebe, seine im stalle
stehende 3 reit-pferde mit deichen erstochen caval. im
irrg. (l74€) 445; die pferde stehn gesattelt, ihr könnt auf-
sizen, wenn ihr wollt Schiller 2, 148 {räuber 4, 3); natür-
lich waren wir die ersten vor dem hause des comman-
direnden. viele pferde standen davor Ed. Genast om«
d. tageb. eines alten schausp. l, 23;
gleich als ein mntigs pferd er {Pari») sprang,
das in dem stall gestanden lang,
und wol gefüttert worden ist
Spreng Tlias 82» (m? 3" öxt ug atarög 'inaos,
&xoatr^aa? i.-zi (fdtvri 6, 506);
es wiehrt der freche hengst, und stampft, und schlägt und bäumt,
und steht, und giebt sich kaum, wenn ihn der öihrer streichelt
JoH. E. Schlegel 4, 52;
er ist am andern Weserufer schon,
wo pferde stehen, die ihn weiter bringen
Kleist 2, 391 E. Schmidt {Hermannsschi. 4, 2, 1430).
so auch mundartlich im volksrätsel, luxemb.:
der Peter, wo steht er?
im stall.
was macht er, was sucht (I. tut?) er?
er fresst fuder Follmann 495»;
häufig in einem weiteren sinne, s. unten C, 10, g, a.
b) von andern hausthieren: smäleg f6ho uukt kenömen
föne stigo. rint nestät ze chripho {non erit armentum in
presepibus) Notker 2, 624, 5 Piper; und sein loichnam
lag geworffen in dem wege, und der esel stund neben
jm, und der lewe stund neben dem leichnam i. kön.
13, 24; und sihe, mitten im stuel und der vier thieren,
und mitten unter den eltesten stund ein lamb offenb. 5, 6;
und ich sähe ein lamb stehen auff dem berg Zion 14, i;
ein scaf er stäntan gisah, tha; uuas zem öpphere gimah
Otfrid 2, 9, 59;
in einem krippfly lag ein kind ;
do stuond ein esel und ein rind
HeINR. V. LOUFENBERG (1446)
bei Wackbrnagel kirchenl. 2, nr. 706, 2;
so im bilde:
do da (pott) redst ein grusam sag
und warntest vil vom jüngsten tag,
wie die schaff zÄr rechten handt
und die geisz den lincken standt
vor gottes arteil würdent ston
Murner narrenbetchw. 7, 21.
c) so häufig in der sprichicörÜ. redeweist: die ochsen
Btehn am berge, aqua haeret, eopiae in angustum cogun-
tur Steinbach 2, 668; 'im gemeinen leben, wir können
wegen eines hindemisses nicht weiter' Adelung (2, 2, l);
da stehen die ochsen am berge, 'da gehet es nun nicht
Mr.
u}eiter, da weisz man nun keinen rath' Campe (l); denn
da in dieser Verfolgung der kinder von Israel die ochsen
(wie man pfleget zu sagen) am berge stehen, und eitel
tod und Untergang dieses volcks für äugen ist Luther
16, 19, 35 Weim. attsg.; es mus zuvor alles zu drümmern
gehen und die ochsen am berge stehen 266, 18; da sthen
die ochsen am berg 27, 274, 20; ochsen am berge stehen
sprichw. 417 Thiele, vgl. s. 374 und hier th. 7, 1131 oben,
xcosdbst tceitere belege, da es nun also mit dem frieden
fehl geschlagen, fiengen die ochsen bey den evangelischen
am berge zustehen an Chemnitz schwed. krieg 2, 217».
atich mundartlich weit verbreitet, z. b. waldeck. \nd.) da stat
d(e) os(e)n am bi(e)rg(e) Bauer -Collitz 13». so auch:
ja da stehn wir nun wie eine herde ochsen am berge
Kotzebue d. d. kieinstädter 4, 11.
d) stehen vom, Jagdhunde als technischer ausdruck, s.
unten 12, g.
e) vom wild:
da er ein rech stende vant . Iw. 3897 ;
tobant he sine ossen vande ;
mank den so vant he stände
dat hert
Gerhard v. Minden 32, 22 Leitzmann (vgl. d. anm.) ;
her, secht jr ein hirschen steen do?
Teuerd. 30, 20 ;
das wild stehet auff den hügeln . . . und verschmacht,
weil kein kraut wechst Jerem. 14, 6; zum sibenden, kroch
Maximilian . . . einem grossen hawenden wilden schwein
allein mit einem blosen degen auff allen fieren, . . . durch
ein gar dicke hecken in ein busch, darinn sie stund,
nach S. Franck chron. German. (1539) 269'»; s. femer Sebiz
feldb. 566 unter I, B, 2, /. a, bb und Scheffel Ekkeh. 4a
unter I, B, 3, e, &. (stehen vom wilde in anderm, sinne
8. unter C.)
f) von andern vierfüszigen thieren:
den sult ir hoher heijen gäa,
iuwem lewen der hie stät Iw. 5389;
da bist als wie der wolf, der an der (juelle stund
Neuberin Vorspiel 423 («. 23) ;
achtzig elephanten stunden vor der stime des heers
Haller Fabius u. Cato 126; da steht er (d. nashom)
wie ein blitz hinter dem fels maler Müller l, 25; so
auch: als er aber die beiden wappenlöwen sah, den
stehenden und den liegenden, so muszte er sich davon
überzeugen Immermann Münchh. (1840) 3, 113 (6, 2).
g) im allgemeinen stehen diese thiere auf allen vier
beinen; in besonderen fallen aber stehen sie auch aufge-
richtet auf den hinterbeinen, ganz wie der mensch, so der
hund, wenn er 'hübsch macht': der bär stand, als ich
erstaunt vor ihn trat, auf den hinterfüszen Kleist 4,
140, 19 E. Schmidt, daztt: das erste (thier in Daniels
nachtgesicht war) wie ein lewe, . . . und es stund
auff seinen fössen, wie ein mensch (nr'pn »''•jTt'yv 'auf
" ■r " "
zwei fiisze gestellt') Dan. 7, 4; das ander thier hernach,
war gleich einem beeren, und stund auff der einea
Seiten ('nach der einen seile toar es aufgerichtet', .iDpri) 5.
s. auch 13, g. a.
h) stehen tcird ferner häufig von vögeln gesagt, die
stets auf zwei beinen stehen:
die natur ain vogel hat
der ob sinen kinden stat
und ertiktz (l. erkiktz) mit sinem bluot
Lassberg lieders. 3, 433, 8;
göttlicher adler, warum stehst du, dem himmel entflogen,
hier auf dem grab' und schaust kühn zu den stemen hinauf?
Herder 26, 18 Suphan (blumen aiu d. gr. anth. 1, 34);
da stehen zwei stSrche, der mann und die frau
MöRiKB ged.* 19.
a. femer a. 205 unter I, B, 8,/. y, ee und Wilhalm v. Oesterr.
42'» unter I, B, l,/, y. auch bei vögeln unrd das stehen dein
sitzen entgegengesetzt: nicht weit davon hielten auf einem
felsen zwey storche; der eine sasz, der andere stand
über ihm maler Müller l, 84. doch sagt tnan in neuerer
zeit gewöhnlich der vogel sitzt auf der stange, auf dem
bäume, wo die ältere spräche das zutreffendere stehen ge-
braucht, z. b.:
da sach er vi! höhe (avfe. bäume) stfln
einen raben, der hiej Diezelln Reinh. fueh» 220.
Mr.
1499
STEHEN (II, A. 9, A— 10, b)
STEHEN (II, A, 10, b-e)
1500
(sitzen wird also von vögdn in doppeltem sinne gesagt:
für eigentliches stehen in dem angegebenen falle, und für
die ruhelage mit eingezogenen beinen, die soTist liegen
heisst. bes. vom brüten, s. sitzen 3, th. 10, 1, 1288.) doch
ist stehen als technischer ausdruck der tceidmannssprache
geblieben : der aucrhahn stehet auf dem bäume oder der
erde {als weidmänn. ausdr.) Döbel l, iö**, dazu im reg.:
'stehen, auf dem bäume oder der erde stehen, wird vom
auerhahne und andern gleichtnäszigen vögeln gesagt';
'stehen, auf dem bäume, anstatt sitzen, tcird vom feder-
urilde der hohen und mitteljagd gesagt' Behlen 6, 681;
bes. vom falken: sie stehen auff der band oder stangen,
und heyszt nicht gesessen Sebiz feldb. (1579) 570; ich hab
inn langer zeit kein guten gerfaicken bekommen, der
mir recht abtgemäsz geh&upt auff der band stund Oarg.
388 neudr. ; wann sie {die jfalken) gefangen werden , so
haubt man sie mit rauschhauben, man legt jbnen an
wurfriemen, und stehen auf der band Harsdörffer
frauenz. gesprechspiele 3 (1643), 116. so ferner: der wild
habich . . ., wenn er den osterlufft nit hatt, so stot er
gegen der sonnen Geiler bilgersch. (1512) 11"=. — vgl. auch
das nd. {samländ.) sprichw.: stab stif, knäckerbSn, seggt
de sparling tom hadebar Frischbier* 3609.
i) von andern thieren, die keine beine haben, kann stehen
nur in poetischer Übertragung gesagt werden. V07i schlangen
oder drachen, die als fubelwesen mit füszen ausgestattet
sind: wie auch Johannes in seiner Offenbarung cap. 12
{v. 4) zuverstehen gibt, do der drach für dem weihe
steht die geberen solte B. Krüger aktion v. d. anf. u.
ende d. toelt (1580) A 2*". vgl. femer Hesler apokal. 17074
unter 13, d, i, und H. Sachs l, 5* unter 13, g. im sprichw.:
hie stehn wir fisch, der stechling sprach,
zur Schnecken als er die ersach Eyering 1, 510.
{vgl. die fortsetzung unter 'i,a,a), auch bei Wander 4,
793, 7; hier stehen wir beiden, sagte der frosch zum
Schwaben 8.
k) in anderm sinne von insecten und fischen, s. 11, h.
10) stehen bezeichnet eine ruhdage {im gegensatz zur
Bewegung, s. ll), aber eine, die nur mit kraftaufwand
innegehalten werden kann — schtcache, ermüdete u. s. w.
können nicht (mehr) stehen, s. i, d — und ein labiles
gleichgewicht hat, also eine neigung zum fallen einschlieszt.
daher bilden stehen und fallen einen gegensatz, der in der
spräche auch in mannigfachen formelhaften und über-
tragenen gebrauchsweisen ausgeprägt ist.
o) steend niht vollen chreftig {stantes ne cadant robora)
Kehrein kirchenl. 80, 6 (12. jA.); es seint vier ding, ston,
fallen, wider uffston, niemer uffston Keisersberg nar-
rensch. 169», s. unter 1, B, 2,/, t], dd. — im bilde: in veri-
tate nestuönden uuir, in vanitatem fielen uuir Notker
2, 610, 10 Piper {ps. 118, 87); übermuöti ist also feinfuöziü,
uuanda si iöo sär fallet, unde lango stän nemäg 126, 20
(35. 12); laszt mich nur hinsinken, ich kann doch nicht
stehn, wenn ihr mich auch haltet Klopstock 9, 854
{Hermann u. d. fürsten 14).
auf gottes liebe must da stehn
und dich nicht lassen feilen
P. Gerhardt bei Fihchbr-TOmpbl kirchenl. 8,894*;
doch meint Karthago,
wer ehrenvoll und frei nicht stehen kann,
der kOnne frei und rühmlich doch noch fallen I
CoLLiN Regulut 2, 2, v. 669.
».femer ROckert l, lO unter I, B, 8, /. y, dd. so auch:
das mädcben steht, die werf' ich ttbern häufen
Kleist l, 876 E. Schmidt (terbr. kntg 7, v. 974).
stehen und fallen verschiedener in gegensatz gebracht:
sie sind nidergestUrtzt und gefallen, wir aber stehen
aaffgericbt pt. «o, 0 ("nljinäi «op. «nj«i, ävü}p0^iü9ijfifv,
'trir aber richteten uns empor und blieben aufrecht').
00 auch:
Mtaa, fall in deine ttricket
den da dachtest zu verschlingen,
steht, und kann die fahne schwingen
B. Nbukircii ged. (17U) 66;
ich will mit minnem lieber fallen, als
mit kindem stebn Lbmino S, S86 (tfathan 8, 7).
b) die neigung zum fallen drückt wanken, taumeln
»US. die» »iehi daher einerseit» im gegentat» zu (fest,
Mr.
sicher) stehen {vgl.5,d): so thun die truncken, das sie
daumein und nyrgend stehen können Luther 19, 419, 81
Weim.; f
und nimpt mich wunder, dasz jr nicht
dürmelt weil jr hie steht Garg. t. 10 neudr.
andrerseits ist es aber auch mit stehen vereinbar, da man
wanken kann, ohne doch zu fallen: da schieszt sie {d.
schildwache), und der schusz trifft. Heine taumelt, aber
dann steht er, und er fühlt, dasz er sich bewegen kann
M. Dreyer Strand (1910) 203;
und steh als wolst du nider sincken
Sc HEI DT Orob. 449.
ja es begegnet sogar in demselben sinne:
ach, mein Jesu ! hilf mir kriegen, . . .
hilf mir stehen, wenn ich falle !
B. Neukirch ged. (1744) t. 66.
in solchen fällen nimmt stehen eine besondere nuance an.
es bezeichnet nun nicht einfach einen dauernden zustand,
sondern die aufrechterlialtung eines zustandes gegenüber
einer tendenz auf Veränderung, die gewöhnlich durch stehen
bleiben ausgedrückt wird {s. E, 3. vgl. unten ll, b) ; so auch :
dO stuont ouch er niht langer hie,
in den phat viel er üf slniu knie Part. 120, £9*;
sag mir, Tod, wo ist die spitze
deines stacheis? und dein krieg?
ist auch Helle dir was nütze
dein zuvor vermeinter sieg?
kuntet ihr auch einmal stehen {auch
nur einen augenblick stehen bleiben),
als ihr Christum nur gesehen?
Neumark fortgepfi. lustw. (1667) 1, 84 (l. 74).
c) der gegensatz zu fallen icird gern durch hinzugefügtes
noch hervorgehoben {das tiicht auf ein künftiges fallen
hinzuweisen braucht): ich fuhr unter sie hinein wie ein
wüthender stier, und warf vier oder fünfe nieder . . .;
die, welche noch standen, schlugen tüchtig auf mich zu
GÖTHE 34, 48 {Cellini 1, 3); {im bilde:) Granvella war zo
boden gestürzt, aber noch stand sein anhang Schiller
7, 136; der bürger fiel; der mensch steht noch, man hat
dich aus dem bürgerlichen leben gestoszen; ist nun
deine kraft gemindert, dein wesen geändert? B.\bo Otto
V. Wittelsb. 4 (Hauffen drama der klass. per. l, 146). —
andrerseits:
das heyl, das durch den todesfall
gesuncken, stehet wieder
P. Gerhardt bei Fisch er-TCmpbl kirchenl. 8, 889».
d) wer stehet, sehe zu, dasz er nicht falle, qui stat,
videat, ne cadat Stieler 2127; chi std, veda, che non
cada Kram ER dict. 2, 927''; wer steht, der sehe dasz er
nicht falle, stantes caveant ne cadant Frisch 2, 326«. diese
sehr verbreitete redeicendung stammt aus der bibel: dar-
umb, wer sich lesset däncken, er stehe (o öoxdjv eardvai),
mag wol zusehen, das er nicht falle l. Cor. lo, 12 {cod.
Tepl., ». I, B, 2, /, a, oa) ; das sant Paulus sagt: wer do
stehet, der schaw tzu, das er nit falle Luther 2, lao, IS
Weim. ausg. {ausl. des vateruTts. 1619); ist aber ganz zum
Sprichwort getoorden: wer stehet, der sehe zu, das er nicht
falle Petri Kkk 8*» u. oß in sprichwörtersammlungen.
s. Wander 4, 794, 23; wer da steht, sehe zu. dasz er
nicht falle Simrock spricliw. 9839, und begegnet auch
hättfig in der litt.: wer sich dünken lasset er stehe,
schaue wohl zu, das er nicht falle Butschky Pathm.
nr. 162 {übersclir.); wer unter reichen und gewaltigen
leuten stehet der sehe zu, dasz er nicht falle Schup-
pius 132;
sehe jeder wie er's treib«,
sehe jeder wo er bleibe,
und wer steht, doss er nicht fallet
GÖTHB 1, TS (behenrigung).
». auch Brant narreixsch. 66, 80 unter I, B, l,/, y. in dem-
selben sinne: es stehet keiner so wol, er kan fallen Petri
00 8^ Henisch 989, 12. Wander 4, 793, 4. doch andrer-
seits auch: wer stehet, der stehet Petri Kkk 8^ femer:
wer stehet, der biete die hand dein, der ligt ebenda.
e) stehen und fallen häufig als formeüu^ße Verbindung:
oder hat er {Voltaire) gedacht, dasz dieser {Heinr. IV.)
mehr anmuth an der gleichen schattenpersoncn finden,
und mehr thcil an ihrem Schicksal nehmen werde, als
an dem stehn und fallen der himmlischen wfircklichcn
Wesen? Bodmkr abhandl. v. d. umnderbaren (1740) 21.
Mr.
1501
STEHEN (II, A, 10, e-g)
STEHEN (II, A, 11, a-c)
1502
meistens mit einem, etwas stehen und fallen als aus-
druck solidarischer Verbundenheit und festen zusammen-
hcdtens: diesen und nur der vereinten stimme dieser
überlasse man es, ein endurtheil über den dichter zu
fällen, der mit dem Volk stehen und fallen musz Lenz
vertheid. des herrn W. (1776) 15; und sie (ß,. Spanier) ver-
sammelten sich und gelobten sich eintracht und treue,
und thaten den hohen schwur, mit der ehre ihres Vater-
landes zu stehen oder zu fallen Arndt sehr. f. u. an s.
l. Deutschen 1, 238 ;
wem soll der zweite wünsch ertönen?
des Vaterlandes majestät !
verderben allen, die es höhnen !
glück dem, der mit ihm fällt und steht!
ged. 294 (bundesUed 1815).
mit daüv in der vsendung: wer bistu, das du einen fremb-
den knecht richtest? er stehet oder feilet seinem herrn,
er mag aber wol auffgerichtet werden, denn gott kan jn
wol auffrichten Eöm. 14, 4 (rtw töia) xvqIü) oxi^xsi ?] TCiTixei ;
er stet seim herrn oder velt erste deutsche Mbel 2, 52, 2i) ;
so als sprichw.: ein jeder stehet und feit seinem eigen
gott oder herrn Petri 2, 203. ebenso mit sächlichem subj.,
s. unter B, 13, h. — vgl. auch: ein solcher mann steht und
fällt nicht als ein einzelner mensch; die Umgebung, die
er sich geschaffen hat, trägt und hält ihn, so lange sie
beisammen bleibt, oder läszt ihn, indem sie sich trennt,
zu gründe sinken Göthe 40, 7, 12 Weim. ausg.
f) stehen wie fallen xcerden gern in bezug auf den
kämpf gesagt, tco dann fallen den sinn 'getroffen, ver-
untndet werden', häufig den des Sterbens annimmt:
hört ihr, wie die büchsen knallen? . . .
und die brüder stehn und fallen Storm 8, 838.
das resultat des fallens ist liegen, das »o auch als gegen-
aatz zu stehen erscheint (mit andrer nuance als unter 3, b):
was hilfts? er liegt {itt tot), gottlob! wir stehn
Stoppe PartUMz (1735) 6.
wer weis, wieviel indesz, da ich hinweg gegangen,
die letzte wunde schon, und ihren tod empfangen?
und ob auf ihrem wall, den leichen übersät,
mein vater vor dem feind itzt lieget oder steht?
J. E. Schlegel 1, 365 {Herrmann 4, 4).
ähnlich nd. stän auch 'von hausthieren: nicht fallen, nicht
sterben, dat veih het ösch siecht estän, d. h. uns ist
viel vieh gestorben' Sghamb.\ch 208*; wä well rike sin,
dem maütet de perde stän un de frauens vergan
WOESTE 253».
g) von hier aus geht stehen oß in eine allgemeinere,
tceniger sinnliche bedeutung über, bestehen, bleiben u. ähnl.,
vgl.: persistere hd. nd. stan, wol stan, hd. steen; be-,
w^ol-steen; foln sten; bleyben, . . . beharren . . . Diepen-
BACH glos». 429°;
was frag ich nach der weit? . . .
ihr werk ist nur ein rauch,
die aber, die vertrauen,
die stehn und bleiben auch
B. Nbukikch ged. 48.
dasz aber selbst in stellen, wo stehen ganz frei ins geistige
gewendet ist, die sinnliche bedeutung noch empfunden vrird,
hetoeiat z. b. in der folgenden das Wortspiel mit ligen
(= heutigem liegen und lügen) : merck aber, das ein sol-
cher Prediger, durch welchen gott, die götter strafft,
sei stehen in der gemeine, stehen sol er, das ist, fest
unnd getrost sein, auffrichtig und redlich wider sie
handeln . . . gar viel jtzt bischove und prediger, im
predigampt sind, sie stehen aber nicht, und dienen gott
nicht trewlich, sondern ligen oder treiben sonst jren
schertz damit Luther 5, 151», oder in der folgenden der
vergleich :
sie sind in keiner todesfahr,
erlet>en hie so manches jähr
und stehen wie pal laste
P. Gerhardt bei Fischer-TCmpel kirchenl. 3, 364».
auch wenn stehen als gegensatz zu fallieren von einem
handeis- oder bankhause gesagt wird, so liegt dabei deut-
lich der sinnliche gegensatz stehen — fallen zugrunde,
»rode» mxin sowohl an das 'haus', die firma, wie an den
Inhaber denken kann: wer wird der nächste {sein, der
falliert)? . . . wenn der nicht steht, wer steht dann? . . .
stehst du dann? Frenssen Kl. Hinr. Baas 434.
Mr.
ll) am gewöhnlichsten erscheint stehen jedoch im gegen-
■iatz zu den ausdrücken der fortbeicegung, insbesondere zu
gehen, mit dem es auszerordentlich oft gepaart wird und
auch — theiltceise erst infolge der häufigen Zusammen-
stellung und gegenseitiger beeinßussung — durch Überein-
stimmung der ßeanon und durch reim verbunden ist. vgU
Adelung (i).
a) stehen = nicht gehen: da stehet er (d. götze), und
kompt von seinem ort nicht Jes. 46, 7 ; so du wirst ausz-
geschickt, ... so fürder dich wider heim und steh nit
ein stund auff dem schwatzmarckt, -wie dein brauch isti
Schümann nachtbüchl. 326, 6 Balte (nr. 50); er (Wilhelm)
stand betäubt vor ihr da; sie . . . rief nach einer pause:
entfernen sie sich, eilen sie! er stand noch immer Göthk
18, 326 (Wilh. Meister 3, 12); so lasz ihn stehen, bis er
von selbst geht! Hebbel 3, 198, 9 Werner (Agnes Bern. 4, 2);
aber er stand da mit hochgeschlagenem kragen in dem
klattrigen wetter, und stand und stand, und ging nicht
hinein Frenssen Kl. Hinr. Baas 189;
ich wil hie bey dir stehen,
verachte mich doch nicht;
von dir wil ich nicht gehen,
wann dir dein hertze bricht
P. Gerhardt bei Fischer-TCmpel kirchenl. 3, 413'», 6;
die Wahrheit aber lockt uns nicht mit zuckerspeisen,
sie steht; und wer sie sucht, mag ihr entgegen reisen
B. Neukirch ged. (1744) d 7»;
das Volk verläuft sich — nur ein schnster steht noch
Werner Jf. Luther 3, 1, 2044.
b) hierbei entwickelt sich meistens die nuance, dasz je-
mand an einem orte verharrt, obwohl ein anlasz oder eine
tendenz zum fortgehen vorhanden ist; eine nuance, die der
unter 10, b betrachteten ganz analog ist und wie diese ent-
schiedener durch stehen bleiben bezeichnet wird, sie gehört
für das ursprüngl. germ. Sprachgefühl der perfectiven
actionsart an, vgl. Paul Umschreibung des perf. s. 169/. so:
thie drüta giangun thana sär; si stuant thoh, uueinota thar,
si thia stät noh tho nirgäb joh luagata ävur in thaj grab
Otfrid 5, 7, 6;
wir mugen wol langer hie stän
unz wir alle; daj gesehen hän
Ernst 8946;
(verstärkt:) nu da; si kam s5 nähen,
da; si beide ein ander sähen,
Tristan stuont alle; ze stete,
da? er doch nie da vor getete :
sine kam § mäles zuo im nie,
em gienge verre gegen ir ie Trist. 146S5 ;
si sprach 'hie solte niemen sten.
weit ir, ich heije fürder gen
da? volc üjen snüeren Parz. 713, 5 ;
dö drangen die vrouwen alle
dar nach wol mit schalle,
diu da gestanden waere,
diu het ein boese; maere
iesä gemachet dar an ^
Pf. Ami» 403 (vgl. 386);
das ich nu an dirre stunt
sol und m&s vor kilchen stan
und niht &n urlup sol gan
Rudolf v. Ems Willehalm v. Orient 1803;
si . . . sprach: ir sult nit lenger sten,
mit mir zu miner frawen gen
Ruprecht v. WCrzb. v. zwein koujmannen 745 ;
louffent bed und yllend bald, wes stand ir? Nie. v. Wtle
transl. 51, 8 Keller; wenn du deinem nehesten jrgend
eine schuld borgest, so soltu nicht in sein haus gehen,
und jm ein pfand nemen, sondern du solt haussen stehen,
und er dem du borgest, sol sein pfand zu dir er aus
bringen 5. Mose 24, ii; aber des volcks ist viel, und
regenicht wetter, und kan nicht haussen stehen Esra 10, 13;
stehe draussen, thu ein weil gemach,
gehe nicht hinein ohn befehl und sach
Petri Tt l'>;
nnd ich ging, und Isegrim stand und wartete meiner
Göthe 40, 128 (Rein, fuchs 8, 48).
c) so besonders im kämpfe, stehen = nicht fliehen,
nicht weichen: die feinde wollen nicht stehen, li nemici
non vogliono stare Kramer dict. 2, 927«; im feld nicht
stehen als soldat, praelium evitare, non dare copiam sui
Frisch 2, 326«=; 'die Soldaten stehen im felde, wenn sie
stand halten, ihren feind enoarten, um ihm zu beider-
stehen, der feind wollte nicht stehen, war nicht zum
Sir.
1503
STEHEN (II, A, 11, c)
STEHEN (II, A. 11. c—e)
1504
stehen za bringen' Adeluno (i); Florens aber onnd seine
gesellschafft rannten jnen gewalüglich nach, und jagten
sie, und erschlugen in der flucht viel mehr, denn wenn
sie gestanden weren, und sich mannlich gewehrt betten
buch d. liebe 11^ ; es ist unnöthig, m&nnern ein hertz
einsprechen . . ., durch deren hfllffe die Römer allein in
Gallien fusz gehalten, und gegen die Parther gestanden
Lohenstein Armin, l, 31''; die Russen sind brave leute,
dasz sie gelaufen sind; Rehaar wäre auch gelaufen und
alle gescheiten leute, denn wozu nützt das stehen und
sich totschlagen lassen? Lenz l, 391 Blei {hofmeister 4, 6);
sie brechen von allen seilen ins lager, und kein mann
steht Klinger l, 2% {Konradin l, 8); euer söhn hat sich
gehalten wie ein wackerer kriegsmann . . . fünf regimen-
ter muszten neben ihm wechseln, er stand, feuerkugeln
fielen rechts und links, euer söhn stand, eine kugel zer-
schmetterte ihm die rechte band, euer söhn nahm die
fahne in die linke, und stand Schiller 2, e9 {räubert, 2);
an dem Stadtgraben hielten sie (20. sächs. dragoner) auf
commando still und der junge anführer rief: 'wer seinem
fürsten und Vaterland treu ist, der halte stand!' die
alten bärtigen kerle standen Ed. Genast aus d. tugeb.
eines alten schausp. 27;
• Tallard, der gepriesne held . . .
lehrt seine vSlker ■weichen,
die er ehmals stehn gelehrt
B. Neukirch gtd. (1744) 9;
was laafTen kan, entflieht, da stehst, zttckst deinen degen,
und stehst nicht nur beherzt: du eilst ihm gar entgegen
V. KOENIG ged. (1745) 9;
von niemand wird für Talbots blut erkannt,
der schnöde floh, wo Talbot wacker stand
Shakesp. 2, 154 {Heinr. VI., 1. th., 4, 5);
vor tausend Yorks soll er sein haupt nicht bergen,
nein, kuhnlich stehn, und ins gesiebt ihm schau'n
257 (2. (A.. 5, 1);
held Rostem fürchtet sich! das ist an Rostem neu.
wer, wenn er flieht, soll steh'n? wer, wenn er wankt, soll
dauern ?
RüCKERT (1882) 12, 185 {Rostem '59) ;
wer gefahr nicht fliehen kann,
stehe tapfer als ein mann
SCHELLHORN sprichw. (1797) e. 132, 17.
mit Zusatz: sie tretten nicht für die lücken, . . . und
stehen nicht im streit (nonSea ibyV), am tage des herrn
Hesek. 13, 5; (im bilde:) ''''''
gib freudigkeit und stärcke,
zu stehen in dem streit,
den Satans reich und wercke
uns täglich anerbeut
P. Gerhardt bei Fischer-Tümpel kirchenl. 3, 345»;
abgeblaszter in stellen wie Tieck l, 383 {s. unter I, B, 8, e, d).
— verstärkt durch einen vergleich: die victori hatte man
eintzig und allein dem fusvolcke zudancken : welches . . .
wie eine maure gegen die Lotthringer gestanden Chem-
nitz sehwed. krieg 2, 204*; da wir dir standen wie mauren,
aufßengen wie scbilder die hiebe, die deinem leben
galten Schiller 2, 199 (räuber 5, a); bis zum mittag
standen die Deutschen wie die mauern Mommsen röm.
gesch.^ 2, 184; s. auch Lohenstein Armin, l, 36' unter
I, B, 8, e, y. Übertragen: {die Christen) widerrueften nit ain
eugel, laugneten nit, Hessen sich zerreissen, stuenden
wie ain maur Aventin chron. l, 882, 30 {vgl. Wander 4,
796, 96); ».ferner Körner 3, 318 unter I, C, 3,/, e. — vor
einem stehen, noch ohne diese nuanee: vor seinem feind
stehen, star' affronie 6 aUa testa de' suoi nemici per com-
battere Kram er dict. 8, 929*; gewöhnlich in Verbindungen
wie: er kan vor ihm stehen, par est Uli; vor einem
nicht stehen können, inm alicujus sustinere non posse
Steinbach s, 668; die kinder Israel mUgen nicht stehen
für jren feinden (o.i*3*i( *ith c^ph), sondern müssen jren
•7 ! '■' T
feinden den rücken keren Jos. 7, 12; furcht dich nicht
für jnen, denn ich habe sie in deine hende gegeben, nie-
mand unter jnen wird für dir stehen kOnnen (i|*jea . . ib;«)
10,8; *' ""
menichen itehn fOr gottem nicht;
unsrer beiden epieez und pfeile
•ind den Römern donnerkeile
LOHBNHTBii« Armin, i, 66*.
•McA stehen wider, gegen, vgl. oben Lohbnstbin; freier:
also stehet das blMe hertz des narren in seinem fflr-
Mr.
nemen, wider kein erschrecken {ovTtog xagöla äsikij inl
SiavoijfjtaTog ftWQOV xativavxi navrog (pößov ov fx^
vnofjulvji) Syrach 22, 22. überhaupt setzen hier mannig-
fache freiere gebrauehs^ceisen an, z. b. :
steh als ein mann, lasz dich nicht schrekken,
halt aus, und bleibe Test bestehn
Neumark /ortgepfl. Itutw. (1657) 1, 82.
s. femer unter C, 4, b. c. es ist auch zu beachten, dasz diese
bedeutung sich einerseits mit 10,/, andrerseits mit 12, c
nafie berührt und oft in derselben stelle zusammenflieszt.
d) stehen und gehen werden häufig zusammengestellt:
schfinbeit ist in jhrem gehen, . . .
Schönheit leucht in jhrem stehen
Königsb. dic/Uerkr. ». 14 neudr.;
denn nach tische soll man stehn,
oder tausend schritte gehn,
sagt der würdige Gaden
Brentano 6, 135 ;
*. auch Manuel *. 51 unter l,B,l, f,y. — mit weiteren
Verben der ruhe oder bewegung {vgl. 3):
ich sihe wol da; ir stSt
unde rftet unde g6t
swar iuch iuwer wille treit /w. 4036;
{Adam) gink mit Eva to spasseren
na de vagel, na den deren,
de dar flogen, de dar lepen,
de dar stunnen, de dar schlepen
nd. ged. v. 1636 hei Lauremberg «. 103, 64 Lappenberg;
aber wartet nur, jetzt sollen eure steise so zusammen-
karbatscht werden, dasz ihr nicht stehen, gehen und
sizen solt Schink marionettenth. (1778) 175; wo er {d. pres-
byter) geht, steht, sizt, lebt und webt, da strahle ein
nimbus wahren hellen lichts um sein haupt v. Haller
restaur. der staatsiciss. 1, 152; *. auch Eberlin v. GCnz-
BURG 2, 76 unter I, B, 2,/, f, aa.
e) gehen und stehen als feste formet {reimformel, nd.
stahn un gähn, s. nd. korrespondenzbl. 21, 36): gainde inde
stainde als ausdruck normaler körperlicher Verfassung in
einem mittelfränk. test. v. 1283, s. I, B, 2,/, ß; alsbald nun
Ulenspiegel so alt ward dz er gon und ston kunt Eulensp.
2. hist. ; {der lahme) sprang aufT, kund gehen und stehen
{sazT], xal TtSQisnccTSi) ap. gesch. 3, 8; sicut ghen und
sthen Luther 34, l, 30.5, 13 Weim. ausg.; so musz man
im gehen und stehen allzeit solche Stellungen des leibes
und der gliedmassen annehmen, bey welchen man am
allermeisten von dem falle sicher ist Wolff von der
menschen thun u. lassen 328; um des gnädigen herrn thun
und lassen, gehen und stehen bekümmere ich mich nicht
Iffland theatr. werke (1827) 1, 184 {verbr. aus ehrsticht 8, 8);
ich {Shylock) will mit euch handeln und wandeln, mit
euch stehen und gehen {talk toith you, walk with you),
und was dergleichen mehr ist; aber ich will nicht mit
euch essen, mit euch trinken, noch mit euch beten
Shakesp. 4, 170 {kaufm. v. Vened. 1, 3); mit einmal hebt
sich aus den meereswasscrn — ganz aufrecht, als ob er
drin stehn und gehn könne — ein . . . mann empor
¥ OVQV t altsächs.büdersaali,\\l; allerdings bekümmerte
sich Goethe auch um gehen und stehen der Schauspieler
Ed. Genast tageb. eines alten schausp. 87; man geht und
steht nur dadurch, dasz man das äuge fixirt. blind seyn
und in die luft starren, ist dasselbe Hebbel tageb. *,
8. 121, 5624;
ach herr! hOr mein gebet, send mir hilff, trost, bestand,
in allem zufall recht zu stehen und zn gehen
Wbckhbrlin ged. 1, «. 387 Fischer;
magst klauen, ziln', und gift der IOwen, wOrm und trachen,
auf die du gehst und stehst, behUrzter weise verlachen
Romplbr V. Löwbnhalt reimget. 31 ;
iit gleichlaut tiberall, und eintracht doch tu aehen . . .
man stimmet Ubcrein, eogar im stehn und geben
HbhXuh ged. u. intehr. (1791) M8;
ich kann vor dir allein auch nirgends gehn und stehn;
ich mag beecbäftigt aeyn, mag wachen oder echlafen,
•o lucbst dn mich docli auf
Myliüs verm. tchr. (1754) 498 {tehi^ftHnsel 1, 7).
teeniger formelhaft: und ich wil selb» umb mein hanii
das lager sein, das nicht dflrfTc Stehens und hin und
wider gehens Sacharja 9, 8 {var.: und ich wil mein haus
besetsen mit kriegs volck, die da aus und ein r.ihen;
svBt n3j!tt 'gegen alU», waa kommt und geht'), — gehn
oder stehn, vgl. unter /:
Mr.
1505 STEHEN (II. A, 11, e-g)
wie ichs nu dre
gee oder stee
G. FoKSTER frische tenUche liedl. 1, 30, 2;
stetz trag (ich) gros leid bisz auff die stund
gehe oder stee umb hertzlich wee
in leid vergee 31, 2.
weder gehn noch stehn können: ich will mich verkem
zu gleicher weisz als ich an henden und füssen . . .
lam sey, und als ob ich weder gen noch sten möchte
Arigo decam. 55, 32 Keller (2, l); der nach ettlicher rede
die frawen auff sein aehszeln name die weder gen noch
sten mocht (che andar non poteva) ausz dem tum trüg
514, 4 (8, 7); (der trunJcenbold) kan sich nicht auffrichten,
und auff seinen eygen fflssen weder gehn noch^ stehn
Ambach vom zusauffen, u. trunckenh. D^l» (fi^ övväftsvog
o^&ovaS-ai, fzridh rolq iSioiq noalv anisvai Basil. 3,
467 B Migne) ; man musz so lange sitzen und sauffen, . . .
bisz man sinn und witz verleuret, und nicht mehr reden,
gehen oder stehen kan Dan. Schaller theolog. heroldt
(1604) 94; vor hunger kunt er fast nicht gehen noch stehen
Reinicke fuchs 3, 385; sind mir denn die füsze zusammen-
gewachsen? . . . ich kann nicht stehen, ich kann nicht
gehen Pocci puppensp. 281. auch mundartlich verbreitet:
eis. 9r khä,n nem (nicht mehr) k^n ün nem st6n ds.
Jahrb. 7, 191, 34; luxemb. e kann net meih gohn au net
meiih stöhn Follmann 495*; nd. meckhnb. he het sik
so Tull äten, he kann nich gähn orer stan nd. korre-
spondenzbl. 14, *. 22, 150.
/) formelhaft wo er geht und steht u. ähnl.. als eon-
cretere und nachdrücklichere Umschreibung für überall:
und düncket mich wo ich hin gee oder stee? wie ich
stäcz seche den schein meiner vergangenn Arigo decam.
10, 6 Keller; auch wir schaffen wöllenn und gepieten
auch einem iglichem, wo es (l. er?) hin ge oder ste (dove
chs egli vada, onde che egli tomi), hört vernäme oder seche
keinerley neüwe histori such, noch uns zu hause prenge
15, 5; der ritter jn (den narren) der massen lieb hatte,
also wo er stehen oder gehen thet, den narren allwegen
bey jhm hatte buch der liebe 254*; wo ich gehe oder
stehe, da läuft das elementische mädchen, die Ophelia,
aus allen winkeln mir nach Creizenach schau^iele
engl, comöd. 174, 15 (bestrafter brudermord 3, ll) ; seit dem
musz ich dir's (das lied) überall brummen, wo ich nur
geh' und steh' maler Müller l. 228; wo er stand und
ging, redete er mit sich selbst Göthe 18, 46 (Wilh. Meister
1, 9); ich prägte sie (die Götiie- Schiller sehen distichen gegen
Manso) mir augenblicklich ein, recitirte sie, wo ich stand
und ging Holtei vierzig jähre 1, 116; von einer Staffelei
blickte ein selten schönes Ölbild Friedrichs des groszen.
es war ein merkwürdiges bild. wo man ging und stand
im Zimmer sahen einen die hellen blauen äugen an
Hans v. Kahlenberg Eva Sehring 74;
menschen folg ich immer nach, wo sie gehen oder stehen
B. Neukirch 6et' Hoffmannswaldau auserles. ged. 2, 327;
wie wollt ihr doch, ihr herm, mit diesem heer des Varus
euch messen, . . .,
mit der cohorte, der gegliederten,
die, wo sie geht und steht, des geistes sich erfreut
Kleist 2, 335 E. Schmidt (Hermannsschl. 1, 3, 290).
nd. wo ikk gae un stae 'allenthalben, wo ich bin' Däh-
nert 455*; bä-m(e) geit un steit, 'd. h. allenthalben' Bauer-
Collitz 9**.
g) ähnlich wie man geht und steht in vxcliselndem
sinne:
a) im altem nhd. scheint damit eine Verstärkung des
hegriffs der person ausgedrückt zu werden, ganz und gar,
mit leih und seele : unnd sie sind gewiszlich der verloren
hawff, heyden und Juden, des teuffels eygen, wie sie
gehen und stehen Luther 10, l, 687, 14 Weim. ausg.
(kirchenpost. v. 1522); estis diaboli cum corpore et anima,
wie ir ghet und sthet 15, 687, 18 ; si non habes aliam iustitiam
quam papa, so bistu des teufeis, wie du ghets und sthets
M, 2, 2, 9; da bin ich, wie ich da gehe und stehe, eccomi
quäle e quanto mi sono, eccomi in corpo ed anima Kramer
dict. (1702) 2, 927''.
ß) mit andrer nuance: indotata, die nichts hat, als
wie sie geht und steht Corvinus fons latin. (1646) 271;
so noch berlin. 'wie er jing un schtand, ohne ausrüstung'
Brendicke 178f (4). vgl. auch:
X. 2. Mr.
STEHEN (II, A, 11, g—\2, a)
1506
(Hintz) bald zum loch hinaus sich drehet,
wund, wie er da steht und gehet
Reineke Fuchs (1650) «. 103, 10.
y) jetzt gewöhnlich in dem sinne 'sogleich, ohne tceiteres,
auf der stelle' : 'wie ich gehe und stehe, tcie ich geicöhn-
lich gekleidet bin' Adelung (7), 'teie ich da bin Campe (l);
nd. as ikk gae un stae 'ohne mich umzukleiden' Dähnert
455*. belege: ich habe die pferde in den stall gezogen,
und bin gleich, wie ich gehe und stehe, hergelaufen
samml. v. Schauspielen (1764—69) 2, Burlin a 5^; er warf
sich, wie er ging und stand, hinein (in denflu^z) Fouque
altsächs. bildersaal 4, 120; ihr sollt gleich zum herm könig
kommen, wie ihr geht und steht br. Grimm märchen
nr. 7, *. 34; schreck und grausen übermannen sie, wie
sie geht und steht, stürzt sie zur thür Holtei erzähl.
Schriften 3, 84. dafür au^ blosz: laszt den kaufmann
fahren, sonst wird jeder von euch an einen spiesz ge-
steckt, so wie er hier steht Stifter 3, 24.
S) ungewöhnlich im sinne von f: anderer orten musz
man das bedeutende aufsuchen, hier (in Rom) werden
wir davon überdrängt und überfüllt, wie man geht und
steht zeigt sich ein landschaftliches bild aller art und
weise j paläste und ruinen, gärten und wildnisz . .
Göthe 27, 21l (ital. reise, Rom d. 7. nov.).
s) die Wendung wird gelegentlich auch auf sachliches
übertragen: ausgenommen, gegenwärtiges haus in der
hundgasse, als welches . . . ganz so wie es geht und
steht, demjenigen von meinen . . . anverwandten an-
fallen und zugehören soll, . . . J. Paul 26, 7 (ßegelj. 1, l);
alles, wie es gehe und stehe gehöre seiner frau 54, 50
(leben Fibels c. 9); nach einer würdigen einleitung des
Angerbauers wurde ausgemacht, dasz . . . Ludwig der
Annemarie seinen hof anheirathe, mit allem darin, wie
es geht und steht M. Meyer erzähl, aus d. Ries (1856) 105.
(in anderm sinne s. unter D.)
h) in eigenthümlicher Verwendung vrird stehen zu-
xceilen von insecten gesagt, wenn sie sich in der luft durch
schwirren mit den flügeln unbeweglich an einer stelle
halten, im gegensatz zum fortfliegen : kleine goldglänzende,
stahlblaue fliegen standen flügelschwingend in der luft
Storm 1, 11. — ähnlich von fiscJien, die an einer stelle
im Wasser stilllwlten, hier mit Übergang in die bedeutung
des dauernden aufenthalts (s. unter C): naht ein kerbtier,
gleichviel ob es grosz oder klein, dem orte, wo sie (d.
bachforelle) steht, so verharrt sie noch immer regungs-
los, bis es in Sprungweite gekommen Brehm tierleben^
8, 341.
12) noch entschiedener perfectiv ist stehen = nicht gehen,
wenn es nicht von einem, der bereits steht, gesagt icird
(icie unter 11, b. c), sondern von einem gehenden, also in
dem sinne: aufhören zu gehen, Jialt muchen, wofür ge-
tcöhnlicJier stehen bleiben (wie für 10, b und 11, b) oder
still stehen, s. unten E, 2. 3. indessen ist diese Verwen-
dung für das lebendige Sprachgefühl weder gegen 11 scharf
abgegrenzt (s. unten b), noch gegen die gewöhnliche durative
bedeutung von stehen, die ja das resultat des haltmachens
ist und daher auch dafür eintreten kann.
a) belege: errette deine seele, und sihe nicht hinder
dich, auch stehe nicht in dieser gantzen gegend l. Mose
19, 17; und (Jesus) trat hin zu, und rfiret den sarck
an, und die treger stunden (sarrjoav) Luc. 7, 14; aber
endlich der verwundete Diomedes 'stand, rief dem Sthene-
lus, ihm den pfeil aus der wunde zu ziehen' Herder
3, 20 Suphan («AA' ava/(OQijaaq . . . eatTj II. 5, lOS) ; nun
schaut ich um mich, ging, sprang, stand wieder, be-
trachtete meine glieder maler Müller 1, 17;
auff einen abent ich spatziert . . .
ein alter dorfpfaff on gefehr
kam gegen mir gegangen her . . .
ich stund und gab jm audientz
Waldis Esop 4, 17, 46 ;
da begab sich ein böses glflck,
welchs sich nit jedermals so schickt,
dasz wie die hebamm tregt das kind
und ihr nachfolgt das ander gsind,
da solle sie gehn auff dem weg
über ein zimlich hohen steg,
und wie sie eben darauff geht,
kompt jr ein schwinde!, dasz sie steht
und weisz nit, wie sie ist daran
Fischart 2, 31 Haufen (Eulengp. 94) ;
95 Mr.
1507
STEHEN (II, A, 12, a—d)
STEHEN (II, A, 12, d-e)
1508
doch wandt' ich mich hinweg und liesz sie gehen . . .
und folgt' ihr doch, sie stand, da war's geschehen!
GÖTHE 3, 4;
nun stand mein fUhrer: schwere riegel klirrten
A. V. Droste-HOlshoff (1879) 2, 97
(des arztee verm.);
man flüstert, steht,
und dann ein laut, der mir die seele bannt 113.
im mhd. udrd die incohative bedeutung durch Umschrei-
bung mit beginnen ausgedrückt:
do quam ein weitere
al die Strafe hergegan.
do her in gesach, do begonde her stan
gr. Rudolf 24, 2.
6) der bedeutung 11, b nähert sich stehen besonders,
wenn es bedeutet: 'nicht weiter gelten' : und der da fleucht
zu der stedte eine, sol stehen aussen für der stadthor
Jos. 20, 4 ; so auch : ir müssen . . . hinusz für die stat gon
in den hanffacker, da der bäum in stot, und als weit
als ir gewerffen mögen, darron ston (in solchem abstand
stehen bleiben, nicht näher Tierangehen) und drü stück
speck müssen ir bei euch haben . . . und müsen drei
mal wetiTen Pauli schimpf u. ernst 99 Österl. (c. 186).
ferner:
ja alles geht vorbei!
doch sie, die mich erkannt,
den harrenden, wildfremd an ort und stunde,
ging nicht vorbei, sie stand,
reicht mir die band! BRENTANO 2, 200.
fsuvxilen sind beide auffassungen möglich; so (von thieren) :
und wenn die thier giengen, so giengen die reder auch
neben jnen. . . . wenn sie stunden, so stunden diese auch
(nör o-tey:?) Hesek. 1, 21 (= 10, 17). — stehen zur be-
n- t:t:
ztidinung eines zögernden, beständig stockenden ganges:
diu schoene strebete allej wider
und stuont an iegelichem trite.
si volgete ungeme mite Trist. 11805.
c) sieben im kämpfe, vgl. 11, c (hier also von solchen,
die bereits auf der flucht sind, aber dann anhalten und
wieder festen fusz fassen), zugleich den begriff des tcider-
standes, der gegenwehr einschlieszend : uf das, wie wol
stets vil redlicher eidgnossen umzekSren und zeston
trangenlich ermantend, aber etlich zewichen schruwen,
. , . der zerströwt abzug so ganz überhand nam Ans-
HELM Bemer chron. 4, 121, 29; nun in dem rit schruwend
d' Franzosen den eidgnossen zö, der hofnung, wo si
noch widerkfirt und gestanden, dass nochmals der strit
erobret wäre worden 518, 18; die legionen standen wieder
und überwältigten die feindlichen reiter Mommsen röm.
geach.^ 2, 295;
alles weicht vor ihr,
die Franken stehn, sie stellen sich auf's neu !
Schiller 13, 332 (jung/r. v. Orl. 5, 12)
dafür mit abstractem subj.:
der Normann floh — ich fühlte keinen schmerz,
doch plötzlich stand die flucht
MÜLLNER dram. werke 3, 34 (kön. Yngurd 1, 3).
dock kann stehn auch bedeuten 'vom weiteren kämpfe ab-
lassen' :
er (Paris) sprach's, und Hektor, hoch der red' erfreut,
trat vor, und hielt mit quergepacktem spiesz
der Troer rotten an ; und alles stand
BCroer 168», 106 (toi (f Id^vrdijoay änavtti II. 8, 78).
d) Überaus häufig begegnet in diesem sinne der impe-
rativ: steh, du hund, siste gradum, nehtdol Stielkr2127;
stehet (<"ev), stehet (werden sie ruffen) aber da wird
sich niemand umbwcnden Nahum 2, 9; steh! rede! wer
bist du? was hast du hier zu thun! Schiller 8, 166
(räuber 4, 6); steht I eure losung! 8, 188 (Fiesko 6, 8);
8. achUdw. steh , oder du bist des todes Shakeap. 8, 884
(Heinr. VI., 8. th., 4, 8); als sie sich näherten, kam
ihnen ein reiter entgef^en and schrie: 'steht, oder ich
schicHze euch nieder!' sie standen and warfen diu
Waffen hinweg Brentano 4, 866; plötzlich hörte er sich
raah anrufen 'steh hundl' Hebbel 8. 88 Werner; als der
mann aas dem gehölz auf den freien grenzrand trat,
rief er (d. wäehter) ihn an . . .: 'steh, waldgänger, and
•inge den sprach, der dich Ton meinem eisen löst!'
Frbttao 8, 1 (flhnen 1, t, l);
Mr.
Jesus sprach: geselle, stant
und schon we, wes da; bilde st
Ottokar reimchr. 462;
mein mäiinlein steh, verzeuch ein weil
H. Sachs 2, 4, 3«;
von weitem steht ein leichenstein,
der zeigt uns diese zentnerworte :
'steh, Wanderer! an diesem orte
'grub man der tugend tochter ein'
Gottsched ged. (1751) 1, 124;
steh, Wandrer! lies, und sey vergnügt,
ob gleich ein arzt dicht vor dir liegt
Kretschmann werke 2, 269 ;
steh, du tyrannenknecht, dein reich ist aus!
Kleist 2, 446 E. Schmidt (HermannsscfU. 5, 82) ;
steht, freunde! was flieht ihr der pfeile gezisch?
Leuthold ged.* 295.
so auch:
die klugheit führt
ihn sicher an der hand,
jetzt zeigt sie ihm Kollin, und heiszt ihn stehn
Mastalier ged. (1774) 108;
'Kopp', rep sei, 'willst du stahn! sali ick mi um dinent-
wegen ut de pust lopen?' Reuter 2, 247, 7 Seelm. (strömt.
2, 14). s. ferner Gerh. v. Minden 69, 46 unter I, B, 1,/, 6 und
Haynegcius Hans Pfriem 4, 3 unter I, B, 2,/, x (?).
e) eigenthiimliche Verwendungen des imp. finden sich in
lebenden niederdeutschen mundarten innerhalb eines engem
oder weitern gebietes um Hamburg.
a) stä-weder als vnrtlishausname bei Hamburg, 'mache
wiederum Jialt', s. nd. korrespondenzbl. 1, 38; ebenso holst.
stawedder; 'ein wirthshaus vor dem, dorfe Reilingen: steh,
icandrer, kehre nieder ein! auch name eines gutes unfern
Lübeck' Schütze 4, 180; vgl. dazu nd. korrespondenzbl.
2, 88/., wo auch stah-bi und stahfast (tnrthshaits im dorfe
Ottenbüttel, dies natürlich nicht hierher gehörig) angeführt
werden.
ß) weit verbreiteter (von Osnabrück bis Vorpommern)
ist stah Seggen als bezeichnung für etwas tüchtiges und
derbes: 'stah seggen ist bey uns eine redensart, die vid-
leicJit eigentlich von einer schild-wache herkommt, insgemein
aber von allem gesagt wird, was derbe und tüchtig ist.
z. e. dat is een kerel, de stah segt: das ist ein starcker,
handfester kerl. he kreeg eenen, de kunn stah seggen:
er kriegte einen derben sclilag' Richey 284, ebenso Strodt-
MANN 380»; Schütze 4, 179 (als Hamb., nach Richey).
anwendung auf personen sonst nicht bezeugt; mecklenb.
'dat seggt mals stah! von einer sache, die als recht fest
angesehen wird' Mi a^**; 'de hedd een kleed an, dat säde
stae er hatte ein vortrefliclies kleid an' Dähnert 455*'.
nicht selten bei Reuter, vgl. C. F. Müller d. Mecklen-
burger volksmund in Reuters Schriften 679: (darum) hadd
de Zimmerling herr Schulz so recht sinen willen . . .
un bug'te (baute) Jung'-Jochen dor sösz verzahnte (näynl.
träger, tragbalken) hen, dat sei dor stünn'n, as sädon
sei man: 'stah!' 7, 344 (strotntid 3, cap. 4l); dqfilr:
ick führte gistem middag 'rin (in Teteroui),
dor stun'n jo so 'ne hüser in,
dei stun'n man dor, &s stah man so
1, 360 {läuschen u. rim. 1, 64),
was Müller a. a. o. richtig als Verkürzung aus as säden
sei: 'stah (man so)!' erklärt, sonst gern von abstracten:
sei frigten beid' lau Martini, un de oll schult rüst't 'ne
hochtid ut, de säd man: 'sta!' 8, 880 (woatis ick tau 'ne
fru kämm) ; er hat beute morgen an die tagclöhner eine
rede gehalten, die sagte man so: stahl 7, 69 (strömt.
2, 19). bes. von schlagen: he gaf em enen slag, dat
idt sta sede (segdo), einen derben schlag bretn. wb. 4, 993;
slag kann dabei auch ausgelassen werden: ick will di
enen geven, dat schall sta seggen ebenda, vgl. ol>en
Richey. doch ebenso auch von küssen: so würden ."sci
denn nu Ummer frUndschaftlicher mit onanncr; de Frnn-
zos' slek do blanke plänip in do scheid', un't wohrt
nich lang', dünn rasselt sin swarte snurrbort den ollen
möllcr anner de stuw' niis' un de möllcr smet cm cn
por in't gcNichl, do sädcn man so 'stahl' denn de oU
nißllcr hadd cn mulBPSchirr, as wir hei mit 'ne worp-
schupp apfött, un Jcdwcrcin von sin küsz gUII gaud drei
gadlich (sfolt gut n iüehtige) Ueuter 8, 88S (Fratixosent. 1). ~
UMS die erklärung angeht, »o ist im aUf/emeinen die ver>
muthungB.icuEiia übernommen {ao bei ScuOTZK,UOLVKn); l
Mr.
1509
STEHEN (II, A, 12, «—13)
STEHEN (U. A, 13, a—b)
1510
sollte der imper. nicht eher bedeuten : bleib stehen und sieh
mich anf vgl. die analogen, bei Müller unter 642 bespro-
chenen und aus Reuter belegten redetcendungen (hei gung
Tip de annem in), as {als wollte er sagen:) sähst mi woll;
(so pedd't sei np), as hest mi nich geseihn. (Müller
übersetzt selbst den dritten beleg: 'eine hochzeit, die sich
sehen Inssen konnte.')
f) sfehn in diesem sinne auch von thieren:
der lewe imd sin herre
die vuoren nnverre
unz er ein tier ersmahte.
nä twanc in des sin ahte, . . .
dag er da? gerne wolde jagen.
dajn kunderme anders niht gesagen,
wan er stuont und sach in an Iic. 3891 ;
da dri müle mit ir kraft
under wsem gestanden (wag sie nicht
hätten von der stelle bringen können),
zwischen sfnen banden
truog er; als ein knsselln
Wolfram Witteh. 188, 13;
der jeger schSj da^ tigertier
durch sin bein ; duo was ej schier
erlernt, daj e; küm mochte gän;
das ^ i^cl '^^> <^3S mnoste stän
Boner 3, 34;
und wenn die thier giengen, so giengen die reder auch
neben jnen, . . . wenn sie stunden, so stunden diese
auch Eesek. 1, 21 {ebenso 10, 17); *. auch H. Sachs 2, i, 33«
unter I, B, 3, b, d. — in neuerer zeit oft von pf erden: die
pferde wollen nicht stehen Adelung (i) ; wenn die pferde
in vollem rennen waren, so durfte er nur machen: burr!
und auf einmal standen sie, wie die mauern Lessing
1, 546 {Mintia v. Barnh. 3, 2, vgl. Tieck l, 207 unter I, B,
3, e, &); ... dass die pferde scheu wurden, und mit
meiner Kamilla davon rennen wollten, ich fiel ihnen
in die mahnen, dass sie standen, wie lämmer Klinger
1,47 {Zwillinge 2, i); Eduard aber streckte den kutscher
zu boden. die pferde standen Hebbel 8, 7 Werner; an
einer equipage junge hitzige pferde, die der haber so sticht,
dasz sie nicht stehen oder gar durchgehen wollen, wäh-
rend die herrschaft aussteigt 255; herr Tendier zog die
Zügel an, der braune stand Storm 4, 72;
und wenn wo kam ein Scheideweg,
so stand der kluge gaul
RüCKERT(1867) 1, 95;
iat sinn' ich, was noch all sich zugetragen,
bevor es tagte, hat die fahrt wohl kaum
gefällt aufs längste einer stunde räum,
dann stand das thier
A. V. Droste-Hllshoff 2, 96 {det arztet verm.) ;
es war ein hexenritt,
so stand das rosz
doch lange nicht,
109.
g) als kunstwort der weidmannssprache vom hunde:
stehen = "vorstehen , fo?n hiihnerhunde, arreter ; mein
hund steht vor einem hasen Winckell 3, 518; 'der
hühnerhund steht, wenn er in der nähe eines ifildes plötz-
lich halt macht und regungslos durch die richtung der
nase andeutet, wo das icild liegt' Behlen 5, 681; junge
und alte {feldhühner) werden nach der kom-ernde mit
dem hund gesucht, stehet dieser, so lauft man so ge-
schwind als möglich hinter ihn hin (Stahl) gewehr-
gerecht. Jäger (1762) s. 206. belege: ich hab' einen hund,
der seines gleichen sucht, eine nase, herr von Vielden,
und steht, als wurzelte er in den boden Klinger i, 143
(d. falschen Spieler 3, 8); als der hund vor dem volke
hühner stand 190 (5, 9). in beiden fällen ist also die du-
rative bedeutung deutlich, a. ferner unten 14, a.
13) völlig als perfectivea verb wird endlich stehen ver-
wendet, wenn es selbst eine ortsbewegung bezeichnet, die in
einem stehen endigt, also im sinne unseres heutigen sich
stellen, treten, dies ist besonders, doch nicht ausschliesz-
lieh, im süddeutschen üblich und in der altem literatur,
mhd. und frühnhd. {bes. im 16., doch noch bis ende des
18. jahrh.) sehr häufig {mhd. auch gestßn, *. gestehen 16,
ih. 4, 1, 4213); seitdem nur noch in oberd. mundarten und
in mundartlich gefärbter literatur. vgl. Grimm gramm.
4,819; Paul* 522'». {mundartlich für ober- u. niederöst.
bezeugt, s. Frommann 3, 186, 9. 393, il. 4, 245, 81. 537, i. 4.)
herrschend ist diese bedeutung in manchen compositen, so
bes. abstehen (s. das., th. i, 128), aufstehen (i, 746), er-
Mr.
stehen (3, 1007), auferstehen (l, 640), theihceise in aus-
stehen (l, 985), in freierer weise bei einstehen (3, 309),
entstehen (3, 63i).
a) auch hier begegnen gebrauchstceisen, die einen Über-
gang von der gexcöhnlichen durativen bedeutung zu dieser
bilden, so, xcenn stehen das resultat einer beicegung be-
zeichnet:
ftf sprang er und stuont ander in
Tritt. 2322;
der könig sprach, gehe erumb und trit da her, und er
gieng erumb und stund alda 2. Sam. 18, 30: trettet nur
hin. und stehet, und sehet das heil des herrn 2. chron.
20, 17; die kinder Zadok, . . . die sollen für mich tretten,
und mir dienen, und für mir stehen, das sie mir...
opffem {hier abweichend vom original: rtsy' . . . '^8 ?a!^I
'die sollen mir nahen . . . und sollen vor mich hintreten',
während Jes. 3, 19 eine so gebaute construction des Origi-
nals in Luthers übers, zerstört ist) Hesek. 44, 15; im
vollen laufe stürzte Hans nach dem laden des trödlers
. . . endlich stand er in der dämmerung des ladens
Raabe d. hungerp.^^ 87 (8. cap.) ;
feyerUch stieg er {Eloa) nieder auf Golgatha, stand auf der hShe
MesB. 8, 25.
zuweilen wird dann der ausdruek der bewegung ganz weg-
gelassen, sodasz die angäbe des resuUats an seine stelle
tritt, bes. um die Plötzlichkeit eines Vorganges auszu-
drücken: mit einem kühnen sprunge stand er dann in
dem garten Tieck 8, 84;
schon hielten wir
ihn für verloren, als ans rauch und flamme
mit eins er vor uns stand
Lessing 2, 195 {Saihan 1, 1).
in solchen fallen ist dann manchmal nur an den hinzu-
tretenden adverbialen bestimmungen zu erkennen, ob stehen
als treten oder im gewöhnlichen sinne zu nehmen {da es
ja beides in sich schlieszt), vgl.: do eg {d. gotteshaus) do
gar bereit was, do gienc er dare, unde stönt vur den
altar spec. eccles. 165 mit der angezogenen stelle aus Trist,
die gleichwerthigkeit beider constructionen zeigt sich darin,
dasz sie mit einander vertauscht tcerden können, vgl. die
var. zu ap. gesch. l, 10 unter 7, b, y, aa. in andern fallen
hat Luther durative ausdrucksweise für perfective des
Originals eingesetzt: wie er gesehen hette einen engel
in seinem hause stehen {arai^evrä) ap. gesch. ii, 13; des
andern tages aber in der nacht, stund der herr bey jm
{iniazäg avxw), und sprach, sey getrost Paule 23, il.
b) diese perfective bedeutung tcird in der altern spräche
gern durch Verbindung mit gehn zum ausdruek gebracht,
mhd. stän gän, s. Grimm gramm. 4, 96 (107 neudr.), doch
dient dabei gehn in den meisten fallen nicht iiur zur
Umschreibung des begriffs 'treten, sondern bewahrt seinen
vollen sinn 'einen weg zurücklegen':
er hiej die sune mit ime gen, er gie für den cfaunich stSn
Wiener genee. 73, 9 {vgl. 102, 30 Diemer);
als5 Alexander heim chom,
er giench füre sinen vater st&n
Vorauer Alex. 552;
Kraton der gerechte man
der gienc an eine hohe stan
Trierer Süv. 687 ;
Dietherich vor den kuninc gienc stän
Bother liGO;
Reinhart . . .
sprach 'wan gät ir niht dannen stän?'
Reinh. fuhg 655;
Prünbilt und ir vrouwen gie für daj münster stän
Xib. 788, 1 ;
sie giengen für den kunic stan
Manuel «. Amande 88;
dö gieng ich von den siechen dan
gein einer line hin näher st&n
Ulrich t. Libchtenstbin 331, 13.
so auch:
si gie im engegene zuo der tür st&n
Sib. 1166, 1;
und giengen üj dem hflse fOr die tür stän
1770, 3;
ebenso noch im 16. jahrh. : da gieng Ulenspiegel für die
kirchen ston mit seiner kouffmanschafFt Eulensp. 19. hist.;
{Ulensp.) gieng mit seinem krom für den Römer ston
35; vereinzelt der inf mit zu: Ulenspiegel . . , koufft für
95* Mr.
1511
STEHEN (II, A, 13, ft-c)
STEHEN (II, A, 13, c~d)
1512
zwen Schilling brot, and nam ein disch unnd gienge
für den thom zä sant Steffan zu ston, und hei feil 18.
da indessen diese gebrauehsweise nur in dieser einen quelle
belegt ist, so geht sie vielleicht auf das nd. original zu-
rück und darf nicht ohne weiteres für nhd. Sprachgebrauch
in ansprach genommen werden, sie ist nämlich auch im
nd. bekannt U7id hat sich gerade hier in den mundarten
bis in die gegen%oart erhalten:
do gink he vor de kameren stän
Flot unde Blank flos 1192;
Flos unde Blankflos mosten gän
to dem richte vor den konink stdn
1218;
hyr gha ik hen vor dat schap stan unde wil wat eten
meklenb. köstelbidderled v. 1448 (?), «. C. Schröder
Mecklenb. in d. schönen lit. «. 6 ;
sine vrunde, sin siechte, syne negesten maige,
de gingen al vor den konnink stan
Reinke de vos 35.
^enso jetzt meklenb. stftn g&n, s. nd. korrespondenzbl. 16, 86;
toestf. staun gaun, s. 21 ; südhannov. stän gän sich stellen,
dei geit däbi stän, de früe ging henstän Schambach
SO?*»; ostfries. staan gaan aufstehen vom sitze, im gegens.
V. Sitten gän StOrenburg 258*'; se geit alse vorm kdnig
stahn BR. Grimm mÄrclien nr. 126. und so ganz ver-
einzelt noch im 18. jahrh. bei einem autor von der nd.
Sprachgrenze: diese ging an einem abend auf ihrer schlaf-
kammer ans fenster zu stehen Stilling lebensgesch.
(1835) 182. — vereinzelt erscheint mhd. komen für gän,
das dann anstatt des inf. das pari. perf. zu sich nimmt
{tüie gegangen, gevarn komen u. s. w.):
d6 si Ü3 dem münstre nach messe kom gestän
Nib. 301, 1.
ebenso vereinzelt ist eine andere Umschreibung:
daj gehorte Adam, do er dannen scolte gan,
also hine gente, von dannen wart er stente
Diemer ged. 10, 19.
c) stehen mit ortsadverbien.
a) her stehen, s. Murner schelmenz. 3, 7 und 13, 8
unter I, B, 2,/. a, cc und r},dd, ferner: hertz lieber gsel
ste wider her! {in andern ausg.: gesel nach wider ker)
ich ger nit mer den dich freuntlich zu schmucken
trucken an mein brüst Forster frische t. liedl. 5, 22
(*. 198 neudr.). so wortspielend mit der bedeutung 11, c:
Gustave, groszer held, . . . wie hat man für flüchtig dich
gelästert, der du nit dem feinde hieltest stich? . . .
du bist gestanden so viel hundert meilen her,
dein stehen, das hat sie gemachet laufen sehr!
Opel-Cohn dreiszigj. krieg s. 263 {propempticon
Tülycum,, 1631, v. 71).
hin, vgl. hinstehen, th. 4, 2, 1478: Wolf und die bürger
stehen hin und sehen zu Babo Otto v. Wittelsb. l
(Hauffen drama der klass. per. i, 78, 31); er stellete sich
an eben den orth zum stuben-ofen, wo ich zu vor und
nach mir auch Springinsfeld gestanden, gleichsam als
wann alle ankommende gaste zuvor dorthin betten stehen
müssen Grihmelshausen 2, 23, 13/. Keller (3, 159, 15/.
Kurz; Springinsf. 3); hinzu stehen, g. Aurbacher i, 93
unter I, B, 3, e, &.
ß) mhd. dannen, hin dan stän:
Sifrit der stuont dannen, ligen He er die meit
A'iö. 627, 1;
si sprach: 'st^t verre dort bin dan,
unz ich iuch g6na zuo mir man'
Parz. 713, 19;
nn bittet meinen vater bin dan sten
jüdeisn;
hä%^flg höher (dan, 00 stän, ttirücktreten Grimm gramm.
8. «M. 4, 986 (1123 neudr.), antn.:
do enwolden dise zwtoe idoch niht bOber «t&n
sweier bände breite ifib. 1804, 8;
dO atuond bOher Gtselher 8146, 8;
Til (ftbea ttuont er hOber dan Erec 6960 ;
■US maote der lewe bdher itAn
Iv. 5303 (vgl. Brnrcki 111 6888);
der Jeger atuont fif bOher dO Tritt. 8794.
ähnlich ahd. beiseite, ferne •tehen {von peraonificationen,
#.«):
ihr klafead« pla<w lieht Jetzo von fernen,
ee Biebs der irhiwide, kricbcende neid t
(SrtBUUi) gtkintchU Venu* «. 81 neudr.;
Mr.
doch willstu dich im lieben fiben :
so musz die faulheit stehn bey seite,
die lieb' erfordert frische leute 87; .
steht alle fern. — du oheim, komm herab
Shakesp. 6, 74 (Tit. Andren. 5, 3).
y) anderes: zusammenstehen, a. Pauli 130 unter I, B,
1, /. y und 3, /, ß, cc. —
er (jroö) heisset unverhofft mich tieff herunter stehen,
ich meint', er würde mich auff einen felsz erhöhen
Simon Dach s. 160 Österley, danach Schuppius 133.
ähnlich in bildlicher vericendung:
des sul wir hüte enpor stan
gegen unserme lieben herren drobe
in der heiligen lobe pasf. 579, 52 Köpke.
der Barclajus hat kaum diese rede geendert, da stunde
vorbey ein alter hauptmann Schuppius 717. — aber die
mördereyen der barbaren . . . zwangen ihn {Alfred), dem
ungewissen zufalle sich zu unterwerfen, und mit geringen
kräften den feinden entgegen zu stehn Haller Alfred
(1773) s. 16.
d) mit präpositionalen ausdrücken, vgl. Grimm gramm.
4, 819.
a) an etwas stehen; so mhd.:
dar an {in d. schiff) so stuont vil tougen daj Sigmundes kint
Sib. 451, 3;
dö hiej man si beide sten an einen rinc 1621, 1;
die stuonden en.samt an eine schar
Parz. 233, 9.
{später in einen ring stehen, s. 6.) an die sunne(n) stön :
wenn si {die hirsche) ir hörner habent geworfen und in
jungen hörner her wider wahsent, so stönt si an die
sunnen Megenberg 130, ii; *. auch Dangkrotzheim
namenb. 228 unter I, B, 2, /, a, bb, smcie d. städtechron. 8,
373, 17 unter l, B, 1, /, a (an den altar). — nhd. : indessen
näherte ich mich auch mit meiner gesellschafft, als ob
wir ungefehr daher kämen, stund an dem (?) kerl, der
den hasen hatte Simpl. sehr, l, 352, 20 Kurz (3, 24); da
ich nun dran stehen {hinzutreten), die beschliesserin aber
weiters reden wolte, diesen erbärmlichen selbst-mord zu
verhindern 4, 38, 22 (vögeln. 2, 4); dieweil dem bettelvogt
von den bettlern so breite tittel gegeben worden, thate
er auch auff der gassen zu beyden seiten so breite schritt,
dasz . . . menniglich, so ihm begegnet, wiederum zurück
gehen, oder an ein eck stehen muste, bisz er förüber
kam Witzenburger 3, 19; als er auf sein zimmer kam,
stand er ans fenster, sah stillschweigend den mond und
die Donau Miller Siegwart 2, 341; vater, sie {Louise)
soll an den pranger stehn, aber mit dem ms^or, des
Präsidenten söhn Schiller 3, 419 {kab. u. l. a, 7);
ein engel will ich, mit dem flammenschwert,
an eures throns verwaiste stufen stehn !
Kleist 3, 58 E. Schmidt {prinz v. Hoinb. 2, 6, 583).
ß) auf: der stund getörstichlichen uf den heiligen
taufstain und appelliert für si alle deutsche chron.i.s&i,
32 {sächs. weltchr., 1. bair. forts. 15), vgl. d. städtechr. 8,
50, 28 unter I, B, 3, b, y; bald kam das geschrey durch
ein andern mönch, so auff die kantzlen stund Wickrau
rollwagenb. 150, 14 (c. 83) ; da sie {die g^angenen) nun
Cnemon getröstet, und mit sich brachte, stund Thiemus
auff ein sonder ort, dasz jn jedermann sehen kundte,
und redt . . . also buch der liebe 188«; steh' auf diesz
stück mauer Fr. Müller 3, 872; stehe du nur da hinauf
und sing mir ein lustiges lied puppenkom. 5, 54;
si stuonden vor dem mOnster ntder Of daz gras
Nib. 766, 1;
ich . . . stuont flf eine lare bank Seifr. Hetbl. 16, 91;
wan ich gen kbirchen bin jangen,
so bin ich auf den fraTthoii gestanden
aUd. paationatp. aui Tirol i. 429
(Brixener pa»*. 4661);
der selb (arker) w&ert mir ie auch verterbet,
wen mir die lewt stAnden darauf
H. Sachs /attnachUp. 6, 100 Mudr. (69, 89) ;
da es sich begab,
das ein minbnider, wie mans nent,
stund auff die kantzol
FiHoiiAKT dteht. 1, 14« JTitrs (Domtn. Ubtn 444);
doch rousa lass uns sehn,
und Neukirclu Talomach selbst auf die hiihne stehn
BoDMSR 4 crit. ged. 1, ÖWt;
Mr.
1513
STEHEN (II, A, 13, S)
STEHEN (II, A, 13, d)
1514
er sprach — und stürme schwiegen.
er stand auf die woog' — und sie ebnete sich
Schubart ged. (1787) 1, 342;
s. auch Fischart ßöh. 1680 tmter I, B, 2,/, a, cc. so noch
mundartlich, z. b. in Rappenau Br is uf ta waaga kstana
Meisinger 182*. s. ferner unten f und g.
y) zu Bethania zeygt man noch das hausz Simonis
leprosi, darinn unser herr sasz und asz, da Maria Mag-
dalena zu jm kam . . . und stund hin der seine fusz, die
selben jm weschende mit jren zähem Franck vieLtb. 173».
S) in etwas stehen: und do got den gedanch sach in
sinem herzen, do santer ainen engel, und der stünt für
in in den weck Grieshaber pred. 2, 130; also stünt der
engel do in ain enge ebenda; (ülenspiegeT) steig ab von
seinem pferd, und schnit im bald den bauch uff, unnd
schüttelte im das yngeweid herusz, und stund in den
rümpf Eulensp. 25. hist. {vgl. das weitere unter I, B, 2, /,
Tj, dd) ; die Schwaben . . . seien offt von rossen gesprungen
und als zu füsz stercker und weerlicher inn die Ordnung
gestanden S. Franck chron. der Teutschen (1539) 7*; ein
junger gesel . . . treibt hinausz den vorigen weinschencken,
steht da in die mitte (xaxaaraq elq xb fxäoov), und theylet
ausz den zusäuffern Ambagh vom zusauffen u. trunckenh.
D l*" (Basil. 3, 460 A Migne); die will . . . erwutst {erwischte)
mier der Fuchsberger min halaparten, wolt mit in die
Ordnung stan Th. Platter s. 78 Boos; so also klag und
antwort gnugsamlich gehört, so steht ein feldtweybel in
ring, sagt etwan zu einem kriegszmann der jhm darzu
gefeilt, ... so erfordert er jhn bey seinem eyd, . . .
das er sein urtheil . . . auszsprechen soll, derselbig er-
fordert kriegszmann steht denn hinein in ring, zeigt an,
... so rüfft er ethchen guten gesellen, . . . mit denen
tritt er ausz dem ring, . . . denn tritt der gefragt wider
in ring Fronsperger kriegsb. l, 69»; buhen und mädchen
standen in einen ring, das tanzende paar trat in die
mitte, und man sang Felder Nümmamüllers 30; wenn
alsdann am heiszesten sabbath des jahrs noch an einem
fleck die sonne scheint, so wird er {d. Jude) nicht in den
schatten stehen Hebel 3, 191;
dö stuonden in diu venster diu minneclichen kint
-Viö. 366, 1 ;
der Präbant in die stegereif stuont Lohengr. 5498;
wie alle sorglos ins verderben gehen,
kanm einmal träge nach dem himmel schauen,
bewusztlos in der hölle schlingen stehen
Fb. Schlegel Alarcos 27.
f) sie kam im hembd zu mir in die küchen, hatte
den rock über der achsel hangen und stund so nahe
neben mich, dasz sie mich damit rührete Simpl. l, 237,
17 Kurz (2, 31).
Ö Über:
dö stuont er über den degen Uage 856;
si (d. hinde) stuont über dag kindelin
des tages iemer dristunt,
und hienc ir bmst für sinen munt troj. kr. 536;
bald nam der scherer seinen rock umb sich und stund
über dem bauren Wickram rollwagenb. 116, l Kurz
(cap. 64).
rf) unter {sub): wann nun die knaben . . . au£f der
gassen herum strolten, und die mutter ihrer manglete,
stund sie unter die thür und schrye ausz vollem halsz
Simpl. sehr. 4, 388, 7 Kurz {t. Michel 7);
nun leid dich, mein Dominice,
bis das das wetter ubergeh,
und steh ein weil hie unters dach
Fischart dicht. 1, 135 Kurs (Domin. leben 63);
er steht under's hausthor,
und passt nur a weil !
qu. V. 1845 bei Mareta 59» ;
8tee zfi Maria under das creütz Keisersberg, *. I, B, 2,
/. X. so besonders: noch mer hat Petrus gejrrt, do jm
Paulus under sein angesicht gestanden und er des-
selbenmals zuoermanen was Berthold v. Cuiemsee
tewtsche theol. s. 99;
seit er mir under angen stehn,
sein ubermuth wurd jhm vergehn
Spreng Iliat (1610) HS"» (11. 9, 373).
•0 in Basel under d' nase sto Hunziker 255.
ich wil jm under dnasen stan
U. R. Manubl teeimp. 108S.
Mr.
d-) unter = zwischen: do sye das ze ding redtent, . . .
do kam Christus Jesus durch beschlossen thür hynin,
und stund mitten under sye Keisersberg j'OÄftW 3,6»;
zu jhrem lieben söhn sie gieng,
der desz Patrocli leib umbfieng . . .
sampt seinen mitverwandten kläglich . . .,
die edle göttin Thetis zart
stund under sie mildtreicher art
Spreng Uias (1610) 267» (^ f iv tolai .laolatuto H. 19, 6).
f) vor {älter für) einen stehen:
der wirt was also bedäht
das er wider für in stuont Parz. 560, 25 ;
der trache stnent vor dag wib,
da; ir kint solde gebem
Heinr. V. Hesler apokal. 17074;
Katherina, du salt mit mir gen,
gerichte vor den konig sten
Katharinensp. 192 Beckerg;
ohne gaben sol man nie hin f&r grosse herren stehen :
ohne dancken soll man nie weg von grossen herren gehen
Logau 2, 2, 65 ;
bereitet oder nicht, zu gehen,
er musz vor seinen richter stehen!
Schiller 14, 402 (T«a 4, 3);
wann sy antwurten euch in den reten . . . und wert
sten vor die künig und für die richter erste d. bibel 1, 172, 12
Kurrelmeyer {rar. : vor den kunigen und vor den richtern,
67il TjysfjLovoiv xcd ßaaüAojv axaQ^r]aead^s Marc. 13, 9);
da gieng ülenspiegel auch hinein, stund für den; der
oben auf dem stule sasz und sähe yhn an Ulensp. s. 145
Lappenb. (99. hist., 1532); derhalben hinein ging, für den
schulthaissen stund und fraget Montanüs 279, 27 Balte
{gartenges. 19); doch wie der könig ernstlich nach ihm
fragte, traft Lyons gesellen einer herfür . . . und sprach :
hie stehet er, nach dem ihr fraget; so muste Lyon
herfür für den könig stehen Octavian (1675) Q 6» ; s. auch
Als/, passionssp. 3783 unter I, B, 2,f, a, aa. so auch: er
sagte mir: ich sey zu nahe vor den könig gestanden!
Zimmermann üb. Friedr. d. gr. (1788) 292;
in der stille des traums stand vor mein hanpt ein gesiebte
BoDMER Jacob u. Rachel 1, 628;
wagst mir vor's angesicht
wieder zu stehn?
GöTHE 11,21 {Jery u. Bäü.);
dazu Bodmer Homer l, 14 unter I, B, 3, e, e. — vor etwas:
als er vür daj bette stuont,
sie bäten in sitzen zno in kröne 9606:
da nun der sontag wieder kam,
die bawren stunden all znsam
Int kirchen für den predigstul
H. Sachs 1, 498*;
{Ott.) hiez geht's schon geg'n liechtmess'n,
da wer'n die baur'nbua'm frisch,
da setzt an iada sein'n sab'l in d'seit,
und stengan in baur'n für'n tisch
qu. bei Mareta S9^;
Epimenides und die knaben stehen vor die pforte Göthb
13, 306 {des Epim. eric. 2, 6). in folgender stelle eher als
dativ zu nehmen: sie {der wirthin töchter) hatten . . . ein
grosz gepulstere . . . aufF den kopffe, und stunden stets
vor den Spiegel Chr. Reuter ehrl.frau a. 20 neudr. (2, 4).
x) zu einem:
man bat si zuo ein ander an dem ringe stän
Nib. 568,3;
mit zuht si künden wider gen,
zuo den ersten vieren sten Parz. 234, 2 :
e; gie der ungemuote man
von sinen gesellen zuo mir stan
Ulr. V. Liechtenstein 345, 16;
■o komb lieber und steh zu mir!
H. Sachs 2. 1, 22«»;
ja, dort hin zw den dreyen ste
fattnachtsp. 2, 84 neudr. (20, 88) ;
zä den Schelmen stan bei Murner sehelmenz., z. b. 7, 2
und 9, 7, «. I, B, 2, /, a, ec. zu etwas: zu der porten
Murner luth. narr 3378, a. ebenda; femer: wann die
knechte und die ambechter die ständen zu der glüt und
wermten sich erste d. bibel l, 409, 54 {Joh. 18, 18);
man sach zuo dem ringe dO die von Burgonden stän
A'»ft.802,4;
nu was diu künegin eine
zeiuem venster gestanden kröne 10184.
Mr.
1515
STEHEN (II, A, 13, d—g)
STEHEN (II, A. 13, g-k)
1516
ao auch zur rechten, linken stehen {lauüich von 7, c, y
nicht unterschieden):
der richter wird so wol die, so nichts gute geöebet,
zur linken heisen stehn, als die, so ihn betrfiebet
mit groser fibelthat
ROMPLER V. LÖWENHALT TCimget. f. 6.
A) zwischen: man stadt darzwüschend, intersistitur
Maaler 383»; interaisto, darzwischen stehen, {iceiterhin:
man tritt darzwischen) Corvinus fons lat. 609»;
Og stand zwischen die schneiden der blanken schwerdter,
und flehte. Bodmer Xoah 287 (9, 654).
angezogen von Schönaich äath. in e. mtsz 132, 29 Köster.
der dazu bemerkt: sollte das die in dem l verse nicht
ein druckfehler seyn? auf die frage wo? gehöret sonst
die nehmendung. a. 132, 36 Jf.
e) so auch von thieren: es verdrosz den esel, dasz der
fabeiränger ihn nicht mit andern thieren in seinen fabeln
eingeführt hätte, darum als eines tages derselbe über
den kohlmarkt gieng, stund er ihm in seinen weg
Bodmer crit. br. (1746) 161. von einem falken:
do gailt er von, und stand hin in die bäume
minnefalkner 121.
sogar, urobei stehen seinen eigentlichen begriff völlig auf-
giebt und blosze bezeichnung einer örtlichen bewegung wird:
fisch, so in der güsz in die grueben {neben den fisch-
backen) gestanden (gerathen) seind landordn. v. 1553, fol. 151
bei SCHMELLER* 2, 710.
f) einem auf den fusz stehen, treten; bildlich: Lukas
. . . begleitete ihn wenigstens ein stück auf der strasze,
um ihm mit einem neuen einwand gegen seine heil-
methode . . . auf den fusz zu stehn Schaffner in:
unterm firnelicht s. 178. ebenso: liesz jhm, wie der grosz
keyser Carl, einen kfirisser auff die band stehn, unnd
hub denselben stracks mit dem einigen arm auff bisz
zu seinen achsseln Garg. s.2H0neudr.; (im bilde:) wenn
wir diesen riesen auf die schultern stehen, werden wir
noch viel weiter sehen können, als sie gesehen haben
Breitinger crit. dichtkunst (1740) 1, 115. ferner:
Aaron unde er (Moyses) digeten,
under di arme si ime stunten,
so si si uf habeten
Diemer d. ged. 62, 22.
g) davon ist verschieden auf die, seine {eigenen) füsze
stehen, denn hier bezeichnet stehen nicht eine Veränderung
des Standortes, sondern der körperhalf ung, den Übergang
aus dem, sitzen oder liegen in das stehen: auf seine
fasse stehen, stare sopra isuoi piedi Kramer dict. 2, 927'»;
wann der herr sprach zö mir, ich bins Jhesus, den du
lagst, wann ste auf: und stee auff dein füsz erste d. bibel
2, 397, 57 Kurrelmeyer {arfjd^i inl toig TidSac ap. gesch. 26, 15
Luther: trit); und es war ein man zu Lystra, der muste
sitzen, denn er hatte böse fiisse . . . und als er {Paulus)
jn ansähe . . . sprach er mit lauter stimme, stehe {var.:
stand) auffrichtig aulT deine fösse {avdarijO^i ^nl roig
nööag aov dg9-6g). und er sprang auff und wandelte
ap.-geach. 14, 10; es war der capitain unter denen krancken
noch der stärckste, die zwey matrosen aber samt der
frau mit ihrem kinde waren nicht im stände, auf die
füBze zu stehen Hob. Pierot 2, 370 *. atich Herder 9, 163
unter I, B. 3, e, C. so auch {vgl. 9, t): die schlang steht auf
jhr fÖ8z H. Sachs l, 6* {bühnenanw). — dies entspricht
also der imperfectiven bedeutung 2, a. vermittelnd sind
Hdlen, wo stehen da» resultat dieser bewegung ausdrückt:
er aber rflret mich an, and richtet mich auff, das ich
«fand Dan. 8, 18 {ungenau: im orig.: ♦loy-'jy 'ii'or'_ • • •
und »teilte mich wieder atif den platz, tro ich gestanden
hatuy,
all
ihr kamt, batt' Ich drey tag' und nicht' in ucb'
mid RtauD vor gott gelegen, und geweint . . .
doch nan kam die vemunft allmiblig wieder,
sie spradi mit »anfler «Umm': 'und doch i«t gott! . . .
steh aufr — ich stand! nnd rief so gott: ich will!
Lumwa t, 884 (Nathan 4, 7).
»0 im betendem:
a) tu 9, g: wenn ich auf meiner qavrpfeife blase, dann
steht er {d. negtnboek) . . . auf seine hintern fyssc, und
danxet, wie ich danze Qbunbr 8, 116.
Mr.
ß) zu 2, d: Fritz, ja, wie könnt' ich helfen? kann ja
nicht hinaufreichen. Karl, steh auf die zehenl . . . oder
hast du keinen stuhl? Miller ged. (1783) 434; ein grosser
kühner erhabener gedanke zwingt uns auf die zähen zu
stehen, das haupt empor zu richten . . . Schiller l, 170-
y) mhd. auch {vgl. 4, b, ß) :
di dugentriche was alhie
gestanden wei;got an ir knie ElU. 5138.
h) das sich erheben zu aufrechter stell ttng drücken auch
andere Verbindungen aus; wie: in die höhe stehen, die
allerdings nicht nothwendig eine bewegung, sondern viel-
leicht auch nur eine richtung ausdrücken {wie: mit dem
köpfe empor stehen, capite exstare Steinbach 2, 668);
beide theile
stehn in eile
schon als knechte
völlig fertig in die höhe !
Göthe 1,240 {d. Zauberlehrling);
dünn steiht oll Schröder sacht tau böcht:
'na, makt jug nich taum naren !'
Reuter 1, 184 Seelmann {läutchen 1, 62, 61).
i) stehen eine beicegung von einem orte weg bezeichnend
{wie auch c, ß):
drauf stifftet er sein fleisch und blat
des newen testamentes gut, . . .
und stund hernach von seinem ort
P. Gerhardt bei Fischer-TCmpel l-irchenl. 3, SOS*.
vgl.: absisto . . . abweichen, hjndersich stehn, darvon stehn
Calepinus VIII Ung. (1584) 12». ößer aus dem weg. den
wegen {mhd. von den w.) stehn, gehen:
d6 hiejen kameraere die Hute von den wegen stän
Nib. 606, 4;
do mit gieng er über die prtick
hinein wol in des fürsten sal,
die zwayte stieg wardt im zu schmal . . .
sie stunden im do ausz den wegen
Pfarrer v. Kalenb. v. 89;
der hertzog mitsampt seinem hoffgsind der hertzogin
ausz dem weg ständen Wickram l, 92, 6 Bolte {Galmy
c. 28). aus dem land, es verlassen: der selbig ist ain glid
und fünfzig ^ verfallen, und mus ain jar us dem land
stan tirol. weisth. 3, 347, 29 {Miinsterthal 1427). auch:
sich auff den kauff,
stee ausz dem trauff,
es dfirfft sunst wol nit werden gut
Förster frische t. liedl. 1, 110, 2 («. 65 neudr.).
aus dem schiff stehn, aussteigen: si stuenden vom schif
zu Pola in Histerreich Aventin chion. 2, 332, ll. dafür
auch die ziisammensetzung ausstehen, *. das. 1, th. 1, 985.
ähnlich auch abstehen, th.l, 128; z. b. :
als er nun abgestanden was
vom scheff Teuerd. 43, 159.
für abtreten Wickram roUwagenh. 90, 23, *. I, B, 2,/, 5. aa,
k) diese bedeutung verbindet sich gern mit der unter g
behandelten.
a) sich erheben vom liegen, so: st6n von dem bett,
aufstehen, voc. v. 1618 6« Schm eller* 2, 710; daraufstand
die adlige frau aus dem bett, zog sich an Grimu »ageH
nr. 68;
st warn von den betten algeltcbe gestAn
Nib. 1789, ♦.
ß) au» dem grabe, auferstehen; *o ahd. mhd.:
ja würtun töte man ouh lös qudke eines wörtes; . . .
tha7, Hb bigondun sie &varon joh stüantun ir then gribiron !
Otfrid 4, 26, 20;
ioh ouh m&n thas w6sUn, tha; Krist stuant ir then restin
6.4,29;
die greber täten sih Qf,
die tAten stuonten dar fl;
K/./.0 18, 8 {denkm.* 1, 87);
{mit 'ethi»chem dativ':)
an dem Asterltchen tage
dO atuont »ich Krist Oi; dem grab*
HKRoftR *. minnet. friUU. 80, 21;
der heilige Criiit ... ist hiute lebintiger gestanden Qj
dem |fr&bc spec. erde». ». 68.
y) vom »itten at^fttehen;
dO ttuont si vnn dem sedel« lf(b. 848, 8;
dO stuont er von dem sedeis mit allen stnen man
liSl, 1;
Mr.
1517
STEHEN (II, A, 13, A;— 15, a)
STEHEN (II, A, 15, a— B, 1. a)
1518
die unsterblichen standen empor ihm
alle vom sitz, dem vater entgegenzugehn
Voss nias 1, 533.
SO auch:
als er den künic her sach gen,
do begunder von dem steine sten
Wigal. 1550;
er stüant yr themo müaae (surgit a coena) tho zi themo abande
Otfrid i, 11, 11.
S) bes. häufig vom rosse stehn, absitzen, absteigen, vgl.
abstehen, th. l, 128: sten von dem pferd voc. v. 1618 bei
SCHMELLER^ 2, 710:
dö sach man von den rossen fünf hundert liter stän
NO). 1122, 2 ;
si habten sinen Stegreif:
sus muoser von dem orse sten
in bäten ritter fürbaj gen Parz. 227, 23;
der knnec von sinem rosse was
gestanden nähen bl der tür Biter. 1755;
da sach man manchen beiden stän
von den pferden üf das Kr^
livländ. reimchr. 2512;
von müde es da struchte,
das es gelag do nider uf baiden knewen ;
und {ich) stund darvon und lies die gurren ligen,
und lief mit meinem luder
ze fuj hinnach minnefalkner 120;
Tewrdannck stund von seim pferdt
Teuerd. 25, 94
(dafür:
stundt ab züfüss von dem pferdt sein
38, 55 u. «0 öfler, vgl. Adelung anm. 2);
dez ersten so stet er von rozz gesta Romanor. 58 Keller;
do stund der kayser unter dem tor zu Rom ab von
seym pferd d. städtechron. 1, 31, 8 (Stromer); Pipinus
aber drei meil von der statt Carisiacum, ständt vom
rosz, küsset dem babst sein füsz S. Franck chron. Germ.
(1538) e?*"; alsbald nun Reinhart von seinem pferdt ge-
standen, in stiffel imd sporen seinen allerliebsten Ga-
briotten suchen gieng Wigkram l, 274, 19 Bolte {Gabr.
e. 32, *. auch unter I, B, 3, b, y), danach buch d. liebe 244'' ;
GofTroy der stund von dem rossz, unnd leget den har-
nisch gering an 273^ ; da er wider von dem pferdt stund,
da gienge er in ein kammer, da beschlosz er sich 275'^.
dafür auch:
si stuonden von den satelen
Kudr. 1464, 4.
e) vereinzelt, sich vom knien erheben: inti mit diu her
stuont fon themo gibete {cum surrexisset ab oratione),
quam zi sinen iungirön Tat. 181, 3, vgl. 182, 4.
14, a) aus der bedeutung 12, g entwickelt sich eine tran-
sitive, causative Verwendung, da der hund, toenn er vor
dem wilde steht, auch dieses zum stellen bririgt und es
ja eben darauf abgesehen ist. so sagt man geradezu : 'der
hund stehet ein wild, bei den jägem, wenn er vor dem-
selben stillstehet' Campe (2) ; der hund steht einen hasen,
'■Kenn der hühnerhund ein icildbret angetroffen hat und
vor demselben stille stellet' Adelung (2, i); einspringen —
wenn der vorstehehund das, was er stehb, attakiren
oder fassen soll H. hAUBE jagdbrev. (l84l) 249; (man sagt)
vom hühnerhunde : er steht vor dem hasen und huhne,
oder: er steht den hasen und das huhn 290. eis. e bas,
e huen ste(n) Martin-Lienhart 2, 565».
b) ganz vereinzelt begegnet bei stehen ein acc. des inneren
objects:
(du, goü,) warntest vil vom iüngsten tag,
wie die schaff zfir rechten bandt
und die geisz den lincken standt
vor gottes urteil würdent ston
Murner narrenbeschw. 7, 21.
15) im anschlusz daran sind wirklich oder scheinbar
nflexive gebrauchsweisen zu erwähnen.
a) in alterer deutscher dichtung nimmt stehen zuweilen
einen bedeutungslosen, sog. 'ethischen dativ' zu sich, s.
Grimm gramm. 35 {neudr. s. 36/., mhd.), 87 (40, altg.), vgl.
mueh 47 (50: dän. stod sig):
stöd imn thO fora themu uuthe uualdandeo Crist
Hei. 3758;
ich stuont mir nehtint späte
an einer zinnen minnes. frühl. 8, 1.
(^tceifelhaft ist, ob schon die stelle: sa Fareisaius stan-
dands sis \)0 bad = o ^agiaaloq ara&elg npog havzdv
xavxa TiQoarjVXtfo Luc. 18, u — mit J. Grimm gramm.
Mr.
4, 943 — hierhergezogen werden darf; Bernhardt in d.
anm. zieht sis zu ba{). jedenfalls sind — gegen Grimm
gr. 4, 35 — stellen wie
die Juden gestuonden in nie so laide
kaieerchr. 10322 Schröder,
ebenso 13240, fernzuhalten, da der dativ hier zu laide ge-
hört, vgl. unter C, 15.) indem in solchen fällen bei der
3. person früh sich als dativ gebraucht icird, entsteht der
schein reflexiver constniction ; s. z. b. minnes. friM. 30, 21
unter 13, k, ß.
b) icirklich reflexive fügung begegnet ganz vereinzelt in
mundarten. so icesff sik stän für sich stellen: stä dik
mal hi mirren in de stpwe Woeste 253».
c) wie bei allen intrans. verben, ist auch bei stehen
reflexive fügung in unpersönlichem gebrauche üblich:
es steht sich sichrer im grund (der höhle) als vorn an
der mündung, weil an ihr sich immer grosze stücke
eis schmelzend ablösen Göthe 16, 248 (^^= briefe 4, 132, 18,
an Gh. v. Stein d. 5. nov. 79); (freier:) ja, ja! so steht es
sich vor dem menschlichen leben Klinger 9, 64.
B. stehen wird tceiterhin von gegenständen gesagt, diese
erxceiterung des gebrauchs ist mit einer gröszeren oder ge-
ringeren abschicächung der ursprünglichen bedeutung ver-
bunden.
l) am nächsten kommen der grundbedeutung falle, ico
stehen von hocliragenden oder aufgerichteten körpern ge-
sagt wird, die auf der kleinsten unterstützungsfläche ruhen
und ihre längsachse in verticaler richtung haben.
o) so von pflanzen, deren stajnm oder Stengel senkrecht
in die höhe wächst.
a) von bäumen: üffen di6 f^leaua die in iro mittero
stänt, hängtön uuir unsere Organa Notker 2, 572, 14
Piper (ps. 136, 2);
üf dem anger stuont ein boum
Walther v. d. Vogelweidb 94, 80;
und es versamleten sich alle menner von Sichem . . .
bey der hohen eichen, die zu Sichem stehet rieht. 9, 6;
ceder ... ist das . . . schöne holtz, so auf dem Libanon
gewachsen, und noch etliche wenig . . . darauf stehen
sollen GuEiNTZ deutsche rechtschreib ung (1666) s. 168;
dort, wo die tanne auf dem felsen steht Gessner 3, 112;
die unten stehenden . . . flehten . . . erschienen hier wie
kleine gedrückte gebüsche Lenz 3, 128 Tieck; ich werde
die statte wieder aufsuchen, wo die eichen stehen Frey-
tag 8, 174 (ahnen 1, 1, 10);
es stet ein lind in jenem tal,
ist oben breit und unden schmal
ÜHLAND volksl. 15, A, 1;
auf ihrem grab, da steht eine Unde
Heine 1, 264 Elster.
sodann auch: zubrich den altar Baal, . . . und hawe ab
den hayn der dabey stehet richter 6, 25; und als sie in
das wäldlein, so auff halbem weg steht, kam, war die
zeit, das sie geberen solt, verbanden Montanüs 84, 6
Bolte (tcegk. 33); silviger, adj. worauff wälder stehen
CoRviNUS fons lat. eos*»; s. auch Alberus fab. 37, 22
unter I, C, 3, d, ß.
ß) getreide: der weizen steht ja wohl dicht hinter dem
garten Reuter 2, 78, 29 Seelm. (strömt, l, 4);
steht nur der weizen und grünet das laub
Arnim 13, 258 (wunderh. 1, «. a%ich
Böhme volksthüml. lieder s. 154);
dafür genauer getreide steht auf dem halm, zum unter-
schiede von b, ß: der hafer steht zum theil noch auf
dem halm Moltke ges. sehr. 6, 228; doch kann auch
bloszes stehen dasselbe ausdrücken: wenn ein fewr aus-
kompt . . . und verbrend die garben oder getreide das
noch stehet (ncpn „kalmfrucht" , „das auf den halmen
T T —
stehende kom") 2. Mos. 22, 6; die günstigste Jahreszeit
für die zerstörenden einfalle der alten kriegsgeschichte
. . . war die worin das kom mit schon ausgetrockneten
halmen, eben vor der reife, im felde steht Niebuhr
röm. gesch. (1812) 2, 92. ferner: also müst er gleich mit
seim iunckem reiten über feld und bei dem weg stund
hanff Till Eulensp. 10. hist. : so auch : auff der lincken
band da steht ein hanfTacker, darinnen so steht ein
grosser byerenbaum Schumann nachtbüchl. s. 325, 18 Bolte
Mr.
1519
STEHEN (II. B, 1. a—c)
STEHEN (II, B, 1, c-d)
1520
(nr. 50); filmagen (mohn), s. Carbach IAv. 21» unter
I, B, 3, b, y. sonst von feldfrilchten, z. b. riiben, s. Erlauer
sp. 3, 39S unter I, B, 8, b, y u. o.
/) von allerlei stauden, sträuchem, bilschen u. ähnl.:
item bnten an den Schylde dar stat eyn rnnt busch enen
bogenschote lank nd. seebuch 14, 14; denn es wird zu der
zeit geschehen, das, wo jtzt tausent weinstöcke stehen,
... da werden dornen und hecken sein Jea. 9, 23; da
zuvor die schlangen gelegen haben, sol hew und rhor
und schilff stehen 35, 7; juncetum . . . ein ort da viel
bintzen stehen, ein riedt C.\lepinus XI. ling. (1598) 778 •>;
s. atKh Gerh. v. Minden 90, 61 Seelmann (dorn) unter I, B,
3, o, ß; Heine l, 60 (myrtenstrauch) ebenda e, 9:
d) seJir oft von blumen und kräutem:
biginnet änascouuon thio frönisgon blüomon,
thar liuti after uuege gent, thie in themo äkare Stent
Otfrid 2, 22, 14;
wljer nnde röter bluomen weij ich vil:
die Stent sO verre in jener beide
Wai-ther V. D. Vogelweide 75, 13;
aber ich . . . zog meinen handschuch an und erwüschte
eine band voll von den kleinen brenn-nesseln, die . . .
zu allem glück dort stunden Simpl. sehr. 3, 822, 23 Kurz
{vögeln, i, 5); es war aber ein kleines gärtchen an dem
verwünschten bauschen, darin standen zwölf lilien-
blumen, die man auch Studenten heiszt Grimm märchen
9. 40 {nr. 9); einmal brachte sie (die ziege) der älteste auf
den kirchhof, wo die schönsten kräuter standen 142 (36);
gerade die blumen stehen in seinem garten Hebbel
3, 142 Werner {Agnes Bern. 1, 5);
es ist zeit hinausz zu schawen
und sich bey den frischen quellen
in dem grünen zu ergehn
wo die schönen blumen stebn
Opitz «. Königsb. dichierkr. s. 22 neudr. ;
8. auch Spreng H. 18^ und schausp. engl, comöd. 250, 6
unter I, B, 2, /, rj, bb und 6, cc. — gras :
so vil grasz im felde stehen
man kan sehen
Weckherlin bei Zinkgref auserl. ged. s. 43 neudr. (35, 19);
da stund einer der macht hewschrecken, im anfang da
das grumet aulTgieng, und sihe, das grumet stund Arnos
7, 1 {text verderbt). — früehte: es stehen genug erdbeeren
im walde Storu l, 9.
b) verschieden von dem stehen lebendiger pflanzen, die
sich durch ihren wuchs und die kraft ihrer wurzeln auf-
recht halten, ist das künstlich bewirkte stehen abgehauener
oder geschnittener.
ä) von einem baumstamme, der senkrecht befestigt ist;
»0 vom Weihnachtsbaum: aber das weisz ich, dasz mir's
zu muthe war wie kindern, die am Weihnachtsabend in
dunkler kammer an der thüre drängen, gleich wird sie
aufgehen und der bäum in seinem glänze stehen Kü-
GELGEN jugenderinn.* s. 15. ferner: sihe, es stehet ein
bawm im hause Haman funüzig eilen hoch, den er Mar-
dachai gemacht hatte Esth. 7, 9.
ß) körn {auch höhnen u. a.) steht in garben auf dem
felde: der roggen steht rundum in stiegen auf den
feldem Raabe unruhige gaste 150 ; der duft . . . des reifen
hafers, der in garben auf dem felde stand Keyserling
bunte herzen 184; nd. de roggen was meiht un stunn
Börre drei dagen in hocken Reuter 8, 417, 82 Seelm.
{ßtromt. i, 28);
uns' rogg is rin, doch all uns' weit
un bawem noch in hocken (mandeln) steiht
1, 221 (läuKhen 2, 6, 17).
mnek g&rben, mandel stehen : also tronmet Joseph aine;
nahte;, wie er and sine brflder bundcn garba Qf ainem
acker, und wie sin garbe Of rehte stände, und icr garba
•tflnden umbe sin garbe Grieshaber pred. t. iss; za
Gilgal opffem sie ochsen vergeblich, and haben so viel
altar, als mandel aaff dem felde stehen Hosea it, 18.
e) von bergen: Syon st&t in Jerasalem Notkrr 8, 6, S
Piper {ps. t, 6: super Syon montem sanctum eius); da vom
iiM Osten ... ist ein dorff, welches AspM heist, dameben
stehet aach ein rander berg Manson teebuch (1786) ». 88;
noch standen hie and da mehrere gipfel, dem ähnlich
worauf sie sich befanden Qöthb 81, 4» {teanderj. i. 8);
Mr.
dasz kein Neapolitaner von seiner stadt weichen will,
... ist ihnen nicht zu verdenken, und wenn auch noch
ein paar Vesuve in der nachbarschaft stünden 28, 24;
bis jetzt sind nur zwei bergzüge . . . bekannt, welche
auf dieser terrasse stehen Ritter erdkunde (1822) l, 96;
links, im violetten licht der ferne, steht der charakte-
ristischste berg Schlesiens, der Zobten Moltke ges.
Schriften 1, 232; hier dehnte sich die gelbe Campagna
aus, . . . wie ein Wölkchen stand der Soracte Justi
Winckelm^nn 2, l, 22; ihr blick . . . hob sich zu den nebeln,
hinter denen sie die berge stehen wuszte Zahn die da
kommen 28;
so stand
das Istbmische gebirge, trennte beide meere
Ramlbr lyr. ged. (1772) 113;
du (Brocken) stehst mit unerforschtem busen
geheimniszvoll offenbar
über der erstaunten weit
Göthe 2, 67 {Harzreise im rvinter);
erzählen wird man von dem schützen Teil,
solang die berge stehn auf ihrem gründe
Schiller 14, 364 {Teil 3, 3);
mit personißcation s. ROckert unter A, 2, o, y. so auch:
mitten auf der insel stehet ein fels mit der hoele der
nymphen Gessner 2, 10 {Daphnis 1); ein steiler fels stand
an der seite Tieck 8, 254;
zu beederseits zween felsen stebn,
die nahend bis an Himmel gebn
Spreng Aen. (1610) 5*» (geminique minantur
in caelum scopuli 1. 162);
nicht sieben schritt von mir die klippe stand
A. V. Droste-Hülshoff 2, 115 (d. arztet vermächtn.);
dasz meine gebeine
felsen würden, und ewig hier stumm, und ewig hier einsam
ständen ! Klopstock Jfw». (1748) 3, 365.
stehen wird von bergen gesagt, rvenn die sinnlicTie
Vorstellung lebhaft vor äugen oder vor dem geiste steht,
daher besonders in poetischer spräche, kommt es nxtr
darauf an, den geographischen punkt, die 'läge' eines berges
zu bezeichnen, so sagt man gewöhnlich liegen: der Vesuv
liegt im osten von Neapel, doch ist die Unterscheidung
nicht scharf, vgl. z. b.:
wenn sie (d. enle) aus holen ästen ihr kläglich todtenlied rutfet,
und der ringsum stehende fels der stygischen nachheult
Wieland Hermann 4, 193
neben:
wie das feldgeschrey der giganten, der Stürmer des himroels,
durch die wolkengebürge ertCnte, umliegende felsen
brachen es hunderträltig 297.
d) von bauwerken:
a) im allgemeinen: das gröszte {werk) dem maase nach,
die Peterskirche (wie denn wohl nun kein gröszer ge-
bäude in der weit steht) Göthe briefe 8, 45 {Rom d.
7. nov. 1786); *. auch Heinrich v. Neustadt gotes zuok.
6100 untex- I, B, 2, e, ß und SEB\zfeldb. 13 unter I, B, l,f, y.
ß) besonders von hochragenden bauwerken, thürmen u.
dergl.: unde dar stAt {B: staet) by westen an de Cronye
en hoch torne . . ., unde de torne steyt up der see
{B: staet uppe de zee) nd. seebuch VIII, 4; s. auch XI, 7. 39
u. 0.; auf dem gegenüberliegenden ufer werden wir auf
neuere zeiten gewiesen; da stehen mächtige thUrme, frisch
errichtete oder völlig wiederhergestellte vertheidigungs-
anstaltcn, neu wohlausgemauerte schicszschartcn und
zacken Göthe bri^e 35, 803, 7 {an Zelter d. 81. märs 1888);
Demosthenea hat cu Ath^n,
wie lang er auch gestorben,
ein' hohe pyramide stebn,
Bo ihm die kunst erworben.
Neumark Jortgepfl. mtuik.-poet. luitw. (1667) 1, 146.
/) sonst von hochragenden gegenständen: und sol einen
napff vol glut vom altar ncmen, der für dem hcrm
stehet 8. Mos. 16. 18; aber den ehrnen altar der für dem
herm stund, thct er weg das er nicht stftnde zwisscben
dem altar, und dem haase des herm 8. kOn. 18, U;
and das kreos erbub gen himmel sich, stiiod
Ki.orarocK Meu 8, 176.
galgen vgl. Lichtwer unier I, R, 8, d, $: wenn alle dicbe
gehangen würden, die galgcn mfiszten dichter «tchn.
man sieht Ja kaum aller zwey meilen einen; and wo
aaob einer steht, steht «r meist leer Lessino i, im f.
Mr.
1521
STEHEN (U, B. l.d)
STEHEN (H, B, 1, d—e)
1522
(Juden 1); als sie vor den Thalhauser wald hinaas kamen,
und den galgen noch mntterseel allein im felde stehen
sahen Hebel 3, 88.
rf) von gebäuden im engem sinne; von hirehen: by osten
an de Brye staet ene kerke nd. seeb. V l ; der Jesuiten
collegium und kirche, von tüchtigen quadem aufgeführt,
stehen noch unverletzt in ihrer anfänglichen tüchtigkeit
GöTHE 28, 215; der burghügel, auf dem jetzt die kirche
des h. Ludwig steht Mommsen röm. geseh. 2, 29, anm. 3.
dorn, ». Wieland 17, 263 unter I, B, 3, e. t,. tempel: nun
dünkte ihn, dass der tempel, der vorher auf ebenem
boden gestanden, auf drey grossen felsen ruhte Klinger
3, 265 {Fattsts leben 5, 2); das capitolium steht zu oberst
auf dem berge, capitolium in summo adstat culmine
Stein BACH 2, 668. — allgemeiner: so kompt er über ins
land das der herr hat, da die wonung des herm stehet
Jos. 22, 19. kapelle. s. Montanos 28, 10 und Zimm. ehron.*
1, 96, 18 unter I, B, 3, d, ß;
da stSt ein capelle bf Iv). 566 ;
droben stehet die kapelle
Ühland ged. 1, 11.
f) von bürgen, sehlössem und ähnl.:
nist bürg, thaj sih giberge, thin stentit ufan berge.
Otfrid 2, 17,13;
diu burc stnont besnnder Iw. 6085;
überj wajjer stnont dej kastei Parz. 535, 7;
dar nu stet dat palas sächs. weltchr. 15, a. I, B, 2, c ; Aegi-
dius . . . hält dafür, dieser hügel sey derjenige, wo der-
malen das schlosz von Wirzburg steht M. J. Schmidt
gesch. der Deutschen l, 60;
als bange finstemisz Egyptenland
drey tage lang auf Moses wink bedeckte,
gab' Pharao befehl, dasz man am jähen Strand
des Nils wo seine hofburg stand,
auf einen obebsk ein groszes windlicht steckte
Pfeffel poet. vertuehe 1, 153 ;
so übertragen:
das Vaterland, das dn nns gründetest,
steht, eine feste bürg, mein edler ohm
Kleist 3, 88 E. Schmidt {pr. v. Eomb. *, 1, 1132).
"Q von häusern, vgl. Frankf. urk. von 1338 unter I, B, 2, g,
nd. seeb. 14, 18 unter I, C, 2, /; gassen, die so schmal
sind, dasz die inwohner der gegenüber stehenden hohen
häuser einander die bände reichen können ThCmmel
reise 9, 151 ; er und seine frau trugen mein gepäck in ein
nahe stehendes gasthaus Arndt werke 1, 97 Rösch; in
Luckenbach, fast am ende des Städtchens, steht ein
kleines haus Ludwig 2, 306;
dieweyl gantz abwegs steht mein hansz
H. Sachs 4,3, 17«>;
im Weinberg auf der höhe
ein häuslein steht so windebang
MöRiKE ged.^ 12;
so dann auch: das Eesselsche Institut macht so unglück-
liche rückschritte, dasz es wohl nächstens vor dem thore
stehn wird A. v. Droste-Hülshoff briefe an Schücking
s. 115; wahrscheinlich hatte, als Tacitus schrieb, der
marschbewohner an der Nordsee schon die ersten ein-
fachen dämme gegen die schwellende see gezogen, schon
!^nd sein wohnsitz auf den warfen Freytag 17, 67; in
einem abgelegenen, aber sehr schönen theile onsers
Vaterlandes steht ein stattlicher hof Stifter ««rite 5, l, 263 ;
und Hektor kam vor Paris lustgebäu, . . .
das auf der barg an Priams wohnung stand
Bürger 173» (= JZ. 6, 313—7);
da plötzlich wie ein freud'ger schrecken nah
steht die fast aufgegebne theure zelle
A. V. Droste-HClshoff (1879) 2, 238 {Walther 5);
Gcerons vorwerg, s. Opitz l, 41 unter I, C, 3, e, ß; ein
schöneres enplacement s. G. Forster 8, 213 unter I, B,
3,/, y, dd; das hüttchen ». Mörike ged.^ 87 unter I, B,
3, e, ij. bildlich:
noch steht gottes himmelshaus
Arndt xcerke 4, 9 Meisner;
ain clausen *. Schwarzenberg Oie. 150* unter I, B, 3, b, y.
jy) von stallen, scheunen u. ähnl.; vgl. d. Indersdor/er
urk. V. 1483 unter I, B, 2, /, d, gg; den Tumfels habe
ich . . . aus einer gegenüber stehenden scheune gezeichnet
Göthe bri^e 8, 5 {an Ch. v. Stein d. 80. aug. 86);
X. 2. Mr.
von zelten:
durt dmnten in dem thal
durt steht an alter stall
Hartmann völktschausp. in Bayern «. 6, 96 ;
si sähen bl in stende ein vil h&rlich gezelt
Mb. 1296, 1 ;
ungetcöhnlich und auffällig: ich wil sie auff die beste
weide ffiren, und jre hörten werden auff den hohen
bergen in Israel stehen Hesek. 34, 14 (D"ii: rt»rr> 'ihre trift
unrd sein . .').
S-) trenn schon da, tro von einem hause die rede ist,
neben stehen heute auch liegen üblich ist (vgl. oben e),
so ist stehen geradezu ungebräuchlich geworden in bezug
auf einzelne räume in einem hause u. ähnl. : in den kelre
der under dem dormenter stot d. städteehr. 8, 88, 4
(Closener 1362, s. I, B, 2,/, T], dd); so loufft ülenspiegel
mit dem kopff und schultern in dz glaszfenster dan die
stub stand uff der erden und stiesz uff die strasz Eulensp.
45. hist.; und der eusser vorhof, war umbfangen mit
einer mauren, daran die kamem stunden, . . . und die
kamern stunden nach einander Hesek. 42, 7/. ,• und stunden
auff beiden selten ercker, die waren gleich gros 40, 10;
und es gienge eine halle herumb, . . . dieselbige stund
fome gegen dem eussem vorhof 31; zu rechten band
desselbigen gangs soll geordenet stehn die kuchin Sebiz
feldb. (1579), 29; so auch auf einen bienenstock angewendet:
wie man im frühllng sieht bey aufgeklärtem himmel
die bienen um den stock im rauschenden gewimmel,
wenn ihr gerüster schwärm ihr reich zusammen trägt,
und eine Wagenburg für ihren könig schlägt.
Zusehens steigt das werck an unterschiednen stellen:
hier geht der festungs-bau ; dort stehn die wohnungs-zellen
J. v. Besser tckr. (1732) 1, 53;
dagegen als besonderes gebätule:
nO saher inrehalp dem tor
ein wites wercgadem stän 7^.6187;
ähnlich ferner: de kiste stont in des van Quernforde
hove; de was do, dar nu de kor steit to simte Xico-
laus d. städtechron. 7, 157, 18; dem geräumig erbauten
Orchester stand ein kleineres zur seile Göthe 22, 157
{wanderj. 2, 9).
i) seinen vollen sinn hat stehen vnederum in anuten-
dung auf einzelne bautheile von senkrechter Stellung, wie
mauern, wände:
denn wenn der nicht käme mit sand,
und nicht jener mit kalke,
so stünde nicht diese wand
Rückbrt (1882)1,48;
seht diese flanken, diese Strebepfeiler,
die steh'n, wie für die ewigkeit gebaut!
Schiller 14, 290 (TeU 1, 3);
thüren, fenster: und eine thfir stund gegen der andern
Hesek. 40, 13; da fürt mich ein wind ... zu dem innem
thor, das gegen mittemacht stehet 8, 3;
im ist noch wirs dan den die gent
nach bröte aldä diu fenster Stent
iVi«r. 171, 6
(über lesung und erklärung s. Wallner beitr. 83, 59/.). mit
genauerer bestimmung:
in ihren angeln
stand einsam mir des schönen baiises thfir
Falk Amphitr. 1, 270.
x) dann auch: du solt auch breiter machen zu der
wonung von foern holtz die stehen sollen 2 Mose 26, 15;
zwenzig sollen jr stehen gegen dem mittag 18; im bilde:
nun ftUle jeder seinen platz, und wer zun eckstein
nicht ersehn,
dem sei's der ehre schon genng, als mauerstein im bau
zu stehn
Geisel 1, 209;
muhlenrad für mühle im volksliede:
hoch auf dem berge drüben,
da steht ein mfihlenrad Erlach voCM. 1, 138;
jfeu:öhnlicher :
da get ein mQlerad ühland nr. 33.
e) die ältere spräche gebraucht stehen auch von den
entsprechenden coUectivbegriffen wie stadt, dorf (entspre-
chend von Wäldern, getreidefeldem, s. a, a. ß). in neuerer
zeit tritt stehen hier zurück vor liegen (da ja bei ort-
Schäften, sobald sie als einheit genommen werden, der
begriff einer im verhältnisz zum un\fange beträchtlichen
96 Mr.
1523
STEHEN (II, B, 1, e-g)
STEHEN (II, B, 1, g-h)
1524
hohe fehlt) und irird meist nur dann gesagt, wenn von
einem noch stehen oder nicht mehr stehen die rede ist
{mit besonderer nuance, vgl. unten. 13, d — f) oder wenn
nonst die Vorstellung des Stehens irgendwie betont ist:
unden an dem schlossz stund ein kleines stettlin Wick-
ram 1. 34«, 19 Bolte (Gabr. c. 61); gegen mittcrnacht aber
lag ihm {detn apostel Johannes) die gegend, wo jetzt Con-
stantinopel steht, mit allen umliegenden ländern Jung-
Stilling werke 3, 29; (er) besuchte in der gegend von
Neubrandenburg die stelle, wo Rethra, ein hauptort eines
alten Völkerstammes, gestanden haben soll Göthe briefe
20, 279, 15 {an Oh. V. Stein d. 16. jian. 1809); gleich über dem
Rhein zerstörten sie (d. Alemannen) die stolze stadt
Äugst, zwei dörfer stehn jetat auf ihren fundamenten
Hebel 3, 43; die Latiner müssen in ihrem besitz (rfer
albanischen feldmark) gewesen seyn, weil sie hier, . . .
nahe an der statte wo Alba einst stand, ihre lands-
gemeinden hielten Niebuhr röm. gesch. (l8il) l, 210; auf
dem Palatin stand ein hirtendorf, und die umgegend
diente den heerden zur weide Moltke ges. schriften 1, 167;
sonne, die das land vergoldte, wo das frome Strelitz steht
LoGAU 2, 9, 5;
Cartbago kennt nicht mehr das feld, worauf es stund
Günther 670;
da, wo jetzt die stadt thut stehen
Hartmann volksschawp. in Bayern «.35 (VI, 197);
s. auch Basler chron. 6, 249, 8 unter I, B, 2,/, tj, cc; Franck
chron. der Teutschen S*», Opitz 1, 144 und Uz 835 unter
I, C, 3, d, ß; e, ß und y. so auch: das läger stände an
einem vortheilhaften orte Lohenstein Armin, l, 22'»;
ganz ungewöhnlich dagegen tmd in stark abgeblaszter be-
deutung von ländern: welch land Ergow . . . hept an
oberet ze Münsingen, und st&t der rechten siten der
Aaren nach bis under Ölten . . . Tsghudi chron. Helvet.
1, 14" {vgl. unter I, B, 2,/, rj, ee); so stehen die beiden so
eng benachbarten und fast verschwisterten halbinseln
{Italien u.Qriechenland) gleichsam von einander abgewendet
MoMMSEN röm. gesch.^ 1, 6; *. auch die stelle aus Harffs
fügerf. (kirchofT) zu ende von I, B, 2, /, 6, cc.
f) gern wird stehen von Jwhen, schlanken gegenständen
gesagt, wie Säulen, pfeilern: Absalom aber hatte jm eine
seule auffgericht da er noch lebet, die stehet im k6nigs
gründe 2 Sam. 18, 18; und stunden pfeiler unten bey den
wenden am hause, allenthalben herumb, die sie trugen
JSesek. 41, 6. dazu: und wenn Mose in die hutten kam,
80 kam die wolckenseule ernider, und stund in der hätten
thfir 2 ilfose 33, 9; s. auch b Mose Z, \, ib; im bilde: wo
steht denn nun die grenzsäiule zwischen Wahrheit und
irrthum? Tieck 14, 153; auch sonst bildlich {doch zugleich
eigentlich, zu g):
man hält ihn würdig dort zn glänzen, wo die säulen*)
der rOm'schen grösze stehn
Ma.stalier ged. (1774) 26, 8 ,
mit der anm.: Karl und Konstantin, die groszcn, deren
bildsäulen im Vatikan stehen. — sonst hohe steine, z. b.
grenzateine, pfähle u. ähnl., ebenfalls in freierem gebrauche:
niemand wuszte zu sagen, wo des heiligen reiches grenz-
pf&hle standen Treitschke d. gesch. 1.9;
{ich) seegle hin wo kein hauch mehr weht,
und der markstein der scbOpfung steht!
Schiller 1, 276.
von hohen möbeln, wie schränken: in de wahnstuw', wo
dat blag angestrekcne eckschapp stunn Reuter 2, 84, 6
Neelm. {strömt. 1, 2).
g) 90 femer von 'bildsäulen', Standbildern, statuen;
hier mit der haupibedeutting (A) sich berührend und
mannigfach vermischt, #. J?teinhöwel unter I, B, 2, g;
ihre {der nymphen) bilder stehen in selbiger {hole) kynst-
lich in lindcn-holz geschnitten Gbssner 2, lo {Daphnis i);
die schlechteste atatue steht auf ihren füszcn wie die
beste GÖTHB 23, lei {wanderj. 8, is); so lange das alte
Rolandsbiid noch auf dem Bremer markte stehe, habe
CS mit der alten stodtfroihcit der Bremer keine gefahr
frauenz. almanaeh für 1817 187 (L. M. FoUQUk ritter
Toggenburg) ;
laax uns in daurcndem ntetall,
o chnrffintl deinen vntor aeben;
nnd diMM beiden bild, bis an der erden fall,
Elbstroma brUcke stehen
OoTTMCHio ged. (1701) 1, 35;
Mr.
statuen,
die in geweihten tempelnischen eteh'n
Hebbel 3, 244 Werner {Gygea 1, 59);
von einem crucifix s. Zimm. chron.'- 1, 452, 17 unter I, B,
3, e, a. so auch: die mutter gottes {ein bild, das zum
fest geputzt werden soll) stand indessen nackend in der
mitte, und schien den erstaunten und erzürnten nonnen
zuzurufen, ihre blösze zu bedecken Klinger 3, 9 {Fausts
leben i, 2); das herrlichste, was die kunst hervorgebracht
hat, steht unter freiem himmel Göthe 37, 34 {Winckelm.);
ferner: du könig sähest {im träum), und sihe, ein seer
gros und hoch bilde stund gegen dir, das war schreck-
lich an zusehen Dan. 2, 31; die Vorstellung eines götter-
bildes flieszt zusammen mit der des encarteten Antichrisfa
in der stelle: wenn jr aber sehen werdet den grewel
der verwflstung, von dem der prophet Daniel gesagt
hat, das er stehet, da er nicht soll {xd ß6e}.vy/ja zf/g
i()rifXü)08(i}q saTrjXÖza otiov ov öeZ) Marc. 13, 14, ähnl.
Matth. 24, 15 (das er stehet an der heiligen stet, kazög;
nach Dan. 11, 31; 12, 11). — von pla-ftischen thierdarstel-
lungen: und der könig macht einen grossen stuel von
elffenbein, . . . und der stuel hatte sechs stuffen . . ., und
waren lehnen auff beiden selten . . ., und zwo lewin
stunden an den lehnen, und zwelff lewen stunden aufT
den sechs stuffen auff beiden selten l kön. lo, 18—20;
was? stehn nit heilige palmesei gemeynlich auff der
borklrchen, oder auff dem höchsten gewelb Garg. s. 205
neudr. — von kunstwerken anderer art, denkmälern u. s. w. :
rings um ein altes grabmal her, das auf dem hygel
stand, umgruben sie die erde Gessner 2, 102 {Daphnisi);
wegen einer scheinbaren oder würcklichen erhöhung des
schon stehenden dreyseitigen monuments wird sich noch
eins und das andere überlegen lassen Göthe 6>ie/e 30, 22, 21.
h) von kleineren, beweglidien gegenständen, wie flaschen,
trinkgläsern oder sojist hohen gefäszen: nun zu unsern
flaschen: die mitler unter denselben stund auff eim
lustigen . . . büchlein Garg. s. 41 neudr. ; wo nicht bei
eim vollen fasz, auch staht ein schönes glasz 87; ferner
steht hinter Ihr ein hohes enghalslges gefösz Göthe
briefe 35, 301, 21 {an Zelter d. 31. mürz 22); für den satan
und die fürsten standen, auf besonderen kredenztischen,
flaschen des edelsten getränks Klinger 3, 20 {Fausts
Üben 1, 4); eine schenke Ist's ohnehin, denn drüben in
der ecke stehen flaschen und gläser Hebbel 8, 263
Werner; well es meistens alte flaschen seien, die schon
von fastnacht an im ladcnfenster in der grellen sonne
gestanden hätten Fontane 5, 144; vgl. Bächtold hschr.
unter I, B, 2, h, a; H. Sachs 3, 2, 214" unter I, B, 8, e, a;
dazu wohl auch:
da stund von gold ein reich credenlz
H. Sachs 1, 102 «>,
wo credentz sich am ehesten von einer gesammUieit von ge-
fäszen verstehen läszt {vgl. tii. 2, 689 u. 5, 2135). anstatt
des gefäszes wird die darin enthaltene flilssigkeit genannt:
ein alter . . . köstlicher wein, wie ich danial vor mir
stehen hatte Grimmelshausen 2, 20, 7 Keller {Spring-
insf 2); im selben augenbllck kam Lene mit einem
kaffeebrett zurück, auf dem eine kuraffe mit wasscr
samt apfelwein stand Fontane 5, 137;
(do') etwan einer fArcht den wein,
und hat darumb den wein {ein glat) verborgen,
der Irunckeuheit sich thüt besorgen,
so nimb jii, sprich, schaw stohstu do?
SCHKIDT Orob/anti« 1834;
wollt ihr biorgon oder wein?
hier steht ein gantzcr haulTon
Chr. Rbotbr Harlequin* kindhrtteHntchmautx S, 1, v. 3i0;
sieb, da stehet wein TQr dich!
LR8AING 1, 04;
».ferner S,b,e. — von andern gegenständen: scitzame Hecht-
stock, ... die stunden fein nach der Ordnung wie die
prettspil auf der schfitzen hausz Qarg. a. 40 neudr.; {im
bilde;) bei meinem ersten würfe standen die kegel so
BchOn, jetzt steht die rechte gasse gar sa enge Rbutrr
1, W6 Seelnumn {lauschen S, rorr.); {von ds» figuren des
tekachspieU:)
verloren? — wiedoram im schach verloren f —
da stobt w noch das ipiel!
Lkssino 2, S8S {Sathan 8, t, «. 187).
Mr.
1525
STEHEN (II, B, 1, i—m)
STEHEN (II, B, 1, m— 2, a)
1526
t": von biickern: hier in dem Wandschrank, sagte sie,
steht meine ganze bibliothek Göthe 20, 66 {Wilh. Meister
7, 6) ; die meisten bücher standen freilieh in den brettem,
aber unordentlich durcheinander, ein groszer teil . . .
lagen auf tischen, stuhlen und dem fuszboden in Ver-
wirrung umher Arndt werke i, 53 Bosch; sein erster
blick fiel auf die bihel, die sehr bestäubt noch an alter
stelle stand Kern er bilderbuch (1849) s. 18. — von einem
senkrecht eingesteckten (?) briefe: noch eben, wie dieses
geschrieben wird, steht ein zugesiegelter brief an sie
auf meinem schreibpult, den ich fortzuschicken nicht
den muth hatte Göthe briefe 19, 2ö3, 12.
k) von hohen, dünnen gegenständen, die nur durch an-
lehnen in annähernd verticaler richtung gehalten werden
und leicht umfallen, so von stocken, Schwertern, leitem
u. dergl.: der stock stehet im winkel Cwipe (l); und
sihe, eine leiter stund au£F erden, die räret mit der
spitzen an den himel i Mos. 28, 12; das scharpffe seh wert,
das ein ernstlich gebot bracht, stund und machts allent-
halben voller todten, und wiewol es auff erden stund,
rüret es doch bis in himel weish. 18, 16 (falsch übersetzt:
subj. ist kSyog: ^l(pog o|r ttjv ävvnoxQiTOv STiirayfiv
oov ffSQüJV, xod aräg inhjQwaev ra nävxa ^avärov
xal odgavov fihv r/7iTero, ßsßi^xsi ö'inlyfjg); der baur
fand drey besen bey einandern in einem winckel ston
Wickram roUicagenb. 84, 19 Kurz (c. 47);
der ein erwütscht ein mistgablen
und knülts dem nächsten umb das mul,
so ist derselbig ouch nit ful . . .,
gsicht etwan dort ein pflegel {dreschfiegel) stan
H. R. Manuel icein»piel 1748;
zur rechten steht ein grosses schwerdt, zur linken eine
vergoldete lanze Klinger 4, 18 {Raphael deAqu.l,z)\
damit nahm er sein schwert, das im winkel stand, und
übergab es dem ritter Kleist 3, 395 E. Schmidt; blin-
kende Waffen hingen oder standen an den wänden
Hebbel 8, 23 Werner; femer von rädern, brettem, auf-
gehobenen thüren u. a.: die vier reder aber stunden unten
an den seiten ikön. 7, 32; sihe, da stund ein rad auff
der erden bey den vier thieren JSesek. l, 15; ich fügte
den nächsten zäun, ein scheunenthor und einige ge-
brochene Wagenräder bei, alles, wie es hinter einander
stand Göthe 16, 17; nun hatte man aber . . . gefunden,
dasz mehrere hinter einem kleinen schuppen stehende
mistbeetfenster zertreten waren Arndt werke i, 23 Rösch;
dann zog ich mich eilends zurück, griff nach meinem
vor dem fenster stehenden hut und lief Hebbel 8, 181
Werner; auch: an den wänden standen sechs knochen-
gerippe umher Tieck 5, 125.
Q ähnlich stehen bilder auf Staffeleien u. dergl.: dein
porträt steht auf der staffeley Göthe briefe 41, ii5 {an
Zelter d. 5. aug. 26) ; bei Lepke (in einem bilderladen)
standen ein paar Oswald Achenbachs im Schaufenster
Font.\ne 5, 157; von altargemälden , die senkrecht be-
festigt sind: dy selbe toufel {tafeT) steet ^um Eibinge
uf dem huse in der kirchen uf dem hoen altare Marienb.
treszlerb. 160, 32 Joachim, {zum, j. 1402). immer sehlieszt
stehen ein, dasz ein bild mit dem untern rande auf der
unterstützungsfläche ruht, icährend bilder, die von oben
her befestigt sind, hängen : nachdem der pfarrer noch ge-
fragt hatte, ... ob in seinen gemächern heiligenbilder
ständen oder hingen Ric. Huch d. hahn v. Quakenbrück
s. 87; doch kommt bei porträts zuweilen {in dichterischer
spräche) auch dafür stehen vor, indem die haltung der
dargestellten person auf die darstellung übertragen tcird:
es war niemand drinnen; und die bilder verschollener
menschen standen wie immer schweigend an den wän-
den Storm 1, 128 (gemeint sind lebensgrosze familienlnlder,
die an der wand des rittersaales hängen, s. s. 117). in
ähnlicher weise sagt man stehen von nicht körperlichen
bildem und gesicJitserscheinungen, wobei stehen ai^f dar-
gestelltes und darstellung zugleich geht:
und als sie traten in den saal,
o wunder! steht an weiszer wand
frau Hildes schatten Mörike ged.' 79.
m) stehen von allerlei dingen, die senkrecht gestellt
und so befestigt sind: das unter dem himel jre flflgel,
einer stracks gegen dem andern stund (ninc' 2n>B:2
Mr.
'gerade ausgestreckt') Hesek. l, 23; indessen steckte der
vater die spuhlen . . . auf einen mit querstäben abge-
theilten rahmen, so dasz sie sich frei um perpendikulär
stehende starke drahte bewegten Göthe 23, 58 {icanderj.
3, 5); die fenster, ohne simse und flach, standen so glatt
in der quadermauer, wie glimmertafeln, die im granite
kleben Stifter sämmÜ. werke 2, 54; vgl. femer unten
s. 8, a, ß. — ungeicöhnlich : über den gerippen standen zettel
mit den namen der geschlachteten Tieck 5, 125; 'segel
stehen, wenn sie gesetzt sind' Stenzel seemänn. wb. 401*.
2) in andern fällen ist nicht das emporragen, sondern
das ruhen auf stützen, die entsprechend als beine oder
füsze bezeichnet werden, für den gebrauch des wortes ent-
scheidend. {diese Verwendung geht dann nicht vom. stehen
des menschen, sondern der vierfüszigen thiere atts.) auch
hier bildet stehen einen gegensatz zu liegen.
a) so zunächst von gegenständen, die 'beine' haben.
et) tische stehen {auf 4 oder 3 beinen, runde oder aoale
auch auf l beine):
thie disgi, thie thar stüantun, thar sie tho münizotnn
Otfrid 2, 11, 13;
es stund' ein stelnem tisch gleich an der hSl' am ende
DiETR. V. D. Werder Ariost 13, 36;
aber in der halle für dem thor, stunden auff j glicher
Seiten zween tissche Hesek. 40, 39; anstatt des altars
stand ein groszer tisch auf einigen stufen Göthe 20, 121
{Wilh. Meister 7, 9); an der einen seite {des raumes) stand
ein tisch, ein sessel, mehrere stuhle und bänke 21, 14
{wanderj. l, 2) ; zwischen rauchgeschwärzten Seitenflügeln
erhoben sich etliche kugelakazien, . . . um die herum . . .
tische samt angelehnten gartenstühlen standen Fon-
tane 4, 234.
ß) Stühle {vgl. a und Murner unter l, B,2,f,ö,bb):
Wilhelm setzte sich auf einen kleinen armstuhl, der
wider den verschlag des eingangs stand: . . . der sessel
stand fest Göthe 20, 122 {Wilh. Meister 7, 9); und wirft
sich dann in den stuhl der am tische steht Iffland
theatral. werke (i827) l, 85 {A. v. Thumeisen 4, 7).
y) bänke u. ähnl.: er eilte verdrieszlich hinunter, sich
auf eine steinerne bank zu setzen, die vor dem thore
seines gasthofs stand Göthe 18, 210 {Wilh. Meister 2, ll);
die einzige hölzerne bank, die schlafstätte des pfarrers,
stand an ihrer stelle Stifter sämmtl. werke 5, l, 135;
verstärkt aufrecht stehen, s. H. R. Manuel weinsp. 980
unter I, B, 2,/, tj, aa; vgl. auch:
der strick ist schwach, der nagel klein,
der Schemel will nicht stehen
{als jemand eich aufhängen icill)
Gebstenberg br. über merkui. der litt. 201, 9 nettdr.
6) eine bahre:
durch des gewölbes mitte stehn
drei lange bahren, sind sie leer?
A. V. Droste-Hülshoff 2, 43 [hogpiz auf d. gr. gt. Bemh. 1).
dann auch von der leiche, die auf der bahre liegt:
weh und leid
kränken unsre sinnen, . . .
weil wir dich itzt müssen sehn
auf der todtenbahre stehn
Neumark fortgepfl. musik-poet. liutw. (1657) 1, 109;
jezt steht er nur noch auf dem paradebette, und die
blumen die ihr auf ihn streut sind herbstblumen für sein
Sterbekleid BonaventuR-\ nachticachen s. 59,3 Michel;
in die hinterstube, wo die mutter stand! Hebbel 2, 7i,
19 Werner {Mar. Magd. 3, ll) ; hier im saal stand auch
seine leiche Storm 2, 3ii.
f) bett, s. Montan US 146, IS unter I, B, 3, b. y; cubi-
culum . . . ein schlafTkammer, ein ort da vil bett stehnd
Calepinus VIII ling. (1584) 323»; Lichtenberg briefe l, 9
unter I, B, 3, e, tj; in diesem zimmer stund ein schönes . . .
bett, und nicht weit davon eine kleine oval-taffel, auf
welcher etliche schaalen mit allerhand confituren stun-
den eaval. im irrg. 391.
5) von andern möbeln: hier stand als hauptstück ein
sehr schöner flügel Hesse Gertrud s. 60.
T]) auch von kleineren geräthen mit beinen oder füszen:
die lanfTen sollen zu dem zil,
und stechen umb ein kleinot gut, . . .
nemlichen umb ein tigel frey,
wellicher steht auff fassen drey
Spreng Iliai (1610) 307» {tqlTto: II. 22, 164).
96* Mr.
1527
STEHEN (II, B, 2, b—S, b)
STEHEN (U, B. 3, b-e)
1528
b) weiterhin von iüinlidien gegenständen:
a) dem bett steht die wiege nahe:
ein wiegen stund in einem gmach
darinn ein kindlein schliefT und lag
Fischart fto?ihatz 657;
glOcklich, wenn er fand
das grab, wo seine wiege stand
MOllner der 29. febr. 6, v. 847.
ß) ein tragen ruht und betcegt sich auf rädern an stelle
von beinen: in dem einen (scliuppen) stund die kutsche
Leipziger aventurier (1756) 1, 29; der wagen stand vor
der thüre Göthe 20, 34 (Wilh. Meister 7, 4); vgl. auch:
des Schäfers sein haus und das steht auf zwei rad,
steht hoch auf der heiden . . . Mörike ged.* 22.
y) von andern dingen, die auf rädern laufen, r. b.
geschützen, s. Teuerdank 89, 6 unter I, B, 2, h, ß; eine
kanone stand an der andern, und wartete auf den feind
Hebel 3, 80.
8) von hohlgefäszen sagt man, sie stehen, wenn sie mit
der Öffnung nach oben rulien, sodasz sie imstande sind,
den inhalt, den zu fassen sie bestimmt sind, aufzunehmen
und festzuhalten, während sie im andern falle auf der
Seite liegen, die richtung der längsachse ist dabei gleich-
gültig.
a) so von schiffen: inti gisah zuei skef stantantu
(naves stantes) näh themo uuäge Tat. 19, 4;
zu dem mer auff dem plan
sach er ain grosses schefF stan,
wol gehefftet zu den staden
Heinr. V. Neustadt ÄpoUon. 2264 Singer;
und (Jesus) sähe zwey schiff am see stehen {hardira)
Luc. 5, 2; sasz der häuptling unfern der see, dann
standen im ström oder der bucht seine schiffe Frey-
tag 17, 85;
ja, wenn mein schiff im meere stand
und mich ein ungestümer wind
wor h&tt' in Indien getragen
[Stieler] geh. Venus i. 39 neridr.;
lause tae' und n&chte stand mein schiff befrachtet
' GÖTHE 2, 76.
doch sagt man im gleichen sinne auch und jetzt gewöhn-
lieh liegen : das schiff liegt im hafen u. ähnl.
b) sehr häufig von kleineren gefUszen. so zunächst von
hohen gefäszen, wie fleischen, gläsern, s. i, h. doch tritt
dabei die Vorstellung des hochragenden und der vertical
stehenden längsachse allmählich zurück, wenn man das
wort auf fassen, näpfe. schalen, teUer anwendet, auch
der gegensatz zu einer andern läge (liegen) ist nur etwa
noch bei lassen vorhanden; dodi kommt hinzu, dasz diese
gegenstände nur, wenn sie stehen, eine grade Unter-
stützung sflüche und infolgedessen eine feste ruhelage haben.
und stets ist die nach oben gerichtete Öffnung einbegriffen,
während man von völlig flachen gerätlien ähnliclier art
(z. b. Schinkentellern) nie sagen würde, dasz sie stehen.
belege: da stund ein gefesse vol essiges (im orig.: exsiTo)
JoÄ. 19, 29; krflg, l&den, böchsen und h&fen, wie wir sie
heut in den apotecken stehen sehen Ga7-g. s. 17 neudr. ;
wiewol noch ein grosse pfann gebachener eyer dort
stunde Simpl. sehr. 8, 304, 27 Kurz (vögeln. 1, 3); bis ich
sähe, dasz die köchin einen hertzerquickenden tauben-
zag aus einem grossen irdenen hafen that, den sie eben
unter demselben wasserstein stehen hatte 325, 4 (l, 6) ;
er . . . heischt mit gleich unverwandten äugen und
bangemder begierde die grosse scbilssel voll, die auf
dem tische steht Lessino 6, 88 (lit. bri^e 1. 14); (die
Hausfrau) sah zweifelhaft auf einige grosze fremdartige
thongeflUze, die halb im boden vergraben in der
ecke BlADden Freytao 8, 19 (alinen l. 1. 8); er (d. kaffee)
befand sich in sehr kleinen tassen, die in kleinen
silbernen bechern standen Moltke gea. schrifl^m l, 129;
tbar stuanton an4svf<M(, "> ^^^^ ■» ^^^^ oi^u ("""
Otfrid «, 8, «7 ('eratU . . . hydriae uz potitae' Joh. 2, 6);
•• Max la einem tlMb der knecbt auch mit den teinen.
der ^iiien broytopf stund und gab den heissen rauch
J. Rachel latyr. ged. ».4« newir. (4, 176);
«. «Mcft eav. im irrg. »1, oUü I, a, e, und Qöthb 84, MW
mmter I, B, 8, e, (. da bedeutung de» stehent ist betonder»
autgepräffl. wenn «* im gtgen»att tu andern Utgen getagt
wird, B. b. tu blncen: an ihren (der hiOtU) berd«» Miten
Mr.
htengen und stehen meine trink-gefaesse Gessner 8, 116.
ioortspielend mit der bedeutung A:
setz' er den krug mal hin, versuch' er's msdl
den krug, der kein gebcin zum stehen hat,
zum liegen oder sitzen hat, ersetzen 1
Kleist l, 349 E. Schmidt {zerbr. krug 6, 428).
von viereckigen behältern: Evhnde . . . nam dasz gesang-
buch und wurff es hinter den grossen kleider-kasten
welcher im hause stund polit. maidaffe (1679) ».3; in
der ecke der capelle . . . stand ein kästen mit steinen
Göthe 21, 39 (wanderj. l, 3).
c) statt des gefäszes wird oft der inhalt als gubjeet zu
Biehen gesetzt : das essen steht auf dem tische u. ähnl.:
feigen und mandeln standen neben bonig, milch und
rahm aufjjetischt maler Müller l, 69; nun kam die
magd in die küche, sah den fertigen salat da stehen
Grimm mürchen nr. 122; auf demselben (tische) prangte
alsbald ein Silbergeschirr, darauf eine fein gearbeitete
kanne mit malvasir, geschliffene gläser und ein zucker-
imbis stand Alexis Roland v. Berlin (1840) l. Hl (6.cop.);
dat abendbrod stunn all lang up den disch Reuter
2, 379, 23 Seelm. (strömt. 2, 25); ich langte gedankenlos
nach den trauben, die in der krystallschale vor uns
auf dem marmoitische standen Storm l, 42; in thöner-
nen satten stand fette, weisze milch Hans v. Kahlen-
berg Eva Sehring (I90l) 48;
setz dich zum disch, steht essen drauff
ScHEiDT Orobianus 607;
da in der mitte, im heitern saal,
stund' grade ein hübsches frühstücksmahl
GöTHE 4, 152 We(m.;
das gesetz hat seine endschaft und das essen
steht auf dem tisch
Schiller 13, 397 (Turandot 2, 4) ;
ich lob' es mir, wo voll die tische stets besetzt sind;
wo kuchen stets in schönen pfannen steht
Falk Amphitr. 1, 47;
*. auch MÖRIKE unter I, B, 3, e. — so auch: würzkrämer
in seinem laden . . .
die nöthigst' waar' stund bei der band,
tobak und kaffee . . .
GÖTHF 18, 69 (paUr Brey v. 6) ;
vgl. dazu Paracelsus l, 210 A tinter I, B, l, /, y. von
schreibzetig : nun hett aber der secretarius . . . kein goldt-
sandt oder strewbulfer auff seinem tisch stehn MoN-
tanus 276, 28 Balte (gartenges. 15); (da) sagte ich zum
lust-gärtner, er solte mir doch feder und dinte gehen,
ich wolte eiligst diesen brief beantworten, der lust-
g&rtner sagte hierauf: es stönde alles zusammen oben
in der sommer-stube Chr. Reuter Schelmuffsky vollst,
attsg. s. 46 neudr. — femer: man läszt die knochen in
schwacher Salzsäure so lange stehen, bis sie durch-
scheinend und biegsam wie das geschmeidigste leder
werden Liebig ehem. briefe (1844) 108.
rf) tcenn getränke längere zeit (in einem offenen g^fäsxe)
stehen, verlieren sie an frische und qualitäf , tcerden
schal, unschmackhaft, vgl. abstehen (th. 1.129); s. Gueintz
rechtschr. 121 U7id Iffland hagest. 1, 4 unter I, C. 8, e, ß
lind f, a ; der saure schlipper kommt . . . von der kuh.
und nur, wenn er lange gestanden hat und dem zu-
stande der verderbnisz sich nähert, dann geht er in
süszigkeit über Immermann Münchh.* 1,6 (i, ll). vgl.
lothr.: g'stange Wasser, t>erdorbenes toasaer Follmann496".
e) tceiterhin von »äcken, beuteln u. ähnl.: das ver-
siegelte beutelchen, — fünfhundert thaler louisdor,
stehet drauf, welches ihro gnaden in dem schreibe
pulte stehen gehabt Lkssing 1. 514 (Minna v. B. 1,8);
ich sah beim hereintragen, wie zur linken seite viele
mehlsäcke aufgehäuft standen frauem. almanach f. 1817,
*. 119. tind von deren inhalt: in einem sacke da stehn
ein hauffen roslnobel, im andern ein hauffen engelotten
(münzen) diseurtB «tdieher pertonen v. d. jttigen tuttande
der kipper und wipper (1021) Ai^',dot timmer in Saladinj»
palhuite. in weichet die beutet mit gtld getragen %oorden.
die noch tu tehen. . . . Saladin. (im hereintreten)
da «tebt daa seid nun nocht
Le^aino S, 8S9 (Nathan 6, I);
ach (Ott ich maint Mets bett gebackn,
•o tlundt daa mehl ungslwrt im aackn
Qiuiusiue grammat. (1697) 8, 8, «. 67.
Mr.
1529
STEHEN (II, B, 3, f-i, b)
STEHEN (H, B, 4. 6-c)
1530
f) von ähnlichen dingen, die keine gefäste sind, t. b.
schuhen, s. Gotthelf Uli d. knecht 109 unter I, B, 3, e, jy;
eben war er im begriff sich aaszuziehen . . ., als er zu
seiner gröszten Verwunderung ein paar frauenpantoffehi
vor dem bett erblickte; der eine stand, der andere lag
GÖTHE 19, 199 (Wilh. Meister 5, 10).
i) tceiterhin wird, mit fortschreitender verblassung der
ursprünglichen bedeutung. stehen von allerlei dingen ge-
sagt, die auf einer unterläge ruhen oder in einer gewissen
hohe sich befinden.
a) auf etwas stehen, im allgemeinen.
et) auf eitlem fundainente {vgl. z. b. Klinger 3, 265
uräer l,d,6): oder wor auff stehen jre (der erde) ffisse
Tersencket? 0-;2::-i rt^ii» rto'^y 'auf was sind ihre pf eiler.
T :T T TT — : T —
grundsehicellen eingesenkt t") Hiob 38, 6; als Atlas die erd-
kogel auff die ander achssel wolt abwechssein, zusehen
was der grosz fisch thet, darauff die weit stehn soll
Garg. s. 39 neudr. ; gleichwie . . . ein wflrfel . . . alzeit
faste liget, er falle auch wie er wolle: und was darauf
stShet, oder gebauet wurd, wegen seines guten grundes
nicht leicht wakkelt oder fället Bellin hochd. recht-
achreib. (I6ö7) zuschr. 4« s. femer 6, b, ß.
,?) auf stützen, s. 2, o (tiegel auf 3 füszen, s. ifj. un-
geiröhnlich von einem hause (l, d) : las mich djis ich die
seulen taste auff welchen das haus stehet richter 16, 26.
— eine ähnliche Vorstellung scheint der nd. redensart zu
gründe zu liegen:
en preistet hadd enmal en pird,
en schönen, brnnen bläszten wir't!
doch stunn hei nich mihr np sin pal
nn hadd en beten spat nn wat von schal (An/trontÄ.)
Reuter 1,22 Seelm. {lauschen 1,4,3; 'von e. hause,
das nicht mehr fest steht, hergenommener ausdr.').
y) kröne, hut steht (jetzt in der Umgangssprache: sitzt)
auf dem köpfe:
wenn auf der Teutschen köpf musz stehn ein
fremder hnt, . . .
wir andrer äffen seyn, und sie uns äffen mUssen
Leibniz deutsche sehr. 1, 439;
wie barfusz sie (Recuba) umherlief, . . . einen läppen
auf diesem haupte, wo das diadem
vor kurzem stand (where lote the diadem stood)
Shakesp. 6, 123 {Hamlet 2. 2).
so auch:
swer nü des riches irre ge,
der schouwe wem der weise ob slme nacke ste
Walther v. d. Vogelweidb 19, 3.
S) von dingen, die nicht lose außiegen, sondern auf
etwas befestigt sind, auch von dem obersten theil eines
gegenständes selbst: item 2 Schilling trankgelt den smede-
knechten, do sy dy stange smitten, do das bilde von
Präge nf stet Marienburger treszlcrb. 63, 9 Joachim (vom
j. 1400); und es stund also oben auff den seulen wie rosen
(jr'r nt?^ ctej": trsi hy^ 'vxir's ide lilien gestaltet^)
1 kön. 7, 22; der zwo seulen aber war ein jgliche achzehen
eilen hoch, . . . und stund auff jglicher ein ehern knauff,
funff eilen hoch Jerem. 52, 22; so auch: lyehnuchus . . .
ein liechtstock, alles das darauff ein liecht steht Cale-
PINUS VIII ling. (1584) 848»; anders (ungewöhnlich): eine
unendliche menge stuffen steiget über einander hinauf,
bisz zu derjenigen, die auf der spitze der leiter stehet
BoDMER ahh. V. d. wunderbaren 9.
f) von einer schieht über einer andern masse: bis ein
groszer, weisz und braungefleckter schaumberg auf der
Schüssel stand Stifter granit s. 13;
un somit kratzt hei af den schimmel,
de äwerall all up de arwten stunn,
un frat de suren arwten run
Reuter 1, 111 Sedmann {lauschen 1, 45, 39).
dt« Vorstellung einer gevnssen höhe ist dabei nothwendig;
daher würde stehen tn folgender stelle nicht meAr mög-
lieh sein (dafür liegen):
up dem angere scolde sucker stän,
dar de w§rden vrQwen hen gän vruwenlcfXQi.
b) Uumen stehen auf ihrem stamm oder stengd, s.
Cl. Hätzlerin 2, 17, 97 unter I, B, 3, b, y;
es stunden drei rosen auf einem zweig
Böhme volksihüml. lieder nr. 125, 1 (Züccalmaouo) ,•
alte weiber sind die strSuche, dranff für zeiten rosen stunden
LOGAU sinnged. t. 279, 49 Eitner;
Mr.
im bilde:
neben meiner kindesliebe
keimt als frohe nachbarblflte
i'ene andre liebe auf;
leide stehn auf einem stamme
fest gewurzelt im gemüte
HouwALD d. leuchtturm 2, 3, v. 1071 ;
so auch:
oUs, wos auf würzen
steht, blüe tragt und sam,
das mähst du mit da sengsen
. . . zsamm !
Frz. Stelzbamer ausgev. dicht. (1884) 1, 142, 18 Sosegger.
anderes: duramen . . . das hart räbschosz so zä nächst
am stock steht CalepinüS YIII ling. (1584) 414»; gebreide
steht auf dem halm *. l, b, ß. — wenn dagegen auch von
blättern und fruchten gesagt wird, dasz sie an einem
bäume u. s. w. stehen, so wird der begriff des empor-
ragens aufgegeben und es bleibt als gemeinsame Vorstel-
lung nur die befeMigung an einem dünnen stiel, dies
scheint nur in der altem spräche vorzukommen:
dannoch stänt vil schöne; loob
in dem walde her und dar
livländ. reimchron. 5670 ;
du bist, cypressen-baum, ein bäum gerader höhe,
dran aber niemand sah, dasz sondre frücht viel stehe
LOGAU 3, 5, 69 («. 89).
c) ähnlich von gliedern und theHen des mensehlieken
(oder thierischeri) leibes.
«) wenn von füszen oder beinen gesagt wird, sie stehen,
so ist dies in der regd eine Übertragung vom stehen des
menschen aus. in diesem sinne schon unter A, 2, b be-
handelt, es kann aber auch das senkrechte aufragen
meinen; stets mit näheren Zusätzen: Arigo decam. 261, 24:
Hesek. 1, 7, s. unter A, 2, b; deine lenden stehen (fehlt
im urtecct) gleich an einander, wie zwo spangen hohel.
7. 1;
nider halb des chnieraden an deme beine stant die waden ;
so sich da; bein recche, da; ig niene stet sam ein stecche
Wiener gen. 15, 2/. (= 6, 31/. Diemer),-
so wfinschet ich das, wie dein {Nestors) hertz
also die schenckel auch aulTwertz
noch stünden, und desz leybes krafft
bewisz sein junge eygenschafft
Spreng Uta» (1610) 45° {&g tot yovrad' tnoito n. 4, S14);
dieses war die ander klag,
dasz die Schienbein fome st&nden
ZiNCGREF auserl. ged. 26 neudr. ;
scherzhaft gewendet in dem Sprichwort: hat frissche beine,
aber stehen ym maul Luther spracÄw. 251; vgl. s. 240
('er thut mit seinem maul grosze thaten').
ß) von zahnen: schrecklich stehen seine zeene omb-
her Hiob 41, 5; vgl. Stumpf Schwt/tzerchron. &S*> unter
I, B, 3, b, y.
y) stehen von haaren geht auf ihre dünne, vergleichs-
weise lange form und ihr abstehen von dem haarboden;
die Vorstellung der verticalen richtung ist dabei unvxsent-
lich (auszer in der sehr häufigen Verbindung zu berge
stehen, s. unten 8,b,ß): dein hauszfraw hat unter ir
lincken pruste ein warczeln zu guter masse grosz, dar-
umb sten pey sechs goltfarbe hare (dintomo al quäle
son forse sei peluzzi biondi come oro) Arigo decam. 147, i
Keller (2, 9); freier: er hatte ihr die schweren haare ge-
lockert, und sie standen wie ein dunkler kränz um ihr
feines, weiszes gesichtchen Hans v. Kahlenberg Eva
Sehring (1901) 160 (ähnlieh: Polen z Büttnerbauer 155 unter
I, C,3,/.a).
<J) stehen vom köpf entspricht dem falle a, 8: das hertz
(des selig vollendeten menschen) kan nicht klopffen, die
lang nicht ziehen ohn liebligkeit, die zunge kan nicht
reden, das haupt nicht stehen ohn liebligkeit J. M. Mey-
PART das himml. Jerusalem (1630) 2, 203; so (im 16. jahrh.)
sprichw.: auff einem vollen bauch steht ein frölich haupt
S. Franck sprüchw. (l54l) 2, 48»; ScHElDT Grob., rand-
bem. zu V. 92Sf. ; es gehören volle kröpff unnd schlecker-
biszlein darzn, und ein guts trflncklein, als denn stehet
auff einem vollen bauch ein fröliches haupt Mathesiüs
Sarepfa (l57l) 9^. dazu fest stehen, s. unten 8, e, ß.
l) dazu gehört die sehr gewöhnliche sprichwörtliche rede-
weise ich weisz nicht, wo mir der köpf steht zum aus-
druck der Verwirrung, rathlosigkeit, hast : bisz endlich so
Mr.
1531
STEHEN (II, B, i, c-d)
STEHEN (II, B, 4, d)
1532
ein rumor entstünde, dasz er selbst nicht wflste, wo
ihm der kopff stünde Weise erznarren (1673) 888; Treu-
herz, nu? er soll ein sehr wichtiger Staatsmann seyn?
Lisette. ja — der vor lauter geschäften . . . niemals weisz,
wo ihm der köpf steht v. Ayrenhoff werke (1803) 3, 196;
ich weisz nicht wo mir der köpf steht Gothe 9, 157,
17 Weim. {icette 3) ; ich mag gern bei euch trinken, das
ist gewisz, aber das zeugs steigt einem sogleich so in
den köpf, dasz man nicht weisz, wo einem der köpf
steht TiECK 5, 325 (verk. u>elt2, 5); ich helfe dem vater
nor ein wenig; der arme mann weisz nicht, wo ihm
der köpf steht L. v. Franc-ois d. htzte Reckenburgerin
s. 148. daneben mit modaler bestimmung wie mir der
köpf steht; und entsprechend der köpf steht einem nicht
recht u. äJinl.; a. köpf II, A, 4. b, a, <A. 5, 1758; dazu noch:
der köpf steht mir wie eine Wetterfahne, wenn ein ge-
witter heraufzieht und die windstösze veränderlich sind
GöTHE briefe 1, 262, 14 {an Salzmann, juni 1771?).
5) in andern fällen ist die eigentliche bedeutung von
stehen ganz verblaszt und es meint nur 'irgendwo seinen
[festen) platz haben' {icofür jetzt , besonders in der Um-
gangssprache, gewöhnlicJi sitzen): bände, hüften, s. Wiener
gen. 14, 3. 43 unter I, B, 2, e, ß; arsch, gemachte, vgl. der eui.
wiszh. betbüchl. B 8* unter I, B, 2,/, rj, aa; dazu (in anderm
sinne u. gröber als f); denn wir haben gar zu gute tage,
wir wissen nicht (mit Urlaub), wo uns der hinter stehet
Luther 28, 23, 17 Weim.; ferner: und st6t auch der hals
ze nsehst nach der kein gegen dem ruck Megenberg 19, 2.
eigenthümlich ist die Umschreibung für 'prügeln :
das sy all söUind werden jrleyt
über ein banck, uszgnon die frowen,
und man jnn da glatt soll abhouwen
den kopff, der jnn bym arszloch stat
H. R. Manuel toeinfpiel 379G, chemo 3907, 3927,
4012, vgl. ferner 3751 und zur erkl. 4023#.
von theUen des köpf es; den ohren. s. Alsf. passionssp. 3409
unter I, B, i. d, 6 ; sieht aus, wie ein von Daviden seine
rotten — so stehen ihm die ohren Reuter 2, 85, 22 Seel-
mann (strömt. 1, 4). der nase: da lob ich mir doch diesz
plätzchen, wo wirklich die nase stehet (nämlich über dem
munde), denn da kann man immer trinken, auch zu-
gleich riechen und so doppelt genieszen maler Müller
1, 168; bes. den äugen: da sähe ich, . . . das dem weisen
seine äugen im heubt stehen (Iffsna i'j«>- aan.n „der toeise
: T •• TT V
hat seine äugen im köpfe"), aber die narren im finsternis
gehen pred. Sal. 2, 14; grosse äugen bedeuten ein geytzigen,
gefrässigen menschen, und zuvor, wann sie vorder im
haupt stehn Paracelsus opp. (1616) l, 912A; sein bren-
nendes äuge stand tief im köpfe Tiegk 8,253; ihr volles
gesiebt . . . war nicht unschön, merkwürdig, fast heraus-
fordernd leuchtende blaue äugen standen darin Zahn
in: 'unterm firnelicht' s. 337;
ich wolle da; ir ongen an ir nacke stUenden
Walther v. d. Vogelweide 56, 3.
if) stehen nieht nur von gliedern, sondern auch sonst
von theilen des körpera, wie siüeken fleisch, z. b. einem
oehsenbratenstück, s. Lindener Katzip. 154 unter I C, 3,
d, ß; wie von allerlei dingen und eracheinungen am körper,
geaehicüren, narben, flecken u.a.w.: so vil die pestilcntz
geschw&r oder carfunckcl belangt, ist zuwissen ... die
flchwartzen sindt am allersörglichsten und ärgsten, für-
nemlich so sie nahe bei den emunctorijs und disen orten
stehn Sebiz feldb. (1579) a. 65; ein stück der starken
und freien stirn ragte aus den binden, aber zwei narbun
Ktanden darin Zahn die da kommen und gehen 86; der
diencr . . . hatte wohl dort geschlafen, auf der einen
wangc stand ein roter fleck Kryserli.ng bunieherten 170.
d) häufig wird stehen von dingen und erscJieinungen
am himmel gesagt, wo es auf die höhe ihres Standorte«
geht (vgl. unten 7, b) :
a) so beaondera von geaUmen; Bunächnt der aonne: die
encheinung ist so natürlich als der tag wenn die sonne
am himmel ileht Tieck 6, 7> {Lovdli. \t); die tonne
steht glutrot auf dem gcbirgc, der abendwind erhebt sich
E. Tb. A. HoPFUANN «, 7 Qri*ebaeh; längst ist die nacht
vergangen und die sonne steht itbor den bergen Pocci
UtH. komlkli4hbücld. t (Ml), sao;
Mr.
dazu:
als lang die sonn am himmel steht
Spreng Jl. (1610) 273 >> (dvvta 6' is i^ÜMy i«, 308);
dämmrung zerflog, und die mittagssonne
stand hoch am himmel Hölty 85 Halm;
durch die dämmerung der thränen
seh' ich ferne sonnen stehn
Tieck 4, 305 (Magelona 4) ;
mit näheren Ortsangaben: hoch, niedrig stehen, a. unten
7, b; anderes: die sonne steht (um den 21. märz) gleich-
weit von beiden polen über der erde Hebel 3, 160; mit
bezug auf die Verschiebung der Sonnenbahn am himmel,
die nach den stembildern des 'thierkreises' bestimmt wird:
die sonne steht im zeichen des Widders, Steinbocks oder
im Widder u. ähnl.: der thierkreis. er steht aber noch
viel höher am firmamente, als die sonne, und sie steht
von hier aus betrachtet immer zwischen den zwei linien,
die seinen rand bezeichnen, und in einem zeichen der-
selben, denn ob sie gleich noch weit herwärts des-
selben steht, so meint man doch wegen der sehr groszen
entfernung, sie beGnde sich in dem zeichen selbst, wenn
sie aber heute in dem zeichen des Steinbocks steht. . . 159;
im dezember, wenn die sonne in der gröszten ferne vom
Wendekreis des krebs steht, steigt das thermometer am
Senegal . . . auf 93 gr. Fahrenh. Ritter erdkunde (1822)
1, 302; von da atis übertragen: die sonne steht in deinem
zeichen — dein glück wird reifen und gedeihen Hensler
Donautceibchen 1. tJi., l, 17 vgl. unten y zu ende.
ß) vom mond: der mond hob sich mehr imd mehr
und stand endlich klar an dem warmen sommerhimmel
Stifter .s, 201 ;
so offt . . . bey der nacht am klaren himmel stehet
der helle mohn mit seinem vollen scheine
Spangeniierg grtech. dramen 1, 101 Dähnhardt
(Eur. Alk. 957 = navvixov atXdras Alk. 451);
da steht der mond ! verweile,
verweile, lieber mond
Schubart ged. (1787) 2, 89 ('an den mond');
und als der mond am himmel stand,
die liebchen schwimmen tot ans land
MÖRIKH ged.' 188;
sehr häufig der mond steht über etwas: das licht des
mondes, der oben mit seinen hörnern übtr der bergspitze
stand, begrüszte sie freundlich Tieck 4, 220; der mond
stand senkrecht über der häusergruppe und legte einen
fahlgrauen Schimmer über die bretterdächer Stifter 2, 25;
dafür ungewöhnlich:
mit erstorbncm scheinen
steht der mond auf todenstillen haynen
Schiller l, 106;
sonst:
sam der liebte mflne vor den stemen stiLt
Sib. 282, 1.
y) von stemen: des abends, wann die sternen am
himmel stehen, la sera, quando appariscono le stelle
Kramer dict. 2, 927<=; den holden paradies-stern , der
mitten am himmel voll reiner Unschuld stand maler
M ü LLER 1, 87 ; keine sterne standen am himmel Göthb 18, 253
(Wilh. Meister 3, 8) ; das chor der gcstirne stand am dunkeln
himmel Novalis 4, I6I Minor (üfterd. 1, 6);
die steren auch am himmel stehn,
darbey man schlafTen ptlegt zugehn
Sprk.ng Aeneit (IGIO) 82* (madentome
cadentia aidera «omiuw Aen. 9, 9) ;
es stehen drey stemen am himmel,
die geben der lieb ihren schein
vdksl. bei Herder S6, 140 Suyhan (vo/M. 1, 1, 6);
eben grauet der morgen, noch stehen die sittemden sterne
an der wAlbung des nimmels
Hbbbbl 8, 977 Werner (mii/ter tt. Und 1, IV
ao auch: es stehet ein comet, «^i, doi «t vede, appare
uno cometa Kramer a.a.O.; zur zeit, als der grosse,
erschrerkliche comet gestanden ist 999 >>; mit tuaätMn:
und betrifft den cometen, der Jetzt xn gegen steht Pa-
racelsus opp. (1616) 8, 6S7 A;
oder daax blulMth ein komel
gar nilhcngleich durch sterne steht
OOthb 8, 199;
von nun an soll »ein (Amor$) schOoes bild
am «ternenhimroel »tenn 1,60 {ncrtmt>rrl .y.
Mr.
I
1533
STEHEN (II. B, -i d)
als -wir . . . nach der gegend von Florenz hinsahen,
riefen wir beide zugleich aus : gott im himmel ! was ist
das für ein zeichen, das über Florenz steht? es war
wie ein groszer feuerbalke, der funkelte ... 34, 261
(Cellini, 1. th., 2, 6). ferner mit Ortsangaben: und secht
den stem den sy sahen in osten. der ging vor in: bis
das er kam er stund oben do daz kint was erste deutsche
bibel 1, s. 10, 53 Kurrelmeyer (Matth. 2, 9 = cod. Teplen».
i, 8); wenn er {der stem) uns näher stände als sie (die
sonne) Wieland 3, «7 (Ag. 16, 2). sonst urird die läge gern
in bezug auf andre sterne bestimmt, bes. in bezug auf die
zeiehen rfes 'thierkreises' : der Saturnus, ... im löwen
stehendt, macht lange lebende G. Nigrinos f. zäuberem,
hexen usw. (1592) s. 1.^3; *. ax*ch Oswald von Wolken-
STEIN 79, 68 unter I, B, 2,/, 6, cc. dafür modale ausdrticks-
loeise: das ich weis, . . . wie das jar herumb laufft, wie
die stem stehen (ßviavrwv xvxXovq xal darsQOJv &easic)
xoeish. Sal. 7, 19. insbesondere ergiebt die Stellung der
'planeten {sonne und mond eingeschlossen) zu einander
und zu dem thierkreise die 'consteüation'. aus der früher
die astrologie das Schicksal des unter ihr geborenen men-
schen wahrsagen zu können glaubte: wie seynd zur selben
zeit die planeten gestanden? Kramer dict. 2, 929"»; am
28ten august l7-i9 . . . kam ich . . . auf die weit, die
constellation war glücklich ; die sonne stand im zeichen
der Jungfrau, und culmintrte für den tag . . . Göthb 24, 11
{dicht, u. icahrh. l);
wie an dem tag, der dich der weit verliehen,
die sonne stand zum gmsze der planeten,
bist alsobald und fort und fort gediehen,
nach dem gesetz wonach du angetreten.
3, 101 (urtrof*«);
{danken:) sieh, ich hab' es ausgerechnet, . . .
wo die sonn' und mein planet
stand, als ich don Karl erblickte
MCllner ichuld 4, 5, f. 2116 , «. auch f. 2129/.
so dann auch: bei meiner gehurt standen glückliche sterne
TiECKi, 86; über deiner mutter kindheit haben helle
sterne gestanden Fontane l, 37; ist das gestim im men-
schen, wie der himmel gestanden ist zu seiner zeit der
gehurt Paracelsus opp. (1616) 2, 510 A.
S) wölken: seht, wie das feld wüst ist dorthin, die
sandigen, kahlen hfigel, fiber denen die dunkeln regen-
wolken stehn Tieck 5, 83 {blaubart 3, 2); wenn ein weiszes
wölklein über ihm {d. see) steht, so kommt ein gewitter
Stifter granit s. 31 ;
so weit die wolcken immer stehn,
und die gestirnten kräise gehn
Treuer deutscher Dädalvs (1675) t. 66 ;
keine schwarze Wetterwolke,
welche hagelschauer trägt,
wenn sie stumm von ferne steht,
droht so düster Zschokke ÄbeUinoS,*;
vgl. auch:
nnd was fQr zeichen am himmel stehn,
licht oder Wetterwolke Storm 8, 265 ;
{im bilde:) warum sollt' ich dir die wetterwblke zeigen,
die über deinem scheitel steht? Schiller 5, 2, 85 {dorn
Karl. 4, 8); bildlich: auf des prinzen stirne standen wöl-
ken, als ich zu ihm hereintrat 4, 318; regen und Sonnen-
schein können sich am himmel zehn mal abgelös't haben,
in deinem gesiebt steht . . . immer noch die alte wölke!
Hebbel 2, 17, 17 Werner {Mar. Magd, l, 4). so auch ein
gewitter steht am himmel «. ähnl., s. Kretschmann
5, 94 unter I, B, 3,/, y, bb; das gewitter hatte sich nun
vollständig entwickelt und stand, als dunkle mauer, an
dem himmel Stifter 5, l, 79; das gewitter steht über
meinem hause, der blitz wird gleich einschlagen Ebner-
EscHENBACH 4, 138; das gewitter ist weit fortgezogen und
steht am fernen horizont als ein stummes wetterleuchten
Seidel 2 [vorstadtgesch.), 184. von einem nebel: wir sahen
von weitem die dent du vaulion, über einem nebel der
auf dem see stand hervorsehen Götiie briefe 4, lOl ,7 {an
Ch. V. Stein d. 28. oct. 1779).
t) eine allmähliche Verflüchtigung der concreten vwrateUung
tagen die fälle, wo stehen von allerlei lichtersclieinungen
am himmel gesagt wird, so vom regenhogen, s. d. sfüdfechr.
4, 241, 7 unter I, B, 3, e; einen regenbosen, der eine Viertel-
stunde steht, sieht man nicht mehr an Güthe 42, 8, 185,
17 Weim..
Mr.
STEHEN (II, B. 4 d-5, o) 1534
wenn zu der regenwand
Phöbns sich galtet,
gleich steht ein bogenrand
farbig beschattet Khr. 5, 15;
es stehet ein regenbogen
wohl über jenem haus ! 1, 94.
morgen- und dbendrot:
nnd als vergangen war die nacht,
nnd stand am wald das morgenrot
MÖRiKK ged.^ 79;
dahinter am horizont stand feuerfarben das abendroth
Storm l, 187; über der stadt . . . stand nur noch ein
fahler schein am himmel 189. femer auch vom tage:
heute, wo ein so schöner pfingsttag am himmel steht
Arnim l, 241; ich . . . schlief recht fest bis an den
morgen, da schon der helle tag an dem himmel stand
Stifter sämmtl. irerke 2, 240. von der nacht: die gant^e
weit hatte ein helles Hecht. . . . allein über diesen stund
ein tiefTe nacht {fiövoig 6* ixsivotg insxaxo ßagüa vv^
tceish. Sal. 17, 21; noch märchenhafter war es, wenn eine
schöne voUmondnacht über dem ungeheuren dunklen
Schlummerkissen des waldes stand und leise, dasz nichts
erwache, die weiszen traumkörner ihres lichtes darauf
niederfallen liesz Stifter s. werke l, 262; so femer: er
. . . legte das haupt darauf, da die finsternisz schon,
wie eine mauer, um ihn stand 3, 321. — anderes, unge-
wöhnlicheres in der poesie; so {mit dem begriff des ruhigen,
gleiehmäszigen] :
das mondlicht . . .
streut alle seine Schimmer rein,
die, wie sie wolkenflor umwebt,
bald auf dem dache, wie belebt,
sich kräuseln, in den fenstem drehn
und bald wie eine lampe stehn,
die halb der grüfte dunkel bricht
A. V. Droste-Hülshoff (1879) 2, 37;
mit ihrem kind zur höhe braust
der aar, der es geraubt!
noch sieht das wickelband sie weh'n
in der krystallnen luft,
dann sieht sie's wie ein pünktlein steh'n
im femeblauen dufl
Keller 10, 137 {Aroleid).
^ audi der himmel selbst steht über der erde: wo der
himmel über dir steht, ist er (gott) stets bei dir Bräkfr
d. arme mann im Tockenhurg 62 Red.; hoch stehen die
saphimen gewölbe des himmels maler Müller l, 78;
am rande derselben {der erde) ... ist gleichsam der
himmel an sie angefügt, der wie eine grosze hohle halb-
kugel über ihr steht und sie bedeckt Hebel 3, 152; so
weit ich laufen mochte, ich sah nichts anderes als die
öde baumlose gegend und den kalten grauen himmel,
der darüber stand Storm 4, 73.
5) in andern fällen fehlt auch diese nuanee, sodasz
stehen nur das siehbefinden an einem bestimmten ort aus-
drückt, vgl.: 'sehr häufig verliehret sich der begriff der
kleinsten fläche, und da bedeutet stehen blosz steh an
einem orte befitiden, oft ohne allen nebenbegriff, oft mit
dem nebenbegriffe der ruhe, oft aber auch der dauer, des
daseyns u. a.f Adelung (2, 2). so schon 4, c, ^. tj u. a.
hier sind besonders einige häufige und meihr oder weniger
feste gebrauchsiceisen zu encähnen.
o) in der altern spräche öfter: ein edelstein steht in
gold {in seiner fassung) : wie ein smaragd in schönem
golde stehet Jesus Syr. 32, 8 (= aipgayiq äv&Qaxog inl
xoafnp XQvaüi 35, 5); ein riesz helt ein ring darinn ein
edelgestein stehet, vester denn ein kind von sieben jaren
Mathesius Sarepta (l57l) 52''; anders: und sie machten
das schiltlin . . . und ffllleten es mit vier riegen {edel-)
steinen . . . und die steine stunden nach den zwelfT
namen der kinder Israel 2 Mose 39, 14;
der beiden tmog ein kurstt . . .
dau: an staont manc tiwer stein
Pars. 756, 29.
dann auch: instita. das gebrem, der schweifT oder beleg
an einem kleid, was oben drauff steht, auJF den zeug
genähet ist, inserta (3orvinüS fons latin. 887. — ähnlieh
bergmännisch, metall, erz steht in einem gestein: ausz
Schwatz im Inthal bin ich mit federweisz und schönen
malachiten versehen, vom Stalberg ausz der Pfaltz mit
einem schönen kisz, darin qucck oder weich silber ge-
Mr.
1535
STEHEN (U. B, 5, a-d)
STEHEN (H, B, 5, d— 6, a)
1536
standen Mathesios &»r. lorr. 8"; und sein dieselbigen
igtsteinsarten) vor sich allein, ohne ander eingesprengt
ertz, oder das biszweilen darinnen stehet, selten reich an
Silber L. Ercker mineral. erzt u. bergkw. arten (1580) 4».
b) von waaren {voofür jetzt eher liegen, soweit nicht
unter 8, e u. s. w. fallend) : die wahren stehen in seinem
banse, U robbe atanno, sono in casa stia Kramer dict.
2, 928 »>; dem herrn . . . verhalte daneben nicht, dasz ich
jetzo eine zimliche parthey guter wolle stehen habe, die
ich unib die billichkeit zu verhandlen gemeinet Hars-
DÖRPFER t. secretarius 1 (1656) Ddd 8". — bagage steht in
einem gastzimmer, s. Stephanie unter I, B, 2, g, y.
c) noch jetzt sagt man von der erde, dem boden, dasz
sie (er) steht, im sinne des beharrens und der unerschütter-
lichen festigkeit: schweben keine bayrische lanzen über
mir, so steht doch noch Bayerns boden unter mirl dar-
auf steh' ich fest wie eine eiche Babo Otto v. Witteis-
baeh 5;
wir können mhig die Zerstörung schauen,
denn sturnifest steht der boden, den wir bauen
Schiller 18, 187 (jungfr. v. Orl. prol. 3);
so dann auch:
wo stund jetzundt die weit, wo were wol ihr grundt
wenn man das klare liecht von euch nicht haben kUndt
M. Opitz poemata s. 18, 83 neudr.;
wo vordem paradiese nur stunden
Klopstock Meat. 2, 516, «. I, B, 3, c, f ;
das grab steht unter wilden beiden ;
das grab, worin der heiland lag
Novalis 4, 102 Minor.
(im letzten falle trürde man in prosa liegt sagen.)
d) sehr gewöhnlich ist stehen von allerlei geuässern.
diese Verbindung ist wohl dadurch begünstigt, dasz man
sonst stehen vom wasser gebraucht als gegensatz zum
ftieszen, s. unten 13, b; und selbstverständlich sagt man
stehen in diesem sinne zunächst von stehendem wasser.
doch wird der gegensatz nicht immer empfunden, meist
mit Ortsangaben: in den muldcn des eises, das über dem
schnee lag, stand wasser Stifter sämmtl. werke 2, 240;
besonders wasser steht über einer fläche: rechts vom
Stege . . . sind die wassergräser menschenleibs lang
niedergedrückt, und darüber steht eine pfütze Ludwig
2, 146; über Sodom und Gomorrha steht das todte meer
Raabe hungerpastor*'^ 118; doch auch: der fuszboden
drinnen war unsicher geworden und hier und dort konnte
man durch die ritzen in den dielen auf das darunter
stehende wasser sehen Storm l, 71; wie der see, der
grau und trübe unter einem nebelhimmel gestanden hat
L. V. FRANgois d. letzte Reckenburgenn a. 91; so besonders-
von Überschwemmungen u. dergl. : und das gewisser stund
auff erden hundert und funfTzig tage l Mose 7, 24; mit
der tieffe deckestu es (d. erdreich), wie mit einem kleid,
und wasser stehen (o'O-ncy^) über den bergen pa. 104, 6;
da zuvor wasser stund sähe man trocken land erfur
kernen (ßx 6h TiQOvtpeaxwxoq vöatoq ^rjQäc aväövaiq
yijg i^ewQT]^) weish. Sal. 19, 7; die hohe fluth, welche
fünfzehn eilen über den höchsten gebirgen gestanden
Göthe «2, 180 (wanderj. 2, 10). ao auch: der strohm
stand weit und breit ausgetreten, seine ufer waren un-
zugänglich Niebuhr röm. geach. 1, 151. stehen von den
regeltnäszi'/en 'stehenden' gewäaaern, aeen. teichen u. ähnl.,
gehört mehr der altem apraehe an: pinz (binae) . . . wehset
gern in pfUeln und an mosigen steten, dft sfe stftnt Meoen-
BERO 890. 24; und wo es zuvor trocken ist gewesen, sollen
teiche stehen, und wo es dflrre gewesen ist, sollen brunne-
quellen sein Jea. 86, 7; vgl. dazu: 'maria' vocat scriptura
alle grosse deich und sehe, wo das wasser über eim
baaffen sthet Luthbr 17, l, 4M, 8 Weim. vollenda ver-
aUti iH:
ein bmnne Mi pt Karuunt Pan. 858, 80.
M dann awh: auf Ball's bank sind e faden wassertiefe
ond bei sohleehtetn weiter steht dort . . . eine brandung
Weaen. nr. »057 (6. oet. 1868), ». **. — naUlrlich auch von
ond$m flüsaigkeUen:
{du 1a*iben) Uachten ihre •chnlb«'! in den wein,
MT Usr ond da Boeh stand in kleinen loon
A. W. SciiLBOBL Ion «. 104.
Mr.
freier: ich blieb noch auf dem gipfel stehen und athmete
aus dem meere von luft, das um mich stand Stifters, 112;
im tiefen west der Schwaden grollte,
es stand die luft, ein siedend meer
A. V. Droste-HClshoff 1. 186 (e. sommeriagttr.).
e) sehr häufig dann auch von wasser- und andern
tropfen.
«) von vMSsertropfen; ao von thau:
morgens wann die sonn aufgeht
und der thau im grase steht
A. Hartmann volksachautp. in Baj/em 347, 2.
ß) von harztropfen: nach einer weile kam er zu ver-
stümmelten stammen, von denen pech herabrann . . .
die durchsichtige flüssigkeit quoll in der sonne aus der
rinde hervor, und die tropfen standen wie reines, ge-
schmolzenes gold, das in einem h&utchen hing Stifter
d. waldsteig 35; auf den röthlichen fichtenstämmen stan-
den goldklare harztropfen Seidel 2 (vorstadtgesch.), 55.
y) bea. in bezug auf den menschen ; von schweisztropfen:
tief aus der brüst zieht er den atem, tropfen stehen auf
der stirn E. Th. A. Hoffmann l, 13 Orisebach (fantasieat.
1,2); helle schweisztropfen standen auf seiner stime
M. V. Ebner-Eschenbach 4, 32;
die tropfen stehn ihm auf der stime
Werner M. Luther 4, 1, v. 8494.
dann auch: ach, er ist schon geängstigt genug; seht nur,
wie ihm der schweisz auf der stime steht Tieck 5, 94;
dem poeten stand der schweisz auf der stirne, weil er
keinen verstand in sein naturgedicht bringen konnte
Bonaventura nachticachen 134, 20 Michel; ich taumle
und der angstschweisz steht vor meiner stirne Arnim
16, 194 {Halle u. Jerus. 3, 5).
S) noch häufiger von thränen: die thränen stehn ihm
in den äugen Göthe 8, 89 {Oötz v. Berl. 3); thränen stan-
den ihr im äuge, als sie im fortfahren sich nochmals
umwendete 20, S4 (Wilh. Meister 7, 4); Lucidorn standen
die thränen in den äugen als er beifall gab 21, 138
(icanderj. 1, 8); uns standen die tränen in den äugen
Schiller 2, 69 (räuber 2, 2); in vielen äugen stand die
thräne der hohen begeisterung Tieck 8, 34; dasz er mich
oft zehnmal an einem tage fragte, ob ich ihn lieb hätte
und wenn ich es zuweilen, auch nur zum spasz ver-
neinte, stunden ihm gleich die hellichten zähren im
äuge brief vom 24. apr. 1792 bei 0. Jahn W. ä. Mozart
1, 30; thränen des zornes standen in ihren äugen M. v.
Ebner-Eschenbach i, 138;
nie mir in den äugen stehen
zehren grosser traurigkeit
Harsdörffer /rauenz. gctprechtpiele (1641—9) 2, 326;
stirb, prophetischer greis! . . . dasz sie dir rinne, steht
schon die freudige thrftne
in dem auj:e der himlisclien
Klopstock öden 1, 107 Muncker- Pawel {'an Young');
ein z&hrlein ihr im äuge steht
Schubart eämmtl. ged. (1826) 8, 73;
wem flieszt die zfthre, die auf jeder wange steht,
der trauer heroldin? Höi.ty «. 44 Halm.
dafür: hierzu fing auch meister Janotus von Mattbruch
weidlich an zulachen, eben so sehr als sie, das jnen
das wasser in den äugen gestund (l. ausg.: stund), durch
die hefriige erregung der substantz des hirnes, dadurch
diese zftherliche feuchtigkeiten auszgetrocknet und zu
dem gesichtlichon glid oder optischen ncrfon auszzu-
rinnen getriben worden Garg. a. 246 neudr. (28. cop.);
dasz wasser ihm' in sagen stund
Spangbnbbro grifch. dramen 1. 138 Dähnhardt
(Eur.. Ale.. 1604, v. 1988 » 88« : ifift Wd»» doxpvppooOr).
c) adtnerta; von blulatropfen :
da tausend tropfen blut um nifinn stime stunden
(c«ifi fron» mea miUe $udori* autti$ notaretur)
Hofmannowaldau bei Steinbach f
von achaum: bemerktest du nicht, wie ihm ((do-
tier schäum vor'm maul stand? HBin
6) aehr getcöhnlich mit ortab«»timv> . ■
meisttn der ai{fg^fUhrtan beiapid« (vgl. A. 7).
a) mit ortaadv«rbien. nahe, ferne stehen; mit sinemo
oh<^teflngere . . . Ukg Ist ter nahOst temo dfimen stAt. tfr
dnh index hÄljet Notkbr l, 768. 16 Pi/w {Marc. Cap. i,
Mr.
1537
STEHEN {II, B, 6, a-h)
STEHEN (II, B, 6, 6-7, a)
1538
53); ein angepflöcktes füllen, dem er mitleidig zuschante,
wie es im kreise die sparsamen halme abfrasz und ver-
geblich sich mühte die ferner stehenden zu erreichen
Hausrath pater Maiemus s. 274. vgl. Schwartzenberg
unter I, B, 3, b, y. abwegs, s. Hans Sachs i, 3, IT** unter
1. d, <;.
an den dürren stamm mich lehnen
maszt' ich, der daneben steht
MüLLNEE dram. w. I, 22 (d. 29. febr. 3, v. 254).
gegenüber, ». ThOmmel reise 9, 156 und Göthe br. 8, 5
unter l, d. t,. rj (zugegen Paracelsus 2, 637 unter 4, d, y).
drinnen, drauszen u. ähnl.: so standen die linden halb
in der wohnung, halb aussen maler Müller l, 58;
Stanffachers hans verbirgt sich nicht, zn änserst
am ofnen heerweg steht's
Schiller 14, 287 {Teü 1, 2).
vorne, s. Zinkgref unter 4, e, a. anders: die immer
grünen bäume stehen auch hin und wieder Göthe br,
8, 78 (an Ch. V. Stein d. 8. dec. 86).
b) mit Präpositionen : das glas stehet auf dem schranke,
im fenster, im ofen u.s.f. Adelung l; der altar steht
in der kirche, der bäum am wasser, das haus auf einem
berge 2, 2; im einzelnen:
a) an einer stelle: die bäume stehen hier an keiner
guten stelle Campe l. sonst an = neben: an arietis
hörnen stänt filo glate st6men fiere Notker l, 750, 22
Piper (Marc. Cap. i, 40); er suchte schütz unter einer
am wasser stehenden linde Storm i, 29;
ach da standen blumen an dem flusse
GöTHB 2, 189 (Amor als landtchaftsm.) ;
der 's (d. haus) gebaut vor fünfzig jähren
sieht es noch am wege stehn
4, 143 Weim.
^ a n f etwas, s. 4, a. b. auf einem platze : aber sie
kehreten nicht im wirthshause ein, sonder setzten sich
unter die linde, die auf dem platz zwischen der kirchen,
dem pfarrhof und dem wirthshaus stunde Simpl. sehr.
3. 309, 11 Kurz {vögeln, i, 4). auf halbem wege, *. Mon-
tan US 84, 6 unter 1, a, a. — auf einem boden : auf ebenem
boden Klinger 3, 265; auf der erde {'par terre') Eulensp.
s. 72, 8. 1, d, 6 und &; auf muttergrund Göthe 47, 79 unter
I, B, 3, /, y, cc. so femer: seine saat stehet dicke bey
den quellen {var.: auff dem acker), und sein haus auff
steinen Hiob 8, 17 {falsche übers.); {im bilde:) die nach-
komen der gottlosen, werden keine zweige kriegen, und
der ungerechten wurtzel stehet auff einem blosen felsen
(xal QCQai axäd-aproi in äxQOxöfjiov nixQaq) Jes. Syr.
40, 15; das kleine haus am kirchhügel des armen dorfes
Grunzenow ist gefeit, es steht auf einem sicheren gründe
Raabe d. hungerp.^^ 394 (36. cap.);
Carthago keimt nicht mehr das feld, worauf es stund
Günther 670;
auf ihrem grab, da steht eine linde
Hbine 1, 264 Elster.
s. auch 4, o, o. ein schiff steht auf dem stapel; im bilde:
und hoffentlich macht auch eine Vorstellung von Wallen-
stein auf dem Weimarischen theater eine ankündigung
desselben flott die schon lange bey mir auf dem stapel
steht Göthe briefe 14, 231 {an Cotta d. 2. dec. 1799). —
schweisz steht auf der stirne, s. 5, e, y. — und auff bei-
den Seiten des stroms stund holtz des lebens, das trug
zwelfferley fruchte offenb. Joh. 22, 2.
y) bei: so hängten ir seite spil an den widen die bi
deme wajjir stuntin spee. eccles. s. 46; haben yedes ein
blfimen, in dero mittle auch eins (e. blatt) für die ander
auszraget, doch stond sy alle nahet bey einander Forer
thierb. (1583) 31».
S) in: sie {bäume) stenden in ecker jn wisen uff der
elman jn weiden oder jn ffirhöltzem altvtürtemb. Statut.
a. unter I, B, 1, A; {im bilde:) das jüdische volk seh' ich
für einen wilden unfruchtbaren stamm an, der in einem
kreis von wilden unfruchtbaren bäumen stund Göthe
56, 234; doch muszte jeder, der . . . des weges kam. sich
an dem anblick des dreifenstrigen häuschens und einiger
im Vorgarten stehenden Obstbäume genügen lassen FOM-
TANE 5, 118;
es steh'n in unserm garten
der blühenden rosen genung
Chamisso (1836) 3. 131 (Mehzeiü. 1);
X. S.
Mr.
ich pin recht als ain rose . . .,
di mitten in dem dorne stett
Heinrich v. Neustadt Apollon. 16433 Singer;
im wege stehen: item 8 scot, 5000 zygels, der by der
zygelschoynen im wege stunt, ins hus zu füren Marienb.
treszlerb. s. 523, 11 Joachim {zum j. 1409); häufig mit dativ:
wo keine felsen ihr {der Emme, e. ßusse) im wege stun-
den, ging sie in nie gesehener fülle über beide ufer weg
Gotthelf 4, 33 Vetter; so sehr häufig in freierem und
bildlichem gebrauche, s. unter C, 2, i und D. — in der sonne,
im schatten : sie sind, wie viele blumen, die eine andere
färbe zu haben scheinen, wenn sie in der sonne stehen,
und eine andere, wenn sie im schatten versteckt sind
J. E. Schlegel xcerke 3, 361. — im winkel stehen, s. i, k;
thür steht in den angeln, *. Falk Amphitr. l, 270 unter
l,d,i; ein edelstein steht im golde; eine thräne im
äuge, s. 5, a. e, 6.
e) femer: wasser steht über einer fläche, s. S,d; ier
garba stünden umbe sin garbe Grieshaber ^ed. 2, 133,
s. 1, b, ß; armstuhl, der wider den verschlag des ein-
gangs stand Göthe 20, 122, *. I, B, 2, d, ß.
5) zur seite stehen Göthe 22, 157, s. unter l, d, ^; den
ganzen hauptweg hinauf . . . standen levkojen und re-
seda Fontane 5, I4ö; die pforte, die sich nun vor unserem
Hans geöffnet hatte, führte . . . nicht gleich in die weiten,
hohen, herrlichen säle, wo die weiszen marmorgestalten
. . . feierlich die wände entlang stehen Raabe d. hunger-
pastor'^^ 67 (7. cap.).
c) bestimmungen im verhälthisz zu anderen gegen-
ständen.
a) angaben der entfernung:
er aber sitzt und wacht und sinnt. . . .
wie weit das vorgemach vom tafelzimmer stehn («oÄ)
B. Neukirch gcd. (1744) 194;
sie {die bäume) stuonden . . .
vierzec poynder von ein ander Parz. 690, 26;
an der groszen linde, die eine Viertelstunde vor der
Stadt nach S . . . zu steht, liesz ich halten Göthe 16, iio.
ß) angaben der himmelsrichtung : item also gy vor de
Denenbalge sin, so sal dat Werk van jw stan Südwest
seebuch XI, 7. — ohne weitere angäbe: nach Westen (zu)
stehen, in dem icesÜichen theüe eines bezirks: den tisch
aber setze ausser dem furhang, und den leuchter gegen
dem tisch über, zu mittag werts der wonunge, das der
tisch stehe gegen mitternacht 2 Mose 26, 35; vgl. Hesek.
8, 3 unter l,d.t; er . . . sah ... in den sonnenball, der
eben zwischen den nach westen stehenden bäumen des
invalidenparks niederging Fontane 5, 42.
y) anderes: unnd man merck was jetz an disem bau
binden heisz, das stehet gegen der stat Dürer befest,
der statt (1527) A4'»; die ebene . . ., welche . . . schon in
einer absoluten erhebung von 5300 fusz über dem meeres-
spiegel liegen soll, weil sie in gleichem niveau mit dem
gipfel des Komberges zu stehen scheint Ritter erd-
künde (1822) l, 96.
d) in bezug auf personen, bes. vor einem stehen:
alles was ich in gemählden und Zeichnungen . . . schon
lange gekannt steht nun beysammen vor mir Göthe
briefe 8, 38 {Eom d. 1. nov. 86) ;
ich hebe uns mit den wirffei an, . . .
fnnffzehen angen stehen vor mer
Alsfeld, passiomsp. 5704;
dafür: einem im gesiebte stehen, s. Breitinger erit
dichtk. 1, töi unter I, C, 3, e, y; vereinzelt: wenn er (d.
künsüer) etwas treffliches geleistet hat, es steht, nach
wie vor, seinem aug' entgegen, dem äuge der ganzen
weit Göthe 22, 163 {toanderj. 2, 8). a. atteh Göthe 13, 59
unter 3, c.
7) besondere beachtung verlangen die Verbindungen hoch
bezw. tief, niedrig stehen, die in verschiedenen, t. th. festen
gebrauchstceisen begegnen und auch in freiere Verwen-
dungen übergehen.
o) hoch stehen kann zunächst bedeuten 'an einem hohen
orte stehen, in einer getcissen höhe befindlich sein' {dann
also rein loeal, s. 6); ao etwa: glücklicherweise dasz die
gemählde so hoch stehen Göthe 21, 21 {wanderj. i, 2^ ;
Junonis stöol stüont nideror, . . . föne diu, nu&nda aer
nideror ist d&nne ether Notker l, 742, lO Piper {Marc.
Cap. 1, M); dazu im bilde:
97 Mr.
1539
STEHEN ai B, 7. b-e)
STEHEN (11, B, 7, f—8, b)
1540
er strebt
nach gTOszen dingen, und er darf es wagen.
. . . kein königsthron steht ihm zn hoch
Hebbel 3, 300 Werner {Gyget 3, 1120).
6) 80 besonders vom stände der sonne und der gestime
über dem horizont, vgl. 4, d. a — y; von der sonne: und
(ich) gehe doch alle augenblick an's fenster, zu sehen,
wie hoch die sonne noch steht Göthe 16, 25; die sonne
stand noch hoch und erleuchtete die gipfel der flehten
in den felsengründen 21, 8 (icanderj. i, l); die roten
stamme . . . glühten prächtig im Widerschein der schon
tief stehenden sonne Fontane 5, 190;
wann du dann wol hast auszgerast,
die gestrig füll vertriben hast . . .
und nun die sonn am höchsten steh
ScHEiDT öroWanu* 2438 ;
und in sechs stunden kompt die klare raorgenröth
80 lang hernach die sonn am allerhöchsten steht
Opitz tetUeche poem. «. 20 Witkowski (4, 4) ;
wie jhr die sonn, wann sie am aller tiefsten stehet
zum undergang geneigt, am aller grSsten sehet
ZiNKGREF aitserl. ged. «. 63 neudr. (nr. 52, 49);
die sonne steht schon hoch — es dringt die zeit!
COLLIN Coriolan 65 ;
mit näheren besümmungen: heut aber stand die sonne
schon hinter dem Wilmersdorfer kirchturm Fontane
5, 118; sie blinzelt behaglich in die frühlingssonne hinein,
die noch nicht allzuhoch über den flachen gelände-
wellen gegenüber im osten steht Popert Harringa s. 29;
so auch:
es eilen die stunden, im mittag steht
die sonne und wenn sie niedergeht,
und ich kann die stadt nicht erreichen,
80 musz der freund mir erbleichen
Schiller 11, 286;
dazu auch:
der schalen pflegt zu stehn, nach dem die sonne steht
Log AU 2, 2, 37 («. 255 Eitner).
(stehn vom, schatten geht allerdings auf die horizontale
längenausdehnung, ist hier indessen nur in angleichung
an das stehen des nebensatzes gesagt.) vom m,onde: der
mond mochte untergegangen sein oder zu tief stehen,
um noch über die mauer in den kleinen gartenbezirk
hereinzuscheinen J. V. Widmann in: unterm ßrnelicht
8. 332.
c) ein anderes ist hoch stehen für 'hoch aufragen'.
wobei hoch modale bestimmung ist {vgl. unter 8), die den
eigentlichen sinn von stehen verstärkt, und auch als prä-
dieatives adj. genommen werden könnte; so bes. von bäumen
u. pflanzen: Assur war wie ein cederbaum aulT dem
Libanon, von schönen esten, . . . und seer hoch, das
sein wipffel hoch stund unter grossen dicken zweigen
(in^BX nn»T cr.ay i':i 'und zwischen den wölken war sein
:' t:t ■ -j -
toipfel') Hesek. 31, 3;
seht ihr eure alten tannen,
wie sie noch steh'n so hoch?
ROckert werke 1, 41;
kennst du das land, wo die citronen blühn, . . .
die myrte still und hoch der lorbeer steht
GöTHKl, 177;
andrerseits: über diese thüre setzt er sein bette ohne
boden, säget auch dessen füsse ab, dasz es fein niedrig
stehet cav. im irrgarten s. 439, vgl. 8, a, y.
d) ao die nase steht ihm hoch als ailsdruck der über-
hebung, de» hoehmuths, wofür gewöhnlicher die nase hoch
tragen, «. nase I, s und 4, a, ih. "7, *00; (freier:) die tochter
eines bUrgermeisters auch oberältesten (will er heirathen)l
... die nase steht ihm hoch Kotzebue d. deutschen klein-
»tadter 8, 9.
<) «0 hät^flg vom wasser, in bezug auf die höhe des
wa»9er»piegdt (vgl. 6, d): 'das wasser sieht hoch, hat eine
grotu höhe erreicht und erhält »ich eine leitlang in der-
tdben' Campb (i); das wasser eines seea, flusses od«r
ein se«, ein flusz steht hoch oder tief, niedrig; die . . .
ebene längs dem see . . . hat eine unterläge von kiesoln ;
also stand . . . einst der Baikal weit höher Kitier erd-
IrtMMf« (tan/.) 8, 71; dazu auch: die brunncn, die der
erden (leich stehen (deren »piegd gleiche höhe mit der
«riaherßAth» hat), sindt ca sommers zeit zuvil warm, sa
frttUnf seit tavil kalt, ond allezeit roh und grob SRBlt
Mr.
fddb. (1679) 19; daran »cfdieszen bildliche gebraudisweisen,
z. b.: uns steht halt's wasser bis hierum Hauptmann d.
weber 61.
f) der höhere oder tiefere stand einer ßüssigkeit (queek-
silber, alkohol) in einer engen glasröhre dient bei ver-
schiedenen instrumenten dazu, um physicalische Verhält-
nisse zu messen, so beim thermometer. um die temperatur
zu messen, dabei icird dann stehen in der regel auj
dieses instrument selbst bezogen: das thermometer steht
hoch, tief, auf dem siede-, dem gefrier- oder nuUpuncte,
(8 grad) unter null u. ». w.: das thermometer stand
zwanzig grade unter null Storm i, 74; so übertragen:
ein anderer (lehrer) an seiner stelle hätte sich in dem
feuchten kalten räume munter und warm geprügelt;
aber selbst dazu war er nicht mehr im stände, seine
schwachen versuche in dieser hinsieht galten nur für
gute späsze; seine autorität stand unter null Raare
hungerp.^^ 24 (8. cap.). entsprecliend beim barometer, als
masz für den lufidruck, aus dem man Schlüsse auf das
bevorstehende weiter ziehen zu können glaubt: das baro-
meter steht hoch, niedrig u. s. w., und dann auch, mit
bezeichnung des wetters, das an dem betr. puncte der scala
angegeben ist: es hat zwei tage stark geregnet und das
barometer steht auf erdbeben, so niedrig Moltke gen.
Schriften 6, 379; dazu im bilde: Turgot . . . wollte sein
werk weder Parlamenten noch reich sständen vertrauen;
auch hätte er die letzteren bei dem könige, wie das
Wetterglas der gnindsätze damals stand, nicht durch-
zusetzen gewuszt Dahlmann franz. revolution 33.
8) stehen mit modalen bestimmungen.
a) a) eine Verstärkung des eigentlichen begriffes von
stehen ist aufrecht stehen, s. Grieshaber pred. 2, 133
unter i,b,ß; Manuel weinsp. 9H0 unter l,B,2,f,Tj,aa;
Spee 78 unter I, B, S,d,s; die eyförmigen gestielten fruchte
(des gelben knotenmoses) stehen aufrecht Dietrich lex.
der gärtnerei (i800) 8, 336; ja man erzählte, auf einem
aufrecht stehenden kirschbaum sei einer daher ge-
schwommen gekommen Gotthelf 4, 39 Vetter; es war
nicht des windes schuld, wenn die alten schiefen häuser
des landstädtchens . . . am anderen morgen noch auf-
recht standen Raabe d. hungerpastor^^ 118;
wo kampfes spuren hier am linden hang,
da abwärts alle hälmchen aufrecht standen?
A. V. Droste-Hülshoff (1879) 8, 116.
ß) noch genauer senkrecht, vertical stehen: auf
einem groszen grabstein, zu dessen häupten eine senk-
recht stehende marmorplatte ... in die dicht dahinter
befindliche kirchhofsmauer eingelassen war Fontane 6, 3
(quitt 1); perpendiculär stehende drahte, s. Göthe 28, 58
unter i,m; senkrecht zu etwas: das vorgedachte weisze
papier stand vertical zn dem horizont and parallel mit
der linse .59, 38 (farbenl. 2, 51).
y) eine Steigerung ist hoch stehen in dem sinne 'hoch
aufragen', s. 7, c. so auch: aber sihe, der herr herr
Zebaoth wird die este mit macht verhawen, und was
hoch auffgericht stehet, verkörtzin, das die hohen ge-
nidriget werden Jes. 10, 83; die menschen erkannten
recht gut den strich, auf dem sie (d. göttin) durch das
getreidefeld gezogen war, denn dort standen die halme
höher und lustiger Freytag 17, 91.
b) dasselbe wird durch richtungsangaben ausgedrückt:
a) adverbien: aufwärts stehen, s. Spreng Uta» 46'»
unter 4, c, «: mnd. upwart van dem holte de» hül. ertues
781 unter I, B, 8, a, ß. geradoauf : im Kohlwald war eine
buche gerad über einem mehr als turmhohen fels heraus-
gewachsen .... wo die äste angingen, stund sie wieder
geradcauf Bräker d. arme mann im Tockenburg ». M
Reclam; neben dem dicken artilloriekapitain sasz auf
seinem ast ein TOgel mit . . . einem diabolischen linken
Vatermörder, der triumphircnd grudauf stand, während
sein rechter genösse nchlnff und geknickt herabgesunken
war Kaabr Aun^rrpa*tor *" 176. — empor stehen (awh
als i wort geachriehen, ». th. S, 441): aus manchem liegen-
den Strünke . . . standen frisohaufgeschossene , be-
blätterte triebe empor Stifter d. waldtieig 67; das halb
weggewendete gesicht der gestalt konnte er nicht schon,
weil eine sehr grosse krause einer nachthnube davor
empor stand d. drti »ekmied* ihm »chick». n.
Mr.
1541
STEHEN (II, B. 8, 6)
STEHEN (H, B, 8, h—c)
1542
ß) stehend und sehr gewöhnlich ist zn berge stehen
ton haaren, die vor schrecken oder entsetzen gesträubt
sind {auch ohne scharfe grenze in perfective bedeutung
übergehend, sich sträuben): zu (gen) berge stehen: die
haar stehen mir zu berge, star a monte, arricciarsi, i
capegli misi arricciano Krämer dict. (1702) 2, 929»; die
haare stehn ihm zu berge, obstupuit, steteruntque
comae, vox faucibua haesit Steinbach 2, 669; die haare
stunden mir zu berge Frisch 2,326*; 'die haare stehen
mir zu berge, ein gexcöhnlicher ausdruck, den höchsten
grad des sehaudems, des mit abscheu verbundenen
Schreckens zu bezeichnen' Adelung (l). vgl.: den haaren
(irtVd) das schrecken, wenn sie zu berge stehen, . . .
gegeben d. neueste aus d. anmuth. gelehrsamk. l (i7öi), 50.
belege: und da der geist für mir ubergieng, stunden mir
die har zu berge an meinem leibe Siob i, 15; darinner
einige wölfFe entsetzlich beuleten, . . . dasz unserm
printzen die haare zu berge stunden Ziegler asiat.
Banise (1689) s. 16; die haare stunden ihm zu berge,
da er bey dieser geschieht an seinen eigenen lebens-
wandel gedachte eavalier im irrg. (1746) 96; er wird so
schrecklich, dasz seinem leser die haare zu berge
stehen Lessing 6, 37 (litt, briefe l, 15); wenn sie solche
{die 'Lenore"; unsern Göttingischen freunden zum ersten
mal vorlesen, so borgen sie einen todtenkopf von einem
mediciner, setzen solchen bei einer trüben lampe, und
dann lesen sie. so sollen allen die haare, wie im Mac-
beth, zu berge stehen Bürger briefe l, 120 Strodtm. {an
Boie d. 27. mag 1773), wiszt ihr, was ich that? wenn
ihr's auch wisset, so wird's euch doch schaudern und
die haare müssen euch zu berge stehen, wenn ich's
euch noch einmal sage, hört's: ich hab' den kaiser
ermordet I Babo Otto v. Wittelsb. 4 {drama der Mass. per.
1, 158, 29) ; ich glaube wirklich, der ist toll geworden . . .
die haare stehen mir vor ihm zu berge Arnim 16, 6P
'Halle u. Jerus. 1, 18"; er . . . segelt jetzt selbstgefällig
mit einem so loyalen kaiserlichen winde, dasz mir die
haare zu berge stehen Freytag an Hirzel s. 16 {d.
31. dee. 1854); dasz einem die haare zu berge stehen und
die Zähne im munde klappern puppenkom. 2, 52 Engel :
all myne har stonden my to berge
Theophüxis T 396 Petseh;
der breutgam ward seins (schücJUemen) frennds gewar:
sich, wilknmm sprach er, komb hiehar,
und sitz zu den sch5iien madonen, . . .
da dien jn fein, nnd leg jn vor,
da stunden jm zu berg die bor
ScHEiDT Grobianu* 3399;
mir stehn zu berg all meine bahr
G. Rollenhägkn frofchm. R 4«;
angst nnd zittern kommt mich an, und die stoppeln
meiner haare
stehn mir schon bestSrtzt zu berge
B. Nbukirch hei Hofmannswaldau auserles. ged. 7,232;
so offt ein Iflfftlein weht,
so ist kein haar an ihm, das nicht zu berge steht
Rachel gatyr. ged. s. 60 neudr. (6, 32);
und wie ein schlafend beer beim wafifenlärm,
sträubt euer liegend haar sich als lebendig
empor, und steht zu berg
A.W. Schlegel Shakctp. (1797 #.) 6, 160
(your bedded hair, like life in excrementt,
gtart» up, and gtandt on end Haml. 3, 4).
atuh mundartlich verbreitet, z. b. in Wien : mir steng'n d'
haar zn berg {ich bin entsetzt) Hügel 156»; luxemb. 't
bor stönge' mer zu bifereg, 'mes eheveux se h^risaierenf
Gangler 435. — in der altem spräche (16. — n.jahrh.)
häufiger gen berg(e) stehen: cela me fait dresser lea
eheveux, das macht mir die haar gen berg stehen, . . .
Aoc eomas seu capillos mihi arrigit, horrorem injicit
Ddez nomencl. (1652) 101; die bare stehn mir gen berge,
capiUi rigent Stieler 2128; weret jhr bissohove, wie
ewr namen und ampt foddert, so wurden euch die har
gen berge stehen für diesem spruch Luther 30, 2, 336, lO
Weim. : also dasz mir abermal alle haar gen berg stun-
den Simpl. 1, 89, 4 Kurz (i, 25); vom zusehen stunden
mir alle haar gen berg 3, 416, 12 {vogelnest l, 19);
als der geist redet diese worf,
der jOngling wich, erschluchtzet par,
gen berg jm stunden alle har
H. Sachs l, 169>>;
Mr.
ein zitterforcht mich hart anstiesz, . . .
gen berg mir stunden alle haar
Spreng Aenei* (1610) 44" 'steteruntque comae 3, 48).
auch mit der vollen form gegen :
er stecket in desz tods gefahr,
auch stehn jhm gegen berg die har,
durch ausz seind die geUder sein
mit forcht nnd angst genommen ein
n. 173» .13, 280/.);
disz sind ja harte und schreckliche wort, drfiber einem
gewiszlich die har selten gegen berg stehen Joh.Mathe-
sius Sarepta (l57l) 150'»; Bourgognino: mir stehen schon
itzt alle haare gegen berg, und ich weisz nicht, geht
der wind so kalt, oder habe ich einen fieberschauer.
Verrina: das ist noch allzuwenig, ich habe eine that
vor, über die manche heulen und zähn'klappem wer-
den Raimunds Vorgänger s. 295 Fürst (Gleich Fiesko,
d. salamikrämer 1813, 2, 3). vereinzelt:
mit schweigendem entsetzen blickt
Aeneas nach, ihm schauerts durch den rucken,
die locken stehn bergan. Im munde stirbt der laut
Schiller 6, 399 {Dido 52).
dafür ai*eh bloszes stehen, s. unten 12, b.
y) sonst mit präpositionalen ausdrücken; in die höhe
stehen: die stamme stehen in die höhe Stifter granit
s. 32. besonders in die luft: die gipfel der felsen . . .
sind sehr spitzig ausgezackt, es kommt daher, weil sie
aus einer gesteinart zusammen gesetzt sind, deren wände
fast ganz perpendicular in die erde einschieszen. wittert
eine leichter aus, so bleibt die andere spitz in die luft
stehen Göthe 16, 247; er führte mich an das portal der
Jesuitenkirche, das . . . prunkhaft und wirklich impo-
sant in die luft steht 28, 219; die säulen standen hoch
und prächtig in die lüfte Stifter 2, 83; aufschauend
sah ich ... in einem eisernen, niedem bett meinen
vater liegen, . . . und sein kurzer grauer hart stand
sonderbar in die luft Hesse Gertrud s. 189. — in der
altem spräche dafür: Belial aber erschien doctor Fausto
in gestalt eines zotteten und gantz kolschwartzen hären,
alleine dasz seine obren über sich stunden volksb. v.
dr. Faust «.47 neudr. — nd.: dünn leten ok de mäuden
blaumen ehr köpping tau irden sacken . . . up stun'ns
stahn de blaumen, de putzmakerblaumen ... pil in
en'n Reuter 3, 164, 14 Seelm. {strömt. 3, ü; so off).
S) im sinne des hinausragens über ettcas, bes. den erd-
boden: seine bürg ist damals verbrannt worden, die
ruinen stehen noch wie ein blauer würfel aus dem
Thomaswalde empor Stifter granit s. 33; die wenigen
bildwerke, welche an den römischen säulen und triumph-
bogen noch zu tage standen, galten immer als werke
der Zauberei Grimm Michelangelo^ l, 31. vgl.: exstare.
berausz stehen oder ragen CoR\iav s fons latin. (1646)837;
du magst ja gern den garten bauen,
nnd deine blumen standen schön,
woll nur mit kindlichem vertrauen
auch auf das innre gärtlein sehn!
draus stehn die lilien, die nicht spinnen
Brentano 2, 51*.
c) gerade stehen wird in doppeltem sinne gesagt:
a) die senkrechte, verticale richtung bezeichnend {also
gleichbedeutend mit den bisher behandelten atisdrüdcen),
im gegensatz zu schief, schräg stehen: nichts beleidigt
das gesiebt und gefühl mehr, als ein hangender balke,
der gerade liegen, eine schiefe säule, die gerade stehen
. . . soll Herder 22, 41. vgl. geradeauf stehen unter b, c.
modificiert, wenn in beziehung auf etwas anderes gedttcht:
steht mir die (.wächteme) nase nicht? sie steht
noch nicht gerade,
antwortet Kunz . . .
die nase steht eudi schief
LiCHTWER 149 (Jab. 4, 28).
ß) gerade stehen, ao, dasz etwas eine gerade linie
bildet, im gegensatz zu krumm stehen {daher mit gerade
sein zu vertauschen): und jre beine stunden gerade
Hesek. I, 7 n^p« hf. a-'hi'n, ohne verb.). das gegentheü
{krumme, genauer x-beinef) kann durch auswärts stehen
ausgedrückt vxrden, so: sine körten beinings, de hell-
sehen utwarts stunnen on so leten, as wiren sei in dat
lange bawenliw {oberleib) verkihrt inschrawen worden
Reuter ä, 36, 22 Seelmann {»trotnt. 2).
97» Mr.
1543
STEHEN (II, B, 8, d~g)
STEHEN (II, B, 8, g~i)
1544
d) sonst mit richtungsangaben: ein land, das Abarimon
heist, ... da wohnen wilde leuth, welchen die füss
anden hindersich stehen Heyden Plinius (1566) s. 7
(7, 2, 11); der lange mittel-finger stehet vorheraus Come-
NI08 sprachenth. 268, vgl. 88; der löwe hatte in der
groszen eile seinem herrn den köpf verkehrt aufgesetzt
. . . erst zu mittag . . . sah er dasz ihm der köpf nach
dem rücken zu stand Grimm märehen 251 (nr. 60); es
muszte immer auf seine nase sehen, wie die so weit
hinausstand 69* {kinderleg. 1). — ähnlich in bildlichem
gebrattche: die sterne haben wohl bei meiner geburt
etwas in der quere gestanden, so deutet auch band
and fosz Tibck 5, 20;
swelch kOnec sich laet an iwem rät,
vil twerhes dem diu kröne stät Parz. ii7, 30
(et^. steht quer auf d. köpfe, d. h. dessen herrschaft ist
verkehrt und unsicher). — bei gebäuden u. ähnl. m,it an-
gaben der Orientierung: gegen osten, gegen Sonnenauf-
gang stehen, so dasz die front dahin gerichtet ist {also
anders als 6, c, ß), s. z.b. Sebiz feldb. 13 unter I, B, i,f, y.
c) sehr häufig fest stehen {vgl. unten E, l), mit ver-
scJiiedenen nuancen:
a) nicht in sich zusam,menbr ecken, einsinken, so von
bauvxrken: ein feststehender bau, edifieio sodo, fermo,
che si arresta Kramer dict. 2, 729'', vgl. Göthe 20, 222
unter l, d, ß. von bergen {s. 1, c):
(Siegfr.:) und wenn die berge nicht zusammenbrechen
und uns bedecken, kann uns nichts gescheh'nl
Kriemh.: o weh' ! gerade das hat mir geträumt.
Siegfr.: mein kind, sie stehen fest
Hebbel 4, 140 Werner (Nibel. II, 4, 11).
vom boden, s. Schiller 13, 187 unter 5, c. — ähnlich:
statuminare vineam, den berg mit pfalen bestecken, dasz
die reben steiff stehen, pfälen Corvinus fonslatin. eog**.
ß) auf etwas fest stehen, nicht abfallen {zu 4, a) ; {im
bilde): sonsten wird dem könige in Dennemark die
krön auff seinem häupte nicht fest stehen Schuppius 393.
so auch vom köpfe {vgl. i, c, d): ich will sehn, ob sein
köpf auf einer stange fester stehen wird Shakesp. 2, 247
{Heinr.VI., 2.th., 4, 7); ja, ja, das ist ein kluger köpf,
der sich selbst köpft, wenn's zeit ist. der meinige musz
dazu zn fest stehen, sonst — Hebbel 2, 37, 31 Werner
{Maria Magd. 2, l) ;
dann hat der tod auf lange zeit sein theil,
und jedes haupt steht fester, als es stand,
eh' das geschah ! «. 303 {Her. u. Mar. 4, 8, 2095).
da» gegenOml lose stehen, von ei-nem bäume, im bilde:
nnd ob sie {d. gottlosen) eine zeit lang an den zweigen
grünen, weil sie gar lose stehen, werden sie vom winde
bewegt, und vom starcken winde ausgerottet {i7ita<pa?Mq
ßeßTjxoTa vnb dv^fiov aa)^vf^aeTai , xcd . . . ixgi-
(^(o&^atTai) iceish. Sal. 4, 4; aufTrhür kann nicht anders
sein, ut statim plectantur, sein haubt sthet im so los
als eim birnenstengl Luther 25, 462, 28 Weim.; danach
ist wohl auch die elliptische xcendung zu ergänzen und zu
verstehen: si quem vides, dem stet der hals etc. nn-
glack mag er wol anrichten, sed vix dies 16 {vgl. d.
anm.).
y) auf derselben stelle bleiben, sich nicht vom ort be-
wegen:
dO diu Bchif d& etuonden Taste an einer stet
vier tage lancrc ich wecne und dannocb min
das "i nimmer dannen kccmen A'u^fr. 1138, 8.
dttfür: wenn wir so zuweilen bei windstillen auf dem
verdeck im warmen Sonnenscheine lagen, und das schiff
wie angenagelt auf einem fleck stand Kotzbbur Indianer
in Engl. 8, l*. s. femer unten 15.
/) at^f die Umgebung eines dinges geht frei stehen:
da« homerische epos ist in der poesic was die halb-
erhabene arbeit in der scalptur, die tragödid was die
frejiiehende gruppe A. W. Schlbobl dramat. kunst* i,
IM; immer beachtet er dabei die regeln der malerischen
komponiUon: die figurcn müssen alle möglichst frei
stehen, nicht eine die andre verdecken LuDwio 5, in. —
sie wohnten am ende ihres stJUltchens in einem für
•ioh stehenden hinsehen Liliencron letxU ernte 1S7.
g) in bantg tmf da» «mmmmmiwMmi und g^tnttUige
verkäUni»» «in»r m»n§» «o» g»g»m»tänd*n.
Mr.
a) dicht stehen, wenn viele gegenstände auf engem
räum zusammen stehen {gegensatz dünn stehen): die
bleichsten sterne erloschen, und die anderen standen
nicht mehr so dicht Stifter werke (1901 jf.) 6, l, 247;
die galgen müszten dichter stehn Lessing l, 804, *. i.
d, y. so besonders von pflanzen {bäumen, getreide u. ähnl.) ;
Alarich . . . sagte nur, das dicht stehende heu sey leich-
ter abzumähen, als das dünne M. J. Schmidt gesch. der
Deutschen (1778) 1, 149; die bäume standen sehr dicht,
wurden immer dunkler Stifter waldsteig 37;
doch wo das grün so dichte
um kirch' und rasen steht, . . .
da ruhet unsrer todten
frühzeitiges geschick
Göthe 1, 128 {die gläckl. gatten; = 3, 47).
dafür in der altem sptache dick: disraro . . . dunner
machen, etwas das dick steht, erhawen unnd dünn
machen Calepinus VIII ling. (1584) 896''; auff erden oben
auff den bergen wird das getreide dick stehen {vor.:
es wird auff erden eyn niedlich getreyde seyn; »n«
\"isa na*nos 'es wird überflusz an körn im lande sein')
ps. 72, 16;
der waldt stundt dick, und darumb er
sein selbst nicht achtet all zu sehr
Er. Albep.us fabeln «. 190 neudr. (43, 19).
ferner: Braun! was habt ihr für nachricht vom hafer?
Braun: er steht voll und satt Klinger toerke l, lOs
{falsche Spieler 1, 2).
ß) nach der Ordnung stehen Oarg. 40, s.i,h; feigen,
. . . nüsse, melonen . . . standen in schönster Ordnung
MALER MÜLLER 1, 51. — er rauchte aus einer langen
pfeife mit einer sehr dicken spitze, an welcher eine reihe
kleiner kirchthurmsknöpfe hinter einander stand Frey-
tag 6, 19 {handschr. 1, l). — mit angäbe der von den
gegenständen gebildeten figur: zO dien fier störnon, die
uns öugent, in zilun stände, sämoso äbafersnitenen
taurum Notker 1, 750, 30 Piper {Marc. Cap. l, 40);
sie {die schädeT) stehn in reih' geklemmt die sonst sich
hassten
Göthe 23, 285 ;
während ich ... in den garten hinunter sah, wo zwerg-
obstbäume in tadellosen reihen standen Hesse Gertrud
s. 89. — frühlingsblumen aller art standen in zierlich
gezeichneten feldern Göthe 22, 196 {wanderj. 2, 12); sieben
einfache leuchter, die vermuthlich im halben zirkel
herumstunden Jüng-Stilling werke 3, 34; {im bilde):
düstere wederwolken stünnen um em rüm in en ring
Reuter 3, 68, 8 Seelm. {strömt. 3, 84). — kom steht in
garben, hocken, s. l, b, ß.
y) in diesem seegons-thal, von b6schunj;en erhöht,
darauf granat, canel, muscat ins wilde stunden
B. Nbukirch bei Hoffmannswaldau auserl. ged. 7, 104;
ein gemisch
von lilien und rosen, die im beet
bnnt durcheinander steh'n
Hebbel 3, 279 Werner {Oyg«$ 8, v. 768).
h) von der beschaffenlieit des bodens, auf dem titoas steht ;
kan auch die schliff auffwachsen, wo sie nicht feucht
stehet (läfS liSz 'too kein sumpf ist')? Hiob 8, ll; so
trocken stehen, anders vom schiff (= auf dem trocknen) :
wie dasz mer falt, dasz die schif drockcn stondt, af den
obendt wider wagszt, dasz sy wider im diefon mer stondt
Fel. Platter 282 lioos.
i) andere ausdrücke gehen at^f den allgemeinen {ästhe
tischen) eindruck: schön, vortrefflich, Jämmerlioh stehen
M. ähnl.. so von Jansen:
sohOn sch&tzle, wir wollen in rosenfarten gehan,
wo die rosen am schSnstcn stehen I
Hoffmann ßndlinge 116, 81, 1 (voUW.);
besonder» von feldfrüchten, getreide, toein u.».w.: das körn,
die gerste, die erbsen eto. stehen vortrefflich Cami>r (t).
belege: so stehet der weinstock auch jcmerlich {orig.:
'ist verdorrt'), und der feigenhaum kieglioh Joel l. 18;
wodurch also das land J&mmerlich ruiniret, ond keine
garbe der Seiten der Oder eingeerndtet worden, da doch
das getreide sehr sobftn gestanden Chemnitz »chxoed.
krieg 8 (t66S), IW; wie schOn steht da {in Sicilien) der
waitxen, di« gerste! Qöthb bri^e 8, 848; und schon
Mr.
1545
STEHEN (II, B, 8. t-9, ä)
STEHEN (II, B, 9, a-c)
1M6
wieder stehen eure saaten schön Miller pred. für»
landvoUe l (1776), 43; seht doch, wie schön das getraide
steht! Schiller 2, 115 (räuöer 3, 2) ; der croatische edel-
mann und der feuerwerker sprachen nun noch mancherlei
von der jagd, und wie der wein so vortrefflich stehe
Brentano 4, 226; der ackerstreifen war mit roggen und
kartoffeln bestellt, von denen der roggen in diesem jähre
ganz wundervoll stand Fontane 6, 38 (quitt b);
ist disz die zeit der emd', in welcher sich erfreöet
die schaiar der akkersleut . . .
dieweil so lieblich steht dasz schöne weitzenland?
Rist neuer t. Pama*z (1652) 393 ;
wer m&ht sich wohl im garten dort
und mustert jedes beet?
er pflanzt und gieszt und spricht kein wort
so schön auch alles steht Göthe i, 40 Weim.;
auch mundartlich : d frücht st6t gutt 'die feldfrüchte ver-
sprechen eine gute ernte' luxemb. wb. 426» (allgemein),
bei blumen in der poesie zuweilen mit bestimmteren aus-
drücken, die ilijien selbst die Stimmungen beilegen, die ihr
anblick im menschen hervorruft: anemonen, ranunkeln,
tulipanen, hyazinten, primeln pp. stehn in allen gärten
munter und froh, die ersten sogar auf wiesen Göthe
l riefe 30, 42, 21 (aus Rom den 24. «lärz 88) ;
kennst du das land, wo die citronen blQhn, . . .
die myrthe still und froh der lorbeer steht?
W. Meisters theatral. Sendung 207 (4, 1 ; für froh
später: hoch, s. werke 18, 233 und 1, 177, oben 7, c) ;
ähnlich auch:
nu tat is goume wie mir (Joseph) chom in troume,
da; wir alle giengen, garbe an deme akchere ze
samene trügen,
do gest&nt diu min vil herisken
Jundgr. 2, 53, 21 (Wiener gen. 3506).
k) schon tn diesen fällen geht das adv. mehr auf die
beschaffenheit dessen, was steht, als auf die art des Stehens,
weitere falle der art sind im mhd. nicht selten, z. b. :
man bevalh iesllche porten s6,
dag si werliche d6
stuonden, dö der tag erschein
Pars. 377, 9 ;
ir mnnde wäm rOt, dicke, hei;:
die stuonden niht senllche 449, 29 ;
wie diniu liehtiu ougen
mit trüebc suln verlougen
da; si s6 spillichen stänt
unde kumbers niht enhänt free 8100;
swelch frowe schoen bf güete hat
und ir der munt kuslichen stät,
der kuslich, süeje, röter munt
tuot mannes herze siuften kunt
Ulkich V. Liechtenstein 558, 12;
s. Grimm gramm. 4, 935 bezw. 1124 neudr. solche falle
unterscheiden sich kaum von den Verbindungen m.it prae-
dicativem adj., s. 9, und leiten femer zu den freieren ge-
hrauchsueisen hinüber, die unter D beJianddt sind,
l) mit ganz allgemeinen modalbestimmungen:
(ffott,) der sunst all seine werck verbraght
mit einem wort, das er ausz sprach,
das als im augenblick geschach,
jedes nach seiner art da stund
H. Sachs 1, 2».
besonders mit so, wie *. z. b. 4, d, y ; in vergleichen: so
steht die junge rose, die schoenste unter den andern
blumen Gessner 2, 13 (Daphnis i); anders: und (die
Syrer) machten sich auff und flohen in der fr&e, und
liessen jre hätten, ross und esel im lager, wie es stund
(»VI irss n;ra-, bessere lesart: 'Bn 'das lager, wie es ging
und stand") 2 kön. 7, 7; weil meine nase etwas anders
stand als sie es wünschten, fanden sie mich verwerflich
TiECK 7, 800.
9) mit solchen adverbialen bestimmungen berühren sich
fraedicative zusätze, die das was steht näher bestimmen
{vgl. schon 8. i. k).
a) von bäumen, blumen u. ähnl.:
bi deme sulven water klär . . .
stOt ein bdm gewassen grOt sünder^. 1434;
böme van raannigerhande vrucht
•ach he schOne unde grdne stän
van d. holte d. hiU. eruzes 137 ;
im (der linde) schadet der winter noch envrumt
an ir schcene niht ein bär,
■ine stS geloubet durch da; jär /tv. 680;
Mr.
dafür:
die bäume stehen voller laub
P. Gerhardt 6«» Fischer-Tümpel tirchenl. 3, 398»;
auch:
der grüene walt mit lonbe stät
minnes. JrüU. 108, 10 ;
das gegentheü: kahl standen die bäume Hebbel I8, 14;
die bäume stehn entlaubt
LiLiENCROM letzte ernte s. 49 ;
ungetcöhnlich:
du vormals grfiner stock, wie stehst du jetzt so wöste?
RoBERTiHN 8. Königsb. dichterkr. s. 8 nettdr.;
so auch, im bilde: er musz beklagen, dasz schon mit
der knospe unsrer neuesten litteraturblüte der wurm
entstand und mit der blume zunahm, die nun durch
seine schuld blätterlos steht Ludwig 5, 89. dürr, ver-
dorrt stehen:
der grüene und der da dürre stät,
ieglicher boum ein voglin hat kön. Tirol 3, 1 ;
dat duchte my wesen gans gröt schade,
dat he (d. bäum) gewassen stunt so böge
unde vorsoret stunt so droge
Sünden/. 1438/ (ebenso 1565) ;
». atieh van d. holte des hill. eruzes 187 unter I, B, 3, a, ß.
anders: für die beste wanderzeit gilt, wenn die ernte
reif im felde steht oder neu eingebracht ist Frevtag 17. iil ;
und dreymal sah man auch die reben trächtig stehn,
seit ich dich nicht gesehn
V. König ged. (1745) 42 ;
diesen fryhling stuhnden meine baeume voll blythen
Gessner 2, 107 (Daphnis 2);
(palmbäume) die hier und da voll goldner trauben stunden
WiEL-iJiD 23, 64;
im bilde:
vil Uebia vrouwe, din güete schöne geblüemet stät
minnes. 1, 336 *>, 5 Hagen;
man sieht bey ihren (der Wahrheit) reichsgenossen
die schönsten tugendzweige sprossen,
die stetig blfihn, stets voller fruchte stehn
Gottsched gedickte (1751) 1, 301.
mit farbenadj. (grün stehen , s. oben) : dasselbige (voüt)
verwüstet meinen weinberg, und streiffet meinen feigen-
bawm, schelet jn und verwirfft jn, das seine zweige weis
da stehen Joel 1, 7; das hindert ihn (d. rosenstrauch) aber
nicht, den nächsten morgen ganz rot von rosen zu
stehen Keyserling bunte herzen 227; dazu auch:
nü lange stät diu beide val :
si hat der sne gemachet bluomen eine
minnes. frühl. 106, 24;
die schöne pfingsten-zeit, da alles gr&n bemahlet
im wald' und felde steht
Reineke fuchs (1650) 17.
femer: das die bewme des herrn vol saffts stehen (vor.:
gnug haben, orig. 'sieh sättigen') ps. 104, 16; der bach
hatte wild seine (des eichbaums) wurzeln von der erd'
entbloesset, und der bäum stuhnd da, traurig und drohte
zu sinken Gessner 3, 29 (Amyntas); verregnet und zer-
zaust stehen die rosen Seidel 2 (vorstadtgesch.), 270;
b&sch und w&lder
stehn ergezet
und mit taue sanft benezet
J. Grob dichter. versucAg. (1678) 126;
blume, du stehst verpflanzet, wo du blühest,
werth, in dieser beschattung nicht zu wachsen
Klopstock Oden 1, 89, l Muncker-Paioel.
b) vo»» bergen:
Montmort steht schwarz, die Jungfrau grau
A. V. Drostb-Hülshofk (1879) 2, 71
(d. hosp. auf d. gr. St. Bemh. 2) ;
öde [vgl. d, ß) : manche berge standen öde , und einen
gleichen wuchs hatten nur noch die ältesten schlage
GrÖTHE 20, 58 (Wilh. Meister 7, 6); leer (von menschen,
vgl. d, a): Garsyeres ... ist mit eil wider dem gebirg
zukommen, welchs er lehr stehn gefunden, und mit
besatznng versorgt hat Xtlander Polybiu» (1574) ysß
(xazakaßwv 6' igijfioiq 6, 72, 8);
nun steht der kahle Blocksberg leer,
der hexen körper ist zu schwer
Gottsched ged. l, I7l.
e) von qebäuden.
a) sehr häufig leer stehen (ohne betcohner) : wollt eher
den ganzen hinterbau zeitlebens leer stehen lassen . . .,
Mr.
lyt'i
STEHEN (II. B, 9. c-d)
STEHEN (H, B, 9, d-f)
1548
eh ich solch lumpengesindel beherbergen wollt H. L.
Wagner theaterst. (1779) Evchen Humbrecht «.84 (1,9);
wenn er (d. fheaterdireetor) seine einnähme einigermaszen
der ausgäbe gleich setzen will, so ist es dem publicum
gleich zu viel, das haus steht leer Göthe 18, 79 (WiUi.
Meister 1, 14) ; so wollt ich euch bitten, mir das hftusgen
drunten im dorf zu räumen, das schon eine gute weil
leer stehtl Schiller 2, 144 (raub. 4, 8); darauf giengen
sie tiefer in den wald hinein, und mitten drin, wo er
am dunkelsten war, fanden sie ein kleines verwünschtes
bauschen, das leer stand Grimm märchen s. 38 (nr. 9):
hei hadd't, as jenne preister, recht schön maken wuUt,
un nu stunn sin kirch leddig Reuter 2, 285, 23 Seelm.
{atrotnt. 2, 18); auch: endlich verlosch die leuchte des
gelehrten, das zimmer stand leer Freytag 6, 22 {handachr.
1, l). — es stehen noch galgen leer Schiller 3, 418 {kab.
u. liebe 2, 7); s. aucJi Lessing l, 305 unter i, d, y. — da
diese Verbindung auch in netierer zeit allgemein üblich
ist, xoährend bloszes stehen von rätimen nur beschränkte
geltung hat (s. 1, d, 5-), so ist sie am richtigsten von 10
aus zu verstehen, vgl. daselbst.
ß) ähnlicli öde stehen, in der altern spräche: sif
m&choton Jerusalem also uuuösta, also diS hüttun d6ro
öba^o diß man in demo boOmgarten tuöt, diu dann«'
öde stat, so dag öbaj in gelesen uuirt Notker 2, 325, VA
Piper (j>s. 78, 2); dasselb hawss ob drein jaren öd ge
standen ist oberbayr. arch. 25, 147 (urk. v. Jndersdorf nr.
1460 vom j. 1487); was gilts, wo nicht die viel heusei
sollen wftste werden, und die grossen und feinen öd«
stehen? Jos. 5, 9 {var.: die grosse und .feine on einwoner
= rs?i» )'sd); sie verkaufte die besitzungen und lies/
das schlosz öde stehen mährleinbttch (1799) 308;
aber bei Iszstein, einem schlos,
welches zerstört steht 6d und blosz,
wolt sich erst auch ein Strudel sträuben
Fischart glückh. schiff v. 532 ;
ähnlieh in neuerer dichtung:
baJd steht mir des töchterchens kammer verödet,
und des tSchterchens stelle bei tisch
Voss 1, 150 {Luüe 3, 284).
in demselben sinne: später, als nach der regierurig des
herzogs Ludwig eine grosse stille eintrat und die räume
des Schlosses sehr verlassen standen Kerner bilderbuch
(1849) 11; wenn die frühlingssonne in ein gemach dringt,
das den winter über unbewohnt und verschlossen stand,
dann sieht man, es war schlafendes leben . . . Ludwig
1, 165; das haus in der parkstrasze stehe übrigens augen-
blicklich verschlossen Raabe hungerpastor^'^ 339 (31. cap.)\
deshalb beschlosz man . . ., dasz die vorderstube im
zweiten stock, die unbenutzt stand, das Schlafzimmer
der jungen eheleute werden sollte Enking fam. P. C.
Behm 215; vgl. auch: verlassen stehn die altäre zu Pafos
Wieland l, 344 (Agathen 6, 2);
ODsre gräber werden einsam steh'n
TiECK nachgel. sehr. 1, 204.
y) anderes: dftj hüs, tds rdhto ünde r^delicho gefldgen
nufrdet, tAg ... ist gerdchera, d&nne d&g si, tA^ in unrfio-
cheskun ünbedC-nchit st&t Notker l, 614, 15 Piper (de
»yllog. 14); ähnlieh, bildlicli:
(U. ich ein I< It emiuwen sol, daj äne dach sO manigen tak
gestanden ist und ftne bant
minnet. 3, 16» Hagen (br. Wbrmier II, 26);
ein Haas, das tieff gegründet, wol auffgchawet . . . ist,
stehet gar lange nnbeech&digt (perstat diutissime inco-
lumis) COMENius »praehenik. 686; von den schaden des
aiebei^ährigen krieges ausgeheilt, stand es (d. schulhaus)
aach jetzt noch unversehrt unter dach and fach L. v.
Pran?OI8 d. letzte Beckenb. 214; der hühnerstall war der
einzige raam in dem alten schlösse, der noch bewohn-
bar unter dach und fach stand Brentano 6, 8S; vgl.
QCyTHK a, tu unter l, d, ö.
d) weniger tigmÜieh werden ähnliehe ausdrücke von
orU^Uffen, tOmdem u. ähnl. gesagt, vgl. i, <• (und 10, a).
a) leerfteh«n: der kdnig hat zu aller ersten den vor-
holT de« MshloMes, der leer stundt erobert Xylandkr
Polybius (1Ä74) SBC (xccxhxf »^ nQodaxHov xtiq &x(faq,
i^fiov xttxaiMßwv IV, 78. 11); nach dem unseeligen treffen
bei Moscbaz. hat sie (d. sUdi Ofen) Solimannas a. iflse
Mr.
. . . erobert, angezündet und leer stehen lassen S. v.
BiRCKEN verm. Donau-strand (1684) 65; weit und breit
standen die dörfer und Ortschaften leer Mommsbn röm.
gesch. *2, 8; und dieser reizende besitz? — steht leer, soll
verkauft werden Ebner-Eschenbach 4, 181;
ich soll die straszen Roms,
i«;h greis, mit dem gefühl beschämt durchwanken,
sie stünden nur durch mich so menschenleer I
COLLIN Regulttt 5, 6, v. 2487 ;
mhd. dafür blög :
hanboume stuonden blO;:
der zadel hUener abe in schög
Parz. 194, 7 ;
mit näherer bestimmung (im gen.):
dag velt herberge stuont al blOg 54, 11;
im letzteren falle ist die (unter c. a bemerkte) Zusammen-
gehörigkeit mit 10 besonders deutlich.
ß) öde, wüst stehen (vgl. c, ß): eitel wfistune ist in
der stad blieben, und die thor stehen 6de (-:>t?-.-iJ» ."r»nc»
~ T — ^ T ■ :
'in stücke sind die thore geschlagen') Jes. 24, 12; das
gantze land sol wflste stehen, und niemand drinnen
wonen (xal sarai näaa jj yi} eig aßaxov and ivoixovv-
Twv) Baruch 2, 23; Georg Nagler sagt, das in Bayrn
über Vierthalbhundert pfarm lödig, unnd wüsst ständen
JOH. Nas antipap. eins u. hundert 2, B S*»; in dise hole
legt sich ein grosser track, der verderbt Iflt und vech,
also dasz die lüt usz dem dörfflin wylen wichen musztend,
und es öd stan lassen Tschudi chron. Helvet. l, 146»;
man wird die st&dte bawen
so jetzt durch brand, durch pest und raub verwftstet stehn
Opitz (1629) l, 163;
s. auch Spreng Aeneis 46» unter I, C, 3, e, ß. dazu auch:
tien holen öde ständen (specubusque vidtiatis) Notke.'i
1, 702, 14 (Marc. Gap. 1,9). — in demselben sinne: alle
stedte werden verlassen stehen, das niemand drinnen
wonet Jerem. 4, 29; mein volk ist ohne könig, Suhlu land)
steht verlassen Tieck 11, 288 (Aüa-Moddin 1, 2);
sieh', wie die ganze flur verlassen steht von menschen
nachgel. sehr. 1, 37.
y) mit andern besUmmungen:
nu sol diz mtere wider komn,
wie Pelrapeir stuont jftmers vol
Pars. 185, 11.
häufig sind ähnliche Verbindungen, bei denen adverbiale
auffassung näher liegt: die feste stehet elend und ist
zurissen Jerem. 48, l (dicht vorher: weh der stad Nebo,
denn sie ist zerstöret, und ligt elend). — xceiteres der
art unter D.
e) irenn uhiilirhe Verbindungen von feldern, vom land
u. s. w. gebrauefit werden, so geht das zumeist auf den
pflanzenwuchs, berührt sich also einerseits mit a, ander-
seits m,it 10, b, so: aber die wflsten und einöde wird
lustig sein, und das gefilde wird frölich stehen ('jubeln'
hir\), und wird blühen wie die lilien Jes. 85, i ; oder
• T
standen die wiesen wirklich so viel saftiger, die felder
so viel reicher und üppiger bebaut? L. v. Frani.iois «/.
leiste Peckenburgerin s. 36;
es stehen ungehegt der felder breite rücken,
die äcker liegen prach Fleming 115;
es stehe dOrr
das luid, wo sonst die purpurtraubo gern
dem bessern volke wuchs und goldne fruchl
im dunkeln hain und edles körn
Hölderlin 8, 83 Böhm.
im bilde: und sie (d. Fransosen) wollten lieber diese
gantze grosse ecke des poetischen gebiethes, eine gantze
weit, wüst und ungebaut stehen lassen BouMBR abhandl.
V. d. wunderbaren (1740) 1». — wm einem see, grau und
trübe, *. L. v. FranCOIS unter 6, d.
f) die Verbindung leer stehen (*. oben c, «,- d, O; b^
auch sonst ttät{fig:
a) ein sluhi xtoht leer, trenn niematui darauf sitst:
selten erscheint er (d. oheim) an unserm tische, und
besetzt den stuhl nur augenblicklich, der fUr ihn leer
steht GöTIlE it. 104 (tratulrrj. 1, «); in der anderen (ecke)
war gegen einen mächtigen gepolsterten lehnstuhl, der
leer stand . . ., ein runder tisch fesofen Raabs tum
wilden mann a. 8;
Mr.
1549 STEHEN (II. B, 9, f-h)
ich vant die stüele leider laere stän,
da wisheit adel und alter
gwaltecliche säjen e
Walther v. d. Vogelweide 103, 17.
Üiron als sitz der herrschaft:
ein hoher thron steht leer,
so lang' er pilgert
Hebbel 4, 304 {ffibd. in, 4, 21) ;
nachdem der päbstliche stuhl fast einige jähre lang leer
gestanden M. J. Schmidt geschickte der Deutschen (1778 jf.)
3. 46. daran schlieszen dann übertragene gebrauchsiceisen
als aber naher auff absterben k. Heinrichen desz 7 das
reych ob eim jähr lang ledig stund, erhüb sich aber
ma[l]s vil unrüw Stumpf Schwytzer chron. (1606) 343*
Friedrich (TL) . . . lasse nicht zu, dasz die in seinen erb
königreichen ledig stehenden bisthümer und kirchen . .
wieder besetzt würden M. J. Schmidt 3, 35; vgl. Job
Nas unter d, [i. dafür: nach sinem (^Heinrichs VII.) tod
stund das rieh ein jar . . . on ein houpt Tschudi chron.
Helvet. 1, 263».
ß) von gefäszen (s. S, 6. c):
und gulte ein fuoder guotes wines tüsent pfont,
da stüende ouch niemer ritters becher laere
Walther v. d. Vogelweide 20, 15;
du herrlich glas, nun stehst du leer . . .
Kerner ausgew. poet. w. 1, 181.
das gegentheil voll stehen ist kaum üblich, doch vgl.:
nein! — das maasz steht aufgehäuft,
und kein kom mehr kann es fassen
MCllner dram. werke 1, 63 (d. 29./e6r. 7, t>. 783).
{sehr ungewöhnlich ist die anwendung auf das herz bei
Spreng Mias 107», *. unter I, B, 3, b, y.)
g) eine ähnliche häufige Verbindung ist offen stehen,
zunächst von thüren, fenstern, dann von zimmern u. s. tc.
du indessen hier die freieren gebrauchstceisen , wobei die
Vorstellung des stehens ganz erloschen ist, überwiegen, ist
die Verbindung unter D im Zusammenhang behandelt, das
gegentheil ge-, verschlossen stehen ist in mhd. dichtung
belegt:
d6 kom er für die porten: verslojen im diu stnont
Nib. 455, 1 ;
haec porta clausa erit.
dese pforte sal beslogjen stan
Brun V. Schonebeck 2586;
STEHEN ai. B, 9, t— 10, ft)
1550
gene di der sunden vurch
hie mit rouwe han begossen,
seht den stet si unbeslojjen
2597.
Ä) deutlicher ist der begriff des stehens in andern Ver-
bindungen, icie dem häufigen bereit stehen : wo gebüsche
von schasminen, rosen und akazien eine art von halb
zirkelndem amfitheater bildeten, unter welchem ein zier-
licher thron von laubwerk . . . für die schöne Danae be-
reitet stand Wieland l, 342 (Agath. 6, 2); {darauf) ging
er {Sulla) im frühjahr 671 .. . nach Patrae, wo die schiffe
wiederum bereit standen, um die truppen nach Brun-
disium zu führen Mommsen röm. gesch.^ 2, 3<J3;
die felsen, die so traurig scheinen,
stehn dir, o mensch, zum dienst bereit
J. A. Schlegel verm. ged. (1787) 1, 6.
doch auch von dingen, die nicht stehen: könnte ich's aber
nur ungestraft tuhn und stünden im Brühle nicht einige
nägel und stricke parat, wann man so etwas erführe,
so würde ich die affaire des teuffels übernehmen Göthe
br. 1, 133, 19 (d. 7. nov. 67);
denn kleider und Juwelen stehn bereit,
im prächt'gen kästen sämmtlich eingeschlossen
werke 9, 287 {nat. locht. 2, 1).
ähnlich: wenn z. b. ein oder zwei wohlgepackte wägen
eben angeschirrt standen oder abfahren wollten Arndt
vierTce 1, 34 Rösch;
der wagen, fräulein, auf des herm befahl,
steht angeschirrt im hof und wartet eu'r!
Kleist 3, 96 E. Schmidt (prim v. Homb. 4, 2, 1278).
femer: er fflhrete uns... in eine grosze stube allwo eine
lange tafel gedeckt stunde Chr. Reuter Schelmuffsky
{voÜst. ausg.) s. 17 neudr. (l, 2); dem fest zu liebe hatte
ich nichts zu mir genommen, und ein köstlich abend-
essen stand unberührt zu hause Göthe 23, 140 {wanderj.
S. 10); ein bibliotheksgebäude wird . . . beabsichtigt, da
Mr.
die ansehnliche büchersammlung ... in verschiedenen
ungünstigen localitäten aufbewahrt steht 49, l Weim.
V seemännisch: segel stehen voll, wenn der wind gut
hineiniläst Stenzel 401»; ein tau steht steif, tcenn viel
kraft darauf kommt.
k) die nähere bestimmung kann auch durch präpositi»-
nale ausdrücke gegeben werden: seine äugen sind wie
taubenaugen an den wasserbechen, mit milch gewasschen,
und stehen in der ffille (nN^D^^y riscr' 'sitzend auffüUung';
der sinn wohl: 'in fassung eingelegt, wie edelsteine) hohei.
Sal. 5, 12; in seinem glänze stehen vom Weihnachtsbaum,
s. KÜGELGEN unter 1, b, a;
die morgensonne will nicht länger warten,
die lüfte fangen kühler an zu wehn,
indesz die berge schon im glänze stehn
Pellegrin (= Fouque) dram. gpiele9Sl\
wenn der lenz erwacht,
und in blnthenpracht
anger, feld und beide stehen
Böhme volktthüml. Keder nr. 123, 1 :
der garten stand in voller frühsommerpracht Hesse
Gertrud s. 147; vgl. 10, b. — so m^tens in formelhaften
Verbindungen, s. unten D.
10) zutoeilen tritt dann jene eigenthündiche Verschiebung
ein, xcodurch stehen von den stehenden gegenständen auf
den räum, in dem sie {zahlreich, dichtgedrängt) stehen,
übertragen icird: ein garten steht voU bäume, blumen,
und so auch: ein zimmer steht voll menschen, ebenso
bei sitzen, s. das. 7, th. 10, 1, sp. 1299, und bei liegen 3, c,
th. 6, 1007. diese vencendung verlangt also stets eine
nähere bestimmung, meistens mit voll(er), und scMieszt
die Vorstellung der fülle, des voUseins ein. man könnte
sie an 9 anknüpfen, als gegensatz zu leer stehen (9, c, a;
d, a; f); indessen wird der gebrauch von stehen nicht
durch das grammatische, sondern durch das logische sub-
ject bedingt, man sagt allgemein ein saal steht voll
menschen, während stehen von räumen {s. 1, d. 9; vgl.
anch 1, e) nicht allgemein üblich ist {das üblichere leer
stehen ist also vielmehr von hier aus zu erklären), aber
eben nur, wenn die menschen xnrklich stehen, sonst: die
Wirtshausstube sitzt voll gaste, der saal liegt voll kranke,
das feld voll erschlagene, ebenso stets der bäum sitzt
nicht steht) voll vögel, obwohl der bauin für sich doch
steht {nicht sitzt).
o) in bezug auf menschen {also von A ausgehend) : sein
vorsaal stand so voller leute, dasz der graf sich ent-
schlosz, um mehreres auf einmal abzuthun, heraus-
zutreten Göthe 24, 157 {dicht, u. wahrh. o-, wollte ich
einen groszen gedanken verfolgen, so meldete mir der
kammerdiener, dasz das Vorzimmer voll fremden stehe
Kleist 5, 152, 16 E. Schmidt {br. vom 13. nov. 1800); die
ganze gasse der grünen Fichtau stand gedrängt voll
menschen Stifter werke 2, 119/.;
alle straszen stehen voller leute ärxim 22, 318;
dazu unpersönlich:
ich schau durch ein vogel-nest die krumme wege an
welche die weit hin geht,
die gleichwohl durch ein fermglasz das kind nlt sehen kan,
weils voller schämbärt {masken, «. schönbart 2, th. 9. 1487)
steht
Simpl. sehr. 2, 327, 5 Keller (erü. des titelkupfert sum 'vögeln.').
auch in bezug auf tliiere: der stall steht voller pferde
Adelung (2, 2); vgl. dazu: die hälften pferd' in Pümpel-
hagen sünd müd'; vor ein paar tag' stunn die eine
mergelkuhl {-grübe) ganz vull — da stunnen die ollen
mähren denn so andächtig dor . . . Reuter 3, 44, 31
Seelm. {strömt. 3, 33).
b) sehr häufig in bezug auf pflanzen.
a) getcöhnlich mit voll: ich gieng für dem acker des
faulen, und für dem weinberg des narren, und sihe,
da waren eitel nessel drauff und stund vol disteln
(o'^-in i«:o ^BS 'seine Oberfläche war mit unkraut be-
^ ■■. "l TT T
deckt') spräche Sal. 24, 31; eine kleine ebene . . ., die voll
blumen da stand Gesssner 2, 30 {Daphnie i, s. I, B, S,e,^;
Rothkäppchen schlug die angen auf, und als es sah
wie . . . alles voll schöner blumen stand, dachte es . . .
Grimm märchen s. 110 {nr. 26); am andern morgen gieng
Hans hinab in den garten, der war ganz verwildert und
stand voll dornen und gebüsch 588 {nr. 166);
Mr.
1551 STEHEN (II, B. 10. b-e)
da vormahls frische lust, da grüne ^rten waren,
da der und jener ort voll bunter regen stund
Fleming 115 (104, 98 Lappenb.);
da stehet von schCnen blumen
die ganze wiese so voll
GÖTHB 1, 94 {gchäjen Uagü.).
die bestimmuTUf aus dem msanimetüiange zu ergänzen:
denn kommt der wind . . . und der trägt die federn von
den disteikopp über feld. und das nächste jähr steht
das ganze feld voll Reuter 3. 24, 15 Seelm. {strömt. 8, 81).
— dagegen gehört ein bäum steht voll bluten, laub,
fruchte zu 9, a, a. das.
ß) dafür: die anger sind vol schafen, und die awen
stehen dick mit körn {eig. 'sind bedeckt mit k.') ps. 65, 14;
auch blosz: ein jeder Weingarten soll wol und eigentlich
gemeszen und darnach besichtiget werden, wie er mit
Stöcken steht, und gedüngt ist, auch der art und pfleg
nach geschätzt werden Lennep lands. 2, 20 {gericht- u.
landtordnung der graffsch. Solms usw. 1671). weniger deut-
lich ist diese Verschiebung in: der {weg) . . . war ein fusz-
pfad, . . . und weil er wenig begangen ward, stunde er
mit dornen und distlen bewachsen Philander i, »42;
vgl. dazu :
der enge sttc verwahsen stät
Bari. u. Job. 13(5, 14.
y) in neuerer zeit auch: auch diese wenigen {rt*der-)
schlage reichten schon aus, sie nach einer kleinen weile
bis an eine hoch in gras stehende, zugleich als Schiffs-
werft dienende wiese zu führen Fontane 5, 189;
der frühling kommt, der himmel lacht,
es steht die weit in veilchen
Storm 8, 191 {octoberl.).
vgl. auch: auf einen feldweg, der hier ... an dem an
seiner auszenseite hoch in nesseln stehenden gartenzaun
hinlief Fontane 5, 173.
f) unpers. : im garten an den grasrändern der buchen-
hecken stand es blau von veilchen Storm i, 167.
c) anderes: ich gieng noch den obendt ans mer, sach,
wie der port so weit, voller schiffen stfindt, wie ein
grosze stat, dorin vil thürn Fel. Platter 244 Boos;
es werden schafe, kOh und ziegen
mit strotzenden von milch geschwollnen eytem gehn ,
und von gepreszter milch . . .
der keller aufgethürmt voll fetter k&se stehn
KoENiG ged. (1745) «. 71 ;
der himmel stand voll sterne, und die hellung war sehr
grosz GöTHE 34, 93 {Cellini l, 6).
d) häufig in bezug auf loasser {als umkehrung von 5, d).
ä) unde reinte {regnete) unde goj also sere dag sich
di wajgirlouft« unde di beche unde ouch andere wajjer
ergo^jin hatten, daj daj velt unde di grabin vol wajgirs
stundin Ködiz 41, 33; dergleichen wann er {d. feind) auch
die graben, so mit wasser stfinden, mit holtz und reissern
anszgeföllt Fronsperger kriegsb. (1578) i, Ye».
ß) besonders es stehet alles unter wasser, ist davon
überschwemmt Campe i: die hälfte von Planina auf der
andern seile des Ihals stand unter wasser Seume 2, 55
Hempel; alles steht dort {im Spreewald) unter wasser,
and ich begreife nicht, wo die pferde diesen winter heu
her bekommen sollen Moltke ges. Schriften 6, 208; meine
wiesen zu hause, die vier jähre von fünf immer unter
wasser stehen .... die können solch wetter brauchen
Fontane 6, lae.
y) kaum lästt sieh dagegen i m wasser stehen hierJier
flehen, da» sich nicht wesentlich von andern Ortsbestim-
mungen {». 6) unterscheidet: an. dom. 1569. den ii. jan. ist
zu Nördlingen ein solche vasscrgieszung gewesen, dasz
die kirclien und der spital im wasser gestanden Stumpf
Schwätze rehron. (1806) 187«; das wasser ... hat das ganze
schöne thal zu einer auszerordentlichen höhe über-
schwemmt, so dasz die eichen desselben bis an die
äst« im wasser stehen Sbumb t, 66 («. d. forUettung
unter ß);
stArche 97, regen bigan
vierric tag« toUo,
da', die berge alle
»tAnden in dem wage anegenge 28, 8&.
e) ahmUA verhält sieh die äugen stehen in thränen tu
Ihfftnea ttehen im aage (6, e, d), obteohl der auadruek an
&kk MM* ofcfM tmnahme solcher verschMung Heh ver
Mr.
STEHEN (II, B, 10, e— 12, c)
1552
stehen läszt. vgl. Adeluno (2, 2): ich that . . . einen bUck
auf den capitain, und nahm wahr, dasz ihm über unser
hertzliches bewillkommen, die äugen voll freudenthränen
stunden Schnabel insel Felsenb. «.20. 37 Ullrich; die
äugen stunden ihm voll thränen Göthb 16, 166; dafiW:
aber sein augo stand, mitten im jubel der lieder
in herbe thränen gehüllt '
Kretschmann ». werke 1, 273 (KleUitV).
noch häufiger: die äugen stehen ihm voll wasser, oculi
ejus iument lacrymis Steinbach 2, 668; als die schon
Magelonna bette jres liebsten Peters rede vernommen,
stunden jr als bald die äugen foller wassers, und be-
gunten die heissen zeher jr das schone angesicht nasz
zfi machen Warbeck Magel. 36, 21 Bolte; allhier stehen
mir die äugen voller wasser, wann ich zu gemflt führe
den tflrmischen tod Abb. a. S. Clara mercks Wien (1680)
42; die äugen stunden {der Maria Magd.) so voll wasser.
und das hertz war mit solchem dicken nebel der trauris-
keit umbgeben, dasz sie nicht erkennen konte den, welchen
sie doch so brünstig suchte Scriver seelensch. (i68l) 501 ;
aber was fehlt ihnen denn? ... die äugen stehen ihnen
ja immer voll wasser Lenz i, 21 {Hofmeister 2, 2); Ben
Hafi sah dem was vorging so lange zu, bis seine wangen
erglühten und seine äugen voll hellen wassers standen
Klinger 6, 130 {reisen vor d. sUndfl. 6);
ihr seyd
gerührt und euer äuge steht voll wa.sser?
Lessino 2, 323 {Nathan 4, 7);
der mond wollt' endlich scheiden;
ich hab' es nicht geseh'n;
den blumen und uns beiden,
voll wasser die äugen stehn
M0S8N (1863) 1, 98.
dafür, in anlehnung an d, ß: diese furche zwischen den
augenbraunen, diese äugen, die zu leicht unter wasser
stehen Iffland e. mann e. wort 5, 5.
11) die bedeutung von stehen tritt besonders deutlich
heratis, wenn es in gegensatz zu andern verben steht.
a) stehen und liegen werden gewöhnlich unterschieden,
z. b. ein hoher gegenständ steht, wenn seine längsachse
vertical gerichtet ist; im andern falle liegt er, s. i. ein
tisch steht, wenn er auf seinen beinen ruht. s. 2. ein ge-
fasz, wenn die Öffnung nach oben gerichtet ist u. s. w.
{s. auch Göthe 19, 199 unter 3,/.) doch unrd die Unter-
scheidung nicht streng durchgeführt, insbesondere gebraucht
die ältere spräche in manchen fällen stehen, \co jetzt liegen
üblich ist; so von einzelnen räumen, zimmern, s. t, d, 9;
von Städten, Ortschaften u. s. w. s. 1, e; von schiffen, s. 8, o.
zuweilen mit abweichender nuance, so von bergen, s. 1, c;
doch auch da ohne consequenz, s. die belege aus Wieland
a. a. o. als synonym zusammengestellt: so hübet uns
dem goteshus und dem convent von sant Gerien allir
der walt der ennont {jenseits) des kilchstiges lit und
stftt ViUinger urk. v. 1291 in MoNES zeitsehr. 9, 478. {vgl.
noch Kleist i, 849 unter 8, b.) s. femer 13 {bes. 18, 0-
b) stehen und hängen (hangen) unterscheiden sich da-
durch, dasz im ersten falle die Unterstützung von unten,
im letzteren von oben stattfindet, vgl. 1, l (Ric. HüchV
ferner: an ihren {der höhle) beyden Seiten htengen und
stehen meine trinkgefsesse Gessnbr 8, 116; das thermo-
meter, das vorher im heiszen wasser gestanden, hing
nun an der natürlichen luft Göthe 19,298 {WiUt. Meister
6); nur einzelne arme tannen oder eichen sind aus den
felsenspalten da und dort herausgewachsen, mehr hangend
als stehend Hebkl 8. 78.
18) einen besonders prägnanten «tun hat stehen, wenn
es allein gebraucht wird in fällen, wo «• geteShidieh mit
verdeutlichendem tusats erscheint.
ä) getreide steht, gleichbedeutend mit steht auf dem
halm, s. unter 1, a. ß. {vgl. 18. a.)
b) die haare stehen, nämlich zu berge, vgl. 8, A. ß.
'die haare stehen mir zu berg««. . . . teqfür Wirland
blosz sagt: die haare stehen ihr' Ca.mpb (l); mordi mord!
und wenn ich's denke, stehn mir die haare nicht Klinoer
1, 69 {twillinge 8, l).
e) die sonne »teht, icmn sie den hOdttten punkt ihrer
bahn erreicht hat: 'teenn sie im meridian ateht, kulminirt
oder steht «m {the »un stand» »tili, U »oUil nefait rien)'
RoHRiK e*!*; 'die sonne steht im meridian' Stenzpi.
Mr
1553
STEHEN (II, B, 13, a-d)
STEHEN (LI B, 13, d—f)
1554
seemänn. icb. 401*. ähnlich: 'die flut steht bei hochwasser'
ebenda. — hier bezeichnet stehen den moment des gleich-
gewichts und Stillstandes zicischen steigen und sinken, ge-
hört also eigentlich zu 15, s. das. b, y und e.
13) stehen im gegensatz zu fallen, liegen (vgl. 11, a):
stehen, aufgerichtet stehen, nicht darnieder liegen Frisch
2, 326«.
a) von pflanzen : so denn gott das gras auff dem felde
also kleidet, das doch heute stehet (ar>fiegov ovra, vgl. :
das heute auff dem felde stehet Luk. 12, 28), und morgen
in den ofen geworffen wird Matth. 6, 30;
die flüchtigen narzissen
sind drüm geringer nicht, ob sie schon bald hin mfissen,
als etwa rosmarien. die zwar sehr lange steht,
doch wenn der frost beist an, zugleich auch untergeht
Fleming 125.
xom getreide (vgl. 1, a, ß und 12, a): man hatte vieles
geschnitten drauszen liegen und bangte darum, dasz es
aaswachse, und auch wenn die sonne wiederkommt,
trocknete es nicht so leicht als das stehende Auerbach
sehr. (1892 jf.) 10 (dorfgesch. 2), 241 (Erdmute), von bäumen:
deutsches volk, du herrlichstes von allen,
deine eichen stehn, du bist gefallen !
Körner 1, 43 Fitcher;
veniger ausgeprägt in dem gegensatz:
o ihr wankenden tannen, und o ihr stehenden eichen
RüCKERT vierke 5, 68 (Asteria 6).
freier, im bilde: so sprichstu, die zweige sind zubrechen,
das ich hin ein gepfropffet würde, ist wol geredt, sie
sind zubrechen, umb jres Unglaubens willen, du stehest
aber durch den glauben (av 6e ry niaxti eaTrjxag) Eöm.
11, 20.
b) so mit besonderem nachdruck, te«nn ein atilaaz zum
umfalUn ist:
da; wart also ungemach
daj der walt nider brach.
was iender boum da s6 gr5;
das er stuont {^hschr. auch : bestuont,
gestunt), der wart blö; Iw. 660;
die abgestorbne eiche steht im stürm,
doch die gesunde stürzt er schmetternd nieder,
weil er in ihre kröne greifen kann
Kleist 2, 168 E. Schmidt (Penth. 24, 3041).
so freier:
er (gott) segnete den schönen band,
die deutschen fahnen stehen
Brextaxo 2, 43 (ged. 'la beüe alliance').
hierfür gewöhnlich deutlicher stehen bleiben, s. unten E, 3.
noch auffälliger ist bloszes stehen in folgender stelle (in
genauem anschlusz an das originär): gott thu mir dis und
das, wo das heubt Elisa . . . heute auff jm stehen wird
(-faV'-^H) 2 kön. 6, 31. — auch fest stehen (s. 8, e und unten
E, l) hat zuweilen diese besondere nuajice: sie waren fest
gestanden, die alten berge, in der wuth der wasser
GoTTHELP vassernoth 45.
c) von bauxcerken: der altar steht in der'kirche, ara
stat in templo, non destructa est Frisch 2, 326". im gegen-
satz zu wanken:
wohl steht das haus gezimmert und gef>,
doch ach — es wankt der grund, auf den wir bauten
Schiller 14, 283 (Teil l, 2).
mit der unter b bezeichneten nuance:
das joch (d. veste Ztcing-Uri) soll stehen, das
uns zwingen wollte?
auf, reiszt es nieder ! 403 (6, 1) ;
der icb gebot von Jericho den mauern .-
stürzt ein! and sie gedachten nicht zu stehen
RCcKERT uerke 1, 18 (geh. $<m. 24).
so gern von städten:
Rom steht, wenn Brutus Brutus ist
Lessing 1, 66;
wofern euch allen dies behagt, so mag
die Stadt des königs Priam femer stehn
Bürger löe*», 23 (ulxioito II. 4, 18);
gottes Stadt ist fest gegründet
auf heiigen bergen, es verbündet
sich wider sie die ganze weit;
dennoch steht sie und wird stehen
Spitta m hannov. gesangb. 183, 1.
d) häufig: noch stehen, essere, tenersi ancor' in piedi;
«ssere, trovarsi ancora in istato Kramer dict. 2, 927 = ;
X. 2.
0 lasz mich Hastings warnen, und derweilen
diesz bange haupt noch steht (tchüe my /earful head i»
on), nach Brecknock eilen!
A. W. Schlegel Shaketp. 9, 149 {Sich. III. 4, 2).
besonders von bauwerken: die mauer, das hausz, die stadt
etc. stehet noch Kr.^mer a. a. o.; das haus, die stadt
steht noch, ist noch tcirklich vorhanden Adelung (2, 2);
da bawet Gideon daselbs dem herrn einen altar, . . .
der stehet noch (i1"i7) bis auff den heutigen tag rieht.
6, 24; dis grab(»naQ zu Modin, stehet noch auff diesen
tag 1 Macc. 13, 30; der alte markt war ehemals das
capitol, die rotonde steht noch ganz Göthe 34, 13 (Cel-
lini 1, l); ja, diese ruinen . . . sind erhaben, das feuer
hat in ihnen gewütet, aber sie stehen, sie sind sogar
noch fester geworden Enking fam. P. C. Behm 300;
alszdann das schlosz noch st&nde gantz,
darzu das reich in seinem glantz
Spreng Aeneis (1610) 236" (Troiaque nunc $taret,
Priamique arx alta maueret Aen. 2, 56).
so auch im bilde:
steht mein thron noch?
bin ich noch könig dieses landes? — nein
Schiller 5, 2, 421 (don Karlos 5, 5, 4866).
von städten: zur zeit, da Heidelberg und so viel andere
schöne städte noch stunden Kramer a. a. o. ; also stehet
das stettlin noch auff disen tag, so villeicht sonst etwan
möcht verbrennt sein worden Lindener s. 24 Lichtenst.
(rastbüchl. 58); hätte er meine wiederholten Vorstellungen
geachtet, so würde sein land keinen feind gesehen haben,
und auch Magdeburg würde noch stehen Schiller 8, 186;
(d. Heucheley .-) blosz meine fr6mmigkeit, mein beten hat die
schuld,
dasz diese stadt noch steht
Cronegk schrißen (1766) 1, 35 (d. verfolgte kom. 4);
wie geht's zu haus? — Eisleben, steht es noch?
Z. Werner 3f. Luther 2, 1, 1236.
s. auch Bürger 249 unter I, B, 3,/, y, bb. das gegentheil :
das haus, in dem ich als kind jeden tag aus und ein
gegangen bin, steht nicht mehr, über seine stelle geht
der pflüg Paulsen aus m. leben 73. ebenso vom wasser
einer übersehicemmung : es wurden einige kornhäuser . . .
aufgeschlossen, und ihnen damit geholffen, welche hülffe
aber nicht würde zureichlich gewesen seyn, wann man
nicht hoffen dörffen, dasz das gewässer über einen tag nicht
mehr stehen konte A. U. v. Braunschweig Octavia 4, 221.
e) sonst mit Zeitangaben, wobei dann die Vorstellung des
bestandhabens. dauerns übenciegt; von gebäuden:
er bat sie da; ir wiser mfint
im von dem tempel dede k&nt
ob er iht lange solle stan
Heinr. V. Neustadt gottes zuk. 1703 Singer.
s. ferner Grillparzer* 2, 22 unter I, C, 3, f. ß. mit ver-
stärkendem Zusatz: dises ist gar ein alt hausz, vor 700
und mehr jaren in wesen gestanden Stumpf Schwytzer-
chron. (1606) 425*. — von städten: Vespasianus . . . zer-
störte Jherusalem, die was gestanden 1080 jor d. städtechr.
8, 27, 22 (Closener Straszb. 1362), s. auch 4, 238, 19 unter
1, B, 1,/, y, so auch: sie rühmen sich städte eingeäschert
zu haben, die nie gestanden Lohenstein Arjninius l, 91^ ;
Rom fällt, dasz man noch fragt, wo Rom einst stand
CoLLiN Coriolan 115.
solange etwas steht: so lange die erste hütte stunde Ebr.
9, 8, s. I, B, 3, /, ß, ff; so lange das schlosz gestanden hat
J. E. Schlegel 3, 570, s. I, C, Z, e. y; djweyl si (d. stadt
Eom) stiht Schwartzenberg Cic. 61^, s. I, B, 2,/, rj, ee;
Friburg, du bist ein kerne, . . .
man hat dich alzit gerne,
als lang du gestanden bist
LlLiENCRON hitt. volksl. 2, «. 69 (137, 6, vom j. 1475).
hier schlieszen dann freiere gebrauchsweisen an. s. unten D 15.
f) in den bisher besprochenen fällen ist stehen im gegen-
satz zu einem nachfolgenden fallen oder liegen gedacht;
es kann aber auch einem vorhergehenden nichtstehen ent-
gegengesetzt werden: etwas steht schon, noch nicht u.
ähnl.; der bau stehet schon, la fabrica sta cioe e drizzata
gia Kramer dict. 2, 927'; erhöhung des schon stehenden
dreyseitigen monuments Göthe briefe 30, 22, s. unter 1, g
zu ende; aber sobald das gebäude steht, fällt das gerüste
Schiller 6, 52; noch standen die mauern der neuen
Stadt nicht vollständig Mommsen röm. gesch.^ 2, 5;
98
1555
STEHEN (II. B, 13, f-U, a)
STEHEN (II, B, U, a—iö, b)
1556
eh', als der unbewegte grund
der erden und des himmels stund
Simon Dach ». 173 ÖtUrley;
zur sacbe, frennd! — noch steht der galgen nicht
(Werner) söhne du thale* l, 193.
«o auch: wenn der wagen nur erst wieder stünde! Tieck
14, 177. 90 erscheint stehen nicht selten als resultat des
sicherhebens : zwischen mir und der klarheit stieg aus
der erde eine weisze, reine, unbefleckte lilie empor . . .
sie stand herTorgezogen vom ödem des lebens maler
Müller l, 40; mich dauchte, wir bunden garben auff
dem felde, und meine garbe richtet sich auff und stund,
und ewre garben umbher neigeten sich gegen meiner
garben l Mose 37, 7; ebenso Klopstock Mess. 8, I7ß,
s. unter l, d, y. — von gehä%tden, errichtet sein: ich habe
. . . mir eine todtenkapelle erbaut! nun steht sie Hebbel
3, 207, 8 Werner {Agnes Bern. 4, 7); das haus stand, aber
die braut, die junge frau sollte nicht einziehen Raabe
zum xciJden mann s. 45;
thaz möht er thaz giflizan, thaz götes hus zislizan;
joh thaz er mohti avur thär iz eino irzimboron sär,
joh d&ti thiu sin güaü, theiz thritten dages stüanti!
Otfrid 4, 30, 12.
*. auch Röckert 1, 48 unter l, d, i.
g) indem dann die errichtung gar nicht ausgedrückt,
sondern dafür sogleich das resultat angegeben wird, nähert
sich stehen perfectiver actionsart oder geht geradezu darin
über:
schiere stunt diu niure
geworcht, ir zweier stiure
Albrecht v. Halberstadt 2. hruchst. 90
{dt^ßLr bei Wickram 8, 97 Bolte:
alsobald die mawer von gmndt
von ihn beyden gebawen stundt 11, 364);
Theben, ich stand durch die leier, ich ward durch die
flöte zertrümmert
Arndt werke 6, 82 Meisner.
A) stehen und fallen mit etwas (einem) als formel-
hafter ausdruck solidarischen Verbundenseins (vgl. A, 10, e),
stets in freierem gebrauche: mit dem glauben an dinen
gott, dessen gegenwart sie durchdränge und belebe,
muszte das christenthum stehen und fallen Herder 20,
40 Suphan; schade nur, . . . dasz die letzten frischen
Wechsel in der freien stadt vom banquier Montan nicht
mehr acceptirt wurden, mit dieser guten Wechselein-
richtung steht und fällt unser Institut Arnim 15, 282;
alles, was ich bin und habe, steht und fällt mit meinem
talent Ebner-Eschenbach 3, 83;
o Cato! hättest du dein blnt mit Cäsars blut
im tode noch vermischt: so würde deinen muth,
mit dem Rom stund, und fiel, kein feiger Selbstmord schänden
Moser Arminius 68 ;
dir halt' ich treue, wie dem kind
der bursch' die treue hält,
der iiscber seinem boot im wind,
das mit ihm steht und fällt
Heer kunig der BemiiM 885.
t) stehen und liegen {vgl. ll, a) als formelhafte Ver-
bindung :
Cheruüka, wie es steht und liegt,
kommt mir, wie eingepackt in eine kiste, vor
Klbist 9, 404 E. Schmidt (Hermanntschl. 4, 8, 1657).
14) dem stehen die fälle nahe. u)0 stehen den sinn 'steif.
Harr sein' annimmt.
o) vom penis {hier zugleich die Vorstellung des auf-
geriehUtaeins, t. 1, einschlieazend): das männliche glied
stehet, iL eazzo »tä ritto, rizzato, i montato in auperbia,
V. starren Kram er dict. (1702) 2, 927«; 'zutoeilen ist stehen
auch ai^fgerichtet sein, steif und starr sein, in welchem
Mime M vom männliehen gliede gehraucht wird' Campe (l).
hd»ge: auff einem gegew, imm Yntal gelegen, war ein
raioher birgbawr, dem war gemacht worden, das im sein
penal oder pindt nit mehr stehn wolt Lindenbr a. loo
JAehtenst. (Katsip. n. 4«); des Mercurias bild . . . wUrde
allezeit mit stehender ruthe gemahlet Loiirnateii« Armin.
1. tOi*; {im bilde:) es machen sich wahre kinder in den
wiMentohatrien daran {an die lösung von preisaufgaben),
lind weil denn das zeagungsglied noch nicht stehen will,
»o geht es ohne gewaltsame reitzangimiltel selten ab
LtCIITBMBBRO brirft t, IM (t. apr. M);
ich glaub, dass üch der zagel
nit bert sollt gstanden sin !
N. Manuel ». 25 Bächtold (Bicocealied 14, 8).
dafür mit bildlichem ausdruck: der göt domine, da er
sähe, das sie nicht geschickt was, sein willen zäthan,
dann allein salvum me fac, unnd des iren gewisz sein
wolt, unnd ime das armbrost gespannen stündt, zu der
frawen sprach Lindener s. 48 {rastbüchl. s. 143). auch
folgende stelle ist wohl so zu verstehen:
frauen-zimmer zu gewohren, dasz sie mit gewehr vergnügt,
ist die Sache zu gewehren wie sie steht, nicht wie sie liegt
LOGAU 2, 10, 4€.
b) vom haar und hart: aber ich fürchte, mein freund,
sagt' ich, diese locke {an e. perücke) wird nicht stehn.
sie können sie, versetzte er, in den ocean tauchen, und
sie musz doch stehn Bode Yoricks empßnds. reise (1768)
1, ISO; seine dicken schnurrbartenden standen immer
dicker und steifer Frenssen Anna HoUmann «.89; er
strich seine schnurrbartenden, dasz sie starr wie heide-
besen standen lOl.
c) von kleidem, die infolge des sehteeren Stoffes oder
reichen schmuckes starr und unschmiegsam sind; in der
altern spräche:
von pfellor kursät unde rok,
der stuont von golde als ein stok
Ulrich v. d. Türlin Wiüeh. 243, 31 ;
si truoc von purper eine wät.
diu was der beste plyät . . .
man sach in stotzen unde stän
von golde an allen enden
KoNR. v. Würzburg troj. kr. 20060;
toga arcta, stricta vel restricta. war der Stattknecht um-
gegürt, dasz steiff oder hart an stehet, stringo, con-
stringo vestem, stringo ad cutem. dasz steiff stehet, schör
odder gürt zfi, bind zö, das hart am leib stehe, cuius
contrarium, vestis laxa, fusa, fluxa, fluitans Alberus
nov. dict. (1540) 36^; vestis recta dasz strack stehet 37*". —
ähnlich jetzt in der Volkssprache, z. b. in Leipzig: 'es steht
vor dreck, ist sehr schmutzig, so dasz die schmutzkruste
es aufrecht erhalten könnte' Albrecht 216'» {weit ver-
breitet).
d) der sack ist so voll, dasz er stehet, il sacco i si
pieno e colmo, che stä ritto Kramer dict. (1702) 2, 927«.
c) ein so dicker brey, dasz der leffel drinnen stehet,
un bollito {minestra) si spesso che vi stä il eucchiaro
ebenda; das mus ist so dick, dasz der löffel drin steht
Albrecht 216'';
der brei
ist dick, dasz schon die kelle stehet
Kleist 1, 123 E. Schmidt (/am. Schroffemt. 4, 3, 8118).
hier handelt es sich nicht um die Steifheit des stehenden
gegenständes, sondern um die der Umgebung, die aus-
drucksweise wäre also genauer unter 13 einzureihen, aber
auch von der steifen masse selbst gebraucht man stehen,
*. unten 17.
15) stehen im gegensatz zu x'crben der betcegung, vgl. A, 11.
o) so zusammengestellt: was an der natur aller ding,
unnd an der gantzen weit, stände, oder bewegt, das alles
würde durch frayndtschafft lieblich verwÄnt, unnd ent-
gegen di\rch zwytracht zerstr&t Schwartzenbkro de.
(1585) 68''; er . . . sieht sonne und mond, wald und flur,
alles vor ihm wandeln und stehen maler MOllbr 1, 88;
es rauschen die wasser,
die wölken zergahn;
doch bleiben die steme,
■ia wandeln and stehn (pton«teii
und ßxsteme)
Qöthb 6, »0 Tl'rfm.
stehen dem laufen u. ». «o. desselben gegenständes eni-
gegengesetit :
die gltMr rind zum wandern,
xnm stehen nicht gemacht
Flkmino 1, 97 Lappeiib. (poei. wälder 8, 7, 108);
das bett« ruor von stnar stat,
das * ^'u ffestandan Pan. 667, 8 ;
auf dieaam strahlandan wage,
flnf Jetst wieder dia stahande achApfung den krtisenden lauf an
Klopstock Metsiai li, SO.
dafür wrstürki still stehen, s. R. 9.
b) stehen im sinne 'nicht laufen, nicht ßieszen' %nrd
von ßüsaigktiten getagt, in mannigfachen gtbra%tehneei»tn.
I
1557
STEHEN (U, B. 15, b—d)
STEHEN (U. B, 15. c-16, a)
1558
die sich nicht scharf gegen die perfectiie actionsart, s. 16, 6,
abgrenzen lassen.
c) stagnieren, vom wasser: sie (d.bäcJie) faulen und wer-
den stinkend, wann sie stehen und faulenzen S.v. Birken
oatiänd. lorbeerhäyn (1657) 3;
denn stünden ihre {der quelle) wasser, sie dehnte sich
zum trüben sumpfe Denis lieder Sineds (1772) 201.
vgl. oben 3, d. so bes. häufig im pari., stehendes wasser,
a. unten F, 2.
ß) femer : 'ein flusz steht, icenn er mit eis bedeckt ist.
und also nicht sichtbar ßieszet' Adelung (l);
wie das eis hallt! . . .
wie der nacht hauch glänzt auf dem stehenden ström !
Klo PST o CK öden 1, 215, 2 Muncker-Fauel (d. kunH TialJ»);
in einer nacht im winter, da es fror,
dasz selbst di« wellen standen
E. Hardt Gxidrun 49.
vgl. dazu: das eis stehet, iL ghiaccio resta, stä rigido ed
immobile Kram er dict. 2, 928*.
Y) in eigenthümlicher antcendung (vereinzelt) vom meere.
den kurzen stillstand zwischen ebbe und flut bezeichnend
{vgl. 12, c zu ende und Göthe 41, 258 unter 16, b, ä) :
o sch6ne gefertm wir wollen spatziren
an deme saltz- sandigem ufer daher,
da gehet und stehet das ebene meer*
mit der randglosse: 'mare Stratum', und der anm.: das
meer lauft von sechs zu sechs stunden ab und zu, da-
her es hier recht gehend und stehend genennet wird
Harsdörffer frauenzimmer gesprechsp. i, 68 (1644).
d) dazu stehen von der kuh. die keine milch giebt (also
^ nicht ßieszen, versiegt sein, eig. von der milch selbst),
in mundarten weit verbreitet: eis. d kuej stet, xcird nicht
gemolken Martin-Lienhart 2, 564 •>; lotiir. de kuh steht,
steht misi Follmann 495»; oberlaus, von der kuh 'sie
steht, vcenn sie wenig oder keine milch mehr giebt. weil
sie trächtig ist. es wird auch gesagt: sie ist gelte' Anton
13, 7; preusz. starwt de frü on steit de koh, kömmt ömmer
mehr dato Frischbier 2, 365'». waldeck, dafür de kou
steit dr(a)Ü2(e) Bauer-Collitz 23^.
e) in bezug auf bewegungen, die keine Ortsveränderungen
sind, so van der wage, die keinen ausschlag giebt: das
war das sandkorn auf der stehenden wage seines elends
Pestalozzi 7, 260;
die wage, die sie (d. Gerechtigk.) trug, hieng frey in ihrer hand.
sie wog das unrecht ab, und sieh! die wage stand.
in einer schale lag des kaisers zom und hassen,
die andre hielt den stolz, den Heinrich blicken laszen,
und keine sank, noch stieg
J. E. Schlegel 4, 13 {Hänr. d. löue 1).
dafür sonst die wage steht im gleich gewicht, steht inne,
ein, *. unten D, 7, a, 6; 8, d.
d) besonders in bezug auf den Umlauf von rädern u. dergl.
0) mein freund . . . setzte seinen tretmechanismns . . .
in gang, allein die maschine rührte sich nicht, mein
freund arbeitete, dasz ihm der schweisz herablief, schneller
und immer schneller, allein alles war Terfeeblich, das
Schwungrad stand wie eine mauer Seidel vorstadt-gesch. 207.
ß) sodann von allerlei apparaten, die durch räder in
bewegung gesetzt werden: 'die uhr stehet, sie gehet nicht'
Caupb (l); mundartlich, z. b. in Rappenau t uu« steet
Meisinger 182*; d auer stSt luxemA. wb. 426»; es schien
noch sehr früh zu sein, meine ohr stand Chauisso (i836)
4. 849 (P. Schlemihl 2) ;
mainchmal steh' ich auf, mitten in der nau:ht
und lass' die uhren alle stehen
HoFFMANNSTHAL d. rotcnkav. 60.
vgl. auch: die uhr, sand-uhr stehet (still), l'horologio, il
j^verino stä fermo, s'arresta d si resta Kram er dict.
2, «28». — die mühle stehet Campe (i).
y) die maschine steht: gleich darauf hatte er ein un-
deutliches empfinden, so als wenn das schiff nun leblos
wäre . . . der kleine junge hatte es zuerst erfaszt und
schrie ihm zu: 'die maschine steht!' Frenssen Anna
Hollmann s. 123. twi bilde, die ganze Staatsmaschine,
•. Klinger 6, 322 unter I, C, 3,/, a. s. ferner 16, c.
d) so auch vom blutumlanf s. unten 16, b, y und d, a.
1) vgl. noch: (stent ardua) d&j ter himel st&nde. döh
er lo in sudibe si, ratio bech^nnet uu6nne er nesu4ii>öt
NOTKER 1, 716, 8 Fiper (Marc. Cap. 1, 17),
e) von andern dingen, unbexceglich sein.
o) seemännisch: 'das takel stehet, wenn es unklar igt,
oder wenn der lauf er desselben sich in den bocken be-
kniffen hat oder fest darin sitzt, dasz er nicht laufen
kann' Campe (i); das taakel steht, sitzt fest Bobrik 661'».
ß) von gliedern des menschlichen oder tiiierischen körpers.
ein (vorübergehendes) starrsein bezeichnend: als die gesetzte
stunde (mitternacht) da war, verstummte er plötzlich,
und wurde starr . . . seine äugen standen, sein puls
schlug nicht mehr . . . und dieser zustand hielt an, bis
die stunde verstrichen war Schiller 4, 233;
dann streckt es {da* rosz) sich, die nüstem stehn, vom
wilden schreie aufgetrieben
A. V. Drostb-Hülshoff (1879) 2, 6 (d. tpir.famü. 1),
f) freiere gebrauchsweisen ; im anschlusz an c: die fabrik,
der betrieb steht, wenn die arbeit eingestellt wird; nd.
de fabrik (de handel, 't geschäft etc.) steid ten Doorn-
KAAT KooLMAN 3, 299*; die betriebe stehen, ... sie sind
erträgnislos Th. Mann königl. hoheit 185. — so weiterhin:
Franz, däweilst jung bist . . .
denk hinfür äf dö zelten,
wo"s handweri steht!
wo's steht und wo's stockt
Stklzhamer atagew. dichiungen 1, 45, 4 Sosegger (1884);
im ganzen homerischen gedichte sind götter wirksam:
ihre auftritte wechseln mit den auftritten der menschen
ab: nun ist nacht: die handlang steht... Herder 3, 151
Suphan; 'das leben stehet, hat keinen fortgang. steht
gleichsam still' Campe mit verweis auf:
dein leben steht! ein schwerer traom!
Herdbb.
g) dagegen von c aus übertragen (zugleich an A, 11, c
angelehnt) die schlacht steht, wenn keine der parteien
vor- oder zurückgeht, ist unentschieden: die schlacht
stand — wie ein sehr angemessener kunstausdruck
heiszt. sie stand, bis einbrechende dunkelheit die beere
ablassen hiesz vom gegenseitigen ringen, zuletzt dem
moment vergleichbar, wo zwei gleich starke ringer schein-
bar bewegungslos just in höchster kraftanstrengung ein-
ander erfaszt halten Fouque Ubensgesch. 316; das gefecht
(bei belle Alliance) stand lange zeit, und ward mit glei-
cher heftigkeit gegen die Engländer fortgesetzt Gneisenau
leben 4, 707; (im bilde) Albions söhne stutzen . . . die
schlacht steht aber aus den millionenscharen der stür-
menden hebt sich ein ruf Popert Harringa 280; so häufig
in mhd. dichtung:
der tomei Taste stuont en stet
Ulrich von Lichtbnstein 88, 21.
dant stSnde werden als perfectiver ausdruck:
do der tumei stende wart
Erec 2625 {vgl. d. anm. v. Haupt);
dö was der tumei als ein want
stende worden gein in Lamelet 3289;
der stürm ze allen enden
stende wart als ein tumei
Dietr. flucht 9359 Ämbr.
ähnlieh beim kartenspiel die lese steht S.\nders 3, 1193*
(10, c); luxetnb. d spil stßt, 'die Spieler haben die gleiche
zahl punkte' luxemb. wb. 426».
16) trenn stehen einer vorhergehenden bewegung entgegen-
gesetzt wird, geht es in perfecÜve bedeutung über, nicht
mehr laufen, aufhören zu laufen; vgl. A, 12. dafür deut-
liclier und gewöhnlicher stehen bleiben oder still stehen,
*. E, 3. 2. die perfective actionsart ist nicht immer deut-
lich ausgeprägt, d/i stehen oft weniger das aufhören der
bewegung als den anschlieszenden zustand der unbewegtheit
bezeichnet.
a) in bezug auf örtliche fortbewegung. so von gestirnen;
den Übergang von der gewöhnlichen (imperf) Verwendung
verdeutlichen steilen, wo sich stehen als angäbe des resul-
tats an den ausdruck der bewegung anschlieszt, wie: der
stem . . . gieng für jnen hin, bis das er kam, und stund
oben über (imq i?.9-aiv i<nd&ri inävoa), da das kindliii
war Matth. 2, 9 (unz her quementi stuont Tat. 8, 5, vgl.
auch unter 4, d, y) ; der sterne ginc über daj; hüs dö da^j
kint inne was, unde stunt d. mystiker l, 51, 11. — deutlich
perfectiv: da hielt die sonne stille, und der mond stund
var.xu: da stund die sonne und der mond stille Jos. lO, 13,
98*
1559
STEHEN (II, B. 16, a—b)
STEHEN (II. B, 16. b—e)
1560
vgl. unten E, »; umb seinet willen stunde die sonne (ovxl
iv zftp^ avrov avenoöiaev 6 tjhoq;) Jea. Syr. *%, 5; und
die sonne stunde, e'l seh si fermö Kramer dict. 2, 928*;
da betraten die wandelnden weiten
mit weitwehendem rauschen des kreislaufs stäten, von denen
Jesus tod sie verkündigen sollten, sie standen, die pole
donnerten sanfter herab, und verstummten, die stehende
Schöpfung
schwieg' und zeigt' in den bimmeln umher die stunden des
Opfers.
such du standest, der sünder weit, nnd der gräber!
Klopstock 4. 115 (-Ve««. 8. 240—6);
mit ungewöhnlichem dativ:
engel. der dort strahlend einher durch die himmel
schwebet, wer ists? dem das stemenheer in der laufbahn
steht, dem es laut auf den pfaden goltes ertönt . . . ?
6, 254 (20. 519).
von andertn: und er gebot ze sten den wagen erste d.
Itibel 2, 316, 16 Kurrelmeyer {ap. gesch. 8, 38; etjussit stare
currum: Luther: nnd er hies den wagen halten), mit
verdeutlichendem zusatz :
plötzlich scheint ein rad gebunden,
und der wagen steht gebannt Mörike ged.*9.
von gegenständen, die au/ dem tcasser treiben, aufs trockne
gerathen:
do diu flüit füre wart unde diu arche stfint in monte Ararat
Wiener genes. 27, 39 (= 29, 7 Diemer).
ähnlieh schon:
dat in dem sciltim stönt Hüdebr. l. 64,
vgl. d. anm. v. MOllenhoff («. 259 = ^2, ll). vom winde:
die schnellen winde standen
TiKCK nachgel. sehr. 1, 193.
b) häufig von flüssigkeiten, dem fliesten entgegengesetzt.
d) vom, tcasser (ganz in der bedeutung a), zum stillstand
kommen: das wasser stehet, l'acqua si ferma, si stagna
KAamer dict. 2, 928*; da stund das wasser (des Jordans)
das von oben ernider kam, auffgericht über einem
hauCTen (inNii ?Dp . . . c^Bi ?iev^ 'wie ein wall') . . ., aber
das wasser das zum meer hinunter lieff . . . , das nam
abe und Terflos Jos. 3, 16; danach: da . . . that jnen gott
des himels das (rothe) meer auff, also, das das wasser
auff beiden selten fest stund, wie eine mauer Judith 5, 10;
gleich, als da durch sein gebot das wasser stund, wie
mauren, und durch sein wort die wasser stunden, als
weren sie gefasset (iv ?Mya) avrov earij t«? ^eficüvia
vöwq) Syr. 89, 22; du got kefdstenötost den röten m6re
in dinero chrdfte, dag er stäont in mQro auls Notker
t, 296, 10 Piper (pa. 73, 13);
hört ihr? Siona begint! schon rauscht
der heilige hain von dem harfenlaut!
des krystals quelle vemimts, horcht, und steht
Klopstock öden l, 167, 27 Muncker-Pawel;
es (d. meer) schwoll empor . . .
die woge stand und rollte dann zurück
GÖTIIE 41, 258 (Fanst II. 4).
ß) vom blut, uxnn der hlutumlauf stockt (vgl. unten d, «):
'der puls stehet, das blut stehet in seinen ädern, stockt,
hat keinen umlauf Campe; cimbr. 'z plut inz hertze
standemar cimbr. wb. 236*. beitn sterben :
nnd willst du, herr, so steht des blutes lauf,
•0 sinkt dem adler sein gefieder
Schiller 1, 29 (d. abend v. 86);
freunde! freunde! wenn er heute käme,
heute mich aus unserm bunde nähme
jener letzte grosze augenblick —
wann der frohe puls so plötzlich stünde . . .
Hölderlin 1, 66 LiUcmann (tchwärmerel).
«ueA &et h^fUgtm schreck:
mein Junge« blut in den adem stand
A. V. DRosTB-HCLSiiOFr 1, 324 (der mutUr Wiederkehr).
y) doch auch vom aufhören einer blutung, eines blut-
ergu»M$! das blat steht, die wunde blutet nicht mehr u. ähnl. :
stant pl3t (fasto)
Strattb. bluUegen 4 und 6 (denkm. IV, 6);
blut stsnf ,
vergisz den gang $ehu>el*. volksl. S, 119;
». ferner Fischart JWih. 8tO unier I. B, «,/,«, ec; dam:
nim die nodel and stich under die ader, und zeuch sye
dann herdnrch. and knypff dann die ader zfi. lo itet es
QzntDonrr wundartsn. (i&so) a6^.
S) stehen für versiegen: er sprach zu jr, es ist kein
gefess mehr hie. da stund das öle (jcffrr ncpsi) 2 kön.
4, 6. ebenso Luther 19, 311, 28 Weim.; danach: und das öl
stunde, e' l oglio si resto, fermö Kramer dict. 2, 928».
f) stehen vom wasser kann auch das aufhören der
Wellenbewegung bezeichnen; ruhig werden:
die winde legten sich, erkandten ihren herren.
das tolle wasser stund, liesz nach sich so zu sperren
Fleming 70.
hier schlieszt dann die bedeutung 17 an.
c) in bezug auf bewegungen, die keine ortsveränderungen
sind, bes. den umlauf von rädern u. ähnl. im bilde:
nnd der natur ihr rad musz stehn, wann er befiehlt
Haller ged. s. 127 Hirzel (urspr. d. übelt 2, 68);
zwar schlingt ein ewig band die beyden krftfte (Sinnlichkeit
V. verstand) um,
steht jene, gleich sind auch der andern räder stumm
Wieland l, 93 Berl. ak. (nat. der dinge 4, 74«).
so dann ferner die uhr, die maschine steht, doch gewöhn-
lich imperfectiv. s. 15, d, ß. y (perf. bleibt stehen). — ahn-
lich auch der pflüg steht, das aufhören des pflügens, des
baus ausdrückend; im bilde:
gib ich nicht ein. so stät mein pflfig.
drfimb mflsz purgiem haben fflg
Schwartzenberg t. etc. 137*.
d) in mannigfacher Verwendung von gliedern de»
menschlichen leibes, das aufhören ihrer natürlichen func-
tionen bezeichnend.
a) vom stocken des blutumlaufes, s. b, y. dafür dann
auch: 'das herz stehet, schlägt nicht mehr und zeigt
aufhören des lebens an' Campe;
das herz schlägt langsam, dann stehts, dann stirbt er!
Klopstock Mess. 6, 223.
ß) der mund oder öfter das mundwerk, maul steht
einem, wenn er aufhört zu sprechen; so im 16. jahrh.:
sie wissen yhr ding zu treiben und sind nicht faul . . .
und lassen keinen spynweb für yhrem maul wachsen . . .
es stehet den verfurern das maul nimmer Luther 28, 677, 8
Weim. ;
Ifig nur dasz dir das maul nicht steh (6«' tisch),
und allzeit wie ein windtmül geh
Scheidt Grob. 2807 ;
dann jm das maul nimmer gestund
Wickram irr reit, bilger 30*.
dafür mit abstractem subj.: (ein alter mann) dem auch
underweilen die red gestund (dasz er nidä sprechen konnte)
Pauli schimpf 57*; so der wolff den menschen zum
ersten ersieht, das derselbige mensch gleich davon solle
erstummen, und jme die rede gestehn Sebiz feldb. 618;
also Ihet ich jhm ubertrang.
doch daucht mich, mach ims nit zlllang
das er dich nit in grimm erwUsch,
dann jhm die red gestanden ist
zweymal, als er heimlich nach mir
hat griffen mit grimmer begir
Fischart ßöhh. 298.
e) von allerlei krankheiten und plagen wird stehen in
doppeltem sinne gesagt:
«) auf der erreichten aiiufe verharren, nicht weiter tu-
nehmen oder hrftiger icerden. so der schnupfen steht.
sinnlicher von einem hautausschlag: ists aber gestanden
(iisy?) an dem brandmal, und nicht weiter gefressen
an der haut 3 Mose 13, 28, vgl. unter I, C, 8, d, ct.
ß) tum stillstund kommen, at{fhören. «o von blutergutt,
s. b, y. ähnlich von rühr: trincheg niun tage ein vasgill
volle;, 8Ö stet diu ruora artneib. s. 183, 88 Pfeiffer (I, 88;
18. jahrh.). abstreuter von Vorgängen ; t. b. vom »chlttcken,
achlucJizen: nach des Täters wegfiihrung, da muttcr und
Schwester jammerten, ward mir fühllosigkeit vorgeworfen,
bis ich gestand, dasz, wenn der schnuok nicht stehn
wollte, ich hinter den brunnon liefe, mich satt zu weinen
J. H. Voss britfe l, 16 (erinn. aus m. jugendl. = antiaymb.
8, 189). M dann auch: diese (d. leidensch^ft) wRIirt kurze
zeit; so bald sie ihre Sättigung hat, so steht sie ge-
schwind und hört auf Hbinsb 8, 484 Schüddekopf;
kind, bedenk die augenweid« . . .1
steht noch immer die mucke nicht ganz? ich ratbe
dir ernstlich!
Vosa t, 141 (td. 8. 184).
1561
STEHEN (II, B, 16, e-C, 1, 6)
STEHEN (II, C, 1. b-2, a)
1562
die bedeutung stehn = aufhören bezeugt auch folgende
merJcvnirdige erklärung einer verbreiteten redensart: es
steht wie es geht, wie ein ding geht und seinen anfang
(und end) hat, also steht es und hat ein end S. Franck
»prw. 2, 108* (vgl. Eiselein 577).
17) stehen von flüssigkeiten bezeichnet zuweilen ein fest-
werden.
a) stehen 'von ßieszenden geicässem, wenn sie sich mit
eis belegen : der Pregel steht, die Weichsel steht Frisch-
bier preusz. wb. 2, 365», vgl. oben 15, b, ß (genauer wohl:
wenn das treibeis zum stehen gekommen ist).
b) steif werden, zerrinnen : nimm von den rothen Wein-
trauben, . . . lasz sie bey einem gelinden feuer welcken,
doch nicht sieden, dann schlage sie durch ein haaren
tuch, lasz das geschlagene kochen, bis es stehet, so ist
es fertig Marpurger vollst, küch- u. keller dict. (1716)
1138». bes. mundartlich: ösferr. die milch steht, gesteht
Höfer l, 292; oberhess. stehn, 'auch von gefrierendem
Wasser und geronnener milch gebraucht' Crecelius 807.
18) eigenthümlich ist die wendung der tabak steht in
der pfeife (auch steht lange, gut), verbrennt langsam,
hält lange an, tco also stehen beharren, andauern aus-
drückt, s. Spiess 241; auch sonst gebräuchlich (vidi, im
gegensatz zum zusammenfallen, vgl. 13 ?).
C) stehen in freierer verirendung, zunächst von per-
sonen. (doch sind falle, wo dieselben gebratichsweisen mit
»üchlichem subj. vorkommen, häufig gleich angeschlossen.)
l) stehen mit prädicativen bestimmungen (Substantiven,
stets ohne artikel). wie (zu) gevatter stehen, hier ist die
eigentliche bedeutung von stehen noch in kraft, sie tritt
indesz zurück vor dem abstracteren begriffe: 'ein amt. eine
function versehen'.
o) selten wird diese bestimmting mit als angeschlossen:
obses . . . hd. ein leyster, oder ein mensch das do stet
alsz ein pfant sim., einer der für ein pfand stet Diefen-
BACH gloss. 389*»; hier steh' ich nun als schildwacht I
TiECK nachgel. sehr. 1,121; Haller, du stehst mir als zeug,
wenn es zum rechtstag wird Handel-Mazzetti d. arme
Margareth a. 149. (Sanders 3, 1192« führt unter 2, c auf:
als bürge, zeuge, als oder zu geyatter stehen, ohne beleg.)
daneben mit präpositionen , für etwas, *. oben Diefen-
BACH und unten 3, d, ß; häufiger mit zu (also den ztceck,
die bestimmung angebend), so besonders in der Verbindung
zu gevatter stehen, die seit ende des i6. jahrh. bezeugt
ist, 8. gevatter H, 2, b, th. 4, l, 4657/.,- dafür: 15. (dec. 1800)
bin ich zu paten gestanden bey der Nannette Eighen-
DORFF 11, 7 Kosch.
b) die bestimmung gteht absolut als prädicaiives subst.
neben stehen:
a) am verbreitetsten ist gevaüeT stehen: Tiey jemanden
gevatter stehen, im gemeinen leben zu gevatter stehen'
Adelung (2, l), 'als gevatter der taufhandlung beiwohnen'
Campe (2). diese ausdrucksiceise ist, mit einer in neuerer
zeit häufigen Verkürzung, atts der vorstehenden erwachsen ;
sie ist schon ende des 17. jahrh. nachzuweisen und scheint
vom norddeutschen auszugehen, (es ist vielleicht nicht
zufällig, dasz die ältesten belege alle Leipzig angehören
und dasz solche aus dem oberdeutschen gebiete ganz fehlen.)
vgl. neben den nachweisen th. i, l, 4657 — 9 noch:
auch kostets manchen viel, wenn sie gevatter stehen,
geburts- und nahmens-tag wohl zwey, drey mahl begehen
PiCANDER 1, 353;
so sah ich ihn noch jüngst, als er gevatter stund
Gbllert 1, 284.
ß) nicht allgemein üblich ist braut stehen (th. 2, 831/.);
du stehst an meiner stelle brant?
Baggesen 5, 55;
und besser ist im himmel braut stehn,
um mittsommerszeit —
als auf erden im königsmantel gehn
Arndt werke 6, 190 Meitner.
(im bilde:)
die erde steht mit dem frfihling braut.
ged. (1860) 131.
dl« Verbindung stammt wohl aus dem dän., tco brnd
(wie engl, bride) die frau am hochzeitstage bezeichnet
(idag staaer hun brud Molbech* i, 253).
Y) jetzt häufig modeil stehen, doch nur bei wirklichem
stehen (sonst auch modell sitzen), vgl. th. 6, 2440: da
muszt du . . . stunden lang ohne verdrusz in den be-
schwerlichsten Stellungen modell stehen Arnim 9, 248
(Raphael l) ; das mädchen auf dem bilde sieht leiblich
aus wie meine Helene, und ich will nicht, dasz die
leute sagen, sie hätte ihnen modell gestanden Seidel 2
(vorstadtgesch.), 128. übertragen: wunderbar fügte es sich,
dasz die vorhandene bibel- und spruchweisheit (des
Predigers) sich so herrlich auf Gustav münzen liesz,
als hätte er dazu modell gestanden Spitteler Gustav
s. 12. dazu im einzelnen köpf, akt stehen, je nachdem
nur der köpf oder die ganze (unbekleidete) gestalt dem
künstler als vorläge dient, hier ist das subst. natürlich
als acc. zu fassen und die syntaktische beziehung ganz
andrer art, vgl. unten 7, o. (köpf stehen also verschieden
von A, 2, /.)
f) anderes vereinzelt, so bair. borg stSn gut stehen alt
bürge Schmeller* 2, 709.
e) in getcissen fallen kann sogar das bestimmende sttbst.
ganz ausgelassen werden, so dasz stehen einen prägnanten
sinn erhält.
a) stehen/«r gevatter stehen (s. b,a): da hastu ein gold-
gfilden patengeld, unser haus-knecht soll vor mich stehen
Weise erznarren s. 174 (98 neudr.). mundartlich eis. bi me
kind ste(n) oder gvatter ste(n) taufzeuge sein Martin-
Lienhart 2,565»; bair. dafür grösz sten Schmeller*2, 709.
ß) in der kirche stehen, sich trauen lassen (s. b, ß):
künftigen sontag wollen wir in der kirche stehen kunst
über alle künste 82, 6 Köhler.
Y) allgemein üblich ist einem maier (bildhaner) stehen,
als modell vgl. b, Y' er glich völlig dem gemahlten bilde,
als wenn er dem künstler gestanden hätte Göthe 19, 209
(Wilh. Meister 5, 12); ich bin fest entschlossen keinem
künstler . . . mehr zu sitzen, noch zu stehen briefe 38, 30
(an O. V. Göthe d. 2i. jan. 2i). übertragen: die Jünglinge
deren bilder und Silhouetten wir hier vor uns haben,
sind die ersten menschen, die mir zur physiognomischen
beschreibung saszen und standen, wie wer sich mahlen
läszt, dem mahler sitzt Lavater physiogn. fragm. 2, 244
(30. fgm. = Göthe 48, 15l). stehen wird also in seinem
vollen sinne empfunden, in neuerer zeit atich von liegen-
den modeUen: sie stand mit Hellbach vor einer be-
rühmten Venus auf rotem sammtdivan, die der sage
nach die prinzessin Orsina . . . darstellen sollte, die . . .
einem ihrer künstlerfreunde so gestanden hatte Hans
V. Kahlenberg Eva Sehring (1901) 146.
6) in ähnlich prägnantem gebrauche findet sich stehen
im frühnhd. für vor gericht stehen (s. 3, c, y) bezic. sich
stellen : liben frund ! mein meinung ist , das ir steht
und dy mandat nicht verachtet, wen ich musz auch
stehen chron. der stadt Elbogen s. 20 Schlesinger; sint
dy hem desz rechtens nicht alle verbanden gewest
und . . . auf Michahelis dar nach wider zu stehen ge-
fodert. also sint sy . . . auf Michahelis aber erschinnen
21, a. auch s. 23, 6.
2) bildliche gebrauchsweisen, in denen die sinnliche Vor-
stellung des Stehens noch deutlich vorliegt.
a) bildliche ausdrucksweisen mit fusz, füsze, vgl. A, 2, a
und fusz 5, c, ß; d, th. 4, 1, 982 jf.
a) auf eignen füszen stehen, selbständig sein (th. 4, 1, 982) :
nun also auf eignen füszen stehen soll der geist Bettina
V. Arnim dies buch gehört d. könig (1843) 1, 59. in anderm
sinne: ein glück für ihn, dasz ich wieder auf eigenen
füszen stand und alles hochtrabende in der chaise
zurückgelassen hatte Thümmel reise 9, 130. — dafür:
wenn wir, in raschen, muthigen momenten,
auf unsem füszen stehen, strack und kühn
als eigner stütze froh uns selbst vertraun
GÖTBB 9, 866 (jMt. tochter 1, 5).
das gegentheil:
was will auf deinen feldem denn der Russe,
Deutschland? dir beistehn ! hast du keine stamme
im eignen wald mehr, dich zu stützen? memme,
dasz du nicht stehn kannst, als auf fremdem fusze
RüCKERT poet. w. (1867) 1, 10 (geh. ton. 8).
ß) auf schwachen füszen stehen, keine festigkeit und
gewähr des bestehens haben , vgl. th. 4, l, 982 ; auch auf
schwachen beinen: wo der Luther nicht were, die
1563
STEHEN (II, C. 2, a)
STEHEN (II, C, 2, a-c)
1564
sohwermer solten gar bald dflnne werden und zu loch
kriechen, sie stehen warlich auff schwachen beinen
Luther 83,37,6 Weim.; nd. up swakken föten staan,
in sehUcMen umstünden sein Dähnert 455*". so auch
käv^fig mit aächlichem mibject. z. b.:
der faimmel nunmehr sehnet sich
zum Untergang: die erde
erwartet gleichfals &ngstiglich
dasz sie entbunden werde
von schwerer sfind, daher sie fast
auff schwachen fUssen stehet
und mit der zeit ffir grosser last
zu grund und boden gehet
Königsb. dichterkr. t. 42 neudr. ;
mueh auf dünnen füszen, auf schwankendem fusze,
a. th. 4, 1, 983; auf wackligen füszen stehen, luxemb. op
wackleje feiss stfin luxemb. wb. 426 ■. eigenthümlich: viel
weniger hilfft die auszflucht, die der lugener von
Leyptzick {Eniser) erticht . . . denn solchs geticht steht
auff putter fussen Luther 8, 353, 1 Weim.
y) ähnlidie ausdrücke in gutem sinne: auf sichern
füszen, s. th. 4, 1, 982. sprichw.: es stund nie kein gaul
auff leichten beinen Petri Dd !•. sonst gern mit un-
persönl. subj. : es {Ägypten) hat hohe leute im geistlichen
und weltlichen regiment gehabt, und ist dieses reich
auff starcken und festen beinen gestanden Luther
le, 6, 12 Weim. ;
das stürmen ist za starck; bey diesen nnglücksrällen
kan nur allein die treu auf festen fusse stebn
cav. im irrg. (1746) 400.
dafür noch getcöhnlicher fest auf den füszen stehen:
wenn die zeit erst vorüber wäre und sie ein gesundes
kind im arme hätte, dann würde sie fester auf den
füszen stehn und eine runde, gesunde und lachende frau
werden Frenssen KL H. Baas 354. — auf bessern füszen,
a. th. 4, 1, 982.
d) mit bestimmteren attributen: auf flüchtigem fusze
stehen als Umschreibung für fliehen: denn die feinde
stunden auff flüchtigem fusz, und bekamen den hasen
inn busen Mathesius Sar. (i57l) 22". — auf freiers-
füszen stehen s. th. 4, l, l, 983.
e) auf einem guten fusze mit jemand stehen, in einem
guten Verhältnisse; 'in gutem vernehmen mit ihm leben'
Caupb (l) : Coraline macht dem Pantalon die thüre auf,
der sehr vergnügt darüber ist, dasz er mit ihr auf einem
so guten fusze stehe Lessing 4, 441; Schiller 4, 272; die
berzogin, die sich glücklich pries, mit dem grafen, ihrem
Schwager, auf einem so freundschaftlichen fusz zu stehen
Kleist 8, 394, 25 E. Schmidt (d. zweik.), vgl. Hebbel
11, 249, 24; man steht nicht um nichts mit einer Sängerin
auf so vertrautem fusze Bauern feld ges. sehr, l, 12
{Uichts. aus liebe 1, i). an stelle eines adj. kann eni gen.
als nähere beatimmung zu fusz treten: die griechischen
beroinen . . . standen meist mit den göttern schon auf
dem fusze einer weitläuftigen schwägerschaft Gutzkow
gea. vxrke 6. S« {Maha Quru 6); so bes. auf (dem) krieps-
fusz mit jem. stehen: ist doch derselbe, der mit Bismarck
auf dem kriegsfusz steht? Fontane 5, 158: auf ge-
spanntem fusze, a. th. 4, 1, 982. fusz durch einen inf- oder
inhaltaaaiz bestimmt: vater und söhn stehen nicht auf
dem fusze mit einander, sich auf bedingungen einzu-
lassen Bretzner d. rätuchgen 3, 7; mit den bauern
▼OD Elb&ra standen wir auf dem angenehmen fuss,
djtss wir gegenseitig keine notiz von einander nahmen
E. V. Sachau reise in Syrien und Meaop. (1888) 9a, *. auch
E, 6, a, ß.
5) ungevöhnlich auf einem fusze stehen ohne beziehung
auf einen andern: die weit steht auf einem fusz wo
keiner an die Wirklichkeit vom andern glaubt Bettina
V. Arnim diea buch gehöH d. könig (1848) l, 17.
17) mit €inem fusze wo stehen, halb, beinahe; beaonder»
im grabe, dem tode nahe aein, a. fusz 5, d, th. 4, 1, 996. ao
achonfriih: alierum pedem in Charontia eymba habere, er
steht mit dem einn fAsz im grab S. Francs »prüchvo.
(tft4l) t, M*>. dafür:
der eiD« fast steht schon im (rab«
(lO.NTIIBR ofd. 110.
*§L dtuu: apad illos habet diahoiiis ein fus sten, qui
■ant (dt« aind ihm adivn lutlb vtrftdlen)
Luther 15, 459, 2 Weim. in netterer zeit atuh in xoeiterem
gebrauche: wir andern sollten uns niemals so weit ia
die weit verlieren, dasz wir nicht wenigstens mit 6inem
fusz in der region der kunst oder Wissenschaft fest
stünden Göthe briefe 15, 252, 3 (an J. H. Meyer v. Sl.jul.
1801). — mit beiden füszen im grabe stehen, am sterben
sein, a. fusz 6, d; ich weisz, dasz du die gottesfurcht
verachtest, und mit beiden füszen in dem pfuhl der
Sünde stehst Tieck 11, 10.
d) anstatt der füsze werden die beine genannt, a. Luthbr
unter ß und y; zuweilen auch die schuhe: hei wis'te
sine nüdlichen ftlut girn breitlings, dat de lud' doch
segen, wo dat em kein deuwel tau befehlen hadd un
dat hei in sine eigene schauh stünn Reuter 2, 200, 11
Seelm. {strömt. 1, ll).
6) auf etwas stehen u. ähnl.
a) auf einem gründe oder boden. so mit Verallge-
meinerung einer zunächst ganz eigentlichen ausdrucks-
weise: fürchte keine gewaltthati auch hier stehen wir
auf rother erde, auch in Augsburg ist Westphalen
Hebbel 3, 164, 5 {Agnes Bern. 2, 3; sinn: auch hier waltet
dasvehmgericht, vgl. s. 169, 12— 21, sc. 8). ferner: also stehet
denn die liebe recht, auff jrem rechten grund, wie sie
stehen sol, nicht auff deinem nehesten, sondern auff
deinem glauben . . . Luther 6, 58*; der arzt und der
geistliche verstehen sich gut . . . hier im armenhause
stehen sie auf gemeinsamem gründe M. Dreyer atrand
(1910) 234; die romantiker stehen ursprünglich mit Göthe
und Schiller auf gleichem boden Hettner d. romant.
schule s. 2b. mit erklärendem genetiv: die naturalisten
haben das voraus, dasz sie auf dem boden der Wirk-
lichkeit stehen 24. gern durch fest u. ähnl. verstärkt:
bei Denis stehen wir steif und fest auf der erde Herder
5,167; je schwunghafter der flug seiner diktion, desto
fester steht er {Shakespeare) dabei auf dem boden der
Wirklichkeit Ludwig 5, 270. ähnlich auch: freilich stehen
wir hier auf einem noch viel minder angebauten land
Riehl d. deutsche arbeit 10; als der siebenundzwanzig-
jährige {Friedr. Wilh. III.) die herrschaft antrat, stand
er in einer fremden weit Treitschke d. gesch. l, 149.
ß) mit genauerer bezeichnimg der unterläge; auf dem
sande stehen: szo yhr aber auff dem sandt stehet, wirtt
euch eyn schwinder grosser fall begegen Luther 8, 48a.
26 Weim. {nach Matth. 7, 26/.). — ao besonders (wie) auf
kohlen stehen als ausdruck der Ungeduld, literarische
belege th. 5, 1585; auch mundartl. luxemb.: ech stöng we
up glidege koihlen Gangler 434, nd. {märkisch): ik sta
as op hfeitan kuälan Fromm an N 5, 163, 151. ähnlich, doch
m^hr furcht und den wünsch zu fliehen ausdrückend: jeder
andere günstling, . . . der vernommen hätte, was Abdallah
soeben vernahm, würde auf feuer gestanden haben, oder
doch wenigstens gesonnen haben, wie er die bösen geister
beschwören möchte, welche ihm jetzt so furchtbar drohten
Klinger 7, II6 {Faust d. morgenl. 4).
y) anderes vereinzelt, so auf rosen stehen {häufiger
gehen, vgl. rose 4, b, th. 8, 1172):
kinder, laszt jetzt von einander,
seht, das ufer ist noch weit,
und ihr steht noch nicht auf rosen
HouwAi.u d. Uuchtt. 2, 3, if. 995.
auf dem rade des glückes stehen {wie oft attf alten biLl-
liehen dar Stellungen): und scheinen sie {d. Juden u. </.
Philister) gleich oft auf dem rado des glückes zu stehen,
so sind sie doch eigentlich nur darauf geflochten Bren
TAND d. Philister vor, in u. nach der gesch. a. 8. — nd.
{westf.) uppem breide stein stine, gevatter stehen nd.
korrespondenzbl. 11, 60 {weiteres a. unUr stein), vgl. auch
{in Hamburg- Altena): dats'n deercn, de kann in 'n kaan
staan, ein tiiclitiges mädchen, die was vertragen kann
Schütze *. i«i.
d) auf dem plan stehen vom gegner. der tum kämpf
bereit ist. s. Lutmkk 7. M&, a unter I, B, «, g, ß. — auf
einem weg«: er steet auf ainem weg disr nicht gät ist:
das hftse scheuet 6r nicht Mblissus paalmsn P 8* (*. VMt
neudr.. ;». 86, 6); in fuszstapfen, a. Sphkno Äsneis üx^
unUr I, B, «. /. n» **•
r^ bei angäbe da» genoMtn punktes, «M jemand atehl.
gewöhnlich mit »IL
1565
STEHEN (II, C. 2. c)
STEHEN (II, C, 2, c-d)
1566
a) auf einem platze (twi büde) : Herodes stand auf einem
platz, den die natur ihm bestimmt . . . hatte Hebbel
11, 249, 3. gewöhnlicher mit an:
(wann) die reiche ernte
der missethat in vollen halmen steht,
nnd einen Schnitter sonder beyspiel fordert,
dann stehen sie an ihrem platz
Schiller 5, 2, 219 {don Karl. 2, 5).
ß) an eines stelle, statt stehen ihn vertreten, vgl. unten
3, d, ß. doch auch in dem sinne: ein amt, eine function
ausüben, z. b. an richters statt, richter sein, zu gericht
sitzen: mit mines herren hulden, wen he an des richters
stat steet Freib. stadtr. s. 186, 20 (XXIX, § 5") ; wenn du
aber segenest im geist, wie sol der, so an stat des leien
stehet (ö avarcf.riQÜiv rov tönov xov idiwxov), amen
sagen l Cor. l*, 16.
y) an, auf der alten stelle stehen, zunächst eigentlich:
da sind wir wieder,
stehn wieder auf der alten stelle ! sieh doch
die alten sessel da . . . Tieck 13, 291.
freier, in derselben läge: da schien Preuszen wieder an
derselben stelle zu stehen wie beim beginn des mörde-
rischen kampfes. kein fuszbreit deutscher erde war ihm
gewonnen Treitschke d. gesch. i, 58; dann kann ich
ihnen eben als das allerneueste mittheilen, dasz wir
noch ganz auf dem nämlichen flecke stehen, wie gestern
abend Raabe unruh. gaste 53. uenn man im gespräch
auf schon gesagtes zw-ückkom.mt : 'die harte existenz, das
ist doch kein hindernisz {dich zu heiraten).' 'und was
sonst?' 'der wünsch der eitern.' 'da stehen wir auf dem
alten fleck' M. v. Ebner-Eschenbach 4, 475.
6) auf einem punkte stehen, durch attribute näher be-
stimmt: auf diesem kritischen punkte steht jetzt Adrast;
aber noch mit wankendem fusze Lessing l, 418 {d.freyg.
S, 1); mit folgendem relativsatz: es ist eine schauderhafte
empfindung, wenn ein edler mensch, mit bewusztseyn,
auf dem punkte steht, wo er über sich selbst aufgeklärt
werden soll Göthe 20, 142 (W. Meister 8, l). mit inhalts-
satz: auch stehen wir jetzt mehr, wie jemals, auf dem
punkt, dasz uns die schlauen, durch eine frische erfahrung
unterstützt . . . auf den unsegen des wechseis und der
neuerungen verweisen können Thibkvt üb.d.nothxcendigk.
eines allg. bürgerl. rechts (1814) s. 6. — dafiir in der älteren
spräche: stflnde aber der mensch in den puncten, das
er ye urtailen sßlte oder mflszt, das solt der hailig gaiste
durch jn tön Thauler sermones (1508) 72». — häufig mit
folgendem inf: auf dem punkte stehen etwas zu thun,
kaum verschieden von im begriffe stehen (*. unten 11, n),
*. Campe (i): wenn ich nicht schon hundertmal auf dem
punkte gestanden bin, ihr um den haU zu fallen! Göthe
16, 129. — so häufig mit sächlichem subjeci, durch einen
passiven oder neutralen inf. bestimmt, wenn irgend ein
ereignisz bevorsteht oder tu erwarten ist: Spanien . . .
stehet aufm punct, wiederumb in seine alte stücke zu
zerfallen Leibniz deutsche sehr, i, 221; deih glück und
das meinige ist hiedurch unterbrochen, ja es steht auf
dem punkte ganz vernichtet zu werden Göthe 23, 84
(tcanderj. 3, 6: d. neue Mel.).
f) am ziele stehen: das geschlecht der menschen, dem,
so wie es am ziele zu stehen scheint, die alte aufgäbe
auf weiterem felde und in höherem sinne neu gestellt
wird MoMMSEN röm. gesch.* 1, 4:
und an dem ziel der bahn steht man ein andrer,
als der man war, da msm den lauf begann
Grillparzer* 5, 161 (Medea 2).
in prägnantem sinne: meine frau steht an ihrem ziel.
soll sie unterwegs oder gar auf dem Rhein in's kindbett
kommen? Hebel 8, 25. — mhd. auch an eines zil stin
im sinne von an eines stat (*. ß):
gouch i$ehalk) Gandtn!
friont, ir ct&t an des Ruches zil (ihr teid der narr)
Tritt. 13417.
^ ähnlich, nur mehr ins zeitliche gexcendet, am ende:
dieser betagte greis stund ... am ende seines lebens
Miller pred. fürs landvolk i (1776), 40; vgl. Wickram
roUtcagenb. 13, 27 unter I, B, 2, /, a, ee. — aber das ist etwas,
was man nicht am Schlüsse einer langen rede beiläufig
erledigen kann . . . wir stehen also am ende Naumann
ausstellungsbriefe 160.
rj) am rande, bes. des grabes: in voller glut des jugend-
lich überschäumenden daseins-gefühls . . . plötzlich . . .
am rande des vom meuchelmord aufgeworfenen grabes
stehen, ist gewisz des entsetzlichen entsetzlichstes Hebbel
8, 266, 29; vgl. th. 8, 84/.; auch ohne bestimmenden genitiv:
also lebte Philocles in seiner förenen hätten, . . .
innig belustig, durch seine päanischen könste das leben,
das am rande schon stand, schon beweint war, znrücke
zu rufen
BoDMRR Noah 338 (11. 19).
B) in ähnlichem sinne:
du könntest an Verderbens abfrund stehn,
dasz er, um dir zu helfen, dich zu retten,
auch nicht das schwert mehr zuckte, unberufen !
Kleist prinz v. Homb. 5, 9;
das Opfer steht an dem schatten des todes !
Klopstock Met». 8, 215;
sieh, bruderseele, stehn wir erst an der ewigkeit .... so
kömmt es mir vor wie ein ablösen der schildwachen
Tieck 4, 33; die Sabiner bestürmten die stadt selbst: sie
stand am unterfang Niebühr röm. gesch. I. 256.
i) an der schwelle, thür wovon: dann, als sie kaum
an sich selbst mehr gedencken konte, und, so zu reden,
schon an der thüre des paradieses stunde, sähe sie sich
noch einmahl um Caniz 190; der schwache greis, der
schon an der schwelle des todes steht Tieck 8, 185; ich
stand an den pforten des lebens, gleichsam um zum
zweitenmale geboren zu werden Bonaventura nacht-
wachen s. 96, 33 Michel.
x) anderes vereinzelt, so am berge stehen gelegentlich
von A, 9, c aus übertragen: nein, da stehen meine künste
am berg, ein portrait, gradausgestreckt auf der linken
Seite, schlummernd, mit gefaltenen bänden und träumen
und engein — das ist gegen alle regeln der anatomiel
Brentano Valeria s. 37, 15 Steig (2, 19). — am Scheide-
wege s. th. 8, 2415.
d) nahe, fern stehen.
a) getcöhnlich mit dativ, einem nahe stehen als au»-
druck für Verwandtschaft, freund sclmft . vertrauten Um-
gang u. ähnl.: Schwabe . . . hat wahrscheinlich nur ver-
gessen, das theaterpersonal als leidtragende mit anzu-
führen, es wäre auch kaum anzunehmen, dasz männer,
denen Schiller so nahe gestanden, . . . sich von solchem
acte der pietät hätten ausschlieszen sollen Ed. Genast
aus d. tageb. eines alten schausp. l, 18; aber jedesmal,
wenn sie das Instrument (d. Schnepper) gebrauchte, muszte
sie mit schmerzen der niedrigen gesinnungsart dessen
gedenken, der ihr so nahe gestanden und beinahe ihr
gemahl geworden wäre! Keller 4, 230. mit unpersönl.
subject, das dann personificiert erseheint: aber die natur
steht dem menschen jetzt wenigstens nicht mehr so
nahe; sie ist ihm ein geheimniszvolles wesen geworden
Ritter erdkunde (1822) l, 3. ebenso in den Steigerung»-
formen: ich hatte diese züge gesehen, ohne zweifei;
ja, sie waren mir vertraut, wie wenn sie einer mir
näher stehenden person angehörten Holtet erzählende
sehr. 1, 51 ;
künftighin
steht Karlos meinem throne näher, geht
Schiller 5, 2, 209 (don Karl, t, S).
Zusammengehörigkeit und Solidarität ausdrückend: dann
folgte in Schwaben . . . der eigentliche Schauplatz reichs-
städtischer kämpfe und bündnisse wider ritter, herrn,
prälaten und fürsten, die einander hier noch am nächsten
standen Ranke werke l, 44; zuweilen mehr im sinne der
xcesensverwandtschaft , ähnlichkeit: dein {Novalis') geist
stand mir am nächsten bey diesen bildem der unbe-
griffenen Wahrheit, was du gedacht hast, denke ich . . .
Fr. Schlegel im Athenäum 3, 33. so häufig tnit unpersönl.
subject, t. unten D, 1, d. ähnlich auch:
bin's, dem alle lippen fluchen,
der in landmanns nachtgebet
hart an, an dem teufel steht (in der
umgangtspr. : gleich nach dem t. kommt)
Grillparzer* 4, 75 (aht{fr. S).
ß) einem fem stehen als gegentheil von a:
du staunst, ich seh' es, dasz ich dieses wort
an dich, und nicht an meine mutter, richte,
allein sie steht mir fem nnd ist mir fremd
Hebbel 2, 347 (Herod. u. Mar. 6, 6, 2963).
1567
STEHEN (II. C, 2, d-e)
STEHEN (II, C, 2. e-f)
1568
häufiger im ainne der Wesensverschiedenheit und unähnlich-
keit (vgl. o): auch den kindern steht er nach erziehung
and lebensgewohnheiten ferner, als sie selbst es ahnen
Ric. HucH d. letzte sommer 63. in demselben sitine ähn-
liehe Wendungen: wenn unser trefflicher bildhauer auf-
richtig seyn will, so wird er bekennen, dasz ihm unser
dichter eben darum beschwerlich gefallen, weil beide
künstler am weitesten auseinander stehen Göthe 22, 167
(icanderj. 2, 9); ich verzeihe jedem der sie (d. Italiener)
tadelt und schilt, sie stehen zu weit von uns ab briefe
8, 38 (l. nov. 86).
y) einer sache fern stehen, mit ihr nichts zu thun oder
keine kenntnisz von ihr haben: die bäuerin steht abseits
von allen einnahmen der wirthschaft; der bauer nimmt
für alles ein und giebt für alles aus Rosegger sehr.
2, Serie, 5, 163. — vgl. auch den vereinzelten alten beleg:
ja ich bekenne es, und ist mein ernst
das ich mit der ubung noch steh von fernst
M. Agricola mutica instrum. deudsch (1528 u. ö.) ». 57 Eitner.
e) redetceisen, die an dem unterschied des vorn und
hinten orientiert sind.
a) an der spitze stehen , der erste sein , die führung
oder leitung haben, besonders von herrschern, heerführem
u. ähnl. gewöhnl. mit gen.: da jener {könig der menschen)
die kräfte seiner mitschuldigen helfershelfer an seinen
willen bindet, so ist er gleich stark, er liege an der
gicht, oder er stehe in blühender Jugend an der spitze
der beere Klinger 3, 211 (Fausts leb. 4, 7); sie führte
über alles die leitung und aufsieht ... sie stand an der
spitze der mägde Stifter sämtl. werke (1901 jf.) 5, l, 108;
*. auch Lichtenberg aphor. 3, 18 unter I, B, 3, e, tj. mit
verschwiegenem gen. : und büberei ist das ganze, wenn er
nicht an der spitze steht — ohne den Moor sind wir
leib ohne seele Schiller 2, 234 {räuber l, 6), vgl. th. lO,
1, 2595. frühnhd. mit i n : hat er zum ersten yn der spiczen
gegen yhm gestanden Luther 34, l, 224, 25, s. I, C, 3, d, a,
vgl. th. 10, 1, 2594, ß. ähnlich auch: vor der spitze stehen
th. 10, 1, 2594, y.
ß) in der ersten linie, der vordersten reihe stehen u.
ähnl. : nach und nach räumten alle minister der vorigen
regierang ihre platze . . . von den neu eintretenden standen
Malesherbes und Turgot in der ersten linie der öffent-
lichen meinung Dahlmaüv franz.revolut. 25 ; normannische
herren als geborene freunde des abenteuers, standen in
der vordersten reihe derer, welche ihn {den kreuzzugs-
gedanken) ausführten Scherer gesch. der deutschen litt. 88.
ao schon:
ihr sollt in seiner {jjottet) gnnst im ersten gliede stehn
Stoppe Pamatz (1735) s. 27.
«o auch: es giebt aber leute, die sich für die entgegen-
gesetzte meinung todtschieszen lieszen; und unter diesen
■teht William wahrhaftig nicht im letzten gliede Tieck 6, 6.
y) auf ^iner, gleicher linie stehen in gleichem ränge,
werthe, gleicher Schätzung: und mit diesen elenden wollte
ein mann, wie sie, auf gleicher linie stehen? Klinoer
i, 176 (falsche Spieler i, 2); der lasterhafte und der edle
ständen hier in einer reihe? Tieck 8, 9; (mit sachlichem
subjeet:) ein gesetz, das ... in seiner juristischen Un-
anfechtbarkeit und staatsmännischen wahnwitzigkeit voll-
kommen auf einer linie steht mit jener berühmten acte,
welche den grund legte zur trennung Nordamerikas vom
mutlerland Mommsen rüm. gesch.* 2, 228. dafür, weniger
bildlich:
in meinen aa^en stehet
. . . der acbraoze, der sich bl&het,
nnd der co kriecht, in gleichem rang
Pkekkbl poet. veri. 7, 1*8.
».ferner unttrf, a. — ähnlieh in der reihe . . . stehen mit
gen., wozu gehören: seine {Hahns) werke stünden schon
in der reihe onirer gut«n dichter Miller ged. s. 87, s. I,
B,t,f.Y,dd.
S) vor einem stehen, den vortug haben {wie noch häufiger
Ober einem, a. f, rf): praeHare alteri aetate. vor einem
■teilen im alter, i. e. Klier Mfn als ein ander Corvinus
fönt tat. 687*:
gott atebet mir vor allen,
die OMine aeele hebt
Kbntgtb. dtchterkr. $. M nttidr. (-8. Dach ». 707 örierl.).
seltener ist dMs gegentheil hinter einem in diesem freieren
gebrauche: ich, der ich einen so bedeutenden geistigen
Vorzug unter meinen brüdern bis dahin behauptet hatte,
muszte es erleben, dasz der bruder, der fortdauernd hinter
mir stand, als selbständiger mann in der familie auftrat,
während ich noch schulknabe war H. Steffens was ich
erlebte 1, 203.
f) voran, vorne an stehen, zunächst eigentlich, so schon :
dann wer sie (federn du paradiesvogeU, av,/ dem
heim) ffibret, zu der stund
im streit, derselb wird nicht verwund,
stund er gleich fomen an, mit trutz,
80 helt jhm dieser vogel schütz
Spangenbekg gantz-könig v. 836.
entsprechend im 16. jahrh. : das sind die silberne hende,
die . . . hülffe theten der rechten religion, und dem
armen volck gottes , welches keine audientz zu hof
hatte, und musste mit jhren Privilegien und regalien da-
binden stehen Mathesius Sar. (l57i) 85»:
bett M. Johan Eiszieben gethan
ich m&szt noch weit da binden stahn
Brant narrensch. g. S*" Zarncke (Q, narremch. zum Uteri).
jetzt gewöhnlicher: 'zurück stehen müssen, zurückgesetzt
werden Adelung (2, 2). — zurückstehen nähert sieh zu-
weilen perfectiver bedeutung (^ zurücktreten) :
um diese ehr' mag Schwytz mit Uri streiten,
wir Unterwaldner stehen frei zurück
Schiller 14, 323 {Teü 2, 2, 1130).
f) ausdrücke, die von verticalen unterschieden ausgehen,
a) auf einer stufe stehen, von rangstufen:
auf welcher stufe der geister
steht, wer den gottesieugner
nicht für rasend hält?
Klopstock öden 2, 62, 3 Muneker-Pawel.
von altersstufen : diese beiden standen glücklicherweise
auf der altersstufe, wo die lehrer . . . die wirksamsten . . .
sind Arndt l, 52 Rösch, besonders von stufen der kultur-
entwicklung oder bildung: grüsze, die mir sogleich an-
deuten, auf welcher stufe der bildung ein jeder dieser
knaben steht Göthe 22, 5 {icanderj. 2, i); besonders reiz-
voll wäre es, die hervorstechenden unterschiede der ger-
manischen völcker aus jener wanderzeit zu finden . . .
wir erkennen, dasz nicht alle auf derselben stufe der
cultur standen Freytag 17, 127. mit unpersönlichem sub-
jeet: wenn seine {des menschen) bildung auf einem ge-
wissen grade steht, dann ist es vortheilhaft, wenn er sich
in einer gröszern masse verlieren lernt Göthe 20, lao
{Wilh. Meister 7, 9); vgl.: der mahler darf also nur einiger-
maszen künstler seyn, so findet er schon ein gröszerea
publicum als der musiker, der auf gleichem grade stünde
22, 230. ähnlich auch: nichts ist ferner von philisterei
als der reine rohe bauer, wie er aber einen schritt weiter
thut, steht er auf der philistertreppe Brentano d.phülster
vor, in und nach der gesch. s. 30. auch in folgenden stellen
liegt der ganz allgemeinen ausdrucksweise deutlich die Vor-
stellung einer {cultur- bezw. bildungs-) stufe zu gründe:
sie blieben also dort, wo sie als Jäger und krieger ge-
standen, auch da sie den ackerbau trieben, stehen
M. J. Schmid gesch. der Deutschen (1778) 1, 24;
denn mancher, der, wenn ihn nirbt die geburt erhöht,
da stünde, wo sein Christoph steht,
und kaum zum diencr tüchtig w&re,
hält desto mehr auf rühm und ehre Gillbrt 1, 179.
ß) auf der höhe stehen, gewöhnlich durch einen gen.
bestimmt: so kann ich mir nicht denken, dasz ein volk
ein treffliches theater haben könne, ohne selbst auf der
schönsten höhe seiner histori.schcn entwickelungzu stehen
Brentano d. philister u. s. \r. s. J9; Friedrich der zweite
steht auf der höhe der politischen wie der wissenschaft-
lichen bildung seiner zeit Sciierkr gesch. der deutschen
litt. s. 89; ohne solchen gen.: in diesen ganz dranuitischen
scenen steht der dichter {Ileinr. v. Molk) auf der hOhe
(«etfi«r kunst) 85. so auch mit unpersönlichem subjeet:
mein gram stand auf dem gipfel (my grlel was <U
Ute height) eh du kamst.
Jetxt gleich dem Nil bricht er die schranken durch
Shakesp. 6. 84 {Titus Andr. 8, 1).
vgl. auch:
itundt Hamaa dort nicht auf der ehrenepitsen 7
NiuMAaK lusMOdehen (1668) 5.
1569
STEHEN (II. C. 2, f)
STEHEN (II, G, 2, f—h)
1570
Y) oben stehen: sein (des altes v. S. Gallen) practick
und unnütze hauszhaltung stund allweg oben Stumpf
Schwytzer thron. (1606) 364"; wo aber jemand die ver-
derbnisz der Zeiten schilt, und sich als eximirten be-
trachtet, wohlgefällig die Zeitgenossen hinunter drückend,
damit er allein desto herrlicher oben stehe: — o wehe
dann, wehe dann über die klage ! FouQvt gefühle, bilder
I, 78; obenan: do opfferten die fürsten Israel . . ., denn
sie waren die obersten unter den stemmen, und stunden
oben an unter denen die gezelet waren (rar.; st. über
den gezelten , anpsn-'T; cne5?.t on) 4 Mose 7, 2 ;
mein ruf stand einst den besten obenan
Shakesp. 9, 47 {Cymb. 3, 3).
rf) hoch stehen: dafür steht ja aber der mensch so
hoch, dasz sich das sonst undarstellbare in ihm dar-
stellt GöTHE 23, 264; gegen die später auftretenden kunst-
schwätzer stand aber jener mann (Christ) wirklich sehr
hoch 37, 86 (Winckelm.); stehen wir nur hoch in der be-
urtheilung, so hat es nichts zu sagen, wenn auch der
gegenständ tief und niedrig , unter uns zurückbleibt
Schiller 10, 459; mir blieb immer zeit genug, durch
priTatunterricht . . . mit den übrigen, die alle nicht hoch
standen, in wenigen monaten auf gleiche höhe zu ge-
langen Arndt l, 51 Bosch; a. auch (Klinger) d. leid, tceib
8, 3 unter I, B, 3, /, y, dd.
e) mit näherer bestimmung: sie kennen wieder jeden
ihrer arbeiter, wozu er zu gebrauchen ist, und wie hoch
er im preise steht Nicolai Seb. Nothanker (1773) l, 102;
wohl bemerkte sie, dasz sie nicht mehr so hoch in der
achtung der leute stand, indessen sie schüttelte das ab
Enking fam. P. C. Behm 292. — hoch am brete stehen
(mit verblaszfem bilde, da bret eig. einen sitz, ehrenplatz
bedeutet, also am brete sein oder sitzen s. bret 3, th. 2, 374/.) :
hoch am brete stehen, potentiä et dignitate praestare.
valere, eminere, praefulgere Stieler 2128; star' in alte
favore, esser favorito, in honore etc. esser' ujio de' primi
di seggio Kramer dict. 2, 928»; hoch am brete bey je-
manden stehen, 'bey ihm, in ansehen stehen Adelung
(2, 2, l), gut angeschrieben, angesehen sein Campe (l);
ich kan es leicht geschehen lassen,
dasz andre hoch am brete stehn
Stoppe Parnasz (1735) 849.
5) höher stehen : darumb sol got billich und natürlich
in der ainikait hoeher steen über menschliche natur,
die ainig ist jm geslaecht aber vilfeltig in der zal Bert-
hold V. Chiemsee tewtsche theol. s. 54 Beithmeier; sie
meynen, je höher der herr im ränge sey, je höher stehe
auch folglich sein diener Bode gesch. d. Th. Jones (1786 — 8)
4, 385; die Unterdrückung der minder culturföhigen oder
auch nur minder entwickelten stamme durch höher
stehende nationen Mommsen röm. gesch.^ 1, 8. — zu hoch:
dasz ich dir nicht viel schreibe, kommt daheis weil du
mir zu hoch stehst Pöckler briefic. 1, 116 (an Bettina d.
20.juli 1833).
T]) über einem stehen an rang, werih. Schätzung, aus-
bildung u. s. w. (vgl. D, 1, m) : so wäre diese einstimmung
ein genetischer beweis, dasz . . . die menschengattung
über den thieren nicht an stufTen des mehr oder weniger
stehe, sondern an art Herder 5, 27; Friedrich der zweyte
stand noch immer über allen vorzüglichen männern des
Jahrhunderts in meinen gedanken Göthe 25, 128 (dicht,
u. tcahrh. 7); als geistesarbeiter steht der Unternehmer,
leiter, erfinder der groszen Industrie so weit über dem
bloszen handarbeiter der fabrik, wie niemals der hand-
werksmeister über dem gesellen stand Riehl d. deutsche
arbeit 33. bei zufügung von erhaben (erhoben) pflegt der
ace. zu stehen: von der moralischen höhe, auf der er so
weit über sie erhaben stand Wieland 3, 164 (Agath. 18, 9);
eine solche entdeckung hebt sie über sich selbst, sie
stehen über sich erhoben Göthe 22, 106 (xcanderj. 2, 5).
ungeicöhnlich ist dagegen der acc. nach über ohne solchen
Zusatz, so (von Sachen): etlich (elemente) seinn zuo un-
drist, ... als sand, stain . . . etliche steen hoeher, als
saltz, pley . . . etlich leibliche geschoepf steen über die
metall, als edelgestain Berthold v. Chiemsee tevutsche
theol. s. 174.
Q) andern sinn hat die icendung über etwas stehen:
die öfTentliche meinung wechsle . . .; die abgeordneten
X. 2.
hätten die höhere aufgäbe, die Stimmung zu leiten, über
ihr zu stehen Bismarck polit. reden 2, 29 Kohl (30. sept.
1862) ; er (Geo. Forster) steht über der ästhetik seiner zeit
Hettner d. romant. schule 24; Lju ist im gründe ein
revolutionär ... er denkt und steht zugleich über dem,
was er denkt, er hält das, was er denkt und wünscht,
nicht für das letzte, absolute Ric. Huch d. letzte sommer 36.
i) tief, niedrig stehen, zunächst vom stände:
darum lob ich mir niedrig zu stehen,
mich verbergend in meiner schwäche !
Schiller 14, 24 (jbraiU v. Mets. 1, 3, 240);
in dem groszen verband,
welcher Staat sich nennet,
zn achten ist jeglicher stand . . .
du pflüger, der du zu tiefst
stehst und vom schweisze triefst, . . .
du nimmst zuerst aus dem grund
die frucht und reichst sie weiter,
die bis zn des königes mnnd
aufsteigt auf langer leiter Rl'Ckert 1, 47.
ähnlich:
du strafst der bSsen werck und sagst, was nnrecht sey.
ein andrer braucht die kunst der süssen hencheley;
die bringt jhm lieb und huld und hebt jhn auf die höhen:
du aber bleibst zurück und must da unten stehen
P. Gerhardt 423, 3.
von geistiger grösze und Bedeutung: oder steht Plato nie-
driger als die jetzigen philosophen? Fr. Schlegel im
Athenäum 1, 2, s. 82.
x) in demselben sinne unter einem stehen: under eng-
lischer natur steet umb ainn grad nidrer menschlicher
geist, umb das er aymm sterblichen leib zuogefueegt ist
Berthold v. Chiemsee tetctsche theol. s. 179; denn alle
personen, die sie noch zur zeit hat kennen lernen, stehen
so unendlich weit unter ihr Rabener tcerke 5, 169; der
mensch steht unter dem äffen, eben deswegen, weil er
die spräche hat, denn sie ist die kläglichste und un-
sinnigste Spielerei Tieck 6, 223 (TT. Lovell 4, 5).
g) Wendungen, die auf ein drinnen oder drauazen be-
zug nehmen u. ähnl.
a) in der mitte stehen, in verschiedenem sinne; räum-
lich, wovon umgeben sein : schon im September 1528 schrieb
Andreas Bathory dem könig Ferdinand, er stehe in mitte
der rebellen und habe den tod vor äugen Ranke werke
3, 25; als vermittler: aber eine seltene ehre bleibt es für die
Protestanten, einen mann (de la Xoue) besessen zu haben,
welcher zwischen einem schmeichelnden hof und einer
unruhigen religionspartie so fest in der mitte sttind, dasz
beyde ihn achten muszten Schiller 9, 384. als mittel-
glied. zicischenstu/e , dem uxsen nach: wir hörende ge-
schöpfe stehn in der mitte; wir sehen, wir fühlen; aber
die gesehene, gefühlte natur tönet I Herder 5, 65.
ß) in demselben sinne zwischen: ein zauberer — geist
— ... eines der wesen, die . . . zwischen gott und dem
menschen stehen? Klinger 5, 164 (geseh. Oiafars 3, 2).
sonst als trennend:
zwischen uns so steht er, wie
eine mauer zwischen flammen
MüLLNBR d. schuld 1,4, V. 258.
zwischen dingen, so ganz bildlich in der sprichwörtlichen
redeiceise: ich stehe zwischen thür unnd angel, weysz
nit ob ich ausz oder ein sol Seb. Franck sprüchic. (I54i)
2,40''. unsinnlicher: ich bin ein alter maim, stehe zwischen
tod und kummer Ifpland theatr. vierke 1, IM (^A. v. Thurji-
eisen 5, 8).
Y) innerhalb, auszerhalb wovon u. ä. : Dante stand ganz
innerhalb des damaligen ideenkreises, wenn er auch
geistig die meisten, vielleicht alle Zeitgenossen überragte
Döllinger akadem. vortr. i, 109; ich würde immer neben-
dranszen stehen, wie beim tanzen, und zusehen müssen
und den mädchen nicht für voll gelten Hesse Gertnui
s. 35; ähnlich s. 110.
h) ausdrücke, die das verhältnist zu anderen personen
bestimmen (vgl. 3 und 4).
a) neben einem stehen, stare accanto d'uno; esser con-
aervo, collega, compagno, it. rivale etc. d'uno Kram er dict.
2, 928«. o/t nur im sinne der Zusammenstellung, die leicht
zu einer gegenüber Stellung, entgegenStellung wird: neben
den weggearbeiteten Völkern stehen in ergänzendem gegen-
bild solche, die sich kraft ihrer persönlichen arbeit flott
erhalten haben Riehl d. deutsche arbeit 62; während bei
99
1571
STEHEN (II. C, 2, h-i)
STEHEN (II. C, 2, i—tn)
1572
ihm (Taeittts) die frauen nar rathend, begeisternd und
pflegend neben den männern stehen Scherer gesch. der
d. litt. s. 10. im sinne der nebenordnung . gleichstellung
oder gleichicerthigkeit: neben den Griechen ist schwer zu
stehen, und doch haben auch wir stücke, die neben
ihnen stehen können und dürfen Herder 17, 195 {human.
br. 39). in ähnlichem sinne früher: er kan mit ihm nicht
stehen, par ei non est. viribus eum non aequat Stieler 2128 ;
egli non pud stare cioe concorrere, cozzare con lui Kramer
did. 2, 928«. ferner:
bei den alten hiesz es vor manche ritterthat begehen,
dan so mocht ein schlechter {BcMichter, geringer) mann bei
dem starken adel stehen {darin avjgenommen werden)
J. Grob dichter, vermchg. (1678) 22 (nr. 40);
».ferner 3, a. a. ß.
ß) einem gegenüber stehen {eig., s. A, 7, b, e) : der Benzon
gegenüber, ebenso einfluszreich , ebenso eingreifend in
die engsten Verhältnisse des fürstlichen hauses . . . stand
der seltsame mann, den du. geneigter leser, bereits kennst
E. Tu. A. Hoffmann lO, 40 Orisebach (kat. Murr l, l).
vom kämpfe:
und damals
stand ich im kämpf als feind dir gegenüber
Schiller 13, 325 (Jungfr. v. Ort. 6, 9).
y) von thieren geht aus die redeioeise in dinem stall
stehen, sich gut vertragen, einig sein, gewöhnlich mit
einer negation, s. stall 4, e, sp. fßä; selten positiv:
sechs schöne ding seind unter alln, . . .
als wenn natürlich brüder fein,
unter einander einig sein, . . .
and in dem ehstand man und weib . . .
sich untr einander wolbegehn,
and stets in einem stalle stehn
B. RiNGWALDT lauter varh. 365.
t) verschiedene bildliche ausdrucksweisen begegnen in
dem sinne 'einem, hinderlich sein, schaden'.
d) einem im wege stehen und damit gleichsam ihn am
weitergehen oder fortkommen hindern: obstare, hinderlich
seyn, im wege stehen Corvinus fons lat. 636''; im licht
oder wege stehen 609», s. th. 6, 867, g; im wege stehen
einem, impedire aliquem, remorae esse Frisch 2, 326".
auch mundartlieh, z. b. Schweiz, i w6g sto Hunziker,255.
belege: wie ein und der ander . . . seinem nächsten (be-
sonders, der etwa seinen anschlagen im wege zu stehen
scheinet) heimliche und offendliche fallstrikke leget
BuTSCHKY Pathmos (l677) einführ. 3»; es sey aber, was
es wolle, so weisz ich doch, dasz sie viel zu gütig sind,
mir darinn im wege zu stehen Lessing i, 419 (/reigeist
8, 1). so dann auch: nach abschlieszung dieses traktats,
am 14. märz 1647, verlieszen die Franzosen und Schweden
Bayern, und wählten sich, um sich selbst nicht im wege
zu stehen, verschiedene quartiere Schiller 8, 408; Bajo-
levcski (mädchenhändler, zu Lude:) also schätz, gelt jal
stehen sie ihrem glück nicht im wege! Greber Lueie
(1901) 32. — dazu die für Bremen bezeugte imperativische
Wortbildung steh im wege 'ein mensch, der einem im wege
sieht, überall hinderlich ist' Hoffmann v. Fallkrsleben
in Wagners arch. l, 276, vgl. brem. wb. 4, 993. — dasselbe
bild liegt vor in dem ungewöhnlichen ausdruck: stehen
einem im lauff, reprimere cursum Dentzler clav. ling.
lat. (1716) 278 •>. — sehr hämfig mit unpersönlichem »ubjeet,
». unten D, i, g.
ff) in ähnlichem sinne mit anderem bilde einem im
lichte stehen, eig. so stehen, dasz man den andern be-
schattet, dost dieser also weniger gesehen und beachtet wird.
auch schlechter sehen kann. vgl. licht II, 6, g, th. 6, 867/.
und Corvinus unter a. auch im lichten stehen, s. licht,
adj. 18, a. <A. 6, 800: einem im lichten stehen, alicujus
fortunae deesae Stbinbach 2, 6«9, neben: der Wahrheit im
licht« stehen, toUere Judicium veri idque adveterare ebenda,
in den friüuien belegen ist die eigentliche bedeutung meist
noek deutlieh:
•r itt es sncb, wir sehn Jhn kommen, . . .
trett ihr beyseit ein kleine frist,
das Jbr mir nicht im hechten steht (miek tdM
hindert su uhen)
HAViiBoav« Hans Pfriewi «. 86 neudr. (S, 8, v. 871).
mh tlärkeru vtrbUusen teigt die häufige ausdruekaweise:
M lt«ht jhm mancher selbst im licht Pf.tri Co 8*. den-
sinn hat einem stehen vor der sonnen, <tfficere.
obstare alicujus commodis, obstruere alicujus luminibus
Dentzler (i716) 273''. au4:h einem in der sonne stehen,
s. sonne II, 7, m. th. 10, 1, 1622 {wie andererseits auch vorm
licht, s. licht 6, g).
Y) auch sonst einem vor etwas stehen, so dasz man
ihn davon trennt, ihn hindert es zu erreichen, besonders:
der Greten vormönder würden den bossen mercken und
sagen, du begehrtest, deiner tochter vor ihrem gliJck zu
stehen Simpl. sehr. 3, 319, 23 Kurz {vögeln. 1, 5); die ge-
brechen steend jn für yr gnade, s. Tauler unter I, B,
8,/, S. dd. in demselben sinne:
ein junger prinz nur stand noch zwischen ihm
und seiner stolzen hofnung
Schiller 15, 2, 441 {Demetr. 1, v. 110);
vgl. auch MCllner schuld 1, 4 oben g, ß.
6) ungeivöhnlich: si consul vult esse pius, Satan wird
im auch auffm hals sthen Luther 27, 37, 31 Weim.. vgl.
hals 4, C, th. 4, 2, 245.
k) auf sächliches bezogen.
a) häufig sind Wendungen icie bis an den hals im
Wasser stehen, zunächst ganz eigentlich, dann auch freier:
ihr wiszt nicht lieber junger prinz, wie tief ihr
im Wasser steht, wie euch von allen Seiten
betrug umlauert
Schiller 13, 417 {Ttirandot 3, 4).
so auch im dreck über die oren stan Murner sclulmens.
3, 40, s. unter I, B, 2, /, y, aa.
ß) vor etwas stehen, zunächst vor einer thatsache,
einer erscheinung it. ähnl., sie vor sich haben, so das:
man sie deutlich sieht und unter ihrem eindrtick steht:
wir haben bei § 7 des gesetzes über kontrole der Staats-
schulden einmal wieder vor dem bestreben gestanden, die
Staatsmaschine zu regeln Moltke ges. Schriften 7, 47. —
sonst vor etwas stehen auch zeitlich, sodasz dies 'bevor-
steht': 'Rienäcker steht vor einer scharfen ecke', 'und
vor welcher?' 'er soll heiraten' Fontane 5, 169.
y) hinter etwas stehen, so bes. hinter den coulissen,
eigentlich von den schauspielern, dann von den eigentlichen,
der öffentlichkeit unsichtbaren und unbekannten Urhebern
irgend welcher Vorgänge und ereignisse oder den einge-
weihten, die einblick in ihr ztistandekommen haben: wir
andern, die wir hinter den coulissen stehen, können
uns nicht genug wundern, dasz sich ein königl. preuszi-
sches cabinet . . . durch nahmen, schein . . . zum besten
haben läszt Göthe briefe 16, 274 {an Zelter d. 29. aug. 1803).—
hinter einem, s. 3, a, tj.
S) anderes: du stehst einmal jenseit der glücklichen
Unwissenheit Tieck 8, 95;
sie (d. Nibelungen) stehen jenseits der natur
Hebbel 4, 3St (A'i6d. III. 5, 9).
l) aufrücke, die sich auf thätigkeiten beziehen.
a) an einem Werkzeuge u. ähnl. stehen, damit arbeiten.
solcJie ausdrucksweisen sind sdion unter A, 7, b, a auf-
geführt; dazu noch am ambosz stehen, übertragen: 'was
wollen wir noch, die Jugend steht jetzt am ambosz I'
lachte Driesch Heer d. könig der Bernina (1904) 296; da-
für abstracter: der ehemalige bund der Jugend stand mit
männlicher kraft am werk 288.
ß) dagegen hat hart an einem ereignisz stehen tuweilen
ähnlichen {nur verstärkten) sinn wie vor e. e., sodass es
unmittelbar bevorsteht: den zeitgenössischen zuschaaem
schien die einigkeit der mächte noch zu bestehen, als
sie bereits hart am bruche standen Prutz preust. gesch.
3. 808.
y) auf dem Sprunge stehen, eigentlich in der kauernden,
in den knieen eingeknickten haltung eines, der sieh an-
schickt tu springen, mhd. dafür ze sprunge sULn. ge-
wöhnlich freier, von einem, der im begriff ist, {eilig) auf-
zubrechen, s. Sprung 1, a. X, sp. 199/.
rf) in anschlag stehen vom Soldaten oder jäger, der da*
gewehr zum tielen an die wange gelegt hat und abdrüeksn
will («. anschlag, th. 1, 440). dann freier, z. b. von einem,
der eine rede halten trill: de rekter stunn in anslag. —
'fangen sie man wieder von vornen an', säd Bräsig . . .
Rbutbr s, Sil, 15 Sedm. {strömt, a, 19).
m) beseiehnttng der ihätigkeit und de* orte* JUetten tu-
»ammen in ausdrücken wie auf der lauer, wache stehen
u. ähnl.
1573
STEHEN (II. C. 2, m—S, a)
STEHEN (II. C. 3, a)
1574
a) auf der lauer, im hinterhalt u. ähnl. stehen, vgl.
lauer, /., th. 6, 303. im eigentlichen sinjie von jagd oder
feindUehem hinterhdU:
ha! dich (Aa««i) fing der gute bauer . . .
abends stand er auf der lauer Voss 5, 31.
■»o dann auch:
war sie (d. Zwietracht) gleich zwergen-klein vorhin nur
anzusehen,
so lang sie kriechen muszt und auf der lauer stehen
V. KoKXiG ged. (17*5) 217.
dafür vom Jäger atteh auf dem anstand stehen, vgl. th.
1, 47i; der Mayenfelser stehet im hinterhalt und wir
müssen ihm zuvorkommen mäÄrieinJ. (1799)358; dafür {t)
da steh ich auff der hinder bfi^,
dasz er uns nicht entrinn zu rück
H. Sachs 5, 339* (Jastn.-sp. wildbad 1).
ß) besonders auf der wache, wacht stehen, vgl. wache
7, d und wacht 6, d, th. 13, 29 und 167 (zur wache, s. 6, b).
so dann auch im bilde:
wir steh'n ja hier auf der vorhut der kultur
EiCHENDORFF incognüo &*.
deutlicher local, auf (seinem) posten stehen: der tag er-
wachte, die arbeit gieng in's feld, aber noch stand unser
musketier unabgelöst auf seinem posten Hebel 3, 17.
auch (abstracter) : stellen sie sich nur Tor, dasz gestern
der rittmeister, der eine meile von hier auf postirung
stehet, sechzehn stück rothwildpret in meinem holze
hat schiessen lassen Nicolai Seb. Nothanker (1773) i, 59;
steh' ich am 22. juni I813 an der Elbe . . . auf Vorposten
Raabe d. hiingerpastor^ 162. so auch: jede barg was en
kikut, wo hei up't picket stunn Reuter 2, 2ii, 25 Seelm.
(strömt. 1, 12).
y) am häufigsten und am frühesten bezeugt ist die Ver-
bindung auf seiner hut stehen Adelung (2, 2, 2). die
eigentliche bedeutung scheint in alten Übersetzungen einer
bibelstelle vorzuliegen: Abacuc sprichet: 'ich wil stan ufiF
miner hat und wil loffen uff min vesti und wil mich
umb sehen St. Geor gener pred. 89, 20; ebenso bei Luther:
hie stehe ich auff meiner hut und trete auff meine feste
Habac. 2, 1 ('ich icill mich auf meine warte stellen und auf
den wall treten, um auszuspähen' Kaützsch). sonst ab-
stracter (worauf schon das fast stets stehende possessiv
deutet), im sinne 'sich vorsehen, sieh in acht nehmen', so
schon mnd.: Adam, wair bistu nu? ... stant up dyner
hode, bewair di in den vruchten godz! Joh. Veghe 312, 24
Jostes; nhd.: also gar wolte er keine gelegenheit verab-
säumen, auf seiner hut zu stehen, und auf alles, so ihm
schaden oder nutzen konte, ein wachsames äuge zu
haben A. ü. v. Braunschweig Octavia (1677) 2, 495, s. auch
3,177; allein da Kizo nachgehends nicht recht auf seiner
hut stunde . . ., fiel der ort zum andernmal in die bände
der feinde Hahn histor. 2, 144^; weitere belege th. 4, 2, 1984.
3) präpositionale ausdruckstceisen, die eine beziehung zu
personen ausdrücken und in denen die örtliche grundvor-
stellung noch deutlich ist.
a) zahlreiche häufige ausdrucksweisen haben den sinn
der Unterstützung oder der Parteinahme für jemand.
a) bei einem stehen, wofür gewöhnlich beistehen, s.
th. 1, 1397/.; 'bey jemanden stehen, ps. 94, 9, ihm beystand
leisten, ist veraltet, weil beystehen dafür üblicher ist'
Adelung (2, 2, 3). doch ist die bedeutung vielfach noch
sinnlicher itnd anschaulicher, die wendung geht aus vom
zusammenstehen im kämpfe: propugnare bonis, stan pi
den guoten ahd. glossen 2, Ib, l ;
der antichristo stet pl demo altfiante,
stet pi demo satanäse, der inan varsenkan scal
mutp. 44/.
atich nhd. noch oft in eigentlicher bedeutung (vgl. A, 7, b, y) :
in meiner ersten Verantwortung stund niemand bey mir
(ovösig ßoi naQeyhtxo), sondern sie verliessen mich
alle 2 Timoth.i, 16; aber du muszt, wo ich in der Schlacht-
ordnung seyn m&szte, bey mir stehen, unnd meinen
königlichen stab vor mir tragen buch d. liebe 18"*;
ich stand als haifsgenosz
b«i ihnen, als zur schlacht heran das heer
der manngemuthen Amazonen zog
BCacBR 153*. 242 (iTilxovooi läiw futit
xoUm ilix^Tiv IL 3, 188).
zuweilen in die bedeutung 10, c übergehend:
wollt ihr nicht steh'n bei ihnen?
unter hauptmann Wasmer Rcckbbt 1, 69;
vgl. auch S. D.\gh unter I, B, 2, f. a, aa. — mehr in der
freieren bedeutung des beistehens, hdfens: den wehre nodt,
das sie einhelliglich bey der uberkeit stunden und ge-
trewen gehorsam leisten d. städtechr. 27, 175, 16 (Magdeb.,
hist. V. 1524) ; aber euer pfarrherr und prediger sollten itzt
bey euch stehen und trösten Luther br. 4, 268 (vom j.
1531); wer stehet bey mir, wider die boshafftigen? wer
tritt zu mir, wider die ubelthetter? ps. 94, 16;
tön. Ed. nun, bruder Richard, wollt ihr bey uns stehn
{will you ttand by us)t
Gloft. ja, trotz jedwedem, der euch widersteht
Shakesp. 2, 322 (Heinr. VI., 3. th.. 4, 1).
gern von gott bezw. göttern: wen den niemand by mier
will stan ... so will ich den lieben gott bitten, er welle
by mier stan Th. Platter *. 103 Boos;
heut steht er (Juppiier) bey dem gegentheil,
villeicht kompt morgen uns das heil
Spreng Bios (1610)97'' (8, 141/.);
weh mir ! ihr götter, wollet bei mir stehn !
GöTHE 13, 102 {Satyrot 5) ;
noch steht gott bei Schwedens könig fürwahr
Arndt 6, 175 Meisner.
durch einen vergleich näher bestimmt in dem sprichicort:
he steit by synem gesellen als de hase by dem hunde,
assistit socio veluti lepus ipse molossis Tunnicius 590;
das ärgerlich creutz speit alles ausz, was nun mensch
heyszt, under den allen der beste bey dir steht wie der
hase bei der bauckeln (trommel) S. Franck sprw. (l54l)
2, 38», vgl. baukel, th. l, 1186. jemandes partei nehmen, es
m,it einem halten: Luth. jr steet dennoch bey den newen
Propheten. KarlfstadtJ. wo sy recht und warheit haben;
wo sy unrecht sein, do stehe der teuffei bey Luther
15, 339, 27 TTeiffi.; aus dem unstäten geschwäz über Homers
flügelgötter . . . erhellt deutlich, dass Heyne . . . lieber
bei Aristarch zu stehen wünschte, als bei dem verkehrten
Krates Voss antisymb. 2, 40. so auch:
es ging mir, wie es pflegt zu gehn
alldenen, die bey Christo stehn
und von der weit sich scheiden
P. Gerhardt 398, 2.
von personif. abstracten: dasz nicht die phantasey bey
den affect oder gemüthsneigungen stünde, sondern viel-
mehr . . . ein bündnus gemacht wurd zwischen der ver-
nunfft und phantasey wider den affect Schüppius sehr. 726.
anders, einem anhaften:
damit nicht etwan ein Soldat,
den man im krieg umbgebracht hat,
uns anklag bey Persephone,
dasz undanckbarkeit bey uns steh
gegen die, so ihr blut vergossen
Spaxgenbbrg griech. dramen 1, 197 Dähnhardt
(Eurip. See.. 1605, V. 1001 — 4 = 136 — 9: toq «xd^lOTOl
Javaol äavaoZq).
ß) in der älteren spräche mit einem stehn, es mit ihm
halten, auf seiner seite sein, ihm anhangen: woldes du
des nicht tun, so mustes du sterben und alle di mit
dir stunden d. mystiker 1, 120, 12, vgl. mhd. wb. 2, 2, 570'';
in dersulven tyd was grot krich ... in der stad Ferraria :
en del der stad stunden mit creme rechten heren, de
anderen stunden mit sime unechten broder Detmar
Lüb. chron. 1, 367 (zum j. 1395, vgl. Schiller-Lijbbbn 4,
361'', 3); in neuerer spräche gelegentlich noch von gott:
gott der herr wird mit uns stehn
Arndt 4, 9 Meißner (vgl. t. 13).
wenn sich andrerseits im frühnhd. steht mit gott als
abschiedsformel findet, so liegt hier wohl einfach nach-
bildung romanischer (ital.) redetoeise vor: czö den die
umb sy stünden mit senfter stimm ir letstes wort sprach,
stet mit got, ich far dohin Arigo decam. 256, 14 Keller
(rimanete con dio 4, l), ebenso Montanüs 223, 12 Bolte
(Guisc. u. Sigism. 17); den (meinen freund) will ich mein
nit warten lassen, darumb steht mit gottl Linoener
s. 48 lAchtenst. (rastbüdd. s. 126).
^) zu einem stehen ist ursprünglich perfectiv, da zu
eine richtung ausdrückt, vgl. A, 13 und unten d; so noch
deutlich:
99«
1575
STEHEN (11, C. 3, a)
STEHEN (H, C. 3. a—h)
1576
Dynias und Hypenie die zwen
hertzhafrtig tbeten zu mir stehn,
verfögten bey desz mondes schein
zu nacht sich an die seyten mein
Spreng Acnei* (1610) 30*
{'et lateri adglomerant noitro' 2, 341).
getcöhnlich in freierem ginne, es mit einem halten, meist
ohne entschieden perfectiven Charakter: rechnen sie auf
mich, ich stehe zu ihnen, wenn es gilt Alexis Isegrimm
381, vgl. s. 310 unter I, C, 3,/, a; (so) gelang es . . . durch
die Italiker, welche . . . fest zu Drusus standen, das ge-
setz durchzubringen Mommsen röm. gesch.^ 2, 216; ebenso
ZQ etwas stehen:
zu eurem volke steht und eurem lande,
und kämpft für euer heilig recht
Schiller 14, 346 {Teil 3, 2, v. 1663);
in seinen jungen jähren steht er {Friedr. IL) noch treu
zur evangelischen sache Treitschke d. gesch. i, 50; sich
offen tcozu bekennen: ein unwahrer und unredlicher Christ,
der mit dem herzen läugnet, was er mit dem munde
bekennt, der also ungläubig ist und doch zu seinem
Unglauben nicht stehen mag F. W. Bodemann Lavater
(1856) 256. — eticas anders nuanciert, sidi mit einem zu-
sammenthun: einer, der nur 2 {mansos, hüben) hätte,
sollte zu einem andern, der ebenfalls 2 hätte, stehen,
und einer davon in das feld (d. krieg) gehen, der andere
aber die kosten tragen helfen M. J. Schmidt gesch. d.
Deutschen (1778) 1, 540. ähnlich: Melsamer hat dem ampt-
man von Lobenhawsen bey 15 haupt viehs abkauft
und ander zu ime steen lassen {als theilhaber zugelassen f)
Bau MANN quellen z. gesch. d. bauernkr. atis Rotenburg
s. 893. vgl. 9, b. — mJid. dafür auch an einem st6n:
der von Triere der wolde
sten vesticliclx
an dem von Osterrich
Ottokar reimchr. 59319.
{ferner gestfin mit bloszem dativ, s. gestehen 21, tfi. 4, i,
4214/.)
d) einem zur seite stehen, vgl. seite 3, th. 10, l, 382;
zunächst eigentlich (vgl. A, 7, c, y): das gericht machte
sich bereit, dem schlusz des kaisers gemäsz, in bezug
auf den ihm zur seite stehenden angeklagten, zu einer
förmlichen ehrenerklärung zu schreiten Kleist 3, 406, 8
E. Schmidt, vgl. 428, 16 u. 28. mit verstärkendem zusatz.
gleichxcohl in freierem sinne:
wo! dem der solchem herm mag nah' zur ssiten stehen,
gemessen seiner gnad' und königlichen gunst
Rachel tat. ged. $. 5 neudr.
mit derselben bedeutung einer dauernden Verbindung:
doch eine niedre Schäferin kann nicht
als gattin würdig euch zur seite stehn
Schiller 13, 251 (J^ngfr. v. Ort. 3, 1).
gewöhnlich im sinne 'beistehen, helfen' (vgl. a): sie bat
herrn Friedrich, . . . ihr daselbst einen rechtsgehülfen
anzuweisen, der ihr, bei ihrer erscheinung vor dem von
dem kaiser eingesetzten gericht, mit klugem und be-
sonnenen rat, gegen jene schändliche beschuldigung,
zur seite stehen könne Kleist 3, 403, 24 E. Schmidt;
Anselm . . . erklärte, bei dem vater ausharren und dem-
selben bei Wiederaufbau des Schlosses zur seite stehen
zu wollen Fontane i, 14 (vor d. stürm 2);
denn du (herr) stehst mir zur Seiten,
Bchtttzst mich fUr bOsen leuten
P. Gerhardt 423, 7 (pr 88);
wir häuften ew'ge schmach
anf unser baupt, wenn wir den mann verlieszen,
der uns in notb und tod zur seite stand
Hebbel 4, 279 (Ntb. III, 4, 4);
(als gattin, «. oben Schiller is, 201). von stauten: und
dadurch geschah nun allerdings, dasz Cleve die Verbin-
dung mit Geldern aassoblug, dem hause Oestreich treu
zur leite stand Ranke deutsehe gesch. t, M8. in anderm
sinne: Ostr. u. Pr. stehen einander, wie ehmals, eifer-
süchtig zar Seite und haben beiderseits sich vorwürfe
xa machen J. Grimm br. v. 17. juni 1869, s. anx. f. d.
oUsrUt. j«, V49. — mit einem abstracten ausdruck als suhj. :
(tcfc trotte) auf deine tugnnd. die, wenn du sie auch nur
•inM augenblick von dir entfernst, nie so wiederkelirt.
wie sie dir nun noch zur seite steht Klinoer 5, 807
§eseh. Oittfars 8, 8); Falk unterlag derselben tactik. . . .
theils weil ihm die Sympathie des keisers nicht in gleichem
masze zur seite stand wie mir Bismarck gedank. u.
erinn. 2, 131. — seltener und eigentlicher, anders nuanciert,
einem an der seite stehen, bes. in einer bestimmten Wen-
dung: hertzhafften leuten riegele die natur alle pforten
auff, das glücke stehe ihnen an der selten, und das ver-
hängnisz hielte ihnen den rücken Lohenstein Armin.
1, 26'»;
viel glOckes sieht man auch dir an der selten stehen,
in deiner himmels-Dorotheen
Besser schrifften (1732) 1, 5 (vgl. oben Schiller 13, 251);
schwarzer ritter. schweigt dir die stimme des prophetengeistes?
Johanna, sie redet laut in meiner tiefsten brüst,
dasz mir das unglUck an der seite steht
Schiller 13, 276 (jungfr. v. Ort. 3, 9).
an eines seite: aber jede Verständigung ist unmöglich,
solange der mann (Bismarck) an eurer majestät seite
steht, ihr entschiedenes vertrauen besitzt . . . Bethmann-
Hollweg an Wüh. L, bei Bismarck ged. u. erinner. 2, 15.
zu eines seite: o Dunkan, Dunkan! wie konntest du mich
verlassen . . . ständest du noch zu meiner seite . . .
TiECK nachgel. sehr. 2, 13.
e) in der älteren spräche auch einem zur band stehen:
kompt aber die mutter und spricht zur tochter: auff und
diene mir, so mus sie alles stehen und faren lassen . . .
und der mutter zur band stehen Luther 28, 23, 13 Weim.;
hiermit wünschte sie mir eine gute nacht, und begunte
sich abzukleiden . . . ich wolte ihr hierin zur band stehen,
konte aber für zittern der bände nichts ausrichten A.
U. V. Braunschweig Octavia 1, 852. — zur rechten: denn
er stehet dem armen zur rechten, das er jm helffe von
denen, die sein leben verurteilen ps. 109, 31. — in anderem
sinne nd.: 'an miner band sölt se stän, d. h. sie sollen
von mir bedacht werden Schambach 207''.
"Q einen anderen ausgangsptinkt hat auf eines seite
stehen, hier bezeichnet seite nicht die körperliche seite des
m.enschen (wie bei 6), sondern die eine zweier streitenden
Parteien (seite 9, th. 10, 1, 389); die wendung liat daher
mehr den sinn der Parteinahme als des beistandes: er stadt
auff desz radts seyten, er halts mit dem radt. stat ä
senatu Maaler 383»;
euch br&dem ist bckand,
wie viel ihr ausser uns auffs sultans seite stehen
Lohenstein Ibrah. stUt. (1680) 97 (5, 299);
der ältesten tante Adelaide . . . misGel an Machault,
dasz er überall, wo staat und kirche zusammentrafen,
unbeugsam auf des Staates seite stand Dahlmann gesch.
d. franz. revol. 18; er ging nicht mehr mit dem schwapcr
aus und stand auch nicht aufseile der Schwester Enkino
fam. P. C. Behm 307; s. auch Mommsen 2, 38 unter I, C,
3,/, a. in der älteren spräche dafür auch:
Pallas und Juno boed mit heil
stehn auff desz Diomedis theil
Spreng Iliat (1610) 51 »> ('inh. dett fünfflen buch»');
der rfimische rath schickte den Aquilius hierauff in Asien
zum Mithridates; welcher . . . endlich auff keinem theile
zu stehen sich erklärte Lohenstein Armxnius 1, 931».
ri) im sinne der Unterstützung (des 'rückhalts') auch
hinter einem stehen: Albrecht von Wittelsbacii. Ingolstadt
steht hinter euch, fürchtet nicht für euer recht! Hebbel
8, 196, 26 (Agnes Bern. 8, 13). so femer: da er aber er-
kannte, dasz hinter dieser neuen bank die angesehensten
geldleute und die unternehmendste Intelligenz stehn
würde, lehnte er . . . jenes angebet ab Frenssen Kl.
11. Baas 859.
&) von mehreren zusammen stehen:
wir konnten viel, wenn wir zusammen stfinden
Schiller 14, 298 (TeU 1, 8, 488);
5 Ott ^b' euch seinen guten geist,
ast ihr susammon stehet dreist. . . .
euch selbst su schQtsen ohn' abiaMung
ROCKBHI I 114
b) entspreehends ausdrücke im sinne des gegentaties und
der feindsdu^/t,
o) tunäekst wider einen stehen, star« eontro aleun«
eioi rtsistsrgli, fargli testa Krämer diet. i, M0'. besonders
frilhnhd.: Wider einen slon assistere contra alifttem
Maaler 880*. häufig perfrctiver bedeutung nahekowmimd,
so vom kämpf: da stimdon ilip kindcr Ammon und Moab
1577
STEHEN (II, C, 3, 6)
STEHEN (H, C. 3, b-c)
1578
\Tider die vom gebirge Seir, sie za verbannen und zn
vertilgen 2 chron. 20, 23. vom rechtsstreit: am gricht wider
einen ston und handien, ein r&chtshandel wider einen
haben, inferre aborium Maaler 389 "i. urui sonst in
mannigfachen nuancen: oder wenn ich etwas falsches
gethan hette . . ., würdestu selbst wider mich gestanden
sein (^>:.Q 2»»rin nriSi 2 Sam. 18, 13; denn es stehen fal-
sche zeugen wider mich (»a^oa), und thun mir unrecht
ps. 27, 12 ; da stunden sie wider den haufTen, und wereten
dem volck die sfinde, und stilleten die schedlich auffrhur
Jesus Syr. 46, 9; wenn schön die gantze weit wider mich
stünde, und mich angrieffe Luther 24, 22, 15 Weim. dabei
kann stehen dann in die bedeutung 'stand halten' übergehen,
vgl. A, 11, c und unten i, c; so z. b.: und in deiner band
ist krafft und macht, imd ist niemand der wider dich
stehen müge (2S\in*7 ^ey ]'si) 2 chron. 20, 6. auch mit
unpersönlichem subject: also wil das evangelium gantz
wider uns steen Luther lO, 8, 276, 28 Weim. — in der
neueren spräche dafür gegen, s. unten y. andererseits
lebt wider fort in der untrennbaren Zusammensetzung
i^iderstehen, s. das.
ß) ebenso wider etwas, z. b. : wider gottes willen Span-
genberg griech. dra-men 1, 107 unter I, B, 2, /, a, cc. in
der alten spräche auch mit dat.: unde Finees stuönt
uuider domo unrehte Xotker 2, 455, 22 Piper {ps. lOö, 30).
ungewöhnlich: du solt auch nicht stehen wider deines
nehesten blut 3 Mose 19, 16 (ij^i et':*; "'CV-Z **^ 'nodi (tm
gericht) auf dem, tode deines nächsten bestellen' Kautzsch);
ja es war mit den sonst imüberwindlichen dapffem
Römern . . . dahin kommen, dasz sie Italien verlassen . . .,
wenn nicht . . . Scipio Africanus mit seinen sieghafften
Waffen darwider gestanden, und den rath zu Rom ge-
zwungen, das vatterland zu beschützen Schuppius
sehr. 781.
y) für wider ist jetzt gegen üblich geworden, dies tcird
in der altem spräche mit dem dat. verbunden und hat
zunädist rein örtlichen sinn, s. A, 7, b, d: gegen einem
stehen, stare contro, it. dirimpetto di uno ö ad uno Eraii er
dict. 2, 928^; z. b.:
im snlt onch niht vergessen, swa; ir habet getan,
and 8ult vil vlisecllchen da gein gote stän
Nib. 1794, 2.
so vohl auch: meine lieben und freunde stehen gegen
mir, und schawen meine plage (ncp' »yj: -iJ-iD 'treten ab-
seits bei meiner pein Kautzsch), und meine nehesten
tretten ferne ps. 38, 12. andrerseits auch schon bei Luther
vom kämpfe (und zugleich mit dem acc.): und der streit
nam über band desselben tages, und der könig stund
aufiF dem wagen gegen die Syrer l kön. 22, 35. häufig in
neuerer zeit vom kämpfe: Nicolaus Piccinini, feldherr des
herzogs Philipp . . . stand gegen die päpstlichen und
florentinischen truppen unfern von Arezzo Göthe 35, 307
(Cellini 2, anh. IV); ihm {Gracchus) zeit zum entrinnen
zu geben, warfen seine beiden begleiter . . . auf der
Tiberbrücke, da wo- einst Horatius Codes allein gegen
das Etruskerheer gestanden haben sollte, den Verfolgern
sich entgegen Mommsen röm. gesch. 2*, 124. vom vnld
bei der jagd: gleichnisz vom eher, welcher muthig gegen
die Jäger steht Göthe 41, l, 295, li Weim. gerichtlich:
eis. gejen eine ste(n) als belastungszeuge auftreten Martin-
Lienhart 2, 565»; du unverständiger bastard . . ., meynst
du, wenn ich gegen dir stünde, irgend eine meynung,
die man von deiner treue, tugend oder rechtschaffenheit
gefaszt haben kan, würde deinen werten glauben ver-
schaffen, wenn ich läugne Wieland übers, l, 116, 38 Berl.
(kön. Lear 2,3); gegen einander stehen (vor gericht)
Kramer dict. 2, 939»: als oft zwo parteien im rechten
mit klag und antwurt gegeneinander steen {'prozeszfüJiren')
iirol. toeisth. 4, 717, 10. auch mit unpersönlichem subj.:
die starre
unwandelbare regel der natur
steht gegen mich
Schiller 5, 1, 9 (don Karlo$ 1, 1, 102).
<J) tuu>eilen hat gegen nicht den »inn der feindschaß
und entgegensetz U7ig, sondern der vergleichenden gegenüber-
0tellung:
ja, sprecht ihr, disz sind weisse raben, und gegen eine, die was
nützt,
stehn allzeit tausend solche klötzer, woraus man keine tugend
schnitzt
GüNTBEB 4S6, vgl. Stbimbach 2. 668.
wieder anders mit folgendem vergleich, so dasz eine 'pro-
portion entsteht: übrigens sagte ich neulich zu Meyern,
wir stehen gegen die neuere kunst wie Julian gegen das
christenthum Göthe bri^e 15, 201, 3 (an Schiller d.
18. jnärz 1801 \
e) für gegen einen stehen auch einem entgegen stehen,
jetzt getcöhnlich in 1 wort zusammengeschrieben, s. th. 3,
536. entgegen stehen, contra stare Steinbach 2, 668,
«. Spreng Ilias 107'' unter I, B, 3, b, y. ferner: nein,
(sagte sie) Phillis ! nein, ich will nicht eigensinnig deiner
liebe entgegen stehn Gessner 2, 52 (Daphnis l). — gegen-
über stehen, s. 2, ä, ß.
c) vor einem stehen, stds die eigentliche bedeutung
(s. A, 7, b, y, cc) festhaltend, doch mit besonderer beziehung.
(in der älteren spräche wird für vor oft für, für ge-
schrieben und umgekehrt, für die einordnung ist nicht die
Schreibweise, sondern der nachfolgende casus entscheidend.)
ä) vor gott stehen, um ihm zu dienen: die engel
stehen vor gott Kramer dict. 2, 928«; taasent mal tausent
dieneten jm, und zehen hundert mal tausent stunden
für jm Dan. 7, 10; und ich bin Raphael, einer von den
sieben engein, die wir für dem herrn stehen Tob. 12, lö ;
zur selben zeit sondert der herr den stam Levi aus, . . .
zustehen für dem herrn, jm zu dienen und seinen
namen zu loben ö Mose lO, 8; denn euch hat der herr
erwelet, das jr für jm stehen solt, und das jr seine
diener und reucher seid 2 chron. 29, 11 ; vgl. l kön. 17, 1
18, 15; Sacharja 3, l;
drum eh ihr auszieht und dem feind begegnet,
steht erst vor dem, desz aug' die herzen probet
RÜCKERT 1, 29 (geh. ton. 45);
wir müssen den staub über den staub erhöhen, bis wir
wieder vor dem stehen, der nicht könige und bettler,
nur gute und böse kennt Hebbel 3, 234, 7 (Agnes Bern.
5, 10). — zuweilen hat die Wendung auch den sinn, dasz
man gott zum zeugen anruft (an y anschlieszend) : ich
zittere, nicht für mich, ich stehe vor gott in meiner
Unschuld Göthe lO, 56 (Clav, i, 2).
ß) ebenso steht der diener vor dem irdischen ?ierm:
vor dem könig stehen Kram er dict. 2, 928"=. doch scheint
die ausdrucksweise eine eigenthümlichkeit des biblischen
Sprachgebrauchs: unser herr sage seinen knechten, die
für jm stehen, das sie einen man suchen . . . l Sam. 16, 16;
lasst sie meinem herrn könige eine dirne ein jungfraw
suchen, die für dem könige stehe und sein pflege
1 kön. 1, 2; vgl. Esth. 4, 5; Sprüche Sal. 22, 29. ungewöhn-
lich in umgekehrter beziehung, schützend für jem. ein-
treten (= d, «):
so lobesan es auch, dasz kaisers majest&t,
ein ehrbar rittersmann, vor seiner frauen steht
Z. Werner Cnncffunde 113.
y) sehr gewöhnlich und allgemein üblich ist vor dem
lichter, dem gericht stehen, vgl.: vor dem gericht ston
unnd wider einen klagen, consistere cum aliquo in iudicio
Maaler 390''. so vom klüger, s. Kleist Käthchen v. Heil-
br. 1, 1 unter 1, B, 3, /. y, dd. gewöhnlich indessen vom
angeklagten:
stuamt drühtin innan thes in nnar fora themo biskofe thar,
Otfrid 4, 19, 1 ;
SO sol er in der stad wonen, bis das er stehe für der
gemeine für gericht Jos. 20, 6, vgl. 9 und 4 Mose 35, 12
unter I, C, 3, d, a, ferner ap. gesch. 24, 20; Luther hatte
schon vor kaiser und reich gestanden, ehe Zwingli eine
anfechtung erfuhr Ranke deutsdie gesell. 3, 47. dazu auch:
vor niemand stehst du, in dem augenblick,
der einen fehltritt nicht verzeihen könnte
Kleist zerbr. kr. 9, 1253 ;
wenn du nicht jetzt gerichtet vor mir ständest
Hebbel 3, 312 (Gyge* 4, v. 1372).
vom 'jüngsten gericht' gottes: und ich sähe die todten
beide gros und klein stehen für gott (sazcüzag iv<u7uov
xov 9q6vov),. . . und die todten wurden gerichtet . . .
nach jren wercken offenb. Joh. 20, 12; wann all werden
wir sten vor dem gericht Cristi erste d. bibel 2, 52, 35
1579
STEHEN (II. C, 3, c -d)
STEHEN (II, C. 3. (V:
1580
Kurrtlmeyer (Böm. 14, 10); Paulus aber sprach, ich stehe
für des keisers gerichte (hardg inl xov ßrifxaxoq xalaaQÖq
el/u), da sol ich mich lassen richten ap. gesch. 25, lO;
ach bmder ! stund ich doch nur ietzo vor gerichte !
Günther 554.
dafür sinnlieher vor den schranken stehen, s. schranke
S, a, th. 9, 1635: zunächst verwies mich das gericht wegen
meines Überfalls auf zwei monate ins gefängnis, wie
ich da vor den schranken stand, . . Speck z%oei seelen 114.
auch bloszes stehen, s. l, c, ä.
6) anderes: laszt uns ein stück wählen; wir wollen
es auf der stelle spielen, jeder musz sein möglichstes
thun, als wenn er vor dem gröszten auditorium stünde
GÖTHE 19, 21 iWüh. Meister 4, 2); ähnlich:
wer wird k&nftig vor uns stehen?
wer stimmt unser seytenspiel,
wenn die kunst zu grabe gehen,
und der meister sterben will?
B. Neukirch ged. (1744) 19.
ferner:
Faust . . . (auf die sphinxe deutend)
vor solchen hat einst Oedipus gestanden
GöTHE 41, 121 (Faust II. 2).
e) eigenthütnlich ist folgende ausdrucksweise: er {Schtoei-
nicken) hatte nicht wie ein Slave, sondern als ein
Deutscher getrunken, vielleicht noch stärker als sein
herr, — denn er hatte nach damaligem brauch seinem
herrn 'vor dem trank zu stehn', d. h. demselben beim
zechen aufzuwarten und seine trinkduelle auszufechten
Freytag 17, 299.
rf) stärker verblaszt ist die eigentliche, sinnliche be-
deutung in der häufigen Verbindung für einen (bezw.
etwas) stehen, die i?i verschiedetien nuancen vorkommt.
a) für einen eintreten, ihn schützen, dabei liegt wohl
ursprünglich der begriff 'schützend vor einen hintreten'
(also perfectiv) zu gründe, doch wird er nicht mehr
empfunden, eher der begriff der Stellvertretung, s. ß.
ich rauo; et aver die not bestän,
als ich vil dicke hän getan
da ich vür minen vriunt stuont Iw. 2471 ;
es enmac nieman ein ambet vüeren,. . .
e; muos der herre vUr in st&n
Tbichner 1Ö7;
Michael . . . kummbt mir zuo hilf, jtem der gros fürst
Michael steet für die kind deines volcks Berthold v.
Chiemsee tewtscJie tlieol. s. 158 (aus Dan. 12, l); ego qui-
dem sum damnatus. aber do secze ich eyn kleynes
kyndleyn vor, qui est in sinu Mariae . . . das kyndleyn
stehet vor mich Luther 84, 2, 498, 22 Weim.; ich habe
diesen armen bauern gepredigt, dasz sie bis auf den
letzten mann für ihren könig stehen ... müszten
Arndt i, 31 Rösch;
der guter höchstes dürfen wir vertheid'gen
gegen gewalt — wir stehn vor unser land,
wir stehn vor unsre weiber, unsre kindcr!
Schiller 14, 329 (Teil 2, 2, v. 1287/),-
vgl. auch Fischart flöhh. 1768 unter i, B, 2, /, u, cc.
sprichwörtlich: ein jeder stehet für sich selber, gott für
uns alle Petri 2, 203; ein jeder stehe fü^r die seinigen,
gott ffir uns alle Mathesius Sarepta 130**. für etwas:
(britfe) darinnen der k6nig den joden gab, wo sie in
stedten waren, sich zuversamlen und zu stehen für jr
leben {'ihr leben zu verteidigen' Kautzsch), und zu ver-
tilgen . . . alle macht des volcks . . ., die sie engsteten
E*th. 8, 11, vgl. 9, 16;
wer f&r gut, ehr und land
und leben mit mir «teht, wer seinen geist zu pfand,
vor riihm und freybeit setzt . . .
A. Grvphiuh (1698) 1, 10 (Leo 1, 1, v. 189); vgl. 198;
und bleibt er im entschlnsz unbeugsam, fest —
er steht fttr das, was er als recht erkannt
CoLLiN Coriolan 11.
mU »äehliehem »ubj.: denn jr gewissen stehet für mich,
wider sie selb« Luther as, >70, 19 Weim. jo mehr im
tinne der Parteinahme: seine (MontU) freunde und Ver-
ehrer stehen dagegen fitr die romantiache partei und ver-
sichern, seine eigenen besten werke seien romantisch
OöTHE 41, 1, 187, 8 Weim.; alle damen waren Mozar-
tisUnnen . . , Angela stand für Beethoven, unterstützt
von dem greisen Violoncellisten und mir Stiktkr i, so.
ß) für einen stehen, an eines stelle, ihn vertreten;
wiederum verschieden nuanciert, vgl. Zwingli l, 266 unter
I, B, 1, /, y. in eines namen stehen, vom abgesandten eines
herrn oder votn getoählten Vertreter eitver gesammtJieit :
Preising. ich stehe hier für den herzog von Baiern
Hebbel 3, 217, 10 {Agnes Bern. 5, 2);
es grUszt das röm'sche volk, ftlr das wir stehn
(als volkstrilmnen) . . .,
als des reiches fürst
Andronicus . . .
Shakesp. 6, 3 (Tit. Andr. 1, 1).
in ähnlicJiem sinne: ich stehe hier in den angelegen-
heiten eines grösseren herrn Schiller 2, 182 (räuber 5, 1).
in der älteren spräche andrerseits mit unbestimmtem
subst., als etwas fungieren, gelten, vgl. oben 1, a. so mnd.,
S. SCHILLER-LÜBBEN 4, 362»:
freier:
dar ik vor tughen mydde stout
Braunschw. schichtsp. 1528, «. I, B, 3, a, (*.
ja was noch ärger, denen ich
doch stets für freund gestanden,
die gehn zusammen wieder mich
Opitz 3, 161 (ps. 38, 20);
eis. ich will nit ste(n) für ne Martin-Lienhart 2, 565».
y) sehr häufig im sinne 'für einen bürgen': für
einen stehen: stare cioe rispondere, proTnettere per
uno Kramer dict. 2, 928''. zunächst von gerichtlicher
bürgscliaftsleistung (für einen Schuldner u. sotist) : daran
ig. ain gut genügen gehabt hat u. ist uns für sich u.
seine sün gestanden oberbayr. arch. 25, 136 (urk. v. Inders-
dorf v.J. 148G). übertragen (doch mehr im sinne ß):
ich bin dir schuldig, ach ! die hauptsumm und die fruchte.
dafem ich auch verkauffen weit
was ich besitze; wird kein gold,
kein geld, kein blut den ausstand, herr, erreichen.
ein bürg, ein zahlmann steht fUr mich,
der durch den tod versöhnet dich
A. Grvphiüs (1698) 2, 422 (son. 4, 59).
sonst, wofür liaftbar sein:
bei dem verluste ihres rangs und adels
wird jede mir für ihre fUrstin stehn
Schiller 5, l, 51 (don Karl. 1, 6, 1064).
gewöhnlich in freierem sinne, als nadidrückliche betheuerung.
dasz jemand zuverlässig ist, etwas t/iun xcird u. o. : er
(Marbod) hätte den Römern ausdrücklich versprochen
ihnen für diese st&dte zu stehen Lohenstei.n Armin.
2, 375»; übrigens versprach er so viel truppen zu schicken,
als er entbehren könnte, und sie so zu wählen, dasz er
für sie stehen dürfte wie für sich selbst Schiller 4, 122;
ich stehe für ihn: er würde seine frau auf bänden
tragen Bauernfelu ges. sehr, l, 30 (leichtsinn aus liebe 2, 2) ;
Günther, wo sind denn meine knechte?
Kriemh. wohl versorgt.
Hagen, mein bruder steht für sie.
Etsel. und ich, ich stehe
für meinen koch
Hebbel 4, 302 (Mbel. III, 4, 19).
so auch (mit unpersönl. subj.):
gesetzt auch Griechenland sucht in dir ein verbrechen;
dein herz wird für dich stehn, dein wandel für dich sprechen
J. E. ScMLEüEL 1, 4« (Orett u. Pj/l. 4, 1).
6) sehr häufig auch für etwas stehen : ich stehe darfUr,
ich will dafür stehen, io ci rispondo Kramer diet. 2, 988'':
ich stehe dir vor das, fidem meam pro hoc interpono
Steinbach 2, 668; 'ich stehe dafür, bin gut di\für; im
gemeinen leben, stehe dir gut dafür" Adelung (8, 2, 4).
ebenso mundartlicli . österr. ea(r) schdehd daiia(r) bürgt
dafür Castelli 884; nd. ik stae darvör 'icA iiin bürg«
dafür' DÄHNERT4Ö6''.
aa) tunächst im eigentlichen »inne: fUr eine sohuhi
stehen, rispondere, promettert per un debito KuAMEHa.irc
überhaupt, eine tahlungaverpflichtung übernehmen: we . . .
bekennen dat we . . . unsen leven getruwen stan vor
koste, de se hebben uppe dorne sloto to Wofel' (Woffeti-
büttel) . . . undo wad se koste liden . . . dar willen we
se von gutlikon entledigen Suubndorf urkundrnb. b, no. s
{vom j. 1874); nach dem fraget der künig Salonion die
bürgen, unnd sprach: ob sie verstanden hettcn. warumb
unnd für was sie dieses orts von Jesu zu bUrgen fUr-
gesetzt worden weren, nemlich. nicht allein zustehen
für die Unkosten, sondern auch fUr alles das so ge*
1581
STEHEN (II. C. 3, d)
STEHEN ai. C. 3, d)
1582
urtheilet wird Ayrer hist. proe. juris (1600) 322; nur jage
die Jette fort, ich will für alle Unkosten stehen Lichten-
berg briefe 2, 4 (vom 9. apr. 1782); wenn nun aber diese
leute auch an ihre Sicherheit denken, wenn sie nun
auch wissen wollen wer mir und ihnen für eine so
grosze summe steht Göthe 14, 172 {groszcophta 3, 2)- unde
hie stunde sick unde den synen vor scaden Lappenberg
brem. gesckichtsqu. 130 (vgl. Schiller-LCbben 4, 360», 6).
gewöhnlich in freierem sinne, s. unten cc (ähnlich in
neuerem nd.: to'm schaden staan 'für den schaden ge-
recht Verden' Dähnert 455*"). — wofür haften, mehr oder
minder juristisch gefaszt: wa; ein man anderes lonis
schuldic ist, . . . dag mac nimant me behalden nf den
heiligen zu rechte; ein iklich man stet davor mit sime
rechte Freiberger stadtr. a. 2ö7, b (XLIX, §4); als sich
der burggraf erboth, ihm mit all seinem haab und gut
dafür (für s. persönl. Sicherheit) zu stehen M. J. Schmidt
gesch. d. Deutschen 3, 349; ist ein haus abgebrannt, so
steht ihr mir dafür mit eurem köpf Herder 23, 112;
vgl. auch:
dein leben steht für sie (du mutzt mit deinem leben für
tie hßften)
Gotter 2, 50.
bb) sehr häufig in dem freieren sinne einer nur mora-
lischen Verpflichtung und nachdrücklichen Versicherung,
dabei weist die redeicendung iciederum verschiedene nuancen
auf. für etwas stehen kann zunächst bedeuten: die Ver-
pflichtungen, die sich daraus ergeben, übernehm,en, so z. b.
in bezug auf eignes thun für sein wort stehn: sollte ich
etwann nicht der mann seyn, der für sein wort stehen
könnte? Petrasch lustsp. (i'65) l, 465 (pantoffel 3, 3); ja,
ja, das sagten sie, und ein mann steht für sein wort
Wieland 19, 59 (Abder. i, 5). ebenso: verspreche er mir
nichts, wofür er nicht stehen, und worauf ich mich nicht
verlassen kann Gottl. Stephanie d. j. s. lustsp. (i77l) 22
(die werher l, 13) ; war das menschengeschlecht in Jesu
zur Seligkeit geschaffen: so ward er im entwurf einer
ewigkeit, in der alles gegenwart ist, dieses plans bürge
und ausführer. er stand gleichsam für sein geschlecht:
himmel und erde sollten versöhnt . . . werden, für den
plan stand er Herder 7, 383. für die folgen stehen 'sie zu
verantworten haben, die guten folgen verbürgen Campe (l):
könnte ich noch vierzehn tage hier bleiben, so hätte
ich es doch durch zu setzen gesucht und für die folgen
gestanden Göthe briefe 9, 190, 5.
cc) zuweilen bedeutet für etwas stehen 'sich verbürgen,
dasz etwas nicht der fall ist oder geschieht, dafür haft-
bar sein, wenn es geschieht': versündigt habe ich mich
mit meinen äugen, seit meines hierseyns, noch nicht . . .
zwar für unerkannte augensünden stehe ich auch nicht
Lichtenberg briefe i, 25; ob denn auch bei mir jene
eitelkeit eintreten wird . . . ? man kann freilich für nichts
stehn, am wenigsten für irgend eine menschliche schwäche,
allein ich glaube es doch nicht Tieck 7, 192. ähnlich:
ein herr wäre wahrlich übel daran, wenn er für alles
das stehen müszte, was seine einfältigen bedienten um
den küchenherd von ihm posaunen ThCmmel reise 6, 35.
80 in einigen festen redewendungen ; bes. für schaden
stehen, vgl. oben aa:
ach, Fridranna, mScht es gesein,
das du mit den junkfranen dein
mit uns woltest zn dem wein gen !
mir wellen für deinn schaden sten,
dasz da (I. dir) niemat laides spricht
fagtn. fp. 449, 31.
gewöhnlich in verneintem oder fragendem satze:
sie safren, es ist nicht gut in der nacht zu gehn,
man könnte mir da nicht für schaden stehn
TiKCK 2, 360 (Rothkäppchen 6).
für gefahr: hat ein könig witz, wer steht uns für die
gefahr, dasz er deswegen einen ungerechten aussprach
thut, weil er einen witzigen einfall dabey anbringen
kann? Lessing ii, 749; ich . . . weisz, wie ihm ohne
gefahr beizukommen ist; ich stehe euch für jede gefahr
H. Steffens was ich erlebte 3, 87. ähnlich dann in Ver-
bindung mit neutralen ausdrücken, wo negative und fra-
gende tcendungen den sinn der ungewiszheit und der ab-
lehnung der Verantwortung haben: da jedoch niemand
fBr den zufall stehen kann, so hängt es, möcht ich
sagen, blosz davon ab wie serenissimns die sache an-
sehen Göthe briefe 11, 136, 19;
denn was geschehn ist, ist geschehn,
und wer kann für die zukunft stehn?
A. V. Droste Hülshoff 1, 155 (kinderfp.).
dd) geicöhnlich nimmt für etwas stehen dagegen um-
gekehrt den sinn an 'dafür einstehen, dasz etwas der fall
ist oder geschieht', so steht man zunächst für sein eigenes
thun: Laszberg will jetzt, dasz ich seinen 'liedersaal' . . .
verhochdeutschen soll, und zwar unter seinen äugen, wo
er dann für die richtigkeit und ich für die harmonie zu
stehen hätte A. v. Droste -Hülshoff briefe an Lev.
Schücking s. 235. für das handeln u. s. w. andrer: wissen
sie auch, dasz ich für die treue meines liebhabers stehe?
Gellert 3, 99 (d. zärtl. Schwestern 3. 14) ; Valer. wenn ich
es getroffen habe, wovon die rede ist, so will ich für
den gehorsam meiner Schwester fast stehen. Laura, da
wagst sehr viel, bruder. weit eher könnte ich für deinen
ungehorsam stehen, und eine sichere wette darauf ein-
gehen . . . Lessing l, 382 (d. misog. 3, 8); sein onkel sei
der general K . . ., für dessen einwilligung er stehe Kleist
3, 259 E. Schmidt; ferner: so steh' ich für des königs,
wie für eure genesung Klinger neues theat. i, HO (Ro-
derico l) :
ich fände mich gewisz nicht ein,
und sollt ich zwanzig schätze heben,
wer stünde mir denn für mein leben?
Gkllbrt 1, 213.
für die Wahrheit (einer aussage) stehen, vgl. ThCmmel
reise 3, 503 unter I, B, 3,/, y, bb; als ich wieder hinunter
kam, setzte man mir auch Falemer wein vor; für die
ächtheit will ich indessen nicht stehen Seume 2, 127
Hempel. in ähnlichem sinne: dafür stehe hier ein altes,
recht schauderhaftes schottisches lied, für das ich schon
mehr stehen kann, weil ichs unmittelbar aus der Ur-
sprache habe Herder 5, 172.
ee) sehr häufig %cird das, wofür man in diesem, sinne
steht, durch einen inhaltssatz (mit oder ohne hintceisendes
dafür) ausgedrückt: wenn du (schäfer) mich (d. wolf)
aber anstatt deines verstorbenen hundes in dienste nehmen
willst, so stehe ich dir dafür, dasz sie (d. andern wölfe)
keines deiner schafe auch nur scheel ansehen sollen
Lessing l, 161 (fab. 3, 19), s. auch 2, 48 (Sara Samps. 3, 5);
dafür, dasz er dem unternehmen (Schlegel der übers.
Shakespeares) gewachsen ist, glaube ich stehen zu können
Wieland an H. Geszner, s. Zolling Kleist in d. Schweiz
s. 122. besonders mit Verneinung : dasz das, was jemand
sich selbst oder einem anderen sagt, wahr sei, dafür kann
er nicht jederzeit stehen, (denn er kann irren); dafür
aber kann und musz er stehen, dasz sein bekenntnisz
oder geständnisz wahrhaft sei Kant 6, 154. besonders
häufig in fragender form: ich musz nicht vergessen, den
bettel zu vernichten . . . wer steht mir dafür, dasz eigner
mangel mich nicht einmal verleiten könnte, gebrauch
davon zu machen? Lessing l, 518 (Minna v. Bamh. l, 7);
wer steht uns denn überhaupt davor, dasz er gar ge-
tauft sei? HoLTEi erzähl, sehr. 5, 134. häufig ist der in-
halt durch einen unabhängigen satz ausgedrückt: sollte
es ihnen glücken , nur einmal diese (d. urschönheit) zu
sehen: so stehe ich dafür, alle jene . . . häsziichkeiten . . .
werden augenblicks verschwinden Herder 17, 157 (human,
br. 82). durch vorausgehenden hauptsatz: roth wird seinet-
wegen kein tag im calender des herrn v. W. gefärbt
werden! dafür steh ich! Hippel lebensläufe Z, bl2. mit
indirectem fragesatt (ob statt dasz): eine schnelle röthe
— ich stehe nicht dafür, Eduard, ob nicht der grund
davon in dem bewusztseyn zu suchen war, das ihr von
ihrer ersten unruhigen nacht zurück blieb — überzog
das engelsgesichtchen Thühmel reise 2, 230. selten in
dem umgekehrten sinne einer negativen Versicherung (ent-
sprechend cc): dasz man aber vielleicht ab der unhöff-
lichkeit wolte grosz klag einfahren, da kan ich für mein
person warlich nicht darfflr stehen, ich hab es nicht ent-
worfen noch viesiert, sonder gereutert, gereimpt und
explicirt Fischart 8, 16, 12 Hauffen (Eulensp., vorr.);
vorher aber entfernen sie dies vierbeinigte Ungeziefer,
denn ich stehe nicht dafür, dasz ich nach den bestien
trete, wenn sie mir zwischen die beine fahren Holtki
erzähl, sehr. I, 49.
1583
STEHEN (II. C. 3. d)
STEHEN (II, C. 3. d—i, b)
1584
jy) allgemeine ausdruckstceisen: für alles stehen: der
bräutigam liesz mir durch den herrn bflrgemeister sagen,
er wolte nicht hoffen, dasz mich iemand von den herrn
hochzeit-g&sten würde touchiret haben, ich solle ihn
doch nur sagen was mir w&re? er wolte vor alles stehen
Chr. Reuter Schelmuffsky s. 61 netidr. — bes. häufig:
ich stehe für nichts, 'ich mache mich für nichts verant-
wortlich, ich verbürge mich für nichts' Campe (l); bis
dahin ist mein loos entweder nach meinem eignen sinn
entschieden, oder — ich stehe vor nichts Wieland 39,
177 {Krates u. Hipparch. 8); sollte sie indessen der zufall
alle so glücklich lenken, so steh' ich dir für nichts
Klinger 4, 79 (Raph. de Aqu. 2, 4):
Herrn. Ventidius hat ganz recht, wahrhaftig,
sein Schäfchen, für die schurzeit, sich zu kirren.
Thugn. nun, der wird doch den köpf mir selber nicht — ?
Herrn. Ventidius? hm! ich steh' für nichts, mein kind
Kleist 2, 371 E. Schmidt (Hermannsschi. 3, 3, 1036).
s) für bloszes stehen auch gut stehen, dies läszt sich
aus Vermischung mit für etwas gut sein oder gut sagen
(». sagen 3, b, tli,. 8, 1655) erMären; doch hindert nichts, in
stehen eine art hilfsverb zu sehen und die Verbindung den
unter 13 behandelten gleichzustellen, für einen gut stehen :
der Jude bittet um erlaubnisz, ihn (d. edelstein) einem
kenner zu zeigen, und einer, der dabei sasz, sagte : 'ich
stehe gut für den Israeliten, der stein mag werth sein,
was er will.' der fremde sagte: 'ich brauche keinen
bürgen' Hebel 2, 156; wenn sie mich . . . zum zorn
reizen sollten, so könnte ich nicht für mich gut stehen
Pocci lust. komödienbüchl. 3, 16; es kann kein mensch
für den andern gutstehen, auch für sein eigenes blut
nicht Zahn Luk. Hochstraszer 97. österr. guad schdehn fia(r)
an 'n Castelli 234. — für etwas, vgl.: 'für etwas stehen,
dafür gut sein oder sagen, nicht so gut sagt man, für
etwas gut stehen' Campe (l); mundartlich, Schweiz, eim
für öpis guet-sto, bürgen Hunziker 255; in Basel Seiler
279''; jetzt, wo sie gar nichts wagt, und das päpstliche
et in integrum restituimus ihr für allen schaden gut
steht ThOmmel reise i, 177:
wir sind genug und steh'n euch gut,
für jeden tropfen bluts, bis auf den einen,
von dem die mücke lebt
Hebbel 4, 266 {Nibel. III, 3, 12);
wenn mein söhn für mich auch dieses mal . . . ein
räthscl ist, dafür steh' ich gut — eine unedle handlung
mit bedacht zu vollziehen, dessen ist er nicht fähig
M. V. Ebner-Eschenbach 2, 302. so aucJi: ich rede nicht
von jenen verfehlten tragödien, . . . auch ist hie und da
wohl ein zug oder eine scene gelungen, die für das ganze
dann gut stehn müssen Tieck 4, 287.
5) »ehr häufig ist die (auf a und ß beruhende) rede-
%Dendung für 6inen mann stehen von einer m^hrheit zum
augdruck festen Zusammenhaltens und solidarischer Ver-
bundenheit: wir stehen für einen mann, noi stiamo da
un huomo solo, cioi aiamo d'accordo e uniti di risolutione
e di forze Kramer dict. 2, 928''; wenn viele menschen
treulich vor einen mann stünden, und unter einander
die Verrichtungen sowohl und den genusz der guter also
aastheilten, wie es zu gemeinem besten ... am dien-
lichsten Leibniz deutsehe »ehr. 2, 48; wenn der könig in
Polen . . . mit Oesterreich vor einen mann stehe, habe
sich ganz Teutschland vor dieser conjunctio zu fürchten
1, 188; weil wir Deutsche nicht zu rechter zeit alle für
einen mann stehen und aufstehen wollten, und nicht
einträchtiglich und brüderlich zusammenhielten Arndt
»ehr. für u. an ». l. Deutschen 1, 238; anfangs hatte es
nicht anders geschienen, als würden sie (d. reiehsstädte)
alle noch einmal für einen mann stehen, denn das war
ihre alte regel, wenn eine von ihnen eine bcscliworde
hatte, sich alle für dieselbe zu verwenden Rankk 8, 114;
«. audi eav. im irrg. 616 unter I, C, 8, e, y. in freierem ge-
brauche, von Übereinstimmung bei »ehriflateüern ; auch in
ihrer anmerkung über diese worte, stehen beide für einen
mann; der eine sagt vollkommen eben das, was der
andere sagt LusiNO 7, 400 {hamb. dramat. SB), ähnlich
in dem frOhtattn beUge: wenn wir die cvangelisten und
Pulom so tarnen halten, das sie für einen man stehen,
■o leiden tie keine iuliHten, tropiston noch deutisten
Luther 26, 477, 14 Weim. — ungeicöhnlich mit attribtU:
da der söhn . . . seine tugend und tapferkeit vom vater
erbte, lernte und der ganze stamm überhaupt bei allen
gelegenheiten für 6inen braven mann stand Herder
5, 130. — auch ohne mann: wann darf sich ein könig
sicherer halten als wenn sie alle für einen, einer für
alle stehen? Göthe 8, 258 (Egm. 4):
denn immer datcht' ich, nur darum vereine
der Staat die menschen durch das bürgerband,
dasz alle stets für einen stehn
COLLIN Reffulus 5, 6, 2311.
ähnlicJi in Wien: wir steng'n alli aner für alli, wir halten
fest zusammen Hügel 156*.
e) den behandelten Verbindungen, die eine bexiehung
zu andern personen ausdrücken, schlieszen »ich reflexive
Wendungen an.
a) für sich (selbst) stehen, nach d, gew. im sinne d, y.
sondern das lere ich, das yderman sich selbs wisse zu
halten ynn diesem stücke und werck gegen die ober-
person und thu, was yhm gott befelhet, und las die ober-
herrn für sich selbs sehen und stehen Luther 19, MS,
11 Weim.; die erziehung wird bei uns um so leichter,
als jeder für sich selbst . . . stehen musz Göthe 25,
211, 29 Weim. (ausg. letzter h. 23, 150: als j. f. s. s. knechte
und mägde, diener und dienerinnen stellen musz) ; Fritz . . .
rief: . . . 'ich brauch keine mutter mehr; ich bin ein
junge.' und meister Daniel betrachtete etwas ängstlich
seinen jungen, der schon so früh für sich selber stehen
wollte Storm 7, 14.
ß) ähnlieh auf sich selbst stehen, zum auadruck der
'Selbständigkeit' (vgl. unten &, a, ß): darumb, das sie auff
sich selbs stehen, jr hoffnung auff jr eigen gute meinung
setzen Luther l, 25''; ah, was machen doch die gott-
losen, die auff jnen selbs stehen, sich auff jr werck
und Weisheit verlassen 5, 60*; wohl in irdischen Ver-
hältnissen gewöhnen wir uns zuletzt auf uns selber zu
stehen . . . ; in himmlischen dingen dagegen lernen wir nie
aus Göthe 25, 120 (aus m. leben 7); der wahre künstler
steht fest und sicher auf sich selbst 47, 320, 1 Weim.;
so lange er noch in schwerer läge auf sich allein stand,
durfte er seine kräfte nicht zwischen mehrere Unter-
nehmungen teilen Ludwig 1, 244:
im felde, da ist der mann noch was werth . . .
da tritt kein anderer für ihn ein,
auf sich selber steht er da ganz allein
Schiller 14, 57 {Wallenst. lager 11).
y) in ganz andern sinne findet »ich die redeweise in
der erzählungsliteratur des 15. — iß.jahrh., nämlich für
'schweigend und nachdenklich dastehen': Philostrato . . .
eyn kleyn auf im selbs stund (sopra se stes.10 alqttanto
stette) als der sich was bedächte, darnach zu ir sprach
Arigo decam. 265, 26 Keller (4, 3); do der herczog die pot-
schaft vernam dovon grosz gefallen het, doch auf im
selbes stund ob im eyn solchs zetän wäre oder nicht
(lungamente seco pensö se fare il volesse) 270, 24. ». auch
298, 26 (4, 9), .394, 24 (6, 7) und 632, 8 unter I, B, 8. d, y\
Philomena, als sye solche wort vernam, anhAb von
freüden zu erbidmen, lang auff ir selb stund, kein wort
reden mocht Wickram 1, 216, 22Bo2fe (Gabriotto n,=bucJi
d. liebe 23S^); die gefattcrin auff ir selber stund, als die
da weder ab noch zusagen kundte Montanus 74, 4 Bolte
(wegk. 31), s. auch 113, 13 unter I, B, 8, d, ß; der narr in
grossen ängsten war, nit gedcncken mocht wie er sein
sach angreiffen wolte, . . . also auff jhm selbst stund
buch der liebe 256''.
4) eine beriehung auf andre scMieaten auch freiere ge-
brauchaweiaen ein, die »ich an A, (10 und) 18 anachlieaxen
(also »treng genommen perfectiv).
a) stehn für das geiröhnliche bestehen, nicht tu falU
kommen, ohne nähen beatimmung , gana vereinadt in der
alten apraehe:
wände er (Adam) mit chranchen saehen dag wip
wolda ichuldich machan . . .
reht sam er fcstanden wnr« ob «j niht wer«
fCMcheben von ir alwara
ttna. 16, 16 Diemer, vgl. d. anm. und Wtener gtn. SO, lt.
b) ähnlieh vor einem stehen (können), wo indeaaen
stehen ntcht smrohl den grgettsatz tum fallen ata den tum
waichen meint, ao häufig in der apraehe dar bibetüberaeteunf
1
1585
STEHEN (II, C. i, b-c)
STEHEN (II. C, 4, c-e)
1586
und unter ihrem einflusz; doch in der regd verneint oder
fragend; zunächst ganz eigentlich: also, das die zeuberer
nicht kundten für Mose stehen (nso »jb": ri:^, so immer),
far den bösen blättern 2 Mos. 9, 11 ; und die leute zu
Beth Semes sprachen, wer kan stehen für dem herrn
solchem heiligen gott? 2 Sa wi. 6, 20; s. auch 2 kön. 10, *
unter I, C, 3, d, a; vor seinem zorn Xah. l, 6;
wenn der (Jegut) nicht in mir wäre,
so dürft and könt ich nicht
für gottes äugen stehen
und für dem stemensitz
P. Gerhardt 447, 4;
lasz dein gericht nicht über mich ergehen,
wer kan doch herr, wer kan doch vor dir stehen?
kein mensche nicht
Xeumark fortgepfl. musik.-poet. lugtic. 1, 42;
ich darf in jedem sinne vor ilim stehn
GÖTHE 9, 204 {Tasso 4, 2);
wie könnte ich jetzt vor mir stehen, der ich nie mit
wissen ein unrecht an mir litt, wie könnt' ich vor den
andern stehen, die mich scheuten und verehrten . . .?!
Stifter 3, 181. diese redeweise berührt sich nahe mit 3, c
und ist nicht immer scharf davon zu scheiden, wie ja
meistens die Vorstellung des Stehens vor einem richter
(3, c. y) vorherrscht.
c) stehen im kämpfe, nicht iceiclien, s. A, 12, c, wird sehr
geicöhnlich mit einem dutiv verbunden: dem feinde stehen,
wohl in anlehnung an die gleichbedeutenden ausdrücke
einem stand halten, widerstehen tind den gegensatz einem
weichen, diese jetzt sehr häufige Verbindung ist in der
alten spräche so noch nicht nachzuweisen, mhd. zuiceilen
gesten, vgl. gestehen 8, th. 4, l, 4210/. mnd. in ähnlichem
sinne mit präpos. bezw. präpositionaladverbien : {in derfabel,
2on pflanzen):
wu machstu {eiche) stän deme winde vore,
dat he di nicht entwe enbreket?
Gerh. v. binden 88, 24 Seelmann;
wente ek (d. tchUJ) mi der were begeve
to stände weder dem winde 35.
auch nhd. zunächst vor dem feinde stehen, vgl. oben b.
der dativ ist erst seit anfang des 18. jahrh. nachzuweisen:
einem stehen, stare ^ä pie fermo) ad uno cioe non cedere,
non rinmlare, star saldo, tener buono. er stehet dem
stärckesten mann Kr.\mer dict. (i702) 2, 927 = ; 'einem
stehen, ihn encarten, um ihm widerstand zu leisten, ihm,
rede und antwort zu geben u. s.f Adelung (l); weil er
mit aller gewalt händel an mir suchte, wolte ich ihm . . .
auf ein paar pistolen stehen cav. im irrg. (1746) 548; nach
einem dreytägigen Scharmützel muszte er (Christian IV.)
endlich bey dem dorfe Lutter am Barenberg dem feinde
stehen Schiller 8, 123; mit gleich lobenswerther tapfer-
keit focht der Franzos, der Rusz' und der Preusz'. der
musketier stand dem reuter, der reuter der kanone Hebel
3, 46; die hopliten standen dem feinde, bis ein flanken-
angriff des römischen elitencorps auch in ihre reihen
Verwirrung brachte Mommsen röm. gesch.^ 2, 46;
verruchter rauher, halt an, halt an,
und steh dem mann,
an dem du verdammnisz erfrevelt!
Bürger 81* (fied v. treue);
öfter in der Iliasübersetz., vgl. 151 •». 230». 231*;
wie steh'n wir dann der groszen Übermacht?
tCOLLiN Coriolan s. 61 ;
and wurmts dem (!) alten (d. pap»<), gut, ich
will ihm stehn,
wie tausend teufein ! — trotz sey ihm geboten !
Z. Werner Martin Luther (1807) 124 (2, 1).
nem nicht stehen können bedeutet demgemäsz in der
reget: iceichen, fliehen; vereinzelt attch für unterliegen,
fallen:
nur ein Cesar mochte Rom verderben,
nur nicht Brutus mochte Cesar stehn
Schiller 1, 132.
#0 hat auch stehen stellenweise den sinn 'einem gewachsen,
gleich stark sein': bisher waren Fritz Sengenbusch und
ich die besten ringer und klopffechter unter den alters-
genossen, wir beide waren uns gleich, wir 'standen uns'.
Heine aber warf uns einen nach dem andern, er 'wurde
uns über' M. Dreter Strand (i9io) 183. ebenso ungetcöhn-
lieh ist es. rcenn der dat. bei atehn nicht den feind be-
X. 2.
zeichnet, sondern den feldherrn. auf dessen ruf die fliehen-
den truppen nicht mehr hören:
Talbot (kommt), sie hören nicht — sie wollen mir
nicht stehn !
gelöszt sind alle bände des gehorsams
Schiller 13, 238 (jnngfr. v. Ort. 2, 5).
auch der waffe stehen {vgl. oben Hebel 3, 46) :
jeder scheute sich,
der lanze des gewaltigen zu stehn
Bürger 167 •>, 990 {xelrov yco iitldtotzw
SiQtuov (yX^S li- ö, 790);
Mnd abstracter:
das beer der grafen
steht dem kämpf!
Herder 25, 262 {voltsl. 1, 3, 7).
d) daran schlieszen sich freiere gebrauchsxceisen, besonders
dem stürm stehen, zunächst ganz eigentlich von bäumen
und andern pflanzen:
pralt ihr fichten, die ihr hochveraltet
stürmen stehet und den donner nekt?
Schiller 1, 178.
so im bilde:
denn du, ein biegsamer frühlingssprosz
bey kleineren dingen,
bist, wenn es gröszere gilt,
eiche, die dem orkane steht
Klopstock 2, 12 {öden 2, 6, 'fürgteräöb' , ttr. 4);
stürm dann auch übertragen, so vom kämpfe; fest und
technisch {nicht mehr als bild empfunden) vom angriff auf
eine festung:
die festung, wie sie ist, steht keinem stürm
P. Heyse Colberg i. 65.
sonst freier: schrek! — was kan der schrek nicht? . . .
und doch? — wenn er (d. alte Moor) auch diesem stürm
stünde? Schiller 2, 59 {räuber 2, l). so auch:
weh uns ! und wie dem ungewitter stehn,
das drohend uns umzieht von allen enden?
12, 80 {Piccol. 1, 3).
mit einem andern, gleichrcerthigen bilde:
eia starck, und freche wällen . . .
ihr mich nimmer sollet feilen,
euch zustehn ich bin gesinnt
Spee trutzn. (1649) 105.
dann auch ohne fortgeführtes bild dem Schicksal stehen
und ähnUeh:
nun, mit gott! wir wollen's wagen,
fest vereint dem Schicksal stehn
Körner 1, 66 Fischer ;
wir werden dann nicht mehr vor dem fatum zittern,
wir werden auf jedem fall ihm stehen B. v. Arnim dies
buch gehört d. könig (1843) 2, 448.
e) einem stehen tcird jedoch nicht nur in bezug auf
den angreifenden feind gesagt, sondern auch in weiterem
sinne, besonders in bezug auf einen frager, wofür genauer
rede, antwort stehen, *. unten 7, c. die eigentliche bedeutung
'stehenbleiben und einen erwarten, ihm nicht enticeiehen'
ist geicöhnlich deutlich:
was an ihnen (d. ftezen) leibhaft schien,
schmolz wie ein hauch im winde. — ich, ich wollt',
sie wären mir gestanden (would they had ftay'd)
Herder 23, 368 (Jfacö. 1, 3);
trifft man auch Proteus, gleich ist er zerronnen,
und steht er euch, so sagt er nur zuletzt
was staunen macht und in Verwirrung setzt
GöTHB 41, 163 {Fauet II, 2).
{fast im »inne 'begegnen, in den weg kommen':)
da ging er einstens Ober land,
ein tier war's erste, das ihm stand,
er fragt das tier: 'was ist denn leben?'
Anzengrubbr' 5, 302.
in bezug auf einen verfolgenden liebhaber; von einer kuh:
der erhitzte brüllende stier, . . . der die ihm nicht stehende
geliebte verfolgt Lessing 6, ll {lit. briefe l, 5). vgl.:
er {Wallemt.) bannet das glück, es musz ihm stehen
Schiller 12, 28 (Wallentt. lag. 6).
anstatt der person kann ein abstracter ausdruck eintreten.
einer frage stehen m. ähnl.: nun ists ja aber ein zu alter
kunstgriff, dasz, wenn der kleinmeister dem gespräch
nicht zu stehen weisz, er weghüpfet Herder in d.
Frankf. gelehrten anz. v. 1772, s. 393 neudr. ; dem gericht,
im verhör:
100
1587
STEHEN (II, C. 4. e—5, a)
STEHEN (II. C, 5, a)
1588
{Bohem.) du standst dem kriegsrecht, Arthur, im verhör?
und bist des glaubens noch? d.prinz v. Homb. weil ich
ihm stand !
Kleist 3, 74 E. Schmidt (pr. Fr. v. Homb. 3, 1, 842/.).
ähnlieh:
anlangend eure häm'schen falschen rUgen,
beweist sie, und ich stehe dem gesetz (.and I lie open
to the law)
Skaketp. 2, 190 {Heinr. VI., 2. th., 1, 3).
dem blick stehen:
Verräterin !
wagst du's, zu stehn deines vaters blick?
Grillparzer' 5, 79 (Argon. 3).
y") in ganz anderer, recht ungewöhnlicher bedeutung {vgl.
oben 3, a und 7, e) steht stehn mit dut. in seinem worte
stehen, es halten, erfüllen; oder auch es vertreten, dafür
einstehen: denn ob ich gleich so ziemlich meiner rede
stehe, so mag ich doch nicht, dasz sie allgemein werde
Knebel lit. nacM. 3, 65 {br. an Böttiger d. 3. febr. 1804);
ich gab mein wort, das wird euch doch gentigen?
wer zweifelt noch? ich stehe meinem worte
CoLLlN Coriolan 54;
wir schwören : stehn zu wollen den geboten
des lands, desz mark wir tragen in den röhren
ROcKERT werke 1, 18 (geh. son. 23).
ähnl. nd. tcestf. hai stfit em, 'er ist für ihn, unterstützt
ihn' WOESTE 253».
g) hier sei angeschlossen die im frühnhd. vereinzelt be-
gegnende fügung einem etwas stehen für das gewöhnliche
gestehen, zugestehen (eig. einem in bezug darauf beitreten,
zustimmen), vgl. gestehen II, 23 — 29, th. i, i, 4215 — 17. da
die gebrauchsweise sich nur von gestehen aus erklärt und
auf das alte nd. gebiet beschränkt zu sein scheint, ist sie
icohl durch abfall der vorsilbe ge- zu erklären, zunächst
mnd. einem eines dinges stän, *. Schiller-Lübben 4,
360», 5: unde des stondt em do de raidt, dat sze em dat
gesecht hedden Münst. chron. l, 271; unde wy wilt em
der woirde staen, dat se waer synnt 277, *. auch s. 269/.
dann in hochd. spräche: und nach solchem sinne that
er das uff alle unsere antwort, das er darauff riethe,
das man uns das so nicht stunde, als wir das vorbrachten
Spittendorff s. 399 {vom j. 1478); so atich (?).- da die
von Innungen und gemeinheit kein wörtlin stunden und
das auch so verwilligten \6b (1475). bei Luther scheint
ein ganz vereinzelter beleg zu begegnen, falls nicht druck-
fehler für sehen anzunehmen ist: das mAssen entwedder
hüben odder rasende leute sein, die ein ding suchen
und foddem, da es nicht ist, und nicht stehen wollen,
das es ist, und da man es yhn für die nasen stellet
26, 480, 23 Weim. noch später:
doch steh dem drachen nicht zu viel,
sondern fall ihm ins beste spiel,
durch deine hand von oben
B. RiNGWALDT lauter warh. 435.
das pari, gestanden ist eher zu gestehen zu ziehen, z. b.:
damit ich in darzä bracht hab, das er sich solichs Übels
berflmpt hat, ... in von newem beredt, das er seiner
red bisz an den galgen gestanden ist Wickram l, 168, 25,
was allerdings auch zu f gestellt werden könnte.
5) praepontionale toendungen, die eine beziehung zu
Sachen enthalten, zunächst solche, in denen der begriff
des fettatehena, der festigkeit vorherrscht.
o) athr häufig auf etwas stehen, anschlieszend an 2, i,
mit verschiedenen nuancen.
c) »ich worauf gründen, stützen, so bes. in der spräche
der r^ormationsteit, von den gründen einer Überzeugung :
meine gründe aber, darauff ich stehe ynn solchem stücke,
sind diese Luther 26, 826. 29 Weim.; so lasset ewer
Sache her kernen, spricht der herr, bringt her worauff
jr stehet (sr'ntoxy 'eure beweisgründe) Jes. 41, 21 ; nicht
eyn spitzle fflret er ausz der schrifft, das er sich gründet
und mich itortzet, so ich doch auff der schrifft htehc
und bleybe werke 10, «, B60, S Weim. (antte. auff k. Hein-
richs buch tau); ». ferner 10, 8, SOS. 9; 18, 804, 18; 19, 889,
8S umd 86, 866, 86; 677, 86. to auch {anders als l): noch
lebnylMta ond schreiest in alle weit, ich woll alle
doctores vorwerffen und allein auff meynem syn stehen,
OB alle tohrifTt unnd Spruch 6, 666, 8. »ein vertrauen
•Mmi^MOefi/ Mhendt ir die leUt welche allein stond
uff iren ausz wendigen gütscheinenden wercken, und
Übungen Keisersberg seelenpar. 128''; das er nit auff
seynem thun sthe, sed in gratia Luther 15, 569, 2 Weim.;
ich steh und hoffe steif und vest
darauf, dasz du die deinen
nicht endlich untergehen läszst
P. Gerhardt 439, 5.
juristisch, sich worauf berufen: item ofte yument wer,
de uns uth unsen guderen meynde tho setten, so en
solle wy nycht staen up unse besegelde breve, mer up
unse lange besyt cod. trad. westfal. l, 199 {Freckenhorster
hofesrecht vom ende des 15. jahrh.); ähnlich noch in
neuerer spräche auf seinem scheine stehen, vgl. unten tj,
dazu: er {Shakesp.) ist nirgends spekulativ, überall steht
er auf der erfahrung, wie Shylock auf seinem scheine
Ludwig 5, 76; es versteht sich also von selbst, dasz ich
auf ihrem wort stehe und beharre. . . . wie Shylock auf
seinem schein Lassalle *. briefe von u. an Herwegh s. 17.
/?) gelegentlich in demselben sinne auch auf einem
stehen, z. b. auf gott, *. Vogther unter I. B. l, /, a,
LOGAU 1. 8, 25 tmter II, A, 5, d; auch: arundo in scriptura
est talis homo, qui auff im selber sthet Luther 28, 6,
31 Weim., vgl. 3, e, ß.
y) daraus ergiebt sich dann iceiter die bedeutung 'tcorauf
bestehen, woran festhalten' ; zunächst an einer Überzeugung,
meinung, behauptung {nur in der älteren spräche): denn
er {Adam) stehet gentzlich auff der meinung, kan nicht
anders fälen noch dencken. denn er sey ewig verdampt
Luther 24, 97, 20 Weim.; denn wo wir diese gerechtig-
keit leren, do . . . faren sie dawider mit jrer gerechtig-
keit, ... die der vernunfft gemes ist, darauff stehen
sie so storrig, und knorrig, das jn nicht kan eingehen,
was man jnen sagt oder singet 37. 441, 13; denn sie
stehen drauff {nsnsiafisvog yÜQ iaziv [6 ).a6g]), das
Johannes ein prophet sey Luc. 20. 6; die Mahometaner
stehen darauff. dasz das geld. vor welches Joseph von
seinen brüdern verkauffet war. falsch gewesen sey
Olearius pers. baumgarten 100» (9, 13, anm.); s. auch
Schwein ICHEN l, 38 unter I, G, 3, d. ß. ähnlich auch:
wider Adams meinung, der auff grosser Zuversicht stehet,
das dis der rechte same sein solle Luther 24, 126, 15
Weim. zu%ceilen schtcächer, auf einer meinung stehen
für Tneinen: denn sie {pfaffen u. münche) stehen auff
dem Wahn, das sie wollen der sache mit wercken helffen
91, 14; vgl. unten 11, i, i.
S) in praktischer hinsieht, auf einer absicJit oder forde-
rung bestehen {so auch in neuerer zeit): auf einer sache
stehen, 'darauf bestehen' Campe (2), vgl.: sto . . . pro
steiff stehen, ut: stare conventis, des Vertrags geständig
seyn, darauff bestehen, denselben halten Corvinus
fonslat. 634»; niemant stund auch heffliger darauff, das
man Luthern unverhört und unöberwunden soll ver-
dammen, dan . . . Glapion {neque alius obstiruitiits pugna-
vit . . .) Hütten 2, 211, 34 Böcking {gleicht, übers.); eigen-
sinnig steht er (d. bauer) auf allem, was er für sein
recht hält Freytag 17 {bilder 1), 6;
der Student stund auff seinem wohn (da« evang. aus-
wendig herzutagen, trotz abrathen Luthert),
er w8lt, wies jhm beliebet thon
Sandrub hitt. u. poet. kurtweü «. 46, 16 neudr.;
auf Vollziehung des
gelUbdes stehen wir
Herder 88, 886 (Admetus hau$ 9)
f) in diesem sinne {meist S, doch auch y) gern rtfiexiv,
auf seinem sinn stehen, s. Keisersberg bilg. 89' unter
I, B, 2,/, 6. bb; auff seinem fürnemen Steinhöwbl
dar. mul. 828, 8 unter I, B, 2, g; femer:
gib mir verstand aus deiner höh,
auf dan ich ja nicht ruh und steh
auf meinem eignen willen
I>. Gerhardt 434, 8.
am häufigsten dafür auf seinem (eigenen) köpfe stehen
{jetzt dafür bleiben, vgl. köpf II, A, 4,/, f. th. 6, 1768), da»
also nicht von A. 2, e ausgeht: stehe nicht auff deinem
{var.: deinen) eigen kopff, in deinem ampt J»»ui Syrack
10, 89 (/ir) aoif'tZ,ov TTOtfjOai xd ^pyov aov), angeführt von
AoELUNO (8, 8, 8), mit dem tu»att: 'vx^für man jetst be-
stehen »agV ; nemo potest eis persuadere, sie sthen aufT
yhrem kopff Luther 80, 740, 6 Weim.;
iv. j
ier I
1589
STEHEN dl C, 5, a—c)
STEHEN (H. C, 6, a—d)
1590
dasz heisset nicht nur blosz auff seinem kopffe stehn,
besondem auff der land' und leute bestes sehn
Rist Pam. 398.
jetzt veraltet, doch noch mundartlich, z. b. westf.: hä stSt
op sinen kop Woeste 253*. — nordd. auch in ähnlichem
sinne: wir wissen nicht was uns gut ist, . . . und also
musz man nicht auf seinem stück stehen, sondern blöde
und discret seyn, und dem lieber alles mit anheim stellen
der's besser weis als wir Claudius 3, 163; nd. (holst.):
'staan se nig so up eer stück, auch staan se nig up en
Schilling sagen die Verkäufer, denen zu venig für ihre
icaare geboten xcird' SchCtze 4, 180/.
Q zuweilen folgt nach auf statt des d4tt. der aee. {der
sonst in anderm sinne steht, s. unten 8, 6). 'auch mit dem
vierten falle, auf etwas stehen, darauf bestehen, es durch-
aus haben, durchsetzen wollen' Campe (2), der dazu die
unter 6 angezogene ÜERDER-stelle als beleg giebt. vgl. auch
Jes. Syr. 10. 29 unter s. mit deutlichem acc: es stunden
die vorgemelten zwen dez kungs diener auf ein meinung,
daz man mit der Hans Rummlein bei unser frawen
cappellen reden solte d. städte ehr. 3, 386, 20 {zumj. 1«4);
omnes stehen auff yhr eigen klugheit Luther 34, l, 119, 5
Weim. ;
0 seelig ist der mann, der hie bedachtsam fährt, . . .
der einen guten raht des weibes nicht verschmähet,
nicht blosz auf seinen köpf und fünfzehn äugen stehet
Rachel gatyr. ged. g. 101 Drescher (7, 542);
bey meiner seele schwör' ich,
dasz keines menschen zunge über mich
gewalt hat : ich steh' hier auf meinen schein
Shakesp. 4, 218 (kaufm. v. Ven. 4, 1).
letztere stelle, doch in der regel mit dem geicöhnlichen dat.,
ist zum 'geflügelten wort' geicorden, vgl. Büchmann *^ 343
und oben a.
b) in ähnlichem sinne auch in etwas stehen, 'auf etwas
bestehen Campe (l), worin fest bleiben; bes. in älterer
Sprache:
als er im vor gesaget hete,
in der rede stunt er vast
Ludw. kreuzf. 824 ;
doch (d. Jude AbraJtam) alle weg feste und starck in
seinem gelaubenn stunde {ostinato in su la sua credenza)
sich in keinen wege wolte bekeren lassen, und ye fester
er in seiner meinung stunde (come egli pertinace dimorava)
ye fester im Gianotto zu seczet Arigo decam. 30, 8/.
Keller (i, 2}; ich erinnere euch aber . . . des evangelij,
. . . welchs jr auch angenomen habt, in welchem jr auch
stehet (eoT^xavs) i Cor. 15, l ; wachet, stehet im glauben,
seid menlich 16, 13, vgl. Philipp, i, 27; stond in der
fryheit . . . Zwingli v. freih. d. sp. 41, s. I, B, 2,/ ^, aa;
s. auch N. Manuel v. papst u. s. priest. 14€, ebenda a, aa;
wann wer inn gutem röwt und steht,
desz päsen selten mfissig get
Schwarzenbkrg Cic. (1535) 105''.
so auch in gott, Christo stehen: denn nu sind wir lebendig,
dieweil jr stehet in dem herm (ar^xfre iv x.) i Thess.
3,8; want nicht all dat christenn heth, ys Christen,
mer de rechtschapen in Christo steit unnde levet, dat
ys ein Christen B. Rotmann restitufion s. 49 neudr.
ahd.- mhd. dafür gewöhnlich a n : in misericordia altissimi
non commovebitur. an des höhesten gnädo stät er ünge-
nuöget. an den er gedinget, an d^mo habet er festi
NOTKER 2, 64, 20 Piper {ps. 20, 8);
wan er antwurte redelfche
den heidenen, die frevelliche
kristen e vOr niht enhänt
und an ir ungelouben stänt Cauf ihren unplauben
beharren')
Lamprecht v. Regbnsbcrg Fraru:. leb. 2395;
an dem unrehte, der wärheit st&n mhd. tcb. 2, i, ili";
Cursates, laz di zoiberin her ge!
laz se, wi lange su wolle ste
an erme krige (ihrer behattptung) also su spricht
Katharinemp. 185 Beckerg.
c) vereinzelt mit bei: das sind nu die iunger Christi,
die wol wissen die warheytt, durffen aber sie nit be-
kennen noch bey yhr stehen Luther lo, l, 594. 6 Weim.;
ubi Satan videt. das Christus so hart und fest beym
wort sthet 29, 58, 3;
in meinem sinn auch nicht gedenck,
forthin zustehn bey meinem ampt
GiLHUSifs gramm. (1597) 24 (1, 1).
6) andere xcendungen drücken einen ziceck, eine bestim-
mung, die bereitschaft zu einer thätigkeit oder auch diese
selbst aus.
o) so zuweilen mit auf, in naher berühr ung mit den
häufigeren gebrauchsiceisen 2, m und 8, b: als ich vor
8. Jahren als fähndrich in Z. auf Werbung stund, um
sonderlich vor meines capitains compagnie etwa 10. bis
12. recrouten anzuwerben cav. im irrg. (1746) 462; der
eine (pfficier) besonders, der eine zeit lang auf Werbung
gestanden, wuszte nicht genug die list und thätigkeit
seines hauptmanns zu rühmen Goethe 18, 315 (Wilh.
Meister 3, ll); lieutenant von Flotho, in der Stadt auf
commando stehend, . . . erwies sich thätig und hülf-
reich 30, 183. beide stellen fallen zugleich unter 10, c.
auch das artikellose auf wache stehen {neben auf der
und zur wache, *. 2, m, y u. unten b, vgl. ferner 7, a)
ist wohl hierher zu. stellen: jeden dritten tag und jede
dritte nacht standen wir auf feldwache Liliencron
8, 204 {kriegsnov. lOl).
b) in der regel werden solche ausdrücke mit z u gebildet,
so zunächst ganz eigentlich, von einer bestimmten körper-
haltung: mhd. ze sprunge stän, vgl. oben 2, l, y; ferner:
er (gott) stet ze vange mit den armen,
im zer ahseln ist sin houbet geneiget,
als er sich wil über uns erbarmen;
ümbevanc nnt kus er uns erzeiget
minnes. 3, 61* Hagen (Rcvielant 68).
ferner: zur wache stehen, vereinzelt für auf der wache
(2, m, ß) s. th. 13, 29; zur wehre stehen th. 14, 160. ähn-
lich: ich wolt dir noch rathen, du giengst mit willen
hinweg, ee dann ich mit dir zu kampff stehe Schaiden-
RAissER Odyssea (1537) 76» {Od. 18, 13); ein anderes Un-
glück war dieses, dasz der liebe getreue, so wenig als
jetzt der soldat, dem hofgesessenen zu kämpfe stehen
wollte Moser patr. phant. 3, 103; freier:
weil da jn (den gasten) allen stehst zu trutz (dasz sie
nicht viel essen),
so bistu deinem herren nutz
ScHEiDT Grobianus 1660.
danach in der älteren spräche vereinzelt auch die gegen-
theilige ausdrucksiceise : wo aber die Achaier feindtschafft
wider die Messenier auffnemmen, wolten sie gleich gegen
denselben zu frieden stehen Xylander Polybjus (l574)
204 {r^v BLQi^vriv aiToZg inolovv Vi 15, lO; sonst in
anderm sinne s. 13, Ä).
c) auch von thieren in eigentlichem sinne, z. b. {im bilde):
Iduna Hensler grüszet, mein Stolberg, dich,
und sagt dir leichthinspielendes ganges, hoch
den köpf, die mahn' im fluge : dasz sie . . .
durch mich zum aufsitz stehen gelernt
Klopstock Oden 2, 23, 9 ifiincker-Pawel (' Unterricht').
so mJid. häufig ze bile stän, von der gegenwehr des von
den hunden gestellten mldes, s. mhd. wb. 1, 123. 2, 2, 569*.
zschr.f. d. alterth. 3, 24.
d) Wendungen, die sich mit 10 berühren, in der älteren
spräche zu schule stehn, die schule besuchen, s. Rothe
Dür. chron. 697 unter I, G, 3, c; bair. ze schuel st€n
Schmeller^ 2, 709. ähnlich noch in neuerer zeit zur
lehre stehn : (er) ist sodann nach Erfurt, in das chemisch-
pharmaceutische Institut . . . aufgenommen worden und
hat daselbst die praktische chemie, die apothekerkunst
. . . studirt, auch in der officin förmlich zur lehre ge-
standen GÖTHE briefe 16, 360. — zu einem berufe stehen:
lasz mich zu dem beruff, zu dem die (l. du) mich ersehn,
nur frisch, gesund, getrost, und unverdrossen stehn
Neumark fortgepfl. lustw. (1657) 2, 4.
gewöhnlich wird dafür das concrete zeichen des berufes
genannt, so im älteren bair. {und wohl auch sonst) st6n
ze kräme, ze markte, ze tische u. s. w., feil haben in
einem laden, einer bude, an einem tische Schmeller' 8,
709 (Augsb. stadtb.) ; die statt ... hat ... ein schöne
metzg, darinn gemeinlich von 27. bisz in die so. meister
zu banck stehen Stumpf Schicytzer chron. (1606) 386».
auch: Jungfer Brigitta, so der gnadigen frauen zu haare
gestanden {den haarputz zu besorgen hatte) denkwürdigk.
der herzogin Dorothea Sibylle zu Liegnits u. Brieg {geat.
100*
1591
STEHEN (II, C, 6. d-e)
STEHEN (H, C, 6, e-f)
1592
1625) *. 70 Koch. s. ScHMELLER a. a. o. bei allen diesen
tcendungen ist der formelhafte Charakter schon durch das
fehlen des artUcels gekennzeichnet, sie sind in neuerer
zeit auszer gebrauch gekommen.
e) »ehr getcöhnlich ist dagegen einem zu geböte, zu
dienste stehen u. ähnl.
«) zu gebothe stehen, (Uicuiparere Steinbach 2, 669.
mhd. sehr üblich, vgl. th. 4, 1, 1, 1806; auch im nhd. noch
von Personen: zu geböte stehen einem Frisch 2, 326";
'jemanden zu gebothe stehen, bereit, verbunden seyn.
dessen befehle anzunehmen Adeluno (2, 2); darzä bin
ich nicht gewont under dem vih . . . zäleben, unnd ainem
hirten zö gebot steen Schaidenraiszer Odyss. 71» {&i
X inireiXa/jievco ajjfiavzoQi nävra ni&ia&ai 17, 20);
wehe dem gottlosen, der den armen geld leiht, dasz sie
seine knechte werden, ihm zu geböte stehen, ohne lohn
arbeiten Pestalozzi sämtl. sehr, i, 163;
wie, wenn im Schauspiel Faust die stirne murmelnd faltet,
die scene furchtsam bebt, der foliant sich spaltet,
aus welchem nach und nach drey junge teufel gehn,
die durch den zauberstab ihm zu geböte stehn
Zachariae poet. sehr. (1763) 1, 177 {verwandl. 1).
in neuerer zeit ist eine getcisse abschwächnng der bedeutimg
eingetreten, indem der ausdruck nicht soxcohl auf den
pflichttnäszigeti gehorsam des untergebenen geht als viel-
mehr auf das freiicillige sicherbieten zu diensten; doch
ist sie überhaupt weniger gebräuchlich und tcird meistens
durch die nachstehenden tcendungen (ß und y) ersetzt {da-
gegen in gebrauch geblieben von suchen, s. unter D, 4, b).
ß) dafür in neuerer spraclie zu befehl(e) stehen:
ein held wird iederzeit mit lust von uns gesehen,
dem ein ganz kriegesheer musz zu befehle stehen
V. KOEMG ged. (1745) 388 ;
(JTanncurfO bin ganz zu diensten und bedanke mich schön,
steh zu befehl mit meinen schwanken
SCHINK marionettentk. (1778) 18;
er {Scherer) würde seine hiesigen Vorlesungen gleichfalls
aufgeben können, und so ganz zu befehle stehn Göthe
briefe 12, 68, 2 {an Carl Aug. 14. märz 1797); ich bitte sie,
uns noch einige ihrer damaligen Zerstreutheiten mitzu-
theilen . . . ich stehe gern, antwortete Lothar, mit allen
meinen lächerlichkeiten zu ihrem befehl Tieck 5, 448;
wenn du mich würdigst, an deiner seite zu stehen . . .,
dann danke ich dir und stehe dir zu befehl Th. Mann
königl. hoheit 204.
y) sehr getcöhnlich zu dienste(n) stehen, hier ist {um-
gekehrt, wie bei o) in der älteren spraclie die ergänzung
durch einen dativ die regel. dabei steht bis ende des 17.
jahrh. der sing, zu dienste:
die der, berre, zu dinste stan
Altfeld, pattionttp. 916, vgl. I, B, t,f, a, «o;
o selig . . .
der keine diener nennt,
nicht in dem purpur gläntzt . . .
die uns zu dienste stehen
stehn offt nach unserm leib
A. Grypiiius (1698) 1, 44 (Leo 3, 1, v. 16);
die Deutschen . . . stunden den Römern in ihren kriegen
zu dienste Lohenstein Arminius (1689) i, 7* {vgl. I, B,
8, e, y). auch noch später, belege unter D, 4, b, y. daneben
kommt im 17. jahrh. der seit 1700 herrschende plur. zu
diensten auf:
wir wollen unsre Juliene . . .
nach unsrer pfiicht besuchen gehn,
und s&mtlich ihr zu diensten stehn
Nbcmark /ortgepfl. musik.-poet. lustw. (1667) 1, 468;
mit weiteren angaben: mit dem gclde habe es keine noth.
er selbst fühle diese lUcke gar nicht, und stehe dem
prinzen jeden augenblick mit noch dreimal soviel zu
diensten Schiller 4, S28, a. auch a. ho unter I, B, 8, e, t,.
mit posaeasiv pron.: wenn wir was verlangetcn, solten
wir nur zum fenster hinunter pfeiffen, so würde der
hauRzknecht alsobald zu unsern diensten stehen Chr.
Rbutbr Schelmuffaky {vollst, ausg., 169«) a. 17 neudr.:
nun stcb ich auch zu deinen dienst«n
Lbmhiko 8, 864 (A'atAan 6, 8, M».
mit hituutrdendem dativ:
di« ihm itxo noch in Minen dienaton stehn
K1.KMIKU 141.
suwnien ganM ofcfM »Udm btttimunung (die »iek au* dem
zusammenhange ergiebt): unterthänigster diener, euer
gnaden, mit was kann ich zu diensten stehn? Nestroy
ges. icerke l, 83 {Lumpazivag. 2, 2). {von thieren. s. unter D.)
(5) andre, ähnliche ausdrücke finden sich in der älteren
spräche, ze eines hant stän, ihm unterthan sein:
vrle gebom werden die,
ir selbes sache wesent sie
unde Stent ze niemans hant
Ulrich v. Eschenbacii AIcjc., anh. 1169.
einem ze willen stan:
woluff, ir jünger wir wellen gan,
minen gfiten frUnden zewillen stan
MoNE schausp. des mittelalt. 2, 244 (passionssp. 1506);
s. auch TscHUDi 2, 117» unter I, B, 1,/, y. ze helfe:
ob er ieman künde ersehen,
der im ze helfe stüende troj. kr. 35849.
ze staten stän, s. statt II, B, l, d, a, sp. 980. — ze un-
staten, s. z. b. minnes. frühl. 126, 12 unter I, B, 2, e, ß.
f) ausdrücke der rechtssprache:
a) zu recht(e) stehen, sich vor gericht stellen und ver-
antworten, 'recht nehmen und geben'; in der regel. doch
nicht nothwendig. vom angeklagten, so ganz gexcöhnlich in
der älteren spräche, mhd.: unde stßnt die Hute niht zu
rehte inner sehs wochen und einem tage, so sol der
rihter da für komen Schicabetisp. 207, % 7; und ist das
dy lute dy uf der bürg . . . synt, nicht tzu rechte stan,
... so sal der richter dovor komen Kulmer recht
5, 42, § 3; s.auch Heinr. v. Neustadt Apollon. 19953 unier
I, B, 2, e, ß. mnd.: unde hefft gheladen unde vervolghet
her Hermen Dikeshovede unsen cappellan myt breven
buten unser stad, alse we do syner mechtich weren
ome to rechte to stände vor der papheit eder vor uns
d. städtechron. 16, 61, 3 {Braunschic, pfaffenb.. 1418, c. 18),
*. auch 53, 10 unter I, C, 2, k. y. im frühnhd. ganz ge-
wöhnlich; in jüngerer zeit vorwiegend in geschichtstoerken.
in toiederauf nähme des alten Sprachgebrauchs, belege s.
th. 8, 384; sonst selten:
in dreien tagen solin zu recht sie stehen :
sie sind geladen hin vor gottes throne
Fr. Schlegel Alarcos 44;
dafür zum rechten: der Sebastian Bernsteiner ... zu
seinen k. gnaden geriten und zum rechten gestanden
chron. d. st. Elbogen 24; zu dem rechten ston bei Murner
luth. narr bbl, s. I, B, 2, /, a, cc.
ß) etwas abweichende ausdrucksweisen begegnen ver-
einzelt: einem des rechten stehn: das bemelter Lorentz
. . . einem e. radt gnuglichen abtrag zuthun und Hansen
Herman und seinem bruder . . . des rechten zustehn
d. städtechr. 27, 180, 26 {Magdeb. 1524); einem zu seinen
rechten stahn, s. Hayneccius Hajis Pfriem 1,4, r. 498
unter I, B, 2,/, a, aa; ähnlich mnd. vor sin recht stan:
item, die geeschet wert met dem schwerde, de magh
vor sin recht stan sellefT twellefte iceisth. 3, 27 {wesifül.
vestenrecht zu Schwelm), vgl. Schiller-LObben 4, 360». —
zu gericht stehn: darauf wisse, daz drey gotlich ge-
richtsstet seinn, vor denen ain yeglicher mensch zuo
gericht steen und anntwortten muoes Bkrth. v. Chiem-
SEE tewtsche theol. *. 689; so schon mhd.:
(Christus,) vor dem man ze richte musz stan
und (^ umb) das was man hie hat getann
Heinr. v. Neu.staot Ai)oHon. 20620 Kingtr.
{vgl. oben 3, e, y.) vgl. auch mnd.: item, die schedede buten
gerichte, die am gericht stan is, veer Schillinge weiath.
8, 27 {s. oben).
y) ferner in der älteren apraehe in demaeUen »inne zu
klage stehen:
■un, ntt Btant im ^;oU) hie ze klage
Hartmann v. Auk Oreg. 1796.
ahd.: d&r Rcal er voro domo rthho ax rahbu stantan,
pi das er in uuemlti eo kiuuerkOt hapAta
M*i»p.M.
mhd. ze Widerrede:
io rouste ich wei; got aller stede
mit Worten stein zu Widerrede
EUtab.b4W.
später zu antwort.- über das vermag sie niemand dasz
sie ans licht wollten, und zur antwortung stehen
Luther br. », r..i7 {vom j. im4).
1593
STEHEN (II, C, 6, f-1, a)
STEHEN (II, C, 7, a—c)
1594
S) einem zu busze stehen, genugihtiung leisten; bes.
mhd.. vgl. mhd. tcb. I, 283*; ähnlich:
mir ne geswiche mxne craft,
er Eolis ze wandele stän
Lamprecht Alexander 4286 Kinzel.
auch nhd. noch: ich . . . begere gnad von dir umb meine
grosse schnldt, ich wil auch dir ewighch darumb zu
busz stehen buch der liebe (1587) 87''.
f) die neuere spräche kennt von solchen Wendungen nur
noch za(r) rede stehen, an y anschlieszend, aber aus der
rechtssprache in die sphäre des gewöhnlichen lebens über-
tragen: er würde mir sodann schon aufs neue und viel
höfflicher zur rede stehen Felsenb. 1, 14; frag', ich stehe
zur rede; — fordere nur, ich stehe zur fehde Rückert
poet. werke 11, 256 (5. makame); iceiteres th. 8, 451. vgl.
unten 7, c.
g) in andern Beendungen bedeutet zu etwas stehen 'als
etwas dienen, eticas sein': so zu eim zeichen ston
Brant narrensch. 8, 16, s. I, B, 2,/, a, cc. ähnlich:
als hätt' er Medusens haupt gesehen,
und müsste nun zum denkmahl stehen
Wieland 21, 88 (liebe um l. 6, 26).
gern mit dativ: hie müssen uns die liben junger zum
exempel stehen Luther 29,230,29 Weim., die wurtzel
Isai, die da stehet zum panir den völckern {var.: tzu
eynem tzeychen der volcker), nach der werden die
heiden fragen Jes. 11, 10. so ferner:
zum Schelmen soltu billich stan
MuRNBR schelmem. 15, 36 {vgl. jedoch A, 13, d,x);
ich hab' dem treusten freunde
die kinder umgebracht,
drum steht er mir zum feinde
in dieser finstem nacht
TiECK 4, 189 (d. getr. Eckart 1);
forsten haben zwar mehr gut, als vielleicht gemeine leute;
haben aber derer viel, denen sie stehn stets zur beute
LOGAU 2, 3, 71.
A) die letzte stelle bildet den Übergang zu fällen, tco die
Kendung einen passiven sinn annimmt, 'einer handlung
{von jem.) ausgesetzt sein' :
ir snlt des niht verge:?5en, ir stät den von Trlant hie ze läge
Kudr. 496, 4;
den Juden zue erbarmen stan
Endinger juden*p. 2, v. 466,
s. oben I, B, 2, /, a, aa. (vgl. auch oben f, y.)
t) ici« hier, bezeichnet auch sonst zu etwas stehen
Keniger den ztceck als die Wirkung, den erfolg, so bes.
mhd. ze lobe stän:
des sun wol geraten hat
und also gar ze lobe stät Erec 2915;
daj also gar ze prise stät
vür manegen riter iuwer lip Iic. 6052.
ähnlich nhd.: denn wir haben das vorteil, das die larven
nngelert sind beruffen in aller weit, und nu für jeder-
man zu schänden stehen, als die das liecht schewen
Luther 2, 139''; und noch neund. to schimpe stan 'mit
schimpf bestehn brem. wb. 4, 992.
k) wieder mit andrer nuance, in bezug auf ein bevor-
stehendes, zu ericartendes ereignisz: ihr Schwager Düring
steht durchaus zum bankrutt Droste-HClshoff br. an
Levin Schücking s. 164. (so häufiger mit unpersönl. fügung,
s. D, 4, Ä.)
7) für manche dieser Verbindungen sind jetzt verkürzte
ausdrucksweisen mit auslassung der präposition üblich
geworden, so entsteht eine {scheinbar) transitive gebrauche-
weise von stehen — so schon köpf, bock stehen unter
A, 2, /. g — , die dann allerdings auch von andrer Seite
Zuwachs erhält.
a) icie man sagt köpf stehen für auf dem köpfe stehen,
ebenso auch wache, schildwache stehen für auf wache,
auf der wacht, vgl. 2, m, ß und 6, a. b. wache ist also
hier eine art adverbialer acc. {vgl. Adeluno [2, l]); da
indessen wache, schildwache auch als bezeiehnung der
person selbst üblich ist, so unterscheiden sich für das
lebendige Sprachgefühl diese Wendungen kaum t-on den
unter l behandelten, tcie gevatter, modeil stehen, wo das
subst. ein prädicativer nom. ist. vgl.: als schildwacht
stehen Tieck l, 121 unter l, a. diese fügung ist seit dem
l'.jahrh. nachzuweisen.
a) wache stehn:
Trullus zeucht sich ausz dem kriege, wil nicht länger
wache stehn,
nimmt ein weih, wird, wil ich glauben, wache stehen
nicht entgehn
LOGAU 3, 7, 64.
weitere und spätere belege unter wache 7, d, th. 13, 29/.
und wachestehen, sp. 52.
ß) schildwache stehen, vgl. th. 9, 139: schildwach stehen,
fare la sentinella Kramer dict. (1702) 2, 928»; schildwache
stehen bey den thore, lat. in statione ad portam esse,
agere vigilias ad portam Apin gloss. (1728) 484; in ex-
cubiis esse Frisch 2, 326''; der henker mag schildwache
stehn und ich nicht Stoppe Parnasz (1735) 531 ; *. auch
d. Vernunft, tadlerinnen 1, 230 unter I, B, 3, d, l, und
Schiller 3, 357 unter I, B, 3, f. y, cc. von einem hunde:
so bückte er sich wohl zu dem hund nieder, liesz den-
selben . . . allerlei künste machen, schildwache stehen,
oder den unfreiwilligen todten spielen Hebbel 8, 238. —
auch Schild wacht stehen {vgl. th. 9, 139): faire le guet
ou la sentinelle, schildwacht stehen, schildwacht halten,
far la sentinella, e star' in ceruello. excubare Duez
nomencl. (1652) 226; so noch in der bair. volksmundart:
S Zeitlang schildwacht stehn,
da kann man ruhig schlafen gehn
Hartmann volksschausp. g. 26(5, 115);
auch Schneller * 2, 709 bucht schildwach st6n als hd.
und dazu das mundartliche speh stfin, 'auf der lauer',
{ähnlich kak stehen = am kak, pranger. s. unter 13, n.)
b) ein ähnlicher acc. {des zxcecks oder inhalts) findet
sich in den vereinzelten Wendungen einen kämpf stehen
{vgl. oben 6, b), icie schon mnd. : do endorsten se de veyde
erer herren nicht lengher stan Korner 230» bei Schil-
ler-LCbben 4, 360''; dieser . . . konnte sich nicht ent-
halten, hervorzutreten, und irgend einen teutschen ritter
auf zweykampf zu laden, diesen stand ihm ein eben
solcher Jüngling Hanns graf zu Sonnenberg J. v. Müller
24, 346 {gesch. d. Schweiz 5, 3) und dem etwas häufigeren
die probe stehen:
wann tugent plfit hl in der not,. . .
und steht jr prob mit vestem mfit,
als feines gold inn fewres gl 6t
SCHWARTZENBERG CiC. 158":
von meinem mnth, o feldherr, steh' ich hier die probe
KoTZBBUE neue schaugp. (1798^.) 10, 106
(d. Hutgiten vor Naumb. 4, 3).
c) sehr gewöhnlich ist dagegen seit mitte des 18. jahrh.
rede stehn, im sinne von antworten, berichten, vgl. 6, /, £
und th. 8, 451.
a) ich mag nicht klätschern, am caminfeur, rede stehen
und gecken das Verständnis öfnen . . . Hippel lebensl.
(1778 jf.) 3, 2, 595 ; euer vater hat mir nicht umsonst die
aufsieht über euch anvertraut, ich will in meiner
rechenschaft , die ich abzulegen habe, rede stehen
können Tieck 5, 84. meist mit dativ, 'einem rede
stehen, ihm rede und antwort geben' Campe (2): dem
fuszgänger aber gehört die weit, er ist des bauers und
bürgers gleicher, und jeder steht ihm rede und gewinnt
ihm rede an Arndt werke I, 208 Bosch; unbekannte
sprachen sich an, und standen sich rede H. Steffens
was ich erlebte 7, 74; vollends neu aber ist es, den volks-
geist zu beschwören, dasz er in den sitten und sagen,
liedern und Sprüchen des volkes uns rede stehe Riehl
d. deutsche arbeit 11. freier, wenn gelegentlich r^exiv ge-
braucht: sie wuszte nicht, warum, und war auch nicht
gewohnt, über dergleichen sich rede zu stehn Ludwig
2, 29. selten mit unpersönl. dativ: nun, freund, da ich
ausgeschwärmt, stehe ich deiner letzten frage und klage
rede Stifter l, 69. dafür gewöhnlich auf etwas rede
stehn, vgl. th. 8, 451. loser, über etwas rede stehen, in
bezug auf den inhalt der rede: und nun soll er uns rede
stehen über den begriff der Zartheit Fontane 5, 26. —
für etwas, indem rede stehen in den begriff 'rechenschaft
ablegen {vgl. S), wofür büszen' übergeht: soll das ge-
schlecht für den frevel des einzelnen rede stehn?
Schiller 3, 46 {Fiesko 2, 3).
ß) verstärkt zu rede und antwort stehen: Lucie —
denn das teufelchen Emma sagt nichts — musz heute
noch rede und antwort stehen Stifter i, 78; Gustav
1595
STEHEN (II, C. 7. c-e)
STEHEN (II, C, 7, e-f)
1596
maszte auf viele fragen rede und antwort stehen W. v.
Polen z d. püttnerbauer l, 5. seltner mit antwort allein:
ich danke dir noch, lieber Varnhagen, deine sechs
Sonette, soll ich dir aber antwort stehen, — sie müssen
mir wohl noch vertrauter werden Chamisso 5, 112.
y) auch andre Verbindungen vereinzelt, so wort st.;
doch jetzt, dein hin- und wiedergehn
ist nur um mir nicht wort zu stehn
GÖTHE 41. 71 {Faust II, 1, 6180).
S) rechnung, rechenschaft stehen giebt zugleich eine
besondere ntuiTice {vgl. et zu ende): was du mehr in dir
fühlst als das gewöhnliche bravsein . . ., das muszt du
still in dir bilden und gott selbst dafür rechnung stehen
Bettina v. Arnim Brentanos friihlingskr. l; über das,
was die Jungmannschaft von St. Moritz in gemeinde-
angelegenheiten gethan, stehen wir gerne rechenschaft
Heer d. könig der Berniiia 295.
e) beichte stehen; eigentlich:
es wollt' ein mädchen zur kirche gehn,
und beten und singen und beichte stehn
Hoffmann v. Fali.erslebkn ged. SIS.
freier {und eig. falsch, von dem, der beichte hört):
ihr männer, stündet ihr nur all' einmal so beichte!
GÖTHE 7, 67 (d. mitschuld. 2, 3).
d) einen andern Ursprung hat die Mußge Wendung
seinen mann stehen, 'eigentlich in der vertheidigung es
mit einem gegner aufnehmen, demselben gewachsen seyn;
und in weiterer bedeutiing, sich männlich wehren, wider-
stehen. Opitz sagt dafür: seinen mann nach vermögen
wehren' Adelung (2, 3), vgl. Campe (2). nach dieser zu-
treffenden erklärung geht die redeweise also von i, c aus
und verlangt eigentlich den dativ, der auch wirklich noch
zuweilen vorkommt: der dichter, um mir zu entschlüpfen,
suchen sie mich zu verwirren, der weitmann, das nun
nicht: ich stehe immer meinem manne Klinger 9, 162;
suchen sie ihren werth in sich und nicht in der meinung
anderer, stehen sie ihrem mann und lassen sie andere
wie die penguins dastehen Heyne bei J. G. Forster
briefw. 2, 161 {des 3. mai 1792); vgl. auch:
mann steht den mann, den satan
besteben zwei und drei
Arndt 5, 185 Meisner.
der accus, des objects erklärt sich wohl durch eine Ver-
mischung mit 1, wo im gewöhnliclien Sprachgefühl das
prädicative subst. ja auch leicht als acc. empfunden wird.
man sagt also seinen mann stehen ebenso vne auch
seinen mann stellen (*. unter stellen, von Campe mit recht
herangezogen), manns genug sein, sodasz seinen mann
»ich auf da» »ubj. zuruckbezieht. diese rückbeziehung liegt
XU gründe der entstellung:
Plantagenet bleibe auf Albion,
den scbottenkönig rasch zu überwinden
und den meineid'gen freiherm mann zu stehn
Körner 3, 228 Fischer {Rosam. 5, 1).
die Wendung geht also zunächst auf den kämpf: wo ist
euer diener? ist es ein tüchtiger diener? steht er seinen
mann {will he stand to'tf) A. W. Schlegel Shakesp.
1, 257 {Heinr. IV., 2. th. 2, i); als der prinz dies erfuhr,
wollten einige fliehen, der prinz aber sagte: 'ich . . .
will auch meinen mann stehen' Arnim 12, 182;
'ihr verfluchten kerls', sprach seine majestät,
'dasz jeder in der bataille seinen mann mir steht!'
BÖHMS volktthünU. Ueder no. 84, 8 {aus: Albxis Cabanis).
»on»l freier, einer auf gäbe gewachsen »ein u. ähnl. : brauchen
sollte man mich, dächte ich, wohl können, wenn vom Staate
künftig gelehrt werden darf, und in manchen thcilcn
der geschichte dächte ich meinen mann wohl stehen
zu können Daiilmann an J. und W. Grimm l, 421 (10. nor.
1H40); er malte sich einen reinen guten räum aus, in
dem er eine erfreuliche arbeit hätte; da wollte er wohl
•einen mann stehen Frenssen Kl. H. Baa» 78.
e) damit berührt »ich da» vereinzelt vorkommende der
mann steht seinen rahm, nimmt ejt mit Uim auf, erweist
»ich bei periönlieher bekanntachaft ah ihm entsprechend
oder noch besser:
ah, wahrlich Card: der mann
•tobt mImii mhin. •ein nihra ist blos sein schatten
LiMUto t, tsa (NeMan 8, 9, S47).
ähnlich ferner einen kauf stehen, 'die bedingungen des-
selben halten' Campe (2); eine wette, eingehen:
der andre sprach : wenns prahlen gilt,
so steh" ich alle wetten
A. W. Schlegel poct. werke (1811) 1, 198 (d. wamung).
man sagt xoohl auch sein wort stehen /tir seinem worte
stehen, s. 4, /.
f) viel älter als alle diese gebrauclisweisen ist gefahr
(abentheuer) stehen, der echt deutsche ausdruck für das
lieutige gefahr laufen, der wohl dem franz. nachgebildet
ist, vgl. gefahr II, 3, d, th. 4, l, 2065. die verbindxmg ist
dem norddeutsdien eigentlnimlich und begegnet häufig im
mnd., vgl. Schiller-Lübben 4, 360'', doch auch im
mitteld. des nordostens. der älteste bekannte datierte beleg
steht in den handelsrechnungen des deutschen ordens
{hsg. V. Sattler, 1887): do sayte ich im, ich weide
keyne ebnttewere mer mid im sten, also manc man en
umbe das vorgeschrebin gelt *. 279, 13 {vom j. 1405 — 6).
etwa derselben zeit gehört eine stelle der holstein. reimehr.
{verf zw. 1381—1433) an:
he schoet in de stat beide pil unde vur,
de borger stonden grot eventur
216, s. deutsche chron. 2, 619.
dann häufig im 16. jahrh., bes. bei Luther {rgl. Dietz
wb. zu Ltdher 1,9**: abenteuer 3) ; vereinzelt noch später,
zumeist bei Moser. — man könnte versucht seiti, die Wen-
dung ähnlich wie die vorstellend behandelte {d), von 4, d
atis zu erklären, sodasz der acc. {der schon in dem älte-
sten belege deutlich ist) an die stelle eines dat. getreten
wäre, die Zeugnisse lehren indes, dasz er vielmehr auf
einem, präpos. ausdruck beruht {une in den unter a — c
besprochenen fällen), vgl. unter gefahr und:
och wat mannigerleie groter vär
moste dit kint stän in grotem eventure !
des dodes dam 1445 Baethcice.
s. auch den beleg aus Agricola unter ß. {zaldreiche
belege für in der fahr stehen unter fahr 1, th. 3, 1245/.)
a) häufiger noch als mit gefahr wird diese ausdrucks-
weise in der altern spräche m,it aben-, ebenteuer, nd.
eventur, gebildet, vgl. die obigen belege, zuweilen formel-
haft ohne artikel: wenn eyn kauffman den beuttel vol
gellts hat und nicht mehr will mit seynen gfltern über
land odder meer ebenteur stehen, sondern gewissen
handel haben, so bleybt er ymer ynn eyner grossen
kauffstad Luther 15, 308, 3 Weim.;
he heft my rede eyn oghe gheblendet,
dat ander oghe steyt nu eventfir
Reinke de vos 2617.
häufiger mit hinzugesetztem pron. poss. : wo er aber sölchs
nit underlies, möcht er sein abenteuer vor im sten Wüw.
v. Schaumb. 108 Keller; andere könige, fürsten, oder ober-
keit ... die lass ich yhr ebentheur stehen Luther SO, 2,
146, 2 Weim.; vgl. 344, 15 utid 26, 165, 29;
darumb dat gi hebt so ovel ^edain,
80 mot gi ter stat hen ut gam,
of staet ju eventuir;
dat swert, water eder vuir
Daniel v. Soest 164 Jostes (gem. bicht 1633).
ß) für gefahr hat das mnd. var: were nu de anclager-
sche valsch ghevunden, dat sc ere var stunde Korn er 69 *»
bei SciilLLER-LÜBBEN 4, 360'' (*. auch oben de» dode»
danz 1445). ebenso im altern nhd.: da inusstcn sie nu
untereinander die fahr stehen, wenn ymand eins andern
weih gerne gehabt bette, das er irgend ein ursach ncme . . .
Luther 9, 627, 16 Weim., s. atuJh Tob. 4, 4 unier I, C,
a, d, a; aber im grund suchten sie das damit, dass sie
Verfolgung und das kreuz nicht leiden musztcn. und
keine fahr leibs oder guts stehen hriefe 8, 844; die im
schilT scind, müssen auch also stehen fahr, leibs und
lehons Agricola 760 »prichwörter (1584) C 8 »* {dafür in
der ausg. v. 154« 84'' m. auch slahn in gfar 1. u. I.\
mit gefahr: es dfirftcn die römische ritter gefahr stehen,
weil der richter des orts den Juden sehr zagetahn seyn
solle BucHOLTZ Herkuliskus u. Herktdadisla (1066) 64*,
besonders bei MÖSBR, in der reget mit pron. j)oa».: wer
das wehrgeld, wie es vergllohen war, nicht bozahloti
wollte, genoa des gemeinen friedens nicht weiter, un<i
mogte seine gefahr stehen Osnabr. gesch. (I780) i, 86*, .v
auch s. 816; das hypothekenbuoh ruft einem jeden zu,
1597
STEHEN (II, C, 7, /•— 8, a)
STEHEN {11, C. 8. a)
1598
trau schau wem ! . . . und wenn diese (die gläubiger) sich
daran nicht kehren: so mässen sie auch ihre gefahr
stehen patr. phantas. 3, 253; doch auch: kömmt die (Ge-
treide) sperre dann nicht: so ist es so viel schlimmer
für den ackerbauer, der die gefahr davon gestanden 2, 48.
auch im neund.: na, denn laten s' em Bräsig; hei möt
sin gefohr stahn Reuter 2, 392, 17 Seelm. (strömt. 2, 26).
vgl. auch:
der schlag,
wenn er sie plötzlich rührte, würde nicht
bei mir genügen, eure schuld zu tilgen,
o nein ! ihr steht das risico für sie !
Hebbel 2, 110 (jtrauer^p. in Sic. 6).
y) mehrere ausdrücke verbunden: darinnen er sich . . .
sonderlich vor den Schaunburg . . . sorg, var und aben-
teur sten must Wilw. v. Schaumb. 74; die grosse eben-
teuer und färligkeit, die er tagk und nacht vor feur
stehen muss Spittendorfp 199 (zum jr. 147G).
g) hiermit (und zugleich mit e) hängt die bes. imlS.jahrh.
bei niederd. autoren übliche icendung die kosten stehen
(tragen, übernehmen, dafür aufkommen) zusammen: 'wer
soll die kosten stehen? d. i. tragen, mit auslassung des
für' Adelung (2, 2, 4); ich stehe die kosten Campe (i)
nach Heyn ATZ (es scheint ihm selbst nicht geläufig zu sein);
ich weisz noch nicht ob ich meine Instrumente werde
mit nehmen, einestheils weil ich alle die Unkosten stehen
mäste . . . Lichtenberg briefe l, 129; dasz ich alle aus-
lagen stehe, versteht sich von selbst 3, 113; freier: da soll
die Obrigkeit auf die gründe vor und wider den angeklagten
mit gleicher unpartheylichkeit herabsehen, . . . und wenn
die nothzucht sich in eine gemeine hurerey . . . ver-
wandelt, die kosten von jeder thorheit stehen Moser
patr. phantas. 3. 83. ein« tcendung der art ist schon im
mnd. nachzutceisen : went die stad der reyse een hovet
was, so stunden sie alle druncke, spise unde vooderunge
to voren over der ganczen heet Lappenberg brem. ge-
schichtsqu. s. 130 (zum j. 1400). und ähnliches ist noch
in der heutigen spräche in gebrauch: aber jetzt komme
mit mir, wir wollen auf den schreck eine flasche wein
trinken — ich stehe sie Raabe hungerpastor (1864) l, 220
(^Oll3, 10. kap.).
8) mit 6 berührt sieh der gebrauch von stehen mit rieh-
tungs- bezw. Zielangaben, um ein streben, trachten zu be-
zeichnen, diese Verwendung ist in bezug auf sächliche
subjecte enttcickelt ; auch das persönl. subject wird mei-
stens durch abstraete ausdrücke umschrieben, (sein sinn
steht nach . . . u. ähnl., s. unter D, 6.)
a) die geicöhnliche fügung ist nach etwas stehen,
streben, verlangen, es zu erlangen suchen.
a) so schon mhd. seit dem ende des 18. jahrh. .- die dur-
n&htigen, die sich sere hfitent vor allen sünden und mit
flisse dar nach stant (älteres bruchst. : dar nah strittent)
wie si koment ze volkomenhait der tugent St. Georgener
pred. s. 13, 13. 32 Rieder; er sol sich ussefg geschäftes
enziehen und nach eren und nach gewalt nit stan 333, 29;
s6 sal billichen ein iclich mensche dar nach stSn, dag
her mit gote voreiniget werde Hermann v. Fritslar,
s. deutsche myst. i, 178, 26; ez enschol auch kain ge-
nanter sten nach ainer müntze, unde sol auch müntze oder
ungelt niht besten Nürnb. polizeiordn. 9 (is.—u. jahrh.);
item sagt man, unser allergnedigster herre der keyser
stee nach Villach und dem lande in Kernten Frankfurts
reiehscorr. 2, *. 181 Janssen (br. v. 1461) ;
dese gote wol wir vorsme
und wollen noch gotis hulden ste
Katharinerupiel 384 Beekert.
ß) noch höher reichen die kaum tceniger häufigen mnd.
belege hinauf, vgl. Schiller-Lübben 4, 361, 2: du ne
beterest mi dat, na dinen schänden so will' ic stan
deutsche chron.2, 140, 19 (sächs. tceltchr. 119, vgl. oben), s.
auch 169, 24 (167) ; wey . . . bekennen in disme openen
breve, dat wey . . . nummermer schullen stan noch
arveyden bi der herschap to Brunswich ... na der monte
unde wesle to Gothingen Göttinger urkund. l, nr. 193
(vom j. 1354) ; we hebben darna ghestan dat we twischen
unsen heren den forsten unde dem rade twidracht maken
wolden d. städtechr. 16, 46, 6 (Braunschtc. pfaffenb. 1418,
c. 16; s. auch unter I, B, 3, a, ß);
he dachte 6k varen to hove
unde stän nach eren unde nach love
Gerh. V. Minden 87, 14 Seelm. («. awh 83,51);
de steit na einem gnlden wagen,
he kricht al wanner einen naven
TuxNicics 492
(aureolum poseens eurrum vel quaeritat axem). im nd.
auch noch später, vgl. unten 6. im brem. tcb. 6. 335 als
veraltet bezeichnet; dagegen als tcestf. noch fteiWoESTE 253»
angegeben: nä wat stän, nach eticas streben.
Y) im nhd. ist die redeiceise im 16. und auch im 17. jahrh.
sehr häufig; im laufe des 18. geht sie rasch zurück und
ist in der klassischen zeit in der Schriftsprache erloschen,
soweit sie nicht in nachtcirkung des altem Sprachgebrauches
beicahrt ist. venari laudem modestiae in aliqiia re. trach-
ten oder stehen nach dem lob der bescheidenheit, i. e.
gern für bescheiden angesehen seyn wollen Corvinus
fons lat. (1660) 714*'; nach etwas stehen, quaerere. con-
querere. quaeritare. sectari, sitienter appetere. discupere
aliquid Stieler 2127; nach der herrschaft stehen, appe-
tere imperium, er steht nach eines erbschaft, haereditatem
alicujus inhiat Steinbach (1734) 2, 669; so dan würt kein
weybischer, blöder, lustsöchender, oder geitziger
nach geistlichen leben und pfrunden steen und trachten
Ulrich v. Hütten i, 395, 38 Böcking (nemo . . . ad sacer-
dotia . . . aspirabit 16; 11. sept. 1520); die andern (heideri)
so nach reichtumb, glöck oder nach lust und guten tagen
stunden Luther 30, i, 135, 3 Weim.; s. auch 9, 593, U; lo, 3,
424, 21; 16, 372, 23; 19, 399, 18; stehe nicht nach hoherm
Stande (ja)£Ti(i>xiQä aov fzfj <^ifcei) Syr. 3, 22; ich stund
mit ernst nach jr (der tceish., t^v ipv/ijv fxov xaxev-
&wa aig ovtjJv) 51, 28; s. auch 2 Macc. i, 7. Rom. 9, 30
und pred. 2, 15 unter I, C, 3, d, a; denn alle menschen
von natur stehen und trachten nach der gottheit tisch-
red. 33''; wer nach hohen dingen stehet, sich inn grosse
fahr geben musz Agricola sprichw. (i534) 0 8» (=1548 112»,
nr. 205); es bedurffte bey jhnen nicht viel bittens, weil
jhnen ... die gelegenheit, darnach sie . . . fürnemblich
stunden, so stattlich an die band gegeben ward Opitz
Arg. (1644) 2, 409; wann ich alle die jenigen überdenke,
die nach dieser würde stehen, so finde ich keinen dazu
geschickter noch würdiger, als eben den Salvius Otto
A. U. V. Braunschweig Octavia (i677) 3, 954; Hahn histor.
(1721) 1, 59», s. I, B, 3, e. y; (die kurfürsten versprachen
einander.) wenn jemand, er sey wer er wolle, ohne ihr
sammtliches vorwissen nach dem reich stehen wollte,
. . . dagegen zusammen zu halten M. J. Schmidt gesch.
der Deutschen (1778 ff.) 4, 32;
nach der Camillen lieb' ein paar der freyer stand
Scherffer epigr. nr. 76, t. Drechsler W. Scherffer s. 251;
kaum legtest du die kindheit hin,
so stund dein herz nach edlen Sachen
Gottsched ged. (1751) 1, 38;
und so noch (mit etwas andrer nuance):
Bacchus steht nach unsern sinnen,
Amor zielt auf unser herz Gotter 1, 296.
zugleich in eigentlicher bedeutung: die zwen barfuesser
munche, die uff dem marckte nach den alsmusen ge-
standen d. städtechr. 27, 194, 25 (Magdeb.. 1525). in der
altem spräche wird das object oft durch einen nebensatx
ausgedrückt, vgl. die belege unter a und ß.
S) vereinzelt mit persönlichem object. nach einem stehen,
theils im sinne des umicerbens: es war ein schuler nach
dem stunden die prediger münch, und die Franciscaner
buhleten auch umb jhn (Alberus) d. barfüsser münck
alcoran (1614) cap. 337;
doch düt is luter speierei vor dat, wat friers liden,
wen 86 na s^Sten derens staen
nd. quelle {vor 1700) 6«" Laurbmberg
». 134, 42 Lappenberg,
theils im sinne feindlicher nachsteüung (vgl. ^ :
80 lasz denn denen mich entgehn,
die sehr begierig nach mir stehn
Opftz 4, 20 {ptalm. 7, 1).
f) nicht selten tritt noch ein indirectes object hinzu:
einem nach etwas stehen, e* ihm zu rauben suchen (wo-
für gleichbedeutend mit gen. : nach eines gut, amt u. s. w.
stehen, g. unter y) : da mit unser ritterschaft unsere üben
getrewen . . . furgewaldigt, also das in nach iren eren,
1599
STEHEN (II. C, 8, a)
leibden und gutern gestanden wurden ist chron. der st.
Elbogen a. 23 {urk. vom. j. 1497) ; wy mir ein rat . . . noch
meim leibe, ere und gut gestanden 77 (urk. v. 1500) ; gott
verbeut, dasz man dem nechsten nit sölte nach dem
seinen stehen, vil weniger dasselbig nemmen Kirchhof
iccTidunm. 1, 347 Oesterley (l, 307); wie die beiden alten
buben . . . der Susannse . . . mit list und gewalt nach
jrer ehre gestanden Heinr. Julius v. Braunschweig
8. 173 Holland {Sus., prol., vgl. s. 2);
du bist ein spott und höhn
der leute, die dir stehn nach deinem sitz und thron
Rist d. friedewümch. Teutschl. (1647) c 8''.
^ so bes. in der Verbindung einem nach dem leben
stehen, ihn zu tödten sttchen. die allein von dieser be-
deuhingsclasse auch in der neueren spräche üblich ge-
blieben, ja erst recht üblich geworden ist. jedenfalls unter
einßusz der bibelsp räche : petit iüius Caput, er stehet jhm
nach dem leben Alberus dict. (i540) 9»; 'jemanden nach
dem leben stehen, trachten; mit andern hauptwörtern
ist es im hochdeutschen veraltet' Adelung (2, 2, 6); die
menner zu Anathoth, die dir nach deinem leben stehen
Jerem. 11, 21, ferner 21, 7 u. ö. , Matth. 2, 20; mich hat
man . . . l&sterlich beschuldiget, ob ich euer majestat nach
dem leben stflnde Harsdörffer frauenz. gesprechsp. 3
(1643), 95; für alles, was er um ihn gelitten, gethan hat,
verfolgt er ihn noch und steht ihm nach dem leben
Ludwig i, 321;
(Pilatus.) was bot begangen disser man (Jesus),
dasz er em stehet nach sim leben?
Alsfeld, passionssp. 3692.
verstärkt: seine eygene feindt, die jm nach leib und
leben gestanden, . . . jnen unnd seine brüder umbzu-
bringen vorgehabt Aymx)n (1535) a 2*;
denn es erhellt aus offenbarem hergang,
dasz du durch umweg' und auch grade zu
recht eigentlich gestanden dem beklagten
nach leib und leben
Shakesp. 4, 221 {kauSm. v. Ven. 4, 1).
andre Verbindungen (vgl. s):
zavor stand mancher ihm nach ehre, gut und leben
V. KÖNIG ged. (1745) 123.
für den dat. kann der gen. bezic. das pron. poss. eintreten:
wer nach meinem leben stehet (»c?sr.iN cpy-\a^), der
sol auch nach deinem leben stehen, und solt mit mir
behalten werden i Sam. 22, 23; s. auch Liliencron volksl.
4, S89 unter I, B, 3, d, 6;
des gemales zom
ist wohl entwichen, er hat wobl erfahren,
wie lüge nur nach meinem leben stund
TiECK 1, 237.
ea kann auch der dat. noch auszerdem hinzutreten: mein
son, der von meinem leibe komen ist, stehet mir nach
meinem leben 2 Sam. 16, ll; a. ferner König ged. 81 unter
I, B, 3, e. y.
rj) die ältere spräche hat dafür auch andre, ähnliche
ausdrucksweisen, die bis ins 16. oder 17. jahrh. hinab-
reichen, so mhd. nach eines libe stän:
daz sie n&ch dfnem Übe stSnt
und alle tage zu rflte gcnt,
wie sie dich erwinnen
erlösung 4308 ; ebenso AUJ. pa$»iontp. 8602 ;
Dalida sein weib,
die allzeit stftnd nach seinem leib
Cl. Hätzlerin liederb. 2, 68, 462;
und so noch bei A. Gryphius (1698) 1, 44, *. unter 6, e. y.
frühnhd. bes. nach eines seele stehen, so hättfig in der
bibelüber».: sihe, da ist das heubt Isboseth Saul» son,
deines feindes. der nach deiner seelen stund 2 Sam. 4, 8 ;
Schemen mflssen sich und zu schänden werden, die mir
nach meiner leelen stehen, das sie die umbhringcn ps.
40, 15 (ebenso 70, 8, ».ferner 17, 9 u. ö.). danach noch:
ea werden eelber mit der zeit
■ich echtmen, und vergehen,
die durch eo vielee herzeleid
nach meiner eeele tteben
Nbukircii ged. (1744) 89.
mit dativ: und die mir nach der seelen stehen (vor.: die
do suchten meine seel), stellen mir («ifTB] n^SQ K>p2M
'und die fRsr nach dem leben trachten, legten tchlingen')
jw. M,1S. nach eines blute:
STEHEN (II, C, 8, a-9. a) 1600
Pylatu*. Sit ir bit ubeleme mfide
Stent nach dises mannes bl&de, . . .
unschuldig wil ich sin dar an
MoNK schausp. des mittelalt. 1, 116 (leben Jesu 1050).
nach eines tode:
dat ik desse alle mochte vorderven,
de sus nu stan na myneme doet
Reinke de vos 8081.
b) in ähnlichem sinne begegnet frühnhd. vereinzelt stehen
auf. auf einen, ihm auflauern: da haben sie bein der
badstuben auf in gestanden und haben den her Jawor-
nitzken also zürhawen deutsche chron. aus Böhmen 2, 37
(Sim. Hüttel ehr. v. Trautenau, zu 1514). auf etwas:
(er) stündt nun uff ein kosen mit der ewigen wyssheit
de»' etc. wissh. betbüchl. (1518) 2».
c) u m etwas stehn, sich bewerben, vereinzelt im köln. :
so was ein, der hadde vur gestanden umb ein dein bisch-
dom d. städtechron. 14, 691, 20 (Koelthoff 1499). (ebenso
mnl. stonden omme den seghe, strebten nach dem siege,
bei Maerlant, s. Grimm gramm. 4, 818.) — mundartl. in
Wien: i' steh' ned um sei' gnad, ich brauche s. gn. nicht
Hügel 156».
9) nähern sich schon die zuletzt behandelten gebraueJis-
tceisen mehr oder weniger perfectiver actionsart, so gehen
andre voUends darin über. vgl. A, 13. diese sind (mit aits-
yidhme von d) in der regel auf d. 15. — M. jahrh. beschränkt,
bes. häufig im, 16. jahrh.. und begegnen überwiegend bei
süddeutschen autoren (auch bei Luther).
a) mit Präpositionen mit acc, die eine richtung auf
etwas bezeichnen.
a) an etwas stehen, *. A, 13, d, «,- freier etwas 'an-
treten, aggredi opus Dentzler (1716) 273 *". mit deutlichem
bilde; so schon mhd. an eines stat stän, sein nachf olger
werden: also hSter (Judas Machabeus) ain bröder der
bieg Jonathas der stünt an sin stat Grieshaber pred.
2, 21. noch ganz eigentlich: unnd als die schiff seitwertz,
sich gegen dem wasser naigten, . . . seind wir nach allen
unsern krefften an die rüder gestanden, haben zä land
gearbaitet Schaidenreisser Odyss. 36» (avtaq [= viiaq]
(f iaavjuevwg UQoeQvaaafjiev TJneiQovSe 9, 73); (im bilde:)
(d. schiff) bekam zu rädern erst ein grimm,
thäten so starck die rhäder zucken . . .,
der stewrman stund fest an den pflüg,
und schnitt solch furchen inn den Rein . . .
Fischart glückh. schiff 389.
abstracter: (goU) riert dich mit sym stecken an,
dann raiestu selbs an die arbeit stan
Mf RNKR narrenbeschw. 7, 87.
tn dieser Verbindung öfter. — feiner: anno viij. c. xv.
stönd Ludovicus, Pius zugenant, noch bei leben Garoli
magni seines vatters zum kayser gemacht, an das reich
(trat die regierung an) S. Frangk chron. der Teutschen
(1539) 80''; nach Koresch stuend an das kaisertum sein
Vetter, seins bruedern Darios sun . . . nach dem kam
an das reich der Persier Darius der ander Aventin chron.
1, 297, 9. 80 auch stCn an ein guet, 'es antreten, davon
besitz nehmen, mand. v. 1651' Schmeller' 2, 710. —früh-
nhd. an eines fuszstapfen stan, an seine stelle treten:
nun ist der bruch gsin ye und ye,
welcher einen hat anklagt hie . . .
und es aber nit mucbt bezOgen, . . .
das er jn dann des s&It entschlan,
fUr jn an sin fflszstapfTen stan
H. R. Manubi, wein*;). 3571, vgl. 3611.
ß) stehen auf, *. A, 13, d, ß; im bilde:
doch Musa lasz uns sehn,
und Neukirchs Telemach selbst auf die bUhne »tchn
BoDMBR 4 krit. gedickte s. 83 neudr.
y) in etwas stehen, ähnlieh wie a. vgl. A, 18, d, rf; in
die Schlachtordnung ston, in acte versari; in ein aach
ston, oder ein handcl au(T sich nemmen. den selbigen
zevollstrecken. ad causam accedere; in das rAcht ston umb
etlicher Sachen willen, orfire in »«<*d«reoZi^Ma Maalkh S90»;
Jeronimus der begerl gnad und weit buese aufncmen,
. . . wer er in die bucRZ gesUnden, man hett in gern
leben lan d. städtechron. 6, «4, 8 (B.Zink. Axigsb. 14«8);
doch haben die eydgnossen mit der zeyt die von Appen-
zell widerumb aus« freUndschadt zö jnen in die beherr-
schung doBZ Rheyntals stehen lassen, dasz sie zA jrer
zeyt auch einen landvogt daroyn geben Stumpf Schun/tter-
chron. 650».
1601
STEHEN (II, C, 9, a—d)
STEHEN (II, C, 9, ß-10, 6)
1602
6) stehen unter die bürde, onits subire dorao Dentz-
LER 273''.
f) zur history stehn Garg. «5, s. I, B, 2,/, a. cc.
b) zu einem in etwas stehn, ihm beistehen, helfen, so
im älteren bair. st6n zu einem in das recht od«/ mit dem
rechten, ihn vor gericht vertreten, ihm beistehen Schmel-
LER* 2, 709; ez mag ein herr oder ein gewaltiger ampt-
man wol zw seinem man sten in daz recht, und mag
im des rechten helffen und sol der man still sweigin
stadtrecht v. WeiUieim vom j. 1396, art. 116 u. 134, s. eben-
da 710. so auch: ich machte mir anderer gehabte mühe
zu nutz, und stund zu den Siegern in ihr arbeit Simplic.
sehr. 3, 231, 26 Kurz (Springinsf. 15). ähnlich ferner: wo
einiger burger dasselbige alleinige kaufft . . ., und ein
ander burger dessen auch nothürfftig, so der zu ihm
keme, dass begehrt, soll er inen zum halben theill mit
im in den kauft stehen lassen tceisth. 2, 56i, vgl. 3, a, y
gegen ende.
c) häufiger mit dativ der person.
a) vereinzelt: den grossen herrn werden viel auff dem
füsz nachgehen, und jnen lieber auff den kopff stehn
Fischart o. praktik groszm. s. lO neiidr. (Jetzt dafür
steigen.)
ß) ähnlich: institor, qui instat et urget, der da einem
über den hals stehet, anhält, und die leut nöthigt, jhm
abzukauffen, ein hausirer, dessen man nicht los werden
kann Corvinus fons latin. (1646) 837.
y) häufiger mit in; zunächst eigentlich einem in den
weg stehen, in freierem, gebrauche: es ist, wenn ich je-
mand sehe einem wasser zurennen, oder mördern in die
band eilen, wenn es immer in meinem vermögen steht,
eben so sehr meine pflicht, ihm in den weg zu stehen,
oder ihn zu warnen, wie wenn gott vom himmel herab
mit lauter stimme rufen würde: steh ihm in den weg!
warne ihn ! Lavater pred. üb. d. buch Jonas l, 65. soiist
abstracter: wie hart sy (d. Christen) dise oberzälten Zau-
berer (die jnen ins ampt steen wollen ungeheyssen) an-
tasten, lauffens doch selbs in der not jnen nach Franck
iceltb. S***; Jupiter, welcher . . . vielleicht vermeynte, es
möchte jemand seinen strahl ergriffen haben, ihm ins
handwerck zu stehen Simpl. sehr, i, 159, 8 Kurz (= 4, 663
Keller; vögeln. 2, 21).
6) ähnlich eis. : 'de(r) dät eim bi dr nacht v o r d snnn
sten, so miszgünstig ist er' Martin-Lienhart 2, 565'.
f) ich hab daheimen ouch ein wyb,
es ist kein luchs uff erd so bschyb (gewandt),
sy d6rfft jm handtlich zum zil stan;
ich w5lt ein tüfel mit jr fahn . . .
H. R. Manuel ivein«p. 1109.
d) so noch in neuerer zeit vor den risz stehen Ade-
lung (2, 2, 8), 'den schaden tragen, decken' Campe (l).
die Wendung geht aus vom bilde einer belagerting, wenn
eine bresche in die Stadtmauer gelegt ist und jiun jem^iTui
davor tritt, um die feinde am eindringen zu hindern, ist
also gleichbedeutend mit dem heute üblichen in die bresche
treten, springen, vgl. risz 3, c, th. 8, 1048/. in der bibel-
übers, mit wider, belegt unter risz. bes. im 18. jahrh. nach-
zuweisen: die Vernunft konnte im allgemeinen nie herab-
gewürdigt werden, vielmehr gab es von jeher menschen,
getrieben vom heiligen geiste, die vor den risz standen . . .
Hippel 7, 59 (u. öfter); was ists, das der allhirte von
ihnen (den engein) fodert? sie stehn vor den risz ihrer
heerde Herder 9, 11, vgl. 9, 162. 18, 112. mit für: der
prinz muszte für den risz stehn (für die kosten auf-
kommen), und seine gesundheit durfte doch schicklicher-
weise nicht in hier getrunken werden Gaudy sämmtl.
werke (1844) 2, 51. weniger gut mit dem dat., so Hein-
S1Ü8 4, 767'', vgl. risz 3, c und Gottsched ged. i, 5 unter
l, B, 3, d. 5;
nachdem sie kaum ein stttndchen ruh gehabt
und hier gleich wieder vor dem risz stehn müssen
P. Heysb Colberg 77.
dafür in Wien: warum soll i' vor die luk'n steh'n ('die
fatalitäten eine^ andern auf mich nehmen')! Hügel 156».
ähnlich auch: praestare damnum. vor den schaden stehen,
dasz er nicht zu einem komme, denselben verhüten
Corvinus fons latin. 637*.
X. 2.
e) perfectiv ist stehen auch in Verbindung mit von, vgl.
A, 13, i — k.
a) von einem stehn, abfallen, ihn verlassen, ihm un-
treu werden:
wilt du in den todt jetzt gehn,
so w5llen wir nit von dir stehn,
bereit bin ich mit dir zusterben
Spreng Aeneü (1610) 38'' (2, 675);
Cynthia mein leben,
wil sich nicht ergeben
in gewünschter pflicht:
ich sol von jhr stehen
und sie lassen gehen
Königsb. dichterkr. s. 61 neudr.
ß) von etwas: darvon stehen, absistere, desistere Da-
SYPODius. xcie «: als offt ain glawbig landt von christen-
licher kirch gestanden und newen erfindungen obgelegen
unnd nachgefaren ist Berthold v. Chiemsee teictsche
theol. s. 13. — von einem amt zurücktreten : wolt von dem
bistumb nit stan d. städtechron. 5, 58, 12 (B. Zink, Augsb.),
s. I, B, 2, f, a, bb; Victor sagt, Diocletianus . . . hab xxv.
jar regiert und zületst willig vom reich mit Maximiniano
gestanden S. Franck chron. der Teutschen (1539) 38»'; *.
auch Anshelm Berner chron. l, 102, 19 unter I, B, 2, /,
ß, bb. — von seinem gut ston unnd. es dem Schuldner
übergäben, bonis cedere Maaler 390»; die Schwitzer ...
batend jn (den kaiser), dasz er . . . si nit zwingen [weit]
von jr vordem besitzung und march ze ston Tschüdi
chron. Helvet. 1, 56»; bair. 'st6n von einem guet, es ver-
lassen, davon abtreten' Schmeller^ 2, 710.
y) häufiger abstracter, von einer handlung, meinung
u. ähnl. stehen, ablassen, sie aufgeben : von einem handel
ston, causa desistere Maaler 390». auch: doch ie mer
sie genStet und bezwungen ward, ie minder sie ab ierem
fürnemen stan wolt Stainhöwel de claris mul. 272, 4;
bat min herren, von diser irer fürgenomnen meinung
ze stan qu. zur Schweizer gesch. l, 22, 13 (Frickart Zwing-
herrenstr. 1470, 1, 3); hatt Wilbaldus sein jungen tag in
mütwillen verzert, ist im wol zu verzeihen, dieweil er
davon gestanden Wickram 2, 91, 25 (knabensp. 27); hie-
mit wolten die eidgnossen von jhrer anmütung nit stehen,
so wolt sich Zürych von jhrer freyheit auch nit lassen
trengen Stumpf Schwijtzerchron. (1606) 734»;
biss . . . tringt herzu die finster nacht,
darinn die feind stehn von der Schlacht
Spreng Ilias (1610) 189» (riv xai tfi än6axt>>rtat
TtoXiuoto Toüitg H. 14, 78).
iceitere belege s. unter I, B, 2, /, a, aa — cc (von freuden
muess ich stan Osw. v. Wolkenstein 15, 40; von der
gewonheit stan MuRNERZwfA. narr. 2037; thünd von üwern
Sünden ston Urner spiel v. W. Teil 785; von der mesz
noch cerimonien nit ston Basler chron. 6, 131, 20; von
seinem hinlessigen wesen und unordentlichen hausen . . .
stan Knebel chron. v. Kaisheim 1531, s. 167). so noch
Schweiz, fom recht sto, vom prozesz abstehen Hunziker 255.
10) stehen bezeichnet in manchen fallen ein längeres
verweilen an einem orte.
a) aus dem begriff des stehenbleibens (A, 11 — 12) ent-
wickelt sich zuweilen der des bleibens, wartens. venceilens,
vgl.: inhio . . . stehen vel beyten (gloss. v. 1470) . . . ik
sta vel beyde (voc. lat.-sax.) Diefenbach gloss. 299». so
mhd.:
nQ stant als6 noch eine wlle, bite!
Walther v. d. Vogelweidb 82, 16;
ir sult hfnaht bi mir st4n
Pleier Mel. 5227 (= mit mir sin 5214) ;
s. atuA Zimm. chron.^ 4, 228, 21 unter 1, B, 2,/, a, bb. —
im gegensatz zum fortgehen: zu der stund mein Urlaub
habt zereitten oder zesten wo euch hin liebet Arigo
decam. 593, 37 Keller (»ia e l'andare e lo stare nel piacer
vostro 10, 2) ; *. ferner b, ß. — so in den südlichsten Sprach-
inseln, vgl. b, a: cimhr. steet panüz (bei uns), State da noi!
cimbr. wb. 236»; lusern. itian an pet, dvhaam (daheim), kan
US (bei uns) Bacher 394.
b) (dauernd oder längere zeit) an einem orte wohnen.
c) so vereinzelt in der altern spräche, häufig frühnhd.
in Übersetzungen aus dem italienischen, in nachbildung
des ital. stare, so in Arigos decameron-übers., a. die be-
lege, darnach könnte man auf eine aus dem ital. stammende
süddeutsche eigenfhümlichkeit schlieszen; und dazu tcürde
101
1603
STEHEN (II, C. 10. b—c)
STEHEN (II. C. 10. c)
1604
stimmen, daaz von den nhd. wörterbüehem nur Kram er
die gebrauchstceise verzeichnet (». ß), und dasz sie auch in
den südlichen, stark vom ital. beeinflttszten Sprachinseln
vorkommt, z. b. in Ltisern, s. Bacher 394. doch lassen
die andern belege weder eine geographische noch eine zeit-
liche begrenzung zu. diese gebrauchsrceise findet sich zu
allen Zeiten in den verschiedensten gegenden, ohne je recht
üblich zu tcerden.
ß) mit Ortsangaben, sich aufhalten: wo stehet er? resp.
er stehet zu Amsterdam, dove stä cioe vive, liabita, stantia
eglit resp. egli sta ä A. als er noch zu Paris stunde
Kramer dict. (1702) 2, 928»; er ist lang zu Rom gestanden
929'»; im wol in gedechtnüsz kam wie er vernomen hette;
das sein vater etlich zeit in Cicilia und zä Palerma ge-
standenn waz Arigo decam. 82, 9 Keller (che il padre era
stato in Palermo 2, 5). ähnlich noch: das haus ist in-
dessen bis Michael vermiethet. die gräfin Dohna-Kar-
winden bewohnt es oben, unten steht herr stadtrath
Dehn Hippel 14, 113. — übertragen: in den motiven wie
in der spräche steht Plautus in der kneipe, Terenz im
guten bürgerlichen haushält Mommsen röm. gesch. 2*, 434.
y) bei einem stehen, leben, bleiben; so oft bei Arigo :
die knaben nun etlich iare in Casparin Doria hause stun-
den 95, 29 {stettero . . . in casa messer Guasparrino 2, 6) ;
dann alleine von den säligen frawen (nontien) ich wirdig-
lichen entpfangen warde, . . . pey den ich nun etlich
lang zeit gestanden was 123, 28 {poi die per alquanto
tempo con loro dimorata fui 2, 7); ebenso 324, 15 (5, 2);
ferner 157, 5 (2, 10). gern verbunden: ee er sy {d. kinder)
wölt weinen hören ee er in den alten man ze liebe halten
wolt, und in fragenn Hesse ob er pey im sten und be-
leyben wölt {sei prod'uomo . . . lä entro dimarar volesse)
138, 9; vgl. 167, 33.
d) stehen att höfen oder bei groszen lierren berührt sich
mit der bedetitung 3, c; schlieszlich liesz er ihm {Winckelm.
dem, churprinzen) schreiben — 'dasz er sich bemühen
werde, dasz ich künftig mit vergnügen an seinem hofe
stehen solle' Justi WinckelmAinn 2, 2, 10;
ja wenn ihr zu hofe stehet,
wird dies seyn der gesang zu tisch
Reineke fuchs (1650) 98, 4.
ntgleieh im eigentlichen sinne (A, 10, b):
wer bey hofe lange wil
stehen ohne wancken
LoGAU 2, 10, 84.
von Sklaven: als diese etwa 4. wochen bey ihren herrn
gestanden, wurden sie ober land nach Ptolemais . . .
geföhret Happel akad. roman 1022; Notker 2, 566. 16
Piper {ps. 133. l), vgl. 567, 6;
fürwaar, fürwaar, ich sage dir,
sprach Jesus, du wirst heut bey mir
im paradiese stehen P. Gerhardt 385, 21 ;
s. femer unten d.
t) von Völkern, ihren wohnsitz liahen: deswegen Otto . . .
die an der Havel wohnende völcker a. 997. heimsuchte,
und züchtigte, welches die Slaven durch einen andern
einbruch in die Bardengou zu rächen vermeinten, aber
von den daselbst stehenden Westphälingern ungesegnet
nach hause gewiesen wurden Hahn t. reichs- u. kayser-
hiat. (1781) 2, 144; die damals im lande gestandene Lät-
thauiscbe waren an ihrer weissen kleidung durch blaues
. . . tuch . . . unterschieden v. Koenio gedickte (1746) 202;
jedes geschlecht hat sein angewiesenes revier; die dem
Baikal im west stehenden (Burüten) wechseln blos ihre
wint«r- und sommer-dörfer Ritter erdkunde 3, 121.
e) »tehend und gleichsam technisch ist stehen als mili-
täriaeker ausdruek. und zwar ist diese Verwendung gerade
in neuerer teit (seit d. 18. «. bes. dem 19. jahrh.) sehr ge-
wlAnUeh geworden ,- doch begegnen vereimelte beispiele schon
früher {im 16. jahrh., ». Manubl unter y, Kirchhof
«Miter ß). Knut gebraucht die ältere spräche dafür liegen,
da» tum theil auch neben stehen üblich geblieben ist, bes.
vo» mmquartierung, a. Hegen 6—7, ik. 6, looe/.
ft) «M im/ftn. und sowohl in besug auf ihn dauern-
am tUmdttutrtiera im friadm. wie die voriOerfdmulen
Ufaratdlen währtnd tinaa /ddaugea : die kayteriiche artnee
tUhti in UBtarn Krambr dieL (iTW) t. 9M»; der feind
■tobt da, hoatia eaatra M habet Frisch t, ase*; die Sol-
daten stehen itzo im felde; in den Winterquartieren
Gottsched beobachtungen 280; 'von truppen gebraucht,
bedeutet es, sich eine Zeitlang an einem, orte im stände
der ruhe befinden, im lager, in garnison, in den Winter-
quartieren, im felde stehen, der stab steht in der stadt'
{'geicöhnliclier liegt' Campe) Adelung (2, 2). belege: die
ruszische armee stehet noch in der nehmlichen position . . .
Lessing 18, 391 Lachmann- Muncker (Tauentzien anFriedr.
d. gr. 8. atig. 1769) ; bis dahin beschlosz Bedemar . . ., die
truppen an den örtern, wo sie standen, zu unterhalten
Schiller 4, 156; ich zweifle keinen augenblick, dasz . . .
wir binnen acht tagen wohlgerüstet an der grenze stehen
können Herwegh briefe 116 (15. inärz 48); das regiment
Arnolds, dasz im Elsasz stand, hat marschbefehl be-
kommen Ebner-Eschenbach 4, 109. mit Zusätzen, im
lager stehen u. ähnl.:
dasz Kottwitz fern in Amstein kantoniert,
gesondert von den andern regimentem,
die hier, bei dieser stadt, im lager stebn
Kleist prinz. v. Homb. 4, 2, 1247;
seht euch vor !
die Engelländer stehen nah' gelagert
Schiller 13, 312 {junnfr. v. Ort. 5, 2).
dem feinde nah, gegenüber stehen u. ähnl.:
die beiden beere stehen sich so nah,
dasz nur der wald sie trennt 310;
sie standen an den deutschen marken
dem feind entgegen unverwandt
Storm 8, 265;
*. ferner tinter I, C, 3, /, y und a. anstatt des heeres oder
truppentheils wird oft der feld herr bezw. anführer genannt:
der junge weimarische held
. . . stand mit einem mal vor Regenspurg,
zum schrecken aller gut kathol'schen Christen
Schiller 12, 116 (Piccol. 2, 7);
nun steht er (Varus), mit drei legionen,
in deines landes westen drohend da
Kleist Herrmannsschl. 1, 3, 189;
s. auch RÜCKERT 1, 90 unter I, C, 3, /, ß.
ß) ganz gewöhnlich atich vom einzelnen Soldaten oder
offizier, beim militär, bei einem regimente, in einer
garnison stehen m. ähnl.: berlin. bei 't milleteer schtehn
Brendicke 178» (6). hier findet sich ein vereinzelter beleg
sclwn im 16. jahrh. : nun hielt er eins mals mit seinen
fendlein, derer acht was, under welcher eines ich da-
mals ghörig und darbey stund (wie mans nennet) ge-
mein, vermanet neben andern die kriegsleut ... Kirchhop
toendunm. (1563) 1, 63 Österley (l. 53). sonst erst wieder
seit mitte des IS. jahrh.: wo war er denn, als der major
bey uns in Thüringen im Winterquartiere stand? Lessing
1, .546 {Mintia v. B. 3, 2); es ist ein sehr feiner junger
mensch, er steht unter dem dragonerregiment, wovon
das depot in Beifort liegt Pfekfel pros. vers. 5, 63;
Rudolf steht jetzt in Potsdam {als offizier) J. Grimm
aji Dahlmann 1, 541 (29. atisg. 1858); diese jungen lebens-
und liebetollen 'stückknechte' stehen dann auch zuweilen
in Spandauer garnison Gutzkow ges. werke l, 172; in
der deutschen leibwache der kaiser stand mancher be-
wanderte mann Freytag 17, 30; 'warst du denn mit da-
bei . . .' 'nein, aber so gut wie mit dabei, denn ich stand
in demselben zug . . .' Fontane 6, 28 {quitt 3); Hubert und
ich standen bei derselben kompagnie Liliencron lettte
ernte W>; s. auch Schknkendorf ged. 44 unter I, B, S,
/, y, dd. — darauf beruht tpohl auch die ausdrtickstceiae:
ein guter freund sagte zu mir, er wisse für mich eine
zum heiraten, wo steht sie? fragte ich in dem damals
üblichen schnöden sprachstil junger landlöwen Kellbr
8, 201 {oder zu gt).
y) eine hät^fige feste Verbindung ist im felde stehen t<oi»
Soldaten während eines kriegasuges. {daneben im, zu felde
liegen, s. liegen 7.) so vom heere: agmen wird gebrauchet,
wenn die armdo in tnarch ist: wenn sie in fcido stehet,
hciszct es aries ApiN gloaaar. (t7W) 4t; die armce stand
fertig im felde Schiller 8. SS8; ich glaube, wenn solche
sechzig, oder xirbonzig tausend im felde stünden, sie
würden den frind über die greiue zurückwerfen Stifter
S, 186; a. femer GorrscHRD gad. 1, 7 unter I, B, S, <f, ^
von den eintdntn, a. Rabbnrr S, 68 unter I, B, S, «, f,
scheint zuerst gesetzlich verfttgt sa sein, dass wer sechs
jähre hinter einander im felde gestanden, dadurch zu-
1605
STEHEN (II, C, 10, c-e)
STEHEN (II, C. 10, f-n, a)
1606
nächst ein recht erhalte auf den abschied Mommsen
röm. gesch. 2*, 107;
dri tusent fromm eid^ossen
die stftndent z& witem feld
N. Manuel «. 22 Bächtold {Bicocca-lied (1522) str. 3, 6).
(T) daneben andre ausdrücke, irie bei, unter der fahne
stehen, s. Kirchhof unter ß; wie die Jesuiten in Frei-
burg erzogen werden, chinesisch abgeschlossen, so sollen
wir Offiziere leben! warum denn? warum denn mit ge-
brochenem herzen unter der fahne stehen? Gutzkow
ritter vom g. 8, 216;
ein häufe, der schon längst bey meinen fahnen stand
J. E. Schlegel 1, 253.
d) ferner idrd stehen auf allerlei 'ansteUungen'. ämter
und dienste angetcandt: 'ziceytens bedeutet es so viel, als
mit einer getcissen bedienung bekleidet seyn, z. e. in einem
hohen ehrenamte stehen; bey dem oder jenem regimente
als oberster stehen' Gottsched beobachtungen s. 279.
diese hedeutung findet sich vereinzelt im 15. jahrh. : item
^'« m. zwen wytingen (beamteu) zu schortlone geben, die
uf dem Nuwen huseren sallen sten, am pfingisttage
Marienb. treszlerb. 75, 12 Joachim {vom j. 1400); mit einem
meinen prüder, der in eines armen knechtes weise pey
misser Casperin Doria ze Genoua stet Arigo decam. s.
102, 18 Keller {quäle in forma di servo messer Gucsparrin
d'Oria tiene in casa 2, 6). dann verschicindet sie aus der
litt., um, erst im, 18. jahrh. icieder aufzutauchen, hier ist
sie ganz gewöhnlich und reicht auch noch hie und da ins
19. jahrh. hinein.
a) von höheren Stellungen, besonders als prediger: mein
groszvater, der als hausprediger auf einem adelichen
gute gestanden Moser patr. phantas. 2, 94; der ältere
Heinr. Meibom war 1555 zu Lemgo geboren, wo sein
vater Martin als prediger stand J. Grimm Reinhart
fuchs (1834) vorr. s. CLXXI; von lehrern, professoren
u. ähnl.: von Osnabrück aus, wo er damals als rector
am gymnasio stand Reiske Thucyd. vorr.; zu Halle . . .
stand dieser Sellius auf ein paar jähre als professor der
juristischen und philosophischen facultät Göthe 37, 84
(Winckelm. III). femer: indem ich über die 10. jähre bey
gericht in praxi ruhmwürdigst gestanden R. M.\yr päck-
chen Satiren (1769) 38; ich stehe am hoftheater BoN.\-
vextura nachtwachen 105, 14 Michel.
ß) von niedem, im engeren sinne dienenden Stellungen :
das frauenzimmer schien irgendwo als Französinn oder
kammermädchen gestanden zu haben Dusch krit. u.
satyr. sehr. (1758) 174; als handlungsdiener stehen Nicolai
Seb. Nothanker (1773) l, 21, als keilner Pfeffel pros. vers.
(1810) 1, 13, s. I, C, 3, /, a und y; als ich schon lange
vorher beim alten herrn Lovell als ein bedienter ge-
standen habe Tieck 6, 39; in jener groszen fabrik . . .
stand Gustav, äuszerlich unbescholten, als comptoirist
Gutzkow ges. werke (1872) 2, 222 {d. emporblick 6).
e) auch in bezug auf lehre und Studium. .
a) so im 18. jahrh. von der lehrzeit eines lehrlings in
handicerk und getcerbe; mit verdeutlichendem zusatz: ein
junger mensch, nahmens Ferdinand Henking, von Heidel-
berg, steht gegenwärtig in der Tromsdorüschen apotheke
zur lehre Göthe briefe 15, 17. gern mit acc. der zeit, der
hier dem acc. des inner n objects nahe kom,mf: 'bey jeman-
den die jähre stehen, die leJirjahre bey ihm aushalten
und vollbringen, sein vater und ich haben die jähre
mit einander gestanden {aus Weisze); sind zu einer zeit
bey einem lehrherren in der lehre gewesen Adelung (l, 2,
von Campe, 2, als ungut bezeichnet); einer derselben
('triWen jungens") . . . war von ihm {dem vater) ... zu
einem apotheker nach Gera geschickt worden, wo er die
jähre stehen solte Bahrt gesch. s. lebens l, 153.
ß) dagegen im, 16. jahrh. vom Studium, gewöhnlich in
der Verbindung: welcher nit yn der hohen schule ge-
standen ist, der kan nichts Luther 8, 558, 30 Weim., s.
atteh 23, 15, 29 unter I, C, 3, d, a; villicht synd sy ouch
zä Parysz uff der hohen schälen gestanden ein zwelff
iar J. Nazarei vom alten u. neuen gott s. 59 nevdr., Jerner
Scheidt grob. 4784. s. unter I, C, 3, d, ß. stehen allein:
so sint wir zfi Lyps, Erfordt, Wyen,
zfi Heidelberg, Mentz, Basel, gstanden
Bkant narrentch. 27, 27 {'von unnutzem ttndieren').
f) stehen in der älteren spräche vereinzelt von der avis-
Übung eines beruf es , doch nur, wenn diese stehend im
eigentlichen sinne geschieht, {vgl. 6, d.)
a) mit waren ausstehen, vom händler: uf dem marcte
sal zu rechte nimant stehn Freiberger stadtr. s. 251, 5
Ermisch (XL VI, § 4) ; unde alle, di mittene in dem kouf-
huse sten, di sullen geben uz der kameren vumf vir-
dunge alle iar zu rechte, unde alle, di undene sten in
den kelren unde gewant sniden, die sullen geben . . .
anderhalben virdunc 251, 28. 30 (XLVII, § l).
ß) im felde stehen vom bergbau {vgl. feld 10 und feld-
bauer 2, th. 3, 1479/.).- die belehnung {des Stollens) ist mit
der maassgabe ertheilt, dass den wirklich im felde stehen-
den andern gewerken ihr etwaiges muthungs- und be-
lehnungsrecht nicht genommen werde Karsten areh. f.
bergb. 18, 90/., *. Veith 182.
g) stehen tcird in ähnlicher weise auch voji dem dauern-
den oder auch vorübergehenden aufenthaltsort von thieren
gesagt: Schweiz, {aarg.) 'wo stot's? vom Standort des thieres"
HuNziKER 255. insbesondere
a) von Pferden und andern hausthieren: die pferde
stehen im stalle, befinden sich in demselben Adelung
(2, 2), 'sie befinden sich darin, sie mögen sich auf den
füszen befinden oder liegen' C.\mpe (l); sechs pferde auf
dem stalle stehen haben Adelung {bei Campe im stalle);
wo hat der jungherr sein pferd stehen? Garg.s. 63 neudr..
vgl. 72; s. ferner Frey gartenges. 19, 21 Bolte und Richen-
TAL 29 unter I, B, 2, /, a, bb und dd zu ende {hier nur
von nachtquartier). — er hat eine menge Schweine auf
der mast stehen C.\mpe; von ochsen:
na, hür hei, Bräuker, hüt kann hei
mal up den ossenhandel gähn ;
so as mi seggt, so sälen twei
bi Kahlem tau Voigtshagen stahn
Reuter 1, 180 Seelmann (lättschenl, 61, 4).
ß) häufig und technisch von teild in der Jägersprache:
'stehen heisset eigentlich: das mldpret hält seinen gewissen
stand auf einem bogen, ico es zu dieser oder jener zeit
am liebsten ist, und sich daselbst am meisten finden läszt,
z. e. der brunfthirsch stehet in der brunftzeit gerne an
einer anhöbe, wo es etwas liecht, sumpfig, oder brüchig
ist Heppe leithund (l75l) 49, vgl. Chomel öcon. u. physic.
lex. (1750 — 7) 8, 1592 {insonderheit vom hirsch: 'der hirsch
steckt oder stehet in dem und dem reviere, nicht aber,
er lieget darinne'); es steht da wild, es hat da wild
seinen stand, es stehen da auerhähne H. Laube jagd-
brev. (1841) 290; 'l) alles icild steht da, wo es seinen
gewöhnlichen Standort hat. 2) das wechselwild steht da,
wo es sich nach dem einwechseln momentan befindet'
Behlen 5, 681;
mi was dat kamen in de kund,
dat in herm von Aprillen sin revir
en wunnerschönen rehbuck stünn
Reuter 1, 230 Seelm. {lauschen 2, 9, 163);
auch von vögeln, bes. jagdvögeln {vgl. oben h.WBE): essoll
kainer holz schlachen in der nähent da sperber stehen
{'ihr nestliaben') steir. taid. 299, 26 {stiß Göss, 16. jahrh. .
sogar von fischen, {mit collectivem sing. .) in die Rexow-
schen dannen, in den Lauban(-«ec), da weisz ich en flag,
da steht en hartlicher bors {barsch) Reuter 3, 233, i
Seelmann {strömt. 3, kap. 45).
ll) aus der localen bedeutung geht stehen sehr gewöhn-
lich über in die modale, sich in einem zustande befinden,
so zumeist in Verbindung mit präpositionalen ausdrücken,
namentlich in zahllosen tcendungen m.it der präpos. in.
a) in bezug auf den gesammtzustand eines menschen: dass
der sechsundfunfzigjährige in voller gesundheit und kraft
stehende mann {Scipio Aemüianus) . . . das opfer eines
politischen mordes geworden ist, kann nicht bezweifelt
werden Mommsen röm. gesch.* 2, 100;
ich stand in meiner kraft,
da rief ich schon vertrauend auf zum himmel
COLLIN Coriolan 82.
solche Wendungen bezeichnen gewöhnlich das lebensalfer
im allgemeinen; noch deutlicher: er steht in der blüthe
seiner jähre Adelung (2. 2, 5); äo schon: ein man der
in seines alters , besten saft und sterck steht {«v^q
axfiaC.Qtv xa&' yXixlav), . . . wirt für trunckenheit heym
zu hausz getragen Ahbach (gest. 1559) vom zusatiffen u.
101*
1607
STEHEN (II, C, 11. a-c)
STEHEN (H, C, 11, c-d)
1608
trundcenh. Dl' {vgl. Basil. 3, 467 B Migne); ferner Ra-
BENER 1, 38 unter I, B, 3, c, s; aber auch er {Luther)
stand in der blüthe des männlichen alters, seinem 36sten
lebensjahre Ranke deutsche geach. l, 282. anderes: Ghiberti
stand in der blüthe seines ruhmes Grimm Michelangelo
(1890) 1, 34;
sie C/rau Kritik) bringt auch selber nichts hervor,
und lebt und steht doch grosz im flor
GÖTHE 13, 48 (d. neueste v. Plundersw. 90).
mit genaueren altersangaben : ich stand damahls eben in
dem alter, worin wir, aus dem langen träume der kind-
heit erwachend, uns selbst zuerst zu finden glauben Wie-
land 2, 11 {Agath. 7, 2); er mochte ohngefähr in seinem
sechszehnten jähre stehn Kleist 4, 139, l E. Schmidt.
90 atich: den locken nach ist sie älter, als achtzehn,
den äugen nach jünger, als vierzehn jähre, vielleicht
steht sie mitten Stifter l, 218. ähnlich als jägeraus-
ditick von hunden: 'im feld stehen — der windhund steht
im zweiten feld, xcenn er ztcei hetzzeiten mitgelaufen, der
hund steht im zweiten felde, macht das zweite feld mit,
tcenn er das zxceite jähr geführt uird' H. Laube jagd-
brevier (1841) 266.
b) von lehre, arbeit, stand, rang u. ähnl.
a) in der lehre stehen, vgl. oben 10, e, a. in freierer
tceise: das fräulein stand im ersten noviziat der liebe
M USA US volksm. l, 104 Hempel; jungen leuten, die von
der akademie kommen, oder sonst in dem vorbereitungs-
stunde zu wichtigern geschäften stehen Lenz 3, 117 Tieck;
er sollte wie ein meister seines faches sprechen, während
er erst am ende seiner lehrjahre und im anfang seiner
wanderjahre stand Justi Winckehnann l, 383. {vgl. auch:
in solchem sengenden stand ist er gestanden bisz aulT
ein jar unnd zehen monat Garg. 168.)
jff) in arbeit stehn, so in .4u^sJwr(7 = einstehn Bir-
LINGER 410'*;
vier männer stark von leibem
die sollen mit zwei weibem
allhier in arbeit stehn
vmnderh. 1, 290 Boxherger.
mit artikel, anders nuanciert: der dient ihm {Christo) am
besten, der in der arbeit steht und Ordnung hält , Fon-
tane 6, 160 {quitt 19). *. ferner c, a.
y) in einem amte stehen : in einem amt, dienst stehen
Krämer dict. 2, 928»'; in einem öffentlichen amte stehen
Adelung (2, 2, 5); wo jemand vermessen handien würde,
das er dem priester nicht gehorchet, det daselbs in {zu-
erst : an) des herrn deines gottes ampt stehet 5 Mose 17, 12
(nn«-nH osr n-!D^ "ßjn, um dort Jahveh zu dienen); etliche
T : V T -.r: t
80 in der oberkeit stunden {cQxaQ txovteq) Xylander
Polybius 356 (VI, 54, 5); zu meiner zeit liesz sich keiner
malen, der nicht in amt und würden stand Kotzebu e
d. d. kieinstädter 1, 4. ähnlich: es war ein feiner und
ernster mann, der in den Staatsgeschäften stand Keller
1, 228. dafür auch: es is halt doch 'was schön's,
wenn man in ein' gehalt steht Nestroy ges. werke 4, 121
{mein freund 1, 2).
<J) in einem ränge, stände u. ähnl.: nicht blosz die
männer, welche schon in hohen militärischen graden
standen, . . . blickten die alte weit mit andern äugen
an als zuvor Dahlmann franz. revol. 79. von berufs-
ständen:
lasz meinen stand, darin ich steh,
berr, deine liebe zieren
P. Gerhardt 436, 15;
dat dat 511er keinen stand weniger schaden deiht as
den preisterstand, wenn de mann, de in cm steiht, em
rechtschaffen verwacht hett Reuter 2, 196, 4 Seelm. {strömt.
1, 11). anderes: Spina ... ein witib belcyben waz ... in
wiUb stant also etlich zeit gestanden Arioo decamer.
9t, 90 Keller (8, e, fehlt ital.);
akdmn so wirtt dn Mhn wie redner und poet,
■toroMbtr, and wu Boniit im MuMnorden (t«bt
B. Nbukircii ifed. (1744) 178.
e) «9» dienH- und lohnverhüUnitsen.
tt) in arbeit, dienst, lohn stehen bei einem: bey irgend
eioem in arbeit stehen, star' A tavoro appreaso tino
Kramkr diet. I, BS8*>; bey Jemanden in der lehre, in arboit,
in oondiUon stehen Adbluno (s, s, 6); ich bin ein ehr-
lieber sohoeidar meia«« Handwerks . . . und Blehc hier
in arbeit bei meinem meister MusÄus volksm. i, 23
Hempel {Rübez. 2); die häscher . . . führten einen ge-
wissen kapitän Cisti, der . . . nicht bei dem herzog in
diensten stand Göthe 34, 140 {Cellini i, lo). bei einem
in lohn, in lohn und brod {oder kost) stehen: ihr be-
klagt euch so viel übern adel . . ., die leute sahn hof-
meister wie domestiken an, narren I was sind sie denn
anders? stehen sie nicht in lohn und brot bei ihnen
wie jene? Lenz l, 345 Blei {hofmAster 2, l); steihst du
bi den herrn ratsherrn in lohn un brod, oder bi mi?
Reuter 3, 343 Seelmann (franzosent. 10);
bi den hei in de lihr badd stahn
1, 380 (lätttchen 2, 66, 12).
ß) noch häufiger mit gen., in eines dienst(e) u. ä.:
drauszen in der küche aber setzte sie sich . . . und liesz
sich von Christine, die seit etwa zwei jähren in ihrem
dienste stand, die kaffeemühle geben Fontane 6, 29
{quitt 4); andere {Johanniter) standen im dienste der
republiken Venedig und Genua Gutzkow ritter vom g.
1, 95. im plural:
mit absehen musz ich jetzt den frechen mörder sehn,
unmöglich kann ich mehr in seinen diensten stehn
Gottsched d. Schaubühne 5, 26
(Gottschedin Panthea 2, 4);
einige batavische in römischen diensten stehende cohortcn
waren eben auf dem weg nach Italien begriffen M. J.
Schmidt gesch. d. DeutscJien l, 87. alterthümlich in eines
pflicht:
die liebe lässt den harten zäum nicht gehen,
sie träncket mir die lust so bitter ein,
dasz ich nicht mehr in jhrer ptlicht kan stehen
Königsb. dichterkr. s. 94 neudr. ;
wir aber stehn in des kaisers pflicht,
und wer uns bezahlt, das ist der kaiser
Schiller 12, 50 {Walienst. lag. 11);
in eines solde : viele grossen in Madrid standen in seinem
solde Klinger 4, 253 {Raph. de Aqu. 5, 2). dafür: Fiesco.
kerl, wie viel teufel besoldest du? mehr, zu dienen —
nur einen, und der steht in gräflichem futter Schiller
3, 270 {Fiesko 3, 3) ; nun und nimmermehr konnte dieses
prototyp einer edelfrau den Stammsitz ihrer väter . . .
auf die familie eines mannes übertragen, der als be-
diensteter in ihrem lohn und brode stand L. v. Franc:ois
d. letzte Reckenb.^ 321. dazu auch: er ist hofgelehrter und
der andre hofnarr; ihr steht beide in einem {demselben)
gehalte Tieck 5, 228 {d. gest. kater 2, 4).
Y) andere ausdrücke begegnen vereinzelt, so in der älteren
spräche in eines geböte {rieben zu, s. 6, e, ä):
sie betten an die abgfitte,
inn der teüffel gebotte
stunden sie gemeyn
Albrecht v. Halberstadt prol. 25;
in eines schütze stehen:
dasz alle musen schon aus fremden I&ndem gehen
und nun in deinem schütz und reichem solde stehen
KoBMo ged. 37.
bildlicher ausgedrückt: nichts gehet über die anhänglich-
keit, womit die, welche einmal im gefolge stunden, ihrem
anführer ergeben waren M. J. Schmidt gesch. der Deut-
schen 1, 40; alle die vier mittelstaaten. welche Napoleon
bereits als die stützen 'meines künftigen deutschen bundes'
bezeichnete, standen in seinem lager Trkitsciike (/.
gesch. l, 822.
d) von Zahlung»- und anderen Verpflichtungen : in schulden
stehen, stare in dtbiti, eioi esaerr indebitato Kramer
dict. 2, 928>>; so gewöhnlieh in eines schuld stehen, sein
Schuldner sein; gern in freierem »inne: es ist nicht
heiter, wenn jemand . . . vor uns hintritt und uns be-
weist, dasz wir tief in seiner schuld stehen Ebnkk
Eschen BACH 4, 98;
ich bin nicht genonnen,
in mfiner di«ner Hchuld zu Mtehen — erbittet
euch eine gnade
Schiller 6, S, 808 (don KarUn 8, 10);
ich stehe
schon hoch genug in ihrer acbuldl
Hkbbil 8, 814 (Her. u. Mar. 1, 8, 888).
selten ohne »oUhen gen.:
ich bin von dir bctchlmt, und ateh in tiefster schuld
Oo-rrscHBD ged. (1751) 878 (öden 8, 88).
1609
STEHEN (II, C, 11, d-e)
STEHEN (II, C, 11. e-g)
1610
anderes: ob . . . derselbig ungehorsamb erscheinet, so soll
er in der straff der herrschaft stehen steir. taid. Ii9, 32
{Ratten, 16. jnhrh.), s. auch 71, 29 unter I, B, 2, /, 6, dd.
in neuerer spräche einem im wort stehen : er liatte aller-
dings keine ahnung, ob herr Oversberg daran denke, sich
von dem besitze zu trennen, in dem . . . doch möglichen
falle jedoch, dasz er sich . . . dazu geneigt fände, bäte
er ihn, sich seiner als eines ihm im wort siebenden zu
erinnern Ebner-Eschenb.^ch i, 163.
e) von gesellschaftlicher und sonstiger Schätzung: in ehre,
ansehen, gunst stehen.
a) ohne jeden ziisatz sind diese Wendungen kaum üblich,
wohl aber finden sich so ausdrücke, die das gegentheil be-
sagen, in schänden stehn u. ähnl., besonders in der älteren
spräche {daneben mit schänden, s. 12, c): nu stehen sie
mit ihm in allen schänden Luther 50, 144 Erl. ausg. ;
und mfist (er muszte) darzä in schänden ston
SCHEIDT grob. 4308, s. I, B, 2,/, a, bb;
ich stund in spott und schänden
P. Gerhardt 401, 4.
so auch:
ich f&rcht, ich stehe nur in lauter ungenaden
Neuberin verspiel s. 10, 134 Richter.
(in der gnade stehen in geistlicher spräche, in bezug auf
gott, s. 5, b.)
ß) mit adjectiven des grades u. ähnl.: in hohen ehren
stehen, stare in alti honori, esser honorato Kramer dict.
2, 928''; sie war aus einem hause, welches in Leipzig
seit langen jähren in gutem ansehen gestanden . . . hat
Raben ER s. werke 6, 77; woher komme es, dasz die eid-
genossenschaft so in allgemeinem ansehn stehe? Ranke
deutsche gesch. 1, 83; auch steht dieser mann in der gröszten
achtung Göthe 36, 72. in demselben sinne auch: ich lasse
mir den burschen, der allhier in so gutem geruch steht,
genau beschreiben Raabe hungerpastor^^ 154 (l4. kap.);
in sonderlichem wohlgeruch steht unser lieber Beo hier
nicht Enking Matth. Tedebus 269. —ferner: ein in hohen
gnaden stehender minister, . . . ministro favorito, gratiato,
accreditato Kramer dict. 2, 929*'; er war der freund meines
gemahls, und steht in groszem credit Pfeffel pros.
vers. 5, 193.
y) mit genauerer inhaltlicher bestimmung. im gen. : im
rufe der Wahrheitsliebe und fügend stehen Adelung
(2, 2, 5) ; er führte ihn zu einem künstler, der im gerücht
der Zauberei stand Herder 26, 438; (ein eremit) der weit
und breit im geruche besondrer heiligkeit stand Klinger
3, 82 (Fausts leb. 2, 5); vgl. H. Meyer unter I, ß, 3, e, t.
durch einen inhaltssatz: Hippias stand in dem rufe, dass
ihm in den Vollkommenheiten seiner profession wenige
den rang streitig machen könnten Wieland l, 79 {Ägath.
2, 1); da er in dem geschrei stand, dasz er betstunden
hielte Hippel 8, 22.
6) in ehren, ansehen, achtung, gunst stehen bei einem:
die fraw . . . bey dem vatter inn grossen . ehren stund
Montanus s. 220, 21 Bolte {Guisc. u. Sigism. 7). — in an-
sehen *. Haller Alfred 64 und Moser phant. i, 157 unter
I, B, 3, e, e und ^; der leser, wenn er bedenkt, dasz dieser
kerl bey herrn Western bereits in einem sehr schlechten
geruche stand, . . . Bode Th. Jones (1786) 1, .328; wi stahn
all drei bi em in en schönen kredit Reuter 3, 206 Seel-
mann {strömt. 3, 43) ; die reden der flüchtigen beamten,
die . . . aus den letzten feldzügen in gutem andenken
bei den Soldaten standen, machten tiefen eindruck Momm-
SEN röm. gesch. 2 *, 307. — so ferner in gunst : man kennt
die gunst in der bei Mengs Correggio stand Justi Winckel-
mann 2, i, 40. — in gnaden : bey einem in gnaden, in freund-
schaft stehen, stare, essere, trovarsi, vedersi in gratia, in
favore di uno Kramer dict. 2, sas«»; er steht bey ihm in
genaden, multum apud illum gratia valet Steinbach 2, 668;
solchen ansehnlichen leuten nun, die am kaiserlichen
hofe in groszen gnaden stunden, wollte Horaz eine richt-
schnur in die band geben Gottsched erit. dichtk.^
(1742) g. 4.
f) seltener mit gen. so in der älteren spräche:
lade alle gliche . . .
daz 8u komen zu mime hove,
so sten SU alle an mime lobe
Katharinen^. (1340—60) r. 7 Beckert;
unde stunde he {Seinke) alzo in des konnynges love,
her Ysegrym, so alze gy doet
Reinke de vos 158; ebenso 3905.
später nur in eines gunst, gnade stehen: Adam, wair
bistu nu? steistu oick noch in der vrentschap unde ghe-
nade godz? Veghe312,23 Jostes; nun erkenne ich, dasz ich
... in der gnade gottes stehe Göthe 34, 371 {Cellini 2, 13) ;
mir {Alba) befahl er . . .
ihm {Karle») abzubitten, dasz ich mich vermessen,
in seines vaters gunst zu stehen
Schiller 5, 1, 137 {den Karl. 2, 13, 2877).
früher auch in dem sinne 'in eines geicalt stehen' {ihm
auf gnade oder ungnade ausgeliefert sein): dieweil jm
denn also ist, sagten die gebrüder, so nempt gegen uns
für, als denen, so in euweren gnaden und gewalt stehn
Amadis i (1569), s. 61 Keller (l, 5). ferner: da wir alle
gottes feinde waren, und in seinen Ungnaden stunden
M.\thesius Say-epta (l57i) 43^.
f) von krieg und kriegsrüstung. so ganz sinnlich: estre
en armes, in waffen stehen, stare in armi, i;» armis esse
Duez Twmencl. (I6.02) 207; immer aber stand doch der
Osten {des reiches) gegen die Römer in waffen Mommsen
röm. gesch.* 2, 283. mit art. : nun war unter den evan-
gelischen Schweitzern. ... im gantzen lande alarm, und
stunden sie bereit auf die zwantzig tausend man starck,
in den waffen Chemnitz schwed. krieg 2 (1653), 232». auch:
in dem hämisch ston, assistere in armis Maaler 390*. —
abstracfer in rüstung stehen: derhalben sie ein beer
sambleten, und in grosser kriegsrüstung stunden, der
meinung in Macedonien zufallen Xylander Polybjus
(1574) 245 {naQaaxeifiv noislo&ai ßiyä'/.rp> IV 66, 1) ; aber
als er {Heinr. I.) mit den teutschen fürsten in rüstung
stund, fiel er in ein kranckheit Stumpf ScMcytzerchron.
(1606) 72''. dafür: in guter Verfassung (kriegs-verfassung)
stehen, star' in buon apparecchio, star' all' ordine Kramer
dict. 2, 928*"; dasz man den feinden nicht eher den krieg
ankündigen soll, bisz man in Verfassung stehet Brei-
tinger crit. dichtk. (1740) 1, 247; wir, die brigade des
generals Blanckensee, stehen in bereitschaft und er-
warten einen starken ausfall Liliencron 6, 218 ;
ain statt dj st&nd in grosser wehr,
als sj verlegt das römisch h6r
Schwarzexberg Cic. (1535) 113*.
im kämpf, streit stehen:
drum ring' ich künftig denen nach,
die siegreich stehn im blut'gen streit
Pellegrin dram. spiele 237.
freier: zu der zeit, da ich alleine ym kampff stund, bullen
und bann, beide bapsts und keisers, dazu aller papisten
anfechten leiden muszte Luther 23, 34, 35 TFetm. s. fer-
ner g, a. vom eig. kämpf jetzt gern im teuer stehen: wir
hatten fünf stunden in der äuszersten vorhut im feuer
gestanden Liliencron 6, 193. — specielleres: im accord
stehen, oder capituliren, conditiones de arce dedenda
utrimque ferre, einen ehrlichen accord treffen, aequis con-
ditionibus discedendi potestatem pacisei Apin gloss. nov. 11.
— so dann auch im frieden stehen : wen ir mir schreiben
wert das er nun in frid stet zu haut wil ich auch im
frid sein und steen Palacky urkundl. beitr. z. gesch.
Böhmens, s. 468 (nr. 402 vomj. 1467); s. auch Liliencron
hist. volksl. 4, 564 {nr. 605 vom j. 1552) unter I, B, 2, /, «, bb.
g) von feindliehen und freundlichen beziehungen zu
andern.
a) im kämpf mit einem stehen, freier: wie yhm zu
mut gewesen ist . . ., da er mit dem tod ynn solchem
kampff gestanden ist Luther 19, 221, 8 Weim.; vgl. 34, l,
224, 13. so auch:
weh der liebe, steht sie mit der hohen ehr' im kämpf!
Fr. Schlegel Alarcos 38;
du liebst ihn, doch dein herz steht mit sich selbst in streit
Gellert bei Adelung (2, ä, 5);
die schiffe der Dantziger und Polen, mit welchen der
könig zu Schweden damahln in offenbahrer fehde stand
Chemnitz schtced. krieg 1 (1648), 9». in der älteren spräche
in Spänen (s. d. ztceiie span, m., th. 10, 1, 1867 jf.).- item
wenn der richter eben in der glych sach, mit eim andren
ouch in spennen steet {fall der befangenheit des richtera)
Biederer Spiegel d. icaren rhetorie (1498) a 6''; als nun
abt Gero von Einsideln jetzt 4. jar lang mit den grafen
1611
STEHEN (II. C, 11. g)
STEHEN (II, C. 11. g)
1612
von Lentzburg ... in st6sz und spfinen gestanden Tschudi
chron. Helvet. 1, 51». auch im sing.: die überigen zeyt
halben stat man im span gegen einanderen M aaler 384''.
femer: in irrung, s. monum. Habsb. I, 2, 206 {vom j. 1477)
unter I, B. 2,/, f, cc; dasz besser, mit den evangelischen
ihrer firther sich dieszfalls in keine negotiation einzulas-
sen, wegen der Weiterung, darinnen theils dieselbigen
mit andern stehen . . . Leibniz deutsche sehr. 2, 112 {br.
V. 19. — 22. oct. 1G99). — stehen allein für in kämpf stehen.
vom Zweikampf: dreymal schon mit ihm auf leben und
tod gestanden, und . . . nie beleidigte ich den menschen
Klinger theater 2, 272 {stürm u. drang 1, l).
ß) weiterhin in gegensatz, Opposition stehen : auch beim
kämpf stand das gefolge des häuptlings in einem gegen-
satz zum volksheer Freytag 17, 85; seit langem zum
erstenmal stand wieder einmal ein einzelner beamter in
ernsthafter Opposition gegen die aristokratische regierung
MoMMSEN röm. gesch.^ 2, 87. — vom rechtsstreit, im recht
stehen mit einem oder gegen einen, *. tirol. weisth. 4, 217,
12 unter I, B, 3, /, ß, bb {häufiger einem zu recht stehen
u. ähnl.. s. 6, /, a — ß). — im Widerspruch stehen : als sie
aber den herrn. . . . beschreiben sollten, standen beyde
mit einander in geradem ^Widerspruch Thümmel reise
9, 157; so stehst du ja mit dir selbst in Widerspruch
GÖTHE 21, 52 {wanderj. l, 4). — loser ist die Verbindung mit
einem in der wähl stehen, als mitbetcerber : im j. 1039 war
auch der herzog Konrad von Kärnthen . . ., der ehemals
mit Heinrichens vater in der wähl gestanden, mit tod
abgegangen M. J. Schmidt gesdi. der Deutschen 2, 826.
Y) im frieden mit einem stehn, gelegentlich in der älteren
»prache: denn der kßnig Jabin zu Hazor, und das haus
Heber des Keniters, stunden mit einander im friede
richter 4, 17 ;
die mit der nachbarschafft in lieb und frieden steht
Rachel gatyr. ged. 39 neudr. (3, 91).
S) sehr gewöhnlich im bunde, bündnisz stehen mit
einem: darauff antwortet ein anderer Holländer: wer
wolle uns den krieg ankünden? wir stehen mit Hispania
and Engelland in der zu Sancten geschlossenen triple-
alliantz Simplie. sehr, i, 84, 3 Kurz {vögeln. 2, 11) ; er stahl,
er raubte, er mordete, und so lang er mit dem manne
im bündnisse stand, ging alles gut mährleinbuch (1799) 242.
bei mehreren subjecten ist mit einander entbehrlich:
Marbod und Hennann stehn im bund', Quintilius!
Kleist Herrmannsschl. 5. 9.
häufig in freierem und übertragenem gebrauche: was alter?
stehst du mit dem himmel oder mit der höUe im bünd-
nis? Schiller 2, 186 {räuber 6, l);
zwar steh' ich nicht, wie du,
mit kräften der natur in trautem bunde
Hölderlin 3, 120 Böhm;
das glück stehet mit dem tode in einem grausamen
bündnisse Adelung umständl. lehrgeb. 2, 521. in vertrag:
zugleich wurden die gaetulischen stamme im inneren
Africa als freie bundesgenossen unter die mit den Römern
in vertrag stehenden unabhängigen nationen aufgenommen
MoMMSEN röm. gesch.** 2, 156.
e) in Verwandtschaft stehen: der alte seihst, der es
Tortheilhaft findet, bei sinkendem ansehn mit dem tüch-
tigen in Verwandtschaft zu stehen, begünstigt die neigung
GöTHE 41, 2, 101, 8 Weim.; 8. auch Kerner unter I, C, 8,
f, ß. freier: gleichwie sie, in der gute und vollmacht
gutes zathun, mit der göttl. majestät in verwandschafTt
stehen S. v. Birken osUänd. lorbeerhäyn (1867) 7* {über-
reiehungsrede). ähnlich: ich wandte mich an die unsterb-
lichen, mit denen meine seele schon so lange in einer
«rt Ton unaichtbarer gemeinschaft stand Wikland2, 80
(AgaÜum 7, 9); aber was wollen sie denn bey dem jungen
I.«elio . . .? ohne zweifei stehen sie mit dem erstem in
verkehr? Lessino 1, M6 (</. »chats 11); je nachdem sie
id. nation) entweder mehr in sich eingeachlosscn , oder
daroh handlung mit andern nationen in mehr oder
wenigenn Umgang gestanden, haben sich auch ihre be-
griff« und neigangen verändert M. J. Schmidt ^mcA. der
DtuUehen l, if; sie sehen einander nicht, sie stehen
nur in . . . schriftlichem verkehr KBNRR-KHCHKNnAcii
4. 110. dafür in briefwcchsel, #. lUnKNRH 6, 93 unter I.
C, 3, e, y, beide {Kleist u. Wieland) standen in dem freund-
schaftlichsten briefwechsel Ulrike v. Kleist, s. Eu-
phorion 10, 110. — vom einzelnen falle in Unterhandlung
stehen: sie ist zur assemhlee bei einer baronin eingeladen,
mit der sie eines rittergutes wegen im handel steht
Fr. L. Schröder porträt der mutter 3, 7; ich sehe aus
dem briefe, dasz Levin selbst mit Cotta in Unterhandlungen
wegen des 'Günthers' steht Droste-Hülshoff an Louise
Schilcking s. 278.
"Q in bekanntschaft , freundschaft stehen u. ähnl.:
während ich oben rühmte, mein vater seie mit dem
vater Schillers in bekanntschaft gestanden Kerner
bilderb. {iSiS) s. 21 ; die freundinnen, mit denen sie eh-
mals in gesellschaft gestanden war Wieland Agathon
(1766) 1, 221 (6, 1); wenn ich nur mit dir, o alleredlestes
und liehreiches kätzlein, in freundschafft stünde I Schup-
pius 291; dieweil ich dann mehr recht in diesem ort
wegen der vertreulichkeit, in deren ich mit dem apo-
thecker stunde, mir anzumassen gewohnet war Simplie.
sehr. 4, 544 Keller {vogelnest 2, 6); dasz die intimität, in
der er ehemals zu Ulrichs gattin gestanden, jetzt nicht
wieder aufleben konnte, war ja klar W. v. Polenz d.
Orabenhäger l, 73. — in gutem vernehmen {jetzt gewöhn-
lich einvernehmen) mit jemanden stehen Adelung (2, 2, 5) ;
vgl. Lessing l, 351 unter I, C, 3,/, 6; es war ihr haus-
haltungsprincip, . . . dasz man mit nachbarn und nach-
barinnen im besten vernehmen und immer in einem
ewigen gefälligkeitswechsel stehen müsse Göthe 20, 290
{Wilh. Meister 8, lo); vgl. vernehmen <7». 12, 914. im ein-
verständnis: mit der pforte {Türkei) stand er im ein-
verständnis Klinger 4, 2.t3 {Raph. da Aqu. 6, 2). — in ähn-
lichem sinne scJion: so stehet Frankreich mit dem kaiser
in böser Zuversicht Luther briefe 5, 209 {von 1539).
j;) allgemeiner und neutraler mit jemanden in Verbindung
stehen Adelung umst. lehrgeb. 2, 168; man sieht auch
unter freyen fürsten, die in gewisser Verbindung mit ein-
ander stehen, . . . dasz die Staatsabsichten gleichsam die
seele ihrer processe sind J. E. Schlegel 4, 289; selbst
in der Schweiz, die weder in politischer noch merkan-
tilischer Verbindung mit dieser insel steht, . . . waren
fast alle wünsche für Englands wohl vereinigt Archen-
holz England u. Italien (1785) 1, 50; Kaspar Sternberg,
mit dem ich schon früher in brieflicher Verbindung stand
Göthe briefe 36, 112 {an Zelter d. 8. aug. 22); vgl. Ver-
bindung, th. 12, 124. dafür: es lebe ihre connexion in der
sie mit dem schicksaale stehn, ich werde mich auch
auf den fus mit ihm setzen Göthe br. l, 196, 12 {an Frid.
Oeser d. Vi.febr. 1769); diesem festen zusammenschlusz
der einzelnen in der gemeinde entsprach nicht die festig-
keit des Verbandes, in welchem die gemeinden zu ein-
ander, der einzelne zu seinem volke standen Freytag
17, 75. — ähnlich in berührung : der landrat hsposten war . . .
der letzte ausläufer der Verwaltungshierarchie, durch den
sie mit dem volke unmittelbar in berührung stand Bi.s
MARCK gedank. u. erinn. 2, 179. — häufiger in bc7.iehung(en)
u. ähnl.: alle brauchbaren menschen sollen in bezug
unter einander stehen Göthe 23, 128 {wanderj. 3, 9); die
erzbischöfe und vornehmsten bischöfe stehen in so enger
beziehung zu den königlichen geschlechtern, wie früher
die heidnischen oberpriester Ranke werke* 14, 13; den
herrn stadthauptmann, . . . von dem man wisse, das7.
er in herzlich vertraulichen beziehungen zum herrn
bUrgermeister und seiner familie stehe Rio. Huch d.
hahn von Quakenbrilck s. 82.
&■) der allgemeinste atisdruck ist in einem verhältnis.si-
stehen zu ... «o absolut: 'die band meiner Schwester,
briefe . . .1 haben sie je mit ihr in vorhältnisz gestanden':*'
'unmittelbar nicht, mittelbar seit einiger zeit' Gütiii
22, 117 {wanderj. 2, 5); ein junger doktor der rechte uml
eine stiftsdamc, von denen kein mensch wuszte, dasz
sie miteinander in Verhältnis standen, befanden sich
einst ... in einer . . . gescIlNchaft Kleist 4, 196, 81 {'rätsel').
ungetpöhnlich im plural: mit den meisten verdienstvollen
männorn seines Zeitalters stand er in Verhältnissen Göthe
19, 107 {Wilh. Meister 4, 16); seit dem besuch meiner
kinder boy euch . . . steh ich in einem stillen wunder-
lichen verhältnise zu Berlin bri<fe 34, 129, Ifl {an Zelter
d. i>*. frhr. 90; mit don bedeutendsten männern seiner
1613
STEHEN (II, C, 11, g-h)
STEHEN (H, C, 11, h-i)
1614
zeit in contact, steht er (JAonardo) doch zu keinem in
natürlichen, offenbaren Verhältnissen H. Grimm Mi-
chelangelo (1890) 1, 45; in dienenden Verhältnissen zu einem
stehen, s. H. Steffens unter I, C, 3, /, a. in netterer zeit
nimmt verhältnisz zutceilen den prägnanten sinn eines
liebesverhältnisses an (noch nicht in der obigen stelle atis
Kleist) : 'hat sie denn eine {Vergangenheit) ?' 'ja. wenigstens
stand sie jahrelang in einem Verhältnis und 'ging mit ihm',
wie sie sich auszudrücken pflegt Fontane 5, 147 {irrungen,
icirrungen 5); vgl. verhältnisz, th. 12, 518.
i) die nähere art des Verhältnisses, in dem, menschen
mit einander stehen, wird auch durch Beendungen m,it auf
nälier bestimmt, so bes. auf einem guten, freundschaft-
lichen fusze stehen, s. 2, a, e. ferner auf rechnung, von
geschäftsverkehr : sie standen auf rechnung mit einander,
der gläubiger wollte bezahlt seyn Göthe 36, 86 {Rameaus
neffe). von freunden, auf du und du; freier: mit allen
Völkern der erde stand Conrad von Faber so zu sagen
auf du und du Ra.\be leute aus d. icalde 3, HO.
h) häufig mit angaben der äuszeren läge:
a) im, allgemeinen: greift er {Frankreich) den burgun-
dischen crais an, so sind wir, ehe wir in einer bessern
Verfassung stehn, . . . weder schuldig, noch stark genug-
sam, solchen zu defendiren Leibniz deutsche schriften
1, 172; aber in welch peinlicher läge steht ein deutscher
autor gegen Verleger und publicum Göthe briefe 38, 16.
ß) in ruhe stehn {veraltet), vgl. in friede, f zu ende: Lo-
tharius . . . söhnete sich aber bald nach diesem mit
seinem vater vollkommen aus, und stunde, so lange
Ludovicus Pius noch am leben war, in ruhe Hahn
hisior. (1721) 1, 169;
wir stehn dem lager nah, doch stehen wir in ruh
J. E. Schlegel Herrmann 4, 2, 1175.
tn bezug auf ein beabsichtigtes thun, es unterlassen oder
aufschieben {vgl. l): weil er jedoch ... zu einem güt-
lichen vergleich nicht ungeneigt zu sein, sich itzt ver-
mercken Hesse; als würde der glimpfF desto mehr bey-
behalten, wann der könig . . . mit den waffen, bis man
sehen möchte, wie solche conferentz ablieffe, in ruhe
stunde Chemnitz schiced. krieg 1 (1648) 80»; daher ich noch
bis dato in den gedanken bin, dasz, wenn nicht grosze
hoffnung zu einer guten Verrichtung vorhanden, besser
sey, etwas in ruhe zu stehen Leibniz deutsche sehr. 2,
HO {briefe v. 1699); vgl. 117.
y) im glücke stehn (veraltet):
wie war ich freudenreich, als ich noch stund im glücke
Fleming 118.
im besitz: diese beobachtung sollte sich besonders der-
jenige empfohlen seyn lassen, welcher eine im besitz
stehende geliebte mit der geschichte seiner ehemahligen
verliebten abenteuer unterhält Wieland 2, 51 (Agath. 7, 7).
ungeicöhnlich mit folgendem inf. (in der läge sein): die
spanischen gesandten standen damals im besiz, an den
höfen, wohin sie geschickt wurden, die herreh zu spielen
Schiller 4, 117. — im vortheil, so schon bei N. Mandel
*. 25 Bächtold u. bei Lohenstein Armin, l, 45'', *. I, B,
2, /, a, aa und 3, e, y. femer :
das ich, das mich von hier verjagte, stand
im vorteil gegen mich; es hatte mut
und zwei geübte arme, wie ein fechter
Kleist Amphür. 2, 1, 735.
auch: endlich . . . ein brief von dem dreyjährigen Schweiger
... er bildet sich wirklich ein, im vorschusz zu stehen,
and will nun von unserer seite das zuerst geleistet haben,
was er uns von der seinigen . . . versagte Göthe 21, i08
{toanderj. l, 6).
(J) in armut, s. Schumann nachtlnlchl. 43 unter I, B,
1,/, a, aa, hyr an so wart he seer gehyndert van synen
undersaten, so dat he moste yn armode staen Münster
ehron. 1, 134. so in freierem sinne: o es ist mit der ferne,
wie mit der zukunfl! . . . wenn wir hinzu eilen, wenn
das dort nun hier wird, ist alles vor wie nach, und wir
stehen in unserer armuth, in unserer eingeschränktheit
Göthe 16, 39 (Werther l). sonst sind diese und die folgen-
den Verbindungen auf die ältere spräche (15.— 17., bes. d.
16. jahrh.) beschränkt, in mangel, durch einen gen. näher
bestimmt, s. Garg. 43 unter I, B, l,/, o; also das er nichts,
das er je begeret bette, in mangel stehen, oder etwas
das er . . . wünschen köndte, jhme . . . versagt werden
dörffte Thurneysser magna alchymia (1583) s. 1. im
schaden : die sandige örter kan man mit mist und mergel
verbesseren: welche doch on dise weisz, zuzeiten durch
mittel eins wassers, so unter dem erdrich rinnt, an
etlichen end seine herrn nit im schaden stehn laset
(läszt) Sebiz feldb. (1579) 21. — in not, *. Wickram goldtf.
20 unter I, B, \,f, a und Tschudi unter I, B. 2,/, /, aa.
speddU: der wird das elende weih, so in kindsnöten
stehet . . . erretten Mathesius Aar. (l57l) 94* femer:
wen du wilt hebn empor,
den läszt zuvor
ein zeit im elend stehen
Rebhun Susanne 4, 4, i'. 369;
in solchem trawrigen leben s. Montan us 246, 16 Bolte
unter I, B, 3, b, y. — specieller , im bann : und das alles
zu pesserung für den pan in dem er etlich zeit gestanden
was tet d. städtechron. 3, 274, 11. sinnlicher und mehr
local von gefängnisz: also ein ganczes iare vergangen was,
das die czwen in sölicher trübsale und gefencknüsz ge-
standenn waren Arigo decam. 97, 32 Keller (2, 6).
e) sehr häufig in gefahr stehen, stare, versare inperi-
colo Kramer dict. 2, 928'', periditari Steinbach 2, 668:
es sey unbillich, dasz ein gantze statt und burgerschafft
umb einer person willen in gefahr stehen und solch un-
gemach leiden solt Zincgref apophthegm. i, 7. dafür
im 16. jahrh. auch, bes. bei Luther: in der fahr (geicöhn-
lich mit art.): denn es stund die stad, der gottesdienst
und der tempel in fahr (rfm ro xal xtjv Tid)uv . . . xiv-
övveveiv) 2 Macc. 15, 17: vgl. i Cor. 15, 30; denn weyl
deyn gantzes land ynn der fahr steht, mnstu wagen, ob
dyr gott helffen wollt xcerke 11, 277, 12 Weim. im plural:
sie hats wol selbst erfahren,
die sch6ne Venus zart,
als sie stund in gefahren
Melissus bei Zinkgref auterl. ged. t. 8 neudr.
mit näherer bestimmung. im gen.:
sie stund in höchster todts gefahr,
begehret nichts mehr dann zu sterbn
Spreng Aeneis (1610) IZ^ (4, 451);
diejenigen, so . . . desz lebens jn gefahr stunden Nigrinus
f. Zauberern, hexen u. s. ic. (1592) 49; du bist in leib- und
lebens gefahr gestanden Butschky hd. kanzl. s. 452, s. I,
C, 3, e, ß. dafür dann: wann der zäuberer das losz nicht
anders wohin wendet, steht sein leben in gefahr Nigri-
nus 122. mit folgendem inf . diese gebrauehsiceise besonders
ist auch in neuerer zeit üblich geblieben, häufig in stark
abgeschwächtem sinne: auszerdem stehen sie in der ge-
fahr, noch weit mehr zu erfahren Gellert 4, 365; wer
nichts unerlaubtes denkt, der steht nie in der gefahr
zu frey zu reden ders. bei Adelung (2, 2, 5); (e* icar)
nicht recht, dasz ich mein höchstes gut . . . auch durch
das letzte band an mich fest zu knüpfen suchte? und
in dem augenblick, wo ich in gefahr stand, es zu ver-
lieren? Hebbel 2, 17, 29 (Maria Magd, l, 4). dafür im
inhaltssatz: denn wir stehen in der fahr, das wir umb
diese heutigen empörung verklaget möchten werden apost.
gesch. 19, 40; vgl. gefahr, th. 4, l, l, 2065.
i) tn bezug auf den inneren seelischen zustand, diese
Wendungen sind bes. im altem nhd. ungemein häufig, leben
aber theiluxise auch in der neueren spräche fort, allgemein :
sein herz steht jetzt nicht in der Verfassung, sich des-
wegen zu beruhigen Adelung (2, 2, 5). im. einzelnen:
a) in freude stehen u. ähnl.: nun etliche tage in
solchen freüden gestanden und gerüet betten Arigo decam.
104, 27 Keller (poi che riposata fu 2, 6): nun die weile
Constantin also mit der schönen frawen in lust und
freu(n)den stund 117, 26 (mentre queste cose andavano in
questa guisa 2, 7), a. auch s. 15, 34 unter I, B, 3, c; darumb
stehet ein solcher gleubiger mensch in solcher freude
und Sicherheit, das er sich für keiner creatur lesst er-
schrecken Luther 4, 3» (=24, 22, 22 Weim.),-
wird nicht mein hertz in vollen freudcn stehn,
wenn es dir dartf sein innerstes entdecken?
cor. im irrg. 407.
ß) in leid, Jammer, traurigkeit; so schon mhd.:
do ich in leide stuont,
dö huop ich si gar unhC
Heinr. V. MoRUNGEN minnc«. fr&hl. 13S, 25;
1615
STEHEN (II. C, 11. 0
STEHEN (H, C, 11. i)
1616
der kumber dft ich inne stSn,
der ist von sinen schulden
Iw. 4184 ;
da unser stat stunde in sölichem iamer, und von menschen
läre was Arigo decamer. 8, 28 Keller {'stando in questi
termini la nostra cittä', also von der äuszeren läge); in
sölichem, grossem jam(m)er, *. N. Manuel BarbdUitß
und Ayrer 42. 10 unter I, B, 8, /. ß, bb und 2, g. ß; in
grossem unmüth Montanus 9, 19. in trawren Spee trtitzn.
102, s. I. B. 3. d, y und e. ferner:
ich steh in angst und pein
König$b. dichterkr. s. 113 neudr. {anj. e. Hede» v. S. Dach);
er {Achilles) steht noch heut auff disen tag
in schwerer traurigkeit und klag
Spreng /Zum (1610)50» (jföior &vuaXyia niaaii 4.413).
ainnlieher:
schnell den schleier vorgezogen,
steht das töchterchen in thränen
MöRiKE ged.^ 176.
auch: der junge mann stand in groszer Verlegenheit
GÖTHE 23. 106 (leanderj. 3. 7).
y) in bezug auf mannigfache affecte: unterdessen stund
der mahler in voller curiosit&t, und fragte stets . . .
Weise erznarren (1673) 389;
deine seele steht im zorne!
Brentano 3, 229.
<J) in forcht ston M aaler 390«; er steht in furcht, tiinet.
timore adficitur Steinbach 2, 668; in furcht stehen Ade-
lung (2. 2. 5); wie woU nu ich nit ungerne höre, das die
geystlichen yn solcher furcht und sorge stehen Luther
8. 676, 20 Weim,.; ein solch mensch stehet alweg ynn
einer furcht und schew für gott 19, 305. 35. ebenso: die
gantze nacht in schräcken ston. ich ston hie in grosser
angst M aaler 390»;
da sie nun stundt in angst und noht
ergeben war dem grimmen todt
H. Sachs 3, 2, 264»;
sie stehen miteinander ih misztrauen, inter se timent
Steinbach 2, 668. — durch einen inf. oder einen nebensatz
näher bestimmt: ich musz aber in furcht stehen, sie
mich mit einem zornmütigen geschrey in ein gesper
bringen möchte Creizenach schausp. der engl, comöd.
275. 2 {unzeit. voncitz 2, l) ; die gesellschaft sey in furcht
gestanden . . . eine scene zu erleben Göthe 28, 221/;
er . . - stand nicht in der geringsten furcht ihr miszfallen
zu erregen Tieck 14, 90.
f) in sorgen stehen, schon mhd.:
'ich sten in grögen sorgen', sprach aber Hagene
Mb. 2131, 1.
ähnl.: ich ston in unglöublichen sorgen M aaler 390»;
denn wo wir gleich reichtumb haben, so mössen wir
die feynde mit haben und ynn grossen sorgen stehen,
mflssen hie sorgen, dort sorgen Luther 19, 300, 25 Weim.;
dann in solchen sorgen stehet er (d. satan), dasz er täg-
lich fflrcht die gefengnusz seines reichs Paracelsus opp.
(1616) 2, 480 C; *. auch Wieland Ag. 2, 258 unter I, B, 3,
b. 6. mit folgendem inhaltssatz: dann ich in sorgen stehn
müszt, wann der mann kam, das er mich vileicht möcht
umbbringen Lindeneh s. il Lichienst.
^ in zweifei : du stast in zweyfel, animua tibi pendet
Maaler 884*; in dem zweyfel. in einem grossen zweyfel
. . . «ton 890»; aporior {germ. inn zweifei stehen, nicht
wissen wo ausz oder ein) Calepinus VIII ling. (1584) 104'';
er steht im zweifei, dubitat. liaeaitat Stein bach 2, 668;
in zweifei stehen Frisch 2. 826«; dir stat dein gemflt
im zweifei {animua tibi pendet) Boltz Terent. deutsch
(1589) 90* {fldelphi 2, 2, 286). in solchen füllen, wo keine
nähere beatimmung hinzutritt, fehlt später der artikel
durchaus:
du wurdest dich vergehen :
wran dn in di«Min fall in zweifei wolltest stehen
Mkuderin vortjfiel «. 11 neudr. (158);
allein so lanf ich noch in zweifei stehe,
und gerne mAchte deine blicke fragen
Platin l, 172 Hempel (»onette 41).
fernen wenn er na in einem solchen zweifei stehet und
wei« nicht wo hinnaus Luthkh lo, 8, 68, 80 Weim.; do
wyle nu de geleerden also tho hope kyvon, steidt leider
de arme •impele man in groten bedruck und twyvel
RoTMAMN rt§tituiüni $. 60 neudr. gern mit folgendem
indir. fragesatz : sie stehen in zweifei, ob gott unter inen
sey oder nicht Luther 16, 324, 23 Weiwi. mit andrer
fügung: nach demjenigen, was in der deduction der
kategorien gezeigt worden, wird hoffentlich niemand in
zweifei stehen, sich über die frage zu entschlieszen
Kant 4, lOO (kr. der r. vern. 139). — in ähnlichem sinne
sagt Grimmelshausen in der wähl stehen: da ich nun
so in der wähl stund und noch zweiffelte, was ich thun
wolte Simpl. sehr. 1, 357, 11 Kurz (4, l); worüber sich
alle entsetzten und in der wähl stunden, ob sie mehr essen
weiten oder nicht 3, 289, 29 [vögeln. 1,1); so auch 336, 20
(l, 8) und 413, 7 (l, 18). anderes vereinzelt: als Heva in
dem wancken stehet . . . Luther 4, 22''.
7]) in hoffnung, mit inf. oder inhaltssatz, so schon im
16. jahrh. häußg, s. S. Franck chron. der Teutschen 147»
und Egenolff sprichxc. 25» unter I, B, 3, b. y und d, ß:
wie ich denn inn guter hoffnung stehe ... es sollen
dennoch viel örter inn der schrifft, leychter, heller und
klerer worden sein Mathesius Sareptu vorr. 2^\
drumb ich in hofTnung ste
dz es mir ge
nach allem meinem willen
Forster fr. teutsche liedlein s. 71 neudr. (122, 1).
später mit dem artikel: (sie) stunden auch in der gewissen
hoffnung: das blätlein wflrde sich nunmehr wenden
Chemnitz schwed. krieg 2, s. 5». in neuerer spräche in
der erwartung: man hat nachher erfahren, dasz der
kapitän die ganze nacht in der erwartung gestanden und
sich in das beste seiner schiffe geworfen hatte . . . um
sich auf allen fall in vertheidigungsstand zu sezen
Schiller 4, 175; die erwartung, in der er stand, täuschte
ihn auch keineswegs Kleist 3, 371, 6.
d) er steht in gedancken, meditabundus est Stein bach
2, 668: wann nicht ein graf auf einen schellen-schlitten
wäre querfeld ein nach mir zu gefahren kommen, und
mich gefraget: wie ich so da in gedanken stände? Chr.
Reuter Schelmuffsky {vollst, ausg.) s. 13 neudr. (l, 2);
sie (Eboli) steht in tiefen gedanken Schiller 5, l, 131
{do7i Karl. 2, 12). so schon im 15. — 16. jahrh.. docli nur
mit adjectiven: als er stände inn grossen gedancken
Schumann nachtbüchl. 1, 22 unter I, B, 3, d, y; also er
ein kleine zeit in solchen betrübten gedencken gestanden
was Arigo decam. 89, 18 Keller {in cosi fatti pensieri, e
dolorosa molto stando 2, 5).
t) dem steht nahe das in der älteren spräche (16. — 18. jahrh.)
häufige bestimmte in den gedanken stehen, einer {bestimm-
ten) meinung sein, stets im plur.. obtcohl es sich doch um
einen einzelnen gedanken handelt: die leute stehen in den
gedancken, putant homines Steinbach 2. 668; in den
gedancken stehen, putare, cogitare Frisch 2, 326", Ade-
lung (2, 2, 5); gewöhnlich mit folgendem inhaltssatz: denn
wir stehen imerdar in diesen gedancken, gott werde es
machen, wie wirs wollen Luther 16, 64, 19 Weim.; die
gelerten stehen auch in den gedancken, wenn den gcngen
und ertzen jre natörliche feuchtigkeit . . . entgehe, nemo
es von tag zu tag abe Mathesius Sarepta (1571) 36»;
weil ... sie mich nur von hinten ansichtig wurde, so
mochte sie in den gedancken stehen, ihr söhn käme
geritten Chr. Reuter Schelmuffsky {voUat. ausg.) a. lll
neudr. (2, 4); die guten freunde stunden zwar in den
gedancken, als solle Concordia nach Antwerpen gefUhret
werden Felsenb. l, 188; nur in dem jüngsten beUg fehlt
d. art.: nur stehe er freilich in gedanken, das ganze
werde mit seiner idee zusammentreffen Göthe 18, 8«o
{Wilh. Meiater 8. 7). in neuerer teit d^für gewöhnlieh in
der meinung stehen Adeluno (9, 8, 6, neben jenem):
Adrianus I. selbst stunde noch in der meinung, pontiflci
. . . singularom concilioruin congregandorum auctoritatom
traditam esse Hahn hist. (1791) 1. 80. anm. c, so stünden
die meisten ... in der irrigen meinung, er habe iwo
töchter d. verniit\ft. tadUrinnen 1 (178S), 868; aus dero
erstem briofo ersehe ich noch, dasz sie in der meinung
stehen, als ob ich die übersetxung von Huart damals
erst angekündigt hätte Lbssino* 17, 874 {an Chr. G. v.
Murr d. 86. nov. 1768). — hä^fig im wahn: dweyl die
wellt ynn dem wahn steht, das sie mit gott will kauff
schlagen {handel trriben) Luthbr 17, 1, 816, 88, vgl. 84, l,
909, 10 Weim. ; die Verbindung mit dem major — du und
1617
STEHEN (II. C, 11. i-n)
STEHEN (II, C, 11, n— 12, b)
1618
die weit stehen im wahn. sie sei eine hofkabale Schiller
3, 391 {kab. u. l. 2. 1). so ferner: diejenigen, die masik
machen, . . . stehen doch wenigstens in der einbildung.
unter einander einig zu seyn und in Übereinstimmung zu
wirken Göthe 28, 100 {icanderj. 3, 6); die menschen stehn
in dem irrthume. dasz an uns jenes seltsame murren . . .
das einzige merkwürdige sei Tieck 5, 179 (rf. gest. kater
1. 1); Hesz stand noch in dem guten glauben, dasz . . .
D. F. StraüSZ d. leben Jesu* i, 8.
x) ähnliches: wo er {Lessing) belehrend die gesetze des
Schaffens darlegt, ist sein urtheil begrenzt durch die enge
auffassung des schönen und wirkungsvollen, in welcher
er damals noch selbst stand Freytag 14, 7;
ich sol allda mein tagzeit beten.
steh doch bey mir in heymling rheten.
•wie ich kömb zu der mesznerin
H. Sachs i, 3, 46^.
k) andres führt in die moralische sphäre hinüber: sipverr
Clodius nit in furgesatztem willen gestanden war Milonem
umbzebringen Riederer Spiegel der teuren rhetorie (1493)
e 6»; so weisz ich, . . . dasz ich viele gutgesinnte be-
festiget, . . , und . . . selbst solche, die sonst in andern
grundsäzen standen, durch Überzeugung gewonnen habe
Haller restaur. der staatsiciss. l (1816), s. XLI. — in einer
pflicht: doch hat auch der redner . . . nicht nur die
erlaubnisz, sondern steht oft in der pflicht, die poetische
mahler-kunst zu hülffe zu nehmen Breitinger crit.
dichtk. (1740) 1, 33; in einer schuld (moralisch, kaum ge-
bräuchlich), so mhd.:
wan er (d. fürst) tuot ein missetät,
das nian sprichet: 'ej tuotj sin rät', . . .
der miio; dan in schulden stän
Teichner 272.
in der ordenung Murner schelmenz. lO, 12, in gütter rohe
irs gewissenns Luther 12, 434, 9, s. I, B, 2,/, 6, bb undg;
also mueessen die grossen sünder lang in der puoes steen
Berthold v. Chiemsee teictsche theol. s. 522; ich . . . gebe
ihnen gelegenheit, sich über die unvermuthete busse
eines sünders zu freuen, von dem sie geglaubet, dasz
er schon in dem stände der Verhärtung stünde Liscow
s. 439; wer . . . gegen das sechste (gebot) verstöszt, dem
kann verziehen werden, wemi er in gutem wandel und
in der reue steht Fontane 5, 274 (irrungen tcirr. 20);
wiltu eyn Christen seyn. szo stehe yn gotes furcht Luther
34, 1, 127, 21; wie es unmüglichen were umb der weycheit
des fleichs willen stäcz in keusche zu sten Arigo de-
camer. 553. 31 Keller (impossibile essere il potersi dagli
stimoli della carne difendere 9, 2). in geduld: die mineurs
sind nunmehr erst einige 80 fusz avanciret, und müszen
wir daher schon noch 3 bis 4 tage in geduld stehen
Lessing' 18, 44l (Tauentzien an Friedr. d. gr. d. 28. aug.
1762). bis ins 19. jahrh. in gebrauch.
l) in einer handlung stehen, begriffen sein (wozu auch
manche der scfion behandelten Verbindungen gehören): item
so eyner gifft kaufft, und des vor der oberkeyt inn laugnen
stund Carolina c. 37; deszhalb damit sich die statt desto
basz möchte umbsehen, unnd die ubelthäter straaffen.
st&nd sie in ernstlicher Werbung, die reychsvogtey . . .
an sich zubringen Stumpf Schwytzerchron. 385 ''; in dem
stände und gesandten über vorgemeldten puncten in
voller deliberation stunden Chemnitz schtced. krieg 2. 173'>;
ganz Abdera stand in zitternder bewegung. erwartungs-
voll des ausgangs Wieland 20, 130 (Äbder. 4, 12);
ihr seht, mir winckt mein leben,
weil ich im tantze steh'
Königsb. dichterkr. s. 176 neudr. (S. Dach).
m) daran scMieszt sich die jetzt überaus häufige umr
Schreibung im begriffe stehen, die zuerst Adelung (2, 2, 5)
bucht. Campe gibt dafür in begriffe stehen, 'in begriffe
sein, und so auch Thümmel reise 9, 158, *. unter I. C,
i,f, a. sonst durchgängig mit artikel: wir stehen nun-
mehr im begrif, einen neuen Schauplatz von begebenheiten
xa betreten Bode Tristram Schandi (1774) 6, 87; er begab
sich also in geheim ... in diejenigen städte, welche im
begriff standen, die partey von Karthago zu verstärken
Wieland 3, 85 {Agathon 12, 2).
n) solche ausdrücke mit verbalabstracten können auch
passiven sinn haben, so bedeutet in (groszer, allgemeiner)
X.2.
achtang stehen: geachtet werden, s. oben e (mit einem in
der wähl stehen, als candidat. s. g, ß). so besonders in
den icendungen in rede, in frage stehen, die häufiger mit
sächlichem subj. vorkommen, s. unter D, 1, a, &: falls der-
jenige, der hier in rede stand, nur irgend einmal in Rom
gewesen . . . war, so durfte sie hoffen, ihn zu kennen
Kleist 3, 368, 18; es scheint von mehreren seilen . . .
darauf gewicht gelegt zu werden, ob der in rede stehende
abgeordnete in ein neues amt eingetreten sei Bismarck
polit. reden 1, 253 Kohl, auch in einem rufe stehen läszt
sich hierher stellen, s. unter e; dafür in der älteren spräche
auch: in gutem vernehmen stehen, stare in buon concetto,
in buona riputatione. in einem schlimmen vernehmen
stehen Kramer dict. 2, 928"=. in einem verdachte stehen
konnte früher in activem und in passivem sinne gebraucht
werden (jetzt gewöhnlich in letzterem) : in verdacht stehen,
als ob etc., star' in sospetto, sospettare; it. esser sospettato
ebenda; 'ich stehe in dem verdachte, sowohl ich hege den
verdacht, als auch andere hegen von m,ir den verdacht'
Adelung (2, 2, 5).
0) veraltet ist die Beendung im theil stehen für 'theil
haben': im teil ston lassen, oder teil lassen haben, in
partem vocare M.\aler 390»; bald erhüb sich zanck
under den brödern, erben, und sunen Ludovici Pij umb
das reich. Lotharius will nit in gleichem teyl steen,
noch Carolum Calvum teyl am reich mit lassen haben,
will auch Ludovicum enterben S. Franck chron. der
Teutschen (1539) 82*; vgl. auch an dem teil stfin Schmel-
LER 1, 599. — ungeicöhnlich ist auch 'sie stehen in einer
gleichheit, sie sind einander gleich' Adelung (2, 2).
p) dem nd. eigenthümlich scheint die wendung in 'n
kropp stahn, einen kröpf (geschwollenen hals) haben : sollst
sehen, morgen steht er so im kropp, dasz er kein wort
hals geben kann Reuter 3, 134, 25 Seelmann (strömt. 3. 39) ;
Kurz steiht in'n kropp 143, 15 (überschr. v. kap. 40), vgl.
s. 145, 11 u. d. anm. — doch ähnlich: wenn er (d. stör) in
milch stSt, so lebt er lang an wajger Megenberg 257, 12.
q) sonst von thieren in der Weidmannssprache: 'stehen
im bruch oder gebreche, beim, Schwarzwild n. s. w. den
boden außcühlen, um nahrung darin zu suchen' Behlen
5. 684 (also zu V).
12) ähnliche ausdrücke mit andern präpositionen.
a) Verbindungen mit an begegnen zumeist im mhd. und
geicöhnlich in einem stärkeren sinne, s. 5, b. doch zuweilen
auch ganz den unter 11 behandelten gebrauchsweisen analog:
swelch kint sines vater rät
ze allen ziten übergät,
das stet ze jungest an der schäm
und an dem schaden reht' alsam
Helmbr. 335;
da; alle di werlt an genaden stunt
Bbun V. Schonebeck 3901 (». I, B, 3, b, f},
vgl. 11, e, a und h, 6. — im frühnhd.: denn der herr dein
gott hat jn (d. stamm Levi) erwelet aus allen deinen
stemmen, das er stehe am dienst im namen des herm
5 Mose 18, 5 (vgl. 11, c und b, y) ;
so mfissen wir am Ifigen stan
, ScHMELZL auteendung 9».
vgl. 11, l (?). und so einzelnes noch in neuerer zeit: und
das kindergeschrei . . . ? bewahre mich gott ! oder — stehen
sie an dieser narrheit (dewi Äej>a<Äe») ? Iffland d. hage-
stolzen 1, 7 (hier wohl in dem sinne 'am raruie, an der
schwelle einer handlung stehen, im begriff sein sie auszu-
führen', also von 11, l unterschieden; vgl. D, 3, c, e). am
futter stehen, vgl. 11, c, ß: indem er stets fort an den aus-
ländischen kunstschulen hier einen kupferstecher, dort
einen maier . . . am futter stehen hatte Keller 1, 249.
b) selir geicöhnlich mit unter.
ä) unter den waffen stehen, vgl. 11,/; belege unter
waffe. th. 18, 273; doch schon früher als dort erkennbar:
die Dänen rings hemm
stehn unter'n wafTen
MCllner dram. teerte 3, 62 (Jtön. Vngurd 8, 1).
ß) unter jemandes gerichtsbarkeit, herrschaft, gewalt
stehen Adelung (2, 2, 7), i-^^ ii, c (bes. y): ein unter
seinem (des generals) befehl stehender ritter Klinger
3, 818 (Fausts leb. 4, 9); aber die bauem haben es gethan,
102
1619
STEHEN (II, C, 12, 6)
die anter deinen befehlen standen M. v. Ebner-Eschen-
BACH 2, 148; unter eines commando stehen, purere Apin
gloss. (1728) 134. — unter eines leitung: im jähre 1814 . . .
war ich, als herausgeber eines politischen blattes, so
glücklich, unter der pädagogischen leitung eines grosz-
mächtigen polizeidirectors und zensors zu stehen Börne
tfes. sehr. (1829) 3, 1. — unter eines schütze: du stehest
unter dem schütze der elftausend Jungfrauen Klinger
3, 154 (Fausts leben 3, 9);
kommiMarius. wer ist dort die junge person?
baron. die? niemand, sie steht unter meiner protektion!
H. V. HoFMANNSTHAL d. rosenkavaltcr 135.
so dann auch: damals war Grabenhagen, das unter des
allmächtigen Inspektors Heilmann willkürherrschaft stand,
das Schmerzenskind des Seelsorgers gewesen W. v. Polenz
Grabenhäger 2, 227. adjectiva statt des genetivs: seine be-
kanntschaft mit ihr hatte sich zufälliger weise in einem
alter angefangen, worinn er noch gänzlich unter der
väterlichen gewalt stuhnd Wieland Agathon (1766) i, 322
(7, 9; werke 2, 89: stand); wo findet man mehr anmuth,
als bey kindern, die doch ganz unter sinnlicher leitung
stehen? Schiller lo, 115.
y) oft in freierem gebrauche; mit unpersönl. subject:
die winde stehen (bei d. bewohnern der societäts-inseln)
unter der botmäszigkeit des gottes Orri-Orri G. Forster
sämtl. Schriften 2, 118; tanze, Spazierfahrten, kleine spiele
waren von seiner erfindung, und standen unter seiner
direction Göthe 19, 335 {Wilh. Meister 6). oder das, unter
dessen herrschaft einer steht, ist ein unpersönl. begriff:
schlimm ist für die Juden, dasz der Deutsche in dieser
Sache wie immer unter der strengen regierung seines
herzens steht Börne ges. sehr. 11, 178; beides: unter der
herrschaft ihres eigennutzes stand jede andre leidenschaft
Schiller 9, 269.
Ö) für unter eines herrschaft, befehl stehen sagt man
sehr gewöhnlich unter einem stehen, das sich dann mit
der sinnlicheren bedeutung 2, f, x berührt, aber doch davon
zu unterscheiden ist. unter einem stehen : er stehet unter
dem fürsten von N., stare sotto di uno: esser suo suddito,
vasaalle Kramer dict. 2,928«; unter jemanden stehen, 'voti
ihm in seinem verhalten eingeschränkt werden' Adelung
(2,2,1); 'ihm untergeordnet, untergeben sei7i' Campe (l). be-
lege: man kaufte ihm eine kompagnie, und bey der ersten
gelegenheit wird dieser allerliebste söhn eine anzahl
bärtiger und tapferer männer, die unter ihm stehen,
wider den feind anführen Rabenek 4, 49; die direktion
der ganzen anstalt stehet unter dem herrn Abbe, unter
dem direktor stehen acht hofmeister Nicolai reise durch
Deutschland 2, 513; sie ist von familie und steht unterm
Vormund Bretzner d. räuschgen 3, 9. von städten: weil
Rom und Bavenna unter dinem herrn stunden M. J.
Schmidt gesch. der Deutschen l, 353; *. auch Haller
Alfred 8 unter 1, B, 8, e, f. so ferner: die Engländer
suchten nachzuweisen, dasz sie seit einführung des
christenthums nicht unter dem reich gestanden Ranke
deutsche gesch. l, 36.
c) dafür ungewöhnlich: das sie stehen solten unter der
band der kinder Aaron, zu dienen im hause des herrn
1 chron. 24, 28 (schlecht übers.: p.iH^'j i i'h cioyo «s ^viel-
mehr besteht ihre amtspflieht in der Unterstützung der
söhne Aarons' Kautzsch). — häufiger wird das abzeichen
und instrument der herrschaft eingesetzt: o du gute alte
zeit, wo nicht allein die armee unter dem korporalstock
stand! Raabe d. hungerpastor *^ 24 (8. kap.);
und stehen unter'ra alten joch
dea stammeaherm Rückert werke 1, 118.
so besonder» unter dem pantofTel stehen, 'von der frau
beherrteht vierden' Campe (i), meist ohne weitere bestim-
mung: er steht, so wie die meisten männer, unter dem
pantoffel Adeluno (t, 2, 7); ich würde dann freilich
(tanz unter ihrem pantofTel stehen Pücklkr- Muskau
briffw. u. taget, l, 8M.
Ö daran »ehUeuen sieh mannigfache freiere gebrauch»-
wciwn. mil pertönUehtm subject:
„. war unter seiiMiii iWaUenttein») seichen tbut fechten,
dar *teht anter beaondem mlchten
SOHILLIR If, tS (WaUenal. lager 6).
STEHEN ai, C, 12. h-d) 1620
unter einem einQusz, druck, zwang u. ährd. stehen: hier,
wo ich meine kinder nicht allein habe, wo sie unter
dem einflusz des beyspiels stehn Caroline i, 50 Waitz
(an L. Qoller d. 8. märz 89); wo das volk sein leben
formte, . . . stand es unter dem zwange seiner natür-
lichen anlagen und unter dem zwange der gewohnheiten
und idealen Stimmungen, welche ihm seine ahnen ver-
erbt hatten Freytag 17 (bilder i), 29; er hatte auf der
schule und in diesem ersten jähr im kontor unter har-
tem druck gestanden Frenssen Kl. H. Baas 188. femer:
ich könte dir allerhand lächerliche unglücks-fälle erzehlen,
die mir begegnet, seit der zeit ich unter seinem fluch
gestanden Liscow 124; um den unter verdacht stehenden
auf eine falsche fährte zu führen und dadurch wie sicher
zu machen Fontane 6, 124 (quitt 15), vgl. auch *. 290 (35:
unter einem gefühle stehen), weiterhin: jeder («fem) be-
obachtet seinen richtigen lauf, und hält auf die minute ein,
denn sie stehen unter einer scharfen aufsieht Hebel 8, 83;
dem hause Nassau- Dillenburg -Oranien, das lange zeit
unter einem besonders günstigen gestirne stand, brachte
fast jede Vermählung auch einen Zuwachs an land und
leuten Döllinger akad. vortr. 1, 17. von abstracten, bes.
unter einem gesetz, einer regel stehen u. ähnl.: auch
bey uns (d. Deutschen) ist die sylbenmessung sinnlich,
aber sie steht unter einem höhern gesetze A. W. Schlegel
im Athenäum l, 33; so ist urtheilskraft das vermögen
unter regeln zu subsumiren, d. i. zu unterscheiden, ob
etwas unter einer gegebenen regel . . . stehe, oder nicht
Kant 3, 131 pretisz. akad. (krit. d. reinen vern. I, 2, l, 2,
einl.); wenn die gesetze des menschlichen geistes nicht
auch zugleich die weltgesetze wären, wenn die Vernunft
endlich selbst unter der erfahrung stünde, so würde auch
keine erfahrung möglich seyn Schiller 10, 514.
c) Verbindungen mit der prüp. mit sind auf die ältere
spräche beschränkt, so mhd.:
al diu weit mit grimme stet denktn. 49, 4;
Guivreiz stuont mit riuwen
umb fireckes ungemach Erec 7003;
diu weit mit grCjer vröude stdt
minnet. 1, 119**, 4 ». d. Hagen.
SO noch frühnhd., bei Luther, bes. mit ehren, schänden
stehen (vgl.n,e): Babel ist gewonnen. Bei stehet mit
schänden, Merodach ist zuschmettert, jre gAtzen stehen mit
schänden Jerem. 50, 2, ebenso 10, 14; s. auch 46, 24 u. 50, 12;
meine Schwester hat auffgehöret (zu gebären), sie stehet
stille und ich fare fort und stehe mit grossen ehren
icerke 24, 530, 17 Weim. ; s. auch : aber wenn einer unschul-
dig mit allen schänden stehet, das ist erst bitter 660, 13. —
aucJi in bezug auf handlungen, lügenden u. ähnl. (vgl.
11, k — l): lieben gesellen, das ist schendlich mit Ifigen
gestanden 30, 3, 338, 25; stet er aber sein mit laugen
Münchner stadtr. 13; (sie sollte) alle wochen zö dorn
minsten den freytag und samstag fasten, darnach alle
unsere frawen und czwelfTbotentage . . . mit keusche sttu
Arigo decufner. 155, 28 Keller (2, 10), vgl. unter 13, i".
sehr ungewöhnlich ist ein vereinzelter späterer belag: der
mit der red zierligkeit auiTgebutzte Basilius, mit spitze
der sententz stehende Nazianzenus Schuppius sehr. 724.
d) das gegentheil drücken Verbindungen mit ohne aus,
die zuweilen bis in die nettere spräche herabreichen, ohne
schaden stehen (vgl. 11, A), s. d. Zürcher urk. v. 1406 unter
\,'B,\,f,y; darauf ist durch goinaine urtail bekant . . .
worden, das das selb sol meins horren und gotshaus
halben on allen schaden stcen tirol. weisth. 1, ISO, IS
(Stumm 1476, vgl. jedoch ttnter D, 10, /, ff), ähnlich nn
gespot stan fastn. sp. 152, 29 unter I, B, t,f, a,.aa;
du enwelleat mir dann, werder degen,
geben deinen guttcn ratt:
Bunat pin ich der an hillTa stat
Hbinr. V. NarsTAUT ApoUon. 9848 Singer.
mhd. 7iicht selten auch Ane lougon stAn, nicht leugnen,
vgl. oben c und 11, l: 8t6t er im des An laugen Münchner
stadtr. la. nhd. bes. ohne sorgen stöhn (vgl. 11, i, f): ich
stund auch on alle sorg, das aafhrAr in Erfört werden
seit Kbkklin V. GONZBUno 8, t88 Ender»;
ich konnte ruhig seyn, bey seitea achlafen gehn,
bey tage nAstig seyn und ohne aorgen atehn
B. NlUKIRCH fWd. (1744) 107 :
i
1621
STEHEN (II, C, 12, rf-13, a)
STEHEN (II. C, 13. a-e
1622
ähnlich:
sol mein geist geb&cket gehen
und ohn alle hoffnung stehen
wenn ein unglfick an mich setzt
S. Dach, «. Königgb. dichterkr. *. 82 neudr.
entsprechend werden, als gegensatz zu den Verbindungen
mit in (ll), in neuerer spräche zuweilen solche mit auszer
gebildet :
alle äugen
durchbohrten mich, ich stand zum erstenmal
in meinem leben auszer fassnng
Schiller 5, 1, 138 {dorn Karl. 2, 13).
13) die modale bedeutung übenciegt auch häufig in den
Verbindungen von stehen mit prädic. adj. oder mit adv. —
beides ist im nhd. nicht überall scharf zu scheiden, solche
Verbindungen im eigentlichen sinne sind unter A, 5 be-
handelt, auch in den nachstehend dargestellten fällen liegt
meist deutlich die eigentliche bedeutung zugrunde, doch
findet ein stufenweises verblassen stau, bis stehen geradezu
in die function eines hilfsverb übergeht, so dasz es in vielen
Jallen ohne iceiteres mit sein wechseln kann.
a) die eigentliche bedeutung ist am. deutliclisten in icen-
'hingen tcie aufrecht, fest, sicher stehen.
«) aufrecht stehen, vgl. A, 5, b: diesz alles sey aber
nicht geklagt, sondern einem manne vertraut, der in
manchen stürmen des lebens aufrecht gestanden Göthe
in-, il, 34 (an Jak. v. Willemer, d. 16. mai 26) ;
(marqu. zu Karlos.) spricht so
der grosze mensch — vielleicht der einzge, . . .
der bei Europas allgemeinem taumel
noch aufrecht stand?
Schiller 5, 1, 20 (dorn Karl. 1, 2).
ß) fest stehen, vgl. A, 5, d und unten D, 8, a; so eigent-
lich in bezug auf den kämpf, nicht weichen (s. bloszes
stehen, A, ii, c): Mose sprach zum volck, fürchtet euch
nicht, stehet fest (?a5Prjn 'haltet stand") 2 Mose U, 13; wie
in einem gantzen regimente . . . nicht alleine die häupt-
leute . . . feste stehen . . . sollen, sondern es müssen
auch neben jnen alle andere reuter . . . bey der fahnen
halten Ringwaldt lauter tcarh.Ai^:
lieb Vaterland, magst ruhig sein :
fest steht und treu die wacht am Rhein !
K. Wilhelm (1854).
dann freier: bleibe auff deinem sinn (vorsatz) steiff und
stehe fest, bisz . . . Comenius sprachenth. 899; wenn
ihr im tode annoch feste steht, wenn euch eure grund-
sätze auch da nicht im stiebe lassen, so sollt ihr ge-
wonnen haben Schiller 2, 183 {räuber 5, l);
wenn er dann meint, er steh am festen {twperl.T)
und all sein ding das sey am besten
H. Sachs 1,102*.
)') sicher stehn, zunächst eigentlich, nicht in gefahr
sein zu fallen, mit fest stehen gleichbedeutend {vgl. A, ö, d).
dann in loserer Verbindung, geschützt gegen geschosse und
andre gefahren, s. Keisersberg post. 3, 69*. unter I, B,
2,f, 7}, dd; dazu Göthe 16, 248 unter II, A, 13, c. freier,
»ich sicher fühlen: denn er weis nicht, was im gebricht,
und stehet dieweil sicher Luther l, 20*:
du aber, der du sicher stehst
und ohne busse täglich gehst
in ungeschewte Sünden
P. Gerhardt 385, 29.
andrerseits auch gern in bezug auf die finanzielle läge:
nur eine goldtonne war ein zuverlässiges piedestal.
zwischen fest und spiel . . . gab es am hofe von Sachsen
ein junges mädchen, das . . . die schnüre seines beuteis
fest in den bänden hielt . . . mochten die kartenhäuser
om sie her zusammenstürzen, sie stand sicher L. v.
Franc-OIS d. letzte Rerhenburgerin^ s. 105. — das gegen-
theil unsicher, gefährlich stehen, so eigentlich, doch so,
dasz die Vorstellung des Stehens zurücktritt: die auff der
hfihe des baums hangen, stehen gefehrlicher als die so
die mitte, da der bäum am stercksten ist umbfangen
Garg. s. 341 neudr.
S) ungewöhnlichere, vereinzelte ausdrucksweisen: beharr-
lich stehen, persistere Dasypodius; perstare beständig
stehen, beharren Corvinus /on« latin. Gse*»: ein schmidt-
knecht und sein gesel, die müszen all beid hart ston,
wann sie wf.Ilen zä werck gon Eulensp. 41 («. 6" neudr.);
wenn jr dem wort glaubet, so werdt jr gewisz stehen,
one zweifei sein, werdt nit wancken Mathesius Sarepta
(1571) 52»; Busch ist ein mann, steht unerschüttert wie
ein fels und setzt seinen vs-illen durch Bretzner d.
räuschgen i, 3; nun steht er stark und kühn, nicht etwa
selbstisch vereinzelt; nur in Verbindung mit seines
gleichen macht er fronte gegen die weit Göthe 22, 13
(wanderj. 2, l);
daselbsten sollen wir auch unvergänglich stehn,
den amaranthen gleich FLE\nNG 125.
b) das allmähliche verblassen des eigentlichen sinnes
läszt die gewöhnliche Verbindung müszig stehen gut be-
obachten, zunächst ganz eigentlich, in der bibelstelle: und
gieng aus umb die dritte stunde, und sähe andere an
dem marckte müssig stehen (eöTtÖTa? iv ry äyogä OQyoiq)
Matth. 20, 3, s. ferner v. 6; ebenso erste deutsche bibd
1, 74, 12, s. auch Thauler unter I, B; 3, b, y; ebenso
schon ahd., s. Tat 109, 1. auch in folgender stelle ist von
wirklichem stehen die rede:
um einen arzt und seine bflhne
stand mit erstaunungsvoller miene
die leicht betrogne menge . . .
ein weiser trincker gieng vorbey
und schriee : welche policey I
so müszig hier zu stehen? Lessing 1, 59.
dann allgemein für 'unthätig sein', gleichviel ob man
dabei steht oder geht oder sitzt ti. s. w. (wie das noch viel
häufigere müszig gehen, vgl. müszig 5;rf, th. 6, 2777) : müszig
stehen otiosttm, feriatum, vacuuTn esse, compressis manibtis
sedere, insinuatis manibus ambulare Stieler 2128; der
sontag aber heisst rugetag ... es ist wol verdeudscht
feiertag. darumb, das wir daran feiren und müssig
stehen Luther 4, 516»; wer gewöhnt ist, fremdes ge-
wand zu bitten, der soll nicht müszig stehen, wenn
bessere männer die bände rühren Freytag 8, 21
(ahnen 1, 1, 2). einen andern, uneigentlicheren sinn hat
müszig stehen mit gen., sich einer sache enthalten, davon
bleiben, sie unterlassen oder vermeiden, das im 16. jahrh.
häufig begegnet (noch viel häufiger auch hier müszig
gehen, s. müszig 3, th. 6, 2773 — 5; belege für müszig stehen
ebenda unter 4).
c) ähnlich schwankt ztcischen eigentlicher und freierer
Verwendung bereit stehen : am dritten feyertag, mit dem
frühsten, standen alle munter und bereit Göthe 22, 192
(icanderj. 2, 12). s. ferner Lohenstein Armin, l, 31» unter
1, B, 3, e, y. durch einen inf näher bestimmt: dasz zwei-
tausend mann . . . bereit stünden in spanische dienste
zu treten Schiller 4, 139; wo diejenigen, welche am
wenigsten kenner sind, bey jeglicher kleinigkeit mit
einem bewundernden ausrufe fertig stehen J. E. Schle-
gel 5, 9 (d. fremde, 6. apr. 1745); ich glaube, ihr steht
schon mit der gratulation parat Bretzner d. räuschgen
2, 2; wir alle sind hier entschlossen, wir alle stehen
hier des Wortes gewärtig Fontane i,36 (vor d. stürm 4).
d) mit angaben über kleidung und ausrüstung; zu-
nächst eigentlich, s. A, 5, h; k. doch tritt die Vorstellung
des Stehens zutceilen mehr zurück:
jeder sieg aus dunkler wissenssphäre
drängt sich in das pantheon der ehre,
und der kühne künstler steht bekränzt
Körner 1, 46 Fitcher;
nun die Bayer stunden gewert gegen dem armen hasen
Montanus 279, 4 (gartenges. 18); blosz stehen oft freier,
vgl. schiceiz. schausp. 3, 121 unter I, C, 2, m, y;
wiederumb, wenns {da» herz) stehet blosz,
und die armuth wird zu grosz
P. Gerhardt 391, 5.
gebunden stehen, freier, s. Manuel s. 45 unter I, B, 2,
/. «, aa:
ich schreibe, was ich musz, ich steh itzund gebunden
(jam enim victtu teneor)
Hofmannswaldau bei Steinbach 2, 667.
vgl. auch gebürdet stan bei Brun t. Schonebeck 3240
unter I, B, 2, /, J], ff.
e) allein, einsam stehen; eigentlich, s. A, 5, n. sehr
häufig freier, für sich leben, ohne verwandte und freunde
sein, spec. unverheirathet sein und ähnl. : Deutschland . . .
war vielleicht nie so gesellig, wie itzt . . . alleine stehen
ist, wie alleine leben, in Deutschland itzt schände
Zimmermann üb. d. einsamk. (1784) i, «9;
102»
1623
STEHEN (II. C, 13, e—h)
STEHEN (II, C, 13, h—k)
1624
und ich, die ärmst«, stunde ganz allein,
auf dieser weiten, fremden wilden weit,
müszt' ich von ihm, dem einzigen, mich trennen
GöTHK 9, 278 (na«, tccht. 1, 6);
allfrtttge Vorsehung — da steh ich arm
und einsam!
SCHILLBR 5, 1, 190 (dorn Karl. 3, 6, 3956);
in der groszen weit verlassen
wirst du ohne mich dann stehn
Holwald d. leuchtth. l, l, 85;
die einzelnen groszen stehen weniger isolirt unter den
Griechen und Römern Friedr. Schlegel im Athenäum
1, 2, 68; unsere beiden dichter stehen in dieser anti-
kisirenden kunstrichtung nicht vereinzelt Hettner d.
romant, achtde 89.
f) ähnliches: jene menschen und dinge, ja das ganze
leben der jähre von 1780 und 1790 stehen schon gleich
ein paar Jahrhunderten von uns geschieden Arndt
Ktrke 1, 3 Bosch;
aber du hörtest nicht, lieszest mich staunend allein,
monde vergingen und jähre; die heimliche Sehnsucht
im herzen,
standen wir fremd Mörike ged.* 136 {an Hermann).
freundlich, feindlich stehen, was adverbial genommen
icerdcn kann: nun aber er woll erkant, das die selben
Megapoliter mit dem hausz Macedonia freündtlich stün-
den Xylander Polybjus 101 (oixslcDg öiaxsifievovg avrovg
TiQog x^v Maxeöövwv otxlav 2, 48, 2). ähnlich: wir
stehen zu gespannt miteinander, als dasz ich ihr in der
rechten form das nötige sagen könnte Hesse 6ertrud230,
vgl. dazu unteti 14, b. — durch eine nie verläugnete
klugheit gelang es ihm {marschall v. Vieillevüle) , zu
einer zeit, in der alles parthei war, partheilos zu stehen,
ohne seinen Wirkungskreis zu verlieren Schiller 9, 406;
*. auch Liscow sehr. 670 unter I, B, 3, e, y. ungewöhn-
licher:
er stand dort
gleich verhaszt dem lastervollen
Alezander Medicis . . ,
ZscHOKKE Abellino 23 Recl. (1, 5).
g) stehen in Verbindung mit bestimmungen, in denen
»ich ein affect atisdrückt, Jiat geicöhnlich seinen vollen
und eigentlichen sinn. so starr stehen, vgl. A, 5, e.
stumm, schweigend : Amalia steht stumm, und starr wie
eine bildsäule Schiller 2, 197 (räuber b, 2); diesz fragt'
ich dich öfters, und allemahl standst du schweigend
MALER MÜLLER 1,15. bleich: blasz und leblos steht
ihr alle! Klinger 2, 102 {Aristod. l); schneebleich stun-
den alle, ängstlich klopfte die erwartung in jeglicher
brüst Schiller 2, 179 {räuber 5, 1).
h) weniger, wenn es mit ausdrücken des affects selbst
verbunden ist: erstaunt stehen, solche ausdrücke sind
sehr hätifig und berühren sich nahe mit den unter 11, i
behandelten {vgl. auch A, 5, i). so schon ahd.mhd.:
diu sela stet pidungan Mtup. 61 ;
gerne da; mfn herze erkande, wan e; so bedwungen stftt
minnes. frühl. 32, 2;
8Ö muoj ich leider trüric stän 103, 39;
die stet also harte fro;
sie wenet uns uberwonden hon
aU(f. paisionttp. 5203.
so nhd.:
gott l&<zt keinen traurig stehn
P. Gerhardt 422, 8;
er Stande gantz entzUckt eav. im irrgarten (174«) 40;
Faust stand in seinem zauberkreise . . . wild begeistert
Klinger 8, 47 (Fausts leb. 1, 8). {älter ergeistert, s.
Garg. 58 unter I, B, i,f, $, cc.) wer ist jemals so freidig
gestanden? Jes. Syr. 4«, 4, s. 1, C, 8, d, «; so cimbr. {unter
iUUien. einflust) steen lustig, 'atar allegro' cimbr. wb. 286«.
und ich stand verwundert! maler MCller 1, 41, *.
aueh GöTHB 84, 880 unter 1, B, 8, e, ^;
ich steh erstaunt — was für ein ungeheuer
liegt hier im hinterhalt?
äciiiLLiR 5, 1, 9 {dorn Kart. 1, l. 104);
die menge and die gemässigten männer standen ent-
•ctxt M0MM8BN röm. gesch. 8, lOO;
hearhlmt, erecbrocken. ganz zerarhiagen steh' ich da
Fk. Schi.kobl Alareot 47;
tfn sithst an« an; wir alle alebn beklommen
GÖTiiK 18. 181 id. grheimn.);
als er {Friedr. d. gr.) starb, schien ein hoher genins die
erde verlassen zu haben; freunde und feinde seines
ruhms standen gerührt Herder 17, 28 Suphan {br. z
b^. der human. 1, 7);
nun aber bricht aus jenen ewigen gründen
ein flammen-fibermaasz, wir stehn betroffen
GöTHB 41, 7 {Fautt II, 1);
das mägdlein . . . blickte mit lachenden äugen auf
Pertl, der ganz verdutzt stand W. Fischer Murtcelleni;
denn ich bin zu schänden worden, und stehe schamrot
(»no2:i"S£i 'fltya 'ich schäme mich, ja, ich bin tief beschämt'
Kautzsch) Jerem. 31, 19;
nicht selten gar,
weil ihm der strengere beweis nicht glückt,
steht er zuletzt auch vor gericht beschämt
GÖTHE 9, 363 (nat. locht. 5, 2);
ihr werdet blasz? ihr steht verlegen?
Schiller 5, l, 190 {dorn Karl. 3, 6, 3973).
zweifelhaft stehen, tcofür früher auch: pendet animus
das gemfith stehet zweyffel Corvinus/o»w /a^in. (1646) 642;
jetzt, da dein wort das glück meines lebens entscheiden
könnte, jetzt steh' ich zweifelhaft, und wage nicht das
kind in meine arme zu schlieszen Göthe 20, 108 {Wilh.
Meister 7, 8); er stand zweifelhaft, welchem von beiden
theilen er folgen sollte 21, 57 {wanderj. l, 4); der wirth
stand unsicher und suchte das äuge seiner hausfrau
Freytag 8, 16 {ahnen l, 1, 1). so dann auch zufrieden
stehen u. ähnl., bes. frühnhd.: des stunden do de stede
wol to vreden Korner 220"' u. ö. 6ei Schiller-Lübben
4, 360 *>. 9; umb unmessiger begirde willen, die mich in
keinen wege wol zemüte sten liesse {mi lasciava con-
tento Stare) Arigo decam. 1, 23 Keller; aber das un-
gelücke seinem willen noch nicht ein genügen hat ge-
tun noch content stunde 110, 9 {non essendo la fortuna
content^ d'aver ... 2, 7) ; es dienet mir wol, das sie nicht
sich zancken ynn der schrifft . . ., sondern derselbigen
stuck halben zu friden stehen Luther 23, 66, 24 Weim.;
das es nicht anders sey, denn ein verlassen in gott, und
gantz gottes willen gelassen stehen sehr. 3, 22'».
t) stehen mit adj., die einen körperlichen zustand be-
zeichnen, begegnet hie und da: die gut iung fraw den
merern teyl irer czeit den husten het kalt unnd erfroren
stund Arigo decam. 300. 9 Keller {che ella il piü del
tempo stava infreddata, 4. 10). so unter ital. einflusse
in den südliclisten mundarten: lusem. gtian g9sunt
Bacher 394, stee gasunt! sta sanol cimbr. wb. 236»; doch
ähnlich auch:
wohl viele, die jetzt rüstig stehn,
sehn sie (d. sonne) nie wieder untergehn
Körner 1, 47 Fifcher.
so den7i auch: auch etliche punckte des mone und gc-
stirn man keusch und heilig sten sölte Arigo decam,
155, 30 {doversi astenere da cosi fatti congiungimenti
2, 10) vgl. oben 12, c, hier allerdings itvs moralische über-
gehend, doch kommt stehen mit adj.. die eine sittliche
eigenschaft bezeichnen, kaum vor (gottlosz stehn H. Sachs
1, 12\ *. I, B, 2,f, a, cc). — von thieren: uns melkkauh
in Pümpelhagen steiht drög {giebt keine milch) Reuter
3, 54, 6 Seelmann {strömt. 8, kap. 88).
Ar) stehen mit adjectiven, die eine ergäniung verlangen,
ist geicöhnlich stark abgeblaszt, so meist in der älteren
spräche, hierher einer sache mUszig stehen, a. oben (&).
ähnlich: der die sunnen fraget, warumb scheinesta, sie
Sprech : 'ich musz scheinen und vermag anders nit,
wan es ist mein eigenschiifft und gehört mir zu; und
der selben eigenschafTt unnd dos .scheinen» sten ich
ledig' theol. deutsch s. 52, 8« Mandel (c. «4,=*. tAPfeifftr,
e. 86). ähnlich Jon. Arnd Thomas a Kempis (I68I) s. 87;
s. femer Nie. v, Bahrl *. 806 utui fasin. sp. »66, 15 unter
I. B, ],/, Y und 8,/, o, aa; so noch: die sohmaoh hat
ihm das herz zerfressen, so dasz er seines lebens lieber
wollt' ledig stehn, als sich der last Iftnger zu unter-
werfen W. Fischer MurwtUen 10. frei stehen, s. Oerm.
6, 88 und fastn. sp. 147, 80 an denselben Hellen, würdig
stehen, «. A. v. Dkohtr-Hülsiiopp 1,68 unter I. B, s.
/, y, dd. mit dativ : ich hielt sie zwar sehr richtig
für narren — verschob jedoch mein urtheil über den
verdacht, dem sie blosz standen Thümmkl reise t>, 169;
1625
STEHEN (11, C, 13, Jc—o)
STEHEN (H, C, 13, o—q)
1626
die jahrzahl (i794) ist bedeutsam und erklärt sowohl
den geist seiner damaligen schritten als auch die
tribulationen, denen er (Fichte) seitdem ausgesetzt stand
Heine i, 269 Elster, so auch einem, sich {einander) gleich
stehen :
lieber landsknecht in der feldschlacht;
da blitzt degen gegen degen,
und die Spieler stehn sich gleich
ZscHOKKK AbeUino 9, (1, 1).
darnach ungewöhnlicher:
Frankreich und der deutsche kaiser
stehn uns allzu überlegen 20 (1, 4).
l) selten ist stehn mit pari, {perf.) in der älteren
spräche; so im bilde: es seind doch weder zu sieden
noch zu braten, solche Crassische, Agelastische creaturen,
. . . die nimmermehr den kopff, so im übersieh gaffen
ermfldet, von der höhe sencken, . . . sonder wie ein
armbrost allzeit gespannen stehen Fi schart 2, 15, 13
Hauffen {Eulensp., vorr.). auffallend ist das häufige vor-
kommen dieser sonst so ungetcöhnlichen Verbindung in
ZscHOKKES Abellino {der auch sonst stehen mit adj.
liebt, s. oben f und k):
unentweiht steht der geweihte ! 83 (3, 3) ;
die geheiligte person
eurer durchlaucht steht gehütet 99 (3, 6) ;
vgl. 91 (3, 5). gut angeschrieben stehen bei einem u. ähnl.,
s. unter D, 12, e, ß.
m) die bestimmung zu stehen ist in den besprochenen
fällen in der regel als prädicatives adj. anzusehen, läszt
sich jedoch auch als adv. fassen, auch im mJid. kann
beides gelegentlich nebeneinander gebraucht tcerden. vgl.;
si sprach zno dem künige 'ich rauo; nnfroelichen slän'
yib. 795, 4 {ebenso 1178, 4)
neben:
er lobete ir sä zehant
da; ej eramen müese Kriemhilde man:
oder er wolde nimmer dar umbe vroelich gestän
807,4.
darnach zu beurtheilen: sorgklich stan, in gefaar sein,
in discrimine versari Maaler 390»; die stond gfärlicher
Eberlin V. GOnzburg l, 92, s. I, B, 2,/, 6, bb; ehrlich
stahn Alberus /ai. ii, 96, s. I, B, 2,/, a, aa.
n) adverbial ist %cold auch zu nehmen die bei Llther
häufige redetcendung kalt stehen 'zu schänden werden,
blamiert sein: auff das der teuffei nicht so kalt moste
stehen und ynn seiner lügen so öffentlich ergriffen wer-
den 26, 264, 12 Weim.; s. ferner 428, 2S; 611,26; 44,272 Erl.
ausg.; auch th. 5, 82. hiermit wechselt als völlig gleichbe-
deutend kak, gack stehen, tcie denn zu 26, 611, 26 in z. 9
die Variante kag stehen erscheint, ferner: denn weil sie
sich so gewis yhrs dinges rhflmen, so sollen sie es auch
gewis machen odder sollen gack stehen 26, 397, 7 {'am
pranger oder kaken stehen, als Schwätzer bloszgestellt sein'
anm. des hsg.). diese Verbindung ist syntaktisch ganz ver-
schieden; sie gehört zu kak, pranger, s. th. b'ilf und ist
also verkürzt für am kak stehen {vgl. oben 7). dem kalt
stehen vergleicht sich das neuere österr. 'hiazt schdeh ih
frisch, jetzt bin ich in gefahr' Castelli 234; da haben
wir's; nun steh' ich frisch! Bäuerle die bürger in Wien
2, 8 (Fürst Eaimunds Vorgänger s. 46).
o) anstatt eines adj. kann zuweilen auch ein »tibstantiv
prädicativ zu stehen treten, so gevatter, braut, modell
stehen, wobei stehen im eigentlichen sirtne gemeint ist,
8. oben 1, b, a. ß. freier frühnhd. witib sten, bleiben {vgl.
oben e) bei Arigo decam.: ich wölt gern ein witib sten
wo es euer gefallen wer 368, 31 Keller {io volentieri . . .
mi starei 5, 9). auch: darumb {Masetto) im gedencken
warde: stund er lenger ein stumme im do von schaden
zu sten möcht 170, 14 {che il »uo esser mutolo gli po-
irebbe. ae piü stesse, in troppo gran danno resultare 3, l),
vgl. oben g. ähnliches jetzt nur in poetischer spräche:
süszes, seelenvolles mädchen !
anbetungswürdiges geschöpf! — ich stehe
ganz ehr — ganz äuge — ganz entzücken — ganz
be wunderung
Scim.i.ER 5, 2, 238 {dorn Karl. 2, 8, 1813).
sonst tcird das subst. mit als angeknüpft; so als zeuge
stehen, s. l, a; als eyn schöner man Magdeb. fr. 3, 9, 2,
s. I, B, 2, g, a;
der neider steht als folie des glucks
GÖTHE 9, 299 {nat. tochter 2, 5).
p) die Verbindung ist loser und stehen hält entschie-
dener seine volle bedeutung fest, wenn Ortsbestimmungen
hinzutreten, die einfachste und farbloseste ortsbezeiehnung
ist da, die mit stehen geradezu zu einem worte verschmilzt,
im sinne eines verstärkten stehen, s. dastehen, th. 2, 811:
und her ginc üz umme tercie stunde, her sach andere
da sten müzic an dem markete M. v. Beheim evajigelienb.
(1343) Matth. 20, 3 {in den späteren bibelübers. nur massig
stehen, s. b);
er stand, du selbst verriethst es uns im zom,
auf einmal eid- und pflichtvergessen da
Hebbel 4, 281 {Xibel. III, 4, 4, v. 4495).
inhaltsvoller sind bestimmungen, wie vor einem, etwas:
in dem namen Jhesu Christi von Nazareth . . . stehet
dieser alhie für euch gesund {TiaQsarrjXSV . . . vyi^c)
ap. gesch. 4, 10; {Hamlet) wie ein nichtswürdiger ban-
querottirer steh' ich vor dem angesicht der weit Hebbel
2, 39, 31 {Mar. Magd. 2, l); die alten ionischen Physio-
logen standen davor nicht rathloser als wir Du Boys-
Retmond üb. d. grenzen des naturerkennens ^ s. 15. ferner:
welche wonne gewährte der blick auf diesz herrliche bild mir,
stund' ich armer nicht so heilig, wie Joseph, dabei '.
GÖTHE 2, 135.
q) sehr häufig -wird die art des Stehens bertc. des stehen-
den durch einen vergleich gekennzeichnet, vgl. A, 5, f.
a) mit adjectiven, so bes.: der graf vom Strahl (steht
wie vom donner gerührt) Kleist Käthchen v. Heilbr. 5, 5;
alle stehn, wie angedonnert
ZscHOKKB AbeUino 63 (2, 8);
wie vom blitz geschlagen Miller ged. 230, s. unter I,
B, 3, e, 5. — in anderen fällen kaum, vom bloszen adj.
unterschieden, z. b.: ich stand lange wie betäubt Tieck
6. 138; ich stand noch wie versteinert 7, 21 neben: ich
stand versteinert unter ihnen 15;
die männer stehen wie verzückt
MÖRIKE 1, 153 (ged.* 256);
so auch: die beiden stehen gleichsam entzflkket und
sehen dieses alles mit Verwunderung an Rist d. friede-
wünsch. Teutschl. (1647) 11 (1, 2). vgl. oben h.
ß) mit Substantiven, so eigentlich wie ein stein, stock
u. ähnl. stehen, *. A, 5,/; so nd.: he steit as en pickpaal
Schütze 3, 185. 219, 'steif und fest wie der eingerammte
pfähl, an den pechkränze zur bdeuchtung einer gegend
aufgehangen tcerden' Wander 4, 7%, 85; tcestfäl. sprueh
beim pfandlösen: ik sta hir as en stok un stinke as en
bock WoESTE 2.53*. als ausdruck des seelischen zustandes:
der mann steht wie ein klotz mit aufgesperrtem rächen,
gleich wie ein ovenloch, und lest die fraue machen
Rachel satyr. ged. s. 24 ndr. (1, 249);
des nachts spat, wenn min man heim gat
und wie ein 6lgStz vor mir stat
H. R. Manuel weintp. 2667;
sie stunden beyde, wie ein marmorbild,
tiefsinnig, von empfindnngen beklemmt
Wieland l, 364 Berl. ak. {Zemin u. Gulhindy 422).
wie ein stummer {vgl. stumm stehen unter g), so früh-
nhd.: Ariguczo als ein stum stunde nicht west was er
reden solt Arigo decam. 460, 4 Keller {Arr. stava come
trasognato 7, 8); vgl. Hätzlerin l, 119, 82 unter I, B,
2, /, Y, aa. — häufig wie ein narr, die narren: szo yn
got etwas widderwertigs leest tzukommen, szo tzyhen
sye tzu rucke, und stehen wye die narren Luther 9,
132, 1 Weim.. s. ferner 16, 208, 20 (wie ein narr) unter A,
2, a, 6; H. Sachs fastn. sp. 12, 356, a. unter I, B, 2, /,
a, cc. — auch thiervergleiche sind beliebt:
Paschasius was geschant,
wand er als die äffen stunt,
die nicht wizzen was si tnnt
patt. 30, 47 Köpke;
ich hab disz sigill offt zu meiner widerwertigen spott
gebraucht, dasz sie wie die waldesel gestanden sind, und
keiner dasz mal {mauT) dörffen aufTthun Paracelsds
opp. (1616) 2, 556 C;
»teht nicht der esel, wie ein ochse, da?
Kleist zerbr. krttg 7, 866. mit weiterem zusatz: aber du
stehst ja da wie ein kranker kananenvogel Kotzebub
1627
STEHEN (II. C. 13. 3)
STEHEN (II, U. a)
1628
d. d. klnnstädier 1, 4. volksthümlieh: er steht da wie ein
begossener pudel (oder hund, a. begieszen, Üi. 1, 1294), be-
gehämt und verlegen; dafür lnxemb. e st6t do we(i) feng
besftcht k&z luxemb. wb. 426«; der edelman stunde wie
das hündlein von Breda, und machte manche tieffe re-
verentz Schuppius 89 (SaloTnoWU) ly;?. Wander 4, 796, 91
(ist d€t3 hünddien von Bretten gemeint? s. Wackernagel
kl. sehr. I, 423/.). — andere vergleiche bei Luther: wenn
diese prechtige lester wort . . . sind aus gewest, so sind
sie gestanden als die beschoren menlin, und ist nichts
mehr dahinden gewest. damit sie yhren yrthum be-
schirmen 26, 170, 26 Weim. {= sehr. 4t, SSl»»); wenn es eyns
zur antwort kompt, werden wyr stehn wye dy pfeyffer
15, 706, 34; ähnlich 16, 73, 23. wofür vollständiger: also
mugt ihr sie dringen zur schrift. das werden sie un-
gern thun; da werdet ihr sehen, dasz sie stehen werden,
wie die pfeifer, die den tanz verderbet haben br. 2, 87;
a. ferner pfeifer 1, th. 7, 1653. stund da wie ein hosen-
dämpfer {der dampf in der hose macht, quipeditf) Bräker
67, *. I, B, 3, c, Tj. sehr eigenfhümlicJi ist die eis. redens-
art do stet (e)r wü drei un(d) elf, 'rathlos, unentschlossen,
naehdenklich und dabei in nachlässiger, schlaffer haltung,
auch beschämt' Martin -Lienhart 2, 564''. auch eis.
Jahrb. 7, 196. nd. : un din fru steiht hir woll as trumpf
sös? Reuter 2, 247, 29 Seelm. (strömt. 2, 14, ähnlich sitten
as tr. s. 107, 12. toozu der ftsg. bemerkt: 'in spielen, bei
denen die sieben die unterste karte ist. wird die sechs
überflüssig').
y) gern mit weiteren Zusätzen: stehen wie ein pfähl
im sande Frenssen Jörn JJhl s. 250, s. I, G, 3,/, «; ich
stehe da wie die perle im gold Kollmann puppensp.
1, 65; wer . . . den herren Jesum Christum . . . mit glau-
bigem hertzen ergreiffet, der stehet wie gold im fewer,
unnd wird jmmer schöner und reiner drinne Mathesius
Sar. 102». aucli hier bes. häufig vergleiche mit thieren: führt
einen der zufall dann in eine kleine stadt, so steht er
da wie eine eule auf der stange Kotzebue d. d. klein-
atädter 3, 11 ; nu mach, dasz du fortkommst, un steh hier
nich vor den bäum, as en hund, wenn 'ne katt in den
bom hüppt is Reuter 2, 282, 31 Seelm. (strömt. 2, 18).
ao apridiw.: (da) stehen wie die ochsen am berge, s. A,
9. c; er steht wie die kuh vorm grünen (neuen) thor
Wander 4, 795, 64; er steht da, wie der bock vor dem
metzger K\rchhofer schweizer, aprichw. (1824)272. ela.:
ste(hn) wi(e) e vogl uf ere zwig, wie e geis uf ere leitere,
wie e katz am dachstuel, unsicher stehen Martin-Lien-
HART 2, 564''. ferner fränk. kr stött wi 'es kind bftn
dr&k {beim dreck), er weiaz aicfi nicht mehr zu helfen
Frommann 6, 3i8, 221.
S) beaondera zu erwähnen aind ztoei redewendungen, die
bei Luther begegnen:
aa) (da) stehen wie butter an der sonne, beacJiämt,
rathloa, verblüfft; belege th. 2, 583. bia heute üblich geblie-
ben, auch im dialect: Fritz stunn dor as botter an de
sünn Reuter 3, 22, 12 Seelm. (atromt. 3, 31). ela. : do stet
r wü dr butter in dr sunn {synon. mit wü drei un elf,
a. die erklärung unter ß) Martin-Lienhart 2, 564»".
mark, (weatf.) : da stfeid Äk as buatar in dar sunna From-
mann 6. 163, 151.
bb) nur im 16. jahrh. bezeugt ist die Wendung: wo sie
die igleiehniaae) nicht anzeigen und wol da mit ein tref-
fen (tt6erein*tt»imen) , so stehen sie wie der peltz auff
seinen ermein Luther 26, 401, 20 Weim.; er stehet auff
seinen worten, wie ein beltz auff den ermein Egenolf
»priehvi. (1665) 60^ a. Thiele tu Luther aprichw. 120;
wer aber auf gottes gute nicht trawet, der wird stehen,
wie ein pelz auff seinen ermein Chr. Fischer aualeg.
dea paaliera (1690) bei Wander 4, 796, 77. der ainn ist
also auch 'unsicher stehen, tu aehanden werden'.
f) der vergläeh wird durch einen satt mit als ob ge-
geben: sonst würdet ihr die äugen wenigstens nieder-
schlagen und nicht da stehen, als ob alle zehn geböte
mit feurigen buchstat>en auf eurer stirn geschrieben
ständen Hebbkl 8, 190, M {Agnes Bern. 8, 10); spriehw,
er steht hier, als ob ihm in die band geschissen sei
ElRELBlN 178. WaNDRR «. 7»6, 66. fränk.: kr slütt, &SS
wenn 'n die h&hr {kühner) '• brit gnumm& hättn FnoM-
MANN 6, 3t:. IHM.
14j am entschiedensten modalen sinn hat stehen in Ver-
bindung m.it adverbien der art und iceise: stehen, für, in
gewisser beschaffenheit oder zustand seyn Frisch 2, 326".
o) so wol, gut, schlecht stehen u. ähnl., zunächst ohne
iceitere bestimmungen. diese redetceise ich stehe wol t(.
ähnl. ist in der älteren spräche nicht selten , tritt jedoch
in der neuei-en zurück hititer der unpersönlichen loendung
es steht gut mit mir (es geht mir gut), a. D. 10, d ; vgl. :
der mann hat wol gestanden, es hat wol mit (um) ihn
gestanden. seine*sachen seynd wol gestanden, coatui e
stuto bene, le cose sue erano in buono stato Kram er dict.
2, 929'"; und Gottsched beobacht. 280.
«) er stehet gar wol, ßoret opibus etfelicHate Stieler
2127; der mann stehet wol, egli stä bene, agiato, acco-
modato di beni di fortuna Kram er dict. 2, 927"=; so wille
ich ir muter sein und mit einem manne in solcher
masse versechen, daz sie ir lebtag wol sten sol Ariüo
decam. 130, 11 Keller (io la mariterö . . . in maniera, che
starä bene 2, 8) ; man pfleget zu sagen, dasz ein kriegs-
heer ohne seine obristen und eine vestung ohne jhren
hauptmann nicht wol stehe schausp. engl, cotnöd. s. 293, 8
Creizenach (unzeit vortcitz 3, 4); cimbr. steetar iart hol?
State voi benef cimbr. wb. 236*. der gebrauch der wendung
in der gruszformel bei Arigo ist dem ital. nachgebildet:
im entgegen gingen und grüstcn und zu im sprachen,
w^olste unser Faczibolo decam. 215, 32 {ben possa stare
Faziuolo 3, 7), ebenso 365, 28. auf wol stehen beruht das
subst. wolstand ; sonst sagt man in neuerer spräche lieber
gut stehen, vgl. unten f. auch:
wir stehn ganz leidlich, zwanzig schlachten hat
dies Volk geschlagen, und mit diesem sieg
den weg geöffnet nach Jerusalem
Ludwig 3, 364 {Maccab. 3).
auch in den Steigerungsformen: jetz aber, so wir am
besten steen, sollen wir dar von, wider in armöt und
eilend Vogelgesang trag. Joh. Hussen s. 24 neudr. (4, 2\
/9) übel (jetzt schlecht) stehen; wann sie ... nach
dem frantzösischen sprflchwort den mönch, das ist, den
hasen oder das unglück im busen haben, so stehn sie
übel Garg. s. 410 neudr.; s. auch Fischart nachtrab 16*3
unter I, B, 2, /, r}, dd; dann sie an keinem end erger
stehn möchten als da Montanus 247, l Bolte {Cym. r.
Jph.8); und hätte mancher medicus des Würsungs oder
Offenbachs artzney buch nicht, er stünde leiden übe!
Schuppius 538. M
y) syntaktisch verschieden gevjendet: wie stehet er? ■
come ata eglif come la paaaaf Kramer dict. 2, 927«;
Lucifer . . . was sagst Mogol? — hei wie stehst in deiner
beherrschung? . . . Mogol. übergüldete armuth meine
beherrschung! maler Müller Fausts leben 18, 20 neudr. .
ich weisz schon wie ich stehe, in was für umständen
ich mich befinde Adelung (2, 3); überlegt man näher,
wie er (don Joluinn v. Ost.) stand, was er that. und was
aus seinen Unternehmungen erfolgte. .. Ranke toerkeSS, 66.
wir stehen noch, auf oder ab, wie vorher, es ist weder
tag noch nacht ruhe Göthe br. 18. 48, 6 {aus d. 'läget-
bey Marienboni' 1793);
ich kann mit ihm nicht rechten, . . .
denn wie er steht, ist er kein freier mann
Göthe 9, 168 (TaMoS, 4).
wie ganz anders, als damals, da sein vater von Oestreich
verjagt, er selber in Brügge gefangen war, standen nun
seine enkel! Ranke deutsche geseh. l, 887.
d) wol stehen u. a. w. auch von thieren, gedeihen: wem
die schafe wol stehen, und die bösen weiber wol nh
gehen und die bienen wol schwermen. der darf sirli
nichts hormcn Coi.er hnuab. (1640) 406; man hat aurh
an gewissen örtern sonderlich zugerichtete forellen-tciohr.
darinne sie sehr wohl stehen und zunehmen Amaran
thbs frauent.-lex. 668;
dia geiss scharret, wenn >y wol «tat,
hftrt bald off, wenn* Jr Ob«! gadl
H. R. Manuel tveintp. 89M.
f ) leährend diese ausdnteksweise im allgemsinsn tttriiek-
gegangen ist, ist sie in einem speeitUertm «mhm gtrais seit
mitte dss 18. jahrh. erst rtehi übUek gswardsn, nämliek
hesogsn auf die finansiettt Utgss
1629
STEHEN (II, C, U, a-c)
STEHEN ai C, 14, c— 15, 6)
1630
wenn sich ein bürge stellt, der gut steht, nnd sie kennt,
verlang ich weiter nichts, als nur ein pfand, von ihnen
Cbonegk sehr. (1765) 1, 35 (d. verfolgte komöd. 4);
Z. hat sie geld? C. ich glaube, sie steht recht gut
Ayrenhoff icerke (1814) 3, 248; so könnten 100 (thaler) da-
von dem Professor Meyer zugelegt werden, so dasz er wie
sein Vorgänger stünde Göthe br. 30, 96, 2 (an Carl Aug.,
5. märz 1807); sie kennen die Verhältnisse, wie steh' ich?
Ebner-Eschenbach 4, 158. auch nd.: 'good staan, oder
sik good staan: im Wohlstände, bey guten mittein seyn'
brem. wb. 4, 992; ebenso St0renburg258'> {'sich wohl stehen,
vermögen haben').
b) sehr häufig ist gut, schlecht u. s. tc. mit einem stehen
für das verhältnisz, in dem man zu ihm steht, vgl. Adelung
2. 3). lexikalisch zuerst von Kramer (1702) gebucht, s. un-
ten, doch reichen die belege bis ins Ib.jahrh. hinauf, auch
mnd.: de stunden do wol myd ereme rade Korner 247 =
bei Schiller-LObben 4, 361 *>, 3. neund.: wo steest du mit
em? 'seid ihr gute freunde*' Dähnert 455''. gut mit einem
stehen ist also gleichbedeutend mit auf gutem fusze. in
gutem Verhältnis, einvernehmen mit einem stehen, vgl.
oben 2, a, € und 11, g (5, Q-). belege: fraw ich weysz nicht
wie ir mit im {dem liebhaber) gestanden seit Arigo de-
cam. 262, 1 Keller {come voi vi steste con lui 4, 2) ; der selb
{Naravasus) war allweg freündtlichen gegen den Cartha-
ginensern gesinnet gewesen, dann auch sein vatter mit
den selben wol gestanden Xylander Polybjus (1574) 58
{naxQixriv s^ov avaxaaiv 78, i) ; höre doch , Kathrine !
steht deine frau heute nicht ein wenig übel mit ihrem
manne? J. E. Schlegel 2,365; noch stehen sie, misz, mit
ihm so, dasz sie . . .. ohne öffentliche schände von ihm
ablassen können Lessing 2, 71 {Sara Sampson 4,8); mit
Schillern und den Humboldts steh ich recht gut, unser
weg geht für dieszmal zusammen Göthe briefe lo, 218
{an F. H. Jacobi, d. 27. dec. 94); der baron Fr. Baconus
erzehlet . . ., dasz der könig {Heinrich TU. v. Engl.),
nachdem er mit Schottland, Spanien und Burgundien
wol gestanden, und der krieg sich in Italien gezogen, . . .
ScHüPPius 16 {SaloTno 2). wol mit einander stehen, stare
bene e d'accordo assieme. sie stehen nicht wol mit ein-
ander,.. . sono nemici Kramer dtcf. (1702) 2,928*; zwar
sahen wir uns seltner, weil unsre eitern nicht zum besten
mit einander standen Göthe 24, 261 {dicJit. u. tcahrh.
5); stehn wir so mit einander? Schiller 3, 99 {Fiesko
3, 7). dafür auch: nun hatte ich auf einmal zwey lieb-
haber bekommen, ich war für keinen entschieden; sie
gefielen mir beide, und wir standen auFs beste zusam-
men Göthe 19, 271 {Wilh. Meister 6); {auf das finan-
zielle verhältnisz angewandt:) ich würde auch alsdenn
mir die freyheit nehmen sie um eine berechnung zu er-
suchen, wie wir eigentlich zusammen stehen? briefe 16, 24
{an Cotta, 25. jan. 1802); anders: die zwa pferd steng'n
guad z'samm, passen gut zu einander Hügel 156». zu-
tceilen zu ergänzen: sei unbesorgt, das glyk und ich
stehen besser Schiller 3, 130 {Fiesko 4, 14). femer:
wol stehen mit oder gegen gott, bene convenire cum deo
Dentzler (1716) 273'»; der mensch . . ., der mit gott recht
gestanden Mathesius Sar. (i57i) 179''; dann müszt ihr
schwach seyn, und schlecht mit dem himmel stehen
Klinger 3, 86 {Fausts leb. 2, 5); *. auch Franck tceltb.
38 *> (jr hertz sey nit recht mit gott gestanden) unter I,
C, 3, d, ß. seltner umgekehrt: wie die götter mit mir
stehen weis ich nicht Göthe briefe 8, 145 {an Ch. v.
Stein 1777). noch kühner: seit ich unter dem Volke alle
tage herum getrieben werde, und sehe, was sie thun,
und wie sie 's treiben, stehe ich viel besser mit mir
selbst Göthe 16, 9i {Werth^r 2, anf).
c) dafür können andre präpositionen eintreten.
a) gegen, s. Wickram, i, 289, 2 {Qabriotto 39) bezw. buch
d. liebe 247», *. I, B, 3,/. ß, gg und a. aa; Felder son-
derl. 2, 288, s. I, C, 3,f, ß. so auch: zum ersten ein un-
derricht, zu erkennen den anfang, wie das gestirn und
der mensch gegen einander stehn, und vereiniget sein
PaRACELSÜS opp. (1616) 2, 338 A.
ß) in neuerer spräche gern zu einem stehen: da nun
die rathgeber der kröne zu der Versammlung wie fremde
standen . . . Dahlmann franz. revol. 240; wie das kai-
serliche Frankreich und besonders die kaiserin Eagenie
damals zu dem papste standen Bismarck ged. u. erin-
ner. 2, 195; wenn die italischen bundesgenossen zu den
Römern früher gestanden hatten theils als bevormun-
dete brüder . . ., theils als leidlich gehaltene . . . knechte,
so standen sie jetzt sämmtlich ungefähr in gleicher un-
terthänigkeit . . . Mommsen röm. gesch. 2*, 221.
y) icährend diese ausdrucksiceisen hauptsächlich auf die
gesinnung und das verhalten dessen, der steht, gehen, be-
zeichnet gut bei einem stehen die gesinnung des andern
theils: 'gut bey jemanden stehen, bey ihm in gunst, in
gnaden stehen' Adelung (2, 2, 3); 'bei ihm wohl gelitten
sein, seine gunst, seine gnade besitzen' Campe (l); er steht
gut bey der frau amtmannin Raben er 4, 120 ; so viel
ist gewisz, dasz Adrast bey Henrietten ziemlich schlecht
steht, so sehr sie sich auch nach seiner weise zu rich-
ten scheint Lessing 1, 410 {d. freyg. 2, 3). dafür auch
gut bei einem angeschrieben stehen, s. unter D, 12, e, ß, dd.
d) ähnliche Verbindungen bezeichnen das verhältnisz ei-
nes menschen zu einer aaehe {wie schon in einigen der an-
geführten belege).
a) wie stehst du mit deiner arbeit? d. h. wie geht es
mit ihrT teie geht sie von statten* icie weit bist du schon*
u. ähnl. mich verlangt sehr zu hören wie sie mit ihren
arbeiten stehen? Göthe briefe 10, 208, 5 {an Schiller, 27.
nov. 94). so sehr gewöhnlich.
ß) zu etwas: lohnender dürfte es sein, ihn {Aventin)
im lichte seiner zeit zu betrachten, darzustellen, wie die
zeit zu ihm und er zu ihr stand Döllinger akadem.
vortr. 1, 138. so besonders in Wendungen icie: sie haben
wohl schon gemerkt, wie ich zu diesen ausführungen
des herrn koUegen Harringa stehe Popert Harringa 21.
15) für gut stehen kommt seit der mitte des 18. jahrh.
{die belege beginnen mit Lessing und Wieland) reflexi-
ves sich gut stehen auf und wird bald häufiger als jenes.
Das sich ist dabei ursprünglich als dativ gemeint; denn
diese gebrauchsweise ist wohl anzuknüpfen an mhd. Wen-
dungen \cie ich stän mir leide es geht mir schlimm:
die jaden gestnonden in nie s6 laide
kaUerchr. 10322 Schröder;
ja gestnont ich mir nie so laide 13240.
dasz es jedoch thatsächlich als acc. empfunden wird, zei-
gen die stellen, die ein pron. der 1. od. 2. pers. (mich, dich)
enthalten, die entxcicklung ist dann analog teie bei sich
fürchten, vgl. fürchten, III, th. i, l, 701 /.
a) sich gut stehen geht in der regel auf die finanzielle
läge, 'in guten umständen des zeitlichen Vermögens seyn'
Adelung (2, 3); so auch in mundarten: luxemb. 'e st6t
sech es gutt, er ist woTUlutbend; der volkswitx fügt manch-
mal hinzu: en ass plattfe(i)ssech' luxemb. wb. 426»; ber-
lin. sich jut schtehn, gute einnahmen haben Brendickk
178»; nd. de mann steet sikk good, er hat vermögen
Dähnert 455 *>, vgl. 14, a, e zu ende, belege: dasz Koch in
Berlin sich besser stehen mag, ist mein wünsch Lessing'
18, 11 {an Karl L., 25. jan. 1772); als wagenmeister würde
er sich besser stehen Pfeffel pros. vers. b, 37; unsere
tagelöhner . . . erhalten : freie wohnung mit einem gar-
ten, . . . steht sich ein tagelöhner in der stadt so gut?
Reuter 3, 120, 13 Sedm. {strömt. 3. 38). 'sich gut bey et-
was stehen, gewinn, vortheil bey einer sache haben' Ade-
lung (2, 3); aber ich habe doch gehört, dasz in England
und in Frankreich sich die buchhändler bey guten bü-
chern sehr wohl stehen sollen Nicolai Seb. Xothanker
(1773) 1, 120; nun, so geb' ich dir monatlich fünf thaler;
dann stehst du dich um einen besser Holtei erzählende
»ehr. 7, 181. so geradezu er steht sich auf einige tausend
thaler, an (die) tausend thaler jährlich m. ähnl.: don
Dominico Spinelli, der die gesandten einführte und sich
an die 3000 duc. jährlich stand, wurde nach Messina auf
die festung geschickt Göthe 37, 252.
b) doch uird die wendung sich gut stehen nicht selten
auch in allgemeinerem sinne gesagt, s. Wieland 3, 177
{Agath. 12, 10) unter I. C, 3,/,^. ferner: wollt ihr den
himmel dafür {als richterstuhl) annehmen, meinetwegen,
sie stehen sich gut dabey Klinger 3, 120 {Fatists leb.3,2);
denn wie schlecht man sich stehen kann, wenn man
über dem trachten nach dem höfling und menschen
dem bürger vorbeiläuft, das hat die französische und
deutsche geschichte sattsam bewiesen Arndt sehr, für
1631
STEHEN (II. C. 15, &-16. a)
STEHEN (II. C, 16. a-c)
1632
t*. an s. l. Deutschen 1, 468; er weisz mit allen ... in
gutem vernehmen zu bleiben, . . . und steht sich also
im ganzen sehr gut Holtei erzählende sehr, l, 19; und
wie liesz man den Unarten der natur freien Spielraum!
was standen sich die Unkräuter so gut im fürstenthum
Hohenberg! Gutzkow ritter v. geiste 7, 95.
c) so besonders sich mit einem gut stehen (vgl. 14. b);
berl. sich jut mit eenem schtehn, 'im eitivernehmen sein
mit jetn.' Brendicke 178* ; nd. sik good mit enem staan
'im guten vernehmen mit jm. leben; wohl gelitten bey
einem seyn brem. wb. 4, 992. belege: Bernhard . . . steht
sich immer mit seinen vorgesetzten vortrefflich Bismarck
briefe an s. braut s. 30 (29. sept. 1838) ; mit einander, das
zuuxilen zu ergänzen ist, z. b.: wi stahn uns beid in de
letzte tid nich gaud Reuter 2, 244, 14 Seelm. {strömt.
2, 14). sprichw.: sick as kukuk un de säbenstirn mit
einanner stahn, sich gegenseitig vermeiden Mi 85'».
d) eine eigenthümliche reflexive vencendung ist für die
österr. mundart bezeugt: 'sich stehen oder stellen unter
etwas, um es zu ergreifen, zu heben, zu nehmen, loird in
einer figürlieJien bedeutung auf jedes vermessene unter-
nehmen angeicendet' Höfer 1, 293 {unter gestehen).
16) stehen in Verbindung mit andern verben.
a) überaus häufig tcird stehen durch und mit einem
andern verbum verbunden, das dann der hauptbegriff ist,
wenn auch stehen gewöhnlich in eigentlicher bedeutung
festgehalten wird, in andern sprachen treten dafür viel-
fach abweichende fügungen ein: stehen und warten, star'
aspettando. stehen und singen, stare cantando. v. dastehen,
stehen und mit jemand reden, star' ä parlare, ä dis-
correre con uno. stehen und auflauren, stare ä spiare
ad ascoltare Kramer dict. 2, 928».
a) so scho7i ahd.: ther ist thes brütigomen friunt,
thie thär stentit inti hörit inan (qui stat et audit cum),
inti giveen givihit Tat. 21, 6. im deutsclien hinzufügt:
ipsi vero consideraverunt et in»pexerunt me. sie selben
stuonden unde uu&rteton, unde chüren mih Notker
2, 69, 19 Piper ips. 21, 18). mhd. :
sneiine si ettewen vlustik machent, so stant si unde
lachent
Wiener genes. 32, 44 (= 40, 3 Diemer);
d6 stuont er unde schouwet den lip und ouch da; här
Ortnit 97, 2;
als ich stän unde denke, wä ich si hab' gesehen
minnet. 1, 336», Zv. d. Hagen.
ß) zahllose belege im nhd.. bes. bei Luther: lasz
darumb nit ab, sonder stee und hoff, so werden deine
werck gülden 10, 3, 231, 21 Weim.; sihe, so stehet denn
der geist und hat sich ynn die hende bethan mit all
seiner kunst 26, 319, 12; da mercke auff Hiob, stehe und
vernim die wunder gottes Hiob 37, 14; und wo eine
Sache für sie kompt, sollen sie stehen und richten
(e»«ah ney») Hesek. 44, 24; und wenn jr stehet und betet
(ozav axTjxexe nQoasvyofisvoi), so vergebet, wo jr etwas
wider jemand habt Marc. 11, 25, vgl. Matth. 6, 5; da
stunden sie und fragten nach Jhesu {i'C,'^xovv ovv xdv '/.)
Joh. 11, 56, 8. auch ap. gesch. l, 11. 5, 25. 9, 7; hihr-flber
{über ein gedieht) stund si, und besan sich eine lange
zeit Zesen adriat. Rosemund s. 30 neudr.; poz kreuz
bataillon. du schmerbauch, steh nicht und grinze immer
ScHiNK marionetienth. (1778) 162; als sie einmal stand
und ihn freundlich anschaute, . . . wollte es mir die
bnist zusammenschnüren Seidel 8 {voratadtgesch.), 274;
wenn die Wiederwertigkeit auf ihn wil stfirmen,
■t«bt sein treuer mitgenosz, und bilTt beschirmen
Nbumark fortgepfi. luttw. 1, 418;
man steht und hofft bis tag und nacht
uns unbescheidne klüger macht
Stoppk Pamatt (1786) 8 ;
et horcbt«n auf die lieder
die kinder Korah, Assaph stand,
und staunt'
GiRSTBNBiiio ged. eines $kalden 4;
was steht ihr und legt die binde in schoosz?
Sciiii.LBR 18, 84 (WaUen$t. lag. 8);
und sie streichelt mir die wange.
kOszt mir das »rfromn kinn,
st«ht und liebelt. w«in«>t lange . .
MOrikb {ied.*B (näehU. fahrt).
auch mit unpersönl. »tibj. {mehr oder minder personi-
ficiert): ich meine nicht, dasz mein herr des weines be-
gehren wird, doch wenn er darnach ruft, so sagt dem
schenken, dasz sie das kleine (thongefäsz) nehmen, denn
die anderen stehen und harren auf einen gröszeren fest-
tag Freytag 8, 19 {ahnen l, l. 2);
und marmorbilder stehn und sehn mich an
GÖTHE 18, 233 (W. if eitler 3, 1);
wä sik des annem unglUcks freuet,
dem stät et sine un bläuet Woestb 253 •.
nicht hierlier gehören fälle, wo stehen einen selbständigen
moment in einer erzählung bedeutet und eigentlich per-
fectiv ist, z. b.: da stund er und schlug die Philister,
bis das seine band mi^de am schwert erstarret 2 Sam.
23, 10; (l»i cp 'da hielt er stand und hieb ... ein'
Kautzsch); ähnlich Luc. 18, 11.
y) dagegen ändert ein ohne nachdruck hinzugesetztes da
oder hier den Charakter der Verbindung kaum,: dastehen
und lachen, dastehen und weinen etc. star ridendo. star
piagnendo. da stehet sie und schwätzt, eccola lä che
ciarla . . . o che sta ciarlando Kramer dict. 2. 987"; s6
wir da standen und gedenken, daj unser herre . . . vor
uns üf dem altär ist d. mystiker 1, 294, 20; Wickram
rollicagenb. 90, 28, *. I, B, 2,/, y, aa; ja da stehen die
armen jungen, und heulen mir über den halsz, dasz sie
so kahl davon kommen Chr. Weise Tobias 91 Lach-
mann (4, l); sehen sie, da steht er und lacht mir noch
in die zahne obenein Lenz l, 58 Tieck {hofmeister i, 6):
fru Nüszlern . . . ret dat finster up: 'wat staht ji hir?'
— 'je, fru, wi stahn hir un tau wen {tcarten)' Reuter
3, 103, 21 Seelm. {strömt. 3, 37); nun, da steht ja gleich
wieder einer und gafft! Hebbel 3, 141, 29 {Agnes Bern, l, 5).
b) einfache aneinanderreihung ohne und kommt zuweilen
in der poesie vor, besonders in der alten spräche, so schon :
sin friunt thar thes fartes steit, löset sines uuortes
Otfrid 2, 13, II {'gtat et audit cum' Joh. 3, 29);
er stuant, suigeta jah mämmonto githägeta
4, 23, 33 {'Jeswi autem tacebat'
randbem., nach Joh. 19, 9);
s. noch 3, 24, 55 und 5, 18, 1 ;
er stfint bette da; in got gewerte, . . .
Wiener genes. 34, 5 (er st. unde b. 42, 11 Diemer);
sie, Amphitrite, stund,
bot unserm Friedriche stracks ihren süszen mund
Fleming 186, 137 Lappenberg;
wie sie stehn ! nach einander sehn I
GÖTUE 10, 291 {Erw. u. Elm. 1, 1).
c) stehn mit dem pari. präs. eines verbs besonders in
der alten Sprache und poetisch: stuontun thie hßröston
thero bisgoffo inti thie buoherä einr&tl!hho ruogenti
inan {stabant . . . accusantes eum) Tat. 196, 6;
Jacob stänt bibente
Wiener genes. 38, 32
(stunt bidemunte 50, 14 Diemer);
da stuont er guote wtle ob in
weinende unde klagende,
stniu klagemsere sagende 7W«(. 18664;
nachdem ich . . . mein unglilck beweinende stunde
schausp. engl, komöd. 219, 6, s. I, B, 8, d, e; ihn mit ge-
fälligkeit beschauend stand der vater Göthr 81, 66
{wanderj. 1, 4); doch stand ich lange hinüber schauend
30, 186; Teutschland steht harrend jetzt, was ihm für
alle seine groszen opfer werden soll Görrrs gea.
sehr. 1, 410;
so steht er an der thUre pfeifend, und fragt: was holtz und
haber gilt? GOnthbr 434;
^ jener
gereizten gottheit, die mich niederschmettert,
will ich getrost in's äuge schauend stebn
GÖTiiB 9,36» {natürl. tochter 6,6);
erwartend steht das beer
CoLLiN Regulut 1, 8;
denn was stebn wir sprechend hier?
Houwali) d. leuchtth. 8, 6 «. IMO;
du hOrst die dieb« sohleichen . . .
und horchend stahn
LlLIBNCRON 1, 8S8;
«. at4«A Pbllborin dram. »pieU l»« unter I, B, 8, «. i. —
I in den aildlichaten apraehinaeln : stenan bacheten, 'star
1633
STEHEN (II, C, 16. c-e)
STEHEN (II, C, 16, f-B, 1, c}
1634
vigüando' cimbr. wb. 236», lusern. stian wach^nt, wach
sein Bacher 394.
d) davan ist stehn mit dem inf., das attsacldieszlich in
poetischen quellen belegt ist und zunächst den zweck an-
giebi, kaum verschieden:
dft got Even nnt Adamen im daz paradisam hiez rumen,
du hiez er den engel chernbin da fore sten werigen
Wiener genes. 23, 7 (da für st. unde w. 20, 17 Diemer);
si weinten harte swinde, so sis («« sie, Kudrun)
sähen stän
waschen an dem grieje Kudr. 1069, 2;
eyn teil stont schwätzen uff der gassen
Brant narrensch. 95, 38, vgl. I, B, 2, f. d, bb;
als wird der herr mit sein geselln
anheben einen spruch zufelln, . . .
und erstlich sagen fein bescheidn,
zu denen, die mit allen frewden
zur rechten stehn auffwarten frey
RiNGWALDT d. tr. Eckart M 7»;
ein böse magd vol arger list . . .
gern mit den knechten reden steht
lauter warh. 316;
o du ungemeines leiden !
schöne fruchte sehn und meiden,
und bey quellen dürsten stehn Günther 250;
was steht ihr horchen? will euch beine machen
Schiller 12, 165 {Piccol. 4, 5).
auch nd. mundartlich, icestf. bat statt it da kiken?
(was steht ihr da gucken*) Woeste 253».
e) auch in prosa findet sich der inf. mit zu bei stehn
in ähnlichem sinne, als deutliche zweckangabe: inti thanne
ir stantet zi betönne {cum stabitis ad orandum) forläzet
oba ir sihuuaz habet uuidar uaen Tat. 121, i; denn ich
byn zu Leyptzick gestanden zu disputiren für der aller
geferlichsten gemeyne Luther 15, 214, 19 Weim.; und
Jerobeam stund bey dem altar zu reuchem (-i'cpn':)
ikön. 13, 1; vgl. 1 chron. 24, 30; es wart (wehrte dem brande)
schier nieman, sunder stünden der mertheil do allein
züzesechen Fel. Platter 259 Boos. in andern föUen da-
gegen ist der eigentliche begriff von stehen aufgegeben und
es bedeutet 'wobei sein, womit beschäftigt sein, im, begriffe
sein, etwas zu thun' ; s. Murner an d. adel s. 5 unter
1, B, 2,f, Tj, dd; ferner: so jhr etwan von ungeschicht
bey der jungfrauwen stünden zu reden buch d. liebe 244»,
vgl. I, C, 2, m, 6;
ir mundlein stets zu lachen stat
fastn. sp. 265, 23;
und schrey alls hefftig überlaut,
wie ein zanbrecher steht zu plerren,
wann er bÄsz zän gern ausz wolt zerren
SCHEIDT Grobian. 2321 ;
wen wir gantz eiffrig stehn zu mehren unser haab,
als den so kernt der todt und spricht : du must ins grab
Rist Pam. 732.
zutceilen auch im sinne 'nahe daran sein, etwas thun
wollen oder es beinahe thun : do ich in dem kalten
Schnee . . . stund mein leben ze verlieren ARioo decam.
506, 28 Keller {moriva di freddo 8, 7), so mit unpersönl.
aubj.:
dekk' uns bald mit gnaden flüglen,
wen das ungewitter steht
deinen willen auszzurichten
statt und länder zuvemichten
Rist html, lieder (1651) l, 60.
als Umschreibung des verbs in durativem sinne auch in
voUcsthümlicher Sprechweise; so im volksliede:
da spür ich ein sturmwindlein wehn,
als wollte das schiff zu gründe gehn :
da stehen meine gedanken
zu wanken
ERK-BÖU.MB liederhort 3, s. 418 (2. hcHfU det n.jahrh.,
t. auch Auerbach dorfgetch. 1, 23).
jetzt noch in den nördlichen nd. mundarten, woher es
Storm übernommen hat: hier im saal stand auch seine
leiche; du warst damals erst sechs jähre alt und standest
am sarg zu weinen 2, Sil, vgl. 4, 184;
und auf dem stall zur Winterszeit,
wie wacker steht der ochs zu kauen !
ged.» 77.
(ganz gewöhnlich im holl.: ik stond met hem te praten,
ich plauderte mit ihm; hij staat te luisteren, er steht
und horcht, u. a., auch: de vrede staat gesloten te
' worden es ist an dem. dasz der friede geschlossen wird.)
X. 2.
f) von diesen Verwendungen zu sondern ist eine Ver-
bindung mit dem inf. in der bedeutung 'anfangen', also
perfectiv, die nur in der alten spräche begegnet, stehen
vertritt hier die Zusammensetzung gestehen; ahd. gistantan
s. gestehen 17, th. 4. l, 4213, urid Grimm gramm. 4, 96. 945
(106 netidr.). danach bes. bei Notker vorkomm^end (die
stelle aus Brant gehört nicht hierher, s. oben d): ünz er
in (Dietrich den kaiser) des biten stüont, täz er imo
öndi, mit Otachere zevehtenne i, 5, 20 Piper (Boet., prol.);
uuio iöh selbes Jovis stella, tiu före filo glänz ist, tdnne
ürouge uuirt, so diu sünna stät skinen 748, 14 (Marc,
cap. 1, 38) ; stüont si sorgen iro sconi, ünde iro licham-
haftigun uuiste (decori forme . . . cepit formidare) 782, 9
(2, 5); vgl. 2, 498, 23; ferner 235, 21 (62, 3) unter I, B, 3, /, a.
doch gehört jedenfalls auch hierJier:
dö hörderz ros waien,
daz stunt in siner tobeheit scrien
Vorauer Alexander 284.
ein späterer vereinzelter beleg mit zu: item in deme
jaire uns heren 1400 ind 34 jaire des 7. dais in october
... so stoint sich zo heyen ein grois wint deutsche
städtechr. 13, 122, 25 (Cöln. Jahrb.).
D. stehen in freierer anwendung von sacken.
l) Verwendungen, bei denen die locale bedeutung (sieh
an einem orte befinden) deutlich ist, im anschlusse an
B, 5. 6.
a) eigentlich, nur mit abstractem subject.
a) von färben, von concretem gebrauch ausgehend: das
prismatische sonnenbild zerfällt ... in eine tag- und
nachtseite. gelb und gelbroth stehen auf der ersten,
blau und blauroth auf der zweiten Göthe 59, 106 (far-
benl. 2, 170).
auf klarem antlitz jugendrosen stehn
A. V. Drostb-Hülshoff 2, 202 (Watther 2).
anders:
ich eilte Lesbien aus kurtzweil zu erwecken,
als gleich Aurorens glantz um ihr gesiebte stund
B. Nbukirch bei H. v. Hoffmanns-
wALD.\u auserl. ged. 1, 13.
ß) oft vom ausdruck des gesichts, der äugen: in den
äugen des jungen mädchens stand ein milder, stiller
glänz Frenssen sandgräfin 125; ein unendliches glück
stand in den vergiszmeinnichtblauen äugen Menjas, als
sie im brautkranz ging Heer könig der Bemina 297; in
ihrem gesiebt stand zugleich der ausdruck des entsetzens
und der unbedenklichsten entschlossenheit Ric. Ruch
d. letzte Sommer 42; erwartung stand auf jeglichem ge-
siebt TiECK 8, 90; auf Schoppe's gesiebt stand die wär-
me und eile des selbst-siegers J. Paul 24 (Tit. 4). 43. —
ähnlich:
dabei ein lächeln steht
auf ihren lippen leise
RCckert 3, 77.
b) anderes uneigentlicher; in hypostasierung oder perso-
nification übergehend: wir sehen dunkle schatten in der
ferne stehen, und nennen sie freundschaft und liebe
TiECK 7, 119; Schauder stehn vor unserm gefängnisse zur
wacht 23; in dieser wiesenreichen mit schönen bergen
umkränzten gegend stehen die lebhaftesten erinnerungen
meiner kindheit J. Grimm kl. sehr. \, l.
c) geistig, von Vorstellungen, erinnerungsbildem u. s. to.
a) etwas steht einem im gedächtnisz, im sinn u. ähnl.:
besinne ich mich genauer, so war allerdings jene zeit
nicht ganz so vollkommen blau und sonnig und feier-
täglich, wie sie mir im gedächtnis steht Hesse Ger-
trud S9;
keine nacht kein tag vergehet, . . .
dasz mir nicht in meinem sinn
meine Philosette stehet
Königsberger dichterkr. s. 13 neudr.;
Heioise ! darf sich elend wähnen,
dem ein solcher tag im herzen steht?
TiBOGB 2,156;
aber herrliche und grosze dinge
stehen innerlich mir im gemüthe
Wackenroder herzenterg. 95.
ß) etwas steht einem vor äugen, so zunächst eigentlich
(vgl. B, 6, d), bes. in der älteren spräche: das sie yres
hem unde syner lande gedien unde vorterbin woldin an-
sehn, das gröblichen unde harte vor ougen stunde Rothe
103
1635
STEHEN (II, D, 1, c-e)
STEHEN (II. D, 1, e-g)
1636
Dür. ehron. 770; die wort stehen zu gewaltig und zu
klar da für äugen Luther 26, 157, 22 Wetm. atisg.; er
(Ter.) hat sechs lieblicher comedien gemacht, in deren
er mancherley sitten und art der menschen so eigent-
lich fürwendet, als ob es leiblich vor äugen stönd Boltz
Terenz deutsch (1539) A 4*>; jener zeit, da ich den werth
solcher schätze (antiker denkmäler) nicht genugsam ein-
sah, standen sie mir vor äugen; jetzt . . . bin ich ge-
trennt von ihnen Göthe br. 40, 256 {an Zelter 21. jan.
1826). von phantasiebüdern : die kleinsten umstände die-
ses Zufalls stehn mir noch vor äugen, als hätte er sich
gestern ereignet Göthe 19, 265 {Wüh. Meister 6); die er-
mordung seines freundes stand ihm unaufhörlich vor äu-
gen TiECK 4, 165 {d. blonde Eckbert); sein bild, o sein
bild steht mir immer vor den äugen Lenz l, 387 Blei
(ho/m. 4, 4). ähnlich vor der seele stehen : das schlosz
des grafen stand ihnen wie ein feengebäude vor der
seele Göthe 18, 252 (Wilh. Meister 3, 3);
nicht alles,
was klar vor meiner seele steht, ist reif
genug fttr meinen könig
Schiller 5, 2, 281 (dorn, Karlos 3, 3).
Y) ähnlich vor einem stehen, s. B, 6, d:
und ist das ergste, das ich klage,
das er sich auch nicht weisen lebt,
wenn gleich erfarung vor jhm steht
Hayneccius Hans Pfriem 2, 5, 1038;
wie so schwartz bist du Atrina! wer dich sibt der denckt an gott,
denn er meint, dasz für jhm stehe finstres grab und schwartzer tod
LoGAU 2, 9, 92;
vgl.: ffir gott stehen alle vergangene und könfiftige ding
gegenwertig Mathesius Sarepta 43». freier: alles, was
ich mir seit jener unglücklichen nacht . . . nur träumen
liesz, steht vor mir Göthe 19, 127 (Wilh. Meister 4,19);
in ihrer guten und natürlichen art sieht sie die dinge
recht klar und deutlich, und so bleiben sie auch vor ihr
stehen, immer als gegenwärtig Göthe briefe 35, 282 (an
Zelter 13. märz 1822), s. auch Ebner-Eschenbach 4, 83
unter I, C, 3,/, ß; es ist besser, ich sehe sie durch die
äugen ihres liebhabers ; vielleicht erscheint sie mir vor
meinen eigenen äugen nicht so, wie sie jetzt vor mir
steht Göthe 16, 23. gern in bezug auf zukünftiges, in
die bedeutung e, a übergehend: du blinder mensch, der du
nach diesem leben nur eins aus zweyen, nemlich den
bimmei oder die höll . . . vor dir stehen und zu gewarten
. . . hast Simpl. sehr. 3, 425, 10 Kurz (vögeln. 1, 20). ähnlich:
frei von allem zweifei stand vor ihm, was er zu erfüllen
hatte Seidel 2, 173 (vorstadtgesch. 70).
d) nahe, fern stehen, *. B, 6, o, häufig freier: als sie
am tiefsten herunter waren, stand ihnen jedoch die hülfe
am nächsten Immermann Münchh. 3, 117 (6, 3); ich wür-
de in freuden dank sagen meinem gnädigsten herrn,
wenn mir die thränen nicht zu nahe stünden Riehl d.
Stadtpfeifer 51 ; dann müssen sie von einem andern lande
erzählen, das seinem herzen noch näher steht M. Dreyer
Hrand (1910) 235. (mnd. to na stan zu nahe geschehen, ver-
letten, a. d. atädteehr. 16, 326, 6 unter 1, B, 8, a, ß.) —
das nächste steht oft unergreifbar fem
OÖTHB 9, 851 {nat. toehter 4, 3);
wu ihr nicht tastet, steht euch meilenfem
41, 16 (Faust II, 1).
von etwas:
die ros' . . .
ist bleich und weick, und stehet weit
vom frischen leben ihrer wangen
Königtherger dicMerkr. s. 86 ndr.;
alle Schlüssel, welche am anfang einen gleichen buch-
Stäben haben, stehen voneinander durch eine octavam
M. AoRicoLA musiea choralis deudseh (1588) A 8V
e) spriehwörÜiehe redewendungen, um die zeitliche nähe
oder ferne eine» ereigniaaea auaxudrüeken.
a) vor der thtir stehen (unmittelbar) bevoratehen, vgl.
Ebermn V. GOnzburo s, ii7 unter I. B. l./, y, unser
ganzer ruln stehet vor der thUre Gottsched deutsehe
aehaub. t. loi (d. opem «, t); die zeit (war) gekommen,
wo die abreise wirklich vor der thüre stand Kbi.i,er
t, 104;
alles onglOck bricht herfOr,
sUht und tigt fDr deiner thOr
P. Okrmarut 4tt, 6:
ja, und der mai steht vor der thtlr
Hoffmann v. Fallersleben kinderl.* 70.
ähnlich (im bilde):
horch auf, Berlin, horch auf mit deinen obren, . . .
die freudenbotscbaft steht vor deinen thoren
RüCKERT 1, 23 (ßeÄ. son. 34);
endlich, so stände dem könige ein überschwerer krieg . . .
vor der band Chemnitz schwed. krieg l, 19».
ß) das gegentheil im weiten felde stehen, drückt zu-
gleich die tingewiszheit atis: das steht noch im weiten
felde, haec res adhuc longe a nobis remota e«< Steinbach
2, 669, res adhuc incerta est et dubia Frisch 2, 326«, das
stehet noch in weitem felde, ist noch sehr ungeidsz
Adelung (2, 2, 5). (im bilde:)
mein hofTnungsklee steht noch im weiten felde
(spes mea adhuc dubia est)
Stoppe bei Steinbach 2,669;
leider steht es mit der fortsetzung der natürlichen toehter
noch im weiten felde Göthe briefe 17. 188 (an Zelter s.aug.
1804) ; vgl. 41, 39 (dgl. 20. mag 1826) ; ist er der teufel, was
das wahrscheinlichere is, dann kann er nicht sterben
. . .; is er aber ein mensch , was aber noch in weitem
feld steht, dann is es wohl auch möglich, dasz ihm d'
schlag' zu viel worden sind Nestroy ges. werke 2, 52
(pap. des teuf. 3, l). auch ohne feld : ich freue mich dar-
auf, dich hier zu sehen, denn mit meiner italiänischen
reise steht es noch im weiten Göthe briefe 12, 99 (an
Friedr. v. Stein 26. april 1797).
f) der Wendung e, a steht nahe die sprichwörtliche rede-
wendung das messer steht uns (ihm) an der kehle, 'xcir
befinden uns in dem augenblicke der gröszten gefahr
Adelung (l); 'er befindet sich in der gröszten gefahr,
auch, in der unangenehm^en nothwendigkeit etwas zu thun
Campe (l). (zugleich eigentlich gemeint:) einst wurde ich
ordentlich bange, als er mich just nahe beim halse
barbierte, während er so heftig gegen Wellington loszog
. . . gott weisz! was ich noch mehr von Wellington
rühmte, als mir das messer an der kehle stand Heine
3, 492 Elster (engl, fragm. lo);
der Rothschild ist zwar da,
er pumpt auch wohl — nun ja,
doch tbut's man's höchstenfalls,
steht's messer uns am hals
S. Landsberger den Carlos s. 18 Weisstein.
eigentlicher: erachteten wie ein grosse gefahr jhnen auff
dem hals stände Xylander Polyb. (1574) 85 (/ifyav . . .
airotq vnoXa/ußävovteg ini<piQea&ai xlvövvov 2, 23, 7);
vgl. th. 6, 2128.
^r) sehr geicöhnlich einem im wege stehen (mit peraönl.
subject, 8. C, 2, i, a). eigentlich, von concreten dingen:
den Burgundischen stand jhr eigen geschfltz im weg
Stumpf Schwytzer chron. (1606) 589»»;
der Tyber-strom . . .
hebt sein beschilftes haupt empor,
und wünschet,
dsisz die Alpen seinen äugen nicht mSchten in weg stehen
A. U. V. Bral'nschwbio Octavia 1,4**.
gewöhnl. mit abstractem subj., s. Hütten 8, 189 unter I,
C, 3, d, ß; es glaubt sich schwechlicht, unnd bett sich
laulicht, . . . wenn die zehen gebot, und sonderlich das
siebende . . . einem im wege stehet, wie ein fester unnd
zeher knawer (gestein) Mathesius iSar. 40*'; das der
teutschen chur- und fürsten dignitet . . . ihm, als der
geringern Standes, hierin mercklich hinderlich sein, und
im wege stehen würde Chemnitz schwed. krieg 8, 9*.
häufig mit nichts : dem einmarsch in Makedonien . . .
stand nichts im wege Mommnkn röm. gesch. t, 996;
und nun
dies blatt uns ffir die truppen bttrgt, ist nichts,
was dem vertrauen noch im wege stünde
SciiiLLRH 12. 225 (Wollenst, tod 1. 6).
aatt ala aubjeet: da auch der Neronia dieses seither im
weg gestanden wäre, dasz mein könig kein Römer von
gehurt ist A. U. v. Braunschwrio (Maria 1, 18; mit
abhängigem aatt: man erklärte ihnen, dasx nichts im
wege stehe, dasz «ic »ich entfernen könnten STirrKR
5. 1, 179; ungewöhnlich r^f.riv: warum ich dich haupt-
sächlich bitte, seh heiter aus; furcht ist von jeher sich
selbst im weg gestunden H. L. Waonkr theaterat. (177»),
Maeb. l, 1», a. SO.
1637
STEHEN (II, D, 1. h-i)
STEHEN (II, D, 1, »-2, a)
1638
A) andres: auf der einen seite stehet die missethat,
ex utia parte adest delictum Hofmannswaldaü bei Stein-
bach 2, 668. — Überall steht der tod im hintergrunde,
dem jeder gut oder ühel verwendete augenblick uns
entgegen führt A. W. Schlegel üb. dramat. kunst^ l, 61;
dennoch stehen im Vordergründe der Germania durchaus
solche eindrücke, wie sie ein angesehener Römer in
Deutschland selbst . . . empfangen muszte Freytag 17, 30;
Ctiristi leben und wunder stehen im mittelpuncte (yon
Ezzos lied) Scherer gesch. der d. litt. 89. — da eine
graue fläche zwischen hell und dunkel innen steht
Göthe 52, 28 (farbenl. 1, 3. 36\ in bezti^ auf personen:
das geht niemand etwas an. das steht allein zwischen
uns beiden Speck ztcei seelen 287. (sonst bedetäet das
steht zwischen uns auch: das trennt tins, hindert unsre
Vereinigung.) — in allen hauptsachen stand ihr Volks-
leben auszerhalb der cultur des mittelmeeres Freytag
17, 58; der attischen kritik .... welche den werth
eines Stückes danach beurtheilte, ob die peripetiescene
an rechter stelle stand technik des dramas 4.
i> bei, neben etwas stehen.
a) ohne iceiteren nebensinn, s. Eberlin v. GOnzburg
i, 122 und FiSGHART dicht. 2, Sil unter I, B, 2, /. rj, dd
und a. cc; bei einander s. Schwartzenberg Cic. 129".
155« unter I, B, 2, /, S, dd. neben: wenn der bildende
künstler ... in den theilen seines ganzen, welche alle
neben einander stehen, sich nicht wiederholen darf
Göthe I 47, 38 Weim.; in dem leben des kleinen wird
schneller Wechsel von glück und elend häufig, hoher
sinn und schwere frevelthat stehen auch in ihm neben-
einander Freytag 17, 174.
ß) in dem sinne 'zu etwas passen, damit übereinstimmen,
sich mit ihm vertragen', so schon mhd.:
genäde doch bim dienste stet Parz. 346, 22.
eigenthümlich mit bezug auf personen:
der {könig Cazmir) hett ein seltzam abenthewrer.
der war ein fidler und ein leyrer,
welchs {nänd. d. fiedeln) dann gar wol bey narren steht (st*
?i. paizt)
Fischart 2, 126 Haufen (Eulensp. 2997).
getcöhnlieh negativ geicendet:
wer gleich was nun der mensch volbrecht
natfirlich wer es wider recht,
und künt nit sten bey gottes g5t
SCHW.VRTZENBKRG OC. 152'';
die Waffen hätten in Deutschland schon das ansehn
erlangt: dasz ihr sieg bey keiner ungerechten sache
stehen könte Lohexstein Armin. 2, 791». bei einander:
warumb aber solte nicht auch Schönheit und schwärtze
bey einander stehen können? l, 458». dafür:
vergisz der alten zeit, die manchen wünsch verkehret,
da krieg und Ordnung nicht beysammen kunten stehn
Heraus ged. u. intchr. 46;
vgl.: ohne that der blosze nahm, ,
stehn mit schlechtem lob beisammen
Wille sittenl. (1781) 138.
y) im sinne der gleiehstdlung, gleichtcerthigkeit :
ob ich indert vinden kan . . .
rede, die wol stende tilge
bi disen Sprüchen guldin
Heinrich v. Freiberg Trittan 28;
welches in allen eigenschaften eines vortrefflichen trauer-
spiels neben irgend einem vom Racine stehen könne
▼. Ayrenhoff tcerke 2, 87; die seinigen {Schillers balladen)
sind ihm. wie sie schon wissen, sehr geglückt ; ich wünsche,
dasz die meinigen einigermaszen darneben stehen dürfen
Göthe briefe 12, 199 {an C. G. Körner 20. juli 1797). —
in demselben sinne gleich stehen, *. unten 8, d.
rf) besonderheiten : Seneca spricht, dag ze seinen zeiten
der donr ain vaj voller weins zeslüeg, also daj der wein
ain kurzej stündel stüend pei ainander {zusammen ge-
blieben, nicht zerflossen wäre) äne vag, sam er in dem vag
gestanden was Megenberg 94, 9, — nd. ostfr. datt steit
bi 'n kärl, 'die speise ist kräftig, ihre Wirkung, nährkraft
nachhaltig Stürenburg 258"; westf. dat stftt bi de rib-
ben, 'das ist eine derbe, sättigende speise' Woeste 253»
{vgl. II, B. 15, b: 17, b?). — nicht recht klar ist der aus-
druck: ist dann der wein von varb und gesmach, daz
si den erkennen ze nemen, daz stee darbe! {'so ist es
recht') tirol. weisth. 2, 352, 30.
k) ähnlieh wie bei (t. ß) in der älteren spräche auch mit :
dit mach wol staen mit Luthers leer,
Daniel v. Soest ». 155 Jogtes {bicht 1320);
(dann) solt se meinen, wi hebn wol gedaen,
et möge mit dem evangelio staen {'bestehen, übereinstimmen'
ScHiLLER-LüBBEN 4, 361»>, 3) 160 (1506);
nun sehet wie jhr der philosophey so gar leer seind,
wie kan dann ewer verstand der artzney mit warheit
stehen? Paracelscs i, 211 A.
F) gegen etwas stehen, meist reciprok: wenn kein budget
zu Stande komme, dann sei tabula rasa; die Verfassung
biete keinen ausweg, denn da stehe Interpretation gegen
interpretation Bismarck polit. reden 2, 30 (30. sept. 1862);
es wird das loos gezogen, weil man überzeugt ist, dasz
bei gegen einander stehenden meinungen es immer gleich-
gültig ist, welche befolgt wird Göthe 23, 152 {wanderj.
3, 11). m,it folgendem vergleich abgeschwächt zu der Be-
deutung 'sich zu einander verhalten : also ist auch mit
solchen zweyen aussätzen zu verstehen, dasz sie gegen
einander zu gleicher masz stehend, wie rosz und esel
Paracelsus Chirurg, sehr. (1618) 132 B.
wi) über etwas stehen im sinne häherer geltung; theils
objectiv, als höhere instanz: auch dort stand über dem
besitzrecht des einzelnen das bodenrecht der gemeinde
Fheytag 17, 75. tJteils von subjectiver beicertung: der stolz,
zahllose coupons allmonatlich abschneiden zu können,
steht ihnen über aller arbeitsehre Riehl deutsche arbeit 2i.
{das gegentheil unter, s. unter E, 5). — ähnlich vor etwas
stehen im sinne des Vorrangs; vgl.:
weil tödten für dem stehlen in zehngeboten steht,
ists recht dasz dem Juristen ein artzt drum oben geht?
LoGAU 1, 9, 78.
n) hinter, als folge: hinter diesem scheitern {der Ver-
handlung) steht aber fast unvermeidlich der krieg mit
Oestreich Bismarck ged. u. erinti. 2, 16;
in der weit pflegt es also zu gehn,
das Unglück oft hinterm glück zu stehn.
Wille siüenl. (1781) 78.
o) auch von B, 7 gehen freiere gebrauchstceisen aus, s.
z. b. 7, e zu ende, ähnlich auch, bes. in der Volkssprache:
es steht mir bis oben 'ran 'ich habe es gründlich satt,
bis zum ekel' Albrecht Leipz. mundart 216'». ungewöhn-
licher in anderm sinne: äwer de fru Syndikussen stunn
de geschieht nu all bet an den hals, sei hadd sick, as
sei de Krummhurn taum verteilen upfödderte, 'ne nüd-
liche raud för ehre Ungeduld bunnen, sei föU hir also
in de red' Reuter 3, 36 Seelmann {strömt. 3, 32).
p) perfective bedeutung {wie A, 13) zeigt die im altem
nhd. begegnende redeiceise einem zu banden stehen, be-
gegnen, vorkommen, widerfahren: {ein gläubiger mensch)
furcht sich für keinem ding, das yhm möcht zu banden
stehen Luther 24, 22, 25 Weim. (4, 3»); was mir aber
jetzt zu banden stehet, ist wie ich es gewündscht
Leibniz deutsche sehr. 2, 24 {br. v. okt. 1675). in anderm
sinne s. 4, c. — ähnlich noch bair. 'sten einem an od. in
die hand (ron dingen, die man kaufen will), gelegen od.
trie gerufen kommen , sehr icohlfeil seyn'. das hab ich
gekauft, nicht weil ich es brauche, sondern weil es mir
gerad in die hand gestanden ist Schmeller's, 710.
2) weiter verblaszt ist die sinnliche bedeutung in weit-
verbreiteten Wendungen von dem typus in jemandes macht
stehen.
a) von ländern. besitzungen u. ähnl. :
zweier kröne rtcheit
stet vorhtecliche in siner pflege
Pars. 328, 7;
in earer {jifi' götter) obhut steht das Taterland
Schiller 6, 379 (zerst. Trojas 118);
in der benatzang der groszherzoglichen familie standen
allein schlosz Hollerbrunn . . . Th. Mann königl. hoheitsi.
femer: das alle creaturen ynn gottes gewalt stehen
Luther 24, 23, 11 Weim.; in der altem spräche mit an
{vgl. e) : dit land steit rede an unser macht, d. städte
ehr. 7, 15, 5.
103 •
1639
STEHEN (II, D, 2. b—d)
STEHEN (II, D, 2, e-f)
J640
b) ähnliehe Wendungen mit anter: aber da diese neu-
erworbene provintzien bisher unter der herrschafft eines
königes gestanden Besser sehr, l, 104; ein kleines Vor-
werk auf einer von den insuln . . ., welche unter der
botmässigkeit der Athenienser stehen Wieland A^'aiÄOH
1, 325; das kloster . . . stand unter der trefflichen obhut
des einzigen menschen . . . L. v. Francois d. letzte Recken-
hurgerin^ 216; so dann auch: aus denen {zünften) würden
Städte entstehen, solche zu einer landschaft treten, und
alle länder endlich unter der kirche gottes stehen Leibniz
deutsche sehr. 1, 419; da der besitzstand und die macht-
stellung all dieser Staaten thatsächlich unter römischer
garantie stand Mommsen röm. gesch.^ 2, 19. weiterhin sehr
gevDöhnlich unter einem gesetze stehen: die geistliche
beredtsamkeit steht ganz unter dem gesetz des allge-
meinen fortschritts der spräche überhaupt J. Grimm, s.
th. 1, XXXI.
c) gewöhnlich abstraeter : es steht in meiner macht, in
manu mea est; es steht in des fürsten gewalt, situm est
in voluntate principis Steinbagh 2, 668; das stehet nicht
in meiner macht, in meinem vermögen, in meinen kräf-
ten, in meiner gewalt Adelung 2, 2, 5, ich habe darüber
zu bestimmen oder zu entscheiden, mit einem, subst. als
subj. : ich weis herr, das des menschen thun stehet nicht
in seiner gewalt, und stehet in niemands macht, wie
er wandele Jerem. 10, 23; vielleicht aber kan ich etwa
mit einem guten rathe dienen, obgleich die hülffe in
meinem vermögen nicht stehen möchte, cav. im irrg. 520.
sehr häufig mit in/.: nauch disem kostlichen nachtmäl
bat sie ißleop) den trunknen Anthonium, daz er ir das
römisch rych sölte undertenig machen, ze glycher wys,
als ob in synem gwalt stönde, das hin ze geben Stein-
höwel de claris mul. 265, 29 Drescher; ja, wenn es in
meinem vermögen stünde, ihm . . . das bitterste zu er-
sparen Lessing 2, 39 (Sara Sampson S, 3); stand es in
meiner macht, nicht zu kommen? Tieck 2, 287. mit oder
in abhäng, satz: darumb alszo wenig als ynn meyner
macht steht, das ich keyn mansz bild sey, alszo wenig
stehet es auch bey myr, das ich on weyb sey Luther
10, 2, 276 Weim.; wie lange wir leben, steht nicht in
unsern kräften; wohl aber, ob wir gut leben Hippel
lebensl. 3, 1, 179; er soll, so viel in seinen kräfften und ver-
mögen stehet, allen schimpff und schaden . . . von uns
. . . abwenden Stranitzky ollapatr. 117, 26 neudr.; hilft
es nichts, so haben wir doch alles gethan, was in unsern
kräften steht Lessing l, 352 (misog. l, i). ähnliches: die-
weil aber solch ermessung (der grösze des diebstahls) in
rechtverstendiger leut vernunfft steht {'in jurisperitorum
ratüme consistit' Gobler) Carolina 160; dann also beweret
es sich, dasz das gestirn in des menschen kunst stehet
Paracelsus 2, 378 B (schlieszt an die unter /. y mitgeth.
stelle an).
d) etwas steht in jemandes willen: in seinem willen
steet es wie jn lustet zä thän unnd zu lassen Thauler
sermones (1508) 16*;
80 habt ihr das nicht einmal gut gemacht,
was doch noch heut' in eurem willen steht?
Hebbel 4, 253 Werner (Nibel. III, 3, 7).
verbunden in dynem willen und in dinem gewalt Geiler
bilg. IS*), ». I, B, 2,f, T], dd; nachdem ... in seinem goct-
liehen willen und gevallen steet, was und wievil er
seiner warhait . . . verkünden lassen woelle Berthold
V. Chiemseb ieudtAe theol. 80. dafür ferner: und stehet
nicht in anserer willkühr, ob wir es thun oder lassen,
sondern befehl ist da, dasz wirs thun sollen Sciiweim-
CHEN 1, 6; a. auch Bismarck ged. u. erinn. 2, 170 unter 1,
C, 8,/, o. — heut ist geystlich recht nit das in denn
bachem, szondern was in des bapsts und seiner schmeych-
ler mutwil stet Luther 6, 469, li Weim. — wie sie
wollen, mademoiselle. das steht ganz in ihrem belieben
Schiller 8, 446 Qcab. u. l. 8, 6). — wer des ersten erweit
sein toi das tte in unser aller wale {neüa elesion di not
UMi na) Anioo d«eam. U, 13 Keller;
iltem kann man zwar nicht wthlen:
aber slOndt in deiner wähl . . .
OoTTSCHio ffed. 1, 106;
ob eie'e wollen bexablen,
steht in Ihrer wähl
HCCKBRT 1, «00.
e) in der älteren spräche häufig mit andern präpositionen.
a) a n {vgl. unter a) : doch stat dat an des herren köre
{wähl), weder he des boden recht neme allohant Sachsensp.
lehnr. 24, § 8; an des herren willen 67, § 10; da stat des
burgers buosse an des rates bescheidenheit uf ir eit das
ze richten riehtebriev der burger v. Zürichs. 16; als sey
jr verfluoecht weibnemen nit gestannden an jrem ver-
kerten willen Berthold v. Chiemsee t. theol. 286;
ob i; an dfnin willin solde stän
Rother ^06;
an gotes gehot i; alle; st&t
livländ. reimchr. 4934.
ß) auf vereinzelt: dann die rentmeister mögen inn
keiner besonderen sach nichts auszgeben, sonder steht
auff des raths erkantnus Xylander Polyb. 300 {X^Q^<i
xu,v TTJg avyxXrizov öoy/jtdvwv 6, 13, 2). vgl. 3, a, a.
Y) bei, nicht häufig: das zuoefallend wesen steet
bey gottes willen unnd verhenngen. das guot wesen des
menschens steet in der andern band gottes, nemlich bey
seinen goettlichen gnaden, und bey freyem willen des
menschens Berthold v. Chiemsee 147; welchs sy (so-
vil bey jhrem guten willen gestanden) gern gethon betten
SCHAIDENRAISSER Odyss. 56^ {Od. 13, 274/.);
doch steht es bey der götter macht,
wem sie forthelffen in der schlacht
Spreng IHa« (1610) 248» (^«ü»' ^v yoiraai xiitat 17, 514);
w6lt jhr mir volgen nach zum theyl . . .
so steht dasselb bey ewer wähl
Aen. SO«» (2, 350).
rf) häufiger zu: wer nach der ersten welung sol er-
weit wern, das ste zu des gefallen das (= der) von erst
ist erweit worden Arigo decam. 14, 14 Keller {scJdieszt an
die stelle unter d an); ob aber ain haubtman für sein
tafl selbs mer vacher {netzfischer) . . . schlagen lassen
will, steet zu seinem willen tirol. weisth. 4, 10, 16; bei
straff die zu des herrn pfarrers erkantnusz stehet steir.
taid. 311, 48; dencke nicht, das solchs zu deinem gefallen
und eigner wilköre stehe Luther 4, 399"; so kan ich dir
nit leicht sagen, welchen weg under zwayen du darnach
solst faren, die wal wirt zä dein selbst rath und be-
trachtung steen Schaidenraisser Odyss. 51» (12, 57/.);
zä meiner (deiner) wal 11 1* und Wickram l, 103, s. unter
I, B, 3, / ß, bb und 2, /, tj, dd.
f) sinnlicher, obwohl nicht anschaulich, ist die sehr ge-
wöhnliche Wendung etwas steht in jemandes band, vgl.
th. 4, 2, 349.
«) gern m,it concretem subject {vgl. a); von reichen u.
ähnl.: ich weis, das du könig werden wirst, und das
königreich Israel stehet in deiner band (iii»a .top) \ Sam.
24, 21; die templarier etc. achteten disz nit gnög, wo
nicht Damiata da z8 erobert in jrer band stund Seb.
Franck chron. der Teuischen (1539) 150». in etwas andertn
sinne:
dann dieser weit reich allesand,
stehen allein in gottes band.
er gibt sie wem er will allein
Spangenberg axugew. dicht. 195 (Saul 3, 1, 1878).
von menschlichem eigenthum : die weyle is {das haus) unsir
was unde die weyle is noch in unsir handt stundt handels-
rechn. des deutsch, ordens 843, 19 {ausd.j. 1402—4); alles
das sein stehet in fremder gefehrlicher misztrawiger
band Garg. 100 neudr. — auch von personen, bes. in besug
auf gott: wie sie gar ynn gottes band stehen Luther
24, 82, 12 Weim. ;
ich stehe in der allmacht band
SciiiLLKR 18, 191 {Pioe. &, 1).
seltener sonst: jeder andre, als ich, wUrde dadurch iii
ihrer band stehn Tieck 6, 838. in anderm ginne: hu-
mit bekennet alle weit, dasz wir gottes seindt, und . . .
der todt und leben stehe in gottes handt Aüricoi.a
sprichw. (154«) 82»; und ihnen schenk ich ihr leben, dasz
itzt in meiner band stehet Stephanie /t*»^*p. (I77i) 47
{d. Werber 8, 8). dufür: dein sohicksa&I steht in meiner
band Schiller 8, 187 {rauher 4, 8);
aUgtnmn:
mein anfang und end
■teht allee in Kottes bend
Schumann nacAibdcA/. 48, 81 BoUe (1, 18).
Sit das ^los >ttt In atner (Oottet) he;ide
WALTHBR V. D. VoOBLWIlOB 78, 87 ;
1641
STEHEN (II, D, 2, f-g)
STEHEN ai.D,2,9)
1642
es stet dir als in deiner band
H. Sachs 1, IS»», vgl. 5, 127* unter I, B. 2,/, d, dd,
mit abstractem subjeci (vgl. c) : nun in des genanten herren
Ariget hant stunde daz regiment des ganczen künigreichs
Arigo decam. 91, 3 Keller {ü quäle Arrighetto avendo iL
governo deW isola nelle mani 2, 6) ; seitdem . . . stand
die besetzung der geistlichen stellen ohne Widerrede in
der hand des kaisers Ranke icerhe 1, 16. anders: das
ende ihres Jammers stehet in der hand des herrn samml.
V. schausp. (Wien 1764) l, 6 (Weiszkern Samson 1, 3). mit
inf. {vgl. c): in deiner hand stehet krafft und macht,
in deiner hand stehet es, jederman gros und starck zu
machen l chron. 30, 12. mit abhängigem satz:
es ist sein' högste Inst, ...
wenn ein bedrengtes volk, ein reich, ein gantzes land
wie lang es stehen sol, steht blosz in seiner band
Rachel tatyr. ged. 75 neudr. (6, 487).
jS) nicht selten im plural: alle seine freüde lust und
ere in euern hendenn stunde Arigo decamer. 208, 34
Keller (tutta nelle vostre mani era da lui rimessa 3, 7);
dermass steet all wesen des menschens in zwayen gottes
hannden Berthold v. Chiemsee teictsche theol. s. 147;
jr gut stehet nicht in jren henden Hiob 21, 16; vgl.ps. 31,
16; Jes. Syr. 10, 4; das leben stände in seiner allerliebsten
frawen bänden, das mScht die jm behalten oder verlieren,
wie sie selber wolt buch der liebe 97*; unser Schicksal
stehet in den bänden der vorsieht Gellert bei Adelung
(2, 2, 5). so auch:
trompeter. bat man uns nicht seit vierzig wochen
die löhnung immer umsonst versprochen?
1. arkebusier. ei was! das steht ja in guten bänden
Schiller 12, 50 {Wallenst. lag. 11).
y) der sinn durch zusatz von synonymen verdeutlicht: also
steet in gottes macht und banden all geschoepf, sonderlich
der mensch Berthold v. Chiemsee 148; also herschet ers,
so er die kunst und liebe zum gestirn hatt . . ., als dann
stehet der himmel in seiner gewalt unnd handt Para-
celsus 2, 378 B. vgl. auch: tod und leben stehet in der
Zungen gewalt {var. : steht ynn der hand der zungen, =
]ic'':-^»3) spr. Sal. 18, 21; alles, was in meiner gewalt ist,
steht in deiner hand MusÄus volksm. l, 13 Hempd (Eübez.i) ;
mit faust für band: widerümb erhebt . . . gott unsere
Widersacher auch also seer, das sie stoltz werden und
meinen, sie haben das spiel gewonnen und stehe in irer
faust Luther 16, 135, 19 Weim.
&) vereinzelt verden in ähnlichem, sinne andre glieder
genannt, so nach griech. vorbilde das knie {vgl. Spreng
unter e, y):
bema wenn mine seel utb dissem lyff werd fahren,
wor se werd inloseem, steit in der götter knee
Lauremberg 1, 45.
im munde zweier zeugen *. unter 3, b, ß.
g) an stelh dieser Umschreibungen tcird sehr häufig die
person selbst gesetzt, doch sind dann zumeist andre Prä-
positionen üblich:
a) in der älteren spräche in der regel an einem stän,
von ihm abhängen, vgl. Grimm gramm. 4, 818 (984 neudr.).
so schon spätahd.: därumbe er aber sörgöt, dag stät an
göte nals an imo selhemo Notker 2, 143, 30 Piper (ps.
38, 12, *. attch ps. 13, 1 und 145, 3) ; biddet tvene man vor-
spreken to male, dat sta an me richtere, welk irme he
ne erst geven wille Sachsensp. l, 61, § 2; rnhd. belege, s.
mhd. tcb. 2, 2, 572'» {y). so auch frühnhd. (l4.— 16. joÄrÄ.)
ganz getcöhnlich: das regiment staat am Bruto pendet
respub. e Bruto Maaler 382*; es stadt an uns, es ist in
unserm gwalt est situm in nobis 383*; ein man mac
dem andim nicht me schult gegebin wan drier slachtin
clage in eime dinge, ... he enwolle danne von willin
mer clage antwortin; daz stet an ime {steht ihm frei)
Freib. sttidtr. s. 261, 7 (49, § 31); wer aber, daz di Juden
dez nicht getun mfihten in des jars frist, so solt ez sten
an dem vesten ritter, herrn Arnolden . . . d. städtechr.
1, 112, 23 {urk. v. 1352); vgl. 4, 145, 34 und 9, 976, 15 unter
I, B, 2, /, a, dd, Steinhöwel Esop 299 unter I, B, 2,/,
T], aa; so wurd menglich zerriten {var.: haimriten) und
beschäch die reformacion niemer, wann es dann alles
an ainem baupst stünde Richental chron. d. Const. con-
cüs s. 111 ; aber dz dar zä haben stet nit an dir, sunder
an gott Geiler v. Keisersb. bilgersch. 20»; als vil an
mir stehet, wil ich verzigen haben Stumpf Schicytzer-
chron. (1606) 320";
er (d. esefj meynt, das gantz reich st&nd an jm
Alberus /ab. 27, 32;
nnd stfind an jm (d. wein) ein {l. din) säligkeit,
so wir jm eeren gnäg zugleyt
H. R. Manuel tceimp. 3228;
w511en darzn hoch gerfihmet sein,
als st&nd der bimel an jn allein
Fischart dicht. 2, 336 Kurz (d. gel. d. verk. 178) ;
s. auch unter I, B, 2, /, i], dd. — vereinzelt noch später: es
stehet nicht allwegen am artzt, dasz dem krancken wieder
auffgeholffen werde {'non est in medico semper, relevetur
ut aeger' Ov.) Dentzler l, 393''; ich schreibe dir heute
nicht, ... es stehet an dir, an mich zu schreiben Cha-
Misso 5, 160 {br. an Varnhagen, 28. sept. 1806). vgl.: 'ehe-
mahls sagte man auch, es stehet an dir, für, bei dir, es
stehet in deiner getcalt' Campe (l).
ß) in neuerer zeit gewöhnlich bei: es steht bey dir,
tibi in manu est Stieler 2128; das stehet bey euch, . . .
questo stä nelV arbitrio vostro, dipende da voi Kramer
dict. 2, 928''; es stehet bey dir, penes te est, in tuo luco et
fano situm est, in munu tua est Dentzler 273''; es steht
beym richter, situm est in judice; es steht beym glücke,
haec sors viderit; es steht bey gott, est in potestate dei
Steinbach 2, 668. die belege beginnen mit dem anf. des
iG.jahrh.: bey dem menschen steen nit sein wege, dann
kain man mag wandern noch wol schicken sein schrit
Berthold v. Chiemsee 274 {Jerem. lO, 23, *. unter e;
neben: das steet an jmselbs und nit an Christo s. 30);
wers bey im gestanden, abstulisset nobis evangelium
Luther 27, 107, 34 TTetwi.; aber wo zu ein jglichs der
selbigen sol gebraucht werden, das stehet bey dem töpffer
{xQiXTjq 6 7iTj?.0VQy6Q)weish.lö,l; vgl. Hiob li, ö; 2 chron.
25, 8; dar zu wer gut das . . . die wal {des predigers)
stund by dem gemeinen voick und by der oberkeit Eber-
LiN V. GÜNZBURG schr. 1, 47; seine Sachen stehn jetzt
bey euch und in ewern henden Xylander Polyb. 481
{iv vfiZv öh xslrai xal toIq vßBxeQaiq '/egal . . . 15, 26, 4) ;
das die wähl und die ewige geniessung bey jm nicht
stehet, eben so wenig als die reich und keyserthumb
bei den fürsten Sebiz feldh. 4; wollen aber die von
Vörstenburg den bemelten herrn ain essen visch selber
schicken, das stet bei in «teir. faid. 108, 10 (le.jaÄrÄ.);
0 Fortuna . . ., bey dir stehet des menschen glück und
unglöck und wie du einem wilt so gescbiehet jhnen
schausp. engl, comöd. 216, 35 Creizenach {tragieom. [l630] 3, 2) ;
es stehet bey mir nicht, das geschehene ungeschehen zu
machen; aber mich wegen des geschehenen zu strafen
— das steht bey mir! Lessing 2, 88/. (Sara Sampson 5, lo) ;
so möchte ich ihnen . . . etwas von dem thurme er-
zählen ... es steht bei ihnen, versetzte Wilhelm, wenn
sie es auf meine Zerstreuung hin wagen wollen Göthe
20, 210 {Wilh. Meister 8, 5); wollen sie die gedichte anders
ordnen, so steht dies bei ihnen A. v. Droste-Hülshoff
briefe an Levin Schücking s. 245; noch stand es bei dem
kaiser, ob der krieg ein allgemeiner werden solle, oder
nicht Hebbel 9, 91 ;
wann {denn) bey gott steet allein der sieg
H. Sachs 1,50<=;
doch steht's nicht bei dir, die neigung zu rufen,
der neigung zu folgen steht bei dir,
da beginnt des wollens sonniges reich
Grillparzer* 5, 82 {Argon. S).
auch nd., s. unter I, B, 3, o, ß {sp. 1434/5, 9, qu. von 1509); in
neueren mundarten: et steet bi di, du hast deinen uiUen
Dähnert 455''; (e)t Steit b(e)i jach, hängt von euch ab
CoLLiTz gs*».
y) eine dritte fügung mit zn ist im frühnhd. (15. — 18.
jahrh.) üblich, vereinzelt schon im 14. jahrh. : und scal to
den broderen stan, eft se ene buten der broderschop
willen laten Westphalen monum. ined. 3, 563 (regd der
kalandbrudersch. tom Kyle v. 1334); und das alles steet
ZU baiden herrn, ob in das gefall mittelalt. invent. 54, 34
Zingerle {vomj. 1450) ; der abte . . . zä im {Primaso) sprach,
ze reyten oder pey im ze beleiben zu im stünde Arigo
decam. 47, 10 Keller {nd suo arbitrio rimise l'andare e
lo Stare l, 7); vgl. 395, 24; wil dann der wirt die beschaiden-
1643
STEHEN (II. D, g-'S, a)
STEHEN (II, D, 3, a)
1644
hait tun, das er es vail fiiern wil an deu (den?) gassen,
das stet hinz im tirol. weisth. 2, 211, 21 (i5. jahrh.); wann
er heüt oder morgen (yrie zu gott steet) ausz disem
leben erfordert würdt Schaidenraisser Odyss. 6» (2, 99/.);
die da fallen, da würd es nur zu jnen stehn, das sie
widemmb auffstehn Fischart praktik a. 7 neudr.;
da; ste tzu gote, ich forhte mir nicht
Ludw. kreuz/. 5835 ;
das ste zu all den werden
ob sy mich lassen reyten
Jac. POtkrich ehrenbr. 71 {zuchr. f. d. alterth. 6, 44).
8. auch Gerszdorff wundartzn. 23'' u. Weim. urk. unter
I, B, 9,f, 6, ee und t], ee. mit ungewöhnlicher iiuance:
zwar desgeleichen videlt ich dier,
and wurd dir mer, dsis stUend zu mier {'wäre mein voriheil,
mir recht' — ?)
Oswald v. Wolkenstein 115, 36 Schatz.
ganz vereinzelt in neuerer zeit:
ihr hieszt, sprach er, mich euern feind;
es steht zu euch, dasz ich auch ({. euch) freund
und mehr noch — bruder werde
Pfkffel poei. versuche 10, 91.
d) andre präpoa. hie und da in der älteren spräche, so
i n ; neben an : neheina baldi neeigint in mönniscon chin-
den, an diSn iüuuera sälda nieht nestänt {in quibus non
est Salus). si§ stant ecchert in einemo filio hominis,
der ouh filius dei ist Notker 2, 596, l/. Piper (ps. 145, 3).
ferner: wo der sieg nit von uns erlangt wirt, hat unser
vatter land nichts, sich vor dem feind zu erretten, dann
. . . alle hoffnung seins heils steht inn euch Xylander
Polyb. 187 {naaaq raq iknlöaq sx£i Tijg awxTiQlaq iv
Vfüv 3, 109, 11). mit andrer nuance: lasz ich mich be-
dunken nottorfft sey unter uns ein haubt ze machen . . .
in dem alle unsere sorge und notorffte ste (nel quäle
ogni pensiere stea di doverci a lietamente viver disporre,
'dem, alle sorge für uns obliegt') Arigo decam. 14, 8 Keller.
f) auf einem stehn {nieder- u.mitteld.): sunder latet
dat stan up uns {überlaszt das uns), wi willen kesen
na unsem rechte d. siädte ehr. 7, 239, 33 {Magdeb.); eft
schele worde twischen den vorsten und der stad, dat
scheide up Strobarde stan {sollte Str. entscheiden), wo de
dat utsede 390, 7; anders wolten wir nicht, und es stunde
auch hinder unserm gnedigen herrn uns in den dingen
nicht anders zu thun, so die gebrechen uff beyden theilen
uff seiner gnaden stunden Spittendorff 58 (1475);
stundt es nicht allzömal aufT im, dem abgot zft Rom,
seinem th&n und lassen, binden und auflösen, gepieten
und verpieten? {nonne humana omnia pendebant a solo
jussu et arbitratu numinis Romani?) Sleidanus reden
(1541) 8. 41 Böhmer, so noch mundartl.: de sake sali up
em staan, er soll die sache entscheiden Dähnert 455''. —
die letzten fügungen berühren sich mit der rUichtten ge-
brauchs%ceise.
3) andre Verbindungen mit präpositionen, von der sinn-
liehen bedeutung ausgehend, mit besonderen nuancen.
a) stehen auf.
a) 80 zunächst mit vollem verbalsinn, worauf stehen,
vie ein haus auf dem boden, sich worauf gründen, diese
fügung geht vom, nd. aus; im bilde:
in willigem armode, h'^rsdm unde Atmodicheit,
htmp dat fundament dines ordens steit
det dodet danz 484 Baethcke.
dann abgeschwächt und sich mit 2, g, e berührend, wovon
abhängen, worauf ankommen: dat stat uppe des herren
trUwe, dat he't deme manne stede late sachsensp. lehnr.
66, § 6 {dafür an § 7, 8. c. a); so vindme, dat sta up
des bcren bekantnisse richtat. Sl, § l; vorder worden se
dea ook eyna alse umme de tynsze, dar de groteste
wrangk ane was unde dat meyste uppe stod d. siädte
ehr. 16, 446, St {Braunachw. schichtb. v. 1514). — überaus
häufig bei Luther, aurti auf einem stehen: consistit
8pe», vidoria in aliquo, auf einem stehen, beruhen Coh-
yiHVB fons tat. tOi*', das ya der Schwester rath nit ufT
ir selb stehe, und richte nit nach yhrem entpflndenn
über sich selb Luther 7, 784, b; wol dem, des hfilffe
der gott Jacob ist, des hoffnung aufT dem herrn seinem
fott stehet p8. 14«, 5; vgl. Jta. Syr. 84, Iß; Hie {d. plebejer)
weren auch die, darauff Korn stUndt Cahuacm Liv. ss*;
».ferner N. Manuki. ». 80 unter I, H. i, b, y und Schaidkn-
raisser Odyss. 49» unter I, B, 3, b, y. so auch noch m,it
nngetcöhnl. acc:
auf got und aufT das glUk steht aller menschen segen
Rachel Bat. ged. s. 29 neudr. (1, 398).
sonst auf etwas stehen in mannigfaclien nuancen: status,
apud rlietores, der punct, darauit der gantze handel steht
CoRviNus fons lat. 635''; die wahre ehre stehet auf der
tugcnd, il vero honore stä sulla virtü cioe ci consiste. r.
bestehen Kramer dict. 2, 928'». die belege bes. häufig im
16. jahrh.: ja, diszer gifftiger hohmutt ist der grund,
darauff alle yhr {der geistlichen) regiment stehet Luther
10, 1, 637, 3 Weim. ; SO höre ich wol, unser glaube stAnde
aufT der dinten und feddern, ja auff dem guten willen
der schreyber und drücker, ey da stünde er feyn 18, 148,
19 {ähnlich 157, 30) ; das alte königreich stund auff Israels
gehorsam . . . aber dis königreich stehet auff gotts barm-
hertzikeit . . . drumb stehets fest ynn ewickeit 23, 627,
34 — 628, 1 ; fflr allen aber greweln halt ich die messe, . . .
darauff denn itzt alle stiffte und klöster stehen, aber
ob gott wil, bald liegen sollen 28, 508, 32; die gantz cur
steet auff dem, das die materi verzeert werd, das
wenig aytter da werd Braunschweig chirurg. 42'';
jre {der Moscoicyter) gröste nutzung steht auff dem
wachsz und honig S. Münster cosm. 1272; stehet der-
halben alles darauff, das in einem haus . . . jederman
das seine thue Barth weiberspiegel G 8»; dasz der krieg
mehr auff dem glück denn auff der macht stehet Frons-
7ERGER kriegsb. l, 56»; er {d. glaube) stehet und ruhet
auff gottes wort Nigrinus von Zauberern, hexen (1592)
120. s. auch Schwartzenberg 135<' und Spreng Aen.
(1610) 73» unter I, B, 2, /, tj, ee und bb. mit acc. {vgl. oben):
quod non habeant fundamentum, sed ir ding sthet auff
ein dunckel und wahn Luther 27, 50, lO Weim. neben
dem dat.: damit sie gewisz bleiben, stehen sie nicht auff
unserm verdienst, sondern auff die zusage in Christo
geschehen Augsb. conf. s. 17 in corp. doctr. clirist. {Lz. 1560).
so auch: was dich nit angeht, das lasz auff jm selbs
sieh^n {auf sich beruhen) S. Frangk sprüc/tic. 1, 3». auch
in neuerer zeit üblich: der adel . . . stand durchaus auf
der lehenseinrichtung Eichendorff 10, 383 Kosch {er-
lebtes I);
jedes kunstwerk, das vollendet, . . .
musz, um klar sich auszusprechen,
stehn auf ewigen begriffen !
Brentano 3, 62 {rosenkr. 5, 70).
hierher auch einige sprichtcörtlichen redeweisen mit deut-
lichem bilde, bei Luther Mm/^t auf pelzärmeln stehen,
unsicher stehen, vgl. pelzärmel, th. 7, 1535 und C, 13, q, d.
bb. in ähnlichem sinne in neuerer zeit: auf schrauben
stehen, *. schraube 4, th. 9, 1652;
heirathen musz ich meines bruders tochter,
sonst steht mein königreich auf dünnem glas
A. W. Schlegel Shakegp. 9, 145 (Sich. III., 4, 2,
7iach dem engl. :
or eise my kingdom Stands on britUe glas).
ß) ein geschlccht, stamm, haus steht auf söhnen: das
haus der Valois stand beim tode Heinrich's II. im j. 15.59
auf vier söhnen, von denen drei . . . nach einander den
thron bestiegen Döllingkr akadem. vortr. i, 2t. so bes.,
v^enn nur ein nachkomtne vorhanden : sonder {ich) bin ain
ainiges kind Ulyssis, . . . das also unser namen und
stam ausz Ordnung gots allweg auf ainem haubt und
menschen gestanden ist Schaidenraisser Odyss. 67**
{zusatz bei 16, I18jf.);
es steht auf ihr (Owdr.) der itamm
der Hegelinge Ernst Harut Oudrun S8.
dßfür ist der getröhuliche ausdruck auf zwei augcn stehen.
vgl. unter äuge 2, Üi. l, 791: hingegen überkoninist du mit
der unschätzbaren i{iama . . . die anwarthschafft zu so
vielen kAnigrcichon. denn diese stehen auff den zweyen
äugen Heines einigen Hohnes Hippon, und also auf dem
falle I.,<)HKN8tein Armin, l, 157»; die Münchner linie
steht so gut, wie auf zwei äugen Hkiihkl 8, ir>H, 19 {Agnes
Bern. 2, l). so dann weiterhin: die alte form der frideri-
cianiHchcn munarcliie stand auf zwei äugen TRKrr8CMKK
d. gesch. 1, 104; weil dnH fetitlialton an der alten Iradition
des preuBzischruBHiHclicn bundcs doch immer nur auf
r.wei äugen stehe, d. h. von dem gemllthsleben des jedes-
1645
STEHEN (U, D, 3, a)
STEHEN (H, D, 3, a)
1646
maligen kaisers von Rnszland abhänge Bismarck ged.
u. erinn. 2, 225.
/) andere bildliche redetceisen umschreiben eine gefähr-
dete, vom verderben bedrohte läge.
aa) zu frühest auf der wage stehen, besonders mhd.,
doch bis ins 16. jh. nachweisbar, vgl. Grimm gramm. 4, 818
und wage III, 5, b, a, ih. 13, 362/.
bb) in ähnlichem sinne im älteren nhd. auf der spitze
stehen, vgl. spitze 2, c, th. 10, 1, 2591: nunmehr stünde
das werck auf der spitze: derhalben mfiste man sich
rund aus erklären, ob man bey und nebenst die evan-
gelische treten wolte. oder nicht? Chemnitz schwed. kr.
2, 170 *>; weil die Sachen also auf der spitze stehen, dasz
ein übelgeführtes consilium . . . ein anfang der ruin des
Vaterlandes seyn kann Leibniz deutsdie sehr, l, 164; weil
die Sache wenig Verzug leidet, . . . alles auf der spitz
einer weit andern allianz bei französisch gesinnten stehet,
und bei geringer zeitversäumung ein irreparabler schaden
seyn kann 205, *. auch 348. in diesen stellen scheint die Vorstel-
lung eines auf die spitze gestellten, daher in labilem gleich-
gewicht befindlichen körpers {kegel , pyramide) zu gründe
zu liegen, in andern ist dagegen an die spitze des Schwertes
zu denken; so natürlich bei ausdrücklichem zusatz: auf
des Schwertes spitze, s. unter spitze a. a. o. und spitz,
m. I, a, a, th. 10, l, 2569. auch in der Verbindung:
jetzt steht der Griechen todt und leben
anff spitz und knopff gefihrlich schweben
Spreng Ilias 127'' (10, 173 : i:ii ^vooij lotatai äxixf^c),
vgl. knöpf II, 9, b, th. 5, 1474.
ec) dafür bei Voss:
denn nun steht es allen fürwahr auf der schärfe des messers,
schmählicher unterfang den Achaiem oder auch leben.
daher das 'geflügelte wort' es steht auf des messers
schneide, s. Böchmann ^349. auch blosz auf der schneide
stehen, s. unter schneide 1, c, th. 9, 1246. auch diese Ver-
bindung ist nur eine Variante der vorigen, denn die Vor-
stellung ist: etwas ruht auf einer so schmalen Unter-
stützung, daher so wackelig, dasz die geringste Verschie-
bung den ausschlug giebt.
dd) in demselben sinne norddeutsch: auf der kippe oder
wippe stehen, s. kippe l, a, th. 5, 782; Weisheit, Wahrheit,
und wol des staats steht auf der kippe Schink mario-
nettenth. (1778) 141; wie es auf der wippe gestanden hatte,
wie sie alle verzweifelt gewesen waren, und wie es vor-
läufig gerettet worden war Frenssen Kl. Hinr. Baas 458.
— ähnlich: weil nun die sache bis zum lächerlichen ge-
kommen sei, stünde sie auf dem Umschlag Görres
briefe 3, 3 (H. J. Dietz an frau G.).
ee) die neuere spräche sagt in ähnlicher weise gern auf
dem spiele stehen , ausgehend von der Vorstellung des
glücksspiels. s. spiel II, 8, i, th. 10, 1, 2307. so seit anf. des
18. jahrh. : Hamlet, ach , Horatio , du hättest mich
bald nicht mehr lebendig gesehen, dieweil mein leben
bereits auf dem spiel gestanden, wo mich die göttliche
allmacht nicht sonderlich hätte bewahret, schausp. engl,
eamöd. 181, 18 Creizenach {d. bestrafte bruderm., handschr.
V. 1710, 5, 2). ungewöhnl. mit persönl. subj.: stand' ich
allein auf dem spiel, wir hätten schon ausgekämpft
Klinger 4, 171 (Raph. de Äqu. 3, 8). weiteres s. unter spiel.
(J) an y, dd schlieszen sich Wendungen wie auf der neige
stehen, vgl. neige 4, <ä. 7, 566: dieweil die männlichkeit
in unsern tagen gar sehr auf der neige steht und zwanzig
Jungfern . . . sich jetzt um einen nagel schlagen maler
Müller l, 310. sonst sind Verbindungen mit Verbalsub-
stantiven häufiger mit persönl. subj., vgl. C, 2, l, y und m.
hier in dem sinne, dasz ein ereignisz nahe bevorsteht und zu
erwarten ist: Artaxata (stadt) lag nun in letzten zügen,
und stand auff der Übergabe Lohenstein Armin, i, 247^
e) in diesem sinne ist unpersönlicfte fügung im älteren
nhd. verbreitet: jetzund stehet es darauf, dasz etc. adesso
si tratta che ete. la cosa e pervenuta ä tale che etc. ä'ra-
MER dict. 2, 937«; es stehet darauf, dasz eo res producta
est. ut Dentzler 2, 273»». Steinbach 2, 668, es steht auf
dem punkte, ist zu erwarten, belege: wo man syn fünde
das eüern feinden ir geschosz abe ginge . . . und die
eüern stäcz sein genügen hetten, so stund wol darauf
nach meinem geduncken der sige wider eüern fein[den]
üer were Arigo decam. 824, 37 Keller (ü> awiso che la
voatra battaglia si vincerebbe 5, 2) ; und stehet wohl drauf,
. . . esmöcht einmal mein gebet kraft gewinnen Luther
briefe 2, 355; weil aber inzwischen eine armee über Rhein
gangen, und in Schwaben eingefallen, also dasz auch
der bayersche crais in gefahr gewesen, und es darauf
gestanden, dasz die belagerung aufgehoben werden sollen
Leibniz deutsche sehr, i, 352. auch auf gegenwärtiges und
vergangenes angeicandt, 'es ist anzunehmen . icahrschein-
lieh' : und stehet drauff das Henoch und Elias noch selbs
nicht wissen wo sie sind Luther 4, 43»; vgl. lU^; die
sage ist, das keis. maie. die Schweitzer auch erfoddert
habe, und stehet drauff, das Zwingel, Ecolampad . . .
auch herkomen sind 5, 37* (Spalatin); es stat auch weil
darauff, der bawr solt frömmer sein geweszt dann der
pfarrer Wickr.\m roUwagenb. 63, 18. — endlich auch in
modale bedeutung (s. unten 9) übergehend: er solte jnen
bald sagen, . . . worauff die sach stünde, ob sie gewonnen
oder verloren were? Ayrer histor. proc. juris (l600) 99.
vereinzelt im sinne 'es kom,mt darauf an' (vgl. a):
nun ist drin meim beduncken nach
zu finden radt ein leichte sach,
dan es wirt stan dorauff allein,
das wir uns rotten jn gemein
und setzen stetz dem adel zu.
Ulr. V. Hütten 3, 530 (betlag. der freistette 33).
^ mhd. ej stät üf geht auf, handelt sich um,:
si wil sich an mir versünden ;
wigjet das ej iemer uf ir sele stat
minnes. 1, 96'', 3 r. d. Hagen
{'dasz He es auf ihrer geele hat' mhd. wb. 2, 2, 572»).
ähnlich noch: so stehet es nu auff Verlust eines jglichen
Seligkeit, das er ja nicht widerruffe Luther 2, 96». —
so dann auch mit bestimmtem subj. (gelegentlich):
so stehe der kämpf uns auf tod und auf leben!
Arndt 5, 111 Meisner.
häufiger mit umbe:
ex stuont umb al sin 6re
Greg. 461
{'»eine ganze ehre stand anf dem spiele' 573»),
s. auch Trist. 9717 u. 10406.
jj) im nhd. ist sehr gewöhnlich die Verbindung beloh-
nung, strafe u. ähnl. steht auf etwas, ist darauf gesetzt,
die gleichsam die umkehrung der vorigen ist.
aa) im 16. jahrh. häufig (ge)fahr steht darauf: denn
sonst möchte meinem g. h. eine fahr, so wol, als uns
allen, drauff stehen Luther 4, 374''; vgl. 28, 7, 10 Weim.;
mochtest aber sagen, ich musz meines thuns achtne-
men, . . . wen dir villeicht ferligkeit darauff gestanden,
so du mich zu dir gelassen bettest (n« si me admitteres.
periculo esset id tibi) Hütten 5, 182, 40; und gadt hin
zu seinem doctor, . . . entdeckt jm sein anligen und die
grosse gfar, so jm drauff stünde Wickram roUwagenb.
15, 19 Kurz; s. auch H. Sachs 2, 4, 38»" unter I, B, 3,/, ß, dd.
— ähnlich: gedencken ward, was grosser sorg ir des
künigs halb darauff stünde Wickram l, 214, 15 Bolte {6a-
briotto c. 10), s. auch 59, 3 {Galmy c. 17) unter I, B, 2, /, a,
cc; so dz aber nicht geschehen, stehet ein ander be-
dencken darauff {aliud subiit), dz du villeicht etwan mit
der silbern buchsze geschossen bist Kutten 2, 188, 34.
bb) strafe steht darauf u. ähnl. so schon: dann daruff
{auf Verleumdung) stat gebfirlich unnd glychförmig wi-
dergelt Biederer Spiegel der w. rhetoric (1493) a 3'';
hernach als sie betrachteten was für straff jnen darauff
stündt, haben sie alle Carthaginenser . . . getödt Xylan-
DER Polyb. 59 {7ia^T]}JMyfjiivag inivoovvxeg ri/LKuglag
1, 79, 4). in eigentlicher, officieller gebrauchsiceise erst in
neuerer zeit {seit d. 18. jh.) recht üblich ; so mit bestimm-
teren angaben, wobei nach auf das delict jetzt überwiegend
im aec. steht: eigentlich steht auf diese Verdienste das
Zuchthaus C. F. Weisze lustsp. 2, 196; er rechne wahr-
scheinlich auf seine verwandten bei diesem schritte,
infame kassation stünde sonst darauf Kleist 3. 263 E.
Schmidt;
dann die kerkerstrafe stehet
anf dem offnen disputiren
von Studenten gegen jeden,
den die hohem würden zieren !
Brentano 3, 73 {rosenkr. 5, 135).
be». der tod : und wenn Verlust meiner guter, Verban-
nung and der tod selbst auf meiner Weigerung stände
1647
STEHEN (II. D. 3, a-b)
STEHEN (II. D. 3, b-c)
1648
Wieland 8, 486 {Agath. 16, 8). anstatt der strafe tcird auch
da» strafwerhzeug gesetzt: auf einem diebstahle stehet
der %a\%eTi, für pattbulo dignus habetur Steinbach 2, 668;
rad und schwerdt. s. Günther 485 unter I. C, 3, e, y; auf
mordbrennerei steht der strik Schiller 8, 146 {JBHesko
5, 10); siebentens, steht der galgen aufs desertiren Tieck
5, 420; auf gewaltsame entführung steht der sträng Ar-
nim 2, 87. hierher auch: alle vemönfftige leute, können
auch solches nicht gut sprechen, dieweil . . . land und
leut verderben hierauff stehet Mathesius Sar. 48''; er
soll, kann, darf dich nicht besitzen . . . sein, mein und
dein Unglück steht darauf Klinger 5, 270 (gesch. Gia-
fars 4. 5).
ec) entsprediend von belohnungen: darum ist Teutsch-
land die schwerere aufgäbe zu theil geworden . . . gröszer
ist dann auch der preis, der auf der lösung steht Gör-
RES ges. sehr. 2, 96. so bes. auf deinen köpf stehet eine
belohnung Adelung (2, 2, l); auf seinem k. st. e. b., es
ist eine belohnung darauf gesetzt Campe (nämlich, wenn
einer seinen köpf oder ihn selbst einliefert):
tausend zechinen stehn auf seinen köpf
Körner dram. beytr. 2, 122 {Hedwig 2, 13);
ein tag —
80 stand ein preis auf meinem köpf
F. P. Grevk Browning, Paracelsua 120.
rfd) für darauf steht Verlust des lebens sagt man gewön-
lieh einfach darauf steht das leben (ausgehend von das
leben steht auf dem spiele oder besser auf der wage
[s. y]?): capital, ein öbelthat, so den kopff verwircket
hat, darauf! leib und leben steht Corvinus fons latin.
(1646) 155; wer sy (^eicisse schlangen in Calicut) todt
schlecht, dem stadt . . . sein leben darauff Franck weltb.
203*; ich musz wirklich (lachen), und wenn das leben
darauf stünde Kretschmann icerke 3, 135 (d.fam. Eichen-
krön 3, 5); nein — ... und sollte es mein grösztes Un-
glück werden, und sollte mein leben darauf stehen! Iff-
land Jäger 2, 12. in demselben sinne (vgl. cc): man macht
keine zehn gute verse ohne Stimmung, und wenn der
köpf darauf stünde Göthe 36, 249. anderes: seine Wohl-
fahrt steht darauf, salus ejus agitur Steinbach 2, 668;
wisse, dasz ich mir selbst, wie jener gesetzgeber, dessen
söhn ein gesetz übertrat, worauf zwey äugen standen,
auch ein aug' ausgerissen Hippel lebensl. 3, l, 374; halt,
. . . darfst doch nicht zu keck mit der sache hervortreten,
steht des menschen ehre darauf, und wäre sein guter
name sonst dahin mährleinbuch (1799) 177. vgl. c, ö.
b) die Verbindung stehen in ist bes. im älteren nhd.
überaus verbreitet, begegnet jedoch schon früher.
a) in berührt sich dabei zuweilen mit auf und kann
damit wechseln: jedoch ist das auch war . . ., dasz die
wäre frombkeit weder auff den eusserlichen wercken,
noch in den ceremonien, auch nicht in den tugenden,
ja auch nicht auff den wunderzeichen stehe Gretter
erkl. der ep. Pauli an d. Römer (1566) 145. so könnte
etwa in den folgenden stellen smi für in gesetzt werden:
unser hAlfTe stehet im namen des herrn ps. 124, 8; so
steht auch alle unsere hoffnung und trost in dir War-
beck Magel. 5, 11; jr recht und anspruch stehe in waaf-
fen und krieg, dann alle ding sollen den sterckisten
mennern von recht zugehören Stumpf Schwytzer chron.
161 *. ebenso neben a, tj, aa: meinen jr das etwas Scha-
dens oder gfarlichheit syg in dem das got hat fry ge-
lassen, stönd ein gev&rd der seel darinn, got hett es
ongebotten nit gelassen Zwingli r. freih. der speisen
». 18 neudr.
ß) in andern fällen ist die bedeutung der präp. stär-
ker ausgeprägt; so:
der menschen gunst steht nur im round,
da aber liebst von hertzenipiind
P. Gerhardt 396, 13;
obs recht, obs ehrlich sey, wu Honoratus tbut,
da fra(t er wenig drum, er b< nur disz für gut
was gut SU schmausen bringt; ey ! darfT man doch wol sagen,
im maule steh sein recht, sein ehre wohn im magen
LOOAU 1, 8, 8i.
«0.* fif daj in dem mande rweir gezAge odir drier stfi
allij wort M. Bbhbim evang. diUUth. 18, 16 (ut in ore duo
rum vel trium testium H«t omne verbum; ebenso in der
.Mtitun lUuitehen bibd" 1. «. W. «: Luthkr : auff das alle
Sache bestehe, auff zweier oder dreier zeugen munde);
so sol in zweier oder dreier mund bestehen allerley
Sache 2 Cor. 13, l; vgl. 5 Mose 19, 15 und Luther 26, 151, 32
Weim.; das im blut des sons gottes, unser leben, krafft,
und gedeien stehe Mathesius Sar. 73». *. auch Murner
bei Hütten 5, 459, 25 unter I, B, 2, f, rj, dd.
y) gewöhnlich dient stehen in etwas zur näheren be-
Stimmung, ausführung und erklärung einer sache, wo-
für jetzt bestehen üblich ist, s. bestehen I, 10, th. i, 1669.
(die beiden dadurch verbundenen begriffe sind, also ihrem
inhalte nach identisch.) so schon ahd. vereinzelt:
ni stüant thiu mäht thes uuiges in menigi thes heries,
iz uuas äl in rihti in sines einen krefti
Otfrid 4, 12, 69.
sotist erst seit dem anf des 16. jährh. bezeugt, zahlreiche
belege aus Geiler v. Keisersberg u.a.s. unter I, B, 2,/,t/.
ferner: ir ampt steet am aller maisten darinn, das sie
mit irer gegenwurt und gezeugnusen allerlei contrect be-
kreftigen d. städt. chron. 11, 787, 30 (Nürnberger epistel von
1516) ; und stehet seine reformation darynn, das man die
langen har verschneyte, die schnebel an den schuchen
abthut und bretspiel verbrennet Luther 23,8, 12; denn
das reich gottes stehet nicht in Worten, sondern in krafft
(ov yäQ iv köycp ^ ßaai).sla rov &eov, aAA' ^v övvafxei^
1 Cor. 4, 20 (für bestehet, eine veraltete bedeutung' Ade
LUNG 2, 2, 5); vgl. 1 Joh. 4, 10; nuhn will ich wider zur
hauptsach kheren, die steht darinn, das . . . (Tovro ^rir
Xylander Polyb. 396 (9, 37, 2); so bestehet die predigt-
kunst auch nicht in seltzamer und vielfältiger bewegung.
die action oder bewegunge auff der cantzel . . . stehet
vielmehr in heiligem leben und wandel Schuppius 533;
kräfte sind fruchtbarkeit, volk, geld. der gebrauch stehet
in guter erziehung der leute, Übung in künsten und der
miliz . . . Leibniz deutsche sehr. 1, 224;
und wie das leyd inn unmftt steht,
also die freud auff kurtzweil gebt
Fischart glückh. schiff 141 ;
unsers lebens gantzer wandel steht im lernen und vergessen
LOGAU 2, 8, 12.
Adelung bezeichnet diesen Sprachgebrauch als veraltet (zu
1 Cor. 4, 20, *. oben) und Campe als ungewöhnlich (mit
hinweis auf Herder); er kommt noch hie und da bei
neueren dichtem vor:
der wahre
adel steht nicht im ersparen,
doch auch im vergeuden nicht
Herder 28. 502 («d 48);
du magst ermessen, was ich wohl empfand,
da all mein trost in traumes hoffnung stand
A. v. Dro-stb-HOlshoff 2, 114 (de» arztet verm.).
so im sprichw.:
treu und glauben
steht in werken, nicht in Worten
Wille nttenl. (1781) 138.
c) in denselben gebrauchstoeisen wird in der älteren
spräche auch an gesagt.
a) worauf beruhen, ankomTiien, wovon abhängen, vgl. a,
« und b, a: uuöla gesiho ih, uuölih s&lighöit &lde uuölih
uuCnegh^it &n iro biidero fröhten st&nde (constituta in
ipsis meritis), dero göotön, iöh tero übelön Notker l,
268, 1 Piper (Boeth. 4, 87);
und stuont ir trOst doch gar dar an
Hartmann t. Aub Oreg. 1606.
mnd.: svat aver die herro manlike liet, dat stat an des
manncs trUwe, weder he't late oder ne du na sime ge-
lovede Sacftsensp. Uhnr. 56, § 7. nhd.: mein not und
selickeit sol sthen am rechten waren liecht Luther »9.
16, 8 Weim.; es steht auch ofTt an einem rathschlag, wo
er versohwigen wirt, das gedeien eines gantzcn landts
Koenolpp sprw. (i57o) 177*; alle des hahiohs krafft und
macht steht fUrnämlich an dem schnabcl und klauen
Skbiz feldb. 671. «. auch a, g, a.
ß) tporin bestehen, a.b.y. wenn ein volkumen leben
stet doran das ein mensch lebe nach dem ewangelium
erste deutsche bibel 1, ISO, 47 Kurreim, so teohl auch:
die aide (e, testament) an sen geboten stet,
die nuwe an swein ouch irnt
HBSLia apokal. 17311.
1649
STEHEN (II, D, 3, c-e)
STEHEN (II, D. 3, «-4 6i
1650
}') für a, ß: diser Albrecht was ... ein thumbherr zu
Passaw. und als er seine brüder alle überlebt, und der
gantz stamme an jm stund, ward jm zugelassen ein eh-
frauw zünemmen S. Münster co»mogr. 996.
d) mein leben steht daran, steht auf dem spiele, ist in
gefahr. vgl. a, rj, dd: hergegen versprich ich dir, dich in
keinen weg zu vermelden, und solt mir schon mein leben
daran stan Wickram l, 332, 16 Bolte {Oabr. c. 56);
soltind vater und mfiter beide drum toben . . .
und stüend inen Hb und leben dran :
so het ich's verlobt, wnrd inen nit wilfaren . . .
Manuel ». 166 Bächtold {Barhali 9ii) ;
Codrus ... ein könig zu Athen der sich gutwillig in todt
ergeben hat, alsz des vatterlandts wolfart daran stund
Calepinus onom. (1598) 94*.
f ) während diese Verbindungen nicht über das 16. jahrh.
herabreichen , findet sich es steht an dem für es steht
darauf (». a, f) gerade in neuerer zeit: jetzund stehets an
dem, dasz etc. adesso stä cioe si tratta, gall. iL s'agit etc.
Kr.^mer dict. 2 (1702], 928»; es stand an dem, dasz doch
endlich Arlecchino . . . von den sbirren ertappt und samt
ihr ins gefängnis geschleppt werden sollte E. T. A. Hoff-
mann 11, 31 Grisebach (jprinz. Brambilla 2).
d) stehen für u. ähnliches.
a) im sinne der Stellvertretung oder gleichwerthigkeit:
des vronen boden getüch stat (lar..- geht) vor tvene man,
of man's bedarf, dar man mit seven mannen getügen sal
SacTisensp. 1, 8, § 2;
dat bittere lident, dattu vor mi hefst willichliken angegän,
dat late jo, leve here, nu vor alle mine sunde stän
des dodes danz 1080 Baethcke.
ähnlich icohl auch in folgender stelle:
was hast du nicht gethan, so lange du regiert? . . .
und ist es nicht genug, was du ietzt ausgeführt?
die cron auf deinem haupt steht dir für alle thaten.
hier hast du was gethan, was keiner noch der Brennen,
und schwerlich einer auch, nach dir, wird stifften können
Besser schrifflen (1732) 1, 94 {auf d. königskrönung
Friedrichs III. v. Preuszen 1701).
ß) dafür gewöhnlich an statt; ganz eigentlich: das aber
vier (hörner) an seiner stat stunden (n»rnr .■T:-!syn, besser:
'an seine stelle traten'), da es zubrechen war, bedeut . . .
Daniel 8, 22;
den (schuh) zieh vom gasten ab und wend jhn in die höhe,
das an desz Wetzsteins stat, dir seine sole stehe
ScHERFFEE grob. 26;
die werthe keuschheit die sie hat,
steht mir an goldestonnen statt
Neumark lustwäldchen g. 85.
Y) auch sonst für etwas stehen soviel werth sein, es
einbringen, lohnen: ungeacht nun vormeinet wirdt, dasz
es nicht vor die mühe und kosten der abfuhr stehen
würde verhandl. d. schles. fürsten u. stunde v.j. 1618, *. 57.
so jetzt in der österr. redensart das schdehd ma nöd da-
fia(r) 'das ist mir der mühe nicht werth' Castelli 234:
ob's nur dafür steht, seine jungen jähre so. einfach zum
fenster hinauszuwerfen? — und was hat denn so ein
armes geschöpf schlieszlich von ihrer ganzen bravheit
. . .! Schnitzler liehelei s. 87;
aber ich hab' . . . mir vorgesagt : es wird schon nicht
dafür steh'n.
und wär's dafür gestanden?
HoFMANNSTHAL rotcnkav. 56.
S) wofür gelten:
es sol dir allemal vor grosse schände stehn,
wenn du solt oben weg, und unden sitzen gehn
Scherffer grob. 25.
so dann auch stehen als:
und frauenunscbnld, frauenlieb'
steht noch als höchstes gut
Körner l, 54 Fischer.
e) die Verbindung vor etwas stehen, die lautlich von d)
nicht scharf zu scheiden ist (». unter d, y), entwickelt den
\tiebensinn des Schützens oder hinderns: ja, der teufel
ralle sich leichter in einem schwarzgalligen gemüte als
einem lustigen fest, sagte der pfarrer; davor sei aber
die frömmigkeit des Robert gestanden Ric. Huch d.
grosze krieg 3, 223;
wen got der gebe in allen gut,
die da guj^en ir blüt . . .
ir tAt stS vor ir helle pfn
livländ. reimehrvn. 8606,
X. 2.
wo Leo Meyer übersetzt: 'gelte für, tctrde gerechnet',
ähnlich für in folgender stelle:
das man dem wolff vergeben solt,
und absolviem von pein und scholt,
der ablasz stundt f&r alle scheden
Alberus fabeln 11, 149.
der zuerst angegebene sinn icird auch durch wider aus-
gedrückt:
ein Schinken ausz dem rauch steht wider hungersnot
Raehel sat. ged. s. 61 neudr. (6, 43).
4) stehen zu, bestimmung und bereitschafl ausdrückend,
vgl. C, 6.
a) zu kaufe stehen, wie feil stehen {s. unten 8, A), eigent-
lich von xcaaren, die ausgestellt sind, um gekauft zu icerden,
dann überhaupt, käuflich sein: ganze sogenannte graf-
schaften standen noch zu kauf an der gränze des be-
wohnten landes Göthe 21, 121 {wanderj. l, 7);
gesell, ihr suchet einen heim,
ich weisz, ihr suchet einen, dal nehmt hin!
um ein geringes steht er euch zu kaufe
Schiller 13, 179 (Jungfr. v. Orl., prol. 3).
selten mit art.: seine seele . . . verschwendet er auch,
als wenn seelen nur so auf allen Jahrmärkten zum kaufe
ständen Tieck 6, 206. — dafür auch:
und seht die schönen vögel,
sie stehen zum verkauf
GöTHB 1, 43 (.teer kaufl liebetg. ?).
ferner:
wir wollen sie nicht loben,
sie stehn zu allen proben 44.
b) sehr häufig sind besonders seit dem 18. jahrh. die
schon mhd. begegnenden Wendungen zu geböte, befehl,
dienst(en), Verfügung stehen, wodurch jemand das recht
gegeben wird, von einer sache gebrauch zu machen, sie
sich anzueignen oder darüber zu verfügen; auch freier,
als ausdruck dafür, dasz jemand eine sache {fähigkeit)
besitzt, vgl. C, 6, e.
a) zu gebot; so schon mhd.:
wand e5 stüend ze sim gebot,
swa; da; goteshüs het
Ottokar reimehr. 5780.
im eigentlichen sinne von dem. worüber einer herr ist
und dem er gebieten kann, so zunächst von menschen. s.
C, 6, e. a; dann auch von ländem (dies nicht mehr üblich):
eh soll mein eigen stahl mir durch die brüste gehn:
eh Brittens insel dir soll zu geböte stehn !
A. Grvphius 1, 296 (Carol. Stuard. 3, 280).
ferner :
so leicht
als ein akkord dem griff des lautenspielers
steht euch mein geist nicht zu geböte
Schiller 5, 1, 192 (dorn Karl. 3, 6, 4014);
dem . . . alle elementa zu gebot gestanden, hat doch nie
keinem verstorbenen das leben wider gebracht Hars-
dörffer teutsch. secretarius (1656) 1, Hb 7*. der begriff
des 'gehorchens' ist auch in folgenden stellen deutlich: alle
seine muskeln können ihm so leicht, so geschwind zu
gebothe stehen Lessing 7, 14 (hamb. dramat. 3); alle
leidenschaften müssen der herrschenden zu gebothe stehen
Adelung 2, 2 (so ungewöhnlich), vgl. auch Hett.ner d.
romant. schule 60 unter I, B, 8,/, y, ee; wünsche nur, und
alles soll dir zu gebot stehen Pocci komödienbüchl. (1859)
165. demgegenüber die jüngere bedeutung 'zu jemandes Ver-
fügung, in jemandes besitz sein: wenn er es wagte, auf
frischen wanderfüszen, die ihm zu geböte standen, sein
ziel zu erreichen Göthe 21, 152 (wanderj. l, 9); alle mittel
stehen ihm zu geböte, 'sind in seiner gewalt, kann er an-
wenden' Campe: die probleme . . . der groszen natur,
welcher er (Benj. Franklin) mit apparaten. die jedem
kinde zu geböte stehen, die zunge gelöst hatte Dahl-
MANN franz. revol. 71. abatracter. im sinne von 'möglich
sein: er wird . . . jede vorsichtsmaszregel ergreifen, die
dem menschen in solcher läge zu geböte steht Hebbel
8, 158. von geistigen oder sittlichen Qualitäten : dem vf. steht
ein ausdruck zu geböte, der mit bündigkeit und kraft
schärfe des witzes und urtheils so glücklich vereint . . .
Herder 20, 304; der vater nahm sich zusammen und
doch wollte die angewohnte gelassenheit ihm nicht zu
geböte stehen Göthe 83, 133 (tcanderj. 3, 10). von mienen
und geberden, die einer nach beliebm herverr^fen kann:
104
1651
STEHEN (11, D, A, b)
STEHEN (II. D, 4, b-g)
1652
sie ... nickte . . . dem Schreiber zu, der sein gesicht
zum süszesten lächeln verzog, das ihm zu geböte stand
Ebner-Eschenbach 2, 290;
grause blicke
stebn zn gebot mir (are at my service), wie erzwungnes
lächeln,
und beyde sind bereit in ihrem dienst
zu jeder zeit zu gunsten meiner ranke
A. W. ScuLKGEi. Shakeap. 9, 117 (Rieh. JH., 3, 5).
»elten ohne dativ d.person: das selbe leistet sie (d. rer-
nttnfl) am ende auch in der kunst, wo sie . . . die aus-
führung unterstützt, eben weil der genius nicht in jeder
stunde zu geböte steht Schopenhauer tcerke i, loo Orise-
back.
ß) in neuerer zeit zu befehl stehen {vgl. C, 6, e, ß), ge-
iröhnlich in dem sinne, dasz man jemand eine suche {zum
gebrauch oder eigenthum) anbietet, icobei der dativ der (an-
geredeten) peraon meist unterdrückt tcird: gefallen sie
{ueiehnungen) ew. durchl., so stehen sie zu befehl, sonst
kann ich sie vielleicht auch andrer orten anbringen
GÖTHE br. 9. 48 {an herz. Amalia 31. oct. 88); ihre briefe
an mich, liebe tante, sind in der besten Ordnung und
stehen gleich zu befehl werke 21, 109 {icanderj. 1, 6). so
in der frage was steht zu befehl, was befehlen, urilnschen
tief was steht zu befehl, mein gebieter? Schiller 2, 134
{räuber 4, 2). auch mit pron. : nun, was steht zu ihrem
befehl? Schroeder dram. werke 1, 27 {heiml.heirat 3, 3). —
ungewöhnlich, um auszudrücken, dasz man etwas in seiner
gewalt hat: izt alter Doria steht mir deine haut zu be-
fehl. — hin bist du, wenn ich dich nicht warne Schiller
3, 99 {Fiesko 3, 7).
y) sehr häufig zu dienst(en) stehen, vgl. C, 6, e, y.
ad) so vereinzelt schon im mhd. {mit besonderer ntiaiwe) :
da; ich im nihtes abe ge
da; im ze dieneste ste ('nützlich sein kann' Benecke)
Iw. 4910.
gebrätichlieh seit dem n.jahrh. anfangs überwiegt der sing. :
und ob nicht dazumahl mein unvergnügter mund,
wenn ihm der ammen brüst nicht bald zu dienste stund,
ein gleiches klage-lied . . . gesungen . . . ? Caniz «. 89.
verbunden mit f :
du meine seele, singe ...
dem, welchem alle dinge
zu dienst und willen stehn!
P. Gerhardt 419, l.
der plural findet sieh zu frühest in der Verbindung mit
pron. poss., wo er ausschlieszlich gilt: hier hab ich auch
noch ein par batzen, die zu deinen diensten stehen
Grimmelshausen 2, 21, 32 Keller {Springinsf. 2); sprich
wenn sie mit einen schlechten quartier wolten verlieb
nehmen, so stünde es zu ihren diensten Chr. Reuter
ehrl. frau s. 39 neudr. (3, 10). statt des pron. auch der
dativ: er hätte nicht mehr als etwa lo bis 12 loth davon,
die stünden ihm zu diensten cav. im irrgarten 150. seit
GÖTHE wird es üblich, die bezeichnung der angeredeten
person wegztdasaen: gib . . . dein exemplar der medaille
an Langermann, . . . und wenn du sonst noch jemand
weiszt, 80 stehen deren noch einige zu diensten briefe
42, 44 {an Zelter f,. fehr. 27); {der hund) steht zu diensten,
sammt meinem dänen! Klinoer i, 143; (wio/or) . . . er
zieht eine börse: diesz steht zu diensten Iffland theatr.
werke 1, 74 {A. v. Thurneisen 8, 11); nun sagen sie, was
steht zu dienste? Arnim 16, 94 {Halle u. Jerus. 2, 6).
bb) die bedeutung weist dieselbeti ntianeen auf icie die
unter a behandelte wendung: unglaublich steht ihm {Kose-
garten) die spräche zu dienst IIekdkk 20, 853; hier be-
dient sich nun die Vorsehung öfters gleichgültiger per-
Honen ... als Werkzeuge, welche nnbcwuszt höherem
zwecke zu dienste stehen Göthr I, 4i, i, 859, 17 Weim.;
Ranz wohl ein kAnIg Je auf ird'scbem thron,
dem nicht zu dienst mehr freude stand wie mirV
Shakesp. 8, 851 (U^nr. VI., 2. th., 4, 9).
§mMtnlieh in der anred», um jemand etwas anzubieten,
*tLß: befehlen sie. was aie wollen, alles soll zu ihren
diWMten stehen Gbllbrt a, 816 {d. loos in der lott. 5, i);
«• (wutn M>en) steht in allen (Ulen
Ml wwtin wieder
xn 4eii>eB
Lbssino 8, 807 (NaUuin 4, 4);
was steht zu ihren diensten, mein herr? l, 50i {sthaU is).
im tmgtuCMnliek abttrmeter 4ut¥)mulu»g : die worte: 'ziebeii
sie aber vor, den contract ganz aufzuheben, so steht
dies auch zu dienst' sind mir schwer aufs herz gefallen
A. v. Droste-HOlshoff briefe an L. Schücking s. 277.
d) in neuerer zeit auch (einem) zur Verfügung stehen :
er . . . bat noch sterbend seinen söhn Gottfried, jenen
abgewiesenen käufer aufzusuchen und ihm zu melden,
die Sammlung . . . stehe ihm nun zur Verfügung Ebner-
Eschenbach 3, 21; zwei zimmer neben meinem Schlaf-
zimmer stehen zur Verfügung 4, 281. ungewöhnlich, reflexiv
gewendet: unser Apollonius war ein bursche geworden, den
so leicht keine ausgeschlagen hätte, deren herz und band
noch zu ihrer Verfügung stand Ludwig 1, 165.
e) in älterer spräche auch zuweilen zu willen stehen,
vgl. C, 6, f, d:
musz dir das glQck zu willen stehen
S. Dach «. 198 Oesterley.
zu dienst und willen, s. P. Gerhardt unter y, bb. ver-
einzelt noch in neuerer zeit:
denn, wer die form gelernt hat zu besiegen,
dem wird ihr zauber gern zu willen stehen
Strachwitz ged. (1850) 120.
c) sinnlicher ist die wendting zu banden stehen, die im
älteren nhd. in ähnlichem sinne vorkommt, vgl. band II, l,
h, th. 4, 2, 346: derhalb sollen wir auch an bösem lufft
und gewitter nicht verzagen, . . . sonder gott vertrawen,
. . . auch mit gottesforcht die mittel brauchen, welche
uns zuhanden stehn Sebiz feldb. 8; Oarg. 459, s. unter
I, B, 2, /, a, cc. so auch, wohl aus älterem Sprachgebrauch
übernommen: der einfache landmann reicht sein leben-
lang mit einer beschränkten zahl von Wörtern ans, wo
dem gebildeten und welterfahrnen mann die zehn oder
zwanzigfach gröszere inasse zu banden steht J. Grimm
kl. sehr. 1, 301. daneben perfectiv, s. 1, p. {allgemein üblicJt
ist zur hand stehen im eig. sinne; so auch mundartlich:
dät stet mer net zur band, 'das kann ich nicht bequem
anfassen' luxemb. wörterb. 426*.)
d) dem mhd. eigenthümlich ist ze staten stän, von nutzen
sein, zu gute komme7i, vgl. statt II, B, 7, d, a, sp. 980; in
demselben sinne:
leicht gib ich euch den ratt
der euch wol ze frumen stat
Heinr. V. Neustadt Apollon. 5202 Singer.
so dann auch z6 väre stän, zur gefahr, zum nachtheil ge-
reichen :
swie harte ej mir ze värc sie,
ich wil iuch doch geniejen län,
da; ir niht valsches habet getan
Tritt. 14890;
ze Verluste st6n Lamprecht v. Reoensburg tochter r.
Syon 8553. ähnlich frühnhd.: er sagt: 'frauw, ihr habt
mir ein künstlich schoch gebotten. wolan, es mösz dis/.
speil etwas zä gCTvin ston, damit ihr eüwer kunst nit
umbsunst auszstreüwt'. also salzten sie ein summa goM
zu gewin Wickram 2, 94, 3 Bolte {knabensp. 88).
e) zu pfände stehen, alspfand; d^/iir mArf. aucA pfan-
des, 8. unten 13, c, ß. freier:
uuch enwart der Itp des niht erl&n
ern müese dfl ze pfände stün Iw. 722«;
um welchen preis erfuhrst
du dies geheimniszV wohlfeil war es nicht!
mir stand ein köpf zum pfand!
Hehhf.i. 2. 279 (Her. u. .Har. 3, 8);
einem flüchtigen feinde hilft niemand so leicht wider
den Sieger, am wenigsten, wenn das eigne dach dabey
zum pfände steht frauenz. almanach f. 1817, 180.
/) dem mhd. eii/enthümlich sind Verbindungen «i ' r
balsubstanliven {in jM.ssirischem sinne), irie ze priM
preiswürdig sein:
stt dax inch got sA gtret hftt
dag alsA gar z« prtM stAt
vQr roanegen rfter iuwer Itp lit 6068;
ach, wie gar ze kusoe riH ir wol gerwter munt!
ntinne*. 1. 861*> Hagen
so femer: ze danke ge^t. abent. 8, «. 168, 88t; ze slnrr gir
OtTOKAH reimchr. 1184»; zurteile Pari. 744. 88.
g) vergleichbar ist in jüngerer tpriMche die formelhafte
irendung etwas Ktoht zur frage, BOT Verhandlung, zur
debaltc oder dincnsKion. bildet den f$ffen«tand der Ver-
handlung u. a. ID.; wäre auch das . . . nicht ni rrroirheii
i
1653
STEHEN (II, D, 4. g-b, h)
STEHEN ai. D. ö. 6-rf)
1654
gewesen .... so stand zur frage, auf welchem wege für
die herzogthümer ... ein vorläuflger abschlusz erreich-
bar bliebe Bism.\rck ged. u. erinn. 2, 9; später in Berlin
stand von diesen planen nur noch zur Verhandlung die
abtretung des .auf dem rechten Mainufer gelegenen bairi-
schen gebiets ... an Preuszen 46. ähnlich schon: stünde
derowegen zu reiflichen bedenken, ob man sich nicht
mit einer beständigen policey-ordnung ... zu vergleichen
MOSER patr. phantas. 1, 101.
A) in andern fällen drückt soUhe Verbindung die bereit-
sclMft zu einem geschehen aus, so dasz dies unmittelbar
bevorsteht: die sache steht zum urtheil, spruch, konkurs
Sanders (2, a); in diesem augenblick pfiff drüben schrill
und durchdringend die lokomotive des zur abfahrt stehen-
den zuges Zahn die da kommen 24. so in unpersönlicher
Wendung, vgl. 3, a, f: es stand freilich schon zum kriege
mit Ägypten, als Cyrus noch unter den lebendigen . . .
war Dahlmann Herodot (1823) 153. — ähnlich schon (.');
das end der fabel das stot zu eynem frölichen(d) end
Terenz (1499) 36».
i) in demselben sinne auch stehen auf mit acc. (vgl. 3,
a, s, ICO der casics nicht zu erkennen ist): das haus stehet
auf den fall, 'im oberdeutschen, neiget sich zum, falle, ist
im begriffe zu fallen' Adelung (2, 2, 2); daneben jedoch
im dat. (vgl. 3, a, y, dd):
die weit fault in sich selbst. . . .
ihr haus steht aufT dem fall und hebt schon an zu sincken
LOGAU 1, 9, 69.
k) auffallig ist eine im süddeutschen begegnende wendung
für 'gehören zu': viele mühlen und Wasserwerke stehn
zu diesem hause Rosegger sehr. II, 8, 349.
5) an die gebrauchsiceisen i,f. g schlieszt sich die überaus
häufige Verbindung von stehen mit einem gerundium (in/.
mit zu) im sinne des tat. gerundivs: es steht zu hoffen,
»perandum est. da der inf. hier den icerth eines passiven
verbaladj. angenommen hat, so ist stehen hier zum, hilfs-
verb getcorden und xcechselt unterschiedslos m,it sein, vgl.
dieses II, 35. th. 10, l, 326—8.
o) diese fügung ist zuerst im mlid. seit etwa 1200 zu
belegen, s. mhd. tcb. 2, 2, 573'' :
wie habt ir da; veriän
ini suoehtet helfe unde rät
da si iu ze suocLen stät Iw. 4512 ;
eine rede wüste ich gerne,
di stet mir nicht zu vorbeme
Brun V. Schönebeck 1925.
ebenso mnd., s. Schiller -LCbben 4, 359'' (3): men die
hertoge hedde gerne seen, dat die rad hedde synen sone
huldeghet . . . hir antworde die rad to : ... dat en stunde
en nicht to donde Lappen berg brem. geschichtsqu. lio,
vgl. brem. wb. 6, 335. s. auch sündenf. 2654 unter I, B, 3,
a, ß. — twi nhd. von anfang an sehr verbreitet: es steht
zugewarten, praestolandum est Stieler 2128, egli sfä ä
sperare, ci e da sperare Kram er dicf. 2, 929»; es stehet
zu beweisen, res probanda est Stein bach 2, 668. nach
Adelung (2, 2) ist diese Wortfügung 'besonders den Ober-
deutschen geläufig', dagegen ist sie mundartlich gerade für
das nd. bezeugt: dat steit mi nig to doon, 'das ist mir
nicht zu rathen: das schickt sich nicht für mich zu thun'
brem. wb. 4, 992, ebenso Stürenburg 258''; dat stünne te
wünschene, wäre zu wünschen Schambach 207''; wat steit
wol nich alle te globen in der weit 'xcas kommt in der
weit nicht alles vor, was man glaubet^ kann' 208».
b) gemä^z ihrem passiven character wird diese fügung
zunächst von transitive7i verben gebildet: alle gaistlich leut
von clöstern ond andern gestifften, die der statt zu ver-
sprechen (vertreten) staund d. städte ehr. 5, 158, atim. 5
(Augb. urk. v. 1437); ist eynig mensch als d&rstig, der
mir uberdrang thän will, an dem steet.s mir zurechen
Aimoti E 2»; von der arbeit, die einem bawersmann jeden
monat steht zu vollbringen Sebiz feldb. 49; solche glider
stehnd einem artzt zu wissen Paracelsus chirurg. sehr.
268 C; des Galha ankunft stehet erster tagen zu vermuten
Anton Ulrich v. Braunschweig Octaina 3, 155; wer
zum verständnisz so begabt ist, als sie, steht zu beneiden
FouQüE Ubensgesch. 189; die gefahr, welche hieraus für
das gebäude von räuberischen Überfällen zu besorgen
stand, war aber nur bei trocknem wetter vorhanden
Immermann Münchh. i, 54 (i, i);
vieleicht bricht jetzt der tod herein,
dann steht uns rechenschaffl zu geben
von allem was so wol uns that.
Königgb. dichterkr. s. i nettdr.
die fügung mit Substantiv, subj. ist nicht mehr unbeschränkt
in gebrauch, besser hielt sie sich mit einem satz als »tibj. :
nicht, dasz wir d. Ecken gegen e. k. f. g. wollen verun-
glipfen, . . . sondern dasz uns nicht zu leiden stehet,
dasz sich e. k. f. g. lästerer und schmäher allererst für
geneigte diener schmücken wollen Luther br. i, 317;
sie ist mir zu schaden eine Christin worden, wie stehet
dann zu hoffen, dasz sie mir zu liebe sich bekehren
werde? Anton Ulrich v. Braunschweig Octavia 4,193;
zu wissen stehet, dasz ihr vater ein alter mann war
Lenz 3, 98 Tieck; ob aber die Schicksale sich einen flusz
werden zur grenze setzen lassen, steht zu versuchen
GÖRRES ges. briefe 3, 91; nicht zu leugnen stand übrigens,
dasz die äuszerst zarte Organisation des vetters . . . ihn
zu einem . . . ziemlich seltsamen kauz gemacht hatte
Storm 4, 13; es kam doch der schwarze, schwarze tag,
WO ... in der Koggenstedter zeitung zu lesen stand, dasz
über das vermögen des händlers Peter Cajus Behm, hier-
selbst, das konkursverfahren eröffnet sei Enking fam.
P. C. Behm 243. an stelle des inhaltssatzes kann ein inf.
eintreten:
an dem vor-gewesnen ort
wüst er einen guten braten :
aber wieder vor die pfort,
nahen, st&nde nicht zu rahten.
Reineke fuchg (1650) «. 80, 5.
ungewöhnlicher ein relativsatz: es stehet einem nicht zu
verargen, der wein trincket, wenn er jhm auch werden
kan Petri Cc 8''. — ähnlich: hierauf rückten, wie es
nicht mehr zu hindern stand, Spanier und Colonnesen
aufs neue gegen Rom vor Ranke werke 37, 193.
c) in unpersönlicher fügung dann auch von intran-
sitiven verben bezw. von solchen, die das obj. im dativ
zu sich nehmen, so seit dem 15. jahrh. zu belegen : und
heerschet liebe gewaltenklich jn allem minem gemüte
und steet mir nauchzefolgen was der gewalt der liebe
gehütet Nie. v. Wyle translat. 30, 4 Keller;
und meinen feinden steht zu trawen nicht ein har
Reineke fuchg (1650) 138;
so besonders: verhehle mir nicht deinen kummer, dasz
ich zusehe, wie dir zu helfen stehe Mus.\us volksm. i, 25
Hempel (Riibez. 2], ; dem leser anderw^eitiger gesinnung
dürfte mit Stammtafeln vom 13. Jahrhundert her . . .
nicht sonderlich zu dienen und zu helfen stehn Fouquk
lebensgesch. 70;
darumb sol Cloto meinem leben,
(weil sonst mir nicht zu helffen steht,')
die l&ngst-gewfinschte endschafft geben
Königtb. dichterkr. t. 102 neudr.
so auch:
Suffolk, wie steht zu helfen (what remedy)?
Shaketp. 2, 166 {Heinr. VI., 1. th., 5, 3).
d) die Verbindung hat zunächst den sinn einer noth-
wendigkeit (es steht zu thun, es mtisz gethan icerden),
wie in den meisten der angeführten belege, daneben kommt
früh die bedeutung einer möglichkeit auf: es stehet mehr
zu wünschen als zu hoffen, questo stä pitt ä (si pud piit)
desiderare, chä sperare Kramer rftc^ 2, 929»; es stehet
zu erweisen, egli stä ä dimostrare eioe io lo so dimo-
strare, it. si vuol dimostrarlo ebenda; er wolt sie weder
umh leib noch leben bitten, . . . sunder ein ringe sach,
dz on schaden wol zu thän stund, und dz der eerlich
rat von Lübeck leichtig thän kund Eulensp. 58 (s. 9t
neudr.); disz ist . . . gantz unlaugbar, und stehet gnug-
samlich . . . zubew^eisen L. Thurneysser magna alchy-
mia 141; es entsteht auch eine gewisse kunst zu fragen
. . . auch auf reisen wohl zu gebrauchen bei denen ge-
legenheiten, ... da seltsame dinge oder sonderbare per-
sonen zu sehen oder zu sprechen, von denen viel zu
erfahren stehet Leibniz deutsehe sehr, i, 380; aber stellen
aus ihm durfte ich in meinem alten^ buche. ... zu finden
glauben, welche zu vielerley zu brauchen stünden Les-
sing 8, 331; dennoch erlaubte ihm (Wollenst.) weder sein
stolz, noch sein vortheil, ... als ein bittender von der
gnade des kaisers eine beschränkte macht zu erflehen,
die von der furcht desselben uneingeschränkt zu ertrotzen)
1(M*
1655
STEHEN (II, D, 5. d—f)
STEHEN (II. D, 6, a-e)
1656
stand Schiller 8, 853; nun zogen sie in den wald und
schössen hasen, wilde rehe, . . . und was zu essen stand
Grimm märchen s. S8 {no. 9); so ist dieses allerdings nicht
minder lächerlich, als wenn ein knabe in die rüstung
eines riesen schlüpft . . ., steht indesz zu vergeben
Hebbel 9, ll, ll; bei dieser allgemeinen stamm- oder
Wahlverwandtschaft der Japyger mit den Hellenen . . .
wird die forschung vorläufig wenigstens stehen bleiben
müssen, bis ein schärferes und besser gesichertes er-
gebniss zu erreichen steht Mommsen röm. gesch. l , ll.
»0 in Zeitungsanzeigen: etage ... zu miehten, wovon die
conditionen bey dem hausz-herrn zu erfragen stehen
Caaadische zeitung 1731, no.l ; 1800 schock grüne bandstöcke
stehen zu verkaufen Danziger intelligenzbl. 1870, no. 291.
«) so übericie^end. icenn negiert.
a) zuweilen begegnet auch es ist nicht zu thun in dem
sinne 'es darf nicht gethan werden, ist 7iicht erlaubt':
ohne sein vorwissen stehet mir nichts zuzusetzen, darf
ich nichts hinzusetzen Adelung (2, 2). besonders in der
älteren spräche: aber das die vom tale die 4 rathmanne
solten heissen abtretten, . . seindt sie nicht geneiget, es
steht ihnen auch nicht zu thun Spittendorff 10 {zum
j. 1474). vgl. die belege unter a. — auf der grenze stehen
ausdrücke wie: seytemal du . . . mit den, die ich am
allerliebsten gehabt, also heszlich umbgehest, dz mirs,
der ich yhr freunt, nicht wol zu leiden steht {odiosius
quam ferendum amico si't tractes) Hütten 2, 192, 22;
verstockte sünder stehen nicht zubeklagen Ringwaldt
d. lauter icarh. 165. ähnlich in der noch üblichen Verbin-
dung: ein gut par schu und new hosen von zopfigem
nollenthuch stehn nicht zuverachten Oarg. s. 240 neudr. ;
mein brnder, hör' das steht nicht zu verwerfen
FouQUK held des nordens 2, 65.
ß) meist ist der begriff des nichtkönnens deutlich aus-
geprägt: es stehet nicht zu leugnen, nicht abzusehen
Adelung (2, 2); was do herschaft zu sampne qweme . . .,
das stehit nicht allis hie uss zu richten Rothe Dür.
chron. 431 ; ausz angeborner fürwitz fraget sie, ob es ihr
nicht stund zu eröffnen? Kirchhof wendunm. l, 143
österl. (l, lll): Galba nähme . . . dieses ein wenig übel
auf, als wann Sulpitia Prätextata dadurch auf sein alter
gestümpfet, und fragte, ob dann ein käiser von solchen
Jahren nicht zu lieben stünde? Ant. Ulr. v. Braun-
schweig Octavia 3, 704; oder es ist kein enthusiasmus
möglich, ohne den doch überall nichts besonders aus-
zurichten stehet Lessing 8, 474; wenn aber nur die
möglichkeit nicht zu längnen steht, so muszt du mich
anhören; diese aber kannst du unmöglich läugnen
TiECK 5, 120 {Blaubart 5, l); liesz nun ein fasan eine
feder fallen, oder fiel sonst was vor, was nicht zu ver-
meiden stand Immermann 2, lOO Hempel {Münchh. 3,9).
90 bes. häufig: da musz man schon . . . fünfe gerade sein
lassen, denn das steht nicht zu ändern Tieck 5, 390
{rerk. icelt 4, 4); über das schlimmst kann man sich
leichter trösten, wenns einmal nicht zu ändern steht,
wenn man« nur wenigstens weisz Ludwig 2, 72. ähn-
lieh schon: in Unfall, der nicht zä wenden stehet, ist
nichts besser, denn gedult Kirchhop icendunm. i, 59
Ost. (1, 50). den werth einer negation haben auch ausdrücke
xcie: diese {wunder) beweisen nichts, und stehen auch
unmöglich zu beweisen Haller tageb. s. beob. i, 19; so
ist doch gewisz, dasz aus gesprächcn, wie Plato's, . . .
der styl eine gelenkigkeit . . . bekommt, die sonsther
achwerlich zu erlangen stehet Herder 11, 80.
y) hierher gehört das sehr verbreitete sprichxc. wem
nicht zu rathen steht, dem steht auch nicht zu helfen
Adeluno (8, 8), a. auch Lessino l, SOS {d. junge gel. 8, 19);
GoEKiNOK 8, 886 {»thlittenf. 6, 18). dafür: darumb wem
nicht zu raten ist, dem stehet auch nicht zu helffen
Luther sh, 6m, u Weim.; wem nit zurathen stehet, dem
itt auch nit zuhelfTen Aoricola tpriehw. so. seltener
pontiv gewendet : wem nun zu rathen stfinde, dem st&nde
aaob m helfTen Mathksiub Sar. 86*>; doch wem zu
rathen fleht . dem iteht auch zu helffen Weiss com.
pr. 800.
/) time ähmiiehe Verbindung mit dem inf. nne» intran».
mHW im meUvmm »inne (zo fetchien stain) au* einem Oölner
lei. 9. um ». umier l, B, 8, /, d. ee fu ende.
6) stehen mit richtungsangaben.
a) vom icinde; so schon mhd.:
foujch stunt der wint dare wart,
[dar] der konin^ wolde vare.
Albrecht v. Hai.berstadt ». Germ, 10, 238, 20.
die raisigen und bürger in der stat behulfen sich . . . uf
den turnen, dahin der wint nit stunt. Wilw. v. Schaum-
burg 37 Keller; sie giengen aber wohin der wint stund.
Hesek. l, 12 {bei Kautzsch : 'wohin [sie] der geist zu
gehen trieb'); so oft der wind auf die haustür stand
Fontane i, 98.
b) von festen gegenständen, wie Windfahne, magnetnadel :
die Wetterfahne steht nach norden Paul (lO) u. ähnl.;
beschreibung desz Nörnbergischen compasz, wie man
darinn die wind erkenne ausz dem g&belin am zünglin,
welches, wann mans eben stellet, st&ts gegen nort ge-
richtet steht Sebiz feldb. 6. im vergleich:
du bist der deinen angen weide,
die herzen sind wie ein magnet,
der stets nach dir gerichtet steht
Stoppe Parti. (1735) 13.
c) vom menschlichen gesicht und dessen theilen. zu-
nächst ganz eigentlich, vgl. B, 8, d: und jre {der cherubim)
andlitz stunden gegen ander (thn-'tm C'« cn'js'i), und
sahen auff den gnadenstuel 2 Mos. 37, 9; hinter ihm stan-
den zwei gemacher offen, wohin mein gesicht stand
Arndt i, 91 Rösch, ins geistige gewendet: das andlitz
aber des herrn stehet über die so böses thun (yi «trys
T
ohne verb), das er jr gedechtnis ausrotte von der erden
ps. 34, 17. in die bedeutung e, e übergehend: und da His-
kia sähe das Sanherib kam, und sein angesicht stund
zu streiten (ncnStsS i»:si) wider Jerusalem 2 chron. 32, 2.
TT : • - TT
gewöhnlich von den äugen, die bliekrichtun% bezeichnend,-
schon mJid.:
er marcte des Wäleises sehen,
war stUenden im diu ougen sin
Parz. 301, 27;
meyn äugen stehen ymer zu dem hern Luther 10, 2,
421, 15 {betbüchl. 1522; ps. 25, 14, ältere fassung, dafür später
m. o. sehen stettes auff den h. z. 31);
wo nehm ich weiszheit und verstand,
mit lobe zu erhöhen
die äut;Iein, die so unverwandt
nach mir gerichtet stehen?
P. Gerhardt 406, 9.
aber die laube verhüllte das ende der umarmung, und
lange standen alle wartende äugen vergeblich auf der
klause der liebe J. Paul 7 {Hesp. l), 55. man sagt die
nase steht ihm wohin von dem, der geJit oder sich zum
gehen anschickt, indem die nase als der vorderste theil
des gesichts gleichsam vorangeht utid den ioeg zeigt, vgl.
der nase nach gehen unter nase I, 5, /, th. 7, 405. von
da aus bildlich .-
auf was verspitzt sich wohl der alp? nach welchem doctor
steht die nase?
GCntiikr 429 {'cujtu doctori» connubium appetitf
STBiNBArii 2, 669).
in demselben sinne, weniger üblich, der köpf steht wohin,
*. Jung-Stilling 4, 184 unter 1, B, 8, d, i^. unsinnlicJter
nd. d& Steit mT d(e) kop nit nä das will ich nicht Bauer-
CoLi>lTZ 60» {vgl. e, y, bb). in derselben unsinnlichen be
deutung dann »pecieller: der schnabel steht ihm nach den
kirschen {handschr. zettel von J. Grimm); der gaumen
steht mir nach einer speise, übertragen:
bewund'rung von kindern und äffen,
wenn euch darnach der gaumen steht
GÖTIIB 18, 87 (Fauttl, 64S).
d) gang steht wohin: lieben g&st sagt, von wann her
kumht jhr, . . . wahin stoel ewre raisc Schaidknraisrer
Odyss. 10* (8, 71);
kommt
nur mit. mein gang stand ohnebin zu ihm
LB8HINU 8, 887 {Nathan 5, 5).
{in anderm »inne Mrurkr 98* unter 1. B, l,/, y. #p. 1401.)
e) überaus häufig Jemandes sinn, herz, gemUt u. ilhnl.
steht wohin, ist dahin gerichtet.
a) mit riehtutigaadverbien. m »ehon mhd.:
1657
STEHEN (II. D. 6, e)
STEHEN (II, D, 6, e)
1658
wan dar staont ir aller mnot
sin herze niender anderswar
stuont niuwan da er si weste.
Zw. 906;
nJid. am häufigsten mit sinn: die fraw ... in pilgrams
forme . . . on yemant wissen wo hin ir syn stunde, sich
auf den wege machte Arigo decam. 229, 24 Keller {senza
saper alcuno ove ella a'andasse 3, 9, s. auch s. 409, 19 unter
I. B, 3, d, y):
darumb so stet heim hin nnser sin
fattn. tp. 570, 10;
WO deyn hertz hyn steht, da sehen die äugen auch hynn.
apriehwort bei Luther 10, i, 548, li TT'eim.,- wiewol nun
der paur solches, ausz forcht benötiget, schwur, stund
jm doch das hertz hindersich Stumpf Schicytzer chron.
425 •; ein mensch der da ein schätz verbirgt . . ., dem
steht nun all sein gemöht dahin Paracelsus opp. 2,510, C.
femer: gedanken, *. Xylander Polyh. 14 und Arndt l,
106 unter I, C, 3, d, ß und f, a, Schiller 6, 134 unter ß.
sehr häufig verlangen, begier(de), *. die belege unter y,
bb; 6, aa u. a. verstärkt meins hertzen gyr {pfarrer v.
Kalenb. unter y, bb) oder lust {Jes. 26, 8 unter y, ee) ; sein
will. s. Paracelsus 2, 332 A unter I, B, 2, /, t], bb (Scheidt
unter I, B, 3, b, y): mein thun und trachten zu jeder zeit
stehet dahin dasz es in des königes ländern möge wol-
gehen. engl. com. u. trag. D 6'; meinung, s. Luther
unter e; bestrebungen J. Grimm unter y, aa. ungewöhn-
licheres: darauff mich der Argander noch dieselbige nacht,
von den insel ab und mich zu schiff führete, weisz nicht
wo sein intent mir hinausz gestanden? schausp. engl,
comöd. 219, 21 Creizenach {tragicom., 1630, 3, 2);
nach reichthumb trachten sie {die sorglosen) nicht sehr, . . .
allein jr datam steht dahin,
zu haben einen leichten sinn Scheidt grob. 2058.
mit schiefem ausdruck:
er weis nicht, was er will ; nicht, was er gar nicht will,
worauf er heute flacht steht morgen schon sein ziel
Nkukirch ged. (1744) 169.
ß) mit präpositionalem object. so in mehr eigentlichem
sinne mit Ortsangaben (tri« zumeist unter a) ; schon mhd.,
vgl. Grimm gramm. 4, 819:
er sprach "mfn wille und euch min gir
stät gar in unkundin lanf gute frau 461 ;
da stuend im muet und synn
zu der stat Pentapolin
Hei.nr. V. Neustadt Apollon. 1237 Singer;
vgl. auch sinn II, 4, b, a, th. 10. 1, 1110.
nhd.: gast dein sinn stehet dir noch heint in die stadt
Schaidenraisser Odyss. 72» {nöhrf ififvai fi;veaiv£ig
a^fxfQOV 17, 185/); mein sinn steht nach Colin Solger
nachgel. sehr, l, 385;
so baldt als er nur lauffen kundt,
sein mut nur auff die gassen stundt
Fisciiart 2, 32 Haufen {Eulentp. 2, 128)
sie aber eylends fuhr dahin,
nach Papho stund jhr mut und sin •
Spreng Aen. 11 »> {ipsa Paphum tubiimi* abä 1,415);
zum Vaterland fühlt jeder sich gezogen . . .
und nach der heimat stehen die gedanken
Schiller 6, 134 {Phöniz. 2, 3, 340).
s. auch ScHWARTZENBERG Cic. 139*» Unter I, B, 2,/, t), ee;
Xylander Polyb. 14 und Arndt i, 106 unter I, C, 3, d, ß
und f, a u. a. zuweilen auch von dem schtceifen der ge-
danken: sein sinn stand in die ferne, er hörte nicht, er
sah kaum Göthe 21, 154 {xcanderj. i, 9).
/) abairacter in beziehung auf dinge, nach denen man
strebt, die man erreichen unU oder erwartet.
aa) auf etwas, s. mhd. wb. 2, 2, 574''. nhd.: Christi ge-
dancken sthen nicht aufff gl. und narden-wasser, sed auff
den tod, ut, si furi multo dicuntur, tamen cogitat semper
auff den strick und galgen Luther 34, i, 194, lO Weim.;
doch all sein sinn steht nur auf frSmmigkeit
(but all his mind is bent to holiness) A. W. Schlegel
Shakesp. 8, 27 {Heinr. VI., 2. th., l, 3);
auf sterben steht sein sinn,
sein wünsch nur nach dem grabe
Tieck 4, 186.
»o dann weiterhin: auf deutsche spräche von jeher
standen alle unsere bestrebungen J. Grimm *. th. l, I;
ungetcöhnlich:
unsrer zeit gewissen
stehet auff genissen
LOGAU 3, 1, 41.
bb) nach etwas, *. mhd. wb. a. a. o.: mnd., s. weltchron.
prol. 68 unter I, B, 2, c;
wente na gelde unde na gude steit alle min mOt
likerwis alse der katten na der müs döt
des dodes dam 976.
nhd. danach stehet mein sinn, danach strebe ich Campe;
*. Mathesius Sar. 14» %irui Guarinonius 749B unter I,
B, 3, d, ßunds; bat sy fir mich den vatter, solte mir
ein delchlin kaufen, darnach altzeit mein begirdt stündt
Fel. Platter *. 140 Boos; isz, wenn du bist hungrig
und greife nach allem, wonach der sinn dir steht Raabe
hungerpastor (1864) l, 177 (8. kap.);
yedoch so stet meins hertzen gyr
noch lobes preisz und hoher kunst
Pfarrer v. Kalenb. 10;
der hitz wolt er entweichen,
nach schatten stundt sein will
Zincgref auserl. ged. 15 nendr. (10, 36);
nach tugendlichen ehren
stand ihm herz, mnth und sinn
Arnim 13, 44 (uunderh. 1, 38 Birl.-Crec.).
nach im Wechsel mit auf, s. H.ätzlerin I. 17, 17 unter I,
B, 2, /, Tj, aa. — *. ferner c, ende.
ec) zu etwas besonders in älterer spräche, s. mhd.
wb. a. a. o.:
sin fürsaz und sin muot
ste niht ze guot (er habe nichts gutes vor)
Ottokar rdmchr. 944Ö5 ;
das dem helden stunnd all sein syn
zfi dem weydwerck unnd dem pirschen
Teuerd. 30, 2;
es steht auch all mein gmfit und sinn
zft k&stlichen und schönen dingen
Fischart ßöhh. s. 6 nendr. (84);
schlafen, zum schlafen
da steht mir mein sinn
u-underh. 2, 582 Boxberger;
denn wir warten auff dich herr . . . , des hertzen lust
stehet zu deinem namen und deinem gedechtnis Jes. 26,
8; s. femer Schwartzenberg Otc. 157», H. Sachs i, 50 •";
buch d. liebe 221*' uitter I, B, 3, b, y; e, a; d, ß.
S) auch in bezug auf personen, bes. die man liebt.
aa) sinn, herz, verlangen steht nach einem (einer):
gott wolt, sein hertz und gemöt nach mir stand, als
das mein sich nach im senet und kr&ncket Wickram
1, 219, 18 Bolte {Gabr. c. 11) ;
nach jhr steht mein verlangen,
mein sehnlich hertzegird
Melissus bei Zincgref auterl. ged. $. 8 neudr.;
nach Ursula stund sein sinn
wunderh. 1, 225 Boxb. ;
noch viele heimliche Verehrer zählt
der röm'sche gStzendienst auf dieser insel.
die alle nähren feindliche gedanken,
nach dieser Stuart steht ihr herz
Schiller 12, 452 (Afarjä Sf. 2, 3);
zu einem:
sin muot stunt zuo sime liebe dar
busant 424;
alle ire gedencke zö im stunden Arigo decam. 127, i
Keller (2, 8); zu dir, zu dir, du meines lebens-aufTent-
haltl stehet mein sinn, gemüth und auch der entschlusz,
. . . entweder das leben oder den tod zu empfangen I
Simpl. sehr. 4, 37, 23 Kurz {vögeln. 2, 4). so auch in neuerer
diditung, s. Tieck l, 145 unter I, B. 3,/, y, dd. mhd. auch
mit an, s. mhd. wb. 2, 2. 574».
bb) entsprechend findet sich wider, zum ausdruck einer
feindlichen gesinnung und absieht: denn seine gedancken
stehen wider Babel (irats ^sa-'ry-'S gegen Babel [ist] sein
plan, besehlusz), das er sie verderbe Jerem. 51, 11;
der Christen gschwomer feindt ich bin.
wider sie steht mir mein denckh und sin
Endinger judentp. 1, 368.
f) die ergänzung icird durch einen inf. gegeben: doch
stund allweg ir gemöt zebehalten desz lybes rainikait
unvermalget Steinhöwel de claris mul. s. 131, 8 Drescher;
sie suchten nicht wie sie Jerusalem strafften, . . . sondern
schlecht« ZQ verderben stund jre meinange Luther 4, 848'*;
1659
STEHEN (II. D, ö, e-i)
STEHEN (H, D, 6. «-7. a)
1660
zu mehren derer preis, die deine kr&fllen mehret,
steht eintzig nur dein sinn Logau 1, 8, 99, 38.
durd% einen inhaltssatz:
so wisszet dasz min befrere stad,
dasz ir mer Johannes heubet willet geben!
AUj'eld. patsionesp. 997 {ebengo 970) ;
*. attch Hütten 3, 533 unter I, B, 2, /, //, bb. — sein {Mosia)
sinn ist dahin je und alle wege gestanden, das er allen
gerne geholffen hette Li'ther 16, 26, 12 Weim.
5) zmceilen ist die ergänzung gar nicht ausgedrückt,
s. 2. b. Storm 3, 230 tmter I, B, 3, e, d.
f) so iceiterhin jemandes vertrauen, Hoffnung steht zu
einem {neben auf, in, an einem, s. 's, a. a; b. a; c, a,
mit ettcas andrer nunnce): o ersamen richter min ver-
truwen stund zu miner fürsprechin mir getrüwlich dz
wort zetön Biederer spiegel d. waren rhet. (1493) C 4»;
zu dir Stadt all unser Zuversicht, unser hoffnung und
zäilucht Eberlin v. Günzburg l, 2 Enders, vgl. unter
I, B. 2,/. Tj, dd;
so hoch entzückte mich der gottes-sohn,
zu dem gestanden jähre lang mein hod'en
TiECK 2, 87;
ao auch {noch näher an 3, a,a): die edel hertzogin . . .
jrem aller liebsten ritter, zä welchem jr heyl und er-
lösung stönd, anfieng ein brieff zu schreiben Gähnt/
(1540) 109'' (Wickram l, 145, 14 Balte), ähnlich: dann
unser gloub stat grundlich allein in die gottheit
ZwiNGLI 3, 7.
g) anderes: in welches end desz wysen man mainung
Stande Stainhöwel de claris mul. 40, 26 Drescher {vgl.
I. B. 1,/. y);
aufT zanck und hader stet mein rath
Schwartzenberc; 136''.
in andertn sintie:
wen Hollant harde antradt,
to deme stunt yo kume radt (/wr den gab et keinen rath,
keine möglichkeit),
dat he alsus mochte nezen
d. gtädie ehr. 16, 142 {Braungchw. schichtsp. 1241).
ungewöhnlich: weil . . . ein fast durchgehender com-
mentar nöthig seyn möchte, um den standpunct des
Vasari, mit dem standpunct eines neuern, ins allge-
meinere stehenden kunsturtheils zu vergleichen Göthe
briefe 15, 151, 8.
A) itn älteren nhd. ein brief steht an einen, ist an
einen gerichtet, adressiert, für ihn bestimmt; icelche be-
deutung einerseits an d anknüpft, andrerseits sich mit
9, h, ß. t berührt: darauff langte sie ihm auch das
{brieflein) ausz ihrem sack, so an ihn stunde Simpl.
»ehr. 4, 4«, 32 Ktirz {vögeln. 2, 6);
so wir nun lesen den begrielT,
80 thut der briefl" nicht an uns stehn
sonder thut ehesachen angehn,
mit denen wir nichts habn zuschaffn
Ayrer 1, 125, 33 Keller.
so ferner Endinger jud^nsp. 1275 unter I, B, 2, /, tj, bb. mit
bloazem dativ ohne präp. (/); ein brieff von hcrn Dyel
von Beldershein und stet hern Johan von eins sedel-
hoffs wegen Heidelberger urk. v. 1402 bei Diefenbach-
WClcker 863. — ähnlich noch im österreichischen:
ein brief mit geld steht in ihr haus
Raimund* Vorgänger ». 218 Fürtt
(Mbisl prim. Europa 2, 5);
^eh bin nicht zu ende mit den Überraschungen, die
grOizte stand dir noch ins haus, da ist sie.' noch ein-
mal wurde das paket mit beiden bänden ergriffen . . .
KBNKR-EfiCilENBACH 8, 117.
i) verbUuzt iat die sinnliche bedeutung in der Ver-
bindung dahin stehen für das noch häufigere dahin-
gestellt sein, unentschieden, ungnrisz sein, dabei liegt die
vorHeUung tu gründe, dasz es fort, beiseite gestellt xcird,
dan man sieh nicht weiter damit tteschäftigen xcill. in
ähnlichem sinne früher: we it darom weire, dat ste da
it «te d. Städte ehr. 13, 18S, 7 {Cölner jahrb. 1440). dahin
stehen ist teit dem n.jahrh. naehttiweisen, s. den beleg
MM LoOAU, ih. a, en; es steht dahin, incertum, in
amibifui0 tat, in medio relinquitur, purum erploratum
ttt Stiblrr Slts; es stehet noch dahin, questo <> anrora
ineerto Kramkr diel, t, W7*: es siebet vii-linchr noch
dahin, ob selbst ihre Sprachlehrer und sprachgelehrten sich
des grundes, warum in ihrer spräche so verfahren wird, be-
wuszt sind Adelung umständl. Uhrgeb. 1,647; in weniger
als einer Viertelstunde, war derselbe {luftballon) nunmehr
den äugen entschwunden ; und ob man ihn wieder auffinden
wird, steht dahin Kleist 4, 20.S, 30 E. Schmidt, dufilr:
noch stand es in des königs macht, den stürm zu be-
schwören, er hatte es noch nicht entschieden abgelehnt
die schaden zu ersetzen . . . aber während das noch
hinstand, schlössen sich schon die jütischen berren . . .
zum kriegsbunde gegen Dännemark Daiilmann gesch.
V. Dünnem. 2, 30.
7) in andern präpositiotialen Verbindungen, bes. mit in,
entwickelt stehen die modale bedeutung 'sich in einem zu-
stande befinden', vgl. G, 11 — 12.
a) so meistens mit in {vgl. G, U).
a) in blüle stehen u. ähnl.
aa) eigentlich; schon mhd.:
vil boume stuont in blüete
von dem sUe;en luft des meien
Parz.96, 18;
an meinen ärmlein schlaft ihr nicht,
ihr bringt mir dann drei rosen,
die . . . stehn in voller blüthe
Arnim 13. 330;
zimmet und nägelein, rosen und schasmin und der
stark duftende holunder standen hier im schönsten flor<>
maleh Müller l, 29. bildlidi:
was in der bl&hte steht, das fället leichtlich ab
Grob dichter, vertuchg. 39.
mit deutendem zusatz: Egmont . . . konnte es nicht von
sich erhalten, die saaten seines glucks zu verlassen, die
an dem hofe der regentin jezt eben in voller blüthe
standen Schiller 7, 176. ähnlich: wenn 't in gräunen
un bläuhen steiht Beuter 3, 40, so Seelmann, zu C, li. «
hinüberführen d :
seine kinder werden stehen
wie die rosen in der blUht
P. Gerhardt 431, 2.
sonst übertragen, zu frühest au f reiche : Optimum regnum
fuit Aegypti et in der plue ists gestanden Luther 16, ö, i
Weim.; er {Arm.) habe Rom, ... da es in der grösten
blute seiner macht gestanden, . . . hertzhafft angegriffen
Lohenstein Armin, l, vorber. 4''. in neuerer zeit in
mannigfacher anwendung: ihre reize, die in ihrer höchsten
blüthe standen, erhielten für mich . . . einen neuen
glänz Pfeffel pros. vers. 5, 16; als ich meinen letzten
ausflug machte, war eben die deutschheit aufgekommen
und stand in ihrer dicksten blute Eichendorkf incog-
nito s. 81; Selbstgefühl entfaltete sich schon im vorigen
Stadium im reichlichsten maasze in unserer brüst; jetzt
steht es in voller blüthe Baabe d. hungerpastor i, is«
(7. kap.).
bb) ähnliclie ausdrücke: einmal, als die bäume wicdiM-
in frischem grün standen Grimm märchen s. 9 {nr. :!
dar m^de he (ti. palmbaum) stret unde spreit
unde al in einer grOne steit
van d. holte des hill. cruxet 267;
ach! dasz du fortgehst, liebe mutter, da die schöne
Jahrszeit kommt, ... die weiden in saft stehen malkr
MÜLLER 1, 120. freier:
der frUhling kommt, der hinimol lacht,
es steht die weit in Veilchen
Storni ged. 4 {oktoberl.).
so häufig im bilde: die weit richtet verblühte Schön-
heiten weit strenger, als blumen die noch in ihrem
vollen wüchse stehen Schuhart leben »i. gesinn. 1, 178;
die honorarforderung will ich höher stellen; jedenfalls
so, dasz sie erfreut die fruchte ihrer mühen besser in
ähren stehen sehen, als sie gedacht A. v. Droste-
HOlsiioi'f //nV/r 2.19 (Lkvin Scim'ckino an .4. r. D.H.);
de rechte tid müszte hei afpassen, sine schönen, gold-
gelen waukcrblaumen mUszten irst in saat stahn Hkutkr .
8, 167, 86 Seelm. {strömt. 1. 9); ■■
ei, welch ein vlQ:i^i(ic, ziniic hoch
die bluomen mtn durrhviuhtot, da; «i al&nt nflch wünsch«
in »prungo (da»: nie enlrpringen)
Fkaukni.ob vrountn leirh l'J, 84;
1661
STEHEN (II, D, 7, a)
STEHEN (II, D, 7, ä)
1662
dann, wann . . . die reiche ernte
der missethat in vollen balmen steht,
und einen schnitter sonder beyspiel fordert
Schiller 5, 2, 219 (,dom Karl. 2, 5).
vgl auch: man war überhaupt in ein Zeitalter getreten,
da eine öffentliche meinung über die weltlichen dinge
in der ersten entfaltung stand Dahlmann /ranz, revol. 7.
cc) allgemeinere ausdrücke: die Schöpfung um mich
her stand umgewandelt in neuer pracht maler Müller
1, 33; auf dieser so anmuthigen insel grünten nun aller
ley der herrlichsten bäume; alles . . . stand in herr-
lichster fülle 51; nun standen die birnbäume in der
fülle ihrer kraft Ebner-Esghenbach 4, lO;
durch wessen kunst steht dein gebein
in ordentlicher fülle? P. Gerhardt 432, 5;
obgleich die Schöpfung in ganzer Schönheit stand
Dusch verm. werke 12.
(Id) zuweilen mit andern präp.:
der grüene walt m i t loube stät
minnes. frühl. 108, 10 ;
die boame
in der werlde stänt mit wünneclicher blttete
Neidhart v. Reuental 130, 2;
es sollen dise monats zeit {im mai) die bäum und er
dem laub stehen Fischart praktik s. 18 neiidr.
ß) in {früher im) feuer, in flamme(n) stehen u. ähnl. ;
eigentlich: das die allererste fewrkugel . . . dergestalt
gewircket; das die stadt ... in weinig stunden gantz
im fewr gestanden Chemnitz schwed. krieg 2, 576*;
als aber der morgenstern im osten herfür flackerte,
sähe ich meines knäns hausz in voller flamme stehen
Simplic. s. 18 neudr. (l, 5) ; beim religionskriege, da mein
vater verwundet und zerschlagen aus seiner im feuer
stehenden hütte floh mährleinb. (1799) 18; als ein sieb-
zehnjähriger Jüngling . . . bestieg er bei einem ganz im
brande stehenden hause eine leiter Kerner bilderb. 44;
da erst bemerkte sie, dasz die kammer schon halb in
feuer stand Hebbel 8, 234; sieht er toben die männer-
schlacht über die Weiserheide, die steht in brand und
flammen E. v. Handel-Mazzetti d. arme Margareth 343;
prasselnd schlägt die flamme aus,
straszen stehn in glut und graus
Müllner schuld 4, 4, r. 1985;
da stieg ein heftig feuer auf,
ich sah mein haus in hellen flammen stehn
Arnim 6, 146.
»o auch, vom haus auf den bewohner übertragen:
wenn erst Ukalegon, dein nachbar, steht im rauch,
so gilt es deiner wand und deinem giebel auch
Rachel Bat. ged. s. 53 iieudr. (4, 371);
anders :
der ganze körper steht in feuer,
ich fühle kaum dasz es im nacken brennt
GÖTHE 41,330 (Famt 11,5, v. 11785). —
im bilde: während das staatsgebäude in vollen flammen
stand Mo-MMSEN röm. gesch. 2*, 319. so auch: das erregte
seinen Unwillen, weil doch schlieszlich noch ganz andere
türme im wetter standen Schaffner in: unterm firne-
licht 183. von feuerähnlichem; der morgenröthe:
es steht ein berg in feuer,
in feurigem morgenbrand
ElCHENDORFF *1, 455.
vom erröthen: sobald man ihr nur ein wort sagt, . . .
gleich stehen ihr die backen in feuer Lenz i, lo Tieck
{hofm. 1, 4); während er fühlte, dasz seine wangen in
hitze standen Th. Mann königl. holieit 78. auf seelisches
angewandt bes. als bildliclier atisdruck für liebe, vgl.:
sie macht es, wie alles frauenzimmer, die nicht ge-
stehen wollen, dasz sie verliebt sind, ob ihnen schon
lang und leber in voller flamme stehen Stranitzky
ollapatr. s. 45, 12 neudr.; mein herz steht in flammen
Arnim 6, fti. auch mit persönl. subj.:
dein herz ist noch von liebe frei
und meins steht lichterloh in feuer
Hoffmann v. Faller.slebkn gred.»80;
es brennt in Wahrheit jung und alt;
es steht so reich als arm in flammen
Gottsched ged. 1, 221.
ron aufregung. zorn: wie du doch den augenblik in
feuer und flammen stehsti Schiller 2, .S60 {kab. u. l. i, i).
y) von lichtverhältnissen u. ähnl.
aa) in licht, im lichte stehen ; mit näherer bestimmung
in vollem licht, häufig in freierem sinne: nun noch ein
gewagterer blik über die Universalgeschichte des ganzen
menschlichen geschlechts . . . und die Wahrheit des bis-
her gesagten wird in ihrem vollesten lichte stehen
Schiller l, 155. ähnlich: doch so lebhaft dies bild aus-
gemahlt werde: so ists nicht das bild des menschen —
es ist nur 6ine seite seiner Oberfläche und auch die
stehet im faschen licht Herder 5, 94. — im eigentliclien
sinne dafür: sie sah das freundliche haus auf grünem
hügel in eitel sonne stehen Zahn die da kommen s. .35.
ferner {vgl. ß), in locale bedeutung übergehend:
und räthselhaft steht rings die gegend
im glänz des abends Tieck 7, 59.
entsprechend im schatten: dasz in manchen fällen eine
im schatten oder in der dämmerung stehende weisze
fläche für eine graue gelten kann Göthe 52, 28 (farbenl.
1, HI, 35).
bb) von den mondphasen, der mond steht im ersten,
letzten viertel, auch in mannigfachen übertragenen ge-
brauchweisen: meine lustigkeit hat abgenommen und
steht itzt sogar im letzten viertel Tieck 6, 72; ich . . .
wurde theils vor kummer. theils von den neumonds-
portionen, die aber immer und ewig im ersten viertel
stehen blieben, mager wie eine schindel Gaüdy sämmtl.
werke 2, 150; dor satt Gottlieb — ... wo vordem de
binnensid von fru Nüszlern ehre backmoll satt, satt nu
en rechten anständigen buk, de ogenschinlich in den
taunemenden mand stunn Reuter 3, 251, 28 Seelm.
{strömt. 3, 47). — mehr örtlich in bezug auf die zeichen
des thierkreises . s. der ew. iciszh. betb. B 7* unter I, B,
2, /, a, bb.
cc) von färben: der himmel stand in einem wolken-
losen blau Fontane 6, 70 {quitt 9);
deszgleich auch ein jeder planet,
in seinen sondern färben steht
ScHEiDT grob. 4C46.
daneben {vgl. B, 10):
und nechten da ich bei ir war
ir angesicht stund vol röte
Uhland volkgl. nr. 73, 2.
6) femer: der garten stand in fliederduft oder im
duft des flieders, die rose steht im thau u. a. ,• so schon
mhd. {vgl. Grimm gramm. 4, 818):
seht, w^ie heid' und anger lit,
unt [wie] der walt in tüften stät
minnes. 1, 65' Hagen;
waj gelichet sich der wunnen,
da ein rose in touwe stät 348''.
äugen stehen in thränen {vgl. B, lO, e):
zum zweitenmal sah ich dich abschied nehmen,
dein göttlich aug' in thränen stehn
Lenz ged. «. 88 Weinhold.
e) abstracter. im gleichgewicht, in Ordnung stehen i«.
ähnl.
aa) im gleichgewicht, eigentlich von der icage; im ver-
gleich oder bild: sollten wir denn auch die trost volle
aussieht haben, unser leben hindurch zu denken, gedan-
ken gegen gedanken und zweifei gegen zweifei unauf-
hörlich abzuwägen, indesz die wage ewig in einem er-
müdenden gleichgewichte steht? Tieck 7, 174, vgl. 30!»
und 8. 298. freier: eine gewisse feyerliche grazie bei ge-
wöhnlichen dingen . . . kleidet ihn wohl, weil er sehen
läszt, dasz er überall im gleichgewicht steht Göthe
19.152 {W.Meister 5,3); wo die beweglichkeit der an-
schauenden kräfte mit der fülle der empfänglichkeit in
schönem gleichgewichte steht A. W. Schlegel im Athe-
näum 1, 23. dafür im älteren nhd. : dieweil aber die Car-
thaginenser on allen eintrag das meer beherschten,
stand der krieg zwischen jhnen unnd den Römern gleich
inn der wag Xylander Polyb. 13 {ii^vyoaxaxfZxo avxolq
6 noXefiog) I. 20, 5): Lycurgus {hat) ... alle fugenden
unnd eigenschafTten der besten policeyen zusammen
gestossen, darmit . . . die policey ... in gleicher wag
stehndt, lange zeit bestendig bliebe. 328 (iva . . . iaop-
QonoTv xal ^vyoaxaxovfievov inl rcoXiiöianhyVl, 10, 7);
8. auch Paracelsus 2, 355 B unter I, B, 2, /, 6, dd; nimmt
dannenhero einen hauffen der neuesten reiff-pfennige,
wegt solche gegen die ducaten, also, dasz beyderley sor-
1663
STEHEN (II. D. 7, a)
STEHEN (H, D. 7. a)
1664
ten in einem gewichte stunden Zenoorius teutsche
tcintemäehte (1682) 84; his dahin war Teuschland zwi-
schen den Italiänern . . . und den Franzosen . . . gleich-
sam in der wage gestanden Leibniz deutsche sehr, i, 458
{ymvorgreifl. ged. 26). dafür auch: vor dem Schicksal
stand die wage lange in der schwebe Görres sehr. i. 116
{vgl. th. 9, 2364). entsprechend der Unterscheidung von sta-
bilem und labilem gleichgewicht haben diese Wendungen
bald den sinn der festigkeit und beständigkeit {s. oben Göthe
und Xylander 328), bald den des unentschiedenen, un-
sichern (Leibniz). in der schwebe nur in letzterem sinne:
als noch alles in Versailles in der schwebe stand, ob man
den krieg auch wolle, den man drohte Dahlmann /rojiz.
revol. Ih. so wohl auch in dem ältesten belege: und ich
durfft drauff etwas wetten, wo der bäum auffrur nicht
were drein komen, es hette sich ein auffrur unter dem
adel Widder die forsten . . . erhaben, sogar stund Deutsch
land ynn einer wage Luther 19, 644, 6 Weiin. damit
berührt sich auf der kippe stehen, s. 3, o, y, dd.
bb) von andrer gleichheit: dann nicht allein ein fewr
gewesen ist, sonder viel hunderterley fewr, da keins im
grad gestanden ist wie das ander Paracelsus opp. 2, 5B;
der ist gedoppelt grosz, wo adel und verstand
in gleicher höhe stehn
Treuer deutlicher Däd. 45;
nun ist klar, dasz es ein drittes geben müsse, was einer-
seits mit der kategorie, andererseits mit der erscheinung
in gleichartigkeit stehen musz und die anwendung der
ersteren auf die letzte möglich macht Kant 4, 99 Berl.
akad. {kritik d. r. vern.^ 138),- bei dieser neuen philologie
stehen aber alle zungen des erdbodens in demselben
recht J. Grimm, s. th. i, s. X.
ee) in Ordnung:
wir wollen uns ansehen,
ob unsre kleider in Ordnung stehen !
Hartmann volksschatiep. s. 107 (XVI, 56) ;
in einer stadt, wo parität
noch in der alten Ordnung steht
GÖTHE 2, 222.
dd) in ruhe u. ähnl. :
wenn andre ohne noth in krieg und unglUck rennen, . . .
80 wird dein treues land in süssem friede stehn
Neu KIRCH ged. 191;
wann wird sich die Vernunft bey uns doch kräftig weisen?
wenn wird das herz in ruhe stehn?
Gottsched ged. 1, 10.
das gegentheil: und {Wenczlab) ward entzetz dar umb:
daz er gehengt und gestat het, daz di heylig kirchen
lang zeit in irsal und zwayung gestanden wer mit
zwayn pebsten d. städt. ehr. 1.51,24 (Stro.mer, Nürnb.).
ee) in bereitschaft: lief die fräulein v. Z. sogleich zur
hertzogin ins zimmer, um aus dero apothekgen, wel-
ches jederzeit in bereitschailt stunde, einen hertz-
stärckenden spiritum zu langen, cav. im irrg. s. 418
neudr.; selbst der scharfsinnigste köpf wird besorgt sein,
dasz jener schon alle seine ideen habe, und jede Wider-
legung bei ihm in bereitschaft stehe Tieck 7, 317. —
weil aber die sach ynn der eile stund, haben wir uns
selbst ewer kunst zu antworten unterstanden Luther
36, 542, 10 Weim.
ff) früher in einem weson stehen : aller geschaffnen
dingen, die da in zergenglichem wesen stehen, ist gewesen
ein eyniger anfang Paracelsus op]p. 2, i C (in viehischer
vernanfft 888 A, a. unier \, B, 2, /, t\, bb). in wesen stehen
aUein für 'existieren, vorhanden sein', s. Münster cos-
mogr. 115 unttr \, B, 2,/, rj, cc. ähnlich:
dat mtn levent mochte lenger st&n in bobolt,
dArumme werde nicht gesparet aulver efte golt.
det dodet dam 195.
gg) ei liehet im alten, velu» conauetudo manet Dkntz-
kein wunder, daaz die zeit ihm atille sUnd
und daaz er meinet, alle« eteb' im alten
UiiLANO ged. IM.
hk) in gebraach stehen, gebraucht werden: die zeit-
lichen gflter stehen ynn dreyerley christlichem brauch,
ond aber die drey ist noch ein weltlicher brauch Luther
19, an, U Wtim. ; die halbcylindriMohon führen oft den
namen wienerfifen, weil sie in der Wienerfabrik , , . bin
zum jähre 1886 im gebrauche standen Prechtl technol.
encyclop. 18, 888. —
kein wahr steht mehr im alten kauff
H. Sachs 1, 332>'.
so sagt man noch jetzt: diese wäre steht noch in dem-
selben preise.
t,) in ehren stehen geehrt werden:
denn welche Wissenschaft, die ländem irgend nützt,
steht nicht an seinem hof in ehren?
GOTISCHED ged. 1, 11;
(eingemachte) palmensprossen und ähnliches naschwerk,
welches bei den barbaren in ehren steht, weil es nicht
inländisch ist Freytag bilder l, 155. {mit andrer nuance.
ehrenhaft, untaddhaft sein, s. Storm 8, 196 unter I, B. 3,/,
y, ee.) ähnlich, s. Abraham a S. Clara mercks Wienio (in
höchster glori) und Wieland Ag. 2, 302 unter l, B, 3. d, e
und b, 6; jene {die maschinerien Homers) konnten in
keinem gröszern ansehn bey den beiden stehen, als . . .
briefe über m^rkic. der litt. 17, 3* neudr. ; die kunst ro-
mane zu schreiben, steht nicht in dem rufe, den sie
verdient Göthe I 40, 225, 8 Weim.; weil ich . . . das ab-
surde und unsinnige in allgemeiner bewunderung und
Verehrung stehen sah Schopenhauer i, 16 Orisebach;
nur die thalwiege . . . stand im rufe der gänzlichen Un-
fruchtbarkeit Stifter s. werke 3, 72. so auch: was hier-
von zu halten, mag ein jeder leicht ermessen: ich lasse
es in seinen würden stehen Aitinger weidbüchl. (i68l)
A4» — das gegentheil: hie stehet doch der arme becher
weins so blos ynn allen schänden, das er nicht sehend-
lieber stehen kundte Luther 26, 398, ii Weim. vgl. un-
ten b.
T]) in bezug auf gemüthszustände oder moralisches nur
bei persönlichem subject, s. C, 11, i — k, oder bei umschrei-
bungen von personell, wie:
ir herze stuont in bitterkeit Boner 54, 19.
oder bei collectivem subj.: we dit bok leset, de schal dat
wol bekennen, in welkeme ungeloven . . . Sassenland
gestan heft d. städte ehr. i, i. 7.
d) etwas steht in rede, zweifei, aussieht u. ähnl. am
frühesten bezeugt in zweifei stehen: als der frede noch
in zwyfel stunt d. Marienb. treszlerb. s. 397, 13 Joachim
{vom j. 1406); es ist zu erbarmen, das ein mensch . . .
sich wundert, das eyn man ein weib nimpt . . . weil
sich niemant wundert, das menschen essen und trincken
pflegen, und diese notturft, do das menschlich wesen
herkompt, soll erst noch ynn zweifiel und wunder ste-
hen? Luther 18, 277, 17 Weim. frühnhd. getcöhnlich viif
art.: in der grösten not, alldieweyl der sig noch im zwey-
fel stund Stumpf iSc/ncyfzer cAron. 697''. ebenso ist schon
frühnlid. belegt etwas steht in meinem wissen, s. Huttkn
2, 182, 22 unter I, B, 3, /, ß, ff; mit dat. (das nicht der
astrologey in wissen stand), s. Paracelsus 2, 489 unter
I, B, 1,/, y. — sonst gehören diese attsdrücke der neuertu
spräche an; in frage stehen {neben zur frage stehen,
s. 4, g; anders ntianciert) angezweifelt, bestritten werden:
sie {die Standarte) war so recht eigentlich das symboI
der militärischen autorität des königs, deren geltung
jetzt in frage stand Ranke werke* 16, 150. in rede: der
erste dieser kanäle flieszt in den Anio, der zweite hier
in rede stehende ist . . . tausend schritte weit durch
eine felshöhe getrieben Moltke sehr, l, 179. häufig in
aussieht stehen, erwartet werden: bald müsse das blut
stromweisc flieszen; nachher aber stehe eine gesegnete
zeit in aussieht Ebner-Eschenbacii 8, 18S; gebietsver-
gröszerungen standen zu Wien nicht in aussichtTRBiTSCH-
KE d. gesch. 1, 880.
i) von beziehungen , Verhältnissen zwischen mehreren
dingen.
aa) der allgemeinste ausdruck in einem Verhältnisse
zu etwas stehen verlangt eine nähere bestimmung: das
verhältnisz zu bestimmen, worinn eine so merkwürdige
Übersetzung zu ihrem originale steht Gkrstbnbrho re-
tensionen a. 809, 8. anstatt dta heute herrachenden zu ist
früher mit üblicher: diese ideo steht mit ihrer sccie in
einem weit andern verhältnisz, als mit der mcinigen
(Gkrstrnbero) br. über merkw. der litt. 886, 8S naudr.;
woher kommt es, dasz der amtastolz so gern im ent-
Kegengesezten verhältnisz mit dem wahren Verdienste
1665
STEHEN (II. D, 7. a)
STEHEN (II, D, 7. a-8, a)
1666
steht? Schiller 3, 510; hängen diese beyden künste
(romane spielen ti. schreiben) unter einander zusammen,
oder steht diese mit jener in umgekehrtem Verhältnisse?
A. W. Schlegel tm Athenäum l, 2, 44. daneben: in um-
gekehrtem Verhältnisse gegen einander stehen 1, 1, 141.
eine andre construction, die ebenfalls nicht ein einfaches
verhältnisz , sondern eine proportion bezeichnet, ist: die
tonhöhen der pfeifen stehen im umgekehrten Verhältnis
ihrer längen u. ähnl.; nach dem ausgemachten gesetze
der Umlaufszeiten {der sterne), die im verhältnisz der
quadratwnrzel aus dem würfel der entfernungen vom
mittelpunkte stehen Kant l, 253 Berl. ak. {naturgesch.
des himmels l).
bb) in beziehung, Verbindung, Zusammenhang, Ver-
wandtschaft: wenn es seine richtigkeit hat, dasz alle
dinge in der weit in der genauesten beziehung auf ein-
ander stehen Wieland i, 33 (Agath. i, 2); so ist es die auf-
gäbe der physischen geographie, nachzuspüren, wie auf
der Oberfläche der erde sehr verschiedenartige formen . . .
doch in geheimniszvoller genetischer beziehung zu ein-
ander stehen Humboldt kosmost, 56. dafür ungewöhnlich:
in bezug stehen mit Brentano 5, 65. — bey aller dieser
Verschiedenheit, stehen dennoch die schönen künste mit
den schönen Wissenschaften, und die gattungen beyder
unter sich selbst, in mannichfaltiger und genauer Verbin-
dung EsGHENBURG enticurfe. tlieorie (l'SS), s. 7, § 7; dazu
kömmt meine neigung zur dichtkunst und zu allem, was
mit ihr in Verbindung steht Göthe 19, 154 {Wilh. Meister
5, 3) ; ob zwar die säle des ganzen geschosses alle in Ver-
bindung stehen, und man ihre reihen durchwandern
kann, ohne umzukehren Börne ges. sehr. (1829) 5, 210;
wenn dergleichen wesen viel sind, die mit keinem dinge
der weit in Verknüpfung stehen, allein gegen einander
eine relation haben Kant i, 22 Berl. ak. — in Zusammen-
hang, s. Pl.\ten 354* unter I, B, 3, e, d; kein zweifei,
dasz die Vermählung mit der wahlsache eng im Zusam-
menhang stehe Ranke werke 1, s. 255, anm. 3. — dahin-
gegen habe ich von unnöhten erachtet: andere . . . dinge,
weiter, als sie mit der königlichen schwedischen partey
in verwandnus stehen, und unzertrenlich verknflpffet
seind, anzuführen Chemnitz schiced. krieg l (1648), vorr.
s. 3; diejenigen sachen, die mit seiner materie, welche
er besingt, in naher verwandschaft stehen Dusch verm.
krit.schr. 17. — ähnlich auch: wir menschen sind nun ein-
mal nicht anders und unser ohr scheint, noch mehr als
unser äuge, mit dem schicklichen im bunde zu stehen
Göthe briefe 15, 286, 19; auch stehen die männlichen ge-
werbe der höhern stände doch schon in etwas näherm
umgange mit Wissenschaften und künsten . . ., wie die
Verwaltung des hauses Fr. Schlegel jM$fend«cÄr. 2, 320, 4.
cc) in einklang, harmonie: sie bleibe so fest bei ihrer
Überzeugung, als nur einer seyn kann dem etwas inner-
lich wahr geworden, es möge nun mit der ihn umge-
benden weit in einklang stehen oder nicht Göthe 22,
115 {tcanderj. 2, 5) ; so war ehemals nur die '. . . Heidel-
berge ruine eine . . . wilde einsamkeit, die so schön mit
den verfallenen thürmen, den groszen höfen, und der
herrlichen natur umher in harmonie stand Tieck 4, 58;
*. auch H. Grimm Michelang. l, 63 unter I, B, 3,/, y, ee.
dd) in Wechselwirkung: und überall, wo wir grosze
kanstperioden erleben, da stehen immer kunst und un-
mittelbare Wirklichkeit in innigster Wechselwirkung
Hettner d. romant. schule 14. ähnlich: wunder stehn
mit naturgesetzlichen Wirkungen im Wechsel: sie be-
schränken einander gegenseitig, und machen zusammen
ein ganzes aus Novalis im AÜienäum i, 72.
ee) sehr häufig im oder in Widerspruch womit : geburt,
stand und vermögen stehen in keinem Widerspruch mit
genie und eeschmack Göthe 18, 294 {Wilh. Meister 3, 9);
zugleich fiel mir auf, dasz sie überaus abergläubisch
sein muszte, und das stand doch in hartem Widerspruch
zu ihrer sonstigen freiheit Liliencron letzte ernte 91. —
daneben: so findet man, dasz der edle Charakter der
dankbaren Octavia nur mit dem Charakter ihres un-
dankbaren verächtlichen bruders, keinerdings aber mit
dem Charakter der Kleopatra. unmittelbar in coUision
stehe Ayrenhofp (1803) 2, 243; die wechselnden färben,
das tumultuarische leben, stehn mit «ler würde des
X. 2.
gegenständes in solchem streit A. W. Schlegel im Athe-
näum i, 154; das weichgeformte kinn stand in seltsamem
kontrast mit dem geschlossenen munde E. Th. A. Hopf-
mann 1,11 Grisebach; jenen hang der mit seiner übrigen
lebenstendenz in dem sonderbarsten widerspiel stand
10, 40 {kater Murr 1, l); Italien indesz ist auffallend arm
an denkmälern der primitiven epoche und steht in dieser
beziehung in einem bemerkenswerthen gegensatz zu an-
dern culturgebieten MommsCn röm. gesch. 1*, s. 8.
ff) im vortheil, nachtheil gegen: war jenes komplott
{d. Bartholomäusnacht) eine handlung oder nicht viel-
mehr eine kette von . . . hunderttausend mangelhaften,
gegen welche ihre kleine wohlthat noch immer im vor-
theile stehet Schiller 4, 30i.
b) dafür mit bes. im mhd., vgl. Grimm gramm. 4, 713
und 818. s. oben a, cc, dd. sonst bes. mit ^ren (*. a, Q u.
ähnl., s. mhd. u:b. 2, 2, 571 •> f.:
dö staont mit solhen eren der hof unt onch da; lant
Sib. 1326, 1;
ir zweier minne was s6 ganz
und staont mit solheu triuwen
Parz. 365, 13.
so noch im iB.jahrh.: wo sie das nicht thun, so stehen
yhr lere mit schänden Luther 26, 331, 23 (=stehet z. 7),
vgl.: stehet mit allen schänden sprichic. 301 Thiele, a.
femer Wickram i, 6, 25 unter I, B, 2,/, r), dd.
c) dem, entsprechen als gegensatz ausdrücke mit ohne:
an alle missewende
stuont sin ere und sin leben
d. arme Heinr. 55;
die eigenschafft aber und maiestet der natur, wirt alle
zeit blosz on glauben stehn, wenn sie einer stückweisz
. . . begreiffen wolte {naturae vero rerum vis ... in Om-
nibus momentis fide caret) Heyden Plin. (l565) s. 5 (l, 7).
— so dann auch: weyl das reych on ein haubt stund, ward
darzü berufft Matthias Stumpf Sclncytzer chron. 6».
d) in der neueren spräche finden sich in ähnlicher ent-
sprechung, bes. zu a, & und i, Wendungen mit auszer:
so steht auszer zweifei, dasz es beiden zur gegenseitigen
ehre gereicht, treue diener zu bewahren Moltke sehr.
1,141; dasz ... höhere und niedere arbeit selbst nicht auszer
allem zusammenhange mit geburt und familie steht
Riehl deutsche arb. s. 32; man hat eben nur nötig, dinge,
die ganz auszer aller Verbindung gestanden haben, ge-
duldig durcheinanderzuschütteln, so fügen sie sich am
ende prächtig aneinander Speck zwei seelen 106.
e) hierher gehören auch die in älterer spräche begegnen-
den, verschieden nuancierten redeweisen mit nach:
sin hof wart aller freuden bar
unde stuont nach schänden
£rec 2990,-
das alles 'die Strafbemessung) stett nach gnaden steir.
taid. 40, 8; summa die gantze rede stund fürnemlich nach
der rhetorica und redekunst Luther l, 446'». so auch:
und wie ein treflich bild nicht nach dem leben stehet,
es sey denn durch die kunst mit schatten recht erhöhet . . .
Rachel sat. ged. s. 30 ndr. (2, 5).
8) modalen sinn hat stehen ferner in der Verbindung
mit adverbien und prädicativen adjectiven, die von B,
8 — 9 ausgeht {vgl. auch C, 13). ich stelle eine anzahl fester,
formelhafter Verbindungen voran:
a) fest stehen, vgl. B, 8, e, soicie A, 5, d; C, 13, o, ß und
unten 13, a, ß.
d) im eigentlichen sinne, a. B, 8, e, uiozu einiges nach-
zutragen ist. von einem messer, das nicht zusammenklappt:
er öffnete die grosze klinge ... bis mit leisem knacken
eine feder einschnappte, da stand die klinge im griff,
ganz fest Popert Harringa 56. ähnlich von gelenken:
also balde stunden {var.: wurden) seine schenckel und
kn6chel feste {iaTeQeco&jjaav) ap. gesch. 3, 7. anderes : von
dem an stehet dein stuel fest (=]i;:, var.: ist bereyt
deyn st.), du bist ewig />*. 93, 2; und bawet sein heiligtham
hoch, wie ein land, das ewiglich fest stehen sol {var.:
das er ewiglich grAndet hat, =niyfi mo« vnj«) 78,69.
T : TT: TT:
im allgemeinen:
wanken auch
die berge selb«t? es steht nichts fest auf erden
Schiller 14, 392 {TeU 4, 3).
105
1667
STEHEN (II. D. 8, a-c)
STEHEN (II, D, 8, c-d)
1668
ß) daran schliesien mannigfache übertragene gebrauchs-
iceiaen: und stehet unser hoffnung feste (ßeßaia ohne
verb) für euch 2 Cor. 1, 7; eben solche bewantnis hats
auch in unserer deudschen rechtschreibung mit iren
grundrichtigen Ursachen: diselbigen st&hen faste {im
gegensatz zum. veränderlichen 'gebrauche') Bellin hochd.
reehtachr. zuschr. 4»; wäre demnach jemand, der, was
Winckelmann gethan, nur für anfange halten wollte, so
widersprechen wir demselben nicht geradezu; aber wir
sagen, es sind grosze grundlagen, welche unbeweglich
fest stehen Göthe 37, 75; ihre mutter warnte ihn. aber
sein glaube stand felsenfest Ebner-Eschenbach 4, 336;
sein heyl und grosso gute
steht vest und unbewegt
P. Gerhardt 421, 3.
mit dativ der peraon: die sittliche weltordnung, der ge-
danke der pflicht steht ihm {Friedr. d. gr.) unantastbar
fest Treitschke d. gesch. l, 83. besonders vom tcillen,
von entachlüssen , Vorsätzen u. ühnl.: der erste versuch
zur räche an dem haus Oesterreich war fehlgeschlagen ;
aber fest stand der vorsatz, und nur die wähl der mittel
erlitt eine Veränderung Schiller 8, 252; er mag mir
heute darauf antworten, was er will, mein entschlusz
steht fest! Hebbel 2, 68, 22 {Mar. Magd. 3, lO); und so
steht es bei ihnen fest , dasz sie uns für immer ver-
lassen wollen? LiLiENCRON letzte ernte 51.
y) sehr häufig von tliatsächlichem im sinne zweifelfreier
gewiszheit: wäre es nothwendig für die bestimmung einer
ära dasz ihr anfangspunkt historisch fest stehe, so würde
die von der erbauung Roms . . . vollkommen unmöglich
seyn Niebuhr röm. gesch. 1, 185; ob Geesche . . . ver-
schmäht hatte, sich zu retten, hat sich nicht ermitteln
lassen, so viel steht fest, dasz von ihr . . . nur ein ver-
schrumpftes gerippe aus dem hause heraus gekommen
Hebbel 8, 249; fräulein Hardine ist deine mutter, das
steht so fest wie das amen im evangelium L. v. Fran-
C-ois d. letzte Reckenb. s. 20 ; seit dieser weihestunde stand
für muhme Justinen die gräfliche erbschaft fest wie ein
evangelium 98.
S) der Wortlaut einer rede, eines Schriftstücks,. Ver-
trages u. ähnl. steht fest, steht noch nicht fest, so sehr
gexcöhnlich feststehende formein u. dergl. dazu: tag um
tag wiederholte ich das gebet . . .; die worte standen
zuletzt formelhaft fest Loewenberg aus zwei quellen lii.
f) in demselben sinne gelegentlich:
mir steht das feste wort gewisz . . . :
die guten sollen siegen
Arndt 4, 6 Meümer.
ungewöhnlich im gegentheiligen sinne:
bawf&llig stund die hoffnung sein
Spreng Aen. 156'' (Caci spem . . . JefeUit 8, 218).
b) weniger häufig und weniger formelliaft ist sicher
stehen, eigentlich zumeist von personen, s. A, 5, d und
C, IS, a, y. weiterhin kaum verschieden von sicher sein:
sicher etc. stehen, stare sicuro etc. v. seyn Kramer dict.
2, 928»; auf die primären, die urversuche, kommt alles
an, und das capitel, das hierauf gebaut ist, steht sicher
und fest Göthe 22, 260 {wanderj. 2, betracht.); der hoch-
meister . . . zog endlich selbst gen Avignon, wo er bald
erfuhr, dasz der Staat der deutschen herren sicherer
stehe als die staatlosen templer Treitschke hist. u.
polit, aufs. '2, 27. besonders von geldern. a. unten 18, o, ß.
unsinnlicher, von zukünftigem, das mit bestimmÜieit zu
enoarten ist: dasz die Widerstandskraft Frankreichs nicht
in dem masze gebrochen sei, dasz ein unsrer erfolge
würdiger friede sicher stehe Bismarck ged. u. erinn. 2,
141 volksausg.
e) hoch, niedrig stehen u. ähnl., an B, 7 anschliesxend ,
vgl. auch C, 2, /.
a) mkä. häufig von einer 'gehobenen', freudigen Stim-
mung min muot, herze st&t hö(be), s. Grimii gramm.
4, M4 /. ,■ mhd. wb. «, », 67t *. nhd. erloschen ; andersartig .-
die Friedl&ndorin
denkt er davon zu Iraxen? nun! der «infall
gtfUlt mirl die fedanken eteben ihm nicht niedrig
SciiiLLiR It, t79 (Wollenst, t. 8, 4).
ß) dsn. /reitrsH gebrauekstoeisen der netursn teit liegt
mim Aeil die Vorstellung einer skala su gründe, vgl. B,
T,f von musikalischer tonhöfie, bes. von der Stimmung
eines instruments: das klavier, der flügel stehet hoch,
'hat eine hohe Stimmung' Campe (i); ich habe selbst eine
{ßöte) von dieser art in bänden, welche . . . eine quarte
tiefer steht, als die gewöhnlichen Quantz anveeisung d.
ßöte zu spielen (1752) 24 (l, § 4). {dagegen sagt man: ein
musikstück liegt hoch.)
y) häufig von geldverhältnissen. preise stehen hoch :
also bedeutet es lauter gute zeit, wenn die preise etwas
hoch stehen Hebel 3, 52; so ist es überhaupt noch eine
grosze frage, ob es besser sey, dasz der handlohn hoch
oder niedrig stehe Moser patr. phant. i, 103; wissen sie
denn aber auch, wie unbegreiflich hoch die miethen in
der Stadt alsdann stehen? Thömmel reise i, 390. dafür
auch: die waaren stehen hoch im preise, 'haben einen
höhere werth' Campe (l). weiter: weil aber damals der
cours in Gelnhausen sehr hoch stand . . ., so ward der
Wechsel- und tauschhandel sehr lebhaft Brentano 5,
109; einem lande mit erschüttertem kredit . . ., dessen
Obligationen tief, tief im kurse stehen Tu. Mann königl.
hoheitis. dazu auch: die Pfandbriefe stehen wieder al pari
Kleist 4, 220, 33 E. Schmidt.
6) S07ist in mannigfachen freieren gebrauchsweisen. von
einem reiche, in bezug auf seine macht, s. Schiller 8,
13 unter I, C, 3,/, y; do Rom am höchsten stunde, da
holet man die regenten vom pflüge Agricola sprichw.
(1534) V6»; da die römische macht am höchsten stund
M. J. Schmidt gesch. der Deutschen 1, 39. ähnlich auch:
das min {des tevj'els) sacb oben Stadt ufT erden,
vil künden wend mir wider werden,
die Christus mir hat brochen ab
H. R. Manuel weinsp. 1200.
— sittlich hoch stehen, sehr gewöhnlich: obgleich diese
zeit {das mittelalter) doch gewisz nicht sittlich höher
stand als die gegenwart Riehl d. deutsche arbeit 19. so
auch: die municipalitäten, die . . . durch fleisz und treue
hoch über jenen des alten Roms . . . standen Herder
23, 14 Suphan. — von entwicklungsstufen , so auch: wir
bemerken närnlich, dasz der griffel auf eben der stufe
des wachsthumes stehe, wo wir die staubgefäsze gefun-
den haben Göthe II, 6, 60 Weim. {zur morphol. § 69).
ähnlich: sie {d. blumen) stehen auf der höhe ihres tages
Zahn in: unterm firnelicht 334. eine krankheit steht auf
dem höchsten, s. Pfeffel pros. vers. 5, 64 unter I, B, 3,
e, "C,. — auf einem grade stehen: weil nun hier die färbe
des durchscheinenden glases auch auf einem hohen grade
von reinheit steht Göthe ."»g, 104 {farbenl. 2, 167).
f) häufig im sinne des werthes oder der xcerthschätzuug
(also von y aus übertrugen); schon mhd.:
vrouwe, ir sit schcene und minneclfche:
swie diu lügende höher stfi,
da; lät Sne ha;, ir stt doch beider rtche
minnet. 1, 317» Hagen (Rubin XVII, 4);
das gesiebt ist der edelste sinn, die andern vier belehrtM»
uns nur durch die organe des tacts .... das gesiebt aber
steht unendlich höher Göthe 23, 274; über Wallenstein
habe ich indessen vieles gedacht ... es wird sehr hoch
stehen wenn es fertig ist briefe 13, 256 {an Schiller 28. aug.
1798); der soldatenstand hatte vordem weit höher ge-
standen, viel getrennter vom übrigen volk Edm. Höper
aus d. volk (1852) 28. — etwas steht mir höher, gilt mir
mehr, ich schätze es höher: er {Oöthe) veriangte von jedem
{Schauspieler), dasz ihm die kunst höher stände als sein
liebes ich Ed. Genast tageb. 100; wenn ich ein Frank-
furter wäre, so würde mir Cassel ebenso gut einige grade
tiefer stehen, als dem Casselaner Göttingen J. Grimm
an JJahlmann 20. sept. 81, *. bri^w. 1. 7; für alle männor,
denen das Vaterland höher steht als die partei Rennh;-
8EN d. natiouallib. partei 20. so auch, in betug auf dm
subjectiven riiulruek: das verächtliche steht erhaben und
die erhabonheif fällt zu bodcn Tikck 7. 89.
d) gleich stehen runäekst von der vHige = im gleich-
gewicht Htehcn (7, a, (, oa). so auch: die schalen einer
wage stehen gleich, wenn sie leer sind ; sie stehen aber
auch gleich, wenn sie gleiche gewichte enthalten Sch 11. lrh
10, 84A. d^^filr auch Inno stehen, s. th. 4. 2, 2185/.: als-
dann lege Inn die eine wagschale, das kArnlein silber,
in die andere das bleykAmlein . . . und soviel von del-
1669
STEHEN (II, D, 8, d—f)
STEHEN (II, D, 8, f)
1670
nem probirgewicht darza, dasz es gegen dem körnlein
... gerade unnd recht jnnen stehe Ercker ertzt u. bergkw.
arten (1580) 17»; Schiller U, lO, s. a. a. o. femer ein-
stehen, s. das. 3, th. 3, 309. auch blcsz die wage steht,
s. B, 15, c. — sonst mit etwas oder einer sache gleich
stehen, eigentlich, dasselbe niveau haben, wie wasser in
communicierenden röhren, vgl. unter B, 7, e; freier im
sinne der gleichicerthigkeit : ich sah federzeichnungen, die
in der ausführung den Dürerischen handzeichnungen
gleich stehen Görres ges. briefe 3, 3 (H. J. Dietz anfrau
G.). von einer ebenbürtigen heirath:
ich halt darfür, . . .
der hevrat steh dir wol geleich
Spreng Aen. 63» (i, il/J.
e) einzeln, isoliert, für sich stehen, vgl. B, 8, / wid C,
18, e: es steht manches schöne isolirt in der weit Göthe
22, 218; weil man bei solchen schmuckdarstellungen nur
perle zu perlen reiht, so kommt das, was einzeln für
sich stehen und gelten sollte, auch blosz zur augen-
blicklichen erscheinung briefe 31, 44 (an Zelter i. jan. 19);
loser ist die Verbindung, wenn da hinzutritt: jene Pro-
phezeiung . . . geht über alle meine fassungskraft. stünde
sie einzeln da, hätte der Armenier seine rolle mit ihr
beschlossen, wie er sie damit eröffnete . . . Schiller
4, 259. dagegen hat einzig (da)stehen den qualitätsbegriff
der 'einzigartigkeit' : erst vor kurzem hatte er . . .Venedig
durch eine Verschwörung, die einzig in der geschichte
steht, nah an die klippe des Untergangs getrieben Klin-
ger 4, 253 {Raph. de Aqu. 5, 2). — über frei stehen s. g.
f) sehr häufig offen stehen, patere Frisch 2, 32G<^, in
mannigfachem eigentlichen und übertragenen gebrauche
(vgl. B, 9, g).
a) der eigenÜiche begriff des Stehens ist bewahrt, wenn
es von einer thür u. ähnl. gesagt unrd: die thüre steht
offen, janua patet Steinbach 2, 668; so schon Eulensp.
€6. 8. I, B, 2,/. Ti, dd:
thür und thor steht euch wider offen
H. Sachs 2, 4, it»;
ha! manchmal läszt sie mir die thür halb offen stehn,
seitblickt mich spottend an, ob ich nicht fliehen will
Göthe 2, 74.
bildlich: ich glewb, die pforten stehen alle offen zu
Rom, wer nur viel gelts bringen wolt Luther 18, 260, 4
Weim,. ebenso von fenstern : (das schlosz) dessen hohe
fenster und spiegelthüren nach der terrasse geöffnet
standen L. v. Franc-OIS d. letzte Reckenb. 47; häufiger in
der Umgangssprache die thür steht auf. vgl. aufstehen 9,
th. 1, 748.
ß) von dem räume, der durch eine thür geschlossen
wird: also das zu Rom die gantze zyt der fasten alle
metzge offen ston, dar inn . . . flaysch koufft und ver-
koufft Wirt Eberlin v. GCnzburg sehr, i, 20; die korn-
schütten, kästen und Speicher sollen allweg gegen nider-
gang der sonnen zum grösten tagliecht offen ^stehn Sebiz
feldb. 27; (die mutter) sah ihren offen stehenden kleider-
schrank Keller 4, 176; ein kanarienvogel, dessen bauer
. . . offen stand Fontane 5, 152. freier: mein haus steht
ihnen offen Adelung, als einladung zum besuche; dem
unerfahrnen, der meine bilder anstaunte, dem lüsternen,
der ihnen zulächelte, . . . ihnen allen sollte mein cabinet
offen stehen ThCmmel reise 9, 127. so auch vom grabe,
das freilich keine thür hat:
sie (d. gräber) dfint sich uf als ein tor,
wann daz mensch ffir her gee,
daz sin grab offen stee
Heinrich v. Neustadt gotteg zu*. 6143 Singer.
Y) von gröszeren räumen, so eigentlich von gärten u.
ähnl: meine abendspaziergänge richteten sich meistens
nach dem königlichen garten, der jedem stand zu allen
tageszeiten offen stand Hauff 2, 72 Red. freier:
ihm steh'n Tanfanen» hayn und heiligthfimer offen
LOHENSTEIN Armin. I,e4'>.
von lätulern. in verschiedenem sinne: Franzos {zu For-
tuna) ... die seekflsten in mittelmeere und die ober-
beherschung des oceans sollen mir durch deinen ge-
mflszigeten beistand offen stehen Schottel friedens sieg
». 24 neudr.; diese berge . . ., welche bei der ersten ein-
wanderung, als noch die ebenen {von Latium u. Cam-
panieii) . . . offen standen, verschmäht worden zu sein
scheinen Mommsen röm. gesch. l, 31;
er {Merkur) wirdt gefertigt ab bequem
wol in die statt Carthaginem,
das den Troyaneren geleich
mScht offen stehn das gantze reich
Spreng Aen S*» (u< terrae utque novae pateant
Karthagini» arces 1,298);
graf Tilly war
am Lech aufs haupt geschlagen — offen stand
das Baierland dem feind —
Schiller 12, 69 (Piceol. 1, 2).
häufig in freierem sinne: einem talentvollen burschen
ständejederzeit die ganze weit offen Spitteler Gustavs. &.
rf) vom himmel; eigentlich, s. Gundacker v. Jüden-
BURG 553 unter I, B. 3, a, f ; meist freier oder bildlieh:
durch den gruo; {ave Maria) wart üf getan
der himel, da; er muo; offen stän
Vridanc 12, 20;
das paradies, die hölle steht dir offen
Göthe 3, 24 {elegie), vgl. I 5, 16 Weim.-,
vor uns liegt ein glücklich hoffen, . . .
steht ein ganzer himmel offen
KÖRNER 1, 128 Hempel.
e) der weeg steht offen, via patet Steinbach 2, 668,
eigentlich, wenn er nicht durch schranken, schlagbäume
gesperrt ist; gewöhnlich freier:
zer helle dri sträje gänt,
die zallen ziten offen stänt
Vridanc 66, 6;
der weg zur tugent den frommen offen steht B.\rth
iceibersp. B 2», vgl. GuARiNONius unter I, C, 3, e, ß; jedem
unter euch soll der weg zu einem ehren-amt offen stehn
Schiller 2, lOö {raub. 2, 3).
^) mannigfach angexoendet auf theile des menschlichen
körpers:
mines herzen tiefin wunde
diu muo5 ienier offen sten, sin werde heil von Hiltegunde
WaLTHER V. D. VOGBLW. 74, 19;
SO magst du diszen baisam bruchen zu einer yeden
wunden an dem leib, . . . on allein in den haubtwunden,
so die hyrn schalen offen stot Gerszdorff wundartzn. 32^ :
die nicht allein ihr haupt nicht verhüllen, sondern auch
ihre haare sprenzeln, . . . und fornen an der brüst blecken
und offen stehen Barth weiberspiegel V l*". {dafür natür-
Hell auch blosz stehen; im bilde:
voller fastnacht ist die weit; thorheit klebet jedem an:
dort, wird blosz stehn jeder sinn, der sich hier vermummen kan
Logau 2, 10, 32.)
die brüst steht offen auch bildlich:
komm! schöne braut! ja sey willkommen!
zeuch ein ! die herzen öffnen sich.
die bmst steht offen und vor dich
Stoppe Pam. 23;
lasz das vaterhertze
deinem kind eröfnet stehn
Neum.\rk fortgepfl. lustw. 1, 93.
ferner:
ein wenig offen steht der kleine mnnd
LiLIENCRON 1, 239;
Kai stierte, als wenn er kindisch geworden wäre, Tor
sich hin. die lippen standen ihm offen 6, 282;
seht, die äugen stehn ihm offen;
nnd doch — ich will d'rauf wetten — sah' er nichts . . .
(Werner) söhne de« thalet 1, 199.
gesteigert: ihre äugen, die sonst häufig unter den langen
weiszen wimpern verborgen waren, standen grosz offen
Zahn die da kommen 81. arme stehen offen, sind aus-
gebreitet, um jemand zu empfangen :
komm, komm, und säume nicht, die armen stehn dir offen
(expanHg manibu* te excipiam)
Hoffmannswaldau 6« Steinbach 2, 668.
obwohl der begriff des Stehens in diesen Verbindungen ganz
verblaszt ist, so ist es doch ungeicöhnlich , zu sagen das
haar steht offen für ist offen, lose, nicht geflochten oder
aufgesteckt:
Dido jhr sch6n goldfarbes haar
liesz offen stehn und fliegen gar
SPRR.NG Aen. 75 *> (crjnj» effuta 4, 509).
if) ein kleid, rock steht offen, ist nicht zugeknöpft oder
-gehakt; dafür:
105»
1671
STEHEN (II, D. 8, f-h)
STEHEN (H. D. 8, i-m)
1672
das haar hieng ohne band, und lag anff ihrer schoez,
ihr kleid stund auffgemacbt, die brttste waren blosz
Opitz 1, 437.
go auch:
secht wie steht euch (mägdeti) der b&sem offen,
als w&m jung bfiner drausz geschloffen
ScnEiDT grob. v. 73.
d) daran schlieszen mannigfache freiere vencemlungen ,
ein platz steht offen, ist unbesetzt; doch nur freier, in-
dem man ihn jemand anbietet:
euch steht ein platz in meinem wagen offen
Kleist 3, 95 (pr. v. Homb. 4, 2);
dasz er nun wieder nach Hamburg gekommen sei, um
eine bankvertretung zu übernehmen, die für ihn offen
stände Frenssen Kl. H. Baas 432. — eine wähl, eine
möglichkeit steht einem offen: es war immer vortheil-
haft, dasz die wähl zwischen zwey subjeckten offen
stand GöTHE bri^e 41, 4 {an Carl Aug. i.apr. 26). liäußq
nur, einem, zugänglich, erreichbar sein: wo ihr . . . schwei-
gen könnet, so stehet euch bey mir das jenige vergnügen
offen, welches ihr diese nacht bey Rosinden zu finden
verhofft habt eav. im irrg. 470; es stehen ihm {dem ad-
ligen priester) heute noch prälatenwürden aller art offen
RiEHL deutsche arb. 28; er wisse einen trost, eine voll-
kommene Weisheit, die jedem ernstlich suchenden offen
stehe Hesse Gertrud 89. der erkenntnis zugänglich:
mir steht, wie dir, zukünftiges nicht offen
Hölderlin 3, 120 Böhm.
g) damit berührt sich das im nhd. {schon im. le.jahrh.)
sehr geicöhnliche frei stehen , erlaubt sein : freystehen,
Heere, fas esse, arbitratu su6 vivere. das steht mir nicht
frey, religio, nefas mihi est, jus licitum non est Stieler
2129; frey-stehen, stare cioe esser libero [ad unoj Kram er
dict. 2, 938"; es stehet euch frey, es zu thun oder zu
lassen, in stä libero, vi e pertnesso, lecito, havete libertä
intiera, stä ä voi di farlo 6 di non farlo ebenda ; es steht
ihm frey, in ejus potestate situm est Steinbach 2, 668.
hier geht also die freiere gebraucJistceise nicht von der
eigentlichen (= isoliert, für sich stehen, s. B, 8, /, vgl.
oben c) aus, sondern ist unmittelbar aus dem adj. frei
entwickelt, vgl. freistehn l, th. 4, l, 122. das subj. ist natur-
gemäsz ein inf., ein verbalsubst. oder ein pron.: so lasz
ich das urtheil von diesem meinem werck . . . allen
güthertzigen verständigen frey sfehn Xylander Polyb.
(1574) 4» {vorr.)\ es stehe eim jeden frey drausz zu lesen
was er wil Garg. s. 7 neudr.; es ist aber hiermit nie-
manden vorgeschrieben, und stehet jedem frey, hievon
nach belieben zu glauben Birken d. vermehrte Donau-
strand (1684) 17; nur diejenigen können glauben, ihnen
stehe alles frey, was sie wollen, die sich unüberlegt ein-
bilden, ihrer gewalt sey alles unterworfen Kaestner
verm. sehr. 1, 6; den niedern geistlichen soll es frei
stehen, sich zu verheirathen Ranke s. werke 1, 803;
bedenke dich, noch steht die wähl dir frei
Schiller 5, 1, 87 (dorn Karl. 2, 5).
»priehw.: fragen steht frey deutsche sprichw. (1790) s. 66;
eine frage steht frey Wille sittenl. 132; vgl. Wander
1, 1093, 22; 1095, 37; alle fragen stehen frei. — ungewöhn-
lich im comparativ: er wisse aber dasz ich offt der me-
lodey zu gefallen etwas zwingen müssen, wiewol es mir
mehr freyer zu tuhn, als einem andern zu tadeln stehet
gehamschte Venus s. 4 neudr. {vorr.). zuweilen tritt ein
eonereter gegenständ, dessen gebrauch u. ühnl. gestattet ist,
als subj. zu frei stehen, das sich dann den unter 4, b
behandelten Verbindungen nähert: manchmal speis'te der
papst im castell, und unter der zeit waren die thore
nicht bewacht, sondern standen einem jeden frei Götiie
84, 816;
auch daa kamin steht frei dem herm I --
doch feaer drin — damit kann ich nicht dienen
Z. Wbrnbii d. 84 febr. S, 861.
k) feil stehen, eigentlich von waaren, die zum verkat^f
€m»§utdU oder ausgelegt sind, dann überhaupt kät{flich
tein: laden . . ., in denen salben und wohigerüche feil
sUaden Niebuhr röm. geath. 8, 486;
4i« walt l«t wi« ein kram, hat wahren gantze hanffen:
MB BrMt stolin sie feil, und sind durch fleisz zu kauffen
LOOAU 8, 9, 1.
«. mwk PlBCRART bienenk. S47>> unier I, B, a,f, 6, ee.
t) anderes vereinzelt, so leer, ledig stehen: wenn er
aber vermerckt, das das hertz an glauben und wort gar
leere steht, da treibt er sein kunst Luther 32, 60, 8
Weim. {vgl. B, 9, /, ß). unbesetzt, von thronen und reichen,
s. B, 9,/, ß und Luther 6, 434, 20 unter I, B, 3,/, ß, ff.
k) stehen mit allgemeinen modal adverbien wie gut, übel,
icie mit den Pronominaladverbien wie, so u. s. w. ist unter
9 behandelt, hier zwei ähnlich allgemeine ausdrücke, bei
denen doch noch eitie sinnlichere bedetdung durchscheint.
a) recht stehen, vom köpf: der köpf steht ihm (nicht)
recht, er ist {nicht) gut aufgelegt, vgl. B, 4, c, f : der com-
mendant wolte sich meines lustigen Vortrags schier in
stücken lachen; und weil ich sähe, dasz sein kopff recht
stund, liesz ich mich noch freyer heraus Simpl. l, 339.
27 Kurz (3, 22); sie sähe zwar eben nicht zornig aus,
jedoch merckte ich, dasz ihr der kopff nicht recht
stund cav. im irrg. 2S3. frilhnhd. ungewöhnlich für 'richtig
sein': aber das kan ich nicht zu geben dasz die recept
recht standen, das ist, dasz sie den frantzosen {für die
Syphilis) nützlich seyen Paracelsus chirurg. sehr. 288 C.
ß) ähnlich mhd. ebene stän, s. mhd. wb. 1, 408^; 2, 2,
571 ••, in verschiedenen nuancen. von kleidern, passen:
diu {kleider) sint ze wit und stent niht eben
»legel 985;
die ringe (d. pamer) stuonden ebene
Ortn. 179, 4.
vom seelenzustande ('gleichmuth'. aequa mans):
vil ebene stuont stn gedanc Erec 6719
{'er hatte keine besorgnis' nüid. wb. 2, 2, 671''). überhaupt
von normaler Verfassung:
mtniu laut stent s6 eben,
da; niemen des andern värt
^'CJ/r. Hübl. 2, 682.
l) auch sonst steht stän im mhd. gern mit adverbien,
bes. solchen auf liche(n), wo eher ein prädicatsadj . zu er-
warten wäre, vgl. B, 8, k und C, 13, m, soune Grimm
gramm. 4, 1124 neudr. und mhd. wb. 2, 2, 571'':
selicltche stuont Kolnischiu werlt
Annol. 613 ;
stn herberge rtche
stuont s6 riterliche Parz. 674, 28.
im mnd. begegnet adject. form: hirup schal alle dingh
vruntlik stan d. städte chron. 16, 67, 24. auch frühhhd..
bes. bei Luther, sind solche ausdrücke häufig., die form
auf lieh läszt die wortcl^sse nicht erkenneti, hat jedoch
im allgemeinen adverbiale geltung: das er {der Sedier)
nicht schendlicher stehen kundte Luther 26, 398, 12
Weiin., vgl. "!, a,t,; eorum cogitationes sind fleischlich
gestanden 34, l, 346, 17; das land stehet jcmcrlich und
verderbt Jes. 24, 4. weiteres unter 9, c. — auch im mhd.
steht adjectivische form bei unpersönlicher fügung {vgl. 10),
wo dann st&t die bedeutung der copuln erhält:
vil mttelich e; iu st&t,
weit ir durch sine marke Nib. 1486, 2;
da; stet wfslich
Ottokar reimchr. 23449.
m) nicht selten begegnen bes. in älterer spräche solclie
ausdrücke von körpertheilen , wo stehen auch in eigeni
lichem sinne gesagt icerden kann, s. B, 4, e, ohne dasz es
doch in diesen fällen darauf ankommt, vgl. auch 11, o, fl.
bes. von den äugen (B, 4, c, £[):
gar lacheltchen stftnt ir spilnden ougen
minnet. 1, 861°, 8 Hagen;
mein äugen stebn verdrossen
V. Gerhardt 381. 7;
deine äugen haben so grosz und ängstlich gestanden,
dasz dahinter wohl noch eine dunkle angst steckte
M. DiERS Jos. Koppen (1910) 67. anderes:
ir kol und ir hcnde sint wt^ recht als snA,
unde Ht(t rA lienllch ir ir kinne.
vil wol hW oucli ir tinno und ir ougen dir
lUiiLoun 30, 88/. (HAiiT8rii SchirHsrr minnei. $. 886),
•. auch 63, 10;
daa scbAne leibe« schlotz (d. 601«^^) schftn rund und artig «tobt
«. ZiNCGRBP auterlet. ged. $. 85 neudr
Irftgt wo einer gold und sammet
de»*en haar am häupt geflammet
und am bahrt gekrümmt mu«( «lehn . . .
der mu«x vor im tantze gchn
M<mtgtlt. dichterkr. «. 87 nevdr.
i
1673
STEHEN (II, D, 8, m-9. 6)
STEHEN (U, D, 9, 6— e)
1674
eigentlicher: seine gesichtsmuskeln stehn aufwärts ge-
drängt und starr! Gerstenberg Ugolino i.
n) auch sonst wird stehn mit adjectiven, zumeist mit
pari. perf. verbunden, vgl. C, 13, l. bei concretem subject
ist die eigentliche bedeutung von stehen noch geicahrt:
als er (d. mono) von der sonnen geht
da? er da von dester Hehler stet
Heixr. V. Neustadt gotle« zuk. 1004 Singer;
wie schönen glantz der himmel giebet
dann, wann er ungewölcket steht
KörUgsb. dichterkr. t. 39 neudr.
weniger sinnlich:
er seit uns danne wie dag riche ste verwarren
Walther v. d. Vogelw. 34, 18;
Mars gab sich eigen dir {Alexander), . . .
wolwissend dasz in dir der weltbewohnte gmnd
schon zitternd und gefährt, und überzwungen stund
Treuer deutscher Dädalus 69;
trüb in schauem und nacht
stand begraben die prächtige Schöpfung
Schiller 1, 214.
so auch: da Verachtung auff die fürsten geschüttet war,
das alles jrrig und wüste stund ps. 107, 40; eine sorglose
häuslichkeit steht mir, — ihnen, liebe Dorothee, — dort
bereitet L. v. Fran^ois d. letzte Beckenburgerin s. 229.
vollends erhält stehen mit abstractem subj. die geltung
einer bloszen copula: daz der selben frouwen natur uff
unrainikait genaiget stönd Stainhüwel de clnris mul.
s. 43, 13 Drescher;
iuwer bet(e) stet vergeben,
ir bitet gar uneben ges. abent. 1 , 474, 723 ;
jezo stund' erfüllt mein sinn,
und das glükk in meinen bänden
geharnschte Venug «. 127 neudr. ;
unsere sache steht gewonnen
ZscHOKKE Abellino 4, 11.
in unpersönlicher fügung (vgl. l zu ende): wann sie (d.
Schreiner) die stuhl-füsz einsetzen, so soll ihnen einfallen,
wie ungereimt es stehe, dasz sie gute füsz machen, und
gleichwohl auf nichts gutes umgehen Abraham a S. Clara
eticas für alle I, 548.
9) besonders zu beachten sind die Verbindungen von
stehen mit allgemeinen madaladverbien (gut, wohl, übel,
miszlich tt. s. tc, duzu den Pronominaladverbien wie , so
u. s. w.), um den zustand oder das verhalten eines gegen-
ständes, einen 'stand der dinge' u. ähnl. zu charakterisieren :
wol stehen, bene esse, bene habere, optimo in statu esse,
pulchre stare Dentzler 273''. in dem gleichen sinne auch zu-
weilen präpositionale ausdrucksweisen, z. b.: meine Sachen
stehen in einem sehr guten (standt). mes affaires vont
fort bien Hulsil'S 306»; diese drey tag über ist mein
sach in eim seer harten stand gestanden Luther 1, 120».
— diese ausdrucksweisen gehören mit ausnähme von e — ■/
hauptsächlich der älteren spräche an.
d) in einigen fällen liegen bestimmtere, sinjilichere Vor-
stellungen zu gründe: flgura coeli: ist ein kunst, die da
lernet wissen, wie der himmel zu allen minuten steht
Paracelsus opp. 2, 485 B;
wem sein thun nicht wil gelingen,
musz so lange müssig gehn,
bisz sein stem wil besser stetin
LOGAU 2, 9, 51.
von wagschalen:
'wie stehn die schalen nun?' — 'die linke hat zu viel'
Ramler /afceWe«« 1,73;
Hartmut. Ruuk, wie steht der wind?
Ruuk. er sticht
aus West Hardt Gudrun 56.
L_ ._„„.,.,„
I^Ur also steet. setzent peryodum also gefiguriert; Nie.
■ V. Wyle transl. 15, 38 Keller, s. ferner unter I, B, 2,/. ß.
von buchstaben: so das 3 also darmit signirt, wird es
für ein B, so es aber ohn den punct also 3 steht, wird
es für ein F oder V gelesen Thurneysser onomast. 2 (1583),
ermahn, an d. leser s. 1.
b) stehn ztir bezeichnung eines gemüthszuatandes {daneben
richtungaausdrücke. s. 6, e):
da; herze mir dö also stuont,
als alle werlttOren tuont
d. arme Heinr. 395 ;
darumb musz seyn {des Lazarus) hertz alszo gestanden
seyn, das er auch mitten ynn solchem armut unnd elend
sich zu gott alles gütten . . . versehen hat Luther ig, 3,
185, 24;
min mnot stät also
dag ich wil wesen frö
minnet. frühl. 63, 6, vgl. 209, 3;
er sprach 'ir guoten recken, e ir scheidet hin,
s6 nemet mine gäbe : also stet min sin'
Nib. 309,2;
dann also steht mein sinn und mut,
das ich will lieber heyl erwerben
dem volck : dann es gar lassen sterben
Spreng Tliag 4» (ßovi.uu' iydt . . . l, 117);
sihe nu auch, wie Kains gemüt gestanden ist Luther
24, 130, 30; Mahomets paradies, oder der . . . mystiker
schmelzende Vereinigung mit der gottheit, sowie jedem
sein sinn steht, würden der vemunft ihre ungeheuer
aufdringen Kant 5, 120 Berl. ak. {kr. d.prakt. vem. I, 2, 2, 3);
ichn weis wie din wille ste
wider mich : der mine ist guot
wider dich
VValther V. D. Vogelw. 60, 20.
so standen meine hoffnungen, als nun am Vorabend ihrer
erfüllung mich ein alter diener des hauses . . . enttäuschte
Brentano 5, ll; und stund ir hoffung er wurd ver-
nunfftig antwort geben Biederer Spiegel der waren rhet.
(1493) s. 1».
c) häufig von ländern. städten u. ähnl.:
vil selicliche diz riche allig stuont Annd. 631 ;
und ist kflrtzlich da bey abzunemen, wie Deutschland
gestanden, was für gelt und guth darinnen gewesen
sey, . . . Musculus hosen teuffei s. 24 neudr.; es müszte
nur seyn, dasz er von klöstern redete, die doch gut
stehen B. Mayr päckchen satiren (1769) 85; das der herr
jre weide so verwflstet hat, und jre awen, die so wol
stunden, verderbt sind Jerem. 25, 37. in Luthers bibel-
iibers. gern mit ligen gepaart {ohne vorbild im urtext):
das land ligt kleglich und jemerlich, der Libanon stehet
schendlich zuhawen Jes. 33, 9; Juda ligt jemerlich, jre
thore stehen elend, es stehet kleglich auff dem lande
Jerem. 14, 2; vgl. klagel. 2, 8. — ferner: tunc egregie habuit
Christianitas, da hat die Christenheit wol gestanden
Luther 25, 16, 28 Weim.; sonsten sollte die Christenheit
übel stehen Leibniz deutsche sehr. 1, 227.
d) daran schlieszen sich mannigfache, abstractere at*»-
driicke:
stnende mir mtn ahte (mein« läge) nnd mfn guot
als eg andern vronwen tuot Iw. 8305 ;
mein ee, s. H. Sachs fastn. sp. l, 152 unter I, B, 3,/, ß, bb;
als dann werden die historien wol stehn, wann . . . die,
so grosse Sachen zu handien haben, die historien be-
schreiben . . . werden Xylander Polyb. 458 {ta x^q
laxoQiaq s^ei xore xaXuJq XII, 28, 3); wie schlecht auch
unsre kunst stehen möge Herder 22, 167; die Sprach-
wissenschaft stand so, dasz in unsrer zeit ein bedeuten-
der schritt geschehen muste J. Grimm brief vom \%.febr.
1863, s. anz.f. d. alterth. 16, 262. mit besonderem sinn:
wie steht die schlacht, sag' an?
Klelst Herrmannstchl. 5, 20.
*. auch Sudendorf 8, nr. 60 {urk. v. 1395) unter 1, B, 3, a, ß.
e) am häufigsten sind ganz allgemeine attsdrücke wie
die sache «. dergl.
ä) so: die sach stat gefaarlich. in angustum res ad-
ducta est M aaler 384"*; die sache stehet noch gar wol.
la cosa stä, vä bene ancora Kram er dict. 2, 927«; wie
stehet die sach? quae est rei conditio, faciest Dentzler
273'*; die sache steht sehr gut, res optime ae habet
Steinbach 2, 667; die sache stehet übel, res male
agitur ebenda; so stehet die sache, ita res ae habet 668.
belege: als der von Argun nun wider hingeritten was, da
stuend die sach als vor unbericht d. städte ehr. 5, 205, 1,
s. auch a. 351, a. 3 unter I, B, 1,/, y; haben die Römer
auff dem bühel die fewer inn seinem läger ersehen, unnd
wol erachtet wie die sach stfindt Xylander Polyb. 87
{voTjOavxeg x6 yeyovoq 11, 26, 2); Clavigo. umständen!
was meinst du mit den umständen? Carlos, wie die
sache nun steht und liegt und sich verhält Göthe 10, 94
{Clav. 4); jetzt beunruhigt mich nur Lothario's zustand,
die sache steht gefährlich 20, 26 {Wilh. Meiater 7, 8). eine
1675
STEHEN (II. D. 9. e-f)
STEHEN (II, D. 9. f-h)
1676
beatimmuug wird in der regel durch einen gen. oder ein
pron. pos9. gegeben: sage jhr wie meine sach stehet buch
der liebe 106";
damals war Hector frewden voll,
sein sach stund ausz dermassen wol
Spreng Aen. 29" (2, 275);
Ursel meine tochter thut
vor liebe fast verzagen,
ihre sach steht gar nicht gut,
darffs doch dem artzt nicht klagen
Chr. Reuter Harlequ. hochzeü-schm., eniree IX, 241.
g. femer Hütten 3, 531; Wickram irr. reit, bilgerü^, und,
mit ungewöhnlichem adv. (bawfellig) H. Sachs 3, 2, 151"*
unter I, B, 2, /, r], bb; dd; ee. — dazu: stehet die sache
eines mannes mit seinem weihe also (fi ovtCDq iarlv ^
ahla xov av^gwnov fiezä rijg Yvvaixög), so ists nicht
gut ehelich werden Matth. 19, 10. vereinzelt schon rnhd:
die wlle da^ er leben sol,
86 stet iuwer sache wol
d. arme Heinr. 622.
der gewöhnliche ausdruck ist jedoch sin dinc, der nhd.
nicht mehr vorkommt, s. dinc 3. mJid. wb. 1, 333 •>; 2, 2, 572'».
ß) für die sache steht auch, besonders in neuerer spräche,
und noch häufiger, der plur., ohne merklichen si7inesunter-
schied: wie stehen die sachen? 'in was für umständen be-
finden sie sieht' Adelung (2, 3); als jetz die sachen stond
JoH. Ebkrlin 1, 49 neudr.; die sachen ubel stünden, wann
man zu solcher eussersten hülff greiffen müste Barth
weibersp. Ci^; genug, ich habe, wie die sachen jetzt
stehen, an mich selbst zu denken Göthei9,163{W. Meister
5, 3) ; s. auch 18, 286 (3, 8) ; 20, 61 (7, 6) ; die Sachen stehen,
scheint mir, höchst ungünstig Dahlmann an J. u. W.
Qrimm fß.juli 1832 {briefw. I, 24). ungewöhnlich:
dasz so, wie nun die sachen dringend stehn,
o herr, dir keine wähl mehr bleibt
Kleist Herrmannsschi. 2, 1, 447.
mit pron. poss.: seine sachen stehen gar schlecht, er stehet
übel, le cose sue stanno male, i fatti suoi sono in cattivo
State Kramer dict. 2, 927«; nam vidimus ante annum,
wie schwach unser sach stehen, die der keyser myt
eynem odden k6nde matten Luther 34, l, 390, 17 Weim.:
meine sachen stehen wol ja sehr wol mit jhr, sie hat
mich hertzlich lieb schausp. engl, comöd. 286, 12 Creizenach
(unzeit. vorw. 2, 5). mit gen.: im anfang des juni 1528, als
die Sachen der Franzosen vor Neapel noch vortrefflich
standen Ranke «. werke 3, 95.
y) ähnliche ausdrücke, namentlich in neuerer spräche
statt die sachen auch die dinge {vgl. a schlusz): und eben
wie alle ding wol stunden bei hertzog Eberharts zeitten,
also giengen mit seinem leben alle ding undter Agricola
tprichw. (1548) 62'» (115); er beobachtete, . . . wie denn die
dinge standen? Alexis Roland v. Berlin l, 36 (3. kap.).
frühnhd. für die sache nicht selten der handel : der bandet
statt wol {salva res est) Boltz Terenz (l.')39) 37» (eunuch.
2. 2, 268) ;
nun aber thu bekennen mir,
wie steht der handel jetzt mit dir . . .?
Spreng Aen. 50'' (3, 317).
»o auch mein handel Simpl. sehr. 3, 180, 7, s. I, B, 8, d, s.
— als im jähre 1812 der krieg zwischen Frankreich und
Ruszland ausbrach, standen in Europa die Verhältnisse
so Hebel 8, 36. — ich fürchte, meine angelegenheiten
stehen nicht so, wie sie sollten Reuter 2, 159, 9 iSeel-
mann {strömt, i, 8). — wie steht das werte befinden?
Nbstroy ges. werke 1, 17 {launen des glucks 1, 16).
S) so dann auch: alles stehet noch wol, ogni coaa atä
bene aneora Krämer dict. 2, 927»; es würde vieles in der
weit besser stehen, wenn jeder gelehrter darnach han-
delte Nicolai reise durch Deutschi, l, lü6;
wie (eht es meiner Julia? nochmals frag' ich:
denn nicht* kann ttbel stehn, ist sie nur wohl
GÖTIIB I, 9, S69 Weim. {Romeo 6, 9, 1688);
und alles würde stehen, wie suvor
Hkbbbl 3, 334 (Oygu 6, 1800).
/) andre Wendungen gehen von bestimmteren vor-
tUUungen aus.
a) stehen von aeUtn tunäehst eigentlich an 8, c, / an-
kmügftnd (gehört alto tu a) ; die actien stehen gut = hoch :
8l»rUng. . . . was ist auf der börse Torgefallen? wie stehen
dto actien? LovetrtU. sie sind den morgen um ein und ein
halb gefallen Schröder dram. werke l, 6 {heiml. heir. l, 8).
so dann im bilde: wissen sie, dasz meine aktien ver-
zweifelt schlecht stehen? . . . der onkel will mich mit
aller gewalt . . . verheiraten Bretzner d. räuschgen l, 6.
ähnlich: wie steht die bilanz, abrechnung? sie steht
günstig, so in freierem gebrauche: Louise, gott der gnade,
nimm die sünde von ihm — Ferdinand, sieh du nach
deinen rechnungen — ich fürchte, sie stehen übel Schiller
3, 502 {kab. u. l. 5, 7). ferner: die kasse der harmonie
{eines Vereins) hatte nie so glänzend gestanden . . . wie
jetzt Enking Matth. Tedebus 211.
ß) andre ausdrücke, die meist bildlicli gebraucht werden,
sind vom karten- oder Würfelspiel hergenommen: nein, rief
Ali, so steht unser spiel nicht Ti eck 8, 200; noch ist
nichts ganz entschieden, aber — der Würfel liegt, und
wenn ich recht sehe, ... so stehen die äugen gut Kleist
5, 120, 8 E. Schmidt {br. v. 13. sept 1800).
g) zuweilen gehen solclie ausdrücke nicht sowohl auf den
zustand einer sache, als auf andre Verhältnisse; so z. b.
auf den vorhandenen vorrath: Oötz. wie steht's pulver?
kriecht, so ziemlich, wir sparen unsere schüsse wohl aus
Göthe 8, 107 {Götz V. Berl. 3). auf den stand der beschäf
tigung womit: wie steht's konzertchen? . . . haben sie's
durchgespielt? Lenz l, 390 Blei {hofmeister 4, G).
h) besonders in der älteren spräche begegnen zahlreiche
ähnliche ausdrucksweisen, bei denen es sich nicht um den
zustand, sondern um den inhalt eirier sache fiandelt.
a) besonders von sitten, gesetzen u. dergl.:
des landes site stet alsO
livländ. reimchr. 4616;
want uwer recht also stehen,
dasz man einen ledigk loisz gehen
zu oistem Alsfeld, pattiowtp. 4198 ;
das gesecze stund also das die dasig fraw die in unkeüsch
bei anderm manne dann bei irem eman gefunden würd
. . . solt verbrannt werden Arigo decam. 394, 4 Keller
{fu gia uno statuta, . . . il quäle .. . . comandava 6, 7), s.
auch tirol. weisth. 4, 249 unter I, B, 2, /, 6, dd. ferner:
dcme gogreven {'iceddet nuin') ses penninge oder enen
Schilling, al weder die (je nachdem) der landlüde köre
{freie bestimmung) stat Sachsensp. 3, 64, § 10; ire gelovedc
ne stünde den anderes 3, 5, §5; ir beschlus, *. Sleidanus
179 unter I, G, 3, d, ß; wann die von Auspurg und die
vorgenant herschaft solt ainander zulegen des rechten,
also stönt ir puntnuss d. städte ehr. 4, 105, 10.
ß) der brief steht so, lautet so, besagt folgendes: der
prief stunt also deutsche chron. 2, 345, 17 {sächs. weltchr..
3. bair.forts. 7); unde leten dar lesen enen bref, de ludet
unde steyt van worde tho worde aldus Calenb. urkutyien>i
9, nr. 41 {Wunstorf 1290). sonst von 'schrift' :
die heilige schrift steht alsus:
Johannes unde Petrus . . .
Heinr. v. Neustadt gotte* tuk. 3786.
y) mhd. auch von mündlicher rede:
ouch sol iuch niht betrügen
bedähter gegenrede, din gh
reht als jenes vrägen stö
Pan. 171, 20;
der Waihe rede stunt also
Ludw. kreii^. 8316, vgl. 8187.
vgl. auch den volleren ausdruck: wie wol mir iner histori
euch czesagen ich mir in mein . . . synn genomen het.
doch eyne mer dann andre mir yeczund eingefall'-n is»
. . . der syn und inhaltung also steet Arigo deconi
Keller (6. 9; nicht im orig.).
6) so weiter: der nam sich ze latein anhebt an a
A, dar n&ch an ainem B. reht als daj? ABC stft M
iikrg 119, 86;
Amelrich si tsu wibe nam,
mit der fr eine tochter het,
YHabol der namo stet Ludic. krexuj. ^i'^
f) nette nuancen ergeben sieh durch dojt himutrftc»
\veiterer bestimmungtn.
€M) von dei- datierung eines bri^ea: datum steht mit
angäbe de» ortes und des tage» ». Nilrnb. urk. v. 1582 und
IMS unter l. B, 8,/, ^. ee; und stehet das datum zA S.
(lallen in unserm gottshausz, am 9. tag apr. anno dorn.
14&» Stumpk Schwyiter chron. 876*>; des datum stAnd
ausz Wyl, am sinstag nach Franoisci tftend«.
liueiii j
KGKN- I
1677
STEHEN (II, D, 9, Ä-10, a)
STEHEN (II, D, 10, a-b)
1678
6*) brief stet ombe, urkttnde betrifft, igt ausgestellt
über:
er mnoste gelten unerwert,
swa; sin vorvar het verzert
tind da sin brieve stuonden umbe
Ottokar reimchr. 11799;
baoch stet von, lianddt von:
swas; man dintscher bnoche pflac,
diu Stent niur von ritter tat Teichner 24.
ec) auf etwas stehen gehen, lauten: die (altfränk. ducea)
müszten aufF der königen befelch warten, . . . daramb
ständen jhre titel nit auff land, sonder auffs ampt, duces
exercitus Stumpf Schicytzer chron. 312 •. ähnlich noch
in neuerer zeit von vertragen : er (d. director) . . . kündigte
ihr den contract, der ohnediesz nur auf sechs wochen
stand, sogleich auf Göthe 18, 179 (Wilh. Meister 2, 7).
lO) die meisten der unter 9 behandelten gebrauchsiceisen
(tfic die entsprechende C, 14, a) treten in der neueren spräche
immer entschiedener zurück vor der unpersönlichen
fügung. ausgenommen ist besonders 9, e, das einen ähn-
lich allgemeinen Charakter hat, vgl.: wie stehets, wie
gehets, wie stehen eure sachen? come stä, come vä? come
stä ü negotiof Kramer dict. 2, 927*. zuweilen kann die
Sache steht geradezu für es steht eintreten, s. Wickram
1, 5, 6 unter I, B, 2,/, a, cc; vgl.: am morgen da kam ir
basz wider und wolt sehen, wie die sach mit des Kerben
weyb stände, ob sie noch kranck war Schumann rMcht-
büchl. 220, 7 Bolte (31).
a) es steht mit adverb, ohne weitere bestimmung.
a) mit fragewort: wie stehet es? quid agitur, quis
Status est rerum tuarum, satisne belle se res habentf
Stieler 2127; wie stehts? quid agitur? quomodo valesf
Frisch 2, 326"; du geselle wie stehet es schausp. der
engl, komöd. 233, 37 Creizenach {tragikom. [l630] 4, 3) ; Sekre-
tär, der doktor wird gleich hier seyn, — wie stehts?
Louise, o schlecht! Iffland theatr. tcerke l, 220 (verbr.
aus ehrs. 4, 8);
Alcest. . . . wie steht's, herr Söller?
Söller. dumm !
es geht mir die musik noch so im köpf hemm
Göthe 7, 102 (.mitgchuld. 3, 9).
durch eine speciellere frage näher bestimmt: sieh da mons.
Cleander, nun wie stehts? hat er unser hausz-frauen-
zimmer besucht Chr. Reuter ehrl.frau s. 29 neudr. (3,2);
haben wir dich nun? wie steht's nun, he? wie ist's nun?
MALER MÜLLER 1, 145; wie stchts, kann er seinen Cor-
nelio? Lenz l, 336 Blei {hofm. l, 4). durch einen nebensatz
bestimmt: wie solt es stehn, wann . . .? 6arg. 88, s. I,
B, 2, /, a, cc. vgl. auch das unter 2, a, a angeführte volks-
thüml. Scherzwort. — indirecte frage: {die kundschafter)
sagten . . . der gantzen gemeine, wie es stünde 4 Mose
13, 27;
die freonde sind bisweilen hier
zu sehen, wie es stehe
S. Dach «. 153 Oetterley.
ß) es Stadt wol , es ist alles auffrächt , * bene habet
M AALER 383»;
es stat noch wol von gottes gnaden !
N. Manuel 41 Bächiold (r. paptt u. $. prietter$ch. 227).
sprichwörtlich :
es stehet im hausz nicht wol,
wenn der knecbt den heim lehren sol
Petri Cc 8*;
es stehet wol, da ein han im hausz ist Dd l», s. auch
unter I, B, 2, g. in neuerer spräche dafür es steht gut. —
comparativ: wie viel besser stand es zu Rom, da das
capitol unvergoldet . . . war Lohenstein Armin, i, 109'>.
daneben frühnhd. :
80 tagent pald fündt jren Ion
auch alle poszhait straff und hasz,
inn allen landen stQnd es pasz
Schwarzenbbrg Cic. 157'»;
es würt ein mal zftm besten sthon
Brant narrensch. ».2* Zamcke (Uta. von I nach i);
mit sich selbst zu rathe gehn,
immer wird's am besten stehn
Göthe 4, 334 (zahme xin. IV).
y) es steht übel, miszlich u. ä. s. S. Franck chron. 177*»
untxr I, B, 8, 6, y ; Spreng TZ. 98«" unttr I, B, 2, g, summa.
es stund übel in Teutschlanden Stumpf Schwytzer chron.
81''. jetzt gewöhnlich es steht schlecht oder schlimm : es
könnte nicht schlimmer stehen, in pejore loco esse non
potest Frisch 2, 326*; es stehet gefährlich, la cosa stä
pericolosissima Kramer dict. 2, 928»; es steht miszlich,
in dubium vocatur Steinbach 2, 667, in periculo est
Frisch 2, 326*;
swie angestliche e; na stät
Stricker Karl 1085;
führt uns nicht gott und gottes gunst,
wirds offtmals seltzam stehn
P. Gerhardt nr. 456, 2;
und ist das evangelium keinem menschen feinder, denn
den falschen herzen, die sich seine freunde stellen, und
darnach, wenns ein wenig sauer stehet, abfallen Luther
br. 2, 244; er litt am nervenfieber, und der arzt schüttelte
mit dem köpfe, denn es stand bedenklich Seidel Lebe-
recht Hühnchen s. 89. — so auch: so und so stehen, stare
cosi e cosi Kramer dict. 2, 927*, wofür jetzt so so, zweifei-
hafl, bedenklich, mittelmäszig : und doch Stands so und
so — wie man eine band umdreht H. L. Wagner Evchen
Humbrecht {in: theaterstücke 1779) 5, 10, s. 144; mein knappe
Adalbert . . . hat sich heute wie ein wackrer mann ge-
zeigt, ohne ihn stand es so so Tieck 8, 283, vgl. so II,
A, 3, C, th. 10, 1, 1357/.
rf) mit demonstrativadverb.: es steht also, *. 1 Sam. 4, 7
unter I, C, 3, d. a. durch einen inhaltssatz näher bestimmt:
wirklich stand es so, dasz nach allen seiten schleunig
eingeschritten werden muszte Dahlmann /ranz, reio^ 19.
die bestimmung meist in gestalt eines selbstständigen haupt-
sa tzes :
so steht's, herr Peter, herre mein,
da ich ohn all gefebr alkin
mit meinem fuhrwerck draussen war,
kömpt der kerl anch geschlichen dar . . .
Hayneccius Hant Pfriem 2, 5, f. 1007;
es steht nicht anders, hoch und niedrig lebte befangen
in einer ungeheuren Selbsttäuschung Treitschkb d.
gesch. l, 161. in der frage:
o weh uns! steht es so?
Schiller 12, 90 (Piceol. 1, 5).
dafür: 'hoho', dachte der Student, 'steht es dermaszen
hier?' Immermann i, 75 Hempel {Münchh. i, 6).
f) durch eineti rdativsatz bestimmt, besonders in formel-
haften Wendungen: alles sonst mag stehen, wie es will,
der arbeiter fühlt, dasz er sich ein asyl erworben hat
Ludwig 2, 120. es steht, wie es stand, gestanden hat
(ist), *. Chamisso 3, 94 unter I, B, 3, e, d-; Hebel 3, 158
unter I, C, 3,/ ß. stehen wie es stehen soll, stare per
il verso Kramer dict. 2. 927*. sprichwörtlich: wie stehts
mit unserm kritischen kranken? es steht, wie es steht:
saigte der doctor Engel sehr. 12, 154 {Lor. Stark 16);
steh's jetzt, wie es steht;
es erfüllet sich docn dem verhängnisz nach
Droysen Aitch.* 7 (lati f önii rCr lau Agam. 67/.).
femer sprichwörtlich: es steht, wie es geht Eiselein 577
(nach Agricola); es stehet wie es gehet, und wie gott
wil Petri Dd !•.
Q stehen im relativsatz. mhd. formelhaft:
da; dO uns gebest einen rät
in der sache als e; nfl stät
Pyr. u. Thitbe 114 (zeittchr.f. d. alterth. 6, 507).
ähnlich frühnhd.: das er dir jr land gebe zum erbteil,
wie es heuts tages stehet (mn ci»i 'wie diesen tag [ge-
schieht]') 5 Mose 4, 38; mit deinem mund hastn es ge-
redt, und mit deiner band hastu es erföUet, wie es stehet
an diesem tage l kön. 8, 24 (ebenso), ».ferner Esra 9, 15;
Jerem. 11, 5; 25, 18; 44, 6.
b) stehen wird in diesem ginne gern mit dem gleich-
bedeutenden gehen gepaart, (vgl. A, 11, d — g und gehen
II, 4, d und 36, h, y, th. 4, 1, 2401 und 2473.) in loser Zu-
sammenstellung: wie stehets, wie gehets, wie stehen eure
Sachen? Kramer dict. 2, 927*; wie lang hab ich dich
nit gesehen, wie gehets, wie stehets? Agricola gpriekw.
(1634) n 4». dafür auch: guten tag, herr Schulmeister ... 1
wie geht's? stet's leben? maler MCller 1, 234;
wie geht's, wie steht das leben, herr Doriskns?
Falk Amphttr. 1, 4».
1679
STEHEN (11. D. 10. ft-d)
STEHEN (H. D. 10. d)
1680
formelhaft durch und verbunden: darinn gott durch
Mosen . . . fftrbilden liesz, wie es forthin in der allge-
meinen Christenheit . . . gehen und stehen wörde Mathe-
siüs Sar. 4i^; wie wflst es sonst in der weit geht und
steht NiGRiNUS V. Zauberern, hexen (1592) vorr. 3»; eben
komme ich von Moritz, dessen geheilter arm heute auf-
gebunden worden, es steht und geht recht gut Göthk
87, 250; denn auch mit dem geigen stand und ging es
nicht so, dasz ich darauf hätte stolz sein können Hesse
Gertrud 11. im nd. begegnet die Verbindung es geht und
steht auch ohne adverb. in prägnantem sinTie, wie son^t
es geht allein, vgl. gehen II, 36, h, X, tli. 4, i, 2475: dat geit
und steit, 'es ist passable' Strodtmann (Osnabr.) 229,
'es ist zwischen beiden, mittelmäszig gutl' brem. icb. 4, 992.
so auch gelegentlich in der litt.: (er) muszte gleich darauf
gestehen, dasz der knaster . . . von so feinem geruche
sey, als er ihn kürzlich nicht gerochen, er geht und
steht so, versetzte der schwarze mann gar vornehm
Müller Siegfr. v. Lindenberg 1, 118.
c) teeHere bestimmungen können durch Ortsangaben ge-
geben werden.
a) meist mit in oder einer gleichwerthigen präpos. : wie
stehets in Teutschland? miszlich? qtto in statu sunt res
Germaniaef turbulento Dentzler 273'' (kaum verschieden
von dem älteren wie steht Deutschland?, *. 9, c);
wie ez stfinde in dem lande (reiche)
anegange 24, 20 und 23;
wente it in velen landen gans ovel steit
de« dodes dam 150;
dem {papst Gregor X.) kam die klegde dicke für, wie
äbel es in den landen stünde d. städte ehr. 8, 41, li
(Closener, Straszb., 1362); Susanna. . . . der wein geräth
dies jähr nicht. Clemens, darüber ist in ganz Italien . . .
die klage, in Calabria, Sicilia, Cypern soll es gar nicht
besser stehn Tieck l, 154. sprichwörtlich: es stund vor
Zeiten in stetten wol, da zwölff mistgabeln feyrten, wenn
die herrn zu rathe gingen Petri Dd l». — wie stund es
aber jnn des Groszgurglers hauszhaltung? Garg. s. 75
neudr.; wie steht's auf dem schlösse zu Thurneck?
Kleist Käthchen v. Heilbr. 3, 3;
so Ifig dann wie es steh im hausz
SCHEIDT grob. 3921.
«o bes. in dem unter I, B, 2, /, a, bb zu ende {sp. 1412/.)
angeführten reimspruch. — wie stehts zu hause? quomodo
res geruntur in patriaf Frisch 2, 326". — es ist noch nie
basz in der kirchen gestanden, dann do vil prediget
erwörgt wurden von des wort gotes wegen Luther 7,
244, 30 Weim.; in der Christenheit, s. Eberlin i, 169 unter
I. C, 3, d, ß. — häufig in der weit:
sO steit i; in der werlti noch
Annolied 166;
80 ists gestanden ynn der weit zu der zeyt Jona Luther
19, 192, 27 Weim. anderes: das betragen Agathons bey die-
sem anlass wird ihn vielleicht in den verdacht setzen,
dass er sich bewusst gewesen sey, es stehe nicht so gar
richtig in seinem herzen Wieland l, 269 {Agath. 5, l);
wenn es in seinem gehirnc so richtig stünde, als in
seinem gewissen, so wollte ich gut für ihn seyn Schlegel
bei Adelung (8, 2, 5). abstracter:
wie? sollt es nicht mehr gut in ihrer ehe stehen?
Gellekt 1, 181.
die leisten beispiele stehen den unter d behandelten gebrauchs-
vmsen nahe.
/?) bei einem: es steht bey ihm wohl, bene agitur cum
illo Steinbach 8, 667; wolte gott, es th&ten es alle
eitern! es solte gewisz bey vielen besser stehen Mosch e-
rosch insomnis eura par. 117 neudr.; wie stehet es bey
euch? Adelung umatündl. lehrg. 2, a. 187, 8. mit andern
prOpoa.: es stehet herrlich und prechtig für jm, und
gehet gewaltiglich and lAblich zu in seinem heiligthum
JW. 96, « (1 chron. 17, 87);
wan aJtA ist e; gewant,
aU es ouch undem hüten itAt . . . Iw. 3866.
d) andre präpotiUonen stellen die bexiehung auf eine
ptrmm oder einen gegenständ her, der in der älteren spräche
meiH aU mtbjeet steht, so besonders mit.
a) es steht gut u. t. tc. mit einem (= einer steht gut,
«. C, u, a): wie stehet« mit (um) euch? . . . come state voi.
come sta, come si porta leit e le cose vostret Kramer dict.
2, 928"; es stehet gantz anders mit ihm, longe alia fortuna
ejus est Steinbach 2, 667; sie {Ruth) aber kam zu jrer
schwiger, die sprach, wie stehets mit dir, meine tochter?
und sie saget jr alles was jr der man gethan hatte Ruth
3, 16; zu diser zeit ists vast übel gestanden mit den jüden
Hedio chron. germ. (1530) 6»; wenn er wieder kommen
sollte, und sollte sehen, wie es mit seiner familie stünde,
so müszte er sich doch zu tode grämen Lessing i, 468
{schätz i); mit dem grafen stand es seit dem letzten
abend betrübt J. Paul 22, 44 {Titan 2, 41 «.),-
mit einem herren steht es gut,
der was er befohlen selber thut
GÖTHK 2, 237 ;
*. auch Spreng II. 98 *> unter I, B, 2, g. verschieden nuan
eiert: 'es steht schlecht mit ihm, sowohl der gesundheit.
als auch dem vermögen, den häuslichen umständen nach'
Adelung (2, 3); mit ihro hoheit steht's schlecht, der
puls zappelt wie ein mäuseschwanz MusÄus volksm. 1.
108 Hempel; s. auch Spreng II. 218* unter I, B, 2,/, ?/, bb.
jetzt besonders vom stand und verlauf einer krankheit,
sonst lieber wie geht es dir? t«. s. w. ungewöhnlich:
{Horatio zu Hamlet.) wie stehts mit ihro durchlaucht'^
wie so erschrocken? schausp. der engl, komöd. 156, f
Creizenach {d. bestr. brudermord 1, 6; jetzt: was ist, fehlt
ihnen?), von dem seelischen bezw. sittlichen zustande: ich
merke wohl, wie es itzt mit dir steht, deine begierdcn
. . . sind itzt deine tyrannen Lessing 2, 20 {Sara Samps.
2, 3) ; doch kann ich nicht ruhen, bis ich weisz, . . .
wie's mit meinem söhn steht; ob's wahr ist, dasz er
auf solch gottlosen verbothenen wegen wandelt maleh
MÜLLER 2, 73 {Fausts leb.);
bin nur jetzt von sorgen getrieben,
wie es drinne steht mit meiner lieben,
und ob sie, wie in der Stadt man sagt,
sich mit dem teufels-pfaffen bebagt
GÖTUE 13. 63 (pnt. Brey 106);
ungewöhnlicher von Charakter und tcesen eines menschen :
'sage mir lieber etwas über die drei, wie steht es mit
dem alten grafen?' 'ein ekel.' 'und mit dem baron?'
'ein dummbart' u. s. w. Fontane 5, 39 {Stine 6), vgl. 68 (ii\
gern in bezug auf Vermögensverhältnisse: arm bin ich.
wie ein bettler ... so stehts nun mit mir! Klinger
dramat. jugendw. 1, 287;
{Nathan) ist endlich wieder heim gekommen? ev!
so mags doch gar so schlecht mit ihm nicht stehn
Lessing 2, 238 {Nathan 2. 2).
von liebesverhältnissen : sie hatte ihm nun alles er-
zählt, wie es mit ihr und dem Hannes stand Ludwu;
2, S88. {vgl. unter e. a und f. ß.)
ß) mit einer sache. so ganz allgemein: es kan mit
der Sache nicht schlimmer stehn, res pejore loco es.te
non potest Steinbach 2, 667. vgl. H. Sachs 1, S3« unter
I, B, 3, /, rj, ee.
manche ausdrücke umschreiben die unter o behan
delten: es stehet noch wol mit (um) seine Sachen, le
cose sue stanno ancora bene, c'e ancora bene de' fattx
suoi Kramer dict. 2. 928«; guten morgen professor. wie
stehts mit der gesundheit? Schiller 4, I86. specieiUr
wie steht's mit dem kopfreiszen, Franzel? Holtei erzähl.
Schriften 1, 13. es steht mit meinem leben gefährlich.
mea vita in dubio est Steinbach 8. 66». — wie steht e>
mit deinem herzen? Gellert bei Adelung (8, 8);
mein guter freund, ihr treibt das ding ins grosse;
beut' ist es diese, morgen jene rose:
mit eurem herzen steht es sonderbar.
IIkkwkuh ged. einet lebend. 171 (lon. 41).
— es stand nicht gut mit dem Hienäckersohen vermögen
Fontane 5, 282. — weiter: mit den hiesigen anstalton.
welche unserer Oberaufsicht untergeben sind, steht r>
gar erfreulich Göthe bri^e 88, 80; lass uns nun nacli
Rom ziehen, um zu sehen, ob es heute bosser mit der
kircho und der geistlichen regiorung steht Klinorr S, äi:
{Fausts leb. 4, 9); der ganze anschoin gab's, dass es niii
allem, was die bibel sagt, so sicher nicht stehe Jun<.
Stillinu 8, 188; aber katholizismus und musikalische
fertigkcit und kenntnisse sind streng geforderte rcquisitc,
und die Rüdiger wird sich deshalb bei ihrer tante er-
kundiftiMi , wie es mit letzterem steht A. v. Drostk-
1681
STEHEN (II, D, 10. d-e)
HÜLSHOFF briefe s. 123; wie sah der acker aus! das
stand noch schlimmer mit dem unkraut, als es ihr
heut . . . vorgekommen war Ludwig 2, 183;
müd ist dein furknecht und verdrossen,
nbel steht es mit deinen rossen
Spreng Utas 96*» {■ioadit^ di toi innoi 8, 104).
vom Stande einer arbeit {ob, tcieiceit sie fertig ist u. ähril.):
schreiben sie mir nun wie es mit unserm wercke steht?
ob sie die partitur empfangen haben? ob sie etwas
ändern? ob der vierte ackt fertig ist? Göthe briefe 8, 69
(an Kayser 25. nov. 86) ; wie steht's mit meinem porträt?
nicht wahr, sie haben nicht dran gedacht? Lenz i, 350
Blei (hofm. 2, 2). von planen: wie steht's mit ihrer alten
grille, etwas schönes und gutes in gesellschaft von
zigeunern hervorzubringen? Göthe 20, 23 {Wilh. Meister
7, 2); wie steht's mit Posen und der reise dahin?
G. Herwegh briefe s. 36.
e) ebenso häußg und früher auftretend ist stehen um.
«) um einen; schau mhd. ganz getcohnlicJi, s. mhd. icb.
2, 2, 573«:
herre, wie bin ich oder wie stet iz umbe mich,
daz ich mit Pharaone muge haben gechose?
Wiener exod. 91, 37;
umbe de {Conetanting tochter) stät ij möweliche
Rother 81.
nhd.: es stat wol umb mich, bene mecum agitur. umb
mein müter stat es wol, apud matrem recte est Maaler
384 ••: basz umb einen ston, in einem besseren stand
sein. Stare meliore loco. übel umb einen ston, se male
habere 390»; es stehet nicht wol um ihn, malo astro
natus est, in egestate versatur Stieler 2127; es stehet
wol um mich, bene mecum agitur: bene valeo, bene habeo
Dentzler 273''; s.auch Steixbach 2, 669. belege: grosse
begire . . . hette ze wissen wie es doch umb seine
kinder sten möchte Arigo decam. 136, 23 Keller (quello
che de' figliuoli fosse addivenuto 2, 8); ich habs dir vor-
gesagt, da es noch wol umb dich stund Jerem. 22, 21;
da jn nu Demetrius in den rat foddern, und fragen
lies, wie es umb die Juden stünde, und was sie fur-
hetten? (tv rivi öiu&iasi xal ßov).^ xa&savrjxav) 2 Macc.
14, 5, vgl. Ephes. 6, 21 ; marquise ! marquise ! wenn ich
nicht so nachsichtig wäre, wie würde es um sie stehen?
Göthe 14, 157 (^rosz cophta 2, 5); wie wird es heut' über
acht tage um mich stehen? da ist mein geld rein auf-
gezehrt! Heine 4, 269 Elster;
es stund yetz umb die kynd vil bas
geh man schfilmeister jnn, als was
Phenix Brant narrensch. 6, 31;
jungfr. dein unglück macht dasz mir die äugen übergehen.
rotengt. es wird umb dich gar bald auch ebenmessig stehen
Königsb. dichterkr. s. 9 neudr.
in der begriiszungsfrage geicöhnlich wie geht es dir?;
doch begegnet wie steht es um . . .? in ähnlicher weise
bes. bei Göthe: wie steht es sonst um sie? briefel, 103, 27
{an Behrisch l.oct. 1767); s. ferner 1, 103; 36, 54 uru^ 39, 182;
Adelbert . . . wie stehts um euch ? um alles ? Tormann.
Adelbert, wie stehts um einen wurm, den man hart auf
den köpf getreten hat . . .? Adelbert, edler graf, schlecht,
und so musz es nie um euch stehen! Klinger Ottos.
8, 20 — 26 neudr. (l, 2). auch hier dieselben specielleren be-
deutungen wie unter d, a. vom körperlichen zustande:
daselbst er einen todten ritter, und neben jm ein andern,
umb den es nicht viel besser stund, fände Amadis l,
». 68 Keller, ivtn seelisch-sittlichen zustande: ja ich ge-
stehe . . . dasz es damahl umb mich und meiner seelen
heyl knapp gestanden und sehr nahe geschehen gewest
wäre Simpl. sehr. 4, 18, 33 Kurz {vögeln. 2, 1). von liebes-
verhältnissen : maszen er nun einer von den lezten seyn
müste, der erführe, wie es um den Otto und sie stünde
Anton Ulrich v. Braunschw. Octavia 3, 635. von der
Charakterbeschaffenheit: nicht wahr, Lene, wenn du ge-
wuszt hättest, wie's eigentlich um mich stünde, du
würdest dich für einen solchen mann bedankt haben?
Hebbel 8,16.5,2 {Schnocki). es steht um, verhält »ich
mit: es stet nicht umb uns lewte als umb das geflügel
und umb die tier, fisch und würm qu. {Iiandschr. des
Xh.jahrh.) bei Sghmellek* 2, 709.
X. 8.
STEHEN (II, D, 10. e-f
ß) um eine sache. ganz allgemein:
1682
drüm kommet selbst und sehet,
wies um die sache stehet
Reineke fuchs (1650) 108, 12.
in bezug auf personen: es sagt Plato, es werde als
denn wol umb die menschlichen Sachen stehn, wann
entweders die philosophi . . . regieren, oder die könig
sich der weiszheit befleissen werden Xylander Polyb. 458
(rdrf xdv9-Q(ä7ieia xa?.<5g t'qsiv XH, 28, 2); wie steht es
um unsre sachen? Adelung (2, 3). körperlicher u.
geistiger zustand: es solcher gestalt sehr miszlich um
sein leben stehen wurde S. v. Birken /orte, der Pegnitz
schäferey 22; alsbald macht sich der doctor vor das
bette . . . denn ist die erste frage: wie stehts um des
herrn seine zunge? Stranitzky oUapatrida 191, 30
neudr.; dann wie es umb ein menschen inwendig steht,
das zeygt das gewissen bald den äugen an . . . (e*) steht
umb alle glider, wie es umb das hauptgiid das hertz
steht S. Franck sprichw. 1, 21»;
wan hoeret an der rede wol wieg umb da; herze stät
W.\LTHER V. D. VOGELWEIDK 83, 38;
dasz es um euer gewissen nicht beser stehe, will ich
euch . . . beweisen Pfeffel pros. vers. l, 136;
ihr herrn zeloten dieser zeit,
wie steht's um enem willen?
Bürger 50». —
um ein land (neben in einem lande, *. c, d), vgl. Xy-
lander Polyb. 8 unter I, B, 3, b, y;
solt ewer gnad mit tod abgehn,
wie wurd es umb die landschafTt stehn?
H. Sachs 1, 122«»;
um Deutschland stund es noch so wol,
da Deutschland nur war gerne voll;
als da es triegen, buhlen, beuten
gelemet hat von fremden leuten
LOGAU 1, 7, 16.
um die Staaten, s. Mommsen 2, 79 unter I, B, 2,/, y, ee.
so auch: um die Christenheit, s. buch d. liebe 27» unter
I, C, 3, d.ß;
wie stand es jetzond am die weit,
hätt Adam nicht gebaut das feld
Simplicits. s. 12 neudr. (1, 3).
tceiter: dann es wirdt wol umb das bergwerck stehn, so
nicht allein der steiger, sonder auch der gewerckherr,
lehret was in dem zu thun seye Agricola bergtcerckb. 22;
hört 'mal, da unten! 's steht nicht gut um's schiff
MüLLXER dram. werke 3, 67 {kön. Yngurd 2, 2).
abstracter: der {keuschen Josephs) vint man leider wenig
me. dar umbe stetz nu wundirlich umbe di e Ködiz
21, 23; das sy im enbuttind, wie es umb das concilium
stund Richent.\l Const. concil s. 113; wie steht's um
die Schlacht? Bürger 287»' {Macb. l, 2; vgl. 9, d). es han-
delt sieh um einen Sachverhalt:
sag wie des himels lauff umb geh,
und wies umb die planeten steh
SciiEiDT grob. 730;
und wie steht es hier genauer besehen um die zeitbe
Stimmung? J. Grimm Beinh. fuchs s. CCLXXX. — so
steht es um kommt dabei einem so ist o/l sehr nahe: es
Stadt also umb die menschlich art und natur. compa-
rata est ita hominum natura Maaler 383«; vgl. Züricher
bibel 2, 27"* unter I, B, 2,/, t], aa. frage nach dem vorfutnden-
sein von etwas: wie würde es um den reiz der meisten
moralischen erscheinungen stehen, wenn man ... sie
gleichsam werden sehen müszte? Schiller 6, 60 (6r.
üb. don K. 8). nach der richtigkeit einer behauptung u.
ähnl. : miszlich musz es daher auch um die behauptung
stehen, dasz unsere erde abwechselnd von den planeten
regiert werde Hebel 3, 169;
ich weisz wie es um diese lehre steht
Göthe 12, 97 {Fautt I, 1971);
wenn man's so hOret, möcht's leidlich Scheinen,
steht aber doch immer schief darum. 181.
/) mit andern präpositionen.
a) ähnliehen sinn tcie mit hat zuweilen auch bei, *.
c, ß. ferner können die allgemeinen ausdrücke der be-
Ziehung tcie wegen, in betreff u. äh)U. eintreten; so: zu
letzte ward gefragt, . . . wie das meins genedigen herren
106
1683
STEHEN (II, D, 10. f-il, a)
STEHEN (II, D, 11, a-c)
1684-
und der urbarleut halben steen sol. tirol. weiath. 1, 150,
12 {Stumm 1476).
ß) trenn es sieh um das verhältnisz mehrerer handelt
{vgl. d, a zu ende), begegnet auch zwischen: der rosen-
könig und Mariens muüer hatten damals längst be-
merkt, wie es zwischen mir und Marie stand Seidel 2
{vorstadtgesch.), 293; wie es ihr gehe und wie es zwischen
ihr und ihrem manne stehe, darüber dachte ich jetzt
nicht nach Hesse Gertrud 247;
denn mir ist sichre künde zugekommen,
dasz zwischen diesen stolzen lords von England
und meinem vetter von Burgund nicht alles mehr
so steht wie sonst
Schiller 13, 199 (Jnngfr. v. Orl. 1, 4).
g) im mhd. häufig mit bloszem, dativ ohne präp., ana-
log der gleichen construction von gehen (s. das. II, 36, g,
th. 4, I, 2471/), *. mhd. wb. 2, 2, 572'' (/?); z. b.: er mant in
aller truwen, daz er nicht vergesse, er queme na sime
dote wider zu ire, und sagete wi ez ime stunde, der
lieil. regel Gä, 9 Priebsch ; so nocJi vereinzelt bei H. Sachs
4, 3, 5»>, a. unter I, C, 3, d, ß.
11) als eine specieUe Wendung und Weiterbildung der
modalen bedeutung läszt sich die häufige Verwendung von
stehen im, sinne 'aussehen, kleiden, anstehen, sich ziemen'
betrachten, vgl. die analoge enticicklujig von sitj;en, s.
das. 6, d — e, th. 10, I, 1297 /. es stehet wol, decorum, con-
cinnum, aptum, consentaneum est, convenit Stieler 2127;
es stehet übel, dedecet, turpe, inhonestum., indecorum est.
ebenda: das stehet wol, das stehet schön, questo sta
bene, sta belle, das stehet heszlich, garstig, questo sta
brutto, fä un brutto vedere Kramer dict. 2, 928»; gut
stehen 'gut lassen, zieren' Adelung (2, 5); 'eine sache
stehet auch gut, wenn sie sich an ihrem orte gut aus-
nimmt, gut in die äugen fällt' Campe (l).
a) zunächst von concreten sichtbaren dingen, bes. klei-
dung und schmuck, in bezug auf den ästhetischen ein-
druck.
a) 'ein kleid, ein hut stehet gut, vxnn es, er gut sitzet,
gut kleidet, zieret' Campe (l). hierbei wird im heutigen
sprachgebrauche zwischen stehen und sitzen (6, d) gewöhn-
lich so unterschieden, dasz ersteres auf die conception,
letzteres auf die ausführung geht, demnach wäre in fol-
gendem falle sitzen angemessener : das kleid steht gut,
vestis adstricta est et singulos artus exprimit Steinbach
2, 667. — 80 schon mhd.: s. St. Georgener pred. 21, 15 un-
ier I, B, \,f, y-, sonst mehr mit der nuance 'einen be-
stimmten eindruck hervorrufen' {was näher zu 8, l liegt):
särant durch prises lön
eines pfelles aä gedähte . . .
ob der iht rtlfchen ste? Pars. 629, 26;
wan e j (d. gewand) stet s6 riterliche 148, 18 ;
#. ferner Hartmann v. Aue Greg. 1162 (pfefllchen) und
Trift. 2647 (geistliche), nhd.: s. fastn. sp. 666, 28 unter
I, B, 2,/, a, aa; Keisersb. brösaml. l, 95»» unter I, B, i,
/, y; als denn werden unsere junge gesellen sehen . . .
wie fein solche pluderichte teuflelische hosen stehen
Musculus hosen teuffei n neudr.; dann setz ich meine
haub auf, blos die mit den spitzen, 'ei wollen sie net
die mit den Sternblume aufsetzen, die steht schöner!'
Bettina dies buch geh. d. könig i, 7;
wie hurtig ist der gangl wie artig steht das kleid!
A. Gryphius 1, 222 (Carden. 3, v. 197);
man schaae sie nur an, wenn sie zur hochzeit gehen,
wie alles masz so nett, so niedlich, lieblich stehen
Kachel $at. ged. s. 180 neudr. (9, 162).
ß) im mhd. auch vom menschlichen leibe und seinen
gliedern :
wie gar stn Itp ze wünsche stAt ! Trist. 706 ;
avoy wie stuonden sfniu bein ! Part. 168, 7.
«0 wol «tende, schön:
j&rlanc mir tmobent oncb
mtnia wol standen engen minnes. frühl. 87, M;
■o denck ich an ir ogen brechen . . .
an ir wol stendes bar
Laubbro Uedert. 8, s. 10t, 106;
«xitere» ». unter N, m. — ahnlieh noch nhd.i
ja, lockigt haar steht schOn
ObLLBKT bei ÄDILVItO (f , 5).
y) sonst von mannigfachen dingen; etwas steht schön,
sieht schön at4S u. ähnl.: das wird dennoch ein seltzam
anblick und gesiebt gewest und abenteuerlich gestanden,
das einer so ynn der lufTt feret, ut ein pflaumfeder
Luther 34, i, 406, 4 Weim.; . . . ich glaube, sie muszten
anstatt der Schlafmützen damit {mit den federhüten)
in den betten gelegen haben, das steht so schlimm
schausp. der engl, komöd. 163, 30 Creizenach {bestraft, bru-
derm. 2, 7); fr. v. Landheim . . . das gezelt wird ja schö-
ner seyn, als der atlas ist? Fiekchen . . . und die leere
wand steht noch schöner; denn die kostet noch weniger
J. E. Schlegel 3, 582 {pracht zu Landh. 4, l); es stand
hübsch, dasz die löckchen sich in lauter glänzenden
goldfaden kräuselten E. T. A. Hoffmann 6, 216 Grisebach;
(sie) spitzten die hörner artlich rund,
setztens aulT, dasz es artlich stund
Fischart 2, 262 Kurz (jeeuiterhütl. 792);
s. auch ScHEiDT grob. 3104 unter I, B, 2, /, a, bb.
b) stehen bezeichnet nicht sowohl den eindruck eines
gegenständes an sich als in seiner beziehung zu andern
und zu seiner Umgebung, diese beziehung ufird durch zu
ausgedrückt; wozu stelfien, pa.<isen: sehr gut stand das
schwarze struppige halbergraute haar zu den roten trie-
fenden äugen E. T. A. Hoffmann 12, 8 Griseb. {meister
Floh l) ; zu den blonden locken stehen seltsam die dunkel-
braunen, fast schwarzen äugen Stifter v^erke l, 218 Sauer;
s. auch Voss l, 13" unter I, B, 3, /, y, dd. so mit be-
sonderem sin7i:
diesz haupt da steht zu einer kröne nicht.
{that head of thine doth not become a crotvn)
Shakesp. 2, 257 (Heinr. VI., 2. th. 6, 1).
tceniger scharf ist diese beziehung ausgedrückt durch ört-
liche Präpositionen wie bei: es ist auch wol zu merken,
dasz, bey den nackenden leibern, die gewänder, so gelb-
licht, rötlich, veilfarb, und von purpur . . . nicht übel
stehen Sandrart acad. (1675) i, 63^;
wie niedlich steht dabey ihr weiszes mUllerkleid !
KOENIG ged. 533.
ähnliche ausdrücke schon mhd.-mnd.:
dar under was härmin,
als e? ob hemde wol stftt he. 6487 ;
diu kelli blank, da vor stet wol din spengel
minnes. 2, 93», 2 Hagen CTanhuser);
adamas unde 6k brigillus grät (heryll-spitze)
an golde weideliken stfit {'nehmen sich im golde stattlich aus')
vruwen IcJ 76;
deine backen stehen lieblich in den spangen, und dein
hals in den keten (nnina Ti^nS ?iw 'lieblich sind deinen
• - —T : T
wangen die gehänge' u. s. w.) hohel. 1, 10; von der bey-
kommenden bordüre hält das stück 40 eilen ... sie steht
auf grün sehr gut Göthe briefe 11, 12, 21 {an SchilUr
23. Jan. 96).
c) gewöhnlich mit dativ der person, der für diese be-
deutung charakteristisch und bei ihr vorherrschend ist,
während er bei der modalen auf die ältere spräche be-
schränkt ist {s. 10, g). nur ausnahmstceise treten dafür
Präpositionen ein: allzu lichte kleider stehen nicht für
alte leute Gottsched beobacht. 280.
a) zunächst von kleidern und theilen der klridung: vide
ut isthic omatus me deceat, sih wie steht mir das kleid
CoRviNus fons lat. 256; das kleid stehet mir nicht,
•kleidet, zieret mich nicht' Adelung (2. 5). so auch für
viele mundarten ausdrücklieh angegeben : schtceis. 's chleid
stot-em guet Hunziker 256; österr. deti{r) rock schdehd
ihm guad Castei.li 234; oberlaus. Anton 13, 7; in Rappen-
au Meisinoer 182» ; nd. dat kleet steit cm good 'd. kleid
sitzt ihm gut: er hat darin ein gute» ansehen' brem. »•♦.
4, 992. — so schon mhd. {mhd. wb. 2, 9, 57t*):
nO merkent wie den frcuwcn ir gebende stAt
Walthbr V. i>. VooKLW. 194, 94;
der mAnich . . . sieht dar und wider
ob im die koral wol ste
IIrink. V. Nkuhtadt gottet luk. 489 StnQtr;
der roantol stund der Junkfrau wol
/(Utfi. sp.M»,*;
der mnntcl iit4<t dir lestorlich 66«. 17;
bin ii'li dann nit ein schßnor knccht?
ich wpiKZ die kleider stehn mir recht
QiLMunius gromm. «, t, ». 9r, :
1685
STEHEN (II. D, 11, c)
STEHEN (II. D, 11. c-d)
1686
in Jena liesz dir nnr ein knrzer ermel schön,
weit besser wird dir hier ein langer aufschlag stehn
Zachariae 1,50 {renommist 2) ;
komm, gib mir deinen rock und mutze,
die maske musz mir köstlich stehn
GÖTHE 12,92 {Faust I, 1847);
fraoen sollten durchaus maimichfaltig gekleidet gehen;
jede nach eigener art und weise, damit eine jede fühlen
lernte, was ihr eigentlich gut stehe und wohl zieme
17, 281 {icahlvertc. 2, 7) ; wie ihr das spitzenhäubchen so
allerliebst steht! E. T. A. Hoffmann i, 201 Grisebach (d.
gold. topf 5); heut' ist sie angethan mit flor und seide
— steht ihr auch nicht übel Bauernfeld ges. sehr. i. 43
{leichte, aus liebe 2, lo); dein hochzeits-kleid ? ei, wie es
dir steht! es ist. als ob's zu heuf gemacht wäre! Hebbel
2, 11 {Mar. Magd. 1, l). —
sie sieht nicht auf ihr kleid, ob ihr die färbe steht
J. A. Schlegel verm. ged. 2, 247.
durch einen satz umschrieben:
wie artig, rieff sie, wird es dem Berintho stehen,
wenn er ins künfltige wird so gebunden gehen
Nkukirch bei Hoffmaxxswaldau auserl. ged. 2, 131 ;
a. auch Pückler briefvc. 4, 320 unter I, C, 3./, a.
ß) von allerlei schmuck: ihr schmuck! . . . das hätte
dir bei der trauung prächtig gestanden! Hebbel 3, 185, 22
{Agnes Bern. 3, 8); die ohrgehenke stehen ihnen ganz
vortre£flich Gellert bei Adelung (2, 5);
wie sollte mir die kette stehn?
GÖTHE 12, 143 {Faust I, 2794);
wie schön der demantring dir steht,
wenn es zum feste morgen geht
Arnim 15, 260;
werlich, uwer königliche krön.
her juddenkonig, die stet dir schone
Alsfeld, passionssp. 5285 ;
ich hatte ihr aber einen so schönen kränz gemacht von
farrenkraut, der ihr so gut stand und ihre wunderschön-
heit noch erhöhte Bettina d. Günderode l, 80;
umkränzt mit rosen eure scheitel,
(noch stehen euch die rosen gut)
Hagedorn 3, 30;
um gottes willen andre bänder!
diesz gelbe steht mir scheuslich, ohne roth"
Gotter 1, 70;
ein pflästerchen, das Chloen besser stand
Wieland 1, 255 Berl. ak. {moral. br. 5. 90).
ungeKÖhnlieJieres: ein schwert, s. Wiener gen. 80. 32 unter
I, B. 2, e. ß;
o Diana jägrin erkom,
wie wol steht dir das jägerhom
GiLHUSius gramtn. «. 64 (3. 2). —
{ironisch, im bilde:)
ach schade, . . . dasz du armer schelm nicht längst ein
hahnrey bist!
wie artig würde dir doch das geweihe stehen?
Nelkirch ged. 205. —
diese narben stehen dir schön Schiller 2, \l9 {raub. 3, 2);
und die wunden sollen uns schön stehen Immermann
Münchh. 1, 51 {corresp. mit d. bttchb. HI).
y) eine andre nuance kommt herein, wenn zu stehen
nicht allgemein lobende oder tadelnde ausdrücke, sondern
adverbien m,it bestimmterem inhalt treten; so mhd., s. unter
a, a. die tracht stand ihm natürlich, machte den eindruck,
als wenn sie ihm natürlich wäre, s. Nicolai Seb. Xothanker
t, 195 unter I, B, 3, /, y, bb. femer: wissen sie, dasz
ihnen das kleid ganz fremd steht? {für sich.) weil sie's
ausgeliehen hat Raimtinds Vorgänger 298 Fürst (Gleich
Fiesko 2, 5) ; seht . . . diese goldglänzende haube. die mir
unendlich ehrwürdig stehen musz Tieck 4, 281. anstatt
der adverb. bestimmung kann ein vergleich eintreten, so in
sprichwörtl. redensarten, wie: das steht ihm wie der sau
ein sattel oder eine bandhaub' {Eifel), wie der ziege das
knmmet {Franken) Wander 4. 794, 36 — 37.
d) in neuerer spräche wird stehen auch sehr oft ganz
ohne adverb in prägnanter weise (= gut stehen) gesagt,
s. i. A. Schlegel unter a:
ich will auf einen spiegel was verwenden,
und ein paar dutzend Schneider unterhalten,
um trachten auszusinnen, die mir stehn
'to xtiidy fashiont to adom my body)
A. W. Schlegel Shakerp. 9, 30 {Rieh. III., 1, 2);
{sie) explizierte Henri Reille, warum sie Witwenschleier
trüge, 'symbolisch, und schwarz steht mir' Hans v.
Kahlenberg Eva Sehring 115.
e) der dat. verstärkt durch präpositionale ausdrücke icie
am leibe stehen {wodurch dann auch stehen wieder einen
eigentlicheren sinn erhält):
er mag mir do mein schnch pfissen
das sie mir wol an meinen füssen
sten umb und umb allzumal
Pfarrer v. Kalenb. 1419;
er sieht genau die weiszen kleider glänzen,
die ihnen knapp und wohl am leibe stehn
GÖTHE 13. 191 (d. geheimn. 346);
Maria kannte den groszen wert dieser perlen nicht, . . .
das einzige aber wuszte sie mit gewiszheit, dasz sie ihr,
als sie sie einmal umgetan hatte, unsäglich schön und
sanft um den hals stünden Stifter d. waldsteig 76.
^ to» der letzten Verbindung unterscheidet sieh die fol-
gende durch den formelhafteren Charakter, der eine innere
beziehung, wie bei b andeutet:
wie schön der kuh das band zu halse steht
Schiller 14, 274 {TeU 1. 1, 53).
dasselbe gilt von der Mußgen wendung zu gesiebte stehen,
vgl. gesiebt II. l. g, 6, th. 4, I, 4090. eigentlich, doch zu-
meist, ohne dasz es auf die beziehung zum antlitz an-
kommt, vom bloszen stehen kaum verschieden: die groszen
goldnen ketten stehen ihnen {den räthen) zu gesiebt —
Götz, wie dem schwein das halsband Göthe 8. 116 {Götz
v. B. 4); der Schlafrock stand mir schön zu gesiebte
EicHENDORFF* 3. 15 {tatigen. 2). so dann übertragen: ich
malte ... die fertigen häuser bereits hinein, sie stehen
der landschaft trefflich zu gesiebte Stifter l. 68 Sauer,
häufig in freierem sinne; vom gesichtsausdruck {vgl. unten
d, ß) : ich hätte alles in der weit darum gegeben, nicht
Ursache an einer heiterkeit gewesen zu seyn, die ihr so
fürtrefflich zu gesiebt stand Göthe 25, iG{dicht.u.wahrh.e,);
vielmehr glauben sie. nichts stehe ihnen besser zu ge-
siebt, als eine schreckliche Sicherheit und Unverschämt-
heit Keller 4. 45; das tennisspielen, das steht der Erna
nämlich besonders gut zu gesiebt Schnitzler d. weite
land 55; eine erwiderung, die euerer excellenz zu gesiebte
steht, eine ästhetische erwiderung Th. Mann königl.
hoheit 2i. daneben auch im sinne 'gefallen': ja, gewisz.
Linchen, mir hätte auch dieser oder jener besser zu
gesiebte gestanden, wie dein guter vater, der mir schon
zu wenig jung war Holtei erz. sehr. 3. 33; das weih ist
ja lauter herzenslieb' . . . und der himmel war mir gnädig,
dasz ich ihr zu gesicht gestanden bin W. Fischer ^m»--
tcellen 44. die bedeutung 'gefallen' ist icoU von gesicht
'visus' herzuleiten {wie in die äugen stechen), während
sonst von gesicht 'vultus' auszugehen ist.
d) andre, iceniger häufige gebrauchsweisen . die inner-
halb der sinnlichen {sichtbaren) Sphäre bleiben.
a) von theilen des menschlichen leibes, vgl. a, ß; so mhd.:
sin buch ne was ime nit ze lane noh ze breit:
vil wol daz deme jungelinge steit
(Lamprecht) Strag2b. Alex. 172.
so auch, im bilde: denn ich höre, das wol funff mal dis
edict sey verendert. und haben viel sich dran geerbeit,
noch hat es nirgent wollen eine nasen gewinnen, die
jhm wol stände Luther 30. 3. 338. 5 Weim. {vgl. 36, 503. i
und Thiele Luthers sprielnc. s. 359). in neuerer zeit kaum
anders als von den haaren, die sich als ein schmuck {s. c, ß)
auffassen lassen: was für seidenes haar du hast, lange,
schöne locken, sie stehen dir gut, Kuni Freytag ges.
werke 2, 82 {brautf. 5, 2).
ß) von geberden, mienen u. ähtxl.: dann umspielte seine
lippen ein humoristisches lächeln, das ihm sehr gut
stand und dem ganzen menschen etwas angenehmes gab
M. Meyr erz. aus. d. Ries (1868) 2, 10;
sie ist die seuberleiche.
ihr lachen das stehet ihr wol
bergreihen $. 16, 19 netutr. (6, 4).
so absolut:
fahr ich nicht mit pferd' und wagen,
kan ich doch zu fusse gebn . . .
laufen kan nicht sch&ndlich stehn
Stoppe Pam. 247.
y) *o auch, das »ubj. durch einen nebensatz ausgedrückt :
siehe doch dieses schöne mensch und ihren zom an,
106*
1687
STEHEN (II. D, 11, d—e)
STEHEN (II, D, 11, e-f)
1688
wie lieblich stehfets, dasz die zom-lrnntzeln über den
angenbranen zusammengezogen Oi.earivs pers. roaenth.
71 »> (5, 19); auch ihm . . . stand es hübsch, wenn er den
köpf mit den lichtbraunen locken zurückwarf Storm 6, 82.
rf) selten ist das dativobject ein ding, vgl. Brun v.
Schönebeck 3910 unter I, B, 2, /, 17, ff:
wie wol der beide in manicvaltiu varwe st&t!
WaLTIIER V. D. VOGKLV.-. 64, 13;
wie prächtig steht dem goUe die wilde pracht,
dem herrscher-antlitz drohend hinzugeprägt!
Herder 27, 50 ('die alten münzen').
e) sehr gewöhnlich dann in die seelisch- sittliche Sphäre
übertragen, anstehen, passen, sich schicken, mit mannig-
fachen ntiancen, bald in hinsieht auf den ästhetischen ein-
druck, bald auf geseUschaftlicIie Convention, bald im sinne
moralischer beurfheilung. so absolut, besonders im älteren
uhd. ungemein häufig.
a) wol, fein stehen u. ä.: wol stehen, decere, condecere.
es Stadt wol. decet. es zimbt sich Maaler 383»; decet . . .
es gezimpt sich, es gebürt, es steht wol Calepinus VIII.
ling. (1584) 541 *. zuxceilen nicht sehr verschieden von 10, a, ß.
so mhd.:
sin lant nieman schelten sol
noch sfnen herren; da; stät wol
Vridanc 63, 7;
richtet bey euch selbs, obs wol stehet (var.: stehe,
TCQinov iatlv . . .), das ein weih unbedecket für gott
bete 1 Cor. 11, 13. verneint: mit beyden bänden zugleich
auff dem clavier in die höhe oder herab springen, stehet
gar nicht wol Königsb. dichterkr. s. 36 neudr.; (für das in
neuerer spräche zu erwartende es steht gut fehlen belege.)
comparativ: dasz sie . . . jhre seelen {vor der hinrichtung)
dem lieben getrewen gott zu trewen bänden bevehlen
sollen, das stehet und lautet besser, als die droben er-
zehlte narrentheydungen Sandrub hist. u. poet. kurzw.
s. 94 neudr. im nhd. daneben sehr gewöhnlich: fein stehen,
fein seyn, star bene, convenire, convenirsi, essere convenevole.
das stehet fein, wie fein stehets, wann etc. Kramer
dicf. 1, 355''; o wie fein stehets, wenn die grawen heubte,
weise, und die alten, klug . . . sind {cog wQala yeQÖvxcDV
aoifltt) Syr. 25, 6. darnach als sprichw.: es stehet fein,
wenn die grawen heupter weisz, und die herren ver-
nünfftig sind Petri Cc8»>; es stehet nicht fein, ist auch
nicht ehrlich, wann man weder das eine noch das andere
gar seyn will Moscherosch ges. 348;
nun meiner treu ! das nimmt mich wunder,
ich will doch horchen, steht's gleich nicht fein
KoTZEBUE dfam. w. 1, 248 (d. harmherz, briider i).
im comparativ, s. Scheidt grob. 3059 unter I, B, 2, y, a, bb;
es stehet nichts feiner, als . . . non vi e cosa piic bella,
che . . . Kramer dict. l, 855'». tnit andern ausdrücken der
büligung :
swie e; doch herllchen ste
daj man für fursten tische ge
umb si mit gedrange
Ottokar reimchr. 8100 ;
steht es dan nicht schOn und löblich, wan ein mann so
dankbar ist
Grob dichter, versuchg. 44;
nichts steht ehrlicher auf erden
als umsonst getadelt werden
Fl.EMINf; 390, 65 Lappenberg;
ein stoltze gesellin . . . mit dem arse hin und wider
nappet, das hüpsch stehen soll unnd darzä fein sein
LiNOKNER a. 117 Lichfenst. (KatzipoH s. 171).
ff) da» gegentheil übel, schändlich stehen u. ä. : es stadt
fibcl, ist unfrey. dedeeet, haud convenit, indeut Maaler
888» {vgl. 10, a, y);
da; mtn rtten bl in Übel st^t,
Sit man und wlp ze fuo; hie g£t
Parz. 460, 15;
du Spottor schr«ib«st nnr, was an uns ttbel steht
Grob dichter, veriwhg. (1678) •. 41 ;
es stehet Qb«l, wenn die bierhäuser voll, und die gottes-
häuser ledig sind Chr. Starke Synopsis n. teat. (1785)
«, 128. sprichw.: es stehet übel (jaU gemeinsamer anfang).
ein Unflat in einem schönen hause seyn. wenn ein
junget mcydlein am lisch viel seh wetzt, da feine alte
matroncn stille schweigen, wenn der wein dess mans
hWT wird u. «. n. Pktwi IM i», « auch V.r h"- unter
1. B, 2, g. verneint: accismis paululum uti non inci-
vile. sich ein wenig weigern stehet nicht übel Dentz-
LER 1, 5''; es würde nicht übel stehen, wann alsdann m.
Bernhard Schmidt vorher ritte . . . Schuppius 804. da-
für in neuerer spräche: es ist als dann ein verdienst
für einen klugen köpf, ... zu zeigen, wie schlecht pöbel-
hafte Sitten stehen J. E. Schlegel 3, 270. comparativ :
gib dir nicht selber lob, nichts ist, das schlimmer stehet
Grob dichter, versuchg. t. 32.
neben übel besonders schändlich ; gleich wol so es schant-
lich stehen soll . . . das man einander inn anderer leut
beiwesen umbfanget, küsset oder kützelet: wie schand-
licher und leydlicher mus es dann stehen, vor leuten
zancken Fischart ehezuchtb. As*"; ihr sagt, es stehe
schändlich {wg ataxQOV rjv), seine wohlthäter zu ver-
lassen Heilmann Thuc. 395 (3, 63). — ein gepleder und
gewesche ubern tische von unfletigen . . . Sachen machen,
ist eine grosze schände und stehet unerbar. andere leute
ubern tische zur banck hawen unnd verleumbden, stehet
lesterlich Mathesius Syrach 3, 25''; das stehet gar nicht
heszlich, wenn ein herr sich über seine diener erbarmet
Sperling Nicod. quaerens 2 {ill9), 562. — ungetröhnl icher :
ich bekenne es stehet sehr geringe, einen ehrlichen mann
durch den Vorwurf seiner armuth zu kräncken Liscow
254; kahl stehen, s. kahl 5, th. 5, 29.
Y) mit adverbien von bestim,mterem inhalt, es steht
lächerlich, sieht läclierlich aus, m^cht einen lächerlichen
eindruck: was stehet lecherlicher, dennsoeinaffmenschen-
werck thun wil? Petri Zzi^;
bilder von dem heutigen stände
der kultur im deutschen lande,
winke wünschest du mitunter —
danke schön ! es steht recht munter
Leuthold ged.* 65. —
was man dir bringt in grossen zechen,
solt du alls geschwind herausser stechen,
als in eim trunck, das steht so frey
Scheidt grob. 3766 {hierher f);
so stehet es auch zum hefTtigsten unsauber, wenn aller-
ley lateinische, frantzösische . . . Wörter in den text
unserer rede geflickt werden Opitz poeterey s. 27 neudr. —
so mit Standesbezeichnungen: wann eyn j&ger des morgens
auffsteht der jagen will, soll er den tag j&gerlichen ausz-
schreien, und die mit jm jagen wollen also auflwecken, . . .
wolulT frisch und frölich, das stehet heut j&gerlich
Sebiz feldb. 565:
ihr empFmdliches gewissen
hasset, was so weltlich steht
Hagedorn bei Adelung (2, 5).
diese ausdrucksweisen sind jetzt veraltet.
f) während die besprochene absolute gebrauchsweise ziem-
lich auszer gebrauch gekommen ist, sind die fügungen mit
dem dativ der person gerade der neueren spräche sehr
geläufig; dabei kann der dativ d. pers. auch umschrieben
sein: das religiöse stehet der weiblichen bescheidenheit
sehr wohl; es giebt der Schönheit ein gewisses edles,
gesetztes und schmachtendes ansehen Lessinu l, 437
(freyg. 4, 3). ganz selten ist der dativ durch eine präp.
ersetzt :
versprechen und halten,
steht fein bey jung und alten
deuUche tpriehw. (1790) 82, 177.
«) zumeist mit denselben adverbien allgemeinen Charakters,
vgl. e, « — ß\
werdiu gesellekeit siSt wol den kinden
Tit. 60, 3, vgl. 114. 4;
daz solt du nüme tön, es slftt dir nit wol, und ist Ach
unzuht St. Oeorgener pred. 6.5. l, *. auch 185, 6; sie nimmt
sich kleine froyheiten heraus, welche mannspersonen
unverschämt lassen würden, allein ihr stehen sie wohl
Gellert 4. 84; ein stilles und langmüthiges wesen steht
einem tapfern manne wohl Arndt .ichr. filr u. an a. l.
Deutschen 1, 27."». dafür jetzt: es war etwas mütterliches
darin, das ihr sehr gut stand Liinwio 8, 807. umgekehrt:
des stit in trflren tlbel und stOende in fröide wol
WaI.TIIKR V. I>. VüOKI.W. 4S, .1H;
es giebt olympischen ncid oder cifcrsuchtl der steht
einem könige nicht Übel Hippel lettenal. 8, s. 29; Hein
rieh IV. geht daran zu gründe, dasz seinem heftigen
1689
STEHEN (II, D, 11, /•— 12, a)
STEHEN (U, D, 12, a)
1690
deutschen gemüth die welsche list allzu übel steht Frey-
tag 17, 437 (büder 1, 9). jetzt getcöhnlich schlecht: die
Mainzer . . . afTectiren ganz Franzosen zu seyn. dies
j thun besonders junge leute; es steht ihnen aber be-
( sonders schlecht Solger nachgel. sehr, l, 27. anderes:
\ mir ist liep daj si mich klage
? ze mäje als e; ir schöne ste
Walther v. d. Vogelw. 61, 9;
freunde, treibet nur alles mit ernst und liebe; die beiden
stehen dem Deutschen so schön, den ach ! so vieles entstellt
GöTHE 1, 399 {ijahresz. 43); vgl. 3, 41. 41, 45. 330;
übrig bleiben aber wird uns ein frommes gemüth, das uns
nirgends schöner steht als bei der arbeit Riehl deutsche
arb. 167;
wir mügen? noch wol scheiden . . .
und haben in ze friunde; daj uns noch lol)elicher stät
mb. 119, 4,
hör' auf doch mit Weisheit zu prahlen, zu prangen,
bescheidenheit würde dir löblicher stehn Göthb3, 24€;
wie artig stehet dem herrn prof. nicht der angenommene
eyfer Liscow 157; es läszt sich wohl . . . alles mit grazie
thun, ich kenne wenigstens einen groszen philosophen.
dem in seiner liebenswürdigkeit auch dies edel steht
TiECK 4, 35.
,?) das siibject ist meistens ein abstractes sitbst. oder ein
stellvertretendes pronomen, s. die belege tinter a. daneben
ein inf., s. schiceiz. schausp. 1, 156 unter I, B, 2, /, jy, cc;
es steet übel ainem Jüngling win erkennen Xicl. v. Wyle
transl. 155, 26 Keller, bei nachstellung jetzt nur mit zu:
es steht ihnen wohl, diesz wort gegen mich zu ge-
brauchen Iffland theatr. werke 2, 251 (rf. Spieler 3,'3). ein
»atz: deshalb mir gar übel gestanden, das ich als ein
nnfrätiger hirt . . . umb liesse kummen die schaff so
miner trüw empfolht sind Zwingli v. freih. der speisen
s. 4 neudr.;
das einer sin heren verratten sol,
es stat keim Christenmenschen wol
MoNE schausp. des mittelalt. 2, 283, 2444;
sei nicht galant, es steht dir schlecht Ebner-Eschen-
BACH 4, 289.
Y) mit adverhien bestimmteren inhalts (vgl. e, y), s. Alsf.
passionssp. 539 unter I, B, 2, /, tj, bb:
ein jungfrow sol nit hinter sich
sehen, das Staat ir züchtigklich
Br.\nt narrensch. 3^ Zamcke, var.;
wie komme ich mir Tor, mir eine religion machen zu
lassen , die mir nimmermehr natürlich stehen wird !
Gutzkow ges. werke 3, 418 (rf. diakon. VII); du hast bis
jetzt zwar keine anlagen zur eitelkeit, würde dir auch
komisch stehn M. Diers Jos. Koppen 22.
(f) seit dem IS.jahrh. sehr geicöhnlich ohne adverbiale
bestimmung, in prägnantem gebrauche (= gut stehen, vgl.
r, (Ti: herr Leander, wie sehen sie mir denn aber heute
einmal so verdrieszlich aus? ach! das gesiebte steht
einem freyer gar nicht! Lessing 2, 370 {Dämon 4);
ein weibisch mitleid steht nicht dienern möiner räche :
die wuth ist ihre pflicht und tödten ihre sache
Weisze Eich. III. s. 70 neudr. (4, 6);
Trauen stünde, gelehrt sein, nicht? die Wahrheit zu sagen,
nützlich ist es, es steht männem so wenig wie frann
Kleist 4, 23 E. Schmidt (epigr. 5) ;
dmm sehn mer hie stark druf, . . .
dasz unsri maidle recht an's schafTe sich geweene ;
d' arwet macht gsund, un steht de wüeste wie de scheene
Arnold pfingttmont. 65 (2, 6).
in folgender stelle mehr im »inne des heutigen liegen (II,
11, i, th. 6, 1014): Immermann . . . möchte productionen
geben ohne ironie ; aber primitive gefühle, zärtlichkdten
... zu zeichnen, steht ihm nicht Gutzkow ges. tmrke
9, 286.
f ) in absolutem gebratuh im 18. jahrh. als nd. (pommerseh)
bezeugt: dat steet nig, 'e« geziemet »ich nicht' Dähnert 465'>.
dazu (.') .•
sei gott gleich! — 'ach: das geht nicht.'
80 sei ein mensch! — 'das steht nicht.' —
ei was ! es kann doch stehn
Arndt 5, 331 Meitner.
12) von »pecielleren gebrauchsweisen ist die anwendung
auf schriftliche darstellungen die häufigste.
a) in es steht geschrieben hat steht einerseits den icerth
eines hüfaverbs, wie sonst neben prädicatsadjectiven (vgl. 5
und 8. bes. 8, n). andrerseits betont es das feste, dauernde,
beständige des geschriebenen im, unterschiede vom gesproche-
nen Worte, die Verbindung findet sich vereinzelt schon ahd. :
keremes in mäate uns selben io zi güate
främmortes thia gotes dät, so siu thar giscriban stat
Otfrid 3, 26, 6 (ebenso 5, 12, 4).
(William 49, i, s. c, y, aa.) auch im mJid. ist sie noch
nicht sehr häufig:
also man vint geschreben stan
Brun V. Schonebeck 2719;
weitere belege s. unten, im nhd. ist sie von anfang an
eine feste formal und viel üblicher als es ist geschrieben.
ihre Verbreitung geht wohl besonders auf den einfiusz der
Lutherschen bibelübersetzung und der reformation zurück,
(vgl. schreiben II, 8, b. th. 9, 1696/.)
a) so ohne iceiteren zusatz, als einleitung eines citats:
es stehet geschrieben (yeyQanxai), du solt gott deinen
herrn anbeten, und jm allein dienen Luc. 4, 8; vgl. Gal.
3, 10; dann geschriben steet, Übertretung goetlicher gesetze
bleibt nit unerrochen Berth. v. Chiemsee s. 5; s. auch
Geiler bilgersch. 3* unter I, B, 2, /, 7], dd. in freierem
sinne (.'):
jeder treil)e sein handwerk, doch immer steh' es geschrieben :
diesz ist das handwerk, und der treil)et das handwerk geschickt
GOT he werke I, 5, 249 Weim.
ß) durch Präpositionen oder adverbia erweitert:
das steht vom Ulenspiegel gschriben
der hab disz stücklin auch getrit>en
^ Scheidt grob. 919.
so bes. bei relativischer anknüpf ung, s. d. .städte chron. 8,
104, 13 unter I, B, 2,/, rj, dd; er ists, von dem geschrieben
stehet, sihe, ich sende meinen engel für deinem angesicht
her Luc. 7, 27. daneben mit über; mhd. umbe:
nmb alle; sin gesiebte
stuont da geschriben rehte Parz. 455, 16.
mit quellen- oder Stellenangabe: alles was in diesem buch
geschrieben stehet Jerem. 25, 13; wie denn geschrieben
stehet in dem gesetz des herrn Luc. 2, 23; es stand
Mathei am XVIII geschriben . . . Schade sat. u. pasqu.
2, 140, 28; wi geschriben steet im i. buch Samuels, am 23 c.
Melissus psalmen s. 108 neudr., in Paulo, *. Fischart
1, 10 unter I, B, 2,/, tj, dd;
an vielen orten stehts geschrieben,
das, wie wirs han allhie getrieben,
werden wir müssen rechnung gebn
Krüger aktion r. d. ßnf. d. weit BS*".
sonst: in latin, s. Heinr. v. Neustadt gottes zuk. 68 unter
I, B, 2, e, ß. — so auch: do er (pabst Johannes) gen Con-
stantinopel kam alse do vor stet geschriben, do zogete
daz Volke gegen im us d. städte ehr. 8, 31. 31 (Closener);
alse hyvor geschreben steit Kulmer recht V, 38. — nicht
iti büchern: vor der ärmsten hütte stand viva Pio nono
mit" kreide angeschrieben Moltke ges. sehr, l, 25;
wirke! das ist das grosze gesetz, in des tempels
tafel gehaun . . . noch fassest du nicht des gesetzes
ganzen verstand, denn es steht zwar in der halle
nicht geschrieben . . .
Klopstock öden 2, 48 Juncker- Panel ('d. grämstein).
s. auch wunderh. 1, 95 unter I, B, 3, d, ^.
y) mit bestimmtem subject: in disem exemplar stand
geschriben vier gütü bfichlü Suso 3, 2 Bihlmeyer; glycher
wyse, als ob diese(l)b ingezogen schrifte nienert alda
geschriben stund Nicl. v. Wyle transl. 1.5, 36 Keller; da
fand man zu Ahmetha . . . ein buch, und stund also
drinnen eine geschieht geschrieben Esra 6, 2 : daher triflfl
uns auch der fluch und schwur, der geschrieben stehet
im gesetze Mose Dan. 9, 11; so find man alsdann die
schrifft im ey geschriben stehn Sebiz feldb. 108; s. ferner
JoH. Eberlin 1, 61 unter I, B, 2,/, 6, bb; Zürcher bibel 1,
309'' unter I, B, 3, *, y. im bilde:
am himmel steht ein scheidebrief
ins abendrot geschrieben Kkllbr 9, 70.
namen: der namen nicht geschrieben stehen in dem
buch des lebens offenb. 17, 8. dafür oft die personen
selbst eingesetzt (vgl. e) : und na eme quemen de bischoppe,
de hyma staet geschreven Münster chron. i, 92: vgl. d.
städte ehr. 5, 18, 25 unter l, B, 2, f, 6, aa; in gegenwertig-
keit . . . der zeugen die im kaufTbrieff geschrieben stunden
Jerem. 32, 12;
1691
STEHEN (II, D, 12, a-c)
STEHEN (II, D, 12, c)
1692
in diesem bttchelcben stehn vom und hinten,
wie ich mir sagen lassen, mit des hcrm
selbsteigner band, die angehörigen
von ihm und ihr geschrieben
Lessing 2, 327 (Nathan 4, 7, 731).
». ferner d, 6; e, ß, dd; h, a. ß. ö, wvd mit aiuiem pari, f; g.
b) für geschrieben können ähnliche ausdrücke eintreten:
an allen zimmern stehe schon seit gestern mit kreide
deutlich angeschrieben, wer darin wohnen solle Göthe
18, 253 {Wilh. Meister 3, 3); ich bewundre nur immer das
spiel des katers ... so oft er zum beispiel das kaninchen
aus der tasche nahm, hob er es jederzeit bei den obren,
— es stand ihm nicht vorgeschrieben Tieck 5, 233 {gest.
kater. 2. ztcischenakt). freier, im ginne der Chiromantie:
beseht die flache handt, . . .
da stehet all mein glück und Unglück utfgeschrieben
ZiNCüREF auserl. ged. s. 59 neudr. (48, 22). —
mhd. öfter beschriben stän, s. Hoefer älteste urk. s. 19,
21 und 29, Lacomblet urkundenb. no. 515 und 532. Brun
V. Schonebeck 3204 unter I, ß, 2, /, rj, ff. und 6, ff. —
darumb ist von jm gesand . . . diese scbrifft, die da ver-
zeichent stehet Dan. 5, 24; das im vorberichte zu meinem
trauerspiel als eine note angeführt stehet Ayrenhoff
werke i, 226; sie erhalten hiebey . . . ein paquet, dessen
inbalt und behandlung hiernächst verzeichnet steht
Göthe briefe 33, 198, 13; auch im Morgenblatt stehe es
schon weitläuftig aus Frankfurt berichtet Brentano
9, 175;
frei wählten wir des reiches schütz und schirm,
so steht's bemerkt in kaiser Friedrichs brief
Schiller 14, 326 {Teil 2, 2, 1215);
so stand ihm sein geschick bebrieft,
das seeweib sollt' er schaun
Arndt 6, 219 Meisner;
du hast mit hunden wild gehetzt, obwohl
geboten steht, ein tempelritter solle
den teufel nur aus seinem innem jagen
(Z.Werner) söhne des thales 1, 121.
vgl. auch Fischart bienenk. 16 *> U7iter I, B, 1, /, y. —
Klotilde — die Sehnsucht . . . oder etwas dem ähnliches
steht unter ihnen (rfcn bildern) zu lesen Raabe d. hunger-
pagtor •'* 275 (25. kap.) ; neben geschrieben :
der Josua war doch auch ein soldat, ...
und wo steht denn geschrieben zu lesen,
dasz sie solche fluchmäuler sind gewesen?
Schiller 12, 37 ( Wollenst, lag. 8). —
wenn unsre recension gedruckt steht Göthe briefe 42,
73 {an Zelter 2. märz 27).
c) für geschrieben stehen steht dann auch, und noch
viel gewöhnlicher, bloszes stehen, fast immer mit Orts-
angaben, so dasz hier eigentlich nur ein specieller fall
der allgemeinen bedeutung 'sich an einem orte befinden
(s. B, 5 — 6) vorliegt.
o) in {mhd. an) einem buche, briefe u. ähnl.: si
sprachen, er machet! bächer, an den ständi falschü
lere Suso 68, 22 Bihlmeyer;
swa; an disem brieve stet
rittertreue 155;
nim dir widerumb ein ander buch, und schreib alle
vorige rede drein, die im ersten buch stunden Jerem.
36, 28; er hat ein buch darinn stehts alles S. Franck
sprichic. 1, 11»; die schiiTer-mclodie stand in einem bände
Rousseaa'scher lieder-compositionen Göthe briefe 27, 233
{an 2!elter 14. nov. 16). ao apeeiell: gottes wort steht in
der bibel, verbum dei continetur in bibliis Frisch 2,
886"; darumb stehet in der schrifTt {var.: ist ynn der
schrifft verfasset, negii^ei iv ygaipf/), sihe da, ich lege
einen ausscrweleten kdstlichen eckstein in Zion i Pet 2, 6;
die lieder, die in der bibel stehen Schuhart ästhel. der
tonk. H.
nun Ia«z uns hören, weiter fort,
was in dem brieffe stehn für wort
Spangbnbbro autgew. dicht, t. 87 (ßanMxk. 992);
»priehtB. du stund wol ym brieffe? Luther »priehw. 201
Thiele, t. *. 90» f. mundarüieh in d. SdiwetM was stot im
(In »Im) brief? Hunziker au. Seilbh 279».— über Homeo
ond Jalla »teht ein »ehr vernünftiger anklang in eurer
MUang Göthr britfe 27,6t {an Zelter H. juni 16); und
die bey euch die narren spielen, laszt sie nicht mehr
Mf». *!• In ihrer rolle steht {tJum ig get down for
Mm») A. W. Schlkobl Shakegp. s, 241 {Hamlet 8, 2);
von span'schen truppen aber und Infanten . . .
steht im vertrage nichts
Schiller 12, 124 {Piccol. 2, 7).
ß) ein buch wird gern mit dem autornamen angeführt .
daher: es steht im Cicerone, Cicero scriptum reliquit
Steinbach 2, 668; Christus ist allein das licht unsers
lebens, wie im Johanne stehet Schweinichen i, 8;
im Moyse, s. Gilhusius gramm. i, 3 unter I, B, 2,/, a, bb;
wie's im Homerus steht
Herwegh gedichte eines lebend. 2, 70.
ungewöhnlich bei neueren autoren: ja sie werden's
machen, wie im Geliert steht: er besah die spitz' und
schneide und steckt ihn langsam wieder ein Lenz i,
389 Blei {hofm. l, 5). daneben bei: was weytter bei
Peterman Etterlin und im legend hoch für fabel . . . von
jm {Karl d. gr.) geschriben steet, lasz ich in seinem
werdt S. Franck chron. der Teutschen (1539) 77''; die
actenstücke, die in diesem streit gewechselt worden,
stehen ... bei Harpprecht Ranke s. werke l, 317, ann. l;
freilich steht bei Marcus . . . D. F.Strausz leben Jesu l, 32.
y) nähere angaben der stelle innerhalb eines buchea
u. ähnl.
aa) zu end des bestirnten fleschenbüchleins stund . . .
eyn kleyn anhänglin und tractetlin Oarg. s. 42 neudr. ;
hinter allen {romanzen) steht eine nutzanwendung Ger-
stenberg rezensionen s. 70, 20; er {Tnein 'Cook') steht
vor dem ersten bände meiner Übersetzung von Cook's
letzter reise Forster sämtl. sehr. 8, 30; die worte stan-
den unter dem bilde Arnim 2, 53. mit adverbien: auch
stehet hier, das Pickelhäring die reise über 65 maas
wein . . . allein getrunken scfuiusp. der engl, komöd. 96, l
Creizenach {lügend- u. liebesstr. 3, 2);
unschuldig hingerichtet! ja hier stehts
Tieck 2, 204.
ebenso sagt man: da steht's! doch wird da stehen ge-
wöhnlich in ganz allgetneinem sinne gesagt {= geschrieben
stehen überhaupt): der zweyte {Wolf) dagegen hat sich
. . . dem Widerspruch ergeben, dasz er alles was man
sagen kann, ja alle^ was da steht hartnäckig verneint
Göthe briefe 27, 149 {an Zelter 28. aug. 18I6). — so bei
rück- und vorverweisen: dag s61ba vdrs st6t öuh da vöra
Williram 4P, i; häufig wie oben steht, *. z. b. Stein-
höwel Aesop s. 5 unter I, B, 2, /, t], aa; darumb hab ich
dise kleine verszlein daran gehenckt, wie unden stehn
Schumann nachtbüchl. 2S, 21 Bolte{i,6); dafür stat her-
nach (hie noch), s. d. städte ehr. 5, 25, 33 und Gersdorff
wundartzn. 20» unter I, B, 2,/, 7], aa und a, bb. — vgl.
auch {da) zog er {d. vogt) die vier befehle aus der tasche,
ob er ihnen nicht . . . auszen ansehen könnte, was in-
wendig stehen möchte Hebel 3, 87.
bb) häufig am rechten orte, platze u. ähnl. stehen:
einige allgemeine betrachtungen werden hoffentlich hier
am rechten orte stehen Göthe 23, 216 {tcanderj. 3, 14);
ähnlich 37, 52 (am rechten platze); deszhalb der ausfall
besonders gegen uns nicht am rechten flecke steht briefe
16,101.20 {an Schiller b. juli 1802); die Wahrheit steht
überall an ihrem rechten platze Klinger 8, l&8 {Faugta
leb. 3, 9).
rf) mit angaben des materials, xcorauf geschrieben toird.
auf dem papier stehen von dem. icas niedergeachrieben
ist, im unterschiede ton dem, tcas mündlich geredet oder
nur im köpfe enticorfen ist: Hcrsilie . . . hat mir in der
geschwindigkeit die ganze familie aus dem Stegreife in's
lustige recensirl; ich wollte, dasz es auf dem papier
stünde Göthe 21, 109 {uanderj. i, 6). ungewöhnlich: meinen
Winter bring ich beynahe in absoluter einsamkeit zu,
dictire fleiszig, so dasz meine ganze existenz wie auf
dem papiere steht Göthe brirfe 86, 861, 81 {an Zdter
b.febr. 82), g. auch 88, 289, 17 (80. ggpt. 80). früher auf per-
gamcnt, vgl. Lohenstkin Armin, l, l87^ unUn f. im
einzelnen auf einem blatte:
der ahnen tunnden, und ihre hcldonthatcn,
davon auf jedem blat auch neue wunder stehn
KoKNio ged. 87;
was auf dem Utolblatlo steht Haben er werke i, 166.
dafür: kennen Sie die Kanlischen beobachtungen über
das gefühl des schönen und orhahenon von 1771? es
wäre eine recht artige srhrift wenn die werte schön
1693
STEHEN (II, D. 12, c-d)
STEHEN (II, D, 12, d-e)
1694
and erhaben auf dem titel gar nicht stünden Göthe
briefe 10, 235, 7 {an Schiller iO.febr. 1T95); wenn die schelm-
streiche Scapins und dergleichen auf dem zettel standen
tcerke 24, 166 (dicht, und icahrh. 3). — auf Schriften , in-
sehrißen: auf jedem topfe steht, dasz die schminke un-
schädlich sei TiECK 7, 197 {LoveU 9, 12); auf einem der-
selben {sitze) im theater steht eine Inschrift Göthe 37,
193. vom, geprägt der münzen: in unsern Zeiten hat man
in Siebenbürgen ein gewelb gefunden, . . . das ist steck
voller geschlagner goldgülden gelegen, . . . auff einem
stehet grieckisch, Basilij Lisymachon, auff eim andern
stehen drey bilder . . . Mathesius Sar. 15'>. namen oder
initialen in tcäsche und dergl.: es stehen auf jedem
stücke Ton mir die anfangsbuchstaben meines namens
Gellert 3, 174 {betschw. 2, l); ihr taschentuch aber, in
dem ihr name stand, schenkte sie dem Jäger Grimm
märchen 249 {nr. 60).
f) selten und nur mit besonderem nachdniek ganz ohne
solche bestimmungen : im ersten falle haben Milton, Haller,
Kleist und andre gedichtet: sie sannen lang, ohne zu
schreiben: sprachen sie aber, so wards und stand
Herder 5, 184 {hier als att'sdnick der Vollendung, icie B,
13, /); heute geht auch Iphigenie ab, o mögtest du
fühlen wie viel gedancken zu dir herüber und hinüber
gegangen sind bisz das stück so stand Göthe briefe 8,
132 {an fr. v. Stein IS. jan. 87); ich erzähle aus den jähren
1770 und 1780. also stehe es! Arndt i, 18 Bosch.
d) als subjeci tritt zu stehen theils der Wortlaut des
geschriebenen in directer oder indirecter rciedergabe {s. a,
a. ß). theils hinweisende u.a.pronomina oder entsprechende
stibstantiva. letztere verlangen besondere b^trachtung, da
sie neue nuancen enttcickeln.
«) buchstaben, Wörter: es bedeute etwas grosz das ein
's' stände im mittel des namen {Jhesus) Eberlin i, 58
neudr. ;
hier steht ein andres fremdes anfangszeichen.
hier steht ein I Kleist Amphitr. 2, 4, 1118/.
(^vgl. unter I, B, S,f, y, dd). — im Virgilio stehen vil hebre-
ische Wörter Mathesius Sor. is*»; ich halte es für eine
gelehrte abhandlung . . ., weil so erschrecklich vieles
griechisch darinnen steht Rabener 5, 46; hier kommen
also die Wanderjahre angezogen; . . . ich kann mich
rühmen, dasz keine zeile drinnen steht, die nicht ge-
fühlt oder gedacht wäre Göthe briefe 35, 146, lO {an
Zelter 19. oct. 21); meine mutter . . . liesz sich nie ader,
wenn im calender das zeichen zum gutaderlassen stand
Hippel lebensläufe l, 26; vgl. e, a.
ß) stehen xcird dann auch auf allerlei sprachliche be-
ziehungen angewandt, icobei die Vorstellung des geschrieben-
seins ganz wegfällt, theilweise auch kaum zu gründe liegt:
da beim Franzosen hauptwort und nebenbegriffe fast
willkürlich unter einander vermengt zu stehen scheinen
Lenz 2, 329 Tieck; der Willkür jedes burschen, wenn ein
von vor seinem namen stand, waren die armen schelme
preisgegeben Ed. Genast tageb. 15; denn in den kurzen
sylben, wo wir {Griechen) tönende vokale haben, steht
bey euch {Deutschen) meistens das unbedeutende e
A. W. Schlegel im Athenäum, 1, 13. von der rechtschrei-
bung: in folgenden aber nicht; als: jnnerlich, . . . son-
dern müs stehen: innerlich Butschky hochd. kanz. a.9;
weis, das zeitwort, ich weis, stehet mit dem einfachen
und kleinen s am ende Gueintz deutsche rechtschr.
(1666) 158. von der Wortbildung undßexion: nur mit dem
unterschiede, dasz wenn die Zusammensetzung acht ist,
das augment vor die ganze Zusammensetzung tritt, wenn
sie aber unächt ist, nach der trennbaren partikel stehet
Adelung umständl. lehrgeb. 2. 10. von gebrauch der Wör-
ter und wortformen: zä latin stet sacrilegns {als gloase
tu: den grosten schalck) Terenz (1499) 49«; eyn iglich
wortt soll man lassen stehen ynn seyner natürlichen
bedeuttung Luther ii, 436, 21 Weim.; nym für dich das
griechische testament und halts gegen deudsche spräche,
•o wirstu finden, . . . das dort offt artickel stehen, da
sie ym gegen deudschen {in der deutschen entsprechung)
nicht stehen müssen 26, 359, 25/.; die präposition in steht
mit dem dativ und accusativ; in der indirekten rede
steht das verb im conjunctiv u. ähnl. {das letzte beispiel
i deutlich von 7 ausgehend), ungewöhnlich vom vorkommen,
Vorhandensein eines Wortes: so sage mir doch, was heisst
denn eigentlich ein greck? . . . das wort steht gar nicht
im deutschen, und in Schwaben hab' ichs nie gehört
Klinger 1, 113 {falsch, spieler 1, 6).
y) vom inhalt der bücher u. s. w.:
viel gute lehren stehn in diesem buche
Göthe I 4, 290 Weim.
— endlich schreiben sie mir keine solchen verschen
mehr, als in ihrem letzten briefe stehen Gellert 4. 233;
und hat alle lob und danklieder gesungen, wo im alten
gesangbuch stehn Ludwig 2, 348. — titel von dichtungen :
unter dem jähr 1747 führt er {Gottsched) die theatrali-
schen werke desselben {J. E. Schlegels) an, und sagt:
'hier stehen 1. Canut, 2. der geheimniszvolle . . .' Lessing
6, 40 {litt, briefe l, 16). auch die sache selbst, von der ge-
handelt vÄrd, tritt als subject ein {vgl. unter a, y): in
diesem bände steht die ganze Weltgeschichte, stehen
die thaten der alten Römer und dergl., vgl. Koenig ged.
87 unter e, S); ich kann die meisten dieser phänomene
im zusammenhange erst später erklären ; hier stehe nur
eins Herder 5, 10 Stiphan. ähnlich: item dedit 50 mark,
die sten in unsern scholtbuche Marienb. treszlerb. 2, 2
Joachim, {vom j. 1399);
die kreid hat er (d. wirt) schon in der handt:
fänff masz wein stehn an der wandt
Mangold marcktchiff A 4'».
so dann in der häufigen Beendung etwas steht im kalender:
so lange dieser tag in dem kalender steht
Günther nachlebe (1742) «. 71 ;
S) diese ausdehnung des gebrauchs wird durch hinzu-
fügung eines part. verdeutlicht: so stand doch auf kei-
ner einzigen {münzsorte) der werth angegeben Gaudy
*. werke 2, 38. dabei tcird die Vorstellung des geschriebenen
zuweilen ganz aufgegeben: steht nicht in den Worten:
•Alektryo bringt dir glücke selbst um undank!' ganz
deutlich ausgesprochen, dasz der bahn selbst für Un-
dank seinem herrn glück bringen werde? Brentano
5. 58. noch entschiedener ist in folgender stelle das part.
der hauptbegriff: von den vier ecken der weit wähen
die vier gewaltigste wind, . . . welche inn disen zwen
reimen stehn begriffen Sebiz feldb. 6.
e) von hier aus bildet sich eine gebrauchsweise m,it per-
sönlichem subject.
tt) namen von personen stehen irgendwo, ein special-
fall von d, a; so schon ahd.: äbe dero lebenton brißf-
puoche uuerden sie gescaben dar si6 uuänent iro nämen
stän föne guöten fr^hten Notker 2, 271, 19 Piper {ps. 68,
29); alle, deren namen auf diesem blatt stehen Schiller
3, 99 {Fiesko 3, 6). dafür wird dann die person selbst als subj.
gesetzt, zutceilen mit verdeutlichendem zusatz: item 235 m.
gemeyne hern . . . monchen armen luten herren noch
uswysunge der selben zedel, do iclicher bey namen
steet Marienburger treszlerb. s. 436, 38 Joachim {zum j.
1407). sonst: ich fürchte gegen einen oder den andern
{freiheitskämpfer) unbillig zu seyn. und doch können
sie nicht alle hier stehen Th. Abbt l, 176. so sehr häufig
in bestimnUen Verbindungen mit besonderem sinn: 'unser
herr professor steht im conversationslexicon!' schrieen
die kinder Freytag handschr. l, 156 (1, 6). — auf der
liste stehen, 'im Verzeichnisse verzeichnet sein' Campe;
so: Wilhelm . . . stieg bei der fabrik ab, deren Unter-
nehmer auch als Schuldner auf seiner liste stand Göthe
18, 137 {W. Meister 2, 3). in anderm sinne: der broder hat
unter der trappe eine tänzerin, mit der er schön thut,
... in der stadt noch einige trauen, denen er aufwartet,
und nun steh' ich {Philine) auch auf der liste 19, 81
(4, 14). für das erstere sonst: in eines seinem buch,
schuldbuch etc. stehen, stare, restare nel libro dt uno,
essergli debitore Kram er dict. 2, 928'»;
die halbe armee steht in meinem buch
Schiller 18, 48 {Walieiut. lag. 11);
steht der Parnasz in der feuerkasse? Tieck 5, 303 {verk.
weit 1).
ß) feste und sprichwörtliche redeweisen , die tum theil
auch andre subjecte zulassen.
ad) im kalender stehen, i'on heiligen, s. rollwagenb.
73, 23 unter I, B, i,f, y. da würdest mehr teufel auf der
erde herumfahren sehen, als Schutzheilige im kalender
1695
STEHEN (II, D, 12, e-g)
STEHEN (II. D, 12, gr-lS, o)
1696
stehen Klinger 3, I4l (Fauste hb. 3, 7). — vo7i ttatnen:
Halbaus! . . . den namen habe ich mein lebtag noch
nicht gehört, ich wette der steht nicht in dem kalender
Grimm tnärchen nr. 2.
bb) der attributive ztisatz wie er (sie, es) im buche
steht, hat den sinn de3 mustergültigen, idealen, vorzüg-
lichen: ein arbeiter sei er wie er im buche stehe, fleiszig
und strebsam Polenz Grabenhäger l, 126; es ist der kai-
ser wie er im buche steht! Th. Mann königl. hoheit 18.
cc) specieUer im schwarzen buch stehen, in verruf
sein, vgl. schwarz II, l, e, th. 9, 2318: der Liegnitzer
schulrat paszt auf, und da steht man im schwarzen
buch, man weisz nicht wie Fontane 6, 26 {quitt 4). —
andres mehr vereinzelt, so im marterbuche (eig. im passio-
nale), vgl. das., th. 6, 1680:
du bist wol lobens wert, dasz du die jungen knaben
80 fromm und heilig machst nach deinen lehrers gaben,
denn wenn sie nur ein jähr in deine schule gehn,
so mögen sie schon wol im marterbuche stehn
Grob dichter, versuchg. g. 35.
dd) im gegentlieiligen sinne häufig (bei einem) gut an-
geschrieben stehen: steht ihr herrn da nicht wohl an-
geschrieben? GÖTHE 8, 36 (Götz V. Berl. l); er gestand
mir . . ., dasz er nicht am besten bei seinem oncle an-
geschrieben stehe, und es wohl auch verdient haben
möge Schiller i, 280, wenn ihr denn nun am hofe
recht gut angeschrieben steht, so gedenkt hübsch mei-
ner TiECK 5, 580 {Däumchen 3, 6). auch hoch angeschrie-
ben, s. Jung-Stilling 1, 36 unter I, B, 3, d.
ee) bei einem in oder an der kreide stehen, sein Schuld-
ner sein, vgl. kreide II, 2, a — d, th. 5, 2140: er liefe sonst
gefahr, dasz ihn ein kaufmann anpackte, bey dem er
noch von alters her an der kreide stünde Bode Mon-
taigne 2, 216; war's etwa einer von den Lübischen stadt-
junkern, bei denen du in der kreide stehst? Storm 4, 285.
dafür dann auch unbildlich in eines schuld stehen, vgl.
schuld II, 3, a, th. 9, 1878.
y) ähnliche redeiceisen mit sächlichem, subj. seien hier
angeschlossen.
aa) die eisengieszerei bei Remscheid stand im jähre
1847 mit 174 604 rthlr. zu buch ... es ist . . . vergebens
versucht worden, die ruinen und grundstücke für den
preis, den man sie werthgeschätzt hatte, zu veräuszern
BiSMARCK polit. reden 1, 349 Kohl.
bb) auf der tagesordnung stehen : sie sehen nun, dasz
der kämpf um die kunst im reichstag nicht nur dann
auf der tagesordnung steht, wenn gerade über sezessio-
nistische maier debattiert wird Naumann ausstellungsbr.
151. freier: da ging es in der hofküche ganz anders her;
da standen ohrfeigen mit auf der tagesordnung Ed. Ge-
nast tageb. 53 {dafür üblicher: waren an der t., vgl.
tagesordnung, th. 11, 70/.).
f) weiterhin von malerischer oder zeichnerischer dar-
Stellung; bisweilen mit verdeutlichendem zusatz gemalt
stehen: nu steit hernauch geschriben und gemalt, wie
er gen Costentz für Richental Constanzer concil s. 25,
var.; ein wirthshaus, daran ein schild hing, auf wel-
chem ein schwartzes pferd gemahlet stunde Simpl. sehr.
8, 887, 27 Kurz {vögeln. 1, 15). ohne solchen: item 1 m. 2
Bcot vor 12 silberynne schildichin, do des meisters wo-
pen ynne steet Marienburger treszlerb. 307, 10 Joachim
{zum j. 1404); so auch steht des bahnen bild auf dem
deckel des ABC-buches, die schüler zu mahnen, dasz
sie früh aufstehen sollen Brentano 5, 88. Zeichnung,
eoLorierung und schrift sind vereinigt auf landkarten:
ein widderfell . . ., darauf der abrisz des mittelländischen
meeres, seiner kuppen und winde gestanden Lohen-
STEIN Armin. 1, 127''; Homers zauberinsei . . . gehört
auf die Charte der Wanderungen seines beiden so noth-
wendig, als sie damals auf der weltcharte stand Hbr-
DEH 22, 14«. dazu: er ist ein angesehener prinz, weit
her, sein land steht gar nicht einmal auf meiner land-
karte Tieck 6, 198 igttt. kater \, %. vgl. die volkMthilml.
redeweiae: das liegt hinter der landkarte).
g) »&n*t von alUrUi arten bildlicher wiedergäbe, vgl.
e, S: {tüeher) darinn die historien desz alten tostament«
f»r wanderbarlich gewUrckt ständen Stumpf Sdwytur
cAron. tso*; als er ihr das erste geschirr gebracht, so
von krystall war, auf welchem gegraben atunde ein
Cupido, der auf seinem köcher über die see führe An-
ton Ulrich v. Braunschvv. Octavia i, 723. von pla-
stiscJien darstellungen , z. b. schnitzwerk: jüngst begehrte
sie {Tirza) von Abel eine opferschale, die er ihr schnit-
zen sollte . . . auf jeder seite gegen über sollte ein
Cherub stehen mit doppelten flügeln, nach Adams ab-
bildung; sonne und mond sollten darauf stehen maler
Müller l, ll. auch von zufälligen abdrücken: er gab
jhm mit der geisel so ein feuchts umb die bein, dasz
die knöpff darinnen stunden {abgedrückt icaren) Oarg.
s. 312 neudr.; hier standen die füszchen stärker abge-
drückt, neben dem levkojenbeet Seidel 2 {vorstadt-
gesch.), 15.
Ä) bildliche gebrauclisweisen.
a) liäufig etwas steht auf eines stirn geschrieben.
zunächst eigentlich: wie die schrifTt weiters sagt, an
irer {der groszen hure) stirnen stehet ir nam geschriben,
nämlich, mysterium, die grosse Babylon Sleidanus
reden 61 Böhmer {nach offenb. 17, 5). von da aus über-
tragen: an der stirne eines jeden Christen stehet ge-
schrieben: in der weit habt ihr angst, Job. 16, 20. Sper-
ling Nicodemus giuierens 1, 1122. freier: etwas von der
eigenheit stand Michel Denier auf die kurze, starke stirn
geschrieben Zahn die da kommen u. gehen 37. ohne ge-
schrieben:
mein sin steht an der stirn, ich habe nichts gelemet,
das wol von weitem steht und nur alleine fernet
Fleming 203, 222 Lappenberg {dajür 186, 40:
das grosz von weitem sieht) ;
wo zwang und Verwünschung unsrer peinlichen läge auf
unsrer stirne gemalt stehen Knigge umgang mit men-
sehen (1796) 1, 18;
Verzweiflung stand auf ihren stirnen
Pfeffel poet. vers. 3, 207.
*. weiter Pfeffel pros. vers. i, 195 unter 1, B, 3, /, y, bb.
ß) in derselben weise wird auch sonst der gesichtsaux-
druck als eine zu lesende schrift aufgefaszt: ihr sage or
nichts, aber es stehe ihm im gesiebt geschrieben Hesse
Gertrud 264; alle meine freunde . . . lasse ich in ge-
danken vorübergehn, aber auf kein einziges gesiebt
steht der name verräther Tieck 8, 117 {Abd. 2, 5); vor-
würfe? hier stehen sie auf meiner blassen wange, in
meinen eingefallenen äugen Kotzebue s. dramat. w. 2, 95
{menschenh. u. reue 5, 9). vom blick der äugen: dann
traf mich ein blick, in dem mit riesenbuchstaben ge-
schrieben stand: 'habe ich das um dich verdient?' Seidel
Leber. Hühnchen 115;
ich meint", es müszt' in meinen äugen stehn,
auf meinen wangen mUszt' man's brennen sehn,
zu lesen wär's auf meinem stummen mund . . . :
dein ist mein herz, und soll es ewig bleiben!
W. MCllkr ged. 10;
Y) anderes: als ein fluch wird dieser name in der go
schichte {wie in einem buche) stehen; in mein herz hat
er ihn selbst mit blutigen zügen gegraben Klinger 4, 23
{Raphael de Aqu. 1, 3) ;
du kanst nicht das opffer der hertzen verschmähen,
weil deine selbst eigene namen drin stehen
Neukirch 6et Hofkmannswaldau auterle*. ged. l,90i;
sie können kein sehr glücklicher mensch sein, das steht
in ihrer musik Hesse Gertrud 136.
rf) etwas steht in den sternen geschrieben, als schick-
salsbeschltisz, vgl. B, 4, d, y, sp. 1533: 'was in den sternen
geschrieben steht, musz geschehen". — 'weil es nämlich
gottes (inger geschrieben hat', setzte Anna . . . hinzu.
frauenz. almanach s. 1817, 738 (L. M. FoUQUK ritter Tog-
genb.). dafür auch geradesu:
denn im verhinKoisz stand's nachrieben:
er soll nodi besser sein zerrieben
ROckkrt 1, 49.
t) eine Verschiebung, wie sie unter B, 10 behandelt i»t,
liegt vor in ausdruekateeisen wie: hast dich so in der
leuto mäuler gebracht: alle Zeitungen stehen von dir
voll TlKCK 11. 24«.
18) stehen von geld- und achuldverhältnisaen.
a) geld steht als darUhen oder aitek alt anvertrautes
gut oder sonst als auMieAeiute fordtrung. so im allge-
metfien erst in neuerer trit.
1697
STEHEN (II, D, 13, a~b.
STEHEN ai D, 13, b-c)
1698
a) ganz absolut: sonst bitte ich um den stehenden
lohn Ton vier jähren (lohn, der nicht ausgezahlt, sondern
'stehen geblieben', aufgelaufen ist) Iffland dram. icerke
10 (1800) 2, 101 (reise nach d. stadt i, 3). geld steht bei
dem Schuldner: ich dachte nicht einmal daran, meine
bey der kröne stehenden gelder zu fordern Gellert i,
310. mit angäbe der bestimmung: geld steht auf Zinsen;
geld auf Zinsen stehen haben Adelung umst. lehrgeb.
2, 408. so schon in älterer spräche, mit andern präp.:
wann ee, dasz si (die v. Bern) Burgdorff koufftind, warend
si ob 60000 gülden schuldig . . . das alles an schwerem
zinsz stund, wann si lo gülden vom hundert ze zinsz
geben müsztind Tschudi ehren. Helfet, l, 511». — ähn-
lich von einem hause, in bezitg auf den miethzins : ob ein
erber man oder frawe . . . ein hus habent . . ., das sol
man niht anders verstiuren dann als ez ze zins gestan-
den ist (zins gebracht hat), wer ez aber nicht ze zinse
gestanden, so sol er ez verstiuren als tiur er siehe bi
sinem eide versiht daz ez zinses gelten mochte d. städte-
chr. i, 137, 29 Augsb. (urk. n. 1368), vgl. 141, anm. 1. — spe-
cieller: geld steht zur hypothek, zur ersten hypothek
M. s. IC., s. Sanders (2, b). (dafür auch steht eingetra-
gen, zu 12 gehörig.)
ß) mit adverbien: fest stehen von ausgeliehenem geld,
das überhaupt nicht oder nicht vor einem bestimmten ter-
min od. ähnl. gekündigt und erhoben tcerden kann: dit
kaptal . . . kunn em grad helpen, . . . un wenn't nu ok
för den ogenblick fast stünn, dat müszt doch mit den
düwel los tau krigen sin Reuter 3, 51, 28 Seelm. (strömt.
3, 33); vgl. 140, 1. sicher stehen, wenn keine gefahr des
Verlustes ist: ich wüszte meine baarschaft keinem liebern
freunde zu geben, noch sie an einen ort zu legen wo
sie sichrer stünde Göthe 35, 7 (Cellini 3, l); 'Moses, ehr
geld steiht jo doch seker'. — 'nu, wollen sagen, es steht
sicher, aber ich weisz noch viele stellen, wo's steht
auch sicher Reuter 3, 66, 13/. Seelm. (strömt. 3, 34).
y) häußg vom gläubiger stehen ha.hen: geld bey jemanden
stehen haben Adelung (2, 2), 'enticeder als schuld für
etwas, oder als ein darlehn' Campe (l). belege: der Wechsel
ist mit Protest zurück gekommen, ihr correspondent hat
vorgewandt, dasz sie nichts mehr bey ihm stehen hätten
J. E. Schlegel 2, 382; die 175 thaler, die ich für sieben
jähre lohn bey ihnen stehen habe. Lelio. wie meynst
du? die 175 thaler, die ich dir schon schuldig bin?
Lessing i, 484 (schätz 5). so auch: hat dein vater die
tausend thaler noch immer in der apotheke stehen?
Hebbel 2, 22 (Mar. Magd. 1, 4); dort hatte er sein geld
auf vier verschiedenen banken stehen Liliencron letzte
ernte 129. — geld auf Interessen (jetzt geicöhnlich auf
Zinsen Campe) stehen haben, ein capital auf grund-
stücken stehen haben Adelung (2, 2). (ohne solche be-
Stimmungen geld ausstehen haben, s. ausst. 3, th. l, 985.)
— geld bei jemand stehen lassen, geld l^leibt stehen,
». E, 4, c, a; 3,/, £, bb.
S) ähnlich von einsätzen beim glücksspiel; im bilde:
Winckelmann hatte gleichsam auf zwei nummern ein-
sätze stehen, — auf seinem padrone . . . Archinto, und
auf dem Albani's Justi Winckelmxinn 2, l, 222.
b) ebenso auf der andern seile von schulden, eigentlich,
an 12 (d, y, gegen ende) anknüpfend: item dedit (d. pfarrer
tu Danzig) 50 mark, die sten in unsem scholtbuche.
Marienb. treszlerb. s.2,2 Joachim (vom j. 1399). (freier:)
hei kunn jo nu doch 'ne kleinigkeit von de grote schuld
afdragen, de up sinen namen bi de pasterlüd' anschre-
wen stunn Reuter 2, 122, 8 Seelm. (strömt, i, 6). — es
stehet noch etwas, vi stä, resta ancor' una partitella di
debito. es stehet diese schuld schon lang, e un pezzo
ehe questo debito resta »ul libro senza pagamento Kramer
diet. 2, 928''. von unbezahlten posten einer rechnung: beim
kaufmann stehen noch 5 U zucker (angeschrieben) u.
ähnl.; eis. wortspielend 's sten noch zween liter win!
aU Schuldposten im buch eingetragen, antw. des Schuld-
ners: schütt se üs!' Martin -Lienhart 2. 565*. freier:
bey euch. Antonio,
steht meine grSszte schuld, an geld und liebe
(to you . . . I oive the mott).
A. \V . Schlegel Shake«p. 4, 13 (kau/m. v. Ven. 1, 1).
X.2.
stehen haben: wir haben noch die rechnung von der
letzten woche beim bäcker stehen u. dergl.; nota dys
nochgeschreben ist die schult, die wir han steen czu
Danczk. handelsrechn. des deutschen ordens 22, 5 Sattler
(vom j. 1404) ; ich habe schulden auszen stehen, die ich
im kurzen bezahlen kann. Raimunds Vorgänger s. 300
Fürst (GhEicH Fiesko 2, 6). lothr.: bi ebber stehn han
Hn jem. schuldbuch stehen' Follmann 495».
c) im mhd.-mnd. und noch im altem nhd. sehr gewöhn-
lich von Pfändern.
a) ein pfand steht: er sol auch geben ain pfant un-
verlich; unde swenne daz pfant gestet sehs wochen, so
gehört furbas dekain laugen für daz, darumbe er ge-
rflget ist Nürnberger polizeiordn. s. 11; s. auch Knebel
chron. V. Kaisheim s. 85 unter l, B, 3, e, a. ein pfand
stehen lassen, s. E, 4, c, y.
ß) mhd. ein dinc stät pfandes, als pfand, tat versetzt,
vgl. Grimm gramm. i, 680. mhd. wb. 2, 1, 480». 2, 571 •»:
der von Wilgenhausen gewann bischof Wernem wieder
eine bürg an genannt Ur, die stunde dem bischof pfan-
des. Limburger chron. 107, 29 Wgsz (2. anh. 9, zum j. 1394).
ebenso mnd. : de slote des stichtes stunden pandes onde
weren vorset den guden luden Lüb. chron. 2, 340 {zu 1471).
in mhd. dichtung in freierem sinne:
unerloeset pfandes
staont sin ellenthafte; lebn:
das niuose sich dem töde ergebn (er
konnte et vom tode nicht einiö*en)
Parz. 344 25.
dafür auch ze pfände, s. 4, e. so noch nd. waldeckisch
im pand(e) stän gepfändet sein Bauer-Collitz 79». —
«Ad. .• Ehrenfr. herr capitan-lieutenant, wo ist denn mein
petschafTt? Fortunatus (heimlicJi.) ihr. excellenz, es
stehet mit versetzt, graf Ehrenfried s. 38.
7) der gläubiger und pfandinhaber icird dabei im dativ
hinzugefügt, s. d. städte ehr. 4, 179, 11 — 14 unter I, B, 2,/,
Tj, CM. so häufig im mnd., s. Schiller- LCbben 4, 360»
(4): we hebbet ok gheheten alle unsen mannen, dhen
slot van uns stat, dat se dhe eme to losende d6n scullen
Sudendorf urkundenb. 1, jir. 279 (vom j. 1315); men die
tolne stunde den van Lubeke Lappenberg brem. ge-
schichtsqu. 133 (Rynesberch-Schene zu 1405), vgl. ».93
und brem. wb. 6, 335 (bei Schiller-LCbben 4, 359'* wird
stan in dieser und andern stellen falschlich mit 'zustehen,
zukommen' erklärt), s. ferner e. ^.
S) daneben begegnet frühnhd. in oder unter den jaden
stehen als Umschreibung für 'versetzt, verpfändet sein',
s. H. Sachs 3, 2, in"* unter I, B, 2,/, d, dd; darvore das
es in den iudenn stunde, sso loste her es, ab her wolde,
adder liese es Purgoldt rechtsb. 3, 92 bei Ortlofp
samml. deutscher recht-squ. 2, 116. — dann auf die Schuldner
übertragen (xde in der kreide stehen, s. 12, e, (i, ee): in
dem jare . . . 1391 jar do gebot der romische konigk
Wenzselaus zu stuer den irbarn lewten, di gross yn
den Juden stunden ('d. vornehmen, welche hoch in der
schuld der Juden standen' gloss.), das alle Juden . . . alle
phand umbe sust . . . musten weder geben Rothe Dür.
chron. 740.
e) ein pfand steht für ein darlehen: stirft aver en
perd oder ve binnen sattunge (Verpfandung) ane jenes
scult, de it under ime hevet, . . . he ne gilt is nicht;
he hevet aver verloren sin gelt, dar it ime vor stunt
Saehsensp. 3, 5, § 5. freier, u^für haften, ohne dat.: Mattis
Milbanoz off der iungen stat tenetur 30 ,4^ do stet syn
erbe vor handelsrechn. des deutsehen ordens 31, 15 Sattler
(a. 1404); vgl. auch (gisele,) de vor den vrede stunden
Korner 24 <* bei Schiller-LCbben 4, 360».
"Q gewöhnlich tcird der betrag, für den etwas als pfand
dient, im acc. angegeben, was zu der nächsten bedeutunga-
classe hin überleitet :
'sage mir wie vil er (d. todte ritter) sW.'
der knecht sprach : 'e; ist in ze starc.
er solde dem wirte sibenzic marc'
ratertreue 320;
kung Sigmund . . . nam im (herz. Ludw.) die stat Werd
. . ., die gar lang zeit in der herm von Bairn gewalt
gewesen was und stand 80 tausent guldin d. städte
chron. 4, 121, 21 ; das soll der schaffer nit hin ausz geben
anders dann auf silberen pfant. die soll er dann auf
107
1699
STEHEN (II, D, 13. c-U. b)
STEHEN (H, D, U, b-e)
1700
heben und eigentlichen beschreiben, wes das sei oder
was dasselb pfant stee Tücher baumeisterb. 33, 7 Lexer,
a. auch 236, 35. — neben dem dativ des Inhabers {s. y):
weret dat . . . (mr) se nicht bereden (bezahlen) ne moch-
ten binnen desseme selven iare, so scolde we on des
staden, dat se de selven hundert mark uppe de Asse-
borch rekenden, to deme anderen ghelde, dat on dat
hus steyt Sudendorf urkundenb. 2, nr. 98 {Braunschic.
1345); ez ward auch umb di selben kör geben herczog
Rupprecht . . . Oppenheym mit alle zugehorung . . ., daz
waz vor den von Maincz gestanden G2,ooo guld., dar umb
lost ez der kayser umb sein selbs gelt von den von Maincz.
d. Städte chron. 1, 34, 18 (Ulr. Stromer zu 1376); s. auch
4,tl80, anm. unter I, B, 1,/, y. so auch: lihet mir ein man
sin gut uf mine hübe . . . und er hat daj gut also lange,
unz d&i er mer geniuget, danne im dag gut st6 Schwa-
bensp. 140, § 1. ähiilich Kulmer recht V, 65, § 1 ; swer ouch
ein pfant üf dem markt verkouft und dag tiurer git danne
eg im stet unde sin gülte ist stadtr. v. Meran VII
(zschr. f. d. alterth. G, 420).
7]) andre beziehungen vereinzelt.
aa) ein darlehen steht zu dem pfände (?): der zol
ward im wider und darauf hat man aber geliehen und
stet zu dem sultheis ampt {'dafür ist d. seh. verpfändet)
d. Städte chron. 1, 27, 22 (Ulr. Stromer zu 1385).
bb) icie das pfand dem, gläubiger, so steht die (ein)lö-
sung dem Schuldner: demnach ist Ölten ... in der herr-
schafft von Oesterreych band versetzt, die selbig losung
stand dem bischoff von Basel, also haben es die von
Basel hernach von der herschafft erlöszt Stumpf Schicyt-
zer chron. 566».
14) damit {bes. mit 13, c, ^) berührt sich stehen zur an-
gäbe des werthes oder preises einer sache, icerth sein, kosten.
a) der Ursprung dieser bedeutung ist nicht recht deut-
lieh, jedenfalls scheint sie nicht nur gemeinsamer germ,.
besitz, trotz des fehlens aJid. Zeugnisse, sondern schon im
idg. dem verb eigen gexoesen zu sein; vgl. zweites kosten
I, c, th. 5, 1865. stehn in diesem, sinne ist mhd.-mnd. wie
im älteren nhd. ganz gewöhnlich; jetzt nur noch in der
Verbindung zu stehen kommen, s. E, 5. {noch im ungr.
bergl.: dos stSt fimf gülden Schröer 208''.) — neben
stehen begegnet gestehen, s. das. 12, th. 4, l, 4211/. das
umschriebene perf wird in diesem sinne durchgehends mit
haben gebildet, s. I, C, 3, d, y, wo weitere belege beigebracht
»ind. — daneben kommt im mhd. kosten auf, ein lehn-
ujort aus roman. costare, tat. constare, das etymologisch
eigentlich mit gestehen identisch ist, s. th. 5, 1865, und
dies hat allmählich stehen, gestehen ganz verdrängt, beides
verbunden: auff das man sehe, wie viel es gestanden
und gekostet habe die erlösung von den sünden Luther
28, 387, 11 Weim.; ebenso Ayrer proc. 383, *. o. a. o. s.
auch Luther 82, uo, 32 ebenda.
b) der preis wird im acc. angegeben, bestimmte angaben:
me dann hfindert tusent mark
stunt daz hus bi der zit
Hbinr. V. Neustadt gotten zuk. 1689 Singer;
in Hancke Fromen schiffe 12 leste rocken (roggen). die
ladunge steet 81 ^ {preusz. rnark) handelsrechn. des deutsch.
Ordens 78, 22 SatÜer {v. j. 1417); a. 144« wurden gegahten
de 8 grotcn steenbussen tho Bremen: de stunden in gelde
1817 bremer mark Renner, a. brem. wb. 4, 998;
und wieviel groschen diesz und jenes wol gestanden?
ScilERFl'RR grob. 110;
a. ferner Baal, ehron. 4, 262, 27 urul d. städte ehr. 14, 744,
10 unter I, B, 8, b, / und d, S; Schwarzenbero Gie. 122«
unter I, B, 2,/, fj, et. so noch in neuerer zeit: von 1530
bis 1600 stand der säum wein selten geringer mehr als ein
pfund oder acht und vierzig kreuzer, wie zum bcispicl
im jähr 1640, wo er zum letztenmal für achtzehn Schil-
ling zu haben war ... in den nämlichen zcitlttufen stand
der »ack dinkel Im jähr i.'>4l zum letztenmal auf neun
sohilling Hebri. 8, ÖO. mit allgemeinem object: wie viel
e» geirtanden hat, a. Luther », 888« (12, 291, 2 Weim.)
unter I. C, 8, d, y, es stehet jetzunder offt ein par hosen
mehr za machen denn das tuch Nkanukr menachenap. e**";
di« fMiam lob und rflbm, die du zu Uache trifst, . . .
•rzebU was sie stobn HcHBRPrtR ^röS. 192.
d^far kUnnen adverbitH (adj. f) eintreten, ao be*. :
vttnde ich veile soihe wät,
d& von der sfile würde rät
(ir mUeste ein ele vil tiure st&n).
Vridanc 112, 25;
die woche Bonifacii galt das schock holtz 6 neue d . . .
die Woche nechst darnach . . . stund das holtz in dem-
selbigen kauffe und noch herter Spittendorff .•538
{zum j. 1478).
c) stehen nimmt, im gegens. zu lat. constare, in der
regel den acc. der person zu sich, vgl. gestehen 12, a und
Grimm gramm. 4, 238. {mhd. auch mit dat., s. mM. wb.
2, 2, 575*»; nhd. selten: als bette es ihm kaum einen esel
gekostet und gestanden Neander menschensp. 39.) mit
bestimmten preisang. : unde swag er eht in dag hüs kou-
fet, dag in wol drie Schillinge stöt, dag git sie küme
umbe zwgne Berthold v. Regensb. i, 319, 35; Musca
. . . wie hoch zum wenigsten schlägt er sie (e. Pflege-
tochter) an? 6ism. sie stehet ihn mehr als hundert cronen
A. Gryphius 1, 866 {seugamme 2, 5);
der ander sprach, ich hab erkaufft . . .
fein ochsen, die ich nit gebraucht, . . .
sie stehn mich etlich gülden rot
Ringwaldt evang. Xl^.
vgl.: hat es mich nicht geringe mühe und arbeit gestan-
den Lobwasser, s. unter I, C, 3, d, y. dafür dringt in
neuerer zeit präpositionale ausdrucksweise ein: endlich
fragte Eibenstein: mein herr! wie hoch hält er seine
pistolen? ach antwortete dieser, wenn ich alles rechnen
wolte, so stünden sie mir wohl vor mehr als 12 zec-
chinen cav. im irrg. 42 neudr. allgemeine ausdrücke:
es stehet mich viel, magno mihi co7istat Alberus Vi»;
denn obs wol uns nichts hatt gekost und unvordienet
ist geben, hatt es doch Christum viel gestanden, der
umb desselben willen für uns ist unter das gesetz ge-
than Luther lo, l, 377, 16 Weim.; s. ferner 719, 20; 24, 679,
19 und Alsfeld, passionssp. 7569 unter I, C, 3, d, y. ver-
stärkt: sie {d. kirche) hat mich zu viel und grosz ge-
standen Luther br. .5, 716. — bestimmter: dat on grod
gelt stund d. städte ehr. 7, 389, 13 {Magdeb. schöppenchr.
1450); welches mich denn viel geld gestanden Schwei-
NiCHEN 2, 238; dise müh unnd arbeit, fleisz und Unkosten
aber, so mich . . . nicht ein geringes gestanden, wolle
der freündtliche läser . . . jhme . . . gefallen lassen Jon.
Wolff vorr. zu Stumpf Schweytzer chron. e*». dafür
können adverbien eintreten; so mhd. höhe stän, vgl. 8, c. y.
ja hat diu küniginne
swer ir minne wirbet,
s6 vreisltchen sit,
da; e; in höhe stAt.
Nib. 389. 3.
dafür auch verre und im entgegengesetzten sinne ringe.
s. mhd. wb. 2, 2, 575». frühnhd. theuer stehen {auch
schon mhd., s. b): aber dise glori und rhöm hatt jn nach-
mals gar thewr gestanden Hedion Cominis 13»;
da wardt er schellig, nam ein fewr
und sprach: stttndtstu (pferd) mich noch so thewr,
lasz sehen, ob ich dir den schweisz
ausztreiben kan, das dir werd heisz!
B. Wai.dis Etop. 4. 83. 188.
so attch mhd.: vergebene st&n. umsonst tu haben sein.
s. mhd. wb. 2, 2, 575'». i
d) stehen dann auch vom kurse der münzen: die 1
Sachsen können zinn herüber verkaufen mit vorthoil, i
wenn der gülden 8 groschen steht Götiie tageb. 4, 3is, a:i
(22. aug. 1812); der gülden steht heynahe 8 gute groschen j
bri^e 29, 256, 2 (l. atig. 1814). vgl. dazu 8, c, y.
e) ferner vom /betrage tu leistender tahlungen, «yi.v sich
mit 9, h berührt; in älterer spräche: alsdann sol ain
ambtman ain anlaid vordem und ncmen, . . . nach dem
der kauf stet und das guet wert ist steir. taid. 40, 88
{at\f. des 16. jahrh.). ao in der älteren rechtssprarhe von
gddbuaten: ho mut ine geldun also sin weregclt stnt'
Saehaenap. 8, S8; jedoch sprechin sume liute, daz er durch
recht sezzioh Schillinge wcitin sule; des n' is nicht,
wände an sozzich schillingin no stet nohoines mannis
böze Glirlitter landr. 44, i; 6 {i>achsrnsp. II. 8, a. 810 Ho
meyer). tceiterhin auch: geschihet aber oin diuphoit,
diu minncr ist danne fünf Schillinge, diu st£t zc hut ^
und zc harc Schtrabenap. HH, §1. — ao in neuerer aprache |
noch was steht (gilt) die wette' wir cntdcckon ]
1701
STEHEN (II. D. 14, e-15, b)
STEHEN (II, D, 15, 6-«)
1702
ihm alles, und was steht die wette: er giebt seine ein-
willigung? Bretzner d. räuschgen 2, 2.
15) von B, 13 aus enhcickelt stehen, indem es die grenzen
der eigentlichen bedeutiing überschreitet, die zeitliche Vor-
stellung des dauerns, ausdauerns, die geicöhnlicher durch
das compositum bestehen ausgedrückt tcird, s. das. I, 6,
th. 1, lfi67. bei stehen, das namentlich in der neueren
Sprache das seltenere und geicähltere wort ist, scheint die
ursprüngliche sinnliche bedeutung noch stärker durch.
stehen hat in der regel Zeitangaben neben sich, bes. häufig
sind Verbindungen vne solange oder seit etwas steht.
a) stehen vrni städten, s. B, 13, c — g. ähnlich, nur ab-
stracter, wird stehen gern von reichen gesagt: die lute
beten in da vur, das ir lant von siner heilicheit stunde
veter buoch 10, 8 Palm; er {Mahometh) müsz dz gering
jrdin letst rhömisch reich nit ausztilgen, sonder es bis
zum end stehen . . . lassen S. Franck chron. Germ.
(1538) /O*". mit synonymen zusammengestellt: das das
römisch reich, welchs der son gottes selber . . . be-
stetiget, mit seiner pflantze stehen und bleiben wird,
bisz an den jüngsten tag Mathesius Sar. 94» (am
ratide: das soll bisz an jüngsten tag bestehn);
so lange Polen steht, wird Polen dich verehren,
so lange Sachsen währt, wird auch dein rühm bestehn
KOEMG ged. 126.
so auch von regierungen u. dergl., s. corp. doctr. Christ. 850
unter 1, C, 3, d, ß; H. Sachs 3, 2, 157* unter I, B, 2,/, a, cc;
de; bärac-ambet hinte stet {'betteht noch heute')
JPars. 13, 25 ;
nn hoirt, wie lange dis rait (rat, als behörde)
stoint in deser stait
d. gtädte ehr. 12, 251 (ivevertl. 312, vgl. 319 und 324).
■auch der herrscher selbst wird gelegentlich als stibj. ge-
setzt: nu dieses kind, so von David geboren sol werden,
. . . das sol der k6nig seyn, der da stehen sol und ewig
regieren Luther 20, 556, 23 Weim. — ähnlich ferner : alsz-
lang christennliche kirch gestannden, hat dewfel . . . ein
gefueert, der glawb allain mache den menschen gerecht
und saelig Berthold v. Chiemsee teidsche theol. s. 23;
«ein [des] Frajiciscus) orden werde ston bisz an iüngsten
tag Eberlin 1, 158 neudr.
b) häufig von erde und weit, bes. in formelhaften rede-
weisen.
a) von der erde, mit deutlicherer sinnlicher Vorstellung
(vgl. B, 5, c), geht von der bibelsprache aus: so lange die
erden stehet ("psn 'O'-'rs, eig. 'alle tage der erde'), sol
nicht auff hören, samen und ernd, frost und hitz i Mos.
«, 22; nie, so lange die erde steht und die menschen
bleiben, wie sie sind Arndt sehr, für u. an s. l. Deutschen
2, 130; so lange die erde steht, wurde niemand ab-
göttischer geliebt, als du Stifter 3, 181. verstärkt: und
ich bin ein herr unnd bleib ein herr weyl hymrael und
erden steht Lindner s. iii Lichtenst. {Katzip. 153).
ß) häufiger und abgeblaszter von der weit, was wohl auf
« zurückgeht, so in bezug auf die Vergangenheit: sie
zählt zehn ahnen mehr, als nach Sethi Calvisii be-
rechnung ... die weit gestanden Hippel lebensl. 3, 2, 563;
vgl. H. R. Manuel weinap. 1794 unter I, C, 3, d, ß. von
der gegenwart:
der tac bedutet die vrist
die wile die werlt stende ist
Heslbr apokal. 5158.
von der zukunft: das die weit noch ein weil stehen sol
Musculus hosenteuffel a. 8 neudr.: das mährchen von
Christus ist Ursache, dasz die weit noch lO m jähre
stehen kann und niemand recht zu verstand kommt
Göthe briefe 9, 18, 13. besonders in der Verbindung: so
lang die weit gestanden, fin ch'il mondo e stato mondo
Kramer dict. 2, 929'»: alslang oder die weil die weit
gestanden ist, *. Berthold v. Chiemsee s. 271 u. H. v.
Cronberg s. 9 unter I, C, 3, d, ß. in neuerer spräche
gewöhnlich im präsens:
o that, die nie die weit, dieweil sie steht, gesehen I
Log AU 1, 4, 47;
dasz, in dieser absieht, so lange die weit steht, noch
nie ein buch geschrieben worden Gerstenberg rezen-
sionen s. 48. 14 neudr. die präsentische Beendung kann
auch auf die zukunfl gehen: so lang die weit stehet o
stehen wird, fin che . . . il mondo e (sarä) mondo. fin che
dura [durarä) il mondo Kram er dict. 2, 927«. so schon
ahd. : daz si uu^ret unz diu uuerlt stat Notker 2, 64, 7
Piper {ps. 20, 5); mnd. de wile diu werlt stat sächs. welt-
chr. prol. 79, *. I, B, 2, c ; nhd. so lange die weit stehet,
werden eurer majestät nachkommen auf sie, als ihren
quell zurücke sehen Besser schrifften l, 104. — femer:
die Turcken werden auch yhren stosser finden, sol die
weit lenger stehen Luther 19, 360, 17 Weim.;
ja, steht die weit nach tausend jähren,
so leben sicher noch husaren
Erlach volksl. 2, 496 (,'hutarenlied').
c) in der älteren spräche auch von Zeiträumen, dauern:
swelch ritter da her in get,
die wile unz dirre tac stet
pf. Ämit 698 ;
hundert jär efte lenger scholde de dach stän,
er he mi scholde ein Jawort afgän {abdringen)
des dodes dam 329;
das sie sich ynn keyn weg unterwinden sollen, eyn
solchen, weyl dis jubiljar steeth, . . . eyniger wege zu-
entbinden Luther 18, 267, 13 Weim. (bulle p. Clemens VH.
V. 1525), s. auch 16, 171, 24 unter l, C, 3, d, a.
rf): sonst in mannigfachen freieren gebrauchsiceisen:
nullum violentum est diutumum, nichts, was mit gewalt
und unrecht zugeht, kan lange stehen Corvinus fons
latin. 266; so mag nichts stehn ohn dasselbige, es musz
haben ein dement Paracelsus opj>. 2, 9B;
raffet auch der tod die greisen haare, . . .
was kan denn stehen,
oder seiner grossen macht entgehen?
Königsb. dichterkr. s. 41 neudr. (S. Dach).
von ethischen begriffen ; so schon ahd. in der ericeiterten
formel: trühtenes forhta ist heilig, unde iämer ze st^te
stände (permanens in seeulum seculi) Notker 2, 59, 7
Piper (ps. 18, 10), s. unter statt II, A, 4, a, sp. 961. nhd..
hier steht und besteht dein jungkfräwliche volle der
gnaden Guarinonius grewel der verteilst, dedic. 4*;
wie freundlich, selig, süsz und schön
ist, Jesu, deine Hebe!
wann diese steht, kan nichts entstehn,
das meinen geist betrübe
P. Gerhardt nr. 436, 3.
ferner: grosse gewalt kan gott nicht erleyden, das sie
lang stehen solle Agricol.\ sprichw. (1534) B 2» (ö); vgl.
Alsfeld, passionssp. Uli unter I, B, 2, /, a, aa. — das der
rhum der gottlosen stehet nicht lang, und die freode
des heuchlers weret ein augenblick Hiob 20, 5;
so lange menschen sind, soll ihr gedächtnisz stehn
Besser schrifften 1, 258;
denn wie ein fels im meer, se steht mein wort !
CoLLiN Coridan 107;
ha so befrey' ich Rom, so steht mein wort 182;
das wort gotts, s. N. Manuel 150 unter 1, B, 2,/, o, aa;
preis dem mächtigen! preis dem hört!
es steht sein wort :
das gute sieget hier und dort
Arndt 4, 8 Meitner.
ähnlieh ferner: da Moses gesetze noch stund unnd galt
bey den Juden Luther 19, 288, 4 Weim.; vgl. 16, 17, 6
(dis gebot) unter I, C, 3, d, a; sein lehr aber solle nichts
desto weniger stehen, und ewig bleiben Joh. Xas anti-
pap. eins u. hundert l, 91»;
ewig steht der schlusz des Zeus
Schiller 11, 201 (klage der Ceres r. 64).
ähnlich, ohne Zeitbestimmung die wette steht, gilt: Vogel.
schad', dasz ich nicht g'wett' hab! Karinski. kann ja
noch nachgeholt werden. — um 20 Haschen champagner?
. . . steht die wette? Schnitzler freiwild s. 72.
e) von zuständen und länger dauernden Vorgängen:
dar na in dem negenhundert und 75 jare was ein hart
Winter und stunt so lange dat in sunfe Servacius dage
d. Städte ehr. 7, 63, 21; ebenso 68, 21; also hat das gefröste
gestanden bis zu fasznacht deutsche ehr. aus Böhmen 2, 38
(Hüttel chron. aus Trautenau) ; a. auch Schweinichen
3, 218 unter I, C, 3, d, ß. ein geschwinde theurung
Mathesius Sar. 3». *. unter I, B, 3, d, ß. dat stervent
hof hir in de stad an der hochtit trinitat und stund
na sunte Michels dage d. atädte ehr. 7, 3, 5. — von krieg
u.ähnl.; so mnd.: dasse grote twidracht stod wente
107*
1703
STEHEN (II, D. 15, e-16)
STEHEN (II. D, 16-E, 2, b)
1704
Mertini deutsche ehron. 2, 598, 27; do dat orloch hadde
stan dre verdendel iares. do wart it gesonet Lappen -
BERG brem. geschichtaqu. 126, *. auch 152 (im brem. wb.
e, Z3b als veraltet bez.). nhd.. a. Luther 6, 123» unter
I, C 3, rf, a; so das irthum (ziciat) itzund stunde zwischen
dem rathe, den Innungen und gemeinheiten Spitten-
DORFF 10. das gegentheil:
sie machten einen vride dö,
der solde sten zwei jär
livländ. reimchr. 4601 ;
so würt kein ursach der . . . gramschafft sein, ... es
würt steen und bestendig bleiben gemein eintracht
{stabit publica concordia) Hütten l, 395, 35; stehet die
allianz, und hat . . . zwanzigtausend bewehrter mann
auf den beinen . . . Leibniz deutsche sehr, i, 197. — dat
introdikt {interd.), s. d. städte ehr. 13, i6, 2 unter I, C, 3, c;
das concilium, *. Richental utiter I, B, 2,/, «, dd; er
(d. 'zinskaujST) ist nicht viel über hundert jar gestanden,
und hat schon fast alle fürsten, stifft, stedte ... in
armut . . . bracht Luther i, 314». — vom leben, s.
mhd. u)b. 2, 2, 574* (4, *);
die vreude die mü; ewic stän,
nimmer mer mac sie vergän
livländ. reimchr. 4521.
ähnlich noch, in deutlichem bilde {zu 8, a);
ihr wohlseyn müsse lang so fest wie cedem stehen
d. junge Göthe* 1, 83.
/) das subj. wird durch einen satz oder ein hinweisen-
des pronomen ausgedrückt, s. mhd. wb. a. a. o. (4, c):
sol ich der volle ein jär unmeere sin,
und sol da; alse lange stan
da; si mtn niht nimet war
minnes. frühl. 157, 17 (Reinmar);
das stat bis uf ein zil ! {'das musz einmal ein ende nehmen')
Schweiz, volksl. 1, «.10 Tobler {von 1443—6) ;
ind dat stunde alsus zwei jair bi buschofs Conraitz ziden
bis dat he starf, ind durde ouch dairnae bi buschofs
Engelbrechtz ziden deutsche städte ehr. 13, 569, 9 {vgl.
277, 5 unter I, C, 3, c) ; unde dat stod so hen in dat sevede
jar 16, 317, 4 {Braunschw. achichtb., s. 305, 16 und 465, 20
unter I, B, 3, a, ß)\ das nechste jar darnach teilet könig
Ferdinandus die aide stat und newe stadt Präge von
einander, daz ein jede stat ihres rechtens genissen sollt.
das stehet nach bis auf den heutigen tag deutsche ehr.
aus Böhmen 2, 58.
g) ähnliche ausdrücke bezeichnen den Zeitraum, bis
etwas eintritt, so mhd. und bes. frühnhd. {\6. jahrh.). die
regel ist parataktisches Satzgefüge ohne ausdruck der
beziehung:
do stunt ez unlange,
Elsau chom gegangen
DiEMBR d. ged. 23, 19;
es stnnd nit lang es kam geflogen
der adler, und vi! volcks getzzogen
C. ScH EIDT /röWcA heimf. H3»;
*. auch rollwagenb. 82 unter I, B, 3, b, y ; nicht lang stund,
dem ritter Gernier zu wissen kam, wie dasz etliche
frantzösische kauOleut . . . ankommen weren buch d.
liebe 251". so noch in der 1. ausgäbe von Grimms mär-
chen, a. die stelle unter I, B, 8, e. &. dafür auch neben-
»ätze mit dasz (nicht mit bis od. ähnl.): daz stand darnach
nit lang, daz Hans Dachs sin miill mfist abprechcn
d. Städte ehr. 4, 46, 14; als Gernier mit bekümmerten
hertzen den jungen ritter suchen gieng, nicht lang stund,
dasz er Reinharten fandt buch d. liebe 246*. so ferner:
ez Rte kurz oder lanc,
Kwenne komet der anevanc,
daz ein dinch geschehn sol,
•o kan ez «ich gevfiegen wol Ainune 172 ;
bist innen worden das war ist das gemein Sprichwort,
es stand kurtz oder lang, so ist lieb leides ancfang
Kbisbrsbero irrig teht^f G i*'; s. auch JOH. Ebkrlin
t. SB unter I, B, l,/. y.
1«) von hier aut ergiebt $ieh zuweilen ein Übergang in
perftdive aetionsart, bemmderB, wenn stehen in dem sinne
'auf einen tag fallen' oder 'an einem tage eintreten' ge-
^riuiehi mrd; aelten, aber au» den ver»ehieden»ten teilen
und fegenden beteugt:
aa sant LnoM tae;
an einem enntac der etnont
OiioKAit reimchr. H48M;
zu anderweiter verpfachtung . . . haben sich bey jüngst
gestandenem termino licitationis . . . zwey neue pfach-
tere angegeben Casaeler zeitg. 1731, s. 395;
morgen soll die hochzeit stchn
mit der herzallerliebsten mein
Arndt 6, 184 Meisner.
ebenso:
so gings jm auch, wie mUnchen geht,
das, wenn sie reysen, regen steht
Fischart dicht. 1, 178 Kur:.
(Domin. leben 1794; am rande: wenn münch reisen, so
regnets, oder wil regnen), mit dativ, einem zuato.izen:
went schivelben, spat unde galle . . .
de stunden ome {dem p/erde) up dessen dach
Gerhard v. Minden 61, 108 Seelmann.
xceniger deutlich ist perfectiver sinn in stellen wie der
folgenden, wo stehen der geltung als hülfaverb nahe
kommt: die wähl konnte nur zwischen Oestreich und
Ruszland stehen BismarcK ged. u. crinn-.2, 234.
E) einige feste Verbindungen verlangen besondere be-
trachtung.
1) solche bildet stehen mit einigen adverbien. davon
ist fest stehen bereits behandelt, s. A, 5, d; B, 8, e; C,
13, a, ß und bes. D, 8, a. vgl. auch th. 3, 1568. — (frei stehen,
a. D, 8, g, dazu B, 8, /, a. auch th. 4, l, 122.)
2) atärkere aelbatändigkeit zeigt die bedeutungsenttcicklung
von still stehen, dies kann zwar in dem gewöhnlichen
imperfectiven sinne ruhigen verweilens gesagt werden (zu
A, 5, e bezw. B): als ich heute morgen durch die strasze
ging, sah ich meinen freund, wie er vor einem buch-
laden still stand, solange der redner sprach, stand der
ganze zug still, gewöhnlich hat jedoch die Verbindung
mit persönlichem subj. perfective bedeutung 'halt manchen,
aufhören zu gehen', eine bedeutung also, die bei stehen
die aufnähme ist, zumal in neuerer zeit (s. A, 12 U7id B, 16),
und die durch still in keiner weise nahe gelegt tcird. still
stehen ist gleichbedeutend mit stehen bleiben, s. 3.
o) von Personen, die bedeutung ist tceniger etitschieden
perfectiv, wenn es von solchen gesagt wird, die schon stehen,
und nur auf die fortdauer dieses zustande» geht (vgl.
A, 11, b. e):
die so getane man hän,
den gebiuf ich, da; si stille stfln {nicht herankommen)
Pf. AmU 386 (= stftn 403);
ganze beere standen stille,
wenn dein mund vom frieden sang
Neukiroi ged. t. 20.
in den meisten füllen tcird still stehen von geltenden ge-
sagt, um das aufhören des gehena zu bezeichnen: still
stehen, praemere vestigia, subsistere, siatere gradum, pedem
Dasypodius, 710» ulterius pergere Frisch 2, 326'=; dar-
zuoe der herr tradt und die todenpar anrueert, do stuonden
die partrager still Berthold v. Chiemsee s. 497; mit
trotzigem festem schritte schreitet er ihm entgegen, und
mit bedecktem haupte steht er vor ihm still Schiller
6, 111; als ich ihren namen rief, stand sie still Storm
1, 79. dieser sinn tcird verdeutlicht durch adverbiale zu
Sätze icie:
auf einmal stand sie still und rief
Pkkffkl poet. vert. 1, 59;
und also gleich die zwerge
stillstehn und machen halt Tirck 4, 197.
verstärkt: mit einem mal stunn hei äwer bomensiill
Reuter 3, 127, 30 Seelm. (strömt. 3, 39). gern im imperativ
beita, beita min durch gut!
stant eine wilo stille pati. 9, 16 Köpke;
stock, der du gewesen,
steh doch wieder still I
GÖTHR 1, 939 (d. tauberlthrt.).
b) von allerlei dingen, die »ich fortbewegen, vgl, B, 16.
der wagen steht still, auf einmal stand der zug still
u. dergl. von schiffen, a. H. Sa<:M8 8, 2, IM» unter I, M,
2. /, c, Cd
da zngnn mIo vor arbeit mntt,
dsK Hchifl' hinzu an das grstatt,
welche« zumal sich nidorliesz,
und still stund ulT dem hochen griess
Si'RBNci Hin* \W> (1.4««). -
andere»: vom %ea»»er. aufhören tu ßiesten (R, 16, b. a):
wirdiger Herr rector heiszon die anderen wosscr stil ston,
I
1705
STEHEN (II. E, 2, 6-d)
STEHEN (II, E, 2, d-S, a)
1706
die an allen enden in dz meer lauffen, so will ich euch
messen Euiensp. s. i3 neudr. (28);
des Jordans wasszer stille stund
Alsfeld. patsionMp. *729.
häufiger in durativem sinne: die quellbrannen . . . aber
die durch pfitz oder ausz lachen wachssen, oder still
stehn, sint die ärgsten Sebiz feldb. 19; nicht weit vom
haase lag ein grauer, stillstehender see Tieck 5, 129
{Blaub. 5, 2). von der luft:
die heitern lüfte standen
still, wie ein ruhig Weltmeer
Dusch verm. werte 23.
perfectiv im imp., bei poetischer anrede:
steht stille, winde,
schweig, lispelnd laub !
Tieck nachgel. tchr. 1, 7.
auch von tceltkörpern. in der regel durativ: die sterne
stehen stille, steUae insistunt Steinbach 2, 668; die sonne,
ja selbst die steme, haben gegen die erde weiters keine
bewegung, sondern sie stehen für uns so gut als still
Hebel 3, 157. so schon:
deist ein michel wunder,
da? himel ist obe und under,
unt doch diu erde stille stät,
s6 der himel umbegät Vridanc 11.9.
mit poetischer hypostasierung auch von der zeit, s. ÜHLAnd
160 unter D, 7, a, e, gg und Hebbel 2, 49, 18 {Mar. Magd.
2, 5) unter I, B, 3./, y, ee. so ganz sinnlich in dem frühsten
belege: nihil enim permanet ex partibus tetnporis . . . siniu
t4il nio stillo negestänt. siu rinnent hina sämoso uaäzer
NoTKER 1, 409, 1 Piper {categ. 2, 7).
c) von beicegungen, die keine Ortsveränderung bedeuten,
in der regel durativ: die blätter der bäume standen still
Tieck 4, I5i.
a) besonders von allerlei geräthen, maschinen, betrieben
u. s. IC. {neben einfachem stehen s. B, 16, c): die uhr steht
still: die uhr, sand-uhr stehet [still] l'horologio . . . stä
fermo, s'arresta o si resta Krämer dict. 2, 928». so Göthe
41, 322 {Faust II, 5), mit besonderem sinne, läszt auch per-
fective auffassung zu, icie das danebenstehende der zeiger
fällt, ebenso lassen folgende stellen beide auffassungen
zu: {votn iceberstuhl) dat hürt jo glik de ganze nahwer-
schaft, wenn de oll stauhl mal still steiht Reuter 3, 132,
.32 Seelm. {strömt. 3, 39); nu is dat äwer 'ne olle sak, dat
de möller upwakt, wenn de mahl stillsteiht, un dat de
tauhürers upwaken, wenn de predigt tau en'n is 64, 30
{kap. 34). — der betrieb, das werk steht still, wenn darin
nicht gearbeitet icird.
ß) von gliedern und functionen des menschlichen oder
thierischen leibes : welhes äugen so gar still stende sint
als die stain, der ist listig Megenbkrg 43, 28; diese ent-
fernten sich, während er . . . weiter redete, auch die zehn
weiszen Ohrmuscheln mäuschenstille standen Keller
6, 239. von den lefTtzen {lippen) des hosen und des menschen
{auch auf jenen selbst übertragen) bei Keisersberg äosz
im Pfeffer Aa 8"=, *. unter I, B, l, /,• 2, /, t], dd und S, bb.
80 dann auch: das habe ich wohl gehört, dasz ihm das
maul nie stille steht Gellert 3, 288 {loos in d. lott. 3, 7).
von der thätigkeit der inneren organe in der regel perfectiv.
vom herzschlag: dasz das kind {Mignon) . . . Ton einem
krampf an seinem armen herzen oft heftig . . . leide,
dasz dieses erste organ des lebens, bei unvermutheten
gemüthsbewegungen , manchmal plötzlich stille stehe
Göthe 20, 156 {WiUi. Meister 8, 2); als ich das sah, wollte
mir das herz stillstehen Hesse Gertrud 172. in milderem
sinne, sich beruhigen, zum normalen schlüge zurüekkehren :
gott! mein herz klopfte so ungestüm, und steht noch
nicht still Tieck 2, 285 {d. abschied i, 4). vom athem: deiner
mutter ... ist es denn doch wohl zu gönnen, dasz sie
einen sanften tod hat und sich nicht allzu elend . . .
hinquälen musz, ehe ihr der ödem stille steht Raabe
hungerpastor ^^ 114 (lO. kap.).
d) daran schlieszen freiere gebrauehsvxisen: alle andere
sinnen, alle thätige kräfte der seele scheinen stille zu
stehen, und in einen einzigen blick . . . verschlungen
zu seyn Wieland i, 279 {Agath. 5, 3); jetzt ist ein wich-
tiger augenblick für euch, euer ganzes leben steht jetzt
still, und alle gestirne machen halt, um... eine neue epoche
anzufangen Tieck 9, 112. — so besonders der verstand
steht ein«m still : dabei stehet mir der verstand still, 'da
vermag ich nicht tceiter zu dejiken' Campe; mich wandelt
in meiner jetzigen läge eine art stupor an und ich finde
den trivialen ausdruck: der verstand steht mir still,
trefflich um die läge meines geistes auszudrucken Göthe
briefe 10, 85, 1.
e) von Personen in freierem gebrauche, mehr oder tueniger
deutlich perfectiv:
a) in älterer spräche vereinzelt mit dativ; 'einem stand
lullten und rede stellen' {vgl. C, 4, e und 7, c) : kümbt der
nicht, der ist umb das wanndel, ... er hab dann seinen
beredtboten, der ste meiner frawen still umb wew si
im ze reden hat veisth. 3,723. anders (= stillhalten):
gott stille stehen, star fermo ä dio cioe non resistere aUa
siia Santa volontä v. halten Kramer dict. 2, 928*.
ß) geicöhnlich, mit einer thätigkeit aufhören: still stehen
. . . quiescere, requiescere, pausare Dasypodius. allgemein:
er kan nicht stillstehen, egli non pud star saldo, cioe
egli non pud riposare, star' in otio, egli e attiiv Kramer
dict. 2, 939". so nicht mehr üblich, vom aufhören der weiter-
enticicklung: hab' ich den trieb, immer zu wachsen, und
nie stille zu stehen, in mein herz gelegt? Klinger 3, 15
{Fausts leb. 1, 3); in der Sprachforschung gilt nicht weiter
zu schreiten sondern still zu stehn fast einem rückschritt
gleich J. Grimm, *. th. 1, vorr. XXIII. sonst mit bestimmter
beziehung: von einer frau. aufhören zu gebären, s. Luther
24, 530, 17 unter C, 12, c. mit näherer bestimmung im gen.: zum
ersten, wollt ich verheiszen dieser materien hinfurter stille
zu stehen Luther briefe 1, 207. getc. mit präp.: man sollte
mit der gschrift still stan an herr Niclausen, dann er
nit wüszte, ob minen herren dem grossen rat darmit
gedienet wurde qu. zur Schweiz, gesch. l, 178, 8: müssen
wir ... ein Zeitlang inn erzehlung der kräuter still stehen
und ruhen Sebiz feldb. 60. mit andrer beziehung bei
etwas stille stehen, sich damit zufrieden geben, nicht
u>eiter gehen, geicöhnlich verneint: im ersten falle kann
sich der mensch nicht begnügen, bei der idee: unsicht-
bare Ursache stille zu stehen Hebel 3, 225;
dabei steht man
nicht still, die tyranney begnügt sich nicht,
ihr werk nur halb zu thun
Schiller 12, 424 {Maria St. 1, 6).
f) ebenso mit sächlichem stibj. gewöhnlich von thätig-
keiten oder Vorgängen, aufhören oder zeitweise aussetzen:
das werck etc. hat lang still gestanden, quell' opera
stette, resto, ristette lungo tempo senza essere continovata
Kramer dict. 2, 929 *>; gleich allem epos, in nie still
stehendem wachsthum, setzte sie {d. thierfabel) ringe an
J. Grihh Reinhart fuchs s. VI;
christencreutz hat seine masse
und musz endlich stille stehn
P. Gerhardt 416, 11.
vereinzelt auch: in demselben zustande oder Stadium rer-
harren, vom kämpfe {= stehen B, 15, g) :
der tumei al stille stet
Parz. 386, 28 (vgl. d. anm. v. Martin).
überhaupt, beharren, bleiben {icie D, 15), s. spiel v. d. 10
jungfr. 294 unter I, B, 2, /, a, aa {sp. 1410).
3) sonst geht stehen mit andern verben feste Verbin-
dungen ein, die einen begriff bilden, so zunächst stehen
bleiben, das im allgemeinen mit still stehen gleich-
bedeutend, nur noch entschiedener perfectiv ist. beides
combiniert: da er oft geruffen wurde, sähe er hin, und
blieb stille stehen, saepius appeUatus adspexit ae reatitit
Steinbach 2, 668.
a) im allgemeinen ist zu bemerken:
a) anstatt des inf kommt in älterer spräche zuweilen
das part. vor: und wird dennoch das haus stehend
bleiben Luther 28, 3i3, 9 Weim.; halte-machen. heiszet
im krieg sich nach dem ruck-zug wieder setzen, stehend
bleiben, und sich zur gegenwehr fertig halten Belemnon
cur. bauernlex. (1728) 85. so auch mhd.:
als der wagen stende bleib
pa»t. 66, 22 Köpke;
doch daneben atuh schon der inf:
do beleip der gr&ve eine 8t4n
IfefdAt (IV) 1610.
1707
STEHEN (II. E, 3, a-b)
STEHEN (II, E, 3, b—c)
1708
in hesa. Urkunden dea H.jahrh. neben einander: der zun
sal bliben steynde Baur hesa. urk. l, 542 {vom j. 1334)
und: und soUent die steyn steen und blyben steyn
nr. 62* (vom j. 1356), a. ap. 1416/. mnd. stände bliven, a.
ScHiLLER-LÜBBEN 4, 360». — merkwürdig ist die in glos-
aaren begegnende aufgelöate Verbindung ; siatere . . . ston
o. bliben, staen vel blyven {gemma gemmar., Cöln 1507)
DiKF. gloss. 538".
ß) ostfries. daneben staan holden, wohl auf Vermischung
mit stand halten beruhend, s. Stürenburg 258»'. ten
DoORNKAAT KooLMAN 3, 299'' (ik kun' h&st gfin stän
holden, so weide dat). sonst nd. auch bestahn blieven,
entsprechend älterem nhd. bestehn bleiben («. bestehen 5,
th. 1, 1667): äwer as hei't in't og' faten ded, blew hei
starr bestahn Reuter 3, 128, 24 Seelm. {strömt. 3, 39).
b) V071 persotten, im eigentlichen sinne.
a) von stehenden, in diesem zustande verharren, nicht
fortgehen: warum bleiben wir stehen und gehen nicht
fort, cur hie astamus, quin abimusf Steinbach 2, 668;
in dem (er) den rauhen koczen von im warlT; in einem
seyden grünen wammes vor in sten beleybe Arigo
decam. 214, 28 Keller {in una giubba di zendado verde ri-
mase 3, 7); hertzog Ganasch blieb zum hinterhalt unter
einem hügel stehen Lohenstein Arinin. 1,37''; 'so steig'
doch ein!' aber Friedrich blieb neben den pferden stehen
Ebner-Eschenbach 4, 62. mit verstärkenden ztisätzen,
die eine starre, unbetcegliche haltung ausdrücken {vgl. A,
5, e.f); das er sten beleybe als ein stock Arigo decam.
140, 3 Keller {im, or. nur: che appena sapeva die far si
dovesae 2, 8); der küster aber blieb unbeweglich stehen
Grimm märcJien a. 13 {nr. 4); der Schneider blieb auf-
gerichtet stehen, bis er sie nicht mehr sah . . . dann
wischte er eilig . . . um die ecke ... er blieb erst eine
weile regungslos stehen, damit herzschlag und atem
ihren ruhigen schritt wieder finden konnten Ludwig
2, 314. poet. vereinzelt einem feinde stehen bleiben, tvie
aonat stehen allein (C, 4, c), nicht weichen:
hoch schon auf den Pyrenäen
sucht er (der David: Wellington) seiner sohlender stein,
und kein riese bleibt ihm stehen Brentano 2, 37.
entschiedener durativ m,it angaben der dauer, vgl. oben
Ludwig 2, S14; ao militärisch von längerem aufenthalt:
bestellet einen seiner cameraden, welcher ihn an statt
des corporals . . . auf ein 3 meilen von der stadt ge-
legenes dorf commandiren musz, um daselbst etliche
tage als salva guarde stehen zu bleiben cav. im irrg. 439.
ao auch: der general von Zieten wird, bis auf ewr. königl.
majestät weitere ordre, annoch hier stehen bleiben, weil
man zuverläszig weis, dasz die feindliche armee noch
bey Prustava stehet Lessing 18, 379 Lachm.- Muncker
{Tauentzien an Fr. d. gr. 19. jul. 1761).
ß) getcöhnlich perfectiv. halt macJien: aubaiatere, an
einem ort stehen bleiben, stutzen. Corvinus fona lat.
«09; 'nicht weitergehen, auf deraelben atelle bleiben' Campe;
und da sie kamen an den bach Besor, blieben etliche
stehen l Sam. 80, 9; hier ist das räthsel, rief sie, als
sie das kind zur thüre herein zog. es blieb am eingange
stehen, eben als wenn es gleich wieder hinaus schlüpfen
wollte Göthe 18, 153 {Wilh. Meiater 2, 4); wenn er mit
dem doctor discurrirt, sind beide manchmal so laut,
dasz die leute auf der strasze stehen bleiben Freytag
4, 19 {handachr. 1, l). beaondera ala auadruck dea erataunena
oder erachreekena :
ich bin, als ich dia bild zum erstenmabl ersah,
weil es so iholicb ist, verwundernd stebn geblieben
KoBMO ged. 60 ;
die tboren echeuten sich, als sie einander sahn,
der schrecken ist gleich grosz, sie (^leiben beyde stehen
LicHTWKK A»op. Sab. i. 67 (2, 6).
mit veraiärkenden adverbien (vgl. a): indem sich Daniis
amwendet, bleibt sie starr vor ihm stehen Lkssino l,
tW (d. junge gd. 8, 14) ; auf einmal erschallte der ganze
berg, . . . dasz Agathon, von entsetzen und erstaunung
gefetselt, und wie eine bildsäule stehen blieb Wif.i.and
Agath. l, 9 (l, t). ao auch: auf halbem wegc blieb sie
wie angewurzelt itahen Storh l, n. diese ^lerbindung
auch in freiertm ainn« »Ar gttcOhnlieh. im bilde: dasz
nicht« d«i DHUifel des genies «o sehr auszer zweifel
setzt, als wenn man vor einem ziele, das man kühn
zu erreichen beschlosz, auf halbem wege stehn bleibt
Gerstenberg rezena. 78, 23. der perfective sinn wird
unterstrichen durch adverbiale Zusätze ivie: etliche zeich-
nen ein strich (linien) ab, welchen, so bald sie berühret
haben, bleiben sie flugs stehen {consiatunt protinus)
Comenius sprachench. 947; wann einer . . . sich gestossen.
oder blötzlich stehn blieben, . . . das bedeute . . . unglück-
hafftige und feindtselige reisen Nigrinus von Zauberern
s. 136.
y) zuweilen ist stehen bleiben nicht im gegensatz zum
gehen, sondern zu andern körperhaltungen gemeint {vgl.
A, 3 und 10). zum fallen: da kam eine unsichtbare band
und gab dem einen eine ohrfeige, dasz er mühe hatte,
stehen zu bleiben mährleinbuch (1799) 196. ähnlich: alles
legte sich platt hin. nur wir Offiziere blieben aufrecht
stehen Liliencron 6, 191. zum aitzen oder aich aeizen: wir
setzten uns nebst dem grand trösorier . . ., während ein
offizier an der thür stehen blieb Moltke gea. achr. l, 139.
c) daran achlieszen freiere gebratichsiceisen.
0.) vom außiören der fortschreitenden enttcickelung : du
wirst nie stehen bleiben, du wirst ewig fortfahren deine
seele zu bilden Bettina frühlingskr. (1844) 10. auf einer
stufe {vgl. C, 2, /, a) : ohne sonderbare umstände und
Verhältnisse wäre ich auf dieser stufe stehen geblieben,
und ich kam nur auf einem sonderbaren wege weiter
Göthe 19, 315 (TT. Meister 6); je bezauberter dieses an-
schauen ist, . . . desto länger bleibt sie {d. seele) in den
grenzen dieses ersten grades der liebe stehen Wieland
1, 279 {Agath. 5, 3);
ein mann, wie du, bleibt da
nicht stehen, wo der zufall der geburth
ihn hingeworfen Lessing 2. 274 {Nathan 3, 5).
s. auch stehengeblieben. — der verf. der kritik blieb
unten auf dem reflectirpunct stehen Herder 22, 4.
ß) sonst mit deutlichem bilde: auf halbem wege stehen
bleiben, s. Gerstenberg unter b, ß; auch den univer-
sellsten vollendetsten werken der isolirten poesie und
Philosophie scheint die letzte synthese zu fehlen; dicht
am ziel der harmonie bleiben sie unvollendet stehen
Athenäum t, 2, 146 (Fr. Schlegel); er ist unmittelbar
am rande des beweises stehen geblieben Herder 5, 3H.
— die praktiker müssen aber bey solchen hochgelehrten
Streitigkeiten . . . mit unbewegtem köpfe in der mitte
stehen bleiben Tu i baut üb. d. noticendigk. e. allg. bürgert
rechts 422.
y) sehr getcöhnlich bei etwas stehen bleiben: ich bo
gann als lehrer bei allerlei, welchem ich kaum halb
gewachsen war, blieb endlich bei geschichtlichen vor
lesungen stehen Arndt l, 75 Rösch; wenn man aber
allein bey diesen Vorstellungen des niedrigen Standes
stehen bliebe, so würde man die grosze mannichfaltif;
keit, deren das theater fähig ist, verlieren J. E. Schi.eoei.
3, 279; wäre es ihnen {d. Cölner dominieanern) gelungen
{ein inquisitionagericht gegen die Juden einzurichten), sie
würden nicht bei den Juden stehen geblieben sein!
Ranke a. icerke l, 160. so bea. in btjug auf geapräche,
rede, achriftatellerische daratellung u. dergl.; bei einetn
gegenatande ver%ceilen: ich will vors erste bey einer klei
nigkeit stehen bleiben Lessino 6,18 {lit. br. 1,9); es L-^t
nothwendig, dasz wir einen augenblick bei den jugend
Jahren Luthers stehen bleiben Ranke aämtl. \cerke i.
195. mit ihm achluaz machen, aodaaz er der lettte bleiht
{wie zu anfang): und bei diesem {d. hexenbanner) wollen
wir auch stehen bleiben, damit meine rede ihre geduiil
nicht noch länger miszbrauche H. Mayr päckchrn sai. .v
72. dabei abbrechen: wir bliebon bey den droy morgtMi
Segen stehen Geli.krt 8, 156 {hetachw. 1, 4); ao sehr //»
xcöhnlich: aber dasz ich dir weiter sage — wo bin ich
stehen geblieben? Schiller a, 88 {räuber 2, s). 'aucli
wird stehen bleiben im gemeinen leben für nicht weit»>
fortkönnen gebraucht, mitten in seiner rede, predigt et(
blieb er stehen' Cami'E. dufür gewöhnt, stecken bleiben
*. "stecken 17, c. y, ap. 1841/
ö) im älteren nhd. tuireilen mit andern präpo». : si recte
unquam praedioaretur paasio. so wurde man nicht lang
über der hiitorien sthen bleiben Luther 27, lOA. is
Weim. vgl. 5-
1709
STEHEN (II, E, 3. c-e)
STEHEN (H, E, 3, e-f;
1710
f) im älteren nhd. auch in andern bedeutungen, ein-
fachem bleiben nahekommend, absolut, bestehen {vgl. D,
15 und unten f): er verlesset sich aufT sein haus, und
wird doch nicht bestehen, er wird sich dran halten, aber
doch nicht stehen bleiben (tar. .- bestendig seyn) Hiob
8, 15 {im orig. ist hierzu das haus subj., vgl. unten f, a);
aber sie wird nicht bleiben bey der macht des arms,
dazu jr same auch nicht stehen bleiben Daniel ii, 6
{urtext verderbt), ähnlich noch:
die fremden eroberer kommen und gehen,
wir gehorchen, aber wir bleiben stehen
Schiller 14, 25 {braut v. Mess. 1, 3, 254).
C) mit näheren bestimm.ungen , in einem zustande ver-
harren: ires vettern Frescho czüchtige straff nicht ver-
, nam . . ., also in irer grobheyt sten beleyb und noch
I ist Arigo decam. 397, 32 Keller {e cosi nella sua grossezza
ai rimase 6, 8) ; auch mit prädicatsnomen {= bleiben) :
I so beleybe ich sten ein Jude als ich pin 30, 20 {io mi
• rimarro giiideo 1, 2).
T]) von menschen auf ihre werke u. ähnl. übertragen:
! diese genealogien bleiben mehrenteils, nach der gleich-
i mäszigen gewohnheit der Irrländer, nur bey der arche
des Noah stehen Zimmermann v. d. nationalstolze (1758)
26; doch nicht bei poesie allein blieb diese bildung {zur
humanität) stehen; trotz alles harten und drückenden
zeigt sie sich auch in der römischen geschichte Herder
17, 149 {human, br. 30) ; {der character der bauart,) welcher
in allen städten . . . vom fortschreiten oder stehenbleiben
oft viel einleuchtendere zeichen giebt, als man sich ge-
wöhnlich vorstellet Nicolai reise durch Deutschi. 2, 590;
ihr {Amalias) roman bleibt durch die drei ersten akte
immer auf eben derselben stelle stehen Schiller 2, 365;
sein {des Deutschen tcb.) eigentlicher werth wird einmal
erst später durchdringen, selbst wenn es auf dem rümpf
stehen bliebe J. Grimm brief vom 18. febr. 1863, s. anz.
f. d. alterth. 16, 262.
d) von allerlei dingen, aufhören zu gehen, stehen
bleiben ist hier ganz gleichtcerthig mit still stehen in per-
fectivem sinne, s. 2, b: auf einmal blieb die uhr stehen
oder stand still, dagegen im allgemeinen nicht durativ;
hierfür müszte das perf. eintreten: die uhr steht (still)
= ist stehen geblieben, der wagen blieb stehen, s.
pass. 66, 22 unter a, tt. so ganz geicöhnlich vom. schiff, ver-
stärkt: {da) sties sich das schiff an, und das forder teil
bleib feste stehen unbeweglich (r/ fisv ngiÖQa iQelaaaa
efifivsv dadXfVTog) ap. gesch. 27, 41. von flüssigkeite n :
das Wasser bleibt daselbst stehen, V acqua resta, cova,
ai ferma, si stagna lä Kramer dict. 2, 929»;
es rauschet das wasser
und bleibet nicht stehn
GÖTHE 5, 20 Weim.
so auch: wann disz öle durch eyn leinin tuch durch-
seygest, so laufTt das wasser durch, das öle pleibt aber
im seygtuch stehen {bleibt zurück) Sebiz feldb. 442; ihr
blick richtete sich . . . empor, und die letzte thräne für
dieszmal blieb ihr in dem blauen äuge stehen Hebel
3, 13. von Weltkörpern; vom. monde, s. Spee trutzn.
84, sp. 1415; den stern der weisen nennt er {Hesz) . . . ein
meteor; es ist ihm . . . um einen ausdruck zu thun, der
. . . das wegzeigende voranziehen und stehenbleiben über
einem hause . . . eher denkbar macht D. F. Strausz
leben Jesu* 1, 10. selten in freierem gebrauche: das übel
bleibt nicht stehen, wo mans hinsetzt, il male non resta,
non stä dove si pone Kramer dict. 2, 929».
e) in bezug auf betcegungen an demselben ort.
a) vom Umlauf eines rades: rota orbis sei des rades
kreisung, rotatio; die blieb stehn dem winde, der sie
bisher umtrieb, und nun vor Orfeus gesange ruhete
Voss antisymb. 2, 84. bes. die uhr bleibt stehen Ade-
luno (l): so beklagte jemand eine hausuhr, wenn sie
einmal in der kälte stehen blieb Lichtenberg i, 121.
gonst von mxischinen u. Werkzeugen : wer in diesem monat
nicht schon alles gefässe zu der bevorstehenden Wein-
lese parat hat, der hat die höchste zeit, . . . absonder-
lich seine presse zu untersuchen, dasz sie nicht mitten
unter der arbeit stehen bleibet allgem. haushaltlex.
\ (1749) 1, 3«.
ß) von den gliedern und Organen des menschlichen leibes:
die zunge bleibt mir stehn,
mir starren alle glieder
Königsb. dichterhr. g. 113 neudr.;
sie konnte nicht mehr warten, weil ihr das herz stehen
geblieben war Stifter sämtl. werke 2, 58; dasz ich
meinem beleidiger die klinge unterlieff, ihn ... an meine
brüst drückte, dasz ihm augenblicklich der athem stehen
blieb, und er als ein wasch-lappen zu boden fiel Felsenb.
2, 366. dafür: als er sich aufrichtete, strammte ihm die
ungewohnte last, und die luft blieb ihm stehen Enking
fam. P. C. Behm 256. so auch der verstand bleibt einem
stehen, vgl. 2, d; mundartl. de verstand bleift em stßn,
'das versteht er gar nicht' luxemb. wb. 426».
f) dnneben hat stehen bleiben eine andre gebrauehs-
xceise, die nicht mit still stehen parallel geht und sich
aus der allgemeinen bedeutung von stehen ergiebt, im zu-
stande des Stehens verbleiben, nicht fallen oder vergehen.
vgl. B, 13.
a) so zunäcfist von dingen, die im eigentlichen sinne
stehen; von pflanzen, bäumen, bauten u. dgl. {im bilde:)
man musz nicht nur das aufgeschossene unkraut aus-
jäten, sondern auch nach dem kleinen sehn, damit nichts
zur saat stehn bleibe Tieck 5, 375 {verk. weit 4, l);
die er (d. tag) erzeugt, die kinder, die maienblümlein sehn
nach ihm — wenn er gesunken, so bleiben sie noch stehn!
Z, Werner Cunegunde 181 ;
von diesem {bergwald) zog sich ein stehengebliebener säum
von eichbäumen einen höheren grat entlang Keller 3,
35. die gottlosen werden umbgestörtzt . . ., aber das haus
der gerechten bleibt stehen spr. Sal. 12, 7; zur rechten
steht ein halbrunder porticus, wie die stehen gebliebene
tribune eines untergegangenen baues Jüsti Winckelmann
2, 1, 308. dazu im bilde: sie {Stralsund) war ... bis zum
untergange des heiligen römisch-deutschen reichs als eine
ehrwürdige ruine der Vergangenheit . . . stehen geblieben
Arndt l, 55 Rösch, vgl. auch: du hast die erde zugerichtet,
und sie bleibt stehen {var.: sie steht) ps. 119, 90.
ß) sonst von concreten dingen, indem die Vorstellung
des bleibens überkriegt; zurück, übrig bleiben, als rest: der
einzige Caspische see ist als ein rest des alten Weltmeers
am fusz des Caucasus stehen geblieben Herder 13, 38
{ideen l, 6); {eisenvitriol) findet sich vorzüglich in alten
grubenbauen wo luft- und wasserzutritt die Zersetzung
der kiese begünstigt, die stehen gebliebenen erzen oder
dem gesteine eingemengt sind Oken allg. naturgesch. l,
302; der beleidigte schosz Bammen den rechten ohrzipfel
samt dem kleinen goldenen ohrring weg ... er liesz
sich nun einen neuen ring durch die stehengebliebene
ohrhälfte ziehen Font.\ne l, 179 {vor d. stürm 20). so
auch: als nun {bei der Verlosung) meist alles vergriffen
wäre, bliebe das herrlichste stük noch stehen Ant.
Ulr. V. Braunschweig Octavia 2, 559. ungeicöhnlich mit
dat. der peraon {= bleiben) :
geht dirs wiedrig, lasz es gehn,
gott unnd himrael bleibt dir stehn
P. Gerhardt 395, 15.
y) freier, bestehen bleiben: sein werk bleibt stehen und
wird stehn bleiben, wenn es auch nur auf zwei, drei
ideen und gründen . . . beruhte Herder 1.5, 46;
die Schweitzer, reitzten mich gewafTnet in das feld.
ich fiel : doch wird mein rühm vor Sempach stehen bleiben
Birken ogüänd. lorbeerhayn t. 136 {Leopold III.);
aber der rat des herrn bleibet stehen spr. Sal. 19, 21;
ja bey Mahometh, sprach der soldan jr solt es haben,
dabey blieb der beschlusz also stehen buch d. liebe lo»;
was nun aber hiedurch im einzelnen auch geändert
werden mochte, so blieb doch die hauptsache stehen:
die ausführung des Wormser edictes ward abgelehnt
Ranke sämtl. tcerke 2, 42.
d) besonders in bezug auf schriftliche darsfellungen
{vgl. D, 12), ein abschnitt, ein ausdruck, ein fehler bleibt
stehen, teird nicht getilgt oder geändert: Moliere als naiver
dichter durfte es allenfalls auf den ausspruch seiner
magd ankommen lassen, was in seinen comödien stehen
bleiben und wegfallen sollte Schiller io. 453, anm.;
zwei damen aber, denen ich den brief vorlas, sagten,
das dürfe durchaus nicht stehen bleiben Immermann
1711
STEHEN (II, E, 3. /•-4. ä^
STEHEN (II. E, 4, a-b)
1712
Münchh. 1, 50 icorresp. mit d. buchb. III); die fehler, welche
mir durch eingekommene urtheile bekannt geworden
sind, habe ich ... zu verbessern gesucht, ... die andern,
die ich nicht einsah, . . . sind freilich stehen geblieben
Stifter l, 6; in seltenen fällen bleibt dieser mit der
idee des buches auf öinen schlag entsprungene titel
stehen Riehl d. deutsche arb. s. 4.
f) von geldsacheu, vgl. D, 13.
aa) von pf ändern: so auch die angeklagten hab . . .
atzung halb oder sunst, on mercklichen schaden, . . .
inn gericht nit stehn bleiben kont, welcher theyl dann
. . . sicherheyt thüt, die selben habe . . . wider inn das
gericht zu stellen . . . Carolina c. 2lo.
bh) geld bleibt stehen al^ schuld, bes. bei kaufen von
grundstücken und häusern: auf das haus wurden lOOOO m.
angezahlt, der rest der kaufsumme blieb als (auf) erste
hypothek stehen u. dergl.; der rest bleibt noch stehen,
il resto, iL ritnanente resta sul libro Kramer dict. 2, 929»;
wir haben hofTnung, ein groszes gut ... zu erkaufen,
wir wenden das geld, das wir aus dem väterlichen hause
lösen, dazu an; ein theil wird geborgt, und ein theil
kann stehen bleiben Göthe 19, 147 {Wilh. Meister 5, 2).
cc) eine rechnung {oder sonst eine schuld) bleibt stehen,
unbezahlt: nur in der schenkstube brannte noch ein
trübselig nachtlicht, bei dem der wanderer dem wirthe
seine wochenrechnung auszahlte, die dem vertrage nach
nie auf den sonntag stehen bleiben durfte Stifter 2, 24;
weil itzt in Hafis kasse doch das geld
nicht eben alizuhäuiig ist: so sind
die posten stehn geblieben
Lessing 2, 235 (Nathan 2, 2).
5) mit adverbialen oder prädicativen bestimmungeit.
zum teil solcheti, die den begriff des Stehens verstärken :
twei lütte dirnings . . . füllten den fuchten sand in en
por lütte schillingspött un stülpten sei um un lachten
un freuten sick, wenn de klump heil stahn blew Reuter
2, 34, 14 Seelm. {strömt, i, 2) ; wan nur das gemeine wesen
in gutem wolstande aufrecht stehen bliebe Chemnitz
schiced. krieg 2, 61»; es {Adelungs icörterb.) wird auch in
Zukunft noch lange zeit aufrecht stehn bleiben J. Grimm,
a. th. 1, vorr. XXIV; von untersuchenden büchern, die
gleich auf den ersten wurf so gut seien, dasz sie unver-
rückt stehn bleiben dürfen, wohnt mir keine Vorstellung
bei deutsche gramm. l", *. XI. in andern fällen wird
diese bestimmung zum, hauptbegriff, der eine besondere art
des Stehens bezeichnet: die citronenbäume . . . werden
nun nach und nach mit decken von röhr zugedeckt, . . .
die pomeranzen bäume aber bleiben frey stehn Göthe
briefe 8, 91 ; die beobachtungen blieben einzeln wie sie
gemacht wurden stehen werke II, 8, 8 Weivi. oder es
überwiegt die Vorstellung des bleibens:
der mahler pflegt sein licht mit schatten zu erhöben ;
in Bchwartzen Schriften bleibt die tugond helle stehen
LoHEN.STEiN Armin. I,d3^.
4) als eine art eausativbildung zu stehen und stehen
bleiben dient stehen lassen; so schon ahd. lä^an stän
{bei Otfrid, *. unten b, x), mhd. lägen stän, nd. stän
laten. stehen lassen, lasciar atare Kramer dict. 2, 929».
doch hat dabei lassen mehr oder vxniger deutlich den sinn
des zulaaaena, nicht des bewirkena. in diesem letzteren ist
nur möglich zum stehen bringen, a. unten 6 {niederrhein.
auch: stoppen vel doen staen gemma gemmar., Cliln 1507,
a. DiEF. gloaa. 588" unter 'aistere'). — die eintheilung musz
aieh hier nach den objeeten richten, die ja die aubjecte tu
stehen »ind.
a) mit peraönlichem object.
a) ao eigentlich: ist es auch permittirt, eine schild wache
ein geschlagenes jähr lang stehen zu lassen auf dem
n&mlichen fleck und nicht abzulösen? Hkiiel s, 18;
Liael. . . . siehl der vatcr steht ja hier . . . Antraacheek.
komm, Usel, lass' den narren stehen puppenkom. 6, 58
Engel; so Usz ihn stehen, bis er von Kclbst geht! Hrhbbl
8, tSS* {Affnet B*m. 4, t). der begriff de» Stehens iat atärker
auageprägt und die Verbindung toter, «wnn nähere beaiim-
mungen hinnOrdtn. bea. ortabeaümmungen, vgl. Fischart
EuUnap. 64a und Schmkltzl Samuel u. 8avl 818 unter
I. B, t,f, a. jrp. 1415 und 1409; Laertes begleitete sogleich
Minen neuen bekannten zu Philinens thUre, wo er ihn
einen augenblick stehen liesz, um in einem benachbarten
laden zuckerwerk zu holen Göthe 18, 145 {Wilh. Meister
2,4); ihr habt mich an eurer schwelle stehen lassen
und kaum eines blicks gewürdigt Klinger 3, 71 {Fausts
leb. 2, 2). mit zeitbestimmungeri , vgl. oben Hebel 3, 18
und Göthe 18, it5; einen lang stehen lassen, lasciar star'
uno ä bada Kramer dict. 2, 929». — mit modalen bestim-
mungen: die zeit hat . . . alles edle aus unsern jähren
hinweg genommen, nur mich unglücklichen hat sie ein-
sam stehen lassen Tieck 8, 33; der herr bruder major
kommt morgen aus Amerika; fischt dem jungen herrn
sein mädchen weg und läszt ihn mit einer langen nase
stehen Bretzner d. räuschgen 2, 2.
ß) die getcöhnliche bedeutung von einen stehen lassen
ist: von einem fortgehen, ohne sich weiter um ihn zu
kümmern, ihn verlassen, so schon in den meisten der ange-
führten belege {bes. den ersten und Klinger 3, 71 unter cc):
ferner: da gieng der burger meister von in . . . und liesz
sie beid also ston. da Ulenspiegel das sähe da lieff er . . .
hinweg und liesz den becker ston Eulensp. 20. hist.; einen
freund, den sie vor kurzem mit einer beleidigenden Un-
aufmerksamkeit stehen liesz, sucht sie wieder auf, und
lächelt ihn an Rabener 6, 64; aber du bist ein kalter,
nördlicher teufel, der mich . . . mit meiner innigen liebe
verächtlich stehn läszt und vorübergeht! Tieck 7, 58. {im
poetisclien bilde:)
das glücke flieht
und läszt euren Pyrrhus stehen
B. Neukirch ged. s. 10.
viit andrer nuance:
die Schergen sie lassen den wUrdigen stehn
(rühren ihn nicht an) Göthe 3, 5 ('ballade').
Y) zuweilen freier, mit verblassen der sinnlicfien Vor-
stellung, verlassen, im sticke lassen: ein fromer man
wird bfirge für seinen nehesten, aber ein unverschemp-
ter, lesst seinen bürgen stehen {xaxaktl<pei avxöv). Je.i.
Syr. 29, 19 (14). — anders nuanciert, bestehen lassen {vgl.
unten b, X): er {Voltaire) hätte wahrscheinlich die groszen
der erde gern stehen gelassen, wenn es ihm nur geliin
gen wäre, alle groszen an geist zu vertilgen K. L. v.
Haller restaur. der staatswiss. 1, 114.
(J) auch in bezug auf thiere, s. mhd. wb. 2, 2, 569 *":
der hirte läszt die heerde stehn,
läuft zu . . . Stoppe Pam. 3;
Lucidor's pferd hab' ich etwas unvernünftig angegriffen,
es hat ein eisen verloren, und ich muszte es stehen
lassen Güthe 21, 155 {wanderj. l, 9); die mediations- Ver-
fassung . . . verhinderte meinen vater nicht, die külu',
die er weidete, eines morgens stehen zu lassen und nac li
der Stadt zu gehen, um ein gutes handwerk zu erlern« n
Keller i, 14.
b) mit sächlichem, concretem object. etwas stehen lassi n
lasciar stare una cosa Kramer dict. 2,929»; dimitto,
manum non admovere Steinbach 2, 668; 'ea im atau '•
der ruhe lassen' Adelung (i); 'es in ruhe Uiaaen, nicht
bewegen, auch wol, nicht in die hand neftmen, nidtt ■'
rühren' Campe (l).
a) die causative bedeutung und zugleich der begriff des
Stehens sind am deuUicfisten ausgeprägt, tcenn Zeitangaben
hinzutreten ; veranlassen, dasz etwas eine Zeitlang irgend-
wo steht, *. Mynsinuer 87 unter I, B,2,/, «, dd. ao
von einer leicfie, s. d. atädie ehr. 8, 485, 24, oben sp. 1411;
man in einen ganczen tage must also sten lassen da
mit in daz volckc unbegraben scchcn (/tonnte) Arioo
decam. 2H, 9 Keller {convenne ehe tutto il giorno coai /<
tenuto 1, 1).
ß) ao apeciell von flüaaigkeiten, auch ohne auadrUcklich«
angäbe der datier, in der reget mit der mrinung, dasi aie
nicht bewegt Oiler einer erschütterutig ausgesetxt ioerdent
einen flüssigen körper umrühren und stehen lassen ÄDK*
LUNO (0; aus dem wein wird unmittelbar der Weinessig
und Weingeist . . . bereitet, jener durch stehenlassen an
der frcyen luft Ükkn alldem. naturgeacJ». M, 8. 18«8.
y) mit adverbialen oder prädicativen bestimmungm tu
stehen, bea. leer stehen lassen, a. Skim/. frldb. i:i2! und
Wickram roUwagenb. 24, lo unter I, H, i,f, a, hb und oe.
hier iat die beatimmung durchaua der haupthegriff. ebenM
in den fügenden, aonat gona andere gearteten stellen: als«
1 da
foeetm
lichJm
STEHEN (II, E, 4 b)
STEHEN (U, E. i 6)
1714
gy Tirillen segelen up de Elve, so sole gy dat Werk (d.
insel Neuwerk) van jw laten stan sudost toH saden {A=
laten liggen B) seebuch XI, 6; so sole gy dat Lonriff an
backbort laten stan 10.
(J) einen gegenständ stehen lassen, nicht von der stelle
bexcegen, gewöhnlich so. dasz man von ihm fortgeht, so
zunächst von transportmitteln : den karren stehen lassen,
s. Fischart Eulensp. 3237, sp. 1415. auch in freierem
sinne, sprichwörtlich: (präsid.) ich bin es auch müde,
ich lasse den karren stehen Schiller 3, 431 (Jutb. u. l.
3, 2); pferd und wagen stehen lassen, s. K. Stolle unter
I, C, 2, U, a. anderes: er fand auch endlich einen klei-
nen, alten, verwitterten kahn, den die fischer hier hatten
stehen lassen Tieck 4, 3S2 {Magelone ll);
ntm da da dein geschätz mit abgehaa'nen
gesträngen lassest stehn in eis and moore
RCcKERT 1, 19 (geham. $on. 25).
f) «o dann allgemein alles stehen lassen, verlassen, im
stich lassen, davon fortgehen, sich nicht darum kümmern:
alles stehen lassen, und sich eines annehmen, omnia
postponere, et alictii operam dare: omnes aliqiM posteriores
dueere Dentzler 273'»;
ach sacht doch den,
lasst alles stehn,
die jhr dz heil begehret
G. Weissel hei Fischbr-TCmpel Urchenl. 3, 10 ».
geieöhfdidi in der ertceiterten formel: alles ligen und
stehen lassen, lasciar stare ö in abbandono ogni cosa.
ich will alles ligen und stehen lassen, und etc. . . . je
quitteray tout etc. Kraher dict. 2, 929». mundarü, z. b.
lothr.: alles leije un stehn losse Follmann 495». die
belege geben durchgängig die umgekehrte reihenfolge: wenn
er (gott) auch ein mal yhm allein wil gedienet haben
sollen wir alles stehen und ligen lassen Luther 28, 23
17 Weim.; vgl. Mathesiüs bei Wander i, 794, 28; ich . .
liesz nun alles in meiner wirthschaft stehen und liegen,
und schickte mich an, die deinige zu be wundem Thüm
MEL reise 6, 180; will die regierung mich in Heidelberg
anstellen, so ist es keine frage, dasz ich alles stehen
und liegen lasse und komme Dahlmann an Grervinus
18. febr. 1840, s. briefw. zw. J. u. W. Grimm, D. u. G. 2,
186. gelegentlich auch: dasz ich meine älteren sachen
fertig arbeite, dient mir erstaunend . . . hätte ich die
alten sachen stehen und liegen laszen, ich würde nie-
inais soweit gekommen seyn Göthe br. 8, 242 (li. aug.
87 . — ähnlich in Basel alles sto und go lo wie's mag
'sich um nichts bekümmern' Seiler 279»; eis. er het «dies
ste(n) un henke lo neben alles 8te(n) un lije le Mar-
TIN-LiENHART 2, 564''.
^ völlig durchgedrungen ist die bedeutung 'verlassen',
teenn objecte hinzutreten, die gar nicht fortbewegt werden
können: einen ort, ein land stehen lassen; nur in der
älteren spräche:
die bare sie mQsten lä;en st^n^
man bieg sie alle dar fi; gen
Uvland. reimchr. 6859 ;
efire last war fleissig za besehen
die weit und ihre leüt'. ihr liesset Teutschland stehen!
ihr stieget Alpen auf! Rist neuer t. Pam. 136;
wir Hessen Liefland stehn, gott weiss, mit was vor herzen
und übergaben uns dem wolgeb&hnten merzen
Fleming 1, 187 Lappenb. {poet. teäld. 4, 53, 87).
M auch:
ihr habt die weit zurücke,
und alles was sie ist. die erde laszt ihr stehn,
und kdnnt mit sicherm fusz itzt auff den wolcken gehn
Fleming 130.
äJinlieh in neuerer zeit {doch wohl mehr nach art von 6
empfunden):
nicht mehr drängt sich das vieh in den stallen, der landmann
liszt den heerd stehn Herder 26, 227 {Horaz od. I, *, 8:
ac neque iam stabulis gaudet pecus aut arator igni). auch,
nicht wieder zu eticas hingehen, s. Alsfeld passionsp. 1346,
oben sp. l4io.
Tj) einen {tragbaren) gegenständ nicht mitnehmen, zurück-
lassen: da lies das weib jren krug stehen {d<pijx£v oiv
xriv vÖQlav) , und gieng hin in die stad Joh. 4, 28. ihn
vergessen: zu dem allergrösten Unglücke noch hatte er
zn Stockholm im wirthshause den compasz auf den
tische stehen lassen und vergessen Schelmuffsky {vMat.
X. 8.
ausg.) s. 48 neudr. (l, 4). vnder vnllen zurücklassen {wo-
bei die vorstdlung des Stehens gesehwunden ist):
tsengrtn zocken geriet.
das is wolde smelzen niet.
den {eingefrorenen) zagel maoster läjen stän
Beinh. flieh» 771.
hinterlassen, als erbe:
mich (d. ichretbüsch) erbaute zuerst ein denker . . .
liesz dem freunde mich stehn , der mich nnn emsig b«nizt
Göthe 4, 119 Weim.
d) einen gegenständ nicht nehmen, nicht ergreifen (oltne
den begriff des fortgehens). besonders speisen u. a. stehen
lassen, nicht genieszen, verschmähen: ein band sol die
Suppen stehen lassen, die er doch sich zu erhalten, et-
licher massen liebet, und laufFt dem wild nach Hars-
DÖRFFER frauenz. gesprechsp. 6, 211; unsre gesellschaft.
die einmal partei für den jungen mann genommen, war
so besorgt um ihn, dasz sie das essen stehen liesz
Arnim 8, 412 {£räf. Dolores 4, 15);
kein bessern wein ich hab,
wem er nit schmeckt, der lasz jn stehn
SCHEIDT grob. 1962, vgl. 2504 oben sp. 1412.
mit verstärkendem zusatz: {ifoor) lies den wein, den er
sich hatte reichen lassen unberührt stehen Schiller
2, 87 (raub. 2, 3). übertragen, sprichwörtlich: wilt du aber
bey Christo sein, so ergib dich, das, wenn du alle gute
werck thöst, den Ion entpfahest, das man dich verfolge,
wer das nicht essen mag, der lasz es stehen Luther
34, 1, 84, 9 Weim. — m,undarÜich, eis. : 'er losst nix ste(n),
nichts übrig vom vorgesetzten essen' M.\rtin-Lienhart
2,564'»; berlin.: 'det essen wirst du nich s. lassen, das
tcird dir schmecken' Brendicke 178».
/) zuweilen weniger eigentlich, sieh teovon abwenden,
sich nicht um etwas kümmern:
wir ia;en alle bluomen stin
und kapfen an da^ werde wtp
WaLTHBR V. D. VOGBLWBIDE 46, 19 ;
nan lasz ich sthen den külen wein,
dein {der Venu») diener wil ich fürbasz sein
H. Sachs /artn. tp. 1, ». 17 neudr. ;
so geh den rechten weg; lasz alle bflcher stehen
B. Neukirch ged. 143 ;
der iung . . . alle andre gesechne ding vergasz und steen
liesz ÄRIGO decam. 244, 3 Keller {non euratosi . . . d'altra
cosa 4, eird.); s. auch H. R. M.\nuel weinsp. 1987, oben sp.
1408. ähnlich auf geistiges angewandt: weil . . . der
Schüler nichts unsicheres überliefert haben will, so darf
der lehrer kein problem stehen lassen und sich etwa
in einiger entfemung da herumbewegen Göthe 22, 253.
x) in andrer tceise kommt der begriff des Stehens sur
geltung, wenn stehen lassen in bezug ai^f pflanzen gesagt
wird, sie nicht abpflücken, abschneiden u. ». tv.; so schon ahäj
then öbilon (2>auin) sie brennent, . . .
then güalon äfur ana nuan läzent sie mit fridu stan
Otfrid 2, 23, 18;
warum hast du die zwölf weiszen blumen nicht stehen
liissen? Griuu märchen s. 40 {nr. 9); Gockel . . . risx
wieder ein birkenreis ab; Gackeleia gefiel das gar nicht,
und sie sagte:
'vatar, bitte, bitte schOn,
lasz das birkenreis doch stehn . . .'
Brentano 6, 168.
X) von bauwerken; mauern, wände u. ähnl. stehen
lassen, nicht umstürzen: die fliegen scharren fast mit
yhren fittichen unnd scherfTen yhm schnabell, thum
doch nicht mehr, denn beschmeyssen die wand, lassenn
sie aber wol stehen Luther lO, l, 403, 14 Weim. ; auch keine
mauer von seinem pallaste will der sultan stehen las-
sen Tieck 8, 123. in ähnlicher weise als sprichwörtliche
redeweise: ein hauifen Türeken aber zogen durch Lom-
bardey mit grosser macht, und Hessen keinen stein auff
dem andern stehen buch der liebe il <*. — gebäude, städte
u. s. w., nicht zerstören: Kai erklärte, dasz er . . . den
alten vornehmen kästen ganz so stehen lassen wolle,
wie er da stünde Lilienchon 6, 262; Cordirius . . . leget
die statt Hierusalem sampt der mauren auff einen hauffeu,
liesz allein den thum Davids, den tempel des herren,
und das h. grab . . . steen S. Franck chron. der Teut-
schen (1589) 149 1». — so auch:
lOB
1715
STEHEN ai E. 4, b-d)
STEHEN (LI, E, i, e)
1716
mnezt mir meine erde
doch lassen stehn,
und meine hOtte, die da nicht gebant,
nnd meinen herd
GöTHB verke 2, 79 (,Prometheut).
ahtdieh in dem sprieJiwort: wer ein ding nicht bessern
kan der las das böse stehen Luther »prichw. 477.
v) den hart stehen lassen, nicht wegrasieren: längs
den obren . . . liesz er einen kurzen backenbart stehen
Enkino Matth. Tedebus 210; 'lasz dir en bort stehn,
David', hab' ich gesagt, 'die szaiten sind dernach' Reu-
ter 8, 75, 26 Seelm. {strömt. 8, 35). danach dann scherz-
haft: einer kunn seihn, dat hei all anfang, sick en lüt-
ten buk stahn tau laten 8, 36, 86 (i, 8).
c) in bezog auf geldsachen, vgl. D, 18 und E, 3, /, f.
a) geld stehen lassen als darlehn oder andre schuld:
ich habe meinen lohn ganzer sieben jähr bey ihnen
stehen lassen Lessing l, 480 {schätz 4); sei latcn ehr geld
also in't gaud stahn Reuter 3, 225, 6 Seelm,. {strömt. 8, 45);
ich besitze . . . einiges vermögen . . . ich lasse es stehen,
wo es steht . . . ich will es erst in ansprach nehmen,
wenn diese bände lahm . . . sind Gutzkow ritter v. g.
4, 804; ich . . . habe das geld da im konto stehen lassen
M. DiERS Jos. Koppen 46. so auch {mit bemerkenswerther
Unterscheidung von liegen und stehen): seit Jahrzehnten
lag sein geld auf den banken in Hamburg, und da er
die Zinsen stets stehen liesz, so waren sie zins auf zins
gestiegen Liliencron letzte ernte 129.
ß) eine rechnung stehen lassen, nicht bezahlen: sie
sollen alles erst morgen bezahlen, oder sie können es
auch stehen lassen, bis auf die messe J. E. Schlegel
8, 563 {d. pracht zu Landh. 3, 3). bis zu einer summe an-
wachsen lassen: war aber, ob ainem abt abgieng an
ainem mair, das soll im aine gemaind erfüllen, doch
dasz er die rechnung nit lenger lasse steen, dann auf
10 pfund Pfenning tirol. weisÜi. 2, 104, 22. mundartl. eis. eps
ste(n) lo, schuldig bleiben Martin-Lienh. 2, 564*'. hierzu
vielleicht die ungewöhnliche atisdruckstoeise : wir sagen
auch von ehrnreichen leuten, er laszt jhm nicht umb
sonst thun, er laszt nicht zu jm stehn. dienst umb gelt
Egenolpf sprichw. (l570) 53*".
y) pfänder stehen lassen, nicht einlösen, s. Keisbrs-
BERG bilgersch. 31 "> oben sp. 1411.
d) auf utisinnliches angewandt, bestehen, bleiben lassen,
a) in bestand und geltung lassen {vgl. D, 15):
dat hei de stat leis geroin (in ruhe liesze) . . .
imde de soine leisse stain,
as buschof Albreicht si hedde gesprochen
G. Hagen boich v. Colnc 3182 (d. Städte ehr. 12, 113).
SO besonders bei Luther in bezug auf die leJire und 'das
wort: ihr solt und müsset und werdet des Luthers lere
lassen stehen und bleiben, wenn ewer gleich zehen weit
aoffeinander weren 23, 36, 80 Weim. ; beiderlei gestalt des
abendmahls müsset ir stehen lassen, oder in abgrund
der höllen fahren 44. 272 Erl.;
das wort sie sollen lassen stahn
Luther Ueder 26, 4 Klippgen.
in neuerer sprach» selten: Karl sah es zwar wohl ein,
dasz man Wirkungen ohne Ursachen verlangt, wenn man
Sitten stehen läszt, und Sachen gebietet, die nicht mit
diesen übereinstimmen M. J. Schmidt gesch. der Deut-
schen 1, vorr. ». 6.
ß) in betug avf »tkrifüiehe darstellung: stücke eines
ganzen, ausdrücke, fehler stehen lassen, nicht streichen
oder ändern (als causativ zua.f.Ö): ferner hatte Wilhelm
in seinem atttcke die beiden rollen von Rosenkranz und
Güldenstem stehen lassen Göthe 19, 167 {Wilh. Meister
5, 5); bei der aossonderung des druckwUrdigcn bin ich
von der rUcksicbt aasgegangen, nur solches stehen zu
lassen, was . , . das bild Scbubarts ... zu vervollständigen
dienen konnte D. F. Strausz Schubarts leben l, ». X; Wohl-
laut in der spräche besteht ... in der auswahl der Wörter;
nur der reiche kann zehn anwichtige ausdrücke stehen
lassen, und mit dem elften bezaubern Lbnz 4, 848 Blei;
man merkt hier {im 'Veautnus') keine spur von eile, die
ihn {OpiU) sonst nicht selten . . . zum stehenlassen
ni«U«r verse . . . verleiteten deutsche» mu». s, 898. — die
rechnnncMiblecer lassen oft mit gutem bedacht fehler
st«h«B HippKL, IsbmH. 1, 10.
e) währetid in diesen fallen das stehen lassen die Wirkung
hat, dasz das davon betroffene object unverändert fortbesteht,
wird in andern fällen das object dadurch in seiner existent
aufgehoben, diese gleichsam negative bedeutung geht theils
von stehen B, 15 öezw. E, 3 (stehen bleiben), d — e, theils
von der bedeutungsgruppe b, 6 — t aus.
a) eine tbätigkcit stehen lassen sistieren, einstellen,
aufgeben, damit aufhören, davon ablassen, so besonders
in der älteren spräche, s. nitid. wb. 2, 2, 573 "^ (3), t. b.:
vrouwe la din truren stan
MoNE schauip. des miUelalt. 1, 232 {d. spiegei616).
mnd. s. unten, so noch im M.jahrh.: wanne Hinke laut
dat velle kueren {plaudern) stahn, un reckene us wat
vanner suyveren stat vohr nd. bauernkom. s. 83 {Slenner-
Hincke I66I). — nM. : alle (7 Jungfrauen) pet {gebet) und
pater {-noster) steen Hessen, an hüben zu reden . . .
Arigo decam. 9, 13 Keller {lasciato stare il dir de' pater-
nostri); wer nit gewesen daz er fürpasz begert zö wis-
sen er het das peicht hören sten lassen und were dar-
von gangen 431, IS {avrehbe la confessione abbandonata
7, 5), s. auch 476, 8 (8, 3) u. 495, 20 (8, 7) ; die pfaffen Hessen
die vigili ston, und Helfen zu der thür usz Eulensp. *. lU
neudr. (94. hist.);
dnimb bitt ich, so es sache wer,
das euch zu bleibn brecht kein gefer,
wollt dises wandern laszen stehn
Rebhun Su». 1, 8, V. 289.
besonders dem nihd. (mnd.) eigen ist die rede lägen stän,
nicht mehr davon reden; so, um abzubrechen oder tu einem
andern gegenstände überzugehen:
wir Iftjen dise rede stän,
man sal ein ander heben an
livländ. reimehr. 10387 ;
dar mede lat ik de rede stan
d. Städte ehr. 7, 6, 80.
mit andrer nuance im imper., um eine rede zurüeksuioeisen
auch warnend oder drohend:
do daz vemam Rüben, er bat si die rede lazzen sten.
er sprach 'nie ne slahen in . . .' Wiener genes. 64, 80;
herre, la die rede stan
Heinr. V. Neustadt ÄpoU. 8931 Singer.
vgl. Alsf. passionssp. 4202 und Gengenbach 17, sp. 1409 «.
1412. nüid. liüufig im. imper. absolut \6Ji!C) st&n, halt ein/
s. mJid. wb. a. a. 0., z. b. :
lä stän, lä stän! wa; tuost du, sailic wfp?
minnes.frühl. 194, 26 (Rbinmar).
mit zorne sprach der beiden 'lät st&n and werfet niht'
OHnit 284, 1.
auch noch nhd.: arrestez vous, hört auff: last das stehen;
sagt gemeinigHch das keusche frawenzimmer, wann man
sich gar zu gemein gegen sie erzeigen will Dhubz le vraij
guidon (1646) 100 ^
ß) in den angeführten fäUen handelt es sieh im all-
gemeinen um das abbreclien einer schon begönnerten thätig-
keit; daneben toird jedoch stehen lassen auch für 'unter-
lassen, etxoas nicht tliun' gesagt, vgl. Hagen boich v. Colne
3728 und Dach Aennchen v. Tharau str. 11 ai^f «p. 1410;
mit vollen er {der zornige) giltet . . .
daz Beule wir von uns k£ren
durch willen unser vil üben htrren
der uns daz pilde hat vor getan,
daz wir di räche lazen stan
DiBMBR d. ged. 61, 88;
wont wat 80 one bevelden,
moste na orer vjv«n ghan
eddor oren dantz taten stan
d. itädU ehr. 16, 196 (Brannschw. scMchitp. 89S8);
ein frawe . . ., der namcn wir ze nennen sten lassen
dann sie noch pey leben ist Arigo decam. 176, 18 Kellr'-
{il eui nome . . . non intetulo di palesare 8, S); das i^t
die klag, dasz sie {d. bischöfe) das vornembste teil jhres
bischofriichon ampts gar stehen und unterwegen lassen
eorp. doctr. ehrist. {Lpt. I660) 870 {repet. Augsb. eoi^f.)'. thne
es also, dasz es gethan heist, machs recht oder lasz
gar stehen Corvinus fons latin. (1A46) 86. {dt^/'ür auch
anstehen lassen, s. anstehen 0, th. 1, 481.)
y) auch tint hinbliek ai^f die tukunft, stehen lassen
bis, at^fsthiAen, vertagen:
sie sprach 'mtn her Sigmnnt, ir snlt sg I&mr stin
uns sg sich bsg fOegt' J*A. 974, 1.
1717
STEHEN (II. E, i. e-ö, a)
STEHEN CU, E. 5. a-c)
1718
so ferner: en vrolden de canonike one des ghelük nicht
wedder don . . ., so wolden se dat stan laten uppe desse
, tiid d. Städte ehr. 16, 34, 33 {Braunschw. pfaffenb. c. 12); {ich
' vnü) fasten und peten pisz in daz alter sten lassen Arigo
decam. 159, 26 (Je perdonanze et i diffiuni serbarmi a far
qtiando saro vecchia 2, lO); lenger lassen stan, s. pf. v.
Kalenb. 1395, oben sp. 1*09.
Ö) an das mhd. die rede st6n läjen schlieszt sich, indem
der gegenständ des redens als object eintritt, die bedeutung
'fcovon schweigen, nicht iceiter davon sprechen, es auf sich
bertihen, dahingestdlt sein lassen'; mit bestimmtem »u6-
stantiv. obj.:
dia Sifrides wunden läjen -nrir nu st€n
Nib.XZ6i,X\
kein mann hat in jm den samen, . . . deszgleichen dz
ander viech. aber vrir lassen hie dz viech stehn, und
tractieren allein Ton gebärung der menschen Par.\^celscs
1, 120 G; so jhr des himmels arth nicht wissen, so lassen
den himmel stehn, und last jhn in seiner wirckung rüwen
2i3 C, s. atuJh Morgant 24, 35 unter I, B, 2, /, a, dd. mit
pronominalem obj.: die frawen gemeiniglichen wanckel-
mütig . . . sein das man durch vil natürlicher recht be-
weisen mScht wann es not thet das ich iczund sten
lasse Arigo decam. 143, 16 Keller (Je qiudi . . , intendo
di lasciare stare 2, 9). mit inhalissatz: was dir das als
bedeütten sey, das lasz ich von kürtz wegen steen,
unnd empfilch es dir selb zu betrachten Keisersberg
granatapfel G2». so noch in icestnd. mundarten: ostfries.
staan laten 'ßg. aufsicli bemhen lassen' St0renbüro258'»;
tcestf. litt stan 'geschweige' Woeste 253». — erveeiterte
formein: unberürt, in seinem wert, an seim orthe ston
lassen, s. Boltz Teren^ S*'», S. MCnster cosmogr. 139 u.
GiLHüSiDS gramm. 57 unter I, B, 2, /, a, bb (sp. I4ll/.).
so ferner nd.:
so we dar is nnschuldich nnde dem it nicht an en geit,
de wert hlr nicht gestrafet, de late it stän, alse it steit
(kümmere tich nicht darum)
des dode* dam 1558;
dat wil ik dar laten bi staen!
Daniel v. Soest s. 155 Jostes (bicht 1337).
s) im frühnhd. auch zuiceilen nicht in bezug auf das
reden über eticas, sondern auf das praktische verhalten:
all gütt leren lassen ston, sich nicht darum kümmern,
nicht befolgen, s. Murner schdmenz. 19, sp. 1413. ähnlich:
lasz du leser den zanck (der fachleute) stehn, urtheU
und hesz, glaube deim praeceptori nichts, es werde dann
bewiesen Paracelsus i, 371 B. etwas aus dem spiel
lassen: aber den christlichen namen . . ., den laszt
stehen und macht den nicht zum schanddeckel , ewrs
. . . unehristlichen fumehmens Luther 18, 314, 13 Weim.
tn erieeiterter formel: als das bapstum liesse ich auch
warlich gehen und stehen als ein gottes werck, aber
weil die schrifft dawidder ist, halt ichs wol für ein
werck . . . des zorns 26, 168, 8.
ö) ein incohativ zu stehen ist zu stellen kommen,
das allerdings am häufigsten in einer speciellen bedeutung
gebraucht wird, s. e. dem mhd. noch fremd, dagegen schon
belegt in einem nd. drucke des 15. jahrh. (Lübeck 1489) :
wo ik wedder up de vote qnam to stän,
d&r en wet ik nicht ein wort van
des dode» dam 1369.
sonst beginnen die belege gegen ende des iß. jahrh. (L. Ergker
1580, ThüRNEYSSER s. b, d), ohne dasz ein bestimmtes ur-
Sprungsgebiet zu erkennen ist. von wörterbücJicm hat es
zuerst Kramer aufgenommen: zu stehen kommen, venire
ä Stare etc. 929». vgl. kommen II, 6, th. 5, 1638/.
d) eigentlich, mit persönl. subjeet.
a) gewöhnlich mit Ortsangaben, die auf die frage wo-
hin f antworten: da es aber nun endlich zeit war, ab-
schied zu nehmen, drehete sich das fräul. von G* so lange
herum, bis sie neben Eibenstein zu stehen kam cav. im
irrg. s. 374 neudr. ; durch eine besondere gunst kam ich
ins sancktuarium zu stehn Götue br. 8, 118 (on Ch. v.
Stein 6. Jan. 87). dazu: er gieng zu seinem regiment ab,
welches nachmals an die grenze von Holland zu stehen
kam Gellert 4, 283. doch auch: bei jemand zu stehen
kommen, 'neben ihm seiive stelle finden' Campe (l); jetzt
kehrt sich Lene, zurällig war ich hinter ihr zu stehen
gekonunen, zu mir am Hebbel. 8, 169; an das bild der
gerechtigkeit, in dem hause eines Wucherers . . .
gerechtigkeit k wie kömmst da hier zn stehen!
LE5SIXG 1, 5 (finnged. 23).
ß) aus einer andern körperhaltung in die stehende über-
gehen, so bes. auf die füsze zu stehen kommen (vgl.
A, 2, a), *. oben des dodes danz 1369; dieses verursachte
den ritter, dasz er . . . aus dem sattel sprang, und . . .
auff die füsse zu stehen kam Lohenstein Armin, l, 47'';
weil, wie bekannt, menschen von gesundem Ingenium
. . . bei diesem groszen unglücklichen falle nothwendig
wie die katzen auf die belne zu stehen gekommen sein
müssen Brentano 5, 356. auch bildlich auf einen guten
füsz mit jemand zu stehen kommen (vgl. C, 2, o, f ) :
wenn er überhaupt mit dem oheime auf einen bessern
fusz zu stehen käme, als er jetzt stand Stifter werke
3, 349. ähnlich: nimm notiz von dir selbst, damit du ge-
wahr werdest, wie du zu deines gleichen und der weit
zu stehen kommst Göthe 23, 252 (aus Makariens areh.).
b) von dingen, a) eigentlich, mit Ortsangaben ; obgleich
das bild in eine decke zu stehen kommt, so wünscht
man doch keine Verkürzungen Göthb briefe 15, 256, 14;
es kommt mir zu zelten . . . vor, als ob das menschen-
geschlecht das chaos selbst verpfuscht habe, und mit
dem ordnen zu voreilig gewesen sei, weshalb denn auch
nichts an seinen gehörigen platz zu stehen kommen
könne Bonaventura nachtwaehen 48, 24 Michel, mit
adverbien: dergestalt, dasz allweg die hartflüssigen ertz
proben zu hinderst in ofen, unnd die weichflüssigen
vorn an zustehen kommen L. Ergker ertzt u. bergk-
wercks arten (1580) 17»; dasz die gestirn . . . sich erheben,
und also recht oben über den planeten zustehen komen
ThüRNEYSSER magna alchymia (l583) 12. mit richiungsan-
gaben (vgl. B, 8, e/rf): so wie sich der faden wieder hinaus
windet, kommt die sonne immer schiefer gegen uns zu
stehen, und die tage werden kürzer Hebel 3, 160; seine
äugen kamen Immer schiefer zu stehen Ludwig 2, 21.
von bücJiern: das register aber kömmt an das ende des
ganzen werks zu stehen Lessing 1, 39, anm.; ich wünschte
dasz . . . auf die letzte seite dasjenige zu stehen käme
was beyliegendes couvert enthält Göthe briefe 28, 1.
/?) freiere gebrauchsweisen: diesem nach käme eine
kleine wohlthat, die ich reiche, in der moralischen
rangordnung sehr tief xmter das jahrlange komplett der
Bartholomäusnacht zu stehen Schiller 4, 301 ; das
theater kam in ein lächerüches licht zu stehn Tieck
15, 176; solche ungeheure Wahrzeichen stehn am betrach-
tungshimmel, dasz alles was geschehen soll zum heil
des Staats, aufs politische Sündenregister zu stehn kommt
Bettina dies buch geh. d. könig 1, 67.
c) am Mufigsien jedoch findet sich zu stehen kommen
in der bedeutung 'kosten', also gleichbedeutend mit stehen
(s. D, 14), das es in diesem sinne allmählich verdrängt
und ersetzt hat. dabei ist die incohative bedeutung auf-
gegeben, es ist zu beachten, dasz auch kommen allein
diese bedeutung hat, s. das. II, 36, a, th. 5, 1678. — diese
gebrauchsweise ist seit der 1. hälfte des 17. jh. bezeugt
(S. Dach 1642, *. unten ß. ee); etwas früher begegnet da-
für: aber jhre leichtfertigkeit soll jhr theuer genugsam zu
stehen vorkommen sehausp. der engl, komöd. 299, 28 Creize-
nach (unzeit. vortc. 4, 4, aus d. 'liebeskampff" 1630). von den
Wörterbüchern hat sie zuerst Krämer (1702) aufgenommen.
a) absolut: 'zu stehen kommen, deutet in der vertrau-
lichen Sprechart auf den preis, um welchen man eine
Sache hat' Adelung (2, 4). bestimmte Preisangaben gew.
mit der präp. auf: damals das pfund toback auf 32 gr.
zu stehen kam. Leipz. aventurier l. 43 ; die kleinste
assignate kommt auf 50 livres zu stehen Daulmann
gesch. d. franz. revol. 341. selten ohne präp.: nach einem
Überschlag . . . würde das ganze etwa 58 rh., ohngefähr
8 Carolin zu stehen kommen Göthe briefe 86, 305. da-
neben sehr gewöhnlich theuer zu stehen kommen, doch
meist in freierem sinne (vgl. D, 14, c) ;
wie theuer kam der friedensschlosz
auf beyden theilen uns zu stehen 1
d. neuetie an» d. anmvihtg. gelehrs. 3, 28.
nd. dheier zu stehen kommen, 'schwere folgen zu tragen
liaben' Brendicelb 178V
108*
1719
STEHEN (II, E, 5, c-d)
STEHEN (II, E, 6, d— 1, e)
1720
ß) im gegensata tu einfachem stehen nimmt diese Ver-
bindung in der regel den dat. der person zu sich: das
kleid kommt ihm hoch za stehen; diese ohr kommt
mir nicht hoch za stehen; für: das kleid kostet ihm
viel . . . Gottsched beobacht. S79; das gut kommt mir
{nicht mich) hoch, thener, nicht hoch, nicht theaer zu
stehen Adelung (s, *).
aa) in eigentlichem sinne: {Venedig,') do ohngefehr
4€0. brücken . . . gezählet werden, unter welchen die
Tomehmsto und schönste der repoblic auf sooooo da-
oaten zu stehen kommt cav. im irrg. 186 ; hast du wirk-
Koh einen hund, der dir an die siebenzig minen zu
stehen kömmt? A. G. Meiszner Alcib, l, 139. mit ad-
verbien; so besonders: 0 wie theuer ist es mir zu stehen
gekommen ptics me a costado tan caro Croneok sehr.
(1765) 1, 431; Blücher . . . bot mir an, ihn {nach London)
zu begleiten . . . aber meine läge erlaubte mir nicht, es
anzunehmen, da schon mein . . . aufenthalt in Paris mir
sehr theuer zu stehen gekommen war Steffens was ich
erlebte 8, 151.
bb) so in freierem gebrauch: wenn ich nunmehr weisz,
wer Marwood ist, so kömmt mir diese kenntnisz theuer
genug zu stehen, sie kostet mir mein vermögen, meine
ehre, mein glück Lbssino 2, S9 {Sara Sampson 2, 7);
von unbarmherzigen streichen flosz mein blut, ... so
hoch kam mir der eigensinn zu stehen, von dir geliebt
zu seyn Schiller 5, 2, 8 {dorn Karl, i, 2), vgl. 6li, 25;
mein herr hofrat — wenn man ihnen auch ein jawort
geben sollte, so musz es ihnen doch höher zu stehen
kommen Ifpland d. hagest. 3, 2;
dir musz, (wie thener kdmmt uns diese schlaoht zn stehen!)
der beste mann, und mir der beste freund, entgehen
Gottsched deutscks «cAau5. 5, 60
{L. k.V. G.Panthea 5,2);
er hatte die bSse gewohnheit, die manchem jungen herm
schon thener zu stehen kam
WiBLAND 4, 110 (d. neu« Am. 6, 4).
oe) auch mit persönl. subj.; eigentlich:
was kein von höllenschmerz crpresstes angstgeschrey
dem mitleid abgewann, gewannen vier guineen
der babsucht ab. — so hoch kam Libu (e. negersdave)
ihm zu stehen
Falk satiren 1, 31.
da er . . . den jungen in dem masze lieb gewonnen,
als er ihm teuer zu stehen gekommen war, so adop-
«erie er ihn Kleist s, 360, 24 E. Schmidt {d. findling).
so in dem ältesten belege:
mein gott, was kam ich dir zu stehnl
KönigO). diehterkr. $. 147 neudr. (=■ S. Dach 170 Österl.).
y) daneben begegnet der aee, bes. in der älteren zeit:
wie hoch komt euch dieses hausz zu stehen? quanto . . .
vi viene ä stare {costare) questa easaf es komt mich
hoch zu stehen, egli mi viene ä costare assai Kram er
dict. 2, 929», magno pretio acquisivi Stein bach 2, 668;
dieses {buch) ist aus Rom verschrieben worden, und
kömmt mich ein iedweder bogen auf einen halben
reichsthaler zu stehen C. Weise erznarren (1678) 48,
vgl. 382;
was kam m mich zu stehnl wai eitern und verwandten!
ich ward der zungen spill . . .
Ä. Grvphiub (1663) 296 (Garden. 8, 21).
d«eh zuteeiUn auch bei neueren autoren: Winkelmanns
sehrifllen sind mich allein auf 13 fl. zu stehen ge-
kommen, aber ihre gute entschädigt den preisz Schu-
bart bri^e 1, 141 Strausz; wenn ich alles rechne, marmor
and eisen, . , . dazu das arbeitslohn, so kömmt er mich
iber drey hundert scudi zu stehen Göthb 36, 278 {Cellini
S, 10; neben gewöhnl. dat., s. t. b. 85, 27 und 81, 819); mich
ist seine kiugheit hoch zu stehen gekommen Ebner-
EsCHBNBACH 8, 277.
(f) zu stehen kommen verlangt stets eine ergänzung;
dadurch unterscheidet e» sieh von dem seltneren zum
stehen kommen, das stehen alt selbständiges voUverb
enthält, so gdegenüieh von personen, gleichbedeutend mit
aaf die fttsze zu stehen kommen («. o, ß). sonstt das
tefeoht war zum stehen gekommen Lilibncron krisgs-
nov.^ tl8, vgl. B, Ift, g. — im nd. wird die arOheUos«
fH^t^imf M» iimtm «hwm fibrmutht: de sohäne solle te
stin« kOmm, ^srtdUet ««ntoi Sciiamiiach so?^.
6) ein eausativ zu diesem zu stehen kommen ist dU Ver-
bindung zum stehen bringen, die morphologisch zu dem stU>st.
inf. zu stellen wäre {s. unten stehen, n.), ihrer gebrauch«-
weise nach jedoch hier anzureihen ist. sie gehört der nhd.
Schriftsprache an: die belege reichen nicht über 1770 zurück
{zuerst bei Nicolai und Hippel), mundartlich nd., s. d.
a) mit persönl. obj., fliehende zum haltmachen veran-
lassen: Decius, ganz erfreut, dasz er sie {d. Oothen)
endlich zum stehen gebracht, setzt in sie M. J. SchuidT'.
gesch. der Deutschen 1, 104; den fliehenden feind verfolgte
er, und seine eigenen leute brachte er, wo sie wichen,
zum stehn Schiller 9, 207.
b) in bezug auf dinge, vom hemmen einer betoegung:
seine band irrte nach der patronentasche , als habe er
die absieht, den rasenden zug zum stehen zu bringen
Hauptmann bahnwärter Thiel 35. im bilde: diese diplo-
matische Wendung der sache brachte auf einmal meinen
thränenstrom zum stehen Raabk sperlingsgasse 46; ein
gefecht zum stehen bringen, vgl. B, 15, g. — ungeioöhfi-
lieh ist die verwendtmg in dem ältesten belege: ein starker
Strichregen . . ., welcher den sand, mit dem die natur
in diesen gegenden so freygebig gewesen ist, zum stehen
gebracht . . . hatte Nicolai Seb. Nothanker (1773) 2, 23.
c) eine eigenthümliehe freiere gebrauchsweise {von a aus-
geJiendf) zeigen die belege aus Hippel: noch eine anek-
dote schwebt mir in gedanken über: ich hab mein
sach; allein ich kann sie nicht zum stehen bringen
lebensl. 3, 1, 380; so sehr man sich auch mühe gab, die
eigentliche Ursache zu ergründen, ... so war dennoch
dieses geheimnisz nicht zum stehen zu bringen kreuz-
u. querzüge l, 21 (= werke 8, 15).
d) nd. mundarÜ. im holstein.: tom staan bringen
'bei'm spiel einen stich machen , sich fest zueignen durch
coupiren' Schütze 4, 180.
STEHEN, n., substantivierter inf. des vorigen: das
stehen, statio. status Dentzler 273'» {vgl. zur form
stehen I, C, 2, k, sp. I46i).
l) von personen:
a) bes. in der älteren spräche begegnen Wendungen, uo
stehen als object zu verben tritt, wie:
in mac hie stSns erlangen Parz. 218, 30 ;
mer enhon hye keyn lenger stani
Aluf. pastiontsp. 801 ;
dodi auch noch: der . . . wind ins gesiebt ist nicht das
schlimmste ... es ist aber fast als um nicht das stehen
zu behalten! Raabs unruh. gaste 188. {so auch rul. det
stand behäJen Schambach 207'», s. stehen, v., I, C, 2, k, S,
sp. 1461.) — im gen. : vom grewel desz Stehens nach dem
essen Guarinonius grewel der veritjüst. 1238.
b) sehr gewöhnlich: das stehen fällt mir nunmehr be
schwerlich, lo stare in piedi . . . mi travaglia, . , . «»i
riesce penoso Kramer dict. 8, i2l^; das stehen wird mir
gar zu sauer Gellert 3, 279 {loos in d. lott. 3, 3); vgl.
Lessinq 1, 463 {freyg. 6, 8); Knigge umg. mit menschen
1> 19; auch das stehn
wird Ihnen sauer
Schiller 5, 2, 324 (dorn Karl. 4, 1);
das stehn ermüdet mich Lessino l, 820 (j'uden lo); stehen
macht müde beine Wander 4, 794, 15; doch, wenn dich's
stehen hart ankommt, dafür ist ein sessel gut Anzbn-
oruber' 5, 65; ich, der ich in meinem alter das stehen
nie lange aushalten kann Steffens was ich erlebte lO, 888;
nach schwerem tage feuchte nacht
blutsauer ihm das stehen macht
Droste-HOlshopp t, 161.
c) mit adjectiven (vgl. stehen, v., II, A. 5). spri^w. :
ein gut stehen ist halbe arbeit Petri Ooo e» (8, 888);
ein mfi,8ziges ausw&rtsstellen der fUsze macht das stehen
sicherer Sömmerino v. baue des menschl. kOrpers 8, 118;
aber die essenz davon . . . kann mich gelegentlich aus
dem aufrechten stehen hinwerfen Hokmannsthal Chri-
stinas tteimreise 74. — das lange stehen im wasser und die
. . . angst hatten ihre folgen Char. Bischopp Ämalie
Dietrich 806; sie war . . . müde vom vielen stehen
0. Enkino fam. P. C. Behm 68. — von marionetten: der
schwebende und doch schwere gang, das schwankende
stehen der hängenden flguren W. v. Scuolb gedanken
zum drama n.f. 147.
1721 STEHEN (1, rf—/'— 2—4) — STEHENBLEIBEN STEHENBLEIBEN - STEHEND (1, o—c) 1722
d) mit gehen verbunden (vgl. stehen, v., U, A, ll): es
sind eytel gottis werck, alles was wir sind, gehen, ste-
ken, leben . . . Agricola spriehw. (153*) A 5*;
man stimmet überein, so gar im stehn und gehen
Heraus ged. u. imüir. 228.
stehen und sitzen : herr, dir ist mein stehen und mein
sitzen bekandt! Kramer dict. 2, 927'»; man hat eben so
Tiel vom sitzen, als Tom stehen ebenda, vgl. Lehmann
2, 806, 116.
^ sehr gewöhnlich im stehen, dem pari, gleichwerihig :
im stehen essen, stantem edere Steinbach 2, 672; Les-
sing 8, 120, s. stehen, v., II, A,3, d (sp. 1477); ich schreibe
meine briefe mehrentheils im stehen und auf der band
Moser verm. sehr. 2, 181; wir können es im stehen
abthun Klinger 3, 95 (Fausts leb. 2, 7);
er war im stehen eingeschlafen
Hebbel 2, 204 (Her. v. Mar. 1, 1).
müaingsch: das släft in't stehent, das släft in't gehent '
Rbotbr 2, 158, 10 Seelmann ißtromt. I, 8).
/) natürlich auch von thieren, a. Sebiz 82 unter ste-
hen , V., II , A , 9, a (sp. 1497) : im stehen . . . trägt er
(4. aeeregenpfeifer) den leib ganz wagerecht Naumann
naturgeseh. d. vögel 7, 217.
2) von gegenständen: ein knacken und dehnen ging
zuweilen durch die alten möbel, als reckten sie die
von langem stehen versteiften glieder Seidel 2, 21 (vor-
siadtgesch. 113). — von flüssigJceiten : das erdöl ... ist
anfangs, beim schöpfen, dünnwässerig , sie (die masse)
condensirt sich b«im stehen Ritter erdkunde 5, 202;
nur im nw . , . war etwas wasser ... zu gewinnen,
das aber nach tagelangem stehen brakisch wurde 12,
447; durch das stehen der milch bilden sie (die milch-
kügdehen) ... die rahmkügelchen Sömmering vom baue
dea menschl. körpera 5, 546.
3) zum stehen bringen, a. stehen, v., II, E, 6.
4) in besonderer Verwendung begegnet die Verbindung
em gütlich stehen häufig im 15. und vereinzelt schon
vm U.jahrh.. vgl. Lexer handicb. 2, 1136: he . . . machte
einen tag unde ein gutlich sten (treugaa fecit) biz uff
sente Mertinstag KÖDiz 47, 10, vgl. d. anm. ; darauf . . .
der römisch . . . künig und . . . marggraff Fridrich zu
Branburck ein gütleich stehen und einen tag machten
zwischen unszers herm burggraff Johannszen genaden
und unszer deutsche chron. aus Böhmen 3, 255 (Egerer
urk. um 1417) ; darin im marcgraf Fridrich nicht reden
solle . . . und in demselben gutlichen steen tag warten
Frager urk. von 1461 bei Diefenbach-WOlcker 864. in
diesen stellen unrd die für die älteste gesicherte bedeu-
tung 'Waffenstillstand' anzunehmen sein ; in der folgen-
dem scheint es dagegen den sinn eines Vertrages, einer
güüiehen einigung zu haben: ob wir pfenner noch was
bedrengnis litten, und was vorblieben were, das ein
solches uffgenommen und in ein guttlich stehen ge-
bracht werde Spittendorff s. 190 (zum'j. 1476). dazu
femer: da mochte graflf Waldemar etzliche rede gehabt
haben der gebrechen . . . und gerne gesehen, das die
■ff ein stehen kommen weren 185.
STEHENBLEIBEN, n., aubatantiv. inf.. vgl. stehen
II, E,8.
l) von Personen, eigentlich: zum theil sich . . . nieder-
lassend, zum theil ... im stehenbleiben an ihre wafTen
gelehnt Fouque altsächs. bildersaal 3, 48; militärisch,
mit Ortsbestimmungen : Torstensohn, . . . dem das stehen-
bleiben anter freiem himmel bei der rauhen witte-
rang beschwerlich Gel, beschlosz anzugreifen Hebbel
9, 204, 3. — haltmachen im gehen: darum versuchte er's,
mich durch rufen zum stehenbleiben zu verleiten 8,248;
ein mann . . ., an dem dir . . . ein plötzliches stehen-
bleiben . . . auffällt 250; dann führte sie den besuch
■nter fortwährendem stehenbleiben . . . nach dem ersten
Stockwerk hinauf W. v. Polenz Grabenhäger l,6l; (tröA-
renddem) eilten . . berittene Offiziere auf die flüchtigen,
hieben scharf auf sie ein und zwangen sie zum stehen-
bleiben Fr. Mein ecke generalf. v. Bogen 1, 327. — freier:
an Lessing ist man das stehenbleiben auf halbem wege
sonst nicht gewohnt F. H. Jacobi vcerke 4, 2, 86.
2) von dingen: das immerwährende stehenbleiben einer
in der natur schnell vorübergehenden bewegung in ei-
nem bilde peinigt zuletzt das äuge Stifter a. werke
14, 170; miszbildungen , wo durch stehenbleiben (hem-
mung) der entwicklung auf einer früheren stufe ein-
zelne theüe des fötus formen darstellen, welche . . .
einer früheren entwicklungsstufe entsprechen Sömme-
ring vom baue des menschl. körpera 8, 1, 447. — anders
(a. stehen II, E, 3,/): das stehenbleiben ihrer mauern
(bei den vom vulkan verschütteten häusem) . . . beweist,
dasz . . . senkrecht von oben herabstürzende massen
den unglücksort plötzlich vernichteten Ritter erd-
kunde 10, 512.
STEHENBLEIBEND, adj.. vgl. stehen 11, E, 3.
i) von personen: die ganze reihe folgt ihnen (den
enomotarchen), bis sie sich vor dem allein stehenblei-
benden und sich nur umwendenden uragos aufgestellt
hat K. 0. MÜLLER die Darier 2, 245. freier: durch diesen
widerstand erwarben sie sich das ansehen von stehen-
bleibenden, ja feinden des fortschrittes Keller 5, 309.
bestehen, übrig bleibend: als im jähr 1806 die deutsche
reichsconstitution aufgelös't ward, so verloren viele me-
diatisirte das münzrecht, und die stehen bleibenden
souverains muszten ihre Stempel verändern Göthe briefe
36, 53.
2) von dingen: die frucht eine von dem stehenblei-
benden griffet zugespitzte kapsei Schlechtendal ^ora
v. Deutschi. ^ 19, 169; es läszt wenigstens als habe sein
stehenbleibendes lächeln einigen bezug aaf die rede
seines nachbars Lichtenberg erkl. der Hogarth. kttp-
ferst. 1, 99.
STEHEND, adj., stans; part. zu stehen, v., s. das.
(zur form I, C, 2, /, sp. 1461, U7id die daselbst angezogenen
stellen).
l) von menschen, eigentlich: stehendt, se tenant debout
HuLSiüS 307''; stehend, particip. stehends, adv. stando,
in piedi Kramer dict. 2, 929»; stans, erectua Steinbach
2, 672.
o) gern als prädicative bestimmung zu verben: stehend
etwas thun, far qualche cosa (stando) in piedi. stehend
beten, stehend essen, trincken, schreiben Kramer dict.
2, 929», etwas stehend oder im stehen thun Campe (i),
Schweiz, nebes stentna thue Tobler 408», vgl. stehen,
V., 1, e: er (Vespasian) starb . . . gehalten stehend, dann
er sprach es gepürt einem keyser stehend ausz disem
leben züscheiden S. Franck chron. der Teuischen (1539)
24»; Felis verzehrte sein frühstück stehend, im saal
umher wandelnd Göthe 21, 176 (icanderj. i, lo); der Che-
valier Wyndham . . . hat sich lassen vom Pompeo Bat-
toni stehend malen JüSti Winckelmann 2, i, 329. ste-
hend schlaffen, cantherino more somniare CORViNüS/on«
lat. 115'»; die elephanten, sagt man, schlafen stehend
Kramer dict. 2, 929''; im solcher schlaffe in daz haubt
kam das er stend entschlieffe (che stando ancora in pie
s'addormento) Arigo decam. 220, 17 Keller (3, 8). mit wei-
teren bestimmungen: und so ir bet: nichten wölt wer-
den als die trugener die do liebhabent stend zebetten
in den Synagogen erste deutsche bibel l , 22 , 62 Kurrel-
meyer; ich . . sang stehend im ströme aus vollem
herzen zum schöpfer aller dinge empor maler Müller
1, 80; er ... wollt geradstehend in den sack einschrei-
ten Grimm märchen 547 (nr. 146).
b) seltner in attributiver fügung. substantiviert: als
die speisen des ersten ganges verzehrt waren, standen
wir alle auf, und nicht eher kam der stehende in den
Sessel, als bis . . . jeder einen vollen becher wein . . .
austrank Freytag 17, 167. der stehende, beiname von
Johann-Adolph Zigeser in der fruchtbringenden gesellach.,
s. Neumark neuaproaa. palmb. a. 401 (679, vgl. Goedeke'
3, 13).
c) mit Verschiebung der bexiehung auf abstracto über-
tragen: dasz der stehende stand des Borghesischen fech-
ters sich mit den worten des Nepos eben so wohl zu-
sammen räumen lasse, als der kniende des miles Veles
Lessino 8, 111 (antiqu. br. 37); ich führe nicht ein sit-
zendes sondern stehendes leben J. v. Müller a. werke
6, 33. ao auch: von seinem mühseligen, stehenden und
1723
STEHEND (1. c-d)
STEHEND (1, d—e-2-'ä, a-e)
1724
l&huenden begrebnusz Fischart 2, ii, 7 Haufen (Eu-
Un^p., abred; EuUnspiegel taird stehend begraben, s.
cap 98). von einer auppe, die im stehen verzehrt toirdi?):
wa het der kimpffer Milo ein lebendigen ochsen auff |
den achseln getragen, . . . wann er nit auch ein solchen '
stier zu einer stehenden schneidersuppen het mögen
vermagen? Oarg. a. 57 neudr. {vgl. stehsuppe).
d) besondere beachtung heiscJit die Verbindung stehen-
der fusz.
«) pes porrectus. est justa pedis mensura, ein stehen-
der fus« CoRviNUS fons lat. 483''. sonst nicht bekannt.
— auf stehenden fusz setzen, s. unten 5, c. ß.
f) sonst tji dein sehr gewöhnlichen adverbialen genitiv
stehenden fuszes, sofort, dem lat. staute pede entspre-
chend, der auch in alterthümlicher und mundartlicher
Sprechweise als enÜehnung vorkommt, s. stantepe(de),
»p. 842. die Übersetzung ist zuerst im i7.jahrh. bezeugt:
wiewol nun der h. reichs cantzler hierauff alsbald ste-
hendes fusses . . . repliciret Chemnitz schtced. kneg 2
(1653), 15''; in ■Wörterbüchern: stehendes fuszes, subito,
in continenti, e vestigio, ex tempore, extemplo Stieler
2130, stando in piedi. lat. stante pede Kramer dict. 2,
929''; stehendes fuszes etwas thun, sogleich, auf der stelle
Campe (l). eticas früher findet sich dafür: so baldt das
recht verbannet {die gerichtssitzung feierlich eröffnet)
ist, und die zwo partheien . . . sollen dem schulthissen
von stehendem fcisz, jede partey eine marcel aufflegen
dasz seindt zween batzen Reutter v. Speir hriegs-
ordn. (1594) s. 38, 13. ähnlich scho7i mhd.:
ob ir die ganzen wärheit
mir nicht an stender stete enseit
Heinr. V, Freiberg Tristan 6142.
auch in mundarten eingedrungen: lothr., st6nsfo(u)s Foll-
mann .V)2», ebenso luxemb. üb. 427; in Köln stphns fosz
Honig 2 i76*; nd. ostfries. staande foots, staan' foots
Störenbürg 258''. — vgl. im aU-gem. Adelung um-
ständl. lehrgeb. 2,424. Sanders wb. deutscher synony-
men 678.
y) die ältesten belege (s. obeii) bieten die form stehen-
des fuszes, die noch bis ins iQ.jahrh. hinein vorkommt
{so bei Campe), sie herrscht bei Wieland, gilt bei
Schiller neben dem heute allein üblichen stehenden
fuszes. docli ist auch dieses scJion im 17. nachzuweisen:
wofern er nicht dem geldgeitz desz podesta heimfallen
wolte, solte er stehenden fusses nach dem rectore
magnißco gehen Happel akad. roman (1690) 299.
d') belege: ich glaube, ich hätte stehenden fuszes einen
andern zug pferde gekauft, wenn ich sie gleich hätte
haben können J. E. Schlegel 3, 552 {pracht zu Landh.
2, 9) ; auch baute der schlaue Timokrates . . . stehendes
fusses auf diese anläge ein kleines projekt Wieland
2, 344 {Agath. 10, 4) ;
es war
an einem morgen, wo er stehnden fuszes
vier bluturtheile unt43rechrieb
Schiller 6, 2, 167 {Don Karl. 1, 2).
t) zutoeiUn ist die ursprüngliche bedeutung noch deut-
lich: unweit davon zeichnete ein mann, stehenden
fuszes, etwas in seine schreibtafel ein Börne ges.
tchriften (1829) 5,62; dasz er nahrung zu sich nahm,
musz wohl vorausgesetzt werden . . . vielleicht im gehen
aus der tasche, oder stehenden fuszes beim nachbar
kellermeister L. v. FHANgois d. letzte Reckenburgerin "70 ;
wir wOrbon unsre botschafl lieber erst.
Uaz ujia das iteh'nden fuszes hier vollbringen
FouQUä alUdch». büdersaal 1, 142.
0 ihr völliges verblasztsein zeigt besonders die seJir
liätifige Verbindung mit gehen: 'stehendes fuszes hin-
gehen, im gemeinen leben, den augenblick, auf der stelle'
Adeluno (Oi vgl. Happel unter y; er ging also ste-
henden fuszes zu ihm hin Juno Stillino aämmü. sehr.
1, tl8; ein kurioser mann . . . macht blosz deswegen,
um das ding (die hallbarkeit der siiefet) zu erproben,
■tebendes fuszes einen tpaziorgang nach Syrukus Tikck
6. 61S: ich mache mich Jetzt stehenden fuszes auf Hol-
TEI ert. sehr. 16, 140;
nach Uri fahr' ich slehnden fnszes gleich
Schiller 14, 287 {Teü 1, 2),
«. auch 12, 229 (WaUenst. iod 1, 7).
so freier: das wurmte meinen bruder und er ging ste-
henden fuszes unter die drachen E. T. A. Hofpmann
1, 191 Grisebach {d. gold. topf 3).
>?) die eigentliche bedeutung wirkt darin nach, dasz
stehenden fuszes nur mit persönlichem subject gebraucht
wird, oder auf personen bezogen, vyie: da ... er nicht
einmal zu jenem berühmten lorberzweige seine Zu-
flucht nehmen kann, der auch ungelehrte hirten, wenn
sie nur an ihm riechen, stehendes fuszes zu poeten
macht Wieland Luk. 6, 136.
e) feste Verbindungen mit verben finden sich in Wörter-
büchern des 17. jahrh.: sisto . . . stare faeio, stehend
machen, auffhalten Corvinus /ons lat. 608"; stator, ein
häscher, qui stare facit, der einen wol kan stehend
machen ebenda; stehend o stehen machen, rizzare.
Kramer dict. 2, 929"; stehend werden, rizzarsi. arri:
zarsi, ebenda.
2) stehend von gegenständen, zum unterschiede von
liegend: eifrig sammelte man reliquien . . . alle ver-
wahrt in ganzen stehenden figuren Ranke s. werke i,
163; ein groszer, weicher, stehender schrein, in dem
kleider . . . aufbewahrt wurden Stifter sämmü. u-erke
5, 1, 91; stehender kragen {vgl. unten Stehkragen): jeder
Schauspieler sah nun, wie er bald in heim und har-
nisch, jede Schauspielerin, wie sie mit einem groszen
stehenden kragen ihre deutschheit vor dem publice
produciren werde Göthe 18, 198 {Wilh. Meister 2, lo).
mit näJierer bestimmung frei stehend {vgl. stehen II, B,
8,/, atich zusammengeschrieben, s. th. 4, l, 122): Schiller
baute . . . ein kleines bauschen, wo zu einem einzi-
gen Zimmer im ersten stock eine frei stehende treppe
führte briefe 28, 34.
8) stehend bes. häufig in festen, zumeist tedmischen
gebrauchsiceisen. zunächst im sinne der aufrechten, ver-
ticalen läge, als gegensatz zu liegend; vgl. stehen II,
B, 13.
a) stehende säule Jacobsson 4, 870", kaum üblich,
weil pleonastisch.
b) häufig von gewachsen, stehendes körn, das lu-vh
auf dem halme steht, noch nicht gemäht oder geschnitten
ist, vgl. stehen II, B, 12 o und 13, a, *p. 1552/.; nnd
zündet also an die mandel, sampt dem stehenden körn
richter 15, 5. — in der forstsprache stehendes holz 'sind
alle jene bäume, stangen u. s. w., welche noch in der erde
wurzeln, im gegensatze von liegendem holze, worunttr
das gefällte verstanden wird' Behlen 6, 684; vgl. Ade-
lung (l), Jacobsson 4, 270"; dazu auch: 'stehender ort
heiszt der ilieil eines haubaren holzbestandes, welcher nodt
nicht a7igehauen ist. oder vor welchem die hauung auf-
gehört hat' Beulen 5, 683. femer: das stehendroden
der waldbäume war vor 1885 wenig bekannt ... im
Frankfurter stadtwalde rodete man schon um I800 da--^
holz stehend {also im gegensatz zu dem gewöhnlidieu
ausroden der stumpfe) Bernhardt gesch. des waldeigen-
ihums 3, 188. — stehcndt, auffrecht fünfOngcrkraut,
quinquefolium frugiferum erectum Henisch 1101,53;
bryum mucronulatum stehendes knotenmoos F. C. Diet-
rich lex. der gärtnerei 2, 836.
c) im bergbau: stehender gang, ist wenn er gerade
in die teuffc fält Junghans gräublein erU (l68()) £••;
ein stehender gang ist, der dem compass und streiche«
nach, die stunde von 12. bisz 8. führet . . . dem fallen
nach, ist ein stehender gang, der entweder gerade nie
der, oder bey 80. grad nach dem circul bogen nUlot
Herttwio bergbuch^ (1784), 86»». '«m gegeMotae «ines
donlegen, flachen und schwebenden ganges* Aoblomc
(1), vgl. M1NEROPIIILU8 bergviereks-Ux.eai, JACOBSSON
4, 270» {JUou droit), Veith 814 und 4öU: durch diese
ganze masse nun schneiden stehende, seigere gänge
durch (sie sprechen dass es klingt wie stehniche), mei-
stens sehr Bobmal Göthe 6I, 109; stehende gilnge oder
flütze ScHEUCHENSTUEL 838; seigere oder stehende, stän-
dige marksobeide 'eine durch eine vertikale etun» gebil-
dete markscheide (ftceier) fubm einander liegtndm gruben-
1725
STEHEND (3, e—g, 4, o)
STEHEND (4 a)
1726
fdder' Veith 33*; stehender stock, auch gangstock 'dn
8^r mächtiger gang von einer verhäiinismäszig geringen
auadütnung in streichen' {gegensatz: liegender stock) 464.
d) von allerlei maschinen oder mascJiinentheilen {vgl.
Stbnzel 401»): stehender oder senkrechter bohrer Ja-
COBSSON 4, 270; SO ist für die gröszten zy linder das
bohren in aufrechter Stellung — also mittelst einer
vertikalen oder stehenden bohrmaschine — unbedingt
vorzuziehen Prechtl teehnol. encyelop. 21, 601. stehen-
der haspel, 'wenn dessen reelle senkrecht stehet^ Jacobs-
SON 4, 270». stehender stuhl vom dachstuhl 270'». ste-
hende abrückwelle der miiller 7, 431». stehendes oder
aufrechtes steigerad in den groszen atubenuhren i, 274».
stehender stiefel 'toenn der stiefel in einem druck- oder
pumpenwerk senkrecht steht' 296'». stehendes Vorgelege
in der mühlenbaukunst, 'wenn eine welle perpendikulär
steht' 7, 431». im bergwesen: stehende Zwillinge an
einem feldgestänge, die beiden aufrecht stehenden höher,
worin das feldgestänge befestigt ist und sich bewegt Ja-
COB8SON 4, 278». Campe. bei der älteren artillerie: 'ste-
hende mörser werden bey der artillerie die mörser ge-
nennet, deren zapfen, womit sie sonst auf den laffeten
liegen, nicht in der mitte, sondern am boden, wie bey
den Hock- und französischen mörsem sind' Egoers kriegs-
lex. 2, 986, vgl. Chomel 8, 1594; Jacobsson 4, 270»; ste-
hende bolzen beim geschütz, chevilles, im gegensatz zu
den liegenden, botdons Hoyer wb. der artillerie, suppl. 80.
in der wd>erei stehender {vertikaler) scheer- oder schweif-
rahmen, zum unterschiede vom horizontalen, s. Prechtl
teehnol. encyelop. 20, 189; stehende spule, s. 24, 412; bei
den strumpficirkem stehende platinen 'dünne eisen-
bleche, die unbeweglich in der plc^nenbahn befestigt sind,
itn gegensatz zu den fallenden' Jacobsson 3, 262 •>, *.
auch Prechtl technolog. encyelop. 18, 183. im Seewesen:
'stehend, in Verbindung mit cylinder, kessel, welle u.
dergl. bezeichnung dafür, dasz diese maschinentheile eine
senkrechte läge haben' Stenzel 401»; 'im schiffbaue sind
stehende knie solche, deren einer arm lothrecht also ge-
rade stehend angeordnet ist', stechknie {s. dieses, sp. 1279)
Campe (l), vgl. Bobrik404»; 'die beiden senkrechten leihe
{taue zum einfassen des segeis) heiszen die stehenden
leike' 464».
e) mit anderer nuance beim feldgestänge {im bergw.) :
'unrd das obere ende der schwinge bewegt und ist das
andere unterstützt, so heiszt die schxcinge eine stehende
und das feldgestänge eines mit stehenden schwingen;
ist aber das obere ende unterstützt und das untere be-
wegt, so heiszt die schwinge eine hängende' Prechtl
teehnol. encyelop. 5, 597, vgl. 596.
f) von der handschrift, im gegensatz zu einer schrä-
gen, 'liegenden' schrift: die titel der gedieh te waren
fractur, die verse selbst von einer stehenden sächsi-
schen handschrift Göthe 25, 132 {dicht, u. wahrh. 7).
{in anderem sinne 4, d.) •
g) stehende eigen s. 4, e.
*) in anderen fallen bezeichnet stehend das, was am
ort verharrt, im gegensatz zu dem, tcas sich bewegt oder
beweglich ist; vgl. stehen II, B, 15. so freier: wie der
alte ewige ausbau des blättchens und dessen käfers
eine stehende Vorsehung ist: so ist die geschichte bei-
der wesen und der Völker eine wandelnde JJ Paul 33
{dämmerungen), 20.
o) sehr gewöhnlich stehendes wasser twi gegensatz zu
flieszendem: locus . . . staende wasser Diefenbach gloss.
316»; tiagnum . . . ein staende, stand wasser {Cöln 1507
u. Straszb. 1513), stant wasser 550'*; stehendt wasser,
u. eaue croupie, ou dormant, qui ne court pas, ains est
morte Hulsius SO?*»; aqua reses, stagnans CORViNUS
fons lat. 58»; ein stehendes, stillstehendes wasser, ste-
hender sumpf, pfui, acqua stante, stagnante, marazzo,
stanzio, acqua morta Kramer dict. 2, 929''; mundartlich
im nd. bezeugt: stän wäter Schambach 32i», stand water
TEN Doornkaat-Koolman 3, 300». die belege reichen
ins ii. jahrh. hinauf: swaz danne steunder wazzer ist,
di suUen di obgenanten unser pflrger von Newnburch
marchthalb angehören {vorher: swaz durchrunzigcr waz-
zer ist) urkundenbuch v. Kloetemeuhurg nr. 317 {urk.
herz. AUyrechts II v. Ost., i. märz 13*5). in einem see
oder stehendem wasser wohneten drey fisch Kirchhof
%cendunmut 1, 111 Österl. (i, 86); durch die gewalt des
talismanns vertrocknete der ström, und es olieb nichts
übrig, als ein faules stehendes wasser Rabener 5, 88;
man weisz sehr gut, dasz der friede, wie das stehende
wasser, solches Ungeziefer hervorbringt Göthe briefe
19, 518; die Tschuja flieszt hier sehr träge . . . der ab-
flusz ist zuweilen gar nicht bemerkbar, er gleicht ste-
hendem wasser Ritter erdkunde 2, P53. sprichw.: ste-
hend wasser wird bald stinkend Gottsched 555*;
gebrauchter pflog blinkt,
stehend wasser stinkt
LüPKES teemannttpr. t. 130.
daher im vergleich: ohne diese ubungen würde . . . die
Jugend wie stehendes wasser faul und stinckend wer-
den Loh«nstein Armin. 2, 517»; sonst im bilde: schwär-
merisches herz ! du treibst mit deinen fieberhaften schla-
gen freilich dein blut zu reiszend um . . .; aber dein
fehler ist doch schöner, als wenn du mit phlegmati-
schem getriebe aus dem stehenden wasser des blutes
bloszen fett-schlamm anlegtest I J. Paul 2, 152 {unsichtb.
löge 2, 33). im {verschieden gebildeten) plural: es zeigt
sich nämlich der monoculus apus manchmal ... in
stehenden wassern der Jenaischen gegend Göthe 32. 7
{tag- u. jahresh. 1807); professores sind stehende wasser,
die faul werden Hippel lebensl. l, 199; es war in der
nacht so kalt gewesen, dasz sich die stehenden wasser
mit einer eisdecke überzogen hatten Stifter *. werke
2, 245 ; sie {die flüsse) traten noch an vielen orten über
und machten stehende gewässer Kant l, 201 Berl. ak.;
die stehenden gewässer
sind immer noch viel besser,
als jener bergstrom wild Arnim 22, 2<ö.
bestimmtere ausdrücke, stehender see, teich u. ahnl., eig.
pleonastisch: auff den abend zu einem dorff Columna,
an einer stehenden see liegend Oleariüs reisebesehr.
15» (1,4); wo die herrlichste paläste gestanden, dawa-
ren . . . stehende seen zu schauen Anton Ulrich v.
Braunschweig Octavia 1, 758; man findet diesen fisch
in flieszenden wassern eher . ., als in stehenden teichen
und seen Goch hausen notabilia venatoris (I74i) 348;
wenn man die sehr lange . . . strecken betrachtet, die die
flüsse auf dem festen lande durchlaufen, ohne dasz sie
stehende pfützen oder seen unterwegens machen Kant
1, 461 Berl. ak.; flieszende bäche und stehende graben
Paülsen aus m. leben 54;
stehnde sümpfe werden fani,
lüfl' auch, die sich nicht bewegen
Fleming 1, 81 Lappenb. {poet. walder 3, 6, 208) ;
den hölzernen becher,
ans der stehenden lache gefüllt
Klopstock Mcm. 16, 281 ;
im vergleich:
80 tha' es noth, die dämme zn dnrchstecben,
die uns, wie einen steh'nden see vom meer,
von allen übrigen (völkem) noch immer trennten
Hebbel 2, 237 {Her. «. Älar. 2. 1).
bildlich: es {Ruszland) ward ein stehendes meer der
verschiedensten Völker Herder 23, 448. besonders gern
stehender sumpf als vergleich oder bild: er vergiszt den
niedrigen kummer, der ihm . . das herz drückte, wenn
er den ström der zeit stockend, und sich in einen ste-
henden sumpf gesenkt glaubte 17, 5 {human, br. l, 1);
die frische lebendige quelle stockt, und es wird alles
zum todten stehenden sumpfe BCrger briefe i, 886
{nr. 220) ; ihr leben rückt nur unmerklich fort, und wird
ans einem reiszenden ströme, den die ersten leiden-
schaften der Jugend gebildet hatten, zu einem stehen-
den sumpf A. W. Schlegel üb. dramat. kumt^ 1, Sl;
es giebt so leate. deren angesicht
sich Oberzieht (tpäter: gerinnt und starrt 4, 163)
gleich einem steh'nden sumpf
(whofc ritages
do Cream and mantle, Uke a standing pond)
Shake*p. 4, 12 {kav/m. v. Ken. 1, 1).
stehende hauptfänge 'zum aufhalten des sägeblochholzes,
sowie der trümme und des scheiterholzes beim ßöszen'
1727
STEHEND (4, a—f)
STEHEND (4, f-i-b, a)
1728
Behlen 6, 681. — tn anderem sinne, doch mit der gleichen
grundbedentung: stehend oder stillstehend wasser 'der
augenblick der Mchaten fluth oder der niedrigsten ebbe,
uo das \oasser zehn bis fünfzehn minufen lang still steht'
BOBRIK 669.
b) »onst, vereinuU, von mannigfachen anderen dingen:
o wohl uns, dasz dem gebrause
der flut wir glücklich entdiehn,
nnd aus dem schwebenden hause
in stehende wohnun^ren ziehnl
Platen 166 «> {Math. V. Valois 2);
an dem himmei streckten sich weisze, stehende wölken
hin Stifter *. tcerke 2, 302. noch seltener prädicativ:
dasz wir am ende eine festigkeit des blickes erhalten,
der die ungewissen, flatternden gestalten fest und ste-
hend werden läszt Tieck 6, 850. so wohl auch: alles
so herbststill, so stehend um ihn J. Paul lO (fle*p. *),
150,
c) auch in diesem sinne in technischer spräche, ste-
hende brücke {im gegensaie zur tugbrüclce), pons immo-
bilis, pont dormant Chomel 8, 1594: es genügt, dasz die
Übergänge zerstört werden können, und das ist bei ste-
henden brücken jedesmal der fall, wenn sie zur Spren-
gung eingerichtet werden Moltke ges. Schriften 7, 32.
nd. (fistfries.) gaand wark, getriebe in einer maschine,
s. b. einer uhr, mühle; im gegensatz dazu staand wark,
das gehäuft, die unbeweglichen theile Stürenburg 64*.
bes. im Seewesen: stehendes tauwerk 'auf den schiffen,
icelehes fest angeschlagen ist, im gegensatze des laufen-
den' Adelung (i), vgl. Jacobsson 4, 272»; der stehende
part oder Stander eines taues 'das feste und unbeweg-
lich stehende ende eines laufenden tautoerks' Campe (l),
Hbinsius 4, 767*, stehender oder fester part, standing
part, dormant Bobrik 522'»; zusammenfassend stehendes
gut 'die starken taue, . . durch tcelclie die mästen und
Stengen, das bugspriet, der klüverbaum u. s. w. befesti-
gung erhalten', s. Ki.UGE seemunnsspr. 839, Goedel 469.
— hierher auch: item ein nache, der ein stende rudil
{stange zum aufstören der J,sche, s. zweites rudel l, th.6,
1885) hat, {giebt als zoll) i col. Böhmer urkundenb. v.
Frankf. l, 505 (rowi. j. 1329)?
d) mit stehenden Schriften drucken 'mit Schriften,
welche nach dem abdruck nicht abgelegt xoerden, sondern
gesetzt bleiben und bei seite gesetzt werden, bis man sie
wieder braucht' Campe (l) {wofür jetzt stereotypierung
der platte üblich ist) : die fülle, schärfe und feinheit der
worthülfen, so als vorlinge, inlinge und endlinge ge-
braucht werden und wie stehende Schriften der Wort-
bildung anzusehen sind, geben den schlüssel zu dem
unendlichen Sprachschatz Jahn werke 2, 11 Euler. auch
{bildlieh): vorzüglich aber ist das buch Ruth darüber
ein kommentar mit stehenden lettem Arndt werke l,
241 Rösch {vgl. 3,/.); das schild des Gianbengian, . . .
die feen im lande Ginistan: d&s alles sind gleichsam
stehende typen der poesie, die dort noch vom ersten
gasze sich erhalten haben Görres bei Arnim tröstein-
aamk. s. 121 Pfaff.
e) in der alten rechtssprache Norddeutschlands stehende
eigen, erbe, von gebäuden, im gegensatz zur varnden
habe, doch auch zum ligcnden grünt: hat der man adir
vrouwe ir angestorben erbe unde gut bynnen iar undc
tage nicht gefurdert, daz ist en unschedelichen, is en
sey denne stehende eygen und legende grünt Magdeb.
fragen i, 6, 4 {a. 87>; her . . . sal das erbe vorgewissen
mit stendem eygen i, 7, 4 (*. 95); olaget . . . eyn burgor
uir den andirn uff gut, steende erbe adir vamde habe
a, >, Sa (*. IM), $ auch unter I, B, >, g, a {ap. 1429) und
Kulmer recht *, 18 unter 1, B, >,/, ß (ap. 1417). nd.: men
maoh den frowen wol stände eigen edder liggende grünt
to OCMBe lyve {lebenaunterhalt) gevcn qu. bei HouBTER
Sadtaenap. i, t, 864, vgl. Schiller Lübben 4, 869*. ao
noch im brem. wb. 4, 09S: staande arve, 'erbeigenthüm-
lieke gebäude , in entgegenatellung der liegenden gründe'.
f) tn neuerer zeit ala auadruck der volkawirthaehafla-
lehrt stehendet kapital (fettea, anlagekapital), im gegen-
aatz zu dem umlaufenden (flUssigen, betriebt-) kapital,
ala geaamtheit der prodtJctitmamittel, die eine wiederholte
Verwendung zulassen, s. handwb. der staaisrcissenseh.^ 5,
780 ••: nicht ganz so frei und unbeschränkt wie seine
{des käufers) herrschaft über den arbeitsstoff ist die-
jenige über die arbeitsmittel und -Instrumente, das so-
genannte stehende kapital (der gebräuchlichen natio-
nalökonomischen nomenklatur) Doren Florentiner wol
lentitchindustrie 451.
g) mit anderer nuance, vom festen aggregatzustand im
gegensatz zum flüssigen {vgl. stehen II, B, 17) :
hier wird auf strenger glut geschiedner zieger dicke,
und dort gerinnt die milch und wird ein stehend 61
Haller ged. 30 Hirzel {die Alpen 244).
A) stehender wind 'fester tcind, welcher schon meJirere
tage einerlei richtung gehabt hat und von welcfiem zu
vermuthen ist, dasz er diese richtung noch einige zeit be-
halten wird' Campe (i), settled wind, it. vento stante Bo-
brik 661'', vgl. Stenzel 401*: wie die Dantzker ver
namen das die brücke schier fertig war, . . . haben sie
. . . ein boyert . . . mit vollem segel durch stehenden
wind, auff die brücken lauffen lassen Hennenberger
preusz. landtaffel 102; wallonisches frischen . . . erfor-
dert ein kleines, heiszes und trockenes frischfeuer, ei-
nen stehenden' wind und lebhaftes gebläse Lampadius
handwb. d. hüttenk. (1817) 215. — ähnlich vom blick:
gang und Stellung waren unverändert, . . . aber der blick
war oft zu flatternd, oft zu stehend J. Paul 8, 208
{Hesperus 24).
i) von handlungen, die keinen fortschritt machen, vgl.
stehen II, B, 15, /, sp. 1558 : ob schon beyde vorwürfe . .
der eigentlichen mahlerey gleich fähig sind; so findet
sich doch dieser wesentliche unterschied unter ihnen,
dasz jener eine sichtbare fortschreitende handlung ist
. . . , dieser hingegen eine sichtbare stehende handlung.
deren verschiedene theile sich neben einander im räume
entwickeln Lessing 6, 463 {Laok. XV). bes. vom kämpf,
der noch unentschieden ist {vgl. stehen II, B, 15, g) : Blücher
liesz demnach das noch stehende gefecht abbrechen
Varnhagen von Ense biogr. denkm. 8, 267; im groszeii
war auf dem rechten flügel das gefecht ein stehendes
geworden Moltke ges. achriften 3, 42. ähnlich achon
mnd.: strydden se do eynen starken standen stryd Kok-
ner bei Sghiller-Löbben 4, Sog**.
6) die letzte gruppe zeigt den Übergang in den begriff
der zeitdatier, der bei stehend am häiifigaten begegnet.
a) so am reinsten in Verbindung mit zustandsbezeich
nungen in Wendungen wie in stehender ehe, so langt
die ehe besteht, zumeist im älteren nhd.: in ansehung
das . . . des mannes unnd der frawcn gütter in stehen-
der ehe gemein sein verordn. des Hadelerschen landi-
gerichts (1584) D 4* (2, 3); wasz dar zu ihro Id. von unsz
vor oder in stehender ehe . . . geschenckt were Son-
derburger urk. V. 1634 bei Diefenbach-Wülcker 863;
was mann und weih in stehender ehe erwerben, dai>
sollen sie mit einander theilen Schuppius 610; a. fer
ner Simpl. achr. 3, 38, 20 Kurz {Courage 7); bey ein-
gehung der ehe, wurden der frau gewisse guter . . . aus-
gesezt, welche dazu dienen sollten ihr nach getrennter
ehe eine wittwenversorgung zu verschaffen, deren besiz
sie daher auch während stehender ehe nicht erhielt
Eichhorn deutsche Staats- u. rechtsgesch.^ (>82i) i, 186.
von rechtsverhältnissen: welche wir uns, weil doctor
Mariinus seinem erbieten nach unüberwunden in ste-
hender appellation, nicht versehen qu. bei Luther l,
134 *>; auff klage und gegcnantwort ... ist einhclliglich
im stehenden standtrecht erkent worden Reuttkr v.
Speir kriegaordn. (1594) 70; femer: in stehenden rechten
72. anderes: nicniandt der in stehender acht, wider
die ttadt gethan rubeklagon zuhaben d. atädtechr. K,
86, 22 {Magdeb. 1560); ebenao 83, 13: vor dieser zeit . . .
hatten die thumbpfaffen . . . ein ausschreiben wider die
■ladt Magdb. ausgeben lassen und solchs in stehender
unser belagerangk 68, so; in solcher meiner stehenden
krankheit ward auch mein sölinlcin Hanns George krank
Schwkiniciikn 8, 184; der sitz des landesälteiten ist
unter dem grenzadel, mit ihm trägt er die last and
erntet er die ertrage dieses stehenden kriegs Nitzsch
deutsche atudien tu.
1729
STEHEND (5, b-c)
STEHEND (5, c-e)
1730
6) et»! eigetiihütiilicher ausdrtick ist die stehenden
jähre, eigentlich tooM, ico das icachstJium zum steheti ge-
kommen ist, daun scherzhaft umgedeutet: wer hat Ihnen
denn gesagt, mein herr, dasz ich damals acht und
zwanzig jähre alt war? um diese zeit sind die frauen-
zimmer in ihren stehenden jähren ^tro ihr alter gleich-
sam einen stillstand macht' Adelung i) , und ich war
seit fünf jähren beständig drey und zwanzig jähre alt
gewesen Raben er 3, 174; Emerentia, die seit dem ein-
tritte in die stehenden jähre so sehr an fülle zunahm,
wie die mittel abnahmen Immermann Münchh. 1,69
(1, *)•
c) so besonders stehendes beer, das nidit nur für
den vorliegaideii krieg ausgehoben oder angetcorben tcird,
sondern auch im frieden bestehen bleibt, u. ähnl. diese
ungemein häufige Verwendung ist in den tcörterbüchern
{bis Campe, Hkinsius einsdil.) noch nicht beachtet, in
der litteratur seit Haller, Moser, Kant, Wieland.
c) zunäcJist: die nöthige beschützung eines so weit-
läufigen reiches erforderte nicht weniger als ein stehen-
des beer von zweymahl hundert tausend mann Wie-
land 7, 295 (d. gold. Spiegel 2, 12) ; der Staat geht unter
der wache stehender beere maschinenmäszig seinen
gang Moser Hb. d. deutsdie »pr. u. litt. (lv8l) *. 9;
stehende beere litt England nicht Herder 28, 156; der
landsturm und die landwehr . . . haben manche Jahr-
hunderte bestanden, bis die groszen stehenden beere
mehr und mehr eingeführt wurden E. M. Arndt sehr,
f. u. an s. l. Deutschen i, 291; militärpolitik. mit be-
sonderer beziehung auf die Widerstandskraft der Schweiz
und den kämpf eines milizbeeres gegen stehende heere
Varnhagen V. Ense tageb. 12, 308; durch die einfüh-
rung eines stehendes heeres bat der adel die wafFen
aus der band gelegt Moltke ges. Schriften i, iil; sal-
bungsvolle flugschriften erörterten schon die frage : 'sind
stehende heere in friedenszeiten nötbig?' Treitschke
d. gesch. 1, 153; dafür eröffnete das system des stehen-
den heeres . . . auch den unbedeutendsten fürsten die
möglichkeit kriegerischer . . Unternehmungen Nitzsch
deutsche Studien lOl. übertragen: die mönche wurden
das stehende heer, das die geistliche macht der grosz-
lamas stützte Ritter erdkunde 4, 282; dasz die zoll-
linien im Innern aufhören, durch welche jede provinz
zu einem Staate für sich wird, von einem stehenden
heere von Zöllnern umstellt Dahlmann franz. revol.
39; trotz des stehenden heeres von gensdarmen Heb-
bel 9, 423. — dafür: doch sehe ich lieber als eine ste-
hende armee, das volk selbst in waffen Chamisso 5,
224 {an Foiique 7. Jan. 1809); die mönche und geistlichen,
vorzüglich die Jesuiten, die in jedem lande eine art von
stehender armee des pabsts abgaben, wurden au:; dem
venetianischen gebiete verbannt Schiller 4, 115; die
stehenden kriegsheere M. J. Schmidt gesch. der Deut-
schen 4, 527; er selbst befehdete, wen er befehden
konnte, und halte dazu die erste stehende kriegsmacht
in Europa, ein unzählbares beer von mönchen und
geistlichen in allen ländern Herder u, 543; er (rf. könig)
meinte durch die herstellung des friedens die Ursachen,
aus denen man sich den druck einer so starken ste-
henden macht gefallen lasse, hinwegzuräumen Ranke
vxrke 16, 319; da bat er {Nicolatis v. Kus) . . . die an-
sieht: um friede und recht ernstlich handhaben . . .
zu können, müsse man eine stehende truppe halten
1, 70; die stehenden truppen sind bis auf zwei drittel
entlassen worden Gutzkow ges. werke 5, 195 {Blasedoxo
u. s.S. 1, 17); veraltet: das innere des reiches beschwere
weder mit schanzen, noch mit stehenden Völkern Hal-
ler Usong .'584.
ß) sonst militärisch: da die Römer keine stehende
flotte hatten, war das einzige mittel dem seeraub wirk
sam zu steuern die besetzung der küsten Mommsen
röm. gesch.^ 2, 133, anm. — der östliche theil des Atta-
lidenreiches ward den clientelkönigen überwiesen, um
die Römer von dem grenz^chutz und damit von der
nothwendigkeit einer stehenden besatzung in Asien zu
befreien 55. — ungewöhnlicher von den einzelnen Soldaten:
die persischen könige hatten eine legion, welche die
X s.
unsterbliche hiesz . . . sie . . . scheinen ihren namen
wahrscheinlich davon zu haben, weil sie stehende Sol-
daten waren, die auch zu friedenszeiten dienste thun
muszten Schiller 9, 210. so ferner: nach heftigen . . .
gefechten {ward) dieser theil des gebirges {der Alpen)
gezwungen den Massalioten fortan stehende geisein zu
geben Mommsen röm. gesch. 2, 160. — auf den dienst
übertragen : als sodann in folge der besetzung Spaniens
der dienst anfing stehend zu werden 107. so dann
auch : da die fortrückende cultur der Staaten . . . durch
immer . . . vermehrte, auf stehendem fusz und in dis-
ciplin erhaltene . . . heere immer höhere kosten ver-
ursachen musz Kant 8, 311 {üb. d. gemeinspr. usw. HI);
Karl V. scheint der erste gewesen zu sein, der die ar-
tilleristen in ordentliche kompagnien formirte, und sie
auf einen stehenden fusz sezte Hoter allg. tcb. der
artillerie 1, 25.
y) sonst von allerlei coUegien und körperschaften : dasz
die allgemeinen stände durch einen stehenden aus-
scbirez ersetzt wurden Schlosser weltgesch. 14, 281; ein
stehendes gericht sollte eingerichtet werden, nach dem
muster des Parlaments zu Paris Ranke werke 1, 71; es
ist auffallend, welch ungemeine Wirkungen die erricb-
tung einer stehenden nuntiatur . . . nach sich zog 38,
103; die meisten prozesse . . . wurden . . . von theils
stehenden, theils ausserordentlichen commissionen ent-
schieden Mommsen röm. gesch. 2, 111. dann auch rori
einzelpersoneji : ein collegium von drei männern, die als
ordentliche und stehende beamte der gemeinde ange-
sehen und jährlich von der Volksversammlung gewählt
wurden 86; auch Frankreich hat seine stehenden kunst-
rezensenten, die nach alten vorgefaszten regeln jedes
neue werk bekritteln Heine 4, •;2 Elfter, abstract: in
den Pandekten kommt dieser name {defensores) . . . für
solche Personen vor, welche einzelne vorübergehende
städtische geschäfte besorgen, nicht als stehendes amt
S.wiGNY gesch. d. röm. rechts 1, 64. von andern bezie-
hungen: in zukunft müssen Sie sich also diese guten
leutchen auf dem alten Steinwege denken und Marie
Scheffer als stehendes familienglied Droste-Hülshoff
br. an L. Schi'tc:king s. 14€.
d) diese bedetitung verbindet sich mit der räumlichen
des dauernden venceilens an einem orte {s. stehen H, C, lO)
in der anwendung auf schauspielergesellschaften: eine
stehende truppe im gegensatz sowohl zu den Wander-
truppen, die von ort zu ort ziehen und in jedem nur
kurze zeit spielen, wie zu liebhabergeselUchaften, die sieh
für einzelne aufführungen zusammenfinden: dasz die
beste truppe in Italien . . . nicht mit der schlechtesten
von den stehenden theatergesellschaften in Deutschland
verglichen werden kann Archenholz England u. Ita-
lien 2, 17. so gewöhnlieh stehende bühne, stehendes
theater (jcobei zugleich an das gebäude gedacht werden
kann): die stadt hat ihre stehende bühne, 'tcelche sich
immer daselbst befindet, eine bleibende' Campe (l); als
die Abderiten beschlossen hatten, ein stehendes theat-»r
zu haben Wieland '9, 262 (Abderit. 3, 2); was kann eine
gute stehende Schaubühne eigentlich wirken? Schil-
ler 3, 509 (iiberschr.) ; eine gute stehende bühne 522;
{xcortspielend :) die Chinesen hingegen haben ihr stehen-
des naiional-theater; vermuthlich in jeder hinsieht
stehend : ich zweifle nicht, dasz sie in der . . . beob-
achtung unbedeutender convenienzen die correctesten
Europäer weit hinter sich lassen A. W. Schlegel dra-
mat. kunst- 1, 38; weil von einem stehenden theater in
den damaligen Schweizerstädten nicht die rede war,
so entschlossen sie sich . . . kurz und spielten selbst
komödie Keller 1, 25; es war das ganz im geiste der
scheinheiligen politik dieser zeit, dass man . . . die er-
b&uung eines stehenden thcaters verhinderte Mommsen
röm. gesch. 2, 442. — ähnlich xceiterhin: auch dürfte zu
erwägen sein, dasz zeitweise kunstausstellungen . . .
nicht stehende knnstsammlungen sind Stifter s. werke
14, 145.
e) sonst von den mannigfaclisten aöstracten. dauernd.
80 vereinzelt schon früh: die .iiij. ausslegung, sagt von
steenden und von fliessenden bindernussen die den
109
1731
STEHEND (5. e-i)
STEHEND (5, i-k) — STEHENDIG 1732
menschen tänd verbleiben das er die frucht nit cnt-
pfaht Tauler sermoti. (i508) reg. 8<'; denselben mit
disem briflein zu behelligen, (reibet mich di immer-
stehende Schuldigkeit, damit ich seiner gunst dank-
nehmig verhaftet bleibe Butschky hochd. kam. s. 34;
bei solch einer stehenden kriegsverfassung muszte es
den Deutschen nothwendig an manchen andern tugen-
den fehlen Herder U, 273 {idem 16, 3, 3); jeder gelehrte
müsse im besitze dieser {der Vernunft-) Wissenschaft
seyn: sey es auch nur darum, um jedesmal den gegen-
wärtigen stehenden zustand des ganzen Wissenschaft
liehen wesens zu erkennen Fichte grundz. des gegenw.
Zeitalters 233; ob das vorgetragene auf das handeln sich
beziehe . . ., oder ob auf eine stehende, und ruhende
beschaffenheit der dinge 260; wenn man seine stehenden
diplomatischen beziehungen . . . danach {nach Sympa-
thie XI. antip.) zuschneiden will, so hört man m. e.
auf, politik zu treiben Bismarck ged. u. erivn. l, 157
{br. vom 2. mai 1857) ; die räuberwirthschaft war daselbst
. . . ein stehendes übel Mommsen röm. gesch. 2, 78;
zwar war diese amtsverlängerung jetzt stehend gewor-
den 357. so auch: griechische hofmeister und lehrer
der Philosophie . . . wurden jetzt stehend {eine dauernde
einrichtung) in den palästen Roms 425.
f) ecnoeter und sinnlicher: die läufer {beim singen)
glückten ihr nie ganz, aber desto mehr die stehenden,
und schwellenden töne Schubakt ästhetik der tonk. 156;
das feine sardonische lächeln, das bei August eben so
stehend und bleibend gewesen sein musz, als man es
immer auf den lippen Bonapartes sieht Reighardt bei
Campe; das stehende lächeln um das runde naschen
versicherte unaufhörlich . . . Ludwig 2, 307.
g) in Philosoph, spräche: das bewusztsein seiner selbst
... ist . . jederzeit wandelbar, es kann kein stehendes
oder bleibendes selbst in diesem flusse innrer erschei-
nungcn geben Kant *, 8i Berl. ak. {kr. der r. vern.^ 107);
das stehende und bleibende ich (der reinen appercep-
tion) macht das correlatum aller unserer Vorstellungen
aus 91 (123). ganz allgemein im substantivierten neu-
trum: das stehende in der zeit, dessen zugleichseyn
mit dem wechselnden den begriff der Veränderung her-
vorbringt 3, 25 {kr. der r. vem.'^ s. XLl); unendlich ist
nur die empirie; sowohl die des stehenden, der natur,
in der physik; als die des flieszenden, der zeit-er
scheinangen des menschengeschlechts , in der ge-
schichte Fichte grundz. des gegenw. Zeitalters 231.
hier scheint zumeist die eigentliche bedeutung (4) deutlich
durch.
h) stehende einnahmen, regelmäszige, im gegensatz zu
(uiszerordentlichen, einmaligen oder gelegentlichen, wech-
selnden : 'stehende hebungen eines gutes, gewisse ein-
künfte, im gegensatze der ungewissen' Adelung (l), zu
bestimmten Zeiten eingehende Campe ; durch diese {dienst-
leute) fielen dem könige, der bisher von seinem erb-
gute, einem freiwilligen geschenke seines volks und von
der beu(e gelebt . . . halte, beträchtliche stehende ein-
künfte zu Eichhorn deutsche ataats- u. rechtsgescJt.^ l,
93. ßxitm, der stehende gehult, das gewisse einkommen
KiNUEHMNO reinigk. der d. spr. (1795) 268; von den drei-
hundert dukaten stehenden gehaltes sind wir bis auf
hundertundfünfzig einig geworden Lenz i , 332 Blei
{ho/m. 1, 8). (stehender lohn in, ander m sinne s. ste-
hen II, D, 13, c, «, sp. 1697.) wie der groszc kurfürst
. . . seine kröne stützte auf die beiden säulcn monarchi-
scher vollgowalt, den miles perpetuus und die stehende
Steuer Treitsciikk d. gesch. i, 85; von stehenden ge-
schenken der gemeiiidebUrger an den könig wird nichts
berichtet Mommsen röm. gesell, 1, 71. dagegen stehender
fonds, bleibender {wie e, f); bildlidi: es ist gut, dasz der
gemeine mann seine spräche behalte, damit ein ste-
hender fond bleibe, der die zu grosze wandclbarkoit
lebender sprachen aufstütze, und ihr einheimisches
geprige daaerhaft erhalte br. Hb. merkwUrdigk. der litt.
». tat, 11 neudr.
t) »ontt im rinne den regelmüszig oder häufig wieder-
kehrenden, stehende rede, rodensaK u. ähnl.: die ste-
hende formel zur lösong all' dieser anergrUndlichen
fragen blieb immer der ausruf: ihn bin ich los . . .
Holtei erzähl, sehr. 3, 109; 'benebelt heraufgekommen
und benebelt hinuntergegangen!' ist ein stehender witz
{im Brocke ab u che) Keine 3, 68 Elster; einer jener ge-
machten i'.nwissenheitsfragen, wie sie in diesem {dem 4.)
cvangelium stehend sind D. F. Strausz leb. Jesu i,
287; die stehende rede derselben {der nassauischen
unterfhanen) war : 'schütze Se uns vor dem fürste und
sei' jagdknechte' Bismarck ged. u. erinn. 2, 72; auf
die stehende frage erfolgte die stehende antwort: 'ich
weisz es noch nicht genau' Ebner-Eschenbach 2, 40;
als der freund schlagfertig entgegnete: 'ausnahmen be-
stätigen die regel', sprach er gereizt: 'siehende redens-
art' 8, llt. — und so werd ich fortfahren, Ihr Interesse
zum stehenden artikel meiner hefte zu machen Goethe
briefe 37, 279 {an Boisseree 13. dec. 23), vgl. s. 9, eben-
so TiECK 15, 294; auch wäre zu wünschen dasz kein
christlicher regent es duldete . . ., dasz sein und der
seinigen persönliches Wohlergehen ... zu einem ste-
henden sonntäglichen gebetsartikel gemacht würde
Schleiermachek sämtl. werke I 5, 117. so auch: auch
die stehenden Veröffentlichungen der akademischen ar-
beiten sind . . . nicht übertlüssig Mommsen reden u.
aufs. 43. — wo aber die arbeit an eine gewis.se schule
gebunden ist, da wird sie sich auch in stehenden for-
men . . . dieser schule bewegen und nur sehr langsam
... zu neuen gebilden vorschreiten Riehl d. deutsche
arb. 37; der stehende zuschnitt aller Ouvertüren . . .
ging auf eine . . . einleitung im langsamen tempo . . .
R. Wagner ges. sehr. 5, 113. — diese geistlose vetter-
schaft von stehenden rollen {auf maskenbällen), die
läufer, die fleischer, die mohren, die altvordern . . .
J. Paul 22,101 {Titan 2,50); dasz man vielleicht in
den mimen und atellanen den ersten keim der com-
media dell' arle, der improvisirten posse mit stehenden
maskcn, zu suchen hat A. W. Schlegel üb. dram.
kunst- 2, 9; eine von den stehenden italienischen mas-
ken Bonaventura nachticachen 38, 31 Michel; dasz ich
den herren theaterdichtcrn . . . erlauben will, meinen
namen Tieck zu einem stehenden, wiederkehrenden
Charakter zu machen Tieck nacld. 2, 87; ich {d. teufet)
war bei diesen leuten eine stehende figur, die, wenn
auch etwas anders aufgeputzt, doch immer wieder die
hörner hcrausstreckte Hai. ff 2, i,i04 Bobert.: immer noch
waren es in diesen stücken die stehenden figuren des
dummen und des pfiffigen dieners, des guten alten, des
weisen mannes, die das publicum ergötzten Mommsen
röm. gesch. 2, 441; s. auch L. v. Franqois d. letzte
Beckenburgerin 26. — diese sitte war in Ulm so ste-
hend geworden Hauff 1, 25 Bobertag; bereits war
es zur stehenden gewohnheit Noltens geworden Mö-
RIKE 3,28; Verwandtenmord {war bei den Achümeniden)
so häufig, dasz, nach dem ausdruck des Justinus, valer-
und brudermord in diesem geschlechto zum stehenden
brauch geworden war Döllinuer ukad. vortr. 1, 3.
bei Schilderung deutsclier gastmähler erwähnt der be-
richterstatler {Tacitus) gerade nicht die stehende fest-
freude der Deutschen, den vertrag des sängers Freypag
17, 31 ; im schlösse wurde nicht bescheert, das dienst-
personal erhielt sein ausbedungenes geldgeschenk und
ein stehendes festgericht L. v. Franqois d. letzte
lieckenb. 337. — so geräth man in einen Widerspruch
des Staatsrechts mit den rcalitUten des menschliohcn
lebens, der praktisch zu stehenden frictionen und
schliesziich zu explosionen führt Bismarck ged. u. er-
i7in. 2, 69. — von personen: die bei herrn Kngol vor-
mittags stehende gaste waren Arndi' sehr. f. u. an
a. l. Deutschen 4, 380.
k) medizinisch: stehende fleber. stalionariae ftbrta
Nemnich Uj-. nosolog. polygl. 17" {daaa. wie anhalten-
des Qeber, febria continua, im gegensalt zum Wechsel
fleber, fcbris intcrmitiensf).
STIiHEiN'DKi, adj., vereinzelte Weiterbildung tu »te
hend: so haben die von Arnaw auch daselbst stehen-
dig {nicht hticnJ) geschworen Hüitkl chron. v. TVau-
tenau IM Hehles, {tu 1657), vc^l. Jellinkk mhd. wb. Bki.
«. ferner stchnig.
1733
STEHENDLINGS — STEHET
STEHET - STEHL
1734
STEHEND LINGS , adv..- der pfaa leget seine eier
nicht sitzlings, sondern stehendlings (stehendes, im
stehen) Schottel 373. — ebenso stehends, stehicht
et stehhaft. sfabilis, stando, restitando Stieler 2130.
STEHENGEBLIEBEN, adj.. pari, zu stehen bleiben,
s. stehen II, E, 3, sp. ilQ&ff. zu c {«) : ich bin erstaunt
über die menge der Zeitungen, die in schlechtem geiste
geschrieben werden, von stehengebliebenen . . . litte-
raten V.\rnhagen v. Ense ta^eb. 5, 131 ; diese einfache
form bietet uns nun die natur entweder vorübergehend
im fötus, oder stehen geblieben, selbstständig geworden,
in den niederen wirbelthieren dar Büchner icerke 294
Framos. so im substantivierten neutr.: hier {in Austra-
lien), wo alles einzelne wie verhallende stimmen aus
früherer, reicherer zeit herüberschallt, wir aber keines-
wegs den eindruck erhalten, als hätten wir es mit
halbentwickeltem, stehengebliebenem zu thun Ratzel
völkerk. 2, 86. zu e, a {im bilde): meine Cousine hat
mich aufgezogen, und siehe da, die stehngebliebne
uhr geht noch; denn ich machte . . . nach allen for-
men die honneurs Immermann 6, 75 Hempel {epig. II,
4, 13). zu f: diese stehengebliebenen reste einer früher
so gewaltigen entwicklung (städte) Nitzsch deutsche
Studien lOö.
STEHENLASSEN, n., subst. in/., s. stehen II, E, 4,
sp.fiiiff. zu a: der stolze kaufmann, der hier das
stehenlassen (pass., dasz man ihn stehen liesz. fort-
ging) äuszerst unhöflich fand J. Paul 20 — 23, 146 Hem-
pel {flegelj. 24). 2m b: stroh, spreu u. dergl. wei-den
durch . . . zudecken und stehenlassen . . . chemisch
verändert Sprengel chetnie für landic. i, i.w; was bei
dem nichtweiterführen, bei dem stehenlassen der an-
stälten, wie sie nun einmal waren, herausgekommen
ist MOMMSEN reden «. aufs. 218. absolut, abwarten:
diesz ist eben für manche Ichrer das schwerste die
rechte zeit zu wählen — wo sie entweder einen klugen
angriff wagen — oder das stehenlassen beobachten all-
gem. deutsche bibl. ilO, 359.
STEHENSSATT, adj.: gegen drei uhr nachts, als die
gesellschaft fort war, . . . senkte der stehenssatte ge-
wissensratU seinen rümpf endlich in den . . . sorgen-
stuhl J. Paul i, 82 {Hesp. 5).
STEHER, m. stator Stieler 2130, qui stat Steinbach
2, G72, 'einer der stehet' Campe, tcenig üblich. (Frisch
2, 326' kennt es npr in den Zusammensetzungen vor- %tnd
widerateher.)
1) eigentlich als nomen agentis zu stehen: steher,
statore {in piedi). ich bin ein übler steher Kr.\mer
dict. 2, 929". von thiereii {ungetcöhnlich) : die ncstflüchter
halten sich immer auf der erde . . ., gehen schrittweise
... sie sind die schreiter, im schlafe steher Oken na-
turgesch. 7, 16. häufiger bei RCckert in besonderen Ver-
bindungen :
sie (d. bolichaJT) . . . macht euch, staubgebfickte knier,
zu Stehern unter waff* und auf trophäe.
poet. icerke 1,23 (^eharn. gon. 34);
es ziehn mit ihm zwei männer;
Amru Ben Barrak, der sicher im kämpf,
und Scbanferi, der renner
6, 39 {Teabbaia Scherran);
laut rief Rostem : 'der held bin ich,
der feste steher im feld bin ich!'
Firdon 1, 390, vgl. 424.
dazu: steheriun, die, foemina stans, consistena Stie-
ler 2130.
2) besonderlteiten. a) bezeichnung einer tanzform:
Schleifer, dreher,
hopser, steher,
welche Schikanen
auf walzerbahnen
ie man ersann,
Kann dieser mann.
BiBRBALM nevbiit. irrg. der hebe 103.
6) steir. {in Aussee) ^gematterte süule, auf der die Salz-
pfanne ruht' Unger-Khull 5T2».
STEHET,/., vereinzelte frühnhd. »chreibueise für statte
(jbezw. State, stete mit langem voc, a. statte l, b — d,
sp. iOmf.) . viell. in volksetymol. deutung als verbalabstr.
?M stehen: jhre diener aber, als sie die jemmerliche
that angesehen, haben sich als bald jr dreye . . . mit
dergleichen ausgezückten schwerten off der stehet, da
sie jhnen zu stehen befohlen, auch entleibat Barth
ueibersp. (1565) h 8*.
STEHEWURZEL, /.. s. stehwurzel.
STEHFEST, m., in Ostfriesl.. nd. stafast 'ein fest-
stehender stämmiger barsche' HoFFM.\NN v. Fallers-
LEBEN t« Wagners arch. l, 276, vgl. ten Doornkaat-
KOOLMAN 3, 294*^.
STEHFIX, m., in der gaunerspraehe für knabe, hand-
tcerksbursche, vgl. stift. Ave-Lallemant 4, 610 (t«nfer
stabein).
STEHHAFT, adj., vgl. oben stehends Stieler 2130.
STEHHANSEL, m., xcol gleichbedeutend mit stehauf (l),
stehmännchen, vgl. das.: er giebt ihr so ein dingeichen,
das sie 'stehhansel' nennen Rosegger sehr. II 5,163.
STEHHAÜS, n. bei den rceiszgerbem ein hölzerner
kästen, tconn sie stehen, tcenn sie auf dem streichbaum
die getcässerten feile mit dem streicheisen ausstreichen,
um sich gegen das bespritzticerden mit der ausgestriche-
nen jaucJie zu schützen. Jacobsson 4, 272*. Campe.
Prechtl technolog. encyclop. 9, 3(H.
STEHHÖHE, /.; auf dem sogenannten tankdeck ste-
hend, hat man dann in den auszentanks noch etwa
stehhöhe bis zur oberen deckshaut P. König fahrt der
Deutschland 66.
STEHICHT, adj.. s. oben stehends. Stieler 2130.
STEHIG, adj., als gleichbedeutend mit stetig bei Kra-
mer dict. 2, 929", vgl. stätig, sp. 725 #.
STEHKÄSE, m.. in Wien 'eine kleine porÜon nach
dem essen servierten küses. obeliskartig geschnitten'
SCHRAMK.\ 1C4.
STEHKASTEN, »j.: weih . . . versperrt sie {die gegen
stände) hastig .... im stehkasten Schönherr d
ueibsteufel 24; der Unterwaldner hat gar zwoa hart
holzene stehkästn zuegschlagn kriegt frau Suitner 39
STEHKNECHT, m. ein auf kreuzförmigem fusze ste
hender viereckiger stock, mit einem verstellbaren klotze
seitrcärts, gebraucht, um holzstücke von bedeutender länge
beim hobeln an dem einen ende zu unterstützen, auch
knecht (7, th. 6, 1396), bankknecht, a. Prechtl tech-
nolog. encyclop. 7,481. Karmarsch-Heeren 3 4,348.
STEHKORB, m.; dazu das deminutiv: um 12 uhr frau
von Grosz. ich übergab ihr . . . ein stehkörbchen
Goethe tageb. 12, 141, 3 (17. okt. 1829).
STEHKORN, n., handschrißl. lesuyig in Luthers
bibelübers., richter 15, 5: und- lies sie unter (die garben
geatnchen. darüber:) das körn der Philister und zündet
also an die mandel (auch das stehekorn gestr., darüber:)
sampt dem stehende körn bibel i, *. 15 Weim. ausg.
STEHKRAGEN, m. in die höhe steltender kragen, zum
unterschiede von dem liegenden klappkragen Campe :
jetzt, wo alle damen nach der mode in turmhohen
Stehkragen herumlaufen Hartleben ausgeic. tcerke 2,
51; er trägt seinen schwai-zen sonntagsanzug, bunten
shlips und Stehkragen mit umgeklappten spitzen
G. HiRSCHFELU die mütter s. 59; der hemdeinsatz aber,
der an dem hohen und scharf zurückgeschlagenen Steh-
kragen durch eine breite, schwarze schleife abgeschlos-
sen wurde Th. Mann d. kl. herr Friedemann (1898) 163;
einem \*-ulstnacken, der den gestickten Stehkragen sei-
nes fracks überquoll königl. hoheit 18. übertragen: von
denen {veilchen) banden die mütter der armen kinder
einige dutzend an einen kleinen stab, legten ihnen ein
efeublatt als Stehkragen um und boten die sträusz-
chen . . . aus Ebner-Eschenbach meine kinderj. 275.
dazu: aus solchen ehemaligen 'kavalieren' setzt sich
dann diejenige klasse zusammen, die man mit 'Steh-
kragenproletariern' bezeichnet neue Eamb. zeit,
vom 13. juli 1912, beil. 'd. reich der frau'.
STEHKRIPPE, /.; er stieg ab, holte eine der steh
krippen heran, die beschneit an dem hofzaun entlang
standen, und schüttete den pferden ihren hafer ein
Fontane i, 7 {vor d. stürm l, i).
STEHL, «t., diebstahl, in Aachen, a. MOller-Weitz
235. sonst nicht bekannt.
109»
1735
STEHLADE - STEHLEN (I, 1)
STEHLEN (I. 1-3, a)
1736
STEHLADE, /., a7n mechanischen Webstuhl, unten ge-
lagert und uvi eine unterhalb der kette handliche laden-
achse schwingend, im gegensatz zur hänglade Karmausch-
Heeren' lO, 518.
STEHLAGER, n., eine art des lagera zur unterstiUzung
von sich drehenden oder schxcingenden zapfen Karmarsch-
Heeren 3 lo, 232.
STEHLAMPE, /.. heiceglidie lampe mit fusz, die auf
den tisch u. s. ir. gestellt wird, zum unterschied von der
Wandlampe utid der Hängelampe, zumeist von petroleum-,
Öllampen u. ähnl.: dort lag sie und lächelte mir des
abends unter der gelbverschleierten Stehlampe Is. Kurz
lebensßuten 222; als hängelampe war sie ganz schön
aber zu dunkel, als Stehlampe genügte sie zur not
Naumann sonnenfahrten 17; eine nagelneue kleine Steh-
lampe ward . . . mit öl gefüllt und angezündet Hesse
diesseits 216. gaslampe, die durch einen gummischlauch
mit der gasleitung verbunden ist. mit einem am stativ
festsitzenden oder daran verscJiiebbaren brenner Kar-
marsch-Heeren 3 10, 479. v^i. standlampe, ap. 776, tmd
stehleuchter.
STEHLBAR, adj., was gestohlen werden kann.
STEHLBRIEF, m.. freibrief für stehlen oder rauben,
kaperbrief der Seeräuber: darna sint se {seeräuber) hir
vor gerichte gebrocht, se hebben sik up ore stelbrevo
beropen Lappen berg Hamburg, chron. a. 84; vollends
in den wüsten kriegen zur zeit der kalmarischen Union
hatten die streitenden mächte des nordens das alte Un-
wesen der Seeräuber ermuthigt durch ihre stehlbriefe
Treitschke histor. u. polit. aufs. 2, 40.
STEHLBRUDER, m.: ich wurde .. . von meinen stehl-
brüdem ersucht, ihre gesellschaft unterweilen vermehren
zu helffen Jan Perus 205.
STEHLDIEB, m., tautologische Zusammensetzung der
Volkssprache, bes. in der kindcrsprache und scherzrede,
so niederrheinisch stQldef hausdieb MÜNCH gr. der rip.-
frank, mundart s. 134, in Aaclien stehldeif Müller-Weitz
235 {in Coblenzer kinderapr. dafür stehlerdief Wege-
ler 73) und bes. nd. stöldeif, bes. als Schimpfwort Sciiam-
BACH 209», 8ti(e)ldef Bauer-Collitz 93», westf. stcldail
WOESTE 253*' (kinderspr.), berlin. stehldieb, nur im scherz-
oller stehldieb! Meyer ^ 118''. nur vereinzelt in der litt,
bei norddeutschen autoren: 'ich habe noch ein blaues
haarband, schätzchen, wer hat mir das wohl gegeben?'
"gegeben? ja wer! das möchte ich wissen, du stehl-
diebl" 'warst du mir sehr böse, als ich dir's fortnahm?
Ilse Frapan Hamburger nov. 31; ohne hund hätte er
den zigeuner, der mit sechs stchldiebcn die gegend un-
sicher machte, nicht . . . aufgespürt Lüns d.wehrwolf 96.
dazu :
Wageniin, dem dieb der felder,
Paimosaid, dem ährenstehldicbl
Freilicrath* 6, 109 {Lonaf. Uiaw. 13).
STEHLEITER,/., frei stehende leiter. trittleiter: ein
bandfeger lag da, daneben eine kurze stehleiter Fon-
tane 1, 9; dann aber muszten sfehleitern aushelfen,
am . . . oben an der spitze des baumes einen weih-
nachtsengel anzubringen 6, 252 {quitt 29).
STEHLEN, verb.. furari.
I) verwaiultsdiaft und form.
l) stehlen ist ein gemeingerm.. in allen germ. sprachen
lebendig gebliebenes verb: got. stilan; ultn. stela, ebenso
netmorw., schtced. stjäla, dän. stjajle; ags. stelan, mittel-
engl. 8tele(n), engl, steal; afrs. slela; ahd. and. stelan,
mnd. mnl. stelcn, mhd. stein, vgl. Gri.mm grumm. l-,
1028. in der bildung des verbalabstructums gelten dagegen
die sprachen auseinander: altn. stuldr, dän. styld, schwed.
Htöld ; mittelengl. 8ta!t>e, neuengl. stealth ; daneben ags.
statu, mittel- und neuengl. stalo; a». stulina; ahd. slfila,
fortlebend in der Zusammensetzung mhd. diupst&Io, /.,
ntid. diebstahl, m,. holt, dicfstal, *. th. 8, 10»7/. {weitere
ableilungen bei Grimm gramm, 8, 89.) zur bezeichnung
des thaters dient wiederum gemeingerm, ein wort aus
anderem »tamme: dich, s. th. i, lOBbff. — neben stilan
hat nur dat got. noch ein anderes idg. wort gleicher be
deutung bewahrt: hlifan, das mit gr. xXi7ttcl^'. altlat.
ciepcre, aUpreust. auUipta verstohlen urverwandt ist,
s. Uhlenbeck2 so*», vgl. J. Grimm rechtsalterth. 635/.
(* 8, 194).
8) ZU urgerm. *stelan stellt sich am näeJisten lat. stel-
lio 'ränkevolle person' Walde 593/., und stläta 697, das
eine art raubschiff bezeichnet und mit alfir. slat (*8tlatto),
raub, zusammengehört, vgl. Stokes-Bezzenberger 814.
so ToRP germ. spracheinh. (FiCK * 3), 480; Feist etymol-
wb. 251''; Franck etymol. if6.2 663*. unsicherer ist. ob
sich altir. tela, teola dieb dazu stellen läszt (Kern bei
Uhlenbeck 140'»), das mit ir. tall 'diebstahl'. tallaim
(*taln5) 'ich nehme weg' auf einer kelt, wurzel *le\-
jiehmeti beruht, die sich am ehesten mit lat. tollere, gr.
xtxXäyai, got. {)ulan zusammenstellen läszt, s. Stokes-
Bezzenberger 130; FalkTorp 1170. — groszer beliebt-
heit erfreut sich eine andere ableitung, die in stelan eine
Umbildung aus *steran sieht, unter einxcirkung von helan,
mit dem es seit alter zeit gern formelhaft verbunden icird,
und es mit gr. aTEQelr, axegicxtiv berauben, pass. aii-
Q£a&cci gleichsetzt, so Ostiiof bei Paul-Braune beitr.
18,460/., desgl. Delbrück zeitschr. f. d. phil. 1,142.
{schon CuRTius, *. Skeat 594».) danacJi ztceifehid Kluge
6377''; WEIGAND5 2, 969/.; KlugeLüTZ 199». indessen
paszt diese gleichung nicht 7\ur lautlich, sondern auch
der bedeutung nach weniger gut als jene, da bei ihr der
für stehlen so nesentliche begriff des heimlichen durch-
aus fehlt; vgl. Prellwitz 2433. noch geringere leahr-
schein lichkeit haben andere ableilungen und Zusammen-
stellungen {zu tollere t«. s. %c., ablautende doublette tu
{)ulan Grienberoer got. vortk. 199/.,- aus sdel, zu d'6-
Xoi, lat. dolus, altn. tal u. s. w. SiEus in Kuhns zeit-
schr. 37, 307; erweiterung aus ""stäi-, vgl. skr. täyü dieb
Persson; zu gr. axü.Xtiy Skeat 594», vgl. Weigan»
3 2, 845 unter stuhl), s. Falk-Torp 1555.
8) stelan ist ein starkes verb der 4. ablautsreilte: got.
nur im präs. belegt; altn. stela — stal — st^^lom — stolenn,
s. Noreen gramm.^%i%i; ags. stelan — stsel — st&lon —
Stolen Sievers gramm.^%ZW; altfries. stela mit ab-
weichend gebildetem jyart. estelin, stelin, -en Richthofen
1047» {die formen der neufries. mundarten verzeichnet
Siebs in Y*kvl% grundr.- i, \Z\bf.)\ alts. stelan, stilu
— stal — stälun — gistolan Gallee gramm.''^% 394, Vor-
studien zu e. altnd. wb. 308. 499; mnd. stclen — stal —
stglen — (gc)stolen A. Lasch gramm. § 428; Schiller-
Lübben 4,881'' {:i. sing. präs. stelet, stell Sachsensp. 2,
28,3. 89, 1; Reinke de vos lOl); ahd. stelan, stilu — stal
— stälum — gistolan Braune ahd. gr. § 340, vgl. Graff
4, 668 (ih stillo, Stile, daneben stfilön? clepo, furor); mhd.
stein, ich stil — stal — stälen — gestoln Wein hold
mhd. gr.- 355; Lexer hdwb. 2, 1178. auch im nhd. ist
die alte starke flexion im allgemeinen unverändert er-
halten, sowohl was den ablaut als was den vokahcechsel
innerhalb des präs. betrifft: ich stehle, du stichltt. er
stiehlt, wir stehlen, im))er. stiehl — ich stahl, wir stahlen
— gestohlen, so z. b. bei Gottsched 6 840. {ein gam i-er-
einzelter fall schwacher flexion bei GUARINONIUS, 1610,
s. unten II, 2, m, C.) dodi fehlt es im einzelnen nicht an
abtceichungen.
d) der inf stehlen, rtW«»" stclen : sybent gepot ist, du
soldest nit sielen Berthold v. Chiemsee s. 863 Reith-
meier. dafür wird bis ins 17. jahrh. bei oberdeutschen,
bes. alemann, autoren gern stfilcn gezchrieben:
wir wellen soichs erfaren bos
ob sie doch ^tfllcn wend otwaä
Gbngbnbach «. 40, 49;
die grindige kind hassen nur das strälcn,
und die bund hassen nnr, die gern st&Icn
FisciiART 3, 70, 4 Uuuffen (poJagr. Iroflb. 11 6»);
die Sarracencn . . . tliaten mit rauben und stAlon grossou
schaden Stumpf Schweizer chron. »6»; damit den losoi»
leuthcn kein ursach zu st&len geben wordt Agricoia
bergwerckb., verd. v. liech (J62l) 78. so auch bei Maali:r
883''. {dagegen unterscheidet Gottsched" 142 ausdriirk-
lieh stehlen und stMion. ebenso Braun orthoqr.grnmn.
wb. 846». Apin 609 hat slachlcn in beiden bedeutunqen.
anders bezeichnet Hiilkiub (1616) 86»» den unterschied
von stclen, entwenden und stehlen, stahl an etwas
thun.) datutlbe gilt natürlich von den formen de» plur.
1737
STEHLEN (I. 3, a—e)
STEHLEN (I. 3. e—g—4, a)
1738
ind. und des conj. präs., z. b.: es gehört auch vil zu
eym frommen man, . . . das er . . . nicht sauffe, liege,
trüge, stüle Fischart 3, 248, 6 Hauffen (ehezucMb. k 8»}.
b) für die 1. sing, bieten oberd. quellen des 16. jahrh.
noch, dem mhd. und der mundart entsprechend, ich stil(e) :
sihet mans, so spUe ichs, sihet mans nit, so stile
ichs S. Franck sprichw. 2,85'';
gantz schnell ich dir din liben styl (:zyl)
Schweiz, gchau^p. 1,47 (d. reiche mann
w. arme Las. 1529, f. 820);
Stil ich, so wirts mir auch nit gschenckt
H. R. Manuel weinsp. 431;
{ich) peltl und stiel ain wenig darzu
H. Sachs faetn. ep. 77, 69.
c) durchgängig herrscht die i-form in der 2. 3. »ing.
utid im imp. {über die Schreibung u.s.tc. s. unter 4.) hier
begegnet schwache bildung ganz vereinzelt, so in der
3. sing., viell. nur als schreib- oder druckfehler -. obs
ein dieb stelet Luther 26, 161, 25 Weim. ebenso verein-
zelt stellt eine 2. sing, mit e: stellst B. Waldis Esopus
3,85,13. sicherer, doch auch selten, im imp.: stele ein-
mal, imd bleib dein lebenlang ein dieb Lehmann 3, 320,
111 ; stele viel, gib wenig, so kommst du davon 112;
stehle dich hinan zu ihm mährleinbuch (1799) 34.
d) innerJialb des prät. ist der alte, nur quantitative
ablaut stal — stälen durch die tondehnung von selbst fort-
gefallen, {alem. mit der regelm. entxcicklung des ä zu
au — und abweichender endung — : stalent sy NiCL.
V. Wyle transl. 275, 7 Keller.) doch dringt daneben,
icie bei andern verben dieser ablautsreihe, vom pari, her,
und in diesem falle wohl durch die scheinbare analogie
zu befehlen begünstigt, ein o ein, hat sich jedoch »icht
durchzusetzen vermocht, es eignet zunäcJist dem plur.
und erscheint so in Luthers bibelübers. neben dem
sing, stal: saget, seine jünger kamen des nachts, und
stolen jn Matth. 28, 13, vgl. unten ß. nach dem plur.
richtet sich die 2. sing.; so gibt Clajus gramm. 105, 19
Weidling: ich stal, du stolest. entsprechend Schottel
598 als norm: ich stahl, du stehlest, er stahl, wir
stöhlen, doch dringt das o infolge der geicöhnlichen
ausgleichung auch sonst in den »ing. ein, so bei Stie-
ler 2164: ich stal, et stol. nach Adelung: 'ich stahl
(im gevieinen leben ich stohl)' ; danach Campe. — weitere
belege :
a) im sing.: es stöhle unsere herr gotts schuster das
leder Schuppius sehr. 530;
(Kunze) bestohl den nachbar Heinze
Claudius bei Sauer Göttinger dichterb. 3, 262, 16
('noch e. tciegenl. bei mondsch.' nacJi dem ersten druck
V. 1770 ;tn den werken 1, 173 dafür bestahl; vorher, z. 9,
ttuch in diesem text: kam her und stahl).
^) im pl. vereinzelt schon mhd.: stölin (= verholin)
Nie. V. Jeroschin 20613; . «Ad. wenn feie den kelch
Widder einbunden, stolen sie die patena Luther 38,
213 Weim.; die kinder von Israel, die den Aegiptern
stolen yhren vordienten lohn an d. christl. adel a. 48
neudr. {vgl. oben Matth. 28, 13).
e) ernsthaftere concurrenz macht itn conj. präs. da»
ö dem alten ä; hier gelten in der neuerai zeit beide for-
men neben einander.
a) zunächst stäle: so ctwer aus fürsichtikait ainem
unsynigen sein schwert stäle Berthold v. Chiemsee
363 ; und so wieder bei neueren autoren : so schrei' ich als
wenn man mir einen thaler stähle Göthe 36, 47;
Radlof . . . glaubte aber auch, man stähle ihm seine
ideen Hoffmanx v. Fallersleben leben i, 226.
ß) daneben st öle schon bei Luther {und stüle, *./,
ß): es were allis treglicher, wen sie das gut allein uns
alszo abstolen an den christl. adel s. 20 neudr. es gilt
.selbstverständlich, wo schon der ind. o aufweist, so ich
stöhle bei Schottel 598 und (ich stöle) Stieler 2164,
während Steinbacii 2, 718 ich stähle angiebt. Ade-
lung: 'ich stähle {im gemeinen leben stöhle)', ebenso
Campe. {bei Braun orthogr. gramm. wb. 245*» 7iur:
ich stähle.) häi^figer im 18. jahrh. bezeugt: wer halb
so viel heimlich stöhle, . . . der müszte ohne barmher-
zigkeit an den galgen Kretschmann werke 5, 208;
wenn aber einst durch seine schöne seele
ein jxinger mann dein herz dir stöhle
GOEKIKGK 3, 172;
stöhl' er selbst mir im gebege,
traon, er würde selbst geschnürt!
Voss 5, 32 ;
s. auch TiEDGE werke 7, 28.
/) i'f» alem. des 15. — 16. jahrh. begegnen auch die {in
der 3. ablautsreihe ursprünglicheren) formen mit u
bezw. ü. im pl. ind.: {am 10. sept. 1445) komend die
von Obren Sibental . . . was den wart, stuletz als
{stahlen sie alles) Basler chron. i, 263, 12; wie das land-
volck ... die hirten . . . uberfulen, weil sie jnen die
krapffen stulen Garg. s. 315 neudr. im conj.: da du
einem seinen lümbden {leumund) stilest, . . ., so
schedigstu in mer, weder stillest ym {als stöhlest du
ihm) gelt Keisersberg siinden des munds 28*; wenn
dir einer etwas stul, und du jm das woltest noch
lossen, so stül er dir morn noch meer postiü 2, 63 ; mit
entrttndung :
lyesz yederman syn hnnd jm hxiäz
das nit eyn dieb stiel ettwas dar nsz
Brant narreiifch. 44, 16.
hier findet sieh n {= ü) atich bei Luther ^nebeti o = ö,
s. e, ß): wie ein knecht seinem boszwilligen hern, sei-
nen vordienten lohn stule an d. christl. adel s. 48 ndr.
g) im part.perf. gilt die o-form ohne ausiceichungen.
4) weitere abweichungen betreffen die quantitüt des vo-
cals der tonsilbe, die vocale der nebensilben und die
Schreibung.
a) der vocal der Stammsilbe ist im nhd. infolge der
tondehnung überall lang; doch bleibt die länge im früh-
nhd. meist unbezeichnet. insbesondere ist dasjiehnungsh
dem 16. jahrh. im ganzen fremd und setzt sich erst im
laufe des 17. durdi. im einzelnen ist zu bemerken :
«) deg inf lautet im le. jahrh. stelen, daneben oberd.
st&len {s. 3, o), stets ohne h. reo die l. sing, einsilbig
erscheint, begegnet zuiceilen Verdopplung des e: peculor
. . ., ich steel von der gemeyn, adder kirchen gut
Alberus dict. (1540) 6»;
ich glaub, du meinst, dasz ich mein meel
nur in dem kot aufflesz und steel
Fischabt 2, 113 Haufen (Eulen^p. 2579, — conj.?).
ganz vereinzelt im inf: surreptio, das steelen Alberus
dict. (1540) 7*. doch begegnet gegen ende des 16. jahrh.
auch schon zuiceilen die Schreibung stehlen Xylander
Polyb. (1574) 844 (VI, 33, 2); volksb. lom d. Faust s. 85
netidr. ;
wie sol ich nun auff mein zusa^
das rosz zwegen brin^n? sol ichs stehln,
so gehört mir ein strick ant kchln
Hans Sachs 17, 85, 16 K.-G.
(jn der handschr.: stein, s. fastn. sp. 58, 127). sie trird
im laufe des 17. jahrh. imtner häufiger und erlangt gegen
die mitte des jahrh. das iibergeicicht. von dem Wörter-
büchern haben Corvinus (i660) und Schottel (1663)
stehlen, dann jedoch Stieler (i69i) und Kramer {noch
in der ausg. v. 17241) xcieder stelen. in der litieratur
ist stelen {und bes. gestolen) bis gegen ende des l~. jahrh.
üblich: das siebende gebot lautet, du solt nit stelen
Sandrub hist. u. poet. kurtzweil s. 24 neudr.; {den
seckeV) den sie jn in der nacht gestoleo hat engl, co-
med. u. traged. (l624) J 4»; ferner Albertinus hirn-
schleiffer (1664) 70; sein geld möchte gestolen werden
Weise ertA. iii;
ioh red es unverholen,
dasz ich mein lebenlang noch kein mal erz gestolen
J. Grob dichter, vereuchg. (1678) f. 73 (II, 71);
der rurst musz lassen Ambren holen,
weil ihr blosz rühm ihros hertz gestolen
LoHBNSTBlM Ibrah. fuU. (1680) 3, 538.
ja, vereinzelt noch: ich habe ... ihr untcrweilen einen
kusz gestolen IIölty a. 226 Hahn {br. vom 24. nov. 1774).
vgl. ferner b. — frühere belege für stehlen ustc: ob
nicht zeuge {Jacob) . . . seinem brudcr dem £sau den
1739
STEHLEN (I, 4, a)
STEHLEN (I, 4. a-c)
1740
segen betrieglicher weisz gestohlen hab? Ayrer Äwtor.
proc. juris (1600) 155 ; es ist ein feines handwerck umb
das stehlen, wenn es wol geräht Harsdörffer fratienz.
gesprechsp. 2, 827; zu stehlen und zu rauben Mosche-
ROSCU ge3. 1, 82;
weil eie der todt uns bat gestohlen
gricch. dramcn 1, 144 Dähnh.
(Spangenbeug Eur. AlcesL, 1604, v. 2557);
fertig zum stehlen und rauben 2, 190.
beides in derselben quelle neben einander:
zweymal umbringten sie sein {die schlaiiaen Laocoons)
kculn,
mit giOl das leben jhm zu stehln
Spreng Aeneis (1610) 27^ (2,218/.);
{Älecto) sich in Amatae zimmer stal 139* (7, 843);
{Idovicncus) sich heimclich von danncn stahl
lUas 178 1> (13,615);
wie du begerest, das beschehen soll werden dem, der
dir gestolen hat, also beschicht jhm Paracelsus (1616)
1, 20 A; aber dasz der dieb zuher lauffen miisz an die
Stadt seines stehlens ebenda;
und hellest nun davor, dasz stelen, rauben, fressen, . . .
nicht Eauer sehenswehit und lauter kurtzweil sey
Rachel sat. ged. (i66-i) 66 ncudr. (5, 46);
ist dasz nicht seines thuns, so kan er leder stehlen
122 (8, 449; so überwiegend);
femer gestohlen Grimm elshausen 8, 336, 21 Keller (^vö-
geln. 1, 2); neben gestolen 856, 27 (1, 4); stehlen Schup-
Pius sehr. 71; neben gestolen 816.
ß) weniger einfach liegt die suche in den i- formen
des praes. (2, 3. sing., imp.), wo ztcei dehntingszeichen zur
Verfügung stehen und gebraucht tcerden, sowohl einzeln
tcie verbunden, vgl. tmten c.
aa) die einfaclie Schreibung er stilt, die die Quantität
unentschieden läszt, hält sich auffallend lange durch das
ganze 17. jahrh.: darumb jederman so tollgirig zabelt und
grabelt, . . . wfilt und stilt Garg. s. 20 neudr^- wann
einer widerumb stilt Albertinus zeitkürtzer {i603) 146;
ebenso Paracelsus 1, 143B; wer gern Icugt der stilt
gern Moscherosch itisomn. ciira par. (1643) s. 81 neudr.
{daneben stehlen 52, stehlet 76);
Simplex erzehlt, wie der teuffei dem pfaffen
seinen speck stilt und macht ihm viel zu schaffen
GaiMMELSiiAUSEN 1, 35C KcllcT {8im.pl.- 1, 2, 31);
eyner spilt, der ander stilt
MORHOF unterr. v. d. tcutschen epr. (1682) 1, 854.
so auch bei Kramer dict. (1724) 2, 952»: er stilt gern.
bb) die Schreibung mit ie beginnt früh {viel früher
als stehlen, stihlt; und hält sich bis tn die klassische zeit:
glich wie gesuntheit ist vast liep
ufid stielt sich ab doch wie ein diep
Brant narrenech. 6, 84;
alszo stiel auch dem bapst dein ehlich weyb und kindt
Luther an d. christl. adel s. 48 neudr; sacnlegus. ein
gots dieb, der ausz der kirchen stielt, der gott sein ehr
stielt Alberus dict. (1540) s»» {neben ich steel, du stilest
ebenda); feruei- Schoch com. v. stud. leb. (1657) Xö»;
wer stielt uns unser gutV er läszt es uns entwenden.
GonsciiEi) tdiaub. 4, 188 ((JcisroRP Avreliu« 1, i;;
der kleine schalk . . . stielt leis' hinweg
der nymphe scharfen bogen
Herder 25, 659 {handachr. von 1771—8).
ee) stiblt ä< nicht vor dem 17. jafirh. nachzutceisen
und bleibt bis 1800 tn Übung:
man siebet nimmer dich in solcher wollust leben,
die oneer leben «chw&cht, und stihlt die wcrlbo zeit
Oiirz 1, 11 ;
ich stehle, du stihlst, er stihlt Sciiottel698; stihl, dasz
niemand sieht Adraiiam a St. Clara Judas i, 4S«;
ein mancher dieb stihlt ochsen, und kiUie, aber stihl
bey der nacht, dasz niemand sieht itbenda ; das ist dir
ein korriB kcries, ... wo als {imvier) einer dem andern
die knüpfe von den hosen stihlt Sciiii.leh 2, 78 (raub.
t, »): wer gern lügt, ttihlt gern Scmkllhorn »prichw.
(t7«7) 111.
dd) die heutige doppelbezeichnung der vocaüänge
stiehlt ist erst in der ziceiten hälfte des 17. jahrh. zu
belegen: die trockene Wahrheit . . . stiehlt . . sich
nur mit noth zuweilen durch die fenster in fürstliche
zimmer Lohenstein Armin. 2, 160»;
was nützt poeterey? sie stiehlt die zeit zu sehr
Log AU einnged. 1, 10,30.
{von den uörterbüchern hat sie zuerst Steinbach 1734.)
etwas früher iwi imper.: stiehl viel, gib wenig, so kompst
darum Lehmann ßorileg. (1662) 2,571,112 {yieben er
stihlet, s. unten c, y); stiehl was du kanst Ettner
viediz. maulaffe (1719) 640. so gibt auch Schottel 691 :
stiehl furare {das er von still, redde quietum, item pla-
cidus, und voji stiel, majiubrium, unterscheidet) neben
er stihlt, s. oben.
y) für das praet. stal — stahl, pari, gestolen — ge-
stohlen gilt dasselbe icie für stelen — stehlen, vgl. die
belege unter a.
b) daneben finden sich jedoch nicht ganz selten, im
15. und bes. im 16. jahrh., vereinzelt darüber hinaus, zu-
meist, doch nicht ausschlieszlich, in oberdeutschen quellen
Schreibungen mit 11 in allen formen, die auf erhaltttng
der alten kürze hinzuweisen scheinen.
«) inf. stellen: do (1417) kamen Egiptenleut («t^eu-
ner) . . . und betten brief, wer in nit ir almflsen gab,
dem mochten sy stellen, und stallen gar vast d. städte-
chron. 4, 119, 8/. {Augsb.); das wir nymmcr mere wollen
. . . stellen Schii.tberger reiseb. 14, 17 Langmantel;
wann du mehr wilt ain visch stellen, so leg ain len-
gern mantel an, oder still ain kürzern visch! Zimm.
chron. 1, 409, 15 Baruck.^; weil ihm allgemach das stellen
verginge Anton Ulr. v. Braunschweig Octavia (1677)
8, 247 (*. unten II, 5, /*);
he sij reuber ader diep,
ire {er) konde gestellen ader gemorden
.[l.y'ild. pas»ion$tp. 866;
mein glück mein gutt mein leib . . .
das soll mir stellen kein dieb
Tu. Hock seh. blumcnf. (ICOI) s. 16 neudr. (8,6).
imper. pl. stellts koan woatzn nit f« e. bair. quelle v.
1701 {d. prinz. v. Arkadien 2, l), s. Bayerns mundarlen
1, 839, 40, vgl. S. 359.
ß) er stillt: {der papst) rawbt und stillt unrecht gut
Luther 10, 1, 68I, 12 Weim. {kirchenpost. 1522); stillt ihm
der teufel die färben Abraham a St. Clara Judas 1
(1686), 8. (er stillet, s. c, £,■ 2. *. du stellst, s. B. Waldis
ufiter 3, c.) imper. still, Zimm. ehr. l, 409, 15, s. oben u. ,
s. auch 689, 12.
y) praet. ob ainer cltwo in der ganzen gegcud veder-
spil abtrueg, stall oder verderbet steir. taid. 67,29
(16. jahrh.) ; iim des kam der fuchs und stall die geisz
Qarg. s. 403 neudr. — pl. stallen s. d. städte ehr. 4.
119, 9 unter tc; die stallen im nachts . . . das hailtumb
Zimm. chron. 2, 452, 2 Barock-,
d) part.: der hell der zunft bey 400 fl. gestollen und
abtragen d. städte ehr. 4, 13, 31 {Augsb., zu 1513) ; das
sacrament ward . . . ausz dem sacramentgeheus ge-
stollen 15, 211, 22 (Wiomann ehr. V. liegensb., zu 1543);
der ain sack mit flaisch, brott und anderm gestoUcn
gehapt Zimm. chron. i, 409, 22 Barack^; mit abgestoUener
stimme Garg. s. 313 neudr.;
du hast dem pfarrcr sein rosz gestollen
pjarrcr v. Kalenb. 1889 (f6«i*o 20M);
mier Ist mein herr verloren (rar..- verholen)
und aus dum grab gcstollen
ulld. pafsiimsfj). au* Tirol £24 Wackern.
c) auffällig lange {bis ende des 17. jahrh.. in veraen
gelegentlich bis ende des 18. jahrh.) hält sieh dtr vocal
der nebcnailbe in der 2. und S sing. ind. praes. auch
in diesem falle finden sich alle schreibtreisen, die unter
a und b für die einsilbige form aufgeführt sind.
a) wer ist nu discr diop der da stilet? Taulkr »er-
monea (,1508) 71*, ein heilig gefesz der ku-rhen wirt . . .
vorunhcyliget, . . . wan man es stilet und rawbeth Lu-
THEi« 2, 87, S6 Weim., infervertis mihi lucrum, du stilest
mir mein gewinn Alberus dict.t*'; der nulT der banck
1741
STEHLEN :i, i, e-e)
STEHLEN a. 4, e— n, 1, a—h)
1742
schlaffet, und der daranflf slilet, . . . unnd der daraoff
Stelen laszt, sind gleich schuldig Garg. s. 330 neudr.;
Davo, ein teuffei der marcken auszgräbet und felder
stilet MosGHEROSCH Phüand. i, 660; wer einmahl stilet,
der bleibet ein dieb Beinicke fuchs (1650) 99;
man ranbt und stilet mit der hend
H. Sachs l, 301«.
,i) das er gott sein eere und herligkeit dieplich stielet
Karlstadt bei Luther 18, 188, 32 Weim.; (er) stielet, /u-
ratur (zu unterscheiden van stillet, placat, sedat) Bellin
hochd. rechtschr. (i667) 135; sintemahl du . . . andern das
ihrige stielest Simplic. sehr, i, 272, 2 Ktirz (galgenm. 3) ;
sie {die schminkung) stielet dem altar (l. alter?) die
jähre, wenn sie ein fünfzig- jähriges weib als eine
Ewantzig-jährige dirne aufstellt Lohenstein Armin.
•2, 92*; und 80 noch:
wenn die mandel du mir etieleEt . . .
Herder 27, 83 {Terptichorc 1, 1795, «. 170).
Y) dasz ist ein verschlagener dieb, welcher einem
andern dieb sein entfrembdes und gestohlenes gut wi-
dejumb stihlet Lehmann ßorileg. (i662) 4,72,4; m
Wechsel mit der kürzeren form: dann ein buhler, stihlet
er nicht mit seinem willen die ehr einer jungfrawen?
ein vorsprech stihlet er nicht eim andern sein gut ab?
. . . ein gauckler, stihlt er nicht einem anderen sein
gelt ... ab? ... die liebe stihlet ja mit den äugen . . .
MoscHEROSCH gesichte l, 32.
6) einen, der mit gewalt oder list eines andern man-
nes guth stichlet Olearius pers. l/aumg. 7, li;
es stiehlet geld und gut,
das endlich doch verfleucht, den meisten ihren muth
Treuer deutscher Däd. (1675) 1, 637;
o freund! was nüzt ein fleisz der uns die ruhe stiehlet?
Dusch verm. werke (1754) 455.
f) unter dessen kömpt einer, unnd stillet jhm die
kleider Frey gartenges. (i556) 24».
d) zuweilen tcird auch, icie bei allen starken verben,
den endungslosen formen im frühnhd. ein unberechtigtes
-e angehängt.
«) imp. Stile ganz vereinzelt im mhd.: hastu derkant
die gebot: . . . nit stile erste deutsche bibel l, 159, 28
(Marc. 10, 19). — das etwas häujigere stele, stehle ist
anders zu beurteilen, s. 3, c.
ß) nicht ganz selten im sing. prät. stale, stähle wah-
rend des 16. — 17. jahrh.: so viel das ander hertz betrifft,
das . . . wider den willen desz, so e. may. solches stale,
e. may. verloren Amadis i, 32 Keller; wwin einer un-
weiszlich stähle Lehmann 4, 74, 39; und stähle er sich
in der Antonia palast Anton Ulrich v. Braunschw.
Octavia 2, 924;
Lsts recht, dasz man die müntz an müntze wieder zahle,
stiehlt den ein rabe recht, der wie ein rabe stähle
LoGAU 135 Eitner (1, 6, 92);
Harpax stähle, was ihm käme
145 (1, 7,37).
(er stöhle, a. 3, d, «.)
e) demnach ergibt die conjugation von stehlen im nhd.
folgendes bild. zunäclist die hauptformen bei einigen
hauptautoren und Wörterbüchern. Luther: stelen — du
stilest, er stilet, pl. stelen, cojij. stele, imp. stiel —
prät. stal, pl. stolen — gestolen. H. Sachs: stelen —
ich stiel, er stilt — stal, stalen — gestoln, s. Shumway
*. 97. — Clajus gramm. 105, 18 — 20 Weinling: ich stele,
du stilst, er stilt, wir stelen — ich stal, du stolest —
ich habe gestolen. Schoitel 598: stehlen — ich stehle,
du stihlst, er stihlt — ich stahl, du stöhlest, er stahl,
wir stöhlen, conj. ich stöhle — gestohlen. Stieler 2164:
stelen — ich stele, du stilst, er stilt, wir stelen — ich
stal et stol, ich stöle — gestolen. Steinbach 2,718:
stehlen — ich stehle, du stiehlst, er stiehlt — ich stahl,
ich stähle — gestohlen, bei der folgenden übersieht der
hauptformen stelle ich die normal/orm des 16. jaJirh. und
die heutige vorati.
«) inf stelen, stehlen, daneben im 16. jahrh. (pherd.)
st&Ien, s. 3, a; stellen, *. 4, b, «. danach der pl. ind. und
der conj. präs.
ß) ich ste(h)le; daneben im 16. jahrh. ich steel, *. ♦,
a, « und oberd. ich stil(e), s. 3, b.
Y) S. sing, er stil(e)t, stiehlt, im einzelnen s. i, a, ß:
er stilt aa, stielt bb, stihlt ce, stiehlt dd; er stillt 4, *, ß;
ferner 4, c: er stilet n, stielet ß, stihlet ;', stiehlet d",
stillet £ ; er stelet (?X s. 3, c. (2. sing, du stilest 4, c, «,
stielest ß, sUehlest d", du stellst 3, c.)
(f) imp. stiel (Luther), s. ♦, a, ß, bb, stiehl, daneben
stele, stehle, s. 3, c (stile 4, d, «)•
e) prät. sing, (ich, er) stal, stahl; stol, stohl, *. 3, d
utid «; stall 4, b, y; stale, stähle 4, d, ß, stöhle 3, d, a.
(2. sing, du stöhlest, s. 3, d.)
0 plur. stalen, stahlen; stallen, *. 4, ö, y; stolen, *.
3, d und ß (Luther); früh-alem. stulen(t), s. 3,/, «.
»J conj. ich stäle, stähle, *. 3, e, a; stöle, stöhle ß;
frühnhd. stüle (stule), stiel, s. 3, /, ß.
&) pari. peif. gestolen, gestohlen; gestollen *. 4, b, if.
II. bedeutung und gebrauch.
l) stehlen bedeutet: fremdes eigenthum auf unrecht-
mäszige und heimliche iceise nehmen.
a) glosseil und leankalische erklärungen : anclare . . .
stelen, stein ader usz scheppen Diefenbach gloss. 33";
clepere hd. stein, stelen, heimlich stelen, nd. stellen 126«;
expoliari samein, . . . stelen (^Nürnb. 1482) 218'=; furari
hd. 7id. stelen, hd. stein, dieberei pflegen {voc. Straszb.
1515) 252 = ; legere . . . hd. stelen (voc. theut. Xümb. 1482),
stein 322=; manticulari (ahd.) stilo, stein, bedriegen . . .
entpfremden reZ entfuren durch dieberey 348*; subtra-
here . . . nemen . . . hd. stelen 562^; surripere 569*; stip-
ptitare heymlich stein 5'?8''. — stelen, furari, furtum
facere, subducere, subtrahere, convasare, surripere Dasy-
PODiüS 433»; furor, suffuror, furtum facio, lego, sub-
lego, stippilo p. p. e. c. involo, subvolo, suhduco, sub-
traho, surripio, depo e. c. ich steel, entwende, entfür,
wusch ausz Alberus dict. (1540) 6^; cUpo . . . germ.
stalen, rauben Calepinus viii ling. (1584) 234»; com-
pilo . . . germ. stelen, rauben 262»; convaso . . . signi-
ficat furto omnia colligo, . . . germ. zusammen raspen,
oder lesen mit stalen 301»; depeculor . . . germ. stalen,
rauben 363»; ei-olo . . . germ. rauben, stalen, mit krum-
men henden ein ding angreyffen 455», vgl. 547''; stelen,
entwenden desrobber. destourner, embler, corfiner, chifrer,
gasconner. etc. HuLSius (1616) 369»; plumer la pouUe,
courir -la i)oulle, stehlen und rauben, . . . gallinis plu-
mas detrahere, gallinas et alia praedari Duez nomencl.
(1652) 233; m<inticulari, beutel abschneiden, stehlen Cor-
viNUS fons lat. 386 ••; surripere, heimlich entziehen,
stehlen 531''; contreciare, item est, mit sich trecken, oder
ziehen, mit heissen gehen, stehlen 688»; stelen, /Mrart,
rnpere, eripere, auferre, harpagare, furtum facere, ewpi-
lare Stieler 2164; stehlen, jemanden heimlich etwas
enticenden' Braun orthogr.-grumm. wb. (1793) 245''.
b) als milderer ausdruck für stehlen dient jetzt bes.
entwenden, s. das. 3, th. 3, 653 und oben Quistorp unter
I, 4, a, ß, bb. ferner: der mann hats gestohlen, hat einen
Juden erschlagen, und es ihm abgenommen mährleiti-
buch (1799) 132; da sah er . . . eine alte häszliche frau,
die . . . zwei schleier heimlich bei seile that; dafür
nachher: das ich bei der wasche zwei schleier stehlen
sah Grium märchen s. 141 (nr. 33). in familiärer und
niederer rede sehr verbreitet mausen, s. das. 5, th. 6, 1827/".
vgl. J. Grimm kl. sehr. 2, 435, das in einzelnen mund-
arten stehlen geradezu verdrängt, s. Jecht 107» (Mans-
feld), Dellit 140 (KleinscJtmalkalden). so als leichterer
fall unterschieden: 'ne grosze familie hat die frau, aber
stehlen . . . ne. a bissei mausen, jal G. Hauptmann
d. biberpelz 76. sehr gewöhnlich auch stibitzen, s. das.
femer ausführen, ausspannen, grapschen, gripscn (ünger-
KiiULL steir. 306'', vgl unter krips 2, b, a, th. 5, 2329),
klauen (2, th. 5, 1033), klemmen (i, b, th. 5, 1139, vgl. Maür-
MANN Mühlheim an d. Ruhr % 40), mottkern (üanneil
140», neben mQs'n, müskern 142»), stenzen, strenzen,
striezen (s. das.). für Leipzig bemerkt Aluhecht 216":
'stehlen ist an sich, als zu vornehm, wenig gebräuchlicJi;
dafür mehr denn ein dutzend andere Wörter, die unter
kazen zusammengestellt sind', vgl. 145» (hier, auszet den
angeführten : kapern, krallen, mitgehen heiszen, ripsen.
1743
STEHLEN (II, 1, b-d)
STEHLEN (11. 1. d—e—2)
1744
scbieszen, strafen; weitere verzeichnet Müller- Frau-
REUTH 2,558"). littetaturbelege für solche euphemismen :
ich nenne es so ererbet, andere leut nennen es aber
gestolen adiausp. d. engl, komöd. 233, * Creizennch {tra-
gikotn. 4, s); was sie {die diebe) erbeuteten (denn man
nennets jetzt nicht mehr gestolen) B. Hertzoü d. schilt-
vache D s; müller: ich glaub' gar, bua, du hast auch
mit gestohlen! Hans Wurst: warum nit gar, gestohlen?
ich hab's nur z'sammklaubtl piippenkom. 5, 70 Engel,
soicie unter d. im rotxcelschen dafür ganfen {aus hebr.
335), *. ih.i.l, 1219; so schon in dem hd. liber vaga-
forum (i5lo): genffen stellen, s. Kluge rotwelscli i, 53, 69,
vgl. Luther 26, 662 Weim. beliebte Umschreibungen
sind krumme oder lange finger machen, *. finger 3, th. 8,
1652. älter:
du findest vil in Diebolts thon,
das beiszt man an etlichen enden gestolen
faHii. sp. 8tiG, 35.
tceniger deßnitionen des Kortbegriffes als erweiteriide aus-
deutungen des sinnes sind die erklärungen des siebenten
gebotes in den kaiechi»men, z. b.: wie stilt man denn?
antwort. wenn man wuchert, falsche masz gibt, falsche
gewicht braucht, bösz vor guttes gibt, vordinlthen
lohn vorhelt, -odder vorleucket. die do geytzig seyn,
das sein diebe für got. und thut nichts anders als st«le
ers seynem bruder ausz dem beute! älteste katechismen
8. 26/. neudr. {von 1527).
c) stehlen ist die thütigkeit des diebes, vgl. dieb, th. 2,
1085^.; der dieb hat gestohlen, für furtum fecit Stein-
dach 2, 718;
der diep getSrste niht stein,
künder nit luuken unde beln
Vridano 40, 25;
als ein diep
der verholne stelen vert
Heidin iv, 1175;
he rovet, he stelet alze eyn deff
Reinke de ro» 101;
wen du siehst stelen einen dieb,
so lauffst mit jm H. Sachs 18, 210, 6;
stilets jm aber ein dieb 2 Mose 22, 12; ain nachtdieb
gieng ains mals in ain hus ze stelen Steinhöwel Äsop
8. 113 Österley; man lert otTt einen stelen, unnd macht
underweilen dieb S. Franck S2)richu: 2, xg**; die poeten
halten den Mercurium für einen dieb. und der dieben
gott, dann sie ihn angebetet, wann sie haben stehlen
wollen Lehmann *, 75, 4i; da diese diebe keine bände
ausmachen, sondern ein jeder für sich stiehlt Ar-
CHENHOLZ England u. Hai. i, 121; der staat bezahlt
die amtleut, dasz sie einen dieb richten, wann er ge-
stohlen hat; da musz ihnen daran gelegen sein, dasz
die dieb recht stählen, wenn ich die sach zu machen
hätt, da kragen sie nix, wenn ein dieb stiehlt, allein
aber für jeden dieb. der nicht stiehlt, einen louisdor
Ludwig 2, 70; bin i a diebin? hab' i g'stohl'n? Eb-
ner-Eschenbach 4, 844; wie können Sic eine feder auf
den hut stecken, die Sie gestohlen haben, wie eine ge-
meine ladendiebin? G. Keller 4, 59. so in einigen be-
kannten bibelslellen : es ist einem diebe nicht so grosso
schmach, ob er stilet, . . . weil jn hungert spr. Sal. 6,
30; jr soll euch nicht schelze samlcn auff erden, . . .
da die diebe nach graben und stelen Mattlt. 6, 10: ein
dieb kompt nicht, denn das er stele, wflrgc, und umb-
bringe Joh, 10, 10, so schon ahd., a. Tat. 133, lo, vgl. Hart-
MUTH V Cho.vbeug *. 81 Kück. s. uuch fastn. sp. 866, 84
unier b. dazu noch: er {d. teuffei) ist ein dieb, der stei-
gen kan, aber nicht stehlen Aüramam a S. Clara etweu
für alle 2. i»5; vgl. auch: stal im daz duplichc Frei-
berger »tadtr. xtx § 10. sprichtc:
■ebt, diep elal diebe
WalTIIKH V. U. VOOBLWBIDB 106, 85.
für dieb auch Spitzbube, allgemeiner schelm: was die
«chclme nicht stehlen, das verderben die narren Urostf.-
HOLfillOff 2, 8V7.
d) ttlehlen achlieatt den begriff de» heimlichen als
vetenUichet merkmol ein; vgl.; die sich mit einander
beliehen and ir den sohorben heimlich namen und
stalen Montan us U.ißBolte {tcegk. c. S7) ; ausdrüeklirh
hinzugefügt: stelen heymlich, su-blegere Dasypodius
433*; heimlich stelen, »tiffurari Stieler 2164; heimlich
hausrath stehlen, clanculum suppellectilem compilare
Steinbach 2, 718;
ich trfiwe oucb uns die barken
wol verholne stein
Ortna 291,1.
durch das nichtuissen des bcsiizers unterscheidet sich steh-
len von rauben: einem andern das seinige heimlich, das
ist, wieder sein wissen und willen wegnehmen, heisset
stehlen : einem hingegen das seinige öfTentlich, das ist,
mit seinem wissen, aber wieder seinen willen, nehmen,
heisset rauben Wolfe von der menschen thun u. lassen
608; vgl.: {sie) roubeten im daz abe mit gewalt oder
stalen im daz abe dupliche Freiherger atadtr. xxi § l;
sy nemen nichtz verholen,
wann rauben ist nit gestolen
Cl. HÄT/LERIN II, 74, «8
{'von der echarpffen rentier orden').
doch werden beide tcörter seJtr gern verbunden ohne ge-
nauere Unterscheidung {vgl. Calepinus und DuEZ un-
ter a); denn die strassenräubcr, diebe, beutelschneider
und räuber, rauben und stehlen; die Seeräuber beuten
CoMENius janua 485;
dag solich stein und roubcn
geschijche mit sfnem willen
Ottokar rcimchr. 85041;
wann ains {ein ronz) raubt, stal ich
Oswald v. Wolkenstein 64, 11 ."^chatz;
es sey im gerafibt oder gstoln
H. Sachs scincänke 1, 187, 116;
der . . . iunker reit mit Ulenspiegel . . . und halff rou-
ben, stelen, und nemen Eulensp. 10; {Hippokrates) liesz
seyu volck von erst dieplich aulT sie reysen, und heym-
lich rauben und stelen Carbach Liv. 132»; ain kirchen-
dieb, so in ain kirchen einbrechen, wann er stilt und
raubt Job. Nas antipap. eins u. hurid. 1, 207*; wo das
goldne Zeitalter floriret, ... wo niemand geraubt noch
gestohlen maler Müller i,282; ähnlich:
itzt haben wir wieder gewonnen,
was euere räubershand
mit stehlen und plündern genommen
Ditfurth hiütor. volksl. de» pr. heere« 2
{schlackt bei F'ehrbelUn 1G75).
vgl. uucli: WO die leute mehr aus muthwillen zugreifen
als aus der absieht zu stehlen, oder kürtzer, mehr neu-
gierige als räoberisehe finger haben Lichtenberg bri^e
1, 00.
e) sonst mit synonymen und Umschreibungen zusam-
mengestellt {vgl. a): stehlen und nehmen: wann die tu-
genden mögen nit genuinen, nit gestolen . . . werden
Albpecht V. Eybe eheb. 35, 29 Herrmann; wenn er dir
schon . . . das deine stilt und nimmct Pape bettel u.
garteteufel E 7»; hcww ick iiwerall meindag' stahlen un
namen? Reuter 2,377,26 Seelmann {vgl. t. 31; ström-
tid 2, 25). ferner die leute stelen auch, und enthalten
sich nicht von frembdem gut Barth tceiberspiegel (1565)
0 4"; {sie) stehlen und vertragen mächtig gerne das
geld Aitinger jagd- u. tceidbüchl. (1681) 104: fingen sie
an zu stehlen und alles auf die scite zu bringen, was
ihnen in die bände fiel Förster sämtl. sehr, l, 185, s.
auch 6, 390; hatten sie nicht ein schönes recht für sich,
erkauft, oder gestohlen, oder erschlichen, gleich viel
. . .V Alexis Roland r. Berlin i, 1S2; das lumpenge-
sindel will doch nur stehlen und seilabtrciben? Pocci
lust. komiidienbüchl. 79. vgl. auch: es ist schimpflich,
eine börso zu leeren — es ist frech, eine million zu
veruntreuen, aber es ist namenlos gros eine kröne zu
stehlen Schiller 8,84 {Fieako 3,8); parodiert bei Gleich
Fieako l, la {Raimunds Vorgänger a. 38« I<\irat).
8) germ. "siclan scheint zuuäcfutt auf abaolulen gebrauch
heachränkt, während in transitiver JUgung die coinjH,.-.if,i
(•bi- und uestgerm. •fursteinn) .vfe/tcn, vgL Dblhhück
svnkretiamua a. 9« f. {dabei ist abgmihtn von dem re
flexivma gebrauche, der ebenfalla gamain§9rm. int, a. mh-
(«n 7.) »0 üt got. sUlan nur abaolut belegt (Matth. 6, so;
1745
STEHLEN (II, 2, a-e)
STEHLEN (H, 2, c-h)
1746
Joh. 10, 10, vgl. 1, b). auch im altdeutschen acheint die-
selbe beschränkung zu gelten, so ist in der Tatianübers.
stelan nur einmal absolut gebraucht (133, lO), nebeti tran-
sitivem furstelan; ebenso bei Otfrid (iv, 27, ♦, neben fir-
stelan), während im Heliand nur farstelan vorkommt,
besonders deutlich in der beiehtformel: ik stal, ik far-
stolan fehoda sächs. beichte (Wadstein 17, 6), ebenso
Lorscher beichte 16, brückst. 9. in den andern germ.
sprachen ist allerdings früh transitive fügung üblich ge-
%corden, und zicar icird altn. stela mit ace. der person
und dativ (altschtced. gen.) der suche verbunden, berauben
(nü er madr stolinn fe sinu), s. Cleasby-Vigfcsson
591 '>, wie ags. bestelan, daher von Delbrück wohl mit
recht auf *bistelan zurückgeführt; vgl. bestehlen, th. 1,
1672, tco diese rection üblich geblieben ist. dagegen ags.
stelan, neben dem übericiegenden absoluten gebrauche, mit
dat. der person und acc. der sache, s. Bosworth Toller
915'', wie ahd. as. furstelan. auch im deutschen ist diese
rection herrschend, indem das einfache verb an die stelle
des eompositums getreten und dies immer mehr verdrängt
hat. (vgl. die genesis stellen unter 3, c. verstehlen gegen
1600 in transitivetn gebrauche erloschen, s. th. 12, l, 1701/.)
doch ist die absolute gebrauchsiceise immer sehr häufig
geblieben.
a) wo ich zu arm würde, mScht ich stelen Sprüche
Sal. 30, 9; herr, was wolt jhr mit diesen schlüsseln
thun, wolt jhr stelen? buch d. liebe 103*; so lange er
befahl, diente — und stahl man Herder 23, +51 ; Prä-
sident, alles ist gewonnen, sobald wir ihm das mäd-
chen verdächtig machen, hofmarschall. dasz sie stehle,
meynen Sie? Schiller 3, «i {kab. u. l. 3,2); liebe
Lehne, du hast doch nicht gestohlen? Arnim i, 241;
mecklenburg. Volksglaube: wen dat in de twölften glückt,
tau stehlen, denn glückt't dat ganze jor hendörch
Bartsch sagen 2, 249, 286.
b) das siebente gebot lautet: du solt nicht stelen 2 Mos.
20, 15, s. ferner 5 Mos. 5, 19; Matth. 19, 18; Marc. 10, 19;
Luc. 18, 20; Rom. 13, 9. das siebende geboth. du salt
nicht stelen. fremde guther zw sich tzihen ist ein
frucht des geytzes und begirde . . . Luther i, 251, u
{erkl. der zehn geböte 1518), s. auch G, 270, 26 und Ber-
thold V. CUIEMSEE s. 363;
du solt nicht stelen! so spricht got
H. Sachs 1, 72, 15 KeUer,-
dann du weist, das gott selber spricht,
du solt deim nechsten stelen nicht
B. Krüger Ciawerts werckl. hUi. a. 31 neudr.
dazu femer: du predigest, man solle nicht stelen, und
du stilest Eöm. 2,21; wer gestolen hat, der stele nicht
mehr Ej/h. i, 28.
c) mit mcdiilen bestimmungen : die Lacedämonier ha-
ben den diebstahl für eine sonderliche tugend gehalten:
darumb ihre kinder einen sonderlichen lehrmeister ge-
habt, der sie listiglichen stehlen gelehret: und wann
einer unweiszlich stähle, ward er darum geschlagen,
nicht von wegen desz diebstahls, dasz er imrecht ge-
than, sondern dasz ers nicht recht, auch zu rechter
zeit, und gelegenem ort gestohlen Lehmann 4, 74/., 38;
in Sparta besangen sie den dieb, je kunstfertiger er
zu stehlen verstand Bonaventura nachticachen 61, 27
Michel; vgl. Lmmermann l, 76 Hempel {Münchh. l, 6);
bist du der junge, der so gut stehlen kann? Ilse Fra-
PAN bescheidene liebesgesch. 77. in freierem sinne (vgl.
unten 4): nein! der kerl ist ein spitzbube. ... er
stiehlt, aber . . . mit juristischer Schlauheit Lichten-
berg erklärung der Hog. k. 3, 29; diese verschafften dem
dienstfertigen manne . . . eine lieferung für die armee
des griechischen kaysers. er stahl aber dabey auf eine
80 grobe art, dass er bald flüchtig werden musste
Klinger 3, 85 (Fausts leben 2, 5). — sah er nur einen
ausweg vor sich — ... den auswcg honett zu stehlen
... er wurde Wilddieb Schiller *, 63 (gilt nicht für
unehrenhaß, weil kein einzelner dadurdi geschädigt tcird).
— die Hackfeldin hat blos ihre Schwestern gemiethet,
um nicht verrat hen zu werden und in Sicherheit zu
stehlen Lichtenbero bri^e 2, 4;
-X. 2.
im dunkeln stahl
CS sieb 80 leicht
Pfeffel poei. vers. 9, 29.
d) mit Ortsangabe: überdem, wer mochte stehlen in
einem leeren hause! Alexis Roland v. Berlin i, 428
(16. kap.). geicöhnlicher mit aus, von : (malefizhandel ist ;)
XVII., wer geweicht kirchen pricht, darausz stilt Kne-
bel chron. v. Kaisheim s. 477 Hüttner; dasz er es wage
in ihren garten zu kommen und darausz zu stehlen
Grimm märchen (1812) l, 39 (Rapunzel), femer: von dem
statt schätz stelen pecuZari, rfepecu^H Dasypodius 433*;
ausz dem gemeinen seckel stälen avertere pecuniam
publicum Maaler 383*'; ausz der täschen stälen . . .
mantieulari 383'.
e) so auch von einem oder geicöhnlicher einem, sehr
selten ohne object: er hat nit die ee gebrochen, niemandt
gestolen (var.: dz seync gest.) Luther 10, 3, 178,5
Weim.; das er da her kommen w61te uns zusteelen
Fortunatus s. 60 neudr. (vorher: der uns vor das unser
gestolen hat *. 58);
du solt eym andern stelen nicht
Luther gcMl. lieder s. 38 Klippgen (12, 5}.
ungewöhnlich reflexiv: wer ym selbir stylt und tzyget
(zyet, zeiht) des eynen andirn Kulm, recht 5, 35;
im selber stelen, übel schweren, . . .
die schehnen solt man billich schwemmen!
Murner narrenl>e*chw. 16, 71.
freier bezogen: darfft dw gotte sihelen, so darff er dich
off das hellische radt holen Luther 34, i, 335, 21 Weim.
— für einen:
wo find' ich eine, wie ich eine hatte,
die für mich stahl, bis sie in 's zuchthaus mnszte!
• Hebbel 2, 92 (irauersp. in Sic. 3).
— ungetcöhnlich anfeinen, auf seinen namen: man nante
ihn wegen seiner grünen kleidung den Jäger, derhalben
ich auch eins machen liesz, und stal auff ihn in sei-
nen und unsern eignen quartiren . . . ich aber mausete
noch immerfort in seinem namen Simpl. s. 353 neudr.
(*, 2l).
/) mit ziceckangaben .- auf diese art könnte jeder lie-
derliche bursche zur befriedigung seiner ausschweifungen
stehlen Iffland theatr. werke l, 196 (verbrechen aus ehrs.
3, ii); dasz man eher behufs der pflege eines fremden
stehlen, als ihn abweisen dürfe Raumer gesch. d. Hoheu-
staufen 1, 366.
</) besondere subjecle. am ehesten stehlen arme (vgl.
spr. Sal. so, 9 unter a): der armo chit. uuanda ih
nicht nehäbeta be diu stal ih Notker 2, 2SS, 15 Piper
(ps. 72, 9\ — von dienstboten: ein weih oder knecht
die gern jrem mann und herrn stelen S. Fr.\nck
sprichw. 2, 19»; was stahlen doch alle diese domestiken
BiSMARCK 'briefe an s. braut s. 48. — früher besonders
den Soldaten nachgesagt : Fuchsmundi (zu s. braut), und
ich (liebe dich) so sehr, als ein hungeriger soldat das
stehlen Stranitzky oUapatrida s. 235, 2 neudr.; nach
einiger anderer soldaten-art, auf merode, oder besser zu
, sagen, stehlen zu gehen, war seiner noblen ambition zu-
wider cavalier im irrg. s. 463 neudr.; ferner Stephanie
d. j. Itistsp. (1771) 51 (rf. icerber 3, 5). — auch als eigen-
thümlichkeit gexcisser Völker: die züginer (sigeuner), ein
. . . volck, das sonderlich gern stilt See. ^k;NSTER cos-
mogr. 300; er müszte, sagte er (Carl T'), die Deutschen
trinken lassen, und die Spanier stehlen K.\st.ner verm.
sehr. 2, 130. sprichtc: ärger stehlen als ein Böhme
Wander 4, 802, 120: meinem knecht, (welcher ärger
stelen kontc als ein Böhme) Simplic. s. 392 ndr. (5, 6).
7j) auch von iJiieren: wie der himniel den wolff zu
stelen reitzt und zu rauben, also auch den menschen,
der der wolff ist Pailacelsus opera 2, 328 a. — spricJi-
nörtlidi, bes. von vögeln genommen: sie enim de Iu>mine
furace dicunt, er stielet wie ein rabe B. Fauer thes.
erudit. schal. (1587) 517»; er stiehlt wie ein rabe, est mit-
vinis ungulis Steinbach 2, 718; ich weisz doch etliche,
die mitt aller ihrer gottesfufcht stehlen, wie die raben
Elisab. Charlotte 3, 656 (i8. oet. 17I5); s. auch Logau
I, 6, 92 unter I, 4, d, ß, vgl. Eiselein 517; Wander 4»
110
1747
STEHLEN (II, 2, h-l)
STEHLEN CII, 2. l~m)
1748
803, ISO {mit erkl.) und rabe S, th. 8, 6. häufig i^ mund-
arten: tirol. Schöpf 705; bes. nd. Danneil SOS*", ten
DOORNKAAT-KOOLM. 8, 308''. WOESTE 263''. LeIHENER
116''. Frommann 5, 163, 154 {inärk.). er stilt wie eine
atxel (elster), egli rubba al pari . . . d'una pica Kram er
dict. 1, 87"; er bliehlt wie eine dole Kirchhofer schwei-
zer, sprxchxo. (182+) 278; nd. he stillt as een rook {rabe) nd.
korrespondenzbl. 17, s*". i^ {atts Richey 216. Schütze
3, 805) ». femer 3, e.
i) häufig im in f.:
ich glaub, wir m&ssn erst lernen stelcn
H. Sachs Jastn. sp. 27, 11 (yed. 6, 339»);
Stelen gan, s. Gerhard v, Minden 20, l unter l, b; furo-
euer . . . mitt lust zu st&len Calepinus vm ling. (1584)
5*7»; es würde eine neue art von gefährlichen Spitz-
buben geben, wenn man einmal anfangen wolte die
rechte zu studiren um zu stehlen Lichtenberg apho-
rismen 3, *. 157, 16. — »tibstanüviert : stelen ist verpoten
Berthold v. Chiemsee im reg.; in meiner {des todes)
theologia ist das stehlen erlaubt Abraham a S. Clara
mercks Wien s. 89; das stehlen musz seyne schooszsünde
seyn Gkrstenberg rezensionen 63, 88 Fischer;
er
hat seine Schwester, welche ihm
sein vieles stehlen vorwarf, eigenhändig
erwürsrt Grabbe 1, 173 Grisebach
{herz. Theod. v. Qothl. 4, 2).
im gen.: furtificus . . . das da stälens gewohnt ist Cale-
pinus VIII. ling. (1684) 647»';
ein nachbaur scliem des stelens sich
H. Sachs 6, 158 <>.
mit Präpositionen: sie enthalden sich nicht weytter vom
stelen den umb forcht des galgens Luthär 34, i, 138, 18
Weim.; auf beute, auf das stehlen ausgehen Adeluno
um^t. lehrgeh. 2, 163; würdest du dich offenbaren, so
würde man glauben, du seyest desz ertödten gesell im
stehlen . . . gewesen Grimmelshausen 8,426,15 Keller
vögeln, i, 12). besonders sich mit stehlen ernähren, vom
stehlen leben u. ähnl.: mit stelen sich begohn, vecticu-
lariam vitam agere Dasypodius 433»; die bauern müssen
vom stehlen leben, wenn sie nicht verhungert . . . um-
fallen sollen Federer Sisto e Sesto 56; ebenso MÖLLNER
schuld 3, 3 V. n39.
A) nicht häufig im part.: da es schon dazumal steh-
lende bücherfreunde gab G. Keller 6, 187; wie all-
raunen zu bekommen, und wie diese dienstbar geld und
was ein weltliches herz sonst begehre mit stehlender
untrüglicher listigkeit zuführten Arnim l, 23.
V) stehlen mit andern thätigkeitsteörtem zusammen-
gestellt, mit Verben von ähnlicher hedeutung : jr solt nicht
stelen, noch liegen, noch fclschlich handeln einer mit
dem andern 3 Mos. 19, li; daruinb jederman so tollgirig
zabelt und grabelt, . . . kriegt und betrögt, wfilt und
stilt Oarg. s. 20 neudr.; ich hatte . . . noch bey 2500
reichsthaler baar gelt so ich beydes mit schachern und
stelen zusammen gebracht Grimmelshausen 4, 660, 9
Keller {vögeln. 2, 21); wo man . . . nicht mehr zu ar-
beiten lust hat, hingegen an gelde mangel leidet; so
leget man sich auf stehlen und betrügen Wolff von
d. menschen ihun u. lassen s. M»\ des stehlens und
des untcrschleifs {xcar) kein ende Götue 20, 68 {Wilh.
Meister 7, 6) ;
das mancher stälen ouch vers&cht,
liegen, triegen, Echelmencrwärb
II. }{. Manukl VKintp. 8179.
vgl. dazu aucJi:
borgen ist
viel beuer nicht als betteln: sowie leihen,
auf Wucher leihen, nicht viel besser ist,
aJs stehlen Leh.sino 8, 858 (Nathan 8, 9);
haben und nichts geben, ist in manchen fällen schlech-
ter als stehlen RhnkhEhchenbach i, 9. — mit andern
verbrechen: der dicp kann nit: newer das er stel und
erschlage und vorlür erste deutsche bibel l, 878, lO {.Toh.
10, 10, vgl. unter 1, b); gottcslettem , liegen, morden,
steten, und ehebrechen, hat aber band genomen Hosea
4, 8; wer aus gewinnsucht raubt, stiehlt, mordet, fälscht,
. . . der ist als held eines ernsten dramas völlig un-
brauchbar Freytag techn. des dramas 69;
mort, not zogen oder stelen
mag sich nicht vor im verhelen
Heinr. V. Neustadt Apollon. 4687 Singer;
und hont gestolen und gebrandt,
geroupt, cemordet mit der hant . . .
MuRNEB baden/. 11, 29 («. 12" Martin);
stehlen, morden, huren, balgen
heiszt bey uns nur die zeit zerstreun
Schiller 2, 153 {räuber 4, 5).
neben andern ertcerbateeisen: es gibt nur vier arten, sein
geld auf eine menschliche weise zu verdienen, es fin-
den, in der lotterie gewinnen, erben oder in gottes na-
men stehlen Büchner 116 Franzos. bes. mit betteln
verbunden oder ihm entgegengesetzt: kanstu nit so vil
stelens, das du betlen gehest? Frey gartenges. 17, 39
Bolte {cap. 9); ich . . . bin ein bedienter, der — wenn
das schlimmste zum schlimmen kömmt, — für seinen
herrn betteln und stehlen kann Lessino l, 621 {Minna
V. Barnh. l, 8) ; er {der 'erzpoet') könne nicht den acker
bauen, schäme sich zu betteln und wolle nicht stehlen
Scherer ^e«cA. der d. litt. 76, s. auch Müllner schuld
8, 3 unter i. ihr arbeitet und sie thun nichts, ergo
ihr habt's erworben und sie haben's gestohlen Büchner
18 Franzos {Danton'a tod i); Schnaps. . . . dasz ich diese
kleider . . . von einem armen teufel geerbt habe, edel-
mann, geerbt? er pflegt sonst zu stehlen Göthe 14, 304
{bürgergen. 14). eis. 8r het s nit gstole, er het s g(e)-
erbt 'sagt man von kindem, die dieselben schlechten
eigenschqften besitzen loie die eitern' Martin-Lienhart
2, 691".
m) zahlreich sind Sprichwörter und aprichwörtlicite
redensarten.
et) wer einmal stilt, der musz sein lebenlang ein dieb
seyn Petri Fff. s*", oder ist allezeit ein dieb Dentzler
274», heiszt allzeit dieb Eiselein ii7, ist immer ein
dieb SiHROCK 9847, s. auch Henisch 696, 35. 846, 3,
Wille sittenl. 118, Wanuer 4, 800, 83/. und Meinieke
fuchs s. 99 unter I, 4, c, «; bes. im nd. s. Dähnert
460''; TEN Doornkaat-Koolman 3, 308'»; Bauer-Col-
LITZ 99»; Firmenich 3, 128, 14. stiehl einmal und blieb
dein lebtag ein dieb Simrock 9848. hängt wol zusam-
men mit dem glauben an den angeborenen unüberwind-
lichen hang:
so wenig last der hund sein bellen,
so wenig last der dieb sein stehlen.
Lehmann 4, 78, 8.
{erweitert bei Wille sittenl. 32.) vgl.: es ist ein grosser
und fürnehmer herr gewesen, welchem gleichsam dasz
stelen angeboren gewesen, wann er einen köstlichen
edelgestein, oder sonsten was kostbarlich gesehen, seine
bände kaum habe davon enthalten können 4, 78, 15.
— so weiter: welcher am kleinen anfahet stehlen, der
treibt's am grösseren Dentzler 874», a. aueh Kirch-
hofer schweizer sprichw. s. 145 (der treibt ['s] ins grosze
Simrock 9K52a); man kann bey einer glufe stöhlen
lernen s. 144.
ß) andrerseits kommt's auf die gelegenheit an; so schon
mhd.:
diu State 16rt den diep stein,
swenne er vindet da; guot
unbewart und unbehuot
hHdin IV, n«;
occasio facit furem. slat und stund machen den dieb
stelen {folgt auf die unter I, 8, b angesogene redetceise).
5. Fhanck sprilchw. 2. a'»'', vgl. Lehmann 8, 890, 107.
gelegenheit macht stuhlen Rachel sat. ged. ». US n*u-
dr. (8, 197). {gewöhnlich: gelegenheit macht diebe, «.
gelegenheit 4,/, th. 4, l, 894«/.)
y) (/"'■ cognoacit furem . . . ) es ist bAsz stelen wo
der wirf ein dieb ist S. Francs i, 87'' und «, M».
Prtki Aa 4». Henisch oni, 41. Lehmann 4, 70, M.
SriKLBR 8164 {hosjfs ubi für est, durum est suldtieere
quidquam); vgl. auch Stein hach 8, 718; wo der wirth ein
dieb ist, ist nicht gut stehlen {'schlaue leule sind schwer
.1749
STEHLEN (II. 2, w)
STEHLEN (II, 2, m—n-3. a—b)
1750
zu hintergehen') Schellhorn sprichur. (l797) s. I4l; es
ist schwer stehlen . . . Simrock 98W. danach: weil
sie augenscheinlich sparen, dasz jnen daselbs, da der
wirt ein dieb ist, nicht wird zu stelen seyn Garg. s. 4
neudr. vgl. auch Yridang 47, 5. — es ist bösz stehlen
wo nichts ist Dbntzler 274*. Kirchhofer schiceüer.
gprichw. s. 145.
d) stehlen gefn mit lügen in Verbindung gebracht: wer
gern leugt, der stilt gern S. Franck l, 75'', genau ao bei
MoscHEROSCH, s. unter l, i ,&, ß , aa; wer lügt, der
stiehlt teutsche sprichtc. (1790) s. 119. 280; eis. Martin-
LiENHART 2, 591 *>, lothr. FoLLMANN 495*. erweitert: wer
gern stiehlt, der leugt auch gern; wer gern leugt, der
stiehlt auch gern Zixkgref 4, 352 bei Wander 4, 801, 47;
wer lügt, der stiehlt, wer stiehlt, der lügt,
das ist ein sprüchwort, das nicht trügt
Kirchhofer Schweiz, sprichu-. 162,
ebenso Frischbier preusz. sprichw. l, 252, 3607. an-
ders ausgedrückt: stelen und liegen ist gern bey ein-
ander: dann die lügen ist die erste Staffel zum galgen
Lehmann 3, 320, nur der erste satz bei Wille sittenl.
113 und Simrock 9855. (auch: ein junger lügner, ein
alt«r dieb Schellhorn sprichu: s. iii.) — stilt eine,
so thut sie auch wider ehr Petri Tt 2*.
f) mit dem stehlen gilt gleich beihilfe zum diebstahl:
stelen und sakauflieben ist eins wie das andere Eise-
lein 577. Simrock 9840; wer die leiter hält ist eben
so gut, als welcher stiehlt Hippel über d. ehe (1774)
äJ6. bes. aber das hehlen, vgl. das. 2, a und hehler, th.
4, 2, 787, soieie unter stehldr;
stelen und dazu schweigen still,
gilt beides gleich viel Petri Tt l'».
so schon mhd. : wan der da verhilt der ist ein dieb als
wol als jener der da stilt Berthold v. Regensburg
t, 217, 17;
swä ein diep den andern hilt,
dane weij ich weder me stilt.
Vridanc 46, 24, vgl. 25/.
sogar:
noch schuldiger ist jener der da hilt,
denn jener der mit sorgen stilt
Hugo v. Trimberg renner 3968.
zitr begriindung: es ist ein gemein Sprichwort, wenn
der dieb nicht wüszt mit dem diebstal wohin, so blib
offt stelen vermitten Seb. Franck chron. (i63i) 218»,
s. auch Kirchhofer schtreizer. sprüchv. s. 144. vgl.
3. Grimm rechtsalter th. 636.
Q mit beiug auf die alte strafe des diebsiahls: stelen
ist beym hengen verboten Petri Tt i b; stelen sagt
man im gemeinen Sprichwort, ist bey hencken ver-
botten Sanurub hist. u. poet. kurtziceil s. 24 yxeudr.;
wer zum stelen ist gebohren, der ist auch zum hencken
erkoren Lehmann 4, 73, 16, vgl. Wille sittenl. 114, ist
zum hängen auserkoren Simrock 9846; bistu geborn
zum stehlen, so bistu geboren zum hengen Schottel
1118*; wer sich stelens tröstet, der tröste sich auch
desz galgen Petri Kkk l», ebenso Henisch 1338, 12;
vgl. Schottel 1130», Simrock 9844, Schellhorn «pWcÄt/r.
a. 144. mit gestohlen, mit gehängt Wander 4, 798, 38.
vgl. auch : leser. wann ist dann gut stelen ? doctor. drey
lag darvor als gut hencken ist das stelen geht
wol offt stricklich, oder sag ich glücklich, das hencken
aber noch glücklicher Guarinonius gretcel der Ver-
wüstung 1006. icestfiU. wai besoapen stelt, mot nöch-
tem hangen Firmenich i, 363. 34. wer kühnlich stilt,
der denckt an kein hengen Petri Eee 8».
wer stehlen will und nicht hangen,
geh nach Bremen und lasze sich fangen.
•Simrock 1285,
oder:
der lasz sich zu Schaffhausen fangen 8832.
beim diebstahl hört die bruderliebe auf. daher: stilt
mein bruder, so hengt ein dieb Henisch 695, lO oder
60 hängt der dieb Gottsched 656«; jetzt mit geänder-
ter konstruktion : hängt den diebl Frischbier j>reM«.
sprichw s. 1. 252, 8606, auch nd. s. Firmenich 8, 12«, 16.
Wobste 254*. — allgemeineres : stelen ist ein gut hand-
werck, aber es lohnt übel Petri Li*> {auch Wille
sittenl. 114); wer stilt und raubt, der fuhrt die braut,
was gewint er aber für ein end? KkkS*". Henisch
487, 62; um das stelen ist es ein besonder ding: es
kostet oft mer, als es einbringt Eiselein 220.
r,) beszer stelen, dann anzeigen odtr zeugen Eise-
lein 577 (aus Lehmann und Eisenhart). Simrock
9841/., letzteres tcol entstellung aus es ist besser stehlen
als zeihen 12011, von Wander 4, 797, 17 aus dem alten
rechtsgrundsatz erklärt, das den klüger selbst die strafe
des Verbrechens traf, trenn ihm der bexceis nicht gelang,
anderes:
wer stilt, der sorgt, man erfars.
Jastn. «p. 526, 9.
n) auf dem absoluten gebrauche beruht atich die fiigung
mit dem (doppelten) acc. des affekts:
dem kranken landvogt Greif, der sich zum Crösus stahl,
begann der tod schon zung und band zu lähmen.
Pfeffel poet. vers. 9, 62.
so freier gebraucht:
wer meinen rühm berupft, stiehlt zwar sich selbst
nicht reich ;
mich aber stiehlt er arm
Hagedorn poet. werke 1, 79.
3) am, häufigsten ist im nhd. die transitive fügung mit
dem sachobject im acc.
a) gelt stelen, avertere ab aliquo pecuniam Stieler
2164; bestimmtere angaben: was stilstu? thaler, thaler
unter allerlei spiele7i aufgeführt Garg. s. 262'' neudr.;
diser war ein hanpt-dieb, denn zehen tausend pfundt
zu stehlen ist eine ehrliche zahl in einer unehrlichen
sach Abraham a St. Clara Judas (1686) l, 324. gold,
Silber: wie selten wir denn aus deines herrn hause ge-
stolen haben silber oder gold? i Mose 44, 8;
gut: Bwer ein kleine diube tuot,
der stsele euch lihte ein grceger guot
VRID.A.NC 47, 23 :
du solt nicht stelen frembdes gut
G. Werner 6« Fischer-TCmpel kirchenl. 3,32»;
du sollt nicht stelen gellt noch gut
Luther geigtl. lieder s. 37 KUppgen (11, 8);
rechte reichtumh kann kein dieb stelen, kein schab
verzeren, noch kein rost fressen S. Franck sprüehw.
1, 117 *>. — mit dativ der person: einem geld stehlen.
alicui pecuniam fiirari Steinb.\ch 2, 718; (freier:) das
glück . . ist . . . eine spitzbübinn: es stiehlt dort dem
verdienten manne geld und gut, um es dem unver-
dienten zuzuwenden Hippel kreuz- u. querz. 1,66; so
sollst du eine million zur belohnung haben, ich will
sie einem könige mit gefahr meines lebens stehlen
Schiller 2, 172 (räuber 4, 5).
b) sonst mit den mannigfachsten objecten: er stiehlt-
einen silbernen becher, poetdum aurettm subripit Stein
bach 2, 718;
nüjse nieman stelen mac,
em liabe ze ieglicher einen sac
Vridanc 47, 16;
ein diep stal das (p/erde-) geschirr als sant
foftn. gp. 665, 34;
wann dann ainer dem andern ain sattel, ain süegleder
oder sölich ander ding stal Ulrich v. Richental
Const. conc. 112; Ambrogiolo . . . sich mit den kleineten
die er der erbem frawen gestolen bette wider gen Parisi
füget Arigo decam. s. 14«, 17 Keller; wenn sie von der
uhr reden, so haben sie gewisz die tobacksdose zu
stehlen im sinne Lessino i, 309 (d. Juden 2); indem
hatt' ich das unglük, dasz mir mein einziges kleid . . .
gestohlen wurde Schübart leben u ges. 2, 4; die mei-
sten seiner compositionen wurden ihm gestohlen äst/ie-
tik der lonk. 141; Fiesko ... wo ist mein orden? mohr.
herr ich hab ihn gestohlen und versezt ScHiLLfti 3, 51
(Fiesko 2, 4); zudem war der Jude, der das loos ge
stöhlen, auf ein jähr zum karren vernrtheilt Hbonbr
ges. sehr. 6, 8;
den Scherben sie jr heimlich stalen
H. Sachs 1, 162«;
ItO»
1751 STEHLEN (II. 3. b-d)
wie, wenn wir heindt zn nacht all zwecn
hflifl'en einander zu den Sachen
und Stelen jm sein Schweinen bachen?
fastn. fp. «,38;
die Thorhcit fand einmal das Glttcke schlummernd liegen,
und stahl ihr . . .
so fOllhom, als gewand Cronbgk tchr. B, 1-13;
und die armen schuhe sind gestohlen.
Herder 25, 458 {volksl. 2, 2, 30);
holz, körn, fruchte stehlen: svc nachtes gehouwen gras
oder gehouwen holt stelet, dat sal man richten mit der
weden Sachsensp. 2, 28, 3; könnt' ich nur holz stehlen
oder 'nen vrald anzünden! Grabbe l, 280 Orisebach
{scherz, saure i, 2). auch ihre klugheit werde ich rüh-
men: dasz Sie Ihren kühen selbst das heu stehlen
Petrasch sümtl. lustap. l, 37 {tief sinn 2, 3); sve nachtes
kom stell, de schalt des galgen SacJisensp. 2, S'J, l;
leise vermut' ich,
wer mir jüngst vom Speicher den maltcr rocken gestohlen
Voss ged. 2, 29 {id. 3, 55) ;
wer . . . die fruchte bei nächtlicher weile stiehlt, der
xersündigt sich gegen die götter Jiierixg geist des röm.
recht.8 1, 868; im garten stehlen sie mir den salat
MÖRIKE 1, 246. — speise, nahrung stehlen: gleichwol
wurde ich von dieser begebenheit so gotts-dächtig, dasz
ich dem wirth denselben abend weder zu essen oder
zu trincken stahl Grimmelshausen 3, 429, 32 Keller
{vögeln, l, 13);
ich . . . sag, das jr
das fleisch jetzt habt gestolen mir.
B. Waldis Edop 1, 4«, 14.
so auch:
kleines vGlkchen, Wichtelmännchen,
stehlen unser brot und speck
Heine 1, 155 Elgter (f>erg-id. 3).
diehsttM dieser art gilt für das volkaempfinden als leich-
teres vergehen:
er acht, dasz nit wer gstolen fast,
wann man nit stcl golt und damnst,
dann (die?) ein solches ncmmen hin
Stelen, dasz jn zum pracht nur dien,
aber im hunger stelen brot,
das dient fflrwar zur leibes not.
Fischart 2, 51 Havffen {Eulennp. 647—52).
anders natürlich in füllen wie: die kirchen dich (also
nenne ich sie, dan sie stelen under gotz dienstlichem
schyn den armen unnd predigem yre narun.g) Eberlin
V. GCnzburg 1, 179 Enders; unser vater der papst . . .
unser täglich brod stielst uns armen leuten Opel-Cohn
*. 32 {'das päpstisehe vater unsa' v. 1620). — wieder
anders {vgl. 2, n) : wenn der dich gleich alles thut, was
der ehrliche arbciter, und im schweisze seines ange-
sichtes sein brod stiehlt {sicli durch stehlen seine nah-
rttng verschafft) Riehl deutsche arbeit s. 6.
c) als besonders schwer galt das stehlen geweihter ge-
genstände aus kirchen und heiligthümern : sacrilegi die
heiligu dink stelent Diekenbach nov. gloss. 323 *>; zö
latin stet sacrilegus dz ist einer der heiige ding stilet
Terent. deutsch (1499) 49» 'flösse zu: den groszten
schalck); Pleminius {hätte) der Locrenser heiligthümcr
stehlen . . . lassen Lohen.stein Armin, l, 26». so:
und Rahel stal jres vatcrs götzen l. Mos. 81, 19; war-
amb bastu mir meine götter gestolen? 80;
STEHLEN (II, 3, rf-/
1752
Rachel sin tohter
(neben:
Blal imc siniu abgotcr.
MVener genen. 40, 29
umbe waz er iroe ave verttalo
sine hftsgot«? 43/.,
wo die MilUtätter hsclir. 61, 21 Diemer das einfache stiele
haC). — typische beschuldigung im späteren mittelalier:
desselben jars (1837) ward in der statt DeckcndorfT . . .
dM hochw&rdig sacranicnt . . . von etlichen Juden, die
CS geskelen, . . . vilfaltiglich gestochen Tsciiuoi chron.
Helvet. 1, 84<J».
d) Uiiere stohlon, besonders: vioho stelen, pceora obi-
gere STtr.t.KR «164, von besonderer brdeutung im alter-
lUum, vgl. i. GniMM rechtsalterth. 6S6 (*«. 196/.). wenn
jemand einen ochsen oder scbaf stilet, und schlachts
oder verkeufits 2. Mos. 22, l ; es sols mir keiner bald
vorthun mit höner und gfinsz stelen Garg. s. 362 neudr.;
einer stilt ein ross, sitzt darauff und schawt gen
hiinmel, ob er werde gehenckt werden Guahinonius
gretcel der vericüstung 35; das weib, das vor 9 jähren
die kuh stahl Kotzebue d. deutschen kleinst, i, t3;
dasz myn beer van Streef dich, du einziges exemplar
{des 'bockaffen'), mir abläszt, ist nicht "tu denken ; . . .
folglich musz ich dich stehlen lassen Immbrmann 2,
103 Hempel {Münchh. 3,9); die schäfer stehlen ihren
herren die schafe, die der wolf zerrissen haben musz
RiEHL deutsche urb. 127;
mainstu, ich solt dir dein han stelen?
H. Sachs fattn. tp. 21, 25;
doch kommt der schelmfranzos zurück,
der uns die besten hühncr stahl
HöCTv 39 Halm.
von thieren, die niemandes ei^entlium sind: gütiger warst
du, als mein bruder zwcy vögelchen aus dem neste
stahl Sal. Gessner (1778) 2, 7. — sprichwörtlich: der ein
kalb stilt, stilt ein küw. tauruni tollit, qui vitulum
tulerit Egenolf sprichw. (l570) 89^. dafür im reg.: stilt
einer ein kalb, so stilt er auch ein kü, ähnlich Schell-
HORN sprichic. s. 144. timgekehrt: wann sie allda {die
Soldaten bei den bauern) ein kuhe stehlen, so nemmen
sie das kalb für eine zugab Abraham a St. Clara
reimb dich (1693) 2,S9. ferner: es stiehlt mancher einen
ochsen und gibt die kaldaunen den armen Wander 4,
718, 25 {vgl. unten l).
e) stehlen mit thieren als sühject besonders, doch keines
wegs ausschlieszlich , in der fabel oder mit dichterischer
vermetischlichung {vgl. l,h): was {von deiner herde) die
thier zurissen, bracht ich dir nicht, ich must es be-
zalen, ... es werc mir des tages oder des nachts ge-
stolen 1. Mose 31, 39; nun die hund schlaffen, hat der
wolff gut schaaf stehlen Harsdürffer frauenz. ge
spreclisp. 2, 288; als der wolf gestern dein lamm stahl
MALER Müller l, 71; ich habe jetzt einen kleinen
Fix; race: Wachtelhund, . . . stiehlt nachts meine pan-
toffeln und trägt sie in seinen heukorb, um den köpf
darauf zu legen A. v. Droste-Hülshoff an L. Schücking
s. 272; der pudel stiehlt sich . . . eine groschenwurst
Hebbel 8, 252, 28; stiehlt mir der hochbeinige Ägypter
{storch) schon " wieder meine kurzen erbsenstangenl
Storm 1, 26;
sie (die kühner) hacken die kömer
eilig auf, und beisscn voll neid auf sperling'
und tauben,
welche sich unter sie mischen, und ihre nahning
sich stehlen
Zaciiariae ])oet. srftr. 4, 28;
der fuchs bellt nicht, wenn er das lamm
will stöhlen
WmA-e^ip. 2,211 (Ileinr. VI, 2. th., 3. 1);
bienc musz mir essen holen,
frage nicht, wo sie's gestohlen
RCCKKRT 3, 31.
sprichw.: Christoph, was ist's mit dir? du bist seit
einiger zeit wie ausgewechselt, hängst den köpf, gehst
herum, als wenn dir die hühner *s brot gestohlen hät((>n
Bäuerle kom. theatei- l, 2, 6 {Leopold.tiag i, 3).
/) menschen stehlen im eigentlichen sinne, solang''
menschen noch eigenthum, sklavrn, sein konnten: men-
schen stelen, plagium committere Stiei.kr 2164; wer
einen menschen stilet und verkcufTt, . . . der sol des
tods sterben 2. Mose 21, 16 {danach Alberu.s dici. 6"),
dafür: wenn jemand funden wird, der aus seinen bnV
dern eine seele stilet . . . , und versetzt oder verkeulTt
sie, solcher dich sol sterben 6. Mo.te 24, 7; ich bin aus
dem lande der Ebrocr heimlich gestolen t. Mose AQ, 15;
die Elminischcn ncgcr . . . stehlen gleichfalls Assiantrn,
und zwar unter dem vorwand, es kämen Seeteufel ans
land so die menschen wegschleppten Hrruer 16, 143;
vlo ist geraubtl coRtohlen von korsarenl
ScniLLKR 14, 73 (braut v. iteu. 8, 0, r. 1575).
eine leise abtceichung von den bisherigen Verwendungen
liegt insofern vor, als in der regel die metischen erst
1753
STEHLEN (II, 3, f-k)
STEHLEN (II, 3, k—I)
1754
durch den diebsfahl oder raub eigenthum tcerden. am
häufigsten werden kinder gestohlen, nicht immer zum
zweck des Sklavenhandels: dasz ... er dieser ist, wel-
chen der riesz, als er zwey oder dritthalb jar alt -be-
wegt, gestolen Amadis l, s. 121 Keller; du sollst nicht
eher dieses geschöpf (Jlignon) weder sehen noch be-
rühren, bis du vor gericht rechenschaft gibst, wo du
es gestohlen hast Göthe 18, 161 (Wilh. Meister 2, 4); die
reiter stehlen ja die kinder vrie die raben Alexis ruhe
ist d. erste bürgerpfl. i, 150 (ll. kap.). in netterer zeit bes.
zigeunern nachgesagt: was ist denn das mit des pfar-
rers tochter von Bollenbach, die die zigeuner gestohlen
und ihre weiber nachher umgebracht haben sollen
MALER Müller l, 29i; sie {die 'Tarters') stehlen kleine
kinder Loewenberg aus zwei quellen (l914) 89. vgl.
-Martin -LiENH.\RT 2, 591*. (gestohlene kinder in an-
iJerm sinne, unrechtmäszig und heimlicJt, 'im heiszen
diebstalU der natur' erzeugte, vgl. 5, e; dann es gibt ge-
stolene kind, liffkindecken , eilwerck . . . 6arg. s. 91
yieudr.). — anderes s. unter 4, b. — scherzhaft: so wirstu
nit gstolen randbem. zu:
würst auch vor dieben sieher sein
SCHEIDT Grob. 3902.-
fürchte nichts, geliebte seele,
übersicher bist du hier;
furchte nicht, dasz man uns stehle,
ich verriegle schon die thür
Heine 2, 23 Elster.
g) ein besonderer fall ist auch land stehlen (durch
verrücken der grenze), insofern hier das gestohlene ob-
ject nicht fortgenommen, von der stelle bewegt werden
kann; doch trifft der begriff der tciderrechtlichen , heim-
lichen aneignung genau zu:
er pflügte seinem nachbar ab,
und stahl ihm vieles land
HöLTY 187 Halm.
vgl.: im gestohlenen boden als flurbez. in der Schweiz,
s. BucK oberd. flumamenb. 269.
h) allgemeine ausdrücke: was er gestohlen, sagt er,
er habs gekaufft Corvinus fons lat. 255'>; ich gestolen
hab meinem nechsten das zeytlich und das geistlich
manuale curatorum (1516) VI*"; szo dein feynd dein be-
darff, und du yhm nit hilffest, szo du magist, szo ists
gleich szo vil, du bettest yhm das seyne gestolen Lu-
ther 6, 273, 5 Weim.; ich sehe dich für einen mann
an, der mir wenigstens einige tausend thaler leihen
könnte, wenn er mir so viel leihen wollte, als er mir
gestohlen hat Les.sing i,4«2 {schätz 5); alles hat er
mir gestohlen, und ich bin ganz arm! Immermann 5,
128 Hempel {epig. I, 2, ll);
wenn er was stiehlt, indesz das stück gespielt wird,
und schlüpfet durch, so zahl' ich für den diebstahl
A. W. Schlegel Shake^. 3, 214 {.Hamlet 3, 2);
gewinn ist segen, wenn man ihn nicht stiehlt
4, 28 {kaufm. v. Vcn. 1, 3).
i) zutceilen stellt ein partitiver ausdruck als object;
80 in der altem spräche der gen.: dazu haben sie des
verbanten genomen und gestolen /o«. 7, li. sonst aus-
drücke mit von :
die raben fliehen nach den wSlffen
nicht darumb, dasz sie jhnen helffen,
sonder das, wann die wSlff was feilen,
dasz sie auch darvon Stelen wollen
Fischart dicht, l, «G Kurz {nachtrab 914);
denn füret Anchises stahl von ihrer art,
und führte, heimlich vor Laomedon,
die Stuten vor
Bürger 161 »> (//. 6, 325 = ö, 868 :
TiJ; •/"*•;> ixlifj t uia; ätdodr My/lor^;).
k) ZU dem directen obj. im acc. tritt das personen-
object im dativ, tcie in sehr vielen der angezogeneti be-
lege, dafür können auch Ortsbestimmungen eintreten, etwas
woher stehlen: and die pfaffen stclen das gold und
Silber von den göfzen Baruch 6, 9; als aber Lysimachus
. . viel aus dem tempel gestolen hatte 2. Macc. 4, 39;
noch minder mag man zelen was von den kl6steren,
styfften, pfarren, pfründen . . . ausz teütscher nation
gestolen und geroubt wirt Eberlin v. Günzburg l, 8
Enders; dann es geschieht offt. das die schelmen auch
ketten unnd andere ding ab den wägen stelen Schu-
mann nachtbüchl. 232, 8 Bolte; einen dieb, welcher einen
silbern becher ausz dem gemeinen kästen gestohlen
hatte Lehmann 4, 74, 32; er hatte das feuer vom him-
mel gestohlen und es den menschen mitgetheilt Rabe-
NER 5, 36; ich will dich nicht umsonst aus meines
bruders doctorkästchen gestohlen haben, heilsames gifti
GüTHE 8, 197 {Egmont i}; wer nur eine ruhe vom acker
stiehlt, dasz ichs erfahre läszt seinen köpf hier Schil-
ler 2, 155 {räuber 4, 5);
(im bilde): kauff.
und kann's nicht anders seyn, so stiehl. . . .
für mich ein lorbeerblatt vom grabe
des frommen, heiligen Virgil!
Gleim brie/ic. 2, 296 [an Heime nov. 1781);
ein hanswurst von könig, ,
ein bentelschneider von gewalt und reich,
der weg vom sims die reiche kröne stahl,
und in die taschc steckte
Shakeep. 6, 150 (Hanü. 3, 3).
übertragen: ein mann, wie du, der aus der geheimen
vorrathskammer der natur den sechsten sinn zu stehlen
wuszte Klinger 2, 405 {Damokles 3). — neben dem daL
derperson: ein ander rühmte sich, wie er seinem vor
munde die wurste von zwey Schweinen aus dem schor-
steine gestohlen polit. maulaffe (1679) 32; sie stahl ihm
immer seine brillantnadel aus dem jabot, wenn er zu
uns kam Storm l, 245. so besonders in gewissen festen,
sprichwörtlichen redeiceisen: dasz ein solcher nach-
trucker durch den nachfruck sich befleisse, seinem
neben menschen, vornemlich aber dem ersten Ver-
leger das brot diebischer weis vorm maul hinweg zu
stehlen Grimmelshausen 4, 504, 9 Keller {vögeln. 2.
privil.'); hei stöhl de annern mähren den hawer vör't
mul weg Reuter 2, 335, 13 Seelm. {sttomtid 2, 2l); die
jungen . . . stahlen ihren eitern die äpfel vor der nase
weg Immermann i, 76 Hempel {Münchh. i, 6); sprichw.
in Königsberg : er stiehlt der schlänge die eier unter
dem zagel fort Frischeier sprichw. 2, 173, 2558.
t) Sprichwörter «. ähnl.: stiehl dir was, so hast du
was, und (aber) lasz jedem das seine! Frischbier
sprichw. 2, 174, 2559, Wander 4, 799, 61. 65 {in nd. sprach
form s. brem. wb. 4, 1023. Firmenich i, 70, 7. 326, 46.
3, 187, 71). ähnlich: stiehl was du kanst, und lasz einen
jeden das seinige: ein jeder musz sehen wie er fort
kommt Ettner medi:. maulaffe&iO. — stil vil, gib wenig,
so kompst darvon S. Franck sprüchtc. i, 33", ebenso
Lehmann 2, 571, 112, s. l, i, a, ß, dd. Simrock 9853;
wer viel stilt, und ein wenig schenckt, der kreucht
durch, wenn die gesetze gleich noch so eng gestrickt
weren Petri Kkk 6^ ebenso Wander 4, 802, in au.9
Mathesius j>o*<. 217*». — hastu was gestolen, das bring
mir, wirstu drumb gehengt, das hab dir Petri Rrr7''.
— man musz nicht das leder stehlen, und die schuh um
gottes willen geben, {'das »pricltwort bezieht sich auf
die legende vom h. Cri.spin, der dus leder gestohlen, um
armen leiden schuhe daraus zu verfertigen.') teutsclte
sprichw. (1710) *. 121, 284; mein schwager will also, wie
's Sprichwort sagt, den reichen leuten das leder stehlen,
um den armen die schuh daraus machen zu lassen v*
Raimunds Vorgänger s. 22 Fürst (B.Iuerle d. bürget-
in Wien i, ll). — man stilt auch etwa einer atzein
ein ey S. Franck 2, 166''; man stiehlt auch wohl der
elster ein ei Simrock 2038, vgl. 2037 und Frischbier
unter k. — absurda: furari littoris harenas. den sand
am gestadt Stelen, isis ist, er kann nit ungestolen sein,
er mäszt ehe sand am meer oder jm selbs etwas ste-
len S. Franck l, 4». — sprichwörtlich wohl auch:
wer etwas stehlen will, der musz auf sokken gehen.
Rachel sal. gcd. 7, 462, tgl. Steinbach 2, 718.
eine sehr gewöhnliche redevxise ist jetzt woher nehmen
und nicht stehlen? um auszudrücken, dasz man etwas
nicht zu beschaffen weisz, z. b.: da hat es gute weile,
bis der ein beer sammelt! wo das geld hernehmen, und
nicht stehlen? Hauff i, 283 Bobertag {Lichtenat. II, ii),
s. femer n.
1755
STEHLEN (\l 3. ♦»— «)
STEHLEN (U, 3, n-o-4. a)
1756
tw) häufig im pari. per/. : gestolen, furtivua Dastpod.
♦S**; kleine flicklappen, die von selbst vom tisch herab
fallen, sind nicht gestohlen Grimm vUirchen s. 140 {nr.
35); geschenkt und wieder genommen, ist gestohlen
Kirchhofer schweizer, aprichw. s. 14*; wenn er anf den
einfall kommt, von einem bauer eine führe holz zu
kaufen, die vielleicht doch nur gestohlen ist Freytao
verlor, handschr. l, 21. bes. attributiv: furtum dieberey,
. . . gestolen gud Diefenbach gloss. ass" (voc. aax.lat.
V. 1425); gestolen guht, res furtivae Stieler 2164; da
sie (d. ziege) jr man Tobias höret blecken, sprach
er, sehet zu das nicht gestolen sey, . . . denn uns ge-
bort nicht zu essen vom gestolen gut To6. 2,2i; es
war aber keiner da, der ihn (den kittet) wolt kauffen.
dann welcher wuszt, das er gestolen wäre, der dacht:
'es ist kein glück in gestolnem gilt'. Schumann nacht-
biichl. s. 231, 82 Bolte {nr. 83); da sich einer über sein
std^d . . . auff. . . . ubelgewonnen und gestolens gelt
schmücket Mathesius Sar. 49»'; welch man . . . gero-
bittir adir gestolner habe wissintlichen eyn phönt ge-
wichte . . . kofte Freiberger stadtr. zus. 3, § 4; wie wir
unterwegs nüsse heruntergeschlagen, feuer gemacht und
gestohlene kartofTeln gebraten G. Keller l, 86;
se houwen en . . . und pans toreten
van em dat gestolen want
Gerhard v. Minden 120, 17 Leitzmann ;
w&cher, roub, gestolen gut oder von falschem spil
N. Manuel «. 113 Bächtold {ablaszkr. 32).
so spriehu:: gestolen wasser sind sflsz S.Franck sprüchw.
8, 36*; gestolen wasser ist wein 179* (gestohlen wasser
ist malvasier Lüpke seemannsspr. 180, 128). gestolen brot
schmeckt wol ebenda {darüber: 'furtivus victus semper
dulcedine praestut'), oder schmeckt süsz Wiixe sittenl.
ns;
nichts schmeckt so schön, als das gestohlne brodt
Hagedorn 2, 273 (Adelh. u. Henr. 1),
ebenso {nur so süsz) Ramler fabelt. 1, 87; ferner: weil
die gestolen biszlein auch wol schmecken schausp. der
engl, komöd. 200, 82 Creizenach {tragikom. 1,3); gestohlen
(verbotene) frucht schmeckt süsz Kirgiihofer schweizer.
gpriehw. (1824) *. 144;
eestohlne butter-milch schmeckt noch einmahl so frisch
Günther 973.
«0 denn auch: dann kam Wassow, dem um diese zeit
eine fasse tee bei uns immer 'wie gestohlen' schmeckt
Storm briefe in d. heimat s. 129. — gestolen katzen
mausen gern S. Franck 2, 179". vgl.: gestohlene, ge-
bettelte und gefundene Sachen haben darum im Volks-
glauben besondere kraft, die rechtlich erarbeiteten nicht
einwohnt gestohlene katzen mausen am besten, ge-
stohlene . . . dinge wirken heilkräftig in den kuren
durch Sympathie, . . . selbst ein diebsQnger, vom galgen
gestohlen, wirkt noch wunder aller art Riehl d. deut-
aehe arbeit s. 157. andrerseits doch auch: bey gestohlenen
dingen, will nichts gelingen Arraham a S.Clara Judas
(1686) 1, 824/., vgl. oben SCHÜMANN. — substantitnsch :
ein hausvater versicherte ihr geradezu, bei ihm sei
nichts gestohlenes zu finden Polenz der Orabenhäger
1, 98. ». auch Zimm. chron. 1, 409, 22 unter I, 4, b, &.
n) eine häufige redeiceise, um auszudrücken, dasz je-
mand einem gleichgültig ist, dasz man auf ihn keinen
uxrth legt, ist: der kann mir gestohlen werden oder
bleiben, in vollständigerer ausdrucks%ceise : na, du könn-
test mir auch gestohlen werden — ich holte dich nicht
wieder! L. Stahklokk Sirene 98 TAesegang; nur der graf
ist so bocksteif gewesen, dasz ich mir gedacht habe:
da kannst mir gestohlen werden, ich lass' dich nicht
austrommeln Ebner-Escuenrach 4, 888; seltener acli-
vijtch ausgedrückt: wer sie {die schuster) gar ihres oft
wunderbaren äuszercn wegen . . . verachtet, den möge
man mir stehlen ; ich werde keine belohnung um seine
Wiedererlangung aussetzen Raahe hungerpaator l, 16
(l. kap.). gewöhnlich nur er kann mir gestohlen werden
FniRciiniKR preusi. sprichw. 1, 252, 8606; wenn die übrige
familie dem herm sehn nur einigermaazen glich, dann
konnten sie ihm erst recht gestoblon bleiben Polenz
d. Grabenhäger 1, 151; auch specieller. nicht sowohl, um
Verachtung für den menschen selbst als für etxcas, das
er sagt oder thut, auszudrücken .- die herren könnten ihm
gestohlen werden, er habe ihnen mehr verstand zuge-
traut 2, 199; Sepherl. nein, das (fctnrf) haben wir noch
nicht, aber die rauher haben wir, die 's g'stohlen haben.
Tatelhuber {schroff), mit der nachricht kannst du mir
g'stohlen werden Nestroy ges. werke 2, 204 id. Verhäng-
nis e. faschingsn. 8, 9). so sehr verbreitet in hd. mund-
arten:, in Basel de chausch-mer g'stole warte! es wird
nichts daraus Seiler 276'', ähnl. eis., s. Martin-Lien-
hart 2, 591; lothr. Follmann 495»; bair. der (die, das)
soll mir gestohlen werden, ich lege keinen icert auf ihn,
will Jiichts von ihm tvissen Schmeller2 2, 749; tirol..
s. Schöpf 705; unterfränk. du söst mer g'stouln war als
scherzhafte verioünscJiung Ruckert 174; ebenso henne-
berg. Spiesz 241 {abwehr, Verneinung); luxemb. wb. 422";
mansf. Jecht 107*; obers., s. Albrecht aie»"; Müller-
Fraureuth 2, 667''. seltener mit sächlichem subj.; so
trieriach:
da Echnapps och ka' m'r gestohlen genn
Firmerich 1, 534*.
0) iti ähnlicher weise bes. im frühnhd. oft ich habe
es nicht gestohlen, habe es mit mühe oder kosten encor-
ben und lege daher toerth darauf, während {nach dieser
auffassung) gestohlene Sachen, weil leicht gewonnen, auch
tcieder leicht verschleudert werden: hab ichs doch nicht
gestolen I Etering 3, l;
ich gleub du meinst ich habs gestolen ebd. 60;
daher dann dieses Sprichwort kam,
wann ein kauffer einem seine wahr
niederschlegt und verkleinert gar;
meinstu ich habs gestoln on laub {erlavbfns)
oder sey kSnigs Porsense raub
der den Römern das vih genommen,
ich habs auch nicht umbsonst bekommen
Pbtri 316;
vgl.: ich habe mein gelt nicht gestolen, pecunia mihi
mea ine7nta non est. dicitur proverbial. contra nundi-
natores nimio pretio merces suas aestimantes Stieler
2164. so auch:
er (d. Pfarrer) maint, wir hal)en das gelt eestollen.
darumb wir es (d. meszgewand) nit haben kaufTt,
das er darin spacieren lauilt
Pfarrer von Kalenb. 2046.
nd. {holst.) he meent wol dat ikt staalen heff 'krämer-
schimpf, wenn zu wenig für die tcaare geboten wird'
Schütze 4, 191. sonst in neuerer spräche gern in betug
auf die eignen glieder: ich habe meine nase a. s. w.
nicht gestohlen, 'bitte daher, sie glimpflich zu behandeln'.
'ich habe meine beine nicht gestohlen, sagt ein pack
träger, um anzudeuten, dasz er den gang nicht für zu
geringe bezaKlung thun kann' Albrecht 216''; ob die
frau hofräthin nicht jeden tag etwas liegen l&szti als
ob man seine beine gestohlen hätte! Benedix särü.
verwandten 86 (l, 12). ähnlich: hast du deinen athem
gestohlen, — dasz du blasest in todle kohlen ROckert
11, 238 (1. makame). so denn auch: ich stehle meine zeit
nicht Bi)CHNER 180 Franzos {Wozzek).
4) mannigfache erweiterungen sind oft nur durch eine
leise nuance von den behandelten unterschieden.
a) fremdes eigenthum sich aneignen auf eine tveniger
directe iceise, die vielleicht strafrechtlich nicht fassbar ist,
aber von dem sittlichen gefühl als unrecht empfunden
wird, durch betrug, ausnuttung der Unwissenheit u. ahiU.t
weil er das meiste von seinem vermögen »einen ge-
schwistern bey der theilung gestohlen habe Lichten-
BERO nachl. 61, 20; dreiszig millionen stiehlt jährlich
der Staat aus den beuteln der tagelöhncr Hürnk li, 164;
da stehln se {d. fabrikanten) uns halt a lotitcn bissen
brot G. Hauptmann d. weber s. 88 {vgl. oben 8,6 zu ende);
dj ontlirh kunat der alchamai
ist Stelen, liegen, triegcrei
SCIIWART/ENHBRO OtC. ISO«;
die feder ist, wie er, zum etehlen akgcricht,
waa kaum ein blatt bedarf, geht hier auf sieben nicht
NRDKiRni gcd. §. 121 ('der geixigr advokat').
vgl. >, l. — MtM buondtre nuanct trgibt »ich, wenn man
11 öl
STEHLEN (II, 4, a-d)
STEHLEN (U, 4, d-g-o, a)
1758
sich selbst etwas stiehlt (vgl. 2, e), entzieht und zugleich
erspart:
er {Harpax) aber darf, aus geitz, dieselben {arsneimiUel)
nicht geniessen.
er s<Aont den stärck-tranck oft, wenn er am besten labt;
stiehlt sich die pulver selbst und steckt sie unters kissen,
wo er mit diebscher fanst das gold von pillen schabt
Camtz ged. s. 86.
b) menschen stehlen, s. 3,/,- ganz im aimte toji a:
das ist ja keine offen ehrliche
konskription, das ist betrug, herr richter,
gestohlen ist dem land' die schöne iugend,
am pfeffer und muskaten einzuhandeln
Kleist 1, 437 E. Schmidt {zerbr. krug, var. 181).
ferner frauen stehlen, entführen : es wäre mir recht an-
genehm, weih und kind zu haben, aber ein weib vom
rater oder von sich selbst begehren, langweilt mich,
und das stehlen ist verboten Brentano 5, 323; tcenn
>« sich um entführung eines ehetceibes handelt, kaum
von eigentlichem stehlen unterschieden:
Paris wardt auch dammb erstochen,
da er die schön Helena stal
H. Sachs /a«<n. «p. 1,281;
der Piso, . . . dem er {Caligula) jüngst
die gatttn stahl
Halm 3, lOO Schlogser {/echter v. .Kar. 2).
90 auek: Cajus stiehlt einen grünen, Slender einen
weissen jungen, und Fenton die braut briefe über merkw.
der litt. s. 148, 30 neudr. in milderem sinne, als hoch-
reits€pa»2: die gesamte ledige mannschaft hatte nämlich
nach alter sitte die hochzeiterin gestohlen, sie hielten
4as Bärbele in einen groszen kreis geschlossen, und
Kasper, der hochzeiter, muszte es . . . loskaufen Auer-
bach dorfgesch. 1, 79. — ungewöhnlich von thieren: bey
den tauben ist auch die art, dasz sie einander mit son-
derer zugeselliing liebkosen, eine die andern verführen,
Stelen, und jrer gemeinlich mehr heimkomen, denn ausz-
geflogen sind Heyden Plin. 465 (lO, 37, § 109). —
dann als gott Jupiter verholen
dem k6nig Troi hett gestolen
sein söhn den Ganymodem werth
Spreng liiag 37» (5, 265/.).
dichterisch auch von regeltnäsziger Werbung und heirat,
mit dem tinne. dasz der freier tcegen umcürdigkeit kein
recht auf das mädchen hat: veraltete, reiche . . . libertins
haben zu viel kenntnisz, Sättigung und freiheit, um sich
andere wesen zu stehlen als die herrlichsten; die min-
der voUkommnen fallen blos liebhabern anheim J. Paul
M {Titan 2), 177. — ähnlich milder:
du aber hoch im glücke
stolzierender rival,
der mir durch list und tücke
Neärens liebe stahl Blumauee ged. 56.
c) dem teafel war darum zu thun, eine solche seele
dem himmel zu stehlen Klinger 3, 168. uneigentlicher
von menschen: (Länffer zu Lise.) du hast eine seele
dem himmel gestohlen (mich vom trachten nach dem
himmel abgelenkt) Lenz l, 410 Blei {hofm. 5, 10). — ähn-
lich als Umschreibung für morden:
(er, der könig) weisz nicht, dasz er ein leben hat gestohlen
aus dieeer weit
Schiller 5, 2, 416 (don Karlos 5, 4).
d) auch in anderm sinne einem einen menschen steh-
len entreiszen. entziehen, nicht um ihn für sich zu haben,
sondern um ihn vor dessen grimm zu schützen u. ähnl.:
aber Joseba . . . nam Joas den son Ahasja, und stal
jn aus des königs kindern die getödtet wurden, . . . und
sie verborgen jn für Athalia, das er nicht getödtet ward
a kön. 11, 2; vgl. SPERLING Nicod. quaerens l, 225;
den muUeimörder stahlst du ans, und bist ein gottl
Drovsen Äüch.^ 127
(tÖ¥ fitjtnai.ijlar J' titxi.nf,ai Eutn. 153).
doch auch, um ihn dessen liebe zu entreiszen : da kamen
alle menner Israel zum könige, und sprachen zu jm,
waromb haben dich unsere bröder die menner Juda
gestolen, und haben den könig . . . über den Jordan
gefürt? B Sam. 19, 41 ; es ist bös leben .... wenn's so
weit gekommen, dasz sie dem söhn den vater durch
bosheit stehlenl Klinger Otto 12, 8 neudr. (l, 3); du
hast mir meinen söhn aus den armen gestolen Schil-
ler 3, 73 {räuber 2, 2);
wenn dich weLber mir gestohlen, werden sie so lang
dich fesseln . . .
Platen 1, 142 {gas. 51) ;
sie stahlen {entfremdeten) mir mein kind I
Halm 2, 26 Schlosser {Grisddi* 2, 1).
c) der begriff des sichaneignens füllt auch fort. Kenn
gesagt wird, dasz die jünger den leichnam Christi steh-
len, heimlich fortschaffen: au£f das nicht seine jünger
komen, und stelen {xi.iilnx)aiy) jn, und sagen zum
volck, er ist aufferstanden von den todten Matth. 27, 64,
vgl. 28, 13;
Jesus iunger stelen
den lihnamen vil übte
evangel. Nikod. 2066,
«. Piper gcisU. dichtung 2, 199.
dagegen ist die absieht des sichaneignens iti folgendem
falle vorhanden, der doch nicht als eigentlicher diebstahl
gelten kann:
als Karlos mit der königin und mir
beim spielen sasz, und mit bewundemswerther
geschiklichkeit mir diesen handschuh stsihl
Schiller 5, 1, 117 (dorn Karlos 2, 9).
/) einem etwas stehlen, was er ga,r nicht hat, aber
VHis ihm zukäme, oder was er erhalten würde:
die jre übrig hab wenden,'
an unnfitzn dingen vorschwenden.
Stelen was eim armen gebort
Musculus hosen tenffel s. 4 neudr. ;
habt dank!
ich ward' es ännem stehlen; nehme nichts
Lessing 2, 819 {Nathan i, 7, 546).
ähnlich, vom anneJimen einer gäbe, die der gebet in einer
plötzlichen aufwallung gibt: das fräulein. . . . nun, so
nimm doch — Franciska. ich stehle es Ihnen, fräulein;
Sie sind trunken l, 535 {Minna v. B. 2, 3). — ungewöhn-
lich für 'machen, dasz einer etwas nicht erhält, worauf
er anspruch hat': Opitz hat ihm das {eiserne) kreuz ge-
stohlen {indem er als vorgesetzter dagegen war; dafür
nachher: Opitz . . . wuszt' es so zu drehen, dasz Lehnert
leer ausging und das nachsehen hatte) Fontane 6, 22
{guitt 3).
g) zuweilen verblaszt sowohl der begriff des heimlichen
toie des iciderrechtlicJien , so dasz stehlen der bedeutung
des bloszen nehmens nahe kommt; besonders in poetischer
spracJie:
ach ihr bienlein, . . .
nur von Jesu le&lzen stehlet;
dann(en) klaubet honig ausz
Spee trxUznachL (1649) «. 101
(«. 74 Balke; 18, 35).
{im bilde:)
die Unzucht ist ein feur, aus Phlegethon gestohlen
Rachel sat. ged. 7, 348;
heil, heil dem weih, das seine zierde
nicht fremden zonen stiehlt
Pfeffel poet. vers. 1, 5;
die kleinen bienen stehlen
noch dufl'gen blumen ihre sOszigkeit
Tieck nachgel. sehr. 1, 168.
auch in geicöhnlicher rede geläufig sind ausdrücke wie;
daher kommt also . . . das viele unkraut, . . . das der
. . . saat räum und nahrung stiehlt Hebel 2, 21, 29 Be-
haghel; er darf nicht stehen, wo er steht, der dürre
faule bäum, er stiehlt ja licht und luft dem jungen
leben Hölderlin 2, 5i Köstlin;
das himmelische liecht mit seinen klaren strahlen,
die alle feuchtigkeit dem luft und erdreich stahlen
VVeckh erlin 2, 376 Fischer.
ö) fräere gebrauchsweisen ergeben sich besoixdera, tceiM^
immaterielle dinge als objecte mit stehlen verbunden
werden.
a) stehlen achlieszt eiiie doppelte beziehung ein: etwas
'auf heimliche, listige, unerlaubte weise) sich verschaffen
1759
STEHLEN (II, 5, a-c)
STEHLEN (II, ö, c—c)
1760
und tugleieli einem andern nehmen, in diesen freieren
ver^cendtmgen ist jedoch n ur selten diese doppelte bezogen-
heil deutlich vorhanden; so in folgenden stellen, die dem
eigentlichen gebrauche sehr nahe stehen: es ging eine zeit
darüber {über das hatis) hin, wo bitterer schmerz über
gestohlnes glück, wilde wünsche seine bewohncr ent-
zweiten Ludwig l, 1*6;
60 inusz ich auf
mich selbst verzieht jetzt leisten, mir von einem
belrfigcr meinen namen stehlen lassen?
Kleist Amphitr. 1,2, 251;
das wuszt' er, abzuringen sey ein sieg
den Römern nie; gestohlen riiüss' er werden,
gestohlen hat er ihn! hier siegte nicht
die kraft, hier siegten list und hinterhalt
CoLLiN Jiegului s. 35 (1, 8).
nautisch: die scgel stehlen einander den wind Bobhik
661 >>.
*) sehr deutlich und bestimmt wird der begriff des
stehlens empfunden in der antcendung auf litterarischen
diebstahl, unerlaubte entlehnung. plaqiat, auch milder
für entleJinuiig, Übernahme überhaupt: was das für ein
tugent sey, einem andern sein böch lestcrn und sehen-
den, darnach das selbige sielen, und unter eigenem
namen dennoch ausz lassen gehen Luther so, 2, 685
Weim.; das merckt man aber wol, das sie aus meinem
dolmetschen und teutsch, lernen teulsch reden und
schreiben, und stelen mir also meine spräche 633; wenn
ja einer neben uns etwas nachschreibt, so spicken wir
von ihm, stehlen, was er selbst vielleicht uilffeutlich
hörte Lichtenberg 2, 80; 'woher mag nur das fa:mosc
motiv {eines bildes) sein?' . . . "dort vorn," erwiderte
ein anderer, . . . "dort hängt das motiv noch einmal,
offenbar von einem neuling . . .!" 'dann hat er's dem
gestohlen, der spitzbube!' Keller 3, 38; das stück ist
nicht einmal ganz von dir. du hast . . . eine ganze
scene aus der macht der fmsternisz von Tolstoi ge-
stohlen Ebner-Eschenbach 8, 121: von sprachlicher ent-
lehnung: ein deul scher poet bleibt also bey seiner reinen
rauttersprache, und behänget seine gedichte mit keinen
gestohlnen lumpen der ausländer Gottsched crit. dichtk.
(1742) 833.
c) fällt selten in den meisten der soeben aufgeführten
beispiele die auffassung, dasz einem andern eticas ge-
nommen rcird, fort, so noch entschiedener in ähnlichen
füllen.
(() von iiuilerei. Zeichnung tt. ühnl.: in der idec, die
Raphael ... in sich trug, und zu der er nur bei-
trage aus gegenständen um sich her stal Herder 15,
43; jemandes züge stehlen: oder hast du diese . . .
misch>ing von zijgen irgend einem Bilerolfskinde pe
stöhlen, als es schlief? Fouque allsächs. bilders. 4,
804; so besonders vergleichaueise in der redeicendung :
Conti. . . . hier haben wir seine tochtcr — der prinz. bey
pott! wie aus dem Spiegel gestohlen! Lessing 2, 119
{Emil. Gal. 1, 4); ähnlich E. Th. A. Hoffmann 10, l.S8
Grisebach {hat. Murr 1,2); ebenso in bezttg auf lilie
rarische darslelluug: das lluchen, die squire's und der
gleichen sind im Eiclding wie aus dem leben gestohlen
Fr. Schlegel im Athenäum 8, 126. stehlen dann auch
ohne ueilerft Zusatz geradezu für abzeichnen: ich . . .
wollte flugs das kindliche stämmchen mit zwei paral-
lelen linien auf mein papicr stehlen G. Keller i, 2ü3;
mit umgekehrter beziehung, selir ttngenijhnlich :
du xtalilät dun abdruck iliroj' |)haiitu.sio
{'thou fiuM . . . »tol'n !•'■ II of her /antaty')
mit flechten deine» li.'< > tand, . . .
entwuiidteitt meiner t<> n it list
A. W. ^-um.LoEi. Shakttp. 1, 179
(lommernachlitr. 1,1;
sinn: du hast dein Inld auf unerlaubte tceite ihrer phan-
taste eingeprägt).
ß) in undirm sinne jemandes züge stehlen, anneJitne»;
eigentlich, in alten sagen, indem man sich in ihn ver-
wandelt :
und niQsten nicht nie (d. guttcr) «clber iiucli, güliebt«,
Ampbitryon sein, und i^itie eilge ■Icblen,
wenn dein« m«!« sie «mpranKen aoll?
Kl.Ul^*T Amphitr. 8 6, U«>.
sonst freier, vom gesichtsausdruck :
nun, ihr keimet ja
so eine art von blick! — es ist mir immer
als hält' er aus der Stephanus-capelle
dem heil 'gen ihn gestohlen
(Z. Werner) fühne de« thales 1, 92;
geh zum teufel mit deiner blassen leidensmicne, die
du der mutter des hcilands gestohlen hast! Hebbel 2,
37, 18 {Mar. Magd. 2, t). so auch von der stimme: die
Schwester des Jünglings, die ihre stimme vom himmel
gestohlen hatte, sang wechselsweise mit ihrem bruder
BoDE Tristram Schandi 7, 14« (44. kap.); 'stiehl meine
stimme nicht' sagte Karl zornig {lasz deine stimme nicht
tae meine klingen) J. Paul Titan 4, 81. fetner:
ein zartes herz l&szt sich von viitem nicht l)erehlen,
die tygem niuth und sinn und ihre färben stehlen
GoTrscHED deutscJie schaub. 1, 54.
so tceiter:
der teufel prunkt im scharlachkleid des fUrsten;
die lüge stiehlt der Wahrheit weisz gewand
Rauj'ACH dram. xc. ernster g. 3, 100 (Genor. 4,8).
d) der gehobenen spräche gehören tcendu)ige7i tcie einem
etwas von den lippen, vom gcsicht stehlen, ablesen : wenn
. . . alles sich voll crwartung um seinen {des prinse»)
Spieltisch herum drängte, suchten seine äugen Bion-
dello, um ihm die neuigkeit, die er etwa mitbrächte,
von dem angesicht zu stehlen Schiller 4, 328;
du solltest diese töne nicht erkennen,
die du so oft, noch ch' sie laut geworden,
mit blicken schon mir von der lippe stahlst?
Kleist Amphitr. 3, 11, 2220.
{in anderem sinne unter f.) so tceiter:' ich will döni
leben noch die letzten blicke aus seinen hübschen
äugen stehlen Büchner 84 Franzos {Danton 3);
wand ir ietweder stal
dem andern Ü3 den ougen
sines herzen tougen
Ottokar rcimchr. 85480;
{ich) kann nur . . . den schweiss von seiner stirne wi-
schen, die geheimen wünsche aus seinen äugen steh-
len Klinger 2, 196 {Med. in Kor. 8); Baldcr erröthete
. . . bei dieser frage, die ihm seinen geheimsten wünsch
aus dem herzen stahl Heysk kinder der icelt 1, 28; der
gedanke ist mir wie aus der seele gestohlen, ich hält'
es vollkommen so gemacht J. G. Jacobi 4, 177. so
auch:
behoicho neubegierig die heimliche natur,
und stiehl ihr ihr geheimnisz, und folg ihr auf der spur
Dusch vtrm. werke £47.
eine ähnliche nuance {entreiszen, entlocken, zum Vorschein
bringen) auch in folgender Verbindung:
so wird der ton, der oft mir thriinen stahl,
so SÜ8Z euch klingen . . . Goekinuk 2, 147;
manche nannt' ich freuden thriinen,
die vielleicht geheimes sehnen
dem getäuschten äuge stahl
Stolbbro 1, 283.
e) küsse stehlen, sicli nehtnen, streng genommen ohne
vonvissen und wollen des anderti theils, doch häujig in
leichtcrem sinne {une das noch häufigere rauben), tu-
meist in poetischer spräche: HöLTY »20, *. unter I, 4, o, a;
indem er kUsso gab, und küsse stxdil, . . .
v. KOmo ged. M;
denn da ichs einst gewagt,
und dir auch ungefragt
mit groszcr list einmal
ein halbes nittulchen stahl
(lorrrtciiKU gid ; '-
sonst, ein leicht cestuhliics mbulcheu,
o wie hat es mich entzückt! (iöTHK 1 1 >.
knsse, die man stiehlt im dunkeln
und im dunkeln wiedergibt . . .
Hbink 1, 2lß t:ltter {neuer fHM. W).
in uriterer Übertragung: wonniglich ist der kusz, den
der zephyr der rose stiehlt Hipfkl Icbensl. 3, 8, Vi;
der west, der ihr so oft, von lieb' erbitxt,
muDcli sUvxes kOoxchcn stahl IIöLTV 47 Halm.
1761
STEHLEN (II, 5, e—h)
STEHLEN (11. 5, h-t)
1762
so dann laeiter: dasz er nichts hielt auff die heim-
döckische, gestolene, nachtdiebische kitzelfreud, da sich
einer inn dachmarter und gespenst verstellen musz
Garg. s. 91 neudr. {auch die so erzeugten kinder werden
gleich daraw/ gestolene Mnd genannt, s. unier 3,/). vgl.
ferner unter h. — ähnlieh, ungeicöhnlicher :
moszt du nicht jeden blick von seinen an^en stehlen ? . . .
du . . . mnszt dich glücklich halten,
wenn er nur freundlich sieht
GÖTHE 7, 5 (Jaune des verl. 1).
Binders unser äuge stehlen: der Grieche (Homer), der
mit seiner poetischen Schilderung von pracht und
Schönheit der Juno, mit seiner schönen allegori-
schen dichtung vom gürtel der Yenus, unser äuge
stiehlt («0 schildert, dasz wir zu sehen glauben) Her-
der 3, 309.
/) sonst in mannigfadien Verbindungen, in dem sinne
'sieh etwas (listig und betrügerisch) zuwenden, verschaffen',
ohne dasz es dadurch einem andern genammen vrird. da-
her selten mit dativ; mit andrer wendung: alles, . . .
was von Prometheus fackel sich wäxme stiehlt maler |
Müller 2, 3ö; er wird mit jenem blick, dem ausdruck j ühnl. mhd. minne stein
alles männlich guten, . . . das zärtliche wort : mein
sohnl von Ihren lippen stehlen (Ihnen abdringen, an-
ders als unter d) Klinger i, 76 (d. falsche spieler i, i).
7nit Possessivpronomen jemandes vertrauen stehlen, er-
schleichen u. ähnl.:
Andromache die darff den Hector frej beklagen,
die alte Hecuha den Priamus: nur ich
führ' unvermerckt das leid ujnb Paris gantz für mich,
musz stehlen meine klag
Opitz 1, 240 (Trojan. 1101 = Seneca 908/.:
'solus occulte Paris lugendue Helenae esC).
absolut: deshalben muste der musicant Terpnus des
abends ... in meine kammer kommen, alwo Xero die
mnsic von ihm erlernte : das dann ganz heimlich bliebe
. . . endlich aber hatte er deren (meiner versehtciegenh.)
. . . nicht mehr von nohten, weil ihm allgemach das
stellen verginge, und er nun öffentlich die Schauplätze
mit seinem gesang erfüllte Anto.x Ulr. v. Braunschw.
Octavia 3, 2i7. so sclwn mhd.:
dri löse blicke soltu stein :
zwar mit dem ersten soltu spehen . . .
Frackjilob 2Ö9, i.
bes. gern in erotischer hinsieht, vgl. oben e.- absolut, von
unerlaubten Zärtlichkeiten .-
wenn wir et wann rosen brechen,
und in busen stehlen gehn
Günther 241.
o I eben dies verdoppelt das vergehn
des mannes, der . . .
durch den anschein sich verdient gemacht zu haben
erst dein vertrauen stiehlt . . .
Wieland 10, 337 (schach Lolo) ;
wirst du dein herz nur dem gewähren,
der deine achtung nicht durch ranke stahl
GOEKINGK 3, 171.
mit concretevi olject, ergreifen: ich nahm, oder vielmehr
ich stahl ihre bände, und bedekte sie mit küssen and
thränen Pfeffel pros. vers. 9, 75.
g) so häufig, ohne dasz überhaupt die beziehung auf
jemand, dem etwas gestohlen tvird, gedacht wird,- etwas
mit list oder zu unrecht gewinnen, meist mit empJiase:
und wie viel hundert nieynestu sind ejTiwoner zu
Wienn, die das wort gottis nur heymlieh stelen müs-
sen? Luther 15, isO, 30; seine absieht war, den krieg
nicht mit offenbarer gewalt sondern mit list zu führen,
und wo möglich den sieg nur zu stehlen Schiller 9,
193 ; da (in meiner Jugend) glaubt' ich, mein leben zu
stehlen, wenn ich's mir nicht täglich neu erkämpfte
Hebbel l, 56, 28 (Judith 5) ;
wer heimlich juttes wirckt, sein °eld ausztheilt verholen,
der hat dasz himmelreich gar meisterlich gestohlen
ScHEFFLER cherub. wandersm. g. 121 neudr
(5, 105; übenchr. : den himmel kan man stehlen);
kommt die ihr unverschämt der k&nstler namen stehlet
(euch ohne recht anmaszef)
PiETscH »Chr. 288;
doch in Venedig gibt's für unser einen
verbot nur und befehle und kein recht;
wir mässen's stehlen, wenn wir'a haben wollen,
erschleichen müssen wir's ....
Halm S, 49 Schlosser (ctrbot u. be/ehl 3, 10).
auch in folgenden ganz ähnlichen stellen wird eine solche
beziehung. obwolU denkbar, doch kaum empfunden: Karl
Busch . . . könnten Sie Ihr wort brechen, vater? Busch.
ihr habt's durch betrug erschlichen, habt's gestohlen
Bretzner d. räusehgen i, 3;
ist glaube nicht der götter freie gäbe,
die ihr nicht stehlen, nur erbeten könnt?
Z. Werner 3f. Luther 1, 3, 791.
s. auch COLLIN unter a. (mit dativ. docJi nicht der be-
raubten person, s. Luther unter I, 4, a, ^, bb.)
;*) dann auch auf thätigkeitsbegriffe angewandt, heim-
lich, 'verstohlen' etwas thun: eine rohe zahlreiche menge,
. . . genöthigt ihre andacht zu stehlen, ein allgemein
geheiligtes menschenrecht, gleich einem werke der fin-
stemisz zu VMheimlichen Schiller 7, 238;
X. 2. %
wan künde oach ich nu minne stein!
Pars. 8, 24, ebenso 643, 1;
ohne object: Walther v. d. Vogelw. iii, 35, wo man
allerdings das obj. küssen aus dem folgenden ergänzen
kann; von heimlicher minne überluiupt:
swä zwen gevangen diebe
ze einander tragent liebe,
die mügen mit einander stein,
wollens ej mit einander heln
heidin IV, 1331.
auch sonst mhd. in dem sinne 'etwas heimlith halten',
gleichbedeutend mit dem stehenden reimwort heln:
diu half in äne untriuwe stein,
ir vronwen kumber heln
Hartman.x v. Aub Greg. 666;
s. ferner Ulrich v. Liechtenstein 224, 18 und Hsinr.
V. Freiberg Tristan 3910.
i) in andern füllen dagegen meint stehlen : einem etwas
fortnehmen. macJien, dasz er es nicht mehr hat, ohne
dasz der stehlende es dadurch bekommt, u) so gewöhn-
lich einem etwas stehlen: ich musste als ein fremder
mein väterlich haus leuten überlassen, die jede gele-
genheit nutzten, mir Ihre liebe und so^e zu stehlen
Klinger i, 163 (falsche spieler 4, 6); du hast mir den
glauben gestohlen, der mir frieden gab Schiller 4, 35;
ihr habt mir meine kraft gestohlen G. Hirschfeld d.
mütter s. 19:
so auch:
ihr wolt meinen kummer mir stehlen
Helne 1, 31 EMer (Ueder 3);
der gottes mutter ehr und jun^frauschafft abspricht
ihm seine gottheit stielt '
LoHENSTEix himmel-schliusel s. 24, 499;
ein braver barsch . . . bleibst du deswegen doch (we7in
du auch durdis examen gefallen bist), das können dir
die examinatoren nicht stehlen Spitteler Gustav 22.
mit sächlichem subject : seine schnöde lust stiehlt einem
rechtschaffenen mann den süssen trost, den er gewohnt
war, in den armen einer zärtlichen gattin zu finden
Wieland 8, 71 Berl. (Araspes u. Panthea 4); haimlich
und stillschwigend stilt dir daz alter die blümen diner
Jugend Griseldis s. IX ScJtröder,-
seit dreizehn jähren den schlaf
racblose schmach mir stahl
Droöte-HClshoff 1, 258 (J. grc^f v. Thal 1).
reflexiv gewendet:
er wünscht dir alle ruhe,
die du dir selber stiehlst
Brentano 2. 507.
einem die geUgenheit nehmen, etwas zu machen:
wie gern hält ich dein fest verehrt,
erhöhter Loosz, und dich besungen: . . .
nur mir verbarg den schönen tag
111
1763 STEHLEN (II, 5, t-i)
das sonst geschwätzige gerücbte,
nnd stahl mir, wenn ichs sagen mag,
ein treues lob- imd wunschgedichte
Gottsched ged. 101.
ß) mit unterdrücktem dativ ; so scJion: der teufel . . .
wird ir viel stflrtzen, die da itzt meinen, sie haben das
eTangelium, die heubtpredigt, er, der sathan wil diese
predigt stelen Luther 16, 127, 37 Weim.; es waren
schmerzen, die zu boden schlagen und die kraft stah-
len, zwischen leben und tod za wSJilen Beer-Hof-
MANN d. tod Georgs 117;
würden, die den frieden stehlen,
schwächen him und herz nnd mnth
Becker Mildh. liederb. s. 66.
vgl. auch: der landadel ging schon unbequem frisirt in
die wirthstuben herab und kränkte sich über das ge-
stohlene schönste weiter zur birkhahn-falz {dasz ihm
das schöne weiter, tco er birkhühne hätte jagen können,
durch die huldigung, wobei er zugegen sein mttszte, ge-
raubt wurde) J. Paul 22 {Titan 2), 96.
y) mit präpositionalen bestimmungen: wer schläft da
um mich her so ruhig? ich will ihm den schlaf von
den äugen stehlen Kmnger l, 54 {ztcillinge 3, l). ohne
dativ: und wer war der ruchlose, dessen freche band
es gewagt, die rose aus dem kränz meines lebens zu
stehlen? Hebbel 8, 7, 32;
in dem papier ist ein feindsel'ger inhalt,
es stiehlt die färbe von Bassanio's wangen
A. W. Schlegel Skakesp. i, 90 {kav/m. v. Ven. 3, 2).
&) auch der dativ kann ein unpersönlicJier ausdruck
»ein. einem gegenstände eine eigenschaft stehlen u.
ähnl.: also seynd die (iiachdrucJcer) dreyfache diebe,
indem sie dem nächsten den geniesz seiner mühe und
arbeit, dem käufer seinen pfennig, und dem erfundenen
werck seine gute stehlen Birken d. vermehrte Donau-
strand vor-erinn. 4»>; ich bitte, stehlen Sie Ihrem wüchse
die Schlankheit . . . Klinger 1, 218 (El/ride 2, l);
so stiehlt der miszbranch doch der Wahrheit keinen wehrt.
GCnther 382.
k) 90 besonders in gewissen Verbindungen.
a) im iß.jahrh. häufig: eim sein lob und eer st&len,
seiner eer berauben, depeculari laudem alicuius Fri-
8IUS 391*:
west es dein herre, wir müsten sterben,
wann du jm hetst sein ere gestolenl
Gl. Hätzlerin 2, 7C, 81 ;
er ist ein dieb !
min eer, die mir was werd und lieb,
die bat er mir (kein andrer) gstolen
H. R. Manuel welnsp. 2938.
so aucJi: hat er Ihnen nicht gestohlen Ihren ehrlichen
namen Ueuter 3, 67, 83 Seelm. (strömt. 8, 34). —
so besonders: dann solliche verblendte menschen er-
kennen nit, das sie gotte sein ehere stelen, dem allein
die rachung zflgehöret Luther 15,732,32 Weim.; da
er {Carlstad) wolt dem bapst schuld geben, das er
gottes ehre dieblich stele, der warheyt widderspreche
18, 190, 28;
die scbifer und die bawern han
ein gott erwelet, der biesz Pan,
demselben war das vieh befoln,
das heist gott sein ehr gestoln
Äi.uKRus fat>. 28, 10.
«0 noch: weil er (Satan) gottes diener gewesen, ... so
beinflhet er sich, jhme dergestalt die ehre zu stehlen
Butschky Vathmoa (l677) #. 195. in vollerem sinne
(wie a) : damit er (d. papst) dem herm Christo seine
ehr und rhum gcstolen, auff sich gewendet und sich
MlUt zum gott gemacht KrOobr aktiou v. d. at\f. u.
ende d. weit A 4*.
If) einem da« leben stehlen: zfllefst verm&hclt er
im Agrippinam, ... die stal jm zö Menlz mit gifit das
leben S. Franck ehron. Oerm. (ifiss) iS^;
wann muwr Ukg tiot aatff«siU
nad UM d«r tod 4m Üben stllt
Kbiirbin ktrthenL 14t (U.jahrh):
dafür:
STEHLEN (II, 5, k-t) 1764
meuchlings, um ein paar zechinen,
einem wicht das leben stehlen
ZscHOKKB AbeUino s. 9 ücd. (1, 1).
ich will nicht wissen, wer aus «einem busen
den funken des Prometheus stahl
Kleist Pentha. 24, 2923.
y) concreter ausgedrückt dem vaterlande seinen arm
stehlen, entziehen:
du, der das herz gehabt, trotz deines volks befehlen,
dem lande deinen arm, der ihm gehört, zu stehlen !
J. E. Schlegel 1, 305 {Herrmann 4, 4, 133i);
du kannst . . . alle diese grossebeaute, und diesen ver-
dammten marly, welcher dem gemeinen besten jetzt
hundert tausend bände stiehlt, mit einer schicklichem
kleidung vertauschen Moser patr. phant. l, 8.
(T) einem einen anbiick, eine aussieht stehlen, hier
naturgemäsz mit sächlichem subj.: die besitzer dieses
unnützen gebäudes fliehen es . . . und mir und andern
stiehlt es die schöne aussieht auf das freye feld Thüm-
mel reise 2, 119. so dann auch:
nur einen blick noch! — ahl die hecke,
die mir ihn stiehlt {geinen anbiick entzieht, ihn verbirgt^
LessInq 2, 244 (Sathan 2, 4).
ungewöhnlich mit persönl. subj.: er (Albano) hörte nur
. , . das todesurtheil, dasz die geduldige seele, der er
die Schöpfung gestohlen (den anbiick der seh. geraubt,
die durch seine schuld blind geworden war), noch immer
eingemauert sei . . . J. Paul 23 (Titan 3), 136.
l) besondere beachtung verlangen einige sehr gewöhn-
liche Verbindungen, die beiden hauptbedeiäungsklasset'
angehören, so zunächst die zeit stelen, tempus arripere.
otium sibi redimere, aucupari, et captare tempora, in-
sidiari tempori Stieler 2164.
«) zunächst sich die zeit nehmen: ihr müszt doch die
zeit stehlen; oder wo ihr sie sonst hernehmt J. K.
Schlegel 2, 55 (d. geschafft, miiszigg. 1, 1): in der rege!
mit angäbe eines ztceckes, wozu man sie verwendet, mit
dem hinter gedanken, dasz man sie eigentlich zu anderm
gebrauchen sollte: doch weyl solchs von myr begerd ist,
hab ich myr so viel zeyt gestolen, meynen geyst sampt
ewrem mit eym geysthchen . . . gesange zu erwecken
Luther 15, 360, 14 Weim.,- verachtet ja nicht das gebett.
werdet sein nicht mflde, nemmet und stehlet zeit darzu.
wo jhr könnet Moscherosch insomnis cura par. s. 7>^
neudr.; beulte stehle ich, so zu sagen, eine stundt.
umb zu schreiben Elisab. Charlotte 2, I68 (7. aurj.
1699); ich habe wochenlang nicht dazu kommen können
('eine kleine poetische arbeit niederzuschreiben') und mir
zuletzt ... die zeit im eigentlichen sinn dazu stehlen
müssen Storm briefe i. d. heimat s. 180. mit andrer
nuance:
und da er endlich den augenblick stahl
sie ganz von ferne an ihr versprechen
zu mahnen
Wieland 21, 119 {liebe um l. 7, 241).
so auch im part. perf. : so wie ich dasselbe (buch) . . .
nur in krankheit oder gestohlner und erpreszter zeit
schreiben konnte Zimmermann üb. d. einsamk. (17>
1, S. XIII.
ß) mit dem gewöhnt, dativ des indirecten objeets, seiner
arbeit zeit stehlen, entziehen: ich würde die zeit mei-
nem amte stehlen, um sie meiner bildung zu widmen
Kleist ö, 15t, 20 K. Schmidt (br. vom 13. nov. I800); ich
musz meiner arbeit einmal einen halben tag stehlt!
um dir rechenschafl zu geben von meinem leben ^-
4 (1. mai 1802).
y) einem zeit, eine stunde stehlen, von lästigen be-
suchen u. ähnl., ganz den unier i — k behandelten ge-
brauchsweisen zugehörig: ich hin solchem geschwetz aus
der massen feind denn sie liiiidorn viel guls und stelen
eym die zeit Luther 83, 164, 17 Weim.; während eines
so kurzen aufenthalls sich boy gelehrten aufzudringen,
dabcy kömmt nicht viel mehr heraus, als dasz man
ihnen ein paar kostbare stunden stiehlt Knigor roman
m. lebens 1, U, 14; du hast mir eine kostbare ttunde
gestohlen, lie werde dir an deinem la|>on abgezogen
1765
STEHLEN (U, 5. l—m)
STEHLEN (U. 5, m)
1766
Schiller 2, »5 (räuber i, 3); a. auch Bettina v. Armih
Brentanos frühlingskr. s. 349; so auch:
(merke,) wie diesem, dessen fleisz minnten hat zu zehlen,
der kommt den guten tag zn bieten and zn stehlen;
Heraus ged. u. l. inschr. s. 251.
passivisch: er hätte allzuviel zusprechens und uber-
laufifens von den leaten, vrordurch ihm die köstlichste
zeit unter den bänden gestohlen und vergeblich durch-
gebracht würde Olearius pers. rosenth. 41 *> (2, 3i). —
in anderm sinne: hier muszte ich es erleben, . . . , wie
der mangel an geschick, der eitern wie der lehrer,
seine eigenthümlichen fähigkeiten zu entdecken, ihm
schöne jähre der entwickelung stahl H. Steffens tcas
ich erlebte l, 203. — tciedei- anders nuanciert bei säch-
lichem, subject, aufbrauchen:
wercke stehlen uns die zeit,
fälle die vermögligkeit,
sorgen stehlen uns das leben Logau 1, 7,46;
sag' mir, was ist der arbeit ziel und preis,
der peinlichen, die mir die jugend sta!hl
Schiller 12, 8S {Picc. 1. 4).
J) eine sehr gewöhnliche redeiceise ist dem lieben gott
den tag, die tage stehlen, als Umschreibung des müszig-
gangs: aber jetzt, jetzt wissen die faullenzer, der herr
kommt im thau gewisz nicht; . . . auch nicht vor 5 uhr
des abends: und so stehlen sie dem lieben gott den
tag, und ihrem berrn das brod Moser patr. phant.
1, 267; wenn ich {Schulmeister Wenzeslaus) davon über-
zeugt bin, dasz ich . . . meine untergebenen nichts
lehren kann, und also müszig bei ihnen gehe imd sie
uiüszig gehen lasse und dem lieben gott ihren tag
stehlen Lenz i, 43 Tieck (hofm. 3,4); sie (Tä. StM-m
u. Müllenhoff) stahlen dem lieben gott die zeit, lagen
in den dörfern umher und hörten am liebsten solche
alte geschichten Frenssen Jörn JJhl 30. mundarÜ.,
lothr. unser herrgott d'zitt stehle Follmann 425*; nd.
godd den dag stelen Dähnert 460'».
»0 einem das herz, die sinne stehlen u. ähnl.:
«) der ausdruck einem das herz stehlen begegnet scJton
in der bibelübers.: also stal Jacob dem Laban zu Syrien
das hertz, da mit, das er jm nicht ansaget, das er
flöhe 1. Mose 31, 20 {ebenso in der Züriclier bibel v. 1530^;
was hastu gethan, das du mein hertz gestolen hast, und
hast meine töchter entfüret? 26; auff die weise thet
Absalom dem gantzen Israel, wenn sie kamen für ge-
richt zum konige, und stal also das hertz der menner
Israel 2. Sam. 15, 6. der ausdruck ist an beiden stellen
eine genatte nachbildung des hebr. tlPTX r.S, steht jedoch
in verschiedenem sinne, l. Mose 31 liegt eine hebräische
besonderheit vor, wobei herz für 'sinn, verstand' steht,
die tcendung also 'täuschen, betrügen' {xkinrety yöoy)
bedeutet, vgl.: hertz stelen ist ebreisch gered soviel als
etwas thun hinder eins andern wissen', bedeut aber,
das die gleubigen den rechten kern gottes wort fassen,
des die werck heiligen nymer gewar werden Luther
24, 548, 33 {anm. zu 1. Mos. 31, 20). {ähnlich: dich, der
sich durch feinheit des Verstandes . . . vor allen in Rhodos
unterscheidet — der du in Unterhandlungen den geist der
menschen stiehlst . . . Klinger 2,402, DamoklesS.) 2. Sam.
15, 6 dagegen hat herz die bedeutung 'neigung, liebe' (so
bestrickte Absalom die herzen der Israeliten Kautzsch).
ntir dies entspricht dem allgemeinen Sprachgebrauch, vgl.
atccli herz B, I, 4, k und herzensdieb, th. 4, 2, 1216 u.
1234. so tn deutlicher anlehnung an diese bibelstelle:
dardorch sie dann jhr gegenlieb erwucheren, unnd
nach biblischer sprach zureden, jhnen das hertz stelen,
unnd das lauff mir nach geben Garg. s. 108 neudr. in-
dessen geht es doch nicht an, die redeiceise, die gewöhn-
lich in erotischer besiehung verstanden wird, allein dar-
aus herzuleiten, da sie im Hede schon vor Luther nach-
zuiceisen ist:
ä ('«Mt» /roui') ist ein heimlich dieb : . . .
81 etilt das hertz mim übe
Hugo v. Montfort 38, 33;
mein hertz hat sy gestolen
Gl. Hätzlbsin I, 43, 56,
a. attch 106, 29.
ß) sehr gexcöhnlich in der spräche der dicMung seit
dem n.jahrh.; zumeist von der {oder dem) geliebten ge-
sagt:
weil da mir mein hertz (mein hertz) schon
längst gestolen
Weckherlin 2, 383 Fisdier;
du hast, dir unbewoszt, das hertze mir gestohlen
(mihi cor rapttitU)
Hofmannswaldaü bei Steinbach 2, 718
{der uxitere belege giebt);
disz musz der schätz o göttin seyn,
der Atalantens hertz soll stehlen
LoHENSTEts Armin. 2, 1432*';
das fränlein Echo sah einmal
den ahnherm der Narcissen,
der manches jimgfemherzchen stahl
HöLTY «. 5 Halm;
du liebesdiebin ! was? du kamst bey nacht,
stahlst meines liebsten herz?
A. W. Schlegel Shake«p. l, 241
{gommemacAtstr. 3, 2),
a. audi i, 13* {kaufm. v. Ten. 5, i); {im bilde:) von einer
fremden buhlerin wird ihm in jugendlichem zauber auf
lebenslang sein herz gestohlen Herder is, 159; beym
tanz der nymphe Galatea, wo er als einer der flink-
sten Jünglinge mir mein herze stahl maler Müller
i 1, 154. mit Zusatz, nur gleichnisiceise gesagt: und wäh-
rend sie lieblich spricht und lieblich lächelt, und mit
doppelter süszigkeit die sinnen berauscht, stielt sie
ihnen gleichsam das herz aus dem busen Heinse 8, 298
Schüddekopf. mit abstractem ausdruck ala atUtj.:
liebster, deine worte stehlen
aus dem busen mir das herz
• RCCKBRT 1, 380.
so auch, mit einer auffrischung der eigentlichen bedeu-
tung :
beehren Sie mit sanftem tritt
die blumigen gemacher,
und bringen Ihren iunker mit,
versehn mit bog' imd köcher!
auch herm Merkur! der weisz den pfiff;
wenn Sie's ihm nur befehlen,
wird er durch einen meistergriff
des fräuleins herz mir stehlen.
J. M. Miller ged. s. 100 ('an die Venus').
doch werden dieselben Wendungen auch in andrer ala
erotischer beziehung gebraucht: denn es ist keine grössere
Zauberkunst sich beliebt zu machen, und andern das
hertz zu stehlen, als wohlthat und leutseligkeit Lohen-
stein Armin. 1,87**; noch etwas, das dem Elngländer
das herz stahl! alles ist (ün Staate Friedrichs d. gr.)
gleich weit vom throne Hippel lebensläufe 3, l, M8;
ja, ich kenn' ihn,
den blick, mit dem er sich die herzen stiehlt!
(Z. Werner) söhne des thala 1, 92
{anschlieszend an die unier 5, c. ß ausgezogene stelle), da-
für bescheidner, ungewöhnlich: da ich nicht mit meinem
nameu zu dir kommen durfte, hab' ich mir ein stück
deines herzens gestohlen Freytag 2, 76 {brautf. 4, 2).
y) während diese Wendung der ersten hauptklasse dieser
gebrauchsweise zuzurechnen ist. insofern der stehlende ja
das herz, d. h. die neigung der metischen, nun besitzt,
fallen in die zweite äJmliche, denselben sinn umschreibende
Verbindungen, wie einem die sinne stehlen, solche be-
gegnen schon in mhd. dichtung, wobei gewöhnlich die per-
sonißcierte Minne als subject steht:
und stilt ei mir gedanke alsam ein diep
Reinmar V. ZwETER 30, 6 (vgl. d. anm. v. Robtub) ;
si sprach: 'ich, Minne, kan stein . . .,
swaz in dem herzen wirt geleit
witz und guoter sinne'
Ottokar retnchr. 18S66;
vgl. attch Wolfram Tit. 66, 4. — dann wieder sehr ge-
wöhnlich im n.jahrh.:
ihr diebgen, die ihr uns die treuen sinnen stehlet
Rachel sat. ged. t. 139 neudr. (10, 13);
▼on lieb ist ihr gestohlen,
von lieb all sinn, and witz
Spee trutm. (1649) <. 58, lö;
in» "
1767 STEHLEN (LI, 5, »«-«—6, 7)
nachdem der schwanen aumn straal,
die tracht und anmuht der Dorinden
mir meiner sinnen rüder stahl
(Stielkr) iiehamgchte Vcnut 24 neudr. (7, 2).
dafür sogar:
wo ist die lieblich art, die mir mein hertz kan
brechen,
und mich selbst stelen mir?
KiRCHNBR bei ZiNKGREF avtcrl. gtd.
s. 27 nctidr. (23, 5, 6);
vergebt mir, wann ich sag
zur antwort, auf die frag,
wer mich mir hat gestohlen?
ich sag es unverholen :
o göttinn meiner lieb,
ihr selber seit der dieb
S. V. Birken Oftländ. lorbeerh. s. 86;
so auch: du stiehlst mich ganz mit deinen holden Wor-
ten I Klinger theater 3, 228 (rf. dencisck 4, 9). ähn-
liches auch in neuerer dichiung: wie sie mich dann
beim schlusz anlächelte, und mir boshaft alles, ruhe,
freude, leben stahl Tieck 2, 285 {d. abschied 1,4); in
Verbindung mit herz : Gisella kann nicht mhen; ihr habt
der fürstin hera und ruh gestohlen Klinoer Ofio 46,
23 neudr. (2. 8"; so:
sie stahl des gärtncrs herz und sinn
LiCHTWKR üsop. fabeln 43 (l, 23: die tulipane);
sonst in anderer als erotisdier bezieJiung:
der dämon (der diebiuvg) nimmt dein herz,
stiehlt dir die seele,
er fQllt allein dein ganzes denken aus
Ebner-Escuenbach 1, 197;
iceiterhin, mit andrer nuance: o dasz wir einen bösen
feind (d. wein) in den niund nehmen, dami^ er unser
gehirn stehle {to steal au-ay tJieir brains)i Shakesp. 8,
218 {Othello 2, 3) ;
es stiehlet geld und gut,
das endlich doch verflencht, den meisten
ihren muht,
und heist die furchtsam seyn
Treuer deutscher Dädalus 1, 637.
n) technische besonderlieiten.
a) ungewöhnlicJi ist gestohlenes tempo als musikaus-
druck, übers, von tempo rabato (freie behandlung des
tempos an leidenschaftlichen stellen, wobei einzelne töne
über die Zeitdauer der note hinaus gehalten, andre ver-
kürzt tcerden): einem rechtschaffenen virtuosen darf er
{der geschickte 'accompagnist') gewisz nicht nachgeben:
denn er würde ihm sonst sein tempo rubato verderben,
wa« aber das gestohlene tempo ist, kann mehr gezeigt
als beschrieben werden 0. Jahn W. A. Mozart l, 18.
ß) in Estland bedeutet stehlen 'so nähen, dasz von
zwei zusammengenäliten stücken das eine nicht so weit
reicJit, vrie das andere' Sallmann 85*.
e) zuweilen entwickelt sich bei stehlen der begriff der
ortabewegung ; verbunden mit der gewöhnlichen bedeutung:
sd stil ich dag golt nnder minen mantel deutsche
mystiker 1, 278, 35. so schrieb Lutheu Hiob 21, 18 zu-
erst: sie werden seyn wie stro für dem winde, und wie
sprew die das ungewitter stilet, ati-ich dann das letzte
wort und setzte dafür: wegfuret, *. bibel 1,421 Weim.
{Berl. hschr. 1623/4). vgl. auch:
und seufzet stahl, und kreiselt'
er (d. zephyr) hin zu ihrem (der rose) ehr
BiXMAUKR ged. 58.
in folgender »teile ist der begriff des heimlichen weg-
nehmen» sogar ins gegentheil verkehrt, doch nur als ver-
einleite neulildung des parallelismus wegen:
(<ier golt der liebe) stielt leia' hinweg
der nympbe scharfeu bogen
und stielt ihr seinen bin IIbkuer 25, 660.
7) von solchen fallen scheint die reflexive gebrauch»-
wei»e aich davon stehlen, »icJi heimlich davonadileicJien,
•ich wohin itehlcn u.».w. auazugelien. indessen i»t sie
nicht nur ungemein häufig, während au»druckswei»en
t»ie die hrhandelten ntir ganz vereinzelt begegnen, »on-
ätm «te i»t auc/t alt und kommt aucJi in andern germ.
»praehen vor. «o «. b. altn. ttelask at überfallen, ate-
STEHLEN (7, a-b)
1768
lask fri Cleasbt-Vigfussox 591'', norw. stela seg til,
av Aasen 749", dän. stjaele sig bort, ind v.s.tc. auch
engl, to steal oneself away, into u. ühnl., doch hier
häufiger neutral to steal sicJi heimlich wohinbegehen, to
steal into the house at dusk, fo steal ahead. away, ofT,
to steal in upon beschleichen u. s. n:. und so schon
miitelengl.: Marie . . . stal a wei fiam hire cunne, s.
StratmannBradley 676*. im altdeutschen unbezeugf,
dagegen mhd. sehr gewöhvlicJi, s. Lexer hwb. 2, 1173.
(in den irörterbüchern zu Nib. und Iw. nur in dieser
Verwendung.) auch mnd.: unde (der cardinal) stal sik
hemeliken utc deme lande Korner bei Schiller-Lüb-
ben 4, 881 ''. (im nd. auch vntndartlicli : sik af, weg
Stelen bi-em. wb. i, 1013; hS steld sük weg ten Doorn-
KAAT-KOOLM. 3, 308''.) m^n hat daher in dieser me-
dialen gebrau chsiceise, trotz mangelnder bezeugung für
einzelne sprachen und ältere .«prachstufcn , eine selbstän-
dige, schon im urgerm. ausgebildete entwickhing aus der
grundbedeutung der heimlichen fortbewegung tu sehen.
a) zicischen dieser und der gewöhnlichen bedeutung von
stehlen vermitteln Wendungen ide sich einem stehlen,
entziehen :
wann schenkt der himniel mir die stunden noch einmal,
da ich, bey dir zu seyn, mich andern freunden stahl?
GisEKE poet. werke «. 51.
so schon mhd.:
swer sich der werlde wolle stein . . .,
der neme sich geistliches lebens an
Hugo v. Trimberg renner 2999.
SO auch tvortsjnelend :
nein, heimlich fort : nicht strafbar ist der dieb,
der selbst sich stiehlt, wo keine gnad' ihm blieb
Shakefp. 9. 304 (Mach. 2, 2;.
b) zunächst eigentlich von personen.
«) am häufigsten mit ablativischen ausdrücken, mit ad-
verbien; mhd. dan:
er stal sich swJgende dan Jw. 3227.
später von dannen :
von dannen stalent si sich nachts
gehweis, volksl. 2, 7 (histor. licd von 1368} ;
zoch er (Idomencus) in stille ab zumal,
sich heimelich von dannen stahl
Spreng lUa* 178'';
wenn die griifin nahte, stahlen sie sich scheu von dan-
nen Storm 2, 272. am häufigsten sich davon stehlen :
der dir vor grosz titel züschrib . . . , geht ehe ein an-
der gassen ein, ehe er dir einn guten morgen geb, unml
stelen sich also binden fein gmach davon wie die jüu
ger von unserem hergot S. Franck sprüchw. 2, 38*;
aber, wenn zulozt sich miluscbenstill . . .
unser bräuUgam davon gestohlen
GöCKiNGK 3,62;
Warw. mich wunderts, wie der könig uns entkam.
York, da wir die nord'sche reiterey verfolgten,
stahl er davon sich (he «Uly stole atvay), und veriit-.;
sein volk
A. W. Schlegel Shakesp. 8, 187 (Heinr. VI., 3. Iheil 1, 1).
(hin)weg, fort (vgl. th. 4, I, 84 und 4, II, 1541) :
der . . . hete sich vor enwec gestoln Iw. 6886;
sie verlassen; sich heimlich von ihr hinweg stehU'ii
. . . WiELANi) Agatlion 2, 60 ;
dieser ist mir der freund, der mit mir strebenden» waiulelt.
l&d't er zum sitzen mich ein, »tehl' ich für heule mich weg
GöTiiE 1,401 (vier jahrtts. 68);
ich stahl mich heimlich fort au« Alys echlosx
Heine 2, 257 EMer.
hinaus:
wann bUU' und nacht verliebten raub verhehlen,
dann wollen wir zum thor hinaus uns stehlen
A. W, SciiLEUEL .Shakerp. 1, 187 (tommemachtttr. X, 1).
auch: ganz in der stille stiehlt sich ... ein einxelnor
bei Seite Dahlmann franz. rev. 6.
fl) mit Präpositionen; aus: do ... ist der gotts-
fftrchüg valter in die Engclburg geschlupfft, damooh
sich darusz gestolen ond also . . . sich usz dem staub
\
1769
STEHLEN (11, 7, h)
STEHLEN cn, 7, b-c)
1170
gehaben ülr. v. Hltten 5, 369 Böcking; früh drey
uhr stahl ich mich aus Carlsbad, weil man mich sonst
nicht fortgelassen hätte Göthe 27, 5 (aus dem Carlsbad
weg tageb. i, 147); bald darauf stahl ich mich aus der
thür und umschlich , leise und behutsam, mein haus
Hebbel 8, 193, 30;
Unfalo der ungetrew man
aus dem schaff sich heimlichen stal
Teuerd. 43, 65;
ja — wer auch nur eine seele
sein nennt auf dem erdenmnd !
und wer's nie gekonnt, der stehle
weinend sich aus diesem band ! Schiller i, 1 ;
und aus der freude kreis mnsz ich mich stehlen
13, 284 U^ngjr. v. Orl. i, 1).
— von:
er stal sich von den frouwen j\7ö. G63, 1 C;
von meim vatter hab ich mich gstoln.
meint jhr und das er es underlasz,
mir nicht nach forsch auff alle strasz?
AvRER 2204, 2 Keller (.Sidea 4);
der eine nach dem andern stahl
sich leise von dem kampfplatz
Herder 27, 296 ;
in solcher nacht
stahl Jessica sich von dem reichen Juden
(did Jessica steal from the wealthy jew)
Shakerp. 4,225 (kav/m. v. Ven. 5,1);
stahlst du dich neulich von der jagd . . .?
Grillparzer* 5,11 (fl<M</r.);
mit der selben rede stal her sych do von dem czoUe
Behrend Magdeb. fragen s.2i3; ich hab mich yeczund
von im stelen müssen (io mi son teste . . . scantonata
da lut) Arigo decam. 499, 19 Keller (8, 7), *. auch 481, 8;
also nam des blinden fürer die hosen und schüch . . .
and stal sich haimlich von dem plinden leg. vom hl.
Ulrich 67; er ging durch die Goldacher und Seldwyler
. . . hindurch wie ein toter , der sich gespenstisch von
einem Jahrmarkt stiehlt G. Keller 5, 44. — nicht
selten vergleich mit einem diebe, an die gewöhnliche be-
deutung erinnernd (vgl. 1,6), so Paracelsus 1,143B
unter I, 4, a, ß, aa; man kann den hungerleider noch
im grabe pfänden . . . ; denn der sarg ist nicht bezahlt,
er hat sich aus der weit gestohlen, wie ein dieb aus
dem gefängnisz Hebbel 8, 192, 14;
der sich von uns stal als
ain dieb
fastn. sp. 420, 25.
y) sich wohin stehlen; mit adverbien:
nach disem heile
stal er sich wider in Erec 2514;
mit sime leun stal er sich dar Itcein 7806;
wisset jhr, wie er sich rein (t'n den himmel) gestolen?
Hayneccius Hans Pfriem 1080 (2, 6);
man sah, dasz in des dunkeis hag
feldein sich mancher reiter stahl •
Dhoste-HOlshoff 2, 159;
welch ein elend erblickt' ich! und tief, wie unter der erde,
war es verborgen gewesen, und stahl sich, als wäre es Sünde
gegen die glücklichen brüder, auch jetzt noch zögernd und
ängstlich
.... hervor aus den löchern I
Hebbel 8, 293 (jnutier u. Und 2, 463).
sich in ein haus stehlen; dieweyl so hett sich der cal-
facter wider in die schul gestolen Schumann nacht-
bilchl. 2i\, 8 Bolte (2, nr. 43); wiewol er nun öffentlich
sich nichts mehr merken liesze, so lohete doch heim-
lich sein liebesfeuer, und stähle er sich in der Antonia
palast, wann er nur konte Anton Ulrich v. Braun-
SCHW. Octavia 2,924; Fritz . . . stahl sich ziemlich ver-
schämt in das haus G. Keller 4, i&9; wenn er . , .
den braunen allein zum hof traben liesz und sich
selber durchs seitenpförtchen in den garten stahl Vie-
BiG d. schlafende heer 20;
ich will mich sachtchen in mein bettchen stehlen
GöTUE 11, 341 (ua« wir bringen, fort». 6);
ich wollt' ihm nahn, er aber nahm es wahr,
und stahl sich tiefer in des waldes dickicht
{and stole into the covert of the wood)
A. W. Schlegel Shakesp. l, 14 {Romeo 1, l).
so dann iceitei-: durch die hoheit und zahl meiner wün-
sche werd ich mich in der geister gewühl stehlen
Schiller 2, 393: gestohlen hab' ich mich in die weit,
ein bastard bin ich, ungerufen nur gekommen! Gutz-
kow ritter v. geiste 9, 476. — nach: von B. aus habe
ich hoffnung mich nach Reinfeld zu stehlen und mein
Schicksal endlich zu entscheiden Bismarck br. an s.
braut u. gattin 8. 506 (30. aug. 62}. zu:
den gottesacker will ich mir
zum liebsten ort erwählen,
und manchen abend mich von hier
zu Hannchens grabe stehlen
Eschenburg beispielsamml. 5, 113
(Miller 'klaget, e. bauern'. dafür in dessen 'gedichten'
s. 35:
und jeden abend mich zu dir,
du liebes Hannchen! stehlen).
mit andrer nuance mhd.:
swer güetlich grüeget einen man,
dem er guotes niht engan,
der stilt sich hin zer helle
Vridanc 131, 19.
met«< zu einem:
denn er bellte mir einst mein mädchen an, da sie sich
heimlich
zu mir stahl Göthe 1,285;
als man der heimath näher kam , stahl sich auch man-
cher treue mann zu den seinigen hinweg Treitschke
deutsche gesch. l, 248. ähnlieh frühnhd.: ainer under
dem dritten hauffen, stal sich für jn {kam heimlich zu
ihm) S. Franck chron. Germ. 117*.
d") mit andern präpos.: sich durch die Soldaten Ste-
len, clam penetrare exercitum Stieler 2164; und hatte
sych myt logenhafftiger rede gestolen durch dy czölle
Behrend Magdeb. fragen s. 243; gleich flüchtigen die-
ben, müszten sie sich durch wachsame und erbitterte
feinde stehlen Schiller 8, 12«;
und als ich nun . . .
mich stehlen wollte durch des volks gewühl
Geibel 5, 7;
Bodmer stahl sich über die alpen Herder 18, 164;
nun sah er in den mondenstrahlen, . . .
wie sich u m ' s eck zwei männer stahlen
Len.ku 530 Barthel {Savonar.).
e) so in freierem gebrauche : der gnome sah wol, dasz
bei dem sorgfältigsten bestreben, durch tausend kleine
gefälligkeiten sich in der schönen Emma herz zu steh-
len, ihr keine liebe abzugewinnen war MusÄus volk»m.
1, 14 Hempel {leg. v. Bübez. l) ; erzähl es ihm wie du
dich in ihr herz stahlst Schiller 3, 412 [kab. u. liebe
2, 5) ; so was von dieberei ist allerdings dabei, sich in
das geheimnisz eines andern zu stehlen Arnim 2, 107;
drittens aber . . . setzt er sich herab, wenn er sich . . .
in eine familie stiehlt oder hineinlocken läszt, welche
ihn wie einen eindringling betrachtet Holtei erzähl,
sehr. 5, 54;
denken Sie nicht etwa,
dasz ich durch lügenkünste, ^leisznerische
gefälligkeit in seine gimst mich stahl
Schiller 12, 81 {PUcol. 1, 3).
femer: eine metaphysick und theorie der künste . . .,
die vielleicht an Verwegenheit, sich in die tiefen zu
stehlen, ihres gleichen noch nicht gehabt hat Lichten-
berg aphorismen 3, 53, 35.
c) ueniger eigentlich von dingen, die sich in unerwarteter,
ungewollter oder durch hindemisse erseJiicerfer tceise be-
wegen, a) von gliedern des menschlichen leibes: langsam
sucht sich eine band zu ihr zu stehlen A. Croissant-
RuST arche Noah 378. — vereinzelt von allerlei gegen-
ständen, als poetische Umschreibung des passivs: ein
kleines Clavichord wuszte sich unbewuszt ins haus
{Händeis) zu stehlen {wurde heimlich Jiereingeschaffi)
und nahm oben unter dem dache platz Chrysander
Händel 1, 16; oder als bezeichnung einer eigenen bexcegtmg,
mit einer art personification :
nun, so schneide dir
mit deinem degen eine locke ab, ,
da stiehlt sich eine unter'm beim hervor
Hebbel 4, 288 {Nib. III, 4, 9).
1771
STEHLEN (II. 7, c)
STEHLEN (II, 7, c) — STEHLER 1772
wieder anders nuanciert von einem wege:
nebenan stiehlt ein gäszchen zum Bteinbruch sich
Freiligratii* 3, 218.
ß) gern von ßüssigkeiten :
mir vrars, als führte mich in einem öden thal
der Echwcrmuth kalte band in eine hSIe,
aus deren schoose sich ein heitreu quellchen stahl
Pfeffel poet. vers. 6, 160;
fort, fort! und echnell gereinigt, wo des blutes spur
vom leichnaon sich vielleicht hinab zum boden stahl!
GöTHE 46, 44 (Evrip. Pliacihon 156);
so simiend war' entschlummert ich znmal,
wenn nicht der thau sich durch den mantel stahl
Droste-Hülshoff 2, 111 {des arztes verm.);
bevor die flut sich wieder näher stiehlt
LiLiENCRON 12, 102 {Poggjr. 19).
besonders von thränen'- Yorick hörte sich diese traurige
prophetische rede fast niemals vorsagen, oder es stahl
sich eine thräne aus seinem äuge Bode Tristram.
Schandi 1, 70 ; einzelne thränen stahlen sich aus den
schönen äugen, indem sie sich bemühte, ihn freund-
lich und lächelnd anzusehen Hauff 8, 2, 221 Bobertag
(Jud Süsz 4).
j') häufig von licJii strahlen u. ähnl.: wenn . . . die
hohe sonne an der Oberfläche der undurchdringlichen
linstemisz meines waldes ruht, und nur einzelne strah-
len sich in das innere heiligthum stehlen Götue 16, 8;
(t«i bilde:) wie gebrochen und magisch stahl sich der
Sonnenschein der äuszern weit in den heiligen dunkeln
irrhain der innern J. Paul 21 (Titan l), 56; einzelne
Streiflichter stahlen sich durch ritzen und astlöcher
Bettina Goethes briefw. 2, 199; auf dunklem waldpfad,
wo sich das mondlicht durch die blätter stahl Storm
1, 309;
wie lieblich, wann dein {des ahendrotlis) rother schein
.... sich durch das holunderdach
in meine laube stiehlt Salis ged. 40;
sanft stahl der mond sich durch den blauen flieder
Kind ged. 2,294;
die Sonnenstrahlen stehlen sich
behende durch blätter und ranken
\V. Müller 267 Uatfldd, s. auch ». 344;
ich schreite in die nacht hinaus,
entgegen jenem Schimmer,
der aus dem forstverlornen haus
sich stiehlt mit schwachem flimmer
Heüuel C, 204;
«0 ai*eh:
feiner:
sonnstrahl schlau
und Ostwind lau
stehlen sich in's barem beide
RCCKERT 2, 38;
bis die süsze dämmerunge
sich in das gemütbe stahl Tieck 1, 113.
es fleucht hinweg
mir die färbe, die sich luis' in die wangen stahl
Herder 26,233 {Nor. od. 1, 13, 5/.).
d) äuszerungen von gemüthsbewegungen ; seufzer steh-
len sich aus dem busen, worte von den iippen u. iüml.:
ein tiefer seufzer, der sich aus Nettcns busen stahl
Bode Tliomas Jones 6, 82; ein leiser seufzer . ., stahl
sich über ihre sUssen Iippen Klincer l, 207 (Elfride 1, 8);
und von der lippe stiehlt sich höhn und scherz
mod. dichterdtaraktere (1885) 99 (IIerm. ConraüI);
•0 ferner: ein schmerzlicher zug stahl sich um ihren
niund, aber er verschwand wieder Storm 2, 829. von
blicken, mit ungeicohnlicliem ausdruch:
wenn augcn eich in augcn stehlen
ÜCIIILLBR 8, 166.
0 at^f geistiges angeteendet: liebreichere eracheinungcn,
— sanftere regungen stahlen sich unvermerkt in seinen
Schlummer Bode Tristram Schandi 0, 146; isz wurzeln
und trink pfUzcnwasscr; es kommen doch stunden, wo
sich miulchcngcstaltcn in deine fantasic stehlen Sciiu-
BART leOen u. gesinn. «, 8J0; gcdankcn, wünsche, . . .
die scheu Tor des lagcs licht sich verkrochen, . . .
stehlen sich in das stille haus des traumes G. Büchner
s. tcerke 83 Franzos {Dantons tod l). — durch ihre
groszen offenen äugen stahl sich Abrokomas Schön-
heit unvermerkt tief in ihr herz Bürger 252»; nur
dasz bei Romeo die liebe durch das äuge sich in das
herz stahl Bauernfeld ges. sehr. 2, 38 (d. letzte abeti-
teuer 2, 8);
stielt mitleid sich zuerst ins herz,
die hebe stielt eich nach Herubr 25, 603;
wie aus unmerklich gesprungenen gefässen langsam das
Wasser sich verliert, ... so stahl sich, ohne dass sie
es wussten, aus denen, die Georg liebten, der reine
schmerz um ihn Beer-Hoffmann d. tod Georgs 182. —
je mehr aber die theurgien aufkamen, und leider sich
auch ins christenthum stahlen Herder 20, 55;
im kleinen stUbchen . . .
sitzt sie und stickt, den holden blick gesenket,
dasz sich in's reine werk kein fehler stehle
Brentano 2, 481 {'Mariens bOd').
STEHLEN wird in der altern spräche nicht selten für
stählen gesdiriehen, vgl. das.
STEHLER, m., einer der stiehlt, mhd. steler Lexer
hdwb. 2, 1171: anclator . . . steler, diep, lecker Diefen-
bach gloss. 84* (voc. theut. Nürnberg 1482); dieb, steler,
für, lavernio, latro Henisch 690, 12; stcler, der, für,
expilator, praedo Stieler 2164; vgl.: steler autem sive
Stehler . . , est für et praedo 2117 (unter stäler); rub-
batore, ladro Kramer dict. 2,952**; Stehler (der, i.e. dieb),
furator Steinbach 2, 719. — stehler ist eine junge bil-
düng für dieb {vgl. stehlen I, l und II, l, b), gebildet
als reimwort zu hehler, mit dem, es in der regel formel-
haft verbunden ist, vgl. dieses, th. 4, II, 787, mhd. heisere
Lexer hdwb. i, 1228, und J. Grimm rechisalferth.* i, 47.
'Stehler, der, kömmt nur noch in dem, Sprichworte vor:
der hehler ist wie der stehlcr; sonst sagt man dieb da-
für' Braun orthogr.-gramm. wb. (1793) 245*"; cicTWo Ade-
lung. — stehler kommt zuerst im mhd. auf, es begegnet
bes. in gewissen sprichwörtliclien redeweisen: der hehler
ist so galt, als der stehler Butschky fafhmos s. 198;
ebenso Schuppius sehr. 224; der häler ist so gut, als
der steler, utrique fures sunt, ei qui recipit, et qui
furatur Stieler 2164, ebenso Kramer dict. 2, 952^;
Steinbach 2, 719; Adelung; luxemb. wb. 422'»; hinter
jenem ist der diebstahl gefunden worden und du hast,
den diebstahl gethan zu haben, selbst bekant. der häler
ist so gut, als der stehler Grimmelshausen 4, sae, -.'
Keller {Joseph 15); auch dän. bseleren er saa god, som
stjseleren, *. Molbech^ 2, 1006. es ist eben der heler
wie der steler S. Franck sprüchic. i, 70»; der h&ler ist
wie der stAler, in einer straff und sünd, der räther alä
der th&ter Guarinonius grewel der verw. 226; s. ferner
L. Sandrub hist. u. poet. kurizw. s. 84 neudr.; der hebler
ist wie der stehler, ein dieb so gut als der ander Leu-
mann 4, 72, 5; stehler, ist um des reimens willen im
Sprichwort: der hehler ist wie 'der stehler, für et qui
furtum tegit eodem supplicio digni sunt Frisch 2,828*.
so sclion mhd.:
beler sind steller das ist war
Lassbbro liederg. l, 485, 78;
lantzwinger und heller
sint als boesz als die steler
da teufeU nett 18851 Barock;
in dreigliedriger fortnd: da heists, der h&ler und der
stehler, und der den sack auffhobt, ist ein dieb wie der
ander Uannhauer catech. milch i, 286; stcler, beler und
befelhor sind drei diebe Eiselein 577; Wandkr «, 803.
femer: der hehler ist fauler als der stehler. der hohler
und der stehler sind ein gumpisch Kirchhopkr ack\ceix.
spriUhw. s. 144; dann stiller und hfilor'tTbgehn gleich«
fÄlcr Uarg. s. 43i neudr.; daher der rechtsgrundsiUs :
schuldig Ut der solbig h&ler
widerkerung gleich ditm stelor
äCIIWAU/.KMIBRC (Yc. 110^;
und wenn beerilTen wirdt der heler,
muaz biUich Langen mit dorn slolcr
U. ^VALU1^4 Etopu» 1, 00, SO.
1773
STEHLER - STEHLEREI
STEHLEREI - STEHLUNG
1774
zur begründting: wann kein hehler were, so were auch
kein stehler, darumb seind sie gleicher straff würdig Leh-
mann *, 73, 21; 8. auch Ettner mediz. maulaffe 273;
wo kein hehler ist, da ist kein stehler Gueintz deut-
sche rechtschr. s. 80; wäre der hehler nicht, wäre der
stehler nicht 'weil der dieb, ohne unterschleif bey andern
zu finden, sein untcesen nicht icohl treiben kann' ScHELL-
HORN sprichw. s. 41;
denn ohne hehler würden wohl
der Stehler wenig seyn Gobkingk 2, 26.
daher:
andrerseits:
der hehler
macht den stehler
Wille »itienl. 113.
der heier wil tmschuldic sin,
s6 den steler twinget pin
HcGO V. Trimbkrg renner 3970.
dann auch auszerhalb solcher fwmeln:
(quintus denwn dicit . . .)
rauber und spiler, . . .
heier und steler, ...
die pring ich all mit mier herein
Erlauer spiele 4, 100;
einen mSrder, einen stehler
einen Wäscher, einen höler . . .
hat in dem man zn erkennen,
den man kan versoffen nennen
LoGAU 1, 10, 11;
wage der gewandte stehler
bündnisz mit dem pfiffigen hehler
GöTHE 4,289 Weim.;
wie weistu, ob sie nicht vertraute gesellen werden, und
einander woU verstehen: einer nemlich ein stehler, und
der ander ein hehler Olearius pers. baumg. 4* (l, 5);
wäre auf solche weise der gute name geschützter Juden
in Sicherheit gesetzt und würde darinn durch strenge
gesetze gegen verlocker und betrüger, gegen hehler und
stehler, gegen zins-, trödel- und betteljuden erhalten
Herder 24, 71 ; wenn (im Pendschab) ein diebstahl ge-
schieht, so hat der zemindar, in dessen gebiet er ge-
schieht, ihn zu ersetzen; denn man setzt voraus, dasz
er der hehler des Stehlers ist Ritter erdkunde^ 7, 181,
äJmlich auch 14, 924; glauben Sie mir, die mutter würde
jetzt ruhig die hehlerin abgeben, wenn sie den stehler
aus dem inquisitoriat wieder zurück hätte Gutzkow
ges. tcerke 2, 204 (d. emporblick 5) ; so arbeitet der kund-
schafter dem dieb, der hehler dem stehler selbstst&ndig
in die bände Riehl d. deutsche arb. 247; wohin mit der
weit, wenn die stehler und hehler frei herumlaufen!
Rosegoer III 8, 240. — selten dagegen stehler ohne
hehler: wo der mond in solche beGnsterung geht, da
mehren sich rauber, steler und dergleichen, die des
andern gut ohn arbeit begeren Paracelsus opera 2,
648 A ; Benedict, die alberne sünde eines schulknaben,
der voller freuden über ein gefundenes Vogelnest, es
seinem cameraden zeigt, und dieser stiehlt's ihm weg.
d. Pedro, willst du denn das zutrauen zur sunde machen?
die sünde ist beym stehler {the transgression ia in the
stealer) Shakesp. 3, 280 {viel lärm 2, j) ; mecklenb. kinder-
reim:
wih (weihe) wih wäderhex,
de stähler kricht in 'n laben nicks
WossiDLO voUuüberl. 2, 1146.
in andrer reimbindung in Davos, wo man dem klappern
der mühlräder verse unterlegt, die anfangen:
miillar, mahlar, roggastahlar
BüHLBR 4,118''. — (pleonast. stehlerdieb, *. unter
Stehldieb.)
STEHLEREI, /., seltene abstractbildung tu stehlen:
steinng, die, et das stelen, it. die stelerey, rapaeita»,
furacitas, direptio, compilatio Stiel er 21Gö;
und wie dir sey gen got misslangen
an eeprnch und mit stelerey
RosENPLlJT d. beicM, s. fattn. tp. 1100;
wovon wimmelt denn der polizeibericbt? lauter stecherei,
stehlerei, strikerei, trunksucbt, arbeitsscheu Ilse Fra-
PAN vom exoig neuen 228. — von diebstahl (Jth. 2, 1077/".)
unterscheidet sich stehlerei durch den iterativen sinn;
doch auch im plur., von den einzelnen fällen, den feh-
lenden pl. von diebstahl ersetzend: der könig hatt . . .
gelt gelehnt, wo zu die minister praff geholffen, den
wo der könig einen heller gezogen, da haben sie . . .
pistollen bekommen, undt durch ihr schelmereyen undt
stehlereyen, den könig undt königreich arm . . . gemacht
Elisab. Charlotte i, 250 (17. oct. 1717).
STEHLERHAFT, adj., s. stehlerisch.
STEHLERIN, /., foemina rapax, milvinis , vel aqui-
Unis unguibus foemina Stieler 2164: dau schlechtes
mensch, dau stehlerin, dau — Gl. Viebig kinder der
Eifel 127 (am Totenmaar).
STEHLERISCH, adj.: steierisch, et steücht, adj. et
adv. furtivus, furtificus, et furtim, diciiur etiam steler-
haft, et stelhaft, furax. rapax, et furaciter. steierisches
gesinde, praedonum caterva, manipulus furtim Stieler
2165; stelisch, steierisch, stelhaft, adj.: furace. rubbace,
dato, soggetto, inclinato al rubbare. v. diebisch Kramer
dict. 2, 952*>; danach Campe; 'besser: diebisch' HeinsiüS
4, 768*».
STEHLEÜCHTER, m., zum uvf erschied von wand- und
hängeleuchter, vgl. Stehlampe, und standleuchter, *p. 778.
im Seewesen eine elektrische lampe, die durch eine beweg'
liehe leitung mit dem netz verbunden ist und zur beleuch-
iung von kajüten und tischen dient Stenzel 401».
STEHLGOTT, m.: die sonne (Apollo) . . . nebst ihrer
kammerfrau, der Venus, und dem kammerdiener Mer-
kur — dem kauf- und stehlgott — beherrschen die weib-
liche weit J. Paul 5 (grönl. proc. i), 97.
STEHLHAFT, adj., s. stehlerisch; seltene bildung: er
hat stelhafte (steierische) klauen, egli ha le unghie un-
cinate, fatti ä uncino. stelhaftes, steierisches gesinde
etc. famiglia etc. furace, ladro, ladronesca. v. diebes- etc.
Kramer dict. 2, gss''. — mW. stelehaft ünmal in pas-
sivem sinne (gestohlen?) bei Wolfram Tit. 95, 4.
STEHLICHT, adj., s. stehlerisch : stelichte diebsklanen.
manus rapaces, furaces ungulae Stieler 2165. dafür
femer. ebenfalls selten und veraltet, stelig, diebisch
furax Dastpodius 433»; furax diebisch, stelig Schöp-
fer synon. (I550) h 4**; diebisch, stälig, zö st&len ge-
neigt, stälens geartet Frisius 595'»; furax Maalsr
883" (also nur im 16. jahrh. bezeugt) und st eh lisch:
furax, diebisch, stelisch Apherdianus meth. dise.
(1601) 223; stelisch, diebisch, furace. inclinato ä rubbare
HoLSiüS (1657) 238'»; Kramer dict. 2, 952'», *. unter
stehlerisch.
STERLINGS, adv., in der Oberlausitz, verstohlener
weise, hinter jemandes rücken : einem stehlings etwas
nehmen, so dasz er es nicht merkt Anton 13, 7, ähnlidi
eimbr. stolenge, 'furtivamente . oecultaTnente' eimbr. wb.
174».
STEHLISCH, adj.. s. stehlerisch und stehlicht
STEHLKÜNST, /.. arte di rubbare. mariuoleria Kra-
mer dict. 2, 952'': nachdem ich von diesem gutthätigen
weib abschied genommen, urtheilte ich, die stehlkanst
möchte wol unter die freye künste mit gerechnet wer-
den Jan Perus 198.
STEHLSACK, m.. sacco da rubbare Kramer dict. S,.
952".
STEHLSUCHT, /.. furacitas Steinbach 2, 767, die-
bische &xi, furacitets Frisch 2,328*: Stehlsucht ist ihnen
(den Kirgisen) allen eigen; und der pferdediebstahl . . .
ist ihnen höchst verführerisch Ritter erdkunde^ 2, 778;
andere ('za/inschnübler') entfernen sich auf hohe thürme
oder felsen, gleichsam als wenn sie wegen ihrer stehl-
und raubsucht kein gutes gewissen hätten, es sind die
grasmücken Oken 7, 15. auch bezeichnung einer krank-
haften anläge, kleptomanie.
STEHLUNG, /., ungewöhnliche bildung; vgl. stehlerei
Stieler 2166; stelung, /., rubbamento, involamento, rub-
beria Kramer dict. 8,952''; stehlung furatio Steinbach
8, 719 : stehlung der menschen (geübt von wassermenschen)
Prätorius Anthropodemus Pluton. (I666) 2, 103; was be-
trifft die raabung oder stehlung allerhand guter Blocket-
berge» verrichtrtng (1668) I48,
1775
STEHMANN - STEHPULT
STEHPULT - STEHÜHB
1776
STEHMANN, m.. in der apricitwörtl. redetceiae: Steh-
m&nn hat Sitzmanns händel nicht zu schlichten Wan-
der 4,804. sonst begegnet nur das demin. stehmänn-
chen, n., in demselben sinne vrie stehauf, s. das. (l),
«p. is94/.;Campe; Heinsius 4,768'»; in I>ti>rty Albrecht
216 •>. auch bei Pansner schimpf xoörterh. (l8S9) 66**, vgl.
unter stehauf l, b. auf menschen übertragen auch österr.:
und weil er nie gefallen und nimmer auf dem boden
ist gelegen, so haben sie ihn das stehmandel ge-
heiszen Rosegger Schriften lO, 103.
STEHMASCHINE, /. ; viele eitern erziehen die kinder
nur für die eitern, nämlich zu schönen stehmaschinen,
zu seelen-weckern, welche man so lange nicht auf das
rollen und tönen stellet, als man rahe begehrt J. Paul
36 {Levaixa l), SS.
STEHMESSEH, n.: mann in höchster wat . . . zieht
ein Stehmesser aus der hintertasche Schönherr weibs-
tevfel 65.
STEHMUT, m..- naeh Tacitus aber bezeugt Schnellig-
keit furcht, zauderang steh-mutb und halt J. Paul ss
{dämuneruiigen f. D.), 29 {mit der anm.: 'veloeitas juxia
formidinem. cunetfiiio propior constantiae est' {Germ,,
c. 80]) , s. auch zeitschr. f. d. worif. lO, 83. vgl. stand-
mut, sp. 779.
STEHNEN, verb., vereinzelt als nebenförm zu stöhnen,
vgl. das.. s. femer stenen.
STEHNIG, adj., begegnet vereinzelt im sinne von stehend,
wie eine adjectivitche Weiterbildung, vgl. stehendig: in-
maszen nicht allein itzund und diese stunde ein sol-
cher steinharter hirscb . . . stehet und wer weisz wie
lange gestanden! sondern auch angeregter rittermäszi-
ger knappe zusampt seinen knappen-rappen auf stehniger
st&te stehend worden Fleming 647, 16 Lappenberg {die
müUerinstimme ll). als ausdruek des bergwesens, vgl.
stehend 8, c und stehngen bei Jacobsson 7, 431 •. nd.
(südJiannov.) m,it abweichender bedeutung: st&nig hoch-
ragend, hochstämmig, von bäumen Schambach 208*;
thür. als sdenening, Sdiniy Hertel sprachsch. 234. —
ebenda auch ein adv. stehning im stehen, so mansfeld.
stinink, erfurt. stinöng Jecht 108'», eichafeld. stenink
Hentrich 16. — dafür vereinzelt in der altem spräche:
der keyser masz stebnlingen sterben {stantem mori
oportere) Polychorius Sueton (1536) 82'' bei Gombert
5, 20; vgl. ständling, *p. 778. — stehnung,/., «. stehung.
STEHPARTERRE, n., parterre im theater mit steh-
plätten: die beifallsspenden gingen vom steh • parterre
aas, in welchem gebildete theaterfreunde aller stände
sich zu versammeln pflegten Holtei erzähl, sehr. 37,
215; 1765 wurde (in Hamburg) die oper abgebrochen und
an der gleichen stelle rasch ein . . . Schauspielhaus mit
zwei rängen und einem stehparlerre . . . errichtet £.
Schmidt Lessing* 1,666. — stehpause, /..- manchmal
treffen wir uns auch auf der landstrasze, wo sie immer
gern eine stehpause macht und plaudert A. Croissant-
RuST arche Noah 5; so wanderten wir selbander durch
die nächtigen straszen Münchens der Ibsenschen he-
Kausung zu mit vielen stehpausen Lothar U. Ibsen
1S9. — Stehplatz, m.. platz ohne Sitzgelegenheit für
Zuschauer im theater, bei festen u. ähnl. Weigand^ 2,
806: der bOrsaal . . . war unverändert derselbe geblie-
ben . . . dazu war er gedrängt voll, die Sitzplätze ge-
preszt und die Stehplätze geengt Jahn uierke 9, 2W Euler;
er hatte aber doch nur einen Stehplatz gewinnen können
Immermann i8, 185 Hempel; ich tröstete mich mit der
neuen einrichtung, welche ich durchgesetzt hatte: es
gibt keine stehplltze Laube ausgew. icerke l, 81 (d. Wie-
ner stadik. 4);
eio r&ModM nlicbtar schwillt im kreia«
und pflanzt sich bis znm letzten ttehplmlx fort
LII.IENCRON 11,897 {Pogg/r. 11).
STEHPULT, n. 'ein pult, an welchem man steheiul ar-
beitet, lieset oder schreibet' Campe: dorthin habe ich drey
Stehpulte bestellt worauf die folianten . . . ausgelegt wer-
den können üOthk bri^e 80, 190, 18 (18. april 1818); wel-
eh« (reude war et, als Vosz in ein Stehpult seine pa-
piM» einräumte! Ernbstinb Voss frei Sau kr GOtiinger
diekterb. i, s. clx; «r konnte an dem Stehpulte stehen,
das so eingerichtet war, dasz man es höher und nie-
driger schrauben konnte, damit er sich, wenn er genug
gestanden war, auch davor niedersetzen könnte Stifter
ausgew. tcerke 4, 8 Fürst {d. xcaldsteig is); ehe sie sich
dessen versah, stand sie an dem Stehpulte and schrieb
ihren brief G. Keller 7, 70.
STEHPUNKT, m., s. Zelter an Göthe 7. man 1817
{briefw. 2, 898). heute sagt man: die sache ist auf dem
Stehpunkt angelangt.
STEHR, m., Schafbock, s. ster.
STEHR, /.. *. stör.
STEHRAHMEN, m., bilderrahmen zum aufstellen: sie
. . . nahm nun ein kleines bild in blankem stehrahmen
von der . . . kommode Frenssen Kl. H.Baas 670. auch
im dem.: Wanda . . . war an ihren Schreibtisch getre-
ten; dort standen einige Photographien in stehrähm-
chen WiLBRANDT feuerblumen* 121. — steh ringen,
n., ringkampf im stehefn : der rung darf beim liegeringen
nicht zu lange dauern, beim stehringen kann er länger
sein Jahn tcerke 2, 84 Euler. — stehruder, n..- Mar-
tin . . , der im hinterteil stand . . . und die stehruder
kreuzte Zahn Lukas Hochstraszer 76. — stehsalat,
»1., süddeutsche bezeichnung für selleriesalat. — steb-
schoppen, m., vgl. stehseidel. ganz gewöhnliches wort,
auch übertragen: 'noch einen stehschoppen (stehseidel)
trinken' in eile einen genusz mitn^men Wander 4, 80t.
— stehschwung, m., als turnausdruck: am reck
wurden folgende hauptUbungen erfunden: die bauch-
feige vor- und rückwärts, der stehschwung und der
unterschwung Jahn 2, *. VII Euler. — stehseidel, n.
'glas bier, das man schnell im stellen leert' Albrecht
217». MOller-Fraureüth 2, 658», attch bei Gombert
8, 2 (1878) erwäfint: singend waren sie (ausflügler) an-
gekommen, sijigeud fuhren sie nach einem hastigen
'stehseidel' weiter G. Falke aus dem durclischnitt 41.
in der Umgangssprache ganz geläufig. — stehsitz, m.
scherzhafte bildung: während dieses Selbstgesprächs war
er langsam herabgestiegen und hatte seinen 'stehsitz'
am prcllstein des hausthores wieder eingenommen.
. . . von welchem er, halb sitzend, halb stehend, den
marktplatz . . . nachdenklich betrachtete Holtei erzähl
scJir. 24, 11. berl. für Stehplatz Meyek6 118''. — steh-
spiegel, m., Spiegel, der in einem gesteh aufgestellt ist,
zum unterschied vom hängenden Wandspiegel u. s. u::
auf der seite rechts ein fortepiano, links ein stehspiegel
DeiniiauüSTu:in dram. werke 1, 6 {liebe und liebelei 1, i,
bühnenanw.); er liesz einen groszen stehspiegel in das-
selbe {toohnzimpier) tragen und betrachtete seine gestalt
Stifter ausgew. werke 4, 10 tHirst {waldsteig 16); diese
. . . trat noch an einen groszen stehspiegel heran und
liesz . , . einen grünseidenen Vorhang über den trumeau
herabrollen Fontane l, 221 {vor d. stürm ib); auch 2,
28; 2, 114; 5, 808; wenn sie sich vor den alten steh-
spiegel stellte, . . . besah sie sich zuletzt immer im pro-
fil nachlasz 4. — stehspind. n..- man erzählt, er {John
Clinton) habe ein groszes stehspind in einem hausflur
gemiethet und sich in dieser behausung ein nachtlagei
zareoht gemacht H. Marooraff bücher u. menschen
(1887) 10. — stehstätig, adj., s. stätig 6 zu ende. sp. 98«.
— stehstoffel, m., in der Göttinger gegend, nd. StA-
Stoffel 'eine fingierte person, die sich nicht von der stelle
bewegt', tantlustige mädchen. die keinen tänter bekom
men haben, antnoorten auf die frage med wKne he8t«n
'danzet? — med St&stoffel un Wandhans. Schambach
t06; Hoffmann v. Fallerslbben in Waonbrs arckiv
876, vgl. nd. korrespondembl. 18,69. — stehstuhl, •»..
worin kinder stehen lernen {T). Vogtland. idYaidül Gbrbb-i
§ 116 A, 8; 195, 1. — stchsuppe, /..- no heut früh bat ■'
mir ohne 'grUsz gott' und 'gut'n moring' mein' ttoh-
supp' nur so zug'schob'n Anzengruber '6, I6< (ürreufW-
schreiber 8, 8). vgl. stehend 1, e ru ende.
STEHUHR, /., v^^ Standuhr, »p. 788: im hausflur, ux
dem eine stehuhr laut und langsam tickte M. Dieh.s
Jos. Kippen i; eine kleine blanke stehuhr aus glaa
und messing Hbssb Rouhalde 960.
i
0
i
BWE^NG DEFT
JÜ'N 1
i960
PF
3625
G7
Bd. 10
Abt.2
T.l
Grimm, Jakob Ludwig Karl
Deutsches Wörterbuch
PLEASE DO NOT REMOVE
CARDS OR SLIPS FROM THIS POCKET
UNIVERSITY OF TORONTO LIBRARY
HA.SDBOL'XD
AT THE
UM\ERSITY OF
TORONTO PRESS